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Full text of "Friedrich Lübkers Reallexikon des klassischen Altertums für Gymnasien"

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Friedrich Lübkers 


Reallexikon 


des 


klaſſiſchen Altertums 


für Gymnaſien. 


Siebente verbeſſerte Auflage 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Mar Erler, 


Neltor des Gymnaſiums zu Zwickau 


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Mit zahlreihen Abbildungen. 


Leipzig, 
Drud und Berlag von B. G. Teubner. 
1891. 


Das Recht der Überſetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten. 


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Dorrede zur erften Auflage, 
(Bertürzt.) 


Der erfte Gedanke zu diefem Werke ift von dem Herrn Verleger ausgegangen, der den Unter: 
zeichneten zur Übernahme der Redaktion aufgefordert hat. Daß unferer mit dem Studium des 
klaſſiſchen Altertums, als dem unerläßlichen Mittel jeder wahrhaften höheren Bildung, beſchäftigten 
Jugend dadurch ein wejentlicher Gewinn erwachjen werde, mußte auf den erften Blick einleuchtend 
jein. Eine andere Frage war c3 dagegen, ob nicht einem jolhen Bedürfniſſe bereits durch ander: 
weitige Arbeiten abgeholfen jei; indeflen mußte auch hierauf bald eine verneinende Antwort gegeben 
werden. Die große Real-Encyllopädie des klaſſiſchen Altertums, weldhe von U. Pauly begomnen, 
von Chr. Walz und Teuffel fortgejegt und in 6 ftarfen Bänden zu Ende geführt worden, fonnte 
bei ihrem mit wifjenjchaftlicher Ausführlichkeit verfolgten Umfange und ihrem demgemäß jehr hohen 
Preife in feiner Weife hieher gezogen werden; nicht bloß in der Mafje des zu Gebenden, jondern 
auch in der Art und Weije war für das vorgeftedte praftiiche Bedürfnis ein ganz anderer Weg 
erforderlich, und e3 war außerdem vorauszujehen, daß ein jo großes Werk unmöglid; das Gemein: 
gut der deutichen Lehrer, geichtweige denn der Jugend, werden könne. Eine andere Bewandtnis 
mußte e3 dagegen mit dem Real-Schul-Lexikon von Kraft und Müller in Hamburg haben, wovon 
freilich damals, al3 der Plan zu gegenmärtigem Werke gefaßt wurde, nur der erjte Band erjchienen 
war. Wenn aljo auch die völlige Beendigung erwartet werden konnte, jo war doch auch diejes Werf 
ichon auf eine größere Ausdehnung und, nach Mafgabe der in ziemlich bedeutendem Umfange ge: 
gebenen litterarifchen Nachweiſungen, zugleich auf das Bedürfnis der Lehrer berechnet, jo daß weniger 
Hoffnung vorhanden ichien, es werde dasjelbe jo recht allgemein in die Hände der Jugend Fommen 
fönnen. Es mußte aljo die Aufgabe fein, den Umfang des Werkes wenigftens auf die Hälfte bes 
Raumes zu befchränten, aber zu dem Ende auch in der ganzen Behandlungsweije alle diejenigen 
Veränderungen eintreten zu laſſen, die der Amwed, den Studien unferer Schüler und eben damit 
dem unmittelbaren Nußen der Schule zu dienen, nur irgendwie erfordern oder zulafjen konnte. 
Dies war im wejentlichen eine Beſchränkung des Inhalts auf diejenigen Seiten und Teile des Alter: 
tums, deren Erkenntnis für unjere in Gymmafien unterrichtete Jugend wichtig und angemejjen iſt, 
auf den Bereich der vorzugsweije in Schulen gelejenen Klajfiter, auf alle diejenigen Gebiete und 
Gegenjtände des Altertums, deren Berftändnis dem jungen Lejer jo recht anſchaulich und fruchtbar 
gemad)t werden kann. Es galt aljo vor allen Dingen, einerjeits die rechte Leſung der großen Alten 
jelbft zu unterftügen, andererſeits von Heinen Punkten aus einen Überblie über größere Partien 
und eine Einfiht in den Zufammenhang des antifen Lebens und Denkens zu vermitteln. Aus 
diefem Grunde mußte ein forgiames Bemühen darauf gerichtet fein, eine Menge vereinzelter und 
eben darum anhaltslos verjchwindender Notizen in Ein größeres Ganze zufammen zu fallen, mas 
überall, wo eine organijche oder innerliche Fortentwidelung gegeben ift, namentlich aljo auf dem 
Gebiete der politifchen und Kultur-Geſchichte, am leichteften, dagegen insbejondere bei den geogra: 
phijchen Artifeln weniger zu erreichen war, wo denn freilich auch eine furze Orientierung über Lage 
und Bedeutung eines Ortes oftmals volltommen genügt, während eine Verweiſung auf das größere 
Ganze, dem e3 angehört, bisweilen unnötigen Raum in Anſpruch nimmt und beim Gebrauche 
unbequem ift. So ijt eine ganze Reihe allgemeiner und zujammenfafjender, von den verſchiedenſten 
Mitarbeitern verfaßter Artikel entftanden: Baukünftler, Belagerung, Bildhauer, Bücherwejen, Di- 
sciplina militaris, Divinatio, Epos, Erziehung, Exercitus, Geographia, ®rammatifer, Historia, 
Judicia, Kleidung, Komoedia, Lyrijche Poeſie, Mahlzeiten, Musica, Mythologie, Opfer, Priefter, 
TIgöoodor, Prozeh, Religion, Schaufpiele, Schulwejen, Staatsformen, Sternbilder, Tragoedia, 
Vectigal, Boltsfied, Winde, Zauberei; aus demjelben Grunde wurde von einigen Kriegen, wie ben 
punifchen, dem peloponnefifchen, dem trojanifchen zc., eine Überficht gegeben, während es bei andern 
ohne Beeinträhtigung der dahinein gehörenden bejonderen Artikel nicht wohl möglich ſchien; bei noch 
andern jcheiterte es vorläufig an der eigentümlichen Schwierigkeit, mit der natürlich die Abfafjung 
jolher Überfichten verbunden ift. 

Es konnte dem Herausgeber nicht entgehen, daß die praftiiche Ausführung eines jolhen Planes 
mit den größten Schwierigfeiten verbunden jei. „Aus der Thätigfeit eines einzigen Mannes hervor- 
gegangen, wäre die formelle Einheit und Abrundung des Werkes gewiß eine viel größere, mit mehr 
Sicherheit und Umficht gehandhabte geweſen; aber jeinem Juhalte nad) hätte es notwendig einfeitiger 


IV Borrede zur vierten Auflage. 


und lüdenhafter ausfallen müflen. So ſchwierig aljo auch die Aufgabe ericheinen mochte, wine 
äußere Gleichförmigfeit und Einheit herzutellen, konnte doch die Arbeit nur unter vieljeitigem 
Beiftande unternommen werden. Glüclicherweife hat der Herausgeber ſich in dem Vertrauen auf 
dieje Hülfe befreundeter Genofjen nicht getäufcht: fie ift ihm im erfreulichften Maße mit der treueften 
Sorgfalt und Ausdauer zu teil geworden, und zwar jedesmal gerade in foldhen Fächern, wo ent: 
weder überwiegende Neigung oder frühere Leiftung und eigene Erfahrung die Mitarbeiter vorzugs: 
weile befähigte. [Die Mitarbeiter waren Brofefjor Dr. Elajjen, Brofefior Dr. Edftein, Sub: 
reftor Dr. Hudemann, Profeffor Dr. Jeſſen, Brofeffor Jungelaußen, Profeſſor Dr. Keil in 
Halle, Oberlehrer Dr. Pfigner, Profeſſor Dr. Rein, Dr. Siefert, Profeffor Stoll, Profeſſor 
Dr. Witzſchel, Konreltor Zelle und endlich der Herausgeber felbft.) 

Daß bei ſolcher unvermeiblichen Zerteilung der Arbeit die Herftellung einer äußeren Gleich: 
fürmigfeit wie eines genaueren inneren Zufammenftimmens in allen Teilen, zumal in nahverwanbdten, 
jih einander berührenden, aber von verjchiedenen Verfaſſern bearbeiteten Gebieten, eine überaus 
Ichwierige Sache fei, die fich mit einem Male faft unmöglich erreichen läßt, wird einem jeden auf 
ben eriten Anblid einleuchten. Was dadurd im einzelnen für Mühe entftanden, welche Unebenheiten 
ausgeglichen, und welche Schwierigkeiten zu überwinden geweſen find, ift dem fertig vorliegenden 
Werfe nicht mehr anzufehen. 

Ju der Beihränfung bes Umfangs nad allen Seiten hin war es nicht minder ſchwer 
eine ſcharfe und richtige Grenzlinie zu ziehen. Auch die übrigen Völker der alten Gejchichte außer 
den Griechen und Römern mußten zum Zeil in ben Kreis des Werfes hineingezogen werden, doch 
möglichft immer nur jo weit, als fie mit biefen oder ihrer von unferer Gymnaſialjugend gelejenen 
Litteratur in Berührung gelommen find. 

Die Veranſchaulichung der wichtigſten Gegenftände aus dem Leben, der Kulturgeichichte, 
der Topographie zc. mit Hülfe der in Holzichnitten gegebenen Jlluftrationen wäre gern weiter 
ausgedehnt worden, wenn nit das Maß der Opfer, die der Herr Berleger dafür ſchon bereitwilligit 
dargebradht hat, allzujehr hätte überjchritten werden müfjen. Einzelnes, was beabfidhtigt wurde, 
mußte geradezu deshalb wieder aufgegeben werben. 

Die rechte Frucht der ganzen Wrbeit wird mun aber völlig von der Art der Benutzung ab: 
bangen; es wird durch den Erfolg fich erft beftätigen müflen, ob in unjeren beutfchen Gymnaſien 
das Buch in der mit demjelben beabfichtigten Weile nach der nunmehr vorliegenden Leiftung wird 
verwendet werden können und werden. Allerdings glaubt der Herausgeber nämlich, daß es möglich 
ſei, durch ein folches Lerifon dem jungen Leſer der Alten die ihm zum Berjtändnis nötigen ſach— 
lidyen Kenntniſſe auf eine wirffamere Weife mitzuteilen, als wenn diefelben in den für gleichen Zweck 
beftimmten Bearbeitungen der Schulautoren mit fteter Wiederholung ihm mühelos vorgeführt werben. 
Nur auf ſolche Weile wird eine die Gelbftthätigfeit wedende Erflärung der Alten bei der Jugend 
zu erreichen jein, und nur wenn fie dazu auch jchon bei der häuslichen Vorbereitung angehalten 
wird, ericheint es möglich, die höhere Aufgabe eines auch inneren Verftändniffes, insbefondere der 
fünftleriichen Kompofition des Schriftwerts, der den Schriftiteller bewegenden geſamten Weltanſchau— 
ung, des Berhältniffes der klaſſiſchen zur chriftlichen Bildung in ihren Hauptmomenten n. dgl. m. 
in den Kreis der Interpretation hineinzuzichen. Daneben jollte das Buch insbefondere in allen 
jeinen größeren und zujammenfaflenden Abichnitten dem Schüler auch zu felbftändigen Berar: 
beitungen, vielleicht unter Benugung einiger Hanptftellen aus den Alten jelbft und unter näherer 
Anmweifung der Lehrer, alfo zu einer auf ber Grundlage jener ruhenden Darftellung in Aufjäpen, 
mündlichen Borträgen 2c. dienen, weil gerade jo erft das rechte Leben und die fruchtbare Anwen: 
dung der Kenntnis des Altertums gewonnen werden kann. Ob diefes möglich fein wird, das muß, 
wie gejagt, erſt der Erfolg lehren; aber da ein ſolches Ziel uns vorſchweben muß, wenn wir 
unfere Jugend wahrhaft einheimiſch machen wollen in dem Leben der jchönen, alten Welt, und daß 
e3 bei dem vorliegenden Werke das eifrige und wohlgemeinte Beſtreben geweſen ift, das ift gewiß. 


Parchim, den 6. Dezember 1854. 
9— 


Dr. Friedr. Lübler. 


Die zweite Auflage erſchien 1860, die dritte 1867. 


Vorrede zur vierten Auflage. 


Das Erjcheinen der vierten Auflage des Realleritons, welches ſchon jeit längerer Zeit vergriffen 
war, ift durch verjchiedene Umstände teils allgemeinerer, teil3 fpeziellerer Art länger als beabfichtigt 
war verzögert worden. Von nicht unwejentlichem Einfluß ift namentlich auc der Wechjel in der 


Vorrede zur fünften Auflage. V 


Redaktion geweien. Denn dem verdienftvollen Begründer des Werfs, Dr. Friedrich Lübker, war 
es nicht mehr vergönnt, auch dieje Auflage zum Drud vorzubereiten; inmitten rüftigiten Schaffens 
und Wirkens für die höheren Lehranftalten feines Heimatlandes befiel ihn um Dftern 1867 ein 
Herzübel, dem er am 10. Oftober, erſt 56 Jahre alt, erlag. Wie jchmerzlich diejes Leiden auch war, 
hatte es ihn doch nur wenige Wochen an der Wahrnehmung feines Amtes verhindert. An des Ver: 
ftorbenen Platz trat zunächſt Herr Profeffor Dr. Edftein, bis anderweitige Pflichten ihm veranlaßten, 
mit dem Schluß des Buchftabens 1, zurüdzutreten, worauf dann der Unterzeichnete die Redaktion 
ber zweiten Hälfte übernahm. 

Die Herausgeber find bemüht gewejen die Brauchbarfeit des Werkes durch forgfältige Prüfung 
des Einzelnen, durch Berichtigungen und notwendige Ergänzungen zu erhöhen. Manche Artikel haben 
eine Umarbeitung und bedeutende Erweiterung erfahren, 3. B. Bildhauer, Mahe und Provincia, 
mwährend der Redaftionsverhältniffe wegen bei andern, z. B. Attilka, dieje für jept hat unterbleiben 
müfjen; andere, 3. ®. Zeitrechnung und Geefrieg, find neu hinzugefügt worden. Den tabellarijchen 
Überfichten der Gewichte, Mafe und Münzen find, wie ſchon der frühere Herausgeber dies als 
wünjchenswert bezeichnet hat, die jetzigen Werte beigejegt worden; für die folgende Auflage werden 
die Münzwerte ftatt in Thalern ſchon in Reichsmark gegeben werden können. 

Die Zahl der Jlluftrationen ift Diesmal nicht vergrößert worden, doch hat auch hier die nach: 
beſſernde Hand nicht gefehlt; billigen Aniprüchen dürften die vorhandenen durchaus genügen. 

Da nad) den gemachten Erfahrungen das Reallerilon nicht nur von den Schülern der Gymna— 
fien, jondern auch von jüngeren Philologen mit Nugen gebraucht wird, jo erjchien es zweckmäßig 
die litterariſchen Nachweifungen bei den einzelnen Artifeln thunlichjt zu erweitern und auch auf Mono: 
graphien hinzuweiſen, wenn Diejelben wichtig waren und neue Gefichtspuntte boten. Es ift dies 
übrigens ein Punkt, der für eine fünftige Auflage einer gründlichen Erwägung wirb unterzogen 
werben. 

Auch diesmal hat die Unterftügung von Fachgenoffen den Herausgebern nicht gefehlt. Für die 
erfte Hälfte hat Herr Profeſſor Edftein von den früheren Mitarbeitern nur Herrn Profeſſor Stoll 
hinzugezogen, dagegen in den Herren Profeffor Dr. 2. Lange und Privatdozent Dr. Philippi 
in Leipzig (jebt Brofeffor in Gießen) neue Mitarbeiter namentlich für römijche Altertümer und 
Arhäologie gefunden. Für die zweite Hälfte haben außer Herrn Profeffor Stoll von ben früheren 
Mitarbeitern die Herren Dr. Hudemann, Profeffor Dr. Jeſſen und Dr. Pfitzner den Herausgeber 
bereitwilligft unterftüßt, wie auch die Herren Oberlehrer Dr. Schaefer in Flensburg und Gymnafialfehrer 
Fiſcher in Nageburg in danlenswertefter Weile Berichtigungen und Ergänzungen geliefert haben. 


Flensburg, den 6. Juni 1874, 
Dr. Otto Siefert. 


Vorrede zur fünften Auflage. 


Dem mwaderen Gelehrten, ber die zweite Hälfte der vierten Auflage redigiert hat, war es nicht 
beſtimmt, dem Werke feine Kraft noch länger zu widmen. Noch che der Drud der vierten Auflage 
vollendet worden, einige Tage nachdem er dem Berleger den Schluß des Manuffripts übergeben, 
wurde Direktor Siefert auf einer Reife, die er zu jeiner Erholung nad) der Schweiz unternommen 
hatte, am 12. Auli 1874 in der Nähe bes Gießbachs am Brienzer See von einem jähen Tode ereilt. 
Sein Gedächtnis bleibt in Segen. 

Schon wenige Monate nad; dem Erjcheinen der Schlußlieferung der vierten Auflage erkannte 
der um die Förderung der Altertumsſtudien hochverdiente Verleger infolge des rafchen Abſatzes des 
längere Zeit vergriffen gewejenen Buches die Notwendigkeit, eine neue Muflage vorzubereiten. Der 
ehrendollen Aufforderung, die Hedaktion derjelben zu übernehmen, fam der Unterzeichnete um jo lieber 
nach, ein je aufrichtigerer Freund des Werfes er jeit den Tagen ift, wo er die, wie er fich wohl 
erinnert, überaus mühſelige und ſchwierige Korrektur der erften Auflage bejorgt hat. Au feinen Helfern 
wählte er aus der Zahl der früheren Mitarbeiter die Herren Subreftor a. D. Dr. Hudemann in 
Ploen, Oberlehrer Dr. Pfitzner in Parchim und Profeffor Stoll in Weilburg und teilte die Arbeit 
mit ihnen in der Weife, daß Hudemann die auf Gejchichte des Altertums, Pfihner die auf die römischen 
Wtertümer und jämtlichen Kriegsaltertümer, Stoll die auf die griechiſchen Altertümer und die Mytho— 
logie bezüglichen Artifel übernahm, während dem Unterzeichneten alle übrigen Artikel, bejonders die 
die Geographie, Mechäologie und Litteraturgeichichte betreffenden, zufielen. 

Eine Umarbeitung in größerem Maßjtabe erichien weder notwendig noch — bei der Kürze ber 
Zeit — möglich, denn bereits im Spätiommer 1875 mußte der Drud beginnen; und doc) zeigt bie 


VI Vorrede zur ſechſten und ſiebenten Auflage. 


neue Auflage vielfache Veränderungen und hoffentlich auch Verbeſſerungen. Zunächſt ſind einzelne 
Artikel an entſprechenderer Stelle untergebracht worden, wie z. B. die beiden Artikel ITpscodoı und 
Vectigalia, die die Finanzen der Athener und Römer behandelten, zu einem neuen Artikel Staats- 
haushalt vereinigt worden find. Ferner find jämtliche Artikel genau revidiert, einzelne nad Inhalt 
und Form umgearbeitet oder erweitert (jo namentlich; viele auf die römijchen Altertümer bezügliche) 
eine Anzahl neu hinzugefügt worden. Die Eitate find nicht nur vielfach verbefiert, jondern auch im 
Interefje der jüngeren Lehrer und Studierenden, die dem Buche ihre Gunuſt fichtlich mehr und mehr 
zuwenden, vermehrt, ebenjo die Zahl der angeführten Ausgaben der Schriftjteller und Hülfsmittel 
jowie der Abbildungen erhöht worden. Und jo entjendet der Umnterzeichnete die neue Auflage im 
Bewußtſein, daf er und jeine Mitarbeiter es an Fleiß und Mühe nicht haben fehlen lafjen, getroften 
Mutes und mit dem herzlichen Wunſche, daß auch fernerhin, um die Worte des trefflichen Lübker 
zu wiederholen, aus dem Werke der mit dem Studium des Haffischen Altertums bejchäftigten Jugend 
und ihren Lehrern Gewinn und Segen erwachjen möge. 


Bwidau, den 28. Februar 1877. 


Porrede zur ſechſten Auflage. 


Die ſechſte Auflage des Neallerifons, deren raſches Erjcheinen den Beweis liefert, daß das 
Werk die dauernde Gunft des Publilums gewonnen hat, ift unter Mitwirkung derſelben Gelehrten 
und nach denjelben Grundjägen, wie die fünfte, bearbeitet worden. Die Abbildungen find durch 
mehrere neue und mwohlgelungene vermehrt, die Pläne von Athen und Olympia durch neue erfegt und 
jämtliche Artikel, namentlid auch die geographiichen, für welche die trefflichen Lehrbücher der alten 
Geographie von H. Kiepert jorgjan benußt wurden, einer genauen Nevifion oder teilweijen Um: 
arbeitung unterzogen worden. 

Möge das Werk an feinem Teile auch ferner dazu beitragen, das Studium des Haffischen Alter- 
tums zu fördern! 


Bwidau, den 21. Auguſt 1881. - 


Vorrede zur fiebenten Auflage. 


Die vorliegende fiebente Auflage des Reallexikons unterjcheidet fih von der jechiten (von der 
eine ruſſiſche Überfegung unter Redaktion von B. Modeſtow 1883 ff. zu Petersburg erfchienen ift) 
ftärfer als leßtere von der vorhergehenden, bejonders infolge des Umftandes, dat an Stelle Dr. Hude: 
manns 2 neue Mitarbeiter eingetreten find, nämlich Pfarrer Haug zu Gröningen bei Satteldorf in 
Württemberg für Geſchichte und Geographie des Orients und mein hiefiger Kollege, Oberlehrer 
Dr. Schneider, Berfaffer einer gediegenen Abhandlung über Olympias, die Mutter Alexanders 
des Gr., für griechiiche und römijche Geſchichte. Beide Herren haben die ihnen zulommenden Artifel 
einer gründlichen Umzs, bezw. Neubearbeitung unterzogen und diejelben dem heutigen Stande der 
Wiſſenſchaft entjprechend hergeftellt. Außerdem hat ein anderer meiner Kollegen, Oberlehrer Dr. Bed, 
den ebenjo jchwierigen als wichtigen Artikel Roma in banfenswerter Weije meu bearbeitet. Doc 
auch die älteren Mitarbeiter, Profejior Dr. Pfigner in Parchim, der mittlerweile am 19. Juni d. J. 
verjtorbene hochverdiente Profeſſor Stoll in Weilburg und der Unterzeichnete haben ſich ernſtlich 
bemüht, in den von ihnen bearbeiteten Artikeln Fehler zu berichtigen und Lüden auszufüllen und jo 
das Werk dem Ziele, das dem erften Herausgeber bei Beginn der Arbeit vorjchwebte, näher zu 
bringen. Und da aud die dem Werke beigegebenen Pläne und Abbildungen teil® vermehrt teils 
durch neuere und beffere erjegt worden find, jo gibt fich der Herausgeber der Hoffnung hin, daß 
das Lübkerſche Neallexifon auch in jeiner neuen Geftalt ſich die Gunft der Lejerkreife, für die es 
bejtimmt ift, erhalten werde. 


Zwickan, den 15. September 1890. 
Dr. Mar Erler. 


A. 


Abäcus, üße:, aßanıov, heißt jeder Tijch zu |einem nördlich wohnenden Volfe vertretend. Sein 
einem bejonderen Gebrauch; jo bei den Römern | Leben wurde in jehr verjchiedene Zeiten (770 od. 
vornehmlich der dreibeinige Tiich, auf dem entweder | 700, nad Pindar Zeitgenofje des Kroiſos an- 
beim Mahle oder aud nur zur Schau das koſt- | gejegt und von der Sage vielfach ausgeihmüdt. 


bare goldene und filberne Geſchirr ausgejtellt wurde, 
Brunttiich (Cie. Verr. 2, 4, 16. 25. Plin. 37, 2,6). 
Die Platten desjelben waren meijt von Marmor, 
zuweilen von Silber, feltener aus eitrus, Ahorn: 
oder Eedernholz, die Form gewöhnlich vieredig, 
jeltener rund, bisweilen wohl ringsum mit erha- 
benem Rande; der Fuß aus Elfenbein oder koſt— 


barem deliichem Erze. — Außerdem heifen abaci | 
die glatten Felder in dem künstlichen Marmorpuge | 


der Wände (‚Plin. 33, 56. Vitr. 7, 3, 10), bis- 
weilen auch die bunten Felder in den Mojaitböden 
(aßanisxog); ferner Spielbretter (Suet. Ner. 22), 
auf denen mit Steinen oder Würfeln (alen) ge- 
ipielt wurde; dann Tiſche, die jogenanten Pytha— 

oriichen, zu mathematiichen Berechnungen und 
——— (Pers. 1, 132) und zum Rechenunterricht, 


für jenen Zwed glatt und mit feinem Sand be: | 


jtreut, worein die Figuren mit dem stilus ge: 
zeichnet wurden, für das Rechnen und den Rechen— 
unterricht entiweder mit MNechenjteinen oder mit 
vertifalen Einjchnitten verjehen, in welchen ſich 
verichiebbare Knöpfe befanden (abaci der leptern 
Art haben ſich mehrere erhalten). Endlich heißen 
ab. die vieredigen vierfantig behauenen Dedplatten 
auf den doriichen und ioniſchen Säulen unmittel: 
bar unter der 

Abäddir j. Balrviog. 

Abai, jeltener Aba, "Aßaı, Aßed, uralte Stadt 
im norböftlichen Pholis, an der Straße von Or- 
diomenos nach Opus, mit berühmten Apollon- 
tempel nebjt Orakel (Soph. Oed. T. 899), welder 
von Terxes und dann von den Thebanern im 
phofiichen Kriege zerjtört wurde. Hdt. 1, 46. 8, 
27. 33. Diod. Sie. 16, 58. Strab. 9, 423. 10, 
445. 


Burgmauer ſowie die Grundmauern des Apollon- 
tempels haben fich erhalten. 

Abantes, Aßarrzg, entw. thrafijchen Urjprungs 
oder (Udt. 1, 146) zum ionijchen Bunde gehörig, 
aus Phofis nad) Euboia gewandert und ältejte 


altenlage (Vitr.4, 1),j. Columna. | 


Kaijer Hadrian erbaute dem Apollon einen | 
neuen Heineren Tempel. Ruinen der Stadt: und 


Er hatte nach Namblichos (wit. Pyth. 19. 28) von 
Apoll einen goldenen Pfeil empfangen, auf dem 
er durd die Luft ritt (addooßarns), durchzog 
weisjagend Griechenland, heilte Krankheiten durch 
fein bloßes Wort, verfahte allerlei weihende und 
jühnende Formeln, lebte ohne Nahrungsmittel zu 
enießen (Hat. 4, 36), hob eine in Sparta herr- 
chende Pet und erbaute der Kogn swrsıga einen 
Zempel (Paus. 3, 13, 2). Bgl. Xobed, Aglao— 
phamus ©. 314, 

Abas, "Aßas, 1) j. Danaos. — 2) ein Ge- 
jährte des Nineias. Verg. A. 1, 121. 

Abdalonymus oder Abdalonimus, d. i. Abdul 
Onoma, „mit Namen Abdul” (vielleicht Knecht 
Gottes, >R"737), ein Nachlomme des alten. jido: 
niichen Königsgeichlechts, war wegen jeiner Armut 
genötigt, fih mit Gärtnerei und Wajjertragen 
jeinen Unterhalt zu verdienen. Alexander der 
Große, durch feine Nechtichaffenheit auf ihn auf- 
mertſam geworden, machte ihn im J. 332 v. E. zum 
Könige von Sidon und jchenfte ihm dazu die an 
die Stadt grenzende Landjchaft jowie den größten 
Teil der perfiihen Beute. Curt. 4, 1, 19jf. 
Just. 11, 10, 8. Diod. Sie. 17, 465 gl. 
Sean eich. Aleranders d. Großen ©. 161 der 
3. Aufl. 

Abdöra, ra "ABöner, 1) Stadt in Thralien 
öftlich der Mündung des Neſtosfluſſes, mach der 
Sage von Heralles zum Andenken an jeinen Lieb- 
ling, den von den Roſſen des Diomedes zerrifie- 
nen Abderos, gegründet. Strab. 7, 331. fr. 47. 
Apollod. 2, 5, 8, 4. Geſchichtlich ſicher iſt die 
2. Gründung der Stadt durch deu Klazomenier 
Timejios, der dem Haſſe jeiner Mitbürger wei— 
chend dorthin ging DI. 81, 1 (656 v. E.), Die 
neue Pflanzitadt ward aber von den Thrakern zer- 
ſtört, bis fie 513 dur die Bürger von Teos, 
‚welche vor der drohenden Zwingherrſchaft des 
Harpagos, Feldherrn des Kyros, wichen, an der 
jelben Stelle wiederhergeftellt wurde (Hat. 1,168); 
fo fonnten jpätere Abderiten, Protagoras uud der 











Bewohner diejer Injel; zogen unter Elephenors Philoſoph Hefataios, geradezu Teier genannt wer 
Anführung mit 40 Schiffen vor Troja (Il. 2, 536), | den. Aber jchon nad der Schladht bei Lade und 
wozu ſich aud die Söhne des Theſeus gejellten | der Einnahme von Miletos mußte fich die Stadt 
(Plut. Thes. 16), wurden aber auf der Nüdjahrt | den Perjern beugen und als perjiidhe Stadt den 
mit 8 Schiffen an das Keraunijche Gebirge nad) | Xerres mit feinem Heere bewirten; doch trug 
Syrien verichlagen. Sie erſcheinen als wild, hin- jpäter die gaftliche Aufnahme des aus Europa 
ten mit langem Haupthaare (ömıder xouowrreg). | flüchtigen Herrſchers der Stadt reiche Gejchenfe ein. 
Abantiädes j. Perseus. Hät. 7, 109. 126. 8, 120. Die folgenden Siege 
Abäris, "Aßagıs, ein wunderthätiger Apollon— | der Hellenen machten auch Abdera frei, welches 
priejter aus dem Stythenlande (od. Hyperboreer), dann wiederholt unter den Bundesgenojjen der 
die vorgejtellte Verbindung des Apollonkultus mit | Athener genannt wird und als eine der mächtig: 
Neallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 1 


2 


Abderos — Abrokomas, 


jten Städte jener Gegend erjcheint. Diod. Sie. 13, | würfigfeit, wollte fid) desungeachtet dem Poros 


12. Erſt DI. 101, ı (376 v. E.) erlitt W. durch 
die Einfälle der benachbarten Triballer einen töd— 
lichen Stoß und trat dann 343 in die Bundes: 
genoffenichaft Makedoniens als unbedeutende Stadt. 
In jpäterer Zeit war 9. frei (188 v. E., ſ. Lir. 
38, 41) und behauptete dieje Freiheit auch nad 
der graujamen Behandlung durd) den Prätor Hor: 
tenfius, 18 Jahre jpäter. Liv. 45, 4. Noch im 
Mittelalter wird ihr Dajein unter dem Namen 
Polyſtili bezeugt, an der Stelle der Ruinen fteht 
fein neuer Ort. — Wie Abdera, aus dem neben 
jenen obengenannten Männern aud) der „lachende‘ 
(yelacivos) Philofoph Demokritos ftammte, im 
Laufe der Zeit eine von Wieland in jeinen Ab- 
deriten ausgemalte Verrufenheit erlangte, iſt nicht 
jicher zu ergründen. Nach mehreren Stellen Ei- 
ceros (ad Att. 4, 16, 6. 7, 7,4. n. d. 1, 48) 
icheint Abderas Name zunächſt ein Gemeinmejen 
bezeichnet zu haben, wo diejelbe Sache nad) Privat: 
zweden und den Impulſen des Augenblicks ver: 
Ihieden, ohne feſte Norm, mit höchiter Inkonſe— 
quenz entichieden wurde. Spätere, 3. B. Jur. 
10, 48 (patria vervecum) und der Arzt Galenos, 
jchreiben klimatiſchen Einflüffen die Stupidität der 
Bewohner zu. Bol. 8. F. Hermann, gefammelte 
Abhdlgn. S. MO—111. 370. — 2) Stadt in Hi: 
ipania Bätica, zwiſchen h. Malaga und Gartha: 
gena, von den Phoinifern gegründet; j. Abdra. 
Strab. 8, 156 ff. 

Abdöros j. Abdera, 1. 

Abdicatio, aroxnovsıs, Verſtoßung des Sohnes, 
uriprünglich ein griechiiches Anftitut (ſ. Meier ynd 
Schömann, Att. Proz. ©. 636 ff. d. 2. Aufl.), 
ſchwächte jih in Rom ab als bloße Verbannung 
von des Vaters Angeficht. Geſetzliche Folgen traten 
erit dann ein, wenn der Water damit auch die 
Enterbung oder Emancipation verband. 

Abella oder Avella, griech. AßEAA«, eine chalfi: 
diihe (Just. 20, 1, 13) Kolonie in Gampanien, 
nicht weit von Nola, j. Avella vecchia, mit bedeu— 
tender Obſtkultur, daher malifera (Verg. A. T, 
740), Sranaten und Haſelnüſſe (nuces Avellanae, 
Plin. 15, 24. 16, 52) hervorbringend. Wichtig 
für die Kenntnis der ojeiichen Sprache ift der am 
Ende des vorigen Jahrhunderts dajelbft gefundene 
Stein von bella, der eippus Abellanus. Strab. 
5, 249. 

Abellinum, ’4BEAlıvor, Stadt der Hirpiner in 
Sammium, jüdlich von Beneventum, fpäter römische 
Kolonie; j. Avellino. Plin. 3, 5, 9. 

Abeöna und Adeöna (von abeo und adeo) 
waren 2 röm. Götterwejen, die über den erften 
Laufverjuchen der Kinder mit dem befannten Ab— 
und Zulaufen zwiichen 2 Baaren jchügender Arme 
walteten, Augustin. eiv. d. 4, 21. 

Aberglaube j. Divinatio, Superstitiound 
Zauberei. 

Abi, Aßıor, ein ſtythiſches Nomadenvolk, nad 
Ptolemaios in Scythia extra Imaum, ſchon von 
Homer (Il. 13, 6) neben den Hippemolgen als die 
gerechteften unter den Menichen erwähnt. An 
Alerander jchidten fie Gejandte. Strab. 7, 296. 
Curt. 7, 6, 11. Arr. 4, 1. Amm. Mare. 23, 6. 

Abisäres, ‘Aßıoaons, ein Fürſt der Berg-Indier 
int jübweftl. Teile des heut. Kaſchmir. Anfangs 
Alerander dem Gr. feindlich, ſchickte er ſpäter 


anichließen, unterwarf fidy aber nach deſſen Be: 
fiegung dem Alerander und ftarb um 325 v. C. Das 
von Aler. vergrößerte Reich hinterließ er jeinem 
Sohne. Curt. 8, 43, 13. 47, 1. 9, 1, 7f. 10,3, 
205. Arr. 5, 8, 3. 20, 5f. Died. Sie. 17, 87. 
90 (wo er, wohl irrtümlidy, "Eußisagog genannt 
wird). Strab. 15, 698. 

Abnöba mons, r« ABrvoß« den, der Schwarz: 
wald als Gebirge, mons Istro pater, vgl. Plin. 
4, 12, 24. Tac. @. 1, wo er molle et clementer 
editum montis iugum heißt. Die fpäteren Na— 
men find Marciana silva und Rauraci montes. 

Abolitio, in juriftiicher Beziehung die durch 
ein SCons. oder den Kaifer, fei es auf Pitten des 
Klägers od. Bellagten (4bol. privata), oder als 
Gnadenaft (abol. publica) ausgejprochene Ein- 
ftellung des jchon begonnenen Prozehverfahrens. 

Abolla, griech. «ußoln, niol. «ußorle ft. ave- 
BoAn, der Vorwurf des Gewandes und das Ge— 
wand jelbft, ein ärmellojer doppelter Umſchlage— 
mantel für den Gebrauch im Kriege, Ggib. der 
toga; biöw. auch Tracht der Philojophen, bejonders 
der Kyniker (Mart. 4, 53) und Stoiker (maior 
ab., Jur. 3, 115). 

Aborigines, griech. eüroydores, Aßopıyives, die 
Ureinwohner eines Landes überhaupt im Ggitz. zu 
eingewanderten Anfiedlern; jpeztell ein alter Bolts- 
ftamm in Latium, im NReatinerlande am Fuße der 
Apenninen. Sie wohnten erjt in offenen Fleden, 
nachher in ummauerten Städten und nahmen, von 
den Höhen herabdringend, den größten Teil des 
Landes zwiſchen Tiber und Liris ein, wo fie als 
Latiner einen eigenen Bundesftaat gründeten (Gött— 
ling, röm. Staatsv. 18). Nach Salluft (Cat. ©) 
gründeten fie in Verbindung mit den unter Nineias 
gelommenen Trojanern die Stadt Nom. Rubino 
nimmt fie als Thalberghöhebewohner (ab, or u. ig), 
Fröhner als Baumgeborene für Arborigenes, wäh 
rend Mommijen fie „Bonanfanger” nennt. 

Abradätas, Aßoadarag, Fürſt der perfiichen 
Landichaft Sufiana, kämpfte auf feiten der Afiyrer 
gegen Kyros. Beredet durch feine von dem Perjern 
gefangen genommene Gattin Pantheia (Xen. Cyr. 
ö, 1, 3), welche Kyros vor Beleidigungen gejchlitt 
hatte, jchloß er fich diefem an. Am Kampfe des 
Kyros gegen Lydien fand er jeinen Tod (dai. 6, 
1, 46 f1.). Seine Gattin tötete fich aus Schmerz 
darüber. Beider Leichen lich Kyros mit großen 
Ehren beftatten und errichtete ihnen einen Grab- 
hügel mit einer Inſchrift in ſyriſcher Sprache auf 
einer Säule (daf. 7, 3, 2 ff.). 

Abräxas, aßeasas, auch aßeaoaz, nannte der 
Snoftiter Bafilides (um 120 n. CE.) die Gottheit 
nach ihrer Offenbarung in 365 Geifterreichen (der 
Bahlenwert von «ße. beträgt 365). Abrarasgem: 
men heißen darnach geichnittene Steine aus dem 
2.—5., ja 14. Jahrh., welche das göttliche Wejen 
in eg ee mit Hahnenfopf und Schlangen: 
füßen, oft in Verbindung mit ägyptiichen, perfiichen 
oder griechiichen Göttern, darſtellen 
Amulette getragen wurden. 

Abrogatio — Magistratus. 

Abrokdmas, "4Booröuas, Satrap von Phoi: 
nifien, öffnete aus Feigheit, vielleicht aud aus 
Verräterei, dem jüngern Kyros die Kilifischen 
Päſſe, jowie den Übergang über den Euphrat. 


und als 


Sejandte am ihm mit der Erflärung der Unter: | Xen. An. 1, 3, 20. 4, 5. 18. 7, 12. 


Absentia — Accensi. 3 


Absentia. Das Herlommen ſchloß Abweſende 
von der Bewerbung um Ehrenftellen aus, allein 


Die Sitten der Bewohner waren berüchtigt. Be— 
fannt ift die Gejchichte von Hero und LYeandros, 


nicht von der Wahl, und jo wurden zumeilen Ab: | der in Abydos wohnte (daher Abydenus Ör. her. 


weiende in den Gomitien gewählt, teils wenn ſich 19, 1). — 


2) bedeutende Stadt in Oberägnpten, 


niemand betvorben hatte, teils wenn man je: ägypt. Abtu, norbweftlich von Theben, etwas links 


manden für geeigneter hielt als die ambierenden 
Kandidaten, oder wenn die Tüchtigften bei dem 
Heere waren. Auf Ddieje letzteren bezieht fich der 
Senalsbeſchluß vom 3. 217 v. E. nach der Schlacht 
am Trafimeniichen See: ut, quoad bellum in Italia 
esset, ex eis, qui consules fuissent, quos et quo- 
tiens vellet, reficiendi consules populo ius esset 
(Lir. 27, 6). Erft 62 v. E. wurde die perjön- 
lie Bewerbung gejeglich beftimmt (Cie. r. p. 5, 
11. de leg. agr. 2, 9), jo daß des Pompejus lex 
de magistratibus 52 v. E. (Lir. ep. 108. Suet. 
Caes. 28) nur eine Bejtätigung diefer früheren 
Beftimmung war. Daß Pompejus jelber in dem: 
felben Jahre abweiend zum Konjul gewählt wurde 
(Iav. ep. 107, vgl. Plut. Cat. 48), geihah nad) 
einem ausdrüdlihen Senatsbeſchluß. Ebenjo war 
durch ein Plebiſeit (lex Caelia) jchon früher dem 
Eäjar erlaubt, bei der nächſten Konſulwahl, zu der 
er ſich gejeglidy melden könne, abweſend ambieren 
zu dürfen. Caes. b. ec. 1, 9. 32. Cie. ad Att. 
7, 3. Suet. Caes. 26. Dio Cass. 40, 51. App. b. e. 
2, 25. Als Pompejus bald darauf im jeiner lex 
de magistratibus dieje Ausnahmevergünftigung 
des Cäſar nicht erwähnte (nach Suet. Caes. 28 
aus Vergehlichkeit), wurde auf Cäſars Beſchwerde 
dies nadgetragen (Dio Cass. 40, 56), aber die 
Gegner erklärten den Zuſatz für nichtig. Suet. 
Caes. 28. Diejer Streit brachte den Bürgerkrieg 
zum Ausbruch. — Über die prozeffualiichen Folgen 
der Abwejenheit j. Contumacia. 

Abstinendi beneflefum j. Erbrecht, II) rö- 
misches, 5 ff. 

Absyrtos j. Argonauten, 5. 

Abulites, ‘4BovAdens, Satrap des Dareios todo: 
mannos in der ung Suſiana. Als Alerander 
der Große heranrüdte, jandte er ihm feinen Sohn 
entgegen und unterwarf ſich ihm freiwillig, wofür 
er in feiner Satrapie beftätigt wurde. Weil er 
aber während Aleranders Feldzug nach Indien für 
das Heer jchlecht jorgte und dasjelbe Mangel leiden 
ließ, wurde er auf des Königs Befehl mach der 
Rücktehr desjelben mit dem Tode beftraft. Curt. 
5, 83,8 (f. daj. Müßell) und 9, 17. Arr. 3, 16, 
9. 7,4,1. Died. Sie. 17, 65. 

. Abundantia, römijche Berjonififation des 
Uberfluijes, oft auf Kaiſermünzen ähnlich der 
Demeter dargeftellt mit umgefehrtem Füllhorn. 
gl. Amaltheia. 

_ Abydönos, Aßvönrös, jchrieb wohl in der 
Kaijerzeit unter Benugung von Berofjos und Kteſias 
eine affnrifche Geſchichte. Bruchftücde (bei Enjebios 
und Spnfellos) gej. von Müller, fragm. hist. 
Graec. IV p. 279 ff. 

Abydos, "ABudos, 1) muiſiſche Stadt in Afien 
an der engſten Stelle. des Hellespontos, Seftos 
gegenüber, j. Ruinen beim Dorfe Avido, jchon 
von Homer (/1. 2, 836) genannt, dann eine Ko— 
lonie der Milefier. Thuc. 8, 61. Strab. 13, 590. 
Hier fand der Übergang des Perjerheeres ftatt. 
Hdt. 7, 33 fl Durch Philipp III. von Makedonien 
erfuhr die Stadt 201 v. E. eine harte Behand- 
lung, nachdem fie gleich Sagunt tapfern Wider- 
ftand geleiftet hatte. Pol. 16, 15. Lir. 31, 17f. 


vom Nil, jüdlih vom heutigen WBeljane, mit 
prächtigen Tempeln von Sethos 1. und Ramjes 11. 
und mit dem berühmten Grab des Dfiris, wes— 
halb ſich vornehme Ägypter mit Vorliebe an diejem 
ig Orte beijepen ließen (Plut. de Is. 20). 
In dem Sethostempel wurde 1864 jene wichtige 
Königstafel aufgefunden, weldye von Menes (j. d.) 
bis Sethos 1. 76 Iegitime Herrſcher aufführt. 
10 km nördlich von A. liegt das alte This, ägypt. 
Teni, jetzt el Tineh, die Hauptjtadt des Nomos 
Thinites, nach der Überlieferung die Heimat des 
Menes, ohne Zweifel „Die Ausgangs: und Pflanz- 
ftätte des politiſchen und religiöjen Lebens im 
Nilthal“. 

Abfla columna, ’Aßvln senAn, 'Aßıiln, ein 
mauritanifcher Berg, j. Affenberg bei Ceuta, der 
mit dem nur drei Meilen entfernten jpanijchen 
Kalpe, j. Gibraltar, zujammen die Säulen des 
Hercules, columnae Hereculis, bildete. Mela 2, 6. 
Strab. 17, 827. 

Acca Larentla (fäljchlidy) Laurentia), nad) der 
Legende die Frau des Hirten Fauftulus und Amme 
des Romulus und Remus. Liv. 1, 4 Or, fast. 
8, 55 (nutrix Romanae gentis). Sie hatte 1% 
Söhne, mit denen fie jährlidy einmal für Die 
Fruchtbarkeit der Felder opferte, weshalb dieſe 
fratres arvales (von arva) hießen. Als einer 
derjelben ftarb, erſetzte Romulus feine Stelle und 
errichtete das Prieftertum der Arvalbrüder. Nach 
einer anderen Sage war fie eine Buhlerin zur 
Beit des Ancus Martins, die ſich mit einen reichen 
tuſeiſchen Gutsbefiger Tarutius oder Tarrutius 
vermählte und in ihrem Teftamente das röm. Bolt 
als Erben einjegte. Deshalb ehrte man fie als 
Wohlthäterin des röm. Bolfes an dem Feſte 
Larentalia oder Larentinalia (Gell. 7, 7) 
am 23. Dez. durch ein Totenopfer, das der Fla— 
men des Quirinus und die PBontifices brachten. 
Ihr Dienft hing mit dem der Laren zujanmen. 
— Acca L. heift Yarenmutter; urjprünglid war 
fie eine jegensreiche Erdgöttin, welcher die Saaten 
und die Toten anvertraut wurden, und in jpezieller 
Auffaffung eine Segensgöttin der römiſchen Stadt: 
flur. Sie wurde Amme des Romulus und Remus, 
der Laren der römischen Altjtadt auf dem Pala— 
tinus, und war Gemahlin des Fauſtulus, d. i. 
Faunus, daher fie jelbft eine Fauna, Yuperca, Zupa. 

Accensi bedeutet im allgemeinen Erjapleute. 
Diejer Begriff tritt zuerft bei der Staatsordnung 
des Servius Tullins entgegen und bezeichnet nach 
den beiden Hauptftellen 4.iv. 1, 43 und Cie. r. p. 
2, 22 (jehr verjchieden erklärt) wahrſcheinlich eine 
Erſatzmannſchaft, entnommen aus den Vermögen: 
deren unter demjenigen Bürgern, die nicht mehr 
den Genjus der legten (5.) Klafje (12500, nad) 
anderer Angabe 11 000 asses) erreichten, und die 
im allgemeinen weder cenfiert wurden noch ſtimm— 
berechtigt oder militärpflichtig waren, von demen 
jedody diejenigen, welche noch über 1500 bis 
11 000 asses befaßen, zum Cenſus und den damit 
zufammenhängenden Pflichten Hinzugenommen wur: 
den. (Vgl. unter Servius Tullıus deſſen Geſetz— 
gebung.) Sie ftanden höher als die proletarii 

ı* 


4 Accius — Achaemenes. 


umd niedriger als die rorarii, die noch zur 5. Klaſſe 
gehörten. — I) In militäriicher Beziehung war 
wenig Verla auf fie (Zar. 8, 8: minimae fidu- 
eiae manus), daher war ihre Stellung in der 
Sclachtreihe noch hinter deu rorarii, beide im 
Rüden der triariı, Ihre Bewaffnung als Leicht: 
bewaffnete bejtand nur in Schleudern (fundae) 
und. Wurffteinen (lapides missiles), ebenjo wie 
bei den rorarii, von denen jie erit jeit der ver: 
änderten Schlachtordnung in dem Kriege gegen die 
Latiner unterjchieden werden. Weil ohne Schuß: 
waffen (inermes), hießen fie auch velatı, d. h. nur 
durch die Kleidung geichügt (Cie. accensi velati); 
aecensi wurden fie genannt als ad legionum cen- 
sum adseripti, wgogdnans moin» Fmeigor Ev 
pakayyı (Dion. Hal. 5, 67), daher auch ad- 
scriptieii (scribere exereitum ein Heer ausheben). 
Sie ftanden ebenjo wie die rorarii unter bejonde: 
ren Fähnlein und beunruhigten vor Beginn der 
Schlacht den Feind, zogen ji) dann durch die 
Bwiichenräume der 3 ordines hinter die Triarier 
zurüd und mußten bei deren Angriff ſich deu: 
jelben anſchließen. Seit der Zeit des 2. punifchen 
Krieges hörte die Verwendung Der accensi in ber 
Schlacht auf, an ihre Stelle traten die velites 
(j. Legio). — In ipeziellerer Bedeutung heißen 
die untergeordneten Öffihiere. jonjt optiones ge: 
nanıt, ebenfalls accensı, beigeordnete Helfer. — 
2) Am bürgerlichen Leben war der accensus 
jedes Konjul ein Erjagmann der lictores, ben 
die Konſuln ſich jelber für ihre Perjon, nament— 
lid; aus ihren Freigelaſſenen, infoweit jie römi: 
ches Bürgerrecht hatten, erwählten (Cie. ad (u. 
fr. 1, 1. ad Att. 4, 16. Verr. 3, 67). Die Be: 
joldung erhielt er allerdings aus dem aerarium, 
aber er war nicht, wie die übrige Dienerſchaft 
(j. Apparitores), Staatsdiener, weshalb fie auch 
nie wie dieſe eine Korporation (ordo) bildeten. 
Dem Konſul, der nicht die fasces hatte, ging 
nad alter Sitte ein accensus vorauf (Suet. Caes. 
20); jpäter, als der Turnus wegjiel, erichien jeder 
zur Führung von lictores berechtigte Magiftratus 
(Konjuln, Prokonſuln, Diltatoren, Decempirn, 
Prätoren, Proprätoren) zugleich mit dem accensus; 
ja jelbjt bei Privaten, injoweit ihnen lietores er: 
laubt waren, d. i. bei den Spielgeberu, fehlte er 
nicht. Zu welchen Dienften die Magijtratsbeamten 
ihren accensus jtellvertretend benußen wollten, 
hing von ihrer Beitimmung ab, jo vertrat alio 
der accensus oftmals den praeco, 3. B. zur Be: 
rufung der comitia centurlata (Varr. 1. 1. 6, 88) 
durch den Konjul. Der Prätor lieh durch ihn dor 
Gericht citieren und öffentlich die Tagesitunden 
während der Gerichtsfibungen (vormittags 9 Uhr, 
Mittag, 3 Uhr nachmittags) ausrufen (Varr. 1. 1, 
6, 89. Plin. 7, 60), was jonft Sache des praeco 
war (Varr. 1. 1. 6, 5). — Es lag in dem Wejen 
der ganzen Stellung des accensus zu jeinem 
Magiftratus, daß er der Bertrauensmann desjelben 
wurde und einen großen Einfluß auf denjelben 
erhalten konnte. 

Aceius j. Atii, 5. 

Acelamatio, der Zuruf, bejonders des Beifalls, 
Glückwunſches und der freude, gewöhnlich ver: 
bunden mit Klatſchen (plausus) und verichiedenen 
Nufen, z. B. bei Bermäblten: Talassio (Lev. 1, 9) 
oder io hymen hymenaee, bei Triumphzügen: io 
triumphe (Hor. od. 4, 2, 495.), bei beliebten 


Rednern: bene et praeclare! belle et festive! 
non potest melius (Cie. de or. 8, 26). Auch bei 
freudigen öffentlichen Ereigniffen wurden accla- 
mationes vernommen, 3. B. beim Erlaß neuer 
Geſetze, bei der Wahl neuer Jınperatoren, beim 
Erſcheinen gefeierter Staatsmänner oder der Kaiſer 
im Theater (Hor. od. 2, 17, 25f.), ſpäter vor- 
zugsweije bei erfreulichen Worten und Handlungen 
der Kaijer im Senate (Plin. pan. 8, 71. Suet. 
Caes. 79), wie denn auc die Ehrendefrete des 
Senats ebenjo hießen. — Als Zeichen der Un: 
zufriedenheit uud des Miffallens (adversa) fommıt 
es auch bisweilen vor (Ge. de or. 2, 83. ad 
Qu. fr. 2, 1, 3). 

Acceumböre j. Mahlzeiten, Il) 7 ji. 

Acerra, nad) der Erklärung des Feſtus ein 
Tragaltar, der vor dem Toten bingejtellt und auf 
dem Weihraud) angezündet zu werden pflegte; 
überhaupt eine Rauchpfanne zum Anzünden bes 
Weihrauchs bei Opfern, turibulum, Svwarngov 
(Verg. A. 5, 745), nad) Ov. met. 13, 703 ein 
verichließbares Gefäß oder Käftchen zum Aufbe— 
wahren des Weihrauchs. Hor. od. 3, 8, 2 

Acerrae, 1) Stadt in Kampanien (j. Acerra), 
weitlich von Nola am Fluſſe Glanis, durch deſſen 
NAustreten fie oft litt. Sl. 8, 537. Verg. G. 2, 
225. Hannibal zerjtörte die Stadt, jpäter ward 
jie wieder aufgebaut. Liv, 23, 17. 27, 3. Die 
Bewohner Acerrani. — 2) Axfogae (Plut. Mare. 
6) od. Arkogaı (Pol, 2, 34), Stadt der Inſubrer 
zwiichen dem Padus und den Alpen au der Adbua, 
7 röm. Millien vom Bo, ein jehr feiter Ort, j. 
Sera bei Fizzighettone. 

Achaei, Ayaol, 1) Volk an der Nordoſtküſte 
des Pontos Eureinos, Ov. ex 4, 10, 27. 
Strab. 11, 758. Vell. Pat. 2, 40. — 2) Bolf in 
Phthiotis (Theſſalien) Hdt. 7, 132. Liv. 32, 32), 
mit der Stadt Halos. — 3) einer der Haupt— 

ümme des griechiſchen Volkes. Nach der Sage 
ammen die Acaier von Achaios, dem Sohne des 
hos und Enkel des Hellen, ab, der von Attika 
aus die Pelajger in Argolis und Lakonien unter: 
warf; nach andern ging er zurüd in feine väter: 
liche Heimat in Thejjalien (j. Nr. 2), von wo aus 
jeine Söhne Arhandros und Arcditeles nad Argos 
gingen (vgl. Graeeia, 11.) und mit Ausnahme 
von Wrfadien den Peloponnes einnahmen; bei 
Homer fommt ihr Name daher neben dem der 
Argeier als Gejamtname der Griechen vor. Aus 
Argos und Lakonien durch die Herakleiden ver: 
drängt, wohnten jie nach der dorischen Wanderung 
in der nad) ihnen benannten Landichaft des Pe: 
loponnes, die früher Jonia oder Wigialeia hieß. 
— 4) Bewohner der peloponnefiichen Landichaft 
Achaja, j. Achaia. 

Achaemönes, Azarutvns, altperi. Hafhamanijh, 
1) Stammvater des Königsgeſchlechtes der Achä— 
meniden, perfiicher Fürft unter medijcher Ober: 
hoheit um 650 v. C. Seine Nachfolger Teiipes, 
Kyros 1. und Kambyſes I. (Hat. 7, 11. 1, 107. 
111) biegen zugleich „Könige von Anjan‘“ (wohl 
Sufjiana), bis Kyros 11. das perfiiche Weltreich 
gründete. Der Reichtum der jamilie war im 
Orient jpridhwörtlich (Hor. od. 2, 12, 21). — 
2) Sohn des Dareios I. Hyſtaſpis, Bruder des 
Xerges, unter deſſen Regierung Statthalter von 
Agypten jeit 483, Oberbefehlshaber der perfiichen 
Flotte im Krieg von 480; jpäter in dem Aufſtand 


Achaemenides 


der Aghpter unter Inaros gegen Artaxerxes 1. 
459 in der Schlacht getötet (Hat. 7, 7. 97. 
3, 12). 

Achaemenides, aus Ithaka, begleitete den 
Odyſſeus auf feiner Rüdfahrt von Troja, wurde 
aber von diefem auf Sicilien zurüdgelajien, als 
derjelbe dem Polyphemos entrann. Als Aineias 
ipäter nach Sicilien fan, nahm er den Achäme— 
nides mit fih. Vırg. A. 3, 613. Op. ex P. 
2,2, 25. 

Achaia, "Ayal« (niemals breifilbig), ehemals 
Alyıalög, Alyıakcıa (Hüftenland) geheiken (Strab. 
8, 383, Paus. 5, 1, 1. 7, 1), bedeutet 1) bei 
Herodot, Thufydides, Pauſanias die Nordküfte 
des Peloponnes, welche die jogenannte Jmdsn«- 
zolıs umfaßte, bei Mela und andern find dar: 
unter 2) auch die Gebiete von Korinth, Phlius, 
Eifyon begriffen. Ferner begreift der Name 3) den 
ganzen Peloponnes häufig bei Livius, Cicero, 
Käfar, endlih 4) das ganze Griechenland bis 
Theflalien hinauf als römiſche Provinz Achaja, im 
Gegenjab zu Makedonien. — Das Sand im erfteren 
Umfange genommen grenzte im S. an Eleia und 
Arktadien, im D. an Siiyon, im N. und W. an 
den Korinthiichen Meerbujen im weiteren Sinne. 
Die Größe betrug etwa 38 GM. od. 210 Kilo— 
meter. Bis zu 8000 Fuß emporfteigende Gebirge 
ſcheiden diejes Land von Arfadien: Kullyvn (Biria), 
Koadıs (Hagia Varvara), Kepvvsıx öen, Eov- 
uavdos (Dlonos), von dem in nördlicher Richtung 
ein jelbftändiges Maflengebirge, das [Tavayatrov 
doog (Roidia), fächerförmig an den Korinthiichen 
Meerbuien ausläuft. Die vielfach zerflüfteten, pitto- 
redfe Formen und Anſichten zeigenden Gebirge 
reichen an vielen Stellen bis unmittelbar an das 
Meer; die ebenen Teile betragen etwa nur 5'/, 
TIM., befonders am wejtlichen Abhang des Pan: 
ahaiton am Meerbuien von Batrai bis zum Borgeb. 
Araros. Unter den Vorgebirgen ift im W. Aoa&oc 
(Kalogria) zu merken, dann 'Piov, j. Caftello di 
Morea (einjt mit einem Bojeidontempel), und JoE- 
zavor (Drepano) am Eingang des innern Korinth. 
Meerbuſens. Die zahlreichen Flüſſe haben wegen 
der Nähe ihrer Quellgebirge einen furzen Lauf 
und zugleich eine jehr unftäte Natur. Ihre ſeich— 
ten Betten liegen im Sommer troden, während 
fie in den übrigen Jahreszeiten häufig mit Maffer 
überfüllt find. Die zerftörende Natur diejer Bäche 
wird Durch ihre alten Namen KAgıog (Bol), Zus 
od. Zudag (Eber) u. a. bezeichnet. Nur von dem 
Koabdıs (jeht Abreto) erwähnt Herodot (1, 145), 
dat er immer fließend ſei. Sichere Buchten fehlen 
faft gänzlich; daher das neugriechiiche Sprichwort, 
die moreotijche Küfte des Korinthiichen Buſens 
habe das Waſſer, die rumteliotifche (nördliche) 
aber die Häfen. Auf den Bergen gedeihen Bäume 
aller Art, in den Aulturfähigen Diftriften DI, 
Wein, Getreide. Übrigens wechſeln rauhe Winde 
mit glühendem Sonnenbrand. Am Altertum it 
diefer Strich öfter von heftigen Erdbeben heim: 
gejucht worden. — In Weſtachaja bilden die Ge: 
biete von Dyme, Olenos und Patrai ij. Patras) 
landichaftlih ein Ganzes; die leßtere Stadt ver: 
dankt ihrer guten Reede ihre große Bedeutung 
ale Handelsplag nach dem italiichen Meere im 
Altertum wie in der Neuzeit. An das patraiiiche 
Landgebiet ſchließt ſich nach Oſten hin ein etwa 
130 Stadien langer Küſtenſaum, auf welchem einſt 


— Achaia. 5 


fünf Städte neben einander beſtanden; in der Mitte 
des Geſtades Aigion, weſtlich davon Rhypes, 
öſtlich Helike (573 v. C. mit Bura durch ein 
furchtbares Erdbeben zerſtört und vom Meere ver— 
ſchlungen), das auf hohem Bergrücken gelegne 
Keryneia, deſſen Theater 1881 gefunden und 
bloßgelegt worden iſt, und Bura. Dann folgt 
die Hafenſtadt Aigeira (Ruinen bei Mavra Li— 
tharia) und Pellene, das wegen ſeiner Lage den 
feindlichen Übergriffen der öſtiichen Nachbarn am 
feichteften ausgejegt war. Die einzige binnen: 
ländiiche Stadt und zugleich die am höchſten ge: 
legene ift Tritaia, weldes infolge feiner Yage 
jich eine Zeit lang vermutlich vor der Neubegrün- 
dung des achaiiſchen Bundes) an Arkadien ange: 
ichloffen hatte. Strab. 8, 383. Vgl. Eurtius, 
Peloponneſos I ©. 403 ff. Burfian, Geographie 
von Griechenland II ©. 300 ff. — Die älteften : 
Bewohner waren Pelaſger und Roner; letztere 
wurden zur Zeit der dorijchen Wanderung von 
den Achaiern unter Tijamenos, dem Sohne des 
Oreftes, vertrieben und gingen nad Attila; das 
Land erhielt danı den Namen Achaia. Bon den 
Konern rührt die Einteilung in 12 Stadtgebiete 
her, welche mit demofratiicher Berfaflung unter 
den Adjaiern fortbeitanden und einen lojen Bund 
(noıwör) bildeten. Hdt. 1, 145 nennt folgende: 
Pellene, Nigeira, Aigai, Bura, Nigion, Rhypes, 
Patrai, Pharai, Dlenos, Dyme, Tritaia. In 
anderer Zeit wird Leontion jtatt des zerftörten 
Rhypes und Kernneia ftatt Migai genannt. Pol. 
2, 41. Die zwölf Stadtgebiete blieben einzelne, 
gleichberechtigte Kantone. Durch Zurückgezogenheit 
von politiichen Händeln behaupteten fie lange ihre 
Freiheit, hielten fich jern von Teilnahme an den 
Berferfriegen, und auch im peloponnefiichen Kriege 
blieben jie ans Abneigung gegen den Dorismus 
neutral. Das Band war anfangs ein meiit reli— 
giöjes, beionders gemeinfame Opfer für Pojeidon 
zu Helite und nad) deſſen Zerftörung durch Erd: 
beben 373 (Diod. Sie. 14, 48. Strab. 8, 384. 
Paus. 7, 24. Ov. met. 15, 293) zu Migion filr 
Zeus Homarios oder Homagyros und Demeter 
Panachaia. Sonft war die — nicht be— 
deutend und löſte ſich mit der Zeit ziemlich. Doch 
zur Zeit der allgemeinen Not durch Alexanders 
Nachfolger ſchloſſen in der 124. Olympiade (281 
v. E.) die 4 Städte PBatrai, Dome, Tritaia und 
Pharai einen Bund, dem fich bald nod 6 an: 
jchloffen (ausgenommen Dlenos und Helife) (Pol. 
2, 41), um ihre politiiche Stellung zu wahren, 
den ahaiiihen Bund. Bedeutung gewann : 
derjelbe aber erft durch die Strategie des Aratos, 
2510.C, Ihm gelang es durch Überredungstunft, 
die Tyrannen der peloponnefischen Städte zur Nieder: 
legung ihrer Macht zu bewegen, bejonders jeit: 
dem Demetrios von Makedonien, ihre Hauptitüße, 
gejtorben war. Meflenien, Elis, Sparta und ein 
Teil Arkadiens blieben dem Bunde noch fern. 
Dod) war Aratos mehr Staatsmann als Feldherr; 
und als daher im %. 224 die Eroberung von 
Megalopolis und 3 glüdliche Schlachten den Spar: 


‚tanerfönig Sleomenes II. vor die Thore von 


Sityon und Korinth führten, blieb den Achaiern 
nichts anderes übrig, als fich dem Antigonos Dofon 
von Makedonien in die Arme zu werfen, deſſen 
Sieg bei Sellafia (222) ihnen auch Tegen und 
Mantineia ficherte; indes trat das Abhängigkeits: 


6 


verhältnis des Bundes drüdend hervor, bejonders 
als Aratos, bei Kaphyai von den Witolern ge: 
ichlagen, abermals um Hülfe bitten mußte. Doch 
das Auftreten der Römer gegen Makedonien machte 
den achaiiſchen Bund für Waledonien wichtig und 
hinderte jeine Sprengung. Die glüdliche Wahl des 
Megalopolitaners Bhilopoimen zum Gtrategen 
207 wirfte zugleich jehr günftig. Er hauchte der 
Nation einen nie gefannten friegeriichen Enthu— 
finsmus ein, reformierte das Heerweſen, kämpfte 
gegen den Tyrannen Machanidas von Sparta mit 
Süd und erhielt Arfadien dem Bunde; der bloße 
Schreden jeines Namens wirkte auf die Feinde. 
Als Achaja 195 in das Änterejje der Römer ge- 
zogen wurde, wuchs die Macht des Bundes nad) 
allen Seiten hin, und Philopoimen hob fie durch 
die Eroberung Spartas auf ihren Höhepunkt. 
Nun aber begann die Eiferjucht Noms. Philo— 
poimen fiel in Sefangenichaft und ftarb, als Deino- 
frates in Meflenidn int Einverftändnis mit den 
Römern abfiel. Lylortas, des Gejchichtichreibers 
Polybios Vater, war zwar ein würdiger Nadı: 
folger, doch vermochte er gegen die römiſch gejinnten 
Kallikrates und Andromidas und deren Bartei nicht 
ein Bündnis mit dem Könige Perſeus durch— 
zufegen. Ja, nach dem unglüdlichen Ende des 
Berjeus durd die Schlacht bei Pydna (168) war 
es Nallilrates, der die edeliten feiner Yandsleute 
bei den Römern verdächtigte, jo daß 1000 der— 
felben nadı Rom gelodt und dort gefangen ge: 
halten murden bis zum Jahre 150, nachdem 550 
hingerichtet worden waren. Während dejjen juchte 
Rom als Schiedsrichterin die Zwietracht unter den 
Städten des Bundes zu jchüren. Als 147 die For— 
derung der Nömer, Korinth, Orchomenos, Argos, 
Herakleia und Dite aus dem Bunde zu entlallen, 
den Grimm des Volkes auf die Spike getrieben 
hatte, glaubte er die Gelegenheit günftig, noch 
einen Kanıpf wagen zu können. Er mißglüdte unter | 
Führung des Diaios und des Kritolaos. L. Mum: | 
mius, der röm. Konjul, bejegte den Iſthmos und | 
ichlug die Achaier bei Leufopetra (146), worauf 
er Korinth zerftörte. 10 Bevollmädhtigte des Se: | 
nats erflärten den Bund für aufgelöft und jegten | 
oligarchiiche Obrigkeiten jtatt der demofratiichen | 
ein. Adaja wurde zuerjt eine prätorifche, dann 
eine profonfulariihe Provinz. ©. P’lut. Philo- 
poemen, Arat, Liv. 27 ff. Pol. — Verfaſſung 
des Bundes. An der Spite der demokratiſchen 
Regierung ftanden 2, ſeit 256 1 Strategos 
(Prätor) dem die Leitung nad innen und außen 
oblag; die Ausfertigung der Befehle u. j. w. be: 
jorgte bis 256 der Grammatcus (der Staats: 
ichreiber, der eponyme Beamte); ım Felde gab es 
Hnpoftrategen (Unterfeldherrn) und als Komman— 
danten der Neiterei einen Hipparchen. Die lei: 
tende Behörde war die Bule, deren Mitglieder 
Damiurgen hießen (Liv. 38, 30. Pol. 2, 9); 
fie bildeten mit jenen Beamten ein Kollegium 
von 12 Mitgliedern. Die Wahl der Bundesbe— 
hörden, jorwie die Bundesgejeßgebung, die Ent: 
ſcheidung über Krieg und Frieden und die Ab- 
ſchließung von Bündniffen ftand der Yandsgemeinde 
zu, welche jich regelmäßig zweimal im Jahre (im 
Frühling und Herbft) in Aigion, fpäter auch in 
andern Bundesftädten verfammelte. Jeder Bürger, | 
der das 30. Jahr zurüdgelegt hatte, war zur Teil: 
nahme an derjelben berechtigt. Zwilchen den Be: 


Achaios — Acheloos. 


hörden und der Landsgemeinde ftand ein Wat, 
über defjen Einrichtung und Mitgliederzahl nichts 
Sicheres befannt ift. Die Mitglieder des Bundes 
hatten ein gemeinfames Münz:, Mah: und Ge: 
wichtsjuftem. Wal. Strab. 8, 385 ff. Paus. 7,6 ff. 
Helwing, Geſch. des achäiſchen Bundes (1820). 
Merleter, Achaicorum |]. Ill. (1837). Dubois, 
les ligues etolienne et achdenne (1884). 

Achaios Ayarös, 1) Sohn des Kuthos und der 
Kreuſa (j. Achaei, 3. und Xuthos). — 24. 
von Eretria, trag. Dichter, war nach Suidas 
Sohn des Pythodoridas, befannt in DI. 74, jüngerer 
Beitgenofie des Sopholles, jeit DI. 83 aber aud) 
Nebenbuhler des Euripides und Verfaſſer von 24 
oder 44 Dramen, von denen nur eins fiegte. Be: 
ſonders geihägt war er in Satyrdramen (Diog. 
Laert. 2, 133). Seinen Stil nennt Athenaios (10, 
p. 451 C) zierlich, aber bisweilen dunkel und 
rätjelhaft; ob mit Recht, ift bei der geringen An— 
zahl von Bruchjtücen nicht zu jagen. Neben Aiſchy— 
los, Sophotles, Euripides und Jon war er in den 
j. g. alerandriniichen Kanon der Tragiter aufge: 
nommen, obichon fich mit ihm die Tragödie ihrem 
Verfall näherte. Monographie von Urlichs (1834) 
und Nachträge im Philologus 1, 557. Samm: 
lung der Brucditüde in Wauds trag. Liraee. 
fragmenta (1856), ©. 578 ff. Mit ihm ift 
nicht zu verwechſeln 3) ein jüngerer Tragödien: 
dichter aus Syrafus, der 10 Trauerjpiele geſchrie— 
ben haben joll. — 4) Statthalter des ſyriſchen 
Königs Antiochos IIl., gegen den er fich empörte, 
bis er in Sardes gefangen —_— und jchimpf: 
lich getötet wurde, 214 v. E. Pol. 5, 57.8, 17 ff. 

Acharnai, «i Ayagvafd, ein leden und Demos 
in Attila, zur oineischen Phyle gehörig, 60 Stadien 
nördlid von Athen (j. Dorf Menidhi, mit einem 
interefianten Stuppelgrab, j. Baukunst, 1.) mit 
bedeutendem Wein: und Olbau. Thuc. 2, 19, 
Die Einwohner, zu einem großen Teile Kohlen: 
brenner, waren ein derbes, fräjtiges Landvolk, 
wie fie auch in dem gleihnamigen Stüde des 
Ariftophanes ericheinen (179 ff.) Ach. war der volt: 
reichſte aller attiihen Demen. Pind. nem. 2, 16. 

Achätes, 4yarns, 1). Aineias. — 2) Fl. im 
jüdl. Sicilien zwiichen Kamarina und ®ela, in wel: 
chem der nach ihm benannte Achatjtein zuerit ge— 
funden fein joll. Plin. 37, 10, 54. Sıl, 14, 220, 
Theophr. de lap. {r. 2. 

Achelöos, Aysiwog, (früher Thoas, Arenos, 
Theftios), j. Megdova und weiterhin Aspropo- 
tamo, der größte Fluß Griechenlands, 26 Meilen 
fang. 11.21,194. Er entipringt auf dem Yalmon 
genannten nördl. Teile des Pindos und ftrömt 
reißenden Laufs mit hellem Waſſer jüdwärts, wo 
er als Grenzfluß zwiſchen Aitolien und Alarna- 
nien zu betradhten ift, durch fruchtbare Ebenen 
dem Joniſchen Meere zu. Seine Mündung unter: 
halb Oiniadai ift von jeher großen Veränderungen 
ausgejegt geweien (Tue. 2, 102) und jagenhaft, 
bejonders durch die an ihr angeſchwemmten Echi- 
nadischen Inſeln (Or. met. 8, 546 ff.), j. d. — Au 
der Sage iſt er der ©. des Okeanos und der Te: 
thus (xeeiov, Hom. Il. 21, 194), der ältejte der 
3000 Bruderflüffe. Zlesiod. theog. 340. Als Wafjer- 
gottheit der Verwandlung fähig, kämpfte er mit 
Herafles um Deianeira, Tochter des Aitolerkönigs 
Dinens, in dreifacher Geftalt (Soph. Trach. 10 ff. 
507 ff.), wobei ıhm als Stier eines jeiner Hörner 


Acheron — 


abgebrochen wurde (Or. met. 8, 883 und bejon- 
ders 9, 1— 100), welches die Najaden mit Blumen 
füllten und zu einem Horn des Überfluffes mad): 
ten (cornu copiae, daj. 9, 1f.). Die Erflärung 
diefer Mythen, welche auf die Fruchtbarkeit der 
von ihm durchftrömten Ebenen, auf die Beichrän: 
fung des Flußbettes und die Trodenlegung jeiner 
Ufer gehen, gibt ſchon Strabon (10, 458). Er 
war überhaupt ein heiliger Fluß für ganz Griechen: 
land und galt als Nepräjentant des jühen Waſſers, 
weshalb Euripides Bacch. 514 f.) ihn zum Vater 
der boiotijhen Duelle Dirfe macht. Schon in äl: 
tefter Zeit jtand er in hohem Anſehen wegen der 
Nähe des Dodonaiiihen Drafels, das jeder Ant: 
wort den Befehl hinzugefügt haben joll, dem Ad). 
zu opfern. Er wurde daher auch bei Opfern, in 
Gebeten und Schwüren angerufen, und es fommen, 
vielleicht aus diejem Grunde, nicht allein gleich: 
namige Flüſſe in Arkadien und Theflalien vor, 
jondern es nahmen ihn auch Dichter und Drafel- 
iprüche förmlich als Appellativum (j. Kur. Bacch. 
620); in Metapont wurden ihm zu Ehren Kampf— 
jpiele abgehalten, und in Afarnanien enoß er 
göttliche Verehrung. Er war Vater der Seirenen. 

Acheron (Acheruns), Axtoor, Name mehrerer | 
Flüfle: 1) Fl. in Thejprotia (Epeiros), j. Phana⸗ 
riotitos od. Fluß von Suli, durchfließt die Age- | 
eovoie klurvn, einen 1", Stunde langen und ®/, St. 
breiten Sumpffee (j. Tihutnida), verichtwindet un: 
ter der Erde und mündet ins Joniſche Meer (in 
den Hafen Elaia, j. Phanari); jein Wafler iſt 
ichlammig und bitter, desgleichen fein Nebenjluß 
Konvrog Thuc. 1, 46. Beide Gewäſſer jind als 
Flüſſe der Unterwelt berühntt, wo der Ach. mit dem 
Kofytos (Klage) und Pyriphlegethon (Feueritrom) 
in Berbindung fteht. Auch ſein Name iſt daher 
wohl mythiſch: 6 Axece HEw», der Fluß der Trauer 
(Verg. A. 6, 295. Hom. Od. 10, 513); über ihn 
mußten die Schatten wandern; vgl. die Schilderun 
in Platons Phaidon. Offenbar hat die enge ==. 
büjtere, von mächtigen, nadten Felswänden ein: 
gefaßte Schlucht, durch welche der Ach. tief und 
reißend ftrömt, Beranlaffung gegeben, auch dort: 
hin den Kingang zu dem Weiche der Toten zu 
verlegen und die Namen der beiden Flüſſe geradezu 
auf die Flüſſe der Unterwelt zu übertragen. An 
dem theſprotiſchen Fluſſe wurde auch —* alter 
Zeit Totenkultus mit Totencitationen (vervouav- 
reiov, Yuzoroumsiov) geübt (Hat. ö, 92, 7), jo 
dab Homer (Od. 11) die Totenbejchwörungen des 
Odyſſeus jowie den Namen Acheron von dort ent: 
Ichnt zu haben jcheint. Als Berjonifitation ift er 
Sohn der Ge. Der Name fteht oft für die Tiefe 
der Unterwelt jelbjt. — 2) linker x Nebenfluß des Al: 
pheios in Elis, weitlid; des Diagon. Strab. 8, 
344. — 3) Hl. in Bruttii, verhängnisvoll für 
Alerander von Epeiros (Liv. 8, 24), T Leſe, nad) 
andern Mucrone, 

Acherontia, Aceruntia, j. Acerenza, Stadt im 
nördl. Lucanien, auf einem —* Felſen gelegen, 
daher celsae nidus Acherontiae (Hor. od. 3, 4, 
14). Nahbarftädte waren Forentum und Bantia. 

„ Ächerusis, Aregooia kuvn, 1)j. Acheron, 

— 2) Heiner See in Campanien zwijchen Cumä 
*F Miſenum, i. Lago di Fuſaro. Strab. 5, 243 ff. 
— 3) ein mit Steinmauern umgebener Blat bei 
Hermione in Argolis neben einem Erdſchlunde, 
durch den Herakles den Kterberos emporgeführt 














Achilleus. 7 


haben jollte. FPaus. 2, 35, 10. 4) Dasjelbe 

wurde erzählt von einer Azegovoıdg zE000vn005 

— Erdzunge bei Herakleia in Bithynien. 
en. An. 5, 10, Apoll,. Rhod. 2, 728 ff. - 

5) See in Ägypten. bei Memphis, über den die 

Toten zum Gericht gefahren wurden; dabei die 

Totenftätte. Diod. Sie. 1, 96. 

Achillas, Feldherr und Bormund des Ptole— 
maios XII. Dionyjos, vielleicht Urheber der Er: 
mordung des Pompejus, als derjelbe nad) der 
vharjaliichen Schlacht nach Agypten floh, 48 v. E. 
Caes. b. c. 3, 104. Liv. ep. 112. Darauf kämpfte 
Achillas nicht ohne Glück gegen den in Aleran- 
dreia belagerten Cäſar (Cars. b. e. 3, 108). Später 
fand er feinen Tod durch Meuchelmord. Caes. b. 
Alex. 4. b. c. 3, 108. 

Achilles Tatios, Ayıllevg Tarıog, aus Aleran: 
dreia, Verfaſſ er eines griechiſchen Romans za war 
Asvxiannv nal Kleıroporra in 8 BB., lebte 
wahrjcheinlich in der Mitte des 5. Jahrhun: 
derts n. C. Er behandelt in demjelben die Ge: 
ichichte zweier Liebenden, des Kleitophon und der 
Leufippe, in großer Abwechjelung der Darftellung, 
mischt aber auch manches Ungehörige, Naturbe: 
ichreibungen, Schilderung von Kunftwerfen u. dergl. 
hinein, Bike auch das Sittlichkeitägefühl nicht 
immer ftreng beachtet wird. Daß das Werk im 
Mittelalter zahlreiche Leſer fand, zeigen die vielen 
auf uns gelommenen Handichriften. Beſte Ausgg. 
von %. Jacobs (1821) und von Hercher im 1. 
Band der erotici scriptores. — Wohl zu unter: 
iheiden ift von ihm Achilles Statios, ber 
bielleicht im 2. Jahrh. u. Ehr. lebte und einen 
Kommentar zu Aratos’ Kehrgedicht Daıwouera 
ichrieb. 

Achilleus, Ayıllevs, Ayıkevs, Sohn des Peleus, 
Königs der Myrmidonen in by a und der in 
Phthia verehrten Nereide Thetis, Entel des Aiakos 
(IInkelöng, Ilnıniaöns, Ilnıslov, Alanlöng), 
Hauptheld der Jlias. Homeriihe Sage: Adil: 
leus, in jeiner Jugend von der Mutter treu ge: 
pflegt, wurde von Bhoinir, der flüchtig vor jei- 
nem Bater Amyntor bei Beleus eine Zufluchtsftätte 
gefunden, in Wohlredenheit und Kriegsftunde und 
von dem Kentauren Cheiron in der Heilkunde 
unterrichtet. IZ. 9, 444. 11, 832. Schon in früher 
Jugend war er mit jeinem Freunde und treuen 
Lebensgefährten Patroflos vereinigt. Diejer 
war, weil er in jeiner Heimat Opus unverjehens 
beim Würfeljpiel einen Knaben erichlagen hatte, 
mit jeinem Vater Menoitios, einem Halbbruder 
des Aiafos, zu Peleus geflohen und wurde hier 
ne mit Achillens erzogen. II. 28, 84. 

as Schidjal hatte dem Ad. die Wahl gelafjen 
zwiichen einer langen aber thatenlojen und einer 
furzen au rer Lebensbahn; er wählte das 
5 tere, 9, 410. Als daher Neftor und 

Odyſſeus a ÿ thia kamen und ihn zur Teil— 
nahme an dem * gegen Troja aufforderten, 
folgte er gern. IT. 11, 765, 
dem alten Phoinix begleitet, fährt er mit 50 
Schiffen gen Troja. M. 2, 681. Hier war er 
unter dem Schuß der Hera und Athene der mäch— 
tige Schirm der Adhaier, ein unwiderſtehlicher Held; 
er zerftörte 12 Städte zur Sec und 11 zu Lande. 
Als aber im 10. Jahre des Krieges Agamemnon 
ihn ſchwer beleidigte, indem er ihm die gefangene 
Tochter des Priefters Brijes in Lyrneſſos( Hippo: 


2 
— 


Bon Patroklos und 2 


4 Od. 11, 467. 


8 
dameia, Brijeis) wegnahm, zog er fich grollend | 
mit den Seinen vom Rampfe zurüd (IT. 1), und | 
erit, ala die Troer in das griech. Lager drangen, 
erlaubte er dem Batroflos, mit den Myrmidonen 
in den Kampf zu gehen, und lieh ihm feine Rüftung, 
ohne jedoch feinen Zorn gegen die Griechen auf: 
zugeben. ZT. 16, 49 fi. Patroklos treibt die Troer 
zurück, aber fällt von Heltors Hand. Der Leichnam 
wird gerettet, doch die Rüftung des Ach. geht ver- 
loren. Ach. beflagt den toten Freund und gelobt 
ihm ſchreckliche Rache an Heltor und allen Troern. 
3 21. ı8, 333. Er jöhnt fich mit Agamemnon aus 
u. eilt in neuer 
prächtiger Rü— 
ftung, die ihm 
Hephaiftos auf 
Bitten der The: 
tis gefertigt 
(Schild des 
Achill, ZT. 18, | 
478-608), | 
ftrahlend * wie 
Helios in dem! 
Nampf (19, 
64. Er er: 
ſchlägt Sca = | 
Iren der Feinde 
und treibt Die 
übrigen in die 
Stadt; mur 
Heltor wagt es 
ihn an der 
Mauer zu er: 
warten. Drei- 
mal jagt ihn 
Ach. um die 
Stadt, endlich 
als er ftand- 
hält, durch— 
bohrt er ihn 
mit der Yanze 
und jchleift ihn 
am Wagen zum 
Yager. Tl. 22, | 
Jetzt erft be: | 
itattet er den | 
Leichnam des 
Freundes. II. 
23. Die Leiche 
des Hektor will 
er den Bögeln 
und Hunden zum Fraße hinwerfen; als aber der 
alte Priamos in der Nacht in fein Zelt kommt 
und ihn um Nüdgabe des Sohnes bittet, läßt er 
fich endlich erweichen und gibt feinen Zorn auf. 
rl. 24. Ehe noch Troja erobert ward, fiel er in 
der Feldſchlacht durch; Paris und Apollon im Stai: 
iſchen Thore, aljo da er eben im Begriff war, die 
Stadt zu erftürmen. Il. 19, 417. 22, 359. lm 
den Gefallenen Hagten die Achater und mit ihnen 
Thetis und die Göttinnen des Meeres und die 
Mufen; feine Gebeine bargen die Griechen mit 
denen des Patroflos und des Antilochos vereint 
am Strande des Hellespont (am Borgebirge Si: 
geion) unter hohem Grabmal. Od. 24,36. In der 
Unterwelt traf Odyſſeus die Pinchen diefer drei | 
Freunde in Geſellſchaft mit dem Telamonier Nias. 








Achilleus. 


größten und herrlichiten aller Helden vor Troja 
bingeftellt; er überftrahlt alle an Schönheit und 
Tapferfeit, er ift ein Held von erhabener Seelen 
röße, von feitem, unbeuglamem Sinn, der im 
Drange nadı Ruhm und herrlichen Thaten des 
früh verhängten Todes micht achtet. Er iſt ein 
Freund des Geſangs und der Xeier, iſt gaftfrei, 
mild gegen Unglücliche, zärtlich gegen die Mutter, 
Freunde und Gefährten, fromm gegen die Hötter. 
Zwar zeigt er auch jeine Schwächen; er ift über: 
mäßig in jeinen Leidenjchaften, im Zorn gegen 
Sektor und im Schmerz über Batroflos’ Tod; 
doch aus dieſen gewaltigen Erichütterungen geht 
jeine Seele veredelt hervor. — Nachhomeriſche 
Sage: Thetis wollte ihr Kind unfterblich machen, 
indem fie es tags mit Ambrofia falbte und nachts 
ins Feuer hielt, um die fterblichen Teile aus ihm 
herauszubrennen. Als aber Releus einft dazu kam 
und erichredt das Kind aus den Flammen retten 
wollte, ward das Werk unterbrochen; denn Thetis 
verlieh Gatten und Sohn und floh in das Meer 
zurüd. Nach jüngerer Sage (Stat. Achill. 1, 260) 
tauchte fie den Sohn in den Styr, wodurch er un: 
vermundbar ward mit Ausnahme der Ferie, two 
fie ihn gehalten (Homer wei nichts von der Un 
verwundbarleit des Ad). Nach der Flucht der 


| Thetis brachte ihn Peleus zu Eheiron, der ihn erzog 


(Pind. nem. 3, 43\. Nach den Kypriſchen Gedich— 
ten ward er, als der trojan. Krieg ausbrah und 
Kalchas weisjagte, dak ohne ihn Troja nicht erobert 
werden fönnte, auf Sfuros unter den Töchtern des 
Königs Lykomedes in Frauenkleidern verborgen 
gehalten, weil Thetis vorausjah, daf er vor Troja 
umlommen würde. Aber Odyſſeus entdedte ihn 
durch Lift; er breitete in der Berfleidung eines 
Kaufmanns allerlei weiblichen Schmud vor den 
Jungfrauen aus, und daneben legte er Schild und 
Speer; plötzlich ertönte Schlacdhtruf und Kampfes: 
getöfe; die Jungfrauen entfliehen, aber Ad). ergreift 
die Waffen, um dem Feinde entgegen zu eilen. 
So wird er erfannt und veripricht feine Teilnahme 
am Aug. Apollod. 3, 13, 8 (j. Telephos, 
Kyknos, Trojan. Krieg). — liber den Tod 
des Ach. knüpſen die nachhomer. Sagen zum Teil 
an die homerijchen Andeutungen an, indem fie 
erzählen, Apollon habe ihn in der Schlacht mit dem 
Pfeil erichoffen oder des Paris Pfeil auf ihn ge 
lentt (Verg. A. 6, 56). Nach anderer, jpäter 
Dichtung fommt Ach., indem er fih mit Bolyrena, 
des Priamos Tochter, vermählen und zu den 
Troern übergehen will, unbemwaffnet in den Tem: 
pel des Apollon zu Thymbra und wird dort von 
Paris meuchlings erſchoſſen. Er mwurde in die 
Ferſe getroffen, wo er allein verwundbar tar. 
Als die Griehen von Troja heimfehren, opfern 
fie an der thrafifchen Küfte die Rolyrena, welche 
fein Schatten ſelbſt als Sühne für feinen Tod 
gefordert hat. Kur. Hec. 1ff. Ov. met. 13, 448, 

Ach. wurde an verichiedenen Orten Griechen: 
lands als Heros verehrt; er hatte Tempel zu Elis, 
zu Sparta, und eine Inſel an der Mündung des 
Siter, Leuke (Achillea), war ihm bejonders ge: 
weiht. Dort jollte er mit andern Helden und Hel— 
dinnen ein jeliges Leben führen, weshalb dieſe 
Inſel als ein zweites Elyſium betrachtet wurde. 

Bon der Kunft wurde er dem Ares ähnlich dar- 
geftellt, mit mähnenartig emporgebäumten oder 


— Homer hat den Ad. als den | zurüdgeftrichenem Haar, ſchlankem, fteilem Naden 


er 


--. 


* 
- 


Achradina 


und durchaus edeln und gewaltigen Körperformen. 
Die beigefügte Statue, früher in Villa Borgheſe, 
jebt in Paris, wird von manchen für Achill, von 
andern für Ares ausgegeben; der Ring über dem 
Knöchel bezeichnet bei Ares die Feſſelung, um ihm 
abzuhalten, zum Feinde überzugehen, bei Achilleus 
ift er wohl eine Andeutung der Ranzerung. 

Achradina j. Syracusae, 2. 

Aeidalfa mater heißt bei Vergil (A. 1, 720) 
Venus, nah Servius nach einer bei Orchomenos 
in Boiotien gelegenen Quelle, in der Venus und 
die Grazien zu baden pflegten, von keinem andern 
Schriftfteller erwähnt. 

Acies (rafıs), die Schlachtordnung. Die Grie— 
chen hatten in allgemeinen feine beftimmte Schiffs: 
aufftellung in der Seeſchlacht, jondern richteten ſich 
fediglidy nadı den dabei in Betradit fommenden 
Rerhältniffen. In der älteren Zeit war die See- 
taftif noch ſehr roh und einfach; man ftellte ſich 
in langen Reiben gegenüber, juchte möglichit bald 
handgemein zu werden und focht dann wie in 
einer Landſchlacht, jo noch kurz vor dem peloponn. 
Kriege die Kerkyraier und Korinther in der Schlacht 
bei Enbota (Thue. 1, 49). Die von den the 
nern ſchon vor dem pelop. Kriege andgebildete 
Taktik bezweckte, durch geichidte Wendungen die 
feindlihen Schiffe in Grund zu bohren oder durch 
BZerbrechen der Ruder lahm zu legen. Das An— 
rennen mit dem Schiffsichnabel war von dreierlei 
Art, entweder jo daß Vorderteil gegen Vorderteil 
ftieh (ein schlechtes Manöver), oder man rannte 
das feindliche Schiff mitten in der Seite an, oder 
man umfuhr es und fam ihm in den Rüden. Ein 
Hauptmandver war ferner das Durchfahren (dıex- 
nleiv, Öteannlov®r morichen); man fuhr raſch 
durch die Reihe der feindlichen Anfitellung und 
fuchte dem nächften Schiffe im Worbeifahren die 
Ruder abzubreden. Dabei konnte ihm durch eine 
geichidte Wendung auch noch ein Loch in die Seite 
geſtoßen werden, oder man brachte dem Feind eine 
Menge Schiffe in den Rüden. Das Hauptgegen- 
mittel war ein geichidtes Begegnen, oder man 
ftellte gleidy anfangs zwei Linien hinter einander 
auf (Zmıraassır). Das megımileiv war eine Um: 
zingelung der feindlichen Schiffe; ein Gegenmittel 
war das Ansdehnen der Flügel. Gegen beides, 
das Durch: und das Umfahren, diente auch als 
Sicherung die Aufftellung im reife. Vgl. See- 
krieg, 2. — Zu Lande war bei den Griechen 
im allgemeinen die geradlinige Front der Pha— 
lanr (j. d.) am gebräuchlichjten. In der ganzen 
älteren Zeit der griechiichen ®ejchichte bis zum 
peloponnefiichen Kriege war die doriiche Hopliten— 
taftif, welche bejonders in den Perjerfriegen 
ihre Trinmphe feierte, die herrichende. Die leicht: 
bewaffneten Heloten der Spartaner galten mur ala 
Waffenträger und Diener ihrer Herren. In der 
Schlacht ftanden fie hinter den Hopliten, fämpften 
mit Schleuderjteinen und Wurfipießen und trugen 
die Berwundeten aus dem Getümmel. In ähnlicher 
Weije verwendeten die Athener ihre Sklaven; doch 
hatten fie auch ein bürgerliches leichtes Fußvolk, 
die Bogenſchützen. Milttäriiche Evolutionen und 
militärifches Kommando lernten nur die Hopliten; 
in ihrer Taftif jah der Hellene mit Stolz etwas 
ihn vor dem Barbaren Auszeichnendes. Die ein: 
zelnen Abteilungen der Hopliten ordneten ſich 


— Acies. 9 


unter jelbjtgewählten Führern, im einer langen 
Reihe, welche bis zu 8 Gliedern tief war. Die 
Linie des Heeres ftellte ſich parallel der feindlichen 
Linie auf und rückte num in geichloffener Ordmung, 
meiftens in gemeflenem Gleichtritt, unter Beglei- 
tung don Mufit oder Geſang auf jene los. Der 
Kampf war nur ein Nahgefecht mit kurzen Stoß— 
und Schlagwaffen. Alles fam darauf an, geichloflen 
zu bleiben, damit nicht eine Abteilung in der 
Flanke gefaht würde, und doch Terrain zu ge: 
winnen. Daher waren auch die Flügel die Ehren: 
pläge. Der rechte Flügel gebührte bei Plataiai 
jelbjtverftändlich den Spartanern, um die Ehre des 
linten ftritten jich erft die Athener und Tegeaten; 
jene erhielten ihn. Die beiden Flügel und das 
Centrum kämpften in ſolchem Fall, wenn fie aus 
verjchiedenen WBölkerichaften beftanden, da jie danır 
ein getrenntes Kommando hatten, ziemlich ohne 
Rückſicht auf einander, und häufig fiegte einer der 
drei Seeresteile, während die andern geichlagen 
wurden. Wer aber ichliehlich das Schlachtfeld be- 
hauptete, dem gebührte der Ruhm des Sieges. 
Der peloponneſiſche Krieg zeigte auf feinem 
wechjelnden Striegätheater die größere Brauchbarfeit 
leichter Truppen nicht bloß auf coupiertem Terrain, 
jondern auch bei geeigneter Kampfweiſe auf cbe- 
nem Plan. Jedoch veranlafte erit der Nüdzug : 
der Zehntaufend ein Mbgehen von der jtarren 
Phalanrforn, indem man 1) die Hoplitenordnung 
dem Terrain anpaßte, ftatt das Terrain für die 
hergebradhte Hoplitenphalang erft auszuſuchen, und 
2) die leichte Infanterie (Schleuderer, Bogen: 
ſchützen, Peltaften, Spiefträger u. f. m.) in mannig— 
faltiger Weije zum Plänfeln, zur Dedung, zum 
Angriff mit der ſchweren Anfanterie zu verbinden 
lernte. Zugleich entitand aus mehreren Urjachen 
das Söldnerweien. Der erfte berühmte Söldner: 
general war Iphifrates, welcher größere Wohl- 
feilheit, Leichtigfeit und Beweglichkeit der Bewaff— 
nung einführte. Epameinondas erfand das 
Syſtem der jogenannten feilförmigen und fchiefen 
Schlachtordnung. Bis dahin war der rechte Flügel 
jtet$ der Ehrenplaß, alio die Hauptitärfe, jo daf 
für gewöhnlich die beiden rechten Flügel über die 
entgegenjtehenden linken fiegten und die Geſchla— 
genen verfolgten. Wer fich am erjten wieder ver: 
jammelte, fonnte den in einzelnen Kolonnen von 
der Verfolgung zurüctchrenden Gegner ſchließlich 
aus dem Felde fchlagen. Auf diefe Erfahrung 
gründete Epameinondas fein Syſtem. Er ftellte 
dem rechten Flügel der Lafedaimonier feine Haupt: 
macht, aljo auf feinem linlen Flügel gegenüber 
und juchte hier jogleich die Enticheidung und den 
Sieg. Zu diefem Zwecke ordnete er feine Hopfiten 
in größerer Tiefe (50 Mann) ohne breitere Fronte 
und richtete den wuchtigſten Angriff auf die Mitte 
des feindlichen rechten Flügels, während das Gen: 
trum und fein rechter Flügel ohne zu kämpfen und 
vom Feinde ſich etwas zurüdhaltend nur die Rich: 
tung ihrer Fronte zu halten juchten und zugleich 
die gegemüberftehenden Scharen an einer ener: 
giichen Unterſtützung ihres bedrohten rechten Flügels 
hinderten. Zur energifchen Zurückweiſung einer 
etwaigen UÜberflügelung des eignen Tinten Flügels 
diente zunächit jchon die tiefere Aufitellung und 
namentlich die fogenannte heilige Schar des Pelo— 
pidas, die (300 Mann ftarfi aus der Duene der 


von rechts nach lints hin nach Stämmen, meift | AUngriffsfolonne lints hervorbradh und zugleich die 


— 


10 


Acies, 


rechte Flanke und den Rüden der Gegner be:|8, 8) war die Stellung ſchon dahin verändert, 


drohte. 


Dieje Anderung in der Aufftellung des daß ftatt der Einen früheren Linie die Legion 
Heeres ift das Wejen der jogenannten ſchiefen | deren 3 bildete. 


Die 30 Manipeln, aus welchen 


Schlachtordnung des Epameinondas (Ao&r palays). | eine Legion beftand, waren 10 Manipeln hastati, 


Er erreichte durch diejelbe größere Chancen des 
Sieges auf dem angreifenden Flügel und vermied 
die Gefahr, während der Zeit im Centrum oder 
auf der andern Flanke geichlagen zu werden. Der 
fiegende Flügel konnte das feindliche Heer nachher 
aufrollen. enngleich der junge Alerander unter 
feinem Bater diejer Taftil mit den geeigneten Mit: 
teln entgegentrat und die heilige Schar der The: 
baner vernichtete, jo waren Doc fie beide es, 
welche diejes Syſtem des Epameinondas weiter 
ausbildeten. Aleranders helleniiche Schlachtord- 
nung hat feine 3 Teile mehr, jondern nur die 2, 
einen Offenſiv- und einen Defenſivflügel. Jener 
ijt immer der rechte, diejer der linfe. Won rechts 
nad) linfs ſtanden 1) die leichtbewaffneten Agrianer 
und Bogenichügen, 2) die mafedonijche Nitterjchaft, 
3) die Hypaſpiſten, 4) die ſchwere Linieninfanterie, 
5) die Bundesgenofienreiterei, 6) die theflalische 
Neiterei. Rüſtow und Köchly Geſch. des gricd. 
Kriegswejens ©. 2685.) bezeichnen es als einen 
entjchiedenen Irrtum, daß die Hoplitenphalang 
den Kern der Stellung gebildet oder auch nur den 
Hauptangriff gehabt habe. Die leichte Jnfanterie 
leitete den Nampf ein, indem fie vor die Linie zog 
und ihre Gejchofle in den Feind fandte. Dann 
machte Alexander mit der maledonijchen Witter: 
ſchaft den Sturmangriff, und ihr jchloffen jich die 
Hypaſpiſten an. Das jchwere Fußvolk rüdte taxen— 
weile nad), um die geichlofjene Linie zu erhalten, 
jo daß eine ſchräge Schladhtordnnung entitand. (Die 
Phalanx der Sarifjophoren wurde erit jpäter in 
Makedonien der entjcheidende Teil der Schlacht: 
ordnung, 3. B. bei Nynostephalai.) Die Dia dochen 
endlich teilten ihre Schladhtordnung wieder in 3 
ftreng iſolierte Teile, von denen die beiden Flügel 
im Daupttreffen nur aus Reiterei bejtanden, wäh: 
rend das Gentrum aus Linienfußvolk gebildet 
ward, dem dann in verichiedener Weiſe Schüßen 
und Elefanten hinzugefügt wurden. Die Linien: 
infanterie that jo gut wie gar nichts mehr; von 
den beiden Flügeln war der eine offenfid, der an: 
dere defenfiv. — Vgl. Rüſtow und Köchly, Ge: 
ſchichte des griech. Kriegswejens (1852). — 11) Bei 
den Römern kommt es weniger auf das See: 
treffen an (j. Seekrieg), da jte darin nie recht 
heimifch wurden. Die Schlachtordnung ihrer Land— 
heere ift, abgejehen von der urjprünglichen, feil- 
artigen, zu unterjcheiden in die Manipel: und 
Eohortenjtellung. Vorweg zu bemerken ift, daß 
die bundesgendjjiichen Truppen, deren Stelle ſpäter 
die Hülfstruppen (auxilia) vertraten, die beiden 
Trlügel der römijchen Legion einnahmen, und zwar 
die Reiterei auf den äußeriten Flügeln; daher die 
Ausdrüde alarii, alae A) Die Manipelauf: 
ftellung 1) in Einer Linie. Zwiſchen den ein- 
zelnen Manipeln war Raum gelafjen, damit die 
Leichtbewaffneten, welche vor der eigentlichen 


Schlachtreihe das Treffen einleiteten, oder im Fall 


die Reiterei den erften Angriff machte, auch dieje 
fidy hinter die Manipeln zurüdzichen könnte. So- 
bald dies gejchehen, dehnten fich die Manipeln aus 
und ſchloſſen die Zwiſchenräume, jo daß aljo der 
Kampf in Einer Linie ftattfand. 2) In drei Linien. 
Im Kriege mit den Latinern 339 v. E. (vgl. Liv. 


10 Manipeln principes und 10 Manipeln triarii. 

ber ihre verjchiedene Bewaffnung ſ. Waffen, 
10. Die hastati, die Jugend (flos iuvenum pube- 
scentium ad militiam), ftanden in der erjten, die 
triarii, auch pilani genannt, weshalb die in der 
Schlacht vor ihnen ftehenden hastati und principes 
auch mit antepilani bezeichnet wurden (Lir. 8, 8), 
in der legten Schlachtreihe, ebenfalls mit Zwiſchen— 
räumen, die der Fronte eines Manipels gleich) 
famen. Die Manipeln der mittleren Reihe, die 
principes, fräftige Männer, ftanden jedoch nicht 
hinter den Manipeln der hastati, fondern gerade 
vor den Zwilchenräumen, jo daß fie, im Falle die 
hastati vom Nampfe ermüdet oder geworfen waren, 
ohne weiteres vorrüden und den Kampf aufneh— 
men fonnten.*) Die triarii ftanden ebenjo vor 
den Zwilchenräumen der principes. Sie waren 
alte, gediente, tapfere Soldaten und griffen erft 
dann ein, wenn auch die principes den Nampf 
noch nicht beendigen fonnten, daher ſprichwörtlich: 
res redit ad triarios (Liv. a. a. D.) zur Bezeich— 
nung der höchjten Not. Hinter den Triariern 6 
ftanden noch die rorarii und accensi. Lie. 8, 8. 
Uriprünglich bezeichneten beide Ausdrücke dasjelbe 
und umfahten die waffenfähige Mannichaft der 
5. Klaſſe als Leichtbewafinete, nur mit Schleudern 
(fundae) und Wurffteinen (lapides missiles) ver: 
ſehen. Mit der jeit dem Kriege gegen die Latiner 
veränderten Schlachtordnung wurden accensi don 
den rorarii unterjchieden (Liv. 8, 8) und bezeich: 
neten nunmehr diejenige Mannichaft, welche aus 
den Proletariern zum Kriegsdienſte herangezogen 
wurde (minimae fiduciae manus). Doch hatten 
beide diejelbe Beftimmung einer leichten Truppe, 
nämlich die Beunruhigung des Feindes dor Beginn 
der Schladht. Die römiſche Reiterei fand auf 
beiden Seiten der hastati in der erften Schlacht- 
linie. Im 3. punischen Kriege fing man an 
mit größeren Truppentörpern zu agieren und ver: 
einigte je 2 Manipeln in 1 Cohorte, jo daf nun: 
mehr in jeder Schlachtreihe nicht mehr je 10 ver: 
ichiedene Manipelhaufen ftanden, jondern je 5 Co: 
horten mit entiprechenden Zwijchenräumen. Dabei 
trat noch die Veränderung ein, daß in die erſte 
Neihe die principes und in die zweite die hastati 
famen. Dies war der Übergang zu der B) Co: z 
hortenftellung. Seit Marius hörte die drei: 
fache Unterjcheidung der Legionsjoldaten nach dem 
Genjus ganz auf. Es wurde in das Heer aufge: 
nommen, wer körperlich brauchbar war, und galt 
nur der Unterjchied von jdhwerbewafineten und 
leichten Truppen. Die letzteren bildeten jeßt nicht 
mehr die rorarii und accensi, jondern die ſchon 
jeit dem 2. puniſchen Kriege eingerichteten velites., 
Es iſt wahrſcheinlich (j. Zange, hist. mutationum 
rei mil. Roman. ©. 16, 17), daß Marius die 15 
Eohorten der Legion auf 10 brachte, jede von 
4--500 Mann. ieje 10 Eohorten ftellte Cäjar 
ebenfalls in drei Schlachtreihen auf, gerade jo wie 


+) In 
hast. a 
prine, 
triar. 


diefer Form: * 








Acilii — Ackerbau. 


die frühere Manipelaufftellung mit Zwiſchenräu— 
men, jo daf; wiederum die zweite Reihe in die erite 
einrüden konnte. In der erjten Neihe jtanden 4 
Cohorten, in den beiden andern je 3. Die dritte 
Schlachtreihe ftand etwas weiter zurüd, damit fie 
leicht ihre Stellung ändern und dorthin fich wen: 
den founte, wo ihre Hülfe nötig war.*) ber 
die Ausdrüde acies sıimplex, duplex, tri- 
plex gibt es 2 verichiedene Anfichten. Rüſtow 
verftcht darunter die 3 verjchiedenen Treffen in 
die Tiefe, jo dah die acies triplex das gewöhn: 
lihe war, die acies duplex und simplex von 
Umftänden abhing; v. Goeler dagegen verfteht 
darunter jelbjtändige Divifionen in der Fronte, 
jo daß das Centrum und die beiden Flügel, jede 
Abteilung für fich, ihren eigenen Kommandenr 
hatten (vgl. Seekrieg, 3). Darnach hing die Wahl 
einer acıes simplex von den Raumperhältnifien 
ab, ob der Oberfeldherr etwa imitande war, die 
ganze Fronte zu kommandieren. Am jeder dieſer 
Seeresabteilungen formierten die erften Linien 
lämtlicher SHeeresabteilungen zujammen nur Ein 
Treffen, prima acies, ebenjo die zweiten und 
dritten Linien das zweite und dritte Treffen, se- 
cunda und tertia acies. Dagegen wurden die 
einzelnen Heeresabteilungen mit dextra, media 
und sinistra acies bezeichnet. Unter Auguſtus 
wurden die 10 bisherigen Gohorten einer Legion 
zwar beibehalten, doch ihr Beftand auf je 555 
Mann zu Fuß und je 66 Reiter bejtimmt, außer: 
dem enthielt die 1. Cohorte die doppelte Anzahl 
(nebjt dem Adler). Dieje 10 Eohorten jtanden jeßt 
in 2 Treffen, 5 Cohorten in jedem; auf der rechten 
Seite des Vordertreffens die erite und gerade 
hinter ihr die 6.; auf der linken Seite die 5. dahin- 
ter die 10.) Dieſe Schladtordnung dauerte bis 
zu den Zeiten des Trajan und Hadrian, wo man 
ih in den Kämpfen mit bis dahin unbelannten 
Feinden wieder zur Schlachtordnung ohne Zwiichen: 
räume hinneigte und dahinter eine Reſerve aufftellte. 

Aeilii, eine plebejijche gens, ju welcher die Fa: 
milien der Balbi, Glabriones, Rufi und Severi 
nebören. 1) M'. Acil. Glabrio, Bolfstribun im 
J. 201 0. €. (Lie. 30, 40), unterdrüdte eine Ber: 
ihwörung der Sklaven in Etrurien als Prätor 
im J. 196. Liv. 33, 36. Im J. 191 wurde er 
Konjul und erhielt den Auftrag, den Krieg gegen 
Antiohos den Großen von Syrien zu führen, 
welcen er im Engpaß von Thermopylai bejiegte 
und aus Griechenland vertrieb; darnach jchlug 
er die Mitolier. Liv. 36, 2 ff. 22 ff. Dafür erhielt 
der von jeinen Soldaten gefürchtete Feldherr einen 
glänzenden Triumph. Ziv. 37, 46. Als er fid) 
um J. 189 um die Cenſur bewarb, wirkten auf 
Anftiften feiner patriciihen Mitbewerber, bejon: 
ders Catos, die Tribunen dem homo novus ent: 
gegen und zogen ihn wegen Unterjchlagung eines 
Teiles der Nriegsbeute vor Gericht. Die Sache 
wurde nicht weiter verfolgt, als er von jeiner Be: 
werbung zurüdtrat. Liv. 37, 57 5. — Sein Sohn, 
2) M. Acil. Glabrio, weihte einen Tempel der 

*) In biejer Form: 


*e) In diejer Form: 
. . m 


11 


Bietas im Jahre 181 v. E., den jein Bater während 
des Nampfes bei Thermopylai gegen Antiochos 
gelobt hatte; auch errichtete er dem Vater eine 
vergoldete Statue. Lir. 40, 34. — 3) C. Aci 
lins, diente 155 v. E. den Gejandten der Athener 
(Narneades, Diogenes und Kritolaos) im römiſchen 
Senate als Dolmetiher. Plut. Cat. mai. 22. 
Gell. 6, 14, 9. Er jchrieb eine röm. Gejchichte in 
griechiicher Sprache. Cie. off. 3, 115. Plut. Rom. 
21. Bal. Peter, histor, Rom. rel. Ip. CXIX fi. 
fragm. p. 34ff. — 4) M. Aeil. Glabrio, 
Brätor im Jahre 70 v. E,, dann Konjul im J. 
67 mit C. Galpurnius Piſo, mit dem er die lex 
Acilia Calpurnia gab, und Gegner des Pompejus, 
als Gabinius vorichlug, demjelben unumſchränkte 
Gewalt für den Seeräuberfrieg zu geben (Cie. de 
imp. Pomp. 17). Später erhielt er das Kommando 
gegen Mithridates nach Lueullus' Wbberufung, 
doch nur furze Zeit als jelbftändiger Anführer, 
indem der Senat ihn bald dem Pompejus unter: 
ordnete. Plut. Pomp. 30. Cie. de imp. Un. Pomp. 
9 Im J. 6% ftimmte er im Senate für die Todes: 
itrafe der Gatilinarier, 57 war er Pontifer. — 
5) Acil. Glabrio, Senator unter Domitian, der 
ihn ermorden lieh. Suet. Dom. 10, 

Aecinäces, axıranns, Name des kurzen und ge: 
frümmten perſiſchen Säbels, welcher au der rechten 
Seite getragen wurde. Hdt. 7,54. Hor. od. 1,27, 5. 

Acipenser, ein uns unbekannter, jälichlich mit 
dem Stör verglichener Seefiſch, der zur Zeit der 
puniſchen Striege bei den Römern jo beliebt war, 
daß befränzte Sklaven ihn unter Begleitung eines 
lötenjpielers in das Triclinium trugen (Maer. 
sat. 2, 12. Athen. 7, p. 297 F), aber in einer 
etwas jpäteren Zeit ganz aus der Mode am. 
Hor. sat. 2, 2, 47. Plin. 9, 26. 

Ackerbau. Der Einfluß des Ackerbaues auf die 
Verhältniffe des antifen Lebens ijt unvderlennbar. 
Zwar jcheint er in Griechenland, deflen Boden 
im allgemeinen an und für fich dem Landbau nicht 
ſonderlich günjtig war, nach Thuc. 1, 2 uriprüng: 
li) der jtörenden Wanderungen wegen weniger 
beachtet und dem Boden nur das für das jedes: 
malige Bedürfnis Erforderliche abgewonnen worden 
zu jein, während der Vorzug fruchtbarer Streden 
ıbej. in Theflalien, Boiotien und dem Peloponnes 
außer Arkadien) Streit und Parteizwiſt aller Art 
hervorrief; indeſſen erſcheint er doch jofort als die 
wejentlihe Grundlage des Bötterglaubens (der pe: 
lajgiichen Mythologie) und religiöjen Kultus, inner: 
halb deilen er im der Demeterverehrung feinen 
Mittelpunkt findet. In der homeriſchen Zeit ift der 
Nderbau als die Hauptbeihäftigung der Menſchen 
anzufehen, und auch in der Folge galt er als der 
naturgemäßefte Ermwerbszweig, der mit Eifer be: 
trieben wurde, indem man durch jorgfältige Pflege, 
durch Bemwäflerung und Düngung die Ertrags: 
fähigfeit des Bodens zu fteigern juchte. Er war 
zugleich eine wejentliche Grundlage der Berfaffung 
und des jozialen Lebens, aus welchem Grunde er 
mit Hugem Berftande von den Tyrannen bejonders 
gepflegt und gehoben ward. Auf ihm beruhte die 
Dauerhaftigleit und innere Stärke namentlich der 
oligarchiichen Staaten, vornehmlich Spartas. Der- 
jelbe wird daher auch von hervorragenden Männern 
noch in fpäter Zeit nicht als Nebenjache betrieben; 
er galt als das gerechtefte der Erwerbsmittel 


\ (Plut. Philop. 4). - Gewöhnlich fahte man übrigens 


12 


den Aderbau im weiteren Sinne, ſo daß die Baum 
zucht (Dlive und Rebe) und jelbft ein Teil der 
Viehzucht (Schafe) mit hineingezogen wurde. 
Das römische Leben rubte ganz auf dieſem Grunde 
und beiwahrte feine fittliche Kraft, ſolange eben 
dieſer Zweig geiellichaftliher Thätigleit in unge: 
trübter Reinheit blieb. Spuren diejes frühen Ein- 
fluffes aus Tatinischem Elemente find an der Sprache 
unverfennbar, die alle auf die Segnungen des 
friedlichen ftillen Lebens eigentümlich bezüglichen 
Worte nad) Niebuhrs treffender Beobachtung daher 
entlehnte. Als der Aderbau erft vernachläfligt 
ward, ertwachte das Bedürfnis, ihm eben ſowohl 
theoretiich darzulegen (Cato, Varro, Vergil u. a.) 
als praftiich zu erneuern (vgl. Cie, off. 1, 42. 
Plin. ep. 3, 19). 

Acro, Helenius, ein römiicher Grammatifer 
am Ende des 2. Jahrh. n. E., verfahte Kommen: 
tare zu einigen Komödien des Terenz und zu 
Horaz, vielleicht auch zu Perfius, ficherlid aber 
nicht zu Vergil. Den echten Horazfommentar be: 
figen wir nicht mehr; die jeinen Namen tragende 
Scholienfammlung jcheint im 7. Jahrh. entjtanden 
und der Name des Aero erit im 15. Nahrh. auf 
fie übertragen zu fein. Sie ift mit den übrigen 
Horazicholien herausgegeben von Pauliy (2. Aufl. 
1861) und von Hauthal (1866). 

Acta 1) diurna urbis oder populi, oder 
diurna allein (Örournuare), eine Art Tages: 
chronik vertretend. Es war Sache der Privatthätig: 
feit gewejen, Neuigkeiten aus Rom an Abweſende 
mitzuteilen; durch Cäjar (Suet. Caes. 20) wurde 
jeit 59 v. E. die Zufammenftellung und Beröffent: 
lichung der Nachrichten eine regelmäßige und amt- 
lihe. Der Inhalt war teil® amtlich, teils be- 
ftand er in Familiennachrichten aller Art, welche 
an die Redaktion eingefendet wurden. Nach Ab: 
jafjung wurde das Original ausgehängt und jorg: 
ten zahlreiche seribae für die Verbreitung und die 
Verjendung in die Provinzen mit Erlaubnis des 
praefeetus urbi. Das Original fam hierauf in 
das Staatsarchiv und konnte dort als hiſtoriſche 
Duelle benußt werden. Echte Überreſte davon 
gibt es nicht; eilf Fragmente, fogen. fragm. Dod- 
welliana, find im 15. Jahrhundert fabriziert, aber 
jogar noch in unſerem Jahrhundert thörichter: 
weile don Lieberfühn (1844) als echt verteidigt. 
— 2) A. senatus oder patrum, auch com- 
mentarii senatus oder actorum (Tac. ann. 5,4. 
15, 74) genannt, amtliche Verhandlungsprotofolle 
des röm. Senats. Anfänglich fcheinen nur die 
gefahten Beichlüffe (senatus consulta, decreta, 
auetoritates) niedergeichrieben worden zu jein; 
allmählich erichien jedoch ein vollitändiger Über: 
blit über die ganze Diskuſſion winichenswert 
oder jelbjt notwendig. Es wurdeln aljo die An— 
jichten der Hauptredner, in wichtigen Fällen auch 
die Zeugenausfagen aufgenommen (vgl. Cie. Sull, 
14, 40 ff.). Cäſar gab ihnen in jeinem 1. Kon— 
julate 59 dv. E. die vollite Öffentlichkeit (Suet. Cnes. 
20), Auguſt hob fie wieder auf; nachmals wurde 
fie jedoch hergeitellt. Die Führung des Rrotofolls 
hatten nach der Beftimmung des vorfibenden Kon- 
juls abwechielnd einige Senatoren; in der Kaiſer— 
zeit wurde Diele cura actorum (daher a cura 
actorum oder ab actis senatus) einem vom Kaiſer 


Acro — Actor. 


jein mußte (Tae. ann. 5, 4). Unter ihm fanden 
wahrſcheinlich Gehülfen (actuarii), die aber bei 
geheimen Bejchlüffen ebenfalls Senatoren fein 
mußten. Früher wurden diefe acta im Tempel 
der Geres, fpäter im aerarium Saturni aufbe: 
wahrt, oder in den öffentlichen Bibliotheken ge: 
heim gehalten, jo daß fie nur mit bejonderer Er: 
laubnis eingeiehen und benutzt werden konnten, 
im übrigen vielleicht in ausdrüdlich genehmigten 
Auszügen in die acta publica übergingen. Bal. 
Cie, ad Att. 6, 2, 6. Tac. ann. 13, 31. 16, 22. 
Die ältere Litteratur über die acta von Echloffer, 
Zell, fe Clere, Reuffen iſt entbehrlich jeit Hübner 
in Fledeiiens Jahrb. Suppl. III ©. 564--504. 

ActIo im w. ©. jede juriftiiche Handlung, ipe: 
ziell Prozehformel und das prozefjualiiche Rechts: 
mittel jelbft, alfo die Eivilflage, im Gegenſatz zur 
friminellen aceusatio. Man teilte die Klagen jehr 
mannigfach ein, 1) nach dem Urſprung in act. ci- 
viles und honorariae, jene aus dem ftrengen 
Civilrecht herrührend, dieſe durch die Prätoren 
oder Adilen vermöge ihres edietum geichaffen; 
2) nach dem zu Grunde liegenden Recht in act. 
in rem und in personam; jene fanır von dem 
Berechtigten gegen jedermann angeftellt werden, 
welcher ihm fein Necht (res hier nicht Sache, ſon— 
dern allgemein mit Ausschluß vperjönlicher Per: 
bältnifje) ftreitig macht, dieje ift nur gegen gewiſſe 
Berjonen infolge eines Obligationsverhältnifies 
zu erheben; 3) nad) der Befähigung zu Magen in 
act. privata und publica oder popularis, 
bon denen die erjte nur dem Betreffenden, die 
zweite aber einem jeden aus dem Volle zuftand; 
4) nad) der gerichtlichen Behandlung in act. 
strieti iaris und bonae fidei (die leßtere 
im ganzen identifch mit arbitrinm, obwohl genau 
genommen arbitria das Allgemeine ift und die 
act. bon. fid, nur die Hauptart der arbitria); die 
erjte wird nad) jtrengem Recht beurteilt, bei der 
zweiten darf der arbiter die aequitas in Betracht 
nehmen und hat daher freien Spielraum, 3. B. 
bei den meiiten Geſchäften des gemeinen Lebens 
(Cie. off. 3, 17. Rose. com. 4. top. 6. 17. Sen. 
de clem. 2, 7. de ben. 3, 7); 5) nach der Form 
des gerichtlichen Verfahrens in act.ordinaria 
und extraordinaria; die erfte wird von dem 
Richter entichieden, welchen der Magiftratus er: 
nennt, und das ift das regelmäßige Verfahren, 
die zweite don dem Magiftratus jelbft. — liber 
die Klagformeln ſ. Formula und Legis actio. 

Actium, "Axtıov (aud) 7 Aurij), Yandzunge am 
Eingang in den Ambrakiſchen Meerbufen mit gleich: 
namiger Stadt und einem berühmten Apollotempel, 
j. Ari oder la Punta. Nach feinem Siege über 
Antonius (81 v. E.) jchmiüdte und vergrößerte 
Auguſt diejen Tempel; die von ihm eingerichteten 
Kampfipiele zu Ehren Wpollos, za "Anrıe, wur— 
den jedoch auf der gegenüberliegenden Spige von 
Epeiros in der Nähe von Nifopolis (ſ. d.) ge: 
feiert. Verg. A. 8, 275. Suet. Oct. 18. Tib. 6. 
Strab. 7, 325. 10, 451. 

Actor, 1) im öffentlihen Leben der Kläger, |. 
Prozefs, 21 f. — 2) in der Familie derjenige 
Shave oder Freigelaffene, der durd; das befondere 


ı Vertrauen feines Herrn mit der Vermögensver: 
waltung beauftragt war und, jowohl in der Stadt 
ernannten ftändigen Senator anvertraut, der in 
die geheimften Intentionen des Fürſten eingeweiht | 


als auf der Billa, Einnahme und Ausgabe be- 
ichaffen mußte, actor summarum, Kaſſenrendant, 


Actuaria — Adlecti. 


daher er mit zu den ordinarii gehörte, die die 
übrigen Sklaven beaufjichtigten, faſt j. v. a. ein 
vilicus, etwas weniger als der procurator, Co- 
lum. 1, 7.8. Plin. ep. 3, 19. — In der Kaijerzeit 
hatten aud einzelne Städte ihren Verwalter der 
Kommunaltafje, actor publicus (Plin, ep. 7, 18). 
Auch zu Rom wird ein joldher erwähnt (Tac. ann. 
2, 30. 3, 67), deſſen Geſchäftskreis wir jedoch) nicht 
tennen. Vgl. Dio Cass. 55, 5. — 3) Schaujpieler, 
j. Schauspiele, 14. 

Actuaria j. Schiffahrt, 8. 

Actuarli find Schreiber (scribae oder cen- 
snales) im Dienjte derjenigen, welche öffentliche 
Schriften abzufafjen hatten. Ber dem Heere waren 
es Unterbeamte bei den Magazinen, um den verab- 
reichten Proviant zu verteilen. 

Acul&o, ein Zuname im der gens Furia, 
j. Furii, 16—18, 

Acus |. Haarputz. 

Ada, Ada, Schweiter des Maujollos, Königs 
von Karien, und jeiner Gemahlin Artemifia, war 
mit ihrem Bruder Hidrieus vermählt. Nach dem 
Zode jener beiden folgte im Jahre 349 v. E. der 
legtere, dem wieder Ada im J. 343 folgte. Aber 
Birodaros, ihr jüngerer Bruder, bemächtigte ſich 
(339) mit perfiicher Hülfe des Throns, und ihm 
folgte nach jeinem baldigen Tode jein Schwieger: 
john DOthontobates. Diod. Sie. 16, 69. 74. Ada 
blieb in dem Bejige einer Bergfeitung Alinda, 
welche jie noch behauptete, als Alerander der Große 
das perfiiche Reich angriff. Dem im Jahre 334 
anrüdenden Könige übergab Ada ihre Feſtung 
Alinda und erhielt von ihm nach der Eroberung 
von Halikarnaß die Herrichaft über ganz Karien. 
Plut. Alex. 10. 22. Arr. 1, 23. Diod. Sic. 17, 24. 

Adamantios, Adauavrıog, jüdiicher Arzt in 
Alerandreia, ging 415 n. E. nach Stonftantinopel, 
wurde dajelbft Ehrijt und fehrte nach Alerandreia 
zurüd. Er hat zwei Bücher pvswoyvopına nad) 
Bolemon bearbeitet (herausgeg. von Franz in 
deſſ. Scriptt. physiogn.), auch egi aveum» ge: 
jchrieben. 

Adämas, adauag (unbezwinglich), der zuerſt 
bei Heſiod jich findende mythiſche Götterſtahl, 
der jeiner Härte wegen zum Stoffe für göttliche 
Serätichaften dient, wie zur Sichel des Kronos 
(Hesiod. theog. 161), zum Selm des Herakles 
(deri. seut. Here. 137), zur Feſſel des Prometheus 
(Aesch. Prom. 6), zur Pflugſchar des Wietes (Pind. 
pyth. 4, 398) u.a.m. Ebenjo wird alles Gewaltige 
und Undurchdringliche in der Unterwelt, namentlic) 
bei römiſchen Dichtern, daraus bejtehend gedacht: 
die Schidjalstafeln der Parzen (Or. met. 15, 813), 
die Feſſeln des Werberus (Sen. Herc. f. 808), 
die Pforte zum Hades jelbit (Prop. 4, 11, 4) und 
zum Yufenthalte der Berdammten (Verg. A. 6, 
551. Ov. met. 4, 452). Übrigens dient das Wort 
entichieden der poetiichen Diktion, und man hat 
daher jchwerlich zu unterjuchen, ob die Alten eine 
jegt unbelannte DMetallart, oder vielleicht Platina 
darunter gedacht haben. — Mit demjelben Namen 
benannte man aber auch den Diamant (Plin. 37, 
4, 15), weil man diejen im Abendlande jtets ſehr 
jeltenen und foftbaren Stein im Witertume mit 
Eijen gar nicht zu bearbeiten veritand. 

Addietus j. Nexum. 


"Adesıa iſt die Sicherftellung (Zujicherung der | u. 


13 


der dem Handelnden Gefahr eriwachien kounte 
(jicheres Geleit, venia, fides publica). Demojthenes 
verbindet jie als VBegünftigung mit Ehrenbezeu: 
gungen, twie mit der Tragung des Siranzes (Mid. 
525, 2). Fremde und Sklaven bedurften, wenn 
fie Die Unzeige (unwvoıg) von einem- die Sicher: 
heit des Staates bedrohenden Verbrechen zu machen 
hatten, dazu der &dsım. Lys. Agor. 55. Andoc. 
myst. 12. 15. Plut. Periel. 31. Erwies fich die 
Ungabe als falſch, jo wurde der Angeber nit dem 
Tode bejtraft. Auch zu dem Antrage, einem Staats: 
ſchuldner jeine Schuld zu erlaffen und die Atimie 
aufzuheben, brauchte man eine jolche Genehmigung. 
Ferner durfte der Staatsjchuldner jelbft ohne @dsın 
nicht an Staatsgejchäften teilnehmen. In der Regel 
ewährte fie die Voltöverfammlung, in bejonderen 
ällen auch der Rat. 

Adeimantos, Adsiuavrog, 1) aus Korinth, 
bejehligte im Kampfe gegen Terxes die Korinther. 
Themijtofles gewann ihn, der bei Artemijion den 
Kampf mit den Perjern fürchtete, durch Beitechung. 
Später trat er mehrfach dem Themijtofles ent: 

egen und entfernte fid) beim Beginn der See: 
lacht bei Salamis mit jeinen Schiffen. Hat. 8, 
5, 59. 94. — 2) einer der atheniſchen Admirale 
in der Schlacht bei Wigospotamoi, im Jahre 405 
v. C., wobei er fich als Verräter gezeigt haben 
jol. Xen. Hell. 2, 1,30.32. Lys. Alcıb. 1, 38. 

Adeöna j. Abeona. 

Adherbal, griech. Arapßas, 1) Name mehrerer 
farthagiicher Feldherrn, Ein Adherbal jchlug im 
Jahre 249 v. E. die römische Flotte bei Drepanım 
unter dem unfähigen Appius Claudius Pulcher 
gänzlich, vermochte aber Lilybäum nicht zu retten. 
Pol. 1, 49 ff. — 2) Sohn des Micipia, Königs 
von Numidien. Nach der Ermordung jeines Bru- 
ders Hiempjal durch Jugurtha wurde er von diejem 
bejiegt und juchte (117 v. E.) Schuß beim römijchen 
Senate. Sall. Jug. 14. Diejer ichlichtete den Streit 
durch Teilung des Neiches zwiichen beiden, wobei 
Adherbal den wüjteren öftlichen Teil erhielt. Schon 
im nächſten Jahre reizte Jugurtda ihn durch ver 
heerende Blünderungszüge zum Kriege, ſchlug ihn 
beim heutigen Philippeville und belagerte ihn in 
jeiner Hauptjtadt Cirta. Nach langen und wieder: 
holten vergeblichen Bitten jchidte der Senat eine 
Gejandtichaft, welche beiden befahl die Waffen 
niederzulegen. Jugurtha fehrte ſich aber micht 
daran, jondern jepte die Belagerung Cirtas fort, 
nötigte den Adherbal zur Übergabe und ließ ihn 
wie viele Einwohner von Cirta und römische 
negotiatores umbringen (112 v. E.). Sall. Jug. 
26. Liv. ep. 64. 

Adiaböne, Adıaprrn. Landſchaft im nördlichen 
Ajigrien an beiden Ufern des großen Zab (Zabatos; 
j. Lykos, B, 1). Strab, 16, 745. Im jpäteren 
Sinn (Plin. 5, 13 u. a.) begreift Adiabene 
auch Arbelitis, die Gegend von Arbela (j. d.), in 
fih und umfaßt überhaupt das ganze Stamm: 
land Afiyrien oder Aturia. In den eriten chrift: 
lien Jahrhunderten beitand ein eigenes, bald von 
den Barthern, bald von den Römern abhängiges 
Königreich Adiabene. 

Adlecti heißen die zu einem Amte oder in ein 
Kollegium, namentlich in den Senat, Nachgewähl— 
ten. Varr. 1. 1. 6, 66. Paul. Diac. bei Fest. 
dv. W. allecti p. 7 M. Lie. 2, 1. gl. 


Straflofigkeit) wegen irgend einer Handlung, aus | Suffectus, 


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Admagetohrign (ztveifelhafte Lesart), keltiſche 
Stadt in unbekannter Lage, bei der Artovift die 
Gallier befiegte. Caes. b. g. 1, 31. 

Admöte j. Herakles, 8. 

Admötos, "Adunros, 1) König von Pherai in 
Theflalien, Sohn des Pheres, Vater des vor Troja 
fämpfenden Eumelos, Teilnehmer der kalydoniſchen 
Jagd uud des Argonautenzuges. Er war Lieb— 
ling des Apollon, der eine Zeit lang als Hirte bei 
ihm diente und feine Herden durch Fyruchtbarfeit 
mehrte. Il. 2, 763, Der Gott erwirkte ihm von 
den Motren die Gnade, von dem Tode befreit zu 
fein, wenn in der Todesftunde ein anderer es 
übernähme, für ihn zu jterben. Seine bejahrten 
Eltern weigerten ſich für ıhn in den Tod zu gehen; 
da ftarb jeine Gattin Alkeſtis (Aftefte) für ihn, 
die Tochter des Pelias (Il. 2, 715), die er einft 
mit Hülfe des Apollon erworben hatte, indem er 
einen Wagen mit Löwen und Ebern beipannte. 
Perſephone jchickte fie wieder zur Oberwelt, oder 
Herafles rang fie dem Hades wieder ab und führte 
fie dem Gatten zurüd. Apollod. 1, 9, 15. Eur. 
Alcestis. — 2) König der Moloffer, zu welchem 
Themiftoffes auf feiner Flucht fam und Schuß 
fand, ungeachtet Themiftofles fein perfönlicher 
Feind war. Admetos verweigerte den Athenern 
die Auslieferung des Flüchtlings und fchaffte ihn 
ficher nach Bydna. The. 1, 136. Plut. Them. 24. 
Nep. Them. 8. 

AdmissTo, die Audienz bei den Fürjten (Plin. 
pan. 47), aud) secretum genannt, für welche die 
Bittiteller in Rangordnungen (Adımissiones pri- 
inne, seeundae; Sen. ben. 6, 33: adın. interior) 
zerfielen. Für den Empfang derfelben gab es 
eigene Geremonienmeifter (ab admissione; ad- 
mıssionales, Swet. Vesp. 14), mit einem magister 
almissionum (Amm. Mare. 15, 5) an der Spike, 
meift aus dem Stande der Frreigelaffenen. 

Adönis, "Adwrıs, -ıdos, Adar, Sohn des Phoi— 
nig und der Aiphejiboia (nach Hefiod), einer Tochter 
des Agenor, oder des Kinyras, Königs von Paphos 
auf Kypros, und der Metharme, oder des aſſyr. 
Königs Theias und feiner in einen Myrrhenbaum 
verwaudelten Tochter Myrrha (oder Smyrna), ein 
ſchöner von Aphrodite geliebter Jüngling, den fie 
als Knaben in einem Kaſten der Perjephone an: 
vertraut hatte. Perſephone aber, gleichfalls in 
Liebe zu dem Knaben ergriffen, wollte ihm micht 
wieder herausgeben. Da entichied Zeus, daß Ad. 
ein Dritteil des Jahres in dem Hades bei Ber: 
jephone, ein Dritteil auf der Oberwelt bei Aphro— 
dite weilen und über feinen Aufenthalt in dem 
legten Dritteil ſelbſt enticheiden jolle. Ad. wählte 
die Sejellichaft der Aphrodite. Als Jüngling ward 
er auf der Jagd von einem Eber getötet und von 
Aphrodite beweint. Apollod. 3, 14, 4. Or. met. 
10, 300 ff. — Der Mythos von Ad. ift urjprüng: 
lidy phoinifiich (vom Blute des Gottes färbt fi) 
der Fluß Adonis, j. Nahr Ibrahim bei Byblos, 
rot), ging aber auch zu den Agyptern, zu den Mlein- 
afiaten (unter ben Namen Attis und über Kypros 
zu den Griechen über und ward von lehteren in 
jpäterer Zeit jehr häufig behandelt, verändert und 
erweitert. Adonis (d. i. Herr) bezeichnet nad 
afiatiicher Auffaffung das Leben der Natur, das 
im Frühling erwacht, im Herbſte aber wieder er: 
tirbt. Das Wdonisfeit, die Adonien (r« 
Adavıa), wurde im einem großen Teile Border: 


Admagetobriga — Adoptio. 


afiens und in Agypten, beionders zur Zeit der 
Btolemaier in Alerandreia mit der größten Pracht, 
in Sriechenland und auch zu Rom gefeiert, im 
Drient zur Zeit des Sonmerjolititiums, im Dceident 
zur Zeit des Frühlingsäquinoetiums. Es dauerte 
2 Tage: am erjten beflagte man das Verſchwinden 
(&parıonog) des Ad., am zweiten feierte man mit 
Jubel und rende feine Wiederfunft (edesas). 
Das Feſt ward bejonders von Frauen begangen, 
welche das Bild des Ad. mit dem der Aphrodite 
ausjtellten oder umhertrugen und dabei Adonis: 
fieder fangen; auch ftellte man Scherben mit 
fchnell feimenden und verwelfenden Gewächſen aus 
(Adonisgärten), ein Symbol des in erfter Jugend- 
blüte hingeitorbenen Adonis. In Alerandreia war 
der 1. Tag des Adonisfeftes ein Tag der Freude, 
wo Ad. zu Aphrodite aus der Unterwelt zurüd: 
gefehrt ift; am folgenden, einem Trauertage, ſoll 
er zur Unterwelt zurüdtehren, dann tragen die 
frauen jein Bild im Zrauerzuge zum Meere und 
verjenten es mit der Bitte um gnädige Wieder: 
fehr im nächften Jahre. Theofrits 15. Idyll be: 
zieht fich auf den eriten Tag; Bions "Emirapıos 
Adanıdog (Id. 1) feiert den Tod des Adonis. 
Aphrodite hatte nady Ad. den Beinamen Adavala, 
Adwvıds. 

Adoptio, zujammengezogen aus adoptatio, be: 
zeichnet I) in Rom Annahme an Kindesftatt, und 
zwar a) adoptio im engeren Sinne, wenn der 
zu Adoptierende noch unter väterlicher Gewalt fteht, 
b) arrogatio, wenn derielbe jelbftändig oder sui 
juris ift. Die Handlung der adoptio wurde von 
dem Prätor vermittelft einer dreimaligen Mans: 
cipation und damit verbundener Manumiſſion voll: 
zogen (@ell. 5, 19. Cie. fin. 1,7. Gar. 1, 134), 
die arrogatio dagegen geichah in den Guriat: 
comitien unter Vorſitz des pontifex maximus 
durch eine lex curiata nad) dvorhergegangener 
Unterfuchung der Priefter über die Familienſacra, 
über die iusta causa der Arrogation u. j. m. 
Gell. 6, 19. Suet. Oet. 65. Cie. Nest. T. ad Att. 
2, 12. pro dom. 135. Wach dem Yurüdtreten 
der Euriatcomitien genügte Die Eimwilligung des 
pontifex max. und der als Stellvertreter der 
30 Eurien bejtellten 30 Liftoren. Durch beide Arten 
der Annahme an Kindesjtatt ging der Adoptierte 
in die Familie jeine neuen Baters gänzlich über; 
er nahm die Namen des Adoptivvaters an, doch 
bezeichnete der Arrogierte feine frühere gens durd) 
ein zweites cognomen mit der Endung -anus, 
3. B 8. Cornelius Scipio Amilianus; einige 
gentes machten Ausnahmen von diejer Endung. 
Mehrere Patricier liegen ſich von Plebejern arro- 
gieren, um Bollstribunen werden zu können, 3. B. 
P. Cornelius Dolabella (Die Cuss 42, 29) und 
P. Elodins, j. d. Art. Frauen durften weder 
adoptieren noch arrogieren, auch nicht arrogiert 
werden, wohl aber fonnten unmündige rauen: 
zimmer adoptiert werden. Gell. 5, 19. Bon einen 
allmählich zur Sitte gewordenen Mißbrauche der 
Ndoption berichtet Tuc. ann. 15, 19. e) Eine 
eigentümliche Art bildete jeit Cäſars Zeit Die 
teftnmentariiche Adoption, welche darin beitand, 
dak jemand den von ihm teftamentariich ein— 
geiegten Erben zugleih zu jeinem Sohne machte, 
ohne daß diejer jeine bisherigen agnatiichen Rechte 
verlor. Che. ad Att. 7, 8. Plin. 35, 2. Die 
Cass, 40, 51. Sp wurde Auguſtus von Julius 


Adoratio — Adrastos. 15 


Cäſar zum Sohne und Erben ernannt. Suet. Caes. 
#3. Lir. ep. 116. App. b. ce. 3, 11. 14. 94. In Rhea Siybele, welcher Adraftos, der Sohn des 
der Kaiſerzeit geichah es oft, daß die Kaiſer Merops (Urmenjchen, IT. 2, 828. 16, 694) umd 
ihre Nachfolger ohne die früheren Förmlichkeiten | Herricher in Adraſteia, am Fluſſe Aiſepos in der 
vermöge ihres pontificatus max. adoptierten, | Nähe von Kyzikos ein hr Far erbaut hatte. 
. B. Nerva den Trajan, Hadrian den Antoninus | Später ward fie mit der Nemefis identifiziert 
ins u. ſ. w. — 1) In Athen adoptierte man | und als Unentrinnbare («-dpavar) erflärt. — 2) 
entweder bei Lebzeiten oder auf den Tall des | eine Nymphe, Tochter des Meliſſeus, Königs in 
Todes im Teftamente; in Ermangelung desjelben | Kreta, welche mit ihrer Schwefter Ida den Yeus 
und im Falle der Berftorbene feinen Sohn hinter: | anfaog- Diefe Nymphe ſcheint urjprünglich identiſch 
laſſen hatte, adoptierten die Verwandten oder der | mit jener in der Nähe des troiſchen Ida verehrten 
Staat den nach dem Erbrecht (eyxıoreia) zunächſt Rhea Adrafteia geweſen zu fein. 
Berechtigten in die Familie des Erblafjers hinein| Adrastos, "Adguorog, 1) Sohn des Talaos 
(va un avarvnog yerncaı 6 olxos). Die Aus: | und der Lyſimache, Enkel des Bias aus dem aio- 
drücde für den, der adoptierte, find zigmoreiche:, | liichen Stamme des Amythaon, König in Argos. 
nosichar, Heodaı vior, viosar; der Mdoptierte | Er wurde von Amphiaraos aus Argos vertrieben 
ift moınrös, Berög vlös, im Öegenjaße zu dem und floh zu Polybos, jeinem nrütterlichen Groß— 
yrrioıog. Das Recht zu adoptieren hatte nur der | vater, nad) Sityon, wo er die Herrſchaft erhielt. 
jelbftändige Bürger, wenn er noch feine männ: | Hdt. 5, 67. Pind. nem. 9, 14. Später fühnte 
lichen Xeibeserben beſaß. Waren Töchter vorhan: |er fidy mit Amphiaraos aus, fehrte als Herricher 
den, jo wurde in der Regel der Adoptivjohn mit | nad) Argos zurüd und gab jenem feine Schweiter 
einer der Töchter verlobt. Adoptiert werden durfte | Eriphyle zur Gemahlin. Adr. erhielt das Drafel, 
nur ein attiicher Bürger. Die Adoption fand ftatt | er jolle jeine Töchter mit einem Eber und einem 
an emem Tage des Feſtes Gaeynlım, indem der | Löwen vermählen. Als daher Tydeus, aus Ka— 
Ndoptierende nach einem Opfer vor den Phratoren | Iydon, und PBolyneifes, aus Theben flüchtig, jener 
eidlich verfiherte, daß der zu Mdoptierende ein | mit der Haut eines Ebers, diejer mit der eines 
attijcher Bürger jei, und ihn in die Lifte der Phra: | Löwen befleidet, in ftürmijcher Nacht vor jeinen 
trien (xoıwov yoruporeior) eintragen lieh. Vgl. | Palaft famen und hier um das Nachtlager in der 
Erbrecht, 1. Borhalle in Kampf gerieten, gab er, auf das 
Adoratio, griech. mgogsxurnoıs, die feierliche | Getöſe herbeieilend, dem Tydeus die Deipyle und 
Verehrung don Göttern und Menſchen; bei den |dem Polyneites die Argeia zur Ehe und veriprad) 
Berjeru darin beftehend, daß man fich vor der ihnen, fie beide in ihre Heimat zurücdzuführen. 
angebeteten Perſon niederwarf und den Boden, | Zuerft wurde der Krieg gegen Theben unternom— 
die Füße, die Hände derjelben fühte. Hat. 3, 86.| men, der berühmte Zug der jieben Fürften 
7, 136. Xen. Cyr. 8, 3, 14. Arr. 4, 105. Beilgegen Theben. Die 7 Fürſten waren Adraſtos, 
Griechen und Römern war es ein Stüd im relis |der Führer des Zugs, Polyneifes, Tydeus, 
giöſen Ritus: man ftredte die rechte Hand gegen |ftapaneus, Hippomedon, Amphiaravs, 
die göttliche Statue aus, führte jie wieder zum |Barthenopaios. Einige zählen Polyneikes und 
Munde (ad os), fühte fie und warf den Kuß der | Tydeus nicht mit, jondern nehmen noch zu den 
Gottheit zu; dann wandte man ſich dextrorsum | Sieben den Eteoflos u. den Metifteus, einen Bruder 
zu dem praesens numen hin, verhüllte auch wohl | des Adraftos. Sie famen zuerft nach Nemea. 
das Haupt bis auf Stirn (capite operto) und | Während ihnen hier eine Dienerin des Königs 
Geſicht mit dem Obergewande. Die perfiiche Sitte, | Lykurgos, Hypſipyle (j. d.), eine Quelle zeigte, tötete 
von Schmeichlern im 1. Jahrhundert der Kaifer: | eine Schlange das von ihr zurüdgelaffene Söhnchen 
herrichaft auf die röm. Kaiſer (Swet. Vitell. 2)| des Lyfurgos, den Opheltes. Sie beftatteten das 
übertragen, wurde von Diocletian (Kutr. 9, 26) | Rind und ftifteten ihm zu Ehren die nemeiſchen 
verlangt und geboten. Spiele; Amphiaraos aber weisjagte ihnen, daß es 
Adramyttion, Ado«xuverıov ı. Adoauvrreıov, |ihnen ähnlich wie dem Knaben ergehen werde, 
auch Arocuörttor, j. Adrampti, türf. Edremid, daher nannte man den Kuaben Ärchemoros 
Stadt am gleichnamigen Meerbujen in Myſien, (Vorgänger im Gejchid). In der Nähe von Theben 
Kolonie der Athener, nach andern der Luder, bei. | angelangt, jendeten jie den Tydeus in die Stadt, 
jeit der pergamenischen Herrſchaft blühende und [um von Eteofles die Herrichaft für Polyneites zu 
wichtige Hafenſtadt. Hat. 7, 42. Liv. 37, 19. fordern. Auf die Weigerung des Eteofles forderte 
Adräna, Fluß in Germanien, nor die auf dem | Tydeus einzelne Thebaner zum Kampfe auf und 
Weſterwald entipringende und in die Fulda fallende | befiegte fie alle. Darauf legen ihm auf dem Rücd: 
Eder. Tac. ann. 1, 56, wege die Thebaner einen Hinterhalt von 50 Mann: 
i Adränum, Hadranum (Sil. It. 14, 250), | Tydeus erichlägt fie bis auf Einen (TI. 4, 882 ff.). 
Adgavöv (Diod. Sic. 14, 37. 16, 68), Stadt auf| Die 7 Führer legten fi nun mit ihren Scharen 
Sicilien (j. Mernd) am FI. gleiches Namens (j.|vor die 7 Thore der Stadt. Den Thebanern aber 
Adriano, Nebenfl. des Gabella), an der Sidweit- | weisjagte Teirefias den Sieg, wenn einer aus dem 
jeite des Atna, in der Nähe von Centuripä, von | Gefchlechte der Sparten jid dem Tode meihte. 
Dionyfios gegründet. Daſelbſt wurde aud ein | Dies that Menoitens, der Sohn des Kreon; er 
Gott gleiches Namens verehrt (Plut. Timol. 12. | ftürzte fi von der Stadtmauer in die Grotte, in 
14). Der Dienft diejes Gottes jcheint bafdyiich ge: | der der Aresdrache gehauft hatte. Bei der Be- 
wejen zu jein; denn taujend Hunde, die in jeinem | ftürmung der Stadt hatte ſchon Kapaneus die 
Tempel gehalten wurden, liebkoſten bei Tage die | Mauer erjtiegen und rief frevelud, auch der Blik 
Anfommenden, führten bei Nacht die Trunfenen | des Zeus jolle ihn nicht von der Mauer ver- 
nadı Haufe. Aelian. h. a. 11, 20, treiben. Da jchleudert ihn das Geſchoß des Zeus 


Adrasteia, Aögasrsıa, 1) Beiname der phrug. 





16 Adria — 
von der Mauer, und auch das übrige Heer wird 
in die Flucht geichlagen. Polyneiles und Eteofles 
töteten ſich gegenjeitig. Alle argiviichen Helden 
famen um mit Ausnahme des Ndraftos, den fein 
ichnelles, von der Demeter Erinys ftanımendes 
No Areion (Tl. 23, 346) nad) Kolonos in Attika 
rettete. Eheleus zwingt auf jeine Bitten den 
Kreon, die Bejtattung der gefallenen Helden zu 
gewähren. Aesch. Sept. ec, Thebas. Soph. OC, 
1248. Ant. 100. Eur. Phoenissae und Suppli- 
ces, Stat. Thebais. Apollod. 3, 6—7,1. Zehn 
Jahre jpäter zieht Adraftos mit den Söhnen der 
Erjchlagenen, den Epigonen (Eriyovo),, von 
neuen gegen Theben Epigonenkrieg oder zwei— 
ter thebanijcher Krieg). Die Epigonen waren: 
Allmaion, Sohu des Amphiaraos, der Anführer 
des Zuges, Nigialeus, ©. des Adraftos, Dio: 
medes, ©. des Tydeus, Promados, ©. des 
Barthenopaios, Sthenelos, ©. des Kapaneus, 
Iheriandros, ©. des Bolymeites, Euryalos, 
S. des Metifteus. In dem Kampfe bei Glijas 
(Paus. 9, 19, 2) ward Yaodamas, ©. Des Eteofles 
und Anführer der. Thebaner, erichlagen, worauf 
die Thebaner flohen und die Stadt erobert und 
zerjtört wurde. Ein Teil der Thebaner zog auf 
Nat des Teirefias aus und gründete —2 
oder kam zu den illyriſchen Encheleern. Therſan— 
dros erhielt die Herrſchaft über Theben. Adraſtos 
verlor in dieſem Kriege ſeinen Sohn Aigialeus 
und. ſtarb aus Gram darüber auf dem Rückzuge 
a Megara. Apollod. 3, 7, 2—4. Hier wie zu 

ilyon und zu Athen ward er als Heros verehrt. 
—2)j. Adrasteia, 1. — 3) Sohn des phrygiſchen 
Königs Gordios, der, weil er unvorjäglich jeinen 
Bruder getötet hatte, zu Kroijos nach Lydien floh, 
hier aber auch unvorjäglich den Sohn desjelben, 
jeinen Freund Atys, auf der Jagd tötete und ſich 
deshalb auf deſſen Grabe jelbjt den Tod gab. 
‚Hat. 1, 35—45. 

Adria und Hadria, ’4ögde, 1) Stadt in Pice- 
num, j. Ari, Vaterſtadt der Vorfahren des Kai— 
ſers Hadrian. Mela 2, 4,6. Plin. 3, 13, 18. 
Spart. Hadr. 1. — 2) Stadt im Gebiete der 
Beneter zwiichen der Mündung des Po und der 
Etſch (Liv, 5, 38), auch Aria genannt, einſt durch 
ihren Handel bedeutende Kolonie der Tujfer, jpäter 
von Korinth folonifiert (j. Adria). Davon empfing 
den Namen das Meer Adria m. (Hor, od. 1, 33, 
15. 3, 3, 5; 6 Adgins, Hdt. 4, 33. 5, 9; 6 
Aögiag nölmog, Lys. 32, 25; Adrianum mare, 
Cie. Pis. 93, ad Att. 10, 7; gewöhnlic) mare 
Adriaticum; mare Delmaticum Tac. ann. 3, 9), 
worunter man das Meer verjicht zwiichen der 
Dftfüfte Italiens und Jllyrien, etwa bis zu der 
Linie zwiichen Brundiſium und Dyrrhachion, auch 
mare Superum genannt; zuweilen wird darunter 
auch das Meer jüdlich von Jtalien und Sicilien 


verjtanden. Es it den Stürmen, bejonders dem 
Notus ausgejegt. Hor. od. 1, 3, 15. 2, 14, 
14 u. ö. 


Adrumötum oder Hadrumötum, Adovun, 
0 Adgvuns, Adgovuıros, Adgvunrög, jpäter Sozo- 
polis, j. Suja mit Ruinen, n. a. Hamamet, 
eine Gründung der Phoiniker, angeblich älter als 
Kartdago, dann karthagiſch, römiſch, jeit Trajan 
römijche Kolonie. Mit ihrem trefflichen Hafen 
Kothon (Caes. b. Afr. 62. 63) war ſie eine 
blühende Seejtadt und jeit dem 4. Jahr). n. E. 


Aövıvaroı. 


zugleich Hauptſtadt der Landſchaft Byzaciu 
Africa propria. Seit Juſtiniau wird ſie 
lustiniana genannt. 

Aduatüci, ein mächtiger Volksſtamm in ( 
belgica, der jpäter unter dem allgemeinen N 
Tongri befaßt wird, wohnhaft in der Gegen 
heutigen Lüttich und Namur an der linfen 
der Maas, jehr fampfmutig gegen die R 
Caes. b. g. 2. 4. 16. 29. 5, 38. 56. 6, 2 
Nach ihm gehören fie zum Geſchlechte der Cit 
und Teutonen. Ihr Hauptort (daj. 2, 29), 
mutlich am linken Ufer der Maas gegemübe 
Stadt Huy gelegen, it nicht zu verwechieli 
Aduatuca, einem Saftell im Lande der E 
nen (daf. 6, 32), wo Gäjars Legaten Sabinu: 
Gotta fielen (daj. 5, 24 ff. ). 

Adüla j. Alpes, 5. 

Adulterium iit das Verbrechen der Eheg 
welche die eheliche Treue verlegt. In Atheı 
überhaupt in den griechiichen Staaten war b 
norzeia die Selbitradhe geitattet. Wollte der 
mann feine Privatrache an dem Ehebrecher 
men, jo war auch eine Schriftllage bei den Th 
theten zuläjjig. Die Frau mußte augenblidlic 
Haus verlafjen und verfiel in Atimie. ©. Eh 
und Meier u. Schömann, Att. Prozeß ©. 4 
der 2. Aufl. — In Rom durfte der $ 
die ertappte Verbrecherin (adultera) töten ( 
10, 23), ebenjo der Vater derielben (scho! 
Hor. sat. 2, 7, 61), oder er konnte fie verj 
(repudiare), Plut. Rom. 22. Gegen Du 
Ende des Freiſtaats immer mehr überhand 
mende Unjittlichleit gab Auguftus die lex 
de adulteriis, welcde die nad altem Ned; 

attete Selbſtrache bejchräntte und Vermö 
—— nebſt Verbannung einführte. 

Adversaria, das Konzeptbuc der Kau 
zu vorläufigen Eintragungen, die dann jpät 
das eigentliche Hauptbuch (tabulae oder < 
accepti et expensi) übertragen wurden und R 
güttigteit hatten. Cic. Rose. com. 2, 5 ji. 

Adversitor, adversum itor, der röm. © 
der jeinem von einer Mahlzeit oder jonjt 
fehrenden Herrn entgegen gehen und ihn 
Hauje begleiten mußte; ſ. das Perjonenverze 
vor Plaut. Most. (vergl. daſ. 1, 4, 1. 4, 1 
2, 32. Men. 2, 3, 82. Ter. Ad. 1,1,1f.). E 
mußten die pedissequi den Herrn vom ! 
hinbegleiten; dies war aber eine eigene Ar 
Sklaven, die adversitores Dagegen nicht. 

Advocätus. In der republilan. Zeit n 
man die Männer advoc,, weldye von einer \] 
ald Nechtsbeiftand zu Hülfe gerufen wurden 
nicht bloß zu Haufe Nat gaben, jondern auı 
Gericht zugegen waren, um der don ihnen 
tretenen Partei nur durch ihre Gegenwar 
wicht zu geben. Cic. Caec. 27. Mur. 2 ii. 
öffentlihe Verteidigung dagegen führte 

atronus, In der ijerzeit verichtwand 

nterjchied gänzlich, und advoc, war mn 
mit patronus identiih. Seit Claudius waı 
Nechtsbeiftänden gejeßlich geftattet, ein beichre 
honorarium anzunehmen. Tac. ann. 11, 7 

'Aduvaroı, — oder körperlich gebrei 
Bürger, welche unfähig waren, ich jelbit 3 
nähren, und deshalb vom Staate unterhalten 
den; eine Einrichtung, die lediglich in Athen 
kommt. Für die int Kriege VBerftümmelten oı 


Adyrmachidae — Aediles. 


Beififtratos Staatsunterftügung an. Plut. Sol. 81. 
— Nach dem peloponn. Kriege wurde die Armut 
berrichender. Die Unterftügung beſchränkte jich auf 
die, welche unter 3 Minen Vermögen hatten ; die 
Prüfung geichah vor dem Rate der Fünfhundert, 
die Bezahlung nach Prytanien; der tägliche Sold 
ichwantte zwiſchen 1 und 2 Obolen. Das ganze 
Snftitut beruhte auf einem Boltsbeichlufie. 

Adyrmachidae, Advouayidaı, libyicher Volls— 
jtanım in der Nähe der Küſte, zunächſt an Agyp- 
ten. Herodot (4, 168) ſchildert ihre jehr eigen: 
tümlichen Sitten. 

Adytum, “övror, der für Laien unbetretbare, 
nur Brieftern zugängliche geheime, inmerjte Teil 
eines Heiligtums (Hom. Il. 5, 420. Caes. b. e. 
3, 105), aus dem auch die Drafeliprücdhe erteilt 
wurden (Verg. A. 2, 115. 296. 6, 98), auch pe- 
netrale und sacrarium genannt. 

Aedicüla, eigentlich ein Heines Haus zu hei- 
ligen Gebräuchen, Kapellchen (4. B. der Victoria, 
JZiv, 35, 9), war aud) eine Wandnijche oder jonjtige 
ähnliche Vorkehrung zur Aufnahme eines Götter- 
bildes (Ge. pro dom. 53. Liv. 35, 41), auch zur 
Aufftellung der Urnen auf Leichenfteinen. 

Aediles. Uriprünglich waren 2 Aed. plebeii 
zugleid) mit den Volfstribunen 494 v. C. und zu 
deren Unterjtüßung eingejeßt, weshalb fie anfäng- 
lich ebenfalls sacrosaneti waren. Fest, p. 318 M. 
Liv. 3, 55. hr Name rührt her von ihrer Auf: 
fiht über die Tempel (aedis, Varr. 1. 1. 5, 81, 
Paul. Diac. p. 13 M. Dion. Hal. 6, 9%) od. 
von dem Tempel der Eeres, dem religiöjen Mittel: 
punfte der römischen Plebs, für welchen jie jorgten 
und in welchem fie das plebejtiche Archiv aufbewahr- 
ten (Zon. 7, 15), j. Yabularium. Sie hatten 
die ſtädtiſche Polizei zu handhaben, die plebejtichen 
Spiele zu feiern und den Tribunen beizuftehen, 
indem fie auf den Befehl derjelben Ungehorjame 
arretierten und an Berurteilten die Exekution voll- 
ftreden ließen, auch als Ankläger gegen die Ber: 
ächter der Plebs auftraten. Dion. Hal. 6, 90. 
9. 7, 26. 35. Liv. 8, 31. Plut, Coriol. 17. 18. 
Wegen der durch die Spiele verurjachten bedeu- 
tenden Koſten erboten jih infolge der Liciniichen 
Geſetze 366 v. E. die Batricier zur Teilnahme an 
diejem Amte, was die Plebejer dankbar aunahmen, 
und nun wurden nod 2 patriciihe Aediles 
curules gewählt, welcde größere Ehre genoflen 
und die Auszeichnung der sella curulis und der 
praetexta empfingen. Liv. 6, 42. 7, 1. Dieie 
erhielten die Beſorgung der ludi Romani und 
Megalenses (Liv. 34, 45. 54, ſ. Spiele, 4.) jo: 
wie die Aufficht über die patriciichen Tempel; die 
Polizei verwalteten fie gemeinjam mit den beiden 
plebejiihen MWdilen. Obwohl ſich allmählich die 
beiden Aınter näher traten, auch die Plebejer bald 
Zutritt zum euruliſchen Ädilität erhielten, fo be: 
ftand doch im manchen Beziehungen der Unter: 
ſchied fort, und wenn fie auch polizeilich gemeinjam 
fungierten, jo jtanden die curules doc höher 
Diad. Sie. 20, 36. Dio Cass. 53, 33), und die 
Spiele blieben immer getrennt. Ein bejonders 
wichtiger Vorzug der curules beftand darin, daß 
fie allein berechtigt waren, die ädilieiichen polizei: 
lichen Editte abzufafjen (j. Edietum) und die 
Eiviljurisdittion in Marktſachen zu bejorgen. Flaut. 
Men. 4, 2, 23. Die Hauptthätigkeit beider Arten 
von Ad. läßt ſich in folgendem zujammenfaflen 

Realleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 





17 


(Cie. Verr. 2, 5. legg. 3, 3. Varr. 1.1.5, 81, 
tab. Heracl. oftm.): 1) Wirkſamkeit in bau— 
licher Beziehung, Erhaltung der opera publica, 
wie Tempel, Kloafen, Aquädufte, Straßen u. j. w. 
Die Anlegung jolcher opera publica geſchah aller: 
dings nur jelten von den Adilen und dann von 
den Strafgeldern. — 2) Straßenpolizei oder 
Sorge für die Neinlichfeit und Sicherheit der 
Straßen; 3. B. machten jie darüber, daß der 
Straßenverkehr gefichert jei gegen Berjperrung 
durch Fuhrwerk oder jonft, gegen bijjige Tiere, 
gegen Bauten, welche Gefahr drohten, auch dar: 
über daf das Pflafter von den verpflichteten Haus- 
eigentümern im Stand erhalten werde u. dergl. 
— 3) Gejundheits: und Sittenpolizei, z. B. 
Aufficht über die Bäder und Wirtshäufer, Be— 
jtrafung der Sazardipieler (Mart. 5, 84. 14, 1) 
und der umfittlichen Lebensweije überhaupt (Liv. 
8, 22. 10, 31. 25, 2), Aufrechthaltung der Luxus— 
geiege (leges sumptuariae, Cie. Phil. 9, 7. 
Tae. ann. 3, 52 ff.), Verfolgung der Wucherer 
(Liv. 7, 28. 35, 41) und Sorge für Neinerhaltung 
der vaterländifchen Religion von fremdem Aber: 
glauben (Ziv. 4, 30. 25, 1. 39, 14. Dio Cuss. 49, 
48). — 4) Marftpolizei im w. ©., d. h. Sorge 
für hinlängliche Zufuhr, cura annonae (Liv. 26, 
10. 30, 26. 31, 4), für tadelloje Beichaffenheit der 
Biltualien (Plaut. Rud. 2, 8, 42), jowie für ein 
richtiges Maß und Gewicht (4uv. 10, 100. Pers. 
1, 128). Hieher gehört aud der Berfauf von 
Getreide an die Armen zu billigen Preijen, j. Lar- 
gitio. 5) Schuß der Staatsfinanzen 
und Beitrafung derjenigen, welche ein zu großes 
Maß von ager publicus beſaßen oder auf Staats: 
weiden mehr Vieh hielten, als ihnen gejtattet war. 
Liv. 10, 13. 23. 47. 28, 42, 35, 10, Die von 
den Adilen beigetriebenen Geldftrafen (j. Multa) 
wurden von dentelben jelbftändig zu gemeinnüßgigen 
Zwecken verwendet. Liv. 38, 36. 34, 53. — 6) Die 
oben erwähnte cura ludorum. Dur dieſe 
Pflicht wurde die Adilität ein Foftjpieliges Amt, 
indem die Spiele größtenteild aus eigenen Mit: 
teln veranftaltet wurden. Dion. Hal, 7, 41. Biele 
ehrgeizige Männer machten als Adilen ungeheu: 
ren Aufwand, um jo Bopnlarität zu erwerben und 
fich zu höheren Amtern zu empfehlen. Durch Oeta— 
vianus verlor diefe Würde jehr an Einfluß und 
Anſehen, indem er die ädiliciiche Jurisdiktion auf 
die Prätoren übertrug und mehrere Stellen ſchuf, 
welche die Funktionen der Adilen bejorgten, 
namentlih die zahlreichen curatores operum 
publicorum. llbrigens dauerte der Unterjchied 
zwijchen aed. cur. und pleb. noch fort (Tac. ann. 
13, 28), bis das Amt, noch vor Eonftantin, ganz 
einging. Vgl. Schubert, de Roman. aedilıbus 
libri IV (1828), Mommjen, Röm. Staatörecht 
Bd. Il Abt. 1 ©. 443 ff. 

Aediles cereäles heißen die beiden, 44 v. €. 
von Cäſar angeordneten, Ädilen, denen fpeziell 
die cura annonae und die cerealiichen Spiele ob: 
lagen. Suet. Caes. 41. Dio Cass. 43, 51. Sie 
icheinen dem praefeetus annonae untergeordnet 
gewejen zu jein. 

Aediles municipäles. Geit uralter Beit 
ſcheint es im den latiniſchen Städten (jpäter faft 
in aller Municipien) Adilen gegeben zu haben, 
welche, wie die römiſchen, Spiele gaben, die öffent: 
lihen Bauwerke in Stand hielten, das Getreide: 


2 


18 


weſen und die Polizei, bejorgten. In einigen 
Städten verjahen die Adilen zugleich die Stelle 
des höchſten en re (der duumviri oder quat- 
tuoıviri) und übten die Jurisdiftion, z. B. in Ar: 
pinum (Cie, ad fam. 13, 11. 15, 15. Spart. Hadr. 
19). Dieje wurden auch Aediles iuri dieundo ge: 
nannt. Wenn die Aediles zugleich die Cenfur ver: 
walteten, jo hießen fie Aed. quinquennales, welche 
einigemale auf Injchriften genannt werden. 

Arditüns, vielleicht von aedis 
tueri (Haushüter), in der Volks— 
iprache geläufigere Form als aedi- 
tumus, der Kirchner, Tempelhüter, 
- der in der Nähe oder am Eingange 
‚Al des Tempels wohnte, ihn öffnete und 
ſchloß, auch Fremden zeigte. Plaut. 
Cure. 1, 3, 48. Cie. Verr. 4, 44. 
Auch bei öffentlichen Gebäuden und 
Grabmälern gab es aeditui. — 
⸗ Bildlich — Dora (ep. 2, 1, 

— 230) das Wort von dem Verherrlicher 

J — der Bürgertugend des Auguſtus, ge— 

wiſſermaßen dem Wächter eines 
gottgeweiheten Guts. 

Aödon, Andor, Gegenſtand zwiefacher, innerlich 
verwandter Sage im Altertum. Nach der einen 
iſt ſie die Tochter des Pandareos (Hom. Od. 19, 
518 ff.), Gemahlin des thebaniſchen Königs Zethos 
(Apollod. 3, 5, 5), dem jie den Itylos geboren 
hat. Neidiich auf das Glück der finderreichen Ehe 
der Niobe, Gemahlin —— will ſie in der 
Nacht den älteſten Sohn elben töten, tötet aber 
aus Verſehen ihren eigenen Sohn Itylos. Sie 
twird von Zeus in eine Nachtigall verwandelt, die 
immer um ihren Sohn Pan (Hom. a. a. 
Aesch. Agam. 1142. Soph. El. 144f.; bei den 
beiden legten heißt der Sohn Itys). — Nach der 
zweiten, jpäteren Sage ift jie ebenfalls die Tochter 
des PBandareos, aber die Gattin des Künſtlers 
Polytechnos zu Kolophon in Lydien, mit dem fie 
in jo glüdlidher Ehe lebt, daf fie in ftolger Ver: 
meflenheit den Zeus und die Hera in der Liebe 
zu übertreffen meint. Da jchidt letztere die Eris; 
im wetteifernden Hader arbeiten beide Gatten ein 
Kunftwerf, er einen Stuhl, jie ein Gewebe, und 
hi = mit Hülfe der Hera. Dadurd) gereizt, 
ü 





rt Bolytechnos der Gattin ihre unterwegs ver: 

rte Schwejter Chelidonis unerkannt ala Sklavin 
zu; denn der Beſiegte jollte dem Sieger eine 
Sklavin jchenfen. Chelidonis Hagt ihr Leid am 
Brunnen, und die Schwefter behorcht fie; da töten 
beide Schweitern den Ithylos und jeßen ihn dem 
Vater zum Mahle vor. Als er defjen inne wird, 
verfolgt er die Schweitern bis ins väterlihe Haus 
in heftiger Wut, die Götter aber verwandeln aus 
Mitleid fie alle, namentlih den Pandareos in 
einen Meerabler, die Mutter der Aëdon in einen 
Meereisvogel, Bolytechnos in einen PBelilan, Addon 
in eine Nachtigall und Chelidonis in eine Schwalbe 
(Anton. Lib. 11). gl. Philomele. 

Aedüi, (weniger gut) Haedüi, eine keltiſche 
Völkerſchaft Galliens (Caes. b. g. 1,10), zwiichen der 
Loire und Saone bis gegen Lyon hin wohnend, die 
erfte, welche id) den Römern anjchloß, und die 
daher jchon vor Cäſar die Ehrennamen der Brüder 
und Bundesgenoſſen erhielt (daf. 1, 31, 7. 6, 12. 
Cie. ad fam. 7, 10). Der Vorſteher ihres Gemein- 
weſens wurde unter dem Namen eines VBergobretus 


D.|xrınn Bewmgla. 


Aedituus — Aelianus. 


(„Rechtswirker“ Mommſen) von den Prieitern q 
wählt und durch einen Senat bejchräntt. Car 
b. g. 1, 16. 7, 33. Ihre Hauptſtadt war Bibrac 
(auf dem Berge Beuvray), jpäter das weiter öftli 
elegene Auguftodunum (j. Autun); Gälar b 
Banbelte E mit bejonderer Nachjicht: ald Ariov 
ihre Anfehen ſchwächte, jtellte er es wieder be 
als Vereingetorig fie zur Empörung verleitete (de 
7, 5. 32. 54. 63), nahm er ihn gefangen, jchon 
aber des Bolts (daj. 7, 89). Strab. 4, 19275. 

Aegaenm mare j. Alyalov nilayog. 

Aegätes, af Alyodsoaı, die Ziegeninjeln, 
der Nähe der Weftipige Siciliens: Phorbant' 
(j. Levanzo), Capraria (j. Yapignana) und Hieı 
oder Maritima (j. Marittimo), befannt du 
ben Sieg des E. Lutatius Catulus über die Ku 
thager 242 v. E., der den erften pun. Krieg ci 
ichied. Pol. 1, 44. 60ff. Flor. 2,2. _ 

‚Asicıror find diejenigen Perjonen in Athı 
die durd ihr Amt berechtigt waren, täglid 
Protaneion (ipäter in der Tholos) zu jpeiien, « 
Necht, das aud Fremden, z. B. Gejandten, u 
ausgezeichneten Bürgern zumeilen erteilt wur! 
j. BovAn, 4. und Lirnaosg. 

Aelia gens, ein angejehenes plebejiiches 6 
ichlecht in Rom, das beionders in die Yamili 
der Baeti (j. d.), Galli, Zamiae und Tub 
rones zerfiel. — 2. Aelius Stilo j. Stilo 
Aelia lex j. unter Lex. 

Acliänus, Allıavög, 1) mit dem Beinamen 0 ı 
xrınög, lebte in Nom um 100-140 n. C. um 
der Negierung Trajans und Hadrians, welch 
fegteren er jein Werf über die Einrichtung | 
Schlachtordnung bei den Griechen widmete: 7 
n Die Meinung Köchlys, daß 
bisher unter dem Namen Arrians heransgegebı 
Taktif ein Werk Aelians in feiner — 
Form, dagegen die, welche bisher den Namen | 
el. trug, eine jpätere, mit Zujägen aus Ail 
piodotos, der um 50 n. E. raxrına xepakı 
ichrieb, bereicherte Necenjion desjelben Werts 
ift unhaltbar (vgl. A. Förſter im Hermes ! 
420 ff). Er ijt der bejte Gewährsmann für 
mafedoniiche Taktif. Ausg. von Köchly und Rüſi 
(1855). — 2) Claudius Ael., der Sophift, 
bürtig aus Präneſte, lebte unter Septimius Seve 
und Are Nachfolgern in Rom als Lehrer 
Beredſamkeit. Einen Abriß jeines Lebens x 
Philoſtratos (vit. soph. 2, 31). Er jchrieb au 
mehreren, uns nur dem Titel nad befann 
Schriften ein Werk vermiichter Gejchichten (morn 
isropi«, varia historia) in 14 Büchern, um 
verfaßt, von mannigjaltigem, zum Teil wertvol 
Inhalte, die übrigens von 3, 13 au mur in 
gefürzter Faflung erhalten find (umfafjendjte A 
gabe von Abr. Gronov, 1731); außerdem 

erk: Tiergefchichten in 17 Büchern (meol fa 
ldiörnrog), welches einen großen Lejerfreis gel 
u haben jcheint uege von Schneider, 1784, 
— Jacobs, 1832). Doch beruht der Wert be 
Werfe, worin das einzelne nicht immer mit 
nötigen Umficht und Auswahl zujammengef 
ift, zum großen Teil auf den zahlreichen di 
enthaltenen Nachrichten aus verlorengegange 
Schriftjtellern. Daß beide von Einem Berfe 
find, hat Fr. Jacobs in jeiner Ausgabe der I 
geichichte wahrjcheinlich gemacht. Welian war, 
ſchon in Stalien geboren, der griechiſchen Spr 


Acllo — Aemilii. 


jo mäcdtig, daß er als usilylmacog, uskdpdoy- 
705, honigiüh redend, gepriejen wurde. Sejamtaus- 
gaben von Hercher (Paris 1858. Leipzig 186466). 

Alllo j. Harpyien. 

Aemilia lex j. Lex. 

Aemilia via j. Via und Acmilii, 1, 1. 

Aemiliänus, von Geburt ein Manretanier, 
Statthalter der Provinzen Bannonien und Möjien 
unter der Megierung des Kaiſers Gallus, jchlug 
die von Diten her in jeine Statthalterichaft ein- 
fallenden Goten und wurde dafür von jeinen 
Kriegern zum Kaiſer ausgerufen, 253 n. C. Er 
bejiegte und tötete den Gallus, unterlag aber dem 
nachherigen Kaijer Balerian und wurde von feinen 
treuloien Soldaten ermordet. Eutr. 9, 6. Aur 
Viet. epit. 45. 

Aemilii (Aimilii), ein altes und berühmtes 
patrieiſches Gejchlecht in Rom, das von einem 

ereus (Mamers — Mars, vgl. Mamercus), 
angeblihem Sohne des Numa oder Puthagoras, 
herſtammen —— der wegen der Lieblichkeit ſeiner 
Rede (dı’ aluvilav Aöyov nal yagır) den Namen 
Aemilius befommen habe. Plut. Aem. 2. Num. 8. 
Liv. 39, 32. Nach andern ſtammte es von Aimylos, 
©. des Aſcanius, war aljo jedesjalld eines der 
älteften Roms. — 1. Lepidi, eine Familie, deren 
orragendite Mitglieder folgende find: 1) M. 

em. Lep., wurde im 9. 201 v. €. als Ge— 
jandter zu Ptolemaios V. Epiphanes von üghp— 
ten und dann an Bhilipp V. von Makedonien 
geichiett, wurde Prätor 191 und verwaltete Sicilien 
(Liv. 31, 2. 36, 2. Pol. 16, 34). Im Kriege 
gegen Antiodhos von Syrien (190) zeichnete er fi 
aus (Liv. 37, 48). Als Konſul (187) ging er na 
Ligurien und legte die via Aemilia an, kämpfte 
glüdlich wider die Ligurier und führte Kolonien 
Mutina und Parma. Er war zumt zweiten: 
mal Konjul 175, ſechsmal princeps senatus und 
bei jeinem Tode 152 v. E. als Batriot gefeiert. 
Lie. 39, 15. ep. 48. — 2) M. Aem. Lep., ein 
ftolzer und herrichfüchtiger Anhänger des Pom— 
peius und von dieſem 78 v. C. zum Konjul be- 
fördert, aber nachmals mit, ihm zerfallen. Um 
jeines für den Staat Sefahr drohenden Verfahrens 
ledig zu werden, gab der Senat ihm den Ober: 
befehl in Gallia transalpina. Er blieb jedoch in 
Etrurien und verichaffte fich dort immer größeren 
Anhang. Als er nun mit jeinem Heere gegen 
Rom rüdte, um fich das Konſulat zu erzwingen, 
zogen Pompejus und Catulus ihm entgegen und 
bejiegten ihm dicht vor der Stadt. Sein Legat, 
der im transalpin. Gallien mit einem angeworbe— 
nen Heere ftand, mußte fich ergeben. Als dem 
Lep. auch ein zweiter Verſuch von Etrurien aus 
mißlungen war, ging er nad Sardinien, um fich 
mit GSertorins in Spanien in Verbindung zu 
jegen, gewann neuen Anhang, warb jedoch noch 
mehrmals — und ſtarb daſelbſt im J. 77 
an einer Krankheit. Plut. Pomp. 15 f. App. 
b. e. 1, 107. Liv. ep. 90. — 3) Sein gleidh- 
namiger Sohn ift der befannte Triumvir. An: 
hänger Cäſars, wurde er von diejfem zum Stadt: 
» präfeften und Prätor befördert und bewies jeine 
Dankbarkeit dadurch, daß er dem aus Hijpanien 
heimfehrenden Cäſar die Diktatur verichaffte. Nach— 
dem er 46 dv. C. eimen nicht verdienten Triumph 
gehalten, wurde er Cäſars Genoſſe im Konſulat und 
ſein magister equitum, nad) deilen Tode Bontifer 


19 


Marimus und Befehlshaber des galliichen Heeres. 
Als das Triumpirat zwifchen ihm, Antonius und 
Oetavianus zuftande gefommen, erhielt er bei der 
Länderverteilung Afrika, triumphierte abermals 
und wurde Konjul für 42. Am Kampfe mit 
Dctavian zeigte er ein jo ziweideutiges und läjjiges 
Benehmen, daf die Armee ihn verließ und er, jich 
auf fein Pontifitat zurüdziehend, aller Staatsver- 
waltung entjagen mußte, nachdem er ſich vor 
Detavian aufs tieffte hatte demütigen müſſen. 
Später lebte er, von Octavian dazu gezivungen, 
in Rom, aufs verächtlichjte von ihm behandelt. 
Sein jhwantender Charakter, bald übermütig, bald 
fleinmätig, zog ihm mit Recht joldye Behandlung 
u. Er Kath nach Suwet. Oct. 16 in Eircefi im 
.13 v. E. Dio Cass. 44, 22 ff. Ciceros Urteil 
über ihn j. Cie. Phil. 13, 4. 19. — 4) M. Aem. 
Lep. Borcina, Konjul 187 dv. E., ein Mann 
von ausgezeichneter Beredſamkeit (Cie. Brut. 25), 
widerjegte fich den Unternehmungen des Tribunen 
C. Caſſius mit Erfolg. Mit den Baccdern in 
Hispania eiterior begann er einen ungerechten 
Krieg und ſetzte denjelben gegen den Willen des 
röm. Senats und troß hartnädiger Verteidigung 
eifrig fort. Als Mangel an Lebensmitteln ihn 
zum Rückzuge zwang, wurde er von den Baccäern 
überfallen und erlitt empfindlichen Berluft. Nach 
Rom zurüdgerufen, wurde er wegen übertriebenen 
Aufwandes zu einer anjehnlichen Geldftrafe ver- 
urteilt. Val. Max. 8, 1, 7. Cie. Brut, 27. Vell. 
Pat. 2, 10. — 1. Mamerci: 1) M. Aem. 
Mamı., tonnte, obgleich reich, nicht Konſul werden, 
weil er nicht Koi gewejen war (Oic. off. 2, 17). — 
2) DO. Aem. Mamı., ein Decurio aus Arpinum, tri- 
bunus militum bei Cicero während dejjen Statt: 
halterjchaft in Kilifien (Cie. ad fam. 18, 11, 1). 
— IH. Bapi (Pappi): 1) M. Aem. Bapus, 
Diktator zur Haltung der Comitien 321 v. C. 
Liv. 9, 7. — 2) DO. Wem. Bap., Konful mit €. 
Fabricius Luſcinus 282 v. E., befiegte die Etrujfer 
und Bojer; beide fämpften als Konjuln wieder 
im 3. 278 v. €. mit Ruhm gegen Pyrrhos; 
3 3. ipäter befleideten fie zujammen die Cenſur. 
— 3) 2. Aem. Pap., Enfel des Vorigen, Konjul 
225 v. E. mit E. Atilius Regulus, war in wieder- 
—— Kämpfen gegen die Gallier ſiegreich und 
ielt, nachdem er viele Gefangene gemacht und 
fein Heer mit auſehnlicher Beute bereichert, einen 
glänzenden Triumph (Pol. 2, 23 ff.). Später (220) 
war er Genjor mit E. Flaminius. — 4) %. Aem. 
Pap., Prätor 205 v. E. (Liv. 28, 38), fämpfte 
in Gicilien (Suet. Oct. 2). — IV. Baulli: 1) M. 
Aem. Baullus, Konjul im J. 255 v. E., ging 
mit jeinem Kollegen Servius Fulvius Nobilior 
nad Afrika, um die Reſte des Heeres des Regulus 
u retten, und jchlug die Flotte der Karthager am 
Sermäiiden Borgebirge. Pol. 1, 36. Eutr. 2, 22. 
on. 8, 14. — 2) & Memil. Baull., Konſul 
des J. 219 v. E., triumphierte über die Jllyrier 
(Pol. 3, 18f.), fiel aber in jeinem zweiten Kon— 
infate, 216, in der Schlacht bei Cannä, die wider 
feinen Willen fein plebejifcher Kollege C. Teren: 
tius Varro (j. Terentii, 1.) gegen Hannibal 
unterna Pol. 3, 1105. Liv. 22, 835. 44 ff. 
Hor. od. 1, 12, 38 (animae magnae prodigus). 
— 3) 2, Uem. Pauli. Macedonicus, Sohn 
des Borigen, von früher Jugend an durd alt: 
römische Tugenden ausgezeichnet, fiegte bei der 


2* 
- 


20 


erjten Bewerbung um die Adilität über 12 Mit- 
bewerber, 192 v. E., wurde dann Prätor und 
Konjul, 182. Er unterwarf die jeeräuberijchen 
Ligurier und hielt einen Triumph über jie. Liv. 
40, 25. Mit der rüftigften Kraft, obwohl im 
höheren Witer (c. 60 %.), übernahm er in feinem 
zweiten Konjulate den Kriegszug gegen den male 
donischen König Perſeus und bejiegte ihn in der 
biutigen Schladht bei Pydna am 22. Juni 168 
(Liv. 44, 40 ff.). Berjens mußte, da jein Lager er: 
obert und jein Heer vernichtet war, Makedonien 
als Flüchtling verlaffen. Der Sieger —— 
Griechenland und ordnete die innern Verhältniſſe 
durch gediegene Geſetze und Verfaſſung, zeigte den 
Anhängern des Feindes die volle Strenge, aber 
milderte dieſe auch wieder durch prachtvolle Feſte 
(Liv. 45, 29 ff.). Die reihe Beute ward nad) 
Vell. Pat. 1, 9 auf 200 Mill. Seftertien gejchägt. 
Sein Triumph ward ihm teils durd) die Abneigung 
jeiner, wenig von ihm bei Verteilung der Bente 
bedachten, Krieger, teils durch häusliches Miß— 
geſchich verbittert: einer jeiner Söhne ftarb 5 Tage 
vor, ein anderer 3 Tage nach dem Triumphe. Zwei 
andere Söhne waren durch Adoption in die gens 
Cornelia (Scipio Wemilianus) und Fabia über: 
gegangen. Er wurde noch Cenſor 164, unterlag 
aber einer ſchweren Krankheit uud hinterließ ein 
unbedentendes Bermögen. Er ftarb im J. 160 
v. C. Flut. Aem. Paul. 39. Als der griechiichen 
Sprache fundig und guten Redner bezeichnet ihn 
Cicero (Brut. 20). Bei jeinen Leichenjpielen 
wurden die Hecyra und die Adelphoe des Terenz 
aufgeführt. — V.Regilli: %. Aemil. Regillus, 
Prätor 190 v. E., jiegte mit Hülfe der Rhodier 
als Flottenbefehlshaber in einem Seetreffen über 
die Flotte des K. Antiochos IL. von Syrien, 
wofür ihm auch die Ehre eines triumphus na- 
valis bewilligt ward. Liv. 37, 14—32. 58. — 
VI. Scauri, Beiname mehrerer römijcher gentes, 
a) der gens Aurelia (j. d. Nr. 11), b) der gens 
Aemilia: 1) 2, Aem. Sc., befehligte im Kriege 
gegen Antiochos d. Gr, eine Schiffsabteilung und 
eroberte PBholaia. Liv. 37, 31. — 2) M. Kem 
Scaurus, aus einem vornehmen, aber verarmten 
Sejchlecht, gewandt und verichlagen, mit bedeuten- 
dem Redetalent begabt (Cie. Brut. 29), geboren 
162 v. E., diente im numantin. Kriege und dann 
auf Sardinien. Nachdem er curuliſcher Ädil und 
Prätor gewejen war, bewarb er fih um das 
Konfulat 117 v. E. (Cie. Mur. 17), erlangte es 
jedoch erſt 115 und machte fich durch manche 
Geſetze, jowie durch feinen Triumph über die 
Ligurier berühmt, wurde princeps senatus und 
war als Haupt einer Gejandtichaft bei Jugurtha, 
defien Bejtechungsverjuchen er damals widerſtand, 
ohne ihn jedod von Sewaltthätigfeiten abhalten 
zu können. Sall, Jug. 25. Zum zweitenmal in Nu— 
midien als Legat des X. Calpurnius Beitia (111) 
ließ er jih von Jugurtha beftechen (Sall. Jug. 
27 ff.), wurde aber nicht, wie jener, bejtraft, ja er 
erhielt jogar 109 die Genfur. In dieſem Amte 
ließ er die Mulviſche Brüde wiederheritellen und 
die AÄmiliihe Straße über Piſa und Luna an: 
legen. Er war als Führer der Digarchen einer 
der erbittertften Gegner der demokratiſchen Partei, 
imponierte jedoch dem Bolfe durch würdevolles Auf: 
treten. Eine kurze, aber treffende Schilderung 
von ihm gibt Salluft (Jug. 15): homo nobilis, 


Aemilius Probus — Aequi. 


impiger, factiosus, avidus potentiae, honoı 
divitiaram, ceterum vitia sua callide occulta: 
während Cicero aus Barteirüdfichten ihn über 
lobt (Sest. 47, 101. de or. 1, 49, 214). Er ha 
feine Laufbahn mit einem einträglichen Holz u 
—— begonnen und ſpäter ſeine Rech 
kenntniſſe zur Erſchleichung von Erbſchaften du 
allerlei liſtige Mittel benutzt. Seine Selbſtb 
graphie in drei Büchern, zu ſeiner Rechtfertigu 
geſchrieben, erwähnt rühmend Cicero (Brut. 2 
Val. Peter, hist, Rom. reliqu. I p. 186f. 

3) M. Aem. Scaurus, j. Sohn, Hagte als jun; 
Mann den En. Dolabella an (Cie. Verr. 1,38) u 
war im 3. mithrid. Kriege Quäſtor des Bompejı 
Nachdem er in Judia und Syrien längere Zeit ı 
wejen war, wurde er Ädil und gab als ſolcher auf 
ordentlich prächtige Spiele. Cie. Sest. 54. off. 2, 

Als er nad) der Verwaltung der Prätur in Sardin 
(56) zurüdgefchrt war umd ſich um das Konſu 
bewarb, wurde er der Erpreflungen in den P 
vinzen angeklagt, aber von Cicero glüdlich v 
teidigt; einer zweiten Auflage wegen Anbii 
erlag er nach dem Willen des Bompejus. Er gi 
in die Verbannung und war jeitdem verjcholl 
— 4) M. Aem. Scaur. Mamercus, jein En 
war jehr ausichweifend, aber ein guter Red 
und Dichter. Eine ausführliche Charakteriftif| a 
Seneca (controv. X. praef. 2—4); bei ihm fin 
fih auch viele Proben jeines treffenden Wit 
Nachdem er unter Tiberius ſchon eines Majeftä 
verbrechens angeflagt war, wurde er aberm 
angellagt des Ehebruchs und der Zauberei, in 

That aber wegen einiger Berje einer Tragö 
Atreus, ‚die ZTiberius auf fich beziehen kom 
Nach u ng feiner Gattin Sertia gab 
fih den Tod; fie ftarb mit ihm. Tac. ann. 
9. 29. Mit ihm hört die familia Scaurorı 
auf. — VII DO. Aem. Laetus, Paefectus pri 
torio im $. 198 n. E., ftiftete eine Verſchwörr 
gegen Commodus an, den er umbradhte, veranla 
die Thronbefteigung des Bertinag und wurde ı 
Befehl des Didius Julianus hingerichtet. 4 


.| Cass. 72, 19. Herodian. 3, 7. — VII. Yen 


lius Macer ſ. Macer, 2. 

Aemilius Probus j. Nepos. 

Aenaria, auch Pithecusa (II$nxovce«) 
nannt, Inſel an der campanijchen Küfte, mit d 
Bulfan Epomeus od. Epopos (j. M. Epom 
und warmen Quellen, j. Iſchia. Dichter (3. 
Verg. A. 9, 716) nennen fie auch Jnarime, n 
der Sage nach Typhon unter ihr begraben I 
deſſen Lagerftätte II. 2, 783 mit &lv Agduoıs 
zeichnet wird. Strab. 5, 247. Plin. 3, 82. 

Aenus (nicht Oenus), rechter Nebenfluf 
Danuvius, die Grenze zwi] en Bindelicia ı 
Noricum bildend, j. Jun. Tae. hist. 8, 5. 

Aequi, vielleicht jtamımverwandtes Wort ı 
Opici, Osci, bei Ovid (fast. 3, 93) auch Aeq 
ceuli, eine aderbautreibende, aber auch friegliebe: 
Völterichaft, welche nach Göttling (röm. Staat 
20) als bejondere politiſch geichiedene Bund 
gemeinjchaft neben den Latinern, Boljfern, 9 
tulern, nilern und Auſonern zu dem Stam 
der Opifer oder Djfer gehörte, die im Süden ı 
Weiten Roms wohnend jich freier und jelbjtändi 
behaupteten. Sie wohnten an beiden Seiten | 
Anio; ihre Hauptftädte waren Alba Auceni 
(j. Alba, 1.), Tibur, Bränefte, Carjeoli; a 


Aequitas 


fag der mons Algidus in ihrem ziemlich aus: 
gedehnten Gebiete. Im Bunde mit den Volſtkern 
führten fie blutige Kriege gegen Nom, bis fie 
durch Camillus 389 dv. C. gedemütigt und in den 
Sammiterfriegen 304 v. C. unterworfen wurden. 
Jar. 1, 2 ff. 9. 8, 35 u. 6. Cie. r.p. 2, 20. 
Plin. 3, 12, 106 ff. Val.’ Max. 2, 7 u. ö. 

i Aeqnitas, röm. Berjonifitation der Billigfeit 
und echtigfeit, bejonders auf röm. Münzen 
dargeftellt als ernite Jungfrau nad) dem deal 
Der Athene, in der Rechten die Wage, in der Linken 
das Füllhorn haltend. — Im röm. Recht wird die 
aequitus, das Billigkeitsgefühl, zur Milderung der 
Härten des jtrengen Rechts auch geſetzlich geltend 
gem, beſonders jeit den prätoriichen Edikten. 

. Cie. de or. 1, 56. Brut. 38. M. Voigt, die 
Lehre von ius nat., aequum et bonum und ius 
gent. ©. 24-63. 345-398. 529 — 541. 

Aera — Epoche, j. Zeitrechnung. 

Aerarli waren nad) der Berfajjung des Servius 
Tullius alle diejenigen, welche nicht in die Klaſſen 
und Genturien eingereiht waren und jomit fein 
Stimmrecht hatten, auch nicht zum Legionsdienfte 

ugelafien wurden. Es fonnten das ſehr begüterte 
eute jein, bei denen jedoch Gründe vorlagen, 
ihnen nicht jene Rechte zu erteilen, z. B. eben 
erit unterjochte Völferichaften, von denen jederzeit 
Abfall befürchtet werden konnte. Doc waren jie 
nicht frei von Steuern, wie die proletarii, jon: 
dern mußten Abgaben zahlen, die jedoch micht 
nach einem Genjus, dem jie überhaupt nicht unter: 
worfen waren‘, jondern willfürlih nad ihren 
mutmaßlichen Verhältniſſen ihnen auferlegt wurden 
(tributum in capita). Die Namen diejer aerarii 
wurden in bejonderen Liften von den Cenſoren 
verzeichnet, die hernach, weil die Einwohner der 
Stadt Eäre den Hauptbeftandteil der Ararier bil- 
deten (Lir. 5, 50. 7, 20), Caeritum tabulae 
hießen (Geil. 16, 13. Strab. 5, 220. Schol. Hor. 
ep. 1, 6, 62). Die Urarier als jolche konnten 
jeldftverftändlich niemals Stimmrecht erhalten, wo: 
durch fie fih auch ſpäter noch von den Proleta- 
riern unterjchieden, als es dieſen gewährt wurde. 
Leute aus den cenfierten Klafien wurden bisweilen 
bei Vergehen damit beftraft, daß der Cenſor fie 
unter die Ararier verjegte (aerarium facere, tribu 
movere, in Caeritum tabulas referre), 5. B. 
Mamercus Aemilius wegen der lex Aemilia 
(Liv. 4, 24). Ihr tributum fonnte fich in diejem 
Falle je nach ihrem Vermögen jehr hoch belaufen. 
Den allerdings möglichen Mißbrauch jolcher cen: 
ſoriſchen Machtbefugnis (j. Liv. 29, 37, mo 34 
tribus unter die aerarii verfeßt wurden) hoben 
gewöhnlich die nachfolgenden Genjoren wieder auf 
(Ascon. zu Cie. div. in Caec. 3). Unter Umftänden 
fonnten die jo Beitraften durch ein SCons, zur 
Berihärfung ihrer Strafe ni zu Kriegsdienften 
unter beengenden und jchimpflichen Verhältnifien 
herangezogen werden (Liv. 24, 18). 

Aerarium iſt der Staatsſchatz, im den die regel: 
mäßigen Abgaben (ij. Veetigalia,Staatshaus- 
halt, II, und Tributum) flofien und aus dem 
die laufenden Staatsausgaben beftritten wurden. 
Als die vicesima manumissionum, d. h. der 
wanzigfte Teil des Wertes eines freigelaffenen 
SHlaven, 357 v. €. eingeführt wurde (Zav. 7, 16), 
entitand eine zweite Abteilung des Staatsichages, 
aer. sanctius oder interius genannt und für Not: 


21 


fälle beftimmt. Zar. 27, 10. Beide wurden in 
einem Hintergebäude des Saturnustempels auf: 
bewahrt (Serv. zu Verg. A. 8, 319) und von den 
Onäftoren, deren Unterbeamte tribuni aerarii 
iehen, verwaltet. Unter den Kaiſern wurde jehr 
ufig dieje Aufficht auf gewejene Brätoren, dann 
wieder auf Quäſtoren, wirkliche Prätoren, aud) 
wohl auf bloße Präfetten übertragen. Tac. ann. 
13, 29. Überhaupt fam während der Kaiferzeit 
dad aerarium in vollitändige Abhängigkeit von 
dem Kaifer, wermgleich der Senat dem Scheine 
nach die Verwaltung bdesjelben hatte, und ver: 
ſchmolz jpäter immer mehr mit der von Auguſtus 
eingerichteten kaiſerlichen Privatkaſſe (fiscus), die 
von faiferlichen Bräfetten verwaltet wurde. Much 
ein neues aerarium richtete Auguftus zur Be: 
ftreitung der Koſten für das Heer ein, aerarium 
militare. In diejes floh die centesima rerum 
venalium, die von allen Berfaufsgegenftänden ent: 
richtet werden mußte (Tac. ann. 1, 78), von 
Tiberius um die Hälfte ermäßigt (daf. 2, 42), 
doch bald wieder erhöht (Dio Cass. 58, 16), bis 
Galigula fie für Italien ganz aufhob (Suet. Cal, 
16). Später fam noch dazu die vicesima here- 
ditatum et legatorum und die quinquagesima 
mancipiorum venditorum,. Die Verwalter des 
aerarium militare hießen praefecti aerarii. 

Aöröpe j. Agamemnon und Katreus, 

Aerügo (von aes), ein harter und glängender, 
ihön hellgrüner Überzug auf den alten Bronzen 
(jest technisch mit Patina bezeichnet), welcher an 
Statuen und Bildwerfen hoch geichäßt ward (Plin. 
37,10, 55. Plin. ep. 8, 6. Jur. 18, 148), befon- 
ders auch am nes Corinthium, Kupferoxyd (f. 
Aes). Paus. 2, 3, 8. 

Aes, etymologiich verwandt mit unferm Eijen 
und Erz, umfaht eigentlich alles Kupfer, Kupfererz 
und aus Kupfermijchung bereitete Metall (Plin. 
34, 1, 15), zunächſt als Rohſtoff, bejonders 
unter dem Namen aes Cyprium, weil es auf 
Cypern zuerft gefunden ward; dann aber auch in 
verjhiedenen Yegierungen, mit Arſenik, aes 
candidum, weißer Tombad (daſ. 11, 110. 17, 
160); mit Zinf, orichaleum, Meifing; mit Zinn, 
aos jchlechthin, Bronze, worunter dad aes Corin- 
thium bie geichägtefte Gattung war. Sp wie 
dieſes (nach der Stadt Korinth, wo die Technik 
des Erzaufies und der Milchung der Bronze am 
höchften blühte, benannt) bald eine helle und weiß: 
liche, bald eine dunfelbraune, bald eine mittlere 
Farbe hatte, jo teilte man dem Erze überhaupt 
verjchiedene Farben mit und wußte auch den ein- 
zelnen Teilen einer Bildjänle verjchiedene Farben: 
nüancen zu geben. — ferner diente aes als 
Münze, indem die italifchen Wölfer, bis auf die 
Beit des Pyrrhos, fich des Kupfers als Austauſch— 
mittels bedienten. Das Metall wurde in Barren 

egofien und mit Figuren von Rindern, Schafen, 
Säweinen und Hammel verichen (nes signatum). 
Dies waren aber feine Wertzeichen, ſondern die 
Barren wurden gewogen; daher die juriſtiſche 
Formel per aes et libram beim Kauf. Eine wirt: 
liche Münze ift wahrjcheinlich erft in ber Zeit der 
Decempirn eingeführt. Diejer Ausdrud für Geld 
blieb aber auch dann noch, als man (jeit 268 
v. €.) Silber: und 62 Jahre jpäter Goldmünzen 
zu Ichlagen anfing. Der Wert wurde nad dem 
Gewichte (pondo) beftimmt. Als Einheit der Wert: 


— A s. 


22 Aesculapius — Aetna. 


beredinung galt ein Pfund Kupfer (as, eis,|teit, häufig auf Kaiſermünzen abgebildet als er: 
daher as libralis). — Ws Bermögen unter: | weibliche Geftalt, mit verjchiedenen ihm Weſen jt 
ichted man aes suum, Aftiv-, und aes alienum, | bolifch bezeichnenden Attributen. Hieher gehört 
Pajfivvermögen, Schulden. Außerdem unterjchied | Kugel, auf der jie figt oder mit dem Fuße ftı 
man aes circumforaneum als das von den | und der Ring, ald Dinge, die weder Anfang n 
Geldwechslern (argentarii), die ihre Buben in der | Ende haben, der Elefant, mit dem fie fährt, tweı 
Portieus am Forum hatten, entlehnte Geld (Cie. | feiner langen Lebensdauer, der ans jeiner A 
ad Att. 2, 1, 9); equestre, die dem Ritter | verjüngt hervorgehende Phönir u. ſ. f. 

um Ankauf feines Pferdes verabreichte Summe; | Aöthlios j. Endymion, 

ta (von hordeum, Gerſte), die den) Aötion j. Maler, 8. 

unverheirateten oder verwitweten, vermögenden | Adtins, geboren wahricheinlih um 395 n. 
Frauenzimmern, die jonft vom Cenſus ausge: | in Untermöjien, zeichnete fich jchon als Knabe du 
ichloffen und von der Striegsitener aljo befreit | Kühnheit aus. Er trat in die faiferliche Leibwa 
waren, obliegende Steuer zur Unterhaltung der | ein und verweilte jeit 409 längere Zeit als Ge 
Nitterpferde (2000 As) (Cie. r. p. 2, 20, 36. Liv. | bei Mlarich, dann bei den Hunnen, von welchen 
1, 43; vgl. Göttling, röm. Staatsv. 256); ma-|im %. 424, nad) dem Tode des Honorins, Hül 
nuarıum, durch den Wurf (manus) im Spiel | truppen warb, um den fräftigen Kobannes, für i 
(manibus collectum) gewonnenes Geld (Suet. | Aötius Partei ergriffen hatte, in jeinem Strel 
Oct. 81. Gell. 18, 3, 4); militare, j. dv. a. |nac dem Throne zu unterftügen. Doc Fam Ati 
stipendium, Die durch Beſteuerung der aerarii | zu jpät, um ihn zu retten, und jchlof; mit der Kaiſe 
beftrittene Löhnung der Soldaten (Gell. 7, 10. Dice, der Mutter Balentinians IIl., Fried 
Varr. 1. 1. 5, 183); uxorium, die den Sage: | Seitdem Oberbefehlshaber des Heeres, lenkte er 
ftolzen (caelibes) für ihre Nichtverheiratung auf: Geſchicke des ſinkenden Neiches mit Fräftiger Ha 
erlegte Abgabe, vgl. Teagprj, 2. und Leges!und großem Talent. Doch verleitete ihn jein El 


lulıiae (Augasti), 5. geiz zu manchen unlautern Handlungen. So v 
Aeseulapius j. Asklepios. leitete er den Statthalter Bonifacins von Afr 


Aesernia oder Esernia, Stadt der Sammiten | (429) zum Aufftande, der zu feiner Unterftügung | 
am oberen Bolturnus, j. Iſernia, Kolonie nad | Bandalen aus Spanien herbeirief. Procop. Ver 
dem eriten punijchen Sriege, im Bundesgenoffen: |1, 3. Gegen Goten, Franken und andere qı 
kriege zerjtört und von Auguſtus wiederhergeftellt. | manijche Stämme verteidigte er das Neich n 
Jär. 27, 10. ep. 72. 73. 89. Cie. ad Att. 8, Glück und Geſchick, hielt jich kräftig gegen die J 
11. — Davon triguen des Hofes, welcher fih mit Bonifaci 

Aeserninus, 1) cin Beiname des M. Claudius | ausgejöhnt hatte, 433, und leitete nach Nied« 
Marcellus, der hier 90 v. E. gefangen genommen ng feiner Gegner mit ftarker Hand das ti 
wurde (Liv. «p. 73. Cie. Brut. 36); 2) Name eines | erjhütterte Reich, befiegte Burgunder, Wejtgote 
berühmten Gladiators, als Spridywort gebraucht: | Franken und jicherte die gefährdeten Grenzen a 
Aeserninus cum Parideiano, von zwei gleich | allen Seiten. Sidon. Apoll. Avit. 234 ff. Wu 
großen wetteifernden Männern. Cic. ad Qu. fr. 3, | mit dem Hunnenkönig Attila wußte er troß ma 


- 


4. de opt. gen. or. 6. cher Mifhelligkeiten den Frieden zu erhalten, b 
Aesis |. Umbria. Attila im I. 449 ſich zum Zuge gegen den Weit 
Aesöpus, 1) j. Aisopos. — 2) Elodius Aejo- | rüftete. Der Muge A. gewann nun Weftgote 


pus, berühmter Schaufpieler, Zeitgenofie und | Franken, Burgunder und andere deutiche Bolt 
Freund Ciceros, von dem er oft mit der größten und lieferte mit ihnen vereint im 9. 451 de 
Anerlennung erwähnt wird (Sest. 120. tusc. 2, 39. | Attila die gewaltige Völkerjchlacht bei Chalons a 
div. 1, 80. de or. 1, 259); ebenjo groß in der tra= | den Catalauniſchen Feldern, welche Europa vor d 
ischen Kunſt wie jein Zeitgenoſſe Rofeius in der | Überflutung durch die hunnijchen Horden bewahri 
omijchen (Hor. ep. 2, 1, 82: quae gravis Aeso- | Jordan. de reb. Get. 36. Auch jpätere Berjuc 
pus, quae «doctus Roscius egit. Qwint. 11, 3, | Attilas gegen Ftalien jcheiterten. A. gleich arı 
111: R. citatior, Aes. gravior; was wahrjch. an | als Staatsmann und Feldherr, die letzte Stüi 
N. die größere Feinheit und Lebendigkeit des | des weſtrömiſchen Reiches, war enftand alla 
Spiels, bei Me. die tiefere piuchologische Wirkung | meiner Verehrung von jeiten des Volkes; mur d 
bezeichnen joll). Er jpielte mit Mu. Virtuoſität Raifer Balentinian und die Höflinge fürchteten di 
die tragiihen Protagoniftenrollen, re Agamem: | mächtigen Mann, und bei einer Zuſammenkun 
non, Aias, Tencer, Andromache. od) jcheint er im Palafte verwundete der Kaifer mach heftige 
nad Cie. or. 31 auch in der Komödie aufgetreten | Wortwechiel den Retter des Reiches mit dem Schwer 
u fein. Selbſt Ay er würdigte ihn feiner | und überließ es den Höflingen, ihn vollends ; 
Kreunbichaft, und das Volt belohnte ihn reichlich, | töten, 454. Sidon. Apoll. Avit. 359. Hanfeı 
jo daß er ein bedeutendes Vermögen hinterlieh. | de vita Aötii (1840), Wurm, de rebus gest: 
Bei der Einweihung des von Pompejus erbauten | Aötii (1844). 
Theaters (55 v. €.) trat er zum leßtenmal auf.) Aetna, Airen, 1) Berg auf der Oſtküſte di 
Cie. ad fam. 7, 1,2. Bol. Shibbert, röm. Trag. Inſel Sicilien, j. Etna oder Monte Gibello (Mor 
©. 674 ff. gibello), 3313 m hoch, den Zeus auf den Gigante 
Aestimatio litis j. Litis aestimatio und Euphon oder Entelados gemwälzt hatte (Pind. o 
Prozefls, B, 23. . 4, 10. Aesch. Prom. 363 ff. Verg. A. 3, 578 
Aesüla, Stadt der Aquer zwiichen Tibur und | durch deſſen Schnauben die Musbrüche bewir! 
Pränefte in hoher Lage. Hor. od. 3, 29, 6. Liv. | wurden; Sit und Werfftätte des Bulfan und feine 
26, 9. 32, 29. : Gejellen. Cie. div. 2, 43. Der Philojoph Empe 
Aecternitas, röm. Berjonififation der Ewig- | dofles joll ſich in den Krater geftürgt haben (Hoı 


Attoue — Africa. 


a. r. 463), der dann feinen Schuh wieder aus- 
geworfen habe. Eine gute Beichreibung gibt Stra: 
bon (6, 273 .), poetiiche Schilderungen u. a. Pin: 
dar a. a.D. und Yucilius (j. Lucilit, 2.) in jeinem 
Gedichte Aetna. In den früheften Zeiten jcheint der 
Atna weniger Ausbrüche gehabt zu haben; erwähnt 
werden von Thukydides (3, 116) jeit der Mitte des 
s. Jahrh. 3 Ausbrüche, deren zweiter etwa 480 
jallen mag, und der dritte 425, in das 6. Jahr des 
peloponnejiichen Kriegs, von Späteren 1 aus dem 
4., 4 aus dem 2. und 3 aus dem 1. Jahrh. v. E. 
— 2) Stadt am Fuße des Berges (j. S. Maria 
di Licodia) (Cie.. Verr. 3, 57), von Hieron, 476 
v. E., gegründet. Nach ihr waren die Altraiaı, 
eine Tragödie des Ailchylos, benannt, zu ihrer 
Einweihung gedichtet. — 3) Nymphe, Tochter des 
Uranos und der Gaia oder des Briareos. Von 
ihr joll der Berg den Namen erhalten haben. — 
Aetnaeus, Beiname Jupiters, dem auf dem 
Berge die Altraia gefeiert wurden (Pind. ol. 6, 
96 ff.); des Bulfan (Kur. Cycl. 595) und der 
Kytlopen (Verg. A. 3, 678). 

Akte oder 'Aerös ſ. Templum, 6. 

Afer, Gnäus Domitins, aus Nemauſus, 
Prätor 25 n. C., Anfläger der Claudia Puldıra, 
einer Verwandten der Agrippina im}. 26 (Tac. ann. 
4, 52), wurde von Caligula deshalb verfolgt, aber 
freigeiprochen und 39 Konſul. Er jtarb 59 (Tae. 
ann. 14, 19). Er ftand in dem Rufe eines aus- 
gezeichneten Nedners, namentlich in Prozeſſen. 
— 10, 1, 118. 12, 11, 3. Tae. dial. 13. 15. 

jo Cass. 60, 33. Bon jeinen Reden und Schrif- 
ten find nur einzelne Bruchjtüde bei Quintilian 
vorhanden. 

Aftinitas ift das durch Heirat entitandene ver- 
wandtichaftliche Verhältnis des einen Ehegatten zu 
den Verwandten des andern Ehegatten. Mit Auf- 
löfung der Ehe hört auch die Affinität auf. Cie. 
Sest. 4. int. 1, 6, 24. 

Afranii, 1) L. Afr. geboren wahrjcheinlich um 
das 3. 140 v. E., jo daß feine Blüte 94 v. C. fällt, 
gilt ald Meifter der comoedia togata (Vell. Pat. 
2, 90). Er war ein geiftvoller und gewandter Nad): 
ahmer des Menander und verband zuerft den Stoff 
des griechiichen Lebens mit römiſchen Charakter— 
ftüden (fabulae togatae). Seine Darftellung 
näherte jich in Friſche und Leichtigkeit dem popu— 
lären Tone, den die Fragmente jeiner mehr als 
40 Dramen, bei. Divortium, Emancipatus, Epi- 
stula, Fratriae, Privignus,  Vopiscus, Simulans, 
verraten. Daher and) der Beifall, den dieje Stüde, 
an denen Quintilian (10, 1, 100) übrigens hier 
und da eine eg Tendenz rügt, noch jelbit 
zu Augustus’ und Neros Leiten fanden. Bgl. 
Hor.ep. 2, 1, 57. Suet. Ner. 11. Die fragmente 
bei Ribbed, scaen. Rom. poes. fragm., Br. —II 
p. 221 ff. der 2. Aufl. — 2) C. Afr., der Anführer 
der Römer, welche in Ujcana in Jllyrien vom 
Könige Berjeus von Maledonien eingejchlofjen und 
belagert wurden (170 v. E.). Genötigt wegen der 

be mit diefem zu unterhandeln, brach Ber- 
ſeus die abgeſchloſſene — entwaffnete die 
Beſatzung und behielt ſie in Gefangenſchaft zurück. 
Liv. 43, 18. 19. — 3) 2. Wfr., befannt aus den 
Kämpfen des Bompejus und Cäſar als treuer An- 
hänger des erfteren. Schon früher hatte er gedient, 
Auerh im Kriege gegen Sertorius (Plut. Sert. 19), 


23 


Durch die Hülfe des Pompejus wurde er im Jahre 
60 Konjul und, ald Rompejus Spanien zur Pro— 
vinz erhielt, dajelbjt jein Legat, 54. Plut. Pomp. 
53. Vell. Pat. 2, 48. Als im J. 49 der Kampf 
wiichen Cäſar und Pompejus ausbrach, befand 
Ih Afr. noch in Spanien und verteidigte es mut: 
voll in Verbindung mit dem andern Legaten Be: 
trejus, mußte aber zuleßt die Waffen niederlegen. 
Er verließ Spanien mit Betrejus (Cues. b. c. 1, 
37 ff. Flut. Caes. 36. Pomp. 68), und beide be- 
aben fich zu Bompejus nach Dyrrhachium. Ihren 
ugen Rat, fich gegen Italien zu wenden, befolgte 
Pompejus nicht und wurde darauf bei Pharjalos 
geichlagen. App. b. e. 2. 76 Afranius floh 
nach Afrifa, nahm unter Cato, Scipio und Juba 
an der Schlacht bei Thapjus (46) teil umd rettete 
fi) darauf nad) — zu Sertus Bompejus 
(Caes. b. Afr. 95. Plut. Caes. 53). Bald nachher 
fiel er nebjt anderen pompejanijchen Heerführern 
in die Hände Cäſars und wurde entweder auf defien 
Befehl hingerichtet (Flor. 4, 2, 90) oder in 
einem Auflaufe von deſſen Soldaten erichlagen. — 
4) Afr. Burrus, praefeetus praetorio unter 
Kaijer Claudius im J. 51 n. E,, wirkte in Ber: 
bindung mit dem Philojophen Seneca nicht un: 
günftig auf den Kaiſer Nero ein und verweigerte 
demielben entjchieden jeine Beihülfe zur Ermor- 
dung der Agrippina und der Octavia, der Gemah— 
lin Neros (Tae. ann. 13, 2. 14, 7). Er war 
ein tüchtiger Soldat und ein geichiefter Staatsmann. 
Wahrſcheinlich tötete Nero ihn durch Gift (Taec. 
ann. 14, 51. Suet. Ner. 35), zur gehen Trauer 
der Römer, im J. 62. -—- 5) Afr. Duintianus, 
auf Befehl Neros als Teilnehmer einer Verſchwö— 
u. hingerichtet. Tac. ann. 15, 49 ff. Mit ihm 
jtarben der Philoſoph Seneca, der Dichter Lucan 
und viele andere; er jelbft mutiger, ald man von 
dem Wiüftling erwartet hatte, 65 n. C. Tac. ann. 
15, 70, 

Africa hie; bei den Griechen, die den Namen 
einer einzelnen an der Weftgrenze Ägyptens woh— 
nenden Bölferichaft auf den ganzen Erbteil über- 
trugen, bis in die jpätefte Zeit Libya (Aßön), 
und erjt jeit der röm. Herrichaft wurde der Name 
Africa allgemein. In früheiter Zeit bis auf He- 
rodot b nahm man nur zwei Erdteile, Europa 
und Wien, an und rechnete Airifa bald zu dem 
einen, bald zu dem andern (Sall. Jug. 17). Afrika 
wurde im D. durch den Indiichen Ocean, den Ara: 
bijhen Meerbujen (früher galt wohl aud der Nil 
als Grenze) und die Landenge von Arjinoe oder 
Suez, im Norden durch) das Mare internum, an 
der Küfte Libycum genannt, im W. durch das 
Atlantiiche Meer, im S. durd; das Mare Aethio- 

icum begrenzt. Die Kenntnis der Alten war 
ehr mangelhaft und beichränfte jich bejonders auf 
die Oſt- und Nordküfte, wo die Gründung phoini: 
fiicher und griechiicher Kolonien (Karthago, Kyrene) 
die Kenntnis förderte; auch einzelne Teile der 
Wüfte und Weitküfte kannte man. Herodot (4, 42) 
erzählt von einer durd den Agypterkönig Necho 
ums Nahr 600 dv. E. veranlaßten Umtbiffung 
Afrikas vom Arabiſchen Meerbujen aus, durch die 
Säulen des Herakles zurüd — deren Glaubwürdig: 
feit noch nicht widerlegt ift. Der Karthager Hanno 
(j. d.) gelangte auf jeiner — die er 
um 470, nach anderen um 510 v. C. unternahm, 


daranf gegen Mithridates (Plut. Pomp. 34 ff.). | um Kolonien zu gründen, bis zum Eortoon xioaz, 


24 Africanus — 
j. Cap Verde, und zum vorov xEgag, j. Cap Roxo, 
füdlich vom Gambia, oder E. Sierra Leone. Spä— 
ter ging die Kenntnis der Alten geradezu zurüd, 
und Ptolemaios denkt noch an einen füdlichen 
Bufammenhang mit Aſien. Herodot (2, 32. 4,| 
181) läßt Libyen im ©. und ®. vom Atlantijchen 
Meere umftrömt jein und teilt e8 in Agypten, Wi- 
thiopien und das engere Libyen, lebteres 
dann wieder in das bewohnte (ofxovuern) am 
Mittelmeere (h. etwa die Berberei), das tierreiche 
(#nowwöns), etwa Bilad-el-Dicherid, ſüdlich vom 
Atlas, reich an Tieren, bei den Römern Gnetulia, 
und das wüſte (7 Waunogs), die Wülte Sahara, 
welche fich nach Herodots richtiger Bemerkung mit 
einigen Dafen querdurch zieht. Dunkel ift die 
Kunde von den Ländern jenjeit der Wüſte. Die 
Völkerſchaften nennt und beſchreibt er 4, 168— 199. 
— An der Nordfüfte nennen die Alten folgende 
Teile: Marmarica, Cyrenaica, Africa. propria, 
Numidia, Mauretania. Bon Gebirgen fennen fie 
den Atlas (j. Adla), und zwar den A. maior 
(usito»), j. Deren, im Weften, und den A. minor 
(Zidrrov), nördlich und nordöftlich davon; im ©. | 
der Weftfüfte das Gebirge Qswv öynum (d. b. | 
Götterwagen), entweder das j. Konggebirge ober | 


Agamenınon. 


ihm Trophonios, um nicht entdedt zu werden, 
Kopf ab und nahm ihn mit. Den Tropho 
verſchlang deswegen die Erde da, wo ſich in 
Haine zu Lebadera die Grube des Agamedes 
fand. Paus. 9, 37,5ff. Bier entitand das DO: 
des Trophonios, wo die um Rat Fragenden 
nächtlichem Widderopfer auch den Agamedes 
riefen (daj. 9, 39, 5). — Eine ganz ähnliche 
ſchichte erzählt Herodot (2, 121) vom dem Sc 
des ägyptiſchen Königs Rhampfinit; wahrichei 
wurde jie bei der SHellenifierung Agyptens 
Griechenland dorthin gebracht und an eine ä 
Erzählung von einem Schapdiebftahl angefnüpf 
Diejelbe Sage wird auch nach Elis verlegt; 
beitehlen Agam., Sohn des Stymphalos, und ' 
beiden Söhne, Trophonios und Kerkyon, den S 
des Augeias; Trophonios und Kerkyon fliehen 
dem Tode des Agam., der erftere nach Orchome 
der andere nad Athen. — Vindar erzählt 
Plut. de consol. ad Apoll. 14; abweichend 
tusc. 1, 47) von dem Tode des Agam. und 
phonios eine ganz abweichende Sage: nach Bo 
dung des Tempels in Delphoi erbaten fich I 
einen Lohn von Apollon; diejer jagte ihn auf 
7. Tag zu, und in der 7. Nacht ftarben b 


ber Berg Sagres; an der Südgrenze Aithiopiens | — Troph. war urjprünglich ein göttliches W 


das Mondgebirge (ro zig Zelneng Ögos). Die 
Hauptftröme find der Nilus mit feinen Quellflüfjen ; 
an der Weſtküſte der Stachir, bei Plinius Bam- 
bötus (der heutige Senegal), der Nies (wohl der 
j. Gambia) und der Masithölus (mweiter jüdlich); 
fodann am Nordrande der großen Wüfte der Gir 
(Teig) und der Nigir (gir und nigir heißt über- 
haupt „Fluß“), die mit dem Nigirftrom oder 
Dſcholiba, von welchem die Alten jedesfalls nur 
dunfle Kunde bejaßen, nichts zu thun Haben. 

Africa propria begriff den nad) der Befiegung 
Karthagos in eine Provinz verwandelten Teil der 
Nordküſte; es grenzte im Weiten an Numidien 
(Grenze der Tuſcafluß), im Dften an Kyrenaria 
oder die große Syrte, und zerfiel in das füdliche 
Byzacium und die nördliche Zeugitana regio. 
Mela 1, 7. 

Afrieänus ſ. Scipiones unter Cornelii, 
9 und 11. 

Africus, griech. Alp (d. h. der Näfle bringende, 
von Auß-, Asißo), der von Afrifa herüber wehende 
Südweſt- oder Weftjüdweit:Wind, zwiichen dem 
Aufter und Favonius, noch jetzt Affrico bei den 
Stalienern genannt, ein ftürmijcher Regenwind, 
furibundus et ruens (Sen. quaest. nat. 5, 16, 6), 
aber auch durch ſ. Hitze die Neben ausdörrend 
(Paus. 2, 34, 2). Seine Wut zeigt fich auf dem 
ganzen Mittelmeere, jo da davon die Südſpitze 
der Inſel Tyrus ganz mit Sand bededt war (vgl. 
Curt. 4, 8, 7); oft für Sturmmwind überhaupt 
(Verg. A. 1, 90. Hor. od. 1, 1, 15. 3, 12. 14, 6. 
3, 23, 5. 29, 57); perjonifiziert Prop. 5, 8, 47. 

Agamödes, Ayaundns, S. des Erginos (Wert: 
meifter), Königs im boiotifchen Orchomenos, baute 
mit feinem Bruder Trophonios den Apollon: 
tempel zu Delphoi und das Schatzhaus des 
Hprieus, Königs von Hyria in Boiotien. Die Brü- 
ber hatten in der Wand diejes Schaphanfes einen 
Stein jo eingefügt, daß er von aufen leicht her— 
ausgenommen werden konnte, und beftahlen nachts 
den Schab. Als nım Hyrieus Schlingen über den 
Schatz ftellte und Agamedes ſich darin fing, Schmitt 


ein allnährender chthoniicher Zeus oder Her 
welcher in heimlicher Thätigfeit den Reichtum 
Erdtiefe zur Oberwelt förbert; zum Heros he 
gejunfen, ward er ein liftiger Dieb, der die u 
der Erde verborgenen Schätze raubt. Man 
dem Liftigen einen Bruder Agamedes, d. h. 
Vielfluge. 

Agamemnon, Ayrufurwr, bei Homer ©. 
Atreus (Arpslöns), König in Mykene, Bruder 
Menelaos; ſonſt werden beide auch Söhne 
Bleifthenes, des Sohnes oder Vaters von Atı 
— (Apollod. 3, 2, 1. 2); ihre Mutter 

erope, welche zuerjt mit Pleiſthenes und 
defien Tode mit Atreus vermählt getveien fein 
Atreus lieh fie wegen ihrer Buhlichaft mit ö 
ejtes ins Meer werfen. Als Migifthos und 

ter Thyeftes nach der Ermordung des Atr 
(1. d.) ſich in den Befiß der Herrichaft über Dir 

ejegt haben, fliehen Ag. und Menelaos 

parta zu Tyndareos und vermählen fich 
deſſen Töchtern, Agamemnon mit Klytaimn 
und Menelaos mit Helena. Darauf vertreibe 
den Thyeftes und Wigifthos aus dem päterli 
Reiche, und Agam. wird König von Miı 
(Aiichylos nennt feine Nefidenz Argos), wäh 
Menelaos die Herrichaft von Sparta erbt. 
vergrößert noch jein Reich durch Eroberung 
wird der mächtigſte Fürſt in Griechenland 
ihm unterworfenen Städte Il. 2, 569). Als d 
Helena von Paris entführt worden war, und 
beiden Brüder die Fürften Griechenlands 
Rachezug gegen Troja aufforderten, ward er 
Führer des ganzen Heeres gewählt. Er a 
brachte 100 Schiffe in den Hafen von A 
Opferung feiner Tochter Jphigeneia, ſ. d. 
Troja ift er einer der tapferiten Helden, ein | 
licher, königliher Mann (Il. ı, 91. 2, 47 
166), aber im Gefühle feiner Macht iſt er ü 
mütig und ſtolz und läßt fich bisweilen im 3 
zur Ungerechtigfeit verleiten. So beleidigt cı 
Ubermut den Briefter Chryſes und den Adil 
(71.1, j. Trojanischer Krieg), was dem £ 


Aganippe — 


zum großen Unheil gereicht. Nach der Eroberung 
Trojas fehrt er mit Kaſſandra, des Priamos 
Tochter, der Seherin, die ihm als Beute zuge: 
fallen, nach Haufe. Saum hat er die Heimat 
freudig begrüßt, jo ladet ihn Aigifthos, der daheim 
— war und während Er Abweſenheit 
Intaimneftra zum bruch verleitet hatte, zu 
fi und erichlägt ihn jamt jeinen Begleitern beim 
Mahle, wie einen Stier an der Krippe; die mit- 
wifjende Klytaimneſtra aber ermordet die Kaflandra 
(Od. 3, 256. 4, 512. 11, 405). Bei den Tragi: 
ferır, bei denen micht Aigifthos, jondern Klytai— 
mneftra die größere Schuld trägt, wird Ag. nicht 
beim Mable, jondern im Bade von Aigifthos und 
Kiytaimneftra erichlagen, indem dieje ihn durch 
ein übergeworfenes Ne oder Gewand aller Gegen: 








wehr beraubt (Aesch. Agam. 1389 ff... — Die 
Kinder des Agam. und der Klytaimneftra find 
nad Il. 9, 142 ff.: Iphianaſſa, Chryſothe— 
mis, Zaodife (bei den Tragifern Elektra) und 
DOreftes, ber jpäter den Mord des Vaters an 
Klytaimneſtra und Aigiſthos rächt. Die Kykliker 
und Tragifer fügen zu dieſen die Tochter Iphi— 
geneia (wohl — JIphianaſſa) Hinzu. Ag. wurde 
als Heros verehrt und hatte Bildjäulen zu Any: | 
Hai, Olympia u. a. a. O. Manche erflärten ihn 
für den König von Yaledaimon, und Ampflai jollte | 
fein Wohnſitz geweſen jein. Auf Bildwerken des 
troiſchen Sagenfreijes ift er oft dargeftellt. 

Aganippe, Ayarinzn, 1) eine den Mujen ge 
heiligte Quelle am Helifon in der Nähe von The: 
ipiat (Verg. E. 10, 12), jpendete dem Trintenden 
dichteriiche Begeifterung. Paus. 9, 29, 5. Bal. 
Hippokrene. — 2) Als Nymphe dieſer Duelle 
ift Aganippe Tochter des Termeſſos oder Permeſſos. 
— 3) Gemahlin des Akrifios, Mutter der Danas, 
jonft Eurydile genannt. 

Agapönor j. Ankaios, 1. 

Agasias j. Bildhauer, 15. 

Agäsönes jind Stallfmechte, die zum Troß ge: 
börten und im Dienfte des Feldherrn und der höhe: 
ren Dffiziere ftanden, um die Reitpferde zu war- 
ten und das Gepäd fortzuichaffen (Liv. 43, 5. 
Plin. 35, 11), entweder Sklaven oder aus den 
accensi genommen, da die wirklichen Soldaten 
feine Nebendienſte bejorgen durften. Einen un; 
geſchickten Bedienten bei Tiich nennt Horaz (sat. 
2, 8, 72) ebenio. 

Agatharchos, Ayddaoyos, ©. des Eudemos, 
aus Samos, Maler und vielleicht auch Mechaniker, 
Zeitgenoſſe des Aiſchylos, der ihn zur Einrichtung 
jeiner Bühne benutzte, und wahrſcheinlich auch noch 
des Perifles, Altibiades und Zeuxis, alfo zwiſchen 
DI. 80 und 90. Er machte die erjten Verjuche der 
Bühnenmalerei (oxnvoyoapia) und joll auch eine 
Schrift darüber verfaßt haben. Vitruv. 7. praef. 
10. Plut. Per. 13. Aleib. 16. Andoc. e. Ale, 17. 

Agathemöros, Aya®nusoos, ein griechiſcher Geo— 
graph, vermutlich; im 4. nachehriftlichen Jahrhun— 
dert, von dem die erften 5 Kapitel der unter jeinem | 
Namen kurfierenden Schrift eis yenyoaplag Uno- 
roxwors in 2 BB. herrühren. Ausgg. von Hoff: 
mann (1842) und in E. Müllers Geogr. Graee. 
minores 1I ©. 471 ff. 

Agathias, Ayadiag, Sohn des Memnonios, 
um 586 n. €. in Myrine geboren, widmete ſich 
in Byzanz der Jurisprudenz. Wir haben vom ihm 
über Hundert Epigramme, welche einen Teil der 


25 


griechiichen Anthologie (j. Anthologia graeca) 
bilden, und fünf Bücher einer Gefchichte des Kai: 
jers AJuftinian, eine Fortiegung des BProfopios, 
die Jahre 553—560 n. C. umfaſſend, in einem 
gelünftelten, jchmwerfälligen und breiten Stile, doch 
nicht ohne Sorgfalt und Fleiß geichrieben. Ausg. 
von Niebuhr (1828). Val. Teuffel, Studien ©. 237 ff. 

Agathökles, Ayadoxins, 1) König von Syra— 
kus. Sein Vater Karfinos wohnte urſprünglich 
in Rhegion, flüchtete aber von hier nach der den 
Karthagern gehörenden Stadt Thermai auf Sicilien, 
wo er das Töpferhandwerk betrieb (Just. 22, 1,2). 
Hier wurde Agathofles im J. 361 v. C. geboren. 
Da ein Drafel verkündet hatte, der Knabe werde 
dereinit Karthago großes Unglück bereiten, und 
dieje Verkündigung befannt geworden war, floh 
Karkinos nad) Syrafus und wurde dajelbft Bür: 
ger. Ag. erlernte das Handwerk des Vaters, trat 
aber jpäter in Kriegsdienfte, brachte es bis zur 
Stelle eines Chiliarchen in dem Kampfe gegen die 
Stadt Atna und die Mamertiner und Eampaner 
und wurde nad dem Tode des Damas (Damajton, 
Just. 22, 1, 12) deſſen Nachfolger als Feldherr, 
wie er auch defien reiche Witwe heiratete. Durch 
die herrichenden Dligarchen unter Herafleides und 
Sofiftratos ans Syrakus vertrieben, zog er alle 
Mifwvergnügten an fich, diente damı den Taren: 
tinern, zwang die beiden genannten Feldherrn die 
Belagerung von Rhegion aufzuheben und befreite 
Syrakus von ihrer Herrichaft. Doch hielt er fich 
in dem von den Bertriebenen erregten Kriege 
nicht lange, weil man ihn in Verdacht hatte, daß 
er nad der Tyrannis tradhte; er wurde verbannt 
und jeine Gegner zurüdgernfen. Er jammelte nun 
wieder eine Unzahl verwegener Leute, zum Teil 
Räuber (Just. 22, 1. 14), und erzwang jich die 
Nüdtehr, benahm fich aber jo Aug, daß er bald 
wieder vom Bolfe an die Spitze des Staates ge: 
jtellt wurde. Nun warf er die Maste ab. Mit 
Hülfe der ihm ergebenen Soldaten ermordete er 
gegen 4000 Bürger, trieb noch eine größere Zahl 
ans der Stadt und gab ihre Güter der Plünde- 
rung preis. Just. 22, 2 f. Dann lie er jich die 
unumſchränkte Gewalt übertragen, 317. Die Ber: 
bannten jedoch ruhten nicht, jondern reizten meb- 
rere Städte zum Kriege, befonders Agrigent. Doc 
erhielt Ag. von den Tarentinern Unterftügung an 
Schiffen und Soldaten gegen die oligarchiiche 
Städtepartei und nötigte dieje zum Frieden, 314. 
Als er nun 312 Mefjana befriegte, fam es auch 
zum Kampfe zwiichen ihm und Slarthago (Died. 
Sie. 19, 102 ff.). Im J. 311 wurde er am Fluſſe 
Himera befiegt ımd in Syrafus von den Kartha— 
gern eingejchlofien. Das bewog ihn, jeine Feinde 
in Afrika zu überrajchen. Mit einem Teil feiner 
Mietstruppen, denen er eine Zahl Syrafujaner 
beigefellte, bejtieg er feine Flotte, etwa 60 Fahr: 
zeuge, um nach Afrifa überzujepen. Die Koſten 
der Ausrüftung hatte er fich durch Beraubung der 
Tempel und der Privatleute, ſowie durch andere 
gewaltthätige Mittel verichafft. Nachdem er eine 
binlängliche Beſatzung unter jeinem Bruder Antan: 
der in Syrakus zurüdgelaffen hatte und der Beit- 
punft ihm günstig ſchien, gelang es ihm durch die 
feindliche Flotte hindurchzukommen und, vergeb- 
lich von derjelben verfolgt, in Afrika zu landen, 
310. Just. 22, 4. Diod. Sie. 17, 23. So zeigte 
er den Nömern den Weg dahin. Seine Schiffe 


Agathokles. 


26 


verbrannte er nach der Yandung. Raſch rüdte er 
durch das herrlich angebaute Yand vor, jchlug mit 
14000 Mann ein dreifach überlegenes Heer der 
Karthager unter Hanno und Bomilfar und näherte 


fich ihrer Hauptitadt. Just. 22, 6. Diod. Sie. 20, 3. | 
| im welchen letzterer Regie weshalb der ſter 


Die erjchredten Karthager verlangten Hülfe von 
ihrem Feldherrn Hamilfar auf Sicilien, der 
auch einen Teil feines Heeres nach Afrika jandte, 
aber bald darauf von den Syrakuſanern bei einem 
Ausfalle getötet wurde, 308. Nachdem Ag. mit 
Mühe einen Aufftand jeines Heeres unterdrüdt 
hatte, jchlug er die Karthager in mehreren Ge: 
fehhten (Diod. Sie. 20, 29 ff.). Bisher hatte er es 
noch nicht gewagt, Karthago jelbjt anzugreifen; 
um dies ausführen zu fünnen, verbündete er ſich 
mit dem König Aphellas (bei Diodor Ophellas) 
von Kyrene, tötete ihn aber bald treulojerweije 
und zwang defien Heer in jeine Dienfte zu treten, 
307. Just. 22, 7. Diod. Sie. 20, 40 Nicht 
weniger treulos und grauſam behandelte er die 
Gefangenen, jowie die eroberten und wieder von 
ihm abgefallenen Städte, namentlich Utica. Um 
dieje Zeit (306) legte Ag, als Schwiegervater des 
Pyrrhos von Epeiros, fih den Köntgstitel bei. 
Während er jo auf dem Gipfel feines Nuhmes und 
jeiner Macht ftand, nötigten ihn die Siege der 
Agrigentiner über Syrafus zur Rückkehr nad Si- 
eilien. Während jeiner —— übernahm ſein 
Sohn Archagathos den Befehl. In Sieilien war 
Ag. nicht glücklich. Der Syrakuſaner Deinokrates 
hatte ein mächtiges Heer gegen ihn zuſammenge— 
bracht, gegen welches er nichts auszurichten ver— 
mochte, während in Afrika ſein Sohn mehrere 
Niederlagen erlitt und ſich nach Tunes zurückziehen 
mußte. Daher eilte Ag. wieder nach Afrika, fand 
hier das Heer in der größten Bedrängnis, wollte 
durch eine Schlacht das Verlorene wieder gewin— 
nen, wurde aber geſchlagen und beſchloß heimlich 
zu entweichen. Als ſeine Soldaten durch Archa: 
gathos, den der mißtrauiſche Vater hatte an 
lafien wollen, von diejem Vorhaben Kunde befamen, 
warfen fie den Vater in Feſſeln, ließen ihn aber 
bald wieder frei. Er entflob nun heimlich nad 
Sieilien, worauf die erbitterten Soldaten jeine 
Söhne ermordeten und größtenteils zu den Kar: 
thagern übergingen, 306. Ag. rächte fich durch 
unzeitige Grauſamleiten an den Angehörigen der 
in Afrila von ihm abgefallenen Syrakufaner. 
Diod. Sie. 20, 54. Dad gewannen die Syra- 
fujaner unter Deinofrates neuen Einfluß, und Ag. 
mußte ji zu Unterhandlungen bequemen. Aber 
gleichzeitig gelang es ihm mit Karthago fich zu 
vergleichen, welchem er die ficilifchen Städte gegen 
eine Geldjumme überlich (Just. 22, 8). nn 
ichlug er die Berbannten in einer Schlacht, lieh 
nach derjelben mehrere Tanyende töten und jöhnte 
fi” mit Deinofrates aus, 304. Diod. Sie. 20 
89 f. So ftand feine Herrichaft wiederum fejt; im 
Kämpfen gegen andere ficiliiche Städte yo 
er fie noch mehr und herrichte, wie es jcheint, 
fortan mit größerer Milde. Just. 23, 1,2. Jol, 
9, 23. Doc ruhte jein Haß gegen Karthago nicht. 
Ehe er ihn jedody durch die That zeigen konnte, 
ward er auf Veranftaltung feines Enkels Archa— 
gathos nad) eigentümlicher Sage durd) einen ver: 
gifteten Zahnftocher verlegt, deſſen Gift das Fleiſch 
zerfraß und ihn mit jo unerträglichen Schmerzen 
peinigte, daß er ſich lebendig verbrennen lich, 289, 


- 


Agathon — Agathyrsi. 


in einem Alter von 72 Jahren. Er hatte 28 
über Syrakus geherricht (Died. Sie. 21 er: 
Nah Juſtin (23, 2) ſcheint er auch vergif! 
fein, und noch bei jeinen Lebzeiten ftritte 
Sohn und Enkel um die Herrſchaft, ein N 


König jeine Fran und Kinder noch furz vor j 
Ende nach Ägypten jandte. Bald darauf veı 
er. Bgl. Grote, Gejchichte von Griechenlar 
©. 137 ff. (Überfegung von Meißner u. Höj 
R. Schubert, Gejchichte des Agathofles (185 
2) Sohn des Lyſimachos, Feldherrn Alerande: 
Gr. und jpäter Königs von Thrafien. In 

Kriege gegen die an der Donau wohnenden 

fiel er in die Gefangenschaft ihres Königs T 
chaites, ebenjo Lyſimachos, weldyer den So 
befreien geiucht hatte (um 292 v. E.). Beide 
den von dem etenkönige freigelaflen ( 
Demetr. 39). In einem Kampfe dagegen 
Demetrios Poliorletes um Karien und Lydie 
3. 287 zwang Ugathofles jeinen Gegner zu wi 
(Plut. Demetr. 46). Einige Jahre jpäter fa 
jeinen Tod durch die Hand des aus Agypte 
flüchteten Ptolemaios Keraunos, eines Sohne 
Ptolemaios Lagi. Seine Stiefmutter W 
nämlich, des Keraunos Schweiter und zu 
Schwägerin des Ag., der mit ihrer Schweſte 
fandra verheiratet war, verleumdete aus 

Eiferjucht und Rache den allgemein beliebten jı 
Fürſten bei jeinem Water, als tradıte er d 
nach dem Leben. Lyſimachos verfuchte ihn 

zuerſt durdy Gift aus dem Wege zu räumen 
dies mißlang, ließ er ihn durch Ptolemaio: 
raunos ermorden, 284. Seine Gemahlin | 
mit ihren Kindern Schuß beim Könige Sel) 
von Syrien. Just. 17, 1,4 -9. 

Agäthon, Ayadwor, S. des reichen Teijam 
Freund des Euripides und Blaton, trag. Dicht 
Athen, geb. um 448 v. E., feierte jeinen « 
dramatiichen Sieg 416 und ging vor 405 an 
genußreichen Hof des funftliebenden mafedoni 
Königs Archelaos. er jeine legten Lebensi 
ſale verlautet nichts Gewiſſes; er ftarb dort 
mutlich zu Ende der 94. Ol. Er war ein jd 
und feiner Weltmann, vermögend, bequem un 
fannt durch qute Tafel. Seine jophiftiiche Bil 
dharafterifiert die Rede, welche ihm Wlatoı 
jeinem Sympofion in den Mund legt; er 
Schüler des Prodifos, und Gorgias joll jein 
bild gewejen fein. Ariftoteles gedenkt jeiner ö 
in der Poetik; wichtig ift deffen Bemerkung (c 
daß jeine Ehorlieder loje mit dem Mythos zu 
menhingen und bloße Intermezzen (dußor 
wären. Nur 7 Tragddien laflen jich mit Si 
heit nachweilen; die Tragödie Arttog (die Bl 
behandelte vielleicht einen erdichteten Stoff. Sa 
lung der Fragmente von Kayſer (1845) und 9 
(trag. Graec. fragm. p. 592 ff.).. al. die 
handlung von F. Ritſchl (1829, wieder abı 
opuse, I p. 411ff.). Über jeine Rhythmit 
Diktion ſ. Aristoph. T'hesm. 59 ff. 106 ff. 1 
symp. 3, 1 p. 645 E. Arist. poet. 9. 18. ] 
symp. p. 198 C. Aelian, v. h. 14, 18. 

Agathyrsi, Ayadvoocoı, ein jarmatisches ' 
im b. Siebenbürgen, das jeinen Urſprung 
einen Heros Agatbyrios, ©. des Herafles unt 
Echidna (Hdt. 4, 10), zurüdführte, wie die 
lonen auf deſſen Bruder Gelonos. Herodot (4, 


Agave — Ager publieus. 27 


100 ff.) jchildert fie als üppig, friedfertig, gold: 
reich, ihre rauen gemeinfam befigend, aber ohne 
Geiz und Neid; fie tättowierten ſich wahrjcheintich, 
daher pieti (Verg. A. 4, 146), was Abienus 
(perüg. 447) freilich auf die bunten Kleider be- 
zieht; vgl. Plin. 4, 88. Mela 2, 1. 

Agäve j. Penthenus. 

Agbatäna j. Ekbatana. 

Agdistis j. Khea Kybele. 

Agedineum (d.h. Bergftadt, oder Agedieum, nicht 
Agendieum), Hauptftadt der Senones im leltiſchen 
Gallien am Fl. Jcauna (Vonne), j. Sens in der 
Champagne. Caes. b. g. 6, 44. 7, 10 u. b. 

Agelädas j. Bildhauer, 3. i 

Aytin, eine in doriichen Staaten und bejon: 
ders bei den Kretern geftiftete Genofjenichaft von 
Jünglingen nach zurüdgelegtem 17. Jahre bis zu 
ihrer Berheiratung, um jchon von frühefter Ju— 
gend an alle Zwede und Neigungen des Einzelnen 
in dem Staat aufgehen zu laſſen. Sie hatten 
daher bei ihrem Eintritt in die Agelen den Eid 
auf die Berfaflung zu leiften. Alle nahmen zu 

leiher Zeit Frauen (Strab. 10, 480 ff... Der 
eilnchmer der aydın heißt «yelasrög (von ays- 
lafonaı) od. ayekaos. Sie bradyten den Tag zu: 
jammen zu, bie Nacht zuweilen im väterlichen 
Haufe. Führer der ayeln war der Bater des 
Jünglings, der, meijt von vornehmer Geburt, die: 
jelbe zujammtengebracht hatte. Er hieß ayeldrng, 
hatte, wenn auch wohl mit Berantiwortung den Be: 
hörden gegenüber, das Strafrecht über jeine aydln 
und leitete die Spiele und Übungen derielben auf 
der Jagd und in den Gymnafien (deömoe genannt, 
da der Lauf eine Hauptübung war; daher h. «no- 
dgouor, die noch nicht das Alter von 17 Jahren haben). 
Man übte ferner die Kunft des Bogenſchießens, des 
Tanzes, bei. des Waffentanzes, auch Kriegsſpiele, 
indem «ydin gegen ayein unter dem Klange der 
Alöte und Lyra kämpfte. Vorzu sweiſe wurde 
lörperliche Ausbildung und möglichſte Kriegstüch— 
tigleit bezweckt. — In Sparta traten die Knaben 
ſchon vom 7. Jahre an zuſammen. Dieſe Verbin— 
dungen hießen Bovaı. 

Agöma, äynua, die Garde zu Pferde in der 
mafedonischen Armee, das königliche Geichwader 
(An Beoıkırn), welche ald 16. Abteilung zu der 
aus 15 len bejtehenden Reiterei hinzukam, als 
nächftes Schlachtgeleite des Königs, gebildet aus 
den tüchtigften Söhnen der ebelften Familien, die 
als Pagen (naideg Baoılınod) am Hofe auferzogen 
waren. Liv. 37,40. Ourt. 4, 50, 26 (j. daj. Miüpell). 
Arr.2,8, 3. 4, 13, 1ff. 16, 6. Vgl. Rüſtow umd 
Köchly, Geſch. des griech. Kriegsw. ©. 243. 

Azenor, ‘Ayijvwg, 1) Stammvater der auch über 
Griechenland verbreiteten Phoinikier, Sohn des 
Pojeidon und der Libya und Abkömmling der No, 
Bruder des Belos, König von Phoinikien, jandte 
jeine Söhme Kadmos, Phoinix, Kilix, (Thajos und 
Phinens) vergeblich aus, um jeine geraubte Tochter 
Europa (j. d.) F ſuchen; keiner derſelben kehrte 
zurüd. Apollod. 2,1, 4. 3,1,1. Er war Stamm: 
bater der Dido, daher Karthago Agenoris urbs 
(Verg. A. 1, 338). — 2) einer der tapferften tro- 
janiſchen Helden, Sohn des Antenor und der 
Theano, Priefterin der Athene (11. 11, 59. 6, 298), 
feitet den Sturm anf die griech. Schanzen (Il. 12, 
93 #.), befämpft den Achill (21, 545 ff.), wird 
aber durch Apollon, der jeine Gejtalt annimmt, 


brohender Gefahr entriffen. Spätere Erzählung 
rg 10, 27, 2) läßt ihn durch Neoptolemos 
fallen. 

Ager publieus. Das Gemeinland bildete einen 
großen Teil des röm. Staats- und Nationaleigen: 
tums und war nach dem Grundſatze, daß alles 
eroberte Yand Eigentum des fiegenden Staates 
wurde, entitanden, jelten durch Schentung. Diejer 
ager publicus wurde teilweije an röm. Bürger 
verfauft (Cre. 1. agr. 2, 14); man nannte jolche 
Ader agri quaestorii, weil die Quäftoren den 
Verkauf bejorgten. Andere Teile waren zu reli- 
giöſen Zwecken beftimmt und den Tempeln oder 
Priejterichaften ſowohl zum Eigentum als auch 
bloß zur Nutznießung übergeben, j. g. agri con- 
secrati (Dion. Hal. 3, 1. 2, 7). Auch wurden 
Stüde des ager publicus unentgeltlich an Bürger 
verteilt (assignatio), entweder viritim, d. h. 
indem Einzelne Land erhielten (Ziv. 1, 46. Cie. 
l. agr. 3, 2. Dion. Hal. 8, 72), oder an die 
Kommunen neuer Kolonien (f. Kineovyie, 4.). 
Solche Berteilungen wurden durd eine Kommiſſion 
von 3 und mehr Männern bejorgt. Der größte 
Teil des ager publicus blieb aber Staatsdomäne, 
welche auf verichievene Weife benußt wurde. 
1) Manche Stüde wurden nach gemachter Erobe: 
rung den früheren Eigentümern zurüdgegeben 
(agriredditi), wofür diejelben eine regelmäßige 
Abgabe erlegen mußten (Cie. Verr. 2, 3). 2) Andere 
Teile wurden einzelnen Bürgern zur Benutzung 
überlaffien (in possessionem tradita ober 
concessa, (ic. L agr. 3, 2), und die Ader jelbit 
hießen possessiones. Dieje Befigungen fonn: 
ten zwar von dem Inhaber vererbt und verkauft 
werden (Cie. off. 2, 22 f.), wurden aber niemals 
eigentliches Privateigentum, da der Staat jein 
Eigentum aud nah Jahrhunderten reflamieren 
fonnte. Die Bejiger zahlten eine Grundſteuer, 
welche die publicani im Ganzen pachteten und 
dann von den Einzelnen beitrieben. Das Ber: 
pachten dieſer Revenüen hieß agrum fruendum 
locare, agrum locare und vendere, Liv. 27, 3. 
32, 7. 42, 19. 3) Die unbebauten Lehden wur: 
den zu Biehweiden gemacht (j. Pascua) oder der 
einftweiligen Deccupation überlaflen, jo daß die 
Bürger die Ländereien bejigen und anbauen durf- 
ten, jedoch ebenfalls gegen eine Heine Abgabe. 
Sie hießen possessiones relictae, loca re- 
lieta. App. b. e.1,7. Liv. 6, 37. Fest.p. 241 M. 


— Die wichtigſten Aderanmweijungen und S 


Adergejege. Die aus der Königszeit erwähnten 
Aifignationen gehören richtiger zu der urjprüng: 
lichen Staatsorganifation, welche jedem Bürger 
ein gewiſſes Eigentum als heredium anwies. So 
wurden unter Nommlus Äcker verteilt und ebenjo 
unter Servius Tullius, welcher den plebejiichen 
Neubürgern große Aſſignationen machte. Anders 
war das Verhältnis in der republifaniichen Zeit. 
Unaufhörlih verlangten die Plebejer Adervertei- 
lungen, weil fie mit ihrem Blute die Eroberungen 
gemacht und doch wenig oder nichts davon em— 
pfangen hatten. Zwar hatten die Batricier feines- 
wegs das ausichließliche Necht den ager publicus 
u benugen, allein faktiſch befanden fie fich in 

m alleinigen Beſitz desjelben, einmal weil jie 
urjprüngli vor der Gejeggebung des Servins 
Tullins allein den populus gebildet hatten, ander: 
jeits wegen ihres Reichtums, welcher fie bejonders 


m 


> 


— — — — 


* 


28 Ager publicus. 


zur Bebauung großer Strecken befähigte, auch wohl 
wegen ihrer Verbindungen mit den Feldherren und 
Magiftraten, welche ihnen den ager publicus ein: 
räumten oder ftilljichweigend überließen, worauf fie 
diefe possessiones bon ihren Sklaven bebauen 
ließen oder in Heinen Barzellen ihren Klienten als 
Pächtern überliehen. Ja fie begnügten fich nicht 
bloß mit diefen Ländereien, jondern fie bemühten 
fih aud, die in der Nähe gelegenen Felder der 
armen Plebejer an fich zu bringen, was ihnen ver: 
mittelft der harten Schuldgejeße meiftens gelang, 
j. Plebs und Nexum. An diefer traurigen Lage 
drangen die Plebejer Jahrhunderte hindurdy auf 
Aifignationen, und die Tribunen oder andern Partei: 
häupter ermüdeten nicht, immer wieder mit Geſetz— 
vorichlägen (leges agrariae) hervorzutreten, welche 
allemal große Aufregung veranlaften, indem die 
patriciichen Beſitzer alles in Bewegung jeßten, um 
nicht ihre Neichtümer und ihr angemaßtes Vor: 
recht zu verlieren. In den Händen ehrgeiziger 
Wühler bildeten die Ackergeſetze eine furchtbare 
Waffe. Liv. 2, 52. 6, 11. Unter leges agrariae 
werden alle Geſetze begriffen, welche Aifignationen 
verfügen, ſowohl an Kolonien, als an einzelne 
Bürger (ohne Koloniſation). Sehr zahlreich wa- 
ren die leges, welche die Ausführung von Kolo- 
nien beftimmten, 3. B. lex Acilia, Aelia, 
Appuleia u. j. w. Da aber dieje Mafregel 
immer bloß als einzeln ftehende Erſcheinung zu 
betrachten ift, und durch diejelbe die Plebejer ftets 
nur vorübergehend befriedigt wurden, jo find die: 
jenigen leges agrariae viel wichtiger, welche 
durchgreifende Verteilung und Umwandlung des 
Befipitandes forderten. Die erfte derartige war 
die lex Cassia, von dem voltäfreundlichen Kon: 
ſul Sp. Caſſius Viſcellinus 486 dv. C. verfaßt und 
auf neue Aifignation des jüngft eroberten oder 
auch jchon lange vecupierten ager publicus ge: 
richtet. Ziv. 2, 41. ion. Hal. 8, 69 ff. Die 
Batricier halfen fich aus der Not durch ein SCons,, 
welches 10 Männer anordnete, um den ager pu- 
blicus von dem privatus zu jcheiden und den eriten 
fodann teild zu affignieren, teil$ gegen eine Ab— 
gabe als possessio zu überlaffen. Dion. Hal. 8, 
76. Dadurch aber wollten die Patricier nur Beit 
gewinnen, denn fie wußten durch alle möglichen 
Mittel die Ausführung des SCons. zu u 
treiben. Liv. 2, 43. 44. 48. 52. 54. 61. 68. Auch 
gelang es ihnen, eine ganze Reihe von andern 
Geſetzvorſchlägen zu nichte zu machen, 3. B. dest. 
Jeilius, des Poctelius u. a. (Liv. 4, 12. 36. 
43. 44), deögleichen die lex Mecilia Metilia 
(Lir. 4, 48), lex Sestia (Liv. 4, 49. 51), lex 
Menenia (Liv. 4, 53). Nur ein paarmal, bei 
bejonderen Beranlafjungen, wurden Acker verteilt. 
Liv. 5, 30. 6, 21. Einen neuen Weg jchlug der 
große plebejiiche Legislator E. Licinius Stolo ein, 
379-867 v. €. (j. Leges Liciniae Sestiae). 
Sein Ackergeſetz beftimmte: Y niemand folle ‚mehr 
als 500 iugera des ager publicus in Befit haben, 
2) deögleichen nicht mehr als 100 Stüd großes 
und 500 Stüd kleines Vieh auf der Gemeinmweide 
halten; 3) wer dagegen jündige, unterliege einer 
Geldftrafe (multa). Liv. 6, 35. 36. App. b. c. 
1,8. Varro r. r. 1,2. @ell. 7,3. Darauf trat, 
bis auf die Gracchen, große Ruhe in den Ader: 
bewegungen ein, teils weil die Plebs durch die 
großen Kriege zu jehr in Anſpruch genommen war, 


—— — ——— — — — —— — — — — — — —— —— — — — — —— — — 


teils weil viele Arme in den zahlreichen Ko 
Berjorgung gefunden hatten. Nur die lex 
minia de agro Gallico viritim dividundc 
232 v. E. erwähnt (Val. Max. 5, 4, 5). Wa 
Rom durch die großen Kriege ſich nach 
Ruhe verichafft hatte, trat im Innern Das 
Übel, der Gegenjag zwiichen Armen und Rı 
immer jchlimmer hervor. Der Feine Grundt 
hatte im zweiten puniſchen Kriege ſehr ae 
viele hatten den Aderbau ganz aufgegeben 
waren demjelben völlig entfremdet, und einen e 
lichen Mitteljtand gab es niht mehr. De 
bejchloffen die beiden Gracchen, den Ackerba 
heben und die Not der Armen zu lindern, 
aber nicht ohne gewaltjame Reformen und 
nachteiligung der Befipenden geichehen konnt 
deshalb zu heißen Kämpfen führte. Zuerſi 
Tib. Grachus 134 v. E. ein Adergejeß, we 
er das Liciniiche zu Grunde legte, und befti 
wer mehr als 500 iugera habe (oder höd 
1000, im Falle, daß er zwei Söhne hätte, jı 
für jeden bderjelben 250 iugera gerechnet 
den), jolle das Mehr herausgeben, wofür er 
ichädigung befäme; die abgetretenen Grunt 
follten unter die Armen verteilt werden, ziwe 
eiter, jedoch unverkäuflicher Befiß, aber gegen 
bgabe an den Staat; Triumpiri hätten all 
lich die nötigen Unterfuhungen zu veranftı 
Liv. ep. 58. .D. c. I. V. 11. Pia 
(racch. 14. Man begann das Geſetz zu vollzi 
aber die Sache geriet nach dem Falle des 
Grachus jehr bald ins Stoden, weshalb €. ( 
pronius Gracchus das Geſetz feines Bruders wi 
heritellte, 123 v. €. iv. ep. 60. Well. 
2,6. Plut. C. Gracch. 4f. Um es aberma! 
hintertreiben, gewann die Senatäpartei den 
ruhigen Tribun M. Livius Drufus, welcher in ſ 
lex agraria die freigebigfeit des Gracchus 
weitem überbot und dadurch demielben die V 
unft entzog. App. b. c. 1,23. Plut. ©. Gracı 
rachus wurde geftürzt, und das Geſetz 
Livins, welches auch nicht ernftlich gemeint 
fonnte, fam gar nicht zur Ausführung. Dag 
erichienen mehrere Geſetze von reaftionärer Teni 
unter denen die vielbejprochene und verſchieden 
urteilte lex Thoria die wichtigfte ift (107 ı 
Asp. b. ce. 1, 27. Cie. Brut. 36, vgl. Monm 
C. 1.L. Ip. 75—106). Dieje bejeitigte ein 
vorher durd) einen Tribunen gegebenes Gejeh, 
die Verteilung von Adern nach der lex Sem 
nia ganz hemmte und den Befigern von : 
publicus eine Abgabe von demfelben aufer! 
die zur Unterftügung der Armen verwendet we 
follte (App. b. ce. 1, 37), beftätigte dagegen 
früheren possessiones und machte fie zu fe 
abgabenfreiem Privateigentum, jo daf die Rei 
nun nichts mehr zu fürchten hatten. Bon je 
der Volkspartei trat 104 v. C. 2. Marcius | 
lippus mit einem neuen Geſetzvorſchlage auf, ı 
ohne Erfolg (Cie. off. 2, 21). Glücklicher war 
demagogiiche 2. Appulejus Saturninus 100 v. 
defien lex mehrere nene Aijignationen an die ( 
daten des Marius und Kolonifierung anord 
(App. b. c. 1, 29. Aur. Vict. 78), aber | 
wieder aufgehoben wurde. Dasjelbe Schidial ha 
die lex Titia und lex Livia (91 v. E.), we 
abermals durch Ausficht auf das römiſche Bür 
recht die Jtalifer zur Abtretung der Staatslär 


Agesander — Agesilaos. 29 


reien zu bewegen juchten (j. Leges Liviae, B). |und lahm war (Nep. Ages. 8, 1. Just. 6, 2, 5), 
Der Bundesgenofjenkrieg jcheint feine Vermehrung | große Entichlofjenheit. Plut. Ages. 7. Las. 28. 
des ager publicus herbeigeführt zu haben. Der | Als nun Tiffaphernes den Waffenitillftand brach), 
Sullanijche Krieg mit jeinen Broffriptionen und | griff Ag. ihn troß jeiner geringen Macht an, jchlug 
Konfiffationen brachte eine furchtbare Leere in Ita- ihn mehreremal, zulegt am Paktolos (395), und 
lien hervor und machte dem bäuerlichen Eigentum | fiel dann in Phrogien ein. Dieje Niederlagen 
völlig ein Ende. Durch Sulla fam eine Art von | veranlaßten den Großkönig, den Tithrauftes zum 
Udergejegen auf, zur Gründung von Militärfolo: | Satrapen von Lydien zu ernennen, welcher darauf 
nien, ſ. Aineovzria, 4. Unbekannt ift die lex im J. 395 mit Ag. einen längeren Waffenſtillſtand 
Plautia, der die lax Servilia des P. Servi: abſchloß und, während diejer Phrygien durchzog 
ins Rullus 63 v. E. folgte, uns befanmt durch | und verheerte, die Zeit benußte, die Feinde Der 
Ore. 1. agr., aber von dem Urheber jelbjt zurüd: | Spartaner in Griechenland durch Geld zu einem 
genommen. Desgleichen jcheiterte die auf Bon: | Kriege gegen diejelben zu gewinnen. Athen, Ko: 
pejus’ Betreiben verfaßte lex Flavin 60 v. E. |rinth, Theben und Argos vereinigten fich gegen 
Glüdliher war im folgenden Jahre Cäjar mit | fie; Lyſander verlor (895) die Schladht bei Hali- 
2 Udergejegen, in denen die früheren Poſſeſſionen artos und fiel felbit, und WU. wurde nach Griechenland 
unangetajtet blieben, aber neue Berteilungen und | zurücgerufen. So ungern er auch die aſiatiſchen 
Kolonifierungen beftinnmt wurden. Cic. ad fam. Griechen im Stiche lieh, folgte er doch dem Befehle 
13, 4. ad Att. 2, 18. Liv. ep. 103. Dio ass. |jeiner Vaterſtadt und erreichte in raichem Zuge 
38, 1. Aller noch vorhandene ager publicus mit | Die Grenze Boiotiens, während um biejelbe Zeit 
Ausnahme des campaniichen Gebiets (Cie, Rull. Konon die jpartanifche Flotte unter Peiſandros 
29) jolle verteilt, der weiter erforderliche Ader ge: | bei Knidos jchlug, 394. Nep. Ages. 3. 4. Plut. 
fauft werden, zunächſt von den Befigern, die ver: | Ages. 10. 15. Xen. Hell. 3, 4. 4, 2. Bei Koroneia 
faufen wollten, ſodann aber auch zwangsweije für | in Boiotien lieferte er den Berbündeten (Auguſt 
den Preis, wie body der Befig cenfiert jei. Der | 394) eine Schladht und erfocdht den Sieg (Xen. 
campanijche Ader wurde für diejenigen rejerviert, | Hell. 4, 3. Plut. Ages. 16}... Sodann begab 
weldie 3 und mehr Kinder hätten. Dio Cass. 38, 7.|er ſich nah Sparta, wo er ehrenvoll empfangen 
Vell. Pat. 2, 44. Wenig befannt ift die lex | wurde. Im folgenden Jahre fiel er in Argolis 
Antonia vom I. 44 dv. E. Sie war bie lehte | ein, 392 in das Gebiet von Korinth zur Zeit der 
eigentliche lex ia, denn die folgenden beziehen | Feier der iſthmiſchen Spiele, wo er reiche Beute 
ih ausichliehlid auf Militärfolonien, welche Ita: | machte, aber durch Iphikrates einen Verluft erlitt. 
lien durch Abweichung von den früher gültigen | Plut. Ayes. 21. Xen. Hell. 4,5. Im Jahre »91 
Grundjägen zu Grunde richteten. Zac. ann. 14, | wurde er den Achaiern gegen Atarnanien zu Hülfe 
27. Unter den Kaijern gab es in Italien faft | geichidt und verheerte diejes Land, konnte aber 
fein Gemeindeland mehr, dejto mehr aber in dem | nichts weiter ausrichten; erit 390 zwang er fie zum 
Provinzen, obgleich aud hier durch Aſſignation Frieden, mit den Achaiern. Xen. Hell. 4, 6. 7,1. 
und Berfauf jehr verkleinert. Die den Städten ge: | Plut. Ages. 22. In den von Antalkidas betriebenen 
hörenden Gemeindeländereien hießen in der Kaijer: | Unterhandlungen über den Frieden mit Perjien 
jeit agri vectigales, welchen Namen früher alle/ nahm Ag. weniger das Antereffe der Griechen als 
mit Abgaben belafteten Grundftüde, aljo nament |das jeiner Baterjtabt wahr, welde daburd im 
lid) die Provinzialäder, gehabt hatten. Berbindung mit dem Perjerfönige den Borrang 

Agesander j. Laokoon und Bildhauer, 18. in Griechenland behauptete. Er opferte daher die 

Agesiläos, Ayneil«xos, König von Sparta, 442 | Freiheit der Heinafiatiichen Griechen und nötigte 
dv. E. geboren, bemächtigte jich im Jahre 397 nach Theben zur Aufldjung jeines Städtebundes und 
Verdrängung jeines Neffen Leotychides, des Soh⸗ Annahme diejes Friedens, 387. Xen. Hell. ö, 1, 
nes des Agis, der nicht für ebenbürtig galt, der 32 ff. Plut. Ages. 23. Auch jonft war jein Be— 
Herrſchaft und befejtigte jich im derjelben durch | nehmen gegen Theben jeines Ruhmes nicht wür— 
Milde gegen das Volk und durch Zujammenmwirken | dig. Er billigte nicht nur die Bejeßung der Kadmeia, 
mit den Toperen, jo daß er jich allgemeine Liebe | der Burg Thebens, um das Jahr 382 durch Phoi— 
erwarb. Nep. Ages. 1. Just.6, 2, 4f. Plut. Ages. | bidas, jondern drängte die Spartaner aucd zum 
2f. Xen. Hell. 3, 3. Da es hieß, der Perjer: | Kriege gegen Theben (378), nachdem die Thebaner 
fönig rüfte ein Heer und eine Flotte aus, jo be- | die jpartanifche Bejagung und die Dligardyen ver: 
redete Ag. die Lafedaimonier, ein Heer nad) Afien | trieben hatten. Plut. Ages 28. Xen. Hell. ö, 4. 
h ihiden, um dem Könige zuvorzufommen. Ly- Zwar übernahm Ag. nicht gleich anfangs den Be— 
ander, der ihm zur Herrſchaft zu gelangen be: | fehl, jondern erft 377, war indes jehr wenig glüd- 
hülflich gewejen war, begleitete ihn. Plötzlich (April | li, da die Athener ſich mit Theben verbunden 
396) erjchien Ag. mit jeinem Heere in Ephejos, | hatten. Ihm ftand der tüchtige Athener Ehabrias 
ehe der perjiiche Satrap Tifjaphernes ihn erwartete, | gegenüber. Plut. Ages. 26. Xen. Hell. 5, 4, 30. 
und forderte die Unabhängigkeit der Eleinafiatis | In den nächiten Jahren beteiligte ſich Ag. an den 
ſchen Griechen. Tifjaphernes, der noch nicht gerüjtet | Ereigniſſen — dem 7Ojährigen Grete mochte 





war, jchlug einen Waffenftillftand vor auf 3 Mo: | jein körperlicher Zuftand wohl Ruhe gebieten. Erft 
nate, welchen Ag. zugeitaud und umverbrüchlich | 370, nachdem Sparta die bintige Schlacht bei 
hielt, um ſich einen guten Namen zu verichaffen, | Leuftra verloren und Ag. vorher an den, jedoch 
während Zifjaphernes jeine Rüftungen eifrig fort: | vergeblichen, Unterhandlungen mit Epameinondas 
ſetzie. Nep. Ayes. 2. 4 ff. Plut. Ages. 6. 9. In: | teilgenommen hatte, kämpfte er gegen die Arka— 
wwiſchen entfernte Ag. den ihm durch jeine Herrſch—⸗ | bier, welche ſich nad; jeinem Abzuge (369) mit den 
Jucht läftigen Lyſander nach dem Hellespont. Überall | Thebanern vereinigten und im Latonien einfielen. 
zeigte aljo der König, obwohl er klein, ſchmächtig Der greije Held rettete durch Auge Anjtalten das 





30 


bedrohte Sparta. Nep. Ages. 6. Plut. Ages. 31 ff. 
Xen. Hell. 6, 5, 22 ji. Bei Epameinondas’ zwei- 
tem Einfalle in Lafonien eilte Ag., der bei Man— 
tineia ftand, feiner Baterftadt zu Hilfe, nötigte 
die Thebaner zum NRüdzuge und lieferte dem Epa— 
meinondas (4. Juli 362) die biutige Schlacht bei 
Mantineia. Dem leßteren wurde der Sieg zu teil. 


Sturz darnach fam der Friede, zwar unter des Ag. | 2 


Widerſpruch gegen die Herjtellung Meffeniens, ge 
ftande (Plut, Ages. 34); weiteres vermochte Ag. 
nicht wegen der Schwäche Spartad. Troß feines 


j 


Alters aber ging er aus Mifbehagen über die | 


Lage jeiner Baterjtadt mit einem Heere nadı Agyp- 
ten, um dem Tachos gegen Artaxerxes beizuftehen, 
361. Als aber bald darauf Tachos durch Nelta: 
nabis geftürzt wurde, unterftüßte Mg. diejen, da 
jener ihn durch Verweigerung des Oberbefehls 
—— hatte. Mit — Geſchenken verließ er 

gypten, ſtarb aber unterwegs nach langer Regie— 
rung, 84 Jahre alt, im Jahre 358. Plut. Ages. 
36 ff. Nep. Ages. 8. Bgl. Herkberg, das Leben 
des Königs Agei. II. (1856). A. Buttmann, Age: 
filaus, ©. des Ardidamus (1872). 

Agesipölis, Aynoinolıs, 1) Sohn des Pauſa— 
nias, König von Sparta, kam zur Regierung 394 
v. E. unter Bormundjchaft des Ariftodemos | Plut. 
Ages. 3. Xen. Hell 4, 2, 9), unternahm 388 einen 
Feldzug gegen Argolis, ohne es erobern zu fünnen 
(Xen. ‚Hell. 4, 7, 2 fj.), 309 386 gegen anfineia, 
welches jeine Mauern nicht 58* wollte, und 
nötigte nach längerer vergeblicher Belagerung durch 
Eindämmung des die Stadt durchfließenden Ophis 
die Einwohner zur Unterwerfung. Xen. Hell.ö, 2, 
3. Er jtarb im Kriege gegen Olynth, 381. Xen. 
Hell. 6, 3, 8ff. — 2) Ageſipolis Ul., nad 
jeines Oheims Kleomenes III. Tode König von 
Sparta 219 oder 220 d. E., wurde durch Lykurg, 
feinen Mitregenten, verdrängt. Liv. 34, 26. 

Agger, zunächſt jeder durcd; Menjchenhände ge: 
machte Aufwurf von Erde, Schutt, unjer Damm. 
Rom wurde von einem ſolchen auf der Weitjeite 
vom Colliniſchen bis zum Eſquiliniſchen Thore 
beihügt. Plut. Num. 10. Er hatte die Höhe der 
Mauern. Neben demjelben wurden die Leichname 
der Armen begraben, jowie auch Verbrecher von 
ihm herabgeftürzt wurden. Suet. Cal. 27. Hor. 


epod. 5, 100. Später legte Mäcenas hier Gärten | (Diod 


und Spaziergänge an (Hor. sat. 1, 8, 14 ff.), mit 
der turris Maecenatiasan (Hor. od. 3, 29, 10. 
Suet. Ner. 38), dort wohnte auch Tiberius (Suet. 
Tib. 15). Ein zweiter befannter agger (unſer: 
Landwehr) ift der des Drujus in Germanien, von 
Tacitus mehrmals erwähnt und bejchrieben, im J. 
58 n. E. von Paulinus Pompejus vollendet. Tac, 
ann. 13, 53. — Im Kriege wurde jedes Lager 
von einem agger umgeben, der je nach der Nähe 
des Feindes größer oder Heiner war. Mit val- 
lum verbunden, z. B. Caes. b. g. 7, 72, bezeichnet 
aggrer die Erde oder den Schutt des Erbmwalls, 
vallum dagegen das Ganze. Üues. b. ec. 3, 63. 
Bei der Belagerung einer Stadt wurde unter dem 
Schuße von Schirmdächern (ſ. Belagerung, 10 ff.) 
ein agger an die Mauern der Stadt hinangetrie: 
ben, neben dem und unter deſſen Schuß der aries 
arbeitete. Bisweilen wurden zur rajcheren Errich: 
tung des agger Holz und Faſchinen verwandt, 
weshalb ihm denn auch die Feinde anzünden konn— 
ten (Liv. 36, 23. Caes. b. 9.7, 24). Die aggeres 


Agesipolis — Agis. 


mußten beinahe die Höhe der Mauern erreic 
alsdann wurden die turres ambulatorise d 
Räder hinanfgebradht, und von diefen aus die 
oberung der Stadt verſucht. -- Bei den Gric 
machten die joliden fteinernen Stabtmauern ( 
ben und Wall entbehrlich. Auch die griechi! 
Lager waren in der Regel gar nicht verjch 
Deito mehr wurde der Damm (röum) von ji 
der Belagerer angewendet, in gerader Linie 
die Stadt zuführend, um vom ihm aus die Ma 
zu zertrümmern oder zu befteigen. Die ma! 
niſche Kriegsfunft wandte dafür in ihren Tün 
und Geſchützen wirfjamere Mittel an. 

Agis, Ayıs, 1) ©. des Eurpithenes (Hd 
204), joll die Urbewohner Lakoniens, namen 
die Heloten, unterworfen haben. Strab. 8, 
Bon ihm erhielt die eine in Sparta herrid 
fönigl. Linie den Namen Ayızdaı. — 2)Agi 
Bruder des Agefilaos, fam 426 dv. E. zur Regie 
Bon einem Einjalle in Attifa jchredte ihn ein 
beben ab. Im Jahre 425 dagegen war jein 
fall in Attifa glüdlicher. Thuc. 4, 2. Im Ka 
mit Argos (418) lieh er fich zu einem Waffe 
itande bereden, weshalb ihn bei der Rücklel 
Sparta jchwerer Unwille empfing und er joga 
Strafe bedroht wurde; doch gelang es ihm 
abzuwenden, und durch einen glänzenden Sieg 
die Argeier im Jahre 418 machte er jein frü 
Verjehen wieder qut. Thuc. 5, 64 ff. Später 
eroberte er den Örenzort Defeleia in Attifa 
7,19), von wo aus er den Athenern großen | 
den zufügte, und 405 nahm er, ebenfalls vor 
feleia aus, an der Belagerung Athens 
Lyſander teil. Xen. Hell.ı, 1. 2, 2. Plut. 
14. Auch in den Kriegen mit Elis (398) zei 
er fi aus, Er ftarb 397 nach der Rücklehr 
Delphoi. Xen. Hell. 3, 3, 1. Sem Sohn 
tychides, den er früher jelbit für unebenbürti 
flärt hatte, wurde durch Agis’ Bruder Age 
verdrängt. Put. Ages. 3. — 3) Agis IL, 
des Archidamos III. wurde 388 König von S 
(Plut, Ages. 3). Ein Feind Nleranders des Gr 
verband er fich mit den Satrapen der afiat 
Provinzen und erhielt von ihnen Geld und S 
nahm 8000 griechiſche Söldner, die unter Di 
bei Iſſos gefochten hatten und entfommen ı 
iod. Sie. 17, 48), in feine Dienfte, bemäc 
ſich Kretas und ging dann nad) den Pelop 
hinüber. Bereits hatte er einen großen Tei 
jelben erobert und belagerte Megalopolis i 
fadien, als Antipater erſchien. Agis verlo 
Schlacht und fand im derjelben einen rühm 
Tod, 330. Just. 12,1. Curt. 6, 1, 1--16. 
2, 13. — 4) Ugis II, fam um 245 v. C 
dem Tode jeines Baters Eudamidas zur Regit 
Sparta war nicht das alte mehr, das der Ahr 
Sitte des Lykurg huldigte. Es war im Lau 
Zeit entartet, die Zahl jeiner Bürger auf 70 
fumten und das Geſetz, nad) welchem jeder B 
einen gleichen Anteil am Boden haben jollt: 
mahen außer Gebrauch gefommen, daß der & 
bejiß fi in den Händen einiger weniger b 
ja ein nicht geringer Teil auf dem Wege de 
ſchaft in die Häude von Frauen übergegangeı 
Daß Sparta jo nicht beftehen fonnte, jah Agi 
Er beichloß daher die Wiederherftellung der 
ftrengen Geſetze und Einrichtungen, form 
möglich jei, und ging feinen Unterthanen mit 


Agitator — Agmatio. 


Beifpiel durch Befolgung der alten Einfachheit 
voran. Um ihn ſammelten ſich angejehene Männer, 
ja ſelbſt frauen, während der zweite König Spar- 
tas, Leonidas Il., ihm, wenn auch nicht offen, doc) 
insgeheim entgegenwirkte. Als nun Agis dem Ly— 
jander, einem jeiner Anhänger, das Ephorat aus- 
wirkte (243) und dann der Gerufia vorjchlug, die 
Zahl der Bürger auf 4500 zu vermehren (Plut. 
Agis 6—8), die Ländereien des übrigen Landes 
unter 15 000 Beriöfen zu verteilen und alle Schuld- 
forderungen zu tilgen, auch Agis jelbft jeine Güter 
und jein Bermögen darzubringen veriprach, jo 
ſchloß zwar das Volk jich ihm mit Jubel an, allein 
der Rat juchte die Sache binzuziehen und entſchied, 
als er darüber abſtimmen mußte, durch den Ein— 
fluß des Leonidas, gegen den Vorſchlag. Leonidas 
büßte freilich durch Lyſanders Macht, weil er ſich 
mit einer Ajiatin verheiratet hatte, mit Abjegung, 
aber auch Lyjanders Amt war dem Ablauf nahe, 
und weniger günjtig gefinnte Männer traten ins 
Ephorat ein, wurden indes —— verjagt und 
neue ernannt, darunter des Agis Oheim Ageſilaos, 
der ſeines Neffen Pläne bis jetzt gefördert hatte. Auf 
deſſen Antrieb trat nun Agis von neuem auf, 
ſchlug aber, um ſicherer zu gehen, auf des Oheims 
Hat anfangs nur die Vernichtung der Schuld— 
forderungen vor, was durchging; als er nun aber 
mit der zweiten Mafregel hervortrat, da juchte 
Ageſilaos, der durch die erfte von jeinen eigenen 
Schulden frei geworden war, diejelbe hinzuhalten, 
weil er jeine Güter nicht zur Teilung hergeben 
wollte. So ftand die Sache, als Agis mit einem 
ipartanijchen Heere aufbrah, um zum Heere des 
achaiiſchen Bundes zu ftohen und am Kampfe 
gegen die Witolier teilzunehmen, ohne daß indes 
wegen ber Vorſicht des Aratos als Oberbefehls- 
habers jeine Kampfluſt befriedigt wurde (Plut. 
Agis 13 —15). Daher fehrte er nach Sparta 
zurüd, wo inzwiſchen jein Oheim Ageſilaos ich 
durch Gewaltthätigkeiten aller Art jehr verhaßt 
gemacht Hatte, jo dab das Volk, das ſich bitter 
getäufcht jah, den Anhängern des geflüchteten 
Leonidas Gehör gab. Diejer kehrte zurüd, Agejilaos 
entjloh, Agis fand eine Zuflucht in einem Tempel, 
ließ fich aber bereden, denjelben zu verlafien, und 
ward darauf von den Ephoren zum Tode ver: 
urteilt, 240. Wie er, ftarben jeine Großmutter 
und Mutter (Plut. Agis 16 ff.). Bol. Gerlad, 
bifter. Studien II S. 145 ff. 

Agitätor, der Wagenlenter (anriga) beim Wett: 
rennen in den Eirkusipielen. Plaut. Men. 1, 2, 
50. Cie. acad. 2, 20. Wenngleich jpäter ein Matel 
auf ihrem Geſchäfte haftete, galt es doch nicht für 
ehrlos. Frreigelaflene und Sklaven betrieben diejes 
Gewerbe, aber bei der Leidenſchaft der Nömer für 
die Rennbahn war es höchit einträglich (Mart. 10, 
74. Juv. 7, 112. Suet. Cal, 56. Jos. ant. Jud. 
19, 4, 4), weshalb demn ihre Frechheit und Aus— 
gelafienheit ftets zunahm. So hatten jie ſich all- 
mählich das Recht angemaßt (inveterata licentin), 
an gewiſſen Tagen durch die ganze Stadt hindurch 
die Leute durch allerlei Scherze zu betrügen und 
zu beitehlen, was Nero verbot (Suet Ner. 16). 
Selbjt junge Männer der edeliten Familien er: 
miedrigten ſich zu der Rolle der agitatores (Die 
Cass. 65, 5. Suet. Vit. 4). 

Aglaia j. Charis, Chariten. 

Aglaophämos, Aylaopaunos, ungewiß ob eine 


31 


biftorijche oder mythiſche Berjönlichkeit, Vorfteher 
und Lehrer der von Orpheus geftifteten Myſterien 
(relsrai), zu Leibethron im pierischen Makedonien, 
worin er auch den Pythagoras unterwiejen haben 
joll. Nah ihm hat Lobeck jein berühmtes Werk 
benannt: Aglaopbamus s. de theologiae mysti- 
cae Graecorum caussis (1829, 2 Bbb.). 

Aglaöphon ij. Maler, 2. 

Agmen iſt jeder Heereszug auf dem Marſche. 
Bei den Griechen wurde die Gliederung nach 
den einzelnen Truppenförpern inne gehalten, wie 
jie der Gefechtsftellung zu Grunde lag, mur bei 
Nacht anders (Xen. An. 7,3,37). Der Marſch ge: 
ſchah entweder in einer oder mehreren Kolounen 
(nope/a uovopalayyie, dupelayyle u. ſ. w.), 
oder in Abteilungen hinter einander (Fmayayı), 
oder als Nebenmaric des ganzen Heeres in einer 
Linie (ragayayn) Die Erayayı war das ge- 
wöhnliche. Die Neihenfolge der verichiedenen 
Baffengattungen richtete ſich nach der Ortlichkeit 
(Xen. An. 7, 3, 87. Cyrop. 5, 3, 36). Bei 
Rückzügen war das auf allen Seiten durch Hopli- 
ten gededte Biered die gewöhnliche Marſchordnung. 
— Die Römer marjdierten jo, daß fie jeder: 
zeit, jelbjt wenn der Feind micht in ihrer Nähe 
war, jich zur Schlacht formieren konnten, weshalb 
jeder Soldat bei jeiner Abteilung und in Neihe 
und Glied bleiben mußte, damit feine Lüde, aber 
auch feine Haufen entjtünden. Da aber ein weit 
ausgedehnter Heereszug (agmen Jongissimum) 
leicht zu durchbrechen war und die einzelnen Ab— 
teilungen wegen der weiten Entfernung einander 
nicht rajch zu Hülfe kommen konnten, jo mar: 
ichierte man in breiten Kolonnen (azmen qua- 
ratum) und vermied dadurd) die Möglichkeit einer 
Überflügelung und eines Seitenangriffs oder einer 
Überrumpelung im Rüden. Zugleich jchwärmten 
einzelne Reiterabteilungen und Leichtbewaffnete auf 
allen Seiten zur Borficht und Dedung umher. Das 
Sepäd (impedimenta) folgte für gewöhnlich jeder 
Abteilung (Caes. b. q. 2, 17); war aber ein feind- 
licher Überfall zu befürchten, jo nahm man es in 
die Mitte (daſ. 19). Übrigens waren die Soldaten 
auf dem Mariche mit einem Gewicht von ungefähr 
60 Pfund belaftet, weshalb Cs. b. c. 1, 66 es 
onus nennt, obichon der eigentliche Ausdrud sar- 
einae ift. Es bejtand außer den Waffen in einem 
federnen Ranzen (pera, folliculus), worin Weizen 
auf 14 Tage bis 4 Wochen, in Gerätichaften zum 
Schanzen (rutrum, Spaten), in einer Senje zum 
Fouragieren (falx ad pabulandum) und endlich 
in mehreren Schangpfählen (12 jogar, Liv. 8, 27). 
Kam es zum Angriff, jo legten die Soldaten ihr 
Gepäck auf einen Haufen (sarcinas conferre\. 
Wurden fie aber durch einen feindlichen Überfall 
daran verhindert, jo jchwand ihnen wohl der Mut, 
weil fie impediti agmine und sub sareinis 
fämpfen mußten. 

Agnatio heißt nicht Verwandtichaft überhaupt 
(ecognatio), jondern nur die civilrechtlich gültige 
Blutsverwandtichaft, auf die von Mannsperjonen, 
die zur Familie gehören, erzeugten oder adoptier- 
ten Familienglieder beichränft. So find Bruder 
und Schweiter Agnaten, aber die Kinder der 
Schwefter gehören nicht zu den Agnatenfreife. Der 
Adoptierte jcheidet aus der bisherigen Agnatio aus 
und tritt in die jeines Adoptivvaters ein. Die 
alten VBorrechte der Agnaten in Erbichaftsan: 





32 


gelegenheiten wurden in der Kaiſerzeit etwas be: 
ichränft, indem die Cognati und Affines mehr 
Verüdjichtigung fanden. 

Aycv Tuunzös und ariumrog, In allen 
Rechtsverhältniſſen treten beſonders zwei Seiten 
hervor, das materielle Recht in der Art, daß 
die Beziehungen des Einzelnen zum Einzelnen und 
zur Gejamtheit des Staates aufs genauefte durd) 
Geſetze bejtimmt find, jo daß im voraus für alle 
Überjchreitungen der Schranten, die dem Einzel: 
nen vom Staate gejegt find, beftimmte Strafen 
und Buhen angeordnet find: jodann die Ermit: 
telung durch den Richter, ob eine derartige Rechts: 
verlegung ftattgefunden hat, und die Anwendung 
der Strafe auf den bejonderen Fall, das Pro- 
pe He Die erjte der beiden Seiten hat 

i den Attifern nicht die Ausbildung gefunden, 
twie die zweite. Das materielle Recht war unvoll- 
ftändig ausgebildet und Lüdenhaft, jo ausgebildet 
und mannigfaltig auch die Formen und Wege 
waren, in jedem Falle jein Recht zu juchen oder 
eine gejchehene eg n ng zu verfolgen. Wo 
nun die Gejege bei der Beſtimmung nicht aus: 
reichten, mußte die richterlihe Macht in einer 
Art, die uns freilich als Willfür ericheinen würde, 
ergänzend eintreten und außer ber Enticheidung 
über die Schuld oder Nichtſchuld des Angeflagten 
im Falle der Schuld für den bejondern Fall die 
Strafe (edunae) nad) eigenen Ermeſſen hinzu: 
fügen. Darnach zerfallen alle Rechtshändel in 
ayarss rıuntol und arldunror. An legteren hatte 
das Geſetz die Strafe bejtimmt, in jenen mußte 
das Geſetz durch richterliche Entjcheidung ergänzt 
werden. Nachdem nämlich die Richter über den 
Thatbeftand geurteilt hatten, trat, wenn der An- 
geflagte für jchuldig befunden war, ein zweites 
Berfahren ein. Der Anfläger ftellte den Antrag 
auf eine beftimmte Strafe, ſchätzte aljo gewiſſer— 
maßen das Bergehen nad jeiner Straffälligfeit 
(ruuashal rıwl rivos ift der offizielle Ausdrud). 
Der Angeklagte hatte dann das Hecht des Gegen: 
ſchätzens («reruugodee), bejtimmte jeinerjeits ein 
Strafmaß für ſich. Zwiſchen den beiden Schägungen 
wählten dann die Richter; ob fie einen Mittelweg 
einjchlagen und von beiden abjehen durften, läßt 
fih nicht gan ficher ermitteln. Ein betanntes 
Beiipiel eines Aa dya» ruunzög ijt der Prozeß 
des Sokrates. Die Anfläger tragen auf Todes: 
De an, Sofrates behauptet eine Belohnung ver: 

ient zu haben; um aber der Sitte zu genügen, 
ftellt er fi eine äußerſt geringe Schäßung. Die 
Richter, über die Geringichäbung, mit der Sofrates 
die Sache behandelt, erbittert, enticheiden fich für 
den Antrag der Ankläger. Bol. Meier und Schö⸗ 
mann, att. Prozeß S. 208 ff. der 2. Aufl. 

Agonla, Agonalia, ein jährlih mehrmals 
wiederfehrendes Feſt und Opfer der Römer, indem 
der rex od. princeps civitatis in der Negia einen 
Widder, den princeps der Herde, opferte. Die 
Bedentung des Namens ift den Römern jelbft 
rätjelhaft (Ov. fast. 1, 317). Wahricheinlich be- 
zeichnet es jchlechthin Opfer, denn agere war 
in der älteren Sprache euphemiftiicher Ausdrud 
für ſchlachten. Ungewiß ift auch, welchen Göttern 
diefe Opfer gebracht wurden. Ovid a. a. O. jagt, 
daß am Agonaliſchen Feſte am 9. Januar Janus 
zu —* ſei; doch folgt daraus noch nicht, daß 
das Agonalienfeſt dem Janus gegolten. Ein 


"Aybv zıumsös — "Ayoupot vöuoı. 


Agoniam Martiale wurde am 17. März 
feiert. 

'Ayoge ijt in der erften Bedeutung die ' 
ſammlung des Volfes, beſonders in der heroiſ 

Zeit (vgl. Exinola); ſodann der Drt, wo 
"rn hai gehalten wurden, ber danın 
zugleich der Plaß für den öffentlichen Vertehr, 
\onders den Handelsverkehr, war, in den 
ftädten gewöhnlich am Meere, in den Landſtä 
am Fuß des Burghügels, bei jpäteren Neug 
dungen, z. B. im Beiraieus, vieredig und 
Säulenhallen umgeben. Geihmüct war der W 
mit Tempeln, Götterbildern und öffentlichen 
bäuden, da er gewiſſermaßen der Mittelpunkt 
ſtädtiſchen und ftaatlichen Verkehrs war; 
/Ivvg (unter Attika, 12.) und Eunkn 
So erwähnt Aiſchylos die Hol drionoxoı ay 
und den 'Eouris ayoowiog. Bejonders pradı 
war der Markt in Athen, von Kimon auch 
Platanen bepflanzt. Die Frequenz auf dem M 
war bejonders in ‚den Bormittagsftunden bedeu 
Mit dem Worte &yogxiog hat man frühzeitig ı 
Bummler bezeichnet. Als aber die große 1 
ſich mehr an dem öffentlichen Leben ‚au betei 
anfing, ward das megripyscdhu: xark re ay 
allgemein Sitte, und der Mthener bradıte 
einen großen Teil feiner Zeit zu. Der Han 
verkehr war für die Bürger frei; Fremde, 
die Metoifen, hatten an die Agoranomen 
Marktgeld zu entrichten. Die einzelnen Teils 
Marktes wurden nad) den dort jeilftehenden U 
benannt; ſie hießen «vrdor. Die Marktzeit 
nad) unferer „Tageszeit zu rechnen, von 9 
(mAndovoe «yoga, Hdt. 2, 173. 7, 228). 
allgemeinen erjcheint der Martt zugleich al 
Mittelpuntt aller feitlichen Aufzüge. 

Agorakritos j. Bildhauer, 6. 

Ayogavöuoı, eine Polizeibehörde, weld 
vielen griechiichen Städten vorkommt, in 
10 Männer, 5 für die Stadt und 5 für 
Beiraiens, unter deren Aufficht bejonders 
Marttvertehr ftand. Sie hatten auf Ordnung 
xooula) beim Verkehr zu halten, Betrug 3 
ftrafen (Theophr. bei Harpoerat. xar« ınv 
gxv amevdeiv) und darum die Waren und 
und Gewicht zu unterjuchen, hatten daraı 
ſehen, daß fein Unberechtigter Ware feilbo 
der Fremde und Metoite mır gegen Erlegun 
Sevıröv zekog feinen Kram betreiben durfte) 
die Marktjteuer in Empfang zu nehmen, Ger 
barkeit innerhalb ihres Amtskreiſes hatten 
der Art, daß fie bei Heineren Gejegübertreti 
wahrjcheinlich jelbit Bußen verhängen for 
während bei größeren Vergehen natürlid 
Gerichtshof zu entjcheiden hatte, 

"Aygagoı voor, die ungejchriebenen 6 
im Gegenjage zu den geichriebenen menſch 
und ftaatlichen Sapungen, nad) der echt hellen 
Auffaffung unmittelbar von Zeus und T 
oder Dife abgeleitet, die heiligen Quellen 
menjchlichen Rechts und Gejeßes, wenn Dies 
zuweilen mit jenen in Konflikt geraten kam 
dies 3. B. Antigone ausipricht in den W 
daß ihr die ungejchriebenen und unverbrüd 
Geſetze der Götter (dyganız naspali; He 
uıuc), die aus verborgener Quelle fommend 
leben, mehr gelten als die Gebote des | 
(Soph. Ant. 450. O. T. 865). — Aus 


Agraulos — 


ungejchriebenen, göttlichen, im Menfchen lebendigen 
Gejepen, deren Inbegriff wir als natürliches Recht 
bezeichnen können, entwidelt ſich zunächſt das Ge- 
wohnheitsrechht (of xar& z& vöuot), welches 
ausschließlich herrichend ijt im Urzuſtande der 
Staaten, bei den Griechen alio —— im 
patriarchaliſchen Königtume, wo der König eben 
der Vertreter und geheiligte Verwalter dieſer Ge— 
ſetze iſt. Aber auch noch unter der Herrſchaft des 
geſchriebenen Geſetzes (und dies iſt die dee der 
riechijchen Demofratie vor ihrer Entartung) haben 
He ihre Geltung, indem ihre Übertretung, jolange 
der jittliche Rechtsfinn im i 
Strafe, doc auerkannte Schande bringt (alsyuenv 
öuoloyovusvnv, wie Perifles bei Z’huc. 2, 37 
jagt). Mit der Achtung vor — ſchwindet a 
die Achtung vor dem geſchriebenen — (qui 
leges sine moribus vanae proficiunt? Hor. od. 
3, 24, 35 f.), und Mriftoteles (pol. 3, 11, 6) ftellt 
daher das fittlihe Gewohnheitsrecht an Geltung 
noch über das gejchriebene Geſetz (Fru xvgıwregpoı 
nal megl nugimriowr rar Kark Yoduuare vöuor 
ol xara ra En eloiv). 

Agraulos j. Kekrops u. Pallas Athene, 4. 

Agriänes, "4ygräves, thrakiſch- mafedoniiches 
Bolt am Strymon zwifchen den Gebirgen Rhodope 
und Haimos, vorzügliche Bogenjchügen, daher ge- 
wöhnlich als wıLod im Heere Aleranders bezeichnet, 
oft von Arrian und Eurtius erwähnt. 

Agricöla, Gnäus Julius, durch jeinen Schwie— 
gerjohn Tacitus in einer meifterhaften Biographie 
verewigt. Geboren 39 oder 40 n. C. in der Kolonie 
Forum Julii (j. Frejus), Sohn des auf Caligulas 
Befehl hingerichteten Julius Gräcinus, wurde er 
von jeiner trefilichen Mutter Julia Procilla erzogen, 
erhielt in Maſſilia wifjenichaftliche Bildung und 
machte (59 n. GE.) unter Suetonius Paullinus in 
Britannien jeinen erſten Feldzug. Im J. 61 nad) 
Rom zurüdgefehrt und mit einer vornehmen Rö— 
merin Domttia Decidiana verheiratet, erlangte er 
nacheinander im J. 62 das Vigintivirat, jeit dem 
3. Dezember 63 die Duäftur in Aſien, jeit dem 
Dezember 65 das Tribunat und 68 die Prätur 
und trat, als im J. 69 Beipafian zum Kaiſer aus- 
gerufen ward, jofort auf dejien Seite über. Bon 
ihm erhielt er im nächiten Jahre den Befehl über 
die 20. Legion in Britannien, wo er jich durch 
Tapferkeit einen Namen erwarb, der durch feine 
Beicheidenheit erhöht ward. Tac. Agr. 6.8. Sein 
Lohn war bei der Cenſur im J. 74 die Aufnahme 
unter die Patricier und die Verwaltung Aquita- 
niens während 3 Jahre. Dann im %. 76 zum 
eonsul suffectas erhoben, verlobte er jeine Tochter 
dem Tacitus und vermählte fie nach dem Konſulat 
mit ihm. Gleich darauf erhielt er das Pontifikat 
und die Statthalterichaft von Britannien (daj. 9). 
Mitten im Sommer 77 kam er dort an und rüdte 
gleich ins Feld, hieb das Boll der DOrdoviter 
nieder, jegte nach Mona (Anglejea) hinüber und 
ward Herr diejes Platzes daſ. 18), dehute in den 
beiden nächſten Jahren jein Gebiet bis zum Taus 


(Zayı aus und errichtete im 4. Sommer eine Linie | 


von Türmen und Schanzen zwijchen Clota und 
Bodotria (Firth of Elyde und Forth) zum Schutze 


Bolfe febt, wenn nicht | tum 





am untern R 


Agrigentum. 33 


den glüdlichjten Erfolg. Die im Berborgenen 
drohende Feindichaft der nördlichen Gebirgsvölter 
Schottlands Hinderte ihn, auf Hibernien mehr als 
das Auge zu richten; am Fuße des Berges Grau— 
pius brachte er jenen freilich eine ſchwere Nieder: 
lage bei, ohne jedoch jeinen Sieg verfolgen zu 
fönnen, 84 (daf. 24—39). Der Ruhm jeiner Thaten 
wedte Domitians Neid; er erhielt die triumphalia 
ornamenta und einen Nachfolger, 85. Bon nun 
an lebte er in tieffter Zurüdgezogenheit, um dem 
Argwohn des Tyrannen zu entgehen; und doch 
blieb, ald er 93 ftarb, der Verdacht der Bergif- 

g nicht fern. Zac. Agr. 40 ff. Dio Cuss. 66, 
20. Bol. Imhof, Domitianus (1857) ©. 42 ff. 
51. 107. Urlichs, comment. de vita et hono- 


ribus Agricolae (1868). 
* —— nur Tue. 
t 


Agri deeümätes, 
Germ. 29 erwähnt; vielleicht altertümliche Form 
für decumani. Urfprünglich hatte man wohl, wie 
hein (Tue. ann. 13, 54), jo auch 
vielleicht ein moch größeres Stüd jenjeits des 
Rheins und der Donau frei erhalten, um es ge 
legentlich zum Vorteil der römischen Legionen zu 
benugen. Es fiedelten fich dort allmählid Gallier 
an, die einen Pachtzehnten (decuma) zu entrichten 
hatten (daher der Name agri decumates), und 
die röm. Bejaßungen rüdten jo in bewohntes Yand 
ein. Eine Grenzwehr (limes Germanicus) gegen 
die nächſten Völkerſchaften des deutjchen Binnen- 
landes wurde gezogen, und dieſe, deren Überrefte 
als Teufelsmauer und Pfahlgraben noc vorhanden 
find, können auf die ungefähre Umgrenzung jenes 
Gebiets führen, die man findet, wenn man von 
Regensburg bis Obernburg am Main eine Linie 
ieht, die man mit Hülfe anderer Gräben und 
älle bis an die Lahn und Sieg, ja bis an Die 
Lippe verfolgen fann (j. Limes). Etwas fpäter 
wurde diejes neue Gebiet zur Provinz hinzugefügt; 
unter Kaiſer Aurelian ging es an die Alemannen 
verloren. Die wichtigften Ortjchaften waren Aquae 
Aureliae (j. Baden-Baden), Aquae Mattiaeae 
(j. Wiesbaden) und Sumelocenna (j. Rottenburg 
am Nedar), jowie Clarenna (j. vielleiht Cann— 
ftadbt). Im Königreich Württemberg allein jind 
etwa 600 römische Wohnorte entdedt worden. 
Agrigentum, 5 und N ‘Axodyas, j. Girgenti, 
Stadt auf der Südküfte Siciliens, einige Stadien 
vom Meere zwiichen den zwei Flüſſen Afragas 
(i. ©. Biagio) und Hypfas (j. VBelice) gelegen auf 
bedeutender Höhe; fie war eine doriſche Kolonie 
der Rhodier von Gela aus (581 dv. E.) und blühte 
raſch empor, durch Reichtum der Gegend und durch 
Handel jelbit nad Afrika, wodurch freilich auch die 
doriſche Einfachheit mehr und mehr ſchwand, jo: 
wie durch Induſtrie. Neben Syrafus wird jie das 
„Auge Sieiliens“ genannt. Der graufame Pha- 
laris herrichte 16 Jahre lang (570-554 v. E.) 
über die Stadt, ſpäter der wegen jeiner Güte 
und Trefflichkeit von Pindar gepriefene Theron 
(488 — 472), welcher 480 mit Gelon den glän- 
uden Sieg bei Himera über die Karthager er: 
—* Später genoß A. eine freie Verfaſſung, die 
beſonders der hier geborene Philoſoph Empedokles 
ins Leben gerufen hatte. Durch Neutralität ent— 


geaen die Einfälle der wilden Caledonier (dai. 22 f.). | ging die Stadt zwar den Wechjelfällen des pelo- 


feit und Humanität jeiner ganzen 
Bemühen, röm. 
Reallerifon des Hafj. Altertums. 


od) jchöner aber —F die Ordnung, Gerechtig— 
ei 


ſein 
7. Aufl. 


ponneſiſchen Krieges, allein nach der Zerſtörung 


rwaltung; | von Selinus und Himera durch die Karthager fiel 
Itur zu verbreiten, hatte | auch Akragas durch dieje nach achtmonatlicher Be- 


3 


34 Agrimensor — Agrippa. 


fagerung und wurde zerftört (406). Diod. Sie. | (1870), und Bindſeil, Gejchichte der Stadt Afragı 
13, 82— 90. So ift denn von der Stadt bis zum | (1882). 

%. 338, d. h. bis zu Timoleons Zeit, faum die Agrimensor j. Mensor. 

Rede. Aber damals erblühte fie von neuem. Weil| Agrionia, Aygeıwvır, ein trieteriiches Winte 
fie im erften puniſchen Kriege auf der Seite der | feft des —** Agrionios zu Orchomenos 

Karthager ſtand, belagerten und eroberten fie die | Boiotien, das beſonders von Frauen durch näd 
Römer im J. 262 (Pol. 1, 17 ff.); num trat fie liche Orgien gefeiert ward. An diejem Feſte fa 
zu den Römern in das Verhältnis der societas | der Brauch ftatt, daß der Priefter des Gottes n 
und erhielt ſich Verfaſſung und innere Eimrich- | dem Schwerte eine Jungfrau aus dem Gejchled 
tungen. Die Bewohner waren bekannt durch ihre | des mythijchen Königs Minyas verfolgte und, we 
Gaftfreiheit und ihren treffenden Wit (Cie. Verr. | er fie einholte, fie töten durfte. Obgleich man 


ws AKRAGAS. 
F u AGRIGENTUM). 
Bi. Akropolis ER, . 1175000 
Ares Seus QyPotieus on * 


* 
T.des Zeus Atabyrlog, 
u.der thena‘ 





4, 43). Bon den im Altertume berühmten Tem: | fpäterer Zeit die Tötung vermied, fam doch 
peln finden fich bedentende Überrefte, bejonders | in Plutarchs Zeit ein folcher Fall vor (Plut. que 
von dem Folofjalen (111m Tangen, 56m breiten) | qr. 38. quaest. rom. 112). Diejes Opfer i 

nie vollendeten Tempel des olympiichen Zeus, | Parallele zu dem Opfer der Athamantiden (j. At 
dem des Herakles und dem fälichlich jogenann: | mas). Das Feft findet fih auch in Theben u. Ar 
ten Concordientempel, der rar ganz erhalten| Agrippa, 1) M. Bipjanius (Bipftamus) ( 
ift. Ebenfo find amjehnliche Reſte großartiger | die Bedeutung Plin. 7, 6, 45), ftammte aus 
Wafjerleitungen des Baumeifters Phaiar — das | derm Gefchlecht und wurde im J. 63 v. C. q 
her die phaiafifchen genannt — übrig. Bgl.|ren (Tae. ann. 1, 3. Well. Pat. 2, 96). 

Siefert, Mfragas und fein Gebiet (1845), | dem gleichaltrigen Dctavian lebte er im 

Schubring, hiftoriiche Topographie von Afragas | trautem Umgang und widmete ſich mit ihn 


Agrippina. 


Apollonia den Studien (Nep. Att. 12, 1). Hier 
erhielten jie die Nachricht von Cäſars Ermordung, 
und Agr. wurde jeitdem Octavians Bertrauter 
und ftand diejem im Kriege wie im Frieden mit 
gleiher Tüchtigfeit und gleichem Erfolge ehren: 
voll zur Seite. Auf jein Zureden begab ſich 
Octavian nach Rom. Hier Hagte Agr. den Caſſius 
als Mörder Cäſars an, im J. 48 v. C. (Plut. 
Brut. 27), und verdiente dann jeine Sporen im 
verufinijchen Kriege (41), worauf er Prätor wurde. 

pp. b. e. 5, 31ff. Dio Cass. 48, 20. Darauf 
dämpfte er einen Aufitand der Aquitaner in Gallien 
(App. b. e. 5, 92. Eutr. 7, 5) und drang, ber 
erite jeit Cäjars Übergange über den Rhein, in 
Öermanien ein (Dio (ass. 48, 49. Tac. ann. 12, 
27). Nach jeiner Rückkehr wurde er Konful im 
J. 37. Im GSeefriege gegen Sertus Pompejus 
erbaute er eine Flotte und legte den Kriegshafen 
zu Bajä an. Diod. Sie. 4, 22. Suet. Oet. 16. 
Dio Cass. 48, 495. Er jiegte im J. 36 bei Nau— 
lochus (Dio Cass. 49, 2. Vell. Pat. 2, 79), ein 
Treffen, in weldhem er von den von ihm ein- 
gerichteten hohen Schiffstürmen und dem Harpar 
Gebrauch machte (App. b. c. 5, 118). Er erhielt 
die corona rostrata oder navalis, fämpfte dann 
glüdlich gegen Dalmatier und Jlyrier mit Octavianı 
(35 und 34) und wurde darauf Abil, ein Amt, in 
weldien er jeine Neigung zu großen Bauten durch 
Reinigung der alten und Anlegung neuer Wafler: 
leitungen zum Borteile Roms aufs jchönfte be: 
fundete. Dio Cass. 49, 42. Beder, röm. Altert. 
©. 703. Dem Agr. und feiner tücdhtigen Leitung 
verdankte Auguftus den Sieg bei Xctium, der ihn 
zum Herrn Roms machte. Plut. Ant. 66. Vell. 
Pat. 2, 85. Dio Cass. 50, 11 ff. ö1, 1. Darauf 
ordnete Agr. zur großen Zufriedenheit des m. 
die Verwaltung Jtaliens, 30. Derjelbe gab ihm 
die Hand jeiner Nichte Marcella und erteilte ihm 
die höchſten Staatsehren, das Konjulat und die 
Genjur. Tac. ann. 1, 3. Plut. Ant. 87. Suet. 
Oet. 35. Dio Cass. 58, 1. Im J. 23 übertrug 
Auguftus dem mit jeinem Schwager Marcellus in 
Streitigfeiten verwidelten Agr. die Verwaltung 
Syriens, wohin übrigens Agr. nur jeinen Legaten 
ihidte, während er jelbft in Mytilene auf Leſbos 
blieb. Suet. Oct. 66. Dio Cass. 53, 32. Nach 
dem baldigen Tode des Marcellus kehrte er nad) 
Rom zurüd, wurde Präfelt 20 v. E., beruhigte 
dann, mwahrjcheinlich in der 2. Hälfte des J. 20, 
das empörte Gallien und befiegte die Gantabrer 
im nördlichen Spanien bis zur Vernichtung; nahm 
aber den Triumph nicht an (Hor. ep. 1, 12, 26. 
Dio Cass. 54, 1). Nach jeiner ganzen Stellung 
war er des Auguftus Gehülfe in der Regierung, 
wie denn auch diejer des Agr. Söhne aus jeiner 
2. Ehe, Gaius und Lucius, an Kindesitatt an- 
nahm und zu jeinen Nachfolgern ernannte. Suet, 
Oct. 64. Tac. ann. 1, 3. Agr. hatte fich näm: 
li im 3. 23, nach feiner Scheidung von Mar: 
cella, mit Auguftus’ Tochter Julia, der Witwe des 
Warcellus, verheiratet (Suet. Oct. 63). Bon 
Agrippas zweiter Sendung nad) dem Drient, be— 
ſonders nach dem kimmeriſchen Bojporos, willen 
wir nur wenig (Dio Cass. 54, 24). Am J. 13 
wurde die ihm jchon früher erteilte tribumiciiche 
Gewalt ihm abermals auf 5 Jahre gegeben. Aber 
ſchon im mächften Jahre ftarb er auf der Nüd- 
fehr aus Panmonien, wohin ihn Auguftus zur 


35 


Dämpfung eines Aufftandes gejchidt hatte, in Cam— 
panien im 51. Lebensjahre. Dio Cass. 54, 28. 
Plin. 7, 8. Liv. ep. 136. Auguſtus ehrte jein 
Andenten durch eine prachtvolle Zeichenfeier. — Agr. 
war nicht allein groß als Feldherr und Staats: 
mann, jondern auc ausgezeichnet als Schriftjteller, 
bejonders in der Erdfunde. An der dur Auguftus 
angeftellten Vermeſſung des Reiches jcheint er einen 
bedeutenden Anteil gehabt zu haben. Als Frucht 
derjelben beichlog er, im einer zu erbauenden 
Bortifus eine große Weltfarte anzubringen, ein 
Werft, das die Schwejter desjelben begann und 
Auguftus in feinen legten Lebensjahren vollendete; 
ein Kommentawgab eine Erläuterung dazu. Plin. 
3, 17. Bol. Ritſchl, opuse. 3, 743. Peterſen, 
Rhein. Muj. VII ©. 161 — 210. 277—4083. IX 
85— 106. v. Gutſchmid ebendaj. XII ©. 619. Von 
feinen Schriften, unter denen eine Autobiographie 
genannt wird, find nur unbedeutende Bruchitüde 
auf uns gekommen. Berdient machte er fih um 
Rom aud durch Anlegung von Wafjerleitungen 
(f. o.), ſowie durch die Reinigung der Kloaken 
(Plin. 36, 24, 3), verjchönerte (26) die Stadt durch 
Bortifus, Thermen und Gärten, bejonders aber 
durch das Pantheon (j. Roma, 18.), jowie er 
auch während jeiner Feldzüge in Gallien von Lug— 
dunum (Lyon) als dem Mittelpunfte aus große 
Heerftraßen und zu Nemaufus (Nismes) einen 
großartigen Aquädukt und Bäder anlegte, welche 
zum Teil noch jegt erhalten find. Auch regte er 
zuerft bei den Römern den Gedaufen an, ihre 
Kunftichäge auszuftellen und fie jo allgemein zu: 
gänglich zu madhen. So war Agr. des Augujtus 
rößte Stüße, des Staates Zierde, groß wie im 
irieg, jo im Frieden. Monographie von P. ©. 
Frandjen (1836). Müllenhoff, über die Welt: 
farte und —— des Auguſtus (1856). — 
2) Agr. Poſtumus, ein Sohn des M. Vipſanius 
Agrippa und der Julia, nad) dem Tode des Baters 
eboren. Dio Cass. 54, 29. Auguſtus verbannte 
ihn nach der Inſel Planafia, 7 n. E. Vell. Pat. 
2, 112, Tac. ann. 1, 3. Dio Cass. 55, 32. Sofort 
nad) dem Tode des Auguſtus wurde er, vielleicht 
auf Antrieb der Livia, die im Intereſſe ihres 
Sohnes Tiberius den einzigen Entel des Auguſtus 
fürchtete, ermordet. Tac. ann. 1, 6. Suet. Tib. 
22. — 3) D. Haterius Agr., j. Haterius. 
Agrippina, 1) Tochter des M. PVipjanius 
Wgrippa (j. Agrippa, 1.) und der Julia, der 
Tochter des Augujtus. Sie war verheiratet mit 
Sermanicus und begleitete ihren Gatten auf feinen 
Feldzügen, auf welden fie eine ungewöhnliche 
Seelengröße zeigte und manches Unglüd milderte. 
Tac. ann. 1, 69. Nach dejien Tode fehrte jie aus 
Syrien nad Italien zurüd (da. 3, 1 ff.), wo jie 
eine oppofitionelle Stellung einnahm, durch ihr 
Beitreben, ihren Söhnen das römische Reich zu 
verichaffen, fich dem Tiberius und deſſen Minijter 
Sejanus verdächtig machte und deshalb in der Ber: 
bannung auf der Injel Pandataria duch Hunger 
jterben mußte, 33 u. 6. Tac.ann. 5, 3f. 6, 20. 14,63. 
Suet. Tib. 53. Bgl. Burkhard, Agr., Augufts Enfelin 
(1846), u. die Abb. S. 36. — Bon ihren 6 Kindern 
(j. die Stammtafel unter Juli, 8.) wurde Caligula 
jpäter Kaiſer, ihre Tochter, 2) Ugrippina, geb. 
14 oder 16 n. E., Gemahlin des Katiers Claudius 
jeit 49 n. €. (zuerſt verheiratet mit En. Domitius 
Ahenobarbus $ Domitii, ®.), darauf mit Erijpus 
3* 


36 


———— ſuchte ihrem Sohne erſter 
Nero, die chaft zu verſch 
A wurde von Claudius a indes ati ange: 
nommen (Tae, ann. 12, 9 ff.), zum Nachteil feines 
rechten, etwas jüngeren Sohnes Britannieus (j. d.). 
Claudius rot, em bie — einer Ge: 
mahlin und ihr ehebrecheri es Pi en läfti 
fand durd) G ea ——— Tod im J. 54. Tac. a 
12, 66 ff. laud. 43 ff. War. nn in 
fir — Sohn Nero, den nunmeh ier, 
führen zu können, 23 "hbertieh 
IM Me 


wurde, 


na bed Oberften der Prätorianer, 

urrus, und den Natichlägen des weijen Seneca. 
Die beleidigte Agr. verjuchte ihn dafür durch Bri- 
tanmicus zu ftürzen, ihre Abfichten wurden aber 
durchſchaut, und Nero ließ die herrichlüchtige 
Mutter ermorden, März 59. Tae. ann. 14, 1 ff. 
Suet. Ner. 34. Dio Cass. 61, 12 ff. Sie hat über 
ihr Leben und die Schicjale ihrer Familie Me: 
moiren (commentarii, 
Bol. U. Stahr, ade die Mutter eb Nero 
2. Aufl. 1880). Lehmann, Claudius und Nero 
1. ®b. 1858). 

Agroecins, römiſcher Granmmatiker in 5. Jahrh. 
n. &., Berfafjer einer Schrift de orthographia et 
proprietate et differentia sermonis, die einen 

nhang zu dem betr. Werke 
des Flavins Gaper (ü. 
Caper) bilden jollte. Er 
lebte in Gallien und war ſpä— 
ter Bijchof don Sens. Wis: 
gabe in Keils Gram- / 
mat. l.ut., Bd. VII — 
©. 112 ff. * 


NUT: Il 
Lan 


— Fr = m 


Tae. ann. 4, 58) verfaßt. | 


Mt m 


Agroeeius — Aiakes. 
— 2. Do: | Ran. 368. 
Der: 


Ee«!. 184) gefallen lafjen, deren S 
man gleichzeitig jchmälerte. 

'Ayverns, ein bettelnder (von — 
ſammeln) ie Ali welcher den Befragen 
Schidjal weisiagte und allerlei —2 t 
kaufte; daher Gauffer überhaupt. Beſonders lie] 
dieje M chen Berje aus einer Urne ziehen o 
durd; Würfel einen Spruch erlofen. Außert 
ee auch jolche jo, die für den Dienjt ein 

hrter fremder Gottheiten Geld vom ka 3% 
melten, eine Art antiker Bettelmönche. 
rüchtigtften waren bie Hay der 
oder magna mater deorum, die im efitatifı 


—— 




















— * vV 


5 fi 


Bu 
nen 





il 


Statue der ältern Agrippina (im Capitol zu Nom). 


Agron, Ayoov, König von Illyrien, unter: 
ftüßte den König Demetrios II. von Makedonien 
im Kriege dr die Aitofer, ftarb aber bald rad 
errungenem e an ben a feiner Uns 
mähigfeit, um Bı v. C. Bol. Droyſen, Geld. 
des Hellenismus III ©. 44. 

"Aygoriga |. Artemis und Attika, 18, 

Agyieus j. Apollon, 8. 

Agyrrhios, ‘Ayvogrog, ein wegen beruntreuter 
Gelder beftrafter Athener, der fi dann durch Die 
Erhöhung des Soldes für die Teilnahme an der 
Boltsverfammlung (dxrxAnsıaarırov, ſ. d.) auf 
drei Obolen die Gunft des großen Haufens er: 
warb. Er wurde jogar nach Thraiybuls Tode 389 
v. E. Flottenbefehlshaber (Xrn. Hl, 4, 8, 31), 
mußte fi) aber aud) den € 


pott der tomifer (Ar.|madten ihn dann zur Belohnung jeines 


Haltung, fich jelbft verwundend und verſtümme 

unter dem Getön des Tympanons und der Fl 

* dem Bildniſſe der Göttin im Lande um 
jpaen, Zugleich jedem fonftigen Dienfte be 

de Römer vn ans ihr Gewerbe auf ger 
e. 

——— FE EEG — 

Aia ſ. Argonauten, 8. 

Aläkes, Alduns, 1) Vater des Tyrannen 
frates von Samos, j. Polykrates. — 2) 
des Sylojon, Neffe bes Polyfrates, Tyrann 
— ging, von Mriftagoras von Milet 


Berjern und beredete die San 
vie — Kerle in der Seeſchlacht 
den Berjern bei Lade zu verlaffen; 


let 


Aiakides — Aidepsos. 


rates wieder zum Herm von Samos. Udt. 4, 
138. 6, 13 ff. 

Alakides, Alaxiönz, Aeacides, Name der von 
Aiakos (j. d.) abftammenden berühmten Männer: 
Peleus, Adhill ( Verg. A. 1,99), Neoptolemos (daf. 3, 
296), wie der Könige Perjeus von Maledonien 
und Pyrrhos von Epeiros (Ge. dir. 2, 116). 

Aläkos, Alanos, Sohn des Zeus und der 
Aigina, einer Tochter des phliafiihen Flußgottes 
Aſopos, Stammpvater des durch jeine Stärke ſprich 
wörtlichen Aiafidengeichlechts. Aigina wurde von 
Zeus auf die Inſel Dinone (Dinopia), die nad 
ihr Aigina genannt ward, entführt und gebar dort 
den Aiakos. Diefer ward Herricher der —* und 
war wegen ſeiner Frömmigkeit und Milde ein 
Liebling der Götter. Die Juſel ward nach Ovid 
durch eine Peſt öde und menſchenleer: da betete 
Aialos zu Zeus, und dieſer verwandelte einen 
Haufen Ameiſen in Memichen, die Aiakos ihres 
ed eg Myrmidonen naunte, von avg- 
umnsg, eiien (Up. met. 7, 520). Durch from— 
mes Gebet und Opfer erwirkte er auch einft, als 
Hellas von großer Dürre Heimgejucht ward, den 
erjehnten Regen, weswegen die Nigineten ihm 

um Danf das Heiligtum Aialeion bauten. Er 
—* errichtete damals dem Zeus Panhellenios 
einen Tempel anf dem Berge Pauhellenion. 
erbaute mit Apollon und Poſeidon die Mauern 
von Troja; der Teil der Mauer, den er, der 
Menſch, erbaut, ward jpäter erftiegen von Tela: 
mon und dann von Pyrrhos, Helden aus jeinem 
Beichlechte. Pind. 01. 8, 30, Nach feinem Tode 
wurde er wegen jeiner Gerechtigkeit neben Minos 
und Rhadamanthys Richter in der Unterwelt (f. d.). 
Auf Aigina und zu Athen verehrte man ihn als 
Heros. — Die Söhne des Aiafos und der Endeis 
waren Beleus und Telamon, mit der Piama- 
theia zeugte er den Phokos. Diejen ig we 
feine Stiefbrüder und wurden deshalb von Aialos 
verbannt. Telamon fam nad) Salamis zu Kychreus, 
der ihm jeine Tochter laufe zur Ehe gab und 
bei jeinem Tode die Herrſchaft überließ. Mit jei- 
ner zweiten Gemahlin Beriboia (Eriboia), Tochter 
des Befopiben Altathoos, erzeugte Tel. den Wins; 
den Teufros Dagegen gebar ihm Hefione, die Tochter 
des troiichen Königs Yaomedon. Gegen diejen war 
er nämlich mit Herafles, defjen treuer Freund und 
Gejährte er war, ausgezogen (j. Herakles, 11.), 
und nad Eroberung der Stadt hatte er Heſione 
als Beute erhalten. Auch an der kalydoniſchen 


d und der, Argonantenfahrt m er teil zu— 
Se mit feinem Bruder Be Die war von 
Higina aus nad) Phthia in Theffalien zu Eurytion 
gelommen, der ihm feine Tochter Antigone zum 
Weib und den dritten Zeil jeines Landes gab. 
Später vermählte er fich auf dem Pelion mit der 
Nereide Thetis. Bei der VBermählungsfeier, bei 
welcher die Götter erjchienen (IL. 24, 59), jchentte 
ihm Bojeiden die unfterblichen Roſſe Zanthos und 
Balios und jein Freund Cheiron die jchivere 
peliadijche Lanze. Lanze und Roſſe gebrauchte fein 
Sohn Achilleus im Kampfe vor Troja. — Bol. 
auch Akastos. 

Alias, Alas, Aiax, 1) Aias der Lolrer, Sohn 
des Dileus, a. in dem öftlidhen Lokris 
(Orlnog. Ollıcöng, Orleiöng), der Kleine genannt, 
führte die Lofrer in 40 Schiffen nadı Troja, wo 
er einer der tapferjten Helden im Heere war, Hein 


37 


zwar und in linnenem Panzer, aber ein trefflicher 
Speerwerfer und nach Achill der jchnellite Yäufer 
(Il. 2, 527. 14, 520). Beſonders zeichnet er fich 
neben dem Telamonier Aias, mit dem er oft in 
der Schlacht zujammenftcht, in dem Nampfe um 
Patroflos’ Leiche aus (11. 17). Er ift jedoch roh, 
übermitig und prahleriich und deswegen der Athene 
verhaßt. Auf der Heimfahrt leidet er durch den 
Haß derjelben Schiffbruch an den Gyraiiſchen Felſen 
am Südende Euboias. Pojeidon rettet ihn auf 
den Felſen; aber der trogige Mann fpricht das 
übermütige Wort aus, daß er auch ohne Hilfe 
der Götter dem Tode entgehen werde; da zer: 
trümmert Bojeidon im Horn mit dem Preizad 
den Felſen, daß der Frebler verſinkt. Od. 4, 499, 
Als Grund jenes Haſſes der Athene geben Spätere 
an, Aias jei bei der Eroberung Trojas in ihren 
Tempel gedrungen und habe die Kaſſandra, die 
ichugiuchend das Götterbild umſchlungen hielt, 
— weggeſchleppt. Agamemnon entriß ihm 
ie erbeutete Jungfrau. Die opuntiſchen Yolrer 
verehrten U. als Stammheros und zierten ihre 
Münzen mit feinem Bildnis, feierten ihm auch 
ein Feſt Alarrsız; die epizephyriſchen Lokrer 
ließen ihm als Helfer im Rampfe immer in ihrer 
Schlachtreihe einen Plap offen. — 2) Nias der 


Er | Salaminier, Sohn des Telamon (TirAausvıog, 


Terauorıöns), Königs von Salamis, Halbbruder 
bes Teufros, der große Aias genannt. Er fam 
mit 12 Schiffen nach Troja (Il. 2, 557) und war 
hier nach Achilleus bei weitem der eig und ge: 
waltigfte Kämpfer, ein würbiger Gegner des Heftor. 
Il. 3, 225. 7. 206. 14, 409. 15, 415. Als Achill 
—— den Kampf mied, war, er vor allen das 

ollwerk der Griechen (mveyog Ayaımv), der einſt 
allein ihnen auf der Flucht den Rüden dedte 
(11. 11, 545). Bei der Berteidigung von Patro— 
klos' Leiche ift er der Hauptheld (ZI, 17), Nach— 
dem Thetis dem gefallenen Achilleus die Leichen- 
ipiele hatte feiern laſſen, beftimmte fie die alt 
ihres Sohnes dem Tapferften im Heere, der ſich 
um die Rettung des Leichnams und der Waffen 
Achills am meilen verdient —— hätte. Aias 
der ſtarke und Odyſſeus der kluge traten als Be— 
werber auf, und dem letzteren wurde der Preis 
zugeſprochen. Dies iſt der Grund von Aias' Tod, 
und noch im Hades grollt er dem Odyſſeus (dd. 
11, 541). Nach jpäterer Sage ſprach Agamemnon 
auf Athenes Nat die Waffen dem Odyſſeus zu; 
Aias verfiel wegen der Zurückſetzung in Wahnfinn, 
ftürzte des Nachts auf die Herden der Griechen 
ein und mordete die Tiere, im Wahne, es feien 
feine verhaßten Gegner. Als er aus der Najerei 
erwachte, ftürzte er fi im fein Schwert; aus 
jeinem Blute entiproß die Purpurlilie, auf deren 
Blütenblättern man die Anfangsbuchjtaben feines 
Namens (Al AT) zu erfennen glaubte. Jind. 
nem. 7, 25. Soph. Aias. Ov. met. 13, 1ff. Sein 
Grabmal (Alavreor) ift am Nhoiteifchen Vor— 
ebirge. Zu Salamis hatte er als Nationalheros 
Tempel und Bildjäule und ein Feſt Alanrsıa; 
auch die Athener ehrten ihn und nannten nad) 
ihm die Phyle Aiantis. Telmeija, die Tochter 
bes phrugiichen Königs Teuthras (Teleutas), welche 
er auf einem Streifzug erbeutete, war jeine ge: 
liebte SHavin (Hlor. od. 2, 4,5) und gebar ihm 
den Euryjales. 

Aidepsos, Alönypos, Stadt im nördl. Euboia 


38 


mit warmen, dem Serafles geweihten Schwefel: 
quellen, viel bejucht, bei. zur Zeit der Römer, wo 
es ein berühmtes Luxusbad war; j. Dorf Yipfo. 
Strab. 1, 60. 9, 425. Plut. Sull. 26. 

"Aidwvevg j. Hades. 

Aidosg |. Pudieitia. 

Aiötes j. Argonauten, 1. 

Aigai, Alyai, Name einer —* griech. Städte, 
welche faſt ſämtlich an der Meeresküſte gelegen 
waren: 1) Stadt in Achaja an der Mündung des 
Krathis, ſchon zu Strabons Zeit verlaſſen. Hom. 
TI. 8, 208. Hat. 1, 145. Strab. 8, 386. — 
2) St. auf Euboia, j: Limni. Auf einem fteilen 
Hügel oberhalb der Stadt lag das Heiligtum des 
Voſeidon, das nocd zur Zeit Strabons beftand. 
Strab. 8, 386. — 3) aioliſche St. in Kleinafien 
(Hdt. 1, 149. Xen. Hell. 4, 8, 5), litt durch 
Erdbeben. Tac. ann. 2, 47. — 4) &t. in Kilikien, 
auch Aigeni und Aigaiai genannt, wichtiger See— 
plag in römijcher Zeit (j. Ayas). Tac. ann. 18, 8. 
— 5) St. in Emathia in Makedonien, früher 
Nefidenz: und Begräbnisftadt der makedoniſchen 
Könige (Diod. Sie. 16, 3. Arr. 1, 11, 1), auch 
Alyn (IHdt. 7, 123). 

Aiyaiov ztlayog (Hdt. 4, 85. Thue. 1, 08 
u. ö.), Aegaeum mare (Lir. 36, 43. Cie. de 
imp. Pomp. 18), Aegaeum (Hor. od. 2, 16, 2), 
begreift im weitern Sinne das ganze Meer zwifchen 
Griechenland und Kleinafien, im engern Sinne den 
Teil zwiichen Attila, Euboia, Theffalien, Mate- 
donien, Jonien und Karien, den heutigen Archi— 
pelago. Unter den mannigfachen Ableitungen (von 
Aigeus, Bater des Thejeus, der fich hineinftürzte, 
als jein heimfcehrender Sohn die jchwarzen Segel 
einzuziehen vergeflen hatte, von Aigai, von 
Amazonenkönigin Aigaia u. ſ. w.) wird die der 
ftürmifchen Natur desſelben entnommene (von 
also) erwähnt, während doch, abgejehen von der 
Beit um die Hundstage, die Fahrt auf ihm für 
viel ficherer galt al auf dem Joniſchen Meere. 
ra einlich ift der me phoinifijchen Ur: 


prungs. 

Aigaldos, Alyalsos, 1) Höhenzug in Attila, 
füdlicher Zweig des Barnes zwijchen Athen und 
Elsufis, j. Daphnobuni, der Inſel Salamis gegen: 
über, von two Xerres der Schlacht bei Salamis 
zufah. Hdt. 8, 90. Thue, 2, 19. — 2) Hügel: 
reihe an der Weftjeite Meffeniens, bis zum Bor- 
gebirge Koryphaſion ſich hinziehend, j. Malia. 
Strab. 8, 359. 

Aigeus, Alyeve, Sohn des Pandion, der jei: 
nem Bater Kefrops in der Herrichaft über Athen 
folgte, aber von den Metioniden vertrieben wurde 
und jich nach Megara flüchtete, wo er ſich mit 
einer Tochter des dortigen Königs Pylas ver: 
mählte. Ahr Sohn, Wigens, eroberte nad) Pan— 
dions Tode Athen wieder und machte ſich im 
Streite mit jeinen Brüdern zum Herrn desielben. 
Paus. 1, 5, 3. Ihn ftürzten aber die Söhne 
ſeines Bruders Pallad. Dieje wurden von dem 
Sohne des Wigens ans jeiner dritten Ehe mit 
Aithra, einer Tochter des Pitthens von Troizen, 
—— beſiegt und Aigeus wieder auf den Thron 
etzt. Flut. Thes. 13. Als Theſeus auszog, 

n Minotauros auf Kreta zu töten (ſ. d.), ver: 
abredete er mit feinem Vater, wenn er glüdlich 
wäre, bei der Heimkehr ein weißes Segel auf: 
zufpannen, ließ aber, uneingedent der Abrede, das 


"Aidovevg — Aigina.. 


ſchwarze Segel, welches das Schiff trug, ti 
Als Aigeus das ſah, glaubte er, jein Soh: 
umgefommen, und ftürzte fi) von einem F 
ins Meer. Plut. Thes. 22. Paus. 1, 22 
Catull. 64, 207. Das Meer erhielt der © 
nad) davon den Namen des Aigaiiſchen (i. 
yalov nelayos). Das atheniiche Volk ehrte 
nach feinem Tode durch ein Heiligtum, de 
Grundmauern man unterhalb der jüdmweftlichen 
des Afropolisfelfens wiedererfannt zu haben qla 
und durch eine Statue, ſowie aucd eine der c 
niihen Phylen nad ihm als Eponymos ben« 
wurde. us. 1, 5, 2. 22, 5. — Wigeus, | 
Wogengott“ (ein Beiname des Poſeidon), ift 
prünglich fein anderer als Pojeidon jelbft, 
Stanımgott der Yonier, der gleichfall® Water 
Theſeus heißt. 

Aigialöa (-eia) j. Achaia, 1. u. Diomed 

Aigiäleus ſ. Adrastos, 1. 

Alyıxogeis |. Dvin, 2. 

Aigimios, Alyduos, mythiſcher Stammp 
der Dorer am Pindos, der in einem Kriege ne 
die Lapithen den Herakles zu Hülfe rief und 
ben dritten Teil jeines Landes veripradh. Hera 
befiegte die Lapithen und erichlug ihren Kö 
Koronos und defien Bundesgenofien Laogo! 
König der Dryoper, nahm jedoch das angebot 
Land nicht an. Apollod. 2, 7,7. Nach den € 
nen des Migimios, Pamphylos und Dymi 
wurden die doriichen Phylen der Ramphylen ı 
Dymanen benannt; der dritte Zweig der Hol 
ftammte von Hyllos, des Herakles Sohn, 
eg Aigimios aus Dankbarkeit adoptiert ha 
— Bon einem 2 Bücher umfaffenden epiichen Ged 


der % rov Alyluıor rornoag), das bald Heſiod, b 


einem Fortjeger Kerfops ans Milet zugeich 
ben wurde, find nur wenige Fragmente erhal 
8 bei Kinkel, epie. Graee. fragm 
p. 82 ff). 

Aigina, Alylen, fpäter Alyıva, Aegina, 
Dichtern auch Dinopia genannt (Pind. isthm. 
45. Oe. met. 7, 472), j. Agina oder Engia, In 
im Saronifchen Meerbufen, zwiichen Argolis u 
Attila, von wenig über 2 Meilen Flächeninhe 
größtenteild gebirgig (Teimveyie, IIavellnvıo 
in den ebeneren Teilen (im W.) aufßerordentl 
fruchtbar, reich an feiner Thonerde, die zu tri 
lichen Gefäßen benutzt wurde (daher gurodmwkı 
Der Sage nach brachte Zeus des phliaſiſchen Flı 

ottes Aſopos Tochter, Aigina, auf die früf 

inone genannte Inſel, wo diefelbe den Aial 
(ſ. d.) gebar; dann Habe Zeus die Anfel n 
Myrmidonen (Ameiſenmenſchen, nvounes) | 
völfert. Dieje Sage deutet auf Koloniſation v 
Phlius und Phthia. Nachdem die Niafiden t 
Inſel verlaffen hatten, indem Telamon nach Sal 
mis, Peleus nach Phthia ging, ward die Bevöll 
rung durch Einwanderung aus Epidanros größte 
teils doriich (Hat. 8, 46), und die Bewohn 
Alyıwnjrar, jtanden mit Epidauros in enger Be 
bindung, bejonders mährend der Thrannis d 
Pheidon in der Mitte des 8. Yahrh., der hi 
die erſten ordentlichen filbernen Münzen geprä 

ben jolf. Um 540 v. C. jedoch entzogen fie fi 
jenem Berhältniffe, und Eifer und Betriebjamte 
riefen bald eine Blüte des Handels und eine Se 
macht hervor, welche fie jelbjt Kolonien gründ« 
lieh (Kydonia auf Kreta, Aiginetis in Baphlagonicı 


Aigion — 
und wejentlich mit zur Beſiegung der Perſer bei- 


trug. In der Schlacht bei Salamis jtellten fie 
außer den zur Beichügung der Inſel nötigen 
Schiffen 30 Trieren 


errangen den erſten Breis der Tapferkeit. Hat. 
5, 83. 8, 46. 93. Bald aber erregte dieje be: 
deutende Macht die Eiferjucht der nahen Athener, 
denen e3 im Kampfe gegen Korinth, Epidauros 
und Wigina gelang bei der Inſel die Flotte der 
Yigineten zu ſchlagen, worauf dieje (457) ihre 
Stadtmauern einreißen, die Schiffe ausliefern und 
Tribut zahlen mußten. Später (429) wurden die 
Einwohner jogar gänzlich vertrieben und fanden 
durch die Laledaimonier Aufnahme in der Land— 
ichaft Thyreatis. Lyſander führte jie 404 freilich 
zurüd, doc war Macht und Wohlſtand gebrochen. 
Später gehörte die Jnjel zum achaiiſchen Bunde; 
dann den Witolern, dem Attalos von Pergamos 
und endlich den Römern, unter denen diejelbe eine 
icheinbare Autonomie behauptete. — Die reid): 
geihmücte Hafenftadt Aigina lag an der Weit: 
füfte und hatte 2 zum Teil durch Molen künſtlich 
gebildete Hafenbaſſins; dort befand fich das Ala- 
xsıov, der Tempel des Aialos, in welchem auch 
die in den zu Ehren des Aiakos gefeierten Aiakeen 
gewonnenen Kränze aufbewahrt wurden (Pind. 
nem. 5, 53); mehr in der Mitte die Stadt Oin. 
Auf dem Panhellenion ftand ein Tempel des Zeus. 
Doc nicht zu ihm, jondern zu einem, bald nad) 
den Perſerkriegen, wie es jcheint (nicht jchon im 
6. Jahrhundert) erbauten Athenetempel, von dem 
jest noch 23 Säulen, teilweiie mit ihrem Gebälk, 
ftehen, gehören die in der Münchener Glyptothek 
befindlichen Giebelgruppen, deren eine den Kampf 
um den Leichnam des Achilleus, die andere wahr: 
icheinlich den Kampf um den Leichnam des Diffes, 
des Kampfgenofien des Heralles bei der Erſtür— 
mung Trojas, darftellt. Der aiginetiiche Kunſt— 
ſtil iſt im der Kunftgeichichte befanunt; indem er 
fih bemüht, die plajtiiche Individualität auszu— 
prägen und der Natur nahe zu bringen, bewahrt 
er zugleich den traditionellen Typus der Götter 
mehr als der attiiche. Kallon, Anaragoras, Glau— 
tias, Simon, Dnatas find die Namen der vor: 
zäglichjten Künftler diejes Stils. — Unter den 
mannigfachen Handelsartikeln der Aigineten ift 
beionders das aiginetiiche Erz, dem forinthichen 
und deliichen nahe fommend, zu bemerken, jowie 
eine Menge von Galanterie: und Kurzwaren u. j. w. 
weshalb man unter dem Namen Alyıvala &unoAn 
jede Art von Kleinkram begrifl Bon der Dichtig: 
teit der Bevölkerung gibt die Nachricht einen Be- 
griff, e3 hätten 5000 Bürger und 470 000 SHaven 
auf der Inſel gelebt. Aristot. bei Athen. 6, 272 d. 
Strab. 8, 375. Bgl. ©. Müller, Aegineticorum 
liber (1817). About in den Archives des missions 
scientifiques III p. 481—567, Burfian, Geographie 
von Griechenland II ©. 77 ff. 

Aigion, ro Alyıov, Stadt in Achaia am Seli: 
uusflug und am Meere, j. Voftika. Il. 2, 574. 
Hdt. 1, 145. Paus. 7, 22 ff. Die Stadt zerfiel 
in zwei Hälften, eine obere auf einer Anhöhe und 
eine untere, unmittelbar an der Meeresbucht ge: 
legene, fbelche, durch Landipigen geihüßt, einen 
guten Hafen darbietet. Nach dem Untergang Helifes 
(373 v. €.) war fie Hauptort der Achaier; jpär: 
liche Ruinen bei Boftiga. Sie war Verfammlungs: 
ort der Achaier, die zweimal jährlich in einem 


S gemeinjamen Flotte und 


39 


—— des Zeus we an zufanımenfamen. 
aus. 7, 7,2. Hier ftarb Aratos. Plut. Arat. 53. 
Aigira, Alysıga. offiziell Adyıga, Stadt in 
Achaja am Meere (Hdt. 1, 145), nahm die Be- 
wohner von Migai auf (j. Aigai, 1.); wahr: 
icheinlich das homerische "Trsenein (Tl. 2, 573). 
Beträchtliche Ruinen bei Paläotaftro. 

Aigis, alyis, -idog, der grauenvolle, furchtbar 
ftrahlende, unzerbrechliche Schild des Zeus, ein 
Wert des Hephaiftos. Wenn der Wolkenſammler 
mit der Rechten den Blitz jchleudert, jo jchüttelt 
er mit der Linfen die mit 100 Quaſten beſetzte, 
mit drohendem Schreden befränzte Aigis, „drauf 
ift Streit und Abwehr und drauf die ftarre Ver: 
folgung, drauf auch das Gorgohaupt, des entieß- 
lichften Ungeheuers“. Il, 5, 738. 17, 698. 15, 
308. 2, 447. Das Wort ijt abzuleiten von dem 
Stamme AIT' und bezeichnet Sturm und Wetter. 
Dies ftürmende Wolkengewand ift Waffe uud 
—— Schild des Zeus, der deshalb alylozos, 
alyısdouyog, Aigishalter Heißt. Außerdem trägt 
auch des Zeus geliebte Tochter Athene fie zum 
Schuge für fi) und andere, ausnahmsweiie auc 
Apollon (Il. 15, 221.) An die Ableitung von 
alt, Ziege, und die Bedeutung Ziegenfelt ift 
bei Homer nicht zu denken; die jpäteren Sagen 
Dagegen legten die Bedeutung Ziegenfell zu Grunde 
und erzählten, ausgchend von dem Gebrauche roher 
Völker Ziegenfelle im Kampfe zum Schuß des 
linfen Arms und der Bruft zu gebrauchen, Zeus 
ur im Kampfe mit den Giganten auf Befehl des 

afels die Haut der Ziege, die ihn als Kind 
gejäugt, mit dem Haupte der Gorgo verjehen und 
über jeinen Donnerichild geſpannt. — Die Voritel- 
fung der jpäter der Athene eigentümlich beigege: 
benen Aigis, wozu jchon Homer gg: gab, 
indem er öfter Athene die Aigis ihres Baters 
führen läßt, ift entjtanden aus der homerijchen 
Aigis des Athene trägt ihre Aigis bald als 
ichuppiges Fell über Bruft, Schultern und Rüden 

eworfen, bald als jchuppigen, mit dem Gorgonen- 
— in der Mitte und mit Schlangen am Rande 
beſetzten Panzer auf der Bruſt. Herodot (4, 189) 
will den Urſprung dieſer Aigis von der Tracht 
libyſcher Jungfrauen, Dienerinnen der Göttin, ab— 
leiten, welche um ihre Kleidung Ziegenfelle mit 
Troddeln warfen. Nach Diodor (3, 70) war Aigis 
ein erdgebornes, feuerſchnaubendes Ungeheuer, das 
Phrygien, Indien, Agypten, Libyen verheerte; 
Athene tötete es und machte ſein Fell zu ihrer Waffe. 

Aigisthos, Alyısdos, Sohn des Thyeftes und 
der Tochter desjelben, Pelopia, welche ihn nad) 
jeiner Geburt ausjegte. Hirten fanden ihn und 
nahmen jich feiner an, eine Ziege jäugte ihn (da: 
her vermeintlich der Name). Wigijthos tötete, als 
er herangewachſen war, den Atreus (j. d.), der 
ihn für jeinen Sohn hielt und ihm die Ermor- 
dung des Thyeſtes aufgetragen hatte; darauf über: 
nahmen Wigijthos und Thyeites die Herrichaft über 
Mykenai. Nach Homer (Od. 4, 518) beherrichte 
Aigijthos, nachdem Thyeites geftorben war, die Süd— 
oftipige don Argolis als Vaſallenland. Während 
Agamemnon mit den Griechen vor Troja kämpfte, 
verführte Aigifthos defien Gemahlin Kiytaimnejtra 
und ermordete jpäter den heimgelehrten Agamem— 
non (ſ. d.). Ungeftört herrichte er nun ſieben Jahre 
lang in Mykene; da erſchien, wie ein Orakel es 
verfündigt hatte, ein Rächer in Orejtes, Agamem— 


Aigisthos. 





— 


te 





40 


nons Sohne, der den Mörder nach dem Geſetze 
der Blutrache beſtrafte, ſ. Orestes. 

Aiyopayog |. Hera, 2. 

Aiyög zorauoi, Aegos flumen (Hdt. 9, 
119. Xen. Hell. 2, 1, 21 ff. Nep. Lys. 1), Ylüß- 
chen und- Stadt im Thrakiſchen Eherjonnes, Lamp- 
ſakos gegenüber, j. Karakobä-deré, befannt durch 
die gänzliche Niederlage der Athener durch Lyſander 
im peloponnefifchen Kriege (405 v. E.). Plut. Alec. 
37. Tas. 9 ff. 

Aiyovodeı |. Aegates. 

Aigyptios, Alyurtıos, ein Greis von edler Ab- 
funft auf Ithala, Freund des Odyſſeus. Bon 
feinen 4 Söhnen war Antiphos mit Odyſſeus gegen 
Troja gezogen und wurde von Bolyphemos ge: 
jreffen; ein anderer, Eurpnomos, war unter den 
Freiern der Penelope. Hom. Od. 2, 16 ff. 

Aigyptos, I) Mythologiidh: 6 Alyvmrog, 
Argyptus, Sohn des Belos und Zmwillingsbruder 
des Danaos. Er nannte das Land der Melam: 
poden, welches er fich unterwarf, nach fich Aghpten. 
Danaos hatte 50 Töchter, Aigyptos 50 Söhne. 
Letztere ftellten dem Danaos nad), der nach Griechen: 
land flüchtete und Argos gründete, wohin jene 
ihm folgten und feine Töchter von ihm zur Ehe 
verlangten. Zwar willigte Danaos iu ihr Begehren, 
gebot aber zugleich feinen Töchtern, ihre Berlobten 
in der Brautnacht zn ermorden (j. Danaos). Nadı 
einer andern Sage (Hyg. fab. 168) ftrebte Wigyp: 
tos nach der Herrichaft feines Bruders und tradı: 
tete deshalb demſelben und deffen Töchtern nadı 
dem Leben; Danaos aber entfloh, und Aigyptos 
fandte ihm jeine Söhne nach, um ihm zu töten. 
Sie belagerten feine Hauptftadt Argos und zwangen 
ihn, ihnen jeine QTöchter zur Ehe zu geben, er 
gebot aber diejen ihre Männer umgubringen. 
Nach einer dritten Sage fam Aigyptos jelbit nach 
Griechenland und ftarb hier vor Sram, als er den 
Tod feiner Söhne vernahm. — II) Geographiſch: 
 Alyonrog, Äegyptus, Ägypten (j. Brugich, Geo— 
graphie des alten A. Leipzig 1857. ümichen, 
Geſchichte des alten A. Berl. 1878. ©. 24 ff.). Der 
noch nicht mit Sicherheit erflärte Name Alyvaros, 
en nur von dem Fluß des Landes, dem 
Nil, gebraucht (Mom. Od. 4, 351. 855), wurde 
in der Folge auch auf das don demfelben durch: 
ftrömte Land übertragen, welches mit älteftem ein- 
heimijchem Namen Chemi od. Kemi (das ſchwarze, 
von dem ſchwarzen Fruchtboden, den der Nil ab: 
jeßt, im Degenieh u der gelben Wüſte), bei den 
Arabern noch jetzt Masr Heißt, wie im A. T. Miz: 
rajim (Dualis, wegen der Zweiteilung des Landes 
in Ober: und Unteräghpten, welche in den alten 
Titeln: „Herren der beiden Aghpten, Könige der 
beiden Kronen“, hervortritt). — Das eigentliche W., 
nur 554 IM. groß, ift das angebaute Land oder 
das Nilthal von Philai und Syene an, wo der Nil 
zum leßtenmal die Riegel der Gebirge in mäch— 
tigen Katarakten durchbricht. Das Flußthal ift 
120 MI. lang, aber im Mittel faum 2 MI. breit. 
Zu beiden Seiten begleiten Tahle Felsketten das 
Ufer, bis das Delta ſich öffnet: im Weften die 
libyſche VBergfette, welche mit dem Plateau von 
Barka zufammenhängt; im Oſten das höhere ara: 
bijche Gebirge, das bis an die Yandenge von Suez 
herantritt. Jedoch führen mehrere Querthäler vom 
Nil zum roten Meer hinüber; jo von Koptos (ij. 
Kuft) nad) Leukos Limen (j. Koſer), durd) das h. 


Aiyopayog — Aigyptos. 


Wadi Hammamat. — Der einzige Strom t 
Landes ift der Nil (j. Nilus). Sinnvoll nen 
Herodot (2, 5) A. „ein Geſchenk des Nil‘, der 
der That durch fein Anstreten von Mitte Xı 
bis November und durd) den jo abgelagert 
Schlamm das regenarme, von troftlofer Ode uı 
gebene Thal zu einem der fruchtbarften Länt 
macht. Teils zur Beförderung des Handels, tei 
zur Unterftüßung der Überichwenmungen hatte mı 
eine Menge von Kanälen und Fünftlichen Se 
angelegt. Der bedentendite Kanal war der Rto! 
matios: oder Trajansfanal (6 TTroisuniog, T'oe 
«rös morauog), welcher den Nil von Kairo a: 
mit dem Arabifhen Meerbufen verband und I 
Arfinoe in die Spite des Heroopolitifchen Mee 
bujens mündete. er merkwürdigſte unter d 
Seen iſt der See des Möris (7 Moierog od 
Moigıdog Adurn, Moeridis lacns), auf der We 
feite des Nil bei Rrofodilopolis oder Arſine 
ferner der Sirbönis (Zießoris, j. Sebcha Bardır 
bei Kafion, durch einen Kanal mit dem Mitt 
meer in Verbindung; die Bitterjeen bei Heroopol 
(el nıxoal Aura, fontes amari), durch twelc 
der Trajansfanal führte; die Natronjeen (Nirgra 
Nitriae), im W. des Nil, nordweſtlich von Memphi 
Durch Nilmündungen wurden folgende Seen q 
bildet: der See von Tanis (4 Tarıc, j. Menzal 
zwiichen Peluſion und QTamiathis, durch welch 
der tanitiſche und mendefiiche Nilarm feinen Aır 
fluß hat; der See von Butos (H Bovrean A., 
Burlos), durch die ſebennytiſche Mündung gebilde 
mit der Inſel Chemmis; der Mareötis (n Maoeo 
rıe, Mageie A., j. Birket Mariut) bei Alerandrei, 
durch die lanobiſche Mündung gebildet (vinw 
Mareoticum, Hor. od. 1, 37,14). — Das lim 
ift beftändig und jehr geſund. Die Flora (Baun 
wolle, Balme, Bapyrusftaude u. a.) und Faun 
(Krokodil, Nilpferd, Ichneumon, Ibis u. ſ. w 
war in der alten Zeit reicher als jetzt. Die B 
twohner, in deren Wefen und Leben die Eigena' 
des einzigen Landes jo jcharf, wie es fonft ni— 
gends vorlommt, fich ausgeprägt hat, find ohn 
Zweifel aus Aſien herübergewandert; in den ältı 
jten Zeiten zeigt jih ihr Typus dem kaukaſiſche 
noch ähnlicher als fpäter, auch ihre Sprade i 
mit den jemitijchen unverfennbar verwandt. - 
Die alte Einteilung war die in Ober: und Unter 
ägypten, jenes „das Südland“ mit der weiße 
Königskrone, vom erjten Katarakt bis unterhal 
des fruchtbaren Fayum (am Mörisjee); diejes „da 
Nordland“ mit der roten Krone, das Gebiet vo 
Memphis mit dem Delta. Seit der Ptolemaicı 
zeit wurde noch Mittelägypten bejonders aufge 
führt, das Land von Hermupolis bis Memphi: 
Jeder diejer Teile zerfiel wieder in Bezirke (vonor 
deren Gejamtzahl in den verichiedenen Zeite 
zwifchen 35 umd 47 ſchwankt. Mittelägupten hie‘ 
wegen jeiner urfprünglichen 7 Nomen bei dei 
Griechen Heptanomis. -—— Erjt unter den Ptolemaier 
wurden die in der Libyſchen Wüſte liegenden 
Dajen (Odssıs, Adaorıg, j. Uah) und die libyſch 
Landſchaft mit der Daje des Amunheiligtum: 
(Ammonium) und der Küftenftadt Paraitonion 
unter die Nomen aufgenommen. Ausgeſchloſſen 
blieb davon das Land jüdlich von Philai bis Ta 
chompio (Teyouwe, Hat. 2, 29), wegen der Längı 
von 12 ägypt. Schoinen von den Griechen Dodeta 
ſchoinos genannt, defien Bewohner, die Blemmyer 


1 


8 


ES 


Aigyptos. 


allerdings den Agyptern unterworfen waren. Unter 
den Römern wurde die Grenze weiter ſüdwärts 

hoben, bis Diocletian fie nach Syene zurüdzog. 

ie die weftliche, jo wurde auch die örtliche, ara= 
biiche Kette nicht urfprünglich zu Ägypten gerech— 
net (von den früheren Griechen jogar zu Siien), 
doch brachten die Berbindungsitrafen mit dem 
roten Meere nähere Berührung. — In den ein: 
zelnen Landesteilen find folgende Städte zu nennen: 
a) Unterägnpten (7 x&ro yeow), das Delta 
(rd Ifkre), j. Bahari, das Land der Nilmündungen 
von der Teilung bei Babylon Altkairo) an: 
Alexandreia (. d.), j. Istenderije; Kanobos, 
j. Kahannub, bedeutend vor Alerandrias Grün— 
dung; Hermupolis parva, j. Damanhur; Buto, 
ij. Tell Rerain; Sebennhtos, j. Semennud; 
a j. Damiette; Diospolis, j. Men: 
zale; Sais, Leis. j. Sa el:Hager, Sit mehrerer 
Dynaftien; Tanis, hebräiich Zoan, j. San; Pe— 
Injion, j. et-:Tine; Kaſion, j. el Ras; Bubaftis, 
j. Tell Bafta; Naukratis, der einzige den Griechen 
geöffnete Handelsort, j. Tell Defenneh bei Kan: 
tara am Sueztanal; Daphne, j. Tabenet; He— 
roopolis, uripr. Patum (A. T.: Pithem), j. 
wahricheinlich Tell el-Mastuta; Helinpolis, j. An 
(A. T.: Om), 8 km. nördl. von Kairo. — b) Mittel: 
ägupten, n werafn oder N 'Ertavouis, j. Masr 
dejtani: Memphis, Miupıs (U. T.: Moph), 
die alte Hauptitadt, j. in Trümmern, in der Nähe 
der Pyramiden; ſüdw. davon Afanthos, j. Dah— 
ihur; Aphroditopolis, j. Atuh; Krofodilo: 
polis, jpäter Arfinoe, j. Medinet el-Fayım, am 
Mörisjee, öftlich davon das Labyrinth; Heracleo- 
polis magna (A. T.: Hands), j. Ahnas el-Me- 
dine; Oxyrynchos, j. Beneje; Hermmpolis, j. 
Achmunein; gegenüber, rechts vom Nil, Untinoo: 
polis oder Antinod, j. Schch Abade. — c) Ober: 
äghnpten, ol kvo röroı oder Thebais, 7 Onßais, 
ij. el-Said: Lyfopolis, j. Siut; Ptolemais 
Hermin, j. Menichije; ze Chemis oder 
Panopotis, j. Achmim; This, j. el-Tineh; ganz 
in der Nähe Abydos, füdl. von dem heut. Ber 
jane; Tentyris, j. Dendera; Koptos, j. Kuft; 
Thebai (f. d.) Tage), ipäter Diospolis magna, 
die glänzende Hauptſtadt, deren Trümmer bei 
Lufjor, Karnak, Medinet:Habu liegen; Apollo: 
nospolis, j. Edfu; die Grenzſtadt Syene, j. 
Aſſuan; gegenüber im Nil die Inſel Elephantine 
mit dent Nilmefler, am Ende der feinen (erften) 
Rataraften; 10 km jüdlicher die reizende Inſel 
Philai. Strab. 17, 785 ff. — II Hiſtoriſchſ. 
Bunfen, AÄ. Stelle in der Weltgeichichte. 1844—57. 
5 Bde. Brugich, Geſch. A. 1877. Dimichen u. 
Mever, Geih. A. 1878 fi. 2 Bde. Wiedemann, 
ägupt. Geſchichte. 1884. Ebers, Cicerone durch das 
alte u. neue A. 1886. 2 Bde. Dunder, Geſch. d. 
Altert. I. II. 5. Aufl. 1878. Maspero, Geſch. d. 
morgenländ. Völker. 1877. Meyer, Geich. des 
Altert. I. 1884), Die Ägypter find das ältefte 
uns bekannte Kulturvolt, mögen auch die Baby: 
lonier ihmen nahezu gleihfommen; jchon den Alten 
war A. mit feinem geheimnisvollen Strom, feinen 
mächtigen Baumerten, feiner verichleierten Weisheit 
das Land der Wunder und Rätiel. Mit Hülfe der 
30 Dynaſtien Manethos (ſ. d.) von Menes bis 
Nektanebos, auf Grund eines Papyrus (j. in Turin) 
und der Königstafeln von Abydos, Karnak und 
Saftara, und gemäß der Einrichtung des ägypt. Ka— 


41 


lenders können wir den Gründer des alten Reiches 
und der Hauptſtadt Memphis, den König Menes, 
etwa um 3500 (Lepfins 3892, Meyer vor 3180) 


v. C. anjeßen. Der 4. Dynaſtie (um 3000) gehö- 10 


ren die Erbauer der drei großen Pyramiden von 
Size an. König Bezi aus der 6. Dynaſtie (um 2600) 
breitete jeine —** auch über die Neger im 
Süden aus. Die 12. Dyn. (um 2300-2100 v. E.), 
welche zu Theben refidierte, zählte verichiedene be- 
dentende Könige Namens Amenemha und Uſerteſen; 
Amenemba II. (um 2150) legte den Mörisice als 
rofartiges Wafferrefervoir an und erbaute an 

jelben einen großen Neichstempel, von den 
Griechen Labyrinth genannt. Dem alten Reich machte 
ein Ende der Einfall der Hykſos (Hat: Schain, 
„Fürſten der Hirten‘), jemitijcher Stämme, welche 
2100-1600 Unteräghpten —— und auch 
die einheimiſchen Fürſten in Oberägypten ſich tri— 
butpflichtig erhielten. Nach langem Befreiungs— 
kampfe vertrieb —* Amaſis von Theben dietel- 
ben aus ihrer Feſte Avaris bei Peluſion, zwang 
fie zum Abzug und gründete das nene Reid, 
das unter der 18., noch mehr unter der 19. Dyna— 
ftie glänzende Tage erlebte. Zu jener zählten Tut- 
mes III. und IV. Amenophis II. und II. (1600-- 
1440); zu diejer Seti (Sethos) 1. (1436 — 1400) 
und Ramjes Il. (1400-1334), deren Thaten in 
ig und Frieden den Griechen in der en 
des Scjoftris (f. Ramses) zufammengeflofien find. 


Bei der Ausführung eines Kanals vom Nil zum 11 


roten Meer und bei Bauten in Pithom (Servo: 
polis) und Ramſes (wahrich. Tanis) waren die im 
Lande Gojen wohnenden Hebräer (Apuriu auf den 
Dentmälern) zu harten Frondienften gezwungen 
worden und zogen deshalb um 1320 unter Nam: 
jes’ II. Sohn, Mernephtah I., nad der Halbinjel 
Sinai aus. Noch einmal hob ſich das Reich unter 
Ramſes I. (um 1260, 20. Dynaſtie). König 
Sifat (Sejonpis, um 940) aus der 22. Dynaſtie 
unternahm einen Raubzug gegen Rehabeam von 
Juda. 728-672 ftand Aghpten unten drei äthio— 
piihen Nönigen von Napata, welche aber zu 
Theben rejidierten (25. Dynaftie): Sabako (728 
— 716) wurde 720 bei Raphia von dem Aſſyrer— 
fönig Sargon geichlagen; Sabatata (716-704) 
mußte 711 bei diejem um Frieden bitten; Taharla 
(704-672) war bei Altaku 701 gegen Sanherib 
fiegreich, mußte aber bei Ajarhaddons Angriff 672 
Agypten räumen. Diefer jehte 20 einheimijche 
Fürften als Statthalter über die verjchiedenen Be: 
ng des Landes (dies die Dodekarchie Herodots); 
mächtigfte war Necho, Herr zu Sais und 
Memphis. Um 655 warf deſſen Sohn, Pſamme— 
tich 1., das afiyriiche Joch ab, machte fi) zum 
— — und gründete die 26. Dynaſtie. 
ihn und jeine Nachfolger Necho, Pſammetich I1., 
Apries, Amafis, Pſammetich IIL. (Pſammenit) ſ. 
die betr. Art. 525 wurde A. durch Kambyſes 
eine perſiſche Provinz, empörte ſich aber wiederholt 
(j. Artaxerxes und Nektanabis). Am Dez. 
332 z0g Alexander d. Gr. in das Land ein, nad) 
feinem Tode begann die Herrichaft der Btolemaier; 
30 v. E. wurde es dem römiichen Reiche einver- 
feibt. — Die Bildung der Agypter reicht in das 12 
= Altertum zurüd. Wenn die ftaunenswerte 
usführung der Pyramiden (i. d.) eine lange Übung 
im Steinbau vorausjegt, jo lejen wir eben aus 
jener Zeit (Ende bes 4. Jahrtauj.) ſchon von ver: 


14 und Ruhe der 


42 


ichiedenen medizinischen Büchern. Schon damals | 


hatte ſich aus der reinen Hieroglyphenſchrift 
mit mehr als 2000 Zeichen die vereinfachte hieratiiche 
Schrift gebildet, aus welcher wieder im 8. Jahrh. 
v. E. die demotijche hervorging. (Den Schlüſſel 
que Entzifferung lieferte die 1799 aufgefundene 
afel von Roſette, ein priefterliches Dekret von 
190 v. C. in hieroglyphiſcher, demotiicher und 
riechiſcher Schrift. Das Hauptverdienſt um die 
eutung der Zeichen hat ſich der 1832 verſtorbne 


13 Gelehrte Fr. Champollion erworben.) An jenen 


drei Schriftarten der Ägypter befigen wir nun eine 
zahlreiche Litteratur auf Stein, Papyrus und 
Leder: einige Rönigsliften (j. o.), jehr viele Prunk— 
injchriften über Kriegszüge und Bauten, richterliche 
Protofolle, mediziniihe Schriften, mathematische 
und aitronomifche Aufzeichnungen, lyriſche und 
epische Gedichte, theologiich-philofophijche Stücke 
(3. B. das Totenbuch in vielen Eremplaren). — 
Die Religion war Naturdienft, Verehrung der 
Sonne, überhaupt der wohlthätigen, lichten Mächte. 
In Memphis ftand an der Spite des Pantheons 
tab, der Gott des Lichtes, Herricher des 
Himmels, der Schöpfer aller Weſen, der Herr der 
Wahrheit. An Theben nahm Amun (Ammon) 
jeine Stelle ein. Na war der Gott der ftrahlen: 
den Tagesjonne, Tum der Gott der untergehenden 
Abendionne. Die ichaffende Naturkraft war per: 
jonifiziert in den Göttinnen Neith und Bait; 
Hathor, die Göttin der Schönheit und Liebesluſt, 
entſprach der griechijchen Aphrodite. Den Göttern 
waren beftimmte, ihren Cigentümlichfeiten ent- 
Iprechende Tiere geheiligt. Der Mythus von Oſi— 
ris, Iſis und Horos in ihrem Kampf mit Tophon 
(Set) ftellte das Ringen der guten, heillamen 
Mächte mit den finfteren, jchädlichen, aber aud) 
den immer neuen Sieg der erfteren dar. An das 
Fortleben des Dfiris bejonders fnüpfte fich der 
Glaube an ein anderes Leben, an die Unfterblich: 
feit der Seele, welche aber bedingt war durch die 
Erhaltung des Leibes; daher die Fürſorge für die 
Einbaljamierung der Leichen, für die Sicherheit 
räber. — Die ägypt. Kunſt hat 
namentlich in der Architektur, welcher die Plaſtik 
und Malerei meiftens nur dienftbar waren, Werfe 
von unvergleichlicher Großartigkeit geichaffen; ſo 
neben den Pyramiden die Tempel zu Thebai. 
Während die älteften Skulpturen durch frappante 
Lebenswahrheit ſich auszeichnen, find die jpäteren 
wegen ihrer Gebundenheit an feite Regeln fteif 
und ftarr. Auch die Malerei hat mit ihren ein: 
fachen Mitteln Anertennenswertes geleiftet. — Vgl. 
Chipiez, Geſch. der Kunft im Altertum. 1. Abt.: 
Agypten, bearb. von Bietichmann (1882 ff.). — In 
dem Staat der Ägypter war die deipotiiche Ge— 
walt der nach ihrem Tode göttlich verehrten Könige 
beſchränkt durch die alten Sagungen Prieſter⸗ 
ſchaft, welche als Trägerin der Wiſſenſchaft und 
Kunſt in hohem Anſehen ſtand, und aus deren 
Reihen die meiften Beamten genommen wurden. 
Der Kriegerftand war für Überlafjung beftimmter 
Grundſtücke zum Dienft in dem wohlgeordneten 
Heere (Wagenkämpfer, Bogenihüben u. a.) ver: 
pflichtet. Die übrigen Bewohner teilten fich in 
Aderbauer, Handwerker und Hirten. 4. ift für 
uns wieder erichloffen worden durch Napoleons 
Erpedition 1798 f., welcher 1842—46 die von Yep: 
fing geleitete Forichungsreife folgte. 


Ailianos — Aineias. 


Alliänos j. Aelianus. 

Ainaria j. Aenaria. 

Aineias, Alvelag, Aeneas, 1) Sohn des Andy 
und der Aphrodite, Fürft der Dardaner am J 
Verwandter des Priamos (ſ. Anchises). ! 
dem da (II. 2, 820) oder am Simoeis gebor 
ward er von Wlfathoos, dem Gemahl jei 
Schweiter Hippodameia, in Dardanos erzogen 
13, 428, 465); nach dem Aymn. in Ven. iſt 
nach feiner Geburt von Aphrodite den Nymp 
des Ida zur Erziehung übergeben. Anfangs na 
Nineias wicht teil am trojan. Kriege; als er a 
einft von Achilleus auf dem Ida bei den Her 
überfallen wurde, zog er nach Troja dem Pr— 
mos zu Hülfe. Bier war er einer der ausgeze 
netiten Helden, tapfer, weile und fromm, d 
Hektor gleich wie ein Gott von den Troern gee! 
Wie Adyilleus auf griech. Seite, jo ijt Aineias 
troj. Seite der herrliche Sohn einer Göttin, Li 
ling der Götter; befonders jhüßten ihn im Kam 
Aphrodite und Apollon (Il. 5, 311 ff.). Wie Ad 
leus hatte er göttliche Rofje, welche von dei 
abftammten, die Zeus einft dem Tros als Er 
für den geraubten Ganymedes gegeben (II. 5, 2« 
Bon Briamos ward Aineias gehaft, wie Adhillı 
von Agamemnonz denn er hoffte einft über 
Troer zu herrihen. Mit den tapferften Gried 
beitand er mutig den Kampf, felbit mit Achillı 
(Il. 20, 259). In dieſem Kampfe rettete i 
Bojeidon, damit nicht das Geichlecht des Dardaı 
untergehe; „denn da jeht des Priamos Gejchle 
dem Kronion verhaßt ijt, jo wird in der Fo 
Nineias und fein jpätes Geſchlecht herrichen ii 
die Troer” (71. 20. 802). Nach diejer St 
(vgl. hymn. in Ven. 197) bleibt alio Nine 
nach der Zerftörung von Troja und dem Unt 

ange des Gejchlechts des Priamos in Troas u 
Berricht, fowie jeine Nachkommen, über die Rı 
des troischen Bolles. Die Herricher in Alt: u 
Neuffepfis und andern Orten am Ida jahen d 
Nineias als ihren Stammvater an. Strab. 
607 |. Bon einer Auswanderung und Gründu 
eines neuen Neiches in der fremde weiß Son 
nichts. Dies ift jpätere Sage, jedoch nicht vi 
Jahrhunderte nach Homer entitanden. Die Rettu 
des Aineias aus der Stadt bei dem allgemein 
Untergange wird jehr verichieden erzählt. Livi 
(1,1) 2 an, Mineias und Antenor hätten wer 
alter Gaftfreundichaft und weil fie ſtets zum Fr 
den und zur rg der Helena geraten, v 
den Griechen freien Abzug erbalten (Dion. I 
1, 46 f.). Nach andern 308 fih Aineias mit d 
Dardanern bei Eroberung der Stadt in die Bu 
zurüd und von da auf den Ida; hier vom Fein 
bedrängt, ging er den Bertrag ein, die feften Plä 
des Ida gegen freien Abzug zu übergeben. Ne 
einigen gründete er ein neues Reich in Epeir 
oder im theffaliichen Phthiotis. Der Dichter S 
fihoros (etwa 645—560 dv. E.) ift der erite d 
uns befannten Griechen, welche erzählen, daß 
mit den troiichen Heiligtümern und dem Ball 
dion nach Heſperien Italien) gezogen jei; mc 
fpäter aber entjtand der Glaube, daß er nadı X 
tium gekommen jei und dort den Grund zu de 
römischen Bolte gelegt habe. Zur Zeit des Pyrrh 
ftand dieſer Glaube bei den Griechen feit, und au 
die Römer jelbit erkannten ihn ſchon ums J. 2: 
v. E. von Stantswegen an. Das Juliſche Gejchler 


Ainesidemos. 


43 


rühmte fich von dem Sohne des Aineias, Julus nus, ſich geneigt zu machen, Troer und Abori- 


oder Ajcanius, abzuftammen. 
— Die Wanderung des Nineias nach Latium und 
die Gründung einer trojan. Kolonie wurde von den 
röm. @eichichtichreibern und Dichtern auf verichie- 
dene Weife erzäht. Nach VBergils Aneis, im welcher 
der Dichter der ausführlichen Schilderung des 
Dionyſios (1,50 ff.) folgt, verläßt der Held, an der 
Rettung der Stadt verzweifelnd, unter großer Ge— 
fahr die Stadt mit |! Sohne Aſcanius, jeinem 
Weibe Kreuſa, einer Tochter des Priamos, Die 
er jedoch in der verhängnisvollen Nacht verliert, 
und feinem lahmen Vater Anchiſes. Diejen trägt 
er auf den Schultern; er wird deshalb wegen jeiner 
findlihen Liebe und weil er zugleich die vater: 
ländiſchen Penaten rettet, vorzugsweiie pius ge 
nannt. Er ſammelt die Refte der Trojaner auf 
dem Ida und fährt mit diefen von Antandros am 
Fuße des Ida auf 20 Schiffen ab (Aen. 2). Unter 
feinen Begleitern find der Steuermann Balinu: 
rus, der auf der Fahrt ins Meer ftürzt und dem 
Vorgebirge Palinurum in Lucanien den Namen 
gibt (A. 5, 833 ff. 6, 337), fein treuer Freund 
Ahates (fidus Ach., fait iprichwörtlich gewor— 
den, A. 1, 120. 188. 6, 158. Ob. fast. 3, 603), 
Meneftheus, Sergeſtus, Eloanthus, von 
denen die römischen Namen Memmius, Sergins, 
Cluentius fommen follten (5, 114—123) u. v. a. 
Sie gelangen zunächft nad) Thrakien, dann über 
Delos nach Kreta. Dies halten fie für das ihnen 
vom Schidjal beftimmte Land, aber eine Seuche 
vertreibt fie. Auf Sicilien ftirbt Anchijes (A. 3). 
Als fie von da im 7. Jahre ihrer Fahrt frohen 
Mutes auf Latium zuftenern, werden fie anf Ber: 
anftalten der Juno, die aus Vorliebe für Karthago 
die Gründung Roms verhindern will, durch Sturm 
nach Afrika geworfen. Dort nimmt fie Dido, bie 
eben Karthago gegründet hat, freundlich auf (L. 1), 
und Benns und Juno beabfichtigen eine Vermäh— 
lung derjelben mit Aineias; aber Jupiter befichlt 
diejem den Abzug (Tl. 4). Sie fommen wieder nad) 
Sieilien, wo fie vom Könige Aceſtes, der von 
der Trojanerin Egejta und dem Flußgott Erimi- 
ſus abftammte, gaftlich aufgenommen werden und 
Aineias am Grabe jeines Vaters Leichenſpiele 
hält (l. 5), dann nach Eumae in SJtalien, wo er 
die Unterwelt bejucht (l. 6), und von Cumae 
nordiwärts nach Latium. Der laurentiiche König 
Latinus nimmt den Helden freundlich auf, ge 
ftattet ihm Land zur — — einer Stadt und 
seripricht ihm ſeine Tochter Lavinia zur Ehe. 
Aber jeine Gemahlin Amata reizt den jungen, 
tapfern König der Rutuler Turnus (ſ. d.), dem 
Lavinia verlobt ift, zum Kriege. Mezentins (ſ. d.), 
König von Cäre, und andere ital. Helden ftehen 
auf jeiten des Turnus; Aineias verbindet jich 
mit Evander (j. d.). Nach mehreren Schlachten 
tötet er den Turnus im Zweikampf. Damit endet 
die Aneis. Vgl. die mit derjelben vielfach über: 
einftimmenden Erzählungen über Aineias in Ov. 
met. 13 und 14. Nach Livius (1, 1 u. 2) heiratet 
Aineias des Latinus Tochter Lapinia und nennt 
nach ihr feine neue Stadt Lavinium. hr Sohn 
ift Aſeanius. Turnus ergreift gegen Aineias und 
Latinus die Waffen. An der erften Schladht wer: 
den die Mutuler befiegt, und Latinus fällt. Tur- 
uns verbindet fich jet mit Mezentins, und Mincias 


benennt, um die Aboriginer, das Bolt des Lati- | 


Strab. 13, 607 f. | giner mit dem gemeinfchaftlichen Namen Latiner. 


Die Latiner fiegen in der Schlacht, aber diejer 
Sieg ift auch das lebte Werk des Aineias auf 
Erden. Livius deutet hier die Sage von dem Hin: 
ang des Nineias nur leife an. Er joll nämlich 
in der Schlacht am Numicius, ähnlich wie jpäter 
Romulus, plöglich in finfterem Wetter unter Blitz 
und Donner verjhtwunden und bald darauf dem 
Nicanius in voller Rüftung erjchienen fein und 
erflärt haben, daf er ein Gott geworben jei. Man 
errichtete ihm am Ufer des Numicius ein Heilig: 
tum mit der Anichrift: Patris dei Indigetis 
und verehrte ihn in der folge als Iupiter In- 
diges (einheimiiher 3.). Dion. Hal. 1, 50 fi. 
Auch Latinus ſoll unter die Götter aufgenommen 
worden fein, als Iupiter Latiaris (= 1. Indiges). 
— Die Sagen bon den Wanderungen des A. find 
bejonders veranlaßt durch die enge Verbindung, in 
welcher er mit dem Dienfte der Apgpodtın Alustcis 
ftand, einer Göttin des Meeres und der Meer: 
fahrt. Wo ein Tempel diefer Aphrodite am Meere 
ftand, da follte auch Aineias gelandet jein und 
den Tempel gegründet haben. In Latium aber 
ftand ein ſolches Aphroditcheiligtum im der Nähe 
bon Ardea und Lavinium, und diejes hat wohl 
die erfte Veranlaſſung gegeben zu der Sage von 
der Einwanderung des A. in Latium. — Der 
Sohn des Nineias, Aſcanius oder mit röm, Namen 
Iulus, gründete 30 Jahre nad Stiftung Lavi— 
niums die Stadt Alba Longa. Nach ihm fam bier 
jein jüngerer Bruder Silvins zur Herrichaft, der 
Stammtvater des albanischen Königsgeichlechts, ans 
welchem Romulus und Remus ftammten, die 300 
Kahre nah Albas Erbauung Rom gründeten. 
Julus gilt übrigens auch neben Aſcanius für einen 
zweiten Sohn des Aineias oder für einen Sohn 
des Aſcanius. Aeneädes, Alveaöns, heißt 
Aſeanius ald Sohn des Aineias; Aeneadae 
heißen die Begleiter des Aineias und überhaupt 
die Trojaner oder die Römer als feine Nach: 
fommen. Luer. 1,1. Verg. A. 1, 565. 7, 610, 6, 
684. Ov. met. 15, 682. 695. — 2) Min, 6 re- 
»rıx og genannt, hat um 350 v. E. ein großes 
Wert über die Kunft des Feldherrn gefchrieben 
(orvarnyıra Bıßkla). Davon iſt nur ein Heiner 
Teil über die Belagerung erhalten (moltopanrı- 
xov Umdurnue oder rög on molopxovutvons 
arrigsem) in einer einfachen, Haren und ſachge— 
mäßen Darftellung, wenn auch nicht die feinere 
Kunft der Haffiichen Periode von einem Techniter 
zu erwarten ift. Manche Gelehrte halten ihn für 
identifch mit dem von XZenophon (Zfell. 7, 3) er: 
wähnten arfadiichen Strategen A. von Stympha— 
los; daß der Peloponnes feine Heimat geweien, 
ift höchft wahricheinlich. Ausgg. von R. Hercher 
(1870, größere und Heinere Ausg.) und A. Hug 
(1874). Mbhandlungen von A. Hug (1877) und 
K. A. Lange (1879). — 3) Min. von Gaza, ein 
Nenplatoniker in der —— Hälfte des 5. Jahrh. 
n. C., der eine Zeit lang in Alexandreia Bered— 
ſamkeit und Philoſophie lehrte und dann zum 
Chriſtentum übertrat. In dem Dialog Osowe«- 
orog vermittelt er die platoniſche Unſterblichleits— 
lehre mit der von der Auferftehung des Fleiſches. 
Ausgabe don Boiffonade (1836). Monographie 
bon Wernödorf (1816). 

Ainesid&mos, Alvsoiönuos, 1) ein Skeptiker 


44 


von Gnofjos auf Kreta, der ungefähr zu Ciceros 
Zeit den Pyrrhoniſchen Stepticismus, wie e 
jcheint, im ziemlich fruchtlojer Weiſe erneuerte und 
weiter bildete. Bon feinen Hauptwerlen (Aöyoı 
Ilvggorsıoı in 8 BB.) ift wenig auf uns gefom: 
men. — 2) Bater des Tyrannen Theron von Afragas. 

Ainiänes, Alvı@veg, ein rein hellenischer Volks— 
ftamım, der an verichiedenen Stellen, am Oſſa, am 
Dite und Othrys (Hom. Il. 2, 749), am Sper— 
cheios Adt. 7, 132. 198) ericheint und erſt durch 
die Aitoler, dann durch die Athamanen unterworfen 
wurde. Ihre Hauptitadt war das hoch am nördl. 
Abhange des Dite gelegene Hypate vd. Hypata, 
von dem zahlreiche Reſte bei dem jegigen Neapatra 
erhalten find. Bgl. Thessalia. 

inos, n7 Alvog, 1) alte thrafiiche Stadt un— 

weit der ödftlihen Mündung des Hebros Hom. 
II. 4, 520: Alvoder), atoliichen Uriprungs, wich: 
tig durch Erporthandel. Hdt 7, 58. T’huc. 7, 57. 
Später römijche Freiftadt mit blühendem Han— 
del; j. Enos. Vergil (A. 3, 17) läht die Stadt 
aus poetiicher Fiktion durch Aineias gegründet 
werden. — 2) Stadt in Yitolien. Hdt. 4, 90. — 
3) Stadt in Thefjalien am Oſſa. — 4) 6 Alvog, 
1620% hohe Bergfette auf Stephallenia, auf deren 
Gipfel ein Altar des Zeug Alvrjsıog Stand (Strab. 
10, 456), j. Elatovuni, ital. Monte Nerv. 

Aiöles, Alolsis, j. Aiolos und Graeei (unter 
Graccia, 10.) 

Aiolia, (AloAln sc. yn), bei Homer (Od. 10, 
1 ff.) Eine Inſel, der Si des Herrichers der Winde, 
des Hippotaden Wiolos (auch Verg. A. 1, 32. 8, 
415); welde der aioliichen Inſeln gemeint jei, 
bleibt ungewiß (Bölter, Homer. Geogr. 114, ver: 
fteht eine der ägyptiſchen Inſeln). Es wurden 
nämlich bei den Römern darnach benannt die Aeo- 
liae insulae (Alödlov vncoı Tihuc. 3, 115), j. 
liparijche oder vulfanische Inſeln, vulkaniſchen Ur: 
iprungs, nördlich von Sicilien (Verg. A. 8, 416), 
der Zahl nach 10: Hiera, 'Irga, oder Thermifja 
(Bolcano), Sit des Vulcan, Lipara (j. d.) (davon 
auch die ganze Gruppe Liparenses), Amrape, die 
größte (Lipari), mit gleichnamiger Stadt, Stron: 
aule, Ergoyyvin (Stromboli), nach der Meinung 
der Alten Sit des Aiolos mit einem noch jeßt 
thätigen Vulkane; die andern, Phoinikuſa, Erikuſa, 
Euonymos, Didyme, Hikeſia, Baſilidia und Oſteo— 
des, find unbedeutend. Strab. 6, 256. 275. Cic. 
n..d. 3, bö. Plin. 3, 92. Mela ?2, 7, 18. 

Alölis, Alois, Landichaft in Kleinafien, vom 
Hermosfluſſe nördlich den Hellespont zu, bejonders 
um den Meerbujen von Elaia oder Kyme, von 
aioliſchen Griechen mit Städten reich bebaut und 
durch Handel und Fruchtbarkeit des Bodens an: 
ſehnlich. Hat. 7, 95. Zwölf derjelben: Kyme, 
Lariſſa, Neonteichos, Temnos, Killa, Notion, Pi: 
tane, Migai (von dem bedeut. Ruinen vorhanden 
find), Gryneia, Myrine, Aigiroeſſa (Hdt. 1, 149; 
Strabon nennt Elaia), Smyrna und nad Smyr: 
nas Austritt elf, bildeten eine Staatengemeinschaft 
(Dodelarchie), deren Geſandte fich auf dem Vor: 


gebirge Kane zu einem Bundesfeſte, Panaeolium, | ( 


verjammelten. Später waren die Perjer, Aleran: 
der, die ſyriſchen Selenfiden und endlich die Römer 
Herren und teilten die Landſchaft der Provinz 
Asia zu; eine kurze Zeit auch Mithradates. Strab. 
13, 621 f. — Eine zweite aioliiche Dodekarchie lag 
in der troifchen Landſchaft. 


Ainianes — Aiolos. 


Aiölos, Alolog, Aeolus, 1) ältefter Sohn 


8 | Hellen und der Nymphe Orjeis, Entel des D 


falion oder des Zeus, Bruder des Doros ı 
Xuthos, Herricher im thefjalifchen Magnefia, Or 
der des aiolijhen Stammes und dadurch ci 
der Stanmväter des hellenischen Volkes. Di, 
aioliiche Stamm war am weitejten ausgebrei 
über den größten Zeil des nördlichen und w 
lichen Griechenlands, über die jüdliche und w 
liche Seite des Peloponnes. Daher auch die S 
von jeinen vielen Kindern, die als Stammfür 
der Niederlaffungen angeſehen wurden, was 
gleich in die Genealogie große Verwirrung gebr 
hat. Aiolos, als der ältefte Sohn des Hellen, 
hielt das väterliche Erbteil zwiichen den Flü 
Aſopos und Enipens, während die Brüder in 
fremde zogen; er ift der Repräfentant des ! 
griehiichen. Seine Gemahlin, Enarete, gebar ı 
7 Söhne: Kretheus, Siſyphos, Athamas, < 
moneus, Deion, Magnes, Beriöres, und 5 T 
ter: Ranäfe, Alkyone, Peiſidike, Kalyie, Perim 
Apollod. 1, 7, 83. — Kretheus erbaut Joltos 
zeugt mit Toro den Aifon (Herricer in Fo 
und Bater des Jafon), den Pheres (Gründer 
PBherai und Bater des Admetos und Lykurgos 
den Amythaon (Gründer von Pylos, Bater 

Bias und Melampus). Apollod. 1, 9, 11. — 

ivphos erbaut Ephyra (Korinth) und zeugt 
Glaukos, den Bater des Bellerophon, Apollo 
9,3. — Athamas (j. d.) beherricht Orchome 
Apollod. 1,9, 1. — Salmonens, der Bater 
Tyro, erbaut Salmone in Elis. Apollod. 1, i 
— Deion wird König in Phokis, Bater 

Aiteropaia, Ninetos, Aktor, Phylatos, Kepho 
Apollod. 1,9,4. — Magnes iſt Vater des Di 
und Polydektes, welche die Inſel Seriphos anba 
Apollod. 1,9, 6. — Perieres wird König in I 
jene und Vater des Aphareus und Leukip 
Apollod. 1, 9, 5. — 2) Wiolos "Imnoradng, 
©. des Hippotes, des Reitersmanns, Schaffner 
Winde (rauing ariumr), cin Winddämon im 
nen wejtlichen Meere, auf der aioliihen J 
welche ringsum von chernen Mauern und bı 
Felſen umgeben ift. Hier wohut ex, ein Lieb 
der Götter, glüdlih im reichen Haufe mit je 
Gattin und 6 Söhnen und 6 Töchtern, die er 
einander vermählt hat. Den Odyſſeus nimm 
gaftlich auf und gibt ihm, als er weiter zieh! 
einem Schlauche verjchloffen, die widrigen W 
mit, während er einen u — Wind jeine € 
blähen läßt. Aber die Gefährten öffnen, wäh 
Odyſſeus, jchon nahe der heimiſchen Küſte 
Schlaf fintt, aus Neugier den Schlauch, die W 
ftürzen heraus und treiben das Schiff wieder 
aiol. Inſel; aber Aiolos weit jene jebt von 
weil er erfennt, daß fie den Göttern verhaßt 
Od. 10, 1ff. In der Jlias und bei Hefiod 

Niolos nicht erwähnt; auch wurde er nirgend 
Griechenland durch Opfer und Gebet verehrt 
bleibt ein bloßes poetijches Gebilde, ohne bei Hı 
ihon förmlicher Gott zu jein. Anders bei 3 
A. 1, 52: rex ventorum), wo Juno fich bit 
an ihn wendet; jpätere Dichter geben ihm Li 
oder Stronghle, eine der aiol. Juſeln, zum W 
fig und machen ihn zum König der Winde. 

Scepter in der Hand, fibt er auf der Höhe « 
Felſenberges und hält die in einer Höhle ei 
ichlofjenen Winde in Gehorjam. Verg. A. 1. 


Aipytos — Aischines. 


140. 8, 416. Ov. met. 1, 262. Mit dem Stamm: 
vater der Wiolier jtand er urjprünglid in durch— 
aus feiner Verbindung, dod) haben ihn Spätere 
vielfach mit dieſem verwechjelt und vermengt. Man 
nahm einen Aiolos I., Sohn des Hellen, Aiolos II., 
©. des Hippotes, König von Wiolis (T’huc. 3, 
102) im MWitolien, und Miolos III, Enfel von 
Wiolos II. und Urentel des Hippotes, daher Hip: 
potades, an, der mit feiner Mutter Arne und jei- 
nem Bruder Boiotos in Metapontion lebte, dort 
j. Pilegemutter Autolyke tötete und nun auf die 
nad ihm benannten aioliſchen Inſeln im Tyrrhe— 
nischen Meere floh, wo er die Stadt Lipara erbaut 
haben jollte. 


Alpftos, Alzveos, 1) ©. des Elatos, König | 


von Phaiſana am Alpheios in Arkadien, nach Klei— 
tors Tod Herricher über Arkadien, wovon ein Teil 
nad ihm Aipytis genannt ward. Er ftarb am 
Biß emer Schlange und hatte fein Grab am Ab: 
hange des kylleniichen Berges. Paus. 8, 4,4. 16, 2. 
Hom. Il. 2, 604. 2) ©. des Hippothoos, 
König in Arkadien, zur Zeit als Oreſtes dorthin 
ſloh; weil er den Tempel des Pojeidon zu Man: 
tineia, in den fein Sterblicher gehen durfte, be— 
trat, erblindete er und jtarb bald darauf. Paus. 
8,5, 4 — 3) Züngſter Sohn des SHerafliden 
Kreiphontes, Königs von Meſſene, durch ferne Mutter 
Merope Urenfel des vorigen Wipytos. Sein Vater 
und jeine Brüder wurden in einem Aufftaude ge— 
tötet, während er als Kind bei j. Großvater Kypſelos 
in Arkadien war; jpäter aber eroberte er mit 
Hülfe der Arkader und Dorer jein väterliches Erbe 
wieder. Nach ihm nannten jich jeine Nachtommen 
in Meffenien Aipytiden ftatt Herafliden. J'aus. 
4,3,8.8 6, 6f. 

Alca j. Moipe, 4. 

Alsäkos, Alsaxog, ©. des Priamos und der 
Arijbe, der Tochter des Merops. Er hatte von 
Merops die Traumdeutung gelernt und jagte jeinem 
Bater voraus, jeine zweite Gemahlin Helabe werde 
ihm einen Sohn (Paris) gebären, der Troja ins 
Berderben ftürzen werde, und riet ihn auszus 
jegen. Seine Gattin war Miterope; aus Trauer 
über ihren Tod ward er in einen Vogel verivan- 
delt. Apollod. 3, 12, 5. Bei Dvid heift jeine 
Mutter Alexirhoẽ, jeine Geliebte Heſperie; aus Ver— 
zweiflung über deren durch ihn jelbit veranlaßten 
Zod ftürzt er fich ins Meer und wird von Tethys 
in einen Taucher verwandelt (met. 11, 749— 795). 

Aischines, Alogivng, 1) der Sokratiker, 
Berfaffer von fieben, im Geifte der jofrat. Bhilo- 
jophie geichriebenen, aber uns faft gänzlich ver- 
loren gegangenen Dialogen, an denen man Wit 
ſowie einen reinen Stil rühmt. Sohn armer 
Eltern, lebte er fortwährend in drüdender Dürf- 
tigkeit, aber in tremefter Liebe zu feinem Lehrer 
(Sokrates) und jeiner Wifjenichaft. Nach dem Tode 
jeines Zehrers verweilte er eine Zeit lang am Hofe 
des jüngern Dionyfios zu Syrafus, zog ſich aber 
nad) deſſen Sturze wieder nad) Athen zurüd, wo 
er Unterricht gab und Berteidigungsreden jchrieb. 
— Die drei unter jeinem Namen gehenden Dialoge 
ind nicht von ihm, ja jchwerlich von Einem Ber: 
jafjer. Noch weniger Anjpruc auf Echtheit haben 
die ihm zugejchriebenen Briefe. Abhandlung von 
8. 5. Hermann (1850). — 2) der Redner, geb. 
wahricheinlid; zu Athen 389 v. E. (nach andern 
391 oder 393) in niedrigem Stande, Sohn des 


45 


Atrometos und der Glaufothea. Mit Mühe und 
vielleicht nicht ganz rechtmäßig zum Bürgertume 
gelangt, trat er als yeauuerevg (Schreiber) in die 

ienfte des angeiehenen Redners und Staats: 
mannes Mriftophon, jpäter des Demokraten Eu: 
bulos, deſſen politiiche Anſicht er fortan zu der 
feinigen machte; zugleich lernte er dadurch die Ber: 
fafjung und das Rechtsweſen gründlich fennen. 
Als Schauſpieler troß jeiner ſchönen Stimme durd): 
gefallen (er ipielte ald Tritagonift um Sold), trat 
er, durch vorzügliche Gaben begünitigt, 3 Jahre 
vor Demofthenes ald Redner öffentlich auf und 
blieb fortan neben ihm als fein jteter Widerſacher 
auf dem Schauplage. Mit Bezug auf feine 3 er: 
haltenen Reden und feine 9 verloren gegangenen 
Briefe ſprach das Altertum von jeinen 3 Grazien 
und 9 Mufen. Seine politifch-rednerische Laufbahn 
eröffnete er 847, in Gemeinſchaft mit Demojthenes, 
bei der Friedensunterhandlung mit Philipp von 
Makedonien, bei welcher Philipps Fluges und ge- 
winnendes Benehmen ihn ins makedoniſche An: 
terefje zog. Als er daher bei einer zweiten Ge: 
jandtichaft zur Beichwörung des Friedens durch 
Zögern .die Pläne Philipps begünftigte, traten 
Demofthenes und Timarchos mit einer Anklage auf 
Hochverrat wider ihn auf, die aber durch eine von 
ihm geſchickt angeftellte Gegenklage (Av rıyoa@;;) 
mit Bezug auf den Lebenswandel des Timarchos 
(ara Sımaprov) abgewendet wurde (348). Dieie 
Dede, welche die tiefem fittlihen Schäden der Zeit 
enthüllt, brachte ihm einen glänzenden Sieg ein, 
eröffnete aber die für ganz Hellas bedeutende Feind: 
ichaft zwiichen ihm und Demofthenes. Nachdem 
er als atheniſcher Pylagore im Amphiktyonenbunde 
zur Berherrlihung Philipps beigetragen, nahm 
Demofthenes die frühere lage wieder auf (342), 
welcher Aiſch. feine Verteidigung in der (nach der 
Anficht Plutarchs und einzelner Neueren nicht ge: 
iprochenen, jondern jchriftlich ausgegebenen) Rede 
zepl napanpsoßeiag erfolgreich entgegenjegte. Er 
war fortan Vertreter der makedoniſchen Bolitif 
und veranlaßte als Pylagore zu Delpht (339) den 
zweiten heiligen Krieg gegen Lokris, nach deſſen 
Beendigung Philipp als erwählter Oberfeldherr 
an der Spiße von 30 000 Mann verheerend jelbjt 
gegen Athen rückte. Als die Schlacht bei Chairo— 
neia das Schidjal Griechenlands entichieden hatte, 
ward dem Demojthenes n. des Milch. Gegen: 
machinationen der ehrenvolle Auftrag, die Leichen: 
rede auf die Gefallenen zu halten. Und als Kte— 
ſiphon den Antrag ftellte, dem Demojthenes für 
jeine Berdienfte um das Baterland einen goldenen 
Kranz zu verwilligen, trat Aiſch. mit einer Anflage 
gegen ihn auf (336), unterlag aber, als 6 Jahre 
ſpäter unter völlig veränderten politischen er: 
hältnifjen die Sache zur Verhandlung fam, mit 
feiner ausgezeichneten Rede (narz Krnsıpmrros, 
wahrjcheinlich nur in einer jpäteren Bearbeitung auf 
uns gefommen) gegen das demoftheniiche Meijter- 
ftüd der Kranzrede (Auguſt 330). Nominell ift die 
Klage (es ift eine yoapn rageruumr) gegen Kte— 
fiphon gerichtet, materiell gegen Demofthenes; Klar— 
heit und Schärfe, Fülle der Gedanten, Leichtigfeit 
und Anmut der Darftellung fünnen dem A. nicht 
abgeiprochen werden; die logische Beweisführung in 
dem gegen Dem. gerichteten Teil ift die ſchwächſte 
Bartie der Nede. Neuerdings hat jih 2. Spengel 
mit großem Eifer des A. angenommen und dem 








— — — — — 


— — — — — — — — 


46 Aischrion — Aischylos. 


Dem. Sophijmen und Berdrehungen vorgeworfen | 
und die jchweren gegemjeitigen Anklagen auf die | 


Berichiedenheit der politifchen Anſchauung beider 
Nebner geichoben. Bgl. dagegen Hug, der Ent- 
ſcheidungsprozeß zwijchen U. u. Dem. (1870). Durch 
die Niederlage bei diejem Prozeſſe moraliich ver: 
nichtet (er hatte nicht einmal den fünften Teil der 
Stimmen erhalten und war jomit einer teilweiſen 
drınie verfallen), ging A. freiwillig ins Eril 
nach Rhodos, wo er angeblich im 75. Lebensjahre 
ftarb. — Ansgg. jeiner Neden in den Sammlungen 
der Oratores Attici von Neiste, J. Better, Dob- 
jon, Baiter und Sauppe, E. Müller; bei. Musgg. 
von Bremi (1828), Franke (2. Aufl. 1860), Ferd. 
Schul (1867), Weidner (1872). Ansgg. der Rede 
gegen Timarchos von Franke (1839), der Rede 
egen Ktefiphon von Weidner (1872; mit Deutichen 
nm. 1878). Über des N. Leben vgl. Paſſow, 
Verm. Schr. ©. 64— 74. Stechow, de A. oratoris 
vita (1841). Blaß, die attiſche Beredſamkeit III, 
26©. 129. — 3) Akademiker am Ausgange 
des 2. Jahrhunderts v. E., geb. in Neapel, Schüler 
des Melanthios ans Rhodos und des Narneades, 
lehrte in then. Cie. de or. 1, 11, 74. Diog. 
Laert. 2, 64. 

Aischrion j. Jlambographen. 

Aischylos, Alozvlog, Aeschylus, der ältefte der 
3 großen griech. Tragifer, war ein Athener aus 
dem Demos Eleufis, Sohn des Euphorion, geb. DI. 
63, 4. (525 v. E.), und gehörte einem edlen attijchen 
Geſchlechte an. An dem Befreiungsfriege Griechen: 
lands nahm er als Kämpfer bei Marathon, Sala: 
mis und Plataiat thätigen Anteil, gleich den 
Helden Ameinias und Kynaigeiros, welche die aus: 


geſchmückte Sage zuweilen jeine Brüder nennt. 


Schon im 25. ‚Jahre trat er mit Dramen auf, zu 
nächſt als Nebenbuhler des PBratinas; feitbem wid— 
mete er fich faft ein halbes Jahrhundert hindurch 
der Ausbildung der dramatijchen Kunft, welche er 
als Tragifer und Satyripieldichter auf einen glän: 
zenden Standpunkt erhob und an die Spibe der 
geiftigen Amftitute in Athen ftellte. Um 477 v.€. 
begab er fich zum König Hieron nad) Syrakus, 
wahrjcheinlich einer Einladung folgend, und did): 
tete zur Einweihung der neuen Stadt Atna das 
Lokalſtück Alrwaiaı, arbeitete die ſchon früher ge: 
gebenen Berjer um und führte fie in Syrafus auf. 
Hier hat er einige Zeit verweilt, che er nach Athen 
zurüdfehrte, wo er furz vor Hierons Tod (DI. 78, 2) 
im Wettfampfe mit Sophofles zufammen auf: 
trat (DI.77,4=468 v. E.), aber mit jeiner Didaftalia 
gegen den jungen Dichter zurüdftehen mußte (Plut. 
Cim. 8). In diefe Zeit fcheint eine neue Neije des 
A. nad Sicilien zu fallen, deren eigentliche Ber: 
anlafjung und Urjache ſich nicht genan und ficher 
ermitteln läßt. So viel aber jcheint aus den vor: 
handenen Nachrichten und Andeutungen, die zum Teil 
kleinlicher und fabelhafter Art find, hervorzugehen, 
daf der Dichter mit der Damals herrichenden Bolts- 
partei und ihren Jdeen und Gefinnungen in Zwie— 
jpalt geraten war. Darauf weiſt auch der Be: 
richt von der Beichuldigung hin, A. habe durch 
Außerungen in mehreren Dramen die Geheimniſſe 
der Müfterien verraten und auf profanen Boden 
herüber gezogen (Aristot: eth. 3, 3. Aelian. v. h. 
5, 19), jei aber, deshalb angeflagt, von dem 
Gerichtshofe auf Grund feiner eigenen Berteidigung 
und jeines anerfannten Berdienftes freigeiprochen 


worden. Sole Mißverhältniſſe zu feinen Mit 
bürgern können ihn wohl beftimmt haben, jeim 
dramatiiche Laufbahn in Athen vorderhand auf 
zugeben. Später aber erlangte das letzte ſeinen 
erhaltenen Werke, feine Orefteia, einen glänzender 
und vollftändigen Sieg (DI. 80, 2458). Daß eı 
die Aufführung in Athen jelbjt geleitet, ift mög 
lich, doch nicht ficher nachzumwerien. Sollte es ge 
ichehen jein, jo müßte er bald wieder nach Sicilier 
zurüdgefehrt jein, da er bereits DL. 81, 1 (456 
u Gela jtarb, wo er auch begraben wurde. Eı 
erhielt dort von den Bürgern der Stadt ein präch 
tiges Grabmal. Die Athener ehrten jpäter fein 
Andenken durch ein Standbild, das auf den Antrag 
des Nedners Lyhurg zugleich mit denen des. So 
phofles und des Euripides im Theater aufgeitell 
wurde, und gaben einem jeden, der jeine Dramer 
auf die Bühne bringen wollte, einen Chor und eim 
Belohnung, den Kranz aber mweiheten jie den 
Dichter, ald ob er noch lebte. In feiner Famili 
vererbte ji die Ausübung der tragischen Kunf 
ein Jahrhundert lang; zu erwähnen als tragiſch 
Dichter find bei. jein Sohn Euphorion und jeir 
Neffe Philokles. — Tragijche Kunft und Werk 
des Aiijchylos. Man darf ihn mit Recht der 
Schöpfer und „Vater der Tragödie” nennen. Wai 
vor ihm Theſpis und andere gethan hatten, famı 
nur als unvollkommener Verſuch ſteniſcher Dar: 
ftellungen gelten; es waren Xieder, von einen 
Ehor an den dionyſiſchen Feſten vorgetragen, durd 
das Auftreten eines Schaufpielers unterbrochen 
und von mimiſcher Darftellung begleitet. A 
fügte einen zweiten Schauſpieler (devrapayarı 
sens) dem ee hinzu und jchuf jo zuerſt eine 
dramatischen Dialog, der freilich auch bei ihm nod 
in jeiner erjten Entwidelung erſcheint und jein 
Vollendung erit durch den dritten Schaufpieler de: 
Sophofles erhielt. Ferner erhob er die Handlung 
oder den Dialog zum Hauptteile des Gedichts 
indem er die Inriichen Partien des Chors ver 
ringerte und bejchränfte (Aristot. poet. 4: ra roı 
20000 nAdrewas nal row Aoyor newraymmıarıjı 
zagsoxsvacen); Dialog und Chorlieder wurden üı 
eine engere Verbindung zu einander gejegt, jo baj 
dieje beiden Teile nicht bloß in einem angemefie 
nen Berhältnifje zu einander ftanden, jondern aud 
ein vollftändiges, innerlich zufammenhängende: 
Ganze ausmachten. Auch führte U. einen jkenijcher 
Apparat (sxevorode) ein. Er gab den Schau 
ipielern Masten, erhöhte ihr gewöhnliches Mai 
bedeutend durch den Kothurn und Onkos, ftattet 
fie mit langen bis anf die Füße herabreichendeı 
Feftgewändern aus, furz, er gab ihnen in jede 
Beite ein prächtiges und imponierendes Anſehen 
©. hierüber den Art. Schauspiele. Gleichfall: 
befam die Bühne durch ihn ihre Ausftattung umi 
Bervolllommmung durch Anwendung der Malere 
und Majchinerie; das Nähere hierüber j. unte 
Theatron. Überall war A. jelbft thätig. Nich 
nur trat er dem Herfommen gemäß jelbft als 
Schaufpieler in feinen Stüden auf, er war aud 
Chormeifter (zopodıdaoxakor), lehrte jeinen Cho 
die Tänze und erfand jelbjt neme Reigen; endlid 
bejorgte er alle Vorbereitungen jelbjt, welche zu 
Aufführung feiner Dramen nötig waren. — A— 
Tragddien zeichnen ſich durch Ernit, Würde um) 
Erhabenheit aus; die Ausdrucksweiſe ift fühn um) 
voll jeltjamer Bilder, zahlreiche Worte bejtehen 


Aisepos — Aisopos. 


aus merfwürdigen vielbezeichnenden Zuſammen— 
ſetzungen. Seiner Dichtungsweije fehlt es nicht 
an Anmmit, aber es find die furchtbaren Grazien, 
welche die Alten überhaupt an dieſem Dichter rüh— 
men. Die Ökonomie der Stüde ift einfach, der 
Plan und Gang der Handlung läuft ohne innere 
Berwidelung, jchlicht, eben und in einer gewiſſen 
Breite bis zu feinem Ende. Das Ganze hat noch 
ein ziemlich epijches Gepräge; nur die beigemilchten 
Sieflerionen unterjcheiden ihn von der Naivetät 
des epiſchen Stils. Den Stoff und die Mythen 
entlfehnte A. meift aus Homer, daher er jelbjt jeine 
Dichtungen „Brocken von der reichen Tafel des 
Homer” genannt haben fol. In allen Stüden 
berricht unerbittlich ftreng das Schickſal über die 
Menschen. Dieje Macht ift aber feine äußere Natur: 
notwendigfeit, jondern die unergründliche gött— 
lihe Macht, die noch über der Macht der vom 
Volle anerfannten Götterwelt fteht, und deren An— 
erfennung den Menſchen abhalten joll, über feine 
irdiihen Kräfte hinanszugehen. Geine Charaktere 
find ideal gehalten; in ihrer Zeichnung ift Kühn: 
heit der Form mit Ternhafter Gejinnung und 
marfiger Kraft und Stärfe überall vereinigt. Seine 
Bildung verdankte A. der Lehre des Pythagoras, 
deſſen ——* er war (Gic. tusc. 2, 10, 23), und 
den Myſterien, in die er eingeweiht war; feine 
Gejinnung und Jdealität der ſchönen Begeifterung 
und Erhebung jeiner Zeit, die auch ihn trug und 
erhob. In jüngeren Jahren fcheint er, nad) dem 
° Borgange des Pratinas und Ehoirilos, nur ein— 
elne Stüde zur Aufführung gebracht zu haben; 
Ihäter umfaßte jede einzelne Aufführung (Didajfa- 
lia), womit er an einem dionyſiſchen Feſte auftrat, 
4 Stüde: 3 Tragödien, die durch ihren Ni 
meift zufammenbingen (Trilogie), und ein Satyr: 
drama. Das Ganze hieh eine Tetralogie. Vergl. 
ierüber den Art. Tetralogia. Von den vielen 
Stüden, die Mifchylos gejchrieben (man zählte 
wenigftens fiebzig, nad) Suidas neunzig), find nur 
7 erhalten: 1) Ilgoundsds deouneng, a ent: 
weder als erſtes Stüd oder als Mitteljtücd zum 
TIeon. evgpöpos und Avöusvog. Prometheus büßt 
den Raub des Feuers, welches er wider den Willen 
des Zeus zu den Menjichen gebracht hat, indem 
er an einen öden Felſen in entlegenfter Wüſte 
gejefielt wird und großen Qualen entgegenjieht. 
Nichts vermag ihn zur Fügfjamfeit unter die höhere 
Macht zu ftimmen. Unter dem Aufruhr der Ele: 
mente mit Donner und Blitz wird er ın den Ab— 
grund gejchleudert. 2) 'Enr& !ml Onßas, nad 
den Berjern und zwar im %. 468 gegeben, den 
Zweikampf des Eteofles und Polyneikes darftellend. 
3) TIeooaı, nach dem Ehore benannt, ein hiſtori— 
ſches Stüd, behandelt die Niederlage des Kerres 
in der Schlacht bei Salamis, wahrjcheinlich 472 
aufgeführt und das ältefte erhaltene Drama des 
Dichter ſowie des gejamten Altertums. 4—6) 
Ogesrzıe, die einzige erhaltene Trilogie, beftehend 
aus Ayauiurov (Urmerdung des Agamemnon durch 
Kiytaimneſtra und Aigiſthos, Konpogo: (nach dem 
Ehore benannt, behandelt die Ermordung der Kly— 
tatmmeftra durch Oreſtes und feine Schweiter Eleftra) 
und Evueridsg (die Losſprechung und Entjühnung 
des von den Furien verfolgten Muttermörders 
Dreftes vor dem Areiopagos in Athen), 458 auf die 
Bühne gebracht, als die demofratijche Partei damit 
umging, den feßten Überreft ariftofratijcher Jufti- 


47 


tutionen, den Wreiopagos, über den Haufen zu 
werfen). 7) "Inerıdeg, die Schußflehenden, behan— 
delt die Aufnahme des Danaos und feiner Töchter 
in dem pelafgiichen Argos, als fie vor ihren ge: 
waltſamen Freiern aus Agypten geflohen waren. — 
Der Genuß dieſer erhabenen Werfe wird leider 
jehr beeinträchtigt durch den Zuſtand des uns über: 
lieferten Textes, der jchr viele Verderbniffe, Lücken 
und Interpolationen enthält, bei. in der Drefteia 
und den eg gg Unter den zahlreichen 
Handjchriften ift die ältefte eine Florentiner aus 
dem 11. Jahrhundert (Mediceus a.). Die nicht 
jehr zahlreichen Bruchſtücke find kürzlich durch einen 
Abſchnitt and der Tragödie: Karer od. Europa 
vermehrt worden (herausg. von Blaß und Bücheler, 
Rhein. Muſ. Bd. 35, ©. 83 ff). — Nusgaben 
jämtlicher Stüde von C. G. Schüß (8. Aufl. 1809 
—22), Wellauer (1823 ff.), ©. Hermann (1852. 
2. Aufl. 1859), H. Weil (1858 ff.) und Wedlein 
(1885); Tertausgg. von W. Dindorf (zuletzt 1865), 
Kirchhoff (1880), und H. Weil (1884); Ausgg. des 
Prometheus von Blomfield (1822), Schömann 
(1848), Schmidt (1870), Wecklein (2. Aufl. 1878); 
der Sieben gegen Theben von Schwend (1818), 
Blomfield (1823), Ritihl (2. Aufl. 1875); der 
Perſer von Blomfield (1823), Lange und Pinzger 
(1825), Teuffel (3. Aufl. 1886), Schiller (2. Aufl. 
(1888), Oberdid (1876); des Agamemmon von 
Blomfield (1823), Karjten (1855), Scmeidewin 
(2. Aufl. 1883), Nägelsbad) (1863), Klaufen (2. Aufl. 
1868), Keck (1863), van Heusde (1864), Enger 
(2. Aufl. 1874); der Choephoren von Schwend 
(1819), Blomfield (1824), Bamberger (1840), de 
yongd (1856); der Eumeniden von Schwend 1821), 
D. Miller (1833), Merkel (1857); der Schußflehen- 
den von Schwerdt (1858) und Oberdid (1869). 
Die beite deutſche Überfehung lieferte Droyjen 
(4. Aufl. 1884); andere Voß, Mindwiß, Hartung, 
Donner, Bruch (1881). W. Dindorf, lexicon Ae- 
schyleum (1873 ff.). 

Aisöpos, Alanmwos, 1) Fluß in Myfien, entipringt 
am Ida und mündet bei Kyzikos in die Propontis, 
j. Gönen=tichai. Hom. Tl, 2, 325. 4, 91. Der Mythos 
nennt ihn einen Sohn des DOfeanos und der Tethys. 
Hesiod. theog. 342. — 2) Einen ähnlichen Uriprung 
verrät der Held diejes Namens, ein Sohn ber 
Abarbarea, der jchlammtlojen Nymphe, und des 
Bukolion. Hom. Il. 6, 21. 

Aison ſ. Argonauten. 

Aisöpos. Alcorog, Aesopus, griech. Fabeldichter, 
von dejien Lebensumftänden uns nur wenige Nach— 
richten vorliegen, aus denen angeblid; der Mönch 
Mar. Planndes in Konftantinopel einen Roman 

ujanmengewürfelt hat. Er fteht auf der Grenze 
er mythiſchen und hiftoriichen Zeit, wird als 
Beitgenoffe des Solon umd der 7 Reifen bezeichnet 
und joll aus Thrafien oder Phrygien ftammen. 
Die Übrigen Angaben, daß er als Save mehre: 
ren Herren gedient und endlich die Freiheit er- 
rg habe; daf er auf jeinen Reifen zum lydi— 
chen Könige Kroijos gekommen und don diejem 
nach Delphi geichidt, dort aber wegen Gottes: 
läfterung vom Felſen Hyampeia geftürzt worden 
ſei (Hat. 2, 134); endlid aus jpäterer Zeit, daß 
er ein mißgeftalteter Poſſenreißer geweſen fei, find 
mehr oder weniger faum der Beachtung wert. 
Erfinder der Fabel ift er nicht (ſ. Fabula), wohl 
aber Begründer und Bertreter derjelben als einer 


48 Aisymnetes — Aithiopes. 


eigenen Kompofitionsart. Seine uötor, in Proſa 
abgefaßt (Sofrates gab nach Plat. Phaed. 4 im 
Gefängnifie einigen metriiche Form) und von Mund 
zu Mund getragen, ruhten auf dem wirflichen 
(nicht idealen) Leben und waren der Ausdrud einer 
im Leben gewonnenen Verftändigfeit und Klugheit, 
jogar Berichmißgtheit. Darum wurden jie Natio: 
nalgut und ein Nanon für jpätere Zeiten. Die 
erfte Sammlung diejer audoı od. Aöyoı Alswmeıoı 
veranjtaltete Demetrios Phalereus (300 v. E.); 
eine große in 10 Büchern. Babrios (j. d.) zu un: 
ewiffer Beit ; aber die Choliamben, worein derjelbe 
fe brachte, jind jpäter wieder aufgelöft worden, 
wenn auch noch in der Proja erfennbar. Die Zahl 
der Fabeln, ihre Neihenfolge 2c. find aus diejem 
Grunde in den Handichriften und Ausgaben jehr 
ungleich. Eine aus einer Handjchrift der Biblio: 
thet von Monte Caſſino vermehrte Ausgabe ent: 
hält 423 Kabeln. Bündel hält ihn für einen 
nubijchen Sklaven, Lauth u. a. lafjen den Namen 
aus Aldlow entſtehen und ſetzen die Lebenszeit 
unter Amafis. Noch andere machen ihn gar zu 
einem Inder oder Hebräer. Val. Welder, fl. Schrif: 
ten II ©. 2283 — 263. Seller in Fledeifens Jahrb. 
Suppl. IV ©. 309—412. 
Aisymnötes j. Eurypylos, 1. 
Alsvarnıns, zulanmengejegt aus «ic« (iu- 
sta portio) und murnjoxo (dev des gleichen An— 
teils gedentt, bejier ald von »eueır oder gar 
vuveio), bezeichnet in der Odyſſee (8, 258) er: 
wählte Ordner der Kampfipiele: in einigen Staaten, 
3. B. Megara, Teos, Kyme, Chalfedon, ift es der 
Name regelmäßiger Beamten und Richter. Im 
engeren Sinne bezeichnet es einen Oberen oder 
Scyiedsrichter, der bei dem Gleichgemwichte ſtrei— 
tender Barteien zur Wiederherftellung eines fried- 
lichen Verhältnifjes auf Lebenszeit, oder auf be- 
jtimmte Jahre, oder bis zur Vollendung jeines 
Mandat an die Spite des Staats gejtellt wurde 
(nogov Ö} ol utv dia Plov iv deyı.v ravımv, 
ot Ö ufyoı tıvv mpıoufrar 1g0vwr 1) moukew», 
Aristot. pol. 3, 14). Sie werden wegen der Un— 
bejchränftheit ihrer Macht auch als Tyraunen be: 
zeichnet, wiewohl mit Unrecht, da ihre Gewalt 
feine angemaßte, jondern eine, oft wohl gerade 
ur Verhütung der Tyrannis übertragene war. 
it mehr Necht kann man fie mit den römijchen 
Diftatoren vergleihen. Berwandt find fie den 
Gejebgebern (vgl. Gesetzgehung). Ariſto— 
teles (pol. 4, 8, 2) vergleicht die Aiſymnetie . 
der Gejepmäßigfeit der Übertragung mit der 
föniglichen Gewalt, wegen der Unbeſchränktheit 
ihrer Macht mit der Tyrannis. Der befanntefte 
unter den Aiſymneten (oder vielmehr der einzige, 
uns von den Hiftorifern ausdrücklich unter diejem 
Namen erwähnte) ift Pittafos von Moptilene. Um 
das J. 620 v. E. waren dort Kämpfe des Demos 
egen die NAriftofratie ausgebrochen, zu der der 
ichter Alkaios gehörte. Dieje Ziwiftigfeit hatte 
den Melanchros an die Spige gebracht, der dann 
von den vereinigten Parteien des Alkaios und 
Pittalos beſiegt und erſchlagen wurde. Zur Schlich— 
tung der Streitigkeiten, die jetzt zwiſchen der 
Ariftofratie und dem Demos unter Pittafos’ Füh— 
rung ausbrachen, wurde diejer endlich auf 10 Jahre 
(590-- 580) zum Aiſymneten gewählt, jo daß aljo 
nur leidenjchaftlicher politiicher Hab den verbann: 
ten Alfaios dahin gebradt haben fann, feinen 


Gegner einen Tyraunen zu nennen. „Da 
rühmtefte und ruhmwürdigſte Beilpiel dieſe 
giebt uns die athenifche Gejchichte, da nach he 
Kämpfen die Parteien fich einigten, den Solc 
Friedensftifter und Gejeßgeber zu bevollmädh 
Auch die Geſetzgebung des Zaleukos bei der 
liichen Lolrern gegen die Mitte des 7. X 
jowie die etwas fjpätere des Charondas bei 
Katanaiern auf Sicilien find wahrjcheinlich 
ähnlicher Bevollmäcdhtigung hervorgegangen.“ 
mann, griech. Altert. 1, 158 f. 

Aithalia j. Ilva. 

Aither, «{idrjg. aether (von aido), die 
ftrahlende Quftregion, im Gegenjag zu «ne 
unteren Luftſchicht, der Sig des Zeus (IT. 2, 
päter der aus Elementarfener bejtchende, 
umſchließende Himmelsraun, aus dem die S 
und die Gejtirne entjtehen, der Wohnort 
Götter. Als Perjonififation ift Aither nach £ 
(theog. 124) Sohn der Nacht und des Er 
der Kinder des Chaos, Bruder der Hemera; 
nach bezeichnet er aljo eine Grundſubſtanz 
BWeltalls; nad den orphiſchen Hymnen die ! 
jeele, von der alles Leben ausgeht. Die Di 
identifizieren ihn auch mit een oder Nu 
der mit fruchtbarem Negen fi in den Schof 
Erde ſenkt. Verg. @. 2, 325. Bei den ı 
Philoſophen ift er Sit und Prinzip der alle 
fruchtenden Lebenswärme. 

Aithiöpes u. Althiopla, Aldlonss, Altdıc 
Der Etymologie nad) (aldo — @y) bezeichı 
die Griechen als Withiopen im mweiteren Sinn 
Nationen von dunkler Hautfarbe, an den ({ 
küſten Aſiens (3. B. Gedrofien), wie am ol 
Nil und überhaupt in Innerafrika; jo findet 
diejer Name jelbjt auf Samothrafe und Le 
und auch die Amazonen heißen jo. Bei Hı 
u. a. Dichtern find fie die fernſten der Mäı 
wiefach geteilt, d. h. im Süden nad) Oſten 
Beten fid) ausbreitend (Od. 1, 23), wo die ©ı 
auf: und untergehend der Erde und ihren 
wohnern nahe fommt und dieje ſchwärzt; an 
Teilung durch den Nil oder den Arabiſchen M 
bujen (Strab.) hat Homer —— edacht. 
Od. 4, 84 ſind fie Nachbarn der Sidonier 
Erember und wohnen am Dfeanos (Il. 23, 2 
Die Vorſtellungen des Dichterd don diejen feı 
Völkern find jedesfalls wenig beftimmt. Sie he 
„untabelig” (auvworss) und jind Freunde 
Götter, die öfters zu ihnen reifen und feier 
Helatomben in Empfang nehmen (/7. 1, 4 
Wenn man die Götter aus unjerer Welt entf 
denken wollte, ließ man fie am den äußerjten N 
der Erde verreift jein, zu den frommen Aithio 
In äußerſter Ferne, am Rande der Erde da 
man jich fromme, von den Göttern geliebte Völ 
die Nithiopen, die Hyperboreier, ähnlich wie 
äußerjter zeitlicher Ferne die Menſchen des golde 
— Nach Herodot (7. 70) zerfallen 

ithiopen in öſtliche, mit ſchlichten Haaren, 
bis zu den Indern hin wohnten (Kiepert erke 
in den dunklen Bewohnern Gedrofiens diejelb 
und in weftliche, bejonders mit krauſen Haaı 
— Im engeren Sinne find darumter die Bewoh 
des obern Nillandes, „oberhalb Agypten“ (Zi 
2, 146), veritanden; dasjelbe heißt im Alten Te 
ment Kuſch, in den ägyptiſchen Inſchriften St 
oder Keſch. Das Land zunächft ſüdüch von Agupt 


— 


Aithre — Aitolia, 


zwiſchen dem 1. und 5. Nilfataralt, das lange Zeit 
eine ägyptiſche Provinz war, bildete ſeit etwa 
1000 v. E. ein jelbitändiges Neich mit der Haupt: 
ftadt Napata (ij. d.), defien Könige 728 — 672 aud) 
über Agypten geboten. Weiter ftromaufiwärts, ober: 
ib der Mündung des Aſtaboras (j. d.), lag 
eroe, die jpätere Nefidenz des Aithiopenreiches. 
Die Aithiopen waren nach Herodot (3, 19 ff.) die 
größten, —— längſtlebenden Männer; ihr 
Land reich au Gold, Edelſteinen, Elfenbein u. j. w. 
In der Kaiſerzeit wurden ſie von Königinnen mit 
dem ſtehenden Namen oder Titel Kandale be: 
erricht; eine derielben fiel 24 oder 23 v. E. in 
upten ein, worauf die Römer Napata zerjtörten. 
Im Duellgebiet der öftlichen Nilzuflüffe, im heu— 
tigen Tiger, beitand jeit dem 1. Jahrhundert v. 
oder n. E. das Reich von Aröme oder Axomis, 
auch Aurumis (j. Arum, in der Nähe des heu: 
tigen Adowa), mit einem Gemijch verichiedener 
Bölter. Hier jollen die unter Pſammetich I. um 
620 dv. E. ausgewanderten Krieger (Hdt. 2, 30) 
ſich niedergelafjen haben, und allerdings weijen 
die Obelijten in den Trümmern der Stadt auf 
ägyptiſche Einflüffe hin. Bon Südarabien find 
Semiten herübergefommen; ihre Sprache, in welcher 
jeit Annahme des Chriftentums (um 330 n. GE.) 
zahlreiche Schriften abgejaßt wurden, * man 
heutzutage die äthiopiſche. An der Küſte lag die 
Hafenſtadt Adulis (j. Zula bei Maſſaua); die 
Btolemaier hatten die Niederlaſſungen Ptolemais, 
Arfinod und Berenife gegründet. Das Küſten— 
gebirge tweiter nördlich bewohnten die Troglodyten 
und Ichthyophagen (j. d.). Die ganze Küſte bis 
um Borgebirge Aromata (j. Guardafui) nannten 
ie Griechen rbaria (der Name erhalten in der 
jeßigen Stadt X dh) oder nad den Produkten 
N IrVaumuopogog, 7 KOmuaTopögos zuga. Jen: 
jeits des Vorgebirges nennen jie den einheimijchen 
Namen Azania (h. Adichan). Strab. 17, 821 ff. 
Aitlıre, Aiden. Aethra, 1) Tochter des Königs 
Pittheus in Troizen, Mutter des Theieus (Plut. 
Thes. 3), den —— Aigeus gebar. Die Angabe, 
daß Poſeidon Vater des Theſeus ſei, ſollte nach 
ſpäterer Deutung auf dem Beſtreben des Pittheus 
beruhen, ſeinen Urſprung auf den bei den Troi— 
Deore vorzugsweiſe rien Gott zurückzuführen. 
agegen wird erzählt (aus. 2, 38, 1), 
Aithra, als jie nach Aufforderung der Athene auf 
der Inſel Sphairia Totenopfer brachte, dort im 
enge 9 der Göttin dem Poſeidon verbunden worden 
Ka nlaß zur Stiftung des Tempels der Athene 
turia und zu der Unordnung, daß die troi— 
en Jungfrauen vor der Hochzeit ihren Gürtel 
Athene —— ollten). Eine andere Sage, 
wonach fie von den Dioskuren in Athen geraubt, 
nach Yaledaimon geführt und jo als Sklavin der 
— nach Ilios gekommen jei (Hom. Il. 3, 144. 
lut. Thes. 34, |. Akamas, 3. und Demophon, 
2.), ward vielfad ein Gegenftand der nachhome— 
riſchen Poefie und bildenden Kunſt. — 2) Tochter 
des Dfeanos, die dem Atlas 12 Töchter, die 
Hyaden, und den Hyas gebar. Ov. fast. 5, 171. 
Aitolia, Altwlıe, griechische Landſchaft, der 
Sage nad genannt von Witolos, dem Sohne des 
Endymion, der aus Elis hieher geflüchtet war, 
früher wie Afarnanien auch Kovenris oder nad) 
einem andern Stamme "Tawris geheifen. Es 
grenzte gegen W. an Mlarnanien, gegen N. an 
Reallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 


49 


Epeiros und Theflalien, gegen DO. an Doris und 
das ozolijche Lokris, gegen S. an den heutigen 
Golf von Batras, der von den Alten bisweilen 
zum Korinthiſchen Meerbujen geredjnet ward. Die 
Größe betrug etwa 72 IM. Das Ganze zerfiel 
in Altaitolien, Altwlde aeraia, und in das Tnäter 
erworbene Alr. Irixrnrog, welches nördlich den 
gebirgigen Landftrich zwiichen Lofris und Phokis 
umfaßte und ehemals zu Lokris gehört hatte. Der 
Boden ift im allgemeinen jehr rauh und gebirgig; 
Herodot (7, 126) nennt jogar Löwen dort. Im N. 
geht jih der Tupensrog (Belukhi) herunter, im 
NO. bildet der Oirn (Kumaita oder Natapothra) 
und Aoga& (Bardifia) die Grenze, im Innern 
liegt der Aganv»dog (Zuges) unweit des Meeres 
nach Wlarnanien hin, und ald Scheide zwijchen 
Alt: und Nenaitolien das Hauptgebirge (lavaı- 
zalıor (Arapofephala); Chalfis, Taphiaſſos (Kafi- 
Stala) und Myenos bilden die Grenze im SD 
Doc fehlt es auch nicht an Ebenen: das Alrolov 
redior ufya« (campus Aetolorum magnus), eine 
Öftliche Fortſetzung der alarnanifchen Ebene am 
Ucheloos, zwijchen dem Banaitolion und Ara— 
fyuthosgebirge mit den bedeutenden Seen "Tol« 
oder Avaıuayie (See von Angelo Kaftro) und 
Teıgavis (See von Vrachori) — reih an Süd— 
früchten und Wein (Verg. G. 1, 7); ferner der 
Küfte nahe die Paracheloitis (j. Acheloos) und 
öftlich Davon Ankavror zedio» an der Mündung des 
Fluſſes Eunvog (Fidaris). — Als Urvölfer werden 
im nördlichen Teile die Leleger genannt, in Süd- 
aitolien die Kovenjreg, die „jugendlich kräftigen“ 
(von “odgos), nicht von dem Haarſchnitte (veiow), 
und die boiotifchen Hyanten. Dieje Völferjchaften 
galten mitunter gar nicht für Hellenen wegen ihrer 
rauhen Sitten und unverftändlichen Sprache. Thuc. 
8, 94. 104 ff. Pol. 17, 5. Durch helleniſche Ein: 
wanderer entſtand ſpäter ein gemijchter Dialeft. 
Die ’Eneıol oder 'HAsioı famen mit Witolos jechs 
Menſchenalter vor dem troiichen Kriege. Zu Homers 
Zeit hießen die Bewohner jchon insgejamt Alto- 
Aol (Il. 2, 638). Nach Orylos, welcher die Dorer 
bei ihrem Zuge in den Peloponnes anführte, ge: 
jtaltete ſich Aitolien zu einer großen Republik um, 
bis die Römer es zu der Provinz Achaja schlugen. — 
Die bedeutendften, wicht zahlreichen Städte, be- 


daß | jonders im füdlichen Teile, jind: Kalydon am 


Euenos, nebit Bleuron Hauptitadt, Makynia, 
Ehaltis und Molykria, korinthiſche Kolonien, 
das feſte Elaios (j. Miffolunghi), Trihonion, 
Olenos, Thermon, Aigition, Dichalia. — Die 
Bewohner wurden der Roheit, Üppigfeit und 
Schwelgerei bejchuldigt, ihre Kampfluft verwidelte 
jie leicht in Kriege, in denen wohl ihre Tapferkeit ge: 
rühmt, die Plünderungsjucht getadelt wurde. Strab. 
10, 449 ff. 460 ff. Die Abgeichiedenheit der Lage, 
welche die Aitoler von der hellenischen Gefittung 
fajt gänzlich fern hielt, hatte fie andrerjeits vor 
jeder mehr als vorübergehenden Abhängigkeit ge: 
jichert, und jelbft nach Wleranders des Gr. Tode 
ftanden fie faft allein noch frei da. * höhern 
Selbſtgefühl kamen die verbündeten Aitoler 322 
v. C., als nach dem lamiſchen Kriege, an dem fie 
ſich beteiligten (Just. 13, 5), Antipater und Kra— 
teros fruchtlos in ihr Land eingefallen waren und 
einen Vergleich geſchloſſen hatten. Nun breiteten 
ſie ſich aus. Zwar beſchränkte ſie die alte Feind— 
ſchaft der Alarnanen, indes wurden ſie Meiſter 
4 


50 


von Lokris und Phokis, bejekten die Gegenden 
am Dite, einen Teil von Theffalien und jelbft 
Delphoi (290), wodurd der letzte amphiktyoniſche 
Krieg unter dem Sparterfönige Areus hervor- 
gernfen wurde. Im Peloponnes gehörten Tegea, 
Mantineia, Orchomenos und Phigaleia zum Bunde, 
jelbft Elis und Meflenien ftanden de nahe, von 
den Injeln Kephallenia. Die Berfaftung der durd) 
Polemarchen geleiteten Städte war demofratiid). 
Auf dem Banaitolion zu Thermon, am Heilig: 
tume des Apollon, wählten fie einen Strategen 
auf Ein Jahr und einen Hipparchen; die Apo— 
Feten, arörınros (auf Anjchriften auch ßov- 
Asvral und oövedoo: genannt), ein ftändiicher 
Ausſchuß oder Bundesrat, wachten über die Aus: 
ührung der Beichlüjfe. Die regelmäßigen Ber: 
ammlungen fanden zweimal im Jahre ftatt. Roh— 
heit, Plünderungsiuht und ähnliche Eigenichaften, 
dabei Troß und Mangel an Überlegung find die 
in diefem Bunde hervortretenden Eigenjchaften. 
Die Aitoler, anfangs mit Antigonos Gonatas 
verbündet, löften dieſes Bündnis nad deſſen 
Thronbefteigung in Makedonien, und bejonders 
jeitdem der achaiiſche Bund ſich an Makedonien 
angejchlofien hatte, waren fie die natürlichen Ver— 
bündeten der Lakedaimonier gegen beide. In der 
Schlacht bei Kynoskephalai (197 v. E.) kämpften 
fie auf jeiten der Römer, die aber durch die 
Plünderungsjucht und die trogigen Forderungen 
ihrer Bundesgenoffen fich nicht bewogen fanden, 
diejen Akarnanien abzutreten. So jchloffen ſich die 
Nitoler an Antiochos den Gr. von Syrien an, 
nach dejjen Unterwerfung (190) auch fie die ſchwere 
Hand der Nömer empfanden. Nach hirzem Rampfe 
nötigte fie der Konſul M. Fulvius Nobilior 189 zur 
unbedingten Unterwerfung. Sie mußten jogleich 
200 Talente zahlen und 40 Geiſeln ftellen, in den 
—— 6 Jahren je 50 Talente, und die Majeſtät 

römiſchen Volkes anerfennen. Das Land wurde 
in jeder Beziehung von den Römern vernad)- 
läjligt, die micht eimmal eine ordentliche Straße 
durch dasjelbe anlegten. Liv. 37, 48. 38, 1ff. 
©. Branditäter, die Gejchichte des ätol. Landes, 
Volles und Bundes (1844). Burfian, Geogr. von 
Griechenland I S. 123 ff. Dubois, les ligues 
etolienne et achdenne (1884). 

Aitölos, Altwlög, 1) Sohn des Endymion, 
Königs in Elis, und der Neis oder der Hyperippe, 
der Tochter des Arkas, Bruder des Paion und 
Epeiod, Vater des Pleuron und Kalydon. Nach 
Epeios erhielt er die Herrichaft von Elis; weil er 
aber den Apis, Sohn des Phoroneus, nach dem 
der Peloponnes apiiches Land (Amis, Ania yn) 
ze jein jollte, getötet hatte, ward er von deſſen 

öhnen vertrieben und fam in das Land der 
Kureten, dem er den Namen Witolien gab. Apollod. 
1,7,6. — 2) ©. des Orylos und der Pieria, früh 
verftorben und zu Elis unter dem nah Olympia 
führenden Thore begraben. Der Gymnafiardı zu 
Elis brachte ihm jährlich ein Totenopfer. Paus. 


5,4, 4. 

Aius Locntius. Als die Gallier 390 v. C. 
gegen Rom zogen, hörte man in der Stille der 

acht anf der Neuen Straße eine Stimme, die 
vor der Ankunft der Gallier warnte, aber micht 
beachtet wurde. Nach der Verbrennung Roms, 
als man die Heiligtümer wiederheritellte, gedachte 
man jener nicht beachteten Stimme und baute zur 


Aitolos — Akamas. 


Sühne dem Aius Locntius oder Loquens, dei 
redenden Sprecher, einen Tempel. Varro | 
Gell. 16, 17. Liv. 5, 32. 50. Cie. div. 1,45. 2, % 

Aknademia, Araönusıa, Axadnula, ein Pla 
am Kephiffos im NW. von Athen, anfangs dei 
Heros Akademos (j. d.) geweiht, danı ein Gyn 
najium Hipparchos hatte den Raum mit eim 
Mauer umzogen und dazu beftimmt), mitten i 
fieblihen Anlagen von Platanen- und Dlbaun 
pflanzungen, die Kimon angelegt hatte. Paus. 
29, 3 ff. Plut. Cim. 13. Hor. ep. 2, 2, 45. Do 
befanden fi außer Spaziergängen und Anlage 
für gummaftiiche Zwede ein Altar der Mujen m 
Statuen von der Hand des Speufippos, Altä 
des Zens Kataibates, des Eros, des Herafles, di 
Prometheus, ein Heiligtum der Athene, ein Altı 
des Zeus Morios und in deflen Schutze die 12 he 
figen Olbäume (uoglaı) u. j. w. Hier lehr 
Platon und nach ihm feine Schüler, die da 
den Namen der Akademiker erhielten. In 
Nähe der Alademie, doc anferhalb der Ur 
fafijungsmauer, in einem von ihm jelbit angelegt 
Garten, der mit einem für jeinen Gebrauch geba 
ten Lehrgebäude verjehen war, befand fich auch di 
Grab des Platon und ein alter Turm, den d 
Milanthrop Timon bewohnt hatte. Paus. 1,30, 
Selbit von Feinden geichont ward die Atademi 
bis Sulla bei der Belagerung der Stadt d 
Bäume zu Kriegsmaſchinen verarbeiten ließ (Plı 
Sul. 12); doch machte eine jpätere Zeit das U 
recht wieder gut. Das Landgut des Cicero b 
Puteoli erhielt nach ihr den Namen (Plin. 31,2, 3 
auch auf jeinem Tuſculanum hatte er eine Akadem 
wahrſcheinlich eine Portifus. Cie. ad Att. 1, 9, 
11, 8. tuse. 2, 2. 

Akadömos, Arddnuog (auch Hekademos ıı 
Echedemos), athenifcher Heros, Befiger der na 
ihm benannten Afademie. Er jollte den Dioskur 
verraten haben, daß ihre von Thejeus gerant 
Schweiter Helena in Aphidnai gefangen gehalt 
werde. Deshalb ehrten ihn die Diosfuren ho 
und die Lakedaimonier verihonten jpäter bei ihr 
Einfällen in Attifa immer jein Befigtum. Flı 
Thes. 32. 

Akämas, Arduag, 1) ein Aırführer der d 
Trojanern zu Hülfe gezogenen Thrafer und So 
des Eüfforos (Hom. Tl. 2, 844); berühntt weg 
jeiner Tapferkeit und Schnelligteit (5, 462), v 
Aias, dem Sohne des Telamon, getötet (6, 8). 
2) Sohn des Antenor, einer der tapferften un 
den Helden Trojas (2, 823). Als jein Brut 
Archelochos von Aias getötet worden war, räd 
er defien Tod, indem er den Promachos erich! 
(14, 476). Später fiel er dur die Hand t 
Meriones (16, 342). — 3) Sohn des Thejen 
mit jeinem Bruder Demophon durch den Kykli 
Arktinos in die trojanische Sage eingeführt. 
ing mit Diomedes als Gejandter nach Troja, ı 
Helena zurüdzufordern. Hierauf zogen die beit 
Brüder mit Elephenor von Enboia, zu welch 
fie Theſeus bei jeiner Flucht aus Athen gejaı 
hatte, nad Troja (Plut. Thes. 35). Er war ı 
im hölzernen Pferde (Verg. A. 2,262). Mit jein 
Bruder trifft er nadı Troja Eroberung ihre Gri 
mutter Withre (j. d.), welche die Helena nach Trı 
begleitet hatte, umd führt fie mach Athen zuri 
wo fie nadı des Meneftheus Tode wieder 
Herrichaft erlangen. Er führte von Athen e 


Akanthos — Akarnania. 


klopen. 


51 


Kolonie nad) Kypros, wo er jtarb. — 4) j. Ky-|/ Name zu finden. Sie enden in den Vorgebirgen 


Axtıov (j. d.) am Eingange des Ambrafijchen 


Akanthos, "Axardog, 1) Kolonie der Andrier | Meerbujens und Agıdarn (j. Turkobilia). Die 
anf der Halbinjel Ehalfidife am Strymonijchen | Ebenen, größtenteils durch Seen, unter denen der 


Meerbuien, an den von Zerres gegrabenen Athos: 
fanal. Hat. 7, 116. Thuc. 4, 84. Hier jcheiterte 
unter Mardonios ein Zeil der perjiichen Flotte 
(Hdt. 6, 44). %. Hierifos. — 2) Stadt in Mittel: 
ägnpten, j. Dajchur, 120 Stadien jüdlich von Mem- 
phis, mit einem Dfiristempel und Hain von Alan 
thosbäumen. Diod. Sie. 1, 47. — 3) Stadt in 
Athamania oder Moloſſis (Epeiros) in unbelann— 
ter Yage. 

Akanthos, axa»®og, rn, eine Pflanze, welche von 
den Alten wicht bloß in ihrer natürlichen Erjchei: 
nung jehr geichäßt wurde, jondern auch in der 
Kunſt vielfache Anwendung und Nachahmung fand. 
Es it die echte Bärenflau, welche im Süden wild 
wächit, doch auch als Gartenpflanze gepflegt wird 
(Verg. @. 4, 128) und als Einfaſſung der Beete 
bejonders beliebt war. Eine Art blühte weiß, die 
andere rötlich und gelb (daher croceus, Verg. A. 
1, 649, rutilus, Calp. idyll. 4, 68); fie trägt auf 
ihön gewundenen Stielen große, in Geftalt der 
vorderen Bärentaße gezadte, dunfelglängende Blät- 
ter. Die biegjame Gejchmeidigfeit (mollis, Verg. 
E.3, 45, flexı vimen acanthi, @. 4, 123, dyoor, 
Theover. 1, 56) machte fie bejonderd zur Nach— 


ahmumg geeignet in der Stiderei auf Gewändern | 


(Verg. A. 1, 649), im erbabenen Schnitwerfe an 
Bechern und Kandelabern, aber auch in der Bau— 
funft, wo zwei Reihen ihrer Blätter das Kapitäl 
- forinthijchen Säule zieren, j. Columna, Bal. 

"ir. 4, 1. 

Akarnan, Anugrär, Sohn des Altmaion und 
der Kallirrhod, der Tochter des Flufgottes Ache: 
loos. Er und jein Bruder Amphoteros verloren 
durch Ermordung ihren Vater im früher Jugend 
(j. Alkmaion); Zeus ließ fie aber auf Bitten 
der Mutter raſch heranwachjen, worauf fie die 
Mörder des Baters töteten und darauf nad) Epeiros 
auswanberten, von wo aus fie eine Herrichaft in 
Alarnanien begründeten. Apollod. 3, 7, 6. Ov. 
met. 9, 413, 

Akarnänla, "Arnapvanric, die weitlichite Land— 
ſchaft des eigentlichen Hellas, Graecia propria 
(Liv. 33, 17. Hdt. 2, 10), nach den Kureten, 
ihren Ureinwohnern, ehemals auch Kovenzig ge: 
nannt, im ältefter Zeit aber (Hom. II. 2, 635. 
Od. 24, 378) mit umter der allgemeinen Be- 
nennung "Hzesıgos begriffen, grenzte im ©. und W. 
an das Joniſche Meer, im R. an den Ambrakiſchen 
Meerbujen und Epeiros, im D. an Witolien, wo 
im Norden der Gebirgszug Thyamos, weiter ſüd— 
lich der Acheloos als Hauptſcheide anzuſehen ift. 
Die Größe betrug etwa 45 IMl., wobei jedoch die 
Gebiete von Ambratia und Argos Amphilochikon 
nicht mitgerechnet find. Zur Nömerzeit ward das 
Land zu Epeiros geichlagen. — Af. iſt bedeutjamer 
durch jeine hafenreihen Küften als durch jeine 
innere Geftaltung. Indeſſen tritt der Charakter 
einer Gebirgslandichaft neben der Gunft, die das 
Meer bietet, bejtimmt genug hervor. Der Boden 
ift durch Gebirge rauh. Aus Epeiros reicht im D. 
der @vauos (Spartovuni) herüber. Thue. 3, 106. 
Für die übrigen Gebirge, welche von NW. nad) 
SD. ftreihen und ſich über das Meer nach den 
Inſeln verzweigen, jcheint fich bei den Alten kein 


bedeutendite Melden bei der Stadt Diniadai (Strab. 
10, 459), [bewäjjert und daher treijliche Weiden 
bietend, find nicht gar bedeutend. Die aus: 
gebehntejte wird fchlechtweg die Afarnanijche (ro 
Axapravınov nedior) genannt; bejonders aber 
durch Fruchtbarkeit ausgezeicdynet war die durch 
Schlammabjegung an der Mündung des Achelope 
zu beiden Seiten desjelben gebildete Ebene Ilae- 
erelwirig. Strab. 10, 458. Durch Verſchlam 
mung und Berjandung rüdte die Küſte dort jchon 
im Altertum merklich gegen die naheliegenden 
Ehinadijchen Jnieln, deren mehrere dadurch mit 
dem Feitlande verbunden wurden. Thue, 2, 102. 
Hdt. 2, 10. Strab, 10, 458. Plin. 2, 85, 201. 
Unter den Flüſſen ift der bedeutendfte der Ache— 
loos (Mipropotamo), in jeinem unteren Laufe 
ieher gehörig, und von deſſen Nebenjlüfien der 

napos (Mltos). Thue. 2, 82. Die Küſte ift 
mit zahlreichen Buchten, unter denen ro Mvg- 
zovrrıor (Bai von Demata, jüdlich von Aktion), 
und vielen Häfen ausgeftattet, ein Umſtand, der 
die Korinther zur Anlegung mancher Kolonien ver- 
anlaßte. Die Inſel Leukadia, ehemals als Halb- 
injel mit dem Feſtlande verbunden, ward jpäter 
durch einen von den Korinthern gegrabenen Kanal, 
Jıöpvarog, davon getrennt. — Als miythiiche Be: 
wohner werden Kovgijres, Tayıoı, Tnkzßocxı und 
Atkeyes genannt. Eingewanderte Argeier unter 
Altmaion, des Amphiaraos Sohne, jegten jid) an 
der Südküſte, an der Mündung des Acheloos feſt 
(Thue. 2, 102); da Alfmaion am troiſchen Kriege 
feinen Zeil nahm, konnten jich die Alarnanen 
dejien bor den Römern rühmen. Just. 28, 1. 
Auch phoinikiicher Einfluß ſcheint ftattgefunden zu 
haben. Bon Altmaions Sohn Alarnan jollen dann 
die Bewohner genannt jein, während andere den 
Namen im Gegenjap zu den Kureten auf Die 
Sitte, die Haare lang wachſen zu lajjen, zurüd: 
führten (& priv. und xeigo). Ju Wahrheit ift 
wohl der Name mit xdoa, xeudvog u. j. iv. ver: 
wandt und bezeichnet die Bewohner der Höhen, 
der feljigen Küfte. Der Gejammame Axuprärsg 
fommt bei Homer nidyt vor, wohl aber vor dem 
peloponnefiichen Kriege (Hdt. 7, 221); außerdem 
etwa 650 v. C. die dorthin geführten Koloniſten 
aus Korinth. Die ausgedehnten Küjten boten nur 
wenige fichere und bequeme Häfen, weil entweder 
die ge unmittelbar an das Meer herantreten 
oder die Verſumpfung der lagunenartigen Strand- 
ebenen die Schiffe nicht unmittelbar an das Yand 
beranfommen läßt. Auch der vorherrichend Friege- 
riſche Charakter machte die Bewohner den Be- 
ichäftigungen des Friedens weniger geneigt. Nur 
die korinthiichen Kolonien machten eine Aus: 
nahme. Auch in der Gejchichte haben die Afar- 
nanen feine bedeutende Rolle geipielt. Nur zeit 
weile waren fie durch eine gemeinjame Berfajjung, 
zo n0oıwör tor Auaprivov, vereinigt mit einem 
srg«enyög und einer BovAn an der Spike, Im 
peloponnejiichen Kriege find fie auf jeiten Der 
Athener, 391 nötigte fie Agefilaos ſich der Hege— 
monie Spartas zu unterwerfen, nach der Schlacht 
bei Leuktra folgten jie den Thebanern. Den 
Witoliern leifteten fie hartnädigen Widerftand; den 

4* 


52 Akastos 


Nömern x eg fie fi nach der Schlacht von 
Kynosfephalai (197), und nun wurde ihr Land 
mit der Provinz Epirns vereinigt. — —— 
Städte beſaßen die Akarnanen nur wenige, bie 
meiften waren Hauptorte forinthiicher Nieder- 
laffungen: Araxrogıov am Meerbufen von Am: 
brafia, “Axrıov, ’Eyivos, Zoluor, ae Asra- 
xös Hafenftädte am Joniſchen Meere; af Olvıadaı 
unweit der Acheloosmündung. Im Innern des 
Landes: 7 Arockros, die feſteſte Stadt des Landes 
(Thue. 2, 80. Liv. 43, 21), Porriaı, Medsor, 
Mnroörolıs, ®vorov vder Bovpror, Hauptſtadt 
des Landes a Beit der Rönter. Strab. 10, 450 ff. 
460 ff. Bol. Burfian, Geographie von Griechen: 
land I ©. 104 ff. Oberhummer, Alarnanien, Am: 
brafia, Amphilochien, Leufas im Altertum (1887). 

Akastos, Axaoros, Sohn des Peliad, Königs 
von Kolfos, nahm an der kalydoniſchen Eberjagd 
(Or. met. 8, 306) und dem rn de 1. 
Rhod. 1, 224) teil. Als Pelias von der Hanb 
feiner eigenen, durch Mebeia verführten Töchter 
den Tod erlitten hatte, bejtattete Akaſtos den Leich— 
nam und ftellte große Spiele an, an welchen auch 
Peleus teilnahm. Dabei verliebte ſich Aſtydameia, 
die Gemahlin des Afaftos (bei Hor. od. 3, 7, 17 ff. 
Hippolyte, nnd — agnessa, ans Magnefia in 
Thefjalten, zur Untericheidung von der Amazonen— 


fönigin), in ihn, fand aber fein Gehör bei ihm | jich 


und verleumdete ihn deshalb als einen Verführer 
zum Treubruch (Pind. nem. 4, 54. 5, 26) bei 
Alaſtos. Diejer juchte ſich jeiner dadurd) zu ent- 
ledigen, daß er ihn auf einer Jagd auf dem 
Berge Pelion, als er ermüdet eingeichlafen war, 
unter den Kentauren liegen ließ, nachdem er ihm 
jein Schwert geraubt hatte. Die Götter aber ſchickten 
ihm den Hephaiſtos zu Hilfe, der ihn mit einem 
Schwerte — womit er ſich der auf ihn ein— 
dringenden Kentauren erwehren konnte. Er kehrte 
nach Theſſalien zurück, überzog Afaftos mit Krieg 
und eroberte Jolkos. Nach andern wurde Peleus 
bon Hermes oder vom Kentauren Cheiron gerettet 
und tötete darauf den Akaſtos nebjt der Aftydameia. 

Axeooexöung ſ. Apollon, 4. 

Akesines, Axsolvns, 1) wahrſcheinlich derjelbe 
Fluß wie der Alis auf der Oſtküſte von Sicilien, 
j. viell. Fiumo di Alcantara. Thuc. 4, 25. — 2) Fluß 
des indischen Tieflandes Pendbihab, altindiſch Aſikni, 
j. Tichenab oder Dielam, mit Strudeln und Felſen, 
nimmt den Hydaſpes anf (Arr. 6, 4, #), den 
Hydraotes (daf. 6, 13, 1), den Hyphaſis (dai. 6, 
14, 5) und ergieht fi im den Indos (daj. 6, 
1, 2). Diod. Sie. 2, 27 nemmt ihm wohl iertüms 
lich Ansoivog. Seine Breite betrug nad) Arr. 
Ind. 3 30 Stadien. 

Akestes, "Ardorns, Alysoros, Acestes, nahm 
in’ Sieilien den Aineias gaftfreumdlich auf und 
beftattete den Anchiſes auf dem . Nach einer 
alten Sage war feine Mutter, die Troerin Egefta 
oder Scegefta, um dem bon Neptum gejandten See: 
ungeheuer nicht ey zu werden, von ihrem 
Bater Hippotes nach Sieilien gejandt worden, wo 
fie den Flußgott Krimifos heiratete und diejen 
———— der die — Namen benannte 
Stadt Egefta gründete (Verg. A. 1, 550. 5, 35. 
711 ff. dv. met. 14, 83 f.). Nach Dion. Hal. 
1, 52 war des Alyssrog Mutter eine von Laomedon 
nach Sieilien verkaufte Troerin, jeim Vater ein 
Troer, der diejer nad) Sieilien gefolgt war. Wäh— 


— Akra. 


rend des trojamischen Krieges kehrt Aigeftos naı 
Troja zurüd und nimmt teil am Krieg. Na 
der Berförung Troja geht er wieder nad) Sicilic 
urüd, wo ihn Aineias trifft und ihm die Sta! 

igefta erbaut. Er heißt auch Segeftes ſ. Segesta 

Akis, Axis, 1) Fluß auf Sicilien, an den nör 
lichen Abhängen des Ätna entipringend und c 
der Oftfüfte mündend (Tiheoer. 1, 69. Or. fast. 
468. Sil. 14, 221), wegen der Kälte jeines Waſſe 
berühmt; nach einigen der heutige F. Freddo zw 
{en Taormina und Catania (nadı Parthey di 

leantaraflüßchen ebendort). Die Sage von Ati 
der vor Polyphem fliehend von der Galatea 
einen Fluß verwandelt wird, j. Or. met. 13, 749 
) alter Name ber Kyfladeninjel Siphno 
Plin. 4, 66. 

Akoites, Acoetes, 1) ein griechiicder Steut 
manıt, bon dem in den Sagen des Dionyſos 
ählt wird, daß er, als jeine Gefährten einft a 

hios ans Land gingen und von da einen jchön 
trunfenen Knaben aufs Schiff brachten, fich wid« 
ſetzte, indem er den Knaben (dem Dionyjos) f 
einen Gott hielt. Als der Knabe erwachte, vı 
langte er, daß die Schiffer ihn nach Naxos, jein 
Heimat, bringen jollten (Ov. met. 3, 682 - 631 
das veriprachen fie zwar, hielten es aber nic 
Plöglich umranft Ephen das Schiff, der Gott zei 
ich, das Haupt mit Weinlaub umfränzt, Tie 
und Banther liegen um ihn ber, die erjchredi 
Schiffer fpringen, von Wahnſinn ergriffen, i 
Meer und werden in Delphine verwandelt (dai. 
630 — 691). Afoites allein wurde gerettet u 
diente fortan dem Dionyſos ald Briefter in jeim 
Tempel auf Naxos. So erzählt bei Ovid Dionyi 
jelbft unter der Maste des Afoites dem Benthe: 
Die Quelle diefer Fabel ift Hom. hymn. 7. 
Dion. — 2) Evanders Waffenträger, jpäter Nam 

noffe und Gefährte des Pallas, des Sohn 

anders. Verg. A. 11, 30. 85. 

Akontios, ‘Axövriog, ein wohlhabender Jun 
ling von der Inſel Keos. Obgleich nicht von hoh 
Stande, verliebte er fid) auf Delos, wohin er x 
Feſte gereift war, in die Tochter eines vornehn 
Atheners, Kydippe. Als fie einft in dem Tem 
der Göttin ſaß, warf Ak., —— daß jeder 
Tempel der Artemis geſprochene Schwur gehal 
werden müſſe, einen Apfel vor ſie hin, auf i 
er folgende Worte geichrieben hatte: Ich ſchw 
bei dem Heiligtum der Artemis, mich dem Atont 
zu vermählen. Kydippe las dieje Worte laut, w 
aber dann den Apfel weg. Af. kehrte nun he 
von heftigem Gram erfüllt. Als aber Kydip 
Bater fie verheiraten wollte, wurde fie vor 
—* krank; dies wiederholte fich dreimal. © 

ater befragte das Orakel zu Delphi um die 
ſache diejer Ericheinung und erhielt zur Antıwı 
daß es die Strafe der Göttin jei, welche die ı 
Kydippe geiprochenen Worte gehört habe. Da 

ttete der Vater, nachdem Kydippe fich beri 

r Mutter entdedt hatte, die Heirat der Tod 
mit At. Or. her. 20. 21. trist. 3, 10, 73. { 
Quclle der hlung ift ein verloren gegange 
Gedicht des Kallimachos (Kvdizn); derſelbe Geg 
ftand fommt aber auch unter andern Namen ı 
Anton. Lib.1. Bgl. Buttmann, Mythol. IE. 11: 
Dilthey, de Callimachi Cydippa (1863). 

Akra, Axote. Unter den vielen, nad if 
Lage genannten Städten und Vorgebirgen jind 


Akragas — 


merten: 1) Ara Leufe in Hiſpania Tarraconenfis, 
von Hamilfar Barfas gegründet. Diod. Sie. 25, 14. 
— 2) Stadt am Kimmeriichen Boiporos. Strab. 
11, 494. — 3) Hügel in Jerujalem, auf dem 
Antiochos Epiphanes eine Burg erbaute (j. Hie- 
rosolyma). 

Akrägas j. Agrigentum. 

Akrai, "Axgaı, 1) Stadt in Witolien, wahr: 
ſcheinl. auf einer der Vorhöhen des Aralynthos 
gelegen. Pol. 5, 13. — 2) Stadt auf Sicilien 
anı 5 Anapos, Kolonie von Syrakus, 663 v. E. 
erbaut, j. Acremoute bei Palazzolo. Thuc. 6, 5. 
Diod. Sie. 23, 4. 

Akraiphia, 4xecaıpia, od. Akraiphion, Anocei- 
gıor, Stadt an der Nordoftjeite des Kopaisiees in 
Boiotien, unterhalb des Ptoon gelegen; j. Karditza. 
Paus. 9, 23, 5. 

Akrisios, Anglsıos, aus dem Geichlechte des 
Danaos, ©. des Abas und der Aglain (Dfaleia), 
der Tochter des Königs Mantineus von Argos. Sei: 
nen ſtets mit ihm verfeindeten Zwillingäbruder 
Broitos vertrieb er, wurde aber nachher von defien 
Schwiegervater Jobates, König von Lydien, ge 
zwungen das Reich mit ihm zu teilen. Afrijios er- 
bielt 34 Proitos Tiryns. Dem Alriſios war ein 
Drafel geworden, ſeine Tochter Danad würde einen 
Sohn gebären, der ihu töten würde; daher lieh er 
fie in einem Zurme oder unterirdiichen Gemache 
bewachen. Als aber Zeus fi in Geſtalt eines 
goldenen Megens zu ihr herniedergelafien hatte, 
ebar fie den Berjeus. Alrifios lieh Mutter und 
Find in einen Kaſten fteden und ins Meer werfen; 
beide wurden aber von Diltys an der Aniel 
Seriphos ans Land gegogen und gerettet. Perſeus 
fehrte jpäter mit jeiner Mutter nach Argos zurüd 
und fuchte den Afrifios auf, der, die Erfüllung 
des Drakels rg entflohen war und fich zu 
Lariſſa in Theſſalien aufhielt. Bei einem Kampf: 
ipiel tötete er ihn unvorfichtigerweile mit dem 
Diifos. Apollod. 2, 2, 1. 4, 1. 4. Etwas anders 
Hygin. fab. 63. 

Akritas, Anolrag, 1) der ſüdlichſte Bergaug 
Mefieniens, im engern Sinne das feinen fübli 
Bunkt bildende Vorgebirge, j. Kap Gallo. Strab. 
8, 369. 
in Bithynien am nördlichen Ende des Aitafenijchen 
Meerbuiens (B. von Jsmid) noch jest Alrita. 

‚ @, acroäma, ein Vortrag zur Unter: 
haltung und Beluftigung, bejonders bei der Tafel, 
beftehend in Dellamation, Gejang, muſilaliſcher 
Aufführung, aljo Ohrenihmaus, bisweilen mit 
deoonue, Augenweide, verbunden (Xen. symp. 
2,2. Hier. 1, 14). Daun aber wird der ⸗ 
druck häufig bei den Griechen und immer bei den 
Römern auf die Urheber dieſer Beluſtigungen über— 
tragen, aljo die Borlejer (Anagnoſten), Necitatoren, 
symphoniaci, Zänzer, Mimen, Geiltänzer und 
Gaufler, Poſſenreißer und Luftigmacher, scurrae 
und moriones. Plut. Galb. 16. Pol. 16, 21, 12. 
Cie. Sest. 54. Verr. 4, 49. Nep. Alt. 14. 
Plin. ep. ®, 17. 

Akrokeraunia, za Angoxsgaurıe, das weit- 


Paus. 4, 34, 12. — 2) ein Borgebirge | 


Aktaion. 53 


en ſich zwiichen Epeiros und Allyrien bin. 
ie dortige Küſte ift den Schiffenden gefährlich. 
Hor. od. 1, 3, 20. ©. aud Keraunia. 
Akrotätos, 4xgüraros, 1) Sohn des K. Kleo— 
menes 1]. von Sparta, widerjeßte ſich zum all: 
emeinen Unmwillen dem Beichlufje, dab die in der 
lacht bei Megalopolis (330 v. E.) geflohenen 
Spartaner von allen Strafen, auch von der Atimie, 
befreit jein ſollten. Als daher die Agrigentiner 
egen Agathokles von Syrakus einen Anführer von 
rta ſich erbaten, übernahm er willig dieſen 
Poften, mußte aber wegen Gewaltthätigleiten und 
Verbrechen in die Heimat flüchten, wo er bald 
nachher ftarb. Paus. 3, 6, 2. Plut. Agis 3. Diod. 
Ste. 19, 70. — 2) jein gleihnamiger Entel, _ 
265 dv. E. jeinem Bater, Areus L, in der e 
rung, fand aber bald (über die Zeit j. Droyien, 
Geichichte des Hellenismus II, 2 S. 326) feinen 
Tod gegen Ariftodemos, den nnen bon Mega: 
lopolis. Paus. 3,6. Plut. Pyrrh. 26. Plut. Agis3. 
Aktaion, ‘Axraior, 1) Sohn des Ariftaios und 
der Autonod, einer Tochter des Kadmos, ein be: 
rühmter theban. Held und von Cheiron gebildeter 
Jäger, der auf der Jagd im Gebirge Kithairon 
von Artemis in einen Hirſch verwandelt und von 
jeinen 50 Hunden zerriffen wurde. Artemis zürnte 


Yz er 
- un 
er 
ro 
a 


es 





liche Vorgebirge der Kerauniichen Berge am Adriati- | ihm, weil er fie im Babe ben, oder weil er 


ichen Meere, wegen jeiner 
jest Kap. Gloſſa, von den 
genannt. 

(j. im allgemeinen Khimara geheifen), nad 


enähnlichen Geftalt | jich gerühmt hatte, fie als Jäger zu übertreffen. 
0 en Italienern K. Linguetta | Als die Hunde ihren Herrn zerriffen hatten und 
Die Ceraunii montes, r« Kspavrıa | ihn num heulend juchten, famen fie zur Höhle des 


heiron, der fie durch ein Bild des Altaion be: 


ven \l 
den häufig fi) dort jammelnden Gewittern genannt, | jchwichtigte. Apollsd. 3, 4, 4. Ov. met. 3, 181 ff. 





54 


Man zeigte noch jpäter zwiſchen Megara und 
Plataiai den Aftaionsfelien, von wo aus er die 
Göttin geiehen, und die Aftaionsquelle, in der fie 
gebadet. Paus. 9, 2, 3. Altaion war das Bild 
des durch die Hitze der Hundstage zerftörten Erden- 
lebens. Seine auf Bergen und Felſen aufgeftellten 
Bilder dienten dazu, die verderblichen Folgen der 
Hundstage abzuwenden. Ein foldies Bild bei 
Orchomenos in Boiotien jah noch Pauſanias (9, 
38, 4). — Die beigefügte Darftellung des im der 
Verwandlung begriffenen und von feinen Hunden 
angegriffenen Aktaion ift die Abbildung einer Hlei- 
nen marmornen Statue im Britifchen eum. — 
2) ein korinthiicher Knabe, ©. des Melifjos, der 
durch die Verfolgung des ihn Liebenden Ardias 
(ſ. d, 1.) umlam, eine eigentümliche Verfion des 
— Mythus. Plut. narr. am. 2. 

Akte, Auri, 1) alter Name Attikas. — 2) Dit: 
küſte des Peloponnes zwijchen Troizen und Epi- 
daurod. — 3) Küftenland von Magnefia in Thefja- 
lien. — 4) Halbinjel beim Berge Athos zwiſchen 
dem Singitiichen und Strymoniſchen Meerbujen. 
Thuc. 4, 109. — 5) Kain d., Hdt. 6, 22, an der 
Nordküſte Siciliens. — 6) j. Actium. 

Aktion j. Actium. 

Aktorionen j. Molionen. 

Akusiläos j. Aoyoyedgoı. 

Ala. Die Truppen, welche anfangs von den 
Bundesgenofien geftellt, jpäter nach dem Aufhören 
derjelben als auxiliares in den Provinzen aus: 
gehoben wurden, zerfielen in 2 Hälften, deren 
jede auf einem der beiden Flügel ftand. Deshalb 
— ſie, Fußvolk ſowohl als auch Reiterei, 
alurii, 
(legionarii), oder alae. Verſchieden davon ſind 
die alae, Hülfsreiterei, welche in der Kaiſerzeit 
u feiner beftimmten Legion gehörten, jondern 
Felbftändige Truppengattungen bildeten und nad 
den Völkerſchaften, von denen jie geftellt waren, 
benannt wurden; 5. B. ala Batavorum, Gallo- 
rum, Caninefates, doch auch ala singularium 
(Tae. hist. 4, 70). Dieje alae, gewöhnlich aus 
500, doch auch 1000, Neitern a zerfielen 
in turmae umd decuriae. Sie ftanden unter 
eigenen einheimifchen Führern (vgl. Caes. b. gq. 
1, 18), wogegen die equites auxiliarii römische 
are — S. Equitatus, 3. 4. 

abanda, r« und 7 Alaßavda, bedeutende 
Stadt in Karien (Hdt. 7, 195; nad) 8, 136 in 
Phrygien), nicht fern vom Maiandros und Mar: 
ſyas, durch Handel und Kunſtfleiß, aber auch durch 
üppige Sitten befannt, Geburtsort der beiden Rhe— 
toren Apollonios (ſ. Apollonios, 4. und 5.); 
unter den Römern Gerichtöftadt. Cic. n. d. 3, 15. 
19. ad fam. 13, 56. Liv. 38, 18. 38, 13. 

Alalkom&nai, AlaArouevei, 1) Stadt in Boio- 
tien zwijchen dem Berge Tilphöfion und dem Ko— 
paisjee, mit einem alten Athenetempel; die Sage, 
daß die Göttin (daher Alalrnousrnis genannt) hier 
— ſei, ſchützte die Stadt vor Zerſtörung. 

Tom. TI, 4, 3. Strab. 9, 418. Paus. 9, 33. — 
2) Stadt auf Jthafa, nach Strabon (10, 457) auf 
der Inſel Aiteria bei Ithaka. 

Aläni, Alavoi, 'Alavroi, ein jarmatisches Bolt, 
vielleiht = den Albaniern (j. Albania), zuerft 
am Kaukaſus wohnhaft, dann in die Ebenen Ruf: 
lands eindringend, aber auch durch die Kajpiichen 
Pforten, zur Zeit Beipafians, in Medien und 


Akte — 


im Gegenjag zu den Xegionsjoldaten | brad) 


Aldorcoo. 


Armenien einfallend. Später ſchlugen fie im 
Jahrh. n. C. bei Philippi in Makedonien den Kai 
Gordian, wurden von den Hunnen verdrängt und t 
mwüfteten mit den Sueben und Bandalen Ball 
und Hifpanien, wo fie, von den Goten und Fr 
fen geichlagen, als jelbftändiges Volk verſchwind 

Alaricus, Aldgıroc, König der Weftgoten, 1 
um das Jahr 376 n. E. auf römiſches Gebiet ı 
feinen Stammgenofjen über und beteiligte fich 
allen Kämpfen der Goten mit den Römern, 
ſonders im 3. 379 gegen Theodojius den Grof 
Bedeutung gewinnt er mit dem J. 394. Als‘ 
ne einer germaniſchen Schar war er zuge 

ei der Irre arg am Fluſſe Friai! 
gegen Eugenius. Zosim. 5,5. Wach dem T 
des Theodofins (395) ſandte Stilicho, der X 
mund und Minifter des Honorius, den Ala 
nad dem Dften zurüc, welcher, zerfallen mit t 
Minifter des Dftens, Nufinus, der ihm höl 
militärische Würden verweigerte, fortan ala Fe 
der Römer auftrat. In demjelben Jahr belaq 
er den Rufinus in Konftantinopel, von jei 
Landsleuten als gemeinjamer Führer anertaı 
Dann durchzog er mit feinen Goten Mafebor 
und Möſien, verheerte das weitliche Illyrieum 
zog dann am Mdriatijchen Meer hinab nach N 
polis und fiel in Theflalien ein, wo ihn Etil 
ereilte und einſchloß. Da aber der Kaiſer Arcat 
diejen nötigte, nach Italien zurüdzulehren, dr 
Alarich in Griechenland ein und verheerte 
Claudian. in Rufin. 2, 180 ff. de laude Stil 
1, 170 ff. Dem in Griechenland landenden Etil 
entfam Alarich glüdlich. Zosim. 5, 7. Im J. 

er in Oberitalien ein und gelangte 

Ligurien; da trat ihm Stiliho wiederum ı 
gegen und zwang ihn durch die Siege bei Polleı 
und Verona (403) nad Jllyricum zurüdzugel 
Claudian. b. Get. 559 ff. Stilidyo dachte daı 
fi” der Unterſtützung Alarichs gegen das by; 
tiniſche Neich zu bedienen, aber der Plan mı 
durd; Stilichos Ermordung vereitelt. Im J. 

fam WU. abermals nach Trntien und verlief; 
nicht wieder. Zweimal lag er vor Rom, ermaı 
den Attalus zum Gegenfaifer und eroberte, 

diejer Alarichs Forderungen ablehnte, am 24. Au 
410 die Hauptjtadt der Welt, welche er milde 
handelte. Zosim. 6, 12. Oros. 7, 39f. Nadıi 
er drei Tage in Rom verweilt, zog er nad) Un 
italien, wo er plöglich ftarb und bei Coſe 
(Eonjentia) im Fluſſe Barentinus in Calabı 
begraben wurde. Weinend beftatteten die Sei 
den Helden, der im fräftigiten Mannesalter dal 
gerafft war. Die ganze Sage beweift, mie I 
die Verehrung der Goten für ihren König t 
wie groß jeine Bedeutung für fie. Das von 
erftrebte Ziel hat er nicht erreicht. Claudı 
b. Get. 498. Bol. Rallmann, Geſch. der Völ 
wanderung I ©. 202—317. 

Alarüü j. Ala. 

AAa@OTWR, „der Rachegeift”, eine in dem Vo 
glauben entjtandene und von den Tragifern we 
ausgebildete Vorftellung. Bei Aifchylos tritt 
A. auf als ein dadum» yErvag, ald ein in ei 
Geſchlechte fortwirkender Rachegeift, ſo daß, wi 
dem Hauſe der Mriden, von einer Urichuld ı 
ganze Kette von Freveln ausgeht, daß ber 
einen Frevel rächend, jeinerjeits wieder einen ne 
Frevel hervorruft, der in gleicher Weije wir 


Alba — Alea. 


Rache und Frevel bringt. Aesch. Ag. 1497— 1608. 
Auch bei Sophofles und Euripides ift der U. ein 
den Frevel verfolgender Rachegeift, ohne jedoch 
als ein datum» yervaug gedacht zu jein. 
0. C. 785. Trach. 1215. ‚Eur. Orest. 1556. Bei 
Euripides ift die Bedeutung des Wortes noch dahin 
erweitert, dab A. auch bloß ein böfer, zur Sünde 
verführender Geift ift, der nicht zugleich als Rächer 
gedacht wird (Eleetr. 978), jowie ein allgemeiner 
Geift des Unheil und Verderbens (Iph. Aul. 952). 
— Eine zweite Hauptbedeutung ift Die eines rud)- 
lojen Frevlers, eines unheilbringenden Menjchen 
(Aesch. Eum. 227. Soph. Ai. 364). Auch ift U. 
Beiname der Erinyen und des Zeus als rächender 
und ftrafender Götter. 

Alba. Unter den vielen Städten diejes Namens 
find bemerkeuswert: 1) Alba Fucentia, am Laeus 
Fucinus im Lande der Marjer auf hohem Felſen 

elegen (j. Ruinen Albe). Später ald römijche 
'olonie diente der Ort jeiner feften Lage wegen 
zum Staatsgefängnis, 5. B. für den König Perjeus 
von Makedonien. Strab. 5, 240. Caes, b. c. 1, 
15. 24. Liv. 45, 42. Vell. Pat. 1, 11. Die Be- 
wohner heißen Albenses, zum Unterſchiede von 
Albani, den Bewohnern von 2) Alba Yonga, 
zwijchen Albanus mons und lacus bei dem jetzigen 
Kloſter Palazzola. Der Sage nad) hatte Aſcanius 
die Stadt gegründet, von der aus wieder Rom 
angelegt war. Infolge eines von dem albanijchen 
Diktator Mettus Fuffetius an den Römern ver- 
übten Verrats ward jie von leßteren zeritört, die 
Bewohner auf den Mons Eälius verpflangt. Liv. 
1,3. 30ff. Die ganze — war umd ift treff: 
lich angebaut. ©. au Albanum., 

Albania, Aßaviae, Landichaft in Aſien, be- 
grenzt im N. vom Kaulaſus (Keraunifche Gebirge), 
im D. vom SKajpifchen Meere, im ©. von den 
Flüſſen Kyros und Arares, im W. von der Land— 
ſchaft Jberia, das heutige Schirwan oder Daghiitan ; 
reich an Getreide, Wein und Viehweiden, bewohnt 
von einem jagd- und friegsiuftigen Volle. Strab. 
11, 501. Arr. 3, 8, 11. 13. Gegen Bompejus jtell- 
ten die Albaner im pontijchen Kriege Reiter und 
wurden von ihm zur Anerkennung der römijchen 
Oberhoheit gezwungen. Plut. Pomp. 34. Man 
hält fie für die nachmaligen Alanen. Amm. Marc. 
81, 2. 28, 5. 

Albänum. Unter diejem Namen beſaßen viele 
Römer am Fuße des Berges, auf dem einjt Alba 
Zonga lag, Landhänier, 3. B. Pompejus (Cie. Mil. 
20. ad Att. 7, 5, 3), Brutus (Cie. de or. 2, 55), 
Nero, Domitian (Tac. Agr. 46. Suet. Dom. 4) 
n. a.; aus ihnen entjtand die Mumicipalftabt Al: 
banum, deren Überrefte fich beim heutigen Albano 
an der Appiichen Straße finden. 

Albänus lacus, j. Zago d'Albano bei der Stadt 
Caſtell Gandolfo, Sce mit dem jchon zu Camillus’ 
Zeit während der Belagerung von Bejt angelegten, 
noch vorhandenen Emifjarius. In der Nähe liegt 
ein Meinerer See, wie der Albanus von jchönen 
Baldungen umgeben, lacus Nemorensis oder spe- 
culum Dianae (j. 2. di Nemi), mit dem Hain und 
Heiligtum der Diana. Strab, 5,240. Liv. 5, 15.19. 

us mons, j. Monte cavo oder Wlbano, 
ein Berg in Latium, jüdöftlih von Rom, an defien 
weftlichem Abhange das alte Alba Longa lag; auf 
der höchiten Spige ftand der Tempel des Jupiter 
Latiaris, bei dem das Bundesfeſt der Yatiner, die 


. ihn hier. 


55 


ferıae Latinae, gefeiert wurde. Liv. 1, 3. 5, 17 
u. ö. Römiſche Feldherren, denen ein volljtändiger 
Triumphzug zum Capitol verjagt war, feierten 
Liv. 33, 23. 42, 21. 

Albinovänus j. Pedo, 

Albinus, D. Clodius Septimius AIb., geb. 
in Hadrumetum, unter Marc Aurel bereits cons. 
suffectus, zu derjelben Zeit, wo die pannoniichen 
Legionen ſich für Septimins Severus, die ſyriſchen 
für Peſcennius Niger erflärten, von jeinen Truppen 
in Britannien als Imperator ausgerufen und von 
Severus zum Cäjar (198) ernannt, ſetzte ſich, als 
jener ihm nach Beendigung des Kriegs im Orient 
dieje Ehre wieder entzog, in den Befig von Gallien 
und nannte fich Auguftus, Er fam in der Schlacht 
bei —— am 19. Februar 197 n. C. um. 

itol. Albinus. Spartian. Sever. 11. 

Albintimilium, richtiger Albium Intemelium, 
Alßıov 'Ivrsuslıor, Municipium in Ligurien, im 
3. 69 n. €. von der Flotte Othos geplündert, 
wobei Wgricolas (j. d.) Mutter ums Leben fam; 
j. Vintimiglia. Strab. 4, 202. Tac. Agr. 7. 
hist. 2, 18. 

Albis, "AAßıs, AAßıog (althd. Elf für Fluß, nad) 
andern aus dem Geltiichen — Bergitrom), j. Elbe, 
der öſtlichſte Fluß in Germanien, der erjt nadı 
Eäjar zur Kunde der Römer kam; da fie aber mur 
den nördi. Lauf bis zur Mündung auf ihren Zügen 
unter Drujus (9 v. E.) und Tiberius (5 n. E.) 
tennen lernten, jo haben Tacitus und Strabon 
unrichtige Anfichten davon. Tacitus (Germ. 41) 
verwechjelt fie mit der Eger oder der thüringiſchen 
Saale und läßt fie daher im Gebiete der Ser: 
munduren, Caſſius Dio (55, 1) dagegen richtig 
auf den Bandaliichen Bergen (Riejengebirge) ent: 
jpringen. Tacitus (a. a. D.) jagt von ihr: fumen 
inelitum et notum olim, nunc tantum auditur, 

Album heißt eine weiße, mit Gips getündhte 
Tafel, welde den Zweck hatte, bejchrieben und 
öffentlich aufgeftellt zu werden. Die Hauptanwen- 
dungen jind folgende: 1) album pontifieis, auf 
welchem die annales maximi geichrieben waren 
(j. Annales); 2) alb. praetoris für das präto- 
rijche Edikt (j. Edietum); 3) alb. senatorium, 
das Senatorenverzeichnis; 4) alb. indicum, die 
Geihwornenlifte ii Iudex). Album wurden aud) 
andere Namentliften genannt, z. B. der Getreide: 
empfänger, der Projfribierten u. a., und jeder 
öffentliche Anschlag überhaupt, z. B. Ankündigung 
einer Auktion. 

Albünea und Albüna (Hor. od. 1, 7, 12. 
Tibull. 2, 5, 69), eine weisjagende Nymphe oder 
Sibylle, die ihren Wohnfis in dunfeln Grotten- 
gewölben in einem Haine bei Tibur an dem in 
Ihäumenden Windungen mit donnerähnlichem Ge- 
töje herabftürzenden Anio hatte; im der Nähe 
waren jchwefelhaltige Quellen (Albulae aquae, 
frühzeitig von Kranken ald Bad und Brunnen be: 
nußt) nebſt einem See voll giftiger ar da 
(Verg. A. 7, 82), wie aud) das Orakel des Faunus 
Fatidieus. Die Römer überjegten ihren Namen 
in den griechijchen Leucothea, die ihrerjeit$ wieder 
mit der Mater matuta identifiziert ward. 

Alöa, n Alta (Plin. 4, 6. Paus. 8, 23, 1. 
27, 3), Stadt an der Oftgrenze Arkadiens jüdlich 
von Stymphalos in einem engen tiefen Thale bei 
dem j. Dorfe Bugiati, wo ſich noch Ruinen finden. 
Zu Raujanias’ Zeit wurde fie zu Argolis gerechnet. 


56 Alea — Alexander, 


Beſonders verehrt wurde als eigentliche Stadt: 
göttin hier und in Tegea Athene Alena, der zu 
Ehren Spiele AAzaı gefeiert wurden. Hdt. 1, 66. 
9, 70. Strab. 8, 388. 

Alea j. Spiele, 7. 

Alee oder hälec, halex (viell. von &Ar), nad 

erfönmlicher Auffafjung eine Art Brühe oder 

!afe, die in verjchiedenen, beſſeren und geringeren, 
Sorten aus den inneren Teilen Heiner che 
bereitet wurde (Plin. 31, 8). Dagegen verfteht 
W. E. Weber (zu Hor. sat. ©. 386) vielmehr die ge: 
dörrten fleifchigen Überrefte jener Fiſche darunter, 
unter garım (j. d.) aber die eigentliche Häringslate. 

Alekto j. krinyen. 

"Aksirxens heißt derjenige, welcher die Athleten 
vor dem Kampfe mit Ol einreibt (wAeipo), um 
den Schweiß während des Kampfes zu hintertreiben, 
nicht bloß um die Glieder geichmeidiger zu machen; 
auch in den Gymnaſien der Rin meife jelbft, der 
die Ringenden jalben läßt und die Übungen leitet. 
Die aliptae bei den Römern find die Diener, 
welche die Badenden frottierten und jalbten (j. 
Alipilus). 

öfus campus, AAniov medior, die getreide- 
reiche Ebene in Kilikien zwiſchen den Flüffen Pyra— 
mos u. Saros. Hdt. 6,95. Arr.2,5,8. Strab. 14, 
676. Val. Hom. Il. 6, 201, wo es ein wüftes Feld ift. 

Alsxrovoromr ayoves. Hahnentämpfe, die 
bei den Griechen, namentlich bei den Athenern, 
jehr beliebt waren, bei denen joger von Staats: 
wegen jeit den Berjerkriegen jährlich ein Bahnen: 
fampf im Theater gehalten wurde. Die Ber: 
anlafjung erzählt Alian (var. hist. 2, 28): Themi- 
ftofles ‘habe, als er ein Paar lämpfende Hähne 
erblidt, die Gelegenheit ergriffen, das Heer zur 
Tapferkeit anzufeuern. Sense kämpften jchon um 
den bloßen Sieg jo tapfer: wie viel tapferer 
müßten fie ftreiten, die fürs Vaterland und - die 
Ihrigen zu Felde zögen. Für die fampfluftigften 
Hähne galten die von Tanagra, Chalfis und 
Rhodos. Auch Wachtellämpfe waren jehr beliebt, 
bis zur Leidenſchaft (ögrvyouaria). E3 gab eigene 
oeruyohnjoxı und öprvyorgöpor. Auch ein Spiel 
mit Wachteln, die öervyoroxla«, fommt vor. 

Alemanni, griech. Alauevod, ein zwiichen der 
Donau, dem Main und Oberrhein mwohnender 
Völkerbund, der erſt im 3. Jahrh. n. E. befannt 
wurde, und zu dem neben Ufipetern, Tencterern u. a. 
namentlich auch die Sueben gehörten. Bielleicht 
waren fie UÜberbleibjel von dem großen Heere 
Nriovifts; tapfer und ftreitbar, den Römern be: 
jonders furchtbar durch ihre NReiterei. Im Frieden 
waren fie in Gaue geteilt unter befonderen Königen, 
von denen Ammian zehn nennt (16, 12, 1. 18, 2. 
20, 3. 21, 3), im Sriege folgten fie einem ge: 
meinfamen führer. Caracalla legte wegen eines 
bei dem erjten Zufammentreffen Römer mit 
ihnen (213 n. €.) vermeintlich gewonnenen Sieges 
fi den Namen Alemannieus bei. Sie fielen aber 
(234) in das fogen. Zehentland der Römer (agri 
decumates, j. d.), wogegen dieje mit wechjeln: 
dem Glücke kämpften, ja unter Aurelian (270) 
jogar in Italien ein, woraus fie jedoch zurüd: 
geichlagen wurden. 

Aleria (Diod. Sie. 5, 13: Kalagız), Stadt auf 
der Diftjeite der Inſel Eorfica an der Mündung 
des Rhotanus (j. Tavignano) gelegen. Die Pho: 
faier hatten diejelbe gegründet unter dem Namen 


Akelln, etwa 564 v. E., und bejegten fie 20 Jahr 
ipäter, als fie von den Perjern aus ihrer Heima 
vertrieben wurden, aufs neue, verließen fie abe 
nach 5 Jahren wieder, um Elea oder Snele i' 
Unteritalien zu folonifieren. Udt. 1,165. Im erſte 
puniſchen Kriege von 2. Cornelius Seipio, deſſe 
Grabichrift der That gedenft, zeritört (259), blüht 
fie allmählidy wieder auf, bejonders durd ihre Er 
hebung zur römischen Kolonie unter Sulla. Plür 
3, 6, 12. Flor. 2, 2. 

Alesia, Alssi«, feite, hochgelegene Stadt di 
Mandubier in Gallia Lugdunensis, der Sage naı 
von SHerafles gebaut (Prod. Sie. 4, 19), an de 
Flüffen Satala und Dfera. Hier entichied fir 
der Kampf zwiichen Cäſar und VBercingetorir dur 
die berühmte Belagerung. Caes. b. g. 7, 68. D 
Frage über die Lage des Ortes iſt bejonders do 
den Franzoſen in —— Streitſchriften e 
örtert; die meiſten identifizieren ihn mit Aliſe St 
Reine an dem Berge Auxois bei Flavigny, weſi 
von Dijon. 

Alötes, Aijrne, 1) Sohn des Ikarios und d 
Beriboia, Bruder der Penelope. Apollod. 3,10, 
— 2) ©. des Nigifthos, der fich der Herrichaft ve 
Mykene bemächtigte, aber von Oreftes getötet wurd 
— 3) ein bejahrter Gefährte des Aineias. Ver 
A. 1, 121. 9, 246. — 4) ©. des Hippotas, d 
als führer der Dorier Korinth eroberte und d 
Serrichaft der Siſyphiden ein Ende machte (Jau 
2,4, 3), geboren zu einer Zeit, wo fein Bater weg 
eines Mordes umherichweifen mußte. 

Aleuaden. Alsvadar, Aleuädae, ein bis zu 
Untergange der helleniichen Freiheit blühend 
ariftofrat. Herrichergeichlehht (Osaonilne Bauıkrı 
Hdt.7, 6) in Lariſſa, ftammend von einem Her 
Hiden Aleuas, der dieje Herrichaft uiurpierte u 

raufam handhabte, bis er von feinen eigen 
—— ermordet ward. Pind. pyth. 10,5. Gv. 1 
323. Sie waren mehr Bundeshäupter (rayor) c 
Könige, deren Gewalt erblich war. Beim Einf 
des Terxes ſchloſſen fie fich gegen den Wunich d 
Volkes den Perſern an, teils aus Sucht nach Rei, 
tum, teild um fremden Schuß gegen andere mä 
tige Adelsgejchlechter zu haben. Hat. 7, 6. 1 
9, 1. 58. Ihre große Macht wurde erft ſpä— 
durch die Tyrannen von Pherai bejchränkt; um | 
Macht derjelben zu brechen, wandten fie fich 

NAlerander II. von Makedonien, welcher indes jei 
eignen jelbftfüchtigen Zwede verfolgte. Nun nahm 
fie ihre Zuflucht zu Theben, welches den Pelopid 
nach Thejlalien jchidte. Derjelbe vertrieb die V 
fedonier (Plut. Pel. 26); da er aber aleichia 
mer Thebens Interefie wahrnahm und neue Zwijt 
keiten ausbracdhen, riefen jie im J. 356 v. 

Philipp von Makedonien zu Hülfe, weldher Theſ 
lien zur mafedonifchen Provinz machte und 
Alenaden durch mancherlei Auszeichnungen für | 
gewann. Diod. Sie. 16, 14. 35. Plut. Dem. 18 

Alexander, 4ltEawögog, 1) j. Paris. — 
Neffe des Tyrannen Polyphron don PBherai 
Theflalien, tötete diefen und erlangte dadurch 
Tyrannis im J. 369 v. E. Plut. Pel. 29. Se 
Grauſamkeiten gegen jeine Unterthanen und je 
Treulofigkeit gegen Angehörige anderer Stä 
veranlaßten die Familie der Aleuaden zu Lari 
Alerander II. von Makedonien zu Hülfe zu ruf 
Nach defien baldigem Abzuge jedoch begann 
Tyrann feine Unterdbrüdungen von neuem, ı 


Alexander. 


mehrere Städte Thefjaliens wandten fih nun an 
Theben, deſſen berühmter Feldherr Belopidas ihn 
zwang, jeine Bedrüdungen einzujtellen. Als nicht 
lange darnach Pelopidas und Iſmenias auf der 
Rüdreife aus Mafedonien, wohin fie zur Beilegung 
von Streitigkeiten gelandt worden waren, treulos von 
Alerander gefangen genommen wurden, zog Epa— 
meinondas mit einem Heere heran und zwang ihn 
die Gefangenen freizugeben, 368. Plut. Pel. 27 ff. 
Nep. Pel.5. Doch nicht lange dauerte es, jo riefen 
die theſſaliſchen Städte die Thebaner abermals zu 
Hülfe, und Pelopidas befiegte den Alerander (364) 
in der Schlacht bei Kynoskephalai, in der er jelbit 
fiel. Plut. el. 315. Alexander mußte fich mit 
der SHerrichaft über Pherai begnügen und mit 
Theben ein Bündnis eingehen. Im J. 358 wurde 
er auf Betrieb jeiner Gemahlin Thebe durch deren 
Brüder ermordet. Plut. Pel. 35. ie. off. 2,7. 
Val. Max.9,13. Seine unmeni&hlihen Grauſam— 
feiten hatten ihn jelbjt feinen nächſten Verwandten 
verhaßt gemacht. Xen. Hell. 6, 4, 35. Plut. Pel. 
29. Vgl. Sievers, Geſch. Griechenlands ©. 397 ff. 
I) Könige von Epeiros. 

3) Alerander |., Bruder der Dlympias, ber 
Gemahlin Philipps von Makedonien, wurde von 
diefem nad) Vertreibung des Arybbas (j. d.) im 
%. 352 v. C. auf den Thron don Epeiros erhoben. 
Dem. Ol. 1, 12f. Diod. Sie. 16, 72. Just. 8, 1. 
Die von Philipp verſtoßene Olympias flüchtete zu 
ihm und wollte ihn zum Striege gegen Philipp 
aufreizen, Philipp juchte ihn aber zu bejänftigen, 
indem er ihn mit jeiner Tochter Beopatra ber: 
mählte. Bei der Hochzeit wurde Philipp ermordet, 
336 (Diod. Sie. 16,91 ff. Just. 9, 6f.). Am Jahre 
333 ging Mlerander auf Bitten der Tarentiner 
nah Stalien hinüber, bejiegte deren Feinde in 
manchen Treffen, nahm aber bald, jeiner fühnen 
Bläne wegen gefürchtet, eine tjolierte Stellung ein 
und wurde jchlieplich von einem Infanischen Flücht- 
linge ermordet, jein Heer bei Bandofia aufgerieben 
(Ende des Winters 330). Just. 12, 2. Liv. 8, 8. 
17. 24. 9, 17. 19. — 4) Alerander II., König 
von Epeiros, Sohn des Pyrrhos, vertrieb den An— 
tigonos Gonatas aus Maledonien, verlor aber 
dieſes Land und zugleich Epeiros an deſſen Sohn 
Demetrios, bis ein Aufftand der Epeiroten ihn 
wieder in ben Beſitz des väterlichen Reiches jeßte. 
Er ftarb zwiſchen 262 und 258. Plut. Pyrrh. 9. 
Just. 26, 2f. 

II) Könige von Makedonien. 

5) Alexander J. König von Makedonien, Sohn 
des Ampyntas, der jich dem Dareios Hnftafpis unter: 
warf. Sein Sohn Alerander jedoch lieh die über: 
mütigen perſiſchen Gejandten durch verfleidete 
rauen ermorden und beichwichtigte den Perſer 
Bubares, welcher nach dem Schidjale der Gejandten 
fich zu erfundigen gelommen war, durch eine Heirat 
mit feiner Schweiter. Just. 7, 3. Hdt. 8, 186. 
Beim erften Einfall der Berjer in Griechenland 
mußte fich Makedonien unterwerfen, beim zweiten 
im J. 480 mußte Alexander, damals König von 
Makedonien, Truppen ftellen, jucdhte aber die Grie- 
hen, denen er feiner Bildung nad) angehörte, ins: 
geheim zu unterftügen. Hdt. 7, 173. v, 445. Die 
Athener madten ihn voll Dank deshalb zu ihrem 
Prorenos. Hdt. 8, 136. Gleichwohl bewahrte ihm 
Mardonios jein Vertrauen und jandte ihn jpäter 
als Botichafter nad; Athen. Er ftarb um 450. — 


57 


6) Alerander 1II., Sohn Amyntas’ III. und Bru- 
der Philipps, wurde König von Makedonien i. J. 
369 v. E. Während jeines Kampfes mit Alerander 
von Pherai erhob ſich in Makedonien ein Thron: 
prätendent, Namens Btolemaios Alorited. Die zur 
Schlichtung diejes Streites herbeigerufenen Thebaner 
nahmen nach Drdnung der Sache unter andern 
auch den jungen Philipp als Geijel mit nad 
Theben. Plut. Pel. 26. Im J. 368 wurde Ale 
zander von Ptolemaios ermordet. Just. 7,ö. Plut. 
Pel. 27. — T) Wlerander IL, der Große, 
König von Makedonien, wurde feinem Vater Phi: 
lipp von der Olympias in der Zeit zwiichen 1. Of- 
tober und dem Dezember 356 v. E. in Bella gebo- 
ren, wie die Sage meldet, in derſelben Nacht, in 
der Heroſtratos den Artemistempel zu Epheios 
anzündete. Plut. Alex. 3. Ein naher Anvperwandter, 
Leonidas, leitete die erjte Erziehung des Knaben 
durch rauhe und ftrenge Zucht; daneben erzog ihn 
der Mlarnanier Injimachos (Plut. Al. 5), bis Phi— 
lipp den Philojophen Ariftoteles von Stageira zum 
Erzieher und Führer des Knaben ernannte, als 
Alerander 13 Jahre alt war (Plut. Al. 7). Ihm 
gelang es, die hervortretenden Eigenjchaften des 
Knaben zu einigen und zu mäßigen, den raftlojen 
Ehrgeiz und den wagenden Mut, das Erbteil des 
Vaters, und die jäh auflodernde Begeifterung für 
das Außerordentliche und Geheimmisvolle, jenen 
romantijch-abenteuerlichen Grundzug in Aleranders 
Charakter, das Erbteil der epeirotiihen Mutter. 
Frühzeitiges Leſen des Homer erfüllte des feurigen 
Knaben Gemüt mit dem Wunſche, dem berühmte: 
ften Helden des Dichters, Achilleus, nachzueifern. 
Un der Schlacht bei Chaironeia nahm der Jüng- 
ling ruhmvollen Anteil, 338 v. C. (Plut. Al, 9). 
Infolge der Berheiratung Philipps mit der Male: 
donierin Sleopatra(j. Kleopatra, 4.)imf.337 ge- 
rieten Vater u. Sohn in großen Unfrieden, jo daß 
Al. mit feiner Mutter Makedonien verlieh. Doch lieh 
er ſich zur Rüdfehr und VBerjöhnung mit dem Bater 
bewegen, und der Vorwurf der Teilnahme an 
Philipps Ermordung trifft ihn mit Unrecht. Plut. 
Al. 95. Curt. 7, 1. Just. 9, 7. Er hatte, als er 
den Bater verlor, das zwanzigite Lebensjahr voll- 
endet und ſah ſich als den natürlichen Erben der 
Krone an, obſchon er erwartete, daß man ihm 
diejelbe ftreitig machen würde. Nach feiner Thron: 
befteigung ergriff ihn fofort der Gedanke, mit dem 
ſchon jein Vater fich getragen hatte, das perſiſche 
Neid, zu erobern und die Schmad; des Perferein- 
falls zu rächen, zu welchem Zwecke Philipp ein 
Heer unter Barmenion und Attalos bereits nad 
dem Hellespont geſchickt hatte. Doc konnte er nicht 
fofort zur Ausführung jchreiten, da mancherlei 
Befahren die Herrichaft des jungen, bei den Male: 
doniern ſelbſt jo beliebten Königs bedrohten (Just. 
11, 1). Bor allem ftrebte der Oheim der Kleopatra, 
Attalos, geftübt auf die ihm untergebenen Truppen, 
nach der Herrichaft, obgleich er große Ergebenheit 
heuchelte. Alerander ließ ihn daher umbringen. 
Noch vor Bejeitigung diejer Gefahr war Alexander 
jelbjt nach Griechenland gezogen, welches der Red— 
ner Demojthenes, der erklärte Feind der makedo— 
niſchen Derrichaft, aufgeregt hatte. Wlerander be- 
rief die Amphiktyonen nach den Thermophylen, 
forderte und erhielt die Anerlennung feiner Hege— 
monie, bejeßte dann Theben und lieh fich zu Korinth 
zum Oberfeldheren im Kriege gegen die Berjer 


58 


erwählen. So jdhien die von Griechenlaud her 
drohende Gefahr abgewendet. Nach feiner Rüdfehr 
nach Makedonien, ım Winter 336, rüftete er fich 
1 dem Zuge gegen die abgefallenen barbarijchen 

ölfer an der Grenze. Im Frühjahr 335 drang 
er über den Haimos ins Land der Triballer, nad) 
deren Befiegung in das Gebiet der jenjeits der 
Donau wohnenden Geten ein, eilte nach Befiegung 
der legteren nach Jllyrien und unterwarf es wieder. 
Arr. 1, 1—6. Diod. Sie. 17,8. Dieje Züge des 
Königs nach entfernten Gegenden hatten Demo: 
fthenes und andere Redner Athens zu neuen Be: 
wegungen benugt. Ganz Griechenland erhob ich 
gegen die Fremdherrichaft; nur in Theben behauptete 
jich die matedonische Beſatzung, wurde jedoch auf 
das Gerücht vom Tode Aleranderd aus der Burg 
Kadmeia vertrieben. Aber faum hörte Alerander 
von den Ereignifjen in Griechenland, jo zog er in 
Eilmärjchen heran, rüdte vor Theben, griff die 
Stadt nach vergeblich angebotener Verjöhnung an 
und erftürmte fie. Gegen 6000 Thebaner fanden 
dabei den Tod. Am folgenden Tage berief Al. 
eine Berfammlung der Bundesgenoffen, die am 
Kampfe teilgenommen hatten, und vollzog das 
von diejer gefällte Urteil, daß die Stadt zeritört 
und der Reit der Einwohner in die Sklaverei ver- 
fauft werden jollte;, nur die Tempel und des 
Dichters Pindar Haus und Familie blieben auf 
des Königs Wunſch verichont. Diod. Sie. 17, 9 ff. 
Just. 11, 2 ff. Plut. Al. 11. Arr. 1, 7—9. Die 
übrigen Griechen merkten ſich die derbe Lehre und 


untertwarfen fich. Alerander fehrte darauf im Herbite 


335 nach Makedonien zurüd. Mit Eifer wurden 
nun die Nüftungen gegen Perfien betrieben. In 
Makedonien jollte der erprobte Feldherr jeines 
Baters, Antipater, mit 13 500 Mann als Reichs: 
verweier und als Hüter der unterworfenen nörd— 
lihen Barbaren und Griechenlands zurüdbleiben. 
Der König ſelbſt brach mit ungefähr 40 000 Mate: 
doniern und Griechen im Frühjahr 334 auf. Er 
zog durch Thrafien nach dem Hellespont und lieh 
jein Heer durch die Flotte von Seftos nad) Ajien 
überjegen. Diod. Sie. 17, 16 ff. Plut. Al. 16. 
Just. 11, 5. Arr. 1, 11. Nachdem er auf den 
Ruinen Ylions feinem Ahnherrn Adyilleus geopfert 
hatte, rüdte er nach Eroberung von Lampſakos bis 
zum Fluß Granitos vor, an deſſen jenjeitigem 
Ufer ihn 40 000 Feinde, darunter 20 000 griechiſche 
Söldner umter dem Rhodier Memnon, in Schlacht: 
ordnung erwarteten. Gegen den Rat des vor- 
fichtigen Parmenion erzwang Alerander nad) mu— 
tiger Gegenwehr der Perſer den Übergang und 
ſchlug fie, zulegt auch die tapfer kämpfenden Söld— 
ner; er felbjt entging dem Todesſtreiche eines 
tapferen Perſers nur durch die Hülfe des ſchwarzen 
Kleitos. Diod. Sie. 17, 19 ff. Plut. Al. 16. Arr. 
1, 12—16. Just. 11, 6. freudig öffneten ihm 
nun die zahlreichen griechiichen Küftenjtädte die 
Thore, nur Milet mußte erftürmt werben; durch 
Bejegung der Küften ſchnitt er der perfiichen Flotte 
im Nigatifchen Meere die er ab, bejegte dann 
die ſüdlichen Küftenlandichaften, eroberte Halikarnaß 
nach ftartem, von Memnon geleitetem Widerftande 
(Diod. Sie. 17, 21 ff. Plut. Al.17. Arr. 1,18 ff.) 
und fandte bei herannahendem Winter die ver: 
heirateten Soldaten auf Urlaub nach Haufe, wo fie 
Alexanders Thaten priefen und zahlreiche Rekru— 
fen unter die Fahnen lodten. Er z0g dann nad 


Alexander. 


Einnahme von Lykien, Pamphylien und Pifidiı 
gegen Gordion, die alte Hauptitabt Phrygiens, n 
er, wie es heißt, den verhängnisvollen Knoten, < 
deflen Löſung nach einem alten Orakel das Schi 
jal Aſiens hing, im bedeutungsvoller Weije m 
dem Schwerte löfte. Diod. Sie. 17, 27. Plu 
Al. 17 ff. Arr. 1,24. Im Frühjahr 333 unte 
warf er, verftärkt durch die Beurlaubten und zat 
reiche Neugeworbene, Baphlagonien und Kapp 
dofien und z0g dann nach Tarjos in Kilikien, ı 
er infolge eines Bades im eisfalten Fluſſe Kydn 
ichwer erkrankte, aber durdy ein Fräftiges Mitt 
jernes Arztes Philippos gerettet wurde. Curt. 
1, 4 ff. Diod. Sie. 17, 31. Just. 11, 7ff. Ph 
Al. 18. Arr. 2,6f. Darauf rüdte er, als er vı 
dem Heranzuge eines ungeheuren Berjerheeres uni 
Dareios ſelbſt hörte, nach Beſetzung der wichtig 
tilikiſchen Päſſe nad Iſſos, wo er im Nov. 3: 
die Perſer trog ihrer Menge und der Tapferlı 
bon 30 000 griechischen Söldnern gänzlich ſchlu 
des Dareios Mutter Siiugambis, jeine Gemahl 
Stateira und mehrere jeiner Kinder wurden < 
fangen, von dem Sieger aber edel behandelt. T 
reios jelbjt rettete jich mit Mühe in das Junere t 
Reiches. Diod. Sie. 17, 32 ff. Curt. 3, T—1 
Arr. 2, 7. Just. 11, 9. Plut. Al. 19-1 
Darauf jhlug der Sieger den Weg nah Syri 
ein, erbeutete in Damartos reiche Schäße und ı 
oberte Phoinifien bis auf Tyros, welches er e 
im Augujt 332 nad jiebenmonatlicher Belagern 
einnahm. Die Einwohner, die nicht im Kam 
gefallen waren, ließ er teils freuzigen, teils « 
SHaven verlaufen. Diod. Sie. 17, 40. Ju 
11, 10. Ourt. 4, 2—4. Arr. 2, 16-24. Plut. . 
245. Die inzwiichen von Dareios wiederholt ı 
machten ?Friedensvorichläge und Anerbietung 
Vorderafien abzutreten und dem Wlerander ei 
jeiner Töchter zu vermählen, wies der leßtere zur 
und beitand auf unbedingter Unterwerfung. Dis 
Sie. 17, 87. Arr. 2, 25. Ourt. 4, 1,5. Darı 
unterwarf er im Herbſte 332 Baläftina, erobe 
nad) zweimonatlicher Belagerung das von Ba 
rühmlichit verteidigte Gaza au der Grenze Agypte 
und empfing dabei jelbjt eine Wunde. Died. S 
17, 49 ff. Arr. 2, 25. Curt. 4, 6. Sodann rü 
er in Agypten ein, deſſen Bevölferung, des p 
fiichen Joches müde, ihn frendig empfing v 
dafür ihre Gebräuche und Geſetze geachtet j 
Nachdem er Alerandreia gegründet hatte, zog 
durch die libyſche Wüſte zum berühmten DOratel | 
Jupiter Ammon und fehrte nach erlangter An 
kennung jeiner Abftammung von Zeus Amm 
(Arr. 3, 1ff. Curt. 4, T. Plut. Al. 27), was i 
bei der befannten Meinung der Morgenländer t 
der Göttlichfeit ihrer Negenten für die Sicher 
feiner Herrichaft über den Orient nur vorteilt 
fein konnte, nach Memphis zurüd. Nachdemen 
Mannjchaft aus Makedonien angelangt war, br 
er im Frühling 331 wieder nach Aſien auf ı 
lieferte dem Dareios und jeiner Million von St 
tern mit jeinem noch nicht 50 000 Mann jtar 
Heer am 1. Oft. 331 auf der Ebene zwiichen ! 
bela und Gaugamela in Affgrien die Enticheidun 
ichlacht, die ihn zum Herrn von Aſien mad 
Unermeßliche Schäße wurden im perftichen La 
und nachher in Suſa und Efbatana erbeutet. Zi 
Die, 17, 53 ff, Arr. 3, 8ff. Curt. 4, 9. Jı 
11, 125. Plus. Al. 31 ff. Dareios ergriff 


Alexander, 


Flucht, und die Auflöjung des Reiches begann; ein 
Zeil der Satrapen und Großen, beſonders Mazaios 
in Babylon, jchloß fich dem Sieger an. Er lieh fie 
im Befig ihrer Provinzen und Würden, nur die 
militäriichen Kommandos übertrug er Maledoniern; 
er gewann die Liebe der Eingeborenen durch Ach: 
tung ihrer Sitten und religiöſen Gebräuche, ſowie 
durch den orientalifchen Bomp, mit welchem er, 
freilich zum Verdruß der Makedonier, fich zu ums 
geben anfing. Diod. Sie. 17, 64f. Arr. 3, 16. 
Curt. 5, 1f. Plut. Al. 35f. Im Winter 331 
bezwang er Sufiana und erbeutete in der Winter- 
reſidenz der perſiſchen Könige, Suja, dei reichen 
Staatsſchatz. Dann drang er nad) Befiegung der 
tapferen Uxier, nachdem die in den ſuſiſchen Eng: 
päflen ftehenden Perſer unter Ariobarzanes nad) 
tapferer Gegenwehr geichlagen waren, in Perſis 
jelbjt ein, eroberte die Grabftätte der perfiichen 
Könige, Beriepolis, deſſen Königsburg in Flammen 
aufging (Diod. Sie. 17, 66 ff. Just. 11, 14. Curt. 
5,6f. Arr. 3,18. Plut. Al. 37), und erbeutete hier 
und in Pajargadai große Schäge, ebenjo in Ef: 
batana in Medien, von wo Dareios nad) Baltrien 
flüchtete, aber unterwegs von dem treuloſen Beſſos, 
der jich zum Könige ausrufen Tief, und andern 
Satrapen gefangen genommen und in Feſſeln ge: 
worfen wurde (330). Auf die Nachricht davon 
brach Alexander zur Berfolgung auf. Als die 
Satrapen nun den gefangenen König nicht raſch 
genug fortbringen konnten, verwundeten fie ihn 
tödlich und lichen ihn auf der Heerftraße Liegen. 
Dareios verſchied, ohne Alerander gejehen zu haben. 
Dieſer lieh ihn im Berfepolis mit königlichen Ehren 
beitatten. Diod. Sie. 17, 73. Just. 11, 15. Plut. 
Al. 42. Curt. 5, 7-13. Arr. 3, 19f. Sept 
unterwarf jich auch die Mehrzahl der perfiichen und 
mediichen Großen dem neuen Beherricher Afiens. 
Die weitere ——— des Beſſos mußte Alexander 
aufgeben, um eine Empörung in Ariana zu dämpfen. 
Nicht minder hatte er mit der Unzufriedenheit der 
Matedonier zu fämpfen, welche über die Gleich: 
ftellung der Barbaren mit ihnen erbittert waren, 
jowie über die von Wlerander geübte afiatijche 
Pracht und Bevorzugung perfiicher Sitten. Durch 
beides juchte er das Abendland mit dem Morgen: 
kande zu verjchmelzen und durch Begründung des 
Hellenismus die verſchiedenen Bölfer zu einem 
Ganzen zu vereinigen. Eine Verſchwörung, als 
deren Zeilnchmer Philotas und jein Vater, der 
greife Barmenion, genannt wurden, ward entdedt, 
Bhilotas, der eine ihm deshalb gemachte Mittei- 
lung verjchwiegen hatte, durch die Folter zum Ge- 
fändnis gezwungen und von dem zum Gericht 
verjammelten Heere zum Tode verurteilt, auch fein 
Vater aus dem Wege geräumt. Died. Sie. 17, 
795. Just. 12, 5. Ourt. 6, Tff. Arr. 3, 26 fi. 
Plut. Al. 485. Nunmehr machte fich Alexander 
auf, um den Beſſos zu verfolgen, welcher in Sog— 
Diana ereilt, gefangen genommen und einem perſiſch— 
mediſchen Gerichte zur Verurteilung übergeben 
wurde (329). Died. Sie. 17, 85. Just. 12, 5. 
Curt. 7, 3ff. Arr. 3, 28 ff. Nach hartnädigem 
Kampfe unterwarf er die friegerifchen Gebirgsvölfer 
von Sogdiana und Baktrien, 329 und 328, nahm 
bei Eroberung einer auf fteiler Höhe gelegenen 
Feſte die Tochter des Häuptlings Oryartes, Rorane, 
gefangen und machte fie zu feiner Gemahlin. Bier 
empfing er auch die Gejandten zahlreicher und ent: 


59 


fernter Bölfer. Curt. 7,6 ff. Plut. Al. 47. Arr. 
4,1—7.15— 21. Um dieje Zeit ermordete er auch, 
feinem Siegesraufche und FFeitgelagen fich hingebend, 
in der Trunkenheit jeinen Lebensretter Kleitos, 
wurde aber, als er zur Beſinnung kam, von der 
tiefften und ſchmerzlichſten Reue ergriffen, verſagte 
ſich 3 Tage lang Speiſe und Trank und konnte 
faum durch die inftändigften Bitten feiner Mate: 
donier zu neuen Thaten angeregt werben. Arr. 
4, 8f. Plut. Al. 50. Just. 12, 6. Gleichzeitig . 
hatte tiefes Miftranen gegen manche feiner Feld— 
herren, welche die den afiatifchen Sitten von ihm 
dargebrachte Huldigung mißbilligten, bei ihm Platz 
gegriffen, während andere ihn mit Schmeicheleien 
überhäuften. Das von ihm gewünſchte Nieder: 
knien vor ihm (wgogavreiv), eine perſiſche Sitte, 
erlangte er von den Makedoniern micht; die Ver: 
ihwörung einiger Edellmaben wurde mit Härte 
beftraft, 327. Plut. Al. 58—55. Curt. 8, 5—8. 
Arr. 4, 9#. Just. 12, 7. So wuchs die Unzu— 
friedenheit der Mafedonier, doch gelang es ihm 
fie zu beichwichtigen, und er beichloß 327, nachdem 
er zur Sicherung der nördlichen Provinzen eine 
Anzahl (meiftens Alerandreia genannter) Städte, 
deren Bevölkerung griechiiche Koloniſten bildeten, 
gegründet hatte, den längſt beabjichtigten Feldzug 
nad) Indien zu unternehmen. Sein 120 000 Mann 
ftarfes Heer bildeten teild Mafedonier, teil® mate- 
doniſch geübte und bewaffnete Perſer. Der Fürft 
Tariles am Kophen (Kabul), einem Nebenfluß des 
Indos, unterwarf fich, ebenfo, wenn auch erſt nach 
hartnädigem Widerftande, die nordwärts wohnen: 
den Bölfer. Dann erbaute er eine flotte und ging 
über den Indos. Dem Tariles ſchenkte er das 
—— Gebiet, ließ aber in deſſen Hauptſtadt 
eine ee zurüd und beftellte den Befehls: 
haber derielben, Philippos, zum Satrapen der 
Indosländer. Diod. Sie. 17, 84 ff. Arr. 4, 22 ff. 
5, Tf. Plut. Al. 57 ff. Curt. 8, 10 ff. Beim wei: 
teren Bordringen trat ihm Poros, ein mächtiger 
König zwiſchen Hydaſpes und Alefines, mit einem 
ftarfen Heere und vielen Elefanten entgegen, 326, 
und Tagerte fih am Hydaſpes. Alerander ging 
über den Fluß, der durch heftige Negengüffe ange: 
ihwollen war, und wurde von Poros angegriffen. 
Troß der Elefanten und der Streitwagen, troß 
des mannhaften Widerftandes errang Alexander 
über den tapfern Gegner den Sieg und nötigte 
ihn zur Unterwerfung. Boll Achtung vor feinem 
Mut behandelte er ihm edel und gewann ihn durch 
Vergrößerung feines Gebietes. Der indiiche Fürft 
wurde fortan fein treueiter Bundesgenoffe. Die 
Gründung mehrerer Städte, deren eine nach feinem 
berühmten Streitroffe Bufephala genannt wurde, 
feierlihe Opfer und Spiele hielten den König 
längere Beit in diejer Gegend auf (Diod. Sie. 17, 
87 ji. Curt. 8,13 f. Arr. 5,8—19. Plut. Al. 60 f.); 
dann drang er unter heftigen Kämpfen weiter vor 
bis zum Hyphaſis, jenjeits deſſen reiche und ſtreit— 
Iuftige Völferjchaften wohnten. Auch in dieje Län: 


‚der vorzudringen, trieben den König Rampfbegier 
und Ruhmſucht; aber jeine Krieger hatten in den 


legten Wochen durch die tropifchen Regengüffe jehr 
gelitten; fie wurden von Unmut ergriffen, als fie 
von dem Plane hörten, und weigerten fich weiter 
zu ziehen. Als nun auch die Opfer ungünftig 
ausfielen, gab er nad, ließ 12 hohe Altäre am 
Fluſſe errichten, Kampfipiele anftellen und brach 


60 


dann auf, aber ftromabwärts mit einer Flotte von 
faft 2000 Schiffen. Diod. Sic. 17, 94f. Arr. 5, 
255. Plut. Al. 62. Curt. 9, 3f. Es war im No: 
vember 326. Die Flotte befehligte der berühmte 
Seemann Nearchos, Alerander befand fich auf der: 
jelben mit einem Xeile des Heeres, das übrige 
Heer z0g unter Hephaiftion und SKrateros längs 
den beiden Ufern des Hydaſpes. Die am Fluſſe 
wohnenden Völker unterwarfen fich, mit Ausnahme 
der kriegeriſchen Mailer, deren Hauptftadt Alerander 
erftürmte, wobei er jelbjt der erfte anf der Mauer 
und in der Stadt war und eine jchwWere Wunde 
davontrug. Dem Btolemaios, Sohn des Lagos, 
verdanfte er fein Leben. Die Nachricht von der 
Berwundung des Königs erfüllte das Heer mit 
Trauer, und e8 zeigte ſich flar, wie auf Alexanders 
Perjon der ganze Erfolg feiner gewaltigen Unter: 
nehmungen beruhte; um jo größer war die Freude, 
als der wiederhergeitellte König ſich den Seinen 
zum erjtenmale zeigte. Bis zur Mündung des 
Indos unterwarfen ſich dem ftromabwärts jegeln: 
den Könige alle VBölferichaften. An der Mündung 
des Stroms legte er Häfen zur Förderung der 
Schiffahrt und des Handels an; dann fegelte die 
Flotte unter Nearchos nach dem Perſiſchen Meer: 
bujen ab. Nachdem jchon früher Krateros mit 
den er A und Elefanten durch Gedrofien 
den Rüdweg nad) Perſis angetreten —* führte 
Alexander ſelbſt das Heer auf demſelben Wege 
durch die öde heiße Wüſte voll glühenden Sandes 
unter Mühſeligkeiten und Beſchwerden, denen ein 
großer Teil erlag, nad) Karamanien, wo er fi 
mit Srateros vereinigte und auch Nearchos zur 
unausſprechlichen Freude des Königs landete, Hier 
hatte alle Not ein Ende. Diod. Sie. 17, 96 ff. 
Just. 12, 9. Curt. 9, 4—10. Arr. 6, 5ff. Plut. 
Al. 635—67. 60 Tage hatte der Marſch gedauert. 
Neard) jeßte darauf die Fahrt nad) dem Euphrat 
fort. Während Krateros den bequemeren Weg ein— 
ſchlug, eilte Mlerander auf einem kürzeren Wege 
über. das Gebirge nach Perfis, wo er allen uner: 
wartet eintraf, mehrere gewaltthätige Statthalter 
wegen verübter Unterdrüdungen beftrafte (niemand 
hatte geglaubt, er werde aus Indien je zurüd: 
fommen), den Klagen des Volls bereitwillig ab: 
half und alles zu bejeitigen juchte, was jeinem 
Wunjche, die Völker des von ihm beherrichten 
Neiches zu verichmelzen, hinderlich jein konnte, 
Darauf waren auc die Treftlichfeiten berechnet, 
welche er nad) jeiner Rückkehr veranftaltete, beion- 
ders die große Hochzeit zu Suſa, wobei er jelbit 
die Rorane heiratete, eine große Menge Makedo— 
nier mit vornehmen perſiſchen Jungfrauen ver: 
mählte und fein ganzes Heer reich bejchenfte. Aber 
troß feiner Freigebigleit erbitterte er dasſelbe bald 
nachher, ald er eine große Anzahl der fräftigften 
Jünglinge aus den unterworfenen Völkern, auf 
maledoniiche Weile bewaffnet und eingeübt, ins 
Heer aufnahm und fie den Makedoniern gleich: 
ftellte, da die Zahl der alten Krieger durch die 
Beurlaubungen und Kampfuntüchtigen und die Ver— 
lufte in den unaufhörlihen Kämpfen allmählich 
jehr zujammengeichmolzen war. Als er nun aber: 
mals, 324, Die untauglic) gewordenen Krieger in 
die Heimat entlafjen wollte, kam es zu Opis am 
Zigris zum Aufftande; alle Makedonier verlangten 
entlaffen zu werden, er könne ja, meinten fie, mit 
jeinem Vater Ammon, mit den neuen Soldaten 


ch 24. Juli, 323 wegrafite. 


Alexander, 


künftig in den Krieg ziehen. Da zeigte der König 
Strenge und Entichloffenheit, ließ die neuen 
Truppen ganz wie die makedoniſche Nationalarmee 
organifieren und jchien die alten Krieger alle ent= 
laſſen zu wollen. Dieſe Feftigfeit brach ihren Troß, 
fie unterwarfen ich dem ziürmenden Könige, und 
diefer verzieh ihnen. 10000 Beteranen wurden 
num unter rateros in die Heimat gejandt, wäh- 
rend Antipater, welcher mit des Königs Mutter, 
Olympias, in ftetem Zwieſpalt lag, nad Aſien 
fommen und dem Könige frijche europäifche Truppen 
zuführen ſollte. Diod. Sie. 17, 106 ff. Curt. 10, 
1 ff. Just. 12, 10 ff. Plut. Al. 68 ff. Arr. 6, 27 ff. 
7,1. Bald darauf ftarb Alexanders Jugend— 
freund Hephaiftion zu Efbatana; die Leiche wurde 
mit Löniglichen Ehren von dem trauernden Könige 
zu Babylon bejtattet. Bier empfing Alexander 
Sejandte von entfernten Nationen und traf zu: 
gleich Vorkehrungen zum Bau einer Flotte auf 
em Euphrat, zur Eroberung Arabiens, zur Um: 
ſchiffung Afrikas, zur Unterwerfung Staliens, weit: 
gehende Pläne zur Begründung einer Weltmo: 
nardhie, deren Vorbereitung für ihn mit förperlichen 
Anftrengungen verbunden war. Infolge derjelben 
und der ununterbrochenen Bergnügungen und Feſt— 
lichfeiten, welche jeinen Körper zerrütteten, wurde 
AUlerander nah einem Gaftmahle beim Medios 
von einem heftigen Fieber ergriffen, welches ihn 
mitten im jeinen großen Plänen, in der Blüte 
feines Lebend — er war erit 33 Jahre alt — im 
Monat Daifios, d. h. zwiichen 24. April und 
Diod. Sie. 17, 110 ff. 
Just. 12, 125. 15 ff. Plut. Al. 73-76. Arr. 
7, 16ff. Curt. 10, 1f. Die verichiedenen Sagen 
im Altertum, er ſei an Gift geftorben, zerfallen 
ichon nach den Widerlegungen der Alten Pebh in 
nichts. Mafedonier wie Barbaren äußerten gleich 
große Trauer, welche um jo begründeter war, da 
er feinen rar ya en Nachfolger hinterlich. 
Norane gebar erft nad —— Tode einen Sohn, 
Alexander, dem man in den bald ausbrechenden 
Kämpfen um das verwaiſte Reich einen Anteil 
an der Regierung neben Wleranders Halbbruder, 
Philipp Arrhidaios, geftattete. Vielleicht hatte Ale- 
rauder jelbjt für diejen von ihm erwarteten Sohn 
dem Perdiffas jeinen Siegelring übergeben. Just, 
12, 15. Curt. 10, 6. Des großen Königs Leiche 
wurde zuerft in Memphis beigejegt, jpäter von 
Ptolemaios nach Alerandreia gebradjt. Die Feſtig— 
feit des Charakter und der fühne, unternehmende 
Geift, den jo mande einzelne Handlungen und 
Außerungen feiner Jugend verrieten, ließen ihn 
in feinen kriegeriſchen hr en dem Abendlande die 
neue reihe Welt des Morgenlandes erichließen 
und den Grund zu jener griechiichen — belleni- 
ftiihen — Bildung legen, weldhe in Sprache und 
Sitte Abendland und Morgenland mit einander 
verichmelzen und die verichiedenften Völker in dem 
gemeinschaftlichen Mittelpunkte griech. Bildung au 
einander fnüpfen ſollte. Selbft fein frübzeitiger 
Tod ftörte diefe Annäherung beider Teile der 
Erde nicht, wie die Geſchichte es während des rö- 
mijchen Weltreiches und bejonders nach der Teilung 
des Reiches unter Theodofius zeigt. Vgl. Droyſen, 
Geſchichte Al. des Gr. (1833. 3. Wufl. 1880). 
Hergberg, die afiatiichen Feldzüge Al. des Gr. 
(2. Aufl. 1875. 2 Bde.) Schon früh bemächtigte 
fich die Sage der Thaten des großen Königs. Die 


Alexander. 


unglaublichen Züge desjelben, die geringe Macht, 
mit welcher er das Berjerreich zertrümmerte und 
einen neuen Staatenbau aufzuführen wußte, vor 
allem die großartigen Kämpfe auf dem Hochlande 
von Aighaniftan und an den Ufern des Indos, 
die Eroberung der Felſenburgen Frans ließen ihn 
frühzeitig als ein Wejen höherer Art ericheinen. 
Gerade tm öftlichen Iran mag die Sage von Js: 
fander (Alexander) zunächſt entjtanden jein, wie 
fie noch heutiges Tags ſich dort erhalten hat. Die 
leicht entzündbare Bhantajie der Orientalen bildete 
fie weiter umd weiter, bis die Verbindung der 
Römer mit dem Orient fie in das Abendland ver: 
pilanzte. Ihren Ansdrud fand fie daielbft um 
450 n. E. in dem Werfe des lulius Valerius de 
rebus Alexandri Magni gestis, einem Werk von 
geringem hiftoriichem Wert, das aber Duelle der 
Märden ift, welche die Gejtalt des Königs in 
mythiſches Dunkel Hüllten und im Berlauf des 
Mittelalters ſich weiter entwidelten. Bgl. Spiegel, 
die Aleranderjage bei den Drientalen (1861). er 
Pieudocallifthenes (1867). Elek, die Aleranderjage 
im Morgenlande und in Europa, in den Verhandl. 
der Stuttg. er S. 113. — 8) Alexan— 
der IV., & 

boren 323 nad dem Tode des Vaters, wurde (mit 
Philipp Arrhidaios) zum König ausgerufen und 
fand erjt,unter Bormundichaft des Perdikkas, dann 
des Antipater, der ihn und feine Mutter nebft 
Philipp Arrhidaios und deſſen Gattin Eurydile 
nach der Teilung von Triparadeifos (321) mit nad) 
Makedonien nahm. Arr. bei Phot. bibl. 44 f. 
Diod. Sie. 18, 39. Strab. 17, 79%. Nah An— 
tipaters Tode (319) hatte Bolyjperchon den jungen 
König bei fich und jhügte ihn gegen Nachitellungen 
der Eurydike. Plut. Eum. 13. Als Olympias, 
welche ebenfalld auf der Seite des jungen Königs 
ftand, nach ihrem Schredensregimente (317) vor 
Kaſſanders Rache nad) Pydna floh, befand fich At. 
bei ihr. Diod. Sie. 19, 35. Just. 14, 6. Bei 
der Einnahme der Stadt (316) fiel auch er in 
Kafjanders Hände, der ihn in Haft behielt und 
famt Rorane in der Stille ermorden lieh, 311. 
Diod. Sie. 19, 105. Just. 15, 2. 

9) Aleranderliynteites (Auyansens), Schwie: 
5x8 des Antipater, nahm wahrſcheinlich teil an 
einer Verſchwörung — — 
trotzdem nach deſſen Tode ſogleich dem Alexander 
und fand wohl deshalb Gnade bei ihm. Obwohl 
ihn Alexander vielfach auszeichnete, fmüpfte er 
dennoch ſpäter Unterhandlungen mit Dareios an, 
weshalb Alexander ihn verhaften ließ, 333. Im 
J. 330 ſoll er auf Verlangen des Heeres hinge— 
richtet worden jein. Arr. 1, 25. Diod. Sie. 17, 
32. 80. Ourt. 7,1,5.8, 8, 6. Plut. Al. 10. Just. 
12, 14. — 10) Alerander, ein Sohn des Poly: 
iperhon, Feind des Kaſſander und Bundesgenofie 
des Antigonos (Diod. Sie. 19, 61), ging ipäter 
zu Kaſſander über und ftarb durch Meuchelmord 
zu Sityon 314. — 11) Alerander, ein Sohn 
des Kaſſander, flüchtete nach der Ermordung jeiner 
Mutter Theſſalonike durch jeinen Bruder Antipater 
zu Demetrios Poliorketes, von diefem, der nicht 
imftande war, ihm Hülfe zu leiften, zu Pyrrhos 
nach Epeiros, der den Aivitt der Brüder hob und 
fie, wie es jcheint, zur Teilung der Herrſchaft 
bewog. Inzwiichen zog Demetrios mit einem Heere 
heran, weshalb Alerander ſich zu ihm begab, um 





n Alexander von der Roxane, ge 


61 


ihn zum Rückzuge zu beivegen. Beide Fürjten 
juchten einander aus dem Wege zu räumen, bis 
es dem jchlauen Demetrios gelang, Wlerander bei 
einem Gaftmahle zu ermorden, 294, worauf er 
Makedonien gewanı. Plut. Demetr. 36f. Pyrrh. 
6f. Just. 16, 1. — 12) Nlerander, Sohn des 
Berjeus, des legten Königs von Maledonien, ge 
riet ald Kind in romiſche Gefangenſchaft, 167 v. C. und 
wurde jpäterin Alba — Just 33,2,5. 
Liv. 45,4’. Plut. Aem. Paul. 37. — 18) Alexan— 
der I. Balas, von niederer Herkunft, wurde auf 
Betrieb des Herafleides, eines Minifters Anti: 
ochos’ IV. Epiphanes, vom römiſchen Senat als 
Sr diejes Königs nach dem Tode desielben (152 
v. &.) anerfannt. Ex bejiegte den Neffen des An: 
tiochos, Demetrios Soter, der ſich des Thrones 
bemächtigt hatte, im %. 150, wurde aber 147 von 
einem Sohne desjelben, dem Demetrios Nilator, 
vertrieben und bald darauf ermordet. Just. 35, 1. 
Pol. 33, 15. 18. — 14) Wlerander Al, jpottweije 
Yabina, d. h. der Stlave, genannt, Sohn eines 
Kaufmanns Protardjos aus Ägypten, wurde für 
einen Adoptivjohn des Königs Antiochos Sidetes 
von Syrien ausgegeben und vertrieb den Deme- 
trios Nifator im J. 126 v. C. mußte aber wieder 
dem Antiochos Grypos (Just. 39, 1, 9) weichen 
und wurde, nach einer verlorenen Schlacht ge: 
fangen, auf den Befehl desjelben getötet (121). 
Just. 39, 2, 6. — 15) Alerander, Sohn des M. 
Antonius und der Königin Kleopatra, mit dem 
Beinamen Helios, mußte nad Antonius’ Bejiegung 
mit jeiner Schwefter Kleopatra Selene den Triumph) 
des Octavian jchmücden; beide wurden jpäter durch 
die von Antonius verlafiene Gemahlin Octavia 
erzogen. Plut. Ant. b4. 87. — 16) Wler. Se: 
berus f. Severi, 4. — 17) Alerander, mit 
dem Beinamen Aitolos, aus Pleuron in Aito— 
lien, der einzige Dichter, den diejes Land hervorge- 
bracht hat, ein tragiicher Dichter, war in Alexan— 
dreia unter Btolemaios Il. Philadelphos an der 
Bibliothek beichäftigt. Er wurde zu den Dichtern 
der alerandriniichen Pleias der Tragifer gerechnet; 
befannter jcheint er noch als Elegifer geweſen zu 
fein. Bon feinen Elegien haben ſich bei Athenaios, 
Barthenios und andern einige a erhalten, 
die Anmut und Lieblichleit der Darftellung ver- 
raten. Auch als Epigrammendichter hat er ſich 
befannt gemacht; ob er auch Komödien geichrieben, 
bleibt zweifelhaft. Vgl. Meinefe, Anal. Alex. 
p. 215—52. Naud, trag. Graec, fragm. p. 686, 
Sammlung der Fragmente von Capellmann (1830). 
— 18) Alerander, mit dem Beinamen Bolyhiftor, 
aus Myndos in Sarien, gebildet in Pergamos, 
fam zu Sullas Zeit ald Sriegägefangener nad) 
Nom, wurde von Cornelius Lentulus freigelafjen 
und unterrichtete unter andern den Hyginus. 
Seine grammatiichen, periegetiichen, hiſtoriſchen 
(über Rom in 5 Büchern) und andern Schriften 
jind vielfach excerpiert, uns aber verloren. Ab— 
handlung von Hulleman (1849). — 19) Alexan— 
der, Sohn des Nhetord Numenios, Rhetor im 
2. Jahrh. n. E., von dem 2 Bücher sel oynua- 
zo» und ein Stück einer andern Schrift bei 
Menander meol rür dmdesnrixorv erhalten find, 
Gebr. in den Rhet. graee. von Spengel, Bd. 3. — 
20) Nlerander aus Ephejos, mit dem Bei: 
namen Augvog, um 60 dv. E., Hijtorifer und Ber- 
faſſer eines aſtronomiſchen und eines geograph. 


62 


Lehrgedichts, von denen einige Bruchftüde erhalten 
find. Bgl. Meinete, Alex. epim. IX. — 
21) Wlerander (Aphrodisiensis), aus Aphro: 
dijias in Karien, zur Zeit des Kaiſers Septimius 
Severus, ein Mann von Scharfſinn, Klarheit und 
Geichriemlcit, — außer mehreren Schriften 
ſpekulativen Inhalts bei. Kommentare zu 
Schriften des Yrifoteted = reinigte deſſen Lehre 
von jpäteren Zuſätzen. Deshalb erhielt er den 
Beinamen 6 EEnyreis. Bon jeinen Schriften be- 
figen wir nur einen Heinen Zeil im griechiicher 
Sprache, in der er wriprünglich jchrieb, das übrige 
nur in lateinischer eßung. Ausg. der Schrift 
de anima von Bruns (1887). — 22) Alerander 
aus Tralles in Lydien, Arzt in Rom im 6. — 
n. C. hat ein Peoamevrınor in 12 Büchern ver 
faßt, ein Sammelwerk, das ſich durch ſeinen Stil 


— j. Kassandra, 


ALEXAN DRIA — 
— — 


1:75000 


Meier 


Alexandra — Alexandria. 


Winter zu (Arr. 3, 28. 4). — 7) in Sufiana wicht 
weit von ber Mündung des Tigris, jpäter Autie- 
cheia genannt. — 8) 4. eos Taruidı (Arr. 4, 
8 "est viell. Chodſchend am Sarartes oder Sir, 
auch wohl Alsiavögfoyara genannt. — 9) am In⸗ 
dos (Arr. 6, 15, 2). — 10) Alskandgrın dv 


den | Alyuaro, j. Itenderijeh gegründet zur Befeiti- 


gung der griech. Herrichaft in Ngupten (381 n 5) 
nad) den Entwurf des Deinochares, A 
zunge zwijchen dem Mittelmeer und dem — 
tiſchen See. Arr. 8, 1, 5ff. Plut. Al. 2%. Diod. 
Sie. 17, 652. Strab. 17, 791. Die regelmäßig, 
mit breiten, rechtwinkelig ſich jchmeidenden Strafen 
gebaute Stadt hatte die Form eines Parallelo— 
ramms von 30 Stadien Länge und 10 Stadien 
ite (15 Millien Umfang) und beitand aus 2 
Hauptteilen: a) Bruche ion im RO., mit dem 
töniglichen Palaft, dem swue od. syue, wohin 
auch Aleganders Leichnam gebracht wurde, dem 








Alexandria, Alexandröa, Alefardgeın. Die 
zn Städte dieſes Namens find jämtlid) von 

lexauder dem Großen angelegt und erſcheinen 
gleich Wegweiſern in dem ungeheuren * ag 
er eroberte. Bemerkenswert find: 1) A. Troas, 
An Toowas, am Aigaiiſchen Meere, fübtich von 
Troja — von K. Antigonos gegründet und nad) 
ihm eine Zeit lang Antigoneia genannt, in rö— 
mijcher Zeit bejonders blühend (Liv. 35, 42. 37, 
35). Eäjar dadıte daran a Sitz des Reiches dort- 
hin zu verlegen (Swet. Caes. 79), aud) —— 

Hadrian ſorgten für ſie. J Ruinen Esfi- 
du d. i. Aitkonftantinopel. — 2) in Syrien zwijchen 
Affos und Antiocheia, j- Alerandrette oder Stan: 
derum. — 3) in der perfhen Landſchaft Arachoſia, 
j. Kandahar. — 4) in Ariana, jetzt Herat, an der 
großen indiſchen Karawanenſtraße. — 5) in Bat: 
triana, vielleicht jetzt Khullum. — 6) A. moös 
Kuvrasn od. dr TIaparanıcddaıs, wohl in der 
Nähe von Kabul; NAlerander brachte dort einen 


Muſeion, Gymnaſium und Stadium; b) Rhakoti 
mit der AfropolisS und dem Eerapeion, weld 
die Bibliothef enthielt. Durh Natur und Wu 
war die Stadt befeftigt. — Unter den Häfen n 
einer in der Mareotis nur für Nilfchiffe beftimu 
Der große Hafen wurde gebildet Durch Die 90 
injel Lochias im ND., einen Damm von 7 <S 
dien (Heptaftadion) im SH, welcher die vorliege 
Inſel Pharos mit der Stadt verband; der inne 
abgejonderte Teil diejes Hafens hieß der fle 
Hafen und war eigens für die föniglichen Sc 
beftimmt. Auf der mweitlichen Seite des He 
ftadion, durch dieſes jelbit, die Pharosiniel 
den Stadtteil Rhakotis gebildet, lag der © 
der „glüdlichen Heimkehr” (Evvosrog);, ein bı 
deres Baſſin an der Stadtjeite führte den Me 
„das Käftchen‘ wußwrig). und ftand Durch « 
Kanal mit der tis in Verbindung. Wı 
äußeren NWſeite der Pharosinſel faq Der „Pir 
hafen“, auf der hohen NOfpige der Inſel 


Alexis — Alfenus. 


der prächtige, von Soſtratos aus Knidos erbaute 
Leuchtturm. Außerhalb der wohlbefeftigten Stadt 
lag im SW. der Rhakotis die Nefropolis (Toten: 
ftadt), im NO. beim Brucheion und vor dem fa: 
nobiihen Thore der Hippodrom. Die Bevölkerung 
von 300 000 Freien und vielleicht doppelt jo vielen 
Sflaven war aus den verjchiedenften Elementen 
zuſammengeſetzt (Pol. 39, 14); Übermut, Leichtfinn, 
Ausichweifung, Widerjeplichkeit find die Charafter: 
züge bderielben (Caes. b. ce. 3, 110). Bon dem 
Glanz der alten Ptolemaierhauptitadt, die im J. 
641 von dem Kalifen Omar erobert wurde, zeugen 
nur noch Trümmer. Noch fteht die 110 od. 112 
Fuß hohe Pompejusjäule, während ein großer 
Obelist, „die Nadel der Kleopatra”, 1878 nad) 
England gebracht worden iſt. — An das Serapeion 
und das Mujeion zu Alexandreia knüpft ſich die 
hohe Bedeutung der Stadt für die griechiiche Lit: 
teratur. Die eriten Btolemaier, Pt. Lagi, Phila- 
deiphos und Euergetes, erhoben die Stadt zur 
Metropole der Gelehriamfeit und Litteratur jener 
Zeit. Die bejonders von Pt. Philadelphos ge: 
jammelte Bibliothef im Brucheion enthielt mit 
den Doubletten (suagıyn) 400 000, ohne diejelben 
(ueyn xal amic) 90 000 Bände oder Rollen. (So 
Ritſchl. Bernhardy erflärt ovunıyn für Werte des- 
jelben Autors, 3. B. von Nriftoteles 500, dueyn 
zei aria für Maflen aus einzelnen litterarifchen 
Gattungen, 3. B. Tragifer u. j. w.) Später wurde 
eine ähnliche Sammlung von 42800 Bänden in 
der Rhafotis und dem Le 
legt, die freilich bei der Belagerung und Erobe: 
rang durch Julins Cäſar in Brand geriet, indeflen 
die von der Slleopatra geichenfte pergame: 
nische Bibliothet von 200 000 Bänden erſetzt wurde. 
Auch jie wurde vernichtet zur Zeit Theodofins’ des 
Gr., wo der fanatiſche Erzbiichof Theophilus im 
%. 389 fie zerftörte; ſpäter 2 man, wohl mit 
Unrecht, bemüht geweien, dieje Barbarei dem Amru, 
Feldheren des Kalifen Omar (641), zuzuſchreiben. 
Bol. Ritihl, die alerandr. Bibliotheken (1838) 
nebit Corollarium (1840) (Opuse,, Bd. 1). Das 
Mujeion gewährte den verdienjtvollen Männern, 
welche zur Ordnung, Bervollftändigung, Verbeſſe— 
rung der Handichriften beitrugen, ehrenvollen Unter: 
halt (n 2» Movssio olenaıg); e8 war der Gen: 
tralpuntt der Bildung und Gelehrjamteit. In den 
bürgerlichen Unruhen unter Aurelian ward auch 
diejes zerftört. Vgl. Parthey, das aler. Muſeum 
(1838). Sammlung und Sichtung der vorhande: 
nen Litteraturſchätze, ſowie das Streben, alle zur 
Erflärung derjelben nötigen Kenntniſſe ſich zu er: 
werben, iſt das haratteriftiiche Merkmal diefer Zeit. 
Für Sammlung und Ordnung der Bibliothek ſorg— 
ten die Bibliothefare Zenodotos, Kallimachos, Era- 
tofthenes, Apollonios, Ariftophanes, Ariftarchos. 
Die Grammatif in dem meiteften Sinne des Wlter- 
tums wurde bejfonders gepflegt, aber aud) im der 
Mathematit und Aſtronomie find die Leitungen 
der Alerandriner bedeutend. Die griechische Bibel: 
überjegung ift unter den Ptolemaiern hier ent- 
ftanden, und die ältejten Zeile der von jüdischen 
Berfafjern gemachten Sibyllenorakel reichen in die: 
ſelbe Beit hinauf. Unter denen, die einzelnen 
Schriftitellern ihre bejondere Sorgfalt zuwandten, 
find für Homer zu nennen: Zenodotos, Ariſto— 
phanes von Byzanz und namentlich —2 Aus 
dieſem Streben des Ordnens des Muſtergültigen 


mpel des Serapis ange: | © 


63 


gingen angeblich einige Verzeichniffe (xurörss) 
hervor, die der Nachwelt zur Nichtjchnur dienen 
ſollten. Der Kanon der epiſchen Dichter — 

bherrührend von Wriftophanes von Byzanz und 
Ariſtarch — umfahte den Homer, Heſiod, Pa— 
nyaſis, Antimadyos, Beilander; von Jambo— 
graphen den Archilochos, Hipponax, Stmonides 
bon Amorgos; von Elegifern den Kallima- 
chos, Philetas, Kallinos, Mimnermos; von Ly— 
rifern den Alkman, Alkaios, die Sappho, 
den Stejichoros, Pindaros, Balchylides, Ibykos, 
Anakreon, Simonides von Keos; von Tragikern 
ben Aiſchylos, Sophofles, Euripides, Jon und 
Achaios; von Komifern den Epicharmos, Kra— 
tinos, Eupolis, Ariftophanes, Pheretrates, Platon 
(alte 8.) — Antipbanes und Aleris (fälichlich ſoge— 
nannte mittl. 8.) — Menander, Philippides, Diphi- 
108, Bhilemon, Apollodor (nene K.) — In der Proſa 
die Hiftorifer Herodot, Thufydides, Kenophon, 
Theopompos, Ephoros, Anarimenes, Kallifthenes; 
die Redner Antiphon, Andotides, Lyſias, Iſokrates, 
Iſaios, Aiſchines, Lykurgos, Demofthenes, Hype 
reides, Deinarchos. Indes iſt dieſes Verzeichnis 
jo planlos, lückenhaft und teilweiſe ſogar fehlerhaft, 
daß Bernhardy wohl recht hat, wenn er dasſelbe 
für ein trümmerhaftes, aus vollſtändigeren Kata— 
logen unkritiſch gezogenes Regiſter hält, den Canon 
Alexandrinorum aber als eine aus Mißverſtänd— 
mis einzelner Stellen (3. B. Quint. 10, 1, 54. 59) 
hervorgegangene Fiktion ganz entfernt. Ebenſo 
teffen, de ecanone qui dieitur Aristophanis et 
Aristarchi (1876). — Ein eigener alerandri- 
niiher Dialekt ferner ward hier ausgebildet. 
Ebenjo prägte fich den Dichtern diefer Schule auch 
der Stempel der Gelehrten (yoxuperımol) auf; 
Neinheit der Diktion, Glätte und Feinheit der 
Darftellung, geregelter Versbau vermögen micht für 
den Öfteren Mangel lebendiger Phantaſie und 
lebensfrischer, natürlicher Darttellung zu entjchä- 
digen. Apollonios aus Rhodos, Mratos, Rallima- 
chos, Nitandros, Philetad gehören zu den bedeu: 
tenderen Dichtern diefer Schule. 

Alexis, "Alsdıs, aus Thurioi in Griechenland, 
Dichter der neueren Komödie jeit 384 v. E., er: 
reichte, fortwährend thätig und regſam, ein Alter 
von 106 Jahren. Dies lange Leben macht die 
Menge feiner Stüde (nad) Suidas 245), den Ge- 
brauch von Motiven und Charakteren (die Rolle 
des Parafiten) und die ungleiche Diftion erflärlich. 
Die zahlreichen Fragmente zeigen ihn als eimen 
Dichter von Geift und quter Beobachtung, der die 
Sprache leicht und geichmadvoll zu handhaben 
weiß. Fragmente — und herausg. von 
Hirichig (1840), Meinele, com. Graec. fragm. 
Bd. III p. 161 ff. (IL p. 688 ff. der Heinen 
Ausgabe), und Rod, com. Att. fragm, Il, 1 
p. 297 ff. 

Alfönus (vielleicht richtiger Alfenius) Varus, 
Publius, aus Cremona, anfänglich Schufter in 
jeiner VBaterjtadt, ging nach Rom, wurde Schüler 
des gefeierten Juriſten Serv. Sulpieius Rufus und 
erlangte als Juriſt großen Ruf, wie er denn auch 
als Schriftfteller (40 U. digestorum) in diejem 
Fache auftrat. Catull hat an ihn das 30. Gedicht 
gerichtet. Horaz (sat. 1, 3, 130 ff.) icheint Anlaf 
gehabt zu haben den Stolz des Emportönmlings 
ein wenig zu dämpfen. Ob er mit dem Barus 
bei Catull. 10. 20 und dem Barus, der mit Bergil 


— 


64 


bei dem Epifureer Siron Philojophie hörte, identisch 
ift, ift zweifelhaft. 

Algidun, fleine Bergfeite auf einer der Höhen 
des Algidus, wahricheinlid beim h. Cava. Liv 26, 9. 

Algidus mons, eine Bergreihe von Tuſeulum 
und Beliträ gegen Pränefte hin, j. Monte Sala- 
mone, M. Ceraſo; ein Hauptjtügpunft der Auer, 
die von hier häufig ihre Angriffe unternahmen 
(Liv. 3, 2. 3. 27. 31 u. öft.); rauh (Hor. od. 1, 
21, 6. 3, 23, 9), reichbewaldet (4, 4, 58), alter 
Sitz des Dianendienftes (1,21, 6. carm. saec. 69). 

Alimentarli hießen diejenigen Kinder armer 
(auch noch lebender) Eltern, welche bis zu einem 
beftimmten Lebensjahre (dur Hadrian die Kna— 
ben bis zum 18., die Mädchen bis zum 14.) mo: 
natlich ihren Unterhalt (Knaben 10, Mädchen 
12 Gejterzien) aus Stiftungen römifcher Katjer 
—— Nach Nervas Vorgang führte Trajan 
dieſe Wohlthätigleit zu Veleja bei Placentia weiter 
aus (Plin. pan. 26). Die Urkunde davon iſt noch 
in größeren Bruchjtüden vorhanden (vgl. Wolf, 
Heine Schriften II ©. 895, und zahlreiche epi— 

raphijche Arbeiten über die Urkunde); eine ähnliche 

tiftung von dem jüngeren Blinius in Comum 
finden wir Plin. ep. 7, 18 erwähnt. Hadrian er: 
weiterte die Stiftungen des Trajan (Spart. Hadr.7), 
und umter den Antoninen famen neue Anftalten, 
vorzüglich für bis dahin weniger bedachte Mädchen 
(novae puellae Faustinianae), hinzu, wahrjchein: 
lich jedoch auf Rom bejchräntt. Pertinax hob aus 
Nüdjichten der Sparjamfeit die Anftalt Trajans 
auf, während Alerander Severus wieder eine ähn— 
liche Stiftung begründete; doch jcheinen die früheren 
mehr wirkliche SKinderverpflegungsanftalten, das 
legte mehr ein Legat — zu ſein. Vgl. Franke, 
zur Geſch. Trajans ©. 377—420. 

Alimentus j. Cinecii. 

Aliphöra (Liv. 28, 8. 32, 5. Cic. ad Att. 6,2), 
Akipsipa, n, (Pol. 4, 77ff. oder Akdpnea, 
Faus. 8, 26. 27), j. Nerowitza mit anjehnlichen 
Ruinen, Bergftadt im ſüdweſtl. Arkadien an einem 
Nebenflüfchen des Alpheios. Die Bewohner be- 
teiligten fich bei der Gründung von Megalopolis. 
Im Bundesgenofjenktriege (219— 217 v. E.) nahm 
Philipp II. die jehr feite Stadt nebft der Burg ein, 
wojelbit fich ein Tempel der nad einheim. Sage 
hier geborenen und erzogenen Athene mit einer 
ſehr geichäßten Bildſäule diejer Göttin und ein 
Tempel des Ajklepios befanden. 

Alipilus, der Sklave, der bejonders in ben 
Bädern das Geichäft hatte, die Haare unter der 
Achjel mittelft einer Kneipzange (volsella) aus- 
äzureißen (vellere alas, Juv. 11, 157). Dies ge 
hörte zur Galanterie der Weichlinge, die zuletzt 
am ganzen Körper glatt fein wollten (isti volsi 
atque expoliti, Sen. controv. 1. praef.). Bisweilen 
geichah es auch durch aufgelegte Pech- oder Harz— 
pilafter (pAnBeov, Heuraf), daher resinatn iu- 
ventus (Juv. 8, 114). 

Aliso, nad Bellejus (2, 120) und Tacitus 
(ann. 2, 7) eine römijche Fefte an der Lippe, von 
Drufus im J. 11 v. E. angelegt ald Stüßpunft 
der Operationen gegen die Germanen (nach Dio 
Cass. 54, 33 am Einfluß des Alifo im die Lupia). 
Nach der Niederlage des Varus von den Deutſchen 
erobert, ward fie im J. 15 mn. E. wieder herge— 
ftellt, im folgenden Nahre von den Germanen be: 
lagert, von Germanieus aber entjeßt. Die Lage 


Hi 
| 


Algidum — Alkathoos. 


ftreitig; nad) einigen ift es das 
aderborn, nad) andern lag es bei 
bei Wejel oder bei Haltern. 

Alkaios, Axciog, Alcaeus, 1) j. Perseus, 1. 
— 2) f. Herakles, 5. — 3) berühmter Igrijcher 
Dichter der Griechen, aus Miytilene anf Lejbos, 
um 612 v. E. blühend, älterer Zeitgenoſſe der 
Sappho. Er gehörte einem vornehmen Geſchlechte 
und der Adelspartei feiner Baterjtadt an, ftritt 
tapfer in der Fehde gegen die Athener um den 
Befi von Sigeion, wobei er feinen Schild verlor, 
und beteiligte ſich mit leidenſchaftlichem Sinne, 
aber ausdauerndem Mute an den Kämpfen jeiner 
Bartei gegen die Tyrannen Melanchros, Myrfilos 
u. a., ſowie aud) gegen den zum Wiiymneten (j. db.) 
erwählten weilen Boltsfreund Pittafos, wodurch 
er längere Zeit gezwungen war jein Vaterland 
u meiden. Zuletzt fam er bei dem Berjuche, die 

ückkehr ins Vaterland zu erzwingen, in die Ge— 
walt des Pittafos, der ihm großmütig verzieh. 
Ob er darauf wieder in die fremde gezogen oder 
ruhig im Baterlande geblieben ift, bleibt ungewiß. 
Seine Gedichte, von den Alerandrinern in mindes 
ſtens 10 Bücher geteilt, aber uns nur in jpärlichen 
Überrejten erhalten, waren im aioliſchen, durch 
epifche Formen gemilderten Dialekt verfaßt und 
trugen die Eigentümlichfeit der aioliſchen Dichtungs- 
art an fich, offenes und kühnes Hervortreten der 
Berjönlichkeit, Feuer und Erregbarteit der Gefühle. 
Eine zornige Leidenſchaftlichteit, aber aud ein 
ftartes männliches Gemüt zeigten befonders jeine 
politifchen Gedichte (srasıwrına), die ſich auf die 
Kämpfe der leſbiſchen Adelspartei bezogen. Die 
Horazischen Lieder (od. 1, 14 u. 37) find Nach— 
bildungen. Außerdem dichtete er mehr epiich ge- 
haltene Hymnen auf die Götter und» einige, ſtarke 
Sinnlichleit atmende, Trinf: und Licbeslieder 
(suurorıxa und Zpwrıxd). In jenen zeigt er fich 
bejonders erfinderiich in Motiven, die zum Trinken 
einladen jollen (Antlänge vielfach bei Horaz, wie 
od. 1, 9), betrachtet aber den Wein micht bloß 
von Seite des jinnlichen Genufjes, jondern mehr 
nad) jeinen edeln geiitigen Wirkungen. Bon jei- 
nen Liebesliedern wiſſen wir wenig. Doc vgl. 
Horaz, od. 1, 32, 5. Er zeichnet fich aus durch 
fraftvolle, rajche, würdige Diftion, anichauliche 
Bilder und geniale Behandlung der metriichen 
Kunft. Die alkaiiſche Strophe ıft von ihm er— 
funden. Die Fragmente find geſammelt und ber- 
ausgegeben von A. Matthiä (1827), am beiten im 
Bergfs poet. Iyr. Gr. III p. 147 ff. Bgl. Th. tod, 
Altaios und Sappho (1862). — 4) aus Miytilene, 
Komiker und jüngerer Nebenbuhler des Ariſto— 
phanes, Berf. von 10 meiſt der Mythologie ent: 
lehnten Komödien, unter denen der Titel KÄouo- 
dorpayodi« merlwürdig ift. Die wenigen Bruch: 
ftüce find gejanmelt von Meineke, com. Graec. II 
p. 824 ff., und Stod, com. Att! I p. 756 ff. — 5) aus 
Meflenien, Epigrammendichter aus ungewiljer Beit. 
Unter jeinem Namen finden fih 22 Stüde in der 
griechiichen Anthologie. 

Alkamönes |. Bildhauer, 6. 

Alkathöos, Alrddoog, "Alnadovs, 1) ©, des 
Pelops und der Hippodameia in Elis, tötete auf 
dem Stithairon einen Löwen, der den Sohn des 
Megareus zerriffen hatte, und erhielt von dieſem 
zum Dank jeine Tochter Enaichme zur Gemahlin 
und nach jeinem Tode die Herrichaft über Megara. 


. Efjen bei 
mm oder 


Alkestis — Alkibiades. 


Er ftellte mit Hülfe Apollons die Mauern der 
Stadt, welche die Kreter zerftört hatten, wieder 
her und erbaute die eine von den zwei Burgen 
Megaras mit einem Tempel des Apollon. T’heogn. 
773. Wo Mpollon, der diejen bei der Arbeit 
unterjtügte, die Kithara hingeftellt hatte, zeigte 
man jpäter einen Hingenden Stein. WIE. hatte in 
Megara ein Hervon, und die Spiele Alnattoic 
wurden ihm zu Ehren gefeiert. Paus. 1, 41, 3. 
42, 1. — 2) ein Troer (j. Aineias). 

Alkestis j. Admetos. 

Alkötas, Alxdrec, 1) König von Epeiros, von 
feinem Vater Arybbas wegen feines wilden, trogigen 
Sinnes vom Throne ausgeichloffen, wurde nad) 


feines Bruders Niafides Tode König, 313 v. E., 
und erwarb jich die Gunft und den Schub des 
Kaſſander von fedonien. Beides ficherte ihm, 


der fich bei feinen Landslenten bald durch jeine 
Graufamfeit und Härte verhaßt gemacht hatte, 
eine Zeitlang die Herrichaft, bis die Erbitterung 
der Epeiroten jo hoch ftieg, daß fie ihn ſamt 
jeinen Kindern ermordeten und den jungen Pyr— 
rhos, den Sohn feines verftorbenen jüngeren 

ruders Niafides, zum Könige ausriefen, im J. 
306. Paus. 1, 11,5. Plut. Pyrrh. 3. — 2) einer 
der Feldherren Aleranders des Großen. Als fein 
Bruder Perdilfas, der von Alexander noch vor 
jeinem Ende bejtellte Reichdverweier, auf dem 
Zuge gegen Agypten (321 v. E.) ermordet wurde, 
befand ir Ifetas in Aſien auf jeiten des 
Eumenes. Bon den Gegnern gleich Eumenes und 
andern Berteidigern des Königshauſes geächtet, 
begab er ſich nad) Pijidien, deſſen Bewohner ſich 
zum großen Teil an ihn amfchloffen. Aber in 
offener Schlacht befiegt, wurde er von einigen 
Bürgern der Stadt Termejjos verraten und ftürgte 
fi in jein Schwert, um micht Gefangener jeiner 
Gegner zu werden. Arr. 4, 27. Diod. Sic. 18, 
4hff. Just. 13, 8. 

Alkibiädes, AxıBıadns, ©. des Kleinias, geb. 
zu Athen um 452 v. E., ungefähr 5 Jahre vor 
dem Tode jeines Baterd. Des vermwaiften Knaben 
Bormund wurde zunächit jein naher Verwandter, 
der berühmte Perifles. Bon hohen geiftigen An: 
lagen, jchöner Nörpergeitalt , großem Reichtum, 
eigte er zugleich grenzenloſen Leichtfinn, ent: 
—— Hang zu Ausſchweifungen und ebenſo— 
viel Zügellofigfeit und Mutwillen. Dabei liebens— 
würdig und beredt, verjtand er es, fich Liebe beim 
Bolfe zu erwerben, wodurd er, unterftüßt von 
feinem Reichtum, der es ihm verftattete Freigebig— 
feit und nötigenfalls Verſchwendung zu üben, zu 
großem Anjehen und Einfluß gelangte. Vermählt 
nit Hipparete, einer Tochter des reichen Atheners 
Hipponikos, frönte er dennoch vielen Ausjchwei- 
fungen, weshalb jeine Frau von ihm getrennt zu 
werden begehrte, was Alf. indes gewaltiam ver: 
hinderte (Plut. Alec. 8). Er war Zögling des 
weijen Sokrates, aber defien Lehren hatten wenig 
Einfluß geübt auf die Lebhaftigfeit und den Leicht: 
finn des Fünglings, der zu glänzen und hervor: 
zuragen den heißeften Wunſch hegte. Im Felde 
Beltgenofje des Sokrates, focht er bei Potidaia mit 
(432) und wurde durch feines Lehrers Tapferkeit 
aus augenjcheinlicher Lebensgefahr gerettet; 8 Jahre 
ipäter rettete diefen wieder der Schüler in der 
Schlacht bei Delion. Bon da an beteiligte er ſich 
fat an allen Ereigniffen des peloponnefischen Krie— 

Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl. 


65 


ges. Im J. 420, als Nifias von den Spartanern 
zum Vermittler erwählt war, veranlaßte er jeine 
Baterjtadt zu einem Bündniffe mit Argos, Elis 
und Mantineia troß der Segenbemühungen Spar: 
tad, verjpottete deſſen Gejandte und den Nikias 
(Thue. 5, 43 ff. Plut. Ale. 14) und befriegte im 
folgenden Jahre die Lakedaimonier im Peloponnes. 
Aber ſchon im J. 418 mußte Argos mit Sparta 
Frieden machen (Thue. 5, 56 ff. 76 ff.), ſchloß indes 
416 mit Athen abermals ein Bündnis und be- 
feftigte die Stadt auf Alfibiades’ Rat beionders 
nach der Seejeite hin. Zwar zerftörten die Spar: 
taner die eben erbauten Mauern gleich wieder, 
aber Alf. erihien bald darauf mit einer Flotte 
und vertrieb eine Anzahl ipartaniich gejinnter 
Urgiver. Plut. Ale. 15. T’hue. 5, 84. Inzwiſchen 
war von der Stadt Egefta auf Sicilien nach Athen 
die Bitte um Beiltand gegen Syrakus gelommen, 
und Alf. bemühte fich bejonders das Volk zu einer 
friegerifchen Unternehmung gegen Sicilien zu ſtim— 
men, hatte aber dabei noch andere weitgehende 
Eroberungspläne. Das begeifterte Bolt ftimmte 
ihm bei, große Nüftungen wurden gemacht, und 
At. jelbit, Nikias und Lamachos an die Spike 
geftellt. Flut. Ale 17. Thue. 6, 6ff. Doc furz 
vor der Abfahrt der Flotte wurden in einer Nacht 
die zahlreichen Hermenfäulen in Athen umgeftürzt 
und unter andern auch Alf. der Teilnahme daran 
beichuldigt. Nep. Ale. 3. Plut. Ale. 18. Er 
verlangte Unterſuchung, obgleich bei jeinem Leicht: 
finn feine Teilnahme an dem Frevel nicht unmwahr: 
fcheinlich war; er trat indes jo feit auf, daß jeine 
Gegner ihm nicht weiter anfochten, jondern die 
weitere Unterjuchung bis u feiner Rückkehr zu 
verichieben vorichlugen. Alk. unterwarf fich dem 
Beichluffe. Plut. Ale. 2 Thue. 6, 27 ff. Aber 
jofort nach der Abfahrt fingen feine Gegner die 
Unterjuchung wieder zu betreiben an, das Bolt 
wurde gegen ihn aufgehept und die Salaminia 
abgejandt, ihn zurüdgubringen. Thuc. 6, 53. 61. 
Anfangs folgte er der Ladung Auguſt 415), ent- 
In aber zu Thurioi in Unteritalien und begab 
ic) nadı Sparta. Auf die Nachricht davon ver: 
urteilte man ihn in Athen und bejtrafte ihn mit 
dem Berlujt jeines Vermögens. Deshalb von Rache 
erfüllt, ftand er den Spartanern treulich mit fei- 
nem Rate zur Seite und veranlafte die Befeftigung 
von Defeleia an der attijchen Grenze, jowie die 
Abſendung eines Hülfsheeres unter Gylippos nad) 
Syrafus, 414. Thuc. 6, 88ff. 7, 18. Um das 
Vertrauen der Spartaner zu bewahren, fügte er 
ſich ganz der ftrengen jpartaniichen Lebensweiſe. 
Auch beredete er jie, eine Flotte auszurüſten, er- 
hielt ſelbſt 5 Schiffe, mit welden er der Flotte 
—— brachte ein Bündnis mit dem perſi— 
ſchen Satrapen Tiſſaphernes zuſtande und ver— 
anlaßte die Jonier zum Abfall von Athen (Tihuc. 
8, 14 ff). Als aber die jpartaniichen Feldherren, 
und bejonders der König Agis, mit Eiferjucht und 
Mißgunſt auf feinen Bachleuben Einfluß jahen 
und nach einem Unglüd der ſpartaniſchen Flotte 
ihn jogar verdächtigten, entging er der Ermordung 
nur durch die Flucht zu Tiffaphernes (Dftober 412), 
gewann denjelben allmählich fiir Athen, knüpfte 
dann mit den Führern der athenifchen Flotte bei 
Samos Unterhandlungen an und ging jelbft auf 
ihre Pläne hinſichtlich der Verwandlung der 
demofratiichen Regierungsform Athens in eine 


6 





66 Alkidamas — Alkmaion. 


oligarchiiche ein. Gejandte der Flotte famen nad) 
Athen und brachten es troß des Sträubens des 
Volkes dahin, daß Alt. mit Tiffaphernes wegen 
eines Bündnifjes unterhandeln jollte. Plut. Ale. 
25. Thue. 8, 45ff. Aber der Berjer wollte die 
Lafedaimonier, welche er fürdhtete, nicht durch Ab- 


ſchluß eines Bündniſſes mit Athen reizen, und die 


zu ihm gekommenen athenijchen Gejandten kehrten, 
von Alt. hintergangen, wieder heim. Gleichwohl 
wurde in Athen die Demokratie gejtürzt, und die 
nun herrichenden Dligarchen begannen eine Art 
von Schredensregiment, riefen auch die Verbann— 
ten, aljo auch den Alk., nicht zurüd. True. 8,57 ff. 
Dagegen erhob jich Heer und flotte zu Samos; 
Thraiybul und Thraiyllos wurden von ihnen zu 
Anführern ernannt, und beide bewirlten 411, daß 
Alt. ihnen beigejellt wurde. Diejer aber widerriet 
den Rachezug nad Athen und ftellte an die in: 
zwiichen angelangten Abgejandten der Dligarchen 
leine Forderungen. Sierüber gerieten diejelben 
unter ſich im Uneinigkeit und wurden nad) dem 
Verlufte Euboias an Sparta gejtürzt. So hatte 
All. indem er den Bürgerkrieg verhinderte, Athen 
‚gerettet. Seine Bemühungen indes, den Tifja- 
phernes für Athen zu gewinnen, jcheiterten, ob— 
glei er ihn ſogar bei den Lafedaimoniern zu 
verdächtigen wußte und dieje ihn feindlich be— 
handelten. Glüdlicher dagegen war er im Kampfe, 
indem er einen zweiten Seeſieg der Athener über 
die Beloponnefier bei Abydos durch jeine Ankunft 
entjchied (411). Plut. Ale. 27. Ein ermeuter Ber: 
juch bei Tifjaphernes führte dazu, da diefer ihn 
gefangen nad Sardes führen ließ, von wo Alf. 
aber nadı 30 Tagen entfloh und die Spartaner 
bei Kyzikos (410) entjcheidend befiegte (Plut. Ale. 
28. Xen. Hell. 1, 1, 11f.), worauf er im den 
Jahren 409 und 408 Byzanz, Chalfedon und 
andere Städte eroberte, überall Kontributionen 
eintrieb und dann erjt beichlof, nad) Athen, welches 
er jeit 8 Jahren nicht geſehen hatte, zurückzu— 
fchren (Anfang Juni 408). Seine Verwandten 
holten ihn ans Land, jubelnd empfing ihn das 
Bolt, jein Vermögen wurde ihm zurüdgegeben, 
und er zum Feldherrn über Heer und Flotte er- 
nannt. Aber die VBornehmen juchten ihn möglichit 
bald zu entfernen, um den ihm erwiejenen Ehren 
ein Ende zu machen. Er jegelte aljo mit einer 
"Flotte aus zur Wiedereroberung der abgefallenen 
Juſel Andros. Als die Unternehmung mißlang 
und außerdem die Flotte in Allibiades' Abwejen- 
heit durch die Unbejonnenheit jeines Unterbefehls- 
habers Antiohos von dem Spartaner Lyſander 
geichlagen wurde, 407 (Xen. Hell. 1, 5, 14), da 
erwachte von neuem der Unwille des wankel— 
mütigen Bolts in Athen, und es gab den heftigen 
Anlagen der Gegner des Alf. bereitwillig Gehör. 


At. 309 der Verteidigung freiwillige Verbannung | 


vor und lebte fortan auf einer ihm gehörigen 
feften Burg in Thratien. Xen. Hell. ı, 5, 17. 
Nep. Ale. 7. Plut. Ale. 36. Als jpäter die athe- 
niſche Flotte bei Aigospotamoi lag, machte er ihre 
Treldherren auf die gefährliche Lage aufmerkſam, 
fand aber fein Gehör bei ihnen (ZPlut. Ale. 37). 
Nach der Eroberung Athens durch Lyſander und 
der Einjeßung der Dreikig beganı If. für jeine 
Sicherheit zu fürchten, verlieh daher Thrafien und 
begab ſich zum Satrapen Pharnabazos von Phry- 
gien, um ıhm für die Vefreiung Athens zu ge 


winnen; diejer aber folgte der Aufforderung Ly— 
fanders, den gefährlichen Mann zu ermorden, und 
jandte dazu jeinen Bruder mit einer Anzahl von 
Leuten ab. Sie umftellten defien Wohnung in dem 
Städtchen Melifja, warfen Feuer in diejelbe und 
erichoffen ihn mit Pfeilen, als er, um ſich zu 
retten, aus dem brennenden Haufe herausftürzte, 
404 (Plut. Ale. 39. Nep. Alc. 10), Mono- 
graphien von G. F. Hergberg (1853), Houſſayes 
(1876) und Fokle (1883). 

Alkidämas, Alrıdauas, aus Elaia, Schüler 
bes Gorgias, Seitgenofie des Iſokrates und Lehrer 
der Redekunſt. ine regen, nad welder ſich 
Demojthenes und Aiſchines gebildet haben jollen, 
ift verloren; ebenjo jerne nach dem Mufter jeines 
Lehrers Gorgias gearbeiteten Deflamationen. Unter 
jeinem Namen find zwei Neden auf uns gefomt- 
men, Odvsssvg und wroi opıctor, die aber 
jicherlich nicht von demjelben Berf. find. Die 
legtere will Blaß dem Alt. nicht abiprechen, auch 
Spengel hatte fie verteidigt. Sie find abgedrudt 
in den Yusgg. der Oratores Atlici bon Better 
und von Baiter und Sauppe, jowie in Blaßs 
Ausg. des Antiphon (S. 198 ff.). 

Aikinöos, Alxdroog, der weile König des 
mythiſchen Schiffervolfes der Phaiafen auf der 
Inſel Scheria, Sohn des Naufithoos, Enkel des 
Poſeidon, Gemahl der Arete, Bater von 5 Söh— 
nen und der Naujifaa. Er nahm den ſchiffbrüchigen 
Odyſſeus gaſtlich auf und ließ ihm reich beichenft 
nad) Haufe geleiten (Od. I. 6—13). In der Argo: 
nantenjage wohnt er auf der Inſel Drepäne (Ker— 
fyra, wohin von Korinth aus die Sagen von 
Medeia und den Argonauten gelommen); er nimmt 
die heimfehrenden Argonauten auf und bejchübt 
Medeia vor den verfolgenden Kolchiern. Dieje 
ichenen fich ohne Medeia zurüdzufehren und blei— 
ben bei Alkinoos. Apoll. Irhod. A, 990. Gr 
hatte in Kerkyra einen Hervenfult. Tue. 3, 70. 

Alkiphron, Alxipeor, ein griech. Sophijt des 
3. Jahrh. n. E., hat 3 Bücher fingierter Briefe 
(im ganzen 118) hinterlaffen, in welchen er uns 
in einer reinen, den beten Muftern nachgebildeten 
Sprache und gefälligen Form eine Schilderung der 
Sitten und Kulturzuftände, vornehmlich Athens, 
durch Vorführung verichiedener Stände Fiſcher, 
Bauern, Barajiten und SHetären) und Lebensver: 
ältniffe entwirft. Ausgg. von Bergler (1715), 
Seiler (1853) und Meinele (1853). 

Alkmaion, Alxucior, 1) Sohn des Amphia- 
raos und der Eriphyle (Hom. Od. 15, 248). Als 
Amphiaraos gegen Theben zog (j. Amphiuraos), 
trug er jeinen noch unerwachjenen Sähuen, At 
maion und Amphilochos, auf, jeinen Tod an 
Eriphyle zu rächen. Nachdem daher Altmaion, 
von dem Epigonenzuge (j. Adrastos), dejien 
Anführer er, einem Orakel zufolge, gewejen, zurüd- 
gefchrt war und erfahren hatte, daß jeine Mutter 
auc ihn für den Peplos (jchleierartiges Gewand) 
der Harmonia zur Teilnahme an dem Zuge ver: 
mocht hatte, tötete er jie, entweder allein oder 
in Gemeinschaft mit jeinem Bruder. Er wurde 
daher gleich Oreſtes von den Erinyen verfolgt und 
fam wahnjinnig nach Biophis zum Phegeus; diejer 
entjühnte ihn und gab ihm jeine Tochter Aipheji- 
boia (oder Arſinoe) zur Gemahlin. Alkmaion 
ichenfte ihr Halsband und Beplos. Bon neuem 
Wahnſinn ergriffen, fam er nad) langem Umher— 


Alkman — 


irren an den Ausflug des Acheloos. Hier fand 
er auf einer jüngjt erſt augeſchwemmten Inſel die 
Ruhe und baute ſich an; denn er hatte das Drafel 
erhalten, er würde auf dem Boden von feinem 
Wahnſinne befreit werden, der zur Zeit feines 
Muttermordes noch nicht vorhanden geweſen wäre. 
Er verband ji mit Kallirchod, der Tochter des 
Acheloos, und zeugte mit ihr Afarnan und Am: 
photeros. Als er diejer das Halsband und den 
Beplos aus Piophis holen wollte, ward er von 
den Brüdern der Wlphefiboia ermordet. Apollod. 
3, 7, 2. 5—7. Thue. 2, 102, Wllmaion wurde 
nad) jeinem Tode göttlich verehrt; zu Theben hatte 
er ein Heiligtum in der Nähe von Pindars Hauſe, 
in Pſophis ein heilig gehaltenes Grabmal. Yind. 
. 8, 57. Paus. 8, 24, 7. Seine Gejchichte 
war ein beliebter Gegenſtand der Tragödie, doch hat 
fich fein derartiges Stüd erhalten. — Sein Bruder 
Amphilochos, ein Seher, nahm auc teil am 
Epigonenzuge und am trojanijchen Kriege. Auf der 
Rückreiſe von Troja gründete er mit dem Seher 
Mopjos Mallos in Kilikien. Nach Thufydides 
(2, 68) gründete er von Argos aus das amphi- 
locdyiiche Argos (A. rö Aupikogıxov) in Alarna— 
nien am Ambrafijchen Meerbujen. Bon hier ging 
er wieder nach Kilifien, fiel aber im Kampfe mit 
Mopjos. Er hatte zu Mallos ein Drafel und ward 
u Dropos neben jeinem Bater, zu Athen und 
parta alö Heros und Seher verehrt. Hom. Od. 
15, 248. Paus. 3, 1ö, 8. — 2) Urenfel des Neftor, 
der bei der Einwanderung der Dorier in den 
eloponnes von Pylos nad Athen kam, der 
tammvater des berühmten Geſchlechts der Alk— 
maioniden. — 3) Zeitgenofje und Schüler des 
Pythagoras, der Sonne, Mond und Sterne (ani- 
mumque praeterea, Cie. n. d. 1, 11, 27) als 
Götter verehrte. — 4) legter lebenslänglicher Archon 
in Athen, 752 v. E. 

Alkman, Alracv (doriiche Form für Aluuaior), 
lyriſcher Dichter der Griechen um DI. 40 = 620 
v. E., von Indiicher Herkunft, oder vielmehr ein 
Aiolier aus dem Indiihen Sardes. Angeblich war 
er in Lydien geboren und fam als Sklave nad) 
Sparta, wo er im Haufe des Ageſidas aufwuchs, 
freigelafien wurde und jogar das Bürgerrecht er: 
langt haben joll. Wahrjcheinlich jedoch war er 
ein freier Mann ; wenn er wirklich aus der Fremde 
nach Sparta fam, jo hatte er gleich Terpandros 
j. d.) u. a. einen offiziellen Ruf erhalten. Seine 

lüte fällt um 612, wo die Spartaner Muße 
hatten ſich der heitern Seite des Lebens zu wid— 
men. Gr dichtete beſonders Parthenien (Chorlieder 
für Jungfrauen), Hymnen, Paiane, Prosodien, 
Liebeslieder in großer Mannigfaltigkeit des poe— 
tiſchen Tons und des Versmaßes. Den rauhen 
altlakoniſchen doriſchen Dialekt milderte und ver— 
edelte er durch Aufnahme epiſcher und aioliſcher 
Formen. Die Bewunderung, welche ihm das Alter: 
tum zollte, findet in den vorhandenen Bruch: 
ftüden feine rechte Bejtätigung, weil jie von zu 
eringem Umfange find oder um geringfügiger 

inge willen angeführt werden. Zu den von 
Belder (1815) gelammelten Fragm. iſt 1855 ein 
neues, überaus wertvolles aus einem von Mariette 
in Ägypten gefundenen, jetzt in Baris befindlichen 
Papyrus gefommen. VBolljtändige Sammlung der 
Bruchſtücke von Bergk, poet. lyr. Graee. I 
p- 14 ff. 


67 


Alkmöne, Alxunen, Tocter des Eleftryon, 
Gemahlin des Amphitryon (j. d.), Mutter des 
Herafles (ſ. d.) von Zeus. Nach dem Tode ihres 
Gatten heiratete fie den Rhadamanthys (j. d.), zu 
Okalea in Boiotien, wo man auc die Gräber 
beider zeigte. Nachdem Herafles unter die Götter 
verjegt ift, flieht jie vor Euryſtheus nad Athen, 
fommt aber nach Theben zurück und jtirbt Dort 
in hohem Alter. Sie blieb ald Stammmutter der 
Herakliden fortwährend ein anne der Bühne 
(des Aiſchylos und Euripides Stüde jind verloren 
gegangen) und der Berherrlihung in Liedern. 
Zeus joll fie durch Hermes auf Die Inſeln der 
Seligen haben geleiten und dort mit dem Nhada- 
manthys wieder vermählen laſſen. In Theben 
wurde fie göttlich verehrt, in Athen hatte fie einen 
Altar im Tempel des Herafles. 

Alkyöne j. Keyx und Pleiades. 

Alkyöneus, Alxvoveug, ein Nieje, der den 
Herakles auf dem Korinthiichen Iſthmos überfiel, 
als er die Rinder des Geryones hier durchtrieb, 
und ihm mit einem Yelsftüd 12 Wagen und 
25 Männer zerichmetterte. Als er das Yelsjtüd 
gegen Herakles jchleuderte, ſchlug dieſer es mit 
der Keule zurüd und tötete mit demjelben Schlage 
den Rieſen. Andere verlegen diejen Kampf nad) 
Phlegyai. Er iſt urjprünglich derjelbe All., der 
als der gewaltigfte unter den Giganten in der 
Gigantenichlacht eine Hauptrolle ſpielt. Jind, 
nem. 4, 27. 

"Alxvoridss yusgaı. Alcyonii dies (von «i- 
“vor, Seevogel), heißt die ftille, nicht ſtürmiſche 
Zeit im Winter, während 2 Wochen um deu 
kürzeſten Tag herum, jo genannt, weil dann, wie 
man glaubte, der Eisvogel brütet. Aristot. h. a. 
5, 8. Aelian. v. h. 1, 36. Plaut. Cas. prol. 26. 
Colum. 11, 2. Plin. iv, 32. Op. mer. 11, 745. 

Allia (Alina), lintes Nebenjlüjchen des Tiber, 
etwa 11 Millien nördlich von Rom, befannt durd) 
die gänzliche Niederlage, welche bier die Nömer 
von den Galliern erlitten, im J. 390 v. E. am 
18. Juli (XV. Kal. Sext.), dem unglüdlichen dies 
Allieusis. Liv. 5, 375. Verg. A. 7, 717. Wegen 
der Zeitbeftimmung vgl. Liv. 6, 1, Plut. Cam. 19. 

Allienus, Aulus, im Jahre 60 v. C. Legat 
des D. Cicero in Aſien, erlangte im J. 49 die 
Prätur und verwaltete nach Ablauf derjelben (von 
48 bis Mitte 46) Sicilien, wo er als Anhänger 
Cäſars auftrat. Als legterer ermordet war, trat 
er zur Partei des Brutus und Gajjius über, denen 
er mehrere Legionen zuführte. Cie. ad Alt. 10, 
15, 3. ad fam. 12, 11,1. Caes. b. Afr. 2. 26. 34. 

Allifae, j. Alife, Stadt in Sammium am Boltur: 
nus, in herrlicher, fruchtbarer Gegend (Liv. 8, 25. 
9, 38) an der Straße von Ron nad) Beneven- 
tum. Allifana sc. pocula oder vasa bei Horaz 
(sat. 2, 8, 39) jcheinen eine Art großer Becher 
gewejen zu jein. 

Allobröges (Sing. Allöbrox), Alloßgıyes, 
d. h. die auf fremdem Boden Wohnenden, eine in 
den Gebirgen von Gallia Narbonensis wohnende 
friegeriiche Bölferihaft, von der Iſara (Niere), 
dem Rhodanus (Hhone), dem Lacus Lemannus 
(Genferjee) und den Grajiichen Alpen begrenzt, mit 
den Hauptftädten Genava (j. Genf) und Vienna 
(j. Vienne). Sie führten hartnädige Kriege mit den 
Römern und blieben, obwohl 121 v. C. durch 
D. Fabius Marimus (daher Allobrogicus) unter: 

5* 


Allobroges. 


68 


worfen (Vell. Tat. 2, 10), dennoch in fortwähren: 
der Feindichaft gegen die Römer. Sall. Cat. 40. 
Caes. b. g. 1, 6. 7, 64. Cie. Cat. 3, 9, 22. 
Später hieh ihr Land Sapaudia (Savoyen). Amm. 
Marc. 15, 11, 17. 

Almo, fleines Flüßchen in Latium, bei Bovillä 
entipringend und dicht unterhalb Roms in den 
Tiber fallend, j. Acquataccia. In ihm wuſchen 
die Priefter der Kybele (Galli) jährlich deren Bild: 
ſäule ab, am 12. April (Ov. fast. 4, 327). 

Aloaden oder Aloiden, Aluddaı, Alweidaı, 
die Söhne der Iphimedeia und des Aloeus, 
Akwerg, welcher Sohn des Pojeidon heißt, oder 
des Poſeidon jelbft, mit Namen Otos und 
Ephialtes, Rrog, "Epıeirns. Sie wuchjen alle 
Jahre eine Elle in die Breite und eine Mafter in 
die Länge, jo daß fie im 9. Jahre 9 Ellen in die 
Breite und 9 Klaftern in die Länge maßen. Gie 
bedrohten die Götter im Himmel, indem fie den 
Oſſa auf den DOlympos und auf den Oſſa den 
Belion türmen wollten; und fie Hätten es aus: 

eführt, wenn nicht Apollon fie, bevor fie zu 
ünglingen heranwuchſen, mit feinen Pfeilen ge- 
tötet hätte (Z/om. Od. 11, 306). Den Ares feffelten 
fie und hielten ihn 13 Monate lang in ehernem Ge— 
fühe gefangen. Ihre Stiefmutter Eriboia verriet 
es dem Hermes, und diefer befreite den ſchon ganz 
entfräfteten Ares aus jeinen Feſſeln (Tl. 5, 386). 
So erſcheinen diefe beiden Niejen bei Homer als 
Wejen don übergroßer Kühnheit, die gleich den 
Titanen den olympiichen Göttern feindlich ent: 
egentreten. Als Grund, warum fie den Himmel 
(men wollten, gab man jpäter an, daß jie nad) 

m Befite der Hera und ber Artemis geftrebt 
hätten; auch erzählte man, Artemis ſei auf Naros 
in Geftalt einer Hindin zwiſchen ihnen durch: 
geiprungen, und beide hätten ich, als fie zugleich 
mit ihren Speeren nad) ihr warfen, gegenjeiti 
getötet (Apollod. 1, 7, 4). In der Unterwelt 
waren fie —— von einander mit Schlangen 
an eine Säule gebunden und wurden durch das 
ſtete Geſchrei einer Eule (Jroe) gequält. — Sehr 
verſchieden von der homeriſchen Darſtellung er— 
ſcheinen die Aloaden in den Sagen der boiotiſchen 
Thraker: fie ſollten am Helikon zuerſt den Muſen— 
dienſt eingeſetzt und Wifra, ſowie manche andere 
Städte, gegründet haben. Ihre Gräber zeigte man 
zu Anthedon und auf Naxos, wohin Thraker über— 
geſiedelt waren. Auf Naxos wurden ſie als Heroen 
verehrt. Sie galten hier alſo als kulturverbrei— 
tende Heroden und Kolonienführer der Thraker. 
Wie dieſe Bedeutung mit der homeriſchen zu ver— 
binden, oder die eine aus der andern herzuleiten 
ſei, darüber gibt es ſehr verſchiedene Meinungen, 
ſowie man überhaupt über die urſprüngliche Be— 
deutung der Aloaden noch ſehr im unklaren iſt. 
Eine Deutung, die vielen Beifall gefunden hat, 
jedoch nicht alle Züge der Fabel genügend er— 
klären kann, iſt folgende: Aloeus iſt der Arbeiter 
der Tenne (alon), und ſeine Söhne find die 
Dreſcher, die Männer der Tenne, welche das Ge: 
treide ftoßen und jtampfen (wHEw und lallm). 
Dieje märhenhaften Wejen machte aber die find: 
liche Phantaſie der Mythenzeit zu gewaltigen 
Niefen, Nämpfern und Berftörern, die jelbft den 
Olympos zu zertrümmern gedachten. Wichtiger 
wohl faht man die Wloaden als telluriiche und 
agrariihe Dämonen des Saatlandes (alor), aus 


Almo — Alpes. 


denen Heroen des Landbaues und der daraus ı 
—— höheren Kultur wurden; als Sö 
er nahrungsſproſſenden Erde zu rieſiger Gr 
und Kraft ernährt, erheben fie fich im Über 
menfchlicher Kultur tropig gegen die Götter. 
Alöpe, ’Alörn, 1)j. Hippothoon. — 2) © 
der opuntiichen Lokrer. Thuc. 2, 26. — 3) © 
in Thefjalien. TI. 2, 682. Liv. 42, 56. 
Alopöke, Alonsun, Alomexai, attiſcher Den 
',, Stunde dftl. von Athen, Heimat des Arifte 
und Sofrates. Hat. 5, 63. Aeschin. Ctes. { 
Alpes, al "Alnstıe, r@ "Alneıo, Almeıva, "AA 
don, nur dichteriich oder byzantiniſch n "44 
vielleicht ein keltiſches Wort — ad Verg. 
3, 474: Gallorum lingua alti montes Al 
vocantur), höchſtes Gebirge Europas, welches 
um Oberitalten vom Sinus Lizustieus nord 
in einem großen Bogen herumzieht und de 
öftl. Fortiegungen mit den Gebirgen der gri 
Zen in Verbindung jtehen. Die einzel 
eile, deren Abgrenzungen freilich in der Haı 
ſache auf willfürlichen Beitimmungen der neı 
Geographen beruhen, find: 1) Alpes ma 
timae (4. magattalascıoı, zapalıoı) (Plin 
140 u. d. Tac. ann. 15, 32), j. See: oder & 
riijhe Alpen, vom Appennin bei Savona bis 
den Quellen des Varus auf dem M. Cänia 
Camaion oder Camaleone) und weiter bis zum 
Veſulus (M. Viſo). — 2) die nad) einem lig 
ichen Könige Cottius benannten A. Cott 
oder Cottianae, j. die Eottijchen Alpen, von Ebı 
dunum bis Segufio, oder vom M. Viſo bis ; 
M. Cenis; zu dieſer Kette gehört der hohe 2 
Matröna oder M. Janus (j. M. Genevre). i 
hist. 1, 61. 4, 68. Eutr. 7, 11. — 3) bie 
Graiae (saltus Graius, mons Graius 
Grafische Alpen), vom M. Cenis bis Mugnfta 
toria (j. Aoſta), zu denen das iugum Cremi 
(j. le Eramont) und die A. Ceutronicae (Gru 
des Heinen St. Bernhard?) gehören. Ziv. 21, 
5, 35. Nep. Hann. 3. — 4) die Alpes P: 
ninae oder Poeninae (j. Penniniiche Al 
mit den Lepontiniſchen), fälichlich von Poenus 
eleitet (Liv. 21, 38), mit einem Tempel 
upiter Poeninus oder Penninus auf der höch 
Spite (Gr. St. Bernhard), von dem ſich Rui 
und Inschriften (namentlich Votivtäfelchen aus ( 
erhalten haben, bi$ zum Knoten des St. G 
hard. Diefer jelbft, Adula, wird gerechnet 5 
den A. Raeticeae (j. Rätiſche U.) (Hor. od 
4, 17. Tac. Germ. 1), Quellgebiet vieler li 
bejonders des Rheins. Sie reichen bis zur I 
tigen Ortlesipige. — 6) A. Tridentinae (Tir 
A.) mit den Quellen der Athejis (Erich). — 7) 
Noricae (Rorijche W.) in Noricum, mit den Spi 
Phlygädia (j. Flitih) und Tullum (j. Tergli 
— 8) A. Carnicae (Carniſche W), nach i 
Volke der Earni benannt, mit den Onellen 
Savus. — 9) die von Julius Cäſar gangbar 
machten A. Iuliae oder Venetae Juliſche U. 
Venetia (Tae, hist. 3, 8), an welche jich die Alı 
Pannonicae in Bannonien anjchließen, we 
mit den Karpaten, zuweilen A. Bastarnicae 
nannt, in Verbindung ftehen. Ein füdlicher Zn 
der Bannonischen Alpen find die A. Dalmatic 
mit M. Dera (j. Birnbaumer Wald) und die Al 
Albäni Montes (j. Alben in Dalmatien). ' 
nähere Kenntnis diejes Gebirges bei den Röm 


Alpheios — Alyattes. 


und dann bei den Griechen fällt erft in eine jpätere 
Zeit, wo die Hömer,öfter Gelegenheit hatten, bei 
ihren Zügen nad) Gallien und Hiſpanien und bei 
der Unterjohung der Alpenvölfer dorthin zu kom— 
men. Das Rieſenwerk des eriten Überganges 
über diejes Gebirge jchreibt die Sage dem Hera— 
kles zu. Galliihe Scharen drangen jpäter oft 
hinüber. Hannibal Zug im zweiten puniſchen 
Kriege ift der zweite Übergang, von dem wir ge: 
nauere Kunde haben. Polybios, der ihn bejchreibt 
(3, 39 ff.), jah die Alpen zum Teil fjelbft. Der 
Punkt des Überganges iſt bis in die neueſte Zeit 
ftreitig, je naddem man dem Polybios gefolgt 
ift oder den öfters unklaren Bericht des Lirius 
(21, 31 5.) mit jenem zu vereinigen gejucht hat. 
Nach eriterer, richtigerer Anficht ging Hannibal 
über den Mont Cenis (jo Niffen), nach legterer 
über den M. Genevre, den erſt Pompejus im 
3. 772. E. den Römern erſchloſſen zu haben jcheint. 
Bl. (Eramer und Widham) Hannibals Heerzug 
über die Alpen. A. d. Engl. von Müller (1830). 
Raucenftein, der Zug Hannibals über die Alpen 
(1850). Die Römer haben mehrere Strafen über 
die Alpen geführt; unter den nach Gallien (etwa 
15) führenden galt die über die Eottijchen Alpen und 
den Matrönaberg (M. Genevre) für die fürzefte 
und wurde am häufigiten benutzt. Nach Ger 
manien führten bejonders die Straße über den 
Splügen, nördlich vom Lacus Larius (2. di Como), 
die über den Brenner und eine von Tergejte (Trieft) 
über die Earniichen Alpen. Vgl. die Zuſammen— 
ftellung Pa Niſſen, Italiſche Landestunde I 

. 155 fi. 

Alpheios, 4498105, Alphöus, j. Alfeo, Rufia, 
der größte Fluß des Peloponnes, 16 Mi. lang. 
Sein vielbejtrittener Lauf ift nach den Unter: 
juhungen von Roi und Eurtius, übereinftimmend 
mit Baujanias (5, 7. 8, 44), folgender: Der Alph. 
entipringt bei Phylafe auf dem Barnongebirge 
und ftrömt nördlich bis in die Gegend von Tegen. 
Jetzt wendet er fich hier, im Anfang des vorigen 
Jahrhunderts, wie es heißt, von einem Türken 
abgeleitet, ald Sarandapotamo nach) NO. und 
verihwindet in Katabothren. Früher dagegen 
ſtrömte er nordweitlich, verichtwand beim Boreion- 
gebirge unter der Erde, tauchte bei Aſea wieder 
hervor, dann abermals in Ratabothren hinab und 
fam endlich am jüdlichen Eingange der Ebene von 
Megalopolis bei Begai wieder zum Borichein, bis 
zur Stadt Heraia nach NW., dann nach W. ftrömenbd, 
worauf er bei Olympia vorüber ins Joniſche Meer 
mündet, indem er leid) im allgemeinen Die 
Grenze zwiſchen Zriphplin und Elis bildete. Nach 
Strabon und Pauſanias ftand er in der Gegend 
der zweiten Ratabothren durch einen unterirdijchen 
natürlichen Kanal mit den nur wenig von dort 
entfernten Eurotasquellen in Verbindung. Der 
Alpheios ift die große Wafferader des Peloponnes, 
feine füdfichften Suftüfe (Du. des Karnion) liegen 
laum 3 Meilen vom Meſſeniſchen Meerbujen, die 
nördlichiten Zuflüſſe entipringen nur °%, Meilen 
vom Korinthiichen Meerbujen. Unter den Neben: 
Hüflen find befonders zu merken, links: der Kar: 
nion, Acheloos, Diagon; rechts: Heliſſon, die 
ſchöne, nur einige 1000 Fuß lange Brentheates— 
quelle, Ladon (Rufia, nad ihm jetzt der ganze 
Fluß genannt), Erymanthos (j. Doana) u. Kla— 
deos (bei Olympia). — Das öftere Verſchwinden 


69 


des Fluſſes hat aud der Mythe Stoff gegeben zu 
der Erzählung von der durch ihn verfolgten Nymphe 
Arethuſa. Als Gott ift er nämlich ein Sohn des 
Dfeanos und der Tethys (Hesiod. theog. 338). 
Als Jäger verfolgte er mit jeiner Liebe die gleich: 
falls jagende Quellnymphe Arethuſa. Dieje flieht 
vor ihm auf die Inſel Ortygia im Hafen von 
Syrakus und wird da zur Quelle; Alpheios aber, 
in einen Fluß verwandelt, taucht unter das Meer 
und fließt unter demjelben durch bis nach Or: 
tygia, wo er jid) mit Arethuſa vereinigt. J’aus. 
6, 7, 2; vgl. Or. met. 5, 572—641. Verg. A. 
3, 694. Mosch. id. 7, Eine Variation der Sage jeßt 
au die Stelle der Arethuja die arfadiiche Artemis, 
die von Alpheios entweder bis Letrinoi in Elis, 
wo fie ſich durdy Beftreihen mit Schlamm un: 
fenntlich machte, oder bis Ortygia verfolgt ward. 
An beiden Orten hatte Artemis Alpheiaia einen 
Tempel. 

Alphesiboia, Alpeoißore, 1) nad) Paus. 8, 24,8 
Tochter des Phegeus in Piophis, Gemahlin des 
Alkmaion (ſ. d.), der fie bei erneutem Wahnfinn 
verlieh; nach Apollod. 3, 7, 5 heißt fie Arfinoe, 
Als ihre Brüder den Altmaion, der für feine 
weite Gemahlin Kallivrhot das Halsband und den 

los der Harmoia in Pſophis holte, erichlugen 


= und fie nun ihren Brüdern wegen des Mordes 


des noch immer geliebten Gatten zürnte, ver- 
ichloffen fie diefe in eine Kifte und brachten jie 
nach Tegea zu ihrem Gaftfreund Agapenor, vor: 
ebend, fie habe den Altmaion getötet. Wahr: 
cheinlich fand fie hier den Tod. Nach —— 
1, 15, 15 rächte fie den Mord ihres Gatten durch 
Brudermord. — 2) Mutter des Adonis, j. Adonis. 
— 3) Tochter des Bias und der Pero, Gemahlin 
des Pelias, gewöhnlich Anaribia genannt. Theoer. 


3, 45. 

Alphito ſ. Empusa. 

Alpinus, ein von Horaz (sat. 1, 10, 36) als 
ichwälftig verjpotteter Dichter, vielleicht derſelbe, 
der sat. 2, 5, 41 Furius genannt wird, nad) den 
Scholiaften identisch mit dem Epen- und Jamben: 
dichter M. Furius Bibaculus (j. Furii, 18.). 

Alsium, eine der ältejten etruriichen Städte 
an der Küfte bei Cäre, j. Ruinen bei Palo, nad) 
dem erjten punischen Kriege römijche Kolonie. Ziv. 
27, 38. Cie. ad Att. 13, 56. In der Nähe beſaß 
Bompejus die villa Alsiensis (Cie. Mil. 20, 54. 
ad fam. 9, 6). Frontos Schrift de feriis Al- 
siensibus zeigt, daß es ein VBergnügungsort war. 

Althaia j. Meleagros. 

Althaimönes j. Katreus. 

Altinum, Stadt im Lande der Beneter in Gal- 
lia transpadana, zwiſchen Batapium und Aquileja, 
an der Mündung des Silis ins Adriatiſche Meer, 
das jeßige Dorf Altino, Municipium, blühend 
durch Handel, Hauptftapelplaß zwiſchen Italien 
und den nördlichen Gegenden; viele Billen umher 
gaben der Gegend Ahnlichfeit mit Bajä (Mart. 
4, 25). Die Einwohner der 452 u. E. von Attila 
gänzlich zerftörten Stadt flüchteten nad) den Inſeln 
der Lagunen und gaben dadurd die Beranlaffung 
zur —— von Venedig. 

Altis j. Olympia, 1. 

Aluntium oder Haluntium, Aovvrıor, St. 
auf Sicilien, nahe der Norbfüfte auf fteilem Hügel, 
ji. S. Marco (d'Alunzio). Cie. Verr. 3, 43. 4, 23. 

Alyattes, Alvarıns, Sohn des Sadyattes, 


70 


König von Lydien aus dem Gejchlecht der Merm: 
naden, nad) Herodot 617, wahrjcheinlich aber erft 
610-560 v. E., vertrieb die Kimmerier (j. d.) und 
eroberte faft das ganze weſtliche Kleinaſien. Wie 
er den don feinem Vater begonnenen 12 jährigen 
Kampf gegen Miletos mit einem Bündnis beichloß, 
jo endigte auch der Krieg gegen die aus dem Oſten 
bordringenden Meder unter Nyarares nach Sjähriger 
Daner aus Beranlafjung der Sonnenfiniternis vom 
28. Mai 585 und durch Vermittlung der Fürſten 
von Kilikien und Babylon mit einem Freund: 
ichaftsvertrag, in weldyem der Halys als Grenze 
fejtgejeßt wurde. Unter der langen und glüdlichen 
Negierung des Al. blühte das Neih. Auf dem 
Plateau zwijchen dem Gygaiiſchen See und dem 
Hermos (}. d.), gegenüber von Sardes, wurde ihm 
ein großartiges Grabdenkmal, 6 Stadien im lm: 
fang, errichtet (dt. 1, 93); es ift von den drei 
dort vorhandenen mächtigen, runden Grabhügeln 
der gewaltigite, etwa 230 Fuß hoch. Hat. 1, 25. 
73f. Strab. 13, 627. 

Alyzin, Aokle, Stadt in Mfarnanien, j. .. 
nen bei Kandila, 15 Stadien von der Hüfte. Xen. 
Hell. 5, 4, 65. Der Tempel des Herafles enthielt 
die Darftellung der Kämpfe des Gottes don der 
Hand des Lyſippos, die die Römer nadı Nom ent- 
führten. Cic. ad fam. 16, 2. 

Amalthen, "Aualtsıa (von ungewiſſer Abſtam⸗ 
mung: auatevsın ernähren, «ueiysı melfen, 
jangen, aualdexrog u. |. w.), 1) Name der Ziege, 
welche den Fretiichen Zeus nährte und zum Bohne 
dafiir unter die Sterne verjegt ward (f. Zeus, 5.). 
Als fie einft an einem Baume fich ein Horn ab: 
brach, nahm es eine Nymphe auf, ummand es mit 
grünenden Kräutern, füllte es mit Früchten und 
gab es dem Zeus; der ichentte e$ den Nymphen, 
jeinen Pflegerinnen, und verhieß ihnen, daß, was 
fie wünjchen möchten, ihnen aus dem Horn empor: 
quellen werde. Or. fast. 5, 111 ff. Es ift das 
Horn des Uberfluffes, cornu copiae, bon der: 
jelben Bedeutung wie das Horn des Acheloos (j. 
d.), ein Symbol der Fruchtbarkeit, der Fülle und 
des Überfluffes, welchen Gärten, Weinberge und 
bebaute Fluren den Menſchen bringen. Amaltheia 
galt auch für eine Numphe, Tochter des Meliſſeus 
(des Dfeanos, Helios, des Königs Haimonios, 
Dlenos), deffen Töchter den Zeus genährt, und 
war im Befik des erwähnten Hornes. Sie jchentte 
es dem Acheloos, der jein eigenes Born gegen 
dasjelbe von Herafles wieder eintanjchte; Herakles 
aber ſchenlte es den Najaden oder den Heiperiden, 
die es mit Früchten und Blumen füllten und 
weihten. Or. met. 9, 87. — 2) eine Sibylle, nad 
Lactantius (1, 6) mit der eumäiſchen identisch, nach 
Tibull (2, 5, 67) von derjelben verſchieden. 

Amalthöum ‚ Aualteior, auch Amalthen, 
Aneidsıe, ein von jeinem Beſitzer Attieus durch 
Platanen-Anpflanzungen verjchönertes Landgut am 
Fl. Thyamis in Epeiros, das befonders im Som- 
mer einen reizenden Aufenthalt darbot. Seinen 
Namen hatte es, weil es wahricheinlich urſprüng— 
lich ein altes Heiligtum der Nymphe Amalthea 
(i. d.) war, welches Atticus durch einige auf den 
Mythos der Amalthea bezügliche Neliefs verſchö— 
nern Tief. Cie. legg. 2, 3, T. ad Att. 1, 13, 1. 
16, 15. 18. 2, 20, 2. Darnac bildete Cicero eine 
ähnliche Stiftung auf feinem Arpinum (dai. 1, 16, 
18. 2, 1, 11). 


Alyzia — Amarynthos. 


Amänicae pylae, Auarınal muleı. Das Thal 
am obern Ende des Iſſiſchen Meerbufens (j. Mb. 
von Iſtanderun) wird rings von Gebirgsfetten 
eingeſchloſſen, die’ den Geſamtnamen Amänus, 
Auavös, führten; der Paß in der weftlichen Kette, 
weftlich von Sfos, durch den Alegander von der 
großen kilikiſchen Ebene in das Thal gelangte, 
heißt daher auch Pylae Amanicae (Auavideg av- 
ka); die Öftliche, am Oſtrande des Buſens gerade 
nach S. laufende Kette hat mehrere Päſſe: 1) den 
nördlichiten, aus der Ebene über Iſſos öftlich nach 
Oberſyrien, gewöhnlich gleichfalls Y. A. genannt; 
durch diejen fam das perfische Heer in den Rüden 
der Mafedonier; 2) den mittleren, am Meerbujen 
jelbft, wo das Gebirge dicht and Meer tritt, am 
Fluſſe Kerſos zwiſchen Iſſos und dem fpäteren 
Alexandreia, gewöhnlich P. Syriae (genauer bei 
Xen. An. 1,4 nvlaı rüg Kılındac nal Evolac, 
ji. Paß von "Bailan) genannt, befeftigt als Grenze 
beider Länder, in änferft jchmalen Windungen 
fich fortichlängelnd und bisweilen unwegſam; auf 
diefem Js wahrjcheinlich der jüngere Kyros auf 
jeinem Mariche von Myriandos (j. Xen. a. a. D.); 
3) den jüdlichen, über den fjüdlichiten Teil des 
Amanos gegen &. zum Orontesthal führenden, 
gewöhnlich nur P. Syriae genannt. Durch die bei: 
den legteren war Alexander ſchon gegen Süden 

— — als das perſiſche Heer durch den 

nördlichen Paß ihm in den Rücken kam; er mußte 

daher durch dieſelben wieder zurück bis Iſſos, ſo 
daß er in der Schlacht ſüdlich (Front gegen Nor— 
den), Dareios nördlich (Front gegen Süden) ſtand. 
Vgl. Mübell zu Curt. 3, 20, 13. 

Amantia, Stadt im griech. Syrien (Caes. b. c. 
8, 10. 12), j. ‚Ruinen von Avoftina. 

Amänns, Aunvös, ein Zweig des kilikiſchen 
(Strab. 11, 536) Tauros, j. Almadagh, hoch und 
fteil, im Aitertume von räuberiichen Völkern be: 
wohnt, die dem Cicero als Statthalter Kilikiens 
Veranlafjung gaben, fie mit Krieg zu fberzichen, 
wodurch er Ti den Titel imperator erwarb. Cie. 
ad fam, 2, 10. 8, 8. 15, 4. ad Att. 5, 20. 
Durch denjelben führten mehrere Bäfle, ſ. Ama- 
nicae pylae. 

Amaräens, audoaxoe, eine jchöne und ftark 
duftende, vielfach zu Kränzen gebrauchte Blume, 
die man bejonders jchäßte, wenn fie von Kypros 
fam. Vera. A. 1,693. Plin. 21, 11, 983. Catull. 
61, 6. Auch wurde ein daraus geprefites DI, 
oleum oder unguentum amaracinum, als feiner 
Wohlgeruch ehr RA 

Amardi oder Mardi Aucodor. Meodoı, friege: 
rijches Volt in Medien in der Nähe des gleich: 
namigen Flufjes (jet Kiſil-Uzen) und des Kaſpi— 
fchen Meeres. Arr. 3, 24, 1.4.4, 6, 6. 18, 2, 
Herodot (1, 125) nennt "fie einen perfiichen Stamm. 

Amarynkens, Auaooynevs, Sohn des Oneſi⸗ 
machos oder des Alektor, König der Epeier in 
Elis. Augeias machte ihn zu jeinem Mitregenten, 
weil er ihm im Kampfe gegen Herakles beiftand. 
Sein Sohn Diores führte Epeier in 10 Schiffen 
gegen ion und fiel von der Hand des Thrafers 
Peiroos. TI. 2, 622. 4, 518. An den Wettjpielen 
bei jeiner Leichenfeier nahm Neftor teil (ZI. 23, 630). 

Amarynthos, Audovriog, Fleden, 7 Stadien 
von Eretria auf Euboia, mit einem Artemistempel, 
wohin an dem Nahresfefte der Göttin ſich ein 
glängender Feſtzug bewegte, und in dem Exem— 


Amaseia — Amazonen. 


plare aller wichtigen öffentlichen Urkunden aufgeftellt 
wurden. Strab. 10,448. Liv. 35, 38. Paus. 1,31, 5. 

Amaseia, Aucssız, j. Amafija, ſtark befeftigte 
Stadt in Pontos, an beiden Ufern des ris, Re— 
ſidenz der pontiichen Könige, befannt als Geburts: 
ort des Geographen Strabon. Strab. 12, 561. 

Amasenus, j. Amaſeno, Fluß in Yatium, von 
den Bolfkerbergen fommend, jtrömt bei Brivernum 
vorbei in den Ufens und ergieft fich mit dieſem 
durch die pontinifchen Sümpfe ins Meer. Very. 
A. T, 685. s 

Amäsis, "Auaors, König von Agypten (ah: 
mes 11.) 570—526 v. E., ein Mann von niederer 
Herkunft, aber jchlau und ehrgeizig, benüßte den 
nach dem unglüdlichen Zuge gegen Kiyrene ent: 
ftandenen Aufitand, welchen er däntpfen follte, zur 
eigenen Broflamierung als König, jchlug den Apries 
(4. d.) und Defien griedhiiche Söldner bei Momemphis 
und lieferte ihn dann dem erbitterten Volke aus, 
das ihm erwürgte. Aber faum auf den Thron ge: 
fommen, kehrte er zu dem verhaften Syſtem feiner 
Borgänger , der Bevorzugung der Fremden, zurüd; 
„ia er machte das alte Agupten zu einem ägyptiſch— 
griechiihen Staat“. Er nahm die griechifchen Sold: 
truppen zu feiner Zeibwache, geitattete den griechi- 
ihen Kaufleuten eine Niederlaffung zu Naufratis 
(1. d.) mit eigener Gerichtsbarkeit und mit Tem: 
peln ihrer Götter und heiratete jelbft neben zwei 
Manpterinnen auch zwei griechiiche Frauen. Da: 
neben ipendete er allerdings auch den äghptiichen 
Prieftern reiche Gaben und ordnete viele Tempel: 
bauten an (Hdt. 2, 172 f.). Das Land — 
unter ſeiner weiſen Regierung zu hoher Blüte in 
Handel und Verkehr, Ackerbau und Gewerbe. Da— 
gegen in der äußern Politik, gegenüber dem mäch— 
tigen Aufſtreben der griechiſchen Macht, verſäumte 
Am. eine wirkſame Unterſtützung von Lydien und 
Babylon, wenn er auch Kypros bejebte und mit 
Polyfrates von Samos ſich verbündete. Als Amaſis 
ftarb (Ende 526), hatte Kambyſes jeine umfichtigen 
Vorbereitungen zu dem Zug gegen Agppten ſchon 
getroffen. Hat. 3, 1 ff. 

Amastris, auch Amestris oder Amastrine, 
Auasroıg, 1) Tochter des Perjers Orpathres (Strab. 
12, 544), Bruders des Dareios Kodomannos, und 
Gemahlin des Krateros (Arr. 7, 4). Diejer gab 
fie jpäter dem Tyrannen Dionyſios von Herakleia 
zur Ehe, mad) defien Tode aber heiratete fie den 
Lyſimachos von Thrafien. Als diefer ſich von ihr 
trennte, herrſchte fie mit Weisheit über das von 
ihrem zweiten Gemahl ererbte Herakleia, bis fie 
2835 dv. E. durch ihre eigenen Söhne ermordet 
wurde. — 2) Nach ihr hich die, bei Homter (Il. 
2,855) Sejamos genannte, große, auf einer Yand- 
zunge in Baphlagonien geichmadvoll gebaute Stadt, 
die fie nad ihrer Trennung von Lyſimachos zu 
ihrer Reſidenz erwählte, erweitern ließ und mit 
den Bewohnern einiger Nachbarftädte bevölterte; 
I. Amasra. In ihrem Gebiete, namentlich um 
Kytoron, wuchs vieler und guter Buchsbaum 
(Catull. 4, 11ff.). Plin. ep. 10, 99. Mela 1, 19. 
Strab. 12, 543. 

Amäta, Gemahlin des Latinus und Mutter der 
Lavinia, hatte ihrem Neffen Turnus ihre Tochter 
zur Ehe veriprochen und trat deshalb feindlich 
Ex Aineias auf, welchem fie Krieg zu erregen 

. AS fie hörte, daß Turnus gefallen jei, 
tötete fie ſich ſelbſt. Verg. A. 12, 600. In der 


71 


pontifikalen Sprache der Nömer bedeutet der Name 
eine Beftalin. Gell. 1, 12, 19. 

Amäthüs (-uutis), Auadoos, jehr alte Stadt 
auf der Südküfte von Kypros, einer der 9 Haupt: 
orte der Inſel mit einem berühmten Tempel der 
Aphrodite, die hier neben Adonis verehrt wurde; 
j. Baläo-Limifja. Hdt. 6, 104. 108. Ov. am. 3, 
15, 15. Die Nähe der Stadt war reich an Metall: 
gruben, bejonders Kupfer (Op. met. 10, 220. 531). 

Amnzonen, Auaforsc, ein mythiſches kriege— 
risches Frauenvolk, das jeinen Hauptfi am Fluß 
Thermodon in Kappadotien in der Stadt Themi- 
jfyra hatte. Von da jollen fie nach Skythien ans 
Ufer des Maiotischen Sees und au den Tanais 
etommen jein. Hdt.4, 110 ff. Nach einer andern 

ge zogen fie vom Maiotiichen See nad) dem 
Thermodon. Sie litten feine Männer bei ſich im 
Lande, ftanden aber mit ihren Nachbarn, den 
Gargareern am Fuße des Kaulaſos, zur Fort: 
pflanzung ihres Ge⸗ 
ſchlechts in Verbin: 
dung. Die Knaben 
töteten fie oder 
fandten ſie ihren 
Vätern, die Mäd— 
chen aber behielten 
fie bei fich und Ichr: 
ten fie die Kunſt des 
Krieges. Strab. 11, 
508 ff. Sie bramn: 
ten ihmen die rechte 
Bruft ab, weil ihnen 
dieje im Kriege hin: 
derlich war; jo er: 
Härt eine jpäte Sage 
fälfchlich den Namen 
Amazonen (von «@ 
priv. u. uafoc). Die 
Amazonen machten 
weite Striegszüge, 
von Sktythien aus 
bis nad Thratien, 
vom Thermodon aus 
bis nad) Syrien und 
in die vorderen Teile 
Kleinafiens. Als fie in Lykien den König Jobates 
angriffen, vernichtete Bellerophontes ihr Heer (17. 
6, a In Phrygien kämpfte der junge Priamos 
gegen fie (47.3, 189), jpäter aber zogen fie ihm gegen 
die Griechen zu Hülfe, mit denen fie öfter in Kampf 
erieten. Selbit bis Athen jollen fie gefommen 
ein, um Theſeus zu befriegen, der am Thermodon 
egen fie gefämpft und ihre Königin Antiope (oder 
dippolyte entführt hatte. — Manche neuere Foricher 
fafjen die Amazonen als rein mythiſches Volt auf, 
andere nehmen eine hiftorijche Grundlage an und 
finden den Anfangspunft, woraus die Sage von 
den Amazonen und ihrer Verbreitung entitanden 
fei, in der bei vielen alten Völkern üblichen Weiber: 
herrichaft und dem Weiberadel, der bejonders darin 
bejtand, daß der Adel ſich durch die Mutter, nicht 
durch den Vater, fortpflanzte. Wo jich jolche Ver: 
hältnifje fanden, wie bei Böltern in jenen ben 
Amazonen zugejchriebenen Sitzen Skythiens bis zum 
Thermodon, in Lykien u. a. D., da jollten die 
Amazonen gewohnt, oder dahin jollten fie Züge 
gemacht — Da ferner ihr Hauptkultus außer 
dem des Ares der der Artemis Tauropolos geweſen 





12 


jein joll, jo jchrieb man ihnen and) die Gründung 
mancher Städte im Kleinaſien zu, wo Artemis: 
dienft war, wie zu Ephejos, weshalb auc neuere 
Forjcher fie für Tempeldienerinnen der Artemis 
und Mondpriefterinnen erflärten. Die Sagen von 
ihren Kämpfen mit den Griechen, bejonders mit 
Herafles (j. d.) und Thejeus, den Nepräjentanten 
der Verbreitung griechiicher Kultur, jcheinen in 
dem feindlichen Zufammentreffen der griechiichen 
Kolonien am Pontos Eureinos mit den dortigen 
barbarijchen Völkern ihren Grund zu haben. — Die 
Amazonen wurden häufig von der Kunft dargeftellt 
(Statuen von Pheidias, Polyfleitos, Krejilas ſ. 
Bildhauer, 6.), und zwar als ftarfe Kriege: 
rinnen, meift zu Roß, bewaffnet mit Streitart, 
Speer, halbmondförmigem Schilde, Bogen und 
Köcher, Kriegsgürtel um die Hüften und Schwert 
an einem über die Bruft gehenden Wehrgehänge. 

Ambaeti, entweder ein germanisches Wort, got. 
andbaht, ahd. ambaht, mbd. ambet, ammet, der 
Bajall, Diener, was bei Caes. b. 4. 3, 22 aud) 
unter soldurii gemeint zu fein jcheint, oder ein 
feltijches (Fest.: ambactus apud Ennium lingyua 
Gallica servus appellatur), von ambi = um und 
aig = agere, aljo eircumactus, d. h. Begleiter, 
Diener. Sie waren Klienten eines edeln und 
mächtigen Batrons aus freier Entichliefung und 
folgten als jeine Mannen ihm in den Krieg, wo 
fie auch in der äußerjten Gefahr ihm nicht ver: 
lafien durften (Caes. b. q. 6, 15. 7, 40). Aus dem 
Begriffe eines Dieners ift die Bedeutung des 
Dienftes entftanden, welche in dem jegigen „Amt 
allein geblieben ift. 

Ambarri, d. h. die zu beiden Seiten des Arar 
Wohnenden, galliiches Volt am Arar, weſtlich von 
den Allobrogern, füdlich von den ftammderwandten 
Aduern und Klienten derjelben; Hauptftadt Lug— 
dunum (j. d.). Caes. db. g. 1, 11.14. 

Ambarvälis hostia und ambarväle sacrifl- 
cium, Opfertier und Opfer, das die röm. Land— 
leute im —— gewöhnlich an einem Tage des 
Mai, der Ceres, dem Mars und andern ländlichen 
Gottheiten, unter Gebeten um Gedeihen der Feld— 
früchte darbrachten. Das Opfertier ward vor dem 
Opfer von, einer fröhlichen Schar von Landleuten 
um die Äcker herumgeführt, woher der Name. 
Verg. E. 5, 75. @.1,338. Tibull. 2, 1, 1. Bol. 
Arvales fratres. 

Ambiäni, erfennbar in dem jebigen Namen 
ihrer Hauptftadtt Samarobriva: Amiens, ein 
belgiiches Küftenvolf, das gegen Cäſar 10 000 M. 
aufitellte, aber fich dod,) bald unterwerfen mußte. 
Caes. b. g. 2, 4. 16. 5, 24 u. ö. 

Ambibarfi, ein zu den civitates Aremoricae 
gehörendes Volk in der heutigen Normandie (Caes. 
b. g. 7, 75), vielleicht identijch mit den Ambiliati, 

Ambilaröti, richtiger nach den Hanbdichriften 
Ambivareti (Caes. b. g. 7, 90), wahrjcheinlich die- 
jelben, welche 7, 75 Ambluareti und Klienten der 
NAduer genannt werden; vielleicht identijch mit den 
Ambarri, 

Ambiliäti, fleines keltiſches Volt in Gallien, 
wahrjcheinlich an der Somme (Samara), vielleicht 
= Ambibarli (Caes. b. q. 3, 9). 

Ambidrix,, ein Häuptling der Eburonen, einer 
nalliichen Bölkerichaft in Belgien. Cäjar befreite 
jie vom Tribute, welchen fie den Aduatufern zah: 
len mußten. Im J. 54 v. E. brach auf Anftiften 


Ambacti — Ambitus, 


des Ambiorir und Gatuvolcus ein Aufftand der 
Eburonen gegen die in ihrem Lande unter den 
Legaten DO. Titurius Sabinus und L. Aurunculejus 
Eotta liegenden Römer aus, durch den dieſe bei- 
nahe gänzlich vernichtet wurden. Auch andere 
galliiche Völferichaften wurden durch Ambiorir auf: 
gewiegelt, bejonders die friegerifchen Nervier. Cäſar 
aber, der ſich nad Italien begeben wollte, eilte 
rajch herbei und befiegte die Gallier. Des Ambiorixr 
indes fonnte er fich nicht bemächtigen und nichts 
weiter erreichen, als dah er das Gebiet der Ebu— 
ronen zur gi für das Benchmen des Ambiorix 
fo furchtbar verheerte, daß diejer im eigenen Lande 
ſich nicht mehr für ficher hielt. Caes. b. g. 5, 
21—52. 6, 5. 8, 245. Er joll jpäter über den 
Rhein gegangen jein und dort eine Zuflucht ge— 
funden haben. Flor. 3, 10, 8. 

Ambitus, die Bewerbung um ein öffentliches 
Amt. jo genannt von der alten Sitte der Kandidaten, 
auf dem Forum oder dem Marsfelde herumzugehen 
und die Bürger um ihre Stimme zu bitten. Varr. 
1.1.5, 28. Als Armut und Sitteneinfalt herrichten, 
gab es noch feine Mißbräuche, welche erſt mit der 
wachjenden Herrichjucht der Vornehmen und der 
Nihtswürdigkeit der Plebs auffamen. Seitdem 
hieß ambitus aud die verpönte Amtsbewerbung, 
namentlich Beitechung, welche die Kandidaten mit 
Hülfe von divisores, interpretes und sequestri 
auf das ſchamloſeſte bewirkten; j. auch Sodali- 
tium. Die erlaubten Bewerbungsarten erfennen 
wir am bejten aus der Schrift des Quintus Cicero 
commentariolum petitionis, der die Gewinnung 
von Freunden (c. 5—10) und die Erwerbung der 
popularia voluntas (ce. 11—13) beipricht, die un: 
erlaubten aus zahllojen Erwähnungen bei Cicero, 
Plutarch u. a. Die erften Gejege gegen dieje Miß— 
bräuche nennt Livius (4, 25. 7, 15. can. 1, 
177 ff.; die lex Poetelia 358 v. E.), allein 
dieje bezogen fich nur auf unbedeutende Außer: 
lichfeiten. Wichtiger war das Edift des Diktator 
E. Mänius gegen die Klubs und Vereine 314 v. C. 
(Liv. 9, 26: coitiones honorum adipiscendorum 
causa), aber gegen Beſtechung wurde erft i81 v. €. 
die ihrem ſpeziellen rar nach nicht weiter be: 
faunte lex Cornelia Baebia gegeben (Liv. 
40, 19), welcher 166 v. E. die lex Cornelia 
Fulvia mit Androhung des Exils gegen die 
Schuldigen folgte (Liv. ep. 47). Nach diejer Zeit 
wurde ein jtändiges Kriminalgericht (quaestio per- 
petua) für bie x ambitus angeftrengten Bro: 
zeſſe eingerichtet. E. Marius gab als Volfstribun 
die lex Maria 119 v. E., infolge deren die 
pontes enger gemacht wurden, damit bei der Ab: 
ftimmung Beitechungsverjuche verhindert würden 
(Cie, legg. 4, 17. Plut. Mar. 4); aber troßdem 
nahmen die Bejtechungen immer zu, und auch die 
lex Fabia de numero sectatorum (Cie. Mur. 34. 
Rabir. 3) jcheint ohne Erfolg geblieben zu jein. 
Das Bedürfnis veranlafte 67 v. C. die lex 
Acilia Calpurnia, welde die Schuldigen nebft 
Ausſtoßung aus dem Senate mit Gelditrafe be: 
drohte und von jeder jpäteren Bewerbung um ein 
Amt ausſchloß. Mehrere jchärfende SCC. erſchie— 
nen darauf, und das lehte (zchnjährige Verban- 
nung) lieh Cicero als Konſul zu einem Geſetz er- 
heben, die lex Tullia, 68 v. €. (Cie. Mur. 23). 
Die Strafe beftand nun in zehnjähriger Berban- 
nung. Die lex Aufidia, welche eine härtere 


Ambivariti — Ambubaiae. 


Geldftrafe anordnete, drang micht durch, und die 
lex Lieinia war nur genen die sodalitia ge 
richtet ‘j. d. A.). Die lex Pompeia 52 v. €. 
gab härtere prozeffualiihe Beltimmungen (Cie. 
Brut. 95) und dehnte das Eril auf die Lebens: 
dauer aus. Aber der Krebsichaden war unheilbar, 
die Geſetzgeber jelbjt richteten ſich nicht mach ihren 
Verfügungen, ut vel caclum ruere, modo 
magistratum adipiscantur, exoptent 
(Varro b. Non.). Unter jolchen Umftänden war 
die Monarchie wünjchenswert, denn da konnte der 
Ambitus wicht jo jchamlos walten. Darum machte 
Octavian in der lex Iulia (18 v. C. und 10 J. 
fpäter ergänzt und vermehrt) milde Beftimmungen 
(Dio Cass. 54, 16) und verordnete, daß alle Be: 
werber zum Pfand, daß fie fich aller Beitechungen 
enthalten wollten, eine bejtimmte Geldjumme de: 
ponierten (Dio Cass. 55,5). Nur die Anwendung 
—— Mittel bedrohte er mit Verbannung. 

15 Ziberius im erften Jahre feiner Regierung die 
Wahlcomitien aufhob und auf den Senat übertrug 
(Taec. ann 1, 15), hörte der Ambitus im alten 
Sinne auf, doch wurden nun diejelben Kunſtgriffe 
und Mittel in der Curie angewandt, wie früher 
vor den Bolfsverjammlungen, jo daß Trajan ge 
jegliche Mafregeln gegen das Unweſen ergreifen 
mußte. Plin. ep. 6, 19. Als aber der Einfluß 
des Senats immer geringer wurde und die hoben 
Beamten oder Günftlinge des Kaiſers durch ihre 
Verwendung bei demjelben am meiften vermochten, 
bejtah man diefe, und ambitus hieß nun das 
Erfaufen von Amtern durch Beſtechung der kaiſer— 
lichen Freunde und Kreaturen. Bol. Rein, Röm. 
Kriminalreht S. 701. Rinfes, de crimine am- 
bitus (1854), 

Ambivariti, belgiſches Bolt in Gallien am linken 
Ufer der Mofa (Maas). Caes. b. q. 4, 9 

Ambivius, 1) 2. Amb. Turpio, zeichnete fich 
zur Zeit des Terentius in Rom als Theaterdiref: 
tor (dominus gregis) und Schauspieler aus. Ge- 
rühmt wird jein lebendiger und ergreifender Bor: 
trag; man verglich ihn mit Aſopus und Nofcius. 
Cie. Cat. m. 14. Teac. dial. 20. — 2) M. Amb,, 
Schriftfteller über Bad: und Kochkunft in der 
fullaniichen Zeit. Colum. 12, 4, 2. 

Ambrakia, Außoaxie, Aumpaxic, j. Urta, be: 
deutende Stadt in der epeirotiichen Landichaft 
Theiprotis unweit des Arachthos und 80 Stadien 
nördlih don der Küfte des nach ihr genannten 
sinus Ambraecius (j. Buſen von Arta), Kolonie der 
Korinther um 660 v. C., jpäter im Bunde mit 
Athen, unter Philipp mit einer makedoniſchen Be: 
ſatzung belegt, unter Pyrrhos zur Reſidenz der 
epeirotijchen Könige erhoben, 189 von den Römern 
erobert und geplündert, mit herrlidem Minerven- 
tempel und mehreren Kaftellen: Ambrafas, Kra— 
neia und der Alropolis auf dem Berge. IIspo«v- 
ns. Thuc. 2, 80. 3, 113. Liv. 38, 4. 9. Plut. 
Pyrrh. 6. Arist. polit. 5, 3. 4. 

Ambrönes, "Außowrss, ein Bolf keltiſchen Stam- 
mes, welches mit den Cimbern und Tentonen ge- 
gen die Römer zu Felde z0g und mit jenen von 
Marins geichlagen wurde; jeine Wohnfise find nicht 
ficher ermittelt. Plut. Mar. 19. Strab. 4, 183. 

Ambrosia, außoosi«, aus & -u-Boorös, sc. 
!dodn. oder gleich adavasız, 1) Speife der Un: 
fterblichkeit, Speife der Götter, während Nektar, 
vierte, angeblich von #7 = re und xran = xreivo 


75 


oder #rje abgeleitet, den Göttertrank bedentet. Beide 
erhalten den Göttern die Unsterblichkeit und ewige 
Jugend und erzeugen das Götterblut dywo. Il. 5, 
340. Doc, darf man nicht mit Nägelsbad) be: 
haupten, daß ihr Genuß den Göttern eigentlich 
die Unfterblichkeit erzeuge. Dieje ift jo die Grund: 
lage des göttlichen Wejens, daß ohne fie der Gott 
gar nicht gedacht werden kann. Wach der ältejten 
Anfchauung der Griechen übrigens haben die Göt— 
ter nur einen Göttertranf, nicht auch Götteripeije, 
genoflen, und diejer ift der jühe Nektar. Auch in 
den homeriichen Gedichten herricht die Vorſtellung 
noch. In der Alias trinken die Götter Nektar 
(Tl. 1,584, 598.4, 3). Umbrofia dagegen tft Salböl 
der Götter (Il. 16, 670. 680), wofür 23, 186 
außoöcıor FAxıor und Od. 18, 192 xallog an- 
Boocıor gebraucht ift. TI. 14, 170. Od. 4, 445. 
Dder Ambrofia ift ein Futter für göttliche Roſſe, 
das als ein Kraut zu denken ift (11. 5, 369. 777, 
13, 35). In der Odyſſee wird Nektar als Götter: 
tranf gar nicht erwähnt, dagegen bringen Tauben 
dem Zeus Ambrofia (Od. 12, 6%), wo Ambrofia, 
im allgemeinen als göttliche Nahrung gedacht, 
aud den Nektar bezeichnen fanı. Denn Meltar 
ift bei Homer das ſpezielle Wort für Göttertranf, 
und wo Ambrojia und Nektar zuſammen genannt 
werden, da ift Ambrofia als ein Wort von all: 
gemeinerer Bedeutung neben der jpeziellen Benen— 
nung geſetzt, um den Begriff vollitändig zu er: 
ichöpfen. 1.19, 38. 347. 352. Dieje formelhafte 
Verbindung von Nektar und Ambrofia gab dann 
Beranlaffung zur Unterjcheidung des Göttertrants 
und der Götterſpeiſe, eine Vorftellung, die einmal 
in einer jüngeren Partie der Odyſſee (5, 93) und 
gewöhnlich bei den nachhomeriichen Dichtern vor: 
fommt, obgleich hier und da noch nach der älte: 
ren —— nur ein Göttertrank angenommen 
wird, ber bald Nektar bald Ambroſia heißt. Sapph. 
fr. 51 B. Alcman. fr. 97 B. Athen. 2, p. 39 a, 
Die xojvaı außopöcıcı, die Quellen der Ambrofia, 
des himmlischen Göttertranks, entipringen nad 
Euripides (Hippol. 742) im fernen Weiten (wo 
auch nad Homer Od. 12, 62 die Tauben dem 
Zeus die Ambrofia holen) in den Hejperidengärten 
der Götter in der Nähe des Atlas bei dem Schlaf: 
gemache des Zeus. Mit dem Namen der Götter: 
nahrung benannte man auch leibliche irdifche Speife 
und irdiichen Tranf. Blumen mit! lieblichem Dufte 
führten den Namen Ambrofia, wie in Korinth die 
Lilie. Vgl. Roicher, Nektar und Ambrofia (1883). 
— 2) eine der Hyaden, der Töchter des Atlas und 
der PBleione, welche zu Dodona die Ammen des 
Dionyjos gewejen jein jollten. Sie ift als baf- 
chifche Nymphe im Thiajos des Dionnios. 

Ambrysos, "Außevoos, Außevosos, "Außomoos, 
j. Diftomo, Stadt in Phokis in einer fruchtbaren 
Bergebene öſtlich vom Kirphisgebirge, ward von 
den Thebanern im Kriege gegen Philipp mit dop- 
pelter Mauer befeitigt. Da, wo fidh auf dem Wege 
von Panopeus nad Delphoi die Strafe nad Am— 
bryſos abzweigt, war die ayısch*ödös, audhTrero- 
dos oder rosig »Elevdor genannt, auf welcher 
Didipus feinen Vater Laios erſchlug. Paus. 10, 
5, 8. Soph. Oed. T. 733 ff. 

Ambubälae, ein aus dem Syriſchen ſtammendes 
Wort, eigtl. Pfeiferinnen, Flötenipielerinmen, nad) 
Hor. sat. 1,2, ı eine zünftige Genoſſenſchaft von 
eollegia bildend (mit eigenen Privilegien unter 


74 


polizeilicher Aufficht ?), Tiefen fich bandenweife nach 
Italien einfchiffen, wo fie dann bei Feftlichkeiten 
aufipielten, mit Flöten, Pſaltern, Tamburins 
mujizierten, Dazu tanzten, in den Wirtshäufern 
aufwarteten, ım übrigen aber auch wegen feilen 
Gewerbes übel berüchtigt waren. Juv. 3, 66. 

Ambulatio bedeutet zunächſt wie unjer Spa: 
ziergang jowohl das Spazierengehen, als auch 
den Ort, wo man jpazieren geht, wie cenatio, das 
Ehzimmer. Bei dem Militär hieß ambulatio der 
Ubungsmarſch des Fußvolks nad) dem Takt, in 
Reihe und Glied, in abgemejjenem Schritt (plenus 
gradus) und im Gejchwindichritt; vgl. Decursio 
und Exereitia armorum, 

AmburbYum, auch amburbiale sacrificium 
(vgl. Ambarvalis hostia), ein jährlich oder 
nad) bejonderem Senatsbejchluffe infolge eines die 
Stadt bedrohenden Unglüds gehaltener religiöfer 
Umgang, bisweilen auch bei frohen Beranlafjungen 
als Dankfeſt, wie bei der Befreiung Noms von 
der furchterregenden Nähe Hannibals. Man führte 
die Opfertiere durdy die Straßen und um die 
Mauern der Stadt. Serv. in Verg. E. 3, 77. 
Lucan. 1, 592 ff. Sil. 12, 752. 

Ameipsias, Ausswiac, Komiker und Zeitgenoffe 
des Wriftophanes, über den er zweimal (424 und 
417 vd. E.) jiegte; von diefem wohl mit Recht unter 
die niedrigen Poſſenmacher gezählt. Borhanden 
find noch wenige Überrefte von 6 Stüden (Amo- 
norraßitorreg, Kövvog u. ſ. w.) Meinefe, hist. erit. 
p. 199. Com. Graee. fragm. Bd. II p. 701 (8b. I 
p. 402 ff. d. Hein. Ausg.). Kock, com, Att. fragm. 
I p. 670 ff. 

Ameria oder -um, anjchnliches Municipium 
im Umbrien, j. Aınelia, Baterjtadt des von Cicero 
verteidigten S. Roſeius. Südlicdy davon jenjeits des 
Tiber lag das Amerinum castrum od. castellum. 

Amethystos, ausdvoros, angeblich jo benannt 
von feiner den Weindunft anziehenden, vom Naujche 
befreienden Eigenjchaft (« priv. und usdvo, Plin. 
37, 9,40), ein Edeljtein von violettblauer Farbe und 
vielfach zu den vertieft gejchnittenen Gemmen (Ju: 
taglios) gebraucht. Nach der Farbe hießen ame- 
thystina od. vestes amethystinae ind Purpurne 
jpielende Kleider (Mart. 1, 97, 7. Juv. 7, 136), 
die zu den pradhtvolliten und koftbarjten gehörten. 
— Nadı der vermeintlichen Wirkung bie bei den 
Griechen eine milde, wenig beraujchende Trauben: 
art amethystus, bei den Römern inerticula (Plin. 
14, 2, 4. Colum. 3, 2, 24), und «ufdvor« pap- 
non Fünftliche Mittel, um der Trunfenheit vor: 
zubeugen oder fie zu vertreiben. 

Amiens. Wenn das foedus und die societas 
ein ftaatsrechtliche® Band waren, fo bezeichnete 
amicus nur ein moralijches Verhältnis, und wurde 
diefer Titel amicus populi Komanı als Aus— 
zeihnung und Ehre jowohl Einzelnen (in Ber: 
bindung mit rex) als auch ganzen Völlerſchaften 
zuerkannt, um fie an Rom zu feſſeln. Ebenjo 
fommt fratres und consanguinei vor. — Die ver: 
trauten Berater der Kaiſer hießen ebenfalls amici, 
auch bisweilen familiares (Suet. Tib. 55). Es 
war dies nicht ein rein perjönliches Verhältnis 
zu dem jedesmaligen Fürften, ſondern gewiſſer— 
maßen eine offizielle Ehre, die ſelbſt von nach— 
folgenden Kaijern aufrecht erhalten wurde (Suet. 
Tit. DT) und lebenslänglich dauerte, falls feine 
Ungnade eintrat. Zu dieſem Kreije gehörten zu: 


Ambulatio — Ammentum. 


nächſt wohl die Mitglieder des faiferlihen Staats: 
rats (consilium prineipis), aber auch alle die: 
jenigen der höheren Stände, jowohl Senatoren als 
Ritter, welche außerdem der Fürft in jeiner Zus 
neigung näher an fich zu ziehen wünſchte. Und 
da zur Unterhaltung desjelben jedwedes Talent, 
jei es im gejelliger Beziehung, jei es durch Bil: 
dung und Kenntniffe, beizutragen vermochte, jo 
dehnte ſich der Kreis der amıci bald auch auf 
niedrigere Schichten als Staatdmänner oder hoch: 
ftehende Berjönlichleiten aus und umfahte Ge: 
Ichrte, Dichter, Künftler, auch wohl, je nach der 
Neigung des Fürften, bloße Spaßmacher. Schon 
unter Auguftus wurden dieje amici in 3 Klaſſen 
geteilt, je nach ihrer bürgerlichen Stellung, aber 
auch nach dem Einfluffe, den fie fi) allmählich 
zu verſchaffen wußten. Die Freunde der eriten 
Klaſſe biegen primi amici (Sen. de ben. 6, 34), 
cohors primae admissionis (de elem. 1, 10), in- 
timi amiei (Tac. ann. 4, 20), potissimi amico- 
rum (11, 31), prineipes in Caesaris amicitia 
(dial. 8), summum inter amicos locum tenuit 
(Suet. Oth. 3). Zur dritten Klaſſe gehörten alle 
die zuleßt Genannten. Auch Horaz wurde von 
Auguftus zu folder Ehre berufen, doch Ichnte er 
ab (Suet. vit. Hor.). Uberhaupt hatte joldhe Ehre 
kaiſerlicher Freundichaft auch ihre Schattenjeiten. Die 
amiei mußten den fürften auf jeinen Heilen beglei: 
ten, und wenn das ficherlich auch auf deſſen Koften 
aeichah und fie auch wohl außerdem noch Gehalt 
oder Vergütung befamen (Suet. Tib. 46. Oct. 98), 
jo konnten doch die auferordentlihen Ausgaben 
ihr Bermögen zu Grunde richten (Suet. Cal. 19). 
Ihre drüdende Abhängigkeit jchildert Epiftet (diss. 
4, 8, 41-50). Sie waren der jedesmaligen Laune 
ihres faijerlichen „Freundes“ anheimgegeben. Suet. 

ib. 55. Cal. 25. Erfolgte Ungnade wurde als 
Andentung der Verbannung angejehen (Tae. ann. 
3, 24. Suet. Vesp. 4. 14). Zu dem Morgen: 
empfange bei dem Kaiſer (admissio) waren die 
amiei (villeicht nur der erſten Klaſſe) jo berechtigt 
als verpflichtet. Vgl. Friedländer, Sittengeichichte 
Noms I, Abſchn. IE 3. 

Amisia, -ins, Aucictoe oder Aunsiag, j. Ems, 
ichiffbarer Fluß im Lande der Brufterer, der bei 
jeiner Mündung große Sümpfe bildete. Taec. ann. 
1,43.60 u.d. Druius lieferte auf demjelben 12 v. C. 
den Brukterern ein Schiffstreffen. Strab. 7,290 f. 

Amisodäros, Auısodapog. ein Inkiicher Fürſt, 
defien Söhne Atymnios und Maris mit vor Troja 
kämpften und von den Söhnen des Neftor getötet 
wurden; er war es auch, der das fabelhafte Un: 
gehener der Chimaira aufzog. Hom. Il. 16, 317 ff. 

Amisos, Autsöe, j. Samjun, feite Stadt in 
Pontos am Meerbufen gl. N., vielleicht Gründung 
der Athener (App. b. Mithr. 8. 38); unter Mi: 
thridates, der fie durch eine Anlage Eupatoria 
(Cie, de imp. Pomp. 8, 21) vergrößerte, abwech— 
ſelnd mit Sinope Reſidenz. Strab. 12, 543 ff. 

Amiternum, alte, früher nicht unbedeutende 
Stadt im Sabinerlande am Aternus, j. anjehn: 
liche Ruinen Namens Torre D’Amiterno oder Ca: 
ftello di ©. Bittorino in der Nähe von Aquila, 
Geburtsort des Gejchichtichreibers Salluftius. Strab. 
5, 228. Liv. 10, 39. 21, 62 u. b. 

Ammentum, ayxvin, ift der Riemen an der 
Mitte des Wurfipeeres (hasta ammentata), durch 
den eine größere Schwingung beim Abwerfen her: 


Ammianus Marcellinus — Auvnorie. 75 


vorgebradht wurde. 
Berh. S. 226. 

Ammiänus Marcellinus, aus Antiocheia am 
Orontes, von griech. angejehener Herkunft, geboren 
wahricheinlih um 330 n. E., bfühte unter Balens 
und Balentinian. Seine wifjenjchaftliche Ausbil: 
dung erhielt er in jeiner Baterftadt, trat dann in 
Kriegsdienfte und fämpfte unter Julian in Gallien 
egen die Alemannen, dann gegen die Perſer. Nach 
godians Tode zog er fid) nach jeiner Vaterſtadt 
zurüd und ging von hier im J. 376 nad Ront, 
wo er um 390 jein gie Geſchichtswerk, rerum 
gestarum libri XXAI betitelt, auszuarbeiten be: 
gan. Sein Todesjahr ift unbefannt. Bon diejem 
Werte find uns die legten 18 Bücher erhalten, 
welche die Geichichte der Jahre 353— 378 n. E. ent: 
halten. Da das Werk mit Nervas Prineipate be: 
gann, kann es als eine Fortiegung des Tacitus und 
Sueton betrachtet werden. Die erhaltenen Bücher 
geben außer der Gejchichte jeiner Zeit, über welche 
Ammian als Augenzeuge und Teilnehmer mit 
Treue berichtet, intereffante Schilderungen über die 
Sitten und Völker und geographijche Beichreibungen, 
welche um jo wichtiger find, als Ammianus manche 
Länder, wie Germanien und Gallien, aus eigener 
Anſchauung und durd längeren Aufenthalt dajelbit 
fennen gelernt hatte. Auch an Andeutungen über 
feine Stellung zum Chriftentum fehlt es nicht 
(21, 16, 18. 25, 4, 20). „Ammianus iſt eine fol: 
datiſche Natur, von verftändigem Urteil, ehrlich 
und derb, abergläubifch und tolerant, gern prun— 
fend mit jeiner Gelehrſamkeit, auf dem Gebiete 
der Federführung aber gar nicht zu Haufe. Seine 
Sprache ift faſt micht zu verftehen, unleidlich ge: 
ziert und überladen, eine Dual jeiner Leſer“ (Teuffel). 
Herausg. mit den Anmerkungen Lindenbrogs und 
der beiden Balois von Wagner und Erfurdt (1808 
in 3 Bbdd.). Verſuch einer neuen Recenjion von 
Eyſſenhardt (1871. Kleinere Ausg. 1872); befte 
Ausgabe von Gardthauſen (1874). 

Ammon (Hammon), Auuov, äghptiſch Amun, 
war urjprünglich nur der otalgott von Theben, 
mit Muth, der Mutter Erde, und Chunſu, dem 
Gott des Mondes und der Zeit, zu einer Trias 
verbunden. Später aber, als von Theben aus 
das Land von der Fremdherrſchaft befreit und zum 
höchſten Glanze erhoben worden war, trat Ammon 
an die Spike der Götter, jo jehr, daß faft das 

uze Pantheon von jeinem Weſen abjorbiert wurde. 
Bor ihm werfen jelbft die Götter fich nieder; er 
ift „einzig und allein und jondergleichen, größer 
als jeder Gott‘, die bejeelende und ordnende Kraft 
in allem Geſchaffenen. Mit dem Sonnengott Ra 
verjchmolzen, heißt er Ammon:Ra; mit Chnum 
(Ehnubis, Kneph) kombiniert, ericheint er widder: 
föpfig (vgl. Hat. 2, 42). Sonft trägt er auf dem 
Helm oder der Krone einen hoben Federſchmuck, 
in der Hand die Jufignien der Königswürde und 
des Lebens. 
und verehrten ihn zu Theben in Bototien, Olyınpia 
n. a. Orten, wie jpäter auch die Römer (Catull, 
7, 5. Lucan. 9, 511). Sein hauptjäclichiter 
Tempel nebit berühmten Drafel lag in der jchönen, 
ihm geweihten Daje Ammonium (j. d.). Das Orafel, 
das nur durch Zeichen Antwort erteilte, purde 
von Alerander dem Ör., den es als den Sohn des 
Gottes anerfannte (Ourt. 4,209, 5ff. Arr. 3, 4), 
beſucht. Die Nachricht bei Eurtius (4, 31, 24), 


Köchly in Würzburger Phil.- 


Die Griechen verglichen ihn mit Zeus | du 


daf; bei Befragung des Orakels das aus Smaragd 

und aus Edeljteinen gefügte Bild des Gottes von 
Prieftern in einem goldenen Schiffe getragen werde, 
findet ihre Betätigung teild durch die Darftellung 
jolcher Prozejlionen auf Reliefs, teil® durch die 
Sage, dab der Gott einft auf heiliger Barte vom 
Lande der Aithiopen zum hundertthorigen Theben 
gelommen und dann durch die Wüſte zu jeiner 
Daje gezogen jei. 

Ammonios, Auporeog, 1) zubenannt Saltas, 
Luxrräe, geit. 243 od. 244 n. E., aus Alerandreia, 
war uriprünglich Ehrift, ging aber wieder zum Sei: 
dentum über und wurde der Stifter der neuplato- 
niſchen Philojophie, indem er zur Abwehr des 
eindringenden Chriftentums die verichiedenen phi— 
loſophiſchen Syſteme, beſonders die des Platon und 
Ariſtoteles, zu vereinigen ſuchte. Ausgezeichnet 
durch Beredſamkeit und ein ſeltenes Lehrtalent, 
wirkte er nicht als Schriftſteller, ſondern mehr als 
Lehrer durch mündlichen Vortrag und verſammelte 
um ſich einen Kreis bedeutender Schüler, wie 
Plotinos, Longinos u. a. — Maus Alexan— 
dreia, Grammatiker um 400 n. E., ichrieb ein 
leritaliiches Werk: sel öuolor xal dıapopwr 
Atteor, über den Gebraucd von ſynonymen oder 
ähnlich lautenden Wörtern, das Baldenaer (1739) 
am beiten herausgegeben hat. — 3) Sohn des 
Hermias, lehrte zu Alerandreia um 500 n. €. 
Philoſophie und war aucd als Mathematiler be: 
fannt. Er hing der neuplatoniihen Schule aı. 
Unter andern Schriften verfaßte er Erklärungen 
zu Porphyrios und Ariftoteles. 

Ammonium, rò Auuovıon, Daſe in der Libyſchen 
Wüſte, j. Siwah mit 8000 Einmw., 14 Tagereijen 
weitlic von Memphis, 8 von Raraitonion (1. d.), 
30m unter der Meeresflähe und uriprünglich 
Meeresboden; ein Priefter: und Handelsitaat, be- 
rühmt durch den Ammonstempel mit dem Orakel, 
durch den heiligen Sonnenquell (Hdt. 4, 181), 
jowie durch ein großes Salzlager @is Yupovıann,. 
sal Ammoniacum, daher wohl der Name Ammo— 
niaf). Bgl. Parthen, bh. der Berl. Alad. 1862. 
Rohifs, drei Monate in der Libyichen Wüfte (1875). 

Aurnoria ift der ſpätere Name für eine all 
gemeine politijche Mafregel, wodurch bei Staats- 
umwälzungen, die oft mit vielen Grauſamkeiten 
verbunden waren, die fiegreiche Partei erklärte, 
des Böſen nicht gedenfen zu wollen (roig Elloıg 
00 urnoınanodrrer, Önuorgerovuevor ro Aoınör 
Euvsmolltevov, heißt e8 T’hue. 8, 73 von den Sa— 
miern), was ihr von der Gegenpartei zugefügt 
war. Es durfte aljo niemand wegen eines in der 
Beit begangenen politiichen Vergehens zur Berant: 
wortung gezogen werden, was zuweilen auch auf 
andere ag eiten ausgedehnt wurde. Spuren 
einer Amne n wir bei Solon; die berühm- 
tejte aber, die —— den Namen bat, iſt 
die des Thraſybulos nach Vertreibung der Dreißig, 
welche die noch immer bedrohte Eintracht 
im Staate wiederhergeftellt wurde (403 v. E. unter 
dem Archon Eufleides). Ausgenommen waren nur 
die Dreißig jelbjt und deren 10 Nachfolger jowie die 

Elfmänner, denen jedoch, wenn fie wollten, Rechen: 
ſchaft (eddvr«) verjtattet wurde. Der Schwur, 
durch den die Amneſtie befräftigt wurde, ift uns 
bei Andofides (myster. $ 90) aufbewahrt worden: 
nal 0% urnonaunoo rov nolırar ondenri, am 
tor reıinovra nal zav Erden«, ovöt rovrme 





76 


de av EHEln sudurag dıdöoraı tig deyäs 15 
no&ev. Bei Nep. Tihras. 3 lex oblivionis. 

Amnisos, Aurdös, Hafenftadt von Knoſſos auf 
Kreta, am gleihnam. Fluſſe, ſchon Hom. Od. 19, 
188 genannt, in hifter. Zeit Herafleion geheißen. 

Aweor j. Eros. 

Amorgos, Auopyög, j. Amurgos, Heine Spo: 
radeninfel jüdöftlich von Naros, auf welcher der 
Dichter Simonides (j. lambographen) lebte, 
befannt durch die Bereitung feiner Kleiderftoffe. 
Unter den römischen Kaiſern diente fie als Ber: 
bannungsort. Tuc. ann. 4, 13.30. Minoa, Nigiale 
und Arkefine waren die 3 Hauptortſchaften. 


Ampelius, Lucius, lebte wahricheinlich in der 


Mitte des 2. Jahrhunderts n. E. und verfahte eine 
Schrift, liber memorialis, einen (früher and in 
Schulen vielbenugten) dürftigen Auszug des Merk: 
würdigften aus der Aftronomie, Geographie > 

as 


bejonders Geſchichte in einfacher Spradıe. 


Amnisos — Amphidromia. 


stos). Den Mpdraftos, mit dem er anfangs ge— 
meinjchaftlich herrichte, hatte er aus Argos ver: 
trieben; jpäter aber verglid) er fich wieder mit ihm 
und heiratete deſſen Schweiter Eriphyle. Ihre Söhne 
find Allmaion und Ampbilochos. Als Adraftos 
den erften Zug gegen Theben unternahm, wollte 
Ampbiaraos nicht mitzichen, weil er das unglück— 
liche Ende vorausjah. Aber Eriphyle, von Poly: 
neifes durch das verderbenbringende Halsband der 
Harmonia beftochen, beredete ihn zur Teilnahme (Od. 
11,326). Als die argiv. Helden bejiegt von Theben 
flohen, ward er ſamt jeinem Wagenlenfer Baton mit 
jeinem Streitwagen (j.d. Abb.) nicht weit von Theben 
von der Erde verichlungen und unsterblich gemacht. 
Von nun an wurde er göttlich verehrt, zuerjt zu 
Oropos, dann zu Argos u. a.D. In der Nähe von 
Oropos hatte er an der Stelle, wo er nach jeinem Ber: 
ſchwinden als Gott hervorgeftiegen jein jollte, einen 














Buch ift meift herausgegeben mit Florus, ſelb— 
ftändig von Tzſchucke (1793); neue Necenfion von 
Bölfflin (1854). 

Ampheia, 7 "4upsıe, St. in Mefienien, ſüdöſtl. 
von Andania, eine mefleniiche Grenzfeſtung gegen 
Lakonien, auf dem weftlichen teilen Vorſprunge 
eines jchmalen, vom Tangetos ausgehenden Berg- 
rüdens gelegen und die Ebene von Andania be 
herrichend. Beim Beginn des erften meſſen. Krieges 
bemächtigten_ fi) die Spartaner der Stadt durch 
nächtlichen Überfall und bedrängten von da aus 
das meſſeniſche Land. Paus. 4, 5, 9. Un jeiner 
Stelle liegt j. das Paläofaftro von Kofla. 

Amphiaräos, Yupıagaos. ans Argos, Sohn 
des Difles (oder des Mpollon) und der Hyper— 
mneſtra, väterlicherjeits von dem Seher Melampus 
abftanmend (Hom. Od. 15, 244) und jelbit ein großer 
Seher und Traumdeuter ſowie ein Held, der an 


der falydonifchen Jagd, der Argonantenfahrt umd | 


dem eriten thebanijchen Kriege teilnahm (ſ. Adra- 


Amphiaraos auf ber Flucht. : 


Tempel " Aupıagsıo» (Amphiareum), deflen in 





der Tieblihen Thalichlucht —“ gelegene 
Fundamente in neuerer Zeit aufgefunden worden 
find (j. Oropos), mit einem berühmten Traum: 
orafel; daneben war die Duelle des Amphiaraos. 
Paus. 1, 34, 2. 9, 8, 3. 

Amphidromia, r@ Augıdgönte, bei Späteren 
7 Augıdgonie, ein Familienfeit der Athener, an 
welchem das meugeborne Kind, am 5., 7. oder 
10. Tage nad) jeiner Geburt (daher auch die Be- 
zeichnungen Eßdoueı oder EBdouds, EBdouade 
dysı, dexndenv Posır, Forıccaı), durch Herum: 
tragen um den Herb des Hauſes in die Familie 
aufgenommen und der Fürſorge der Hausgötter 
anempfohlen wurde und jeinen Namen erhielt; 
daher der Name (von aupıöpeueir; nach anderer 
Auffaſſung, weil die Verwandten beim Namen: 
geben um das Kind herum gingen). Die Thüre des 
Hauſes wurde, wie auch gleich nach der Geburt, 
mit Olivenkränzen geſchmückt, wenn das Kind ein 


Knabe war, bei Mädchen mit Kränzen von Wolle, 


Amphikleia — 


Dan veranftaltete ein Feitmahl für Freunde und 
Verwandte, welche mit Geſchenken (yerdd#lroı döneıe) 
erichtenen und jich mit der Familie einer fröhlichen 
Heiterkeit überliefen. Die Feier galt jelbit vor 
Gericht als Beweis, daß das Kind von feinem Vater 
als echt (yriaıog) anerkannt worden jei. Eltern 
und Freunde und die Sklaven machten dem Rinde 
Geichente, und man gab ihm feinen Namen. Es 
war eigentlich ein Reinigungsfeft der Mutter und 
des Kindes durch das heilige Herdfener. 

Ampkhikleia, Aupixisıa, aud) Aupiniaıe, nad) 
dem heiligen Kriege eine * lang Ogırsia ge: 
nannt, Stadt im nördlichen Phofis (Hdt. 8, 33), mit 
einem Adyton des Dionyjos, weldyer den Sal 
nern die Gabe verliehen haben jollte, im Schlafe 
Heilmittel zu verordnen. Paus. 10, 3, 2. 33, 9, 
Ruinen bei dem Dorfe Dadi. 

Amphiktyonen, Augpınrvorss (eigentl.Aupınzd- 
oves von aupi und xrio, vrifo, gleich megınrloreg, 
Umwohner, umgefornt nad dem Namen des Heros 
Amphiktyon; beide Formen find imichriftlid) be— 
zeugt), hießen bei den Griechen die Nachbarvölfer 
eines Heiligtums, welche ohne Rückſicht auf Stamm: 
verjchiedenheit in einen Bund Amphiktyonie, 
Aupıxtvovia) vereinigt waren zum Schutze des 
Heiligtums, zu gemeinichaftlicher Feitfeier und zu 
gegenjeitiger Beobachtung der Völkerrechte. Soldye 
Verbindungen waren nicht wie die der Bundesge- 
nofjen zu Schuß und Trug gegen äußere Feinde 

erichtet, noch auch find jie mit den Verbindungen 

ammperwandter Orte zu verwechjeln, —— ihrer 
Verwandtſchaft eingedenk, zu gemeinſamer Feſtfeier 
ihrer Nationalgottheiten zuſammenkamen und, ob— 
gleich von einander unabhängig, doch ihre Gejamt: 
——— in allgemeinen Beratungen be— 
ſprachen. Die berühmteſte Amphiktyonie iſt die del— 
phiſch⸗ pylaiiſche oder die von Delphoi und Ther— 
mopylai, vorzugsweiſe der Amphiktyonenbund 
genannt. Er war ſchon in der vorgeſchichtlichen 
Zeit geſtiftet und umfaßte 12 in der —— Zeit 
in Theſſalien und der Umgegend wohnende, aber 
in der geſchichtlichen Zeit an Macht ſehr ungleiche 
Völkerſchaften: Thejjaler, Boioter, Dorier, 
Sonier, Berrhaiber, Magneten, Lofrer, 
Ditaieroder Ninianen, phthiotiſche Achaier, 
Malier oder Melier, ofeer, Doloper. 
Auch alle Kolonien der Verbündeten hatten teil 
an dem Bunde, dagegen waren alle übrigen Hellenen, 
wie Arkader, Aitoler, von demjelben ausgeichlofien, 
obgleich er bisweilen rö xoı»0» av "Ellnvov 
suriögıov oder rö row 'EAA. auveögıor, ein com- 
mune Graeciae concilium (Cie. ine. 2, 23, 69) 
heißt. Dies konnte er nicht füglich jein, weil ihm, 
wie fich im phokiſchen Kriege und in dem heiligen 
Kriege gegen Amphiſſa zeigt, die äußere Macht 
fehlte ſich Gehorſam zu verſchaffen. Die —— 
lichen Verhältniſſe blieben bis zum J. 346 vd. C., 
wo nach Beendigung des phokiſchen Krieges Philipp 
von Makedonien an die Stelle der Phokeer trat 
und die Lafedaimonier aufhörten, an der dorijchen 
Stimme teilzunehmen (die vielleicht damals an 
Delphoi fam). Der Hauptzwed des Bundes beitand 
in Beſchützung und Beauffichtigung der Bundes: 
heiligtümer und der an diejelben gefnüpften Kulte 
und Feitverfammlungen, namentlich des delphiſchen 
Orakels und ſeit 586 v. C. der pythiſchen Spiele, 
und in Erhaltung menſchlicher Grundſätze in den 
gegenjeitigen freundlichen wie feindlichen Berüh: 


77 


rungen. (Bisweilen erjcheint jeine Thätigfeit all- 
emein patriotiich, wie bei der Ausſchmückung des 
ufmals für die in den Thermopylen gefallenen 
Spartaner, Hat. 7, 228.) Dies erjieht man aus 
dem Eid der Amphiktyonen bei deschin. de f. leg. 
$ 115: „Seine der amphiktyonijchen Städte je 
von Grund aus zu zerftören, feinem im Frieden 
oder im Krieg das Waſſer abzujchneiden, das Heilig: 
tum des deiphiichen Gottes nad allen Kräften zu 
beſchützen.“ Ein Schugbündnis gegen außen war 
der Bund nicht, auch miſchte er ſich arundjäglich 
nicht in die inneren politischen Angelegenheiten der 
Berbündeten, wiewohl er bisweilen, wie von Phi: 
lipp und Alexander von Makedonien ı Diod. Sie. 
17, 4. Paus. 7, 10, 10), ald Werkzeug zur Ber: 
folgung eigenfüchtiger Zwecke gemißbraucht ward. 
Er führte folgende heiligeKriege: 1) 596586. C. 
gegen Kriſſa, 2) 355—346 gegen Phokis, 3) 340 
und 339 gegen Amphiffa, 4) 280 gegen die Yito- 
lier (der ſ. g. zweite heilige Krieg im J. 448 be: 
traf die Amphiltyonen nicht). — Anlangend die 
innere Einrichtung des Bundes, welche dem Akri— 
fios, dem mythiichen Könige im theſſal. Larifla, 
zugeichrieben ward (Strab. 9, 420), jo hielt derjelbe 
jährlich zwei Verfammlungen, im Frühjahr, wie man 
früher gewöhnlich annahm, zu Delphoi, im Herbite 
in den Thermopylen bei dem Tempel der Demeter 
Amphiktyonis zu Anthela, wo 9 auch das Heilig: 
tum des mythiſchen Gründers des Bundes Am: 
phiftyon befand (Hat. 7, 200), der in Thermo: 
pylai oder über die Lokrer geherricht haben jollte 
und von manchen mit dem attiichen Könige gleiches 
Namens identifiziert ward. Uber jeit der Ent- 
deckung des Zrrırapıog Aöyog des Hypereides jteht 
feft, daß au beiden Orten, in —— und an 
den Thermopylen, ſowohl im Frühling als im 
Herbſt amphiktyoniſche Verſammlungen abgehalten 
wurden. Wahrſcheinlich iſt der Bund durch Ver— 
ſchmelzung zweier Amphiktyonien entſtanden, der 
demetrifch⸗pylaiiſchen und der apolliniſch⸗delphiſchen. 
Die den Bundesrat bildenden Abgeordneten der 
einzelnen Städte, auch Amphiktyonen genannt, zer— 
fielen in die fegournnoves und zulayogmı 
(-or), deren Berhältnis zu einander von den Alten 
nicht angegeben wird und jetzt noch nicht völlig 
aufgeklärt tft; jeder Staat joll einen Hieronmemon 
und drei Pylagoren gejandt haben; auch wurden 
in Athen jene durchs Los, dieſe durd Wahl er: 
nannt. Es iſt wahricheinlich, daß die Hieromne— 
monen urjprünglich der deiphiichen und die Pyla— 
goren der pylaiiichen Amphiktyonie angehörten, 
und daß man nach der Verjchmelzung derjelben 
beide Arten von Gejandten beibehielt, die einen 
zur —— des Demeter⸗, die andern zur Ber: 
tretung des Apollonkultus. Die Verfammlung der 
Hieromm. ſowie auch die gejamte Natsverfammlung 
ich ovredgıor. Die 12 beteiligten Völkerſchaften 
tten in dem gemeinjamen Rate je 2, aljo im 
ganzen 24 Stimmen (yiäpor), und zwar jo, daß 
die Stämme, welche in mehrere jelbftändige Staaten 
elen, entweder in der Führung der Stimme 
unter einander abwechjelten, oder diejelbe für immer 
einem Staate übertrugen. „Nach den neuerdings 
an Ort und Stelle gefundenen Inichriften hatten 
Doppeljtimmen 7 ungeteilte Staaten: Delpher, die 
übrigen Phokier, Theſſaler, Boioter, phthiotiſche 
Achaier, Magneten, Ainianen; geteilt waren die 
Stimmen der Lokrer öſtliche und weſtliche), der 


Amphiktyonen. 


18 


Dorier (aus Doris und aus dem Peloponnes‘, 
der Jonier (von Athen und von Euboia); zu je 
zwei Gruppen zuſammengefaßt erjcheinen die Heinen 
an den thejjaltichen Grenzen wohnenden Bergvöl- 
fer: Malier und Ditaier, Doloper und Berrhaiber.“ 
Kiepert, Lehrbuch der a. Geographie S. 287, 2. 
Auguftus änderte diejes Verhältnis ab, und wir 
finden im ganzen 30 Stimmen, weldye an die ein- 
zelnen, den älteren Teilnehmern nicht mehr ent: 
iprechenden, Staaten willfürlich verteilt waren 
(3. B. Actium mit 6 St.). Neben dem Amphi— 
ftyonenrate wird auch eine dxxinsi«, eine allge: 
meinere Berjammlung, erwähnt, beftehend aus der 
Gejamtheit der anmwejenden Bürger der Bundes- 
ftädte. Vgl. Bürgel, die pyläiſch-delphiſche Am: 
phittyonie 1877). — Außer der pylaiiſchen Am: 
phiktyonie werden erwähnt die von Kalau— 
reia auf der Inſel d. N. (Hermione, Epidau- 
ros, Wigina, Athen, Praſiai, Nauplia und 
das minyeiſche Orchomenos, Strab. 8, 374) 
und die von Oncheſtos in Boiotien, beide 
19 an die dortigen Pojeidontempel anſchlie— 

end, und die deliſche um den Tempel 
des deliichen Apollon, die umliegenden 
Kykladiſchen Inſeln befafiend, womit auch 
die deliſche Theorie der Athener in Ver— 
bindung ſtand. Ob dieſe Verbindungen 
aber von Anfang an eigentliche Amphi— 
Ityonien waren, iſt die Frage. Bal. Her— 
mann, griech. Staatsaltertümer $ 12 ff. 

Ampnilöchos j. Alkmaion, 1. 

Amphion, Aupior, ovos, 1) ©. 
des Zeus und der Antiope, der Toch— 
ter (des Aſopos oder) des Nykteus, 
Herrichers in Theben. A. wurde nebjt 
jeinem Zwillingsbruder 2. im 
Elentherai geboren, ausgejeht 
und von Hirten erzogen. In den 
Brüdern bildete jid) nach der Dar: 
ftellung des Euripides ein ver: 
ſchiedener Charakter aus: Zethos 
ward ein rauher, auf das Prak— 
tijche gerichteter Hirt und Jäger, 
während Amphion jich an der 
zarten Kunſt der Mujen erfreute, 
an Gejang und Saitenfpiel. Ihre 
Mutter wurde von Lykos, der 
nach jeines Bruders Nyfteus 
Tode in Theben die Herrichaft 
erlangt hatte, und von deſſen Gemahlin Dirfe 
in Haft gehalten und gemifjhandelt. Fliehend kam 
fie in den Kithairon zu dem Gehöfte, wo ihre Söhne 
aufgewacjen waren; dieſe erlannten die Mutter 
und bejtraften die jie verfolgende Dirke, indem fie 
diejelbe an die Hörner eines Stieres banden und 
die zu Tode Sejchleifte in eine Quelle warfen, die 
den Namen Dirlke erhielt. Die Bejtrafung der 
Dirke ift in Marmor dargeftellt von Apollonios und 
Tauriſtos aus Rhodos in der größten vorhandenen 
antifen Gruppe, dem j.g. farnejiichen Stiere 
(j. d. Abb.) in Neapel. Die Zwillingsbrüder er: 
ichlugen darauf den Lykos, bemächtigten fich der 
Herrſchaft Thebens und ummtauerten die untere 
Stadt (Od. 11,260, wo Antiope Tochter des Ajopos 
heißt). Die Steine der Mauer jollen ſich nad) dem 
lange der Lyra Amphions von jelbit zujammen- 
gefügt haben. Zethos vermählte ſich mit Thebe, 
des Aſopos Tochter, Amphion mit Niobe (j.d.). 


Amphilochos — Amphipolis. 


Amphion und Zethos liegen zu Theben in gemein- 
ichaftlihem Grabe. Beide heißen die weißrofjigen 
Dioskuren Boiotiens (Kur. Phoen. 609) und er: 
icheinen an vielen Orten Boiotiens als Städte- 
gründer und erobernde Streiter. Nah WU. war 
benannt das Aupesior, ein Heiligtum desjelben in 
Theben. Xen. Hell. 5, 4, 8. Nyfteus und Infos, 
Söhne des Hyrieus, eines Sohnes des Poſeidon 
und der Alfyone, werden ald Vormünder der Kad— 
miden Labdakos und Laios angegeben, welchen 
legteren Zethos und Amphion verjagt haben jollen ; 
diefe ganze Familie tritt alſo als friegeriiches 
Herrſchergeſchlecht in Theben neben und im Ge— 
genſatz zu dem Geſchlechte des Kadmos auf. — 
2) König im boiotiſchen Orchomenos. Hom Od. 






























11, 283. — 3) ein Anführer der Epeier im tro— 
ilchen Kriege. Hom. Il. 13, 692. 

Amphipolis, Aupizokıs, Stadt im öſtl. Mafe: 
donien, nach der Lage zwiichen 2 Armen des Stry— 
mon jo genannt, j. Ruinen von Neofhorion, hieß 
in älterer Zeit Zvvea ödod, die 9 Wege. Hat. 7, 11a. 
Thue. 1,100. Urjprünglicy bewohnten die friegeri: 
ſchen Edoner dieje Gegend und vereitelten lange 
Zeit die Verſuche des Nriftagoras von Milet 
Hat. 5, 124) und der Athener, dort eine Kolonie zu 
gründen (daf. 9, 75. Thuc. 4, 102). Erjt 437 v. E. 
gelang es dem Hagnon, dem Sohn des Nifias, die 
Edoner zu bejiegen und Amphipolis zu gründen. 
Da die Athener aber meift Griechen anderer 
Stämme hieher verpflanzten und mur wenige 
Bürger aus Athen ſich hier niederließen, jo neigten 
jich die Eimwohner nadı Einnahme der Stadt durd) 
den Spartaner Brafidas im J. 424 leicht zu den 
Spartanern hin umd wollten jogar einige Jahre 


Amphis — 


ipäter im Frieden des Nikias die Herrichaft Athens 
nicht wieder anertennen. Thuc. 4, 103. 5, 18. Alle 
Verjuche Athens, die Stadt wieder zu unter- 
werfen, mißlangen; auch der tapfere Iphikrates 
fonnte nichts gegen fie ausrichten. Philipp von 
Makedonien gewann fie 358, nachdem fie jchon 
einmal im Beſitz der Mafedonier gewejen war, 
und behielt fie troß der langjährigen Bemühungen 
Athens, ihn aus ihrem Beth zu vertreiben. Auch 
jeine Nachfolger behaupteten die Stadt. Unter 
Roms Herrichaft wurde fie Hauptjtadt eines Teils 
von Makedonien. Die Berfafjung war bis zu 
der Herrichaft des Brajidas demofratiich, nachher 
ariftofratiich, jpäter gewann die Demokratie wieder 
die Oberhand. Ihre günftige Lage an der Mün— 
dung des Strymon beförderte durch blühenden 
Handel ihren Wohlftand, zu weldem aud ber 
Reichtum ihres Gebietes an Bergwerlen (Thuc. 
1,108. Hdt.5, 23. Liv. 45, 50) ſowie nicht minder 
an Wein und DI weientlich beitrug. 

Amphis, Augıs, Sohn des A Fitrates, Dichter 
der neueren Komödie, —S in der Mehr: 
zahl jeiner 26 Dramen auf die engeren geiellichaft- 
lidyen oder materiellen Zuftände des Lebens in 
einem nüchternen Tone. Erhalten find einzelne, 
ziemlich bedeutende Fragmente, gej. von Meinele, 
com. Graec. fragm. LII p. 301 ff. «Bd. 1 p. 645 ff. d. 
Hein. Ausg.), u. Rod, com. Att. fragm. 11, 1p.236'ff. 

Amphissa, Augpıoca, die größte Stadt im ozo— 
liſchen Lokris in einer waldumkränzten Bergebene 
(Hdt. 8, 32), 3 Stunden nordweitlih von Del: 
phoi, jehr alt; j. Salona. Strab. 9, 427. Paus. 
10, 38, 4. Da die Bewohner ſich erlaubt hatten, 
die fluchbeladene Feldmark der tempelräuberiichen 
Krifiaier zu bebauen, dort eine Niederlaffung zu 
gründen und von den nad Delphoi fahrenden Zoll 
zu erheben, jo wurde von den Amphiktyonen auf 

ntrieb der Athener ein heiliger Krieg beichlojien, 
in welchem Bhilipp von Makedonien den Oberbejehl 
übernahm und die Stadt zerjtörte (339). Strab. 
9, 419. 427. Später fam die durch ihre fait un: 
einnehmbare Alropolis (Liv. 37, 5) feſte Stadt 
wieder empor und wurde im römilcher Zeit auto: 
nom. FPaus. 10, 38, 4. 

Amphitheätrum j. Theatron, 17. 

Amphitrite, Aupırgien, die Ringsumrauſchende, 
war die Tochter des Nereus und der Doris, eine 
der Nereiden, die Gemahlin des Poſeidon. Zlesiod. 
theog. 243. 930. Sie wollte anfangs undermählt 
bleiben und floh daher, als Bojeidon um jie warb, 
zum Atlas, d. h. im die äußerften Tiefen und 

den des Meeres; allein Bojeidon jchicdte ihr 
Späher nad), unter diejen den Delphin, der fie auf: 
fand und dem Gotte zuführte. Homer erwähnt fie 
öfter als eine Gottheit der Wogen, unter deren 
Macht die Ungeheuer des Meeres ftchen, aber jie 
ift bei ihm noch nicht die Gemahlin des Bojeidon. 

ie gebiert dem Herricher des Meeres 3 Kinder, 
deren Namen Eigenjchaften des Meeres bezeichnen: 
Trıtom (Rauſcher, Hesiod. rheog. 930,, Rhode 
(Raujcherin, von doden) und Bentheſikyme 
(Wogerin der Tiefe), Eine bejondere Verehrung 
ward 2 nicht zu teil, auch kennt die Mythologie 
wenig Sagen von ihr. Sie joll die Stylla aus rn 
jucht in ein Meerungeheuer verwandelt haben. hr 
Name fteht bei Dichtern oft zur Bezeichnung des 
Meeres. Von der Kunſt ward jie der Aphrodite 
ähnlich dargeftellt, meift mit fließenden Haaren, 


19 


öfter mit Krebsſcheren an den Scläfen, auf Del- 
phinen und Meerpferden oder auf einem von Del: 
phinen gezogenen Mufchelmagen neben Pojeidon. 
Die Römer identifizierten Salacia (von salum 
= @ls) mit ihr. 

Amphitryon, Zupırovor, Amphitruo, Sohn 
des Königs Alfaios von Tiryns und Enkel des 
Perſeus, tötete unabjichtlich feinen Oheim Eleftryon, 
König in Myfenai, der ihm für die Dauer eines 
Zuges gegen Pterelaos und die Taphier jein Neid) 
und jeine Tochter Allmene zur Obhut übergeben 
Fr (j. Herakles, 2.). Wegen diejer Blutichuld 

oh er mit Altmene nach Theben zu jeinem mütter- 
lihem Oheim Kreon, der ihn entiühnte und ihm 
die Teilnahme an dem ihm von Allmene aufge 
tragenen Kampfe gegen Bterelaos verſprach, wenn 
Amphitryon zuvor den wilden teumeſſiſchen Fuchs 
tötete. A. verlangte, um den nach einem Orakel 
nicht erreichbaren Fuchs einzuholen, vom en ori 
Kephalos (ſ. d.) den Hund, der alles einholen 
konnte. Beide Tiere wurden während der Jagd 
von Zeus in Steine verwandelt; dem Pterelaos 
wurde von jeiner Tochter das goldene Haar ge: 
raubt, woran jeine Unfterblichleit hing, und A. 
ward Herr von Taphos, das er feinen Kampfge— 
noſſen Wephalos und Heleios überließ. Nach Theben 
urückgekehrt, vermählte er fich mit Alfmene, welche 
ihm den Iphikles gebar, während aus einer Ber: 
bindung mit Zeus Herafles von ihr geboren wurde. 
Er wurde in einem Kampfe mit den Minyern er- 
ichlagen. Ildt. 5, 59. Appollod. 2, A, 11. 

Amphöra, von aremoge, weil es uriprünglid) 
ein Gefäß zum Schöpfen (arapeorır) war, der 
Sache nad &upogsvg (aber feine Kontraltion von 
@upepoperg), ein Traggejäh mit 2 Henkeln 
(ansae), daher diota [dierog] Hor. od. 1,9, 81, 
rund, bauch: : 
örmig, oben 
ineinenengen 
Halsicollum 
zulaufend, in 
der Regel ir: 
den, auf der 
Töpferjcheibe 

gefertigt 
(Hor.ap.2l), 
jeltener von 
Glas oder gelbem Marmor (Onyx). Sie ruhten 
entweder auf einem Fuß oder liefen nach unten 
jpig zu. Cie dienten nicht bloß zur Aufbewah- 
rung des Weins (om. Od. 9, 204), jondern aud) 
von DI, Honig u. a. Der auf Fällern ausgego- 
rene Wein wurde auf amphorae gezogen (diffundi) 
und blieb dann in diefen, mit einem Kork (cortex 
oder suber) wohl verjehenen (Hor. od. 3, 8, 10) 
oder aud; mit Gips, Lehm, Pech übergofienen 
Flaſchen bis zum Verbrauche in der Speichernieder: 
lage, horreum oder apotheca. Der Jahrgang und 
die Sorte (nota) ward darauf gejchrieben oder auf 
bejonderen Marten (tesserae) dabei gezeichnet. —- 
Außerdem ift es das gewöhnliche Ma, nach dem 
man zu rechnen pflegte, jonft quadrantal; es zer- 
fällt wieder in 2 urnae, 8 congii, 48 sextarii, 
576 eyathi (j. Tab. IX. im Anhange). Die Reduk— 
tion auf ae Maße gibt Becker-Göll, Gallus 3, 
399 


Amphoteros. 





Amphotöros, "Augporegos, 1) ſ. Akarnan. — 
2) ein Troer, den Batroflos tötete. Hom. I1.16,415. 


80 


— 3) ein Bruder des Srateros und Befehlshaber 
auf der Flotte Aleranders des Gr. Curt. 3,3, 19. 
4, 23, 14f. Arr. 3, 2, 3f. 

Amphrysos, Aupgvoög, Kleiner thejjal. Rüften: 
fluß, in den Bagafaiischen Meerbujen mündend, an 
dejjen Ufern Apollon 9 Jahre lang die Herden 
des Admet weidete. Verg. @. 3,2. Apoll. Rhod. 
1, 54. Bisweilen verwecjelt mit der phokiſchen 
Stadt Ambryjos bei Delphot, daher Verg. A. 6, 398 
Ambrysia vates jtatt Delphica. 

Ampliatio, eine Bertagung des Progefies, welche 
angeordnet wurde, wenn die Richter N. L. (non 
liquet, d. h. daß fie nicht hinlänglich aufgeklärt 
wären) entjchieden. Weil in jolchem Falle der vor: 
jigende Prätor erflärte amplius cognoscendum, 
entjtand der Name. Die Sache mußte dann von 
vorn verhandelt werden. Beiſpiele bei Cie. Caec. 10. 
Val. Max. 2, 1, 11. ®gl. Comperendinatio. 

Ampsaneti lacus, Feiner See bei Aclanum in 
Samnium (j. Lago d’Anfante oder Mofette), dem 
mephitijche Ausdünftungen entjtrömten, weshalb 
man dort einen Eingang zur Unterwelt annahnt. 
Verg. A. 7, 563. Cie. div. 1, 36, 79. 

Ampsivarii, ein deutjches Volk weftlich der Ems. 
Tac. ann. 13, 55. Sie jind wohl aud) ann. 2,8. 
22. 24 gemeint, wo im Text fälſchlich Angri- 
varii ſteht. 

Amuläus, j. Numitor. 

Auyklai, Auvxlar, 1) alte, jchon 17.2, 584 
genannte Stadt des Peloponnes, 20 Stadien ſüdöſt— 
lich von Sparta an den Bächen Tiaja und Phellias, 
ohne Überreſte, nady der Sage von Amyflas, dem 
Bater des Hyalinthos, gegründet. Die Stadt be: 
hielt auch nad der Einwanderung der Dorer ihre 
freie achaiiſche Bevölkerung, bis jie furz vor dem 
erjten mefjenischen Kriege von Taleflos eingenom- 
men wurde, um 750 v. E., der Sage nad), weil 
die Bewohner, jchon oft durch blinden Lärm ge 
täujcht, verboten hatten folche Nachricht von An: 
funft der Feinde auszubreiten; daher das Sprid): 
wort: Amyclis taciturnior. Fortan beftand ihre 
Bedeutjamfeit nur noch durch die Denfmäler der 
Belopiden und das Heiligtum des amyklaiiſchen 
Apollon (Auvalaror). Muc. 5, 18. Die alte, 30 
Ellen hohe, ohne Kunft gearbeitete Statue war 
einer ehernen Säule ähnlich, an welche ein Ge: 
fiht, Hände und Füße angejegt jind; auf dem 
Haupte jah ein Helm, in den Händen führte fie 
Speer und Bogen. Sie ftand auf einer mit vielen 
Bildwerfen oder Reliefs gezierten, in Form eines 
Thronjefjels erbauten Kapelle, die zu Kroijos’ Zeit 
der Magnefier Bathyfles verfertigt hatte. Paus. 
3, 18, 9. Die jpartanischen Frauen webten dem 
Sotte jährlich einen Ehiton. — Da Tyndareos, 
der Gemahl der Leda, hier jeinen Sit hatte, werden 
die beiden Söhne derjelben, Kaſtor und Polydeukes, 
aud) wohl Amyclaei fratres genannt. — 2) Stadt 
in Latium am Tyrrhenijchen Meer bei Tarracina, 
nach richtiger alter Form Amunclae, j. Sperlonga, 
in jchlangenreicher, ungejunder Gegend, in der 
Römerzeit verlafjen; das tacitae Amyclae bei 
Verg. A. 10, 564 deutet wohl dies Berlaffenfein 
an, mit Anjpielung auf die oben erzählte Sage. 
Strab. 5, 233. Plin. 3, 5, 59. 

Amykos,"Auvnog (d. i. der Zerfleifcher), 1) Sohn 
des Pojeidon, ein geübter Faufttämpfer, mit dem 
die in jeinem Gebiete landenden Fremdlinge kämpfen 
mußten. Als die Argonauten an der Küſte der 


Amphrysos — 'Avaßarnz. 


Bebryfer in Bithynien, wo er herrichte, landeten, 
tötete ihn Polydeutes im Fauſtkampfe. Apoll. 
khod. 2, 1jf. Z’heoer. 22, 44 ff. Auf der ficoro: 
nijchen Eifta bindet ihn Polyd. an einen Baum, 
wohl um ihn zu jchinden. — 2) ein Ktentaur, ward 
auf der Hochzeit des Peirithoos von den Lapithen 
erichlagen. Ov. met. 12, 245 ff. - - 3) ein Gefährte 
des Aineias, Sohn des Priamos, fiel im Nampfe 
mit Turnus. Verg. A. 12, 509. 

Amymöne j. Danaos. 

Amynander, 4uvvardgos, König der Atha- 
manen und Bundesgenofje der Nömer und Aitoler 
gegen Philipp V. von Makedonien. Im Striege 
der Römer gegen Antiochos den Großen von Sy- 
rien, in welchem Philipp auf der Seite der Nömer 
ftand, ſchloß er fih an Antiochos an, ward aber 
von Philipp aus jeinem Reiche vertrieben und 

üchtete nach Aitolien (191 v. E.), von weldyem die 

ömer feine Auslieferung forderten. Die Aitoler 
verweigerten dieje und jegten ihn im. 159 wieder 
in fein Reid ein. Pol. 16, 27. 18, 19. 22, 8 ff. 
Liv. 27, 30. 32, 14. 36, 47. 36, 14. 28. 38, 1 jf. 
_ Amyntas, Auvvrag, Name 1) mehrerer mafedon. 
Könige, insbejondere eines Sohnes des Arrhidaios, 
der dem Könige Pauſanias 390 v. E. die Herr: 
ſchaft entriß und bei jeinem Tode (369) von jeiner 
Gemahlin Eurydike 3 Söhne, Nlerander, Ber: 
diffas und Philippos, hinterlich; leßterer war der 
Bater Aleranders des Gr. (Just. 7, 4); daher heißt 
Philippos (Ov. Ib. 295) Amyntiades. — 2) tapfe: 
rer Feldherr Aleranders des Gr. Sohn des Andro: 
menes. Uurt. 4, 50, 28 (wo er als Taxiarch, ag- 
minis princeps, genannt wird). 7,2, 10ff. u. ö. 
Arr. 3,27. Auf jeinen Rat wagte Alexander gegen 
den Willen der übrigen Feldherren den lepten 
enticheidenden Sturm auf Tyros. Died. Sie. 17,45, 
Er fand im J. 330 bei dem Angriff auf eine fefte 
Stadt der Feinde feinen Tod. Curt. 7, 2, 10 ff. 
Arr. 3, 27. — 3) Mafedonier, der jein Vaterland 
verließ und nach Aſien ging, wo er Dareios Kodo— 
mannos gegen Alerander den Gr. diente und nad 
der Schlacht bei Iſſos mit 4000 griech. Söldnern 
nach Agypten floh, dajelbjt aber von den Agyptern 
erichlagen ward. Arr. 2, 6. 13. — 4) urſprünglich 
Staatsichreiber beim König Dejotarıs von Gala: 
tien, ging im Bürgerfriege von Brutus zu Antonius 
über (im 3. 43 v. E.), welcher ihm die Königs: 
würde erteilte. Den Antonius verließ er nach der 
Schlacht bei Netium und trat auf Octavians Seite. 
Er ftarb im J. 25. Plut Ant. 61. 63. Dio 
Cass. 47, 48. 50, 13. Vell. Pat. 2, 84. 

Amyntor, Auvveog, bei Homer König in dem 
thefialiichen Eleon, nach Ovid König der Doloper, 

ater des Phoinig, welcher legtere, weil er jeines 
Baters Geliebte antaftete, mit defjen Fluch beladen, 
zu Beleus entfloh. Hom. Il. 9, 432 d 10, 266. 
Ov. met. 12, 364 (j. Achilleus). Später joll 
ihn Serafles, den er nicht durch fein Gebiet ziehen 
lafien wollte, erjchlagen haben. Apollod. 2, 7,7. 

Amytläon j. Aiolos, 1. 

Avaßarns, dnoßarns. Bei einer Art des 
Wettfahrens ftand außer dem Wettfahrenden ein 
nvloyos auf dem Wagen. Jener jprang mun bei 
der legten Umfreifung der Bahn von Wagen herab, 
lief neben demfelben zu Fuße einher und ſchwang 
fi) furz vor dem Biel mit Hülfe des „»doyos 
wieder auf denjelben hinauf. Dies ſ. g. Apobata— 
jpiel war alt und befonders bei den Banathenaien 


Anacharsis — Anaphlystos. 


81 


üblich; Schon Erechtheus joll es ausgeführt haben. | In Sieilien und anderwärts feierte man der mit 


l. Desultores. 

Anacharsis, ‘Avazaooır, Name eines Skythen 
aus Föniglichem Gejchlechte, der auf den zu feiner 
Bildung unternommenen Reifen in Griechenland 
großes Aufjehen erregte durch jeinen Geift und fein 
ganzes Wejen, wie durch die Einfachheit jeiner Sitte 
und Lebensart, jo daß ihn einige jelbft unter die 
fieben Weiſen zählten. Er machte in Athen die 
Belanntichaft Solons und widmete fich dem Studium 
der Bhilojophie. Als er aber nach jeiner Rückkehr 
in die Heimat griechiichen Gottesdienst dort ein- 
führen wollte, joll er von feinem Bruder, König 
Saulios, getötet worden fein. Hdt. 4, 76f. Cie. 
tusc. 5, 32,90. Plut. 80.5. Die ihm zugeichrie: 
benen Dichtungen und 9 Briefe find unecht. 

Anadyomöne j. Aphrodite. ⸗ 

Anagnia, Arcyric, j. Anagni, Hauptſtadt der 
Herniker in Latium, auf einem Berge an dem 
Vereinigungspunkte der Via Praenestina und Via 
Lavicana, in fruchtbarer Gegend. Liv. 26, 23. 
27, 4. 29, 14 u. d. Verg. A.7, 684. Die Ber: 
jammlungen der Sernifer fanden auf dem circus 
maritimus ftatt. Liv. 9, 42. Im J. 305 v. C. 
erhielt die Stadt die civitas sine suffragio. Liv. 
9, 43. Cicero, der hier ein Landgut bejaß, nennt 
fie municeipium (pro dom. 30, 81). 

Anagnostes, drvayvasıns, auch lector, eine 
Gattung von Sklaven aus der Klaffe der servi 
(j- d., 5.) Hitterati, ein Vorleſer, von dem der 
wiflenichaftlich Gebildete ſich namentlich über Tifche, 
im Bade oder, wenn er fonft geiftig unbejichäftigt 
war, vorlejen lief. So Auguftus, jelbft wenn er 
nicht jchlafen konnte, Atticus, der ältere Plinius 
u. a. Suet. Oct. 78. Nep. Att. 14. Plin. ep. 
3, 5.9, 36. Auch öffentliche Borlefungen wurden 
im Theater von den Anagnoften gehalten. 

Anagogia, ra ‘Avayayız, a H der Abreije, wie 
Kerayayız, Feſt der Rückkehr. Ein jolches Opfer: 
feft feierte man bejonders auf dem Eryr in Sici— 
lien, wo man fingierte, die hier verehrte Aphrodite 
entferne ſich zugleich mit den ihr heiligen Tauben 
zu einer gewiſſen Zeit nach Libyen und fehre nach 
9 Tagen wieder zurüd. Aelian.n. a. 4,2. Ahn: 
liche ‚seite wurden zu Delos dem Apollon gefeiert. 

Anaia, Avale, Stadt in Jonien, Samos gegen: 
über, wohin im peloponnefiichen Kriege die ſami— 
ichen verbannten Dligarchen flohen. Z’hue. 8, 19. 
32, 4, 75. 8, 61. Sophofles war im Alter von 
55 Jahren Strateg Ev ro moös Avalovg molium, 
d. h. ım Feldzuge der Athener gegen jene, die 
ſich in Anaia verjhanzt hatten und von da aus 
operierten. 

Anaitis, 'Avaizıs, Anahita oder Ardvifura, eine 
Naturgottheit der Jranier, die Göttin der Quellen, 
der Fruchtbarfeit und des Lebens, in Armenien, 
Kleinafien u. a. Ländern in ausjchweifender Weije 
verehrt, mit der ſyriſchen Aftarte (j. d.) und der 
griechiichen Aphrodite identifiziert. 

Anakalypteria, r« Avraxalvarnioıe, der dritte 
(oder zweite?) Tag nad) der VBermählung, an wel: 
dem die Braut ſich zum erjtenmal unverjchleiert 
zeigte, woher der Name iava-nalumreın). Die 

euvermählte erhielt von dem Gemahl und beide 
von Berwandten und freunden Geſchenke, die auch 
araxaiverıpee hießen und in feierlichem Zuge 
in das Haus der Neuvermählten gebracht wurden. 

Nealteriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 


Sprache. 


Hades vermählten Kore Anakalypterienfeſte. 

Araxss |. Dioskuren. 

Anakröon, ’4vaxo:o», berühmter lyriſcher Dich: 
ter der Griechen aus Teos in Jonien, daher 6 
Tnıog, Teius. Er ftand bereits in den männlichen 
Jahren, als Harpagos, der Feldherr des Kyros, 
Jonien unterwarf (545 v. E.), und begab jic 
damals oder jpäter nad) Samos, wo er am Hofe 
des ſeit 536 herrichenden Tyrannen Polyfrates bis 
zum Tode desjelben blieb (522). Bon da an ilt 
er, jchon ein älterer Mann, auf Einladung des 
Hipparchos am Hofe der Peififtratiden in Athen 
big zu deren Sturz geblieben. Wohin er ſich nad) 
her gewendet, ift zweifelhaft; manche nehmen an, 
er jei nad) Teos gegangen und nad dem Auf— 
tande der Jonier unter Hiftiaios nach Abdera. 

b er, bevor er ſich En Polytrates begab, mit der 
Einwohnerichaft von Teos nadı Abdera in Thrafien 
wanderte, jteht nicht feit. Er ftarb in einem Alter 
von 85 Jahren, angeblich an einer Weinbeere (Plin. 
7,5. Val. Max. 9, 12, 8), wahricheinlich zu Ab: 
dera. — Die Poejie des An. ijt der aioliſchen 
fun ndt; fie ift wie diefe Ausdrud der per: 
jönlichen Gefühle und ftimmt im allgemeinen mit 
ihr in der äußeren Form wie in Seit und Inhalt 
überein; doc fteht er an Kraft und Tiefe des 
Gemütes weit hinter Altaios und Sappho zurüd. 
Ohne fittlich ernſte Lebensanſchauung und nur dem 
Genuß der Gegenwart frönend, wie er an dem 
üppigen Hofe des WPolyfrates und der andern 
Tyrannen, deren Verkehr er juchte, herrichend war, 
treibt er mit den Dingen um fich her ein leichtes, 
— Spiel; gewöhnlich dachte man ſich ihn 
päter als einen der Liebe und dem Wein er— 
gebenen Greis. Die Liebe und der Wein, Tanz 
und fröhliche Gejelligfeit waren die Lieblings: 
gegenftände feiner durd ihre Schönheit und An— 
mut berühmten Lieder; doch vermißte man au 
ihnen den arg Schwung der Gedanken und der 

uch jeine Versmaße zeigen die ioniſche 
Weichheit. Seine Sprache, in ioniſchem Dialekt, 
ift einfach und jteht der jchlichten Rede des ge- 
wöhnlichen Lebens nahe. Die echten Überreite 
feiner Dichtung, wenig zahlreich, find am beften be: 
arbeitet von Bergf (1834, jpäter in den poetae Iyriei 
Graec, III p. 253 ff.). — Die jogen. Araxoeor- 
reıa, Anafreontijchen Lieder, deren Samm— 
fung wir noch beißen, ftammen nicht von Anafreon 
er, jondern find jchwache Nachahmungen der ana: 
eontischen Poeſie aus verichiedener, zum Zeil jehr 
fpäter Zeit. Vgl. Welder KH. Schriften I ©. 261. 
I ©. 356. Ansgg. von Möbius (1826), Mehlhorn 
(1885), Bal. Noje (3. Aufl. 1876) und Berg, 
poet. Iyr. Graee. ill p. 296 ff. Bgl. Starf, quaestt. 
Anacreonticae (1846). 

"Avdzgıoıg |. Prozels, A, 6. 

Anaktorion, ‘Avaxrögıor. Vorgeb. in Afarna- 
nien am Eingang des Ambrafijchen Meerbujens, mit 
einer, um 630 v. C. gegründeten, Hafenſtadt der 
Korinthier (Thue. 1, 55), deren Bewohner Auguftus 
nach Nifopolis 508 (j. Ruinen Vonita). 

Ananios ſ. lambographen. 

Anäphe, Arvapn, j. Anaphi, ital. Nanfio, Spo- 
radeninjel öſtlich von Thera, bergig und wenig 
fruchtbar. Strab. 10, 484. Apollod. 1,9, 26. Apoll. 
Rhod. 4, 1709 ff. 

Anaphlystos, Ardpävsros, j. Anavijo, attijcher 

6 


82 


Demos an der Weftfüfte, mit einem guten Hafen, 
der nahen lauriichen Bergwerke wegen befeitigt 
(Hdt. 4, 99), Heimat des befannten Nedners und 
Demagogen Eubulos (j. d., 2.). 

Anäpos, Aranog, 1) alarnanijcher Nfl. des 
Acheloos. Thuc. 2, 82. — 2) Fluß auf Sicilien, 
mündet durd; Sümpfe fließend jüdlich von Syrafus, 
j. Anapo. Bei Dichtern oft erwähnt als der Ge- 
liebte der Quellnymphe Kyane. Op. met. 5, 412. 
Theoer. 1, 68. Himilko ſchlug an demjelben jein 
Lager auf, um Marcellus zur Aufhebung der Be- 
lagerung von Syrafus zu nötigen. Liv. 24, 36. 

Anartes (Ptolem. 3, 8, 5 "Avaeroı), nad) Cäſar 
(b. g. 6, 25) Bolf in Dacien, bis zu dem ber 
Hercynijche Wald reichte. Die An. jollen nördlich 
von den Dakern (in Rumänien und Siebenbürgen) 
gewohnt haben, aljoin Ungarn in den Theiggegenden. 

Anas, Avas, j. Guadiana d. h. Anasjtrom, einer 
der bedeutendjten Ströme Hifpaniens. Entjpringend 
im lamitanijchen Gebiet, bildete er ſeit Auguftus 
die Grenze zwiſchen Bätica und Lufitania und 
mündete bei Ejuris in zwei Mündungen (j. in 
einer) in den Atlantifchen Dcean. Seine Schiff: 
barkeit erftredt ſich nicht jehr weit. Strab. 3, 139 u. ö. 

Anatokismos, ararox:suös, usurarum usurae, 
ift das Schlagen der nicht gezahlten Jahreszinjen 
zum Sapital, was früher geitattet war und erft 
unter den Kaifern mehrmals bejchränft und von 
ne ganz verboten wurde. CGic. ad Att. 5, 21. 
6, 1. 

Anaua, r«@ Avava, Stadt in Phrygien zwiſchen 
Kelainai und Kolofjos an einem Salzjee (j. Chardaf 
Ghieuf). An ihr vorüber ging der Zug des Terxes. 
Iidt. 7, 30. 

Anaxagödras, Avafayögas, griechiicher Pilo— 
joph, der einen bedeutenden Wendepunkt in der 
Geſchichte der Philoſophie bezeichnet, gewöhnlich 
zu der älteren ionijchen Schule gerechnet und des: 
halb als ein Schüler des Hermotimos und (Ffäljch- 
lich) des Anarimenes (Cie. n.’d. 1, 11, 26. div. 2, 
27, 58) bezeichnet. Er war geboren zu Klazomenai 
in Lydien, 500 v. E., zog ſich früh von den öffent: 
lichen Angelegenheiten zurüd und widmete fich dem 
Studium der Wiſſenſchaften. Nach vielfachen Reifen 
fam er im 30. oder nad) andern im 45. Jahre 
jeines Lebens nad Athen (456), gerade in der 
Blütezeit des Perifles, mit dem er in vertrauten 
Umgang trat. Cie. de or. 3, 34, 138. Brut. 11, 44. 
Außerdem waren Euripides und Thufydides jeine 
Schüler. Cie. tusc. 3, 14, 29. Zuletzt wurde er, 
wohl wegen jeiner koſmologiſchen Anfichten, des 
Atheismus (wsEßeı«) angeflagt, aber durd) Berifles 
bon der Todesitrafe befreit, jei es nun, daß diejer 
jeine Losiprechung bewirkte oder ihm zur Flucht 
behülflich war, oder daß das Urteil überhaupt nur 
auf Verbannung lautete. Nach einigen wurde er 
war freigejprochen, verließ aber im Unmut die 
Stadt und ftarb zu Lampſakos 72 Jahre alt, 428. 
Als Philojoph hatte er nicht bloß das Verdienſt, 
die Philojophie von Kleinafien zuerft nad Athen 
verpflanzt, jondern auch in ihr ſelbſt ein geiftiges 
Prinzip der Dinge gefunden zu Haben. Dies ift 
ihm der wong, der zugleich ein bejtimmtes Ber: 
hältwis zu der weltgeftaltenden Thätigfeit einnimmt: 
ou00 ravıwv Ovrwr nal NEEUOVUVEW» TOP AMEIXOV 
zoövov, nlvncıw Zuronjonı tor voov nal dıe- 
»oiver (Aristot. phys. 8, 1). Auch unterjchied er 


Anapos — Anaxilaos. 


(duvauıs); diejes Eriftierende aber, die individuelle 
Materie, bejtehe im fich aus fich jelbit gleichen 
Zeilen, die zugleich unſinnlich (didı«) jeien; Dies 
find die berühmten omorousen, jpäter Öuosouspsı au 
genannt. Alles jei gemijcht außer dem »odg, diejer 
nur jei einfach, ungemiſcht und rein (awlong, 
awıyns, nadagog). Auch mit den gangbaren ajtro: 
nomijchen Vorftellungen harmonierte er nicht: Die 
Sonne war ihm eine feurige Maſſe (uvdoog dı«- 
xvoos), der Mond ein dunfler von der Sonne er- 
hellter Körper mit Bergen, Thälern, Wohnungen 2c. 
— Sein von den Alten auch in der Form ge: 
lobtes projaisches Werk meoi Pvosws ift nicht auf 
uns gefommen. Die Bruchjtüde find gefammelt 
und herausgegeben von Schanbad) (1827), Schorn 
(1829) und Mullach, fragm. philos. Graee. 1 
p- 213 ff. 

Anaxander, ivaßavögog, König von Sparta 
während des zweiten mejjenischen Krieges, aus der 
Familie der Agiaden. Hdt. 7, 204 

Anaxandrides, Avatavdgıäns, 1) ein Spar: 
taner, Sohn des Leon aus dem Geſchlechte der 
Ngiaden, Vater des Leonidas. Hdt. 5, 39 ff. 7, 204. 
— 2) König von Sparta, Sohn des Theopompos, 
Vater des Archidamos, Proflidve. Hdt. 8, 131. — 
3) aus Kameiros auf der Inſel Rhodos, Dichter 
der neueren Komödie in Athen um 375 v. C. Ein 
Mann von ausgezeichneter Perjönlichkeit, heiter, 
Flug und fein beobachtend, der erſte Komifer, 
welcher Liebesabenteuer zum Stoff wählte, ichrieb 
er 65 Stüde. Übrig find einige Fragmente und 
gegen 30 Titel, gefammelt von Meinefe, com. 
Graee. fragm. Bd. II p. 161 ff. (Bd. I p. 574 IR 
der Fein. Ausg.), u. Kock, com. Att fragm. II 
p. 135 ff. Auch Dithyramben werden ihm beigelegt. 

Anaxarchos, Arafapzos, aus Abdera, Schüler 
de3 Demofritos, begleitete Alexander den Gr. auf 
feinen a und erhielt den Beinamen zudar- 
norınog. Der Tyrann Timofreon (nach andern 
Nifofreon) auf Kypros foll ihn in einem Mörfer 
haben —— laſſen, um eine von ihm er— 
littene Beleidigung zu rächen. Cic. tusc. 2, 22, 52. 
n. d. 8, 33, 82. 

Anaxibios, Arckißtos, befehligte die jparta- 
nifche Flotte in Byzanz, als Xenophon den Reſt 
der 10000 dahin führte. Xen. An. 5, 1, 4. 7, 
1, 3 und 11. Als er im J. 389 Streifzüge am 
Hellespont machte, ſchickten die Athener den Iphi— 
frates gegen ihn. Bei Abydos geriet An. in einen 
Hinterhalt, den Iphikrates ihm gelegt, und fiel. 
Xen. Hell. 4, 8, 32 ff. 

Anaxiläos, Avabilaos, aud, ’Avafilas, 1) Ty- 
rann bon Rhegion, herſtammend aus Meffenien, 
bemädhtigte ſich Zankles auf Sieilien mit Hülfe 
vertriebener Samier und Milefier, bevölferte dann 
aber die Stadt mit Mefleniern und nannte fie 
Meflana. Hat. 6,23. Thuc. 6, 5. Dies fällt in 
die Zeit 497 bis 494 dv. E. Nach jeinem Tode, 
476, erhielt ein treuer Sklave, Mitythos (Smity: 
thos), die Vormundichaft über die Söhne, welde 
467 die Regierung übernahmen, aber jchon wach 
6 Jahren vertrieben wurden. Diod. Sie. 11, 48. 
66. 76. 2) ein Dichter der neueren attijchen 
Komödie, Berfaffer von 18 Stüden, dem e3 weniger 
an Nedefluß als an Maß und feinem Takte fehlte, 
wie das längſte jeiner Bruchftüde zeigt. Samm— 
lung derjelben von Meinefe, com. Graee. fragm. 


dies formelle Prinzip (Anfeysıe) von der Materie Bd. III p. 341 ff. (Bd. II p. 667 ff. der Hein. 


Anaximander — Ancora. 


Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. Il p. 264 ff. 


83 


Anazarbos, oder »2, Avafagßos, Avatapße, 


— 3) ein pythagoreifcher Philoſoph aus Larifja | bedeutende Stadt in Kilifien am gleichnamigen 
zur Beit des Muguftus, der ihn wegen jeiner | Berge und am Fluſſe Pyramos, jpäter Unesaren 


—— aus Italien verwies (28 dv. E.). 

der, Avabiuavögog, Soh des 
— geb. zu Milet 610 v. E., Freund oder 
Schüler des 30 Jahre älteren Thales, lebte am 
Hofe des Polyfrates auf Samos, wo auch Pytha— 
goras und Anakreon waren, und jtarb etwas nach 
546. Geine von den Späteren toi puceng be- 
titelte Schrift enthielt eine kurze Darftelluug jeiner 
Lehre im bildlich poetiicher Sprache. Wahrjchein- 
lich nur Abſchnitte diejer Schrift oder Fälſchungen 
waren die ıhm beigelegten Bücher von den Fix— 
fternen (mepi rw arlarav), opaipa und Umriß 
der Erde (yüs wegdodog), wenn nicht diejes viel- 
mehr eine, wahrſcheinlich nad phoinikiihen Vor— 
bildern entworfene, Erdfarte geweſen ijt. Die Erde 
hielt er für einen in der Mitte der Welt durd) 
gleihmähige Entfernung von allen Punkten des 
Unmfreijes gehaltenen walzenförmigen Körper. Daß 
der Kojmos ein Werben ift, hat er zuerſt willen: 
chaftlich fejtgejtellt. Auch mathematiiche Erfin— 
ungen, eine Sonnenuhr, eine Dünmelsiphäre u. a. 
werden ihm zugeſchrieben; vgl. Cie, div. 1, 50, 112. 

Als Element und Prinzip («ezn) ſetzte ex das Uns: 
endliche (rd @nesıpor), das er nicht näher be: 
ftimmte; denn daß die Ausführung bei Aristot. 
metaph. 1. 8, es werde auch ein Prinzip angenom- 
men, das dichter als Luft und dünner als Wajjer 
jei, bejtimmmt auf ihn bezogen werden müſſe, folgt 
auch aus Cie. acad. 2, 37, 118 nicht. Wohl aber 
ſagte er davon, daß es mavıe xcotexei⸗ xcel 
raüvra nußegväv, al roöro slraı To Peior' 
adavarov yap nal arwledgov. Abhandlung von 
Neuhäufer (1883). 

Anaximenes, Aradınevns, 1) Sohn des . 
ftratos, Philojoph, aus Milet und Freund oder 
Schüler des Anayimander genannt, geb. zwiſchen 560 
und 548 v. E., jegte in jeiner Schrift wegi @ucıog 
wieder an die Stelle der unbeftimmten Materie 
des Unarimander ein bejtimmtes Naturelement, 
und zwar die Luft ald das Zuſammenhaltende und 
Umgebende. Aus ihr entſteht alles auf dem Wege 
der Verdünnung (occogis) oder Verdichtung (mv- 
“vwaıs); jie it auch das Prinzip des Einzel: 
lebens: &# rovrov ra narıa „riyvesdau nal eis 
avror „rakın avahvechar‘ oio» N vor N nue- 
rege ang 006u Suyngurei juäs, xai Olov tor 
»osnov avedue zei ang meqıkyeı. Plut. de plae. 
phil, 1, 8. Bgl. Cic. n. d. 1, 10. acad. 2, 37, 118. 
— 2) Gejchichtichreiber aus Lampjafos, um 365 
v. E., gern gejehen im Gefolge Aleranders des 
Großen, jchrieb eine Art Univerjalgeihichte, "Ek- 
invıra, und außerdem unter dem Titel Drlımrzına 
die Thaten Philipps ſowie eine Geſchichte Aleganders 
(za zegl Altbandgov); es hat ſich aber wenig er- 
halten (gejammelt von C. Müller, script. rer. 
Alex. magni p. 33 f[.). Sein eigentlicher Beruf 
war die Rhetorik, im welcher er die Theorie des 
Siofrates befämpfte. Ihm hat man „die unter den 
Werten des Ariftoteles jich findende dnrogını) meög 
Akttavöpor zugeſchrieben, den ältejten uns er- 

nen Verſuch, die Theorie aus der 2. ab- 
zuleiten und mit Bei ielen zu belegen. Die beſte 
Ausgabe ift die von L. Spengel (1347), der auch 
der jiegreiche Bertreter diejer N iſt. Ujener, 
quaestt, Anaximeneae (1856) 


ad Anaz., unter Juftintan und Iuftin häufig von 
Erdbeben heimgejucht; Vaterftadt des berühmten 
Arztes Dioslorides; j. Anavarza, 
nchesmos, Ayzsouös, Berg unweit —* 

im NO. mit einem zw. des Zeus, j. Zur 
fovuni. Paus. 1, 32, ©. Attika, 2. 

Anchiäle, ayzıaan, 2 Stadt in Thratien am 

rg % türkiſch Ankhialo. Or. trist. 1, 9, 36. 

‚8319. — 2) auch Ayxielog gen., Hafen: 
pad sn Tarjos in Kilifien, nahe der Mündung 
es Kydnos, an dem Heinen Fluſſe Anchialeus, 

angeblidy eine Gründung des aſſyriſchen Königs 
Sanherib (j. d.) nach einem Seeſieg —— 
j. Merſina. Strab. 14, 672. Arr. 2, 5, 

Anchises, Ayzlons, Sohn des Kapys = der 
Themis, der Tochter des Ilos, Herrjcher in Darda- 
nos am da in Troas, Verwandter des Priamos. 
Stammbaum: Zeus, Dardanos, Erichthonios, Tros, 
Aflarafos, Kapys; der Bruder des Aflaralos war 
los, Vater des Yaomedon, des Baters von Pria- 
mos. II. 20, 215 ff. Aphrodite liebte den götter- 
gleichen Daun und gebar ihm auf dem da oder 
am Simoeis den Wineias (Hom. ymn. in Ven.). 
Da er jpäter feiner VBermählung mit Aphrodite bei 
den Menjchen ſich rühmte, tötete oder blendete oder 
lähmte ihn Zeus mit dem Blitz. Bei Bergil wird 
der gelähmte Anchijes von Aineias bei der Er 
oberung von Troja aus der Stadt getragen (A. 2, 
707 ff.) und begleitet den Sohn auf der Flucht 
übers Meer als treuer Berater; er ftirbt auf 
um (A. 3, 710) und it auf dem Eryr begraben. 

Ayzıoreia, der Kreis der erbberechtigten Ber- 
wandtjchaft, der jic) bis auf Bettersfinder des Erb: 
laſſers eritredte. i 

Aneile, ein Schild von elliptiicher Geſtalt, an- 
geblich jo genannt, weil er an beiden Langjeiten 
einen langrunden Ausſchnitt hatte (ancisile von 
amb und caedo, Varro I. 1.7, 43). Richtiger hat 
Corſſen das Wort auf die Wurzel cil (clupeus) 
zurüdgeführt. Das Ancile war die Hauptwaife 
der jalijchen Priefter. Der Sage nad) war das: 
jelbe vom Himmel gejallen, worauf Numa, um 
den Raub desjelben zu verhüten, zu dieſem noch 
11 ganz gleiche verfertigen ließ, da ihm die Nymphe 
Egeria verkündet, die —— desſelben bedinge 
die Erhaltun Roms. Or. fast. 3, 371 ff. Plut. 
Num. 13. Die Galier, denen dieje Schilde in 
einem Heiligtum auf dem palatin. Hügel anver- 
traut waren, trugen fie jährlich an mehreren Tagen 
des Monats März unter Abjingung von Liedern 
und Waffentang feierlich durch die Stadt und 
brachten fie am Ende des Monats — ihren Auf: 
bewahrungsort zurüd. ©. Salii, 1. 

Anecöna, 7) Aysor, j. noch — St. in Pice— 
num — iatiſchen Meer, jüdöftlich von der Mün— 
ung Des jis, auf 2 vorjpringenden gefrümmten 

ndzungen (daher der Name), die einzige gried). 
Stadt Mittelitaliens, von Syrafujanern um 394 
v. E. gegründet, jedoch erjt als römiſche Kolonie 
und nach Anlegung des trefflichen Hafens unter 
Trajan eine blühende See: und Handelsſtadt. 
Tempel der Benus, Triumphbogen des Trajan, 
Burpurfärbereien, Weizen und Wein der Umgegend 
waren berühmt. Strab. 5, 240 f. 
Aneöra, gried. @yrve«, der Anker; die Erfins 
6* 


84 Ancus Martius 


dung desjelben wird bald den Tyrrhenern Eupa— 
lamus), bald dem Könige Midas zugejchrieben, 
deſſen Anker noch zu Pauſanias' (1, 4, 5) Zeit im 
Tempel des Zeus zu Ankyrai aufbewahrt wurde. 
Anfänglich dienten ftatt der Anker Steine oder 
Felſen (Aoyyaveg), Stüde Holz mit Blei aus: 
gegoſſen, ftatt deren man auc Körbe mit Steinen 
oder Säde mit Sand nahm. Bei Homer werden, 
nachdem die Schiffe mit dem Hinterteile dem Lande 
zugefehrt waren, Anterfteine (evvad, eigentlich 
Nuhefteine) vom Vorderteile des Schiffs an Tauen 
ins Meer geworfen (Exßallsır), während bie 
Hinterteile der Schiffe dadurch feftgehalten wurden, 
daß man von da aus Sabeltaue am Lande feſt— 
band (zevurnoe avaypaı), an einen Baum ober 
an eine Felszade oder an einen dazu beftimmten 
Stein. Später fam man dann hi die eijernen 
mit Zähnen oder Widerhaten (gefrümmt, unci), 
daher ödörrsg, dentes, erft nur mit einem, £rs- 
oöorouor, nachher mit zwei, «upisrouo: oder 
aupißola. Die Anker lichten (aipsır as ayav- 
o«c, solvere oder tollere ancoras) bezeichnet die 
Abfahrt. Jedes Schiff hatte mehrere, der wichtigite 
aber, der nur in äußerſter Not gebraucht wurde, 
hie feo«, sacra, daher sacram ancoram solvere, 
zum letzten Nettungsmittel feine Anflucht nehmen. 

Ancus Martins (Mars-Diener), wahricheinlicd) 
ein Entel des Numa von mütterlicher Seite, mit 
dem er auch den friedliebenden Sinn gemein hat, 
war der vierte König von Rom. Die Zeit feiner 
Regierung dauerte 640 bis 616 dv. E. (114—138 
u. c.), Er wendete bejondere Aufmerkſamkeit auf 
Hebung des Gottesdienftes und Beförderung des 
Aderbaues, jorwie des Handels, weshalb er Dftia 


an der Mündung des Tiber gründete. Rom ficherte 


er durch Befeftigung des Janiculum auf dem jen- 
jeitigen Ufer des Tiber, über welchen er eine 
hölzerne Brüde bauen ließ. In jeinen Kriegen 
mit den Latinern, die ihn durch trogigen Wider- 
ftand zum Kampfe zwangen, eroberte er mehrere 
ihrer Städte und bevölferte mit ihren Bewohnern 
den aventinifchen Hügel. Zuletzt befiegte er das 
latinifche Heer in einer großen Schlacht bei dem 
Städtchen Medullia, worauf er wieder — 
Tauſend Latiner nach Rom verpflanzte. Dieſe in 
Rom angeſiedelten Latiner bildeten von jetzt an 
(außer den eingewanderten Handwerkern und Krä— 
mern und den Kleinbauern der Umgebung von 
Rom; den neuen Stand der Plebejer, die Plebs, 
eine zwar freie und durch Geſetze geichüßte, aber 
vorläufig von der Staatsverwaltung ausgejchloffene 
und ohne politische Nechte lebende Menge. Liv. 1, 
32 ff. Cie. r.p. 2, 18. 

Aneyra, "Ayrvoa, 1) j. Angora oder Engliri, 
Stadt in Großphrugien, angeblich eine Gründung 
des Midas, dann Hauptort der gallischen Tekto— 
jagen und zur Römerzeit Hauptftadt von Galatia 
prima. Geine günftige Lage an der großen Kara— 
wanenftraße hob den ungemein (Angoraziegen, 
Volle). Arr. 2, 4, 1. Curt. 3, 1. Liv. 38, 24. 
Aus Dankbarkeit gegen Auguſtus, der die Stadt jehr 
verjchönerte, erbauten die Bermohner demjelben und 
der Göttin Roma einen herrlichen Tempel, in 
deſſen Borhalle rechts und finfs der Thüre in die 
Marmorwand die von Anguftus felbit als Grab- 
fchrift verfaßte Überficht feiner Thaten in lateini— 
jcher Spradye eingegraben war, wie er fie den 
Bejtalinnen übergeben hatte und wie fie ſich aud) an 


— Andraimon. 


jeinem Maufoleum befand, mwährend eine griechi- 
che UÜberjegung "die Außenwand der Tempelcella 
chmückte. Von diefem Monumentum oder Mar- 
mor Ancyranum hat man jeit 1553 und 1861 
bedeutende Fragmente aufgefunden. Ausgg. von 
Th. Mommſen ı2.Aufl.1883, Hauptausg. u. im 3. Bd. 
des Corp. inser. Lat. p. 769 ff.; Textausgabe 
1884, jomwie von Bergk (1873). 2) Stadt in 
Phrygien am oberen Laufe des Mafeftos, j. Ruine 
Kiliſſo-Kibi. 
Andan ia, Avdavie, Stadt am Flüßchen Chara— 
dros unweit der Neda, Reſidenz der älteſten Könige 
Meſſeniens aus lelegiſchem Stamm, die Heimat 
des Ariſtomenes. Am Ende des zweiten meſſeni— 
ſchen Krieges von den Bewohnern verlaſſen, war 
ſie zu Epameinondas' Zeit noch nicht wieder be— 
wohnt; bei Liv. 36, 31 ein parvum oppidum, 
zu Banfanias’ (4, 33, 6) Zeit nur Ruinen. Be— 
deutend war der in der Nähe liegende Cypreſſenhain 
(Kapvasıov &lcog), in welchem Apollon, Hermes, 
Demeter und Kore, ſowie die Kabiren in einem 
Geheimkultus verehrt wurden. 
Andes. 1) oder Andi, Andegavi, Andecavi, 
alliiche Völkerſchaft an der unteren Loire in der 

udichaft Anjou mit der Hauptſtadt gleiches Namens 
oder Juliomagus (j. Angers jur Mayenne). Caes. 
b. g. 2, 35. 3, 7. 7,4. Tac. ann. 3, 41. — 2) Dorf 
in der Nähe von Mantua, wo der Dichter Vergilius 
geboren wurde, j. Pietola. 

Andokides, Avdorxiöng, Sohn des Leogoras, 
geb. zu Athen 468 v. E., nad) andern jpäter, der 
ge in der Reihe der zehn attiichen Redner. 

gehörte durch jeine Geburt der Partei der 
Ariftofraten an und befehligte die Flotte, welche 
Athen den Kerkyraiern im Anfang des peloponi. 
Kriegs wider die Korinther zu Hülfe jchidte ( Z’hue. 
1, 51). Später ward er in den Hermokopiden— 
Prozeß des Alfibiades (j. d.) verwidelt und, wenn 
er auch durdy Nennung der Schuldigen feine Frei: 
lafiung erwirfte und jeinen Vater, den er nebjt 
4 Brüdern genannt hatte, vettete, doch jelbjt vom 
Verdachte nicht gereinigt und mit Atimie beftraft, 
414. Plut. Alcıb. 18 f Thue. 6, 60. So begab 
er jich nad) einem Aufenthalte bei Archelaos von 
Mafedonien nah Kypros, um Handelsunterneh— 
mungen zu betreiben, von wo er 410 unter der 
Serrihaf, der Bierhundert zurücdtehrte, mußte aber 
gleich wieder nad Elis flüchten und konnte von 
dort erſt bei der allgemeinen Ammneftie nach dem 
Sturze der Dreifig (400) nach Athen zurüdtehren. 
Hier gewann er wieder politisches Anjehen, aber das 
Miflingen feiner Gefandtichaft nad) Sparta (394) 
bewirkte von neuem jeine Verbannung, im welcher 
er wohl geftorben ift. Bier vollftändige Neden jind 
von ihm vorhanden, einfach und kunſtlos, biswei- 
fen etwas breit: 1) xar’ Aunıßıadov (415), ficher 
unecht (Meier, opuse. Ip. 74. II p. 1); 2) zegl 
tus Eavrod xadodov (aus der Verbannung), ge: 
halten 410, auch angezweifelt; 3) weol rar uv- 
ornolov (400); 4) mepl rs moög Auxedaıno- 
»covs elomens, bezüglich auf jene Geſandtſchaft, 
gehalten um 392 (gleichfals angezweifelt). Ausgg. 
von Schiller (1835) und Blaß (2. Aufl. 1880), 
jowie in den Orat. Attici von Neisfe, Belter, 
Dobjon, Baiter und Sauppe, E. Müller. 

Andraimon, Ardoaiumv, 1) Bater des Thons, 
des Anführers der Nitolier im trojanischen Kriege. 
Hom. Il. 2, 638. Als die Söhne des Agrios ihren 


"Avdgsia — Andros. 


Oheim Dineus, Nönig don Kalydon, gefangen 
hielten, befreite ihn Diomedes. Dineus überlich 
darauf feinem Schwiegerjohn Andraimon die Herr: 
ichaft. Apollod. ı, 8, 1. — 2) Sohn des Orylos 
und Gemahl der Dryope. Op. met. 9, 363. 
Ardesie wurden die gemeinichaftlichen Mahl: 
zeiten der erwachjenen Männer bei den Kretern 


genannt, während die Künglinge fich in ayfAug 


jammelten (vgl. Syssitia). Mäßigkeit herrichte 
Dabei und Lobpreis der Borjahren, nebjt Ermun— 
terung zu guter Sitte, Jede Stadt hatte ihr 
eigenes Gebäude dafür. Die Fremden wurden 
darin mit großer Achtung behandelt, indem ihnen 
die oberiten Plätze (Ervixel roamsfaı) gegeben 
wurden; Onuartier wurde ihnen anderswo bereitet 
(»orunenewor). Hauptitelle Athen. 4, 143. 

Andriskos, "Avdoroxog, aus niedrigem Stande, 
gab fich für einen Sohn des legten Königs von 
Makedonien, Perjeus, aus und wiegelte die Make— 
donier gegen die römijche Herrichaft auf, 149 v. €. 
Unter dem Königsnamen Philipp regierte er. mit 
raufamer Strenge und behauptete ſich über ein 
Jahr lang gegen die römiſchen Feldherren, bis ihn 
D. Cãcilius Metellus ſchlug. Ein Fürft in Thra- 
fien lieferte den zu ihm geflüchteten aus, und An— 
driſtos wurde von Metellus im Triumph auf: 
geführt. Vell. Pat. 1, 11. Flor. 2, 14. Amm. 
Marc. 14, 11, 31. 

Androgeos, Ardooysos, Sohn des Minos, 
Königs von Kreta, wohnte dem nengeftifteten Feſte 
der Banathenaien in Athen bei und errang in 
allen Kämpfen den Preis, wodurd die Eiferjucht 
des Aigeus erregt ward, der ihn, ungewiß auf 
welche Weife, aus dem Wege räumen ließ. Des: 
halb überzog Minos die Aihener mit Krieg und 
legte ihnen Er ichimpflichen Menfchentribut auf, 
von welchem erjt Thejeus (j. d.) fie befreite. Zu 
jeiner Ehre wurden auf Minos’ Verlangen all- 
jährlich im Kerameifos Leichenjpiele gefeiert und 
er dabei unter dem Namen Euryghes verehrt. 
Apollod. 3, 1, 2. 15, 7 ff. Diod. Sie. 4, 60 f. Ov. 
met. 7, 456 ff. 

Androkleidas, Avdgoxisidag, ein Thebaner, 
bewog, von Tithrauftes beftochen, im J. 395 v. C. 
Theben zum Kriege gegen Sparta, wodurch der 
Rückzug des Agefilaos aus Aſien veranlaft wurde. 
Piut 1 „27. Xen. Hell.3,5,1. 5, 2,31. 
Andröl les, Ardgoxkäg, ein athenischer Dema— 
og, der nach dem Sturze feines hauptjächlichiten 
Genners Altibiades ich zum Haupte der Volks— 
partei aufſchwang, jpäter aber von der oligardji: 
ichen Partei befeitigt wurde. Thuc. 8, 65. Arıstoph. 
Vesp. 1187. Andoc. 1, 28. Plut. Ale. 19. 

Andröklos, "Avögoxkog, ein durch die Erzäh— 
fung bei Sen. benef. 2, 19, 1. Aelian. v. h. 7, 48 
und Gell. 5, 14, 10 ff. befannt gewordener Sklave 
eines röm. Profonjuls in Afrifa, der vor jeinem 
Heren in die Wüfte floh und von einem Löwen, 
dem er Durch Ausgiehung eines Dorns den Fuß 
geheilt, ernährt ward. Als er jpäter die Höhle 
desjelben wieder verließ, geriet er in die Gewalt 
jeines vorigen Herrn und wurde zum Tierfampfe 
verurteilt. Eine wunderbare Fügung wollte, daß 
er mit jenem inzwiſchen eingefangenen Löwen 
fämpfen jollte, der ihn nicht nur nicht angeiff, 
ſondern dankbar liebkoſte. Er erhielt mit der Frei— 
heit den Löwen zum Geſchenk, der zum zweiten— 
male jein Ernährer wurde. 


85 


Ardgoinwie., avdeolıpıor, eigentlich Men- 
ichenraub. Es bejtand in Athen folgendes Gejeh! 
Ear rıs Palo Yararo anodern, vrko rovcov 
roig roosınoVCıw Eivaı rag ardpoimplug, Zug 
av 7) Öluag tod Povov Umösywerw 7) toüg dro- 
xteivavrug dndacı. rim di andoolnypiar sivaı 
usxet reıwr, mAtov ö2 un (Dem. Aristoer. p. 647). 
Der Sinn diejes Geſetzes, wie ſich aus dem Zu— 
ſammenhang ergibt, ift folgender: Wenn ein Athener 
in einem fremden Staate eines gewaltiamen Todes 
ftirbt, jo haben die Verwandten naturgemäß die 
religiöje Pflicht den Mord zu rächen. Wenn fich 
nun der betreffende Staat weigert Genugthuung 
zu geben oder den Mörder auszuliefern und alio 
das Verbrechen gewiflermaßen auf jih nimmt, jo 
darf der Verfolger des Mordes gegen die An— 
gehörigen des fremden Staates Androlepfie bis zu 
3 Perſonen ausüben, die er dann in Athen vor 
Gericht zu ftellen hat, matürlich auf dem Wege 
einer gerichtlichen Klage (yeapn). Was in diejem 
Falle das Schickſal der Geraubten war, wiflen wir 
nicht. Wurde die arögoinpie als unrechtmäßig 
erfannt, jo verfiel der Kläger in Strafe. al. 


ı Meier u. Schömann, att. Prozeh ©. 344 ff. d. 2. Aufl. 


Andromäche, Avögouayn, Gemahlin des Tro- 
janers Heftor und Tochter des Eition (}. d.), Königs 
im hypoplatiichen Theben, einer Stadt der Kilikier 
in Myſien, Mutter des Aſtyanax. Homer jchildert fie 
uns als eine der edelften Frauen, die zu ihrem ebenjo 
edein Gatten die treuefte, zartefte Liebe hegte, jei: 
nen Tod tief betrauerte und ihm jpäter noch ein 
liebendes Andenken bewahrte. Hom. Il. 6, 392 ff. 
22, 460 ff. Acilleus’ Sohn, Neoptolemos, führte 
fie nah dem trojaniichen Kriege mit fich nach 
Phthia oder nad) Epeiros, wo fie ihm 3 Söhne 

ebar, überließ jie aber jpäter dem Sohne des 
iamos, Helenos, dem ein Teil von Epeiros zu: 
zu war. Verg. A. 3, 294 ff. Sie ftarb in 
fien, wohin jie dem PBergamos, ihrem dritten 
Sohne von Neoptolemos, gefolgt war. 

Andromäda, Ardgousd«, Tochter des Kephens, 
Königs von Withiopien. Als deſſen Gemahlin 
Kajfiopeia durch ihren Stolz auf ihre Schönheit 
die Nereiden beleidigt hatte, ftrafte Poſeidon das 
Reich des Kepheus durch Sendung eines Meer: 
ungeheuers, dem nad einem Drafel Andromeda 
vorgeworfen werden mußte. Die an einen Felſen 
Gefeſſelte rettete Perſeus (j. d.), dem ihr Vater fie 
troß eines feinem Bruder Bhineus gegebenen Ber: 
iprechens vermählte. Darüber fam es zwijchen Ber: 
jeus und Phineus zum Kampfe, in welchem Phineus 
zuletzt durch das Gorgonenhaupt verfteinert ward. 
Apollod. 2, 4, 3ff. Ov. met. 4, 670 ff. 5, 1 ff. 

allas Athene verjehte Andromeda unter Die 
Sternbilbder. 

Andronikos, '4vdoörıxog, ein Beripatetifer aus 
Rhodos, lehrte Philofophie zu Nom im Zeitalter 
des Auguftus. Er hatte ein Werk über Ariftoteles 

eichrieben (Gell. 10, 5) und die Schriften diejes 
bilojophen und des Theophraft in Ordnung ge: 
bracht. Die ihm zugejchriebenen Schriften find aus 
der Nenaiffance. — Denjelben Namen führen viele 
byzantinische Kaijer und Staantsmänner. 

Andros, 7) "Avögos, j. Audros, die nördlichite 
Kyfladeninfel, nur 1Y, Meile von der Südipige 
Euboias entfernt, gegen 6 ML. groß, dem Dio- 
niyſos heilig. Sie ftieg bald zu Macht empor, jo 
daß fie um 650 dv. C. ſchon die Kolonien Afanthos, 


86 Androsthenes — 
Stageira u. a. gründen fonnte (Thuc. 4, 84. 88). 
Stadt gleiches Namens mit dem 2°, St. entfern: 
ten herrlichen Hafen Gaurion (Bort Gavrio) an 
der Südweſtſeite, der eine ng Flotte faht. 
Nadı den Perjerkriegen, mo fe n Perſern zu— 
gethan geweſen war, wurde ſie von den Athenern 
unterworfen und bedrückt. Später kam ſie unter 
makedoniſche Botmäßigkeit, dann an Attalos (Liv. 
31, 45) und mit der pergameniſchen Herrſchaft 


an Nom. 

Androsthönes, Yrdoochrvng, Sohn des Halli: 
ftratos aus Thajos oder Amphipolis, beteiligte 
jich an den Kriegszügen Aleranders und gab rns 
"Ivdınng mapdrkovg heraus, ein Werk, von welchem 
Bruchjtüde erhalten find, gejammelt von Müller, 
seriptor. rer. Alex. M. p. 72 ff. ®gl. Arr. 7, 20. 
Ind. 18, 7. Athen. 3 p. 93b. 

Androtion, Avdgoriov, Sohn des Andron aus 
Athen, Schüler des Iſokrates. Härte in der Ein- 
treibung der Stenerrefte veranlafte Euflemon und 
Diodoros zu einer Klage zagavöun» gegen ihn, 
für welche Demofthenes dem zweiten Antläger die 
noch vorhandene Rede jchrieb; derſelbe verfaßte 
auch die Rede zgesen Timofrates, den Helfershelfer 
des N. bei der Wegnahme eines ägyptiſchen Handels: 
ſchiffs. N. zog fi nach Megara zurüd und fchrieb 
dort die Ardis, eine Gefchichte Athens von den 
älteften Zeiten bis mindeftens DI. 108, 3 (346 
dv. E.). Die Bruchftüde find mit denen des Phi: 
(ochoros herausgegeben von Siebelis (1811) und 
von Müller, fragm. hist. Graee. 1 p. 371 ff. 

Anemurfum, Arcuovotor, j. Kap Anamur, 
die äußerſte Südfpige Kilikiens, öftlich neben dem 
Berge Kragos. Im N. O. von der Landipige lag die 
gleichnamige Stadt. Liv. 33,20. Tae. ann. 12, 55. 

Angeröna, römijche Gottheit von ungewiſſer 
Bedeutung. Sie galt als Schuggöttin Noms, wurde 
erflärt als Göttin des Schweigens, weil fie mit 
dem Finger auf dem Munde abgebildet wurde, 
oder als die Göttin, welche Angft und Bejorgnis 
erregt, aber aud) davon befreit (Maerob. Sat 1, 10); 
ihr Bild ftand auf dem Altar der Volupia, der 
ihr ganz entgegengejegten Göttin. An den Ange- 
ronalia (21. Dez.) brachten ihr die Bontifices im 
Heiligtum der Bolupia ein Opfer. Varro 1.1. 6,28. 

Angli, ein germanifcher Volksſtamm in ber 
Mitte des nordweftlichen Deutichlands bis in die 
eimbriſche Halbinjel hinein, von wo aus fie jpäter 
(um 430 n. €.) mit den Sachen nad Britannien 
wanderten; vgl. Tac. Germ. 40. 

Angrivarii, jpäter Angern, Engern, eine deutiche 
Vollerſchaft füdlich von den Chauken, zwifchen den 
Brufterern (im ©.:W.) und Fojen (S.-D.) zu bei- 
den Seiten des Bijurgis (Wejer), von den Cheru— 
jfern durch einen Erdwall gejchieden. Tae. ann. 
2, 19. Nach Tac. Germ. 33 nahmen fie fpäter 
auch das Land der Brufterer ein. 

Anguitia oder Angitia, Aneitia, Göttin der 
Marſer und Marrubier, der Ummohner des Sees 
Fucinus, eine Zauberin und Heilgöttin. Sie foll 
einft im einem Hain an dem See gewohnt und 
den Gebrauch der Gegengifte gelehrt, ſowie die 
Schlangen durch Zauberiprüche erwürgt haben. 
Spätere identifizierten fie mit Kirke oder Medeia 
oder machten F zu einer Schweſter beider. Nemus 
Anguitiae, Verq. A. 7, 759, 

Aniefus, 2. An. Gallus, befiegte als Prätor 
(168 v. E.) den Bundesgenofjen des Berjeus, König 


Anna Perenna. 


Gentius von Illyricum, nahm ihn gefangen und 
führte ihn im ZTriumphe nach Rom. Liv. 44, 
21 ff. 45, 48. 

Aulo (früher Anien), Arlo», jest in feinem 
oberen Laufe Aniene, im unteren Teverone, Fluß 
Italiens, entipringt bei Treba im Hernifergebirge, 
bildet in reifendem Lauf bei Tibur berühmte 
Wafjerfälle (daher praeceps, Hor. od. 1, 7, 18) 
und macht die Grenze zwijchen Latium und dem 
Sabinerlande; 3 Millien nördlich von Rom mündet 
er in den Tiber. Er wird oft genannt von den 
Alten. Bon Tibur aus führte eine der älteften 
gg” ginge 5 Waſſer nach Nom, angelegt 265 
v. C. von M’. Eurius Dentatus aus der Bente 
des pyrrhiſchen Krieges; eine andere Waflerleitung 
ward von Caligula und Claudius eingerichtet. In 
den Anio flo auch der Digentiabach des Horaz 
(ep. 1, 18, 104). 

Anios, Avıos, Sohn des Apollon und der 
Kreija oder der Rhoio; dieſe ward von ihrem er: 
zürmten Bater Staphylos in einem Kalten dem 
Meere itbergeben, worauf fie nach Delos trieb und 
bier den An. gebar. Npollon lehrte ihn die Weis- 
jagung und machte ihn zu feinem Priefter und zum 
König der Inſel. Diod. Sie. 5, 62. Die Griechen 
unterjtüßte er bei ihrem Zuge nad) Troja (ſ. Oino- 
tropoi). Mineias fam auf feiner Fahrt nad) 
Delos zu ihm (Verg. A. 3, 80. Or. met. 13, 632) 
und foll des Anios Tochter Lavinia, eine berühmte 
Weisjagerin, geheiratet und mit nach Italien ge: 
nommen haben (Dion. Hal. ı, 59). 

Ankaios , Ayxaios, 1) Sohn des Lyturgos aus 
Arkadien, Argonaut und falydoniicher Jäger, von 
dem talydonithen Eber getötet. Apollod. 1, 8, 2. 
Ov. met. 8, 391. Sein Sohn Agapenor, Führer 
der Arkader vor Troja (Tl. 2, 609), gründete, auf 
der Heimfahrt nad) Kypros verichlagen, die Stadt 
Paphos nebft einem Heiligtum der Aphrodite. — 
2) Sohn des Pofeidon, König der Yeleger auf 
Samos, wohin er aus dem fephallenischen Samos 
eine Kolonie geführt haben ſoll. Einſt weisjagte 
ihm ein Scher, er werde von den Neben, die er 
eben pflanzte, feinen Wein trinfen. Paus. 7, 4,1. 
Als er nun jpäter, des Sehers fpottend, den vollen 
Becher in der Hand hielt, ſprach diejer die ſprich— 
wörtlich gewordenen Worte: woll« uera&o melsı 
»vlınog ral zrilso: Ängov, multa cadunt inter 
ealicem supremaque labra. Plößlich fommt die 
Nachricht, ein Eber verwüjte das Land; W. fett 
den Becher ab, eilt hinaus und wird von dem Eber 
getötet. So hat fid das Wort des Sehers erfüllt. 

Ankfra j. Ancyra. 

Anna Perenna iſt die Göttin des Jahres, deren 
Felt die Römer mit dem nen erwachenden Jahre, 
dem Beginne des Frühlings am 15. März, unter 
Scherz und fröhlichen Gelagen auf dem Marsfelde 
feierten. Man flehte die Göttin an: ut annare 
perennareque commode liceat. &ie gab lange 
Lebensdauer, Glüd und Gejundheit und reichlichen 
Vorrat. Darauf gründet ſich auch die Sage, daß 
ein rüftiges altes Weib, Namens Anna, dem röm. 
Volfe, als es ng den heiligen Berg entwichen 
war, täglich aus der Vorftadt Bovillä friſch ge: 
badenes Brot in Menge Augetrogen habe, mes: 
halb ihr nach der Rückkehr in die Stadt ein Heilig: 
tum errichtet worden jei. In Dvids Leit ver: 
mengte man diefe Göttin mit Anna, der Schweiter 
der Dido, und erzählte, fie jei von Karthago nad 


Annaei — Annnulus. 


Atalien zu Aineias geflohen und habe fih, von 
der Eiferjucht der Lavinia verfolgt, in den Fluß 
Numicius geftürzt, an welchem ſpäter auch Aineias 
(f. d.) — als Nymphe des Fluſſes ſei 
ſie unter dem Namen Perenna verehrt worden. 
Or. fast. 3, 523 ff. Mommſen (unterit. Dial. ©. 248) 
erflärt fie als ampis perennis, weil fie an den 
Flüſſen um die Mitte des März verehrt wurde, 
wo dieje ſich von neuem füllen. 

Annaei j. Seneca und Lucanus. 

Annäles se. libri. Wie überall bei den alten 
Völlkern, zeichneten auch in Rom in den älteften 
Zeiten die Priefter die merkwürdigſten Ereignifje 
Des Jahres in den Annalen oder Jahrbüchern an, 
bejonders die Pontifiees oder der Rontifer Mari: 
mus; daher heißen dieſe Jahrbücher annales oder 
annales (commentarii) pontifieum. Sie dienten 

nächft nur der Gegenwart, wurden aber für die 
pätere Zeit aufbewahrt und reichten bis anf den 
Bontififat des Mucins Scävola (138 dv. E.) herab, 
in jpäterer Zeit nach SO Büchern redigiert. Cie. 
ne «7.2, 12,52. legg. 1,2,6. Sere. ad Verg. A.1, 
377. Gell, 2, 28, 6. Wegen ihres offiziellen Cha— 
rafter8 heißen fie waximi (nad Feſtus, weil fie 
vom Pontifer Mar. geführt wurden). Da aber 
die Stadt 389 v. E. in Flammen aufgegangen 
war, jo fönnen die auf die älteren Zeiten bezüg- 
lichen Teile nur ans der Erinnerung aufgezeichnet 
und darum minder glaubwürdig geweſen fein. 
Bol. Peter, bistor Koman. fragm, p. 3 ff. 
Neben der öffentlichen Geſchichtſchreibung ging die 
Familientradition her. Die Verichmelzung diejer 
und der öffentlichen Tradition begann in den Zeiten 
der litterarifchen Sefchichtichreibung, jeit den Fa— 
biern. Zuerft wird die Zeitgeichichte von den Mit- 
gliedern der angejehenften Geichlechter memoiren: 
artig behandelt, anfangs in griechiicher Sprache 
und mehr in verjönlichem und im Partei⸗-Intereſſe. 
So von Fabius bis auf Sulla und Catulus. Diejer 
ariftofratiischen Mempoirenabfafjung fteht die Tatei- 

i onif gegenüber (Nävius, Ennins). 
Roltstümlich Ichrieben Eafjins Hemina und Cal: 
purnius Piſo Frugi in latein. Spradye. Von der 
Beit der Grachen an wächſt die Zahl der Ge- 
ichichtichreiber und ihrer Bücher; die ariftofratiichen 
Barteiführer jchrieben nun auch lateinisch mit 
politijcher Tendenz: Cornelius Sijenna (um 80, 
bis zu Sullas Zeiten), einer der ansgezeichnetiten, 
neben ihm D. Claudius Duadrigarius (beionders 
über die Zeit vom Brande durd die Gallier bis 
Sulla), der wegen jeiner Unzuverläffigfeit und 
jeiner groben Übertreibungen oft von Livius (der 
die Annaliften vielfach benußt) getadelte Valerius 
Antias und andere weniger hervorragende. Ob: 
jchon aber ſeitdem die Gejchichtichreibung in immer 
mehr fünftleriicher Form behandelt und ausgebildet 
wurde, ward dennoch der Name Annalen oftmals 
beibehalten, namentlich wenn der Stoff aus der 
von dem Berfafler nicht mit durchlebten Zeit ent- 
nommen und vorzugsweiſe nad chronologiicher 
Ordnung behandelt wurde. So wird des Tacitus 
Wert: Ab excessu divi Augusti unter dem Namen 
der Annalen noch Heute der Abkürzung wegen 
auf Grund von Tac. ann. 3, 65 fäljchlich bezeichnet. 
Mit Verfall der altrömiichen Litteratur artete die 
Geichichtichreibung wieder in Annaliftit (auch Chro- 
niea) ans. 

Aunikeris, Arvixegis, ein kyrenaiſcher oder 


87 


hedoniſcher Philojoph aus der Schule des Ariftip- 


pos, Nachfolger des Hegefias (j. d.), der die Genuß: 
Ichre zu veredeln und auf fittliche Berhältniffe aus: 
zudehnen bemüht war: zaigsır yag Nuds un 
uövor dml Idorais. alla val Imi öukiaıg nal 
Int giloriudaıs (Clem. Al. strom. 3, 417 B). 
Seine Anhänger hießen Arrınkgsuor. 

Anni, ein weitverzweigtes römiſches Geſchlecht, 
aus dem folgende Namen bejonders hervorzuheben 
find: 1) 2. Ann, aus Setia, latiniſcher Prätor 
310 dv. E., verlangte von Rom range Te 
Latiner mit den Römern, beionders aber Wahl 
eines Konſuls und der Hälfte der Senatoren aus 
den Latinern, ftarb aber eines plöglichen Todes, 
da er geiagt haben ſoll, er troße dem Jupiter der 
Römer. Liv. 8, 3f. — 2) T. Ann. Lufens, 
Konful 153 v. E. (Cie. Brut. 20) und Redner. 
— 3) €. Ann. Luſcus, focht im Kriege gegen 
Jugurtha unter DO. Metellns (Sall. Jug. 77) und 
gegen Sertorins (im %. 81). Put. Sert. 7. 
4) T. Ann. Milo, ſ. Milo. — 5) 2, Anm. 
Cimber, ein römiicher Redner, der dem Antonius 
unbedingt ergeben und von dieſem 44 v. C. zur 
Prätur befördert war; von Cicero (Phil. 11, 6. 
13, 12) —— Ermordung ſeines eigenen Bruders 
ironiſch lhiladelphu⸗ genannt, auch im allgemei— 
nen als ein nichtswürdiger Menſch geichildert. — 
6) Ann. Gallus, ein Feldherr des Kaiſers Otho, 
69 n. E,, nahm teil am Kampfe gegen Bitellius, 
entjegte Placentia und focht mit in der Schlacht 
bei Bedriacum. Plut. Oth.5ff. Tae. hist. 2, 11. 
23.44. Auch diente er ſpäter dem Beipafian im 
Kampfe gegen Claudius Civilis. Zac. hist. 5, 19. 
— TIP. Ann. Florus, tgat noch jung unter 
Domitian im capitolinifhen Agon auf, ging auf 
Reifen und betrieb in Tarraco die professio litte- 
rarum, Unter Hadrian war er in Rom. Bon 
ze ift nenerdings ein Dialog über die Frage 

ergilius orator an poöta in Brüffel aufgefunden 
und zuerft von Ritich! (Rhein. Muſ. IT ©. 302 
314), ſodann von D. Jahn und von Halm zu: 
gleih mit dem Hiftorifer Florus (ſ. d.) heraus: 
gegeben worden. Auch Poetiiches jcheint auf ihn 
urüdzuführen. — 8) Annia, Gemahlin des Einna, 
heiratete nach dejien Tode 84 v. E. den M. Piſo, 
wurde aber auf Sullas Befehl von dieſem ver: 
ftoßen. Well. Pat. 2, 41. 

Annöna, eigentlich Jahresertrag sec hieß 
beſonders das Getreide, das auf Staatskoſten in 
Magazinen aufgehäuft wurde, um in Zeiten der 
Teuerung an die ärmeren Bürger zu niedrigen 
Preiſen oder ganz unentgeltlich überlaſſen zu wer— 
den. Bisweilen find annonne die den Soldaten 
pen Portionen. — Als Berjonififation ift 

. dargeftellt mit dem Füllhorn in der Linken und 
mit n in der Rechten. 

Annülus oder Anülus. Bor alters trugen die 
Nömer einen einfachen eifernen Siegelring, fpäter 
bededten fie ihre Finger mit goldenen Ringen, 
welche von Gemmen und Edelfteinen ftrahlten und 
zu deren Aufbewahrung man bejondere Käftchen 
oder Daktyliothefen hatte. Während fie jpäter zum 
Schmud dienten, waren fie früher ein Inter: 
jcheidungszeichen der Stände. Die antifen eifernen 
Ninge wichen bald den goldenen, welche die ge: 
meinfame Auszeichnung aller Senatoren und Magi- 
ftrate wurden, bis auch die Ritter das ins an- 
nuli aurei erhielten. Die Plebejer trugen blof; 


88 


eiierne, wenn nicht einer wegen feiner Berdienfte 
im Krieg oder Frieden jenes Necht und dadurd 
zugleid die Nitterwürde befam, vorausgejcht, daß 
er den nötigen Cenſus hatte. In der Kaijerzeit 
war die Verleihung des goldenen Ringes nicht 
jelten, und ſogar Freigelafjene erhielten dieje Aus: 
zeichnung, wodurch fie ingenui und, falls fie das 
erforderlihe Vermögen bejaßen oder irgendwie 
empfingen, auch equites wurden. Dadurch verlor 
der Ring jeinen früheren Wert. Seit Hadrian 
bedeutete das ins annuli aurei nur eine halbe 
oder indirefte Ingenuität mit dem Privilegium, 
ein Öffentliches Amt zu befleiden und auch wohl 
bis zum eques fortzuichreiten. Plin. 33, 1. — 
Mannigfach war der Gebrauch der Ringe zum 
Siegeln, 3. B. bei Briefen, zur Beglaubigung von 
Urkunden und Berträgen, zur Berfiegelung der 
häuslichen Vorratsfammern, Kater und Kiſten, um 
die diebiichen Hände der Sklaven abzuhalten. Bei 
Verlobungen pflegte der Bräutigam der Braut 
einen annulns (dem ſ. g. pronubus) zu geben. 
Plin. a. a. ©. In der Trauer legte man die 
Ninge ab. Lie. 9, 7. — Auch bei den Griechen 
hatten die eifernen Ringe zu gleichen Sweden ge: 
dient, daher opeayidrs. Das Tragen toftbarer 
Ninge gilt bei Ariftophanes (Nub. 332. Ecel. 632) 
als Zeichen eines Stutzers. Die Sitte jcheint aus 
Aſien gelommen zu von 

Annus j. Jahr, 11. , 

Anquisitio heißt in dem römischen Kriminal- 
prozei derjenige Teil der Anklagebill (rogatio), 
welcher den Strafantrag enthält. Liv. 26, 3. Nach 
dem Aufhören der Bolksgerichte bezeichnete an- 
quisitio und anquirere im allgemeinen die An 
Hage überhaupt. Tac. ann. 3, 12. 

Anser, ein feder und anmaßlicher (procax, 
Or. trist. 2, 435), aber wohl nicht ganz verwerf- 
licher Dichter der augufteiichen Zeit, der von 
M. Antonius ganz bejonders begünftigt und mit 
dem falerniihen Landgut beſchenkt ward (Cie. 
Phil 13, 5, 11). Ob er die Thaten jeines Gönners 
in einem epifchen Gedicht verherrlicht, wiflen wir 
nicht mit Bejtimmtheit; ficher war er Berfafler 
erotifcher Lieder. Abhandlung von R. Unger (1858). 

Antaios, Avraios, Sohn des Pojeidon und der 
Se, Herricher in Libyen, ein gewaltiger Rieje, der, 
jolange er die Mutter Erde berührte, im Ringen 
unüberwindlich war. Er zwang alle Fremdlinge 
mit ihm zu ringen und tötete die Befiegten. 
Herafles erwürgte ihn im Ringfampf, indem er 
ihn bon der Erde emporhob. Sein Grab war bei 
Tingis in Mauretanien. Apollod. 2, 5, 11. 

Antalkidas, Avraixidac, ein durch Schlauheit 
und —— ſowie durch ſeinen ränkevollen 
Charakter befannter Spartaner, wurde 393 v. €. 
von ſeiner Vaterſtadt an den perſiſchen Statthalter 
Tiribazos nach Kleinaſien geichidt, um durch ihn 
den Berjerfönig zu veranlaffen, den Athenern die 
bis dahin gegen Sparta geleiftete Unterftügung zu 
entziehen. Die Athener und ihre Bundesgenoſſen 
ſchickten gleichfalls Gejandte nach Perfien. Xen. 
Hell. 4, 8, eg: Aber Artarerres II. Mnemon 
wies anfangs des Antallivas Vorjchläge zurüd, 
bis ihn die Athener durch Unterftügung des 
Euagoras von Kypros reisten. Da gelang es dem 
Antalfidas, jeine Anträge dem Perjerfönig an- 
nehmbar zu macen, und diejer veriprady den 
Spartanern Hülfe, wenn Athen und feine Ber: 


Annus — Anteius. 


bündeten die Friedensvorichläge nicht annehmen 
würden. Da die jämtlichen griechiichen Staaten 
durch den langen Krieg erichöpft waren, wurde der 
jogenannte Friede des Antalktidas abgeichloffen, 
durch den unter andern die Selbitändigfeit der 

lenifchen Staaten mit Ausnahme der Inſeln 
!cmnos, Skyros und Imbros feitgejebt, die griechi: 
ſchen Städte in Aſien jchimpflichermweiie den Ber: 
fern preisgegeben wurden, und nach welchem jeder, 
der nicht den Frieden annähme, aller übrigen Feind 
fein jollte, 887 (oder Anfang 386) v. C. Xen. 
Hell. 5, 1, 30 ff. Plut. Ages. 23. Art. 21f. Da: 
durch befamen die Spartaner Gelegenheit, ihre 
Hegemonie zu Lande wieder zu befeftigen. Antal: 
fidas, vom Perſerkönig nachmals verächtlich be— 
handelt, tötete fich ipäter aus Gram durch frei: 
willigen Hungertod. Plut. Art. 22. 

Antandros, 1) 7 "Arrawdeos, Stadt am Adra- 
mpttiichen Meerbujen in Myſien am Fuße des 
da, von PBelaigern oder Lelegern gegründet, von 
Aioliern eriveitert. Ruinen bei Bapazlü. Hat. 5, 26. 
7,42. Thuc. 4, 52. 8, 108. Xen. Hell. 1, 1, 25 
u. d. Hier joll Mineias fi eingejchifft haben. 
Verg. A. 3, 6. — 2) 6 "Arrandoog, a) ein Bruder 
bes Tyrannen Agathoffes in Syrakus, deilen Leben 
er beichrieb. — b) Anführer der Mefjenier. Paus. 
4,7, 4. 

Antarädos, Irrapados, früher Karnos oder 
Karne geheifen, Stadt an der Nordgrenze bon 
Phoinitien, 1 Stunde nördlich Arados gegenüber, 
deilen Hafen ‚und Vorftadt es war, jpäter Eon: 
ftantia, j. Tartiis. 

Anteambulönes hießen die Stlaven vornehmer 
Nömer, welche vorausgehen und im Gebränge mit 
dem Rufe: date locum domino meo, nötigenfalls 
aucd mit Gewalt, Pla machen mußten für den zu 
Fuß oder in der Sänfte (lectica) folgenden Herrn. 
Plın. ep. 3, 14. Es wird auch gebraucht von dem 
Klienten, die ihren Patronen eine ähnliche Auf: 
merkſamkeit erweijen mußten (Mart. 2, 18. 3, 7), 
ſowie zur Bezeichnung einer niedrigen Geſinnung. 
Suet. Vesp. 2. 

Antecessöres, 1) (antecursores, Caes. b. g. 5, 
47 f.) diejenigen, ſowohl Einzelne als auch MHeinere 
Abteilungen, —— der Feldherr dem Heereszuge 
voranſchickte, um Kundſchaft von allem Nötigen zu 
—— Sie waren entweder zu Fuß oder zu 
Pferde, antecessores equites (CGaes. b. Afr. 12), 
neben den speculatores; vgl. Suet. Vitell. 17. — 
2) In der juriftifchen Sprache hiefen die aus: 
gezeichnetften Meifter im Lehrfache der Jurispru— 
denz, gewiflermaßen als Wenweijer, Zönynrei, 
ebenjo anteressores, bejonders auf den Hochſchu— 
len diejer Wiflenjchaft zu Nom, Konftantinopel 
und Berhtos. 

Antefixa jind Verzierungen aus gebranntem 
Thon an den Dächern unter der Traufe (quae ex 
opere figulino tectis affiguntur sub stillicidio, 
Fest. p. 8), meift aus Heinen Bildern, Laubwerk, 
Kränzen u. dergl. beftehend. Liv. 26, 23. 34, 4. 

Anteia ſ. Bellerophon und Proitos. 

Anteius, Publius, zum Statthalter Syriens 
beitimmt im J. 55 n. E., aber durch allerlei Ränke 
in Rom zurüdgehalten (Tae. ann. 18, 22), ward 
bald durch die Gunft, die er bei Agrippina genof, 
und durd feinen Reichtum ein Gegenftand der 
Aufmerkſamkeit Neros. Elende Angeberei voll: 
endete das Werl; als er jein Schidjal vorausſah, 


Antemnae — Anthologia graeca. 


nahın er Gift, und da dies zu langfam wirkte, 
öffnete er fih die Adern, 66. Tac. ann. 16, 14. 

Antemnae, uralte ſabiniſche Stadt 3 Millien 
nördlich von Rom am Einfluffe des Anio in den 
Tiber (ante amnem), verfiel infolge der Kriege 
mit Rom. Liv. 1, 9 ff. Plin. 3, 5,9. Strab. 5, 230. 

Antennae i. Schiffahrt, 5. 

Antenor, Artijrcoo, Cohn des Aiſyetes, Ge: 
mahl der Theano, einer Schwefter der Hefabe, ein 
vornehmer Zroer. Bei Homer iſt er einer ber 
weiſeſten Alteften des Volls, der, ald Menelaos 
und Odyſſeus nach Troja famen, um Selena zu: 
rüdsufordern, dieje gaftlich aufnahm und auch jpäter 
riet, Helena zurüdzugeben. Il. 3, 148. 203. 7, 347. 
Hor. ep. 1, 2, 9. Dieje Freundichaft gegen die 
Griechen ward in jpäteren Sagen mehr ausgebildet. 
Er ſoll, als friedensunterhändler abgeichidt, Troja 
an Agamemnon verraten haben; er öffnete die 
Thore der Stadt und händigte den Griechen das 
Balladion ein. Dafür wurde jein Haus bei der 
Eroberung verſchont und ihm freier Abzug ge: 
ftattet. Er ging mit Menelaos zu Schiff und blieb, 
der Irrfahrten müde, in Libyen in Kyrene zurüd, 
wo jeine Naclommen, die Antenoriden, als 
Heroen verehrt wurden (Pind. pyth. 5, 88); oder 
er wanderte mit den paphlagoniichen Henetern aus 
nach Thrafien und von da in das Land der Euga- 
neer am Wdriat. Meer und gründete Patavium. 
Bol. Lie.ı, 1. Verg. A.1, 242 ff. Strab. 5, 212. 
12, 608. 

Antepiläni j. Acies, 5. 

Anteros j. Eros. 

Antesignäni, roöuayoı tor anuauwrv, d.h. im 
allgemeinen diejenigen Truppen, welche vor den 
Fahnen kämpften, zunächſt mit der jpeziellen Be— 
ftimmung, diefelben zu jchüßen. Aus Liv. 38, 21 
(ante signa modico intervallo velites eunt) ift 
mit Unrecht die gleiche Bedeutung mit velites, 
den Leichtbewaffneten, geichloflen, da die antesi- 
gnani nad) Veget. 2, 2 jedesfalls Schwerbewaffnete 
find und Livius (30, 33) fie beftimmt von einan- 
der trennt. Zu den Zeiten der Manipelaufftellung 
find offenbar die hastati als antesignani zu ver: 
ftehen. Liv. 30, 83. 8, 11. Es ift anzunehmen, 
daß bei Beginn der Schlacht die Legionsfahne in 
die erjte Reihe der principes vorgerüdt wurde, 
fodaf Liv. 22, 5 die hastati mit antesignani, die 
prineipes durd post sigma bezeichnet werden konn⸗ 
ten, woraus wieder Liv. 9, 39 zu erflären ift. Zur 
Beit Cäſars war es die Benennung einer j. g. Elite 
bei jeder Legion, welche diejelbe Beſtimmung hatte, 
die früher den extraordinarii zugewieſen war, 
nämlich den Bor: und Nachtrab zu ſchützen: 300 
kräftige, tapfere Leute von jeder Legion (Üaes. b. 
Afr. 75. 78), die von allen Gepäd frei waren, 
daher expediti (was durchaus nicht Leichbewaffnete 
find). Sie gehörten freilich immer zu ihrer Legion 
und hatten ihre beitimmte Stelle in derjelben, 
wurden aber zu mancherlei Angriffen oder Ber: 
teidigungen fommandiert. Bgl. Rüſtow, Heerweſen 
und Kriegführung Cäſars ©. 19 ff., und Planer, 
Cäſars antesignani (in Symbolae Joachimi- 
cae, 1880). 

Antestäri, Antestatio (am oder ante testari) 
ift ftehender Ausdrud für den Akt der Zeugenanru: 
fung. Ehe nämlich jemand einen andern gewalt- 
jam vor Gericht führen durfte, mußte er jich einen 
Zeugen dafür verichaffen, daß er ihn ordnungsmäßig 


8) 


geladen habe. Dies geſchah, indem er einen Zeugen: 
fähigen fragte: licet (te) antestari? (Hor. sat 
1, 9, 76) und im Falle der Bereitwilligfeit des— 
jelben mit den Worten: memento, quod tu mihi 
in illa causa testis eris deffen Ohrläppchen (auri- 
eala) dreimal zupfte (Plin. 11, 108: est in aure 
ima memoriae locus, quem tangentes antesta- 
mur), Dann ficherte den vor Gericht zu Ziehenden 
nur die Bürgichaftsftellung vor gewaltiamer Be: 
handlung; der Kläger konnte ihn obtorto collo 
rapere in ius. Bet ehrlojen (infames, intestabi- 
les) Menjchen geichah dies ohne Zengenanrufung. 
Bal. Vera. E. 6, 3f. 

Autestätus j. Mancipatio. 

Anthödon, 7 Arönder, 1) Stadt am nördl. Ab— 
hange des Meflapios, die nördlichſte Kiüftenftadt 
Boiotiens (Hom. II. 2, 508), mit gutem Hafen, 
benannt nach W., dem Bater des Glaukos, welcher 
legtere hier in einen Meergott verwandelt wurde. 
Op. met. 7, 232. 13, 905. Die Bewohner ſſchmäch— 
tig, rothaarig) galten ald Menjchen, die mehr im 

aller als auf dem Lande lebten, beichäftigt mit 
Filcherei, Einfammeln der Burpurmufcheln und 
Meerſchwämme und Schiffabau, und waren wegen 
ihrer Habjucht berüchtigt. Paus. 9, 22, 5. 26, 2. 
— 2) Hafenjtadt in Judäa, j. Nele. 

Anthöle, Ardnin, Heiner Ort am Eingange 
des Thermopylenpafjes, wo, bei einem Demeter: 
tempel, die Amphiktyonenverſammlungen gehalten 
wurden. Hat. 7, 176. 200. ®gl. Thermopylai. 

Anthömüs, 7 Avdspoög, altmatedonische Stadt 
auf Chaltidike, nicht fern vom Thermaiichen Mb., 
von Philipp den Olynthiern überlaffen. Thuc. 2, 99. 
Dem. Phil. 2, 20. 

Anthemusia, Ardsuovsie, Stadt und Gebiet 
in Meiopotamien in der Nähe von Edeſſa, öſtlich von 
Apameia, bejonders in der jpäteren Kaiſerzeit ge: 
nannt, j. Serudj. Strab. 16, 747 f. 

Anthermos j. Bildhauer, 3. 

Av&#sspögıe j. Demeter. 

Anthesteria j. Dionysia unt. Dionysos, 8. 

Anthesterion j. Jahr, I 

Anthologia graeca, d. i. griehijche Blu: 
menleje. Mit den Namen ArHoloyia bezeichneten 
die Griehen Sammlungen Hleinerer, beionders 
epigrammatifcher Gedichte. Die ältejte Saminlung 
der Urt ward veranftaltet von dem Dichter Melea— 

ros aus Gadara (in Baläftina) um 60 v. E. 

eine Sammlung, die er areparog, Kranz, nannte, 
enthielt außer Poeſien von ihm felbit Gedichte von 
46 gleichzeitigen und bejonders auch älteren Did): 
tern, wie Archilochos, Alkaios, Sappho, Ana: 
freon, Simonides u. a. Bhilippos von Thefla- 
lonike, wahrjcheinfich unter Trajan lebend, fügte 
zu diefer Sammlung noch eine Epigrammenauswahl 
von etwa 13 Dichtern, die fich jeit Meleagros aus- 
gezeichnet hatten. Ähnliche Anthologien wurden 
bald nachher zujammengeftellt von Diogenianos 
aus SHerafleia und von Straton aus Sardes 
(unter Hadrian), ferner unter Juftinian von Aga— 
thias aus Myrina (in Myſien). Diefe Sammlungen 
haben ſich ſämtlich micht erhalten, Aus ihnen 
ftellte im 10. Nahrhundert unter Konjtantinos 
Porphyrogeneta Konjtantinos Kephalas eine 
neue, umfaflende Anthologie zufammen, und zwar 
nicht in alphabetiicher Ordnung, wie Meleagros 
und Philippos, jondern nach der Ahnlichteit des 
Suhalts in 15 Büchern. Sie enthielt außer den 


90 


Epigrammen älterer Zeit auch manche nenere Zu- 
abe. Aus diefer machte im 14. Jahrhundert der 

önd Marimos Planndes einen Auszug in 
7 Büchern, der bei dem Wiederaufblühen der 
Wiſſenſchaften in Italien auf Veranftalten des 
gelehrten Griechen oh. Laſkaris unter dem 
Titel: Ardoloyie dıiapöpwr FInıyoanudror zu 
Florenz 1494 zuerſt gedrudt ward ; jpäter erichien 
dazu eine trefiliche lateinische Überjegung von 
Hugo Grotins. — Unterdefien hatte Salmajius 
1606 in der pfälziichen Bibliothek zu Heidelberg 
eine Handjchrift der Anthologie des Konftantinos 
Kephalas entdedt. Diejer Codex Palatinus fam 
1623 mit den übrigen Echägen der palatiniichen 
Bibliothek nach Rom, 1797 nach Paris und 1815 
wieder nad, Heidelberg. Die in der Anthol. Pla- 
nudea fehlenden Epigramme waren von Salmafius 
abgeichrieben worden und durch weitere Abjchriften 
in die Hände mancher Gelehrten gefommen. End: 
lid veranftaltete R. %. Ph. Brund eine Samm— 
lung in 3 Bänden (Analecta veterum poetarum 
(iraee., 1772— 1776), welche die Anthologie des 
Kephalas (mit Ausichluß einer Anzahl gehaltlofer 
Epigramme aus chriftlicher Zeit) und alle jonftwo- 
her belannten Epigramme, jowie die Fragmente 
verjchiedener älterer Dichter, wie des Ardhilochos, 
Solon, Simonides u. a., nach den einzelnen Ber: 
fafiern geordnet, enthält. Einen neuen Abdrud 
derjelben veranftaltete Fr. Jacobs in 13 Bänden 
(1794— 1814). Später bejorgte derjelbe nach der 
von Spaletti gemachten, in Gotha befindlichen Ab— 
ichrift des Cod. Palat. einen Abdrud der Anthologie 
des Kephalas in umveränderter Ordnung in 3 
Bänden (1813-1817) und veranftaltete eine treff: 
lihe Auswahl unter dem Titel: Delectus epı- 
grammatum Graecorum (18236). Eine Sammlun 
injchriftlich erhaltener griechiicher Epigramme ga 
G. Naibel (1878). — Die Epigramme der Antho- 
logia graeca aus den verichiedenften Beitaltern 
find von jehr verjchiedenem Werte; ein großer Teil 
derjelben gehört zu den ——— Reſten 
griechiſcher Poeſie. Sie zeigen uns den Reichtum 
und poetiſchen Sinn des griechiſchen Geiſtes, der 
mit Feinheit und Gewandtheit und einer Fülle 
bon Anmut die verichiedenften Berhältniffe und 
Nichtungen des inmeren und äußeren Lebens zu 
behandeln wußte. Wir nennen von den in ber 
Anthologie enthaltenen Epigrammendichtern: Si— 
monides von Keos, den eigentlichen Begründer 
der epigramm. Kunft (559—469 v. E.), Anafreon 
(um 524), Kallimachos v. Kiyrene, Theokritos 
v. Syrafus, Aſtlepiades dv. Samos, Leonidas 
dv. Tarent (um 280), Mnaſalkas v. Sifyon (um 
248), Rhianos dv. Bene (um 224), Diosforides 
(um 200), Antipatros v. Sidon und Melca- 
gros dv. Sadara (um 60 dv. E.), Antipatros v. 
Theflalonite, Krinagoras v. Mytilene, Leoni— 
das v. Merandreia, Yucillius, Bhilippos v. 
Thefjalonife (1. Jahrh. n. E.), Leontius, Ru: 
finns, Paulus Silentiarius, Agathias von 
Myrina (unter AJuftinian). 

Anthologia latina, römijcher Liederichag. Eine 
ſolche Sammlung, tie wir fie aus dem griechiichen 
Altertume befiten, hat das römiſche nicht aufzu- 
weijen. Es jcheint jchon in der auqufteiichen Zeit 
eine Anthologie aus den erotifchen Dichtern ver: 
anftaltet worden zu fein, woranf die genauen 
Anführungen bei Blinius (ep. 5, 3, 5) und Gellius 


Anthologia latina — 'Avrldocıc. 


(19, 9) jchliehen laſſen. Erft nach dem Wieder: 
aufblühen der klaſſiſchen Litteratur mar man auf 
die Sammlung aller in Schrift oder Stein auf 
uns gefommenen Heineren Boefien der Römer 
bedadıt. Die erfte Sammlung von Hof. Scaliger: 
cataleeta veterum poetarum (157%) enthält nur 
250 Gedichte; die zweite von PB. Burman d. j., 
der zuerft den Namen Anthol. lat. gewählt hat 
(1759— 73 in 5 Büchern) 1457 Gedichte, nad) ver: 
ichiedenen Klaffen geordnet; eine neue Sammlung 
von H. Meyer (1835), die zugleich) die verichiedenen 
Bejtandteile der früheren und ſpäteren Zeit zu 
jcheiden und das Ganze zu ordnen bemüht ift, 
1704 Nummern. Mit größerer Umficht ift die 
Sammlung von A. Rieje (1869 f.) veranftaltet; 
neuefteSammlung von Bährens, poet. Lat. min. IV. 
Den Grundftod der ſ. $ Anthologia latina bildet 
die Sammlung des codex Salmasianus (in Baris, 
aus dem 7. oder 8. Jahrhundert), Abjchrift einer 
Sammlung der verjchiedenartigften latein. Gedichte 
verichiedener Berfafler, die einjt in 24 Bücher ein- 
geteilt war und wahrſcheinlich, worauf viele Be- 
ziehungen auf Berjönlichkeiten und Verhältniſſe 
des Bandalenreiches in Afrika hindeuten, dajelbjt 
um d. J. 532 n. E. auf, Befehl eines vandaliichen 
Fürften veranftaltet wurde (von dem Dichter Lu— 
rorius oder einem vornehmen Jünglinge Namens 
Dctavianus). — Übrigens liegt e8 im Charakter der 
röm. Poeſie, daß fie nicht diejelbe Fülle eigentüm- 
lich und epigrammatiich oder idylliich abgernndeter 
Heiner Dichtungen haben kann, wie die grie: 
chiſche fie in jo reihem und vielfeitigem Umfange 
darbietet. 

Anthylia, “4rdvlla, Stadt in Unterägupten 
wiſchen Kanopos und Naufratis, deren Einkünfte 
beit der Berierherrichaft der Königin zur Anjchaf: 
fung ihrer Bantoffeln oder ihrer Gürtel gegeben 
waren. Hdt. 2, 97. 98. 

Antias ſ. Valerii, 26. 

Avtidooss, eigtl. der Umtaujch, eine dem Solon 
zugejchriebene Einrichtung, die ermöglichte, daß 
jemand die ihm übertragene Staatsleiftung (1. 
Asıroveyla) einem andern, mutmahlich Vermö— 
enderen, zujchob. Wenn jemand, dem eine große 
Staatsleiftung, z. B. eine Trierarchie oder Choregie, 
auferlegt war, einen Reicheren übergangen glaubte, 
fo konnte er diejem, falls derjelbe ſich der Leiftung 
weigerte, den Umtauſch des Bermögens anbieten, 
um ſodann die Laft von dem auf diefe Art er- 
worbenen Vermögen zu beftreiten. Sogleich legte 
jener auf das Bermögen des Gegners Beſchlag 
und verfiegelte das Haus desjelben, wogegen diejer 
auch das Haus feines Gegners verfiegeln durfte. 
Nach drei Tagen gaben die Gegner unter eidlicher 
Belräftigung ihr Inventar ((amopanoır) ald Grund- 
lage der Unterſuchung an. Bereinigten ſich als: 
dann die Parteien nicht, jo trat die gerichtliche 
Enticheidung ein. Fiel die Enticheidung gegen den 
Anerbietenden aus, jo blieb es natürlich bei dem 
BVerhältnifie vor dem Anerbieten. Im andern Falle 
trat entweder der Taujch ein (Luys. 4, 1) oder 
der Unterliegende übernahm die dem Anbietenden 
urſprünglich auferlegte Leiturgie. Nicht in den 
Tauſch gezogen wurden von dem Vermögen nur die 
in Erbpacht genommenen Bergwerte zu Laurion, 
weil dieje jchon der ordentlichen Steuer unterlagen. 
Die arri/d, wurde auch gegen Demofthenes von 
jeinen Vormündern auf jchlaue Weije angewandt. 


Antigone — Antigonos. 


Dem. Aphob. 2, 480. Mid. 539. — iofrates 
hat eine eigene Rede wegl drrudöseog geichrieben. 
Antigöne, Avrıyorn, 1) Tochter des Didipus 
und feiner von ihm nicht erkannten Mutter Jokaſte, 
Schweiter des Eteofles und Polyneifes und der 
Imene; folgte dem Bater, als er nach der Ent: 
—— ſeines furchtbaren Geſchicks ſich ſelbſt ge— 
lendet und verbannt hatte, bis er im Eumeniden— 
haine zu Kolonos bei Athen die Ruhe des Grabes 
nden hatte (Soph. Oed. Col.). In diejem Ver: 
itniſſe zeigt die tragiiche Dichtung fie als die 
edle Dulderin voll aufopfernder Kindesliebe. Später, 
als die Brüder im Zweilampfe um den väterlichen 
Thron gefallen waren und der nunmehrige Herricher 
Thebens, Kreon, der Bruder der Yofafte, die Be- 
itattung des Polyneifes, weil er im Kampfe wider 
die Baterftadt gefallen, unterjagt, kaun fie die 
ichwejterfiche Pietät im Kampfe wider das politische 
Machtgebot bewähren und das nöttliche Necht dem 
menschlichen —— Sie beftattet des 
Bruders Leichnam, indem fie ihn mit Staub bejtrent, 
und büft die kühne That mit Haft im unterirdi- 
ſchen Grabgewölbe der Labdakiden, in welchem fie 


fi erhängt. 


9 


die Sache der Fünigl. Familie nicht aufgeben, be— 
nutzte aber die Unterhandlungen, um ans Nora zu 
entweichen, in Kappadofien ein Heer zu jammeln 
und Phoinifien zu erobern. Plut. Kum. 12. Died. 
Sie. 18, 50 ff. Im Bunde mit den Feldherren der 
öftlichen Provinzen ftellte er fich dem A. entgegen, 
wurde jedoch, verraten von dem Kerne jeiner Trup— 
pen, den Argyraipiden, an denjelben ausgeliefert 
und von ihm ge u (Nep. Eum. 7 ff. Plut. Eum. 
17 ff. Diod. Sie. 19, 43$.), 316. W. beberrichte 
num ganz Vorderafien und gewann dazu noch 
Babylonien, als Seleulos, der bisherige Befiber 
desjelben, aus Furcht vor des herricdhlüchtigen A. 
Nacdhitellungen nach Agypten geflüchtet war. Died. 
Sie. 19, 55. Doc veranlafte des N. Übermacht 
ein Bündnis mehrerer Feldherren gegen ihn, 315, 
Just. 15,1. Diod. Sie. 19, 57. Nach langen Käm— 
pfen von 8315-311 ficherte ein Friede dem N. feine 
Erwerbungen in Borderafien, während Babylonien 
und Syrien an Seleutos, Ägypten an Btolemaios 
fiel. Diod. Sie. 19, 69. 77—100. 105. Doch 
dauerte diejer Friede wicht lange, denn chen im 
J. 310 drang Ptolemaios von Agnpten nach Vorder: 


Ahr Berlobter Haimon, Sohn des | afien vor und eroberte Phoinikien und viele Küſten— 


Ktreon, tötet neben ihr ſich jelbit. Soph. Antig. — | ftädte, we A. ein Heer unter feinem Sohne 


2) Gattin des Beleus (j. Aiakos) umd Mutter | Demetrios 


oliorfetes nach Griechenland ſandte, 


der Bolydora. — 3) Tochter des troiſchen Königs | den Königstitel annahm und in Ägypten einfiel, 


Saomedon. Ov. met. 6, 9. 


aber unter großem Verlufte wegen der vortrefflichen 


Antigonein, -nia, Ayrıyovsıe, -ict, 1) Stadt | Verteidigung des Ptolemaios ſich nach Syrien 


in der epeirotiichen Landichaft Chaonia am Fluß 
Aoos unfern der Kerauniſchen Berge. Liv. 32, 5. 
— 2) Stadt in der maledoniihen Landichaft Myg— 
donia. — 3) Stadt auf der Halbinjel Ehaltidife. Liv 
44, 10. — 4) Stadt am Orontes in Syrien. — 
Auch Alerandreia Troas und Nilaia hiefen vorüber: 
gehend fo. 

Antigönos, Arriyovos, 1) einer der berühm: 
teiten ?Feldherren aus der Schule Aleranders des 
Großen, machte fich bejonders in den Kämpfen 
um die Eroberungen des großen Königs bemerk— 
bar. Er jtammte aus vornehmen Hauje und zog 
im 3. 334 v. E. mit Alerander nach Aſien. Diefer 
ernannte ihn zum Statthalter von Phrygien 333 
‚ (Arr. 1, 29), wozu nach Alexanders Tode nod 
Bamphplien und Lyfien famen. Curt. 10, 30, 2. 

jegt trat U. entichieden hervor und geriet 
leih anfangs in Feindichaft mit dem berühmten 
Geldhern und Staatsmann Eumenes, dem treuen 
Snhänger des Königshauſes, für den er nach Per— 
diffas’, des Neichsverwejers, rege As ihm 
bejtimmten Provinzen erobern ſollte er dem 
—— nicht gehorchte, ſo mußte er zu Antipater 
flüchten. Diod. Sie. 18, 25. Als dieſer nach Per— 
* ode Neichsverweier wurde, erhielt A. nicht 
nur —— und Lylien zurück, jondern auch den 
Oberbefehl gegen Eumenes, der die Rechte der 
Familie Aleranders verteidig te. Diod. Sic, 18, 30, 
A. war glüdlich im Kampfe gegen denjelben, machte 
ihm fajt das ganze Heer abtrünnig und ſchloß ihn 
in der Bergfeftung —— in Kappadokien ein. Plut. 
Eum. 9. 10. Nep. Eum. 5. Diod. Sie. 18, 40 ff. 
Nach Beſiegung der — Eumenes anhängenden 
Feldherren (320) und nach Antipaters Tode (319) 
ſchloß U. mit Ptolemaios und Kaffander, denen 
ſich jpäter Seleutos anſchloß, gegen Polyſperchon, 
der an Antipaters Stelle getreten war, ein Bünd— 
nis und knüpfte zugleich mit Eumenes Unterhand- 
lungen an, die jedoch jcheiterten. 


Eumenes wollte | jelben gelangte. 


zurüdzichen mußte, 306. Plut. Demetr. 155. 
Just. 15, 2. Diod. Sie. 20, 46. sı ff. Da die 
Inſel Rhodos im Kriege des U. gegen Ptolemaios 
neutral geblieben war, erhielt Demetrios im J. 
35 von jeinem Vater Befehl, die Anfel zu unter: 
werfen. Nach langer vergeblicher Belagerung von 
Rhodos, welches mit Mut, Energie und Umſicht 
verteidigt ward, fchlo er (304) mit den Rhodiern 
einen ihnen günſtigen Vergleich ab Plut Demetr.21), 
eilte nach Griechenland und jchlug den Kaſſander, 
welcher ſich an Lyſimachos don Thrakien, Btole- 
maios und Seleukos um Hilfe wandte, 302. Dieje 
beichlofien, den A. gemeinjam & befriegen, und 
befiegten ihn in der blutigen Schlacht bei Ipſos 
in Phrugien im J. 301, im welcher der greiſe Feld— 
herr feinen Tod fand. Plut. Demetr. 28- 30. 
Just. 15, 4. M., auch Kvrlomp od. uoroptaluos 
(Pol. 5, 67) genannt, weil er früh ein Auge ver: 
loren hatte, war von herrichjüchtigem, aber feſtem 
Charakter, ausgezeichnet als Feldherr, dabei von 
heiterer Laune, der erfte, der durch Annahme des 
Königstitels, da Aleranders Nachtommen ein Spiel 
der eien waren, den Gedanken unter Aleran: 
ders Feldherren anregte, neue Herricherfamilien zu 
bilden. Bal. Droulen, Geſch. des Hellenismus 
(2. Aufl. 1877 f). — 2) Ant.Gonatas, Tor«- 
rüs (d. h. mit einer Eijenplatte am senie), Sohn 
des Demetrios Poliorketes, nahm teil an den 
Kriegen feines Vaters und behauptete fich in defjen 
peloponnefiichen Städten, als derjelbe 287 v. C. 
aus Makedonien vertrieben wurde. Für die Frei— 
heit feines durch Seleukos von Shrien gefangen 
ehaltenen Baters verwendete er fich vergeblich. 
ut. Demetr. 51. Nach deilen Tode, 282 oder 
281, wurde er König von Makedonien, wurde aber 
von Seleutos daraus verdrängt und mußte es nach 
deſſen Tode 280 dem Btolemaios Weraunos über— 
lafien, bi$ er im &. 276 wieder in den Beſitz des: 
Er befiegte die eingefallenen 


92 


Gallier (Just: 25, 1), wurde (273) von Byrrhos von 
Epeiros befiegt und vertrieben (Plut. Pyrrh. 26), 
eroberte aber das Land wieder, ald jener nad 
dem Reloponnes gezogen war. Nach defien Tode 
verlor er fein Reich nod einmal an Alexander 
von Epeiros, des Pyrrhos Sohn, befiegte ihn aber 
ipäter und unterwarf jich jogar Epeiros. Put. 
Pyrrh. 34. Seine jpäteren Kämpfe mit den Achaiern 
blieben erfolglos. Erftarb im 80. Lebensjahre, 239. 
IMc. Macr. 11. Plut. Demetr. 40. Pol. 2, 43. — 
3) Ant. mit dem Beinamen Dojon, Jacor 
(semper daturus, der viel veriprechende, wenig 
haltende), auch "Erirgoroegenannt, Sohn des Deme- 
trios des Schönen und Neffe des Antigonos Gonatas, 
geb. um 263 dv. E., Bormund für Philipp V., Sohn 
des Demetrios, 229, dann Gemahl der Witwe des 
Demetrios, Chryfeis, und König von Maledonien 
(Liv. 40, 54), welches er mit Einficht regierte. 
Nachdem er die Örenzen Makedoniens gefichert und 
den Abfall der Bundesgenoffen gejtraft hatte, rief 
ihn der Strateg der Achaier, Aratos, gegen Sparta 
zu Hülfe, welches er befiegte. Nach feiner Rückkehr 
nach Makedonien vereitelte er einen Einfall der 
benachbarten Jllyrier, 221, ftarb aber bald darauf 
plöglich. Plut. Arat. 34. 46. Just. 28, 8. Pol. 
2, 47. 70, 4, 87. — 4) Ant. aus Karpitos, 
Schriftfteller in der Zeit der Ptolemaier, Verfaffer 
von Xebensbeichreibungen der Philoſophen, die 
Diogenes von Laerte mehrfad benugt hat (Sammt- 
lung der Fragmente von H. Köpfe, 1862). Wir 
befigen unter jeinem Namen eine lorogıör rape- 
döfov ovrayayn, eine Sammlung von allerlei 
jeltjamen und merkwürdigen Vorkommniſſen, die 
in ihrer urjprünglichen Geftalt ficher umfangreicher 
geweien ift. Herausg. von Bedmann (1791) und 
(zugleid; mit den übrigen Baradorographen) von 

ermann 1839), ſowie im erften Bande der 
Rer. naturalium scriptores Graeci minores bon 
D. Keller (1877). 

Artıygapn, Gegenichrift, bezeichnet die Ein- 
reden der Angellagten der Auflage gegenüber; 
erriygapscde: eine Einrede vorbringen, die durch 
die avrouosie bekräftigt werden mußte; vergl. 
Prozels, 6. Es bezeichnet aud die Einrede gegen 
die Zuläffigkeit der Einführung eines Prosefies; 
ſodann auc die Widerflage, d. h. eine fürmliche 
Klage des Bellagten gegen den Kläger, wegen des: 
jelben oder zumeilen aud wegen eines ganz an: 
dern Gegenitandes, wie 3. B., ald Timarch den 
Aiichines angeklagt bei der Nechenichafsablegung 
nach jeiner Gejandtichaft, Aiſchines fich nicht gegen 
die Anklage verteidigt, jondern behauptet, jein 
Gegner habe wegen anderer Vergehen Atimie ber: 
wirft, ſei aljo unfähig, die Klage anzuftellen, und 
ihn deshalb förmlich verklagt. Bei Erbicaits- 
ftreitigfeiten hießen die schriftlichen Eingaben der 
verjchtedenen Bewerber alle arrıyoapai. 

Antikleia j. Autolykos und Odysseus, 

Antikyra, Avrixvoa (auch) Avrixıpea), 1) Stadt 
in Phthiotis in der Nähe des Dite am Maliſchen 
Meerbujen. Hdt. 7, 198. — 2) Küftenftadt in 
Phokis am Fuße des Parnaſſos, öftlih vom Kir— 
phisberge, das homeriiche Kypariſſos. II. 2, 519. 
Beide Städte waren durch ihren Nieswurz (helle- 
borus) berühmt, bejonders die leßtere; er follte 
gegen Wahnfınn und Melancholie helfen, daher die 
Redensarten: Arcrıniggas se dei, naviga Anticy- 
ram, caput tribus Anticyris insanabile. 


"Avtıygapı; — Antinoos. 


sat, 2, 3, 83. 166. a. p. 300. Plin. 25, 5, 21. — 
Im heiligen Kriege wurde das phokiſche AU. von 
Bhilipp zerftört, erhob jich indes bald wieder, bis 
es unter den Nömern wieder janf. Liv. 32, 18, 
Pol. 9, 33. Ruinen bei Ajpropitia. 

Antilibänos, Avrulidavos, j. Dſchebel-eſch-ſcherki, 
die öſtliche Paralellkette des Libanon (ſ. d.), im 
Süden nur durch die Thalfchlucht des Lita (fälich: 
lich Leontes genannt) von jenem getrennt. Gleich: 
falls im Süden ıft feine höchſte Spite, der Hermon 
(Dſchebel es Scheik), ſüdweſtlich von Damaſtus. 
Strab. 16, 765 f. Arr. 2, 20, 4. 

Antilöchos, Arriloyos, Sohn des Nejtor und 
der Eurpdife, ging mit jeinem Vater nach Troja 
und war dort unter dem jungen Helden einer der 
ichönften und tapferften. Seine Hauptthaten: 71. 
4, 457. 5, 580. 13, 545. 15, 572. 16, 817. Nach 
Batroflos war er der innigfte freund des Achil— 
leus (j. d.), weshalb er von den Griechen auserjehen 
wurde, dieſem die Kunde von des Batroflos Tode 
zu überbringen. Achilleus rächte feinen Tod, wie 
den des Patroflos, durch Erlegung des Memmon. 
Diejer erichlug nämlich den Antilochos bald nad 
Hektors Tode in der Schlacht (Od. 4, 187), während 
er jeinen Bater aus der Todeögefahr rettete. Des: 
wegen wurde er als Mufterbild kindlicher Liebe 
dargeftellt. Pind. pyth. 6,38. Seine Aſche war bei: 
geieht im Grabmal des Adillens neben der des 

chilleus und Batroflos. 

Antimächos, Avriuayog, aus Kolophon oder 
dem benachbarten Klaros, griechiſcher Dichter und 
Grammatiter, um 404 v. E. blühend, älterer Zeit: 
genoſſe Platons, deſſen Freund er geweſen jein joll, 
Seine Hauptgedichte waren das umfangreiche Epos 
Thebais und das aus mindeftens 2 Büchern be- 
ftehende elegijche Gedicht Xyde (Avdn), von denen 
jenes die beiden thebanischen Kriege behandelte, 
diejes einen Eyflus von Hervengeichichten umfahte. 
Der Dichter gab letzterem den Namen Lyde nach 
feiner Geliebten, über deren Tod er fich, wie erzählt 
wird, durch Berjenkung in die Gejchichten alter Zeit 
tröften wollte. A. ift infofern von Bedeutung, als 
er der Begründer der gelehrten Dichtung und 
fomit Vorgänger der alerandriniihen Dichter ift. 


‚| Deshalb wurde er auch von den Wlerandrinern 


ſehr hoch geftellt und erhielt im Kanon der Epiter 
bon einigen den erften Pla nad) Homer. Seine 
Sprache iſt, abweichend von der homeriſchen Ein- 
fachheit, gejucht und gelehrt, gemijcht mit alter- 
tümlichen und aus verichiedenen Dialekten genom: 
menen Wörtern, er prunft mit einem Aufwand 
von unbefannten Mythen und antiquarischen Er- 
Härungen; dabei ift er weitläufig und ſchwülſtig 
(tumidus, Catull. 95, 10) und entbehrt der Kunſt 
der Kompofition. Als Grammatiker veranftaltete 
er eine Recenfion der homeriichen Gedichte. — Bear: 
beitungen der Fragmente von Schellenberg (1786) 
und Stoll (1845), jowie von Kintel, ep. Graec, 
fragm. I p. 273 ff. 

Antindos, ‘Avrivoos, 1) Sohn des Eupeithes, 
ein Ithaleſier, der frechite und verruchtefte unter 
den Freiern der Penelope, der nach der Herrichaft 
von Ithaka und dem Telemachos nah dem Leben 
trachtete. Ihn traf zuerft der Pfeil des Odyſſeus. 
Od. 4, 660. 773. 16, 368. 17, 458. 18, 42. 22,8. 48. 
— 2) ein jchöner Jüngling aus Claudiopolis in 
Bithynien, Liebling des Kaiſers Hadrian und deſſen 


Hor. | Begleiter auf jeinen Reifen, ertranf im Nil 130 


Antiocheia — Antiochos, 


n. &.; der Raifer ließ ihn unter die Heroen ver: 
jeßen, benannte die Stadt Antinvopolis in Mittel- 
ägypten nah ihm, ließ ihm in Mantineia in 
Artadien einen Tempel erbauen und ordnete ihm 
göttliche Ehren und Feitiviele an. Ein Sternbild 
erhielt jeinen Namen. Auf Münzen, Gemmen, in 
Statuen und Büſten ift er oft abgebildet, ähnlich 
dem Dionyſos, als das Jdeal jugendlicher Schön 
heit. Paus. 8, 9, 7f. 

Antiocheia, Arrıöreız, häufiger Städtename. 
Zu nennen find: 1) A. Epidaphnes (7 al Japvng), 
j. Antafia, jo genannt von einem nahen Hain, 
Hauptſtadt des ſyriſchen Reichs in einer fruchtbaren 
Gegend am Drontes, 120 Stadien vom Meere ent: 
fernt. Gegründet von Seleufos Nikator zu Ehren 
jeines Vaters Antiochos, wuchs fie rajch und ent: 
hielt 4 große gejonderte Stadtteile. Auch in chriit- 
licher Zeit ift fie als Patriarchenjig berühmt, ſowie 
durdy die im 3. u. 4. Jahrh. gehaltenen Kirchen 
verfammlungen. Nach der Zerftörung durch ben 
Berjerfönig Kosroös (540 n. €.) ftellte Juſtinian 
fie unter dem Namen Theüpolis wieder her. Sie 
war die Vaterftadt des Ammianus Marcellinus, 
des Libanios, des Joannes Chryjoftomos und des 
Euagrios. Strab. 16, 750. Vgl. D. Müller, an- 
tiquitates Antiochenae (1841). — 2) A. Pisidiae 
an der Grenze Phrygiens, erbaut von den Be: 
wohnern Magnefias am Maiander; befannt durch 
das Heiligtum des Mryw "Agreiog, des phrygiſchen 
Medyrkes; als röm. Kolonie Cäſarea; j. Yalowadj. 
— 3) A. ad Maeandrum, Stadt in Karien, von 
Antiochos I. Soter an der Stelle des alten Pytho: 
polis erbaut. 

Antiöchos, Arrioxos, 1) ein Feldherr König 
Philipps von Makedonien, Vater des Seleukos 
von Syrien. Just. 18, 4, 17. 15, 4, 3. — 2) An: 
tiochos J. mit dem Titel Zorro, war ein Sohn 
des Selentos 1. Nitator, Königs von Syrien, geb. 
323 0.6. Just. 17, 2, 10. Als ihn heftige Liebe 
zu feiner Stiefmutter Stratonife ergriff und er 
darüber ſchwer erkrankte, gab jein Water, durch 
feinen Arzt von der Urjache der Krankheit unter: 
richtet, ihm die Stiefmutter zur Gemahlin und 
die Herrichaft über die oberen Satrapien mit dem 
Königstitel (Plut. Demetr. 38), wozu er auch noch 
die übrigen Länder Afiens bis an den Hellespont 
fügte, als er fich nad) Makedonien, feinem Geburts: 
lande, zurüdzog (281). Wegen Unruhen in Afien 
ſchloß A. mit dem Mörder jeines Vaters, Ptolemaios 
Keraunos, Frieden (Just. 24, 1, 8); darnach führte 
er Krieg mit Eumenes I. von Pergamos und den 
in Aſien eindringenden Galliern; legtere befiegte 
er nicht entſcheidend, bejchränfte ſie aber auf das 
fogenannte Galatien. Von Eumenes wurde er bei 
Sardes geichlagen und ftarb 262/61. Vgl. Droyjen, 
Geichichte des Hellenismus III, 1 ©. 277 ff. — 
3) Antiochos II. mit dem Beinamen Ges (den 
er von den Milefiern zum Danfe dafür erhielt, 
daß er ihnen den Tyrannen Timarchos vertrieb), 
führte einen wenig glüdlichen Krieg mit Ptole- 
maios Philadelphos von Ägypten, den er nur 
dadurch beendigte, daß er nach Verftoßung feiner 
Gemahlin Laodite (Laudite, Just. 27, 1, 1) des 
Ptolemaios Tochter Berenife heiratete, um 248 v. C.; 
als aber bei einem Aufenthalte des A. in Kleinaſien 
Laodite und ihre Kinder von ihm zurücdgernfen 
wurden, lieh dieſe, vom Rachegefühl hingerifien, 
bald nachher den Antiochos, die in Antiocheia, wie 


93 


es jcheint, gebliebene Berenile und deren Kind er: 
morden, 247 nad) Juftin unter Mitwirkung ihres 
Sohnes Seleutos Kallinikos). Val. Max. 9, 10. 
ext. 1. 14. Just. 27, 1. — 4) eim jüngerer 
Bruder des Seleutos Kallinifos, der auf Antio— 
chos II. gefolgt war, erhielt, als er 14 Jahr alt 
war, von feinem Bruder VBorderajien bis zum 
Taurus als Statthalterichaft (Just. 27, 2, 6 ff.) 
und leiftete ihm Beiftand gegen Btolemaios Euer— 
geted. Doch ftrebte er bald nad) der Herrichaft 
über das ganze jyrijche Reich, daher er den Bei: 
namen Hierax (idoaf, Habicht) erhielt. Just. 
27, 2, 8. Nach mehreren Niederlagen flüchtete er 
zu feinem Schwiegervater, dem Könige Ariamenes 
von Kappadokien, von dieſem zu Btolemaios. 
Später befämpfte und befiegte Attalos 1. von Per: 
gamos im Bunde mit Agypten den M., Diejer geriet 
in die Gewalt der Agypter, rettete fich aus der 
Gefangenſchaſt, wurde aber auf der Flucht über: 
fallen und getötet, um 225. — 5) Ant. IIl., der 
zweite Sohn des Seleutos Kallinikos, geb. 242 v. C., 
beitieg im J. 224 den ſyriſchen Thron (impubes 
adhue rex, Just. 29, 1, 3). Die erften Jahre 
feiner Regierung waren ruhig, aber im J. 221 
begannen die inneren und äußeren Kämpfe, welche 
die Kräfte des Seleufidenreiches zerrütteten. Seinen 
erften Krieg führte er gegen den weichlichen Pto— 
lemaios Philopator von Agnpten, welcher ald Ziel 
eines zeriplitternden Ehrgeizes Phoinikien und Koile— 
igrien genommen hatte und auch gegen VBorbderafien 
jeine Flotten und Landheere richtete. Ant. juchte 
ihm jene Landichaften zu entreien und zog gegen 
Agypten. Inzwiſchen aber empörten fich mehrere 
Statthalter im oberen Wien, und Ant. mußte 
jeine Waffen gegen diejelben fehren, ſchlug fie (220) 
und unterwarf auch das bisher unabhängige Klein: 
armenien. Pol. 5, 40. 51f. 55. 58 ff. Dann wen: 
dete er fich wieder gegen Ägypten, weldes den 
Aufftand des Achaios, Statthalterd von Border: 
afien, unterjtüßte. Er verlor die große Schlacht 
bei Raphia in Judäa, 217, und ſchloß mit dem 
Könige Ptolemaios IV. Philopator Frieden. Pol. 
5, 82 ff. Just. 30, 1 ff. Achaios dagegen wurde 
bejiegt, gefangen genommen und auf Ant. Geheiß 
getötet. Die nächiten Jahre vergingen mit Rüftungen 
zur Unterwerfung der früher zum ſyriſchen Reiche 
gehörigen Provinzen in Borderafien und im öſt— 
lihen Aſien am Indos, ſowie der Reiche von Ber: 
gamos, Kappabofien und Pontos. Im %. 212 
begann Wut. dann den Krieg gegen die Barther 
und Baltrier, die er zwar glücklich befämpfte, 
weshalb er den Beinamen „ber Große“ erhielt, 
aber doch nicht ganz unterwerfen konnte, vielmehr 
als unabhängig anerfennen mußte. Pol. 10, 27 ff. 
11, 34. Bon einem Zuge nach Indien, den er 
darauf unternahm, kehrte er mit reicher Beute heim. 
Inzwiichen war Btolemaios Philopator IV. (204) 
geitorben und jein Sohn Btolemaios V. Epiphanes, 
ein Knabe von noch nicht 5 Jahren, ihm gefolgt. 
Nun glaubte Ant. Ägypten leicht erobern zu 
fönnen und verbindete ſich mit Philipp Ill. von 
Makedonien, eroberte auch PBaläftina und Phoini- 
fien und gewann (198) die Schlacht bei Phaneas 
am Jordan. Pol.16,18. Bon einem Buge gegen 
Eumenes von Pergamos brachten ihn die mit 
diejem verbündeten Römer durch Scmeicheleien 
und Berjprechungen zurüd, da fie fürchteten, er 
möchte den von ihnen befriegten Philipp von Ma— 


94 


fedonien unterftägen. Bald aber jah Ant. ein, daß 
er von den Römern hintergangen jei, und beichlof 
(197) Philipp beizuftehen. Mber die Nieder: 
lage desjelben bei Kynoskephalai ftörte jein Unter: 
nehmen; jedoch brachte er die Städte am Helles- 
pont und dem thrafiichen Cherjonnes in feine 
Gewalt (196). Nach Befiegung des Philipp ver: 
langten aber die Römer, ihrem früheren Benehmen 
ganz entgegen, von Ant. Räumung des Eherjonnes 
und der jonft zu Agypten gehörenden Provinzen 
in Syrien. Dagegen verwahrte ſich Ant., der mit 
Agypten bereit? einen Vergleich getroffen hatte, 
und wies jede Einmilchung Roms zurüd. Während 
er indeflen zur Nachgiebigkeit in einigen Punkten 
ſich bereit zeigte, rüſtete er fich zugleich zum Kriege 
und gewährte Hannibal, der vor den Nachitellungen 
der Römer ans Karthago hatte fliehen mähfen 
Gaftfreundichaft, ohne jedoch die Hugen Natichläge 
besjelben zu befolgen. Pol. 18, 32 Lav. 34, 60. 
Just. 31, 2, ls ihn num (192) die Witolier 
um Beiftand gegen Rom baten, ging er mit einem 
Heere nad) Griechenland hinüber; jedoch blieben 
die Griechen aus Furcht vor Rom ruhig, und den 
Philipp beleidigte Ant, jo dag er von beiden 
feine Hülfe zu erwarten hatte. Nach Einnahme 
einiger Städte brachte er den Winter auf Euboia 


zu, obgleich Hannibal ihm riet, nach Italien hin= | jch 


überzugehen. Pol. 20, 8. Liv. 36, 11. Plut. 
Flam. 16. Im Frühjahre 191 rüdte er vor, 
wurde aber bei den Thermopylen von M'. Neilins 
Glabrio geſchlagen. Plut. Cat. 13. Lir. 36, 13. 
Auch jeine Flotte erlitt mehrere Niederlagen, und 
ungehindert fonute 2. Cornelius Scipio, den jein 
Bruder PB. Scipio Africanus als Legat mit feinem 
Nate unterjtüßte, nach Afien überjegen, wo Ant. 
190 bei Magnejia am Sipylos bejiegt ward und 
um Frieden bat. Er erhielt ihn (189) gegen be- 
deutende Opfer, indem er Vorderajien diesjeits 
des Tauros abtreten, jeine Kriegsichiffe (bis auf 10) 
und Elefanten ausliefern und 15000 Talente in 
12 Jahren zahlen, auch Geijeln jtellen mußte. 
Dem Hammibal und dem Mitolier Thoas, ſowie 
einigen andern Flüchtlingen, deren Auslieferung 
die Römer — hatten, war er zur Flucht 
behülflich. Die abgetretenen Provinzen ſchenkten 
die Römer ihren Bundesgenoſſen, dem Eumenes 
und den Rhodiern. Liv. 37, 25. 33 ff. 44. 50. 
38, 37 ff. Died. Sic. 29, 13. Pol. 21, 9. 135. 
App. Syr. 32fj. So war des Ant. Herrichaft be- 
deutend gejchwächt, mit feiner Niederlage die Kraft 
des Hellenismus gebrochen. Als er ım 3. 187 
bei einem Einfall ins Land der Elymaier am 
unteren Tigris einen Tempel des Zeus plünderte, 
um ſich der Tempelihäbe zu bemächtigen, wurde 
er von den erbitterten Eingeborenen erjchlagen. 
Just. 32, 2, 2. Diod. Sie. 29, 18. Vgl. die Ab- 
handlungen von Wußdorff (1868) und Wander 
Heyden (1877). — 6) Ant. IV. —— 
(Erıperrs), Sohn des vorigen, war von feinem 
Bater 189 als Geijel nach Rom gejchidt worden, 
wurde aber frei, 175; ftatt feiner faım feines Bru— 
ders Seleukos S. Demetrios dahin. Nach Seleu- 
fos’ Ermordung durch feinen Minifter Heliodor, 
der jelbft nach der Herrſchaft ftrebte, bemächtigte 
ſich Ant. des Thrones. Er begann bald nad) jeinem 
Regierungsantritte Krieg mit Agypten, um Phoi- 
nifien, läftina und Koileſyrien, welche feiner 
Schweiter bei ihrer Berheiratung mit Ptolematos 


Antiochos. 


Epiphanes als Mitgift gegeben waren, wieder zu 
ewinnen; er eroberte fie auch und behielt fie im 
‚rien, mußte aber den von ihm bejegten Teil 
gyptens räumen, als ihn der römijche Gejandte 
Popillius Länas mit Krieg bedrohte, 168 v. E. 
Liv. 44, 19. 45, 11—13, Just. 34, 3 (mo des 
Popillius Benehmen jehr anjchaulich geichildert 
wird). Pol. 27, 17. 29, 11. Wicht jo glüdlich 
war er im Kampfe gegen die Juden, welche er (167 
— 164) wegen ihres Glaubens hart bedrüdte und 
denen er die Tempelichäge in Jeruſalem zu rauben 
juchte. Zugleich hatten die hellenifierenden Juden 
ihm gejagt, er würde mur dann über Paläſtina 
ficher herrichen, wenn er die ftreugen Juden, welche 
Anhänger der Btolemaier waren, unterdrüde. Aber 
das Heldengejchlecht der Makkabäer kämpfte mit 


‚Erfolg gegen ihn und feinen Feldherrn Lyſias. 


Er ftarb auf einem unglüdlichen Feldzuge gegen 
den Dften zu Tabai in Berfien im J. 163. Wäh- 


rend die jüdiichen Schriftiteller ihn als den ab- 
ſcheulichſten Tyrannen jchildern, aud die Griechen 
jeine Graujamfeit zum Zeil bejtätigen (Polybios 
verwandelt den Beinamen ’Erıpavng in Zrınavne, 
tollrajend, 26, 10), entjchuldigen ihn Neuere. 
Vielleicht fällt manches, was ihm vorgeworfen wird, 
auf feine ſchlechten Ratgeber, gegen die er zu 
wach und nachgiebig war. Vgl. Ewald, Geſch. 
des Volkes Iſrael IV ©. 332 ff. — 7) Aut. V. 
Eupator (Evraroe), Sohn des vorigen, war 
bein Tode des Vaters 18 (nach andern nur 9) 
Jahre alt und mit dem ſchon früher zu jeinem 
Vormunde ernannten Feldherrn Lyſias gerade mit 
der Belagerung von Jeruſalem beichäftigt. Plößlich 
erſchien des Vaters früherer Günftling, Philipp, 
um für den unmündigen König nad dem legten 
Willen des Baters die Regierung zu führen. Lyſias 
ſchloß jofort mit den Juden einen Vergleich, zog 
egen Bhilipp ins Feld und bejiegte ihn (162 v. E.). 
ald hernach fam Demetrios aus Nom, nahm 
feinen Vetter Ant. und den Lyſias gefangen und 
ließ fie 161 ermorden. Pol. 31, 12. Just. 34, 3. 
— 8) Ant. VI, mit dem Beinamen Qeös, Sohn 
des Nlerander Balas, als Gegenktönig gegen De- 
metrios Nilator 144 v. E. aufgeftellt, bemächtigte 
ſich, unterjtügt von Diodotos Tryphon, fat des 
ganzen Reiches, wurde aber ſchon 141 von Tryphon 
ermordet. Sust. 36, 1, 7. — 9) Ant. VII, er: 
ogen zu Side in Pamphylien, daher Sidetes 
ne), vertrieb den Thronräuber Tryphon, 
138 v. E. (Just. 36, 1), zwang den jüdijchen Fürften 
Fohannes zur Unterwerfung, 132, uud jtarb in 
einer Schlacht gegen die Barther, 130. Just. 38, 10, 
— 10) Ant. VII, ein Sohn des Demetrios Ni: 
fator, hatte die Beinamen DrAounrwog und [euros 
(Habichtsnaje), beherrichte nach jeines Baters Er: 
mordung einen Teil Syriens, vertrieb mit Hülfe 
der Agypter feinen Nebenbuhler Alerander Zabina, 
ichaffte jeine Mutter Kleopatra mit dem für ihn 
ſelbſt bereiteten Gifte aus dem Wege und wurde, 
nad) langem Streite mit jeinem Halbbruder Antio— 
chos Kyzikenos um das Reich, im J. 97 Durch einen ge= 
wiſſen Herafleon ermordet. Just.39, 1 ff. App.Syr.69. 
Diod. Sie. 34, 38. — Der leßtere, 11) Ant. IX. 
Kosırnvög (von feinem Aufenthalte dajelbjt nad 
dem Tode jeines Vaters, U. Sidetes), auch Philo- 
pator genannt, fiel 96 v. C. in einer Schlacht 
gegen Seleutos Epiphanes, jeines Bruders Sohn 
(App. Syr. 69), gegen den er den Kampf um bie 


Antiope — Antipater 


Herrichaft fortjeßen mußte. — 12) Ant. X. Ev- 
seßns (Pius), bejiegte den Seleufos Epiphanes, 
unterdrüdte deu von deflen Brüdern ze. 
Philadelphos und Bhilippos, den Söhnen 
Ant. Grypos, erregten Aufitand und jchlug beide 
am Orontes, fiel aber jelbit im Kampfe gegen die 
Barther. Ihm folgte unter heftigen inneren Käm— 
pfen Bhilippos. App. Syr. 69. Diod Sie. 34, 38, 
— 18) Ant. XL Phila delphos (aud) Epiphanes 
enaunt), Gegner des vorigen, ertranf auf der 
Flucht nach der unglüdlichen Schlacht am Orontes 
in »diefem Fluſſe. — 14) Ant. XI. Möorucosq, 
auch ein Sohn des A. Grypos, ergeif die Waffen 
gegen Philippos (j. Antiochos X.), fiel aber im 
Kampfe wider einen arabiichen Stamm. Just. 40, 1. 
— 15) Ant. XII. Aſiaticus, Sohn des Antio- 
dos X., wurde von Lueull, da jeine Aniprüche 
auf den jgrijchen Thron vom römiſchen Senate 
anerlannt waren, im J. 68 v. E. nach Befiegung 
des Tigranes von Armenien, welchem ſich Syrien 
unterworfen hatte, als König von Syrien einge: 
jegt. Aber jchon im folgenden Jahre wurde er 
von Bompejus entthront und Syrien römische Pro: 
big. App. Syr. 49. 70. Bol. Mommjen, röm. 
Geſch. 3 ©. 143 ber 6, Aufl. Er war der lebte 
igriiche König aus dem Geichlechte des Seleukos. 
— 16) Ant. aus Athen, Steuermann des Alki— 
biades, ließ ji) wider den Befehl desjelben von 
Lyjander zur Schlacht bei Notion verloden und 
wurde gehhlagen, 407 v. C. Xen. Hell. 1, 5, 12 ff. 
— 17) Ant. von Aſtalon, ein berühmter Phi: 
loſoph der Afademie, Schüler des Philon, Iebte zu 
Athen, Alegandreia und Rom und ward Lehrer 
des Barro, Brutus, Cicero und anderer berühmter 
Römer. Cine Darftellung feiner Lehren finden 
wir bei Cicero — 2, 19ff.); er ſuchte die 
Lehren der Stoifer mit denen der Akademie zu 
vereinbaren (germanissimus stoicus, si pauca 
mutasset, Cie. acad. 2, 43). — 18) Ant. von 
Syrafus, Zeitgenofje des Tyufydides, ſchrieb in 
ionischem Dialekte eine Gejchichte Jtaliens und eine 
Geſchichte Siciliens in 9 BB. bis 423 v. C. Er 
wird oft anerkennend genannt und ift viel benutzt 
worden, 3. B. auch von Thukydides. Sammlung 
der Bruchjtüde bei Müller, fragm. hist, Graee. I 
f. Abhandlung von Wölfflin (1872). 
Antiope, Avrıörn, 1) Tochter des Flußgottes 
— * in Boiotien HMom. Od. 11, 260) oder des 
Rylteus, ward von Zeus Mutter der Zwillings- 
brüder Amphion und Zethos (j. Amphion). 
Außer in der Beitrafung der fie verfolgenden Dirke, 
welche der fünftleriiche Gegenftand der Gruppe des 
jarnefijchen Stiers ift, fam ihre Gejchichte im 
Drama vor; doc find uns die davon handelnden 
Stüde des Euripides, Livius Andronicus und Pacu- 
vius nicht erhalten. — 2) j. Theseus. 
‚Antipäter, Avzinazgog, 1) geb. um 400 v. E., 
einer der erprobtejten Freunde und Feldherren Phi— 
Iipps von Makedonien, dem darum auch Alexander 
das größte Vertrauen beivies, indem er ihn bei 
feinem Zuge gegen Perfien zum Statthalter von 
Makedonien und zum Hüter Griechenlands be— 
Ite, Im 3. 3416 jandte ihn Philipp als Ge— 
ndten nach Athen, um den Krieg zwijchen beiden 
durch einen Frieden zu beendigen. wurde 
damals Gaſtfreund des Demoſthenes, ſpäter aber 
deſſen ner, da der große Redner Philipps 
Bläne zu durchfreugen juchte. An dem Siege bei 


95 


Chaironeia (338) hatte er großen Anteil. Sein 
bejonnener, jtrenger Charakter gefiel dem erniten 
Philipp ganz bejonders. Athen. 10, 435. Alexan— 
ders Thronbefteigung förderte er durch feinen Ein- 
fluß auf das Heer. Als Stellvertreter Aleganders 
in Mafedonien zurüdgelafien (Curt. 4, 1,89. Just. 
16, 1. Arr. 1, 11,8. Diod. Sie. 17, 17), bämpfte 
er einen Aufſtand in Thrafien, jchlug die Spar: 
taner und ihre Bundesgenofjen, welche jih von 
der mafedoniichen Herrichaft frei zu machen juchten, 
bei alopolis (330) umd jicherte _. die 
Herrſchaft über Griechenland. 6, 1. Diod. 
Die. 17, 62 ff. Just. 12, 1. Er verwaltete jein 
wichtige Amt während Aleranders ganzer Ab- 
wejenheit, bis diejer 323, durch die unaufhörlichen 
Klagen jeiner Mutter mit Miftrauen gegen ihn 
erfüllt (Arr. 7, 12. Plut. Alex. 89. 68), den Ant. 
nach Niien rief. Da aber Alerander noch vor der 
Ausführung diejes Befchles ftarb, jo blieb Ant. 
auch während der Neichsverweierjchaft des Perdiffas 
in Europa (Just. 13, 4. Diod. Sie. 18, 3) und 
ichlug die Griechen, welche nad Alerauders Tode 
von neuem zu den Waffen gegriffen hatten, um 
ji ihre Unabhängigkeit zu erfämpfen, bei Yamia 
(322) in Thefjalien, ein Kampf, bei welchem lange 
um die Enticheidung gerungen wurde, bis des 
atheniichen Feldherrn Leofthenes Tod dem Gegner 
deu Sieg verihafite. Sein Schwiegerjohn Krate— 
ros hatte dem Ant. treulid; zur Seite geftanden. 
Als bei den bald hernach ausbrecdhenden Streitig- 
feiten um den erledigten Thron Berdiffas zur 
Herrichaft zu gelangen juchte, verband ſich Ant. 
mit Antigonos, Krateros und Ptolemaios gegen 
ihn und ging mit einem Heere über den Helles— 
pont, 321. Krateros fiel in einer Schlacht gegen 
Eumenes, Berdiffas wurde von jeinen eigenen 
Truppen ermordet, Ant. aber zum Reichsverweſer 
ernannt. Diod. Sie. 18, 25—39. Nachdem er 
einen Aufftand des Heeres unterdrüdt nnd mancher: 
lei Anordnungen für die afiatiihen Provinzen, 
deren Leitung er dem Antigonos übertrug, getrof: 
fen hatte, fehrte er, den König Bhilipp Arrhidaios 
und deſſen Gemahlin Eurydite jowie den jungen 
König Werander und deſſen Mutter Rorane mit 
ſich führend, nach Makedonien zurüd, 321. Strab. 
17, 79. Arr. bei Phot. bibl. 42 ff. Er ftarb ſchon 
im nächſten Jahre, 319, an einer ſchweren Krant: 
heit, nachdem er noch in den letzten Augenbliden 
den greilen Bolyiperhon, einen alten Feldherrn 
Philipps und Alexanders, mit Übergehung jeines 
ungeftümen und jtolzen Sohnes Kafjander zum 
Reichsverweſer ernannt hatte. Vgl. Droyjen, Geſch. 
des Hellenismus (2. Aufl. 1877 f). — 2) der Entel 
des vorigen, Sohn des Kaſſander und der Thefia: 
lonife, 296 v. C. König von Matedonien, vermählt 
mit Eurydile, der Tochter des thrafiichen Königs 
Lyſimachos. Er wurde durch Demetrios Polior: 
fetes vertrieben und 287 von — ermordet. 
Just. 16, 1fj. — 3) 4. aus Zarjos, ein Phi: 
lojoph und Anhänger der Ston, Nachfolger des 
Diogenes von Babylon und Lehrer des Banaitios. 
Cie. off. 3, 12, 51. — 4) U. aus Tyros, gleich— 
falls Stoifer, lebte zu Athen um 44 v. E. und 


war mit Cato dem Jüngeren undet. Plut, 
Cat, 4. Cic. off. 2, 24, 86. — 5) WU. von Sidon, 
berühmter Epigrammendichter, j. Anthologia 


graeca. 6) 2. Cälius U, der Gejchicht: 
ichreiber, Lehrer des X. Erafius (Cie. Brut. 26, 102), 


96 


befreundet mit Lälius, dem er jeine Geſchichte des 
zweiten punijchen Krieges (bellum Punicum) wid- 
mete (Cie. or. 69, 230); ob er außer diejem Werte 
noch ein antiquariſches Werk geichrieben * iſt 
—— Er ſoll zuerſt größere Sorgfalt auf 
die Darſtellung verwendet (Cie. de or. 2, 12, 54. 
legg. 1, 2, 6) und diejelbe mehr rhetoriich gehal: 
ten haben. Livius jcheint ihn in der 3. Dekade 
viel ge haben, ebenjo Plutarch und Cajfius 
Div. Vgl. Melger, de L. Coelio Antipatro (1867). 
Wölfflin, Antiohus von Syrafus u. Eölius Anti- 

ter (1872). Fragmentjammlung von Peter, hist. 

m. rel. I p. 147 ff., hist, Kom.fragm. p. 98 ff., 
u. Cieglin (1880). 

Antiphänes, Ayrıparns, Dichter der neueren 
attijchen Komödie aus Rhodos, Sohn des Stepha: 
nos, trat um 390 v. C. auf und erreichte ein Alter 
von 74 Jahren. Ihm wurden 260 Stüde beige: 
legt, von denen eine große Zahl nur dem Titel 
und einzelnen Bruchjtüden nach bekannt ift. Wit 
und dramatiiches Talent, das fich in der Vielſei— 
tigfeit jeiner Stoffe fundgab, waren ihm eigen; 
doch jand Alerander der Gr. an den ſonſt gefeierten 
Stüden fein Wohlgefallen Vgl. Meinefe, hist. 
erit. p. 804— 339. Com. Graec. fragm. III 3 ı£ 
(1491 ff. d. Hein. Ausg.). Rod, com. Att. fragm. II 

2 


p. 12 ff. 

Antiphätes, ’Avzipaens, 1) der grauſame Fürſt 
der Laiſtrygonen (daher jprichtwörtlich für einen 
Wüterich, Jur. 14,20), die dem Odyſſeus 11 Schiffe 
mit Steinen zerjchmetterten, jo daß er nur mit 
einem entlam. Mom. Od. 10, 106 ff. Op. met. 
14, 234. — 2) Sohn des Sehers Melampus, 
Großvater des Amphiaraos. Hom. Od. 15, 242 ff. 
— 3) Sohn des Sarpedon, Gefährte des Aineias, 
von Turnus getötet. Verg. A. 9, 696. 

Antiphilos j. Maler, 8. 

Antiphon, Ayrıyar, 1) Redner aus Rhamnus 
in Attika, geb. DI. 75, 1 oder 2, aljo 480 oder 
479 v. E., nach andern ſchon DI. 73, erhielt von 
jeinem Vater Sophilos, einem Sophiften, die erfte 
Anleitung zur Veredjamteit, in der er fich nad 
mals auszeichnete, jo daß er im alerandriniichen 
Kanon der Redner den erften Plap einnimmt. 
An dem politischen Leben feines Baterlandes nahm 
er lebhaften Anteil; während des peloponnefiichen 
Krieges führte er einzelne Deeresabteilungen, be: 
jonders aber betrieb er, als Anhänger der oli- 
garchiichen Partei, den Sturz der Demokratie 
durch Einjegung des Rats der Vierhundert, was 
er, als dieje bald wieder geftürzt wurden, mit 
dem Leben büßen mußte. Er warb von Thera- 
menes des Hochverrats angeflagt und troß jeiner 
meifterhaften Verteidigung hingerichtet, 411. Thuc. 
8, 68. Mm. — Geine Wirfjamfeit als Rhetor war 
nicht unbedeutend; er eröffnete eine eigene rheto- 
riihe Schule mit Übungen für die Funftmäßige 
politiſche Beredjamfeit und wurde, wenn nicht Er— 
finder, doch Hauptbildner des politischen Redeftils 
in Athen. Nur einmal ift er jelbjt als Redner 
aufgetreten, nämlich zu feiner Gelbftverteidigung 
(Cie. Brut. 12, 47); jonjt verfahte er Neben für 
andere. Mit ihm gewinnt das Gejchäft der Neden- 
icjreiber (Aoyoypagyoı) in Athen eine gerie Be- 
deutung. Von den 60 ihm beigelegten Reden gal- 
ten jchon im Altertume 25 für unecht und jind 
nur 15 auf uns gelommen. Zwölf derjelben, welche 
in die Klafje der Schulübungen fallen, bilden drei 


Antiphanes — Antisthenes, 


Tetralogien (Aoyoı povinol), jo daß je vier einen 
und denjelben Gegenftand behandeln, als erjte 
und zweite Rede des Anflägers und des Bertei- 
digerd. Drei beziehen ſich auf wirkliche Rechts: 
ftreite. In betreff des Stils ftehen fie in naher 
Berwandtichaft mit Thufydides, den man deshalb 
fälfchlich Schüler des A. genannt hat. Seine Rhe— 
torif, regen Önzoginn (Quint. 3, 1, 11), E nicht 
auf uns gefommen. Ausgg. außer in den Samm— 
lungen der orat. Att, von Neiste, Belter, Dobjon, 
Baiter und Sauppe, C. Miller von Mätzner (1838), 
Fr. Blaß (2. Aufl. 1881) und Jernſtedt (1880). 
— 2) ein Sophift, hauptiächlichiter Gegner des 
Sofrates (Xen. mem. 1, 6), wahrſcheinlich auf 
Befehl der Dreißig getötet. — 3) ein Tragifer, 
lebte und Ddichtete zuerft in Athen, dann bei dem 
Tyrannen Dionyfios, dem er bei jeinen Tragödien 
eholfen haben joll, von dem er aber and) wegen 
Eine Freimütigfeit getötet worden ift. Samıms 
lung der wenigen Bruchftüde bei Naud, trag. Graec. 
fragm, p. 615 f. 

Antipölis, Arrixolis, j. Antibes, Kolonie der 
Maffilier im narbonenfifhen Gallien, 8 Millien 
weftlich vom Grenzfluß Varus, jpäter römijches 
Municipium; bekannt bei den Gutjchmedern durch 
Bereitung der Muria. Strab. 4, 178. 180 u. Ö. 
Tae. hist. 2, 16. 

Antiquarius war die gewöhnliche Bezeichnung 
des Altertüntlers, der die alten Formen und Mus: 
drüde vorzugsmweije jucht und den neueren vor— 
zieht, Daher auch als Verehrer der alten Schrift: 
werfe im — gegen die neuere Litteratur 
auftritt. Uber dieje Richtung, die ſchon frühzeitig, 
oft in Verbindung mit dem JIntereſſe an nationaler 
Entwidelung im Gegenſatze gegen das Griechische, 
hervortrat, vgl. Suet. Out. 86. Tac. dial. 21. Dies 
wiederholte ſich bejonders jeit Hadrian. 

Antirrhion, Avriogıov, aud 'Piov rtö Moiw- 
xoı#0r, j. Kaſtro Rumelias, Vorgebirge an der 
Grenze von Witolien und Lofris, bildet mit dem 
Vorgebirge Rhion in Wchaia den nur 2 km. 
breiten Eingang des Korinthiihen Meerbufens. 
Thuc. 2, 86. Strab. 8, 335 f. 

Antissa, "Arrıoox, Stadt und Hafen an der 
Weftjeite der Inſel Leibos (Thuc. 3, 18. 8, 23), 
Geburtsort des Lyriferd Terpander; j. Sigri. 

Antisthenes, Arusdirns, aus Athen, Sohn 
eines Atheners und einer Thraferin, aljo voßoe, 
der Stifter der kyniſchen Schule, lebte um 400 v. E. 
und erreichte ein Aiter von 70 Jahren. In jeiner 
Jugend hatte er den Sophiften Gorgias gehört 
und daun jelbft die Sophiftif gelehrt, ſchloß fich 
aber ipäter an Sofrates an, dem er bis zum 
legten Lebenshauche treu blieb. Xen. mem. 2, 5. 
3, 4, 4. 11, 17. symp. 2, 10. 8, 7. Nach dem 
Tode desjelben ftiftete er eine Schule im Kynos— 
arges, dem für unebenbürtige (vödoı) Athener be- 
ftimmten Gymnafium, daher denn feine Schüler 
häufiger Kvvınod als Antiftheneer genannt wurden, 
Er fahte ausjchliehlih eine Seite der jofratijchen 
Philojophie auf und bildete diejelbe mit ftarrer 
Konſequenz aus, was bejonders bei jeinen Nach— 
folgern zu Ungereimtheiten in der Lchre und zu 
rohen Auswüchien im Leben führte. Er verwarf 
die eigentliche Spekulation, obwohl er in jeiner 
Schrift 6 puaiınög doc Einzelnes berührt zu haben 
icheint (Cie. n. d. 1, 13, 32: Antisthenes in eo 
libro, qui Physicus inscribitur, popnlares deos 


Antistii — Antonii. 


multos, naturalem unum esse dicens tollit vim 
et naturam deorum); vorzugsweiſe wandte er fich 
dagegen der Ethif zu. Hierin lehrte er, wie nach 
ihm Diogenes, daß Tugend die Unabhängigkeit 
von Bedürfnifien und die Vermeidung des Böen 
jei; denn jie jei jelbjtgenugjam zur Glüdjeligfeit 
und bedürfe nur der jofratiichen Kraft (wUr«exn 
emv ügernv eivaı Tdos evdnıuovier, undsröog 
noogdsouernv Örı un Zwngarınng loyvos. Hewr 
ut» ldıo» sivaı undsvög deichu, av Öt Beois 
öuolo» ro Öllymr yongeıw. Diog. L. 6, 11. 105). 
Durch feine Lebensweije, worin er jelbft ein Mufter 
der Strenge und Enthaltjamfeit war, und durch 
feine eindringlice und gefällige Rede gewann er 
ih einen nicht unbedeutenden Kreis von An— 
bängern. Seine zahlreichen, vom beften Atticismus 
zeugenden Schriften erftredten jich über das ganze 
Gebiet der Philojophie, find aber bis auf 2 unbe- 
deutende und wahricheinlich unechte Übungsftüde 
(usliraı), Alag und Odvaoens, verloren gegangen. 
Sammlung der Brucjtüde von Winkelmann (1842). 
Monographie von Ad. Müller (1860). 

Antistii, eine plebejiiche Familie (Liv. 6, 30), 
aus der folgende PBerjonen am bemerfenswerteften 
find: 1) P. Antt. Boltstribun im. 88 v. E., Gegner 
des C. Julius Cäſar Strabo bei deſſen Bewerbung 
um das Konfulat (Cie. Brut. 68, 226f.), fand 
im Bürgerfriege zwijchen Sulla und Marius auf 
Befehl des jüngeren Marius durch den WPrätor 
Damafippus im J. 82 jeinen Tod. App. b. e.1, 88. 
Vell. Pat. 2, 26. Cicero rühmt ihn ald Nedner 
und Sachwalter (Brut. 63, 226. 90, 308). — 2)T. 
Unt., unterftüßte als Quäſtor von Mafedonien 
den Pompejus nur notgedrungen und wurde nach 
defien Niederlage von Cäſar, der mit ihm in Bi- 
thynien zuſammentraf, begnadigt. Er ftarb zu 
Korkyra auf der Rüdtehr nach Rom. Cie. ad fam. 
13, 29. — 3) E. Ant. Vetus, unter deflen Bater 
Eäjar 68 dv. C. in Spanien gedient hatte, genoß 
das Vertrauen Cäjars, der ihn zum Quäſtor machte. 
Als Bollstribun ftand er 57 auf der Seite Ciceros 
gegen Clodius; in den Bürgerfriegen finden wir 
ihn in Syrien, wo er den Cäcilius Baflus be: 
fämpfte. Cie. ad Att. 14, 9. Plut. Caes. 5. — 
4) Ant. Zabeo, Teilnehmer der Verjchwörun 
gegen Eäjar, lief ſich nach der Schlacht bei Philippi 
dur; die Hand eines Freigelaſſenen den Tod 
— Plut. Brut. 12. 51. — Sein gleichnamiger 

ohn ift der berühmte Jurift, j. Labeo. 
5) 8. Ant. Betus, Konjul 55 n. E. mit Nero, 
beabjichtigte als Statthalter von Obergermanien bie 
Mojel und Saone durch einen Kanal zu verbinden 
(im J. 58). As Nero ihm (65) nach dem Leben 
trachtete, gab er fich jelbit den Tod. Tac. ann. 
13, 53. 16, 10. — 6) Ant. Soſianus, beklei— 
dete mehrere Amter unter Nero, der ihn wegen 
eines ey. mem verbannte, aber 66 n. 
wieder nad) Rom rief. Beipafian ſchickte ihn aber: 
mals in die Verbannung. Tac. ann. 13, 28. 
14, 485. hist. 4, 44. — 7) 2. Ant. Burrus, 
Schwager des Kaiſers Commodus, wurde infolge 
einer Beichuldigung des Giünftlings Kleander, er 
trachte nach dem Throne, auf Commodus’ Befehl 
hingerichtet. Lamprid. Comm. 6. — 8) Auntiftia, 
Gemahlin des Bompeius, wurde 82 v. E. von 
ihm verſtoßen, als Sulla ihn mit jeiner Stieftoch- 
ter Amilia zu verheiraten wünſchte. Plut. Sull, 33. 
Pomp. 9. 

Realleriton des Haji. Altertums. 7. Aufl. 


C. | rein nationaler Haltung au 


97 


Antfum, Avrıor, j. Porto d'Anzo, ſehr alte 
Stadt in Latium auf einer weit ins Meer vor: 
—— Felsſpitze; nach der Sage von einem 

ohne des Odyſſeus und der Kirfe gegründet, 
früher auch Sig etruffiicher Seeräuber. Von Tar— 
guinius Superbus zum Latinerbunde gezogen, fiel 
fie jpäter zu den Volſtern ab, wofür fie 468 v. C. 
bon den Römern erobert und folonifiert wurde. 
Liv. 2, 64. 8,1. Nach einer zweiten Einnahme 
338 v. E. verlor A. alle Kriegsichiffe, deren Schnä- 
bei in Rom zur Verzierung der Rednerbühne (dah. 
rostra genannt) benußt wurden. Liv. 8,14. Spä- 
ter hob ſich der Ort wieder bedeutend als Lieblings: 
aufenthalt römijcher Großen. Berühmte Tempel 
fulap, Neptun und der Fortuna; Palaſt 
des Nero, der hier geboren war. In den Trüm: 
mern desjelben wurde der: Belvederifche Wpollo 
(j. Apollon, 4.) gefunden. Strab, 5, 232. 

Antlia (avriiae), eine Maichine zum Waſſer— 
ihöpfen, Pumpe. Man hatte verjchiedene Arten 
berjelben (Vitruv. 10, 4ff.). Da diefelben auch 
durch Menjchenkraft in Bewegung geſetzt wurden, 
fo galt die Arbeit dabei als Strafe (in antliam 
condemnare, Suet. Tib. 51). 

Arıwuodie |. Jımuosie. 

Antonia, 1) eine Tochter des Triumvird Antonius 
und der Octavia, geb. 39 v. C., Mutter des En. Domi⸗ 
tius, des Vaters des Nero. Suet. Ner. 4. 5. — 2) eine 
jüngere Schweiter der vorigen, geb. un 36 v. C., 
Gemahlin des Drujus, Mutter des Germanicus, 
des nachmaligen Kaiſers Claudius und der Livilla, 
ber Gemahlin von Ziberins’ Sohn Drufjus. Sie 
wurde gerühmt wegen ihrer Schönheit und Tugend 
und farb tiefgebeugt über den Verluſt ihres un— 
vergehlichen Gatten und über den Undank ihres 
Entels Caligula 38 n. C. Suwet. Claud.1. Cal. 15. 
Dio Cass. 59, 3. Tac. ann. 3, 8. 18, 11, 3. — 
3) eine Tochter des römiſchen Kaiſers Claudius 
von Alta Pätina, vermählt mit Cornelius Sulla 
Fauftus (Tac. ann. 12,2. 13,23), ftarb auf Neros 
Befehl eines gewaltjamen Todes. Suet. Ner. 35. 

ac. amn. 15, 53, 

Antonii, Name einer bedeutenden Gens, von 
deren Öliedern außer den unter Antonia genannten 
Frauen bejonders folgende zu erwähnen find: 
1) M. Ant., orator, Großvater des Triumvirs, 
der bedeutendite Redner Roms vor Eicero, geb. 
143 v. E., Konſul 99, nachdem er 103 gegen bie 
Eitifiichen Seeräuber gefämpft, 97 Cenſor; ſchloß 
fich im Bürgerfriege der fullanifchen Partei an und 
fiel 87 durch die Wut der Marianer. Vell. Pat. 
2, 22. Val. Max. 8, 9, 2. Er vertritt in Ciceros 
Werfe de oratore dem feinen gebildeten Erafius 
gegenüber die natürliche Beredjamfeit ohne ftreng 
willenjchaftliche Bildung, indem er der griechischen 
Wiffenichaft zwar feineswegs fremd war, aber in 
den entfernteften 
Anftrich von ihr mied. Von mehreren feiner Reden 
haben wir genauere Kenntnis. Much über die 
Technik hat er eine Heine Schrift de ratione di- 
cendi verfaßt (Cie. or. b. de or. 1, 21. 47f. Quint. 
3, 1, 19), zu deren Beröffentlihung er ficherfich 
nicht jelbft beigetragen hat. Der Ausſpruch disertos 
se vidisse multos, eloquentem omnino neminem 
wird daraus oft angeführt. Abhandlung von En— 
derlein (1882), — 2) M. Ant. Ereticus, Sohn 
des Redners, Bater des Triumvirs, Prätor 740. C. 
erhielt den Befehl gegen die Seeräuber an den 


7 


98 


Küften des Mittelländiichen Meeres; er fämpfte 
aber nicht ernftlich gegen fie, jonbern plünderte 
nur Sicilien und foll jogar mit den Piraten ge: 
meinfchaftlihe Sache gemacht haben. Ascon. in 
Verr. act. 2 p. 206 Or. Vell. Pat. 2, 31. Bon 
einem Angriff auf die Inſel Kreta, auf der er auch 
nach großem Berlufte ftarb, erhielt er zum Spott 
ben Beinamen Ereticns. Plut. Ant. 1. Diod. Si 
40, 1. — Sein Bruder, 3) E. Ant. Hybrida, 
war berüchtigt durch jeinen raubfüchtigen Charatter. 
Er zeigte ihn, ald er im 3.87 v. E. mit Sulla nad 
Alien ging und nach der Rücklehr im 9. 83 in 
Griechenland zurüdblieb, welches er plünderte; 
dann nahm er an den Brojfriptionen Sullas teil. 
Wegen jeiner Erprefiungen in Griechenland ver: 
Hagte ihn Julius Cäſar im I. 76, und Ant. ent: 
zog fich mit Hülfe der Volkstribunen dem Gerichte 
(Plut, Oaes, 4), Im Jahre 70 wurde er wegen 
Näubereien aus dem Senate geftoßen, aber bald 
wieder in denjelben aufgenommen (Cie. Cluent. 42). 
Darauf wurde er Adil, im J. 66 Prätor. Un der 
Verihwörung des atilina nahm er insgeheim 
Anteil, ohne offen für diejelbe aufzutreten, woran 
ihn wohl der Wunſch nad) dem Konulate binderte, 
welches er zugleih mit dem von ihm gehaßten 
Gicero im J. 63 erlangte. Plut. Cie. 11. Cie. 
Cat, 3,6. Nach dem Ausbruche der ——— 
mußte er ein Heer nad Etrurien führen, überga 
aber, Krankheit vorjchügend, da er perjönlich micht 
zum Untergange Gatilinas beitragen wollte, dem 
Betrejus den Befehl am Tage der Schladyt bei 
PBiftoria, während er jelbit nach dem glüdlichen 
Ausgange derjelben den Titel Imperator annahm, 62. 
Dio Cass. 37, 395. Darauf zog er in jeine Pro: 
vinz Makedonien, begann hier jeine gewohnten 
Näubereien und verwüftete die Länder der benach: 
barten Dardaner und Baftarner, wurde aber von 
beiden geichlagen (Dio Cass. 38, 10). Im J. 59 
wurde er zwiefach angellagt, wegen jeiner Er: 
preffungen und wegen feiner Teilnahme an der 
Berihwörung Catilinas (Cie. Cael. 81. Val. Max. 
4, 2, 6) und troß Ciceros Verteidigung ver: 
urteilt. Cie. Flace. 38. Cael. 31. Er ging nad 
der Inſel Kephallenia, wo er mit gewöhnlicher 
Sewaltthätigkeit verfuhr. Cäſar rief ihn im J. 44 
zurüd, Er erlangte im J. 42 die Eenfur mit 
Hülfe jeines Neffen, bes Triumvirs. ber fein 
Ende iſt nichts befannt. — 4) M. Ant. (Triumvir), 
ältefter Sohn des Antonius Ereticus, war durch 
jeine Mutter Julia der Familie Cäjars nahe ver: 
wandt und wahrjcheinlih im %. 83 v. E. geboren. 
Nachdem er jeine Jugend in Schwelgerei und Aus: 
ichweifungen verlebt hatte (Cic. Phil. 2, 18, 14,3), 
fämpfte er 57 gegen Wriftobulos in Baläftina, 
dann in Agypten mit Auszeichnung. Plut. Ant. 3. 
Im 3. 54 jchloß er ji an Cäſar an, nahm an 
den galliichen N eldsügen teil (Caes. b. g. 7, 81. 
8, 2. 38. 46) und wurde auf Cäſars Empfehlung 
im J. 50 Augur und im %. 49 Boltstribun. 
Plut, Ant. 5. Als die Verhältniſſe zwiichen Cä— 
jar und Pompejus fich immer jchroffer geftalteten, 
trat er entichieden auf Cäjars Seite, der ihm wäh: 
rend des Krieges in Spanien den Oberbefehl in 
Italien übertrug. Cie, ad Att. 7, 8, 5. 10, 8, 11. 
Darauf kämpfte er an deſſen Seite bei Pharjalos 
(48) und wurde magister equitum, überwarf ſich 
jedoch mit ihm wegen jeines ausjchweifenden Lebens: 
wandels. Cues. b. c. 3, 24. 89, Plut. Pomp. 89. 


Antonii. 


Nach erfolgter Ausföhnung wurde er mit ihm 
Konſul im %. 44 (Plut. Ant. 11), wollte ihm das 
tönigliche Diadem aufjeßen und beförderte alle 
Pläne des Diktators (daj. 12. Cie. Phil. 2, 34). 
Nach Cäſars Ermordung war er zwar anfangs 
etwas bejorgt für feine Perſon, wußte aber bald 
aus den Umftänden Nutzen zu ziehen, bemächtigte 


Sie. ſich des Arars (Cie. Phil. 2, 37), verjammelte den 


Senat am 17. März und erwirkte von diefem, der 
war jede Unterfubun des Mordes unteriagte, 
nerfennung aller Verfügungen Cäſars (daj. 39. 
Plut. Ant. 14. Dio Cass. 44, 22). Darnad) zeigte 

er fich fcheinbar mit den Mörbern ausgejöhnt, be: 
nußte aber die günftige Gelegenheit, zu feinem 

eigenen Vorteile zu wirken, und judhte die Wut 
des Voltes, welches von Cäſar in feinem Tefta: 
mente jo reichlid bedacht war, durch Borlejung 
desjelben und durch Lobpreijung feiner Thaten 
immer mehr gegen deſſen Mörder zu fteigern. Dio 

Cass. 44, 34f. App. b. c. 2, 144. 147. Plut. 
Brut. 19. Namentlich trug des Ant. Veichenrede 
bei Beitattung der Leiche nicht wenig dazu bei. 

Den Senat gewann er dur Abichaffung der Dik— 
tatur und Zurüdberufung des jüngeren Fonpeiuß; 
der Menge ichmeicdhelte er durch Verteilung von 

Ländereien, durch Belanntmachung und Vollziehung 
einer Menge Gnadenbriefe Cäſars, wobei er ſich 
felbft indes nicht vergak und fich große Geldſum— 
men aneignete. Plut. Ant. 15. Cie. Phil. 5, 4. 
Dem Brutus und Caſſius nahm er zur großen 
Befriedigung des Senates ihre Provinzen. Schwie— 
rig wurde jeine Stellung zu dem jungen Octavian, 
Caſars Neffen und Erben, der bald nah Rom 
fam. Anfangs behandelte Ant. ihn hochmütig, 
jpäter näherte er fi ihm wieder, um durch feine 
un Gallien zu erhalten; bald aber brachen neue 
t —— zwiſchen ihnen aus. Infolge davon 
ing Ant. in ſeine Provinz Gallien; während deſſen 
Biel Cicero gegen ihn feine berühmten „philippi- 
ichen Reden‘. Den D. Brutus, den er aus Gallien 
verdrängt hatte, belagerte er in Mutina, erhielt 
hier vom Senat Befehl Gallien zu räumen und 
ward, als er fich weigerte, für einen Feind des 
Staates erflärt und bei Mutina von Octapian und 
ben beiden Konjuln, Hirtius und Panſa, geichla- 
gen (Dio Cass. 46, 29—37. App.b. c. 3, 60-76), 

43. Ant. mußte ſich nach Gallien zurüdzichen, 

wo er fich durch die jpamischen Legionen verjtärfte. 

Als nun der Senat aus Mißtrauen gegen DOcta: 

vian die republifaniiche Partei bevorzugte und 

Brutus an die Spitze des Heeres ftellte, fo ver: 

föhnte fi Dctavian mit Ant., und dieſe beiden 
nebft Lepidus vereinigten fih, um die Negierung 
des Staates auf 5 Jahre an fih zu reifen 

(fogen. 2. Triumvirat, geichloffen Ende 43). Lir. 

ep. 120. Plut. Ant. 19. App.b. ce. 4,2. Dio (ass. 

46, 55. Nachdem das Bolf ihnen die angemafte 

Macht hatte beftätigen müſſen, entledigten fie fich 
ihrer angejehenften Feinde durch Proffription der- 
jelben und Einziehung ihrer Güter. Das ift das 
einzige Triumvirat, im deſſen Geleite jchredfiche 

Greuelſeenen und Proffriptionen Rom in tiefen 
Schrecken jegten und die edelften Männer, darımter 

Eicero, dem Tode preisgegeben wurden. App. b. e. 

4,32. Dann zogen Octavian und Ant. nad) Make— 

donien und trafen ihre Gegner unter Brutus und 

Caſſius bei Philippi. In zwei Treffen unterlagen 

die Nepublifaner, ihre Häupter enmdigten durch 


Antonii, 


freiwilligen Tod (App. 4, 87—138), 42. Ant. 
hatte jidy im Kampfe bejonders ausgezeichnet. Eine 
neue Berteilung Provinzen fand ftatt, bei 
weicher Ant. den Dften des Reiches erhielt und 
jofort einen Triumphzug durch denjelben begann. 
In Kilikien jah er die wegen ihrer Schönheit be- 
rühmte Königin Kleopatra von Ägypten, die ihn durch 
ihre Reize feilelte. Er folgte ihr nach Nlerandreia (im 
Winter 41/40). Dio Cass. 48,24. Während er in 
ihren Regen gebunden lag und einem weichlichen, 
ichwelgeriichen Leben von neuem fich ergab, verheerten 
die Barther Aſien; Detavian aber rüftete fich in 
der Stille zur Ausführung jeiner ehrgeizigen Pläne. 
Zwar hielt ein neuer Vertrag die beiden noch zu— 
jammen, und jelbjt mit dem ihmen jebt feindlich 
ge Sertus Pompejus fam ein Ver: 
gleich zuftande. Auch rüftete fich Ant. zu einem 
Feldzuge gegen die Barther, aber nad) einigen er- 
folglojen Kämpfen ging er nad Athen, wo er ſich 
als Bacchus feiern ließ und das Jahr 39 zubrachte. 
Inzwiſchen entzweiten jich Octavian und Bompejus 
aufs neue, während Ant. wieder nach Aſien gegen 
die Barther zog, ohne aud diesmal etwas auszu- 
richten. Dio (ass. 49, 22. Plut. Ant. 34. Er 
fehrte wieder nad Athen zurüd, 38, und ging 
dann nad Tarent, wo er nach Beendigung man- 
cher Mißhelligfeiten durch Vermittelung feiner Ge- 
mahlin Octavia, der Schweiter Octavians, welche 
er kurz nad dem erneuerten Bertrage geheiratet 
hatte, eine Zuſammenkunft mit Octavian hatte. 
Auch wurde wahrjcheinlihd um dieſe Zeit das 
Triumpirat auf neue 5 Jahre verlängert. Darauf 
begab ſich Ant. wieder nad) Syrien, wohin aud) 
Kleopatra eilte, die ihn nunmehr ganz in ihre 
Gewalt befam und jo von jich abhängig machte, 
dab er ihr mehrere römijche Provinzen ſchenkte 
und einen ebenjo abentenerlihen wie erfolglofen 
Feldzug gegen die Barther unternahm Plut. Ant. 
37. 50. For. 4, 10. Vell. Pat. 2, 82), von bem 
er ohne Ehre und nad großen Berluften ee 
fehrte. Darauf ging er mit Kleopatra nad) Ägyp— 


ten. ug fiel Sertus Pompejus (36), der 
fih gegen Ant. zweideutig benommen hatte, in die 
Hände eines Legaten desjelben, der ihn hinrichten 


lieh. Eine Ausjöhnung mit der bon ihm ver— 
ftoßenen Octavia verhinderte Kleopatra, welche 
abermals für ji und ihre Kinder römiiche Pro— 
vinzen zum Gejchenfe von ihm empfing. Immer 
größer wurde die Feindichaft zwiichen beiden Trium⸗ 
virn, und als (32) die Konſuln Rom verließen 
und ſich zu Ant. begaben, den fie der Bolfäpartei, 
welcher jie jelbjt anhingen, geneigt glaubten, war 
der Krieg nicht länger zu vermeiden. Da nun 
Ant., ftatt fi zu ermannen und zur äußerjten 
Tapferteit aufzuraffen, fich ganz der Kleopatra 
hingab, ja jogar zu ihren Gunften jein Tejtament 
machte, jo verließen ihn mehrere jeiner angejehen: 
ften Anhänger, und der Senat erflärte den Krieg, 
dem das Volt gern beiftimmte, indem Dctavian 
durch Veröffentlichung des in feine Hände geratenen 
Zejtaments den allgemeinen Unwillen der Bürger 
zu nähren und zu ſteigern jich bemühte. Während 
DOctavian ſich mit Macht rüjtete, überwinterte Ant. 
unthätig in Adaja. Plut. Ant. 56 ff. Dio (ass. 
50,9. Dann zog er jein Heer zujammen, 100 000 
Mann zu Fuß, 12 000 Reiter; Peine Flotte beftand 
aus 500 Schiffen; Octavian hatte der leßteren nur 
250, dann 80 000 Mann Fuhvolf und 12 000 Reiter, 


99 


aber an Agrippa einen ausgezeichneten Feldherrn. 
Dio Cass. 50, 29 ff. Plut. Ant. 61 ff. Flor. 4, 11. 
Bei Actium kam es am 2. September 31 zur 
Schlacht zwiichen den Flotten. Indem Detavian 
die Anführer der Feinde verlodte ihre Flügel zu 
weit auszudehnen, richtete er den ganzen Stoß 
gegen ihr Mitteltreffen. Da ergriff plößlich Kleo— 
patra, welche dem Ant. gefolgt war, die Flucht; 
der Fliehenden folgte Ant., der fich nicht von ihr 
trennen konnte, eiligft nach. Agrippa vernichtete 
den Reſt der feindlichen ei Plut. Ant. 65 ff. 
Vell. Pat. 2,85. Das verlajjene Landheer ergab 
jih 7 Tage jpäter ohne Gegenwehr. Ant. war 
nach Alerandreia gegangen, wo Kleopatra nur an 
ihre eigene Rettung dachte. Hier lebte er einige 
Beit in gewohnter Schwelgerei, während die Le— 
gionen nach und nad von ihm abfielen. Dann 
veriuchte er abermals den Kampf gegen den her: 
anziehenden Octavian und ftürgte fich, als derjelbe 
nn ausfiel und ihm das Gerücht, Kleopatra 
habe ſich getötet, zu Ohren kam, in jein Schwert. 
Als er aber hörte, daß jie lebe, ließ er fich zu 
ihr ig a und ftarb in ihren Armen. Dio (ass. 
51,10. Plut. Ant.76f. Verheiratet war er zuerjt 
mit Fadia, dann mit der Tochter feines Oheims 
E. Antonius, die er verftieß, um Fulvia zu hei- 
raten. Nach dem Tode berjelben heiratete er die 
edle Octavia, aber auch dieſe wurde um der Kleo— 
patra willen verftoßen. Anus dieſen verichiedenen 
Ehen waren bei jeinem Tode noch jieben Kinder 
am Leben. Als Redner war er jchmwülftig nnd 
inkorrekt. 5* Briefe ſtehen unter den cicero- 
nifchen. — 5) &. Ant, Bruder des Triumpirs, 
diente als Legat unter Cäjar (49 v. E.), war 44 
Prätor in Mafebonien und wurde jpäter auf 
Brutus’ Befehl hingerichtet. Plut. Brut.28. Dio 
Cass. 47, 23 ff. — 6) &. Unt., jüngerer Bruder 
des Triumpirs, war in dem Bürgerfriegen auf 
Cäſars Seite. Nach deffen Tode unterftüßte er 
die Pläne jeines Bruders, der durch ihn ein Ader: 
geieh, obgleih mit Gewalt, durchiegte. An den 
ämpfen jeines® Bruders nahm er zwar teil, aber 
ohne glänzenden Ruhm. Im %. 41 triumphierte 
er über die Alpenvölfer, im folgenden Winter 
(Herbſt 41 bis Frühjahr 40) führte er den peru- 
Ben Krieg gegen Octavian. Zu dieſem trug 
ie Gemahlin des Triumvirs Antonius, Fulvia, 
nicht wenig bei, da jie vorausjeßte, daß ihr Ge— 
mahl jich beftimmt den Reizen und Ränken der 
Kleopatra entziehen und zu ihr zurücklehren würde, 
wenn es zu Zwiſtigkeiten mit Octavian käme. 
App. b. e. 5, 19. azu benußte jie das neue 
Adergejep und juchte die Verteilung der Ländereien 
an die Legionen zu verhindern, trat auch jpäter 
zu Gunften der bei diejer Gelegenheit Benachtei- 
ligten auf. So fam es zum Kriege, worin An— 
tonins von Octavian und feinen Feldherren Agrippa 
(App. 5, 20-49) und Salvidienus in der Stadt 
Berufia in Etrurten den ganzen Winter hindurch 
belagert wurde. Als ein Entſatz der Belagerten 
jowie mehrere Ausfälle mißlungen waren, zwang 
ihn die eingeriffene Hungersnot, mit Octavian 
Unterhandlungen anzuknüpfen. Er übergab ſich 
demjelben und bat um Schonung für feine Freunde, 
worauf Octavian fich mit ihm ausjöhnte und ihn 
bald darauf zum Brätor in Hijpanien ernannte. 
App. 5, 54. Cicero jchildert feinen Charafter 
jehr zu jeinem Nachteile, ohne Zweifel aus per: 
* 


100 


jönlidem Haß (Phil. 5, 7.7, 6.14,3 u. Ö.). 
Seine f 
— 7)] MAnt. Antyllus, Sohn des Triumpirs 
und der Fulvia, geb. im J. 86 v. C. jollte nad 
des Vaters Tode Agypten beherrichen, wurde aber 
auf Octavians Befehl hingerichtet. Suet. Oct. 17. 
Plut. Ant. 81. — 8) Julus (lovAlog, Dio Cass. 
51, 15. 54, 25; nicht Julius) Ant, jüngerer 
Bruder des vorigen, von feiner Stiefmutter Oe— 
tavia mit großer Liebe und Sorgfalt erzogen. 
Nuguftus behandelte ihn nad dem Tode des 
Baters freundlich und zeichnete * mehrfach durch 
Erteilung von Ämtern aus. Pell. Pat. 2, 100. 
Suet. Claud. 2. Tac. ann. 1, 10. 4,44. Dio Cass. 
55, 10. Später wollte ihn Auguftus wegen uner: 
laubten Umgangs mit jeiner Tochter Julia hin: 
richten laſſen, jedoch jcheint er durch freiwilligen 
Tod der Strafe zuvorgekommen zu jein. Tuc. ann. 
4, 44. Horaz lobt Feine Poeſien (od. 4, 2). — 
Sein Sohn 9) Lucius Antonius, der lebte 
diejes Gejchlechts, ftarb in der Verbannung zu 
Maffilia, 25 n. C. Tac. ann. 4, 44. — Bon den 
übrigen, nicht zu diejer Familie gehörigen Männern 
desjelben Namens find etwa folgende zu nennen: 
10) Ant. Muja, ein berühmter Arzt zu Rom, 
der den Auguftus im %. 23 v. €. im jchwerer 
Krankheit durch Anwendung falter Bäder rettete. 
Suet. Oct. 81. Seitdem jcheinen die Waflerkuren, 
namentlich in faltem Gebrauch, jehr beliebt ge- 
worden zu jein. Hor. ep. 1,15, 3. Unter jeinem 
Namen gibt es eine an Agrippa gerichtete Schrift 
de herba betonica mit Rezepten und ein Bruchſtück 
de tuenda valitudine ad Maecenatem, beide jpä- 
teren Urjprungs. Ausg. von Caldani (1800). — 
11) Ant. Primus, ftammte aus Gallien, trat 
unter Galba in römijche Kriegsdienfte, blieb darin 
unter Otho und Bitellius und trat, als lehterer 
zu unterliegen jchien, zu Beipafian über. Tae. 
hist. 2, 86. Mit den möftichen und pannonijchen 
Legionen z0g er nach Italien (Tae. da. 3, 6\, 
ſchlug Vitellins’ Heer zweimal bei Eremona und 
erftürmte die Stadt (daj. 3, 27 ff. Dio Cass. 65, 11 ff.). 
Nun wurde er übermütig und durchzog plündernd 
Italien. Statt aber auf Rom loszugehen, hielt 
er fich zögernd zurüd, ohne fich um den von Be- 
ipafian zum Anführer ernannten Mucianus zu 
fümmern, und rüdte erft auf das Gerücht, daß das 
von Sabinus, dem Bruder des Veſpaſian, bejebte 
Eapitol in Flammen aufgegangen und Sabimus 
ermordet jei, gegen Rom. Während in der Stadt 
der Mord mwütete, kämpfte man vor den Thoren. 
Die Stadt wurde eingenommen, Vitellius ermor: 
det, und Antonius herrſchte mit unumichränfter 
Macht, bis der tüchtige Mucianus erjchien, die 
Gewalt übernahm und die Ordnung heritellte. 
Tae. hist. 3, 78ff. 4, 2.11. Darüber umtwillig, 
begab ſich Ant. zu Veipafian, der ihn zwar freund: 
4 doch ohne Auszeichnung empfing (daſ. 4,80). 
Er lebte noch unter der Regierung des Domitian 
nach Mart. 10, 23. gl. noch Dio Cass. 65, 19. 
— 12) 2. Ant. Saturninus, lebte unter Do: 
mitian, gegen den er während jeiner Verwaltung 
des oberen Germaniens einen Aufjtand erregte. 
Suet. Dom. 6f. Norbanus Marimus bejiegte ihn 
und behandelte ihn freundlich, Domitian jedoc) 
ließ ihn bald darauf hinrichten. Dio Cass, 67, 11, 
Mart. 9, 84. — 13) Ant. Bolemo, aus Laodileia, 
lebte unter Trajan und jeinen Nachjolgern und 


teren Schidjale find uns nicht befannt. | R 


Antoninus Pius. 


errichtete eine Nhetorenjchule zu Smyrna. Seine 
eden, von denen wir 2 fingierte Leichenreben 
auf marathonijche Helden bejigen, erfreuten fich im 
Altertum großen Beifalld. Er ftarb eines frei- 
willigen Todes, 56 Jahre alt, weil ihm Gicht: 
ſchmerzen mit Lebensüberdruß erfüllten. 
Antoninus Pins, eigentlid) Titus Aurelius 
Fulvus Bojonius Arrius Antoninus (die 
vielen Namen erklären fich wohl jo, daß er, ein 
Liebling feiner Verwandten, von mehreren ber: 
jelben adoptiert wurde und Güter erbte), wurde 
am 19. Sept. 86 n. E. zu Lanupium geboren; 
die Familie jeines Vaters ſtammte aus der galli- 
ſchen Stadt Nemaufus. Capit. Ant. P.1. Eutr. 8,8, 
Zum Manne herangewachjen, beichäftigte er fich 
eifrig mit der Verwaltung feiner Güter, übernahm 
dann nacheinander mehrere Staatsämter und zog 
die Aufmerkſamkeit Hadrians auf fich, der ihn zu 
einem der vier konſulariſchen Männer ernannte 
und ihm gerade denjenigen Teil Italiens über- 
trug, in weldem er jeine meiften Güter beſaß. 
Nah dem Tode des Alius Verus 138 adoptierte 
ihn Hadrian, dem er, als diefer noch in demjelben 
Jahre ftarb, in der Regierung folgte. Sein milder 
und edler Charakter gewann ihm große Zuneigung 
bei den Römern. Schon zu Hadrians Lebzeiten, 
der in den legten Jahren mißtrauiſch und hart 
war, rettete er mehreren Senatoren, die jener mit 
dem Tode bedrohte, das Leben, indem er deren 
von Kaiſer befohlene Hinrichtung nicht ag a 
ließ und fie verbarg. Nach dem Hinfcheiden des 
Kaiſers bewog er den über Hadrians legte Hand- 
lungen unwilligen Senat, das Andenten des Kaiſers 
durch Konjefration zu ehren. Capit. Ant. P. 2. 4. 
Da er jelbjt ein Gleiches that durdy Erbauung von 
Tempeln, joll er wegen der in jeinem Charakter 
hervortretenden Pietät den Beinamen pius erhal: 
ten haben. Spart. Hadr. 27. Eutr. 8, 8. Anders 
Vulcat. Avid. Cass. 11. Das römiiche Reich ge: 
langte unter ihm zu einer lange nicht gefaunten 
Blüte, Er hob den Wohljtand der Provinzen, 
ehrte die Rechte des Senats, achtete anf ben St 
feiner Diener, gab trefiliche Gejeße, war ge er; 
egen jeine Unterthanen, unterjtüßte mehrere ajiati- 
che, durch Erdbeben zerftörte Städte, linderte mit 
reihen Gaben eine Hungersnot in Italien, ſchmückte 
Rom durch Erbauung von Tempeln, Theatern, 
Maujoleen, beförderte Künſte und Wifienichaften 
und gab den Lehrern der Philojophie und Rhetorik 
Gehalte. Das goldene Zeitalter jchien in der That 
twiedergefehrt zu jein, da das Neich unter ihm 
eine unumterbrochene Ruhe genoß, weshalb man 
ihn mit Numa verglid. Er jelbit lebte jparjam, 
einfach und häuslich, jchaffte alles überflüjfige Ge— 
pränge ab und nahm für ſich vom Staate wenig. 
Dio Cass. 70. Paus. 8, 43. Auch die Chrijten 
behandelte er mit Schonung und Milde. Bei einer 
Verſchwörung ftrafte er mur den Urheber, die 
übrigen Teilnehmer wollte er nicht wiſſen. Seine 
—— war jo berühmt, daß fremde Fürſten 
und Bölfer ihn zum Schiedsrichter wählten oder 
feinen Schuß juchten. Capit. Ant. 9. Eutr. 8, 8, 
Aur. Viet. epit. 30. Doch mußte er, troß feiner 
Abneigung, einige * gegen die Mauren und 
gegen die Briganten in Britannien führen. Paus. 
8, 43, 3. Capit. Ant. 5. Eine Empörung ber 
unruhigen Juden dämpfte er mit Leichtigfeit. Er 
ftarb nach 23jähr. Regierung am 7. März 161; 


Antoninus. 


ihm folgte jein Schwiegerjohn M. Aurelius Anto- 

er adoptiert und zu jeinem Nachfolger 
empfohlen hatte. Vgl. Sievers, Studien zur Geſch. 
oflart im 


ninus, 


der römiſchen Kaiſer ©. 171-228. 
Büdingers Unterj. Il ©. 290 ff. 


Antoninus, M. Aurelius mit dem Beinamen 
Bhilojophus, gewöhnlich einfach Marc Aurel 
genannt, ftammte ans einer angejehenen, in Spa: 
nien einheimijchen Familie. Sein Bater, der Prätor 
war, hie Annius Verus, was auch jein urjprüng: 


N 
> 
ã— 


u 


licher Name war. M. Aurelius, geboren zu Rom 
am 26. April 121 n. C. war ſchon im feiner 
Jugend ernjt und verftändig, lag den philojophi: 


ſchen Studien jeit jenem 12. Jahre fleißig ob| P 


unter Leitung des Herodes Atticus, des Fronto, 
Yunins Ruſticus u. a. und gewann die Liebe des 
Dadrian, welcher auch den Antoninus Pius ihm zu 
adoptieren nötigte. Capit. Ant. P.4.Spart. Hadr.24. 
Seitdem nahm er den Namen M. Aurelius Anto: 
ninus an und wurde in demjelben Jahre (139) 





101 


Quãſtor. Er vermählte ſich mit der Tochter feines 
Adoptivvaters, Fauftina. Sein Eharalter, dem jeines 
Vorgängers nicht unähnlih, war aufrichtig, be— 
icheiden, mild und freundlich. Am 7. 161 trat 
er die Regierung an. Bei einer in Rom aus: 
ebrochenen Hungersnot — er und L. Verus, 
Fin Adoptivbruder und Mitregent, große Sorgfalt 
und Umficht. Empörungen in sat und Bri- 
tannien wurden gedämpft, ein Krieg gegen die 
Barther von 2. Verus 165 glüdlich beendigt. Der 


a 





tu 


164 ausgebrocdhene Krieg mit den Markomannen 
im jeßigen Böhmen, denen fich noch andere deutſche 
und pannonijche Stämme anſchloſſen (Capit. Ant. 
hil. 125. Paus. 8, 43), machte ihm viel zu 
ſchaffen. Sogar bis Aquileja in Oberitalien drangen 
die Feinde vor. Dazu fam eine verheerende Belt, 
welche auch einen Teil des Heeres hinraffte. Kutr. 
8, 12. Der Kaiſer zog jelbit ins Feld und fiegte 
mehrere Male; während der Zeit ftarb 170 X. Verus 
auf der Rüdreije nad) Jtalien. Capit. Ant. Phil.14. 


102 


Ver. 9. Der Kaiſer, der fi inzwiichen nach Rom 
begeben hatte, brach jchon im folgenden Jahre 
‚ wieder nad; Bannonien auf, nachdem er zur Ber: 
ftärfung des durch Pet und Schlachten geſchwäch— 
ten Heeres eifrig gerüftet hatte. Er gewann eine 
Schlacht auf der zugefrorenen Donau, eine zweite 
durch die der Sage nad) aus Ehriften beftehende 
legio fulminatrix (Dio Cass. 71, 8 ff. Capit. Ant. 
Phil, 24) und zwang die Feinde endlich zum 
Frieden, ficherte dieſen aber durch Anfiedlung vieler 
Barbaren in den Grenzprovinzen und durch Auf: 
führung von Grenzwällen, welche er mit Soldaten 
bejeßte. Bon hier z0g er nach Nfien, wo jein 
Feldherr Avidius Eaffius, der fich im parthiſchen 
Kriege ausgezeichnet hatte, einen Aufitand erregt 
hatte. Nach Caſſius' Ermordung verweilte der 
Kaifer längere Zeit in Miien und feierte nad) 
der Nüdtehr mit feinem Sohne Commodus einen 
Triumph, 176. Bei dieſer Veranlafjung wurden 
viele rüdftändige Abgaben erlaffen und die Bürger 
reich beſchenkt. Schon 178 mußte er abermals 
egen die treulojen Markomannen zu Felde ziehen, 
lg fie bei Carnuntum in Bannonien, ftarb aber 
noch während des Kriegs am 17. März 180, wahr: 
2. zu Bindobona (nad) einigen zu Sirmium). 

—— ſeine Regierung wider ſeine Neigung 
kriegeriſch war, ſo ſorgte er doch für das Wohl 
ſeiner Völker durch treffliche Geſetze, beſonders in 
der erſten Zeit ſeiner Regierung, vermehrte die 
Zahl der Gerichte und nahm an den Sitzungen 
des Senates, den er hoch ehrte und dem er größeren 
Einfluß geſtattete, als ſelbſt ſein Vorgänger gethan, 
oft perſönlich teil; dabei haßte er Aufwand und 
Luxus und lebte jelbft jehr jparfam. Er war mild 
und freundlich, was er bejonderö gegen die Fa— 
milie des Avidius Caſſius zeigte. Marc Nurels 
Weſen und ganze Anſchauungsweiſe ſpricht Nic aus 
in der von ihm verfahten Schrift: ra eig Eavrör, in 
12 Büchern, einer Sammlung von moralischen 
Betrachtungen, worin er fi) als Anhänger der 
ftoiichen Philoſophie befennt, aber nach der ihm 
eigentümlichen Milde die Schärfen der ftoiichen 
Lehre zu mildern ſich bemüht. Einen großen Teil 
dieles es verfaßte er auf feinen Donau-Feld— 
zügen unter den Bejchwerden des Krieges im Lager 
von Carnuntum. Ausgg. von Gataker (1652), Schul 
(1802), Dübner (1840), Stich (1882); deutiche Über). 
von Schneider (4. Aufl. 1887). Außerdem find einige 
Briefe und ein Dialog von ihm an Fronto in 
deſſen Brieffammlung vorhanden. 

Antoninus Liberälis, vielleicht ein Freigelaſſe— 
ner des Kaiſers Antoninus Pius, lebte um 150 
n. E.; von ihm haben wir eine Mythenfammlun 
HETEUOEPWOERV Hvvayayn. Ausgg. von Verhey 
(1774) und Koch (1832). 

Anübis, "Avovßıs, ar des Oſiris und der 
Nephthys; der Gott des Weftlandes, wo die öde 
Wüfte beginnt und die belebende Sonne unterfinkt; 
deshalb auch der Herr des Grabes und der Unter— 
welt, der den Toten die Bejtattung bereitet, durch 
die Pforten der Unterwelt fie führt, ihre Seelen 
im ZTotengericht vor DOfiris mit Ma, der Göttin 
der Wahrheit, wägt auf der Wage der Geredhtig: 
keit, den Frommen den Pfad öffnet zu dem Ge— 
filde der Ruhe. Dargeftellt wird Anubis mit einem 
Schatalstopf. 

Anxur, bei römijchen Proſaikern meift Tarra- 
cina, j. Terracina, nralte, wahrſcheinlich pelajgiiche, 


Antoninus Liberalis — "Anayoyı. 


fpäter volfeifche Stadt, benannt von dem volſeiſchen 
Gott Anxur (Jupiter), etwas öftlich von der Mün- 
dung des Ufens an der Bia Appia, mit einer 
Eitadelle auf fteilem Kalkfelſen, während bie Stadt 
fi bis in die Ebene den Pomptiniſchen Sümpfen 
zu e (Hor.sat. 1, 5, 26. Liv. 4, 59. 5, 22); 
400 d. E. von Rom erobert und jeit 329 v. €. 
römische Kolonie. Liv. 8, 21. 

Anftos, "Arvros, Sohn des Anthemion, ein 
reicher "her € in Athen, der allmählich bis 
u den höchſten Ehrenftellen gelangte, ſodaß er 
* mit Thraſybul und Archinos an der Spitze 
der Demofratie ſtand, durch welche die Dreißig 
geftürzt wurden. Lange mit Sokrates befreundet, 
wurde er nachmals jein Feind und einer feiner 
drei Anfläger (j. Plat. Men., Xenoph. apol.; vgl. 
Sokrates). Er wurde jedoch, jobald die Athener 
über den Tod des Sofrates Reue empfanden, ver: 
bannt, worauf er ſich nach Herafleia in Pontos 
wandte. Indeſſen jollen die —— ihn auch 
dort wieder vertrieben oder ſogar geſteinigt haben. 
Xen. Hell.2,3,42.B®gl.Cobetnov.lect.p.671—682. 

Aon, 4a», Sohn des Poſeidon, ein alter boioti- 
—* König, von welchem eine der älteſten boioti— 
ſchen Völkerſchaften, die Aones, und der an Phokis 
grenzende Teil des Landes, Aonia, den Namen 
bekamen; dieſer Teil, in welchem der Helikon und 
die Duelle Aganippe (Aoniae aquae, Op. fast. 
3, 456) ſich befanden, wird bei Dichtern häufig 
erwähnt, und der Name daher auch auf ganz Boio- 
tien ausgedehnt. Deshalb heifen auch die Mujen 
Aonides oder Aoniae sorores. Ov. met. 5, 333. 
6, 2. Juv. 7, 58, 

Aornos, "Aogvos, öfter vorfommender Name 
hochgelegener Städte und Kaftelle, 1) in Baltrien, 
von Mlerander dem Großen eingenommen. Arr. 
3, 29, 1. — 2) in Indien, Arr. 4, 28, 1 (nad) 
Strabon [15, 688] an den Quellen des Indos, 
richtiger in der Ede zwijchen den Flüffen Kophen 
[Kabul] und Indos). Neuere Neijende verftehen 
darunter den Berg Azarneh. — 3) ſ. Avernus 
lacus. 

Arayoyın ift bei den Athenern eine ſowohl nach 
der Form des Verfahrens als auch den Folgen 
nach bejonder8 harte Art der öffentlichen Klage, 
die jih von der yerpn (j. d.) wejentlich unter: 
jcheidet. Während bei der gewöhnlichen Schrift: 
flage der Einleitung des Prozefjes eine Borladung 
des Bellagten von jeiten des Klägers (meös- 
xanois) dorangehen mußte, der Angeflagte aber 
auf freiem Fuße blieb und fich den Folgen einer 
u erwartenden Verurteilung durch freiwilliges 

xil entziehen konnte, war das Eigentümliche der 
arayayr), daß der Angeflagte ſogleich von dem 
Anfläger vor die progeheinleitende Behörde (in 
vielen hieher gehörigen Fällen die Eilfmänner) 
und, wenn die Anklage angenommen wurde, jofort 
nad) aufgenommenem Protokoll ins Gefängnis ge: 
führt wurde, wenn er micht drei Bürgen ftellte. 
Daneben mußte der Kläger in einer Klageſchrift, 
die gleichfalls drayayn heißt, den Gegenftand 
feiner Klage angeben. Die Entjcheidung hatte ein 
Heliaftengericht unter Vorſitz der prozeheinleitenden 
Behörde. Angewandt konnte dieje Form der Klage 
meift nur dann werben, wenn jemand in flagranti 
(dr avropopw) ertappt wurde. Der häufigfte 
fall ift die «may. rar xanovoymr, wozu Diebe, 
Beuteljchneider, Nänber aller Art, aud) Mörder 


Apameia 


ehören, gegen on wenn fie nach der erften 
Berteibigun fich jelbft verbannt hatten und un- 
befugt zurüdfehrten, oder wenn Naubmord vorlag. 
Dan iſt das Verfahren weiter ausgedehnt gegen 
Ehebruch, auge aoeßeıa, Ovnoparzi«, gegen 
Schutzgenoſſen, die ihr Schußgeld nicht erlegt 
hatten, gegen ndnwsıg öoparar u.a. Sie iſt oft 
mit der Ewdsıfıs verwechſelt. Verwandt ift die 
pnynoıs., welche darin beftand, daß der Kläger 
den Borftand des Gerichts mit feinen Dienern zu 
dem Orte hinführte, an welchem das Berbrechen 
ausgeübt war, um den Bellagten zu ergreifen. 
Es geichah dies, wenn der Kläger jich körperlich 


zu ſchwach fühlte, den Angeklagten vor die Be: |j 


hörde zu führen. Unter den Dreifig ward bas 
jummarifche Verfahren der drayoyn häufig an— 
gewandt. 

Apameia, Arausız, Apamöa, Name mehrerer 
Städte in Afien, zum Teil nad) Apame, der Ge: 
mahlin des Selenfos Nilator, benannt: 1) im der 
füdlichften Spige der Inſel Mejene am Zujammen: 
fluß des Euphrat und Tigris, j. Korna. Plim. 6, 
27, 31. — 2) weftlich von Edeſſa am Euphrat, 
j. Rom:tala. . Plin. 5, 24, 21. — 3) A ad Oron- 
tem 8. Axium, von Seleufos vergrößerte Haupt: 
ftadt der Landichaft Apamene in Syrien, im der 
Nähe eines Sees (Arausirıg Alarn), mit großen 
Stutereien und Elefantengehegen, Geburtsort des 
Stoikers Pofeidonios; j. Ruinen Ralaat el-Medik. 
Strab. 16, 753. — 4) A. Rhagiane (4. 7 zoös 
'Payais), Hauptjtadt der Landſchaft Choarene an 
der Grenze von Parthien und Medien, füdlich 
von den Kaſpiſchen Ballen von Griechen angelegt. 
Strab. 11, 514. — 5) A. Kibötos (Kıßarög), 
auch ad Maeandrum, j. Diner, am Zuſammen— 
fluß des Maiandros und Mariyas, die bedeutendite 
Stadt Phrugiens, mit lebhaftem Handel und in 
römischer Zeit Sitz eine conventus iuridicus. 
Strab, 12, 577. Liv. 38, 13. Cie. ad fam. 15, 4. 
Tae. ann. 11, 58. — 6) A. Myrlion (Mvelsıor) 
in Bithynien, Y, St. von der Sübdküfte des Kiani- 
ihen Meerbujens, mit einem Hafen. Strab. 12, 561. 

Apaturia, r& Ararovgıe (don & — ana und 
zaropıe, Zuſammenkunft der Bhratrien), ein athe- 
niſches Feſt, an welchem die Bürger ihre Kinder in 
ihre Bhratrien einfchreiben und aufnehmen ließen, 
dem ioniſchen Stamme gemeinfam (Hdt. 1, 147); 
doch gab es ähnliche e auch über die Grenzen 
diejes Stammes hinaus. In Athen ward es im 
Monat Pyanepſion (Dftober — November) von der 
gejamten Bürgerichaft, die ſich nach Phratrien ver- 
lammelte, drei Tage lang gefeiert, zu einer Zeit, wo 
die Schiffahrt aufhörte. Der erſte da hieß dogria 
von döogxov, Abendmahlzeit, weil 4 die Phra— 
toren in dem Hauſe eines reicheren Genoſſen zu 
einer Abendmahlzeit einfanden; der zweite von dem 
dem Zeus Phratrios und der Athene auf Staats: 
foften dargebradhten Opfer draggvare (von arap- 
eve = adsgvew, opfern). Der dritte Tag hieß 
"ovgewrig (DON ion. xovgor und wovuga ⸗ x0p01, 
xogwı, oder) weil an ihm der Jugend das Saar 
—— (sigo) und dem Göttern geweiht wurde. 

ahrjcheinlich an den drei Tagen, nicht bloß am 
dritten, wurden die in dem Jahre geborenen, jowie 
auch die früher geborenen, aber nocd nicht ein: 

etührten, Kinder von ihrem Bater, oder wer deſſen 
Stelle vertrat, den veriammelten Phratoren vor: 


103 


jelben von dem Bater eidlich erhärtet worden war, 
in die Phratrie aufgenommen und der Name in 
das Verzeichnis der Phratoren (Pexrogıno® yoau- 
—— eingeſchrieben. Für jedes der vorgeftell- 
ten Kinder wurde ein Schaf oder eine Ziege zum 
Opfer (xovgeıor oder weior) dargebracht und nad) 
ber Einzeichnung der Opferihmaus gehalten. Wenn 
jemand gegen die —— proteſtierte, ſo führte 
er das Opfertier von dem Altar weg, und die An— 
weſenden entſchieden dann über Ausſchluß oder 
Zulaſſung durch Abſtimmung. Auch ließen am 
dritten Tage die Väter ihre noch die Schule be— 
ſuchenden Söhne auftreten, um Proben ihrer Fort: 
dritte zu geben, wobei namentlich Stüde aus den 
in der Schule gelejenen Autoren deflamiert und 
denen, die ihre Sadje am beften machten, Brämien 
erteilt wurden (Plat. Tim. p. 21 B). Irrtümlich 
ift noch als vierter Tag des Feites Zmidda« an: 
enommen worden, aber bdiejes Wort bezeichnet 
jeden Tag, der auf ein Feſt folgt. 

Apelles j. Maler, 5. 

Apenninus (richtiger Appenn.) auch Apenni- 
nus mons, 6 Anevrıvog oder Arevrivog, te 
'Arivrıva oder Anevvivo don. ro Antvvıvor Öpog, 
das SHauptgebirge der italiihen Halbinjel, eine 
Fortjeßung der Alpes maritimae, in einer Länge 
von etwa 1600 km. Das meijt fahle, jchluchten- 
reihe Kalfiteingebirge fällt an der Weſtſeite ziem— 
fih teil ab und enthält die Quellen fämtlicher 
Flüſſe Italiens. Die Alten betrachten es als Waſſer— 
icheide zwijchen den Flüffen des Adriatijchen und 
des Torrheniichen Meeres (Cie. de or. 3, 19. Lucan. 
Phars. 4, 404). Es erreicht jeine größte Höhe in 
Samnium (Gran Saflo d'Italia, 2991 m); dann 
wendet e3 ſich nach Süden und endet beim Bor: 
gebirge Leufopetra (Capo dell’ Armi). Beſonders zu 

emerfen find der Mons Arzentarius (M. Argen- 

taro) an der etrurifchen Küfte bei Eofa; M. Ciminus - 
oder Ciminius (M. Eimino) am See gl. R. in 
Etrurien; M. Soracte (M. di ©. Drefte), Berg: 
ipige 25 Mill. nördli von Rom; M. Algidus 
(Ariano), M. Albanus (Monte Capo‘, M. Massicus 
(M. Dragone) an der campaniichen Grenze, be— 
fannt durch feinen trefflichen Wein; M. sacer, ein 
ilolierter Hügel am Anio, 3 Mill. nordöftl. von 
Rom, befannt durch die secessio plebis, 494 v. E. 
(Liv. 2, 32); M. Gaurus, in der Nähe von Puteoli, 
M. Vesuvius (j. d.), M. Garganus und M. Voltur 
in Apulien u. a. 

Aper, 1) Marcus, aus Gallien gebürtig, wirkte 
in Rom ald Sadwalter und als Lehrer der Rhe— 
torif unter Beipafian, gelangte auch bis zur Prätur. 
In dem dialogus jeines Schülers Tacitus wird er 
unter die celeberrima tum ingenia fori gezählt 
und omni eraditione imbutus genannt (c. 2) 
und führt die Verteidigung der modernen Art 
der Beredjamfeit in ziemlich jophiftiicher Weiſe 
(e. 5—10. 16— 23). — 2) Arrius, Garbdepräjelt, 
von Diocletian getötet, j. Diocletianus. 

Aper, der Eber, das Wildjchwein, eine Lieb: 
lingsipeife und Hauptgericht (caput cenae) der 
römiichen Gaftmähler (animal propter convivia 
natum, Juv. 1,141, oder suillum pecus donatum 
ab natura dieunt ad epulandum, Varror.r.2, 4), 
den zuerft P. Servilius Rullus, Bater jenes Rullus, 
gegen defien Adergejege Cicero zwei Reden hielt, 
ganz auf die Tafel zu jegen lehrte. Plin. 8, 51, 78. 


— Aper. 


geftellt und, nachdem die rechtmäßige Geburt der | vgl. Varr. r. r. 2, 4, 10. Antonius ließ einmal 


104 


acht Stüc zugleich auftragen. Man ftritt über den 
Borzug der umbrifchen, tuſeiſchen, lucaniſchen und 
laurentifchen. „Die föftlihe Eichelmaft der ital. 
Waldungen bewirkt jene Feinheit am Gejchmade 
des Schweinefleiiches, welche die ital. Schinten und 
Salami mit gr einer Delice der Gutjchmeder 
macht.“ W. E. Weber zu Juv. a. a. O. 

Apex (vielleicht eher mit pectere als mit apere 
zufammenhängend), eigentlich jede Spike, daun 
die Spike am pileus mit der dünnen, wollum— 
wundenen Rute, virga oleaginea, auch der pilens 
jelbft, die in eine fegelförmige Spige auslaufende 
Hauptbedefung, namentlich das Filzbarett ber 
Priefter, ähnlich der griechiihen xvoßaai«, bejon- 
ders don den Flamines und Salii getragen, bon 
dem Flamen Dialis beftändig, außer in jeinem 
Haufe; angeblich eingeführt von Aſeanius. Die 
Mütze war weiß (albogalerus) und aus dem Felle 
eines DOpferlammes kegelförmig zufammengenäht. 
Liv. 6, 41. Lucan. 1, 604. Auch wird. das Wort 
bisweilen mit der perjiichen tiara, einem ebenfalls 
fegelförmig zulaufenden Fürſtenhute, verwechſelt 
und daher bildlich wie unſer „Diadem‘ gebraucht. 
Cie. Cat. m. 17,60. Hor.od. 1,34, 14 f. 3, 21,20. 
Am Helm heißt apex die Vertiefung, in welche 
der Roßſchweiß geitedt wird. 

Aphäka, ra Apar«. im A. T. Aphek, j. Afka, 
am Flüßchen Adonis in Koileigrien zwijchen Helio— 
polis und Byblos an der phoinifiichen Grenze, 
mit berühmten Venustempel und einem Orakel, 
das erſt Conſtantin der Große aufhob. 

Aphäreus, Agpagevs, 1) ſ. Aiolos, 1. und 
Idas. 2) Sohn des Sophiften Hippias und 
der Plathane, Adoptiv: und Schwiegerjohn des 
Redners Folrates Redner und Tragiker in Athen, 
verfaßte Reden der parlamentariſchen und gericht: 
lichen Gattung, darunter auch eine in der An— 
gelegenheit ſeines Vaters: moög Meyarkeiönv meol 
rüg avrıdöaswg; ferner gegen 37 Tragödien, und 
fiegte zweimal an den Dionyfien und zweimal an 
den Lenaien. Er jchrieb zwiichen 369 und 342». C. 
(Plut. X oratt. p. 839 C); von feinen Werfen hat 
ſich aber nichts erhalten. 

Aphötai, Apsrai oder Apkraı, Bucht an der 
Halbinfel am Eingange des Pagaſaiiſchen Meer: 
bujens, wo die Argonauten den Herafles zurüd: 
liefen, jo benannt vom Abſtoßen (apinuı) der 
Schiffe. Hier anferte die Berjerflotte nach dem an 
der Sepiastüfte erlittenen Unfall und veranftaltete 
Kerges ein Wettrennen. Hdt. 7, 198. 8, 4. 6. 

Ayerol Nusgaı, die Tage, an denen die 
Senatoren in Athen, fowie die Gerichte Feine 
Sipungen hatten, befonders die Feſttage, aber aud) 
die arowoades nutoaı, dies nefasti, denen man 
eine unglüdliche VBorbedeutung zufchrieb (3. B. die 
3 lebten Monatstage), an denen daher auch feine 
Gerichte, mit Ausnahme der porn, gehalten 
wurden. 

Aphidnai, Ayıdvai, Apıdva, eine der 12 fefro- 
piichen Städte Nttifas, 3 Stunden öftlih bon 
Deteleia. Die Tyndariden eroberten die Feſte, wo 
Thejeus die Helena verborgen hatte (Hdt. 9, 173); 
auch zu Demojthenes’ Zeit war fie noch befeftigt. 
Strab. 9, 396. 

Aphrodisia, ta Appodicın, das der Aphrodite 
geweihte Feſt, am feierlichiten zu Paphos (außer: 
dem auch zu Amathüs) auf Kypros in dem Tempel 
begangen, den Kinyras ihr erbaut hatte. Aus 


dern Göttinnen an An— 


—— — ——— — — 


Apex — Aphrodite. 


befien Familie wurden daher auch die Prieſter 
gewählt, deren vornehmſter Ayszag hieh. 

Aphrodisias, Apoodısıas, 1) eine Grenzſtadt 
—— Karien und Phrygien mit einem herr— 
ichen Aphroditetempel, von welchem ſich großartige 
Ruinen erhalten haben. 
in den Bürgerkriegen — wiſchen Cäſar und Pom— 
pejus, Antonius und Octavian mit der ſiegreich 
gebliebenen Bartei gehalten hatten, wurden ſie für 
frei erflärt (Plin. 5, 28, 29) und befamen das 
Necht eines Aſyls (Tae. ann. 3, 62). Spuren der 
alten, auch Ninod genannten, Stadt haben Reijende 
in dem heutigen Gera erkannt. — 2) alter Name 
für Gades, ſ. d. — 3) eine kilikiſche Küftenftadt, 
Kypros gegenüber, mit geräumigem Hafen. Liv. 
33, 20. — 4) eine Inſel an der Hüfte von Kyre— 
naife mit einem Aphroditetempel. Hat. 4, 169. 
— 5) eine Inſel an ber farmanijchen Küifte im 
Perſiſchen Meerbuſen. Plin. 6, 25, 28. 

Aphrodision, Aggodisıor, 1) "Stadt an der 
Nordfüfte von Kypros. Strab. 14, 682. — 2) Hafen: 
ſtadt in Numidien, nicht weit von Hippo Negius. 
— 3) Heine Ortichaft im Südlichen Arkadien auf 

der Straße von Wegalopolis nah Pallantion. 
Paus. 8, 44, 2. 

Aphrodite, Apoodien, Venus, nad) Homer 
(II. 6, 370. 428) Tochter des Zeus und der Dione, 
nvch Hefiod (theog. 190) aus dem Schaume (dpeos) 
des Meeres entitanden 
und an der Inſel Kypros 
ans Land geftiegen (dab. 
Apeoyirsıa, Avadvo 
ueen, Konooy£vsie). 
Sie ift die Göttin der 
Liebe und Schönheit 4 
und übertrifft alle an- 


Weil die Einwohner es 


mut und Liebreiz. Die 
Horen, welche alles zur 
ſchönen Blüte bringen, 
die Ehariten, Beitho, 
Pothos und Himeros, 
Berjonififationen lie— 
bender Schnfucht, find 
in ihrem Geleite; im 
ihrem Gürtel find alle 
Bauberreize verjammelt, 
die jelbit den Weijen bethören (Il. 14. 215); Men— 
ichen und Götter, alles, was lebt, ift ihrer Macht 
unterworfen. Hom. hymn. in Ven. Sie verleiht 
Schönheit und das Glück der Liebe und wird fomit 
auch eine Göttin der Ehe. Durch die Ehe ver: 
bindet fie das Volt zur Gemeinde; daher wurde 
fie z. B. in Athen al$ IIardnuog verehrt. Dieje 
aber erhielt in jpäterer Zeit die Bedeutung einer 
Göttin gemeinfinnlicher Liebe, und man ſtellte ihr 
eine A. Odgavia — zur Bezeichnung reiner, 
himmliſcher Liebe. Nach einer Stelle der Odyſſee 
iſt A. Gemahlin des Hephaiſtos, der nach der 
Alias mit Charis vermählt iſt; allein fie liebt den 
Ares. Durd ihre Verbindung mit Ares ift fie 
denn auch in der Folge eine friegeriiche Göttin 
(Agele) geworden, die fih am Waffenichmud er- 
freut; bei Homer dagegen ericheint fie wenig ge: 
ſchickt zu den Werten des Krieges (11. 5, 312—430). 

Die Idee und der Kultus der aus dem Meere 
geitiegenen Liebesgöttin famen von Aſien her zu den 
Griechen; fie war gleich der jyriichen Aſtarte die 





[57 


Aphroditopolis — Apbytis. 


105 


perjonifizierte ——— der Natur, die aus aus der Feuchte des Meeres entſtanden fein ſollte, 


der Feuchte alles 


eben auf Erden entftehen läßt, |fo blieb fie auch ftet3 in Verbindung mit dem 


hat aber bei den Griechen das fremde Gepräge | Meere; fie hatte befonders an den Häfen und 























































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TADEL. Store, 


Aphrodite. 


abgeftreift und ift zu einer nationalen Gottheit 
geworden. Die Injel Kypros, wo Afiatiiches und 
Griechiſches fich begegnete, war ein Hauptſitz des 
Aphroditelultus, In Griechenland kam der Dienft 
der überjeeiichen ——— auf den Inſeln und 
an den Küſten zur Anerkennung, 


und da ſie ſelbſt 


—— 


der Meeresküſte ihre Heiligtümer und gewährte 
günſtige Fahrt (Auuveoia, Eörlo, Talnvala). 
Bon jenen alten Berehrungsftätten hatte fie ver: 
ichievene Beinamen: Kvrgıs, IIapie, Auadovala, 
dnlle, Krıdia. Koßiosıe, ’Epvalon (von dem 
Berge Eryr in Sicilien, wohin ihr Dienft durch 
Phoinifer gebracht worden war). Die Kinder der 
A. und des Ares j. Ares; mit Anchiſes erzeugte 


fie den Aineias. — Der N. waren heilig als : 


Sinnbilder der Liebe die Myrte, die Nofe, der 
Apfel, als Symbole der Trruchtbarteit der Mohn, 
die Taube, der Sperling, der Haſe; als einer 
Meeresgdttin ift ihr der Delphin zugejellt. Bon 
der Kunft wird fie dargeftellt als reizende, in 
voller Blüte ftehende Jungfrau mit zartem, läng: 
lichem Geſicht voll Anmut und Wonne, jchmad)- 
tenden Augen und lächelndem Munde. Eine der 
ſchönſten und befannteften noch erhaltenen Statuen 
it die mediceifche Venus in Florenz; von höherem 
Kunſtwert aber ift die berühmte Statue der Aphr. 
von Melos in Paris, aus dem 4. oder 3. Jahrh. 
v. €. ftammend (f. d. Abbildung). Der beigefügte 
Kopf der Aphrodite ift eine Büjte im Louvre aus 
der Billa Borgheje. — Die Römer trugen die Vor: 
ftellung der Aphrodite auf ihren Namen Venus 
über, urjprünglic eine Gartengöttin, cine 
Gottin des Frühlings und der fproffenden und 
blühenden Natur bezeichnet zu haben jcheint. Wann 
ihr Kult nach Rom gefommen, und aus weldhem 
Grunde fie mit der Benus identifiziert worden ift, 
weiß man nicht; erft Cäſar und Auguſtus ver: 
ichafften ihr in Rom ein glänzendes Aulehen. Eie 
jollte nämlich durch Mineias die Stammmutter des 
römiichen Volles und bejonders des juliichen Ge: 
ichlechts fein (V. Genetrix). Benus war bei den 
Römern bejonders Göttin chelicher Liebe; jie 
hatte in Rom Heiligtümer unter jehr verjchiedenen 
Namen: Conciliatrix, Viriplaca, Myrtia (Murtea, 
Myrtengöttin), Murcia (von mulcere?), Cloacina 
(die Reinigende), Calva (die Täufchende?) u. ſ. f. 
An den Kalenden des ihr geweihten Lenzmonats April 
feierten ihr die Frauen ein Feſt. Or. fast. 4,1 ff. 

Aphroditopölis, Apoeodiıng mölıs, Name 
mehrerer Städte Ägyptens, deren eine in Hepta— 
nomis am öftlichen Ufer des Nils, 2 in der The: 
bais an der Weitjeite des Fluſſes, eine vierte im 
Delta lag. 

Aphthonios, Apsorıos, lebte als Sophift und 
Rhetor zu Antiocheia in Syrien zu Endes des 3. 
und Unfange des 4. Jahrh. n. E. und jchrieb 
rooyvuvaounra, eigentlich eine Umarbeitung des 
älteren Hermogenes, die, teilweije erhalten, noch 
im 16. und 17. Jahrh. allgemein auf Schu: 
len und Univerfitäten für die Rhetorik zu 
Grunde gelegt und beshalb viel bearbeitet 
wurden. Die von ihm vorzüglich behandelte, 
viel im Unterricht benußte Ehrie erhielt 
nah ihm den Namen der aphthonijcden. 
Ausgg. von Walz und von Spengel in den 
Khetores Graeei, von Petzholdt (1839). — Auch 
werben ihm 40 aiſopiſche Fabeln, offenbar Übungs: 
ftüde in Schulen, beigelegt. 

Aphytis, "Apvris. Stadt auf der Halbinjel 
Ballene in Makedonien mit einem Tempel des 
Zeus Ammon, j. Athytos. Thuc. 1, 64. 


Br 


4 


106 


Apia, Arin, alter Name des Peloponnes von 
dem Sohne des Nigialeus. Aesch. Suppl. 790. 
In der homerifchen Formel rnlödev LE anins 
yains (Il. 1, 270. Od. 8, 25) ift nur das ent- 
legene Yand bezeichnet. 

Apicius, M. Gavius, ein berühmter Fein— 
ſchmecker und Schlemmer zur Zeit des Auguftus 
und Tiberius, wird von den römischen Schrift: 
itellern (Tac. ann. 4, 1) mehrfach faft ſprichwört— 
lid genannt. Den Beinamen Ap. erhielt er von 
einem älteren Schwelger dieſes Namens, Zeit: 
genofjen des P. Rutilius (Tae. ann. 3, 66. Athen. 
4,168 d). Er brachte jein Vermögen durch und 
vergiftete fich, ald noch ein anjehnlicher Reft vor: 
handen war, aus Furcht zu verhungern. Sen. ad 
Helv. 10, 8f. Dio Cass. 57, 19. — Unter dem 
Namen Caelius Apicius (vielleicht richtiger 
Caelii Apieius, fo daß Apicius der Titel der 
Schrift war, wie Cieeronis Laelius oder Taeiti 
Agricola) befißen wir noch, etwa aus dem 3. Jahrh. 
n. &., eine Schrift über die Kochkunſt (de re co- 
quinaria 1. 10), eine Zufammenftellung von Koch— 
rezepten in 10 Büchern, von denen jebes eine 
griechiſche Uberjchrift hat. Auch anderes deutet auf 
die Benutzung griechiicher Quellen. Ausgg. von 
Lifter (1705), Bernhold (1787) und Schuch (1867). 

Apidänos, ’Amıdavog, ein am Nordabhange 
des Othrys entipringender Fluß, der in der Nähe 
von Pharjalos den Enipeus aufnimmt und dann 
durch Theflaliotis dem Peneios zuflieht; j. türf. 
Tabakhane:in. 

Apion, Axiov, ein alerandriniicher Gramma- 
tifer, der in der eriten Hälfte des 1. Jahrh. n. E. 
in Rom lehrte und viele uns bis auf einzelne 
Bruchftüde verloren gegangene Schriften jchrieb, 
namentlich yAassaı Oungınai, wie er denn auch 
der legte jener Kritifer war, die ſich mit einer 
Diorthofe der homerijchen Gedichte befaßten. „Er 
war ein beredter, aber windiger, unrubiger, dilettan- 
tiſcher Allerweltsjchriftfteller” ; in feiner Kritit des 
Homer ſchloß er ſich weniger dem ernten und 
methodijchen Ariftarch, ald dem geiftesverwandten 
rates von Mallos an. — Die unter feinem Namen 
noch vorhandenen ylacsaı Ouneixai find jüngeren 
Urjprungs. Seine im Nuftrage der Bewohner 
Alerandreias an Kaiſer Caligula gerichtete Klage: 
ichrift „wider die Juden“ ijt uns nur aus der 
Gegenichrift des Flavius Jojephus befannt. Samm— 
lung der auf Homer bezüglichen Bruchſtücke von 
Baumert (1986). 

Apis, "Anıs — den Griechen”Eragog genannt), 
der von den Agyptern hochverehrte heilige Stier 
im Tempel des Ptah zu Memphis. Dajelbft hatte 
er nämlich einen Tempel mit zwei Kapellen als 
Wohnung und einem großen Hofraum und wurde 
königlich gepflegt von zahlreichen Prieftern, die ihn 
in goldenen Seräßen jpeiften und tränften. Dabei 
diente er auch als Oralelgeber, indem man beob— 
achtete, in welche Kapelle er ging, ob er die dar- 
gebotene Speije fraß oder verjchmähte und dergl. 
Man opferte ihm bisweilen Stiere von roter farbe. 
Yährlidy wurde ihm ungefähr einen Monat lang 
ein Feſt in ganz Ägypten gefeiert, das mit jeinem 
Beburtstage ſchloß; an diefem Tage wurde er in 
jeinem heiligen Schmude vorgeführt. Wenn er 
25 Nahre gelebt hatte, wurde er in einem nur 
den Prieftern befannten Brunnen erfäuft und ein: 
baljamiert in goldenem Sarge beigejegt. Wenn 


Apia — Anoygagı). 


er früher ftarb, jo war jo lange Trauer im Lande, 
bis ein neuer Apis aufgefunden war. War diejer 
gefunden, jo wurde er nad) Nifopolis in Über: 
äghpten gebracht und da 40 Tage lang in einem 
Tempel gehalten, dann auf einem Schiff mit golde: 
ner Zelle nad Memphis geführt. Man glaubte, 
der Apis werde durch einen Lichtftrahl des Him- 
meld erzeugt; die Zeichen, woran man ihn er: 
fannte, waren: durchaus jchwarze farbe, ein weißer, 
drei- oder vierediger led auf der Stirme, das 
Bild eines Adler auf dem Rüden, ein weißer, 
halbmondförmiger led auf der rechten Geite 
hrs 8, 71), ein fäferähnlicher, ſchwarzer Fleiſch— 
noten auf oder an der a e, ein Schweif mit 
zweierlei Haaren. Die Verehrung bes Apis be: 
ruht auf dem Tierkultus der Agypter, er galt als 
die Hülle der Seele des Dfiris und war Sinnbild 
der Erzeugung und des Lebens. Vgl. Hdt. 2, 153. 
3, 27f. Diod. Sie. 1, 21.85. Strab. 17, 803. 806. 
807. Plin. 8, 46. 


Apinm (griech. oflıvor), eigentlich Bienenkraut 
(daher der Name), Eppich, eine in verjchiedenen 
Gattungen vorlommende Pflanze, deren Wurzeln 
von den Alten gegefien wurden. Die duftigen 
(Thever. 3, 23) Blätter des biegjamen (daher udum, 
Hor. od. 2, 7, 2%, nolvyvaunıor, Theocr. 7, 6%) 
Gewächſes benugte man gern zu Kränzen, wie 
denn namentlich die Sieger in den ifthmijchen und 
nemeifchen Spielen dadurch geehrt wurden, und 
zwar die erfteren mit Kränzen von Sumpfeppid) 
(Elsoa£Aıvor), die leteren von Bergeppich (ogeo- 
oelıvor). Micht minder aber gebrauchte man die 
Kränze auch bei frohen Mahlen (Tor. od. 1,36, 16. 
2, 7, 24. 4, 11, 3); ja bisweilen auch wohl in 
entgegengejeßter Art bei Leichenfeiern und auf 
Öreblteinen. Plin. 30, 11. 

'Arvevorl oder auvort niveıv, den Becher 
ohne abzufegen in Einem Auge leeren (auch auv- 
oriteıw). Dies geſchah bei Sympofien entweder 
beim Zutrinken, oder als Strafe für eine nicht 
gelöfte fcherzhafte Aufgabe, z. B. Rätjel (adviy- 
uara, ypipoı). Daher die Threicia amystis, 
der ohne Abjegen nach Thraferart geleerte Becher 
(Hor. od. 1, 36, 13). 

'Arodtxtaı |. Staatshaushalt, I, 13. 


"Aroygagn, a) im attiichen Nechte die Anklage 
auf Beruntreuung öffentlicher Gelder, Unterjchleif, 
Staatsdiebjtahl, bei den Römern peculatus. — 
b) die Hlagejchrift, als Denunziationslibell und als 
Verzeichnis der Teilnehmer in dem Fall, daß ein 
Verbrechen von mehreren begangen jein joll. — 
ec) ein jchriftliches Verzeichnis von fonfiszierten 
oder geſetzlich zu fonfiszierenden Gütern, dann 
aber auch die damit verbundene Anklage gegen 
diejenigen, welche dergleichen in Befig hatten und 
dem Staate vorenthielten. — d) Katafter. Zum 
Behuf der Schäßung waren in Hellas, wie im 
perjiichen Reiche und in Ägypten, Statafter her- 
kömmlich, die an verjchiedenen Orten nach ver: 
jchiedenen Grundjägen angelegt wurden. Demo: 
ithenes gibt in der Rede gegen jeine Bormünder 
eine Schäßung feines väterlichen Vermögens. In 
einigen Staaten wurde jährlich, in andern größeren 
alle 2 oder 4 Jahre eine neue Schäßung gemacht 
und die Verjegung (drasvrradıg) vorgenommen 
(j. Staatshaushalt, ], 11). Die Anfertigung 
und Bewahrung des Grundfatafters hatten ver: 


Apokolokynthosis — Apollon. 


mutlic die 48 Naufraren bis Kleiſthenes, nachher 
die Demardyen (Harpoer. s. v. Mucoxos). 
Apokolokynthöste {. Seneca, 2. 
Apollinäres ludi j. Spiele, 3. 
Apollinäris, 1) aus Alerandreia, Grammatifer 
und Preibpter in Yaodifeia, überjegte, um die pro- 
fane Veltüre zu verdrängen, im 4. Jahrh. n. E. 
die Gejchichtäbücher des A. T. in Herameter und 
bildete aus demjelben nach dem Mufter des Euri- 
pides, Menander und Pindar Tragddien, Komödien 
und Hymnen. Nur die uerapgasıs too Yalrı- 
005 dı= orirwv newıxar ift erhalten und von 
Sylburg (1569) herausgegeben. — 2) ſ. Sido- 
nius. — 3) f. Sulpicii, 25. 
Apollinis promunturfun, Anöllovos &xgor, 
1) die Weftipige des Golfs von Karthago, nörd— 
lih von Utika, wohl identiſch mit dem Pr. pul- 
chrum, wo Scipio Wfricanus Major landete, und 
welches nad) dem erften römijch-farthagiichen Ber: 
trage die Grenze der römiſchen Schiffahrt jein 
jollte; j. Rap on. Liv. 30, 24. — 2) ®gb. bei 
Cãſarea in Mauretania, j. Kap Moftagan. 
Apollinopölis, Arollovos nölıs, Name meh: 
rerer Städte in Agypten, 1) A, magna (mölıg 
neyalın Anöllwvoc), j. Edfu mit prachtvollen 
Zempelruinen in Thebais am weftlichen Nilufer; 
die Bewohner waren Feinde der Krokodile. — 
2) 4 n pınge am Öftlichen Nilufer in Thebais, 
eine bedeutende Handelsftadt; j. us. 
Apollodöros, Arollödwgos, 1) ein tragijcher 
Dichter aus Tarjos, von dem Suidas 6 Tragödien- 
titel anführt; zu unterjcheiden von einem andern 
Apollodor aus Tarjos, einem Grammatiker, der 
über die Medeia des Euripides geichrieben hat. 
— 2) ein berühmter Komiker aus Karyſtos in 
Euboia, und 3) ein Komiker aus Gela in Sicilien, 
BZeitgenofje des Menander, aljo Dichter der neueren 
Komödie, ſ. Komoedia, 5. Nacd welchem von 
diejen Komitern Terenz feine Hecyra und feinen 
Phormio bearbeitet hat, ift ungewiß, ebenfo, wel: 
chem die erhaltenen Fragmente (gefammelt von 
Meinefe, fragm. com. Graec. IV p. 438 ff. IIp. 11007. 
der Fein. Ausg., und Kod, com. Att. fragm. III 
p. 278 ff.) einzeln — find. — 4) ſ. Ma- 
ler, 3. — 5) j. Baukünstler, 9 — 6) aus 
Athen, um 140 dv. C., Sohn des Aſklepiades, 
Schüler des Grammatikers NAriftarchos und des 
Banaitios, bei dem er die ſtoiſche Philoſophie fennen 
lernte, fruchtbarer und vieljeitiger Schriftiteller. 
Erhalten hat fih von ihm (am Sclufje leider 
lüdenhaft): Bıßlıodnan in 3 Büchern, eine reiche 
und mwohlgeordnete mythologiihe Sammlung von 
den älteften Theogonien bis auf Thejeus nad 
Kyflilern und Logographen (vielleicht von jüngerer 
Hand, im 2. 336 v. C. verfaßt). Ausgg. von 
C. G. Heyne (1803), mit vortrefflichem Kommentar, 
Sommer (1823), %. Befter (1854) und R. Hercher 
(1874). Die übrigen Schriften von ihm find ver: 
loren gegangen: Agorıx« in 4 Büchern, eine bei 
den Römern vielgebrauchte chronologiſche Welt: 
geihichte, und T’ng weolodos, eine Chorographie, 
beide in iambiſchen Trimetern; ferner weol veov 
oder meel Too vewv xaraloyov, Mommentar in 
12 Büchern zum Sciffslatalog (Il. 2), r& mrei 
Eupeovor, neol ’Ertyapuov u. a., befonders aber 
ein großes Werk in 24 Büchern megl deor. Samm: 
lung der Fragmente bei Müller, fragm, hist. Gr. I 
428 ff. — 7) Rhetor aus Pergamon, Sohn des 





107 


Porrhos, geb. vor 104 v. E., Lehrer des jungen 
Octavian in Apollonia, mit dem er nach Rom kam 
(Strab. 13, 625. Suet. Oct. 89); hier bildete er nad) 
der alten Lehrweiſe des Ajinius Pollio eine eigene 
Schule, welcher die des Theodorus nach dem Bor- 
gange des Caſſius Severus entgegengejeßt war/Apol- 
odorei und Theodorei, Quint.2, 11.2). Bon jeiner 
regen iſt nichts erhalten. Die Weihinfchrift einer ihm. 
im Gymnafium zu Bergamon errichteten bronzenen 
Bildjäule ift Fürzlich aufgefunden worden. 
Apollon, Arollo», Apollo, ift der Sohn des 
I und der Leto (Latona), einer Tochter des 
itanen Koios. Hesiod. theoy. 918. Hom. Il. 1, 
21.36. Homer und Hefiod geben den Ort jeiner 
Geburt nicht an; nach dem Hymnos auf den deli- 
ſchen Apollon warb er auf der Inſel Delos am 
Fuße des Berges Kynthos (daher Inkıog, Kurdıog) 
zufammen mit der Artemis ge: 
boren, nachdem Leto, don der 
eiferfüchtigen Hera und dem 
Draden Python verfolgt, hier 
endlich eine fichere Zufluchts: 
ftätte gefunden hatte. Apollon, 
der Reine (Boißog), ift ein 
Gott des Heils und der Orb: 
nung, er ift Schirmer des Ge— 
ſetzes, alles Guten und Schönen 
in der Natur und der Menichen- 
welt. Er verfündet den Men: 
ihen den Willen des Zeus, 
des Weltordners und höchiten 
Horte aller Geſetzmäßigkeit, 
mit dem er aufs engſte ver: 
bunden ift, und wacht über 
deſſen Erfüllung. Wer jich dem 
Geſetze des Zeus widerjegt, den 
jtraft der Zorn des Apollon; 
mit jeinen Pfeilen, die er vom 
jilbernen Bogen jchnellt, ereilt 
der Seruhefexbe (ennßolog, 
ExarnBölog, Exdepyog, deyv- 
oorofog, xAvrorokog, arcipo- 
tens, arcitenens) den Frevler 
und bringt ihm Tod und 
Berderben. Das erfuhrn die 
Aloaden (Dtos und Ephialtes), 
die ſtolze Niobe mit ihren 
Kindern, die Griechen im Lager 
vor Troja (Hom. Il. 1). So wie aber U. auf der 2 
einen Seite ald verderblicher Gott (Anollor 
von amöllvuı?) Tod, Seuchen und Landplagen 
ſchickt, ſo gibt er auf der andern Seite aud Segen 
und wehret dem Verderben (alsEinanog, axkorog, 
oorne, Ilyyrwov, IIcınv, IIaıav, medicus), er 
verleiht Kraft zum Siege. Seine Beziehung zu 
den Herden ift aus * Eigenſchaft eines heil- 
bringenden Gottes zu erflären; er hält von den 
Herden die Seuchen ab und den Wolf (Auxoxro- 
vor) und mehrt ihre Fruchtbarkeit. Er ift jelber 
ein Hirt und meidet die Herden des Admetos 
und des Qaomedon. TI. 2, 766. 21, 448. — ls 
Verkünder des Willens des Zeus ift er Gott der 
Weisjagung und der Drafel. einem Haren 
Seherange ift nichts verborgen, aber jeine Sprüche 
find für den beichränften Menſchengeiſt oft dunfel, 
daher heißt er Ao&las, der Dunkle. Seine vor: 
nehmfte Weisjageftätte ift Delphoi oder Pytho 
(daher Tödios), das er bald nad, feiner Geburt 





3 


108 Apollon. 


in Beſitz nahm nach Erlegung des Drachen Python. 
Hyumn. in Apoll. Pyth. 104. 179 ff. Vorher hatte 
Be (und PBojeidon), dann Themis das Orakel be: 


der Griechen, deſſen Kultus allgemein verbreitet 
und vom höchſten Einfluß auf die Kultur der 
Griechen war; bejenders aber wurde er hoch ver: 
ehrt bei den Doriern. Vorzügliche Site feines 
Kultus waren das Thal Tempe, Delphoi, von 
wo fich fein Dienft über Boiotien und weiter: 
bin verbreitete, Kreta, Delos, die Heinafiatische 
Küfte. Die Feite Apollons fallen bejonders in 
den Frühling, wo ihm Reinigungs: und Sühn— 
fefte an vielen Orten gefeiert wurden; jo bei 
Athenern und Noniern überhaupt die @xoyr- 
ka. Die pythiſchen Spiele, an denen fich ganz 
Griechenland beteiligte, wurden alle 4 Jahre 
im Nachſommer gehalten. Auf den Vorgebirge 
Aftion, Actium, wo Ar. "Anrıog einen der Sage 
nach von den Mrgonauten gebauten Tempel 
hatte, wurde ihm mit Wettlämpfen und Gee- 
fämpfen ein Feſt, Axrıa, Actia, Actiaca, alle 
3 Jahre, jeit Auguft mit erneuter Pracht alle 
5 Jahre (aber auf der gegenüberliegenden Spitze 
von Epeiros) begangen. — A. hatte eine zahl: 4 
reiche Nachkommenſchaft; beſonders hießen Seher 
und Sänger und Stammheroen ſolcher Städte 
und Landſchaften, in denen er verehrt ward, 
ſeine Söhne. Geweiht waren ihm außer andern 
Tieren der Schwan und der Wolf, von den 
Pflanzen der Olbaum, die Palme, der Lorbeer. 
Der Lorbeer (daprn) entſtand der Sage nad) 
durch Verwandlung der von Ap. geliebten und 
verfolgten Nymphe Daphne, Tochter des Pe: 
neios. Or, met. 1,452 ff. — Die bildende Kunſt 
ſtellt den Ap. dar als ſchöngelockten (Axspsexo- 
ans), Fräftigen Füngling von aufftrebender Ge- 
ftalt mit ftolzen, Maren Zügen. Die ältefte 
noch erhaltene Statue ift eine bei Tenea im 
Peloponnes gefundene (j. in München, j. die 
Abbildung ai, die berühmtefte der ſ. g. Ap. 
von Belvedere im Vatikan (ſ. die Abbildung b); 
er ijt hier dargeftellt als der durch die vor- 
gehaltene Aigis in den Reihen jeiner Feinde 
b. Schreden und Entjegen verbreitende Gott (etwa 
in derjelben Situation wie Il. 15, 318), als 
jeffen. Aeschyl. Eum. 1 ff. Außerdem waren noch | ein Aigiochos. Der beigefügte Kopf des Apollon (c), 
Orakel des Ap. zu Abai in Phofis, bei Theben am | dem Alp. von Bel- 
Iſmenos, an der Quelle Tilphofja in Boiotien, zu |vedere entipre: 
Klaros bei Kolophon, zu Didyma bei Milet u. a. D. | chend, früher in 
(Aßados, "Iounviog, Klaoıos, Ovußowios, Ila- | der Giuſtiniani— 
raosvs). Durch jeine Orakelſprüche hatte Ap. den | jchenSanmlung, 
größten Einfluß auf die öffentlichen Angelegen- iſt jegt im Be: Fr 
heiten der Griechen, auf ihre Verfaffungen, auf | fibe des Grafen ZI 
die Wanderungen der Stämme und die Gründung | Bourtales : Sor- 
von Pflanzftädten; er ift Städtegründer und |gier. Die andere 
Kolonienjender («erynyerns, arioeng), Stadt: | Statue (d), aus 
und Strafenjhirmer (ayvesvs), eg hat ſelbſt | der Pio:Elemen: 
die Mauern von Troja (11. 7, 452) und von | tiniichen Samm— 
Megara (j. Alkathoos) gebaut. — Der wiffende lung, ftellt den 
Gott, der in den Drateliprüchen den göttlichen | Ap. Mujagetes 
Willen offenbart, hat aucd die Babe der Dicht- | dar, in dem lan: 
funft, des Gejanges und Saitenjpiels. Bei | gen ioniſchen Ge— 
Homer (Il. 1, 603) fpielt er beim Schmauje der | wande derflöden. 
Götter die Phorminz, und die Mufen begleiten Die Römer 
ihn mit ihrem Gejange; er ift aber bier noch nicht | erhielten den Ap. 
Gott des Geſanges. So wird er in der Folge | vonden@riechen. 
Meifter aller ſchönen Künfte und Führer der Mufen | Schon zur Zeit 
(Movsayerns). — Mit dem alljiebenden Sonnen: | der Könige ſoll 
gott Helios ift der allwijiende Seher Phoibos | das deiphiiche Drafel von ihnen befragt worden 
Apollon, der Lichthelle (Auxsıog), erft jpät identi: | fein. Im J. 432 v. E. baute man ihm in Rom 
fiziert worden. — Ap. war einer der höchjten Götter | den erjten Tempel des Ap. medicus, als einem 








+ 








Apollonia — Apollonios. 


von Seuchen befreienden Gott, welche Bedeutung | 
an ihm bei den Römern bejonders hervortrat. 
Zur Zeit des zweiten puniſchen Krieges wurden ihm 
die apollintjhen Spiele (ludi Apollinares, j. 
Spiele, 3.) eingejeßt. Auguftus, der den Gott hoch 





— 
% — 
EA ap 


* 


ehrte, trug die Feier der ſäculariſchen Spiele 
(Audi saeculares, j. Spiele, 6.) zum Zeil von 
Dis und Proferpina auf Apollo und Diana über. 

Apollonia, ’4rollorie, ein oft vorfommender 
Städtename; die bedeutenditen find: 1) Stadt un: 
gewifjer Lage an der Nordfüfte Siciliens. Cie. 
Verr. 3, 43. 5, 33. — 2) Stadt der Witolier bei 
Naupaltos Liv. 28, 8. — 3) Stadt an der Mün— 
dung des Aoos in Illyrien, eine durch ihre Geſetz— 
lichkeit befannte Kolonie der Korinthier und ser: 
foraier, bedeutend und zur Römerzeit als Sit der 
Wiſſenſchaft angejehen (Octavian, Mäcenas). Thuc. 
1,26. Caes.b.ec.3,6u.öd. Die Stadt war zu: 
gleich Feſtung und hatte eine jtarfe Eitadelle, die 
Einwohner heißen Apolloniatae und Apolloniates. 
Jetzt Ruinen von Polina. — 4) eine Kolonie der 
Milejier in Thrafien am Bontos, mit einem Tempel 
und Koloß des Gottes, der von Lucullus nad Rom 
gebradht wurde, in —— Zeit Sozopolis, 
daher j. türkiſch Sizebolu. Adt. 4, 90. 93. Just. 
16, 2. Lie. 34, 49. 43, 21. Cie. Phil. 11, 11. Or. 
trist. 1, 19, 35. — 5) Stadt auf Chalkidike. — 
6) Stadt auf Kreta. — 7) Stadt in Siyrenaife, der 
Hafen von Kyrene, eine der Städte der Pentapolis 


109 


und Geburtsort des Geographen Eratofthenes; j. 
Maria Sufa. 

Apollon\os, ‘Arolloveog, 1) Ap. Rhodios, 
epiicher Dichter und Grammatiker aus Alerandreia, 
blühend unter Ptolemaios Euergetes (247--221 
dv. E.) und Ptol. Philopator (221— 204), Schüler 
des Kallimachos, mit dem er über die Grundſätze 
der Poeſie in Streit geriet. Während Kallimachos 
fi in prunfvoller, gelehrter Darftellungsweije ge- 
fiel und für jeine Zeit die Wiedererwedung des 
Epos beftritt, verjuchte Ap., der Einfachheit des 
Homer nadhjtrebend, eine größere epiiche Schöpfung: 
er dichtete das noch pe Epos Argonau— 
tifa. Als er diefes zu Alerandreia vorlas, joll 
es der dort einflußreiche Kallimachos dahin ge- 
bracht haben, daß es durchfiel. Ap. begab Ah 
darauf nach Rhodos, wo er mit großem Beifall 
als Rhetor lehrte und durch die Leſung jeiner 
überarbeiteten Argonantifa nicht nur einen beden: 
tenden Ruf, jondern auch das Bürgerrecht erlangte 
‚daher Rhodios). Später fehrte er nach Aleran- 
dreia zurüd, las dort fein Epos aufs neue und 
zwar jet mit allgemeinem Beifall vor, und infolge 
davon joll er 196 unter Ptolemaios Epiphanes 
das Bibliothefariat erhalten haben, ein Aıft, in 
dem er wahrjcheinlich auch ftarb. Außer dem ge: 
nannten Epos dichtete er noch AÄrlasıs (Grün- 
dungen von Städten‘, Choliamben und Epigranıme, 
die bejonders gegen Kallimachos gerichtet waren. 
— Die Argonantifa zerfallen in 4 Bücher; fie 
behandeln, ohne tieferes Ergreifen der Charaftere 
und der Situationen, ohne jchöpferiiche Phantafie, 
das Ctofflihe der Argonautenjage in umunter- 
brochener geichichtlicher Nufeinanderfolge, einfach 
und ohne Prunk (vgl. Quint. 10, 1, 54); zur Be: 
lebung der nüchternen Erzählung find hier und 
da einzelne jchöne Gleichniffe, längere Epijoden, 
Schilderungen von Gegenden u. dgl. mit Kunſt 
eingefügt. In jeiner Eprade ftrebt er zwar dem 
Homer nad); doch ift fie weit Fürzer und gedrängter, 
fünftlicher und jchwerfälliger, jo daß das Ganze 
der einfachen und natürlichen Poeſie des Homer 
gegenüber als mühſam geichaffenes Kunftproduft 
ericheint. Dagegen ift der Versbau durchaus for- 
reft und funftooll. Bei den Nömern fand das 
Gedicht, wie überhaupt die alerandriniiche Poeſie, 
Beifall und Nahahmung, teils im einzelnen, z. ®. 
bei Bergil im 4. Buch der NAneis, teils im gan- 
in wie in den Argonautica des P. Terentius 

arro Mtacinus (j. Terentii, 6.) und des Bale- 
rius Flaccus. SHauptausgg. von Brund (1780. 
1810), Wellauer (1828), Merkel (1854; Tertaus- 
gabe 1852). Wir befiten zu dieſem Epiker eine 
vortreffliche Scholienfammlung, die erſt H. Keil 
inter der Mertelichen Ausg. richtig hergeitellt 

t. Bol. Weichert, iiber das Leben und Gedicht 
des Apoll. v. Mh. (1821). — 2) N. aus Perga 
in Pamphylien, der „große Geometer“, wie er 
ihon im Mltertum hieß, nur übertroffen von 
jeinem Lehrer Archimedes, lehrte 250—220 v. C. 
au Alerandreia und Pergamos und jchrieb über 
ie Kegelichnitte, rorına aroıyei«, in 8 Büchern, 
ein epochemachendes Werk, defien Methode nodı 
jet gilt. Nur die erften 4 Bücher jind im Ori— 
ginal, die 3 folgenden in einer arabijchen Über- 
ſetzung vorhanden, das letzte fehlt ganz. Ausg. 
bon Halley (1710). Aus der arabijchen Überjegung 
find aud) befannt geworden zwei Bücher eei 


110 


Aoyov amoronns und andere, z. B. msol veuoswn, 
zeol dimpioufvngs rouns, aus Pappos. — 3) U. 
von Tyana in Kappabotien, lebte um 50 n. E. 
Er ftudierte zuerft in Tarjos, dann in Nigai und 
wurde in die Weisheit der Phthagoreer eingeweiht. 
Nachdem er jein väterliches Vermögen den Armen 
geichentt, machte er weite Reifen durch Afien bis 
nah Indien hin, durch Europa und Afrifa und 
begab ſich zulegt nadı Rom. Bon dort durd) das 
allgemeine Verbot wider die Philojophen vertrie: 
ben, ging er nad Spanien und Agypten, Fam 
aber jpäter nach Rom zurüd und jcheint als Vor: 
jteher einer Schule zu Ephefos im hohen Alter 
geitorben zu jein. Seine jtreng ajtetiihe Lebens: 
weile nach vermeintlich puthag. Ordensregel und 
die ihm beigelegten Wunder verjchafften ihm ein 
übertriebenes Anſehen; man hielt ihn für einen 
in der Magie wohl bewanderten Mann und trug 
ſich mit wunderbaren Gejchichten von ihm herum. 
Sein Leben hat Philoftratos, jedoch mehr roman: 
haft als hiſtoriſch, in 8 Büchern bejchrieben. Die 
heidnijchen Schriftfteller (Hierofles) ftellten ihn 
mit Ehriftus zufammen, wogegen wiederum chriſt— 
lihe Biihöfe (Eujebios Pamph.) auftraten; ähn: 
liche Fragen und Erörterungen in Bezug auf ihn 
find auch in neuerer Zeit noch verhandelt worden. 
Unter jeinem Namen werden mehrere, jchwerlich 
echte, Schriften genannt; vorhanden find nur 85 
Briefe. — Monographien über ihn von %. E. Baur 
in der Tübing. Zeitichrift f. Theol. 1832 und von 
Jeſſen (1885). — 4). aus Alabanda in Karien, 
von Strabon (14, 655 u. Ö.) Malaxög genannt, 
begab fich nad) Rhodos und erteilte dort Unter: 
richt in der Rhetorik. Scävola hat ihn dort 120 
v. E. gehört (Cie. de or. 1, 17. 28). — 5) U, 
ätichlie Molo (Molwr) zubenannt, war aus 
einer Vaterſtadt Mlabanda in Karien nach Rhodos 
übergejiedelt, trat 88 v. E. als Lehrer ber Bered— 
jamfeit in Rom auf, doch mur auf kurze Leit. 
Cie, Brut. 89. Im J. 80 jchidten ihn die Rho— 
dier ald Gejandten nach Ron, um jeiner Vaterſtadt 
eine angemefjene Kriegsentihädigung zu erwirken; 
auch bei diejer Gelegenheit wirkte er wieder als 
Lehrer (daj. 90). Cicero bejuchte ihn 78 in Rhodos 
(daf. 91), um der afianiichen Beredſamkeit jich zu 
entwöhnen; auch Cäſar hat ihn gehört. Suet. 
Caes. 4. — 6) A. mit dem Beinamen Sophista, 
aus Alerandreia, Sohn des Ardibios, Lehrer des 
Apion, aljo in der Zeit des Auguftus. Sein Askı- 
»or, welches homerijche Gloſſen enthält, ift zuerjt 
von Billoifon (1773), dann von J. Bekker (1833) 
herausgegeben. — 7) ein Grammatifer aus le: 
zandreia, Sohn des Mantitheos, erhielt wegen des 
Ernftes jeiner Forihung den Beinamen 6 Jvaxo- 
Log. Er begab ſich nach Rom, wo er die Auf: 
merfjamfeit des Kaiſers M. Antoninus Pius auf 
ji) zog, und fehrte jpäter nad) Mlerandreia zurüd, 
wo er als Mitglied des Muſeums ftarb. Er iſt 
der Begründer einer Wiſſenſchaft der Grammatif, 
daher © reyvıncg. Bon feinen Schriften find vier 
erhalten: 1) mepl arrwvvuuiag (herausg. von F. 
Belfer, 1818); 2) megl Irıpenucaro» (in Bellers 
Anecd gr. II p. 527—626); 3) megl avrdicumr 
(ebendaj. p. 477—526) und 4) weol avrrafswg 
in vier Büchern (herausgg. von Beller, 1817; 
deutih von A. Buttmann, 1878). Ausg. der 
Heinen Schriften von Schneider (1878). Seine 
übrigen Schriften find verloren. Priſcian, der 


Apollonis — Apophoreta. 


ihn 8, 439 summus artis auctor grammaticae 
nennt, legt in ben institutiones grammaticae 
jein Syftem zu Grunde. Nichts zu thun haben 
mit ihm die loropfaı Havuasızı, die meijt mit 
Antoninus Liberalis und in den Paradorographen 
herausgegeben find. — 8) A. aus Myndos in 
Karien, beichäftigte ſich mit der Aftronomie, be: 
jonders der Verbreitung der chaldäiſchen Anfichten, 
und jchrieb über die Kometen. Sen. qu. nat. 7, 3, 17. 

Apollönis, AroAlovig, Stadt in Lydien zwiſchen 

ergamos und Sarded. Die Einwohner Apolloni- 

enses. ic. ad. Qu. fr. 1, 2.3. ad Att. 5, 13. 
Flace. 21. 29. 32. Taec. ann. 2, 47. 

Arxouuydalıai. Da die Griechen feine Ser: 
vietten hatten, jo bedienten fie fi zum Reinigen 
ber Hände während des Mahles der Krumen des 
Brotes, die man zu einem Teige fnetete (@no- 
uaydakıc); auch wurde den Gäſten ein eigens dazu 
beftimmter Teig vorgejegt. Nah dem Gebrauche 
wurde dies Brot den Hunden vorgeworfen, daher 
xvvag. Die Nömer bedienten fich dagegen der 
mappae (\. b.). 

Apönus fons oder ApSni fons (von &movog, 
ſchmerzſtillend), j. Abano, St. ſüdweſtlich von Pata— 
bium in Oberitalien mit heißen Schwefelquellen 
voll wunderbarer Heilfräfte (aquae Patavinae, 
j. Bagni d'Abano) und einem Orakel. Plin. 31, 6,32. 
Suet. Tib. 14. Sil. 12, 218. Lucan. 7, 1983. 

Anontuneıv, dnomounn, amonsuyıg — 
anolsıyız, amolsinsır, amolsıypıy yoaypaodaı - 
NAusdrüde, die von der Scheidung der Ehe ge: 
braucht werden, eritere vom Manne, der ia von 
der frau trennt, leßtere von der Frau. iejer 
Unterjchied in dem Gebrauche wird jedoch nicht ftreng 
befolgt. Die Ehefcheidungen waren in Athen jehr 
feicht und häufig. Die arönsuyıg beftand darin, 
da der Mann die Frau ohne weiteres mit der 
eingebrachten Mitgift in Das Haus defjen, in deſſen 
Gewalt fie geftanden hatte, ihres «vguog, zurüd: 
ichidte. Die Frau hatte dagegen in Perjon dem 
Arhon eine Schrift mit Angabe der Gründe zu 
überreichen. Stimmten beide Parteien überein, jo 
war die Scheidung ohne weiteren Rechtshandel er- 
folgt, wenn nicht die Mitgift Streitigkeiten ver: 
anlaßte. — Wurde von einer von beiden Parteien 
die Rechtmäßigkeit der Scheidung angegriffen (aus 
welchen Gründen dies geihehen konnte, wiſſen wir 
nicht), fo konnte der Mann eine Klage amolsipews, 
die rau arorfuwvsrog beim Archon anftellen. Vgl. 
Plut. Ale. 8. Meier und Schömann, Att. Prozeß 
©. 510 ff. der 2. Aufl. 

Arogoga hieß 1) die Beifteuer, welche Sparta 
als Hegemon von den einzelnen griechijchen Städten 
ur ‚Führung des Kriegs gegen die Perſer erhob, 
—* unter Athens Hegemonie Popos genannt; 
2) welche der Helot an feinen Herrn entrichtete, 
70 Medimnen Gerfte für den Mann, 12 für die 
Frau und ein entiprechendes Quantum DI und 
Wein; 3) das Mietgeld, welches in Athen von den 
Sflaven, welche in fremdem Dienfte oder auf eigne 
Hand arbeiteten, an ihre Herrn täglich —— 
ward (vgl. Jovkog, 8.). 

Apophoröta, r« «rogpöenr«, zunächſt Ge— 
ichenfe an Eßwaren, welche die Gäfte von den 
Mahlzeiten mit nah Haufe befamen, dann über: 
haupt Geſchenke, welche man fich bei fejtlichen Ge: 
legenheiten, bejonders bei der Feier der Satur: 
nalien, machte. Das 14. Buch Martials enthält 


"Anopgddes Autom — Apparitor. 


die Epigramme, mit welchen er die kleinen Ge— 
fchenfe an feine Freunde begleitete, und führt 
deshalb den Titel Apophoreta. 

Aropgades nuigar biegen diejenigen Tage, 
dv als roig uroıyouivorg youg Imipigovomv 
(Tim. lex.), Totenfeier; das Opfer hieh Zvayısua. 
Ein Beiipiel bei Aesch. Pers. 615 ff. (j. auch 
Apsrol nufioaı). Im allgemeinen werden alle 
Unglüdstage jo genannt, an melden man ſich 

tete etwas Wichtiges zu unternehmen. In Rom 

ies nefasti oder atri. 

Arögenre hießen 1) in Athen die Begenftände, 
deren Ausfuhr verboten war, wie Getreide und 
alles, was für die Ansrüftung der Flotte wichtig 
war, 3. B. Bauholz, Tauwerk u. a.— 2) gewifie 
Schimpfwörter, wie ardgopörog, blwaamıs, deren 
man ie Athen gegen jedermann, an allen 
Orten, bei Strafe von 500 Drachmen, enthalten 
sollte. — 8) Myſtiſches, das nicht ausgeiprochen 
oder verraten werden durfte. 

ArooroAeis waren in Athen Beamte, zehn 
an der Zahl, die für die ordnungsmäßige Aus- 
rüftung und das glüdliche 
Auslaufen der Trieren zu 
forgen hatten, auch das Recht 
übten, die fäumigen Trierar: 
chen in Haft zu nehmen (rgın- 
eugyog owdelg — ovuy Uno 
tor dnoorollor Iaion, 
Demosth. de cor. p. 262). 
a 

n t im Vrozeſſen 
über das dem Staate zuge- 
ige, in den Händen von 

i befindliche Schiffs: 
gerät hatten. Demosth. Euerg. 
p. 1147, 1. 

Apothöca, arodnxn, Bor: 

er oder Magazin, 
namentlich für die edleren, 
bereits auf Amphoren gefüll- 
ten Weine. Dieje Weintam- 
mer befand ſich jtets im obe- 
ren Teile des Hauſes und 
* oft über dem Bade 
fumarium), jo daß der Rauch — 

en fonnte (fumum bibere). Hor. sat. 2, 
5,7. 0d.3,8,9ff. Die cella vinaria (olvar) 
dagegen lag in den unteren Räumen des Hauſes, 
wo die noch nicht abgezogenen und noch gärenden 
Weine in irdenen oder bleiernen (Colum. 12, 6) 
Gefähen (dolia) aufbewahrt wurden. 

A „ anodewmaıg, ift die Vergötterung 

eter Menſchen. Der Glaube, daf die 


en der Vorzeit jur Ehre der Götter gelangt 
fand ſich ſchon in alter Zeit bei den Griechen. 
Das einzige ipiel bei Homer iſt Leufothen 


Od. 6, —2* Man nahm dabei immer eine leib— 
af zu ben Göttern an, wie bei 
Achilleus und andern (ähnlich bei den 


Ri nern die Entrüchun Romulus, — — 
fpäterer je entjtand bie ellung, 
daß der Leib des zu den Unſterblichen empor: 






hobenen Helden, der aus jterblichen und unfterb- 
ichen Teilen beftände, durch das Feuer een 
erblichen Beitandteilen Ye und geläutert wiirde. 
ine bejondere Art von Apotheoje war in fpäterer 
zriechiicher Zeit die, daß hiftoriichen Perſonen 


111 


nach ihrem Tode durch Drafel oder durch Beſchluß 
eines priefterlihen Kollegiums göttliche Verehrung 
zuerfannt wurde, wie dem Lyfurgos in Sparta, 
dem Harmodios und Ariftogeiton, ben bei Mara- 
thon und Plataiai Gefallenen, ja in jpäterer ent- 
arteter Zeit jogar noch lebenden Mentchen, zuerſt 
dem Lyſander, dann ein Jahrhundert ſpäter dem 
Demetrios Poliorketes. Eine neue Periode beginnt 
mit der griechiſchen Vergötterung der Machthaber 
und Kriegshelden durch Mlerander und die Ptole— 
maier in Ägypten. — Dieje griehifche Machtver- 
götterung verpflanzte ſich madı dem Untergange 
der Freiheit auch nach Rom. Julius Cäfar, dem 
ſchon bei jeinem Leben göttliche Ehren erwiejen 
waren, wurde nach jeiner Ermordung in die Zahl 
der Götter gezogen (Suet. Caes. 88), und nach 
diefem Anfange bildete jich eine förmliche Kaiſer— 
religion aus. Die Vergötterung der röm. Kaiſer, 
bisweilen auch der Kaiſerinnen, die jogenannte 
consecratio, wurde auf Beſchluß des Senats 
oder auch des Nachfolgers vorgenommen. Nach 


Beftattung der Leiche wurde ein wächſernes Bild 





des Berftorbenen auf elfenbeinerner Bahre 7 Tage 
im Balaft ausgeftellt, dann von Nittern und Sena- 
toren auf das Forum und von da anf das Mars: 
feld getragen. Hier wurde es, prächtig geſchmückt 
und mit Räucherwerk umgeben, auf einen Scheiter: 
haufen — und dieſer von dem neuen Kaiſer 
angezündet. Ein Adler flog von der Höhe des 
Gerüſtes zum Himmel; er trug nach der Vor— 
ftellung des Volles die Seele des Kaiſers zu den 
Böttern. Bon mın an wurde der Berjtorbene gött- 
lich verehrt, man nannte ihn Divus, baute ihm 
Tempel und jegte ihm Priejter ein. Herodian. 4, 2. 
Auf ähnliche Weife wurden auch die Kaiſerinnen 
bergöttert; nur trug ftatt eines Adlers ein Pfau 
die Seele gen Himmel. 

Arorgönauog |. Averrunens. 

Apparitor ift der allgemeine Name für die 
Diener oder Subalternbeamten der Magiftrate 
(qui eis apparent). Sie waren scribae, lictores, 
vıatores, praecones, welche ftehende Collegia bil: 
deten und dem Amte faktiſch lebenslänglich an- 
gehörten, während die accensi fein Collegium 


\OOTJIKE 
8 


112 


bildeten und zu dem Magiftratus in einem mehr 
perjönlichen Verhältnis ftanden, jo daß ihre Funk— 
tion zugleich mit der ihres Herrn endete. Diener 
der PBrovinzialmagiftrate waren interpretes, sta- 
tores, tabellarii. Auch ftanden den Magiftraten 
die zahlreichen servi publiei zu Gebote. In der 
Kaiferzeit wurden dieje Diener immer zahlreicher 
(j. Offieium) 

Appellatio ijt das AZuhülferufen eines Ma- 
giftratus, damit diejer durch jein Veto die Aus: 
führung eines drohenden Unrechts hindere (inter- 
cedere), im Gegenſatz zur provocatio, d. i. 
Berufung an das Volk als Oberrichter, um ein ver- 
meintlich ungerechtes Urteil aufzuheben. Dieje in 
der republifaniichen Zeit ftreng von einander ge: 
ichiedenen Auftitute (Liv. 3, 56. 8, 33. 37, 51) 
wurden in der Kaiſerzeit gleichbedeutend gebraucht 
als Hinwenden an eine höhere Juſtanz, weil der 
Ntaijer die maiestas populi in feiner Perſon ver: 
trat und die Machtfülle aller früheren Magiitrate, 
jowie namentlich) auch das tribuniciſche Veto in fich 
vereinigte. Die Appellation der republikaniſchen 
Beriode fonnte an alle Magiftratus gerichtet werden, 
welche dem Magiftratus, gegen welchen man Hülfe 
juchte, gleich oder übergeordnet waren (Cie. legg. 
3, 4); doch die Tribunen fonnten nicht bloß gegen 
ihre Kollegen, jondern gegen jämtliche Magiftrate 
zu Hülfe gerufen werden (j. Tribuni plebis, 2.). 
Unter den Kaijern bildete ſich ein förmlicher In: 
ftanzenzug in der Appellation, und der Kaiſer jelbft 
fonnte nicht bloß die gefällten Urteile aufheben, 
jondern auch reformieren, was früher feinem 
Magiftratus wegen der einjährigen Amtsdauer ge- 
ftattet gewejen war (j. Provocatio). Über das 
attifche Recht |. "Epesıgs. 

Appenninus ſ. Apenninus, 

Appia via j. Via. 

Applänos, Anmıavog, geboren zu Alerandreia 
in Agypten, lebte um die Mitte des zweiten Jahr: 
hunderts n. €. zuerjt als Sadjwalter in Rom, 
dann als Profurator des faiferlichen Fiſcus in 
Agypten. Er jchrieb um das J. 150 "Ponain« 
oder 'Pouai«n lorogi/« in mehreren Abteilungen, 
welche in ethnographiicher Form die Gejchichte 
jedes Yandes und Volkes bis zum Aufgehen des- 
jelben in das röm. Reich behandelten. Das Wert 
umfaßte 24 Bücher, von welchen die 5 erften zum 
Zeil, viele andere ganz verloren gegangen und nur 
folgende erhalten find: 6. 7. (Spanien, Krieg mit 
Hannibal), 8. (punische Sejchichte), 9., 11. (pr. 
und parth. Geſchichte, legtere unecht und aus 
Plutarchs Biographien zufammengejchrieben), 12. 
(Mithridates), 13— 17. (röm. Bürgerfriege bis zum 
Tode des ©. Pompejus, die wichtigiten von allen, 
und 23. (illyr. Geſchichte). Als Gejchichtichreiber 
jteht er auf röm. Standpunkte, von welchem aus 
er das Römerreich als eine Schöpfung der Gottheit 
betrachtet. Er muß mit großer Flüchtigkeit gear: 
beitet haben, denn Namen und Zahlen find oft 
entjtellt, und Kritik in der Benußung feiner Quel: 
len, die er ſpärlich anführt, zeigt er nicht. Seine 
Scyreibart iſt korrekt, einfach und leicht, der Ton 
der Erzählung Mar, doc troden. Ausgg. don 
Schweighäuſer (1785), 3. Bekker (1852) und Men: 
delsjohn (2 Bdod. 1879 — 1882, befter Tert); deutjche 
Ülberjegung von Zei (1837. 38), 

Apries, ’Amogins, König von Agypten Uhabra), 
589. 670v. C. im Alten Tejtament Hophra genannt, 


Appellatio — Apuleius. 


fämpfte mit wenig Erfolg gegen Tyros und Ne- 
bufadnezar und wurde nad einer ſchweren, ver: 
meintlich abjichtlichen Niederlage gegen die iyrener 
von jeinem darüber aufgebrachten Heere unter An: 
führung des Amaſis (j. d.) entthront und durch 
die Vollsmenge getötet. Hdt. 2, 161. 169. 

Aproniänus, M. Caſſius, Statthalter in Dal: 
matien und Kilikien, wohin ihn fein Sohn Gajjius 
Dion, gewöhnlid Dio Caſſius genannt, der be- 
fannte Gejchichtichreiber, begleitete, verwaltete im 
%. 191 n. E. das Konſulat. Dio Cass. 59, 1.72, 7. 

Apronfus, 1) Quintus, ein Satellit des C. 
Verres und Genofje feiner Frevelthaten auf Sici- 
lien. Cie. Verr. 3, 22. 27 ff. 50. 54. 56 ff. ud. 
— 2) Lucius, ein römifcher Ritter, der 14 n. E. 
unter Drujus, dem Sohne des Tiberius, gegen die 
aufrühreriichen pannoniichen Legionen kämpfte. Im 
%. 14 und 15 war er linterbefehlshaber des Ger- 
manicus; im 3. 20 kämpfte er als Prolonſul in 
Afrika glüdlich gegen den Tacfarinas. Tac. ann. 
1. 29. 56. 72. 4, 23. Im %.28 Statthalter von 
(sermania inferior, erlitt er mehrfache Niederlagen 
von den empörten riefen. Tae. ann. 4, 72 ff. 
11, 19. Suet. Tib. 41. 

Apsines, 4wivne, aus Sadara, Rhetor in Athen 
unter Marimus. Unter jeinem Namen ift eine 
regen Öntogıun asol eoorulov erhalten, von 
welcher ein Teil als dem Longinos angehörend 
nachgewiejen ift. Ausgg. von J. Bake (1849), jowie 
von Walz und von Spengel in den kihetores (ir. 

Apuleius, 1)j.Saturninus, 1.— 2)2ucius(?), 
geboren zu Madaura in Afrifa um 125 n.E., ward 
erzogen zu Karthago, ſtudierte platonijche Philo— 
fophie in Athen, machte bedeutende Reifen und 
fehrte darauf nad einem kurzen Aufenthalte in 
Rom nadı Afrika zurüd, wo er etwas jpäter, nach— 
dem er nad) einer abermaligeu Neife fi mit der 
Mutter feines Freundes Pontanus, der reichen 
Amilia Pudentilla, verheiratet hatte, Karthago zu 
jeinem Wohnort wählte und dajelbft bald großes 
Anjehen als Wanderredner und Lehrer der Bered— 
jamfeit genof. Er hing der neuplatonischen Philo— 
jophie an, beſaß einen großen Schatz von Gelchr: 
jamfeit und juchte das verjallene Heidentum zu 
reinigen und zu fräftigen. Yu diejem Zwecke em: 
pfahl er die Wiederaufnahme der alten Myſterien, 
in die er fich fait überall auf feinen Reiſen hatte 
aufnehmen lajjen. Dies geht bejonders aus jeinem 
Hauptwerte: Metamorphoseon libri XI hervor, 
einem phantaftisch-jatiriichen Sittenromane, in wel: 
chem ein in Laſter verjunfener Jüngling, Yucius, 
zuerft zwar eben deshalb in einen Ejel verwandelt, 
aber durch die Myſterien ein ganz neuer Menich 
wird. Nebenher ift es ein lchrreiches Sittengemälde 
der damaligen Zeit. Der Stoff jtimmt mit Yufians 
Aovxwog 7 Ovog, nur die Namen find verändert 
und ein anderer Schluß hinzugefügt. Die inter- 
eflantefte unter den vielen Epijoden des Buchs iſt 
die von Amor und Piyche im 4.—6. Buche, worin 
nah dem Mufter der platoniichen Allegorien das 
Scidjal der durch mannigfache Prüfungen geläu- 
terten menjchlichen Seele bejchrieben wird. Sid) 
jelbjt verteidigte Ap. in einer Rede apologia s. 
de magia gegen den Vorwurf der Zauberei, die 
er zur Erlangung jeiner Gattin angewandt haben 
jollte, mit großem Wige. Außerdem befigen wir 
von ihm einige Schriften philoſophiſchen Inhalts, 
de deo Socratis, de dogmate Platonis, de mundo, 


Apulia — Aquae ductus. 


eine Schrift Florida betitelt, eine Sammlung von 
Auszügen aus jeinen Werten. Er ift ein lebendiger, 
origineller Geift, der die Sprache mit großer Ge— 
wandtheit beherricht, aber jeine Darftellung ift nad) 
Art der Afrifaner mit rhetoriichen Figuren über: 
laden und gejpreizt und aus allen Zeiten und 
Stilarten zujfammengejeßt. — Hauptausgg. von 
Dudendorp (1786— 1823, 3 Bbdd.) und Hildebrand 
(1842; flein. Ausgabe 1843); Ausgabe der klei— 
nen Schriften von Goldbadher (1876). "Die ihm 
ſonſt zugeichriebenen Schriften Asclepius, de her- 
barum virtutibus, de remediis salutaribus und 
gar die Phyfiognomif nad) Polemo haben mit ihm 
nichts zu jchaffen. 

Apulia, Arovila (das Waflerland), umfaßte 
im weiteren Sinne den ganzen jüdöftlichen Teil 
der italiihen Halbinjel oder die 3 Dijtrifte Dau— 
nia, Peucetia und das jüdliche Japygia, welches 
auh Mejlapia und Galabria hieß (die äußerjte 
Südipige nannte man auch regio Sullentinorum); 
im engeren Sinne nur Daunia und PReucetia. In 
der weiteren Ausdehnung geengte es im NW. an 
das Gebiet der Frentani, ım N. und D. an das 
Adriatiihe Meer, im ©. an den Tarentinischen 
Meerbujen, im Weften an Samnium und Yucania. 
Das Land wird von den dftlichen Vorbergen des 
Apenninus durchichnitten (höchſter Punkt der M. 
Voltur bei Benufia) und nimmt teilweije die 
Form der Ebne an, aus der jich der fteile Rüden 
des M. Garganus injelartig erhebt. Das äußerfte 
Vorgebirge Ealabriens ift das Japygium. Bon 
Flüſſen münden ins Adriatiſche Meer der Frento 
(j. Fortore) und der Aufidus (Dfanto), zwiſchen 
denen Daunia lag; vom Aufidus bis Tarent lag 
Pencetia. Gegen Lucania bildete die Grenze der 
Bradanus(Bradano), der ſich in den Tarent. Meer: 
bujen ergießt. Das Land ift heiß und wafjerarm 
(daher bei Horaz epod. 3, 16 siticulosa und od. 
3,30, 11 Daunus pauper aquae; vgl. auch sat. 1, 5, 
78. 88. 91. Strab. 6, 281), daher nur teilmeije 
fruchtbar, bejonders Galabria; berühmt war bie 
Zucht der Roſſe und Schafe. — Die Bevölkerung 
war eine jehr gemijchte, indem zu den alten Be: 
wohnern, den Japyges (j. d.), jchon frühzeiti 
Dijfer hinzukamen, nebit helleniichen Koloniften fi 
Italia), deren Sitte und Sprache die Eingebornen 
früh annahmen. Die urjprünglich königliche Ber: 
fafiung (2 KRönigreiche, das der Daunier und das 
der Pödiculer od. Peucetier) ging bald unter durch 
die Bildung von Freiftädten; die griechiichen Kto: 
lonien Tarent und Brundijium wirkten geiftig und 
materiell jehr fürdernd. Doch als infolge der 
Samniterfriege die Städte fih den Römern hatten 
unterwerfen müſſen (330—317 v. E.) und die Not 
des zweiten punijchen Krieges dazu gelommen war, 
verfielen die Städte, und Induftrie und Handel, 
früher jehr bedeutend, janfen. Die wichtigiten Städte 
waren: Zeanum Apulum, Zuceria, Arpi, 
Venuſia (Baterftadt des Horaz), Canuſium, 
Gannae (Schlaht 216 v. E.), Herdonia, Au— 
iculum, Barium, Egnatia, Brundijium, 
Öydruntum u. a. 

Aquae, Name vieler Badeorte und Gejund- 
brunnen bei den Römern, unter denen etwa zu 
bemerfen find: 1) Aquae Aureliae vder Co- 
lonia Aurelia Aquensis, j. Baden: Baden, 
wahrjcheinlich jchon von Trajan oder Hadrian an— 
gelegt. — 2) Aquae Calidae, eine große Zahl 

Reallerifen des Hafi. Altertums 7. Aufl. 


113 


von Ortichaften in Hiſpanien, Gallien, Britannien, 
Thracien, Ktleinafien und Afrifa. — 3) Aquae: 
Cutiliae, Mineralbrunnen und See (j. Lago di 
Eontigliano), jo genannt von der untergegangenen 
Stadt Eutilia in Samnium, öftl. von Reate (j. bei 
Eivita ducale). Diejer See wurde für den Mittel: 
punft (umbilicus) Italiens gehalten: auf dem, 4 
Jugera großen, unergründlid tiefen, See, welder 
der Siegesgöttin heilig war, ſchwamm eine etwa 
50 F. Durchmeſſer haltende Inſel, die eine eigen: 
tümliche Begetation Hatte, und wo von Einge— 
weihten der Göttin geopfert wurde. Seneca jah 
die Inſel noch, jetzt ift de verihmwunden. — 4) Aquae 
Labodes oder Thermae Selinuntiae, j.Sci- 
acca, berühmter Badeort an der Südküſte Siciliens. 
— 5) Aquae Mattiacae, j. Wiesbaden. — 
6) Aquae Patavinae oder Aponi fons(j.d.), 
berühmte heiße Schwefelguellen unweit Padua, j. 
Abano. Suet. Tib. 14. — 7) Aquae Pisauae, 
bei Pijae in Etrurien. — 8) Aquae Segesta- 
nae, nördlich von Segefta auf Sicilien an ber 
Mündung des Simois, j. Bagni di Calmitto. — 
9) AquaeSeptem, Bereinigung mehrerer Bäche 
in reizender Gegend bei Reate, j. See Sta. Su: 
janna. — 10) Aquae Sextiae, j. Wir bei Mar- 
jeille, mit warmen Mineralbädern, römiſche Kolo— 
nie, gegründet 123 v. E. von C. Sertius Calvinus. 
In der Nähe fiegte Marius über die Teutonen, 
102 v. C. Plut. Mar. 18. Flor.3,3.— 11) Aquae 
Sinuessanae, ſ. Sinuessa. — 12) Aquae 
Statiellae in Ligurien mit warmen Bädern, j. 
Aequi. — 13) Aquae Sullanae bei Capua am 
Tifataberge in Gampanien. Vell. Pat. 2, 25. — 
14) Aquae Tarbellae, Stadt der ZTarbelli in 
Aquitanien, j. Dar, mit kalten und warmen Quel— 
len. — 15) Aquae Vetuloniae bei Betulonium 
in Etrurien, in deren warmem Wafler Fiſche ge: 
lebt haben jollen. 

Aquae duetus. Da die Brunnen und Eijternen 
in Rom nicht ausreichten, jo wurden große Waſſer— 
leitungen angelegt, welche die Stadt mit Waſſer 
verjorgten und zu den großartigiten Werfen des 
Altertums gehören. Sie famen oft aus weiter 
Ferne und überjchritten auf hohen Subjtruftionen 
und Bogen Berge und Thäler. Plin. 36, 15. Älter 
waren die in unterirdiichen Kanälen (rivus subter- 
raneus) zur Stadt geführten Wafjer. Das in Rom 
angelangte Waſſer wurde in großen NRejervoirs 
(eastella, vor alters dividicula) gejammelt, aus 
denen 3 Möhren in drei Heinere Waſſerkaſten 
führten. Der unterfte nährte die zahlreichen ftädti- 
Ihen lacus Waſſerbaſſins), salientes (Spring: 
brunnen) und piscjnae (Schwimmteiche), der mitt: 
lere unterhielt die großen Badeanftalten (j. Bad 
und Thermae, 3.), der oberfte endlich jpeifte die 
in den Privathäufern befindlichen Brunnen und 
Beden. Dieje Verteilung geſchah vermittelft bleier: 
ner und irdener Röhren, tistulae und tubi. Den 
Bau und die Erhaltung der Aquädukte hatten 
die Cenſoren zu bejorgen; die Aufficht dagegen 
führten die Adilen, jeit Auguft ein curator aqua- 
rum, jpäter consularis aquaraum genannt, dem 
ein großes Dienftperjonal zur Seite ſtand (aquarii), 
zum Zeil aus den servi pablici genommen, Die 
aquarii zerfielen wieder nad) ihrer Spezialfunftion 
in viliei (Aufjeher über die Röhren, namentlich 
der Privaten), castellarii (Brunnenmeifter), circi- 
tores (Niıtrolleure), silicarii (Pflafterer, wo die 

8 


114 


Leitungen unterirdiich waren), tectores (Tündher). 
Im Haufe heißen aquarii teils die Sklaven, welche 
die Wafferleitung (aud) in den Gärten) bejorgten, 
teils die, welche das Wafler für den Wirtichafts: 


Aquaeductus 


dufte zu Rom waren in chronologiiher Folge: 
aqua Appia (312 vd. E.), Anio vetus (272), 
Marcia (144), Augusta (nach andern Tepula 127), 
Julia (33, vereinigt mit der älteren Tepula), 
Virgo (20 von Mgrippa), Alsietina (28, von 
Auguft, jowie die Aug. und Jul.), Claudia (52 n. €.) 
und Anio novus (52, von Galigula und Claudius), 
Traiana (111 von Trajan). Siehe die widhtige 
Schrift des Frontinus (j. d.) de aquae ducti- 
bus. Spätere Kaijer fügten noch andere, minder 
große hinzu. Auch in den größeren italijchen 
Municipien und den Provinzialjtädten legte man 
ähnliche folofjale Werfe an, deren Überreſte noch 
jegt Staunen erregen, 3. B. neben Bahlbady bei 
Mainz. — Griechenland hat jo großartige Bauten 
nicht gehabt, wenn jchon es an Anlagen zur Be: 
ſchaffung reichlichen und trinfbaren Waſſers nicht 
fehlte. In Athen gab es dmioraraı rar Hdarwr, 
anderwärts xenvo» Zmuueintai. Vgl. Curtius, 
über jtädtiiche Wafferbauten der Hellenen (Arch. 
Btg. 1847, ©. 26). 

Aquaeduetus ıft eine Prädialjervitut (f. Ser- 
vitutes), vermöge deren man durd ein fremdes 
Grundſtück oder aus den Quellen eines fremden 
Grundſtücks nach feinem eigenen Waſſer leiten 
(einen rivus anlegen) durfte. Cie. Caec. 26. ad Qu. 
fr. 3, 1, 2. 

Aquae haustus iſt die Servitut, aus des Nach— 
bars Brunnen Wafler jchöpfen zu dürfen. Cie. 
Caee. 26. 

Aquae et ignis interdietio ſ. Exilium. 

Aquarlus j. Sternbilder, 9. 

Aquila, 1) naturgejchichtlich (nicht von ayav- 
og, aduncus, wegen des gefrümmten Schnabels, 
fondern von aquilus, dunfel oder ſchwarz, der 
ſchwarze Vogel): griechisch @rrög don ammı wegen 
jeines ſchwebenden oder windichnellen Fluges, der 
Adler, mythologiich der Begleiter, Waffen: und 
Blitträger des Zeus, dem er in jeiner Kindheit 
den Nektar reicht, den Ganymed entführt, neben 
dejien Throne oder auf deflen Steptron er fißt 
(j. Zeus), das Symbol der fiegreihen Kraft und 
Herrichermajeftät. -—- 2) Sternbild, j. Sternbil- 
der, 2. — 3) in der Baufunft, ſ. Templum, 6. 
— Bejonders aber 4) in 
der milit. Spradye das 
TFeldzeihen der röm. 
Legionen. Erſt durch 
Marius war es das 
Feldzeichen für die ge— 
jamte Legion gewor— 
den (Plin. 10, 4); die 
verſchiedenen Abteilun- 
gen, cohortes und ma- 
nipuli, hatten befondere 

Feldzeichen (signa, 
j. d.) für fih. Er war 
von Silber (Cie. Catıl. 
1, 9) mit ausgebreiteten 
Flügeln und wurde auf einer hohen Stange von 
dem Fahnenträger (aquilifer) in der Schlacht ge: 
tragen, nachdem er ihn aus den Händen des primi 
pilus, deſſen Sorge er im Yager anvertraut war, 








— Aquileia. 


empfangen hatte. Die Stange war unten jpik und 
wurde im Lager neben dem praetorium unter 
einer Meinen Überdahung in die Erde geftedt. 


| Wollte er fich vor der Schlacht nicht ohne Schwie- 


gebrauch zutrugen. — Die bedeutendften Aquä- | rigfeit aus der Erde ziehen laflen (signum con- 


vellere), jo war dies eine jchlimme Borbedeutung. 
Während der Zeit der Manipelftellung rüdte der 
Fahnenträger bei Beginn der Schlacht (mutmaßlich, 
j.Antesignani)aus der dritten Reihe (triarii), wo 
er fonft feine Stelle hatte, im die zweite (prin- 
eipes) dor, jpäter bei der Eohortenftellung befand 
ſich der Adler auf der rechten Seitefver Legion bei 
der erften Centurie der erſten Eohorte (j.Acies, 7.). 
Die Verteidigung des Adlers war heiligite Pflicht, 
auc der Platz, wo er im Lager ftand, heilig; 
Munatius Plancus, von den Soldaten verfolgt, 
flüchtet fich zu ihm (Tae. ann. 1, 39). Der Berluft 
des Adlers war jchimpflich, jelbft ftrafwürdig; die 
Wiedererlangung desjelben erfreulich (daſ. 1, 60). 
Seit Auguftus trug der Adler auch die Nummer 
der Legion, und wenn fie einen Beinamen hatte 
(3.8. Alauda, Rapax), auch diefen. Goldne Adler 
wurden jeit Hadrian Sitte. 

Aquila, Eigenname, 1)Romanus, ein röm. Rhe: 
tor und Grammatifer im 3. Jahrh. n. E., Verfaſſer 
einer ziemlich dürftigen Schrift de figuris sen- 
tentiarum et elocutionis, in hartem, nadläffigem 
und vielfach unforreftem Stile, die gewöhnlich mit 
der ähnlichen des Rutilius Lupus in den Aus— 
gaben diejes Schriftjtellers, 3. B. der von Ruhnten, 
verbunden zu finden ift. Neueſte Ausgabe von 
Halm, in deſſen Rhett. latini minores (1868). — 
2)Mquila aus Bontos, um die Mitte d. 2. Jahrh. 
n. E., verfaßte eine griech. Überjegung des A. T., 
die wegen, ihrer größeren Treue bei den Juden den 
Borzug dor der Septuaginta erhielt. — 3) Julius 
Aquila, ein röm. Ritter, kämpfte mit einer ge: 
ringen Schar Krieger zur Zeit des Kaiſers Clau— 
dings gegen Mithridates, König don Boſporos. 
Unter Nero war er Profurator von Bithynien. 
Tac. ann. 12, 15. 21. 

Aquileia, Arvinia, eine römiiche Kolonie in 
Oberitalien (Suet. Oct. 20), gegründet im J. 182 
v. C., welche gleich bei ihrer Erbauung eine be- 
deutende Zahl von fatiniichen Koloniften zu Ein: 
mwohnern erhielt (Liv. 39, 22. 50. 40, 34) und 
beſtimmt war, die umwohnenden trier (Just. 32, 
3, 15) in Gehorjam zu halten. Sie lag am Flüßchen 
Natifo unweit der Küfte und wurde bald eine große 
Handelstadt, durch welche die Heerſtraßen nad) dem 
Norden und nach den öftlichen Yändern um das 
Adriatiſche Meer herumführten. In der Kaiſerzeit 
bildete fie den Eingang nach Jtalien, daher hier 
oft die Heere ſich ſammelten. Tae. hist. 2, 46. 
47. 85.3, 6.8. Suet. Vesp. 6. Es führte die via 
Aemilia dahin, die Hauptſtraße nach dem Orient. 
Durch Befeftigungen außerordentlich ftarf gemacht, 
bejonders jeitdem Marc Aurel fie zur erften Feſtung 
des Reichs gemacht, hielt fie die eindringenden 
Barbaren von der Halbinjel ab und gewann an 
Umfang und Reichtum, je mehr unter den jpäteren 
Kaiſern DOberitalien durch die Werheerungen der 
Barbaren litt. Im 3. 452 n. E. wurde die Stadt 
von Attila nach oftmaligen vergeblichen Angriffen 
eingenommen und gänzlich zerftört, jo daß faum 
Trümmer von ihr übrig blieben. Ein Teil der 
Einwohner flüchtete in die Yagunen des Po und 
nahm teil an der Gründung Benedigs. Das Gold 


Aquilii — Arabia. 


115 


aus den benachbarten Minen und die zahlreichen | lich, bald vieredig; zu jedem Tempel gehörten in 


Produkte der umliegenden Provinzen bildeten die 
Gegenjtände ihres umfafienden Handels. Vgl. noch 
Strab. 5, 214. Swet. Tıb. 7. Plin. 3, 18. Jetzt 
Aquileja oder Aglar. 

Aquilil oder Aquillii, Name einer patrizischen 
und einer plebejiichen gens, aus welchen folgende 
Männer ftammen: 1) Manius Aq., 129 v. E. 
Konjul und Beendiger des Kriegs mit Ariftonifos, 
Sohn Eumenes’ II. von Bergamos; er richtete Aſien 
als Provinz ein. Flor. 2, 20. Just. 36, 4. Vell. 
Pat. 2,4. Arp. b. c. 1, 22. — 2) Manius Aq., 
Sohn des vorigen, Legat des Marius 103 v. E., 
fämpfte im J. 101 als Konſul glüdlich gegen die 
SHaven auf Sicilien und beendete diejen Krieg 
im %. 99. Liv. ep. 69. Cie. Verr. 3, 64. 5, 2. 
Flor. 3, 19. Diod. Sie. 36, 10. Die hierbei be: 
wiejene Tapferkeit rettete ihn von einer Verurtei: 
lung in einer Anklage wegen Erprefjungen. Liv. 
ep. 70. Cie. off. 2,14. Brut. 62. Flacc. 39. Später 
wurde er im mithridatijchen Kriege bei Proto: 
tachium geichlagen und durch Berrat dem Mithri: 
dates ausgeliefert (88 v. E.), der ihn auf einen 
Ejel gebunden unter empörenden Mißhandlungen 
umberführen und ihm zulegt geichmolzenes Gold 
in den Hals gießen ließ. App. Mithr. 11.17 ff. 21. 
Vell. Pat. 2, 18. ®Bgl. Cie. Tusc. 5, 5, 14. — 
3) E. Aquilius Gallus, Kollege Eiceros in der 
Brätur im I. 66 v. E., wies das Konjulat zurüd, 
da jein Huf als Rechtstenner ihm vollftändig ge: 
nügte. Gerühmt wegen jeiner Gewandtheit und 
jeines Scharfjinnes, jowie jeines vortrefflichen Cha— 
rafters, genoß er großes Anjehen beim Volle. 
Als Redner ragte er weniger hervor. ic. Brut 
42, 154. ad Att. 1,1. Cluent. 53, 147. Über jein 
Leben ſ. Plin. 17, 1. 

Aquflo j. Winde, 6. 

Aquilonia, Stadt in Samnium, von den Rö- 
mern im Samniterfriege zerftört; j. Lacedogna. 
Lir. 10, 38 fi. 

Aquinum, j. Aquino, Stadt der Volſter in 
Yatium, jpäter römiſches Municipium (colonia 
Aquinas, Tac. hist. 1, 88), in fruchtbarer Gegend 
und durch Burpurfärbereien befannt (color Aqui- 
nas, Hor. ep. 1. 10, 27), Geburtsort des Dichters 
Juvenal. Zav. 26, 9. 

Aquitania, Yandichaft in Gallien, begriff früher 
nur das Land zwiichen dem Atlantifchen Ocean, 
der Garumna, der Provincia (Gallia Narbonen- 
sis) und den Pyrenäen (Caes. b. g. I, 1), ums 
faßte aber als römische Provinz alles Land, welches 
begrenzt wurde im W. vom Mtlantijchen Dcean, 
im ©. von den Pyrenäen, im D. von den Geven: 
nen (Gallia Narbonensis), im N. vom Liger 
(G. Lugdunensis). Die Aquitäni waren ein ſowohl 
von den Kelten als auch von den Belgen verſchie— 
dener iberijcher Stamm. Im 4. Jahrh. n. E. zerfiel 
das Yand in Aquitania prima mit der Hauptitadt 
Avaricum (Bourges) im N., Aqu. secunda, Haupt: 
ftadt Burdigäla (Bordeaug), in der Mitte, und 
Aqu. tertia im ©. Strab. 4, 189 ff. Vgl. Gallia, 1. 

Ara (entweder von dem griech. wigeıw, oder 
eine Kontraktion aus aggera), der Opferherd, Altar, 
verichieden von altare, wie Bouo'g von Zorape: 
altare (ein hoher Altar) für die oberen Götter, 
are. (der niedrige Altar) dagegen auch für die 
unteren. Er war aus Erde oder Steinen, meijt 
aber aus Raſen gemacht, bald rund, bald läng: | 


der Regel zwei Altäre, eine ara zum Beten und 
Rauchopfer im Innern nach Dften und unmittel- 
bar vor der göttlichen Statue, und ein Hochaltar 
(altare) zum Brandopfer vor dem Tempel. Man 
ihmüdte und befränzte fie mit Laub, Blumen, 
Kträutern (verbenae, Hor. od. 4, 11, 7. Ov. trist. 
3, 13, 15) und mwollenen Binden. Wollte man die 
Götter recht inftändig bitten oder etwas recht 
hoch vor ihnen beteuern, jo berührte man den 
Altar (vgl. Plaut. Rud. 5, 2, 46 ff. Cie. Flacc. 36); 
Verfolgte fanden __ 

bei demjelben 
einen fie ſchützen⸗ 
den Zufluchtsort. 
Nep. Paus. 4. 
Cie. n. d. 3, 10. 
Übrigens ftanden 
die arae nicht 
bloß in den Hei: 

ligtümern der 
Götter und auf 

freien Plägen, 
auh im Lager 
(j. Castra, 3.), 
jondern auch in 
den Privathäu— 
jern,  bejonders 
in den Haus— 
fapellen der rö— 
mifchen Großen, daher die häufige Verbindung: 
arae et foci. Die Altäre hatten oft beträchtliche 
Dimenfionen und waren durch bildliche und bau- 
lihe AZuthaten zu bejondern Monumenten ent: 
widelt. Der Altar des Zeus in Olympia hatte 
in feinem Unterbau 125 Fuß im Umfang, und dar: 
auf erhob fich der eigentliche Altar in einer Höhe 
von 22 Fuß (Paus. 5, 13, 8 ff.). Man jchlachtete 
die Opfertiere auf dem Unterbau und trug dann 
die Opferjtüde auf einer fteinernen Stiege zu dem 
Altar hinauf. Die Höhe desjelben wuchs von 
Jahr zu Jahr durch die Aſche des Opferfeuers 
und die verbrannten Schenkel und Knochen, ſowie 
durch die Aſche vom Herde des Protaneions. 
Als Sternbild, auch turibulum oder sacrarium, 
griech. Houierngio® oder Burngıov, genannt, fteht 
A. in der jüdlichen Hemifphäre unter dem Stachel 
des Skorpion, ſüdweſtlich vom Schützen (Arat. 
phaen. 402 ff. Cie. n. d. 2, 44. Or. met. 2, 139), 
aus 4 oder 7 Sternen beftehend. 

Ara Ubiörum, urjprünglich ein von den Ubiern, 
vielleicht zu Ehren des Augustus, errichteter Altar, 
woran fich fpäter ein Ort anſchloß, oppidum, ci- 
vitas Ubiorum, j. Köln (Colonia Agrippinensis), 
nicht (wie Ufert annimmt) Godesberg in der Nähe 
von Bonn. Tac.ann. 1,36. 37.39.45 u.d. hist. 4,39. 
Val. Bergf, zur Geſch. u. Topographie der Rhein: 
lande (1882) ©. 137 ff. 

Arabia, 7 Agaßla, bezeichnet im A. Teft. und 
in den aſſyriſchen Inichriften, teilweife auch noch 
bei Herodot, nur den nördlichen Teil der befann: 
ten Halbinjel Njiens, fpäterhin aber das ganze, 
im N. von Syrien und Baläftina, im W von 
Agypten und dem Arabiſchen Meerbujen, im ©. 
vom Erpthraiiichen Meer, im DO. von dem Berfiichen 
Meerbujen, im NO. von Babylonien und Mejo 
potamien begrenzte Ländergebiet. Die Alten teilten 
dasjelbe, beionders jeit Ptolemaios, in 3 Teile: 


8* 


— —— o 
— Rh 
— 

IM II N 





116 


Arabicus sinus — Aratos. 


Arabia deserta (n Fonuog Aoaßia), die Sand: | Tochter des Idmon, eines kolophonifchen Purpur: 


wüjten jüdlich von Palmyra bis zur eigentlichen 
Halbinjel (das hebrätiche arabah bedeutet eben 
„Wüſte“); A. Petraea (A. n &v IIérog, n xara 
[Iergav), anfänglid) nur das Gebiet der Stadt 
Petra (j. d.), jpäter der ganze, 106 n. E. von 
Trajan mit Teilen Südpaläftinas zur röm. Pro- 
vinz gemachte Landſtrich im NW., gegen Agypten 
hin; A. felix (n evdaduor '4.), die Halbinjel 
jelbft, jo benannt, weil man von einigen frucht: 
baren Küſtenſtrichen aud) auf das unbefaunte Innere 
ſchloß, aber regenarm, ohne einen einzigen perennie: 
renden Fluß, nur jtellenweife bewohnbar. Bon Gebir— 
gen nennen die Alten in A. Petraea (das nicht mit 
„einiges A.“ zu überjegen ift) r@ wilar« öen, 
das Stnaigebirge, mit den beiden Spigen Dichebel 
Serbal und Dichebel Muſa; mehr im Inneren den 
Zamas (Zune), j. wohl Dichebel Schammar; im 
SD., am Perſiſchen Meerbujen, r« AIldvu« öen, 
j. Achdar. — Die Bewohner, Arübes, "Igaßes, 
waren jemitiihen Stammes; Arabien gilt neuer: 
dings in der Regel für die Heimat der Semiten. 
Sie unterhielten von alters her einen lebhaften 
Handel mit Ägypten und Nithiopien, Phoinikien, 
Babylon und Indien. Ihre Götter waren die 
Gejtirne, nach Herodot (3, 8) Drotal und Wlilat, 
d. h. Sonne und Mond. Von einzelnen Bölfer: 
ichaften find zu nennen: im der Mitte der Weſt— 
füfte die Minäi mit den Städten Karna, Thadma 
'j. Teima), SJathrippa (Medina), Macoraba 
Mekla?); weiter jüdlih, im heutigen Jemen, 
die Sabäi, mit der reichen, ftarfbefeftigten Stadt 
Mariaba (j. Marib); im SW. die Homeritä (Him: 
jaritä), mit den Hafenſtädten Muza (j. Mocha) 
und Adana (j. Aden); an der Südküſte, wozu die 
Inſel Divstoridis (j. Socotora) gehörte, die Cha- 
tramotitä, die Bewohner des Landes Hazarmaveth 
(j. Hadramaut), mit der Stadt Sabata, einem 
Hauptjtapelplag für den Weihrauchhandel; im SD. 
die Makä; nördlich von ihnen die Gerrhäi, mit 
der Hafenftadt Gerrha. In A. Petraea wohnten 
die Amaleliter, Midianiter (Madianitä), Nabatäer 
und Idumäer. Im Süden des wüjten A. werden 
jeit der römischen Zeit die Saracent (Eaupaxnvoi‘) 
genannt; jüdlich von Palmyra waren die Aufitä 
(Avsiraı), im A. T. Uz. Das eigentliche Arabien 
haben die Griechen und Römer faum betreten; cs 
blieb durch Aleranders frühen Tod dem helleni: 
ſchen Kulturkreije fern. Eine Erpedition des Alius 
Gallus 2524 v. C. gelangte bis unter die Mauern 
von Mariaba, ſchlug aber vollftändig fehl. Strab. 
16, 767 ff. Plin. 6, 28, 32. Dio (ass. 53, 29. 
Sprenger, die alte Geographie Arabiens (1875). 

Arabicus sinus, xoArog Aoaßıxoc, weſtlicher 
Teil des mare Erythraeum (ſ. d.), zwiſchen Arabien 
und Agnpten, in jeinem nördlichen Teil durch das 
Bortreten der Sinaitiichen Halbinjel in den Alla: 


nitiichen (Stadt Mila, im A. T. Elath) und Heroo— 


politiihen (A. T.: Scilfmeer; bier die Stadt 
Klysma, j. Suez) Meerbujen gejpalten, jchon von 
Herodot (2, 11. 4, 39) genannt, genauer erjt jeit 
den Btolemaiern befannt. 

Aräbus (Curt. 9, 10, 6), Apapßıog roraudg, 
Aoßıe, Fluß in Gedrofien, j. Purally, mündet 1000 
Stadien mweitlich vom Indos. Arr. 6, 21,3. An 
diejem Fluffe wohnten die Seaßiraı in zeritrenten 
Fleden längs der Küfte. Strab. 15, 720. Arr.6,21,4. 

Arachne, Wocyrn, eine Indiiche Jungfrau, 


färbers, welche von Athene die Webekunſt erlernt 
hatte. Sie forderte die Athene zum Wettjtreite 
in diejer Kunjt auf und jtellte die Yicbesabenteuer 
der Götter in ihrem Gewebe dar. Athene zerrif 
erzürnt das Gewebe, jchlug der Ar. vor die Stirn 
und verwandelte, als diefe aus Gram jich er: 
hängen wollte, diejelbe in eine Spinne (&eagvn). 
Ov. met. 6,5 ff. 

Aruchosia, Agaywei«. in den ajiyrijch-baby: 
lonischen Inſchriften Arakuttu, die jüdöftlichjte Pro: 
vinz des perfiichen Reiches, jüdlich von Gedroſia 
begrenzt, jetzt Kandahar nebjt den jüdmeftlichen 
Zeilen von Kabul, benannt nach dem vom Paro: 
paniſos herabjtrömenden Fluß Arachotos, j. Ar: 
gandab. Hauptftadt Antiocheia Arachoton, j. Kan— 
dahar. Die Bewohner, Apaywrod, waren bejonders 
als Reiter befannt. Arr. 3, 8,4. 11,3. 2,6. 6, 
17, 3. 5, 11,3. 7, 6,3. Strab. 11, 516. 

Arachthos, "4e«ydos, auch Aratthos, j. Arta, 
bedeutender Fluß in Epeiros, mündet in den Am: 
brafifchen Meerbufen. 

Arädos, Ao«dog, 1) die nördlichite phoinikiſche 
Stadt, im A. T. Arvad, j. Ruad, auf einer 
Felſeninſel, 7 Stadien im Umfange, 20 dom Feſt— 
land; von jeher durch ihre guten Seeleute be: 
rühmt; unter der Seleufidenherrichaft jeit dem 
Verfall von Tyros und Sidon mächtig, mit großem 
Gebiet und Aſylrecht, durch eine Belagerung nad 
der Schlaht bei Philippi ſehr geichädigt, von 
ihrer gegenüberliegenden Feftlandsfolonie Anta: 
rados (jpäter Tortoja) überflügelt. Arr. 2, 13, 8. 
20,1. Dio (ass. 48, 24. 49, 22. Strab 16, 753. 
— 2) Anfel im Berfiichen Meerbujen, j. Arad, 
gehört mit Tylus (j. d.) zu den h. Bahreininjeln. 

Arae Philaenörum, of ®ılaivor Pwuod, Ort 
an der großen Syrte, die Grenze zwijchen den 
Gebieten von Kyrene und Karthago bildend, viel 
leicht beim heutigen Elbenia; befannt durdy die 
VBaterlandsliebe zweier Karthager, die fich hier 
lebendig begraben ließen, um ihrer Baterftadt eine 
Gebietsvergrößerung zuzumenden. Sall. Jug. 19. 
Val. Max. 5, 6. 

Arakynthos, Aoaxvrdog, Gebirgszug in Aito— 
lien zwijchen Acheloos und Euenos, an den Ab— 
hängen fruchtbar, j. Zygos. Plin. 4, 2, 3. 

Arar, Aewo, jpäter Sauconna, daher j. Saone, 
bedeutender Nebenfluß (rechts) des Rhodanus im 
Gallien, entipringt auf dem Mons Bojegus, jtrömt 
nah SW., nimmt den Dubis (Doubs) auf und 
mündet bei Lugdunum (Lyon) in den Nhodanus. 
Caes. b.g. 1,12. 8,4. Zac. hist. 2,59. ann. 13, 53. 

Araspas, Aocuonac, Freund des Kyros, aus 
vornehmem medijchem Gejchlechte, von heftiger Liebe 
zu der Bantheia, der Gemahlin des K. Abradätas 
(ſ. d.) von Sufiana, entbrannt. Xen. Cyr. 5, 1 ji. 
6, 1,31 ff. 

Arätor, freund des Ennodius (j. d.), gebildet 
in Mailand und Ravenna, nahm in Nom im 
6. Jahrh. die Tonfur und wurde Diafonus. Er 
verfaßte ein Epos de actibus apostolorum in 
2 Büchern in rhetoriiher Weile und eleganter, 
doch durch zahlreiche projodiiche Willfürlichkeiten 
entjtellter Form. 

Arätos, "Aparos, 1) Sohn des Kleinias don 
Sifyon, geb. 271 v. E., wurde nach der Ermor: 
dung feines Baters, fieben Jahre alt, nach Argos 
gebradht und daſelbſt erzogen. Als er heran: 


Aratrum. 


gewachien war, jammelte er die Flüchtlinge aus 
jeiner Baterftadt um fich, vertrieb mit ihrer Hülfe 
den Tyrannen Nifofles aus Sifyon (Plut. Arat.2ff 
Pol. 2, 43) und bewog die Stadt, dem achaiiſchen 
Bunde beizutreten, welcher dadurd den mafedo- 
nifchen Übergriffen gegenüber bedeutend verftärkt 
wurde (251), freilich Sifyon auch in die damalige 
Politik verwidelte (Plut. Arat. 9). Dadurch auf: 
merffam gemacht, ſuchte Antigonos Gonatas von 
Makedonien dem Ar. entgegen zu wirken, worauf 
diejer jich zu dem ihm befreundeten König Btole- 
maios Philadelphos von Agypten begab, welcher 
ihn mit einer bedeutenden Geldſumme für die 
früher vertriebenen, ihrer Güter beraubten und 
nun arm zurüdgefehrten Silyonier unterftüßte 
(Plut. Arat. 12 ff). Im J. 245 wurde er zum 
Strategen des Bundes erwählt, welcher nun auf 
feinen Betrieb die Städte des Peloponnejes für 
den Bund zu gewinnen fuchte. Diejes Streben 
beunruhigte den Antigonos, und er fuchte den 
ägnptiichen König gegen Ar. einzunehmen, aber 
vergebens (Z’Tut. Arat. 15). Immer von neuem 
zum Strategen gewählt, förderte Ar. zwar die 
Zwede des Bundes weniger als Feldherr, da cs 
ihm an genauer Kenntnis des Kriegsweſens fehlte, 
vielleicht auch an perjönlichem Mute gebrach, als 
vielmehr durch Schlauheit und Beftehung. Dabei 
war er ausdauernd und berecdmend, jedoch ehr- 
geizig. Auch fehlte es ihm an Hochherzigfeit der 
Geſinnung, da er andere, welche kräftiger im Han- 
deln waren oder beiferen Rat erteilten, oft zum 
Nachteil des Bundes verdäctigte oder verdrängte. 
Die Menge in Bewegung zu ſetzen und zu be- 
geiſtern, wünſchte er nicht und verjtand es auch 
nicht. Nach Antigonos Dojons Tode (um 221) 
übte er anfangs auf defien Nachfolger Philipp V. 
großen und günftigen Einfluß, wurde aber im 
N. 213 durch Gift getötet, ald er zum 17. Male 
Ziraieg war, da ſein Rat dem König läſtig zn 
werden anfing. Pol. 2, 45 ff. 4, 8. 37. 70, 7, 11. 
Plut. Arat. 48 ff. Seine wirflichen Berdienfte 
febten noch lange den Sikyoniern in dankbarer 
Erinnerung, und fie ehrten ihn durch eine Statue 
in Korinth. Plut. Arat. 54. Pol. 8, 14. Bal. 
Neumener, Aratos aus Sikyon (1885 f.). — Ar. 
beichrieb die Ereigniffe feines Lebens und feiner 
Zeit in einer Schrift (vrourruara), welche uns 
war verloren gegangen, aber von Plutarch und 
Polybios gekannt und benutzt worden ift. Bal. 
Müller, fragm. bist. Gr. IV p. 21ff. — 2) aus 
Soloi in Kilitien, um 270 v. E., Iebte lange Zeit 
am Hofe des makedon. Königs Antigonos Gona— 
nas, auf dejlen Rat er nad) dem ajtronomischen 
Werle des Knidiers Eudoros und nadı Theophraft 
ein herametrijches Lehrgediht: Daıvouera vol 
Jıoonasie, d.i. Sterneriheinungen und 
Vetterzeichen, verfahte. „Der Vortrag ift er: 
haben und einfach, doch ohne begeifterten Schwung, 
durch den Ton edler Einfalt ausgezeichnet, der 
Stil bündig und gemeffen, der Vers forreft und 
leicht gegliedert, die Sprache künſtlich und eigen- 
tümlich, bisweilen nicht frei von Härten und jelbft 
unforret.” Das noch erhaltene Gedicht wurde 
don den Alten jehr hoch geichäßt (Cie. de or. 1,16. 
r p. 1,14. Or. am. 1, 15, 16): Cicero überjeßte 
es als Jüngling (n. d. 2, 41) in lateinische Verſe, 
wovon noch Bruchſtücke übrig find; desgleichen ift 
die Überjegung des Germantcus auf uns gefom: 


— — — — — —— — — —— —— —— — —— — —— — ——— —— — — 


117 


men; endlich noch eine Überjegung des Rufus 
Feſtus Avienus aus dem 4. Jahrh. n. C. Außer: 
dem dichtete Ar. noch Elegien und anderes, auch 
beichäftigte er fi) mit grammatischen Studien und 
beteiligte fih an der Diorthoſe der homeriſchen 
Gedichte. — Ausgg. feines Lehrgedichtes von Buhle 
(1793— 1801 2 So), 3.9. Voß (1824), Butt: 
mann (1826), 3%. Belfer (1828) und Köchly (in 
Lehrs’ Ausg. der Poetae bucolici, Bd. 2, 1851). 

Arätrum, griech. @eoreo», der Pflug, das Wert: 
zeug zum Umwerfen des Aderlandes oder Pflügen 
des Feldes, angeblich erfunden von Buzyges oder 
Triptolemos. Plin. 7,56, 199. Vom griechiſchen 
Pfluge werden uns bei Hefiod (op. et d. 431 ff.) 
zwei Arten gejchildert: I) ein fünftlicher, vom 
Werfmeifter gearbeiteter, wrnxror &oorgor (Hom. 





11.13, 703), aus folgenden Teilen beftehend: einer 
Deichjel, loroßoevg'), durch ein Krummholz, yuns*). 
verbunden mit dem Scharbaum, fAvue®), in dem 
die eijerne Pflugſchar, Brıs oder Hrwict), ftedt; 
am Ende der Deichiel befindet fich das Jod) £oyor®), 
welches gehalten wird durch den hölzernen Pflod, 
Eröpvor?’), und worin die Stiere gejpannt werden 
mittelft eines Riemens, ufoaßor '), auch usoaßoror, 
oder auch Zuyodesuor; denn es jcheint, daß fie, 
mit dem Naden an die Deichjel gebunden, ziehen 
mußten. Gelenkt wurde derjelbe endlich mit der 
Pilugfterze, Exdrin®). — I) ein natürlicher, «u- 
royvov &o., aus einem von Natur frummen Holze, 
dergeftalt, daß Deichjel '), Krummholz *), und Schar: 
baum °) unmittelbar zujammenbingen und nur die 





Pflugſchar und die Sterze hinzugefügt zu werden 
brauchten. Pilüge von etwas anderer Konſtruktion 
ſ. bei Baumeifter, Denkmäler des Hajf. Wltert. I 
T. 1 ©. 10. — Etwas abweichend davon, noch 
mehr von dem unjrigen, war Ill) der römische 
Plug. Das erfte Stüd davon, das Krummholz, 





buris (Boög ove«), gab dem eurynm aratrum 
jeinen Namen; man bog dazu wohl zeitig einen 
jungen Umbaum im Walde; an einen jolchen Stamm 
ward dann oberhalb die achtfühige Deichjel (temo) 
gefügt; darunter hängt der Scharbaum (dentale), 


118 


die Pflugſchar tragend und in der Furche fort: 
gehend. Derjelbe hat einen doppelten Rüden 
(duplex dorsum), oder bejteht aus zwei, an ber 
Pflugichar zufammenlaufenden und hinten etwas 
aus einander gehenden Schenteln (dentalia). An 
diejen und an dem Krummholze waren in der 
vollftändigften Ausrüftung des Pfluges zwei Ohren 
oder Streichbretter (aures) befeftigt, die nicht zum 
Aufbrehen und Wenden, jondern erft zur Auf: 
furchung des bejäeten Aders in hohe Erbrüden 
(lirae, daher lirare), und außerdem noch zu 
Waſſerfurchen dienten. (Bgl. 3. H. Voß zu Verg. | 
@.1, 169 ff.) Die beigefügten Zeichnungen mögen | 
es erläutern; die unter Ill) beigefügte Zeichnung 
(nad) Voß vor feiner Ausg. der Georgifa) ftellt 
ein plaustaratrum vor, wie e8 im galliichen Rätien 
und Oberitalien gebraucht wurde. Bier ruht der 
buris auf 2 Rädern, was jonft nicht der Fall war. 
— Anderes Adergerät find die Egge (occa), eine 
durch Ochſen gezogene Hade (irpex), eine zwei: 
zahnige Hade (bidens), der Rechen (rastrum), eine 
Hade für Gärten und Weinberge (ligo), Schaufeln 
(pala, rutrum u. a.); zum Beichneiden die Hippe 
(falx, arboraria einfach gefrümmt, vinitaria 
frumm, mit einer neben der Klinge angebrachten 
Spite zum Stehen und Ritzen); zum Mähen aud) 
die Sichel; zum Dreſchen entweder bloß Ochſen, 
oder ein Brett (tribulum) mit fteinernen oder 
eijernen Erhöhungen nad unten, das von Ochſen 
über das Korn gezogen ward. 

Arausio, Agavolor, j. Orange, Stadt in Gal- 
lia Narbonensis und römifche Kolonie, an der 
Straße, die am Rhodanus hinauf nah Vienna 
und Lugdumum führte. Hier wurden am 6. Oft. 
105 v. E. die Römer von den Eimbern und Teu— 
tonen furchtbar geichlagen. Strab. 4, 185. Sall. 
Jug. 113. Plut. Luc. 27. 

Araxes, Aociẽne, 1) Fluß in Armenien, jet 
Aras (Arr.7,16, 3), mündet, mit dem Kyros (Kur) 
vereinigt, ins Kaſpiſche Meer an der Weitjeite. — 
2) Fluß in der Nähe von Berjepolis, j. Bendemir, 
der fi in den Salzjee Bachtegan ergieft. Arr. 
3, 18, 6. 

Arbäkes, Aoßaxns, 1) nach der medoperjiichen 
Sage bei Ktefias affyriicher Statthalter von Medien, 
ftürgte mit dem Ehaldäer Beleſys den König Sar- 
danapal (ſ. d.) 883 v. E., regierte dann von Ef: 
batana aus das medijche Reich 28 Y. lang. Ihm 
folgte fein Sohn Mandaufes. Der legte der Dy- 
najtie war Asjadas (Ajtyages). Just. 1, 3. — 
2) Satrap von Medien und Feldherr des Arta: 
rerres Mnemon, zu Kyros übergegangen. Xen. 
An. 1, 7, 12. 7, 8, 25. 

Arböla, “Aoßni«, 1) alte Hauptjtadt von Nr: 
belitisS und meiterhin von Adiabene, links dom 
Lykos (oder großen Zab j. Erbil, 60 km. öftlich 
von Gaugamela (j. d.), dem Schlachtfeld am 1. Okt. 
331 dv. C. — 2) zwei Ortichaften in Baläftina, 
die eine weftlih vom See Senezareth, die andere 
bei ®adara (j. d.), j. beide Irbid. 

Arbiter, von ar=ad und dem alten Verbum 
betere = venire (qui in rem praesentem venit', 
ein gewöhnlich von dem Prätor beftellter jachver: | 
ftändiger Schiedsrichter, welcher nicht wie der 
index an die ftrengen Rechtsformen gebunden war, | 
jondern nach der aequitas entjcheiden durfte. Cie. | 
Rose. com.4. Darum heißen alle freien Wrozeffe | 
ohne ftarre Formel arbitria (j. Actio). In älte: | 


Arausio — ’Aoyn, ägyev, &oymv, &oyovreg. 


fter Zeit fommen arbitri bei Grenzftreitigfeiten 
vor (Cie. legg. 1, 21), jodann bei einigen Klagen 
ex fide bona. liber den arbiter bei den Griechen 
j. dıaırnens. 

Arbiter bibendi oder magister, aud) rex 
convivii, war der Sympoſiarch, welcher in jrohen 
Kreifen, durdy die Würfel zum Präjes ermwählt, 
Geſetze gab über die Größe und Zahl der Becher 
u. j. w. Hor. od. 1, 4, 18. 2, 7, 25. sat. 2, 6, 69. 

Arbuscäla, eine berühmte mima in Rom, 
deren Cicero (ad Att. 4, 15) und Horaz (sat. 
1, 10, 77) gedenken. 

Arca, 1) die große metallene oder wenigftens 
mit Eijen beichlagene Geldkiſte (ferrata, Juv. 11,26), 
im Gegenjaß zu den bejcheidenen Formen der 
loculi, crumena, sacculus. In Pompeji hat 
man Uberrefte derjelben in mehreren Atrien ge: 
funden. Sie waren fo befejtigt, daß fie nicht von 
der Stelle bewegt werden fonnten. Die Gelb: 
faften waren jo gewöhnlich, daß man jede Bar: 
zahlung ex arca solvere nannte. Der Slave, 
welcher in reichen Familien die Kaffe unter ſich 
hatte, heißt arcarius. — 2) der Sarg bei Be: 
erdigung der Leichen, ebenjo capulus, solium 
und loculus. Die Särge waren von Holz, aber 
auc von Stein, zum Teil fehr foftbar. — 3) ein 
enges Gefängnis, Loch. Cic. Mil. 22, 60. 

Arcadins, 1) geb. 377 n. €. in Spanien, 
älterer Sohn Theodofins’ des Großen, beftieg im 
%. 395 den Thron des oftrömiicheu Kaiſerreichs, 
18 Jahre alt. Sein Vertrauter war der zu feinem 
Minister von Theodofius beftimmte Gallier Rufi— 
nus, nach defien baldigem Tode nach einander 
Eutropius, Gainas und die Kaiſerin Eudoria, Ge— 
mahlin des ſchwachen Kaijers, die Zügel der Herr: 
ichaft führten. Eutropius herrichte ftatt des Arca— 
dius von 395—399 und vermählte den Kaiſer mit 
Eudoria, der Tochter eines fränkischen Häuptlings. 
Während er um die Verteidigung der Grenzen ſich 
nicht fümmerte und den Goten Wohnfite ein: 
räumte, dagegen den tapferen Stilicho verfolgte, 
herrichte er im Innern mit graujfamer Strenge, 
bis eine Empörung den Kaijer zwang, den gehaß— 
ten Minifter zu entlaffen, welcher bald darauf 
eines gemaltjamen Todes ftarb. Darauf regierte 
Eudorta im Namen des Kaiſers mit gleicher Grau— 
famteit wie Eutropius bis zum 9. 404, wo jie, 
betrauert allein von Arcadius, ftarb. Des Kaijers 
eigene Teilnahme an der Herrichaft war fo gering, 
daß man feine einzige von ihm ſelbſt vorgeſchla— 
gene oder ausgeführte Mafregel kennt. Herzens— 
gut und janft, aber geiftig unbedeutend, war er 
„cin leichtgefügiger Spielball derer, die jeine 
Schwächen kannten und ihn zu nehmen wußten“. 
Er jtarb im 31. Lebensjahre, am 1. Mai 408. 
Bal. Süldenpenning, Geſch. des oftröm. Neiches 
unter den Kaifern Arcadius und Theodofins II. 
(1886). — 2) j. Arkadios 

Arcänum, ein Landgut des D. Cicero im Ge— 
biete von Latium, benannt nach der alten volſei— 
ſchen Stadt Arcae zwiſchen Arpinum und Fabra— 
teria, unweit Minturnae. Cic. ad Att. 5, 1, 3. 
ad Qu. fr. 2, 7.3, 1.9. 

Aopxargesiaı , bei den Athenern die Wahlen 
der Magiftrate, aoyad, jowie die Vollsverſamm— 
lungen, in denen die Wahlen jtattfanden. j 

‚Aoxn. doxsıv. aoxmv, dgxovrec. |) Bei I 
dem Übergange des Königtums in republikaniſche 


‚Agxn, Gpysıv, üoywv, üpyovres. 


Lerfafjungen fielen die Attribute der königlichen 
Gewalt der fortan jouveränen Staatsgewalt zu, 
mochte dies nun die Gejamtheit des Volles oder, 
in Ariftofratien, eine bevorredhtete Klaffe desjelben 
fein. Da nun aber das Volf oder die Gejamt: 
beit des Adels unmöglich alle Staatsgejchäfte 
jelbft bejorgen fonnte, jo wurden gewiffe Teile 
der Verwaltung abgezweigt und verantwortlichen 
Behörden übertragen, deren Macht, in früheren 
Zeiten bedeutend und der Föniglichen verwandt, 
mehr und mehr beichränft wurde, jemehr die ſou— 
veräne Staatögewalt jelbjt unmittelbar die Ver: 
waltung in die Hände nahm. Dieje verantwort: 
lichen (vreudowon) und in ihrem Amte unverletz— 
lihen (zum Zeichen deſſen waren jie befrängt), 
dem Brinzipe nach unbejoldeten Behörden find 
die aorei, ihr Weſen ift das dogs. Ihre At: 
tribute gibt Ariſtoteles (pol. 4, 12, 3) folgender: 
maßen an: ualıor« Ö’ dg anlüg Eimeiv dor 
lenrdov ravras, Ooaıg amodidoru Bovleve- 
dal re mepl rıvov xal noivaı nal dmırar- 
rsıw xal ualıora ToUro. To yag Önırarrsiv ap- 
zıxorego» dor. Dieje Attribute, zu denen noch 
die Verwaltung gewifjer Sacra kommt, entiprechen 
im allgemeinen den Attributen der römijchen 
Magiitrate, referre, iudicare, imperare, natürlid) 
innerhalb des gejeßlich bejtimmten Amtskreiſes. 
So beichräntte jih in Athen das Nichten in der 
nachjolonifchen Zeit, und zum Teil auch jchon 
vor Solon, auf den Vorſitz in den Gerichtshöfen 
und die Einleitung des Prozeſſes (ſ. 2.). Wie 
nah der Amtsniederlegung eine eddvr« folgte, 
jo ging dem Amtsantritt eine Prüfung vorher 
(doxinacie\, die fich indejlen nicht auf die ander: 
weitige Befähigung des Erwählten, jondern nur 
auf jeine bürgerliche —— bezog, ob er echt 
atheniſcher Abkunft (vurjorog EE aupoiv‘, körper: 
lid untadelig, und nicht etwa durch richterliches Er: 
fenntnis des vollen Genuſſes der bürgerlichen 
Rechte (run) beraubt jei. Auch durfte niemand 
zwei Amter zu gleicher Zeit oder dasjelbe Amt 
mehrmal® und länger als ein Jahr befleiden 
(Demosth. Timoer. 150). Wohl zu unterſcheiden 
von den Behörden find die drnoerm Subaltern: 
beamte, zu denen die verichiedenen Schreiber (mit 
Ausnahme des yoauuarsng ng Boving und des 
ye. too Önmov) gehörten; bei diejen fand weder die 
Dokimaſie noch die Rechenichaftsablegung (eu#vre) 
nach vollendeter Amtsführung vor den Logiſten 
ftatt. Die Mitglieder des Rats (vgl. Bovin) 
wurden, da fie eine bloß beratende, nur in ganz 
beionderen Fällen erefutive und bdirigierende Be— 
hörde bildeten, nicht zu den «oral gerechnet. — 
3 IT) Archonten, &ero»vreg, Name der oberjten 

Behörde in Athen nah Abichaffung des König: 

tums. Die mit vielem Sagenhaften gemijchte Er: 

sählung von dem Übergange der Monarchie in 

die republifanifche Staatsform ift befannt. Nach 

Rodros’ Tode wurde, wohl infolge des Streites 

zwiſchen ſeinen Söhnen, der Name König ab: 

geihafft, und der eine derjelben, Medon, erhielt 

die oberfte Staatsgewalt mit dem Titel Archon 

febenslänglich und in der erften Zeit wahrjchein: 

lih mit den alten königlichen Attributen, während 

der andere, Neleus, nach Ajien ging. Im J. 762 v. C., 

mit dem Wachjen der Macht des Adels, wurde 

die Regierungsdauer des Archon auf 10 Jahre 

beichränft, 714 das Vorrecht der Medontiden auf: 


[57 


119 


gehoben und auf alle Eupatriden ausgedehnt, 
683 endlich die Amtsdauer auf 1 Jahr beichränft 
und die Gewalt unter 9 jährlich wechjelnde Ar- 
chonten geteilt, jo daß das Archontat jegt voll: 
fommen zu einer der Ariftofratie (wie jpäter der 
Demofratie) unterworfenen Behörde geworden war, 
jeder Selbftändigfeit beraubt. Chronologisch jchwie: 
rig zu beſtimmen ift die in einem neugefundenen 
Fragmente von NAriftoteles®’ Adnralov molıreia 
enthaltene Angabe, daß unter dem Archontat des 
Damajias der Beichluß gefaßt worden jet, von den 
neuen Archonten 4 aus den Eupatriden, 3 aus 
den Apöfeıt und 2 aus den Deminrgen zu wählen. 
Durch die folonifche Berfaffung ging die Berech— 
tigung zum Wrchontat von den Eupatriden auf 
die erjte der neuen Vermögensklaſſen, die Penta— 
fofiomedimnen, über. Vielleicht jchon durch Klei— 
fthenes, wahrjcheinlich aber etwas jpäter, trat ftatt 
der Wahl das demofratiiche Los ein; das ältefte 
befannte Beiipiel eines erloften Archonten ift der 
Polemarch Kallimachos im Jahr der marathonijchen 
Schlaht (Hdt 6, 109). Durch Arifteides endlich 
wurde der Zutritt zum Archontat allen Klafjen 
eröffnet (yeapsı Yapıoux own £ivaı TV 
rolırsiav nal Todg Ggyorrag FE Adıvalon 
zavıov oigeiohe:, Plut. Arist. 22), als Preis 
für die aufopfernde Tüchtigfeit aller während der 
Kämpfe gegen die Perjer. Der erjte der Archonten, 
nach welchem das Jahr bezeichnet wird, heißt 
ſchlechthin 6 &ezwr, aud; erw» Zmwvvuos (ob: 
gleich legteres nicht fein offizieller Titel war); 
dann haben noch bejondere Namen der Baoılsvg, 
der deshalb den Föniglichen Namen beibehielt, 
weil gewiſſe heilige Gebräuche ſich zu eng an den 
föniglichen Namen anfchloffen, als dag man diejen 
entbehren konnte (wie bei den Römern der rex 
sacrorum), und der moltuceyor; die übrigen 
ſechs heißen Seonoderae. — Bei der Betrachtung 
der Befugniffe der Archonten ift vorzugsweiſe die 
Zeit nad Solon und Sleifthenes ins Auge zu 
faffen. In der Zeit vor der ſoloniſchen Berfaflung 
bat das Archontat den Weg von der Füniglichen 
Macht bis zu der Stellung oberfter, dem herrſchen— 
den Teile des Volkes verantwortlicher Beamten 
urüdgelegt. Nad Begründung der Demofratie 
ift ihr Amtskreis vorzugsweife auf den Vorſitz (die 
Hegemonie) in den Gerichtshöfen bejchränkt, umd 
auch dies Geſchäft haben jie mit mehreren andern 
Behörden zu teilen, während früher gewiß alle 
Gerichtsbarkeit in ihren Händen war. Ihre Ver: 
waltungsiphäre ift jehr unbedeutend; politijche 
Macht hatten fie weder im einzelnen noch in ihrer 
Gejamtheit, nicht einmal das Hecht des Antrag: 
ftelens. Der Eponymos hatte jeit Mleijthenes 


‘feinen Hof auf der Agora bei den Bildjäulen der 


Phylen-Heroen, der Bafileus bei dem Bukoleion 
in der Nähe des Protaneion, oder in der oro« 
Baollsıos, der Polemard; bei dem Lykeion, die 
Thejmotheten bei dem Thejmothefion. Die: Be: 
fugniſſe der einzelnen Archonten find: 1) nach dem 
doya» (dawvuuog) wurde das Jahr benannt (eine 
Sitte, von der man nur 306—297 v. C, abwich, 
wo man, um dem Antigonos und Demetrios zu 
ihmeicheln, das Jahr nad dem ſeotoe rov ow- 
rnoo» benannte). Derjelbe hatte zuerft die Ver: 
waltung der großen Dionyſien und Thargelien, 
wie denn im allgemeinen die Werwaltung der 
großen Staatsfefte als alte königliche Prärogative 


[423 


6 


-] 


120 


auf die Archonten übergegangen war. Zu diejen 
Feten beftimmte er die Choregen. Ebenjo lag 
ihm die Bejorgung der großen Theorien, nament: 
lich der deliſchen, ob. ee ift vom Könige die 
Obervormundichaft, die Sorge für Witwen und 
Waiſen und andere jchugloje Perſonen, und damit 
verbunden die Ernennung der Vormünder auf ihn 
übergegangen. Die gerichtliche Hegemonie hat er 
in allen öffentlichen und Privatprozeſſen, die fich 
auf das Familienrecht beziehen, jo bei Scheidungs: 
Hagen, Erbichaftsangelegenheiten (das Nähere bei 
den einzelnen yoxpad und Ixaı). Ebenjo gehör: 
ten, jeiner amtlichen Thätigfeit entiprechend, auch 
die duadınaaicı yoonyar vor fein Forum. 
2) Der Baoılevg (nie pgwv Paoıkevg genannt), 
auf welchen die priejterlichen Funktionen des alten 
Königtums übergegangen waren und welcher mit 
feiner Gemahlin (Baodsır, ſpäter Baallısoa) die 
öffentlihen Opfer vollzog, hat die Bejorgung der 
eleujinifchen Myſterien, der Lenaien und der An— 
thejterien. Seine Jurisdiktion umfaßt alle Prozefie, 
die ſich auf religiöſe Angelegenheiten beziehen, 
z. B. dattzeicce. ſowie alle Blutgerichte, bei denen 
der religiöſe Charakter in der Verpflichtung, die 
Blutſchuld zu ſühnen, noch ſehr beſtimmt hervor— 
trat. — 3) Der moltuagyoc, Vorſteher der Sacra 
der Kriegsgötter, Verwalter der öffentlichen Be: 
ftattungen. Früher hatte er gewiß; das alte kö— 
nigliche Recht der Anführung des rechten Flügels, 
noch zur Zeit der Schlacht bei Marathon Stimm: 
recht unter den 10 Strategen (tö nalaıov yao 
Ad nvaioı öuöypnpor töv molfunpyov Lmorsüvro 
roisı orgarnyoisı, Hdt. 6, 1091. Bei Marathon 
gibt der Polemarch Kallimachos den Ausichlag für 
den Kampf. Es ift dies die legte Erwähnung 
diefes Rechtes. Die Jurisdiktion hatte er in allen, 


aus den perjönliden und Familienverhäftnifien | 


der Fremden und Metoifen bervorgebenden Pro: 
zellen (hostis — hospes), war im allgemeinen 
das für die Fremden, was der Archon für die 
Bürger. Er ijt mit dem praetor peregrinus in 
Nom zu vergleichen. Jeder der drei Archonten 
hatte zwei von ihm jelbjt gewählte Beifiger (meo- 
edgor). — 4) Die ſechs Theimotheten find nicht, 
wie man aus dem Namen jchließen könnte, Geſetz 
geber, ſondern ihre Thätigkeit beſchränkt ſich auf 
die Vorſtandſchaft in den Gerichten (der Name 
bedeutet: Richter). Sie haben eine jehr ausgedehnte 
Aurisdiktion in allen den Sachen, die nicht vor 
das Forum eines der drei oberen Arcdhonten oder 
einer andern Behörde gehören, 3. B. der Stra- 
tegen, der Elfmänner. Gemeinſchaftlich haben die 
neun Archonten die Jurisdiftion gegen die vom 
Volle abgejegten Obrigkeiten, und vielleicht in der 
Klage raparounn (f. d.); gemeinschaftlich find fie 
ferner unter andern in Thätigfeit bei Erloſung 
der SHeliajten und der Athlotheten, bei den Wah— 
len der Strategen und dem Dftrafiimos. — Auch 
in der römijchen Zeit beitand das Archontenkolle— 
gium fort. 

Agxny&ens j.Apollon, 3.1. Herakles, 14. 

'Aoxsio» war das Amtslofal der Staatsbehör- 
den, bejonders das Archiv, in Athen das — 
der Tempel der Göttermutter. Paus. 1, 3, 

Archeläos, ‘orflaos. 1) Sohn des — 
einer der Heraklliden, floh vor feinen Brüdern 
nach Makedonien zum Könige Kiffeus, den er, als 
derjelbe ihm jeine Tochter und fein Reich jeines 


"Aoynyeins — Archelaos. 


Verjprechens ungeachtet nicht gab, jondern ihm 
durch die Lift einer Fallgrube mit glühenden 
Kohlen nach dem Leben trachtete, ſelbſt in dieſelbe 
werfen ließ, worauf er die Stadt Wigai gründete. 
Hug. fab. 219. — 2) König von Sparta zur Zeit 
des Yyfurgos. Hat. 7, 201. — 3) nicht recht: 
mäßiger Sohn Perdikkas' des Il. von Mafedonien, 
wurde nach Ermordung jeines in rechtmähiger Ehe 


gebornen Bruders König von Makedonien 41% 


v. C., bezwang 410 die abgefallene Stadt Pydna 
und war —— der Athener in der letzten Periode 
des peloponn. Krieges. Diod. Sie. 18, 49. Er er: 
warb jich durch Beförderung griechiicher Sitte und 
Bildung, durch Bau von Landitrafen und Grün: 
dung von Städten große Verdienſte um fein Reich 
und juchte jeine Frevelthat dadurch in Bergefjen: 
heit zu bringen. Auch das Kriegsweſen fürderte 
er durch treffliche Mafregeln. _ Männer wie Euri- 
pides, Agathon, Choirilos, Zeuris und andere 
lebten an jeinem Hofe, und Platon war mit ihm 
jehr befreundet. Er ftarb im J. 399. Thuc. 2, 100. 
Diod. Sie. 14, 37. Athen. 11 p. 508. 4) Feld. 
herr des Königs Mithridates des Großen von 
Bontos, ftammte aus Rappadofien und nahm an 
allen Kriegen desjelben Anteil. Im J. 87 v. €. 
ging er mit einem großen Deere nach Griechen: 
land, kämpfte 3 Tage lang mit den Römern im 
der blutigen Schlacht bei Chaironeia, eroberte dann 
den Hafen Peiraieus, in welchem Sulla ihn er- 
folglos belagerte (App, Mithr. 30 ff. Plut. Sull.11f.), 
räumte denjelben freiwillig (86) und wurde von 
Sulla bei Ehaironeia vollftändig geichlagen. Plut. 
Sull. 15—19. Arch. umſchwärmte dann mit jeiner 
Flotte die griechiichen Küften und lieferte mit 
einem neuen Deere dem Sulla die Schlacht bei 
Orchomenos im J. 85, in welcher er eine vollitän- 
dige Niederlage erlitt. App. Mithr. 49f. Plut. 
Sull. 205. Er entlam jelbft nur unter großen 
Gefahren (Plut. Sull. 20f.) und unterhandelte 
darauf im Auftrage jeines Königs wegen eines 
Friedens im 9. 85. App. Mithr. 54. Plut. 
Sul. 22. Sulla behandelte ihn jehr chremvoll, 
pflegte ihn jelbjt in einer Krankheit und behielt 
ihn längere Zeit bei fich, bis Arch, da Mithridates 
die Friedensbedingungen anzunchmen fich weigerte, 
ſich zu diefem begab und ihn zu einer perjönlichen 
Zuſammenkunft mit Sulla zu Dardanos beredete, 
wo der Friede zuftande fam (84). Plut. Sull. 22 ff. 
App. Mithr. 54 ff. Liv. ep. 83. Epäter verlieh; 
er den Mithridates, der wegen des ungünftigen 
Friedens gegen ihn Verdacht geichöpft hatte, und 
begab fich im J. 81 zu dem römischen Feldherrn 
Wurena. App. Mithr. 64. Plut. Luc. 8. Er joll 
noch im 9. 74 gelebt haben. Plut Luc. B. 

5) Sein gleichnamiger Sohn erhielt durch Rom: 
pejus das angejehene Priefteramt von Komana 
in Bontos im 8. 63 v. E., wollte 7 Jahre ſpäter 
am Kriege der Römer gegen die Parther teilnch: 
men, trat aber dann zurücd und heiratete, indem 
er jich für einen Sohn des Mithridates Eupator 
ausgab, die Königin Berenife von Agypten, welche 
ihren Vater Btolemaios Anletes vertrieben hatte. 
Lepterer wurde don dem römiſchen Prätor MW. 
Gabinius wieder eingeſetzt und Archelaos befiegt 
und getötet. Caes. b. Alex. 66. Cic. Rab. Post. 
8, 20, 6) Sohn des vorigen, folgte feinem 
Vater im Priefteramt und erregte Unruhen in 
Kappadotien, aus weldhem Cicero (Cic. ad fam. 


Archemoros — 


15, 4) ihn entfernte. Cäſar entjeßte ihn im J. 
47 jeines Priefteramtes. Caes. b. Alex. 66. App. 
Mithr. 121. — 7) Sein Sohn, König von Kappa— 
dofien im %. 34 vd. E. durch Antonius, unter: 
ftügte denjelben gegen Octavian, verlieh aber defien 
Partei nach der Niederlage bei Actium und wurde 
von Octavian in feinem Meiche beftätigt, letzteres 
auch noch vergrößert (Dio Cass. 49, 32 ff.). 
Tiberins dagegen, der den Archelaos einft in Rom 
bei einer Anflage verteidigt hatte, jpäter aber, von 
ihm vernachläffigt, mit Haß gegen ihn erfüllt 
wurde, rief ihn nach Rom, wo er ftarb, ehe Ti- 
berins feine Abjicht, ihm Hinzurichten, ausführen 
fonnte, 17 n. E. Tac. ann. 2, 42. Suwet. Tib. 8.37. 
Eutr. 7, 11. — 8) Sohn des Herodes, Königs 
von Judäa, folgte demielben (4 dv. E.), hatte aber 
bald mit den unruhigen Juden zu fämpfen und 
ſuchte Hülfe und Beftätigung in Rom bei Auguftus, 
an den fich indes fein Bruder Antipas gleichfalls 
wendete. Auguftus entichied für Archelaos, gab 
ihm die Hälfte des väterlichen Neiches, das er 9 
Jahre regierte, und verbannte ihn fpäter nad 
Gallien, als die Juden ihn wegen jeiner Grau: 
jamfeit beim Kaifer anflagten. Dio Cass. 55, 27. 

Archemöros j. Adrastos, 1. 

Archeptol&mos, 'orsmrölsuos, Sohn des be: 
rühmten Baufünftlers Hippodamos aus Milet, be- 
ſaß das atheniiche Bürgerrecht und war ein ange: 
jehener Mann. Lys. 12, 67. 

Archesträtos, Yozforoaros, aus Gela, in der 
Zeit des jüngeren Dionyſios, gehört zu den vielen 
gefeierten Schriftftellern in Unteritalien und Sici- 
ten über höhere Kochkunst und Wohlgejchmad. Er 
ſchrieb kurz vor Ariftoteles eine 'Hövradeıe, eine 
ceulinariiche, nach Materien geordnete Geographie 
in Herametern, vermutlich im jchalthaften Tone 
eines Weltmanns und unter einer dem natur: 
wiſſenſchaftlichen Zwecke förderlichen Hülle. Arifto- 
teles hat das Werk in feiner Naturgejchichte der 
Fiſche benutzt; auch Ennins in den Hedyphagetica. 
Sammlung der Fragmente von W. Nibber (1877) 
und Brandt (1888). 

Archetypum, griech. aorfrumor, das Original, 
jowohl von Gegenftänden der Kunſt als von Er: 
zeugnijfen der Litteratur, jo des Kleanth (Jur. 
2, 7), der Epigramme Martiald (Mart. 7, 10), 
fonft auch von Gemälden, Statuen u. dergl. m. 
2gql. Mart. 12, 70. Die Liebhaberei damit wurde, 
zum Teil jchon in der Zeit des Horaz vgl. sat. 1,8, 
91), jo ftarf getrieben, wie heutzutage mit den Auto 
graphen, und mancher plumpe Betrug dabei geübt. 

ArchYas, 4erlac. 1) ein forinthiicher Heraflide, 
der Erbauer von Syrafus, der zuvor nach Wei: 
jung des Drafels jeine Vaterſtadt verlafien mußte, 
weil er den Knaben Aftaion geraubt. T’huc. 6, 8. 

- 2) ein Thebaner, der die Kadmeia dem field: 
herrn der Spartaner, PBhoibidas, verriet (382 v. €.) 
und dadurch als Polemarh an die Spitze der 
ſpartaniſch gefinnten Partei fam. Als aber die 
Verbannten unter Belopidas und Melon heimlich 
zurüdfehrten, ward er, da er fich durch Freundes: 
warnung nicht hatte aus feiner Sicherheit bringen 
laſſen, mit feinen Gefährten beim Mahle überfallen 
und getötet. Xen. Hell. 5, 4, 2ff. 7,3,7. Plut. 
Pel. 5. 7. — 3) Nulus Licinius W., ein 
griechifcher Dichter, zu Antiocheta in Syrien um 
120 v. E. geb. Er fam 102, ſchon als Dichter 
befannt, nach Rom, wo er in vornehmen Familien, 





2 


_ 


121 


Archimelles. 


befonders bei Lucullus, von dem er jpäter den 
Gentilnamen Licinius annahm, wohl aufgenommen 
war. Bor Ausbruch des marfiichen Krieges (aljo 
um 92) ging er mit Lucullus nach Sicilien und 
erhielt bei diejer Gelegenheit durch den Einfluß 
feines Gönnerd das Bürgerrecht der Incanischen 
Stadt Herafleia und jomit, da Herafleia eine mit 
Rom verbündete Stadt war, das röm. Bürgerrecht 
mit einigen Modififationen. Am %. 62 wurde 
ihm dasjelbe durch einen gewiffen Gratius, weil 
N. niemals cenfiert worden war, auf Grund der 
lex Papia vom %. 65 (f. d.) ftreitig gemacht. 
Cicero verteidigte den befreundeten Dichter vor 
jeinem Bruder Onintus, der damals Prätor war, 
in der Rede pro Archia poeta und erwirfte ge: 
wiß feine freifprechung. Aus diejer Rede erjehen 
wir, daß A. jchon als junger Menſch den cimbri- 
ichen und jpäter den mithridatischen Krieg beſungen 
hatte, und daf er damals mit einem die Ereigniffe 
während Ciceros Konſulat behandelnden Gedichte 
beichäftigt war. Bon diefen Dichtungen ift nichts 
erhalten ; dagegen finden fich in der Anthol. Graeca 
(1. d.) 35 Epigramme unter dem Namen Archias. 
Ob diejelben aber von ihm find, ift zweifelhaft. 
Archidämos, Aorldauos, Name fpartanischer 
Könige: 1) 9. l. herrichte zur Zeit des zweiten 
mefjenischen Krieges. — 2) M. {MR regierte 468 
bis 427 v. E. Während feiner Regierungszeit 
wurde Sparta von jchwerem Unglüd betroffen. 
Im %. 464 verwüſtete ein Erdbeben die Stadt; 
gleichzeitig empörten fidy die Meflenier und mit 
ihnen die Heloten, weldye den dritten meffenijchen 
Krieg erregten, Sparta jelbft bedrohten und fich 
in der Bergfeitung Ithome 10 Jahre lang vertei: 
digten. Plut, Cim. 16. Thuc. 1, 101 ff. Beim 
Ausbruch des peloponnefiihen Krieges ſprach er, 
wiewohl vergeblich, für den Frieden und mußte im 
%. 441 ein großes Hcer der Spartaner und Pelo— 
ponnejier nach Attifa führen, wo er arge Ver— 
mwüftungen anrichtete. Auch in den folgenden Feld— 
zügen bis 428 führte er das Heer. Thuc. ?, 47. 71. 
Plut. Per. 29. 33. Diod. Sie. 12, 42. Nach ihm 
wird bisweilen die erfte Periode des pelop. Krieges 
(431—421) ald Archidamiſcher Krieg bezeichnet. — 
3) A. III., Sohn des Agefilaos und Enfel des 
vorigen, befiegte im 9. 367 v. C. die Arfadier 
und Argiver in der jogen. thränenlofen Schlacht 
bei Midea (Xen. Hell. 7,1,28 ff. Diod. Sie. 15, 72. 
Plut. Ages. 33), wurde bon den eriteren 364 ge: 
ichlagen, verteidigte dann jeine Waterftadt (362), 
als Epameinondas jie angriff, und fiel im J. 338 
(am 3. Aug., dem Tage der Schlacht bei Chairo— 
neia) in Italien, wohin er den Tarentinern Hülfe 
gebracht hatte, im Kampfe mit den Yucaniern. 
Plut. Ages.3. Diod. Sie. 16, 63. 88. — 4) W. TV., 
jein Enkel, fämpfte mit Demetrios Poliorketes 
(Plut. Demetr. 36); und wiederum 5) defien Enkel 
A. V. trat auf die Seite des Königs Kleomenes 
im Kampfe gegen die übermächtigen Ephoren, wurde 
aber gleich nach jeiner Rückkehr aus der Verban: 
nung, in welche er aus Furcht vor den Mördern 
feines Bruders, Königs Agis TIL, fi) begeben 
hatte, ermordet, 226 dv. E. Plut. Cleom. 5. 
Archilöchos ſ. Tambographen. 
Archimödes, ‘Aorıundnc. geb. zu Syrakus 287 
vb. E., einer der größten Mathematiker des Alter— 
tums (6 ungawımoe). In feiner Jugend unterrich- 
tet von Konon aus Samos, jpäter von Eufleides 


122 


in Wlegandreia, lebte er am Hofe des mit ihm 
verwandten Königs Hieron von Syrakus, wie es 
icheint, ohne öffentliches Amt. Er fand das Ber: 
hältnis des Diameters im Kreije zur Peripherie, 
das des Körperraums zwiſchen Kugel und Eylınder 
und lehrte in feinen Erriften zeol eig opalgas 
nal xvAlvdgov, nUunlov uerondg, negl RWvorı- 
Hov xal oparposıdiov, nspl Ella» (von ben 
Spirallinien, einer feiner jchwierigjten Schriften) 
das Wichtigſte über die Verhältniſſe der Flächen 
und Körper und die Meffungen der Krummlinien 
in den allgemeinen Grundmwahrheiten. Darauf 
jortbauend hat er zuerſt für die Theorie der Me: 
chanik und Hydroſtatil Bahn gebroden. Die Ent: 
dedung, daß ein in eine Flüſſigkeit getauchter 
Körper jo viel an feinem Gewichte verliert, als 
die Schwere eines gleihen Volumens der Flüſſig— 
feit beträgt, weldye er beim Baden machte und 
jogleich zur Entdedung des betrügerijchen Zuſatzes 
anmwandte, den ein Arbeiter bei einer von Hieron 
beftellten Krone von reinem Golde fid erlaubt 
hatte, joll ihn jehr glüdlic gemacht und zu dem 
befannten Ausrufe: edonx« veranlaßt haben. Die 
praftiichen Erzeugniffe im Majchinenbau, die ihm 
elangen, mögen ihn jelbft mit ftaunender Begei- 
terung erfüllt haben, wenn auch der viel citierte 
Ausſpruch: döe uoı mod ara xal nv yiv xıunam 
ichwerlih von ihm herrührt. Mittelft des Hebels 
zog er ein großes Schiff des Königs vom Lande 
ind Wafjer (Athen. 5, 40); er erfand den Flaſchen— 
zug, ungyavnua wolvonacror, die Schraube ohne 
Ende und die Rafferjchraube (archimedische Schnede), 
worin das Wafler kraft eigener Schwere in die 
Höhe fteigt, und welche er während eines Aufent: 
halts in AÄgypten zum Austrocknen der vom Nil 
überjchtvemmten Gegenden anmwandte. Auch rühmen 
die Alten das Planetarium, wodurch er die Be- 
wegung der Himmelsförper veranjchaulichte. Im 
höchſten Maße aber entwidelte er jein Talent 
während der Belagerung jeiner Baterftadt durch 
Marcellus im zweiten punischen Kriege (Liv. 24,34); 
da er freilich die römischen Schiffe aus der Ferne 
durch Brennjpiegel angezündet habe, ift eine unmwahr: 
jcheinliche, aus jpäter Zeit ftammende Nachricht, die 
bejonders durch Zonaras (9, 4), Tzetzes und Eufta: 
thios Verbreitung gefunden hat. Bei der Eroberung 
der Stadt (212) fand er feinen Tod. Der Um: 
ftand, daß allein Plutarch (Mare. 19) drei ver: 
ichiedene Berichte über die näheren Verhältniffe gibt, 
unter denen der große Mathematiker ftarb, beweiſt, 
daß ein allgemein für richtig gehaltener Bericht 
hierüber ſchon im Altertume nicht vorhanden war. 
Am häufigſten kehrt die Nachricht wieder, N. jei, 
in die Zeichnung mathematischer Figuren im Sande 
vertieft, troß aller Warnungen des Marcellus von 
einem rohen Krieger niedergeftoßen worden. Liv. 
25, 31. Val. Max. 8, 7. Plut. a.a.D. Daß er 
aber dem eindringenden Römer die befannten 
Worte: nnli turbare circulos meos zugerufen 
habe, iſt eine hiſtoriſch wertloſe, zuerſt bei Vale— 
rius Maximus (a. a. D.), und auch bei dieſem in 
etwas anderer Form (noli, obsecro, istum [d. 5. 
den Sand] disturbare) erjcheinende Anekdote. 
Auf jeinem Grabmal ftand, jeinem eigenen Wunſche 
zufolge, ein Eylinder mit einer Kugel darin; aber 
ſchon zu Ciceros Zeit Tag Ddasjelbe vergeſſen 
und mit wilden Gejtrüpp überwachen da (tuse. 
5, 23, 64 ff. — Außer den genannten verfaßte 


Archinos — Arcus. 


er noch folgende Schriften: von dem Sleichgewichte 
der Ebenen und ihren Schwerpunkten, dmımidor 
loopoonınav 7) nivroa Bapkov Inınzdav Pıßlla 
ß; die Duadratur der Parabel, rrroaywvıonög 
rapaßolns; die Sandeszahl oder Berechnung der 
Größe der Welt in Sandlörnern, Yauwlıns; von 
den jchwimmenden Körpern, wrol rar Öyovusvor. 
Alle waren im dorifchen Dialekte abgefaßt; fie find 
zum Teil verloren, zum Zeil nur überarbeitet auf 
ung gelommen. Ausgg. von Torelli (1792) und 
Heiberg (1880 ff., 3 Bbb.). 

Archinos, Aezivos, atheniiher Redner und 
Staatsmann, war mit Thrajybul bemüht die Herr— 
ichaft der Dreißig zu befämpfen und die Demo: 
fratie wieder einzuführen, trat aber aud) dem eigen: 
mächtigen Thrajybul entgegen. Demosth. Timoer. 
742. Aeschin. Ütes. 187. 195. de falsa leg. 176. 

Archippos,"Aexırxoc, um 410 v. E., ein Dichter 
der älteren und zum Teil der neueren Komödie in 
Athen, wird am meiften genannt wegen jeiner 
Ixdög, einer Satire auf die Friichliebhaberei der 
Athener; auch war er mutmahlich Verfaſſer von 
4 dem Nriftophanes fäljchlich zugeichriebenen Ko— 
mödien (der ſchiffbrüchige Dionyfos, die Inſeln, 
die Dramen od. Niobe, Poeſie). Sammlung der 
Fragmente von Meinele, fragm. com. Graec. II 
p. 715 ff. (I p. 408 ff. d. Fein. Ausg.), und Kod, 
com. Att. fragm. I p. 679 ff. 

Architektur j. Baukunst. 

Agxı$ewegla |. Leiturgia, 1. 

Archjtas, Aorvree, aus Tarent, pythagoreiſcher 
Philojoph, lebte zwiſchen 400 und 365 v. C., im 
NAltertume berühmt als Mathematiker, bejonders 
durch Erfindung der analytiichen Methode und 
durch Löſung mehrerer geometriichen (Verdoppelung 
des Würfels) und mechanischen (3. B. ein Automat, 
die fliegende Taube, (zell. 10, 12) Probleme, außer: 
dem aber als Feldherr und Staatsmann. Er fann 
weder Schüler des Pythagaras noch Lehrer des 
Philolaos, jondern muß vielmehr des letzteren 
Schüler gewejen fein, vielleicht zu Metapont (Cie. 
de or. 3, 34); er war ein Freund des Platon, 
der bei ihm Schuß fand vor den Berfolgungen des 
Tyrannen Dionyſios, obwohl er ihn auf jenes 
Bitte noch zur dritten Reife nach Syrakus beivog 
(Plut. Dion 18). Gegen das Gejeb wurde er 
jtetS von neuem (6: oder Tmal) zum Strategen 
jeiner Vaterſtadt erwählt und blicb im Kriege un: 
bejiegt. Sein Charakter und feine fittliche Haltung 
erwarben ihm die größte Hochachtung und den 
Namen 6 wgsoßvregor. Cic. Cat. m. 12, 39. tusec, 
4, 78. r. p. 1, 38. Val. Max. 4, 1. Daß er 
jeinen Tod beim Schiffbruche am VBorgebirge Ma: 
tinum gefunden habe, war eine allgemein verbrei- 
tete Sage, der aud) Horaz (od. 1, 28) folgt. — 
Von feinen Schriften find nur Fragmente auf uns 
gefommen, und jelbit diefe zweifelhaft oder unecht; 
nach einer Anjpielung des Horaz in der befannten 
Ode (od. 1, 28, 1) fünnte er auch mit ähnlichen 
Studien wie Archimedes in feinem Yaundens (j. 
Archimedes) ſich befaßt haben. Wusg. der 
Bruchftüde zugleich mit denen der übrigen Pytha— 

oreer von Mullach (fragm. philos. Graecorum 

d. 1. 2, 186068). Abhandlungen von Egger 
(1833) und SHartenftein (1883). 

Arcus (arquus), jedes halbfreisförmig geipannte 
Inftrument, daher 1) zum Schießen, der Bogen, 
an beiden Enden (cornua, capita) gefrümmt und 


Ardea — Areia. 


mit der Schne (chorda) verjehen; als Kriegswaffe 
einer Gattung des leichten Fußvolls, den Bogen: 
ſchüten, dienend, die auf 150 Schritte jo wirkſam 
hoffen, daß die Pfeile durch den garni und 
die Schilde drangen; dgl. übrigens ffen, 7. 
— 2) jeder natürliche, © einen halben Kreis bildende 
Bogen, wie der Regenbogen (Verg. G. 1, 380 f. 
Hor. ep. 2, 3, 18. Liv. 30, 2), und jeder 
mauerte, gewölbte oder fonft fünftlih gebildete 


ge: | niterfriege verwüftet; angeblicher Si 


123 


mii Severi, auf dem Forum am Fuße des Capitol. 
Hügels, mit zahlreichen Reliefs; A. Gallieni und 
A. Constantini, 312 n. E. vom Senate errichtet 
und am beiten "erhalten; andere zu Saint-Remy, 
Drange, Ariminum, Ancona u. j. m. 

Ar ön, Aodia, 1) alte Hauptftadt der Rutuler 
in Latium, jeit 442 v. E. röm. Kolonie, im Sam: 
des Turnus 


und Begräbnisftätte des Yineiad. Es lag in un: 


Bogen, befonders der Triumphbogen,'die Ehren: — Gegend auf einem Berge, 18 Millien von 





—— zu Ehren eines ſiegreich einziehenden Feld— 

ſpäter namentlich zur Verherrlichung der 
— errichtet. Anfangs waren dieſelben ſehr 
einfach, gehauen oder von Ziegelſteinen erbaut 
(Cie. Verr. 1, 7. 2, 68); ſpäter dagegen mit 
immer größerer Pracht, aus Marmor, im ganzen 
vieredig, gewöhnlich mit einem gewölbten Deus 
durchgang in der Mitte und Nebendurcdhgängen zu 
beiden Eeiten. Dazu fam der Schmud von Säulen, 
Statuen und Trophäen, die ſelbſt noch auf der 
Oberfläche eines Aufſatzes über dem Hauptgefimie 
(Attica) angebradt waren. An der Attifa ift die 
Widmungs-Inſchrift angebracht. An der mittleren 
(oder bisweilen einzigen) Wölbung ſchwebten Sie— 
gesgötter, die herabgelaffen wurden und dem hin: 
durchfahrenden Triumphator den Siegesfrang auf 
das Haupt jegten. Erhalten haben ſich von ſolchen 
Triumphbögen in Rom folgende fünf: Arcus Drusi, 
zu Ehren de3 Nero Claudius Druſus anf der via 
Appia (Suet. Claud. 1), j. am Thore ©. Sebafti- 
ano; A. Titi, als Andenfen an die Zerjtörung 
Jerufalems, am Fuße des Palatinijhen Hügels 
über der Sacra via, ausgezeichnet durch feine 
ihönen Skulpturen, "namentlich durch die Dar- 
ftellung des Triumphzugs und der darin auf: 
geführten Prachtitüde aus dem jüdischen Tempel, 
des Schaubrottifches, des fiebenarmigen Leuchters zc., 
neuerdings auf fefteren Fundamenten wieder auf: 
geführt (j. die obenftehende Abbildung); A. Septi- 


om. Liv. 1,57.4,11. Verg. A.7,409. %. Ardea. 
— 2) Drt in Nätien, j. Urdez im Bintihgau. — 
3) Stadt in Perfis, Füdweftli von Perjepolis. 

rderikka, Aodegıxxa. 1) nad Hdt. 1, 185 
ein Ort in der Nähe Babylons, den durch Anlage 
der großen Schleufenwerfe der Euphrat dreimal 
durchfloß. — 2) Ort bei Suja, wohin Dareios die 
gefangenen Eretrier verpflanzte. Hdt. 6, 119. 

Ardeskos, "Aodnoxog, Sohn des Dfeanos und 
der Tethys (Hesiod. theog. 345), Nebenfluß des 
Iſter im europäiichen, Sarmatien. 

Ardettos, Aedntrös. Ort und Dügel 
am linfen Ufer des Jlifjos, wo jäh A r Heliaſten— 
eid geſchworen wurde, wahrſcheinlich an der jüdl. 
Langjeite des Stadion (ſ. Attika, 14.) 

Arduenna silva, jetzt Ardennenwald (von dem 
feltiichen arddu, die Höhe), Gebirge in Gallien, 
welches ich dom Rhein und den Zrevirern bis 
an die Grenzen der Nervier (Caes b. g. 6, 29) 
und Remer erjtredte und (daj. 6, 33) jogar bis 
an die Schelde reichen follte. Die von Cäjar an: 

— Länge von 500 Millien iſt für den geraden 

* chnitt zu groß. 

rdys, Aodvs. 1) lydiſcher König um 760 v. C., 
se viertlegte aus dem Geſchlecht der Sandoniden 
oder Herafliden. — 2) Sohn und Nachfolger des 
Gyges (j. d.), mad Herodot (1, 155.) 678-629, 
warſcheinlich c. 650-615 v. C., mußte im Kampf 
gegen die Kimmerier (j. d.), welche ganz Lydien 
mit Ausnahme der Burg von Sardes eroberten, 
fi) wieder dem afiyriichen König Aflurbanipal 
unterwerfen. 

Arda (auf Jnfchriften auch aria), von arere, Dürr 
jein, daher jeder trodene oder trodengelegte freie 
Blaß, bejonders zur Aufnahme von Gebäuden und 
Srabmälern, Bauplaß (Liv. 1, 56. Hor. ep. 1, 
10, 13), aber auch der abſichtlich freigelaſſene 
Raum zwifchen Häujern und Straßen, Hofraum, 
Spielplaß (Liv. 23, 3. Plin. ep. 2, 17,4. Hor. 
od. 1, 9, 18). Vorzugsweiſe hieß aber jo der 
trodene, feitgeitampfte oder gewalzte (bisweilen 
auch gepflafterte) Pla in der Nähe des Wirtſchafts— 
hofes zum Dörren und Drejchen des Korns, die 
Tenne, griech. alo«, poet. KAwe, in {uftiger Er: 
höhung und meiſtenteils abſchüſſig gelegen. Bier 
wurden, wie noch jetzt vielfach in Ägypten, Griechen: 
land und Stalien gejchieht, die abgejchnittenen 
Ahren mit Lafttieren und Drejchwagen, tribulae 
(von terere), oder Schleifen, trahae, ausgedrojchen, 
bisweilen mit Stöden oder eig (baeuli, 
fustes, perticae) ausgeſchlagen. Die Spreu wurde 
durch Worfein vor dem Winde (ventilare) entfernt. 
Vgl. Voß zu Verg. @. 1, 176 fi. 

Arela, 4orle, altperi. Haraiva, fruchtbare Hoch— 
en a jüdl. von Baltriana, mit dem Fl. 

reios (j. Herirud) und der von Alexander ge: 
gründeten Hauptjtadt Alerandreia Areion (j. Herät). 
Strab. 11, 510 f. 514 ff. Die Bewohner h. "Ageıor. 


bei Athen 


— 


* 
— 


124 


Areiopägos, ö "Aosıos wayog, 1) Hügel in 
Athen, weftlich der Afropolis, ſ. Attika, 11.— 
2) der ältefte und berühmtejte Gerichtshof in Athen, 
zugleich ein Staatsrat mit politischen Befugniffen 
(aljo diıxaornoror und Born), hatte feinen Namen 
bon dem unter 1) genannten Areshügel, auf dem 
er feine Sigungen Bielt (daher n £E Apslov mayov 
od. dv Apsio naym Bovin, to Ev Ag. m. avr- 
£dorov; Areum indicium, Tar. ann. 2, 55). Der 
Urjprung desjelben wird bis in die mythiſche Zeit 
zurüdgeführt (Prozefie des Ares wegen Ermordung 
des Halirrhotios, des Sohnes des PBojeidon, und 
des Dreftes, bei dem Athene jelbjt, nach Aiſchylos 
in den Eumeniden, für ewige Zeiten diejes Gericht 
einjeßt). Dieſen im Bewußtſein der Nation be- 
gründeten Mythen widerjprechen die Nachrichten, 
die ihn zu einem von Solon eingejegten Anftitute 
machen, wie 3. B. Eicero (off. 1, 22) demjelben 
wegen dieſer Einrichtung ein höheres Verdienſt 
um den Staat zufchreibt als jelbft dem Themi— 
ftoffes. Der Hauptgrund diejer Umficherheit in 
der Auffaſſung des Areopags und feiner Wirt: 
famfeit Tiegt darin, da feine hohe Stellung und 
umfafjende Gewalt in die Zeit vor Perikles fällt, 
über die wir nur ſpärliche und unvollftändige 
Nachrichten haben. Daher läht fich auch fein Ver: 
hältnis zum Rat der 500 und zur Volksverſamm— 
lung nicht ficher angeben, noch jeine richterliche 
Kompetenz gegen die der heliaftiichen Gerichte genau 
abgrenzen. Nur das erfennen wir aus underwerf: 
lihen Zeugniffen, daß er ebenjo wie jpäter die 
Nomophylakes das Necht hatte, jein Veto einzu: 
legen, wenn ihm eine Mafregel nachteilig oder 
geſetzwidrig jchien, um entweder die Abftimmung 
oder die Vollſtreckung zu verhindern. — Für das 
höhere Alter des Areopags jpricht auch unzmeifel: 
haft ein Gejeh des Solon, wonad von der allge: 
meinen Ammneſtie, mit der er jeine Geſetzgebung 
vorbereitete, unter andern die ausgeſchloſſen wurden, 
welche vom Areopag verurteilt waren. Die Schwie- 
rigfeit [öft fich, wenn man die doppelte Stellung 
des Areopags als Gerichtshof und als Staatsrat 
ins Auge faht. Als Gerichtshof über Blutſchuld 
beitand er unzweifelhaft jchon jeit uralten Zeiten 
‘‘. au 'Eopäraı) Solon benutzte aber das alt 
ehrwürdige Anſehen diejes berühmten Gerichtes, um 
darauf ein einflußreiches politiiches Anftitut zu 
gründen, indem er ihn zum Aufſeher über die 
ganze Staatsverwaltung, Über öffentliche Zucht und 
Sitte und zum Wächter der Gejege machte (Imi- 
sxonor aravror xal puilaue tor vouwv End- 
Bıosv, Plut. Sol. 19). Erhöht wurde das Anjehen 
des Areopags noch durd die im Verhältniſſe zu 
den übrigen Einrichtungen des Solon ariftofratiiche 
Beſetzung, indem er aus den gewejenen Archonten 
beftand, die nach vollendeter Amtsführung ihre 
Rechenschaft abgelegt hatten, jo daß aljo in der 
Seit bis Arifteides nur angejehene Bürger aus der 
ersten Vermögensklaſſe ihm angehören durften 
vgl. Aprn, 3.); vielleicht hatten die Archonten 
ſchon während ihrer Amtszeit Sitz und Stimme 
in ihm (wie die röm. Beamten im Senate). Mit 


Areiopagos. 


bei; das Heiligtum der Eumeniden lag unmittelbar 
am N., die Areopagiten hatten die Sorge für ihren 
Kult und ernannten deswegen aucd die Hieropöen 
für die ihnen darzubringenden Opfer. Außerdem 
waren ihnen uralte Saßungen und Heiligtümer 
anvertraut, auf welchen ein geheimmisvolles Dunfel 
ruhte, und an welche man das Heil des Staates 
gefnüpft glaubte. Auch jollten fie die Heilighaltung 
der Staatsreligion überwachen und bemerfte Über— 
tretungen ahnden. — Die richterliche Kompetenz 
des Areopags begreift bejonders die porına in ſich. 
Er richtete über vorjäglichen Mord, vorjäßliche Ber: 
wundung, Branditiftung und Giftmijcherei, wenn 
die Tötung erfolgt iſt (Gejeh des Solon bei 
Demosth. Aristoer. p. 627: Jıxafeır dt {mw 
BovAnw tiv Ev Ageio nayo povov nal rgadun- 
tog Ex noorolag nal nupxaläg nal papuaxwr 
av rıg amoxreivn dovg). Auch über aofßsıc 
hat er zuweilen gerichtet, im einzelnen andern 
Fällen vielleicht — beſondern Auftrags. Die 
Klage wurde beim BaoıAsrs eingebracht. Bon dem 
Augenblide an war der Angeflagte von dem Be: 
fuche aller öffentlichen Orier ausgeichloffen: in 
3 auf einander folgenden Monaten trat dann 
eine Vorunterfuchung ein (mgodınaada). Sodann 
wurde im vierten Monat an einem der 3 letzten Tage 
desjelben (nicht, wie Lukian behauptet, bei Nacht) 
unter freiem Himmel über den Mörder gerichtet 
(denn es durfte der mit Blutichuld Beladene nicht 
unter Einem Dache mit dem Ankläger und Richter 
verweilen), wobei Kläger und Angeklagter, auf 
2 unbehauenen Steinen, jener auf dem Addoe 
avaıdeiag oder der Unverſöhnlichkeit, dieſer auf 
dem Aldos TBoswg oder des Frevelmutes ftehend, 
die Wahrheit ihrer Ausſage mit furdhtbarem Eide 
beichwören mußten. Zwei Reden waren jedem ge: 
ftattet. Bor der Schlußverhandlung konnte der Be- 
klagte (außer dem Watermörder) fich durch frei- 
willige Verbannung der Verurteilung entziehen. 
Nah den Verhandlungen wurde das Urteil ge— 
iprochen, das auf Tod oder Eril lautete. BeiGleich— 
beit der Stimmen erfolgte Freiiprechung (caleulus 
Minervae). — Daß die politiſche Stellung des 
Nreopags eine ſehr einflußreihe war, haben wir 
aus den oben angeführten Worten des Plutard) 
gejehen, wo er als dmiorarne warro» xal puln& 
ro» von» bezeichnet twird. Die Worte deuten aber 
ihon an, daß * Befugniſſe ſchwerlich ſehr ſcharf 
begrenzt geweſen ſind. Das Anſehen, deſſen er als 
alter berühmter, durch Mythen geheiligter Gerichts— 
hof genoß, und das erhöht wurde durch die hervor— 
ragende Stellung ſeiner Mitglieder, mußte ſeinen 
Ratſchlägen (brournuerısuol, weil ſie ſchriftlich 
gegeben wurden) auch in politiſchen Angelegen— 
heiten Geltung verſchaffen. Worauf ſich ſeine Wirf- 
iamfeit aber bezog und wie weit jie ging, läßt 
jich nicht genau angeben, eben weil es wohl nicht 
genau feftgeftellt war. Wir finden, daß er die 
Aufficht über Maße und Gewichte, über Baupolizei, 
über fremde hatte. Bor der Schladyt bei Salamis 
bringt er das Geld zur Yöhnung der Schiffsmann- 
ichaft auf, jo daß Cicero jogar mit etwas unge: 


Recht Tonnte aljo der Geſetzgeber diejen Gerichtshof | nauem Ausdrud jagt: Est enim bellum gestum 
und den Mat der 500 mit Ankern vergleichen, | consilio senatus eius, qui a Solone erat con- 


die den jchwanfenden Staat halten follten. 


Zu | stitutus (off. 1, 22). 


Den Antiphon, der, des 


dem hohen Anjehen des A. trug auch jeine nahe | Bürgerrechts beraubt, wie Demofthenes fagt, um 
Beziehung zur Religion, insbeiondere zu dem Dienfte | die Neoria im Intereſſe des Philippos zu ver: 
der „ehriwürdigen Gottheiten‘ (Zeuvad) weſentlich brennen, in die Stadt gelommen war, ließ er er: 


= 


Areithoos 


greifen und jtellte ihn vor Gericht, das ihm ver— 
urteilte. Dem. de cor. p. 271. Aiſchines war 
zum Syndikos für das Heiligtum in Delos er: 
nannt worden; der Areopag verwarf ihn als einen 
Verräter und bewirkte, daß Hypereides gewählt 
wurde. Hier übte er dem Volle gegenüber fein 
Hecht aus, jondern handelte für dieſen bejonderen 
Fall im Auftrage und mit Vollmacht des Volkes 
(as mgosllsche xanelonv [env 2& Agsiov nayov 
Povirv] xal ro moaynarog nvolav dmoıjoars, 
Dem. de cor. p. 271). Überall alfo erſcheint er 
mächtig dur das Vertrauen, das er genieht. Bei 
diejem Anſehen des ariftofratiich beſezten und 
fonjervativ gejinnten Areopags richteten jich gegen 
ihn bejonders die Angriffe der Demofratie, und cs 
gelang ums Jahr 460 v. C. dem Perikles, denjelben 
durch Ephialtes jeiner politiſchen Madt zu * 
rauben (Eyıdırov ng0E0TWrog apsikovro eng 3: 
Agsiov mayov Boving rag xolasıg minv öllyav 
ünacas, Plut. Cim. 15; vgl. Plut. Pericl. 9 und 
andere Stellen). Auf diejen Angriff beziehen fich 
manche Stellen in Aiſchylos Eumeniden, der ſich 
des Areopags als einer der Säulen der Ord— 
nung und bes Rechtes tkräfti annimmt (683. 684: 
foraı Öb al ro Aoımov Alyewg oroaro del dı- 
xactar rovro Bovlsvurngor, und die ganze fol- 
gende Stelle). Worin die Schwächung der Macht 
des Areopags bejtanden hat, läßt ſich nicht ganz 


miſche Gott des Schladhtengetümmels, 


—- Ares. 125 


thoo8 war in jenem Hohlwege. Paus. 8, 11, 4. 
Mit Philomeduja zeugte er den vor Troja käm— 
pfenden Menefthios. Hom. Il. 7, 8. 136 ff. 

Arölas, oder Areläte, Arelätum, Agekcen, jebt 
Arles mit bedeutenden Ruinen, in 'Gallia Narbo- 
nensis, zu beiden Seiten des Nhodanus, blühende 
Handelsjtadt und jeit 46 v. E. römijche Kolonie 
unter dem Namen colonia A. Sextanorum (von 
den Veteranen der 6. Legion), nach der Bergröße- 
rung durch Conſtantin d. Gr. auch Eonjtantina 
genannt. Caes. b. ec. 1, 36. Muet. Tib. 4. 

Aremorica, jpät erſt Armorica (d. h. Zand am 
Meere), das galliiche Küftenland zwiſchen Liger 
und Sequana, dejjen Einwohner Aremoriei heißen. 
Caes. b. g 5, 53. 7, 75. 8, 31. 

Aröna, der mit Sand beftreute Kampfplag im 
Ampbi itheater, wo die Gladiatoren fämpften; durd) 
den Sand (bisweilen auch Sägejpäne) jollte das 
Ausgleiten der Kämpfenden, arenarii, verhindert 
werden. Das Wort fteht auch für das ganze Am— 

phitheater und für den Kampf jelbjt, namentlich 
auch zum Unterjchiede von den ludi scaenici (Suet. 
Tıb. 35. Calig. 30), und bezeichnet übertragen 
jeden Kampf: und Tummelplag. Plin. ep. 6, 12. 
Flor. 4, 2, 18. 

Ares, "4ens, Mars, Sohn des Zeus und der 
Hera (Hesiod. theog. 922), ift bei Homer der ftür- 
dem nichts 


jiher ermitteln, da die alten Quellen fich über | lieber ift ald Kampf und verderblicher Streit und 
diefen Punkt nicht recht klar ausiprechen und zum | Männermord; er hat den ftreitfüchtigen und unnach— 


Teil im Widerjpruch mit einander ftehen. Es 
handelt jich bei diejer Srage bejonders darum, ob 
er der Blutgerichtsbarfeit beraubt worden ijt, wo— 
für ſich einiges anführen läßt. Indeſſen iſt es 
doch wahrſcheinlich, daß die Blutgerichtsbarleit, 
ſchon wegen des heiligen, altertümlichen Charakters | 
derjelben, ſtets bei dem Areopag geblieben ift (Dem. 
Aristoer. p. 641: uöôvor ro ÖınaorugLov [zo dv 
Ageio nayo] ovðxl zugavvog, ovᷣK ölıyagzia, 0% 
önnoxgaria zug povınas dinag apehtodeı terol- 
une», alla mavteg aodEvioregov av zo dixarov 
sugeiv nyodrzau negl toVrwv avrol Tod map« 
tovrorg evonutvov dınalov‘. Sicher iſt es da: 
gegen, daß er jeiner politiichen Macht beraubt 
wurde, des Einflujjes auf die Volksverſammlung 
und die Verwaltung, daß ihm aljo die misieraı 
»olssıs (nicht im ftreng juriftiichen Sinne zu ver: 
ftehen) genommen find. Aber jchon während des 
veloponnefiichen Krieges mu er feine alte Macht 
zum Teil weni —— wiedergewonnen haben. Daß 
er nach dem Sturze der Dreißig ſo einflußreich 
wie früher geweſen ſei, beſagt nur das Einſchiebſel 
bei Andoc. myst. $ 83 (dmipelsicho 7 PovAn n 
7: Agsiov Adyov ww vöum», Onus av al apyal 
tols asıuevorc vouos zowreaı). — Auch noch 
zur Zeit der Römer genoß er das höchſte Anſehen 
Cic. n. d. 2, 29) und hatte großen Einfluß auf 
die Staatsangelgenheiten und überhaupt auf die 
Bürger (Taec. ann. 2, 55). — gl. Philippi, der 
Areopag und die Epheten (1874. 

Areithöos, Aenidoog, König im boiotijchen 
Arne, ein gewaltiger Krieger, genannt Keulen— 
ihwinger (“opvrnens), weil er mit einer eijernen 
Keule focht. Der artadiiche König Lykurgos über: 
fiel ihm in Arkadien in einem Hohlwege, erichlug 
ihn und nahm ihm die Waffen ab, die er bei jei- 
nem Tode jeinem Diener Ereuthalion hinterließ; 
diejen erlegte jpäter Nejtor. Das Grab des rei: 








giebigen Sinn jeiner Mutter geerbt. II. 5, 889 ff. 
Umerjättlich im Kriege und ohne Intereſſe für, das 
Recht ftürmt er von einer Partei zur andern («Alo- 
rpoGall.og), begleitet von feiner Schweiter Eris 
und einen Söhnen Deimos und Phobos (Furcht 
und Schreden). Darum ift er jelbit jeinem Bater 
Zeus der verhaßtefte der Götter, und Athene, die 
Söttin der geordneten Schlacht ift jeine erbitterte 
Gegnerin, die ftets den Sieg über ihn davonträgt. 
Il. 5, 840 ff. 20, 69. 21, 391 ff. Der Auffaſſung 
des Homer folgt im allgemeinen die jpätere Zeit. 
Er bleibt der männenvürgende Kriegsgott, dem es 
ewöhnlich einerlei iſt, wofür er kämpft. In dem 
äten homeriſchen Hymnos auf Ares dagegen, der 
den Gott zugleich mit dem Planeten gleiches Na 
mens vermengt, heißt er Schirm des Dlympos, 
Vater des jchönerrungenen Sieges, Helfer der 
Themis; er ift aljo hier ein Kämpfer für höhere 
Intereſſen. In ältejter, vorhomerifcher Zeit war 
Ares eine chthoniſche (unterirdijche) Naturgottheit, 
die Segen und Verderben bringen fonnte; doc 
hat ſich in der Folge die verderbliche Seite in 
jeinem Wejen vornehmlich herausgebildet. Diejer 
chthoniſche Ares, der bie und Seuchen über die 
jündigen Menſchen brin igt erſcheint beſonders in 
den alten thebaniſchen Sagen, und es iſt wahr⸗ 
ſcheinlich, daß die alten, vorhomeriſchen Sänger 
von Thebaiden, welche die unheilvollen, von Ares 
über Theben verhängten Kriege beſangen, zuerſt 
die Idee eines verderblichen Kriegsgottes einſeitig 
ausgeprägt haben. Auf den alten Naturgott ſcheint 
fi) die Sage von der Feilelung des Ares durch 
die Aloaden (j. d.) zu beziehen. — Ares, der 
fräftige Kriegsgott, war Freund und Beliebter der 
Aphrodite, mit ihr zeugte er die Harmonia, Ein 
tracht, den Eros und Anteros, Deimos und Phobos. 
— Der Kult des Ares war im allgemeinen in 
Griechenland wenig verbreitet; auch waren Statuen 


126 


von ihm jelten, häufiger bei den Römern. Er 
wurde dargejtellt als eine jugendlich fräftige Ge: 
ftalt mit breiter Bruft, ftarfen Schultern und 
düfteren Zügen, auf dem Kopfe den Helm. — Mit 
Ares wurde der römische Kriegsgott Mars (Ma- 
merse, Mavors) identifiziert. Dieter war einer der 
vornehmften Götter der römischen Staatöreligion 
und bildete mit Jupiter und Quirinus einen Drei: 
verein bon friegeriichen, ftaatsjchirmenden Gott: 
heiten, die in der Schlacht um den Sieg angerufen 
wurden. Als Bater des Romulus war er Vater 
des kriegeriſchen Volkes (Mars pater, Marspiter) 
und verhalf ihm durch das Glüd der Schlachten 
zur Herrichaft über die Welt. Sooft ein Feld— 
herr zum Kampfe auszog, ging er zu jeinem 
Tempel, und indem er dajelbft die heiligen Schilde 
und den Speer des Gottes bewegte, ſprach er: 
Mars, wache! Als der friegerijche Gott hat er 
den Beinamen Gradivus, der in den Kampf 
Vorjcreitende, und Quirinus, der Speergott. 
Auch eignet er ſich vor allen zum Rampfeshort 
der Wettjpiele 
mit friegeri- 
ſchen —2 
So wurden 
ihm zu Ehren 
am 27. Febr. 
und in den 
erften Tagen 
des März die 
Equiria ge: 
feiert. Wie 
aber der grie: 
chiſche res 
aus einer Na: 
turgottheit 
allmählich zu 
einem Kriegs— 
gott geworden 
ist, jo iſt aud) 
bei den Rö— 
mern die Idee 
des Mars als 
Ktriegsgott 
auf einem 
breiteren Bo: 
den erwach— 
fen. Mars war von alter Zeit her auch ein Gott, 
der zur Natur in mannigfacher Beziehung ftand, ein 
Natur: und Jahresgott, der im Frühlingsmonat 
‘Martius) waltet, der, wie die Menjchen vor jedem 
Schaden, jo die Fluren vor Berödung und die 
Herden vor Seuden und dem Wolfe bewahrte. | 
Diejen Beichirmer der Fluren riefen die Arval: | 
brüder am Feſte der Dea Dia und der Ackers— 
mann bei feinen Ambarvalien an; dem friegeriichen 
Schirmer der Stadt dagegen galt am 1. März der 
Zug der Salier durdy die Stadt ſelbſt. Be: 
gleiter des Mars waren feine Gemahlin Neriene 
(Stärfe), die Molä (Hampfesmühen) und Ballor 
und Pavor (Seiuog und Bößos). Heilig war 
ihm der Wolf und der Spedt, jein geweihter 
Baum die Eiche. — Pie Abbildung zeigt Ares 
mit abgelegten Waffen in bequemer Stellung aus: 
ruhend; ein Eros jpielt ihm zu Füßen (berühmte 
Statue der Billa Yudovifi). 
Aretaios, Aperaiog, genannt Cappadox, ein 
in Rom gegen Ende des 2. Jahrh. n. E. lebender 





Aretaios — Areus. 


griech. Arzt, der durch jcharfe Beobachtungsgabe 
und Tiefe der Auffafjung ſich auszeichnete, und 
von welchem wir 1) vier Bllcher neol alrıor xal 
onusio» OEfwv xal zporio» nad» und 2) ebenio 
viele Bücher weol Begansiag oklmr „al ypovior 
radov in lüdenhafter Gejtalt befigen. Ausg. von 
Ermerins (1847); deutiche Überjegung von Mann 
(1858). 

Aretalögus (im Griech. nicht vorfommend ), 
Tugendſchwätzer, dem Sinne nad) ſ. dv. a. Märchen: 
erzähler (fabulator, Suet. Oct. 78), Aufichneider, 
Windmacher, scurra, yeAmrorosög, Bezeichnung 
jener philojophiichen Schwäßer, die ein Gewerbe 
daraus machten, bei den Gaftmählern der Reichen 
von ihren Tugenden und Thaten hochtönende Be: 
Ichreibungen zu machen, denen ihr Leben wider: 
ſprach. Sie gehörten zu den Hofnarren der alten 
Welt und dienten neben Mufit und Schaufpiel zur 
Ergegung der Gäſte beim täglichen Mahle des 
Auguft (Suet. Oct. 74). 

Arötas, Agfras, 1) Fürſt der Nabatäer in 
Arabien, darauf König von Koileiyrien, ftarb im 
%. 79 v. E. — 2) König der Nabatäer in Arabien, 
befriegte die Römer in Syrien, wurde aber von 
Pompejus im 3. 64 dv. E. angegriffen und ge: 
ichlagen (Plut. Pomp. 41); als er ſpäter den Krieg 
wieder aufnahm, wurde er von Bompejus’ Legaten 
Scaurus in feiner Hauptſtadt Petra belagert, bis 
er ſich mit einer Geldfumme löfte. Aber auch in 
ipäterer Zeit griff er noch oft die römischen Be- 
figungen an. App. Syr. 51. — 3) König der 
Nabatäer, geriet mit Herodes Antipas in Streit 
und wurde von demjelben bei Tiberius angeflagt. 
Der gegen ihn beabfichtigte Feldzug unterblieb, 
da der Kaiſer inzwijchen Hard. 

Arete, 1) Aerrn, |. Alkinoos. — 2) ’Agern, 
Tochter des älteren Dionyſios von Syrafus, zu— 
erſt vermählt mit Thearidas, dann mit ihrem 
Oheim Dion, darauf genötigt den Demofratos zu 
heiraten. Dion nahm jie 365 v. E. wieder in 
jein Haus; nad) defjen Ermordung wurde fie erft 
in Gefangenschaft gehalten und dann im Meere 
erträntt. Plut. Dion 6. 21. 51. 57. 58. 

Arethüsa, ‘4ofdovoa, 1) Quelle Siciliens auf 
der Inſel Ortygia (vacos), einem Teile von Sy: 
rahıs, die einen unterirdifchen Zufammenhang mit 
dem Alpheios (j. d.) im Peloponnes haben jollte. 
Strab. 6, 270. — Bon den andern zahlreichen 
Duellen diejes Namens find zu merken: 2) auf 
Jthafa (Hom. Od. 13, 406 ff.), jetzt Lebado. — 
3) auf Euboia bei Chalfis (Eur. Iph. A. 168). 
— 4) in der Nähe von Theben in Boiotien (Plın. 
4, 7, 9). — 5) bei Argos im Peloponnes. — 6) in 
Elis im Peloponnes am unteren Alpheios. Dem 
Mythos nach badete fich diefe Nymphe, von der 
Jagd ermattet, im Alpheios, wobei der Flußgott 
jich in fie verliebte und fie verfolgte, bis Artemis 
die Erde öffnete und fie als Quelle auf Ortygia 
hervoriprudeln lich, wo fich der Flußgott mit ihr 
vereinigte. Verg. @. 4, 344 ff. (j.1.). — Bon den 
Städten dieſes Namens lag die eine in Mafe- 
donien in der Gegend von Amphipolis, die andere 
in Syrien zwijchen Epiphania und Emeja (j. Reftan). 

Areus, Agsvg, König von Sparta von 309— 
265 v. E. (Diod. Sie. 20, 29), führte im Bunde 
mit Btolemaios II. von Agypten einen Krieg gegen 
Aitolien, erlitt aber bet Kirrha eine gänzliche 
Niederlage. Im 9. 272 befreite er Sparta von 


Argaios — Argonauten. 


dem Angriff des Pyrrhos und half dann gegen 
ebendenjelben Feind den Bürgern von Argos. Im 
Kriege gegen Antigonos Gonatas juchte er Athen 
e helfen, fand aber im J. 265 bei Korinth jeinen 

od. Just. 24, 1. Plut. Pyrrh. 27 ff. Agis 3. 

Argaios, ’Aoyaiog, I) Königsname, 1) einer der 
älteften mafedon. Könige, Sohn von Perdiklas 1., 
Bater von Philipp I. Hat. 8, 139. — 2) entriß 
dem Könige Amyntas 111. (899 — 369 v. E.) auf 
2 Jahre die Herrichaft. jod. Sic. 14, 92. — 
3) Sohn des Ptolemaios Lagi, getötet von feinem 

ruder Ptolemaios Philadelphos. — II) Gebirge: 
name: Argaeus mons, ro Aeyaiov ögos, das 
höchſte, auf feinem Gipfel mit ewigem Schnee be- 
dedte, ar feinem Fuße ſchön bemwaldete Gebirge 
Kleinafiend ein, Teil des Antitaurod im nord- 
weftlichen Kappadokien; j. Erdſchias. Plin. 6, 3, 3. 
Strab. 12, 538. 

Arganthon\os, Aeyavdurıog, 1) Herricher von 
Tarteſſos um 600 v. E., nahm phofaiiiche See: 
fahrer, welche nach Spanien famen, jehr freundlich 
auf; er joll 80 Jahre regiert und ein Alter von 
120 Jahren erreicht haben. Hdt. 1, 163. 166. 
Lac. Macrob. 10. Strab. 3, 151. Cie. Cat. m. 19. 
— 2) Bergzug in Bithynien, j. Samanlü:Dagh, 
der als Landſpitze Pofidion in die Propontis aus- 
läuft und den Kianiichen und Aſtakeniſchen Bujen 
jcheidet; befannt durch den Mythos von Hylas 
(f. d.). Strab. 12, 564. 

Argei, 1) 24 der Sage nad von Numa ge: 
weihte Opferftätten oder Kapellen in der Stabt 
Rom, wo an 2 auf einander folgenden Tagen des 
März die Pontifices Opfer, die sacra Argeorum, 
verrichten ließen. Varr. I. 1.5, 45 ff. 7,44. Liv. 
1, 21. Or. fast 3, 791. Wahrjcheinlich waren dies 
Sühnopfer für die entiprechenden Stadtteile. — 
2) aus Binſen geflochtene und wie Männer an: 
gezogene Figuren, welche, 24 (nach Dionyſios 30) 
an der Zahl, an den Iden des Mai im Beifein 
der Bontifices, der Beitalinnen und des Prätor 
von der Subliciichen Brüde in den Tiber geworfen 
wurden, jombolische Menjchenopfer, dem die Stabt 
durchftrömenden Fluſſe (oder den Saturnus, dem 
Dis pater) zur Sühne der Einwohner dargebradht. 
Wahricheinlih hingen fie urfprünglich mit dem 
Cühnopfer unter 1) zufammen. Ihren mythologi: 
ſchen Urjprung erzählt Op. fast. 5, 621 ff. Varr. 
1.1.7, 44. 


Argeia 1) j. Adrastos, 2. — 2). Hera, 2. 

Argentarius j. Wechsler. 

Argentarius mons |. — 

Argentorätum, j. Straßburg, feſtes römiſches 
Municipium am Rhein, mit großen Waffenfabriten, 
zur Zeit des Ptolemaios (140 n. E.) Hauptquartier 
der 8. Legion; berühmt geworden durch den Sie 
des Julianus über die NAlemannen im Auguf 
357 n. C. 

Argentum (ieyvoos, vgl. aeyös, flimmernd, 
weiß, und aeyäs. das Weißmetall) bezeichnet das 
Silbererz im weiteften Sinne (vgl. Z’lin. 33, 6, 
95 ff.), Totwot als Rohftoff, ala auch in der 
Berarbeitung und ald Münze. NIS ungear: 
beitete Maſſe hieß es rude oder infectum, als 
reines, von allen Schladen geläutertes pustulatum 
(von den beim Pochen entftehenden Meinen Blafen, 
pustulae). Swet. Ner. 44. Ferner heift es bei 
Blinius als Mineral argenti metalla, nebft den 
ipeziellen Ausdrüden für die Silberader, argenti 


127 


vena, Silbergrube, a. fodina, Silberichlade, a. sco- 
ria, Silberjhaum, a. spuma. Sehr häufig ift es 
ohne weitere Nebenbezeichnung verarbeitetes Silber, 
Silbergerät, vasa argentea. Hor. ep. 1, 6, 17. 
2,2, 181. 0d.4, 11, 6. Plaut. Pseud. 1, 2, 29. 
Iaer. 2, 27. Cie. tuse. 5, 21, 62. Bisweilen mit 
dem Beilage factum: Cic. Verr. 5, 25, 62. Arg. 
vetus ift Silbergeſchirr in antifer Art. Entweder 
waren dieje filbernen Gefäße ohne künſtleriſche Ar- 
beiten und Verzierungen, pura (Plin. ep. 3, 1. 
Juv. 9,141, levia, Juv. 14, 62); oder mit Schmud: 
werk in erhabener Arbeit, caelata, aspera, und 
zwar jo, daß dieje Kunftwerfe davon abgenommen 
werden fonnten, weshalb fie emblemata (von Zu- 
Barlsıv) hießen. Cie. Verr. 4, 23, 52. tusc. 6, 
21, 62. Als Münze ober geprägtes Silber (ein: 
geführt 269 v. E.), Silbergeld, hatte es gewöhnlich 
den Beiſatz signatum (Üıc. Verr. 5, 25, 62. Liv. 
26, 47); das Gepräge, signa oder notae, beftand 
meift in einem Zwei: oder Biergejpann auf der 
einen und dem Haupte der Göttin Roma, bis: 
weilen auch der Bictoria, auf der andern Seite. 
Die älteren Seftertien zeigen gewöhnlich auf der 
einen Seite den Minervenfopf mit dem Flügel— 
helm und daneben das Zeichen HS, auf der andern 
die Diosfuren zu Pferde mit der Inſchrift ROMA. 
Das Verhältnis des Silbers zum Golde war aud 
im Altertum ſchwankend, —— 1:10 bis 13 bei 
den Griechen, zwifchen 1:10 bis 15 bei den Römern. 
— Es gab auch einen eigenen Gott des Silbers, 
Argentinus, wie defien Vater Aesculanus, Gott 
des Erzes. 

Arges ſ. Kyklopen. 

Argestes |. Winde, I, 4. 

Argilötum hieß eine Gegend in Rom zwiſchen 
der Subura und dem Forum Romanum, wo jid) 
die Tabernen von Handwerkern und Buchhändlern 
befanden. Mart. 1,4,1. Cic. ad Att. 12, 32. Varro 
(1.1.4, 32) leitet den Namen von argilla (Thon) 
her = Thongrube; andere billigen die Herleitung 
Argi letum, bezogen auf den Tod eines Heros 
Argos nach Verg. A. 8, 345 und Serv. z. d. St, 
mwodurd denn auch die Trennung der beiden Teile 
bei Martial (1, 118) gerechtfertigt ift. Vgl. Beder, 
Handb. der röm. Aitertümer 1 S. 253 4 

Arginüsae insulae, 'Aeyırodcaı, j. Ayanos, 
3 Heine Infeln zwischen Mytilene auf Leſbos und 
dem Borgebirge Kane in Myſien, in unmittelbarer 
Nähe der Küfte, wo 406 v. E. die große See- 
ſchlacht im peloponnefiichen Kriege vorfiel, infolge 
deren die jiegreihen atheniichen Feldherren zum 
Tode verurteilt wurden. Strab. 13, 617. Xen. 
Hell. 1, 6, 27 ff. Plut. Lys. 7. Diod. Sie. 13, 98. 
Bol. Herbit, die Schladht bei den Arginujen (1855). 

Argippaei, “4oyırrarcocı, von Herodot (4, 23) 
auch Balangpoi, d. h. „Kahlköpfe“, genannt, ein 
ben Skythen i. N. benachbartes Volt, wohl mon: 
goliichen Stammes, welches in der Gegend des 
heutigen Waldaigebirges friedlich unter Bäumen 
und aufgejpannten Zelten wohnte. 

Argivi |. Argos, 2. 

Argo j. Argonauten. 

Argölis f. Argos, 2. 

Argonauten, Aoyoredraı, Argojchiffer. Phriros 
(j. Athamas) hatte in Mia, von dem König Aietes, 
dem zaubertundigen Sohne des Helios und der 
Berjeis, Gemahl der Okeanide Jdyia und Bruder 
der Zauberin Kirke, gaftlih aufgenommen, den 


— 


128 


goldvließigen Widder, auf dem er geflohen, ge: | 
opfert und das Vließ in dem Haine des Ares auf: | 
gehängt, wo e8 von einem jchlaflojen Drachen be: | 
wacht wurde. Die Argonauten holten das Vließ 
ein Menfchenalter vor dem trojanijchen Krieg unter 
Führung des Jajon, dem Pelias die Fahrt auf: 
getragen ‚hatte. Belias, Sohn des Kretheus (i. 
Aiolos, 1.), hatte jeinem Halbbruder Aiſon die 
Herrſchaft von Jolkos entriffen und diejer jeinen | 
Sohn Jaſon vor den Nachitellungen des Bruders 
gerettet, indem er ihn heimlich dem Cheiron auf 
das Peltongebirge zur Erziehung überjandte. Als 
Jaſon das 20. Jahr erreicht hatte, fam er als 
herrlicher Nüngling nach Joltos zurüd und er- 
jchien vor Pelias mit Einem Schub; den andern 
hatte er beim Durchwaten des Fluſſes Anauros 
verloren. Belias erichraf, denn er hatte das Orakel 
erhalten, er jolle ji. vor dem Einſchuhigen (soro- 
savdalog) hüten. Darım trug er dem Jaſon, um 
ihn zu entfernen, die Fahrt nach dem goldenen 
Bließe auf. Nach Pindar tritt Jaſon vor Pelias 
und fordert die geraubte Herrichaft für den Vater 








zurüd, und. der liſtige Pelias gelobt ihm durch 
einen Eid die Rüdgabe, wenn er zuvor jtatt jeiner | 
das goldene Vließ hole. Das Orakel habe ihm | 
jelbjt die Fahrt aufgetragen, damit die Seele des 
Phrixos gejühnt und der Zorn der Unterirdijchen 
bejchwichtigt werde; aber er jei zu dem Werke zu 
alt. Nach Apollodor ericheint Jaſon, der aus Yiebe 
um Yandbau auf dem Lande wohnt, bei einem 
pferfefte des Belias mit Einem Schub und er: 
hält bier von dem erichrodenen Pelias den Auf: 
trag zur Fahrt. Jaſon übernimmt diejelbe und 
fordert die Helden Griechenlands zur Teilnahme 
auf. Die Teilnehmer der Fahrt waren nad) der 
urjprünglichen Sage, welche von den in Theflalien 
und Boiotien wohnenden Minyern ausging, Helden 
des Minyerjtammes, weshalb aud) die Argonanten 
Minyer (Mivvar) hiegen. Dazu famen dann jpäter 
Theflalier von andern Stämmen, wie Altor, Pe— 
leus, und als die Sage Gemeingut von ganz 
Hellas ward, jämtliche Helden, die zu jener Zeit 
gelebt haben konnten, wie Orpheus, Amphiaraos, 
das, Zetes und Kalais, die geflügelten Söhne 
des Boreas, Kaſtor und Polydeukes, Meleagros, 
Theieus, Tydeus, Herafles. Im ganzen nahın man 








Argonauten. 


50 Helden an nach den 50 Rudern des Schiffes. 
Der Anführer war Jajon, der Steuermann Tiphus 
oder Erginos. — Das Schiff Argo (A 'deyo) 
hatte jeinen Namen von «eyög, jchnell, oder, wie 
der Mythos jagt, von dem Erbauer Argos, dem 


ı Sohne des Phrixos (j. Argos, 1.). Hera, welche 


in der Sage als bejondere Schügerin des Jajon 
auftritt, oder Athene half das Schiff erbauen aus 
den Fichten des Belion (ſ. die Abbildung), und 


| Athene fügte in das Vorderteil ein Stüd von der 


redenden Eiche zu Dodona. — Die Fahrt ging 
von Jolkos aus nach Nordoften in das ganz un- 
beitimmt gelajjene ferne Land, Aia (= Tai), 
wofür man jeit Pindar das an der äußerſten Küſte 
des Pontos Eureinos gelegene Kolchis hielt. Da- 
nach hat. jih denn der Yauf der Fahrt jeiter 
beftimmt. Wpollonios Rhodios (j. d.) in feinen 
Argonautika läßt die Helden von Jolkos aus über 
Lemnos, wo jic mit den Lemnierinnen, die ihre 
treulojen Männer ermordet hatten, Umgang pflegen, 
und Samothrafe durch den Hellespont zu der Inſel 
Kyzikos gelangen und dort von dem Könige der 
Dolionen, Kyzikos, gaftlich be: 
twirtet werden. Auf der weiteren 
Fahrt werden fie in der Nacht 
vom Sturme nach Kyzikos zu— 
rüdgeworfen und geraten uner: 
fannt mit den Doltonen in Kampf, 
wobei Kyzikos fällt. Seine erft 
jüngft vermählte Gattin. Kleite 
aibt fih den Tod und wird von 
den Nymphen der benachbarten 
Wälder beweint; aus ihren Thrä- 
nen entiteht die Quelle Kleite 
In Myſien bleibt Herafles zurüd, 
indem er jeinen Liebling, den 
von ihm nad Waller ausgeſchick⸗ 
ten und von den Nymphen in 
einen Onell hbinabgezogenen Kna— 
ben Hylas (j. d.), auffucht. In 
Bithynien erichlägt Polydenkes 
den Bebryferfönig Aınyfos (j. d.) 
im Fauſtkampf. Darauf fommen 
jie nach dem thrafiichen Salmy: 
deſſos zu dem. blinden Seher Bhineus, der ihnen, 
nachdem die geflügelten Boreasſöhne ihn von den 
Harpyien befreit haben, Nat über die weitere 
Fahrt gibt und fie bejonders belehrt, wie fie 
durch die Symplegadiichen (zufammenjchlagen- 
den) Felien am Eingang des Pontos fteuern 
jollen. Die Argo fährt, nachdem die Argonauten 
zuerjt eine Taube haben durchjliegen laſſen, glüd- 
lich durch die Felſen — das erite Schiff, dem 
dies gelang —, und von der Zeit an ftehen 
jie til. Darauf geht der Weg an der Südfüjte 
des Pontos weiter; fie fommen zum Lande der 
Amazonen und darauf auf die Inſel Aretias 
(N. des Ares), wo die von Herafles aus Arka— 
dien verjcheuchten ſtymphaliſchen Vögel (j. Hera- 
kles, 7.) haufen. Sie verjagen dieje und ge 
langen mit den Söhnen des Phriros, die auf der 
unternommenen Fahrt von Kolchis nach Griechen: 
land an diejer Inſel Schiffbruch gelitten hatten, 
nach Kolchis. Jaſon fordert von Aietes das Bließ. 
Diejer veripricdht es zu geben, wenn Jaſon zwei 
jenerjhnaubende erzhufige Stiere einfange, an- 
ſchirre, mit ihnen ein Stüd Landes pflüge und 
darauf in die Furchen Drachenzähne ſäe. Jaſon 


* 


= 


2 


Argos. —1 


beſtand mit Hülfe der Tochter des Aietes, der 
Zauberin Medeia, deren Liebe er gewonnen hatte, 
die Arbeit. Ein von ihr empfangenes Zaubermittel 
ihüste ihn gegen das Feuer der Stiere und ver— 
lieh ihm übermenjchliche Kraft, und als aus den 

geläeten Drachenzähnen geharnifchte Männer her: 
—— warf er auf den Rat der Medeia einen 
Stein unter ſie, worauf ſie ſich untereinander 
töteten. Aber Aietes verweigerte das Vließ. Da 
raubten es Jaſon und Medeia, nachdem ſie den 
Drachen durch ein Zaubermittel "eingeichläfert ober 
getötet hatten, in der Nacht aus dem Haine und 
fuhren mit den Argonauten davon. Wietes läßt 
jie verfolgen. Abſyrtos (Apiyrtos), der Sohn 
des Mietes, der Anführer der Berfolgenden, wird 
von Jajon überfallen und getötet, oder Medeia 
tötet ihren Meinen Bruder Abſyrtos, den fie mit: 
genommen, zerftüdelt ihn und wirft die einzelnen 
lieder in das Meer, damit der verfolgende Nietes 
durch das Sammeln und das Beitatten derjelben |! 
zurüdgehalten werde. Mietes joll die Stüde zu 
Tomi (rEuro) im Möften begraben haben. Über 
die Richtung der Heimfahrt find die Angaben jehr 
verichieden. Die einen lajjen die Argonauten auf 
demjelben Wege zurüdtehren, auf dem fie gekom— 
men; nad andern gelangen fie den Phaſis hinauf 
in dem öftlichen Ofeanos, durch das Rote Meer in 
den Nil, oder durch die Libyiche Wüſte, durd) 
welche die Argo getragen wird, in den Tritonjee 
und das Mittelmeer. Der dritte Weg geht vom 
Pontos aus durd den Tanais oder den Iſter 
weitwärts in den Okeanos und durch die Säulen 
des Herakles ins Mittelmeer, durch welches jie 
danı endlich in die Heimat gelangen. Als Jajon 
nach Jolkos fommt, hat Pelias den Aiſon und 
defjen unmündigen Sohn Promachos ermordet; die 
Mutter des Jaſon hat jich jelbjt den Tod gegeben. 
Sajon räct fi am ihm durch Medeia. Dieje 
beredet die Töchter des Pelias, den Vater zu zer: 
ftüdeln und zu fochen, damit er auf dieje Weije 
wieder durch ihre Kunſt verjüngt werde. Danadı 
aber verjagt jie ihre Kunft. Mtaftos, des Pelias 
Sohn, vertreibt feinen bisherigen Freund Jaſon 
und Medeia; fie fommen zu dem König Kreon 
nah Korinth, wo ſich Jaſon mit deſſen Tochter 
Kreüja (Glaufe) vermählen will. Um ſich an Jajon 
zu rächen, tötet Medeia die Braut durch ein ver: 
giftetes Gewand und Diadem jamt ihrem Vater 
und ermordet ihre und des Jaſon Kinder, Mer: 
meros und Pheres, welche zu Korinty im Tempel 
der Hera begraben und durch jährlihe Sühn— 
gebräuche verehrt wurden. Darauf entflieht fie auf 
einem mit geflügelten Drachen bejpannten Wagen 
nah Athen. Ahr weiteres Geſchick ſ. Theseus. 
Jaſon fand jeinen Tod, als er einft auf dem 
Iſthmos unter der zerjallenden Argo im Schlafe 
lag. — Die Argonautenjage ift jehr alt. Über 
ihre religidje Grundlage ſ. Athamas, Die mehr 
äußere Seite, die Ausbildung der Sage in Bezug 
auf Richtung und Weite der Fahrt, fnüpft ji an 
etwas Hiftorisches, an die Ausbreitung der See— 
fahrten und Kolonien zuerft der alten, Schiffahrt 
treibenden Minyer, bei denen die Sage entitand, 
und dann der übrigen Griechen. Schon vor Homer 
wurde die Argonautenjahrt in Liedern bejungen; 
Homer kennt die Sage; er nennt die Argo eine 
vielbejungene (m&cı uflovoe, Od. 12, 70). Wahr: 
ſcheinlich find jeine Jrrfahrten des Ddnffeus teil: 


BRealleriton des Maffl. Altertums. 7. Aufl. 


29 


weile denen der Argonauten nachgebildet. Heſiod 
erwähnt die Geſchichte des Jaſon wie Homer nur 
in einzelnen allgemeinen Andeutungen (theog. 992). 
Der erjte der uns erhaltenen Dichter, die die Ar- 
gonautenjage ausführlich behandeln, it Pindar 
( yth. 4). Epiſche Argonautika befigen wir von 

Apollonios Rhodios (ſ. d.) und von Pjeudo: Orpheus 
(au dem 4. Jahrh. n. E.), ferner die lateinijche 
Nachahmung des Apollonios von Balerius Flaccus 
(um 80 n. E.). -Apollodor erzählt die Sage 1,9, 
16 ff. Ov. met. 7, 1 ff. 

Argos, I. Berjonen, ö Aeyos, 1) Sohn des 
Zeus und der Niobe, einer Tochter des Phoronens 
(oder des Apis), dem er in der Herrichaft von 
Argos folgte, durch Euadne Vater des Efbajos, 
‘Beiraos, Epidauros, Tiryns und Kriaſos. Apollod. 
2,1,1.2. — 2) Sohn des Agenor oder Arreftor 
oder Jnachos u. j. w., ein ftarfer Mann, der am 
—— Körper Augen hatte (daher mavorens, der 

Mjehende), von Hera der in eine Kuh verwandel- 
ten Fo (ſ. d.) zum Wächter gejeßt, von Hermes er: 
Schlagen. Hera verjegte jeine Augen auf den Schweif 
des Pfauen. Apollod. 2, 1,2. Or. met. 1, 624 ff. 

- 3) Sohn des Phriros und der Chalfiope, einer 
Tochter des Mietes. Er joll aus Aia nach Orcho— 
menos zurüdgefehrt fein und die Argo gebaut 
haben; oder er wird mit jeinen Brüdern Phron— 
tis, Melas, Kytifforos, Preibon auf der Fahrt 
von Mia nad Hellas auf die Inſel Aretias ver- 
ichlagen, von wo er die Argonauten nad) Aia führt. 
Ap. Rhod. 2, 1093 ff. II) Land: zo "Aoyos, 
bedeutet Ebene, namentlih Strandebene, und ift 
bejonders Name pelaigiicher Städte, ähnlich wie 
Lariſſa. 1) Das Ilelesyınor Aoyog bei Homer 
(TI. 2, 681) bezeichnet die thefjaliiche Ebene am 
Beneios, das Herrichergebiet des Achilleus, und im 
weiteren Sinne Thefjalten überhaupt. Yu Strabons 
Beit war die Stadt diejes Namens nicht mehr 
vorhanden. Den Gegenjaß bildet 2) ro Ayainor 
Aeyos (Od. 3, 251. Il. 9, 141. Od. 18, 246. 
|Tasor "A.|. Il. 1,30. 2, 559. 13, 119) und be: 
zeichnet entweder die Stadt, deren Herricher Dio 
medes war, oder Die argoliſche Ebene, oder den 
ganzen Peloponnes.— 
halt des Beloponnes, aud) Aoysla und Apyokımı) 
genannt (die Einwohner Apysioı, Argivi), von 
Herodot (1, 82) Aoyoldg sc. zag« (welde Benen: 
nung jich bei den Römern wiederfindet), int wei- 
teren Sinne auch die Yandichaften Korinthia, Si— 
fyonia nnd Phliaſia umfaſſend, grenzte im W. an 
NArkadien, im N. an Phliafia und Korinthia, im 
NO. an den Saronifchen Meerbujen, im SO. an 
das Myrtoifche Meer, im ©. an den Argolischen 
Meerbufen und an Lakonien. Der Flächeninhalt 
betrug etwa 62 (IM. Das Land in diejer Aus— 
dehnung iſt jehr gebirgig: die Nordgrenze gegen 
Ktorinthia bildet ein anjehnlicher VBergrüden mit 
dem Apejas (ij. Phufa), der Euboia, Afraia und 
dem Arachnaion (j. Arna); über diefe Gebirge 
führte durch die höhlenreiche Schlucht Tretos die 
enge Fahritraße von Argos und Myfenai über 
Nemea und Kleonai nach Korinth, KRontoporeia 
genannt; hier jollte der nemeiſche Löwe gehauft 
haben. In nordöftlicher Richtung zum Hermionei— 
ſchen Bujen hin ftreicht das Gebirge nur unter 
verichiedenen Namen Tittheion, Normphaion, Di: 
dyma, Buporthmos, Pron, Thornar). Bon ganz 
vulfanischer Beſchaffenheit iſt öftlich die Halbinjel 

v 


- Argos, die öftliche Yand- : 


— 


12 


130 


Methana (j. gl. N.) mit Höhen von mehr als 
600», Die arladiichen Grenzgebirge endlich, Bar: 
non (Malevo), Barthenion (ftenia), Artemi- 
jion (j. auch Malevo), Lyrkeion erheben jich bis 
zu 1800m Höhe. Gegen Yafonien zu führt längs 
der Küjte bei Yerna ein beichwerlicher Pfad, Ani— 
graia, im die Yandichaft Thureatis oder Kynuria, 
welche der Wegenjtand biutiger Nriege zwiſchen 
Argos und Lalonien geweſen iſt. Nulturfähiges 
Flachland enthält außer kleineren zerftreuten Flä— 
chen nur die jehr ergiebige Ebene um die Haupt 
jtadt Argos, im ihrem öjtlichen Teile Projumma 


Argos. 


ſchaft ſehr dürftig, weshalb Homer ſie mit Recht 
„das vieldürſtende Argos“, muindiwıor Aoyos. 
nennt. 11.4, 171. Eur. Ale. 560, Haupifluß it 
der, im Sommer freilich verjiegende, Inachos 
(1. Banita), der auf dem Artemifion entipringt und 
den unter den Mauern von Argos binflichenden 
Charadros (j. Kerias) und den Kephiſſos auf 
nimmt, für gewöhnlich aber jich in Sümpfen ver 
liert, bevor er das Meer erreicht. Außerdem find 
| zu nennen der Erajinos (Stephalari), kurz, aber 
mit reicher, ſchöner Waflermafje, nad) der Anficht 
der Alten ein Abflug des Stymphaliſchen Sees 


| 


genannt; bier lagen Mytenai, Tiryns, Argos, und | (Hdt. 6, 76. Strab. 6, 275.8, 371. Or. met. 15, 275), 





fie verdiente wohl den Beinamen Imrößoror (rofje- 
nährend). Mom. 11.2, 287 u. ö. Hor. od. 1,7, 8 
(aplum equis Argos). Die Gebirge von Argolis 


find die unfruchtbariten und dürrſten des ganzen 


Peloponnes; völlig waldarnı, find fie größtenteils | H 


ichroffe Felsmafjen mit jcharfen Spigen und Käm— 
men neben tiefen Schlünden. Nahe bei Nauplia 
findet ſich ein fürmliches Yabyrinth, weldyes die 
Alten für die Zimmer der Töchter des Proitos 
erllärten und für ein Werk der Kyklopen hielten, 
und zwijchen Hermione und Troizen glaubte man 
einen Eingang zur Unterwelt entdedt zu haben, 
wo es feines Fährgeldes (vankor) bedürfte. — Mit 





Cheimarros, Kon 

tinos, etwa Go0m 
lang. Südlich davon 
der Sumpfjee Lerna, 
berühmt durd) die Hy 
dra; er hat heutzutage 
abermals durch Men 
ſchenhand, wie einit, 
uach dem Sinne des 
Mythos, durch Hera— 
les, einen offenen 
Ausfluß ins Meer er 
langen müſſen. End: 
lid der Tanos und 
ein zweiter Chara: 
dros in Kynuria. — 
Als Ureinwohner wer: 
den Die ioniſchen Ky 

nurier angegeben, 
deren Name im ber 
lüdlihen Laudſchaft 
fortdauerte. Durch 

Inachos und ſeine 
Nachkommen wurden 
die Pelaſger die Herr— 
ſchenden, beſonders in 
der Fruchtebene; zu 
ihnen kam Danaos ans 
Agypten; deſſen Nadı: 
fommen, die Perſeiden 
und die ihnen ver 
wandten Herakliden, 
wurden von den Be 

lopiden verdrängt; 

Agamemnon hatte den 
nördlichen Zeil des 
Yandes mit Miyfenai, 
das übrige Argos Dio: 
medes. Bei dem Ein: 
dringen der Dorier war 
A.dermäctigiteStaat, 
daher die Sage 08 dem Temenos zu teil werden läßt; 
es mischte ſich hier der Dorisinus mit den vorge: 
fundenen Elementen mehr ald anderswo, daher hier « 
auch Demokratie auflommen konnte. Der berühmtefte 
erricher war angeblich um die 8. Olympiade (etwa 
740 v. E.) Pheidon (j. d.), der ſich in Korinth, Aiging, 
Epidauros und Troizen unabhängig gemacht hatte. 
Nah feinem Sturze blieb Argos machtlos uud 
verlor im 6. Jahrh. Kynuria an die Lakedaimo— 
nier. Hdt. 1, 82. Paus. 2, 20. Den bärteften 
Schlag erlitt Argos aber um 519 v. E., kurz vor 
den Perjerfriegen, durch den jpartaniichen König 
Kleomenes (Hldt. 6, 75 f.); 7777 Männer jollen ge— 


Ausnahme der Ebene ift die Bewäflerung der Land: | fallen jein, jodah die Argeier nicht an den Berier- 


00 ale 
8 


V 


Argos Amphilochicum — "Aoyvgoioyeir. 


friegen teilnehmen konnten und die Herrichaft jelbit 
eine Zeit lang an die Yeibeigenen oder Gymneſier 
überging. Hat. 6, 83. Eiferjucht gegen Sparta 
war ein Hauptzug der Argeier, aber infolge der 


Zuchtlofigkeit des Volfes fonnte der Staat fich nie | 


erheben und blieb ein Spielball fremder Politik. 
Als Glied des achaiiihen Bundes fam Argos 
ipäter in die Hände der Römer. — Die Land— 
ſchaft zerfiel in folgende Teile: 1) Thyreatis oder 
Kynuria, ein rauhes Bergland, das ftreitige Gebiet 
gegen Sparta, mit den Orten Thyrea und An: 
tbana. — 2) Aoysia im engeren Sinne. Darin: 
Argos (Aoyos, Argi, -orum), noch j. Argos, öftlich 


am Fuße eines fteilen, 290m hohen Hügels, welcher | 
die Burg Lariſa trug; eine zweite Eitadelle, von 


der vorigen durd eine Einjattelung, Deiras, ge: 
ſchieden, hieß vielleicht Aipis oder Athenaion (Lir. 
34, 25) und ſchützte auf der Nordjeite. Argos war 
die ältefte und angejehenfte Stadt des Peloponnes; 
die Achaier erhoben freilich Mykenai, doch die 
Dorer machten Argos wieder zum Hauptſitz und 
zerftörten jenes (463 v. E.) völlig. Durch Ver— 
einigung der Bewohner der umliegenden Städte, 
zur Zeit des peloponnefiichen Krieges, wuchs Die 
Bevölkerung bedeutend. Das Theater fahte dem: 
gemäß 30 000 Menschen. Durch das öftliche Thor 
Diamperes fam man zum Gymnaſium des Kyla— 
rabes. Pyrrhos fand zu Argos jeinen Tod, 272 v. €. 
Phut. Pyrrh.34. Nauplia, Hafenftadt von Argos 
‘ij. Navplion mit der Burg Balamidi), Tiryns 
‘1. d.); Aſine an der Küfte; Yerna am Sumpfiee 
gleiches Namens, an der Wejtfüfte des Argoliſchen 
Meerbujens; Hyſiai, Grenzfeftung, befannt durch 
den Kampf wegen Kiynurias; Dinoe, wo Herakles 
den Hirſch mit dem Goldgeweih zu jagen begann; 
Kleonai mit Reiten kyklopiſcher Mauern (11. 2, 570 
Zöuriurren\ an der Hauptitraße von Argos nad) 
Korinth; Nemea (j. d.) mit der Quelle Adraſteia 
in engem Bergfefjel zwijchen Kleonai und Phlins, 
wo die nemeischen Spiele gefeiert wurden; Myke— 
nai (j. d.), bei Homer 7 Moxrjen (MR. bei Khar— 
vati), Nejidenz des Agamemnon, mit höchjt inter- 
effanten Trümmern, zerftört 463 v. E.; im SD. 
der doriihe Tempel der Hera, 40 Stadien 
von Myfenati, 20 von Argos, angeblich um 1000 
v. C. erbaut, befannt durch die Gejchichte von 
Kleobis und Biton. Hdt. 1, 31. Cie. tuse 1, 47. 
Die Kolofjalftatue der Hera war ein Werf des 
Polykleitos und trug in der einen Hand das 
Scepter, im der andern den -Öranatapfel, das 
Symbol der Fruchtbarkeit. — 3) Epidauria mit 
Epidauros (j. Dorf Nea-Epidapros) auf feljiger 
Halbinjel, noch jet mit Weinpflanzungen (du- 
zelorıg, Hom. Il. 2, 561). Einige Stunden land- 
einwärts in einem Waldthale lag der berühmte 
Afflepiostempel mit Hain, zu welchem Kranke weit: 
ber wallfahrteten (bei Ausbruch einer Peft in Rom 
mußte auch das Einnbild des Gottes, eine Schlange, 
von hier nach Rom geholt werden, Liv. 10, 47. 
ep. 11. Or. ex Pont. 1, 3, 21), und daneben ein 
jeit dem J. 1881 ausgegrabenes wohlerhaltenes 
Theater, das von Polyklet erbaut war, als das 
zweitgrößte in Griechenland galt und Pla für 
30 000 Zuichauer bot. Paus. 2,26 ff. Auch von 
dem Aſtlepiostempel find im den legten Jahren 
Überrejte aufgefunden worden, namentlich Teile der 
Giebelgruppen, ſowie don dem freisrunden, im 
Innern mit Gemälden von Pauſias geſchmückten 


131 


’ 

| Prachtbau der Tholos, gleichfalls einem Werfe des 
Polyklet, welcher die Dankinjchriften der im Aſkle— 
pieion Seheilten enthielt, jowie von einem Artemis: 
tempel, ein: und zweiftödigen Hallen und römijchen 
Thermen. — 4) Troizenia mit Troizen (ij. 
Damala), früher auch PBojeidonia wegen der Ber: 
ehrung Rojeidons, 066’ danuog rolız nad) Strabon, 
mit der Hafenftadt Stelenderis und dem Hafen 
Pogon (Reede von Poros); es ftellte gegen die Perjer 
1000 Mann und 5 Schiffe, nahm andy die jlüch- 
tenden Weiber, Kinder und Sklaven der Aihener 
auf (daher fide societatis Atticae illustris, Mela 
2,3,8; vgl. Nep. Them. 2). In der Nähe var 
Thejens geboren; Belops’ Sohn, Pittheus, regierte 
hier (daher Pittheia Ir. Or. met. 6, 418). — 
5) Hermionis, der jüblichjte Teil, mit der an— 
jehnlichen Stadt Hermion oder Hermione (Kaſtri) 
auf einem gebirgigen Vorſprung, auf deſſen äußerſter 
Spige ein Pofeidontempel; Halife und Majes, 
Hafenftädte. Strab. 8, 368 ff. Paus. I. 2. Bal. 
Eurtius, Reloponnejos 11 ©. 335 ff. Burfian, Geogr. 
von Griechenland U ©. 7 fi. 

Argos Amphilochienm, Aoyos ro Augpıkoyı- 
»6v, Hauptjtadt der bald zu Gpeiros, bald zu 
Alarnanien gerechneten Yandichaft Amphilochia am 
Ambratiihen Meerbujen, angeblich gegründet von 
Amphilodyos, des Amphiaraos Sohn. Die Stadt, 
eine Kolonie von Ambratia, wurde im J. 432 v. C. 
den Doriern entriffen und ſchloß ſich dem Akar— 
naniichen Bunde an. Tihuc. 2, 68. Strab. 7, 326. 
Liv. 38, 10. 

Argyraspides, deyvodsmiösg, waren die Reſte 
der griechiichen Kontingente (meffragor, |. d.), 
welche Alerander den Gr. nach Afien begleitet und 
den Rüdzug durd die Wüſte Gedrojia überlebt 
hatten. Dieje alten Waffengefährten ehrte Alerander 
in Naramanien dadurch, daß er fie in Ein Korps 
vereinigte, das von den mit indiichem Silber über 
zogenen Schilden den Namen erhielt. Sie waren 
eine Garde ſchwerer Linieninfanterie Arr. 7, 11. 
Curt. 8, 5), wogegen das Agema der Hypaſpiſten 

eine Garde der leichten, und das Agema der 
Hetairen eine Neitergarde war. Sie wurden nad) 
Aleranders Tode beauftragt, die in Suja auf 
gehäuften Schäße abzuholen. Als fie in Kilikien 
jtanden, wurde diejes Korps von Polyſperchon 
unter das Kommando des Eumenes geftellt. In 
der Schlacht zwijchen Eumenes und Antigonos ver- 
foren jie troß ihres Sieges ihre Bagage. u der 
deshalb entjtandenen Empörung gegen Eumenes 
verrieten fie denjelben und gingen zu Antigonos 
über, wurden aber von diejem bald wegen ihrer 
anmaßlichen Anjprüche aufgelöft. Curt. 4, 13. 8, 5. 
Die jpäteren ſyriſchen Könige jcheinen wieder ein 
Korps Argyrajpiden als cohors regia gejtiftet zu 
haben, J.iv.37.40. — Der römische Kaijer Alerander 
Severus errichtete aus Nachäffung eine ähnliche 
Schar, ja fogar noch Chryſoaſpides, mit gol 
denen Schilden. Jamprid. Alex. 50. 

"Aoyvgoloyeir, Coyvooköyor. Zur Bejtreitung 
der Kriegskoſten, bejonders während des pelopon: 
nejischen Krieges, erhoben die Athener bedeutende, 

oft äußerſt drüdende und willfürliche Kontribu— 

tionen don den Bundesgenofjen (vgl. Thuc. 2, 69. 

3,19. 4, 75. Xen. Ilell. 1, 1, 8). Dies nannte 

man Coyveokoyeiv; die damit Beauftragten hiehen 

Loyvookoyoı. Altibiades erhob allein aus Paros 

100 Talente, und auch jchon im früheren Zeiten 
9* 





— — — — — — se 


132 


hatten jich die Athener durch diefe Erprejjungen 
bei den Bundesgenofien verhaft gemacht. 

Ariabignes, Agıeßiyrns, bei Plutarch ( Them.14) 
Uriamenes, Sohn des Dareios und Bruder des 
Xerres, im zweiten Berierfriege einer der Führer der 
Flotte, fiel bei Salamis. Fldt. 7, 97. 8, 89, 

Arindne ſ. Theseus und Dionysos, 3. _ 

Arinios, Agiedog, Freund und General des 
jüngeren Kyros, befehligte in der Schlacht bei Ku— 
nara den linken Flügel jeiner Armee, ging aber 
nad der Beſiegung und dem Tode des Kyros zu 
Artarerres über und nahm teil an dem Verrat, 
durch welchen die griech. Anführer in des Tiſſa— 
phernes Hände fielen. Xen. An. 1, 8,5. 9, 31. 
2,2,1. 11.4, 1ff. Hell.4, 1,27. Plut. Artar. 11. 

Ariäna, 7 Agıevnj, woher das heutige ran, 
begreift die öftlichen Brovinzen des perjischen Reichs, 
Gedroſia, Drangiana, Arachofia, Areia, Barthia, 
Narmania und das Gebiet der Paropamijadai; 
zuweilen dehnt man den Namen noch weiter aus. 
Die Bewohner hiehen Ariäni, Agıerol. Strab. 14, 
720 ff. 

Ariaräthes, Agıcgadtng, Name mehrerer Könige 
von Kappadokien, und zwar 1) zur Zeit Aleranders 
des Gr., wurde nach defien Tode von Berdiffas 
im J. 322 v. E. angegriffen und gejchlagen. Er 
fiel in mafedonijche Gefangenschaft und wurde auf 
Berdiffas’ Befehl hingerichtet. Plut. Eum. 3. — 
2) jein Sohn, flüchtete nach der Hinrichtung des 
Baters nach Armenien und fam (301) mit Hülfe 
des armenischen Königs Ardoates wieder in den 
Befit feines väterlichen Reiches. Mod Sic. 31, 19, 6. 

3) der fünfte dieſes Namens, kam ſehr jung jur 
Regierung (220—163 v. E.), fodyt mit Antiochos III. 
von Syrien, defien Schwiegerjohn er war, gegen 
die Römer (Liv. 37, 31), jpäter gegen Berjeus von 
Makedonien im Bunde mit Rom. Pol. 31, 14. 

4) deſſen Sohn (der jechite), zeichnete fich durch 
jeine (nad Liv. 42, 19 in Rom empfangene) Bil: 
dung aus, mußte aber vor einem untergejchobenen 
Sohne feines Vaters, Orofernes, den Demetrios 
Soter von Syrien unterftüßte, nach Rom fliehen. 
Hier teilte man das Land zwijchen beiden. Er 
itarb 130 v. C. Just. 35, 1. Liv. ep. 47. — 
5) ein anderer des Namens, ein Sohn des Ario— 
barzanes III. von Kappadofien, war von Cäſar 
(47 v. E.) unter des Bruders Botmäßigfeit ge: 
itellt und ging im J. 45 nah Rom zu Cäſar, 
um ein Land für fich zu erhalten. Caes.b. Alex. 66. 
(ie. ad Att. 13, 2,2. Später König von 
dofien, wurde er im J. 36 ’ 
von Antonius vertrieben. 
Dio Cass. 49, 32. 


Ariabignes 





Ariaspae, Aoıdonaı, 
deutet Mitter (Erdkunde 


8, 66) Neitervolf aus Aria; 
bei andern "Agıuaonor. Sie 
wohnten im jüdlichen Teil 
von PDrangiana, an der 
Grenze von Sedrofien, im 
‘Berjerreiche. Der Beiname 
Esspyeraı war Auszeich 
mung für die, welche dem 
Könige einen perjönlichen 
Dienſt geleiftet hatten: die 
Ar. hatten eben das Heer des Nyros beim Zuge 
durch die Karmaniſche Wüfte vom Hungertode ge: 
rettet. Arr. 3, 27,4. Curt.7,3,1. Diod. Sie. 17, 81. 


Kappa⸗ 





— Aries. 


Aricina, j. Riccia oder Ariccia mit Mauerreſten, 
eine der älteſten Städte Latiums am Fuß des 
Albanergebirges und an der Appiſchen Straße 
(16 Mill. ſüdöſtlich von Rom), ſpäter römiſche 
Kolonie, dann Municipium (Liv. 8, 14) und als 
jolches blühend. Der Dienft der aricinijchen Diana, 
deren Tempel und Hain fih an dem nahen lacus 
Nemorensis befand, jcheint ein barbarijcher ge- 
weſen zu jein, verwandt mit dem der taurijchen 
Artemis. Der Oberpriefter (nemoralis rex) war 
ein entlaufener Sklave, der jein Amt (nemorale 
regnum) jo lange bekleidete, bis er von einem 
andern im Kampfe überwunden worden war. Or. 
fast. 3, 261 ff. Paus. 2, 47, 4. 

Ares, xgrös, Mauerbreder, Sturmbod, war 
eine Majchine zur Zerjtörung der Mauern einer 
belagerten Stadt. Man errichtete ein Gerüft von 
2 hoch emporragenden Balken; zwiichen denielben 
wurde ein dritter ftarfer Balken magerecht durch 
Ketten oder Taue in der Schwebe gehalten. Dieje 
Maſchine wurde jo nahe bei der feindlichen Mauer 
angebracht, daß der jchwebende Balken, wenn er 
zurücgezogen und wieder vorwärts geichnellt wurde, 
mit aller Gewalt gegen die Mauer ſtieß. Damit 
durch joldhen Stoß jedoch diejelbe deſto ficherer 
bejchädigt werden fünnte, war der Balfen vorn 
ftarf mit Eijen beichlagen, und zwar in der Ge 
ftalt eines Widderfopfes mit einem, auch wohl zwei 
Hörnern. Am hinteren Ende des Balfens waren 
zur Berjtärfung des Stoßes ſchwere Gewichte an- 
gehängt. Es jteigerte ji die Größe und Stärfe 
ſolcher Maſchinen je nad) der Beichaffenheit der zu 
befämpfenden Mauern. Joſephos jpricht von einem 
aries bei der Belagerung von Jerujalem, dejjen 
2 Hörner mannsdid waren, und defjen Bedienung 
aus 1500 Mann bejitand. Bisweilen war aud) der 
Aries in dem unterften Stodwerf eines Belage 
Fe ee (iſ. Turris ambulatoria unter 
Belagerung, 12... War die Mauer durch den 
Aries bejhädigt, jo wurde an dem eijernen Widder 
fopfe ein gefrümmtes ſtarkes Eijen (talx) befeitigt, 
um die loſe gewordenen Steine herauszureißen. 
Da aber der Aries nahe bei der Mauer ftand, und 
die Belagerten ihn von oben her durch herab 
gewworfenes Feuer zu zerftören, oder die dabei 
beichäftigten Soldaten durch FFelsiteine zu töten 
juchten, " baute man über demjelben ein Schuß 
dad) (testudo arietaria) und ſuchte ſolches gegen 
euer durch naſſe Rindshäute und grobe wollene 





jich gegen den Erfolg des Aries zu fichern, ließen 
die Belagerten jandgefüllte Säde oder Deden von 
der Mauer gerade dorthin von oben herab, wohin 


Arii — Arion. 


mutmaßlich der Stoß gerichtet war, oder fie juchten 
den Balfen mit Schlingen oder mit eilernen ge: 
zähnten Zangen (lupi) zu faflen und den Stoß 
bei Seite oder in die Luft zu lenken (Ziv. 28, 3. 
Veg. 4, 23), wodurch dann wohl bisweilen die 
ganze Maſchine das Gleichgewicht verlor und um— 
fiel; bisweilen gelang ihnen auch die Zeritörung 
desielben durch Feuer. Wurde die Mauer aber 
dennoch beichädigt, ſodaß fie nicht mehr verteidigt 
werden fonnte, jo mußte dahinter jchnell eine neue 
Mauer aufgeführt werden. Wollte ſich die Stadt 
ergeben und einer jcyonenden Behandlung gemwärtig 
jein, jo mußte fie dies thun, bevor der Aries ge- 
wirft hatte. — In den galliichen Kriegen jcheint 
Cäſar wegen der eigentümlichen Konftruftion der 
Städtemauern feinen Gebrauch vom aries bei Be: 
lagerungen gemacht zu haben, wenn er auch darauf 
vorbereitet war (b. g. 2, 32). 

Arli, 1) Bewohner der perj. Provinz Areia 
(1. d.). — 2) ein germaniicher Stamm, wahrſchein— 
lih im jeßigen Polen, zu den Lygii gehörig, 
richtiger Harii (got. Harjos) d. i. Krieger. Tae. 
Germ. 43. 

Arimaspi, ’Agıuaorol (nad) Neumann, Hellenen 
im Schthenlande J ©. 195 aus dem Mongoliichen: 
„Bergbewohner”; nah Müllenhoff aus dem Ari— 
ſchen: „Folgjame Roffe habend“), fabelhaftes Volk 
im höchſten NO., bei den Rhipaiiſchen Bergen, 
wohl am gofdreichen Altai, bekannt geworden durch 
die Schilderung des Ariftens (j. d.) aus Profon: 
nejos; fie fämpften mit den Greifen um das Gold. 
Hdt. 3, 116. 4, 13. 27. Die ihnen beigelegte Ein: 
äugigfeit (ägıua — Er und omoü —= Öpteiuog 
nach Hat.) wird entweder auf das Schließen des 
einen Auges beim Zielen mit dem Bogen, oder 
anf die bei ihmen herrjchende Sitte des Tätto- 
wierens bezogen. Bei Aiſchylos (Prom. 805 ff.) 
wohnen fie im Nordweiten (jo Dunder). 

Arimäzes (Ariamazes), Agıwding, ein Fürſt in 
Sogdiana, —— füch Alerander dem Gr. in 
jeiner feften, auf einem hohen Felſen gelegenen 
Burg, bis eine maledoniſche Abteilung die jteilfte 
Seite des Felſens erjtieg und Arimazes ſich er: 
geben mußte, im J. 327 v. C. Alexander lieh 
ıhn zur Strafe freuzigen (nad) Curt. 7, 11, eine 
Strafe, von ber Arrıan [4, 19] nichts weiß). 

Arimi, oi Agıuor, ein Voll, und r& Agıne, 
ein Ort, wo Typhoeus gefeflelt unter der Erde 
lag. Hom. II. 2, 783. Diejer Ort wird meiftens 
in Kilifien auf einem danad genannten Gebirge 
geſucht. Römiſche Dichter fahten zei» Apduors 
als Ein Wort und verjtanden darunter die Inſel 
Aenaria (j. d.). 

Ariminum, Agdurvor, j. Rimini, uralte, blühende 
Seeftadt in Umbrien, jüdlih von der Mündung des 
Rubico zwilchen den Mündungen des Flüßchens 
Ariminus (j. Marechia) und des Apruja (j. Auſa) 
und an der Via Flaminia. Nad) Vertreibung der 
Gallier fehrten dic umbriichen. Bewohner zurüd 
und wurden durch römische Koloniften verftärtt 
(269 v. E.). Liv. 21, 51. Cie, Verr. 1, 14. Es 
war Die, erite Stabt, die Gäjar nad) dem bedeutungs- 
vollen Übergange über den Rubico bejeßte. Gaes. 
b. e. 1,7. Cie. ad fam. 16, 12. 

Ariobarzänes, "Acroßaepfarng, 1) ein Unter: 
jatrap des Pharnabazos, der 368 v. C. durd) jei- 
nen Gejandten Philijfos Frieden zwiichen den 
Spartanern und der thebaniſchen Koalition her: 


133 


zustellen juchte, jpäter ji offen gegen den Groß— 
fönig erhob und dann jein Fappadotiich-pontijches 
eich bis zu jeinem Tode 336 behauptete. Diod. 
Sie. 15, 90. 16, 90. — 2) einer der legten Feld: 
herren des Dareios, der ſich dem Bordringen 
Aleranderd des Gr. widerjeßte. Er fjammelte 
40 000 Manı an den Grenzen feiner Satrapie 


Perſis, wurde aber, nachdem die Mafedonier auf 


Seitenwegen die in das Gebirgsland führenden 
Päſſe umgangen hatten, geichlagen und entkam mit 
geringen Reften feines Heeres. Curt. 5, 3,17. Arr. 
3, 18. Diod. Sie. 17, 68. — Nndere desjelben 
Namens find: 3) A. mit dem Beinamen Philo: 
romaios, im J. 92 dv. E. vom Senat zum König 
von Kappadofien ernannt und von Sulla eingejegt 
(Lie. ep. 70. Plut. Sull. 5. App. Mithr. 10). 
Mehrere Male von Mithridates dem Gr. vertrie- 
ben, wurde er wieder von Aquillius und Sulla 
eingejept im 3. 90 und 85 (App. Mithr. 11. 15). 
Mithridates aber hörte nicht auf, Kappadokien 
zu beunruhigen, und reizte jeinen Schwiegerjohn 
Tigranes von Armenien zu einem Einfalle in das 
Land. Unter Lucullus hatten die Römer es beſetzt, 
nach deſſen Abgange vom Heer nahm Mithridates 
es wieder in Beſitz, bis Pompejus, des Lucullus 
Nachfolger, in mehreren Schlachten den Mithridates 
befiegte und im 3. 65 das Land dem Ariobarzanes 
zurüdgab. App. Mithr. 80. Plut. Luc. 35. Sull. 
5,22. 24. Just. 38,2. — 4) fein Sohn, mit 
dem Beinamen Philopator, ftarb wahrjcheinlich 
durch Meuchelmord, nachdem er mit Empörungen 
und Unruhen zu kämpfen gehabt, im J. 57 v. E. 
Bol. Cie. prov. cons. 4. ad fum. 15, 2,5. — 
5) dejien Sohn, wurde vom römischen Senate 
als König anerkannt und erfreute fich der Gunft 
Eiceros, welcher damals als Prokonſul in Kilikien 
war, im %. 51 v. C. (Cie. ad fam. 2, 17. 15, 2.4, 5), 
und ihn gegen eine Verſchwörung ſchützte. Er 
unterftügte den Pompejus gegen Cäjar, wurde aber 
doch (47) von leßterem jehr gütig aufgenommen. 
Im J. 42 lich ihn Caſſius töten, weil er ſich ge: 
weigert hatte, ihn zu unterftügen. Cacs. b, c. 3,4. 
Dio (ass. 47, 33. 

Arion, Aelwor, ausgezeichneter Dichter und 
Mufiter aus Methymna auf Leſbos, zwiichen 628 
und 585 v. E. blühend. Bedeutend iſt er in der 
Gejchichte der Poeſie beionders dadurch, daß er 
den Dithyrambos, das bafchijche Feſtlied, zuerft 
funftvoll ausbildete und ihn durch Chöre (uxdıoı 
zogoc) vortragen lieh. Erhalten ift nichts von ihm, 
denn der unter feinem Namen erhaltene Hymnos 
(Aelian. hist. an. 12, 45) ift unecht. Arion lebte 
lange Zeit bei jeinem Freunde PBeriander, dem 
Tyrannen von Korinth. Als er einft mach einer 
Kunftreife durch Sicilien und Italien nad Korinth 
zurüdichiffte, wollten ihn die forinthifchen Schiffer, 
nach jeinen Schägen lüftern, in das Meer ſtürzen. 
Er erlangte jedoch von ihnen, daß er vorher in 
vollem Sängerſchmuck noch ein Lied ſingen durfte; 
dann ſprang er ins Meer. Ein Delphin, von den 
Tönen angelockt, nahm ihn auf den Rücken und 
ſehte ihn bei Tainaron ans Land, von wo er ſich 
nach Korinth begab. Als die Schiffer hier an- 
fommen und vor Periander erflären, fie hätten 
den Sänger in Tarent wohlbehalten zurüdgelafien, 
tritt plößlich Arion vor, und jie befennen beftürzt 
ihre Schuld. Auf dem Borgebirge Tainaron ſtand 
das Bild eines Mannes auf einem Delphin aus 


154 


Ariovistus — Aristarchos. 


Erz, das man für ein Weihgejchent des Arion hielt, | Zwar hatten jid fait alle griechiichen Kolonien in 


wahricheinlidy) ein Bild des Gottes Taras. 


Die, | 


Kleinaſien ihnen angejchlofien, aber im J. 448 


auch anf Münzen von Methymma dargejtellte, Sage | wurden fie von den Berjern bezwungen, und Arifta: 
ift allgemein befannt durch A. W. Schlegels Ballade | goras, weldher am Kampfe jelbft feinen Anteil ge- 


Arion; von den Alten erzählen fie befonders Herodot 
(1, 23 $.), Cicero (tuse. 2, 27, 67) und Ovid (fast. 
2, 83 118); vgl. auch Paus. 3, 25, 7. -— llber 
ihren Wert handelt Lehrs, populäre Aufſätze aus 
dem Altertum ©. 385 ff. der 2. Aufl. 

Ariovistus, d. h. Heerweijer, Heerführer, Fürſt 
der Sueven, drang im J. 72 v. E. mit 15 000 Ger- 
manen zur Unterſtützung der Arverner und Se— 
quaner gegen die Aduer über den Rhein. Caes. 
b.g. 1,31. Als er fie geichlagen, ſetzte er fich in 
Gallien feſt und zog noch mehrere jeiner Yandsleute 
(bis gegen 120 000 im Jahre 58) über den Nhein. 
Bei Mdmagetobriga bejiegte er die Aduer, hieß fie 
Geiſeln ftellen und Tribut zahlen (61) und wurde 
Bundesgenofje und freund der Römer, im J. 59. 
Caes. b. g. 1, 40. 42. Plut. Caes. 19. Dio (ass. 
38, 34. Aber Cäſars Aufunft in Gallien veran: 
lafte die Aduer, dieſen zu Hülfe zu rufen. Eine 
perjönliche Beiprechung zwiſchen Arioviſt und Cäſar 
blieb ohne Nejultat, die Waffen entichieden, und 
jener wurde im J. 58 in einer blutigen Schlacht 
(wahrjcheinlich bei Mühlhaujen im füdlichen Elſaß 
gänzlich geichlagen. Caes. b. 4. 1,395. 47 ff. Div 
(ass. 38, 48 ff. Nur wenige Germanen, darunter 
ihr Anführer, entfamen über den Rhein. Seine 
weiteren Scidjale find unbelannt. 

Ariphron, Agipgor, aus Sikyon, griechiicher 
Lyriker in unbelannter Zeit. Einen Baian desjelben 
j. Athen. 15, 702 A, Bergf, poet. lyr. Gr. Il p. 595 ff. 

Arisbe, 4eloßr, 1) eine der fünf bedeutenderen 
Troerjtädte am Selleeis. Hom. Il. 2, 836. Hier 
lagerte jich Aleranders Heer nad) dem lbergang 
über den Hellespont (Arr. 1, 12, 6); zur Zeit des 
zweiten puniichen Krieges wurde jie von den Gal— 
liern erobert. Pol. 5, 111. — 2) Stadt auf Leſbos 
(Hat. 1, 151), nach Plinius (5, 39) durch ein Erd- 
beben zerjtört. — 3) ſ. Aisakos. 

Aristagöras, Agıorayogag, Schwiegeriohn des 
Hiftiaios und Nachfolger desjelben in der Tyrannis 
von Milet, als Hiltiatos ſich nach Suja zum Könige 
Dareios begeben hatte. Auf des Ariftagoras An: 
regung rüſtete Dareios eine Flotte aus zur Er— 
oberung der Inſel Naros und zur Zurüdführung 
einiger von der demofratijchen Partei vertriebenen 
Nriftofraten nach diefer Inſel; doc fam die Unter: 
nehmung nicht zuftande, da NAriftagoras ſich mit 
dem perfiichen Feldherrn entzweite und dieſer den 
feine Gefahr ahmenden Nariern Kunde von dem 
Unternehmen zufommen ließ. Ans Furcht vor dem 
Horn des Dareios und von Hiftiaios durch einen 
Boten aus Suſa angeftachelt, erhob nun Ariſta— 
goras die Fahne der Empörung, rief die Jonier 
zum Kampfe, die Athener zur Hülfe auf und er: 
hielt von diejen 20 Schiffe, während die Spartaner, 
da fie ihre Hegemonie im Peloponnes damals durch) 
die Argeier gefährdet jahen und Oppofition der 
Bundesgenoffen zu befürchten hatten, jein Geſuch 
abwicjen. Mit den Athenern famen auch 5 Schiffe 
von Eretria auf Euboia. So brad der Aufjtand 
der ionischen Griechen gegen Berjien um 500 v. E. 
aus. Anfangs glüdlich, eroberten und verbrann: 
ten fie die Hauptitadt Lydiens, Sardes, wurden 
aber von dem rajch heranrüdenden perfiichen Heere 
geichlagen und von den Athenern in Stich gelafien. 


nommen, verlich mutlos jein Vaterland und jegelte 
mit Anjiedlern nach Myrkinos in Thrakien, fiel 
aber dajelbit jchon 497 im Kampfe gegen die wilden 
thratijchen Volker. Hat. 5, 97— 126. Tihxe. 4. 102. 
Aristainötos, Agısracreros, aus Nilaia in 
Bithynien, Grammatiter und Nhetor, Freund des 
Libanios, fam bei einem Erdbeben zu Nitomedeia 
358 n. E. ums Leben. Unter feinem Namen eriftiert 
eine Sammlung erotiicher Briefe (50), welche aben— 
teuerliche Yiebesverhältnifje in jehr deflamatorischer 
Darjtellung enthalten und dem Alfiphron in einer 
froftigen Weile nachgeahmt find. Dieje ſchwachen 
Produkte eines eitlen Schwäßers gehören ſchwerlich 
dem Ar. an, jondern ftammen wahricheinlich ans 
dem Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrh. 
Ausgg. von Abreſch (1749) und Boiſſonade (1822). 
Aristaios, Aororaios, Sohn des Uranos und 
der Ge, oder des Apollon und der Kyrene, ein 
Segensgott der älteften Bewohner Griechenlands, 
mit Zeus und Apollon identifiziert und an ver: 
ichiedenen Orten, in Thejjalien, Bototien, Arkadien, 
‚auf Keos, als Beſchützer der Herden, des Wildes, 
der Bienen (Verg. @. 4, 317 ff.), des Ackerbaues, 
des Wein: und Olbaues verehrt | Nöutos, "Aygers. 
Melusoeeg. Pind. pyth. 9, 5--65). Wir fehen in 
ihm „eine der Bejtaltungen, in welche der ein: 
fachite ländliche Heliosdienſt übergegangen iſt, er: 
halten unter diejem bejonderen Namen als Gott 
eines auch auf jeinen Wanderungen ihm treu ge: 
bliebenen Bolksitammes, infoweit ähnlich dem Ban, 
dem Apollon, während andere ähnliche örtliche aus 
Helios entiprungene Götter in dem Samtnamen 
Apollon früh untergegangen fein möchten‘. F. G. 
Welder, grieh. Hötterlehre 1 ©. 489. 
Aristarchos, Aglorapyos, 1) aus Tegea, 
tragifcher Dichter und Zeitgenofje des Euripides, 
nur befannt durch einen Artikel bei Suidas, wo— 
nach er 70 Dramen aufführte und zweimal fiegte. 
Dabei joll er 100 Jahre alt geworden fein. Dunlel 
find die Worte des Suidas: Ög emrog eig rb 
vor abrav wog ra@ Ögdnere narlornoer. Bol. 
Naud, trag. (iraec. fragm. p. 564 f. — 2) Ar. aus 
Samos, um 260 v. E., alerandriniicher Mathe: 
matifer und Ajtronom, der die Hiinmelsericheinungen 
aufmerkſam beobachtete und zuerit die Bewegung 
der Erde um die Sonne und um ihre eigene Adhie 
gelehrt haben ſoll. Durch ihn und feinen Schüler 
Hipparch aus Nifaia erhielt die Aftromomie eine 
jelbft von den Neueren bewunderte Bolltommenheit. 
Wir befigen von ihm eine Schrift weol ueyedor 
zul droornudeov Nov Hal aelıjvng, heraus: 
gegeben von Wallis (1688) und Nizze (1856). —- 
3) Ar.von Samothrafe, hochberühmt als Sram: 
matifer und Kritiker, Schüler des Ariftophanes von 
Byzanz, geboren um 210 dv. E., lehrte unter Pto— 
lemaios PBhilometor (um 170) zu Alerandreia. Ob- 
gleich Lehrer mehrerer Söhne diejes Nönigs, mußte 
er doch, als jein Zögling Ptolemaios Phyſton gegen 
die Gelehrten wütete, Alerandreia verlafien, begab 
fih nach Kypros und ftarb dort in hohem Miter, 
zulegt von der Wafferjucht geplagt. Er widmete 
jeine Thätigkeit nicht nur der Erflärung der griechi— 
ichen Dichter, bejonders des Homer, Pindar, Ari: 
jtophanes, der Zragifer u. j. w., zu welchen er 


Aristeas — 
nach Suidas gegen 800 Kommentare verfaßt hat | 
(die große Zahl erflärt jich daraus, daß die ein: 
zelnen Bücher Homers und die Stüde der drama— 
tijchen Dichter bejonders gezählt wurden), jondern 
ichrieb auch zahlreiche grammmatische Schriften. Bon 
allen dicjen jind indes nur Bruchitüde in den 
Scholien zu Homer vorhanden. Die größten Ber: 
dienfte aber erwarb er fih um Homer, den er 
biftoriich und jachlich erklärte und dem er durch 
jeine fritiichen duogdwosıg jo ziemlich die gegen: 
wärtig gültige Tertesgeftalt verlieh, indem er zu: 
aleich die unechten oder als eingeichoben verdäch— 
tigen Stellen mit fritijchen Zeichen verſah. Bal. 
die meijterhafte Schrift von Lehrs: de Ar. studıis 
Ilomericis (1833. 3. Aufl. 1882); deſſ. Quaestiones 
epicae (1857) und A. Yudwich, Ariſtarchs Home: 
riſche Texttritik (2 Bde. 1884 f.). Ur. ragte durch 
Schärfe des Denkens und Umfang des Wifjens 
unter allen hervor und legte den Grund, auf 
welchem die jpäteren Erflärer fortarbeiteten. Gegen 
ihn erhob ſich in der pergameniichen Schule des 
Krates Mallotes eine heftige Partei, die deu Homer 
allegoriich erklären wollte. 

Aristeas, ‘Agıoreas, 1) aus Profonnejos, lebte 
wahrjcheinlich um 550 v. E., unternahm bedeutende 
Keijen zu den Völlern an den nörblichiten Ge— 
ftaden des Schwarzen Meeres bis zum Ural hin 
und jchrieb darüber ein Gedicht r« Aguudonsıe, 
über die Arimajpen (j. d.), worin neben manchem 
Sagenhaften gewiß auch viel Wahres enthalten war, 
wenngleich jeine Yandslente ihn für jehr wenig 
zuverläflig (FHdt. 4, 13), ja für einen Wunderthäter 
bielten. —— 2) ein Jude, angeblich von Btolemaios 
Philadelphos nach Jeruſalem geichidt, um dort die 
7u (eigentlich 72) Überjeger des Alten Teftaments 
zu holen. Doch ift der ganze Bericht des Ar. ſelbſt 
eine jpätere Erfindung. 

Aristeides, Aoıorsiöng, 1) Sohn des Lyſi— 
machos, aus der att. Bhyle Antiodhis, geboren um 
540 vd. E., beteiligte ſich an den Verfaſſungsrefor— 
men des Nleijthenes (Plut. Arist. 2) zugleich mit 
Kanthippos und gehörte jeitdem zu den einfluß— 
reichiten Männern feiner Baterftadt Athen. Beim 
Ausbruch des erften perfiichen Krieges war er einer 
der 10 Feldherren und zeichnete ſich in der Schlacht 
bei Marathon aus. Plut. Arist. 5. Hdt. 6, 110 ff. 
Nach Bejiegung der Perſer war er für das Wohl 
feiner Baterjtadt als Archon jehr thätig, erregte 
aber die Eiferjucht des lebhaften, nad Muhm umd 
Anjchen dürjtenden Ihemiftolles. Lebterer jah fich 
ungern durch Ar. verdunfelt, dem das Volk dei 
Beinamen des Gerechten gegeben hatte, und mit 
dem er über die Thalattofratie Athens verjchiedener 
Meinung war, und juchte fih daher des Gegners 
zu entledigen, und Ar. wurde im J. 483 durch den 
Dftrafiimos ans Athen entfernt. Flut, Arist. 2. 
3.6ff. Them. 3. Nep. Arist. 1. Jener hatte das 
leicht bewegliche Volk durch mancherlei Vorftellungen 
dafür gewonnen, während diejer bei der Rechtlich— 
feit und Ehrlichkeit ſeines Charakters nichts that, 
um dem ungerechten Urteil zu entgehen. Erſt kurz 
vor der Schlacht bei Salamis, in welcher Ar. ruhm: 
voll tämpfte, wurde die Verbannung aufgehoben. 
Plut. Arist. 8 (abweichend Nep. Arist. 2. Hadt. 
8, 79). Auch an der Schlacht bei Blataiai nahm 
er als Führer der Athener den waderjten Anteil, 
und nach derjelben bewirkte jeine und Kimons 
Milde, als ſie beide die atheniſche Flotte befehligten, 








135 


daß die Bundesgenofjen, über die Willtür und den 
Übermut des Baujanias empört, den Athenern die 
Leitung des Bundes, der ſ. g. deliichen Symmachie, 
übertrugen. dt. 9, 185f. Plut. Arist. 11 ff. Ar., 
nit dem größten Vertrauen beehrt, ordnete die 
Beiträge der einzelnen Mitglieder des Bundes zur 
Erhaltung der Flotte und bejtimmte die Inſel 
Delos als den Ort, wo die Beratungen ftattfinden 
und die Bundesgelder aufbewahrt werden jollten. 
Außerdem verichaffte er der vierten Klaſſe der 
Bürger, den Theten, welche durch Mut und Hin: 
gebung jich ausgezeichnet hatten, das volle Bürger: 
recht und Gleichitellung mit ihren Mitbürgern. 
Plut. Arist. 22. Wenn feinen Nebenbuhler The: 
miftofles jpäter das Schidjal der Berbannung traf, 
jo geichah dies ohne Mitwirkung des Ar. Auch 
überlich diejer bereitwillig dem jüngeren und kräf— 
tigen Nimon die Leitung des Staates. Er jtarb, 
wie es jcheint, arın um das J. 467 ( Plut. Arist. 26. 
Nep. Arist. 3. Plat. Gorg. 81) und wurde in 
feinen Töchtern, welche der Staat ausjtattete, ſowie 
in jeinem Sohne, den derjelbe gleichfalls beichenfte, 
jowie in jeinen Nachlommen von der dankbaren 
Nachwelt noch bis in die jpätejten Zeiten gechrt. 
— 2) f. Maler, 6. -- 3) Ar. der Mileſier, 
aus dem legten oder vorlegten Jahrh. v. E., der 
eigentliche Begründer des griechtiihen Romans, 
ichrieb mileſiſche Geſchichten oder Märchen, 
Munowerd, fabulae Milesine, in denen er Sce: 
nen aus dem Leben Milets in der Form von Er: 
sählungen und im Gewande des Romans jchilderte. 
Im Altertum wurden diejelben viel aelejen (Plut. 
Urass. 32), der römische Annalift Sijenna über: 
trug fie ins Lateinische. Die ſpärlichen erhaltenen 
Bruchftüde find gefammelt und abgedrudt in Müllers 
fragm. hist. Graee. Bd. IV p. 1305. — 4) P. 
Aelius Ariftides, ein griechiicher Rhetor, zu 
Adriani in Myſien geboren, lebte im 2. Jahrh. 
n. E. Als Schüler des Rolemon zu Smyrna, des 
Herodes Attieus zu Athen und anderer berühmter 
Rhetoren, und nad dem Borbilde eines Platon, 
Sokrates und Demofthenes bildete er das ihm an: 
geborene Nedetalent bedeutend aus, machte jpäter 
große Neifen und wurde jelbit durch eine ſchwere 
vieljährige Krankheit nicht gehindert, fich einer 
Kunſt mit Eifer zu widmen. Er genoß eine wohl- 
verdiente, weitverbreitete Achtung, ftand bei Marc 
Anrel in hohem Anjehen und bewog diejen auch 
zur Wiederherjtellung des durch ein Erdbeben 178 
n. E. ſchwer verwüſteten Smyrna, wofür ihn die 
Bewohner als „Erbauer“ mit einer bronzenen 
Bildjänle ehrten. Er ftarb um 190 zu Smyrna. 
Bon feinen zahlreichen Reden, die von den Alten 
fleißig fommentiert wurden, befigen wir noch 55, 
darunter meög Asmrlvnv nach Demofthenes, [Tave- 
Bnveinog nad) Iſokrates, "Poung &yanuıor, "Podt«- 
xos. Sie zeigen Tiefe und Fülle der Gedanken, 
a re die Sprache vielfach dunkel und ſchwer 


Aristippos 


verftändlich, auch nicht immer forreft ift. Ausgg. 
von Geeb (1722-30) und Wilh. Dindorf (182U). 
Val. Bauıngart, Alius Ariftides als Nepräjentant 
der jophiftiichen Rhetorik (1874). 

Aristippos, "dolsrinmog, aus Kyrene, Stifter 
der nach jeiner Baterjtadt benannten kyrenaiſchen 
Schule, brachte feine Jugend in Athen in dem 
lehrreichen Umgange des Sokrates zu (dpıyuirog 
Adrjvade nar& vilog Lwxedrovg), don Dejien 
Ruf augezogen fein Vater, ein wohlhabender Nauf: 


136 


Aristias Fuseus 


manı, ihn nach Griechenland gejchidt hatte. Spä: , 


ter trat er jelbft Ichrend auf, und zwar zuerjt im 
Aigina, dann zu Syrakus am Hofe des jüngeren 
Dionyſios, zuleht, wie es jcheint, in Athen neben 
Blaton, wo er denn auch nach des Sofrates Tode 
den Grund zu der erwähnten ſokratiſchen Schule 
legte, die als Hedoniker bezeichnet wurde. Nach 


einem twanderungsvollen Leben joll er auf der! 


aioliſchen Inſel Lipara geftorben fein. 
nen, vielleicht ziemlich zahlreichen, Schriften ift 
nichts auf uns gefommen, feine Lehre ift wohl erit 
von feinen Schülern, vielleicht von feinem gleich: 
namigen Enkel, in ein Syſtem gebracht worden. Er 
ſoll der erfte unter den Sofratifern gewejen fein, der 
Bezahlung für feine Lehrvorträge annahm. Die 
Verhältnifje jeiner Vaterſtadt und feiner Familie 
blieben gewiß nicht ohne Einfluß auf die Richtung 
jeiner &hilojophie: die feine Yebensgewandtheit, 
die ihm eigentümlich war, bewährte er am ſyra— 
kuſiſchen Hofe (vgl. Plut. Dion 19. Diog. Laert. 
2,8, 56). Unter jeinen Schülern ragten Hegefias, 
Annikeris und Theodoros hervor; jeine Lehre hatte 
mit der des Antifthenes das Gemeinſame, daß fie 
das jinnlihe Individuum zum Mittelpunkte des 
Wollens, Denkens und Lebens machte, unterjchied 
fich dadurch aber wejentlich von ihr, dah fie das 
Prinzip des Genichens dem des Entbehrens 
entgegenftellte; fie lebte ſpäter in etwas modifi— 
zierter Richtung in der epikureiſchen, wie die anti: 
ſtheniſche in der ſtoiſchen wieder auf, es tritt daher 
in den über dieje einzelnen Syſteme erhaltenen 
Notizen uns jchon manche Vermiſchung entgegen. 
Sie behandelte vorzugsweije folgende Gegenftände: 
zeol rar algerar xal pevxror, megl Tor nadür, 
sol tor modkewor, meol rar alriwr, meol tür 
rioreor. Das Ziel des Wiünjchenswerten war 
ihm die finnlich angenehme Empfindung, der höchſte 
Genuß daher die volle Hingabe am diejelbe, mithin 
beichränft auf die Gegenwart (daher uoröyeorog). 
Er unterichied zwei nddn, nämlich mörog und 
1dorrj, jenen nannte er eine reeyeix, dieje eine 
Asia xivndis; unter den GSeelenftimmungen nahm 
er drei verichiedene Zuftände an, die Freude, den 
Scymerz und einen mittleren zwiſchen beiden; den 
eriten verglich er mit dem janften, den zweiten 
mit dem jtürmijchen Wellenfchlage, den dritten mit 
der Windftille. — Bol. übrigens Xen. mem 
2, 1. 3, 8. Ole. acad, 2, 42, 131. fin. 1, 7, 23. 
tusc. 2, 6, 15. Hor. ep. 1, 1, 18. 17, 17. 
Aristius Fuscus, Grammatifer u. vielleicht) dra⸗ 
matischer Dichter, Zeitgenoſſe und vertrauter Freund 
des Horaz, der dem durch das ftädtiiche Leben viel: 
leicht verwöhnten ep. 1, 10 die Freuden und Bor: 
züge des Yandlebens anpreift; auch das bekannte 
Gedicht: Integer vitae (od. 1, 22) ift an ihn ge- 
richtet. Vgl. auch sat. 1, 9, 61. 10, 83. 
Aristobülos, ’Agısroßovios, 1) Sohn des jüdi— 
ſchen Königs Alerander Jannaios, lebte in Feind- 
ichaft mit feiner Mutter Alerandra, welche 9 Jahre 
lang (79-70 dv. E.) über Judäa herrichte. Nach 
ihrem Tode ftritt er mit jeinem Bruder Hyrlanos, 
dem der nabataiiche König Aretas zu Hülfe fan, 
um die Serrichaft und wurde im Tempel von 
Jeruſalem von beiden belagert, bis ihn der rö- 
miſche Yegat M. Scaurus befreite. Als Rompejus 
im 9. 64 nad) Syrien fam, wünjchte ihm NArifto- 
bulos durch reiche Geſchenke zu gewinnen, erreichte 
aber jeinen Zweck nicht und juchte ſich nun durch 


Von jei: | 


— Aristokrates. 


eigene Kraft in Judäa zu behaupten. Bompejus 
aber, von Ariſtobul getäuscht, zog gegen ihn, nahm 
ihn gefangen, übergab dem Hyrlan die Herrſchaft 
und führte den Ariftobul nach Rom, 63. Plut, 
Pomp. 39. 45. For. 3, 5. Zwar entjloh er 56 
wieder nach Judäa, wurde aber von den Römern 
angegriffen und abermals gefangen genommen. 
Plut. Ant.3. Erſt Cäjar befreite ihn wieder (49) 
und gab ihm Truppen, um Judäa wieder in Beſitz 
zu nehmen; er ftarb indeſſen bald nachher durch 
Gift. — 2) Ar. aus Kaſandreia, ein Begleiter Ale: 
randers d. Gr. auf jeinen Feldzügen, jchrieb in 
hohem Alter noch (nach 301 v. E.) ein Werl über 
die Thaten Aleranders, das von den Alten vielfach 
gelobt und mehrfach von Plntarch im Leben Ale- 
randers, ganz bejonders aber von Arrian (1, 1) 
als SHauptquelle benugt ward. Sammlung der 
Fragmente von Hullemanı (1844) und in Müllers 
fragm. scriptt. Alex. M. p. 94 ff. 
Aristodömos, "Agıoröönuog, 1) ein Heraklide, 
Bater des Euryfthenes und Profles, unterwarf nach 
Herodot (6, 52) den Peloponnes und herrichte im 
Yalonien; nadı andern (4. B. Apollod. 2,8, 2,7) 
wurde er im Beginn feines Zuges bei Naupaltos 
vom Blite getötet. — 2) ein tapferer Meflenier, 
welcher im erjten mefleniichen Kriege zur Erfüllung 
eines Orafelipruches jeine Tochter als Opfer anbot 
und, als ein mejlen. Jüngling, um ſie zu retten, 
jie für feine Berlobte erflärte, im Horn darüber 
fie jelbft tötete. Später (729 v. E.) wurde er nach 
dem Tode des Königs Euphaes von jeinen Yande- 
leuten zum Könige gewählt, obgleich gegen dieje 
Wahl wegen der Schuld, die er durch Ermordung 
der Tochter auf fid) geladen hatte, Widerjpruc er: 
hoben wurde. Wach einem glänzenden Siege über 
die Spartaner (726) tötete er ich am Grabe der 
Tochter, als die Spartaner auf Rat des delphi— 
ſchen Oralels durch Lift zu fiegen ſuchten, 724. 
Yaus. 4, 9. 10. 13. — 3) ein dritter Ar. war der 
einzige der 309 Spartaner, welcher die Schlacht 
in den Thermopylen überlebte und dafür in der 
Heimat mit Ehrlofigkeit belegt wurde, dieje Schande 
aber jpäter in der Schlacht bei Plataiai durch 
ruhmvollen Tod tilgte. Hdt. 7, 229 ff. 9, 71. 
Aristogeiton, "Agıoroysirwor, 1) j. Harmo- 
dios. — 2) ein attiicher Redner, ö xUwr ge: 
nannt, Beitgenofje und Gegner des Demofthenes 
und Deinarchos, gegen deren Anlagen er ſich in 
mehreren, jeßt verlorenen Reden verteidigte; als 
Redner von feiner bejonderen Feinheit, zugleich 
als Sykophant bezeichnet. Bon jeinen fieben oder 
acht Reden find nur Bruchitüde erhalten (gejam: 
melt im 2. Bd. der oratt, Attici von Baiter und 
Sauppe). Auch Lykurg und Hypereides jchrieben 
Reden gegen ihn. 
Aristökles j. Bildhauer, 3. 
Aristokrätes, "Agrorongdrns, 1) letzter König 
in Arkadien, der im zweiten meſſeniſchen Kriege 
den Meffeniern zu Hilfe zog, aber, von den Spar: 
tanern beftochen, fie verriet. Wegen fortgeiegter 
Verräterei wurde er nachher von den Arkadiern 
gejteinigt, 668 v. E,, und mit ihm die fönigliche 
Würde abgeichafit. Pol. 4. 33. Paus. 4, 17, 2. 
22, 1ff. 8, 5, 13. — 2) ein Athener aus einem 
der vornehmſten Gejchlechter, einer der Bierhundert, 
im %. 406 v. E. unter den Führern, Die bei den 
Arginujen fiegten, aber bei einem Sturme die 
Schiffbrüchigen nicht retteten und die Leichen nicht 


Aristokratia — Aristophanes. 


jammelten; er wurde dafür nach feiner Rückehr 
zum Tode verurteilt. Thue. 8, 89. Lys. 12, 66. 
Xen. Hell. 1, 4, 21. 5, 16. 6,29. 7,2. — 3) ein 
Schriftfteller aus Sparta, weldyer Aanwrınd ver: 
faßt hat, die von Plutarch benubt find. Bruch 
ftüde bei Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 332 f. 
— 4) ein Athener, der 352 v. E. zu Gunften des 
Feldherrn Eharidemos einen Antrag jtellte. Für 
Euthytles, der deshalb gegen jenen eine yoap?) 
xeparöuow anftellte, ſchrieb Demofthenes jeine 
berühmte Rede gegen Ariſtokrates. 

Aristokratia j. Staatsformen, 4. 

Aristomächos j. Herakles, 16. 

Arixtomönes, Aqıoroufvng, 1) ein meſſeniſcher 
Süngling, zeichnete fich im zweiten mefjenifchen 
Kriege ij. d.), den fein Unmut über den von Sparta 
gegen die Mefienier geübten Drud veranlaßte 
(684 — 667 v. E.), vor allen durch glänzende Tapfer: 
keit aus. Gleich in der erjten Schlacht bei Derai 
fämpfte er mit ſolchem Mute, daß feine Yanbs- 
leute ihn zum König wählen wollten; er wiünjchte 
aber nur ihr Feldherr zu jein. Dreimal geriet er 
in ipartaniiche Gefangenschaft, noch öfter in bie 
größte Yebensgefahr, wurde aber jtet3 auf wunder: 
bare Art darans gerettet. Paus. 4, 15. Nach dem 
unglüdlihen Ausgange des Kampfes ging Arifto: 
menes, der an der teılweiien Nuswanderung nad 
Sicilien nicht teilnehmen wollte, nad) Rhodos 
und wollte von da aus bei den Lytiern und 
Medern Hülfe ſuchen, ftarb aber zu Jalyſos auf 
Rhodos und wurde daſelbſt als Heros verehrt. 
Paus. 4,23 ff. Val. Mar. 1, 8, 15. — 2) Dichter 
der älteren attilhen Komödie, Nebenbuhler des 
Ariftophanes, mit dem er noch 389 v. C. wett: 
eiferte. 3 Titel von Stüden find befannt. Dal. 
Meinele, com. Graee. frag. II p. 730 ff. Rod, 
com, Att. fragm. I p. 690 ff. 3) ein Alar— 
nanier, ftand in großem Anſehen bei Agathofles, 
dem Minifter des Ptolemaios IV. Bhilopator, 
nach deſſen Ermordung (204 v. E.) Ariſtomenes 
den neuen Minifter Tlepolemos verdrängte und 
Agypten mit Geſchick und Talent verwaltete. Pol. 
15, 31. 18, 36f. Er ftarb im J. 192 an Gift, 
weil er durch jeine Freimütigkeit dem jungen 
König Ptolemaios V. Epiphanes läſtig gewor— 
den war. 

Ariston, Agioror, 1) aus Chios, ein grie- 
chiſcher Bhilojoph der ſtoiſchen Schule um 275 v. E,, 
der in Athen lehrte, blieb, obwohl unmittelbarer 
Schüler des Yenon und Polemon, dem Syſtem 
feines Lehrers nicht in feinem ganzen lmfange 
treu, jondern verwarf den phyſiſchen und dialek— 
tiichen Teil desſelben und drüdte fid) über die 
Griften; der Gottheit ffeptiih aus. Nah ihm 
gab cs Feine Mitteljtufen zwischen Tugend nnd 
Lajter; die Tugend jet das höchſte und einzige 
Gut, alles übrige dem Weiſen gleichgültig. Cie. 
fin. 4, 12. 15. 25. Seine ®Werle (mepi narrınng, 
wriasız [Boss] 2dvor nal nölwr) find ver: 
foren. Zum lnterjchiede von dem folgenden Ar. 
— beide wurden ſchon im Altertum Häufig ver: 
mechjelt führte er den Beinamen Fserr, 
„Sirene“, und Balardos, „Kahltopf“. Rat. 
Saal, de Ar. Chii vita, scriptis et doctrina 
(1852). — 2) aus ber Stadt Julis auf der Inſel 
eos (daher Arlos und Towlarieng), ein Peripa— 
tetifer, Schüler des Lykou und nach deſſen Tode 
Nachfolger i in der Yeitung der peripatetijchen Schule, 


137 


um 225 v. C. Er hatte Gejhmad (voncinnus et 
elegan«), doch fehlte ihm ernjte Würde, und er 
gelangte zu feinem geltenden Anjehen, obſchon er 
viele gefeilte Werfe ſchrieb. Strab. 10, 486. Cie, 
fin. 5, 5. Cat. m. 1, 3. Erhalten hat jich nichts 
außer vielleicht drei Epigrammen i in der Anthologie. 

Aristonikos, WAgıororızog, 1) Redner und 
Staatsmann aus Marathon, Zeitgenojie des De: 
mofthenes, mit Hypereides (j. d.) auf Antipaters 
Befehl 322 v. C. Hingerichtet. — 2) ein grau: 
jamer Tyrann von Methymna auf Xejbos, der 
von den Admiralen Aleranders d. Sr. in Chios 
gefangen genommen, von Alerander den Methym— 
naiern ausgeliefert und von diejen graufam ge: 
tötet wurde. Arr. 3,2, 4f. Curt. 4, 5, 19 fſ. — 
3) ein unehelicher Sohn des Königs Eumenes 1). 
von Pergamos. Als Attalos III. fein natürlicher 
Bruder, die Nömer zu Erben feines Reiches eim- 
ejegt hatte (133 v. E.), ſuchte Ar. dasjelbe für 
a zu erobern. Er ſchlug 130 v. C. dem gegen 
ihn geſandten P. Licinins Erafjus, der auch in 
diejem Kriege fiel (Vell. Pat. 2, 4. Lir. ep. 59; 
nach Just. 36, 4 geſchah es ſchon 131); aber der 
Konſul M. Berperna befiegte ihn noch in demfelben 
Jahre und nahm ihn gefangen, worauf Ar. (129) 
in Rom getötet wurde, Just. 36,4. Vell. Pat. 2,4. 
— 4) aus Alerandreia, Beitgenoffe des Strabon 
und gelehrter Grammatiker, durch verjchiedene auf 
Homer bezügliche Werte befannt, von denen große 
Bruchftüde in den homeriſchen Scholien vorliegen, 
namentlich aus dem Werke megl anusior, einem 
Kommentare zu den fritiichen Zeichen des Ari: 
ftarchos. Die Reſte des Buches wegi anuslor 
IMddog hat Friedläuder (1853), Die ber Schrift 
zepl onuslov Odvoceieg Carnuth (1864) heraus- 
gegeben. — Berichieden von dieſem ift 5) der 
mehrfach citierte Ar. von Tarent, der über mythiſch— 
hiftorische Gegenftände ſchrieb. Vgl. Müller, fragm. 
hist, (irnee. IV p. 337. 

Aristophänes, Agtoropdrng, 1) der Komiler, 
gehört jedesfalls durch feine Geburt Athen an. 
Die Zeit feiner Geburt fteht nicht feit; wahr: 
ſcheinlich fällt fie um 452 v. E. Sein Todesjahr 
war ohne Zweifel, da er bald nad) der Aufführung 
des Plutos (389) farb, das Jahr 388. Seine 
Söhne waren Araros, Philippos und Nikoftratos, 
die nach des Baters Tode ebenfalls mit Dramen 
auftraten. An einem näheren Berhältnifie ſcheint 
Ar. zu den beiden Scaufpielern und Tichtern 
Philonides und Kalliftratos geitanden zu haben, 
die feine eriten Stüde Jaradeig (427) und Ba- 
Primvını (426) auf die Bühne brachten, jowie er 
auch mit Blaton wohl befannt und befreundet war. 
Ars Lebenszeit fällt alſo in die Zeit des pelo: 
ponneſiſchen Krieges. Er gehörte aber leineswegs 
der Friegäluftigen, demokratiihen Partei an, fon: 
dern befämpfte dieje vielmehr und bot alles auf, 
jeine Mitbürger zum Frieden zu ftimmen. Er it 
der einzige Dichter der älteren attiſchen Komödie, 
bon dem uns noch vollitändige Dramen (und zwar 
11) erhalten find. Unter ihnen nehmen nad) der 
Chronologie ihrer Aufführung die Acharner. 
"Ayaorijg, die erfte Stelle ein, benannt nad) dem 
ans Acharnern beftehenden Chore (aufgeführt 425). 
Mit diefem Stüce, welches noch unter einem frem- 
den Namen auf die Bühne gebracht wurde, da der 
Dichter noch nicht das zur Aufführung von Dramen 
gejeßlich beftimmte Alter erreicht hatte, trug Ar. 


138 


den Sieg über Kratinos und Eupolis davon. Es 
joll durch Darftellung der Freunden und Segnungen 
des Friedens die Athener zum Frieden bejtimmten. 
Die Ritter, "Inzijs, das erjte Stüd, welches Ar. 
in eigener Perſon aufführte und im dem er ſelbſt 
als Schaufpieler auftrat (424), geißeln mit wahr: 
haft vernichtender Kritik den charafterlojen Demos 
und jeinen Führer, den damals allmächtigen De: 
magogen Nleon <. d.). In komiſcher Ofonomie 
und im der Vollendung der Rhythmik und Form 
find jie das Meifterftücdt des Tichters. Tie Wol: 
ten, Negpihaı (aufgef. 423), Tollen die verkehrte 
philojophiiche Richtung der Zeit, die metaphyſiſchen 
$rübeleien und die der wahren Bollsmoral jo 
nachteilige Sophiftit lächerlich machen (vgl. Leſſings 
Dramaturgie 11 S.91), als deren Vertreter dem Dich: 
ter irrigeriweile Sofrates erſchien. Sie jind uns 
in eier vom Dichter ſelbſt bejorgten, wie cs jcheint 
nicht zum Abichluß gelommenen, Überarbeitung 
erhalten. Die Weipen, Epixes (aufgeführt 422), 
befämpfen die Prozeßſucht der Athener. Der 
Friede, Elerjen, im nächſten Jahre auf die Bühne 
gebracht, empfichlt den Frieden. Die Bögel, 
Ooriteg (414), das längfte Stüd des Dichters und 
vielleicht das vollendetjte Luſtſpiel des ganzen Al: 
tertums, parodieren in ihrer Daritellung der Wol— 
fenfududjtadt und der Göttergejandtichaft in er: 
getzlichſter Weiſe die durch die jiciliiche Expedition 
zu den abentenerlichiten Hoffnungen und Erwar: 
tungen erregte und verblendete Eigenliebe und 
Herrſchſucht des atheniichen Volls. Die Theſmo— 
phoriazujen, @souopogidfovse (411), ver: 
ipotten den Euripides, den die das Feſt der Demeter 
Peauopogog feiernden Frauen wegen jeines Weiber: 
haſſes (wıooyveng) vor Gericht fordern und nad 
vielen vergeblichen Verſuchen endlich freiiprechen. 
In der Lyſiſtrate, Avsıorgdrn (in demielben 
Jahre aufgef.), juchen die Weiber von den Männern 
den Frieden zu erzwingen. Die Fröſche, Ba- 
roayor (405), find gegen den Verfall der tragijchen 
Kunſt, als deren Berderber Euripides dargeitellt 
ift, geichrieben. Die Ekkleſiazuſen, ’Errinoıd- 
fovocı (392), jollen die in jener Zeit in Umlauf 
gefommenen idealen Staatsformen mancher Bhilo- 
ſophen periiflieren, befunden aber die Ermattung 
der Dichterkraft. Mit dem legten Stüde, dem 
Plutos, /lloöürog, in welchem der bherunterge: 
fommene Gott des Neichtums durch einen ehr: 
lihen Bürger von feiner Blindheit geheilt wird, 
machte Ar. einen Übergang zu der neueren atti: 
ichen Komödie. Es liegt uns, wie die Wolfen, 
in der zweiten umgearbeiteten Gejtalt aus dem 
Jahre 388 vor. — Die geſamten Stüde des Dichters 
betrugen nach der einen Zählung 54, nach einer 
andern 44, doch erflärte man jchon im Altertume 
4 für unecht. Jetzt ergeben fid) 37 fichere Titel. 
Eine große Anzahl von Fragmenten ift noch er: 
halten. Der Zwed, welcher in allen Komödien 
des Ar. mehr oder weniger hinter dem oftmals 
anftöhigen Witz und Scherz hervortritt, iſt nicht 
der einer bloßen Unterhaltung und Ergeplichkeit, 
jondern ein höherer und edlerer. Wir bewundern 
an ihm eine Kraft der komischen Poeſie, wie fie 
feine Pitteratur weiter aufzuweiſen hat; es herricht 
bei ihm die höchite Spannung der fomiichen Kon— 
trafte, ein unerichöpflicher Witz, der in der ganzen 
Anlage des Stüds, in Plan und Handlung, in 
der Auffaſſung und Darftellung der Charaktere, in 


Aristophon. 


einzelnen Sitwationen und Einfällen ſich zu er: 
fennen gibt, dabei eine jcheinbare Willfür und 
Negellofigkeit zeigt, die dem Zwecke der alten 
Komödie entipricht und mit allem ihr lojes Spiel 
treibt, bisweilen aber aud) in eine Derbheit aus: 
artet, die mit unſern Begriffen von Sitte, Anftand 
und Feinheit nicht wohl vereinbar ift. Er dedt 
die tolle Nenerungsiucht einer zügellofen Ochlo— 
fratie auf, aber er liefert zugleich „für uns das 
legte und grofartigfte Dokument des Selbitver: 
nichtungsprozefles, in welchem wir den griechtichen 
Sötterglauben zu Grunde geben ſehen“. Seine 
Sprache iſt ein vollendetes Mufter des reiniten 
Atticismus. Über die Okonomie jeiner Stüde 
vgl. Komoedia; zu feiner Charafterijtif über: 
haupt Nägelsbahs nachhomer. Theol. S. 467 ff. 
NRöticher, Ar. und jein Zeitalter (1827); über 
feinen Wert als hiftor. Duelle Müller-Strübing, 
Ar. und die hifter. Kritif (1873). — Oejamtansgg. 
jeiner Werfe von Invernizzi, Bed und W. Din- 
dorf (1795—1831, 3. Beller (1829), Bergt, 
(2. Aufl. 1857), Meinefe (1860), W. Dindorf 
(5. Aufl. 1869), Blaydes (1886; große Ausg. be- 
gonnen 1880); ausgew. Kom. von Th. Kock (+ Bdch. 
3. Aufl. 1878 ff). Ausgg. der Acdarner von N. 
Müller (1863), W. Nibbed (1864), Blaydes (1887); 
der Nitter von W. Nibbed (1867), von Beljen 
(1869); der Wolfen von Reiſig (1820), ©. Her— 
mann (2. Aufl. 1830), Teuffel (2. Aufl. 1868; 
mit dentichen Anmerkungen 2. Aufl. 1887); der 
Weſpen von Dirichig (1847) und Richter (1858); Des 
Friedens von Richter (1860) und Blandes (1883); 
der Theſmophoriazuſen von Frigiche (1838), Enger 
1844), Blaydes (1880) und von Bellen (1883); der 
Efflejiazujen von Blaydes (1880); der Lyſiſtrate von 
Enger (1844) und Blaydes (1880); der Fröſche bon 
Fritzſche (1845), Pernice (1856), von Beljen (1881) 
und Blaydes (1882); des Plutos von v. Beljen (1881) 
und Blaydes (1386). Die befte Überſetzung lieferte 
Droyſen (3. Aufl., 1880); andere Voß, H. Müller, 
Seeger, Donner u.a. — 2) Ar. von Byzantion, 
der Grammatifer, der frühzeitig nach Alerandreia 
fam und dort cin Schüler des Zenodotos und 
Kallimachos wurde, geboren um 260 v. E., wurde 
ſchon in vorgerüdtem Alter Vorſteher der Bibliv- 
thef und jtarb in einem Alter von 77 Jahren. Den 
Mittelpunkt jeiner grammatiſchen Studien bildete 
Homer, von dejien Gedichten er eine mit kritiſchen 
Zeichen veriehene Recenſion lieferte. Auch andere 
Dichter hat er behandelt. Die Ergebniſſe jeiner 
leritaliichen Forſchungen legte er in einem um— 
fangreichen, Ad&eıs betitelten, Werte nieder. Die 
Fragmente von dieſem und andern Werfen hat 
A. Naud (1848) gefammelt. 

Aristöphon, Agtoropar, 1) 6 "Aknwırvg, ein 
bedeutender Nedner in Athen nach dem Sturze 
der Dreißig, brachte 403 v. C. das Geſetz in Vor— 
ichlag, daf, wer vor dem Archontat des Eufleides 
geboren wäre, für einen VBollbürger gelten ſollte, 
auch wenn nur der Vater echt athenischer Abtunft 
wäre, die nachher Geborenen nur bei der Eivität 
beider Eltern in die Biürgerichaft » aufgenommen 
werden jollten. Athen. 13,38. Demosth. KEubul. 30. 
Bal. Schäfer, Demoithenes TS. 138 ff. d. 2. Aufl. — 
2) ein Nedner aus der Zeit des Demojthenes, bei 
dem Aiſchines Schreiber war und fich für Stants: 
geichäfte ausbildete. Seine Reden jind verloren. 
— 8) ein Dichter der neueren attiichen Komödie. 


Aristos — 


Fragmente bei Meinele, fragm, com. Graee. Ill 
p. 356 ff. (Il p. 675 ff. d. Hein. Ausg.), und Rod, 
com. Att. fragm. II p. 276 ff. 

Aristos, “Aossros, 1) ein Geichichtichreiber Ale: 
randers des Gr., aus Salamis auf Kypros. 
2) ein alademijcher Philoſoph, geb. in Wikalon, 


lehrte in Athen, Freund des Cicero und Xehrer | 


des M. Brutus. Cie. Brut. 97,352. ad Att. 
fin. 5, 3, 8. Mut. Brut. 2 

Aristoteles, ‘Agtororiing, aus Stageira (daher 
„der Stagirite‘, d Ireysıprens) in der maledoni: 
ſchen Halbinjel Ehaltidife am Strymoniſchen Meer: 
buien, geb. 384 v. C., der berühmte Stifter der 
peripatetijchen Schule, zugleich der tiefite und ume 
fafjendite Geift des ganzen Altertums. „Ariſto— 
teles ſteht“, wie Goethe in der frarbenlehre (2, 118) 
jagt, „zu der Welt wie ein Mann, ein baumeiiter: 
licher. Er umzicht einen ungeheuren Grundkreis 
für jeine Gebäude, jchafft Materialien von allen 
Seiten ber, ordnet jie, jchichtet jie auf und fteigt 
jo in regelmäßiger Form phramidenartig in die 
Höhe, wenn Plato, einem DObelijten, ja einer 
ipigen Flamme gleich, den Himmel jucht.“ - 
Seinen Bater Nikomachos, aus dem helleniichen 
Geſchlechte der Aiktepiaden, welcher Leibarzt bei 
dem maledoniſchen Könige Ampntas, Water des 
Philippos, war, verlor er jehr frühe, jedesfalls 
vor dem 17. Lebensjahre, worauf Prorenos von 
Atarneus die Vormundſchaft und Leitung über ihn 
belam, deſſen Sohn Nitanor er jpäter adoptierte 
und mit jeiner Tochter Pythias vermählte. Die 
naturwijjenichaftlichen Studien feines Waters, der 
auch Schriftfteller in diejem Fache war, und die 
Verbindung mit dem maledoniichen Hofe haben 
frühzeitig auf die Nichtung jeines Lebens und 
Sinnes enticheidend eingewirkt. Als er fich im 
17. Lebensjahre, 367 v. E., nad Athen begab, 
war Platon dort nicht anweſend, jondern befand 
ſich gerade in Sicilien oder auf der Reiſe dahin, 
und Ar. lernte ihn deshalb erjt 3 Jahre jpäter bei 
jeiner Rücklehr kennen. Er verweilte im ganzen 
20 Jahre lang, bis 347, in Athen und ſcheint 
gegen das Ende diejes Zeitraums jchon ſelbſt als 
Lehrer der Beredjamteit aufgetreten zu jein; denn 
der darin von ihm belämpfte Iſokrates lebte zur 
Zeit jeines zweiten Aufenthalts in Athen nicht 
mehr; ebenjo fann ihn der als jein Buhörer ge: 
nannte Hermeias von Atarneus, mit dem ihn 
jpäter eine innige Bertrautheit verband, nur in 
diejer erften Periode gehört haben. Zu Platon, 
der ihn „den Geift feiner Schule“, roög rijg dıa- 
roßns, und borzugsweije den Lejer, drayrnarı)s, 
genannt haben joll, ftand er offenbar in dem Ber: 
hältnifje der reiniten Ehrfurcht und Pietät, und 
ichwerlich ift bei allen Berjchiedenheiten und jelbft 
Kollifionen, wie fie in dem Charakter zweier jo 
durchaus originaler und dabei völlig verichiedener 
Naturen leicht erflärlich, ja fait unvermeidlich er: 
jcheinen, die würdevolle Beziehung zwiichen beiden 
durch Reibungen und Feindſeligkeiten getrübt wor: 
den, wie fie die litterarijche Chronik des Alter— 
tums berichtet. Beim Tode Platons, 347, war 
Ar. auf einer Gejandtichaft für die Athener am 
Hofe des matedoniihen Philipp abweiend, wozu 
vielleicht die harte Behandlung der griechiichen 
Städte in Ehaltidife die Beranlaffung gegeben 
hatte. Dem Platon war in der Afademie fein 
Schweiteriohn Speufippos gefolgt, und Ar. verlich 


5, 1. 


139 


noch in demſelben Jahre Athen und begab fich 
nach Atarneus in Myſien zu dem ihm befreundeten 
und wohl jchon damals durch perjiiche Unterjochung 
bedrängten Herrſcher Hermeias, nach deſſen bal: 
digem Sturze er mit der Schweſter desſelben, 
ſeiner Gattin Pythias, nach Mytilene auf Leſbos 
zog (345), aber ſchon 2 Jahre ſpäter (343) an 
den maltedonischen Hof zur Erziehung des damals 
13jährigen Alerander berufen ward. (Der bekannte, 
bei Gell. 9, 3 erhaltene Berufungsbrief ift jchwer: 
lich echt.) Er blieb hier im ganzen volle 8 Jahre 
(bi$ 335), jcheint aber nicht mehr als die Hälfte 
diejer Zeit der eigentlichen Erziehungsaufgabe ge: 
widmet zu haben, da Alerander ichon 339 in des 
Baters Abweienheit das Amt eines Reichsverweſers 
bekleidete. Einführung in griechiſche Bildung und 
Yitteratur war natürlih das Hauptaugenmerk, 
das der Lehrer bei jeinem fürjtlichen Zögling ver- 
folgte; er ſoll eine eigene Necenfion der Jlias für 
ihn veranitaltet, ihn im die Tiefen der Spetula: 
tion, aber beionders in die Ethik und Politik ein: 
geführt und Liebe zur Natur ihm eingeflößt haben. 
Dennoch verfolgte Alerander wohl frühzeitig feinen 
eigenen Weg und mag von dieſer Seite der Er: 
ziehung durch eine gewiſſe Unbeugjamteit große 
Schwierigkeiten bereitet haben. Jedesfalls ift die 
centralifierende, weder geichichtliche noch nationale 
Verhältnifie mit ichonender Achtung behandelnde, 
Tendenz des mächtigen Königs nicht aus dem 
Geiſt jeines Lehrers hervorgegangen. Dagegen 
blieb die hohe perjönliche Achtung, die beide mit 
einander verband, nicht ohne einzelne bedeutende 
Wirkungen. Seine Baterftadt Stageira ward wieder- 
bergeitellt und mit einer von Ar. entworfenen 
Verfaſſung beſchenkt, auch Erejos auf Euboia ge: 
rettet ꝛe. Andererſeits unterftügte der König mit 
glänzender Freigebigfeit die naturwiflenichaftlichen, 
bejonders zoologischen Studien feines Lehrers und 
lieg mit den größten Opfern das erforderliche Ma: 
terial herbeiſchaffen. Mit Zurücklaſſung feines 
Neffen Salliithenes begab ſich Ar. 335 von der 
Reſidenz Bella wieder nach Athen und blieb dort 
13 Nahre. In dieler Zeit Ichrte er in einem, 
dem Apollon Auzsıog geweiheten atheniichen Gym— 
nafium, dem Avxsıor, und zwar zweimal des 
Tags vor einen verichiedenen Zuhörerkreiſe, näm— 
lich des Morgens vor einem engeren, ftreng ſpelu— 
lativen (dugoarei‘), des Abends vor einem gemiſch— 
teren, über die einfacheren, leichteren Teile des 
Sachs, Rhetorik, Dialektik, Ethit, megimarog (ent: 
weder von einer dortigen Halle oder einem Yaub- 
gange, oder von jeiner Gewohnheit, beim Vortrage 
nicht zu figen, jondern umberzugehen) Eotırog 
und Ösıkıvög; daher die eig, der fEw- 
regind und drgoarınd (doswregind), die auch jonft 
im Altertume vorfommt. Sem Bortrag jcheint 
atroamatiich, mithin in zufammenhängender Dar- 
ftellung, nicht dialogisch gewejen zu jein. Es traf 
ihn hier der Verluſt feiner Gattin Pythias, von 
der er die oben erwähnte gleichnamige Tochter 
hatte. Auch wurde das Verhältnis zu Alerander 
in den ſpäteren Jahren durch die rüdjichtstoie 
DOppofition jeines Neffen Kalliſthenes getrübt, der 
den König auf jeinen Zügen begleitete, um eine 
Darftellung jeiner Thaten zu liefern, aber aus 
Eitelkeit oder Ratriotismus den orientalischen Ten: 
Denzen jeines Sönners fich dergeitalt widerjeßte, 
daß er in den Kerler wandern mußte, mo er, wie 


Aristoteles. 


140 


es jcheint, an den Folgen erlittener Mifhandlung 
ftarb. Thatſächlich ift indeffen das Einvernehmen 
zwiſchen Lehrer und Schüler wohl jchwerlich je ge: 
jtört worden, wenn auch eine Verftimmung fich 
des Königs bemächtigte. Als jedoch mit des Königs 
Tode der mächtige Schutz für Ar. dahin war, 
wurde er von Demophilos der corßeı« angeklagt 
und jloh nach Chalfis auf Euboia, wohin ihn 
verwandtichaftliche VBerhältniffe zogen, 322, ſtarb 
aber dajelbft noch in demjelben Jahre, kurz vor 
Demojthenes, an einem chronischen Magenleiden. 
- Ar. ift während jeines Lebens verjchieden be- 
urteilt, zum Teil hart angefeindet worden; das 
Glück, das ihm widerfuhr, vielleicht auch ein na— 
türliches Selbtgefühl, von dem er nicht ‚frei ge: 
wejen jein mag, erwedten Neid und Haß gegen 
ihn, die wiederum manches ungerechte Urteil er: 
zeugten. Die Bürger jeines Geburtsortes ehrten 
ihn wie einen Heros und feierten jährlich zu jeinem 
Andenten ein Feſt, Aorororiisıe. Die Römer 
hatten troß Ciceros Empfehlung für jeinen Wert 
feine Empfänglichfeit und fein Berftändnis. Im 
Mittelalter ift er im wechſelndem Gejchide neben 
Platon ebenjo body emporgehoben, eifrig geleien, 
fommentiert und bewundert (am meiften jedoch von 
den Wrabern), als herabgezogen und verworfen 
worden. — Wr. erjcheint als ein denfender Be: 
obadhter, der alle Seiten des Univerjums beachtet, 
aber er nimmt zugleich die ganze Mannigfaltigteit 
der Ericheinungen und verarbeitet diejelbe jo, daß 
der tiefite jpefulative Begriff daraus hervorgeht. 
Die Philojophie ift ihm die denkende Erkenntnis 
des Univerjums. Seine Methode ericheint oft zu: 
nächſt als bloße Aufzählung, aber mit einer großen 
Vollftändigfeit der Momente, wodurd er zugleich 
zum eigenen Suchen und Finden der Notwendig: 
feit anreizt; dann aber weiß er mit großer Meiiter: 
ſchaft, wenn auch in einer oft ſchweren Darftellung 
und nicht in der anmutigen Form des platoni- 
ſchen Dialogs, die verſchiedenen Beſtimmungen zu 
einem Begriffe zuſammenzubringen. Auf dieſe 
Weiſe iſt er der Schöpfer vieler neuer wiſſenſchaft— 
licher Disziplinen geworden, wie denn die Gram— 
matik und Logik bei ihm in der erſten, oft noch 
ungeſchiedenen, Entwicklung eines Syſtems ſich 
befinden, die Rhetorik und Poetik und damit die 
ganze Kunſtphiloſophie, die — und Phyſio— 
logie, die Botanik, Anatomie und Pſychologie durch 
ihn ihre erſte wifienschaftliche eh befommen 
haben, überhaupt aber die Teile der Philojophie, 
wobei er die alte Einteilung der Dialektik oder 
Logik, Phyſik und Ethif zwar feithielt, aber auch 
zugleich die Unterjcheidung der theoretijchen und 
praftiichen Philoſophie ftärfer hervortreten lieh, 
Ichärfer von einander abgegrenzt und in eine 
ftrengere ſyſtematiſche Form gebracht wurden. — 
Gegenftand der Philojophie war dem Ar. das am 
meiſten Erfennbare, das Erfte und die Urjachen ; 
denn durch dieſe würde alles andere erfannt, die 
Prinzipien aber nicht durch die Subjtrate (bmo- 
neiueve). Das wejentlichite Wiſſen war ihm die 
Erlenutnis des Warum (ugıwraror tod eldlraı 
ro dıorı Pewpeir); weil nun aber die Vhilojophie 
jolhes gibt und dadurch vor allen Wiſſenſchaften 
frei und unabhängig dajteht, verdient fie den höchſten 
Preis. Jikor ovr, jagt er in der Metaphyſit, cog 
dr obdswlen abe Enroöusr yoelar Eriguv, chk 
worte Ardgwmos yaner Lhevhegog 6 abroü 


Aristoteles. 


Erenae wal un) üllov Dr, oüro xai «den uorn 
Ehevdige ovo« or —2 uorn] 74@ adrı] 
anrijg Evenev Lorır. dio xal dtmaiug ir oo“ 
irdgorivn vouikoro abrijs ij nrijcıe üröge 
Ö obr übıov un od £nreiv cnV “a ebror 
Zrıorrjunv. Und weiterhin bemerkt er über ihren 
hohen Wert noch folgendes: jr yag udkuor 
er 6 Beög Eyoı, Bela tor Imornuov dorı, nüv 
ei rıg row Yelov Ein. uörn & abrn rovrwr 
Äuporspwv Terugnnev' 0 Te 7aQ Deo done 
ro» alriov näcır eivaı nel don „TuS, nal rıv 
roeörnv N uövog N „udkuar ür Eyoı ö Dog. 
drayaaıotepet uir poor räoeı radrıs, ausivor 
Ö° oddeuie. In das Einzelne feine weit um- 
jaffenden Syſtems einzugehen, ift hier natürlich 
ganz unmöglich; jo viel mag daher nur hervor: 
gehoben werden, daß er einen wahrhaft tiefen 
Blid im die erzeugende Natur des Allgemeinen 
gethan, das Empiriſche mit dem Gedanfenmähigen 
innerlich verbunden und jo Die jonft jo weite 
Kluft zwiſchen dem Sinnlichen und Überſinnlichen 
(t& alotaröusra und r@ voodusve) gefüllt hat. 
Das Empirifche, in jeiner Syntheiis aufgefaht, 
war ihm der jpefulative Begriff. Bejonders wich— 
tig war darum auch jeine Unterfcheidung der beiden 
Eriftenzformen, der Möglichkeit, Öuvanıs oder 
potentia, des Keims, der alle Bedingungen und 
Seftalten, nur verhüllt und unentwidelt, in fich 
bejchlieft, und der Wirklichkeit, Evkoysı« oder 
actus, der Erfüllung der dee oder des Mög: 

lichen, noch nicht Berwirklichten, die jich im ethilchen 
Gebiete zur bejtimmten Erfüllung nad Zwecken, 
Evrellyee, ausbildete. — Ar, der wenige feiner 
ungemein zahlreihen Schriften (400 Bıßid«) bei 
jeinem Leben jelbft veröffentlichte, hinterließ feine 
durch fürftliche Gunft ſehr reich gewordene Biblio- 
thet jeinem Nachfolger im Lehrſtuhle, Theophraft. 
Dieje erite anjehnliche Bücherfammlung kam ſpäter 
nach Alerandreia und machte dort die Grundlage 
der ptolemaiischen Bibliothef aus, die bei der 
Einnahme der Stadt durch Julius Cäjar ein Raub 
der Flammen wurde. Die Handidhriften des Ar. 
fol Theophraft einem Neleus vermacht haben, der 
jie verwahrlojte oder, aus Furcht vor dem perga- 
menischen Sammlertriebe, in einem Keller ver: 
grub, wo fie 130 Jahre lang vergeflen und übel 
zugerichtet dalagen. Die jpäteren Ausbeflerungen 
Apellitons aus Teos mögen den Zuſtand derjelben 
eher verichlimmert haben, die Nömer aber, denen 
Sulla fie nad) Athens Eroberung als Bente zu: 
brachte, wußten wenig damit anzufangen. Erzählt 
wird danı weiter, da der Grammatiker Tyrannio 
Abichriften habe nehmen dürfen, Cicero und andere 
Römer dadurch Belanntichaft mit ihm gemacht 
hätten, ein Nhodier Andronitos jeine Schriften in 
rgeyuarsiar zerlegt und geordnet habe: dies alles 
ift jedody weniger beglanbigt, als leider die viel- 
fache Verderbnis des Schriftftellers unverkennbar 
it. — Seine Schriften find in wiflenjchaftlicher 
Ordnung folgende: 1) logijche, jpäter als öoyaror 
sufammengefaßt: a) narnyogiaı, die Grundbegriffe 
aller Ertenntnis; b) eoi £fpumreiug, von ber 
Auslegung, in ſprachwiſſenſchaftlicher Beziehung 
wichtig ; c) draivrıra noörega und Vorepa, jede 
in 2 Büchern, von den Schlüſſen und Bemeijen; 
d) romınd, 8 Bücher, von der Auffindung der 
Beweisgründe nad allgemeinen Gefichtspunkten 
(röroı); €) megl vopıorınar Elkyyor, 2 Bücher, 


Aristoxenos 


von der Auffindung der Trugſchlüſſe. — Dazu 
fommen folgende zwei aus der angewandten 
Sprachwiſſenſchaft: f) regen Inrogin, in 3 Büchern, 
von der dreifadhen Gattung der Berediamfeit, der 
Povlsvriun, dıxavını und Emidsiurinn) (eine andere 
ihm beigelegte önrogınn moög AltEavögor wird, 
vielleicht richtiger, dem Anaximenes von Lampjalos 
[j- Anaximenes, 2.] zugeichrieben); g) wegi 
romrerijg, von den Arten der Dichtkunft, haupt: 
jächlich der Tragödie, vielleiht Entwurf zu einem 
größeren Werke oder Grundlage mündlicher Lehr: 
vorträge, neuerdings von F. Nitter als unecht an- 
gegriffen, von H. Knebel und H. Dünker verteidigt. 
— 2) eigentlich philojophiiche: a) r« wer« 
z& puoınc, meift in 14 Bücher eingeteilt, ein nicht 
von Ar. herrührender Titel, dem diejer Teil viel- 
mehr ze@rn gQilocopi« hieß; vielleicht find dieje 
für fich beftehenden Abhandlungen erft jpäter zu 
einem Ganzen vereinigt; b) megi wuyüs, 3 Bücher, 
ein jehr vollendeter, aber jchwer verftändlicher 
Verſuch einer wiflenichaftlihen Begründung der 
Pinhologie; — die prowyrauovıra find ſchwer— 
lich echt; e) HOın& Nixondysıe, 10 Bücher, ebenio 
ausgezeichnet durch tiefen Anhalt wie durch edle 
Form; dagegen find die dına Ebönusıe, in 7 
Büchern, von dem Nhodier Eudemos nach jeinem 
Tode ganz in jeinem Geifte verfaßt, und aus beiden 
wieder die Adın“ ueyale, in 2 Büchern, ercer: 
piert. — 3) politijh:öfonomiiche: a) woAı- 
rind oder molırın) anpöasıg, 8 Bücher, vom Zweck 
des Staats, den verichiedenen Berfafjungs: und 
Regierungsformen, dem deal desjelben und der 
Erziehung; dagegen ift das wegen feines hiſtori— 
ſchen Reichtums gewiß bejonders wertvolle Wert, 
rolırsiaı molsov ovn (158 wirkliche Staatsver- 
faflungen in und außerhalb Griechenlands), bis auf 
einige Brucjftüde verloren gegangen; b) olnoro- 
uıxa, 2 Bücher, von weldyen nur das erſte mit 
den ariftoteliichen Ideen übereinftimmt, das zweite 
vielleiht von Theophraft if. — 4) mathema— 
tiſch-phyſitaliſche: a) ungarına zeoßlnuure, 
von Bitruvius in |. Werfe de architectura viel 
benugt; b) wegl droumr ygauuor, bon dem un: 
teilbaren Linien; ce) Yuan) dnpsacıg, 8 Bücher, 
das letzte vielleicht untergejchoben, allgemeine Ge— 
jege der Naturlehre; d) werewpoloyınd, 4 Bücher, 
woraus die unechte (von neueren Gelehrten bald 
auf Pojeidonios, bald auf Chryjippos und auf 
noch andere zurüdgeführte) Schrift: megi »öguov 
oder moös AktEavögov Enıoroii] nepl tod marrdg 
im wejentlihen ein Auszug zu jein jcheint; e) meel 
ougaroö, 4 Bücher; f) æxtol yerkccmg nal PBopäs, 
2 Bücher, g) driumr Beosıg nal aguonyoglaı, 
Bruchſtück aus einem verloren gegangenen größeren 
Werke: wegl onusior zeıunror; h) —A 
38 Kapitel. — 5) naturgeſchichtliche: a) megl 
too» Toroglag, 10 Bücher erhalten von dem gan: 
zen großen Werle von 50 Büchern (das zehnte, 
wenn auch echt, doch vielleicht nicht an der red)- 
ten Stelle); b) weel fowr uoplor, 4 Bücher; 
e) nsol fhw» yerkocws, 5 Bücher (vielleicht auch 
ein Teil jenes großen Werks); die Schrift weei 
perör ift unecht; d) eine Reihe von 11 fleinen 
Abhandlungen phyſiologiſchen Inhalts, gewöhnlich 


— Arkadia. 141 


wahrjcheinfich unecht. — Sechs ihm beigelegte 
Briefe find umecht; dagegen rührt der Hymnos 
auf die Tugend an Hermeias gewiß von ihm her, 
aber die unter dem Namen wendog ihm zuge: 
ichriebenen 58 Diftihen können hödhitens von ihm 
gejammelt fein. — Wichtige Ausg. feiner Werke 
von J. Belter mit den Scholien von E. U. Bran- 
dis, den Fragmenten und dem Inder von Bonik, 
im Auftrage der Berliner Akademie der Wifjen- 
ichaften (1831 ff.). Tertausgabe von Ehrift, Prantt, 
Sujemihl u. a. (Leipzig, Teubner, 1868 ff.). Ausg. 
der Fragmente von V. Roſe (1886), nad) deflen 
hartnädig verfochtener Meinung von den Werfen 
des Ariſtoteles, aufer Sammlungen von Problemen, 
nur Teile der PBolitif, der Poetik und der Meta: 
phyſik verloren find, ſodaß alles übrige unter Ar.s 
Namen Angeführte als untergeſchoben zu betrady- 
ten ift. ©. desjelben: Aristoteles pseudepigra- 
phus (1863). 

Aristoxönos, ’Agıoröfevog, a und 
Mufiter aus Tarent, um 318 v. E., Schüler des 
Ariftoteles, Verfaſſer zahlreicher Schriften (458), 
von denen fich die Aguovınd ororzeie in 3 Büchern 
und ein Zeil der ‘Puöwm& aroıysi« erhalten 

ben, in denen er zuerft eine wiflenichaftliche 

egründung der Muſik verfuchte. Vgl. Marquard, 
die harmoniſchen Fragm. des Ariſt. (1868) und 
die deutiche Überjeßung von Weftphal (1883), ſowie 
die franzöfiiche von Ruelle (1870). 

Ariusia, Aoıovoi«, Gegend auf Chios, wo ein 
treffliher Wein wuchs. Verg. E. 5, 71. Strab. 
14, 645. Plin. 14, 9. 

Arkadia, 7 Apradie, die Gentrallandichaft des 
Peloponnes, grenzte im N. an Achaja uud Sifyonia, 
im D. an Phliafia und Argolis, im S. an Lako 
nia und Meflenia, im W. an Eleia; es war die 
größte Landſchaft der Halbinjel und enthielt etwa 
90 IM. Die Grenzgebirge find leicht nach den 
vier Ed: und Gipfelpunkten zu überjchauen: Ery— 
manthos im NW., Kullene im NO., Par: 
non im SD., Kotylion im SW., welche mit 
einander verbunden ein faſt gleichleitiges Biered 
ausmachen. Innerhalb dieſer VBergränder breitet 
ſich jedoch feine tafelfürmige Hochebene aus, wie 
man gewöhnlich annimmt, fondern eine durch 
innere Verzweigung der Nandgebirge jehr mannig- 
fache Berglandichaft. Was für den Welten Europas 
die Schweiz, ift für den Peloponnes Arkadien. 
Der jchon bei Adyaja genannte Nordrand Arkadiens 
enthält in der Nichtung von D. nad W. den bis 
2370m hohen Kyllene (Ziria), Krathis Hagia 
Barvara), Krpvrirns und Erymanthos(Qlonos). 
Bon dem in der Mitte des Nordrands vorliegen: 
den Aroanijchen Gebirge (Khelmos) erjtredt ſich 
dem Dftrande parallel, doch um 312m höher, eine 
Kette von N. nah S.; zwiichen Mantineia und 
Methydrion fteigt fie zu einer Höhe von 1900m, 
welche die Alten Oftrafina (j. H. Elias) nannten, 
jegt ſich als Mainalos (j. Apanofhrepa, 1800 ) 
fort und vereinigt ſich als Boreion (Kravata) mit 
dem Südrande. Dieje mittlere Gebirgstette bildet 
die wichtigfte Gliederung des Yandes; jie trennt 
das offene (weftliche) Arkadien von dem geichlofie 
nen (öftlichen), welches leßtere eine durch Quer 


unter dem Titel Parva naturalia; €) wegl @xov- | züge in eine Anzahl Hochebenen getrennte ſchmale 


orwv, f) migl davuasıov arovsudrov, eine No- 
tizenjammlung, die vielleiht aus jeinen Kollef- 
taneen zujammengeftellt it; 


Blateaulandichaft bildet, wo in hochumgürteten 
Wafjerbeden die Waflerichäge fih jammeln, die 


g) meol zomuiror, | durd unterirdische Abzugstanäle, natürliche Spal- 


142 


Arkadios — Arkesilaos. 


ten in dem Kalkfteingebirge (Katabothren), nad | ein ferniges, arbeitiames, derb:fröhliches, zu Schlä- 
dem öftlichen oder weitlichen Meere geführt werden. | gereien geneigtes Gebirgsvolf, das die Mufif liebte, 
Den Dftrand Dftarfadiens bilden Karneates, | doch ohne höheren geiftigen Aufichwung. Agxwsı- 
yrfeion, Artemijion, 1770m hoc, und Par: | xor Bldornzue, eine arfadiihe Pflanze, Arcadius 


thenion (j. Roinos; bis zum Parnon. Weftarfa- 
dien, noch einmal jo breit als das öftliche, iſt ein 
ſchwer zu überidhauendes, von Gebirgen bededtes 
Yand, deſſen Gewäſſer entweder unmittelbar dem 


‚invenis waren ſprichwörtlich für einen dummen 


Menichen, Einfaltspinjel, bei Komikern — daher 
wohl zu bejchränten. Der Dialekt ift dem dorijchen 
verwandt, hat aber viele Berührungen mit der 


Alpheios zuftrömen oder dem gleich waflerreichen | aioliihen Mundart, bei. der achaiiſchen und boioti- 


Nebenfluffe desjelben, dem Yadon. 
bilden die Yamıpeia (Ktalliphoni) und das Pholoe: 
gebirge (Plateau von Lala Weniger hervortretend 
ft der Südrand, gegen Mefjenien die Nomiſchen 
Gebirge ( Tetraji) und dastyfaion (1420m, j. Dia- 
phorti), gegen Lakonien das niedrige Nordende 
des Taygetos. Auf dem Lyfaion befand jich 
das Hauptheiligtum der Arkader, wo die lykaiiſchen 
Spiele gefeiert wurden. Wichtig ift es bei 
einem jo geichlofienen Yande, die Hauptitraßen 
zu den Nachbarländern zu kennen: von Tegea 
nach Argos führte die Straße Tieoyos, von Man— 
tineia ebendahin der Weg Zerıg, der ſich in zwei 
Arme teilt, IIeivog, nördlih vom Artemijion, 
Kiiue& ſüdlich. Zwiſchen Arkadien und Achaja 
war eigentlich nur Eine ordentliche Strafe, die 
Schlucht Tlogivas nördlich von Pheneos. Am W. 
und ©. jind die Kommunikationen leichter. -— Die 
Ebenen find von geringer Ausdehnung, am be: 
trächtlichjten ijt die, in weldher Tegea uud Man: 
tineia lagen; das Hoyos medior öſtlich und 
Aknınedıor zeölor weitlih don Mantineia find 
Teile derjelben; dann die Ebene von Megalo- 
polis, deren einer Teil Ilagaıßecıor medior 
hieß. Im übrigen finden jich nur jchmale Thal- 
johlen oder die Flächen der geichlofienen Baſſins, 
welche durch den unzureichenden Abfluß zum Teil 
in Seen verwandelt find. — Die Bewäflerung it 
reichlih. Der Hauptſtrom ift der Alpheios (j.d.) 
mit jeinen Nebenzuflüfien. Ber Mantineia jließt 
der Ophis. Au dem Bajlin von Stumphalos 
bilden unbedentende Bäche den Stumphaliſchen 
See (ji. See von Zaraka), deſſen Gewäſſer unter 
K. Hadrian durch einen 12 Meilen langen Aquädukt 
nach Korinth geleitet wurden. Herakles tötete an 
diejem See die ſtymphaliſchen Bögel, von denen 
noch jebt die Ummvohner jabeln. In das Beden 
von Pheneos ergiehen ſich der Aroanios und der 
Dlbios. Der heutige See von Phonia bededt durch 
Verstopfung der Katabothren jegt dieje Ebene ganz; 
der chemalige Damm iſt verihwunden. Im M. 
finden ſich die Quellen der acdhatiichen Flüſſe Bu— 
raifos und Krathis, im welchen leßteren der Styr 
fällt, deilen giftiges Waller mur den Huf des 
Nofies verichonen ſollte. — Der eben geicdhilderten 
Beichaffenheit gemäß ift das Klima: im allgemeinen 
rauhe, friiche Gebirgsiuft bei jchneebededten Spitzen 
der Berge; in den Thälern ijt fie durch Ber: 
jumpfung oft feucht und ungejund. Ausgezeichnet 
ijt der herrliche Baumwuchs, bejonders die Eiche 
mit chbaren Früchten (Belarog), ſowie die der 
Viehzucht jo förderlichen Triften auf den Bergen 
mittlerer Höhe. — Die Arkader nannten fich jelbit 
Autochtbonen, die früher als der Mond waren 
(goorÄijwor); zu ihnen wanderten die Belaiger 
ein; Lytaon, der Sohn des Pelaſgos, und deſſen 
50 Söhne galten für die Gründer der meijten 
Städte. Die Bewohner, welche ſich auch dem Ein- 


fluffe der doriichen Einwanderung entzogen, waren | 





Den Wejtrand | jchen. Die vielen Heinen Republifen lebten, obwohl 


fie eine Art von Amphiltyonie bildeten und daher 
eine gemeinjame Laudesmünze hatten, ſtets im 
Feindihaft, daher politiihe Schwäche, bis fie 369 
v. C. den, freilidy verunglüdten, Verjuch machten, 
durch Anlegung von Megalopolis Einigung herbei- 
zuführen. Später war Arfadien Glied des achai— 
iichen Bundes, doch nicht als ein Ganzes, jondern 
die einzelnen Stadtgemeinden als jelbjtändige 
lieder. Zu den wichtigſten Städten (j. die einz. 
Art.) gehörten: Mantineia, ſpäter YAntigoneia, 
Tegea, lea, Ballantion, Styumphalos, Pheneos, 
Kleitor, Kynaitha, Pſophis, Orchomenos, Methy: 
drion, Aliphera, Lykoſura, Phigaleia, Megalopo— 
lis u. a. Strab. 8, 388. Paus. I. 8. Vgl. Schwab, 
Arfadien (1852); Curtius, Peloponneſos | ©. 153 ff.; 
Burfian, Geogr. von Griechenland II ©. 181 ff. 

Arkadios, Apxddıos, 1) ein Grammatifer aus 
Antiocheia, jünger als Herodian, lebte wahrjchein: 
lih im 2. Jahrh. n. E. Seine zahlreichen gramma- 
tiſchen Schriften find nicht erhalten. Unter feinem 
Namen beſitzen wir eine Accentlehre in 20 Büchern 
(repl roron), welche ein Auszug aus des be- 
rühmten Grammatiters Herodianos (j. d.) Werfe 
Kadolov roeoswdie ift; zuerit herausgeg. von 
Barker (1820), dann von M. Schmidt 1860.) — 
2) j. Arcadius, 

Arkas, ’dords, cidos, Sohn des Zeus und der 
Kallifto ſ. d.), Stammmater des nadı ihm be— 
nannten arladiichen Volkes. Er kultivierte zuerft 
die arfadijchen Pelajger, indem er fie Ichrte, die 
Wolle der Herden zu benugen und ftatt der Eichel 
foft ſich Brot zu bereiten, und teilte Arkadien 
unter jeine drei Söhne Azan, Apheidas und 
Elcatos; jein Grabmal war in Mantincia. Paus. 
8,4, 1ff. ©, 3. Op. met. 2, 405 ff. 468. fast. 
2, 183 ff. 

Arkeisios., "doxsicıog, Sohn des Zeus, Vater 
des Yaörtes (j. d.), der deshalb Aersııdöng heißt. 
Hom. Od. 16, 118. 24, 270. 

Arkesiläos, ‘Jexsorkaog, Arcesilas, 1)Arf. IV,, 
Nachkomme des Argonauten Euphemos und des 
Battos od. Mriftoteles, der von Thera aus um 
630 v. E. Kyrene gründete, Herricher von Kyrene, 
trug im N. 466 in den pythiſchen Spielen einen 
Wagenfieg davon, von Pindar in einer grohartigen 
Ode (pyth. 4) verherrlicht. — 2) der Stifter der mitt: 
leren Alademie, aus Pitäne in Niolien, blühte um 
300 v. E. Er genoß zuerft den Unterricht des 
Mathematifers Autolykos in feiner Baterjtadt, be- 
fuchte aber nach dem Tode jeines Vaters Seuthos 
die Schulen des Theophraftos und des Alademiters 
Bolemon in Athen. Er lebte dann nadı dem Tode 
des Krates als deſſen Nachfolger in der Afademie, 
wie es jcheint, bis zu dem hoben Alter von 75 
Nahren (er ftarb 241) und war, jeinem Borbilde 
Sofrates gleich, mehr als Lehrer thätig denn als 
Schriftfteller; wenigftens ift michts von Schriften 
desjelben auf ung gefommen. Ark. führte die dia- 


Arkonnesos — 


Armilla. 143 


logiihe Merhode des Sofrates wieder ein (Cie. |in welchem die Ahnenbilder (imagines) aufbewahrt 


pn. 2, ı) und befämpfte den Dogmatismus der 
ftoijhen Schule, deren Stifter Zeuon jein Mit- 
Ichüler in der Alademie gewejen war. Indem er 
dadurd bis zum Leugnen eines jeden feiten Grun— 
des im Wiffen und eines hinreichenden Kennzeichens 
der Wahrheit getrieben wurde, näherte er jich dem 
Porrhonismus, und die Alten willen ſelbſt nicht, 
ob jie ihm nicht zu den Steptifern zählen jollen. 
Cic. de or. 3, 18, 67: ex varlis Platonis libris 
sermonibusque Socraticis hoc maxime arripuit, 
nihil esse certi, quod aut sensibus aut anim» 
pereipi possit. acad. post. 1, 12, 45: negabat 
esse quidquam quod sciri posset, ne illud qui- 
dem ipsum, quod Socrates sibi reliquisset: sic 
omnia latere in occulto. Seine Argumentation 
über die Möglichkeit des Begreifens mußte ihn zur 
bloßen Annahme des Wahrjcheinlichen führen (Cie. 
acad. 2, 10), wobei er noch zwiichen dem zöloyor 
und dem mudaror unterjchied, indem er nur das 
eritere, nicht das legtere gelten lieh. Bei s .wt. Emp. 
ade. math. 7, 153 behauptet er, örL oböEr borı 
ustast Imuoriung, „al Ööäng Rpırjgıor 7) nard- 
Änyıs. eben yap Ir Yacı nardinypır nal ARTo- 
Anmtinig yavrasiaz suyaurddeoıv je dv sopö 
n ?v gailo yıvaraı. Ah’ dv re dv vopW yf- 
rırau, —2 toris, echꝛ re dv gavko, Ööfe, 
ui oböir &llo mapk reure 7) ubvov bvow« wer- 
silhnareı, woraus er dann am Ende den Schluß 
bildet: un obons Ö& xarainıpewg mavra Foraı 
darutdinern. 

Arkonnösos, "Agxörrnsos, 1) Juſel im Wigai: 
iichen Meere au der ioniſchen Küfte, auch Aſpis 
und Mafris genannt. Strab. 14, 643. —— 2) Inſel 
an der Küſte von Karien, bildete den Hafen von 
Halifarnafjos. Strab. 14, 656. 

Agxrıxös, arcticus, zum Bärengeftirn (Arktos) 
gehörig, am nördlichen Himmel befindlich, daher 
eirculus a. — septentrionalis, der nördliche Polar: 
freis, wie drrepxrınög, antaretieus, der jüdliche, 
jedod nur auf die Himmelsiphäre bezüglich, nicht 
auf die Erde. 

Arktinos j. Epos, 4. 

Arktos und Arktüros j. Sterubilder, 2. 

Arma j. Waffen. 

Armamenta ijt der Inbegriff alles deſſen, was 
an Tauwerk, Segeln, Rudern u. j. w. zur volljtän- 
digen Ausrüftung eines Schiffes gehört. 

Armamentarıum, ein Waffenplatz, wo Waffen 
aller Art vorrätig lagen, um fie im Zeiten der 
Not an diejenigen zu verteilen, welche nach ihren 
Bermögensverhältniffen nicht zur Führung von 
Waffen berechtigt waren und demuoch bei einer 
plöglihen Gefahr (tumultus) bewaffnet werden 
mußten. Auch Kriegsmaihinen und Wurfgejchofie 
zu Belagerungen wurden dajelbft aufbewahrt. Zu 
Rom war ein armamentarium bei dem Tempel 
der Tellus. Oic. har. resp. 14. Zur Staijerzeit 
hatten die jtehenden Heere auch in den Provinzen 
ihre Waffenpläge und Waffenwerkſtätten (fabrica, 
oftiecina armorum) unter Aufficht des magister 
fabram. Für die gelieferten Waffen wurde ebenjo 
wie für die Kleidung den Soldaten an ihrem Solde 
ein Abzug gemadt. Tac. ann. 1, 17. Cicero be- 
zeichnet mit diejen Namen die axsvodren in dem 
Kriegähafen von Athen (de or. 1, 14, 62), 

Armariam, ein Schranf zur Aufbewahrung der 
Koftbarfeiten, hauptſächlich der im Atrium ftehende, 


wurden. Auch Bücherrepofitorien hießen jo. 

Armatüra, 1) die Art der Bewaffnung, ſ— 
Waffen. — 2) metonym. die auf eine beftimmte 
Weife bewaffneten Soldaten, die Waffengattuug. 
Armatura levis d. i. milites leves; Dazu ge: 
hörten die rorarii (ferentarii) und accensi, jpäter 
die velites (vgl. Fröhlich, Bemerkungen zur mili- 
täriſchen Phrajeologie des Tacitus, 1886); Gegenſatz 
armatura gravis, ſchwerbewaffnete Soldaten, 
d. h. hastati, prineipes und triarüi. 

Armene (Aeusjvn, Xen. An. 6,1, 15; Agufrn, 
Strab. 12, 545), Stadt ud Hafen in Baphlago 
wien in der Nähe von Sinope; j. Aklimän ıd. h. 
weißer Hafen). 

Armenia, Zeusvi«, das Hochland an den oberen 
Flußläufen des Euphrat, Tigris uud Arares, be- 
wohnt von einem den weſtarianiſchen (medijchen) 
Stämmen verwandten Volle, das fih Hai, Bl. 
Haifh (d. h. Herren), davon jein Land iu perfiicher 
Form Hajaſtan, nannte. Nach Herodot (7, 78) 
waren Die Armenier phrygiſchen Stammes (vgl. d. 
unt. Asia minor), nad) Strabon (11, 530) thejja- 
licher Abkunft, Das Land zerfällt in "zwei Haupt: 
teile: 1) Grogarmenien, A. maior, A. 7 weydin, 
welches im D. an Medien (Nraresjlug), im N. an 
Albania und Iberia (Kyrosfluß), an Kolchis und 
Pontos (Paryadresberge), gegen W. an Klein 
armenien (Euphrat), gegen S. an Meſopotamien 
(Tigris) und Aſſyrien grenzte, in einer Größe von 
etwa 5000 Ml.; es begriff die heutigen Pro— 
pinzen Erzerum, Kars, Ban, Eriwan. — 2) Klein— 
arınenien, A. minor, A. 7) wıxgd, das durch deu 
Euphrat von Großarmenien gejchieden, häufig aber 
zu Kappadofien gerechnet wurde, indem cs erft jeit 
der Römerzeit jelbjtändig erſcheint. — Das Laud 
ift reich an Gebirgen, die zum Syjtem des Tauros 
gehören, im N. Die Paryädres montes (j. Bardyal), 
die montes Capötes (j. Dujif- Tagh), die Gor- 
dyaei montes Kurdiſche Gebirge), Niphates (j. 
Npat). Der große Waſſerreichtum des Landes 
(2 große Landſeen, Thojpitis oder Arſiſſa, j. See 
von Ban, und Luchnitis, j. Setwan) und die Nähe 
des Kaſpiſchen Meeres erleichterten den Abjap der 
trefflichen Brodufte des fruchtbaren Bodens. Eigent: 
liche Selbjtändigfeit haben die Bewohner wicht 
lange genofjen, jie waren den afiyriichen, dann den 
medijchen und perfiichen Königen unterthan und 
teilten das Schidjal diejer Reiche. Seit 150 v. C. 
bildete das Land unter den Arjakiden, einer Neben: 
linie der parthiichen Dynaftie, wiederum eim jelb- 
ftändiges Reich, das, durch die Römer mehrfad) 
verkleinert, endlich 415 n. E. zwiſchen Rom und 
ben „Königen des Safjanidenreichs geteilt wurde. 
— Die wichtigſten Städte jind: Artayata (Arte: 
ichad), jeit 180 v. E. ftarfbefeitigte — am 
Araxes, die uralte frühere Hauptſtadt Armauria, 
Tigranoferta, "gps Hauptftadt am Nifepho: 
rosfluß, um 80 dv. E. von Tigranes 11. —— 
Arſamoſata, Arzen Erzerum). — 
Strab. 11, 527 ff. 547 ff. Xen. 
An. 4, 3—5. f 
Armilla, Armband, Arınge: | 
ſchmeide, ein Schmud für rauen 
und Männer, gewöhnlid von 
Gold, mit feiner getriebener oder 
durchbrochener Arbeit und mit Edeljteinen ausge: 
legt; jehr beliebt war die Schlangenform (daher 





144 


ögpıg). Größere und maſſive waren eine Belohnung 
für tapfere Krieger (j. Dona militaria, 5.). 
Liv. 10, 44. Plin. 7, 28, 102, 

Armilustraum, ein Blag auf dem Aventiniſchen 
Berge, wo die Nömer jährlich ein Waffenfeit (armi- 
lustrium) mit Opfer und feierlichem Umzug der 
ancilia (j. Ancile) bei dem Scall der Tuba 
feierten, XIV. Kal. Novembr. Varr. 1.1.5, 32, 42. 
Fest. p. 16. Plut. Rom. 23. 

Arminins, ein Sohn des Fürften der Eheruifer, 
Segimer, diente als Jüngling gleich andern Ger- 
manen, wie es zu jeiner Zeit nicht felten mar, 
im römischen Heere und erhielt von Auguſtus das 
römische Bürgerrecht und die Ritterwürde. Vell. 
Pat. 2, 118. Rom jchien damals die germanischen 
Grenzvölker eingejchläfert zu haben, es ftredte jeine 
mächtigen Arme weit über den Rhein hinaus tief 
in das Herz von Deutichland hinein, feine Feld 
herren, namentlich Drufus, durchzogen das Land 
und juchten die Häupter der deutichen Stämme 
durch Bündniſſe und Geſchenke an Nom zu fejfeln. 
Da wurde Onintilins Barıs don Augquftus an 
die Spibe der römischen Legionen in Germanien 
geitellt, ein hochmütiger, roher, von ſchmutzigem 
Geize bejeelter Mann, dem ſchon von Syrien her ein 
böjer Ruf voranging, welcher die Germanen nicht 
zu behandeln wußte, jondern fie durch Einführung 
römischen Rechtes und andere Maßregeln der Härte 
und Strenge dermaßen reizte, daß ein Ausbruch 
ihrer Erbitterung nahe bevorftand. Arm. juchte 
ihm in feinem Vorhaben abſichtlich zu bejtärten 
und ſchloß jich Scheinbar den Römern immer enger 
an, deren Feldherren er durch feine Kenntnis des 
römischen Kriegsweſens und feine Belfanntichaft 
mit römischer Sprache und Sitte für fi einnahm, 
während er insgeheim jeine Landsleute aufreizte, 
ihre Häuptlinge zu einem Bunde gegen die fremd: 
herrichaft vereinigte und Varus durd) einen an: 
geblichen Aufftand zur Schwächung jeines Heeres 
verlofte. Zwar verriet der Cheruſter Segeites, 
Scdywiegervater des Arm, den Nömern den Plan. 
Varus aber glaubte nicht daran, rückte mit jeinen 
beiten Truppen durch wilde, rauhe Gegenden auf die 
vermeintlichen Empörer los und wurde im Teuto: 
burger Walde, wahrjcheinlich nahe an der Lippe, 
plößlich von den Germanen Herbſt 9 n. E.) über: 
fallen. Tae. ann. 1, 55. 60. Dio Cass. 56, 18 ff. 
Vell. Pat. 2,117 ff. Oros. 6,21. Das römiſche Heer 
verteidigte fih mutig, bis auch die Elemente fich 
gegen dasjelbe verjchworen und Sturm und hef: 
tiger Regen den Widerftand brachen und die (lie: 
der löften. Varus ſelbſt, welcher verwundet war, 
ftürzte fi, da er den Untergang jeines Seeres 
vorausjah, verzweifelnd in fein eigenes Schwert, 
feinem Beiſpiele folgten viele der Seinigen, andere 
fielen durch das Schwert der Feinde; das Heer 
war faſt vernichtet, nur wenige entfamen. Dio 
Cass. 56, 20. JFlor. 4, 12. Vell. Pat. 2, 119. 
Groß war der Schreden, den dieje Nachricht im 
Rom verbreitete, bejonders bei Auguftus, doc 
wuhten die Deutichen ihren Sieg nicht zu benußen 
oder wollten es nicht. Die Römer rüjteten neue 
Heere unter Germanicus, aber Arm. widerjeßte 
fich ihnen mit Mut und Süd und befiegte jpäter 
auch den Bund der marfomanmiichen Bölfer im 
Öftlichen Dentichland, welcher die Freiheit Germa: 
niens micht weniger bedrohte als die Römer, im 
%. 17. Suet. Oct. 23. Taec. ann. 2, 44 ff. Strab. 


Armilustrum — Arpinum, 


7, 290. Well. Pat. 2,119. Wis er fpäter in Ber: 
dacht geriet, nach der Herrichaft zu jtreben, unter- 
lag er dem Neide jeiner Feinde, weldye nach Be: 
jeitigung äußerer Öefahren ihn für entbehrlich hiel- 
ten, und fiel, 37 Jahre alt, im J. 21 (nad) andern 
19) durch Meuchelmord. Doch ehrten jeine Lands— 
leute das Andenken ihres Befreiers noch in jpäteren 
Zeiten durch Lieder und Geſänge zu Ehren jeiner 
Thaten. Tuc. ann. 2,88. Die Bedeutung des Namens 
ift unbefannt, mit dem uhd. Hermann hat er nichts 
gemein. — Der von feiner Gemahlin Thujnelda 
Aowordida) in der Gefangenſchaft geborene Sohn 
Thumelicus (Oovuelıxos, Strab. 7,292) wurde 
in Ravenna erzogen. Quo mox ludibrio conflie- 
tutus sit (Tae. ann. 1, 58), wiſſen wir nicht, da 
die betr. Stelle des Tacitus, an der er davon be 
richtet hat, verloren ift. Göttling geſ. Abhand- 
lungen | ©. 397) hat vermutet, er jei als Gladiator 
erzogen worden, eine Hypotheſe, die Friedrich Halm 
in jeinem echter von Ravenna dramatiſch ver- 
wertet hat. 

Armorica j. Aremorica. 

Arne, Aern, 1) Stadt im ſüdweſtlichen Theſſa— 
lien, Hauptort der aioliſchen Boioter vor ihrer 
Auswanderung (Thuc. 1, 12), von den erobernden 
Thefjaliern Kierion genannt. Ruinen bei dem 
Dorfe Mataranga. — ?) Stadt in Boiotien, Hom. 
11.2,507 die „weinreiche‘‘ genannt, in der Gegend 
von Koroneia am Kopaiichen See, der die Stadt 
und ihr Gebiet überftrömt hat, jo daß jchen die 
Alten die Yage nicht mehr ficher wußten. 

Arnobius, ein Nfrifaner („Afer‘) aus Sicca, 
geit. um 330 n. E.; einer der bedeutendften und 
frühzeitigſten Schriftfteller der abendländifchen chrift- 
lichen Kirche. Erſt Nhetor in feiner Baterftadt, 
che er fich zum Chriftentum bekannte, jchrieb er 
um 295 in buntjchediger Sprache ein rhetoriich 
gehaltenes Werl adversus gentes (den, die Sei: 
den), in 7 Büchern, eine Apologie des Ehrijten- 
tums und reichhaltige Quelle der antiten Mythologie. 
Ausgg. von Satmatius (1651), Orelli (1816), Silde- 
brand (1844), Ohler (1846) u. Neiffericheid (1875). 

Arnus, j. Arno, der Hauptfluß Etruriens, ent: 
ipringt auf den Apenninen am M. Falterona und 
mündet 2 Stunden unterhalb PBijä in das Tyrrhe— 
niiche Meer. Strab. 5, 222. Liv. 22, 2. Tae. 
ann. 1, 79. 

Aromäta, r& Agnuara, Apwudrov Üngor, 
Handelsplap und Borgebirge an der Oftküfte Afrikas 
am Ende des Wrabiichen Meerbujens, benannt 
nach dem umliegenden Gewürzlande, j. Kap 
Suardafui. 

Arpi. “Horor, j. Ruinen Arpa bei Foggia am 
Fluß Ceſone, Stadt in Apulia, angeblid von 
Griechen (Diomedes, Liv. 22, 12: Diomeris cam- 
pus) gegründet unter dem Namen Aoyos "Inmior, 
woraus Argyripa, dann Arpi geworden jein joll. 
Sie blühte als freie Stadt durch Handel, bis fie, 
nad) dem zweiten punischen Kriege für ihre Ans 
hänglichteit an Hannibal mit dem Berlufte der 
Freiheit beftraft, bald in Verfall geriet. Stralb. 
6, 283. Liv. 24, 46 f. 

Arpinum, j. Arpino, volifijche, dann ſamnitiſche 
Stadt am Fibrenusflühchen unweit von deſſen Ein: 
fluß in den Liris, jeit 302 v. E. mit dem Bürger: 
rechte, jeit 188 auch mit dem vollen Stimmrechte 
von den Römern bejchenft. Hier waren Marius 
und Cicero (homo Arpinas) geboren, leßterer auf 


Arretium 


einer Billa, die nahe der Vereinigung des Fibrenus 
und Yiris ftand. 
den Briefen. Sall. Jug. 63. Bgl. die ſchöne Schil— 
derung am Schluß von Abelens Cicero in jeinen 
Briefen (1835). 

Arretium, 'Agerjzor, j. Arezzo, eine der be- 
deutendſten unter den Zwölfftädten Etruriens, öftlich 
gegen den Apennin gelegen (Liv. 9, 37. 10, 87), 
wichtig im zweiten punijchen Kriege, jpäter eine 
römijche Kolonie und Municipium ; von hier ſtamm— 
ten die Gilnier, die Vorjahren des Mäcenas. Die 
Stadt lag in der Quellgegend des Arnus in jehr 
fruchtbarer, trefflichen Wein und Weizen liefernder 
Gegend, war blühend und reich und berühmt durch 
Induſtrie, bejonders Waffenfabriten und jchön ge: 
fertigte Thonarbeiten, namentlich die arretinischen 
Bajen, welche jeit Anguftus bis ins 7. Jahrh. jehr 
gejucht waren. Sie waren aus leichtem Thon, 
ſchwarz und rot, geichmadvoll gearbeitet und mit 
Kunfjtgebilden verziert, und dienten den Bedürf— 
nijjen des Lebens jowie dem Schmude und Yurus. 

Arrlıa und arrhäbo, dogaßov, auch arra und 
arräbo geichrieben (ein jemitiiches Wort), das bei 
einem geichäftlichen Bertrage oder Abſchluſſe, be: 
jonders bei Kauf und Berfauf, gegebene Angeld, 
die Daraufgabe, wodurch die Berbindlichteit be- 
wiejen wurde. Es war verloren, wenn der An: 
zahlende jeinen eingegangenen Verpflichtungen nicht 
nachtam. Bom pignus, Pfand, unterichied es fich 
dadurch, daß diejes nach Erfüllung der Verbind— 
lichteit dem Geber zurüdgegeben, arrha dagegen 
bei der Zahlung in Abrechnung gebracht wurde. 
Zuweilen bedeutet es auch überhaupt Pfand, aud) 
ven Mahlſchatz bei Verlobungen. 

Arrhephoria, z& Agenpogıe, ein myiſteriöſes 
Feſt der dem Aderbau vorjtehenden Athene, in Athen 
beim Beginn der heißeſten Jahreszeit im Monat 
Stirophorion (Juni—Quli) gefeiert. Bon 4 Mäd— 
chen zwijchen 7 und 11 Jahren («oempögoı, Eoen- 
Pögor, Loanpogo:, Tauträgerinnen), welche mit 
dem jymboliichen Tempeldienft der Göttin auf der 
Burg betraut waren, trugen zwei in der Nacht 
des Arrhephorienfeites Gefäße mit unbelanntem 
Inhalte in einen unfern des Aphroditetempels in 
den Gärten befindlichen ummauerten Bezirk, wo 
fie in eine natürliche Höhle hinabftiegen und das 
Getragene niederjeßten, um etwas anderes, das 
ihnen auch unbelannt war, verhüllt zurüdzutragen, 
eine Geremonie, die der Athene als Taugöttin 
Pandrojos) galt und ſymboliſch das Niederinfen 
des Taus aus der Höhe und das Wufjteigen der 
Feuchtigkeit aus der Niederung zur Höhe bezeich- 
nete. Mit diefer Sendung beichlofjen fie ihr ein 
Jahr dauerndes Amt. Paus. 1, 27,3. Die beiden 
andern Mädchen waren an der Berfertigung des 
Beplos der Athene (ſ. Panathenaia) beteiligt. 

Arrhidaios, Aggıdaios, 1) ein Halbbruder 
Yleranders des Gr. und Sohn des Königs Philipp 
von der thejjaliihen Tänzerin Bhilinna (j. d.), war 
ihwadjfinnig (Diod. Sie. 18, 2. Just. 13, 2. Plut. 
Alex. 77), wurde aber trogdem nad Aleranders 
Tode unter dem Namen Bhilippos III.) neben 
dem Sohne der Baltrianerin Rorane zum Könige 
ausgerufen und mit der geiftig regjamen und von 
männlihem Mute bejeelten Eurydite vermählt. 
Obwohl letztere alles verjuchte, um ſich und ihrem 
Gatten Einfluß und Herrſchaft zu gewinnen, ge 
lang es ihr nicht. Im J. 317 v. E. kamen beide 

Realleriton des Maff. Altertums. 7. Aufl. 


145 


— Arri. 


| ‚in die Gewalt der Olympias und fanden ein 
(re, legg. 2, 1.3 und öfter im 


trauriges Ende (j. Eurydike, 7.). — 2) ein Feld— 
herr Aleganders des Gr., wurde Neichsverwejer 
nach dem Tode des Perdilfas (Died. Sie. 18, 30), 
aber im %. 319 v. E. durch Antigonos jeiner 
Statthalterihaft Phrygien beraubt. Diod. Sie. 
18, 52. 72. 

Arria ſ. Arrii, 6—10, 

Arriänos, Aogıavög, Flavius, aus Nikome— 
deia in Bithynien, Schüler des Philojophen Epiftet, 
Senator und Konjul in Nom, wurde im J. 136 
n. C. von Kaiſer Hadrian zum Statthalter von 
ftappadofien ernannt. Auch Antoninus Pins chrte 
ihn jchr und beförderte ihn zu höheren Ehren; 
von den Athenern erhielt er das Bürgerrecht. Er 
ftarb in jeiner Baterjtadt, wo er Die legten Jahre 
jeines Lebens zugebracht hatte. Sein Hauptwerk 
ift die Gejchichte der Feldzüge Aleranders des Gr., 
Iorogiuı kvaßdsewg Alsfdrögov oder Ardßasıs'A. 
in 7 Büchern, worin er jih XZenophon, den er in 
Stil und Darftellung mit Glück nahahmte, zum 
Vorbilde genommen hatte. Schon bei den Alten galt 
dieje Schrift, die zugleich auf die beften Quellen 
ſich ftüßte und dabei von einem in der Kriegs— 
kunst nicht unerfahrenen Manne abgefaßt war, für 
die befte über den großen König. Daran jchlieht 
jich feine Schrift über Indien (n "Irdırn, Indica), 
aus uns unbelannten Gründen im ioniſchen Dialekt 
geichrieben. Außer diejen beiden Schriften haben 
wir don ihm eine Feine Abhandlung über die 
Jagd (Kurnyerındg), einen Periplus des Schwarzen 
Meeres, ein Lehrbuch der Taktik (Tifgrn raxrızı), 
in einer leider durch viele Verderbniffe entitellten 
Form uns erhalten, womit vielleicht ein Heines 
Bruchjtüd über den Alanenkrieg zujammenhängt, 
außerdem mehrere philojophiiche Schriften, deren 
Abjafjung vor die der hiftorijchen Werle zu fallen 
ſcheint. Dahin gehören die philoſophiſchen Bor- 
träge in 8 Büchern (diargıßai "Erineijrov), mo: 
von noch 4 vorhanden find, in welchen er jich als 
Schüler des Epiktet und Anhänger der Stoa zeigt; 
ferner das Lyzeipidior ’Erıntiirov, ein Moral: 
fompendium. Mehrere philojophiiche und geſchicht— 
liche Werke find verloren gegangen, unter denen 
wohl jeine Geichichte der Nachfolger Alerauders 
(r& uer@ AltEarögor) in 10 Büchern das bedeu: 
tendfte war; Ilagtınd in 17 Büchern, die Kämpfe 
der Barther mit den Römern unter Trajan, be- 
jonders von Gajjius Dio benußt; Bıdwrıxd in 
8 Büchern, die Gejchichte Bithyniens von der mythi— 
ihen Zeit bis zur Vererbung an die Römer; 
Aarınn) und eine Geſchichte Pions und Timo— 
leons. Fälſchlich ift ihm beigelegt worden ein 
neginkong rg Lovdeäüs Bulasong, verfaßt im 
1. Jahrh. n. E. von einem ägypt. Kauffahrer, 
wahrſcheinlich in Berenike, herausg. von E. Müller, 
geogr. Graec. min. Il p. 257 ff., überjegt von 
B. Fabricius (1883). — Ausgg. der Anabafis von 
Schmieder (1798), 3. E. Ellendt (1832), 8. W. 
Krüger (1835 — 48; Schulausgabe 1851), Hart- 
manı (1856), Sintenis (2. Aufl. 1860; Tertaus- 
gabe 1867), Abicht (1871— 75; Tertausgabe 1876); 
der Scripta minora von Herder (2. Aufl. 1885); 
der Indica und des Periplus von E. Müller, 
geogr. Graec. min. I p. 306 ff. 

Arrii, ein aus Etrurien ſtammendes Gejchlecht, 
welches erjt jpät genannt wird: 1) Q.Arr., Prätor 
im J. 73 v. C., bejiegte einen der Anführer der 


10 


146 


Arrogatio — Arsinot. 


Sflaven, den Erirus, wurde aber von Spartacus | genannt von Seneca (ep. 114). — 3)L.Arr. Stella, 


als Proprätor befiegt, im J. 72. 


Bon dem jchwer | aus Patavium, Konjul unter Trajan, befannt als 


bedrängten Sicilien als Nadyfolger des Berres jehn: | Dichter, von Statius (silv. 1 und 2) und bejonders 


lid) erwartet, fonnte er die Verwaltung von Sici- 
lien nicht übernehmen, weil er auf dem Wege nad) 
der Provinz ftarb. Cie. Verr. 2, 15, 37. 4, 20,42. 
Ps. Ascon. p. 101. Lir. ep. 96. — ?2) D. Wrr., 
Prätor furz vor 63 v. E., meldete zuerft die Zu: 
jammenrottung der Anhänger Eatilinas nach Rom. 
Plut. Cic. 15. Er hoffte mit Cäſars Unterjtügung 
für das J. 58 das Konfulat zu erlangen (Cie. ad 
Att. 1,17, 11), täujchte ſich aber in jeiner Hoff: 
nung (daſ. 2, 5, 2. 7,3). Cicero, dem er in jei- 
nem Kampfe mit Elodius nicht beiftand, war jpäter 
mit ihm befreundet. Cie. Vatın. 12,30. Als Empor: 
fümmling verdanfte er die von ihm errungene 
Stellung weniger feinem Talente als feiner Ge: 
wandtheit. Als Redner lobt ihn Cicero (Brut. 69). 
Berühmt war das glänzende Mahl, welches er bei 
der Totenfeier feines Vaters dem Volke gab. Hor. 
sat. 2, 3, 86. — 3) und 4) jeine Söhne, berüchtigt 
als Schwelger. Hor. a. a. D. 243 ff. (par nobile 
fratrum). — 5) Arr. Varus, diente im Heere 
des Beipafian, zuerft in Armenien, wo er unter 
Eorbulo gegen die PBarther kämpfte, den er bei 
Nero anjhwärzte, dann in Pannonien. Im Kampfe 
gegen Bitellius kämpfte er bei Bedriacum (69 
n. E.), wurde dann prätorifcher Präfelt, ein 
Poften, von welchem er nachmals durch Intriguen 
entfernt wurde. Tac. ann. 13, 9. hist. 3, 16. 61. 
4,2. 68. — 6) Arria, Gemahlin des Cäcina Pätus. 
Als diejer nn Empörung gegen den Kaiſer Clau: 
dius (42 n. E.) zum Tode verurteilt war und jie 
ihn nad) allen ihren vergeblidhen Berfuchen zu 
jeiner Rettung in dem Entjchluffe, ſich ſeibſt zu 
töten, wanfen jah, ftieß fie fich zuerft den Dolch 
in die Bruft und reidyte ihn dann dem Gatten 
mit den Worten: Paete, non dolet. Plin. ep. 3, 16. 
Tac. ann. 16, 34. Dio (ass. 60, 16. — 7) ihre 
Tochter, Gemahlin des Thrajea rg (1. d.). — 
8) eine andere Römerin, Zeitgenojjin des Galenos 
und der platoniſchen Philojophie zugeneigt. Für 
fie jchrieb Diogenes von Laerte feine „Lebens: 
bejchreibungen der Philoſophen“. — 9) Arria 
Fadia, Tochter des Freigelaſſenen D. Fadius, Ge— 
mahlin des Triumvirs M. Antonius. — 10) Arria 
Fadilla: a) Gemahlin des NAurelius Fulvius, 
Mutter des Antoninus Pius; b) Tochter des Kaijers 
Marcus Aurelius und der Fauftina, Schweſter des 
Commodus. 

Arrogatio j. Adoptio. 

Arruntfus (Aruntius), 1) Qucius, Anhänger 
des Sertus Pompejus, dann (39 v. E.) des Octa— 
vian, in defjen Flotte er in der Schlacht bei Actium 
eine Abteilung befehligte. Im J. 22 war er Konjul. 
App. b. c. 4, 46. Plut. Ant. 66. — 2) 2. Arrun— 
tius, unter Auguft im J. 6 n. E. Konjul, wurde 
von dem fterbenden Kaiſer ald der Würdigfte be: 
zeichnet, die erfte Stelle im Reiche einzunehmen. 
Ziberius fürchtete den reichen, gebildeten und 
charakterfeften Mann und —— ihm deshalb 
nicht einmal, ſeine Provinz Hiſpanien ſelbſt zu ver— 
walten. Tac. ann. 6, 27. Kurz vor dem Tode des 
Tiberius gab er ſich, au von Sejan und Macro 
verfolgt, durch Offnen der Ader freiwillig den 
Tod (37). Tae. ann. 1, 13. 6,53 ff. Als Geſchicht 
ichreiber der puniſchen Kriege und als übertrei: 
benderNachahmer des Salluft(Sallustianus) wird er 


oft von Martial erwähnt. 

Arsäkes, Aocciuns, 1) ein perfischer Heerführer. 
Aesch. Pers. 996. — 2) Name der 31 parthiichen 
Könige, melde die Dynaftie der Arjatiden (250 
v. C. — 226 n. E.) bilden. Die erjten derjelben 
find: a) A. J., erjter König der Parther (250 
— 248), Stifter der Dynaftie, von Geburt ein 
Skythe, angeblich ein Achaimenide. Als ſyriſcher 
Unterftatthalter über einen Teil von Parthien 
empörte er fich gegen Antiochos II., tötete den 
Statthalter Agathofles, vertrieb Syrer und Mate: 
donier und gründete ein Meines Reich um bie 
Hauptftadt Helatompylos (j. d.). b) U. II. (Ziri: 
dates, 248—214), eroberte das übrige Parthien, 
befiegte Seleufos II. von Syrien 238 und machte 
ſich vollftändig unabhängig. ec) W. III. (Arte: 
banos J., 214—196), wurde 212 von NAntiochos 
dem Gr. befiegt und nad Hyrkanien vertrieben, 
jedoch bei dem Friedensſchluß im Beſitz des Reiches 
belafjen. d) WU. IV, 196—181. Weiteres ſ. Par- 
thia. — 3) Name von 5 Königen in Großarme— 
nien, wo eine Nebenlinie der parthiichen Arjafiden 
150 vd. E&.—428 n. E. regierte. 

ArsakYa, ’Apo«xia, Stadt in Medien (Choarene), 
zwifchen den portae Caspiae im DOften und der 
alten Hauptftadt Rhagai (f. d.) im Weiten, daher 
auch Rhageia genannt. Seleukos I. baute fie nach 
einem Erdbeben wieder auf unter dem Namen 
Euröpos. Unter den Arjatiden hieß fie Arjafia und 
war eine Zeit lang Wefidenz. Strab. 11, 514.524. 

Arsamosäta, Aosaussere, feſte Stadt in der 
armenischen Landichaft Sophene, zwiſchen dem 
Euphrat und den Quellen des Tigris. Taec. ann. 
15, 10. Plin. 6, 9, 10. 

Arsanlas j. Euphrates. 

Arses, 4oong, der jüngſte Sohn Artarerres’ IT. 
Ochos, auf den Thron gehoben durch den Agypter 
Bagoas nach Ermordung jeines Vaters, 338 vd. E,, 
hatte im %. 336 dasjelbe Schidfal, als er den 
Berfuh machte, fich der läftigen Herrſchaft des 
Bagoas zu entledigen. Arr. 2, 14, 2. 5. Diod. 
Sie. 17, 5. 

Arsia, 1) Grenzfluß zwiſchen Oberitalien und 
Illyricum, j. Arſa, daran die gleichnamige Stadt. 
— 2) Arsia silva, Wald in Etrurien, befannt 
durch die Schlacht zwiichen den Römern und Zar: 
quiniern, in welcher Brutus fiel, 509 v. C. Lie. 
2, 7 (Obooo» &lcog Plut. Popl. 9). 

Arsinöe, ’Agsıwon, 1) Amme des Oreftes, rettete 
ihn aus den Händen der Klytaimneſtra. Jind. 
pyth.11, 17. — 2) j. Alphesiboia und Askle- 
pios. — 3) Tochter des Ptolemaios Lagi und der 
Berenife, geb. um 320 v. E., wurde Gemahlin des 
Lyſimachos (300) und befam Herafleia jamt Ge— 
biet als Eigentum von ihm. Wach ihres Gemahls 
Tode (281) lebte fie anfangs zu Ephejos, dann in 
Makedonien in der feiten Stadt Kaſandreia, ans 
der fie vor ihrem Halbbruder und zweiten Gatten 
Ptolemaios Keraunos floh, welcher treulos ihre 
2 jüngeren Söhne aus erjter Ehe hatte ermorden 
lafien, 280. Bon Samothrafe aus, wohin fie jich 
gewendet, ging fie nad) Agypten und vermählte 
jih bald mit ihrem Bruder Ptolemaios Phila— 
delphos. Plut. Demetr. 31. Just. 24, 2.3. — 
4) Tochter des Lyſimachos von Thrafien, gleich: 


Artabanos — Artavasdes. 


147 


alls Gemahlin des Ptolemaios Philadelphos, wider | Z’aus. 4. Hdt. 7, 66. 9, 41.89. Thuc. 1, 129 ff. 


n fie eine Verihwörung anftiftete, deren Zeil: 
nehmer hingerichtet wurden, während die Königin 
mit der Berbannung nach Oberägypten büßen 
mußte. Paus. 1,7. Schol. Theoer. 17, 128. Ihr 
ältejter Sohn war der nachherige König Ptolemaios 
Euergetes. — 5) Gemahlin des Magas, Königs 
von Kyrene, wollte ihre dem Ptolemaios Euer: 
getes verlobte Tochter Berenife mit Demetrios, 
dem Sohne des Demetrios Poliorfetes, vermählen, 
verliebte ſich aber jelber in denjelben und reizte 
dadurch den Unwillen des Volkes jo jehr, daß ihr 
Geliebter in ihren Armen ermordet wurde, 250 
v. E. Just. 26, 3. — 6) Tochter des Ptolemaios 
Euergetes, vermählt mit ihrem Bruder Ptolemaios 
Philopator, eine friegeriiche Frau, welche in der 
Schlacht bei Raphia (217 dv. E.) mit ihrem Gemahl 
gegen die Syrer fämpfte. Miftrauen verleitete ihn 
zu ihrer Ermordung, um das J. 210. Just. 30, 1.2. 
— 7) Schweiter des Ptolemaios Dionyjos, wurde 
von dem Heere, welches im alerandrinijchen Kriege 
(48— 47) Bäjar und ihre von diefem begünjtigte 
Schweiter Kleopatra in Alerandreia einſchloß, als 
Königin anerlannt, während ihr Bruder in Cäſars 
Gefangenichaft war. Dio (ass. 42, 39 f. 42. Caes. 
b. Alex.4.2%. Nach Beendigung des Kriegs ward fie 
von Cäjar mit nach Rom genommen (Caes. a.a.D.33) 
und im Triumphe aufgeführt. Später (41) ließ fie 
Antonius in Ephejos ermorden. App. b. c. 5,9. 
— Mrjinod ift auch Name mehrerer Städte aus 
der Diadochenzeit, namentlich auf Kypros, in Mittel: 
und Unterägypten und in Aithiopien. 

Artabänos, Aordßaros, 1) Bruder des Dareios 
Hyſtaſpis, dem er den Skythenzug widerriet (Hdt. 
4, #3), Oheim des XZerzes, dem er in gleicher Ab- 
jicht die berühmte, inhaltsreiche Rede im verjam- 
melten Rate der perjiichen Großen hielt. Hadt. 7, 10. 
Er begleitete leßteren auf jeinem Zuge bis Abydos, 
fehrte dann zurüd und führte während deſſen Ab: 
wejenheit die Regierung. — 2) ein Sünftling des 
TZerxes und Anführer jeiner Leibwache, aus Hyr: 
fanien, ermordete jeinen Herrn und Gönner (Juli 
— August 465 v. E.), ward aber 7 Monate jpäter 
von Artarerzes, gegen den er ähnliche Pläne hegte, 
hingerichtet. J«st.3, 1. Diod. Sie. 11,69. — Den: 
jelben Namen führten 4 parthifche Könige aus der 
Dynaftie der Arjafiden. 

Artabazänes, deroßefarng, ältefter Sohn des 
Dareios Hyſtaſpis von der Tochter des Gobryas, 
Halbbruder des Kerres, machte dieſem die Regierung 
ftreitig (Hdt.7,2.3), mußte fich ihm jedoch unter: 
werfen. Juftin (2, 10) nennt ihn Ariämenes; er 
ift wohl derjelbe, der bei Plutarch (Them. 14) 
Ariamenes genannt wird. 

Artabäzos, Apräßafog, 1) einer der perfiichen 
reldherren im Sampfe des Kerzes gegen bie 
Griechen, belagerte und eroberte, nachdem er den 
nach der Schlacht bei Salamis nad Afien zurüd: 
eilenden Xerres bis Abydos begleitet hatte (dem 
Übergang über das ſchwache Eis des reißenden 
Strymon jchildert Aesch. Pers. 495 ff.), auf der 
Rückkehr nad Griechenland Olynth, ftich dann zum 
Heere des rdonios und zog ſich nach dem un- 
glüdlihen Ausgange der Schladht bei Plataini in 
raſchent Zuge mit 40000 Mann auf dem Land- 
wege nadı Byzanz zurüd. Terxes gebrauchte ihn 
darauf als Vermittler in jeinen Unterhandlungen 
mit dem ſpartaniſchen Könige Pauſanias. Nep. 


Diod. Sie. 11,31. — 2) ein Feldherr von Ar: 
taxerxes II. Mnemon, zeichnete ich zuerft im Kampfe 
gegen Datames (j. d.) aus; jpäter empörte er fich 
als Satrap von Phrygien gegen Artarerres II. 
Ochos, 357 v. E., und wurde von jeinen Schwägern, 
den Rhodiern Mentor und Memnon, jowie von 
athenijchen und thebanifchen Söldnern unterjtügt, 
mußte aber, alö es dem König gelang, die legteren 
ihm abipenftig zu machen, um 351 mit Memnon 
zu Philipp von Makedonien fliehen. Doch erhielt 
er auf Verwendung Mentors, der dem Berjerfönige 
inzwijchen in Agypten gute Dienfte geleiftet hatte, 
die Erlaubnis zur Rüdtehr. Dem Dareios Kodo— 
mannos diente er mit großer gr und 
ftand deshalb bei Alerander, der jogar des Arta: 
bazos Tochter Barfine heiratete, in hohem An: 
ſehen. Derjelbe machte ihn zum Statthalter von 
Baltrien. Diod. Sic. 15, 91. 16, 22 ff. 52. Arr. 
3, 21 ff. Curt. 6, 5. 7, 5. 

Artaei, Aeraio:, nannten fich nach Herodot (7,61) 
die Perſer, vielleicht ein Appellativ, . v. a. Heroen, 
von dem perjijchen Arta, groß. 

Artaphernes, Aeragpigrns, 1) Bruder des 
Dareios Hyitajpis, Statthalter von Sardes (Ildt. 
5, 25); belannter noch 2) jein gleichnamiger Sohn, 
der mit Datis ſich als Anführer an der erjten 
Erpedition nach Griechenland und an der maratho: 
niſchen Schlacht (490 v. E.) beteiligte. Hdt. 6, 94. 

Artaunum (Aeravvor, Ptol.), nad) einigen 
das jeßige Würzburg in Bayern, nad andern das 
alte von Drujus auf dem Taunus angelegte (Dio 
Cass. 54, 33), von Germanicus wiederhergeitellte 
Kaftell (Tac. ann. 1, 56), vielleiht die Saalburg 
bei Homburg. 

Artavasdes (bei den Griechen deraßd£ng, bei 
den Armeniern Artawazt), 1) Sohn des Tigranes 1. 
und König von Großarmenien, bot dem Craſſus 
auf feinem Feldzuge gegen die Parther Hülfe an, 
wurde aber von dem Partherkönige Drodes ge: 
ichlagen, ohne daß Craſſus ihm unterftügte, und 
machte Friede mit den Barthern. Plut. Crass. 19 ff. 
Dem Antonius führte er im J. 36 v. C. ein be: 
deutendes Hülfsheer gegen die Parther zu, verlieh 
ihn aber treulojerweije, weshalb ihn derjelbe im 
J. 34 befriegte, gefangen nahm und mit ihm jet: 
nen Triumph zu Alerandreia jhmüdte. Bier Jahre 
jpäter lieh ihn Kleopatra umbringen. Vell. Pat. 
2,82. Tac. ann. 2, 3. Plut. Ant. 37 ff. 50. 51. 
— 2) Sohn des vorigen, mußte vor den Römern 
zu den Barthern fliehen, welche ihn wieder ein: 
legten (Tac. ann. 2, 3), wurde aber jpäter infolge 
einer Verſchwörung getötet, ehe ein gegen ihn ab- 
gejandtes römiſches Heer die Grenzen Armeniens 
erreichte. Vell. Pat. 2, 94. — 3) König von Medien, 
Beitgenofje des erften Artavajdes von Armenien, 
unterftüßte die Barther im Kampfe gegen Antonius 
und jchlug ein römiſches Heer gänzlich, während 
Antonius jeine Hauptftadt belagerte. Plut. Ant. 38. 
Auch Antonius fämpfte ohne Glück gegen ihn; im 
%. 35 v. E. aber ſchloß Artavajdes mit Antonius 
ein Bündnis gegen Armenien und verlobte feine 
Tochter mit einem der Söhne des Antonius und 
der Kleopatra. Mit römischen Hülfstruppen fchlug 
er die Armenier und Barther, unterlag ihnen jedod) 
endlich und geriet in ihre Gewalt, als er diejelben 
und auch mediſche Truppen zu Antonius’ Heere 
ftoßen zu laffen gezwungen war. Sein Reich ging 

10* 


148 


verloren. Später erhielt er feine Freiheit, ſowie 
auch jeine Tochter von Auguſt, in deſſen Hände 
fie gefallen war, zurüd; jeine Befigungen dagegen 
ſcheint er nicht alle wiedererlangt zu haben. Plut. 
Ant. 53.61. Dio (ass. 49, 25. 40, 44. 51, 16. 54, 9. 

Artaxäta, r& Aordbare, armeniich Artaichat, 
Hauptftadt von Großarmenien, von dem armeni: 
ihen Könige Artarias während des Aufenthalts 
des Hannibal bei demjelben erbaut, am nördlichen 
Ufer des Araxes. Strab. 11, 528. Plut. Lue. 31. 
Troß ihrer fejten Lage wurde die Stadt doch mehr: 
mals erobert und verbrannt (Tac. ann. 6, 39. 
12, 50. 13, 39. 41 u. ö.), bis Tiridates fie wieder 
aufbaute und dem Nero zu Ehren Neronia nannte. 
Dio Cass. 63, 7. %. Ruinen Ardaſchar. 


Artaxerxes, doradloäns, Aproffofns (nad) | 


Hdt. 6, 98 |. v. a. ö ueyag denjios', perfiicher 
Königsname (Artathihatre) : 1) WU. I. Longima— 
nus (Maxgögeıe, LYanghand), Sohn des Kerres |. 
und der Ameftris, wurde durch die Ermordung 
feines Vaters im Sommer 465 v. C. König. Diod. 
Sie. 11, 69. Just. 8,1. Er hatte mit vielen Em: 
pörungen feiner Anverwandten und Großen wie 
der unterjochten Völker zu kämpfen. 462 ftanden 
die Agypter unter dem Libyer Inaros, dann unter 
Amyrtaios auf und wurden von den Athenern 
unterftügt; erſt der Seefieg Kimons über die Verier 
bei Salamis auf Kypros (449) führte zu einem Ab: 
fommen zwijchen Athen und dem Hof von Sufa. 
Ebenjo gefährlich war der Aufitand des Satrapen 
Megabyzos von Syrien (448—446), der über die 
gegen jein Verſprechen erfolgte Hinridytung des 
gefangenen Inaros erzürnt war; A. mußte ihn 
durch Nachgiebigkeit wieder gewinnen. Doch gelang 
es dem Könige, Ruhe und Ordnung im Reiche 
wiederherzuftellen und die zerrütteten Finanzen zu 
verbefjern. Bei feinem Tode (Ende 425) folgte 
ihm jein Sohn Xerres II. (ſ. d.). Thuc. 4, 50. 
Diod. Sic. 12, 64. — 2) X. Il. Mnemon, Sohn 
des Dareios II. Nothos, fam Ende 405 v. E. zur 
Regierung. Bon feiner Mutter Paryſatis weniger 
geliebt als jein Bruder Kyros, hatte er mit diejem, 
den der fterbende Dareios zum Statthalter Border: 
afiens ernannt hatte, einen heftigen Kampf um 
den Thron zu bejtehen, den Kenophon in jeiner 
Anabafis ichildert. Kyros unterlag ungeachtet der 
Hülfe jeiner griechiichen Mietstruppen im Herbſt 
401 in der blutigen Schlacht bei tunara, in welcher 
er fiel. Xen. An. !, 8—10. Darauf mußte 
Artarerres mit den Spartanern, die den ionischen 
Städten zu Hülfe famen, Krieg führen. Plut. Art. 3. 
Der König Agefilaos hegte ſchon damals den Ge- 
danfen, das perjiiche Reich zu erobern; doch ge: 
lang es dem Perſerkönige, durch Beitechung und 
Erregung von Unruhen in Griechenland ſelbſt die 
Gefahr abzuwenden (Friede des Antaltidas 387). 
Die innere Schwäche des Perjerreiches zeigte ſich 
unter dieſem jonft kräftigen Könige jo Har, daß 
derjelbe den Tyrannen Enagoras von Kypros faum 
nach achtjährigem Kampfe (376) zum Tribut zwingen 
fonnte (Diod. Sie. 15, 9); AÄgypten jtand von 
neuem auf und machte fich fat unabhängig; andere 
Provinzen gehordhten nur dem Namen nach. Blut: 
vergiehen und Mord mwüteten in der Königsfamilie ; 
des Königs ältefter Sohn Dareios, obwohl zum 
Ihronerben beſtimmt, tradıtete doch jeinem Vater 
nach dem Leben, weshalb er auf deſſen Geheiß 








Artaxata — Artemis. 


bejahrt. Plut. Art.30, Diod. Sie. 15, 93. Sievers, 
Geſchichte Griechenlands ©. 348 ff. — 3) A. IM. 
Ochos, des vorigen jüngjter Sohn, rottete faſt 
jeine ganze Familie aus (Just. 10, 3), untertwarf 
Agypten und Phoinikien, bejiegte den Catrapen 
Artabazos, beides mit Hülfe qriechiicher Söldlinge, 
um 350 v. E. Es gelang diefem Deipoten nod) 
einmal die Autorität des Herricherhaufes im ganzen 
Reiche herzuſtellen. Zuletzt gab er fich ganz dem 
Einfluße des ägyptiichen Eunuchen Bagoas hin, 
der ihn im N. 338 mit Gift tötete. Dior. Sie. 17,5. 
— 4) U. oder Ardeichir, der Stifter des neuperfi- 
jhen Neiches und der Dynaſtie der Safjaniden 
(226—651 n. E.). Er jtürzte den parthiichen König 


| Urtabanos 1V. vom Throne, eroberte die Satra- 


pien des Reiches, bejette auch das römische Meſo— 
potamien und ftarb 240. Die Safjaniden (j. d.) 
fmüpften ihren Stammbaum an die Achaimeniden 
an und ftellten im Gegenjaß zu der Fremdherr— 
ſchaft der Wriafiden altperjiihe Staatsordnung, 
Sitte und Religion wieder her. Herodian. 6, 2. 
Artaxias, ’dorafles (aud) Artares), erfter König 
von Grokarmenien, früher Statthalter in dieſer 
Provinz unter Antiochos dem Gr., nach deflen 
Beſiegung durch die Römer (190 v. E.) er fih un: 
abhängig machte und die Stadt Artarata gründete. 
Bon Antiohos Epipkanes wurde er befriegt, ge: 
fangen genommen und in Ketten gelegt, 165. App. 
Syr. 45. 66. Pol. 26, 6. 31, 15. Den Namen 
Artarias führen alle folgenden Könige Armeniens, 
das nicht wieder unter Syrien fam. 
Artemidöros, Aorewöopog, 1) Grammatifer 
zu Alerandreia um 230 v. E., der über den dorifchen 
Dialekt jchrieb und die Bukolifer jammelte. Er 
war ein Schüler des Ariſtophanes. — 2) Neifender 
und Seograph aus Ephejos um 100 v. E., beichrieb 
jeine Seereifen im Pontos Eureinos, Mittelländi: 
ihen und Roten Meere in einem auch von Stra: 
bon und Plinius benupten Werte, TIsgimkovs oder 
Tewypapovusve in 11 Büchern, wovon wir mur 
Fragmente und einen Auszug don Marktianos aus 
Heralleia befigen. Vgl. Stiehle in Philol. XI 
©. 193 ff. — 3) Beitgenofie des Hadrian und der 
Antonine, aus Ephejos, nadı der lykiſchen Stadt 
Daldis, dem Geburtsorte jeiner Mutter, 6 Sas- 
Öierog beigenannt, verfaßte Ovspoxorrizd in 
5 Büchern, um die Wahrjagung aus Träumen 
durch Thatjachen zu befräftigen. Dies Werk, in 
flarer und im ganzen reiner und anziehender 
Sprache und mit einer gewiſſen Begeifterung ge: 
ichrieben, ift zugleich ein Sittengemälde der Zeit 
und enthält manches zur Erflärung der Mythen 
des Altertums. Ausgg. von Reiff (1805) und 
Hercher (1864); Überjeßung von Krauß (1881). 
Art&mis, Horeuıg (von dpreunjs), Diana, Toch: 
ter des Zeus und der Leto, Schweiter des Apollon 
(j. d.), ift das weibliche Gegenbild ihres Bruders; 
doc find einzelne Seiten in dem Wejen des Apollon 
bei ihr mehr oder weniger ausgebildet als bei 
diejem. Wie Apollon vermag fie mit ihren Pfeilen 
Tieren und Menichen, beionders den Frauen, plöß- 
lihen Tod zu jenden (Hom. Od. 11, 172. II. 
24, 606); aber jie ift auch eine jchüßende, heil: 
bringende Göttin (owrsıoa, Sospita), Mit dem 
natürlichen Leben ift fie im engerer Verbindung 
geblieben als ihr Bruder, der jeine Wirfiamteit 
vornehmlich dem geiftigen Leben zugewandt hat. 


getötet wurde. Artaxerxes jtarb Ende 359 hoch: | Sie ift eine Spenderin frischen, blühenden Natur: 


Artemisia — Artemision. 


lebens, Licht und Leben bringend, eine Göttin der 
Geburten (elsidvıe) und Ernährerin der Jugend 
(novgorgöpos), fie hegt und pflegt Herden und 
Wild. Sie liebt die Tiere des Waldes, aber fie 
verfolgt fie auch; begleitet von den Nymphen des 
Waldes, ftreift fie jagend durch Gebirg und Wald. 
Hom, 0d.6, 102. Das freie Leben in der Natur 
ift ihre Freude; die Liebe hat fie nie befiegt, wie 
Apollon ift fie unvermählt. Dieje Idee einer jung 
fräulichen Jägerin hat jich bei Art. ganz beionders 
ausgebildet (cyeorigei, während an Apollon dieje 


Seite ganz zurüdtritt. Dagegen finden wir jonftige | 


Eigenſchaften des Apollon, wie die Beziehung zur 
Mufif und Weisjagung, bei Art. nur im ſchwachen 
Andeutungen. om, hymn. in Dian. 27. Pind. 





nem, 9, 5. 
erst anf, nachdem ihr Bruder zum Sonnengott ge 
worden ift. — Der Kultus der Art. iſt meiftens 


AS Mondgöttin und Hefate tritt fie 


mit dem des Apollon verbunden, In Arkadien 
dagegen erjcheint fie ohne Bruder, als nymphen- 
artige Jagdgöttin in Hainen und an Quellen ver: 
Un manden Orten, wie zu Brauron in 
a, zu Sparta unter dem Namen Opdia, die 
bende, wurde jie in älteiter Zeit durch 
blutige Menſchenopfer geſühnt. Die Menſchenopfer 
wurden ſpäter abgeſchafft; doch wurden in Sparta 
ad) immer an ihrem Feite Knaben gegeihelt, daß 
das Blut den Altar benepte. Dieje blutheiichende 
Göttin hieß auch die tauriiche; denn man glaubte, 
bigenein, die Tochter des Agamemnon (die 
tim ſelbſt hatte zu Hermione den Namen Jphi— 


149 


geneia), und Oreſtes hätten aus Taurien, wo eine 
der Art. ähnliche Göttin durch Menſchenopfer ge: 
ehrt wurde (Hdt.4, 103), das Bild und den Kultus 
der Göttin nach Griechenland gebracht. Die ephe— 
ſiſche Art. war eine ajiatifche Naturgöttin, welche 
wegen ihrer alles Yebendige nährenden Kraft mit der 
griechischen Art. identifiziert wurde. — Art. ward ge: 
wöhnlich dargeftellt als ſchlanke leichtfüßige Jägerin 
in furzen Gemändern, au Bogen und Köcher. 
Ihre Gefichtszüge haben Ahnlichkeit mit denen des 
Apollon. Als Mondgöttin trägt fie ein langes 
Gewand, hat einen Schleier über dem Kopfe, den 
Halbmond über dem Scheitel und in den Händen 
radeln. Die berühmtefte noch erhaltene Statue 
der Art. ijt die beigefügte A. von Berfailles im 
Louvre, ein Gegenftüd zu Apollon von Belvedere. 
| Sie ftellt die Göttin als Beſchützerin des Wildes 
dar; fie greift eben in Zorneswallung nach einem 
ı Pfeil im Köcher, um den Verfolger einer bei ihr 
Schuß juchenden Hindin abzuwehren. — Die rö- 
miſche Diana war wie Art. eine Licht und Leben 
bringende Göttin; jie wurde deshalb mit diejer 
identifiziert und erhielt in der römtjchen Litteratur 
alle die Eigenſchaften, welche der Art. in jpäterer 
griechijcher Zeit zulamen. Sie war Göttin der 
Jagd, der Geburten (Lucina), Mondgöttin und 
als ſolche gleid) der Hefate. Der Kultus der Diana 
war durch latiniiche Plebejer nadı Nom gebracht 
worden; daher galt jie vorzugsweije ald Schuß: 
nöttin der Plebejer und zugleich der Sklaven, der 
auf dem Apentinus, dem Hauptſitze der Plebs, von 
Servins Tullius, dem Freunde des niederen Vollkes, 
ein Tempel erbaut worden war (Aventina). Zu 
Aricia hatte die Göttin in einem Haine bei der 
Quelle Egeria unter dem Namen Nemorensis 
einen blutigen Kult, indem der jedesmalige Priefter 
(Rex nemorensis), der ein entlaufener Sklave war, 
jeine Stelle fih durch Erlegung feines Vorgängers 
im Zweilampfe erringen mußte. Man hielt daher 
dieje Göttin für die taurifche Art. und erzählte, 
‚ihr Dienft jei durch Oreſtes hieher gebracht worden, 
oder durd; Hippolyt, den Sohn des Thefeus, der 
nad) jeinem Tode von Aiculapius ins Leben zu- 
rüdgerufen und von Diana nad Aricia geführt 
worden jei, wo er unter dem Namen Birbius 
geherricht habe. Verg. A. 7, 761. Or. fast. 3, 263. 
6, 737. met. 15, 497. 

ArtemisYa, ’4orsuole, 1) berühmt durch ihre 
Teilnahme am Zuge des Xerges, beherrichte Hali— 
karnaß und einige andere Städte in Karien an 
der kleinaſiatiſchen Küfte, führte ihre 5 Schiffe 
ſelbſt an und zeigte im Kampfe bei Salamis Mut 
und Stiugheit. Hat. 7, 99. 8, 68ff. — 2) eine 
kariſche Fürftin, Schweiter und zugleich Gemahlin 
des Mauſolos (j. d.), ehrte das Andenken ihres 
Gemahls nad) jeinem Tode durch Erbauung jenes 
Pre Mauſoleums, weldyes jeine Aſche um- 
ichlo und zu ben 7 Wunderwerten des Altertums 
gerechnet wird (j. Halikarnassos). (ie. tuse. 
», 831. Val. Max. 4, 6, ext. 1. Diod. Sie. 16, 36 ff. 
Sie ftarb 349 v. E. nach kurzer Alleinherrichaft. 

Artemision, Aorsuioor, 1) Landipige und 
Küftenftrich im nördlichen Euboia mit einem Tempel 
der Artemis Proseva, befannt durch das erfte See: 
treffen der Griechen gegen Xerres (480 v. E.). 
Hdt.8,9 ff. Plut. Them. 8. Plin. 4,12, 64. Wahr- 
ſcheinlich das 1. Rap Pontikoniſi. — 2) Grenz: 
gebirge zwiichen Arkadien und Argolis, j. Malevo; 











150 Artemon 


auf jeinem Gipfel ftand ein Heiligtum der Artemis 
Dinvatis, das zu dem Gebiete von Dinoe gehörte. 
Paus. 2, 25, 3. 

Artemon, "4ertuor, aus Magnejia, jchrieb ro» 
xar’ dgsrijv yuvaıki mergayuersvuivror dınyn- 
nor, woraus vielleicht der tractatus de mulieri- 
bus (bei Weftermann paradoxogr. p. 213) ge: 
floſſen ift. 

Artolagänum, deroldyarov, Brotlucen, ein 
Badwerk aus Mehl, Wein, Milh, Ol, Fett und 
Pfeffer; laganum dagegen ein Kuchen aus Mehl 
und DI, eine Art Plinjen. Athen. 3, 79. 

AororwAıdes, Brotverfäuferinnen. Das Brot, 
aus Weizen oder Gerſte beitehend, wurde meift 
nicht im eignen Haufe gebaden, jondern auf dem 
Markte und in den Straßen von Berfäuferinnen 
feilgeboten. Diejelben jcheinen durd; ihre Fertigkeit 
im Schimpfen ſich hervorgethan zu haben (Aoıdo- 
ericheı Bonep korommlıdag, Arıstoph. Ran. 857). 

Arulönus j. Junii, II, e, 7. 

Arundo, ſowohl Scilf: als Pfahlrohr. Jenes 
gebrauchte man zum Schreiben. Das fejtere wurde 
zu PBfeilen und zu Angelruten verwendet. Auch 
die Doppelflöten wurden aus Nohr verfertigt. Or. 
met. 11, 154. (Es wurde bejonders gepflanzt und 
angebaut (wildes Rohr, canna), namentlich für die 
Joche, an melden der Wein gezogen wurde. 
Colum. 4, 22. 

Aruns, Arruns, Agpoörg, ein etrujliiches Wort, 
Name für die jüngeren Söhne überhaupt, während 
die älteren Lars oder Zar heißen: 1) der Bruder 
des Targquinius Priſcus. Liv. 1, 34. — 2) der 
jüngere Sohn des Tarquinius Superbus, der im 
Zweikampfe mit Brutus fiel. Liv. 2, 6 ff. — 3) Sohn 
des Porſenna. Lav. 2, 14, 5. — 4) ein etruſtiſcher 
Seher. Liv. 5, 33. 

Arnntius ſ. Arruntius. 

Arusiänus, Mejiius, um 395 n. C. verfaßhte 
zum Schulgebrauch die exempla elocutionum ex 
Vergilio, Sallustio, Terentio, Cicerone, welche 
fätfchlich dem Fronto zugejchrieben wurden. Das 
Buch ift eine, wahrjcheinlich für den Gebrauch der 
Rhetorenichulen beftimmte, alphabetijche Aufammen: 
jtellung von Wörtern, welche eine verjchiedene Kon- 
itruftion zulafjen, mit je einer Belegftelle aus jenen 
46 rifthellern. Ausg. von 9. Keil, gramm. Lat. 
Bd. VII p. 449 ff. 

Aruspices ſ. Divinatio, 16. 17. 

Arväles fratres, Flurbrüder, ein Kollegium 
von 12 Brieftern in Rom, über deſſen Einfegung 
j. Acca Larentia. Ihre Würde war lebens: 
länglih und fonnte nicht durch Verbannung oder 
Sefangenichaft verloren gehen. An der Spitze ſtand 
ein jährlich wechjelnder magister, der bei Todes: 
fall eines Mitglieds einen Nachfolger, ernannte. 
Sie trugen ald Zeichen ihrer Würde Ahrenkränze 
mit weißen Wollenbinden (infulae) um das Haupt 
und feierten jährlih an 3 Tagen des Mai, um 
Fruchtbarkeit der Felder zu erwirfen, das Saeri- 
fierium Deae Diae (wohl einer bejonderen Form 
der Ops) teil® in der Stadt, teils und bejonders 
in dem 5 Meilen von der Stadt entfernten lucns 
Deae Diae, weil fich in der älteften Zeit der römische 
Ader bis dahin erftredte. Unter den vielfachen 
Eeremonien wird bejonders ein Tanz erwähnt, den 
die Flurbrüder unter Abfingung eines altertüm- 
lichen Liedes in faturnifchem Versmaße, das wir 
noch bejigen, in dem Innern des Tempels im | 


— Ärzte. 


Haine der Göttin aufführten. Genauere Kunde 
—* wir durch die Protokolle aus der Zeit des 

eliogabal erhalten, welche Marini 1795 heraus: 
gegeben hat und die durch preußiiche Ausgrabungen 
in Rom jeit 1866 fehr vervollftändigt jind. Die 
letteren geben die Alten des Kollegiums aus den 
Jahren 58 und 59 n. E. und Bruchftüde, die vom 
%. 38 bis etwa 250 n. E. reichen. al. Henzen, 
acta fratrum arvalium (1874). — Verſchieden von 
diefem sacrificium D. D. war das Ambarvale 
sacrum (j. d.), das jeder Beſitzer auf feinem Lande 
zur Beit des Arvalfeftes in ähnlicher Weiſe au— 
ftellte; auch dabei fommt ein Lied und ein Tanz 
vor. Das Priefterfollegium beftand bis ins 4. 
Jahrhundert n. C. 

Arverni, eine der mächtigſten keltiſchen Bölfer: 
ſchaften in Aquitanien, der heutigen Auvergne (Dep. 
Run de Dome, Cantal und Haute-Loire). Strab. 
4, 191. Caes. b. a. 1,45. 7, 7.8. Ihre Hauptftabt 
war Nemoffus, ſpäter Auguftonemetum, j. Eler: 
mont-Ferrand. Bol. Gergovia. 

Arx, Burg, war während der Zeit der erjten 
römijchen Kämpfe mit den Städten Jtaliens in 
jeder irgend bedeutenden Stadt, die durch ihre 
Lage auf einem natürlichen Felſen oder einer 
fünftlichen Höhe nicht bloß hinlänglichen Schuß 
gegen feindlichen Angriff gewährte, ſondern auch 
bei plöglichen Überfällen den An: und Umwohnern 
einen fichern Zufluchtsort bot. Die Arx zu Rom 
gr aber nicht etwa zum Capitol (zwiichen 
eiden das intermontium mit dem Eichenhain, 
inter duos lucos, Liv. 1, 8, wo jich das alte 
asylum befand), fondern wird von Gicero und 
Livius ausdrüdlich davon unterjchieden, wiewohl 
beide auf demjelben Hügel, dem mons Capito- 
linus, lagen. Später wurde jene Unterjcheidung 
der Arr und des Gapitoliums verwijcht, weshalb 
Tac. hist. 3, 69. 78: arcem Capitoli und 71: 
Capitolinae arcis fores fagt, aber doch auch wieder 
beide trennt (ann. 11, 23: inspectante Capıtolio 
et arce Romana). 

Arybbas (Just. Arrybas), Aerßßas od. "deru- 
Bas, Fürſt der Molofjer in Epeiros feit etwa 362 
v. E., Oheim und Schwager der Gemahlin Philipps, 
der Olympias, wurde von feinem Neffen und Pflege: 
johne Alerander von Epeiros mit Hülfe Philipps 
von Makedonien im J. 352 entthront und aus dem 
Lande gejagt, Alexander dagegen zum Fürſten er: 
hoben. 4. lebte noch 10 Jahre und jtarb im Eril 
342. Paus. 1,11, 3. Dem. Olynth. 1, 12f. Diod. 
Sie, 16, 72. Just. 7, 6, 12. 

Ärzte, largoi, mediei, waren in Griechen: 
land jchon zu den älteften Zeiten bejonders wert, 
ja heilig gehalten, wie denn die Jatrif und Mantif 
als im genaneften Zuſammenhange ftehend betrachtet 
wurden; insbejondere freilich die Wundärzte, außer 
welchen Homer feine Arzte kennt. Der Götterarzt 
Paieon ift bei ihm noch von Apollon wejentlich 
verjchieden; außerdem aber tritt in der Menſchen— 
welt vorzugsweiſe Aiflepios (j. d.) hervor, den alle 
nachfolgenden Arzte als ihren meöyorog anjahen 
ıPlat. symp. p. 686. r. p. 3, 406, daher Aiflepia- 
den, Fayoroı ’Aaninmıoö), nebft jeinen beim troi- 
ichen Kampfe beteiligten Söhnen PRodaleirios und 
Mahaon. Bei den Griechen galt daher aud) die 
Arzneitunft als eine des Freien würdige Be: 
ichäftigung, während bei den Römern die Haus: 
ärzte oft Sklaven waren. Der von Herodot (2, 84. 


As — Asbestos. 


3, 129) gerühmte Reichtum Agyptens an Arzten 
bezieht jich offenbar auf die ftreng diätetijche Bor: 
fiht, die ein jeder dort üben mußte. In ganz 
Griechenland blieben fie in hohem Anfehen, tie 
fie es bei den Römern nie erreichen konnten. In 
vielen Staaten waren öffentlich bejoldete (dnuo- 
sıevorres), doch feineswegs ausichließlich, jondern 
daneben andere, die für ein Honorar (Mucdog, 
soorg«, largeia), das fie fidy bisweilen voraus: 
zablen ließen (vielleicht zur Dedung der, Auslagen, 
da es feine Apothefen gab und die Arzte jelbit 
die verordneten Mittel zubereiten mußten), ihre 
Kunſt übten, indem fie teils Bejuche in ihrem, 
zugleich als Apothele dienenden und mit Büchien 
(mräidrg, avlınddes), Inſtrumenten, Badegerät- 
ſchaften 2c. verjehenen Largeio» annahmen, teils 
zu den Kranken fich hinbegaben. In dem Empfang: 
zimmer des Arztes befanden fich auch jeine Ge- 
hülfen und Schüler, erftere oft Sklaven, wie denn 
Iranfe Sflaven meiſt von Sklaven, und zwar ziem— 
lich gewiffenlos (Plat. legy. 4, 720), behandelt 
wurden. Sympathetijche Kuren kamen öfter vor. 
Die Selbitheilung nad gewiſſen allgemeinen Bor: 
ihriften und Regeln (largeveodea: ara yodu- 
sera), die fein Individualiſieren zuläßt, verwarfen 
die Griechen gänzlich; die Römer dagegen, die 
nah dem Borgange des älteren Cato jich gern 
einen Commentarius mit allerhand Anmweijungen 
hielten, zogen fie im allgemeinen vor. Bei den 
riechen wurde die Sache überhaupt mit dem ge- 
wiſſenhafteſten Ernfte betrieben, und es jcheint, 
daß wegen Leichtjinns und Fahrläffigfeit ein Arzt 
zur Rechenſchaft gezogen werden konnte. Alle 
bedurften auch wohl einer Konzeſſion dom Staate, 
wenn auch feine Prüfung ftattfand, und mußten 
wenigitens den Nachweis liefern, einen tüchtigen 
Lehrer gehabt zu haben (Xen. mem. 4, 2, 5). 
Man verlangte von dem Arzte Gewiſſenhaftigkeit 
in der — Anſtand und Sauberkeit auch 
in der äußeren Erſcheinung. Mit unſeren Apo— 
theken haben die Quackſalberbuden der papue- 
xozökcaı (vgl. Hor. sat. 1, 2, 1) nichts zu thun; 
dies waren Marftichreier, die außer einigen Heil: 
mitteln für gewöhnliche Krankheiten auch allerlei 
andere Gegenftände verfauften, Gifte, Schminfe, 
Brenngläjer. Der Arzt war zugleich Chirurg nach 
dem geringen damaligen Umfange diejer Wiſſen— 
ſchaft. Schon aus religiöſen Gründen kommen 
Seltionen jelten, zu wifjenichaftlihen Zwecken 
vielleicht gar nicht vor. Erft jpäter teilte jich die 
Kunft im mehrere Zweige: Augenärzte, Zahn: 
ärzte u. j. w. Yu den berühmteiten gehören Hippo: 
frates (j. d., 5.) in Athen und Demofedes (ſ. d.) 
von Kroton, die ein ſehr hohes Gehalt bezogen. 
Die Tätigkeit der rationellen Arzte wurde viel: 
fah behindert durch das Treiben der Zauberer 
und anderer Berjonen, die dem mebiziniichen 
Aberglauben dienten (j. Zauberei). Bgl. Stoll, 
Bilder aus d. altgriedh. Leben ©. 492 ff. — Auch 
in Rom waren die Arzte durch ihre ars honesta 
(Cie. off. 1, 42) anftändig, wenngleid, der Beruf 
durch Sklaven oder Freigelaſſene geübt wurde. 
Auch der Arzt des Augustus Antonius Muſa ge: 
börte zu den Libertinen. 219 v. E. hatte jich der 
Peloponnefier Archagathos in Nom niedergelafien 
und in einer taberna eine Art chirurgifcher Klinik 
eröfinet. Andere jeiner Landsleute waren ihm 
gefolgt (Plin. 29, 11, 17). Aber die Römer der 


151 


alten Zeit betrachteten jie mit Miftrauen. Der 
alte Cato warnte feinen Sohn und behauptete, fie 
hätten fich verſchworen alle Barbaren, aljo auch die 
Römer umzubringen (iurarunt inter se barbaros 
necare omnes medicina, sed hoc ipsum mercede 
facient, ut fides iis sit et facile disperdant, Cat. 
fragm. p. 77 ed. Jord.). Sie betrieben ihr Ge— 
ichäft in einer Bude, lernten liberti zur Praxis 
an und bezogen dann einen Anteil von dem Ge— 
twinne derjelben. Größeres Anjchen gewann jchon 
in Ciceros Zeit Ajllepiades von Prufa. Cüſar 
verlieh ihnen das Bürgerrecht (Suet. Caes. 12). 
Seit der Kaiſerzeit wurden auch Arzte mit feſtem 
Gehalt angeftellt, teils bei Hofe, teils beim Militär, 
teils für die ftädtijchen Gemeinden. Die Zahl der 
Spezialärzte nahm zu; man findet medici ocu- 
larij, aurarii, Zahnärzte, Chirurgen, auch medicae 
für Frauenfranfheiten. Apotheken gab es nicht, 
wohl aber verkauften die Droguen- und Spezerei: 
handfungen fertige Medilamente, wenn diejelben 
nicht von den Ärzten jelbft bereitet und teuer ver- 
fauft wurden. Dann war das Meditament mit 
einer Etikette verjehen und gejchrieben; indeflen 
nn wir von den römiſchen Augenärzten eine 
große Anzahl Stempel von Blei, welche den 
Namen des Arztes, die Beitimmung des Mittels, 
die Beftandteile desjelben und die Art feiner Auf: 
löjung enthalten. Vgl. Grotefend, die Stempel 
der römischen Augenärzte (1867). 

As j. Münzen, 3. 

Asander, Aoarögos, 1) Sohn des Philotas (von 
Eurtius und Juftin fäljchli” Casander genannt), 
zog mit Mlerander dem Gr. nach Afien und wurde 
Statthalter von Lydien (334 vd. E.), ging zur Wer: 
bung frischer Truppen im %. 331 nach Europa 
und wurde nach jeiner Rüdfehr nad) Aleranders 
Tode 323 Statthalter der Provinz Karien, welche 
Berdiffad ihm 321 nehmen wollte. Just. 13, 4. 
Arr.1,17,7.4,7,2. Ourt.10,10. Deshalb jchlof 
er fich defien Gegner Antigonos an und juchte feine 
Statthalterjchaft zu erweitern, erregte aber dadurd) 
(316) des Antigonos Groll. Daher jchlug er fich 
auf die Seite Kine Gegner, kämpfte 315 gegen 
ihn, mußte fich aber im J. 313 ihm unterwerfen. 
Seine legten Schidjale find unbefannt. Diod. Sic. 
19, 62, 2. 68, 5. 75. — 2) ein Feldherr des Phar— 
nafes II. von Bojporos, gegen welchen er nad) 
deſſen Bejiegung durch Cäſar ſich empörte und ihn 
töten lieh, weshalb Cäſar ihn angriff, ſchlug und 
abjegte. Doch ſoll er in hohem Alter von Auguftus 
wieder eingejegt worden jein. Dio Cass. 42, 47 f. 
Caes. b. Alex. 78. 

Asarötum, dodewror, ein Mojaik: Fußboden, 
auf dem die weggeworfenen Speiferefte von einer 
Mahlzeit abgebildet waren, der das Anjehen haben 
jollte, als ſei er „nicht gelehrt“. Der Berga: 
mener Soſos verfertigte ſolche von beionderer 
Schönheit aus Steinen von verjchiedener Farbe 
(Plin. 36, 60). Kaiſer Hadrian ließ jolches Kunſt— 
werk in einer feiner Villen nachbilden. 

Asbestos, @oßsorog (unverbrennbar, nämlid) 
Aldog), ein grünmeißlicher Stein, der Amiant oder 
Bergflachs, aus deffen Faſern man jchon im Alter: 
tum das asbestinum sc. linum, die unverbrenn: 
bare Leinwand bereitete, die bejonders von den 
Römern zur Verfertigung jener koftbaren Leichen: 
tücher verwebt wurde, in die man die Toten hüllte, 
wenn man fie auf den Sceiterhaufen legte, damit 


152 Asbolos 
ihre Reſte umvermifcht mit der Holzajche ſich er: 
hielten. Plin. 19, 1, 4. 37, 10, 54. 

Ashölos, “Aoßokos, 1) ein Wentaur, der auf des 
Beirithoos Hochzeit gegen die Yapithen kämpfte und 
ipäter von Herafles gefreuzigt wurde. — 2) einer 
der Hunde des Altaion, der jhwarzzottige. 
Ov. met. 3, #18. 

Ascanius, Sohn des Nineias von der Kreuſa 
(Verg. A. 2, 666), bei den Römern Julus ge: 
nannt und” als Stammwater des juliſchen (Se: 
icylechtes angejehen, regierte nach einigen ſpäter 
Troja, nach andern begleitete er den Bater nad 
Italien und herrichte nach deſſen Tode dort über 
die Latiner und die von ihm gegründete Stadt 
Alba longa. Lie. 1,3. Bgl. Aineias. Nach an 
dern hieß er ein Sohn der Yavinia, weshalb man 
auc zwei Ascanii annahm und den Sohn der 
Kreuſa als den älteren betrachtete. 

Aseiburgium, Stadt der Gugerni in Ger- 
mania inferior, deren Entftehung die Sage dem 
Odyſſeus zufchrieb, vielleicht eins der 50 Raftelle 
des Drufus (Tac. Gern. 3. hist. 4, 33); j. wahr: 
ſcheinlich Asberg bei Moers, nad) Manert Eſſen— 
berg, Duisburg gegenüber. 

Asconlus, vollftändig D. Nic. Bedianus, der 
berühmte Ausleger des Cicero, war vermutlich zu 
Patavium 3 n. E. (oder noch etwas früher) ge: 
boren, jchrieb unter der Regierung des Claudius 
und Nero und joll im J. 88 geftorben fein, nad): 
dem er die legten 12 Jahre blind gewejen war. 
Seine hiftorischen Schriften find uns verloren ge: 
gangen; don den für jeine Söhne geichriebenen 
wichtigen Kommentaren zu Ciceros Reden aber 
haben ſich in der Bibliothek zu St. Gallen in 
einer, jpäter leider wieber verlornen, Handſchrift 
um 1416 Bruchitüde zu 5 Reden gefunden, zum 
Teil jedoch in beſchädigtem Zuftande. Sie betreffen 
die Reden gegen Piſo, für Cornelius, Scaurus, 
Milo und in toga cand. und zeichnen ſich durch 
hohen ſachlichen Wert wie durch trefflichen Stil 
aus. Dies gilt jedoch nicht von den in derſelben 
Handichrift gefundenen Kommentaren zur divina- 
tio in Caecilium und zu Verr. 1—3, die in ihrer 
breiten, unklaſſiſchen Sprache und faft nur gram: 
matijchen Erklärung früheftens aus dem 4. Jahrh. 
jtammen. Bejte Ausgaben in den Scholiajten des 
Cicero von Drelli und Baiter, jowie von A. Kieß— 
ling und R. Schöll (1875). Auch eine vita Sal- 
lusti und eine Schrift contra obtrectatores Ver- 
gilii verfaßte er. Monographie von Madvig (1828) 
nebſt Nachtrag (1828). 

Ascülum (aus Ausculum entftanden), Aorkov, 
1) Hauptjtadt der Landichaft Picenum in Mittel: 
italien, ſpäter Municipium, im — — 
kriege zerſtört, dann wieder aufgebaut, j. Aſcoli 
in der Mark Ancona, auf einem Berge, ge dem 
der Truentus (Tronto) vorbeifließt. Strab. 5, 241. 
Caes. b. e. 1, 15. 16. Cie, Sull. 8. Plin. 3, 13, 18. 

— 9) Stadt in Apulien, j. Aſcoli di Satriano, 
öfttich von Benevent, wo die Römer 279 v. E. vor 
Pyrrhos fi) zurüdziehen mußten und P. Decius, 
der Entel, fidh opferte. Plut. Pyrrh.21. Flor. 1,18. 

Asdrübal j. Hasdrubal. 

Asellio, Sempronius, römijcher Geſchicht— 
jchreiber im 2. und 1. Jahrh. v. E., im mu: 
mantin. Kriege Kriegstribun, verfaßte rerum ge- 
starum libri, deren Zahl mindeltens 14 betrug. 


Da er die Ereignifie, quibus gerendis ipse inter- |im 4. Jahrh. ı 


— Asia. 


fuit (Geil. 2, 13), behandelte, jcheint das Wert den 
Gharafter von Memoiren gehabt zu haben. Samm: 
u der Bruchftücde von Peter, hist. Kom. rel. I 

p- 178 ff. fragm. p. 100 ff. Abhandlung von 
Steltens (1867). 

Asia, Aole, 1) geographiid. Unter Afien 
veritanden bie Griechen in der ältejten Zeit nur 
die weftlichen Küften stieinafiens, ſpeziell Lydien 
(vgl. "Acıog Asıuov, Hom. Il. 2, 461, die Ebene 
am Kayſtros), ipäter, mit dem Fortichreiten der 
geographijchen Kenntniffe, wurde der Name immer 
weiter ausgedehnt und bezeichnete jeit Aiſchylos 
den ganzen Erdteil, joweit er in den Geſichtskreis 
der Hellenen fiel. Herodot nennt nebeneinander: 
Alien, Libyen und Europa (3, 115. 4,42). Als 
Grenzen gegen Europa galten zuerſt der Phaſis 
‘j. Non), der Arares (j. Aras und das Kaſpiſche 
feit Eratojthenes und Strabon der Tanais 

Don), die Palus Mäotis, Pontos Eureinos, 
—— Propontis, Hellespontos und das Ni: 
gaitiche Meer. Ebenjo wurde gegen Libyen an: 
fänglich der Nil, erft jpäter der Arabiſche Meer: 
bujen und die Landenge von Arfinoe (j. Suez) als 
Grenzicheide angenommen (vgl. Adt. 4, 40. 45). 
Ehe man Inneraſien genauer fannte, teilte man 
den Erdteil durch den Halysfluß oder das Tauros: 
gebirge in zwei Hälften: =. untere (wejtliche) 
und das obere (öftliche) A ., N &vo und N »dro 
"Acla, oder Aula 1) Evrög und 7) darög ron Alvog; 
Afien diesjeits und jenſeits des Tauros, A. 7) dv- 
tog und 7) arög ro Tedeov. Später lie man 
das untere Aſien bis über den Tigris reichen, weil 
dann nad Dften der Aufftieg auf das Gebirge be: 
ginnt, ſprach jedoch mehr von den einzelnen Län— 
dern als von dem ganzen Erdteil und gebrauchte 
den Namen Afien meift nur von Kleinaften, wenn 
man nicht, wie Juſtin, ausdrüdlich Asia mnior 
jagte. Der fernere Oſten war wenig befannt; Des: 
halb gab man A. die Geftalt eines Tänglichen 
Parallelogramms. Doc) hielt man es mit Recht für 
den größten Erdteil. Die Züge Aleranders des Gr. 
und die durch ihn veranlaßten Unterfuchungen, 
b B. die Fahrt des Nearchos von der Mündung 
es Indos bis zu der des Euphrat, haben den 
Alten Hocafien und Indien aufgeichlofien. Von 
da an wurden gan; Vorderindien mit Genlon, 
Malata und Java, auch einige Städte in China, 
ebenjo die Stothenländer am Kajpis und Araljee 
durch Eroberungen, Gejandtichaften oder Handels: 
reifen befannt. Das perfiiche Reich mit Ausnahme 
von Perſis, das eine Sonderftellung einnahm, um: 
faßte nach Herodot (3, 90 ff.) folgende 20 Eatra: 
pien: 1) Miolis, Jonia Doris, Karia, Lufia, 
Milyas, Vamphylia; 2) Myſia, Lydia Rabalia: 
5) Hellespontos, Phrogia, Paphlagonia, Kappa: 
dofia; 4) Kililia, Armenia minor; 5) Bhoinikia, 
Paläftina, Syria, Kypros; 6) — Kyrenaike; 
7) Sattagydä, Gandarii u. ſ. w. (Arachoſia); 8) 
Suſiane; 9 Babylonia, Aſſhria 10) Media; 
11) Kaſpii, Kaduſii, Hyrtanii 12) Baktriane; 
13) Armenia; 14) Sagartier, Sarangen (öftlich 
von Perfis); 15) Safer; 16) Parthyene, Sogdiane, 
Aria; 17) Parifani, aſiat. Nithiopen Gedroſia); 
18) Matieni, Sajpeiri, Alarodii öſtlich von Ar: 
menia); 19) Mosct, Tibareni, Moſynöti (am 
Pontos); 20) Indier. - Der Name Asia minor, 
AT mınod, a F rror, fommt erſt ſpät, etwa 
C., als Geſamtbezeichnung vor 


Asia prata — Asinii. 


für die jetzt Anadoli genannte Halbinſel, 
Grenzen im Dften Armenien und der Bergzug des 
Tarpadres, im SO. Syrien und der mons Amänus 
bildeten. Es waren 14 Landichaften: 1) im Weſten 
Myſia (mit Troas), Lydia, Karia; 2) im Süden 
Lytlia, Vamphylia, Kilikia; 3) im Inneren Phrygia, 
Piſidia, Galatia, Lyfaonia, Kappadotia; 4) im 
Norden Bithynia, Paphlagonia, Pontos. Asia 
propria oder proprie dieta, "A. 7) Öddog nalov- 
afen, oder auch einfach Asin, wenn nicht der Erd: 
teil gemeint war, hieß jpäter die römische Provinz 
Hauptſtadt Pergamom), welche aus dem Reich des 
Attalos 11T. 133 v. E. gebildet worden war. Sie 
umfaßte die Küftenftriche und Anjeln von Niolis, 
Jonia und Doris, ferner die Landichaften Myſia, 
Lydia, Karia und Phrygia (Cie. Flace. 27), und 
wurde anfangs von Proprätoren, jpäter von Pro: 
fonjuln verwaltet. Die Bewohner Kleinaftens 
gehörten den verichiedeniten Stämmen an. Soweit 
ſich bis jetzt ermittelm läßt, war das bedeutendite 
Voll, die Phryger, ariſcher Abkunft und mit den 
Armeniern nahe verwandt, wahricheinlich von dem 
armeniichen Hochland nad) Weiten gewandert Adt. 
7, 73, der nadı griechiicher Anjchauung Griechen: 
land als Mittelpunkt der Erde betrachtet, erklärt 
umgefehrt die Armenier für Abfömmlinge der 


Phrugier). Ebenjo hält man gewöhnlich auch die 
Lykier und die Kappadokier für Arier. Semiten 


oder doch ſtart mit Semiten vermijcht waren die 
Kilikfier und Lydier. An den Weſtküſten jaßen ur: 
iprünglich die Leleger, Belainer, Troer, Dardaner; 
fie wurden dann teilweiie verdrängt durch die thra 
fijchen Stänme der Myadonen, Myſier, Thynier, 
Bithynier. Unbekannt iſt die Abtunft der Paphla— 
gonen. — Ih mythologiic: 1) Ofcanine (Hesiod. 
theog. 359), Mutter des Prometheus (. d.). 
2) Tochter des Prometheus, nad welcher Ajien 
benannt jein jollte. Hat. 4, 45. — 3) Nereide 
(Hugin. praef. 2). 

Asia prata, 4oıog Asıudv, Verg. G. 1, 383. 
Hom. Il. 2, 461. Die fruchtbare afiiche Aue lag in 
Lydien ſüdlich vom Tmolos und joll dem ganzen 
Alien den Namen gegeben haben. 

Asinäros, ‚Asivegog, ein Fluß auf der Süpdjeite 
von Sicilien, wo die Athener 415 E C. geichlagen 
wurden. Thue. 7, 84. Plut. Nie. 2 Hier feierten 
jährlich am 7. Sept. die Spratufier ein Feſt, 
Afinaria genannt. 

Asine, Accen, 1) Stadt in Meffenien, das 
hentige Koron, am Eingange des Meſſeniſchen 
Koronaiiſchen, Afinaiifchen) Meerbufens, 40 Sta: 
dien nördlich vom Vorgebirge Afritas. Udt. 8, 73. 
Thuc. 4, 13. Strab. 8, 359. — 2) Küftenftabt in 
Yafonien. Thuc. 4, 54. Xen. Hell. 7, 1, 25. Yage 
unbeftimmt. — 3) Stadt der Dryoper am Argo: 
lichen Meerbuien (Hom. Il. 2, 560), von den 
Argeiern frühzeitig erobert und gerftört. 

AsinYi, ein plebejiiches Geichlecht, aus Teate: 
1) E. Ai. Pollio (Lachmann zu Lucret. 1, 313 
wollte Bolio), geb. 76 v. C. machte ſich zuerſt durch 
eine von Bompejus vereitelte Anklage gegen C. Cato 
bemerflih im 3. 54. Teac. dial, 34. Cie. ad Att. 
4,15, 4. Im Bürgerkriege ſchloß er fich aus per: 
lönlichen Gründen an Cäſar an, der ihn oft in 
feiner Nähe hatte, kämpfte unter Cäjars Legaten 
Enrio gegen Juba von Numidien und rettete die 
Trümmer des geichlagenen Heeres. App.b.e. 2,45 ff. 
Daranf begab er ſich zu Cäſar und nahm an der 


153 


derdn I Schlacht bei Pharjalos teil (Plut. Pomp. 72. 


Cars. 46), fämpfte dann mit Cäſar in Afrika und 
Spanien (Plut, Caes. 52. Auet. (aes, 55. (ie. ad 
Att. 12, 38, 2), befleidete die Prätur im J. 45 
und wurde dann von Eäfar nach Spanien gegen 
Sertus Pompejus gejandt. Vell. Pat. 2, 73, 2. 
Dio Cass. 45, 10. Nach Cäſars Ermordung blich 
er anfangs in Spanien. Er meigte ſich, da er die 
Aufrechthaltung der Nepublit wünſchte, der republi: 
fanifchen Partei zu und jandte nach anfänglicher 
Weigerung dem Antonius erit dann Truppen, als 
(43) Detadian und Antonius miteinander im nähere 
Verbindung traten und mit Lepidus das Trium— 
pirat ſchloſſen. Cie. ad jam. 10, 32, 4. App. b. c. 
3, 97. Vell. Pat.2,63. Ni. befam Gallien jenfeit 
des Padus als Provinz, leitete die Verteilung der 
Ländereien an die Veteranen und nahm ſich dabei 
feines Freundes Vergil an, dem er jein väterliches 
Landgut erhielt (Donat. vit. Verg. 10). An dem 
perufinifchen Kriege gegen X. Antonius (41) betei: 
ligte er fich nicht (App. b. c. 5, 32 ff). Ws nun 
zwiichen Dectavian, der ihm feine Provinz nahm, 
und Antonius der Krieg auszubrechen drobte, juchte 
Aſ., der fich zu letzterem hinneigte, den Ausbruch 
des Krieges durch feine Vermittelung zu verhin- 
dern und bradte durch jein eifriges Bemühen 
einen ®ergleidy zwijchen beiden zu Brundifium 
auftande (41). Darauf trat er im 3. 40 das ihm 
ſchon früher (43) beſtimmte Konjulat an. App. 
b. c. 5, 64. Dio Cass. 48, 15. 32. Vell, Pat. 2, 76. 
Im %. 39 ſchlug er die PBarthiner in Dalmatien 
und eroberte die Stadt Salona (Die Cass. 48, 41. 
Flor. 4, 12, 11. App. 5, 75), weil biejelben den 
Brutus unterjtügt hatten (vgl. die ihn gewidmete 
vierte Efloge Vergils, die freilich nach neueren 
Unterfuchungen ſich vielmehr auf den Enlel des 
Auguftus von Julia zu beziehen und erſt 25 v. E. 
gedichtet zu fein jcheint). Sein Triumph fand am 
25. Oftober ftatt, jeit dieſer Zeit aber zog er fich 
von der Politik zurüd. Sein Leben war fortan 
der Kunſt und Wiflenichaft gewidmet, und Rom 
hat ihm darin vieles zu danken. Die Aufforde- 
rung Octavians, am actijchen Kriege teilzuneh: 
men, wies er von fih. Seine Mufezeit benußte 
er zunächſt zur Gründung der erften öffentlichen 
Bibliothek (Plin. 7, 30) und führte zuerjt die Sitte 
ein, wifjenichaftliche Arbeiten im Freundeskreiſe 
vorzulejen, um fie vor ihrer Veröffentlichung dem 
Urteile jachtundiger Männer zu unterwerfen. Als 
Schriftfteller zeigte er große Thätigkeit, indes find 
nur Bruchftüde jeiner Werfe auf uns gelonmen. 
Sein gröferes Werk über den Bürgerkrieg, wahr: 
iheinlidh in 17 Büchern (das nach Hor. od. 2,1 
von 60 dv. E. bis zur Schlacht bei Philippi ge: 
gangen zu fein jcheint) rühmten die Alten jehr 
Tac. ann. 4, 34. Suet. Caes. 50) und haben Livius, 
Sucton, Plutardy und bejonders Appian vielfad) 
ur auch Tragödien verfaßte er (vgl. Hor. od. 

1,9 ff. sat. 1, 10, 42... Ganz bejonders hoch 
we ftand er als Redner, wenngleich feine Reden 
mehr wegen der Sorgfalt in der Ausarbeitung 
al$ wegen der Anmut der Daritellung gerühmt 
werden. Er juchte eifrig nach altertümlichen For— 
men und nach Fünftliher Darftellung und fand 
darin Nachahmer. Suet. gramm. 10. Quint.10,1,113, 
2,17. Vell. Pat. 2, 36. Seneca (controv. 4, praef. 3) 
nennt ihn strietum et asperum et nimis jratum, 
Außerdem wird er auch als Grammatifer und 


154 


Kritifer genannt, doch fennen wir feine fcharfen | griedhiiche Gott der Heilkunde, ift nach der ge: 
Urteile, 4. B. über die Patavinität des Livius wöhnlichen Sage GHeſiod, Pindar) ein Sohn des 
(Quint. 8, 1, 3), über Cicero (Sen. swas. 7), über | heilbriugenden Gottes Apollon und der Koronis, 
Sallufts Haſchen nach veralteten Ausdrüden (Swet. | der Tochter des Lapithenfürften Bhlegyas. Apollon 
gramm. 10), was doc an ihm ſelbſt getadelt wurde | tötete die Koronis aus Eiferjucht und übergab den 
(Tae. dial. 21. Quint. 1, 8, 11), und über Gäfar, | Rnaben dem SKentauren Cheiron zur Erziehung, 
nur aus kurzen Andeutungen. Namentlich jcheint | der ihn ſowohl in andern Künften als aud be: 
er über Cicero, defien Benehmen er auch in feiner | jonders in der Heillunde unterrichtete. Auch Epi: 
Geſchichte der Bürgerkriege tadelte, nicht allzugünftig | Dauros und Mejjenien, wo jeine Mutter Arjinos, 
geurteilt zu haben. Af., welcher jelbft dem Auguftus | Tochter des Yeufippos, hieß, machte neben Theſſa— 
oft entgegentrat, ftarb im J. 6 n. C., 82 Jahre | lien auf die Ehre Anſpruch, Vaterland des All. 
alt, auf jeiner Billa bei Tujculum (Teac. dial, 17). | zu fein. Er rettete durch jeine Kunſt eine Menge 
Bal. Thorbede, disp. hist. crit. de As. Pollione | Menſchen vom Tode, ja er rief jogar mehrere Ber: 
(1820). Drumann, Geſchichte Roms Il S. 2— 12. | ftorbene wieder ins Leben zurüd. Deswegen er: 
Jacob, Aſinius Pollio (1852). — 2) fein Sohn, ſchlug ihn Zeus mit dem Blitz, damit die Ordnung 
E. Ai. Gallus mit dem Beinamen Saloninus, 
bejaß zwar nicht Die ausgezeichneten Eigenichaften 
jeines Vaters, aber große Freimütigkeit, wodurch er 
den Tiberius, defien erite Gattin Bipfania er hei: 
ratete, nicht wenig beleidigte, jo daß er jogar 
30. n. E. von ihm zum Tode verurteilt, ftatt deſſen 
jedody mehrere Jahre lang gefangen gehalten wurde, 
bis er im J. 33 (ob freiwillig oder gezwungen, 
iſt unbefannt) den Hungertod jtarb. Tac. ann. 1, 
12 ff. 4, 71. 6, 23. Die Liebe zu den Wifjenfchaf: 
ten jcheint vom Vater auf den Sohn übergegangen 
zu fein. Nach Sueton (Claud. 41) verglich er in 
einer Schrift feinen Bater mit Cicero zu Ungunften 
des legteren (Staifer Claudius dagegen composuit 
Ciceronis defensionem adversus Asinii Galli 
libros satis eruditam); auch Epigramme joll er 
verfaßt haben. 

Asios ſ. Elegie. 

Asisium, Stadt in Umbrien, j. Aififi, höchft 
wahrſcheinlich Vaterſtadt des Dichters Propertius 
(Prop. 5, 1, 125). 

Askaläphos, Aoxrdiapos, 1) Sohn ded Ares 
und der Aſtyoche, Bruder des Jalmenos, König in 
Orhomenos, Argonaut, freier der Helena, fämpft 
vor Troja, wo er fällt. Hom. Il. 2, 511. 18, 518. 
Nach anderer Sage wird er oder fein Bruder nach 
Berftörung Trojas Herricher der Inſel Aretias im 
Pontos Euxeinos. — 2) Sohn des Acheron, der 
gegen Berjephone, als fie den Granatkern gegeflen, 
zeugte und deshalb von Demeter oder von Per: 
jephone in eine Eule (dondiagpos) verwandelt 
ward. Op. met. 6, 538, 

Askälon, "4oxdlov, eine der 5 Hauptſtädte der 
Rhilifter am Mittelmeer, mit einem uralten Sei: 
ligtum der Derketo (ſ. d.); j. Aſtalaͤn, mit groß: 
artigen Ruinen; Geburtsort des Philoſophen An: 
tiochos (ſ. Antiochos, 17.) und des Herodes des 
Gr. Adt. 1, 1056. Strab. 16, 759, 


Asios — Asklepios, 





Askania, Aoxarda, 1) Stadt und Gebiet an 
dem ſehr fiichreihen Aſkaniſchen See (j. See 
von Isnik) bei Nikaia in Bithmien. Hom. Il. 2, 
863. 15, 798. — 2) Salzjee in Phrugien ar der 
Grenze Bifidiens, in der Nähe von Anaua, bei 
dem ein anderer Eee lag; j. Adichi-tüs (d. h. 
Bitterjalziee). Hat. 7, 30. Arr. 1, 29, 1. 

Asklepiädes f. Anthologia graeca. 

Asklepiodötos, ‘AoxAnmıödorog, Verfaſſer der 
raxtınc nepaloıe, einer mageren Darftellung der 
riechiſch-makedoniſchen Tattif, für deren Verfaſſer 
köchly im 2. Bande jeiner Ausgabe der griedhi- 
ſchen Kriegsichriftfteller den Pofeidonios von Rho— 
dos im 1. Yahrh. v. C. erflärt. 

Askleplos, Woxinmıög, Aesculapius, der 


der Welt nicht weiter geftört würde und die Men— 
ichen, durch die Verbreitung der Heillunde gänz— 
lih vom Tode befreit, nicht die Hülfe der Götter 
in Zukunft verachteten. Zur Rache tötete Apollon 
die Kyllopen, welche dem Zeus die Bliße jchmiede: 
ten, mußte aber dafür eine Zeit lang auf Erden 
dienen. Bei Homer und Bindar ijt Aftl. ein 
bloßer Heros, ein trefflicher Arzt; ſpäter dagegen 
wurde er allgemein als Heilgott verehrt, der jeine 
Heiligtümer bejonders in Hainen, an Heilquellen 
und an gejunden, außerhalb der Städte gelegenen 
Orten hatte. Hauptſitze jeines Kultus waren jeit 
ältejter Zeit Trifla in Theflalien, Epidauros, wo 
ihm alle 5 Jahre ein großes Feſt Aorinmieıe 
gefeiert wurde, und PBergamos, von wo aus jeine 


"Asxwlıe — Asphaltites lacus. 


Verehrung fich jpäter großartig entwidelte. In 
feinen Tempeln wurden Schlangen, das Symbol 
fih verjüngender Xebenstraft, gehalten und als 
Mittel zur Heilung benußt; auch geichah die Hei- 
lung dur Infubation, indem man in dem Tempel 
des Gottes jchlief, damit er im Traume das Heil- 
mittel offenbare. Der Geheilte hängte in dem 
Tempel eine Botivtafel auf mit Angabe des Übels 
und des Heilmittels. — AH. wurde dargeitellt in 
Zeusähnlicher Geftalt mit janfter, ruhig finnender 
Miene. Sein gewöhnliches Attribut ift ein Stab, 
um den fich eine Schlange windet; geopfert wurde 
ihm der Hahn. Zuweilen jteht neben Aſtl. der 
Knabe Telesphoros, der Bollendung Bringende, 
der Genius der Genejung, auch Euamerion, 
Genius des Wohlergehens, und Akeſis genannt. 
Paus. 2, 11,7. — Bon jeinen Kindern nennen 
wir die homerifchen Arzte Mahaon und Poda— 
leirios (Il. 2, 731), Hygieia (Gejundheit, als 
blühende Jungfrau dargeftellt, in der Linken ge: 
wöhnlich eine Schale haltend, aus der fie eine 
Schlange träntt) und Banaleia (Panacea, die 
Allheilende); feine Gattin war Epione ("Hmıorn, 
die Schmerzlindernde). — In Rom erhielt der Gott 
unter dem Namen Yejculapius Eingang im 
I. 291 v. C. Damals wurde er während einer 
Peſt auf Befch! der fibylliniichen Bücher in Ge— 
ftalt einer Schlange von Epidauros geholt und er- 
hielt einen Tempel auf der Tiberinfel. Liv. 10, 47. 
Or. met. 15, 622 ff. 

Aoxwlıa, konwlifeıv und doxwlıdter, länd- 
liches Spiel in Attifa, wobei man auf einem mit Ol 
ſchlüpfrig gemachten Schlauche (Loxög), der aus ber 
Haut eines dem Balchos geopferten Bodes verfer: 
tigt war, tanzen mußte (j. Dionysos, 6.). Verg. 
G. 2, 383: atque inter pocula laeti Mollibus ın 
pratis unctos saluere per utres. 

Askra, Aoxpa, Fleden in Boiotien am Fuße 
des Helifon und 40 Stadien von Theipiai, Ge: 
burtsort des Heſiodos, von dem er als unmirtlich 
wegen des ungünftigen Klimas geſchildert wird 
(op. et d. 638); übrigens reih an Wein und Ge: 
treide. Paus. 9, 291. 38, 4. Ov. ex Pont. 4, 14,31 ff. 

Asöpos, Acwzös, 1) Fluß im Peloponnes, der 
bei Phlins entipringt, durch die Sikyoniſche Ebene 
ftrömt und in den Korinthiichen Meerbujen mündet, 
ij. Fluß von Hagios Georgios. — 2) Fluß des 
füdl. Boiotiens (j. Vurienis, Wuriendi); derjelbe 
entjpringt in der Nähe von Plataiai, ſtrömt öftlich 
durch die jogenannte Barajopia, nimmt unter: 
halb Zanagra den Thermodon als linken Neben: 
fluß auf und mündet dann bei Delphinion auf 
attijchem Gebiet. Oft genannt, 3. B. Hom. Il. 
4, 383. Hdt. 6,108.9,51. Thuc.4, 96. Er bildete 
zur Zeit der Selbftändigfeit von Plataiai die Grenze 
wiſchen dem Gebiete der Stadt und dem von 

eben. — 3) Flüßchen in der Nähe der Thermo: 
pulen, welches ehemals ind Meer, jebt durch die 
Aluvion in den Spercheios mündet. Liv. 36, 22. 
©. die Karte zu Thermopylai. — 4) Fluß auf 
Paros. — 5) Stadt in Lafonien an der öftlichen 
Seite des Meerbujens mit einem befannten Aſtle— 
piostempel. — Bon den Flüſſen diejes Namens 
find die beiden größten und befannteften, der jily: 
onijche und boiotifche, oft miteinander veriwechielt, 
in die Mythologie eingetreten. Der Flußgott Ai. 
heißt Sohn des Dfeanos und der Tethns, Gemahl 
der Metope, der Tochter des Ladon, mit weldyer 


155 


er den Belajgos und Yimenos und an 20 Töchter 
zeugte, deren Namen fich faſt jämtlich auf geogra: 
phiiche Berhältnifje beziehen. Es find meiftens 
Namen von Stäbten, die in der Nähe des ſikyoni— 
ſchen oder boiotiihen Ajopos liegen, wie Thebai, 
Zanagra, Plataiai u.a. Manche von jeinen Töch— 
tern wurden entführt, wie Kerlyra und Salamis 
von Poſeidon, Aigina von Zeus (ſ. Aiakos), 
Bezeichnungen von Kolonien und Wanderungen. 
Apollod. 3, 12, 6. 

Aspasia, Aonacie, 1) Tochter des Ariochos, 
aus Milet, fam um 440 v. E. nad Athen und 
vereinigte in ihrem Hauſe die bedeutendften Männer 
der Zeit, die fie, nach dem Borbilde der Konierin 
Thargelia, durch eine jeltene Bereinigung politiicher 
Einficht, wiſſenſchaftlichen Talents und weiblicher 
Anmut zu fefleln wußte. Selbit Sokrates juchte 
ihren Umgang, und Platon läft ihn die dem Me- 
nexenos borgetragene treffliche Leichenrede der Aip. 
fcherzweife in den Mund legen. Perikles verftieh 
jeine Gattin und heiratete jie; von da an ſchrieb 
man ihr einen wohl noch größeren politijchen Ein: 
fluß zu, als fie wirklich gehabt hat. Artitophanes 
läßt jie jogar den Krieg zwijchen Athen und Samos 
wegen ihrer Baterftabt Milet, den mit Sparta 
wegen Megara veranlaffen. Als fie, weil man 
den Perikles jelbit nicht anzugreifen wagte, der 
coeßeıa angellagt wurde, verteidigte Perilkles fie 
und bewirkte durch den Zauber jeiner Beredſamkeit 
ihre Losſprechung. Nad dem Tode des Perikles 
heiratete fie den Lufifles, einen Demagogen von 
geringer Herkunft, der durch fie zu bedeutendem 
Einflnfje gelangte; jeitdem wurde fie nicht mehr ge: 
nannt. Dal. Jacobs, Berm. Schr. IV ©. 349 ff. — 
2) eine jüngere Aip., Tochter des Hermotimos aus 
Phokaia, hieß eigentlih Weilto, ward aber von 
ihrem Liebhaber, dem jüngeren Kyros, ihrer An: 
mut und Klugheit wegen (Plut. Pericl. 24) jo 
genannt. Als Kyros bei Kunaxa 401 v. €. fiel, 
ward fie die Beute des Artarerges Il. Mnemon, den 
fie gleichfalls durch ihre Liebenswürdigfeit feilelte. 
Später ward fie Gegenftand des Streites zwiſchen 
ihm und feinem Sohne Dareiod. Der Vater trat 
fie ab, aber unter der Bedingung, daß fie Priefterin 
der Anaitis jein jollte. Der Sohn empörte fich des: 
halb gegen den Vater, mußte aber mit dem Leben 
büßen. Plut. Artax. 36 f. Just. 10, 2. 

Aorateoher. das Begrüßen, deſſen gebräuch- 
lihe Formeln diefe waren: yaips (gaipeır), der 
ältefte griechiiche Gruß; Hyındveır (der Gruß der 
Pothagoreer), ed modereır. In einem Fragmente 
des Bhilemon heißt ed: Alta 6’ bylsıav wgüror, 
eir' ebroakler, rolrow db yalgsır, eir Öpellsır 
undevi, Auch dorcfoue war zu Ariftophanes’ 
Beit eine gebräuchliche Grußformel. 

Aspendos, "Aorsvdog, Stadt in Pamphylien 
am jchiffbaren Eurymedon, 60 Stadien von der 
Mündung, Gründung der Argeier, doch ſchon früh 
in den Händen der benachbarten Barbaren. Liv. 
37, 23. Xen. An. 1, 2, 12. Arr. 1, 27,1. Das 
von dem Arcdhiteften Zenon erbaute Theater der 
Stadt ift das befterhaltene aller uns befannten 
Theater (j. die Abbildung Theatron, 13.). 

Asper, ein Grammatiker des 6. Jahrh. n. E., 
von dem mir zwei fümmerliche und wertloje 
Schriften hahen, gedrudt bei Keil, gramm. Lat. 
Vp. 530. 547jj. 

Asphaltites lacus, 6 Aopaktirng, 1) Aspak- 


156 


ririg Aluvn, im A. T. das Salzmeer, j. Bahr Lut 
(Loths Meer), mare mortuum bei Auftin, das 
Tote Meer, ein Salzjee in Paläftina in jchauer: 
licher Einöde, jüddftl. von Jeruſalem, 73 km lang, 
17 breit. Hier lag der Überlieferung nad früher 
das Thal Sittim mit den Städten Sodom und 
Gomorrha. Died. Sie. 2,48. Tac. hist, 5, 6. Plin. 
7, 15, 65. Jos. b. Jud. 4, 8, 4. 

Asphodelos (-ilus), «opudslog, kapodskug, 
eine Pflanze von traurigem Anjehen, mit lilien- 
artigem Blütenftengel und Heinen Knollen an der 
Wurzel. Dieje Knollen dienten den älteiten Griechen, 
jpäter den Armen, als Nahrung. Hesiod. opp. 41. 
Nach der Odyſſee war in der Unterwelt eine Aſpho— 
delos-Wieje, die ſich durch den ganzen Hades er- 
ftredte, der Aufenthaltsort für die Seelen der 
Berftorbenen. Od. 11, 539. 573. Man jegte dieſe 
Pflanze wahrjcheinlic deshalb in den Hades, weil 
man ſie auch auf die Gräber pflanzte, und dies 
vielleicht nach dem kindlichen Glanben, da man 
den Toten nod einige Nahrung geben müſſe. 

Aspis, Aonis, Stadt auf dem gleichnamigen 
Vorgebirge in Byzakion (Afrika), von Agathofles 
angelegt, von den Römern im erften puniſchen 
Kriege eingenommen und jeitdem Elupea genannt; 
j. Kalibia. Pol.1,29. App. Pun. 3. Caes.b.c.2, 23. 

Aspledon, Aorindar, Exrındov, Stadt nördlich 
von Orhomenos in Boiotien an einem gegen Süden 
freien Abhange in jonniger Yage, alter Ort der 
Minyer von Orchomenos. Hom. Il. 2, 510. Paus. 
y, 38,9. 

Asprönas, Lucius Nonius, Schwiegerjohn 
des Duintilius Varus und Anführer von 2 Legio: 
nen in Germanien. In der Schladht mit Armi- 
nins blieb er mit wenigen Römern übrig (Vell. 
Pat. 2, 120. Dio Cass. 56, 22); im J. 14 war er 
Prokonſul von Afrika (Zac. ann. 1, 53). — Zwei 
NRhetoren diefes Namens (Lucius und Publius 
Nipr.) erwähnt der Rhetor Seneca (suas. 7, 4. 
contror. 1, 1, 5. 7, 23 u. B.). 

Assa oder Assera. Accc, Aoone«, j. Pyrgar— 
difia, Stadt im makedoniſchen Chaltidite an der 
Nordküfte des Singitifchen Buſens. Hdt. 7, 122, 

Assnebni, Accernroi, indiiche Völkerſchaft nörd- 
lid) von Zufammenfluß des Kabul und Indos. 
Arr. 4, 33, 1. 25, 6. 30, 5. 

Assaräkos j. Anchises. 

Asser, ein mäßig dider, larger Balken, an 
beiden Enden mit Eiſen beicylagen, frei an dem 
Majtbaum hängend (Veg. 5, 15), wurde, wie zu 
Lande der aries (ſ. d.) gegen die Mauern, jo in 
der Seeſchlacht im Vorbeiſegeln den feindlichen 
Schiffen in die Seite gejchnellt, um fie Ted zu 
machen. S. Seekrieg, 5. — Auch die Dachſparren 
(Latten), auf denen die Ziegel ruhen, ſowie die 
Tragftangen der Jecticae wurden jo genannt. 

Assertor ift der gerichtliche Bertreter einer 
Verſon in einer liberalis caussa, d. h. in einem 
ſolchen Prozeß, wo es jih um die freiheit der: 
jelben handelt. Fest. s. v. sert-rem p. 340 M. Der 
Affertor berührte den Menjchen wie im Vindi— 
fationsprozeh mit der Hand und behauptete defien 
Freiheit, darum manu asserere in libertatem 
(j. Zär. 3, 44—50). Ter. Ad. 2,1, 40 und oft bei 
Plautus. Dies Verfahren erhielt fich in der Kaijer- 
zeit (Plin. ep. 10, 66) bis Juſtinianz doch mußte 
nun Kaution von dem assertor gejtellt werben, 
um betrügeriidhe assertiones (ass. perfusoriae, 


Asphodelos 


— Assyria. 


Suet. Dom, 8) abzuwenden. Umgekehrt jagte man 
auch asserere in servituten, wenn jemand einen 
für frei gehaltenen Menſchen als Sklaven vindi- 
zierte. Liv. 34, 18. 

' Assessor. Die Juſtizbehörden, Konſuln, Prä— 
‚toren, Provinzialftatthalter und Richter, bedienten 
ſich von jeher bei wichtigen Enticheidungen des 
‚Rates von Sach- und Rechtskundigen (consilium). 
| Cie, de or. 1, 37. Verr. 2,29. Quint. 1. 2. 6. 
| Rose. com. 1. Im Gerichte jahen fie hinter dem 
richtenden Magiftratus. Selbit Kaijer, wie Tibe- 
rius (Tae. ann. 1, 75. NSuet. Tıb. 33), boten ſich den 
Prätoren als consiliarii an, oftmals zum Schuße 
des Rechts gegen den Einfluß der Mächtigen. Über 
den von Auguſtus eingerichteten und von den 
nachfolgenden Kaiſern beibehaltenen Staatsrat j. 
Consistorium. 

Assos, Acoog, Aceödg 1) linfer Nebenfluß des Ke—⸗ 
phifios in Phofis, fommt vom öſtl. Teile des Knemis. 
Plut. Sull. 16. — 2) fefte und ſchöne Stadt, wahr: 
icheinlich von Witoliern angelegt, in Myfien auf 
einem Feljen des Jda am Adramptteniichen Meer: 
buien. Sie war befannt durch trefflichen Weizen 
und einen Stein von fleilchverzehrender Kraft 
(sepxopayos), jowie als Geburtsort des Stoikers 
Kleanthes. X. Beiram Kaleſſi, mit zahlreichen 
Trümmern eines Gymnaſiums, eines Theaters, 
einer Stoa, eines Bades, eines Numpheions und 
namentlich eines dorifchen PBeripteraltempels von 
hohem Wert aus unbefannter Zeit (um 470 v. E. 
nach den Unterſuchungen des amerikanischen Ge: 
lehrten Clarke, der 1881 ff. wichtige Ausgrabungen 
in Aſſos veranftaltet hat; wahrſcheinlich jedoch 
älter). Strab. 15, 735. 13, 610. Plin. 36, 27. 

Assyria, in den Anjchriften Affur, im A. T. 
Aſchur, perfiich Athura, daher Acaveda und Arovoie, 
I) geographiich: im weiteren Sinn das ganze 
afinriiche Reich in Vorderafien, oder auch nur ein- 
zelne Zeile desjelben, wie Syrien (verfürzt aus A.) 
oder Babylonien; im engeren Sinn das Gebiet, 
welches durch die Gordyariichen Berge im N. von 
Armenien, durch das Zagros- (j. Zagroich-JGebirge 
im O. von Medien, durch den Kapros (kleinen oder 
unteren Zab) oder Phyilos (ij. Adhem) von Ba: 
bylonien getrennt wurde und im Weiten jemjeits 
des Tigris an Mejopotamien grenzte. Dem Tigris 
entlang Tiefland, im NO. Gebirgsland, ift es 
zumeijt eine nur von einzelnen Dügelreihen unter: 
brodhene, bei der mäßigen Hitze und reichlichen Be: 
wäſſerung fruchtbare Hochebene, mit vielen Aiphalt: 
und Naphthaquellen. Hdt.1,192. Arr.7,19,4.21,2. 
Aus dem Zagroſch fommen die öftlichen Zuflüſſe 
des Tigris, von denen noch der Lykos (großer 
oder oberer Hab) zu erwähnen ift. Landichaften 
(von N. nad ©.): Arrhapaditis, Kalakine, Adia= 
bene und Arbelitis. Städte: die alte Hauptſtadt 
Aſſur (j. Kalat Serkat) rechts vom Tigris, welche 
nad dem Yandesgott Ajur benannt war und wieder 
dem Lande den Namen gab; weiter nördlich, links 
vom Tigris, die jpätere, größere Hauptit. Ninos 
(ſ. d.) oder Ninive mit ihren Nachbarftädten Naladı 
und Dur-Sarrulin; ferner Arbela (j. d.) und Gau: 
gamela (j. d.), beide in der Ebene lints und 
rechts vom Lykos; Arpacha am Oberlauf desiel: 
ben, in Arrhapacditis. — Il) hiftorijch. Während 
wir für die Geichichte der Aſſyrer bis vor wenigen 
Dezennien noch auf die dürftigen, dazu meift jehr 
verivorrenen Berichte der Griechen und Römer, 


Asta — Astrologia. 


auf die fpärlichen und entitellten Auszüge aus 
Berofjos (j. d.) und auf die gelegentlichen An— 
gaben des U. T. angemwicjen waren, jo liegt uns 
dagegen jeßt, jeit den Ausgrabungen zu Ninive 
1812 —54, 1873—81) und jeit der Entzifferung 
der Inſchriften, wozu die perjiichen Barallelterte 
zuerit den Schlüfjel darboten, ein reiches und authen— 
tiiches Material vor, teils in einer Menge von 
Berichten über die Thaten der einzelnen Könige, 
teils in Bruchſtücken von eigentlichen hiftoriichen 
Werten, teils in Jahreslijten, melde von 893 — 
666 v ©. reichen, durch eine Sonnenfinjternis 
firiert find und jedesmal den Beamten, nach welchem 
das Jahr benannt wurde, in einem Eremplar auch 
Jahresercignifie angeben (jegt „Eponymenfanon‘ 


entnehmen wir hier folgendes. Nach Sprache, Ge: 
fichtstypus und engem Zulammenhang mit den 
Babyloniern find die Afiyrer gleichfalld Semiten. 
Um 2000 v. E. von Babylonien aus eingewandert, 
haben fie ihre ganze Kultur von dort mitgebracht. 
Um 1850 hören twir zum erjtenmal von aſſyriſchen 
Königen; ſeit 1500 meſſen die beiden Wölter 
wiederholt ihre Kräfte aneinander. Der erite große 
Eroberer iſt Tiglath PBilejar I. um 1120. Als 
die eigentlichen Gründer der aſſyriſchen Macht er: 
icheinen Aſurnaſirpal (884—860) und Salma- 
naffar Il. (860— 824), welche nad Armenien, 
Medien, Babylonien, Syrien und Paläftina fieg- 
reiche Züge unternahmen. Ziglath Bilejar 11. 
745-727) dehnte jeine Eroberungen noch weiter 
aus und unterwarf namentlih Babylonien voll: 
ftändig. Die von jeinem Nachfolger Salma: 
naljar1V.(727— 722, ſ. d.) begonnene Belagerung 
Samarias wurde durd den kraftvollen Sargon 
(Sarrufin, 722—705) beendigt, welcher auch Agyp⸗ 
ten, Kleinajien und Elam feine jchwere Hand fühlen 
ließ und im Glanz jeiner Siege eine nene Refidenz 
fich erbaute. Sanherib (705—681) war in jeiner 
Unternehmung gegen Baläjtina und Agypten un— 
glücklich, behauptete aber die Grenzen des Meiches. 
Aiarhbaddon (681—668) eroberte Ägypten; Ajur: 
banipal (668-626) madhte Elam und Lydien 
abhängig, warf einen Aufftand verichiedener Länder 
nieder, mußte aber Aghpten räumen und jah in 
feinen jpäteren Jahren das Reich durch den Einfall 
der Stythen jchwer erjchüttert. Unter einem feiner 
Nachfolger ({. Sardanapal) fiel Ninive durch 
den Angriff des Kyaxares von Medien und Nabo: 
polaflar von Babylon (606); mit dem Reich wurde 
auch das ganze Friegeriiche, graufame Voll ver: 
nichtet. — Im aſſyr. Staat berrichte, wie überall im 
Orient, eine abjolute Dejpotie. Die Könige bes 
8. und 7. Jahrh. bemühten ſich, dem großen Reiche 
ein feiteres Gefüge zu geben, das loſe Vaſallenver— 
hältnis der eroberten Länder mit Tributzahlungen 
und Garnijonen in direfte und dauernde Inter: 
thänigfeit zu verwandeln. Das Kriegsweſen war 
für Marſch und Kampf, Befeſtigung und Belage: 
rung entwidelt. — In Kunft und Litteratur 
haben die Afigrer Bedeutendes, aber nichts Selb: 
ftändiges geleiftet. Die Architeftur blieb troß dem 
Reichtum ihres Landes an Steinen in der Haupt: 
ſache bei dem babyloniſchen Badfteinbau jtehen, 
hat aber großartige Baläfte aufgeführt. Die Relief: 
itulpturen, die Parftellungen der Jagden und 
Schlachten, die Geftalten der Könige und ihrer 
Hofleute, welche die Wände der Baläfte ſchmückten, 


157 


find freier als in Agypten, voll Kraft und Ener: 
gie. Um die Litteratur hat fid) namentlich Aſſur— 
banipal durch Anlegung einer großen, jebt wieder 
aufgefundenen Bibliothef, welche auch zahlreiche 
Abichriften älterer Werke enthielt, ein Berdienft 
erworben. Der Anhalt ijt ein jehr manmnigfaltiger: 
neben geichichtlichen Texten, geographiichen Liſten, 
Berichten von Beamten und Offizieren, gerichtlichen 
Dokumenten auch mythologiihe Stüde, Zauber: 
iprüche und Gebete, aſtrologiſche Beobachtungen, 
naturgejchichtliche Aufzeichnungen, lyriſche und epi: 
iche Gedichte u. ſ. w. — Litteratur: Dunder, Geſch. 
des Altertums. Bd. I. II. (5. Aufl. 1878). Meyer, 
eich. des Altertums I p. 144 ff. (1884). Mürdter, 


Geſch. Babyloniend und Aſſyriens (1882). Tiele, 
und „Berwaltungstifte‘ benannt). Diejen Duellen | 


afigriich-babylonische Geſchichte. 2 Bbd. (188688). 
Kaufen, Afinrien und Babylonien. (3. Aufl. 1885). 
Hommel, Geich. Babyloniens u. Afiyriens (1886 ff.). 

Asta, 1) mit dem Beinamen regia, römiſche 
Kolonie in Hilpania Bätica nördlid; von Bades. 
Strab. 8, 140 ff. Liv. 39, 21. — 2) eine der be: 
deutendften Städte Liguriens, j. Ati, am Zuſam— 
menfluſſe des Urbis und des Tanarus. 

Astaböras, Aoraßoows, Fluß in MWithiopien, 
rechter Nebenfluf des Nils, j. Atbara. Strab. 16,770. 

Astäkos, "Aoranög, 1) j. Melanippos. — 
2) Hafenstadt im weſtlichen Alarnanien am Joniſchen 
Meere. Thuc. 2, 30. 38. Strab. 10, 469. — 
3) Kolonie der Megarer, von den Athenern ver: 
ftärtt, im füdofttichen Winfel des gleichnamigen 
Meerbufens in Bithynien, jüdlih von Nikomedeia; 
wahricheinlich hieß fie mın Olbia, bis fie von Ly— 
ſimachos zeritört tuurde. Ruinen bei Jsmid. Mela 
1, 19, 4. Straub. 12, 508. 

Astäpus, ‘dordrovg, der Ditarm des Nils, j. 
Bahr el Azret (blauer Nil), fommt aus dem jchon 
den Alten befannten Tſanaſee im abefinniichen 
Alpenland und umfließt die weitl. Seite der joge: 
nannten Inſel Meroi. 

Astarte, Aſtoret, Ardoyarız, ſyriſch⸗phoinikiſche 
Göttin des Mondes (neben dem Sonnengott Baal), 
der Liebe, aber aud des Schidjals und des Krie— 
ges; mit Aphrodite verglichen, auch Adnvalg oder 
Zeinvarln genannt. - 

Asteria, Aorsol«, Tochter des Titanen Koios 
und der Khoibe, Schweiter der Leto, Gemahlin 
des Perſes. Sie wurde, als fie den Umarmungen 
des Zeus entfliehen wollte, in eine Wachtel (ögrvä) 
verwandelt, ftürzte fich ins Wigaiiihe Meer und 
wurde eine Inſel, Ajteria (Delos „der Stern des 
Meeres“, Pindar), dann Ortygia (Wachteliniel), 
zuleßt Delos (j. d.) genannt. Hesiod. theog. 409. 
Apollod. 1, 2, 2. 

Asterion j. Europa und Minos. 

Asteröpe j. Aisakos. 

Astrabäkos, Aorgadßanog, ein alter lakoniſcher 
Landesheros aus dem Geichlechte der Agiaden 
(Eurpftheniden), der in Sparta ein Heroon hatte 
und göttlich verehrt wurde. Mit der Frau des 
Arifton fol er den Demaratos erzeugt haben. 
Hdt. 6, 69. 

Astraia j. Dike. 

Astrologia und Astronomia. Während der 
Haffiishen Zeit hieß bei den Römern die Stern: 
funde astrologia (3. B. Cic. de or. 1, 16. div. 2, 42); 
ipäter jonderten jich die Begriffe jo, dat die astro- 
logi aus der Konitellation der Geftirne das Schidjal 
der Menjchen deuteten, und die astronomi den 


158 


Lauf und die Verhältniſſe der Himmelsförper zu 
einander und zur Erde berechneten. Schon in den 
allerfrüheften Zeiten wurden die Bewohner des 
Orients durch ihr Leben und ihre Beichäftigung 
auf die Beobachtung des geitirnten Himmels hin: 
gelenkt, doch jind die Angaben über den Grad 
ihrer aftronomijchen Kenntniſſe veriworren und 
unklar. Bon da erhielten die Ägypter ihre Be- 
lehrungen, die fie dann bis zu einer bedeutenden 
Höhe vervollitändigten; fie teilten zuerjt das Jahr 
in 365 Tage und 6 Stunden. Noch größere Fort— 
ichritte machten ihre Schüler, die Griechen, deren 
erfter Aſtronom der Philojoph Thales war (600 
v. C.). Nach Plutarch jtellte er folgende Grund- 
jäße auf: die Erde ift der Mittelpunkt des Weltalls, 
der Mond wird von der Sonne erleuchtet, und die 
Sonnenfinfternis entiteht infolge des Durchgangs 
des Mondes vor der Sonne. Auch joll er (Hat. 
1, 74. Plin. 2, 9, 12) querft eine Sonnenfiniternis 
vorausgejagt haben. Die ihm von Blutarch eben- 
falls beigelegte Behauptung von der Ntugelgeitalt 
der Erde wird ihm von anderer Seite abgeiprocen. 
Bon Späteren werben zum Teil Grundſätze und 
Behauptungen aufgeftellt, die auf überraichende 
Weiſe das Richtige andeuteten, z. B. die Behaup— 
tung Demofrits (430 v. E.), daß die Milchſtraße 
der Schein unzählig vieler Sterne jei, oder die 
Lehre der Pythagoreer von der Achjenbewegung der 
Erde, der zufolge Ariftarch (270 v. €.) die jähr: 
lidje Bewegung der Erde um die Sonne ausiprad). 
Indeſſen waren dies immer nurtheoretiiche Schlüfle 
und Mutmaßungen; es fehlte dazu die genauere 
Beobachtung des Himmels, weil weder die Mathe: 
matif noch die Mechanik ſich zu der erforderlichen 
Höhe der Ausbildung erhoben hatte. Eudoros 
(um 366 dv. E.) war der erjte, weldyer die Speku— 
lation auf die wirkliche Betrachtung des Himmels: 
gewölbes zurüdführte. Da feine Werte nicht auf 
uns gekommen find, jo wiſſen wir von jeinen aſtro— 
nomijchen Rejultaten nur Gelegentliches, 3. B. 
lehrte er (Sen. quaest. nat. 7, 3) die Bewegung 
der Planeten. Ariſtoteles fehrte wieder zur 
Spekulation zurüd. Er behauptet und beweijt aus: 
drücdlich die Kugelgeitalt der Erde, des Himmels 
und der Gejtirne; die Erde im Mittelpunft des 
Univerjums ift unbeweglihd. Die Schärfe jeiner 
Beweije iſt überrajchend, und nur zu bedauern, 
daß ihm micht eine größere Erfahrung und Beob: 
achtung zur Seite ftand. — Der Seefahrer Pytheas 
aus Maſſilia, Zeitgenojje des Ariftoteles, brachte 
von jeinen Reifen nach Norden die Nachricht zurüd, 
daf dort die Sonne 6 Monate lang nicht unter: 
gehe (vgl. Plin 2, 75, 77), was ihm jedoch von 
niemand geglaubt, namentlich von Strabon mehr: 
fad) beftritten wird. Much durch Ariftarh aus 
Samos (um 270. E.) wurde die frage nach der 
Entfernung der Himmelsförper jehr \charfiinnig 
erörtert und von Eratofthenes (j. d.) die Beſtim— 
mung der Entfernung der Sonne und des Mondes 
von der Erde verjucht. Der eigentliche Begründer 
der Aitronomie als Wiffenichaft aber ift Hipparch 
(um 140 v. E.), der zu dem Grundſatze des Eu— 
doxos zurüdichrte, daß man in der Witronomie 
von den jorgfältigften Beobachtungen ausgehen 
müſſe, und damit für alle ſpäteren Zeiten dieſer 
Wiſſenſchaft den Weg vorgezeichnet hat. Nach ihm 
bewegt ſich die Sonne freisförmig um die Erde, 
doch nicht in gleicher Geſchwindigkeit. Die Länge 


Astura — 


Astydamas. 


des Jahres berechnete er auf 365 Tage 5 St. 
55 Min. 12 Sekunden. Nah Plinius (2, 9) hat 
er den Lauf der Sonne und des Mondes auf 
600 Jahre im voraus beftimmt, die Zeiten des 
Boll: und Neumondes, jowie die Tageslänge an- 
gegeben und die Lage der Orte nad Länge und 
Breite berechnet. Der legte Aftronom des Alter: 
tums ift Btolemaios (um 130 n. E.). Er ver- 
arbeitete die Entdedungen des Hipparch und jeine 
eigenen zu einem förmlichen Syftem. Seine Lehre 
galt unter dem Namen des ptolemaitjchen Welt: 
ſyſtems durch das ganze Mittelalter hindurch und 
fam in der Kürze darauf hinaus: daß die Erde 
eine Kugelgeſtalt hat und im Mittelpunkte des 
fugelrunden Univerjums unbeweglich ruht; Sonne, 
Mond, Planeten und Firfterne bewegen jich in 
verschiedenen Entfernungen um jie herum. — Unter 
den Römern ift fein berühmter Aſtronom erftan= 
den, weshalb aud Cäſar ſich zur Verbeſſerung des 
Kalenders den Sofigenes aus Alerandreia fommen 
lafien mußte. Dagegen blühte jchon vor der Zeit 
der Kaiſer und unter ihnen um jo mehr zu Nom 
die Aftrologie, und ganze Banden von Witrologen, 
Ehaldäern oder Magiern, auch wohl Mathematiler 
genannt, ftanden am Forum aus, oder gingen auch 
in die Häuſer und weisjagten und erflärten aus 
den Geſtirnen die Schidjale der Menichen. Das 
Nähere j. Chaldaei. 

Astüra, 1) rechter Nebenfluß des Durius im 
tarraconenfiichen Hiipanien, j. Esla. — 2) Fluß in 
Latium, jüdöftlih von Antium (Liv. 8, 13. Plin. 
3, 5, 9), noch jet Aftura oder Stura. Auf einer 
Inſel desjelben lag die gleihnamige Stadt (jebt 
Zorre d'Aſtura) mit gutem SLandungsplage, in 
der Nähe ein Landgut des Cicero. Cie. ad fam. 
6, 19, 2. ad Att. 12, 40. 13, 26. 

Asturla, ‘Aorovole, Randichaft des nördlichen 
Hiſpaniens (der mweftliche Teil des heutigen Aſtu— 
riens und ein Zeil von Leon), im D. von den 
Cantabrern und Vaccäern, im S. von den Betto: 
nen, im W. von den Galläciern, im N. vom Meere 
begrenzt, voll metallreiher Gebirge. Die wilden 
Astures zählten (Plin. 3, 3, 4) in 22 Völker— 
ſchaften 240 000 Freie und zerfielen in die nörd— 
lien Transmontani und die jüdlichen Augu-tani. 
Hauptftadt und Sig eines Conventus iuridieus 
war Ajturica Auguſta, j. Mitorga; außerdem 
- befejtigte Standlager der Legio VII Gemina, 
j. Leon. 

Astyäges, ‘Aorvdyns, altperjiich Jituvegu, Sohn 
des Siyarares, legter König der Meder (685560 
v. E.), durch Kyros von Perſien (ſ. d.), der nad) 
der medilchen Sage bei Herodot (1, 107 ff.) jein 
Entel war, entthront (559 oder 650 v. E.). Just. 
1, 4 ff. Vgl. Kyros, 1. 

Astyänax ſ. Hektor. 

Astydämas, "4orvöduag, 2 Tragiler in Athen, 
Bater und Sohn. Der erfte, Sohn des Tragifers 
Morjimos und einer Schweiter des Aiſchylos, hat 
nad) Suidas 240 Tragddien gedichtet und fünf: 
zehnmal gejiegt. Sein erftes Auftreten fällt 398, 
jein erfter Sieg 372 v. C. Mur Titel einiger 
Stüde und ein Epigramm find noch vorhanden. 
Auf fein Selbftgefühl bezieht jih das Sprichwort 
savror Emcveig, vonep Acrvddung. — Sein Sohn 
wird ebenfalls als Trag. erwähnt und joll 220 
Tragödien verfaßt und 15 Breife errungen haben. 
Bal. Naud, trag. Graec. fragm. p. 603 ff. 


"Aoruvöuoı — Asylum. 


"Astvwöuor, zunächit die ftabtichirmenden Göt— 
ter, jodann Beamte, die, ähnlich wie die römijchen 
Adilen, für die Baupolizei und die Ordnung in 
den Straßen zu forgen hatten, in Athen 10, 5 
für die Stadt, 5 für den Peiraieus. Sie hatten 
die Straßenpolizei, die Aufficht über Reinigung 
der Straßen, über Sitte und Anftand auf den: 
jelben u. j. w. und wachten darüber, daß beim 
Häuferbau den Bolizeivorichriften genügt wurde 
(während für den Wegebau und die Pilafterung 
der Straßen in der Stadt die Odomoıor jorgten). 
Vielleicht hatten fie auch die Luxusgeſetze zu hand- 
haben. In allen Prozefjen, die aus der Über— 
tretung der von ihnen zu handhabenden Geſetze 
hervorgingen, hatten fie die Hegemonie. 

Astyöche j. Askalaphos. 

Astypalala, Aorvrdiae, 1) griechiiche Spo— 
radeninjel, die Grenzmarfe Europas gegen Afien, 
mit gleichnamiger Stadt, hellenifiert durch Koloni— 
fation von Megara aus. Unter den Römern behielt 
fie ihre Autonomie. Für den Aderbau bot fie wenig 
Raum, wohl aber für Viehzucht, Jagd und Fischerei. 
Plin. 4, 12, 23. Strab 10, 488.” 5. Witropalia, 
ital. Stampalia. — 2) Stabt auf der Inſel Kos. 
Strab. 14, 657. — 3) Borgebirge Attifas nord: 
weftlich von Sunion; vor ihm liegt die Heine Inſel 
Elainfja. Strab. 9, 398. 

Astyra, -ae, r& Asrvga, ein Ort in Myfien am 
Sumpfe Sapra, norbmweitl. von Adrampttion. Xen. 
Iiell. 4,1, 41. In der Nähe war ein heiliger 
Hain der Artemis, die daher den Beinamen Aorv- 
onen) führte. Strab. 13, 606. 613. 

Aovlir ift die einem Fremden vom Staate 
für alle Zeiten verbürgte Sicherheit der Perjon 
und des Eigentums gegen Beichädigung irgend 
welcher Art, bei. auch die Sicherheit während des 
Gottesfriedens der großen Nationalfefte. 

. Asjlam. Die von Menſchen und menfchlicher 
Übermacht unichuldig Berfolgten hatten in den 
früheften Zeiten der bloßen Gewalt nur die eine 
Zuflucht zu den Göttern und deren Tempeln, vor 
denen auch jelbft der Rohfte und Gemaltigjte noch 
immer eine gewifje Scheu empfand. Much fpäter, 
als fich ein geordnetes Staatsweſen ausgebildet 
hatte, ließ man das uralte Recht der Götter, Ver: 
folgten Schutz zu gewähren, unangetaſtet, ja ſelbſt 
der wirklich Schuldige durfte auf heiligem Boden 
nicht ergriffen und getötet werden. Solche Zu— 
fluchtsorte oder Aſyle waren urſprünglich heilige 
Haine und Bezirke, ſpäter auch wirkliche Tempel, 
mit einem öffentlich geweihten Umkreiſe. Die Ver— 
ächter ſolchen Gottesſchutzes traf die göttliche Rache; 
auch Menſchen und Staaten forderten Sühnung 
für begangene Gottesfrevel. Thuc. 1, 126 ff. Just. 
28, 3. Das ältefte Aſyl joll das der Herafliden 
zu Athen geweſen jein; in jpäterer Zeit waren 
dort, obgleich noch jedes Heiligtum jchügende Kraft 
bejaß, 7 Altäre verichiedener Gottheiten mit dem 
bevorrechteten und unbedingten Aiylrechte, ius asyli 
(kovile). Unzählige im übrigen Griechenland wer: 
den häufig erwähnt, z. B. der Tempel des Poſei— 
don zu Zainaron in Lalonien, der der Athene 
Ehalfioitos zu Sparta (Nep. Paus. 4f.) und der 
des Apollon zu Delion in Boiotien. Liv. 35, 51. 
Auf römischen Boden gedieh dieſe Anſchauungs— 
weile und Sitte weniger, objchon das angeblich) 
von Romulus zur Vermehrung der Bewohner jeiner 
neuen Stadt eingerichtete Aſyl befannt if. Liv. 


159 


1,8. Verg A.8, 312 ff. Es war dies ein Eichen- 
hain auf dem Gapitolinischen Berge in dem Inter— 
montium der Burg (arx) und dem Capitol. 
Doc verlor ji die Bedeutung desjelben bald, da 
nad Dio Cuss. 47, 19 diejer heilige Ort nad) und 
nadı jo umbaut und eingejdjloffen wurde, dal; 
niemand mehr hineintommen konnte. Obichon Dio 
diefes Aſyl für das einzige in Nom hält, findet 
fi doch noch (Dion. Hal. 4, 26) das der Diana 
auf dem Aventinischen Berge angegeben. Indeſſen 
hat dieje ganze Einrichtung doch nie in der pral— 
tiichen Staatsauffafjung des Römers eine tiefere 
Bedeutung, wie fie ſich fortwährend im griechijchen 
Leben erhielt, gewinnen können. Als Griechenland 
endlich unter römijche Herrichaft fam, mochten die 
Anfichten der Republik wohl das griech. Weſen in 
diefer Beziehung gewähren laffen, und fonnten 
manche Tempel ſich der Beftätigung ihres Aſylrechts 
durch römische Feldherrn mit Recht rühmen ; aber in 
den Zeiten der Alleinherrichaft, als zumal die Aſylie 
Anſpruch darauf machte, jelbjt offenbare Berbredher 
zu ſchützen und dem zuftändigen Gerichte zu ent: 
ziehen, konnten Konflitte mit dem Staate nicht 
ausbleiben. Dennoch war in den Gemütern der 
orientaliichen Völkerſchaften diejer Glaube an die 
ihügende Macht ihrer Göttertempel noch zu tief 
gewurzelt, als daß es den römischen Behörden der 
einzelnen Städte möglich gewejen wäre, gegen die 
Bujammenrottungen des großen Haufens durchzu: 
dringen. Tac. ann. 3, 60. Deshalb erging zu: 
nächſt 22 n. E. ein Befehl von Kaiſer Tiberius, 
daß alle Städte, welche ein Aſylrecht zu haben 
vermeinten und es aufrecht zu erhalten wünjchten, 
ihre Berechtigung dazu vor dem Senate in Rom 
darlegen jollten. Manche gaben es jegt ohne wei: 
teres auf, und nachdem die übrigen Vortrag vor 
dem Senate durch Abgeordnete gehalten (Tac. ann. 
3,6063. 4, 14), ward das Aſylweſen durd Senats: 
beichluß mit großen Beichränfungen geregelt und 
die Beftimmung hinzugefügt, dab zur Verhütung 
künftiger Überjchreitung jedwede anerkannte Frei— 
ftätte dieje Bejchräntungen, in Erz geichrieben, in 
ihrem Tempel aufftelle und aufbewahre. Doch war 
auch diejes noch nicht ausreichend zur Vermeidung 
von KRollifionen, deshalb * Tiberius bald her— 
nach das Aſylweſen in dieſer althergebrachten Be— 
deutung ganz und gar auf. Suet. Tib. 37. Über— 
haupt mochte ed auch unter einer abjoluten Mo— 
nardhie, wie fie Tiberius begründete, nicht mehr 
jeine Stelle haben tönnen. Dagegen entwidelte 
fich mit Beginn des Prinzipats zu Rom eine an: 
dere Nuffafjung desjelben. So wie der Kaiſer der 
Ausfluß jeglicher Macht jein jollte, jo Hatten auch 
die Tempel der veritorbenen Amperatoren (doc) 
vgl. Suet. Oct. 17. Dio Cass. 51, 15) und die 
Statuen und Bildniffe der gerade gegenwärtigen 
die Macht und Beftimmung, Berfolgten und Miß— 
handelten Schuß zu gewähren. Sen. de clem. 1,18. 
Suet. Tib. 23. Auech wurde der Tempel des er: 
mordeten Julius Cäſar durch die Triumdirn für 
dieje neue Aiylie beftimmt und geweiht. Dio Cass. 
47, 19. Dod) bald nahm auch dieje urjprünglid) 
wohlgemeinte und jegensreihe Anordnung über: 
hand, und was ein bloßer Schuß für Unfchuldige 
gegen Gewalt jein jollte, wurde bald den Schledhten 
eine Beranlafjung zur Gewalt. Beiſpiele davon j. 
Tae. ann. 3, 36. Philostr. vit. Apollon. 1, 15. 
Diejen Mißbrauch des Aſylrechtes abzujchaffen, war 


’ 


160 


Tiberius troß der vielfachen Klagen, wegen der zu 
runde liegenden dee der Allgewalt des Kaiſers, 
nicht gewillt, objchon er in einzelnen Fällen Be: 
ftrafung verordnete; erit Antouinus Pius unter: 
jagte förmlich den Mißbrauch des Taijerlichen Bild- 
nijjes zum Nachteil eines andern. Das Ninlrecht 
der heidniſchen Tempel ging auf die chriftlichen 
Kirchen über. 

Asymbölus, &ovußolog, hieß derjenige, ber 
zu einem auf gemeinjame Koften veranftalteten 
Schmauſe (PBidenid, j. "Egaroı) feinen Beitrag 
(svußolrj) gab, zechfrei blieb. Ter. Phorm. 2, 2, 25. 
Sonſt immunis, Hor.od.4, 12,23. Öried. dovu- 
Bolwg Ösımveiv. 

Atäbülus bieh in Apulien der heiße, alles aus: 
trodnende Scirocco, der in Italien gewöhnlidy im 
Frühjahre oder Herbſt einige Wochen weht. Hor. 
»at. 1,5, 78. Hin. 17,36, 8. Den, quaest. nat, 5, 17. 

Atabyris, Atabyrion, ‘Ardßveis, “Ar. ögng, 
Berg im jüdmwejtlichjten Teile der Juſel Rhodos, 
mit einen berühmten Tempel des Zeus Atabyrios; 
j. Atairo. Pind. ol.7, 160. Diod. Sie. 5,59. Auch 
auf Sicilien zu Akragas befand fich ein jolcher 
Tempel. Auch der Berg Tabor in Paläftina wird 
bisweilen jo genannt. 

Atalante, Aralcrrn, li mmthologijch: 1) Tod: 
ter des Jaſos Jaſios, Yafion) und der Klymene, 
eine Arkadierin aus Schoinüs, deren Mythos mit 
der arfadiichen Artemis zuiammenhängt. Sie wurde 
von ihrem Vater gleich nad) der Geburt ausgeiekt, 
von einer Bärin (Sumbol der arfad. Artemis er: 
nährt und von Jägern aufgezogen. Sie ward eine 
jungfräutiche, jchnelle Jägerin und nahm an der 
Jagd des kalydoniſchen Ebers teil. Da fie dem Eber 
die erite Wunde beibrachte, erhielt jie von Melca: 
gros Kopf und Haut des Tieres als Siegespreis. 
Auch den Argonantenzug joll fie mitgemacht haben. 
Als ihr Bater, der fie wieder anerfannt hatte, 
fie aufforderte jich zu vermählen, veriprady fie Den 
zu ehelichen, der jie im Wettlauf befiegen würde; 
wen fie aber einholte, den burchbohrte fie von 
hinten mit dem Speer. So waren ichon viele 
Nünglinge umgelommen; endlich ward jie von Mei: 
lanion durch Hülfe der Aphrodite bejiegt. Dieſer 
lieh nämlich während des Wettlaufs goldene Apfel, 
welche ihm die Göttin gejchenft hatte, einzeln fallen 
und erreichte, da Atal. im Laufe die Apfel auflas, 
vor ihr das Ziel. Atalante ward die Gattin des 
Meilanion und Mutter des am erften thebaniichen 
triege beteiligten Barthenopaios. Später wurden 
tal. und Meilanion in Löwen verwandelt. Xen. 
cımeg. 1, 7. Propert. 1,1,9#f. Ov.a. a. 2,156 ff. 
— Dielelben Sagen wurden ohne wejentliche Ab— 
weichungen auf eine 2) bototiiche Atalante, Toch— 
ter des Schomeus, Sohnes von Athamas und 
Themifto, übertragen; der Wettlauf wurde bier 
nach Oncheitos verlegt und Dippomenes der Sieger 
genannt. Up. met. 8, 317. 10, 560 ff. — Il) geo: 
graphiſch: 1) Heine Inſel im Opuntiichen Meer— 
bujen nahe der Kitite, 1. Talantomiji. Thuc. 2, 32. 
3, 80. 5, 18. — 2) Inſelchen zwiſchen Attila und 
Salamis, füdweſtl. von Pinttaleia; j. Talantonifi. 
— 3) Stadt in Makedonien am Arios. Thuc. 2,100. 

Atarneus, ö Araprevg, fruchtbarer Küſteuſtrich 
in Myſien, Leſbos gegenüber (Hdt. 1, 160), von 
dem Könige Kyros den Chiern als Preis cines 
Berrates gegeben. Hdt. 6, 28. 7, 42. 8, 106. Xen. 
An. 7,8, 8. Die gleichnamige Stadt (j. ‚wahr: 


Asymbolus — Ateii, 


ſcheinlich Dikelisföi) lag auf dem Berge Kane und 
blühte am meiften um 350 v. E. uuter ihrem 
Herrſcher Hermeias, dem Schwager des Bhilojophen 
Arijtoteles. Strab. 13, 614. Athen. 15, 695 A. 
Zwiſchen ihr und PBergamon lagen die Goldgruben 
der Indiichen Könige. Strab. 14, 680. 

Atax, "Irak, j. Aude, ein Küjtenfluß in Gallia 
Narbonenfts, welcher der Stadt Narbo zum Hafen 
diente. Die Umwohner hießen Atweini, Die Stadt 
Narbo Colonia Atacinorumn. Nach ihm jührte der 
Dichter P. Terentius Varro (j. Lerentii, 6.) den 
Beinamen Atacinus. Zweifelhaft ijt, ob cs eine 
Stadt diejes Namens gegeben habe. 

Ate, Arn, die Bethörung, die zur Sünde und 
dadurd ins Verderben führt, heißt bei Homer Die 
erhabene Tochter des Zeus, eine verderbliche, jchnell: 
füßige Göttin, die mit leichten, die Erde micht 
berührenden Füßen Daherjchreitet und über Die 
Köpfe der Menſchen hinwegwandelt. Selbjt Zeus 
ift vor ihrer Berhörung nicht ficher. Einft ver: 
leitete jie ihn, ein unüberlegtes Wort in Bezug auf 
die bevorjtehende Geburt des Heralles zu jprechen, 
wodurd Eurpitheus zu der dem Herakles zugedach: 
ten Serrichaft über Argos gelangte; darum faht 
Zeus fie im Zorne an den Füßen und wirft jie 
aus dem Olympos; fie ſtürzt auf Die Werke der 
Menichen. Hom. Il. 19, vn ff. Die Litai (Arad, 
Bitten) wandeln ihr langjam nach und suchen 
wieder gut zu machen, was jene geichadet. 11,9, 502. 
Bei den Tragifern ift Ate eine Richterin und 
Nächerin böjer Thaten, ähnlidy der Nemejis und 
Erinys. Soph. Ant. 614. 625. Hejiod (theog. 230) 
nenut fie Tochter der Eris. 

Ateli, 1) E. Atejus Capito, Bollstribun im 
J. 55 v. E., Gegner der Konſuln Bompejus und 
Craſſus, teils wegen Verteilung der Wrovinzen, 
teils weil fie Truppen aushoben, um neue Feld— 
züge zu unternehmen, lieh den Craſſus vor jeinem 
parthrichen Feldzuge jeftnehmen und juchte ihn, als 
die audern Tribunen jeine Freilaſſung bewirkt 
hatten, durch Brodigien zu jchreden, weshalb Atejus 
freilich, da er fie erdichtet hatte, in Strafe genomt: 
men wurde. Plut. Urass. 16. Die Cass. 39, 32 ff. 
Cie, div. 1,29. ad Att. 10,8,3.13,33,4,16,16C. F, 
In jpäterer Zeit jcheint er fih mehr zu Cäſar 
bingeneigt zu haben, obſchon Ddiejer ihm nicht be: 
fonders begünjtigte. Cie, ad fam, 13, 29. — 
2) jeim gleichnamiger Sohn, geb. um 34 v. G., 
gründete in Rom eine berühmte Rechtsſchule und 
war ein Gegner des D. Antiſtius Labeo, der als 
Juriſt ſich eines gleich bedeutenden Rufes erfreute. 
Während Yabeo ſich fühn zu Neuerungen verjtand, 
hing Atejus am Herlömmlichen als dem Grund: 
prinzip jeiner Schule, die nach ſ. Schüler Sabinus 
die der Sabiniani genannt wurde (j.Sabinus, 3.}. 
Unter Augujt war er Konjul, 5 n. E,, und wurde 
von ihm hoch geehrt. Sei es aus Überzeugung 
oder aus Charakterſchwäche, er bevorzugte die neuen 
monarchiſchen Einrichtungen und diente dem Auguſt 
und Ziberius in Imechtiicher Geſinnung. Vom %. 
13 n. E. bis zu feinem Tode, 22, war er curator 
aquarum, Die ragmente feiner Schriften hat 

uſchle in der lurisprudentia Anteiust. gefammelt. 

ber ihn ſ. Tac. ann. 1, 76. 79, 3, 70 ff. 75. Gell. 
13, 12, 1. Dio Cass. 57, 17. — 8) ein dritter 
Atejus, Lucius, ein vieljeitiger Schriftiteller, 
mit dem Beinamen Praetextarus, aus Athen, 
lebte in Rom und ftand in dem Muje großer 


r "Arlsıa — Athamas. 


Gelehrijamfeit. Er nannte fich jelbjt philologus. 
Mit dem Gejchichtichreiber Salluft war er jehr 
befreundet, nad) deſſen Tode mit Aſinius Pollio ; 
beide joll er in ihren litterarijchen Arbeiten mit 
jeinem umfafienden Willen unterftügt haben. ©. 
Ajinius Polliv bei Suet. gramm. 10. 

Artisıe, die Freiheit von Leiſtungen, war ent: 
weder eine allgemeine \üreAsıae urdrror) oder eine 
beichränfte Freiheit von den Leiturgien «wie fie 
3. B. die Unmündigen hatten), gewifien Zöllen oder 
Abgaben, oder vom Striegsdienfte (drelsın oro«- 
reieg), Die z. B. den Mitgliedern des Nates zu 
ftand. Die Atelie fonnte auch Fremden gegeben 
werden, wie in Athen 3. B. dem Leukon, Herrn 
vom Bojporos, zur Belohnung für die Atelie, die 
er den athenijchen Getreidehändlern gegeben hatte. 
Demosth Lept. p.466 ff.; vgl. aud) ebend. p. 4745. 
über die den Thafiern gegebene Atelie. Zu der 
allgemeinen Atelie gehörte die Freiheit von Zöllen, 
Leiturgien, mit Ausnahme der Trierarchie, bei 
Schugverwandten vom Schußgelde und zuweilen 
von der Vermögensiteuer (zlspogd), von der ein 
Einheimijcher mie befreit werden konnte. Bol. F. 
A. Wolfs Prolegomena zu jeiner Ausgabe von 
Demojthenes’ Rede gegen Leptines (2. Aufl. 1831). 

Atella, "Arelia, Stadt in Campanien zwijchen 
Capua und Neapolis, j. Ruinen bei Averja, früher 
ojkiich, dann campanijch, jpäter römiſches Munici: 
pium, endlich Kolonie, das campanijche Abdera 
oder Scilda. Cie. ad fam. 13, 7. ad Q. fratr. 
2, 14. Liv. 22, 61. 26, 16. 27,3 u. 6. 

Atellänae fabülae, ludi Atellani, eine Art 
Bühnendarjtellungen, nad) der campan. Stadt Atella 
benannt, waren anfangs fomijche Darjtellungen 
Heinftädtiichen Treibens, deren Name und Sache 
jeit der Vernichtung der Selbjtändigkeit Campaniens 
und der Yatinijierung des Yandes aud nad Nom 
lamen und viel Beifall fanden. Ihr Stoff war 
meift das ländliche Yeben im Gegenſatz zum jtädti: 
ihen, das Yeben der niederen Klaſſen des Bolfs. 
Tas Ganze war durchaus heiter gehalten, derber 
Wig und mutwillige Laune vorherrſchend. Die 
itehenden Berjonen diejer Stüde find maccus, der 
gefräßige und lüjterne Dummlopf, bucco (Groß: 
maul;, ein underjchämt zudringlicher Schmaroßer 
und Schwäßer, pappus, der geizige, überall über: 
liftete Alte indarog, ojlilch casnarı, sannio, der 
Narr, und dossennus, der budlige Beutelicneider. 
Auch an Schredgeitalten, wie Manducus, Mania, 
Pytho, Yamia, fehlte es nidyt. Die Anlage war 
einfach und funjtlos; die Sprache durchaus volls: 
tümlich und von der gebildeten Sprache wejentlich 
verjchieden; oft wurde auch der ovjfiiche Dialeft 
geſprochen. Im Bortrage waren lebhafte Geſtiku— 
lationen und Bewegungen vorherrichend. Anfangs 
wurden die At. jedesfalls ertemporiert, jeit Sulla, 
zu defien Zeit L. Pomponius aus Bononia und 
D. Novius fie fünftleriich gejtalteten und den 
andern Arten der Komödie gleichjtellten, nad) einem 
ausgeführten Texte gejpielt und niedergeichrieben ; 
doch blieb auch jo ein weites Feld für improvi- 
jierte Scherze. Die Aufführung behielten fich die 
Söhne römiicher Bürger vor, und es war mit dem 
Auftreten in den Atellanen nicht der Berluft der 
bürgerlichen Ehre verbunden, welcher die Hiftrionen 
traf. Als Dichter von Mtellanen find befannt: 
O. Novius, %. Pomponius Bononienſis, 
der vorzüglichſte, CE. Mummius u. a. Es er 


Realleriton des flafj. Aitertums, 7. Aufl. 


161 


hielten fich die Atellanen bei der Borliebe der Rö— 
mer für das Grotesk-Komiſche jehr lange, jie fommen 
noch in der Kaiſerzeit vor; nach und nad) jedoch 
tritt der Bantomimus an ihre Stelle. Zuerſt wur: 
den fie allein gegeben, nachher, als Livius Andro- 
nitos das griechijch:römijche Drama eingeführt hatte, 
als Nachſpiel und Schlußftüd (exodium;, zu jenen 
Dramen; daher fie audy exodia heißen. Die Über: 
rejte find ſehr unbedeutend, ve nur Titel; ge: 
jammelt von Munf, de fabulis Atellanis (1810), 
und von Nibbed, scaenicae Roman. poesis frag- 
menta, Bd. II (2. Aufl. 1873) p. 191 ff. Val. 
Nibbed, Geſch. d. röm. Dichtung I ©. 207 ff. 

Aternus, "Aregrvog, jpäter Piscarius, j. im Ober: 
laufe Aterno, im Unterlaufe Pescara, ital. Fluß, 
entipringt im Lande der Marjer bei Brivernum, 
fließt durh Samnium, trennt die Gebiete der 
Marruciner und Beftiner und mündet bei 

Aternum, Arteror, der gemeinjfamen Hafen— 
jtadt der beiden Böllerichaften; j. Pescara. Varr. 
1.1. 4, 5. Strab. 5, 241. 

Atösis, ſ. Athesis. 

Athamanfa, Adaueria, Landicaft im öftlichen 
Epeiros am Arachthos und oberen Acheloos und 
an der — Theſſaliens, mit der Hauptſtadt 
Argithia. Die Bewohner, Abeucvres, ſcheinen 
ftets auf einer jehr niederen KRulturftufe geitanden 
zu haben; zu Strabons Zeit waren fie verſchwun— 
den. Strab, 9, 429. 7, 321. 326. Cie. Pis. 40, 96. 

Athämas, Adduas, Sohn des thefjal. Herrichers 
Aiolos (j. d.), König der Minyer im boiot. Orcho— 
menos. Mit der göttlihen Nephele Wollen: 
göttin) zeugte er Phrixos und Helle; weil er 
ſich aber noch mit einer menschlichen Gattin, mit 
Ino, der Tochter des Kadmos, vermählte, ver 
ſchwand Mephele, und der Fluch kam über fein 
Haus. Ino ftellte den Rindern der Nephele nad) 
dem Leben und brachte cs durch ihre Ränke dahin, 
daß man den Phriros zu opfern beſchloß; aber 
Nephele entführte ihm und Helle auf einem gold: 
vliegigen Widder. Helle fällt auf der Flucht in 
den nach ihr genannten Hellespontos; Phriros ge- 
langt auf dem Widder nad) Mia, wo ihn der König 
Nietes gaftli aufnimmt und mit feiner Tochter 
Chalkiope vermählt. Den Widder opfert er dem 
Zeus Phyrios und hängt das Vließ im Haine des 
Ares auf. Ath. aber jollte jpäter wegen des Phriros 
dem Zeus Yaphyitios (= Phyrios geopfert werden ; 
da fommt Kytiſſoros, der Sohn des Phrixos, 
aus Aia mit der Nachricht, daß Phriros noch lebe, 
und rettet den Ah. Dafür jind Kytiſſoros und 
jeine Nachtommen mit dem Zorne des Gottes be: 
laden, der durch fortdauerndes Opfer des Atha- 
mantidengeichlechts gejühnt werden muß. Der 
Alteite des Gejchlechts durfte das Gemeindehaus 
nicht betreten; that er dies, fo wurde er, wenn er 
nicht floh, dem Zeus Laphyſtios geopfert. Hdt.7, 197. 
Phrixos entzog ſich einem ſolchen Opfer durd die 
Flucht auf dem Widder; der Widder nämlich galt 
fo lange als Sühnopfer des Zeus, bis einer der 
Athamantiden ergriffen und geopfert wurde. Das 
Vließ des dem Zeus an des Phriros Stelle ge: 
opferten Widders wird ein Schub und Sort, den 
Jajon, der Heilende, Verjöhnende von ldouee), 
nach Jolkos zurüdholt (j. Argonauten). Dies 
ift die religiöjfe Grundlage in der Sage von th. 
und dem goldenen Blich. Später ward th. 
von Hera rajend gemacht, weil Ino den Dionyjos, 

il 


162 


Athanas — 


Athenion. 


den Sohn ihrer Schweiter Semele, auferzog. Ath. | aram artium. Port wurden fortan auch die reci- 


erichlug in der Raſerei jeinen und der Ino Sohn, 
Learchos; Ino jelbft ſtürzte ſich flüchtend mit 
ihrem zweiten Sohne Melikertes ins Meer, und 
beide wurden rettende Meeresgottheiten, Ino unter 
dem Namen Leukothea Mom. Od. 5, 333), 
Melitertes als Balaimon, bejonders zu Korinth 
verehrt, wo jein Leichnam ans Land getrieben und 
begraben worden jein joll (ij. Isthmia). Anders 
Eur. Med. 1282 ff. Auf dem Iſthmos war jein 
Grab und jein Tempel mit den Standbildern des 
Rojeidon, Palaimon und der Leukothea. Die Kunft 
jtellte den Palaimon dar als einen von Delphinen 
oder Meergöttern getragenen Raben. Ath. mußte 
der Blutichuld wegen fliehen und fiedelte jich in 
Epeiros in dem nad ihm benannten Athamanti— 
ichen Gefilde an. Apollod. 1, 9,1. 2. Ov. met. 
4, 416-542. 

Athänas (Athanis, Athanadas), AHdvas, Ad«- 
vis, Hiftorifer aus Syrafus im 4. Jahrh. v. E., 
Fortſetzer des Philiftos, ſchrieb eine Geſchichte der 
Zeit des Dion in 13 Büchern. Diod. Sie. 15, 94. 
Plut. Timol, 23. 37. Bgl. Müller, fragm. hist. 
Graee. Il p. 81 ff. Abhandlung von Arnoldt (1846. 

Ascdvaroı, die Schar * durch Tapferkeit 
hervorragenden 10 000 ausgewählten perſiſchen Fuß— 
fämpfer, die darıım die „Unfterblichen‘‘ hießen, weil 
ihr Abgang ſtets und unmittelbar durch andere, 
ihon vorher dazu beftimmte erießt ward. Hadt. 
7, 88. Curt. 3, 7, 13 (j. daſ. Mütell). 

Athenae j. Attika, 7. 

Athenaeum. Dieſen Namen legte der Kaijer 
Hadrian einer von ihm zu Rom gegründeten Lehr: 
anftalt für allgemeine höhere Bildung bei. Bis 
dahin war die Erziehung und der Unterricht zu 
Rom und im römischen Reiche Privatjache, ohne daß 
irgend eine Beauffichtigung und Einwirkung des 
Staates ftattfand. Zwar hatte ſchon Auguſt und 
namentlich Beipafian angefangen, eine öffentliche 
Bejoldung an hervorragende und befannte Lehrer 
der Jugend aus dem Fiſkus zu verleihen (Suet. 
Vesp. 18), doch genoſſen dieje Vergünftigung nicht 
die Lehrer als jolche, jondern nur einzelne; die 
Schule blieb im allgemeinen fortwährend noch Pri- 
vatjache, und da fie aus dieſem Grunde bei dem 
großen politischen Umjchwung Durch die Ausbildung 
des Prinzipats nicht berührt wurde, jo ſtand fie 
fort und fort auf dem Boden der Republik und 
fam deshalb in ſtets ſich twiederholende Konflikte 
mit der damaligen Staatsgewalt. Um nun die 
Schulen mit Erfolg überwachen und zeitgemäße 
Anforderungen an diejelben verwirklichen zu fönnen, 
machte Hadrian den erften Anfang und Verſuch 
mit öffentlichen Lehranftalten, legte Gymnaſien an 
und beftellte und bejoldete die Lehrer am denjelben. 
Außerdem gründete er eine Anftalt für höhere 
wiflenjchaftliche Bildung, die er nach dem "48hj- 
vearov zu Athen, in welchem die Jugend ebenfalls 
höheren allgemeinen Unterricht erhielt, benannte. 
Der Name überhaupt ift von der Stadt Athen, als 
dem Sie jeder Bildung, entnommen. Das Athe- 
näum des Hadrian war eine Art Akademie, in 
der namentlich Bhilojophie und Nhetorif, doch auch 
Grammatik und Jurisprudenz gelehrt wurden. Sie 
war aufs glänzendjte ausgeftattet, ſowohl an Bau— 
lichkeiten, al8 aud an Lehrern (professores und 
doctores) mit reihem Gehalte. Aur. Viet. Cues. 
14, 3 nennt dieſe Gründung einen Indus ingenu- 


tationes (f. d.) gehalten. Die örtliche Lage des 
Athenäums ift nicht Mar und genau angegeben; 
entweder lag es in der Nähe des Korums am Fuße 
des Aventinifchen Berges, oder auf dem Capitol. 
Die nachfolgenden Kaiſer begünftigten diefe Anlage 
und hoben und bevorzugten durch bejtimmte Ge— 
ſetze den Lehrerftand. 

Athenagöras, 4dnvaydoas, 1) ein Demagog 
zu Syrafus in der Zeit des peloponnefiichen Krieges 
(415 0. C... Tihue. 6, 35 ff. — 2) ein griechiicher 
Bhilojoph aus Athen im 2. Jahrh. n. E., lehrte 
zuerſt platonische Philoſophie zu Alerandreia, nahın 
aber jpäter das Ehriftentum an, welches er eifrig 
verteidigte. Infolge einer Gejandtichaft nach Rom 
ichrieb er eine Apologie des Ehrijtentums, moe- 
= dar sol Apıorıavar, an den Kater Marc. 
Nurelius (herausgeg. von Raul, 1856); ferner wegi 
draosrdoews tor verpwr, worin platoniiche und 
chriftliche Ideen vermijcht find und der Gegenstand 
rein philojophiih ohne Berufung auf die Bibel 
durchgeführt wird (Ausg. von Otto, 1857). 

Athenaios, ’Adrjvarog, 1) ein Mechanifer und 
Beitgenoffe de3 Archimedes, aus Sicilien; von 
feinen Schriften hat ſich erhalten die Abhandlung 
repl ungernudrorv, über den Bau und Gebrauch 
der Kriegsmajchinen. — 2) Grammatiker und Sophift 
aus Naufratis in Agypten, um 228 n. E., der 
zuerft in Mlerandreia, danı in Rom lebte und mit 
ausgebreiteter Belejenheit einen jehr reichhaltigen 
Stoff jammelte in geringfügiger Darftellung und 
Sprache. Sein Werf heißt: die gelehrte Tiſchge— 
jellichaft, Seımrooogiorel, in 15 Bücern, von 
welchen die beiden erjten und der Anfang des dritten 
nur im Auszuge eines conftantinopolit. Granıma- 
tifers aus dem 11. Nahrh., das 15. lüdenhaft, alle 
übrigen ziemlich vollftändig erhalten find. Nach 
der Anficht des neueſten Herausgebers, Kaibel, find 
die 15 Bücher jedoch nur ein etwa im 6. Nahrh. 
11. C. gefertigter Auszug aus dem einft 30 BB. um: 
fafjenden Originalwerle, was fid) an der Hand der 
beften Handichrift, des cod. Marcianus (in Venedig), 
beweiſen lafje. Ath. verbreitet ſich in feinem Werte 
in Geſprächsform über Gegenftände des gejellichaft: 
lichen und häuslichen Lebens und gibt dabei un: 
ihägbare Beiträge zur Gejchichte der Wiſſenſchaften 
und Künfte, Sitten und Gewerbe, wodurd uns 
zugleich eine Menge der wichtigften Bruchſtücke 
aus den zum Teil verloren gegangenen Werten 
griech. Schriftiteller (deren 1500 darin angeführt 
werden) aufbewahrt worden ift. — Kommentar von 
Iſ. Cajaubonus (1600). Ausgg. von Schweighäujer 
(1801—7),®. Dindorf (18271, A. Meinefe (1858 f.) 
und Kaibel (1887 f.). 

Athenäis, Admvadls, 1) Name einer att. Phyle zur 
Zeit des Erichthonios, |. BvArj, 1. — 2) Gattin des 
Königs von Kappadotien, Ariobarzanes II. Philo- 
pator; fie hatte den Beinamen pilöcropyos. Üic. 
ad fam. 15, 4, 6. — 3) Tochter des Sophiften Leon: 
tios, die jchöne und talentvolle Gemahlin des Kai: 
ſers Theodofios II. Eudofia genannt nad) ihrer 
Belehrung zum Ehriftentume; ftarb 460 n. C. 
Eine Beichreibung des Lebens Jeſu in homeriſchen 
Verjen und Halbverjen Ounoöxerrg« oder Ounoo- 
“Eerrowveg) wird ihr zugeichrieben. Ausg. von 
Teucher (1798). ©. Eudoxia, 2. 

Athöne j. Pallas Athene. 

Athenion, ’Adnr/or, 1) bedeutender Stein: 


Athenodoros — Athlothetae. 


ihneider, von dem die berühmte Onyrkamee her- 
rührt, Zeus den Blitz auf die Giganten jchleudernd 
(.Giganten), vielleicht Zeitgenofie des Muguftus. 
— 2) urjprünglicd ein Hirt, dann Anführer einer 
Räuberbande in Kilifien, wurde fpäter als Slave 
nah Sicilien verkauft, wo er Anführer der Skla— 
ven im zweiten ficiliichen Stlaventriege wurde, 
104 v. E. Er hatte das Talent, die Sklaven ge: 
ihidt zu führen und durch Milde und freund: 
lichteit die Einwohner zu gewinnen, wodurd er 
den Römern ein gefährlicher Feind wurde. Der 
Konjul Manius Aquillius wurde im J. 101 gegen 
ihn geichidt und befiegte und tötete ihn im J. 99 
(Liv.ep. 69); das Heer der Empörer wurde darauf 
gänzlich geichlagen. Bergleichöweife nennt Cicero 
ad Att. 2, 12, 2) den Elodius „Athenio“, weil er 
ebenjalld aus Sicilien war und tumultwierende 
Sklaven anführte. Diod. Sie. fr. 36, 5. 

Athenodöros, ’Adnr0ödwgpog, 1) ein Grieche, von 
Alerander dem Gr. mit einer Kolonie nach Baltra 
gejendet, von Bikon aber ermordet, weil er fich 
dort zum Könige aufwarf, 325 v. E. Curt. 9,7, 1. 
— 2) mit Beinanen Kogdvilor, ein ftoischer Phi: 
loſoph aus Tarjos, Aufjeher der Bibliothek in 
Pergamos, joll als eifriger Stoifer aus ihren 
Schriften alles getilgt haben, was ihm minder 
qut jchien; doch wurde es bemerft und wiederher- 
geftellt. Diog. Laert. 4, 34. Der jüngere Gato 
brachte ihn 70 v. E. nad Rom, wo er in deſſen 
Hanje ftarb. Erhalten hat ſich nichts von ihm. 
Plut. Cat. min. 10. 16. — Zu unterfcheiben 3) 
der Sohn des Sandon, gleichfalls aus Tarjos und 
ſtoiſcher Philoſoph, Schüler des Pofeidonios in 
Rhodos, lehrte zu Nom, ſpäter zu Apollonia in 
Epeiros. Hier hörte ihn Octavian und nahm ihn 
mit ſich nad) Rom als Freund und Natgeber. 
Suet. Claud. 4. Später fehrte er nach Tarjos 
zurüd, verbefjerte die Gejehe jeiner Vaterftadt und 
ftarb in einem Alter von 82 Jahren. Bon jeinen 
Schriften haben ſich nur Titel und ſehr geringe 
Fragmente erhalten. 

Athesis (richtiger Atesis), Arnotros, "Arıcür, 
od. Atagis(?), j. Etich, ital. Mdige, Fluß Rhätiens 
und Oberitaliens, entipringt auf den Nhätiichen 
Alpen, nimmt den Iſareus (Eifach) auf, wird bei 
Verona jchiffbar und ergießt ſich nördlich vom 
Padus, mit dem er durch mehrere Kanäle verbun: 
den ift, ind Mdriatiiche Meer. Plin. 3, 121. Strab. 
4, 207. Plut. Mar. 23. 

Athlöta, d«dinris, war bei den Griechen ur: 
iprünglich derjenige, weldyer in den Nationalipielen 
zu Olympia oder in den Spielen, welche nach jenen 
einzelne Städte angeordnet hatten, namentlich im 
Fauftfampf und dem Pankration, als Wettlämpfer 
in förperlicher Kraft und Geſchicklichkeit auftrat. 
Später, als die Belohnung und Ehre der Sieger 
lodte, entwidelte fih eine förmliche Kunſt, der 
mande Athleten ihr ganzes Leben widmeten. — 
Zu Rom famen während der republifanifchen Zeit 
auch wohl Athletenfämpfe vor (vgl. Liv. 39, 22), 
das erjte Mal 186 dv. E., dod) waren die Kämpfer 
riechen, die dorthin fommen mußten. Als Cäjar 
jeine Triumphe feierte, wurden unter andern Feſtlich— 
feiten auch Athletenſpiele aufgeführt. Swet. Caes. 39. 
Unter den Kaijern waren die Athletentämpfe jchon 
gewöhnliche Sitte; die verfchiedenen damaligen Ur: 
teile darüber j. Taec. ann. 14, 20f. Die Athleten 
wurden von Jugend auf in diejer Kunſt geübt 


163 


und bildeten eine eigene Zunft. Sie verdungen 
ſich zu den eftipielen für einen großen Sold 
(auetoramentum) und traten durchs Los bejtimmt 
paarweile zum Ringkampfe auf. Zunächſt bejtrichen 
fie ihren Körper mit Salben und Ol, um ihre 
Glieder gejchmeidig und ihren Körper jchlüpfrig 
zu machen. Um dies leßtere wieder zu heben, be- 
warfen ſich die Gegner, ehe fie zum Angriff Schritten, 
gegenfeitig mit Sand. Der zu Boden Geworfene 
gewann noch, wenn er jeinen oben liegenden Gegner 
durch Gewandtheit herumijchnellte. — Zur Borbe: 
reitung auf dieſe Kämpfe mußten die Athleten 
eine jehr ftrenge Diät befolgen, die jedoch im Laufe 
der Zeiten von ganz entgegengejegten Geſichts— 
punkten ausging. In den erjten Jahrhunderten 
mußten fie ſich des Fleiſchgenuſſes ganz enthalten, 
jpäter jollte namentlich Ziegenfleiſch die Körper: 
kraft mehren. Vgl. Friedländer, Sittengejchichte 
Roms II, I. Abſchn. 4. Bötticher, Olympia S. 101 ff. 
— Der Übungsplag hieß palaestra oder gymna- 
sium. Die Lehrer diefer Kunft hießen Gymnaſten 
und Aleipten; fie waren gewöhnlich ausgezeichnete 
Athleten, deren Körperfraft jchon zu jchwinden 
begann. 

Athlothetae, «#Ro®£reı, find urfprünglich die: 
jenigen, welche die Preife zu Kampfſpielen aus: 
jegten, fonft auch &ywvodrraı genannt, wie * B. 
Achill bei der Leichenfeier des Patrollos Hom. 
11.23, 257 ff). Nachdem ſich die Sitte bei den 
4 größeren Kampfipielen feftgejeßt hatte, waren die 
Athlotheten die Kampfrichter, die im bejondern 
bei den pythiſchen, ifthmifchen und nemeijchen Ago— 
notheten, bei den olympifchen Hellanodifen 
(EMuvodinaı oder FAlmrodcxaı) genannt wurden. 
Sie wurden von denjenigen ernannt, in deren 
Lande die Wettfämpfe ftattfanden, aljo bei den 
iſthmiſchen Spielen von den Ktorinthern, oder unter 
deren Oberaufficht fie ftanden, wie bei den pythiſchen 
von den Amphiktyonen, bei den nemeiſchen von 
den Korinthern, Argeiern und Kleomaiern. Als 
äufßeres Zeichen ihrer Würde trugen fie einen Stab, 
weshalb fie auch gaßdonyor, daßdoröus: genannt 
wurden (auch ihre mit Stäben zur Züchtigung ver: 
jehenen Diener hiefen gaßdoögor). Bei den Na: 
tionaljpielen zu Olympia war der Vorſitz und die 
Ernennung der Kampfrichter auf die Daupftadt 
Elis übergegangen. Die Zahl der ernannten Rich: 
ter war allmählidy von ı bis auf 2, 8, 9, 10, 12 
geftiegen. Ihre Auszeichnung war ein Purpur— 
gewand und der Lorbeerfranz. Um aber ihrer 
wichtigen Aufgabe alljeitig genügen zu können, 
wurden jie 10 Monate vor der Abhaltung der 
Spiele gewählt und in den verjchiedenen Funktionen 
unterrichtet. in feierliher Eid verpflichtete fie 
zu der unwandelbarſten Barteilofigfeit. ——— 
hatten ſie alles anzuordnen und vorzubereiten, 
was für eine würdige Feier nötig war, und wäh— 
rend der Spiele waren ſie die Behörde in allen 
Sachen, die in Bezug zu ihrem Amte ſtanden. 
Sie prüften bei den Meldungen, ob der Wett 
kämpfer auch wirklich griechiſcher Bürger ſei, ob 
ſonſt kein Makel an ihm hafte. Dreißig Tage vor 
der Eröffnung der Spiele wurde die Liſte der Be— 
werber geſchloſſen, und nun fanden erſt zu Elis 
ſogenannte Vorübungen der Eingeſchriebenen ftatt; 
ſtellte ſich bei irgend einem mangelhafte Vorberei— 
tung heraus, ſo wurde er noch von der Kämpfer— 
liſte geſtrichen. Dann eröffneten die Kampfrichter 


11* 


164 


das Feſt und liegen durch den Herold die Namen 
der Wettlämpfer und deren Abkunft vor allem 
Volke verfündigen; wenn von feiner Seite ein Ein: 
ſpruch geſchah, fo wurden die Neihenfolge der 
Ninglämpfer und die Pläte der Wettlämpfer aus: 
geloft. Nachdem die Hellanodilen nochmals alle 
an die Regeln des chrlihen Kampfes erinnert 
hatten, gaben fie das Zeichen zum Beginn. Während 
des Nampfes hatten fie jede Übertretung der be: 
ftehenden Geſetze zu überwachen, und wen fie den 
Sieg entichieden hatten, reichten jie im Tempel 
des Zeus den Siegern den Kranz dar. Nachdem 
jie über das Ganze ein Brototol verfaßt hatten, 
in welchem die Sieger namentlich aufgeführt wur: 
den, erloſch mit der Feier auch ihr Amt. — Aud) 
in Athen hatten 10 auf 4 Jahre erwählte Athlo: 
theten (je 1 aus jeder Phyle) namentlidy die feier 
der großen Panathenaien zu bejorgen. 

Athos, Adag, Ada, berühmter Berg der ma— 
fedonischen Halbinſel Chalkidife, und zwar auf 
der äußerſten Spitze der Landzunge Akte; noch j. 
Athonas oder Hagion Dros, ital. Monte Santo. 
Nach Hdt. 7, 22 lagen auf diejer Landipige die 
fünf Städte Dion, Olophyros, Thyffos, Kleonai, 
Atrothoon oder Afrathos, in deſſen Nähe fich der 
1935m hohe Berg erhebt. Die Landenge, welche 
bei Sane die Berglandichaft des Athos mit dem 
Feſtlande verbindet und in der Mitte nur 5m hoch 
und 3000 Schritt breit ift, lich Xerres auf feinem 
Zuge gegen Griechenland durchitechen; Spuren 
diejes Kanals, jegt Provlafa genannt, haben ſich 
erhalten. Hdt. 7, 235. Mela 2, 2, 10. Diod. 
Die, 11,2; 

Atil und Attii, 1) T. Att. Yabienus, Tri: 
bun im J. 63 v. E., hob durd) ein Geſetz die lex 
Cornelia de sacerdotiis auf. war Anfläger des 
E. Nabirius, als diejer den Saturninus gemordet 
hatte, zu Gunsten des Cäjar, dem er in Gallien 
als Yegat diente und deſſen Stellvertreter er war, 
jo oft Cäſar nach Nom ging. Dio Cass. 37, 267. 
Caes. b. g. 1, 10.215. Im J. 58 befiegte er die 
Tiguriner, 54 die Trevirer daſ. 5, 24. 53 ff. 6, 5) 
mehrere Male, zog (53) gegen Yutetia und jchlug 
die Belgier unter Commius. Daſ. 7, 57 ff. 8, 23. 
Dio Cass. 40, 43. Darauf abermals gegen die 
Trevirer geiandt, jchlug er fie in einem Neiter: 
treffen. Cues. b. g. 8, 25.45. Dann machte ihn 
Cäſar, um ihn zu gewinnen, zum Statthalter von 
Gallia Togata, troßdem aber trat er, von Ehrgeiz 
verleitet, im J. 49 auf Bompejus’ Seite und be- 
handelte jeine früheren Nampfgenofjen mit großer 
Härte. Caes. b. c. 3, 71. 87. Cie. ad fam.16, 12, 
ad Art. 7, 11 ff. Dio Cass. 41,4. (Er war (48) 
Legat des Pontpejus. Nach der Schlacht bei Phar— 
jalos, an welcher er teilnahm, flüchtete er ſich 
zuerjt nach Korkyra, dann nach Kyrene, hierauf 
nach Afrika. Cie. div. 1, 32. Dio Cuss. 42, 10. 
Plut. Caes. 52. Hier bildete er ein beträchtliches 
Heer, fämpfte anfangs mit Mut und Geſchick gegen 
Cäjar, namentlich im Treffen bei Ruipina (Caes. 
b. Ajr. 13—18. Plut. Caes. 52), erlitt aber mit 
Scipio die Niederlage bei Thapjus und floh darauf 
nach Spanien (Dio Cass. 43, 30. 38. Flor. 4, 2), 
two er zur Niederlage der Bonpejaner bei Munda 
beitrug, indem er während des Kampfes, um einen 
Angriff des Königs Bogudes don Mauretanien, 
eines Bundesgenojjen Cäſars, auf das pompeja: 
niſche Yager abzuwehren, das Schlachtfeld verlich, 


Athos — Ati. 


aber auch jeinen Tod fand. Sein Kopf wurde dem 
Cäſar überliefert. Caes. b. Ilisp. 31. — 2) fein 
Sohn, DO. Att. Yabienus, wurde von Brutus 
und Caſſius an den PBartherfönig Orodes gejandt, 
um Hülfstruppen zu erbitten. Auf die Kunde von 
dem Tode des Brutus und Caſſius blieb er am 
Hofe des Drodes, dem er riet, Antonius anzu: 
greifen, 41 v. C. Er zog dann mit Pacorus, dem 
Sohne des Drodes, gegen Syrien, eroberte viele 
Städte, jchlug die Römer in einer Feldſchlacht, 
drang bis Karien vor und jammelte zugleich die 
zerjtreuten Anhänger jeiner Partei um jich, wurde 
aber im J. 39 von dem Legaten des Antonius, 
P. Bentidius, geichlagen. Bon den Parthern ver: 
lafien, floh er nach Kilikien, wurde aber jpäter 
von Demetrios, einem Freigelaſſenen Gäjars, ge: 
fangen genommen und wahrjcheinlich getötet. Vell. 
Pat. 2, 78, 1. Just. 42,4. Plut. Ant. 33. Dio 
Cass. 48, 24 ff. 395. — 3) P. At. Varus, An- 
hänger des Pompejus, verwaltete im J. 52 v. E. 
die Provinz Afrila. Beim Ausbrud des Kampfes 
wiſchen Pompejus und Cäſar juchte er die Land: 
haft Picenum gegen legteren zu halten, mußte 
aber, von den Einwohnern nicht gehörig unterftüßt, 
die Flucht ergreifen und vereinigte fich num mit 
Rompejus. Caes. b.c. 1, 12. 13. Cie. ad Att. 
7, 13, 7. Darauf ging er, al$ Bompejus nad) Grie— 
chenland z0g, nach Afrifa hinüber, wo er Truppen 
jammelte (Caes. b. c. 1, 31), wurde jedoch von Cä— 
jars Yegaten Curio bei Utica geichlagen. Caes. b. e. 
2, 23 ff. App. b. e. 2, 44. Als nah Pompejus’ 
Ermordung der afrikanische Krieg begann, befehligte 
Varus die Flotte, führte diejelbe nach der Schlacht 
bei Thapjus dem jüngeren Bompejus zu, erlitt bei 
Garteja an der jpan. Küſte eine Niederlage zur 
Sce und fand bei Munda jeinen Tod. nes. b. 
Hisp. 27. Dio Cass. 43, 305. — 4) M. Att. 
Balbus, vermählt mit Cäſars Schweiter Julia, 
Schwiegervater des E. Octavius, dem er jeine 
Tochter Atia (gejt. im 3.43 v. C. Vell. Pat 2, 60. 
Suet. Oct. 61) zur Ehe gab, wodurch er Großvater 
des nachmaligen Kaiſers Auguſtus wurde; er be: 
Heidete die Prätur furz vor dem J. 59, verwaltete 
dann Sardinien und leitete jpäter die Verteilung 
der Ländereien in Gampanien unter das Bolf. 
Suet. Oct. 4. Cie. Phil. 3, 6. — 5) 2. Attius 
(bejier Accius), der Sohn eines Trreigelafjenen, 
geb. nadı dem Zeugnis des Hieronymus 170 0.6. 
in Piſaurum, gejtorben um 94, Nebenbuhler des 
bereits alternden Pacuvius und mit manchem vor- 
nehmen Nömer befreundet, aber von jeiten feiner 
Pebensverhältnifie wenig bekannt. Grhabenheit, 
Kraft und Aufihwung römijcher Charafterjtärfe, 
nicht formale Vollendung und Sorgfalt wurden 
an dieſem Dichter gepriejen, den man als den Gipfel 
der nationalen Tragödie betrachtete. Seine zahl- 
reichen etwa 50) Stüde (worunter zwei praetex- 
tatae: Aenendae s. Decius und Brutus, jein be: 
rühmtejtes Stüd), deren Inhalt meiftens aus den 
3 großen Tragifern, insbejondere aus Sophofles, 
der ihn bejonders anzog, geflofien war, behielten 
längere Zeit (bis zu den Tagen Senecas) eine 
höhere Geltung, doch mehr wegen der lebendigen 
Geiſtesgröße und der fraftvollen Darftellung, wäh— 
rend Archaismen, unforrefte Wortfügung und man- 
nigfache Nachläſſigkeit ihn als Meifter der Dichtung 
nicht empfahlen. Hor. ep. 2, 1,15. Ov. amar. 
1,15, 19. Seine Didascalica, in 9 Büchern und 


Atilii. 


in gebundener Form abgefaßt, ſcheinen Angaben 
über Zeit, Art und wei der Nufführung, über 
Schanjpieler, die mitgewirkt, u. dgl. enthalten zu 
haben. Gleichfalls Titterariichen und Funjtgeichicht- 
lihen Inhalts waren die Pragmaticon libri; jon: 
ftige Anführungen (Parerga, Annales) find dem 
Zweifel unterworfen. Fragmente der Dramen bei 
. Ribbed, scaenicae ltomanorum poesis frazm. 
Bd. II p. 114 ff, der übrigen Werfe in L. Mül— 
lers Ausg. des Yucilius S. 303 ff., und in Bährens’ 
fragm. poet. Rom. p. 266 ff. — 6: Nttinsfabeo, 
lieferte eine nicht mehr vorhandene müchterne und 
geſchmackloſe Überſetzung der homeriichen Gedichte. 
Die Kombination der beiden Namen beruht blof; 
auf dem Zeugnis der Scholiaften des Perfius 
p. 248 und 259 der Ausg. von D. Jahn. 
Atilii, jpäter auch Atiilii, bedeutende plebe: 
jiſche gens mit den Beinamen Bulbus, Calatinus, 
Requlus, Serranus, Longus. Zu merfen find: 
1) A. Atil. Calatinus, zweimal Konjul: zuerft 
258 v. C., wo er auf Sicilien mit Glüd kämpfte, 
obwohl jein (und feines Kollegen Sulpicius, Pol. 
1, 24) Heer einmal beim Angriff auf die Stadt 
Kamarina nur durd die Aufopferung des Tribunen 
Ealpurnius Flamma gerettet wurde (Lie. ep. 17. 
22,60, Pol. 1,24. Zonar.8, 12). 254 zum zweiten: 
mal Koniul, ging er mit jeinem Kollegen En. Cor: 
nelius Scipio wieder nah Sicilien und eroberte 
Banormos (#Pol.1, 38). 249 war er Diktator und 
der erjte, welcher als fjolcher ein Heer außerhalb 
Italiens (Sicilien) führte. Liv. ep. 19. Endlich 
war er Cenſor 247. — 2) M. Atil. Negulus, 
Konjul 294 v. E., fämpfte ſchwer, aber glüdlich 
gegen die Samniten (Liv. 10, 32—36) und trium— 
phierte nach den fusti Capit. (f. dagegen Zir. 10,36). 
— 3) M. Atil. Regulus, Kontul im %. 267 
und 256 v. C., befiegte während des erften Kon: 
inlats die Sallentiner, eroberte Brundiſium und 
erbielt die Ehre des Triumphes. Kutr.2,17. Flor. 
1,20. Zonar. 8, 7. Aur. Viet. vir. ill. 40. Das 
zweite Mal befam er mit feinem Kollegen L. Man: 
lius den Befchl, den Krieg gegen Karthago nad) 
Afrika hinüberzujpielen. Mit einer Flotte von 330 
Schiffen ſchlug er zuerjt an der Südküſte Siciliens 
bei Efnomos die farthagiiche Flotte. Pol. 1,25 ff. 
Eutr. 2, 21. Dann gingen die Konjuln nad) 
Afrika, landeten in der geräumigen und fichern 
Bucht von Elupea, eroberten die auf einer Höhe 
gelegene Stadt und ſchlugen ein Lager auf. Karthago 
wurde von Schred erfüllt (Flor. 2, 2: tantus 
terror fuit, ut apertis paene portis Carthago 
caperetur), jein Gebiet verheert, große Beute mit 
dem im Beginn des Winters heimfehrenden Kon: 
ſul Manlius auf der Flotte nach Nom geichidt. 
Pol. 1,29. Regulus behielt nur 40 Schiffe, 15 000 
Fußgänger und 500 Reiter. Die entmutigten Kar— 
tbager wurden bei Adis geicdhlagen, ihr Gebiet ge- 
brandichaßt ; die Eingebornen empörten fich, Rarthago 
jelbft war bedroht. Bei Tunes jchlug Regulus 
fein Lager auf. Als die Narthager in other Be: 
drängnis um Frieden baten, ftellte er ihnen jo 
harte Bedingungen, daß fie beichlofien, noch einmal 
das Waffenglück zu verſuchen, und eine ungewöhn— 
liche Energie zeigten. Pol. 1, 30. Eutr. 2, 21. 
App. Carth. 3. Just. 41,4. Diod. Sic. 23, 12. 
Nach Ankunft eines Teils der ficiliichen Truppen, 
nah Anwerbung zahlreicher, ger griechiſcher, 
Söldner hatten h. bald ein Heer zuſammen, deſſen 


165 


Anführer der unter den Söldnern mitgelommene, 
in den afiatischen Kämpfen der Diadochen erprobte 
friegsfundige Spartaner Xanthippos wurde, ein 
Meteor, weldes plöglich anfleuchtete und ebenfo 
plößlich wieder verschwand. Nachdem Kanthippos 
fein Heer gebt und ansgerüftet, aud) zahlreiche 
Elefanten eingeübt hatte, lieferte unter feiner An: 
führung die neugebildete Armee den Nömern die 
Schlacht bei Tunes im J. 255 und fchlug, im Ver: 
trauen auf ihren Anführer, Ddiejelben gänzlich. 
Segen 30 000, wohl mit Einſchluß der empörten 
Numidier, fielen, faum 2000 entlamen, 500, unter 
ihnen Regulus jelbit, gerieten in Gefangenschaft. 
Pol. 1,31 ff. Diod. Sie. 23, 15. Eutr.2, 21. Zonar. 
8, 13. Fünf Jahre lebte darnach Regulus als Ge- 
fangener in Narthago, bis die Karthager im X. 
250 nach ihrer Beſiegung durch Metellus bei Ba: 
normos eine Selandtihat nach Rom jchidten, um 
über den Frieden zu verhandeln und möglichft 
ünftige Bedingungen zu erhalten. An dieje Ge: 
anbiichaft fnüpft ſich nun folgende Erzählung: 
Regulus ſei als Vermittler mit den Geſandten ge— 
ſchickt worden, nachdem er verſprochen habe, nach 
Karthago zurückzukehren, falls er durch ſeine Ver— 
mittlung nichts ausrichte. Er habe dann in Rom 
dem Senate von der Annahme der karthagiſchen 
Vorichläge abgeraten und ſei nad) feiner Rüdtehr 
von den erbitterten Karthagern unter jchredlichen 
Martern hingerichtet worden. Auf die Nachricht 
von diejer graufamen Behandlung hätte des Ne: 
gulus familie an farthagiichen Geiſeln in ähnlicher 
Weiſe, wie es mit Regulus geichehen, furdytbare 
Race genommen oder doch wenigitens nehmen 
wollen. Diod. Sie. 24, fr. 12. Cie. off. 1,13. 3, 26. 
fin. 2, 20. 5, 27. Liv. ep. 18. Hor. od. 3, 5,49 ff. 
Flor.2,2. Eutr.2, 25. Val. Max. 4,4, 6.9, 2,1. 
Gell. 6, 4. App. Carth. 4. Aur. Viet. wir. ill. 40, 
Zonar. 8, 15. Sen. pror. 3. Sil. Ital. 6, 229—550. 
Dieje Nachrichten über den Ausgang des Regulus 
aber haben jchon frühzeitig mit Necht Zweifel er: 
regt und dürfen feineswegs in ihrem vollen Um: 
fange für richtig gehalten werden. Um die That: 
lachen feitzuftellen, hat die moderne Forichung den 
älteften, auf das Problem bezüglichen Bericht, den 
des Diodor a. a. D., zum Ausgangspunkt genom: 
men. Er ſtammt aus Philinos, ebenjo das, was 
Rolybios (1, 40) über die Ereigniffe des Jahres 
250 jagt. So hat fid) denn das folgende, wie es 
ſcheint, unanfechtbare Nejultat ergeben: Unter den 
Sejandten, die im J. 250 nach Rom geſchickt wur: 
den, hat ſich Regulus befunden, auch hat er gegen 
die Auswechſelung der Gefangenen geiprochen. 
Gewährsmann hierfür iſt E. Sempronius Tudita- 
mes (vgl. Peter, hist. rom. reliqu. Ip. 143... An 
ein gewaltjames Ende des Regulus aber darf nicht 
eglaubt werden, vielmehr iſt er früheftens 250, 
— 217 eines natürlichen Todes geſtorben. 
Die Nachricht, daß er von den Narthagern unter 
qualvollen Martern getötet worden jei, entjtand 
ichon in früher Zeit und lebte während der jpäteren 
Kämpfe der Römer mit den Karthagern, als der 
Haß zwijchen beiden Bölfern immer glühender 
wurde, wieder auf. Bei Tuditanus finden wir die 
erſte Spur diejes Gerüchts, das durch die Rhetoren— 
ichulen vergrößert worden ift. Endlich hat eine 
Mißhandlung farthagischer Beijeln durch die Familie 
des Regulus nach dem Hintritt des letzteren ftatt: 
gefunden, und der Senat hat weitere Grau: 


166 


famfeiten durch fein Einjchreiten verhindert. Vgl. 
D. Jäger, M. Atilius Regulus Ein Beitrag zur 
Geſchichte des Völkerrechts (1878). — 4) E. Atil. 
Negulus, Konful 257 und 250 v. E., fiegte bei 
Tyndaris, Pol. 1, 25. 31, 41ff. — 5) M. Atil. 
Negulus (S. von 3), Konjul 227 und 217 v. C. 
als E. Flaminius in der Schlacht am Trafimeni: 
ſchen See gefallen war. Liv. 22, 25. Nach einer 
Nachricht fiel er bei Cannä; nad Liv. 22, 40 und 
23, 21 wurde er 215 triumvir mensarius und im 
folgenden Jahre Cenſor. Liv. 24, 11. 18. 43. Als 
jolcher übte er Strenge gegen die, welche nach der 
Schlacht bei Cannä den Staat aufgegeben hatten. | 
— 6) M. Atil. Regulus, Brätor 213 v. C., 
mußte den eingedrungenen fremden Kulten jteuern | 
und die Wahrjagebücer einfammeln. Liv. 24, 43 ff. 
Bal. auch 25, 1.26, 6. 33. 27,4. — 7) C. Atil. Ser: 
ranus, Prätor 218 v. C., Fämpfte gegen die auf- 
ſtändiſchen Bojer und führte jpäter jein Heer dem 
Konſul P. Cornelius Scipio gegen Hannibal zu. 
Liv. 21, 26.39. — 8) A.Atil.Serranus, Prätor 
192 v. E., erhielt Makedonien als Provinz und 
that darauf dem Antiochos durh Auffangen von 
Zufuhr und Zerftören von Schiffen vielen Schaden. 
‚iv. 35, 10. 20 ff. Später (173) wurde er beauf- 
tragt, mit Antiochos Epiphanes ein Bündnis zu 
erneuern. Liv. 41, 33. 42, 1. 171 ging er als 
Gejandter nad Griechenland, wo er jchlau durch 
Friedenshoffnungen Berjeus hinzuhalten wußte, bis 
die Römer gerüftet waren. Liv, 42, 37ff. Im 
X. 170 war er Konjul. Liv. 43, 4 ff. 9. 11. — 
9 C. Atil. Serranus Gavianus (aus der gens 
(Gavia adoptiert, Cie. Sest. 33 ff.), Quäftor 63 v. €. 
unter Ciceros Konfulat, der ihm gewogen war. 
Im 3. 57 war er als Vollstribun ein Feind des 
Gicero bei deſſen Zurüdberufung. Cie. ad Att.4,2,4. 
— 10) M. Atil., tragischer und fomiicher Dichter 
in Rom von mitielmäßigem Rufe, Zeitgenofle des 
L. Accius. Uber fein Leben, jeine Wirkſamkeit und 
Dichtungsweiſe find nur geringe Nachrichten vor: 
handen. Bolcatius Sedigitus gibt ihm bei A. Gel: 
lius (15, 24) unter den lomiſchen Dichtern die 
fünfte Stelle. Als Tragifer verjuchte er fich mit 
einer Eleftra, jcheint aber als folder ungenießbar 
geweſen zu fein. Cie. fin. 1,2, 5 (ferreus scriptor). 
ad Att. 14, 20 (poeta durissimus), Sammlung 
der geringen Bruchftüde bei Nibbed, scaen. Kom 
poes. fragm. II p. 32f. — 11) Atil. Fortuna: 
tianus, ein latein. Metrifer in der erften Hälfte 
des 3. Jahrh. n. E., Verfaffer einer Überficht der 
Metrit, bei. des Horaz, ars Fortunatiani, am 
bejten abgedrudt in Keils grammatici Lat. VI 
p- ,278 fj.; bejondere Ausg. von demjelben (1885). 
Arınia, arınos Gegenſ. mırıuda, ritiuog). 
Wie durd das Chriftentum die Gleichberechtigung | 
aller zu den ewigen, von ihm verbürgten Gütern 
für alle Zeiten ausgeſprochen und feitgeftellt, eben 
damit aber der abjolute Wert der Rerjönlichkeit. 
erit zu jeinem Rechte gekommen ift, jo hat jich 
unter feinem Einflufje dieje fittlihe Gleichberech— 
tigung des Einzelnen auch nach außen hin geltend 
gemacht; es hat ſich die Idee der jittlichen Würde 
und Würdigfeit ausgebildet, die unabhängig von 
nationalen und politischen Berhältniffen allgemeine 
Anerkennung fordern fann und muß; ihren Aus: 
drud hat diejelbe gefunden in der perjönlichen Ehre 
des Einzelnen. 
Griechen wie den Römern, daher denn weder die 


Diejer Begriff fehlte jowohl den | Athenern eine Schranfe gefunden. 


"Arıula, üriuog — Atlantis. 


infamia noch ganz beionders die arıuda der Ehr: 
lofigteit im modernen Sinne entſpricht. Die Atimie 
ift vielmehr bei den Athenern, auf die wir hier 
allein Rüdficht nehmen, in ihren verichiedenen Ab: 
ftufungen die vollftändige oder teilweije Beraubung 
der bürgerlihen Rechte, der rıur) des moAlıng, und 
fie konnte teils als Strafe ausgejprochen werden, 
teils durch Nichterfüllung gemwifler dem Staate zu 
leiftender Verbindlichteiten ohne weiteres Verfahren 
eintreten. Die Atimie kann nun dreifadher Art 
jein (Andoc. myst. 73— 76): 1) arınia aark mgog- 
rateis, der geringfte Grad, die Entziehung ge 
wiſſer bürgerlicher Rechte; wie z. B., wer als An: 
Häger in einer öffentlichen Anklage nicht den fünften 
Teil der Stimmen erhielt oder fie fallen lich, eine 
ſolche Anklage nicht wieder anjtellen durfte. — 
2) erımia tod ooueros, Entziehung aller bürger: 
lihen Rechte. Der ärıuog ijt vom Markte, von 
allen öffentlichen Orten verbannt, von der Volls— 
verjammlung ausgejchloffen und darf weder Klagen 
anftellen, noch Prozeſſe führen, er iſt bürgerlich 
tot; maßt er fich die Nechte des Zmirıung an, jo 
ift er den jchwerften Strafen, unter Umftänden der 
Todesitrafe, unterworfen (vgl. Erdsikıg). Eine 
Wiederherftellung, welche nur durch Zuftimmung 
von 6000 Bürgern möglich war, trat jelten ein, 
bisweilen in Zeiten der höchiten Not des Staates. 
Über die Fälle, in denen diefe Art der Atimie 
eintrat, wird bei den einzelnen Verbrechen Aus: 
funft gegeben. — 3) druuia tod owuarog null 
tor yenudror, Wie die vorige und mit Konfis- 
fation des Vermögens verbunden, trat bei einigen 
Verbrechen ein. Vorzugsweiſe aber waren derjelben 
die Staatsichuldner unterworfen, die bis zur neun— 
ten PBrotanie, an welchem Termine die jchuldige 
Summe fid) verdoppelte, ihre Schuld nicht bezahlt 


hatten. Sie hörte auf, jobald die Schuld bezahlt 
war, ging aber, wenn der Schuldner ftarb, ohne 
jeine Berbindlichkeiten erfüllt zu haben, auc auf 


die Kinder und Enkel über. — In Sparta traf 
volle Atimie die, welche fich feige der Schladht 
entzogen hatten (rg&oarres), ſowie die Verächter 
Öffentlicher Sitte und Anftandes. Auch die Hage: 
ftolgen wurden mit Atimie belegt, durften 3. B. 
weder faufen noch verlaufen, Thuc. 5, 34. 

Atina, Stadt im jüdöftlihen Yatium am Ur— 
iprunge des Melpis, noch j. Atina, zuerft voljtiich, 
dann römische Kolonie. Liv. 9, 28. 10, 39. Cie. 
Plane. 12. div. 1,28.2,67. Die Einwohner Atinates. 

Atlantes, “iriarres, das entferntejte der dem 
Herodot (4, 184) befannt gewordenen Bölter Afrilas, 
an dem in die Wolfen reihenden Atlasberge. Da 
es bei ihnen nicht regnet, bauen fie aus ihren 
reihen Salzerträgen jelbjt Hütten. 

Atlantis, Arkarrig (vgl. Schmidt in Mützells 
Stich. f. Gymn. 1857, ©. 193 ff.), nach uralter, dem 
Solon von äghptiſchen Prieſtern überlommener 
Sage eine große Inſel im Atlantiſchen Ocean, an 
Umfang Rleinafien und Libyen gleichlommend oder 
fie übertreffend. Platon ftellt die Sage im Kritias 
ip. 108 ff.) und Timaios (p. 24 f.) näher dar: 
Weftwärts von den Säulen des Herakles, dem 
Alasgebirge gegenüber, habe fie gelegen, ſei jehr 
bevölkert geweien und reich an allen Herrlichkeiten 
der Erde; die Fürften derjelben hätten ihre ſieg— 
reiche Gewalt weit ausgedehnt und nur an den 
Aber es kam 
die Zeit des Verfalls: der fittlichen Berjuntenheit 


Atlas — Atreus, 


jolgte das ſchwere Unglück eines mit Überſchwem— 
mung verbundenen Erdbebens, wodurch die Inſel 
in Einem Tage und Einer Nacht in den Fluten 
des Meeres begraben worden jei. Uber die Yage 
derjelben find indeſſen die Alten fich ſelbſt nicht 
flar und ihre Angaben nicht zuverläffig; in neuerer 
Zeit hat man darunter bald die Azoriſchen und 
Nanariichen Injeln, bald St. Helena und Aſcenſion, 
bald die Inſeln des Stillen Meeres, jogar die 
Standinaviiche Halbinjel erfennen wollen. Die 
Sage muß jedesjalls uralt gewejen fein, da ein 
Zug aus einem Atlantenfriege auf dem an den 
Banathenaien zum Barthenon hinaufgetragenen 
Peplos einmal vorgefommen fein joll, und jcheint 
die Ahnung eines fernen großen Weftlandes ſchon 
für das höchſte Altertum zu beftätigen. Vielleicht 
find phoinifiiche oder puntjche Handelsſchiffe durch 
Stürme und Strömungen an die amerikanische 
Küſte verichlagen worden, durch die nach glüdlicher 
Heimfehr eine allgemeine Kunde davon verbreitet 
ward, jo daß unter der Atlantis Platons und der 
großen namenlojen Inſel des Plinius, Diodor und 
Arnobius am Ende wirklich) Amerika zu denken wäre. 

Atlas, Arkas, d. i. Adtla = Schneegebirge, 
bedeutendes Gebirge in Afrila längs des weitlichen 
Teils der Nordküfte von Mauretanien. Die Vor: 
ſtellung Herodots (4, 184) ſetzt ihn freilich ſüd— 
wejtlich von der Heinen Syrte (20 Tagereijen weit: 
li von den Garamanten), doch deutet 1, 202 aud) 
wieder auf wetlichere Lage. Man unterjchied zivei 
Hauptzweige, den A. maior, d. i. den weitlichiten 
Teil des heutigen hohen Atlas (bei den Eingebor: 
nen Dyris), ein hohes, jteiles Gebirge in Maure: 
tania Tingitana, das mit einem Borgebirge (ij. 
K. Geer) an dem von ihm genannten Mlanttichen 
Ocean endigt; und den A. minor, nordweſtlich vou 
dem vorigen. 

Atlas, Arkag (von d-rAjvau), der gewaltige 
Träger, ein Zitane, Sohn des Titanen Japetos 
‘4. d.) und der Klymene oder der Ajia, Bruder des 
Menoitios, Prometheus und Epimetheus. Hesiod. 
theog. 507. Er ijt „ein Fuggefinnter, der des 
ganzen Meeres Tiefen kennt und jelbjt die großen 
Säulen hält, die Erde und Himmel auseinander 
halten (d. i. den Himmel über der Erde ſtützen)“. 
Hom. Od. 1, 52. Atlas bezeichnet die gewaltige 
Tragfraft des Meeres; er ift ein Meeresrieje, der 
in dem weftlichen Meere jteht, kennt als ſolcher 
die Tiefen des ganzen Meeres, wie Proteus (Od. 
4, 385), und heißt dAoopgo» mit Bezug auf die 
dämonijche Natur des Meeres, das immer für 
einen Sit geheimer Weisheit und Arglift gilt. 
Mit diefer homeriſchen Vorjtellung ftimmt im all: 
gemeinen Heſiod (theog. 517 ff. 746 ff.), nur daß 
diejer durch Weglafjung der Säulen das Bild ver: 
einfacht; nach ihm trägt Atlas, vor den Hejperiden 
ftehend, den Himmel mit dem Haupt und un: 
ermüdeten Armen — zur Strafe, wie man jagt, 
weil er im Titanenkampfe mitgeftritten. Die Sage 
verjegt ihn gewöhnlich in den äußerjten Weiten ın 
die Nähe des Oceans und der Hejperiden; er ijt 
Beliger großer Herden und der Heiperidengärten. 
Die jpätere Zeit madıte ihn zu dem afritanischen 
Berge Atlas und erzählte, er jei ein König in 
Arifa geweien, der von Berjeus durch das Medujen: 
haupt in einen Berg verwandelt worden jei, weil 
er ıhm die gaſtliche Aufnahme verweigert habe, 
Or. met. 4, 627 ff. Auch nad Arkadien wird Atlas 


167 


verjegt und von pragmatifierenden Erflärern für 
einen der Mathematif und Ajtronomie fundigen 
Mann ausgegeben, der die erjte Himmelsfugel ver- 
fertigt habe. — Atlas zeugte mit Pleione oder 
mit Withra die Pleiaden, mit Heſperis Die 
Dyaden und die Hejperiden, welde im den 
Heiperidengärten die goldenen Apfel Heſperiden— 
äpfel), welche einft Ge der Hera bei ihrer Vermäh— 
lung mit Zeus geichenft hatte, bewahrt hielten; 
die Wade bei den Apfeln hielt ein Drache Ladon. 

Ätolischer Bund j. Aitolia. 

Atossa, Arosce, die Tochter des Kyros, welche 
zuerjt mit Kambyſes, zulegt mit Dareios Hyſtaſpis 
vermählt war und auf diefen großen Einfluß 
übte. Hdt.3, 68. 133 f. vgl. 7, 2.3.82. Aeschyl. 
Persae. 

Atramentum, 1) die jchwarze farbe der Maler. 
— 2) die Tinte, atram, librarium, welche aus 
Ruf und Gummi gemacht wurde. Plin. 35,6. Auch 
icheint man mit dem Safte des Tintenfiiches, der 
Sepia, gejcjrieben zu haben. Pers. 3, 12 ff. Mit 
rötlicher Tinte, Mennig, jchrieb man die Titel der 
Bücher. Or. trist. 1.1,7. In Pompeji hat man 
ſchöne antike Tintenfäjler gefunden (j. auh Meiar). 

Atrax, Arocek, eine Stadt der Perrhaiber in 
Ihefjalien am Peneios oberhalb Lariſſa, jeit der 
römischen Kaiferzeit berühmt durch eine Art von 
grünem Marmor mit weißen Flecken, der in der 
Nähe der Stadt gebrochen wurde und einen ziem: 
lich bedeutenden Handelsartifel bildete. Liv. 32,15. 
Plin. 4, 8, 15. Daher Atracius ſ. v. a. theſſaliſch 
überhaupt, Atracia ars, die Zauberfunft. Atra- 
cides heißt der Thefjalier Kaineus (Ov.met.12, 209), 
Atracis die Theflalierin Hippodameia (Ov. am. 
1, 4, 8). Ruinen beim Dorfe Kugocheri. 

Atrebätes, celtijches Volt Galliens im heutigen 
Artois, mit der Hauptftadt Nemetocenna oder 
Nemetacum (j. Arras, vlämiich Atrecht). Sie 
jtellten zu Cäſars Zeit 15 000 Krieger. Caes. b.g. 
2,4. 16. 28. 4, 35. 7, 75. 8, 46. 

Atreus, Argevs, Sohn des Pelops, Herrichers 
in Pija, und der Hippodameia, Enfel des Tantalos. 
Er und fein Bruder Thyeftes tüteten ihren Stief: 
bruder Chryſippos, Sohn des Pelops und der 
Nymphe Arioche, und mußten deshalb vor Belops 
fliehen. Der Perjeide Sthenelos, König in My— 
fenai, Gemahl ihrer Schweiter Nikippe, nahm fie 
auf und gab ihnen Miden zum Wohnfige. Als 
des Sthenelos Sohn Eurpftheus gegen die Hera: 
fliden auszog, übertrug er die Herrſchaft dem 
Atreus, und da er im Kampfe fiel, jo ward Atreus 
König in Mylenai. Thyeſtes verleitete die rau 
des Atreus, Aërope, zum Treubruch und wurde 
deswegen von diejem vertrieben. Um jich zu rächen, 
ſchickt er den Pleifthenes, einen Sohn des Atreus, 
den er als den jeinigen erzogen hatte, nad) My: 
fenai, um Atreus zu ermorden; Atreus aber tötet, 
ohne es jelbjt zu wiffen, den eigenen Sohn. Er 
jöhnt fich darauf zum Scheine mit Thyeſtes aus, 
ruft ihn nach Mykenai zurüd und jeßt ihm die 
eigenen Söhne, Tantalos und Pleifthenes, zum 
Mahle vor. Als Thyeſtes die jchredliche That ent: 
det, Flucht er dem Bruder und flieht davon. Eine 
Beft fommt über das Land des Atreus, und nad 
dem Spruche des Orakels muß Thyeſtes zurüd: 
gerufen werden. Atreus zieht aus, ihm zu juchen, 
und befommt des Bruders Sohn, Aigiſthos, in 
jeine Gewalt, den er mit nad Mykenai nimmt 


168 


und wie fein Kind erzieht. Später wird Thyeſtes 
jelbjt von des Atreus Söhnen, Agamemnon und 
Menelaos, nad Mykenai gebracht und eingeferfert. 
Atreus ſchickt den Aigifthos zu ihm, um ihn zu 
ermorden, aber Bater und Sohn erkennen einander, 
und nun erichlägt Aigijthos den Atreus am Ufer 
des Meeres bei einem Opfer, vertreibt Agamemnon 
und Menelaos und jest fich und jeinen Bater in 
Beſitz der Herrſchaft. Homer und Heſiod willen 
von der Reihe der großen Verbrechen im Haufe 
der zu noch nichts; fie findet fich erſt bei 
den Tragifern. 

Atriensis (von atrium), nämlich servus, einer 
der geacdhtetjten in der ganzen Sklavenfamilie, der 
Haushofmeifter, der die Aufficht über das atrium, 
die imagines, die Gemälde, das Tafelgejchirr, furz 
über die supellex hatte. Cie. parad. 5, 2. Plaut. 
Asin. 2,4. Die auf den Billen hießen atrienses 
rustici. Die unter dem atriensis ftehenden atriarii 
verrichteten die groben Hausarbeiten. Plaut. T’'seu- 
dol. 2, 2, 13 ff. 

Atrium j. Haus, 5. 7. 

Atropätes, Argordrng, wurde von Alerander 
dem Gr., gegen den er in der Schlacht bei Gauga— 
mela gefämpft hatte, nach des Dareios Tode als 
Satrap ron Medien beftätigt. Nach Aleranders 
Tode vermählte ſich Perdilkas mit einer feiner 
Töchter und lich ihm Grofmedien. Died. Sie. 18,3. 
Der nördliche Teil des Landes, in welchen feine 
Nachkommen unabhängig herrichten, erhielt nad) 
ihm den Namen Atropatene: Hauptitadt Sazafa 
oder Ganzaka. Arr. 4, 18, 3. Strab. 11, 523. 
Just. 13, 4. Plin. 6, 13, 16. 

Atröpos |. Moira. 

Atta, T. Quintius, römijcher Luftipieldichter, 
neben 2. Afranius (ſ. Afranii, 1.) der bedeutendite 
Verfaſſer von fabulae togatae, d. h. Stüden, die 
nicht ſowohl Nachbildungen griechiicher Mufter 
waren, als römiſche Sitten und römiſche Stoffe 
behandelten. Er ftarb 78 v. C. Man rühmte an 
ihm fonjequente Eharafterzeihnung. Die jpärlichen 
Bruchjtüde, die einen lebhaften, feden Ton zeigen, 
find gejammelt von Neukirch (de fabula togata, 
1833) und von Ribbeck (scaenicae Rom. poesis 
fragm., Bd. Il p. 115 ff). Hor. ep. 2, 1, 70 ff. 
And Epigramme joll er gedichtet haben. 

Attaleia, Arralsıe, j. Adalia, Stadt an der 
Küfte von Pamphylien, gegründet und benannt 
von Attalos 11. Philadelphos (ſ. Attalos, 4.). 
Strab. 14, 667. Ob fie Cie. leg. agr. 1, 2,5. 
2, 19, 50 gemeint ift, bleibt zweifelhaft. 

Attälos, Urteados, 1) ein Feldherr König Phi- 
lipps von Mafedonien und Oheim jeiner Gemahlin 
Kleopatra, fteigerte noch den infolge diejer Heirat 
zwijchen Philipp und Mlerander entjtandenen Un: 
frieden, indem er, den leßteren bei der Hochzeits— 
feier Fränfend, deshalb von dem Water verteidigt 
wurde. JTut. Alex. 9. Just. 9, 7. Mtt. galt bei 
Philipp als tüchtiger Feldherr jehr viel und ward 
von ihm, ehe nody die Rüftungen zum Berjerkriege 
beendet waren, im Frühjahr 336 mit dem chren: 
vollen Anftrage nad Aſien vorausgeichidt, den 
Krieg immer zu beginnen. Just. 9, 5. Diod. Sie. 
16, 91. 93. 17,2. Arr. 2, 14. Da aber Ntt. nad 
Philipps Ermordung in Kleinaſien den Plan ge: 
faßt hatte, gejtüßt auf jeine Truppen die male: 
doniſche Herrichaft an ſich zu reifen, ließ Alerander 
ihn ermorden 336. Curt. 6, 9, 17.7, 1,3. Diod. 


Atriensis — Attalos. 


Sie. 17, 2, 5. Just. 11, 5,1. — 2) Sohn des An: 
dromences, ein Feldherr Aleranders des Gr., wurde 
verdächtigt, an der Verſchwörung des Philotas teil: 
genommen zu haben, aber freigeiprocden. Nach 
dem Tode des Königs nd: er jich dem Perdiklas 
an, mit deffen Schweiter er vermählt war, und 
wurde darum nach deiien Ermordung abwejend 
von den Soldaten zum Tode verurteilt. Nun be- 
gab er ſich mit der Flotte nach Tyros und warb 
Truppen, wurde aber von Antigonos 320 v. E. 
eichlagen, gefangen genommen und in ein phrygi— 
ches Felſenſchloß gebracht. Ein miflungener Be: 
freiungsverjuch 817 führte jeinen Untergang herbei. 
— 3) Attalos l., König von Pergamos, regierte 
von 241— 197 v. E., befiegte die Aſien überſchwem— 
menden galliihen Horden, Siege, die er durch 
Werle der Bilhauerkunft verherrlichen lich (4. Bild- 
hauer, 14.), und führte jeitdem (238) den Königs: 
titel. Liv. 33, 21. 38, 16. Hierauf erweiterte er 
fein Reich auf Roten Syriens, bejonders im Kampfe 
gegen Antiochos Hierar, mußte aber dem Achaios, 
einem Verwandten des Scleufos Keraunos, das 
Eroberte zurüdgeben und fi) mit dem Gebiete 
von Pergamos begnügen. Jedoch im N. 216 trat 
er gegen Achaios, der fich empört hatte, auf die 
Seite Antiochos’ III., ohne indes davon für fich 
Vorteil zu ziehen. Da nun die Lage feines Hei: 
nen Staates in der Nähe des mächtigen Syriens 
ein Biindnis mit einem kräftigen Staate erheiichte, 
jo verband fich Att. im 3. 211 mit Nom und den 
Aitolern, welche legtere er im X. 209 unterftüßte; 
doch wurde er durch einen plößlichen Angriff des 
Königs Prufias von Bithynien gezwungen, fein 
eigenes Neich zu verteidigen. Lie. 27, 29. 28, 7. 
Als Att. aber im J. 203 von Philipp von Male: 
donien, mit welchem Nom erſt kurz vorher einen 
Frieden gejchloffen hatte, in welchen A. anfgenom: 
men ward, angegriffen und bis in feine Haupt— 
jtadt zurüdgedrängt war (Pol. 15,21 ff. Liv. 32,53), 
fnüpfte er abermals mit Rom Verbindungen an 
und nahm bejonders mit feiner Seemacht am Kriege 
teil, bis ihn das Anrüden des Antiochos zur Nüd: 
fehr nötigte. Doch verhinderten die Römer durch 
Drohungen den Ausbruch ernſtlicher Feindſelig— 
keiten, und Att. ſchloß ſich ihnen nun noch feſter 
an. Er ſtarb kurz vor dem Friedensſchluſſe im 
J. 198 zu Pergamos an den Folgen eines Schlag— 
fluſſes. Ziv. 33, 21. Bon Charakter wohlwollend 
und milde, ein kluger Herricher, fühlte er fich auch 
als Familienvater ſehr glüdlih und war jeinen 
Freunden ein trewer, freigebiger Freund. Ob er 
als Schriftiteller befonders über naturwifjenichaft: 
liche Gegenftände thätig geweſen ift, läßt fih aus 
den Berichten der Alten nicht mit Sicherheit er: 
weijen. 4) Mttalos II., PRhiladelphos, 
jüngerer Sohn des vorigen, wurde 167 v. E. von 
feinem Bruder, dem Könige Eumenes, nad) Rom 
ejandt, um dort das Intereſſe des pergamenischen 
Reiches wahrzunehmen. Den Aufforderungen meh: 
rerer Senatoren, einen Anteil am väterlichen Reiche 
zu beanipruchen, gab er, vielleicht in Erwartung 
des Todes jeines Bruders, nicht nach. Als diejer 
im %. 159 ftarb, regierte er als Vormund für 
deilen unmündigen Sohn, Attalos, behielt aber 
die Herrichaft bis zu feinem Tode. In feinen 
Kämpfen mit Prufias von Bithynien erhielt er 
Hülfe von Nom; jpäter hatte er an der Ermor: 
dung desjelben Anteil, 149. Auch in die ſyriſchen 


Arhig — Attieus. 


Angelegenheiten mijchte er ich, indem er dem 
Alerander Balas Unterjtügung zur Erlangung des 
Thrones gewährte. Den Römern ftand er gegen 
den faljchen Philipp von Makedonien und gegen 
die Achaier bei. Er wird, gleich feinem Bruder 
und Vorgänger, Eumenes II. ({. Eumenes, 3.), 
als Gönner und Beförderer der Künſte und Wiffen- 
ichaften gerühmt. Er jtarb im J. 138. Liv. 45, 19. 
Pol. 32, 23. 33, 6. Just. 35, 1. — Ihm folgte 
5) Attalos III., Bhilometor, der Sohn des 
Eumenes, älteren Bruders Attalos II., welcher 
wegen jeiner geiftigen Unfähigkeit, die bisweilen 
in Blödjinn ausartete, feinen Miniftern die Ne: 
gierung überlich und jich, entfernt von Menjchen, 
mit Gartenbau und Bildhauerfunft beichäftigte. 
Er ftarb im 3. 133 v. C. und hinterlieh durch 
teftamentarische Verfügung fein Neich den Römern. 
Strab. 13, 624. Just. 36, 4, 1. Plut. Demetr. 20. 
Vell. Pat. 2, 4. Flor. 2, 20. — 6) Mttalus, 
röm. Präfeft, von Marich im J. 409 n. E. ala 
Gegenkaiſer gegen Honorius aufgeftellt, ernannte 
den Alarich zum Befehlshaber aller römischen Heere 
und murde in dem größten Teile Jtaliens an: 
erfannt. Bald aber lieh ihn Alarich im Stich und 
jeßte ihn ab, bis 5 Jahre jpäter der König der 
Weſtgoten, Ataulph, ihn wiederum als Gegenkaiſer 
dem Honorius entgegenftellte. Als aber die Weit: 
goten (414) nach Spanien abzogen, fiel der ver: 
lafiene Attalus in die Hände feiner Feinde und 
wurde nach der Inſel Lipara verbannt. Zosim. 
6,6. — 7) ein griechischer Philoſoph, welcher der 
ſtoiſchen Schule angehörte, al$ Lehrer des Seneca 
genannt (Sen. suas. 2, 12). 

ArHis (eigentlich Adj. mit ergänztem aovy- 
ze«pnj), die geographiich-geichichtliche Darftellung 
Attikas. Mit dem Namen der NAtthidenjchreiber 
(ol rüs Ardidag monyuarevodusror, Dion. Hal. 
1, 8) pflegt man eine Anzahl Schriftfteller aus dem 
4. und 3. Jahrh. dv. E. zu bezeichnen, welche jo- 
wohl die volitiiche Beichichte als auch die Ver: 
faflungs- und Kulturzuftände Attikas anf Grund 
der Denfmäler und Inſchriften behandelten. Ihre 
Schriften jind von den Grammatikern feißig be: 
nut. Kleidemos, Androtion, Rhanodemos, Demon, 
Philochoros, Iſtros gehören hieher. Die Bruchitüde 
find heransgeg. von Lenz und Siebelis (1811 und 
1812), am volljtändigjten von Müller, histor. Graee. 
fragın. Ip. 359 ff. 

Attieistae, "Arrıxıorei, find 1) diejenigen ſpä— 
teren griechiichen Schriftiteller, welche fich nicht der 
von Alerandreia aus verbreiteten j. g. „allgemei: 
nen” Schriftiprache, der zoırn) drdikenrog, bedienten, 
iondern jo viel als möglid des alten attiſchen 
Dialefts. Zu ihnen gehören Ailianos, Arria— 
nos, Lukianos, Mrifteides, Heliodoros, 
Thiloftratos, Longos u. a. — 2) diejenigen 
Srammatifer, welche in Verzeichniffen echt attiiche 
Ausdrüde den gleichbedeutenden der #oıri) dıd- 
kerrog entgegenftellten, wie Moiris Atticifta, 
Phrynichos, Thomas Magiiter. 

Attieus, römiſches cognomen. Der berühmtejte 
diefes Namens ift 1) Titus Pomponius Atti- 
cus, im %. 109 dv. C. geboren: er ftammte aus 
einem alten römifchen Geſchlechte des Nitterftandes 
und genof eine vortreffliche Erziehung. Bon jei- 
nem Oheim DO. Cäcilins adoptiert, erbielt er den 
Kamen D. Cäcilins Pomponianns Atticns. Die 
Unruhen des Sulpicius und Cinna veranlaften ihn, 


169 


im %. 86 nach Athen zu gehen, wo er den Studien 
oblag und ſich dadurc den Parteiftreitigfeiten in 
Nom entzog. Bier lebte er lange Nahre; daher 
der Beiname Attieus. Durch Freigebigfeit und 
durch fein anmutiges Weſen gewann er die Zu— 
neigung der Athener (Nep. Att. 2), nicht minder 
durch edelmütige Unterftügung der Armen und Not: 
leidenden; fie ehrten ihm dafür durch Errichtung 
von Statuen. Während Sulla nach feiner Rüd: 
fehr aus Njien ſich in Athen anfhielt, ſtand Att. 
bei ihm in großer Gunft. Bald nachher kehrte er 
zum großen Schmerze der Athener nach Rom zurüd, 
ungefähr um diejelbe Zeit, als ihm durch Erbichaft 
das Vermögen jeines Oheims D. Cäcilius zufiel, 
wovon er auch hier vieles zur Unterftübung feiner 
freunde verwendete, zu welchen namentlich Cicero 
und Hortenfins gehörten (Sen. ep. 211; doch ent- 
zog er feine Hülfe felbft denjenigen nicht, deren 
Parteianfichten er nicht teilte. Des Att. Stellung 
zu den mächtigften Männern feiner Zeit war eine 
eigentümliche, entfernt von jeder — 
vielmehr gelang ihm, was keinem andern gelang, 
mit den hervorragendſten Häuptern der verſchiede— 
nen Parteien im beſten Einvernehmen zu ſtehen. 
So war er vertrauter Freund des Cicero und ftand 
doh auch bei Antonius in Gunst, Freund des 
jüngeren Marius, ohne darum den Sulla, der ihn 
ichäßte, zu verleßen. Daher blieb jein Ruf wie 
fein Leben unter dem wilden Treiben der Parteien 
unangetaftet, weil fein liebenswürdiger Charalter 
und feine jeltene Bildung ihn darüber ftellten. 
Sen. ep. 6. 13. Amter juchte und beffeidete er nie. 
Er ftarb am 31. März 32 v. E. (Nep. Att. 21 ff.), 
77 Jahre alt und hochgechrt von jeinen Zeit: 
genofjen. Für die Pitteratur ift er durch Verviel— 
fältigung und Verbreitung der Schriften feiner Zeit: 
genofien und Freunde ſehr thätig gewejen; jeine 
— Sklaven beſorgten (Nep. Att. 13) die 

bichriften. Er hat aber auch jelbit hiſtoriſche 
Werle verfaßt, unter denen bejonders der liber 
annalis, dem Cicero gewidmet, eine tabellarijch 
nach den Beamten geordnete Beichichte Roms vom 
Anfange an bis zum %. 54 enthielt. Nep. Att. 18. 
Cie. Brut. 3. 5. 11. Auch imagines erwähnt 
Nepos (18, 5) und eine griechiiche Schrift über 
Ciceros Konfulat. Cie. ad Att.2, 1,1. Plin. 35, 
3,11. Wal. Boiffier, Cicero und feine Freunde, 
©. 131 ff. der deutſchen Überjeßung. — 2) Tibe: 
rius Claudius Atticus Herodes, Sohn eines 
reichen Marathoniers, aus einem uralten Ge— 
ichlechte, das ſich von den Aiakiden herleitete, geb. 
ıwı nn. E., beichäftigte fich unter Marc Aurel, der 
ihn sehr hoch ſchätzte, mit der NHetorif. Won 
tüchtigen Lehrern gebildet, widmete er ſich dem 
Staatsdienfte und verwaltete 143 das Konſulat, zog 
ſich indes jpäter vom Öffentlichen Dienste zurück 
und gab fih ganz den Wiffenfchaften hin. Er 
gründete eine Rednerſchule und bildete tüchtige 
Schüler, war aber auch ſelbſt ein ausgezeichneter 
Redner. Geil. 19, 12. Seinen Unterricht genofjen 
unter andern die Kailer 2. Berus und Marcus 
Nurelius. Über fein Verhältnis zu Fronto, das 
nicht immer freundichaftlich war, val. deſſen Briefe 
p. 61. 111. 138. Won feinen zahlreichen Schriften 
ift nichts auf uns gefommen, denn was unter jei- 
nem Namen vorhanden ift, ift ſchwerlich echt. Ein- 
fachheit und gefällige Sprache jcheinen hervor: 
ragende Eigenichaften an ihm geweſen zu fein. Bon 


2 


170 


jeinen großen Neichtümern machte er als Wohl: 
thäter der Armen und als Gründer prachtvoller und 
nüßlicher Bauwerke in Athen (. Attika, 13, 14.), 
Olympia, Rom und an andern Orten den ebeljten 
Gebrauch. Er ftarb im J. 177 in Marathon. Bol. 
Kämmel in N. Jahrb. f. Vhilol. Bd. 102 ©. 1—24. 

Attii j. Atii. 

Attika, 7) Arten, von éutn hergeleitet ſtatt 
Garın, chemald auch "Far, „KRültenland‘, und 
von Dichtern Moyorda oder 'Iari« oder Tocti- 
daria genannt, ift die wichtigite der acht Yand- 
ſchaften, aus denen das eigentliche (mittlere) Hellas 
beitand. Sie hat die Form eines mit der Spitze 
nad) Südoften gekehrten Dreieds, grenzt gegen N. 
an Boiotien, gegen O. an das Wigatiihe Meer, 
gegen SW. au den Saronijchen Meerbujen (ij. 

teerbufen von Egina) und gegen W. an Megaris 
und nimmt einen Flächenraum von nicht ganz 
40 [Meilen ein. Attika it ein Bergland, welches 
aus ijolierten, aber Dichtgedrängten, meift nadten, 
ummirtbaren Berg: und Hügelgruppen bejtcht, zwi: 
Ichen denen nur wenige und unbedeutende Ebenen 
Platz finden. Alle Gebirge gehen aus von dem 
Grenzgebirge gegen Boiotien und Megaris, dem 
Kithairon (ÄKÄdauomr, noch jetzt jo; der höchſte 
Gipfel heißt Elatias), der bis zu 1410m rauh, 
ſchroff und felfig emporfteigt und durd die Mythen 
von der fithaironiichen Löwenjagd, der Jagd des 
Aftaion und der Ausſetzung des Didipus belannt 
it. Der icharfe Kontraft mit dem benachbarten 
Helifon gab zu der Sage von dem in Berge ver: 
wandelten Brüderpaar Beranlaflung; Helikon, janft 
und wohlwollend, wählten die Mujen, Kithatron, 
der ruchlos Vater und Mutter umbracte, Die 
Erinyen zum MWohnfige. Durch die wildeften Teile 


windet fich der Paß von Gifto Kaftro, ehemals 
rgeig zepakal oder Ögrös zepakal. Nah ©. 


entiendet der Kithairon einen niedrigeren Höhen: 
zug, der zulegt nahe der Küſte, dem Nordgeitade 
von Salamis gegenüber, ſich in 2 auffälligen, 
Hörnern ähnlichen Spitzen (davon Krgara genannt) 
erhebt und "Indgrov Öpog geheißen zu haben ſcheint; 
er bildete die Grenze gegen Megaris. Oſtlich vom 
Kithairon zieht ſich ins Land hinein der Parnes, 
IIdorije, j. Ozea, nach Höhe (über 14100) und 
Ausdehnung Attikas mächtigſies Gebirge, im Alter— 
tum dicht bewaldet, noch jetzt auf den Abhängen 
teils mit Laubholz und Gebüſch, teils mit Strand: 
fiefern bewachſen und reich an landſchaftlichen 
Reizen. Seine ſüdweſtliche Fortſetzung bildet ein 
viel niedrigerer, 470m hoher, Höhenzug, von den 
älteren Schrifſtellern Algaico⸗ ‚ Alyaksog, von 
den jüngeren nad) einem gleichnamigen Demos 
Korndallos geheißen, der die atheniiche Ebene 
im Weſten von der von Eleuſis trennt; der mitt: 
lere Teil, über den die Heilige Strafe nad 
Eleufis führte, hieß ro Tloıziior Gong; das ſüd— 
weitliche Ende bildete das Vorgebirge Amphiale. 
Von jeiner Höhe jah Xerres dem Kampfe von 
Salamis zu. Adt. 8,90. — Südöſtlich vom Parnes 
erhebt jich der giebelförmig aufragende, 1110 m 
hohe Brilettos (Berinerög) oder ro Jlevreiı- 
xor Ög0g, j. Mendeli, fo genannt nach einem 
Demos Ilevred), berühmt durd jeine Marmor: 
brüche, dem fich in füdlicher Richtung, näher der 
Stadt zu, der ebenfalls marmorreiche, etwas niedri⸗ 
gere Hymettos (Tuutrös, j. Trelovuni) anſchließt, 
auch heute noch durch ſeinen wohlriechenden Thy— 


Attii — 


Attika. 


mian und trefilihen Honig ausgezeichnet. Er endet 
im Borgebirge Zoſter iR. Helites). Der Lyka— 
bettos (Avzaßnerog, j. Hagios Georgios) ift ein 
284m hoher, fait ijolierter, mordöftlich faſt an die 
Mauern Athens ftoßender Felstegel, an den ſich 
eine nach Norden ziehende Felskette auſchließt, 
wahrſcheinlich der 4y7600òs der Alten. Endlich 
bedecken Höhenzüge auch den jübl. Teil von Attila 
und bilden zulegt einen im Vorgebirge Sunion 
j. 8. Rolonnaes) fteil ins Meer abfallenden Ge— 
birgszug, das Yauriongebirge, im Wltertum 
mit zahlreichen ergiebigen Silberbergwerten (Hdt. 
7, 144. Plut. Them. 4), einer Hauptquelle des 
Neichtums für das alte Athen. — 3) Ebenen: 
gibt es in Attila 3: a) die Eleufinijche (Eiev- 
sirıor aedior), zwilchen dem Kithairon und der 
jumpfigen Nüjte des Golfs von Eleufis, die Korn: 
fammer von Athen, weshalb fie im Anfang des 
peloponn. Krieges auch zuerſt von den Spartanern 
verwüſtet wurde; der weſtliche Teil hieh "Peer 
nsdior, der größere öftliche Ogidsoıor x.; der nach 
Megaris zu liegende Teil war unverlefiches Eigen: 
tum der Demeter und hieß 79 fee) oder deyas. 
b) die Kekropiſche Ebene, nordöftlid von Athen, 
auch bloß ro redcor genannt (j. Ebene von Ka— 
landrü), vom Wigaleos und Hymettos eingeichlofien, 
vom Kephiſos durchſtrömt; Defeleia beherrichte fie 
im RO, und ward deshalb von den Spartanerit 
bejegt. «) die Ebene Mefogeia (Mesoysıe), j. 
Meioghia, au der Dftfüfte um Brauron herum. 
Außerdem jind zu nennen die Heineren Ebenen bei 
Marathon und an der Mündung des Aſopos. — 
Tie Bewäjierung des Yandes ift dürftig, faſt 
alle fließenden Wäſſer entbehren im Sommer ber 
Raflerfülle. In jeinem unteren Yaufe gehört bie: 
her der aus Boiotien fommende Ajopos (j. Wu: 
rient). Der größte Fluß des Landes, Kephifos 
(Kngısös, j. Rephifjo), entipringt am füdweftlidhen 
Abhange des Brilettos, empfängt einige Bäche vom 
Barnes und ftrömt durch die Kekropiſche Ebene weit: 
lid bei Athen vorüber; im Winter überjchwenmt 
er das Land an der Mündung beim Hafen Pha— 
leron (er Erenzte die langen Mauern). Der Iliſos 
(j. Jliſſo) fommt vom Hymettos, nimmt von lints 
den Bach Eridanos auf, flicht ſüdlich bei Athen 
und verliert fid in der Ebene. Ein zweiter Ke— 
phijos (j. Sarantaporos), vom Kithairon herab: 
fonmend, mündet öftlich bei Eleufis; weiter öſtlich 
finden fi die "Peiroe, Pttrot, flichende Salz: 
gewäller, deren FFilchereien dem Tempel von Eleufis 
gehörten, nadı dem Glauben der Alten durch 
eine unterirdijche Strömung aus dem Euripos bei 
Chalkis entftanden. Nicht waſſerreicher als das 
übrige Attifa war Athen und feine Umgebung. 
Denn außer Jliios und Kephiſos gaben nur die 
Quellen des Banops und die Kallirrhod (jüdlich 
des Olypmpieion), aud "Evrecdxgovrog oder Ja- 
Ösxdrpovrvog, gutes Waſſer; jetzt iſt auch dieſe 
ſchlammig. Erſt Hadrian (117-138 u. E.) jorgte 
durch eine Waſſerleitung vom Ancheſmos her für 
die öſtliche Stadt. Die andern Brunnen hatten 
ichlechtes Wafler und hießen daher mitunter de- 
Jarr« (Hdt. 8, 55), deshalb war der Brunnen: 
auficher (&mssrärng zenror) eine wichtige Berjon, 
welche jorgte, da niemand Wafler mwiderrechtlich 
ableitete. — Bon Buſen find zu merken: auf der 
Ditjeite die flahe Bat von Marathon, auf der 
Weftjeite die Häfen der Stadt (j. unten) und Die 


5 


a 


Attika 


Bai von Eleujis (Levfina). — Darf man auch) | 
mit den Maßſtab der jebigen Zeit anlegen, wo 
durch die im Laufe der Zeit verijchwundenen Wal: 
dungen und die dadurd immer jpärlicher fließenden 
Gewäſſer die Trodenheit und Dürre des Yandes 
im allgemeinen einen hohen Grad erreicht hat, jo 
darf doc als ficher gelten, daß Attifa aud im 
Altertum mit Ausnahme einzelner Teile von Natur 
nicht jehr fruchtbar war. Noch gegenwärtig ficht: 
bare Terraflenanlagen zeigen, wie man jedes Stüd 
Landes zu benußen juchte; die Dide des Humus, 
d. h. der fruchtbaren Erdrinde, war jo unbedeutend, 
daß z. B. in Racdıtlontraften ausdrüdlich die Weg: 
führung der Fruchterde verboten wurde. Doc 
wußte der Fleiß der Bewohner dem fargen Boden 
genug Erzeugniffe abzugewinnen, und das treif: 
liche Klima erießte bei der Vegetation zum Teil 
die Magerfeit des Bodens. Der Aderbau, durch 
religiöje Sapungen und den Dienjt der eleufini- 
ideen Demeter geheiligt, war ſelbſt dem edeln 
Athener eine ehrenvolle Beichäftigung. Das Ge- 
treide (Gerfte) war trefflich, reichte aber nur zu 
2 Dritteln des Bedarfs hin (zur Zeit der Blüte 
gebrauchten 500 000 Bewohner — 140 000 Freie, 
an 400 000 SHaven — 3 Millionen Medimnen); 
DI dagegen war vortrefflich und auch zur Aus— 
fuhr vorhanden; Athene hatte angeblich ſelbſt den 
erften Olbaum auf der Afropolis (im Tempel der 
Athene Polias) gepflanzt, der auch die Perferfriege 
überdauerte. Hdt. 8, 55. Der Wein war häufig, 
doch nicht von bejonderer Güte; beſſer und ſehr 
reichlich die Feigen, daher das Sprichwort: un 
sox« is Adrnvag, für etwas Überflüſſiges. Das 
mehrfach erwähnte Verbot der Ausfuhr derjelben 
(ſ. Zuvxogarıns) ift als eine Erfindung zu 
bezeichnen. Außerdem gab es Maulbeerbäume, 
Lorbeerbäume, Mandeln, den berüchtigten Schier: 
ling u... ; Eichen, Buchen, Föhren, liefern, Gedern, 
Pinien, welche leßtere an den Abhängen des Bar: 
nes und Kithairon wuchſen und der Stadt den 
Bedarf an Brennholz und Kohlen lieferten (Achar: 
nai). Die Berge beitehen aus Kalt, Schiefer und 
Marmor, darunter bejonders gejhägt der pente— 
liiche wegen feiner weißen Farbe und jeiner Fein- 
förnigfeit (j. Eipollino). Im Bezirke Yaurion waren 
die bedeutenden Silberbergwerfe jo ergiebig, daß 
jeder atheniiche Bürger an Reinertrag 10 Drachmen 
(gegen 8 Mark) jährlich erhielt; beim Borgebirge 
Kolias feine Töpfererde; außerdem Smaragde und 
andere Steine, und der attijche Sil, ein oderartiger, 
goldgelber Farbeſtoff. Daß das Salz gut und 
fein war, wird durch das jprichtwörtlich gewordene 
attiiche Salz angedeutet. Im Tierreiche ging die 
Zucht befonders auf Schafe und Biegen; Pferde 
fehlten, außer in der Marathoniichen Ebene; der 
Pilugftier war durd) alte Satzung des Triptolemos 
heilig; ferner gab es Ejel und Maultiere und 
in früherer Zeit in den Gebirgen Eber, Wölfe, 
Bären; in den FFelsipalten der Afropplis viele 
Eulen (daher aud un ylaönag Adrjvake in ähn- 
lichem Sinne wie das vorhin erwähnte un) oün« 
ls Adrjvas); im Meere endlicd) Fiſche. — Das 
Klima, in den Ebenen ſchon vom März bis zum 
Juni drüdend warm, fteigt im Auguft jelbit bis 
zu der fait unerträglichen Hitze von 28-32 R., 
bejonders in Athen jelbft, wo die Afropolis ge: 
tade vorgelagert it, während an mandjen Orten 
tühlende Scewinde die Temperatur ermäßigen. | 


171 


Während alles Begetabiliiche vertrodnet, ertönen 
ichmetternd die gellenden Stimmen zahllojer Gi: 
faden in den Olbäumen. Auf den Gebirgen hält 
fid im Winter der Schnee oft ziemlich lange, ſonſt 
ijt dieſe Zeit im ganzen mild und bejonders 
gejund. Die Luft Attifas ift meift außerordentlich 
rein, bejonders überrajchend iſt der eigentümliche 
Lichtglanz, da die größtenteils waldlojen Höhen 
den Strahl mit großer Kraft zurückwerfen. Die 
Trodenheit der Yuft hat wejentlich zur Erhaltung 
der Gebäude und Kunftichäge beigetragen. — Die 
Bewohner, ionijchen Stammes, waren jedesfalls 
ur See aus Stleinafien eingewandert und ver: 
härtten ſich durch Zumwanderungen bejonders pelo- 
ponnejischer Jonier; fie jcheinen bereits eine ältere 
pelaſgiſche Bevölterung vorgefunden zu haben, welche 
jie unterwarfen und mit fich verjchmolzen, Früher 
in 4 Phylen (ſ. Dvirj) eingeteilt, zerfielen fie jeit 
Ktleifthenes in 10 Phylen, deren Angehörige in 
mindeitens 174 Demen (ſ. IJyuo«) wohnten. In 
natürlicher Beziehung ift noch zu merfen die Ein: 
teilung in Iledıcg, „Flachland“, nördlich und nord— 
weitlich von Athen, IIagakl« oder Anrıj, „Küſten— 
land‘, den Stridd am Meere zwijchen Athen und 
Sunion (woran jich landeinwärts die Mefogeia 
ichließt), und Jıangla oder "Eranxgie, „Bergland“, 
den größten Teil der Oſtküſte, eine Einteilung, die 
auch politijche Geltung hatte (j. Peisistratos). 
— Wir unterjcheiden der Überfichtlichfeit wegen 
I. in der Bedias 1) die Ebene von Athen. Darin 
lag Athenai, ai Adrraı, Hauptitadt Attikas und 
die größte Stadt Griechenlands. Athen beſtand 
aus zwei Hauptteilen, der Stadt und den Häfen, 
welche jeit Kimon durch die langen Mauern (r« 
orEln) miteinander verbunden waren. Über die 
Größe vor den Perjerfriegen läßt ſich nichts Ge— 
wiſſes jagen: erjt Themiſtokles legte den Haupt: 
grund zur Größe der Stadt, indem er diejelbe 
nach ihrer Zerftörung durch die Perier prächtiger 
wieder aufbaute und mit Mauern verjah, ſowie 
ben wichtigen Hafen Peiraieus anlegte. Die Rich— 
tung der themiftofleiihen Ringmauer läßt fich 
zum größten Teile in deutlichen Spuren erfennen. 

er Umfang des Ganzen betrug nach Thufydides 
2, 13) 174", Stadien oder über 4 deutiche Mei: 
len, wovon auf die Hafenstadt 56'/,, auf die langen 
Berbindungsmauern 75, auf die Stadt jelbft 43 
(über 1 deutiche Meile, nach Kauperts Berechnung 
7912 m) famen, wodurd) es auch erflärlich ift, daß 
Athen, an Umfang Rom faft gleich, doch nur den 
vierten Teil von dejjen Flächenraum einnahm. Das 
Ganze enthielt 10 000 Häujer (Xen. mem. 3, 6, 14) 
und nach Boedhs Schäßung 180 000 Einwohner, 
während andere wenig über 100 000 annehmen. 
Mit Ausnahme der öffentlichen Gebäude gab es 
wohl nicht gar viel Schöne Häufer, die meiften waren 
aus Fachwerk oder ungebrannten Ziegeln gebaut, 
bejonders die im weftlichen Zeile der Stadt, dem 
von der ärmſten Volksklaſſe bewohnten Viertel, ge— 
legenen; die Strafen waren meift unregelmäßig 
und eng (orevozoi). Die 11 Hauptthore der Stadt 
waren von Weſten nach Süden herum: 1) Dipy- 
lon (Sirviov), früher das Thriaſiſche Thor, aud) 
Thor des Kerameikos, von beträchtlicher Größe 
(Liv. 31, 24) und jtarf befeftigt, wahricheinlich das 
Thor, durd welches Pauſanias die Stadt betrat 
und von wo aus er feine Wanderung begann; 
2) das Heilige Thor (ai fegal muicı); 3) das 


ge 





172 


Neiterthor (al 'Innddrs mul); 4) das Rei: 
raiifche Thor (Tleıgainn mein); 5) das Meli: 
tiſche Thor (al Mekirddeg m); 6) das Itoniſche 
Thor (af "Iranıcı mil; 7) das Thor des 
Aigeus (ef Alydog x., wahrjcheinlich beim pana- 
thenaiiichen Stadion; 8) das Thor des Diochares 
(af tod Htogdeovg .); 9) das Diomeiiche Thor 
(n Aounmis w.), gegen Kynoſarges hin; 10) das 
Sräberthor (af "Hodaı m \; 11) das Acharniſche 
Thor (ai Ayeprınci m... Doc ift die Yage nicht 
aller Thore unbeftritten. — Ungefähr in der Mitte 
des jo eingeichloflenen Raumes erhebt ſich etwa 
100" über der Alifosebene eine Felämafle, nur 
von W. her zugänglich, jonft fteil abfallend, die 
oben eine Aläche von 300m Länge (von W. nad) 
D.) und an der breiteften Stelle 130m Breite 
bietet. Dies ift die Burg, von den Welaigern 


Kowvaı), von Kelrops Arrpumia, von Erechtheus 
Adıvn genannt, bis endlih für die Stadt der 


Attika. 


Felsplatte gelangte, ein foftbares Thorgebäude aus 
penteliichem Marmor mit 5 Durchgängen, deſſen Bau 
angeblich 2012 Talente foftete und 5 Jahre dauerte, 
übrigens infolge Ausbruchs des peloponn. Krieges 
nicht ganz nach dem urjprünglichen Plane vollendet 
zu fein scheint. Die große zu ihnen führende Mar: 
mortreppe, von der ſich Stüde erhalten haben, 
ſtammt erjt aus römijcher Zeit. Vor dem Eingang 
in die Propplaien rechts führt eine Meine Treppe 
auf eine Baltion, die den wohl erhaltenen Hei: 
nen "Tempel der Athene Nike (gewöhnlich Nike 
Apteros geheifen) trägt, erbaut um 430 v. E,, 
während die die Baluftrade zierenden Reliefs, ge— 
flügelte Siegesgöttinnen darftellend, den letzien 
Jahren des 5. Nahrh. angehören und vielleicht zur 
eier der Rückkehr des Alkibiades im J. 407 anf: 
geitellt worden find; links dagegen, vor dem nörd- 
lichen Seitenflügel, ftand im römischer Zeit auf 
einer noch erhaltenen, 16,75 m hohen Bafis ein Reiter: 
ftandbild des um 
Athen hochverdien 
ten M. Vipſanius 
Agrippa(j.Agrip- 
pa, 1.), errichtet 
um 25 v. C. Die 
Propylaien ſelbſt 
hatten rechts und 
linfs einen Seiten— 
flügel: der größere 
finfe (nördliche, 
quterhalten, diente 
als&emäldegalerie 
(IIrarodıjan) u. 
enthielt unter an: 
dern berühmte We: 
mälde des Poly: 
qnotos (. Maler, 
2,), der fleinere 
rechte ſüdliche 
ſcheint Wachlofal 
für Thorwärter 
und Burgwächter 
geweſen zu fein, 
hat vielleicht auch 
ein Charitenbeilig: 
tum enthalten. 
Val. Bohn, Die 
Propylaien der 
Alropoliszu Athen 


Name Adjreı, für die Burg der Name AxeomoAıg | 1882). — Tas Plateau des Burgfeliens, mit Hei: 
gebräuchlich wurde. Die Nord: und Weftjeite war | ligtümern (in römischer Zeit unter andern einem 


angeblich ſchon von den Pelaſgern befeftigt worden 
(das ſ. g. Pelajgifon, IleAaoyınov, cin aus 
mächtigen Werkſtücken aufgeführtes Schanzenſyſtem, 
das diejen Teil der Burg bis zum Heiligtum der 
Agraulos ſchützte, mit 9 hintereinander auffteigen 
den Thoren, daher auh Enneapylon genannt, 
Hdt. 6, 137); die Sübdjeite befeitigte Nimon. Was 
innerhalb dieier Mauer lag, war das eigentliche 
Aorv, für alle Zeit in religiöfer, künftlerijcher und 
politiicher Sinficht der Mittelpunkt der Stadt. An 
dem weſtlichen Aufgange zur Burg lieh Perifles 
437432 v. E. durd; Mneſikles zum Schmuck und 


Schuß die prächtigen *Propplaien* (r«& Heo— 


zrkere) erbauen, durch die man auf die obere, jind und dem zahlreiche in die Nordmauer der Akro— 


*) Die Namen der Gebäude, von denen ſich nech Über 
rejte finden, find mit * bezeichnet. 


Tempel der Roma und des Auguftus), Weih- 
geichenten, Bildfänlen u. |. w. reich bededt, ent- 
hielt außer der foloffalen Erzitatue der Athene 
Promachos von Pheidias, deren Helmbuſch und 
Yanzenfpige meilenmweit fichtbar waren (Paus. 1, 
28, 21, 2 hochberühmte Tempel, den Parthenon 
und das fogenannte Erechtheion. Der Warthe— 
non (6 TIegderon), der Tempel der jungfräulichen 
Athene, wurde füdlich von einem von Beififtratos 
erbauten, von den Verſern 480 v. E. zerftörten und 
nachmals viell. teilweije wieder aufgebauten Athene- 
tempel, dem 3. g. Hekatompedon, deſſen Grund 
manern in den lebten Nahren aufgefunden worden 


volis eingemanerte Bruchftüde von Säulen, Archi— 
traven u. |. w. anzugehören jcheinen, auf einem bis 


| dahin nicht bebauten. Plage unter Perifles durch 


1 


— 


Attika. 


Iltinos und Kallifrates aus penteliichem Marmor er: 
baut und wahrjcheinlich 434 v. E. vollendet. Wenn: 
gleich die Benetianer im J. 1687 durch ihr Bom: 
bardement dem Tempel bedeutenden Schaden zufüg— 
ten und zu Anfang diejes Jahrh. Yord Elgin dem: 
jelben viele Metopen, Basreliefs u. j. w. raubte ( Elgin 
marbles im Britiijchen Muſeum), jo erregt diejer 
herrliche Bau doch noch jegt Staunen. Im Par: 
thenon jtand das 26 griechiiche Ellen (39 Pariſer 
Fuß) hohe Standbild der Göttin aus Gold und 
Elfenbein, ein Werk des Pheidias; das 44 Talente 
ſchwere, abuchmbare Kleid wurde 299 v. E. von 
dem Tyrannen und Demagogen Lachares geraubt, 
zur Zeit des Demetrios Poliorfetes. Paus. 1, 25, 7. 
Auf der rechten Hand trug die Göttin eine ihr 
zugewendete, 4 griechiiche Ellen hohe Nite von 
Elfenbein mit goldenem Gewande. Das Hinter: 
gebäude des Barthenon (Orıc#odouog, lagderu» 
im engeren Sinne) diente zur Aufbewahrung der 
lee Selder der Athene und der übrigen Götter 
owie des Staatsichates. Vgl. das Hauptwerk: 
Michaelis, der PBarthenon (1871). ©. aud) Bau- 
künstler, 4. 5. Nördlich vom Barthenon lag 
der ältejte und heiligite Tempel der Burg, der 
Tempel der Athene Polias, nad) einer Abteilung 
desjelben gewöhnlich das *Eredhtheion (j. d.), 
to 'Epsydeior, genannt, zur Zeit des peloponneſ. 
Krieges gebaut, mit dem alten hölzernen Kultbilde 
der Athene, dem angeblichen Grabe des Kekrops, 
dem durch einen Schlag Bojeidons entjtandenen 
Brunnen mit Salzwaſſer (Egerdris Hdlace«) und 
dem heiligen, von Athene jelbft geichaffenen DI- 
baume (7) mdyxrgpog). Nordöftlich des Erechtheions 
ftand vor den Perjerfriegen der alte Herricher: 
palaft, von deſſen Fundamenten in jüngjter Zeit 
ein großer Teil aufgefunden worden tft. Im all: 
gemeinen vgl. Eurtius, die Afropolis von Athen 
(1844). Beuld, l’Acropole d’Athenes (2. Aufl. 
1862). D. Jahn, Pausaniae descriptio arcis 
Athenarum (2. Aufl. 1880). Ad. Bötticher, die Akro— 
polis von then 1888). — Pie um die Akro— 
polis liegende Stadt war aus der Zufammenziehung 
mehrerer Demen entitanden, die nod in — 
Zeit ihre Namen behielten: Kollytos im N., Kera— 
meifos im NW., Stambonidai, Keiriadai, Melite 
im W., Koile im SW., Kydathenaion im ©., Agrai 
und Diomeia im O. Weſtlich von der Burg, etwa 
150 Schritt entfernt, lag der feljige Hügel Aottos 
rdyog, Areiopagos, jo nahe, daß die Perjer von 
da aus die Damals hölzerne Burg mit brennenden 
Bieilen in Brand jchoffen (dt. 8, 52). Am öftlichen 
Ende des Hügels befand ſich der Gerichtshof des 
Areiopagos und der Tempel der Semnai Eumeni— 
den) mit dem Grabe des Didipus, in der Nähe 
das Kyloneion (Kvioreıor), ein Erinnerungs: 
zeichen an die Blutjchuld, welche die Athener durch 
die Ermordung des Kylon (j. d.) und feiner Ans 
hänger auf ſich geladen; jüdlich davon ein Tempel 
des Ares, mäher der Burg zu der Altar der 
12 Götter und die Bildjäulen des Harmo— 
dios und Ariftogeiton. Den ſüdweſtlichſten 
Bunft der Stadt bildete ein hoher, ziemlich fteiler 
selshügel, nad dem angeblicd hier begrabenen 
Sänger Mujaios Mujeion (rö Movseior) ge: 
nannt, von Demetrios Poliorfetes im J. 295 v. E. 
befeftigt und mit einer mafedoniichen Bejagung 
verſehen; jein noch innerhalb der Stadtmauer lie: 
gender, 147 hoher Gipfel trägt jetzt die Reſte 


173 


eines Marmordentmals des Antiochos Phi— 
lopappos, eines Nachkommen des leßten Nönigs 
von Syria Kommagene, unter Kaijer Trajan zwi: 
ichen 114 und 116 n. E. errichtet. An die mörd- 
liche Seite diejes Hügels, durch eine enge Schlucht 
von ihm getrennt, jchließt jich eine andere Auhöhe 
an, nad) der gewöhnlichen Annahme die Puyr 
(IIvv&, gen. Ilvarog), wo ſich das Voll verjam: 
melte; in einem, aus dem lebendigen Geftein ge: 
meißelten, etwa 10 Fuß hohen Würfel, auf den 
von 2 Seiten Treppen hinanführen, glaubte man 
die Nednerbühne rue, 0 Aldos), in dem halb- 
freisförmigen, mehrere Tauſend Menſchen faſſenden 
Raume, dem der Würfel zugekehrt iſt, den Platz 
für das verſammelte Volk zu erkennen. Doch haben 
in neuerer Zeit Welcker, Ulrichs, E. Curtius, Milch— 
höfer u. a. mit guten Gründen zu beweiſen ver— 
ſucht, daß auf dem als Pnyr bezeichneten Hügel 
ſich vielmehr ein Heiligtum, vielleicht ein Altar 
des Zevg rstos, befunden habe, wogegen (jo 
Eurtius) Puyr nur ein anderer Name des Muſeion 
gewejen jei, und die zwijchen letzterem und der 
Akropolis gelegene Fläche als Lokal der Volks— 
verjammiungen gedient habe. Noch andere ver: 
legen, von der Anficht ausgehend, day Puyr und 
Agora, wie Forum und Comitium in Nom, zu: 
jammengehört haben, die Pnyr au die Nordabhänge 
des Areiopagos, alſo direft über die Agora (jo 
Start und E. Wachsmuth). Später wurde das 
Theater des Dionyjos zu Bollsverfammlungen be- 
mußt. — Geht man von der ſ. g. Pnyr nach Dften, 
jo liegen hier an der Südjeite der Afropolis: das 
jeit dem J. 1857 völlig ausgegrabene *Ddeion 
des Herodes Atticus (j. Atticus, 2.), das 
diejer reiche Athener feiner zweiten Frau, Appia 
Ania Regilla (7 161 1. E.), zu Ehren hatte bauen 
laſſen, ein prächtiger, bededter, theaterähnlicher Bau, 
der über 6000 Zujchauer faßte, ſodann der neuer: 
dings ebenfalls freigelegte *Tempel des Afkle— 
pios, die EEumeniſche Stoa, erbaut von König 
Eumenes II. von Pergamon (197—159 v. E.), um 
den Bejuchern des Odeions und des Dionyios 
theaters als Foyer und bei ungünjtiger Witterung 
als Zufluchtsort zu dienen, weiterhin das dem 
Dionyjos geweihte *Haupttheater, jeit dem J. 
1862 dur die preufiiche Erpedition von Strad, 
E. Eurtius und Bötticher wieder ans Licht ge: 
bracht, deſſen Zuichauerraum in jeiner jeßigen Ge— 
ftalt aus dem 4. vorchriftlichen Jahrhundert, das 
Bühnengebäude (namentlicd) das Logeion) gar erit 
aus römischer Zeit ſtammt, ſüdlich daranſtoßend das 
Xenaion, wo dem Pionyjos die Lenaien gefeiert 
wurden, endlich am jüdöjtlichen Mbhange des Akro— 
polisfeljens (öftlich des Dionyjostheaters) das zu 
muſikaliſchen ——— von Perikles gebaute, 
jetzt ſpurlos verſchwundene Odeion, kleiner als 
das Theater, doch in ſeiner Form ihm ähnlich, mit 
einem hölzernen, zeltförmigen Dache verſehen. In 
dem öſtlich der Akropolis gelegenen Stadtteile 
(jpäter die Hadriansſtadt genannt) lag nach dem 
Iliſos zu, in der Nähe der Quelle Kallirrhod vder 
Enneafrunos, das *Dlympieion, der gewaltige 
Tempel des Zeus Olympios, der größte aller 
griechiichen Tempel, 108 lang, 5tm breit, 4 Sta: 
dien im Umfange, von Peiſiſtratos begonnen, doch 
erit von Kaiſer Hadrian vollendet und im Herbſte 
129 n. C. eingeweiht, von deſſen 120 riefigen 
(20 hohen und 2 dien) Säulen noch 15 mit 


— 
.. 
* 


174 


Spige jtand der *Triumphbogen des Hadrian, 
öftlidh in der Niederung des Iliſos der Tempel 
der Aphrodite in den Gärten (dv mag). — 
Wenig öftlid von dem Odeion des Perifles, da, 
wo jich die Straße an der Dftieite der Afropolis 
nad Norden wendete (Tripodenftraße), liegt das 
*horegijhe Denkmal des Lyſikrates, jetzt 
die Laterne des Demoſthenes genannt (ſ. Lysı- 
krates), ein fleiner, zierlicher Rundtempel mit 
6 ſchlanken ioniſchen Säulen, deſſen fuppelfürmiges 
Dad einen ehernen Dreifuß als Weihgejchent und 
Siegespreis für einen choregiichen Sieg (j. Ası- 
roveyia, 2.) trug, errichtet 334 v. CE. Das 
Prytaneion, wo Gejandte und wohlverdiente 
Bürger geipeift wurden, lag am nordöftlichen Fuße 
der Burg; öftlich von ihm das Diogeneion, ein 
Gymnaſium aus dem 3. Jahrh. v. E., und tiefer 
in ber Niederung der Tempel des Sarapis, weit: 
lid davon das Heiligtum der Dioskuren (Are- 
xeiov, ol "Avanes), oberhalb desjelben am nörd— 
lichen Fuße der Burg in einer durch einen Fels— 
jpalt mit der oberen Fläche der Atropolis zujam- 
menhängenden Grotte das Heiligtum der Aglau- 
ros. Weftlich desjelben befand fich (und befindet 
fi noch) eine Höhle mit einer Quelle; die Höhle 
ift die Grotte des Apollon und des Ban, die 
Duelle hieß Alsyidox oder 'Eunedo, weil man 
glaubte, fie gehe unter der Erde von Athen nad) 
Phaleron; durd eine Wafferleitung ſtand diejelbe 
in Verbindung mit der *Wafferuhr des Androni- 
fos Kyrrheftes, einem unter dem Namen „Turm 
der Winde” jept noch berühmten Monumente 
(j. Winde). — Am Nordfuße des Areiopagos lag 
die mit Bildjäulen reich geichmüdte, ein Tängliches 
Viered bildende Agora, eingefaht von der Stoa 
Poikile oder Gemäldehalle mit Gemälden des 
Bolygnotos, der Stoa Bafileios, dem Amtslofal 
des Archon Bafileus, der Stoa des Zeus Eleul- 
therios, dem Tempel des Apollon Ratroos, dem 
Tempel der Göttermutter (Mnre@orv, zugleich 
Staatdardjiv), dem Rathaus (Bovklsvrijeror), 
worin der Rat der 500 jeine Situngen hielt, mit 
Altären des Zeus Bulaios und der Athene Bulaia, 
und der j. g. Tholos, einen freisförmigen, mit 
einem oben offnen Kuppeldache überdedten Gebäude, 
in dem die Prytanen jpeiften. Unficher ift die Lage 
des Tempels der Aphrodite Urania, des Hephailtos- 
tempels, des Heiligtums des Euryiafes, des Gym: 
najions des Hermes, der Tempel des Herakles 
Alerifafos und der Demeter jowie des Pom— 
peions, eines zur Aufbewahrung der bei den 
Feſtzügen nötigen heiligen Gefäße beftimmten Ge— 
bäudes. Eine nördliche Fortjegung der Agora bil- 
dete eine nordweſtlich nach dem Dipylon führende, 
das Quartier Kerameikos durchichneidende, präch— 
tige Straße, Dromos genannt; links (weftlich) der: 
jelben liegen der (mit der Sternwarte des jeßigen 
Athens gefrönte) Nymphenhügel (jo genannt 
auf Grund einer Felsinjchrift, die den Dienft der 
Nymphen bezeugt) und weiter öftlich das ſ. g. 
*Thejeion, nicht ein Arestempel, auc nicht ein 
Heiligtum des Theſeus, jondern (nach Burfian, 
Wahsmuth, Eurtius, Milchhöfer u. a.) vielmehr 
ein Tempel des Herafles Hodxksıov dv Mekten), 
des Schubgottes des Stadtteild (Demos) Melite, 
ein um 450 dv. E. erbauter und wohl erhaltuer 
dorijcher Tempel; rechts «öftlih der Agora) die 


Attika. 
Teilen des Gebälfes ftehen. An der nordweſtlichen 


prächtige (über 112m fange und über 19m tiefe) 
*Stoa des Attalos (Mttalos II. von Perga— 
mon, 159—138 v. E.), eine für den Marftverfehr 
beftimmte Halle, dahinter die *Stoa (richtiger das 
Gymnaſion des Hadrian, ein vierediger, 122m 
langer, 82m breiter, Bau, und das *Thor der 
Athene Archegetis aus der Zeit des Auguftus. 
— Außerhalb der Stadt am norbiveltfichen 
Ende des äußeren Kerameikos (einer Borftadt, die 
zwar auch, namentlich von der ärmeren Klaſſe, be- 
wohnt war, bejonders aber als Begräbnisplag für 
die im Kriege gefallenen oder ſonſt um den Staat 
verdienten Athener diente, z. B. Kleiſthenes, Mil 
tiades, Kimon, Thulydides, Chabrias, daher fich 
auch zu beiden Seiten der fie durchſchneidenden 
Hauptjtraße lange Reihen von Gräbern mit Stelen 
zogen, von denen jeit 1870 durch Nachgrabungen 
viele ans Licht gefommen find, von zum Teil vor: 
trefflicher Arbeit) befand ſich 6 Stadien vor den 
Mauern die Akademie (Axadnusıw', ſ. d.), ein 
Gymnaſion mit Schönen Anlagen, wo Platon Ichrte; 
wenig nördlicher der durd Didipus berühmt ge: 
wordene Hippios Kolonos, der Geburtsort des 
Sophofles; dort ruhen jet der um Hellas jo hoch: 
verdiente Otfried Müller (F 1840) und das Herz 
des franzöfiichen Archäologen Charles Lenormant 
(F 1859). Außerhalb des öftlihen Thores Dio- 
meis, fiidlih vom Yyfabettos, an der Strafe nad 
Alopefe, lag das Kynojarges (Kvrdoapyss), ein 
dem Herafles geheiligtes Gymnaſion, das den Halb- 
bürgern (v6Bo« diente, von Antifthenes, dem Stifter 
der Kyniker, zu feinen Vorträgen benutzt, und ſüd— 
(ih davon das Lykeion (Avxeıor), eine aus Park 
und Gärten beftehende Anlage beim Tempel bes 
Apollon Lyfeivs mit Gymnaſion, wo NWriftoteles 
lehrte, und in der Vorſtadt Ayea« der Tempel 
der Artemis Agrotera. Endlich auf einer Hei: 
nen Inſel des Iliſſos ftand ein Tempel der Demeter 
und Kore, und jenjeit des Fluſſes das prächtige, 
von dem Redner Infurgos für die panathenaitichen 
Spiele angelegte und von Herodes NAtticus mit 
penteliichem Marmor belleidete, 204” fange *Sta: 
dion Panathenaiton, jo groß, daß es 40-— 
50 000 Menjchen faßte und Kaifer Hadrian einst 
1000 wilde Tiere zugleich darin jagen lieh. Der 
ſüdweſtlich desjelben jich erhebende Felshügel jcheint 
der Ardettos (dednrrös) zu fein, auf deſſen Höhe 
alljährlich die durch das Los beftimmten Richter 
den Heliafteneid ſchwuren. — Zur Topographie von 
Athen vgl. Leake, Topogrophie von Athen. 2. Aufl., 
überf. von Baiter und Sauppe (1844). Ford 
hammer, Topogr. von Athen (1842). E. Eurtius, 
attiiche Studien (1862 ff.). Sieben Karten zur 
Topogr. von Athen (1868). E. Wachsmuth, die 
Stadt Athen im Nitertum (Bd. 1, 1874). Herb: 
berg, Athen. Hiſtoriſch-topographiſch dargeitellt 
(1885). E. Eurtius und Klaupert, Atlas von Athen 
(1878). Karten von Mttifa, 1. Heft (1881). — 
Die langen Mauern (uexe« reiyn oder r« 
orEin) verbanden etwa ſeit 456 dv. C. die Stadt 
mit ihren Häfen; der nördliche, 40 Stadien lange 
Scentel, rö Poosıor reigog oder ro FEntter ge: 
nannt, weil er feindlichen Angriffen mehr ausgejept 
war, führte nach der nördlichen Ringmauer des 
Peiraieus, der 5 Stadien kürzere jüdliche, ro vo- 
rıov oder Dainoımor, nach Phaleron. Zwiſchen 
beiden legte man indes 16 Jahre fpäter noch eine 
dritte, ro dic ueoon reiyos, an, welche, der nörd: 


2. Inmpel der Athene Nike 
3. Starun der Athene Promachos 
4. Erechfhaon 
3. Parthenan. 
6. Grotze des Pan und Apollon. 
- Quelle Kepaydra 
. Iempel des Askiepios 
. Gräberstrasse 


5 





b 


i 


Ahle 


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& 


J 


KOLLYTOS 





VERLAG vox B.G.TEUBNER, LEIPZIG, 


Attika. 


lichen parallel laufend und 185m von ihr entfernt, 
ebenjall® nad) dem Beiraieus führte und dazu 
dienen jollte, die Verbindung mit einem der Häfen 
zu unterhalten, wenn der andere vom Feinde 
genommen wäre; daher Spuren einer Binnen: 
befeftigung zwifchen beiden Häfen. Seitdem ließ 
man die Phaleriihe Mauer verfallen. Nur die 
beiden Beiraiiichen Mauern wurden nach der Ber: 
ftörung durch Lyſander von Konon im J. 392 v. C. 
wiederhergeſtellt, nunmehr als ro Bogsıov und 
ro vorıor reigog bezeichnet. — Athens Häfen 
werben wejentlich durch eine felfige Landzunge (ur: 
iprünglich wahrjcheinlich eine gleich Salamis dem 
Lande vorgelagerte Inſel) gebildet, welche auf ihrer 
Mitte den Hügel von Munichia (nicht Munychia, 
von uovrıyog — uörog), auf der äußerften Spite den 
PBeiraieushügel trägt. In der füdlichen Küſte 
diefer Halbinjel öffnen fich zwei faſt freisrunde 
natürliche Bajfins mit jchmalen Eingängen von der 
See her; mehr nad) dem Feſtlande zu das Ballin 
von Munichia (j. Phanari), zum Teil zwiſchen 
den beiden Hügeln das Baljin von Zea (j. Paſcha— 
limani). Beide wurden als Kriegshafen benutzt 
Zea für etwa 200 Schiffer, ebenjo wie das auf 
der andern Seite der Halbinjel gelegene Baſſin des 
Nantharos (6 Kardigov Auurjr), weldes einen 
Teil des geräumigen Peiraieushafens bildet. Der 
Hauptteil des Beiraieus wurde mur ald Handels- 
hafen (Zumögıov) benußt. Als gemeinfame Reede 
für die Krie Biciffe diente die etwa 35 Stadien 
entfernte sch ucht von Bhaleron, welche durch 
ihre Lage bejonders gegen Stürme gejchüßt war. 
Hier war der ältefte Hafen; erjt jeit 493 v. E. 
famen die übrigen Häfen Hinzu, zulegt der Pei— 
raieus. Bon dem 87m hohen Munichiahügel mit 
einem Heiligtum der Munichiichen Artemis hatte 
man einen vollftändigen Überblid über die ganze 
Hafenftadt. Dieſe trefflich befeftigten Häfen enthiel- 
ten übrigens Stadtanlagen mit Tempeln, 2 Thea- 
tern u. j. mw. Im Peirateus lag die große Waren— 
halle (dsiyue), eine große onevodijan (Nrienal) 
des Philon, Werfte für 400 Schiffe und das große 
Kornmagazin (kApırorwkıg) des Perikles; am Weſt— 
abhange des Peiraieushügels zeigte man das an— 
gebliche Grab des Themiftofles (Plut. Them. 32. 
Paus. 1, 1, 2). Der öfter erwähnte Gerichtshof 
ro dv Gosarroi diraorngror, welcher über Leute, 
die, wegen Mordes verbannt und noch ala Ver— 
bannte eines zweiten Mordes angeflagt, in einem 
Kahne erjchienen, zu Gericht ſaß, ſcheint jein Lokal 
am Eingange des Hafens Zea, und zwar auf der 
Südipige der den Hafen öftlih einichliegenden 
Halbinjel, gehabt zu haben. Weſtlich des Peiraieus 
lag noch der Heine Hafen 6 »wgpög Aue, wohl 
identijch mit dem j. g. Diebshafen (Bogar Auurv), 
16 einer beliebten Anferftätte für Schmuggler. — An 
Ortſchaften find in der athenifchen Ebene weiter zu 
nennen: Acharnai (Ayaegvei), 60 Stadien nördlich 
bon Athen, der größte Demos, ber Kornbau und 
bejonders Kohlenbrennerei trieb; Kephijia in der 
Nähe der Kephiiosquellen am Penteliton; Jlaria, 
Heimat des Thejpis, am Nordabhange des PBente: 
Iifon, mit einem Heiligtume des Dionyſos, deſſen 
Überrefte fürzlich entdect worden find; Pallene 
mit berühmtem Athenetempel, wo Peiſiſtratos die 
Ahener ſchlug (Hat. 1, 62); Bargettos am Hy— 
mettos, Geburtsort des Epikuros; Alopete, Ge- 
burtsort des Arifteides und Sofrates, 10 Stadien 


175 


dftlich von Athen am Ancheimos; Halimüs, Hei— 
mat des Hiftorifers Thufydides, nördlich der durch 
ihren Töpferthon berühmten Landjpige Kolias, 
auf der ein Aphroditetempel ftand. — 2) die Ebene 
von Elenfis und Thria, weſtlich von Athen, ent: 
+ folgende Ortichaften: Thria am eleufinijchen 

ephijos; Eleufis oder Eleujin (j. Dörfchen Yev- 
fina) an der Nordküſte des gleichnamigen Golfs, 
Salamid gegenüber, mit Athen durch eine mit 
Tempeln und vielen Grabdentmälern geihmücdte 
Fahrftraße, die ſ. g. Heilige Straße in) feg« ööds), 
auf der die LE Bas zogen, verbunden, eine 
der ältejten und wichtigjten Städte des Landes, 
die mit dem umliegenden Gebiete lange Zeit neben 
dem jchon geeinigten Attifa als ein jelbftändiger 
Priefterftaat beftanden zu haben und erit nad) 
langen Kämpfen etwa im 7. Jahrh. in Attila ein: 
verleibt worden zu fein jcheint, berühmt durch den 
herrlichen, unter Berifles nach den Plänen des 
großen Baumeifters Iktinos gebauten, im J 318v.€. 
auf Befehl des Demetrios Phalereus von Philon 











von 


ELEUSIS.” 


erweiterten, Demetertempel, in dem die großen 
Eleufinien gefeiert wurden; Alarich zerftörte ihn, 
doch finden fich noch jet große Ruinen. Eleu: 
therai nahe der boiotiichen Grenze am eleufijchen 
Kephifos, zur Zeit des Epameinondas befeftigt, 
von wo aus der Dienft des Dionyjos Eleuthereus 
nach Athen fam, dem man die großen Dionyſien 
feierte; Dinod, Diymos und Panakton, Grenz: 
fejten gegen Boiotien, deren leßtere einen Paß 
des Kithairon beherrichte; Phyle (j. Phyli), Meine 
— von wo Thraſybulos zum Sturz der 
Dreißig auszog, 100 Stadien von Athen. Xen. 
Hell. 2, 4, 2. Sie leßtgenannten Orte rechnet man 
zum Teil jchon zu Il. Diafria, dem nordöſtlichen 
Hebirgsftriche bi3 über die Marathonifche Ebene 
hinaus. Darin: Dekeleia, 120 Stadien von Athen 
und vom dort fichtbar, am nordöftlichen Ende der 
Atheniichen Ebene, im peloponnefiichen Kriege ein 
jehr wichtiger und befeftigter Ort (Ruinen bei 


— 


7 


176 


Tatoi); Oröpos (j. Oropo), bald atheniſch, bald 
boiotiich, unfern der Mündung des Ajopos am 
rechten Ufer, mit den Hafen Delphinion; in der 
Nähe (SO. ein Tempel und Orakel des Amphia— 
raos, der der Sage nad auf der Flucht von The: 
ben hier von der Erde verichlungen worden war; 
Khammüs (Divriofaftro) am Euripos, mit be: 
rühmtem Tempel der Nemefis (Rhamnusia virgo); 
Aphidnai und weiter weitlid Trinemeia an 
der Hauptquelle des Kephiſos. Die Orte Tri: 
forythos ıbei Suli), Marathon ıj. Brana, j. 
Marathon), Dinoe (nicht mit dem obengenann: 
teu zu verwechjelu) und PBrobalinthos (j. Vaſi— 
lipyrgi) bildeten die "Arzıni, rergdimolıg. Die Gegend 
der Schlacht von Marathon ijt eine enge Ihalebene, 
weldie ein Feines Heer gegen ein großes be: 
günftigte. In der Nähe liegen die Quellen Ma: 
faria und der Berg des Ban mit Grotte und 
Orafel. — III. Ortjchaften der Paralia ider Weit: 
füfte) und der Mejogeia (der jüdlih vom Pen— 


Attika. 


Hafen «j. Borto Mandri) und einer Afropolis, an 
deren Fuße ſich noch anſehnliche Ruinen befinden. 
Nordweitlih von dem gleichnamigen Vorgebirge 
(j. Kap Kolonnaes lag Sunion, ftarf befeftigt, 
mit dem berühmten, in Trümmern noch vorhande: 
nen Tempel der Athene, bei welchem an den 
Panathenaien mit Trieren Seekämpfe aufgeführt 
wurden. In dem Bergwerfsbezirf Yaurion lag 
Anaphlyſtos (j. Anavyjo) mit jehr befejtigtem 
Hafen, an deſſen Eingange die Heine Jnſel 
Elaiujja (ji. Yagonifi}; weiterhin Sphettos, 
Yamprai, Thorai, Anagyrus in der Nähe 
des Vorgebirges Zofter, mit cinem Tempel der 
Göttermutter; von dem dort wachienden übel: 
riehenden Strauch krayvgug fommt das Sprich— 
wort Avdyvgor rei; Dalai Mironides mit 
Salzwert; Aixone (Alfıoveig, Ruinen beim j. 
Trachones), bedeutender Ort, berüchtigt durch die 
Schmäh: und Zankſucht jeiner Bewohner; endlich 
landeinwärts an der Steiriihen Strafe Baiania 


telifon, öftlich der Paralia ſich eritredenden Berg: | j. Yiopefii, der Geburtsort des Demojthenes. — 





ichne), und zwar au der Sftfüjte: Dalai Ara: 
phenides (Act Agapnvidss), Hafen des Demos 
Araphen, jüdlich der Mündung des Erafinos, durch) 
Verehrung der taurifchen Artemis berühmt; bei 
dem nahen Branron 'j. Braona) joll Iphigeneia 
zuerit bei ihrer Nüdfchr aus Taurien mit der 
Bildſäule der Artemis gelandet fein, daher die 
eifrige Verehrung der taurischen (branroniichen 
Artemis mit alljährlichen Keiten (Beavgwnrie ı; die 
ältefte Statue der Göttin hatte Ferxes geraubt. 
Alle 5 Jahre feierte man auch Dionyſien dajelbit. 
Weiter jüdlih Steiria, wohin von Athen quer 
durchs Land die Steiriſche Strafe führte, Se: 
burtsort des Theramenes und Thrajybulos; Pra— 
fiat (j. Praſſa an der Bucht Borto Rafti) mit 
einem Apollontempel und dem Grabe des Eryſi— 
chthon, des Sohnes und Thronerben von Kekrops, 
der aber noch vor jeinem Bater ftarb, worauf 
Kranaos die Herrichaft an ſich riß; Botamos mit 
dent Grabmal des Jon; Thortlos (j. Therifo), 
eine der Älteften Anlagen im Attika, mit jchönem 





Die bedeutendſte 
der zu Attifa ge: 
hörigen Inſeln 
it Salamis 
'Eakauis, -ir, 
j. Kuluri), nahe 
am Feſtlande, 
in Hufeiſenform 
und mit der 
Küſte die Bai 
von Eleuſis bil— 
dend. In der 
älteſten Zeit ein 
ſelbſtäudiger 
Ztaat (j. Aia- 
kos}, dann zu 
Megaris gehö: 
rig, war die In— 
jet längere Zeit 
ein Zankapfel 
zwiſchen den 
Megareern ud 
Athenern, bis jie 
durch Solon er: 
obert und durch 
Ylusijprud der 
Spartaner den Athenern zuerlannt wurde. Sie 
bildete, wie es scheint, feinen Demos, jondern 
einen befondern Staat unter attijcher Hoheit. Die 
alte Hauptitadt a Ber der Südküſte, jpäter ward 
Neujalamis ij. Ambelafi öftlidy, dem attiichen 
Verge Aigaleos gegenüber, angelegt; Attila am 
nächiten liegt die Landzunge Kyn fire mit dem 
Grabe des treuen Hundes des Kanthippos, der 
ins Meer lief, als die Flotte abjegelte (Plut. 
Them. 10), und mit dem Tropaion, welches The- 
miftolles zu Ehren feines großen Sieges über die 
perjiiche Flotte 120. September 480 v. E.) er: 
richtete. Die Schlachtftellung war in der Enge zwi: 
ichen Neuſalamis und Attila, die Athener waren 
in der Salaminischen Bucht eingejchlofien. Adt. 
8, 84 ff. Nahe bei Salanıis die Sufeichen Phar— 
makuſai und Pſyttaleia (j. Lipſokutali, auf 
welcher letzteren eine Abteilung perſiſcher Land— 
truppen durch Ariſteides vernichtet wurde. Adt. 
8, 95. Aesch. Pers. 442 ff. Plut. Arist. 9. Strah, 
9,395. — Dicht bei Sunion lag langgejtredt 


19 


Attila — Auctoritas. 


Helena oder Mafris (j. Mafroniji), wo Helena 
entweder nach ihrer Entführung oder bei ihrer 
Rückkehr von Troja gelandet fein jollte. — Bgl. 
im allgem. Strab. 9, 390 ff. Paus. !. 1. Burfian, 
Geographie von Griechenland I 251 ff. und das 
ausgezeichnete Kartenwerk: Eurtius und Kaupert, 
Karten von Attifa (1881 ff., bi 1886 4 Hefte). 
Attila, Beherricher der Hunnen, regierte von 
433—453 (nach andern 454) n. C. Während er 
gleih im Beginn jeiner Negierung mit dem oft: 
römiſchen Reiche in geipanntem Berhältnis ftand, 
pflegte er mit Weſtrom Frieden und Freundichaft, 
welche Aetius, fein großer Gegner in jpäterer Zeit, 
auf alle Weiſe zu erhalten bemüht war, da er in 
jüngeren Jahren als Geifel bei Attila gelebt hatte 
und mit ihm befreundet worden war. Nachdem 
Attila Weitrom zum Frieden und zur Zahlung 
eines Tributes gezwungen hatte, unterwarf er alle 
rings um Donau und Theiß wohnenden Bölfer 
und nötigte fie zur Heeresfolge und Erlegung jähr: 
lichen Tributes. Dann z0g er gen Weſten an den 
Rhein, durch Aëtius dazu veranlaßt, und vernichtete 
das Heer der Burgunden ſamt ihrem Könige Sun: 
difar (Gunther) und dem größten Teile feiner 
‚Familie in der blutigen Schlacht unweit des Oden— 
waldes (oder bei Worms?) im J. 437. Bis zum 
Jahre 439 dauerten jenjeit des Rheins die Kämpfe 
fort, da eine Schar Hunnen bei Netius zurüd: 
blieb. Neue Streitigfeiten mit den DOftrömern 
führten die Hunnen über die Donau im %. 441 
und 442, wobei das Yand weit und breit verheert 
wurde, ohne da ein Friede zuftande fam. Am 
J. 444 wurde Attila, welcher bis dahin mit jeinem 
Bruder Bleda gemeinjchaftlicy regiert hatte, nad) 
der Ermordung desjelben (Jordan. 35) Allein— 
herricher jeines Volles und führte dann jein Heer 
gegen Oſtrom. Nach heftigen Kämpfen, in welchen 
die Oftrömer nicht unrühmlich ftritten, ergoffen ſich 
die Hunnen über das Yand bis zum Engpaß von 
Thermopylai unter entjeglichen Berwüjtungen, und 
die Römer mußten mit Tribut und Kriegsentſchä— 
digung und Mbtretung von Gebiet den Frieden 
teuer erfaufen. Bald darauf brachen Streitigkeiten 
mit dem weſtrömiſchen Kaiſer Balentinian III. aus 
(450), deſſen Schweiter Honoria Attila heiraten 
wollte. Als Balentinian den Wunſch desjelben 
zurüdwies, beichloß Attila den Krieg und trat im 
I. 451 mit einem gewaltigen Heere von 700 000 
Mann den Zug nad Weiten an. An der Donau 
entlang 309 er gegen den Rhein, überjchtvemmte 
Gallien mit feinen Horden, belagerte Orleans, 
wurde aber von den Nömern und den ihnen ver: 
bündeten Wejtgoten unter Aëtius zurüdgedrängt 
und in der blutigen Völkerſchlacht auf den Cata— 
launiſchen Feldern gänzlich geichlagen. Die Nacht 
verbrachte er unter bangen Sorgen in feiner Wagen: 
burg und zog am folgenden Tage, da die ermüde- 
ten Römer und Wejtgoten feinen neuen Angriff 
mwagten, mit jeinem geſchwächten Heere in flucht: 
ähnlichem Rüdzug über den Rhein nach Ungarn 
zurüd. So war das Abendland und jeine Kultur 
von mongolijcher Barbarei gerettet. Jordan. 36-40. 
Im J. 452 fiel er in Italien ein, eroberte nad) 
bartnädigem Widerftande Aquileja, fonnte aber 
nicht weiter vordringen, als Hunger die Seinigen 
aufrieb und Aëtius mit einem Heere heranzog. 
Einer riedensgejandtichaft, an deren Spite Papſt 
Leo ftand, gewährte er den Frieden. Neue Kriegs: 
Realleriton des Maff. Aitertums. 7. Aufl. 


177 


pläne gegen Oftrom wurden durd; jeinen plößlichen 
Tod im J. 453 unterbrochen. Er ftarb wahrſchein— 
li an einem Blutfturz (Jordan. 49), 46 Jahre alt. 

Attin, Attis, Atys j. Rhea. 

Attus Navius oder Naevius (Ne£ßıos), berühnt- 
ter Augur zur Zeit des Tarquinius Prifeus, verbot 
dieſem Könige den von Romulus errichteten Reiter: 
centurien neue hinzuzufügen und bewies ihm die 
Untrüglichteit feiner Kunſt dadurch, daß er einen 
Wepftein mit dem Schermeſſer durchſchnitt. Er 
ſoll als ein Opfer der Rache des Tarquinius ge: 
fallen jein. Seine angeblide Statue fand ſich 
neben dem Puteal auf dem Comitium in Nom. 
Liv. 1, 36. Dion. Hal. 3,72. Cie. div. 1, 17,32 f. 

Auctio, im weiteren Sinne jede Berfteigerung, 
fie mag von Staats wegen gehalten (j. Sectio) 
oder von Privatleuten vorgenommen werden, im 
engeren Sinne nur Privatverfteigerung, ſowohl 
die freiwillige ald bei Konkurs wegen Inſolvenz 
(j. Bonorum emptio). Regelmäßig wurde die 
Auktion im voraus befannt gemacht durch Anjchläge 
(libellus, titulus, album, tabula) oder durch öffent: 
liches Ausrufen des Präco auf den Straßen (auctio- 
nem proscribere, praedicare, proponere) mit der 
Bedingung jofortiger Zahlung (praesens pecunia). 
Die Verfteigerung jelbjt erfolgte an dem beftimm: 
ten Orte (e8 gab auch befondere atria auctionaria, 
Cie. leg. agr. 1, 3. 2, 205.) unter Leitung des 
Eigentümers (bei freiwilliger Auktion) oder eines 
magister auctionis (bei bon. emptio), indem ber 
Präco die Gegenftände einzeln vorführte und zum 
Bieten (liceri, supra adicere) veranlafte. Die 
Kaufliebhaber boten mündlich, aber auch durd) 
Kopfniden (vgl. die ergegliche Erzählung Suet. 
Cal. 39) und Erhebung des Fingers (digitum tol- 
lere), bis endlich durch den Leiter der Auktion zu: 
geichlagen wurde (addicere). Mit Ausnahıne der 
bonorum emptio wurde bei jeder Berfteigerung 
eine hasta aufgeftellt. Argentarii führten das 
Protofoll und nahmen nach Auftrag der Eigen: 
tümer jogleidy die Zahlung ein. 

Auctor (von augeo) ijt jowohl der, welcher eine 
Sache in ihrer Idee erfaßt und in die Wirklich— 
feit herausbildet, als auch derjenige, welcher ſolche 
Seftaltung in jeglicher Weiſe befördert und jichert. 
1) Bei Geſetzen heißt daher auctor der Worjchla 
gende, j. v. a. lator legis (Liv. 6, 36. 7, 23), oder 
auc der Empfehlende und Unterjtüßende, ſ. vd. a. 
suasor. Cic. leg. agr. 2,5. ad Att.1, 19. Endlich 
heift auctor audy der Sanftionierende, was vom 
Senat gejagt wird, der die Eomitialgejege bejtätigt 
(| Senatus, 5.). — 2) Vrivatrechtlich ift auctor 
der Vertreter, Beihügende, Gemwährleijtende und 
Beftätigende, 3. B. der Bormund (j. Auctoritas), 

Auctoramentum, ») der Kontrakt, durch wel: 
chen ſich jemand zur Berrichtung einer Arbeit 
verpflichtet, 3. B. der Soldat zum Kriegsdienſt, 
namentlich der freie Gladiator zum Stampfipiel 
oder zum Streit mit wilden Tieren. Wenn die 
vertragsmäßige Dienftzeit abgelaufen ift, heißen 
beide exauctorati. — 2) der Sold, für den fid) 
ein Gladiator verdingt, in den Frechterjpielen auf: 
zutreten. Suet. Tib. 7. 

Auctoritas ift die Eigenichaft des auctor in 
jeder Beziehung. 1) Staatsrechtlidy finden wir 
auctoritas ald Vorſchlag, Entiheidung, Ausiprud) 
und Befehl der Behörden und Magtftrate. Am 
wichtigjten iſt auct. senatus (j. Senatus, 6.). 

12 


178 


Über den Unterjchied zwijchen auct. senatus und 
senatus consultum f. Senatus consultum. — 
2) Privatrechtlich heißt auctoritas die Bejtätigung 
der VBormünder (ſ. Tutela), die Gewährleiftung 
und jogar das Eigentumsrecht, 3. B. in den Worten 
der 12 Tafeln: adversus hostem aeterna aucto- 
ritas (Cie. off. 1, 12), „gegen einen Beregrinen 
hat der Römer ewig Eigentumsrecht”, d. h. der 
Peregrine darf nie ufulapieren (durch Verjährung 
römijches Eigentum gewinnen), oder rei furtivae 
neterna auctoritas, d. h. geftohlene Sachen können 
nicht ujufapiert werden (Geil. 17,7). Über die Formel 
usus auctoritas (Cie. top.4. Caec.19) |. Usucapio. 

Audäta, Abddre, eine Illyrierin, nach ihrer 
Vermählung Eurydife genannt (Arr. 22 in Phot. 
bibl. 92 ©. 70», 2 Bfk.), Nebenfrau des Königs 
Philippos II. von Makedonien, mit der diejer fich 
358 v. E. nad) der Unterwerfung der Illyrier ver: 
heiratete. Sie gebar dem Könige eine Tochter Kynna 
(Kyna, Kynane, Kynnane). Athen. 13, 5, p. 557. 

Aufidii, plebejiſches Geichleht aus Fundi: 
1) En. Aufidius, Bollstribun 114 v. E. (nad) 
andern 106), Prätor um 104. Im Alter erblindete 
er, doc; blieb er thätig für den Senat und jeine 
Freunde; erhatteeine römische Geſchichte, wahrjchein- 
lid; Annalen, in griech. Sprache geichrieben. Plin. 
8,17. Cie. tusc. 5, 38, 112. fin. 5, 19, 54.— 2) M. 
Auf. Lurco, führte um 66 v. E. zuerft die Mäftung 
der Bauen ein und gewann damit viel Geld (Varr. 
r.r. 3,6. Plin. 10, 23); wahrjcheinlich gemeint bei 
Hor.sat.2,4,24; als Bolfstribun ſchlug er im J. 
61 ein Gejeß de ambitu vor. — 3) Auf. Bafjus j. 
Bassus, 1.— 4Auf.Luſeus, oberjte Magiftrats- 
perion (Prätor) in dem Städtchen Fundi, defien 
Eitelkeit Horaz (sat. 1, 5, 34) ergetzlich verjpottet. 

Aufidus, Aögıdos, richtiger vielleicht Autidius, 
ji. Ofanto, Hauptfluß Apuliens, rg im Ge: 
biet der Hirpiner, fließt nordöftlich bei Kanufium 
und Cannä vorbei und fällt bei Aufidenum in zwei 
Armen (vielleicht daher tauriformis genannt Hor. 
od. 4, 14, 25) ind Meer. Oft wird er von Horaz 
genannt (od. 3, 30, 10. 4, 9, 2. 14, 25), deflen Ge: 
burtsort Venuſia in Apulien lag. Strab. 6, 283. 

Auge j. Telephos. 

Augeias j. Herakles, 8. 

Augila, r@ Adyıla, j. Audichila, eine Dafe in 
Marmarika in Afrika, 10 Tagereiien weftlic vom 
Ammonium. Für gewöhnlich war fie unbewohnt, 
aber zur Zeit der Dattelernte zogen die Augilae 
(Abydaı), ein Stamm der Nafamones, dahin und 
ernteten dort die Datteln. Hdt. 4, 172. 182. 

Augur j. Divinatio, 18. 

Augurium Salütis ſ. Salus, 

Angusta. Unter den vielen Städten diejes Na- 
mens find bemerkenswert: 4) Auguſta Emerita 
am Anas in Aufitanien, j. Merida mit großartigen 
Nuinen, 23 dv. E. Kolonie des Auguſtus für Die 
Ausgedienten der fünften und zehnten Legion. Dio 
Cass, 53, 26. Strab. 3, 151. — 2) Aug. Präto— 
ria, bedeutende im 3. 25 v. E. angelegte Kolonie 
im Gebiete der Salaſſer im cisalpın. Gallien im 
Duriathal, j. Aofta mit zahlreichen Ruinen, Amphi: 
theater, Theater, Triumphbogen des Auguſtus u. ſ. w. 
Dio Cass. 53, 25. Strab. 4, 206. — 3) Aug. 
Nauricorum, Hauptjtadt der Rauriei, j. Augſt 
bei Bajel. — 4) Aug. Suejjionum, früher No: 
viodunum, Hauptort der Sueſſiones in Gallia 
Belgica, j. Soiffons. — 5) Aug. Taurinorum 


Audata — Augustus. 


am Padus im cisalpin. Gallien, das heutige Turin. 
Liv. 21, 38. — 6) Aug. Trevirorum an der 
Mojella, j. Trier (j. Treviri). Tac. hist. 4, 62. 72. 
— T) Aug. Bindelicorum, Hauptitadt von 
Vindelicien oder Raetia secunda, am Yicus (Lech), 
j. Augsburg, von Auguftus un 14 v. C. nad) den 
Siegen des Drujus folonijiert, ſicherlich die splen- 
didıssima Raetiae provinciae colonia bei Tac. 
Germ. 41. 

Augustäles Indi j. Spiele, 6. 

Augustäles sodäles, ein zu Ehren der gens 
Iulia 14 n. C. von Tiberius geftiftetes Prieſter— 
follegium (21 aus den Vornehmften des Senates 
durchs Los Erwählte). Tac. ann. 1,51. hist. 2, 95. 
Auch in den Municipien waren ſolche sodales für 
den Kultus des Auguftus eingerichtet. 

Augustinus, Murelius, der größte Kirchen— 
vater des Abendlandes, geb. 354 zu Thagafte in 
Numidien, Sohn des Patricius und der frommen 
Monica, gebildet in Madaura und Sarthago, 
Lehrer der Rhetorif in Rom und Mailand, hier 
durch Biſchof Ambrofius für das Chriftentum ge- 
wonnen, 387 getauft, 392 Preibyter, 395 Biſchof 
in Hippo Negius (ſ. d.), gejtorben 28. Aug. 430. 
Ausgg. feiner Werfe jeit 1506, von Erasmus 
(1528 f., 10 Bbdbd.), Benediktinern (1679 ff. 11 Bob.) 
u.a. Bon jeinen theologiſchen Schriften ift die bedeu- 
tendfte: de civitate dei (22 Bücher), eine großartige 
Religionsphilojophie. Bon der Behandlung der 
septem artes liberales, die U. nad) Varros Vor: 
gang unter dem Titel disciplinarum libri begann, 
jind nur erhalten: sex libri de musica, ein Ab— 
ſchnitt der Rhetorik (bei Halm, rhet. Lat. p. 137 
— 151), Dialektik (herauög. von Erecelius 1857) 
und ein —— dem Buche de grammatica 
(herausg. von Weber 1861 und in Keil gramm, 
Lat. V p. 494), außerdem aber die ausführlicheren, 
jedoch gleichfalls propter simplicitatem fratrum 
breviter instraendam nur ercerpierten regulae 
bei Keil a. a. O. p. 496— 524. Vgl. Lindemann, 
der heil. Aug. (1844—69. 3 Bdd.). 
„Augustodünum, die jpätere Hauptſtadt der 
MAduer in Gallia Lugdunenfis im einer unfrucht: 
baren Gegend zwiichen dem Arar und Liger (Tac. 
ann. 3, 43), j. Autun im Dep. Saone et Xoire 
mit vielen Ruinen. ©. auch Bibracte. 

Augustus, 1) faiferliher Name. Als das römische 
Staatswejen ſich zur Kaiſerherrſchaft entwidelt 
hatte, fam es darauf an, jo jchonend als möglich 
in der Form und dem Namen dieje Beränderung 
darzuftellen. Cäſar Octavianus jollte weder rex 
noch dietator genannt werden, und doch wollte man 
jeine Verdienſte um den Staat mit einem bezeich: 
nenden Namen ehren (Flor.4,12). Er jelbit wünjchte 
als der zweite Gründer Roms Romulus genannt 
zu werden (Dio Cass. 53, 16), lich jedoch diejen 
Namen fallen, als er merkte, daß die Nömer unter 
demjelben eine Königsherrichaft fürchteten. Nach: 
dem er nun Öffentlich bei jeinem Triumphzuge aus 
der Mitte des Boll mit dem Zurufe Auguste 
begrüßt war, wurde ihm in der zu dieſem Zwecke 
angejegten Senatsfigung Ddiejer Name auf Ber: 
anlafijung des L. Munatius Plancus durch feier: 
lihen Bejchluß beigelegt. Suet. Det. 7. Obſchon 
aber Auguſtus durch diefen Namen feinen Zuwachs 
an Macht erhielt (Dio Cass. 53, 18), jo wurde doch 
die Unantaftbarkeit und Unverleplichkeit feiner Ber 
fon, die er an ſich zwar jchon durch die tribunicia 


Aula — Aurelianus. 


potestas bejaß, äußerlich vernehmbar dargeitellt. 
Sie war nunmehr geheiligt und anbetungswürdig, 
weshalb die Griechen diejen Namen seß«orög über: 
ſetzten. Ov. fast. 1, 609ff. Dio Cass. 53, 16: 
as nal mieiov rı 1) ware dvdemnous ar. Bu 
derjelben Höhe erhob Auguft in j. Tejtamente auch 
jeine Gemahlin Livia in den Augen der Inter: 
thanen durch die Bezeichnung Augufta, was jpäter 
faft alle Kaiſer thaten. Bon Auguſtus ging diejer 
Name auf alle folgenden Kaifer über, nur mit dem 
Unterjchiede, daß es nad) ihm nicht mehr der wirf- 
lihe Name war, jondern die durch ihn angedeutete 
Eigenjchaft ausdrüdte.e Dio Cass. 46, 47. Er 
wurde ftet3 hinter den eigentlichen Namen gejekt, 
z. B. Tiberius Auguftus. Die erjten Kaiſer nad) 
Auguftus trugen zunächſt noch Bedenken, jolange 
fie noch der Volksgunſt zur Sicherung des neuen 
Thrones zu bedürfen glaubten, diejen und die ander: 
weitigen faijerlichen Ehrennamen (Caesar, impe- 
rator, pater patriae, dominus, deus), auch wenn 
der Senat jie ihnen anbot, anzunehmen. Keiner 
jedoch hat dieje anfängliche Weigerung lange durchs 
geführt. Bald hieß jeder Kaiſer, jobald er Beſitz 
von der faijerlihen Würde nahm, ohne weiteren 
Senatsbeſchluß Auguſtus. Zur Zeit konnte es 
natürlich nur Einen Auguſtus geben, und ging 
diejer Name nie auf den präjumptiven Nachfolger 
über. Sobald von zweien zu — Zeit die 
Rede iſt, müſſen ſie auch gleiche Rechte haben und 
beide wirklich regierende Kaiſer ſein, wie zuerſt 
unter Mare Aurel und Verus geſchah. Selbſt Titus, 
obſchon nach ſeines Vaters Willen demſelben an 
Machtfülle gleich, konnte doch erſt nach deſſen Tode 
den Namen Auguſtus annehmen. Wie hoch dieſe 
Benennung über das Unterthanenverhältnis hinaus 
erhob, geht namentlich daraus hervor, daß Tiberius 
die unerträglich anmaßlichen Eingriffe jeiner Mutter 
Livia Augufta in die Regierungsangelegenheiten 
dod nur , überaus zurücdhaltend und fchonend 
zurüdweijen fonnte, jowie auch daraus, daß jpäter: 
hin Pertinax hartnädig die Beitätigung des Se— 
natsbeichlufjes, jeine Gemahlin Auguſta zu nennen, 
verweigerte, „weil jie infolge desjelben leicht zu an- 
mahßend werden könnte“ (Dio Cass. 53, 7). — 
Dvid (fast. 1,609 ff.) leitet den Namen von augur 
ab, ein dur die Religion Geweihter, doch nimmt 
er auch zugleich Rückſicht auf die naheliegende rich: 
tigere Beziehung zu augere, was ſich in unſerm deut- 
ſchen Reichstitel „Mehrer des Reichs“ erhalten hat. 
Das „allzeit Mehrer“ ift aus dem jpäteren Zuſatze 
semper Augustusentjtanden. —2)j. Octavianus. 

Aula, «öl, j. Haus, 2. 3. 

Aulaeum j. Theatron, 16. 

Aulerei, ein bedeutendes galliiches Bolt, von 
dem ein Teil jchon früh mit nach Oberitalien 309. 
Liv. 5, 34. Sie wohnten im nordweitlichen Gallien, 

iſchen Zoire und Seine, weshalb Cäſar (b. g. 2, 34) 
fie den Küftenberwohnern. beizählt, und zerfielen 
in 4 Stämme: die WU. Brannovices in der Nähe 
der Abuer, deren Klienten jie waren (Caes. b. 9. 
7, 75); die A. Diablintes (daſ. 3, 9) im der ehe: 
mal. Provinz la Maine; A. Cenomani (daj. 7, 75), 
füdöftlih von den Diablintes; A. Eburovices in 
der Normandie mit der Hauptitadt Mediolanum, 
j. Evreug (daj. 7, 75). 

Aulis, Adlds, Stadt in Boiotien am Euripos, 
berühmt ald Sammelplag der Flotte gegen Troja 
in der nahen, faft runden Bai rö uıxgor Batr. 


179 


Hom. Il. 2, 304 ff. 496 (mergrjesoe) u. d. ij. die 
Karte bei Chalkis). 

Aulön, 40465, ift ein Appellativum, das jegliche 

Enge, namentlich Thäler und Schluchten, bedeutet, 
und wird deshalb auch zur Bezeichnung zahlreicher 
Lofalitäten gebraucht, von denen hervorzuheben: 
1) Stadt und Thalſchlucht am Fluſſe Kypariſſos in 
Mefjenien mit einem Ajklepiostempel. Xen. Hell. 
3, 2, 25. 3,8. Strab. 8, 350. — 2) Hafenftadt in 
Syrien, j. Avlona, ital. Valona, albaneſiſch Bli- 
ores. — 3) Stadt am Nordweitende des Strymo- 
nischen Bufens in Makedonien. T’huc. 4, 103. 
4) Ort im Bergwerksbezirke von Attifa, vielleicht 
das ganze Thal, welches die beiden Hauptzüge des 
Laurtongebirges ſcheidet. — 5) trefflihe Wein: 
gegend nördlich von Tarent (j. Hor. od. 2, 6, 18. 
Mart. 13, 125), wohl jegt Melone. 

Aureliänus, 1) 2. Domitius Aur., römijcher 
Kaijer, von geringem Stande, am 9. Sept. zw. 
212— 214 n. E. in der Nähe von Sirmium in 
Pannonien geboren, auf Beranlafjung des Kaiſers 
Valerian von einem Senator Ulpius Erinitus zum 
Schwiegerjohn erwählt, vielleicht auch adoptiert, 
wurde, von Claudius Gothicus empfohlen, nad) 
deſſen Tode von den Legionen an der Donau zum 
Kaiſer ausgerufen und regierte von Anfang 270 
bis in die zweite Hälfte des J. 275. Er ſetzte den 
von feinem Vorgänger begonnenen Krieg gegen 
die Goten fort, aber daran verzweifelnd, das von 
Trajan eroberte Dacien behaupten zu können, trat 
er es den Goten ab, verpflanzte die röm. Bevöl— 
ferung von dort auf das rechte Donauufer und 
errichtete auf dem jüdl. Ufer der Donau eine Pro- 
vinz Dacia ripensis, 270. Die in Italien ein- 
dringenden Juthungen und Alemannen wurden 
von A. bei Fanum Fortunae (ano) und im der 
Ebene von Tieinum (Pavia) vernichtet; jedoch neue 
Angriffe vorausjehend, ließ er Rom mit einer 
16 km langen Umwallung verjehen, die aber erit 
durdy Kaifer Probus vollendet wurde. Im J. 272 
wandte er fich zur Wiedereroberung des Drients. 
Die Königin Zenobia wurde mit leichter Mühe 
bei Emeja und Antiocheia geſchlagen und Balmyra 
belagert. Zenobia entfloh, wurde aber am Euphrat 
gefangen genommen, die eroberte *6 zuerſt 
ſchönend behandelt, doc nach einem Aufſtande, bei 
dem jogar ein Gegenkaiſer aufgeftellt wurde, ge— 
nommen, und die Eimmohnerichaft faſt gänzlich 
getötet, Frühjahr 273. Inzwiſchen war eine Em: 
pörung in Agypten ausgebrochen, wo Firmus ein 
—— palmyritaniſches Reich herſtellen wollte. 

ur., ſchon auf dem Wege nach Europa, ** um, 
begab ſich nach Agypten und zwang den Rebellen 

ur Ergebung, der darauf ſeine Erhebung mit dem 
—5— büßen mußte. Nachdem auch die Stadt 
Alexandreia hart beſtraft worden war, war der 
längſt geſchwundene Einfluß Roms im Oſten 
wiederhergeſtellt. Mit Recht konnte ſich Aur. auf 
den Münzen als Pacator und Restitutor Orientis 
verherrlichen laſſen. Hierauf zog er nach dem 
Weiten, von wo der der Oerricalt überdrüffige und 
von meuterijchen Soldaten bedrohte Gegenkaiſer 
Tetricus ſchon geheime Unterhandlungen angefnüpft 
hatte. Durch die Schlacht bei Chalons wurde 
Gallien zum Gehorjam gebradht, 274. Triumpbie- 
rend z0g A. nun auf einem Biergejpann von Hirjchen 
mit den Gefangenen — Zenobia und Tetricus — 

in Nom ein. Nachdem er während diejer Zeit die 

13% 


180 


Kriegszucht im Heere mit Strenge wiederherge: 
jtellt, mehrfache Aufftände mit blutiger Härte unter: 
drüdt, dann aber eine allgemeine Amneftie wegen 
politiicher Verbrechen erlaffen hatte, fonnte er mit 
Recht als restitutor imperii gefeiert werden. Auch 
die Sittenzucht juchte er durch ftrenge Geſetze gegen 


Luxus und Ausichweifungen herzuftellen. Auf einem | 
| wodurd) er den Schein des Altertümlichen verbreiten 


Zuge gegen die Berjer wurde er zu Cänophrurion 
in Thrafien zwifchen Byzanz und Serafleia auf 
Anftiften feines Geheimjchreibers Mneſtheus, der 
von ihm für irgend ein Vergehen ftrenge Strafe 
zu fürchten hatte, überfallen und ermordet. Zosim. 
1, 47—62. Aur. Vict. Caes. 35. Eutr. 9, 12. 
Vopise. vit. Aurel. Einfad und ernft in jeinem 
Wejen, war er in erfter Linie Soldat und ein 
waderer Feldherr, dem unbedingter Gehorſam jeiner 
Soldaten über alles ging, und der Verſtöße gegen 
die Disziplin mit Strenge, ja mit Härte ahndete. 
Aber auch in politiichen Dingen hat ihn fein durch: 
dringender Berftand ſtets das Richtige treffen laſſen, 
und der Verwaltung des Reiches hat er mit Sad): 
fenntnis borgeftanden. Was er in der kurzen Zeit 
jeiner Regierung gethan hat, „genügt, um in ihm 
ein nüchternes verftändiges Urteil, Hare Einficht in 
die Bedürfnifje des Staates und einen energijchen 
Willen zu erkennen“. Bol. Schiller, Geidh. der 
röm. Kaijerz. 12 ©. 851 ff. — 2) Cälius Aure— 
lianus aus Sicca in Numidien, lebte im 5. Jahrh. 
n. C. und hinterließ zwei medizinische Werke, über 
die akuten Krankheiten (celerum oder acutarım 
passionum libri tres) und über die, chronijchen 
(tardarum oder chronicarum p. libri quinque), 
bemerfenswert durch die treue und lebendige Schil⸗ 
derung der Krankheitserſcheinungen; außerdem einen 
Abriß der geſamten Medizin in Fragen und Ant: 
worten (medicinales responsiones). Ausg. von 
Amman (1709). Andere Schriften find verloren. 

Aurelii, Name einer plebejiihen gens, aus 
welcher folgende Männer hervorzuheben find: 1) C. 
Aur. Cotta, kämpfte mit Glüd als römischer 
Feldherr gegen die Karthager im erjten puniſchen 
Kriege, war Konjul 252 v. E., eroberte Lipara, 
wurde 248 zum zweitenmal Konjul und focht 
abermals erfolgreich in Sicilien. Er zeichnete ſich 
durch Aufrechthaltung ftrenger Kriegszucht jelbit 
gegen jeine Verwandten aus. Val. Max. 2, 7,4. 
Zonar. 8, 14.16. — 2) M. Aur. Cotta, beflei- 
dete mehrere Amter während des zweiten puniichen 
Krieges Liv. 25, 22.29,38) und war röm. Gejandter 
bei König Philipp von Makedonien (Liv. 30, 26). 
Er jtarb 200 v. E. Liv. 31, 50. 3) E. Aur. 
Cotta, führte als Konſul im 3. 200 v. C. ein 
römijches Heer gegen die in Oberitalien wohnenden 
Sallier, die der Karthager Hamillar zum Kampfe 
aufgereizt hatte, ohne großen Ruhm zu erwerben, 
da der Prätor Furius die Feinde jchon vor An- 
funft des Konſuls gefchlagen hatte. Ziv.31,4ff.21.49. 
— 4) 8 Aur. Cotta, Bolfstribun 154 dv. E., ein 
Mann von wenig gutem Ruf und ſchwer verjchuldet, 
und deshalb von jeinen Kollegen mit einer Klage 
bedroht. Konſul im 3. 144, wünfchte er den Be- 
fehl gegen Viriathus zu erhalten, was jedoch Scipio 
Amilianus mit Hinweiſung auf Cottas Habjucht 
verhinderte. Später wurde er von Seipio ange: 
Hagt, von D. Metellus Macedonicus verteidigt und 
freigeiprochen. Cie. Brut. 21. Val. Max. 6, 4 
8,1, 11. — 5, L. Mur. Cotta, Konful im J. 119 
v. E., verlangte vom Senate, daß derjelbe den 


“ 
ı — 





Aurelii. 


Tribunen Marius wegen eines Gejeges über das 
Abjtimmen in den Comitien zur Nechenichaft ziehen 
jollte; als aber der vor den Senat gerufene Marius 
ihn nicht nur mit Einterlerung bedrohte, jondern 
auch wirklich einferferte, z0g er den Antrag zurüd. 
Piut. Mar.4. — 6) L. Mur. Cotta, Bolkstribun 
95 dv. E., als Redner wegen jeiner groben Sprache, 


wollte, von Cicero getabelt (Brut. 36, 137. 74, 259). 
— 7C. Aur. Cotta, geb. um 124 v. E., war 
ein Freund des Bollstribunen Livius Drujus, nach 
deſſen Ermordung er ins Eril ging, als eine Unter: 
ſuchung gegen diejenigen beantragt wurde, welche 
die Bundesgenoffen irgendwie unterftügt hätten. 
Cie. de or. 3, 3, 11. App. b. c. 1,37. Er fehrte 
erft 82 zurüd. Cic. Brut. 90, 311. Im J. 75 
Konjul mit 2. Detavius (j. Octavii,7 ging er nach 
Ablauf ſeines Amtsjahres als — nach Gallien, 
wo er im J. 74 plötzlich ſtarb. Cie. Pis. 62. Brut. 
92, 318. Als Konſul beantragte er die Abſchaffung 
eines Geſetzes Sullas, das früheren Bolkstribunen 
die Annahme anderer Amter unterjagte (j. lex 
Aurelia, 1.). Cicero (Brut. 49. 55. 92) lobt ihn 
als Redner; er nimmt an dem Gejpräce im der 
Schrift de oratore und als Alademifer in den 
Büchern de natura deorum teil. — 8) Sein Bru: 
der, M. Aur. Cotta, im J. 74 v. E. Konjul mit 
Yucullus, befehligte in demjelben Jahre in der Pro— 
vinz Bithynien gegen Mithridates, von welchem er 
bei Chalkedon zu Wafler und zu Lande geichlagen 
wurde. Plut. Luc. 8. Er Hlagte jeinen Quäſtor 
Dppius nad) jeiner Rüdtehr wegen Bejtehung an, 
wogegen Gicero denjelben verteidigte, wurde aber 
jelbit wegen Erpreſſungen in Bithynien jpäter ver: 
urteilt. Val. Max. 5,4, 4. Dio Cass, 36,40 [23]. 
9, 2. Aur. Cotta, Bruder der beiden vor: 
hergehenden, war im J. 70 v. C. Prätor umd 
machte ſich durdy eine lex Aurelia iudiciaria (j. 
lex Aurelia, 3.) befannt, wodurd die Gerichts: 
barkeit in bürgerlichen und peinlihen Sachen 
zwijchen Senatoren, Rittern und den ärarijchen 
Tribunen jo verteilt wurde, daß auch Rittern und 
Blebejern der Autritt zum Nichteramte gejtattet 
war. Cie. Verr.1,1,2.1,8,20. ad Att. 1,16, 3. 
Phil. 1,8, 20. Er klagte die für das J. 65 deſig— 
nierten Konſuln der Amtserjchleihung an, jo daf 
jie, —— ihr Amt nicht antreten konnten. 
Cie. Sull. 1. 5. 13. Sall. Cat. 18. Mur. ſelbſt 
wurde nun einer der Konfuln des J. 65, Cenſor 64. 
Dem Cicero war er befreundet, jpäter ftand er auf 
Cãſars Seite. Cie. Phil. 2, 6,13. Suet. Caes. 1.79. 
Seine legten Jahre verlebte er in großer Zurüd: 
gezogenheit. ic. ad fam. 12,2,3. — 10)%. Aur. 
Oreſtes, befriegte im J. 126 v. E. als Konſul 
die Sarden, blieb in den nächſten Jahren auf der 
Injel und triumphierte nach jeiner Rücklehr im 
3. 122. Liv. ep. 60. Aur. Vict. vir. all. 72 
11) M. Aur. Scaurus, erlitt im $. 105 v. E. 
Wwahrſcheinlich nicht ſchon 108) von den Cimbern 
in Gallien eine Niederlage, wurde gefangen ge: 
nommen und, ald er ihrem ug Bojorir gegen: 
über die Unüberwindlichkeit der Römer pries, von 
demjelben getötet. Tac. Germ. 37. Vell. Pat. 2,12. 
Als Redner lobt ihn Cicero (Brut. 35). — 12) M. 
Aur. Cotta Mejjalinus, ein Sohn des als 
Redner befannten Mefjala (j. Valerii, 33.), wurde 
von den Aureliern in das Gejchlecht jeiner Mutter 
adoptiert und war ein blinder Anhänger des Ti: 


Aureolus — Ausonius. 


berius. 


181 


Er führte ein üppiges Leben (egens ob | rungen wurde. Der Sieger wurde vom Präco aus: 


luoxum — per tlugitia infamis) und war mit Ovid, | gerufen. — 2) ein Sternbild, j. Sternbilder, 4. 


der ex Pont. 3, 2 und 2, 8 an ihn richtete, be: | 


freundet. Teac. ann. 4, 20. 6, 5f. Einem jeiner 
Söhne jehte Kaiſer Nero eine jährliche Einnahme 
aus. Tac. ann. 13, 34. — 13) Mur. Bictor j. 
Vietor. — 14) Mur. Brudentius j. Pruden- 
tius. —15)MarcusAurelius ſ. Antoninus. 
— 16) Aurelia Dreftilla j. Orestilla. 
Aureölus, zur Zeit des Kaiſers Gallienus Be: 
fehlshaber in Illyrien, lieh fich in jener wüſten 
Zeit zum Kaiſer ausrufen, befiegte mehrere Neben: 
buhler und wurde in DOberitalien an der Addua 
von Gallienus gqeichlagen. Er floh vom Schlacht: 
felde nach Mediolanum, wurde hier längere Zeit 
belagert und, nad) Gallienus” Ermordung durch 
jeine eigenen Soldaten, vom Kaijer Claudius zur 
Unterwerfung genötigt. Infolge einer neuen Em: 
pörung wurde er von feinen Kriegern verlafien 
und hingerichtet. Treb. Poll. trig.tyr. 10. Claud.5. 
Aurel. Vict. Caes. 33. Anderd Vop. Aur. 16. 
Auriga, nrloyog. 1) Der Wagenlenker in der 
Schlacht war bei den Perjern, den Griechen und 
Trojanern der homeriichen Zeit der Ungeehrtere 
im Verhältnis zu dem fämpfenden Heros; dagegen 
fanden die Römer bei ihrem Zujanmentreffen mit 
den Britanniern die auffallende Sitte, daß der 
Roſſelenker als der Edlere jeinen Diener für ſich 
fämpfen lieh. Tae. Agr.12. In den griechiichen 
Spielen ericheinen die Befiger des Zwei: oder Vier: 
geipanns nicht auch zugleich als Lenker, fondern 
jie wählten hiezu meift Fräftige, angejehene Jüng: 
linge oder Freunde, weldye in dieſer Kunft vorbe— 
reitet und geübt waren, Nach erlangtem Giege 
wurden Diele oftmals auf der Stelle von dem 
Eigentümer beſchenkt. In der Kaiferzeit trat jedoch 
Nero jelber zu Olympia als Wagenlenfer auf. 
Suet. Ner. 24. — Die aurigae bei den Römern 
in den circenfiichen Spielen (auch agitatores ge: 
nannt) betrieben diefe Kunſt als eigenes Geichäft 
und waren früher wohl nur Sklaven; allmählid) 
wurde es jedoch Sitte, daß die Beſitzer zugleich jelber 
die Stelle des Lenlers verjahen. Auch hier trat 
Kero vielfach als jiegreiher Wagenlenfer auf. Das 
Siegeszeichen bejtand in einem Balmzweige \Suet. 
Ner. 5), der Wagenlenfer erhielt, wenn er nicht 
Beliger des Geipannes war, eine Geldbelohnung. 
Die aurigae fonderten ſich nach den 4 Farben 
(factiones): alba, russata (rötlich), veneta (him: 
melblau), prasina (lauchgrün). Jeder hatte ein 
furzes Gewand ohne Armel und den Oberkörper 
mit Binden umgeben, alles einfarbig, jowie auch 
die Kopfbededung. Um die beiden Hände zur An— 
jpornung und zur Geißelung der Pferde frei zu 
haben, banden jie fih die Zügel um den Xeib; 
famen jie nun bei der was jehr häufig 
geſchah, in Lebensgefahr, jo Hatten fie, um die 
Zügel ſogleich durchichneiden zu können, ein Meſſer 
in den Binden bei ji. Auch die Zuſchauer trugen 
je nach der begünftigten Partei eine der 4 Farben 
zur Schau. Durch Domitian wurden noch 2 neue 
Saftionen hinzugefügt, die aurata und purpurea. 
Suet. Dom. 7. Zur Zeit jagte nur Ein Geſpann 
von jeder Farbe mit. Die größte Geſchicklichkeit 
des Yenters beitand in der Kunft, den Biegungspfahl 
(meta) ohne eigene Gefahr und mit Verdrängung der 
übrigen zuerft ganz nahe zu pafjieren ; dieje Umfrei: 
jung wiederholte fa jiebenmal, bevor der Sieg er: 


Aurinia, unfichere Yesart Tac. Germ. 8, Name 
einer wegen ihrer Weisjagungsgabe bei den Deut: 
ſchen hochgeehrten Fran. 

Auröra j. Eos. 

Aurum, old (vgl. Argentum und Münzen), 
fommt als rohes Mineral und als verarbeiteter 
Stoff, bejonders als Schmud in Ketten, Spangen, 
Geichmeide, Waffen 2c., aber auch für Gefäße und 
Geichirre aller Art vor. Als Münze hieß es ge: 
wöhnlid) signatum. A. coronarium, Stranzgold, 
war urjprünglich der in älteren Zeiten dem röm. 
Profonjul nach erfochtenem Siege aus jeiner Pro: 
vinz geichenfte Kranz, der vor jeinem Triumph: 
wagen voraufgetragen wurde; jpäter wurde dies 
durch Geld eriegt, woraus nachher eine auferlegte 
Abgabe ſich bildete. Cic. leg. agr. 1,4, 12.2, 22,59. 
Pis. 37, 90. Liv. 88, 37. Ahnlich hie a. Judai- 
cum die jährlich an den Tempelichag in Jerufalem 
geiteuerte Abgabe der imröm. Reiche lebenden Juden. 

Aurunci j. Italia, 7. und Latium, 5. 

Aurunculeius, &. Nur. Cotta, war während 
des galliichen Krieges einer der Legaten Cäjars. 
Caes. b. g. 2,11. 5, 24ff. Dio Cass. 40, 6f. Als 
Cäſar nad) der Rückkehr aus Britannien im J. 54 
v. C. feine Truppen in Gallien wegen eingetretenen 
Mißwachſes dislozierte, jendete er den. Aur. Cotta 
und den DO. Titurius Sabinus mit einer Legion 
und fünf Kohorten in das Land der meift zwiſchen 
Maas und Rhein wohnenden Eburonen. Dem 
ichlauen Eburonenhäuptling Ambiorig gelang es, 
den Sabinus, troß aller Borftellungen des Cotta, 
zum unbedachtiamen Berlafien des feiten Lagers 
zu verleiten, worauf Cotta nebſt dem größten Teile 
der Mannichaft im Kampfe fiel; der Neft tötete 
fich jelber. Caes. b. g. 5, 26 ff. Dio Cass. 40, 5f. 

Ausci, ein wohlhabendes Nquitanervolt in Sal: 
lien mit der Stadt Elimberrum (Caes. b. g. 3, 27) 
oder Augusta (j. Auch), erhielt latiniſches Necht. 

Ausceülum j. Asculum. 

Ausönes ſ. Italia, 7. 

Ansonfus, Decimus Magnus Auf., der 
gefeiertfte römische Dichter des 4. Jahrh., geboren 
zu Burdigala (Bordeaur) um 310 n. C., aus an: 
geiehener familie; jein Vater war Leibarzt des 
K. VBalentinian, jpäter Präfelt von Illyricum. Der 
Sohn erhielt eine treffliche Erziehung in Toloja, 
widmete ſich der Nechtswifjenichaft und trat dann 
zuerft als Sadjwalter, jpäter als Lehrer der Be: 
rediamfeit in feiner Baterftadt auf. VBalentinian 
übertrug ihm um 365 die Erziehung feines Sohnes 
Gratian und ernannte ihn nachmals zum Quäſtor 
und Präfectus Prätorio, jowie der dankbare Sohn 
und Nachfolger zum Konſul 379 in Gallien. Nach 
dem Tode diejes feines Schülers zog er fich von 
den Geichäften zurüd und lebte auf einem Land— 
guie in feiner Heimat jeinen Freunden und den 

iffenichaften, wo er um 392 ftarb. Sein Berhält: 
nis zu den beiden Kaijern macht wahricheinlich, 
daß er Ehrijt war., Er jchrieb 146 Epigramme, 
Eflogen (zum Teil Überjegungen aus dem Griechi- 
chen), poetiiche Briefe, 20 Idyllia oder Gedichte 
der beichreibenden Gattung, worunter die Mosella, 
eine zu Trier gedichtete Schilderung einer Nhein: 
und Mojelreife (von Bingen bis Trier), mit allem 
Glanze poetiicher Diltion und vielen gelehrten 
Beiwerlen ausgeftattet, daher oft der Einfachheit 


182 


und Natürlichkeit der Darftellung entbehrend, Doc 
anziehend, am berühnteften geworden ift; außer: 
dem noch mehrere Dichtungen und eine projaische 
gratiarum actio an ®ratian für Erteilung des 
Konfulats, die weder der form noch dem Inhalte 
nach zu loben ift. Bei allem Berdienfte einer ziem- 
lich reinen Kunftiprache ift doch auch an ihm der 
Verfall der Zeit zu erfennen; der Wert feiner Ar- 
beiten ift ein wejentlich ftofflicher und formeller. 
Sejamtausg. von J. Scaliger (1575); Öpuscula 
von Schenfl (1883) und Peiper (1886); bei. Ausgg. 
der Mosella von Troß (1821 und 1824) u. a 
(1845). ©. Bacmeifter, Alemanniſche Wanderungen 
(1867) ©. 78 

Auspex ſ. Divinatio, 18. 

Auster ſ. Winde, 2. 

Autesion j. Theras. 

Avuröx9wr, eingeboren, aus dem Lande jelbft 
ftammend. AdröyPones find die Bewohner eines 
Landes, die in dasjelbe micht eingewandert find, 
fondern —* Urſitze in demſelben haben (Abori- 
gines, indigenae). Unter den Griechen machten 
bejonders die Athener und Arkadier ihre Auto: 
chthonie mit Stolz geltend, wenn auch bei den 
Athenern dieje Borftellung von feiten der Ge: 
ſchichte zu beſchränken iſt. Thukydides (1, 2) jagt: 
zıv yodr Arrınme du tod En mleioror dia ro 
hentöysov doraolaorov oboav Ärdemnoı anovr 
ol aöroi dei. So wird auch bei Platon (Menex. 
p. 245) ausdrüdlich hervorgehoben, daß feine 
Miichung mit fremden Einwanderern ftattgefunden 
habe, und ähnlich in vielen andern Stellen. Der 
Stolz, mit dem die Athener dieſer ihrer Autochthonie 
fih rühmten, gab dem Antifthenes Veranlaſſung, 
fie ald ynyereig mit den Schneden zu vergleichen. 

Autolykos, Abrölvxog, 1) ein Sohn des Hermes, 
Vater der Antilleia, der Mutter des Odyſſeus, er: 
hielt von jeinem Water die Gabe der Täuſchun 
und des Betrugs und war ein Erzdieb, Mrs 
er bei den Alten verrufen war. Hom. Od. 19, 394. 
1. 10, 267. Ov. met. 11, 311, Er war Lehrer 
des Herafles im Ringen. Sein Wohnfik war am 
Parnaf, wo Odyſſeus einft zu ihm fam und auf 
der Nagd verwundet wurde. — 2) griech. Mathe: 
matifer und Aftronom, aus Pitane in Niolis, deſſen 
Schriften zulegt F. Hultich herausgegeben hat (1885). 

Automedon, Aörou£dor, Sohn des Diores 
(Hom. Tl. 17, 429), Wagenlenfer und Kampfgenoffe 
des Achilleus (IT. 16, 145. 17, 459. 24, 574), daher 
iprichtwörtlih ein gejchidter Wagenlenter (Cie. 
Rose. Am. 35, 98), nad) Achills Tode Genoſſe des 
Porrhos. Verg. A. 2, 476. 

Autonöß® j. Aktaion. 

Avrovouie, das Recht eines Staates, ſich nach 
eigenen Gejegen zu regieren, mithin zur politischen 
Unabhängigfeit, wie fie durch den ſ. g. antalkidiſchen 
Frieden allen Städten des europäiſchen Griechen: 
lands und der Inſeln, mit Ausnahme von fünf, 
uerfannt wurde. Die Römer verbanden damit 
Inäter das Zugeftändnis, eigene ing ohne Bild: 
nis eines —— ausprägen zu laſſen. 

Autronius Paetus, Publius, Quäſtor mit 
Cicero 75 v. E., einer der Teilnehmer an der ca- 
tilinariichen Verſchwörung, war für 65 zum Konjul 
defigniert, fam aber durch eine Anklage des 2. Aure— 


ins Cotta wegen Beſtechung und Amtserjchleichung | b 


um diejes Amt. Darauf jchlu 


er jih auf ati: 
linas Seite und tradhtete den 


onjuln Cicero und 


Auspex — Avernus lacus. 


Antonius nad dem Leben. Nach Entdedung der 
Verſchwörung begehrte er von Cicero, jeinem Jugend: 
freunde, Verteidigung, objchon er den Mordveriud 
gegen denjelben veranlaft hatte. Sie wurde ihm 
aber von demjelben wie von allen feinen früheren 
Freunden verjagt, und er lebte fpäter in der 2er: 
bannung in Epeiros. Auch als Redner trat er auf. 
Sall, Cat. 17.47. Cic. ad Att.3,2.7. Sul. 5.6. 
Brut. 68, 241. Dio Cass. 86, 44 (27). 

Auxesia, Abtnole, Wachötumgeberin, nebit 
Damia an mehreren Orten Griechenlands, zu 
Troizen, Epidauros, auf Aigina und Kreta, ver: 
ehrt. Beide find wahrfcheinlich nur Beinamen der ' 
Demeter und Perſephone; fie hatten ähnliche Feſt— 
gebräuche und Opfer wie dieje, zu Epidauros aud) 
Wofterien. Hdt. 5, 82 ff. Paus. 2, 30, 4. 32, 2. 

Auxilia, Hülfstruppen, gab es jhon zu der Zeit, 
als die italiichen Wölferjchaften noch die Hülfs: 
fontingente als socii ftellten, unter dem Namen 
externa auxilia. Als die socii aber das Bürger: 
recht erhielten, und aus ihnen von da an die Ye: 
gionen ausgehoben wurden, traten an deren Stelle 
als alae oder alarii die Hülfstruppen (auxilia), 
welche in den Provinzen ausgehoben wurden; 
wozu dann aucd die Truppen gerechnet wurden, 
welche verbündete Völker und Könige ftellen mußten, 
auxiliares. Die Mietsjoldaten (mercennarü), welche 
jeit dem zweiten punischen Kriege einen Teil des 
römifchen Heeres bildeten (Liv. 24, 49) find ver: 
ichieden von den Hülfstruppen. Die auxilia der 
früheren socii waren zwar von den Römern im 
Kriege mit verpflegt worden, doch mußten die ein: 
— Völkerſchaften für alle ſonſtigen Koſten der 

weg und Erhaltung, für Sold u. ſ. w. forgen; 
dagegen übernahmen, jeitdem auxiliares im röm. 
Heere waren, die Römer, als Herren der Provinz, 
aus der jene ausgehoben waren, jelber die gejamte 
Ausgabe und Verjorgung für diejelben, es ſei 
denn, daß verbündete Könige oder jelbftändige 
Städte dies jelber beftreiten fonnten. Die auxilıa 
bildeten als Fußſoldaten Kohorten, 3. B. cohors 
Gallorum, und hießen im Gegenjaß gegen die 
römischen Legionstohorten (cohortes legionariae) 
entweder cohortes alariae oder auxiliariae, jel: 
tener und nur im uneigentlichem Sinne sociae 
(Tae. ann. 1,49. hist. 5, 1, wie ann. 13, 43. 15, 22 
die Provinzialen auch socii heißen). Die Reiterei 
der Hülfsvölter, equites alarii, alares, equites 
auxiliarii, ift verfchieden von den equites legio- 
num (j. Equitatus, 3.) und den von einzelnen 
Völkerſchaften geftellten Reiterflügeln (j. Ala). Alle 
drei verichiedenen Klaſſen von Neiterei fommen 
Tac. ann. 4, 73 vor, 

Auximum, Stadt der Picenter, jpäter römijche 
Kolonie, j. Ofimo. Liv. 41,21. 27.42, 20. Caes.b.c. 
1, 13. 15. 31. Strab. 5, 241. 

Auxo j. Charis. 

Auxumitae, Adfovniraı, ein Handelsvolf in 
Aithiopien, das jeit dem 1. Jahrh. dv. oder n. E. 
ein ziemlich mächtiges Reich bildete mit der Haupt: 
ftabt Auxumis, j. Arum, 8 Tagereifen vom Meer, 
in der abefignijchen Landichaft Tigre. Unter den 
Trümmern befinden fich namentlich noch 55 Obeliffen. 

Ararieum, jefte, jhöne Stadt der Bituriges 
in Aquitanien, jpäter Bituriges, j. Bourges. Caes. 

. 9. 7, 13. 15. 28. 31. 47, 52. 
Aventinus j. Roma, 2. 
Avernus lacus, q Aooros Alurn, j. Lago Averno, 


Averruneus — Babrios. 


ein tiefer, den Krater eines Vulkans erfüllender, | 
eingejtedt, man nannte die Namen der Verdäch— 


von jteilen Felſen umgebener und jchädliche Dünſte 
aushauchender Sce Campaniens, nördlidy von Cumä. 


183 
zu erfahren. Die Art wurde feft in einen Pfahl 


tigen her; bei weſſen Namen fich die Art herum: 


Er ipielt in den alten Mythen eine bedeutende | drehte, der war der Schuldige. Plin. 36, 19, 34. 


Rolle; fo ftieg z. B. hier Nineias in die Unter: 
welt hinab. Verg. A. 3, 442. 6, 118 ff. Agrippa 
lieh die wilde Gegend durd Anlagen verſchö— 
nern und den unter dem Namen der „Grotte der 
Sibylle“ bekannten Tunnel nah Cumä anlegen. 
Strab. 5, 244. 

Averruneus, &rorgör«uos, Beiname einer jeden, 
ein Übel, Leid oder eine Gefahr abmwendenden 
Gottheit (Varr. 1. 1. 7, 5, 102), für die man bei 
den Griechen die mannigfaltigiten Bezeichnungen 
hatte, bejonders disEinanog, dnecıog, Avrijgrog, 
Eronounalog. 

Aviänus, Flavius, ein römischer Fabeldichter, 
deſſen Leben in jehr verichiedene Zeitalter geiegt 
wird, zwiichen dem 2. und 6. Jahrh. n. C. Wir 
baben von ihm noch übrig 42 Kabeln im elegifchen 
Versmaße, die ala Schulbuch gedient haben, eine 
im ganzen reine Sprache und forreften Bersbau 
zeigen, aber den Fabeln des Phädrus nachſtehen. 
Ausgg. von Tzichude (1790), Lachmann (1846), 
Frröhner (1862) und Bährens, poet. lat. min. V 
p. 31 ff. Der jogen. Novus Avianus von Nedam 
ftammt aus dem 12. Nahrh. 

Aviönns, Rufius Feſtus, begabter römijcher 
Dichter, Profonjul in Afrika 366}. n. E. und in 
Adaja. Er jchrieb didaktiſche Gedichte im epiichen 
Bersmaße, eine Überjegung der Dauvdusre des 
Aratos, in der er ſich bemüht, das Original treu 
wiederzugeben (herausgeg. von Breyſig, 1882); eine 
descriptio orbis terrae nad) der megunjynoıs des 
Dionyfios in 1394 Herametern (heraudg. von E. 
Müller, Geogr. Graec. min. II); in Senaren, wahr: 
fcheinlich auf Grund einer griechiſchen Bearbeitung 
des Reiſeberichts des karthagiſchen Seemanns Hi: 
milfo (j. Himilkon, 1.), eine Beichreibung der 
Küfte des Mittelmeeres, des Schwarzen und des 
Kaipiichen Meeres in mehreren Büchern, von denen 
nur ein Bruchftüd in 703 Senaren (db. h. der 
größere Teil des 1. Buches) erhalten ift. Ein Aus: 
zug der Aneis und eine Bearbeitung der römi— 
ichen Geſchichte nach Livius find ganz verloren; 
Dagegen auc einige Fleinere Gedichte, 
in Herametern, erhalten. Gejamtausgg. von Giles 
1835) und Holder (1887). 

Axamenta j. Salii. 

Axinomantia (von «Eivn, Art, und uerreie), 
das Weisjagen durch die Art, angewendet, um unter 
den eines Verbrechens Verdächtigen den Schuldigen 


pigramme | 





Axiöche j. Atreus. 
_ Axionikos, Aıörınog, Dichter der neueren 
Komödie, lebte um die Mitte des 4. Jahrh. v. E. 
Die jpärlihen Bruchſtücke (Bikevgımlöng, Dilvro 
u. a.) find gefammelt von Meinele, fragm. com. 
Graec. III p. 530 ff. (II p. 769 d. klein. Ausg.) 
und Kod, com. Att. fragm. II p.”a11 ff. 

AxTos, "AEıog oder Eros, j. Vardar, der Haupt: 
ſtrom Mafedoniens, entipringt auf dem Stardos, 
durchftrömt ganz Makedonien in jüdöftlihem Laufe 
und fällt nad) Aufnahme mehrerer Nebenflüfie 


‚(Erigon auf der rechten Seite) in den Thermaifchen 


Meerbujen zwijchen Bella und Theſſalonike. 

Axöna, j. Nisne, Nebenfluß der Iſara (j. Dife), 
eines Nebenfluffes der Sequana, in Gallien, im 
ehemal. Jsle de France. Caes. b. q. 2, 5. 9. 

Asoves. Die foloniichen Geſetze waren auf 
hölzernen Ddreijeitigen Pyramiden aufgezeichnet, 
die fich um ihre Achſe drehen ließen. Wegen der 
pyramidalen Form hiehen fie augßeıs (wahrichein: 
lich gleicher Wurzel mit xogvgprj, xogvußos, Gipfel), 
wegen der Drehung um die Achſe &boves. Schon 
im Altertum F man fälſchlich einen Unter— 
ſchied zwiſchen orte und »veßes an; auf den 
»voßsıs hätten die religiöjen Beftimmungen ge: 
ftanden, auf den «Eoveg die übrigen. Plut. Sol. 25. 
Sie ftanden urjprünglich auf der Burg; auf An: 
trag des Ephialtes zur Zeit des Berifles wurden 
jie auf dem Markte, im Rathauſe und in der 
Königshalle (6rof BaciAsıog) aufgeftellt. 

Azan ſ. Arkas. 

Azanla, Afavia, 1) die öde, felfige, hafenarme 
Dftküfte Afrikas (j. Adichän), längs dem mare Aza- 
nium, vom Rorgebirge Aromata (j. Kap Guarbafui) 
bis zum Vorgeb. Rhaptum (bei Sanfibar) mit der 
Handelsftadt Rhapta {r& 'Parra). Noch weiter 
füdlich lag das Vorgeb. Prajum (mohl ft. Delgado). 
— 2) auch Atari, der nördliche hochgebirgige Teil 
von Arkadien (j. d.), mit den Städten Ri ophis 
und Kleitor, der Sage nach benannt nach Azan, 
dem Sohn des Arkas ſ. d.). 

Azötos, "Aforos, eine Stadt in Paläftina nicht 
weit vom Meere. Pſammetich von Agypten er: 
oberte fie ‘Hdt. 2, 157), ebenjo Jonathan Makla— 
bäus, der fie auch zerjtörte. Von dem Prokonſul 
A. Gabinius wurde fie im J. 56 v. E. nebſt an- 
dern Städten wieder aufgebaut. Asdod im. T., 
j. Dorf Esdud. 


B. 


Bahrios, Baßgıos (Babrias), griechiicher Fabel: | 123 Fabeln enthaltend, ift 1844 auf dem Berge 
dichter, nach Lachmann zu Domitians Zeit, nach | Athos gefunden worden, die Boiffonade (1844), 


andern im Anfang des 3. Jahrh. n. C., wahrjchein- 
lich ein gariechiich jchreibender Römer, brachte nach 
dem Borgange des Sofrates die Fabeln des Aiſopos 
‘i. d.) in Choliamben oder Stazonten (Senare mit 
ipondeijchem oder trochäiichem NAusgange). Sein 
Bert foll aus 10 Büchern beftanden und allen 
ipäteren Fabeldichtern, namentlich den römischen, 
zur Nachahmung gedient haben; es ift aber mur 
jehr weniges auf uns gelommen. Eine Handichrift, 


Lachmann (1845), Schneidewin (1858), Eberhard 
(1875), Gitlbauer (1882) und Rutherford (1883) 
herausgegeben haben. Der Finder der Handichrift, 
Minvides Minas, hat 1857 die Handicrift an 
das Britiihe Mufeum verfauft und die Abjchrift 
von noch 95 choliambifchen Fabeln dazu, deren 
Echtheit namentlich Cobet bezweifelt, Sauppe ver: 
teidigt. Sechs bisher unbelannte Kabeln find 
kürzlich aus einer vatikaniſchen Handſchrift her: 


184 


audgegeben worden von Knöll (1879). Abhandlung 
von Erufius (1879). 

Babylon, Baßvior, 1) uralte Stadt Babylo— 
niens, im « T. Babel, in den Anjchriften Babilu 
(„Thor Gottes“) genannt, anfänglich nicht jo bedeu- 
tend, erſt jeit etwa 1700 v. E. SHauptitadt des 
ganzen Landes, Bon den aflgriichen Königen 
wiederholt erobert, 692 v. E. von Eanherib gänz: 
lich zerftört, 681 ff. von Aſarhaddon wiederherge: 
ftellt, wurde die Stadt von den Königen des men: 
babyloniſchen Reiches, namentlich Nebuladnezar, 
ſehr vergrößert und verſchönert. Zu der Altſtadt 
auf der Weſtſeite des Euphrat lam gegenüber, durch 
eine feſte Brücke mit ihr verbunden, die Neuſtadt 
hinzu. Das Ganze bildete ein mächtiges Viereck, 
welches von einer riefigen, nad) Herodot 200 Ellen 
hohen, 480 Stadien (12 geogr. Meilen) langen 
Ningmaner umgeben war. Schon in der Perferzeit 
verfiel B. allmählich; feine Trümmer lieferten und 
liefern noch die Baufteine für die ganze Umgegend. 
Die Ruinen liegen bei dem heutigen Hillah. Der 
mittlere Hügel öftlih vom Euphrat, j. el Kasr 
(„die Burg‘) genannt, birgt ohne Zweifel die Reſte 
bon Nebufadnezars Palaft, wo Alerander der Gr. 
ftarb. In dem nördlichen, der den Namen Babil 
bewahrt hat, vermutet man die hängenden Gärten, 
welche der König feiner mediichen Gemahlin Amptis 
errichtete. Wo der von Herodot bejchriebene Bel: 
tempel mit jeinen 7 Terraſſen (entjprechend der 


Babylon — Babylonia. 


(dann Antiocheia, jpäter Charar, wonach das Reid) 
Charakene oder Mejene mit der Hauptjtadt Forat, 
i. Basra, benannt wurde); nördlid von Babylon 
recht8 vom Tigris Sceleufeia, die Hauptitadt des 
Seleutidenreiches, links Ktejiphon, die Reſidenz 
der Arjaliden und Saflaniden; weſtlich davon 
Kunara Echlacht 401 v. E.), unweit von Sippar; 
weiter aufwärts am Tigris Sittafe, in der Nähe 
des h. Bagdad; am Euphrat in gleicher Breite 
Is (dj. Hit), ſüdl. von Babylon Vologeſia. — 
I) Hiftorifh. Nach der von Beroſſos (ſ. d.) 
aufbewahrten Sage war es ein Fiſchmenſch namens 
Dannes, der die Bewohner der Meeresfüfte die An— 
fänge der Kultur: Sprade und Schrift, Aderbau, 
Geometrie und Baufunft, lehrte. Es folgten 10 
Könige mit zufammen 432 000 Jahren; der lebte 
von ihnen, Kijuthros, rettete fih in der großen 
Flut auf einem Schiff. Darauf folgen 6 Dynajtien, 
eine mythiſche von 34 080 Jahren und 5 hiftorijche 
von c. 2300-732 v. E. — Die älteften Bewohner 
des Landes waren die Sumerier im Süden (Mir) 
und die Akkadier im Norden (Allad), zwei nahe 
verwandte Stämme von unbelannter, jedesfalls 
nicht ſemitiſcher Abkunft, mit zwei einander ähn- 
lichen Dialelten. Als die Semiten von Arabien 
ber um 4000 v. C. einmwanderten, fanden fie eine 
icon ziemlich entwidelte Kultur vor, welche fie 
annahmen: jo eine freilich ſehr ichwerfällige Schrift 
mit 400 Zeichen (Keilichrift) und in derjelben eine 


Bahl der 7 Planeten) lag, ob aeg öftlich | umfangreiche, namentlich religiöje und aftrologijche 


vom Euphrat oder weitlich in der 


des Nebo war, ift noch nicht Hargeftellt. 
1,178 ff. 3, 1585. (vgl. Brüll, Herodots babylon. 
Nachrichten 1. 1878), Strab. 16, 738 f. — 2) äghp- 
tijche Stadt, nördlid von Memphis, angeblich bei 
dem Zug des Kambyſes von Babyloniern erbaut, 
Standquartier einer römischen Legion, j. Babul 
bei Alt-fairo. 

BabylonYa, 1) geograpbijd: 7) Baßvlorde, 
im engeren Sinn der füdliche Teil der Ebene 
zwifchen Euphrat und Tigris, von dem murus 
Medicus (ſ. d.) an bis zu ihrer Mündung, im A. T. 
Sinear, j. Irak Arabi genannt; im weiteren Sinn 
auch Mejopotamien und Afiyrien im fich begreifend. 
Seine außerordentliche Fruchtbarkeit (Hat. 1, 193) 
verdankte das heiße, regenloje Land nächit dem 
fetten Boden den Dämmen und Kanälen (j.Nahar 
Malka und Pallakopas), welche bei dem Austre— 
ten der beiden Ströme im Sommer die Bewäſſerung 
regulierten. Bon den zahlreichen Städten, welche 
in dem fteinarmen, aber lehmreichen Gebiet fait 
ausichließlich aus gebrannten oder auch nur an der 
Luft getrodneten Badfteinen, mit Aſphalt als 
Bindemittel, und deshalb nur immer auf kürzere 


Dauer erbaut wurden, nennen die Inſchriften aus | 


alter Zeit u. a. folgende: Am unteren Euphrat 
rechts Ur (j. Mugheir), lints Eridu (j. Abu 


Scyahrein), Yarja (j. Senterch) und Uruk (Ered), | 


Oexon, j. Warka); zwiſchen Euphrat und Tigris, 
j. ö. von Babylon (ſ. d.) Nippur, j. 
Kutu (Nutha, j. Tell Ibrahim), n. die Doppel: 


ftadt Sippar (Sepharvaim, LZirpder, j. Abu | 


Habba), deren einer Teil Agade oder Aftad hieh, 
und Dur Kurigalzu (j. Afarkuf); am mittleren 
Tigris Upi (Dpis). Aus jpäterer Zeit find anzu: 
führen: an der Mündung der beiden Ströme Te- 


Hdt. | Bevölferung von den Semiten abjorbiert. 


Niffer, d. | oder Abdar). 





oritadt Borjippa | Litteratur; ferner das Seragefimalinftem in Zahl, 
(ſ. d.), und ob es ein Heiligtum des Merodag oder | Maß und Gewicht. 


Allmählich wurde die alte 
Das 
Land zerfiel in verichiedene kleinere Neiche, deren 
Mittelpunfte die Städte mit den Tempeln der 
großen Götter bildeten, und von denen bald das 
eine, bald das andere mächtiger war (König Sargon 1. 
von Altad c. 3780, Urea von Ur c. 2400 v. E.). 
2300 — 2100 bejtand eine elamitifche Fremdherr— 
ichaft (die erſte hiftorische Dynaſtie des Berofjos). 
Seit 1700 (Nönig Chammurabt) war und blieb 
Babylon die Hauptjtadt, nach welcher dann auch 
das Yand feinen griechischen Namen erhielt. Bon 
1500 an rangen das alte Babylonien und das 
neu aufitrebende Aſſyrien mit wechſelndem Glück 
und Erfolg um die Oberherrihaft. Bon 732 an 
war das erjtere mit wenigen Unterbrechungen dem 
legteren unterworfen. Der aſſyriſche Statthalter 
Nabopolafjar (626—605) begründete durch die Ber: 
ftörung von Ninive (606) das neubabyloniiche Reich, 
das jodann unter jeinem großen Sohne Nebufad: 
nezar (j. d.) fi) mächtig erhob, aber ſchon 539 
durd; Kyros dem perſiſchen Weltreich einverleibt 
wurde. — An der Spite des Pantheons ftand Ilu 
oder El. Dann folgten die 3 großen Götter: 
Anu (Himmel), Bel (Erde) und Ea (Wafler). Ferner 
die Götter der 7 Planeten: Sonne (Samas), Mond 
(Sin), Mars (Nergal), Merkur (Nebo, Nabu), Au: 
piter (Merodach, Marduf), Venus (Hitar-Belit, 
daher bei Herodot Mylitta) und Saturn (Ninip 
Doc wurde jeder diejer Götter da, 
wo er Lofalgott (Heög Lyyagıng) war, als der 
höchfte verehrt. Außerdem gab es eine Menge 
von Dämonen, welche man durch Zauberei zu ge— 
winnen oder abzuwehren fuchte. Das Jenſeits war 
das öde, dunfle „Land ohne Rückkehr“, das Neich 
der Schatten. In den Bahnen der ewigen Geſtirne 


redon (alt Tirat dunijas) und Alerandreia |glaubte man die Gejchide der fterblichen Menſchen 


Bacchae 


geichrieben und trieb deshalb Aftronomie und Aſtro— 
logie (j. d.) mit großem Eifer. Die Tempel, welche 
terrafienförmig in einer Anzahl von Stodwerken 
aufftiegen, dienten zugleich als Sternwarten ; ihre 
Eden (bei den ägnpt. Pyramiden die Seiten) waren 
genau nad) den Himmelsgegenden orientiert. Dort 
befanden ſich auch die großen Bibliothefen, welche 
religiöjen und ftaatlihen Zwecken dienten; jedes 
Verf beftand aus einer Neihe von numerierten, 
auf beiden Eeiten beſchriebenen Thontafeln. Uber: 
haupt lag die Pflege der Gelehrſamkeit in den 
Händen der Priefter, welche insbejondere Chaldaei 
(1. d.), vielfeicht auch Magi (j. d.) hießen; fie ftellten 
ihre Forſchungen in Ktollegien (svorjuare) an und 
vererbten ihr Willen durch Familientradition. Auch 
Induſtrie (Teppiche, bunt gewirfte Gewänder, Glas— 
waren, Schmudjachen, Salben u. a.) und Handel 
(nach Arabien und Phoinikien) blühten und machten 
das Bolf reich und üppig. — Yitteratur ſ. Assyria. 

Bacchae, Bacchanalfa, Bacchus ſ. Diony- 
sos, 5. 10. 

Bacenis silva, nur von Cäſar (b. g. 6, 10) 
erwähnt, ein ausgedehnter Wald, bildete die Grenze 
zwiſchen den Sueben und Cheruſtern, wahrjchein: 
lich der weftliche Teil des Thüringer Waldes oder 
der Harz oder der Vogelsberg ; eine ganz beftimmte 
u ift unmöglich. 

ad, Bäder, Baiavsior, lat. balineum und 
balneum als einfache Vorrichtung zum Baden 
neben balineae oder balnene als Badeanſtalt. 
I. Bei den Griechen waren die Bäder nicht in 
dem Grade, wie bei den Römern, eine Sache des 
Lurus und der Verweichlichung, jondern dienten 
mehr der Reinlichfeit und gegen Ermüdung. Daber 
wurde auc der Gebrauch der warmen Bäder, Ber- 
karsia, Deguc Fovred, als Zeichen der Weichlich- 
feit getabelt (Aristoph. Nub. 992: »dnıorov Ları 
za Ösılor oe tor Äröga‘ Man hatte in Athen 
Öffentliche Bäder (B. Önuosı«) und Privatbäder 
(die); in beiden wohl wurde an den Badediener 
(Beravevs) ein Lohn gezahlt (Fmilovrgor). Zu 
Lulians Yeit betrug das Badegeld 2 Obolen. &s 
befanden fich in den Bädern Beden (kovrijess, 
kovrrigie), auf einem Unterſatze (brooreror) stehend, 
an denen man fich wuſch, ſowie auch eigentliche 
Badewannen (mörklor, bei Homer eodwrdor); auch 
tommen Scwißbäder (ruglaı, rugierrjgre) vor. 
Sodann befand ſich in der Badeanftalt noch ein 
Salbzimmer (dlsırrıjoro» oder ZAmıodrjoror) und, 
ipäter wenigftens, ein «roödvrrjgrov zum Ablegen 
der Kleider, welde aud damals ſchon Langfinger 
Iarodvraı) herbeilodten. Es findet ſich aud) eine 
Abbildung eines Douchenbades für Frauen. Strie: 
geln (orieyyis oder Evorga), Badetuch und DI 
brachte man in der Hegel jelbit mit. Nach dem 
Bade, welches gewöhnlich dem dsirvor voranging, 
ließ man fih mit kaltem Wafler begießen; das 
Gefäß, deſſen fich dazu der Baiavers und jeine 
Gehülfen (zegayvraı) bedienten, hieß devara 
oder &pvramve. Vgl. Becker-Göll, Charikles III 
S. 98 ff. — I. Bei den Römern war Das 
Baden des wärmeren Klimas wegen und aus Ge: 
jundheitsrüdfichten jehr gewöhnlich, jpäter artete 
dieſes aus und wurde ein Mittel zur Sittenver- 
derbnis. Im eigenen Haufe hatte man dazu das 
Baihhaus, vor alters lavatrina genannt; aber 


— Baebii. 


185 


lururiös waren und deren Überrejte man ſowohl 
in Italien als in den Provinzen findet. Sen. ep.86. 
Die in den Badehäufern notwendigjten Räume 
waren: apodyterium Ausfleide-, unctorium Galb: 
Zimmer, frigidarium das Zimmer für die Falt 
Badenden, mit einem oder mehreren Baſſins, pi- 
scina oder natatio; tepidarium das Zimmer des 
warmen Bades, caldarium oder sudatio das Schwiß: 
bad, welches auf einem hohlen Fußboden (suspen- 
surae\, unter welchem ſich die Hitze verbreitete, 
ruhte und Wärmeröhren in den Wänden hatte. 
In diefem Naume befand ſich das laconicum, das 
Dampfbad mit dem Schwißofen, der die Hite aus: 
jtrömen ließ, labrum oder falter Waflerbehälter, 
alveus das heiße Waflerbad, schola der Raum 
zwischen den Bädern und der Wand. Die Bade: 
wanne für einzelne Perſonen hieß solium. Der 
Badenpparat umfaßte Ole und Salben, dazu Schab- 
eifen (strigiles), mit denen man die Haut abjchabte. 
Badewärter (balneator), gewöhnlich SHaven, be: 
dienten die Badenden und erhoben auch das Babe: 
geld. Vgl. Beder-Göll, Gallus III S. 105 ff.; vgl. 
auch Thermae, 

Baduhennae lucus, nad) Tacitus (ann. 4, 73) 
ein Wald der Frieſen, genannt, wie es jcheint, nach 
einer uns unbefannten Göttin. Hier wurden im 
%. 28 n. E. 900 Römer von den riefen nieder: 


— 

aebii, eine plebejiſche gens: 1) 2. Bäbius 
Dives, erhielt im X. 189 v. E. ald Prätor das 
jenfeitige Hijpanien als Provinz, wurde aber auf 
dem Zuge durch Ligurien von den Einwohnern 
überfallen, geichlagen und verwundet und ftarb in 
Mafjilia. Liv. 37, 47. 50. 57. — 2) En. Bäb. 
Tamphilus, befleidete das Tribunat im J. 204 
v. E. (Liv. 29, 37), die Prätur 199, wurde von 
den Inſubrern in Oberitalien bei einem Angriffe 
gänzlich geichlagen. Liv. 32,7. Am J. 182 war 
er Konful und kämpfte glüdlich gegen die Yigurer. 
Liv. 39, 56. 40, 16 f. — 3) jein Bruder, M. Bäb. 
Tamphilus, war Prätor im Jahre 192 v. E. 
Liv. 35, 10. Beim Ausbruch des Krieges gegen 
Antiochos von Syrien ſetzte er mit jeinem Heere 
nach Griechenland über, vereinigte ſich 191 mit 
Philipp von Makedonien (Liv. 36, 8 ff.) und nahm 
dem Antiochos mehrere Städte weg, bis der Konſul 
Manius Aeilius den Befehl übernahm, worauf Bä- 
bius ald Proprätor am Kampfe nody ferner teil: 
nahm. Ziv. 36, 14 ff. 185 war er als römischer 
Geſandter bei Philipp und Eumenes. Liv. 39, 24. 
Unter feinem Konfulat (181) geihah die Auffin- 
dung des Sarges des Numa zugleich mit 14 Büchern 
desjelben. Plut. Num.22. Liv.40,29. Im nächſten 
Jahre rüdte er mit P. Cornelius an der Spike 
einer Heeresmacht in das Gebiet der Ligures Apuani 
ein. Die auf plöglichen Angriff nicht vorbereiteten 
Einwohner ergaben ſich ohne Kampf, eine große 
Zahl von ihnen wurde nad Sammium übergefic- 
delt, um ihre unaufhörlichen Aufftände zu brechen. 
Bäbius und Cornelius waren die erjten, die hierauf, 
ohne einen wirfliden Krieg geführt zu haben, 
triumphierten. Liv. 40, 36 ff. — 4) C. Bäbius, 
Roltstribun im J. 111 v. E., lieh fih von dem 
nach Nom zur Verantwortung gerufenen Jugurtha 
beitechen und verhinderte durch jein Beto eine Befra- 
gung desjelben. Sall. Jug. 33 f. — 5) Bäb. Maſſa, 


diel wichtiger find die Öffentlichen Badeanftalten, | ein berüchtigter Delator unter Domitian (Juv.1,35), 
welhe, urjprünglich jehr einfach, ſpäter äußerſt wurde unter Nerva wegen Erpreflungen in Spanien 


186 


angeflagt und verurteilt. Pin. ep. 7,33,4. Tae. 


hist, 4, 50. Agr. 45. 
Baecüla, Baikvla, 1) Stadt der Aufetaner im 
tarraconen;. Hilpanien. Plin. 3, 3, 4. — 2) Stadt 


in Hiſpania Bätica, nördlicd vom Bätis (Liv. 27, 
18. 28, 13. 16), befannt durch die Schlachten des 
Scipiv im — puniſchen Kriege (nach Momm— 
ſen 208 und 206 v. E.); wahrſcheinlich j. Baylen. 
Pol. 10, 39. 11, 20. 

Baetica ſ. Hispania, 6. 

Baetis, Bairıs, j. Guadalquibir, Hauptitrom 
der Provinz Bätica, entipringt auf dem Oro: 
ipeda (saltus Tugiensis), und zwar auf dem M. 
Argentarius, und firömt in einem 3000 Stadien 
langen Laufe nah SW., ift von Corduba an ſchiff— 
bar und fällt weitlicd; von Gades in den Atlanti— 
ſchen Ocean, nadydem er ſich unterhalb Hiipalis in 
2 Arme geteilt und jo ein großes Delta gebildet 
hat. Yur der linfen Seite nimmt er den Singu— 
lis (j. Zenit) auf, vielleicht das flumen Silicense 
(oder Sieiliense) des Kälar (Caes. b. Al. 57). 
Strab. 3, 142. 

Bagaudae werden die galliſchen Bauern ge— 
nannt, welche, durch den Drud der römijchen Ver: 
waltung gereizt, unter Diocletian ſich empörten 
(Bagaudae feltiih — rebelles), Nur mit Mühe 
gelang es dem Marimian, 285 n. E., den Aufitand 
anf einige Zeit zu unterbrüden, der fich ſpäter 
nach Spanien verbreitete, gegen anderthalb Jahr: 
hunderte dauerte und mehrere Male noch gefähr: 
licher wieder ausbrady. Mamert. paneg. 1, 4. 8, 4. 
Eutr. 9,20. gl. Hudemann, die Bauernaufftände 
in Gallien während der röm. Kaiſerzeit (1872). 

Bagrädas, Baygddag, 1) Grenzfluß zwiichen 
Perjis und Karmania, der in den Perf. Meerbuſen 
mündet, j. Nabend:Rud. Amm. Mare. 23, 6. - 
2) der größte Fluß der Provinz Africa (Beugitana), 
der in Numibien auf dem Gebirge Ufargala ent: 
ipringt und zwiſchen Utifa und Karthago mündete; 
ij. Medicherda. Cues. b. c. 2, 24. 26. 39. Lir, 
30, 25. App. b. ec. 2, 45. 

Baiae, Bateı, Baia, Stadt in Campanien 
zwiſchen Mifenum und Buteoli, am Wejtufer des 
sinus Baianus, mit einem trefflihen, von Auguftus 
angelegten Hafen. Die alte, jpäter große und präch— 
tige Stadt war berühmt jowohl durch die Reize der 
Natur, als durch die Heilfraft ihrer Mineralquellen 
(warme Schmwefelquellen zu Sudatorien) und durch 
die große Anzahl von Bndegäften und Fremden 
jeder Art, denen hier die mannigfachiten Annehm: 
lichteiten geboten wurden. Strab. 5, 243. Hor. ep. 
1, 1, 83. ‚freilich wurde oft große Lockerheit und 
Ungebundenheit des Lebens, das Jagen nach Ber: 
gnügungen u. ſ. w. von den Strengeren nicht mit 
Unrecht getadelt, und der Ort wurde darum als ein 
deversorium voluptatum getadelt (Sen. ep. 51). 
Die Umgegend und der Meeresftrand bis Puteoli 
waren übrigens mit den herrlichiten Yandhäujern 
der römijchen Reichen bededt. In Bajä jtarb der 
Kaiſer Hadrian. Vgl. Zell, Ferienichr. IS. 141 fi. 

Beitvlos und Barvlıor, betuli (Plin. 17, 
9, 51), phoinikiſch Abadir, heißen fegel- oder keil- 
fürmige Steine, die vom Himmel gefallen jein 
jollten, Meteorfteine, denen eine ſymboliſche Ber- 
chrung zu teil wurde, indem man fie mit Wein, 
Blut, DI ſalbte. Sie waren Gegenftand vielfachen 
Aberglaubens (Plin. dal. Phot, p. 1047). Neben 
dem Tempel des Apollon zu Delphi ftand ein jolcher 








Baecula — Baktria, 


Stein, der täglich mit Ol begofien und an den 
Feſten mit roher Wolle umtmidelt ward. Es jollte 
der Stein fein, den Rhea den Kronos ftatt bes 
Zeus hatte verichlingen laſſen. Paus. 10, 24, 6. 

Bakcheios, Baxysiog, byzantiniſcher Schrift: 
jteller, behandelte die Elemente der Muſik, nament- 
lid) der Harmonil, in Frage und Antwort. Auch 
eine zweite eigeyayr reyrng uovonng trägt feinen 
Namen. Ausg. von Bellermann (1841). 

Bakchiädae, Bargıcdar, ein forinthiiches Herr— 
ichergeichleht aus dem Stamme des Herafliden 
Aletes. Sieben der Nachkommen des Baldhis re: 
gierten ald Könige 144 Jahre (bis 748 v. E.); 
dann behaupteten fie jich bei oligardhiicher Ber: 
fafjung noch 90 Jahre, bis es dem Kypſelos (der 
von mäütterlicher Seite felbjt ein Bakchiade war) 
gelang, die durch Luxus und Übermut verhaßten 
Herrſcher mit Hülfe der unteren Stände zu ver: 
treiben (658), worauf jie bejonders in Sparta 
Aufnahme fanden, Hat. 5, 92. 6, 128, 

Bakchion, Baxrgıor, Anjel an der fleinaftat. 
Küfte, der Stadt Phokaia gegenüber, mit herrlichen 
Tempeln geihmüdt, weldye in dem Kriege gegen 
Antiochos von den Römern und ihren Bundesge: 
noffen, dem Eumenes Il. und den Rhodiern, ge: 
plündert wurden. Lir. 37, 21. 

Bakchos ſ. Dionysos. 

Bakchylides, Baxyviläng, Inriicher Dichter ans 
Nulis auf Keos, Neffe des Simonides von Neos, 
um 472 v. E. blühend, Zeitgenofie Pindars, lebte 
längere Zeit mit Simonides in Syrakus am Hofe 
des Königs Hieron, begab ſich aber jpäter, wie 
es jcheint unfreiwillig, nach dem Peloponnes. 
B. war ein vieljeitiger Dichter, der ſich vorzugs: 
weije nach dem Mufter feines Oheims bildete, obne 
jedoch deſſen Schwung und geiftige Kraft zu be 
jigen. Korrekt und zierlid im Stil, aber ohne 
den Auflug einer höheren Lebensanficht, macht er 
überall den Eindrud eines Künſtlers zweiten Ranges, 
der durch Sorgfalt und jchulgerechte Form erießt, 
was ihm an fchöpferiicher Kraft und Originalität 
gebricht. Sammlung der Fragmente von Neue 
(1823) und in Bergfs poet. Iyr. Graec. III p. 569 
der 4. Aufl. 

Bakis, Baxıs (wahrjcheinlich von Bagerv, Sager, 
Berfündiger, vates), iſt der fingierte Berfafler einer 
Sammlung von zenswuod, ähnlich denen, die unter 
dem Namen von Orpheus, Mufaios u. j. w. etwa 
jeit dem 7. Jahrh. v. E. in Umlauf gefommen waren 
und befonders durdy die gläubige Bflege des Peiſi— 
jtratos und feiner Söhne ein nicht unbedeutendes 
Anſehen und Einfluß auf die Entichliegungen der 
Staaten erlangt hatten. B. galt für einen Boioter 
aus Eleon, Nymphen jollten ihn zu prophetiicher 
Efftafe erregt haben. Später tauchten noch andere 
Sammlungen der Art auf, und man bejaß neben 
dem boiotiichen noch einen arfadiichen und attiichen 
Bakis. Hat. 8, 20. Arist. Pax 1071 nebit Schol. 
Paus. 9, 17, 5. Vgl. Göttling, opusc. p. 198. 

Baktria, Baktriäna, Baxroia, Bexrpuerr), 
altperj. Bakhtri, j. Balfh, eine der nördlichſten 
Provinzen des perjiichen Reichs, die mittlere Frucht: 
bare Thalebene des Dros, grenzte im N. und D. 
an Sogdiana, gegen ©. an den Parapanijos und 
Aria, gegen ®. an Margiana. Die Hauptitadt 
war Baltra (od. Zariaſpa, j. Ballh) am Baltros, 
e. Nebenfluß des Oros; andere Städte waren Ale: 
randreia Oriane, Demetrias, Eufratideia und Eu: 


Balatro — PBalneae Pallacinae. 


thydemia. Die Provinz war der Hauptjiß der per- 
fiihen Macht im Dften. Ihre Satrapen, meift 
föniglihe Prinzen, waren ziemlich unabhängig. 
Dieje natürliche Yage bewirkte auch nad) Aleranders 
Eroberung baldige Trennung von der Seleutiden: 
monarchie unter eigenen griechijchen Königen (jeit 
256 v. E.), die ihr Reich jelbjt über die Indos— 
länder ausdehnten; das Reich fiel durch die Er- 
hebung des parthijchen und den Andrang jiythi- 
icher Stämme. Strab. 11, 516 ff. 

Balätro, ein von Horaz (sat. 1,2, 2) gebrauchtes 
Wort, das fich daf. 2, 8, 21 ald Name eines humo— 
riftijchen Begleiters des Mäcenas wiederfindet. Es 
ift abzuleiten von blaterare, blatero (Hor. sat. 
2, 7, 35. Gell. 1, 15, 20) durch Hinzujeßung eines 
vorlautenden a; jo liegt jedesfalls der Begriff eines 
Schwäßers (stulte et praecupide loqui) und dann 
eines Schmarogers darin, und jener horaziſche 
Serpilius verdankt jeinen Beinamen diejer Bedeu: 
hung; vgl. das franzöſ. belitre. 

albi, 1) 2.Cornelius®., ftammte aus einer 
in Gades anjäjligen Familie. Er nahm Kriegs: 
dienfte im Heere des D. Metellus Pius während 
des Krieges gegen Sertorius, dann jpäter unter 
Bompejus, durch welchen er das Bürgerrecht er: 
bielt, im J. 72 v. E. Cie. Balb. 8, 19. Auch in 
Nom zeichnete ihn Pompejus aus und beichenkte 
ihn ſogar mit Ländereien, während Theophanes 
von Motilene, der Bertraute des Pompejus, ihn 
adoptierte. Daj. 18, 41. ad Att. 7, 7, 6. Auch bei 
Gäjar, deſſen Bedeutung er erkannte, gelang cs 
ihm, fich in Gunft zu jegen. So begleitete er 61 
den Proprätor Cäſar nah Spanien als praefec- 
tus fabrum, jowie er auch im J. 60 jein Gejandter 
beim Abjchluffe des Triumvirats war. Hatte jo 
B. nichts verjäumt, um ſich die Gunſt der mäch— 
tigften Männer feiner Zeit zu erwerben, jo hatte 
er doch nicht zu tadelnswerten Mitteln bei dieſem 
Streben gegriffen. Daher richtete ſich auch die 
wegen Anmaßung des Bürgerrechts im J. 56 von 
einem (durch die Optimaten angeftifteten) Gaditaner 
gegen ihn erhobene Anklage weniger gegen B. 
als gegen Bompejus. Auf die Bitte des legteren 
verteidigte Cicero den Angellagten. B., der eigent: 
liche Geichäftsträger Cäjars, war bald in Rom, 
bald in Gallien, um feines Gönners Anterefle wahr: 
zunehmen, und juchte, als der Ausbruch des Kam: 
pies zwiſchen Cäſar und Pompejus unvermeidlich 
wurde (50), den gefürchteten Redner Cicero für 
Eäjar zu gewinnen, wiewohl ohne Erfolg. Beim 
Beginn des Kampfes lieh ihn Cäſar auf feinen 
Wunſch in Rom zurüd, wobei B., wie jein Brief: 
wechjel mit Cicero beweift, diejen zur Übernahme 
der Vermittelung zwifchen den beiden Gegnern zu 
bewegen juchte. ft als Pompejus geflohen war, 
welhem B. aus früherer Zeit verpflichtet war, 
handelte B. noch entichiedener für Cäjar, jtrebte 
auch nad höheren Würden und verichafite dem 
Eicero bei Cäſar Verzeihung. Seine Macht und 
fein Einfluß war bedeutend, da Cäſar alles billigte, 
was B. that. Oic. ad Att. 10, 11, 4. 12, 2. 18, 1. 
19, 2 u. ö. ad fam. 6, 8, 1. Nach Cäſars Tode 
ſchloß er id) an Octavian an. Cie. ad Att.14,10,3. 
Im %. 40 wurde er mit Ganidius Craſſus Konjul 
nach Abjegung der vorher gewählten Koniuln. 
Dio Cass. 48, 32. Plin. 7, 44. Sein Todesjahr 
ift nicht befannt. Außer jeinen noch vorhandenen 
Briefen an Cicero joll er Dentwürbdigfeiten aus 


187 


Cäſars Leben abgefaht haben (Suet. Caes. 81), 
fowie eine Ephemeris (nach Sidon. Apoll. 9, 14). 
Monogr. von Hoche (1. TI. 1882). — 2) 2. Bal: 
bus, aus Gades, Neffe des vorigen, der Jüngere 
benannt im Gegenjaß zu jeinem Speim, nahm teil 
an den Kriegen Cäjars in Agypten und Spanien, 
wurde deshalb Pontifer (Vell. Pat. 2, 51. Cie. 
ad Att. 8, 9, 4) und verwaltete im 9. 40 Die 
Duäftur unter Aſinius Pollio. Seine Baterftadt 
verdanfte ihm eine Erweiterung und einen ficheren 
Hafen; doch handelte er gegen feine Mitbürger jo 
willtürlic und gemwaltthätig, daß er vor ihrer Wut 
nach Afrika flüchten mußte. Im 9. 19 fam er 
wieder zum Borichein, fämpfte fiegreidy als Pro- 
konſul in Afrika, triumphierte als erfter Nichtrömer 
(Plin. 5, 5) und lieh im Jahre 13 in Rom ein 
Theater erbauen. Weitere Nachrichten über ihn 
fehlen. — 3) T. Ampius Balbus, Volklstribun 
im J. 62 v. C. erwirkte als jolcher durch jeinen 
Antrag dem Pompejus bei deſſen Erjcheinen: im 
Theater und Circus äußere Ehren. Er war jehr 
befreundet mit Cicero, der bei Cäſar feine Rückkehr 
aus dem Eril nach dem Tode des Bompejus erbat 
und erhielt. Auch die Prätur befleidete er, 580. C., 
worauf er Afien verwaltete. Cic. ad fam. 1, 3. 
Vell. Pat. 2, 40. — 4) M. Attius Balbus j. 
Atii, 4. R 

Balbillus, Gaius, Präfelt Agyptens unter der 
Negierung Neros, ausgezeichnet durch feine Kennt: 
nifie. Tac. ann. 13, 22. Sen. qu. nat. 4, 2, 13. 

Balbinus, D. Eälius Calvinus Balb., zur 
Zeit des Caracalla, ein reichbegabter Mann, wurde 
im 3. 238 n. E. mit Marimus Pupienus vom 
Senat zum Kaiſer gewählt, hatte aber mit dem 
Haß der übermütigen Prätorianer zu Fämpfen, 
während Senat und Bolt den milden Herrſcher 
ehrten. In einem Aufftande der Soldaten wurden 
in demjelben Jahre (Ende Juli) beide Kaijer er: 
ichlagen. Herod. 7, 10. 8, 8. Eutr. 9, 2. 

Baleäres insülae, Balzagiöss, Balıngeig (bei 
den Griechen au Tvurrjareı), 2 größere Anjeln 
im D. der Küfte von Hispania Tarraconensis, in 
dem nad ihnen benannten Balearijchen Meer; 
man unterjchied fie durch den Zuſatz Major (i. 
Mallorca) und Minor (j. Menorca); fie waren 
fruchtbar und bejonders weinreich. Auf der größeren 
(weftlichen) Inſel befanden fich die von den Römern 
angelegten Städte Balma (j. ebenjo) an der Weit: 
lüſte, Bolientia (j. Bollenza) im NO. und Ei- 
nium (j. Sineu); auf der Meineren: Jamna oder 
Jamno (j. Giudadela) im W. und Mago ij. 
Mahon) im SD., phoinikiiche Anlagen. — Die Be: 
wohner, Baleares, Bakıageis, etwa 30 000, waren 
ein urjprünglich rohes Volk, das von Viehzucht 
lebte und bejonders wegen jeiner Gejchidlichkeit 
mit der Scyleuder in den Heeren der Karthager 
und fpäter der Römer gejchägt war. Liv. 28, 37. 
Durch ihre Verbindung mit den Seeräubern fanden 
fih die Römer veranlaßt, fie zu befriegen, und 
der Konful DO. Cäcilius Metellus (Balearicus, |. 
Caeeilii, 6.) unterwarf fie 123 v. C. Strab. 
3, 167. Diod. Sie. 5, 16. Lie. ep. 60. Flor. 3,8. 
Oros. 5, 18. 

Balista (Ball.) j. Tormenta, 5. 

Balistarii jind diejenigen Soldaten, welche zur 
Bedienung der Wurfmaſchinen, jpeziell der Balijten 
(ſ. Tormenta, 5.), gebraucht wurden. 

Balnöae Pallacinae, die Ballacinijchen Bäder 


188 


in Nom, lagen hart am circus Flaminius. In 
der Nähe derjelben wurde S. Roſeius aus Ameria 
(j. Roseii, 1.) einige Monate nach der Zeit der 
ſullaniſchen PBroffriptionen menchlings ermordet. 
Cic. Rose. Am. 7, 18. 

Baln&um f. Bad, Bäder. 

Balteus, 1) im allgemeinen ein Gürtel (£wernie), 
der über den Hüften das Gewand zufammenhielt. 
— 2) das Bandelier von Leder, an mwelden das 
Echwert hing, und das gewöhnlich über der linfen 
Scyulter getragen wurde (Pol. 6, 23), jo daf das 
Schwert an d. rechten Seite war (vgl. Waffen, 10.). 
Befeftigt wurde dieſes Bandelier außer durch das 
Gewicht des daranhängenden Schwertes noch anf 
der Schulter durch die Riemen des Ranzers. Meiftens 
war auf diefem B. allerhand Metalthmud, ipäter 
ſogar Edelfteine angebracht. — 3) ein verlängerter 
Zipfel an der römischen Toga, der von der rechten 
nach der Tinten Schulter gezogen wurde. S. Klei- 
dung, 9. 

Bandusia ſ. Sabini. 

Bantia, Municipium in der Nähe von Benufia 
am Fuße des Mons Voltur, im waldiger Gegend 
Lucaniens, ı. Eta. Maria di Banzi. Lie. 27, 25. 
Hor. od. 3, 4, 15. Bon bejonderer Wichtigleit für 
die Staatsaltertümer ift die 1790 anfgefundene, 
aus den Nahren 133— 118 v. C. ftammende, Stein: 
ichrift der tabula Bantina, die in lateinischer und 
offiicher Sprache Beitimmungen zur Sicherung der 
Staatsverfaffung enthält. Ausg. von Mommien, 
C.1.L.1p.45 ff. Bgl. deffen unterital. Dial. ©. 145 
und Kirchhoff, das Stadtredht von Bantia (1858). 

Bapten j. Kotys, Kotytto. 

Baräthrum, Bdoxdeor, eine Tiefe bei Athen, 
wahricheinlich am Weftabhang des ſ. g. Nymphen— 
hügels (ſ. Attika, 14.), in die gemeine Verbrecher 
geftürzt wurden, auch devyue genannt und daher der 
Nacırichter 6 dri ra dguyuarı. Iyeurg. Leoer. 121. 

Barba. Die Griechen lichen ihren Bart wachien 
um Wangen (zoyor), Lippen (uvora& und mar- 
rog=irnen) und Kinn (yErscor), doc verwandten 
fie auf die Pflege desielben wie auf die des Haupt: 
haars die größte Sorgfalt. Es galt für verädht: 
lich, ihn ganz abzujchneiden, bis Alexander dieje 
Eitte infolge feines Strebens, die Orientalen mit 
jeinen Maledoniern zu verichmelzen, in größere 
Aufnahme brachte. Vgl. Haarputz. Die Römer 
trugen regelmäßig ihren Bart ungeichoren, bis 
300 d. E. die erjten Barbiere nad) Rom gekommen 
jein jollen. Varr. 1.1.2, 11. Plin. 7,59. Seitdem 
pflegte man fich glatt rafieren zu laſſen, ausge: 
nommen bei Trauer (ſ, Luctus). Im 1. Jahrh. 
v. E. famen die Bärte wieder jehr in Mode; die 
bene barbati oder barbatuli mit ſchön geſtutztem 
Barte ericheinen als ftußerhafte Leute (Cie. Catil. 
2, 10), Der junge Römer ließ den Bart ftehen 
etwa bis ins 21. Jahr; der Tag, an weldem er 
fih ihn zum erften Male abnehmen lieh ‘ponere 
barbam), galt als Feſttag. Hadrian lieh feinen 
Bart wieder wachjen, um die Muttermäler in feinem 
Beficht zu verbergen, und feitdem ift die Sitte 
wieder allgemeiner geworben. 

Barbäri, Bdeßegor. Diejer Name bezog fich 
urjprünglich nur auf die Sprache und bezeichnete 
einen Fremdredenden; jo heißen die Karer 11.2, 867 
Broßeespwro:, und auc die Agypter nannten 
alte Andersredenden Barbaren (dt. 2, 158). Daß 
jo ſich leicht der Nebenbegriff der Geringichägung 


Balneum — Bardylis. 


Damit verbindet, ift erflärlich. Dieſer Gegenſatz 
tritt bejonders hervor bei der jchärfer ausgeprägten 
Entwidelung der Boltstümlichkeit und dem er: 
höhten Selbftbewußtiein der Hellenen gegen andere 
Bölfer, bejonders die des Oſtens. Seiner Natur 
nad) war der Grieche zur Herrichaft über den Bar: 
baren beftimmt. Arist, Pol. 1, 2: di Yacır ol 
oral Bapßagnr 5°’ "Eiinvag Goysır elnog 
[ Kur. Iph. Aul. 1370], og rabro pro Bdeßagor 
xcel dondor or. Vgl. and 7, 6, wo er den Barbaren 
in Europa Mut Pruss) beilegt, aber die Einficht 
(dıeroma) abipricht, den Barbaren in Aſien Einficht 
beilegt, aber den Mut abipricht, während bei den 
Griechen beides fich vereinigt fände, jo daf fie, 
wenn fie Einen Staat bildeten, über alle berrichen 
fönnten. Bon der Bezeichnung des fremdländiichen 
Charakters ging das Wort daher nach und nad) 
in die der geringeren Bildung über. So find außer 
den Hellenen für diefe alle Andern Barbaren, bis 
ipäter nach der Beſiegung Griechenlands durch die 
Römer auch dieſe fich von den Barbaren trennten: 
Alles, was nicht griechiich und römiſch gebildet war, 
wurde unter der Benennung barbari zuſammen— 
gefaßt; immanitas und barbaria bildeten den 
Gegenſatz gegen die römiiche humanitas, wobei 
auch der Gegenjab der Sprache nicht ganz ver: 
foren ging, wie die Stelle bei Cie. Verr. 2, 4, 50 
zeigt. Später wurden noch die Gallier und Hiſpa— 
nier in den Kanon aufgenommen, und der Name 
blieb beionders für die germaniichen Stämme und 
die Völker jenjeit des Euphrat, weil dieje ftand- 
haft fi) den Römern und ihrem Einfluß wider: 
ſetzten. — Die Herleitung aus dem jansfr. bar- 
bara-s hat Bedenten jelbit für das Vorhandenſein 
diejer Wortform; varvara-s aber „zottig“ be: 
zeichnet den mwollbaarigen Neger und das davon 
abgeleitete varvara-tä nur Die Rauheit in der 
Ausiprache des Buchjtaben r. Val. auch Boeßoev- 
£eev, follern, fnurren, und peri. barbar, geſchwätzig, 
närriſch. Curtius, griech. Etym. ©. 273. 

Barcäni, Baoxcutot, wahrſcheinlich fein beſon— 
deres Volk, ſondern nur Nebenform von Tonduiot. 
entſtanden aus Verkaniya, dem perſiſchen Wort für 
Hyrfania (j. d.. Nach Kteſias (fragm. Pers. 2,5 
wurde Aftyages nach feinem Sturz don Kyros über 
die B. geſetzt. Nach Curtius (3, 2) ftellten fie zu 
dem Heer des Dareios Kodomannos 12 000 Dann. 

Barditus, Schildgejang (vom altn. bardhi) der 
alten Germanen, begann mit halblantem Gemurmel 
und wurde bis zum furchtbaren Geſchrei. Der 
ululatus der Weiber begleitete ihn. Tac. Germ. 3. 
Das Wort hat nichts zu thun mit ben feltiichen 
bardi, den Sängern, welche die Krieger ins Feld 
begleiteten und deren Thaten verherrlichten; wohl 
aber hat es bei Klopftod den Namen Bardiet ver: 
anlaßt für Gefänge, deren Inhalt aus den Zeiten 
diejer fälichlich für die Germanen angenommenen 
Barden ftammt. 

Bardyaei, Bagöveioı, illyriſche Sklaven, ver: 
rufen wegen ihrer wilden Grauſamkeit, deren fich 
Marius zur Ausführung feiner blutigen Befehle 
bediente. Sertorius lich fie, als ihr frecher Übermut 
alle Schranfen zu überjchreiten drohte, viertaujend 
an der Zahl, niederhauen. Plut. Mar. 43. Sertor.d. 

Bardylis, Beoörkıg, ein Illyrier, kämpfte als 
Feldherr fiegreich gegen Makedonien, welchen er 
einen bedeutenden ®ebietsteil entriß, im J. 359 
v. C., fiel aber im folgenden Jahre in einer Schlacht 


Barea Soranns — Basilika. 


gegen Philipp II. von Makedonien. Diod. Sie. 6, 4. 
Cie. off. 2, 11, 40. 

Bar6a Soränus, Servilius,dejignierter Konſul 
im 5%. 52 n. C. diente unter Nero, der ihn wegen 
jeiner Redlichkeit haßte, als Profonjul in Klein: 
ajien, wo ihn jeine Gerechtigleitsliebe ſehr beliebt 
madıte. Dadurch wurde er dem Kaijer verdächtig. 
Unter der Beſchuldigung ehrgeigiger Abjichten an— 
geflagt, wobei jein eigener Lehrer, der ſtoiſche Phi: 
lojoph P. Egnatius Celer, als Zeuge gegen ihn 
auftrat, wurde er und jeine Tochter Servilia, die 
des Baters ehrgeizige Pläne befördert haben jollte, 
als Teilnehmer einer Berjhwörung zum Tode ver: 
urteilt. Tac. ann. 12, 53.16, 21 ff. Mist. 4, 10.40, 
Dio Cass. 62, 26. Jur. 3, 116. 

Barentinus, Flüßchen in Lucanien, im defien 
Bett die Weftgoten ihren König Alarich betatteten 
Jordan. Get. 30), j. wahrſcheinlich Bujiento. 

Bargusii, Völkerſchaft im tarraconenjiichen 
Hiſpanien zwijchen den Jlergeten und Aujetanern, 
nordöftlid) vom Jberus. Lir. 21, 19.23. Pol. 3, 35. 

Bargylia, r« Bapyülıe, aud) Bargyliae, Stadt 
in Karien im innerften Winkel des gleichnamigen 
Meerbuſens (gewöhnl. Jafiicher Meerb. genannt). Im 
J. 197 v. E. wurde Philipp III. von Makedonien 
von den Römern gezwungen, die bisher bejeßt ge— 
haltene Stadt aufzugeben, worauf fie für frei er- 
Härt wurde. Die in der Nähe befindliche Statue 
der Artemis Kindyas wurde, obwohl unter freiem 
Himmel ftehend, nie naß. Liv. 37, 17. 32, 33. 33, 
30 u. d. Plut. Flam. 12. Strab. 14, 658. 

Barium, Stadt der Peucetier in Apulien, j. 
Bari, ein Municipium, von Horaz (sat. 1, 5, 97) 
piscosum (filchreich) genannt. 

Barka, Bdexa, (j. Ruinen Medinet el Merdich), 
Stadt in Kyrenaike, 100 Stadien vom Meere ent: 
fernt, urjprünglich Wohnfig der durch ihre Pferde— 
zucht berühmten Barcuei, jpäter (um 550 v. G.) 
Durch einen Zweig des fyrenaiichen Königshaujes 
zur Hauptitadt eines mächtigen, mit Kyrene riva- 
lijierenden Staates gemacht, der bis zur Eroberung 
durch die Perjer (ö12) blühte, und dejien Name 
auf die h. Provinz übergegangen iſt. Hdt.4, 1,4. 
167. 171. 200, 

Barkäner, Barcani, parthijches Volk an der 
Grenze Hyrlaniens, weldes Ajtyages nad) jeiner 
Bejiegung durch Kyros als Statthalter regierte. 
Zur Armee des Dareios KNodomannos ftellten fie 
12 000 Mann. Curt. 3, 2. 

Barkas j. Hamilkar. 

Barsine, Bagolvn, 1) ältejte Tochter des Da- 
reios, mit welcher Alexander jich bei der allgemei: 
nen Hochzeitsfeier in Suja vermählte, im 3. 324 
v. C. Arr. 7,4, 6. Sie heißt Phot. p. 68 b. Belt. 
Arjinoe, bei Diod. Sic. 17, 107 und Plut. Alex. 70 
Stateira. Bgl. darüber Droyjen, Geſch. des Helle: 
nismus I, 2 ©.243. — 2) Tochter des Satrapen 
Artabazos, Witwe des Mentor und Memnon von 
Rhodos. Wlerander der Gr. pflegte mit ihr Um: 
gang, und fie gebar ihm den Herafles. Im J. 
323 finden wir fie mit ihrem Knaben in Pergamon. 
Just. 13,2. Bon hier wurde fie (310) mit Herakles 
durch Kaſſanders Feind Polyſperchon nach Griechen: 
land berufen, der „dem legten vom Blute Alexan— 
ders’ das Neid) retten wollte. Aber von Kafjander 
gewonnen, ließ Polyſperchon nad einem Mahle 
Serafles und mit ihm deſſen Mutter töten, 309. 
Diod. Sie. 20, 28. Paus. 9, 7. Just. 15, 2. 


189 


Basavyısrıng. Die Folter ald Beweismittel 
wurde in then bei Sklaven angewendet, nicht 
nur wenn ſie jelbft eines Verbrechens angeflagt 
waren, jondern auch wenn vorausgejegt wurde, 
daf fie gegen einen andern würden ausjagen kön— 
nen. Die Tortur war nötig, weil fie nach atti: 
ihem Recht als Zeugen nicht auftreten durften. 
Das Verfahren dabei war, daf man entweder feine 
eigenen Sklaven zur Tortur anbot, oder den Gegner 
aufforderte, die jeinigen dazu tie (zaga- 
doövau); dieje Aufforderung hieß meoxincıg (reo- 
»alsisde:), Es wurde jodann ein fürmlicher Kon: 
traft zwijchen beiden Parteien darüber aufgejegt, 
der ebenfalld meoxinoıg hieß. Die Männer nun, 
die die Tortur leiteten und den an den Sklaven 
durch diejelbe verurfacdhten Schaden tarierten, hießen 

sarıorad. Die Bajaniften nahmen die Ausjagen 
der Sklaven auf, um jie dem Gericht als Beweis: 
mittel vorzulegen; oder die Sache wurde ohne 
weiteres gerichtliches Verfahren abgemadt, wo 
dann der Basarıorrjs, natürlich der Ausjage der 
Sklaven gemäß, als Schiedsrichter (duurneng) die 
Sache entſchied. Zumeilen wurde auch die Tortur 
durd Öffentliche, eigens dazu bejtimmte Sklaven 
(Folterfnechte) vorgenommen, die auch Basavıcrar 
hießen. Gegen Bürger konnte die Tortur nur in- 
folge eines bejonderen Voltsbeichluffes angewendet 
werden. Isocr. traper. 15. Demosth. Pantaen. 40. 
Einige Arten der Folterung (an der Leiter aus: 
ipannen, mit Vorjten peitichen u. j. w.) werben 
aufgezählt Aristoph. ran. 618 ff. Vgl. Meier und 
Schömann, att. Prozeß S. 890 ff. der 2. Aufl. 

Basänıtes scıl. mons, ®ranitgebirge an der 
Südgrenze von Oberägnpten zwiichen Syene und 
Berenite, deſſen Steinbrüche einen harten jchwarzen 
Stein (Basanites lapis), den Bildhauern und Archi— 
teten ein ausgezeichnetes Arbeitsmaterial, lieferten. 

Basileios, Basiksıog, der Große genannt, geb. 
330 n. €. zu Cäſarea in Kappadofien aus einer 
angejehenen Familie, gebildet in Athen, wo er mit 
jeinem Landsmann Gregor von Wazianz einen 
innigen Freundichaftsbund jchloß, dem jpäter fein 
jüngerer Bruder, Gregor, Biichof von Nyſſa, bei: 
trat (j. über „die drei großen Kappadokier“ Böh- 
ringer, die Kirche Ehrifti. 2. Aufl. Bd. 7 u. 8). 
Buerft Sachwalter, wurde B. 364 Preibyter, 370 
Biichof in feiner Vaterſtadt und ftarb 379, eine 
wahrhaft „töniglihe” Ericheinung auf feinem 
Gebiete, Begründer der Mönchsregeln für das 
Morgenland. Er verſchenkte jein ganzes Vermögen 
an die Armen, gründete ein großes Hojpital und 
lebte jelbft in Dürftigfeit. Dabei war er ein Freund 
und Beförderer der griech. Litteratur, deren Stu: 
dium er Jünglingen in der Nede: örwg ür !x 
tov "Ellnvirav wpeloivro Aöyar (Ausg. von 
Lotholz 1857) dringend empfiehlt. Ausgezeichnet 
find ſeine Briefe. 

Basilika, Baoıınn, basilica (scil. domus oder 
porticus), Prachtgebäude in Rom und den Pro: 
vinzen, die zu Gerichtsfißungen und Handelsge: 
ichäften benugt wurden, Rathaus und Börje (Cie. 
Verr. 2, 5, 58. ad Att. 2, 14), oben mit Galerien 
für die Zuſchauer umgeben, wie die Überrejte in 
Berona zeigen (vgl. Koma, 8.). In Rom wurde 
die erfte im J. 184 v. E. von Cato Cenjorius auf 
dem Forum zur Seite der Euria gebaut und hieß 
B. Porcia, wie auch die andern, jpäter erbauten 
ihre Namen von den Erbauern erhielten (Bus. 


190 


Iulia, Ulpia u. a). Die Bafilifa diente, wie ge: 
jagt, zugleich als Rathaus und Börje und beitand 
meiftens aus einem erhöhten Mittelichiff und zwei 
durch eine Säulenreihe davon getrennten Seiten: 
ichiffen (j. Fig. a. Baſilika von gompeii): einzelne, 
wie die Bas. lulia und die Bas. Ulpia, hatten 
5 Schiffe, alfo 
4 Säulenreihen. 
An einem Ende 
des Hauptichiffs 
war eine Mb- 
teilung durch ein 
Gitter getrennt, 
wie die Gafriftei in einer Kirche; oder es 
war eine, gleichfalls etwas abgeionderte Tribüne 
für die Richter und Advokaten errichtet. Im In— 
nern waren oben Galerien für Zujchauer (Vier. 
5,1; 5. Fig. b. Bafılifa zu Verona). Seit Con— 
b. 


Pa leee ee me eraig ——— 
kESTER ——— A 
—J 


Tann 


EDRRERERRERBEEERERRREREIGGO 
ftantin dem Gr. wurden viele Bafiliten in Gottes: 
häujer verwandelt und die architektonische Grund: 
form derjelben auch bei der Anlage der chriftlichen 
Kirchen benugt. Sie jind benannt nad) ihrem 
Vorbilde, der oro@ Baoıkiwg oder Basıkınn) zu 
Athen, dem Amtslofale des deyor Baaılevg ıj. 
Attika, 12.) Much für die chriftlichen Kirchen, 
die urjprünglich Dominica hießen und den olxoı, 
den Sälen im den Privathäufern (j. Haus I, 2.) 
nachgebildet waren, wurde jeit Mitte des 4. Jahrh. 
der Name Baſiliken vorherrſchend, indem für ihren 
a ag Aufbau jene Serichtshallen in freier 

eije als Mufter dienten. Vgl. Zeitermann, die 
antifen und die hriftlichen Bajılifen (1847). Wein: 
gärtner, Uriprung und Entwidlung des chriftlichen 
Ntirhengebäudes (1858). 

Baoxavia, eine Art Bezauberung durch den 
Bid oder durd) die Zunge, befonders gegen Kinder 
und glüdliche Berfonen, auch gegen Bich und Feld— 
früchte gerichtet. Um die Wirkung zu vernichten, 
pflegte man dreimal auszujpuden oder gewifle For: 
meln auszuiprechen. Dieker Glaube bereite auch bei 
den Römern, welche Abwendeformeln gebraudten 
und auch Yauberringe trugen, um die Wirkung der 
Bezauberung zu verhindern. ©. auch Bulla. 

Bässai j. Phigalia. 

Bassäreus, Bassariden ſ. Dionysos, 5. 

Bassus, 1) Aufidius, jchrieb zur Zeit des 
Kaifers Tiberius eine von Quintilian (10, 1, 102) 
gerühmte Sejchichte der Zeit des Auguftus, Tiberius 
(und Galigula) und der Feldzüge gegen die Ger: 
manen, die an dem älteren Plinius einen Fort: 
jeger fand (Plin. 6. praef. 20). Wahrjcheinlich ift, 
daß die Hibri belli Germaniei ein Beftandteil des 
größeren Werfes waren. Einige Proben aus jei: 
nem Werfe gibt der ältere Seneca (suas. 6, 18. 24). 
— 2) Eäjius Baſſus, Jugendfreund des Dichters 
Perſius, defjen Gedichte er herausgab, fand beim 
Ausbruche des Bejuv im J. 79 n. E. feinen Tod. 
Er wird von Quintilian (10, 1, 96) als der einzige 
nennenswerte Lyrifer nad Horaz genannt und hat 























Baoxavia — Batarvi. 


wahricheinlich auch ein Lehrgedicht de metris ver: 
faßt, welches im 3. Jahr) in ein projaiiches Lehr: 
buch de metris umgearbeitet oder epitomiert wurde. 
Ein Bruchftüd davon ift noch vorhanden, gedrudt 
in den Sammlungen der Grammatifer und Metri- 
fer, bei Keil gramm. Lat. VI p. 265 ff.; bejondere 
Ausg. (mit Atilius Fortunatianus) von demfelben 
(1885). — 3) Salejus Bajjus, ein Epiler in 
der Zeit Beipafians (Tae. dial. 5. 9), welcdem 
QDuintilian (10, 1, 90) ein vehemens et poeti- 
cum ingenium zujchreibt. Abhandlung von Held 
(1834). 

Bastarnae, Basrdprar, ein mächtiges Boll, 
wahricheinlich germanijchen Stammes, aus Germa= 
nien eingewandert, wohnte anfangs zwiſchen Theiß 
und March, ging dann weiter die Donau abwärts 
und lie ſich zwiſchen Tyras (Dirjeftr) und Bory— 
ſthenes Dnjepr) nieder. Sie famen früh mit den 
Griechen und Römern in Berührung; Bhilipp Il. von 
Makedonien (182 v. E.) hatte die Abficht, ſich 2 

egen die Nömer zu bedienen, woran ihn jein 
Tod verhinderte (Liv. 40, 5. 57); des Perjeus un: 
föniglicdyer Geiz in betreff des Soldes beraubte 
ihn des Beiftandes von 70 000 tapfern Baltarnern. 
Liv. 44, 26. Später ftanden fie auf Seite des 
Mithridates (App. Mithr. 15. 69. 71); um jene 
Zeit überjchritten fie in großen Maflen die Donau 
und jegten fich nördlich des Haimos feſt. Im 
J. 30 wurden fie von M. Craſſus gedemütigt, 
gaben jedoch ihre Naubzüge nach Thrakien nicht 
auf. In der Folge fommen jie an der Mündung 
der Donau unter dem Namen Beufiner (von 
einer Donauinjel [Ievan) vor. Tacitus (Ferm. 46) 
erfennt Ähnlichkeit der Spracde, Sitte und Lebens— 
weije mit den Germanen an, während Livius (40, 57) 
jie mit den Stordiifern (Kelten) zujammenftellt und 
ür Verwandte derielben hält. Später erjcheinen 
ie unter den Berbündeten im Marktomannenfriege 
und unternehmen mit den Boten mehrere Naubzüge. 

Batävi (kurz bei Lucan. ı, 431), Baravol, Ba- 
rdovor, ein aus Germanien ausgewandertes Boll, 
welches jich zuerjt auf der vom Rhenus, Bacalus 
(Bahalis) und der Moja gebildeten Inſel — der 
j. g. insula Batavorum — niedergelaflen (Tue. 
hist. 4, 12. Caes.b.g.4, 10), dann jich aber weiter 
nah ©. ausgebreitet hatte, und deren Land mun 
Batavia hieß. Unter den Städten find zu nennen: 
Batavodurum (j. Durftede), Noviomagus 
(j. Nimmwegen) am Bacalus, die Feitung Arena: 
cum oder Arenatium (j. Arnheim), Traiectum 
(j. Utrecht) am Rhenus, Yugdbunum Batavorum 
unweit der Nhenusmündung, die bedeutendite Stadt 
(j. Leyden). — Die Bataver, deren Namen fich im 
2 Betuwe, der von Led und Waal umflofjenen 
Inſel, erhalten hat, wurden anfangs von den 
Römern nicht als Bejiegte, fondern mehr als Bun: 
desgenofjen betrachtet und leifteten ihnen im den 
germanischen Kriegen bejonders durch ihre treif: 
liche Neiterei guten Beiftand. Tac. ann. 2, 8. 
hist. 4, 12. 17. Germ. 29. ber allmählich ward 
das’ Verhältnis der Abhängigfeit —— doch läſtig, 
und als der Glaube an die Unbeſiegbarkeit der 
römiſchen Waffen geſchwunden war, entitanden 
mehrmals Aufjtände, deren bedeutendjter der unter 
Claudius Eivilis zur Zeit Veipafians 69 und 70 
n. C. war. Zwar gelang er nicht (7460. hist. 4, 
12 — 37. 54—80. 5, 14—26); indes blieben die 
Bataver von mun an jtenerfrei und wurden immer 


Bathykles — Baukünstler. 


von den Römern mit Achtung behandelt. 7Tac.! 


Germ. 29. 

Bathykles j. Bildhauer, ?. 

Bathyllos, Bdödwilog, 1) aus Alerandreia, ein 
Freigelaffener des Mäcenas, ausgezeichnet in der 
ſcherzhaften Bantomimif, jowie Pylades, jein Kunft- 
genoffe und Nebenbuhler, in der erniten (Taec. ann. 
1,54), bejonders in der Daritellung des Zarten, 
Reichen und Weibiichen, daher mollis Bathyllus 
(Juve. 6, 63 ff.). Er hatte die Bantomimif als thea— 
traliiche Kunft in Rom eingeführt und begründet. 
— 2) ein jchöner Knabe und Liebling des Ana— 
freon. In Samos, wo er geboren war, jtand jeine 
Statue. Hor. epod. 14, 9. 

Bato, Barov, ein Dalmatier, und ein anderer 
des Namens, ein Bannonier, leiteten eine im J. 6 
n.E. ausgebrochene Empörung beider Völker gegen 
Kom. N —— Kämpfen gegen die Römer 
übernahm Tiberius den Befehl über das Heer und 
befiegte zunächſt in einer Schlacht den Dalmatier 
Bato, welcher darauf nah PBannonien flüchtete 
und ſich mit dem andern Bato vereinigte. Beide 
fämpften dann im J. 7 nicht ohne Glüd vereint 
gegen den Feldherrn des Tiberius, Cäcina Severus, 
reisten andere Stänme zum Abjall und wagten 
jogar einen Einfall in Makedonien. Vell. Pat. 
2,110. Auguſtus jandte nun den Germanicus 
egen fie, welcher me eines der empörten Böller 
lg, aber die Unterwerfung der andern nicht 
erzwingen fonnte. Dio Cass. 55, 32. Erſt im 
3. 8 wurden die Dalmatier unterworfen, Bato 
erihien in Rom, wurde vor Tiberius geführt und 
a ihm jehr freimütig. Bald darauf fiel 
der Bannonier Bato in des Dalmatiers Hände und 
wurde — Daher empörten ſich die Pan— 
nonier, und auch der Dalmatier Bato griff wieder 
zu den gen (im %. 9). Tiberius fam aber- 
mals almatien (Dio Cass. 56, 11f.), Bato 

in eine feite Burg bei Salona, wurde 
Beit von Tiberius vergeblich belagert und 
diejelbe, als die —2* auf ferneren 
Biderſtand vergeblich ſchien. Da die Seinigen ſich 
nicht dazu verſtehen wollten, mit den Römern, wie 
er es wünſchte, zu verhandeln, jo trennte er ſich 
von ihnen und beteiligte fich nicht weiter am 
Er jtellte jich jpäter in Rom dem Ti- 
berins und erhielt Straflofigfeit. In Ravenna 
ihm fein Aufenthalt angewiejen. Dio (ass. 
56, 11 ff. Vell. Pat. 2, 114. Suet. Tib. 20, 
es {. Kallimachos. 

Battos, Barros, 1) Sohn des Polymneſtos 
bon Thera, der nad) der einen Sage (von Thera) 
aus dem Stamme der Minyer war. Er gründete 
Kyrene im Libyen auf Veranlaſſung des delphi— 

Drafels nad) mandyen Leiden und Drang: 
630 vd. E.) und meihte die Niederlafjung 
ollon; 40 Jahre lang herrichte er als ein 
frommer, rag Herricher, von jeinen Unter: 
geliebt und geehrt. Pind. pyth. 5, 55 fi. 
Hät, 4, 1575. (j. Euphemos). Die nachfolgenden 
waren aus jeinen Geichlechte; unter jei: 
nem Entel — 2) Battos Ill. (6 evdadumr) wurde 
die bis dahin unbedeutende Stadt dur eine 
Peloponneſier, Kreter und Inſelbewohner 
des 34 mächtig und widerſtand 
ogar dem großen des Aghpterlönigs Apries 
it Süd (571 v. E.), nach deſſen Tode jein Nach— 
jolger Amafis Frieden ſchioß Hat. 4, 150 fi. 


il 


191 


Baueis (Baukis) j. Philemon. 

Bavzainuaera«a oder zaradavzainasız 
heißen die Gefänge, mit denen die Mütter und 
Ammen die kleinen Kinder, diejelben im Arme 
tragend, einjchläferten. Athen. 14, 10, p. 618 e. 
Nahbildung Theoer. 24, 7 ff. Wiegen jcheinen erjt 
jpäter vorzufomment. 

Baukünstler, Baukunst. In die frühejte 
Beit des hellenischen Altertums, eine prähellenijche 
Beriode, in der noch cine vom Orient her über: 
tragene Kunftübung herrichte, ragen gewiſſe koloſſale 
Bauwerke hinauf, welche die Übergänge des rohejten 
Anfangs bis zur fünftlichiten Zufammenfügung auf: 
weijen. Es find die j. g. fyflopiijhen Mauern 
zum Schuge der fürftlichen Afropolen; teils viel- 
eig geformte, unverbundene, zum Teil 3 Meter 
lange, 1', Meter hohe und breite Blöde, deren 
Lüden nur mit Heinen Steinen ausgefüllt wurden 
(in Tiryns, j. Abbildung a.), teils geſchickt behauen 
und fünftlich ineinander gepaft (in Argos und My: 





fenai, j. Abbildung b.), was den unverwüftlichiten 
Bau gab. Ebenjo alt jcheint der Quaderbau zu 
fein, indem man, je nachdem der Stein brad), den 





Polygon: oder Quaderbau anwandte, die Konſtrul— 
tion aljo vom Material abhängig madte. Im 
übrigen ift an den Herrenhäufern der heroi- 
ſchen Zeit das namentlich charakteriftiich, da man 
an glänzenden metalliihen Bieraten bejonders 
Wohlgefallen fand. Zur Aufbewahrung von Koſt— 
barfeiten, Waffenftüden, Bechern und andern Klei— 
nodien (zeıurjkıe), befonders aber als Gräber, dien- 
ten die domartigen Insaveoi (meift unter der 
Erde) und die fellerartigen ob 80. mandyer Tempel. 
In dieſer Art am beften erhalten ift das j. 9. 
Schatzhaus des Atreus zu Mytenai, ein bienen- 


£= +1» 
y KOOgSK 


192 


forbähnlicher Bau, aus horizontalen, allmählich 
in einen Schlußftein zujammenlaufenden Schich— 
ten erbaut, mit einer pyramidalen Pforte, inwendig 
mit in beftimmten Entjernungen angebrachten Ro: 
jetten aus Erz gejchmüdt, an der Fronte mit Halb: 
jäulen und Tafeln aus rotem, grünem und weißem 
Marmor verjehen, leich andern ähnlichen Bauten 
(3. B. dem ſ. g. Schaghaus des Minyas zu Orcho: 
menos in Boiotien, den Kuppelgräbern bei Menidi 
und Spata in Attifa und den j. g. Nuraghi oder 
Nuraggi auf der Inſel Sardinien; wahricheinlich 
weder ein Schaphaus noch eine Kultſtätte noch 
ein Brunnenhaus, fondern ein Königsgrab. -—— Mit 
der Einwanderung der Dorter hängt der doriſche 
Tempelbau und damit zugleich der Anfang einer 
zur Einfachheit zurüdtehrenden Kunſt zuſammen. 
Sie nahm durd den bejtimmenden Zweck ſofort 
eine edle und große Haltung an; von dem en 
Holzbau wurden die den Fries bildenden i 
glyphen, ror/yAvpoı (als Balkenköpfe), und Me: 


” 
- 


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— — A — RE Sul { 











— —— — EU 
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Baukunstler. 


elaſtiſch, die Übergänge mehr ſanft: das Ganze 
erhält den Charakter heiterer Anmut und tritt aus 
den Grenzen des Notwendigen und Ywedmäßigen 
hinaus. — Mit dem 6. Jahrh. entfaltet ſich ein 
reicheres Leben; die einzelnen Staaten wetteifern 
in ihren Anftrengungen miteinander. Beide Bau: 
arten bilden fich immer mehr, die doriſche zu groß: 
artiger Würde, die ionijche zu glänzender Schön- 
heit aus. Die Tempel erweitern ſich durch Säu: 
lenftellungen im Innern, die Dede wird durd) eine 
weite Offnung, Oradoor, durhbrochen. Erwähnt 
werden aus diejer Zeit die Tempel der Artemis 
zu Ephejos (Hdt. 1, 92. Liv. 1, 45. Plin. 19, 79. 
36, 21; von Heroftrat verwüftet, von Deinofrates 
erneuert), der Kybele in Sardes, der Hera in 
Samos, des olympiichen Zeus in Athen, das ſ. g. 
eherne Haus der Pallas in Sparta u. a.; erhalten 
— ſich mehr oder weniger ein Tempel des 

oſeidon und ein viel jüngerer der Demeter nebſt 
einer Stoa zu Päftum (Bojeidonia), ein Tempel 


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Fer Kartbenon. 


topen, ueroran (als Zwijchenöffnungen) entlehnt. 
Die Säulen ſſ. Columna) jind jehr ſtark und 
ftehen eng zujammen, um Feftigfeit und Solidität 
zu erreichen; der Stärke entipricht die Höhe, in 
den formen tritt überall das Streben nad einem 
entjchiedenen Charakter hervor, ohne daß bie 
ichroffen Übergänge durch Zwiſchenglieder gemil: 
dert werden. Die Formen find einfach, geome- 
triſch, meift in geraden Linien beftchend, durch 
un zierende Fr lieder, als Einjchnitte, Ringe, 
Tropfen, angenehm unterbrochen. — Reicher aus: 
re wurde dieſe Kunſt im dem frühzeitig 
tühenden Korinth; die Giebel, derauare, wur: 
den Durch ) Reliefs aus Thon gejchmüdt, wofür her: 
nad die Statuengruppen famen, und auf die zier: 
liche Form der elderdeden, parvauere, lacu- 
naria, wurde bejonderer Fleiß verwendet. — Einen 
entgegengeſetzten Charakter trug von Anbeginn an 
die las Bauart. Die Säulen find jchlanter, 
die Schäfte verjüngen fich weniger und werden 
durch Bajen emporgehoben. Die Kapitäle find ge: 
ſchmückt und mit vorhängenden Teilen (Boluten) 
verjehen, die Formen mehr rundlich, gleichlam 


der Athene zu Aigina und mehrere andere auf 
Sicilien, zu Syrakus, Afragas und Selinns. Gleich: 
zeitig wurde in Wafjerleitungen, Kanälen, on: 
tänen u. a. Öffentlichen Werten Bewundernswür— 
diges geleiftet, jedoch auf Theater, Hippodromen, 
Stadien u. dergl. noch fein Fleiß verwendet. — 
Nachdem aber die Perſerkriege das jchlummernde 4 
Bemwußtjein der Nationalfraft gemwedt und die An— 
häufung großer Reichtümer möglich gemacht haben, 
erreicht der unternehmende Geiſt feine Höhe und 
die Technif ihre Vollendung. Das zu fchnellem 
Wohlſtande emporblühende Athen verwendet feine 
are Mittel zur Befeftigung und zur 
Ver hönerung. Zunächſt wetteiferten die Mauer: 
bauten am Beiraiens (Umfang mit Munichia 
60 Stadien, Höhe 40 griechiiche Een, Breite für 
2 ſchwerbeladene Wagen nebeneinander) mit den 
fuflopiichen an Koloflalität, übertrafen jie aber an 
Negelmäßigfeit der Ausführung weit. Jetzt denkt 
man auch an Bauten für die Feitipiele, wobei mit 
der Harften Schärfe die Zmwedmäßigfeit verfolgt 
wird. Gerade bei diejen, befonders den Theatern, 
entftand das Bedürfnis des Wölbens, welche Kunſt 


— 
4 


-1 


Baukünstler. 


193 


von Demofritos erfunden oder aus Jtalien hieher ver: | Polias und des Pojeidon Erehtheus (das j.g. 
pilanzt worden jein ſoll. Die ausgezeichnetiten Werfe | Erechtheion, f. d.), in umübertrefflicher Sorgfalt 


ftanden jedesfalls auf der Airopolis zu Athen (i. 
Attika,9 ff.) Am Eingange derjelben erhoben ſich 
die prächtigen Propylaien, deren Bau mehr 
als ein jährliches Einfommen des Staats koſtete 
(2012 Talente, beinahe 9 Mill. Markt). Sie waren 
von Mnejifles gebaut und jtanden mit einer 
Auffahrt von der Agora her in Berbindung: ein 
Prachtthor mit 4 Nebenthüren, nah außen eine 
ioniſche Vorhalle, nach beiden Seiten doriſche 
Frontiſpice, an den Seiten vorſpringende Flügel— 
gebäude, wovon das nördliche als eine Poikile 
diente; dor dem ſüdlichen lag ein kleiner Tempel 
der Nike Apteros. Auf der Höhe ftand der Par: 
thenon, der Tempel der Schußpatronin Athens, 
50 Fuß länger als ein älterer, vom perjischen Feuer 
verzehrter. Er war gebaut von Iktinos und 
Kallilrates, ganz aus penteliihem Marmor, 
dejien reiner Glanz durch den an Heineren Strei: 
fen und Gliedern angebrachten Farben- und Gold: 
ihmud gehoben wurde, und bejtand aus einem 
Säulenumgange, dem Wortempel (mgörang) an 
beiden jchmalen Seiten, der eigentlichen cella mit 
165 Säulen um das Hypaithron, dem eigentlichen 
Barthenon, einem quadratiichen eingejchlofjenen 
Raum um die Bildjäule der Pallas Athene (vgl. 
Bildhauer), endlih dem geſchloſſenen Opiftho- 
domos mit 4 Säulen. Er jtand auf 3 Stufen er: 
höht, 40 Säulen dorifcher Ordnung bildeten den 
Umgang, an allen Frieſen und Metopen war der 
Schmud von mancherlei Bildwerten, die jich auf 
die Helden: und Hötterjagen Athens bezogen. Bis 
gegen das Ende des 17. Jahrh. war diejes Wert 
Gegenjtand der Bewunderung aller Reijenden, und 
noch jet ift es ein begeifternder Anblid. Aber in 
dem Kriege der Türken mit Ofterreich benutzten 
die Benetiang die Bedrängnifje der Ottomanijchen 
Bforte: Athen wurde beichoffen, und die nach dem 
höchſten Punkte gerichteten Kugeln zeritörten (am 
28. September 1687) einen großen Teil des qut 
erhaltenen alten Werts. Es folgte weitere Ber: 
wüftung: aus den Trümmern wurde, mitten in 
dem Umfange einer alten, jchon dort beftehenden, 
eine neue Mojchee erbaut und die Überbleibjel zu 
anderem Gebrauche verwendet. — Neben dem Bar: 
thenon war fein Gebäude berühmter als das am 
Cüdoftfuße der Afropolis gelegene Odeion, für 
die muſilaliſchen Wettftreite der Dithyrambendichter 
und Rhapſoden beftimmt. Nicht bloß um Ddiejes 
Zwedes willen jchien die Form der Rotunde am 
pafjenditen, jondern auch, weil das Nationalgefühl 
fi) dadurch befriedigt fand, eine Nahahmung des 
bewunbderten Zeltes darin zu erbliden, von welchem 
aus Xerres jeine Flotte gemuftert hatte. as 
Schirmdach jollte aus den Maften gebildet jein, 
die ald Trümmer der perfishen Schiffe auf dem 
Strande von Salamis lagen. Auch diejes Ge- 
bäude wurde im Kriege zerftört. Als Sulla im 
mithridatifchen Kriege Athen belagerte und der 
damalige Beherricher der Stadt, Arijtion, die Stadt 
verlaſſen und auf der Akropolis Rettung juchen 
mußte, ftedte er das Odeion in Brand, damit der 
Feind aus dem Holzwert feine Maſchinen verfer- 
tigte. Bon Ariobarzanes, König von Kappadofien, 
wurde es wieder aufgebaut. — Außerdem wurde 
das j. g. Thejeion (j. Attika, 14.) von pen: 
teliihem Marmor, der Doppeltempel der Athene 
Realleriton des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


der Ausführung und mit manchen Eigentümlid): 
feiten der ioniſchen Baufunft, in Eleufis der 
große Tempel, unter Leitung des Jltinos, von 
Koroibos, Metagenes und XZenofles gebaut, mit 
4 quer durchlaufenden dorijchen Säulenreihen in 
2 Stockwerken und mit einer gewölbten (Plut. 
Per. 13) großen Lichtöffnung, da der Tempel fein 
Hypaithron fein durfte. Endlich fanden jich nod) 
viele andere Tempel teils in Attifa zu Rhamnüs, 
Thoritos und auf dem Borgebirge Sunion, teils 
im Peloponnes zu Olympia, Phigaleia, Argos, 
Tegea, in Jonien zu Milet, Priene, Magnejia, auf 
Sicilien zu Atragas, Selinüs (bejonders reich und 
groß, vgl. Thuc. 6, 20) und Egeita. Unter den 
vielen einzelnen Baufünftlern treten noch Rhoikos 
von Samos (vgl. Bildhauer, 3.) al$ Erbauer des 
Heratempels in Samos und (mit jeinem Sohne 
Iheodoros und Smilis) des Labyrinths in Lemnos 
beſonders hervor. Hdt. 3, 60. Gleichzeitig ſtieg 
der Yurus in Privatbauten und fam cs zur 
Anlegung ganzer Städte, wovon die Hafenftadt 
Reiraieus, Thurioi und Rhodos zeugten; ald Bau- 
meifter diefer Art werden Hippodamos von Milet 
und Meton genannt. — Diejelbe Ridytung jehen 
wir indefjen in der jpäteren, alerandriniichen Be: 
riode noch weit jtärfer ausgebildet, indem Alexan— 
dreia, nach dem Plane des Deinofrates der auch 
den von Heroftrat niedergebrannten Artemistempel 
in Ephejos wieder aufgebaut haben joll) angelegt 
und von Kleomenes von Naufratis ausgeführt 
(Just. 13, 4), durch Schönheit und Großartigfeit ein 
Muſter (vertex omnium eivitatum, Amm. Mare.) 
war, wenn e8 auch vielleicht noch durch den glän— 
zenderen und reizenderen Eindrud Antiocheias und 
Pergamons übertroffen wurde. Gleichzeitig bil- 
dete jich auch die erfindungsreiche Pracht der Zim— 
mereinrihtung, die wir nachmals in Nom finden 
und von der das dionyſiſche Zelt und das Niljchiff 
(ein ſchwimmender Palaſt) als bejondere Proben 
erſcheinen. Die Bracht der Grabdenkmäler zeigte 
fich bejonders in dem Maujoleion der Königin 
Artemifia von Karien (j. Halikarnassos), wäh- 
rend das Denkmal des Hephaiftion nur ein, 
von Deinofrates in pyramidaliichen Terrafjen fon: 
ftruierter, Scheiterhaufen war. Daß daneben aud) 
in diejer Zeit manche neue Tempel entjtanden (vor- 
ugsweije vielleicht in Kyzikos und Athen), verjtcht 
ka von jelber; dabei fam immer mehr die ſchmuck— 
vollere, mancherlei Vorzüge fombinierende forin: 
thijhe Ordnung in Anwendung, wie fie nad): 
her in Rom herrjchend war. — — In Nom wurde 
erst in den jpäteren Beiten der Nepublif die Bau- 
kunſt heimisch und von da mit fteigender Pracht 
und Fülle geübt. Zwar waren die Tempel, wie 
der von C. Mutius für Marius gebaute Honoris 
et Virtutis, nicht groß; e3 folgten die Curia des 
Pompejus 57 dv. E. und die prachtvolle Basilica 
des Amilius Paulus mit phrygiichen Säulen, etwas 
ipäter. Das erite fteinerne Theater war das des 
PBompejus (55 v. E.) für 40 000 Zuſchauer, nad) 
dem Muſter des Theaters von Mytilene; das erite 
jteinerne Amphitheater von Statilius Taurus ward 
unter August erbaut. Mit dem Eintritt der Kaiſer— 
herrichaft aber nahm die Baufunft bei den Römern 
den einem weltbeherrichenden Volle angemeflenen 
großartigen und prachtvollen Charakter an, wenn 


15 


194 


auch dabei die aus den griechischen Muftern her: 
vorleudhtende Reinheit des Stils durch Mifchung 
heterogener Formen, worüber ſchon Vitruvius Hagt, 
verloren ging; insbejondere traten die Pfeiler, 
Bogen und Gewölbe, welche letztere wohl von 
den Etruffern erfunden und von ihnen zu den 
Römern gelommen find, und von denen — 
das halbfreisförmige Tonnengewölbe, das 
Kreuzgewölbe (über vieredigen Näumen) und 
das Kuppelgewölbe (3. B. am Pantheon) zu 
nennen find, an den antehnfichften Gebäuden als 
eine Hauptform neben die Säulen und das Säu— 
fengebälf. Auguftus machte in Verbindung mit 
Agrippa und andern den campus Martius zu einer 
von Hainen und grünen Flächen angenehm unter: 
brochenen Prachtftadt, während die Bauten der fol- 
genden Kaiſer fihh mehr um die Sacra via und 
den Palatiniſchen Hügel drängten. Die wichtigiten 
Gebäude Auguft3 waren der Tempel des 
palatiniichen Apollo mit der Bibliothef, aus 
carrariichem, die Säulenhallen umher aus puni- 
ihem Marmor, vollendet 34 v. E.; der Tempel 
des Iupiter Tonans am Capitolinifchen Hügel, des 
Mars Ultor auf dem Capitol, das Theater des 
Marcellus (13 v. E.), die Portikus der Octavia. 
Von Agrippa rühren neben großen Hafen: und 
Kloakenbauten und den Saepta lulia die großen 
Thermen und bejonders das den Göttern des 
juliſchen Geſchlechts geweihte Bantheon her 
(25 v. E.), ein Rundgebäude von 132 Fuß Höhe, 
mit einer Vorhalle aus 16 korinthiichen Granit: 
jäulen, die Wände mit Marmor belegt, die Lacu— 
narien mit vergoldeten Rojetten (j. Koma, 17.); 
von Aſinius Pollio das Atrium Libertatis 
famt Bibliothet; von Cornelius Balbus ein 
Theater, 13 dv. E. vollendet. Die Elaudier jchufen 
Rieſenbauten voll Eitelkeit und Schwelgerei: das 
goldene Haus des Nero reihte vom Palatin 
nad) dem Ejquilin und Cälius hinüber, mit Millien 
langen — und großen Parkanlagen im In— 
nern und unſäglicher Pracht, beſonders der Speiſe— 
ſäle. An die Stelle derſelben ſetzten die Flavier 
meiſtenteils gemeinnützige Gebäude; Veſpaſian baute 
einen Tempel der Pax und das Amphitheatrum 
Flavium (j. il Coliſeo, ſ. Theatron, 17.), von 
Titus geweiht (80 n. E.) und zugleich als Nau— 
machie benust; aber gleichzeitig (79) wird auch in 
den verjchütteten Städten Herculaneum, Pompeji 
und Stabiä ein guter Teil von Baudenfmälern 
begraben. Bald brad mit Trajans gewaltigen 
Bauwerken (jein Forum, das ftaunenswürdigite in 
ganz Rom nach Amm. Marc. 16, 10, in der Mitte 
die Säule mit dem Erzbilde des Kaiſers, das 
Odeum, das Gymnaſium 2c., jowie die Donau: 
brüde, bei welchen allen er fich des Upollodoros 
aus Damajfos bediente, der jpäter bei Hadrian in 
Ungade fiel) und Hadrians perjönlichem Wetteifer 
die legte Blütezeit der Ardyiteltur herein; unter 
den Antoninen werden nur noch einzelne Bau: 
werke unternommen; das UÜberladene und Gehäufte 
der Verzierungen tritt an die Stelle der einfachen 
Schönhert, bis nah Marc Aurel vor der über: 
mäßigen Häufung der Zieraten alle Klarheit der 
Auffafjung verloren geht und jomit der ſchnelle 
Verfall des Gejchmads eintritt. Der Zeitpunkt 
war nahe, wo die antife Baukunſt dem chriftlichen 
Kirchenbau Platz machte. — Val. außer Lübkes Geſch. 
der Architektur (6. Aufl. 18547.) und Kuglers Geſch. 


Bavius — Belagerung. 


der Baukunſt (1854 ff.) beionders Bötticher, die 
Tektonik der Hellenen, 2 Bde. (1844 ff. 2. Ausg. 
1869 ff.). Brunn, Geſch. der — Künſtler, Bd. II 
(die Architeften) S. 317 ff. Reber, Seid). der Bau: 
kunſt im Altertum (1867). Durm, die Baufunft 
der Griechen (1881). Adamy, Architeftonif der 
Hellenen (1882), Ardyiteftonif der Römer (1885). 

Bavius ijt als jchledhter Dichter neben Mävius 
durch Vergil (E. 3, 90) befannt. Nach Euiebios 
ift er 33 v. E. in Kappadokien geftorben. 

Bedriäcum (Betriacnum), Bnroiexor, ein Flecken 
im transpadaniichen Gallien zwiichen Eremona und 
Berona (Taec. hist. 2,23), befannt durd) die Nieder: 
lage Othos durd) die Yegionen des Vitellius (Tae. 
hist. 2, 41—44. Plut. Oth. 10 ff. Dio Cass. 64, 
12, 1) und durch die der Bitellianer (Taec. hist. 
3, 15 ff.) im J. 69 n. C. 

Belagerung. Gin anjchauliches Bild der Be: 
lagerung einer Stadt während des heroiichen Zeit: 
alters it uns in der Iliade vorgeführt. Die Be: 
lagerer beziehen ein Lager vor der Stadt, die Be: 
lagerten ziehen am Morgen hinaus und fämpfen 
in Einzellämpfen mit abwechjelndem Glücke, bis fie 
ſich gegen Abend wieder hinter ihre Mauern zurüd: 
begeben. Zehn Jahre lang lag die Macht des ganzen 
Griechenlands vor Troja, und doch konnte es nur 
durch die befannte Lift mit dem hölzernen Pferde 
fallen. Bon einer Belagerungstunft iſt nicht die 
Nede. Bis zu den kin gab cs in den 
irgend größeren Städten Griechenlands nur be= 
fertigte urgen (dxgomöksıs), die bloß durd Lift 
oder Überrumpelung oder Verrat einnehmbar waren. 
Seit aber Athen (Nep. Them. 6) und nad) defien 
Beifpiel auch die übrigen griechiichen Hauptftädte 
mit Ausnahme von Sparta ji mit Mauern um: 
gaben, jollte man meinen, daß in den griechijchen 
Stammfriegen die Eroberung dieſer feiten Plätze 
ein Hauptmoment gewejen wäre; indejlen da die 
feindlichen Heere mit Beginn des Winters in ihre 
Heimat zurücdfehrten, und auch die Belagerungs- 
kunſt ſich noch nicht zu der Höhe entwidelt hatte, 
daß günftige Reiultate von ſolchen Belagerungen 
zu erwarten waren, fam ces höchſt jelten dazu. 
Selbjt Athen unterlag mehr durd Hunger und 
Verrat als durd die Kriegstunjt der Gegner. Nur 
feine Städte waren etwa durd Einſchließungen 
zur Übergabe zu zwingen, wie 5. B. Plataiai im 
peloponnefischen Kriege (Thue. 2, 71 ff. 3, 20 ff.). 
Erſt Demetrios Poliorketes (j. Demetrios, 1.), 
der Erfinder großartiger Kriegsmaſchinen, giebt das 
Beiſpiel impofanter Belagerungen. — Ähnlich war 
es zuerft auch bei den Römern. Auch in Ftalien 
hatte jede Stadt mit zwecdmäßiger Benugung der 
Bodenverhältniffe ihre Burg (arx) angelegt oder 
jelbft in Ebenen ſich unerjteigliche Höhen durch 
Kunſt geichaffen. Dies ſchützte fie zunächit gegen 
ungeftüme Angriffe der Nömer, und der Winter 
befreite jie durch die Rückkehr der feindlichen Heere 
nad) Rom von der Belagerung. Doch wurde dies 
bald geändert. Wenngleich mit vielem Widerſpruch 
(Liv. 5, 1ff.) wurde die Belagerung von Beji 404 
v. E. auch während des Winters fortgeießt. Da: 
mit aber das Belagerungsheer nicht durch den Zu: 
au der mit Beji befreundeten Bölferjchaften im 

üden überfallen werde, wurde außer den An— 
griffs: und Berteidigungswerten gegen die Stadt 
(Kontravallationslimie) noch eine zweite ebenjo voll: 
ftändige Verſchanzungslinie nach der äußeren Seite 


2 


w 


.- 


Belagerung. 


195 


x (Eirfumvallationslinie) aufgeführt. Liv. 5, 1.|b. e. 3, 55), juchte namentlich die Thore oder auch 


ieſe Vorſicht blieb für alle folgenden Zeiten maß— 
ebend (Caes. b. Afr. 80: castra lunata. b.q.7,74). 

ie höchſte Ausbildung erhielt die einſchließende 
Ummwallung durd Cäjar (vgl. b. 4. 7, 69—75. b.e. 
3,435). Rings um die belagerte Stadt wurden 
in einer durch die Wirkung der Fernwaffen ge 
botenen Entfernung von den Mauern Befeſtigungs 
werfe, bald von Mauerwerf, bald aus einem Walle 
beftehend, errichtet und mit Brujtwehren (loricae) 
und Zinnen (pinnae) verjehen und in bejtimmten 
Zwiſchenräumen Türme aufgeführt. Davor lag ein 
Graben von ziemlicher Tiefe und Breite mit Ballı 
ſaden (cippi) verjehen; über eine bejondere Art, die 
Cäſar vor Aleſia ammwendete, ſ. Cippus. War es 
möglich Wafjer dorthin zu leiten, jo wurde noch 
ein zweiter Graben damıt angefüllt. Vor diejem 
wurden in Gejtalt eines Quincung (j. d.) Gruben 
von 3 Fuß Tiefe, nach unten enger, angelegt; aus 
denjelben ragte 4 Zoll über der Erde ein oben 
zugeipister und im Feuer gehärteter Pfahl hervor 
(wegen der Ahnlichkeit mit einer Lilie nannte man 
eine folche Grube liliam). Zur Berdedung der— 
jelben legte man über diejelben Sträucher und 
Reiſig. Hierauf folgten allenthalben Fußangeln 
(stimuli), die an Heinen, in die Erde flach ein- 
geicharrten Holzſtückchen befeftigt waren. Auf die— 
ſelbe Weife errichtete man nach aufen die Cirkum— 
vallationslinie. Innerhalb der beiden Befeitigungen 
liegen an günftigen Orten Kaſtelle in binlänglicher 
Anzahl (vor Alejia 23, Caes. b. g. 7, 69), um nad) 
allen bedrohten Punkten raſch Widerftand und Hülfe 
entjenden zu können. Dieje Einrichtung finden wir 
auch bei den Griechen, 3. B. bei der Belagerung 
von Blataiai, 430 dv. E. Thuc. 2, 75.3,21. Solche 
Einſchließung (obsessio, obsidere, nach heutigem 
Ausdrud Blodade, Berennung) reichte in manchen 
Fällen aus, die Übergabe zu erzwingen, weil da: 
durch den Belagerten jegliche Zufuhr und jeglicher 
Entjat abgeichnitten war, ihnen überdies auch noch 
biswerlen das Trinfwailer abgeleitet oder verdor— 
ben wurde. Thuc. 6, 100. Caes. b. ce. 3,49. Die 
Belagerten juchten auf mannigfache Weije dagegen 
anzujtreben, namentlid) die feindlichen Werke jofort 
in ihrem Entftehen zu hintertreiben. Deshalb leg: 
ten fie (wie die Syrakuſier gegen die Athener) 
Gegenwälle an und durchkreuzten die feindlichen 
Linien, jo daß fich die Belagerer erit das Terrain 
erobern müjjen. Auch bei überrajchenden Ausfällen 
werden die halb aufgeworfenen oder vollendeten 
Gräben und Wälle eingeriffen und die aus Holz 
beitehenden Werke in Brand gejtedt. Und wenn 
ſich die belagerte Stadt auferdem hinlänglich mit 
Lebensmitteln verjehen und auf ihrem Gebiete 
alles Vich und Baumaterial vorher entfernt hatte, 
und endlich im Rüden des Belagerungsheeres Ver: 
bündete die ganze Gegend, Landitrafen und Ader 
verwüjteten und die Herbeiihaffung von allem Not: 
wendigen unficher machten, jo geſchah es mohl 
Öfter, daß die Belagerer dasjelbe Schidjal traf, 
welches jie den Belagerten hatten bereiten wollen. 
Glaubte man, daß jolche Blodade (obsessio) unter 
den vorhandenen Berhältniffen micht rajch und 
fiher genug zum Ziele führen möchte, jo jchritt 
man, zumal wenn die Mauern feine beträchtliche 
Höhe hatten oder etwa durch ihr Alter jchon 
ſchwache Stellen darboten, lieber zum jofortigen 
Angriff (expugnatio, Sturm, Gaes. b. g. 7, 36. 


andere Orte der Mauer durch Brecheiſen (vectis) 
oder Mauerbohrer (terebrae) zu erbrechen und 
mit Leitern zu erjteigen. Teac. hist. 2, 22. 3, 27 ff. 
Caes. b. g. 2, 6. Zu diefem Zwecke bildeten die 
Soldaten durch ihre über den Köpfen zuſammen— 











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gehaltenen Schilde ein ſ. g. Schilddach (testudo); 
nur die äußerſten Glieder dieſer dichten Schar 
ſchützten ſich nach vorne mit ihren Schilden gegen 
die feindlichen Pfeile und Geſchoſſe. Bald aber 
ſtürzen ſchwere Steinmaſſen und Balken (auch wohl 
die Baliſte ſelber, Tac. hist. 3, 29) von oben herab 
auf fie nieder und zerichmettern alles, wohin fie 
fallen; in die geöffneten Seiten fliegen die Spiche, 
Lanzen und Wurfgeichoffe und richten jchredliche 
Niederlagen an (daj. 3, 27). Doch die Lücke wird 
wieder geichloffen und auf die einfache testudo 
eine zweite, ja jelbft wohl eine dritte erhoben, und 
der Feind auf der Mauer jicht die Anftürmenden 
in gleicher Höhe mit fi. Tuc. hist. 3, 28. 4, 23. 
Zugleich auch legt man die Leitern (scalae) an, 
aber die Emporflimmenden werden mit gabelför- 
migen Spiehen (fureae) und eifernen, gezähnten 
Bangen (lupi) gefaßt und rüdwärts geichleudert, 
oder es ftrömt ihnen fiedendes Wafler und ge: 
Ihmolzenes Bech entgegen; jelbft da, wo der Feind 
auf der Mauer gewichen ijt, ftürzen jchwere Stein: 
maſſen, die allenthalben 2 den Mauerzinnen 
in Nörben (metellae, Veg. 4, 6) angebracht jind 
und fich bei der geringjten Berührung von jelber 
entladen, zerjchmetternd auf fie herab. — Bei 
größeren und —* befeſtigten Städten trat aber 
die förmliche Belagerung mit den großartigſten 
Werfen ein (oppugnatio, oppugnare). Das Haupt: 
augenmerf war die Erzwingung eines Eingangs 
in die Stadtmauer entweder durch den Sturmbod 
(»geög, aries, j. Aries) oder durch Untergrabung 
der Mauer oder durd einen Erddamm und Türme. 
Die Untergrabung eines Teils der Stadtmauer ge- 
ſchah entweder unmittelbar an dem Fuße derjelben 
unter dem Schuße der ſ. g. Breſchſchil dkröte 
gehörn diopvarig), die mit ihrer geraden, offenen 

eite auf Rädern an die Mauer geichoben wurde 
und durch ihr jchräges, bis zum Boden reichendes 
Dad), jowie durch die mit nafjen Fellen bekleideten 
Seitenwände gegen das von oben herabgeworfene 
Feuer oder gegen Steine und Wurfgejchofle ficherte; 
oder man führte von der Belagerungslinie aus 

13* 


= 


196 


eine Mine (euniculus, broguyuare, uerelkeiaı) 
bis unter die Mauer, untergrub einen Teil der- 
jelben und verhinderte den augenblidlichen Ein- 
fturz durch hölzerne Balfen, die man dann durch 
leicht brennbare Stoffe anzündete, worauf der Ein- 
ſturz von jelber erfolgte. Pol.5, 100. Veg. 4, 24. 
Dft aud) führte man die Minen weiter bis im die 
Stadt hinein, jtieg heimlich bei Nadıt aus und 
öffnete die Thore von innen. Lie. 5, 19. 21. 
Veg. 4, 24. Sobald die Belagerten das Vorhaben 
der Feinde merkten (namentlich durch die angehäuf- 
ten Erdhügel, Liv. 38, 7. Pol. 22, 11), juchten fie 
jich zunächſt von der Richtung der feindlichen Mine 
zu überzeugen, An mehreren Orten der Mauer 
entlang oder in einem parallel mit derjelben auf: 
geworjenen Graben innerhalb der Stadt wurden 
dünne Metallplatten (Schilde oder Keſſel) aufgeftellt, 
die durd; das Vorgehen der Mineurs (cunicularii) 
ertönten und dadurd die Richtung der Mine ver: 
rieten. Dann ging man den Feinden mit Gegen: 
minen entgegen und fam cs wohl zu Kämpfen 
unter der Erde (Liv. 23, 18. 38, 7); meiſtens ver— 
trieb man fie durch Rauch, auch wohl durdy Bie- 
nen und Weipen. — Die großartigjten Belagerungs: 
werfe aber waren die Dämme (aggeres, gauere«) 
und Türme (turres, mieyor). Die Erddämme, 
die oftmals aud größtenteils aus Holzwerk be: 
ftanden (vgl. Agger), wurden von der Kontra— 
vallationslinie aus in gerader Richtung auf die 
Dauer hin von bedeutender Breite und Höhe auf: 
geführt und dienten dazu, die Belagerer zu gleicher 
Kampfhöhe mit der Mauerbejagung zu erheben, jo 
daß fie die Verteidigungsanftalten überjehen und 
die Verteidiger von der Mauer vertreiben konnten, 
damit der zur Seite in der Nähe aufgeitellte 
Widder dejto weniger in jeiner Wirkung gehemmt 
würde. Uber die Belagerten jpannten zwijchen den 
Mauerzinnen Segeltücher (saga) und Matten von 
Biegenhaar (eiliera) aus, durd die das Hinein: 
bliden in die Stadt verhindert ward, und in denen 
ſich zugleidy die geworfenen Pfeile verwidelten; 
oder man unterhielt auf der Mauer ein Feuer von 
viel Rauch gebenden Stoffen und juchte durch neue 
Aufiäge von Holz oder Mauerwerk auf die Krone 
der Mauer die Höhe des Belagerers zu überbieten. 
Doch ſchon erhebt ſich dicht vor ihren Augen auf 
dem Ende des Dammes ein Turm von mehreren 
u Stodwerfen, und der 
Belagerer beherricht 
von jeiner Höhe herab 
die nächſte Umgegend 
der Mauer. Jetzt ver: 
ſucht der Belagerte 
 zunächjt die Türme 
in Brand zu jeken, 
5 entweder durch Sol: 
"daten, die bei Nacht 
- heimlih an Seilen 
bon der Mauer her: 
abgelajjen werden, 
oder durch Brand— 
* pfeile (mrepog« 

Bein, Arr. 2, 18, 6), die zum Teil mit der Hand 
(malleoli, Amm. Mare. 23, 4. Caes. b. Alex. 14), 
zum Teil mit Wurfgejchoffen (falarieae, Liv. 21, 8. 
Veg. 4, 18) geſchleudert werden. Jene Heineren 
hatten den Brennſtoff zwiſchen der Spike und dem 
Rohre in einer eifernen mit Spalten verjehenen 





Belagerung. 


Kapiel, und fonnte das durch fie entitandene Feuer 
nach Amm. Marc. a. a. ©. nur durch Sand ge: 
löjcht werden. Die bedeutend größeren falaricae 
hatten den aus Schwefel, Harz, Pech und DI be- 
itehenden Brennjtoff um Zacken an der Wurzel 
der 3 Fuß langen Spige gewwidelt und wurden, damit 
das vorher angezündete euer nicht durd einen 
zu heftigen Luftzug ausgelöicht würde, mit ge: 
Ichwächter Bogenfraft geworfen (arcu invalido, 
Amm. Marc. a. a. D.i. Da aber die Türme aufs 
jorgfältigite durch naſſe Felle und mit Eſſig ge: 
tränfte Deden gegen dieje Gefahr geſchützt waren, 
blieb endlich den Belagerten nur die Eine Hoff: 
nung, durch Minen den Damm und die darauf 
errichteten Türme zu jtürzen. Caes.b.g.3,21.7,22. 
— Einen ungeheuren Umjchwung nahm die Be: 
lagerungs- und Befeitigungsfunft durch die Erfin- 
dung und die bald darauf erfolgte allgemeine An— 
wendung der ſchweren Geſchütze ſ. Tormenta, 2.). 
Als nämlich Dionyfios von Syrafus 400 v. €. 
große Vorbereitungen zu einem Kriege gegen Die 
Karthager machte, lie er alle namhaften Techniker 
aus allen Gegenden zu fich fommen, die in neuen 
Erfindungen wetteiferten. Dieje famen allmählich, 
immer vervolllommnet, in der Schlacht und dann 
auch bei Belagerungen in Anwendung, und als 
außerden noch durch die Züge Aleranders in die 
alten Stammländer techniſcher Kultur die Kennt: 
nifje in der Mechanit ungemein — wurden 
und auch die Breſchwerkzeuge ſich überraſchend ver— 
vollkommneten, lag die dringendſte Aufforderung 
nahe, auch die Befeſtigungen demgemäß nach voraus 
berechneten und bewußten Prinzipien einzurichten. 
Somit entjtand jetzt eine förmliche Belagerungs- 
und Befeftigungswiflenihaft, die bald von den 
Nömern, nachdem fie die Kenntnis der vervoll- 
fommmeten Wurfgeihüge von den Griechen über: 
fonımen hatten (Athen. 6, 273 E), immer weiter 
ausgebildet wurde. Nunmehr traten an die Stelle 
der einfachen Steinmauern Erdbauten. Ein Wall 
(murus) von einigen 20 Fuß Dide ward zwiſchen 
2 Mauern jo aufgeworjen, daß die äußere Brü— 
ftung höher lag und in jchräger Abdachung nach 
dem Innern der Stadt hin zur bequemen Er— 
fteigung desjelben abfiel. Fey. 4,3. Der Wall- 
gang (corona) mußte breit genug fein, die Ber: 
teidiger und Wurfmajchinen aufzunehmen. Solcher 
Wall, dejjen normale Höhe 30 Fuß war (um Kar— 
thago 45 Fuß, App. 8, 95), leiftete dem aries 
wirkſameren Widerjtand, und jelbit wenn die äußere 
Mauer durchbrochen war, veritattete der breite Erd- 
damm noch nicht den Sturm. Die früher übliche 
Winfelgejtalt der Mauern wurde beibehalten, da- 
mit die Angreifer von verjchiedenen Seiten gefaßt 
werden fonnten. In Zwiſchenräumen von 150— 
300 Fuß (Bogenichußweite) twaren zu dieſem Zwecke 
Türme errichtet, namentlich an den Spiten der 
Winfel von jehr bedeutender Mauerftärfe zum 
Widerftande gegen den Widder umd die übrigen 
Breſchwerlzeuge und zum Zweck der Aufnahme der 
ungehenren Gewichte der Wurfmaſchinen. Die runde 
Geſtalt widerjteht am leichtejten dem Widderſtoße, 
doch da jie feine vorteilhafte Wirkung auf das 
Vorterrain und feine wirkſame Beftreichung der 
Swiichenmauern (Courtinen) geftattet, jo wählte 
man auch die ſcharfkantige, an den Thoren nament: 
lich die fünf: und jechsedige, zur größeren Kreuzung 
der Geſchoſſe. In diefen Türmen waren nunmehr 


10 


Belagerung. 


auch außer den früheren Scharten für die Bogen- 
ſchützen noch größere für ſchwere Geſchütze von dem 
verſchiedenſten Kaliber angebracht (Hvordsg, fe- 
nestrae), die mit beweglichen Schartenladen (x«- 
ivupere, Nouleaur) verjehen waren, damit der 
Feind nicht in diejelben hineintreffe. Am jchwerften 
jedod; waren die Thore, als die zuerjt und am 
meiften bedrohten Angriffspunfte, zu verteidigen. 
Gegen Feuer, von außen angelegt, hügte man jie 
durch Eifenbeichlag und goß aus Offnungen in der 
Mauer von oben Wafler herab; außerdem waren 
die > Seiten liegenden Türme von ausneh- 
mender Feſtigkeit. Auch waren vor den Thoren 
Außenwerke (propugnacula) angelegt, um bei 
einem zurüdgeworfenen Ausfall das gleichzeitige 
Eindringen der Feinde in die Stadt zu verhindern. 
Bu diejem Zwede hing über dem Thore ein Fall: 
gatter (cataracta) in eifernen Ringen und Sei: 
len, das plößlich mit großer Gewalt über die Ber: 
folger niederfiel, das weitere VBordringen derjelben 
verjperrte und zugleich den jchon eingedrungenen 
Feinden den Rüchzug abſchnitt und fie in die Ge: 
walt der Belagerten lieferte. Veg. 4,4. Lir. 27, 28. 
haupt war es namentlich bei Beginn der Be: 
lagerung für die Belagerten höchit wünjchenswert, 
den Feind jchon bei feinen erjten Anjtalten zu 
ftören und zu beunrubhigen; deshalb wurden an 
geeigneten Orten vor der Feſtung Vorwerke (mgo- 
reıziouere), die teils in niedrigen Mauern, teils 
in Ballijadierungen (zaoanwseıg) beftanden, an: 
gelegt und mit ſchwerem Geſchütze verjehen. Außer: 
dem ward das Terrain um die Mauern herum 
auf alle mögliche Weije benutzt, den Anrüdenden 
Hinderniffe in den Weg zu legen. Dicht vor den 
Mauern endlich zogen jich Gräben herum von hin: 
längliher Tiefe und Breite, mit Pallifaden ver- 
fehen und womöglich mit Wafler angefüllt, ſowohl 
zur Erjchwerung des Übergangs als auch zur Ber- 
eitelung untertrdiicher Gänge. Zu all diejem famen 
den Belagerten die jchweren Wurfgeichüge ebenjo 
gut zu ftatten als den Belagerten, — dies nötigte 
die leßteren, auch ihrerjeit$ auf jejtere und mehr 
mafjiv gebaute Schugmittel und Schutzdächer ihr 
Augenmerk zu richten, als früher. Dieje Dedungs- 
mittel waren die vineae, musculi, plutei und 
testudines. 1) Die vinene waren Schirmdächer 
von 8 Fuß Höhe, 16 Fuß Länge und 7 Fuß Breite. 
Veg. 4, 16. Sie beitanden aus 4—10 Pfählen 
. und bildeten, anein- 

ander gereiht, fürm- 

lihe Säulenhallen 

(porticus, Caes. b. c. 
‚2, 2); oben waren 
jie meiftens flach, doc 
— auch mit doppeltem 
Dache von Brettern 
und Flechtwerk, und an 3 Seiten mit Weiden: 
geflecht verjehen und zum Schutze gegen Feuer 
mit den jchon öfter erwähnten naſſen Häuten be- 
dedt. Da die Pjähle derjelben unten ſpitz waren, 
um in dem aufgeworfenen agger, der eben unter 
ihrem Schuße hergejtellt wurde, feſtſtehen zu können, 
jo mußten jie immer fortgetragen werden. Später 
legte man auch Walzen darunter und rollte fie 
weiter, da fie auch anftatt der musculi dienten 
und von den Schriftftellern auch wohl mit ihnen 
verwvechjelt werden. Tac. hist. 2, 21. — 2) Die 
musculi dienten zu den tiefen Erdarbeiten (daher 







197 


auch testudines fossariae), ſowohl zu offenen 
Gängen, als auch zur Untergrabung und Ein- 
veißung der Mauern, Ausfüllung der Gräben zc.; 
deshalb waren jie auch nur von ganz geringer 
Höhe und (nad Caes. b. c. 2, 10) bis zu k0 Fuß 
lang (dod) wird dieſe Zahl vielleicht mit Recht 
angegriffen), auf beiden Seiten mit Flechtwerk 
und naffen Häuten verjehen, oben mit Dächern von 
Ziegelſtein und Lehm, der durch darüber geleitetes 
Waſſer ftets feucht erhalten wurde. Der vordere, 
dem Feinde zugefehrte Giebel beftand zur Abhal- 
tung der feindlichen Geſchoſſe aus einem in drei— 
ediger Form vorjpringenden, bis auf die Erde 
niederfallenden Dache. Vitr. 10, 21. Sie wurden 
auf Walzen fortgejchoben. — 3) Die plutei, blohe 
Schugwände, waren oft nur eine gerade Wand, 
auch halbrund und win— 

felföürmig. Sie wurden 
auf drei beweglichen Rä— 
dern fortbeiwegt und dien 
ten zum Schuße derSchleu- H 
derer und — —— — 

die den Feind auf der — 
Mauer beſchoſſen. — 4) # — 

Den Namen der testudo ⸗ 

leitet Vitruv (10, 13) von % 

der langſamen Bewegung, _ 

Vegetius (4, 14) don der Ahnlichkeit mit einer 
Scildfröte her, indem unter derſelben der aries 
den Kopf bald vorftredt, bald einzieht. Die testu- 
dines haben zweierlei Beltimmung und darnad) 
auch verichiedene Gejtaltung: a) die Widder: 
ichildfröten (testudines arietariae, yelörau 
xPL0POE0.) dienten zur Dedung des in denjelben 
befindlichen Sturmbods und der dabei thätigen 
Mannschaft und mußten demmach eine beträchtliche 
Höhe haben; da fie in der größten Nähe des 
Feindes am Fuße der Mauer aufgeftellt wurden, 
jo mußten aud ihre Dächer und Seiten von vor— 
züglicher Stärke und feuerfejter Bededung fein 
(j. Aries). Nach vorn waren fie wohl auch offen, 
damit der Widder deſto unbehinderter jpielen fünnte, 
doch war oben ein Feines Vordach, um die foind— 
lichen Pfeile und Geſchoſſe nad) Möglichkeit abzu- 
nach hinten bedurften fie feines Schußes. 
In jpäteren Zeiten ward auf dem Dache noch ein 
Zurm errichtet von mehreren Stodwerfen, in deren 
unterftem Wafler gegen etwaiges ‚Feuer bereit ſtand, 
und deren andere mit Bogenjchügen und Fleineren 
Wurfmajchinen bejeßt wurden zum Angriff und 
zur Abwehr der feindlichen Mauerbejagung, die 
die Stöhe des Widders aufzufangen und abzulen- 
fen juchte. Vitr. 10, 19. Amm. Marc. 23, 4. 
Wenn die Widderjchildfröten auf Nollen nach ihrem 
beitimmten Standpunkte hin bewegt waren, jo 
mußten fie nad) hinten durch in die Erde ge- 
ſchlagene Pfähle befejtigt werden, damit jich nicht 
durch ihre Rüdbewegung der Widderſtoß abſchwäche. 
— b) Die Schüttſchildkröten (testudines ag- 
gestitiae, yeAovaı gworgideg) dienten zur Dedung 
derjenigen Soldaten, die mit Ausfüllung der Grä— 
ben und mit Ebenung der Terrains für die leich- 
tere Bewegung der großen Maſchinen, namentlic) 
der Wandeltürme (turres ambulatoriae), bejchäf- 
tigt wurden. Deshalb waren fie bedeutend nie- 
driger als die Widderjchildfröten und ließen das 
vordere Giebeldach bis zur Erde niederfallen, be: 
durften auch überhaupt, da fie dem Feinde nicht 





- 


15 


14 


198 


jo nahe famen wie jene, nicht des hohen, fchrägen 
Daches und des ftarten Baues. — War die hin- 
längliche Anzahl von Schugdächern vorhanden, jo 
galt als das nächſte Augenmerk, wie auch jchot 
vor Erfindung der 
schweren Geichüße, 
ſich mit den Bela: 
gerten wenigitens 
in gleiche Höhe zu 
verjegen, womög- 
lich über diejelben 
emporzuragen. Die 
— Erddämme (ag- 
geres) müſſen je: 
dod) nunmehr von 
bedeutenderer Dimenfion und größerer Feftigfeit 
aufgeführt werden, weil auf ihnen das ſchwere Ge: 
wicht der Wurfgejhüge und jelbit die Türme jet 
nach der Mauer hin fortbewegt werden follen. Die 
Errichtung diejer legteren an Ort und Stelle dul: 
deten nicht mehr die zerftörenden Wurfgefchoffe 
der Belagerten, deshalb wurden fie weitab inner: 
halb der Kontravallationslinie volljtändig auf einem 
Unterbau von 4, 6 oder 8 Rädern erbaut und je 
nach der Höhe der Mauern entweder auf ebenem 
Boden oder auf dem agger durd; Winden (Diod. 
Sie. 20, 48. 91), auch wohl durd) Zugvieh (Caes. 
b. Alex. 2) zur Mauer hinangebradıt, weshalb fie 
dann turres ambulatoriae hießen. Von ihnen 
müfjen nod) die transportablen Türme (muUg- 
yor gYopnrod) unterjchieden werden, die leichter 
gebaut, auseinander genommen und jchon in ihren 
Bejtandteilen fertig dem Heere nachgeführt und bei 
weniger feiten Pläben zum fofortigen Angriff in 
Anwendung gebracht wurden, während die Wandel: 
türme mit ihren größeren Dimenfionen erft vor 
der Feftung und zu jeder einzelnen Belagerung 
bejonders erbaut wurden. Den Feind juchte man 
über die wirkliche Höhe des Turmes dadurd zu 
täuſchen, daß man nur einen Teil desjelben auf 
dem Damme an die Mauer hinanbewegte und die 
bereit gehaltenen Balten zu immer neuen Stod: 
werfen zujammenfügte und ſomit von der Höhe 
herab die Mauer beherrichte. Die ſ. g. Streit: 
türme (E£imolıs, Städtenehmer), eine Erfindun 
des Demetrios Poliorketes, unterjchieden fich — 
großartigere Konſtruktionen, ſo daß ſie ſelbſt die 
ſchwerſten Wurfgeſchütze aufnehmen fonnten; doch 
bezeichnet man ſpäter auch mit helepolis die von 
Vitruv bejchriebenen testudines arietariae, Amm. 
Mare. 23, 4. Die Höhe der Wandeltürme richtete 
fi nad) den Mauern und nad) ihrem Standpunkte 
auf ebenem oder aufgeworfenem Boden, gewöhn— 
lich hatten fie zwiichen 90-180 Auf und umfahten 
10— 20 Stodwerte (tabulata, oreyn). Gegen Feuer 
waren fie auf die gewöhnliche Weile geſchützt und 
außerdem zur Abhaltung der Wurfgeichofle mit 
Eiſenblech beichlagen. In den unteren Stockwerken 
ftand eine reichlicdhe Mafje Waffer zur Dämpfung 
eines etwa ausbrechenden Brandes bereit. Am 
Innern verbanden Treppen und Leitern die Ab- 
teilungen, und jedes Stodwert hatte außerhalb 
einen Gang von 3 Fuß Breite, circuitio, mit 
einer Bruftwehr verjehen. In gleicher Höhe mit 
der Mauer war eine Brüde angebracht, die ent: 
weder in Seilen und Striden hing und von oben 
auf die Mauer niedergelafien (sambuca, saußvan, 
Zmıßdhoe), oder in gerader Richtung aus dem 





Belbina — Belesys. 


Turme hinausgeichoben wurde (exostra); dabei 
war aber eine genaue Berechnung der Mauerhöhe 
und der Entfernung des Turmes von der Mauer 
unerlählich, einmal damit die Brüde auch wirklich 
die Mauer faßte, aber andernteils and) wicht zu 
weit über die Zinnen hinausragte, in welchem Falle 
fie leicht von unten angezündet werden fonnte. 
Die Fallbrüden wandte man aber auch jelb- 
ftändig an; namentlich wenn von der Seeſeite aus 
eine Stadt belagert wurde, verband man nad 
Pol. 8, 6 (vgl. Liv. 24, 34) je 2 Schiffe nach Ent- 
fernung bon je einer verjchiedenen Ruderreihe, 
legte darüber der Yänge nach 4 Fuß breite Lei— 
ter, an beiden Seiten mit Bruftwehren verichen, 
jo daß das andere Ende weit über die Schiffs: 
ichnäbel hinausragte und an Tauen über den 
Maften auf die Mauern niedergelaffen wurde. Auf 
dem Lande bedurfte es nur eines Unterbaues, auf 
dem die Leiter mit dem Fuße ruhte, während das 
andere Ende von Seilen gehalten wurde, die über 
eine auf derjelben Unterlage befeftigte hohe Stange 
gingen. Die Belagerten juchten dieje Brücen durch 
ſchwere Gewichte zu zerichmettern (Tue. hist. 4, 23), 
oder jie riffen die auf denjelben Anftürmenden 
durch Halen (lupi) herunter, entriffen ihnen die 
Schilde, um fie wehrlos den Geſchoſſen auszuſetzen; 
die jchredlichiten Schmerzen jedoch verurſachte glü— 
hender Sand, der mit Majchinen geworfen jelbjt 
durch die Fugen der Nüftung drang (Curt. 4, 3. 
Diod. Sie. 17, 44); endlih auch juchte man den 
Feind durch übergeworfene Netze in feinen Be- 
wegungen zu hemmen. Diod. Sie. 17, 13. Gegen 
Seeangriffe verteidigte man fich and; noch durch 
die j. g. manus ferreae, auch corvi genannt. 
Sie waren eine Erfindung des Archimedes (Pol. 8, 8; 
doch vgl. Curt 4, 3) und bejtanden in eijernen 
Widerhalen, die durc eine lange eiferne Kette an 
dem einen Ende eines dem Brunnenjchwengel ähn- 
lien Gerüftes befeftigt waren und mit denen man 
von oben herab die feindlichen Schiffe, welche fich 
zum Angriff unter der Mauer aufgeftellt hatten, 
zu fallen und in die Höhe zu ziehen juchte; Tieh 
man diejelben alsdann plößlich wieder fallen, jo 
ichlugen fie um, zumal wenn fie noch mit An— 
—— beſchwert waren. Nach allen dieſen 
Angriffs- und Verteidigungsmitteln war den Be— 
lagerern auch noch die ſicherſte Kunde von den 
Lokal- und ſonſtigen Verhältniſſen in der belager: 
ten Stadt wünfchenswert. Yu dieſem Zwede wurde 
der tolleno gebraucht, ein auch dem Brunnen: 
ſchwengel ähnliches Gerüft, an defien einem Ende 
ein Heiner Korb oder Kaſten einige Soldaten ein: 
nahm, die alsdann zur erforderlihen Höhe durch 
das Herabzichen des andern Endes erhoben wurden. 
Veg. 4, 21. Die Belagerten bedienten ſich des— 
jelben, um jenfrecht Schwere Maſſen auf die Feinde 
und ihre Sturmböde niederzuwerfen (Liv. 38, 5) 
oder um einzelne Stürmende zu faflen, in die Höhe 
zu reihen und in die Stadt oder in das Yager zu 
ichleudern (Tae. hist. 4, 30). 

Belbina, Bfißıwe, j. St. Georgio d'Arbora 
oder Hagios Georgios, Heine Inſel zwiſchen Attika 
und Argolis, öjtlich vom argoliidhen Borgebirge 
Styllaion, deren Bewohner von den Mthenern 
öfter im verächtlichen Sinne genannt werden. Hdt. 
8, 125. Sie gehörte dem attischen Seebunde an. 
Strab. 8, 375. 9, 398. 

Belösys, Belsovs, nach Kteſias ein Chaldäer, 


16 


os 


Beleuchtung. 


199 


Zatrap von Babylonien unter Sardanapal, jtürzte | Hochzeitfeiern wurde die Braut bei Beginn der 


diejen im Bunde mit dem Meder Arbafes 883 
v. E. Diod. Sie. 2, 24 ff. 

Beleuchtung. 1. Bei den Griechen geichah in 
der älteften Zeit die Hervorrufung von Feuer durch 
Reibung zweier Hölzer (rvgeia). Mit einem Bohrer 
aus hartem Holze (rgurzaror) ſuchte man eine 
Unterlage aus weichem Holze (Loydo«) zum Slim: 
men zu bringen (Hom. hymn. in Merec. 111). Doch 
den verhältnismäßig wenigen Nachrichten über dieje 
Art der Fenererzeugung ſteht eine große Anzahl 
anderer entgegen, welche darauf hinweijen, daß 
man, nicht im Bejige von Feuerzeug, vielmehr das 
Teuer auf dem Herde zu erhalten oder, wenn es 
erloichen, dasjelbe im Nachbarhauſe zu befommen 
ſuchte. In ſpäter römischer Zeit werden allerdings 
Schwefelfäden erwähnt (Martial. 1,42. 10, 8), doc) 
ift mit Unrecht auf eine Art Feuerzeug geichlofien, 
da der Schwefel an ſich durch Reibung ſich nicht 
entzündet. Der Beleuchtungsapparat innerhalb des 
Haujes beftand zunächft aus Kienfadeln (dades). 
Hom. Od. 1, 428. 23, 290. 11. 24, 647. Außer— 
dem erwähnt Homer auch noch Auumrijges, auf 
hohen Ständern ruhende TFeuerbeden, auf denen 
man Kienholz anftedte zur Erleuchtung der Zimmer 
(Hom. Od. 18, 306. 19, 63). Der dadurch ent: 
ftehbende Rauch (Od. 16, 284 ff.) entjtieg aus einem 
Loche in der Dede (Od. 1, 320). Eine andere Art 
der Fackeln hieß Parög oder pyavıj: in Pech, Harz 
oder Wachs getränfte und durch Bänder eng zuſam— 
mengehaltene Holzitüde wurden in eine metallene 
Hülſe geitedt, welche fich inmitten einer Schale 
(zirga) befand. Dieje diente dazu, die herab- 
fallenden Kohlen oder das herabtröpfelnde Harz 
anfzufangen. Solche Yavol wurden entweder mit 
der Hand getragen oder fonnten, wenn der Griff 
fih zu einem langen Schaft (xuviög) verlängerte 


| 


— — — — — — — — — — — — — —— — — 


und mit einem Fuß verſehen war, hingeſtellt 


werden und hießen in dieſer Geſtalt yuroomovs, 
kaurerno ober Avyrodyog (nach Buhl und Koner). 
— In der nachhomeriſchen Zeit war die Ollampe 
(kuyvog) zur Erleuchtung des Hauſes vorherrichend, 
Bachs: und a rg werben erſt in jehr jpäter 
Zeit erwähnt. Die Lampe war meijt Hein und 
niedrig, ohne Fuß und wurde oft auf einen Leuch— 
ter (Avgrior) aufgejegt. Die Form war meift jchiff: 
förmig mit einem Ohrchen, ‚einer Öffnung in der 
Mitte zum Eingiefen des Ols und einem najen: 
artigen Anſatz (wuxrjg oder udka), worin eine 
oder mehrere Öffnungen für die aus den wolligen 
Blättern einer Bflanze oder aus dem Mark der 
Binjen bereiteten Dochte (Bovalils, Zikhyvıor 
oder pAouos) fidy befanden. Das Gefäß war ge: 
wöhnlich von gebraunter Erde oder auch von Metall. 
Bei abendlihen Ausgängen und jpäter Heimkehr 
bediente man jich der Fradel oder Yaterne, die 
Ärmeren trugen fie jelber, Reichere liefen ſich von 
Sklaven vorleuchten. Die Laternen bejtanden aus 
durchfichtigem Horn (Avyroüyo«), aber vielfach auch 
aus Blaje (vHorıg, vesica), ſpäter auch aus ge: 
ölter Leinwand (Plaut. Bacch. 3, 3, 42. Cic. ad 
Att. 4, 3,5), hernady bei den Römern auch aus 
Glas (laterna inde vocata, quod lucem interius 
habet clausam, fit enim ex vitro intus recluso 
lumine, ut venti flatus adire non possit et ad 
praebendum lumen facile ubique circumferatur). 
In Sparta mußte man ohne Leuchte nach Haufe 
gehen (Plut. Lyc. 12. Xen. resp. Lac. 5). Bei 


Nacht in das Haus des Bräutigams geleitet unter 
Begleitung von radeln (dadsg vuupızar), die von 
der Mutter der Braut angezündet waren. Die 
Mutter des Bräutigam empfing an ihrer Thür 
das Brautpaar ebenfalls mit Fackeln. — Leucht— 
türme an der Mecrestüjte oder auf hohen Bergen 
zur Warnung oder Orientierung der Schiffer er- 
wähnt jchon Homer (Od. 10, 28. Il. 19, 375 ff.); 
der berühmtejte auf der Inſel Pharos (Strab. 17,791), 
aus weißem Stein erbaut durch Softratos aus 
Knidos unter der Regierung des Ptolemaios Bhi: 
ladelphos, joll 547 Fuß * eweſen und 41 Mei— 
len weit auf dem Meere ſichtbar geweſen ſein 
(Flin. 36, 18. Caes. b. c. 3, 112). — II. Bei den 
Römern waren in alter Zeit die candelae vor 
der Öllampe (lucerna) im Gebrauch. Dieje Kerzen 
(ecandelae) waren teil mit Wachs (cereae) teils 
mit Talg (sebaceae) umgebene Binjen. Sie er: 
hielten jich ipäter nur in den Häufern der ärmeren 
Leute und wurden auf einen Handleucdhter (cande- 
labrum, Avyvonzog), der oben mit einem Stifte 
verjehen war, geitellt. Später hieß candelabrum 
der große auf dem Boden ftehende Yampenträger. 
Das Material desjelben war bei den Armeren 
Holz, aber in Paläften und Tempeln, überhaupt 
wo die Kandelaber unverrüdt ſtehen blieben, gab 
e3 auch marmorne, mit Reliefs geijchmüdte; für die 
Götter wurden fie auch wohl aus edlem Metall, 
Edelfteinen und Gold verfertigt, 3. B. der von 
Antiochos für den Tempel des Jupiter Eapitolinus 
bejtimmte (Cie. Verr. 4, 28. 32). Für gewöhnlich 
beftanden jie aus Bronze (ahenea candelabra). 
Außerdemgabesaud 
Kandelaber zum Auf: 
hängen der Yampen, 
die in jo viele Zweige 
oder Äſte ausliefen, 
als fie Lampen tra: 
gen jollten; aud) 

jolche, die ſich höher 
oder niedriger ſchie— 
ben lichen; endlich 
auch Kronleuchter, die 
von der Dede herab 


hingen (lycbnuchi 
pensiles). — Die Ol: | 
lampen (lucernae) & 


waren meiftens aus 
Thon verfertigt, doch 
werden auch filberne, 
goldene, bleierne, cherne, gläferne, auch marmorne 
erwähnt. Sie waren von geichmadvollen Formen, 
oben, wo ji die Offnung zum Oleingießen be: 
fand, mit müythologiichen Segenftänden und Em: 
biemen jchön verziert. Sie bejtanden aus dem bald 
freisrund, bald elliptiſch geformten Olbehälter (in- 
fundibulum), der Tülle (nasus), durch welche der 
Docht gezogen wurde, und der Handhabe (ansa). 
Je nachdem fie für einen oder mehrere Dochte 
eingerichtet waren, unterfchied man luc. mono- 
myxos, dimyxos u. ſ. w. Die meijten Dochte (bis 
zu zwölf) hatten die großen lucernae tricliniares; 
andere hiefen cubiculares (das Schlafzimmer der 
Erwachſenen war bei den Römern nur ausnahms— 
weife erleuchtet, Tac. ann. 14, 8. 44. Val. Max. 
1, 7, 7, gewöhnlich nicht, Cie. dir. 1, 20. 1, 36. 
Sen. de ir. 3, 36. Or. fast. 2, 337 f. 791 f.), bal- 





3 


— 


200 Belgae — Bellerophontes. 


neares (erft in der Kaiſerzeit), sepulcrales, deren | Unter Konſtantin wurde Byzanz am Abend des 
noch viele vorhanden find. Manche haben Heine | Ofterfeftes mit vielen Yampen und Wachslichtern er: 
Inschriften, welche die Werkftätte angeben, aus der | leuchtet. Vgl. Miller, die Beleuchtung im Altertume 
jie hervorgingen. Zum Putzen der Schnuppe vom | (Progr. von Aichaffenburg 1885 u. 1886), woſelbſt 
Dochte (putres fungi) und zum Hervorziehen des: auch die reichhaltige Litteratur verzeichnet ijt. 
jelben hatte man Heine jpißige hafenförmige In) Belgae, Beiyaı. Ihr Gebiet bildete nadı Cäjar 
jtrumente, die durch eine Kette an dem Lampen: |(b. g. 1, 1) den dritten Teil Galliens und beftand 
gefäße befeftigt oder auch an dem Kandelaber an: | aus dem nördlichen Teil des Landes; durch die 
gebracht waren; die Lampen wurden vorzugsweife | Sequana (Seine) und Matrona (Marne) waren fie 
mit Ol gefpeift, ausnahmsweife auch mit aphtha: von den eigentlichen Galliern gejchieden. Große 
Nicinusöl (oleum rieinum) gab wegen jeiner | Tapferkeit zeichnete fie vor den andern Bewohnern 
Fettigkeit ein düfteres Licht. Die lucerna wird | Galliens aus, jo daß fie auch den Eimbern und 
öfters als Studierlampe der Gelehrten erwähnt | Teutonen erfolgreichen Widerftand geleiftet hatten. 
(Cie. ad Att. 7, 7. 19. 8, 2. Hor. ep. 1, 2, 35).\ Sie waren nad der Anficht einiger germani— 
Cicero fchreibt bei nächtliher Lampe feine Reden ſchen Uriprungs. Als die bedeutenditen Bölfer: 
zujammen und trinft Wafjer dabei (Dio Cass. 46,18). | jchaften treten bei Cäjar hervor die Bellovater, 
Auch die Schulknaben mußten jeder jeine Lampe | die Suejlionen, Nemer, Moriner, Menapier, Adna: 
mitbringen, da der Unterricht jchon vor Sonnen: | tuler und befonders die Nervier (j. d.); die Summe 
aufgang begann (Juven. 7, 222 ff.), ein SHave | ihrer waffenfähigen Mannfchaft wurde auf 1 Million 
(«apsarius) trug ihnen die Lampe und die Schul: geſchätzt. Im Ki 

mappe. — Obſchon fid in Rom das geiellige 
Leben mehr auf die Nachtzeit bezog, waren doc 

nur, wie bei den Griechen, zur Leuchte auf den 


eden verband fie fein gemein: 


james Band, nur der Krieg vereinigte fie. Cäſar 
mußte 7 Fahre mit ihnen kämpfen, bevor er fie 
befiegte. 


Belgica umfahte als rö- 
miſche Provinz (jeit Auguft) 
nicht bloß das Land der 
Belgen zu Cäſars Zeit, fon: 
dern den ganzen nordöftl. 
Teil Galliens zwiichen Se: 
quana, dem Germanijchen 
Dcean, Rhenus, Rhodanus 
und Arar, und grenzte im 
W. an Gallia Lugdunensis, 
im N. an das fretum Gal- 
licum und den Germani— 
ſchen Ocean, gegen D. an 
Germanien,  Bindelicien, 
Rhätien, gegen ©. an Gal- 
lia Cisalpina und Narbo- 
nensis ; es begriff aljo außer 
dem norböftl. Frankreich das 
heutige Belgien, einen Zeil 
der Niederlande, Elijah: 
Lothringen, die preußiiche 
Nheinprovinz, Rheinbayern und den größten Teil 
der Schweiz in ich. 

Belgium ſcheint bei Cäſar nicht einen einzelnen 
Teil Belgiens (nad) der gewöhnlichen Annahme 
nur die Bellovaci, Atrebates, Ambiani), fondern 
das ganze Land der Belgä, Gallia Belgica, zu 
bezeichnen. Caes. b. g. 5, 12. 24 f. 8, 46. 49. 54. 

Bellerophontes oder Belleröphon, Beils- 
gopörens, Beilegopar, Sohn des Königs Glaukos 
in Korinth, Enfel des Siſyphos, oder Sohn des 
Poſeidon, ein von den Göttern geliebter, edler, 
mannbafter Held. Er hieß eigentlich Hipponoos, 
ſoll aber B. genannt worden fein, weil er den 
Ktorinthier Belleros getötet. Wegen diejes Mordes 

oh er nach Argos zu dem König Proitos; diejer 
chiete den von jeiner Gemahlin Anteia (oder 
Stheneboia) verleumdeten Jüngling zu feinem 
Schwiegervater, dem Inkifchen König Jobates, 
mit dem ihm in Zeichenichrift (orjuara« Avyod, 
Il. 6, 168) mitgegebenen Auftrag, ihn zu töten. 
Jobates wollte ihn nicht jelbjt töten, jondern trug 
ihm die Bejiegung der EChimaira (j. d.) auf. 
B. bejiegte das Ungeheuer mit Hülfe des geflügel- 
ten Rofies Begajos. Darauf überwältigte er noch 





dunfeln Straßen Fadeln und Laternen im Ge: 
braud. Eine regelmäßige Straßenerleuchtung ift 
in Rom nicht nachzuweiſen (wohl aber in den 
ipäteren Jahrhunderten in Antiocheia und Edefla), 
aber bei feitlihen Spielen war das forum und 
comitium mit Lampen erleuchtet, wofür die Ädilen 
zu forgen hatten (Cie. Verr. 1, 22. 58). Galigula 
lieg die von ihm von Puteoli über die See nadı 
Bauli aufgeführte Brüde erleuchten (Die Cass. 
59, 17. Suet. Cal. 19). Überhaupt verlegten die 
Kaijer die Spiele vielfach auf die Nächte, die durch 
eine Unmafje von Lampen zum Tage gemacht 
wurden (Tac. ann. 14, 15. 20. 21). Wuc das 
prächtige Feſtmahl des Tigellinus, dem Nero zu 
Ehren, auf dem Teiche der Agrippina ward durch 
brillante Erleuchtung verherrlicdht (Zac. ann. 15, 37). 
Illuminationen werden jchon gegen Ende der Re: 
publif erwähnt (Plut. Pomp. 57). Als Cicero nad) 
der Entdedung der Verſchwörung des Catilina über 
den Marlt nach Haufe ging, waren die Straßen 
hell wie am Tage durch Ausftellung von Lampen 
und Fadeln vor den Thüren erleuchtet (Plut. Cie. 22). 
Auch Nero ließ dem einziehenden Tigranes zu 
Ehren die ganze Stadt illuminieren (Dio Cass.63, 4). 





Bellona — Beneficiarius. 


im Auftrag des Jobates die Solymer und die 
Amazonen und auf der Rückkehr einen von Jobates 
gelegten Hinterhalt der tapferjten Lykier. Nun 
erfannte Jobates feine göttliche Abftammung, ver: 
mählte ihn mit jeiner Tochter (Philonoe, Anti: 
Heia, KRafjandra), mit der er Iſandros, Hippo: 
lochos und Laodameia zeugte, und teilte mit ihm 
die Herrichaft. Später ward B. den Göttern ber: 
haft und jchweifte, die Menjchen fliehend und fich 
in Gram verzehrend, auf dem Aleischen Felde (von 
ahconer) umher. Nach Pindar zog er fich den 
Götterhai zu, weil er jich auf dem Pegaſos zum 
Himmel aufichwingen wollte. Zeus verjeßte das 
Roß durd eine Bremje in Wut, er fiel herab und 
ward lahm und blind. Il. 6, 152 ff. Pind,. ol. 
13, 60 ff. isthm. 7, 44. Bei Homer iſt Proitos 
Herricher von Korinth, ein naher Verwandter des 
B. (fein Bater war Therjandros, Bruder des 
Glaufos, Paus. 2, 4, 3. 10, 30, 5); er muß die 
Familie des B. der Serrichaft beraubt haben. 
Spätere, und zwar zuerjt wohl die Tragifer, haben 
an die Stelle des forinthiichen Siſyphiden den 
Argeier oder Tirynthier Proitos, Sohn des Abas, 
gejegt, und nun mußte der Mord des Belleros 
als Grund erdichtet werden, weshalb B. von 
Korinth nad) Argos floh. B. wurde zu Korinth 
als Heros verehrt; er hatte dajelbjt in dem Cy— 
prefienhain SKraneion einen heiligen Bezirk und 
ſtand mit dem Pegajos im Tempel des Sofeidon, 
von dem er eine bejondere Seite, die des Tootu- 
dar Inrıog, zu bezeichnen jcheint, in enger Ver: 
bindung. Paus. 2, 2, 24. 3, 5. 

Bellöna oder Duellöna (von bellum oder 
duellum), Kriegsgöttin der Römer, Schwejter oder 
Gemahlin oder Tochter oder Amme des Mars. An 
der Rüdjfeite ihres Tempels auf dem Campus Mar- 
tius, worin die Gejandten der auswärtigen Bölter 
und die aus dem Kriege zurüdfehrenden, auf einen 
Triumph Anſpruch machenden Teldherren vom 
Senat empfangen wurden, ftand eine Säule, an 
welcher die Fetialen die Geremonie der Kriegs: 
erflärung, den Speerwurf, vornahmen. Or. fast. 
6, 201 ff. Sie war eine altitaliiche Gottheit, wahr: 
icheinlich von jabinifcher Herkunft; jpäter wurde 
fie mit Birtus identifiziert. Zu unterjcheiden von 
ihr ift die mit ihr verichmolzene aſiatiſche Göttin, 
welche aus Romana in Kappadokien wahrjcheinlich 
zur Zeit des mithridatiichen Krieges von Staats 
wegen in Rom eingeführt wurde und in einem 
neuen Lolale ihren blutigen, orientalifch-fanatischen 
Dienit erhielt. Kappadokiſche Brieiter (Bellonarii) 
verjahen ihren Dienft, zogen an ihren Feittagen 
durch die Stadt, verwundeten ſich in ihrem Tempel 
beim Opfer mit dem Doppelbeil Arme und Lenden 
und brachten jo der Göttin Menjchenblut dar, in: 
dem fie dabei weisjagten (Ähnliches that die Ober: 
priejterin, Tibull. 1, 6, 43; vgl. Verg. A. 8, 708). 
Bellona wurde identifiziert mit der griechijchen 
Enyo (Ervo), der mordenden Kriegsgöttin und 
Städtezerjtörerin, die mit Ares (Ervdkrog) im 
Kampfe wütet. II. 5, 333. 592. 

Belloväei, Bsilodxo:, das größte und anjehn- 
lihjte Volk der Belgen (Caes. b. 4. ?, 4. Strab. 
4, 194), zwiichen Sequana, Samara (Somme) und 
ara (Dife) jehhaft, welches fich bei dem Auf: 
ftande des Landes an die Spike ftellte. Die mehr: 
malige Schonung, welche Eäjar ihnen bewies, hin: 
derte fie nicht, immer wieder die Gelegenheit zum 


201 


Aufſtand zu ergreifen, und erjt mach der Beſiegung 
von ganz Gallien wurde ihre Macht gebrochen. 
Caes. b. q. 8, 7 ff. Ihre wichtigiten Städte waren 
Caeſaromagus (j. Beauvais), Auguſtomagus 
(j. Senlis) und befonders Bratufpantium (). d.). 

Belos, Blog, I. Berjonenname: 1) einer 
der 3 großen babylonijch - afigriichen Götter, in 
den Inſchriften Bilu, der Gott der Erde, „der 
Bater der Götter, der Schöpfer‘; der j. g. alte Bel, 
mit der Göttin Bilit (Beltis, bei Herodot Mylitta) 
zur Seite. Doc iſt B. oft auch bloßer Beiname 
anderer Götter, wie des Merodach, des Stadtgottes 
von Babylon, und des Nebe, des Gottes von Bor: 
jippa. Dem einen oder dem andern diejer beiden 
war der berühmte Stufentempel des Bel geweiht. 
Hdt. ı, 131. 181. Der Sonnengott Baal der Ka: 
naaniter, namentlich der Phoinikier, neben welchem 
die Mondgöttin Aftarte jteht, hat mit dem baby: 
loniſchen Bel nichts als den Namen gemein. — 
2) j. Danaos. — 3) Großvater von Agron, dem 
erſten lydiſchen — aus der Dynaſtie der Hera— 
kliden. Hdt. 1, 7. — II. Fluß in Phoinikien, nörd— 
lich vom Karmel, j. Nahr Naamän, entſpringt aus 
einem See und mündet nach kurzem Lauf bei Pto— 
lemais, berühmt als Fundort der Purpurſchnecken. 
Der feine Uferſand ſoll die erſte Veranlaſſung zur 
Glasfabrikation gegeben haben. Tac. hist, 5, 7. 
Plin. 5, 19, 17. 36, 26, 65. 

Benäcus lacus, größter See in Oberitalien, 
zwiſchen Briria und Verona, dem der Mincius: 
fluß (j. Mincio) entjtrömt, j. Yago di Garda, be- 
fannt durch feine herrlichen Ufer. Verg. @. 2, 160. 
Strab. 4, 209. Auf der Halbinjel Sirmio (j. Ser: 
mione) lag Eatulls Landgut (Catull. ce. 31). 

Bendis, Bevdis, weniger richtig Bevdıs, thra— 
fiihe Mondgöttin, in Attifa, wohin ihr Dienft 
429 v. C. fam, mit Artemis und Hekate identifiziert 
und göttlich verehrt. Im Beiraieus ftand ein Bei: 
ligtum derjelben, Bevdidsıor. Xen. Hell.2,4, 11. 

Bene, Brjen, Stadt im öftlichen Kreta, Heimat 
des Dichters Rhianos (j. d.). 

Beneficiarius (miles), zunächit derjenige Sol: 
dat, welcher als Auszeichnung und zur Belohnung 
die vacatio munerum castrensium erhalten hatte, 
d. h. nur zur Schladyt und nicht zu den gewöhn— 
lichen Wachen, Erdarbeiten und zum Fouragieren 
fommandiert werden fonnte. Cäſar bildete aus 
ihnen eine bejondere Truppe zu feiner Leibwache 
(b, e. 1, 75) und nahm beim Avancement nament- 
lich auf fie Nüdficht (vgl. b. e. 3, 88). Doch unter 
den Kaiſern artete dieſe uriprüngliche Auszeichnung 
in einen Gelderwerb der Genturionen aus, indem 
fie durch schlechte Behandlung die Soldaten jo 
lange quälten, bis jie die Bergünftigung eines 
benefic. (vacatio, commeatus) erlauften. Tae. 
ann. 1, 17. Diejenigen Soldaten, welche nicht das 
Geld dazu beſaßen, juchten es jich auf irgend eine 
Weife, durch) Raub oder Plünderung oder andere 
einen freien Soldaten entehrende Dienfte (servili- 
bus ministeriis), zu verichaffen, was fie auch unter 
dem Schuge der mitwiffenden Centurionen ohne 
Strafe erreichten. Dadurch fiel natürlich auf die - 
ge Zeit Nichtbefreiten defto größere Mühe und 

nftrengung, wodurd Unwille und Widerſetzlich— 
feit in dem Deere einriß. Dazu kam, daf die Maſſe 
der Befreiten (zu Zeiten der vierte Teil des Heeres, 
Tac. hist. 1, 46), der Anftrengung und der mili— 
täriſchen Disziplin entwöhnt, bald zur Empörung 


202 Beneventum 


geneigt ward. Daher bei allen militäriichen Unruhen | 
die Forderung, daß ihnen die Abgabe für die Be- 
freiung erlaffen würde. Den Mißbrauch ganz auf: 
—— wagte man nicht; deshalb traf Otho die 
inrichtung, damit auch die Centurionen den bis— 
herigen, wenngleich nicht geſetzlichen Erwerb bei: 
behielten, daf; das Geld dazu aus dem Fiskus bezahlt 
wurde, Bitellius betätigte dies (Tuc. hist. 1, 58), 
und in der Folge wurde es förmlich Sitte (daf. 1,46). 

Beneventum, noch j. Benevento, eine der älte— 
ften —— Städte Italiens, die bald zu Sam— 
nium, bald zum Gebiet der Hirpiner gerechnet wird, 
am Zuſammenfluß des Sabatus und Calor, nord— 
öſtlich vom Mons Taburnus, in einer ar 
überaus wichtigen Lage. Wegen der ichlechten Luft 
joll jie früher Maleventum genannt worden jein 
(Liv. 9, 27), bis nad dem großen Siege über 
Porrhos (275 dv. E.) der Name im Beneventum 
geändert wurde. Am J. 268 wurde eine römische 
Kolonie dorthin geführt, zu deren Vergrößerung 
und Hebung Auguſtus bedentend beitrug, ſowie 
die folgenden Kaiſer, jo daß fich noch jetzt anjehn: 
liche Überrefte, namentlich der prachtvolle Triumph: 
bogen des Trajan (Porta aurea), dort finden. 
Strab. 5, 249. 250. 

Berekyntes, Beodxvrreg, Beoendrrai, hieß 
ein fpäter untergegangener Volksſtamm der Phry— 
gier, nad) dem eine an Buchsbaum reihe Gegend 
an der kariſchen und lydiſchen Grenze Berecyn- 
tius tractus genannt war (Plin. 5, 29, 29). Bere- 
eyntius wird daher von den Dichtern für phry- 
giſch gejagt, und jo heilt Kybele mater Bere- 
eyntia (3. ®. Verg. A. 6, 785); vgl. Hor. od. 
4, 1, 22: tibia Berecyntia. Auch eine Stadt B. 
am Sangariosfluffe und einen Berg B. gab es 
nad) den Nachrichten der Grammatiker. 

Berekynthos, Beodxvurdos, Bergzug im weſt— 
lihen Teile von Kreta, j. Malara. Diod. Sie. 5, 64. 

Berenike (Beronike, mafedon. Form = Pege- 
van, davon Veronica), Begerian, Name mehrerer 
rauen, 1) die geiitvolle und treffliche Tochter des 
Lagos, Gemahlin des Makedoniers Philippos und 
Mutter des Magas, des jpäteren Beherrichers von 
Sirene. Ungefähr jeit 317 v. E. war fie mit ihrem 
Stiefbruder, Btolemaios I. Soter, vermählt, dem fie 
Ptolemaios Il. Bhiladelphos gebar. Plut. Pyrrh.4. 
Schol. Theoer. 17, 34. 61. — 2) Tochter des 
Magas von Kyrene, von diejem frühzeitig mit dem 
ägyptiichen Thronerben Ptolemaios verlobt, wurde 
nad) des Vaters Tode (258 v. E.) von ihrer Mutter 
Apama (nad) andern Arfinoe) Demetrios dem 
Schönen, Bruder des Antigonos, zugleich mit dem 
Neiche Kyrene angeboten. Da aber Demetrios mit 
der Mutter der B. ein verbrecheriiches Berhältnis 
anfnüpfte, wurde er 250 ermordet, worauf B. den 
ihr jchon früher verlobten König Ptolemaios III. 
Euergetes von Agppten (um 246) heiratete. Just. 
26, 3. Im J. 220 fand fie ihren Tod auf An— 
ftiften des Sofibios, eines Günſtlings des Btole- 
maios IV, Nach ihrem glänzend jchönen Haupt: 
haare gab der Aitronom Konon einem Sternbilde 
am nördlichen Himmel den Namen. Catull. c. 66. 
— 3) Tochter des jüdischen Königs Agrippa I., war 
zuerſt Gemahlin des Herodes von Chalkis. Nach 
deffen Tode jtand fie im Verdacht des biutichände- 
riijhen Umganges mit ihrem Bruder Agrippa II. 
(Sue. 6, 158), dejien Reich in Galiläa und Beraia 
nach dem jüdiichen Kriege vergrößert wurde und der 


— Bessos. 


nad; der Zerftörung Jeruſalems ein eigenes re- 
gnum Ituraeae behielt. Während diejes Krieges 
faßte Titus Neigung zu ihr, ließ fie nah Rom 
fommen und nahm jie im jeinen PBalajt auf. Er 
hätte fie auch geheiratet, wenn er nicht der öffent: 
lihen Meinung hätte Rechnung tragen müſſen. 
Tac. hist. 2, 2. 81. Dio Cass. 66, 15. 18. — 
Denjelben Namen führten mehrere Städte in Agyp— 
ten, Siyrenaifa u. j. w. 

Bergömum, B&eyouor, j. Bergamo, Hauptitadt 
der inſubriſchen Orobier im cisalpiniichen Gallien, 
ipäter röm. Munmicipium, zwiſchen Comum und 
Briria, bekannt durch feine Kupferbergwerte, eine 
der erſten galliichen Gründungen in diejer Gegend. 
Die Einwohner heißen Bergomates. 

Bermios, Béoutos, j. Turla und Dora, Ge— 
birgszug Makedoniens in ‚der Richtung von NW. 
nad) 8 zwiichen den Flüffen Ludias und Halia- 
kmon hinlaufend, trennt das obere Makedonien von 
Edonia und dem unteren Makedonien. Hdt.8, 138. 
Strab. 7, 330. 

Beroia, Béootue, B£pgor«, 1) Stadt in Syrien 
am Fluffe Chalos (Kowaif), das jetzige Aleppo 
oder Haleb, von Seleufos Nitator vergrößert, aber 
erjt im Mittelalter bedeutend. Strab, 16, 751. — 
2) Stadt in Makedonien (Emathia), am öftlichen 
Abhange des Bermios, j. Verria mit Ruinen. 
Thue. 1, 61. Pol. 27, 8,5. Nach der Schlacht bei 
Pydna (168 v. E.) ergab fich die Stadt zuerft den 
Römern. Liv. 44, 45. Hier lehrte etwa 52 n. €. 
der Apoftel Baulus. 

Berössos (Berosos), Brjowssog, Brjegwsoös, ge: 
boren um 330 v. E. zu Babylon, Priefter am dortigen 
Belstempel, jchrieb unter Antiochos Soter (um 270 
v. E.) neben verichiedenen aftronomijchen Werten 
die Geichichte feines Landes unter dem Titel Ba- 
Prlorıaxd oder Kaldaind in griechijcher Sprache, 
ohne Zweifel auf Grund der alten Urkunden, welche 
eine genaue Chronologie bis ins 3. Jahrtauſend 
hinauf möglich machten. Leider find uns von dieſem 
wertvollen, in 3 Bücher eingeteilten Werke nur 
ärmliche Bruchjtüde, und auch dieje erſt aus dritter 
oder gar vierter Hand, bei Joſephos, Eujebios u. a. 
erhalten. Bon den 5 erjten Dynaftien (2300732) 
wiſſen wir nichts als die Jahresjumme einer jeden; 
auch über die 6. und 7. (731—538) beſitzen wir 
bloß jparjame Notizen in den Auszügen. * 
der Fragmente von Richter (1825) und Müller, 
fragm. hist. Graec. Il p. 405 ff. 

Berjtos, Bnovrös, ſemitiſch Beroth, Stadt au 
der phoinikiſchen Küfte, am Ausfluß des Magoras, 
—— Byblos und Sidon, der nächſte Hafen für 

amaſkus, doch bedeutender erſt ſeit der Römerzeit, 
durch Auguſtus Militärkolonie (lulia Augusta 
Felix Berytus), von König Agrippa II. (um 60 n. C.) 
unter dem Namen Antoniniana ſehr verſchönert, 
jeit dem 3. Jahrhundert Sitz einer berühmten 
Rechtsichule, j. Beirut mit dem befebteften Hafen 
von Syrien. Strab. 16, 756. 

Bessi. Bnocol, Beccot, ein thrafiiches Boll, 
welches längs des ganzen Haimosgebirges bis nad) 
Illyrien wohnte und in früherer Zeit mächtig var, 
ipäter aber jehr herabjant. Hat. 7, 111. Strab. 
7, 318. Bon den Römern wurden fie durch M. 
Lieinius Lueullus nad) der Befiegung Mafedoniens 
unterworfen. Liv. 39, 53. Ov.trist. 3, 10, 5. 4, 1, 67. 

Bessos, Bijsoos, Satrap von Baltrien zur Zeit 
des Dareios Kodomannos, mit dem er verivandı 


Bestattung. 


203 


war, nahm denjelben auf defien Flucht nach der Bohnenblättern, befränzt und in weiße Gewänder 
Schlacht bei Gaugamela gefangen und führte ihn | gehüllt. Auch wird erwähnt, daß man dem Toten 


gefeijelt mit ſich. Beſſos, ein jähiger und unter: 
nchmender Dann, der im Kampfe gegen Alerauder 
den gänzlichen Sturz des Reiches aufzuhalten juchte, 
übernahm die Regierung anftatt des Dareios in 
Gemeinjchaft mit mehreren gleichgefinnten Satrapen. 
Als Alerander das Scidial des Königs erfuhr, 
begann er jogleich die Verfolgung des Yeffos und 
jeiner Selfershelfer. Da dieje feine Ausjicht jahen, 
den Berfolgern zu entgehen, verwundeten jie den 
unglüdlihen König tödlich (330), liefen ihn dann 
auf dem Wege liegen und verjuchten die nördlichen 
Provinzen des perjiichen Reiches zu erreichen. Curt. 
5, 7 ff. Just. 11, 15. Arr. 3,19 ff. Plut. Al.42 7. 
Nachdem B. noch mit andern Satrapen Berbin: 
dungen angeknüpft hatte, ließ er fich unter dem 
Namen Artaxerxes IV. zum Könige ausrufen. 
Alexander jeste unterdes die Verfolgung fort unter 
großen Anftrengungen und mühevollen Märjchen 
und erreichte den weiter zurücdweichenden B. in 
Eogdiana, wo er von Ptolemaios Lagi gefangen 
enommen wurde. Er wurde einem perſiſch-medi— 
chen Gerichte zur Beitrafung übergeben, zum Tode 
verurteilt und in Efbatana hingerichtet, im J. 329. 
Diod. Sie. 17, 83. Plut. Alex. 43. Arr. 3, 28ff. 
4, 7. Curt. 7,3 ff. 10. Just. 12, 5. 

Bestattung der Toten, 1. bei den Griechen: 
ra@pog. Die feierliche Beftattung der Toten und 
die Heilighaltung ihrer Grabjtätten war eine tief 
in der Sitte wud dem Glauben der Griechen an 
ein unftetes Umherirren der Nicht-Beftatteten be: 
gründete religiöje Pflicht. Wie dieje Pilicht ſchon 
in den ältejten Zeiten fejtgewurzelt ijt, Davon 
liefern Homer und überhaupt die älteften Sagen: 
rn die unziveidentigiten Beweiſe. So jtellt 

ntigone dieje durch die ungejchriebenen, unver: 
brüchlichen Geſetze der Götter gebotene Pflicht weit 
über die menjchlichen Satzungen des Kreon; jo 
fleht noch der jterbende Heftor, der erzürnte Sieger 
möge ihm die Beftattung nicht verweigern, und 
Briamos wagt jein Leben, um den Leichnam des 
Sohnes ausgeliefert zu befommen und ihm die 
Ehren der Toten zu erweiien. Selbſt gegen Fremde 
wurde dieje Pflicht erfüllt; auf den Unbeerdigten, 
den man vorfand und nicht bejtatten fonnte, warf 
man Erde. Auch dem in der Schlacht gefallenen 
Feinde wurde (einzelne, durch bejondere Erbitte- 
rung hervorgerufene Ausnahmen können nichts da= 
gegen beweiſen) die Beltattung gewährt. Das 
merfwürdigfte Beiſpiel ift wohl, daß die Athener 
ihre fiegreidh von den Arginuien zurüdfchrenden 
Treldherren 406 v. E., weil jie die in der Schlacht 
Getöteten (eines Sturmes wegen) nicht aufgejam: 
melt und beerdigt hatten, zum Tode verurteilten. 
Xen. Hell. ı, 7, 155. — Was nun die Beſtattungs— 
gebräuche (r& Iixuıe, vonue, voukouere oder 
aoogrjaorre) betrifft, jo waren die barbariichen 
Gebräuche der alten Zeit namentlih durch das 
folonifche Gejeß (Demosth. Macart. p. 107) ganz 
abgeichafit. Alsbald nach erfolgtem Tode wurden 
dem Toten die Augen zugedrüdt, der Mund ge- 
ichlofjen und ein Obolos, aud) darden genannt, 
als Fährgeld (vaülor) für Charon zur Überfahrt 
in den Hades in den Mund gejtedt. Darauf wurde 
der Tote von den nächſten Angehörigen, nament- 
lid den frauen, gebadet, geſalbt, mit Tänien und 
Blumen, bejonders Eppich (sElırov) und golden 


einen Honigkuchen (uelsrroörre) mitgegeben habe, 
um den Kerberos zu bejänftigen. Sodann erfolgte, 
meiftens am zweiten Tage nad) dem Tode, die 
Ausstellung (meödesıs) auf der #Aden im Vorder: 
teile des Haufes, jo daß der Tote mit dem Geficht 
und den Füßen nadı der Hausthür zu lag. Dazu 
fanden jich die Verwandten und Freunde in dem 
Zrauerhauje ein, und die Verwandtinnen (micht: 
angehörigen frauen, die unter 60 Jahre alt waren, 
war es durch ein jolonijches Geſetz verboten) ſaßen 
weinend um das Bett des Toten herum, Uber: 
triebene Schmerzgebärden, 3. B. das Zerfraßen der 
Wangen, waren durch das ſoloniſche Geſetz ver: 
boten (vgl. übrigens Aesch. Choeph. 20 fi.). — 
Neben das Bett wurden Anavdor, irdene gemalte 
Gefäße, gejtellt, und im Eingange des Hauſes ſtand 
ein Gefäß mit Wajler, das nicht aus dem als ver: 
unreinigt geltenden Haufe genommen jein durfte, 
Er Reinigen für die Heraustretenden (deddvior). 

usftellung und alles andere bejorgten anfangs 
die Verwandten jelbjt, jpäterhin aud) andere Ber: 
jonen gegen Bezahlung. Am folgenden Morgen 
vor Sonnenaufgang fand die dupogd (Fupigsır, 
beitatten) ftatt, auf der xAlen, begleitet von ge: 
dungenen Klagejängern (B#enrador) oder Flöten: 
bläjerinnen, jowie von den Verwandten und Freun— 
den. Der Leichnam wurde entweder, wie in der 
heroijchen Zeit gewöhnlich, verbrannt oder, wie es 
bejonders jpäter neben dem Verbrennen vorkommt, 
begraben (»uieır, narogı'rreir, für beides Banrei). 
Die Leichname wurden in Särge 6ogot, muskoı, 
Anvol, Ögpoiraı, Adpvaneg, in älterer Zeit auch 
Aichenbehälter) gelegt, die von Holz, oft von Thon, 
auch von Stein verfertigt waren. Die Begräbnis: 
ftätten (drjxaı, rdpor, urrjuare, urnusie, orjuere, 
vgl. Sepulerum) befanden fich in den meiften 
Städten außerhalb der Stadt (in Sparta inner: 
halbi, namentlich in der Nähe der Yandftragen. 
In Athen waren jelbit die Kenotaphien gefallener 
Krieger, deren Körper man nicht aufgefunden hatte, 
außerhalb der Stadt. Dft wurden die Toten auf 
ihrem Beſitze beigeſetzt. Doc) gab es aud Stätten, 
die eigens zur Aufnahme derjelben beftimmt waren, 
in Athen die Gegend vor dem Hippiſchen Thore 
(möblaı "Innddeg, — |. Attika, 14.) Die Grab: 
mäler, entweder Hügel (rouere, »oloraı, ruußoı) 
oder Pfeiler (orjAaı), Säulen (#oreg), tempel: 
artige Gebäude (valdıc, Newe) oder vieredige 
liegende Grabfteine (rgdrefar), waren Eigentum 
der Familie (vgl. Naidıe), jo daß jogar vor 
Gericht das Eigentumsrecht an cine Begräbnis: 
ftätte ald Beweis der Verwandtichaft galt. — 
Mitgegeben wurden in das Grab allerlei Gerät: 
Schatten, als Gefäße u. j. w.; daher die große Menge 
bemalter Thongefähe, die noch erhalten tft (j. Vasa). 
In fpäterer Zeit hörte die Sitte auf. Der Be: 
ftattung folgte das Totenmal (zeeidsımvor), zu 
dem die Verwandten im Trauerhaufe fich einfanden. 
Am dritten Tage fand ein Totenopfer ftatt, die 
roira, das Hauptopfer am neunten Tage, die 
!rara (Evv.) Die äußeren Zeichen der Trauer, 
Abjchneiden der Haare, Ablegen des Schmudes, 
Anlegen des jchwarzen, an einigen Orten weißen 
Trauergewandes (uflar fudrıor), dauerten noch 
fänger fort, in Athen wohl bis zum dreißigſten 
Taae, wo abermals ein Totenopfer, die roıwnddes. 


204 


gebracht wurde. Die Beitattung, welche die Athener 
den fürs Vaterland gefallenen Kriegern veranftal- 
teten, wird beichrieben Thue. 2,34. — Die Sorge 
für die Gräber war eine fortdauernde, und es 
fanden an gewilien Tagen Totenfeiern ftatt, ver: 
bunden mit Behränzung und Ausichmüdung des 
Grabes mit Tänien, jowie mit Opfern (Zvaylouere, 
zo«i, blutige Opfer aluarovolaı [in. Athen ver: 
boten], die Handlung des Opferns Fvayiger). 
Dies waren die yericıa, am Geburtstage des Ber: 
ftorbenen, jodann Feiern am Todestage, und endlich 
allgemein gefeierte vexvare, bei den Athenern am 
5. Bordromion begangen und ebenfalls yersaıc 
enannt. Aber auch an andern, nicht bejtimmten 
5 Tagen fanden dergleichen Feiern ftatt. — Ohne 
feierliche Beitattung, am Orte, wo fie getroffen 
waren, wurden die vom Blitze Betroffenen (von 
den Göttern Berührte, legol rvergol) begraben, 
zuweilen blieben jie ganz unbeerdigt liegen. Bei 
manchen Berbrechern, namentlich bei Berrat am 
Baterlande, wurde die Todesjtrafe durch Berjagung 
der Bejtattung geſchärft. — Bejondere Förmlich— 
feiten fanden bei der Beftattung eines Gemordeten 
ftatt. Eine Lanze wurde dem Zuge vorausgetragen 
und an dem Grabe aufgeftedt als Symbol der den 
Verwandten obliegenden Pflicht, den Mörder zu 
verfolgen. Wenn der Körper eines Verftorbenen 
nicht aufgefunden werden konnte, 3. B. wenn 
jemand auf dem Meere verunglüdt war oder nach 
einer Schlacht der Körper eines Gebliebenen nicht 
aufgefunden wurde, jo wurde ein Scheinbegräbnis 
veranftaltet und ein Kenotaphion errichtet. Vgl. 
v. Stadelberg, die Gräber der Hellenen (1835) 
Becker-Göll, Charifles, Bd. III ©. 114 ff. Perva: 
noglu, die Grabfteine der alten Griechen nad) den 
in Athen erhaltenen Reſten derjelben (1863). Stoll, 
Bilder a. d. altgriech. Leben ©. 133. 479. 
5 II, Bei den Römern: funus. Wenn dem Toten 
die Augen zugedrüdt waren, begann lautes Klagen 
(eonelamabatur). Darauf jchidte der Leichenbe: 
jtatter (j. Libitinarius) den ZTotenfchmüder, 
pollinetor, welcher die Leiche wuſch und jalbte, 
mit der Toga befleidete und darauf auf das Parade: 
bett legte (lectus funebris). Daneben ſtand eine 
Rauchpfanne, acerra, turibulum, und in dem 
Beitibulum Zweige von picea und cupressus. 
Am 8. Tage erfolgte gewöhnlich die Beſtattung 
oder das Hinaustragen (funus) der Leiche unter 
feierliher Begleitung (exsequiae) einer Trauer: 
verjammlung, und zwar ward diejer Aft entweder 
feierlih vom Präco ausgerufen (funus indietivum) 
oder einfach und in aller Stille angeftellt. Die 
gewöhnliche Zeit für vornehme Leichen war vor: 
mittags. Das mit weiteren ?reierlichkeiten und 
Gepränge verbundene Geleit (pompa) wurde von 
einem designator geordnet, welcher von einem 
Liktor und Accenſus unterjtügt wurde. Zuerft famen 
die Mufifanten (liticines, felten cornicines), dann 
die Hlagefrauen (praeficae), welche Nänien fangen, 
und Mimen, die nicht jelten komische Scenen aus 
dem Leben des Toten aufführten. 
fi) die Wachsmasken der Vorfahren an (j. Imn- 
gines maiorum) und Tafeln mit den Thaten 
des Toten, namentlih wenn er ſich Kriegsruhm 
erworben hatte. Die von Näucherpfannen umdampfte 
Leiche lag etwas aufgerichtet auf einem lectus oder 
einer lecticn, mit purpurnen, golddurdhwebten 
T Deden geihmüdt. — Die Bahre (feretrum) trugen 


Nun jchlofien | 


Bestia — Bestiarli. 


Verwandte oder freigelaffene Sklaven, bei großen 
Männern auch Senatoren und Ritter; Arme trugen 
die Veipillonen in einem Kaften, sandapila. Der 
Leiche folgten die Erben und Verwandten, aud) 
die Freigelaffenen und andere Leute, alle in Trauer: 
Heidern. Auf dem Forum hielt der Zug an, 
und ein Verwandter hielt die laudatio funebris, 
nach deren Beendigung der Zug aufbradh, um 
die Leiche entweder zu verbrennen (crematio) oder 
zu begraben (humatio), Die laudatio funebris 
verdienter StaatSmänner wird bis zu dem Be: 
gründer der libertas hinauf, bis zu Brutus, er: 
mwähnt, den Frauen ward dieje Ehre nad) der 
Beſetzung durch die Gallier zuerkannt (Liv. 5, 50), 
aber zuerſt der Popilia, der Mutter des Catulus, 
gewährt (Oic. de or. 2, 11, 44). Dieſe Gebdächt: 
nisrede wurde entweder im Senate oder pro rostris 
gehalten, Jünglinge trugen fie vor. Ihren nach: 
teiligen Einfluß auf die Fälſchung der Geſchichte 
erwähnen die Römer jelbft (Cie. Brut. 16,62. Liv. 
4, 16. 8, 40). Aber au in den Familien war 
dieje Sitte heimisch; jo that es Cäſar bei feiner 
Tante Julia und bei jeiner eriten Gemahlin (Suet. 
Caes. 6), und Ahnliches wird uns aus dem Knaben: 
alter des Dctavian und Tiberins erzählt. Zwei 
jolcher privaten Gedächtnisreden find uns durch 
Anjchriften erhalten, die des Konjul DO. Lueretius 
Veipillo auf jeine Gemahlin Turia (geft. zw. 8 
und 2 dv. E.) und die des Kaijers Hadrian auf feine 
Schwiegermutter, die ältere Matidia (herausg. von 
Th. Mommien, 1864). — Der Bla der crematio 
hieß ustrina, ustrinum, der Scheiterhaufen rogus. 
Nachdem man Blumen, Kränze u. j. mw. auf den 
Holzſtoß geworfen, zündete man denjelben an, 
ftimmte Klagen an und goß Wein oder Wohlge: 
rüche darauf (odores, liquores, unguenta u. a.). 
Wenn das Feuer vorüber war, löſchte man die 
glühende Aiche und ſammelte die Gebeine des 
Toten, welche mit Wein und Milch beiprengt, darauf 
etrodnet und in einer Aichentifte oder Vaſe ver: 
chloſſen wurden. Dieſe Urne ſetzte man in der 
Grabfammer nieder (j. Sepulerum) und daneben 
Salben: und Olfläſchchen, ſowie Rauchwerk. — 
Die zu begrabende Leiche wurde in einen Sarg 
von Stein oder Holz gelegt (j. Sepalernm) und 
darauf in einem Grabgewölbe oder in der Erde 
beigejeßt. Die Armen und Sklaven wurden am 
Esquilinus begraben, die Wohlhabenden aber hatten 
ihre eigenen sepnlera (j. d.). Am 9. Tage nad) 
der —— folgten die novemdialia, feriae 
novemdiales, ein Opfer: und Totenmahl, welches 
auf das Grab gejegt wurde, genannt coena feralis. 
Zugleich hielt man große Leichenichmäufe, entweder 
am Grabe jelbjt, was vor alters geichah und sili- 
cernium hieß, oder im Haufe des Toten, wo viele 
Gäſte erjchienen. Sogar das ganze Bolt wurde 
geipeift, oder erhielt eine visceratio (j. d.). Auch 
gab es zumeilen Spiele und Gladtatorenlämpfe 
(funebres ludi). Wber auch lange nachher dadıte 
man an die Toten mit Bietät und bewies diejes 
auf vielfahe Weije, 3. B. durd das allgemeine 
Totenfeit (Feralia) oder durch jpezielle Parentalia. 
Dabei wurden die Gräber geichmüdt, befränzt, be- 
iprengt u. j. w. Uber die Trauer j. Luctus, 
Bol. Becker-Göll, Gallus, Bd. 111 S. 481 ff. Buſch— 
mann, Bilder a. d. Altertum (1883) ©. 237 ff. 
Bestia, römijches Cognomen, j.Calpurnii,6.7. 
Bestiarli hießen alle diejenigen, welche in den 


Bett — Biöeoı. 


Tierfämpfen (venatio) entweder zur Strafe unbe: | Stüde waren. 


waffnet den Beſtien preisgegeben oder ihnen, ge: 
hörig bewaffnet und für Yohn (auctoramentum) 
gedungen, im Cirkus gegenübergeftellt wurden. 
Dieje Waffen (venabulum) bejtanden auch zum Teil 
aus Schlingen und Negen. Ein Urteil über dieje 
Kämpfe j. bei Cie. ad fam. 7,1. 

Bett, 1. bei den Griechen: edrnj, beitand 
1) aus der »Alvn, Bettitelle. Die vier Seiten der 
allen, Zvikare (noaorrjgre), find Pfoften, die, in- 
einander eingezapft, auf den Fühen ruhten. Am 
Kopfende war eine Lehne, kvankırrgor oder Imi- 
»Aırroov. Die aAlen war von Holz, vielleicht zu: 
mweilen von Metall, die Füße nicht jelten mit Gold, 
Silber'und Elfenbein eingelegt. Vgl. Beder-Söll, 
Eharifles, Bd. III ©. Tıff. — Auf den Gurten 
(rovon) der »Arn lag 2) die Matratze (nvepador 
oder ruisiov), der Überzug von Leinwand, Wolle 
oder Leder, geitopft mit Bollenfloden oder vege— 
tabilijchen Stoffen. 3) Am Zmialırroor lag ein 
rundes Polfter ald moogxepalaıor GKopfliſſen). 
Über das #vepalov wurden 4) die Deden gebreitet 
(zegıorpWuere, brosrenuara, Emißkrjuure, yAai- 
var, Erıßolare u. a.m.). — Kauevrn oder gausv- 
rıor iſt die Schlafitätte der Armeren, namentlich der 
Sklaven. Sie beftand aus Binjen:, Stroh: oder 
Baft:Matten, die auf der Erde oder in niederen 
Geſtellen lagen. — 11. Bei den Römern: lectus, 
ein einfaches Geftell aus Holz oder Erz. Die höl: 
zernen hatten oft Erzfühe oder waren mit Elfen— 
bein, Schildpatt und edlem Metall ausgelegt. Über 
das Geftell waren Gurte gezogen (fasciae, ınstitae, 
restes), auf denen die mit Wolle, Federn, Schilf, 
Heu u. dgl. geftopfte Matratze ruhte (torus, euleita). 
Zu Kopfe lag ein Hleines Kiffen oder aud) mehrere 
(pulvinus, cervicalia). Über die Matraße breitete 
man Deden (stragula, vestes stragulae), welche 
bei den Reichen purpurfarbig oder auch gejtict 
waren. Toralia aber nannte man die Behänge 
des lectus von dem torus bis auf den Fußboden. 
Man unterichied lectus cubicularis (zum Aus: 
ruhen und Schlafen beftimmt) und trieliniaris 
(Speilejofa). Varr.1.1.8,32. Der erjte war höher 
und hatte oft auf der einen Seite eine Lehne 
(plateus), während die offene Seite, wo man (in 
älterer Zeit vermittelft eines Schemels) aufitieg, 
sponda hieß; der zweite lectus war niedriger und 
wohl auch prächtiger, übrigens aber ebenjo beichaffen. 
Auch der lectus lucubratorius, lectica Jucu- 
bratoria, Sofa zum Studieren, bot feine wejent: 
lihe Berichiedenheit dar. Bol. Becker-Göll, Gallus, 
Br. II ©. 330 ff. 

Biasj.Melampus,Neleusu.SiebenWeise. 

Bıß%ior, Bibliopöla, Bibliothöea j.Bücher- 
wesen. 

Biß2os. der Baft der Papyrosftaude, Bußkog, 
liber, der zum Schreiben gebraucht wurde. Das 
Verfahren bei der Zubereitung ift nicht ganz Mar. 
Wahricheinlich wurde der dreifantige, im Innern 
weiches Markt enthaltende Stengel der Staude 
durcdichnitten und von der äußeren Schale, die 
nur zu Striden gebraucht werden fann, befreit. 
Sodann löfte man die unter derjelben befindlichen 
dünnen Baftlagen (philurae), die nach innen zu 
an Güte zunehmen, und die das befannte Schreib: 
material lieferten; aus den äufßerften Lagen machte 
man nur Badpapier. Dieje Arbeit war natürlich 
um jo jdhwieriger, je länger die abgejchnittenen 


205 


Die jo gewonnenen Streifen (seAl- 
Öss) wurden dann zujammengeleimt, in der Art, 
daß der eine Streifen einen bis zu zwei Finger 
breit über den andern zu liegen kam, durch welche 
Fügungen die einzelnen Kolumnen der Schrift von- 
einander getrennt wurden. Die Höhe der Kolumnen 
war durch die Länge des abgejchnittenen Stückes 
der Staude beitimmt. Das bejchriebene Material 
heißt yeauuarsiov. Das Blatt heißt yaerns, 
charta, plagula. Man wußte es auch in Rom 
vortrefflich zuzurichten und zu bleichen. Es gab 
8 verfchiedene Sorten. Die Papierfabrik heit ofü- 
cina chartaria, der Fabrikant chartarius. 
Neben dem Papyros benugte man das Pergament, 
das Eumenes Il. von Pergamos um 180 dv. E. 
uerjt verfertigen lieh, Wachstafeln (j. Tabula), 
— namentlich in älterer Zeit, Blätter beſ. von 
Palmen, Baſt, Leinwand, Felle, Holz und Metall. 
Zu Briefen beſonders bediente man ſich auch mit 
Wachs (uch) Überzogener Täfelchen (mivarxsg, 
dElron). Bgl.auch Schreibmaterial und Blüm: 
ner, Technologie I ©. 308 ff. 

Bibracte, Bißoaxra, Bißpa&, nach Cäſar (b.q. 
1,23) die größte und volfreichite Stadt der Aduer 
in Gallien, zwijchen Arar und Liger, ſtark befeftigt. 
Ausgrabungen haben Reſte der Stadt auf dem 
Mont Beuvray ans Licht gebracht, in welchem 
Namen fich auch der alte Name erhalten hat. Damit 
tft auch die Frage über die Lokalität der Helvetier- 
ichladht in ein neues Stadium getreten. 

Bibrax, Stadt der Remi im belgiſchen Gallien. 
Caes.b.g.2,6. Das 8000 Schritt davon entfernte 
Lager Cäſars war wohl auf dem Hügel von Mau- 
champ bei Berry au Bac. Durd; die Auffindung 
des Lagers ift ein feiter Anhaltspunkt zur Beſtim— 
mung der Lage von Bibrar gegeben, welches (nad) 
Napoleon III.) nicht in Beaurieux, jondern auf 
dem Berge Vieux-Laon zu juchen ift. 

Bibüli, ı) M. Calpurnius Bib., ein Gegner 
Eäjars, befleidete mit ihm das Konſulat zu gleicher 

eit, ohne daß jein paſſiver Widerjtand gegen die 

dergejege und andere Mafregeln desjelben von 
Erfolg gemwejen wären, 59 v. C. Liv. ep. 103. 
Suet. Caes. ®. 20. Cie. de dom. 15. Gleichwohl 
war er als Anhänger des Senats ein Mann von 
entichtedenem Einfluffe und großer Bedeutung, aber 
auch jehr eigenfinnig. Der Nriftofratie jchloß er 


ſich aufs engfte an und war daher auch jpäter 


dem Bompejus dazu behülflich, daß er das Konfulat 
allein erhielt. Plut. Cat. min. 47f. In der Pro: 
vinz Syrien erwarb er ſich (52) durd) jeine Ber: 
waltung wohlverdienten Ruhm, als Feldherr da— 
gegen war er unbedeutend und ſchloß fich in jeine 
Fejtungen ein. Cic. ad Att.6,1. Er war verhei: 
ratet mit einer Tochter des jüngeren Cato, Porcia, 
welche nach jeinem Tode (kurz nach der Schlacht 
bei Dyrrhachium, wo B. die Flotte befehligte) den 
Brutus heiratete. Caes. b. c. 3, 18. Plut. Brut. 13. 
— 2) jein gleihnamiger_ jüngjter Sohn (Plut. 
Brut. 13), fiel in der Schlacht bei Philippi im 
Antonius’ Gewalt, jchloß fich ihm an und war in 
der Folge jein Legat in Syrien, wo er um 31 v. C. 
itarb; er hinterließ drournuovevuere Boovrov. 
Plut. Brut. 13. 23. App. b. c. 4, 136. 
Bidental j. Iupiter unter Zeus, 9. 
Bideoı, Bıöıwior, Bidvor (wohl das diganmierte 
idvog d. i. Wiſſer, Zeuge, Richter), eine Behörde 
in Sparta, nad) Pauſanias aus 5, nach Jnjchriften 


206 


aus 6 Männern bejtehend, welche vorzugsweije die 
Spiele und Kämpfe der Jünglinge zu beauffich: 
tigen hatten. Sie wareu dem mawdorouog beige: 
geben; auch wird ein moroßug Pudtw» als ihr 
Vorfteher genannt. Paus. 3, 11, 2. 

Bigäti, sc. nummi, heifen die römischen Silber: 
denare von den puniſchen Kriegen bis zu den 
Bürgerfriegen nad dem Zweigeſpann als Typus. 
Plin.33,13. Die germanischen Bölfer zogen dieje 
alten Münzen der republilanijchen Zeit den leid): 
teren neronijchen vor. Tae. Germ. 5. 

Bigerriönes, aquitaniiche Völkerſchaft Galliens 
am Adour, mit der Stadt Tarba (j. Tarbesı. Caes. 
b. g. 3, 27. 

Bilbilis, Bißııs, j. Calatayud bei Saragojja, 
Stadt auf einen Felſen in Hijpania Tarraconenfis am 
Fl. Salo, Municipium mit dem Beinamen Augusta, 
ausgezeichnet durch ihre Eiſenwerle und Waffen: 
ſchmieden, jowie durch Goldbearbeitung; Geburts: 
ftadt des Nedners Valerius Licinianus und des 
Dichters Martialis, der in jeinen Gedichten oft und 
mit Liebe von jeiner Heimat jpricht, 3. B. 1, 61. 

Bildhauer, Bildhauerei, Bildschnitzkunst. 
Die Plaftif oder Bildnerei im weiteren Sinne 
ichloß fich bei den Hellenen an entiprechende Gat: 
tungen der Teftonif oder Handwerkskunſt an, na: 
mentlich an das Mrbeiten hölzerner Geräte, 
die mit dem Beile aus dem groben gehauen (re- 
»raivev, relercv), mit feinen Inſtrumenten bear: 
beitet (Settu) und mit mannigfachem Schmucke 
von Gold, Silber, Elfenbein, Bernftein ausgelegt 
wurden (dıvoör, Öadciheın), oder metallener 
Gefähe; an die Kunſt des Lötens (“öllnaıs, 
ferruminatio) und an die Töpferfunit (xeo«- 
aevrıan). Aus der Hand des Bildners in Thon 
gingen bald auch Reliefs (ruror) und ganze Figu— 
ren hervor. Durch aufgetragene Farben juchte man 
den Ausdruck zu fteigern, und diefer Schmud, wel: 
cher urjprünglich das Gharafteriftiiche in Körper: 
bildung und Kleidung mur roh und grell zur Er: 
ſcheinung brachte, wurde auch von der vollendeten 
Kunjt beibehalten (Polycdhromie). An Statuen 
find vielfache Farbenjpuren erhalten; über den 
Umfang der Bolychromie in der Blütezeit der Kunſt 
iſt man jedoch noch nicht zu einer völlig jicheren 
Erfenntnis gelangt. Bgl. DO. Jahn, die Bolychr. 
der alten Skulptur (Aus d. Altertumswifjenichaft 
©. 247 ff.). Bei dem Metallgujie (ars statu- 
aria) fam es bejonders auf die Miichung ber 
Bronze (vgl. Aes Corinthium) und auf Die 
Behandlung des Gufles in Formen an; die Statue 
wurde über einen feuerfeften Kern aus Wachs 
bojfiert und darüber eine thönerne Form geitrichen 
(Aiydog, zürog), in welcher Röhren angebracht 
wurden, durch welche das einftrömende Erz an die 
Stelle des Wachſes trat und den Zwiſchenraum 
zwilchen tern und Form füllte. Die Holzſchnitzerei 
(&feıv für das flachere, yAdpeır jr das tiefere Ar: 
beiten mit jcharfen und jpigigen Werkzeugen) wurde 
bejonders für Sötterbilder (obere) angewandt. Für 
die Bildhauerei (sculptura), die jich direft aus 
der Holzichnigerei entwidelt zu haben jcheint, wurde 
der feſte und politurfähige Kalfftein (daher mar- 
mor, ſ. d., udguagov von uapuargeır), und zwar 
der weiße, bei den Griechen vorzugsweije der pen: 
teliiche, hymettiiche und parische, in Rom jeit Ti- 
berius auch der von Carrara (Yıma) als das 
eigentliche Material anerkannt. — Die Bearbeitung 





Bigati — Bildhauer. 


der Metalle mit jcharfen Inftrumenten (Toreutif, 
rogevrixn);, caelatura) war teilmweije mit einem 
Gießen in Formen, bejonders aber mit dem Ser: 
ausjchlagen oder Treiben mit Bunzen verbunden 
und wurde bejonders bei Waffenjtüden, namentlich 


Schilden, bei Gefähen, bejonders großen Silber: 


ſchüſſeln u. j. w. angewandt. Hiermit hing in den 
Werkftätten der Alten auch die Arbeit in Elfen: 
bein (j. Elephantus, A.) zufammen; erhalten 
jind uns davon nur die ſ. g. Diptycha ij. d.) aus 
dem jpäteren römischen Weiche. Endlich ift hier 
die Arbeit in Edeljteinen (j. Gemmu) und in 
Glas (was eine Nahahmung und ein Erjag für 
die koſtbarere Kunſt der Gemmen war; die murriva 
vası, |. d., können hier nicht füglich hinzugezogen 
werden) und die Stempelſchneidekunſt zu er: 
wähnen, die auch durch den Kunſtwert der Typen 
von Bedeutung ift, und worin die Griechen jich 
durch das eigentliche Schneiden von Stempeln, die 
Römer aber durch das Verfahren des Prägens 
auszeichneten ; größere praltiſche Wichtigfeit hatte 
fie jedoch nody in Handel und Berfehr durch die 
Numismatif. — Obgleid in der ältejten grie: 
chiichen Plaſtik orientaliiche, namentlich aſſyriſche, 
vielleicht auch ägyptiſche Einflüſſe anzunehmen ſind, 
ſo kann doch von einer eigentlichen Nachahmung 
nicht die Rede ſein. Die älteſten uns erhaltenen 
Werke griechiſcher Bildhauerei bilden eine Reihe 
ſteinerner Grabreliefs und in Goldblech getriebener 
Geſichtsmasken, von Schliemann in Vlyfenai aus: 
gegraben, wohl von den Ureinwohnern gefertigt, 
doc; ohne jeglichen Kunſtwert; das erfte uns erhal- 
tene Kunstwerk ift das Yömwenthor in Mylenai 
(j. Mykenai), deſſen Stil an aſiatiſche Werke 
erinnert. Much die früheiten Stufen der Kunft 
zeigen ein Streben nad eigenen und jelbjtändigen 
Ausdrudsmitteln. Die Pelaſger verehrten ihre 
Götter ohne Bild und Tempel, und die Kunſt konnte 
erit dann in der Religion entjtchen, als der Menſch 
ein fichtbares Zeichen, ein Symbol jeiner Gottheit, 
begehrte. Das ältefte Griechenland hatte außer 
Sötterbildern feine Bildſäulen. Alter aber als die 
Hötterbilder (sixöveg, dydkuare) waren die ſym— 
boliichen Gegenftände der Gottesverehrung. Aus 
rohen Anfängen daher, der Verehrung von Baum— 
ſtämmen und Steinen, erhob man jich zur Wahl 
der Säule, an der, auch als die Arme und Füße 
daran bezeichnet wurden, dennoch die Arme mit 
dem Leibe zuſammenhingen und die Fühe geichlofien 
und unbeweglich waren. Die Arme jonderten fich 
zuerjt, die friegeriiche Yierde von Helm, Lanze 
und Schild trat hinzu (Palladien), bis Daidalos, 
BZeitgenofje des fretiihen Minos (angeblich drei 
Menjchenalter vor dem trojanischen Kriege — ſpäter 
infolge der familien- und zunftartigen Betreibungs: 
weile zum Gattungsnamen für Bildichniger und 
Baufünftler geworden), und jeine Schüler Smilis 
von Aigina und Endotos von Athen durch Ab- 
jonderung der Beine und Füße diefen Idolen einen 
Schein von Yebendigkeit zu geben juchten, eine 
Neuerung, welche die Zeitgenoſſen mit Staunen 
erfüllt haben joll. Mit dem wachjenden Reichtum 
itieg das Beftreben der Daidaliden, die Tempel, 
namentlich zu Olympia, Delphoi, Delos u. a., mit 
Bildern und Weihgeichenfen zu jchmüden, insbe: 
jondere mit figurenreichen Thronen, Schilden, Tri: 
poden, funftvollen Gefäßen u. dgl. m. Das Wa: 
terial dazu lieferten entweder die Metalle oder eine 


Bildhauer. 


Kombination derjelben mit andern Stoffen; beides 
verjtand man unter der Toreutik. Nur als Bei: 
jpiele einer reichhaltigeren Gattung ericheinen der 
Kaſten des Kypſelos, als Denkmal der wunder: 
baren Rettung des Stammhauſes der Kypſeliden 
im Seraion zu Olympia aufbewahrt, mit einer 
Reihe von Scenen aus den Schidjalen der mythiſchen 
Familien in erhabener und eingelegter Arbeit (um 
650 v. E.), und der Thron des amyklaiiſchen 
Apollon, von den Magnejier Bathykles ver: 
fertigt und in Reliefs auf 42 Feldern den ganzen 
damaligen Kunſtkreis der Götter: und Heldenfabel 
umfajjend (um 550 v.E.; j. Amyklai). In dieje 
Zeit gehören von erhaltenen, wirklichen Skulptur: 
werfen die Apollonftatuen von Thera (Athen) und 
Tenca (München, j. Apollon, 5., Abbild. a), der 
Fries von Aſſos (in Paris), mehrere in Lakonien 
efundene Reliefs, die ältejten Metopentajeln von 
Selinunt (in Palermo), mehrere Grabjtelen, die 
10 tolofjalen Marmorjtatuen, welche bei Milet die 
vom Hafen Panormos nad dem didymaiiſchen 
Apollontempel der Branchiden führende heilige 
Straße einfahten (in London), zahlreiche in neueſter 
Beit auf der Atropolis ausgegrabene Götterbilder 
u. j. mw. (j. Friederichs, Baufteine zur Gejchichte 
der Plaſtik S. 1 ff). Werfe vollendeterer Kunſt 
find die Reliefs am Harpyienmonument zu 
Zanthos in Lykien und die Statuen der Migine: 
ten (namentlich die des öftlichen iebels), erjtere 
in London, legtere in München. Der Wetteifer 
der Yandichaften und Städte überwand wunderbar 
rajch die technischen Schwierigkeiten. Aus der Schule 
der Daidaliden waren Bupalos und Athenis, 
Söhne des Anthermos, hervorgegangen, die das 
farifierte Bild des Dichters Hipponar öffentlich 
ausjtellten, aber, von jeinen Jamben gezüchtigt, 
ihren Mutwillen mit dem Leben gebüßt haben 
jollen. Die Skulptur in Marmor erhält um 550 
v. C. durh Dipoinos und Skyllis von Kreta 
die erfte Bervollfommmung; Schüler von ihnen 
lebten in Sparta (Gitiadas, auch als Architekt 
ausgezeichnet, Doryfleidas, Dontas, wahr- 
ſcheinlich der VBerfertiger der Figuren im Giebel— 
felde des Schaghaujes der Megareer zu Olympia 
fi. Olympia, 3.], Klearchos, Teftaios u. a.) 
und anderswo. An Samos follen Rhoilos (um 
640 dv. E.), von dem in dem Tempel der Artemis 
u Ephejos eine Bildjäule der Nadıt ftand, und 
ei ein Sohn Theodoros, beide audy Baulünitler 
(j. d.), die Kunft, Bildſäulen in Dietall zu gießen, 
zuerst geübt haben; aber man goß nicht gleich 
ganze Bilder, jondern fügte fie Hüchweife zuſam⸗ 
men. Die Bildgießer von Aigina, unter denen 
Kallon und Onatas (um 460 v. C., ſowie des 
legteren Bater Milton (defien bemerfenswertejte 
Skulpturen Kallias und die Banfratiaften waren) 
bervorragen, rühmten fich einer eigentümlichen 
Miichung des Erzes, wodurch größere Gejchmeidig: 
feit und jchönere Farbe erreicht ward. Onatas 
gi — beſtrebt, die Tempel und Hallen mit 
ßen Figuren und reichhaltigen hiſtoriſchen Bil— 
ſchmücken. Als Hauptwerke nennt man 

von Ken einen Heralles und Hermes zu Olympia, 
einen Apollon F Pergamon, eine Demeter bei 

Bhigaleia (an 


eſpaun des Hieron, mei 


207 


ausgezeichnete Künftlerjchule (Kanachos, Cie. Brut. 
18, 70, Ariftofles u. a.), welche mit der in Ar: 
908 (Ageladas [oder Agelaidas nach einer in 
Olympia gefundenen Inſchrift), Ariftomedon, 
Glaukos, Dionyjios) in Verbindung ftand. 
Etwas jpäter erhob ſich die Plaftit auch in Athen 
(Antenor, Ampbifrates, Hegias od. Hege— 
ſias, Nejiotes, Kritios [lebtere beide bei. be- 
rühmt durch ein neues, 476 v. E. aufgejitelltes 
Denkmal der Tyrannenmörder Harmodios und 
Ariftogeiton], Ariftofles u. a.) zu größerer Aus— 
zeichnung. — Die erſte Blüteperiode der griech. 
Skulptur fällt mit dem politiichen Aufſchwunge 
zufammen, welchen Griechenland nad) der Befiegung 
der Perjer genommen hatte. Die wichtigite Stätte 
diejer Kunſtblüte ift Athen, doch auch andere 
Städte beteiligen jih an einem Wettfampfe, welcher 
bald die meiſten wichtigen Städte Griechenlands, 
Kleinafiens und der Inſeln in die Kunſtthätigkeit 
hineinzieht. Das Götterbild ift nicht mehr, wie 
früher, nur religiös bedeutjam, nicht mehr bloß 
durd Attribute kenntlich gemacht, jondern an Aus: 
drud und Geftalt ein Werk der freien Kunſt ge: 
worden. Ein Zug von Herbigfeit und Strenge geht 
noch durch die Werke dieſer Epoche, welcher all: 
mählich ſich abjtreift und in die weichere, mehr 
finnlihe Anmut, den Eharakterzug der Kunftwerte 
der nächiten Periode, übergeht. — Ehe wir deu 
größten Bildhauer Athens, Pheidias, betrachten, 
jind noch drei Meifter zu erwähnen, welche den 
Übergang zu ihm bilden. Kalamis in Athen 
(gegen 460 v. E.) jhuf mit wunderbarer Biel: 
jeitigfeit jowohl Göttergeftalten (Zeus, Apollon, 
Hermes, Aphrodite, Dionyſos, Ajflepios) als auch 
Heroen und Tiere, in Goldelfenbein, Silber, Mar: 
mor und Erz. Es wurde nicht minder der zarte 
Ausdrud feiner Frauengeftalten, als der kräftige 
Adel der Pferde, welche er geftaltete, gerühmt. 
Naturaliftiicher und entſchieden einfeitig ſteht Py— 
thagoras von Rhegion, um 450 dv. E., da; er 
ſchuf meift Erzitatuen von Athleten und verwandte 
beiondere Sorgfalt auf das Studium der menſch— 
lien Figur und ihrer Proportionen, wie jpäter 
Polyklet. Myron von Eleutherai in Boiotien 
war älterer Mitjchüler des Pheidias und Polyflet 
bei Ageladas von Argos, deſſen Grundcharakter 
lebensvolle Naturwahrheit war, Auch er bediente 
ſich vorzüglidy des Erzes, und zwar weniger zu 
Sötterbildern, als um Athleten (4. B. den berühm: 
ten Schnellläufer Yadas) und Tiere herzuftellen 
(berühmt jeine Kuh). Auf ihn führt man mit 
Sicherheit einen Satyr im Yateran zurüd, wahr: 
ſcheinlich Mariyas, welcher die Flöten der Athene 
anftaunt, aljo ein Teil einer Gruppe; ebenjo den 
Dijfobol von Billa Maifimi und im Vatikan. - 

PBheidias von Athen (um 500--432 v. E.), Schüler ? 
des Hegias und des Ageladas, arbeitete unter Kimon 
und Perikles vorzüglich für die Ausstattung der 
Akropolis. Die Ballas ftellte er in mehreren Statuen 
dar, und zwar einmal als Promachos aus Erz. 
Dieje Statue jtand im freien zwijchen den Propy— 
laien und dem Barthenon und war angeblich jo 
folofjal, daß die Schiffer, wenn fie jich von Süd— 
often dem Peiraieus näherten, ſchon aus weiter 


[. mit Pierdefopf) und ein Bier: | Ferne Helmbuſch und Lanzenipite derjelben er- 
folofjal und aus Erz. | blidten (Paus. 1, 28, 2). 
uch in Sifyon, wovon Plinius jagt: diu fuıt | Mys lange nach Bheidias’ Tode. 


Den Schild vollendete 
Sodann ichuf 


offieinarum omnıum metalloram patria, war eine | er aus Goldeljenbein das Bild der Göttin für den 


208 


Barthenon, 438 vollendet. Die Göttin ftand, 26 Ellen 
hoch, auf ihre Yanze gejtüßt, und ihr goldenes Se: 
wand (das allein 44 Boldtalente, etiva 2 300 000 Mt., 
wog) jloß bis zur Erde hinab. Ahr Panzer war 
mit dem Medufenhaupte geichmüdt; in der rechten, 
aus technijchen Gründen auf eine Säule gejtügten, 
Hand trug fie ein Bild der Siegesgöttin (Nike), 
4 Ellen hoch, während auf dem anlehnenden Schilde 
die Gigantomachie und am Rande der 4 Zoll hohen 
Sohlen der Kampf der Kentauren und Yapithen 
dargeftellt war. Vgl. Paus. 1, 24,5 ff. Plin. 34, 
54. 36, 18. Eine dritte Pallas, die als ein Wunder 
der Schönheit und des Ebenmaßes vorzugsweije 
die Schöne (Mogyo) genannt ward, jtifteten die 
Lemnier auf die Akropolis, Außerdem jchuf Ph. 
(wahrjcheinlich nach ſ. fünftleriichen Thätigleit in 
Athen) das Fdeal des Zeus in dem etwa 42 Fuß 
hohen Koloß zu Olympia, wo der Gott in ftiller 
Majeſtät nach Belicgung feiner Feinde thront, den 
drohenden Blitz zur Seite gelegt und dem fejtlichen 
Geſchäfte der Spiele hingegeben, jelbit als Hella: 
nodife den Siegestrang darreichend. Sein Oberleib 
war unbededt und von Elfenbein, aber den unteren 
Teil umhüllte ein Mantel von Gold mit Blumen 
bededt, der jaltenreich bis zu den Frühen herabfloß. 
In der rechten Hand jchwebte eine dem Gotte zu— 
gefehrte Nike, den Olzweig in der Hand, in der 
linten trug er das Scepter, das als ein Symbol 
der von ihm beherrſchten Erde aus mannigfaltigem 
Erze zufammtengejchmiedet war, und auf jener 
Spige war der ruhende Adler. In dem Antlige 
aber war die höchite Würde mit Milde und Güte 
unbejchreiblich gepaart. In ihm jchauten die Griechen, 
wie D. Müller jagt, den Zeus gegenwärtig; ihn 
zu jehen, war ein Nepenthes; ihn vor dem Tode 
nicht erblidt zu haben, beinahe ein jolches Unglüd, 
wie in die Myſterien uneingemweiht zu fterben. Auf 
der Lehne des Thrones umtanzten den Gott rechts 
und links an jeinen Schultern die Horen und Cha: 
riten; Siegesgöttinnen ftanden zu feinen Füßen, 
und mannigfaltiges Bilderwerf jchmücdte den Thron, 
auf welchem er ruhte. Paus. 5, 12. Lir. 45, 28. 
Quint. 12, 10, 9. Muf uns gefommen find von 
Pheidias' Werfen die Skulpturen des Parthenon 
(Siebelftatuen, Friesreliefs und Metopen), welche 
unmittelbar auf ihn zurüdgeben, außerdem aber 
Frriesreliefs und Metopen vom ſ. g. Thejeion, 
Metopen vom Zeustempel in Olympia, jowie eine 
Anzahl einzelner Bildwerfe, welche jedesfalls unter 
dem Einfluſſe jeiner Schule entitanden find und 
uns eine genügende Borftellung von den Leiftungen 
diejer erften Bildhauerjchule der Welt zu geben im: 
jtande find. Etwas jünger find die Tiegesgöt: 
tinnen im Relief, mit welchen die Baluftrade des 
Tempels der Nife Apteros gejchmüdt ift, jowie die 
Karyatiden des Erechtheions. Vgl. O. Müller, de 
Phidiae vita et operibus (1827), E. Beterjen, die 
Kunſt des Ph. am Parthenon und zu Olympia (1873). 
Walditein, essays on the art of Pheidias. Brunn, 
Geſch. der griech. Künſtler 1 ©. 112 ff. der 2. Aufl. — 
Pheidias' Schüler waren Alfamenes von Athen 
uud Agoralritos von Paros. Erſterer bildete 
in Marmor und Erz eine Reihe Göttergeftalten, 
auch jolche, welche jein Meiſter nicht behandelt hatte, 
.B. Aphrodite und Hera; von ihm rührten (nad) 
Baujanias’ Angabe, die freilich hronologiiche Schwie— 
rigfeiten bietet) die Statuen des Wejtgiebels vom 
Zeustempel zu Olympia her, von denen bei den 


Bildhauer. 


Ausgrabungen auf Kojten des Deutichen Reiches 
jeit dem Jahre 1875 höchſt wertvolle, zum Teil 
vortreffliche, Bruchitüde aufgefunden worden jind, 
in den ideal gehaltenen Köpfen und der Gewan— 
dung noch altertümlich ftreng, in den Bewegungen 
aber leidenjchaftlicher, als die Werte des Pheidias. 
Bejonders hoch wurde auch Agorafritos geichäßt; 
fein berühmteites Werft war das 10 Ellen hohe 
Marmorbild der Nemejis für Rhamnus. Andere 
Künſtler dieſer Zeit, zum Teil unter dem Einfluß 
der älteren Schule des Kalamis ftehend, find Pai— 
onios (j. d.) von Mende, Kolotes aus Paros, 
Schüler und Gehülfe des Pheidias bei der Aus: 
führung des olympiichen Zeus, Theokoſmos aus 
Megara, Thraſyme des aus Paros und Prarias, 
der Meifter der Statuen am Giebel des delphiichen 
Tempels. aus. 10, 19, 3, — Eine Fortfeßung 
myroniſcher Kunft zeigt fich in Myrons Sohne, 
Lykios aus Eleutherai, Styppar, Strongplion 
und Kreſilas aus Kydonia, welcher legtere mit 
jeiner Amazone zu Ephejos in einem Künftlerwett- 
fanıpfe dem Pheidias und Polykleitos gegenüber: 
trat. Lebterer trug den Sieg davon. Die ein: 
zelnen Typen der vorhandenen Amazoneneremplare 
jind neuerdings auf die 3 Meifter zurüdgeführt 
worden. Abweichend von dem Geifte pheidiafiicher 
Kunſt ſtehen auch Nallimahos und Demetrios 
da, eriterer ein gewandter Techniker, welchem die 
Anwendung des VBohrers und die Erfindung des 
forinthiichen Napitäls zugeichrieben wird (Vitr. 
4,1, 9), auch Architelt und Maler, lebterer aus: 
ſchließlich Borträtbildner und als folder Naturalift, 
d. h. bejtrebt, die Ericheinung jeines Vorwurfs, 
jelbft unjchöne Zufälligleiten, bis in die kleinſte 
Äußerlichkeit ohne idealere Auffafjung wiederzu— 
geben. — Pheidias' Nebenbuhler ift der Sifyonier 
(oder Argiver) Polykleitos, vielleicht Sohn des 
Volykles, auch Arcditeft und Toreut, jein jüngerer 
Mitjchüler bei Ageladas und das Haupt der argi- 
viihen Schule, ein Künftler, der in genreartigen 
Segenftänden die vollendet harmoniiche Schönheit 
des menichlichen Nörpers, namentlich des jugend: 
lichen, gleidy weit entfernt ven Derbheit und von 
Weichlichkeit, nach feinster Beobachtung und Be: 
rechnung und in voller Würde und hohem Ernite 
in muftergültigen Werfen zur Anſchauung brachte, 
dem dagegen der gewaltige Genius ſowie die viel: 
umfajjiende Phantajie eines Pheidias abging, jo 
daß er namentlich in Götterbildung hinter dieſem 
ii Am meiften rühmen die Alten jeinen 

oruphoros (Cie. Brut. 86, 296. or. 2,5. Plin, 
34, 55. Quint. 5, 12, 21), einen jpeertragenden 
Jüngling von den genaueiten Proportionen, und 
jeinen Diadumenos, einen Jüngling, der jein Haar 
mit der Siegerbinde umschlingt, beide aus Bronze; 
jein berühmteites Götterbild war der Koloß der 
Hera aus Goldelfenbein, der im Innern des nadı 
dem Brande von 423 v. E. von ihm wiederaufge: 
bauten Tempels bei Argos aufgeführt war. Die 
Göttin Jah auf einem vergoldeten Throne; ihr Haupt 
war mit einer goldenen Stirnfrone geihmüdt, an 
der die Horen und Chariten tanzend in Relief dar: 
eftellt waren; ihre Linke hielt das Scepter, ihre 
Rechte den geheimnisvollen Granatapfel, das Sym— 
bol der Fruchtbarkeit, und neben ihr ftand gleidh: 
jam dienend die Göttin der Jugend von Naufydes 
(i.u.). Wiederholungen des Doryphoros in Florenz, 
Nom, Neapel, des Diadumenos in Yondon, der Hera 


Bildhauer. 


vielleicht ein Kopf in Nom, die j. g. Juno Ludopifi 
(j.Hera, 3.), noch mehr eine Büjte in Neapel, die j.g. 
Hera Farneſe. Unter den von Plinius (34, 50) 
genannten 18 Sciülern des Polykleitos war der 
bedeutendite Naufnydes aus Argos um 420v. E.; 
ein von ihm gejchaffenes Stande 

Gold und Elfenbein war neben der Hera feines 
Lehrers aufgeftellt. Als jein Schüler wird der 
jüngere Bolyfleitos genannt, um 369. — Nad): 
dem dieje Periode in der Behandlung aller Formen 
des Großen und Wunderbaren fat fich erjchöpft 
hatte, brach nunmehr das Zeitalter der Grazie, des 
ihönen Stiles, an. Wie in der vorigen Periode 
der ftrenge Stil mit der Schönheit, jo verband ſich 
jest die Schönheit mit der jeelenvollen Anmut. 
Auf der Schwelle diejer Periode fteht der ältere 
Kephijodotos, wahrſcheinlich des Prariteles 
Bater, auf welchen neuerlich die j. g. Leukothea in 
München (Eirene mit Plutos zurüdgeführt worden 
8 ift (j. Plutos). Die Hauptvertreter der neuen 
Richtung find Sfopas von Paros und Prari- 
teles von Athen, jeit etwa 390 v. E. Skopas 
. d.), auch Architekt, zeigte jein Talent ſowohl 
in der Darjtellung jchöner Leiber als auch bejon- 
ders im ganzen Gruppen und näherte fich dadurch 
den Grenzen der Malerei. Er arbeitete vorzugs- 
weije in Marmor und ftellte, namentlich aus dem 
Kreiſe des Dionyſos und der Aphrodite, die fühn- 
ften Bewegungen der rajenden Mainaden und Ne: 
reiden dar, wie fie das reizende Haupt auf den 
Rüden gelehnt halten, die geichwungenen Haare 
flatternd, einen Fuß hoch erhoben, auf dem andern 
ichmwebend. Ebenjo juchte er das Höchfte in der 
blühenden Anmut bei der Gruppe der Liebesgötter. 
Unter jeinen Gruppen zeichnete fich durch Reichtum 
der Zujammenjehung und Kühnheit der Geftalten 
ein feierlicher Aufzug des Achilleus aus, dem feine 
Mutter, von Tritonen und Nereiden und wunder— 
bar gejtalteten Meerbeiwohnern umringt, die von 
Hephaiftos gefertigten Waffen überbringt, vermut: 
Ih zum Schmude eines Tempelgiebels beftimmt. 
Dieje Gruppe wurde fpäter zu Rom in einem 
Tempel des Neptun am flaminijchen Circus durd) 
En. Domitius aufgeftellt (Plin. 36, 26) und iſt das 
Mufterbild für unzählige Rahahmungen geworden. 
Auf Sfopas führt man den langbelleideten Apollon 
Mujagetes, welcher im feierlichen Schritte die Zither 
ichlägt (Batican), zurüd (j.Apollon, Abbildung d). 
Auch arbeitete er um 350 am Mauſoleion von 
Halifarnaß. Prariteles aus Athen, wahrjchein- 
lich Sohn des älteren Kephijodot, wohl der lieb- 
lichfte Bertreter der attiichen Kunft, der Meifter 
in der Darftellung jeeliicher Regungen ſowie weicher 
Anmut und ſinnlichen Reizes, z0g faft alle Götter 
in feinen Kreis, mit Vorliebe aber behandelte er 
die jugendlichen unter ihnen (Eros, Aphrodite). 
Ein herrlicher Hermes, der einen Dionyſosknaben 
auf dem Arme trägt, ein Originalwerk des Künſt— 
lers, wahrjcheinlih aus jeinen früheren Jahren, 
ift im Mai 1877 in Olympia aufgefunden worden 
(d. Hermes, Abbildung a); Wiederholungen jeiner 
Werfe fcheinen der eidechientötende Apollon in der 
Billa Albani (auch im Vatican und im Louvre) 
und der Erostorjo im Batican, der Apollino in 
Florenz, der ausruhende Satyr (megıßonrog), in 
zahlreichen Eremplaren vorhanden (j. Satyrn), 
zu fein. Für die Knidier ftellte er die Aphrodite 
dar, unverhüllt, wie es zuerft Sfopas gewagt hatte 

Neallexiton des Mai. Altertums. 7. Aufl. 





(Wiederholungen im PBatican und in München), 
für die Koer eine nicht minder berühmte befteidete. 
Welchem von beiden die Gruppe der Niobiden 
(Florenz, einzelne Figuren in Rom, München u. ſ. w., 
j. Niobe) zuzufchreiben jei, hat weder das Alter: 


ild der Hebe aus | tum noch die Neuzeit enticheiden fönnen (vgl. 


Friederichs, Prariteles und die Niobegruppe, 1855). 
Seine Söhne, der jüngere Kephijodot und Ti- 
marchos, waren gleichfalls Bildhauer. — Zahl— 
reiche Nachfolger erweiterten und übertrieben die 
von den beiden Meiftern Stopas und Prariteles 
angeftrebte Richtung. Leochares, wahrſcheinlich 
aus Athen, welcher mit Stopas am Mauſoleion 
arbeitete, jtellte unter andern den Ganymed dar, 
wie er von dem Adler in die Höhe gehoben wird 
(unbedeutende Kleine Kopie im Batican, ſ. Gany- 
medes), ein Werf, welches jeinen Abfichten nach 
an der Grenze der Plaftik fteht. Silanion, um 
360 dv. C., joll dem Erz, aus weldem er jeine 
jterbende Jokaſte bildete, für die Gejichtspartien 
Silber beigemijcht haben, um den Ausdrud einer 
Sterbenden völlig zu erreihen. An namenlojen 
Werken diejer jüngeren attiichen Schule jind zu 
nennen die Skulpturen des Lyſikratesdenkmals zu 
Athen (Dionyjos die tyrrhenijchen Seeräuber in 
Delphine verwandelnd), der großartige ‚Fries des 
Heroons von Gölbajhi in Lykien (. in Wien) 
und das Nereidenmonument zu Zanthos in Lykien 
(Statuenfragmente und Frieſe); ihre Stärfe lag 
in der lebendigften Charafterifierung durch die Ge: 
fichtszüge und in der jcharf ausgeprägten Darftel: 
lung namentlich von Leidenichaften. — Co hatte 
die Kunft ihren Kreislauf vollendet, und es blieb 
nur nocd übrig, das ganze Gewicht auf die Aus— 
führung zu legen. Das Studium trat an die Stelle 
der Natur und des Talents, das Nebenwerf wurde 
Hauptjache, das Erlernbare fiegte über das Uner— 
gründliche, das Irdiſche über das Göttliche. Die 
Fortjchritte im Mechanifchen und die Leichtigkeit 
der Mittel erwarb ſchon in Aleranders Zeitalter 
manchem Künſtler gleiche Bolltommenheit in ver- 
ichiedenen Zweigen der Kunſt. Wie aber die vorher 
genannten beiden Künftler noch immer im Geijte 
des Pheidias das innere, geiftige Yeben der Götter 
und myiythiſchen Geftalten vor Augen hatten, jo 
jahen die nun folgenden im Sinne der argiviſch— 
jifyonifchen Schule des Polykleitos bejonders auf 
förperliche Wohlgeftalt. Euphranorausforinth, 
jeit 380 v. C. Maler und Bilder zugleich und 
dabei ebenjo ausgezeichnet in Marmor wie in Erz, 
war bejonders berühmt durch feine Statue des 
Paris, eine Athene (die Yutatius Catulus nad) Rom 
brachte) und eine Yatona mit ihren Kindern. Seine 
vorzüglichjten Gemälde befanden ſich in der Halle 
des Kerameikos zu Athen, darunter die 12 Götter, 
Thejeus, die Demokratie und der Demos, das Reiter: 
gefecht der Athener gegen Epameinondas bei Man- 
tineia. Kräftiges Kolorit und richtige Verteilung 
von Licht und Schatten wird an ihm gerühmt. 
E3 entſtand aber auf dieje Weije ein übermäßiges 
Streben nah dem Mannigfaltigen in der Art 
der Produktionen; nicht ſchöpferiſche Kraft, jondern 
kluges Zujammenfügen des Beften erichien als das 
Biel (Plin. 34, 19, 6); die Kunſt verengte jich, die 
Kunftichulen hörten auf. Doch fehrte in dieſer 
Periode Einer mit großer Kraft auf den verlafjenen 


Weg und zum Studium der Natur zurüd, Yy: 10 


jippos aus Cifyon vgl. Cie. Brut. 86, 296. 
14 


209 . 


210 


' Plin. 35, 40, 25. 


11 


15 


Nleranders des Großen, feinem nächſten Berufe 
nad ein Erzarbeiter und Autodidalt. Er jtudierte 
wieder den menschlichen Körper und fand jo das 
Ideal der Schönheit, das er in umübertrefflichen 
Erzbildniffen von Göttern und Menſchen verwirf- 
lichte, indem er die größte Ahnlichleit mit dem 
höchſten Maße von Schönheit (elegantia) zu ver: 
einigen juchte; er bildete den Herakles-Charakter 
auf eine nene Weife aus. Sein berühmteftes Wert 
war das Bildnis des makedoniſchen Alerander, den 
er in mannigjaltigen Größen und Stellungen dar: 
jtellte: im jugendlicher und männlicher Schönheit, 
im Kampfe, auf dem Throne figend, auf der Jagd, 
reitend und auf dem Wagen jtehend, jo daß Ale: 
rander, wie er fih nur von Apelles malen und 
von Pyrgoteles in Stein jchneiden lich, von feinem 
andern Bildhauer dargejtellt werden wollte. Arr. 
1,16, 7. Plut. Alex. 4. Cie. ad fam. 5, 12, 13. 
Hor. ep. 2, 1, 240. Mit gleihem Erfolge bildete 
er aud die Genofjen des Königs, vor allen den 
Sephaiftion. Als am Granikos 25 auserlejene Ge: 
fährten ug aeg fielen, bildete ſie Lyſippos auf 
Befehl des Königs in ehernen Bildjäulen zu Pferde 
in Lebensgröße in mannigfaltigen Stellungen des 
Kampfes, der VBerwundung und des Todes; das 
Ganze wurde zu Dion in Makedonien aufgejtellt, 
mußte aber jpäter die Portifus des Metellus in 
Rom ſchmücken. Arr. 1,16,7. Plin. 34,64. Weiter 
bildete er eine Jagd, auf welcher der König, von 
Krateros unterftügt, einen Löwen erlegt, ald Weib: 
geichent des Krateros zu Delphoi aufgejtellt. Ein 
folofjales Bild des Herafled von 30 Ellen jtand 
von ihm zu Tarent, wanderte aber bei der Er: 
oberung der Stadt auf das Capitol (Plut. Fab. 
Max. 22. Plin. 34, 40); ein anderes von der Höhe 
eines Fußes, welches jenen, auf einem Felſen 
jigend, die Keule in der Nechten, eine Schale in 
der Linken haltend, darftellte, it durch die Schil- 
derungen des Statius (silv. 4, 6) verherrlicht 
worden. Auch jtand ein 40 Ellen hoher Koloß des 
Zeus zu Tarent, und ein anderer des Pojeidon zu 
Korinth, die ihm zugeichrieben wurden. Die Zahl 
der Arbeiten diejes fruchtbaren Nünftlers wird auf 
1500 geihäßt. Plin. 34, 17. Auf ihn wird der 
Mars von Billa Ludoviſi (ſ. Ares), jowie ein mit 
dem Schabeijen jich reinigender Athlet in Batican 
(1. 9. Aro&vöuevog) zurüdgeführt. — Sein Bruder 
gpliftratos formte zuerjt Gefichter in Gips ab; 
die getreue Nahahmung der äußerlich vorhandenen 
Geſtält fing an Ziel der Kunft zu werden. Plin. 
35, 44. — Der Einfluß Alexanders mit jeinen 
igantijchen Eroberungen und die Vorliebe der 
Hulssben Kunft für das Impoſante wirkten zu: 
jammen, daß namentlich viele Koloſſe neichaften 
wurden, Es blühte bejonders die ſikyoniſche 
Schule, die den Erzguß in alter Vollkommenheit 
und jogar (E utäpfzates) ftrenger, als damals 
gefiel, übte; davon ging die rho diſche Schule aus, 
welde an Lyfippos anfnüpfte — fein Schüler 
Ehares von Lindos gilt als ihr Stifter — und, 
wie die rhodiiche Nhetorif, durch Streben nad 
Effekt von der attiichen ſich unterichied. Deino- 
frates (bei Plutarch Stafifrates, bei Plinius 
Dinochares oder Timocares, bei Strabon Eheiro- 
frates genannt), ein Schüler des Lyſippos, wollte 
den Athos in eine Bildjäule Aleranders umwan— 
dein, welche in der Linfen eine Stadt, in ber 


Bildhauer, 


Petron. sat. 88), Beitgenojie | 


Nechten eine Schale hatte, aus welcher er dem 
Meere einen herabftürzenden Strom jpenden jollte 
(vgl. auch Baukünstler, 7.); er errichtete den 
berühmten Scheiterhaufen des Hephaiftion (Plut. 
Alex. 72) und hatte die ardhiteftonijche Leitung 
bei der Gründung von Alerandreia. Chares von 
Lindos verfertigte einen Koloß der Sonne von 
70 Ellen (105 römiſche Fuß), den größten, den das 
Atertum außer dem des Nero kennt, der aber nicht, 
wie gefabelt wird, über, fondern in der Nähe des 
Eingangs zum Hafen ftand (j. g. Koloß von Rhodos). 
Plin. 34, 41. Wenige fonnten feine Daumen um: 
faffen, und jeder jeiner Finger war größer als die 
meijten Statuen. Nachdem er 66 Jahre geftanden, 
zerbrad) er infolge eines Erdbebens, 222 v. E., 
und nachdem er faſt 900 Jahre lang gelegen, 
wurde er 672 n. E. von einem arabiſchen General 
an einen Juden verkauft, welcher 900 Kamele mit 
dem Erze belud. Rhodos hatte angeblich noch 
100 andere Koloſſe, und der Einfluß der Schule 
verbreitete fich immer weiter. Bei einem bafchijchen 
Aufzuge unter Ptolemaios Philadelphos in Aleran: 
dreia wurden ganze Mafjen Zolofjaler Bildjäulen 
umbergeführt; ein Bakchos, defien Wagen 180 Män— 
ner, ein jilberner Ntrater, welchen 600 Männer 


zogen u. dgl. m. Der Schule von Rhodos gehört 13 


auch die Yaofoongruppe (j. Laokoon) an, 
das Werk der 3 Künſtler Agejaudros, Boly: 
doros und Athenodoros, doch ift nicht ausge: 
macht, ob diejer Zeit oder dem erjten Jahrh. n. E. 
Sie ftand im Palaft des Titus (j. Welder, alte 
Denkmäler IS. 322. Friederichs, Baufteine ©. 429). 
Für die Erflärung diejes Kunſtwerks find aufer 
Leſſing zu ver chen Goethe, Kunſt und Altert., 
Velder a. a. O., Brunn, Künſtlergeſch. I ©. 474, 
Dverbed, funftarchäologische Vorlefungen ©. 115 ff. 
Sicher gehört diejer Zeit an das andere große 
Werk der rhodiſchen Schule, der j. g. farneſiſche 
Stier von Apollonios und Taurijlos von 
Tralles in Karien, zwar ſinnlich impojant, aber 
ohne einen befriedigenden geiftigen Juhalt. Plin. 
36, 4, 10f. (j. Amphion). Als hervorragender 
Künjtler diejer Periode wird noch genannt Euty- 
chides aus Silyon, Schüler des Lyſipp, welcher 
die Statue der Stadtgöttin Antiocheia, die erite 


‚ Berjonififation diejer Art, verfertigte (Heine Wieder: 
olung im Batican). — Die zweite bedeutende 14 


Schule nad) Alerander ijt die von Pergamos; 
ihr fiel die Aue zu, die Siege der pergame: 
niſchen Könige über die Gallier und andere Geg: 
ner, wie Prujias und Antiochos, zu verherrlichen, 
und damit war ihr realijtiicher Charakter beftimmt. 
Attalos 1. ftiftete zur Verherrlichung jeines Sieges 
(239 v. E.) eine Reihe von —— aus Bronze 
— Athener mit Perſern kämpfend, Theſeus und 
Amazonen, Pergamener und Gallier — auf die 
Akropolis, wo In an der jüdlichen, fimonijchen 
Mauer aufgeftellt wurden. Marmorne Wieder: 
— einzelner dieſer Statuen ſind in Venedig, 
Neapel und Paris aufgefunden worden. Größeren 
Rufes genießen bei uns andere Werke dieſer Schule: 
der ſterbende Gallier Capitol) und der Gallier, 
welcher ſein Weib und ſich ſelbſt tötet (Billa Ludo— 
viji), in griechiſchem Marmor gearbeitete Kopien von 
Bronzeoriginalen, vor allen Dingen aber der grofj: 
artige, eine Gigantomachie darjtellende, 400 Fuß 
lange Mltarfries von Pergamon (j. Pergamon). 
Alle dieſe Werke zeigen, gleich denen der rhodiichen 


Bildhauer. 


211 


Schule, mehr oder minder denſelben Kunftcharakter, | kreiſe gegenüber den Bedürfniſſen des täglichen 


ein mächtiges Pathos und eine weitgetriebene Tec): | Lebens vorzugsweije dient. 


nit. — Um 280 dv. E. bedrohten diejelben Gallier- 
icharen Griechenland, fie famen nad) Delphoi, wel- 
ches jedoch — jo glaubte man — der Zerſtörung 
und Plünderung durch den Schuß der Götter ent: 
ging. Paus. 10,9. Dem Andenken an diejes 
Ereignis verdankt höchſt wahricheinlid der Apoll 
von Belvedere (j. Apollon, 4., Abbildung b) 
jeine Entjtehung, welcher nicht, wie man früher 
meinte, den Bogen, jondern die Migis in der Linken 
hielt, — ein herrliches Werk, aber durchzogen von 
einem Pathos, welches die Kunſt der beften Zeit 
nicht zum Ausdrud gebracht hätte. Derjelben Zeit 
icheinen die Aphrodite von Melos ſ. Aphrodite) 
und die Nife von Samothrafe anzugehören. — 


15 Hiermit wenden wir uns zu der bildenden Kunſt 


in Rom, joweit diejelbe an Dentmälern und Namen 
darjtellbar ift. Seit der Mitte des 2. Jahrh. v. C., 
wo die griechiiche Kultur mächtig im Wachjen be: 
griffen tft, finden wir hier 2 Nichtungen in der 
Kunft, eine griechiſche oder bejjer helleniftiiche 
und eine national:römijche. Der erften gehö- 
ren zunächit 3 für dieje Zeit hervorragende Künjtler 
an, Fämttich Athener: Apollonios, Ghykon und 
Kleomenes, Apollonios’ Sohn; von dem erjten 
haben wir den vaticaniichen Herkulestorſo, nad) 
Michelangelos Ausipruch die ichönfte Antike, von 
dem zweiten den Ffolojialen Herkules Farneſe 
Neapel; j. Herakles); beides jind aber Nach— 
ahmungen Iyjippiiher Werte. Einem unbefannten 
Künftler derjelben Zeit (denn die Inſchrift, die ihn 
Kleomenes nennt, iſt gefälicht) gehört die medi- 
ceiihe Benus (in »Forenz) au, ein Werk von 
zierlicher Behandlung, doc) ohne höhere Auffaffung. 
Daß aud) die aſiatiſchen Nunftrichtungen hier ihre 
Fortſetzung fanden, zeigt der zu Anfang der Kaiſer— 
zeit lebende Agajias aus Ephejos, deilen Wert 
der j.g. borghejijche Fechtercin Paris) ift. Wie 
hoch überhaupt hellenijche Kunſt in Italien gejchäßt 
wurde, geht daraus hervor, daß die — der 
Statuen und Reliefs, welche unſere Muſeen füllen, 
römiſche Wiederholungen ſind; denn die Originale, 
welche der Kunſtraub ſeit Sullas Zeiten und der 
Handel aus Griechenland nach Italien brachte, find 
fajt alle verloren gegangen. Aber man fopierte 
nicht nur, jondern es entjtand aud eine eigene 
Schule, welche in efleftifcher Weije an die Hellenen 
16 ſich anſchloß. Ihr Begründer war Paſiteles 
aus Großgriechenland (1. Jahrh. v. E.), welcher 
durch ſein eingehendes Modellſtudium und große 
theoretiſche Bildung berühmt wurde; ſein Schüler 
iſt Stephanos, von dem wir eine Jünglings— 
ftatue, eine Art Kanon (j.Polykleitos) (in Billa 
Albani), befigen; dejien Schüler Menelaos ver: 
fertigte die jchöne Gruppe in Billa Ludovifi, welche 
man Orejt und Eleltra (oder Telemach und Pene— 
lope, oder Aipytos und Merope) nennt. Außerdem 
haben wir eine große Menge von Statuen, die 
wegen ihres bejonderen, an das deal früherer 
Epochen antnüpfenden, Kunftcharafters diejer Eflef: 
titerichule zuzuſchreiben find (vgl. Ktefuld, die Gruppe 
des Menelaos). — Parallel mit diejer griechischen 
Richtung, welcher wir noch einmal begegnen werden, 
geht die jpeziell römische. Sie unterjcheidet ſich 
bon jener jowohl durch die mehr realiftiiche, por- 


_ Wir geben die wid): 
tigften Gegenjtände diejer Kunftrichtung an. Das 
Porträt entwidelte fich bei den Römern zu der 
höchſten Bolllommenheit, welche dieje Kunftgattung 
jemals erreiht hat. Die Statuen find entweder 
mit bürgerlicher Kleidung verjehen (togatae) oder 
in militärifcher Tracht (thoracatae) oder endlich 
in KRoftüm und Haltung mehr ideal aufgefaßt 
(achilleae). Alle 3 Gattungen lehnen fich an ähn— 
liche Aufgaben der Diadodyenzeit an. Zahlreiche 
Beifpiele von Borträtjtatuen jowohl wie von Büjten 
find von den legten Zeiten der Nepublif bis in 
die jpätejte Kaijerzeit erhalten, darunter bej. be: 
fannt die marmorne Augujtusftatue des vatican. 
Mufeums (ſ. Oetavianus), die bronzene Reiter: 
ftatue des Marc Aurel auf dem Capitol zu Rom, 
die fitende Marmorftatue der Agrippina u.a. (vgl. 
Bernouilli, röm. Ikonographie, 1832 ff.), im ein: 
zelnen zwar verjchieden an Wert je nach dem Kunſt— 
vermögen des Bildhauers, nach Beltimmung der 
Kunſtwerke oder nach den Unterjchieden haupt: 
ftädtifcher und provinzialer Nunftübung ; aber inner: 
halb zweier Jahrhunderte, bis etwa 160 n. E., iſt 
von einer Abnahme des künftleriichen Bermögens 
nicht die Rede. Am längiten erhält ſich die Funft in 
der Behandlung der Büjte. Selbit von Caracalla 
(jeit 211 n. E.) umd einzelnen der jpäteren Kaijer 


m 


7 


haben wir noch vorzügliche Büſten. — Dem Porträt 18 


jiebt eine zweite Kunſtgattung nahe, weldye von 
n Römern bejonders gepflegt wurde, die Dar: 
ftellung von Berjonififationen einzelner Provinzen, 
Städte, Yänder, deren man namentlich für die Aus: 
ftattung der Triumphzüge bedurfte; aud) hier 
arbeitete die helleniftiiche Zeit vor. Römiſche Bei- 
jpiele mögen ein die 14 von Pompejus überwun: 
denen Nationen des Coponius, des einzigen uns 
befannten Bildhauers mit römiſchem Namen, für 
eine Portitus beim Theater des Bompejus (Plin. 
36, 41), die 60 galliichen Bölferjchaften an dem 
Altar des Auguftus bei Lugdunum, — beide nur 
aus Schriftjtellern befannt. Erhalten jind uns z. B. 
die herrliche j. g. Thujnelda, eine Germania devicta 
(in Slorenz) und die vielen Dacier aus Trajans 
Zeit (faft in allen italien. Muſeen, einige jet am 
Eonjtantinsbogen). — Hier fommen wir nun an 
eine dritte Kunſtgattung, welche, wie es jcheint, den 
Nömern eigentümlich ıft: die hiftorijchen Re— 
liefsan Säulen, Triumphbögen u. j.w. Die 
Segenftände, welche auf ihnen behandelt jind, waren 
früher, in helleniftiicher Zeit und in Rom zu An- 
fang der Republik, auf Tafeln gemalt bei Triumph: 
zügen umbergetragen, aud) auf öffentlichen Plätzen 
ausgeftellt und dem Wolfe erflärt worden (Tae. 
ann. 2, 41. Plin. 35, 7. Liv. 45, 39). Das Ver— 
dienft der Römer aljo ift es höchſt wahricheinlich, 
dieje Darftellungen einer vergänglichen Tagesdeto- 
ration in die Plaſtik überjeht und jo eine nene 


Kunftgattung geichaffen zu haben. Die wichtigſten 19 


erhaltenen Berjpiele jind die Reliefs des Titus: 
bogens (Zriumphzug über Judäa) und die vom 
Trajansforum: Schlachten, Ceremonialafte, Dar- 
ftellingen aus dem Privatleben des Kaiſers u. ſ. w., 
jegt meift in den Eon ftantinsbogen vermanert. 
Dazu fommen die jpiralförmig um die Trajans- 
jäule laufenden Darjtellungen der Dacierkriege. 


träthafte Auffafjung ihrer Gegenftände, als auch | Weit geringer find die Reliefs der Säule und von 
bejonders dadurd), daß fie einem idealeren Stoff: | einem Bogen Marc Aurels (161--180 n. E.), 
14* 


212 


zum Teil nur Wiederholungen der glänzend er: 
fundenen Motive trajaniicher Kunft. Die Reliefs 
am Bogen des Septimius Severus (193— 211 
n. €.) bezeugen den gänzlichen Verfall der römischen 
Plaſtik, deren Gejchichte wir mit diefem Dentmal 


20 abichließen. — Den wenigen Schriftjtellerzeugnifien 


nach zu urteilen jcheinen dieje bewundernswerten 
Schöpfungen nationaler Kunft wenig Eindrud auf 
das gebildete Publifum gemacht zu haben, welches 
offenbar jein Schönheitsideal in Griechenland juchte. 
Beweis deſſen find einige Denkmäler, deren Eriftenz 
eine Art hellenifierender Reaktion gen jene Rich: 
tung fund thut. Dahin gehören z. B. allerlei Kunſt— 
werfe aus der Zeit Domitians (81-96 n. E.), 
welche uns Statius bejchreibt, ſowie die erhaltenen 
Neliefs am Durchgangsforum diejes Kaiſers, wohl 
von Nerva (96-98 n. E.) vollendet; fie ftellen 
Pallas umgeben von arbeitenden Frauen und 
Mädchen, griehiich in Kleidung und Behandlung, 
dar. Derjenige Kaiſer aber, welcher jogar eine 
Nachblüte griechiicher Kunft herbeizuführen ftrebte, 
war Hadrian (117—138 n. E.), Trajans Nachfol: 
er; jeine Zeit hat unmittelbar nad) den glänzenden 
Schöpfungen der trajaniichen Regierung Werte ge: 
ichaffen, welche in techniicher Behandlung zu dem 
Scönften gehören, und einen originellen Typus 
hervorgebracht, den legten, welchen die griechiiche 
Kunſt ſchuf: das Bild des Antinous, des jugend- 
lihen Freundes, dem nach jeinem frühen Tode der 
Kaijer göttliche Ehren defretieren ließ. Statuen 
und Büften desjelben finden fih in allen Muſeen. 
— Neben griechijchen Einflüſſen finden wir ſolche 
aus Etrurien, und jogar in einzelnen Zeitpunkten 
eine Hinneigung zu etruffiicher Kunſt. Dieje ent: 
ipricht der Vorliebe, welche etwa heutzutage Einzelne 
für frühmittelalterliche Kunſtwerle haben, während 
die griechiiche NKunft den Römern etwa jo, wie uns 
die Renaifjance, gegenüber ftand. — Zum Schluß 
find noch als Erzeugnifie des Kunſthandwerks nad 
der Seite der Plaftıf hin die Münzen und ge: 
ichnittenen Steine, bei. Hyacinth, Topas, Chry— 
joberyll, Granat, Aquamarin, Türkis, Bergfryftall, 
Amethyft, Jaipis, Onyr, Achat, Obfidian, Malachit 
u. j. w., entweder tiefgejchnittene (Sntaglios), 
namentlich zu Siegelringen verwendet, oder hoch— 
ejchnittene (Camcos), zum Teil von beionderem 
tunftwerte, zu erwähnen. Vgl. im allgem. Brunn, 
Geſchichte der griech. Künſtler, Bd. I (die Bildhauer) 
und Bd. II S. 401 ff. (die Toreuten, die Münz: 
jtempelichneider und die Gemmenſchneider). Lübke, 
Geſchichte der Plaftit. 2 Bdd. (3. Aufl. 1880 f.). 
Dverbed, Geſch. der griech. Plaftit. 2Bdd. (3. Aufl. 
188082). Blümmer, Technologie der Griechen 
und Römer III ©. 187 ff. 279 ff. 

Bingium, Stadt der Bangionenan dem Rhenus u. 
der Strafe von Magontiacum nad Colonia Agrippi- 
nenfis, j. Bingen. Tac. hist.4,70. Amm. Marc. 19,2. 

Bion, Bior, 1) ſ. Theokritos. — 2) Philo: 
joph aus Borpithenes im Stythenlande, um 256 v. C., 
berüchtigt durd die Schärfe feines Witzes und 


Bingium — Bituriges. 


Bisanthe, Bıodrdn, jpäter Rhaideſtos, j. Ro— 
dofto, eine thrafiiche Stadt an der Propontis, Ko— 
lonie der Samier, in herrlicher Lage. Xen. An. 
7,2, 38. 5,8. Hdt.7,137. Für die byzantiniſchen 
Kaiſer war fie wegen ihrer Yage ald Bollwerk von 
Richtigkeit. 

Bistönes, Bi/oroves oder Biorwres, thrafiiche 
Völkerſchaft am Nigaiiihen Meer und am See 
Biſtonis (j. Buru:göl), öftlich von Abdera. Hät. 
7, 110, Strab. 7, 331. Bei den römischen Dichtern 
ſteht der Name oft für thrafiich (Hor. od. 2, 19, 20: 
Bistonides — thrakiſche Bacchantinnen). 

Bistoniden j. Dionysos, 5. 

Bistönis lacus ſ. Bistones. 

Bithjnia, Bıdvvde, die nordweitliche Landichaft 
Ktleinafiens, grenzte im S. an Galatien und Phry- 
gie epiktetos (Sangariosfl. und Olymposgeb.), im 

. an Myſien (Olympos, Rhundatosfl.), im N. 
an die Propontis, den thrafijchen Bojporos und 
den Pontos Eureinos, im D. au Paphlagonien 
(Bartheniosfl.). — Im ©. von waldreichen Ge— 
birgen durchzogen (Olympos, Orminion), war es 
übrigens im ganzen eben und * fruchtbar an 
den mannigfaltigſten Erzeugniſſen, beſonders liefer— 
ten die Berge treffliches Schiffsbauholz. Unter 
den Vorgebirgen ſind von W. nach O. zu merken: 
Poſideion (j. Bozburun), gebildet durch die Aus— 
läufer des Berges Atrganthonios, Afrita sit. ebenjo), 
am Nordende des Meerbujens von Aſtakos, Me- 
laina (j. Tichili) und im DO. Aherufion (j. Baba). 
Unter den Flüffen find zu nennen der Rhynda— 
tos (j. Sujugberli), Atanios (Tichatirga-Su), 
Rhebas (j. Riwa) in der Nähe des Bojporos, 
durd) die Argonautenfahrt berühmt geworden, San: 
garios (j. Salarja), Hypios (j. Milan-Su), Bil- 
latos (j. Filijas) und der Grenzfl. Barthenios 
(j. Partna). Bon Seen ift bemerkenswert die 
Aoxarie Aurn (j. See von Jinif), an deren Oſt— 
ſpitze Nikaia lag, und die von dem Fluſſe gl. N. 
durchjloffen wird. — Die Einwohner erwuchſen 
aus den aus Europa eingewanderten thrafiichen 
Stämmen der Thyner und Bithyner, welche die 
früheren Bewohner, Mpjer und Bebryker, unter 
jochten; die Thyner wohnten am Sangarios, die 
Bithyner bejonders am Billatos; doch behaupteten 
ſich im NO des Landes die Mariandyner. Bon 
den Lydern unterjocht, famen die B. unter peri. 
Serrichaft, von der ſich jpäter Nifomedes 1. (geit. 
246 v. E.) wieder losmachte und ein Meich ftiftete, 
bis Nitomedes III. das Land im %. 74 v. E. den 
Nömern vermachte, die es erft zur Provinz Afia, 
dann zu Pontus jchlugen (Provinz Bithynia et 
Pontus), bis Auguſtus es zu einer eigenen Senats- 
provinz machte. Die wichtigften Städte find: 
Daſkylion, Kios, Nikomedeia, Chalfedon, 
Herafleia Bontife (f. Herakleia, 2.), Pruſa 
am Olymp, Nikaia (j. d., 1.), Bithynion (i. d., 
ipäter Claudiopolis). Strab. 12, 562 ff. Plin. 
5, 32, 40. 

Bithynion, Bıdrwiov, Stadt im Gebiete der 


Spottes (Hor. ep. 2, 2, 60: Bionei sermones et Mariandyner im öftlichen Bithynien, jpäter Claudio: 


sal niger). Diog. Laert. 4, T, 52. 
Bisaltia, Biocaric, Landichaft in Makedonien, 
öftl. von Mygdonia, nördl. von Chalkidike, weftl. 


von Edonig, ſüdl. von Sintife, vom Fl. Bilaltes | — 


polis genannt, j. Boli, Vaterjtadt des Antinous, 
des Lieblings von Hadrian, unter Theodofins 11. 
Hauptftadt der Provinz Honorias, Die Umgegend 
Salöna — lieferte den trefflichen jalonijchen 


durchftrömt, mit den Städten Kerdylion am Stry: | Käſe (6 Zuiwrirng rrodg). Strab. 12, 568. 


mon, Argilos, Oſſa und Kalliterai. Adt. 8, 116. 
Thuc. 2, 99. 4, 109. 


iton j. Kleobis. 
Bituriges (Sing. Biturix), bedeutendes felti- 


Blemmyes — Botthius. 


iches Boll in Mauitanien: fie zerfielen in 2 ge: 
trennt wohnende Stämme. Die Bituriges Cubi, 
geichicht im Bergbau, bewohnten den im N. und O. 
vom Liger begrenzten Landftrich mit den Städten 
Avaricum, Biturigä (j. Bourges), befannt 
durd; die Eroberung und Verbrennung durch Cäjar 
(b. g. 7, 13 ff), Argantomagus (j. Argenton), 
Mediolanum (j. Üsakas Meillant), Novio: 
dunum (j. Nouan). Die B. Vibisei wohnten jüd- 
weitlich von erfteren an beiden Seiten der Garumna, 
mit der Hauptjtadt Burdigäla (j. d., j. Bordeaur). 

Blemmyes (Blemyes), Bi£uuves, j. Biſcharin, 
ein rohes libyſches Räubervolf im ©. und ED. 
von Ägypten, defien Einfälle Diocletian durch Jahr: 
gelder abzufaufen juchte. Strab. 17, 786. 

Blossius, Gaius, aus Cumä in Unteritalien, 
ſtoiſcher Philojoph, einer der treuejten Freunde 
des Tiberius Gracchus und feiner Pläne, befannte 
nach deſſen Tode ſich freimütig als freund des— 
jelben, der ſtets nur das Beite des Staates gewollt 
babe. In der im X. 132 v. E. angeftellten Unter: 
ſuchung ichlüpfte er durch und entfam zu dem Prä- 
tendenten des pergameniſchen Reichs (Mriftonikos), 
nach deſſen Beiiegung (130 und 129) er jich jelbjt 
tötete. Plut. Tib. Gracch. 20. Cie. Lael. 11, 37. 

Boadicöa, richtiger Boudieca, Bovrdovdze, 
Bovdovia«, Beherriderin der Icener in Britan: 
nien. Grbittert über die Habgier und Treulofig: 
feit der Römer, die ihre Töchter entehrten und 
auch jie mit Mißhandlung bedrohten, ihre Unter: 
thanen jchwer bedrüdten und ihrer Habe beraubten 
(Tac. ann. 14, 31), rief fie ihr Volk zu den Waffen, 
sin. C. Die römischen Bejabungen wurden über: 
fallen, die Städte Londinium und Berulamium von 
den Britannen erobert und über 70 000 römische 
Soldaten und Koloniften erichlagen, bis der römische 
Feldherr Euetonius Paulinus (j. Suetonii, 1.) 
das zahlloje Heer der Königin gänzlich jchlug; fie 
jelbft tötete ich durch Gift, um nicht in die Hände 
der Römer zu fallen. Tac. ann. 14, 34 ff. Agr. 
15. 16. Dio Cass. 62, 1 ff. 

Bocchus, 1) König von Mauretanien, Schwieger: 
vater des Jugurtha von Numidien, von dem er 
im Kampfe gegen den römischen Feldherrn Metellus 
um Hülfe angegangen wurde, 108 v. C. Bocchus, 
defien Anerbietungen beim Ausbruche des Krieges 
die Römer zurüdgemiejen hatten, ſchwankte hin 
und her, lieh fich erit mit Metellus, dann im J. 
107 mit Marius in Unterhandlungen ein und ber: 
einigte jich endlich) mit Jugurtha, als diejer ihn 
durch Abtretung eines Teils von Numidien gewann. 
Marius verheerte nun die fruchtbaren Gegenden 
Numidiens, worauf Jugurtha und Bocchus ſich 
trennten und im unzugängliche Gegenden zurüd: 
zogen. Marius lodte jegt den Bocchus cur feine 
Seite (Diod. Sie. fr. 34. 39) und eroberte Capia 
und die Starke Feſtung Mulucha, als plöplich Boechus 
die Partei der Römer verlieh und ſich wieder auf 
Jugurthas Seite flug. Beide wurden zweimal, 
zulegt bei Cirta, von Darius gänzlich geichlagen. 
Sall. Jug. 97 ff. Flut. Mar. 8. 10 ff. Darau 
luüpfte Bochus wieder Verbindungen mit den 
Römern an. Den an ihn abgeichidten Gejandten, 
unter denen auch Sulla ſich befand, zeigte er ſich 
zuerſt geneigt, geret dann wieder ins Schwanfen 
und jchidte zulegt Geſandte an Marius, welche, 
von Räubern ausgeplündert, endlich zum Unter: 
befehlshaber des Marius, dem Sulla, famen und 


213 


freundliche Aufnahme fanden. Nach manchen Ber: 
handlungen begab ſich Sulla abermals zu Bocchus 
und beredete den König zur Auslieferung des 
Jugurtha als erfter Friedensbedingung. Nach aber: 
maligem Schwanfen lud Bocchus diejen unter dem 
Vorwande, den Frieden zu vermitteln, zu fich ein 
und lieferte ihm den Römern aus, 106. Diejer 
Verrat brachte ihm ein Bündnis mit Rom zum 
Lohne. Plut. Mar. 10. 32. Sull.3. Flur. 3, 1. 
Val. Max. 8, 14, 4. Eutr.4, 27. Sal!. Jug. 106 ff. 
Liv. ep. 66. — 2) Sohn des vorigen, Bruder des 
Bogudes, mit welchem er gemeinſchaftlich Maure- 
tanien beherrichte. Als Anhänger Eäjars erhielten 
beide im %. 49 v. E. den Königstitel. 3 Jahre 
jpäter eroberte Bocchus Cirta, die Hauptitadt des 
Königs Juba von Numidien, und unterftügte den 
Cäſar in deſſen Kriege gegen die Pompejaner (im 
J. 46), weshalb fein Reich vergrößert wurde. 
Caes. b. Afr. 25. App. b c. 2, 96. 4, 54. Als 
Antonius und Octavian um die Weltherrichaft ftrit: 
ten, ftand er auf des legteren Seite, während 
Bogudes zu Antonius übertrat. Dio Cass. 48, 45. 
Daher übergab ihm DOctavian ſpäter auch den von 
Bogudes beherrichten Teil von Mauretanien. Er 
ftarb im %. 33. Dio Cass. 49, 33. 

Bodotria, nach Ptolemaios Bodegi« sigyvaıs, 
war die Bucht (aestuarium) an der Dftjeite Britan: 
niens, bis zu welcher zuerjt Agricola, dann Anto- 
ninus Pius das römische Gebiet nach N. ausdehnte; 
j. Firth of Forth in Schottland. Tuc. Agr. 23. 

Boödromia, t& Bonögöue, ein Feſt des 
Apollon in Athen, am 6. Boidromion (Sept.— 
Oft.) gefeiert. Den Urſprung desjelben führte man 
auf einen von Thejeus im Monat Bocdromion 
(Bondgouimv) über die Amazonen errungenen Sieg 
—— oder auf die Hülfe, welche Jon oder Zuthos 

en von Eumolpos und den Eleuſiniern befriegten 
Athenern unter Erechtheus leiftete. Seit 490 v. C. 
ift es in ein Marathonsfeft übergegangen. Bal. 
Mommfen, Heortologie ©. 211. — Bocdromios 
war ein Beiname des Apollon in Attifa und Boio— 
tien zur Bezeichnung des jtreitbaren Gottes. 

BoöthYus (nicht Boetius), Anicius Manlius 
Torguatus Scverinus, geb. zu Nom, wahr: 
icheinlih um 475 n. E., Konſul 510, Schwieger: 
john des Symmachus, Schüler des Platonikers 
Proklos, lebte lange zu Athen in willenichaftlichen 
Studien und gelangte, nachdem er fich das Ver: 
trauen des Dftgotenfönigs Theoderich des Gr. er: 
worben, in Rom zu den erjten Staatsämtern und 
zu allgemeiner Geltung als Staatsmann und Phi: 
lojoph. Boll jchweren Sinnes in Bezug auf die 
Gegenwart und voll lebendigen Gefühls für die 
römijche Nationalität erinnerte er freimütig an die 
Sehnſucht nach Befreiung und geriet dadurch in 
den Berdadht des Einverjtändnifjes mit dem byzan— 
tinifchen Hofe. Darum verdächtigten ihn ſpäter 
die auf jeine ftrenge Gerechtigfeitsliebe erbitterten 
und auf jeinen Einfluß neidiichen Großen bei dem 
im Alter argwöhniſch getvordenen Theoderich. Als 


fler in Verona bei der mutigen Verteidigung des 


Konjulars Albinus äußerte, daß, wenn Albinus 
joldyes gethan, er und der ganze Senat Eines 
Sinnes dasjelbe gethan hätten, folgte die Strafe 
auf dem Fuße nach. Er ward zuerft nach Tieinum 
verwiejen, dann dort in den Kerker geworfen, zu: 
legt hingerichtet (524). Verehrer der altklaſſiſchen 
Litteratur und glüdlicher Nachahmer ihrer Form, 


214 


verband er damit eine Geſinnung, die als chrijt: 
fidy ericheint, obgleich jein wirkliches Belenntnis 
zum Chriftentume weder erwiejen noch wahrſchein— 
lich, vielmehr wohl nur aus der Berwechjelung mit 
einem jpäteren B. entjtanden ift. Während feiner 
Gefangenſchaft jchrieb er 5 Bücher de consola- | 
tione philosophiae. Die Form diejes durch das | 
Mittelalter jehr gefeierten Werts ift teils dialogiſch, 
teils der satora Menippea entiprechend, indem die 
proſaiſche Rede häufig unterbrochen wird durch 
metriiche Stücke, wobei der Berfafler große Ge— 
wandtheit beweiſt. (Ausgg. von Obbarius, 1813, 
und R. Peiper, 1871.) Außerdem haben wir von 
ihm zahlreiche philofophijche (Überjegungen und 
Kommentare zu Ariftoteles [herausg. von Meifer. 
BD. 1.2. 1877 ff.) und Porphyrios) und rhetorijche 
Schriften (Nommentar zu den Topiea Ciceros), 
welche für die jcholaftiiche Philoſophie eine Haupt: 
quelle zur Kenntnis ariftotelischer Philojophie wur: 
den. Die mathematiichen Schriften de institutione 
arithmetica ]. II, de institntione musica ]. V 
und die mit Recht angezweifelte geometria hat 
Friedlein 1867 herausgegeben, die Bücher de 
musica überſetzt und erklärt Paul (1872). Schöne 
Schilderung in F. Gregorovius' Geſch. der Stadt 
Rom im MA. TS. 309 fi. 

Bocthos, Bontos, aus Chalfedon (Paws. 5, 17, 
1. 4), bedeutender Bildhauer und Toreut im 
2. Jahrh. v. E. Cie. Verr.4, 14. Plinius (34, 84) | 
rühmt von ihm als vortrefflich die Statue eines r 
Knaben, der eine Gans würgt, ein Werk, worauf 
wohl die mehrfach erhaltene Gruppe des Knaben, 
welcher eine Sans mit Gewalt zurückzuhalten jucht, 
zurüczuführen it. 

Bogüdes, Bruder des jüngeren Bochus (f. 
Bocchus, 2.) und mit ihm gemeinichaftlich Be— 
herricher von "Mauretanien und König seit 49 v. C., 
unterjtügte Cäjar in feinen Kämpfen in Spanien 
und Afrika. Cnes. b. Aler, 59, b,. A/r. 23. Dio 
Cass. 41, 42. Er entichied die Schlacht bei Munda, 
indem er durch feinen Angriff auf das feindliche 
Yager den Yabienus verleitete, das Schlachtfeld zu 
verlafjen und fi gegen ihn zu wenden. In dem 
Bürgerfriege zwischen Antonius und Octavian hielt 
er es mit dem erfteren, verlor aber im J. 38 
während eines Feldzugs in Spanien gegen die An- 
hänger des Octavia Ei Neich an feinen Bruder. 
Nach der Schlacht bei Metium fiel er bei der Be: 
lagerung von Methone, welches er bejebt hatte, 
im Nampfe gegen Mgrippa. Dio Cass. 43, 36 ff. 
48, 45. 50, 11, 

Boibe, Boißn, Stadt in der theſſal. Yandichaft 
Relajgiotis am jüdöftlichen Ende des nadı ihr be 
nannten Boibeilchen Yandjees, Boıßnis oder Boı 
Prüg Aurn, Boibeis lacus, j. Karla. Strab.9, 436. | 








welchem er fiel. 


‚der gejeplichen Strafe, Nep. KEpam. 8). 
‚lauf des Jahres konnte jeder wieder gewählt wer: 
‚den (Pelopidas 11 Jahre hintereinander Bototardh). 





Hom. Il, 2, 712. 

Boii, Boior, ein Volk Feltiicher Abftammung, 
ſcheint jchon in früher Zeit jeine eigentliche Heimat, 
Gallien, verlaffen und jeine Wohnjige in der Lom— 
bardei, Tirol, Böhmen, zwiichen Po und Elbe 
aufgejchlagen zu haben, wenngleid noch im Mittel: 
alter in Lothringen Bojer vorfommen. Die Alpen 
bildeten demnach in ihrer Ausdehnung den Mittel: 
punft des jpäter von ihnen bewohnten Gebietes. 
Liv. 5, 35. Zuerſt lernten die Nömer fie in den 
Ebenen jüdlich und nördlich vom Ro fennen (Liv. | 
10, 26 f.), aus denen fie die einheimische Be: 
völferung, Umbrer und Etruifer, verdrängt Hatten. 


Boethos — Boiotia. 


Liv. 5,36. Nach mehreren Striegen (238 — 236 
v. E.) fam es (232 — 222) zum Entjcheidungsfampfe, 
in welchem jie mit ihren Verbündeten (den Ger: 
manen, einem Keltenftamme) unterlagen und fich 
unterwerfen mußten. Pol. 2, 205. Durch An: 
legung von Kolonien, namentlich Placentia, Ere: 
mona und Mutina, fuchten die Römer das net: 
eroberte Gebiet zu behaupten, obgleich es ihnen 
wegen des bald jtattfindenden Einfalls der Kar: 
thager in Italien, im %. 218, jchwer wurde und 
die Bojer jogar Placentia eroberten. Erft 191 
wurden fie, bald Sieger, bald Bejiegte, durch P. Cor: 
nelius Scipio dauernd unterworfen und bildeten 
fortan einen Teil der Provinz Gallia Cisalpina. 
J.ie. 27,39. 31,10. 38, 37. 34,46. 35,4 f. 36, 38 $. 
en Teil von ihnen wanderte wahricheinlich (Straß. 

213) zu den Stammverwandten an der Donau. 
Sier ichlugen fie die Angriffe der Gimbern und 
Tentonen ab; ſpäter ſchloß fich eine große Zahl 
Bojer an die elvetier an (Caes. b. q. 1,5. 28), 
und in der Zeit n. E. erlagen die Böhmen be- 
wohnenden Bojer den Marlomannen, welche da: 
jelbft ein mächtiges Neich gründeten, während die 
an der Donau jehhaften ſich den Geten unter: 
werfen mußten. So verloren die Stämme der 
Bojer ihre nationale Selbftändigfeit. 

Boiörix, 1) Rünig der oberitaliichen Bojer, von 
den Römern 194 v. C. befiegt. Ziv. 34, 46. Biel: 
leicht nur ein Titel der Bojerfürften, weil rix — 
rizs got. reiks, ahd. richi) Herrſcher bedeutet. 

2) König der Gimbern, überlich dem Marius 
auf den Raudiſchen Feldern die Beftimmung der 
Zeit und die Wahl des Orts zum Kampfe, in 
Plut. Mar. 25. Flor. 3, 3. 

Borwraggxeı (Bororagyoı, Xen. Hell. 3. 4. 4), 
die ausübende Behörde des boiotiſchen Bundes, 
dejjen Haupt Theben war, zuerſt erwähnt 479 v. € 
(Hdt. 9, 15). „heben wählte im %. 424 v. C. 
(Thue. 4, 91) 2, jede andere zum Bunde gehörige 
Stadt 1 Mitglied der Behörde. Die Zahl der- 
jelben mwechjelte je nach der Zahl der jelbitändigen, 
dem Bunde angehörenden Staaten zwiſchen 11 
und 7. Gewählt wurden jie auf ein Jahr (Epa- 
meinondas wurde wegen längeren Verbleibens im 
Amte vor Gericht gejtellt, doch freigeſprochen von 
Nach Ab- 


Die Boiotarchen hatten namentlich den Oberbefehl 
im Kriege, wo jeder die Truppen feines Staates 
führte, dem er auch verantwortlich war, jowie die 


Verpflichtung, die Beichlüffe der beratenden Bun: 


desbehörde (Thuc. 5, 38), der 4 Räte der Boiotier 
(reis TEsGugCL — tor Bowwrar, ang ürav 
ro nüpog Fyovsır), zu dolljichen und darüber an 
ſie zu berichten. 

Boiotia, Bowri«, eine Yandichaft Mittelgriechen: 
lands, grenzte im N. an das Land der opuntijchen 
Yofrer und das Euboiiſche Meer, im W. an Pholis, 
im ©. an den Norinthiichen Meerbujen, Megaris 
und Attila und im NO. an das Euboiifche Meer, 
und hatte cine Größe von etwa 58 MI. Ganz 
Boiotien zerfällt in zwei, ihrer Naturbejchaffen- 
heit nad) ganz verichiedene Teile, deren nordweſt— 
lien man das fopaisjche, den ſüdöſtlichen das 
aſopiſche B. nennen fann, jenes eine rings von 
Gebirgen eingeſchloſſene keſſelförmige Tiefebene, wie 
ſie ſich in Griechenland ſo oft finden, dieſes ein 


— 


Boiotia. 215 


von zahlreichen, meiſt ichmalen Flußthälern durch: 
Ichnittenes Gebirgsland. Den Rand des Keſſels 
bildet eine Anzahl Berghaufen, welche nur zu- 
weilen durch Feine Hochflächen miteinander ver: 
bunden jind. Am W. fommen von Phofis die 
Ausläufer des Parnaſſos herein, weiter füdlich 
der Helikon (j. Palaio-Vuni oder Sagora, d. i. 
Hajenberg) im EW. vom Kopaisjee, 1570m hoch, 
der Sit der Muſen und des Apollon, deſſen Nb- 
hänge mit jchattigen Wäldern bededt find und 
deſſen Spigen jich dur) Anmut der Formen aus- 
zeichnen. Nordweſtlich von ihm zieht fich eine gegen 
die Kopais geneigte Ebene hin, auf der fich wieder 
Höhen erheben, die den Weft: und Südrand des 
Sees eng umgürten: das fteil auffteigende Laphy— 
ftion (bei Yebadeia, j. Berg von Granita), das 
quellenreiche Yeibethrion, mit der Grotte und 
dem Heiligtum der Muſen, Tilphojion, weiter 
öftlih Phoinikfion und Phikion, letzteres als 
Aufenthaltsort der Sphing befannt, eine einzelne 
hohe Felsmaſſe im NW. von Theben; auf dem 
linfen Ufer des Kephiſos gegen ©. die Höhen 


Hadyleion, Hyphanteion, Alontion, welce | 


mit dem gegenüberliegenden Thurion einen ſchma— 
len Thalgrund für den Kephiſos bilden; im O. end: 
lich zwiichen Kopais und der Hüfte erhebt fich das 
dreigipflige, dem Apollon geweihte Btöon, 725m 
hoch. In dieſer Gegend befinden fich in dem jehr 
zerllüfteten Kalkftein die merkwürdigen unterirdi: 
ſchen Abfluffanäle (Ratabothren) des Sees. — Die 
Südofthälfte des Landes bejteht aus regelmäßigen 
Flußthälern. Als Grenze gegen Megaris und Attila 
erhebt jich der Kithairön (j. Elateas), 1410 hoch, 
raub und unmirtbar, befanmt durch die fithairo: 
niihe Yöwenjagd, die Jagd des Aftaion und die 
Ausjegung des Didipus. Durch die wildeften Teile 
führt die Straße roeig oder Öpvög nepealear (j. Vaß 
von Gifto Kaftro); weiter gegen D. ftreichen die Nord: 
abhänge des Parnes aus Attifa herüber und ſetzen 
die durch den Rüden des Kithairon gebildete Waſſer 
icheide gegen Dften bis zum Euboiiſchen Meere fort. 
Nördlih vom Aſopos erheben ſich die janfteren 
Höhen Mejjapion, Mykaleſſos, Hypaton, 
Teumejios in geringem Abftande vom Euboiiſchen 
Meere. Aus dem bisher Gejagten ergibt jich, daß 
zwiſchen jenen Höhen zahlreiche Ebenen fich finden 
müflen; zum Teil wurden fie nach den umliegen- 
den Städten genannt : Orchomenos, Lebadeia, Chai- 
toneia, Haliartos, Thebai, Plataiai, Tanagra; 
außerdem das Tenerijche Feld (Tnvegınor we- 
dor), nördlih von Theben, und die Aoniſche 
Ebene, öftlich davon, jowie das Adaudrrıov ze- 
dor, um den Kopaisjee und am Fuße des Ptoon— 
gebirges. Dieje Ebenen haben bejonders veranlafit, 
daß Boiotien jo oft Schaupla der Schlachten 
Griechenlands geworden ift. — An der Bewäſſe— 
rung des Ffopaiichen Boiotiens findet fich das 
volllommenſte Betipiel der unterirdiichen Abflüſſe 
(Katabothra). Die Aureig Alurn (Hom. Il. 5,709: 
Kngıseis Alurn, j. See von Livadia oder von 
Zopolias) empfängt ihren Zufluß von den Quellen 
der umliegenden Berge, bejonders aber vom pho- 
fiichen Kephiſos (j. Mavroneri); ihr größter Um— 
fang bei hohem Wafjer beträgt 9 deutiche Meilen. 
Aber durch die heiken Sonnenftrahlen wird die 


Ebene wird, in der man das Bett des Kephiſos 
deutlich erfennt: dieje einzelnen Baſſins find die 
von den Alten genannten Seen von SHaliartos, 
Onceitos u. j. w., die bei hohem Wafjerftande 
nur Einen See ausmachen. Die Natabothren (v«- 
raßotg«ı) befinden ſich bejonders an der Oſtſeite 
des Sees, eine auch an der Südſeite, jedoch nicht 
da, wo das Ufer am miedrigften ift und der See 
am tiefften in das Land eindringt, jondern in den 
hohen kahlen Felsrüden, welche am weiteften in 
den See hineinreichen. Die Entftehung diejer Ab- 
Berone erflärt jih am einfachjten dadurd, daß 
as Kaltgebirge, wie die Krufte einer Fochenden 
Maffe, emporgehoben und im Innern hohl wurde. 
Da das aus den Katabothren bei mancen Aus— 
flüffen (Rephalarien) fommende Waſſer jalzig iſt, 
jo jcheinen dieſe Gänge über Salzlager zu gehen. 
Weil die Eingänge zu den Katabothren fich in 
einiger Höhe über dem Grunde der Kopais be: 
finden, jo hören beim Sinken des Waffers unter 
ein gewifles Niveau die Kephalarien auf zu fliehen. 
Als Mündung des Kephiios gilt das Kephalarion 
an der lofriichen Grenze bei Larymna, ’Ayxon ge- 
nannt. Es finden jich noch koloſſale Reſte von 
Dämmen und Abzugstanälen, wodurd die alten 
Bewohner (wahrjchernlich die Minyer von Orcho— 
menos) den See zu bejchränten juchten. Vgl. Ford): 
hammer, Hellenifa J ©. 159 ff. In neueſter Zeit 
ging man damit um, ihm ganz troden zu legen: 
die Trodenlegung jollte im J. 1886 vollendet jein 
In die Kopais fällt öftlich vom Kephiſos das Feine 
lüjchen Melas (Mavro potamo), durch jeine 
berſchwemmungen berüchtigt, weſtlich die Bäche 
Thalaros und Permejjos (oder Termeilos). 
Südöftlich von der Kopais liegt der fleinere, aber 
flare und tiefe, von fteilen und felfigen Ufern ein: 
gefahte Hylike-See (TA) Auen), nach einer 
an feinem nördlichen Ufer gelegenen alten Ort: 
ichaft genannt (vielleicht auch Apue geheihen); nord: 
öftlich von diejem ein dritter, 2 Stunden langer 
und „ Stunde breiter See (j. Paralimni), im 
Altertum wohl Trephia geheißen, der mit Kop. 
und Hyl. durch Katabothren verbunden ift, die bis 
ans Meer reichen. Bei Theben fliehen der Iſme— 
nos und die Quelle Dirfe; jüdli der zweit: 
größte Fluß des Landes, der Ajopos, der vom 
Ktithairon kommt, bei Tanagra vorüber ftrömt, 
weiterhin die Grenze zwiſchen Attila und Boiotien 
bildet und jich zulegt in das Euboiiſche Meer ergießt. 
Auf dem Heliton endlich entjpringt die durch den 
Hufichlag des Pegaſos entitandene Muſenquelle 
Hippofrene. — Die Gegenden Boiotiens, die 
nicht wegen ihrer Gebirgsnatur überhaupt fultur- 
unfähig find, gehören zu den fruchtbarjten Griechen: 
lands, und es erflärt fich daraus auch die bedeu— 
tende Anzahl blühender Städte. Das Klima war 
der Scen, Sümpfe und Gebirgstefjel wegen im 
Winter naflalt, im Sommer in jchnellem Wechiel 
drücdend hei und ſchneidend falt, die Luft galt 
als did und jchwer. Hor. ep. 2, 1, 244. Früchte 
jeder Art, befonders auch Weizen, lieferte das Yand 
in großer Fülle, daher nennt Homer (Il. 5, 710) 
die Boioter ucdle miore djuov Eyovres. Eigen: 
tümlich und für die Ausbildung der Mufit von 
großem Einfluß war das Flötenrohr aus der 


Verdampfung der Feuchtigkeit bald jo bedeutend, | Kopais (ehinrızög zdleuog, dovead), jegt Phloieras 


daf nur einzelne tiefer gelegene Baſſins mit Wajjer 
gefüllt bleiben, während die übrige Fläche zur 


enaunt, ebenfalls wichtig die auf den waldigen 
ergen befindliche Schildkröte (yeAvs), deren Schale, 


3 


— 


216 


Bolanus — Bombyx. 


mit Darmjaiten überjpannt, die Kithara oder Chelys | des Landes; dabei Botniai, vielleicht das homeri= 
bildete. Den jpottjüchtigen Athenern gegenüber gal: | ſche Hypothebaiz Hyle, am See gl. N. Im Innern 


ten die wohlhäbigen landbauenden Boioter für 
„aute, ehrliche Menſchen“, eundeıs, für gefräßig 
und ftumpfiinnig, und ds Bowwrie, ois B. waren 
oft gebrauchte Sprichwörter, mit denen der Attifer 
den Mangel an geiftiger Empfänglichteit (avast, - 
sie) andeutete (pingues Thebani, Gie. fat. 4). 
Doc erzeugte B. nicht allein handfefte Soldaten, 
qute Athleten und Funftfertige Flötenbläjer, ſon— 
dern auch große Feldherren, Dichter und Schrift: 
jteller, wie Epameinondas, PBelopidas, Heſiodos, 
Pindaros, Plutarchos. — Die Bewohner (Borwroi‘) 
waren ein aus Theflalien eingewanderter aioli: 
icher Bolfsjtamm, weldyer die früheren Bewohner 
unterdrüdte oder vertrieb. Zu den jagenhaften 
Bewohnern des Landes gehören die nase 
Heltenen, Aonen, Temmiler, Opanten; mehr ichon 
der Geſchichte gehören die Minyer von Orcho- 
menos und Jolkos an, ein reiches Gejchlecht, wichtig 
für die Argonantenjage; mit ihnen verwandt find 
die auch in Theflalien jeßhaften Phlegner. Zu 
den Ureimwohnern rechnete man auch die Kad— 
meier; fie wurden 60 J. nad) dem troiichen Kriege, 
20 J. vor der doriichen Wanderung von den Boio— 
tern verdrängt. Homer nennt die Thebaner Kad— 
meionen, fennt aber auch jchon Boioter. Die 
früheren Bewohner ließen fih nun zum Teil an 
der Heinafiatiichen Küſte in den aiolifchen Kolo— 
nien mieder. - - Vierzehn Städte wahrjcheinlich 
doch ftehen weder Zahl noch Namen ganz feit) bil: 
deten in Boiotien einen Bund Feiner jelbjtändiger 
Nepublifen unter Thebens Hegemonie, während 
ſich die Meineren Städte den größeren anichlofien 
und alſo in vieler Beziehung von diefen abhängig 
waren (svrreisis, adunogor). Die Boiotarchen 
(j. d.) oder Vertreter der einzelnen freien Städte 
waren zugleich Anführer im Kriege und hatten die 
oberjte Yeitung des Bundes, während in fpäterer 
Zeit neben ihnen ein orgarnyög ericheint; Theben 
jtellte 2 Boiotarchen ; Thufmdides (4, 91. 93) nennt 
auch 4 Räte, Boviai. Die Berfaffung war eine 
auf gejeblicher Gleichheit beruhende Oligarchie, die 
am Ende des peloponnejiichen Krieges demokratisch 
wurde und dem Ungejtüm des niederen Volles 
häufig anheimgegeben war. Pol. 6, 42. — In dem 
folgenden Verzeichnis der wichtigften Ortichaften 
Borotiens find die jelbjtändigen Bundestädte mit 
* bezeichnet. Im Innern des fopaischen Boiotiens: 
*Orhomenos, an der Mündung des Kephiſos 
in den See, nach der Schlacht bei Yeuftra (371 v. E.) 
von den Thebanern zerftört (Schladht 86 v. E.); 
Aſpledon, nördlich davon, dicht dabei Tegyra; 
*Kopai, auf einer Halbinfel des nad ihr be- 
nannten Sees; Alraiphion (auch Anearprior, 
beim j. Gardiga), am Fuße des Ptoon mit einem 
Apollontempel; Onceitos, jüdöftlich des Sees in 
einer unangebauten Ebene, mit altem Hain und 
Tempel des Poſeidon; 1 St. weitlih *Haliartos 
(anjehnliche Ruinen bei Mazi), am Seeufer, uralte, 
ehemals zum orchomenijchen Reiche gehörige Stadt, 
von Xerxes 480 dv. E. und dann 171 dv. E. durch die 
Nömer im mafedonijchen Kriege abermals zerftört; 
Lyjander verlor hier Schlacht und Leben, 394 v. E. 
Noch weiter mwejtlich Ofalca (in der Nähe Grab: 
mal des Teirefias); Alalfomenai mit altem Hei: 
ligtum der Ballas Athene, *Roroneia, *Leba— 
deia, Chaironeia; *Thebai, die Hauptitadt 


des ajopiichen Boiotiens: Platatai, am Nordfuße 
des Kithairon bei der Quelle Bargaphia (Schlacht 
gegen die Perjer 479 dv. E.). Die Stadt wurde 
wegen ihrer Treue gegen Athen von den Thebanern 
gehaßt und 427 v. E. von Grund aus zeritört, nach 
dem antaltidiichen Frieden hergeftellt, 373 v. E. 
abermals von den Thebanern zeritört. Durch Unter: 
ftügung Alexanders des Gr. wurde fie wieder auf: 
gebaut, gelangte aber zu keiner Bedeutung. Oſtlich 
davon Erythrai und Hyſigi, in der Nähe des 
Schlachtfeldes; nordweſtlich Leuktra (Sieg des 
Epameinondas 371 dv. E.); *Thejpiai, am öſt— 
lihen Abhange des Helifon; Ajlra, am ſüdöſt— 
lihen Helifon. Am Euboiiihen Meere von ©. 
nah N.: *Tanägra, am linken Ufer des Aſopos, 
dabei die herrliche Uferebene des Flufies, die Para 
jopia; Delion; Aulis, am Euripos; Salga— 
neus, desgl.; *Anthedon, an einem Kephalarion 
der Natabothren; Yarymna, an dem Kephalarion, 
das für die Mündung des Kephiſos gilt. Am 
Korinthifchen Meerbujen: Thiſbe mit dem Hafen 
Bathy, in deſſen Felſen noch jept unzählige Tau- 
ben nijten, daher „die taubenreiche Thiſbe“ bei 
Homer (11.2, 502); Kreuja oder Kreujis, Hafen: 
jtadt der Theſpier. S. d. einz. Artilel. Vgl. Strab. 
9,400 ff. Paus. 1.9, Burjian, Geogr. von Griechen: 
land I ©. 104 fi. 

Bolänus, 1) j. Vettii, 5. — 2) ein jonit 
unbefannter Mann, von Horaz (sat. 1,9, 11, als 
cerebri felix gepriejen. 

Bolbö, BoAßn, großer Sce in Maledonien 
(Mpgdonia); der durch einen öftlichen kurzen Ab— 
fluß mit dem Strymonijchen Buſen in Verbindung 
Itebt (Thue. 4, 103. 1,58), j. Bejchif-göl oder Konios. 

ombyx, Pöußvg. Der Seidenbau war den 
Alten wohl nur dem Namen nad) befannt, über die 
Natur desjelben wuhten fie jo gut wie nichts, wie 
das zur Genüge aus der Erzählung des älteren 
Plinius (6, 17, 20) hervorgeht. Das Voll, welches 
Seidenbaun trieb, nannten fie nach dem Namen des 
Seidenwurms, oje, Serer (Seres), vielleicht die 
Bewohner Chinas und Andiens. Die Rohſeide 
(ufrede, vijue ongınor) fam durch den Handel 
nad) Europa, wo man jie zu Gewändern verar: 
beitete (Poußvrıre); jelten war ſie jchon verarbeitet, 
wenn der Handel fie den Griechen und Römern 
zuführte. Die Bewohner der Inſel Kos jollen die 
erſten gewejen fein, welche aus roher Seide Ge: 
wänder verfertigten. Arist. hist. an. 5, 67. Über 
die Coae vestes |. die Ausleger zu Hor.sat.1,2,101. 
Der eigentlihe Seidenbau wurde erft durd den 
Kaiſer Juftinian, welcher ſich Kenntnis davon durch 
tüchtige Leute verſchaffte, in Europa einheimiſch. 

Der Gebrauch der Seide zu Gewändern, die 
wegen ihrer Koftbarfeit jehr geſchätzt wurden, findet 
ſich ſchon früh bei den Medern und andern vorder- 
aliatiichen Völtern. Ildt. 3, 84. Bei den Griechen 
wurden erft nach der Zeit des Mriftoteles, aljo 
wahricheinlich infolge des jeit Mleranders Zügen 
erhöhten Handelsvertehrs, jeidene Kleider gewöhn— 
licher. Die Römer wurden wohl jeit den Kriegen 
des Yucullus genauer mit ihnen befannt, und mit 
dem zunehmenden Yurus wurde auch der Gebraud 
derjelben häufiger. Sie wurden in Rom bejonders 
im Vicus Tuscus verfauft (Mart. 11, 27, 11: de 


Tusco serica vico), Wie die Gemwänder, jo war 


Bowıjg — Bonorum emptio. 


natürlich auch die Seide jelbt jehr teuer und blich 
es auch noch zu den Zeiten der jpäteren Kaijer 
(lsöypvooı, mit Bold aufgetwogen). Die Gewänder 
waren auch nicht Schwer, jondern meijtens leicht und 
durchlichtig wie ein Flor. Die ganz jeidenen hießen 
holoserica, diejenigen, welche nur im legten Auf: 
zuge (auf dem Webftuhl) aus Seide beitanden, 
subserica oder tramoserica. Seidene Gewänder 
galten für ein Zeichen des Luxus und für etwas 
eines Mannes Unwürdiges, daher jie den Männern 
verboten waren, aber trogdem von ihnen in jpä- 
terer Zeit (zuerjt wohl von Heliogabal, Lampr. 
Heliog. 26) getragen wurden. Die Reichen und 
Wollüftlinge gebrauchten auch Kiffen mit jeidenen 
Überzügen. Jlor. epod. 8, 15. Bgl. Marquardt, 
Röm. Privataltertümer 11 ©. 103 ff. Blümner, 
Technologie I ©. 190 ff. 

Bowgung waren ein Stamm des öſtlichen Aito— 
liens (Thue. 3, 94. 96), an der Weftjeite des Korax— 
gebirges um die Quellen des Euenos jehhaft, 
benannt vermutlich nach einigen dort gelegenen 
Hügeln, die man ihrer Yrorm wegen Bouor nannte. 
Strab. 10, 451. 

Bomilkar, Bouilxes, 1) ein Karthager, 310 0. C. 
Feldherr gegen Agathofles, zugleich mit jeinem 
Gegner Hanno, war ein ehrgeiziger Mann, jo daß 
er ſich der Herrſchaft in jeiner Vaterjtadt zu be: 
mächtigen juchte. Als Hanno in einer Schlacht 
gegen Agathofles gefallen war, zog ſich Bomilfar 
zurüd und veridob die Ausführung feiner ehr: 
geizigen Abfichten. Bon feinen Mitbürgern auch 
fernerhin zum Feldherrn gemacht, juchte er jich 
der edeljien und einflußreichiten Bürger dadurd) 
zu entledigen, daß er fie gegen Numidien jandte, 
gewann einen Teil der Truppen, zog nach Kar: 
thago und bemächtigte ſich unter gewaltthätigem 
Morden der Stadt. Aber die Bürger jammelten 
ſich, widerjegten fich mit Glüd und zwangen ihn, 
die Stadt zu räumen. Bor derjelben von den 
nachdringenden Karthagern eingeichlofien, ergab er 
fih jamt jeinen Anhängern und ftarb den Kreuzes: 
tod. Er war es, der den Karthagern dabei vor- 
warf, daß fie ihre beften Bürger mit Undank be: 
handelten. Diod. Sic. 20, 43 f. Just. 22, 7,7 ff. — 
2) ein Feldherr der Karthager, welcher im 3. 215 
v. E. dem Hannibal nach Italien Berftärfung an 
Truppen zuführte (Liv. 23, 41) und im X. 214 
der von Marcellus belagerten Stadt Syrafus Hilfe 
brachte. Liv. 24, 36. Ebenjo unterftüßte er die Be: 
lagerten in den folgenden Jahren. Liv. 25, 25. 27. 
— 5) ein Numidier und Günftling des Jugurtha, 
der ihn mit der Ermordung des Maſſiva in Nom 
beauftragte, 110 v. C. Nach dem Morde floh er 
nadı Afrika. Sall. Jug. 35. Während des Krieges 
zwiichen Kom und AJugurtha befehligte er deffen 
Heer, juchte ihn aber jpäter an die Römer zu 
verraten (109). Jugurtha entdedte feinen Verrat 
und ließ ihm töten. Daj. 35. 61. 70 ff. 

Bonovixaı hiehen von den jpartanijchen Kna— 
ben, weldye am Feſte der Artemis Orthia (j. Ar- 
temis) an deren Altare heftig gegeihelt wurden, 
um den Schmerz ertragen zu lernen, diejenigen, 
welche ihn am längften und ftandhafteften ertrugen; 
vgl. Jıauaoriywaıs. 

Bona Dea, die gute Göttin, von den Nömern 
mit verfchiedenen Göttinnen, Ops, Fauna u. a., für 
gleichbedeutend erklärt: ihr myſtiſcher Kult jcheint 
nur eine von den Griechen entlehnte Abart des 


217 


Demeterfultus zu fein. hr Tempel ftand am Ab- 
hang des Aventinus, wo am 1. Mai ihr Feſttag 
gehalten wurde. hr Hauptfeit war jedoch ein 
nächtliches Frauenfeſt, das jährlih im Anfang 
Dezember in dem Haufe des höchſten Beamten 
(Konſuls oder Prätors) von den römischen Matro- 
nen unter Teilnahme der Bejtalinnen gefeiert ward. 
Männern war die Gegenwart ftreng verboten; 
Elodius (j. Claudii, 20.) brad) diejes Verbot. 
Cie. ad Att. 1,13. 2, 4. har. resp. 17. 

Bona flde heift im allgemeinen: mit qutem 
Gewiſſen und aus Überzeugung. Am juriftiicher 
Hinficht find folgende Anwendungen diejer Formel 
zu erwähnen: 1) bonae fidei possessio heißt 
der Bejiß einer Sadje, zu dem man berechtigt zu 
jein glaubt, auch wenn jie eigentlich einem andern 
angehört, j. Possessio und Usucapio. — 
2) bonae fidei obligatio war der Name 
mehrerer Geſchäfte, welche wegen ihrer Heiligkeit 
und Umnverleplichleit jo genannt wurden, 3. B. 
Kauf:, Miet:, Sprietätsvertrag. Aus diejen ent: 
iprangen die actiones bonae tidei. 

Bonna, j. Bonn, Stadt der Ubier in Nieder: 
germanien am linfen Rheinufer, two Drujus eine 
Brüde über den Fluß jchlug (F’lor. 4, 12); oft 
als feiter Ort der Römer und Stützpunkt gegen 
die Bataver bei Tacitus erwähnt (hist. 4, 19. 20. 
25. 62 u. Ö.). 

Bononla, Bovorie, j. Bologna, ältejte befannte 
Stadt in Überitalien im cisalpinischen Gallien, 
etwas öjtlich vom Fluſſe Rhenus, an der Amili: 
ſchen Straße, hieß tuſtiſch früher Felſina; ſpäter 
nahmen es die Bojer ein und machten es zur Haupt— 
ſtadt, bis 189 v. C. eine (von Auguſtus 32 v. E. 
noch vergrößerte) Kolonie von den Römern dort: 
hin geführt wurde. Liv. 37, 57. Es war die Hei: 
mat des berühmten Mtellanendichters X. Pompo— 
nius; auf einer Anjel des Nhenus in ihrer Nähe 
wurde 43 v. C. das zweite Triumvirat geichloffen. 
— Außerdem gab es noch 3 Städte diejes Namens: 
in Niederpannonien an der Donau (j. Banoftor, 
nach a. Beterwardein), in Jllyrien und in Ober: 
möfien (Bodun bei Widdin). 

Bonörum cessio iſt die von Cäſar oder Auguſtus 
eingeführte freiwillige Vermögensabtretung des in- 
folventen Schuldners an die Gläubiger, wodurd) 
derjelbe dem ftrengen Verfahren der bonorum 
emptio und der Jnfamie entging. 

Bonörum emptlo oder Nealerefution, d. h. 
Beichlagnahme und Verlauf des Bermögens einer 
Berjon, welche ang nad) dem prätorijchen 
Edift unter gewilfen Bedingungen borgenommen 
wurde. Wenn nämlich der injolvente Schuldner 
ſich betrügeriich verjtedt hielt, um den Angriffen 
der Bläubiger oder Kläger zu entgehen, oder wenn 
jemand verreift war, ohne einen Berteidiger be: 
ftellt zu haben, ferner wenn jemand zur Yahlung 
einer gewiflen Summe gerichtlich fondemmiert war 
und binnen 30 Tagen nicht zahlte, jo lichen fich 
die Gläubiger oder ſonſt Beteiligten von dem 
Prätor die missio in bona, ®. h. die Erlaubnis 
zur Beichlagnahme erteilen. War dieje erfolgt, 
jo ließ man einen dreißigtägigen Zeitraum ver: 
jtreichen, che Man Borbereitungen zum Berlauf 
(proscriptio) der bejegten Güter traf. Diejer Ber: 
fauf geſchah jodann nach einem abermaligen Ter: 
min von 50 Tagen durch einen von den Gläubigern 
gewählten magister. Der Verkauf ging auktions— 


218 


mäßig vor ſich und zivar dergeftalt, daß die Kauf: 
liebhaber auf die Gejamtheit des Bermögens mit 
Aktiven und Paſſiven nach Prozenten boten, die fie 
den Släubigern geben wollten. Bis zum Zuſchlag 
addicere) konnte der bisherige Eigentümer ein: 
ichreiten und Zahlung veripredyen. Geſchah dieſes 
nicht oder fonnte er feine Kaution leiften, jo wurde 
zugeichlagen, und der Näufer trat in das Ber: 
mögen des Schuldners volljtändig ein. Dieſes 
Eretutionsverfahren zog Infamie nad) fi. Cie. 
Quint. 6—9. 19 ff. 

Bonörum possessTo. Neben dem alten ftrengen 
Civilerbrecht ſ. Erbrecht, II), welches manche 
Härten und Unbequemlichkeiten hatte, bildete ſich 
durch die immer mehr hervortretende nequitas des 
prätoriihen Rechts ein freieres Erbrechtsſyſtem. 
So 3. B. wurden durch das neuere Necht auch die 
Gognaten zur Erbichaft berufen, während nach dem 
alten Recht nur die Agnaten erbten. Diejenigen, 
welche auf bonorum possessio Aniprudy machten, 
meldeten fich binnen einer gewiſſen Zeit bei dem 
Prätor; durch die Erteilung derjelben blieben die 
possessores im Befige, wenn nicht andere mit 
näheren Ansprüchen auftraten. Man untericheidet 
a) bon. poss. contra tabulas sc. testamenti, 
d. b. wenn Kinder mit Unrecht im Teftament ihres 
Vaters übergangen waren, jo half ihnen der Brätor 
durch die b. p. — b) bon. poss. secundum 
tabulas, Die im Teftament eingejeßten Erben 
erhielten b. p., wenn feine Kinder da waren, und 
das Tejtament galt, auch wenn es nicht mit allen 
civilrechtlich notwendigen Formalitäten abgefaft 
war; nur die 7 Zeugen durften nicht fehlen. Cie. 
Verr. 1, 45. 47. — e) bon. poss. intestati. 
Für den Fall, daß fein Teftament da war, hatte 
der Prätor beiondere Klaſſen von Erben aufgeftellt, 
welche nacheinander Anſpruch auf b. p. machen 
durften. Der Urjprung ift nad) der einen Anficht 
aus einer Ergänzung und Anderung des civilen 
Erbrechts hergeleitet, nach der andern ans der 
Beichleunigung der Beſitznahme durch den Erben 
im Intereſſe der Gläubiger. Monographie von Leiſt 
in 2 Bdd. (1844 und 1848). 

Bonus Eventus j. Eventus. 

Bowvaı, Ochientäufer, eine angejehene, wenn 
auch politisch ummwichtige Behörde in Athen, vom 
Bolfe gewählt, welche die Belorgung des zu den 
Opfern und Speifungen nötigen Schlachtviches 
unter jich hatte. Dem. Mid. 171. 

Boötes j. Sternbilder, 3. 

Borbetomägus, Stadt der Vangionen am Rhe— 
nus auf der Strafe von Magontiacum nach Ar: 
gentoratum, j. Worms. Amm. Mare. 16, 11. 

Borenden j. Argonnuten und Kalais. 

Bor6as j. Winde, 2. 

Bogeasuoi, ein Feſt in Athen, dem Boreas 
geweiht, teils weil fich die Athener für feine Ber: 
wandten anjahen, da er die Tochter des Erechthens, 
Oreithyia, geraubt und zu feiner Gemahlin ge: 
macht haben follte, teils weil der Gott den Athenern 
Hilfe gegen die Flötte des Xerres gebracht hatte. 


An den Ufern des Iliſos ftand das Heiligtum des 


Gottes, wo das Feſt gefeiert wurde. Zldt. 7, 189. 
Paus. 1, 19, 5. 

Borsippa, r& Béoctanc, babyloniich Barfip, 
Vorſtadt von Babylon anf der Weſtſeite des 
Euphrat, berühmt durch große Yeinwandfabrifen. 
Hier ftand der große, in 7 Abſätzen auffteigende 


Bonorum possessio — Bostar. 


Tempel des Bel:Nebe, „der Tempel der 7 Leuch— 
ten des Himmels und der Erde“, d. h. der i. q. 
7 Planeten, deren Farben die verichiedenen Stod- 
werfe trugen; jebt noch ein 65m hoher Trümmer- 
fegel, Birs Nimrud (Nimrodsturm) genannt. An 
diefen mächtigen Bau, in dem manche den Bels- 
tempel Herodots erlennen, knüpfte ſich die biblische 
Erzählung von dem Turmbau zu Babel. Hrtt.1,181. 
Strab. 15, 739. Just. 12, 13. 

Borysthönes, Bogvo®erns, ſpäter Danapris, 
daher j. Dnjepr, Fluß im europäiſchen Sarmatien, 
defien Lauf die Alten ziemlich weit nach feinen 
ihnen unbefannten) Quellen zu fannten; er hatte 
einen ruhigen Yauf, war nad Strabon 600 Stadien 
weit jchifibar und fällt in die nördliche Spitze des 
Vontos Eureinos. An feinem Zuſammenfluß mit 
dem Hypanis (Bug) lag Olbia oder Borpithenes, 
eine Kolonie der Milefier, die durch ihre günftige 
Lage eine blühende Handelsitadt wurde (Ruinen bei 
Slinsty). Ildt. 4, 17 ff. 53. 71. Strab. 7, 280. 306. 

Bospöros, Boorogos (lat. aud) Bosphorus), 
Ninderfurt, bei den Griechen Name jchmaler Meer: 
engen: 1) der Thrafiihe Bojporos (j. Strafe 
von Konftantinopel und Challedon), an der ſchmal— 
ften Stelle (Brüde des Dareios) faum 5 Stadien 
breit. //dt. 4, 83. 85 ff. — 2) der Kimmerijche 
Bojporos, j. Strafe von Jenikale, verband den 
Maiotiſchen See ij. Aſowſches Meer) mit dem 
Pontos Eureinos; er galt ald Grenze Europas 
gegen Afien und hatte den Beinamen von den 
alten Nimmeriern (Hdt. 4, 12. 28, der au leßterer 
Stelle mit andern erzählt, im Winter gefriere jo 
ſtarkes Eis, daß Armeen binübergehen fünnten). 
Strab. 11, 494. An der Meerenge lag die mi: 
leſiſche Niederlaffung Pantikapaion (j. Kertich), 
auch Boiporos genannt, von der aus ſich allmäh- 
lih ein bojporaniiches Neich bildete, deſſen 
Scemacht bedeutend war. Wichtig war diejes Neich 
für die Athener als Kornkammer. Der lebte der 
von Spartofos beginnenden Könige, Pairi: 
fades Il., der von den Sktythen bedrängt wurde, 
übergab jein Reih Mithridates dem Gr. von 
Pontos, nach deflen Tode fein Sohn Pharnafes 
durch Pompejus den Befig erhielt (63 v. E.). Die 
folgenden Könige mit den Namen Aſander, Bolemo, 
Rheicuporis, Kotys, Sauromates u. a. ftanden 
natürlich alle unter römiſchem Einfluß, bis das 
Neich in den Stürmen der Böllerwanderung ver: 
ſchwand. Strab. 7, 475 ff. 11, 494 f. 

Bostar, Bodostor, Boor«pos, Buorwe, Bo- 
öoorwp, 1) ein Feldherr der Ktarthager, welchen 
M. Atilins Regulus im J. 256 v. C. in Afrika 
befiegte und mit 2 andern Freldherren gefangen 
nahm. Boftar, der der Familie des inzwischen im 
punische Gefangenichaft geratenen Regulus über: 

eben wurde, ftarb, wie erzählt wird, an den 
Folgen der von den Söhmen des Nequlus er: 
littenen Mißhandlungen. Die Volkstribunen aber 
mißbilligten diefe Behandlung und veranlaften 
die Auslieferung feiner Aſche an feine Familie. 
Pol. 1, 28 ff. Diod. Sie. fr. 24.12. — 2) ein 
Unterfeldherr des Haſdrubal, diente in Spanien 
mit geringer Auszeichnung. Den Übergang der 
Römer über den Jberus wagte er im J. 217 v0. €. 
nicht zu verhindern. Darauf lich er die von Han— 
nibal als Geiſeln gefangen gehaltenen Spanier frei 
(Lir. 22, 22), durch einen ihrer Landslente dazu 
beredet, der jie den Römern übergab, weshalb er 


Bostra — 


ſpäter bejtraft wurde. Pol. 3, 98 ff. — 5) ein 
anderer ift wohl der B., den Hannibal 215 v. E. 
als Sejandten an den makedoniſchen König Philipp 
ichidte. Das Schiff, welches ihm hinüberbringen 
jollte, wurde jedody von den Nömern weggenom: 
men. Liv. 23, 34. 

Bostra, r« oder 7; Bösro«, uralte Hauptitadt 
der Landſchaft Auranitis im norböftlichen Raläftina, 
15 geogr. Meilen jüdlich von Damaſtus; in der 
Maftabäerzeit Boſorra gen., j. Bujra; im 1. Jahrh. 
v. und n. E. Sitz nabatäiicher Fürjten, worauf ſich 
Cie. ad Qu. fr. 2,12 zu beziehen jcheimt. Aber erft, 
als B. von Trajan 106 n. E, unter dem Namen 
Nova Traiana Bostra zur Sauptjtadt der mei: 
errichteten Provinz Arabien erhoben und zum 
Standquartier der dritten Legion (Uyrenaicn) ge: 
macht twurde, blühte die für den Handel ſehr günftig 
gelegene Stadt auferordentlich rajch und glänzend 
empor, wovon die großartigen Ruinen heute noch 
Zeugnis geben. 

Bottiaia, Borriece, Sau in Makedonien am 
rechten Ufer des untern Arios (Hat. 7,185. 8,127), 
zu deffen thrafiichen Bewohnern kretiſche Anfiedler 
famen. Städte waren Bella und Ichnai. Arr. 


1, 2, 5. 

Botüli. Die Würfte waren in alien jchr 
beliebt, und es gab deren mehrere Arten; botuli 
waren Blutwürjte, tomacnla Bratwürfte, auf dem 
Rofte gebraten, welche auch auf den Straßen feil- 
geboten wurden. 

Boudieca j. Boadicen. 

Boviänum, Boiaror, 1) j. Bojano, Hauptjtadt 
der Rentrer in Samnium, von den Römern erobert 
(Lie. 9, 28 ff. 10, 12), und abermals von Sulla 
im 3. 90 v. E., feit Auguftus römische Kolonie. 
Cie. Cluent. 6%. Sil. 8, 6566. Strab. 5, 250. — 
2) Bovianum vetus, j. Sabini, 3. 

Bovillae, Städtchen in Latium an der Appi: 
ihen Straße, 12 Mill. von Nom, am Fuß des 
Albanerberges, j. Ruinen bei der Dfteria delle Fra— 
tocdyie, befannt durch die Ermordung des Clodius 
durch Milos Begleiter (ſ. Cie. Mil. 17). Die gens 
lulia hatte hier ein sacrarium, Tae, ann, 2, 41, 
15, 33. 

Braceae, Hoſen, waren den Griechen und Rö— 
mern fremd und wurden nur von den Barbaren 
getragen (barbara tegmina erurum, Verg. A. 
11,777; barbarum tegmen, Tae. hist. 2, 20). Cie. 
ad fam. 9, 15. Suet. Caes. 80. Bal. die Ausdrüde 
Gallia togata und braccata. Zwar famen die 
Beinfleider unter den Kaifern auch nah Rom, 
allein fie galten ftets für unrömiſch, wenn fie auch 
von einzelnen angenommen wurden. 

Brachmänae, Borynäres, war der Name der 
Friefterfafte der Hindu, über welche Arrian (Ind. 11) 
genauer berichtet; doch jcheinen damit auch die fich 
zum Brahmanismus befennenden Stämme bezeich: 
net worden zu fein. Arr. 6, 7, 4. Plin. 6, 17. 
Ftolemaios läßt fie am Fuß des Bettigusgebirges 
wohnen, mit der Hanptjtadt Bradyme. 

BranchlYdae, Bocyridaı, hiehen die Glieder 
des Geſchlechts, mweldyes das Apollon » Drafel zu 
Didyme bei Milet verwaltete (j. Miletos, 2.). Ihr 
Stammvater war der ans Delphoi eingewanderte 
Branchos, entweder der Cohn des Smikros oder 
des Apollon jelbft, der ihm die Schergabe verlich. 
Da jie nah dem unglüdlichen Ausgange des per: 
fiichen Feldzugs die Rache der Griechen für die 


Brennus. 219 
Auslieferung ihres bedeutenden Tempelſchatzes an 
Xerres fürchteten, jo baten fie dieſen, ihnen andere 
Wohnfige anzumeifen, worauf fie nach Baltriana 
verpflanzt wurden. Alexander joll, als er in ihr 
Gebiet fam, ihre Ortſchaft und Heiligtümer zur 
Strafe für den früheren Frevel zerjtört haben. 
Curt. 7,5. Boayyidaı ift and) der Name des Ortes. 

Brasidas, Bousidas, Sohn des Tellis, einer 
der bedeutendften ſpartaniſchen Feldherren im pelo— 
ponnefischen Kriege, zeichnete jich zuerſt aus, als er 
im J. 431 v. E. die Athener zwang, den Angriff auf 
Methone in Meflenien aufzugeben, wodurd er ſich 
das Vertrauen jeiner Mitbürger erwarb. Thue.2,25. 
Als die Spartaner daher nach den Unfällen auf 
Sphafteria und bei Pylos beichloffen, die Auf: 
merfjamfeit Athens dadurch vom Peloponnes ab- 
zulenten, daß fie deſſen Pflanzjtädte am Strymon 
angriffen, ernannten fie den Br. zum Anführer 
eines Meinen Heeres, mit welchem er zunächſt 
Megara jchübte und dann im X. 424 rajch mitten 
durch Griechenland und Thefjalien z0g und un: 
erivartet in Makedonien erichien, deffen König Per: 
diffas mit Sparta verbündet war. So gewanı 
er durch jeine Überredungsgabe mehrere Städte, 
darunter auch die reiche Kolonie Amphipolis, für 
Sparta. Thue. 4, 78 ff. Die erjchredten Athener, 
welche noch größere Verluſte befürchteten, machten 
rriedensvorichläge, und im I. 423 fam ein Waffen: 
ftillftand auf ein Jahr zuftande. Doch faum waren 
einige Tage verfloffen, als die Nachricht vom Ab- 
fall der Stadt Skione nadı Athen fam. Da nun 
Sparta die Rückgabe derjelben verweigerte, weil 
der un ftattgefunden, che die Nachricht vom 
Abſchluß des Waffenftillftandes nac Makedonien 
gefommen war, jo beichloffen die Athener, durch 
den Demagogen Kleon beredet, von neuem den 
Krieg. Heichzeitig fiel auch Mende ab. Während 
Br. mit dem Könige Perdiffas einen Zug gegen 
die Lynkeſtier unternahm, eroberten die Athener 
Mende wieder und jchlofjen Skione ein, ohne daß 
es Br. hindern fonnte. Er machte nun einen ver: 
geblichen Verſuch auf Potidaia, mußte fich aber 
darnach ruhig verhalten. Nun jandten (422) die 
Athener ein Heer nach Makedonien unter Anfüh- 
rung Kleons, der dem thatfräftigen, ritterlichen Br. 
nicht gewachien war. Zwar eroberte er mehrere 
Städte, wagte aber dann in jeiner Selbitgefällig- 
feit die Schlacht bei Amphipolis, in welcher er 
jelbft infolge feiner Ungejchidlichkeit fiel, während 
Br. gleich nad) erfochtenem Siege an einer töd- 
lichen Wunde verichied. Thue. 4, 78 ff. 1207. 
5,6ff. Diod. Sie. 12, 72 ff. Die zu dem Orga: 
nismus des jpartanifchen Staates nicht paflende 
Selbjtändigkeit, weldye am Weſen des Br. hervor: 
trat, hat es mit ſich gebracht, daß er anjcheinend 
in der Heimat fich micht fonderlicher Sympathien 
erfreute. Sonft hätte Sparta jeine Unternehmungen 
auf Ehaltidite nachhaltiger unterftüßt und nad) 
jeinem Tode nicht ganz aufgegeben. Mit befonderer 
Wärme ift feine Perjönlichkeit bei Thufyfides be- 
handelt. Vgl. Hengftenberg, die Stellung des Br. 
(1881), 

Bratuspantium, fefter Ort der Bellovaci (zwi: 
ichen Seine, Somme und Dife), j. Nuinen unweit 
Bretenil; nad) andern Montdidier. Caes. b. 4. 2,13. 

Brauron j. Attika, 18. 

Brennus (= Häuptling, felt. Wort), 1) Min 
führer der Gallier, welche um 391 dv. E. in Italien 


220 


einfielen. Liv. 5, 33 ff. Pol. 1, 6. 2, 14 ff. 18. 22, 
Diod. Sie. 5, 28. 14, 113 ff. Dion. Hal. 13, 7 ff. 
Plut. Cam. 14 ff. Sie verdrängten die Bewohner 
Oberitaliend, und ein Stamm, die jenontjchen 
Hallier, bedrohte bereits die Tujfer von Cluſium. 
Tieje riefen römiſche Hülfe an, und 3 Fabier 
wurden als Geſandte zur Vermittelung hingeſchickt 
(391). Weil dieje aber an einem Treffen in den 
Reihen der Elufiner teilnahmen, zogen die Gallier, 
da die Auslieferung der Fabier verweigert wurde, 
gegen Rom, vernichteten das von den Fabiern ge: 
führte Heer an der Allia (18. Juli 390), rüdten 
in das verlaflene Rom ein, brannten es nieder 
und belagerten das Gapitol. Die Rettung des: 
jelben durdy die Gänſe, die Tapferfeit des M. Man: 
lius, das Erjcheinen und der völlige Sieg des ver- 
bannten Camillus find befannte, freilich durch die 
dichtende Sage erweiterte Erzählungen. Nach Bo: 
Iybios zogen die Sallier ab, um ihr eigenes Yand 
gegen einen Einfall der Veneter zu verteidigen. 
Bol. Mommjen, römische Geſchichte I ©. 330 ff. 
(6. Aufl). — 2) ein fpäterer Anführer zahlreicher 
galliicher Horden, welde, gegen 200 00 Mann 
itarf (Just. 24, 6), von der Donau her in Mafe: 
donien eindrangen und nach Beſiegung des male: 
doniſchen Feldherrn Eojthenes ihren verheereuden 
Zug (278 v. E.) gegen Griechenland richteten. Die 
riechen brachten etwa 24000 Mann zujammen, 
über weldye die Athener, deren einjt jo volfreiche 
Stadt damals nur 1500 Krieger jtellen konnte, 
den Befehl erhielten. Gededt durd eine Flotte, 
bejegte diejes Heer den Engpai von Thermopylai 
und verteidigte denſelben mit Erfolg gegen die 
Angriffe der Gallier, bis dieje einen Weg über 
den Dite janden und den riechen in den Rüden 
famen. Das griehijche Heer jchiffte fich nun ein. 
Während einige Haufen der Gallier ſich gegen 
Thrafien und Makedonien wendeten, ja ein Teil 
ſich jogar in VBorderafien niederliceh, zog Brennus 
jelbjt mit einem Teile feines Heeres gegen Delphoi; 
jedoch die nur etwa 4000 Mann ftarfe Schar der 
riechen, denen ein furchtbares Ungewitter, welches 
große Felsftüden von den Bergen losriß und auf 
die Sallier herabjtürzte, zu Hülfe fam, kämpfte 
mit jolhem Heldenmute, daß die Gallier gänzlich 
geichlagen wurden, Brenmus fich jelbit tötete und 
das Er Heer auf dem Rüdzuge den Untergang 
fand (ſ. Bildhauer, 14.). Paus. 10,19 ff. Diod. 
Sic. 22,9, 1.2.4. Just. 24, 6ff. Auch in diejen 
Erzählungen beruht ficherlich vieles auf Übertreibung. 

Breuni, Boedro«, rätiiches Volk in Vindelicien, 
nordweſtlich vom Brenner, jüdweftlich von Inns— 
brud, deren Hauptſtadt, Breunorum caput, wahr: 
icheinlich das heutige Bruneden war, wurde nebſt 
den Genauni von Drujus befiegt. Hor.od.4, 14,11. 
Plin. 3, 30. Strab. 4, 206. Ptol. 3, 20. 

Briar6os j. Hekatoncheiren. 

Brigantes, Bolyavres, das mächtigfte, aus- 
gebreitetfte Volk Britanniens, welches den größten 
Teil von Vorkihire, ganz Lancajhire, Durham, 
Wejtmooreland, Eumberland und den füdlichen Teil 
von Northumberland inne hatte, mit der Stadt 
Eboracum (j. Yorh. Tar. Agr. 17. Sie beun: 
ruhigten durch wiederholte Einfälle das nördliche 
Britannien ſehr und konnten erft unter Antoninus 
Pius zur Ruhe gebracht werden. Tue. ann. 12,32. 
36, 40. hist. 3, 45. 


Breuni — Britannia. 


nius, j. Bodenjee, benannt nad dem Volke ber 
Brigantii mit der Stadt Brigantium (j. Bre: 
genz), an der Grenze von Rätien im nordiejtlichen 
Bindelicien; er wird gebildet vom Rhenus, der 


ihm durchfließt, und ift 470 Stadien (11", Meile) 


lang. Die ausführlichite Beichreibung findet ſich 
bei Ammianus Marcellinus (15, 4). Bei einer Jnuſel 
besjelben, wahrſcheinlich Reichenau im Unterjee, 
ichlug Tiberius in einem Schiffstreffen die Binde: 
licier. Strab. 7, 292. 

Brilettos j. Attika, 2. 

Briniätes oder Friniätes, Bolt im öſtlichen 
Ligurien, nahe den Apuani, am oberen Padus, 
187 dv. E. von den Römern bezwungen, in der h. 
Landſchaft Frignano. Liv. 39, 2. 9, 41, 19, 

Brises und Briseis j. Achilleus, 3. 

BritannYa, insulae Britannicae, Boerrarınai 
v0. Unter diefem Namen begriffen die Alten 
urjprünglich alle nördlich von Gallien zwiichen dem 
Atlantiſchen und Germaniſchen Meere gelegenen 
Injeln. Die größte derjelben wird beionders Bri- 
tannia, Boerrarınn), genannt, mit einheimiſchem 
Namen Albion, d. i. Alba:inn, Berginiel, und 
wurde den Griechen zuerjt durch Pytheas, den Rö— 
mern erft jeit der zweiten Hälfte des 1. Jahrh. v. E. 
genauer befannt. Die Angaben über die Größe 
lauten jehr verichieden, man gab den Umfang zu 
mehr als 40 000 Stadien an, Cäſar zu 2000 Millien 
oder 16000 Stadien, Plinius zu 3825 Millien. 
Die Seftalt der Inſel jollte einem Dreied gleichen 
(Caes.b. g. 5, 13. Strab. 4, 199. Diod. Sic, 5, 21), 
während Livius und Fabius Aufticus und nad 
ihnen Tacitus (Agr. 10) fie mit einer scutula 


‚oder bipennis verglichen. Auch über die Yage der 


Inſel herrichten ganz falſche Anfichten, weil man 
die Dftküfte Britanniens parallel fonftruierte mit 
der in nordweftlicher Richtung angenommenen Weft- 
füjte Galliens, jo daß die nordöftliche Küſte der 
Nheinmündung gegenüber zu liegen fam. Bei den 
Galliern fand jich wenig Kunde von der Inſel, 
was Gäjar um jo mehr reizte, jeine beiden Über— 
gänge zu unternehmen (b. g. 4, 20—36. 5, 5—23), 
im g 55 und 54 v. E., deren Erfolg freilich den 
Erwartungen nicht entſprach. Erit unter Claudius 
(43 .n. €.) fahten die Römer im jüdlichen Teile 
feiten Fuß. Tac. Agr. 18. ann. 13, 27. Suet. 
Claud. 17. In den naͤchſten Jahren folgten manche 
den Nömern ſehr verderbliche Aufitände, bis nad) 
mebrjährigem glüdlichem Kampfe En. Julius Agri- 
cola (j. d.) unter Titus und Domitian die größere 
jüdliche Hälfte der römischen Herrſchaft unterwarf 
(78—84) und zur Provinz machte, Britannia Ro- 
mana. Tac. Agr.14 ff. Viele Befejtigungen wurden 
gegen N. angelegt, konnten aber die Einfälle der 
nördlichen Stämme wicht hindern, weshalb jich 
Hadrian bewogen fand, die Grenze weiter zurüd: 
zunchmen und einen feſten Wall (oder Mauer ?), 
den jeßigen Nömer- oder Piktenwall von 80 Millien 
Länge zu ziehen, der im W. bis zum Itunag 
Aſtüarium (j. Solway - Firth), im DO. bis zur 
Mündung der Vedra (ji. Weare) reichte (Spart. 
Hadr, 5. 11), bis jpäter Antoninus Pius nörd— 
licher einen zweiten nur halb jo langen Wall vom 
Clota Aſtuarium (j. Firth of Clyde) im W. bis 
um Bodotria oder Boderia Äſtuarium (ji. 
Kirn of Korth) im D. zog, vallum Antonini, j. 
Grahams-Dike; Severus endlich jcheint feine neue 


Brigantinus lacus, aud) 1. Venetus, Acro- ı Befeftigung angelegt, jondern nur an dem Walle 


Britannieus — Bructeri. 


Hadrians Reparaturen ausgeführt zu haben. Capitol. Geſchlecht des Claudius. 


Ant. Pius 4.5. Dio Cass. 76, 13. Nun hießen 
die neuen GEroberungen Britannia superior, im 
Segenjaß zu B. inferior bis zum Wall Hadrians; 
bis zu legterem wurden in der Folge von Gara- 
calla die Grenzen wieder zurüdgezogen. Dio (ass, 
77, 1. Herod. 3, 25. Bei der jpäteren Einteilung 
des Reichs zerfiel Br. in 4 Teile: Br. prima, 
Br. secunda, Maxima Caesariensis und Flavia 
Caesariensis, deren Lage im einzelnen unbefannt 
it. Der Einbruch der nordijchen Barbaren im 
5. Jahrh. veranlafte die Räumung der Provinz 
durch die römischen Heere. — Römiſche Kolonien, 
aus den Standlagern der Legionen hervorgegangen, 
waren bejonderd® Gamulodunum, j. Colcjeiter, 
Lindum, j. Lincoln, Glevum, j. Gloceiter, 
Deva, j. Cheſter, Jsca, j. Eaerleon, Eboracum, 
j. Vort, Londinium, j. London, VBiroconium, 
j. Wroreter, mit vielen Ruinen, Nutupiä, j. 
Richborough, Betriana, j. Herham. Als die 
wichtigften Flüſſe find zu nennen: an der Dftküfte 
Abus (j. Ouſe) und Tameja oder Tamejis (j. 
Themje); an der Weftfüfte Sabrina (j. Severn). 
— Die Bewohner, Britanni (Bosrravol) oder 
Brittones (nicht Britones), keltiſch Brython, ge: 
hörten zum keltiſchen Stamme, deſſen Sitten und 
Gebräuche fie rein bewahrt hatten, weshalb jie 
freilich auch ungebildeter waren als andere keltiſche 
Bölfer. Sie duldeten feine Gaftfreunde und aßen 
jogar Menjchenfleiich. Mela 3, 6. Tac. ann. 14, 30. 
Caes.b.g. 5, 12. Hor.od. 3, 4, 33. Die einzelnen 
unabhängigen Bölferichaften jtanden unter Füriten. 
Die bedeutendften waren: die Cantii in der jüd- 
öftfihen Ede, die Belgä an der Südfeite, Dum: 
nonii in der SW.-Ede, die Silures im heu— 
tigen Wales, die Cornarii im heutigen Corn: 
wall, die Brigantes an der Dftjeite bei Work, 
in der Mitte die Coretani; die Cattuvellauni 
und Nceni an der DOftjeite bei Londinium, nord- 
weſtlich von legtern die Ceangi (Tac. ann. 12, 32). 

Britannieus, eigentlih Tiberius Claudius 
Germanicus Britannicus Gäjar, war ein 
Sohn des Kaiſers Claudius von der Mefjalina, 
geb. am 12. Februar 42 n. E. Suet. Claud. 27. 
Dio Cass. 60, 12. Zuerſt Germanicus vom Bater 
zubenannt, erhielt er vom Senat den Zunamen Bri: 
tannicus. Nach dem gewaltiamen Tode der Melia: 
lina heiratete Claudius jeine Nichte Ngrippina, welche 
ihm einen Stiefiohn, den nachmaligen Kaiſer Nero, 
zubrachte und den ſchwachſinnigen Kaiſer beredete 
diejen zu abdoptieren (50 n. &) Zwiſchen den 
Stiefbrüdern bradı bald Eiferſucht und Haß aus, 
und Brit., von Mgrippina gehaßt und verleumbdet, 
von jeinem Stiefbruder angefeindet und für unter: 
geihoben, von Agrippina für blödfinnig aus- 
gegeben, wurde wie ein Gefangener gehalten, ja 
jeine Freunde von ihm getrennt. Dio Cass. 60, 32. 
Taec. ann. 12, 25. 41. 13, 16. ber Brit. merfte 
die Intriguen der Agrippina, auch Claudius er- 
fannte das dem Sohne zugefügte Unrecht und be- 
trieb die Scheidung von jeiner Gemahlin; dieſe 
fam ihm aber zuvor, ließ ihn vergiften, und Nero 
wurde Kaifer. Bei den Bwiftigfeiten, die bald 
darauf zwijchen ihm und der Mutter ausbrachen, 
ſoll fie beabjichtigt haben, den Brit. zum Kaiſer 
ausrufen zu laſſen, worauf Nero jeinen Bruder 
durch Sift aus dem Weg räumte (55). Tac. ann. 
13, 14 ff. Suet. Ner. 335. Mit ihm erlojch das 


221 


Titus ließ feinem ge: 
liebten Jugendgefährten jpäter eine goldene Statue 
im Palafte errichten. Suet. Tit. 2. Bol. Lehmann, 
Claudius und Nero ©. 335. 349. 

Britomäris, Borröuegıs, ein Häuptling der 
Senonen, einer galliihen Bölterjchaft, ließ im J. 
285 v. E. zur Vergeltung für feinen von den 
Römern erichlagenen Vater die an ihn geichidten 
Sejandten der Römer töten und ihre zerftüdelten 
Gliedmaßen umherſtreuen. Er fiel jpäter in die 
Hände des Komjuls P. Cornelius Dolabella, der 
ihm mit jchredlichen Martern ftrafte, im %. 283. 
Pol. 2, 19. App. Celt. 11. Plut. Rom. 16. 

Britomartis, Boıröueorıs (von Pers und 
uderig, virgo dulecis), eine fretiiche Göttin, ur- 
iprünglich eine Naturgottheit der Fretiichen Jäger 
und Fiſcher, welche jpäter mit der Artemis zu: 
ſammenfloß. Auch eine Nymphe wird fie genannt, 
eine Tochter des Zeus und geliebte Begleiterin 
der Artemis, weldhe, von der Liebe des Minos 
verfolgt, ins Meer jprang und in Fiſchernetzen ge: 
rettet ward. Deshalb jollte fie den Namen Dik— 
tynna (Nepgöttin, von dixrvov) erhalten haben. 
Diejelbe Göttin hieß auf Aigina Aphaia. 

Brixellum, fejte Stadt am rechten Ufer des 
Padus im cisalpin. Gallien, norböftlich von Barma 
(j. Brefcello), wo ſich Kaiſer Otho nad) der Nieder: 
lage bei Bedriacum den Tod gab. Tac. hist. 2, 33. 
39. 51. 54. Suet. Oth. 9. 

Brix\a, j. Brejcia, bedeutende Stadt in Gallin 
Cisalpina Transpadana an der Garza, einem 
Nebenfluffe der Mella, an der Strafe von Comum 
nad Aquileja, wahricheinlicdy uralte tuſeiſche Grün: 
dung und von den galliidhen Cenomanen zur Haupt: 
ftadt gemacht; jpäter römijches Municipium mit 
den Rechten einer Kolonie. Liv. 5, 35. 38. 32, 30. 
Tac. hist. 3, 27. Strab. 5, 213. 

BoıLo), -oög, eine Böttin auf Delos, bejonders 
bon den Frauen verehrt, welche ihr in Kleinen 
Kähnchen verichiedene Eßwaren voriegten, damit 
fie ihnen alles Gute verleihe und namentlich die 
Schiffenden erhalte. Sie ſoll auch Traumorafel 
gegeben haben, wenigftens heißt BodLeı» einniden. 
Athen. 8 p. 335 a. b. 

Brogitärns, Schwiegerjohn des Dejotarus (j. d.), 
Tetrarhen von Galatien, erhielt von Pompejus 
63 v. E. die Tetrarhie über die Trofmer (i. 
Trocemi). Im J. 58 verichaffte ihm der Volks— 
tribun Glodius für Geld den Königstitel und die 
Stadt Peſſinus (Cie. Nest. 26, 56); doch wurde Br. 
durch Dejotarus daraus wieder verdrängt, angeb 
lid weil er den berühmten Tempel der phrugiichen 
Göttermutter ausplünderte. Cie. har. resp. 13, 28 f. 

Beovreiov. eine Theatermajcine, womit der 
Donner nachgeahmt wurde; fie befand jich hinter 
der Bühne in den unteren Räumen und war viel: 
feicht ein eherner Keffel, in dem man Steine herum: 
ſchwenkte, wodurd ein dem Donner ähnliches Ge- 
räuſch entſtand, das durch die unteren Räume der 
Bühne hindurchgehend fich verftärkte. Oder man 
rolfte Schläuche auf Erzplatten hin und her und 
brachte jo ein donnerähnliches Getöje hervor. 

Brontes j. Kyklopen. 

Brucheion j. Alexandria, 10, a). 

Bruetöri, Boovöxreoo:, ein Bolt in Germanien, 
wohnten zwijchen Lippe und Ems (Tae. ann. 1, 60), 
jo daß ihr Gebiet einen Teil des Teutoburger 
Waldes umfahte, während andererjeits im Norden 


222 


die Nordjee dasjelbe berührte; jie hatten aljo das 
nordiwejtliche Sermanien inne. Tuc. ann. 13, 56. 
hist.4, 21.5, 18. Wie jo viele germanifche Stämme, 
nahmen fie teil an der Befreiung Deutichlands vom 
Joch der Römer durdy Arminius. Bei der variani: 
ſchen Niederlage hatten jie einen römischen Adler 
erbeutet; an dem Bataveraufitande beteiligten jie 
ſich gleichfalls. Gleichwohl jcheinen die Römer 
durch jpätere Kriege Einfluß bei ihnen gewonnen 
zu haben, da fie Feſtungen an ihren Grenzen er- 
bauten und einmal jogar ihnen einen Fürften auf: 
drangen. Plin. ep. 2, 7. Auch jpäter, 3. B. zu den 
Zeiten Gonftantins, blieb ihr Name befannt. Be: 
rühmt war ihre Scherin Veleda, weldhe in einem 
Turme an der Lippe wohnte. Teac. hist. 4, 61. - 

Die Herleitung des Namens ift zweifelhaft; jonft 
dachte man an Broof — Bruch, I. Grimm nimmt 
die german. Wurzel brak an und jieht in ihnen 
die Glänzenden. 

Bruma, angeblid zujammengezogen aus bre- 
vissima, der Tag des Winterjoljtitiums, der für 
die Bewohner der nördlichen Halbfugel der DE 
iſt, nach Cäſars Berechnung a. d. VIII. Kal 
Plin. 18, 59. 

Brundisium (richtiger als Brundusium), Bosv- 
zeoıov, j. Brindiſi, nächſt Tarent die bedeutendfte 
Stadt in Calabria an einer Heinen Bucht des 
Ndriatiichen Meeres mit trefflichem Hafen. Wahr: 
icheinlich war Br. feine urſprünglich griechiiche 
Stadt, worauf aucd die italiiche Deutung des 
Namens (Brentefion — Hirjchlopf), bezogen auf 
den Hafen mit feinen Landzungen, deutet. Diejem 
trefflichen Hafen, der bei jedem Winde für Schiffe 
zugänglich war, verdanfte Br. feine Bedeutung. 
Strab. 6, 282. Caes. b. c. 1, 25. Die Nömer nah: 
men die Stadt 245 dv. E. ohne Widerftand weg 
und folonijierten fie, ja unter Sulla wurde jie 
jteuerfrei. Die Appijche Straße miündete hier aus; 
von hier fuhr man gewöhnlich nad) Griechenland 
hinüber, und zwar zunächſt nach Epidamnos oder 
Dyrrhachium in Allyricum, von dem die Stadt 
nur 175 römijche Meilen entfernt war. Honig und 
Wolle werden als Hauptprodufte des Gebiets ge- 
nannt. Hier jtarb der Dichter Vergilius auf feiner 
Rückkehr aus Griechenland im J. 19 v. C., hier 
endete auch die von Horaz (sat. 1, 5) jo launig 
beichriebene Reiſe. 

Bruttii (auch ager Bruttius oder Bruttiorum 
ager, nicht aber Bruttium), auch Brittii, Berr- 
rum, ı) Beertie, 1) Bottriccun, Landſchaft JItaicns, 
die Südſpitze der Halbinſel, auf 3 Seiten alſo von 
der See, im N. von Lucanien begrenzt, wo der 
Lausfluß, in der Richtung auf Thurii verfolgt, 
die Grenze bildete, j. Calabria. Der Apennin 
durchzieht bis zur Siciliſchen Meerenge das Land 
und läuft in mehrere Vorgebirge aus, an der Oſt— 
lüſte Crimiſa, Lacinium, Cocynthum, an 
der Südküſte Zephyrium, Promunt. Her- 
enlis und Yeucopetra, an der Weſtküſte Seyl— 
läum. Die wichtigſten Höhen des Apennin jind 
der Elibanus und der Silawald. Inter den 
nicht bedeutenden Flüſſen find zu merken auf der 
Wejtjeite der Laus, auf der Oftjeite der Crathis 
und Neäthus, Trefflich gedieh in dem an Wald— 
triften reichen Lande die Viehzucht; ein eigentüm- 
liches Produkt ift das Pech des fichtenreichen Sila- 
walbdes. Die alten Bewohner waren die One: 
trer, zu denen auch Sicnler eingewandert waren; 


Bruma — Bubastis. 


dann famen Stämme der Lucaner hinzu (445 oder 
356 v. E.), die den Namen Bruttii, Bedrroı, 
erhielten. Sie bewohnten meift nur die inneren 
Teile des Landes, während die Küſten von griedji: 
ſchen Kolonien bejeßt waren, und galten als roh 
und barbariih. Im zweiten puniichen Kriege 
wurden die Bewohner, welche fih Hannibal an- 
geichloffen hatten, den Nömern unterworfen und 
zur Strafe für Staatsjklaven erklärt; jeitdem „geriet 
ihr Yand in Berfall. Die bedeutendften Städte 
(anfangend im N. der Dftküfte): Betelta (Ilern- 
Ada), j. Strongoli mit Ruinen, befannt durch jeine 
tapfere Verteidigung gegen Hannibal_216 vd. E.; 

Eroton (ÄAgurwr), j. Eotrone (j. d.); Scylacium 
(navifragum Scylaceum, Very. A. 3, 553; Zuvl- 
Adxıov, Zxvlkrjzov), j. Squillace, angebl. Grün: 
dung der Athener, 1 Meile vom gleichnamigen 
Meerbujen; Yocri Epizephyrii (Aongoi "Emıfe- 
pogwı) mit 2 Burgen, 683 dv. E. von Lokrern 
gegründete blühende Handelsjtadt, durch Dionyjios 
dasjelbe Jahr zerjtört, dann twieder aufgebaut, 
berühmt dur ihren Geſetzgeber Zaleukos und 
einen reichen Tempel der Proſerpina. Au der 
Weſtküſte: Rhegium (Prjywor), j. Reggio (j. d.), 
Sehlläum am gleichnamigen Vorgebirge und der 
ihmaliten Stelle der Meerenge; Medama (MEi- 
dauer) oder Meſma, von den Lokrern gegründet, 
mit berühmter Quelle, ‚Dipponion, von den 
Römern Bibo genannt, j. Bivona, mit dem Bei- 
namen WBalentia, Terina (Trpwa), Temeja 
(Teufoe) oder Tempia, eine der älteften italijchen 
Städte, nad einigen Homers (Od. 1, 184) fupfer- 
reiches Temeja; Klampetia (Aaunirese) Im 
Innern: Conjentia (j. Cojenza) am Grathis, 
alte Hauptjtadt der Bruttier; Bandojia am Fluß 
Acheron, wo Mlerander von Epeiros jeinen Tod 
fand (Liv. 8, 24), in römischer Zeit verichwunden ; 
Mamertium u. a. Strab. 6, 254 ff 

Bruttius Süra, Bostrıog Zovgpug, befiegte 
im J. 88 v. E. als Legat des Proprätors E. Sen: 
tius den Feldherrn des Mithridates Metrophanes 
zur See, jowie den Archelaos bei Chaironeia, und 
ging dann wieder nach Makedonien in jeine ur: 
iprüngliche Stellung als Yegat des Statthalters 
C. Sentius zurüd. Plut. Sull, 11. App. Müthr. 29. 

Brutus j. lunii ], 2 und Il, a, 1-9. 

Brygi, Bovyoı, Bovyes, eine mafedontjche, un: 
griechiiche Wölferjchaft nördlid von Bervia, die 
noch zu den Zeiten der Perſerkriege dort wohnte, 
dem Mardonios auf jeinem Zuge gegen Griechen: 
land durdy nächtlichen Überfall Verluſte beibrachte 
und von ihm den Berjern unterworfen wurde. 
Ildt. 6, 45. Ein Zeil derjelben ſoll nad Mlein: 
ajien ausgewandert jein und dort den Namen 
Dovyeg erhalten haben (Hat. 7, 73), wenn bier 
nicht ein anderes mit dem Namen der Phrygier zu: 
jammenfallendes Bolt gemeint ift. Strab. 12, 550. 
Val. aud) Plut. Brut. 45. 

Bovdau |. Ayfin. 

Bubassos, Buß«ssos, alte Stadt Nariens, öſtlich 
von Knidos, von der eine Yandzunge und der 
Bubasjische Meerbujen den Namen haben. Hdt.1,174. 
Ov. met. 9, 644. Died. Sie. 5, 62. 

Bubastis, Bovßeastıg, 1) ägyptiſche Göttin, 
Tochter des Sonnengottes Na, als Bajt mit dem 
Katzenkopf die Göttin der jinnlichen Luſt, als 
Sechet mit Löwenkopf die Bekämpferin der finjteren 
Mächte, von Herodot (2, 59 ff.) mit der Artemis 


159 


Bupona — Bicherwesen. 


(Eileithyia) identifiziert. — 2) Bubajtis oder Bu- 
baſtos, Bovßesrog, ägyptiſche Nomoshauptitadt, 
rechts vom pelufiihen Nilarm; j. Tell Bafta, etwas 
jüdlich von el Zakazikz Nejidenz der 22. Dynaſtie 
(961 — 787 v. E.), mit prächtigem Tempel der 


gleichnamigen Göttin, der hier alljährlich ein aus: 


gelajjenes, von 700 000 Menjchen bejuchtes Freuden: 
feft gefeiert wurde. Hdt. 2, 59. 67. 137. 156. 
Or. met. 5, 325—531, 

Bupöna j. Epona. 

Buceülae j. Waffen, ®. 

Bücherwesen. Die großartigite Bücherjanm- 
fung (Bıßlodran, enotıjun Bıßlior) des Wlter: 
tums war die zu Alerandreia von Ptolemaios Lagi 
gegründete, von Ptolemaios Philadelphos beträdht: 
lich erweiterte und mit einem Bibliothelar (Zenodot 
von Ephejos) ausgeftattete Bibliothef. Diejelbe 
zerfiel in 2 Abteilungen, die größere und urſprüng— 
liche (1 weydin Bıußkodıjan) im Brucheion, einem 
Teile der Königsburg und in der Nähe des Mus 
feions; fie jol an 400 000 (Sen. tranqu. an. 9), 
nach Gellius (6, 17) an 700000 Bände ftark, in 
Flammen aufgegangen fein, als Cäſar die im Hafen 
liegende ägyptiihe Flotte in Brand ftedte (Dio 
Cass. 42, 38); die Heinere und jpätere (rg nal 
Hoyaryo orouds®n abrijs) im Serapeion, angeb: 
lich 42 800 Bücherrollen ſtark. Der Berluft der 
erfteren wurde von Antonius durch die jogleich zu 
erwähnende, 200 000 Rollen enthaltende pergame: 
niiche Bibliothek erjegt (Plut. Ant. 58), die er der 
Kleopatra jchenkte; unter Domitian wurden Die 
alten Handichriften mit neu abgejchriebenen ver: 
taucht (Suet. Dom. 20); doch find alle dieſe Schäße 
im Laufe der Zeit verloren gegangen. Als Biblio: 
thefare haben jich hervorgethan (außer Zenodot) 
Kallimachos von Kiyrene, Ariftophanes von Byzanz, 
Eratojthenes und Ariſtarchos von Samothrafe. — 
Weniger berühmt, doc) in ihrer willenjchaftlichen 
Bedeutung durchaus nicht geringer anzujchlagen 
war die Bibliothef zu Pergamon, für deren reich: 
paitige Ausjtattung die attalijchen Könige, nament- 
lih Eumenes II. troß der vielfachen Hinderniſſe, 
welche die Ptolemaier durch das Verbot der Bücher: 
ausjuhr und durch die Vorenthaltung des Papyrus 
in den Weg legten, fich mit leidenſchaftlichem Eifer 
und mit dem herrlichiten Erfolge bemühten. Eine 
ichlimme Folge diejer Eiferjucht zwiſchen den beiden 
Königshäuſern war nächft der guten, daß man zu 
Bergamon das Pergament erfand (lin. 13, 21, 70), 
die Sucht, Bücher unterzujchieben. Bon diejer 
Bibliothef gab es jtets fortgejeßte beurteilende 
Kataloge (Tlivares), durch welche ein zwedmäßiger 
Gebrauch jehr erleichtert wurde. Aufgeſtellt war 
fie auf der Burg von Pergamon, in einem an die 
nördliche Säulenhalle des Athenetempels fich an: 
ichliegenden Gebäude (j. Pergamon). — Aud in 
Griechenland jcheint frühzeitig ein ähnlicher Trieb 
erwacht zu jein; Peiſiſtratos von Athen und Poly: 
frates von Samos werden als Gründer von Biblio- 
thefen genannt (Athen. 1,3 A. Gell, 6, 17); Euri- 
pides, der Archon Eufleides, Ariftoteles, Theophraft 
u. a. waren Beſitzer anſehnlicher Bibliotheken. 
Auch wird in Athen ein Büchermarkt erwähnt, 
wohl eine Stelle auf dem großen Hauptmarkte, 
ohne da man weil, ob harten Bücher auf 
demjelben feilgeboten wurden; zu Sokrates’ Zeit 
war (nach Bödhs zweifelhafter Erklärung von Pat. 
apol. 26, D. E) in der Orcejtra des dionyſiſchen 


223 


Theaters ein buchhändlerijcher Verlehr. Auf einen 
jolchen Lafjen auch die Klagen bei Strabon (13, 608.) 
ſchließen. Bon den Koſten und der Schwierigkeit, 
welche die Anjchaffung diefer Sammlungen damals 
verurjachen mußte, kann man fi einen Begriff 
machen, wenn man bedenkt, daß jede einzelne Ab— 
ichrift bejonders gemacht, follationiert und korri— 
giert wurde. Vgl. Beder-Göll, Charikles II ©. 160 ff. 
— Erjt bei den Römern finden wir gegen Ende 
der Republik die erften Anfänge eines buchhänd: 
leriſchen Betriebs, der ſich jtatt der heutigen Er— 
leichterungsmittel der damaligen ungeheuren Sta: 
venmajje bediente. Früher ließ jeder, der über eine 
Anzahl gebildeter Sklaven zu verfügen hatte, von 
diefen ſeine eigenen Schriften, aud) wohl die feiner 
Freunde (3.8. Cicero die Annalen jeines Bruders, 
j. ad Att. 2, 16), abjchreiben und ſuchte dann 
durch Eintaujch andere zu erwerben. Cie. ad (u. 
fr. 3, 4. Ciceros Freund, Pomponius Atticus, 
trieb dies ins Große und gab jelber allen jeinen 
SHaven Anleitung, gute Abjchriften zu bejorgen. 


Nep. Att.13. Bon ihm rührte die Gründung eines : 


förmlihen Buchhandels her, indem er bejtimmte 
Verlagswerle annahm, 3.8. von Cicero die Quae- 
stiones Academicae, den Orator, die Briefe, die 
Neden gegen Antonius und für den Ligarius, und 
den Vertrieb derjelben nicht bloß in Rom, jondern 
auch in allen Städten Griechenlands bejorgte. Cie. 
ad Att. 12, 6. 15, 13. 16, 5. 21. Mber neben 
dem kaufmänniſchen hatte er doch aud) ein höheres 
Intereſſe, welches jeinen ganzen Briefwechjel mit 
Gicero durchzieht, der vor und nach der Abfaſſung 
alles bis ins kleinſte Detail, ja jelbft jprachliche 
Einzelheiten mit ihm durdging. Ein ſolcher Be: 
trieb aber reizte zur Nacheiferung, und namentlich 
waren es die Freigelaffenen, welche ſich mit der 
Vervielfältigung von Schriftwerfen befaßten. Je 
mehr Schreiber (librarii), wozu fich außer den 
Sklaven und Freigelaſſenen aucd bald Freie, die 
eines jolhen Erwerbs bedürftig waren, hergaben, 
der Buchhändler oder Verleger aufitellen fonnte, 
deſto rajcher lieh fich die Auflage liefern, indem 
nicht, wie früher bei den Griechen und jpäter im 
Mittelalter, ein Einzelner die Abſchrift machte, 
jondern das Werk einer größtmöglichen Menge von 
Schreibern diftiert wurde. Die Schnelligkeit, mit 
der ein ſolches Diktat niedergejchrieben jein muß, 
läßt fich einesteils jchon aus der Berühmtheit der 
j. g. tironifchen Noten oder Abfürzungen, die von 
Eiceros FFreigelafjenem Tiro (j. Tullii, 12.) er- 
funden wurden, jchließen, andernteil® auch aus 
einer Angabe des Martial ungefähr berechnen. 
Diejer jagt von jeinem zweiten Buche (2, 1, 5): 
der Schreiber made es in einer Stunde durch 
(haec una peragit librarius hora). Die 93 Epi— 
gramme desjelben enthalten außer den UÜberſchrif— 
ten 540 Verſe, und ſomit würden auf die Minute 
wenigitens 9 Verſe fommen. — 
lage nicht größer zu jein, als die Zahl der Sklaven 
betrug, über die der Buchhändler zu verfügen hatte, 
jo ift Har, daß ſich bei der damaligen Schnell: 
und zugleich Schönjchreibefunft der Bedarf in für: 
zeiter Zeit befriedigen ließ. Uberhaupt ift es aud) 
wohl zur Vermeidung jchmälernder Konkurrenz und 
jofortiger Nachichrift durdy einen andern Buch— 
händler ratſam gewejen, jogleich eine dem mut: 
maßlichen Bedarf entiprechende Anzahl von Ab— 
ichriften anzufertigen und wicht cher damit an die 


Brauchte die Auf: 


ns 


z 


224 


Öffentlichkeit zu treten, als bis auch der größten 
Nachfrage Genüge geicheben fonnte. Freilich mochte 
da bisweilen wohl viel auf dem Yager zurücdblei: 
ben und manches Eremplar den Motten zur Speife 
werden (Hor. ep. 1, 20, 12) oder als Mafulatur 
in die Kramläden zu Düten für Pfeffer und Zimmet 
wandern (Mart. 3, 2); indeilen waren die Pro: 
vinzialen minder anipruchsvoll und bezahlten gern, 
was aus Nom in die verichiedenften Gegenden, 
namentlich nad Spanien und Afrika (Hor. ep. 
1,20, 13), verjandt wurde; jedod) aud) bei wirklich 
gediegenen Sachen wurde diejer auswärtige Bedarf 
in Anrechnung gebracht. Hor. a. p. 315. Gerade 
diejer „Provinzialbuchhandel trug nicht wenig dazu 
bei, den Ruhm ausgezeichneter Schrüftfteller über 
die Marten der Stadt und Ftaliens hinaus zu 
verbreiten. Kam doch ein Mann aus Gadir nad 
Nom, nur um dem Livius zu jehen, und fehrte, 
nachdem er das erreicht, unmittelbar im die Heimat 
— M. Hertz, Schriftſteller und Publikum in 
Rom [1553] ©. 39.) — Unter den verſchiedenen 
uns überlieferten Namen von Buchhändlern und 
Verlegern aus der Kaiferzeit waren die befannte- 
ften: die Gebrüder Sofit als Verleger des Horaz 
(Hor. ep. 1, 20, 2. a. p. 345), Tryphon, bei 
dem Martial (4, 72. 13, 3) und Qnintiltan er: 
ichienen, und Dorus, der zur Zeit des Nero die 
Schriften des Cicero und des Livius verkaufte 
(Sen. benef. 7, 6, 1). Die Buchhändler hießen ge: 
wöhnlid) bibliopolae (Bıßklo» xdrıjkoı), doc auch 
librarii. Ihre Läden (tabernae, stationes libra- 
riae, libelli) waren nad ®ellins {18, 4) nament: 
lih im vicus Sandalarius, außerdem aber auch 
am Forum, um das Argiletum u. ſ. w., kurz im 
den belebteften Teilen der Stadt. An den Pfeilern 
und Eingängen (in pilis et postibus) waren Erem: 
plare ausgeftellt und Anzeigen angeheftet (Hor. 
sat. 1, 4, 71. a. p. 373). Boll war es bei — 
immer, da ihre Läden zugleich auch zur Lektüre 
und wiſſenſchaftlichen Unterhaltung dienten, wes— 
halb man Freunde, die man nicht zu Hauſe traf, 
hier am erſten aufſuchte. Catull. 55, 4. Auch das 
auswärtige Sejchäft kann nicht unbedeutend ge— 
weſen jein (Hor. ep. 1, 20, 30. Plin. ep. 9, 11), 
und beliebte Dichter waren in ben entfernteften 
Provinzen zu haben. Mit der Lejeluft ging aber 
die Schreibjucht Hand in Sand, und die Buch: 
händler als die Vermittler von beiden gingen be: 
liebte Schriftfteller um Lieferung nener Werfe an 
oder drängten zum Mbjchluß der verjprochenen, 
wobei fie es nicht an den jchmeichelhaftejten Verfiche: 
rungen fehlen liegen. Plin. ep.1,2. Quint. praef. 
ad Tryph. Ein Honorar zahlten fie ficher nicht. 
Dagegen jcheint der Verfaſſer ftets mehrere Frei: 
eremplare erhalten zu haben, die er an jeine Freunde 
und Gönner verichenfte. Mart. 2, 93. 7, 17.9, 100, 

Die Bücher wurden von dem Berlegern nicht 
rob, jondern mit vollftändigem Einband geliefert, 
und dennoch war der Preis jehr billig. Inter 
andern dahin zielenden Angaben des Martial lejen 
wir (13, 3), daß die Xenien, die dieſes 13. Bud 
bilden und die im der bei Teubner erjchienenen 
Ausgabe 14 Seiten füllen, von dem Berleger 
Tryphon für 4 Sefterzen (etwa 50 Piennige) ver- 
fauft wurden, daß * ſie jedoch für die Hälfte 
noch mit Vorteil verfaufen fonnte. Der Einband 
war dergejtalt, daß die an einer Seite durch Leimen 
zuianmengefügten Blätter (paginae; an einem 


Bücherwesen. 


hohlen Eylinder aus Holz, Knochen oder Elfenbein 
bejejtigt wurden. Durch diejen Eylinder ging ein 
drehbarer Stab, der unten und oben je einen diden 
Knopf hatte (cornua, umbilici, vgl. Hor. epod. 
14, 8), jomohl zur Befeftigung des Stabes als 
auch zur Schonung des Buches, welches beim Leſen 
auf denjelben ruhte und beim Imichlagen der 
Blätter fich nicht auf dem Tiſche abichabte. Die 
3 andern Seiten (frontes) hatten einen jchwarzen 
Schmitt. Hinten am obern Ende der Rolle war, 
wie bei unfern Büchern, auf einem aufgeflebten 
Streifen Bapier der Titel (titulus, index) des Buches 
mit rötlicher Schrift bemerlt. Hatte man es 
genug gebraucht, jo wurde es zum Schuge gegen 
Staub oder fjonftige Beihädigung in eine lim: 
hüllung von rot oder gelb gefärbtem Bergament 
(sillybus, (ie. ad Att. 4, 5) eingeſchlagen. Wert: 
volle Bücher rieb man überdies mit Cedernöl ein, 
um fie gegen Würmer und Motten zu jchüßen, 
oder legte jie in Käftchen von Gedernholz. Hor. 
a. p. 332. — Nur die cine Seite des Papiers 
oder des Pergaments war bejchrieben, die andere 
zur bdeutlicheren Servorhebung der Schrift mit 
Farbe, namentlich mit Saffran, überzogen. Die 
Schrift war bisweilen, ebenjo wie bei uns, in zwei, 
auch wohl mehrere Kolumnen geteilt, die durch 
Linien don roter Tinte getrennt wurden. Zu An: 
fang und zu Ende des Buches war der Titel, bis- 
weilen mit bunter Tinte, gejchrieben. Im allge: 
meinen waren Abfürzungen im Gebrauch, mur 
Prachteremplare wurden vollftändig ausgejchrieben. 
In der Anwendung diejer Abbreviaturen waren 
die Schreiber förmlich geübt, aber dennoch liefen 
bei der Schnelligkeit, mit der gejchrieben wurde, 
eine Maſſe Fehler mit unter, über die die Autoren 
oftmals Klage führen, und deren manche als Hör- 
fehler fih wohl in die noch vorhandenen Codices 
der ſpäteren Zeit hinübergetragen haben, wogegen 
die Berwechjelungen ähnlicher Schriftzüge vorzugs- 
weile erft im Mittelalter durd die Abichriften der 
Mönche entftanden. Fehler, welche durch Irrtum 
des Autors entftanden und die ſich demnach in allen 
Eremplaren vorfinden mußten, wurden nachträg— 
lich in den noch auf dem Yager fich befindenden 
verbejlert. Cie. ad Att. 13, 44. Die Größe der 
Auflagen mußte je nach dem mutmaßlichen Abſatz 
verschieden fein; Schulbücher zumal mußten in jehr 
ftarten Auflagen geliefert werden. Gediegene Werte 
fanden bei der damaligen Muße der Leſer und 
bei der erwacdhenden Xiebe zur Litteratur einen 
ungleich größeren Abſatz ald heutzutage; ja ſelbſt 
offenbar ſchülerhafte Werte, wie die Denfichrift des 
Regulus auf feinen verjtorbenen Sohn (Plin. ep. 
4, 7), konnten in 1000 GEremplaren vervielfältigt 
und in die Provinzen verichidt werden. Anſtatt 
unjerer jeßigen Kritif, die erft hinterher folgt, 
hatte die damalige Zeit die Sitte der Recitationen 
({. Reeitationes), indem der Autor fein Werf 
vor der Herausgabe einem gewählten Kreiſe von 
Freunden vorlas und ſomit die Erinnerungen und 
Einwendungen noch benuben fonnte. — Eine wohl: 
ausgewählte Bibliothef gehörte damals zum feinen 
Ton. Als die erfte Brivatbibliothef zu Nom wurde 
die des Amilius Paulus gerühmt. Much L. Cor— 
nelius Sulla nahm aus Athen die VBücherfamm: 
fung des Apelliton mit fih nah Rum, und als 
Lucullus bei feiner Beute in Aſien ein gleiches 
Biel verfolgte, durfte (nad) Vitruv) in feinem neu: 


8 


Bueina — Bovkı]. 


erbauten Haufe eine Bibliothef fehlen, oftmals 
freilich nicht jowohl des wiſſenſchaftlichen Bedürf: 
niffes wegen, als vielmehr zum „Schmud der 
Wände, jo daß unter jo vielen taujend Büchern 
der Beliger gähnte und jein größtes Wohlgefallen 
bloß an den Aufichriften und Titeln hatte. Sen. 
tranqu. an. 9. Bald entjtanden aud öffentliche 
Bibliothefen, wie in Heineren Städten, 5. B. Tibur 
und Comum, die förmlich eingeweiht wurden (Plin. 
er. 1, 8), jo vor allen in Rom. Die erjte wurde 
von Aſinius Bollio im Atrium des Tempels der 
Freiheit auf dem Aventiniſchen Hügel errichtet. 
Plin. 7,20. Ov. trist.3, 1,71. Octavtan gründete 
deren 2, nachdem Cäſar durch den Tod daran ver: 
hindert worden war (Suet. Caes. 44), die octavia- 
nijche (Dio Cass. 49, 43), der Stadt gejchentt, und 
die palatiniiche (daj. 53, 1. Suet. Oct. 29), Die 
fatjerliche. Vgl. Beder, Topographie S. 111. Die 
von den nachfolgenden Kaiſern errichteten über: 
trifft an Bedeutung und Berühmtheit beiweitem 
die Ulpia des Trajan. (Zell. 11,17. Dio (ass. 68, 16. 
Aus einem bei der Ausgrabung von Hereulaneum 
in neuerer Zeit aufgefundenen Bibliothefszimmer 
eines Brivatmannes, das 1700 Bücherrollen ent: 
hielt, ıft die innere Einrichtung eines jolchen recht 
anjchaulic; geworden. Bor allem mußte ein reich— 
lies Tageslicht vorhanden fein, weil es zugleich 
Lejezimmer war. Die Bücher ftanden oder lagen 
in Schränfen (armaria), die rings an den Wänden 
herum, auch wohl mitten im Zimmer aufgeftellt 
waren, und deren Höhe nur jo viel betrug, daß 
man jedes Buch bequem herabreichen konnte. Die 
einzelnen Fächer diejer Schränfe hiefen locula- 
menta, foruli oder nidi. — al. Schmidt, Ge— 
ichichte der Dent: und Glaubensfreiheit S. 109 ff. 
Söll, über den Buchhandel bei den Griechen und 
Römern (1865). Becker-Göll, Gallus II S. 418 ff. 
Fr. Schmig, de bibliopolis Romanorum (1857). 
W. Schmitz, Schriftiteller und Buchhändler in Athen 
(1876). Birt, das antife Buchwejen im j. Verhält 
nis zur Litteratur (1882). Haenny, Schriftiteller 
und Buchhändler im alten Rom (2. Aufl. 1885). 

Bucina (nicht buceina), ein unſerm Waldhorn 
ähnliches, ichnedenförmig gewundenes Inſtrument 
aus Metall (Or. met. 1, 335), von den Hirten 
(Varr. r. r. 2, 4. 3, 13), am meiften aber im 
Heerwejen gebraucht. Cie. Mur. 9. Im Yager wurde 
damit das Yeicyen zur Ablöjung der Wachen jowohl 
bei Tage als bei Nacht gegeben (vgl. Disciplina 
militaris, 8.). Wollte der Feldherr das Heer zur 
Erteilung eines Befehls verjammeln (Lir. 28, 27), 
oder jollte dasjelbe gegen den Feind ausrüden, jo 
ließ er vor jeinem praetorium durd; die bucina- 
tores das Signal dazu geben. Waren 2 Feldherren 
mit ihren Heeren vereinigt, jo war es eine Ehre 
für den, bei welchem diejes Signal (classicam, 
j. d.) gegeben wurde. Caes. b. c. 3, 82. — Mit dem 
Aufziehen der erften Nachtiwache, bei Sonnenunter: 
gang, fiel in früheren Zeiten der Anfang des 
Mahles im Teldherrnzelt zujammen, daher mar 
jenes Signal auc zugleich das Zeichen des begin- 
nenden hles. Pol. 14, 3. Das Ende desjelben 
wurde auf gleiche Weile befannt gemadt. Tae. 
ann. 15,30. Diejelbe Sitte war auch bei den Mafe- 
boniern. Athen. 4, 2. 12, 9. 

Budini, Bovöivo:, waren nach Herodot (4, 108) 
ein zahlreiches Bolt, blauäugig und feuerfarbig. 
Sie bejahen eine hölzerne Stadt Gelonos, in der 


Reallegiton des Hafi. Altertums, 7. Aufl 


225 


jih Tempel hellenifcher Götter fanden, denn die 
Selonen jeien urjprünglich Hellenen und fprächen 
teils ſtuthiſch, teils helleniſch. Sie wohnten jen— 
ſeits des Tanais, 15 Tagereiſen vom Maiotiſchen 
Meere. Hiſtoriſch läßt ſich nichts über dieſelben 
beſtimmen. 

Rukcphala, Bovxigpaie, 1) Stadt am weſtlichen 
Ufer des Hydaſpes, von Alexander dem Großen 
nach jeinem Siege über den Boros gegründet und 
nad) jeinem in der Schlacht gefallenen Streitroffe 
benannt. Arr. 5, 19,4. 29,5. — 2) Borgeb. an 
der Südoftfüfte von Argolis am Hermioniſchen 
Meerbujen, wahricheinlich j. Kap Korafa. Praus. 
2, 34, 8. 

Bukephälos, Bovxfpalos, Bovnspdlag, das 
berühmte Roß Aleranders des Großen, welches 
diejer als Knabe allein hatte bändigen können, 
ſeitdem als Leibroß behielt und noch im Tod chrte 
(j. Bukephala, 1.). Es jtammte aus Thefjalien, 
wo wahrſcheinlich eine bejondere Pferderaſſe diejen 
Namen führte. Plut. Alex. 6.61. Curt. 6,5,18f. 
Arr. 5, 19, 4 ff. 

Bukoliker j. Theokritos. 

BovAn, der Rat. Schon bei Homer finden 
wir einen Rat der Edlen und Fürften der allgemei- 
nen Heeresverjammlung entgegengejegt (11.2, 53 ff.). 
Während in Ariftofratien die Häupter der edlen 
Familien, durch Wahl oder Geburt dazu berufen, 
einen Nat bilden, in dem ſich die Staatögewalt 
fonzentriert, finden fich in demokratiſch organifierten 
Staaten Ausſchüſſe aus der jouveränen Volksge— 
meinde, die den Namen Wat, Bowirj, haben und 
aus jährlic gewählten oder erloften Mitgliedern 
bejtehen. Jene ariftofratiihen Senate führen, wie 
in Sparta, meift den Namen yspovol« (Bovin] 
yeodvrov). Die Befugniffe der Bovin find nun 
in den einzelnen Staaten verſchieden; am genaueften 
find wir von der Stellung der atheniſchen Bowarj 
der Finfhundert, 7) Bovin ol werrandcıoı (nicht 
tor erraxocior) genannt, unterrichtet, auf die 
wir daher unjere Darjtellung beichränten wollen. 
(Über den andern, nad) Zujammenjegung und Stel: 
lung mehr ariftofratijchen athenijchen Nat auf dem 
Areopag ſ. Areiopagos.) Der Nat bejtand nad) 
Solons Einrichtung aus 400 Mitgliedern, 100 aus 
jeder der 4 ioniſchen Phylen, die das 30. Jahr 
zurüdgelegt hatten. Vom Zutritt zu dem Amte 
ausgejchloffen war urjprünglich die lebte der jolo- 
nifchen Vermögensklaſſen, die Thetes. Durch Klei— 
jthenes wurde die Zahl der Mitglieder auf 500 
gebracht, 50 aus jeder der neu errichteten 10 Heifthe: 
niihen Phylen, und ftatt der Wahl trat wahr: 
icheinlich dur ihn das Los ein (Bohnen, daher 
irb nvduov Auyeiv). Durch Ariſteides endlich 
erhielten auch die Thetes das Necht Bulenten zu 
werden, jo daß jeder Bürger, der das 30. Jahr 
überjchritten hatte nnd ſich im vollen Beſitze jeiner 
politijchen echte befand, in den Kat kommen 
konnte. Im J. 306 v. E. ftieg durch das Hinzu: 
fommen von 2 neuen Phylen, welche nad Anti: 
gonos und jeinem Sohne Demetrios Poliorfetes 
benannt wurden, die Zahl der Buleuten auf 600, 
Später fehrte man, twie es jcheint, eine Zeit lang 
zur Bahl von 10 Phylen und von 500 Bulenten 
zurüd, bis um 265 v. E. eine Ptolemais (nad) 
Pt. Philadelphos) und 200 eine Attalis (nad) 
Attalos I. von Bergamos benannt) hinzukam, und 
unter Hadrian jogar eine 13. Phyle, Hadrianis, 


15 


— 


to 


verſammelt waren, das Recht einen Myrtenkranz 


226 “ Bulis — Bulla. 


errichtet wurde. Die Zahl der Mitglieder, welche | und Zirnsıg), jpäter in der @oAog, während bie 


jeit dem Hinzutritt der Ptolemais und Attalis | Staatätafel im Prytaneion verblieb. Die Funktion 
jedesfall® 600 war, wird jet wieder 509. Vor | eines der Fünfzig und die Zeitdauer der Funktion 
dem Amtsantritt mußten die Mitglieder ſchwören, heißt Prytaneia (mevrarei«), die Fünfzig, die au 
für das Befte des Staats jorgen und ihre Befug: | der Reihe waren, heißen movravesıg (über die andern 
niffe nicht überjchreiten zu wollen. Perſönliche Bedeutungen j. Tgvravıg); puli) ngvraveiovse 
Vorrechte der Buleuten für die Dauer ihre® Amtes | heit der Stamm, der den Vorſitz hat. Die Pry— 
waren Freiheit vom Kriegsdienfte, ein bejonderer | tanen erlofen für jeden einzelnen Tag einen dmıord- 
Platz im Theater und, wenn fie als Kollegium | ns aus ihrer Mitte, welcher den Borjig im Rate 
und in der Vollsverſammlung hat und die Schlüfjel 
zur Burg und zum Archiv, ſowie das Staatsfiegel 
aufbewahrt. Später jedoch, bald nach dem Archon: 
tat des Naufinitos (378 dv. E.), erlofte jener Epi: 
ftates, wenn er den Rat berufen hatte, 9 mooedenoı, 
einen aus jeder Phyle außer der weurarevovse, 
und an einen diefer 9 „und jeine orumposdonı“, 
wie es in den Anjchriften heißt, gibt der Epiftates 
den Borfip in Nat und Bollsverfammlung ab. 
Diejer heißt dann ebenfalld Zmorärng. Der Epi: 
ftates der pri) worrarsvoro« hat nur noch den 
Vorſitz unter den Brytanen, die Aufbewahrung der 
Schlüffel und des Siegels jowie die Wahl jener 
roosdgor, die Yin zevrarsdonse nichts weiter 
mehr zu thun, als in der Polos verjammelt zu 
bleiben und jeden Tag einen Zmor&eng zu wählen. 
— Zum Rate gehörten ferner noch der yoruuaredg 
6 »ar& novrarelav aAngodeiz, der für jede Pry— 
tanie, gewöhnlidy nicht aus den Prytanen, erloft 
wurde (nach dem Sekretär der erjten Prytanie: 
ds reürog Lyewuudreve, wird zuweilen das Jahr 
bezeichnet), er hatte die Aufbewahrung der Be— 
ichlüffe zu veranlaffen; ferner ein vom Wat er- 
wählter yoauuerstg rar Bovisvrör; drittens ein 
und Berjonen: und Gewerbe: Steuer der Nichtbürger, | von der Volksverſammlung eingejegter, welcher die 
zu verpachten und die Pachtſummen einzutreiben, | Erfeuntniffe in Nat und Bolfsverjammlungen vor: 
wobei er jogar die jäumigen Pächter und deren |las. Alle 3 waren Bulenten. Dazu fam ein 
Bürgen feſſeln konnte (Demosth. Timoer. 146); | Rontrolleur (dvruiygapevg rs Bovinjg) und eine 
ebenjo fam es ihm zu, die Zölle jährlich zu ver: | Anzahl jubalterner youuuareis, ömoygaunereig 
pachten. Ferner fand die Dokimaſie der Archon: | u. |. w. (j. [’eauuarenvg). 

ten und vielleicht aller übrigen Beamten vor ihm) Bulis, Boödıs, 1) n B., Hafenftadt im ſüdl. 
ftatt. Auch hatte er Gerichtsbarkeit, aber eine be- | Phofis, unfern der Bat von Antifyra, an der 
ichränfte, denn er konnte nur Gelditrafen bis zu | Örenze von Boiotien -am Fuße des Helifon, ur: 
500 Drachmen auflegen, während er ſchwere Ber: | jprünglich wohl eine phoinikiiche Anfiedlung, dann 
gehen, die bei ihm angezeigt waren, an die Gerichte | von Korinth aus dorifiert. Die Bewohner lebten 
oder an die Volksverſammlung zu bringen hatte. | vorzugsweije von der Fiicherei der Burpurichneden. 
— Beſchlüſſe, die er faßt (natürlich nur in Sachen, | Straub. 9, 423. Paus. 2, 37,2. — 2) ö B., ein 
die zu feinem Wirkungstreife gehören), haben für | Spartaner, erbot ſich neben dem Sperthias frei- 
jein Amtsjahr Gültigkeit. Demosth. Arıstoer. 92. | willig für jein Vaterland durd den Tod den Zorn 
Selbftändige Gewalt hatte er nur, wenn das Volk | des alten Heros Talthybios zu jühnen, welchen die 
ihn zum abroxedrwg machte. Andoc. myst. 15. | Spartaner durdy Ermordung der perfiichen Ge— 
Demosth. fals. leq. 154. — Die Verſammlungen | jandten auf jich geladen hatten. Der König Zerres 
des Rats fanden außer an Feittagen täglich ftatt, | aber, zu dem fie ſich begaben, um fich feiner Rache 
und zwar int Bovlsvrrjgiov, und waren in der | preiszugeben, entjandte fie wieder in ihre Heimat, 
Negel öffentlih. Zur Erleichterung des Gejchäfts: | weil er die Spartaner nicht von ihrer Schuld Löjen 
ganges und zur Leitung des Ganzen, auch um wollte. Der Zorn des Taltyybios gegen die Spar- 
den Staat zu feiner Zeit ohne beratende Behörde | taner war nun gejühnt, ruhte aber noch auf dem 
zu laffen, war der ganze Rat in 10 Teile nad) | Geichlechte der beiden Gejandten, die jelbjt davon 
den 10 Stämmen, jede Abteilung aljo aus 50 Mit: | verjchont blieben, deren Söhne aber, Nifolaos und 
gliedern beftehend, geteilt. Jede Abteilung Hatte | Aneriftos, geraume Zeit ipäter (430 dv. C. auf 
die Verpflichtung, den 10. Teil des Jahres hin: | einer Geſandtſchaft nad Ajien vom Thraferfönige 
durch, je 35 oder 36 Tage (das attiſche Mondjahr | Sitalfes an die Athener verraten und von dieſen 
hatte 354, das Schaltjahr 384 Tage), im Schalt: | getötet wurden. Hdt. 7, 134—137. Thuc. 2, 67. 
jahr 38 oder 39 Tage, nach einer durd; das Los | Luc. Dem. enc. 32. 

beftimmten Ordnung, die Gejchäfte des Rats zu) Bulla, eine platte goldene Kapjel, welche nach 
leiten und den ganzen Tag über beifammen zu altetruſkiſcher Sitte von den vornehmen, bald auch 
jein, in der ®olog nahe am Bovisvrrjgror, in | allen freigeborenen Kindern an einem Bande um 
alten Zeiten im /lpvrarsiov; hier jpeiften fie früher | den Hals getragen wurde (j. die Abbildung). Plin. 
mit den Ehrengäften des Staates (j. Asloıroı)28, 4, 7. Cie. Verr. 1, 58. Die Knaben der 





zu tragen. Außerdem erhielt, wahricheinlich jeit 
der perikleiſchen Zeit, jeder der Buleuten für jeden 
Sigungstag einen Sold von einer Drachme, wıodög 
Bovisvrınög. Nac Ablauf des Jahres wurde der 
ganze Rat nach der. Rechnungsablage, wenn er jein 
Amt befriedigend verwaltet hatte, durch einen gol: 
denen Kranz vom Volke geehrt, der dann in einem 
Heiligtume aufbewahrt wurde. Die Opfer beim 
Antritt des Amtes hießen elsırjgıe, die nad) 
Vollendung des Amtes dire. — Die Geſchäfte 
des Rats beftanden nun zunächſt darin, daß er 
über alles, was vor das Volk gebradyt wurde, 
vorher beriet (Plut. Sol. 19) und einen Vorbeſchluß 
(zeoßovblsvue) fahte, eine Schrante der Demofra: 
tie, die jpäter wohl zuweilen überjchritten wurde. 
Diejer Stellung entſprach es auch, daß er die 
Berichte der Feldherren empfing und fremde Ge— 
jandte in die VBolfsverjammlung einführte. Außer: 
dem übte der Nat nod eine jehr ausgedehnte 
verwaltende Thätigfeit. Xen. resp. Ath. 3,2. Er 
hatte die Aufficht über die gejamte Verwaltung, 
namentlich über die (finanzen: er hatte die Staats- 
gefälle, nämlid den Ertrag der Staatsgüter, Zölle 


nn — — — — — — — 


a 


Bullis — 


libertini trugen eine aus Xeder, bulla scortea. 
Sie war urjprünglich Amulett, aber dieje Beſtim— 
mung war jchon zu Varros Zeit vergeſſen. Mit 
der toga praetexta wurde jie ab: 
gelegt und den Göttern geweiht. 

Bullis, Bovilids, Bullıg, St. im 
J— jüdlihen Illyrien, nicht weit von 

Apollonia, j. Khaifali. Caes. b. c. 
3, 40. Die Einwohner heißen (daj. 
3, 12) Bullidenses, bei Cie. Pis. 
40, 96 Bullienser. 

Bupälos j Bildhauer, 3. u. 

u Hipponax unter lambogra- 

DE phen. 

I... |] Buporthmos, Bovrop#uos, ein 
zu dem Gebiete von Hermione gehö— 
rıger halbinjelartiger Bergvorjprung an der Küjte 
von Wrgolis, wo ſich Heiligtümer der Demeter, 
Kore und Athene befanden; i. Kap Mujali. Paus. 
2, 34, 8. 

Buprasion, Bovrgdsior, alte, früher jehr an- 
jehnliche Ortichaft der Epeier im „hohlen Elis“ 
am linken Ufer des Lariſſosfluſſes, jpäter ver: 
ichwunden (Hom. Tl. 2, 615 u. Ö.), wahrjcheinlich 
wie eine eigentliche Stadt, jondern eine wohlbebaute 
(aolurvoos) und bevölterte, im jpäteren Altertum, 
wie heute, fajt ganz unbewohnte Gegend. Strab. 
8, 340. 

Bura, Boög«a, Stadt in Achaia, 373 v. E. zu: 
gleich mit Helile durch ein furchtbares Erdbeben 
zeritört und vom Meere verichlungen, dann aber 
wieder aufgebaut. Am Fluſſe Bovenixög war in 
einer Örotte ein Orakel des Herafles. Strab. 6, 385 f. 
Ruinen eines großartigen Theaters find 1881 auf: 
gefunden worden. 

Burchäna, Bveyaris, Nordjeeinjel der Mün— 
dung der Amijia (Ems) gegenüber, von Druſus 
erobert, von einer wild wachſenden Bohnenart 
auch Fabaria genannt; j. Borfum. Plin. 4,13, 27. 
Strab. 7, 291. 

Burdigäla, uralte Stadt der feltiichen BiturY- 
ges Vibisci am weftlichen Ufer der Garumma (j. 
Bordeaur, ſpaniſch Bordelos), bedeutender Handels: 
vlaß, jpäter ein Hauptſitz der Wiffenjchaft und 
Hauptjtadt der Provinz Aquitania secunda; Ge: 
burtsort des Dichters Aujonius. Strab. 4, 190, 
Eutr. 9, 10. Amm. Marc. 15, 11. 

Bürger, Bürgerrecht j. Civitas. 

Buri oder Burii, Boögo:, germanifcher Bolfs: 
ftamm, nad) Tac. Germ. 43 in Sprache und Lebens: 
weile den Sueben verwandt, der wahricheinlich an 
der oberen Oder und an den Weichjelquellen feinen 
Wohnfiß hatte. Frühzeitig mit den Römern be- 
freundet, nahmen fie teil an den Feldzügen Tra 
jans gegen die Dacier und jtanden den Kaiſern 
Marc Aurel und Commodus gegen die Marko— 
mannen und Quaden bei. Dio (ass. 71, 18. 72,2. 
Bald nachher aber erjcheinen jie als Verbündete 
diejer Völfer gegen die Römer. J. Grimm leitet 
ihren Namen auf die W. bairan zurüd. 

Burrus j. Afranii, 4. ımd Antistii, 7. 

Bursa j. Munatii, 3. 

Boös, 1) Opferfuchen in Form eines Horns. 
— 2) eine athenifhe Münze, worauf ein Stier 
geprägt war. Plut. Thes. 25. Bon Beftochenen, 
die ſchweigen, wo jie reden jollten, das Spridy: 
wort: Boüg &rl ylacan Beßnner, Boüv Iml yAuo- 
ons pegzıv. 





227 


Busiris, Bovsıgıs, 1) Sohn des Aigyptos, von 
der Danaide Automate ermordet. — 2) ein ägyp— 
tiiher König, Sohn des Poſeidon und der Lnfia- 
nafja, eifier Tochter des Epaphos, der die Fremd: . 
linge, die in fein Yand famen, am Altar des Zeus 
opferte. Apollod. 2, 5, 11. Herakles erjchlug ihn 
jamt ſeiſem Sohne Amphidamas — eine jehr po: 
puläre griechiſche Sage. 

Bustuarii j. Gladiatores, 6. 

Butes, Bovrng, auch Bovras, 1) Sohn des 
Boreas, ein Thrafer, der, von jeinem älteren Bruder 
Lykurgos verbannt, die Inſel Strongyle (das jpätere 
Naros) beſetzte. Auf einer Raubfahrt nach Frauen 
fing er in Thefjalien bei einem Fefte des Dionyſos 
eine der feiernden Frauen, Koronis, und zwang fie, 
ihn zu ehelichen. Koronis flehte den Dionyjos 
um Race an, und Butes ward wahnfinnig, jo daß 
er fich in einen Brunnen ftürzte. Diod. Ste. 5, 50. 
— 2) athenijcher Heros, Sohn des Pandion umd 
der Yeurippe, Bruder des Erechtheus, Gemahl der 
Ehthonia, Pflüger und Stierhirt, Prieſter der Athene 
und des erechtheiichen Poſeidon, von welchem das 
priefterliche Gejchlecht der Butaden oder Eteo: 
butaden fich ableitete. Die Sage macht ihn zum 
Kriegshelden und Argonauten; als folcher heißt er 
gewöhnlich Sohn des Teleon und der Zeurippe. — 
Der atheniiche Argonaut ift dann wieder mit einem 
3) ſiciliſchen Butes am Eryr verichmolzen worden. 
Diejer gehört dem Kreiſe der Aphrodite an und 
it eine dem Anchijes ähnliche Gejtalt. Aphrodite 
gebar ihm den Erur, wie dem Anchijes den Mineias, 
den die Dichter gern jeinen Bruder nennen. Bei 
Diodor (4, 83) heißt er ein in Sicilien einheimi— 
iher König. Indem die Sage ihn mit dem Nr: 
gonanten identifizierte, dichtete fie, als die Argo- 
nauten an den Sirenen vorbeifuhren, habe ſich 
Butes allein durch deren Belang verloden laffen 
ins Meer zu ſpringen; Aphrodite aber rettete ihn 
und brachte ihn nach Lilybäum, wo fie mit ihm 
den Eryr erzeugte. Apollod.1,9,25. Apoll. Rhod. 
4, 913. — 4) Bater des in Mefjenien herrichen: 
den Polykaon. Paus. 4, 2, 1. — 5) Pater der 
Dippodameia, der Gemahlin des Beirithoos. Diod. 
Sie. 4, 70. — 6) Sohn des Ballas, Athener. Or. 
met. 7, 500. — 7) Argiver, Herrſcher über Rhodos. 
Diod. Sie. 5, 59. — 8) und 9) zwei Trojaner, Be- 
gleiter des Aineias. Verg. A. 9, 646. 11, 691 ff. 

Buthrötum, Bovdowror, j. Butrinto mit an: 
jehnlichen Ruinen, blühende Seeſtadt und jpätere 
römijche Kolonie an der epeirotiichen Küſte, Ker- 
fyra gegenüber, mit einer Eitadelle und einem Hafen 
Pelodes (IInkadng, TIalüdes), der Sage nad) von 
flüchtigen Troern unter Helenos erbaut. Dion. 
Hal. 1, 51. Serv. in Verg. A. 3, 349. 

Buto, Bovr@ oder -oös, 1) die Schußgöttin von 
Unterägypten, von den Griechen für Leto erflärt. 
Sie rettet die Kinder der Iſis, Horos und Buba- 
ftis, vor Typhon auf die Inſel Ehemmis (j. d.) 
2) Stadt mit vielbejuchtem Tempel und Orakel 
der Göttin, an dem gleichnamigen See, durch 
welchen der jebennptijche Nilarm flieht; jebt Tell 
Ferain, nördlich von Sais. Hat. 2, 59. 83. 15%, 
155 1. 

— Bov&svrov, urſprünglich Pyxũs, 
j. Policaſtro di Buſento, Stadt in Lucanien an 
einem gleichnamigen Borgebirge im nördlichen 
Winfel des Terinäijchen Meerbujens, angebl. ge: 
gründet von Mifythos, Tyrannen von Mefjana, 


15 * 


Buxentum. 


228 


467 v. E., jeit 195 röm. Stolonie (Liv. 32, 29); 
Überfahrtsort nach Sicilien. Strab. 6, 252. 

Byblis, Bößlıs, Tochter des Miletos und der 
. Karierin Eidothea oder der Kyanee, eine Tochter 
des Maiandros, ftarb vor heftiger Liebe zu ihrem 
Bruder Kaunos, der fie verjchmähte. Aus ihren 
Thränen entjtand ein Quell. Ov. met. Maas fi. 

Byblos, Büßlos, im U. T. Gebal, daber j. 
Dichebeil, phoiniliſche Stadt zwiſchen Tripolis und 
Berytos, an feljiger Küfte, während die Altſtadt 
in einiger Entfernung vom Meere auf einer Berg: 
höhe lag; Sig eigener Fürſten (Arr. 2, 20, 1), 
deren legten Bompejus hinrichten ließ. Bier war 
der Mittelpunkt des Aftarte- und Adonisfultus. 
In der Färbung, die der Fluß Mdonis (6 km ſüdl. 
von Byblos, j. Nahr Ibrahim) zu gewiſſen Zeiten 
von der roten Erde annimmt, erfannte man das 
Blut des von dem Eber getöteten Gottes. Strab. 
16, 755. 

Byrsa j. Karthago. 

Byssos, ßöscos, viell. Baumwolle (£giov arö 
Evlov, gossypiom arboreum). Die in Elis wach— 
jende gelbe war ſehr teuer (Plin. 19, 4. Paus. 
6,5, 2. 6, 26, 6. 7, 21, 14); die aus Indien ein- 
geführte war jedesfalls wirkliche Baumwolle. Die 
Römer benußten fie jeltener zum Kleiderſtoff als 
Wolle. Häufig wird byssus ftatt linum gejagt 
und umgefehrt, weil beide Stoffe große inne 
feit hatten. 

Byzacium, Bvfdxıor, bei Polybios Bukanis, 
Bvscärıg, der mittlere Teil von Africa propria, 
d. h. dem ehemaligen Gebiete von Karthago, jpäter 
eine eigene Provinz, prov. Byzacena, grenzte im 
S. an das innere Libyen, im D. an das Meer, 
im N. an den nördlichen Teil von A. propria, 
Beugitäna, im W. an Numidien und war jehr 
fruchtbar und ergiebig. Unter den Städten jind 
zu nennen: Hadrumeétum, Leptis minor, 
Thyſdrus, Sufetula. Pol. 1, 29. Diod. Sie. 
20, 8. 

Byzantiner nennt man im engeren Sinne die: 


Byblis — Cadus. 


lieren. Die bedeutenditen find: Jonaras (+ 1118), 
Niketas Akominatos oder Choniates (Fum 
1216), Nifephoros Öregoras (71359), Lao— 
nitos Chalfofondylas (F um 1463), melde 
zujammen eine vollftändige Gejchichte von Conſtan— 
tin d. Gr. bis auf die Eroberung Eonftantinopels 
geben. Dieje Hiftorifer find gejammelt unter 
Labbes Leitung Paris 1645—1711 in 36 Bänden, 
welche in Venedig feit 1722 in 23 Bänden nad: 
gedrudt find. Dazu famen jpäter noch 5 von ver: 
ichiedenen Gelehrten bejorgte Bände, zuleßt Yeo 
Diafonus von Haje (1829). Eine neue fritijche 
und wertvolle Sammlung iſt unter Niebuhrs Lei— 
tung erichienen: Corpus scriptorum hist. Byzan- 
tinne (Bonn 1818 ff., 48 BB.). 

Byzantion, Bv£drzor, von Milefiern unter 
Byzas im J. 658 v. E. an dem j. g. Goldenen 
Horn (Kovosxsgag), einem Bujen des Boiporos, 
der einen trefflihen Hafen bildet, auf 2 Hügeln 
gegründet zwiichen der Propontis und einer Ein: 
bucht des Boiporos. Beim Herannahen des Kerres 
gaben die Bewohner ihre Stadt auf und zogen 
nad) Mejambria am Pontos. Doch erhob ſich nad 
Berwüftung durch die Perſer (Hdt. 6, 33) und 
nach deren Demütigung die Stadt bejonders durd) 
die Bemühungen des Spartaners Baujanias wieder 
zu einer bedeutenden See: und Handelsſtadt von 
40 Stadien Umfang. Der jpartaniihe Einfluß 
mußte im peloponnejiichen Kriege eine Zeit lang 
dem athenijchen weichen; zur Zeit Philipps warfen 
jich die Byzantiner den Athenern ganz in die Arme, 
und dieje leifteten ihmen gegen den König jo nad): 
drüdlichen Beiftand, daß den Athenern aus Danf: 
barkeit das Bürgerrecht verliehen wurde (340 v. E.). 
Auch des Andrangs ihrer thrafiihen Nachbarn er: 
wehrte ſich die Stadt mit Glüd und blühte beſon— 
ders durch Handel mit Getreide und geräucherten 
Thunfiichen empor, eine Blüte, die jich noch fteigerte, 
als die Römer ihr nicht allein ihre Gelege lichen 
‚und ein anjehnliches Gebiet in Pontos abtraten, 
ſondern auc einen Teil des bedeutenden Sund— 


jenigen Gejchichtichreiber, welche die Geichichte des | zoll zugejtanden. Nun wurde die Stadt auch be: 
oftrömischen Reichs oder des byzantiniſchen Kaiſer- feftigt. Sehr jchwer litt B. aber unter der Zerſtö— 
reichs von Conftantin dem Großen (325 n. E.) an | rung durd den Kaiſer Septimius Severus(199n.E.), 


bis auf den Untergang diejes Reichs 1453 ent: 
weder im ganzen oder teilweife behandelt haben. 
Ihr Wert befteht faft einzig darin, daß ſie die 
ausichließlichen Quellen der mittleren Geſchichte 
jomohl des byzantinijchen Neichs als der angren: 
zenden Yänder find: weder reiner Stil noch Plan, 
Urteil und Geichmad zeichnen fie aus. Sie find 
oft parteilich; am meijten verdienen fie Glauben, 
two jie die Gejchichte ihrer Zeit geben, während 
fie früher oft ohne Urteil abichreiben oder kompi— 





gegen den fie für den Pejcennius Niger Partei 
genommen hatte. Erft unter Eonftantin dem Großen 
erjtand fie aufs neue (330), indem er durch Hin: 
uzichung mehrerer Hügel eine zweite Siebenhügel 
Habt daraus zu machen juchte, die als neue und 
prachtvolle Reſidenz des Neichs Constantinopölis 
(Kovorarrıvodrolıg) genannt wurde (j. Conſtan— 
tinopel oder Stambul). Der Umfang der befeftig: 
ten und in 14 Regionen geteilten Stadt betrug 
1'/, geographiiche Meilen. 


C) 


Cabillönum, bedeutende Stadt der Mduer in 
Gallien am Arar, j. Ehalons jur Saone, anjehn: 
liche Handelsſtadt, wo ſich römische negotiatores 
aufhielten. Caes. b. g. 7, 42. 90. Strab. 4, 192. 

Cabira j. Kabeıra, 

Caeus j. Herakles, 9. 











Caduceätor und Cadneöus j. Krjov£. 

Cadurei, ein feltiiches Bolt in Aquitanien mit 
der fejten Bergitabt Urellodunum. Die jpätere 
eivitas Cadurcorum hieß Divöna, j. wahrichein- 
lich Cahors. Caes. b. 4. 7,4. 64. 75. 

Cadus ſ. Trinkgefüfse und Vasa. 


*) Die auch im Griechiſchen vorfommenden Ramen j. unter K. 


Caecilii, 


Caeecilli, eine ausgebreitete und berühmte ple- 
bejiiche gens, die bejonders im 3. Jahrh. v. €. 
zu großer Auszeichnung gelangte: 1) 2%. Cäc. 
Metellus, Konſul 251 und 247 v. E., Feldherr 
gegen die Karthager im erften puniichen Kriege 
auf Sicilien, ließ fih aus Furcht vor ihren Ele: 


fanten auf feinen Kampf ein. Erjt 250 jchlug er 


Dajdrubal bei deſſen Angriff auf Ranormos und 
erbeutete viele Elefanten. Pol.1, 39. 40. Cie.r.p 
1,1,1. Oros.4,9. Als magister equitum diente 
er 249 unter Atilius Galatinus, 243 (Cie. Cut. m. 
9, 30) wurde er pontifex maximus; als er bei 
Rettung des Balladiums aus dem brennenden Beita- 
tempel jein Geſicht verlor, erhielt er die Auszeich— 
nung, ſich in den Senat fahren laſſen zu dürfen. 
Cie. Scaur. 23, 48. Val. Max. 1,4, 5. Oros. 4,11. 
— 2) D. Eäc. Met., deſſen Sohn, befleidete das 
Konjulat 246 v. C. (Liv. 28, 10), die Diktatur 205 
(Liv. 29, 1), war Decempir zur Aderverteilung 201 
(Liv. 31, 4), Gejandter bei Philipp von Matedo- 
nien 185, bei den Achaiern 183. Liv. 39, 24. 38. 
Als Redner nennt ihn Eicero (Brut. 14, 57. 19, 77). 
— 3) 2. Cäc. Met., des vorigen Bruder, juchte 
nach der Niederlage bei Sannä einen Teil vorneh— 
mer Römer zur Nuswanderung zu gewinnen, was 
jedod) von Scipio verhindert wurde. Liv. 22, 53. 
Oros. 4, 17. Er erlitt dafür im J. 214 die jchimpf: 
liche Strafe, unter die Ararier verjegt zu werden. 
Liv. 24, 18. 27, 11. In demjelben Jahre jedoch 
erwählte das Bolf ihn zum Tribunen, Liv. 24,43, 
— 4 M. Cäc. Met., jein Bruder, war im J. 208 
plebejijcher Adil, 206 PBrätor, 205 Gejandter an 
Attalos, um das Bild der Göttermutter aus Aſien 
nah Rom zu holen. Liv. 27, 36. 29, 10. — 
5) DO. Eäc. Met. Macedonicus, Sohn des 
Lucius Metellus, als Prätor im 9. 148 v. C. 
Beſieger des Andriflos oder Pieudophilippos von 
Makedonien (Flor. 2,14. Vell. Pat. 1, 11), woher 
er den Beinamen erhielt. Dann zog er gegen die 
Adaier, um eine der römischen Geſandtſchaft in 
Korinth widerfahrene Beleidigung zu rächen, und 
ſchlug ihren Feldherrn Ktritolaos im Engpaß von 
Thermopylai und bei Ehaironeia, konnte aber den 
Krieg nicht zu Ende führen. Konfjul im 3. 143, 
bejiegte er im nächften J. die Celtiberer. Liv. ep. 53. 
App. Iber. 76. Val. Max. 9, 3,7. Flor. 2,16. Im 
%. 131 wurde er als der erfte aus plebejiichem 
Stande Cenſor, aber jeine Strenge zog ihm große 
Feindichaft zu. E. Mtinius Labeo, den er aus 
dem Senate gejtoßen hatte, verfolgte in als Volks⸗ 
tribun mit jeinem Haß und wollte ihn vom Tar- 
pejiichen Felſen ftürzen, was nur durch die andern 
Tribunen verhindert wurde. Liv. ep. 59. Gell. 1,6. 
Cie. de dom. 47, 123. Auch mit dem jüngeren 
Scipio ftand er nicht auf gutem Fuße, chrte aber 
nach deſſen Tode das Andenlen des großen Feld— 
berrn. Cie. off. 1, 25,87. Val. Max. 4,1, 12. 
Als Feldherr gegen fein Heer ftreng, zeigte er 
gegen die Feinde Güte und Menichlichleit; im 
Kriege bewies er Klugheit mit Schlauheit gepaart. 
Bol. Vell. Pat. 1,11. Cie. r. p. 1, 19,31. Er 
hinterließ (Cie. Phil. 8, 4, 14) bei jeinem Tode im 
J. 115 folgende 4 Söhne: 6) D. Cäc. Met. Ba: 
learicus; bejiegte als Konſul die jeeräuberijchen 
Bewohner der Balenriichen Inſeln (daher jein Bei: 
name, Flor. 3, 8. Oros. 5, 13. Strab. 3, 167) und 
führte römische Koloniften dahin, 123 v. E. Am 
J. 121 triumphierte er (Cie. fin. 5, 27, 82) und 


229 


wurde im folgenden Cenſor. Seine Tochter Cä: 
cilia Metella war Gattin des App. Claudius 
Pulcher und Mutter des Prätors App. Claudius 
und des Voltstribunen P. Elodius. — T) X. Cäc. 
Met. Diademätus, Konful im J. 117 v. E,, 
wirkte für die Zurüdberufung des Metellus Numi: 
dieus aus der Verbannung im J. 99. Seinen 
Beinamen hatte er von der Binde (diadema), welche 
er lange Zeit zur Bedeckung eines Geſchwürs um 
die Stirn trug. Plut. Coriol. 11. — 8) M. Cäc. 
Met., Konful im. 116 v. C., ig auf Sar: 
dinien 114. — 9) €. Eäc. Met. Caprarius 
(ungewiß weshalb jo zubenannt, Anjpielung darauf 
Cie. de or. 2, 66, 267), befiegte ala Konſul 113 v. C. 
die Thrafer (Eutr. 4, 25) und verwaltete die Cen- 
jur mit Metellus Numidiens im J. 102. Vell. 
Pat. 2,8, 2. App. b. c. 1, 28. Cic. Sest. 47, 101. 
Val. Ma«. 8, 5, 1. — 10) D. Eäc. Met. Celer, 
Sohn des D. Metellus Nepos, Entel des Metellus 
Balearicus, diente zuerft unter Bompejus als Legat 
egen die am Kaukaſus wohnenden Albaner im 
8 66 v. E., als deren König Oröſes die Römer 
am Fluſſe Kyros (Kur) überfiel (Dio Cass. 36, 36F.; 
vgl. Eutr. 6, 14. Plut. Pomp. 34), verwaltete 
jpäter (63) die Prätur (Cie. Sull. 23, 65), ein Amt, 
in welchem er die Berurteilung des Rabirius hinter: 
trieb, widerjegte fih dem Treiben der Gatilinarier 
in Oberitalien (Sall. Cat. 42) und veriperrte ihnen 
den Weg nad) den Alpen (Sall. Cat. 57) im März 
62 (Dio Cass. 37, 39); er erhielt als Prokonſul, 
ohne Konſul gemwejen zu fein, Gallien als Provinz 
(Cie. ad fam. 5, 23). Im J. 60 war er Konſui 
(Hor.od.2,1,1). Dem Bompejus war er teild aus 
perſönl. Gründen feind, da dieſer feine Gemahlin, des 
Metellus Stiefichwefter, verftohen hatte, teils aus 
politiichen, da Pompejus um die Gunſt des Volkes 
buhlte, Metellus aber zur Optimatenpartei gehörte. 
Daher widerjeßte er fich auch dem zu Sunften des 
PBompejus wie des Volkes vorgeichlagenen agrariichen 
Geſetze des Tribunen Flavius mit jolcher Feitig: 
feit, daß das Gejeh nicht weiter zur Sprade fan. 
Ihn unterftügten dabei Lucullus, Craſſus und Cato. 
Dio Cass. 37, 49f. Plut. Luc. 42. Pomp. 46. Cat. 
min. 31. Ebenjo feft trat er der Abficht jeines 
Betters und Schwagers Elodius, in den plebejiichen 
Stand zu treten, um Bolfstribun werden zu können, 
entgegen. Cie. ad Att. 1, 18, 5. 2, 1,4. Nicht fo 
glücklich war er hinfichtlic) des von Cäſar vorge: 
ichlagenen neuen Adergejeges, welches nur defien 
jelbitiüchtigen Zwecken dienen ſollte; Metellus mußte 
ſich demjelben fügen ‘im X. 59), ebenjo Cato, jein 
eifriger Mitfämpfer. Dio Cass. 38, 1—7. Cie. ad 
fam. 13, 4. App. b. ce. 2, 10. Liv. ep. 103. Suet. 
Caes. 20. Vell. Pat. 2, 44. 45. Er jtarb plößlich 
im %. 59, und es fiel auf feine Gemahlin Claudia 
(Tochter des Appius Claudius Pulcher und der 
Cäcilia Metella) der Verdacht, ihn vergiftet zu haben. 
Cie. ad Att. 2, 1.5. Cael. 24, 59. — 11) DQ.Cäc. 
Met. Nepos, Bruder des vorigen, diente unter 
Pompejus im 9. 67 v. E. als Legat gegen die 
Seeräuber (Flor. 3, 6), dann in Afien und wurde 
im J. 62 Bolfstribun. Als jolcher trat er zuerjt 
gegen Cicero auf und unterjagte ihm, die beim 
Schluſſe des Konjulats übliche Rede ans Volk zu 
halten, jo daß Cicero, als er fein Amt niederlegte, 
einfach erflärte, er habe die Republik (gegen Ca: 
tilina) gerettet. Cic. ad fam. 5, 2, 6 ff. Plut. Cie. 23. 
Im weiteren Verlaufe feines Tribunats verfolgte 


230 


Nepos den Cicero mit jeiner feindlichen Gefinnung, 
fand aber entichiedenen Widerftand beim Senat, 
welcher hinfichtlich der Gatilinarier Ciceros Ber: 
fahren billigte. Cie. ad Att. 7, 13,5. Plut. Cie. 
23,26. Alles, was Nepos that, gejchah im In— 
terejie des Pompejus, den jener gern gegen Cicero 
gebraucht hätte. Aber auch jein Kollege Kato hin: 
derte jein gewaltthätiges Berfahren gegen den be: 
rühmten Redner, es fam jogar zu Thätlichkeiten, 
und Met. mußte fich zu Pompejus begeben. Mut. 
Cat. min. 26 ff. Suet. Caes. 14 ff. Als diejer aus 
Aſien zurüdtehrte, begleitete ihn Met. und trat 
von neuem gegen Cicero feindlih auf. Da Rom: 
pejus dem Cicero günftig geftimmt war, gab Met. 
als Konjul jeine Einwilligung zu Ciceros Rückkehr 
aus der Verbannung im J. 57. Cie. Sest. 23, 72. 
Dio Cass, 39, 8. Seinen Berwandten Clodius 
verteidigte Met. gegen Milo, entzog ihn der Unter: 
fuchung, beförderte jpäter feine Bewerbung um 
die Adilität (Cie. ad Att. 4, 3, 4) und ging dann 
in feine Provinz Hilpanien. In der Frolge jcheint 
zwiichen ihm und Cicero ein freundlicheres Ber: 
hältnis geherricht zu haben. Cie. ad fam. 5,3. Als 
Profonjul kämpfte er in der Provinz Hijpanien, 
welche ihm durd Cäſar, dem er ſich anſchloß, aud) 


ferner bewilligt war, gegen die friegerifchen Baccäer 


mit abwechjelndem Glüde (56 und 55). Er ſcheint 
bald nad) jeiner Rückkehr aus diefer Provinz ver: 
ftorben zu fein. Dio (ass. 39, 54. 12) 2, Eäc. 
Met. Dalmaticuns, Sohn des Calvus und Bruder 
des Metellus Numidicus, erhielt feinen Beinamen 
von einem fait thatenlojen Kriege gegen die Dal: 
matier, welchen er als Konjul im J. 119 v. €. 
führte. App. Illyr. 11. Als Genjor im J. 115 


zeichnete er fi durch Strenge gegen den Senat | 


aus. Cie. Cluent. 42, 119. Liv. ep. 62. -—- 13) Seine 
Tochter, Cäcilia Metella, vermählte fich in zweiter 
Ehe mit Sulla, zu welchem fie (87 v. €.) bei den 
Unruhen des Cinna flüchtete, als er gerade vor 
Athen ftand. Die ihr von den Athenern wider: 
fahrenen Beleidigungen rächte Sulla durch ftrenges 
Verfahren gegen die Stadt. Sie ftarb im X. 81; 
noch vor ihrem Ende lieh ſich Sulla von ihr jcheiden. 
Plut. Sull. 35. — 14) DO. Cäc. Met. Numidi: 
cus, Bruder des Dalmaticus. Das erfte von ihm 








Caeeilii. 


den Saturninus (App. b. c. 1, 28), welcher im 
J. 100 als Bolfstribun ein Adergejeß einbrachte, dem 
ſich Met. entichieden widerjegte. Cie. Sest. 47, 101. 
Liv. ep. 69. Als Marius und Saturninus feine Ber: 
bannung in Vorſchlag brachten, ging er 100 frei: 
willig ins Eril nach Mfien. Cie. Cluent. 35. de 
dom. 31f. Plut. Mar. 29. Cat. min. 32. Flor. 
3, 16. Mber ſchon im J. 99 kehrte er nach dem 
Sturze des Eaturninus zurüd, nachdem aufer Ca— 
lidius auch feine zahlreiche Berwandtichaft fich 
dringend für ihm verwendet hatte. Cie. Plane. 28. 
Val. Max. 5, 2, 7. Gell. 13, 28. App. b. ce. 1, 33. 
Er ftarb wahrjcheinlich im 3. 91, der Sage nadı 
an Gift, nadı andern gebrochenen Herzens. Cie. 
ad fam. 1,9. Er war unbeftreitbar ein Mann 
von großen Eigenschaften, ftreng und umfichtig als 
Feldherr, von großer Ruhe des Gemütes und tief 
befümmert über die Yage feines damals durch wilde 
Barteiftürme zerrifienen Baterlandes. Sall. Jug. 
43, 82. (ic. ad Att. 1, 16,4. Balb. 5, 11. Als 
Nedner nennt ihn Cicero (Brut. 35, 135). llber: 
haupt beſaß er wiflenichaftlihe Bildung und ver: 
brachte daher bei. die Zeit jeines Erils in Nhodos 
im Berfehr mit gebildeten Männern. Liv. ep. 69. 

15) Sein Sohn, ©. Cäc. Met. Pins (jo ge: 
nannt, weil er mit Bitten findlicher Yiebe Die 
Nüdtehr feines Vaters betrich), verwaltete die Prä— 


tur 89 v. C. (Cie. Arch. 4, 7. 29, 69. App. b. c. 


1, 103), ſchlug im %. 88 als Proprätor die ita- 
lichen Bundesgenofien und eroberte Benufia (App. 
b. c. 1, 53), weigerte ſich aber 2 Jahre jpäter den 
Befehl über das Heer gegen Marius, wie die 
Soldaten es wünschten, zu übernehmen und begab 
jih, als das Heer ſich deshalb auflöfte, nach Afrika. 
Plut. Mar. 42. Im %. 83 ſchloß er fih an Sulla 
an, ſchlug die Marianer in mehreren Treffen im 
J. 82 (App. b. c. 1, 80), unterwarf dann ganz 
Oberitalien nad) dem Siege bei Faventia (App. 
b. c. 1, 87 ff.), wurde Konſul mit Sulla (80) und 
führte dann den Krieg gegen Sertorius in Hiſpa— 
nien. Plut. Sull. 28. Anfangs gegen feinen aus: 
gezeichneten Gegner nicht glüdtich, ſchlug er ihn 
darauf mehrere Male, ohne daß Pompeius, der 
mit einem zweiten Heere nach Hiſpanien gejchidt 
war, ihm beiftand. Nach Sertorius’ Tode (72) 


verwaltete Amt war die Brätur. Im J. 109 v. E. | fehrte er nad) Rom zurüd und triumphierte, im 


zum Konjul gewählt, übernahm er den Strieg gegen 
Jugurtha (Sull. Jug. 43), den er nach Wiederher- 
ftellung der erjchlafften Kriegszuct im Heere mit 
Energie führte, während er ſich allen Verſuchungen 
unzugänglich zeigte. Sall. Jug. 43. Den Jugurtha 
bejiegte er zuerft am Fluſſe Muthul (daf. 48 fi.). 
Als die eingeleiteten Unterhandlungen wegen Unter: 


werfung des Jugurtha fich zerichlagen hatten, und 


ihm der Oberbefehl verlängert war, griff Met. den 
Jugurtha im folgenden Jahre wiederum an, jchlug 
ihn und eroberte die Stadt Thala. Sall. Jug. 
62. 68 ff. Oros. 5, 15. Er rüftete fich gerade den 
Augurtha und den mit ihm verbündeten Nönig 
Vochus von Mauretanien anzugreifen, als Die 
Nachricht Fam, fein Legat C. Marius, der ſchon 
lange gegen ihn intrigiert hatte, ſei zu ſeinem 
Nachfolger ernannt (Sall. Jug. 73. 82). So nahe 
am Biel, verlieh Met. mit gerechten Schmerze den 
Schauplatz jeiner Thaten, erhielt jedody zu Rom 
die Ehre des Triumphes. Vell. Pat.2, 11. Eutr. 


4,27. 


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Scipio Najica. 


J. 71. Eutr. 6,5. Darauf wurde er Pontifer 
Marimus und ftarb wahrjcheinlih im %. 64. Um 
feinen Ruhm zu verbreiten, begünftigte er die 
Dichter, jelbft unbedeutende; mit dem Dichter Ar: 
chias war er befreundet (Cie. Arch. 10, 26). — 
16) DO. Cäc. Met. Pius Scipio, Entel der an 
P. Scipio Nafica verheirateten Cäcilia, Tochter 
des Macedonicus, und Sohn des P. Cornelius 
Durh Adoption des D. Metellus 
Pius fam er in die Familie der Meteller. Cie. Brut. 
58, 212. Dio (ass. 40, 51. Cicero verdankte ihm 
mehrere Mitteilungen über die Verſchwörung des 
Eatilina (Put. Cie. 15) und verteidigte ihn (60v. C.), 
da er als Boltstribun in Anklagejtand fam. Seine 
Bewerbung ums Konjulat im %. 53 mißlang, da 
der damals allgewaltige Bompejus allein zum Non: 
jul gewählt wurde. Zar. ep. 107. Dio Cass. 40, 50. 
Met. Scipio trat bald in ein engeres Berhältnis 
zu dem mächtigen Manne, der feine Schweiter 
Cornelia heiratete (Plut. Pomp. 55), wurde fein 


Im %. 102 war er Genfor und verwaltete | Kollege im Konfulat und trat nun als offener 


jein Amt mit großer Strenge, bejonders gegen | Gegner Cäfars auf, indem er im J. 49 beantragte, 


Caecinae. 


dab Eäjar jein Heer zu beftimmter Zeit entlaflen 
follte, wenn er nicht für einen Feind des Staates 
gelten wollte. Caes. b. c. 1,2. Bei der Vertei- 
lung der Brovinzen erhielt er Syrien. Hier zeigte 
fich feine Habſucht und feine Feigheit ebenjo, wie 
jpäter im Striege gegen Gäjar, wenigitens nad) 
Cäſars Darftellung; nicht einmal die Tempel waren 
vor jeinen Räubereien ſicher. Im Bürgerfriege 
wich er dem Kampfe gegen Cäſars Feldherrn Do: 
mitius aus (Caes. b. c. 3, 36 jf.; anders freilich 
Dio Cass. 41, 51), nahm au der Schlacht bei Phar— 
jalos teil und ging von da nach Afrika, wo ihm 
Cato den Befehl überließ. Wie früher, lieh er fich 
auch hier in Fleinliche Streitigkeiten ein, obgleich 
die Lage jeiner Partei ein einträchtiges Zuſammen— 
halten forderte. Plut. Cat. min. 56f. Dio Cass. 
42, 57. Vell. Pat. 2,54. Statt jein Heer zu 
verftärfen, drüdte er auch hier die Provinzialen 
und prahlte zugleich mit jeinen Thaten, che Cäſar 
erichien, erlitt aber, zum Kampfe gezwungen, die | 
große Niederlage bei Thapfus (46). Cues. b. A'r. | 
79 ff. Flor. 4, 2, 665. Plut. Cat. min. 58 ff. Auf) 
der Flucht nah Spanien an die Küften Afrikas 
verichlagen, wurde er von Eittius, einem Feldherrn 
Eäjars, gefangen genommen und tötete ſich jelbit 
im %. 46. Cie. ad fam. 9, 18, 2. Flor.4, 2,68. 

- 17) Seine Tochter, Cornelia Metella, von 
der Yepida, vermählte jich nach dem Tode ihres 
eriten Gemahls, des Sohnes des reihen Eraffus, 
der mit jeinem Vater im parthiichen Striege (53 v. E.) 
fiel, mit Pompejus (Plut. Pomp. 55. 74), im J. 52, 
dem fie 48 auf jeiner Flucht nach Agypten folgte. 
Nach feiner Ermordung ging fie nad) Italien, von 
Cäſar unbeläftigt. Plutardy (Pomp. 55) rühmt jie 
als eine geiftreiche und unter andern in der mathe- 
matiichen Wiſſenſchaft wohl unterrichtete Frau. — 
18) D.Eäc. Met. Ereticus, ein rauber, ftrenger 
Soldat, erhielt 69 v. E. das Konjulat und über: 
nahm als PBrofonjul (68) den Krieg gegen Kreta, 
in dem er mit jolcher Härte gegen die Bewohner 
der Anjel verfuhr, daß dieſe, zur Verzweiflung ge: 
bracht, jich erboten, dem Bompejus ſich zu unter: 
werfen. Bereits hatte Metellus mehrere Städte 
eingenommen (Flor. 8,7), da erichienen, von Bom: 
pejus geiendet, Detavius und Sifenna, jo daß Nömer 
gegen Römer fochten, während Metellus ruhig, 
ohne die Einmiſchung des Pompejus zu beachten, 
den Krieg fortjeßte und auch die von des Octavius 
Soldaten bejegten Städte wegnahm. Nach 3 Jah: 
ren war Kreta unterworfen. Eutr. 6, 11. Just. 
39, 5. Vell. Pat. 2, 34 f. Cie. Flace. 13, 30. Plut. 
Pomp. 29. Dio Cass. 36, 1. Aber da inzwijchen | 
der Kampf mit Batilina begonnen hatte und Me— 
tellus an demijelben teilnahm, triumphierte er erft 
im I. 62. Vell. Pat. 2,34. Kutr. 6, 16. Mit 
Bompejus lebte er fortan in Feindſchaft und wider: 
ſetzte jih der Beitätigung feiner im Aſien getroffe- 
nen Einrichtungen. Vell. Pat. 2,40. Flor. 4, 2.— 
19) 2%. Cäc. Met., Bruder des vorigen, jäuberte 
die Injel Sieilien vom J. 70 v. E. An von den 
Seeräubern und förderte den Wohlftand auf der 
durch Verres' Räubereien hart gedrüdten Inſel. 
Cie. Verr. act. 1, 9, 27. 2, 4, 10, 3, 65, 152. In 
ipäterer Zeit bemühte er fich dagegen, den Verres, 
mit dem er verwandt wurde, gegen fernere Klagen 
der Einwohner zu fihern. Cie. Verr. 3, 53, 122. 
Er ftarb im X. 68, bald nach Antritt jeines Kon— 
julats, Dio Cass. 35,4. — 20) 2. Cäc. Met,, 








I 





231 


weigerte fich als Tribun, dem Cäſar die Erbrechung 
des Ärariums zu geftatten (49 v. E.) Cie. ad Alt. 
10,4, 8. Plut. Caes. 35. Cäſar drohte ihn töten 
zu laſſen, wenn er feinen Widerftand nicht aufgäbe. 
Im 348 lieh ihn Cäfar daher aus Rom fort: 
bringen, wohin er fich nad) längerem Aufenthalte 
in Capua wieder begeben hatte. Cie. ad Att.11, 7,2. 

21) V. Cäc. Baſſus, im J. 59 v. E. Quäſtor, 
war ein Anhänger des Pompejus und floh nad) 
der Schlacht bei Pharjalos nad) Tyros, wo er die 
Rompejaner jammelte, allerlei faliche Berichte aus- 
ftreute, dann die cÄlarianishen Truppen, weldye 
ihren Feldheren ©. Julius umbracdten, zu ſich 
berüber zog und jogar von Mrabern und Parthern 
Hilfe erhielt. Zwei TFeldherren Cäſars fonnten 
ihn nicht bezwingen, bis Caſſius im 3. 44 erjchien 
und des Baffus Truppen durch Überredung auf 
jeine Seite brachte. Baſſus blieb ungeftraft. Cie. 
ad fam.12,18,1. Deiot.8,23. Dio Cass. 47, 26 ff. 
(anderö App. b. e. 3, 77). — 22) D.Eäc. Niger, 
aus Sicilien, gegen den Cicero die divinatio in 
Caecilium hielt, weil er ihm die Anflage des 
Verres hatte nehmen und jelbjt gegen denjelben 


‚als Ankläger auftreten wollen. Er war ein dme- 


Levdeginög Erftgonos, !voxos to lovöatksır (Plut. 
Cie. 7), aljo ein Jude. — 233) 2. Eäc. Rufus, 
Stiefbruder des P. Cornelius Sulla (Cie. ad Q. fr. 
3,3, 2), juchte als Tribun (im J. 64 v. €.) ein 
gegen Sulla verhängtes Urteil (de ambitu) rüd- 
gängig zu machen und ihm den Zutritt zu Amtern 
wieder zu verichaffen. Cie. Sull. 22,62. Den Cicero 
unterftüßte er, ald derſelbe fih dem agrarijchen 
Geſetze des Rullus widerſetzte (daſ. 23, 65). Auch 
ſpäter machte er ſich um denſelben verdient, da er 
die Aufhebung ſeines Exils betrieb. ic. post 
red. in sen. 9, 22. Damals (57) Prätor (Ascon. 
in Mil. p. 43), wurde er in einen Streit mit Clo— 
dius verwidelt, der ihn haßte, weil er die Rückkehr 
Eiceros aus dem Eril betrieben Hatte. Cic. Mil. 
14, 38. — 24) Statius Cäcilius, von Geburt 
ein Inſubrer (Gallier), fam, wahricheinlich als 
Knabe friegsgefangen, um 220 v. E. nach Ron, 
ichloß ſich nach jeiner Freilaffung namentlich an 
den im %. 204 nad Rom gelommenen Emmius 
ſ. d.) an uud ftarb bald nad ihm um 168. Gell. 
4, 20, 13. Er Ddichtete nach dem Borbilde des 
Plautus und Terenz Komödien, bei. nach Menander, 
auf den etwa 16 Titel hinmweilen, in der Form 
regelmäßiger als Plautus, dagegen fräftiger als 
Terenz. Cicero (opt. gen. or. 1, 2) nennt ihn den 
größten Komifer Roms; vgl. auch ad Att. 7,3, 10. 
Hor. ep. 2, 1, 59. Quint. 10, 1,99, Wir fennen 
etwa 40 Titel von Stüden desjelben; die Bruch: 
jtüde find gejammelt von L. Spengel (1828) und 
von Nibbed, scaenicae Rom. poes. fragm., Bd. 11 
p. 35 ff. 

Caecinae, cin aus Volaterrä in Etrurien ſtam— 
mendes Gejchlecht: 1) A. Cäcina, im J. 69 (oder 
68) v. E. von Cicero in einer Erbichaftsangelegen- 
heit wegen eines Landguts ohne Erfolg verteidigt. 
— 2) Sein Sohn, A. Cäcina (Cie. ad jam.6,9,1), 
fämpfte auf der Seite des Bompejus wider Läjar, 
gegen den er auch eine Schmähjchrift verfahte 
(Suet. Caes. 75), die jeine Verbannung nach ſich 
309, 48 v. E. Er ging nad) Aſien (47) und dann 
nach Sicilien, wo ihn Cicero, der ihm jehr ge: 
wogen war, mehrfach empfahl. Um Begnadigung 
zu erlangen, jchrieb er ein anderes Buch, querellae 


232 


(Cie. ad fam. 6, 6, 8. Mit Cicero fiand er in 
Briefwechjel, auch jchrieb er de Etrusca disei- 
plina, Sen. quaest. nat. 2, 39. 49. 56, — a 
Bolaterranus, wurde von Auguftus i 41 
v. C. bei jeinen Unterhandlungen mit 2 — 
gebraucht und ſtand bei ihm in großer —— Üie. 
ad Att. 16, 8,2. App. b. c. 5, 60, — 4 A. Cäe. 
Severus, betämpfte ben Aufftand ber rktmatier 
und Pannonier unter den beiden Batos (6 n. E.). 
Er war ein alter, rauher Krieger, der an 40 Feld— 
zügen teilgenommen und mehrere Provinzen, zulett 
im J. 14 und 15 n. E. UIntergermanien, verwaltet 
und daſelbſt einen Aufftand der Legionen glüdlich 
unterdrüdt hatte. Teae. ann. 1, 31 ff. 68 ff. 3, 38 
- 539. Cäe. Alienus, ein FFeldherr des Galba, 
von dem verlegt er zu Bitellius übertrat. Tae. 
hist. 1, 53. Er zog mit einem großen Heere durch 
das Yand der Helvetier und über die Penniniſchen 
Alpen gegen Galba, erlitt eine Niederlage von 
Othos Feldherrn Smetonius Panlinus, gewann 
aber nachher die Schlacht bei Bedriacum über 
Otho. Tac. hist. 1, 61 ff. Dio (ass. 64, 7 ff. Plut. 
(+h. 7. Als Beipafian gegen den unfähigen Bi: 
tellius die Waffen erhob, trug diejer ihm auf, die 
Empörung zu dämpfen; Gäc. jedoch juchte feine 
Truppen für Beipafian zu gewinnen, weshalb jie 
ihn gefangennahmen. Den jpäter befreiten nahm 
Veſpaſian guädig auf, aber Titus lieh ihn im 
J. 79 wegen Teilnahme an einer Verſchwörun 
gegen feinen Bater binrichten. Tac. hist. 3, 13 
Suet. Tit. 6. Aur. Vict. ep. 20. Dio Cass. 66, 16. 
Carcübum (ager Caecubus), Landichaft im 
jüdlichen Latium am Cajetaniichen Weerbuien und 
dem Fundaniſchen See, jumpfig, aber berühmt 
durch ihren vorzüglichen Wein (Strab,. 5, 231. 
Hor. od. 1, 20, 9. 37, 5. 3, 28, 3 u. Ö.), deflen 
Pflege man jchon zu Plinius' Zeit verfallen lieh. 
Plin. 14, 6 
Caedieius, Marcus, ein plebejiicher Centurio, 


Caecubum 


wurde nach Roms Zerftörung durch die Sallier 
Befehlshaber der nach Beji geflüchteten Bürger 
und veranlafte die Herbeirufung des Camillus. 
Liv. 5, 46. 

Caelii j. Coelii. 

Caenina, alte jabiniiche Stadt in Latium auf 
dem Wege von Rom nach Tibur, die unter ihrem 
Könige Acron mit Rom Krieg führte, aber unter: 
lag und ſich mit ihm vereinigte. Liv. 1,9. Bon 
Aeron trug Romulus spolia opima (f. d.) davon. 
Prop. 5, 10, 6 ff. 

Caeparins, Marcus, Teilnehmer an der cati- 
linariſchen Verſchwörung (Cie. Cat. 3, 6, 14), wie: 
gelte die Hirten in Apulien auf, wurde fpäter 
gefangengenommen und im Gefängniſſe hingerichtet. | 
Sall, Cat. 47. 56. 

Caepio f. Fannii und Servilii. 

Caere, bei den Griechen “Aywiie, angeblich von 
Relafgern erbaut, eine der 12 alten etruſkiſchen 
Bundesftädte, blühend und ftarf, bei Bergil die 
Hauptitadt des Mezentius. Yange Zeit mit Rom 
in Freundſchaft und Religionsgemeinfchaft (daher 
angeblid der Ausdrud caerimoniae), nahm fie 
beim galliſchen Brande die geflüchteten Priefter 
und Bejtalinnen bei jih auf (Strab. 5, 220. Liv. 
5, 40. 50) und erhielt dafiir das Bürgerrecht: ipäter 
jedoch mit Nom verfeindet, verlor fie mit dem 
suffragium die Hälfte ihres Gebiets (daſ. 7, 19 f.) 
und die eigene Gerichtäbarkeit, wurde Präfektur 


— (aesar. 


und (unter Sulla) Militärtolonie. Jetzt Dorf Ger: 
vetri mit intereflanten alten Gräbern. 

Caorites hießen alle römijchen Bürger, weiche 
das ius suflragii entbehrten (ſ. Caere). Im 
engeren Sinne hießen Gäriten die außerhalb Roms 
wohnenden Salbbürger, welche in Rom cenfiert 
wurden und fein Stimmrecht hatten; im weiteren 
Sinne aud diejenigen Bürger, melde von den 
Genjoren zur Strafe in die Klaſſe der Eäriten 
gejeßt worden waren. Über die tabulae Caeritum 
J. Aerarii. 

Caesar. Während die Benennung der römischen 
Sailer durch den Beinamen Augustus, urjprünglich 


.\ eine ehrende und über menschliche Berhältnifie er- 


hebende Bezeichnung, Togleich bei dein erften Träger 
desielben in den wirklichen Namen überging, dann 
durch das Recht der Erbichaft auf jeden Nachfolger 
fich übertrug und endlich jeit Bitellius dem Kaiſer 
als ſolchem zulam, ging die Bezeichnung: Caesar 
von der Familie aus umd bezeichnete 1) jeden 
Prinzen aus faijerlihem Geblüte, ſei es durch Ge— 
burt oder Adoption, der Ausficht auf einftige Nach— 
folge haben jollte (Saius, Yucius, Tiberius, Druſus, 
Germanicus, Britannicus und Nero; und nach dem 
Ausiterben der wirklichen Cäſarfamilie: Piſo, Titus 
und Domitian, Trajan u. j. w.). Nur Bertinar 
verweigerte für jeinen Sohn den Cäſartitel bis zu 
deſſen Mündigleit, damit er nicht durch den Glanz 
des Namens und die Hoffnung, Die er gäbe, ver: 
derbt würde, weshalb er ihm auch nicht am Hofe, 
fondern bei feinem Water erziehen ließ. Dio Cass. 
73,7. — Später bezeichnete diefer Titel 2) den 
Kaifer jelber. Dio Cass. 46, 47. Auguſtus nämlich 
hatte die Serrichaft faktiich unter dem Namen 
Cäſar, als Erbe der Macht jeines Ndoptivvaters, 
in Händen; auch Tiberius verweigerte alle jonftigen 
Namen, zufrieden mit dem einzigen Cäjar, wie 
er fich jelber nannte (daj. 57, 7). Als Otho fich 
gegen Galba Cäſar (Suet. Oth. 11) erhob, ſuchte 
er geflifientlich fein näheres Net an den Thron 
äußerlich dur die Annahme des Namens Nero 
zu bezeichnen und begünftigte die Akflamationen 
des Volfs, das ihm Nero zujauchzte (Suet. Oth. 7 
Tae. hist. 1, 78), weil er durch diejen Beinamen 
die ausgejtorbene Cäjarfamilie wieder zu erneuern 
ichien. Vgl. jedoch Dio Cass. 64, 8. Dagegen 
Vitellius nannte ſich zumächit nicht Gäiar, jondern 
Germanicus, wie er auch jeinen Sohn ebenio 
nannte. Und allerdings war diefer Name für die 
Nömer ein wohltönenderer, da das Andenken des 
Sermanicus, des Sohnes des Druſus, von dem 
man gejagt hatte, er würde bei längerem Leben 
die freiheit wiederhergeitellt haben, noch lebte; 
zugleich bezeichnete diejer Name ebenfalls die Ver— 
I deiehant mit dem auguſteiſchen Haufe. Als ihm 
jedoch die Herrichaft nicht mehr gehörte, juchte fein 
Aberglaube vergebens Schub in der nunmehrigen 
Annahme des Titels Cäſar (Teac. hist, 3, 58). Die 
Soldaten des Drients, die weder den Otho Nero, 
noch den Pitellius Germanicus genannt hatten 
und feinen andern Kater fannten, als der auch 
Cäſar hieß, begrüßten ihren Beipafian fogleich mit 
dent Namen Gälar (Tac. hist. 2, 80), und Der 
Senat fügte bald die Beſtätigung binzu. Nun: 
mehr war der eigentliche Urfprung dieſes Namens 
vergefien, und es lag in ihm die Andentung, da 
der jedesmalige Kaiſer ſowohl durch Abſtammung 
(Dio Cass. 53, 18), als auch überhaupt durch an: 


Caesar — Caleulus. 


geborene Majejtät verdiene, Erbe und Inhaber der 
Macht des Julius Cäjar zu jein. 

Caesar, C. Julius, j. lulii, 

Caesaröa, Karsdes , Name vieler Städte, 
1) in Kappadotien, früher Mazaca und Reſidenz 
der dortigen Könige, von Tiberins 18 n. E. zur 
Hauptjtadt der Provinz gemacht und mit jenem 
Namen beehrt. Unter Balens blieb fie Hauptitadt 
von Cappadocia prima. J. Kaiſarie. Plin. 6, 3. 
Eutr. 7,6. — 2) C. Palaestinae, früher Ered- 
torog xvoyos, don Herodes dem Gr. nebjt dem 
Hafen jehr vergrößert und C. Augusta (LZeßaorn) 
genannt, dann die gewöhnliche Reſidenz der römi— 
ichen Profuratoren und die offizielle Hauptſtadt 
des Landes (Tac. hist. 2, 78), j. Kaiſarije. Hier 
begann der jüdische Krieg, und hier wurde Veſpaſian 
zum Kaiſer ausgerufen. Ferner war C. der Ge: 
burtsort des Kirchenhiftorifers Eujebios und des 
eichichtichreibers Prokopios. 3) C. Paneas, 
auch C. Philippi genannt, Stadt in Obergaliläa, 
1. Banias. An der benachbarten Pangrotte ent- 
ſpringt die Öftliche Jordanquelle. — 4) phoinikiſche 
Stadt, nördlich von Tripolis, urſprünglich Arca 
(ad Libanum), als Geburtsort des Kaiſers Ale— 
zander Severus E. benannt. — 5) Hauptitadt 
von Mauretanien, von Juba Il. jo genannt, von 
Claudius zu einer Kolonie erhoben. Unter Balens 
von den Mauren zerftört, war fie unter Juſtinian 
wieder eine voltreihe Stadt; j. Scherichel. Strab. 
17, 831. Procop. b. Vand. 2, 5. 

Caesarion, Kaısaolor, Sohn der Kleopatra, 
geb. im %. 47 v. E., erhielt ftatt jeines urjprüng: 
lihen Namens Btolemaios diejen Namen mit Be: 
willigung Cäſars. Suet. Caes. 52. Plut. Caes, 49, 
Antonius begünftigte ihn wegen jeines Berhältnifjes 
au Kleopatra, ernannte ihn zum Mitregenten über 
Agypten und erklärte ihn im Senate für einen 
Sohn Cäſars, zum großen Ärger Octavians, der 
ihn nach der Schlacht bei Actium töten lieh. Plut. 
Ant. 64. 81. 82. Suet. Oct, 17. 

Caesennius, 1) Cäſ. Lento, machte unter 
Eäjar die Schlacht bei Munda mit (45 v. E.) und 
tötete den En. Rompejus auf der Flucht. Später 
trat er auf die Seite des Antonius. Cie, Phil. 
11, 13. 12, 20. 23. 13, 2. 26. 37. Flor. 4, 2, 86 
(wo er Cäſonius beißt). - 2) €. Cäſ. Pätus, 
reldherr des Nero (61 nm. E.) unter Domitins 
Eorbulo im Kriege gegen Vologeſes, den König 
der PBarther, wurde von leßterem bei jeinem Ber: 
juhe, die von den Barthern belagerte Hauptftadt 
Armeniens Tigranoferta zu entjeßen, bejiegt und 
mußte einen ſchmachvollen Frieden jchlichen, wo— 
für Nero ihn nad; feiner Rückkehr mit Verachtung 
behandelte. Tac. ann. 15, 6. 8. 17. Dio (ass, 
62, 215. Er ftarb unter Beipafian als Prokonſul 
von Syrien. 

Caesetius, 2. Eäj. Flavius, im J. 44 v. C. 
Bolfstribun, nahm das der Bildjäule Cäſars auf: 
geſetzte Diadem weg und zog die, welche Cäſar 
König genannt hatten, zur Nechenichaft, wofür ihn 
Gäjar aus dem Senat ftoßen lieh. Plut. Caes. 61. 
Dio Cass. 44, 9 ff. 

Caesia silva, ein Bergwald zwijchen Lippe und 
Nfiel, j. vielleicht Wejelerwald oder Häferwald oder 
nad J. Grimm) der Heiffiwald zwiſchen Eſſen 
und Werden. Andere jegen ihn in die Gegend von 
Coesfeld. Tac. ann. 1, 50. Den dort genannten 
limes a Tiberio coeptus will man bei der Stadt 


233 


Dorften und die saltus obseuri in dem Haardt— 
gebirge zwijchen Lippe und Ruhr entdedt haben. 

Caesius j. Bassus, 2. 

Caestus, ſtarke, rindslederne Riemen, worin 
Eijen- und Bleiftüde an mehreren Stellen jich be: 
fanden, und womit die Faufttämpfer (pugiles), oft 
tödlich, auf einander losichlugen. 

Caiöta, Amme des Aineias oder der Kreuſa oder 
des Nicanius, nach welcher ein Borgebirge, ein 
berühmter Hafen und eine Stadt in Campanien 
(j. Gaeta) benannt waren. Verg. A. 7, 1f. Ov. 
met. 14, 441. Cie. de imp. Un. Pomp. 12. 

Cajus |. (raius. 

Calabria, Kalapßele, wurde die flache Halb: 
injel genannt, melde fich von Tarent bis zum 
Japygiſchen Borgebirge in jüböftlicher Richtung 
erjtredt und auch die Namen Meflapia, Japygia, 
Salentina führte; fie wurde auch häufig au Apulia 
(1. d.) im weiteren Sinne gerechnet. Es iſt ein teil— 
weile fruchtbares, uriprünglich baumreiches Yand; 
nur an Waſſer ift jtellenweife Mangel. Die Kultur 
der jeßigen Provinz Otranto ift freilich durchaus 
vernachläſſigt. Yu den alten ojkiihen Bewohnern 
famen frühzeitig illyriiche Einwanderer, deren 
Sprache jih bis in die Kaijerzeit erhielt, und 
helleniſche Koloniften, angelodt durch die zum 
Handel günftige Lage. Daher fanden ſich hier auch 
bedeutende Städte: Brundifium ij. Brindiſi, 
Hydruntumcd. Otranto)und Tarentum, weniger 
bedeutend Uzentum, Uria (j. Oria), Nudiä ii. 
NRugge), Yenca (j. S. Maria di Yeuca) u.a. Im 
Mittelalter wurde durch die buzantiniichen Kaiſer 
der Name auf die wejtliche Halbinfel Unteritaliens, 
das frühere Yand der Bruttii, übertragen. 

Calagurris, Kaldyovegis, 1) j. Kalahorra, 
Stadt der Vaſcones am Jberus im tarraconenfischen 
Hifpanien, römiſches Municipium und Geburtsort 
des Rhetors Duintilianus. Am  jertorianichen 
Kriege wurde die Stadt nach heldenmütigem Wider 
ftande erobert. Strab. 3, 161. Val. Mar. T, 6. 

2) Stadt der lergeten im nordöftlichen Hifpanien, 

j. Zahorre; die Einwohner Calagurritani. Caes. 
b. c. 1, 60. 

Calantien j. Kleidung, 11. 

Calatöres, eigentlich eine Art Ausrufer (x«- 
ksiv, calare), Diener zum Rufen oder Herbeiholen 
(Plaut.), jpeziell die Diener und Aufwärter (nicht 
Sklaven) der Pontifices und übrigen Priejter, die 
bejonders Störungen bei den religiöjen Feierlich— 
feiten verhüteten. Sie find feine Gemeindediener, 
jondern perjönliche Diener des betreffenden Priefters. 

Caleeus j. Kleidung, 10. 

Caleulätor, griechiſch Aoyıorrjs, ein Berechner, 
Nechenmeifter, teils Bud: und Rechnungsführer 
in den Häufern der Großen (jonft dispensator), 
teils Lehrer der Rechenkunſt, welchen die bereits 
ertwachjenen Knaben bejuchten, um ſich in der für 
die Römer jo wichtigen Nechenkunft auszubilden. 
Er wurde beſſer bezahlt als der litterator. Über 
das Verfahren beim Rechnen ſ. Marquardt, Röm. 
Priv. Altert. 1 ©. 95 ff. 

Caleülus, wjpos, eigentlich ein Steinchen, jo 
wohl im Brettipiel als auch zum Zählen und 
Rechnen, daher für das Rechenbrett und die Rech— 
nung jelbft; bei Abftimmungen jpradı der weihe 
Stein frei, der ſchwarze verurteilte, weshalb man 
ealculus auch auf andere glückliche und unglüd- 
liche Dinge übertrug. Die freiſprechende Stimmen: 


234 


gleichheit hieß culculas Minervae, weil dieje 
Göttin bei dem Gerichte über Oreſt mit ihrer 
Stimme (Yipos ron FAfov) ſich zu Gunften des 
Beklagten entichieden haben jollte. 

Calda, ein warmes, wahrjcheinlich gewürztes 
Getränf, aus Wein und warmem Wafler beftehend. 
Zur Bereitung und Warmhaltung der calda gab 
es bejondere Gefähe mit doppeltem Boden, von 
denen der äußere Kohlen oder warmes Waſſer auf: 
nahm. Vgl. Becker-Göll, Gallus III ©. 441 F. 

Caldarium j. Bad, Büder. 

Calödonti, auch Calödönes, die Bewohner des 
ichottiichen Gebirgslandes im Norden der Meer- 
bujen des Elyde und Forth, feltijchen Uriprungs, 
in deren Gebiet Agricola (j. d.) eindrang und dort 
die äußerſte Grenze der römischen Provinz 309, 
die aber bald wieder aufgegeben wurde, fühne 
Jäger und Schwimmer. Die giften (feltiicher, nicht 
aus dem lateinischen pietus abzuleitender Name) 
find identijch mit ihnen, die Stoten famen ipäter 
hinzu, angeblic) aus Irland eingewandert. Ihrem 
Eindringen in die römische Provinz Britannien 
vermochte jchon Septimius Severus im Anfange 
des 3. Jahrh. nicht für die Dauer zu feuern; im 
5. vr? riefen die Briten wider fie die Hülfe 
der Sachſen an. 

Calönus j. Fufii, 1. 2. 

Cäles, gewöhnlid; im Plural, uralte auſoniſche 
Stadt in Campanien, angeblich) von Kalais er- 
baut, jeit 331 v. E. eine Kolonie, von den Witen 
oft wegen des in der Nähe gebauten trefflichen 
Weins (Calenum) erwähnt; j. Calvi. Hor. od. 
1, 20, 9. Liv. 27, 9. 29, 15. 

Caleti oder Calötes, galliiche Völkerſchaft an 
der unteren Sequana und am Meere mit der Hafen: 
ftadt Juliobona (j. Lillebonne). Caes. b. q. 2, 4. 
7, 75. 8,7. Strab. 4, 189. 194. 199. Der Name 
ift erhalten in dem Namen der Landichaft Caur. 

Calidii, 1) O. Calidius, veranlafte, während 
er Tribun war, im J. 99 v. E., daß Metellus 
Numidiens aus dem Exil zurüdtehrte, weshalb 
deſſen Sohn Pius ihn zur jest der Prätur 
(79 v. €.) behülfli war. Cie. Plane. 28. 29. 
Val. Max. 5, 2,7. Aus Hiſpanien — tt, 
erlag er einer gegen ihn erhobenen Anklage. Cic. 
Verr. 1, 13. 3, 25. — 2) Sein Sohn, M. Cali— 
dius, PBrätor im J. 57 v. €. (Cie. p. red. in sen. 
9, 22), wirkte mit andern für Ciceros Rückkehr 
aus der Verbannung und beichügte jpäter den Milo. 
Er juchte im I. 49 den Krieg zwilchen Cäſar und 
Bonmpejus zu verhindern und ſchloß fich beim Aus: 
bruch desjelben an Cäſar an, der ihm die Ber- 
waltung der Provinz Gallia zn übertrug, two 
er in Placentia ftarb. Caes. b. ec. 1, 2. Cic. ad 
fam, 8, 4. Cal. hielt mehrere Reden für An— 
geflagte, für den Scaurus und Gabinins, und hatte 
jelbft einmal eine Klage wegen Amtserjchleichung 
zu beftehen. Seine Reden, die fie durch Feinheit 
der Sprache auszeichneten, werden jehr gerühmt. 
Cie. Brut. 79, 274 ff. Vell. Pat. 2, 36. Quint. 10, 
1, 23. 12, 10, 11. 

Caliendrum, Hor. sat. 1, 8, 48 mit dem Zu— 
ſatze altum, eine hohe Friſur oder Kopfbededung 
bei den römijchen Frauen, wie es jcheint von auf: 
getürmten Lodenreihen, als Erjaß der —— 
eigenen Haare oder zur Mummerei dienend. 

Caligae, Soldatenjhuhe, bei den gemeinen 
Soldaten einfache Halbftiefeln, die die Schienbeine 


Calda — Caligula. 


bis zur Hälfte bededten, bei den höheren Ehargen 
mit jilbernen oder goldenen Nägeln geſchmückt 
(elavi caligarii, Plin. 34, 14), daher Suet. Cal. 52 
speculatoria caliga; wogegen das einfache caligati 
die gemeinen Soldaten bezeichnet (Suet. Oct. 25. 
Tac. ann. 1, 41. Dio Cass. 57, 5). 

Caligüla, Gains Cäjar Caligula, jüngiter 
Sohn des Germanicus, erhielt feinen Beinamen 
von den Eoldatenftiefelchen (caligae), welche er 
als Knabe trug, da er während der Feldzüge jeines 
Baters fich im Lager befand und unter den Krie— 
gern auftwuchs. Er wurde am 31. Aug. 12 n. C., 
wahricheinlich zu Antium, von der Agrippina, der 
Eufelin des Auguſtus, geboren, fam als Heiner 
Knabe nach Germanien, wo Germanicus befehligte 
(Suet. Cal. 8.9. Tac. ann. 1, 41), und begleitete 
ihn jpäter nach Syrien. Bor den Berfolgungen 
des mächtigen Mintfterd Sejan war er durch die 
ihm von Tiberius bewiejene Gunst gejichert. Der 
zwanzigjährige Jüngling übte fi dem Miftrauen 
des Tyrannen gegenüber jo jehr in der Kunft der 
Verjtellung, verbarg jo jchlau jeine Gefühle über 
das Schichal feiner nächſten Verwandten, daf der 
Kaifer ihm nichts anhaben Fonnte, obgleich er 
glaubte, die wahren Gefinnungen des Kaligula zu 
erraten. Suet. Cal. 10. 11. Tac. ann. 6, 20. 46. 
Diejer gewann den einflußreihen Macro für fich 
und beteiligte fih am gewaltjamen Tode des Ti- 
berius (16. März 37). Tac. ann. 6, 45 ji. Suet. 
Cal. 12. Tib. 73. Der Senat und das Bolt, welche 
Galigula binfichtlich feines Charafters ganz und 
gar zu täujchen gewußt hatte, riefen ihn zum Kaiſer 
aus. Seine erften Handlungen verſprachen Gutes, 
er verzieh den Mördern jeiner Verwandten, rief 
die Verbannten zurüd, ftellte die Rechte des Volks 
wieder her (Suet. Cal. 15. 16), jchaffte die Majeftäts: 
prozeiie für Wort und Schrift ab, vollzog gemifien: 
haft des Tiberius Teftament mit perfönliher Frei: 
gebigfeit, verſprach nur in Gemeinjchaft mit dem 
Senate regieren zu wollen und bewies fich milde 
gegen fremde Fürften, die den Römern unterthau 
waren. Dio Cass. 59, 2. Doc dauerte dieſer 
pie Anfang nicht lange. Bald wütete er gegen 


ſeine eigenen Angehörigen wie gegen feine Freunde 


leich grauſam (Suet. Cal. 23 f}.), ließ die edelften 

änner den wilden Tieren vorwerfen, um jeiner 
Luft am Blutvergiehen zu frönen, jchändete Frauen 
und Jungfrauen, ja feine eigene Schweiter Drufilla, 
hielt jich zuletzt ſogar für eine Gottheit, verlangte 
deshalb bald in diejer, bald in jener Göttergejtalt 
öffentliche Verehrung (daj. 52) und trieb jeine Zoll: 
heit jo weit, daß er jein Lieblingspferd zum Konſul 
machen wollte (dai. 55). Er war es, der dem 
ganzen römiſchen Bolfe Einen Kopf wünjchte, um 
ihn abjchlagen zu fönnen. Suet. Cal. 30. Dio Cass. 
59, 13. Dabei verjchwendete er die gejfammelten 
Schäbe feiner Borgänger und plünderte zulegt 
eine eigenen Unterthanen auf unerhörte iſe, 
ja er wälzte fih nadt auf den | ringe gar ones 
Schägen. Suet. Cal. 38 ff. Dio 59, 17. Ebenjo 
trieb er es auf feinen Reifen in die Provinzen, 
welche wahre Raubzüge wurden, und verübte dort 
beim geringiten Berdachte die entieplichiten Grau: 
jamfeiten. Da er auch die Ehre eines Triumphes 
enießen wollte, zog er mit feinen Truppen gegen 
Britannien, bielt am Strande an, lieh jeine Sol— 
daten Mufcheln jammeln und zog nun als Sieger 
heim nad) Rom. Suet. Cal. 46. Doch bald nad) 


Calix — Calpurnii. 


feiner Rückkehr fiel er durdy Meuchelmord (24. Jan. 
4n), indem Caſſius Chären, Sabinus und andere 
Anführer feiner Garden fich gegen den blutdürftigen 
Tyrannen verjchworen und ihn umbrachten. Suet. 
Cal. 565. Der Wiſſenſchaft trat er feindlich ge: 
gemüber. Suet. Cal. 34. 53. — Caligula ift nicht 
geiftig geftört gewejen, wie man im Altertume und 
in neuer Zeit angenommen hat, vielmehr litt er 
nur an einem ins Maßloſe gehenden Omnipotenz: | 
ihwindel. Er hat methodisch feine Allmacht ent: 
widelt, begründet und erweitert. Auch hat er es 
wohl verjtanden, mit den Verhältniſſen zu rechnen. 
„Nie ift der Abjolutismus wieder in jo nadter, 
ihamlojer Weiſe hervorgetreten.“ Bol. Schiller, 
Geſch. der röm. Natjerzeit (1883— 87) 1,1 ©. 304 ff. | 

Calix j. Trinkgefäfse. 

Cälönes (von den Alten jelbft auf »üdor, ein 
Stück Holz, Steden oder Keule, ihre Waffe, zurüd: 
geführt), Yaft: oder Packknechte, den Legionen zum 
Auf: und Abladen des Gepäds, zum Holz: und 
Wafferholen und anderen niedrigen Pienften bei: 
gegeben. Ihre Stelle war bei dem Gepäd und 
den Laſttieren (Caes. b. ec. 1,5). An Zeiten jchlaffer 
Kriegszucht waren fie im übermäßiger Zahl bei 
dem Heere. Tac. hist. 2, 87. Bisweilen unter die 
leichten Truppen untergeitedt, waren fie ſchlechte 
Kämpfer (Caes. b. 9. 6, 40), doch beim Plündern 
ftets voran. 

Calpurnfi, ein plebejiiches Geſchlecht, enins| 





in mehrere Familien zerfiel: 1) Kalpurnius 
Flamma, Kriegstribun im Heere des Atilius Ca: | 
latinus, rettete durch Selbjtaufopferung ein römi- 
iches Heer vom Untergange. Cato bei Gell. 3, 7. | 

2) €. Ealp. Piſo, kämpfte in der Schlacht 
bei Cannä, geriet in Gefangenſchaft und wurde 
von Hannibal wegen Auswecjelung der Gefange: 
nen nach Rom gejandt. Liv. 22, 61. Später ver: 
waltete er mehrere Anter. — 3) E. Calp. Bio, | 
befiegte im J. 185 v. E. als Proprätor die Gel: 
tiberer und Yufitanier am Tagus (Zär. 39, 42) 
und triumphierte im nächften Jahre. -——- 4) 2. Calp. 
Piſo Frugi, Bollstribun 149 v. E.; Konſul 133, 
Cenſor 120, erhielt wegen feiner Nechtichaffenheit | 
den Beinamen Frugi. Cie. tuse.3,8. Verr. 4,49. 
Er brachte zuerft ein Gejeg de pecnniis repetundis 
ein. Cie. off. 2, 21. Brut. 27, 106. Als Konful 
bejicgte er die empörten ficilifchen Sklaven. Er 
war Gegner des E. Gracchus und jchrieb Annalen 
in 7 Büchern, welche Yivius und andere Hiftorifer 
vielfach benugten. Vgl. Beter, hist. Roman. rel, I 
p. 118 ff. fragm. p. 765. Abhandlung von Lie: 
baldt (1836). — 5) Sein Sohn, L. Pijo Frugi, 
fämpfte unter jeinem Vater in Sicilien und ver: 
waltete die Provinz Hifpanien um 112 v0. C. App. 
Hisp. 99. Val. Max. 4,3, 10. — 6) &. Calp. 
Beſtia, Gegner des Grachus, war Vollstribun 
121 v. E. (Cie. Brut. 34, 128), führte als Konſul 
im %. 111 den Krieg gegen Augurtha anfangs 
fräftig, lich fih aber dann bejtechen und schloß 
darauf einen nachteiligen Frieden. Lir. ep. 64. 
Sall. Jug. 27fi. Flor. 3, 1. Eutr. 4, 26. Zur 
Zeit des marſiſchen Krieges verlieh er, wie es 





235 


linas, wurde ſpäter von Cicero gegen den Bor: 
wurf der Amtserichleichung verteidigt. Cie. Coel. 11. 
— 8) En. Calp. Piſo, Anhänger Eatilinas, war 
ipäter Gegner des PBompejus, dann Quäſtor in 
Spanien, wo er von den Spaniern, denen er fich 
durch Härte verhaft gemacht hatte, umgebradht 
wurde. Sall. Cat. 18. — MM. Calp. Biio, 
fämpfte unter Pompejus im Seeräuberfriege, dann 
gegen Jeruſalem, 67 v. C. Wahricheinlich adoptierte 
ihn ein gewiſſer Pupius, da er fortan Pupius Piſo 
Calpurnianus heißt. Im J. 62 diente er dem 
Pompejus im Kriege gegen Mithridates und wurde 
Konſul im folgenden Jahre. Cie. ad Att. 1, 13. 
Ascon. in Pis. p. 15. 10) 2. Galp. Piſo 
Frugi, Entel von Nr. 4 und Sohn von Wr. 5 
(Cie. Verr. 4, 25), ein Mann don großer Recht— 
lichkeit und daher ein Gegner des Verres, mit dem 
er zugleich im I. 75 Prätor war. — 11) C. Calp. 
Piſo, Sohn des vorigen, war vermählt mit Ciceros 
Tochter Tullia. Cicero jchäßte feinen durch treff— 
liche Geiftesanlagen und vorzügliche Eigenichaften 
des Herzens ausgezeichneten Schwiegerjohn jehr und 
wurde durch deren frühzeitigen Tod (57) in große 
Trauer verjeßt. Cie. Cat. 4, 2, 3. Vatin. 11, 26. 
ad fam. 13, 31, 1. 14, 1, 4. ad Att. 3, 22, 1. 
Sest. 31, 68. Brut. 78, 272. — 12) 2. Calp. 
Piſo Eäjoninus, ein zu feiner Zeit höchſt ein- 
flußreicher Mann, dem der Glanz jeines angeſehe— 
nen Gejchlechts zu Hilfe fam, aber nicht frei von 
Habgier. Seine Tochter Calpurnia war Käjars 
Gemahlin, durch defien Anſehen er im J. 58 v. E. 
Konſul wurde. Cicero, fein Gegner, fällt über ihn 
und feine Verwaltung Makedoniens cin hartes Ur: 
teil. Cie. Pis. 36. Val. Max. 8, 1,6. Im Bürger: 
friege zwiichen Cäſar und Pompejus hielt er fich 
von allen Parteien fern. Caes. b. c. 1, 3. Cie. 
ad fam. 14, 14. Dio (ass. 40, 63. Nach jeines 
Schwiegerjohnes Ermordung trat er den Gewalt— 
thätigfeiten des Antonius kühn entgegen, obgleich 
er in fpäteren Jahren fidy zur Partei desjelben 
hielt. — 13) M. Kalp. Bibulus j. Bibulus. 
— 14) En. Ealp. Pijo, vielleicht Sohn des En. 
Piſo, der Anhänger Catilinas war (Nr. 8), war 
Gegner des Bompejus, fämpfte unter Brutus und 
Caſſius im Bürgerfriege und wurde von Muguftus 
troß jeiner anerfannt republilaniichen Geſinnung 
im Jahre 23 v. E. zum Konſul gemacht. Vell. 
Pat. 2, 89. Caes. b. Afr. 18. Val. Mar. 6,2, 4. 
— 15) Sein Sohn, En. Calp. Piſo, im}. 7 v. C. 
Konjul, verwaltete Spanien mit großer Härte und 
wurde im %. 17 n. E., als Germanicus nach dem 
Orient gefandt wurde, wie es allgemein hieß, um 
denjelben, dem er durchaus feindlich gefinnt war, 
zu überwacen, zum Statthalter Syriens beitellt. 
Als Germanicus in Antiocheia erfrantte und ftarb, 
fiel auf Piſo der wahricheinlich nicht gerechtfertigte 
Verdacht, ihn vergiftet zu haben. Tac. ann. 2, 43. 
74.3, 12. Suet. Tib. 52. Den Tiberius nötigte 
die laut ausgeiprochene Unzufriedenheit des Volkes, 
den Piſo vor Gericht zu ftellen, doch wurde dieſer 
noch während des Prozefies tot in jeiner Wohnung 
efunden. Tac. ann. 3, 15 f. Suet. Cal. 2. Seinen 


ſcheint, ein Förderer der Wünſche der Bundes: | Starrfinn und den Stolz jeines Gejchlechtes ver 
genoffen, im J. 90 freiwillig Rom, als der Tribun | hehlte er jelbft gegen Tiberius nicht. — 16) C. Calp. 
Barius eine Unterfuchung gegen alle diejenigen, | Piſo, von Caligula durch Entführung jeiner Gattin 
welche diejen Krieg veranlaßt hätten, beantragte. | Oreftilla gefränft (37 n. E.) und verbannt (39), 
Flor. 3, 1. App. b. e. 1, 37. — 7) 2%. Calp. | unter Claudius zurüdgerufen, ein Mann von edlem 
Beftia, ein fittenlojer Menſch, Anhänger Cati- Charakter, dem die Meinung feiner Zeitgenofjen 


236 Calumnia — Uampania. 


den Kaijerthron bejtimmte. Er leitete eine gegen 
Neros Leben gerichtete Verſchwörung, an der die 
edeliten Männer teilnahmen, und ftarb nad Ent: 
deckung derjelben eines gewaltjamen Todes, 65 n. E. 
Ausgezeichnet durch Freigebigfeit und feine Sitten, 
war er auch als Sadywalter allgemein beliebt. Tae. 
ann. 15, 49 ff. Ihn verherrlichte unter Claudius 
ein uns dem Namen nach unbelannter junger Dich: 
ter (nad Haupt und Schenkl der Bukoliter Cal: 
purnius, j. Calpurnii, 18.) in einem ung er: 
haltenen epiichen Lobgedichte, das fich Durch Eleganz 
und Gemwandtheit des Versbaues auszeichnet (car- 
men ad Pisonem, laus Pisonis), zulegt heraus: 
gegeben von Weber (1859) und Bährens, poet. 
‚at. min, I p. 221ff. — 17) 8. Calp. Piſo 
Licinianus, geb. 38 n. E., von väterlicher Seite 
ein Nachtomme des Craſſus, von mütterlicher des 
Pompejus, wurde am 10. Januar 69 n. E. von 
Salba adoptiert und zu jeinem Nachfolger be: 
ftimmt, aber nach wenigen Tagen gleih Galba 
von den Soldaten der Leibwache nr Dthos An— 
ftiften ermordet. Troß feiner Jugend bewies er 
einen jeltenen Ent, Feſtigkeit und Sittenreinheit. 
Tac.hist.1, 14 f. Dio (ass. 64,5 ff. Plut. Galb.8 ff. 
— 18) (T.) Calp. Situlus. Unter diefem Namen 
gingen 11 Eflogen im lateinijcher Sprache, in 
welchen Theokrit und die vergiliichen Bucolica 
nachgeahmt werden. Aus zahlreichen Anjpielungen 
und aus der metriichen Form ergibt ſich, daf Die 
7 erſten Eflogen im Anfange der Regierung Neros 
verfaßt find, während die 4 legten von Nemeſianus 
(1. d.) herrühren, aljo erſt im 3. Jahrh. n. E. ent: 
jtanden jind, nad) Anhalt und Form den erfteren 
durchaus nachjtehend. Alle dieje Dichtemgen hat 
man früher fäljchlih zufammengeworfen und bes: 
halb den Calp. in das 3. Jahrh. verjept. Vgl. 
Saupt, de carminibus bucolicis Calpurnü et 
Nemesiani (1854; opusc, I p. 358 ff.). Ausgg. 
von Glaejer (1842), Bährens, poet. Lat. min. 
III p. 65 ff. 176 ff., und 9. Schenfl (1885). 
Calumnia, 1) im weiteren Sinne Ränke und 
Chikanen, namentlich Rechtsverdrehung und Advo— 
fatenfniffe; — 2) im engeren Sinne das Ber: 
gehen defjen, welcher einen Unjchuldigen im Eivil- 
oder Kriminalprozeh böswilligerweile belangt. Um 
diejes Verbrechen zu verhüten, hatte man 2 Gegen: 
mittel angeordnet: a) actio oder iudiecium ca- 
lumniae, die Klage des unichuldig Angellagten, 
welche derjelbe ſogleich nach erfolgter Freiſprechung 
vor denjelben Richtern gegen den ungerechten Ans 
Häger anftellen konnte. Der Kalumniator wurde, 
wenn er eine falfche Eivilflage erhoben zu haben 
vom Gerichte für jchuldig erklärt worden war, mit 
Seldftrafe belegt, wenn er aber cine ungerechte 
Kriminalklage nach dem Urteile der Richter an— 
geftellt hatte, zufolge der lex Remmia (f. d.) mit 
einem vor der Stirne gebrandmarft. b) ius 
iurandum calumniae, der Schwur des Klägers, 
daß er nicht chifanös Hage, und des Angeklagten, 
daß er unſchuldig jei oder recht zu haben glaube. 
Calvini, 1) T. Beturins Ealv., Konjul 334 
und 321 v. E., ward mit jeinem Kollegen Sp. Poſtu— 
mins von den Sammitern unter C. Bontius in den 
Caudiniſchen Engpäflen eingejchlofjen und zu einem 
ichimpflichen Frieden gezwungen. Zur Sühne des 
vom römischen Senate nicht beftätigten Vertrages 
wurde er an die Samniter ausgeliefert, von diejen 


U 


aber wieder zurüdgeichidt. Liv. 9, 1 ff. App. Samn. 


3,45. — 2) E. Sertins Ealv., Konſul mit 
E. Eajfius Longinus 124 v. E., befiegte als Pro— 
fonjul im J. 122 die Salluvier im transalpiniichen 
Gallien, gegen welche die Maffilier römiſche Hülfe 
angerufen hatten, und gründete die nad jeinem 
Namen benannte Kolonie Aquae Sextiae (j. Wir). 
Liv. ep. 61. Vell. Pat. 1, 15. 

Calvisti, 1) E. Calv. Sabinus, diente unter 
Cäſar als Legat im J. 47 v. E. in Aitolien, welches 
er von den Rompejanern jäuberte, dann 45 in 
Afrika, das er als Provinz verwaltete. Antonius 
bejtätigte ihn nach Cäſars ordung in derjelben, 
ohne daß er fich jedod) gegen den vom Senat ge: 
jandten Cornificius behaupten fonute. Caes. b. c. 
3, 34 ff. Cie. ad fam. 12, 25, 1. Phil. 3, 10, 26. 
Im J. 39 diente er dem Dctavian als Anführer 
feiner Flotte, fämpfte bei Cumä, wurde aber, weil 
er wenig Glüd hatte, abgejeßt. App. b. ce. 5, 81. 96. 
Plut. Ant. 58f. — 2) €. Calv. Sabinus, Koniul 
unter Tiberius, entging mit Mühe einer gegen ihn 
erhobenen Anklage. Weniger glüdlid) war er unter 
Ealigula, als eine neue Anklage gegen ihn erhoben 
wurde, die ihn zum Selbftmorbe trieb. Tuc. ann. 
4, 46. 6, 9. hist. 1, 48. Dio Cass. 59, 18. — 
3) Von einem andern Calv. Sabinus erzählt 
Seneca (ep. 27, 5 ff.), er habe ſich, um jeine Un: 
wiſſenheit zu verbergen, gebildete Sklaven für hohe 
Preife angeichafft, welche bei jeinen Gaftmählern 

inter ihm ftehen und für dic —— vaſſende 

rſe aus griechiſchen Dichtern zuflüſtern mußten. 
— M Flavius Calv, verwaltete Agypten unter 
Marcus Aurelius und ſchloß ſich dem Aufſtande 
des Avidius Caſſius im J. 175 n. C. au. Dio 
Cass. 71, 18. 

Calvus j. Lieinii, 2—5. 

Camalodünum (Camaldunum, Camulodunum), 
benannt nach dem celtijchen Kriegsgott Camulus, 
die erſte römische Militärkolonie in Britannien, 
unter 8. Claudius angelegt, 50 n. E., und valida 
veteranorum manu ausgerüftet (Tac. ann. 12, 32). 
Der Name jcheint ſich in dem heutigen Maldon 
bei Colcheiter nördlich von der Mündung der 
Themje erhalten zu haben. 

Camarina j. Kamarina, 

Camönae j. Musae. 

Camerinum (Camarinum), j. Camerino, mäd): 
tige Stadt in Umbrien an der Grenze von Pice— 
num, von den Römern erobert und mit einer 
Kolonie verjehen. Liv. 9, 36. Die Einwohner 
h. Cumortes. 

Camers j. Clusium. 

Camilla, Tochter des Königs Metabus aus der 
volſtiſchen Stabt Privernum, der, von ran 
Unterthanen vertrieben, fie zu einer jchnellfühigen, 
jagd: und kfampfliebenden Dienerin der Diana er: 
og. Im Kriege des Aineias gegen Turnus fand 
ke dem leßteren bei, verrichtete in der Schlacht 

ewaltige Thaten und fiel durd die Hand des 
runs. Verg. A. 7, 803. 11, 432 ff. 

Camilli und Camillne, d. i. Diener und Diene: 
rinnen, hießen Kinder 
beim Opferdienft des Flamen Dialis (in früherer 
Beit jeine eigenen Kinder) und- überhaupt bei reli: 
vo Handlungen als Diener gebraudt wurden. 

ion. Hal. 2, 22. 

Camillas j. Furii, Ill. 

Campänla, ager Campänus, Kaurarvia (d. h. 
Ebene, von campus, Liv. 4, 37. Plin. 3, 63), 


ter Eltern, die zu Rom. 


Campanus morbus — Canidius. 


Landichaft Mittelitaliend am mare inferum oder 
Tuseum, grenzte im NW. an Latium, im NO. 
und D. an Sammium, im SD. an Lucanien Grenz— 
fluß Silarus), im SW. ans Meer. Der nördliche 
Teil vom Liris bis zum Veſuvius bildet eine 
10 Meilen lange, 3 Meilen breite Ebene, die mach 
Samnium zu durd Zweige des Apennin, den Berg 
Tifata und den Taburnus, begrenzt wird, 
während an der Küfte zwiichen Cumä und Nea- 
polis der Berg Gaurus und weiter öſtlich der 
Bejuvius liegt. Die wichtigften Borgebirge find 
Mijenum (j. Punta di Mijeno) und das Prom. 
Minervae (j. Punta di Gampanella) bei Sorrent, 
der Inſel Capreä gegenüber. Die bedeutendften 
Flüffe find von NW. an: Savo (Saone), Vol: 
turnus (Bolturno), Clanius oder Glanis (ij. 
Lagno), der an feiner Mündung den Liternijchen 
See bildet, Sebethus (Fiume della Maddalena) 
bei Neapolis, Sarnus (Sarno) bei Bompeji und 
Silarus (Sele). Die Seen find alle Krater ehe: 
maliger Bulfane: der Uucrinus, Avernus und 
der Acheruſiſche. Überhaupt Hat das Land einen 
vulfanifchen Charakter, und dies ift der Haupt: 
grund jeiner ungemeinen, faft jprichwörtlich ge- 
wordenen Fruchtbarkeit (Campania felix), bejonders 
an Getreide, Obſt und Wein. — Die Bewohner 
waren außer den griechiichen Einmwanderern in den 
Kolonien die Campani, gemilcht aus Anfonern, 
Etruffern und Samnitern, von welchen beiden letz— 
teren die Etruffer ſeit etwa 800 v. E., die Sam: 
niter etwa jeit 430 v. E. das Land beherricht 
hatten; in der Nordede bei Teanum die Sidicimi 
und im ©. die Bicentini. Die Bewohner Capuas 
(Karbn), der größten und durch Handel reichen 
und üppigen Stadt, übergaben fich, von den Sams 
nitern bedrängt, 344 v. E. den Römern (Liv. 
7,29 ff.), welche troß ihres mit den Sammitern 
geichloffenen —S die Schutzbittenden an— 
nahmen; ſo entſtanden die blutigen Samniterkriege, 
die mit dem Siege Roms endigten. Im zweiten 
puniſchen Kriege fielen die Campaner, ——— 
die Capuaner, zu Hannibal (der hier ſeine Winter: 
quartiere nahm) ab, wofür ſie jehr hart gezlich- 
tigt wurden, indem nad) der Eroberung der Stadt 
(Liv. 25, 18ff. 26, 4 ff.) 70 der angejehenften 
Männer hingerichtet, 300 edle Eampaner ins Ge: 
fängnis abgeführt wurden, während man andere 
in die latinijchen Städte verteilte; die übrigen 
Bürger der Stadt wurden verkauft, nur die Nicht: 
bürger blieben Bewohner derjelben, und Capua 
bildete fein Gemeinweſen mehr, ein jährlich hin— 
—— Präfeft übte die Rechtspflege. Liv. 26, 16. 

urch ein Geſetz Julius Cäſars de agro Stellate 
et Campano jollten 20 000 Bürger ald Koloniften 
nad) Capua geichidt werden; als Kolonie erhob 
fih die Stadt bedeutend, wurde nächſt Rom die 
volfreichfte Stadt Italiens und hielt fich, jelbft nach- 
dem jie für ihre Anhänglichkeit an Bitellius be— 
ftraft worden war. Tac. hist. 8, 57.4,3. Durch 
die Bölferwanderung aber zerjtört, wurde fie bei 
Eafilinum als Nova Capua wieder aufgebaut. Bon 
ber Größe der Stadt zeugen noch die Refte eines 
Amphitheaters. Die hieſige Fechterſchule veran- 
laßte den Sklavenkrieg des Spartacus. Andere 
Städte waren von NW. an längs der Küſte: Vol— 
turnum, Liternum, Eumä, Mijenum, Bajä, 
Buteoli, Neapolis, Herculaneum, Bom- 
peji, Surrentum, Salernum; im Lande: Tea— 


237 


num Sidieinum, Cales, Caſilinum, Calatia, 
Nola, Abella, Atella, Acerrä, Nuceria. 
Strab. 5, 242. Bgl. Beloch, Campanien. Topo— 
graphie, Seichichte und Leben (1879). 

Campänus morbus, Hor. sat. 1, 5, 62, bie 
nah dem Scoliaften in Campanien bejonders 
häufig vorkommenden, zu hornartigen Auswüchſen 
werdenden Warzen, befonders an der Stirn und 
den Schläfen. 

Campestre ij. Kleidung, 10. 

Campi lapidöi, meöior Audödes, hieß eine 
8—10 IIME. große, mit fauftgroßen Siejelfteinen 
bededte Fläche unweit Maffilia, wahricheinlich der 
Grund eines ehemaligen Landſees; dazwiſchen wuchs 
Gras und Thymian, welche eine gejuchte Nahrung 
der Herden waren. %. la Crau. Strab. 4, 182. 
Plin. 3, 4, 5. 21, 10, 31. 

Campi macri, Maxo0l Kauroı, war der Name 
einer großen Thalebene zwijchen Parma und Mu: 
tina (j. Bal di Montirone), in der noch zu Stra- 
bons Zeiten große Vollsverjammlungen ftattfanden. 
Strab. 5, 216. Liv. 41, 18. 45, 12. Bon einem be- 
juchten Viehmarkte ſpricht Barro (r. r. 2, praef. 6). 
Die Wolle der dortigen Schafe wird gerühmt. 

Campi Raudii, Ebene in Gallia transpadana, 
nicht bei Verona, jondern wohl unterhalb Bercellä 
ummeit der Mündung der Sefia in den Padus, wo 
am 30. Juli 101 v. €. (Plut. Mar. 26) Marius 
und Catulus die Eimbern aufs Haupt jchlugen. 
Vell. Pat. 2, 12. Plut. Mar. 24 ff. Liv. ep. 68. 

Campus Martius j. Roma, 12 und 17. 

CanarTa j. Fortunatae insulae, 

Candavia heißt eine bergige Gegend von Illh— 
rieum, nahe der makedoniſchen Grenze, durch welche 
die via Egnatin führte. Der Weg per deserta 
Candaviae war jehr beichwerlich. (ie. ad Att. 
3,7, 3. Plin. 3, 23, 26. Sen. ep. 31. 

Candöla, die Kerze, d. i. eine mit Wachs (ceren) 
oder Talg (sebacea) umgebene Binfe, war das 
ältefte Beleuchtungsmittel, ehe die Ollampen auf: 
famen, und erhielt fich jpäter mur in den Häufern 
der ärmeren Klaſſe, während die Reichen die lu— 
cerna gebrauchten. 

Candeläbrum j. Beleuchtung, 3. 

Candidätus ift der jich um ein öffentliches Amt 
Bewwerbende, jo genannt von der weißen Toga, 
mit welcher beffeidet er fich bei den die Wahl lei- 
tenden Magiftraten vor den Wahlfomitien meldete 
(nomen profiteri) und, wenn dieſe ihn annehmen 
zu wollen (nomen recipere, rationem habere) 
erflärt hatten, ſich ſodann dem Volke vorjtellte 
und die Stimmen der Bürger erbat (ambire). 

Candidätus prineipis j. Quaestor, 5. 

Canidia, der Spottname einer Libertine, die 
urſprünglich Gratidia geheißen haben ſoll. Horaz, 
mit ihr zerfallen, rächte fih in Schmähgedichten 
(sat. 1,8. epod. 5 und 17). Die Palinodie od. 1,16 
ift Ichwerlich auf fie zu beziehen. 

Canidins, P. Can. Erajins, einer der Feld— 
herren des Antonius, zu deilen Gunften er das 
Heer des Lepidus in Gallien, wo er damals (43 
v. E.) diente, bearbeitete und den Anſchluß an ihn 
bewirkte. Cie. ad fam. 10, 21. Als Antonius den 
Krieg gegen die Parther (38) unternahm, befiegte 
Canidius im %. 38 die Armenier, im J. 36 die 
Iberer und Albaner und unterwarf das Land bis 
an den Kaukaſus (Plut. Ant. 34), war aber weniger 
glüdtich gegen die Parther. Plut, Ant. 42. Beim 


238 


Ausbruch des Kampfes gegen Dctavian war er 
einer der freldherren des Antonius, drang auf die 
Entfernung der Kleopatra vom Heere und befehligte 
das Yandheer, verlieh dasielbe aber heimlich, als 
des Antonius Flotte geihlogen war, und entwich 
nah Agypten, um Antonius den Ausgang des 
Kampfes zu melden. Plut. Ant. 63 fj. Später ließ 
ihn Octavian hinrichten. Vell. Pat. 2,87. Oros. 6,19. 

Caninefätes oder Canninefätes, auf Inſchrif— 
ten Cannanefates, ein bataviicher Vollsſtamm, 
wohnhaft auf der bataviihen Halbinſel zwiſchen 
dem Meere und dem See Flevo (j. d.), zunächſt 
den riefen. Sie wurden von Tiberius bejiegt 
(4 n. C. Vell. Pat. 2, 105), erhoben fich jedoch 
unter Caligula von neuem und nahmen jpäter an 
dem Aufftande des Eivilis teil, wobei fie im 3. 71 
die römische Flotte verbrannten. Plin. 4, 29, 32. 
Tae. ann. 4, 73. 11, 18. hist. 4, 16. u. Ö, 

Caninfi. eine plebejiiche Gens: 1) M. Cani— 
nius Rebilus, Gejandter bei Perieus von Male: 
donien im J. 170 v. C. Liv. 43, 11. — 2) E. Can. 
Nebilus, nahm als Legat an Cäſars Freldzügen 
in Gallien teil, 52 und 51 v. E. Caes. b. ꝗ. 7,83. 
8, 245. Im J. 49 gebrauchte ihn Cäſar als 
Unterhändler bei Pompejus. Caes. b. c. 1, 26. In 
den afrifanijchen Feldzügen erlitt er mit Curio 
eine Niederlage durch Juba von Numidien, aus 
der er fich faum rettete, eroberte nach der Schlacht 
Thapjus im J. 46, kämpfte darauf in Spanien 
und wurde im %. 45, als der Kollege Cäſars 
plötzlich ſtarb, noch am legten Tage Konſul. Cie. 
ad fam. 7,30, 1. Plut. Caes. 658. Tae. hist. 3, 37. 
Macrob. sat. 2, 3. — 3) C. Can. Gallus, Volks— 
tribun im J. 56 v. E. und Anhänger des Pom— 
pejus, dem dieſer die Ordnung der Angelegen: 
heiten Agyptens übertragen wollte. Plut. Pomp. 49. 
Mit Cicero ftand er in gutem Bernehmen. Im 
J. 51 hielt er ſich in Griechenland auf; ob als 
Prätor, ift ungewiß. An den Kämpfen zwiſchen 
Cäſar und Pompejus nahm er feinen Anteil und 
ſtarb im 3. 43. Cie. ad Att. 16, 14. — 4) A. Can. 
Satyrus, war einer der Hausfreunde Giceros 
und jcheint nicht ohne Einfluß gemweien zu fein. 
Mit dem Wucherer Eäcilius (Cie. ad Att. 1,1, 8), 
dem Oheim des Pomponius Atticus, hatte er einen 
Prozeh wegen mehrerer von ihm angeblich be- 
trügeriicherweiie gefaufter Güter. 

‚annae, Karvaı, j. Canne, Flecken in Apulien 
nordöjtlih von Ganujium, am rechten Ufer des 
Aufidvus, bekannt durch den großen Sieg des Han- 
nibal im 3.216 v. C. Die Schlacht wurde übrigens 
höchit wahrſcheinlich auf dem linfen Ufer des Fluſſes 
geihlagen. Liv. 22, 46 ff. Pol. 3, 113 ff. App. b. 
Hann, 205. Abhandlung von H. Stürenburg (1388). 

Cannutius j. Carfulenus. 

Cantäbri, Kdvraßgoı, ein wildes, friegerifches, 
erft von Auguſt durch den cantabriichen Krieg 
25—19 v. E. völlig unterworfenes Bergvolk des 
nördlichen Hijpaniens, defien Horaz (od. 2, 6, 2. 
11,1. 3, 8, 22) öfter gedenft. Gäjar (b. q. 3, 23. 26. 
b. e. 1, 28) verfteht unter ihrem Lande noch den 
ganzen nördlichen. Küftenftrid Hiſpaniens bis zu 
den Pyrenäen; jeit Auguſt war der Name merit 
beichränft auf das weſtlich von den Afturen, öftlich 
von den Bajconen begrenzte Yand (aljo heutiges 
Bilcaya, nördliches Burgos, weitliches Guipuzeoa). 
Städte waren: — im Gebirge (j. Rey- 
noja), Coniana, Portus Victoriae (j. Santoha) 


Caninefates 


— Capena. 


am Meere, Bleudium (j. Sautander) desgleichen, 
Vellica u. a. Strab. 3, 155 ff. 

Caunthärus od. zdr®agos, i. Trinkgefäülse. 

Canticum hieß in der römiichen Komödie und 
Tragödie und wohl auch in den Mimen eine Art 
von Monolog, gejangartig unter Begleitung der 
Flöte vorgetragen und zwar jo, daß der Schau: 
ipieler das cantienm, da es viele Mimit und 
körperliche Anftrengung erforderte, oft nur agierte, 
die Necitation aber und den Gejang einem andern 
überließ, welchen der Flötenjpieler mit feiner Flöte 
begleitete. In diefem Teile des römischen Dramas 
—— ſtarle Leidenſchaft und viel Affelt. Wäh— 
rend der Dialog (diverbium) meiſt in iambiſchen 
Senaren gehalten wurde, wechjeln die Metra in 
den cantica häufig. Auch in den Handjchriften 
find dieje beiden Partien durch bejondere Bezeidh- 
nung bemerflich gemadt. In der jpäteren Zeit 
wurden die cantica aud allein und vom ma 
abgejondert gejungen. Vgl. G. Hermann, de canti- 
cis in Roman. fab. scenicis (Opuse. I 2% ff.). 
Ritſchl, canticum und diverbium bei Plautus 
(Rhein. Muſ. 26, 599 ff. 27, 187 ff). Bol. auch 
Komoedia. 

Cantii, das gebildetite Volk Britanniens in der 
üblichen Ede der Halbinjel bis zum Vorgebirge 
Gantium, j. North Foreland (im heutigen Kent), 
mit den Städten Dubrä (j. Dover), Durover:- 
num (j. Canterbury), Lemanus Portus (ji. 
Lymne), Rutupiä (j. Nichborougb), Durobrivae 
(j. Nocefter) und namentlich Londinium (j. 
London). Caes. b. q. 5, 14. Strab. 4, 199. 

Canuleii, 1) Gaius, aus einer plebejiichen 
Familie, war als Boltstribun im 9. 445 v. E. 
Urheber des Gejeßes, das die Ehe zwijchen Pa— 
trictern und Plebejern geftattete, und des Antrags, 
daß das Volk die Konjuln aus beiden Ständen 
nach Gutdünfen wählen dürfte. Liv. 4, 1.6. Cie. 
r.p.%, 37. — 2) F Canul. ſchlug um 420 v. C. 
als Tribun eine Aderverteilung vor. Liv. 4, 44. 
— 3) 2 Eanul. Dives, verwaltete im J. 171 
v. E. Spanien als Prätor. Da die Spanier häufig 
Klagen über die römischen Beamten, namentlic) 
über ihre Habjucht, führten, jo wurde von ihm im 
Auftrage des Senats ein Gericht von Senatoren 
angeordnet, um die erg id zu unterjuchen. Die 
Spanier durften ſich die Verteidiger wählen, welche 
jie wollten. Ganulejus brachte aber die Sache 
nicht weiter, als daß 2 Prätoren ein freimwilliges 
Eril wählten, worauf er in jeine Provinz ging. 
Liv. 42, 28. 48, 2. 

Canusium, Karovsıor, Stadt am rechten Ufer 
des Aufidus in Apulien, j. Canoſa, griechijchen 
Urjprungs und der Sage nad) von Diomedes ge- 
gründet (daher die campi Diomedis, Liv. 25, 12), 
jo dah die Bewohner auch noch bei Horaz (vat. 
1, 10, 30) bilingues heißen; in frühefter Zeit mit 
bfühendem Handel, jpäter gejunfen und römische 
Kolonie, von Horaz (sat. 1, 5, 91) wegen jeines 
ichlechten Brotes und feiner Wafjerarmut veripottet. 
Hier fanden fich die Trümmer des bei Gannä ge- 
ichlagenen Heeres wieder zujammen (Liv.22,50. 54; 
hier erlitt aber auch Marcellus nach mehrmaligem 
Siege über Hannibal eine Niederlage (208 v6. 
Liv. 27, 12. 

Capella j. Marcianus. 

Capena, Stadt im jüdlichen Etrurien an der 
flaminifchen Straße, früher oft in Abhängigkeit 


Caper — Caracalla. 239 


von Beji (Lir. 5, 8), ſpäter römiſches Muni— | hier befanntlich die 7 letzten Jahre jeines Lebens 


eipium. 
(j. Roma, 12.). 

Caper, Flavius, römischer Grammatiker im 
2, Jahrh. n. E., von Prijeian antiquitatis doctis- 
simus inquisitor genannt, von dem de latinitate 
oder de lingua latina, de dubiis generibus u. a. 
Schriften von den jpäteren Grammatikern vielfad 
eitiert werden, Die 2 unter feinem Namen er: 
haltenen Heinen Schriften de orthographia und 
de verbis dubiis (herausgeg. von Keil, grammat. 
Lat., Bd. VII p. 92 ff. und 107 ff.) können nur 
als dürftige Auszüge aus feinen urjprünglichen 
Werken gelten. Vgl. auch Agroeeius. 

Capillamentum und Capilli j. Haarputz. 

Capita aut navia (navim), ein römijches Spiel, 
wobei ein Gelditüd (as sextantarius) in die Höhe 
getvorfen wurde und durch die niederfallende Seite, 
die eine mit einem Venuskopfe, die andere mit 
einem Schiffsjchnabel verjehen, Gewinn oder Ver- 
Inft anfündigte. Or. fast. 1,239. Maer.sat.1,7,22. 

Capite censi j. Servii, 1. 

Capitis deminutio. Caput heißt wie status 
der Rechtszuſtand und umfaht alles, was den 
Menichen zum Bürger macht. Diejer Zuftand be- 
zog fich auf 3 Berhältnifie: Freiheit, Bürgerrecht 
und Familie. Darum unterjchied man: 1) status 
libertatis, nad) welchem die Menſchen entweder 
Freie oder Sklaven waren. Wer aus der Freiheit 
in Sflaverei geriet, 3. B. durch Kriegsgefangen- 
ichaft oder Kapitalftrafe, erlitt capitis deminutio 
maxima, die größte Berjchlechterung des status. 
— 2) status civitatis. Jeder, welcher im 
römijchen Reiche lebte, war Bürger, oder Latiner, 
ober Beregrinus (j. Civitas, Latium, 7. 8., 
Peregrinus). ®er die Eivität verlor, 3. B. durch 
Eril, erlitt cap. deminutio media, — 3) status 
familie. Jeder war entweder sui juris oder 
alieni iuris, d. h. er war entweder pater familias 
(). d.) oder ein dem Hausvater Untergebener. Auch 
waren diejenigen sui inris, welche, ohne Hausväter 
zu fein, in feines andern Gewalt jtanden, 3. B. 
ein Kind, welches feine Eltern; Brüder oder Agna- 
ten hatte, von denen es abhängig fein fonute. 
Wenn jemand aus der Familie in eine andere 
übertrat und dadurd die Rechte jeiner bisherigen 
Familie verlor, jo war dieſes cap. deminutio 
minima, 3.8. bei Adoption oder bei Verheiratun 
eines Mädchens mit in manum conventio. Sal 
Genz, Capitis deminutio (in Symbolae Joachi- 
micae, .1880). 

Capito. j. Ateii und Sinnius Capito. 

Capitolinas mons j. Roma, 2. 9. 

Capitolium j. Roma, 3. 9. 16. 

Capraria, 1) von den Griechen Alyılog ge: 
naunt, Heine Inſel zwiſchen Bopulonia und der 
Nordipige von Eorjica, j. Capraja. Der Name ift 
von dem wilden Biegen herzuleiten. Plin. 8, 81. 
Mela 2, 122. — 2) eine der insulae fortuna- 
tae, j. d. 

Capröse, Kangeaı, Kargla, Heine Inſel an 
der campaniſchen Küfte, dem Golf von Neapel 
ſüdlich vorgelagert, j. Capri, hoch und felfig, aber 
reizend gelegen und mit mildem Klima. Suet. Tib. 40. 
Tae. ann. 4, 67 u. ö. In frühefter Zeit wohnten 
Teleboer hier; jpäter gehörte die Injel den Bürgern 
von Neapolis, denen fie 29 dv. C. Wuguftus ab- 
faufte. Dadurch fam Tiberius in ihren Beſitz, der 


’ 





Nach ihr war ein Thor Roms genannt | zubrachte und die Inſel mit herrlichen Gebäuden 


en aber auch zum Schauplaß jeiner Lüfte 
machte. 

Gaprotina, römijcher Beiname der Nuno und 
der derjelben als Feſttag geweihten Nomen des 
Quintilis (Nonae Caprotinae, 7. Juli) zufolge der 
uns von Plutard) (Camill. 33) erzählten Liſt der 
Tutula oder Philotis, die im Kriege mit den Ya- 
tinern duch ihr Anerbieten den Römern einen 
Vorteil gewann. Jene hatten nämlich Weiber von 
den Römern begehrt und wurden nun, da die ge: 
nannte Sklavin auf ihren Vorſchlag mit andern 
in der Tracht freier Frauen dem Feinde übergeben 
worden war, von den mittelft eines Feuerzeichens, 
das fie von einem wilden Feigenbaume (caprifi- 
cus) aus unter dem Schube ihres Gewandes gab, 

erbeigeeilten Römern jchlafend im Lager überfallen. 
gl. Maer. sat. 1, 11. Die offenbar märcenhafte 
Darftellung wird von andern anders erzählt. 

Capsa, 1) Kapjel, Käftchen, Mappe, namentlich 
and) der cylinderförmige Bücherbehälter, vgl. Seri- 
nium,. — 2) Stadt des öftlichen Numidiens, in 
der Landichaft Byzacium, wo fich die Schatfammer 
des Jugurtha befand, von Marius zerftört, jpäter 
von den Römern wieder aufgebaut (Sall. Jug. 
89. 91); j. Gafja. 

Capsarlus, ein Sklave, 1) welcher in den Bä— 
dern die Kleider der Badenden bewahrte; 2) welcher 
den Kindern jeines Herrn die Lampe und Schul: 
bücher nachtrug (ſ. Beleuchtung, 3.), oder ſeinem 
Herrn mit der capsa der Bücher nachfolgte. 

Capüa, Karön, früher Volturnum, eine alte 
und blühende Stadt Campaniens mit auſoniſchen 
und etruffiihen Bewohnern. Ungeachtet der frucht- 
baren Umgegend und des lebhaften Handels und 
Gewerbfleiges konnte die Stadt ihre Freiheit nicht 
behaupten, jondern erlag den friegeriihen Sam: 
nitern, die ſie Capua nannten, 420 v. C. Liv. 4, 37. 
Als die Bewohner jpäter wider dieje den Sidi— 
einern beiftanden, mußten fie in Rom Hilfe fuchen 
(Liv.7, 31. 9, 20 ff.), im zweiten puniſchen Kriege 


‚aber dafür, daß fie anf Hannibals Seite traten, 


hart büßen (j. Campanıa). Geitdem übte ein 
jährlich wechielnder röm. Beamter dajelbit die Rechts: 
pflege aus. Die Stadt, nicht mit Unrecht in den 
Ruf der Weichlichfeit und Unfittlichkeit verfallen, 
jant mehr und mehr. Julius Cäſar jchicdte, um 
ihr aufzuhelfen, eine Kolonie u ebenjo Nero. 

t. Caes. 20. Tac. ann. 13, 31. Die Berwüftungen 
der Bandalen (456 ı. E.) und Araber (856) haben 
nur bedeutende Trümmer, bejonders eines Amphi— 
theaterd, davon übrig gelaflen, die etwa in der 
Entfernung einer Stunde von der heutigen Stadt 
(bei Sta. Maria Maggiore di Capua) zu finden 
jind. ©. auch Campania. 

Caracalla (aud) Een), M. Aurelins 
Antoninus, Sohn des 2. Septimius Severus 
von der Julia Domna. Herod. 4,1. Dio Cass. 
77,2. Er war geb. am 4. April 188 n. E. (Dio 
Cass. 78, 6) und wurde jchon in dem Kriege mit Al— 
binus zum Nachfolger erklärt; jpäter, im parthiichen 
Kriege, zum Mitregenten erhoben, erhielt er den 
Auguftustitel. Sein Vater vermählte ihn mit der 
Tochter eines jehr reichen Römers, der Plautilla, 
welche er jedoch nicht liebte. Den Schwiegervater, 
einen habjüchtigen, graujamen Mann, lieh er jpäter 
unter dem Vorwande, er trachte ihm nach dem Leben, 


240 


hinrichten. Herod. 3, 11ff. Dio Cass. 75, 14. 76,38. 
Gar., der diefen Namen von der gewöhnlich von 
ihm getragenen galliſchen Kleidung erhielt (daj. 78,3), 
verriet jchon frühzeitig ein graujames Gemüt und 
gab ſich den größten Ansjchweifungen hin, worin 
jein jüngerer Bruder Geta ihm gleich war; jonit 
herrichte zwijchen den beiden Brüdern eine jolche | 
Abneigung, daß der Darüber befümmerte Vater oft | 
Anlaß fand, fie zur Eintracht aufzufordern, und | 


endlich ſich genötigt jah, beide mit ſich zu nehmen, | 


als er nach Britannien zog, um die von Norden | 
in diejes Land eindringenden Barbaren zu züch— 
tigen, 208. Dio Cass. 76, 7. Herod. 8, 14. Car. 
benugte, zum Teil aus Eiferſucht gegen Geta, 
dieſe Gelegenheit fich beim Heere beliebt zu machen 
(Dio Cass. 76, 14), zettelte jogar eine Berichwörung 
an und erlaubte füch jelbft Gewaltthätigfeiten gegen 
den Bater, als diejer plößlich im 9. 211 ftarb, 
nicht ohne daß der Verdacht einer Bergiftung auf 
Car. fiel. Dio Cass. 76, 15. Spart. Sev. 18. {freilich 
erreichte Gar. jeine Abficht nicht ganz, da das Heer 
ihn nur zugleich mit feinem Bruder Geta als Im— 
perator anerkannte, weshalb Car. nachdem er einen 
ihimpflichen Frieden mit den Feinden eingegangen 
war und fich Scheinbar mit jeinem Bruder verjöhnt 
hatte, nah Rom echter (noch 211), wo er, 
angeblid in der Notwehr, feinen Bruder in den 
Armen der Mutter niederftoßen ließ. Dio Cass. 
77,2. Zonar. 12, 12. Herod. 4,4. Aur. Vict. 
Caes. 20, 32. Das Heer gewann er nun durch 
Seldverteilung und ließ alle Anhänger, Diener 
und Freunde jeines Bruders umbringen (Spart. 
Car. 8. (fet. 6), darunter den berühmten Juriften 
Bapinian, Krieg war das einzige, dem Car. bis 
an jein Ende gleihmäßige Neigung entgegenbrachte. 
Deshalb war Alerander der Gr. fein Ideal (Dio 
Cass. 77, 7. Herod. 4, 8), und begierig ergriff er 
die Gelegenheit, ſich als Feldherr zeigen zu können. 
Als Alamannenſtämme in Gallien eingefallen waren, 
übergab er feiner Mutter die Bertretung (Dio 
Cass. 77, 18) und z0g eilends nach Deutichland 
(213), um in das feindliche Gebiet einzufallen. Er 
errang einen enticheidenden Sieg. Sodann ging 
er zu erneuten Kämpfen an die Donau. Auch in 
Thrakien jcheint er mit gotiichen Scharen Krieg 
‚geführt zu haben. Spart. Car. 10. Dio Cass. 77,16. 
Hierauf begab er ſich nad Aſien, die Oſtgrenze 
des Reichs zu ordnen. Ein Aufftand in Agnpten 
rief ihn auch dorthin: Alerandreia wurde hart be- 
jtraft, der größte Teil der Bevölkerung getötet. 
Dio Cass. 77, 22. Herod. 4, 8f. Spart. Car. 6. 
Nachdem er im 9. 216 Arbela (Erbil) genommen 
und einen Teil Mediens verwüſtet hatte, wendete 
er ſich 217 gegen die Barther. Jedoch in der 
Kähe von Garrhae wurde er infolge einer Ber- 
Ihwörung, deren Seele der Gardepräfekt Macrinus 
(Oros. 7, 18) war, noch nicht 29 Jahre alt, er: 
mordet, am 8. April 217. Dio Cass. 78, 4. Zonar. 

12,12. Herod.4, 18. Spart. Car. 6 f. Eutr.8. 20. 
Aur. Vict. en. 21. Nach jeiner Konjekration, die 
auf Verlangen der ihm treu ergebenen Soldaten 
erfolgte, führte er den Namen Divus Antoninus 
Magnus. Dio Cass. 78, 9. 18.19. Bgl. Schiller, | y 
—* d. röm. Staiferzeit (1883—87) r 2 ©. 739 
— 755. 

Caraeöni (Caracini), Kagerijvor, Kaparivor, 
fleiner Bolfsftamm im nördl. Sammium mit dem 
Hauptorte Aufidena. Plin. 3, 106. 


Caraceni — Carcer. 


Carälis, Caräles, Kdoalıs, j. Cagliari, Stadt 
am Meerbujen und Borgebirge gi. N. auf der Süd- 
füfte der Inſel Sardinia, mit einem guten Hafen, 
von den Karthagern gebaut, unter den Römern 
Sitz des Prätors und mit dem römijchen Bürger: 
| recht beichentt. Strab. 5, 224. 

Caratäcus (minder "richtig Cataratacus und 
Cartaces), em britanniſcher Fürſt aus dem Volke 
der Catuellaner, führte einen unglücklichen Krieg 
mit den Römern und fiel durch Verrat der Fürftin 
Gartimandua in ihre Gewalt. Der Kaijer Claudius 
ließ ihn nach Rom bringen und behandelte ihn 
wegen jeines edlen Freimuts mit Milde, im J. 50 
u... Tac. ann. 12, 33 ff. hist. 3, 45. 

Carausfus, aus einer gallifchen Familie der 
Menapier, zeichnete jich im Kampfe mit den Ba- 

auden (ſ. d.) im Jahre 285 n.E. aus. Eutr. 9,21. 
Da er zugleich mit dem Seewejen vertraut war, 
gaben m Divcletian und Marimian, die dama— 
ligen Kaiſer, den Befehl über eine Flotte, mit der 
er die batavischen und galliichen Küften gegen die 
Angriffe der germanifchen Seeränber verteidigen 
jollte. Dies jcheint ihn auf den Gedanken gebracht 
zu haben, nicht nur Schäße zu jammeln, jondern 
auch ſich unabhängig zu machen, und als er des— 
halb in Verdacht geriet und Marimian ihm nad) 
dem Leben trachtete, jegelte er nach Britannien 
und ließ fih mit Hülfe der Flotte und der dort 
ftehenden Soldaten zum Auguſtus (287) ausrufen. 
Eutr. 9, 215. Oros. 7, 25. Eumen. pan. 4, 12. 
Bei den im römischen Reiche herrichenden Wirren 
gewann er Zeit, fih im feiner Herrſchaft durch 
Züchtigfeit als Feldherr und qute Verwaltung zu 
bejejtigen, bis Conftantius, einer der Cäſaren, einen 
Feldzug gegen ihn unternahm, aber nichts aus— 
richtete (Kutr. 9, 22) und ihn als Mitregenten 
anerfennen mußte (292). Doc genof Caraufins 
die durch Thätigfeit und Talent errungene Gewalt 
nur noch furze Zeit, da er im J. 298 durch Meuchel: 
mord fiel. Kutr. a. a. D. Aur. Viet. (aes. 39, 

Carbo j. Papirii, ], 1-4. 

Carcer, össuorjoror. I. Die Sefängnisitrafe 
itand in Athen im alten Zeiten jchon auf Nicht: 
bezahlung einer Schuld an dem beſtimmten Ter- 
min. Daher verloren viele athenifche Bürger ihre 
Ehre und ihre Freiheit, bis Solon einer jolchen 
Härte des Geſetzes in allen Privatverhältniffen ein 
Ende machte (vgl. Dvi7j, 5.) Nachher konnten 
nur noch die Staatsjchuldner und die ſäumigen 
Staatspächter ohne weiteres Rechtsverfahren ge: 
bunden und ins Gefängnis geworfen werden, wenn 
der Rat es für zwedmäßig fand (j. Bavirj, 2.). 
So konnten auch jogar jäumige Trierarchen von 
den &mosrolsig gebunden werden. Sm öffent: 
lichen Klagen fonnte demgemäß auch die Gefäng: 
nisftrafe, wo fie nicht durch das Geſetz ſchon ge: 
boten war, durch chärfung (meosriunue) hin- 
zugefügt werden (vgl. Miltiades). Somit durften 
Bürger nie gebunden noch verhaftet werden, wenn 
nur 3 andere derjelben Klaffe für den Betref: 
jenden ſich verbürgten. Freilich fonnte derſelbe 
auch nur auf bieje Weife in den Fällen der eru- 

yayı, Zpiiynars, Evdsıdıs und elsayyekle augen: 
blicklicher Haft fich entziehen. Das Gefängnisweien 
ftand unter den ae (j. Erden), nicht 
nur injofern das Gefängnis jelbjt zur Strafe diente, 
fondern auch infofern in demijelben die meiften 
Leibes- und Lebensftrafen vollzogen wurden, be: 


Carceres — (arrinas. 


jonders die durch Schierling. Häſcher waren die 
rogörcı und Önuöcın donkor. — II. Die Haft 
wurde in Rom verichieden angewendet: 1) gegen 
wiberjpenjtige und troßige Bürger, welche von den 
Magiftraten verhaftet wurden, 2) gegen zahlungs- 
unfähige Schuldner (j. Nexum), 3) gegen Ber: 
tige oder Angeklagte, welche von der Flucht 
abgehalten werben jollten, 4) jelten als eigentli 
Strafe Dear ad continendos homines, non ad 
puniendos haberi debet). In Rom gab es mehrere 
Staatsgefängniffe. Das ältefte war der carcer 
Mamertinus am Gapitolium (j. zn Ein 

Ipäteres ee ieß Lautumiae, entlich 
—— ußer der ———— ft 3* 
dieſen Staatstertern fannte man auch Hausarre 
mit militärijcher Bewachung und libera —*2*— 
d. i. freie Haft im Haufe eines angeſehenen Bürgers 
für vornehme Angeflagte. Eigentümlich war die 
custodia militaris, wo Verbrecher und Soldat an 
Eine Kette gefeflelt waren. 

Carecöres j. Circus unter Roma, 20. 

Cardöa (Carda), Göttin der T ürangeln (car- 
dines) bei den Römern, daher Bewacherin 
Hanjes und des Familienlebens. Ahr Feit fiel auf 
den 1. Juni und war geftiftet von Junins tus, 
Or. fast. 6, 101 ff. (wo fie Carna genannt wird); 
vgl. Augustin. civ. d. 4, 8. 

Carfulönus, Decimus, einer der Legaten 
Eäjars im J. 47 v. C. im alerandriniichen Kriege 
(Caes. b. Alex. 31), ſchloß ſich nach Cäjars Tode 
den Anhängern der Republif an und wurde Volls— 
tribun im 3. 44. Als jolcher war er Gegner des 
Antonius (Cie. Phil. 3, 9, 28), der ihn fürchtete 
und ihn im J. 43 mit T. Sannutius feines Sites im 
Senate beraubte. Im Kriege bei Mutina fiel er 
in einem Treffen gegen Antonius nad ruhmvollem 
Kampfe. Cie. ad fam. 10, 33, 4. ad Att. 15, 4. 
App: b. e. 3, 66 ff. 

Carinae j. Roma, 3. 13. 

Carinus, WM. Aurelius, Sohn des Kaiſers 
Carus, älterer Bruder des Numerianus; beide wurden 
im 3. 282 n. €. vom Bater zu Mitregenten er: 
nannt. Garinus verwaltete, während der Bater 
gegen die Parther zog, die abendländiſchen Pro: 
vinzen von Rom aus, führte aber hier ein höchſt 
ausjchweifendes Leben und wurde wegen feiner 
er eit ein Gegenjtand des Vollshaſſes. Kutr. 
9, 19. Vopise. Carin. 16f. Als jein Vater in 
Aien das Dpfer einer Militärverjchwörung ge 
worden (Vopise. Car. 8, 2—7. Aur. Viet. Caes. 
38, 3—4. . 38, 3. Eutr. 9, 18, 1), im $. 283, 
und Numerianus, der das zurüdführte, von 
dem —— ften Arrius ermordet worden 
war (Vopise. Num. 12. Aur. Viet. Caes. 38, 6—8. 
ep.38,4—5. Eutr. 9, 19,2. Oros. 7, 24, 4), Ite 
der Rat der Dffiziere zu Challedon den Diocletian 
zum Kaiſer, 284. Vopise. Num. 13 ff. Aur. Vict. 
Caes. 39, 1. Eutr. 9 9, 20, 1. Oros. 7,25, 1. Gegen 
dieſen 309g Carinus, "wurde aber in der Schlacht 
am untern (Morawa) geſchlagen und im 
entſcheidenden Augenblide des Kampfes von einem 
Zribunen aus Privatrache niedergeftoßen. Vopise. 
Car. 18,2. Aur. Vict. Caes. 2, 12. ep. 38, 6—8. 
Eutr. 9, 20, 2. Oros. 7, 26, 

Carmölus mons, — waldreicher, frucht⸗ 
barer Bergrücken in Untergaliläa, der ſich von dem 
—— Hügelland abzweigt und in nordweſtl. 

tung, etwa 30 km lang, dem Meere zu ftreicht, 

Reallerifon bes Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


241 


wo er das Borgebirge Carmelum (j. Bear eg, 
bildet, auf dem in Kaijerzeit ein Orakel fich 
befanb; j. Dichebel Mar —— nach 1. Reg. 18. 
Tac. hist. 2, 78. Suet. Vesp. 5 
Carmenta |. Evander. 
Carmentälis porta j. Roma, 8. 
Carni, en ber von den Carniſchen Alpen 
‚ Alpes) durchzogenen Landſchaft Carnia (jept 
in), feltijchen Urjprungs, von denen wir wenig 
wiſſen. Liv. 43, 5. Strab. 5, 206. Unter den Städten 
derjelben find zu nennen: Julium Carnicum 
(j. Zuglio), Forum Julii (ij. Eividale in Friaul), 
Aquileja und Tergefte (j. Trieft). 
‚Carnifex (carnufex), der Scharfrichter, welcher 
—— der Sklaven und Fremden zu voll⸗ 
—— hatte. Sein Amt war ein ſehr verachtetes. 
rger wurden vom Liktor hingerichtet; die Er- 
drofjelung im Kerker lag den tresviri capitales ob. 
Carnuntum, alte feltiiche Stadt Oberpannoniens 
am Danuvius, jpäter bedeutende römijche Kolonie 
und wichtiger (a enplaß, bejonders im Marlo- 
mannenfriege, wo jie der Mittelpunkt der Opera- 


des | tionen war, and) Stationsort der Donauflotte und 


Quartier der 14. Legion. 


gier ichrieb Marc Aurel 
während eines dreijährigen 


ufent a Ah (171-174) 


einen Teil feines Werfes r@ zig tavror, bier 
wurde auch Severus m Kaijer ausgerufen. Jetzt 
bedeutende Ruinen bei Betronell und Deutſch— 
Altenburg. 


Carnütes, — e Vollerſchaft zwiſchen Liger 
und Sequana mit den Hauptſtädten Cenabum 
(j. Orleans) und Autricum N Ghartres). Unter 
—— waren ſie eifrige Verfechter der Frei⸗ 
heit, wurden aber zuletzt zerſtreut. Uuex. b. . 2, 35. 
6, 25. 56.6,2.4. 7, 2. 8, 5. Ein Teil war mit 
andern galliichen Bölferichaften nach Ftalien ge: 
zogen. Liv. 5, 34. 

Carpätes, 6 Kauordens, j. Karpathen und Tatra, 
nördliches Grenzgebirge Taciens gegen Sarmatien, 
das von der Örenze Germaniens und Sarmatiens 
in gerader öftlicher Richtung bis zu den Quellen 
des Tyras (Drjeftr) und weiter füdöftlich des Hie- 
rajos (Pruth) reicht. 

Carpetäni, Kagrnraroi, oder Carpesii, iberi- 
ſches Voll im tarracon. Hilpanien am Anas und 
Tagus, mit der Hauptjtadt Toletum (j. Toledo). 
Liv. 21,5. 16 u. ö. Pol. 10, 7. 

Carptor oder scissor, der Zerleger oder Vor: 
fchneider bei der röm. coena, der jein Amt oft mit 
— ——— Birtuojitätübte. Juv.9, 109. 
Sen. ep. 47 

Carrhar, — Stadt in Meſopotamien (Ds: 
roene), ſiidöſtl. von Edejja, am Sfirtos (j. Daijan), 
-. Nebenfluß des Belichas (j. Belik), gelegen; 

m U. T. Haran oder Charan, j. Haran; befannt 
durch die Niederlage des Craſſus gegen die Parther, 
der jodanı auf dem Marſch nad den armenijchen 
Bergen jeinen Tod fand (9. Juni 53 v. E.). 1. Mos. 
11, 31. 24, 10. Plut. Orass. 18 ff. Dio Cuss. 
40, 16 ff. 

Carrinas, 1) Gaius, fämpfte im erften Bürger: 
friege unter Marius, be hligte (83 v. €.) ein Heer 

egen En. Bompejus, owie 82, gegen Metellus 
Bins, von dem er am Fluffe A sn n3 oder Äſis 
eine Niederlage erlitt. Plut. Pomp. 7. App.b.e. 
1, 87. Später von Pompejus bei Spoletium ge- 
ihlagen, verjuchte er den in Pränefte eingejchloffenen 


jüngeren Marius zu befreien, wurde aber von Sulla 
16 


242 


bejiegt, gefangen genommen und hingerichtet. Eutr. 
5,8. App.b. ce. 1,87 ff. — 2) Sein Sohn, Gaius 
Garrinas, consul suffectus im X. 43 v. E. nach 
dem Tode des Vibius Panja, war Anhänger Eä- 
jars, für den er, freilich ohne Glüd, in Spanien 
gefämpft hatte (45). Im Jahre 41 erhielt er dieje 
Provinz zur Verwaltung; jpäter (38) dämpfte er 
einen Aufitand in Gallien und jchlug die einge: 
drungenen Sueben über den Rhein zurüd. App. 
b. ec. 6, 92. Dio Cass. 51, 21. Im J. 36 focht er 
gegen den jüngeren Bompejus auf Sicilien. App. 
b. e. 5, 112. — 3) Carrinas Secundus, be 
fannt als Rhetor, zog ſich durch feine Ausfälle 
gegen Caligula den Ummwillen desjelben zu. Dio 
Cass. 59, 20. — 4) Carrinas Eeler, Rhetor und 
Senator zu Neros Zeit (65 n. E.), vielleicht der 
Sohn von Carr. Secundus. Tac. ann. 13,10.15,45. 

Carseöli, Stadt der Aquer nahe der jabiniichen 
Grenze in rauber Gegend an der zum Adriatiſchen 
Meere führenden Valeriſchen Straße, jpäter rö— 
mijche Kolonie. Ruinen beim j. Earjoli. Liv. 10, 3. 
27, 9. 29, 15. 

Carsülae (Carsuli), in früher Zeit eine der be- 
deutenditen Städte Umbriens, weftlich von Spo— 
letium, fpäter verfallen (Tac. hist. 3, 60); j. Dorf 
Gafigliano. 

artöia, Kaornia, Stadt in Hiſpania Bätica 
nahe dem fretam Herculis, jeit 171 v. E. römische 
Soldatentolonie; j. Nocadille. Hier waren reiche 
Gold: und Silberbergwerte. Liv. 38, 30. 43, 3. 

Carthägo j. Karthago. 

Cartimandüa, cine Fürftin der Briganten in 
Britannien, durch deren Verrat ihr Yandsmann 
Garatacus (ſ. d.) im J. 50 n. E. in die Hände 
der Römer fiel. Später (53) ſchützten die Römer 
fie gegen die Angriffe ihres eriten von ihr ver: 
ftoßenen Gemahls Venutius (Tac. ann. 12, 36 ff.), 
dem fie jedoch 16 Jahre darauf unterlag; mur mit 
Hülfe der Römer rettete fie ihr Leben. Zac. hist. 
3, 45. 

Carus, M. Aurelins, wahricheinlich in Illy— 
riceum geboren (Vopise. Car. 4, 2 jf.), diente unter 
Probus als Befehlshaber der Prätorianer, bejtieg 
den Kaiferthron im J. 282 n. C. (Vopise. Car. 8. 
Prob. 22) und ernannte zum Schreden der Römer 
jeine Söhne Carinus und Numerianus zu Mit: 
regenten; dann kämpfte er gegen die Sarmaten, 
endlich gegen die Berier, denen er Ktejiphon abnahm. 

Vopisc. Car. 8. kutr. 9, 18. Oros. 7,24. Schon 
war er im Begriff, erobernd in Aſien weiter vor: 
udringen, als er das Opfer einer Militärver: 
Uenörung wurde, tweil die Offiziere des Heeres 
jeine Eroberungsiuft nicht teilten (Dezember 283). 
Vopise. Car. 8, 2 ff. Aur. Viet. Caes. 38, 3f. ep. 
38, 3. Eutr. 9, 18, 1. Oros. 7, 24, 4. 

Carvilii, 1) Sp. Carvil. Marimus, Konjul 
im %. 293 v. €. (Liv. 10, 9), bejiegte die Sam: 
niter und Etrujfer (Liv. 10, 33 ff.) bei. bei Aqui— 
lonia und erhielt dafür die Ehre des Triumphes. 
Da er reiche Beute gemacht hatte, gab er jeinen 
Soldaten große Geſchenke und erbaute einen Tem: 
pel der Fortuna. Liv. 10, 46. Im J. 272 wurde 
er wiederum Konſul, jchlug die Samniter aber: 
mals und befiegte Tarent. Flor. 1,18. Oros. 4,3. 
— 2) Sp. Carvil. Marimus, bejiegte als Kon— 
jul im 3. 234 v. E. die Sarden und Eorjen. In 
jeinem zweiten Konfulate, 228, jcheint er einen 
Vorſchlag des Tribunen Flaminius über der: 


Carseoli — Cassii. 


verteilung gebilligt zu haben. Cie. Cat. m. 4, 11. 
Zonar. 8, 18. Er joll im J. 231 das erſte Beijpiel 
einer Ehejcheidung gegeben haben. Er ftarb als 
Augur im J. 212. Dion. Hal. 2, 25. Liv. 26, 23. 

Casa Romüli, eine alte mit Stroh bededte 
Hütte über dem Yupercal auf der Höhe des Ger- 
malus, in welcher Romulus bei Fauſtulus gewohnt 
haben jollte. Sie wurde bis in die Kaiſerzeit, in 
der fie mehrmals abbrannte, jorglih in ſtand 
gehalten. Dio Cass. 48, 43. 

Jasca j. Servilii, 18. 19. 

Cascellius, Aulus, Schüler des Bolcatius, 
Beitgenofje Eiceros, gehörte zu dem bedeutenditen 
Juriſten feiner Zeit und war ein Mann von re: 
publifanischer Gefinnung, der der Willfür Cäjars 
und der Triumbirn unverzagt entgegentrat. Er 
ichrieb ein Werk liber bene dictorum. Plin. 8, 
40, 144. Hor. a. p. 371. Macrob. sat. 2, 6, 1. 
Bol. Dirkſen, Schriften II ©. 435 ff. 

Casilinum, Kasıkivror, Stadt Campaniens, am 
rechten Ufer des Volturnus tordweitl. von Capua 
(1. Nova Eapoa), zeichnete ſich im zweiten pumijchen 
Kriege durch die ruhmvolle Verteidigung gegen 
Hannibal aus (Liv. 23, 17 ff.), ſank aber jpäter 
gänzlich, obwohl eine römische Kolonie dahin ge: 
führt worden war. In diejer Gegend war es, wo 
Hannibal den Fabius auf die befannte Weile 
täujchte. Liv. 22, 15. Strab. 5, 2927. 

Casinum, Kasivov, Stadt der Volſker in Ya: 
tium, nicht fern vom linken Ufer des Liris, am 
Fuße des Berges Caſinus, wo jetzt das berühmte 
Kofter Monte Caſſino fteht. Die Stadt war in 
den — 2 als röm. Kolonie angelegt 
und jpäter röm. Municipium. Liv. 9, 28. Strab. 
5, 237. Die Einwohner h. Casinates. 

Caspii, Kdorwı, ein Bolf in der Nähe der 
Kaſpiſchen Berge zwiichen den Flüſſen Kambyſes 
und Kyros. Hat. 3, 92f. 7, 67. 86. 

Caspii montes, Kdszız öen, das Örenzgebirge 
zwiichen Armenien und Medien (j. Siah-Koh, d.i. 
Schwarzes Gebirge), während im weiteren Sinne 
wohl der ganze vom Kaukaſus jüdlich ums Kaſpiſche 
Meer a Ten Zug darunter verftanden wird. Dort 
befinden ſich auch die jogen. Kajpiichen Pforten 
(Kdoriaı nvLaı), Girduni:Sirdara, ein faſt 3 Stun: 
den langer Engpaß von der Breite eines Wagens 
durch die jüdlichen Ausläufer des Elburz, zioifchen 
ben Städten Rhagai und Thara, der einzige Weg 
aus dem nordweſtl. Ajien in die nordöjtlihen Teile 
des perfiichen Reiches und deshalb von den Perſern 
mit eijernen Thoren gejperrt und bewacht (claustra 
Caspiarum), übrigens nicht zu verwechjeln mit dem 
oft gleich benannten Paß ſüdweſtl. vom Kaſpiſchen 
Meer (ij. g. Albaniae portae). Arr. 3, 19, 2, 
20, 2. 4. 7, 10, 6, 

Caspium mare, n Kaonia« Pdlasca, aud) 
Hyrcanum mare, "Tenavis Adurn, nach den an: 
wohnenden Völkern, zwiſchen Seythia intra Imaum, 
Hyrlanien, Atropatene, Albania und dem ajtat. 
Sarmatien. Es galt nach einem allgemeinen, auch 
bei Eratofthenes und Strabon herrichenden Irrtum 
für einen Buſen des Drceans, obgleich jchon Herodot 
(1, 2025.) bemerkt hatte, es jei ein für fich be: 
itehendes Meer, und Btolemaios es als ein Binnen: 
meer zeichnete. Strab. 11, 507 f. Arr. 5, 5, 4. 
7, 16, 1 fl. 

CassTi, eines der älteften römischen Geichlechter 
von uripr. patriziicher Ablunft: 1) Sp. Caſſ. 


Cassii. 


Bifcellinus, der erjte aus diefem angejehenen 
Geichlechte, der ſich im der Geichichte einen Namen 
erworben hat, Als Konſul befiegte er im J. 502, €. 
die Sabiner bei Cures. Liv. 2, 17. Dion. Hal. 
5, 49. Im %. 501 wurde er der erjte magister 
equitam, im %. 493 abermals Konjul, beförberte 
die Einigkeit der beiden Stände nad) dem Auszuge 
der Plebejer auf den Heiligen Berg und ſchloß ein 
Bündnis mit den LYatinern (Liv. 2, 18. 21. 38. 
Cie. Balb. 23, 55), wodurch fich beide Bölter von 
der SHerrichaft der Etruſter frei machten. Sieben 
Jahre jpäter (456) wurde er zum bdrittenmale 
Konjul und brachte das erfte Adergejeg ein, nach 


welchem das von den Batriziern in Bejiß genom- | Im 


mene Gemeindeland unter die Bürger, Latiner und 
Hernifer geteilt werden jollte. Der Senat war, 
obgleich Caſſius mit dem Widerjpruche feines Kol- 
legen Birginius und jelbjt der Tribunen zu fämpfen 
hatte, weil er die Bundesgenofjien nah Rom ge 
rufen, genötigt, in alles zu willigen. Näheres über 
den Inhalt jeines Vorſchlags willen wir nicht. 
Eaijius wurde aber nach Ablauf jeines Amtsjahres 
vor Gericht gezogen, wegen Gebrauchs ftrafbarer 
Mittel durch das Volk jelbft zum Tode verurteilt 
und vom Tarpejiichen Feljen rät. gl. Schweg- 
ler, röm. Geſch. II ©. Pr; Dion. Hal. 8, 69 ff. 
Livius (2, 41) hat einige Abweichungen, nament- 
lich jagt er, daf die Zuziehung der Bundesgenofjen 
bei der Berteilung ihn beim Bolte tig ge: 
macht habe, welches mit Neid auf die Be —— 
derſelben ſah. Auch ging die e, ——— ter 
habe, überzeugt, daß der patriziſche Stand durch 
das Geſetz beeinträchtigt würde, den Sohn mit 
eigner Hand — al. Max. 5, 8, 2. Daher, 
meinte man, läme es, daß Lajlins’ Nachkommen 
nicht mehr dem patriziichen Stande angehörten. 
Andere freilich erflärten die Sache jo: die Nadı- 
fommen hätten es verſchmäht, länger einem Stande 
anzugehören, .in welchem ein Berwandtenmord be- 
angen worden jei; vgl. Mommſen, röm. Geich. I 
&. 279 (6. Aufl.). Nach jpäteren Schriftitellern ftrebte 
er die Königswürde mwiederherzuftellen. Cic. r. p. 
2, 27.35. Plin. 34, 9. — 2) D. Caſſ. Longinus, 
führte 167 v. E. den Perjeus, König von Mate: 
donien, in die Gefangenichaft nad) Alba (Liv. 45,42) 
und jtarb als Konfjul im I. 164. — 3) Sein Entel, 
2. Caſſ. Longinus, Prätor im 3. 11ı v. C. 
verbürgte mit jeinem Worte dem Jugurtha bei 
jeinem Aufenthalte in Rom periönliche Sicherheit 
(Sall. Jug. 31); er fiel als Konſul (107) im cim- 
brifchen Kriege in einer Schlacht gegen die Tigu- 
riner. Liv. ep. 65. Caes. b. g. 1,7. Oros. 5, 15. 
— 4) 2. Caſſ. Longinus Ravilla (wegen 
feiner graugelben Augen jo genannt), gab im J. 
137 ». €. koährend feine ribunats ein Geſetz, 
daß fortan durch Tafeln abgeftimmt werden jollte, 
— — 

elbe ihr 
bewies er große © 
auch Gerechtigteit und 2 
Kose. Am. 30, 86. Brut. 25. 27. Vell. Pat. 2, ıv. 
Val. Max. 3, 7,9. 8, 1,7. Diejelben Eigenichaf 
ten zeigte er bei Verurteilung mehrerer innen 
im %. 113. — 5) jein Sohn, £. Caſſ. Longi— 
nus, ein der Optimaten, gegen er 
als Tribun (104 v. €.) 
Geſetzen durfte fein vom 
Abgejegter 







:/ Gemahlin Junia, teilnahm. Nachdem 





243 


— 6) €. Caſſ. Longinus, Decempir für eine 
Aderverteilung im J. 173 v. E. (Liv. 42, 4), 171 


Konjul (Liv. 43, 5), befam Gallien als Provinz 
und zog im J. 170 ohne Geheiß des Senates aus 


Gallien nach Makedonien. Auf dem Wege dahin 
verübte er an den am Adriatiſchen Meere wohnen- 
ben Bölfern Räubereien und andere Gewaltthätig— 
feiten, weshalb fich diejelben durch Geſandte ın 
Rom beichwerten. Der Senat jchidte Gejandte an 
ihn, um ihn zur Rechenſchaft zu ziehen, und er- 
flärte den beraubten Bölfern, er könne ungehört 
den Gaffins nicht verurteilen. Liv. 48, 5. Die 
Unterſuchung jcheint erfolglos geblieben zu fein. 
Im I. 154 war er Cenjor und erhob jpäter gegen 
den greifen Gato eine lage, gegen welche fich 
derjelbe verteidigte. Gell.10,14. Plut. Cat. mai, 15. 
— TE. so Longinus Barus, Konful im 
3.73 v. C. lieh zufolge eines von ihm und feinem 
Kollegen M. Terentius Varro gegebenen Gejehes 
(lex Terentia Cassia) Getreide zur Berteilung 
unter das Bolf auflaufen. Cie. Verr. 3, 70.5, 21. 
Im Kampfe gegen Spartacus erntete er feine Lor— 
beeren, da er als Prokonſul von ihm geichlagen 
(nah Oros. 5, 24 — wurbe, 72. Liv. ep. 96. 
Plut. Orass. 9. dh Cäſars Tode ward er ein 
Opfer der von Dctavian und Antonius gebotenen 
Achtungen zu Minturnä. App. b. e. 4,28. — 8) C. 
Caſſ. Longinns, war Duäftor unter Craſſus 
und nahm an dem Feldzuge gegen bie Parther 
teil (53 v. E.), in welchem er, als feine heiljamen 
re von Eraffus unbeachtet blieben, den Rüd: 
zug der Heite des Heeres ficherte. / Tut. Crass. 27. 
Dio Cass. 40, 28. Bei Carrhä entfam er aus der 
Schlacht glücklich nach Syrien, welches er gegen 
die Angriffe der Parther mutig und geſchickt ver: 
teidigte. Plut. Crass. 29. Vell. Pat. 2,46. Cie. 
Phil. 11, 13, 35. Im %. 51 fchlug er die Parther 
völlig in der Nähe von Antiocheia. Dio Cass. 
40, 28. Cie. ad Att. 5, 21. Im %. 49 ſchloß er 
fih als Boltstribun dem Pompejus an, über deſſen 
Flotte er den Befehl ehe worauf er Eäjars 
Flotte an der ficiliichen Küſte ſchlug (Caes. b. e. 
3. 101); auch bei Pharjalos kämpfte er mit, ergab 
ſich aber einige Zeit nachher dem Gäjar, der ıhn 
zum Legaten machte. Die Cass. 42, 13. Cie. ad 
fam. 15,15, 2. Plut. Caes. 62. App. b. e.2, 111. 
3, 2. Im den folgenden Jahren fjcheint er zwar 
am Kampfe gegen den Pharnafes teilgenommen, 
fih aber bald nadı Rom zurücdgezogen zu haben, 
wo er mit Cicero in freundlichem Berfehre ftand; 
von dort ging er im J. 45 nach Brunbifium, um 
ben weiteren Gang der Ereigniſſe abzuwarten; er 
blieb mit Cicero in Briefwechſel. Cie. ad fam. 
15, 16f. Bei aller Anhänglichleit traute ihm 
Cäſar doch nicht und jeßte.ihn gegen M. Brutus, 
3. B. in der Prätur, zurüd, jo dat ſich mach und 
nach bei Caſſius eine Abneigung gegen den ge- 


)| waltigen Mann und deflen ehrgeizige Pläne ent: 


widelte. Darans reifte bei ihm der Gedanke einer 
Verſchwörung gegen Cäjar (Plut. Brut. 8 ff. Dio 
Cass. 44, 14), an der Brutus, der ak de —* 
en 
eine Anzahl tühner, republitaniich gelinnter Männer 
gewonnen hatten, führten fie in einer Senatsſitzung 
an den den des März im J. 44 ihren 


welche er | 
ig auftrat. Nach jeinen ı durch Cäſars Ermordung aus. Plut. Brut. 14 
olf Berurteilter und | Caes. 66. Suet. Caes. 82. Vell. Pat. 2, 56. Apr. 


Senator jein. Ascon. in Cie. Corn. 78. b.e.2, 1135. Flor. 4,2. Der Senat gewährte 


16* 


244 


zwar den Verſchworenen, welcde unmittelbar nad 
der That auf das Capitol geflüchtet waren, Ver: 
zeihung, doc Antonius reizte das Volk gegen fie 
auf, und mehrere ergriffen die Flucht. Caſſius und 
Brutus verließen Rom erſt jpäter, verloren ihre 
Provinzen Syrien und Makedonien und erhielten 
dafür Kyrene und Kreta ſowie den Befehl, Getreide 
für das Volk aufzufaufen. Da beide in alien 
ſich nicht für jicher hielten, legten fie abweiend ihre 
Prätur nieder, worauf Antonius ihnen ein belei- 
digendes Edift zujandte. Cic. ad fam. 11, 3,1. 
ad Att. 14,5. App. b. c. 3, 8, etwas abweichend 
Plut. Brut. 19. Beide begaben jih nun im Die 
ihnen urjprünglich beftimmten Provinzen Syrien 
und Makedonien. Caſſius gewann die in Syrien 
und in andern Ländern Ajiens ftehenden Legionen, 
worauf nad, Antonius’ Niederlage bei Mutina der 
Senat dem Caſſius die Provinz Syrien bejtätigte. 
Er jchlug jeinen Gegner Dolabella, dem der Senat 
die Provinz kurz vorher, nachdem er fie dem Caj- 
jius entzogen, gegeben hatte, in und bei Laodikeia; 
Dolabella tötete ſich felbft. Vell. Pat. 2,69. App. 
4, 60. Plut. Brut. 28. Flor. 4,7. Dio Case. 
47,20. Als nun Antonius, Octavian und Lepi- 
dus das Triumdirat geſchloſſen hatten, vereinigten 
jih Brutus und Caſſius zur Rettung der Republik 
gegen diejelben. Caſſius zog, nachdem er Rhobus 
gezüchtigt (Plut. Brut. 30 f.) und in Ajien Steuern 
eingetrieben hatte, nady Sardes (ba. 34), wo er 
ſich mit Brutus vereinigte. Beide gingen nun 
über den Hellespont nach Makedonien, lagerten 
ſich mit etwa 100000 M. bei Philippi und er- 
warteten hier das Heer der Triumvirn in günftiger 
Pofition. Da Antonius in dem ausgejogenen 
Lande jein Heer nicht halten konnte, griff er das 
feindliche Lager an. Brutus, der den einen Flügel 
befehligte, Begte zwar und eroberte Octavians 
Lager, Eajjius aber, der aus feiner Stellung von 
Antonius verdrängt war, gab, da er von dem Siege 
des Brutus nicht unterrichtet war, alle Hoffnung 
auf und lieh ſich durch einen Diener erjtechen. 
Auf Thaſos wurde feine Leiche von Brutus be- 
ftattet. Plut. Brut. 39 ff. Dio Cass. 47, 42 ff. 
Flor. 4,7. App. 4, 107 ff. Suet. Oct. 13. Vell. 
Pat. 2, 70. Unter Eiceros Briefen ad familiares 
finden fidy (12, 11—13) Berichte von ihm; auch 
ein vertraulicher Brief (15, 19). — 9) Sein Bru- 
der, 2. Caſſ. Longinus, Anhänger Cäſars, 
diente anfangs unter dieſem in Thellafien, ging 
aber von da nad; Griechenland und nahm an der 
Schlacht bei Bharjalos feinen Anteil. Boltstribun 
wurde er im %. 44 v. E. und widerjeßte jich den 
Plänen des Antonius, der ſich durch Ausſchließung 
desjelben aus dem Senat an ihm rädjte. Cie. Piil. 
3, 9,23. Als Antonius ſich mit Octavian ver: 
jöhnt hatte, verlieh Caſſius Rom und ging nad 
Alien; doch erhielt er von Antonius daſelbſt Ber: 
zeihung (41). App. b.c.5,7. Caes. b.e. 3, 34 ff. 56. 
Dio Cass. 41, 51. — 10) Sein Sohn, 2. Eaji. 
Longinus, fämpfte unter jeinem Oheim €. Caſ— 
find gegen Dolabella und fiel bei Philippi. App. 
b. c. 4, 136. — 11) DO. Cajj. Longinus, nahe 
verwandt mit dem Mörder Cäſars, ein Mann von 
hartem Gemüte und habjüchtigem Charakter. Als 
jolcher hatte er fich jchon im J. 54 v. C. in Spanien 
durch Bedrüdung der Einwohner äußerſt verhaft 
gemacht. Als Tribun jeßte er die Vorlefung des 
Schreibens Cäſars im Senate durch (1. Januar 


Cassii. 


49 = 13. November 50 v. E.), mußte aber bald 
zu Gäjar entfliehen, der ihn wieder nadı Spanien 
landte (Cues. b. c. 2, 21. Dio Cass. 41, 1. 24), wo 
jeine Erpreffungsjucht eine Verſchwörung hervorrief, 
welche mit biutiger Strenge unterbrüdt wurde. 
Aber mehrere Legionen empörten jich gegen ihn, 
der Duäftor Marcellus jchloß fich ihnen an, Caſſius 
wurde bei Corduba eingeichlofien, erhielt aber von 
König Bogudes von Mauretanien Hülfe und ver- 
ichaffte jich freien Abzug. Er dachte jeht indes 
nur daran, die erpreßten Neichtümer zu retten, 
verließ Spanien zu Schiffe, ging aber mit dem: 
jelben und jeinen Schägen an der Mündung des 
Iberus bei heftigem Sturme unter. Dio Cass. 
42, 16. Gues. b. Aler. 48ff. b. Hisp. 42 ff. — 
12) 2. Caſſ. Longinus, Nebenbuhler Eiceros 
bei dejjen Bewerbung um das Konjulat (63), darauf 
Anhänger Eatilinas und Unterhändler desjelben 
mit den Allobrogern. Cie. Cat. 3, 4, 9. Sall. 
Cat. 44. Nach Entdedung der Verſchwörung ver: 
ließ er Rom, welches er hatte anzünden wollen, 
und entzog fich jo der Strafe. Cic. Sull. 19, 53. 
— 13) Eajj. Barmenjis, nahm teil an Cäjars 
Ermordung, befehligte (43 v. E.) des Caſſius Flotte 
an der ajiatijchen Küfte (Cie. ad fam. 12, 13), 
ging nad) der Schlacht bei Philippi nad Sicilien 
und vereinigte fich dajelbft mit dem jüngeren Pom— 
pejus. App. b. c.5,2. Im J. 36 trat er zur 
Bartei des Antonius über, mit dem er bei Actium 
fämpfte. Bald nach der Schlacht ließ ihn Auguftus, 
den er beleidigt hatte, hinrichten. Vell. Pat. 2, 87. 
Val. Max. 1, 7,7. Oros. 6, 19. Er war aud) Did: 
ter, jchrieb Briefe und Epigramme, zeichnete fich 
aber bejonders durch feine Tragödien Thyeſtes 
(verjchieden von der des Varius) und Brutus aus. 

or. ep. 1,4, 3. Plin. 31, 2. Suet. Oct. 4. Weit: 
ihichtige Monographie von U. Weichert (1836). — 
14) C. Caſſ. Longinus, verwaltete Syrien unter 
Claudius g n. E.), wurde von Nero, der darüber 
ürnte, daß er das Bild des Mörders Cäjars unter 
re Ahnenbildern hatte, in die Verbannung ge- 
ſchickt, aus der erft Beipafian ihn zurüdrief. Tac. 
ann. 16, 7. 9. Suet. Ner. 37. Plin. ep. 7,24. Als 
Juriſt ftand er in großem Anſehen und jtiftete 
eine eigene Schule, die Cassiani. Tac. ann. 12, 12. 
Er hatte ein großes Werf über das ius civile 
verfaßt, welches jein Schüler Arifto fommentierte 
und Javolenus Prijens in 15 Büchern ercerpierte. 
— 15) Avidius Cajj., mad) einigen aus der 
Familie der Caſſier, nach andern ein Syrer (Dio 
Cass. 71, 22), fämpfte in den Striegen des Marc 
Aurel, eroberte und zerftörte unter 2. Verus die 
Hauptſtädte der Parther, Sttefiphon und Seleufeia 
(Dio Cass. 71, 2ff.), und jchlug im 3. 173 n. C. 
die Sarmaten im Norden der Donau. Capitol. 
Ver. 7$. Volc. Gall. Av. 4. Darauf befehligte er 
in Syrien und Armenien, unterbrüdte einen Auf: 
stand in Ägypten und ließ fih nun (175) von 
jeinen Kriegern ald Kaijer ausrufen. Vole. Gall. 
Av.7. Dio Cass. 71, 21. Sein jtolzer, herrſch— 
lüchtiger Sinn konnte es nicht ertragen, nur zu 
ehorchen; jein Feldherrntalent, das in vielen Kriegen 
N bewährt hatte, verjprach jeiner Unternehmung 
günftigen olg (Dio Cass 71, 22 ff.) Schon 

tte er in wenigen Monaten faft ganz Borderajien 
is zum Taurus unterworfen und Marc Aurel 
ſelbſt zog gegen ihm ins Feld, da wurde er nach 
dreimonatlicher Herrichaft ermordet. Dio Cnss 71,27. 


Cassiodorius — (astra. 


Volcat. Gall. Av. 8. — | 


Capitol. M. Ant. 25. 
16) 2. Eafj. Hemina, lebte um 146 v. C. Plinius 
(13, 84) bezeichnet ihn als vetustissimus auctor 
annalium ; die Fragmente jeiner annales bei Beter, 
hist. Rom. rel. I p. 95. Fragm. p. 68 ff. — 
17) €. Caſſ. Severns, Redner, lebte unter 
4 rg Er war wegen feines verlegenden Wibes 
— t und verwirkte dadurch ſeine Verbannung, 
erſt nad Creta (8 n. C.), dann nach Seriphos 
Tac. ann. 1, 72. 4, 21), wo er 33 n. C. ſtarb. 
Die neue Zeit bedingte aud eine neue Form in 
der Berediamfeit, die jich dem Tone der Deflama: 
tionen näherte. Quint. 10, 1, 116. Tae. dial. 
19, 26. Suet. Oct. 56. Calig. 16. — 18) Caſſius 


245 


Cãſar die Hauptitabt des Caſſ., jo daß er ſich ge: 
nötigt jah Frieden zu ſchließen und Geifeln zu 
geben, mit denen Cäſar aus Britannien abzog. 
/aes. b. g. 5, 22 ff. Kutr. 6, 17. Oros. 6, 9. 
Castra. Zwei Beichreibungen eines römischen 
Lagers find uns aus jehr verſchiedenen Zeiten über: 
liefert worden, von Polybios ans der Zeit der 
puniſchen Kriege, alio gerade aus einer für die 
innere Entwidelung des römijchen Kriegsweſens 
überhaupt, durd den Einfluß der großen feind— 
lichen Treldherren, Pyrrhos und Hannibal, jo wich: 
tigen Epoche, und von Hyginus, der unter 
Trajan lebte, aljo aus einer Zeit, wo bie römische 
Kriegswifjenichaft Durch die eigenen großen Feld— 


Dio j. Dio, 2. — 19) Eajjius Chärea j. | herren und durch die Belämpfung römischer Waffen 
Chaerea. und römiicher Taktik mit gleichen Künften den 
Cassiodörius Polybios 


gem. Cassiodorus), Magnus 
Aurelius Caſſ. Senator, geboren zu Scylla- 
cium in Bruttii zwiſchen 460 und 465 n. C. aus 
einer alten berühmten römijchen Familie, befleidete 
unter Oboaler und ipäter unter dem oten: 
fönige Theoderich und deſſen Nachfolgern Athala- 
rih und Bitiges mehrere wichtige Staatsämter, 
insbejondere als erſter Minifter und Staatsjefretär. 
Als er ſich um 540 nad dem von ihm erbauten 
Klofter Bivarefe (Vivarium) in Calabrien zurüd-: 
gezogen hatte, war er hier teild mit theol. Studien 
berhäfti t, teils für die be pa und Berbrei: 
tung wiſſenſchaftlicher Kenntnifie unausgejegt thätig, 
wie er denn auch viele Abichriften der Alten machen 
lieh. Er ftarb hier 575, über 100 Jahre alt. — In 
die legte Periode feines Lebens fallen die meiften 
feiner zahlreichen Schriften; diejelben find teils 
—S wie Chronica, welche von Adam bis 
519 n. C. reihen, eine Gejchichte der Boten, welche 
uns nur in der Bearbeitung des Jordanis (ſ. d.) 
erhalten ift, und Variarum libri XII, eine Samm: 
fung der von ihm in jeinen amtlichen Stellungen 
verfaßten Schriftitüde; teils theologiſch und ency- 
tlopãdiſch, wie die institutiones divinarum et 
saecularium litterarum und de artibus et di- 
sciplinis hberalium artium, in denen eine Über: 
ficht der septem artes liberales (die Rhetorif bei 


Halm, Rhetores lat. p. 495) für die Geiftlichen | La 


gegeben war. Auch eine Kompilation de ortho- 
graphia befigen wir noch a ng von 9. 
Keil, gramm. Lat., Bd. VII. Wit einer höchſt 
achtungswerten Kenntnis und Hochſchätzung der 
alten 2itteratur verbindet Caſſ. einen tüchtigen 
Charalter; jein Stil ift ſchwülſtig. Um bie Erhal: 
tung der alten Schriftiteller hat er fich ſehr verdient 
a . Bol. Battenbach, Deutichlands Geſchichts 
quellen I ©. 55ff. (4. Aufl.).. Monographie von 
A. Thorbede (1867). 

Cassiterides insülae, Kassırsgldss vijooı, 
Zinninfeln, hießen anfangs die britiichen Inſeln 
überhaupt, woher die Bhoinifier Zinn und Blei 

olten (Plin. 34, 16, 47), dann die weſtlich von 
itannien gelegenen Scilly: oder Eurlinginjeln. 

Cassivellaunus, ein Fürft der Britannier, ſtand 
an der Spipe der Völler Britanniens, als Cäjar 
von Gallien aus im J. 54 das zweitemal Die 
Infel angriff. Caes. b. g.5: 11. Da die Britan- 
nier im offenen Felde Römern feinen Wider: 

fih Caſſ. in die unzu— 


ftand leiften fonnten, 47 
gänglichen Wälder zurüd und bedrängte von hier 


rn Gipfel längſt erreicht hatte. 
ennt nur die Einteilung der Legion nad Mani— 
peln und in Hinficht der Waffen nach Principes, 
Hastati, Triarii und Velites, und beichreibt das 
ng eines damaligen konſulariſchen Heeres von 
2 Legionen, mit Den dazu gehörigen Bundes: 
enofien (socii); Hyginus dagegen trennt nad) der 
u aus den Zeiten der erjten Bürgerkriege ſtam— 
menden Einteilung in Kohorten mit gleicher Be: 
waffnung (vgl. Acies und Legio) und beiehreibt 
das Lager von 3 Legionen mit einer großen 
Anzahl, freilich nicht notwendig dazu gehörender, 
Truppenförper. Dagegen ift in der Entwidelung 
der 3 dazwiſchen liegenden Jahrhunderte filr uns 
eine ſcheinbare Lüde; aber diejen Mangel hebt 
eine genauere Vergleichung der beiden überlieferten 
Lagerbeichreibungen, wenn man die Andeutungen, 
namentlich des Cäſar, Livius und Tacitus, dazu 
nimmt, jo ziemlich wieder auf. Das polybiiche 
Lager muß wegen der angebeuteten militärijchen 
Veränderungen fort in den erjten Bürgerfriegen 
Umwandlungen erfahren haben, und auch dieſe 
müſſen fich bei den verichiedenen Einteilungen der 
Legion und bei den Veränderungen in der Schlacht: 
ordnung immer von neuem mit geändert haben; 
aber dennoch jind die Grundverhältnifie desſelben 
für die ganze fpätere Zeit maßgebend, und das 
ger des Hyginus ift fein anderes, jondern weſent⸗ 
li ein aus dem polybiſchen hervorgegangenes, und 
man fann das jpätere nicht verftehen ohne genaue 
Einficht des älteren. — Im allgemeinen brachte 
ein römiſches Heer nie eine Nacht ohne den Schutz 
von Wall und Graben zu; war das Lager nur 

r Eine Nacht beftimmt, jo hieß es castra, in 
päteren Zeiten mansio; verweilte das Heer länger, 
jo hieß es c. stativa, geichieden in c. aestıya 
und hiberna. Bon dem Lager aus wurde die 
Schlacht begonnen, nad) einer etwaigen Niederlage 
diente e3 zum Aufluchtsorte (Liv. 44, 39; Daher 
mußte es mit der größten arg und Sorgfalt 
angelegt werden. Das günftigfte Terrain war der 
Abhang eines janft abfallenden Hügels; vorzüg— 
fihe Rüdfichtnahme aber erforberte die erreichbare 
Nähe von Wafler, del, und Futter umd die ge: 
funde Lage des Orts. Tae. hist. 2, 93. Um dies 
alles jchon vorher zu —— und auszuwählen, 
ſandte der Feldherr einen Tribun, mit einer je 
nach der Nähe des Feindes bald größeren, bald 
kleineren Abteilung von Soldaten, dem Heereszuge 
voraus, urjprünglich in Begleitung eines Augur, 


aus den Feind. Daſ. 5, 18ff. Dio Cass. 40, 3. | zur Vermeſſung des gewählten Yagerraumes, wes- 
Nach Unterwerfung mehrerer Bölterjchaften eroberte | halb das römiſche Lager etwas Heiliges war vgl. 


— 


n 


23 


246 


Diseiplina militaris); fpäter vertrat deſſen 
Stelle ein eigener metator (castra metari). Die 
Form des Lagers war bei Rolybios ein Quadrat 
(quadrata), bei Hyginus iſt es um ein Dritteil 
länger als breit (tertiata, micht dreiedig). 


(praetorium, weil vor alters die Konſuln prae- 
tores hießen) in möglichiter Nähe des Feindes 


| diente (b). 





(vgl. die Abbildung 1.) (a) Hier ftellte ſich der 
Augur mit dem Geficht nad) der Nichtung bin: 


Castra. 


einem weißen Fähnlein (vexillum) bezeichnet. 
Davor (nad der Stellung des Augur) dehnte fich 
ein freier Naum aus (prineipium, prineipia), wo 
die Altäre (arae), die Fahnen (signa) und die 


Das | Rednerbühne des Feldherru (tribunal) jich befan- 
erite war die Beltimmung des Treldherrnzeltes | 


den, und der zum Verjammlungsort der Soldaten 
Neben dem Prätorium lag in einiger 
Entfernung links das Zelt (c) des Quäftors (quae- 
storium), recht3 das (d) für die beiden Legaten 


| (forum), deren Thüren nad) der Hinterfronte gingen. 


I. 


Ausmarich bes Heeres. 





Einmarich 


ichauend, von wo das römische Heer fam, und mit 
dem Rüden den Feinden zugemwendet auf, und von 
diefer Stellung des Augur aus hat Polybios, für 
uns auffallend, diejenige Seite des Lagers, Die 
vor ihm lag, und wo die nachfolgenden Römer 
einziehen mußten, die Vorderfronte (modcunor, 
fron-) genannt, dagegen die dem Feinde zugelehrte 
Seite des Yagers die Hinterfronte. Auch die 
beiden Seitenthore erhalten diejer Stellung gemäß 
die Bezeichnung von dextra und sinistra (vgl. 
unten). 


bed Heeres. 


Zu beiden Seiten vor dem Principium (b), 50° 
von dem Quäftorium (ce) und Forum (d) entfernt, 
wurden die Yeltpläge (e) für die 12 Tribunen 
(jede Legion 6) und die 12 Präfecti (/) der Bundes: 
genofjen mit roten Fähnlein bezeichnet. Bor diejer 
Beltreihe blieb eine Straße von 100° Breite (via 
prineipalis) frei (g), die zu den beiden Eeiten: 
thoren (portae principales), dextra (Ah) und si- 
nistra (1), führte. Dieje Strafe teilte das ganze 





Der für das Prätorium erwählte Platz 
(ein Quadrat von 200° Seitenlänge) wurde mit | 


Lager der Breite nad in 2 ungleiche Teile, von 
denen die Vorderfronte (den einmarichierenden Rö— 
mern zugewandt) zwei PDritteile, die Hinterfronte 


4 


a 


Castra. 


dem Feinde zugewandt) ein Dritteil umfahte. Der 
Länge nach wurde das Lager durch eine 50° breite 
Strafe (vin praetoria), die von der Mitte des Prä- 
torium und des Principium aus nach der Border: 
fronte führte (k) und fich auch auf der entgegen: 
gejepten Seite hinter dem PBrätorium fortiegte (A), 
in 2 Hälften geteilt. An den beiden Musgangs: 
punkten diejer Straße lagen die beiden Haupt: 
thore, die porta decumana (!) an der Border: 
ironte, dem Feinde abgewandt (jpäter aud) p. quae- 
storia genannt, vgl. unter Liv. 10, 32.34.47.41, 2), 
durch welches das römijche Heer einmarfchierte, 
und die porta praetoria (m), dem Feinde zu— 
— aus welchem das Heer ausmarſchierte. 
tchren wir wieder zur via prineipalis (g) zurück, 
jo wurde das Gros der Legionsjoldaten und der 
Bundesgenojien (mit Ausichluß der extraordinarii, 
vgl. Legio) in der Borderfronte je eine Legion 
zu beiden Seiten der v. praetoria (k) dergeitalt 
untergebracht, daß die Bundesgenofien ebenjo wie 
in der Schlacht die Flügel einnahmen. Die Felt: 
reihen wurden zunächſt mit eingeftedten Spießen 
(hastae) bezeichnet, jo daß das anfonmtende Heer 
ſich ohne weiteres zurechtfand; zu beiden Seiten 
der Längenftrafe (v. praet.) lagen die Zelte von 
je 10 Turmen römijcher Ritter (n), unmittelbar 
dahinter die der Triarier (o), welche wegen ihrer 
halben Stärte (vgl. Legio) auch nur halb jo viel 
Zeltraum beburften. Der Ausgang ihrer Zelte 
führte auf eine Nebenſtraße von 50° Breite (strigae, 
doc heiten jo vorzugsweiſe auch die Zeltreihen 
jelber). Ihnen zugewandt auf der andern Seite 
der beiden Nebenjtrafen fampierten die Principes 
(p), woran wieder unmittelbar die Haftati ſtießen 
(q), deren Zelte auf 2 andere Nebenftrafen von 
der angegebenen Breite führten. Bon den 10 Ko— 
horten jeder Legion (zur Zeit des Bolybios aus 
je einem Manipel Haftati, Principes und Triarii 
mit den entjprechenden Leichtbewaffneten, velites, 
beftehend) befand fich die erfte Kohorte zunächſt 
der via principalis (g) und die zehnte am der 
porta decumana (l). Zwiſchen den fünften und 
ſechſten Kohorten war zur größeren Gliederung des 
Lagers noch ein Breitenweg von 50° Breite an— 
gelegt, via quintana (r), nad) der daran fampie- 
renden cohors quinta benannt. Endlich auf den 
beiden Flügeln, den Haftati (q) gegenüber, lagerten 
die Bundesgenoffen, nah innen die equites (s), 
nach außen, auf den Wall jchauend, die pedites (t). 
— Die abgejonderten Corps der extraordinarii, 
Zrlkenror (ein Fünfteil der zu jeder Legion ge- 
Hörigen Bundesgenofien), fampierten in dem hinte: 
ren Zeile des Lagerd an der porta praetoria (in), 
und zwar — n Seiten der nach dieſem Thore 
führenden Fortſetzung der v. praetoria (k’). Ihre 

eltreihen liefen parallel mit dem Walle der Hinter: 

nte und war auf der andern Geite zwijchen 
denjelben und dem Prätorium (a) ein Abſtand von 
100° Breite. Die equites extraordinarii fambier- 
ten wiederum nach innen (w), die pedites (v) nad) 
dem Walle zu. Die von —* Extraordinarii 
abgeſonderten Leibwachen des Feldherrn, ablecti 
—* und equites (dmökexror, vgl. Legio), 
lagen neben dem Quäſtorium (c) und Forum (d), 
ebenfalls die equites (w) nach innen und Die 
pedites (=) nach außen. Daran jchloffen fich un— 
mittelbar die Zelte der evocati (vgl. Dilectus 


militum, 4.), jowohl egqrites (y) als pedites 


247 


(2), Rreiwillige, die nicht zu den gewöhnlichen Feld— 
und Lagerdienjten herangezogen wurden. Und 
waren endlich noch zufällig andere Truppen, etwa 
externa auxilia (vgl. Auxilia), zugegen, jo 
lagerten diefe neben den Ertraordinarii, — Zwi— 
chen dieſem joeben bejchriebenen inneren Lager: 
raum und dem Walle war auf allen Seiten ein 
Abſtand von 200° Breite, damit der Feind nicht 
etwa bei plöglichen Uberfällen Feuer auf die Zelte 
werfen fünnte. Bon dieſem Raume aus begaben 
ſich auch die einzelnen Abteilungen nach den für 
fie bejtimmten Zelträumen, und endlich diente der: 
jelbe noch zur gg der Gepädwagen und 
au Unterbringung der Beute. Die Stärfe und 
iefe des Walles und des Grabens war je nad) 
den Umftänden verichieden, die Nähe des Feindes 
erforderte auch größere Befeftigung. An der Border: 
und Hinterfronte arbeiteten die beiden Legionen, 
an den Geitenbefeftigungen die Bundesgenofien, 
alle unter der Oberauffiht von 2 Tribunen, unter 
den Kaiſern von einem eigenen praefectus castro- 
rum, Ein Standlager (ce. stativa) bedurfte natür: 
lich noch größerer Befeftigungen durch Staitelle, 
ſowie der Wall auch mit PBallijaden und Bruit- 
wehren (lorieae) verjehen war. Caes. b. g. 5, 40. 
7, 72. 8, 9. Längs des Walles fampierten bei 
Tage die Leichtbewaffneten (velites), die bei Nacht, 
namentlich wenn der Feind in der Nähe war, vor 
den Thoren im Bivonac lagen (daher (procubi- 
tores). Der Troß der Offiziere und Ritter Reit— 
fnechte, agasones, und Packknechte, calones) be: 
fand ſich im Lager dort, wo fie zu thun hatten 
(Caes. b. g. 6, 36), namentlich auch bei der Bagage 
der höheren Offiziere, die außer dem Geprädraum 
an Walle entlang in dem Raume zwilchen der 
Beltreihe der Tribunen (e) und der Präfekten einer: 
jeits und dem Quäftorium (c) und Forum (d), 
jowie den Zelten der Ablecti (ww und «) anderjeits 
aufgeftellt wurde. Die Marfetender (mercatores, 
lixae) ftanden außerhalb der porta decumana am 
Walle entlang ((aes. b. g. 6, 87. Sall. Jug. 44, 5), 
wo fie, entfernt von dem Feinde, die meifte Sicher: 
heit hatten. Tac. ann. 1, 66. Die Zelte (tem- 
toria, pelles) waren von Leder und wurden mit 
Striden an Bilöden ausgeipannt und befeitigt, die der 
höheren Offiziere heißen tabernacula, In Winter: 
lagern wurden zum Schutze gegen die Witterun 
förmliche Hütten erbaut und mit yellen oder Stro 
bededt, casae stramenticiae. Tac. ann. 13, 35. 
Caes. b. q. 5, 43. Gewöhnlich lagen 10 Mann in 
jedem Zelte zufammen und bildeten ein contu- 
bernium, Seltgenstieniehaft, fie jelber hießen con- 
tubernales, ihr Aufjeher decanus. — Bei 
allmählihen Entwidelung und Wusbildung des 
römijchen Lagers waren namentlich die beiden Ge— 
fichtspunfte der Sicherheit, jowohl nah außen 
als auch nach innen, und der Yeichtigfeit des 
Burehtfindens maßgebend. Eben biefefben gal: 
ten noch zur Zeit des Hyginus, wie zur Zeit des 
Polybios; aber einesteils können diejelben Zwecke 
auf verjchiedene Weile durch andere Mittel ebenio 
vollftändig erreicht werden, andernteil® bedingen 
Veränderungen in verwandten Beziehungen, wie 
die überaus große Vervolllommnung der Fern: 
waffen und des ſchweren Geichüges, die verſchie— 
dene Einteilung der Legion, die Aufhebung des 
BWaffenunterichiedes, jowie endlich der Umſchwung 
des gejamten Kriegsweſens auch Veränderungen 


6 


-1 


= 


248 


in der inneren Konftruftion des Lagers. Da nun— 
mehr alle Abteilungen der Legion gleihe Stärfe 
hatten, jo war die Raummverteilung der Zelte auch 
gleich; nur die erſte Kohorte jeder Legion enthielt 
die doppelte Mannjchaftszahl, demmad erhielt fie 
auch doppelten Lagerraum. Außerdem aber gab 
es jetzt eine Mafle jelbftändiger Truppenförper 
neben den Legionen mit verſchiedenen Rangord— 
nungen, die je nach ihrem Verhältniffe zu der 
Perſon des Feldherrn in größerer oder geringerer 
Nähe des Prätorium fampierten (vgl. die bei: 
gefügte Tabelle II. des hyginiſchen Lagers nad) 
Lange): zunächſt an der einen Seite die jungen 
vornehmen Begleiter (comites imperatoris), an 
der andern die Beamteten (officiales imperatoris), 
jodann die verichiedenen cohortes praetoriae, die 
jetzige Leibwache und die neben höherem Solde 
zugleich einen höheren Rang einnehmenden equites 
prastoriani und singnlares. Der Zwilchenraum 
zwifchen dem Wall und den Zelten war anftatt 
der früheren 200° auf 60° beichränft, da dieſe 
gerade noch hinreichten, den obenangeführten ander: 
weitigen Zweden dieſes Raumes zu genügen, und 
gegen feindliches Feuer, bei der vermehrten Wir- 
fung der Wurfmaſchinen, jelbft jene früheren 200’ 
nicht mehr Sicherheit gewährten. Die Sicherheit 
im Innern, d. h. gegen den geheimen Groll der 
Bundesgenoflen, juchte die alte Zeit in der Tei- 
lung derjelben, weshalb im polybiichen Yager das 
römifche Heer nach innen, die Bundesgenofjen nach 
außen lagerten. Dieſe Rüdfichtnahme hörte auf, 
nachdem allen italiihen Wölterichaften die Ehre 
des Legionendienftes oder jeit Auguftus auch der 
Dienft im jelbftändigen Kohorten von gleichem 
Nange mit den Legionen offen ftand (cohortes 
peditum und equitum, quingenarine und mil- 
liariae, vgl. die Tabelle), und nunmehr die an 
die Stelle diejer früheren socii getretenen auxilia 
(V’annonii veredarii, Mauri equites, Getae, Daci, 
Britones, Cantabri, Palmyreni) zu verfchiedenarti 
an Abjtammung und Beitrebungen waren, als da 
plögliche Gefahren von ihnen zu befürdten ſtanden. 
Überdies ift es ja ebenjo leicht und ficher, Meute: 
reien durch Einſchließung als durd Teilung zu 
verhindern und zu unterdrüden. Daher jebt die 
GEricheinung, daß die Legionen dem Walle zunächft 
fampierten und das ganze innere Lager wie eine 
Mauer umichlofien. Ihre Zelte waren von dem 
übrigen Yagerraume durch die 4 viae sagulares 
von je 30° Breite getrennt. Die übrigen Haupt: 
ftraßen des früheren Lagers waren jelbit dem 
Namen nach geblieben: die v. praetoria, 60° breit, 
führte jebt von dem Prätorium zur porta prae- 
torin, die beiden andern durch die Breite des 
Yagers; die v. prineipalis war ebenfalls 60’, da- 
gegen die v. quintana 30° breit. Die Neben- 
ſtraßen (viae vieinariae) zwijchen den Zeltreihen 
(strigae) hatten 10° oder 20° Breite, je nachdem 
die Raumverhältnifje es geftatteten. Durch die prin- 
eipalis und quintana wurde das um ein Drittel 
längere als breite Lager (tertiata) in 3 Teile 
geteilt: 1) praetentura, die Borbderjeite (jet dem 
Feinde zugewandt), zwiſchen der p. praetoria 
und der v. principalis; 2) latera praetorii, die 
Flügel des Prätorium, in der Mitte des Lagers 
zwiſchen v. principalis und quintana; 3) reten- 
tura, die hintere Seite, von der quintana bis zur 
p. decumanı. Mit der Anderung in der Bezeich: 


Castulo — Catana. 


nung der Lagerfronte hatten die beiden Seiten: 
thore, p. principales, auch im Bergleich zu der 
früheren Bezeihnung ihre Namen, dextra und 
sinistra, vertauscht. Wenn fich durch die Anweſen— 
heit einer größeren Anzahl von Legionen noch mehr 
Ausgänge und Thore vernotwendigten, jo wurden 
an den Enden der v. quintana ebenfalls Ausgänge 
gelafien (Caes. b. g. 6, 37: wegre portas nostri 
tuentur; reliquos aditus ete. b. c. 3, 54). Das 
Prätorium lag in der Mitte des Lagers zwiſchen 
der v. principalis und quintana, wie es aud) 
früher der all war, wenn nur Eine Legion im 


Lager fampierte. Bor demjelben war das Prin- 
‚cipium oder Forum, der Berjammlungsort der 


Soldaten (Tac. ann. 1,61. hist. 1,48.54.3,12.153), 
mit den Altären, dem Auguratorium und dem Tri: 
bunal. (Bon hier aus vermaf} der metator auch 
das Lager, der Ort hieß groma, weshalb der Ber: 
meſſer auch gromatiens genannt wurde.) Zu den 
Seiten des Prätorium fampierten die obengenann- 
ten Begleiter und Leibwachen des Feldherrn. In 
der retentura befand ſich gerade hinter dem Prä— 
torium an der andern Seite der v. quintana das 
Quäſtorium, welches jet zur Aufbewahrung der 
Seifen und der Beute unter Aufficht von Legaten 
diente. Der Quäſtor folgte als jolcher nicht mehr 
dem Heere; war er zugegen, jo war ihm ber 
Befehl einer Abteilung übergeben (Üaes. b. g. 1, 52. 
4, 22 u. Ö.), und er ſtand mit den Legaten gleich. 
— In der praetentura lagen zu beiden Seiten 
der v. praetoria parallel mit der v. principalis 
die Zelte der Legaten und Tribunen in je 2 Belt: 
reihen (scamnum ) hintereinander. Neu hinzu: 
gefommen find noch in dem huginischen Lager die 
Belte für die Handwerker (fabrica), die dem Heere 
in einer eigenen Abteilung unter dem praefectus 
fabrum folgten, daneben das veterinarium für 
franfe Tiere; auf der andern Seite der v. prac- 
toria die Zelte für die erkrankten Soldaten, vale- 
tudinarium; vgl. Caes. b. q. 6, 36. 

Castülo, Kaoralor, Stadt der Oretani im 
tarraconenfiichen Hiſpanien, an der Grenze von 
Bätica, an dem rechten Ufer des Bätis ummweit 
feiner Quellen im &erichtsbezirt von Neufarthago, 
röm. Municipium; j. Cazlona. Die nahen Berge 
enthielten reiche Silbergruben ; Hannibals Gemahlin 
war von hier. Der Castulonensis saltus ((aes. 
b. c. 1,38) heißt j. Caftona la Binja und ift ein 
Teil der Sierra Morena. Strab,. 3, 142. 148 u. ö. 

Catalauni (Catelauni), galliihe Wölterichaft 
(in der jegigen Champagne) an der Marne. Amm. 
Mare. 15, 11. Eutr. 9, 9. Auf den Catalauniſchen 
Feldern (Mauriacus bei Troyes) wurden die Horden 
des Attila von Aötins im J. 451 n. E. geichlagen. 

Catäna, Kardvn, vielleiht noch häufiger Ua- 
tina, alte Stadt an der Dftküfte Siciliens, am 
Südfuße des Ätna, am Flüßchen Amena oder 
Amenanus, j. Catania. Gegründet von Ehalfidiern 
aus Naros, 729 oder 730 dv. E., wurde die Stadt 
bei der großen Fruchtbarleit der Umgegend bald 
blühend. König Hieron von Syrafus verjegte die 
Einwohner 476 nach Leontinoi, führte dagegen 
10000 Syraluſier und Beloponnefier nad ber 
Stadt, der er den Namen Aitne gab. Indeſſen 
bemächtigten fich nach jeinem Tode die alten Be: 
wohner ihrer Stadt wieder und ftellten auch den 
alten Namen her, wurden aber wieder von Dio— 
nyſios und fpäter von Agathofles überwältigt, bis 


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Catapulta — Catullus. 


die Stadt im erjten punifchen Kriege in die Hände 
der Römer fiel. Liv. 27, 8. Katana blieb jedod) 
aud in fpäterer Zeit blühend und volkreich (vgl. 
Cie. Verr. 3,83, 192. 4, 23, 50) und gewann unter 
Auguſt durch Rolonifierung mit Veteranen neuen 
Aufichwung, jo daß es neben Mejlana von Strabon 
(6, 268. 272) als die volfreichite Stadt der Inſel 
genannt wird. Frühe hatte es, wie jegt, von den 
Ausbrüchen des Atna zu leiden. 

Catapulta j. Tormenta, 3. 

Catellae, eine Art goldener oder filberner Hals- 
bänder, aus Meinen Kettchen beftehend und über 
der Bruft herabhängend, zum Schmud von Frauen 
getragen (Hor. ep. 1, 17, 55); auch militärische 
Auszeichnung (ſ. Dona militaria, 5). 

Catervarsi wurden die beiden Parteien von 
Gladiatorentämpfern genannt, wenn nicht bloß 
2 Gegner, jondern ganze Saufen derjelben auf: 
traten und den Anblid einer förmlidyen Schlacht 
gewährten, 

Catilina j. Sergii, 8. 

Catilins, %. Cat. Severus, befleidete unter 
Hadrian das Konfulat (120 n. E.) in Rom und in 
den Provinzen hohe Staatsämter. Er war ‘Bro: 
fonjul in Aſien (Corp. Inser. Gr. 3509), Legat in 
Syrien (Spart. Hadr. 5), Bräfelt in Rom (daj. 24) 
und wurde von Habrian diejer Stelle entjebt, weil 
er gegen die Adoption des Antoninus Pius jich 
ausſprach (Spart. Hadr. 15. 24). Er war mit dem 
jüngern PBlinius befreundet. Plin. ep. 1, 22. 3, 12. 

Catillns oder Catilus, Sohn (nad) andern 
Enfel) des Amphiaraos, wanderte nad) der Sage 
mit jeinen Brüdern Koras und Tiburtus aus 
Argos nad Stalien und erbaute Tibur. Hor. od. 
1,18, 2, vgl. 2, 6,5. Verg. A.7,670 ff. vgl. 11,640. 

Catinnm, Nebenform catinus, auf Sicilien 
»criror, ein Napf oder Schüſſel (vgl. Patina), 
bald flacher, bald tiefer, als Koch- und Tijchgeichirr 
dienend (Hor. sat. 2,4, 77), aber auch als Schmelz: 
tiegel aus Porzellanerde. Plin. 33, 4, 69. 

Catins, ein epilureifcher Bhilojoph in Rom, von 
Cicero (ad fam. 15, 16) als Kürzlich (etwa 45 v. E.) 
gejtorben genannt, von Quintilian (10, 1, 124) als 
ın Epicureis levis quidem sed non iniucundus 
auctor bezeichnet. -— Sicherlich eine andere Berjön- 
lichfeit ift Catius, der bei Horaz (sat. 2, 4) die 
Lehren der Kochkunſt und die Regeln der Tafel: 
ordnung mit feierlihem Ernfte vorträgt, eine feine 
Berjpottung der Gourmands. 

Cato ij. Dersi:. 11. 


Catönis disticha ift Name einer, wahrfchein: : 


lich für pädagogiiche Zwede bejtimmten, aus dem 
3.—4. nachehriftlichen Jahrhundert ftammenden, aus 
4 Büchern beftehenden Sammlung von lateinijchen 
Sprüchen in je 2 Herametern, während des Mittel: 
alters hochgeſchätzt und vielfach überjeßt. Ausgg. 
von Hauthal (1869) und Bährens, poet. Lat. min. 
III p. 205 ff. 

Catonius Iustus, bei Tiberius' Thronbefteigung, 
14 n. C., von ben empörten pannonijchen Xegionen 
an ihn abgeſchickt (Tac. ann. 1, 29), wurde unter 
Claudius auf Befehl der Meſſalina umgebradt. 
Dio Cass. 60, 18. 

Catullus, 1) Gaius (nad andern, doch min- 
der rihtig, Ouintus) Balerius Cat., Noms 
größter Lyriker, wurde im 3. 77 v. E. (nach Lad): 
mann; nach andern früher, etwa 87 oder 84) zu Berona 
geboren und ftarb 30 3. alt 47 (oder um 54). Bon 


24) 


feinem Leben ift nur weniges befannt. Früh jchon 
fam er in Rom mit den gebildetiten Männern 
feiner Zeit in Verkehr und jchloß mit einigen der: 
jelben engere Freundſchaft, wie mit dem Dichter 
C. Licinius Calvus (ſ. carm. 50), mit Cornelius 
Nepos (j. e. 1), mit dem Redner Hortenſius 
(ſ. e. 65) u. a. Der Dichter beſaß eine Billa im 
Gebiete von Verona auf der —— Sirmio, 
die ſich vom Südufer in den lacus Benäcus (j. 
Yago di Garda) erjtredt und von ihm als die 
ſchönſte aller Halbinjeln gepriejen wird (ſ. e. 31); 
außerdem hatte er eine Billa auf der Grenze des 
jabinifchen und tiburtijchen Gebietes (j. ce. 44. 
39, 10). Dennoch jcheinen jeine Bermögensumftände 
nicht die beften geweſen zu fein (j. e. 10 und 13). 
Er begleitete im 3. 57 den PBroprätor E. Memmius 
nad Bithynien (j. ec. 28 und 10) und befuchte auf 
der Rückreiſe das Grab jeines in Troas beitatteten 
Bruders (j. c. 101), deſſen Verluſt er auf eine 
jehr innige, wahrhaft ergreifende Weile betranert 
(i. e. 65. 68). Jedoch den Mittelpunkt feines dichte: 
rifchen Lebens und Schaffens bildete jein leiden: 
ichaftliches Liebesverhältnis zu einer von ihm 
Leſbia genannten Römerin, die mit wahrem Na: 
men Clodia hieß und wahricheinlich identiſch iſt 
mit der berüchtigten jüngften Schweiter des P. Clo— 
dins Pulcher (j. Claudii, 20.), der mit Q. Me- 
tellus Geler (7 60 v. E.) vermählten Elodia, einem 
jittenlojen, doch durdy Reize des Geiſtes und Kör— 
pers ausgezeichneten Weibe (j. Claudıi, 21.). Dem 
Verhältnis zu ihr verdanten wir die edeljten Perlen 
jeiner Poeſie. Als Leibia fich ſpäter auf die ge: 
meinte Weije proftitwierte, trennte fich der Dichter 
völlig von ihr (ſ. c. 76). Eat. bekleidete fein öffent: 
liches Amt. Seine Abneigung gegen Cäſar, ‚den 
er jcharf tadelt und aller Laſter bejchuldigt, nament- 
lid des jchändlichiten Umganges mit Mamurra, 
dem dafür Cäſar die Schäße aller ausgelogenen 
Provinzen gejchenft habe (j. c. 29. 57. 102), jcheint 
nicht auf politiichen Gründen, fondern auf perjön- 
lihem Hafle gegen Mamurra zu beruhen. Die 
fruchtbarfte Zeit der dichteriſchen Thätigfeit des 
Eat. waren die wenigen Jahre feines ungejtörten 
Verhältniſſes zu Elodia. —— Wir bejigen von Eatullus 
im ganzen 116 Gedichte, von welchen 18, 19 und 
20 in den beften Handichriften fehlen; wir haben 
aber darin weder die ganze Zahl, noch die ur— 
iprüngliche Ordnung der Gedichte; außerdem find 
einige mehr oder minder lüdenhaft. Dem Anhalt 
nach laſſen fih 2 Gruppen unterjcheiden: 1, iam— 
biihe und polemifche, 2) Inriiche Gedichte. Die 
erfteren find teils politiihen Inhalts, teils ſprechen 
fie in beifenden Worten entweder Andignation 
über unfittlihe Perjonen und Handlungen oder 
Spott über Thorheiten und Albernheiten jeiner 
Beit aus. Die Iyrijchen Gedichte find teils größere, 
elegiichen oder erzählenden Inhalts, meist griechi: 
ſchen Muftern nachgebildet, wie die dem Kalli— 
machos nachgedichtete Elegie auf das Haar der 
Berenike (j. c. 66), die Hochzeitslieder (j. c. 61. 62) 
und das Epithalamium des Peleus und der Thetis 
(j. e. 64); teils kleinere, der erotiichen und jo: 
cialen Lyrif angehörige, in welchen Cat. eine 
Anmut und Innigkeit der Empfindung und cine 
Originalität der poetijchen Erfindung zeigt, die 
ein reich begabtes Dichtergemüt und ein außer: 
ordentliches Talent offenbaren. Auf diejem Ge— 
biete der Poeſie hat ihm nicht bloß fein römiſcher 


250 Catulus 
Dichter übertroffen, jondern fteht er den griechi- 
ſchen Lyrifern völlig gleich. Sierzu kommt, daß 
Cat. der Inriichen Formen in hohem Grade mächtig 
tft; er hat ſich zuerſt der griechiichen Versmaße 
mit Erfolg bedient. Seine Spradye ijt einfach 
und natürlich, läßt aber in einzelnen Formen 
und Ausdrüden die ältere Zeit erfennen. — Aus— 
gaben von Döring (1758 ff. und 1834), J. Eillig 
(1823), E. Lachmann (1829, 1861 und 1874), 
M. Haupt (mit Tibull und Properz, 5. Aufl. 1885), 
AU. Roßbach (2. Aufl. 1860), 2. Schwabe (1862 f., 
bis jest 2 Bddez Tertausgabe 1886), R. Ellis 
(2. Aufl. 1878), U. Müller (1870), Bährens (2 Bob. 
1876-— 1885), Nieje (1884) und B. Schmidt (1887). 
Gelehrter Kommentar von Ellis (1876); UÜber— 
jeßungen von Th. Heyie (1855) und R. Weitphal 
(1867). Monographie über ihn von D. Nibbed 
(1863). — 2) 8. Balerins Eat. Mejjalinus 
[. Valerii, 41. — 3) DO. Lutatius(?) Catullus, 
ein Mimograph im 1. Nahrh. n. E., der als Poſſen— 
reifer den Beinamen Urbicarius erhielt. Won ihm 
werden 2 Stüde erwähnt: Phasma, das Gejpenft, 
und Laureolus, der gefreuzigte Stlave, welches oft 
geipielt ift. Heinrich zu Juvenal S. 467 u. 335. 

Catülus j. Lutatii. 

Caturiges, ein liguriicher Vollsſtamm in Gal- 
lia Narbonensis mit der Hauptitadt Eburodu: 
num; j. Embrun. Caes. b. q. 1, 10. 

Candium, Stadt der Caudini in Sammium an 
der Appiichen Strafe unweit der Caudiniſchen 
Päſſe (fureulae Candinae) in den benachbarten 
Taburnijchen Bergen, wo die Nömer 321 v. E. 
durch die Samniter zu der befannten jchimpflichen 
Ergebung gezwungen wurden; j. Montejarchio un: 
weit der Forchia Caudina. Liv. 9, 1 ff. Cie. off. 
3, 30. Cat, mai. 12. App. Samn. 4, 2 ff. 

Caulonia, Kaviorde, oder Caulon, Stadt im 
Lande der Bruttii, die früher Aulon oder Aulonia 
geheißen haben joll, gegründet von Krotoniaten, 
worauf aud) der bier jehr gepflegte Kult des del- 
phiichen Apollon hinweiſt. Dionyſios von Syra— 
fus zeritörte die Stadt (Strab. 6, 261. Diod. Sie. 
14, 106), doch wurde fie wieder aufgebaut, aber 
in den Kriegen mit Pyrrhos und zum drittenmale 
im zweiten punifchen Kriege wieder zerftört, jeit 
welcher Zeit jie verlaflen blieb. Liv. 27, 12. 15. 
— Eine gleichnamige Stadt (oder Ealloniana) auf 
Sicilien (j. Galtanifetta) ſoll von den Vertriebenen 
erbaut worden jein. 

Caupöna. 1) Wirtshäufer zum Logieren der 
Neijenden (Hor. ep. 1, 11, 12) gab es in den 
Städten und an den Landftraßen (deversorium 
genannt), obwohl das Bedürfnis ſolcher Anftalten 
wegen des verbreiteten Gaftrecht3 (hospitium) nicht 
jo dringend war als bei uns. Vgl. Beder:Göll, 
Gallus III ©. 27 ff. Friedländer, Darftellungen 
aus der Sittengeich. Roms II ©. 37 ff. der 3. Aufl. 

- 2) Auch Wein: und Speifehäufer wurden cau- 
ponae oder tabernae genannt, welche vorzüglich 
über die Straße verkauften. Eigentliche Reſtaurants 
oder Garfüchen waren die popinae. 

Causia, zavola, ein Hut mit breiterrempe zum 
Schub gegen die Sonne, bejonders beim Sigen im 
Amphitheater getragen, wenn des Windes wegen die 
Deden nicht darüber ausgebreitet werden fonnten. 
Plaut. Mil. 4,4, 41f. Mart. 14, 29. Val. Max. 
5,1,4. — Außerdem heißt jo bei den Mafedoniern 
(savole) eine Art Helme aus Häuten zum Schuße 


— Celsi. 


gegen die Kälte; endlich in der jpäteren Kriegs— 
ſprache ein Schutzdach, vinea. Veg. dere mil.4, 15. 

Cautio, von cavere, bezeichnet die Handlung 
überhaupt, durch welche man ſich jicher ftellt. In 
juriftiicher Hinficht ift diefes auf mehrfache Werie 
zu erreichen: 1) auf reale Weife, z. B. durch Bürg- 
jchaft oder Unterpfand; 2) durch Ichriftliche Doku— 
mente, 3. B. Schuld: und Stipulationsurfunden, 
Duittungen u. j. w. Endlich heißt cautio auch ein 
bloßes Berjprechen (cavere ab aliquo, ein Ver— 
iprechen von jemand ſich geben laſſen, Cie. Verr. 
2,23). Wichtig war die cautio de dolo (Cie. of. 
3, 14) oder das Veriprehen, daß man bei dem 
beabfichtigten Geſchäfte feinen dolus im Sinne habe. 
Die cautio damni infeeti (Cie. top. 4) bezieht ſich 
auf die verlangte und gegebene Sicherheit, daß neue 
Bananlagen (ob und unter der Erde) dem Nachbar 
feinen Schaden an jeinem Eigentum bringen jollten. 

Cavea, 1) der AZujchauerraum im römiichen 
Theater, Amphitheater und Cirkus; zur Zeit der 
römischen Republik, allerdings nur im Theater, be: 
jonders die verichiedenen Abteilungen der Plätze 
nach dem Range. Daher die Ausdrüde cav. prima 
oder ima, Die vorderiten Reihen, cav. media, 
ultima, summa, von den mittleren und hinteren 
oder legten Bläßen. — 2) ein fejt verwahrter Be: 
hälter im Amphitheater für die zum Nanıpfe be: 
ftimmten wilden Tiere. — 3) metonymilch das ganze 
Theater. Bgl. Theatron. 

Cedrium, griechiich xedeıor, Gedernöl, gewon- 
nen von dem Safte, welcher dem Gedernholze ent: 
träufelte, wenn man es um das Feuer herumlegte. 
Plin. 16, 11, 21. Man jchüßte durch Beitreichen 
damit die Bücherrollen vor den Motten, daher car- 
ınina linenda cedro (Hor. a. p. 332). 

Celeres war der vielfach gedeutete Name (am 
wahricheinlichiten von celer, ſchnell) für eine Reiter: 
ſchar von 300 Mann, die Romulus fich zur Yeib- 
wache aus den 30 Gurien in 3 Genturien erwählt 
haben joll. Es waren aber dieſe Reitercenturien 
die Neiterfontingente der 3 Stämme: der Kamnes, 
Tities und Luceres. Später wurden fie durch Tar- 
quinius Superbus verdoppelt und als centuriae 
Ramnensium, Titiensium, Lucerensium priorum 
et posteriorum bezeichnet. Ihr Anführer, tri- 
bunus celerum, entipradh in jeinem Verhältnis 
zum König dem fpäteren magister equitum in 
dejien Verhältnis zum dietator. Später ftanden 
an der Spige der einzelnen Abteilungen der durch 
Servius Tullius erweiterten Neiterei seviri. 

Celsi, 1) Celſus Albinovanus, ein freund 
des Horaz, aus Wlbinova, wird als comes und 
scriba des Tiberius und als Berfafjer Iyriicher 
Gedichte (Hor. ep. 1, 3, 24. 8, 1) erwähnt. Auf 
jeinen Tod jcheint fich zu beziehen Or.ex Pont.1,9. 
— 2) Aulus Eornelius Eelj., jchrieb zur Zeit 
des Tiberius ein großes enchklopädiſches Werk über 
Landwirtichaft, Heilfunde und Kriegsweſen, von 
dem fich nur Buch 6—13, die Heiltunde enthal: 
tend, erhalten haben. Dieje 8 Bücher de medicina, 
das einzige auf uns gekommene medizinische Wert 
aus den guten Zeiten der römijchen Yitteratur, 
behandeln nach Hippofrates und Aillepiades die 
gefamte Medizin, mit gejundem Sinne und in 
einfacher reiner Sorache („medicorum Cicero*). 
Beſte Ausg. von Daremberg (1850). — 3) B. Ju: 
ventins Celſ. und deſſen gleichnamiger Sohn, 
lebten, beide Juriften, jener unter Bejpajtan, diejer 


Celtae - 


unter Hadrian. Der Sohn, welcher neben den 
Namen des Baters aud die Namen T. Aufidius 
Hoenius Eeverianus führte, hatte jih 95 n. €. 
an einer Verſchwörung gegen Domitian beteiligt, 
wurde 106 oder 107 Prätor (Plin. ep. 6, 5, 4) 
und befleidete zweimal das Konſulat, zuleßt 129. 
Von feinen Schriften werden erwähnt Digestorum 
libri XXXIX, woraus in den Digejten jic 142 Stellen 
finden, außerdem commentarii, epistulae und 
quaestiones. — 4) Eeljus, um 170 n. C. An: 
hänger Epifurs, Freund des Lukian, der ihm ſei— 
nen ’AldEarögog widmete, verfahte ein Werk (dAn- 
Ds Aöyos), in dem er das Ghriftentum lächerlich 
zu machen und Gewaltmaßregeln von jeiten der 
Regierung gegen dasjelbe zu veranlaflen juchte. Es 
war nicht ohne farkaftischen Wit und bedeutenden 
Scharffinn, aber ohne alles wirkliche Verſtändnis 
des Ehriftentums geichrieben. Wir fennen es nur 
aus der Gegenjchrift des Origenes (contra Celsum) 
in 8 Büchern. 

Celtae ſ. Galli unter Gallia. 

Celtiböri, Keirißnoss, ein durch Miſchung ein- 
gewanderter Kelten mit den urjprünglichen Bewoh— 
nern, den Iberern, entitandenes Volt Hilpaniens, 
welches beionders im Mittellande (doch auch zum 
Zeil in Lufitanien und an der Nordküfte) wohnte, 
auf der Hochebene, welche die Waſſerſcheide zwiſchen 
den zum Iberus und den nach dem W. zu fliehen: 
den Gewäflern bildet (das ſüdweſtliche Arragon, 
Euensa, Soria und zum Teil Burgos). Die E. 
waren das tapferfte Bolf des Landes, befannt find 
ja die Bewohner Numantias durch ihren helden- 
mütigen Widerftand (eine eingehende Schilderung 
ihrer Sitten und Eigentümlichfeiten findet ſich 
Diod. Sie. 5, 33). Daher war die Freundichaft 
der Eeltiberer die mächtigfte Stüße der Römer 
gegen KRarthago; ihre Feindſchaft führte jchon den 
Untergang der beiden Scipionen herbei. Liv. 25,33. 
Erſt nach dem Untergange des Sertorius war ihre 
Kraft gebrochen. Sie zerfielen in mehrere Völler— 
ichaften, in die Celtiberi im engeren Gimme im 
©., die Arevaci im NW., Pelendones öftlich, 
Berones deögleichen, mit den Städten: Elunia, 
nördlich vom Durius, Numantia, Segontia, 
Miacum, Bilbilis, Segobriga, Eontrebia. 
Strab. 8, 161 ff. 

Cenäbum (nicht Genal-um), Krvaßor, Haupt: 
ftadt der gall. Bölferichaft der Carnutes am Liger, 
jpäter civitas Aurelianum oder Aurelinnensis 
urbs, daher j. Orleans, ein wichtiger Handelsplaß, 
von Cäjar erbaut. Caes. b. g. 7, 11. 

Cenomäni, Kervouero/, mächtiger feltiicher 
Stamm von dem Hauptitamme der Aulerci im 
eisalpın. Gallien, der fich nördlich bis Nhätien, im 
NO. bis zu den Euganei, öftlich bis Venetia, jüd- 
fih bis zum Padus ausbreitete, mit den Städten 
Briria, Cremona, Bedriacum, Mantua, 
Berona. Pol. 2, 17. Strab. 5, 216. 

Cenotaphium ſ. Sepulerum, 5. 

Censor und Census (die griechiſche iunsıs |. 
unter Stantshanshalt, I, 11. und Solon, 3.). 
Der römische Cenſus ift eine Einrichtung des Königs 
Servius Tullins zur gerechten Regelung der Ab- 
zn. und des triegsdienftes (f. Servii, 1.). 

ach Dion. Hal. 4, 15 jollten „alle Römer fich 
aufichreiben laſſen und endlich ihr Vermögen in 
Geld ſchätzen, wobei fie jchrieben, wer ihr Vater 
wäre; fie jollten ihr Alter jowie ihre Frauen und 


Censor. 251 


Kinder angeben, auch hinzuſetzen, an welchem Orte 
der Stadt, oder in welchem Flecken des Landes fie 
wohnten“. Steuerpflichtig und deshalb anzugeben 
war nur, was fie ex ıure Quiritium bejaßen, 
d. i. namentlich der Grundbeſitz mit Ausschluß des 
ager publicus und der Provinzialgrundftüde. Alle 
5 Jahre jollte ſolche Schatzung ſich wiederholen 
und jedesmal mit einem Reinigungsopfer lustrum) 
beichlojjen werden. Mit Eintritt der Nepublif ging 
die Abhaltung des Genjus auf die Konfuln als 
die Nachfolger der Könige über. Als jedoch im 
3.443 dv. 8 die Plebejer die Teilnahme an der 
höchiten Staatsgewalt unter dem Namen der tri- 
buni militares consulari potestate erlangten, 
juchten die Patrizier durch Abzweigung der Cenſur 
ihrem Stande noch ein Vorrecht zu bewahren, nad) 
Lir.4, 8 und andern Angaben, „weil die Konjuln 
zur Beſorgung des Genius feine Zeit hätten“. 
So gab es ſeit 443 v. E. eigene Eenjoren. Im 
3. 350 dv. C. wurde auch diejes Amt den Plebejern 
zugänglid. Die uriprünglich Sjährige Amtsdauer 
der 2 censores wurde 434 v. C. durch Amilins 
Mamercus auf 18 Monate beſchränkt. Dieſe Kürze 
ihres Amtes hatte die notwendige Folge, daß ihr 
uriprünalicher Hauptheruf der Vermögensſchatzung 
vor der Beichäftigung mit politiichen Dingen zu: 
rüdtrat. Schon die zweiten Genforen, 435, hatten 
ein Amtslokal (villa publica in campo Martio, 
Liv. 4, 22) eingerichtet und Erweiterung ihrer 
Amtsbefugnifie erftrebt; wie ja überhaupt ihrent 
freien Ermeſſen der mweiteite Umfang gleich bei der 
Einjegung der Cenſur anheimgegeben war (Liv. 4,8. 
Varr.1.1.5, 14, 81: censor, ad cuius censionem, 
id est arbitrium, censeretur populus). Allmäh- 
lich erlangten fie, nacheinander geſetzlich übertragen, 
die censura morum im allgemeinen, ſodann die 
Mufterung des Senates (lectio), bald auch des 
Nitterftandes, die Aufficht über die öffentlichen 
Bauten, ſowie iiber das Staatseigentum überhaupt, 
endlich auch die Beauffichtigung der Tributverhält: 
niffe. Alle diefe hinzugefommenen Pilichten der 
censores, namentlich die politiiche Thätigfeit der 
lectio senatus, wurden allmählich von der Zeit an 
die Hauptjache ihres Amtes, als einerjeits durch die 
unermehliche Beute des Amilins Baulus 167 v. E. 
die Staatdabgaben der römischen Bürger aufhörten, 
andererjeitd3 durch Marius die Hriegsdienftpflicht 
eine allgemeine, auch die Befitlojen treffende wurde, 
und die beiden urjprünglichen Geſichtspunkte ihres 
Amtes (Abgaben und Kriegsdienft) in Wegfall 
famen. Darum hob Sulla die Cenſur ganz auf 
und übertrug die Bejorgung der Bauten und die 
Aufficht über die Finanzen auf die Konjuln und 
Prätoren, der Senat follte fich jelber ergänzen. 
Einige Jahre nach feinem Tode, 70 v. E., wurde 
jedoch die Cenſur wieder eingeführt, wahrjcheinlich 
um in den durch Sullas Einfluß gebildeten Senat 
demokratiiche Elemente zu bringen. Durch Cäſar 
wurde das Amt als folches wieder abgeſchafft, 
dafür wurde er 46 v. E. zum praefeetus morum 
auf 3 Jahre, fodann 44 anf Yebenszeit erwählt. 
Auguftus vereinigte ebenfalls als praefectus 
morum die gejamte frühere cenjorijche Ge— 
walt in feiner Berjon, bisweilen mit einem Amts- 
genofien (Mgrippa), auch wohl mit ausgedehnterer 
Vollmacht, als zur Zeit der Nepublif. Über alles 
diejes jpricht er jelber in jeinem Monum. Ancyra- 
num (j. d. Erklärungen von Zumpt und Mommijen). 


— 
- 


* 
- 


252 


So blieb es im allgemeinen für die jpätere Zeit, 
mit wenigen Ausnahmen unter Claudius und 
Beipafian. — Umkreis der amtlihen Wirk— 
jamfeit in der Republik: 1) Bei der Ab— 
ihäbung des Vermögens (censum agere) 
mußte jeder Bürger die Wahrheit feiner Ausjagen 
eidlich befräftigen (ex animi sententia). Ob dabei 
noch eine uns unbekannte Schwurformel angewandt 
wurde, wie Zumpt auf Grund von Gell. 4, 20. 22,21 
mutmaßt, oder die angeführten Worte genügten, 
wie Beder behauptet, bleibt unerörtert. Die Rich— 
tigfeit der Angaben jedes einzelnen Bürgers zu 
prüfen, waren die Cenſoren nicht verpflichtet, ob- 
ſchon dazu berechtigt, wobei fie denn eintretenden 
Falls Geldbuße zu verfügen hatten (Cie.r.p. 2, 35). 
Sie nahmen die Selbjtichägung der Bürger (de- 
ferre censum) an (accipere censum) und lichen 
fie dur Unterbeamte in Liſten (tabulae cen- 
soriae) eintragen. Das ganze Geſchäft hieß cen- 
sere, ſowohl von jeiten der Bürger als auch der 
Cenſoren gebraudt, von erfteren jedoch kommt 
auch censeri vor. Nach vollendeter Aufnahme des 
Berjonal: und Bermögensjtandes wurde die Ein: 
teilung der Bürger vorgenommen und die Liften 
der Ritter und der Bürger nad ihren Vermögens 
Haflen von dem Cenſor entworfen (j. Servii, 3.). 
Die Aufftellung der Lifte der Senatoren (lectio 
senatus) erhielten die Genjoren erft durch die bald 
nad) den leges Liciniae Sextiae gegebene lex 
Ovinia. — Da fie hierbei auch moraliihe Schägung 
halten mußten und nicht bloß das Bermögen ins 
Auge fahten, jo erhielten die Cenſoren 2) aud) ein 
allgemeines Sittenrihteramt. Manche Ber: 
gehen, vorzüglich joldye, über welche fein Richter 
entjichied, wurden gerügt und bejtraft, 4. B. jchlechte 
Kindererziehung, Lüderliher Haushalt, unordent- 
liher Lebenswandel, Ehelofigfeit, Härte gegen 
Stlaven und Klienten, Jmpietät, überhaupt un: 
wiürdiges Benehmen der Magiftrate, Meineid u. ſ. w. 
Die Strafe hieß nicht poena, fondern ignominia 
und nota, weil es Ehrenftrafen waren. Sie be: 
ftand, je nadı dem Stande des Schuldigen, in Aus: 
ftoßung aus dem Senat (senatu movere) oder 
aus der Nitterjchaft (equum adimere), oder in Ver: 
jeßung in eine niedrigere Tribus (tribu movere), 
d. h. aus einer tribus rustien in eine minder 
angejehene urbana, oder in Ausjtoßung aus den 
Tribus überhaupt (tribubus omnibus movere), 
wodurd; der davon Betroffene zum aerarius ge- 
macht wurde, womit eine höhere Steuerbelaftung 
verbunden werden fonnte (z.B. Amilius Mamercus, 
Tav. 4, 24). Hieher gehört auch die Befugnis der 
Eenjoren, Verbote gegen Luxus und dergl., zum 
Schuße der altrömischen Sitte, zu erlaſſen (edıcta 
cens.). — 3) finanzielle Thätigfeit ber Een: 
foren. Da fie vermöge des Cenſus am befannteften 
mit den von den Bürgern zu zahlenden Abgaben 
waren (j. Tributum), und da fie überhaupt mit 
den praktiſcheu Kenntniffen eines Finanzmannes 
ausgerüftet fein mußten, jo erhielten fie noch andere 
dahin einjchlagende wichtige Geſchäfte: a) Verpad): 
tung der öffentlichen Grumdftüde, Nußungen und 
Gefälle, aljo der Bergwerfe, Zölle, des Salz- 
handels u. ſ. w. (j. Vectigal). b) Aufficht über 
die Errichtung und Unterhaltung der öffentlichen 
Gebäude und Anlagen, wie Tempel, Brüden, 
Kloaken, Wafferleitungen, Mauern, Strafen, Mo: 
numente u. a. Die Ausführung diejer opera 


Censorinus — Üentumviri. 


publiea übertrugen die Genjoren den Mindeſt— 
fordernden (j. Locatio, 2.). c) Beraffordierung 
und Bejorgung aller aus dem Schaße zu bezah: 
lenden Dinge und Lieferungen, 3. B. Ausrüftung 
des Heeres, Transport desjelben u. j. w. Alle 
cenjoriichen Papiere und Rechnungen hießen ta- 
bulae censorum. — In den Kolonien und Muni— 
cipien hielten bejondere Genjoren die Schatzung 
und jchidten die Liften nach Rom; aud in den 
Provinzen gab es für diejes Gejchäft eigene Be— 
amte. — Am Schluß des römiichen Genjus wurde 
ein großes Luſtrum oder eine allgemeine Sühnung 
des Volkes mit feierlihen Opfern gehalten (j. 
Lustratio, g. €.). 

Censorinus, 1) ein ®rammatifer aus dem 
3. Jahrh. n. E., verfahte, außer verlorengegange: 
nen grammatijchen Schriften (3. B. de accentibus), 
eine noch vorhandene Schrift de die natali (238 
geichrieben), worin er manche zum Zeil unbefannte, 
bejonders aus Suetons Pratum geichöpfte, hiſto— 
riiche Notizen gibt und namentlich den Einfluß 
der Geftirne und Genien auf die Geburt des Men: 
ichen behandelt. Es ijt eine Treftgabe zum Ge— 
burtstage eines reichen Gönners E. Gärellius und 
daher die affektierte rhetorische Darftellung zu er- 
Hären. Ausgg. von D. Jahn (1845) und Hultſch 
(1867). — 2) einer der jogenannten 30 Tyrannen 
zur Zeit des Gallienus, wurde nach furzer Herr: 
ihaft von den Goldaten wegen jeiner Strenge 
umgebradt. Z’reb. Poll. trig. tyr. 33. 

Centenius, 1) Gaius, erlitt al$ Proprätor im 
%.217 0. E. nadı der Schlacht am Trafimenischen 
See mit feiner Neiterei in Umbrien in einem Eng: 
paſſe eine Niederlage durch Hannibal. Zav, 22, 8. 
Pol. 3, 86. — 2) Marcus, mit dem Beinamen 
Baenula, ein tapferer Genturio, wurde im J. 
212 v. E. in Lucanien von Hannibal gejchlagen 
und fiel jelbft. Liv. 25, 19. 

Centesima j. Staatshaushalt, 20. 

Centesimae j. Usura. 

Centimäni j. Hekatoncheiren. 

Centönes find mwollene nicht gewebte Matragen, 
die im Kriege, namentlih bei Belagerungen, über 
Holzbauten (Türme, Schirmdächer) zur Schwächung 
der feindlichen Wurfgeichofle gelegt wurden, und 
die man auch von der Mauer herab gegen die Wir: 
fung des Widderftoßes anzubringen juchte. Cäſar 
(b. e. 3, 44) erwähnt auch Tuniken und Mäntel 
der Soldaten aus centones verfertigt, quibus tela 
vitarent; auch Pferde: und Panzerdeden aus cen- 
tones gab es (Veget. ars vet. 2, 59). — Da diejes 
Wort urjprünglih ein aus Lappen zujammen: 
geflidtes Kleid bezeichnet, jo nannte man jo die 
aus Worten und Berjen anderer erg zu: 
jammengeflidten ®edichte. Man hatte Homero- 
centones bei den Griechen; in Rom wurden be- 
fonders die Werle Vergils benußt, wie von Auſo— 
nius in dem cento nuptialis und anderes in ber 
lateinischen Anthologie, von Proba Faltonia 
oder Falconia die bibliiche Geſchichte und von 
andern, welche die heidniichen Verſe für chriftliche 
Stoffe verwendeten. 

Centrönes j. Ceutrones. 

jentumvYri, ein (vielleicht) uraltes Richter: 
follegium, im Gegenjag zu den für jeden Fall be- 
fonders gegebenen Einzelrichtern. Dieſes Kollegium 
entjchied über Eivilfachen das römijche Eigentum 
betreffend (Cie. de or. 1, 38), vorzüglid über erb: 


Centuria — Cestii. 


rechtliche Streitigkeiten, ftand aber injofern dem 
Kriminalgericht nahe, weil es im Namen des Volkes 
richtete und aus den Zribus ausgehoben war 
(105 Richter, je 3 aus jeder der 35 Tribus, ſpäter 
180, welche in mehrere consilia geteilt waren). 
Den Borfig hatten geweſene Onäftoren, jeit Auguft 
die Decemviri, und Die ee ftand den 
Prätoren zu. Als Symbol war dieſem Gericht Die 
hasta eigentümlih. Die Prozeßform der alten 
legis actio sacramento blieb dem Centumpiral: 
gerichte, auch nachdem die lex Aebutia die legis 
actiones aufgehoben hatte. 

Centuria und Classis ſ. Servii, 1. 

Centnripini, Kerrögıra, alte Stadt der Siculer 
im Innern Siciliens am Symaithosfluß, ſüdweſtl. 
vom Atna, j. Gentorbi, bedeutend durch Betreidebau, 
unter den Römern blühend. Cie. Verr. 3, 45.4, 23. 
5, 25. Centuripa jtatt des Namens der Bewohner 
iſt ——— vgl. Leontini, nie Leontinm. 

eparius ! Caeparius. 

Cera, vgl. xneös, 
Wachs, diente den Alten 
1) als Screibmaterial, 
indem hölzerne Täfel: 
hen damit überzogen 
wurden, worauf man 
dann mit dem stilus 
oder eijernen Griffel 
ſchrieb, tabnlae cera- 
tae; 2) zum Siegeln auf 
Briefen und unter Doku: 
menten, wenigſtens bei 
den Römern; 8) de \ 
Wachömalerei in der En: % 
fauftif (Plin. 35, 11,41); 
4) in der Blaftif u 
Modellen und bleiben: 
den Werten (uneoria- 
sreun), beionders nötig 
für den Erzgieher, um 
hohle Formen zu befom: 
men. Auch bildete man 
in täufchend ähnliher 
Weiſe Früchte (namentlich in Alerandreia) darin, 
Bilder von Göttern und Menjchen, bejonders von 
Berftorbenen, imagines maiorum. Seltener ge: 
brauchte man es zu Kerzen, eher zu Salben und 


flaſtern. 

Cerealia j. Demeter, 5. 

Ceres j. Demeter. 

Cerevisia, ein gallifches, aus Gerſte oder Weizen 
gelochtes Getränk, welches von den Römern ver: 

wurde. Auch bei den Germanen war es in 
Gebrauch. Zacitus (Germ. 23) bezeichnet es als 
umor ex .hordeo frumento in quandam simili- 
tadinem vini corruptus, was fich auf die Wä- 
rung bezieht. Die Griechen und Römer verabjcheu: 
ten dies Getränf. 

Ceriälis, 1) Unicius, zum Konſul defigniert 
unter Nero, 65 n. E., ſchmeichelte ihm nach Ent: 
dedung der pifonischen Berfchwörung, tötete ſich 
aber bald darnadı jelbft, al3 man ihn dem Nero 


ER BON hatte. Tac. ann. 15, 74. 16, 17. 
— 9) [. Patillii, 2, 


Cerretäni, ein befonders Viehzucht treibendes 
iberiſches Volt in Hispania Tarraconensis, im 
—— Cerdagna in den Porenäenthälern, ein: 
geteilt in Juliani und Angustani, weil fie bon 












255 


Julius Cäſar die civitas, von Auguſt erweitertes 
Gebiet erhielten. Plin. 3, 22f. Man rühnte die 
von dort fommenden Schinten. y 

Cervi find gabelförmige, von der Ahnlichkeit 
mit einem Hirſchgeweih jo genannte, horizontale 
Pallifaden, mit weit vorftehenden Spigen, „ipa: 
nische Reiter”. Caes. b. y. 7, 72. 

Cervidius, DO. Cerv. Scävola, ausgezeich— 
neter Juriſt im 2. Jahrh. n. E., Lchrer des 
berühmten Papinianus. Sein Hauptwerf waren 
Digestorum libri XL, außerdent Responsorun 
libri VI (vor 195), Quaestionum libri XX u. a,, 
Schriften, die in den Bandekten vielfach benußt find. 

Cörussa, Bleiweiß, griechiich wıunntior, be: 
fonders von griechiichen ae und Jungfraueu 
häufig zur Schminke gebraucht, während man zu 
der roten Schminke vegetabiliiche Stoffe (tie 
dyyovoa und pürog) nahm. Auch bei den Römern 
fing jpäter, wenigſtens bei den Frauen, dieſelbe 
Unfitte au. 

CessTo, Übertragung einer Sache 

oder eines Rechts auf einen andern 

im allgemeinen; juriftiich gibt es 

a) eine feierliche, vor dem Magi: 
jtrate vorgenommene in jure cessio, 


welche als Erwerbungs: und Beräuferungsart jchon 
in der älteften Zeit vorkommt; b) eine private 
cessio, urfprünglich nichts anderes als die einem 
andern gegebene Erlaubnis, fich einer Sache oder 
eines Rechts zu bedienen, vor Gericht ohne Wir: 
fung, bis jie im der Kaiſerzeit einen weiteren 
Umfang und juriftiiche Wirkſamkeit erhielt, z. B. 


die bonorum cessio, jedoch nur mit Anwendung 
der bei cessio in iure gültigen Yörmlichkeiten. 
Cestii, ein plebejtjches Geſchlecht: 1) Gaius, 
ein römiſcher Ritter, von Cicero mehrmals er: 
wähnt (Flacc. 13, 31. ad Att. 6, 13, 1), vielleicht 
identijch mit dem Prätor vom %. 44 v. E. (Phil. 
3, 10, 26), der ein Gegner des Antonius war. 
Ihm wurde nad feinem, mwahrjcheinlich ſchon 43 
in den damaligen Brojfriptionen erfolgten, Tode 
(App. b. e. 4, 26) von feinen Erben, zu denen 
auch M. Agrippa gehörte, vor der Porta Oſtienſis 
zu Rom das unter dem Namen der Pyramide 
des Geftius befannte, Grabmal errichtet, das in 
330 Tagen beendigt wurde und noch gegenwärtig 
die Spuren von Walereien an den Händen und 
an der Dede an ſich trägt. — 2) Ceſtius Gallus, 
Statthalter von Syrien unter Nero, zog 64 n. E. 
mit einem Seere wider die gegen die römijchen 


254 


Bedrüdungen fich empörenden Juden, drang im 
Paläſtina ein, entriß ihnen die gemachten Erobe: 
rungen wieder, wurde aber dann bon den durch 
en aniise Weisjagungen entflammten Juden gänz- 
lich geichlagen und hob, als er jidy des nördlichen 
Teils von Jeruſalem bereits bemächtigt hatte, die 
Belagerung wieder auf. Zac. hist. 5, 10. 13. Suet. 
Vesp. 4. Joseph. antig. 20, 11, 1. b. Jud. 6,5. — 
3) L. Ceſtius Pius, ein römischer Nhetor in der 
augufteiichen Zeit, gebürtig aus Smyrna, madıte 
ſich bejonders durch jeine Herabſetzung Ciceros be- 
kannt. Zahlreiche Stellen aus feinen Deflamatio: 
nen hat Seneca erhalten. 

Cethögi j. Cornelii, 17—20. 

Cetra, ein von den Hiipaniern entlehnter Schild 
von Leder, der griech. meArn ähnlich (Liv. 28, 5), 
weshalb dai. 31, 36 die griechifchen Beltaften cetrati 
genannt werden. Überhaupt führten jpäter leicht: 
bewaffnete Kohorten die cetra, daher cetrati, ce- 
tratae cohortes. Caues. b. c. 1, 39. 70. 75. 

Ceutrönes, 1) beigiihes Volk in der Nähe des 
heutigen Eourtray oder Brügge in Wejtflandern. 
Caes. b. g. 5, 39. — 2) Bolt in Gallia Provincia 
an der oberen Niere, in den Thälern Maurienne 
und Tarentaije. Caes.b.g. 1,10. Die Handſchriften 
bieten an beiden Stellen aud) Centrones. 

Cevenna (Cebenna) mons, rö Kfuusvov Öpos, 
ein rauhes Gebirge im füdöftlichen Teile von 
Sallien, wejtlih vom Rhodanus, Das in einer 
Länge von 2000 Stadien im ND. bis Lugdunum 
reicht, im SW. mit den Pyrenäen zufammenbängt, 
die Grenze zwiſchen den Arvernern und Helviern 
jowie zwiſchen Gallia Narbonenfis und Aquitania 
bildete und ergiebige Goldgruben enthielt; j. les 
ne Caes. b. g. 7, 8. 56. Strab. 4, 176 ff. 
185 fl. 

Chabrias, Yaßodaes, ein Athener, jchlug an der 
Spige der Athener die Spartaner bei Aigina im 
J. 388 v. E. durch Lift und unterftüßte dann den 
Euagoras von Kypros, welcher ich gegen die Perſer 
erhoben hatte, jehr thätig und wirkfam (Xen. Hell. 
5, 1, 10 fj.), jowie jpäter den Nektanabis in Agyp- 
ten (Nep. Chabr. 2) im %. 385. Er befehligte 
die griechiichen Söldner desjelben, fehrte aber, 
auf Berlangen der Berjer von jeiner Vaterſtadt 
zurüdberufen, nach Athen zurüd. Diod. Sie. 15,29. 
Des Sphodrias Ericheinen in Hellas mit einem 
Ipartanischen Heere und die Beſetzung der Kadmeia 
durch Phoibidas bewirften eine engere Verbindung 
der geflüchteten thebaniichen Batrioten zur Be- 
freiung Thebens, worauf die Annäherung Athens 
und Thebens folgte. Als Agejilaos im X. 378 
mit einem jpartaniichen Deere in Boiotien ein- 
drang (Diod. Sie. 15, 30), fam Chabrias den The: 
banern zu Hülfe, juchte erſt Spartas Bundes: 
genofjen heim und erwartete dann das Heer des 
Agejilaos bei Theben auf unerfteigliden Höhen 
feiten Fußes, jo daß Agejilaos nach einigen miß— 
lungenen Angriffen abziehen mußte. Nep. Chabr.1. 
Diod. Sie. 15, 32. Sein kluges Verfahren erwarb 
dem Chabrias großen Ruhm und den Dank jeiner 
Landsleute. Nach dem von ihm gewonnenen See- 
fiege bei Naxos, 16. Boẽdromion (Septbr.) 376 
(Xen. Hell. ö, 4, 61. Diod. Sre. 15, 34. Plut. 
Phoe. 6. Camill. 19) jandte jeine Baterftadt ihn 
nach Thrafien, wo er Abdera von den Angriffen 
der Barbaren befreite. Diod. Sie. 15, 86. Im 
Kampfe zwijchen Theben und Sparta verteidigte 


Cethegi — Chairemon. 


'er 368 Korinth gegen die Thebaner mit Erfolg, 
weniger glüdlich aber den Iſthmos gegen Epamei- 
nondas. Xen. Hell. 7, 1, 25. Einer wegen Über: 
gabe von Oropos an Theben gegen ihn erhobenen 
Anklage entging er durch Freiiprechung (366). Nach 
der Schlacht bei Mantineia fam er dem Könige 
Zad)os von Agppten zu Hilfe und befehligte deſſen 
Flotte gegen die Perſer. Plut. Ages. 27. Diod. 
Sie, 15, 92. Nach dem unglüdlidhen Ende bes: 
jelben hielt Chabrias ſich nicht lange in Athen auf 
und ging 358 nach — mit dem Auftrage, 
dem Nerjobleptes bei Erfüllung des mit Ghari- 
demos gejchlofjenen Vertrages behülflich zu jein, 
richtete aber, von Athen micht gehörig dazu aus: 
gerüjtet, wenig aus. In dem Bundesgenoflenfriege 
Athens kämpfte er mit vor Chios und fiel, als 
das Schiff, auf welchen er ſich befand, faſt ver- 
nichtet war, tödlich verwundet nach mutigem Kampfe, 
im J. 357. Diod. Sie. 16, 7. Nep. Chabr. 4. Gr 
war ein Mann von großen Auſehen (Nep. Chabr. 3) 
und einer der erjten Feldherrn feiner Zeit, Pau— 
janias (1, 29, 3) fand jein Grab zu Athen im der 
Nähe der Gräber des Thraiybul und Phormion. 
Vgl. Rehdang, vitae Iphicratis, Chabriae, Ti- 
mothei Atheniensium (1845). 

Chaerea, E. Cajjius, diente als Centurio in 
Sermanien (Tac. ann. 1, 32), ſpäter ald Tribun 
in der faijerl. Yeibwadre zu Nom. Seine weich: 
lihe Stimme und fein fanftes Benehmen reizten den 
Caligula zu manchen Schmähworten und höhniichen 
Beleidigungen (er nannte ihn Priapus, Venus 
u. ſ. w.), wodurd er ihm lächerlich zu machen 
ſuchte. Aus Rache ftiftete Chären eine Verſchwö— 
rung, um bei den bevoritehenden Spielen, bei 
denen der Kaifer jelbit als Tänzer auftreten wollte, 
ihn zu ermorden. Ghärea bradte ihm die erite 
Wunde bei, und Ealigula erlag den Streichen der 
Verjhworenen. Chäreas Bejtreben, nun die Ne: 
publit wiederherzuftellen, war jedocdy vergeblich; 
Glaudius wurde von den Soldaten als Kaiſer 
begrüßt und ließ den Ch., weldyer mutig in den 
Tod gung, und die andern Mörder jeines Borgängers 
jofort hinrichten. Suet. Cal. 56 ff. Dio Cass. 
59, 29. Buet. Claud. 11. Aur. Vict. (aes. 3. 
Sen. de const. 18. 

Chairömon, Xauprjuov, 1) tragijcher Dichter 
in Athen um 375 v. E., der zur bedächtigen, ab: 
wägenden Lejung diente und alle Mittel des aus- 
drudsvollen maleriichen Stils (der yowgpıan Atkıs) 
aufwendete, darum wegen der von ihm geforder: 
ten Aufmerkſamkeit zur theatraliichen Darſtellung 
nicht taugte, wie man auch Philemon pafjender 
für Die Leſung, Menander für die Aufführung hielt. 
Sein Stil ift überall fein, jentenzenreich, Durch Rede— 
figuren erhöht und mit den wärmften malerischen 
Farben übergofien, auch durch Gewandtheit des 
glatten Bersbaues empfohlen. Seinen Geſchmack 
charafterifiert Athenaios (13, p. 607) durch erlejene 
Proben. Sammlung der Fragmente von Naud, 
trag. Graeec, fragm. p. 606 ff. Monographie von 
Bartich (1843). — 2) ein Stoifer, Vorfteher der 
Bibliothek in Alerandreia, fam nach Suidas auf 
eine Einladung nach Rom und leitete mit dem 
Peripatetifer Alexander von Aigai die Erziehung 
des Nero. Er jchrieb über die Hieroglyphen, jomwie 
über Religion und Geſchichte jeines Baterlandes. 
Die wenigen Bruchſtücke find gefammelt in Müllers 
fragım. histor, Graee., Bd. Ul p. 495. 


Chairepbon 


Chairöphon, Xaugepar, der Sphettier, ein 
edler und feuriger Verchrer des Sofrates (Plat. 
apol. 5), der einjt zu dem delphiſchen Orakel fich 
mit der Frage begab: ob jemand weijer jei als 
Sofrates? und die Antwort erhielt: oopög Zo- 
porkijs, copwmregog 6’ Eügimiöng, drögmr 6’ 
andvrov Zwrgirns coporarog. Vgl. über ihn 
Xen. mem. 1, 2,48. 2, 3, 1. Er wird auch als 
Berfafjer einer Tragödie, die Herakliden, genannt. 

Chaironeia, Xagwvsıa, Stadt in Boiotien, 
am Wbhange eines jteilen Felſens zwijchen dem 
Kephiſos und dem Berge Thurion gelegen, befannt 
durch Philipps Sieg über die Griechen, 7. Meta: 
geitnion 338 v. C., und des Gulla Sieg über 
Archelaos 86 v. E. (ſ. Orchomenos), jowie als 
Geburtsort des Seichichtichreibers Plutarchos. Strab. 
9,414. Bon der Stadt, jowie von einem kolofjalen 
Löwen, der öftlidy von derielben als Denkmal der 
in der Schlacht gegen Philipp gefallenen Thebaner 
ſtand, haben jid) bedeutende Liberreite erhalten, 
auf denen jebt das Dorf Kapräna fteht. Val. Viſcher, 
Erinnerungen aus Griechenland ©. 590 ff. 

Chaldaei, Xaldaioı, in den aliyriichen In— 
ichriften Kaldu, im U. T. Kasdim, find urſprüng— 
lich die ſemitiſchen Bewohner des babylonijchen, na- 
mentlich ſüdbabyloniſchen Landes zwiichen Euphrat 
und Tigris, die jedoch nicht aus Armenien (über 
die dortigen Ehaldäer j. Chalybes), jondern 
wahrjcheinlich aus Arabien ftammen. Später, nad) 
dem Untergang des babylonifchen Reiches, wurden 
die Briefter, welche ſich durdy ihr Willen, nament: 
lid ihre aſtronomiſchen Kenntniffe, auszeichneten, 
insbejondere Chaldäer genannt. In Rom hiehen, 
jeitdem man zwiſchen — und Aſtrologie (ſ. 
Astrologia) unterſchied, alle diejenigen Chaldäer, 
welche die Kunſt zu verjtehen vorgaben, aus der 
Konitellation der Seftirne die Zufunft zu bejtim- 
men. Andere Namen waren: Babylonıi, astro- 
logi, mathematici, genethliaci, planetarii, &xo- 
relsauarıxod; ihre Kunſt hieß: mathesis, &«oreo- 
koyia vorn) (vergl. unten), yerelıckoyie, 
usrewpoioyia, krorelsonuerun. Nach ihr waren 
günftige und glüdbedentende Seitirne (dyasomoın! 
&orspss): Venus, Jupiter, Yuna, Virgo, Libra, 
Taurus; unglüdverfündende (xaxoroıoi, malefiei): 
Saturn, Mars, Scorpio, Capricornus; dagegen 
Mercurius fonnte beides, Glück und Unglüd, be- 
deuten, je nach den übrigen Berhältnifien (Fmi- 
»oıvos korje). Zu Grunde gelegt wurde die Stunde 
der Geburt und darnach das Horojlop (ognsRorus, 
Due), d. h. eine Vergleihung des gerade in der 
angegebenen Stunde vorherrichenden Geſtirnes mit 
ber Stellung der übrigen, angejtellt. Dabei be- 
dienten die Ehaldäer fich gewiſſer Halendertabellen 
(zivansg, weshalb dieje Kunft auch mırarını) hieh, 
im Gegenjate zu xaronını), der Ajtronomie), in 
denen der Auf» und Untergang, die Bewegung und 
Entjernung (positus ac spatia, Tac. ann. 6, 21) 
der Geftirne für jeden einzelnen Tag angegeben 
waren. Um dies aber auf die Geburtsjtunde zurück 
uführen, gab es wieder Redyentabellen, aus denen 
e außerdem auch die für irgend ein Vorhaben 
günftige Zeit des Beginnens berechneten; daher 
die Ausdrüde numeri Babylonii und Thrasylli, 
Chaldaicae rationes. Hor.od. 1, 11,2. Juv.6, 576, 
Diod. Sie. 2, 305. Wenngleich die Chaldäer zum 
Teil vielfacd Betrüger waren, die die Leichtgläubig: 
feit und den natürlichen Trieb der Menjchen, den 


| 





— Chalkis. 255 
Schleier der Zukunft zu lüften, jelbjtiüchtig be- 
nußten, und die alten Autoren oftmals von der 
Nichtigkeit und Unzuverläſſigkeit diefer Wiſſenſchaft 
iprechen (Cie. div. 2, 42 ff. Gell. 14, 1), jo findet 
jich doch daneben jelbft bei den durch fittlichen Ernſt 
Hervorragenditen eine Dinneigung zu dem Glauben 
an dieſe Kunſt. Mus dieſem Grunde war der 
Zulauf zu ihnen zahlreich und der Einfluß für den 
jedesmaligen Machthaber gefährlich, woraus jich 
wiederum das ſtets erneuerte Verbot wider fie und 
or Ausweifung aus Rom und Italien, jelbit ihre 

eftrafung mit dem Tode erklärt. Doc, konnte 
alles dies weder dieſe Richtung noch den Glauben 
an fie und ihre Benußung augrotten, zumal da 
die Kaiſer, den Anjchauungen und Begriffen ihrer 
Zeit unterworfen, mit Übertretung der eigenen 
Gebote vorangingen. (Berühmt war namentlic) 
der Chaldäer Thraſyllus, freund des Tiberius, 
Tac. ann. 6, 21.) Sie tauchen deshalb bis in die 
fpäteften Zeiten des römischen Heidentums immer 
wieder auf, und es ging der Ausipruch des Taci- 
tus (hist. 1, 22) in lung: mathematici, genus 
hominum potentibus infidum, sperantibus fallax, 
quod in ceivitate nostra et vetabitur semper 
et retinebitur. Qgl. Häbler, Aitrologie im Alter: 
tum (1879). 

Chalkedon ſ. Kalchedon. 

Chalkidike, Xalxıdızı), große Halbinjel Ma- 
fedoniens, zwijchen dem Thermaischen und Strymo- 
nijchen Meerbujen, mit den 3 kleineren Halbinjeln 
PBallene (früher Phlegra) im W., Sithonia in 
der Mitte zwijchen dem Toronaiichen und Singi— 
tiichen Meerbujen, und Akte im Dften. Sie hatte 
ihren Namen von chaltidiichen Anfiedlern erhalten. 
Thuc. 1, 58. 2, 79. 5,31. Die befanntejten Städte 
auf ihr waren: Olynthos, Botidaia, Mende, 
Alanthos, Stageiros. 

Chalkioikos j. Pallas Athene, 4. 

Chalkis, 7) Xairig, 1) die bedeutendite Stadt 
der Inſel Euboia an der jchmaljten Stelle des 
Euripos, über den jchon in früher Zeit eine Brücke 

hrte, unter welcher noch jebt die Ebbe und Flut 

taffermühlen treibt. Die Stadt, wahrſcheinlich 








aus einer Anfiedlung phoinikiiher PBurpurfiicher 
hervorgegangen (dab. der Name, von yalan — 
xccAxn, Burpurichnede), war wegen ihrer Yage und 
Befeftigung eine Feſtung erften Ranges und galt 
neben Demetriad in Magnejia und Afroforinthos 
als eine der 3 Feſſeln Griechenlands (meidaıEiln- 


256 


vıral). Lir. 32, 37. Sie wurde ariftotratiich von 
den "Immoßoreı regiert, bis Perikles dieje vertrieb; 
bis dahin hatte fie zahlreiche Kolonien (nach Ehal- 
fidife in Makedonien, Naros in Sicilien, Kyme u. a.) 
ausgejandt. In der Nähe war die Quelle Are- 
thuja und die fruchtbare Lelantiſche Ebene mit 
Eijen- und Supfergruben und warmen Quellen. 
Der Redner Iſaios und der Dichter Lykophron 
waren dort geboren, der Philojoph Ariſtoteles 
geftorben. Strab. 10, 445 ff. — 2) Stadt in Vito: 
lien, an der Mündung des Euenos, am Fuße des 
Berges Chalfis, daher auch Hypochalkis genannt. 
Strab.10, 451 u.d. Thue. 1, 108.2, 83. — 3) Stadt 
in Epeiros an des Quelle des Acheloosfluſſes am 
Pindosgeb., j. Khaliki. — Auch andere Städte 
führten diefen Namen. 

Chalybes, Xaivßss, jpäter auch Ehaldäer ge: 
nannt (Xen. Cyr. 3, 1, 24), armeniſch Chalti, wie 
auch der höchite armenijche Gott Chaldi heit, aber 
mit den babylonifchen Ehaldäern (j. Chaldaei) 
durchaus nicht verwandt; ein rohes, bejonders vom 
Fiſchfang und Bergbau lebendes Bolt im öftlichen 
Pontos, an der Örenze von Armenien. Sie galten als 
die Erfinder der Bearbeitung des Erzes, und weil 
die Griechen wohl von ihnen in älterer Zeit ihren 
Stahl erhielten, nannten jie denjelben zdlvp. Strab. 
12, 549 ff. Verg. @. 1, 58. Plin. 7, 197. 

Chamaildon, Xaucıldor, aus Herafleia am 
Pontos, peripatetiiher Philojoph, Verfaſſer zahl- 
reiher Schriften teils philojophiichen, teils und 
namentlich litterarhiftoriichen Inhalts, die bis auf 
Bruchjtüde verloren find. Abhandlung von Köpfe 
(1856). 

Chamävi, Xduaßoı, germanijches Volk in un: 
mittelbarer Nachbarſchaft der Chattuarii zwijchen 
riefen und Brufterern, etwa zwiichen Ems und 
Zuyderſee. Dort ift im Mittelalter der Gau Hama: 
land. Tac. ann. 13, 55. Germ. 33. 34. 

Chaönes, Acoveg, eins der 3 Hauptvölfer in 
Epeiros, in der Landichaft Chaonia, zwijchen dem 
Thyamisjluffe und den Sterauniichen Bergen; fie 
galten für Bapßapoı (Thue. 2, 68. 80 ff.). 

Chaos, ro Adog (von zdo, yalvo, yasaw), nad) 
Hesiod. theog. 116 der „gähnende” unermeh: 
liche Weltraum, der zuerft vor allem vorhanden 
war, der dunkle, Icbendige Urquell alles Yebens 
in der Welt. Mus ihm entjtanden Gaia, Tartaros 
und Eros. Darauf erzeugte Chaos das Erebos 
(die Urfinfternis) und die Nacht, Nacht und Erebos 
zeugten Mither und Hemera. Gaia gebiert den 
Uranos, die Gebirge und den Pontos; Gaia und 
Uranos zeugen die Titanen, Kyllopen und Hefaton- 
cheiren. Spätere, namentlich auch die Bhilofophen, 
verjtanden unter Chaos (dad Wort fäljchlich von 
zeisher ableitend) eine verworrene Majie, aus 
welcher ſich die Welt geftaltete. Or. met. 1,5 ff. 
Nac der Yehre der Orphiker zeugte die ewige Zeit 
(Chronos) das Chaos. Nach einem andern Philo: 
jophen ging Chaos aus Caligo, dem Urduntel, 
hervor und zeugte mit diefem Nacht und Tag, 
Erebos und Vlther. 

Charädra, Xagdöga, Stadt in Phokis am Cha: 
radros, einem rechten Nebenfluß des Kephiſos, auf 
hohem Felſen. Adt. 8,33. Paus. 10, 33,6. Gleich: 
namige Städte lagen in Epeiros und Mejjenien. 

Charädros, Xdocdoos, 1) rechter Nebenfluß des 
Kephiſos in Bototien; 2) Fluß in Achaia; 3) Neben: 
fluß des Inachos in Argolis; 4) Fluß in Meffenien, 


Chalybes — Charidemos. 


durch die Ebene von Stenyklaros ftrömend; 5) Platz 
in der Nähe von Argos, wo vor dem Eintritt des 
Heeres in die Stadt über Militärvergehen gerichtet 
wurde (Thue. 5, 60); 6) Hafenftabt im weftlichen 
Kilitien. 

Charax, Xcdoa£, a) Städtename: 1) Stadt im 
nördlichen Medien, unweit der Kaſpiſchen Pforten, 
jüdöftl. von Nhagai und vom h. Teheran. — 
2) Stadt im jüdlichen Babylonien, an der Mün: 
dung des Euphrat und Tigris von Alexander ge: 
gründet und deshalb Alerandreia genannt; jpäter 
von Antiochos III. weiter obeu, wahrſcheinlich am 
Einfluß des Choaſpes, ald Antiocheia neu aufge: 
baut; in der Partherzeit (130 v. E.) nach dem 
arabijchen Fürften Spafines X. Eracivov benannt, 
Hauptit. des Heinen Reiches Charatene oder Mejene. 
— 3) Stadt auf der Weftfüjte Corfifas, j. Cargheſe. 
— b) Eharar der Hiftorifer, aus Pergamos, im 
2. Jahrh. n. E., verfahte nad Suidas 40 Bücher 
Elinvinor lsropıor, bisweilen aud) Xporınd ge: 
nannt. Ob er auch ’IraAırd gejchrieben, ift zweifel: 
haft. Sammlung der Bruchjtüde bei Miller, fragm. 
hist. Graee. Ill p. 636 ff. 

Chares, Xcens, 1) ein athenijcher Feldherr, 
machte fich bemerklich im J. 367 v. E., als er den 

hliafiern Beiftand leiftete gegen die Argiver und 
Sityonier. Xen. Hell.7,2, 18 ff. Died. Sie. 15,75, 
Übrigens war er fein jehr glüdlicher Feldherr, 
ohne Umficht, hart, habjüchtig und ungerecht, von 
leichtfinnigen Frauen jelbjt auf feinen Feldzügen 
umgeben, im Kampfe jelbjt feig, verjchwendertich 
gegen das Bolf, das er dadurd gewann, jowie er 
ſich auch nicht jcheute, durch Beitechungen feinen 
Bwed zu erreichen. Diod. Sie. 15, 95. Einem jo 
unzuverläjligen Manne, der bejonders die Bundes— 
genoſſen Athens durch jein brutales Benehmen 
gereizt hatte, vertrauten die Athener im Kriege 
mit jenen ihre Flotte an, mit der er troß eines 
furchtbaren Sturmes und gegen den befieren Rat 
jeiner Mitfeldherren, Iphikrates und Timotheos, 
eine Schladht wagen wollte. Letztere ſchwärzte er für 
ihren Widerſpruch in Athen an und bewirkte, daß 
fie abgejeßt und mit hohen Geldjtrafen belegt 
wurden. Diod. Sie. 16, 21. Nep. Tim. 3. Wis er 
nun gar durch Unterftüßung des aufrühreriichen 
Satrapen Artabazos den Perſerkönig gegen Athen 
reizte (Diod. Sie. 16, 22), wurde er zurüdgerufen. 
Als Philipp im J. 349 Olynth angriff, jandten 
die Athener der befreundeten Stadt mehrere Male 
unter Chares, dem fie ein Heer von Bürgern, nicht 
von Söldnern mitgaben, Hülfe, ohne daß er die 
Stadt retten konnte, 348. Cine fpätere ähnliche 
Sendung desjelben zur Unterftügung von Byzanz 
zog ihm, der von früher her diejer alten Bundes: 
genojjin Athens verhaßt war, Zurückweiſung von 
der Stadt und ihren Verbündeten zu. Defto bereit: 
williger wurde dann Phofion aufgenommen. Plut. 
Phoce. 14. In der Schlaht bei Chaironeia, in 
der er mit Kyſikles Anführer war (Died. Sie. 16, 85), 
fand er wahrjcheinlich feinen Tod. — 2) f. Bild- 
hauer, 12. 

Charidömos, Xagi/önuos, 1) aus Oreos auf 
der Inſel Euboia, trat, nachdem er anfangs gegen 
Athen gefochten hatte, unter Jphifrates als Soldat 
in eine atheniſche Söldnerichar. Wegen eines gegen 
Athen verübten Berrats flüchtete er (360 v. E.) 
zu Kotys von Thrafien, trat jedoch bald wieder 
beim athen. Heer unter Timotheos ein und wurde 


Charikles — Charmides. 


Bürger von Athen. Darauf ging er zu den griedhi- 
ſchen Söldnern unter den Nhodiern Memmon und 
Mentor, welche gegen einen perjiihen Satrapen 
tämpjten, fam aber auch hier durch eine an ihnen 
verübte Treulojigfeit in Bedrängnis, aus welcher 
er, che die von ihm gerufenen Athener unter 
Kephijodotos helfen konnten, durch die Nachſicht 
des perjiichen Statthalters Artabazos gerettet wurde, 
359. Nach dem Tode des Kotys, dejien Tochter 
Eharidemos geheiratet hatte (358), kämpfte er mit 
jeinem Schwager Kerjobleptes gegen Athen, ein 
echter Eondottiere, bis innere Unruhen in Thrakien 
beide zum ‚Frieden nötigten. Da er jedoch Ver: 
juche machte diejen zu umgehen, zwang ihn Chares 
mit einem athenifchen Heere zur Ruhe und Nach: 
giebigfeit. Bald aber verjudte er von neuem 
mehrere von Athen beihügte thrafijche Häuptlinge 
zu vertreiben, ließ jedoch die Athener über feine 
Abjichten beruhigen und verſprach, ihnen Amphi- 
polis wieder zu verichaffen, was jedoch auch nad) 
dem ihm günftigen Vorſchlage des Ariftofrates an 
dem Widerjtande des Demojthenes und Euthyfles 
icheiterte. — 2) aus Athen, wurde mit dem Redner 
Antiphon im J. 359 v. C. vergeblich als Gejandter 
zu Philipp geichidt, ihn um Beiftand gegen Am: 
phipolis zu bitten, und kämpfte jpäter gegen ihn 
in Chaltidife. Nach der Schlacht bei Chaironeia 
dachte man daran, ihn an die Spige des Heeres 
zu ſtellen, zog indes Phofion vor. Plut. Phoe. 16. 
Nach Philipps Tode, von dem er die Athener zuerft 
unterrichtete, forderte Alerander unter andern auc) 
feine Auslieferung, begnügte ſich indes mit der 
Verbannung (335). Plut. Phoc.17. Arr. 1,10,4.6. 
Er jloh zu den Perjern, mißbilligte aber die kriege: 
riſchen Anftalten derjelben jo freimütig, daß Da: 
reios ihn im 3.333 hinrichten lieh. Curt. 3,2, 10 ff. 
Diod. Sie. 17, 30, 2 ff. 

Charikles, Xagırkös, 1) Sohn des Apollodo- 
ros, nahm am peloponnefischen Kriege als Admiral 
teil und war nach dem Falle Athens einer der 
bedeutendften unter den Dreißig. Xen. Hell. 2, 3,2. 
— 2) Phokions Schwiegerjohn, ließ ſich von Har— 
valos beſtechen und entzog ſich der Bollziehung des 
TZodesurteils durch die Flucht. Plut. Phoc. 21 ff. 33 ff. 

Chariklo j. Teiresias. 

Chariläos, Xagllaog, auch Adgılkog, König 
von Sparta, nachgeborner Sohn des Polydeltes, 
Neffe des Gejeßgebers.Uyfurg (Hat. 8, 131. Plut. 
Lye. 3), belämpfte die benachbarten Argiver und 
Tegeaten, wurde aber von den letzteren bejiegt, 
gefangen genommen und nur gegen die Zuſage, jie 
nicht wieder anzugreifen, losgelafjen. Paus. 2, 36,4. 
3, 2, 5. 7, 3. 8, 5,49. 48, 4. 

Chariomöros (d. h. Heerberühmt), Aagıounjoos, 
beherrichte während der Regierung des Domitian 
die Cherujfer. Der Kaiſer unterftüßte ihn mit Geld, 
als die Chatten ihn wegen jeiner Freundſchaft mit 
Rom vertrieben hatten. Div Cass. 67, 5. 

Charis, Chariten, Xagıs, Xagıreg, Gratiae. 
Die Ehariten hießen Töchter des Zeus und der 
Hera oder der Ofeanide Eurynome, oder des Helios 
und der Wigle (Glanz), und waren den Griechen 
die Göttinnen der Anmut, der gejelligen Freuden, 
des heiteren, feſtlichen Lebens. Heſiod (theog. 907) 
nennt 3 Ehariten: Euphroſhne (feftliche Freude), 
Aglaia (feftlicher Glanz) und Thalia (blühendes 
Glüd). Sie find befreundet mit den Mujen, den 
Göttinnen des Gejanges, und wohnen mit ihnen 


Reallerifon des Uaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


257 


auf dem Olympos; fie geleiten die Aphrodite, die 
Beitho die Göttin der Überredung) und den Wohl: 
redner Hermes, denn ohne die Armut vermögen 
dieje nicht zu wirken und zu fejleln. Die Werte 
der Kunſt dürfen der Anmut nicht entbehren; darum 
it Charis bei Homer (Z1. 18, 382) die Semahlin 
des Hephaiftos. Die Ehariten wurden in ältejter 
Zeit befonders von den Minyern in Orchomenos ver: 
ehrt, wo der König Eteofles ihren Dienſt einge: 
führt haben jollte. Bon da fam ihr Dienjt an 
den Helifon und in andere Gegenden Griechenlands. 
In Sparta verehrte man 2 Chariten, Kleta und 
Phaenna, Schall und Schimmer, auch zu Athen 
nur 2: Auxo, Wadstumförderin, und Hege— 
mone, Führerin. Hier jcheinen fie alte Witterungs: 
göttinnen gewejen zu jein, ähnlich den Horen, mit 
denen fie auch ſonſt häufig in Verbindung er: 
icheinen; doch ftehen fie dDiejen, nachdem fie einmal 
die oben angegebene Bedeutung angenommen haben, 
entgegen wie menschliches Leben der Ordnung der 
Natur. — Dargejtellt werden die Ehariten gewöhn- 
lih in der Dreizahl vereint, da der Begriff der 
Geſelligkeit bei ihnen vorherricht; es jind jchlanfe, 
blühende, jungfräuliche Geftalten mit freundlicher 
Gefichtsbildung. Attribute: muſikaliſche Inſtru— 
mente, Myrten, Rojen, Würfel. 

Charisii, 1) Flavius Sojfipater EChar., j. 
Grammatiker, 6. — 2) Aurelius Arcadius 
Ehar., ein gelehrter Juriſt gut Zeit Konftantins 
des Gr., aus dejien Schriften Auszüge in den Pan— 
dekten fich befinden. Er war magister libellorum 
und jchrieb de officio praefeeti praetorii, de 
muneribus eivilibus, de testibus u. a. 

Charisteria, Yagısrijore, 1) Dankfeſt zu Athen 
für die Wiederherftellung der Demokratie durd) 
Ihraiybul, am 12. Boedromion gefeiert (Aagıorrjgı« 
&levieolas). Vgl. Mommſen, Heortologie ©. 217. 
— 2) Geſchenke des Dantes für Heilung oder Net: 
tung aus Gefahr, in Tempeln dargebracdht, nament: 
lih Darftellung geheilter Glieder, VBotivgemälde 
von Sciffbrüchigen u. dgl. 

Chariton, Xcoitor, 1) cin Jüngling, berühmt 
durch ſeine Freundſchaft mit Melanippos aus Agri: 
gent. Als der Tyrann Phalaris, dem Ch. nad) 
dem Leben trachtete, dieſen hinrichten lajjen wollte, 
befannte ji) Melanippos als jeinen Berführer, 
der Tyrann aber, durch diejen Edelmut gerührt, 
ichenfte beiden das Leben und forderte nur die 
Verbannung aus Agrigent. Aelian. v. h. 2, 4. — 
2) aus Aphrodijias in Phrygien, um 400 n. E., 
ichrieb einen Roman mit einfacher Handlung und in 
leicht fließender griechiicher Sprache in 8 Büchern: 
Chaireas und Kallirchod, der ung noch erhalten 
it; herausgeg. von d'Orville (1750) und von 
Hercher, script. erot,. Graec, II p. Uff 

Charmädas, Xapuddag, afademijcher Bhilojoph, 
Schüler des Karneades, um 110 v. E., Yehrer der 
Bhilojophie und Rhetorik zu Athen, von einigen 
als Stifter einer 4. Afademie angejehen. Kicero 
ichreibt ihm große Beredjamleit (acad. pr. 6, 16) 
und ausgezeichnetes Gedächtnis (divina prope me- 
moria, de or. 1, 11. 18. 2, 88. duse. 1, 24, 59) 
zu. Vgl. Madvig zu Cie. de fin. p. 620, 

Charmides, Xagwöns, Oheim Blatons, der 
nach ihm einen jeiner Dialoge benannt hat, fiel 
mit jeinem früheren Bormund Kritias zur Zeit der 
Dreibig im Treffen am Fluſſe Kephijos, 404 v. C. 
Xen. Hell. 2, 4, 19. mem. 3, 7,1. 

17 


258 


Charoiädes, Xaegoıcöns, Feldherr der Athener, | Chatti, Xcdrro, deutſches Volk, treten mit 
fiel (427 v. E.) im Kriege gegen Syrafus, gegen | diefem Namen erft zur Zeit der germanischen Feld— 
welches er mit einer Flotte der Stadt Leontinoi | züge des Drufus hervor. Sie erjcheinen als rüftige 
zu Hülfe geichidt worden war. Thuc. 3, 86. 90, | Kämpfer gegen die Römer, aber auch im Streite 
Juſtin (4, 3) nennt ihn Chariades. mit den ihnen benachbarten Hermunduren und 

Charon, Adgov, I) Sohn des Erebos und der | Cherujfern. Zac.ann 1,55 f.2,7.25.41.88.12,28. 
Nyr, der greife, häfliche, ſchmutzige Fährmann der | hr Land nimmt einen bedeutenden Naum in der 
Unterwelt, der die Schatten der beerdigten Toten | Form eines Dreiecks ein, deſſen eine Spitze um 
über die Flüſſe der Unterwelt jet (nachhomeriich). | den Taunus an den Rhein reicht, die andere im 
Er erhielt als Fährgeld (vaüior) einen Obolos, | oberen Werrathale liegt und die dritte unter der 
den man dem Toten in den Mund legte. Lebende | Diemel bei den Chamaven und Cheruifern endigt. 
durfte er nur ausnahmsweije überjegen. Verg. A. Die Adrana durchfließt ihr Gebiet. Tacitus (Germ. 


Charoiades — Xeipovoulae. 


6, 295 fi. — 2) Eh. von Lampſakos, Hiftorifer, 
j. Aoyoyodgoı. 





Charondas, Xapardag, aus Katane auf Siei— 
lien, lebte wahrjcheinlich in der Mitte des 7. Jahrh. 
v. E. und gab jeiner Geburtsjtadt wie den andern 


chaltidischen Pflanzftädten Siciliens und Staliens | 


Geſetze, die ſich durch ihre ethiſche und juriftiiche 
Schärfe neben denen des Zaleufos, mit welchem er 
bisweilen verwechielt wird, anszeichneten. Seine 
Geſetze enthielten das, was ihm aus andern Ge— 
jebgebungen das Beſte jchien (Diod. Sie. 12, 117, 
eigentümlich war ihnen nad) Ariftoteles (pol. 2, 9, 8) 
nur die Zmiounwıg perdoueprvgör, die Anklage 
wegen falichen Zeugniffes. Jede Anderung der 
Geſetze erjchwerte er dadurch, daß er feſtſetzte, ber, 
welcher einen Geſetzvorſchlag machte, jollte mit einem 
Stride um den Hals erjcheinen, um erdrofjelt zu 
werden, wenn der Vorichlag durchfiele. Diod, Sıc. 
12, 17. Als er, eben vom Lande zurüdfehrend, 
gegen fein eigenes Geſetz bewaffnet in der Ver: 
jammlung erjchien, tötete er, darauf aufmerliam 
gemacht, jich jelbft. Diod. Sie. 12, 19. Sen. ep. 
90,6. Val. Ma«x.6, 5, 4. Bgl. Gerlach: Zaleufus, 
Eharondas, Pythagoras (1858). 

Charta j. Bißkos. 

Charybdis ſ. Skylla. 

Chasuarii, eine Völkerſchaft im nördlichen Ger— 
manien, nach Zac. Germ. 34 im Rüden d.h. öftlich 
der Chamaven wohnend, aljo wohl zwijchen Ems 
und Wejer zu Inchen. 


30 ff.) hat fie genau charakterifiert; ihr Name lebt 
in dem heutigen Heſſen. J. Grimm, Geſch. ber 
deutjchen Spr.K.21. 

nauci, XKadxor, 
Kaöyoı, populns 
inter Germanos 
nobilissimus, qui 
que  magnitudi- 
nem suam malit 
iustitia tueri (Tae, 
Germ. 35). Sie 
—— ihre Wohn: 
ige zwiichen Ems 
und Elbe am Ocean, 
die großen von den 
fleinen (Tac. ann. 
11, 19) durch die 
Weſer getrennt, die 
heutigen Oſtfrieſen. 
Bei Tacitus (ann. 
1, 38) haben ſie 
römiſche Beſatzung; 
fie jenden (daſ. 1,60. 
2, 17) den Römern 
Hülfstruppen. Spä: 
ter empören fie fich 
mit den Frieſen und 
fämpfen im bata- 
viſchen Kriege gegen die Römer. Plinius (16, 1—2) 
ichildert ihr Yand in dem düfterften Karben. Der 
Name wird von goth. hauhni „die Hohen“ ge: 
deutet; ob von der Körpergröße oder vom Stolze, 
ı bleibt dahingeftellt. Hügelbewohner find es ſchwer— 
lich geweien. 

Cheilon, Xdor, Xior, 1){.Sieben Weise, 
— 2) Nebenbuhler des fpartaniichen Geſetzgebers 
Lykurg, vor welchem er ein Vorrecht zum Thron 
zu haben behauptete, da er dem alten Hauſe der 
Proffiden angehöre, jener aber nicht von königl. 
Abſtammung jei. Lykurg mußte, als Cheilon einen 
großen Teil der Bürger durch Berfprechungen von 

derverteilung gewonnen hatte, fliehen, um nicht 
| ermordet zu werden, bis Cheilon ſpäter durch die 
' Bürger jelbft genötigt wurde die Flucht zu ergreifen. 
Pol. 4, 81. 

Cheilönis, Xeıloris, Tochter des ipartan. 
Königs Leonidas, Gattin des Kleombrotos, folgte 
erft ihrem Vater, dann ihrem Gatten in die Ber: 
bannung. Plut. Agis 17. 

Cheiromanteia j. Divinatio, 12. 

Cheiron j. Kentauren. 

Xergovogia, die mimische Bewegung und 
Darftellung, insbejondere die Aktion der Hände, 
in der griech. Orcheftit; außerdem auch eine in der 
Palaiftra geübte Art des Schattenfampfes (snın- 
ueryle), worin der angehende echter die beiten 





Xeroorovix — Chimaira. 


Stellungen und Bewegungen einübte und nament- 
lih die Arme auf das gejchidtejte zum Angriff 
und zur Verteidigung anwenden lernte. — Auch ein 
Name der zugeiyn. 

Xsıporovie, Aufheben der Hände, die ge: 
bräuchlichfte Art der Abjtimmung in den griech. 
Berjammlungen jowohl bei Staatsverhandlungen 
als auch bei Wahlen; häufig nannte man dies 
unpissoher, daher das Reſultat yıjpıoua. Die 
Abftimmung der Minorität hie Arozeıgororia. 
Bei den einzelnen Phylen jcheint diejelbe Hand— 
lung gewöhnlich aigesıg geheifen zu haben. Die 
alſo gewählten Beamten hießen zeıgorarnrol oder 
algperol im Gegenſatz der durd das Los beftimm- 
ten, der xAnewrol oder zvausvroil. Aeschin. Tim. 21. 
Ötes. 18. 27. Xen. mem. 1, 2, 9. 

Aslıdorte, ein Frühlingsfeft auf Rhodos im 
Monat Boidromion, an welhem fingende Kinaben 
durch die Straßen zogen und Gaben im Namen 
der Schwalbe jammelten. Das Lied der zelıdo- 
rısrei, gekıdorıcuög, jollte einer der 7 Weiſen, 
Kleobulos von Lindos, gedichtet haben ‘Athen. 8, 
p. 360b, wo der Tert des Liedes mitgeteilt ift). 

Chelidoniae, Xslıdorını, eine Gruppe von 
3 Heinen feljigen Inſeln füdlic der Heinafiatischen 
Landichaft Lykien, j. Khelidonia, gegenüber dem 
Ehelidonijchen oder Heiligen Borgebirge, 
Xelıdorin äxen. Strab. 14, 666. 

Xeriorn, eine peloponnefische Silbermünge mit 
dem Gepräge einer Schildkröte auf dem Rüden, 
daher der Name. Boeckh, metrol. Unt. S. 83. 86. 

Uhemmis, Azunıs, auch Afußıs, 1) uralte 
Nomoshauptitadt in Oberägnpten, rechts vom Nil, 
j. Achmim; die heilige Stadt des Gottes Chem, 
der von den Griechen bald mit Perjeus (jo Hat. 
2, 91), bald mit Ban (daher der andere Name 
Banopolis) identifiziert wurde, Geburtsort des 
Dichters Nonnos (5. Jahrh. n. E.). Strab. 17, 813. 
— 2) jchwimmende Inſel in dem See Buto (j. d.) 
in Unterägppten, mit einem Sorostempel. Adt. 
2, 156. Mela 1,9. 

Cheops, Xtoy, äguptiich Chufu oder Chaum— 
Ehufu (daher bei Diodor Féuuis gen.), König des 
alten Reiches von Memphis, aus der 4. Dynalftie, 
um 3050 dv. E.; Erbauer der größten Pyramide 
von Gizeh, welche urjprünglich an jeder Seite der 
Grundfläche 233 m breit, 146 m hoch war. Hat. 
2, 124 ff. Diod. Sie: 1, 63. 

Chephren, Xeponr, ägyptiſch Chafra, der zweite 
Nachfolger des Cheops, um 3000 dv. E.; Erbauer 
der zweitgrößten Pyramide von Gizeh (133 m hoch). 
Hat. 2, 187, 

Chersonesus, 7) Xegoornoos, attiih Xeggo- 
vnoog. Die Halbinjeln, welche jo bezeichnet wur: 
den, find: 1) die thrafiihe Ch., auch m dp’ 
"Ellnozövro und häufig nur Cherjones genannt, 
die in füdmeftlicher Richtung langgejtredte Halb- 
injel Thrafiens zwiſchen dem Thrakiſchen Meer 
und dem SHellespont, welche bei Kardia durch einen 
nur 36 Stadien breiten Iſthmos (den eine Mauer 
Ihügte) mit dem Feſtlande zujammenhing; das 
weitl. Borgeb. am Eingange des Hellespont hieß 
Maſtuſia, j. Elles:burun. Die Griechen (Athener) 
hatten hier jeit dem 7. Jahrh. Ktolonien angelegt, 
wurden dann aber durch die Perjer verdrängt, 
worauf Makedonien, Antiochos von Syrien und 
endlich die Römer in Beſitz famen. Hat. 6, 33 ff. 
Jetzt heißt fie Halbinjel der Dardanellen oder von 


25) 


Gallipoli. — 2) die taurijche oder jEythijche 
Ch., die j. Krim, Halbinjel im Pontos Eureinos, 
hing durch die Schmale Yandenge Taphros oder 
Taphrai (j. Berefop) mit dem Lande der noma: 
diichen Stythen zujammen. Ein Gebirgszug 309 
jich längs der jüdlichen Küfte von ®. nad ©. Das 
jüdlichjte Vorgebirge im W. war Kriu Metopon 
(Kgioö Merwmori,, j. Kap YWitodor; noch etwas 
weiter weftlic lag das Borgeb. Barthenion, 
durch den Dienjt im Tempel der Artemis Tauro- 
polos mit Menjchenopfern bekannt. Der fimme: 
riiche Boſporos jcheidet die Halbinjel von der Dft: 
füfte des Pontos. Reich ift fie an Salzjeen. Der 
wejtliche Teil wird auch wohl die herakleiiſche 
Cherſoneſos genannt, wo fi) Serafliden aus 
Pontos angefiedelt und eine Stadt Cherjonejos 
gegründet hatten. S’rab.7, 308. — 3) Ch.magna, 
Borgeb. und Hafen in Afrika (Marmarila), j. 
Raratin. — 4) die ſüdlichſte Spike der Inſel Sar: 
dinta, j. Capo Teulada. — 5) Stadt auf Kreta 
am Borgeb. Zephyrion. — 6) die cimbrijche 
Ch. die j. jütifche Halbinjel, j. Cimbri. 
Außerdem führten Landipigken bei Sinope, am 
Athos, bei Teos, bei Karthago u. a. diefen Namen. 
Cherusci, Angoödoxor, ein zuerit von Cäſar 
(b. 4. 6, 10) erwähnter Stamm der Germanen, 
nachher ein Völkerbund, wohnten im mittleren 
Deutſchland zwijchen Weſer und Elbe jo, daß eine 
Spike ihres Gebietes noch über die Wejer hinüber- 
ging, wo fie mit Brufterern und Chatten grenzten. 
Yu Cäſars Zeit trennte fie die silva Bacenis von 
den Sueben; nad) Tacitus bildete ihre Nordoit: 
grenze ein latus agger in der Gegend zwijchen 
Minden und Hameln. Drujus fam bei jeinem 
Bordringen bis zur Elbe, 9 v. E., zuerjt in ihr 
Gebiet. Anfangs wurden jie von den Römern 
abhängig und einzelne traten in ihre Dienjte; als 
aber Quintilius Varus fie zu bedrüden anfing, 
verbanden fie ſich mit den ihnen ſonſt verfeindeten 
Chatten, mit den Marien und Brufterern und 
ſchlugen ihn unter Arminius’ Anführung, 9 n. E., 
im Teutoburger Walde (f. Arminiusi. Mehr als 
die Einfälle des Germanicus im J. 15, während 
der Streitigkeiten zwiichen Armin und Segeit, 
und 16, wo Armin auf dem Felde Idiſiaviſo ge- 
ichlagen ward, jchadeten ihnen die inneren Spal- 
tungen. Der zwijchen Armin und Maroboduus, 17, 
ausgebrochene Krieg brachte die Yangobarden und 
Senonen auf ihre Seite (Tae. ann. 2, 4. 44 ff. ), 
und der aus Rom geholte Jtalicus, Sohn von 
Armins Bruder Flavus, fonnte nur mit Hülfe der 
eriteren feine Fürftenwürde behaupten. Tac. ann. 
11, 16. 17. Innere Zwietracht und Kämpfe mit den 
Ehatten brachten jie immer mehr herunter, das jieht 
man aus der Schilderung des Tacitus (Germ. 36); 
ipäter jchwinden fie aus der Geſchichte. Der Name 
muß don hairu, Schwert, abjtammen, ijt aljo dem 
Sinne nad) den Namen der Saxones gleid). 
Chiliarchos, zillaezos, zukdeyns, bei den 
Makedoniern der Anführer einer EChiliardia; vgl. 
Exereitus, 7. — Bei den Berjern war der 
Chiliarch der oberjte der Generale, der Anführer 
der königl. Leibwache und zugleich eine hohe Staats: 
perjon, der Erjte nach dem König, der dieſem über 
alles Bortrag zu Halten hatte. 
Chimaira, Xlucıga, ein feuerhauchendes, gött: 
liches Ungeheuer, vorn ein Yöwe, hinten ein Drache, 
in der Mitte eine Ziege, von Amijodaros, König 
17* 


260 


in Sarien, aufgezogen und von Bellerophontes 
(1. d.) getötet (41. 6, 179 ff. 16, 329); nad) Hefiod 
(theog. 319) Tochter des Typhaon und der Echidna, 
ein Ungeheuer mit 3 Köpfen, eines Löwen, einer 
Ziege und eines Drachen. Spätere verbinden dieje 
beiden Vorftellungen auf verjchiedene Weiſe mit: 
einander. Man verjegte fie nach Phrygien, Libyen, 
Agypten, Indien und erflärte jie pragmatifierend 
für ein Bild der vulfanischen Beichaffenheit Lykiens. 
Urjprünglich ſcheint fie in Sikyon und Korinth zu 
Haufe gewejen zu ſein, als ein dunkles, winter: 
ches Weſen, ähnlich dem Python. Sikyon und 





Korinth führten das Bild der Chimaira auf ihren 
Münzen. 

Chionides, Xıorlöns, Aroviöng, aus Athen, um 
450 v. E., wird ald mgwrayawıorns rg doyadug 
xwuodies, d. h. als erfter, der einen urkundlich 
aufgezeichneten Sieg bavontrug, bezeichnet, jedes: 
falls der Komiker, deſſen Stüde zuerjt eine kunſt— 
mäßigere Behandlungsweije zeigten. Nur wenige 
Bruchftüde aus 2 Stüden find erhalten. Bgl. 
Meinele, hist. erit. com. Gr. p. 27 ff. Rod, com. 
Att. fragm. I p. 4f. 

Chios, Xlos, Inſel im NW. von Samos, der 
vom Gebirge Mimas gebildeten ioniſchen Halbinjel 
gegenüber, 60 Stadien vom Feitlande. Die 18',, 
O Mr. große, äußerſt fruchtbare Inſel lieferte den 
bejten griechifchen Wein, jchr guten Marmor und 
den beiten Maftir, außerdem Feigen und feinen 
Thon. Die höchſte Spike der bergigen Inſel war das 
IIskıradov ögogimM.; das ſüdöſtl. Vorgeb. hieß 
Pojeidonion, die Südipige Phanai (j. Fana 
oder Kap Maftico). Die älteften Bewohner, Xioı, 
waren tyrrheniſche Pelaſger oder Yeleger, zu denen 
fich nachher Kreter, Karier und Euboier gejellten, 
bis jpäter die Jonier fie in er, nahmen. Die 
Hauptftadt Chios (auch ionische Bundesftadt) mit 
gutem Hafen lag in der Mitte der Oftküfte und war 
BVaterftadt des Homer (?), des Tragifers Jon und 
des Sejchichtichreiber8 Theopompos; etwas nörb: 
lich lag Delphinion (j. Delphino) mit gutem 
Hafen; an der Weftküfte Bolijjos. Strab. 14, 645. 

Chirogräphum, im w. ©. die Hanbdichrift, im 
e. ©. eine Schuldverfchreibung des Debitor. Das: 
jelbe war auch Syngrapha. Der von Ps.- Ascon. 
zu Cic. Verr. 1, 36 gemachte Unterjchied zwiſchen 
beiden Urkunden ift falich. 

Xıror |. Kleidung, 1. 

erg Kleidung, 2. 

Chlo@ j. Demeter, 3. 

Chloris j. Neleus, Flora und Winde, 6. 

Choaspes, Xodorns, 1) Fluß in Medien und 
Sufiana, j. Kerkha, berührt in feinem Oberlauf 
Stadt und Berg Bagiftana (j. Behiftan) mit der 
großen Dareiosinichrift, flieht dann weitlih an 
Suja vorüber und mündet in den vereinigten Euphrat 
und Tigris. Er ijt berühmt durch jein klares, 
wohljcdhmedendes Wafjer (dt. 1, 188). Ob der 
Eulaios (lat), von dem PBlinius (6, 27. 31, 3) 


Chionides — Choros 


dasjelbe ausjagt, mit dem Ch. oder mit dem öft- 
licheren Parallelfluß, dem h. Karun, identisch ift, 
fteht noch nicht feit. — 2) Fluß in Indien, j. Kunar; 
mündet von N. ber in den Kophen (j. Kabul), 
einen wejtl. Nebenfluß des Indos. Strab. 16, 697. 
Curt. 8, 10, 22. Bei Arrian (4, 23, 2) heißt er 
Kong. 

Xoeg ſ. Dionysos, 8. 

Choirilos, XoreiAog, 1) einer der ältejten atti- 
ichen Tragifer, Nebenbuhler das Pratinas, Phryni- 
chos und Aiſchylos, und zwar ſchon jeit DI. 64 
(524), jcheint über das Satyripiel, als Anfang der 
Tragödie,, wenig oder nie hinaus gekommen zu 
jein. Er ſoll dreizehumal geftegt und 160 Dramen 
gedichtet haben. Bruchitüde haben fich nicht er: 
halten. — 2) Choirilos von Samos j. Epos, 5. 

Choros, xogös, chorus, bezeichnet eigentlich einen 
umgrenzten Tanzplatz (daher ebevyogog als Epi- 
theton von Städten bei Homer) und ift wahrichein: 
lich mit xoerog, hortus verwandt. Dann bedeutet 
das Wort 1) eine jede größere oder Kleinere Anz 
zahl von Berjonen, die im Reigentanz bei reli- 
giöſen Feiten und feierlihen Aufzügen :auftraten; 
2) in der griechiichen Tragödie und älteren Ko: 
mödie eine bejtimmte Anzahl von Schanipieleri, 
die als teilnehmende Zeugen der eigentlichen Hand: 
lung beimohnten und bejtimmte Ruhepunkte der: 
jelben durch Geſang und Tanz ausfüllten. Chöre 
waren an den dionyſiſchen Feſten der urjprüng- 
lie und hauptjächlichite Beitandteil der Feſtfeier 
und wurden die Grundlage der Tragödie und Ko: 
mödie; ihre Gejänge und Tänze zu der Opferhand- 
lung bildeten die eigentliche Sehfeier. Nach und 
nad) trat zwijchen den einzelnen Zeilen und Ab: 
ichnitten ihrer Gejänge eine Berjon auf, die durch 
Erzählungen oder auch durch Unterredungen mit 
den Ghorperjonen das Bublitum unterhielt und 
den Gejamtchore einige Ruhe und Erholung ver: 
ichaffte. Hieraus entwidelte ſich nach und nad) der 
Dialog und das eigentliche Drama. Der Chor trat 
zurüd, wurde gewiljermaßen Nebenjache und Bei: 
wert und erhielt diejenige Geltung und Stellung, 
welche er in den erhaltenen Tragödien und Komö— 
dien einnimmt. 
beſtimmte Anzahl von Perjonen (in der Tragödie 
12, jeit Sophofles, der jedoch im Wias die alte 
Zahl beibehalten zu haben jcheint, 15, ebenjo im 
Satyrdrama früher 12, ipäter 15, in der Komö— 
die 24), welche in der Rolle von erfahrenen, ver- 
ftändigen, leidenjchaftslojen Männern oder Greifen, 
Frauen, ja auch Jungfrauen auftreten, mit den 


Verſonen der Handlung in irgend einer Beziehung 


und Verbindung ftehen und jern von leidenichaft: 
licher Teilnahme, ruhig und überlegt, bald ratend, 
bald tröftend, auch aufmunternd und warnend, die 
Handlung auf der Bühne begleiten, ohne thätigen 
Anteil an derjelben zu nehmen. Da, wo die Hand: 
lung einen gewiflen Nuhepunft erreicht hat, im 
den Zwiſchenalten, jingt oder recitiert er größere 
lyriſche Stüde, die mit der Handlung in einer 
Verbindung ftehen, und wodurd er auf dieje ein: 
zuwirken jucht, und zwar, wie neuere Unterjuchungen 
feftgeftellt haben, in der Weile, daß bald alle Cho— 
reuten, bald der Halbchor, bald fleinere Abtei: 
lungen, 3. B. 3 (£vyd), bald nur einzelne Perſonen 
fingen. Auf dieſe Chorgejänge, deren Vortrag 
auc mit ausdrudsvollem Tanz und Mimik begleitet 
war, legten die Tragifer großen Wert; fie wurden 


In dieſen ericheint er als eine : 


19 


= 


Chosroös — Uhrysogonus. 


forgfältig und mit vieler Kunft ausgearbeitet. Die 


261 


zogodıddore«rog auch einfach dıdcax«log genannt) 


jpäteren Tragiker, von Agathon an, vielleicht auch | eingeübt, dem auch ein Öeznorgodidder«kog zur 


ihon Euripides, ließen zumeilen die Chorlieder 
außer Verbindung mit der Handlung und wende: 
ten jogenannte Zußölıne an. Wo der Chor nicht 
fingt, jondern ipricht, vertritt ihn gewöhnlich der 
Führer desjelben, »ogvpaiog (au yeumv ron 
z0g00, &oyww Xog00, yogokfxrng u. ſ. w. genannt), 
in einzelnen Fällen die Führer der Halbchöre, wa- 
orordraı. Der Chor hatte jeinen eigentlihen Platz 
in der Orcheftra und verlieh dieje gewöhnlich nicht 
cher als am Ende des Stüds. Ausnahmsweiſe 
befand er fich auch auf der Bühne, entweder größ: 
tenteils, wie in den Eumeniden des Aiſchylos, oder 
in einzelnen Scenen, 3. B. im Didipus auf Kolonos 
des Sophofles (856 ff.). Selten trat er während 
der Handlung ab und erjchien ipäter wieder. So 
im Aias des Sophofles, in der Alteftis und Helena 
des Euripides. Das erjte Auftreten des Chores, 
gewöhnlich den Zuſchauern von ber rechten Seite, 
hieß mdeodos und erfolgte entweder nad) Gliedern, 
xar& orolyovg, d. h. in der Tragödie und im 
Satyripiel 3 Mann breit und 4 (bezw. 5) Mann 
tief, in der Komödie 4 Mann breit und 6 Mann 
tief, oder (jeltener) nach Rotten, war“ fuyd, d. h. 
in der Tragödie und im Satyrſpiel 4 (bezw. 5) 
Mann breit und 3 Mann tief, in der Komödie 
6 Mann breit und 4 Mann tief; das Abtreten 
während des Stüdes hie uerdoraoıs, das zweite 
Auftreten Zmimdgodog (j. B. Soph. Ai. 866 ff. 
Aeschyl. Eum. 307 ff.); jein Weggang am Ende 
des Stücks Äpodog. Der Chor blieb das ganze 
Stüd hindurd nicht immer in einer und derjelben 
Stellung in der Orcheſtra, jondern veränderte nach 
Beichaffenheit des Stüds und feiner Geſänge den 
Platz. Häufig war feine Teilung in 2 Halbchöre 
(4. B. Soph. At. 866 fj.); doch führte er noch weit 
fünftlichere Bewegungen und Evolutionen, nament: 
lih Tänze, aus. Diefe Tänze haben in den ver 
ichiedenen Gattungen des Dramas veridriedene 
Namen. Der Tanz in der Tragödie hieß dumeicır, 
in der Komödie xöodat, im Satyripiel adkırnız. 
Auch die Chorgelänge hatten beiondere Namen. 
Tldgodos hieh der erjte des geſamten Chores nad 
dem Prologe; srdoıua waren die Geſänge zwiichen 
den einzelnen Epeiſodien d. h. Alten oder Ab— 
ichnitten eines Trama; xouuol oder “ouuerın& 
wein find Wechſelgeſänge zwiichen dem Ehore und 
den Schauipielern. — Der Dichter, welcher jeine 
Dramen zur Aufführung bringen wollte, hatte beim 
Archon um einen Chor nachzuiuchen (zogöv alreiv); 
erhielt er denjelben, jo hatte ein bemittelter Bürger 
als zoenyös den Chor aus jeinen Mitteln zu ftellen 
und für alles zu forgen, was zu feiner Unterhal- 
tung, Ausftattung und Einübung nötig war, j. 
Leiturgia, 2. Wegen Mangels an Choregen, 
und da auch die Parabafe aus der Komödie ver- 
ichwand, hörte endlich der fomiiche Chor zwiichen 
403 und 389 dv. E. auf. Seine Rolle wurde hin- 
fort wohl von einer einzelnen Perſon gegeben. 
Tiefe Neuerung, die ihon Ariftophanes im Plutos 
erlebt hat, blieb in der ſ. g. mittleren und neueren 
Komödie und sing aus ihr in diejenige anderer 
Völker hinüber. — Die zufammengebrachten Ehoreu: 
ten, zogsvrei, weldhe aud vom Staate einen Yohn 
befamen, hatten zuvörderft eine Prüfung zu be- 
ftehen, wobei bejonders darauf gejehen wurde, daß 


fie nicht Fremde waren. Sodann wurden jie vom 


Seite ftand. Anfangs haben die Dichter dies Ge- 
ichäft wohl jelbit bejorgt, wenigftens wird es vom 
Aiſchylos beftimmt erwähnt. Die ſiegreichen Cho⸗ 
regen weihten als Denkmal * Sieges einen 
vom Staate gelieferten ehernen Dreifuß oder Heine 
Rundtempel aus Marmor, auf deren fuppelförmigen 
Dächern diefe Dreifühe aufgeftellt waren. 2 ſolche 
choregiiche Denkmäler haben fich in Athen erhalten, 
eines aus dem Jahre 334 v. E. (ſ. L ysikrates) 
und ein anderes, das jogenamnte Thraſyllos— 
monument, aus dem Jahre 320, das oberhalb 
der Cavea des Dionyjostheaters fteht. 

Chosröös oder Osröös, Xoogons oder Ogeüns, 
parthiicher König (etwa 108—130 n. E.), geriet 
mit Trajan über Armenien in Streit, fämpfte un: 
glüdlih 115 ff. und wurde jogar von Trajan für 
abgejegt erflärt, erhielt aber von Hadrian die er- 
oberten Provinzen zurüd. Dio Cass. 68, 17. 30. 
Spartian. Hadr. 13. Aur. Vict. Caes. 13. 

Chrysäor j. Gorgo. 

Chryse, Xovon, n, 1) Stadt in Troas an der 
Weftfüfte auf einem Hügel mit einem Hafen; nicht 
fern davon lag der Tempel des Apollon Smin: 
theus, an dem Chryſes, der Vater der Chryſeis, 

riefter war, und der noch zu PBlinius’ Zeit ge: 
zeigt wurde. Strab. 13, 604. Plin. 5, 30, 32. — 
2) eine feine, Lemnos benachbarte Inſel, auf wel: 
cher Philoftet nach Sophofles von einer Schlange 

ebifjen wurde, die den heiligen Raum der Nymphe 
Shryje bewachte. Später war dieje Inſel ſamt 
der geheimnisvollen Nymphe vom Meere mwegge: 
ſpült (Paus. 8, 33, 2). — 3) ſ. Dardanos. — 
4) j. Phlegyas. 

Chrysöis, Chryses j. Agamemnon und 
Trojanischer Krieg, 4. 

Chrysippos, Xovommog, 1) j. Atreus. — 
2) der Stoifer, geb. um 282 vd. E., geit. um 208, 
Sohn des Apollonios, aus Tarjos oder Soloi in 
Kilikien, zu Athen Schüler des Kleanthes, vielleicht 
auch des Zenon, nach anderen auch der Akademiker 
Arkefilaos und Lafydes, nach Kleanthes' Tode deſſen 
Nachfolger auf dem Lehrftuhle der Stoa. Ausge: 
zeichnet durch Scharffinn und dialektiſche Gewandt⸗ 
heit, wurde er bald die Stütze der Stoa, ſo daß 
von ihm gejagt werden konnte: el un yae nv 
Xovboınnos, obn &v 7jv Zrod. Seine Produktivität 
war außerordentlich; man legte ihm 705 Schriften 
bei. Diog. Laert. 7, 7, 180. Er wandte ſich mehr 
der praftiichen Seite und der Ethik zu, befämpfte 
die dorwaltend theoretiiche Richtung der Peripa- 
tetifer und legte den Grund zu einer naturgemäfen 
Rechtslehre. Auch verfaßte er Kommentare zu Homer, 
Heftod und Pindar. Monogr. von E. Peterien 
(1827) und Baguet (1822). — 3) ein gebildeter 
libertus des Cicero, der ihn jeinem Sohne Marcus 
ugejellte. Als er legteren heimlich verlieh und 
a noch anderer Vergehen jchuldig gemacht hatte, 
erflärte Eicero die Freilaſſung für ungültig. Cie. 
ad Att. 7,2, 8. 6, 3. 

Chrysogönus, Xovoöyovos, X. Cornelius, 
Freigelaffener und Günftling des Sulla, genof bei 
dem Diktator ein Vertrauen, das ihn mit jeinem 
Einfluffe den ſchändlichſten Mißbrauch treiben lich. 
So lernen wir ihn im J. 80 dv. E. in falicher 
Anklage und verruchter Antrigue durch die Rede 
Eiceros für den Rofcius von Ameria kennen. Bgl. 


262 


Halm:Laubmann, Einl. zur Ausg. von Cie. Rose. 
Am. 2f. der 10. Aufl. 

Chrysopölis, Agvoorokıs, feſter Ort in Bi- 
thynien am Boiporos, Byzantion gegenüber, j. 
Sfutari, dergewöhnliche Überfahrtsort zwiichen Afien 
und Europa. Xen. An. 6, 3, 16. Strab. 12, 563, 

Chrysostömos j. Dio, 1. 

Chrysoth@mis j. Agamemnon. 

ChthonTos, X#ortos, 1) der Unterirdiiche, Bei- 
name unterirdijcher Götter (j. Keligion, 4.i, wie 
des Hades, Hermes, der Demeter, Periephone, 
auch des Dionyjos; ol ABorıve, die Unterirdiichen, 
die Schatten. — 2) der Erdgeborene; jo heißt 
einer der 5 Sparten, welche am Leben blieben, 
j. Kadmos, 1. — 3) der Einheimische, Bor 
tod, Yandesgötter. 

Xvrgot j. Dionysos, 8. 

Cieer, die Kichererbie, ein jehr gewöhnliches 
und wohlfeiles Nahrungsmittel der älteren Römer, 
welches fie jogar gefocht auf den Straßen kaufen 
fonnten. 

Ciceröius, Gaius, ehemaliger Schreiber des 
P. Cornelius Scipio Africanus, trat im Wettfampfe 
mit deſſen Sohne X. (oder En.) Scipio bei der Be: 
werbung um die Prätur freiwillig zurüd (174 v. E.), 
wurde aber Prätor 173, befiegte die Corien, ver⸗ 
waltete dann die ihm übertragene Provinz; Sar: 
dinien und triumphierte nach feiner Rückkehr nad) | 
Rom ohne Genehmigung des Senats. Liv. 42,7. 21. 
Mehrmals übernahm er in der Folge Sejandt- 
ichaften nad; Jlyrien an den König Gentius. Liv. 

42, 26. 45, 17. 

Cieöro i. Tullii, 3—11. 

Cilnius, €. Eilnius Mäcenas (der Gentil: 
name Cilnius bei Tac. ann. 6, 11), ftammte aus 
einem jehr alten Lucumonengeichlechte der etruri: 
ichen Stadt Arretium, weldyes zum Teil könig— 
liche Gewalt gehabt hatte. Hor. od. 1,1,1.8,29,1. 
sat. 1,6, 1ff. Prop. 3, 9, 1. Frühzeitig, vielleicht 
bald nad) Gründung der Republik, war es nad) 
Rom übergejiedelt, ohne weder im Kriege noch im 
Frieden fi auszuzeichnen, während andere meinen, 
erſt Mäcenas (vielleiht von der Familie feiner 
Mutter jo zubenannt) fei nach Rom gewandert. 
Sein Geburtstag war der 13. Mpril (Hor. od. 
4, 11, 13— 20). Das Geburtsjahr und auch der 
Geburtsort laſſen ſich nicht beftimmen, doc fällt 
jeine Geburt wahrjcheinlich zwiichen die Jahre 
74—64 v. E. Er gehörte durch jeine Geburt dem 
Nitterftande au. Erjt in der Zeit, ald Octavian 
nicht ohne Ausficht auf Erfolg um die Herrichaft 
rang, tritt Mäcenas hervor als einer der vertrau:- 
teften Freunde desjelben und war dieſem bei der 
Erlangung des Prinzipats im Kriege und im Frie— 
den der getreuefte Ratgeber und Beiftand. Als 
jolcher war er nicht nur daheim in Rom und Jtalien 
thätig, bejonders wenn Oetavian und Agrippa auf 
den ?reldzügen und im Lager beichäftigt waren, 
jondern er begleitete den Octavian auch ins Feld, 
wennſchon nicht als Mitlämpfer. Prop.2, 1,25— 31. 
Hor. epod. 1, 1-4. Ties enge Verhältnis zu Oe— 
tavian hatte außer in den übrigen ausgezeichneten 
Eigenjchaften des Mäcenas bejonders darın jeinen 
Grund, daß diejer nach jeinem politijchen Stand: 
punft ein entichiedener Anhänger des monarchiichen 
Prinzips war und in Octavian den Mann erfannte, 
welder für die Übernahme des Prinzipats der 
tüchtigfte und würdigjte jei. Als daher Dctavian 


en — —__ Il [2 


Chrysopolis — Cilnins. 


nach dem Tode der Kleopatra nad) Rom zurüd: 
fehrte und mit Agrippa und Mäcenas über die 
Beibehaltung der Alleinherrichaft fich beriet, juchte 
Mäcenas ihn von der Rotwenbigfeit derielben zu 
überzeugen (Dio Cass. 52, 41). Schon 43 v. E. 
war er im mutinenfifchen Kriege Begleiter des 
Octavian. Infolge eines Auftrags vermittelte er 
die Verheiratung Octavians mit der Scribonia, der 
Schweiter des L. Scribonius Yibo, im J. 40. App. 
b. c. 5, 53. Diejer war Schwiegervater des Sertus 
Rompejus, welcher damals von Sicilien aus mit 
jeiner Scemadt die Hüften Jtaliens bedrohte, und 
Octavian hoffte, durch dieſe Ehe denjelben enger 
an fich zu fmüpfen. Dio Cass. 48, 16. App. b. e. 
5, 53. In demjelben Jahre erfolgte auf Bermitt- 
fung des M. Coccejus Nerva der Abſchluß des 
brumdifinifchen Friedens zwiſchen Octavian und 
Antonius durch Mäcenas und Aſinius Bollio. App. 
b. e. 5, 60—93. Vell, Pot.2, 76. Da Fulvia, die 
Gemahlin des Antonius, lurz vorher geitorben war, 
jo rieten Mäcenas und die übrigen Unterhändler 
dem Okctavian, feine Schwejter Octavia mit Anto— 
nius zu vermählen, und dieje Ehe kam auch zu: 
ftande. Plut. Ant. 31 ff. App.b.c.5,64. Im J. 38 
ſchickte Octavian den Mäcenas zu Antonius, um 
| diejen zur Teilnahme an dem Kriege gegen Sertus 
\ Bompejus zu bewegen, und nicht vergebens. App. 
‚db. ec. 5,94. Antonius erjchien mit Hülfstruppen in 
Tarent, und hier fam im J. 37 durch des Mäcenas 
Mitwirkung das tarentiniiche Bündnis zuftande 
(App. b. c.5, 93 jf.), unter Bermittlung der Octavia. 
Plut. Ant. 35, In Verbindung mit diejem Er: 
eignis ſteht wahricheinlich die Reife des Mäcenas 
nah Brundifium, auf welcher Horaz und andere 
Dichter denjelben begleiteten. Hor. sat. 1, 5. 
Während des ficiliichen Krieges wurde dem Mäcenas 
die Obhut über Rom und Italien übertragen, im 
J. 36. Dio Cass. 49, ı6. App. b. c. 5, 99. 112. 
Taec. ann. 6, 11. In diejer Stellung vertrat Mä- 
cenas das Neichsoberhaupt während der Abweſen— 
heit desjelben, und zwar als Privatmann, nicht 
als öffentlicher Stantsbeamter (etwa als praefectus 
urbi), wie er denn überhaupt nie ein eigentliches 
Staatsamt befleidet hat. Schon vorher war er 
während des Strieges zweimal nad) Rom gejandt 
worden, um das wegen der Hungersnot unzufrie- 
dene Volk zu beruhigen, jowie er aucd gegen die 
zunehmenden Räuberbanden wirkſame Vorkehrungen 
traf. Die Gewalt, weldye er als Stellvertreter des 
Octavian ausübte, war vorzugsweije eine polizei- 
liche, um die Sklaven und die aufjäjligen Bürger 
im Zaum zu halten; er war dabei nicht nur mit 
der richterlihen Gewalt bekleidet, jondern teilte 
auch als Höchitlommandierender in Rom die Parole 
aus (Sen. ep. 114), jo daß er wohl die ganze Mi- 
litär= und Civilgewalt in Händen hatte. Tac. ann. 
14, 53. Vell. Pat. 2, 88. Zum zweitenmale ver: 
trat er dieſe Stellung 31 während des actijchen 
Strieges. Dio Cass. 51, 3. Seine damalige Abjicht, 
dem Octavian nad) Aetium zu folgen (Hor. epod. 
1, 1-4), führte er wahrjcheinlich nicht aus, jedes: 
falls war er nicht lange dort. Er war vielmehr 
meiftens als Stellvertreter in Rom und erjtidte 
damals durch Entfernung des M. Lepidus, des 
Sohnes des Triumvirs, der gegen Octavian eine 
Verſchwörung angezettelt hatte, einen neuen und 
ra pn Bürgerfrieg im Keime. Well. Pat. 

2,88. Liv. ep. 133. Prop. 2, 1, 30 ff. Lepidus 


Cimber — Cimbri. 


wurde dem Dctavian nach Actium zugeſchickt und 
hingerichtet. App. b. e. 4,50. Frei von verloden: 
dem Ehrgeize und zufrieden mit jeiner Stellung 
zu Auguftus, riet er im J. 22 diefem, feine Tod): 
ter Julia, die Witwe des Marcellus, mit Agrippa 
u verheiraten. Dio Cass. 54, 6. In allen admini- 
Beatinen und diplomatischen Geichäften zeigte Mäce- 
nas eine Gewandtheit und Cinficht, welche des 
Erfolges jiher war und ihm den Muguftus jehr | 
verband. Der perjönlihe Einfluß, den er als 
Arbeiter im Kabinett und als Freund auf jenen 
ausübte, wurde dadurd) geiteigert. Daher bewog 
er bei mehreren Gelegenheiten mit Freimut den 
Auguftus, bejonders wenn derjelbe in Gefahr ftand 
zu leidenichaftlicdy zu werden, zur Milde und Scho— 
nung. Im einem ſolchen alle hielt er durd die 
denfwürdigen Worte: Surge tandem carnifex, den 
Auguſtus bei einer gerichtlichen Unterfuchung davon 
ab, über viele das Todesurteil zu jprecdhen. Dio 
Cass. 55, 7. In jpäteren Jahren zog fih Mäcenas 
von der Öffentlichen Thätigkeit in die Stille des 
Privatlebens zurüd und hatte nicht mehr den Ein: 
fluß der früheren Zeit bei Auguſtus. Tae. ann. 
3, 30. 14, 53. 55. Durch Mihhelligfeiten, wie das 
Verraten eines Staatsgeheimnifies an jeine Gattin 
Terentia (nad) Suet. Oct. 66, vgl. Dio Cass. 54, 3), 
durch das Verhältnis des Auguftus zu diejer (vgl. 
Dio Cass. 55, 19 und 55, 7) u. a. wurde indes 
die Freundſchaft beider nicht dauernd geftört, jon- 
dern jie währte fort bis zum Tode des großen 
Staatsmannes, In der That fühlte Auguftus nad 
dem Tode desjelben den Berluft des ihm im Leben 
jo ergebenen Mannes jchmerzlich. Dio Cass. 55, 7. 
Sen. de ben. 6, 32, Mäcenas jtarb furz vor Hora— 
tius gegen Ende des Jahres 8 v. E., vom Volke 
wie von jeinen Freunden ohne Ausnahme tief be: 
trauert. In den 3 legten Jahren jeınes Lebens 
litt er an beftändiger Schlaflofigfeit und jchon 
früher lange Zeit an einem unabläfligen Fieber. 
Plin. 7, 57. In feinem Teftamente ſetzte er (nach 
Dio Cass. 55, 7) den Auguftus zum Univerjalerben 
ein. Bejtattet wurde er auf den Ejquilien, wo jein 
Haus ſtand, welches eine bedeutende Höhe hatte 
(Hor. epod. 9, 3. od. 3, 29, 5—12. Suet. Ner. 38. 
Oct. 72); neben demjelben lagen jeine berühmten 
®ärten. Hor. sat. 1,8,7. — Mäcenas bejaf einen 
großen und männlichen Geift, der beionders in 
enticheidenden Augenbliden thätig, wach und ge: 
ihidt im Handeln ſich zeigte, aber ebenjo jehr 
unter großer, faſt weibiicher Weichlichkeit litt. Sen. 
ep. 92. Vell. Pat. 2, 88. Er war dann ein rechter 
Lebemann und ergab jid) ganz dem Vergnügen und 
der Yuft. Sen. ep. 19. Er bejah einen großen 
Reichtum; dieſer befriedigte jeine (wie es jcheint 
jelbjt von Auguſtus veripottete) Yiebhaberei für koft: 
bare Steine, Gemmen, Ninge und Perlen (Macrob. 
sat. 2, 4), jeine Vorliebe für Bantomimen (Dio 
Cass. 54, 17), jein Gefolge von Parafiten (Hor. 
sat. 2,8, 21 fi.) und jelbit von Verjchnittenen (Sen. 
ep. 114). Seine Kleidung verriet den Weichling; 
in herabhängender, ungegürteter Tunica, den Kopf 
bis auf die Ohren u ging er durch die 
Stadt. Jur. 12, 38. 39. ichrieb in Proja über 
naturhiftoriiche Gegenftände, weshalb Plinius ihn 
als Gewährsmann anführt; ferner über Gemmen 
und ein Sympoſium (Sere. ad Verg. A. 8, 310); 
außerdem dichtete er Feine poetiiche Tändeleien in 
verjchiedenen Versmaßen (Sammlung der wenigen 


263 


Bruchjtüde von Bährens, fragın. poet. Rom, 
p. 335 ff). Der Stil war weichlich, gejucht, unge: 
wöhnlich, artete in Künſtelei und Affektation aus, 
war voll von jalbungsreichen und gefräujelten 
Worten und daher verkehrt und unverjtändlid) 
(Sen, ep. 114. (Juint. 9, 4,28. Suet. Oct. 86); 
daher war auch jeine Beredſamkeit, zu der er An: 
lage hatte, eine entartete (Sen. ep. 19), feine Rede, 
voll übertriebenen Schmudes und Künſteleien im 
Ausdrud, ein vollfommener Abdrud jeiner ganzen 
Lebensweiie (Sen. ep. 114. Taec. dial. 26). Aber 
er war Verehrer der jchönen Kunſt und ein großer 
Gönner der Dichter. Horaz, welcher durch Barius 
und Bergil bei Mäcenas eingeführt war (Hor. sat. 
1,6, 51), wurde von ihm im J. 33 mit dem 
Sabinum beichenft (od. 2, 18, 14) und blieb ihm 
ftet3 nahe befreundet. Mäcenas empfahl ihn noc 
in jeinen legten Willen dem Auguftus. Vergil war 
nicht minder mit Mäcenas befreundet und wurde 
durch ihn in feinen Studien weſentlich gefördert. 
Durch Aſinius Pollio demjelben empfohlen, erhielt 
er im J. 40 durch Mäcenas’ VBermittelung jein 
väterliches Landgut zurüd. Mart. 8,56. Zum Danf 
dichtete er die Georgica; zur Aneide wurde er von 
Mäcenas ermuntert. Zu Mäcenas’ engeren Freun— 
den und dem jich in jeinem Haufe jammelnden 
Didhterfreiie gehörten auch 2. Varius Rufus (Mart. 
12,4, 1), Domitius Marjus, durch feine Freigebig: 
feit bereichert (Alart. 8, 56, 21), und Propertius, 
der fich eifrig um jeine Gunjt bemühte. Prop. 
3, 1, 735$. 9, 59. Monographien von Meibom 
(1653), Lion (2. Aufl. 1846) und B. ©. Frandien 
(1843). 

Cimber j. Tillii. 

Cimbri, Klußeoı, ein Bolf, weldyes mit 3 andern 
Bölfern, den Teutonen, Ambronen und Tigurinern, 


.113 v. E. und in den folgenden Jahren 6 römische 


Heere ſchlug und die römische Herrichaft jenſeits 
der Alpen bedrohte, jo dag noch in jpäterer Zeit 
jein Name voll Schreden genannt ward. So gewiß 
jene hiftoriichen Ereigniffe find, jo ungewiß iſt die 
Herkunft des Bolfes. Der Name wird oft genannt: 
Eimbern plündern ſpäter mit andern ofteuropätichen 
Völkern den deiphiichen Tempel; Strabon fennt 
fie an der Nordiee und am Ausflug des Rheines 
(7,291 ff.), Tacitus(Germ. 37), Blinius, Ptolemaios 
nennen fie zwilchen der Nord: und Dftjee, und von - 
ihnen erhielt die jütifche Halbinfel den Namen der 
„eimbriichen Cherſones“. Die römischen, faft gleich: 
zeitigen, Schriftfteller nennen die Cimbern, welche 
zu Ende des 2. Jahrh. v. E. Italien angriffen, 
jtet8 Germanen; die germaniiche Abkunft der Teu— 
tonen ift unbeftritten, und es ift wahricheinlich, daß 
beide, die Cimbern und Teutonen, aus dem Norden 
Deutichlands und Nordalbingien herauflamen in 
den Eüden, wo fie ſich mit den galliihen Tigu- 
rinern und den Ambronen ähnlihen Stammes 
vereinigten. Plutarch (Mar. 11) jagt: mit dem 
Namen Kiußeor hätten die Germanen Räuber 
(Anordg) bezeichnet. Deshalb hat man den Namen 
auf das agj. cempa, ahd. chempho zurüdgeführt, 
wobei jedoch der Yaut b Schwierigkeit macht. Darum 
hat Zeuß auch an agj. cimban d. i. pecten, cerista 
gedacht. Die Zufammenftellung mit Cimmerii und 
mit den feltiichen Kymren ift falſch. — Unbekannt 
ift die Veranlaffung, welche diefe Völker aus ihren 
Sitzen trieb, am wahrjceinlichiten war es die den 
Germanen angeborene Wanderluft. Mit der Bitte 


264 


um Bewilligung von Yand erjchienen fie in Illy— 
ricum und Kam und befiegten 113 den En. Pa— 
pirins Carbo bei Noreja, als diejer ſich hinterliftig 
und treulos erwies. Trotz ihres Sieges wendeten 
ſich die Cimbern und Teutonen nach Gallien, wel: 
ches fie furchtbar verheerten; nur die Belgen jchlugen 
die Feinde im offenen Felde zurüd. Caes. b. g. 
2,4. 7, 77. Nachdem fie unter ficherer Bedeckung 
ihre Beute in Aduatuca gelafjen (da. 2,20), zogen | 
jie füdlich in die röm. Provinz und erneuerten hier 


ihre Bitte um Land mit dem Verſprechen, den | rechtlich «antiquarische Schriften einem 
twieder abgemiejen, | Juriften gleiches Namens angehören. 


Nömern im Kriege zu helfen: 





' geichlagen. 
älteren geitgenoffen Q. Fabius Pictor in grie— 


Ciminius mons — Circeii. 


feite zu nehmen, wurde er von Mago 


urüd: 
Liv. 27, 26. Er fchrieb, gleich fei 


einem 


hijcher Sprache, Annalen, die oft mit Auszeich- 
nung genannt werden. Fragmente gejammelt von 
Beter, hist. Rom. rel. I p. 40 ff. fragm. p. 31 ff. 
Trefflihe Monographie von M. Her (de Luciis 
Cinciis, 1842), der auch nachgewiejen hat, daß die 
Schriften de fastis, de comitiis, de consulum 
potestate, de officio iurisconsulti u. a. ſtaats⸗ 
jüngeren 
Her und 


ichlugen fie * M. Junius Silanus 109 (Liv. Peter ſetzen dieſen in die Zeit Ciceros, während 


ep. 66. Flor. 
Scaurus, den an des Konfuls 2. 


3,4) und 107 den M. Aurelius | Pluß (de Cinciis rer. Rom. scriptoribus, 1865) 
Caſſius, ſich für die augufteiiche Zeit enticheidet und, nad) 


welcher kurz vorher von den Tigurinern gejchlagen | dem Vorgange Mommfens, die |. g. Annalen des 


und 
Im $. 105 (6. Oft.) befiegten fie ein 80000 Mann 
itartes Heer unter En. Manlius Marimus, der mit 
D. Servilius Cäpio die mit ihnen verbündeten | 


etötet worden war. Caes. b. q. 1,7. 12. 13. Cincius für eine Fälſchung dieſer 


geit hält. — 
2) M. Eine. Al., bekleidete 204 v. E. das Volke: 
tribunat und war Mitglied der an Scipio u 


Sieilien abgejchidten Gejandtichaft (Liv. 29, 


Tektofagen und deren Stadt Toloja angegriffen | 193 Präfeft von Piſä. Liv. 34, 56. Als Erin 


hatte. Faſt fein Bote blieb, der nad) Rom die 
furchtbare Nachricht von dem Siege der Feinde 
bringen fonnte, den die Umeinigkeit der römischen | 
Feldherren erleichtert hatte. Sall. Jug. 113. Plut. 
Jaecull. 27. Marius wurde jeßt nach fiegreicher 





| 


Rückkehr aus Afrifa viermal hintereinander zum | 


Konſul ernannt, während die Cimbern nach Hiſpa— 
nien gezogen waren. Plut. Mar. 14. Hier von 
den Geltiberern zurüdgejchlagen, kehrten fie nach 
Gallien zurüd, und während die Teutonen und Am— 
bronen den Weg über die Seealpen Juchten. zogen 
ſie ſelbſt gen Noricum. Bei Aquä Sertiä wurden 
in zweitägiger Schlacht die Ambronen und Teu— 
tonen von Marius geſchlagen und vernichtet, Som— 
mer 102. Liv. ep. 68. Plut. Mar. 15ff. Gegen 
die Cimbern glaubte DO. Lutatius Gatulus die 
Alpenpäfle nicht behaupten zu können und hatte fich 
am Athefis (Erich) verichangt, wurde aber gezwungen 
das Lager zu verlaffen, und nun ergofien fich die 
Scharen über das fruchtbare Land, bis Marius, 
gum fünftenmale Konful, ſich mit dem Profonful 
atulus verband und fie auf den Raudiſcheu Fel- 
dern bei Bercellä vernichtete, am 30. Juli 101. 
Liv. ep. 68. Plut. Mar. 24 ff. Vell. Pat. 2, 12. 
Man kann im diejem, uns freilich nur jehr unvoll: 
» ftändig und, was die Zahl der Getöteten betrifft, 
jehr übertrieben von den Alten dargeftellten Buge 
‚ver Cimbern das Borjpiel zu dem Zuge des Arioviſt 
und ähnlichen Zügen erbliden, welche jpäter den 
Sturz des römischen Neiches zur folge hatten. Vgl. 
Koh. Müller, bellum Cimbrieum (1772). Pall- 
manı, die Cimbern und Teutonen (1870). B. Sepp, 
die Wanderung der Eimbern und Teutonen (1882). 
Ciminfus mons, auch saltus Cim. und silva 
Ciminia genannt, j. M. Cimino, bewaldeter Berg: 
rüden in Etrurien zwijchen dem | See von Volſinii 
(Boljena) und dem Ciminiſchen See (Yago di Ron: 
eiglione). Zir. 9, 11. 36. 10, 24. Flor. 1, 12, 3. 
Cinära, Name einer früh verftorbenen Freundin 
des Horaz, vielleicht derjelben, die er auch unter 
den Namen Lalage und Glyeera bejungen hat. 
Hor. od. 4, 1, 4. 13, 21. ep. 1, 7, 28. 14, 33. 
Cineti, 1) 2. Eine Alimentus, befehligte 
als Prätor im $. 210 v. C. als Proprätor 209 
in Sicilien und wurde um das J. 208 von Han: 
nibal gefangen genommen. Liv. 26, 23. 27, 7. 


Bei dem Verſuche, Locri Epizephyrii von der See: \ Ruinen Citta: 


‚gab er die lex Cincia de donis et muneribus. 
Liv. 34, 4. Cie. Cat. m. 4, 10, 

Cineinnätns (d.h. Lodentopf), 2. Quinetius, 
Repräfentant des alten Römertums mit feiner fitt- 
lien Strenge und patriotiichen Einfachheit, zog 
als consul suffectus 460 v. E. für den gefallenen 
Konjul Balerius gegen die Boljter. Nachdem. er 
auch auf die Stimmung der ftreitenden Volks— 
parteien glnftig eingewirft und das Anfehen des 
Senats ag Harn hatte, fehrte er gegen Ende des 
Jahres in die ländliche Stille zurüd, wurde aber 
ichon im J. 458 wieder vom Piluge nadı Rom 
als Diktator geholt, weil die Aquer und Sabiner 
den Konſul Minucius hart bedrängten. Nach einem 
glänzenden Siege kehrte er mit reicher Beute 
triumphierend heim und eilte dann nach 16tägiger 
Verwaltung der Diktatur wieder auf das Land 
zurüd. Liv.3,25 ff. Dion. Hal. 10,25. Flor.1, 11. 

Cinerarii oder Ciniflönes ſ. Servi, 6. 

Cingetörix, ein Trebirer, Rebenbuhler des 
Indutiomarus um die derrſchaft war ein An— 
hänger der Römer (Caes. b. 4. 5, 3. 4. 56) und 
erhielt nach der Unterjochung feines Volkes die 
höchſte Eivil- und Militärgewalt (daſ. 6, 8). 

Cinithii, Völkerſchaft des nördlichen Afrikas, 
in der Nähe der Heinen Syrte wohnend, nad 
Tacitus (ann. 2, 52) haud spernenda natio 

Cinna, 1) €. Helvius, j. Helvii, 6. 
2) |. Cornelii, 25-27. 

Cippus, 1) eine fteinerne Säule auf einem 
Begräbniffe, überhaupt jede fteinerne Säule mit 
Inkhriften, 3-2. Legionenverzeichniffe x. — 2ein 
von Cäjar (näher beichrieben b. g. 7, 73) vor Alefia 
zum weiteren Schuße der jchon vorhandenen Werfe 
angelegter Verhau, aus oben zugejpigten Stänmen 
mit ftarfen Aſten beftcehend, in 5 hintereinander 
gezogenen Gräben eingejenft und unten feft ver: 
bunden. Die ebenfalls zugeipigten Äſte ragten 
darüber hervor (delibrata ac praeacuta cacu- 
mina). Aus dem Zuſatze des Cäjar: hos cippos 
nominabant hat Napoleon geichloffen, es ſei dies 
eine neue Erfindung Cäſars geweſen. 

Cireeii, uralte, angeblid von den Söhnen 
der Kirle zuerft beivohnte, jpäter auf Tarquinius 
Superbus als Gründer zurüdgeführte Küftenjtadt 
Yatiums mit gutem Hafen; j. Eircello mit den 

Becchin. Liv. 1, 56. Plin. 8, 5, 9. 


Cireuitio — Clanis. 265 


Mela 2, 4,9. In der Nähe das promunturium 
Circeium auf einer durch die Bontinischen Sümpfe 
vom Feſtlande fait ganz abgejchiedenen Yandipige, 
wohin manche alte Erflärer die Cage von der 
Kirke verlegten. Strab. 5, 232. 

Cireuitio, 1) der 3 Fuß breite äußere, mit 
Bruftwehren veriehene Gang um die Belagerungs- 
türme. Vgl. Belagerung, 4. — 2) die Kon: 
trollierung der Wachen, j. Disciplina mili- 
taris, 8. : 

Cireumseriptor,, der Übervorteiler, Betrüger, 
bejonders derjenige, welcher die Unerfahrenheit der 
Jünglinge oder der Pupillen bei feinen Betrüge: 
reien mißbraucdte. Cie. Cat.2,4,7. Phil. 14, 3,7. 
Jur. 15, 135 (wo Heinrih S. 511 die Bedeutung 
genau entwidelt). 

Cireumralläre f. Belagerung, 2. 

Cirens ſ. Roma, 17. 20. 

Ciris, Name eines Heinen, fälfchlich dem Vergil 
zugeichriebenen, doch aus guter Zeit ftammenden, 
wertvollen Epos, das in 541 Herametern den Berrat 
der Stylla an ihrem Bater Niſos (j. Nisos, 1.) 
und ihre Berwandlung in den Vogel Eiris (nei- 
eis) erzählt. Der unbekannte Dichter, jünger als 
Bergil und mwahricheinlich ein Freund Meffallas, 
hat namentlich Bergil und mehr noch Catull nach— 
geahmt, ja ganze Verſe aus beiden entlehnt. 

Cirta, Kier«, Stadt der Mafiylier im Binnen: 
lande Numidiens, auf fteilem Felſen an einem 
öftlichen Nebenfluß des Ampfaga gelegen, die größte 
und reichite Stadt des Landes in fruchtbarer Gegend, 
jeit Micipfa Refidenz der Könige, jpäter römische 
Kolonie und 312 n. C. dem Kaifer Eonftantin zu 
Ehren Eonftantina benannt; daher jett Conftantine 
(arabijc Kientina). Sall. Jug. 21. Liv. 30, 12. 

CisTum j. Vehicula. 

Civilis, Julius (Elaudius?), ein Bataver 
von edler Abkunft, war, nachdem fein Bruder Julius 
Paulus, des Berrats angeflagt, hingerichtet worden, 
ihon mehrere Male unter Nero und Bitellius ein- 
gekerkert, aber wieder freigelaffen worden, 67 ff. n. C. 
Nach Beipafians Thronbefteigung rief der erbitterte 
Eivilis jeine Landsleute zu den Waffen. Den Ba: 
tavern, welche wegen der Wichtigfeit ihres Yandes 
bisher von den Römern als socii behandelt, jeßt 
aber durd römischen Drud gereizt waren, ſchloſſen 
ſich die benachbarten deutfchen Stämme, bejonders 
die riefen, an. Civilis jchlug die Nömer am 
Rhein zu Wafler und zu Lande, bejiegte darauf 
den Legaten Munins Lupereus und belagerte dann 
die Feitung Castra vetera (Xanten), durch 8 bar: 
barifche Beteranenfohorten, die im römischen Heere 
dienten, verftärft, 69. Tac. hist. 4, 12 ff. Die 
von Beipafian gefandten Truppen, welche die 
Feſtung zu entjegen juchten, kämpften mit Mangel 
und empörten jid) deshalb. Die durch ſolche Er: 
eigniffe entftandene Aufregung fachte Eivilis noch 
mehr an und rief jelbft in Gallien einen Aufftand 
hervor, wo die dort ftehenden Legionen ſich ihm 
anichloffen, während der römische Feldherr Flaccus 
Hordeonius ruhig in Mainz ſaß und die Empö— 
rung Nahrung gewinnen lieh. So gelang es dem 
Eivilis, deſſen Umficht und Talent zahlreihe Scha— 
en zu den Waffen rief, Cıstra vetera einzunch: 
men und 2 Legionen zu fchlagen. Tuc. hist. 4, 33 ff. 
55 ff. 62. Da nun aber die Sallier mit den Ba- 
tavern nicht im Einflang handelten, jo wurden 


Feldherrn, dem tüchtigen Betillius Gerialis, beſiegt, 
fowie auch Civilis bei Betera gänzlich von dem: 
jelben gejchlagen. Tae. hist. 5, 14 ff. Obgleich 
die Aufitändiichen noch mächtig genug waren, jo 
icheint doch eine friedlichere Gefinnung bei den 
Batavern fich geltend gemacht zu haben, als Ge: 
rialis nad) der Inſel der Bataver übergeiebt war; 
es fam eine Verſammlung und in derjelben ein 
Friedensſchluß zuftande. Tuc. hist. 5, 23—26. Die 
Unterredung zwiſchen den beiden Heerführern fand 
auf einer in der Mitte abgetragenen Brüde des 
Nabaliafluffes heute wohl Led) ftatt, aber mit 
den eriten Worten des Givilis bricht die Dar: 
ftellung des Tacitus ab. Der eigentliche Zweck 
des Krieges, Befreiung von dem fremden Joche, 
war nicht erreicht, aber auch das Verhältnis der 
Bataver nicht erjchwert, fondern ihnen Steuer: 
freiheit bewilligt (Tuc. Germ. 29). Vgl. Meyer, 
der Freiheitskrieg der Bataver unter Eivilis (1856). 
Civitas, das Bürgerrecht. Bis auf Servius 
Tullius waren nur die Patrizier eigentliche Bürger 
(j.Servius Tullius unterServii, 1.), jeit dieſem 
Könige auch die Plebejer oder Neubürger. Die 
Rechte des Vollbürgers waren 1) im öffentlichen 
Leben a) ius suflragii, das Stimmrecht in den 
Gomitien, b) ius honorum, das Recht, alle obrig: 
feitlihen Stellen erlangen zu dürfen, welches die 
Plebejer während des Ständelfampfes nad) und 
nach erlangten und jeit 337 v. E., als Publilius 
Philo als erfter plebejiicher Prätor erwählt war, 
vollftändig beſaßen, c) jeit der lex Valeria vom 
J. 509 v. E. auch das ius provocationis, Das 
Recht, gegen Todesurteile der Magiftrate (mit Aus: 
nahme des Diktators) an das Volk zu appellieren, 
ein Necht, das fpäter auch auf Bermögensbuhen, 
die von den Magiftraten verhängt wurden, aus: 
gedehnt ward, d) feit den leges Porciae (zwilchen 
dem zweiten und dritten puniichen Kriege) aud) 
Freiheit von allen entehrenden Strafen, wie Nuten- 
jtreiche, Krenzigung oder Beitichenhiebe; — 2) in 
privatrechtlicher Hinficht a) comubium, das Recht, 
eine nach dem Civilrecht gültige Ehe jchliehen zu 
fönnen, b) commercium, das Recht, römijches 
Eigentum zu erwerben. — Die Eivität wurde er: 
langt durch Geburt von römijchen Eltern, durch 
Manumiffion (ſ. Libertinus) und durch die in 
einer lex oder einem plebiscitum ausgeiprochene 
Verleihung. Diefe ſtand urfprünglich den römischen 
Königen, jpäter den Genturiat:, hernach den Tri: 
butcomitien zu. Man war aber jpariam damit 
und bejchenfte zuerft nur die nach Nom lber 
fiedelnden mit der Civität, fpäter ganze Städte 
und Bölfer (ſ, Municipium und Caerites,. 
Kaiſer Baracalla dehnte die Civität anf alle im 
römischen Reiche lebenden freien Perſonen ans, 
was er nur that, um den Fiſkus zu bereichern. 
Das Bürgerrecht ging verloren durch capitis demi- 
nutio maxima, unter Umftänden durch Verban— 
nung, ferner durch Verfauf in die Sklaverei und 
freiwillige Auswanderung. — Uber die beichränfte 
Eivität j. Municipium und Latium, 6 ff. 
Clanis, 1) Fluß Campaniens, auch Glanis oder 
Clanius, j. Yagni, bildet in jeinem unteren Laufe 
den Liternifchen Sumpf und nimmt diejen Namen 
an (vgl. Campania). — 2) rechter Nebenfluß 
des Tiberis in Etrurien, entipringt bei Cortona, 


t fließt bei Cluſium vorbei und mündet nicht fern 
jene unter Julius Tutor von dem neuen römischen | 


von Bolfinii; j. Ehiana. Plin. 3, 5. 


266 


Classiarii bildeten die Bemannung der Schiffe, 
wozu nur die ärmeren Bürger (capite censi) und 
Areigelaffene genommen wurden. An den erjten 
Zeiten haben wohl die Bundesgenofien die Flotten— 
joldaten gejtellt, daher socii navales, classici, 
die denn auch den Legionsjoldaten (milites) an 
Nang nachſtanden, auch anders bewaffnet waren. 
Liv. 27, 17. Bald mußten bejondere Seejoldaten 
ausgehoben werden (zur Zeit des zweiten puni: 
ſchen Ntrieges, vgl. Liv. 22, 57), die als classiarii 
immer noch nicht in gleicher Ehre mit den Legionen 
ftanden, objchon fie jegt diejelbe Bewaffnung hatten, 
weshalb fie auch bisweilen ohne weiteres zum Yanbd- 
dienft verwendet wurden (Tiae. hist. 1, 87), und 
ſehr eiferfühtig auf die Einftellung in Legionen 
waren. Liv. 32, 23. Suet. Galb, 12. 

Classiei hießen zunächjt die zu einer classis, 
vorzugsweije zu der erften Klaſſe gehörigen römi— 
ichen Bürger, als die vornehmiten (Gell. 6, 13), 
außerdem die Flotten: oder Seejoldaten (ſ. Clas- 
siarii); ſpeziell die Schriftjteller erften Ranges 
nad) dem ſ. g. Kanon der alerandriniichen Gram: 
matifer. 

ClassTfeum war das durch die militärischen 
Mufifinftrumente gegebene Zeichen zum Beginn 
der Genturiatcomitien (Varr. 1.1.5, 92) und der 
Schlacht. Zunächſt wurde auf dem Zelte des Feld— 
herrn (praetorium) als allgemeine Aufforderung, 
ſich zu dem bevorftehenden Kampfe bereit zu machen 
(Caes. b. q. 2, 20), eine rote Fahne (tunica rubra, 
sagum rubrum, vexillum flammeum) aufgejtedt, 
jodann von allen Spielleuten der Legion zuſam— 
men (Taec. ann. 1, 68: cornua ac tubae conci- 
nuere, Veg. 2, 22: tibieines et cornicines pa- 
riter canunt) das Zeichen zum Antreten gegeben 
(classicum ceanere, auch intranf. classicum canit). 
Der Befehl dazu durfte nur von dem Imperator 
ausgehen und nur in jeiner Gegenwart ausgeführt 
werden. Dasjelbe Zeichen ertönte aber auch, wenn 
ein Soldat wegen eines Verbrechens mit dem Tode 
bejtraft wurde. Veg. 2,22. Auch bei Hinrichtungen 
vor der Stadt Rom erllang jpäter das classicum. 
Tac. ann. 2, 32, 2 

Classis j. Centuria. 

Clastidium, Kiaoridıor, Stadt der Ananes 
in Liguria, Municipium, unweit des Padus, j. 
Gajteggio. Hier erfochten die Römer unter M. Clau: 
dius Marcellus (j. Marcelli, 1.) einen großen 
Sieg über die Gallier, 222 v. E. Pol. 2, 34. Liv. 
21,48. 29, 11. 32, 29. 

Claudiänus j. Claudii, 32. 

ClaudYi (Clodii), ein urjprünglich ſabiniſches 
Geſchlecht, das im 6. Jahrh. v. E. unter Atta 
Clauſus nach Nom wanderte und daſelbſt unter 
die Ratrizier aufgenommen wurde (bis ſich jpäter 
ein plebejiich gewordener Stamm davon abzweigte), 
ausgezeichnet durch Standhaftigkeit und Thatkraft, 
aber auch durch unbengjame Härte. — 1) Atta 
(Attus) Clauſus, in Rom Wppius Claudius 
Sabinus genannt (Plut. Popl. 21. Liv. 2, 16), 
zog wegen Feindichaft mit feinen Landsleuten 
jamt jeinen Klienten nach Rom (504 v. E.), wo 
fie die Claudiſche Tribus bildeten. Ziv. 4, 3. 10, 8. 
Taec. ann. 11, 24. Dion. Hal. 5, 40. Suet. Tib.1. 
Der in Rom bald zu großem Anjehen gelangte 
Mann behandelte jeine Schuldner mit großer Härte. 
Tao. 2, 21f.. Denjelben Sinn offenbarte er 494 
beim Auszuge des Volles auf den Heiligen Berg, 


Classiarii — Claudii. 


jowie 492 bei einer Hungersnot, und machte ſich 
dadurch beim Volle äußerſt verhaßt (Lie. 2, 29. 
Dion. Hal. 7, 15), ebenio jpäter bei der Sache des 
Goriolanus. Dion. Hal. 7,47 ff. — 2) Sein Sohn, 
Appius Claud. Sabinus, gab zuerit den Nat, 
den Widerjprucd; eines Tribunen, den er jelbit 
(483 v. E.) bei feiner Bewerbung um das Konjulat 
erfahren hatte, dadurch zu entfräften, daß man 
andere Tribunen dagegen gewann. Liv. 2, 43 ff. 
Dion. Hal. 9, ıf. Ws Konful im J. 471 
war er gegen die Einführung der Tributcomitien 
(Liv. 2, 56 f.) und übte Strenge gegen das Heer, 
das ihn im Kampfe gegen die Bolifer verlafjen 
hatte. Live. 2,59. App. 2,7. Bon den Tribunen 
Duilius und Sicinius wegen Verlegung der ge: 
heiligten Berjonen der Tribunen vor das Volks— 
gericht geladen, ftarb er noch vor der Verurteilung 
an einer Kranfheit, nad) andern endigte er durch 
Selbftmord, im 3. 470. Liv. 2,61. Dion. Hal. 
9, 51f. Zonar. 7,26. — 3) E. Elaud. Sabinus, 
jein Bruder, zeigte gleich unbeugiame Härte gegen 
die Plebejer, wie jein ganzes Gejchlecht, jo daß er 
beim Aufitande des Herdonius (460 v. E.) es vor: 
z0g, ihn mit fremder Hülfe zu bezwingen, ftatt 
ſich gegen die Plebejer nachgiebig zu zeigen. Lir. 
3, 15 ff. Dion. Hal. 10, 14ff. Auch bei andern 
Gelegenheiten bewies er jeine Abneigung gegen 
die Plebejer, wie bei der Frage wegen Ba. 
rung der Tribunen und im Nampfe gegen die 
Decempirn (457 und jpäter 449) und bei der Ber: 
handlung über die Wahl von Plebejern zum ton: 
julate. Dion. Hal. 10, 30. 11, 55f. Lie. 4,6. — 
4) Sein Neffe, App. Claud., brachte die Wahl 
der Decempirn in Vorjchlag und wurde jelbft einer 
derjelben. Ziv. 3, 325. Bei der Neuwahl von 
Decempirn im J. 451 v. E., bei der er fich jelbit 
wählte, änderte er fein Benehmen gegen das Bolt 
(Liv. 3, 35 f. Dion. Hal. 10, 59 ff.), bedrüdte das: 
jelbe und maßte jich ſogar die Leitung des Heeres 
in einem mit den Nachbarvöltern ausbrecdhenden 
Kriege an. Aber die meuchlerijche Ermordung des 
waderen Siccius Dentatus, des römischen Rolands, 
welche die Decempirn veranlaßt hatten (Liv. 3,42 ff.), 
ſowie die Niederlage der Decemvirn im Felde und 
die Gewaltthätigfeit gegen die Verginia erregten 
den Zorn des geplagten Volkes, —* Folge der 
Sturz der Decemvirn war. Appius endigte nad) 
einigen durch Selbftmord, nach andern wurde er 
hingerichtet. Liv. 3, 56. 58. Dion. Hal. 11,3 ff. 46. 
— 5) App. Elaud. Erajjus (Eraijinus), als 
Kriegätribun im 3. 403 v. E. Gegner der Volts- 
tribunen, jchlug (396) vor, die in Veji gemachte 
Beute unter die Soldaten als Sold zu verteilen. 
Liv. 5, 20. Er war gegen die Wahl der Plebejer 
zum Konsulate, die dennoch durchging (367), ſchlug 
als Diktator die Hernifer, 362 (Lir. 7, 6 ff.), und 
itarb 349 bald nad) Antritt feines Konjulats. 
Liv. 7,245. — 6) Appius Claud. Caccus, 
Genjor im 3. 312 v. E. Als folder legte er iu 
Rom eine Wafferleitung an (Liv. 9, 29), wodurd 
er den Bürgern gutes Trinkwaſſer verjchafite, ebenjo 
die berühmte Appiſche Straße, welche vom Cape: 
nischen Thore 20 deutiche Meilen weit ging und 
jpäter bis Brundifium fortgejept wurde. Frontin. 
aquaed. 1, 5. Liv. 9, 29. Diod. Sie. 20, 36. 
Außerdem ergänzte er den Senat durd Söhne 
von Freigelaflenen (Diod. a. a. O. Lir. dv, 30, 
Suet. Claud. 24), aber nicht durch Plebejer, wie 


Claudii. 


es ſcheint, vielleicht, weil er nur bürgerliche Tüch— 
tigfeit dabei zur Geltung bringen wollte. Auch 
nahm er alle niedrig geborenen Bürger im die 
ribus auf, um die Madıt der Plebs zu Schwächen. 
berhaupt zeigte er fich auch jelbit ala Feind der 
Plebejer, indem er fie vom Konjulate auszujchließen 
fuchte und im J. 300 ihre von den Tribunen Q. 
und En. Ogulnins vorgeichlagene Aulaffung zu 
priefterlichen Ämtern befämpfte. Liv. 10,6 ff. Im 
I. 310 mußte er, wie es jcheint, die Cenſur, welche 
er über die geſetzmäßige Zeit hinaus befleidet 
hatte, durch die Tribunen gezwungen, niederlegen. 
Liv. 9,35 ff. Konſul war er zum erftenmal 807, 
dann im %. 296, wo er gegen die Samniter 
fümpfte und diejelben und die mit ihnen ver- 
bündeten Etruffer (Liv. 10, 19) befiegte, ſowie 
noch einmal als Prätor im 3. 29%. Im hohen 
Alter erblindete er (daher fein Beiname), hielt aber 
deflenungeachtet, ald Pyrrhos' Abgejandter Kineas 
den Senat zum Frieden zu ftimmen juchte, eine 
(von Cie. Brut. 16, 61 gerühmte) feurige Rede 
dagegen und bewirkte die Abweifung des Sejandten 
(279). Just. 18, 2. Plut. Pyrrh. 18f. Liv. ep. 18. 
Cie. Brut. 14, 55. Cat. mai. 6. App. Samn. 10. 
Flor. 1, 18, 20. Das Altertum erfannte in ihm 
auch den Begründer der Jurisprudenz (Liv. 10, 22) 
und der Grammatik, indem er die Unterjcheidun 
von R und S durch die Schrift einführte und Z 
verbannte; jogar von Dichtungen wird berichtet 
(Cie. tuse. 4, 2, 4). Abhandlungen von Saal (1842) 
und Siebert (1863). — 7) Sein Bruder, Appius 
Elaud. Eauder, Konjul 264 dv. E., führte im 
Beginn des erjten puniſchen Krieges ein römiſches 
Heer nah Sicilien hinüber, ſchlug die Karthager 
vor den Thoren Meflanas (Pol. 1, 12) und jpäter 
den Hieron bei Syrafus. Frontin. strat. 1, 4. 
Zonar. 8, 8. er jeinen Beinamen Cauder vgl. 
Sen. brev. vit. 13. — 8) ®. Elaud. Pulder, 
Sohn des Eäcus, Konful 249 v. C. lieh, als die 
Augurien bei einem beabfichtigten —— auf die 
feindliche, bei Drepana liegende, Flotte Unglück 
weisſagten, die heiligen Hühner ins Meer werfen. 
Liv. ep. 19. Val. Max. 1,4, 3. Cie. div. 1,16, 29. 
Gell. 10, 6, 2. Er erlitt eine vollftommene Nieder: 
lage (Pol. 1, 49) und mußte nach jeiner Rüdtehr 
einen Diktator wählen, ernannte aber zum Spott 
feinen Freigelafienen, Claudius Glicia, dazu. Einer 
Verurteilung wegen jeiner Religionsipötterei ent— 
ing er nur durch eine Naturericheinung (Val. 
ar. 8, 1, 4), wurde aber bei einer neuen An- 
Hage wegen Berlegung der Majeftät des Bolfes 
—— Geldſtrafe verurteilt. Er überlebte ſein 
ißgeſchick nicht lange. Pol. 1, 52. Cie.n.d.2,3. 
die. 2,38. — 9) Appıus Elaud. Pulcher, Sohn 
des P. Claudius, focht mit in der Schlacht bei 
Cannä als Tribun (Liv. 22, 53), bemühte fich im 
3. 215 v. E., den Hieronymus von Syrafus für 
Kom zu gewinnen, und nahm unter Marcellus 
teil an der Belagerung von Syrafus. Liv. 24,27 ff. 
Im 5%. 211 ftarb er au einer vor Capua erhalte: 
nen Wunde. Liv. 26, 6. 16. — 10), Sein Bruder, 
Appins Elaud. Pulcher, diente 198 und 197 
v. E. unter Flamininus in Gri 


Griechenland als Kriegs ſich 


tribun (Liv. 32, 35 ff.), dann 191 gegen Antiochos 
und die Yitolier (Liv. 36, 10. 22), gelangte zur 
Prätur 188, erhielt das Konfulat 185, ſchlug die 
Ligurier (Lir. 39. 32) und leitete jpäter mehrere 


267 


lier. Liv. 39, 33 ff. 44, 25. — 11) Claudia 
Duinta, des vorigen Schweiter, nahm im J. 204 
v. E. das Bild der idäiſchen Göttermutter in 
Empfang. Liv. 29, 14. Suet. Tib. 2. Aurel, Vict. 
vir. ill. 46. — 12) E. Claud. Pulchex, Bruder 
der vorigen, bekleidete mehrere hohe Amter und 
wurde im J. 177 v. E. Konful, verjäunte aber 
bei feiner Abreife nah Iſtrien die üblichen Ge: 
fübde und mußte fich wieder nach Nom begeben. 
Darauf ging er abermals in feine Provinz, be- 
fiegte die Jitrier, nahm mehrere Städte ein (Lir. 
41, 11 2 und zog dann gegen die Ligurier, welche 
er am Fluß Scultenna ſchlug. Im J. 176 befiegte 
er fie abermals und nahm die von ihnen eroberte 
römische Kolonie Mutina wieder ein (Lie. 41, 14). 
Im J. 171 kämpfte er gegen Berjeus (Liv. 42, 10) 
und erlangte im J. 169 die Cenſur mit Ti. Sem: 
pronius Gracchus, der ihn jpäter von einer An— 
Hage wegen feiner in der Cenſur geübten und 
namentlich gegen die in Nom ohne Urlaub an: 
wejenden Soldaten und gegen die Zollpächter ge: 
richteten Strenge rettete. Liv. 43,16. Val. Max. 
6,5, 3. Cie. r.p. ap. Gell, 7 (6), 16, 11; vgl. 
Liv. 44, 16. Beide vereinigten die Mehrzahl der 
‚reigelafienen nad) längerem gegenfeitigem Streite 
in Eine Tribus im J. 169, Liv. 45, 15. Er ſtarb 
im 3. 167 als ee Liv. 45, 44. — 15) Ap— 
pius Elaud. Bulder, ſchlug im J. 143 v. €. 
als Konjul nad einer von den Salajiern, einem 
Alpenvolle, erlittenen Niederlage diejelben völlig 
und triumphierte eigenmächti feiner Rücklehr, 
wurde aber von” jeiner Tochter Elaudia, welche 
Veſtalin war, von weiteren Folgen gerettet. Er 
war Geguer des Scipio Amilianus. Im J. 136 
wurde er Genjor und ftarb 133, kurz mad) dem 
Tode feines Schwiegerjohnes, des Ti. Gracchus. 
Liv. ep. 53. Oros. 5, 4. Cie. Coel. 14, 34. Val, 
Mar.5,4,6. Plut. Tib. Graech. 4. Vell. Pat. 2, 2. 
Cicero rühmt ihn als Redner (Brut. 28, 108.) — 
14) Appius Elaud. Pulcher, Prätor im J. 89 
v. E., verlor 2 Jahre jpäter fein Heer, das zu 
Cinna überging, weshalb ein Tribun ihn zur 
Nechenichaft zog. Da er nicht erichien, mußte er in 
die Verbannung gehen. Cie. de dom. 31, 83. 32, 84. 
Konſul war er im J. 79, Cie. Plane. 21, 51. har. 
resp. 1. Oros. 5,23. — 15) Sein Bruder, C. Claud. 
Pulcher, erlitt durch Spartacus, gegen den er 
das erſte Heer führte, eine Niederlage am Bejup. 
Oros. 5, 24. Flor. 3, 20. — 16) €. Elaud, 
Bulcher, Gegner des Tribunen Saturninus im 
3. 100 v. E., gebrauchte zuerft als Ädil Elefanten 
bei den Spielen (Cie. off. 2, 16, 57), verwaltete 
ipäter (95) Sieilien und zeichnete ſich durch feine 
Berediamfeit aus. Cic. Brut. 45, 166. — 17) Ap— 
pius Elaud., öffnete im J. 87 v. C., als 
Marius und Cinna Rom angriffen, ihnen das 
Thor des Janiculum und erleichtete ihnen die Ein- 
nahme der Stadt. App. b. c. 1,68. — 18) Ap= 
pius Eland. Buldher, Sohn des unter 14) ge: 
nannten, Schwager des Lucull, unter weldhem er 
gegen Mithridates fämpfte, im 3.70. Plut. Lue.207. 
Sein raubjücdhtiger und habgieriger Charakter zeigte 
bei mehreren Anläflen. In Griechenland raubte 
er (61) Bilder und Statuen und bedrüdte während 
feiner Verwaltung Kilifiens die Einwohner ſchwer 
(53). Er war Gegner Ticeros, deſſen Rücklehr aus 
dem Eril er zu verhindern juchte, jöhnte ſich aber 


Gejandtichaften nad Mafedonien und an die Yito- | ipäter mit ihm aus (Cie. ad fam. 1, 9, 4. 19), 


268 


obgleich er in der Folge Eiceros Wünſche, der als | 
Prokonſul des Appius Nachfolger in Kilifien wurde, 
unbeachtet ließ, ja fich jogar über ihn bejchwerte, 
weil Cicero eine Gejandtichaft nach Rom, die für 
die angeblich trefiliche Verwaltung des Appius 
danken follte, verhinderte. Seine Habjucht zeigte 
jich auch bei Antiohos von Kommagene, den er 
beichüßte, und in jeiner Anklage des früheren Statt: | 
halters von Syrien, Gabinius, von dem er zur 
Abwendung der Klage Geld zu erhalten hoffte. 
Cie. ad Qu. fr. 3,2,3. Ahnlich zeigte er fich im 
%. 54, indem er als Konſul (dai. 2, 10, 1. 13, 3. 
3, 4, 6) jamt feinem Kollegen Domitius Aheno— 
barbus mit den Bewerbern für das, nächite Jahr 
einen betrügeriichen Kontrakt einging, der beiden 
Konſuln große Summen einzubringen veriprach. 
Cie. ad Att. 4, 18, 2. ad Qu. fr. 2, 15, 4.3, 1,5. 
Kaum entging er einer Anklage. Cie. ad Att.4, 16,6. 
TDanır verwaltete er Kilikien (53—51) in der jchon 
angedenteten Weije und verlangte nach jeiner Rück— 
fehr wegen, wie es fcheint, glüdlicher Bekriegung 
der kilikiſchen Bergvölfer einen Triumph, erhielt 
ihn aber nicht. Als Cenſor zeigte er (50) große 
Strenge, reinigte den Senat von unmwürdigen Mit: 
gliedern, namentlich von den zahlreichen Frei: 
gelafjenen, ſowie dem Gejchichtichreiber Salluft 
wegen feines Lebenswandels, und ftich viele Nitter 
aus ihrem Stande. Dio Cass. 40, 63 f. Cie. ad Att. 
6,9, 5. Schol. zu Hor.sat.1, 2, 41ff. Ein Streit 
mit dem Tribunen Curio (Dio Cuss. 40, 63 f.) 309 
ihm Cäſars Feindichaft zu, vor dem er (49) aus 
Nom fliehen mußte, worauf er von Pompejus 
Griechenland als Provinz befam (Oros. 6, 15 nennt 
ihn Censorinus) und auf Euboia kurz vor der 
Niederlage des Rompejus ftarb. Zucan. 5, 120 ff. 
Sein Sinn und Gemüt entiprachen überhaupt ganz 
der Weile jeines Geichlechtes, dabei war er nicht 
ganz frei von Aberglauben (Cie. legg. 2, 13, 32), 
indem er an die Aufpicien glaubte, vgl. Cie. die. 
1, 58, 132. Er verfahte eine Schrift de augurali 
disciplina, während er Augur war. Cie. ad fam. 
3, 4. vgl. 9, 3. 11,4. Varr.r.r.83,2,2. In der 
Seichichte feines Volles war er wohl bewandert 
und ein tüchtiger Redner. Cie. Brut. 77, 267. 
Eine ihm von den danfbaren Bewohnern von 
Herenlaneum vor ihrem Theater errichtete Reiter: 
ſtatue hat fich erhalten. — 19) E. Claud. Pulcher, 
Bruder des vorhergehenden, Prätor im 3. 56 v. E., 
Proprätor 55 in Aſien (Cie. Scaur. 15, 35. Schol. 
Bob. in or. pro Scaur. 374. vgl. Cic.ad Att.4,15, 2), 
welches er durch Erprefiungen bedrüdte, jo daß er 
nach jeiner Rückkehr angeflagt wurde; indem er 
aber jeinen Ankläger beſtach, entging er der Ver— 
urteilung (51). Cie. Scaur 10. ad fam. 8, 8, 2. 
Dio Cass. 39, 25. — 20) Sein Bruder, ®. Clo— 
dius (jo nennen fich in der letzten Beit der Ne: 
publif einige ftatt Claudius) Pulcher, nahm 
unter jeinem Schwager Lucullus am Kriege gegen 
Mithridates teil, fand aber bei ihm nicht viel 
Anerfenmung und reiste deshalb das Heer zum 
Aufjtande. Plut. Luc. 34. Publius ging darauf 
nad Kilikien und fiel in die Hände der Seeräuber, 
wurde jedoch von ihnen freigelafien. Dio Cass. 
35, 14. 17. 38,30. Nachdem er ſich zumächit nach 
Syrien begeben und auch hier Unruhen erregt | 
hatte, ging er nach Rom (65 v. E.), wo er von 
dem durch ihn in Anklageftand veriegten Catilina | 
bejtochen wurde, wenn er aud an der Verſchwö— 


Clandii. 


rung desjelben ſich ſchwerlich beteiligte. Cie. Pis. 
10, 23. Wegen eines Frevels gegen die Bona dea 
angellagt, an deren Feitfeier er jich (Ende 62) in 
weiblicher Kleidung in Cäſars Haus geichlichen 
hatte, entging er der Strafe durch dasſelbe Mittel 
der Beſtechung. Cie. ad Att.1,12,3. Mil. 27. 
Suet. Caes. 6. Plut. Caes. 9. Cie. 28. Dio Cass. 
37, 45. Cicero wurde bei diefem Anlaffe jein hef— 
tiger Feind und lieh ihn feine Feindichaft auf jede 
Weiſe fühlen, obwohl Elodius als Voltstribun fein 
gefährlicher —*— werden konnte. Clodius ſchloß 
ſich enger an Cäſar an (59) und wurde nod in 
demjelben Jahre, nachdem ein Plebejer ihn adop: 
tiert hatte, zum Bolfstribun gewählt. Cic. de dom. 
16, 41. Plut. Cat. min. 33. Dio Cass. 38, 12. 
Suet. Caes. 20. Er bemühte fih nun durch Ge: 
treideverteilung und durch neue Geſetze jowohl das 
Volk als auch die Nitter und den Senat für fich 
u gewinnen (Dio Cass. 38, 13 f.), ebenfo die Kon— 
—* durch Zuſicherung der ihnen beſonders er— 
wünſchten Provinzen, und richtete dann ſeine An— 
griffe gegen Cicero durch das eg wer einen 
römischen Bürger ohne Urteil und Recht getötet, 
folle mit dem Bannfluche belegt werden (Plut. 
Cie, 30. Vell. Pat. 2, 45. Cie. ad Att. 1, 13,3. 
14, 5), was auf Gatilina und deſſen Anhänger 
Bezug hatte. Gegen die von Cicero und deſſen 
Freunden angelegten Trauerkleider übte man nicht 
nur Spott, jondern jchritt auch mit Gewalt dagegen 
ein (Cie. de dom. 21, 54. Plut. Cie. 31), und 
Cicero mußte, von allen, auch von Cäſar, verlafien, 
in die Verbannung gehen, und zwar, nach einem 
neuen Borichlage des Elodius, in eine Entfernung 
von 400 Mill. von Rom. Cie. ad Att.3, 4. de dom. 
18, 47. Dio Cass. 38, 17. Ciceros Befigungen 
wurden von Elodius vermwüftet und zerjtört (Plut. 
Cie. 33. App. b. c. 2, 15. Cic. Mil. 32, 87. Pis. 
11, 26); defien Haus faufte er felbft und mahte 
fi dabei noch Nachbarwohnungen an, wobei Gift 
und Willtür jeder Art nicht gejpart wurden. 
Cie. Sest. 24, 54. 26, 56. Plut. Cie. 33. Dio Cass. 
39, 11 ff. Elodius war faft Herr von Rom und 
ſetzte jelbit den Pompejus in Schreden, jo daß 
fich derjelbe lange Zeit in jeiner pre. ein- 
aeichloffen hielt. Auch den Cäſar verichonte der 
übermütige Tribun nicht. Die Verjuche, Ciceros 
Rückkehr zu bewirken, jcheiterten. Erſt im 3. 57 
machte einer der Tribunen den |. wieder, 
aber Elodius, deſſen Tribunat bereits abgelaufen 
war, ſcheute fich nicht, mun zu offener Gewalt zu 
—— Dio Cass. 39,7. Plut. Cie. 33. Cie. Sest. 35. 

is. 29. Mil. 14. ad Att. 3,20, 3. Den Tribunen 
Milo behandelte er ebenjo gewaltiam, ohne daß 
eine Klage half, und verübte in Mißhandlung von 
Perſonen, in Zerftörung Öffentlicher Gebäude un- 
geichent und ungeftraft die größten Gewaltthätig- 
feiten. Als Eicero endlich zurüdfchrte und fein 
zerftörtes Haus wieder aufzubauen begann, ver: 
hinderte Clodius es gewaltjam. Cie. ad Att. 4, 3,2. 
Dio Cass. 39, 20 f. Als er im I. 56 üdil wurde, 
klagte er deshalb den Milo an, der Eiceros Partei 
nahm und deffen Wohnung gegen einen Angriff 
des Clodius verteidigte, worauf Cicero die Geſetz— 
tafeln des Tribunen vom Capitol entfernte. Diejer 
hatte mittlerweile mit Pompejus wieder ein freund- 


| liches Verhältnis angefnüpft und beförderte defien 


Bewerbung um das Konfulat. In den nächiten 
Jahren lebte Clodius ruhig in Rom und beichäf: 


Claudii. 


tigte jid mit Anklagen und Berteidigungen, bis | 
er im %. 52, als Milo das Konjulat juchte und | 
Elodius ſich ihm widerjeßte, auf der Appijchen 
Straße nahe bei Bovillä von Milos Gefolge ge- 
tötet ward (j. Milo). Cie. Mil. 10, 17 ff. App. 
b. c. 2,205. 32. Plut. Cie. 35. Dio Cass. 40, 48 ff. 
Zar. ep. 107. — 21) Seine jüngfte Schweiter, 
Elodia, Gemahlin des D. Metellus Eeler, deſſen 
Tod ihr vorgeworfen wurde (60 oder 59 v. E.).| 
Den Cicero, der ihre Hand verſchmäht hatte, haßte 
fie, er rächte ſich aber an ihr in einer Verteidi- 
gungsrede für den M. Eälius, den fie der Gift: 
mijcherei angeflagt hatte (j. Coelii, 4). Cie. 
Cael. 14, 20 ff. Plut. Cie. 29. Diejes jhöne und 
geiftreiche, aber jittenloje Weib (Bowmıs, Cie, ad 
Att. 2, 9, 1; quadrantaria Clytaemnestra, Cael. 
ap. Quint. 8, 6, 53) iſt wahrjcheinlidh die von 
Gatull als Leſbia bejungene Freundin, j. Catul- 
lus, 1. — 22) Sertus Elod., verfahte die Geſetz— 
vorjchläge des Elodius, dem er aud in allen 
Nuchlofigkeiten getreulich beiftand. Einer Anklage 
durd Milo entging er glücklich durch die Partei: 
verhältnijfe. Später verbannt, ward er von An- 
tonius, jedoch mit Vorwiſſen Eiceros, zurüdgerufen. 
Cie. ad Att.14, 13. Mil. 13,33. — 23) E. Elaud. 
Gentho, im J. 200 v. E. im makedoniſchen Kriege 
Legat, verteidigte gegen König Philipp die Stadt 
Athen und eroberte Chalkis. Liv. 31, 14. 22. — 
24) Sein Bruder, Appius Claud. Eentho, 
Prätor im %. 175 v. C., erhielt Spanien ala 
Provinz und befiegte die Geltiberer. Liv. 41, 31. 
Im 3. 172 wurde er an Perſeus nad) Makedonien 
gejandt; 2 Jahre jpäter von den Illyriern ge- 
ſchlagen. Liv. 42, 25. 43, 11. — 235) C. Elaud. 
Nero, kämpfte zuerjt unter Marcellus im J. 214 
v. E. auf Sicilien und eroberte als Prätor nad 
langer Belagerung Capua, 211. Liv. 26, 14. Noch 
glänzenderen Ruhm gewann er, nachdem er in den 
nächiten Jahren in Spanien und Jtalien gelämpft 
hatte, während jeines Konjulats im J. 207 gegen 
Hannibals ausgezeichneten Bruder Hafdrubal, den 
er jchon von Spanien her fannte. Als er hörte, 
daß derjelbe über die Alpen gegangen jei und im 
Umbrien jtehe, brach er, Sannibal täufchend, mit 
feinem Kollegen Livius Calinator (j. Livii, 6.) 
aus Unteritalien nad Umbrien auf und befiegte 
in der blutigen Schlaht am Metaurus unweit 
Sena Gallica jeinen Gegner völlig, deffen Haupt, 
in Hannibal3 Lager geworfen, diejem die Botichaft 
des Unglüds bringen mußte. Liv. 27, 43 ff. Pol. 
11,1,3. App. Hann. 52 ff. Hor. od. 4, 4, 37 ff. 
Val. Max. 4, 1, 9.7, 4, 4. 9, 3,1. Flor.3, 6. 
Beide Konjuln triumphierten. Liv. 28, 9. — 26) Ti. 
Elaud. Nero, war im $. 204 v. E. Prätor in 
Sardinien, Konjul 202 mit Scipio (Liv. 30, 27), 
jegelte nad) Afrila ab, ohne feine Rüftungen voll: 
endet zu haben, und mußte, mehrmals von Stür: 
men überfallen, mit geſchwächter Flotte wieder um: 
fehren. Liv. 30, 27. 31, 39. — 27) Ti. Elaud. 
Nero, von Eicero zu jeinem Schwiegerjohne aus: 
erjehen, während die Tochter Tullia ſich unter: 
deſſen in Abwejenheit des Vaters jchon mit dem 
Dolabella verlobt hatte. Cie. ad Att.6,6,1. Unter 
Gäjar diente er im alerandrinischen Kriege und | 
wurde jpäter Bontifer, wollte aber gleichwohl nad) 
defien Ermordung die Mörder belohnt willen. 
Suet. Tib. 4. Im perufinischen Kriege hielt er cs 
mit 2. Antonius, ging nach Beendigung desjelben ı 








269 


zum jüngeren Bompejus über, kehrte nad) Her— 
jtellung der Einigkeit zwijchen den Triumpirn nach 
Ron zurüd und überlieh dem Octavian auf deſſen 
Wunſch jeine Gattin Livia, von der er 2 Söhne 
hatte, Tiberius Nero und Drujus Nero. Er ftarb 
furze Zeit nachher. Dio Cass. 48, 15.44. Vell. 
Pat. 2, 75. Taec. ann. 5, 1. — 28) Ti. Claud. 
Nero, römiſcher KRaijer, j. Tiberius, 1. — 
29) Elaudius, Kaifer und Nachfolger des Cali— 
gula im 3. 41 nm. E., eigentlih Ti. Claudius Nero 
Germanicus, Sohn des Drufus Nero und jüngerer 
Bruder des Germanicus, geb. 1. Auguſt 10 v. E. 
zu Lugdunum in Gallien, hatte jchon als Knabe 
von jeinem Oheim Tiberius, wie jpäter von Cali— 
gula, manche Zurüdjegung wegen jeiner geringen 
Gaben und wegen Stränflichkeit zu erdulden. Suet. 
Olaud. 2ff. Dio Cass. 60, 2. Als Caligula er: 
mordet wurde, geriet er in große Angft und ver: 
jtedte fich, wurde aber von den Soldaten der Leib— 
wache aufgefunden umd zum Imperator ausgerufen, 
unter Zujicherung des Schußes ihrerjeits, jo daß 
der Senat, der daran gedadyt hatte, die Republik 
wieder herzuftellen, ihn anerkennen mußte. Suet. 
Claud. 10. Dio Cass. 60, 1. Zonar. 11, 8. Aur. 
Viet. Caes. 3. ep. 4. Er erlich eine allgemeine 
Amneſtie, ließ aber feines Vorgängers Mörder 
hinrichten. Im Anfange feiner Regierung trat er 
bejcheiden und ohne Anmaßung auf, traf manche 
wohlthätige Mafregeln, ſchaffte die Majeſtätsgeſetze 
ab, verfuhr rüdjichtsvoll gegen den Senat, erbaute 
Wajjerleitungen und unterjtügte die ärmere Klaſſe 
der Bürger. Er war aber jchwac von Charakter 
und ließ fich von Weibern beherrihen. Bon Natur 
zur Furchtſamkeit geneigt (Suet. Claud. 12. Dio 
Cass. 60, 6. 12. Taec. ann. 11,6. 12, 23), wollte 
er dennoch friegeriiche Unternehmungen ausführen 
und z0g nad) Britannien, verlich es aber nad) 
furzem Aufenthalte wieder, im %. 43. Dio Cass. 
60, 19ff. Taec. Agr. 13. hist. 3, 42. 44. Suet. 
Claud. 17. Bon jeiner erjten Gemahlin PBlautia, 
welche ihm einen früh verjtorbenen Sohn, Drujus, 
und eine Tochter, Claudia, gebar, und jeiner zwei: 
ten, Alia Bätina, von der er eine Tochter, Antonia, 
hatte, ließ er ſich jcheiden und heiratete die be- 
rüchtigte Mefjalina (j. Valerii, 37.), welche ihm 
eine Tochter, Octavia (f. Octavii, 13.), und einen 
Sohn, Britannicus (j. d.), gebar, und nad) deren 
Hinrichtung feine Nichte Agrippina (j. Agrip- 
pina, 2.), die ihn bewog, ihren Sohn erfter Ehe, 
Nero, an Kindesjtatt anzunehmen und dadurd) den 
Britannicus von der Thronfolge auszuſchließen. 
Tac. ann. 12, 25 ff. Suet. Olaud. 39. Bergebens 
fuchte er diejen Schritt rüdgängig zu machen und 
jeine Ehe aufzulöjen, jeine eigene Gemahlin tötete 
ihn durch Gift, 12. Dftober 54, worauf Nero durd) 
die Prätorianer als Kaiſer begrüßt und durd den 
Senat bejtätigt wurde. Dio Cass. 60, 14—16. 34. 
Tac. ann. 12, 64 ff. Suet. Claud. 44.46. Sen. lud. 
3,4. Plin. 11, 37, 73. Claudius juchte auch als 


 Schriftfteller zu glänzen und jchrieb in griechiicher 


Sprache 2 Werke über tyrrhenifche und farthagtiche 
Geſchichte, in lateinijcher eine Gejchichte jeit dem 
Tode Cäſars und eine Selbftbiographie, welche 
von jeinen Zeitgenofien, wie alle jeine litterariichen 
Arbeiten, gering geihäßt und belacht wurde, ferner 
eine Schrift zur Verteidigung Ciceros gegen die 
Angriffe des Aſinius Gallus (Suet. Claud. 11.44), 
vielleicht die befte jeiner Schriften. Auch in der 


270 


Grammatik juchte er etwas zu Teiften und erfand 
im J. 47 3 neue Buchjtaben (J für das konſo— 
nantijche ©, 7 für bs und ps und F für den Mittel- 
laut zwijchen ı und u), welche nad) feinem Tode 
natürlich wieder außer Gebrauch famen. Gern 
trat er aud) als Redner bei verichiedenen Anläffen 
auf. Tae. ann. 13, 3. Der Reſt einer von ihm 
gehaltenen Rede de civitate Gallis danda wurde 
im %. 1524 auf 2 chernen Tafeln zu Lyon auf- 
gefunden. Da Tacitus (ann. 11, 24) einen Aus: 
zug diejer Rede gibt, find auch in den Ausgaben 
diejes Schriftjtellers jene Tafeln mitgeteilt. Vgl. 
Lehmann, Claudius und Nero und ihre Zeit (Bd. I 
1858). Abhandlungen von A. Ziegler (187982). 
— 30) M. Aurelius Flavius Claud. Go: 
thicus, aus Jllyrien gebürtig, ein ausgezeichneter 
Krieger unter den Kaiſern Decius und Balerian, 
auch unter Gallienus im Kampfe gegen Aureolus. 
Nah Gallienus’ Tode von den Soldaten zum 
Kaiſer ausgerufen, trieb er die Mlemannen über 
die Alpen zurüd und führte darnach von Rom aus 
über das weite Reich eine ftrenge, aber gerechte 
Herrichaft (268— 270 n. E.). Treb. Poll. Claud. 1 ff. 
In feinen Bemühungen, die Ruhe und Ordnung 
im Innern herzuftellen und zu fichern, wurde er 
durch die Soten aufgehalten, welche über die Donau 
drangen und furchtbare Verwüſtungen anrichteten. 
Claudius jchlug jie in 3 Schlachten bei Naiffus, 
ftarb aber jchon 270 zu Sirmium an der Weit, 
56 Jahre alt, leider zu früh für das zerrüttete 
Neich, welches er 2 Jahre lang mit fejter Hand 
regiert hatte. Eutr. 9, 11. 31) DO. Elaud. 
Duadrigarius, Zeitgenoffe des 2. Cornelius 
—— von Livius öfters erwähnt 3. B. 6, 42. 

‚19), ſchrieb Annalen Roms vom Galtifchen 
Ba bis auf jeine (db. h. Sullas) Zeit in 
mindeftens 23 Büchern, ein Werf von hohem Werte. 
Die Sprache war altertümlich, troden, ohne elegan- 
ten Satzbau, doc jedesfalls jehr nach dem Ge— 
ichmade der Zeit des Fronto und Gellius, welchem 
legteren wir auch die meiften Bruchftüde verdanfen. 
Gell. 15, 1. 9, 13. Monographie von 2. Gieje- 
bredht ( 1831) ); ; Sammlung der Fragmente von Peter, 
hist. Rom. rel. Ip. 205 ff. fragm. p. 136 ff. — 
32) Elaud. Elaudianus, geboren vielleicht zu 
Alerandreia, fam um das 35. 395 n. E. nach Rom 
und fand hier an dem trefflichen Bandalen Stilicho 
einen Gönner und Freund, bei welchem er fich 
mehrere Jahre zu Mailand aufgehalten zu haben 
jcheint (bis 400). Er beffeidete Amter, unter andern 
das Tribunat, und lebte zulegt zu NAlerandreia; 
wie lange er den Sturz feines Gönners (408), der 
ihm in Rom ein Denftmal errichten lieh, über: 
lebt hat, bleibt ungemwiß. Unter den Dichtern der 
jpäteren Kaiferzeit ragt Claudian durch Reichtum 
der Phantafie, Vielfeitigfeit, Eleganz, Kraft und 
Reinheit der Sprache hervor, wenn er gleich ſich 
nicht immer von Schwulft und rhethoriichen los: 
feln frei gehalten hat. Den Stilicho preift er in 
feinen Gedichten de laudibus Stilichonis und de 
bello Getico, ebenfo den Honorius in mehreren 
Gedichten auf jein Konſulat; während er die da— 
maligen Miniſter des oſtrömiſchen Reichs, Rufinus 
und deſſen Nachfolger, den Eunuchen Eutropius, 
in 2 Gedichten (in Kufinum et Eutropium) geißelt. 
Außerdem bejigen wir von ihm ein unvollendetes 
Epos: RKaptus Proserpinae in 3 oder 4 Büchern, 
ausgezeichnet durch glänzende Schilderungen, jo- 


Clavarium — Cleopatra. 


wie ein Fragment von 129 Verjen aus der griechiich 
geſchriebenen Gigantomachia, ein Gedicht de bello 
Gildonico (Sieg des Kaijers "Honorius über einen 
afrilanischen Häuptling Gildo) und außer andern 
noch Epigramme, Epijteln und Idyllen. Auch hin: 
ſichtlich des reichen hiftorifchen Stoffes find jeine 
Werle von erheblichem Werte. Die ihm zugejchrie: 
benen Epigramme in griechiicher Sprache gehören 
einem jüngeren Dichter gleiches Namens, vielleicht 
einem Sohne umjeres Dichters, an. Ausgg. von 
Heinfius und Burman (1760), 3. M. Gesner (1759) 
und 2. Jeep (2 Bdd. 1876 ff). ©. auch Drusi 
und Marcelli, 

Clavarium ſ. Dona militaria, 1. 

Clavus, ein Purpurftreif, breit oder jchmal, 
latus oder angustus, meldyer an der vorderen 
Seite der Tunika vom Halfe bis zum unteren 
Saume herablief (tuniea laticlavin und angusti- 
clavia). Der erjte war eine Auszeichnung der 
Senatoren, der zweite der Nitter. Dies Abzeichen 
hat ſich aus der tunica palmata der Beamten 
entwidelt. 

Cledonins, ein Grammatifer aus Rom, lehrte 
in Eonftantinopel (im 5. Jahrh. n. €.) und ver: 
faßte eine uns erhaltene ars, einen fortlaufenden 
Kommentar zu Donatus, der vielleicht aus Schul- 
vorträgen hervorgegangen iſt. Gedrudt bei Keil, 
gramm. lat. V p. 9—79. 

Clemens, 1) Romanus, einer der j. g. apofto: 
liſchen Väter, vielleicht der Phil. 4, 3 erwähnte 
GurEpyög des” Apoftels Paulus, als Biſchof von 
Nom Verfaffer eines Briefes an die Korinther 
(vollftändige Handſchrift erit 1875 aufgefunden; 
Ausg. von Gebhardt und Harnad 1876), geftorben 
gegen 100 n. C. Die andern Schriften unter jei- 
nem Namen find unedht. — 2) von Alerandreia, 
Titns Flavius El., wohl aus Athen, zuerſt Heide, 
aber von aller Weltweisheit unbefriedigt und troß 
aller Reiſen in jeinem Wahrheitsdurjt ungeftillt, 
erst als Mann Ehrift geworden, Schüler und (jeit 
190 n. E.) Nachfolger von PBantainos, dem Bor- 
jteher der Ratechetenjchule zu Alerandreia, dech 202 
durch die Verfolgung unter Septimius Severus 
nad) Baläftina vertrieben, dort gegen 220 geftorben. 
EL. iſt der erſte große Vertreter der alerandrini- 
ichen Theologie, welche die antife Philojophie in 
den Dienft.des Chriftentums zu jtellen ſuchte, um 
jo den Glauben zum Wifjen, zur Gnoſis zu er: 
heben. In diefem Sinne will fein dreiteiliges 
Hauptwerf „die ſtufenweiſe Hinanbildung des Men: 
ichen zur Vollkommenheit“, wie er ſelbſt agt, dar⸗ 
ſtellen. Der Aoyog moorgentinög meög "Ellnveas 
zeichnet das Heidentum als Borftufe zum Ehriften- 
tum, der nadayoyög (3 Bücher) entwidelt die 
hriftliche Sittenlehre als Regel für die Lebens: 
ordnung, die arewuareig oder orgauera (8 Bücher, 
doch das achte unecht) beſprechen die wichtigiten 
Fragen der chriftlichen Gnoſis in bunter Reihe und 
abfichtlich verhüllender Redeweiſe (beides joll der 
Name „Teppiche“ andeuten). Als — zum 
xcidcyoyos iſt uns der ältefte chriſtliche Hymnus, 
ein etwas ſchwülſtiges Lied auf Chriſtus, erhalten. 
Über die Stellung des Chriſten zum irdiſchen Gut 
enthält die Schrift: is 6 owfousrog mÄovcıog; 
trefjliche Bemerkungen. Ausgg. von Bictorius ( 1550), 
Sylburg (1592 u. Ö.), Potter (1715, 2 Bbd.), Klotz 
(1831 ff., 4 Bdd.), Dindorf (1868 f., 4 Bdb.). 

Cleopätra ſ. Kleopatra. 


Clepsydra — Coceeii. 


Clepsydra, »Aspvödg«, Wafleruhr, eine Hohl: 
fugel (zwdie) mit einem durch Pfropfen (une) 
verichließbaren Hals (avbAos) zum Einfüllen des 
Wafjers und mehreren Heinen Öffnungen (revmrj- 
nere), die einen Durhhichlag (N®uos) bildeten und 
wodurch das Wafler allmählich durchjiderte, fich 
gleichjam heimlich durchitahl (wAerreıv). Sie wurde 
als Zeitmefjer namentlich bei gerichtlichen Verhand— 
lungen gebraucht. Scipio Naſica Corculum (j. 
Cornelni, 16.) brachte die Wafjeruhren nad) Ron, 
wo jie in der Kaiſerzeit jehr gewöhnlich wurden. 
©. audy Attika, 13. 

Cliens ſ. Patronus. 

Clio j. Musae, 3. 

Clitamnus, Flüßchen im füdlichen Umbrien bei 
Spoletum, aus einem Plin. ep. 8, 8 beichriebenen 
tryſtallhellen Borne in einem Cypreſſenhaine ent: 
ipringend, ergießt ſich bei Mevania linfs in die 
Tinia, einen linten Nebenfluß des Tiber; j. Eli: 
tunno. An feiner Quelle befand ſich in einem 
uralten Enprefienhain ein Heiligtum des gleich: 
namigen Gottes. Verg. @. 2, 146. 

Clivas Capitolinus oder sacer j. Roma, 10, 

Cloäcae j. Roma, 3. 

Clodia und Clodius j. Claudii, 20. 21. 22. 

Cloelii (od. Cluilii), ein patrizijches Geſchlecht, 
welches aus Alba ftammte (Liv. 1, 30): 1) C. Clö— 
fius od. Eluilius, der legte König von Alba Longa, 
ftarb während eines Feldzuges gegen die Römer. 
Nach ihm hieß noch in jpäterer Zeit der Graben, 
den er um fein Lager gezogen, fossa Cluilia; das 
Geichlecht zog nad) Rom. Dion. Hal. 3, 2ff.4. Liv. 
1,22. — 2) Elölia, eine heroiiche röm. Yung: 
frau, welche aus der Gefangenſchaft des Porjena, 
dem fie mit andern römiichen Jungfrauen als 
GSeijel übergeben war, entjloh, durch den Tiber 
ihwamm und nad; Nom zurüdtehrte. Uber der 
Senat ließ fie wieder zurüdbringen, worauf Porjena, 
der ihren Mut und hohen Sinn bewunderte, fie 
frei ließ und ihr geftattete, fich eine Anzahl anderer 
zur Begleitung auszuwählen. Sie wählte die jüngjten. 
Andere erzählen dieje That von der Valeria, der 
Tochter des Publicola (Liv. 2, 13. Plut. Popl. 19. 
Val. Max. 3, 2, 2); noch andere deuten fie auf 
die Venus Cluilia. Serv. ad Verg. A. 8, 646. — 
3) D. Clöl. Siculus, Konful im 3. 498 v. C., 
ordnete fich jeinem Kollegen T. Lartius, den er mit 
der Diktatur befleidete, freiwillig unter. Liv. 2, 21. 
— 4) T. Clöl. Siculus, bekleidete hohe Amter 
in Rom und fiebelte ſich mit einer von ihm ge 
führten Kolonie zu Ardea, im Lande der Nutuler, 
an, 442 v0. CE. Liv. 4, 11. Diod. Sie. 12,34. — 
5) Elöl. Tullus, Geſandter zu Veji beim Könige 
Tolumnius, wurde von diejem ermordet. Liv.4, 17. 
Diod. Sie. 12, 80. — 6) Eldl. Grachus, ein 
Aquer, fämpfte 458 v. E. an der Spike feiner 
Landsleute gegen ein römisches Heer, welches gegen 
ihn gejandt und von ihm eingejchloffen wurde. 
Aber jeinerjeits don Lincinnatus umringt, mußte 
er von den Aquern an Rom ausgeliefert werden. 
Liv. 3, 25f. 4, 9f. Dion. Hal. 10, 22 ff. . 

Cluentius, 1) Yucius (nah Eutrop Aulus), 
Anführer der italiichen Bunbesgenofjen gegen Rom, 
ichlug den Sulla bei Pompeji, erlitt aber von ihm 
eine Niederlage bei Nola und fiel jelbft. Kutr. 5,3. 
App. b. e.1,50. Val. Max. 1,6,4. — 2) Aulus 
Eluent. Habitus, Sohn eines römischen Ritters 
zu Larinum in Samnium, deffen Tochter Eluentia 


271 


auf Betreiben ihrer eigenen Mutter Sajfia von 
ihrem Manne verſtoßen wurde, damit die Mutter 
ihn heiraten konnte. Nach Ermordung ihres zweiten 
Mannes heiratete ſie den Mörder wieder, welcher 
den jungen Eluentius, feinen Stiefiohn, durch Gift 
aus dem Wege zu räumen juchte. Diejer vereitelte 
aber den Anjchlag und verflagte feinen Stiefpater, 
der in der Verbannung ftarb. Später wurde 
Eluentius von jeiner eigenen Mutter angeflagt, 
den Stiefvater ermordet zu haben, indes durd) 
Eiceros Berteidigungsrede glänzend gerechtfertigt. 
Bergl. Cie. Cluent.5, 11. Den gleichnamigen Sohn 
desjelben verteidigte Cicero ſpäter in jeinem Streite 
mit Statins Albius Oppianicus (Cie. Oluent.15,44). 

Cluilii j. Cloelii. 

Clupea j. Aspis. 

Clusiun, Kioöccıor, j. Ehiufi, eine der Zwölf— 
ftädte Etruriens, früher Gamers genannt. Die 
Stadt lag am Clanis auf einer Anhöhe in der 
Nähe eines Kleinen Sees, jowie an der nach Nom 
führenden clodijchen Straße, und tritt als Reſi— 
denz des Königs Porjena deſſen Denkmal fi in 
der Nähe befand, Plin. 36, 18) früh in der römi— 
ichen Geichichte hervor, ſowie jpäter beim Einfall 
der Gallier. Liv. 2, 9. 5, 36. 10, 25. 

Clutorius j. Lutorius Priscus. 

Cluvfi, ein urfprünglich aus Campanien ſtam— 
mendes Geichlecht, welches jpäter in Nom jehhaft 
war: 1) Faucula Eluvia, brachte den Römern, 
welche Hannibal zu Capua gefangen hielt, Lebens— 
unterhalt. Liv. 26, 335. — 2) E. Cluvius, diente 
als Legat unter Amilius Paulus in Makedonien 
gegen Perjeus im J. 168 dv. E. Lir. 44, 40. — 
3) M. Elup., leitete die Geldgeichäfte Ciceros 
den er auch bei jeinem Tode zum Miterben er: 
nannte. Cie. ad Att. 6, 2,3. 13, 46, 3. — 4) M. 
Cluv. Rufus, von Tacitus (hist. 4, 43) dives 
et eloquentia clarus genannt, war Konjul vor 
41 dv. E., Augenzeuge von Caligulas Ermordung, 
Konjul suffeetus unter Claudius (45), unter Galba 
Statthalter in Spanien, darnadı) Anhänger des 
Bitellius, vor dem er ſich jiegreich gegen eine An— 
flage verteidigte. Tac. hist. 1,8. 76. Suet. Ner. 21. 
In jpäteren Jahren, vermutlich nachdem er ſich 
von den Gejchäften zurückgezogen, trat er als Hijto- 
rifer mit einem Werfe über die Zeit von Caligula 
bis Nero und die Ereigniffe der nächſten Zeit nad 
deſſen Tode auf, das Tacitus mehrfad) (3. B. hist. 
4, 43. ann. 13, 20. 14, 2) erwähnt. 3 jcheint 
fir Tacitus’ Hiftorien, für Suetons alba, Otho 
und Bitellius und für Plutarchs Galba und Otho 
eine Hauptquelle gemwejen zu fein. Plin. ep. 9, 19. 

Coaetöres, 1) agminis, obgayol, wurden die 
Bugichließer genannt, die darauf zu achten hatten, 
daß fein Soldat anf dem Marjche dejertierte. Tac. 
hist. 2,68. — 2) exactionum, und wohl auch 
coactores allein, hießen alle Leute, die Schuldiges 
beizutreiben oder Ausftehendes einzuziehen hatten, 
Diener der argentarii bei den Berfteigerungen in 
den atriis auctionariis, wofür fie einen beſtimm— 
ten Anteil vom Werte erhielten. Der Bater des 
Horaz (sat. 1, 6, 86. Suet. wit. Hor.) und der des 
Beipafian (Suet. Vesp. 1) befleideten ein jolches 
Amt, von dem wir nicht willen, ob es eim öffent: 
liches oder privates war. 

Coceeii, ein angejehenes, wahricheinlich aus 
Umbrien ftammendes Geſchlecht: 1) M. Coce. 
Nerva, Konful 36 v. E., Unterhändfer zwiichen 


272 


Antonius und Dctavian und beider Freund. Hor. 
sat. 1,5,28. — 2) M. Eocc. Nerva, Konjul 
vor 24 n. E,, curator aquarum 24—33, ftand in 
vertrautem Verhältniſſe zu ZTiberius, deſſen Hand: 
lungen er jedod) jo wenig billigte, daß er aus 
UÜberdruß ſich durd; Hunger das Leben nahm. Zac. 
ann.-4, 58. 6, 26. Dio Cuss. 58, 21. In der Juris: 
prudenz war er ein Schüler des Labeo und Lehrer 
des Proculus. — 3) Sein gleichnamiger Sohn, 
Tac. ann. 15, 72 als praetor designatus erwähnt, 
wird gleichfalls unter den nahmhaften Juriften ge: 
naunt; er war der Vater des Kaiſers Nerva (j. d.). 

Cochlear, ein Löffel, welder an dem andern 
Ende eine Spige hat, während ligula in ovaler 
Form auälief. 

Codänus sinus, j.Rattegat u.Sund. Plin.4,13,27. 

Codex, ein aus mehreren Wachstafelu (tabellae) 
zujammengejegtes Bud. Später erhielten diefen 
Namen auch die aus Papier und Pergament be: 
ftehenden Bücher. Kleine Wachstafeln hießen co- 
dieilli, welche oft als Nadjträge zu Teftamenten 
benußgt wurden. 

Coelii, (Caelii), ein plebejifches Gejchlecht, aus 
welchem folgende Männer hervorzuheben find: 1) X. 
Eöl., kämpfte als Yegat (169 dv. E.) gegen Perjeus 
und erlitt cine Niederlage bei Ujcana. Liv. 43, 21. 

- 2) E. Eöl. Caldus, Volkstribun im J. 107 
v. E., veranlaßte das Sejeh, daß auch über Hoch— 
verrat die Abjtimmung durch Täfelhen ftattfinden 
jollte (Cie. legg. 3, 16, 36), gegen feinen Feind 
Bopilius wegen dejien chimpflichen Vertrages mit 
den Tigurinern. Oros. 5, 16. Im J. 94 war er 
Konſul (Cie. Mur. 8. 0. Cie, pet. cons. 3, 11), 
ging dann nad) Spanien, kämpfte im J. 83 mit 
den Marianern gegen Sulla und Pompejus und 
wurde von leßterem geichlagen. Plut. Pomp. 7. - 
3) Sein Entel, C. Eöl. Caldus, erhielt als Prä- 
tor im %. 50 v. C. bei Ciceros Ab ange aus 
Ktilifien die Verwaltung der dortigen Statthalter: 
ichaft. Cie. ad fam. 2, 19. — 4) M. Cöl. Rufus, 
geboren nicht vor 83 v. E. (in einem Municipium, 
vielleicht Cumä), hatte den Cicero zum Lehrer in 
der Beredjamfeit und wurde im J. 66 mit Gati: 
lina befreundet, ohne an jeiner Verſchwörung Anteil 
zu nehmen. Einige Jahre jpäter bejuchte er Afrika 
und bewarb fich im J. 59 um die Quäftur. Darauf 
geriet er jelbjt infolge eines gegen Sempronius 
Atratinus erhobenen _Prozefies wegen Wahlum: 
trieben durch deſſen Sohn in eine Anklage (56); 
Cicero verteidigte ihm indefjen mit Erfolg gegen 
dieſe, wie gegen eine zweite Anklage von feten 
der berüdtigten Elodia (j. Claudiı, 21.) Cie. 
Cael. 2,3. 19, 44. ad Qu. fr. 2, 13. Darnadı 
bewarb er jid um das Tribunat (52), erhielt das: 
jelbe und jegte zu Gunften Cäſars durch, daß diejer 
ji) aud) von jeiner Provinz aus um das zweite 
Konſulat bewerben dürfte. Nach Ablauf jeines 
Tribunats bewirkte er die Verbannung feines in 
Elodius' Gewaltthätigfeiten verwidelten Kollegen 


D. Bompejus Rufus. Val. Max, 4, 2, 7. (ie. ad | 


fam. 8, 1, 4. Ciceros Berdienfte um ihn veran- 
laßten einen Briefwechiel zwilchen beiden. Beim 
Ausbruche des Bürgerkriegs verlieh er die Opti- 
matenpartei und ſchloß fih an Cäſar an, zu dem 
er fid) nadı Ravenna begab. Caes. b. c. 1,5. Dio 
Cass. 41, 2. Nachdem er ihn auf jeinem Zuge 
nach Spanien (49) begleitet hatte, erhielt er von 
ihm die Prätur, aber nicht die einflußreichere | 


Cochlear — Cohors. 


ftädtifche, welche dem Trebonius zuteil wurde, was 
ihn jo jehr beleidigte, daß er einen Aufftand ver: 
anlaßte, infolge dejjen der Senat gegen ihn ein- 
ichritt und ihn abjeßte. Cie. ad fam.8, 17. Eölius 
mußte flüchten und juchte erjt in Verbindung mit 
Milo, den er aus Mafjilia herbeigerufen, nad) defien 
Tode allein in Unteritalien eine Empörung zu er: 
regen, wurde aber bei Thurii getötet, 48. Quint. 
6, 3, 25. Cues. b. ec. 3, 20ff. Dio Cass. 42, 22 ff. 
Seine Briefe an Cicero, wichtig für die Geſchichte 
feiner Zeit, befigen wir noch in Ciceros rief: 
jammlung ad familiares Bud 8; von jeinen 
Reden dagegen, welche Cicero wegen ihrer würde: 
vollen Sprade (Brut. 79, 273) lobt, und welche 
neben einer großen Lebhaftigfet der Diktion eine 
gewiffe Härte des Stils nady dem Vorbilde der 
älteren Periode an fidy trugen (Tac. dial. 21.25), 
find nur wenige Fragmente vorhanden. Quint. 
10, 1,115. Abhandlung von Wegehaupt (1873). — 
5) M. Edöl. Binicianus, anfangs Anhänger des 
Bompejus, dem er im 3. 53 v. E. zur Erlangung 
der Diktatur behülflich zu jein juchte, trat jpäter 
zu Gälar über und focht unter ihm gegen Phar— 
nafes. Caes. b. Alex. 77. — 6) Eöl. Anipater 
j. Antipater, 6. — 7) Eöl. Aurelianus j. 
Aurelianus, 2. 

Coömptio j. Mancipatio und Manus. 

Coena j. Mahlzeiten, 8. 

Cognatio iſt die natürliche, auf gemeinjame 
Abjtammung begründete Berwandtichaft, welche 
aljo auf den rauen beruht, im Gegenjaß zur 
agnatio (}. d.). 

Cognitio, im weiteren Sinne jede richterliche 
Unterjuchung und Entſcheidung eines Magiftrats 
im Gegenjaß zu der eines Richters, wird gewöhn- 
lich durch den Zuſatz: extra ordinem bezeichnet. 

Cognitor, 1) der gerichtliche Stellvertreter einer 
Partei. In der ältejten Zeit war Stellvertretung 
nur bei wenigen Sachen gejtattet, jpäter, nad) 
Aufhören der legis actiones, wurde diejer Gebrauch 
freier, j. Proeurator. — 2) der Jdentitätszeuge, 
welcher den Namen und den Charakter einer Ber: 
jon bezeugt. Cie. Verr. 1, 5. 5, 65. 

Cognömen j. Nomen, Il. 

Cohors bedeutet urjprünglich nur die Vereini- 
gung mehrerer Truppen Fußſoldaten) zu einem 
Ganzen. Pol. 11, 23: resig onsigag‘ rouro dr 
»uheiraeı To oörrayua ro» neLöv napa Poualoıg 
»Ödoorıg. In der Manipularlegion des Polybios 
bildeten 3 Manipel, je einer der Haftati, Prin— 
cipes und Triarii, eine Kohorte, deren die Le— 
gion alfo 10 hatte. Als im ziveiten punijchen 
Kriege (Liv. 29, 24) eine Verſtärkung des fonju- 
larijchen Heeres für nötig befunden wurde, fügte 
man nicht eine Yegion hinzu, jondern mehrte die 
Anzahl der Principes und Haftati je mad) dem 
Bedürfnis (die Triarii blieben immer diejelbe An— 
zahl); daher unterjchied man cohortes trecenariae 
(120 princ., 120 hast., 60 triar. , quadringenuriae 
(170 princ., 170 hast,, 60 triar.), quingenarine 
(220 princ., 220 hast., m) triar.) und sexcenariae 
(270 prince., 270 bast., 60 triar.). Als jeit Marius 
mit dem Waffenunterjchiede auch die Manipel- 
einteilung als maßgebend aufhörte, zerfiel die Legion 
in 10 Kohorten von je 400-500 Mann. Unter 
den Kaiſern beftand die erſte Kohorte jeder Legion 
aus der doppelten Anzahl der Mannſchaft, daher 
wurde fie cohors millıaria genannt, im Gegen: 


Collatia 


lage gegen Die übrigen 9 von durchſchnittlich 500 
Manıt, daher cohortes quingenariae. Das Fuß— 
volt der dazu gehörigen Bundesgenoflen richtete 


— Columna. 


273 


einer Gottheit und Gemeinſamkeit der Begräbnis: 
jtatt (Pflege der Gräber), dagegen sodalitas be- 
zeichnet ſpeziell die religiöje Brüderichaft, daher 





ſich jtet3 nach der Einteilung der Yegionsfoldaten | 3.8. sodales Titii, sodalıtas germanorum Luper- 
und hieß zum Unterſchiede cohortes alariae. Außer- corum u.a. Solche Sodalitäten waren auch die für 
dem werden aber von Gälar (b. ce. 1, 39. 70, 75) | den Kult der vergötterten Kaiſer errichteten sod. 


noch coh. cetratae erwähnt, jo genannt von ihren 
ledernen Schilden (cetra)., — Cohors prueto- 
ria bildete die Leibwache des Teldheren und be: 
ftand zuerft aus den ableeti der Bundesgenofien. 


Augustales, Claudiales, Flaviales u. a. — 2) Uralt 
waren auch die Handiwerferinnungen, collegia opi- 
ficum, die zu einer zahllofen Menge heranwuchſen. 
— 3) Militäriſche NRorporationen wie coll. Ger- 





Salt. Cat.60. Außerdem wählte PB. Scipio Africanug ' manorum, Martensium, veteranorum u. a. — 
unter demjelben Namen ſich noch aus den Nittern | 4) Vereinigungen zur Feier von Spielen Liv. 5, 50. 
eine Leibwache aus, und endlich wurde auch noch — 5) Coll, tenniorum, Leichentaffentollegien, 
die ganze nähere Umgebung des Feldherrn (der ' welche ihren Mitgliedern nach deren Tode ein an- 


Quäjtor, die Yegaten, 
comites, Schreiber, Dolmeticher, Herolde, Arzte, 
Liltoren, Accenſi u. ſ. w.) colors praetoria oder 
praetoris genannt. Che. Verr. 2, 4. Auguftus be: 


hielt diejen Namen bei und errichtete 9 (Tac. ann. | der verichiedenen Kollegien war 


4, 5; nad) Dio Cass. 55, 24 unrichtig: 10) cohor- 
tes praetoriae don je 1000 Mann für die Ruhe 
Italiens, deren Zahl von Claudius auf 12 erhöht 
wurde. 3 Kohorten waren von ihmen ſtets zu 
Rom und zwar zuerft bei den Bürgern einquar- 
tiert (Suet. Oct. 49), die übrigen waren in andern 
umliegenden Städten Italiens untergebracht, bis 
Tibertus jie auf Beranlaflung des Sejan um 18 
n. E. jämtlih nad Rom verlegte und ihnen an 
der Ringmauer Roms vor der porta Viminalis 
ein eigenes Yager anwies, castra praetoria. Suet. 
Tıh. 37. Dio Cass, 59, 19, 5. Sie bildeten nebit 
den equites praetoriani die faijerliche Garde (vires 
et robur exercitus, Tae. hist. 1, 87) und hatten 
aufer höherem Rauge und Solde das Vorrecht 
von 
0 Jahre). Bon Bitellins wurde diefe Garde auf- 
gelöft, weil fie für Otho gegen ihn gefochten hatte 
(dal. 2, 67. Suet. Vit. 10); dafür errichtete er 16 
neue cohortes praetoriae (Tae. hist. 2, 93) und 
4 coh. urbanae anitatt der von Auguftus für die 
polizeiliche Sicherheit Roms bejtimmten 3 coh, 
urbanae, die ebenfalls an dem Kriege gegen Bi- 
tellius teilgenommen hatten (daj. 1, 895. Auguftus 





nur 16 Dienjtjahren «die Legionsjoldaten , 


efaunten und freunde oder | ftändiges Begräbnis fihern wollten. — 6) Coll. 


in weiterem Sinne find die ftädtiichen Kommunen 
(eivitates, municipia, colonine) und der Staat 
jelbit. Die innere Einrihtung und Verfaſſung 

Kir ähnlich, z. B. 
in Beziehung auf gemeinfames Vermögen, Vor: 
fteher (magıstri), Begründung und Auflöſung, 
Privilegien u. j. w. Die meilten Korporationen 
vereinigten ſich an beftimmten Tagen zu fejtlichen 
Mahlzeiten. 

Collina f. Tribus, Collina porta j. Roma, 5. 

Collis hortörum j. Koma, 5. 

Colonia. 1. Unter den jehr vielen mit diejem 
Namen bezeichneten Städteanlagen iſt bejonders 
zu nennen Colonia Agrippina oder Agrippinen- 
sis (die Einwohner Agrıppinensex) am Rhenus 
(i. Köln am Rhein). Früher eine Stadt der UÜbier 
(oppidum UÜbiorum, Tae. ann. 1, 36), wurde fie 
50 n. E. auf Betrieb der Gemahlin des Kaiſers 
Claudius, Agrippina, die hier geboren war, kolo— 
niltert und nach ihr benannt, erhielt das ius Ita- 
lieum und bob ſich zu einer bedeutenden Größe 
und Blüte. Tue. hist. 1,57 u. ö. — II. ſ. Aiı- 
eovgia, B. 

Colum, Sieb oder Durchichlag, gewöhnlich von 
Metall, mit Heinen Löchern verjehen und zum 
Klären der Flüffigfeiten, bejonders des Weines, 
angewandt. 

Columbarium, 1) Taubenhaus; 2) das Innere 


hatte jie dem etwaigen praefectus urbi zur Ber: |; der Grabgewölbe mit Niſchen (loculi, lecti, solia), 
fügung geftellt. Später verſchmolzen diefe beiden !j. Sepulerum, 6. 

Truppengattungen und gab es deren nur 14 Ro:| Columella, %. Junius Moderatus, geb. zu 
horten, bis Conftantin d. Gr. dieje Garde ganz Gades, Zeitgenofle des Seneca und des Kaiſers Nero, 
aufhob und die castra praetoria, als den fort: hielt ſich eine Zeitlang als Tribun in Syrien auf 


dauernden Sit der ftets wiederfehrenden Militär: | und ſtarb wahrjcheinlich zu Tarent. 


revolutionen, zeritörte. 

Collatia, Stadt 5 Millien öftlich von Nom am 
Anio, Wohnort des Tarquinius Gollatinus, wo ©. 
Tarquinius und jeine Begleiter die Lucretia beim 
Spinnen trafen; j. Lunghezza. Liv. 1, 38. 57. 

Collatinus |. Tarquinii, 3. 

Collegium (conleg. bi8 zu Auguftus), eine 
Verbindung mehrerer Menſchen (wenigſtens 3), welche 
zujammen eine fogen. juriftiiche oder moralische 
Perſon ausmachen. Weiteren Umfang hat die Be: 
deutung von sodalitas; ordo und eorpus find 
jpätere Namen. In nicht technifchem Sinne wird 
geiagt collegium consulum, praetorum, tribu- 
norum 4. ſ. w. denn dieje find unter fich Kollegen, 
bilden aber nicht Eine Perjon. — 1; Die älteften 
römischen Korporationen waren, wie überhaupt alle 
Gemeinichaftlichleit auf den sacra beruhte, reli- 
giöfer Natur und für gewiſſe Kulte eingeführt. 
Collegium umfaßt beides, Pflege des Kultus 

Realleriton bes Mafi. Atertums. 7. Aufl, 


Sein Werl 
ı über die Olonomie (de re rustica) in 12 Büchern 
‚(darumter das zehnte, Über den Gartenbau, in Nach 
ahmung des von ihm verehrten Vergil in Hera: 
metern), um 62 n. C. geichrieben und einem ge 
wiſſen B. Silvimus gewidmet, iſt in einer ſchmuch 
reich chetorifierenden, aber fließenden Sprache mit 
Geiſt und Einficht abgefaßt. Außerdem haben wir 
noch von ihm, vielleicht aus einem früher ge 
ichriebenen, aber verloren gegangenen ölkonomiſchen 
Werke in 4 Büchern, eine Abhandlung über Baum: 
zucht, de arborıbus. — Ausgg. im den Seriptores 
rei rust, von 3. M. Gesner und 3. G. Schneider; 
Einzelausg. von Reß (1795). 

Columna, griechiſch ornArn oder orülog, auch 
xior, eine Säule, urjprünglic nur zum Nuten, 
eine Stüße oder eine Säule a. Tragen eines 
Daches, anfangs wohl aus Baumftänmen oder 
unbehauenen Steinblöden, die erft allmählich eine 
edlere Bejtalt befamen. Sie fanden ihre Anwen— 

18 


274 


dung in jedem Haufe und Tempel, da die Säu⸗ 


Columna. 


ktov; 3 vertiefte Ringe (anuli oder Zvrouei Tiefen 


lenhalle ein wejentlicher Teil berjelben war, und | da herum. Dagegen um das darüberliegende, freis- 
daher überhaupt in allen Gebäuden, aber auch auf förmige, nach oben breiter werdende Poljter (Fyi- 


Gräbern und überhaupt bei Monumenten (vgl. | 


Haus, Templum, Sepulerum). Unterichieden 
wurden im Griechenland 3 Säulenordnungen, die 








“. * 
4 — GER \ 


zu Athen 


Bartbenon 


dorijche, die ioniſche und die forinthijche. 
— Die dorijche und iomijche treten faſt gleichzeitig 
auf, und dorijch wurde der ältere Bauftil, obſchon 
er anfangs gerade in nmichtdorijchen Staaten wie 
in Athen geblüht zu haben jcheint, fpäter wohl nur 
im Gegenſatz gegen den im Hleinafiatiichen Jonien 
nach Baujanias jeit DI. 33 gebräuchlichen Bauftil 
genannt. Beide find, wie ®. W. Forchhammer 
(über —— der Baukunſt, 1856) nachgewieſen 
hat, eine Nachahmung der Holzarchitektur. Die 
Höhe der doriſchen Eäule ift gewöhnlich — 5, 
unteren Säulendurchmeflern; die Säulenweite (an 
der jchmalen Seite der Tempel (ge 6 oder 8 
zu Stehen, wenn an der langen 13 oder 17 waren) 
ift defto enger, je älter die Tempel find, aber doc 
un. 1'/, des Säulendurchmeſſers. Die dorische 
Säule hat gar feine Bafis, jondern fie fteht un— 
mittelbar auf der xenmis (nonmidou«) oder dem 
suggestus des Tempels. Der Schaft (onümos, 
»avkög, oou« zlovog) ift 
mit 20 (oder 16 oder 
auch 24)halbfreisförmigen 
Bertiefungen (deßdwaoıs, 
striatura; gaßdor, dıe- 
Erouere, striae, canali- 
euli, .—. der: 
gejtalt umgeben, daß die: 
jelben in jcharfen Win: 
feln zufammenftoßen; die: 
jelben wurden erft nad 
Aufftellung der Säule ein: 
emeißelt. Die einzelnen 

armortrommeln (opor- 
övkor, ororövkoı), aus 
denen der Schaft zuſam— 
mengejeßt ift, und die auch 
durch ein in der Mitte 
um Stüd 
edernholz unverichiebbar 
gemacht werden, jchwellen bis zur Mitte der Säule 
unmerklich an (Fvraoıg) und verjüngen fich dann 
nach oben (contractura); ihre Fugen find nad) 
außen durch Schleifung unfichtbar gemacht. Die 
oberfte Trommel, durch eine horizontale Kerbe 
von den übrigen gejondert, war aus Einem Stüd 
mit dem Kapitäl (nepdiuior, nepair, nıovören- 
ro», Zriagavor, eapitulum) und hieh Ömorgeg 


Stapitäfe nebit Gebält 
vom Barthenon. 





ı) doriſch. 


‚(dmmorvsıon), ein jchlichter, ftei- 


vog) liefen 3 erhöhte Ringe, wahrſcheinlich um 
etwaigen, Tropfenlauf zu ver: 
hüten. Uber dem Ecinos lag 
eine vieredige und vierfantig 
behauene Dedplatte, &ße&, aba- 
eus genannt, Das lebte ver- 
mittelnde Glied zwiſchen der 
ftügenden, nach oben ſtrebenden 
Säule und dem horizontalen 
Gebälk (Born). Zunächſt ruhte 
nämlich darauf der Architrav 


nerner Balken, von Säule zu 
Säule reichend. Auf ihm lagen 
vortretend die Enden der Quer- 
baften, eins über der Säule, 
eins zwiſchen 2 Säulen, vor 
deren Köpfen je eine Platte mit 
2 Hohlichligen in der Mitte und 
je einem halben auf jeder Seite 
Triglyphen, rolylugor) an: 
gebraht war. Die Zwiſchen— 
räume der Triginphen (Me— 
topen, ueröra) wurden bald 
auch von innen mit Relief— 
platten verlleidet (Sogugos, 
Fries). Uber den Uuerbalten 
des Dachs (Triglgphen und Me 
topen) lag dann ſchließlich wieder 
ein ziemlich vortretender Yängs- 
balten, das Kranzgeſims, yei- 
cor, corona, oben in gleichen 
— mit kleinen 





ioniſch 


ähnchen oder Nagelköpfen, grie 2) 

iſch orayorıg genannt, wie 
deren auch 6 unter jeder Triglyphe jahen, ver— 
ziert. — Die ioniſche Bauart iſt architektoniſch 
nicht ſehr von der doriſchen verſchieden, wohl aber 
in den Ornamenten. Wäh— 
rend die doriſche zu der voll— 
endeten Schönheit ihrer Ver— 
hältniſſe den Eindruck ein— 
facher Kraft und ſicher be— 
ründeter Würde hinzufügt, 
oun die ioniſche durch J— 
kere Formen und zierliche 
Anmut dem Auge mehr zu ge: 
—* Die ioniſchen Säulen 
ind verhältnismäßig höher 
(8, — 9", untere Säulen: 
durchmefler), entfernter ge: 
ftellt und geringer geichwellt. 
Sie find ſchon darum höher, 
weil fie auf einer Bajis ' 
jtehen, welche nad) unten den 
Übergang von der jenfrechten 
Linie zu der horizontalen 
Linie des suggestus auf 
angenehme Weije vermittelt. 
Die Bafis ift entweder die attijche: auf einer vier: 
edigen Platte (mAvdos) eine oneio« (sreipe), 
ein rögog oder rodyıkog, torus, und wieder eine 
oreiga; oder eine tomische: 1 vieredige Plinthos, 
2 roöyıloı und 1 oneiow, welche jich nach oben 
etwas veriüngen. An den Säulen laufen 24 Kanne— 


Bon Tempel de 
Erechtheus. 





2) ioniſch. 


Columna. 


275 


fierungen, tiefere und jchmälere, in die Höhe, die | Säulen , columnae caelatae, dergleichen ſich am 


nicht mehr durch jcharfe Kanten, jondern durch 





— 


Bom Anthemion der 
ionifhen Säule. 


Seitenanfiht des ioniſchen 
Kapitäls 


ichmale Flächen (sroyes, scamilli) getrennt find. 
Das ümorgayıjkor ift hier zu einem drdfuon 
geworden und trägt 
ſtatt der Kannelie— 
rung 5 Blätter in er: 
habener Arbeit. Über 
demjelben liegt ein 
ganz Heiner mit jo- 
genanntem Eierjtab 
(dorgeyakos) in Re: 
lief verzierter Echi— 
n08; und darüber 
zuweilen noch wieder 
eine Heine omeige. 
Dann fommt das 
vieredige Politer 
(zoıo/, volntar), auf 
dem vorn und hinten 
eine Menge von klei— 
nen Linien oder Ka— 
nälen nebeneinander 
hinlaufen und ſich 
in den gewundenen 
Hörnern der Volu— 
ten (EAunes) zu Hei- 
nen gewölbten Plat- 
ten (öptaiuor) ver- 
einigen. Bon den 
beiden Seiten ſieht 
dies Polſter wejent: 
lich anders aus. Über 
den Boluten liegt 
wieder ein Fleiner 
bierediger, mit Eier- 
ftäben verzierter 
Abacus. Der Ardıi- 
trav bejteht aus 3 
etwas übereinander 
vortretenden Ballen 
(faseiae, raurleaı); 
vor den auf diefem 
Arhitrav liegenden 
Baltenköpfen liefeine 
einzige große Ber: 
kleidung, der eigent- 
liche Fries (Beuynös), 
hin, der, im Reliefmit 
Menſchen oder Tier: 
figuren geſchmückt, 
Sopoôeoos heißt. 
Eine Abart der ioni— 
ſchen Säulen ſind die 
— ſtulpierten, dah 
unten am Schaft mit 
Columna eaolata. Reliefs geſchmückten 





Artemistempel zu Epheſos fanden (ſ. die Abbil- 
dung). — Bei der Forinthiihen Säule find 
Bafis und Schaft wie bei der ioniſchen; das Anthe: 
mion aber hat das ganze Kapitäl übermwuchert, 
indem es hier aus einem Kelch (adiadog) von 8 
und darüber noch 8 Atanthusblättern mit andern 
Verzierungen dazwijchen bejteht, aus denen 4 nach 
oben in Form der Vo: 
Iuten gerundete Stengel 
(narkol) mit Fleineren 
Blättern herauswachlen. 
Darauf liegt ein Feiner, 
nach oben breiter wer: 
dender Abacus, und dann 
das ionijche Gebälf. Die: 
ſes korinthiſche Kapitäl 
ſoll nad) Vitr.4,1,9 von 
dem Architelten und Bild» + 
auer Kallimachos aus 
then‘j.Baukunst,6.), 
der ſich durch zierliche 
Eleganz im Detail aus: 
zeichnete, ungefähr um 
415 v. E. erfunden und 
icheint an dem Tempel 
der Athene Alea in Tegea 
(395 v. E.) zuerjt ange: 
wandt worden zu fein; 
es war darin nämlich zwijchen einer dorijchen 
und einer ionijchen auch noch eine dritte, eine 
forinthiiche Sänlenjtellung. — Die griechischen 
Säulen haben im allgemeinen nur als Träger 
eines Daches ihre architektonische, ihre vollendetite 
Anwendung. Sie vermitteln, namentlich in ihrem 
Kapitäl, die vertitale aufftrebende, ftügende Linie 
mit der langgejtredten horizontalen, welche in 
ernfter Würde über dem ganzen Bau des griech: 
{chen Tempels, als die beherrichende, ſchwebt. Nach 
allen Seiten zeigen fie die größte Symmetrie der 
Verhältniffe. Die ruhige Majeftät und die ord- 
nende Macht der Götter, die in dem Tempel felber 


Bon einer Stoa zu Athen. 





3) forinthiich. 





4) römische Sänfte. 


wohnen, fich im myſtiſchem Dunfel gegen alles 
Profane abjchließend, ift in diejer Form, welche 
alles Phantaftiichen entbehrt, aber nad) außen nur 
einfache imponierende Schönheit zeigt, plaftiich ver- 
förpert. — Allmählich aber wurden die Säulen 


. | ein befonderer Schmud aller Prachtbauten, nament: 


lich der Stoen und Bajilifen. Die Halbjäulen und 
die Karyatiden (4. B. am Erechtheion aus Marmor 
18* 


276 Colus — 

gebildete Korbträgerinnen) jeien nur mit einem 
Worte erwähnt. Später famen die Säulen viel- 
fad) auch einzeln ftehend, und zum Teil von au— 
jehnlicher Größe, als Ehrenjäulen für ausgezeichnete 
Männer vor. — Die Römer haben feine neue 
Säulenform erfunden; meiftens bauten fie in fo: 
rinthiichem Stil. Die jogenannte römische oder 
—— 0 Säule (composita) ift nur eine 
überladene Abart der forinthiichen; das Napitäl 
nämlich vereinigt diefe und die iomijche Art. Die 
toſtaniſche oder etrujfijche Säule, eine Abart | 
der doriichen, mit einfacher Bafis und einfachem | 
Kapitäl, hatte einen gegen ihre Höhe verhältnis: 

mäßig diden Schaft und, da fie nicht Steinplat- , 
ten, jondern einen hölzernen Architrav trug, eine | 
viel weitere Säulenftellung; fie hatte überhaupt | 
den Charakter der Einfachheit und Kräftigfeit, jo 
daß fie jelbjt rustica genannt ward. — An ein: | 
zelnen Säulen in Rom werden uns namentlich) 
folgende genannt: a) die des Antonin aus Granit, | 
vom Senate errichtet und 1705 gefunden; b) die 
29%, m hohe des Marc Aurel aus weißem Mar- 
mor, von Papſt Sirtus V. ausgebeffert und dem 
Apoftel Paulus geweiht; c) die des Trajan, 
113 n. E. auf dem forum Traiani errichtet, die 
Ichönfte von allen und noc auf ihrem Platze jtehend, 
aus 34 Stüden weißen Marmors, 39m body mit 
ihrem Poſtament (orvloßerng), inwendig hohl 
und mit einer Wendeltreppe von 185 Stufen ver: 
fehen; die äußerlich fie zierenden, in 22 jpiral- 
fürmigen Windungen fie umziehenden Reliefs ent: 
halten Scenen aus dem daciſchen Feldzuge mit 
2500 menschlichen Figuren (ihre Spike trägt feit 
1589 die Bronzejtatue des Apoftels Petrus); d) die 
des Cäſar mit der Inſchrift Parenti patriae auf 
dem Forum, 20 Fuß hoch, aus numidiichem Mar: 
mor, nach Cäſars Tode von Dolabella zerftört; 
e) Maenia, eine ftarfe Säule, die einen Balkon 
vor dem Hauſe ihres Erbauers Mänius trug, wo 
über Sflaven, Diebe und Schuldner Gericht ge: 
halten wurde, daher ſolche Verbrecher columnarii 
hießen; f) rostrata, mit den befannten Schiffs: 
ichnäbeln des Duilius; g) bellica vor dem 
Bellonatempel am Carmentaliichen Thore, von wo 
aus der Konjul die Kriegserllärung gegen feind- 
liche Bölfer zu jprechen pflegte. In Kom jtanden 
auch einzelne Säulen (col., auch pilae) vor der 
in irgend einer Halle angebrachten Bude (taberna) 
eines Buchhändlers mit dem ausgehängten Ber: 
zeichnis der nen erjchienenen Schriften. Hor. sat. 
1,4, 71. — Auch Berge oder Felien, bejonders 
hervorragende Borgebirge, wurden in übertragenem 
Sinne Säulen genannt, z. B. die Borgebirge Calpe 
und Abyla, welche die heutige Straße von Gibraltar 
bilden, Säulen des Herkules; die äußerſte Süd— 
weitipige Italiens col. Rhegia u. j. w. 

Colus, griechiich NAardrn, der Woden beim 
Spinnen, d. h. der Stab, um den die zum Spin: 
nen beftimmte, gefrempelte Wolle (roAuren, mollis 
lana, tractus) gebunden wurde, gewöhnlich aus 
Rohr gemacht. Die Spinnerin nahm den Woden 
in die Linfe, zog mit der Rechten einen Faden 
aus der Wolle (orjuov« »ardysır, filum dedu- 
cere), drehte ihn mit den Fingerſpitzen feit, be: 
feftigte ihn an dem Hafen (&yxıoreor) der Spindel 
(ärgexros, fusus) und legte ihn um dieje herum. 
Indem fie num den um die Stange der Spindel 
herumgehenden Wirtel oder Wirbel (opovdvkog, | 


Comissatio. 


verticillus, turbo) mit dem Daumen und Zeige- 
finger drehte (ärganror Fhlsasır, fusum versare) 
und zugleich den angefeuchteten Faden vom Woden 
länger auszog, wurde der Faden 
(striuw», filum) gedrillt (ore£- 
Yeır, versare oder torquere) 
und widelte fih um die Spin: 
del auf, melde nun an dem 
Faden hing (j. die Abbildung, 
die eine Frau darftellt, welche 
ftehend und in der Linfen den 
Woden haltend, mit der Rech— 
ten den Faden auszieht, an 
dem die Spindel hängt). War 
die Spindel voll, jo riß man 
den Faden ab (stamen abrum- 
pere), ftreifte das geſponnene 
Fadentnäuel (Awsrrje, glomus) 
von der Spindel ab (fusos evol- 
vere) und legte es in den gewöhnlich aus Flecht— 
wert bejtehenden Spinntorb (zdiadog, radiagos, 
calathus, quasillus). &. aud) Fusus. 

Comes, 1) Begleiter der Provinzialitatthalter 
und der Feldherren, namentlich Freunde und Ber: 
wandte und andere junge Leute, die ſich für ihre 
fünftige Staatscarriere ausbilden wollten (Caes. 
b. g. 1, 39). Dieje Sitte blieb auch unter den 
Katfern, wenn fie jelber in die Provinzen gingen 
(Tac. ann. 1, 47). Im Feldlager hatten fie ihren 
bejonderen Pla neben dem praetorium (j. unter 
Castra das Lager des Hyginus). — 2) Seit 
Eonftantin dem Gr. wurde comes ein Titel für 
alle Hof: und Staatsdiener. Dieje comites zer: 
fielen in 3 Rangllafjen, bezeichnet durch viri 
illustres, spectabiles, clarissımi. Au den illn- 
stres gehörten außer Dem quaestor sacri palatii 
(deſſen Stellung der des heutigen Reichskanzlers, 
cancellarius, gleicht) und dem magister officivrum 
(Hofmarjchall) der comes sacrarum largitionum 
oder c. sacri aerarii (Finangminifter), der comes 
rei privatae, Berechner des gejamten Kronver— 
mögens, ſowie jämtliche weiteren aktiven oder wirt: 
lichen Beifiger des Staatsrates (j. Consisto- 
rium). In der zweiten Nangllaffe, viri specta- 
biles, jtanden die comites in consistorio, 
Staatsräte, die nur auf Einladung an den Be: 
ratungen teilnahmen, wozu auch professores und 
Rechtsgelehrte ernannt wurden. Der dritten Nang: 
Hafje, viri clarissimi, gehörten unter andern 
der comes auri an, (wahricheinlich) Oberaufjeher der 
faijerlihen Silberfammer, comes vestis sacrae, 
Vorſtand der faijerlichen Stleiderfanmer, comes 
stabuli (Oberjtallmeifter ?), comes castrensis, Ober: 
hofmeiſter, d. h. Beauffichtiger der gejamten Hof— 
dieneridhaft. 

Cominii, aus plebejiichem Gejchlechte, Publius 
und Lucius, 2 Brüder, Hagten im 3. 66 v. C. 
ben früheren Tribunen Cornelius wegen Majeitäts: 
beleidigung an, mußten aber der Gewalt weichen 
und fliehen. Bei der jpäter ernenerten Anklage 
verteidigte Kicero den Cornelius. Die Rede des 
P. Cominius lobt Cicero (Brut. 78, 271) fehr, ſo— 
wie auch Aſconius, zu deſſen Zeit fie noch eriftierte. 

Comissatio, ein Trinfgelag, welches nach der 
coena oder Hauptmahlzeit gehalten wurde. Solche 
Gelage dauerten oft in die Nacht hinein und ſtan— 
den nicht in gutem Rufe, weil es dabei laut, ja 
jogar wild heraing. 





Comitia — 


Comitia, die ordentlihen römischen Bolfsver: | 
fammlungen. Sie übten die Bolfsgewalt oder die | 
Hoheitsrechte aus; der Senat hatte nur die Bor: 
beratung über das dem Volke Vorzulegende neben 
der Enticheidung über alle Adminiftrativjachen, | 
die Magiftrate waren zur Ausführung der von 
dent Volle und dem Senate gefahten Beſchlüſſe 
verpflichtet. 1) Comitia curiata, jo genannt 
von den 30 Curien der Altbürger oder PBatricier, 
weldye unter den Königen bis Servins Tullius 
die einzigen Bürger waren (j. Curia und Pa- 
tres). Dieje Comitien wählten die Könige und 
erteilten ihnen das imperium, entichieden in Pro— 
vofationsfällen und waren in diejer Beziehung 
die Oberrichter, endlich hatten fie in vielen, auf 
die Familienkreiſe der Curialen bezüglichen Ver: 
hältnifien großen Einfluß. So wurden vor ihnen 
die Teftamente gemacht und Adoptionen vollzogen. 
Durch Servins Tullius verloren die Euriatcomitien 
die meiften der genannten Befugniſſe und behiel- 
ten nur a) die Enticheidung in den erwähnten 
Familienſachen, b) die Erteilung des imperium 
durch die lex curiata de imperio, c) die Be- 
ftätigung der in den Genturiatcomitien gefahten 
Beſchlüſſe, welches Recht ſie aber bald verloren. 
‚Früher präfidierte der König, jpäter Nonjuln, Prä: 
toren oder Diktatoren. Die Abjtimmung geichah 
nach Eurien; gegen das Ende der Republit wurden 
die 30 Eurien durd 30 Liltoren vertreten, und 
mit dem 3. Jahrh. der Kaiſerzeit erlojch der letzte 
Schein diejer Berfammlung. — 2)Comitiacen- 
turiata, jo genannt nad) den 193 Genturien, in 
welche Servius Tullius die ganze Bürgerichaft der 
Patricier und Blebejer geteilt hatte (j.Servii, 1.). 
Die Magiitratswahlen, Legislation, Jurisdiktion 
in Brovolationsjällen, auch die Enticheidung über 
einen Aungrifistrieg, waren von Servius Tullius auf 
dieje von ihm geftifteten Gomitien übertragen 
worden. Die erwähnte Jurisdiktion erweiterte jich 
aber zu einer vollftändigen Obergerichtsbarfeit in 
allen Kapitaliachen (durch die lex Valeria, 509 v. E., 
und Durch die XII Tafeln). Ohne YZuftimmung 
des Senats lonnte fein Comitialbeihluß zuftande 
fommen, aber dieie Zuſtimmung janf immer mehr 
zu einer leeren Formalität herab. Der Verjamm: 
lungsort war der campus Martios (Gell. 15, 27), 
das Präſidium hatten die höheren Magiftrate, auch 
die Interreges. Diejen ftand es zu, die Frage 
an das Volf zu richten (rogatio gen.): velitis, 
iubeatis Quirites (j. B. bellum indici u. dergl.), 
worauf die Abftimmung der Eenturien begann und 
jo lange fortgeiegt wurde, bis ſich die Majorität 
ergab, was jehr häufig Schon nach dem Suffragium 
der Ritter (18 Cent.) und der erften Klaſſe (80 Uent. 
der ‚all war. Die Bürger jtimmten vor alters 
mündlich, jpäter jchriftlih (per tabellas, mit 
Stimmtäfeldhen). Bei legislativen Comitien jchrieb 
man A., d. h. nein (antiquo), oder U. R., d. h 
ja (uti rogas, jo wie du vorjchlägit); bei Wahlen 
bezeichnete man die Tafel mit dem Namen des 
Kandidaten; bei gerichtlichen Comitien jchrieb man 
A, d. h. absolvo, oder Ü., d. i. condemno, oder 
N.L., d. h. non liquet; die diribitores (j. d.) 
ermittelten die Majorität der Stimmen. — 3) Co- 
mitia tributa, die tributim von den höheren 
patricifchen Magiftraten berufenen Bürgerverjamm: 
lungen (jeit 449 v. E.); fie erhielten ihren Namen 
von den lofalen Tribus, in welche Servius Tullius 





.| ih mit der Monarchie, 


217 


Stadt und Land geteilt hatte (j. Tribus). Dem: 
nad) waren alle in den Tribus eingejchriebenen 
Bürger dieſe Comitien zu befuchen berechtigt, d. h. 
Patricier und Plebejer, je nachdem fie zu der einen 
oder der andern Tribus gehörten, während fie bei 
den Eenturiatcomitien nad dem Cenſus geordnet 
waren. — Zu unterjcheiden jind fie von den con- 
cilia plebis (Gell. 15, 27), welche von den tribuni 
plebis berufen wurden und welche als Berjamm: 
lungen der plebs auch dann galten, wenn that: 
ſächlich Patricier dabei erichienen. Die conciliu 
plebis hatten anfangs nur Angelegenheiten der 
plebs zu enticheiden, erhielten jrab das Recht 
tribuni plebis und acdiles plebei zu wählen, 
während ihre legislative Kompetenz, d. i. die all: 
emeine Verbindlichkeit der plebiscita, auf welche 
* die lex Valeria Horatia von 449 v. C. und 
die lex Publilia von 339 dv. E. bezog, erft durch 
die lex Hortensia von 287 v. E. definitiv feit: 
geitellt wurde. Die Jurisdiftion war anfangs eine 
auf Grund der lex sacrata und des plebiscitum 
leilium 492 v. C. angemaßte, wurde aber durch 
die lex Aternia Tarpeia 454 v. C. und die 
Geſetze der Decempirn innerhalb gewiffer Grenzen 
anerfannt, jo da in der Folgezeit alle auf hohe 
Vermögensbußen lautenden Ertenntniffe der Tri: 
bunen und Adilen von den concilia plebis be- 
ftätigt oder verworfen werden mußten. — Die 
cumitia tributa hatten dagegen: 1) die Wahl der 
niederen Magiftrate, d. h. der Quäſtoren, Adilen, 
XXVI viri, und der außerordentlichen praefecti 
annonae, duumviri navales, triumviri coloniae 
deducendae u. a.; 2) legislative Befugnis, inden 
die höheren patriciichen Magiftrate anftatt der 
umjtändlicheren comitia centuriata meift die be- 
quemeren comitia tributa bei ihren Geſetzesan— 
trägen benußten. Die Abjtimmung erfolgte ſowohl 
in den comitia tributa, als aud in den con- 
eilia plebis nach Tribus. Bei Priejterwahlen 
wurden nur 17 Tribus, wahricheinlich durch das 
Los erwählt, zum Stimmen berufen. Cie. de T. 
agr. 2,7. ine große Veränderung der Gen- 
turiatcomitien wurde dorgenommen, nachdem die 
Tribus bis auf 35 gebracht waren; man verjchmolz 
nämlich die Genturien mit den Tribus, um die 
Eomitien demofratiicher zu machen. Die Bürger 
einer jeden Tribus ftellten ſich nach 5 Klaſſen in 
2 Hälften, seniores und iuniores, jo daß jede 
Tribus 10 Genturien enthielt (2 der erjten Klaſſe, 
2 der zweiten u. 5. f.), alle 35 Tribus alio 
350 Genturien, neben denen die 18 Neitercenturien 
und wahricheinlich auch die 4 Handwerfercenturien 
nebit der centuria capite censorum fortbejtanden. 

Unter den erjten Kaijern verloren die Comitien 
ihre alten Rechte (Tiberius übertrug auch noch die 
Wahl der Brätoren auf den Senat, Zac. ann. 1,15). 
Nach 2 Jahrhunderten hörten fie, als unverträg: 
anz auf. 

Comitia caläta, „feierlich berufen von den 
Prieftern‘ (calare),. Hier wurde vorgenommen 
1) die Jnauguration der Flamines und des rex 
sacrorum, 2)die sacrorum detestatio(j.Sacra), 
3) die Abfaſſung der Teftamente. Wahrjcheinlich 
waren com. calata nur com, curiata. Gell. 15,27. 

Comitiäles dies j. Dies, 3. 

Comitium, ein Ort in Non, zwiichen Dem 
Forum und der Curia (wahricheinlich weitl. der 
Basilica Aemilin) belegen und für Vollsverſamm— 


Comitium. 


278 Commeatus 
lungen beſtimmt. 
ichwere Strafen wurden hier vollzogen. Liv. 22,57. 
Plin ep. 4, 11, 10. Tac. Agr. 2. 

Commeätus ift der Urlaub, den die Soldaten 
auf gewiffe Zeit erhielten, jei es zur Beſorgung 
nottwendiger Sejchäfte oder auch zum Vergnügen. 
Tac. Agr. 5. Der Mifbrauch diejer Einrichtung 
wurde allmählich ein Berderb der römischen Dijci- 
plin. ©. Beneficiarıus. 

Commentarsi oder aud) commentaria, ab: 
aqeleitet von commentari, Dies bedeutet die ge— 
ſamte geiftige Thätigfeit, welche der Produktion 
in der jchriftlichen Aufzeichnung vorausgeht, bei 
dem Wedner aljo die Vorbereitung des Stoffs 
durch Nachdenten (meditatio) oder Aufichreiben 
von Notizen, Entwerfen der Dispofition, Aus— 
führung und Diftieren einzelner Teile (Cie. Brut. 
88, 301). Daher commentatio (Brut. 105) dieſe 
Thätigfeit und commentarium die Skizze einer 
Rede (Brut. 164. de or. 1, 23, 108). Hiervon ijt 
die Anwendung auf jede leicht hingeworfene jchrift: 
lihe Darftellung gemadt. Cäſars Denkwürdig— 
feiten heißen commentarii im Gegenjaß zu dem 
eigentlidhen scribere historiam (Cie. Brut. 262). 
Sodann wurde das Wort gebraucht von den Auf: 
zeichnungen, welche ſich die Lehrer für ihre Vor: 
lefungen machten, aljo von den Kollegienheiten 
(Madvig zu Cie. fin. p. 621), wie dies von den 
Inftituttonen des Gaius Dernburg (1869) nachge: 
wiejen hat, und wie Quintilians in«titutio ora- 
toria gleichfalls aus einem Hefte hervorgegangen 
ift. In demjelben Sinne gebrauchen die Griechen 
brourijuere und ayolınd brourruare (Xchrs d« 
Aristarchi stud. Hom. p 24). — In der römijchen 
Yitteratur werden erwähnt commentarii regum, 
Aufzeichnungen über Funktionen der Könige, comm. 
pontiticum, fafralredhtliche Notizen, comm. augu- 
rum, censorum, consulum und anderer Beamten, 
die fich wohl auf den Geſchäftskreis derjelben be- 
zogen haben. 

Commerefum, das Recht, ftrengrömijches Eigen: 
tum zu erwerben und zu übertragen, welches nur 
der römijche Civis haben fonnte. Später gab man 
jowohl einzelnen Peregrinen als ganzen Kommu— 
nen diejes Recht (ſ. Latium, 7.). 

Comminiänus, ein lateiniicher Grammatiker des 
vierten chriftl. Jahrhunderts, der bejonders von 
Eharifins benußt ift und nicht jowohl für Gelehrte 
als für Schüler gejchrieben zu haben jcheint. Val. 
Keil, gramm. lat. I p. XLVIII. 

GCommins wurde von Cäſar zum Fürften der 
unterworfenen Atrebaten gemacht und nach Britan- 
nien gejandt, um die Einwohner zur Unterwerfung 
aufzufordern, 55 v. C. Caes. b. g. 4,21. Aus 
der Sefangenichaft, in die er geriet, befreite ihn 
Cäſar, den er auch auf feinem zweiten Zuge be- 
gleitete. Ihm zuliebe geitand Cäſar den Atre— 
baten manche VBergünftigungen zu (daf. 7, 76). Als 
aber ganz Gallien ſich erhob, trat er gleichfalls 
zur Sache jeines Baterlandes über und kämpfte bei 
Aleſia (daj. 7, 76) und jpäter, wenn auch unglüd: 
lich, in Belgien gegen die Römer. Ein Verſuch des 
Yabienus, ihn zu ermorden, mißlang. Im J. 51 
zog er germaniiche Hülfe herbei, floh aber nad) 
mehreren Niederlagen. Später unterwarf er fich 
jo weit, daß er an einem ihm beftimmten Orte 
jeinen Aufenthalt nahm, mußte jedoch aud) von da 
wiederum und zwar nach Britannien entflichen. 


Auch Hinrichtungen und andere | 


— (ommodus. 


Commodätun, Leihvertrag, wonad) ein Gegen: 
ftand unter der Bedingung der unverjehrten Zurüd: 
gabe einem andern unentgeltlich zum Gebrauche 
übergeben wurde. _ 

Commödus, L. Älius Aurelius, oder, wie 
er fi als Kaifer nanıte, M. Aurelius Com: 
modus Antoninus, dem Marc Aurel zu Lanu— 
vium von der Fauſtina geboren am 31. Auguft 
161 n. E., obwohl mande ihn zu einem Sohne 
der Fauftina von einem Gladiator machen. Lampr. 
Comm. 1. Schon im J. 166 empfing er den Titel 
Cäſar, dann 172 den Beinamen Germanicus, wahr: 
icheinlich als er den Water nach Germanien be: 
qleitete. Mit dieſem zog er nad) dem Orient gegen 
Avidius Caſſius im J. 175, 14 %. alt. Lampr. 
Comm. 2. Im J. 176 zum Nmperator ernannt, 
wurde er im X. 178 mit Bruttia Crijpina ver: 
mählt und folgte dem Bater gegen die ins Reid) 
eingebrochenen Germanen und Sarmaten. Dio (ass. 
71, 22. 33. Capitol. M. Ant. 27. Auf dem Feld: 
zuge ſtarb Marc Aurel plößlich zu Vindobona; 
ohne Schwierigkeit folgte ihm Commodus. Kurze 
Zeit nachher kehrte E., der einige Erfolge über 
die Feinde davongetragen zu haben jchien, des 
Krieges überdrüffig nad) Rom zurüd. Dio Cass. 
72, 1f. Zonar. 12,4. Aur. Vict. Caes. 17. Hier 
zeigte er ſich anfänglich feineswegs als ein völlig 
ichlechter Menjch (Herod. 1,7. Dio (ass. 72, 1; 
anders Lampr. Comm. 1), ja, er war jogar eine 
Beitlang beliebt (Herod. 1, 7. 17); da ihm aber 
die zum Herrſcher nötige Urteilsfähigfeit und Selb- 
ftändigfeit abging, und da er eine unmännliche 
ÜÄngftlicheit und Furchtiamfeit beſaß, unterlag er 
bald ganz dem böfjen Einfluß feiner Umgebung 
und jeinen Günftlingen. Zunächſt lieh er ſich von 
Berennis leiten, der als Gardepräfekt fait ſchranken— 
los herrichte und den Senatoren die Offizierftellen 
zu entziehen juchte, übrigens das Neich fräftig und 
geſchickt leitete. Beim Sailer verdächtigt, wurde 
er getötet im J. 185. Zonar. 12, 4. Lampr. 
Comm. 6. Sn folgte in der Gunſt des Herrichers 
Kleander, ein reigelaffener, der auch mit 2 Kollegen 
ipäter die Gardepräfeltur inne hatte. Herod. 1,9. 
Amm. Mare. 26, 6. Lampr. Comm.6. Da er jeine 
Stellung in eigenmäctiger Weiſe mißbrauchte, 
3. B. alle Amter, die Senatorenwürde u. j. w. ver: 
faufte, wurde auch er gejtürzt, 189. Lampr. Comm. 
7. 14. Dio Cass. 72, 13. Zonar. 12,4. Herod. 
1, 12. Bu der Finanznot, die unter Commodus 
im Innern des Neiches berrichte, fam ‚eine Reihe 
von auswärtigen Kriegen, die die Schwachheit und 
Unfähigfeit des Naifers immer mehr offenbarten. 
Dazu wütete die Pet im Neiche, auch gingen Teile 
der Stadt Rom in Flammen auf. Nadıdem (183) 
eine Verjchwörung gegen das Leben des Kailers 
mißlungen war, richtete fi) deflen feige Graujamfeit 
gegen feinen ganzen Hof. Lampr. Comm. 10. Bon 
diejem wurde er daher auch geſtürzt. Wie der 
Kaifer früher jeine Gattin Bruttia Criſpina wegen 
Verdachtes einer Verſchwörung verbannt hatte, jo 
jah jebt jeine Nonfubine Marcia, die bisher viel 
bei ihm gegolten, ſamt mehreren Hofbeamten in 
den gleichen Berdacht geraten, harter Beitrafung 
entgegen. Diefer zuvorzulommen, beichlofien die 
Bedrohten die Ermordung des Kaijers, und ein 
jtarfer Athlete mußte denjelben erdrojieln, am 
31. Dezember 192. Dio Cass. 72,22. Zonar.12, 5. 
Lampr. Comm. 17. Herod. 1, 165. Aur. Pict. 


Compensatio — Confluentes. 


Caes. 17. Bol. Zürder, Commodus, in Büdingers 
Unter. z. röm. Kaiſergeſch. (1868) I ©. 223 ff. 
Schiller, Geſch. d. röm. Staiferzeit I, 2 ©. 660 ff. | 
Krafauer, Commodus und Pertinax (1883). 

Compensatio, Tilgung einer Schuld durd) eine 
gleichartige Gegenforderung, welche bei den Klagen 
bonae fidei von jelbft eintrat, während fie bei 
actiones strieti juris nur dann vorgenommen 
werden durfte, wenn fie in die Prozefformel auf: 
genommen war. 

Comperendinatio hieß die Feſtſetzung eines 
gerichtlichen Termins auf den dritten Tag (dies 
perendinus), welche jowohl von den Parteien er: 
beten als von dem Richter angeordnet werden konnte. 
An dem Formmlarprozejie heißt comper. der neue 
zweite Termin, welcher angejeßt wurde, wenn die 
Sache in dem erjten Termine nicht zur Entichei: 
dung gelommen war. Sie unterjchied ſich von der 
ampliatio dadurch, daß in der comper. eine Ent: 
jcheidung folgen mußte. Auch in dem Kriminal: 
prozefie konnte fie angewandt werden. 

Compitalia j. Lares. 

Compromissam hieß der Vertrag der prozej: 
jierenden Parteien, ſich dem Urteilsipruche des ge: 
meinjam von ihnen zu wählenden Schiedsrichters 
(arbiter) zu unterwerfen, mit Stipulierung einer 
Helditrafe für den Wortbrücigen. 
chiſche Verfahren vgl. ’Erıreomi). 

Compsa, Köuye, j. Conza, Stadt der Hir- 
piner in Samnium an den Quellen des Aufidus. 
Lir. 23, 1. 24, 20. 44. 

Comum, Köyuorv, j. Como, Stadt im cisalpi- 
nischen Gallien, an der Weitipige des Lacus La- 
rius (Comerjee), von den Römern, bejonders von 
Cäjar, der 6000 Koloniften in ihr anficdelte, zu 
einer blühenden Kolonie gemacht, welche zugleich 
als Vorpoften gegen die Alpenvölter diente, Ge- 
burtsort der beiden Plinius. Berühmt war die 
Stadt durch ihre Eifenfabrifate. Strab. 5, 213. 
Liv. 33, 46. Plin. ep. 1, 13. 

Coneäni, ein wilder cantabrijcher Volksſtamm 
im nördlichen Hiſpanien, mit der Stadt Concana. 
Hor. od. 3, 4, 34. Mela 3, 1, 10. 

Concha j. Trinkgefülse. 

Coneilium, 1) jede Verjammlung überhaupt. 
— 2) Verfammlungen nur eines Teiles des röm. 
Vollks, z. B. der Plebejer im Gegenjage zu comitia 
(j. Comitia) — 3) Zuſammenkunft der Völker 
und Städte, welche zu einem Bunde vereinigt 
waren, auch der Provinzialjtädte, etwa wie die 
neuere Landesgemeinde. Solche Bundesverſamm— 
[ungen hielten die Latiner, Etrujfer, Samniter u. ſ. w., 
um die gemeinjamen Intereſſen zu beraten. 

Concordia, römijche Perjonififation der Ein: 
tracht, vornehmlich der Eintracht der Staatsbürger 
untereinander. Wenn Zwieſpalt im Staate beige: 
legt wurde, baute man der Concordia einen Tempel. 
Den erften gelobte ihr der Diktator Camillus im 
I. 367 v. E. während eines Streites der Patricier 
und Plebejer; nach Beilegung desielben wurde er 
in der Nähe des Forums erbaut. Plut. Cam. 42. 
Die Gründung anderer Concordiatempel ſ. Liv. 
9,46. 22, 33. Plut. Gracch. 17. Livia weihte der | 
Goncordia einen Tempel als der Eintracht der Ehe. 
Or. fast. 6, 637. Feſte derjelben am 16. Januar 
und 30. März (da. 1, 639. 3, 881). Dargeſtellt 
wurde jie als Matrone, im linfen Arme das Füll— 


Für das grie: 


279 


horn, in der rechten Hand einen Olzweig oder 
eine Scale haltend. 

Coneubina ift eine mit einem unverheirateten 
Manne zuſammenlebende unverheiratete Frau nie— 
drigen Standes. Ein ſolches Verhältnis war nicht 
anjtößig, aber entbehrte aller rechtlichen Folgen, 
welche die Ehe hatte; die Stinder galten als 
unehelich. 

Condietio, 1) gemeinjame Verabredung (der 
etiva infolge derjelben entftandene Prozeh hieß 
actio strieti iuris), jodann Ankündigung und Ya- 
dung; 2) jede perjönliche Klage, welche ihren Namen 
von der alten legis actio per condictionem (d.h. 
Ladung, ji am dreißigſten Tage vor Gericht ein— 
zufinden) empfangen hatte, obwohl die Ladung 
nach Einführung des Formularprozejies ganz ab: 
gefommen war. Die Kondiltionen gingen immer 
auf ein Certum, d. h. eine bejtimmte Geldjumme. 

Condrüsi, ein Volk germanifchen Stammes im 
beigiichen Gallien, am rechten Ufer der Maas, 
norböjtlic) vom Ardennerwald, zwiichen den Tre: 
virern, deren Klienten fie waren, und den Eburo- 
nen — aljo im Reg.Bezirk Machen und der Pro: 
vinz Lüttih. Ihr Name hat fi erhalten im 
Namen der Landichaft Condroz zwiſchen Huy und 
Lüttich. Caes. b. g. 2, 4. 4, 6. 6, 32. 

Confarreatio, die ältejte religiöje Eingehungs: 
form der Ehe unter den Patriciern, welche den 
Eintritt der frau in die rechtliche und joziale 
Semeinichaft des Mannes bewirkte. Die Frau ftand 
zu ihrem Marne filiae loco, denn fie ging aus 
der Hand bes Vaters in die manus des Ehegatten 
über (Cie. top. 4, 23: mulier viro in manum 
convenit); F zugebrachtes Vermögen ging in den 
Beſitz des Mannes, für ſich fonnte fie nichts er— 
werben, nur für den Mann. Dieje Beitimmungen 
wurden allmählich für die immer mehr nad) 
Emanzipation jtrebenden rauen drüdend, daher 
war ichon zu Tiberius' Zeiten dieſe Art der Ehe: 
ſchließung viel jeltener geworden, jo daß Schwie— 
rigfeiten entftanden, die gejegliche Auswahl für die 
Stellen der Veftalinnen und der famines Diales, 
die nur aus jolhen Ehen bejegt werben durften 
(legtere mußten auch jelber in Ehen durch con- 
farreatio geichloffen leben), innezuhalten. Des: 
halb jeßte Tiberius, den tieferen Grund der Vernach— 
Lälligung durchichauend, zur weiteren Empfehlung 
der confarreatio ein Geſetz durch, daß auch die 
durch confarreatio verheirateten Aaminicae Dia- 
les nur in sacris (sacrorum causa) in der Gewalt 
des Mannes verbleiben, im übrigen in dem ge: 
mwöhnlichen rechtlichen Berhältniffe anderer Frauen 
ſtehen jollten. Tac. ann. 4, 16. Die confarreatio 
hatte ihren Namen von dem farreum libum, denn 
das charakteriftiiche Element in dieſer Eheſchließung 
it das Faropfer (farreum), dem das aujfpicale 
Schafopfer vorausging und ein Schweineopfer folgte, 
welches die nun Verheiratete in Gemeinichaft mit 
ihrem Ehegatten als mater familias darbradıte. 
Gai, 1, $. 112. &. Diffarreatio und Ehe, 11. 

Confessio hieß das Geftändnis des Beflagten 
oder Angeflagten. Durch confessio war ein Eivil- 
prozeß beendigt, ohne daß ein Urteil nötig war, 
indem der Eingeftändige ohne weiteres zur Zah— 
fung oder Leiftung des Verſprochnen angehalten 
werden konnte; aber im Kriminalprozeh war auch 
nach dem Geftändnis ein Urteil unerläßlich. 

Confluentes, Stadt am Einfluß der Mojella 


280 


in den Rhenus, in Niedergermanien, j. Coblenz. 
Suet. Cal.8. Amm. Mare. 16, 3. 

Congiarfum |. Largitio, 11. 

Congius j. Malse. 

Coniuratio (coniurare), uriprünglich die ge: 
meinichaftliche Vereidigung der Soldaten bei einem 
plöglich ausgebrochenen Kriege, tumultus ‘+ose 
non abituros esse); auch die ſchleunige Anwerbung 
derjelben (evocatio) mitteljt des Ausrufs: qui rem 
publicam salvam esse vult. 

Conqnisitöres, Werbeoffiziere, welche bei dro— 
henden Kriegen und in gefährlichen Zeiten, wie 
z. B. int zweiten puniſchen Kriege, vom Senate oder 
dem Machthaber den Auftrag erhielten, in den 
ihnen bezeichneten Gegenden alle zum Kriegsdienſte 
Zauglichen aufzufuchen und einzujtellen. Hiergegen 
ichüßte nicht die vacatio aetatis, Liv. 23,32. 25,5. 
Caes. b. Alex. 2, Cie. ad Att. 7, 21. 

Consecratio j. Apotheose. 

Consentes dii, bei den Römern die 12 höchiten 
Götter, welche Jupiters Nat bildeten und die gegen- 
wärtige Weltordnung leiteten, 6 männliche und 6 
weibliche: Jupiter, Neptunus, Bulcanus, Apollo, 
Mercurius, Mars, Juno, Minerva, Ceres, Benus, 
Veſta, Diana, Bei den Etrnifern waren bie dii 
consentes ein den Jupiter beratender Berein von 
12 geheimnisvollen namenlojen Göttern unterge: 
ordnieten Ranges. — Die dii consentes machten 
uſammen mit den dii seleeti(Saturnus, Janus, 
Rhea, Drcus oder Pluto, Liber, Sol, Yuna, Genius) 
bei den Romern die dii magni (unrichtig bei 
Meueren dii maiorum gentium) aus, die dii 
minores (unricdhtig minorum er) dagegen 
umjahten die dii indigetes (einheimiiche, unter 
die Götter verfebte Heroen, wie Aneas, Romulus 
und dii Semönes {bon semi, Halbgötter?). 
Dieſen dii magni und minores treten als dritte 
Kaffe von Göttern an die Seite die fremden Gott: 
heiten, dij peregrini. 

Considii, 1) Quintus Cons., ein Blebejer, 
476 v. C. Tribun, beförderte die Vorſchläge wegen 
eines agrariichen Geſetzes und verflagte den Konſul 
Menenius als angeblichen Urheber des Todes der 
Fabier in der Schladyt an der Eremera. Liv. 2, 52. 
— 2.0. Eoni., Freund des Prätors Verres, aber 
ſonſt ein Mann von großer Sewiflenhaftigfeit und 
Eelbitändigfeit, mahnte zur Zeit des Gatilina, als 
Hom von großer Geldnot bedbrängt wurde, feinen 
jeiner Gläubiger. Einft, in einer ſchwach bejuch- 
ten Senatsfigung, äußerte er gegen Cäſar, die 
Senatoren wären aus Furcht vor Cäſar micht er: 
ichienen. Und als diejer fragte, warum er denn 
jelbft zu fommen gewagt habe, antwortete er, er 
jet zu alt, um den Tod zu fürchten. Plut. Caes. 14. 
Cie, ad Att. 2, 24,4. — 8) C. Conſ. Yongus, 
verlich zur Bewerbung um das Konfulat im J. 50 
vd. €. Afrika, das er als Proprätor verwaltete, 
nachdem er die Verwaltung diejer Provinz dem 
Ligarius übertragen hatte. Nach jeiner Rücklehr 
im J. 49 hatte ſich cin anderer in den Befit 
Afrikas gejegt, worauf Eon. Hadrumetum befeßte 
und längere Zeit behauptete. Caes. b. c. 2, 28, 
b. Afr. 3.4. Dem Cäſar widerſetzte er fich, führte 
von Hadrumetum aus Krieg gegen ihn und verlieh 
den Ort erft nad Scipios Befiegung mit feinen 
Schägen, wurde aber von den ihn begleitenden 
Afrifanern beraubt und getötet. Unes. b. Afr. 38. 
43. 86. 93. — 4) M. Conj. Nonianus, ver: 


Congiarium — Constantinus 


waltete im 3. 52 v. E. die Prätur und ericheint 
| während der Bürgerfriege al3 Anhänger des Pom— 
pejus. Cie. ad Att. 8, 11b,2. — 5) P. Conſ., 
‚einer der Befehlshaber Cäſars in den galliichen 
Feldzügen, in Denen er fich auszeichnete. (Caes. 
bg. 1, 218. 

Consilium, 1) der aus rechtstundigen Männern 
zuſammengeſetzte Mat, welcher den rechtiprechen: 
den Magiftraten Konſuln, Prätoren u. f. w.) bei: 
ſtand, j. v. a. adsessores, auch unter der Mon: 
archie beibehalten (Die Cuss. 57, 7. 60, 4). — 
2) Consilium iudicum, eine Abteilung der ge: 
jamten Richter, weldye über ein Berbrechen ent: 
ſcheiden jollten. Auf fie beziehen ſich die Redens— 
orten in consilium ıre, cons, dimittere, de cons. 
sententia u. a. Auch die Centumvir: bejtanden 
aus 4 Confilien oder Ktollegien. — 3) Consilium 
im e. ©. bezeichnet ein ftehendes Kollegium von 
10 Perſonen (in Rom) oder von 20 (in den Pro: 
vinzen), welche dem Meagijtratus bei gewiſſen Ge: 
ichäften der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. bei 
Manumiifionen u. dgl., zur Band gingen. 

Consistorium hieß ſeit Diveletian der kaiſer— 
lihe Staatsrat, welcher aus den angejeheniten 
Männern beftand und ſich mit dem Kaiſer über 
Yegislation, Adminijtration und Juſtiz beriet ſ 
Comes) Schon Anguſtus hatte ſich bei feiner 
neuen Bejchgebung vom Senate einen engeren Nat, 
aus 15 durch Los auf 6 Monate erwählten Se: 
natoren beftehend, erbeten. Pio Cass. 53, 21. Suet, 
Get. 35. Im J. 12 n. E. wurde diejer Staats 
rat auf 20 für 1 Jahr erwählte Mitglieder aus: 
edehnt und Tiberins zu deſſen Borfiger ernannt. 

ie ausgedehnten Befugniffe diejes Rates |. Div 
(ass. 56, 28. — Uriprünglicy hieß consistorium 
wohl der Saal, in weldyem ſich diefe Näte ver: 
jammelten. 

Constans, der dritte Sohn Conſtantins des 
Großen und der Fauſta, geb. etwa 323 n. E., wurde, 
10 Jahre alt, Cäſar und erhielt nady feines Vaters 
Tode Afrila und alien, wozu er nach seines 
Bruders Eonftantinus’ II. Tode noch einen großen 
Teil des Reiches hinzufügte. Zos. 2, 3%. 42. Aur. 
Viet. ep. 41. Durch Schmeichler verführt, gering 
geihägt vom Heere wegen jeiner Yiebhaberei für 
die Jagd, wurde er bei einem Mufftande des 
Magnentins von feinen eigenen Soldaten verlafjen 
und auf der Flucht in den Pyrenäen ermordet, 350. 
Über jeinen Charakter f. Amm. Mare. 16, 7. 

Constantia, 1) Schweiter Eonftantins des ®r., 
Gemahlin des Licinius (313 m. E.), nahm fich, als 
Diefer von ihrem Bruder bejiegt war, jeiner bei 
Eonjtantin anfangs mit Erfolg an. Sie ftarb 327. 
— 2) Name mehrerer nad ihr oder den K. Con— 
ftantinus benannten Städte in Phoinitien, Bald: 
ftina, Kypros ꝛc. 

Constantina ſ. Cirta. 

Constantinopölis j. Byzantion. 

Constantinus, 1)E. Flavius Valerius Au— 
relins Claudius, geb. den 28. Febr. 274 n. E. 
entweder zu Naifus in Möften oder zu Drepanon 
bei Nilomedeia. Er war von Augend auf mit dem 
Kriegsdienfte beichäftigt, und deshalb wurde jeine 
wiſſenſchaftliche Ausbildung vernachläfligt. Als jein 
Vater Conjtantius zum Gälar ernannt wurde (292), 
diente er dem Piocletian und deſſen Auguſtus 
Galerius in ihren Kriegen im Orient, wurde aber 
von dem leßteren, der den Gonftantius fürchtete, 


—— ————— nn — — — — — — — — — — — 





Constantinus. 


mit Argwohn betrachtet und von demjelben nad 
der Abdankfung des Piolectian nicht zum Cäſar 
ernannt, jondern in jeiner Umgebung zurüdbe- 
halten, bis jein Vater endlich die Entlafjung des 
Sohnes durchießte, worauf dieſer ſich jchleunigit 
zu ihm begab und am Zuge gegen die in Britan: 
nien eingefallenen Bitten teilnahm. Zus. 2, 8. Als 
Eonftantius auf dieſem Zuge erkrankte, ernannte 
er den Sohn zum Nachfolger mit Zuftimmung des 
Heeres, obſchon Conſtantin jich anfänglich weigerte. 
Eumen. pan. 8, 4. Am Todestage jeines Vaters 
(25. Juli 306) rief das Heer ihn zum Kaiſer aus, 
während Galerius, der jeinen Angrimm darüber 
Hugerweije unterdrüdte, ihn nur als Cäſar aner: 
fannte. Darauf jehlug Eonit. die Germanen am 
Rhein (Futr. 10, 3) und jicherte die Grenzen. An 
den nun ausbredyenden Kämpfen zwijchen Galerius 
und dem alten Marimian, der jeinen jich zum 
Kailer in Rom aufiverfenden Sohn Marentius 
unterftüßte, beteiligte jich der kluge Conſt. nicht 
(Aur. Niet Caes. 40. epit. 58. Zos. 2, ©), obgleich 
Marimian ihm jogar jeine Tochter Fauſta ver: 
mäbhlte; er beobachtete vielmehr den Gang der Sache 
mit jcharfem Auge, um für ich den Gewinn daraus 
zu ziehen. Nach der Flucht jeines Echwiegervaters 
aus Nom verjuhr er auch gegen diejen, der in 
jeiner Herrichiucht ihm zu bejeitigen juchte, mit 
Strenge und zeigte dabei eine falte Berechnung, 
indem er jelbit die Bande des Blutes nicht achtete, 
wenn er nur perjönlichen Vorteil gewinnen fonnte. 
Er drängte jeinen Schwiegervater zur Flucht nadı 
Maijilia, zwang ihn zur Ergebung und mötigte 
ihn zum Selbitmord oder lieh ihn hängen. Kutr. 
10, 3. Aur. Viet. Caes. 40. Nach Balerius’ bal- 
digem Tode begann Eonft. nun jeinen Nampf mit 
den übrigen Mitregenten Yicinius, Mariminus und 
Marentius und bahnte ſich durch denjelben den 
Weg zur Alleinberrichaft. Den Marentius, den 
in ganz Italien verhahten Sohn des Marimian, 
alſo jeinen Schwager, beiiegte er nach einem blutigen 
Kriege im nördlichen Italien, bejonders in der 
Schlacht bei Taurinum. Kumen. pan. 8, 16. Kutr. 
10, 3. Dabei jol ihm jein Labarum (nad) einem 
ihm im Traume erjchienenen Kreuze mit der An: 
ichrift rorro vixa), eine geweihte Fahne mit dem 
Beiden des Kreuzes und dem Monogramm Ghriftus 
(X), welche der Behauptung der Chriſten gemäf; 
während der Schladyt vom Himmel fiel und ihm 
den Sieg verlieh, große Dienfte geleiftet und fein 
zum Teil aus Ehriften beftehendes Heer begeiitert 

ben, im J. 312. Musch. vit. Const. 1, 27 ff. 

och einmal jchlug er den Marentius bei Nom an 
der Tiber, in welcher diejer feinen Tod fand (312). 
Die Römer erwiejen dem Sieger nad feinem Ein- 
zuge die größten Ehren (313). Nach der Berhei- 
ratung jeiner Schweiter Eonftantia mit Yicinius(313) 
und nad) dem bald darauf erfolgten Tode des 
Mariminus war Eonft. jchon jetzt eigentlicher Herr 
des römischen Reiches. Er trachtete aber nach dem 
ganzen, unbeftrittenen Befite desjelben. Kutr. 
10, 5. Als es nun zwiſchen ihm und Licinius zum 
Streite fam, bejiegte er den leteren bei Cibalis 
in Bannonien (8. Oft. 314), dann bei Mardia in 
Thrafien und zwang ihn zur Abtretung eines 
Teiles feiner Länder. Eutr. 10, 5. Zos. 2, 18 ff. 
Doch begann nad) verjchiedenen Kämpfen mit ger- 
manischen Bölfern ein abermaliger Krieg gegen 
Licinius. Wie immer ji die heidniichen Schrift: 








— — — — — — — — 


— — — —— — — — — — — — — — — — — 


281 


ſteller gegen Conſt. erklären und ihm Wortbrüchig— 
keit, Treuloſigkeit und Herrſchſucht vorwerfen, ſo 
auch diesmal, während die chriſtlichen ihren Helden 
vergöttern und alle ſeine Kämpfe als den Weg 
zur Ausrottung des Heidentums durch den end— 
lichen Sieg des Chriſtentums darſtellen. Conſt. 
gewann einen Sieg bei Adrianopel, während ſein 
Sohn Criſpus die Flotte des Licinius ſchlug (323). 
Licinius, gänzlich beſiegt in der Schlacht bei Chry— 
jopolis, j. Stutari (18. Sept. 324), unterwarf ſich 
und erhielt das Veriprechen der Sicherheit, endete 
aber troß diejes eidlichen Verſprechens bald her- 
nad) durch gewaltiamen Tod. Eutr. 10, 6. Aur. 
Viet. Cues. 41. Zos. 2, 22. Conſt. hatte nun 
jein Biel erreicht; er beherrichte das große, weite 
Neich der Gäjaren jebt allein. Zugleich jiegte mit 
ihm, wenn er auch erjt auf dem Sterbelager Die 
Taufe .. das Chriftentum, bejonders jeit 
der großen zu Nilaia abgehaltenen Kirchenverſamm— 
fung, an der er jelbit teilnahm, im I. 325. Doch 
ſchändete er jeinen Sieg durch Greuelthaten gegen 
jeine nächiten Angehörigen. Seinen trefilichen, be: 
gabten ältejten Sohn Criſpus ließ er ermorden, 
vielleicht durch feine dem Stiefſohne abgeneigte 
Gemahlin Faufta bewogen, cebenjo einen Sohn 
des Licinius, zuleßt lieh er die Fauſta jelbit in 
Dämpfen erjtiden, als er jein Unrecht gegen Erijpus 
erfannt und feine Mutter Helena ihm die heftigiten 
Vorwürfe wegen feiner Grauſamkeit gemacht hatte. 
Zos. 2,29. Amm. Mare. 14, 11, 20. Bielleicht 
wurde er durch jein eigenes gequältes Gewiſſen 
zum Chriftentum geführt, weldyes ihm Vergebung 
für jeine Sünden bringen jollte. Gleichzeitig that 
Conſt. einen Schritt, der die nachherige Teilung 
des Reichs anbahnte, indem er von Rom, welches 
er ebenjo wenig liebte, wie die Bewohner der 
ewigen Stadt ihn, den Sib des Reiches nad) dem 
an der Grenze zweier Erdteile vortrefflich gelegenen 
Byzantion verlegte, die Stadt Lonjtantinopolis 
nannte und fie aufs prachtvolljte ausbaute. Die fol: 
genden weniger unruhigen Jahre waren mehrfachen 
Berbeflerungen im Innern gewidmet. Zos. 2, 33 ff. 
Aur. Viet. Caes. 41. Amm. Marc. 19, 2. 21, 10. 
Dabei verteilte er 333 und 335 zur befferen Über: 
ficht über das Ganze die Provinzen unter jeine 
Söhne, welche er zu Cäſaren ernannte. In den 
legten Jahren jeines Lebens trug er ſich mit dem 
Blane, die von den Perſern entriffenen Teile des 
Reiches am Euphrat wieder mit demjelben zu ver: 
einigen, und rüftete fi) zu einem Feldzuge genen 
den Perſerkönig Sapores, als ihn der Tod plöß: 
lid) auf jeinem Landſitze bei Nifomedeia über: 
rajchte, den 22. Mai 337. Butr. 10, 6 ff. Er ftarb, 
nachdem fein jpäterer Biograph, der Biſchof Eufe- 
bios, ihn durch die Taufe ins Chriftentum aufge: 
nommen hatte, und fand in Konftantinopel feine 
Srabjtätte, wo er in der Apoſtelkirche beigeſetzt ward. 
Die Ehriften machten ihn zum Heiligen ; fie hatten 
durch ihn den Sieg errungen, das Chriſtentum 
war Staatsreligion geworden, er hatte dasielbe 
eſchützt durch eigene Geſetze, beſonders durd das 
dit von Mailand vom J. 313, das den Übertritt 
zum Chriftentume unbedingt freiftellte, nachdem im 
Jahre vorher ein gemeinschaftlich mit Licinius ge— 
gebenes Toleranzedikt für alle Kulte vorausge- 
gangen war. Kuseb. vit. Const. 8, 14. — Eonit., 
der jchon als junger Mann fich durch körperliche 
Schönheit und jeltenen Mut auszeichnete und jpäter 


282 


eine qute Erziehung genofjen hatte, war doc) nicht 
frei von großen Fehlern, deren Urjache teilweije 
in feiner Erziehung und in den Verhältniffen und 
Wirren der Zeit lag. Das Urteil über ihn lautet 
je nach dem chriftlichen oder heidniichen Stanbd- 
punkte verichieden. Den Beinamen des Großen 
verdient er weniger durch die Energie, welche für 
die Neugeftaltung des zerrütteten Reiches erforder: 
lid) war, als wegen der Schwierigfeiten, mit denen 
er kämpfen mußte, und der glüdlichen Vereinigung 
der zerjtüdelten Teile zu Einem Ganzen. Seine 
Verdienite find nicht gering. Er ficherte die Rechts— 
pflege, ichüßte die Unterthanen vor Bedrüdungen, 
beförderte Künfte und Wiffenichaften, gründete 
Nechtsichulen, unter andern zu Berytos in Phoi- 
nifien, und änderte das Kriegsweſen, indem er die 
zu einer Macht im Staate gewordenen Prätorianer 
auflöfte, eine neue Anordnung in der Zahl und 
Stellung der Feldherrn traf und das Heer in 2 
Teile teilte, deren einer im Felde dienen, der andere 
die Nuhe im Innern aufrecht erhalten jollte. Den 
ganzen Sof bildete er neu, vielleicht etwas zu ſehr 
nad) orientalijchem Mufter. Die jchon von Dio— 
cletian eingeführte Teilung des Neiches in 4 Haupt: 
teile (Orient und Agypten, Illyrien mit allen 
Ländern bis ans Nigaiifche Meer, Italien mit 
Weftafrifa und den Yändern bis an die Donau, 
Gallien mit Britannien und Spanien) behielt er 
bei, ftellte 4 Statthalter an die Spitze und übergab 
diejen die Juftiz, die Volizei und die Finanzen. Sie 
bildeten den Berbindungspunft zwiichen den Unter: 
thanen und dem Kaiſer. Jeder Teil zerfiel wieder 
in Heinere Provinzen; jeder Beamte hatte beftimmte 
Auszeichnung, Gehalte und Titel. Die Abgaben 
ordnete er gleichfalls nen, führte aber auch neue 
läftige ein, namentlich Kaufpreis für Amter und 
andere Taren. Val. %. Burdhardt, die Zeit Kon— 
ftantins d. Gr. (2. Aufl. 1880). — 2) Conſtan— 
tinus 11, jein ältefter Sohn, im J. 316 m. C. 
geboren, jchon im nächiten Jahre Cäſar, erhielt eine 
vortreffliche Erziehung. Ruhm erwarb er in einem 
Kriege gegen die Sarmaten, welche fich zum Frieden 
bequemen mußten. Nach des Vaters Tode befam 
er Gallien, Spanien und Britannien. Bald darnadı 
geriet er mit feinem Bruder Conjtans in Krieg, 
der unglüdlich für ihm endete, da er bei Mauileja 
geichlagen wurde und auf der Flucht im einem 
Fluſſe umfam. Zos. 2, 21.41. — 3) Conſtan— 
tinus III., warf ſich bei der im weſtrömiſchen 
Neiche herrichenden Verwirrung im J. 407 n. €. 
in Gallien, Spanien und feinem Baterlande Bri- 
tannien zum Naifer auf und behauptete fich eine 
Beitlang mit Hülfe germaniicher Stämme. Zos. 
5,27. 6, 2f. Nach dem Tode jeines Sohnes 
Eonftans, welchem Honorius die Würde eines Cäſar 
hatte zugeftehen müſſen, fämpfte er zuerjt gegen 
den Gerontius, dann gegen den Feldherrn Con— 
jtantins, der ihn und feine deutjchen Hülfstruppen 
bei Arelate befiegte. Der gefangene Eonftantin 
wurde zu Rom hingerichtet, 411. Oros. 7, 42. 
Constantius, 1) Chlorus (Flavius Balerius), 
Bater Eonftantins des Gr., war ein Sohn des Eutro- 
pins und einer Tochter des Kaiſers Claudius 11., 
Chlorus genannt nach jeiner Lieblingsfarbe. Er 
wurde von den beiden Kaiſern Diocletian und 
Marimian zu einem der Cäſaren ernannt, da man 
einfah, daß bei der Menge der das Reich bedrängen: 
den Feinde Einer nicht imftande ſei, das Ganze 


Constantius, 


zu regieren. Gonft., der jchon unter den früheren 
Kaiſern mit Auszeichnung gedient, und den jchon 
Carus hatte adoptieren wollen, erhielt Gallien, 
Spanien und Britannien, trennte ſich auf Dio— 
cletians Wunsch bald hernach von feiner Gemahlin 
Helena, der Mutter des großen Conftantin, und 
heiratete Marimians Stieftocdhter Theodora. Zos. 
2,8. Oros. 7, 25. Er ſchloß vorläufig Frieden mit 
Garaufius, der ſich in Britannien Fetgeießt hatte, 
289 n. C., rüjtete fih aber im J. 292 zum neuen 
Kampfe gegen ihn, schlug die Franken, ficherte 
Gallien und war im Begriff nach Britannien über: 
zulegen, als er die Nachricht von der Ermordung 
des Garaufius erhielt, 293, dem Allectus, der 
Mörder, gefolgt war. Eutr. 9, 22. Diejen griff 
Eonft. an und unterwarf die Juſel wieder, 296. 
kutr. 9,23. Im J. 298 befiegte er die in Gal: 
lien eingedrungenen Alemannen im Gebiete der 
Lingoner bei Bindonifja. Kumen. pan. Const. 
6, 4—6. Zos. 2, 34. Oros. 7, 25. Als Diocletian 
im J. 305 die Negierung niederlegte und mit ihm 
Marimian, wurden Conſt. und Galerius Auguſte, 
jener, als der ältere, war auch der erite, jtarb 
aber jchon am 25. Juli 306 auf einem Feldzuge 
egen die in Britannien eingefallenen Pilten zu 
—— Eutr. 10, 1. Aur. Vict. ep. 43. Conſt. 
war zwar Heide, aber wohlwollend gegen Die 
Ehriften, vielleicht auch innerlich dem Ehriftentume 
zugeneigt, dabei einfach, uneigennüßig und bei den 
ſonſt hart bedrückten Unterthanen beliebt. — 
2) Conſtantius II, ein Sohn Conſtantins des 
Gr., geb. den 13. Aug. 317 n. E., ansgezeichnet 
gleich —— ſeiner Brüder durch körperliche und 
geiſtige Bildung, wurde ſchon im J. 324 Cäſar, 
heiratete 336 und war beim Tode ſeines Vaters 
im Orient. Zos. 2, 39. Bei der Teilung erhielt 
er Ägypten und Afien und ficherte durch Ermordung 
zahlreicher Verwandten jeine Herrichaft. Er hatte 
heftige Kämpfe mit den Perſern zu beftehen, denen 
er zahlreihe Schlachten lieferte, bejonders die für 
ihn fiegreiche bei Singara in Mejopotamien, 348. 
Amm. Marc. 18, 4. Sein durch frühzeitige Aus— 
übung der Herrichaft verhärtete8 Gemüt verleitete 
ihn zu manchen Graufamfeiten. Als im Nahre 350 
mehrere Nebenbuhler ſich erhoben, bejeitigte er den 
einen, jeiner Schweiter Conftantia zweiten Gemahl, 
Vetranio, den andern, Magnentius, befiegte er in 
der blutigen Schlacht bei Murja an der Donau, 351. 
Zos. 2, 42 ff. Aur. Viet. Cues. 41. Oros. T, 29. 
Conſt. eroberte Bannonien; Rom, durd; Magnen: 
tius’ Grauſamkeit erbittert, unterwarf fich jenem; 
Magnentius tötete fich jelbft zu Lugdunum im 
J. 358. Amm. Mare. 14, 5. Aur. Vie. Caes. 42. 
Eutr. 10, 12. Conſt. nahm Gallien ein und ſchloß 
Frieden mit den benachbarten Alemannen, lieh aud) 
jeinen früber verjchonten, ja jogar aus dem Kerker 


‘auf den Thron berufenen und als Cäſar mit der 


Führung des Perjerfrieges beauftragten Better 
Gallus, der ſich durch Ausichweifung und Grau: 
jamfeit zur Regiernng unfähig bewies, zur Ver— 
antwortung ziehen und hinrichten (354), während 
der 24jährige Bruder desjelben, Julian, nur auf 
Bitten der Eufebin, Gemahlin des Conft., gerettet 
ward. Amm. Marc. 14, 10f. 15,2. Zos. 3, 2. 
Nach kurzem Aufenthalte zu Rom zog Eonft. gegen 
die Sarmaten und Quaden, welche er jchlug. Amm. 
Mare. 17,12. Nicht lange darnach brach ein neuer 
Krieg mit dem Perjerfönige Sapores aus, vor 


Constitutum 


dem fich der Kaiſer nach Syrien zurückzog, während | 


gleichzeitig Julian in Gallien Ruhm erwarb und, 
von den Truppen zum Auguftus ausgerufen, des 
Conft. Miftrauen erregte, jo daß er auch gegen 
ihn fich rüftete. Neue Einfälle der Perſer veran— 
laßten ihn ins Feld zu rüden; da es aber zu feiner 
entjcheidenden Schladyt fam, beichlof er, den Aulian, 
von dem er unbedingte Unterwerfung forderte, an: 
zugreifen, und brach vom Euphrat auf, ftarb jedoch 
unterwegs in Milifien, im J. 361. Amım. Mare. 
18,5. 19, 11.20,8 ff. 21, 3-—7.22,2. Kutr. 10,15. 
Oros. 7, 29. Julian wurde nunmehr ala Herricher 
des ganzen Reichs anerfannt. — Conit., troß feiner 
vortrefflichen Bildung fein großer Fürſt, war ab: 
hängig von Schmeichlern und Dienern, dabei mif;- 
trauijch, wenn auch gewandt und mähia; ebenjo 
wenig ein bedeutender Feldherr, obwohl vom Hlüde 
begünftigt. 3) Eonftantius, Feldherr des 
Honorius (407 n. E.), befiegte zuerſt den Geron— 
tins, dann den Ujurpator Gonftantin, der die 
Alemannen und Franken zu feiner Hülfe berbei- 
gerufen hatte. Als Gemahl der Placidia, der 
Schweiter des Honorius, erhielt er vom diejem, 
obihon nicht freiwillig, den Titel eines Auguftus 
und die Mitregentichajt, jtarb aber jchon im nächiten 
Jahre. Zos. 5, 27. 6, 2ff. Oros. 7, 42. 
Constitütum ift ein Bertrag, welcher das Ber- 
iprechen enthält, eine bereits beftehende Verbind— 
lichfeit zu erfüllen; wurde derjelbe nicht gehalten, 
jo trat die pecuniae constitutae actio ein. 
Consualla j. Neptunus unter Poseidon, 6. 
Consul, Die revublitaniichen Vertreter der 510 
v. E. vertriebenen Könige waren die beiden Konfuln 
(pari potentia), urjprünglic) praetores (praeire) 
genannt, bis nach und jeit der Decempiralverfaflung 
der Name consules (dreror) vorherrichend wurde. 
Ihre Wahl (creare) erfolgte in den Centuriat: 
comitien auf 1 Sahr, bis zum 9. 366 v. C. nur 
aus den Batriciern. Nach ihnen wurden, wie in 
Athen nach dem &eywr Enimwruos, die Jahre be: 
nannt (gewöhnlich mit Auslaffung eines et), Cie 
traten ıhr Amt feit 154 dv. E. regelmäßig am 
1. Januar an. Ahnen, als den beftellten tutores 
reipublicae, muhten alle Magiftrate, mit Ausnahme 
der tribuni plebie, geherchen, während einer Dit: 
tatur cefiierte ihre Amtöthätigfeit. Won ihrer Ent: 
fcheidung Hand die Appellation an das Volk durd) 
die lex de provocatione (j, Provocatio) frei. 
Übrigens konnten fie für ihre Amtshandlungen 
nach Riederlegung ihrer Würde zur Nechenichaft 
gezogen werden. In der Stadt hatten fie Fein 
Imperium, das wurde ihnen erjt dann, wenn fie 
ins Feld zogen, bejonders durch die Curiatcomitien 
übertragen und erhielten fie dadurch das ins vitae 
necisque. In Rom hatten fie das Hecht, den Senat 
und die Bollsverjammlung (Centuriatcomitien) zu 
berufen und in beiden den Vorſitz zu führen (us 
cum populo et patribus agendi). Die Berufung 
der comitia tributa fcheint ihnen feit der lex 
Valeria Horatia 449 v. C. (Lir. 3, 71. 72) eben: 
falls freigeftanden zu haben, weil infolge derielben 
auch die PBatricier fich gezwungen jahen, in den: 
felben durch Stimmenabgabe ihre en zu 
vertreten. Das Oberrichteramt wurde den Konfuln 
im Jahre 366 dv. E. abgenommen und auf bie 
neu gegründete Magiftratur der Prätoren über: 
tragen, wie fie jchon früher 443 dv. C. durch Er: 
richtung einer befonderen Geniur (j. Censor, 1.) 


283 


der Abhaltung des Cenſus und der Beauffichtigung 
über die Finanzen überhoben worden waren. Außer: 
gewöhnliche, ehrende Geſchäfte, etwa Einweihung 
eines Tempels, Ernennung eines Diftators, ver: 
anlaften oftmals Streit unter den beiden Kollegen, 
in Ermangelung eines gütlihen Ausgleichs ent: 
ihied das Yos. In Zeiten innerer und äußerer 
Gefahr befamen fie von dem Senate durd das 
senatus consultum extremum (Üxes, b. c. 1, 5): 
videant consules, ne quid respublica detrimenti 
capiat den Nuftrag, einen Diktator zu ernennen 
(dicere); ala diefe Würde jedocd außer Anwen: 
dung fam, wurde durd) jenen Auftrag das Konſul— 
amt faktiich zur biktatoriichen Gewalt gefteigert, 
indem die Konfuln dadurch auch domi imperium 
atque iudieium summum (Sall, Cat. 29. Cie. 
Mil. 26) erhielten. Freilich ſchützte den Cicero 
dies alles nicht, perjönlich zur Nechenjchaft gezogen 
zu werden. — Pie Zweizahl (die par potestäas) * 
war für das Konſulat wejentlich, daher bei cin: 
tretenden Todesjall des einen Konſuls der andere 
fofort die Wahl eines nenen Kollegen anzuordnen 
hatte (comitia ad subrogandum oder sufhcien- 
dum consulem); der Erwählte hieß consul suffec- 
tus mit völlig gleicher Macht mit dem cons. ordi- 
narius. Die Unterlaflung ſolcher Wahl war be: 
unruhigend für das Bolf, fam auch jelten vor, 
obwohl gleich im Anfang der Republik Publ. Ba: 
lerius einige Zeit sine collega regierte. Im J. 
499 dv. E. unterließ man die Wahl wegen der 
Kürze der noch übrigen Amtszeit, im J. 67 v. E. 
wegen reltgiöjer Bedenken, da der jchon erwählte 
cons, suffectus ebenfalls noch vor Antritt feines 
Amtes ftarb. Ganz ungejeglid) blieb Carbo nadı 
dem Tode des Cinna 83 v. E. ohne Kollegen, und 
daß man 51 dv. E. den Pompejus zum consul sine 
collega wählte, geichah nur, um den Namen und 
die Umverantwortlichleit eines Diktators zu ver: 
meiden. Im Felde hatte jeder Konſul 2 Ye: 
gionen nebſt den dazu gehörenden Bundesgenofien 
(exercitus consularıis), im Oberbefehl wechſelten 
beide Tag für Tag. Kämpften fie an verjchiedenen 
Orten, jo grenzten fie gegenjeitig räumlich ihr 
Gebiet ab (provincia von provincere, der Erite, 
Mächtigere fein). Agierte nur Einer im Felde, fo 
hieß er consul armatus, im Gegenfaß zu dem in 
Rom verbleibenden Kollegen (cons. togatıs). Ihre 
insignia waren in der Stabt je 12 lietores mit 
den Rutenbündeln (fasces; Die Beile nahmen fie nur 
im Felde an); bei dem geichäftsführenden Konſul 
(euins fasces erant, penes quem fasces erant, 
der Wechiel geichahb monatweije) fchritten die 12 
lietores in langer Reihe voran, während fie bei 
dem andern hinterher gingen; in frühefter Zeit 
hatte der letztere nur einen bloßen accensus (1. 
Accensi), der ihm voranf ging. Über die Pro: 
vinzen einigten fich beide gütlich (comparare, 
parare inter se provincias), wo nicht, mußte das 
Los enticheiden (sortiri provincias). Doch ftrebte 
oftmals der Senat darnadh, dieje Beftimmung feiner 
Enticheidung vorzubehalten und die Provinzen extra 
sortem, extra ordinem zu verteilen. Etwaige 
Nellamationen der ſich beeinträchtigt glaubenden 
Konſuln bei den Tribunen oder dem Volke wurden 
felten vergebens angeftrengt. — Mit der räumlichen : 
Bunahme des römischen Neiches reichten die beiden 
Konſuln nicht mehr zur Führung der Kriege aus, 
da half man fidy durch Vermehrung der Prätoren 


Consul. 


— 


284 


und teilte die Provinzen in prov. consulares und 
praetoriae, worüber die Beitimmung jedesmal vom 
Senate abhing; weil jedoch bei demjelben oftmals 
perjönliche Rückſichten vormwalteten, io ſetzte die 
lex Sempronia de provinciis consularibus des 
E. Gracchus 122 v. E. feit, daß die Beitimmung, 
welche Provinzen konſulariſche jein jollten, ſchon 
vor der Wahl der Konſuln ftattfinden müßte. — 
Im letzten Jahrhundert der Republik traten durch 


Sulla dDurchgreifende Veränderungen in Bezug auf | 


den Amtstreis der Nonjuln ein. Ste blieben fortan 
während ihres Amtsjahres in Nom, dadurch ver: 
loren jie ihre Hauptſtärke, das militärijche imperium. 
Eine natürliche Folge davon war, daß fie mit ihrer 
nunmehrigen Amtsmacht den Staat dem Ehrgeize 
einzelner gegenüber nicht mehr zufammenhalten 
fonnten. Durch den Einfluß jolcher einzelner her— 
vorragender Männer ging denn faktiic die Be: 
deutung des Konſulats während der Bürgerfriege 
verloren. Sulla als Diktator ließ zugleich dennoch 
das Konſulat bejtehen, es war nur ein Schatten 
der früheren höchſten Amtsgewalt. Cäſar regierte 
als Konſul 50 v. C. nicht jowohl kraft jeines Kon- | 
iulates als thatjächlich nadı der Macht des Trium: | 


Consus — Uopa. 


Alle Beamte durften Gontionen halten, aber am 
häufigiten thaten es die Konjuln und Vollstribunen. 
Der Plab war willfürlih, gewöhnlid) auf dem 
Forum. Auch die in jolhen Verſammlungen ge: 
haltenen Reden heißen contiones. 

Contractus, im weiteren Sinne jeder Vertrag, 
im engeren der ftreigeivilrechtliche d. h. Hagbare 
Vertrag, im Gegenjaß zu pactum. 

Contubernium, 1) in militärifcher Beziehung 
die Zeltgenofjenichaft im Lager (gewöhnlich 10 unter 
einem decanus, vgl. Castra. 6.). — 2) bezeid)- 
net es das Verhältnis derjenigen jungen vorneh— 
men Römer zu ihrem Imperator, die fich freiwillig 
demjelben zu ihrer friegerijhen Ausbildung an— 
ſchloſſen (comites). Sie jelber hießen contuber- 
nales und jpeilten mit dem Feldherrn im Präto- 
rium zujammen. Cic. Plane. 11. Cauel. 30. — 
3) Stlavenehe, welche rechtlich nicht als Ehe gilt. 
Ebenſo hieß die Mifheirat zwiſchen Freien und 
Sklaven, die nicht als Ehe angejehen wurde. 

Contumacia (von contemnere), im e. ©. Un— 
gehorjam gegen die Befehle des Magiftratus oder 
des Nichters, vorzüglich Nichtericheinen vor Ge: 
richt. 1) Im Civilprozeß wurde der nicht erjchei- 


virats, daher die Ohnmacht jeines Kollegen Bibulus. | nende Bellagte condemmiert, der nicht ericheinende 


Fompejus war, ohne Konjul zu fein, in Wahrheit | 
mächtiger als die erwählten Konfuln. Die vielen 
Konſulate des Cäjar neben feiner Diktatur waren 
nur noch formelle Sache, und die jcheinbare re: 


publilanijche Sewifienhaftigkeit, für einen halben | 


Tag noch einen consul suffectus wählen zu lafien, 
diente mur zur Täuſchung des Volfes. Noch ein: 
mal im J. 43 dv. C. nach Cäſars Tode lebte das 
Konjulat in Hirtins und Panja als verfafjungs: 
mäßige Obmact im Staate auf, doc das neue 
Triumdirat drüdte es wieder herab. Es blieb 
unter den Naijern bejtehen, wurde aber allmählich 
Titelwejen und wurde nur für wenige (6 oder 4 
oder 2) Monate verliehen, damit möglichit viele 
Anhänger durch diejes formell immer noch höchite 
Staatsamt geehrt und belohnt werden könnten; 
ja bald wurden auch bloß insignia consularia 
ohne Amt verlichen, daher der Unterjchied zwiſchen 
consulatu funeti und consulares honorariı. Einen 
wirflich reellen Nußen hatten die viri consulares 
noch dadurch, daß die beiden reichiten Senats: 
Provinzen, Aſia und Afrika, jährlich an die beiden 
älteften consulares vergeben zu werden pflegten. 
Die wirklichen (ordinarıi) Rontuln hatten jegt nur 
eine Art von Yurisdiltion, Bejorgung der Spiele 
im Cirfus und der für den Kaiſer anzuftellenden 
Feftlichfeiten, auch verblieb ihnen das Präfidium 
im Senate. Vgl. Brambach, de consulatus mu- 
tata inde a Caesaris temporibus ratione (1864). 
Asbach), zur Geſch. des Konſulats in der röm. Kaiſer— 
zeit (1882). 

Consus j. Neptunus unter Poseidon, 8. 

Contio (aus conventio), die von einem Ma- 
giſtratus berufene Bolfsverfammlung, um dem 
Bolfe etwas vorzutragen, im Gegenjage zu comitia, 
wo das Volk zur Entjcheidung zuſammenkam (Gell. 


auf dem principium verjammelt ward, um den 
Vortrag des Feldherrn zu vernehmen. Contionen 
wurden vor den Comitien gehalten, um Geſetzes— 
vorſchläge zu empfehlen oder davon abzuraten 
(sundere und dissuadere), auch um dem Volke 
Bericht über einen vollendeten Krieg zu erftatten u. ſ.w. 


13, 14); aud die des Heeres, wenn es im 1 den 





Kläger verlor den Prozeh und fonnte ihn wicht 
wieder erneuern. — 2) Im Striminalprozeh erlitt 
der abweiende Angeklagte aquae et ignis inter- 
ı dietio, oder jein Vermögen wurde mit Bejchlag 
belegt, ipäter wurde er auch in der Fremde requi- 
riert. Der ausbleibende Ankläger wurde angejeben, 
als nehme er jeine Anklage zurüd, ſpäter erlitt cr 
Strafe wegen jeines Ausbleibens. 

Conubium j. Ehe, II 

Conventus, 1) der Gerichtstag, welchen der 
Statthalter in den größeren Städten der Provinz 
anberaumt hat (Caes. b. g. 1, 54. 6, 44 u. Ö.); 
2) der Ort, an welchem das Gericht gehalten wird, 
und der ganze dazu gehörige Sprengel (Caes. b. 
Alex. 56); 3) die Vereinigung der in einer Provinz 
lebenden römijchen Bürger, welche eine Art von 
Korporation zu bilden pflegten. Cie. Verr. 2, 13. 
Gaes. b. ec. 1, 14. 

Convivium, griehijch ovumdoror (vgl. Mahl- 
zeiten), oürösızvor, ein Gaftmahl oder Schmaus, 
bejonders leidenschaftlich geliebt und geübt von den 
Römern, aber auc mit begeifterter Ausſchmückung 
von ihren Pichtern gepriejen. Bei den Griechen 
war die Unterhaltung mehr jelbjtthätig, bei den 
Römern traten mannigfaltige Ergetungen für Auge 
und Ohr in den Banjen ein. Das Trinfen wurde 
nach griechiſcher Weile und ſyſtematiſch gehand- 
habt, ein rex oder arbiter bibendi (Baoıkevg oder 
svurooi«eyos) ernannt, das Maß der Becher, die 
Stärke der Miſchung vorgeichrieben und allerlei 
Sitten dabei beobachtet, wie ad numerum bibere, 
wobei man jo viele Becher leerte, als der zu feiernde 
Name Buchjtaben enthielt oder man ihm Yebens: 
jahre wünjchte. Stränge (coronae) und Salben 
(unguenta) durften natürlich nicht dabei fehlen, 
jo wenig wie die Spendungen (libationes) und 
Lederbifien (bellaria). Hieher gehört auch das 
in der Runde Trinfen (eircumpotatio) beim Yeichen- 
mahle, das jo ausartete, daß bejondere Geſetze der 
Decemwvirn (wie früher des Solon in Athen) den 
Gebrauch abjchafften. Cie. legg. 2, 24, 60. 

' Copa, femin. zu caupo, die Schentwirtin, Titel 
eier Heinen Elegie von 19 Diftichen mit lebens: 


Copiae — Cornelii. 


luftigem Tone und Inhalt, gewiß aus augufteiicher 
Zeit, doch ſicher nicht von Bergil, dejjen Namen 
jte in einigen Handjchriften trägt. 

Copiae j. Sybaris, 

Coponli, 1) Titus, aus Tibur, wurde jpäter 
Bürger von Rom und ftiftete ein plebejiiches Ge: 
ichlecht, um 150 v. E. Cie. Balb. 23,53. — 2) X. 
Kop., Senator um 134 v. E,, ———— das 
Bündnis mit dem jüdiſchen Fürſten Johannes 
Hyrkanos. — 3) M. Cop., genannt von Cicero 
(Brut. b2, 194. de or. 1, 39, 180), hatte einen Pro— 
zeß mit M'. Eurius, um das J. 91 v. C. — 4) C. 
Cop. focht unter Craſſus gegen die Parther (53 v. C.) 
und ſicherte nach der Niederlage bei Carrhä den 
Rüdzug der Römer, Plut. Crass. 27. Im J. 49 
ſchlug er fi auf die Seite des Bompejus, während 
er die Prätur verwaltete (Cie. ad Att.8, 12 A 4. 
die. 1, 32, 68. Vell. Pat. 2, 83), bejehligte deſſen 
Flotte und entging der Achtung jpäter nur durd) 
die hochherzige Aufopferung jeiner rau. Er lebte 
noch bis furz vor der Schladht bei AUctium. Caes. 
b.c. 3,5. App. b. e. 4, 40. Cic. ad Att. 8, 12, 4, 
— 4) Bildhauer zur Zeit des Pompejus, ſ. Bild- 
hauer, 17. 

Coptos, Korrög, Korro, alte oberägyptijche 
Nomoshanptitadt, unterhalb von Thebai, wegen 
ihrer Lage an der öftlichen Nilbiegung wichtig für 
den Handel mit Arabien und Indien über die 
Hafenftädte Leuklos Limen (j. Koſer) und Bere: 
nife; j. Kuft. Juv. 15, 28. Strab. 17, 815. 

Coquus. Das Kochen bejorgten in dem alten 
Rom die Hausfrauen oder die Sklavinnen. Später 
mietete man einen Koch vom macellum bei feit: 
lichen Gelegenheiten. Mit zunehmendem Luxus 
wurde ein eigener Koch angeftellt. Coquus, jagt 
Yivius (39, 6), vilissimum antiquis mancipium 
et aestimatione et usu in pretio esse et quod 
ministerium fuerat, ars haberi coepta. Unter: 
geordnet waren ihm servi fornacarii für den Bad: 
ofen und focarii für den Herd, opsonatores für 
den Einfauf der Eßwaren, pistores für die ver: 
ichiedenen Arten des Gebäds und culinarii als 
Gehülfen. Der Oberkoch heit archimagirus (Juv. 
9, 109). 

Cora, 7; Kög«, latinifche Stadt im Gebiete der 
Boljfer (j. Eori), von hohem Witer, worauf die 
Reſte fyflopiicher Mauern und die Sage der Grün: 
dung durd den Argiver Koras deuten; fie litt in 
den Boljferfriegen durch die Römer jehr. Lir. 
2, 16. 8, 19. 

Corbülo j. Domitii. 

Cordüba, Kogövßn, eine der bedeutenditen 
Handelsitädte Hiipaniens, und in Bätica nächſt 
Gades und Hiſpalis die größte, am rechten Ufer 
des von hier an jdiffbaren Bätis; j. Cordova. 


En. Corn. Scipio Afina (D). 

2. Corn. Scipio Aſina (6). 

En. Corn. Scipio Ealvıs (9). 
2. Corn. Scipto Nafica (15). 

®. Corn. Scipio 


— 
afica Corculum, 





P. Corn. Scipio Africanus major (10). 





BP. Corn, Scipio (12). 


285 


Sie war die erjte Kolonie der Römer, um 154 
v. E. angelegt und mit ausgezeichneten Koloniſten 
bejet, daher Patricia genannt i Mela 2,6). Später 
war jie Hauptftadt der ganzen Provinz, Sitz des 
Statthalter und des höchſten Gerichtshofes. Die 
beiden Seneca und der Dichter Lucanus waren 
bier geboren. Strab. 3, 141f. 

Corfinium, alte Hauptjtadt der Päligner in 
Samnium in der Nähe des Fluſſes Aternus (j. 
Ruinen von ©. Pollino bei Pentima), war im 
Bundesgenofjenfriege Mittelpunkt des Bundes und 
zur Hauptftadt der nen zu begründenden Herrichaft 
beftimmt, weshalb fie eine Zeitlang Italica 
(auf Münzen Italia oder Bitelio [offiich]) genannt 
wurde. Caes. b. c. 1, 16ff. Vell. Pat. 2,15. Üie. 
ad Att.8,3,7.5,2. 

Corinthus j. Korinthia. 

Coriolänus j. Marcii, 4. 

Coridli, Waffenplag und vielleicht Hauptjtadt 
der Boljfer in Yatium, jchon früh von C. Marcius, 
der davon den Beinamen Coriolanus erhielt, zerftört 
und in jpäterer Zeit jpurlos verjchwunden. Lir. 
2, 35. 3, 71. Plut. Coriol. 8. 

Corippus, mit vollem Namen Flavius Ere- 
jeconiusCor., aus Afrika, verfaßte in der zweiten 
Hälfte des 6. Jahrhunderts n. C. 2 epifche Gedichte 
eg Tendenz, lohannidos s. de bellis 

ibycis 1. VIII und de laudibus lustini Augusti 
(565 bis 578 n. E.) 1. IV. Die Form derjelben 
ift guten Muſtern, namentlich Bergil und lau: 
dian, nachgebildet und fließend, der poetiiche Wert 
dagegen ein geringer. Ausgaben von J. Belfer 
(mıt Merobaudes, 1836), Partſch (1879) und Pet— 
ichenig (1886). 

Cornelfi, eines der angejehenften Gejchlechter 
Roms, welches in patriciiche und plebejijche Zweige 
zerfiel. Die ältefte Linie war wohl die patriciiche 
der Maluginenjes, welche jedoch ſchon im 5. Jahrh. 
Roms ihre Bedeutung verlor. — Die bedeutenditen 
Männer diejer Familie find: 1). Corn. Maln: 
ginenjis, Konjul 459 v. E., eroberte das ab- 
trünnige Antium (Liv. 3,22 ff. Dion. Hal. 10, 20) 
und verteidigte die Decemvirn. — 2) M. Corn. 
Malug., Decemvir 450 v. E., kämpfte unglüd- 
lich gegen die Mauer und wurde nach Abjeßung 
der Decemvirn verbannt. Liv. 3, 35. 40f. 
3) U. Corn. Coſſus Malug., Konſul 425 dv. E., 
tötete im Kampfe den Yar Tolummius, König von 
Beji, mit eigener Hand und brachte zuerjt nach 
Romulus die spolia opima nad Rom (Lir. 4, 19. 
Prop. 5, 10, 23 ff. Plut. Marc. 8), wurde 426 
trib. mil. cons. pot. (Liv. 4, 30 fj.). — 4) Sein 
gleichnamiger Sohn, Diktator 385 v. C, jtillte die 
Manlianifchen Unruhen (Liv. 6, 11-13. 16). — 
Wichtiger die Scipionen*), jo benannt, weil ein 


*), %. Corn. Scipio. 


2. Corn. Ecipio (7). 


BP. Corn. Scipio (8). 


2. Eorn. Scipio Aſiaticus (11). 


— 





— 
Eornelia, Gattin 2. Corn. Scipio Nfiaticns 


Schwiegerfohn des Africanıs major (16). Defien Adoptiv: des Zi. Sempro⸗ 
| john: nius Gracchus (2%). 
P. Corn. Scipio Hafica Serapio (17). B. Eorn. Scipio 2.Corn. Scipio Aſiaticus (13). 


Ämilianıs Niricanus 
minor Numantinus (18). 


286 


Eornelier jeinen blinden Vater pro baculo regebat 
(Maerob. sat. 1, 6): 5) En. Corn. GScipio 
Aſina, befam diejen Beinamen, als er einen mit 
Gold beladenen Ejel als Unterpfand auf das 
Forum we. (Macrob. sat. 1, 6), und geriet im 
J 260 dv. C. bei Lipara in karthagiſche Gefangen: 
ichaft (oder wurde nach andern zu einer Beiprechung 
je das feindliche Admiralſchiff eingeladen und feit- 
gehalten), aus der Negulus ihn befreite. Glüch— 
licher fämpfte er im J. 254 als Konſul auf Sici- 
lien. Pol.1, 21, 38. Polyaen. 6, 16, 5. Flor.2, 2. 
— 6) Sein Sohn, P. Corn. Scipio Ajina, 
befämpfte als Konſul 221 dv. E. glüdlich die iftri- 
ichen Seeräuber, verlor aber den Kopf, als Hans: 
nibal im 3. 211 gegen Rom zog, und riet, mur 
Rom mit aller Macht zu verteidigen. Liv. 26, 8. 
— 7) 2, Corn. Scipio, eroberte als Konjul im 
J. 239 v. E. Eorjica und Sardinien. Liv. ep. 17. 
Kutr. 2,20. — 8) Sein Sohn, B. Corn. Sctpio, 
Konſul im 3. 218 v. C., juchte von Maifilia aus, 
wohin er fein Heer zur See führte, Hannibals 
Einfall in Jtalien zu verhindern und ſchiffte fich, 
als jener ihm auswich, mit einem Teile jeines 
Heeres nah Jtalien ein, um denjelben am Fuße 
der Alpen zu empfangen. Am Tieinus gejchlagen 
und verwundet, z0g er ſich hinter die Trebia zus 
rüd, an welcher jein für ihn fommanbdierender 
Kollege Sempronius eine Niederlage erlitt. Liv. 
21, 17. 39. 45 f. 52 ff. Pol. 3, 65 ff. 405 Nach 
ſeiner Wiederherſtellung ging er nach Spanien, 
wo inzwiſchen ſein Bruder 9) Gnäus Corn. 
Scipio Calvus bereits feſten Fuß gefaßt, den 
Karthager Hanno bei Seiſſis geichlagen und aud) 
die puniiche Flotte an der Mündung des Ebro 
befiegt hatte. Darauf befreiten beide Brüder bie 
in den Händen der Karthager befindlichen ſpaniſchen 
Geiſeln, deren freundliche Behandlung ihnen die 
Zuneigung der Spanier verichaffte, jchlugen den 
Hafjdrubal bei Jbera und den Mago bei Illiturgis 
und abermals bei Intibilis, 216 und 215. Zur. 
21, 60. 22, 19 ff. 23, 26 ff. 48. Nach wiederhol- 
ten Siegen und nad der Einnahme Sagunts 
(Liv. 24, 41. 48) fiel Publius in einer blutigen 
Schlacht gegen die Karthager und den jpaniichen 
Fürften Indibilis mit feinem ganzen Heere, worauf 
ji) Gnäus, von jenen verfolgt, zurüdzichen mußte, 
aber auf dem Marjche von den Feinden in öder 
Gegend ereilt, umringt und niedergehanen wurde, 
wahrjcheinlich 212. Liv. 25, 32 ff. — Des Publius 
Sohn war 10) P. Corn. Scipio Africanus 
major. Schon als Jüngling zog er die Bewunde— 
rung jeiner Landsleute auf N, is er im Neiter- 
gefechte am Tieinus feinen er rettete. Liv. 
21,46. Flor. 2,6. Im J. 216 v. €. fodt er 
bei Cannä, 19 Jahr alt, als Tribun und ver 
hinderte den von einer Anzahl von Jünglingen 
aefahten Plan, Jtalien zu verlaffen. Liv. 22, 53. 
Sein Mut und feine Talente zeigten jich in glän- 
zender Weife, als (211) die Nömer nad) dem Unter: 
gange der Scipionen in Spanien ein neues Heer 
nach diejem Lande zu jenden beichloffen. Scipio 
allein trat auf und bewarb fi um den Ober: 
befehl, fein älterer Feldherr meldete ſich. Die edle 
Geſtalt des Jünglings und feine begeifterte Rede 
an das Volk bejeitigten alle Bejorgniffe desjelben 
wegen feiner Jugend, und er wurde gewählt. Scipio 
landete im J. 210 an der Mündung des Ebro und 
begann den Feldzug mit einer glänzenden Waffen: 


Comelii. 


that, der Eroberung des feften und mit zahlreichen 
Vorräten für die puniſchen Heere wohl verjehenen 
Neufarthago. Die hier in feine Gewalt geratenen 
ipaniichen Geiſeln behandelte er gütig und gab fie 
frei. Dadurch gewann er alle Herzen, und bald 
traten zahlreiche ſpaniſche Häuptlinge und Städte 
zu ihm über. Liv. 26, 18. 41 ff. 51. 27, 7. 28, 35. 
Pol. 10,2ff. Der Sieg bei Bäcula über Haj- 
drubal jicherte Scipios Eroberungen, 209 (Lir. 
27, 18 ff. Pol. 10, 37 f.), ee diejer die 
neuen Rüftungen Hajdrubals und defien Zug nach 
Italien nicht hindern konnte. Dafür unterwarf 
jih ihm im J. 207 nad) einem neuen Siege über 
Hajdrubal, Gijgos Sohn, ganz Spanien, und er 
dachte nun an einen Zug Ze Afrifa (Liv.28, 14), 
welchen er durch einen Bejuch beim numidiichen 
Könige Syphar vorbereitete. Liv. 28, 17f. Nach 
der Dämpfung eines Aufftandes von 8000 Sol— 
daten und der Einnahme von Gades war Spa— 
niens Beſitz geleert, und Scipio begab ſich im 
J. 206 nad) Rom. Liv. 28, 38. Konſul im J. 205, 
drang er auf einen ** nach Afrika, konnte 
ſeinen Plan aber, bei großem Widerſpruche älterer 
Männer, welche noch immer den Hannibal fürchteten, 
nicht durchſetzen und mußte ſich damit begnügen, 
daß ihm mit der Provinz Sicilien die Erlaubnis 
egeben wurde, nach Afrika überzuſetzen, wenn es 
ür Rom heilſam wäre. Mit Hülfe der Bundes— 
genoſſen rüſtete er nun ein Heer und eine Flotte 
aus und ging nach Sieilien. Doch beinahe hätten 
eiferſüchtige Gegner ſeine Zurückberufung durch— 
geſetzt, indem ſie im Senate heftige Anklagen gegen 
ihn wegen ſeiner dem Legaten Pleminius, der in 
Loeri ſcheußliche Verbrechen begangen hatte, be— 
wieſenen Nachſicht erhoben; we rechtfertigte fich 
Scipio, und ihr Plan jcheiterte. Liv. 28, 40 ff. 
29, 1. 16ff. Im J. 204 fjegelte Scipio nad) 
Afrifa hinüber, wo der von den Karthagern be- 
leidigte Mafiniffa, König von Numidien, ihn er: 
wartete, während Syp fih den SKarthagern 
ugewendet hatte. Nach vergeblicher Belagerung 
ticas (204) drug Scipio die Karthager und ihren 
Bundesgenofien Syphar bei einem lÜberfalle im 
%. 203; leßterer wurde nicht lange darauf Ge: 
fangener. Nun riefen die Karthager Hannibal aus 
Italien zurüd, ſuchten jedoch inzwiichen durch 
Friedensanerbietungen Zeit zu gewinnen. Ein 
furzer Waffenftillftand wurde durch Plünderung 
römischer Schiffe von jeiten des karthagiſchen 
Pöbels wieder gebrochen, während der aus Italien 
angelangte Hannibal nad) vergeblichen Unterhand: 
lungen mit den Römern von Scipio im Juli oder 
Auguft 202 zwiihen Zama und Naragara eine 
gänzliche Niederlage erlitt und feiner Baterjtadt 
dringend riet, Frieden zu fchließen, der unter höchſt 
nachteiligen Bedingungen für Karthago zuftande 
fam. Liv. 29, 23 ff. 30, 3 ff. 25 ff. Pol. 15, 1 ff. 
Nep. Hann. 6. App. Pun. 40 ff. Den fiegreichen 
Feldherrn ehrte Rom durch den Beinamen Afri— 
canus und einen glänzenden Triumph; die Een: 
joren machten ihn wiederholt zum princeps se- 
natus. Er ging im J. 193 als & iedörichter 
zwischen Kartbags und Mafiniffa nach Afrika. Als 
die Römer (190) dem Antiochos von Syrien den 
Krieg erklärten und 2. Scipio, dem Bruder des 
Africanus, den Befehl übertrugen, wurde Publius 
jein Legat. Die Schlaht bei Magnefia am Si: 
pylos nötigte den Antiochos zum Frieden mit Nom. 


Cornelii. 


Nach Scipios Rücklehr regten fich jeine Treinde und | 


Neider, welche ihm jchon früher entgegengetreten 
waren, von neuem (Liv. 35, 10. 37, 1. 34 ff.) und 
Hagten beide Brüder vor dem Bolfe der Beſtechung 
durch Antiohos an. Die Sache ift nicht ganz Har. 
Einer Beitrafung entging Publius nur durch jeine 
Entfernung auf jein Landgut bei Liternum und 
durch die Vermittelung des Tribunen Ti. Gracchus. 
Gell. 4, 18. Lir. 38, 56. Dort ftarb er in ländlicher 
—— — wahrſcheinlich 183. Er war ein 
Freund griechiſcher Litteratur und Bildung, was 
ihm die jtrengeren Römer zum Vorwurf machten. 
Ihn erfüllte die römiſche Superftition, die ihn 
nichts ohme die Gottheit thun lieg und vielleicht 
den Gedanten in ihm befejtigte, daß das glückliche 
Gedeihen jeiner Thaten ein Werk der ihn be- 
ſchützenden Götter jei, wie anderjeits aud) das Bolt 
der jeften Überzeugung war, ein jo großer und jo 
wunderbar begabter Mann müſſe unter göttlicher 
Obhut jtehen, ja wohl gar von göttlicher Herkunft 
jein. Als Redner lernen wir ihn fennen bei Livius 
(38, 51); vgl. Gell.4, 18. Auch nach Cicero (Brut. 
19, 77) war er non infans. Abhandlung von Ger: 
lad} (1868). — 11) 2. Corn. Scipio Aſiaticus, 
der Bruder des vorhergehenden, befannt durch jeine 
Kriegführung gegen Antiochos den Gr. von Syrien, 
den er bei Magnejia bejiegte; doc gebührt wohl 
nicht ihm, der eben fein beionderer Feldherr war, 
jondern dem einfichtsvollen Rate anderer der Ruhm. 
Liv. 37, 59. Nach dem Feldzuge ward er wegen 
Unterjchleijs angellagt; es wurden ihm jeine Güter 
entzogen, jedoch unterftüßten ihn fortan feine 
Freunde und Verwandten. Im J. 184 v. C. be- 
warb er fich vergeblich um die Genjur; Cato wurde 
Eenjor und nahm ihm fein Nitterpferd. Liv. 
39, 40. 44. Plut. Cat. mai. 18. Cicero rühmt ihn 
als Redner (Brut. 47, 175). — 12) P. Eorı. 
Scipio, Sohn des älteren Mfricanus und Adoptiv 
vater des P. Corn. Scipio Amilianus Africanus 
minor Numantinus, ein Mann von höchſt zarter 
Sejundheit, aber großer Gelehrſamkeit. Cicero jagt 
von ihm (Brut. 19, 77): si corpore valuisset, 
in primis habitus esset disertus: indicant 
cum oratiunculae tum historia quaedam Graeca 
scripta dulcissime. gl. Cie. off. 1, 38, 121. 
Cat. m. 11, 35. — 13) P. Corn. Scipio Ami- 
lianus Africanus minor Numantinus, der 
zweite Sohn des Amilius Paulus und Adoptiv— 
john des vorigen (Cie. Brut. 19, 77. Arch. 7, 10. 
Cat. m. 11, 35. off. 1, 33, 121). Er ijt 185 v. €. 
geboren. In der Schlacht bei Pydna (168) zeichnete 
er fi, faum 17 J. alt, rühmlich aus. Plut. Aem. 
Paull. 22. Mit großer Liebe widmete er fich dem 
Studium griehiicher Wifjenichaft, worin Banaitios 
und der Sejchichtichreiber Polybios jeine Lehrer 
waren. Im übrigen nahm er ſich den ehrwür— 
digen älteren Cato zum Mufter und bemühte fich, 
die Tugenden, melde Rom einft groß gemacht 
hatten, zu erwerben. Im J. 151 meldete er ſich 
freiwillig zum SKriegsdienfte in Spanien, zeichnete 
ſich Hier aus, machte fich bei den Spaniern beliebt 
und e eine Sendung nad Afrifa, woher er 
von Mafinifja Elefanten holte, glüdlich aus. Vell. 
Pat. ı, 12. Flor. 2, 17. Liv. ep. 48. Beim Aus: 
bruch des dritten punischen Krieges ging er als 
Zribun nad) Afrita und erwarb jich daſelbſt durch 
en Mut, durch jeine Talente und durch jeine 
ichteit im ſoichem Make das Bertrauen des 


287 


Heeres und jelbit die Achtung der Feinde, daf er 
als Konſul im J. 147, da die bisherige Krieg: 
führung die Bezwingung Narthagos nicht hatte 
vollbringen können, den Befehl über das Heer in 
Afrika erhielt. Liv. ep. 505. App. Pun. 112 ff. 

al. Max. 8, 15, 4. Nachdem er die zerrüttete 
Kriegszucht wiederhergeftellt hatte, jchritt er zum 
Angrit auf Karthago, deſſen einzelne Stadtteile 
er nacheinander einnahm und endlich auch die feite 
Burg eroberte. So fiel Karthago im J. 146 nad) 
heldenmütigem Widerjtande. Pol. 39, 1f. App. 
Pun. 127 ff. Liv. ep. 51. Vell. Pat. 1,12. Bei jei- 
ner Rücktehr wurde er mit großen Ehren empfangen. 
Im J. 142 verwaltete er die Cenſur mit Ernit 
und Strenge, wirkte bejonders dem herrichenden 
Luxus entgegen und unterjuchte nach Ablauf jeines 
Amts auf Befehl des Senats den Zuftand Afiens- 
und Ägyptens. Gell. 4, 20. Darauf erhielt er im 
J. 134 in jeinem zweiten Konjulate den Befehl 
gegen das bisher unglüdlich befämpfte Numantia 
in Spanien, mußte aber auch jetzt zuerſt die Kriegs: 
e> wiederheritellen, ehe er an die Belagerung der 

tadt ging, welche er troß hartnädiger Gegenwehr 
einnahm und zerftörte, im J. 183. App. Iber. 85 ff. 
Liv. ep. 57 ff. Vell. Pat. 2,4. Flor. 2, 18. In— 
zwiichen waren die grachiichen Unruhen ausge: 
brochen. Scipio war ein Schwager der beiden 
Srachen, deren Pläne er nicht aus Prinzip (wie 
er denn überhaupt dem Volke nicht abgeneigt war), 
jondern aus Furcht vor einer YZerrüttung Roms 
durch innere Unruhen mißbilligte.e Da er aus 
diejer Anficht fein Hehl machte, vericherzte er zum 
Zeil die Gunft, in der er beim Bolfe ftand, immer 
aber war jein Anjehen eig groß genug, um das 
Bolf von leidenſchaftlichen Ausbrüchen abzuhalten. 
Cie. Lael. 25. Bollends aber brachte er fich um 
die Vollsgunſt, als eine beabjichtigte Ackervertei— 
lung unausgeführt blieb, und mit Mühe entging 
er der Wut des Volkes, 129. In der Nacht darauf 
jtarb er plößlich eines unerwarteten Todes; man 
bezeichnete unter andern namentlich den Bapirius 
Carbo als jeinen Mörder. Cie. ad fam. 9, 21. 
Liv. ep. 69. App. b. c. 1, 20. Vell. Pat. 2, 4. 
Scipio, mit Polybios innig befreundet, war ein 
Mann von ausgezeichneter Bildung und großem 
Edelmute; das hichal der erbitterten Feinde 
Roms, der Karthager, beweinte er auf den ran- 
chenden Trümmern ihrer Stadt, indem er dabei 
an das einftige Schidjal feiner tief verderbten 
Baterftadt dachte. App. Pun. 132. Er war nicht 
unbedeutend als Nedner (Geil. 5, 19) und gründ- 
liher Kenner griechiicher Litteratur (Cie. de or. 
2, 37, 154. Vell. Pat. 1, 18). Bon jeinen Reden 
jind nur wenige Fragmente erhalten. Bal. Ger— 
lad), hiftor. Studien II ©. 46 ff. — 14) 8. Corn. 
Scipio Ajiaticus, kämpfte ala Konjul im J. 83 
dv. E. mit E. Norbanus gegen Sulla, wurde aber 
von jeinem Heere verlafjfen und geriet in Sullas 
Gewalt, der ihn jedoch aus der GSefangenichaft 
entließ. Liv. ep. 85. Eutr. 5, 7. Plut. Sull. 27 5. 
App. b. ce. 1, 80ff. Er ftarb im Eril zu Maijilia. 
Er war Schwiegervater des P. Sejtius. Cie. Nest. 
3,7. — 15) P. Corn. Scipio Najica, erhielt 
im %. 204 v. C. den Muftrag, das Bild der 
idäiichen Göttermutter nah Rom zu holen. Liv. 
29,14. 35, 10. Im J. 193 kämpfte er in Spanien 
mit Glüd und wurde im J. 191 Konful. Seinen 
Vetter BP. Scipio verteidigte er gegen die wider 


288 


ihn erhobenen Bejchuldigungen. Er jcheint ein 
Mann von großer Nechtlichkeit gewejen zu jein, da 
ihn die Spanier bei Unterſuchung der von mehre— 
ren Statthaltern gegen fie verübten Bedrüdungen 
zu ihrem Sachwalter wählten. — 16) ®. Corn. 
Scipio Najica Corculum, Schwiegerjohn des 
älteren Nfricanus, diente unter Amilius Paulus in 
Makedonien und unterwarf als Konſul (155 v. E.) 
die Dalmatier. Liv. ep. 47. Wis Cenſor jowie als 
Konſul zeigte er große Strenge. Er war im Inter— 
eſſe Noms ein Gegner der Zerſtörung Narthagos. 
Aur, Vict. vir. ill. 44. Plut. Cat,mai, 27. App.8,69. 
Ihm verdankt Nom den erjten Gebrauch der Waffer: 
uhren (j. Clepsydra). — 17) ®. Corn. Scipio 
Naſica Serapio, übernahm zuerft im J. 149 v. C. 
eine Sendung nad) Narthago wegen Auslieferung 
der Waffen, wurde Konſul im %. 138, zeigte bei 
der Aushebung große Strenge und wurde vom 
Tribunen Euriatins, der ihm den Namen Serapio 
wegen jeiner Ahnlichteit mit einem Opfertierhändler 
gab, angefeindet. Aus Haß gegen die Volkspartei 
war er ein Gegner des Ti. Gracchus, weshalb der 
Senat ihn der Rache des Volkes durch eine Sen: 
dung nach Aſien entziehen mußte, wo er bald 
darauf ftarb, im J. 132. App. 8, 80. Val. Max. 
9. 14, 3. Plut. Tib. Gracch, 21. — Die Zweige 
der Yentuli und Sullae j. unt. d. Art. — Ein 
anderer Zweig der Gornelier find die Gethegi: 
18) M. Corn. Cethegus, Bontifer Marimus und 
Prätor (213 und 211 v. E.), Konſul 204, jchlug 
als Prokonſul im folgenden Jahre in Inſubrien den 
Mago, einen Bruder Hannibals. Zar. 30, 18. 
Nach Kicero (Brut. 15) war er ein begabter Redner. 
— 19) C. Eethegus, befiegte im J. 197 v. E. 
als Konſul die Gallier in Oberitalien und jchlichtete 
einige Fahre jpäter die zwiſchen Karthago und 
Mafinifia ausgebrochenen Streitigkeiten. Liv. 32, 
2871.34, 62. — 20) B. Eethegus, wurde (58 v. E.) 
von Sulla geächtet, dem er fich jpäter demütig er- 
gab. Troß der Flecken feines Privatlebens gewann 
er nad) Sullas Tode großen Einfluß. Cie. Cluent.31. 
parad, 5, B. 21) E. Eethegus, Freund des 
Gatilina, von heftigem und tollfühnem Charafter, 
verriet ſich durch jeinen Brief an die Allobroger 
und twurde mit Yentulus bald nad Entdedung der 
Verſchwörung hingerichtet. - - Der Zweig der Dola: 
bellae: 22, ®. Korn. Dolabella Marimus, 
beſiegte im J. 283 v. &. als Konſul die Senonen. 
Pol. 2, 195. — 23) En. Dolabella, ein An- 
hänger Sullas, Konſul 81 v. E., bezwang die 
Thraker. Nach der Verwaltung der Provinz Make— 
donien wurde er 77 von Cäſar repetundarum 
angeflagt, aber nad) der Verteidigung des Cotta 
und Hortenjins freigeiprochen. Suet. Caes. 4. App. 
1, 100. Vell. Pat. 2, 43. Plut. Sull. 28. — 
24) En. Dolabella, machte jich während der 
Berwaltung der Prätur in Kilikien berüchtigt, wo 
er mit Berres raubte und plünderte, weshalb er 
nach jeiner Rückkehr nad) Rom einer Anklage, zu 
welcher jein Genoſſe Verres die Beweije Tieferte, 
unterlag und in Die Verbannung gehen mußte. 
Cie. Verr. 1, 16, 44 ff. -- 25) ®. Corn. Dola: 
bella, ein den größten Ausichweifungen ergebener 
Yüftling, gewann durch jein Benehmen die Zu: 
neigung der Tochter Giceros, der Tullia, mit 
welcher er ſich verlobte, che noch der Bater jeine 
Genehmigung erteilt hatte. Cicero wünjchte dieje 
Heirat nicht, weil Dolabella eben den Appius 


Cornelii. 


Claudius, deſſen Freundichaft er juchte, angeklagt 

tte. Im Bürgerfriege jtand er anfangs auf der 
Seite des Pompejus, ging aber im J. 40 v. E. 
zu Cäjar über und fämpfte unter demjelben, jedoch 
nicht bejonders glüdlid. Nach Rom zurückgekehrt, 
wurde er nach jeiner Adoption durch einen Ple— 
bejer Lentulus Boltstribun und juchte mun unter 
heftigiten Kämpfen mit andern Kollegen ein Geſetz 
wegen Schuldenerlaflung durchzubringen, erreichte 
aber jeinen Zwed nicht, da Cäſar, inzwiſchen zu— 
rüdgelehrt, denjelben vereitelte. Cie. ad Att.6,6,1. 
ad fam. 14, 14. Gr mußte den Gäjar nun nad) 
Afrifa und Spanien, two er verwundet wurde, be- 
gleiten: er jollte Nonjul werden; Cäſars Tod ver— 
eitelte dies jedoch. App. b. e. 2, 12%. Cie. Phil. 
2,32. Vell. Pat. 2, 58. Zwar jchloß er nun ſich 
Cäjars Mördern an und wütete jelbjt gegen eine 
columna des großen Toten, beruhigte ſich aber, 
als Antonius ihm die Provinz Syrien verſchaffte, 
wohin er, troß feines Nebenbuhlers Caſſins, ab: 
ging. Unterwegs brachte er Gelder zuſammen und 
lie den Trebonius, einen bon Gähars Mördern, 
zu Smyrna umbringen. Wegen diejer Berbrechen 
in die Acht erklärt, wurde er von Caſſius an: 
gegriffen und Laodikeia, jein Aufenthalt, eingenom- 
men, worauf er ſich durch einen Soldaten töten 
ließ. Plut. Ant. 11. Brut. 26. Vell. Pat. 2,60. 6%. 
Dio (ass. 47, 29. Cie. ad fam. 12, 15. Seine 
Gattin Tullia jtarb vor ihm, nachdem fie 2 Söhne 
geboren hatte, nach furzer, micht glücklicher Ehe, 
und auch Cicero, der ihn jonft liebgewonnen hatte, 
wandte fich wieder von ihm ab. Abhandlung von 
Wegehaupt (1850). — 26) %. Corn. Cinna, zeich- 
nete ſich zuerjt im italischen Bundesgenofjenfriege 
aus und erhielt im J. 87 v. E. das Konſulat als 
Anhänger der Bolkspartei. Bon Sulla bei dejien 
Abgange nach Aſien durch einen Eid verpflichtet, 
die beitehenden Einrichtungen wicht anzutaften, 
machte er dennoch jofort mehrere Borjchläge, welche 
u bheitigen Kämpfen Anlaß gaben und ihn zur 
Flucht aus Rom mötigten. Mit Hülfe der bei 
Nola lagernden Truppen nahm er Nom ein, gab 
den Sklaven die Freiheit und mußte in den erjten 
Tagen den nadı Blut dürjtenden Warins gewähren 
laffen, bis er, um den Greueln desjelben Einhalt 
zu thun, mit Sertorius eine große Anzahl der 
mordenden Sklaven niederhauen ließ. App. b. e. 
1,64 ff. Flor.3, 21. Cie, Phil,8,2. Mit Marius 
auch im %. 86 Konſul, nad) defjen baldigem Tode 
mit L. Balerius Flaccus, auch 85 und 84 (mit 
En. Papirius Garbo), rüjtete er mit aller Kraft 
gegen den aus Syrien zurüdlchrenden Sulla, 84, 
wurde aber in demjelben Jahre bei einem Auf: 
ruhre von den Soldaten getötet. Lie. ep. 83. Vell. 
Pat. 2, 24. App. b. e. 1, 78. — 27) Sein Sohn, 
L. Corn. Cinna, ein Schwager Cäſars, fehrte 
nad) längerem Aufenthalte bei Sertorius nadı Nom 
zurüd, lobte die Mörder Gäjars als Prätor im 
3. 44 v. E., weshalb die alten Krieger des Er- 
mordeten ihn einſt Öffentlich mit Steinen warfen. 
Beim Leichenbegängms entging er der Vollswut 
nur durch Berwechjelung mit einem Anhänger 
Gäjars, Helvius Einna, welcher umgebracht wurde. 
Plut. Caes. 68. Brut. 18. Suet. Caes. b, 8. — 
25) En. (nah Caſſius Dio %.) Corn. Cinna 
Magnus, nahm, obwohl von Dctavian vielfach 
begünftigt, doch an einer Verſchwörung gegen ihn 
teil, der ihm abermals verzieh und ihn dadurch 


Cornelius Nepos — Corsica. 


ganz für jich gewanı, 5 v. C. Die Cass. bb, 14. 
Sen. de clem. 1, 9. — 29) Cornelia, die Tochter 
des älteren Scipio, vermählt mit Ti. Sempronius 
Grachus ij. Sempronii, 13.). — 30) Corne: 
lia, Tochter des erften Cinna, Gemahlin Cäjars, 
Mutter der Julia, jtarb im J. 68 v, C. Siehe 
auch Cossi und Sullae. — Minder bedeutend 
find die Mitglieder der Zweige Mammulae und 
Merulae. — Außer der patriciichen Linie gab 
es plebejifche Eornelier Balbi ij. d.). 
Cornelius Nepos j. Nepos. 


Cornieülum, alte latinifche Stadt an den gleich: 
namigen Bergen, nördlich von Tibur, befammt als 
Stadt der Eltern des Servius Tullius; j. vielleicht 
Monticelli. Liv. 1, 38. 

Cornifleli, 1) Quintus Corm., aus plebeji: 
ſchem Stande, Mitbewerber Liceros um das Kon: 
ſulat (64 v. E.) Nach Entdedung der catilinari: 
ihen Verſchwörung wurde der an ihr beteiligte 
E. Eethegus jeiner Obhut übergeben. Cicero hatte 
mit ihm Berfehr. Cic. ad Att. 12, 14,2. Sall. 
Cat. 47. — 2) Sein Sohn, DO. Corn, Anhänger 
Eäjars, zu deſſen Gunften er im %. 48 v. E. Illy— 
ricum unterwarf. Cues. b. Aler. 42. Nach längerem 
Aufenthalte in Rom jandte ihn Cäjar (46) nad 
Syrien (Cie. ad fam. 12, 18, 1), worauf er nad) 
defjen Tode die Provinz Afrika vom Senate erhielt 
und fie glüdlich gegen den von Antonius gefandten 
Statthalter behauptete, 44. Cie. ad fam. 12, 25,1. 
Später ſchloß er fich dem jüngeren Bompejus an 
und fiel im J. 41 im Kampfe gegen die Trium: 
virn. Liv. ep. 123. App. b. c. 4, 36. Dio Cass. 
48, 17, Gicero, der ihm feinen orator fandte, 
ftand, nach jeinen Briefen (ad fam. 12, 17—30) 
zu ſchließen, in freundlichem Berhältniffe zu ihm. 
Auf Duintilians Zeugnis find ihm mit guten 
Gründen die Khetorica ad Herennium beigelegt 
worden (j. die Ausgabe von E. L. Kayſer, 1854). 
Ob er identiich mit dem Dichter, welcher unter 
Catulls Freunden ericheint (Catull, c. 38. Or. 
trist. 2, 436), und einem Grammatiler diejes Na: 
mens ift, bleibt zweifelhaft. — 3) 8. Eorn., 
Ankläger de3 jüngeren Brutus (Plut. Brut. 27), 
fämpfte ald Anhänger Octavians im %. 38 v. C. 
und machte (36) einen ruhmvollen Nüdzug mit 
den ihm anf Sicilien anvertrauten Truppen, wo— 
für er das Jahr darauf Konſul wurde. Dio (ass. 
49, 5—T7. App. b. c. 5, 80. 86. 111 ff. Well, 
Pat. 2, 79. 

Cornüa, 1) Blasinftrumente, ſ. Musica, 8. 
— 2; Im Seewejen der Römer bezeichnet das Wort 
die Enden der Raaen, griehiich drunegum. — 
3) In der Schladhtreihe heißen jo die beiden äußer: 
ften (Flügel, daher cornu dextrum und sinistrum, 
wo die alae sociorum aufgeftellt waren. 


Cornüti, 1) Gaius, Tribun (61 v. E.) und 
Prätor (57), wird von Cicero, um deſſen Nüdfehr 
aus dem Eril er ſich verdient machte, wegen feiner 
Sittenftrenge als Pſeudo-Cato gelobt. Gic. ad Att. 
1, 14,6. — 2) M. Eorn., befehligte im marfiichen 
Kriege als Legat und wurde im J. 87 v. E. durch 
die. Lift feiner SHaven von dem Tode, womit ihn 
die Marianer bedrohten, gerettet. App. b. c. 1,73. 
Plut. Mar. 43. — 3) M. ECorn., verwaltete im 
5. 43 v. GE. die jtädtiiche Prätur und vertrat zu: 
gleich die abwejeuden Konſuln Hirtius und Panja. 
Cie. Phil, 14, 14, 37, Als er bei der Annäherung 

Reallegiton des tiaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


289 


des Dctavian nach dem Tode der beiden Konſuln 
von jeinen Soldaten verlafien wurde, tötete er ſich 
jelbft. App. b. e. 3, 92. — 4) 2. Unnäus Corn., 
geb. zu Leptis in Afrifa 20 n. E., ein freimütiger 
und rechtlicher Dann, daher dem Nero unangenehm 
und von ihm auf eine einjame Inſel verbannt, 
Freund und Hatgeber des Dichters Perſius, deſſen 
Satiren er aus jeinem Nachlaffe überfam und die 
berbe, bittere Sprache darin milderte, Anhänger 
der Philoſophie der Stoiker, deren Lehren er treu 
befolgte. Er jchrieb aufer andern teils rhetori- 
ichen, teils philoſophiſchen Schriften in griechiicher 
Sprache eine noch vorhandene Schrift: wegl rs 
rar Heor pioewg, heransgeg. von Oſann (1844), 
Die Scholien zu Perfius, Cornuti commentum 
betitelt (am beiten abgedrudt in D. Jahns Mus: 
gabe), ftanımen nicht von diefem E., jondern aus 
viel fpäterer, vielleicht farolingischer Zeit. Unter 
demjelben Namen haben wir ziemlicdy breite Scho- 
lien zu Juvenal. 

Corollarfum, von corolla, wahrjdeinlich mit 
ergänztem aurum oder nes, zunächſt ein aus gol: 
denen und filbernen Blumen verfertigter Kranz, 
wie in der fpäteren Zeit der Nepublif und in der 
Kaiferperiode an Schauspieler oder Freunde zum 
Gejchent gegeben zu werden pflegte; daher jede 
freiwillige Zugabe, Vergütung, Douceur 20. Cie. 
Kerr. 3, 50, 118. 4, 22, 49, 

Coröna, j. 1) Sternbilder, 6; 2) Dona 
militaria, 5. 

Corsica, Koosını), Kogois, doch gewöhnlich bei 
den älteren Griechen 7 Äverog, 159 Meilen 
große Inſel des Mittelmeeres nördlid; von Gar: 
dinien und von dieſem durd die 90 Stadien 
(8 Millien) breite Meerenge rappos, fossa (j. 
St. Bonifazio) getrennt. Das in feiner ganzen 
Länge die Anfer durchziehende, über 2600" hobe 
Gebirge Aureus Mons, rö Xgrooör ögos, j. Monte 
d'Oro, teilt diejelbe in eine Öftlihe mäßig an: 
gebaute Hälfte und in eine bloß mit Wald bededte 
weitliche; im W. liegt audy noch das Gebirge 
Rhoetium (j. Punta dei Pinſolo. Das nördlichite 
Borgebirge ift das Prom, sacrum (legöv &xgor), 
j. Capo Corſo. Unter den Flüſſen find zu merken: 
an der Dftfüfte der Tula, j. Solo, der bei Ma: 
riana mündet, füdlicher der bei Aleria mündende 
Rhotanus (Poravog), j. Tavignano. Außer den 
genannten Städten find die wichtigsten an der Dit: 
füfte im N. Mantinorum urbs, bei dem heu: 
tigen Baftia, und Elunium (j. St. Catharina); 
an der Weftieite: Genturium (j. Porto di Een: 
turi), Urcinium dj. Orcine), Bauca;z an der 
Südküſte Marianum und Bella. Der befte Hafen 
war der Syracusanus Portus (Zvgaxoarog kur), 
j. Golfo di Porto Becchio. — Hauptprodufte waren 
Schiffsbauholz, Pech, Teer, Honig, Wachs und 
Vieh. — Die Bewohner des ziemlich rauhen Landes, 
Corsi (Kogso/), galten als rohe, meift von Vieh: 
zuct und Raub lebende, den Aderbau vernad): 
läjfigende Barbaren. So faht fie Strabon auf, 
etwas befler jchildert fie Diodor (5, 14). Sie 
waren ſehr gemifcht, indem zu Bewohnern iberi- 
ſchen Stammes ſich jehr viele Ligurer, jowie Tyr- 
rhener, Sarthager und Griechen gejellt hatten; 
legtere gaben aber ihre einzige Kolonie, "Alain, 
Aleria, bald wieder auf. Die Römer, welche nach 
dem erften punifchen Kriege in Beſitz der Inſel 
famen (j. Cornelii, 7.), verbanden jie mit Sar: 

19 


290 Cortona — Crates 


dinien zu Einer Provinz und führten unter Sulla| Cosroös ſ. Chosroös, 
und Marius Kolonien Babin. Strab. 5, 224. Cossi, eine zum cornelijchen Gejchlechte (j. d.) 
Cortöna, Kögoror«, Koörwv, bei den Römern | gehörige Familie, aus der folgende Männer her- 
meift Crotona, die Einwohner -Crotonenses ge: | vorragen: 1) 2. Eorn. E. Maluginenjis. — 
nannt, j. Cortona, Stadt im öftlichen Etrurien, | 2) U. Corn. Eojj. Maluginenjis. — 3) der 
nördlid) vom Trafimeniichen See am Fluß Elanis, | gleichnamige Sohn desjelben. S.Cornelii, 1-3. 
eine der älteften Zwölfftädte, vielleicht Hauptjtadt | — 4) P. Corn. Rutilus Eojjus, zu wieder: 
des nördlichen Etruriens wie Tarquimii des ſüd- holten Malen Trib. militum, erfodht 408 v. C. 
lihen. Liv. 9, 37. Diod. Sie. 20, 25. Als Kolonie | als Diktator einen unbedeutenden Sieg über die 
der Römer fam jie nicht zu großer Blüte, doc | Voljfer bei Antium. Liv. 4, 57. — 5) U. Corn. 
zeugen noch die pelajgiichen Mauerrejte von ihrer | Coſſus Arvina, Magister equitum unter dem 
Bedeutſamkeit in alter Zeit. Diktator T. Manlius Torquatus 349 v. C., Konjul 
Coruneanti, 1) Tiberius, ein Plebejer, fämpfte | 343, mußte gleich beim Ausbruch des jamnitischen 
(280 v. €.) als Konſul ruhmreich gegen die Etrujfer | Krieges in Samnium einfallen, wo er aber auf 
und Pyrrhos (Eutr. 2, 12) und wurde im J. 2583 einem ungünftig gewählten Terrain vom Feinde 
der erfte plebejiiche Pontifer Marimus. Liv. ep. 18. — Pr und nur durch die Kühnheit und 
Cie. Brut. 14,55. n.d. 1,41, 115. de dom. 54, 139. | Klugheit feines Legionstribunen P. Decius Mus 
Ein Freund des M’. Eurius und Fabricius, ftand | gerettet ward, jo daß er einen entjcheidenden Sieg 
er wegen feiner ftaatsmännischen Weisheit und in der Gegendxder Caudiniſchen Päſſe davon trug. 
Frömmigkeit, ſowie wegen jeiner juriftiichen Kennt: | Liv. 7, 28 ff. Er feierte einen Triumph, erhielt 
niſſe in großem Anjehen. Cie. Lael. 5, 18. Cat. ım.| das Konfulat und 322 die Diktatur. Liv. 8, 17. 38. 
6, 15. 9, 27. — 2) E. und 3) 2. Eorunc., 2 Brü: | — 6) P. Corn. Coſſus Arvina, Konful im 
der, gingen als Gejandte im J. 230 v. C. nach J. 306 dv. E., zog mit einem Heere gegen die 
Illyrien zu der Königin Teuta, deren Unterthanen | Samniter und befiegte fie. Ziv. 9, 42f. Im J. 294 
durd; ihre Seeräubereien den Römern mandherlei | war er Cenſor, 288 zum zweitenmal Konful. 
Schaden zugefügt hatten. Einer der Brüder jprah | Cossinii, 1) 2. Cojjinius, ein Freund des 
mit ſolcher Freimütigkeit, daß Teuta die jchon ab: | Cicero und Atticns, gehörte dem NRitterftande an. 
ereiften Gejandten wieder zurüdholen und den | Cic. Balb. 23,53. ad fam. 13, 23,1. — 2) Eofji- 
Redner umbringen ließ (Pol. 2, 8); nad Florus nius, gleichfalls aus ritterlihem Stande, Freund 
(2, 5) wurden beide getötet (nadı Appian jchon | des Nero, ftarb bei einer Krankheit durch die 
vor der Landung). App. Ill. 7. Oros. 4, 13.| Schuld eines unmwiffenden Arztes, welcher ihm Gift 








Liv. ep. 20. eingab. Plin. 29, 30, 93. 
Corvinus j. Valerii, 33. ossutiänus Capito, benußte unter Claudius 
Corvas, 1) römijches Cognomen, ſ. Valerii, 11. |jeine Stellung als Sachwalter zu unerlaubten 
— 2) j. Belagerung, 16. Selderwerb. Nicht beſſer machte er es unter Nero 


Cosa, richtiger Cossa, auf Münzen Colonia | als Statthalter von Kilifien, 56 n. C. Bon den 
Julia Cossa, Stadt Etruriens, welche nach dem Kilikiern deshalb verklagt und verurteilt, jedoch 
Falle von Falerii in die Neihe der Zwölfſtädte durd die Vermittelung feines Schtwiegervaters 
eintrat, in der Nähe des Meeres am Berge Argen: | Tigellinus gerettet, rächte er fich jpäter an dem 
tarius, mit gutem Hafen, Portus Herculis (nod) | Anwalt der Hagenden Kilitier, Thraſea Pätus, 
j. P. d’Ercole), jeit 275 v. E. römische Kolonie; | durch eine Anklage desjelben. Tae. ann. 11, 6. 
j. Ruinen Anfidonia. Liv. 22, 11. 33, 24. Tac.| 13, 33. 16, 21 ff. 28 ff. 
ann, 2, 39, Costum, costus, griechiſch #doros, xöoror, die 
Coseonli, 1) Marcus, fiel im I. 203 v. E. | Wurzel eines indiſchen Strauch, gehört nebft nar- 
als Kriegstribun im Kampfe gegen den Farthagi: | dum, dem Blatte einer Pflanze, zu den wohl: 
ichen Feldherrn Mago in Oberitalien. Liv. 30, 18. | riechendften indifchen Spezereien; beide hießen 
— 2) C. Coſe., kämpfte als Prätor im J. 89 v. E. | daher auch vorzugsweije radix et folium. Plin. 
im Bundesgenofjenkriege gegen die Samniter mit | 12, 12, 25. Hor. od. 3, 1, 44. 
wechjelndem Glüde und unterwarf mehrere der) Cotta j. Aurelii und Aurunculeius, 
aufitändiichen Völkerſchaften. Er jcheint jpäter (78)] Cottiae Alpes j. Alpes. 
in Dalmatien glüdlich gefochten zu haben. Eutr.| Cottius, 1) König mehrerer Alpenvölfer, wurde 
6, 4. Oros. 5, 23. — 3) E. Eofe., Prätor im | von Auguftus an die Spike der von den Römern 
J. 63 v. C., protofollierte nad) Entdedung der | unterworfenen Bölkerichaften in den Weftalpen ge: 
catilinarifchen Verſchwörung als Mitglied der dazu | ftellt und legte Straßen durch die Gebirge an; 
ernannten Kommilfion alle die Verſchwörung be: | aud)- errichtete er im I. 8 v. E. zu Ehren des 
treffenden Ausjagen. Gie. Sull. 14, 41. Im J. 62 | Auguftus den noch erhaltenen prächtigen Triumph; 
verwaltete er ald Profonjul das jenfeitige Spa: | bogen zu Segufio (Suja). Amm. Mare. 15, 10, 2. 
nien und wurde nad feiner Rüdlehr in einen | — 2) Sein Sohn, M. Julius Cottius, Präfelt 
Repetundenprozeh verwidelt. Er ftarb im J. 59 | der Cottifchen Alpen, erlangte durch Claudius eine 
in Campanien. Cie. Vat. 5, 12. ad Att. 2, 19, 4. | Vergrößerung feines Gebietes und den Königs: 
— 4) C. Eojc., Tribun 59 v. E,, 2 Jahre jpäter | titel. Nach Ad Tode wurde dasjelbe von den 
Adil, Nichter in der Sache des Seftius 56, dar: | Römern unter Nero in Beſitz genommen und zur 
nad) Prätor und 47 bei dem Aufftande der cäja- | Provinz Alpes Cottiae gemacht. Dio Cass. 60, 24,4. 
rianiichen Legionen ermordet. Er war mit Cicero | Swet. Ner. 18. Eutr. 7, 14. 
ſehr befreundet. Cic. Vat.7, 16. Plut. Caes.51. —| CovinnarYus j. Essedum. 
5) D. Coſe., gelehrter Grammatifer im 1. Jahrh. Crassus f. Lieinii, 8-19. u. Papirii, Il, A. 
v. C. — 6) ein Epigrammendichter zur Zeit Mar: | rates, Flechtwerk aus biegſamen Zweigen, 
tial® (Mart. 2, 77. 3, 69). das im Kriege mehrfach angewendet wurde, 3. B. 


Cremera — Üulex. 


als Bedeckung der Brüden (Caes. b. g. 4, 17), oder 
als Bruftwehren auf Lagerwällen (Veg. 1, 24), 
oder zur Ausfüllung von Gräben (Caes. b. g. 7, 79), 
auch als Schanzförbe, hinter denen die Schleu— 
derer und Bogenjchüßen die feindliche Beſatzung 
der Mauern beichoffen. Caes. b. g. 7, 81. Über 
eine eigentümliche Art jolcher mit Steinen gefüll: 
ten Körbe, metellae, und deren Beſtimmung ſ. 
Belagerung, 4. 

Cremöra, rechtes Nebenflüchen des Tiber, bei 
Fidenä miündend, befannt durch den Untergang 
des fabiſchen Geſchlechts, 479 v. E.; j. Balca. 
Liv.2, 48 ff. Dion. Hal, 9, 5 ff. Ov. fust. 2, 195 ff. 

Cremöna, Kosuorn, noch j. Cremona mit Rui- 
nen, öftli) von der Mündung der Addua in den 
Padus an leßterem Fluſſe, im Lande der Ceno— 
manen, wichtiger Grenzpoften gegen die galliichen 
Bölfer und 219 v. E. kolonifiert (Lir. 21, 25) mit 
den Rechten eines Munieipiums. Tac.hist.3, 30.34. 
Slänzende Gebäude und das größte Amphitheater 
Italiens ſchmückten die Stadt, welche im vitelliani- 
ſchen Kriege im J. 69 n. E. von den Soldaten 
des Beipafian furdtbar zerjtört wurde. Tac. hist. 
3,29 ff. 34. Erft im Mittelalter ftieg fie wieder 
zu namhafter Bedeutung empor. Strab. 5, 216. 

Cremutius Cordus, Aulus, ein Gefchicht: 
ichreiber aus dem Zeitalter des Auguft und Tibe- 
rius, durch feine Freimütigfeit dem leßteren. ver: 
dächtig. Die ruhmvolle Erwähnung des Brutus 
und Caſſius in jeinem Gejchichtswerte wurde ihm 
zum Verbrechen geftempelt; und obgleih er zu 
jeiner Rechtfertigung auf das Beiipiel des Livius 
und Aſinius Pollio fich berief, konnte er doch der 
Hinrihtung wohl nur durch einen freiwilligen 
Hungertod entgehen, 25 n. C. Geine Tochter 
Marcia, an welche Seneca ein eigenes Troftichreiben 
richtete, joll des Vaters Schriften, welche zur Ver: 
brennung verurteilt waren, gerettet haben, ohne 
daß fie jedoch auf uns gekommen find. Tac. ann. 
4,34. Suet. Tib. 61. Dio Cass. 57, 24. Quint. 
10, 1, 104 (wo nad der genialen Konjektur don 
Nipperdey zu leſen ift: habet amatores, nec 
immerito, Cremuti libertas, quamquam ceir- 
cumcisis, quae dixisse ei nocuerat). Abhand- 
lungen von Jul. Held (1841) und Rathlef (1860). 

Crepidae j. Kleidung, 10. 

Cretio j. Erbrecht, 1) 5. 

Crimen ſ. Delietum. 

Crispinus, 1) ein ftoifcher Tugendichwäßer, von 
Horaz (sat. 1, 1, 120. 3, 129. 4, 14. 2, 7, 45) ver: 
fpottet. Die Scholien nennen ihn Plotins Criſp. 
und fagen: hie poeta fuit, qui sectam stoicanı 
versibus seripsit. — 2) ein äghptiicher Slave, 
der bei Domitian in große Gunft fam. Juv. 1, 24. 
4,1.—3)f.Quintii, B,5—7.— 4). Commodaus. 

Crispus ſ. Constantinus und Sallustius. 

Crustae, aud wohl emblemäta, hießen bei den 
Nömern die an Meinen Kunftwerfen, z. B. Trink— 
gefäßen, in Relief — oder auch ein— 
geſchnitzten Arbeiten, die gleichſam als Überzug 
oder Rinde dienten, eine Art Stuccatur oder 
Muſivarbeit. Außer Bernſteinbechern mit zier— 
lichem Schnitzgebilde waren beſonders goldene be— 
liebt, in welche man Edelſteine einſetzte, teils un— 
geſchnittene ganze, teils gravierte Halbedelſteine, 
die, um anderswo zum Zierat zu dienen, heraus— 
—— werden fonnten, auch wohl in Ring— 
äftchen oder Daftyliothelen verwahrt wurden. Cie. 


291 


Verr. 4, 23. Plin. 35, 12, 45. Juv. 5, 38. — Auch) 
nannte man jo feine Stüdchen Marmor von ver: 
ichiedener Art und farbe, womit man die Fuß— 
böden der Häujer auslegte, jonft pavimenta sectilıa 
(Suet. Caes. 46) oder emblemata vermiculata. 
2al. Cie. de or. 3, 43. Daher en auch Künft: 
fer, die mit dem Grabftichel Injchriften oder Ber: 
zierungen in Metall arbeiteten und fie mit Emaille, 
Gold oder Silber ausfüllten, cerustarii. Plin. 
23, 12, 55. 

Crustumerfa oder -um, jabinijche Stadt nörd: 
li von Rom und Fidenä, unfern vom linken Ufer 
des Tiber, eine der erjten Eroberungen des römi- 
ichen Staats; j. Monte rotondo. Zar. 1, 9. 2, 19. 
5, 37. Die Einwohner Crustumini. 

Ernx, die Kreuzesftrafe, welche aus dem Auf: 
hängen an der arbor infelix hervorgegangen ift, 
war die härtefte Strafe und wurde eigentlich nur 
bei Stlaven angewendet (servile supplicium, ser- 
viles eruciatus, Tac. ann. 3, 50), jpäter auch bei 
Beregrinen und Bürgern, welche humiles waren. 
Straßenraub, Seeräuberei, Meuchelmord, Aufruhr 
und Hochverrat wurden am Kreuze gebüßt. Der 
Delinquent wurde, eine furca oder ein patibulunı 
tragend, unter Geißel- und Rutenhieben an ben 
Ort der Erekution geführt und an der crux, dem 
an der Richtftätte aufgerichteten Pfahle, fo hinauf: 
gezogen, daß das patibulum die Querbalten des 
Nreuzes bildete. Mit den Händen ward er an 
diefes, mit den Füßen an den Pfahl feitgenagelt. 
Die evangelifche Darftellung des jein Kreuz tra: 
genden Heilandes widerftreitet der römijchen Sitte 
nicht, obwohl neben patibulum fertur, damnati 
in erucem azguntur, tolluntur, cruci affiguntur 
ſich eruei figere nicht findet. Unterjuchung vom 
Standpunkte hriftlicher Archäologie von Zeitermann 
in 2 Leipz. Programmen (1866, 1867). 

Crystatlina, sc. vasa, Waren don reinen, 
weißem und durchjichtigem Glas, was wir aud) 
Kryitallglas nennen. Plin. 37, 2, 11. Juv. 6, 155. 

Cubital, eine Art Armpolfter oder bequemes 
Kiſſen, welches man beim Eſſen oder anderm Liegen 
unter den Arm jchob; bisweilen auch zum be: 
quemeren Anlegen des Kopfes, wie bei den Griechen 
das moogxepdiuor. Hor. sat. 2, 3, 255. 

Cubitus j. Male. 

Cueullus ſ. Kleidung, 10. 

Culeita, eigentlich jeder mit Federn, Wolle, 
Stroh oder andern Dingen geftopfte Sad, daher 
bisweilen aud im Kriege gebraucht, um dem Stoße 
des feindlichen Sturmbods zu wehren; bejonders 
aber ein Pfühl oder eine Matratze, oft von jehr 
prächtiger und foftbarer Art, wie fie beim Eſſen 
auf das Speijejofa (lectus) gelegt wurden. Cie. 
tusc. 3, 19. Suet. Tib. 54 u. ö. 

Cülens, 1) der lederne Sad, in welchen die 
parrieidae eingenäht wurden, ehe fie in den Fluß 
hinabgejentt wurden. Cie. Rose. Am. 15. 16. 25. 
Heinrich zu Juvenal ©. 344. — 2) ein Maß, |. 
Mafls, 

Cülex, eins der Hleineren angeblich vergiliichen 
Gedichte, in welchem der Schatten einer getöte- 
ten Müde eingeführt wird und jeine Beftattung 
wünscht, „in Bezug auf Kompofition und Ausfüh— 
rung ebenjo jchülerhaft, wie mufterhaft hinfichtlich 
des Versbaues“; mwahrjcheinlich aus der zweiten 
Hälfte des 1. chriftlichen Jahrhunderts. Es jcheint 
die Nachdichtung eines von Vergil gedichteten, aber 

19* 


292 


von diejem vernichteten Gedichts zu fein; andere 
halten es in jeinem Kerne für eine Jugendarbeit 
des Vergil, die durch zahlreiche Jnterpolationen 
(vielleicht von Schülern einer Rhetorenichule) ihren 
jeßigen Umfang erhalten habe (jo Rich. Hilde: 
brandt in feiner Abhandlung, 1887). 

Culpa, im w. ©. jede unfittliche oder rechts: 
verlegende Handlung, im e. S. Nichtanwenden der 
nötigen Sorgfalt ohne animus nocendi. Dieje 
Lehre ift im Eivilrecht wegen des für culpa zu 
leiftenden Schadenerjages und im Mriminalrecht 
wegen der Diftinftion der Verbrechen jehr wichtig. 

‚umae j. Kyme. 

Canöus, 1) eine feilförmige Abteilung der Zu: 
ſchauerſitze im Theater, Amphitheater und Cirlkus, 
gebildet durch die Treppen und Stiegen, welche 
von der unterften bis zur höchſten Sigreihe hinauf: 
liefen; griehiich »eoxig (f. Theatron, 4.) — 
2) eine feilförmige Schlachtordnung, um auf einer 
Stelle den Angriff zu konzentrieren und durchzu: 
brechen. Veg. 3, 19f. Caes. b. g. 6, 40. In der 
gemeinen Soldateniprache wurde jolcher Keil mit 
einem Schweinsfopf verglichen und caput por- 
einum genannt. Veg. 3, 19. Man entging diejem 
Stoße durd den ſ. g. forceps, Zange, d. i. einen 
umgelehrten cuneus in Geftalt des Buchitaben V; 
man lieh den Keil in die Offnung hineindringen 
und griff ihn alddann von den Seiten an. Liv. 
39, 31. In der Schlacht bei Cannä (Liv. 22, 47) 
ichlugen die Römer den Andrang eines Keils 
zurüd; indem fie aber zu eifrig nachdrangen und 
derſelbe immer weiter hinter die übrige Schlacht— 
reihe zurückwich, wurden fie überflügelt. — Bis— 
weilen ift cuneus gleichbedeutend mit phalanx 
(Liv. 32, 17), eine tiefgeftellte, ſchmale Abteilung 
(daj. 8, 10), auch wohl im allgemeinen nur ein 
dichtes Viered. Zac. hist. 4, 20. 

Cunicüli, Cunieularii j. Belagerung, 5. 

Copa, ein großes irdenes Weingefäß, welches 
im Keller lag, wie die dolia und seriae. Dieje 
wurden vor dem Gebrauche ausgepicht. 

Cupido j. Eros. 

Cupra maritima, anjehnlidhite Seeftadt in 
Bicenum, j. Ruinen Grottamare in der Nähe des 
N. Marano, mit einem jchönen, angebli von Pe— 
aſgern erbauten, von Hadrian reftaurierten Juno: 
tempel. Strab. 5, 241. Mela 2, 4. 

Copressus, auch nad) dem Griech. cyparissus, 
ein immergrüner (semper virens, Linn.) jüblicher 
Waldbaum, wächſt einheimiſch auf Kreta, vorzüg— 
fih auf den Idaiiſchen Bergen, und ohne große 
Pilege. „Die weibliche, in Byramidengeftalt, unter: 
brach die gereiheten Fichten oder Zirbelbäume der 
römiichen Gärten (Verg. @. 4,112); aus der männ: 
lihen zog man, wie aus Buchsbaum, gejchorene 
Heden und VBorftellungen von Landſchaften, Jagden, 
Flotten.“ Voß zu Verg. @. 2, 84. Er erhebt ſich 
in jehr hohen Phramiden und gibt das dauerhaf: 
tefte Bauholz. Hom. Od. 17, 340. Verg. E. 1, 25. 
Er war wegen des dunflen jchwärzlichen Grüns 
feiner Blätter dem Pluton geheiligt und wurde 
vor den Häuſern Geftorbener, um den Scheiter- 
haufen, am Grabe aufgepflanzt (darum funebris, 
Hor. epod. 5, 17; feralis, Verg. A. 6, 216. Or. 
trist. 3, 14, 21; invisa, Hor. od. 2, 14, 23), nad) 
der Erflärung des Feſtus ideo, quia huius gene- 
ris arbor caesa non renascitur, 

Cura j. Tutela. 


Culpa — Curiatins Maternus. 


Curatöres, urſprünglich außerordentliche Be— 
amte, welche die Aufficht über gewifle Dinge führten; 
in der Kaiſerzeit jchr gewöhnlich, z. B. alveiet ripa- 
rum, denen die Sorge für die Ufer des Tiber oblag, 
aquarum, Inſpeltoren der Aquädulte, cloacarum, 
der Kloaken, frumenti, mit der Berteilung des 
Getreides beauftragt (j. Largitio), monumen- 
torum publicorum tuendorum, operum publi- 
corum, pecuniae publicae, tabularum publi- 
carım, viarum, regionum 1. a., deren Bedeutung 
aus dem Titel, den fie führten, erhellt. Auch hatten 
manche Korporationen Euratoren, welche auf In— 
ichriften oft genannt werden. 

Cures, -ium, Ävgsis, j. Dorf Correſe, die 
alte, von den Sabinern gegründete Hauptitadt 
des Volls, von der der Name Quirites berrühren 
jollte, Heimat des Titus Tatius und des Numa. 
Lit. 1, 13. 

Curötes j. Kureten unter Zeus und Rhea 
Kybele, 

CurYa. Jede der 3 patriciihen Tribus Ram: 
ues, Tities und Luceres zerfiel in 10 Eurien oder 
Abteilungen, jo dah e3 zujammen 30 Eurien waren. 
Liv. 1, 13. Jede Eurie, als großer Gejchlechter: 
fompler, enthielt eine Anzahl, nad) der Anficht 
einiger gerade 10 gentes und hatte bejondere 
sacra, zu welchem Behufe eine jede Eurie einen 
Verſammlungsort und einen Opferplaß bejaß, eben: 
fall curia genannt. Aus den Eurien wurden die 
Senatores und Equites genommen, alle Eurialen 
aber waren Mitglieder der Euriatcomitien. Bon 
den Namen der 30 Eurien fennen wir nur wenige, 
$ B. Titia, Faucia, Calabra, Forienfis u. a. 
dach der Sage waren fie von den ſabiniſchen 
Frauen hergenommen. Liv. 1,13. — Curiae hießen 
auch gewijje Verfammlungsorte, 3. B. des Senats. 
Über dieje curiae, namentlich die des Tullus Hofti- 
lius und die nad) dem Brande 52 v. E. erbaute 
curia Iulia, j. Roma, 8. 10, 

Curiatli, Drillingsbrüder aus Alba —* 
welche im Kampf zwiſchen Rom und Alba um die 
Herrſchaft mit den ihnen verwandten Horatiern, 
gleichfalls Drillingen, kämpften und nach Erlegung 
zweier Horatier von dem letzten derſelben durch 
Liſt einer nach dem andern getötet wurden. Liv. 
1,24ff. Dion. Hal. 3, 13 ff. 22. 29. Der eine 
von ihnen, Attus Euriatius, war mit einer Schweiter 
der Horatier verlobt. So nad) der gewöhnlichen 
Erzählung. Nach neueren Unterfuchungen jcheinen 
beide Namen, der der Euriatier wie der der Ho: 
ratier, jo viel ald PBatricier zu bedeuten: aljo 
Männer patriciichen Standes fümpften miteinander 
(nit Männer aus dem gemeinen Volke), weshalb 
auch dem Janus Guriatius, d. h. dem Gotte der 
Batricier, ein Altar errichtet wurde. Später eriftierte, 
angeblid aus Alba verpflanzt, in Rom ein Ge- 
ichlecht der Euriatier, aus welchem Livius (3, 32) 
einen Konjul für 453 v. E. und (daj. 33) einen 
Decempir nennt. Aus jpäterer Zeit wird für das 
Jahr 401 v. E. ein Volkstribun P. Curiatius 
genannt (Liv. 5, 11f), jowie im %. 138 v. C. 
ein Bolfstribun C. Curiatius vorfommt, welcher 
die Konfuln des Jahres einkerfern lieh, weil fie die 
Befreiung von der Aushebung nicht hatten zuge: 
jtehen wollen. Liv. ep. 55. Cie. legg. 3, 9, 20. 
Val. Max. 3, 7, 3. 

| Curiatins Maternus, Sachwalter zur Zeit des 
| Domitian in Rom, war zugleich Redner und Dichter. 


Curii — Curtii. 


In Tacitus’ dialogus de oratoribus tritt er ala 
eine Hauptperfon und als Lobredner der Dicht: 
funft, in welcher er ſich jelbft verjuchte, auf. Er 
verfahte ng ion einen Thyeftes und eine Medea, 
behandelte aber auch Gegenftände aus der römischen 
Geichichte, 3. B. den Cato, Domitius; doch ift nichts 
auf uns gefommen. Er jcheint 91 m. E. durch 
Domitian getötet worden zu fein (Dio Cass. 67, 12). 

Curji, 1) M. Eur. Dentätus, aus plebe: 
jiichem Gefchlechte, ein homo novus (Cie. Mur. 
8,17), trat zuerjt ald Bolkstribun gegen Appius 
Claudius Cäcus auf, als derielbe der Wahl eines 
Plebejers zum Konſulate entgegenwirkte, und jchlug 
290 v. E. als Konful die Samniter völlig, darauf 
die Sabiner, die unterworfen und römijche Bürger 
wurden. Kutr. 2,9. Vell. Pat. 1,14. Im J. 275 
erhielt er abermals das Konſulat, rüftete mit aller 
Kraft und mit ftrenger Truppenaushebung gegen 
Pyrrhos und befiegte denjelben in der enticheiden: 
den Schlacht bei Beneventum, wodurch er Rom 
befreite. Cie. Cat. m. 16, 55. Val. Max. 6,3, 4. 
Flor. 1, 18. Nach einem glänzenden Triumphe 
wählte F das dankbare Volk zum drittenmale 
zum Konſul, worauf er die von neuem aufgeſtan— 
denen Völker Unteritaliens unterwarf (274). Er 
ſtarb 272 bald nach Antritt der Cenſur. Er war 
ein Muſter ſeltenſter Einfachheit, Unbeſtechlichkeit 
und Uneigennützigkeit, daher auch Gegenſtand des 
beſonderen Lobpreiſes der Dichter (vgl. Hor..od. 
1, 12, 41), Repräjentant der altehrwürdigen Sitte. 
Nach — der Sabiner nahm er von dem 
gewonnenen Lande nur ein kleines Stückchen für 
fih, wie ed der geringfte Bürger bejaß, und be- 
baute es mit eigenen Händen, jo oft er in den 
Privatftand zurückkehrte. Dort wies er einft die 
Geſchenke der jammitiichen Abgeordneten zurüd, 
indem er fagte, er wolle lieber ſolche bejiegen, 
welche Geld hätten, als es jelbft haben. Plut. Cat. 
mai. 2. Cic. Cat. ın. 16, 55. Front. strat. 4, 3, 12. 
Val. Max. 4, 3,5. Auch von der großen, dem 
Porrhos abgenommenen Bente eignete er fih nur 
ein hölzernes Opfergeräte zu. — 2) M. Eur, 
befannt aus einem Erbichaftsprogeile vor 91 v. C. 
Er war durch substitutio pupillaris von einem 
gewiſſen Coponius zum Erben eingejegt. Als aber 
diejem gar fein Sohn geboren wurde, erhob ein 
Verwandter des Erblafliers Einiprache als Inte: 
ftaterbe. Somit lag ein Konflikt zwiichen dem 
scriptum und der sententia vor. Scävola ver: 
teidigte die Ansprüche des Coponius, weil die 
Bedingung des Teftaments nicht eingetreten wäre; 
Craſſus machte die Willensmeinung des Teftatord 
geltend. Eicero jchildert die Verhandlungen jehr 
lebhaft (Brut. 52, 195) und kommt auch jonft oft 
darauf zurüd, wie de or. 1, 39. 57. 2,6. 32. 54. 
— 3) M. Eur, ein freund des Cicero und 
Atticns, lange Zeit Negotiator in Patrai, ſetzte 
jene Freunde zu Erben ein. Cicero rühmt ihn 
wegen feiner Humanität (ad Att. 7, 2,3. Vgl. ad 
fam. 7, 28 ff.). — 4) D. Cur., natus haud obscuro 
loco, Teilnehmer an der catilinarifchen Verſchwö— 
rung, deren Pläne er an Yulvia und Cicero ver: 
riet (Sall. Cat. 23. 26). 

Caro, 1) der Borfteher einer jeden Curie, der 
oberfte eurio maximus; fie beforgten die Eurial: 
jacra. — 2) f. Seribonii. 

Curiosolites, gallifche Völterichaft in der Land— 
ſchaft Aremorica (\. d.), deren Name in Corjeult 


293 


bei St. Malo fich erhalten hat. Caes. b. g. 2, 34. 
2, 3.7. 2, 

Currus, 1) arcuatus, ein mit Leinwand be: 
dedter Magen, deffen fich befonders die flamines 
bedienten. Liv. 1, 21. — 2) C. falcatus, Zgue 
dosrarnpöoor, Sichelwagen, auf allen Seiten 
von langen fjcharfen Sicheln umgeben, der, mit 
ftarfen Roſſen beſpannt, raſch in die feindlichen 
Haufen hineinjagte; ein vorzugsweiſe, wenn nicht 
ausjchließlich, im Drient vorfommender Gebrauch, 
den Curtius (4, 35) genau bejchreibt. Über die 
essedarii bei den Galliern und die covinnarii bei 
den Britanniern j. Essedum. — Über den cur- 
rus triumphalis ſ. Dona militaria, 2.; über: 
haupt vgl. Wagen. 

Cursor j. Papirii, II, B. 

Curtli, 1) Mettius Curtius, aus einem wohl 
uriprünglich patricifchen Gejchlechte, wird als der 
erſte dieler Familie genannt. Er war ein Sabiner, 
fämpfte nach dem fabinifchen Aungfrauenraube mit 
jeinen Landsleuten gegen die Römer, wobei er in 
einen Sumpf geriet, aus dem er nur mit genauer 
Not entlam, und fiedelte ſich nach der Berföhnung 
mit den Römern in Rom an. Liv. 1, 12f. Plut. 
Rom. 18. — 2) M. Eurt., ein mutiger Jüngling, 
ftürzte fich, wie es heit, 362 v. E. in einen auf 
dem Forum wahrjcheinlich durch ein Erdbeben ent: 
——— Schlund, den man durch keine, noch ſo 

arf hineingeworfene Erde ausfüllen konnte, auf 
ſchön geſchmücktem Roffe mit dem koſtbarſten Schatze 
hinein, um, dem Orakelſpruch gemäß, den Zorn 
der Götter zu ſühnen, worauf ſich der Schlund wieder 
ſchloß. Liv. 7, 6. Dio Cass. fr. 30. 45, 32. 68, 8. 
Vielleicht hängt die Sage mit dem eben genannten 
Mettius Eurtius zufammen. — 3)D. Eurt. Rufus, 
Verfaſſer des Wertes de rebus gestis Alexandri M. 
in 10 Büchern (wovon die beiden eriten verloren 
find). Über das Zeitalter dieſes Hiftorifers fehlen 
uns faft alle näheren Angaben, daher man bei 
Beftimmung desjelben von Auguſt bis Theodofius 
hinuntergeht (Schriften darüber von Hirt, Butt: 
mann, Zumpt, Berger, Wiedemann, Eufner, 
Tenffel Studien S. 387 u. a.). Sein Vater war 
wohl der Quäſtor Curtius Rufus (jpäter Prätor, 
legatus pro praetore in (ermania superior, 
Konſul, zuletzt Profonful in Afrika, Tac. ann. 
11, 20 f.), und unſer Hiſtoriker lebte demnach unter 
Claudius. Dazu paffen denn aud des Curtius 
eigene Worte (10, 9, 3 ff.), worin er den Zuftand 
des makedoniſch-perſiſchen Reiches nach Aleranders 
des Gr. Tode mit dem des römischen Reiches vor 
dem Anfange der SKaiferherrichaft vergleicht und 
darlegt, wie nad; der inneren Berrüttung infolge 
der Bürgerfriege ein gejegnetes Regiment wieder— 
hergeftellt worden fei, woran er den Wunſch knüpft, 
e3 möge in bderjelben Familie (eiusdem domus) 
recht lange fortdauern. Der hier erwähnte prin- 
ceps, deſſen ortus lucem caliganti (vielleicht An: 
jpielung auf den Namen Ealigula) mundo reddidit, 
ift dann Claudius, die nox bie Nacht vom 24. 
zum 25. Januar 41 n. E., wo Caligula ermordet 
und Claudius auf den Thron erhoben wurde. 


‚Andere beziehen minder richtig diefe Worte auf 


die Bürgerfriege nad) Neros Tode und verlegen 
den Eurtius in Veſpaſians Regierungszeit. — Er 
ſtand wahrjcheinlich noch im beiten Mannesalter, 
als er fein Geſchichtswerk jchrieb. Es ift nicht frei 
von Verftößen, namentlich gegen die Chronologie 


294 


und Geographie, und die Schlachtenbeichreibungen 
verraten jchr wenig technische Kenntniffe. Er ift 
auch zu jehr von Mlerander eingenommen, was 
zum Teil an den von ihm, wenn auch nicht direkt, 
benußten griech. Onellen, den Werfen des Kleitarchos 
und Megafthenes (denen auch Diodor folgte), liegen 
mag. ie eingeflochtenen Reden ſowie manche 
Schilderungen haben viel Anziehendes und Leben— 
diges. Seine Sprache, welche bisweilen jehr blühend 
und poetiich wird, verrät die Spuren des filbernen 
Beitalters. Das Werk ift mehr vom rhetoriichen 
als vom hiftorijchen Standpunkte aus zu beurteilen. 
— SHauptausgg. von J. Mützell (2 Bde. 1841) und 
Zumpt (1849); Schulausgg. von Mützell (1843), 
Zumpt (2. Aufl. 1864) und Vogel (2 Bde. 2. Aufl. 
1875 ff. 1. Bd. 3. Aufl. 1885). Tertausgg. von 
Baumſtark (1829), Foh (1851), Hedide (1867) und 
Vogel (1880). Abhandlung von Kind (1583). ©. 
Dofjen, etude sur Quinte Curce (1887). 

Curülis j. Magistratus, A. 

Custodia ſ. Carcer. 

Custos, ]) Dezeihnung des paedagogus; 2) der 
Aufjeher über die Stimmurnen in den Comitien, 
welcher freiwillig oder erbeten oder erloft zugegen 


Curulis — Daidala. 


erg um Unterſchleif zu verhüten; vgl. Diri- 
rıtor, 

Cutiliae, alte jabinijche, angeblich) von Onotrern 

egründete Stadt öſtlich von Reate, jpäter ver: 
nahen ‘Lie. 26, 11), in deren Nähe Veſpaſian 
auf jeiner Billa ftarb. Suet. Vesp. 24. Dem Waſſer 
des ces, an dem fie lag (lacus Cutiliae, Aquae 
Cutiliae), wurden Heilfräfte zugeichrieben. Plin. 
8, 18, 16. 

Cymbalum, »vußeior, ein hohles, bedenför- 
miges Inſtrument, meift von Meffing, mit gellen: 
dem Tone, vorzugsweije bei den Bacchanalien und 
Kybele-Feſten gebraucht. Liv. 39, 8. 

Cypriänus, ÄAvrgıevög, Thajcius Cäci— 
lius, geb. um 200 n. E., wahrjcheinlicy zu Kar: 
thago, dort zuerft heidniſcher Nhetor, dann jeit 
248 Bilchof; fein jelbjtändiger und tieffinniger 
Geiſt, wie jein Vorbild Tertullian, aber in Thaten 
und Schriften (de unitate ecclesiae u. a.) ein 
begeijterter und weiſer Kirchenfürſt, geitorben ala 
Märtyrer unter Valerian 14. Sept. 258. Haupt: 
ausg. jeiner Werfe von Hartel (1868— 71, 3 Bde.). 
Biogr. von Nettberg (1831) und Fechtrup (1878). 

Cyrus ſ. Kyros. 


D. 


Dacia, das heutige Königreich Rumänien, Bufo- 
wina und Siebenbürgen, war reich an Getreide, 
Holz und Metallen, im Süden mehr eben, im 
Norden jehr gebirgig. Hauptflüſſe waren außer 
den Grenzflüffen Danuvius (Donau) und Hiera- 
fus (Pruth) Aluta und Marifia (Maroich). 
Die Einwohner, IJäxoı, Daci, ohne Zweifel thra- 
fiihen Urjprungs, waren mächtig und Eriegeriich, 
zugleich durch Sittenreinheit ausgezeichnet. Auguftus 
nahm ihnen ihre Befigungen jüdlich von der Donau 
in Möften ab; doc, erſt Trajan, der gegen ihren 
— und tapfern König Decebalus einen hei: 
tigen Rampf beitand (101--107 n. E.), unterjochte 
fie und führte römiſche Anfiedler ins Yand, welche 
raſch römiſche Sprache und Kultur unter ihnen 
verbreiteten (dah. noch ihr jegiger Name Rumänen). 
Hadrian teilte das Yand in die 2 Provinzen D. 
superior (mweftlich) und D. inferior (dftlich). Seit 
Sallienus (257) räumten die Römer das Land und 
überließen es den eindringenden germanijchen Völ— 
fern, namentlich zur Zeit der Bölferwanderung 
den Soten, mit welchen die Urbewohner verwandt 
waren. Sauptitadt des Landes zur Zeit der Er: 
oberung durch die Römer war Sarmizegetuja, 
die Reſidenz des Decebalus; militäriiche Hauptſtadt 
der Nömer Apulum, nad den Martomannen: 
friegen des Marc Aurel reorganifiert als munici- 
pium Aurelium Apulum, neben dem auch eine 
colonia Aurelia Apulum erjcheint; j. Karlsburg. 
Hor. od. 3, 6,13. Teac. hist. 3,46. Dio Cass. 
51, 22 ff. Plin. 4, 12. Eutr. 8,6. gl. E. Goos, 
Studien zur Geographie und Geichichte des Traja— 
nifchen Daciens (1874). 

Iades vuagpızui |. Beleuchtung, 2. 

Dadicae, Sadrxaı, perfiicher Volksſtamm, welcher 
mit den Sattagyden, Aparyten und Gandariern 
die fiebente Satrapie bildete, wahricheinlich ſüdlich 
von Margiana (j. d.). Hdt. 3, 1. 7, 66. 


Dadüchen j. Eleusinia, 6. 

Dahae, JSaaı, ein weit verbreitetes Volt ſty— 
Par Stammes, bejonders an der Ditieite des 
Kaſpiſchen Meeres, am Oros und Margos — im 
heutigen Turkeſtan. Wir finden fie als Reiter in 
den Armeen des Dareios, des Alerander und des 
Antiochos des Gr. Arr. 3, 11, 3.28, 9.5, 12, 2. 
Curt.7, 3. Liv.35, 38.37, 38. Nach Tacitus (ann. 
11, 10) jchied fie der Fluß Sindes von den Ariern. 

Daidäla, Saldare, |) geographiich, 1) Ge— 
birge an ber Infijchen Grenze in dem von den 
Rhodiern bejegten Landſtriche von Karien, der 
Peraia der Rhodier; jüdlich davon lag am Glau— 
liſchen Meerbufen die Stadt Daidala. Lir. 37,22. 
— 2) Stadt in Indien (Curt. 8, 10. Just. 12,7), 
deren Lage aber ungewiß ift. II, Weite des 
Zeus und der Hera in Boiotien, an welchen man 
die Ehe diejer beiden Gottheiten finnbildlich dar- 
ftellte. Hera jchmollte mit ihrem Gatten und hatte 
ihn verlaflen. Da verfertigte Zeus ein Holzbild 
(daidakor) und führte es in bräutlicher Berhüllung 
auf einem Wagen nach dem Kithairon, unter dem 
Borgeben, daß er Blataia, die Tochter des Aſopos, 
als jein Weib heimführe. Hera eilte voll Eifer: 
jucht herbei, rih der Braut das Gewand ab und 
erfannte das Schnitzbild. Hierauf verjöhnte fie 
ſich mit dem Gatten und jebte fich ſelbſt auf 
den Brautwagen. Zum Andenfen ftiftete jie das 
Daidalenfeit, an welchem das Bild der Hera, bränt: 
lich angezogen und eine Brautführerin zur Seite, 
auf einem Wagen in feierlicher Prozeffion auf den 
Ktithairon geführt ward. Man unterichied Die 
großen unddie Fleinen Daidalen. Die legteren 
wurden von den PBlataiern etwa alle 7 Jahre (?) 
durch eine bräutliche Prozeifion gefeiert, wozu fie 
das Bild der Hera aus einer Eiche fertigten, die 
fie in einem Hain bei Alalkomenai gefällt. An 
den großen Daidalen, welche alle 60 Jahre 


Daidalion — Daktylen. 295 


von den gejamten Boiotern gefeiert wurden, 


waren 14 an den Heinen Daidalen gefertigte Schniß: | 
bilder für die 14 Bundesftädte bereit; dDieje wurden | 


dann von den Städten in einer durchs Los be- 
ftimmten Ordnung in gemeinjamer Prozeſſion auf 
den Gipfel des Kithairon geführt, wo die einzelnen 
Abteilungen der Hera eine Kuh und dem Zeus 
einen Stier opferten und zulegt durch Verbrennung 
der Bilder den großen 6Ojährigen Feſteyklus 
ichloffen. Paus. 9, 3. 

Daidalion j. Keyx. 

Daidälos, Salderog, Daedalus (eig. der Künft- 
ler, von dauddiin), * des Metion oder des 
Palamaon, Enkel des Eupalamos, Urenkel des 
Königs Erechtheus zu Athen, Zeitgenoſſe des Theſeus 
und Minos. Er galt für den Erfinder der Stand: 
bilder, welche ausjchreitend und mit geöffneten 
Augen dargejtellt wurden, und mannigfacher Werl: 
zeuge, wie der Art, der Säge, des Bohrers, der 
Seßtvage u. dgl. Auch war er ein gejchidter Bau: 
meifter. Seinen Schwefterjohn Talos, jeinen Lehr: 
ling, der die Töpferjcheibe, das Drechjeleijen u. a. 
Werkzeuge erfand, tötete er aus Künftlereiferjucht 
und mußte deshalb aus Athen fliehen. Er ging 
nach Kreta zu dem König Minos, dem er bei 
Knojos das Yabyrinth, ein überirdiiches Gebäude 
mit vielen Irrgängen, als Wohnung des Ming: 
tauros erbaute. Außer mehreren andern Kunſt— 
werfen jchuf er hier aud einen Tanzplatz für des 
Minos Tochter Ariadne, welchen Hephaiftos auf 
dem Schilde des Adyilleus nachbildete II. 18, 590). 
Da Daidalos der Ariadne den Faden gab, mit 
welchem fich Theſeus in den rrgängen des La: 
nern zurecht fand, jo wurde er von Minos 
nebjt jeinem Sohne Ylaros in das Labyrinth 
eingeichloflen; aber Daidalos beſtach die Wächter 
und entfloh mit feinem Sohne auf Flügeln, die 
er funftvoll aus Federn zujammengejebt hatte, 
über das Meer. Bei dem Fluge erhob ſich Jlaros 
allzuhoch, jo dab die Wärme der nahen Sonne 
das Wachs, welches die Federn zujammenhielt, 
jchmelzte und er in das Meer (das JIkariſche) ſtürzte 
und ertranf. Ov. met. 8, 183 ff. Sein Leichnam 
trieb an eine Inſel in der Nähe von Samos 
Ilaria), wo er bejtattet ward. Daidalos fam nad) 
Gumä in Unteritalien, wo er dem Apollon (Eumäus) 
einen Tempel erbaute. Verg. A. 6, 14 ff. Prag: 
matifierende Erklärer erzählen, Daidalos (oder auch 
Ilaros) habe die Segel erfunden und jei mitteljt 
derjelben der Herrſchaft und den VBerfolgungen des 
Minos über das Meer entflohen. Bon Cumä fam 
Daidalos nad) Kamikos in Sicilien zu dem König 
Kotalos; Minos, der ihm nacdhgeeilt war, forderte 
ihn von Kokalos zurüd, aber die Töchter des 
Kolalos, die den Daidalos wegen feiner Kunft 
liebgewonnen hatten, töteten Minos. Much nad 
Sardinien joll Daidalos gelommen jein. Er ftarb 
auf Sicilien. Nach anderer Sage ging er mit 
Thejeus von Kreta nady Athen zurüd. — Daidalos 
ift der mythiſche Ahnherr des Daidalidengeichlechtes 
En u weldem auch Sofrates gehörte, und 

myiythiſche Repräjentant der attiſchen und der 
fretiichen Kunft. Vgl. Bildhaner, 1. 

Daimon, Jaluor, Dacmon. Bei Homer heift 
der Gott Hess oder daduwr, ohne daß durch beide 
Wörter verichiedenartige Weſen bezeichnet werden. 
@eös bedeutet den Gott für fich in feiner jeligen 





datum in Bezug auf den Menjchen, injofern er 
auf das Schidjal wohlthätig oder verderblich, gütig 
und fürdernd oder jchredend einwirkt. Später aber 
entjtand eine bejondere Mittelflaffe von göttlichen 
Weſen, die man Daimonen nannte. So jagt 
Heſiod (opp. et dd. 122), daß die Menjchen des 
goldenen Geichlechts nad; ihrem irdijchen Leben 
Daimonen geworden feien, gute überirdiiche Weien, 
Hüter der Menjchen, welche, unfichtbar überall auf 
Erden umherjchwebend, die Obhut haben über Recht 
und Unrecht und Reichtum gewähren. Doc hält 
man dieje Stelle des Hefiod für jpäter eingeichoben, 
da der Daimonenglaube nicht jo hoch hinaufreiche. 
Die Philojophen haben die Lehre von den Dai: 
monen erſt recht ausgebildet; ſeitdem man be: 
gonnen hatte, auch die Heroen als höhere Wejen 
zu verehren, ftellte man in die Mitte zwiichen 
Götter und Heroen die Daimonen, welche, während 
die Götter immer mehr von einer VBermilchung 
mit der Welt fich zurüdzogen, in die entjtehende 
Kluft zwiichen Götter und Menſchen eintraten, 
als Mittelwejen, die den Menjchen nahe jtanden, 
empfindungs: und leidensfähig waren wie dieſe 
und in ihre Schidjale thätig —*— Nach 
Platon (syw»p. 202 E) bringen fie, den chriſtlichen 
Engeln ähnlich, die Befehle und Gaben der Götter 
zur Erde nieder und tragen die Bitten und Gebete 
der Menſchen zu den Göttern hinauf. Von den 
Philoſophen (die Neuplatoniker des erſten chriſtlichen 
Jahrhunderts haben die Daimonenlehre beſonders 
ausgebildet) gingen dieſe Borftellungen auch in den 
Vollsglauben über, wo jie dann in dem Kulte der 
Heroen und dem Totendienfte die weitere Nahrung 
fanden. Die unfichtbar den Menſchen umfchweben: 
den Daimonen, welche Süd und Unglüd bringen, 
teilte man nach diejem Unterſchiede in gute und 
böſe Daimonen, in Schußgeifter und Plagegeifter 
(diAdorogss), für Einzelne und ganze Geichlechter, 
für Städte und Länder. Durch Sofrates und die 
platonijche Schule fam der Glaube auf, daß jedem 
Einzelnen ein Daimon zugegeben fei, der ihn von 
jeiner Geburt an jchüge und moralisch leite, und 
wie man jchon die Daimonen in gute und böje 
eteilt hatte, jo gejellte man mit der Zeit jedem 
inzelnen einen guten und einen böjen Daimon 
zu. — Bei den Römern find die dii Indigetes, wie 
Romulus, Äneas, Latinus, jowie die Genii ähn: 
liche Wejen. Die Juden und Ehriften haben jpäter 
alle heidnifchen Götter für Daimonen erklärt, und 
zivar für böje Daimonen, Teufel. 

Daktylen, idaeische Daktylen, Tôciot 
Icarviloı, uralte phrygiſche Daimonen am da, 
denen die Auffindung und erfte Bearbeitung des 
Eifens zugeſchrieben ward, riefig und überftart. 
Der Begriff von Daimonen künſtlicher Metall: 
arbeit dehnte fich allmählich jo aus, daß fie für 
Künftler überhaupt und fogar für magijche Zauberer 
angejehen wurden. Als phrygiiche Daimonen famen 
fie in Verbindung mit Rhea-Kybele, deren Funft- 
fertige Diener fie waren, und wurden infolge 
davon mit den Kureten und Korybanten zufammen: 
geitellt; auch mit den jamothrafiichen Kabeiren und 
den Teldyinen wurden fie verwechjelt. Ihren Namen 
Icarvkor erhielten fie von ihrer Kunftfertigfeit; 
er bezeichnet Finger, Kunftfinger; Cicero (n. d. 
3, 16) überjegt ihn mit Digiti. Der phrugiichen 
Daltylen werden 3 genannt: Kelmis (Schmelzer, 


Ruhe und Abgeſchiedenheit von der Menfchenwelt, | von xnAEo, jhmelzen), Damnameneus (Hammer, 


296 Daktyliotheka 


von daurdeo, bändigen) und Afmon(Ambos). Man 
verſetzte fie aud) mit dem Dienfte der Rhea-Kybele 
an den Ida in Kreta; hier waren ihrer 5 an der 
Bahl, nebjt dem idaiiichen Herafles. Auch nahm 
man deren 10 (5 männliche und 5 weibliche), 52, 
100 an, vielleicht nad) der Zahl der Städte Kretas. 

Daktyliothöka, ein jchön gearbeitetes Käftchen 
zum Aufbewahren der Ringe. Mart. ı1, 59. 
Val. auch Gemma. 

DalmatYa (Delmatia), Jaluarie (Seluarie), 
ein Teil des alten Jllyricums, ungefähr dem jeßigen 
Dalmatien entjprechend, bildete einen jchmalen 
Küftenftrih vom nördlichiten Winfel des Adria— 
tiichen Meeres und vom Fluß Titos bis an Die 
Grenze von Epeiros. Die Hauptjtadt hieß Del: 
minium (JSeludvıor oder Saluor); unter andern 
Städten, im ganzen 10, ragten Salonä (beim 
ij. Spalatro) und Scodra, die Hauptitadt des 
Gentius, hervor. Die bebiſchen Gebirge durchzogen 
das Land, an deſſen von Buchten zerriffenen Küften 
zahlreiche größere und Heinere Inſeln Tagen. Es 
war fruchtbar an Wein, DI und Getreide. Die 
Dalmatier trieben Jagd, Fiicherei, Viehzucht, haupt: 
fädhlich aber Seeraub, worin fie durch die Be: 
ichaffenheit ihrer Küſten begünftigt wurden. Zuerſt 
werden fie 156 v. E. erwähnt, als der Konful 
M. Figulus fie befriegte; fie wurden befiegt und 
ihr Land verheert. Einen gleichen Ausgang hatte 
der Feldzug des Cäcilius Metellus gegen fie, der 
auch Salonä eroberte. Zu Cäſars Zeit jchlugen 
fie, ftets durch ihre Berge geihüßt, mehrere rö- 
miſche Heere, unterwarfen ſich ihm ſpäter und 
empörten ſich wiederum nach ſeinem Tode. Erſt 
Auguftus bezwang fie (35—383 v. E.), nachdem 
ſchon (39) Afinius Pollio fie mit Glück befämpft 
hatte. Hor. od. 2, 1,16. An dem Aufftande der 
Bannonier (5 n. €.) unter Bato beteiligten fie jich, 
wurden aber nad; Unterdrüdung desjelben völlig 
unterworfen und bildeten fortan einen Teil von 
Illyricum. Strab. 7,315. Liv. 44,31. Plin. 3, 22. 
App. Ill. 11 ff. Vell. Pat. 2, 110 ff. 

Dalmatius, 1) Stiefbruder Eonftantins des Gr., 
Sohn des Eonftantius Chlorus und der Theodora 
(jedody nicht, wie einige meinen, identijch mit 
feinem Bruder Hannibalianus), ftarb noch vor 
Eonjtantin, der ihm zum Genjor erhoben hatte. 
— 2) der Sohn des erjtern, jcheint von großen 
Anlagen und gelehrter Bildung geweſen zu jein, 
weshalb Conſtantin der Gr. ihn jehr hochhielt und 
im %. 335 n. C. zum Gäjar ernannte. Er bezwang 
das empörte Cypern, erhielt von Conftantin bei 
der Teilung des Reichs die thrafiichen Yänder und 
fam nad) defien Tode in einem Soldatenaufitande 
um. äButr. 10, 9. Aur. Viet. Caes, 41. 

Damälis, Scuekıs, oder Bits, Boös, Vorgebirge 
und Ort am Eingang des thrafiichen Boſporos, 
Byzantion gegenüber, das heut. Dorf Karel Sarai 
Hier ſoll Fo, der die Kalchedonier eine eherne Kuh 
errichteten (Pol. 5, 43), hinübergeſchwommen, und 
Damalis, die Gemahlin bes athenischen Feldherrn 
Chares, begraben worden jein. 

Damarete, Sauegern, Bemahlin des Tyrannen 
elon. Diod. Sie. 11,26. Nach ihr ijt benannt 
das Damareteion, JSauagfrsıor, eine ficil. 
Münze, im Werte = 4 attijchen Drachmen, die fie 
nad) Diodor im J. 480 v. E. zuerjt hatte jchlagen 
lafien. 

Damascus, Sauaoxög, im A. T. Dammeſek, j. 


— Damokles. 


Dimeſchk, die uralte, noch heute blühende Hauptftadt 
von Koileiyrien, oftvon ganz S Syrien, aufder Kreuzung 
verjchiedener Handelsftraßen , in herrlicher, waſſer— 
reicher Ebene am Fluß Chryſorrhoas oder Bardines 
(j. Barada) gelegen. Bon David erobert, aber jchon 
unter Salomo wieder jelbjtändig, im 9. und 8. Nahrh. 
den Reihen Israel und Juda gefährlich, jeit 732 
in affgrifchem Befit, dann nacheinander unter baby- 
loniſcher, perfischer, ſeleukidiſcher, jeit 64 dv. E. unter 
römiſcher Herrſchaft, doch zugleich unter naba— 
täiſcher Hoheit, wurde D. 100 n. E. von Trajan 
zur Provinz Syrien geſchlagen, und hob ſich ſeitdem 
noch mehr. Diocletian namentlich errichtete große 
Baffenfabriten, in welchen die berühmten Klingen 
gefertigt wurden. Arr.5,11,9.15, 1. Curt. 3,12 ff. 
Strab. 16, 755 f. 

Damasippus, 1) 2. Junius, ein durd feine 
Ähtungen und Tötungen von Mitgliedern der 
jullanischen Partei, worunter Carbo, Scävola (Pon— 
tifer), Antiftins u. a. waren, berüchtigter Marianer, 
der nach Sullas Siege mit dem Leben büßen mußte. 
Sall. Cat. 51, 832. Cie. ad fam.9, 21,3. Vell. Pat. 
2, 26. Val. Max. 9, 2, 3. — 2) Ein anderer 
Licin. D. ericheint bei Cicero (ad fam.T, 23, 2. 
ad Att.12, 29,2. 33, 1) als Liebhaber von Statuen, 
Käufer und Lerfäufer von Parks und ijt wahr: 
icheinlich identijch mit dem von Horaz (sat. 2, 3) 
eingeführten Tugendſchwätzer, der nach Vergendung 
jeines Vermögens fich der ftoifchen Philofophie in 
die Arme warf. 

Damusithjmos, Sauacidvuos, Sohn des Kan: 
daules, Fürft von Kalynda in Marien, wurde in 
der Seeſchlacht bei Salamis mit feinem Schiffe 
von der fliehenden Artemiſia zu ihrer eigenen 
Rettung in den Grund gebohrt. Hat. 7, 98.8, 87. 

Damastes, 1) j. Theseus. — 2)D. aus Sige, 
griech. Hiftorifer, jüngerer Beitgenoffe des Herodot 
und Hellanikos, defien Schüler er genannt wird, 
ſcheint namentlich eine griech. Geſchichte gefchrieben 
zu haben. Vgl. Müller, fragm. hist. Graee. II 
p. 64 f. IV p. 654. 

Damia ſ. Auxesia. 

Damnum, ber verjchuldete Schaden, im juri: 
ftijchen Sinne der widerrechtlich bereits angerichtete 
oder drohende Schaden, für welchen der Urheber 
Erſatz geben mußte. Häufig find folgende Ber: 
bindungen: 1) damnanm iniuria datum, d. h. 
der durch Verlegung der einer andern Berjon ge: 
hörigen Tiere oder Sklaven bereitete Schaden, 
welcher ſchon zufolge der XII Tafeln erjegt werden 
mußte. Die lex Aquillia (im 2. oder 3. Jahr: 
hundert dv. €. ?) modifizierte diefe Beftimmungen 
und führte die actio legis Aquilliae ein. (ie. 
Brut. 34, 131. Tull. 8, 11. 41f. — 2?) damnum 
infectum, ber nod nicht vollbrachte, aber durch 
den drohenden Einfturz oder durch die neue An— 
‚legung nachbarlider Baulichfeiten bevorftehende 
Schaden. Der leidende Teil hatte, wenn er nicht 
eine Kaution dom Nachbar erhalten Fonnte, das 
Recht einer Klage. Cie. top. 4. Verr. 1, 56. gl. 
Cautio, 

Damökles, Sauorköjs, ein Günſtling des älteren 
Dionyfios von Syrakus, dem diejer durch das 
mitten in der reichjten und glänzendften Fülle ihm 
über dem Haupte jchtwebende Schwert die Unficher: 
heit und Gefahr irdiſcher Hoheit Te 
. tusc. 5, 21, 61. vgl. Hor. od. 3, 1, 17. Pers. 

3, 40. Amm. Mare. 29, 2. 


Damon — Daphnephoria. 297 


Damon ſ. Phintias. Beſchützung gegen die verfolgenden Wigyptiaden 
Asuosie, das Zelt des fafedaimoniichen Königs | behandeln die Inerıdeg des Aiſchylos. 
im Felde, welches zu der ihm vom Wolfe gegebenen | _„Panaster, -ris, Fluß in Sfythien, mit dem 
Ausrüftung gehörte. Mit ihm wohnten darin die | früheren Namen Tyras (Treag), |. Diyeftr, auf 
Polemarchen und andere Männer aus den "Oporoı | den Karpathen entipringend, ftrömt im füböftlichen 
(i. d.), die für alles forgten, was der König und Laufe zwiichen Sarmatien und Dacien und ergießt 
die Polemarchen bedurften (Xen. resz. Lac. 13, 1, ſich nordöftlich vom Danuvius bei der Stadt Tyras 
15, &), of zeel dauocier. Xen. Hell. 4, 5, 8. | G. Alfjerman) in den Pontos Eureinos. Er ift 
40% 14, j früh Iiffber. Hdt. 5, 51 u. n — 
ME Yandarii, Savddgror, oder Dandaridae, Völ— 
sa en Te ferichaft an der Palus Mäotis und am nördlichen 
er ‚m Arm des Kubanfluffes. Tac. ann. 12, 15f. 
Danäß j. Perseus, Danuvius (nicht DanubYus\, Saronßıos (vom 
Danai |. Graecia, 10. feltifchen Adj. dan, fortis), früher After, ö”/orgos, 
Danaides j. Dannos. 


s ter, Hifter, ein Name, der vom unteren Laufe 
Adevazxn, ber Obolos, den man den Berftor: | des Fluffes zwiſchen PBannonien und Möfien auch 
benen als Fährgeld (ranlor) für den Eharon in 


jpäter gebraucht wurde, war nach den Anfichten 

den Mund ftedte, urjprünglich eine Meine perfische | der Alten der größte Strom Europas, der in Ger: 

Münze. manien auf dem Abnöbaberge (Tac. Germ. 1) ent: 
Danäos, Savads, Sohn des ägyptiſchen Königs 


iprang, dann im öftlihen Laufe Germanien von 
Belos (defien Eltern Poſeidon und Libye waren) | Rhätien und Noricum, Pannonien von Dacien und 
und der Anchinod, Repräſentant der achaiijchen 


Dacien von Möfien jchied und endlich in folgen- 
Danaer. Die gewöhnliche Sage machte ihm aber | den 7 Miündungen in den Pontos Eureinos mün— 
zu einem Ägypier und erzählte, er jei aus Chem: 


dete: Peufe oder fsobr oröun, Ndpexor or., ro 
mis in Oberägypten mit feinen 50 Töchtern, den |xwlör ar., werdöcrou«, Bogsiov ar., Praydka 


Danaiden (Saveldrs, nach ihrem Großvater auch oder pilor or. (von ©. nah N. gerechnet; jetzt 








Beliden genannt), vor den 50 Söhnen jeines | find die Miündungen weſentlich anders). Erſt in 
Bruders Aigpptos, die einen Aufftand erregt |der Römerzeit wurden Urjprung und Yauf des 
hatten, nach Argos geflohen und habe dajelbft durch | Fluffes befannter, während früher die Borftellungen 
einen Nichterfpruch der Argiver die Herrichaft er: | darüber ſehr verworren waren. Schon Hefiodos 
halten ({. Gelanor). Er baute die Burg von Argos | (theog. 338) fennt den Fluß, der nach Aiſchylos 
und lehrte das Graben der Brunnen. Die Söhne | von den Hyperboreiern und den Rhipaien fommt, 
des Aigyptos aber folgten ihm und warben um nach Herodot (2, 33. 4, 47 ff. 99) von Pyrene her 
jeine Töchter. Danaos vermählte fie, aber befahl | aus dem Keltenlande ganz Europa durchſtrömt. 
jeinen Töchtern, in der Nacht die Bettern im | Teilweije lieh man ihn * ins Adriatiſche Meer 
Schlafe zu ermorden. Dies thaten die Danaiden fließen (Diod. Sie. 4, 56. Strab. 7, 317). Der 
und begruben die Köpfe der Gemordeten in Lerna; | Name ijt deutjch in Tuonouwe, Donau umgeformt. 
nur Hypermneſtra verichonte ihren Werlobten | Strab. 7, 305. Plin. 4, 12, 79. 

Lynkeus (vgl. Hor. od. 3, 11, 25 ff.\. Die Da-| Daphne, AScprn, 1) ſ. Apollon, 4. — 2) j. 
naiden wurden für diefe Frevelthat in der Unter: | Delphisches Orakel. — 3) die von Seleufos 
welt beftraft, indem fie ewig Waffer in ein durch: | Nilator, König von Sprien, dem Apollon geweihte 
föchertes Faß ſchöpfen mußten, ein Bild nie endender, | Vorſtadt von Antiocheia in Syrien (ſ. Antio- 
vergeblicher Arbeit. Andem man den Mythos von |cheia, 1.), auch Epidaphne genannt, mit einem 
den Danaiden von der Naturfeite auffaht, erflärt | bochberühmten Tempel des Apollon und der Arte: 
man fie als Repräfentanten der Flüffe und Quel- mis, welder 362 n. E. ein Raub der Flammen 
len des trodenen argivifchen Landes (moArdtyıor | wurde. NAiylrecht und Spiele waren mit ihm ver: 
Aeyos), welche jährlich im Sommer verfiegen. Sie | bunden. Liv. 33, 49. Ein naher Luithain von 
wurden in Argos verehrt, weil fie das Yand mit | Kyprefien und Lorbeerbäumen, 80 Stadien im 
Brunnen verjehen hätten, und 4 Brunnen waren | Umfang, in herrlicher Gegend, machte den Ort zum 
ihnen dajelbft geweiht. Eine derfelben, Ampmone, | Lieblingsaufenthalte der Seleufiden, des Pompejus 
war die Geliebte des Poſeidon, der ihr zuliebe | und der jpäteren Römer. Die Uppigfeit der Sitten 
eine Duelle gleiches Namens entipringen Tief. |(Daphniei mores) machte indes jpäter den Drt 
Danaos ward von Lynkeus ermordet, oder ftarb | verrufen. Bier ftarb im J. 19 n. E. Germanicns. 
eines natürlichen Todes und hinterließ dem Lynfeus | Tac. ann. 2, 83. 

die Herrichaft. Als Abas, der Sohn des Lynkeus Daphnephoria, 7) Saprnpogte, ein dem Apol: 
und der Hypermneſtra, der jpäter Abai in Phofis | Ton in Delphoi und Tempe und in Boiotien zur 
baute, feinem Vater die Nachricht von dem Tode | Erinnerung an feine Sühne von dem Morde des Py— 
des Danaos bradıte, beſchenkte ihn derjelbe mit | thon begangenes Feſtiſ. Delphisches Orakel). 
dem Schilde des Danaos, der die wunderbare Kraft | In Theben ward es dem Apollon Aimenios alle 
hatte, Bollsaufruhr zu beichwichtigen. Abas hängte | 9 Jahre gefeiert. Ein fchöner Knabe (daprıpo- 
ihn in dem Tempel der Hera auf und ftiftete der | eos), der den Apollon vorftellte, trug in feierlicher 
Göttin die heraiifchen Spiele Hocie). Das Grab: | Prozeffion zu dem Tempel des Bottes einen mit 
mal des Danaos ftand auf dem Marktplabe zu | Lorbeer, Blumen und Wollenbinden geichmüdten 
Argos; auch Lynkeus und Hypermneſtra, die Ahnen | Dlivenjtab, der oben mit einer ehernen Kugel, an 
des Berjeidengejchlechts, hatten in Argos ein ge: | welcher Fleinere Kugeln herabhingen, und weiter 
meinjfames Heiligtum. Die Sage von Danaos und | unten mit einer ähnlichen, etwas Feineren Kugel 
den Danaiden, von ihrer Ankunft in Argos, ihrer | verjehben war. Die Kugeln bedeuteten Sonne, 
Aufnahme bei dem Könige des Landes und ihrer | Mond und Sterne; das Feſt hatte aljo zugleid) 


298 


einen aftronomijch = chronologiichen Sinn. 
9, 10, 4. Phot. bibl. p. 988 (Höſchel). 

Daphnis, Acigris, der ſchöne jugendliche Heros 
der Hirten auf Sicilien, ein Liebling der Götter, 
bejonders der Mufen und Nymphen. Er war der 
Sohn des Hermes und einer Nymphe, Jäger und 
Ninderhirt, gejchict im Blajen der Syrinx. Seine 
Mutter ſetzte ihn in einem Thale der Heraitichen 
Berge in einem Lorbeerhaine (daher der Name, 
von dapen) aus, und Nymphen oder Hirten er: 
zogen ihn. Nais oder Nomia liebte ihn, und er 
verſprach ihr, ſich mit feiner andern Jungfrau zu 
verbinden. Da er aber jein Berjprechen brach, 
ftrafte ihn die frühere Geliebte mit Blindheit (oder 
verivandelte ihn in Stein). Hermes entrüdte ihn 
in den Himmel und lieh auf der Stelle, wo dies 
geichah, eine Duelle (Daphnis) hervoriprudeln, an 
welcher die Sicilier jährlich opferten. Das Gejchid 
des Daphnis war ein Hauptgegenftand der bufo- 
lichen Dichtung; er ſelbſt joll die erften Hirten— 
Sa gejungen haben. Bei Theofrit (id. 1 und 7) 


Paus. 


at die Sage eine andere Gejtalt; hier ſtirbt 

aphnis durch den Zorn der Aphrodite aus Liebes— 
jehnfucht nach einer unerreichbaren Seliebten (Xenia), 
weil er ein Mädchen floh, das er nad) dem Willen 
der Aphrodite lieben jollte. See verherrlicht in 
der 5. Efloge unter der Perjon des Daphnis den 
42 dv. E. von den Triumvirn vergötterten Cäſar. 

Dara oder Daras, j. Kara-Dere, ftarfe Grenz: 
feftung im nördlichen Mejopotamien gegen Perjien, 
nicht weit von Nijibis, gegründet 507 vom Kaifer 
Anaftafios, dah. auch Anaftafiopolis geheifen, oft 
genannt in der Gefchichte jener Zeit. 

Dardäni, Sagdaroı, 1) Bewohner der Land: 
ſchaft Dardania in Obermöjien, dem heutigen 
Serbien, nördlich vom Stardosgebirge bis zum 
Fluſſe Margus (j. Marowa), ein ſchmutziges, aber 
mufifliebendes Volk. Ihre Hauptftadt hie Scupi. 
Liv. 40, 57. Caes. b. c. 3,4. Strab. 7, 315, 316. 
— 2) j. Dardania, 3. 

Dardania, Sagdavde, 1) j. Dardani, 1. — 
2) Stadt in Kleinafien am Hellespont am Fuße 
des da, von dem alten Könige Dardanos ge: 
gründet und defjen rang Kerne Il. 20,216). — 
3) Heine Landſchaft über Troas, von Aineias be- 

erricht; bei Homer fommt nur der Name der 
ewohner Idodavoı vor, was mit Towes gleid)- 
bedeutend gebraucht wird. 

Dardänos, 1) 6 Sdodaros, Sohn des Zeus und 
der Elektra, der Tochter des Atlas, der mythiſche 
Stammherr der Troer (und durch Mineias der 
Römer). Er wanderte aus Arkadien nad) Samothrafe 
und von da eg Phrugien; hier gab ihm der 
König Teufros Land zur Erbauung der Stadt 
Dardania. Seine erfte Gemahlin Chryſe hatte bei 
ihrer VBermählung das Palladion und die — ⸗ 
tümer der großen Götter von Athene als tigt 
erhalten; Dardanos richtete dieſen Göttern auf 
Samothrafe ihren Dienft ein und nahm die Götter: 
bilder mit nad) Dardania, von two fie jpäter durch 
jeine Nachkommen nad) Troja famen. Seine zweite 
Gemahlin war Bateia, die Tochter des Teufros; 
mit dieſer zeugte er den Erichthonios, den reichiten 
der Menjchen, den Vater des Tros. Il. 20, 215 ff. 
Nach einigen ftammte Dardanos aus Kreta oder 
aus Stalien oder aus der Gegend von Troja jelbft. 
Val. Plut, Cam. 20. Jagdariöng heißen bei Homer 
jein Entel Priamos, Jlos und Anchiſes — 2) 7) 


Daphnis — Dareios. 


Iipdarogs, Stadt an der Küfte des Hellespont, 
am Borgebirge gl. N. jüdlih von Abydos. Hier 
fiel im peloponnefischen Kriege eine für die Athener 
ünftige Seefchlacht vor. Thuc. 8, 106 ff. Aus 
Bietät erflärten die Römer die Stabt nebjt Jlion 
für frei im Frieden mit Antiochos dem Gr. (Lir. 
38, 39); hier wurde endlich durd einen Frieden 
der erjte mithridatische Krieg beendigt, j. Mithri- 
dates, 8. 

Dareikos j. Münzen, I. 

Dareios, J«gziog, Darens, altperf. Därajavanih, 
Name mehrerer Könige von Perjien, nad) Herodot 
(6, 98) „der Sträftige‘ oder „der Ordnung Haltende‘ 
bedeutend: 1) Dareios I, Sohn des Hyſta— 
ſpes (altperfiich Biftäipa), König 521—485 v. C., 
diente unter Kambyſes im Feldzuge gegen Ugypten 
und bejtieg nach der Ermordung des falichen 
Smerdis (Gumata), des Nachfolgers des Kambyſes, 
wie es heißt infolge der Liſt jeines Stallmeifters 
Dibares und des bei den Berjern üblichen Pferde: 
orafels (Hdt. 3,70. 84) den perjiichen Thron. Durch 
Heirat verband er ſich der Familie des Kyros, der 
er jchon durch Abſtammung angehörte, noch näher. 
Sein Beftreben war teil® auf die Vergrößerung 
feines Reichs, teils auf die gute Verwaltung des: 
elben gerichtet. Anfangs brach ein allgemeiner 

ufftand gegen ihn aus, und die unterjochten 
Völler juchten ihre Unabhängigkeit wieder zu er- 
ringen, jo daß ſich der König rap allein auf das 
vor dem empörten Babylon ftehende Heer verlaflen 
fonnte; aber nach Unterwerfung diejer gewaltigen 
Stadt, wobei ihn angeblich die Aufopferung 
Bopyros unterftüßte (dt. 3, 160 ff. Just. 1, 10), 
elang ihm die Wiedereroberung der abgefallenen 
en Be (bis 519), und er unternahm dann mit 
700 000 Mann im 3. 513 (?) den Feldzug gegen 
die Skythen. Während er über den Phrafticen 
Bojporos nad) Europa ging, jchidte er die Flotte 
an die Donau, um eine Brüde über diejen Strom 
zu ichlagen. Die thrafifchen Stämme, jowie die 
Seten wurden unterworfen. Bei der Brüde lieh 
er die Heinafiatifchen Griechen zur Bewachung (auf 
60 Tage) zurüd. Nachdem ihn die Skythen durd) 
Burüdweichen immer tiefer in ihre Steppen hinein= 
gelodt und das Land verwüftet hatten, mußte er 
den — — erreichte nach großen Ver— 
luſten die Donau, wo nur Hiſtiaios (ſ. d.) die 
durch Miltiades’ Rat (ſ. d.) fait ſchon überredeten 
Griechen abgehalten hatte, die Brüde zu vernich- 
ten, und fehrte nach Aſien zurüd. Hdt. 4, 87 ff. 
Der in Thrafien zurüdgelaffene Feldherr Mega- 
bazos gewann außer dem Dften und Süden dieſes 
Landes noch Makedonien, während Dareios das 
Neid im Dften bis zum Indos erweiterte. Der 
Perg der ioniſchen Griechen, den er troß des 
diejen von feiten der Aihener und Eretrier gelei- 
jteten Beiftandes im 5. 494 nach der Seeſchlacht 
bei Lade unterdrücte, veranlaßte ihn, zur Unter: 
werfung der Griechen in Europa Vorbereitungen 
zu treffen. Sein —— Mardonios wurde 
im J. 493 ausgeſandt. Die Flotte ging zum 
groben Zeil am Vorgebirge Athos zu Grunde; 

8 ge eroberte zwar Thrafien und Make: 
donien, erlitt aber große Berlufte und mußte zurüd: 
fehren. Nun verlangte Dareios durch Gejandte 
von den Griechen Unterwerfung, nur Athen und 
Sparta weigerten fich die perfiiche Oberhoheit an- 
zuerfennen und mißhandelten die Gejandten. Daher 


Dares — 


fandte Dareios den Datis und Mrtaphernes mit 
einem großen Heere und einer Flotte nad) Griechen: | 
land; Eretria auf Euboia, wurde zerftört, feine 
Einwohner nah Ajien in die Gegend von Suſa 
verpflanzt, Athens Beftrafung aber durch die Nieder: | 
lage der ®Berjer bei Marathon (400) vereitelt. 
Plut. Arist. 5. Hdt. 6, 94 ff. 102ff. Nep. Milt.5.| 
Reitere Pläne des über die Niederlage ergrimme | 
ten Königs verhinderte deſſen Tod im J. 485. 
Hdt. 7, ı ff. Zum Gedächtnis feiner eriten Thaten 
ließ D. in Medien, am Oberlauf des Choaipes, 
an der Felswand des Berges Bagiftana (j. Behi: 
jtun), hoch über der Strafe von Babylon nad 
Ekbatana, ein aroßes Neliefbild und eine lange | 
Inschrift im perjiicher, ſuſiſcher und babylonijcher 
Reilichrift und Sprache anbringen, welche in unferen 
Tagen als wichtigites Hülfsmittel für die Entzif: 
ferung der affpriichen Dentmäler gedient hat. Diod. | 
Sic. 2, 13. 17, 110. — 2) Dareios Il, Nothos 
(eigentlich Ochos), König 424—405 v. C. ein un— 
ehelicher Sohn des Artarerres Langhand, bahnte 
ſich durd; Ermordung feines Bruders den Meg 
zum Throne, hatte mit vielen Empörungen zu 
fämpfen und lieh fich von feiner klugen Gemahlin 
Paryſatis beherricen. Durch Beitehung und Lift 
dbämpfte er die meiften Unruhen, nur Ägypten, 
wo ſich Ampyrtaios zum König aufgeworfen hatte, 
fonnte er nicht wieder unterwerfen. Am pelopon: 
nejischen Kriege nahm er feinen unmittelbaren An— 
teil. Dareios ſtarb 405, ohne, wie Paryſatis 
wünſchte, ihrem Yieblingsiohne Kyros die Herr: 
ſchaft zu hinterlaffen. Xen. An. 1, 1. — 3) Da: 
reiosIll.,RKodomannos, König 336 —330 v. E., 
ein Enfel des zweiten Artarerres, wurde don dem 
ägyptiſchen Eunuchen Bagoas nach des Arjes ge: 
waltijamem Tod auf den Thron erhoben. Just. 
10, 3. Diod. Sie. 17, 5. Dareios, ein Fürſt von 
edlen Eigenichaften und angenehmer Körpergeftalt, 
bejaß indeſſen mehr die Tugenden eines —28* 
mannes als eines Fürſten, der ein ſo zerrüttetes 
Reich, wie das perſiſche, regieren ſollte. Zwar trat 
er Fräftig gegen den Bagoas auf, den er töten 
ließ, als derjelbe ihm nach dem Leben trachtete, 
aber im Kampfe gegen Alexander den Gr. fonnte 
er das Reid) nicht retten. Er ftarb nach der Schlacht 
bei Gaugamela durd den Verrat des Beſſos (j. d.) 
und feiner Genoſſen, 3300. C. Arr. 3, 19 ff. Curt. 
5, 7ff. Diod. Sie. 17, 73. Just. 11, 15. 

Däres, Scons, Priefter des Hephaiftos in Troja | 
(Hom. Il.5,9ff.), galt für den Verfaſſer einer 
vorhomeriichen Ilias, welche auf Palmblätter ge: 
fchrieben und von Ailian (var. hist. 11, 2) nad) 
feiner Ausjage gejehen war, aber wahrjcheinlid) 
nie eriftiert hat. Unter feinem Namen (Dares 
Phrygius) geht eine ins Lateiniiche überjegte Schrift | 
‚ de excidio Troiae, deren Berfafjer fich für Cor: 

nelius Nepos ausgibt; in Wirlklichkeit iſt fie, wie 
der trodne Ton und der fümmerliche Stil beweijen, | 
ein Erzeugnis etwa des 5. Jahrhunderts, wenn: 
gleich aus verlorenen Quellen geihöpft. Sie bildet 
die Grundlage für die mittelalterlichen Dichtungen 
über Trojas Untergang. Ausgg. von Dederich 
1835 und mit Dictys 1837); am beiten von 

eifter (1873). Bgl. Dunger, die Sage vom 
trojan. Kriege in den Bearbeitungen des Mittel: 





Decemviri. 





alters (1869). Beet, über Dares von Phrygien 
(1871). ®gl. au) Diktys, 2. 
Dassarötae, Sasoapijreı, Bewohner der Land: | 


299 


ſchaft Dafjaretia im griehiichen Jllyrien, an der 
weitlichen Grenze Makedoniens, mit der Stadt 
Lychnidos an einem See (j. Ochrida). Liv. 27,32. 
45, 26. Strab. 7, 316. 318, 

Datämes, Sarduns, Sohn eines Kariers Ka— 
mifjares, erhielt wegen jeiner im Kampfe gegen 
die Kaduſier bewieſenen Tapferkeit Kappadokien 
als Satrapie von Artaxerxes Mnemon, der ihn 
auch jonft wegen feiner großen Berdienfte jehr 
auszeichnete und bevorzugte. Darüber von deu 
übrigen Günftlingen angefeindet, empörte er fich 
egen den König und focht lange mit Glück und 
ent gegen dejien Heere, fiel aber endlich durd) 
Berrat. Nep. Dat. Diod. Sie. 15, 91, 2ff. 

Dataphernes, JSarapeovns, ein Genoſſe des 
Beſſos, den er fpäter an AMlerander verriet (Arr. 


3,29, 6. 30), wurde nachmals an Alerander, gegen 


den er fich an einer Verſchwörung beteiligt hatte, 
ausgeliefert. Curt. 7, 5, 21 ff. 8, 3, 16. 

Dätis, Järıs, ein Meder, der befannte Feldherr 
de3 Dareios 1. (j. d.) Hyftaipis im Kampfe gegen 
die Griechen, der in Verbindung mit Artaphernes 
(ſ. d.) mehrere Injeln des Aigaiiſchen Meeres er: 
obernd und verwüſtend durchzog und 12. September 
490 v. C. bei Marathon gejchlagen ward. Hadt. 
6, 94 ff. 

Daton, Säror, der durc die Gold: und Silber: 
minen des Bangaiosgebirges jprichwörtlich gewor- 
dene Küſtenſtrich Maledoniens am Strymonijchen 
Meerbujen, der Inſel Thaſos gegenüber. Hat. 9,75. 
App. b. c. 4, 104. Plin. 4, 11. 

Daulis. Saviız 0d. Javide, j. Dorf Davlia, 
Stadt in Pholis, an der Strafe von Orchomenos 
nach Delphoi, auf einem fteilen, ijolierten Fels— 
rüden des Barnajjos gelegen, mit einer kyklopiſchen 
Burg, wohin die Sage den Mythos von Tereus, 
Profne und Philomela (die daher Thuc. 2, 30 
n Javlıdg, Catull. 65, 14 Daulias genannt wird) 
verlegt. Hom. Tl. 2, 520. Thuec. 2, 29. Sie galt, 
zuerft von Terxes, jpäter am Ende des pholiſchen 
Krieges nochmals zerftört, noch in römiſcher Yeit 
wegen ihrer Yage als eine ſtarke Feſtung. Liv. 32, 18. 

Dauni und Daunia j. Apulia und Italia, 10, 

Daunos j. Diomedes, 

Dea Dia j. Arvales fratres. 

Decebälus, Jerdßarog, eigentlich) Dorpaneus, 
jo daß der Name Decebalus jo viel als König oder 


| Fürft der Dacier bedeutet, war Beherricher der 


daciichen Bölferichaften und veranlafte durch jeinen 
Einfall in die Provinz Möfien einen —8 des 
Domitian gegen ihn (Tac. Agr. 41. Suet. Dom. 6. 
Oros. 7, 10), deſſen Feldherr Fuſeus jedoch gänz— 
lich geſchlagen wurde. Erſt der Feldherr Julian 
beſiegte den tapfern Gegner (Dio (ass. 67, 10) in 
einem neuen Feldzuge; aber andere Unfälle, welche 
die Römer trafen, nötigten Domitian zu einem 
wenig ehrenvollen Frieden und zum Tribut (Dio 
Cass. 68, 6), wahricheinlicdy im J. 90 n. C. Erft 
Trajan befiegte den Decebalus in einem aber: 
maligen Kampfe in mehreren Schlachten, eroberte 
jeine Hauptjtadt Sarmizegetufa und zwang ihn zur 
Unterwerfung (103). Als Decebalus den Frieden 
brach, bejiegte ihn Trajan im J. 106 gänzlich, 
worauf Decebalus fich felbjt den Tod gab. Sein 
Neich wurde römische Provinz. Dio Cass. 68, 6 ff. 
Bol. Franke, Geſch. Trajans ©. 118. 

Decemprimi j. Senatus, 1. 

Decemviri, ein obrigfeitliches Kollegium, aus 


300 


10 Männern zufammengejegt und nach ihren Funk— 
tionen verschieden bezeichnet: 1)Decemviri agris 
dividundis, eine nicht ftändige mit der Aifigna- 
tion des ager publicus beauftragte Kommilfion | 
(Liv. 31, 4). — 2) Decemviri legibus scri- 
bundis oder ferendis, zufolge der lex des | 
Tribunen Terentilins Ara aus den Batriciern | 
451 dv. C. erwählt, um die durch Herfommen ge: 
heiligten Geſetze jchriftlich aufzuzeichnen und da= | 
durd) zunächſt der richterlichen Sir der Koufuln 
Schranken zu jeßen. Bugleich aber war diejes ein 
treffliches Mittel, die beiden Stände der Patricier 
und Plebejer durch die Gleichheit vor dem Nechte 
zu verjchmelzen. Alle andern Magiftrate, jelbit 
das Tribunat (ſowie auch die provocatio), wurden 
einftweilen aufgehoben, jo daf einer diefer 10 Män- 
ner die Staatsregierung, namentlich die Nechts- 
pflege, verwaltete, während die übrigen 9 ihrem 
Hauptberufe (Abfaſſung der Geſetze) oblagen. Jeder 
führte die Obergewalt und fasces Einen Tag, fo 
da die Neihe allemal in 10 Tagen herumkam 
(Liv. 3, 33: decumo die ius populo singuli red- 
debant). Der jedesmalige praefectus iuris (Liv. 
3, 33) hatte die Infignien des geichäftsleitenden 
Konſuls (12 fasces), die übrigen je 1 accensus, 
Im erften Jahre wurden 10 Gejegtafeln fertig. 
Bei Abfaffung derjelben joll ein gewifler Hermo— 
doros, ein flüchtiger Philojoph aus Ephejos, Hülfe 
(interpres legum) geleiftet haben. Plin. 34, 11. 
Pompon. de orig. iuris 1, 4. Cie. tuse. 5, 36. Die 
entworfenen Geſetze wurden zunächſt zur öffent: 
lihen Prüfung ausgeftellt (Liv. 3, 34), ſodann 
nad vorgenommenen Berbeflerungen in den Cen— 
turiatcomitien gutgeheißen und in chernen Tafeln 
eingegraben auf dem Comitium aufgeftellt. Zu— 
gleich ftellte fich allgemein die Notwendigkeit von 
noch 2 Ergänzungstafeln heraus, deshalb wurde 
die er, auch noch für das fol- 
dee Jahr, 450 v. C. beibehalten. Doch die 

ecempirn twaren nach Ablauf ihrer geiegmäßigen 
potestas nicht gejonnen, ihr Amt niederzulegen, 
jondern fuchten es in unrechtmäßiger Weiſe (po- 
tentia) auch noch für 449 v. C. beizubehalten, 
ficherlich mit ftilljchweigender Einwilltaung der 
Batricier, denen ftet3 noch die (damals cejfierende) 
Tribunengewalt verhaßt war. Die infolge der 
tyrannischen Willfür des Appius (Haupt der De: 
cembirm) gegen die Verginia hervorgerufene se- 
cessio der Blebs auf den Heiligen Berg machte 
der Decemdiralgewalt ein Ende und traten die ver: 
fafjungsmäßigen Verhältniffe von 2 Konſuln und 
jährlichen Tribunen (fowie auch die provocatio) 
wieder ein. Appius und Oppius töteten fich jelber 
im Sefängniffe, die übrigen 8 gingen in die Ver— 
bannung, ihr Vermögen wurde eingezogen. Liv. 
8, 44-58. — 3) Decemviri stlıtıbus iudi- 
candis, ein uraltes, rätjelhaftes Richterfollegium, 
welches die Prozeffe über freiheit, Eivität u. dgl. 
entfchied. Sie wurden neben den Tribunen und 
aediles plebis für saerosancti erflärt durch die 
leges Valeriae Horatiae und waren deshalb wohl 
Nichter in Sachen der Plebejer. Das Zeichen ihres 
Gerichts war die hasta (hastae pracesse). Die 
betreffenden Stellen find: Liv. 3, 55. Cie. Caecin. 33. 
de dom. 29. legq. 3,3. Varr. 1.1.9, 85. Digest. 
1,1,2. Auguſtus machte fie zu Präfidenten des 
Gentumpiralgerichtshofes und nahm fie nur aus 
den Nittern, in welcher Eigenfchaft fie ſich ſehr 


Decentius 








a ———————— [ 


— Deeii. 


lange hielten. Suet. Oct. 36. Dio Cuss. 54, 26. Plin. 
ep. 5, 21. Spart. Hadr. 2. Bgl. 8. A. Schneider, 

e centumviralis iudicii apud Roman. origine, 
Bumpt, über den Urjprung des Centumviralgerichts. 
— 4) Decemviri sacrorum f. Divinatio, 15. 

Decentins, Bruder des Magnentius, im I. 351 
n. E. zum Cäſar ernannt, wurde in Gallien von 
den Alemannen befiegt und tötete fich jelbit, 353. 
Amm. Mare. 15, 6. 16, 12. 

Deeiäni, 1) E. Appulejus Dec, befannt 
(99 dv. E.) als Volfstribun dur feine Anflage 
des Balerius Flaccus (Cie. Flace. 32, 77) und 
des Tribunen Furius, mußte wegen feiner Ber: 
teidigung des Saturninus nach Pontos zu Mithri- 
dates flüchten. — 2) Sein Sohn, C. Appulejus 
Dec., Negotiator in Pergamon, war Gegner des 
Flaceus, Sohnes des Valerius Flaceus, weil der: 
jelbe ihn im J. 59 v. E. wegen Gewaltthätig: 
feiten gegen die Einwohner von Wpollonis in 
Lydien verurteilt hatte. Cie. Flace. 29, 70f. — 
3) Dec. Catus, Profurator Britanniens zur Zeit 

eros, mußte wegen feiner Habſucht vor den 
empörten Britanniern nach Gallien flüchten, 61 n. €. 
Taec. ann. 14, 32. 

Deecidli, 1) 2. Dec. Sara, aus Spanien ge: 
bürtig, wurde von Cäſar, unter dem er gegen Pom— 
pejus gefochten hatte, zum Bollstribunen (44 v. €.) 
ernannt, focht darnach als Anhänger des Antonius 
bei Mutina mit, befehligte dann einen Teil des 
Heeres im Kriege gegen Brutus und Caffins und 
fand jpäter als Statthalter von Syrien im Kampfe 
gegen die PBarther und Labienus jeinen Tod, 40. 
Cie. Phil. 8, 9, 26. 11, 5, 12. 13, 13, 27. Vell. 
Pat. 2,78. Dio Cass. 48,24. — 2) Sein Bruder, 
Der. Sara, befchligte ald Quäftor unter ihm in 
Syrien, wo er Apameia verteidigte, ſich indes nach 
des Bruders Tode dem Labienus ergeben mußte. 
Dio Cass. 48, 25. 

Decii, ein angejehenes plebejiiches Geſchlecht 
zu Rom. Eimer der berühmteften derjelben ift 
1) P. Dec. Mus, welcher als Kriegstribun im 
%. 343 dv. E. das von den Samnitern umringte 
römische Heer rettete und zur vollftändigen Belte- 
gung derjelben wejentlich beitrug (Liv. 7, 34 ff.), 
mofür er reich belohnt und hoch geehrt wurde. 
Am J. 340 Konful mit T. Manlins Torquatus 
gegen die Latiner, gewann er im Kampfe gegen 
die Yatiner einen glänzenden Sieg, indem er, dazu 
veranlaft, wie es heißt, durch ein Traumgeficht, 
fich freiwillig dem Tode opferte. Liv. 8, 6 ff. Cie. 
div. 1, 24, 51. tusc. 1, 37, 89. — 2) Sein Sohn, 
BP. Dec. Mus, Konful 312 v. E., kämpfte 3 N 
jpäter unter dem Diktator 8. Papirius Curſor 
gegen die Samniter, darauf 308 als Konſul gegen 
die Etruffer und war (300) für die Rechte —— 
Standesgenoſſen thätig, denen er die Teilnahme 
am Pontifikat erwarb. Liv. 10, 7ff. In den Jahren 
297 —295 kämpfte er abermals gegen die Sam- 
niter und deren Bundesgenofjen und ftarb in der 
Schlacht bei Sentinum, indem er, wie berichtet 
wird, gleich feinem Vater, ſich den unterirdiichen 
Göttern weihen lieh und in dem dichteften Neihen 
der Feinde den Heldentod fand. Seine Aufopferung 
begeifterte feine Krieger, und fie errangen den 
Sieg. Liv. 10, 27 ff. — 3) Defien Sohn, P. Dec. 
Mus, wurde Konful im Kriege mit Pyrrhos 
(279 v. €.) und nahm an der Schlacht bei Aſeu— 
um teil, in welcher er fich, Vater und Großvater 


Decimii — Deditiecii. 


gleich, den Todesgöttern geopfert haben joll. Zonar. | 
8,5. Eutr. 2, 13. Liv. ep. 13. Cic. tusc. 1, 37,89. 
— 4) P. Dec., belangte als Bolfstribun (121 v. E.) 
den Konjul %. Opimius wegen Gewaltthätigfei- 
ten, wurde aber jpäter (115) vom Konjul Amilius 
Scaurus, dem er nicht die ihm zufommende Achtung 
erwiejen, ſchimpflich behandelt. Cic. de or.2, 30,132. 
Aur. Vict. vir. ill. 72. Cicero (Brut. 28, 108) 
nennt ihn als nicht unbegabten, aber ftürmijchen 
Redner. — 5) Ein anderer P. Dec. wird von 
Cicero mit Spott behandelt, weil er fich, in Er— 
innerung an feine Vorfahren, wegen jeiner Schul- 
den geopfert, d. 5. um von ihnen frei zu werden, 
fi) dem Antonius angejchlojjen habe. Er wurde 
im mutinenfiichen Sriege von Octavian gefangen 
genommen, aber wieder frei gelajien. Cie. Phil. 
11, 6,13. App. b. e. 3, 80. — 6) C. Meſſius 
Duintus Trajanus Dec., römiſcher Kaiſer 
249— 251 n. E., jtammte aus der Nähe von Sir- 
mium in Bannonien, aus einer römischen oder 
wahricheinlicher romanifierten Familie. Unter Phi— 
lipp führte er den Srieg gegen die Goten, wurde 
hierbei von den Truppen zum Kaiſer ausgerufen 
(Ende 248), und Philipp verlor gegen ihn bei 
Verona Schladht und Leben. Aur. Vict. Caes. 28. 
ep. 28. Eutr. 9, 3. Oros. 7, 21. Zonar. 12, 20. 
Zos. 1, 22. Auch als Kaijer hatte D. Kämpfe mit 
den Goten zu beftehen, die in Maſſen ins Reich 
einfielen. Nachdem ihnen ein Handftreich auf Niko: 
polis, wo ihnen D. ſich entgegenftellte, nicht ge- 
glüdt war, warfen fie ſich in den Balfan, D. zog 
ihnen nach, wurde aber bei Berda in Mafedonien 
bejiegt und entfam mit Mühe und Not. Die Goten 
verwüſteten Thrakien und Makedonien, gingen dann 
aber über die Donau zurüd. In den Sümpfen 
der Dobrudiha, wo ihnen D. den Rückweg ver: 
legen wollte, jand er, wie es jcheint, von jeinem 
Feldherrn Trebonianus Gallus hierbei verräterijch 
im Stiche gelafjen, mit jeinem Sohne Herennius 
Etrufeus fämpfend den Tod. Jordan. Get. 18. 
Zonar. 12,20. Zos. 1,23. Aur. Viet. Caes. 29 
ep. 29. Eutr. 9,4. „D. war vielleicht ein tüch— 
tiger Soldat; aud) mag er viele perjönliche Vor 
züge gehabt haben. Jedesfalls war er fein Staats 
mann.” Bol. Schiller, Geſch. der röm. Kaijer: 
zeit I, 2 ©. 803 ff. 

Deeimfi, ein angejehenes Gejchleht in Sam- 
nium, ausgezeichnet durch Reichtum und Adel: 


. 


1) Rumerius Dec., zeichnete fi) im 3. 217 v. €. | 


in einem Treffen des M. Minucius gegen Han— 
nibal aus. Liv. 22, 24. — 2) E. Dec. Flavus, 
diente (209 v. E.) unter M. Marcellus und focht 
rühmlich gegen Hannibal. J/ir. 27, 14. — 3) &. 
Dec., ging als römischer Gejandter an den Hof 
des Antiochos und Ptolemaios (170 v. E.) und 
verfuhr gegen die Rhodier, welche im Bunde mit 
Berjeus von Makedonien gegen Rom feindjelig ge 
handelt hatten, mit großer Milde. Im J. 169 war 
er Prätor Peregrinus. Liv. 43, 15. 44, 19. 45, 10. 

Declamäre, declamatio und declamätor |. 
Rhetores. 

Decoctor, der Berjchwender, welcher jein Ber- 
mögen durchgebracht hat. Solche Menjchen waren 
in Rom jehr veradjtet und erlitten eine cenjorijche 
Nüge. Nach der lex Roscia (j. d.) nahmen die 
Banferutteurs im Theater einen befonderen, weniger 
anftändigen Pur ein. 

rötum, Befehl, Beſchluß, Urteil oder Gut— 





301 


achten eines Kollegiums (z. B. decreta senatus, 
j. Senatus consultum), eines Magiftratus 
(3. B. decr. tribunorum, consulum u. ſ. w.), der 
Augurn oder eines Richters, in welchem letzteren 
"alle es identiich mit sententia gebraucht werden 
fonnte, jpäter auch decreta prineipis, faijerliche 
Entſcheidungen in zweifelhaften Nechtsfällen. 

Decüma sc. pars, der Zehnte des Getreides, 
welchen die Bebauer des ager publicus (f. d.) an 
den Staat abzugeben hatten. Davon hieß das 
Behntland ager decumanus, 

Decumäna porta j. Castra, 4. 

Decumäni j. Publicani. 

Decurfa, 1) eine Abteilung von 10 Perſonen 
überhanpt, weldhe bei den patriciichen Gurien, 
Nittern und Senatoren die ältejte Anwendung fand. 
Auch die Richter und die meiften Kollegien waren 
in Decurien geteilt, ohne daß der Begriff der 
Behntheit immer feitgehalten worden wäre. Darum 
ift decuriare jchlechtweg j. v. a. einteilen. 

2) j. Ala. 

Decurio, 1) der Vorfteher einer decuria, 3. ®. 
bei den Nittern und in den Kollegien, auch wenn 
die Abteilung mehr oder weniger als 10 Mit- 
glieder zählte. — 2) der Senator in den Muni— 
cipaljtädten und Kolonien, ſ. Senatus muni- 
cipalis. — 3) j. Dux, 4. 

. Decursio, decursus, 1) eine militäriiche 
Übung, ein Manöver des ganzen Heeres, das die 
Nefruten daran gewöhnen jollte, den Fahnen zu 
folgen und in Reih und Glied zu bleiben (Zav. 
23, 35. 24, 48), zur Zeit der Republik nament- 
lih dann vorgenommen, wenn das Heer über: 
wiegend aus Tironen bejtand und der Feind nod) 
Ruhe lieh, und überaus anftrengend, da es außer 
Erhaltung der Ordnung vorzüglich auf jchnelle 
törperliche Bewegung unter der Yajt des Gepäds 
anfam. Durd Auguftus wurde die Decurfio drei- 
mal in jedem Monat vorgejchrieben (Veg.1, 9. 27. 
3, 4), außerdem auch bei auferordentlichen feier: 
lihen Gelegenheiten bejonders angejagt (Suet. 
Ner. 7). — Berjchieden davon ift 2) die decursio 
funebris, zegidgourj, ein Umzug um den Grab: 
| hügel eines im Felde Gefallenen, chon bei Homer 
(11. 23, 13) und von Vergil (A. 11, 188), nament- 
lich aber von Statius (Theb. 6, 213) beichrieben 
und auf der Bafis der columna Antonini Pıi bild- 
| lich dargeftellt. Vgl. Liv. 25, 17,6. Tac. ann. 2,7. 
'  Dedicatio, die feierliche Einweihung und Er- 
Öffnung eines öffentlichen Gebäudes, bejonders dic 
Weihung eines Tempels (dedicare aedem deo, 
aber auch ded. deum, 3. B. Hor. od. 1, 31, 1), 
entweder durch einen der Konſuln, oder durch dei, 
der den Tempel gelobt und erbauet hatte, oder 
durch 2 eigens vom Bolfe erwählte Kommifjarien 
(duumviri dedieando templo). Dieje neben einem 
Prieſter faßten die Thürpfoften an, während der 
Oberprieſter eine jchriftlich verfaßte Weihformel 
vorjagte, welche jene Beamten nahipradhen. Zum 
Schluß bezeugte das Volk in lauten Zurufen jeine 
' Glüdwünjche. 

Deditieli, 1) die Unterthanen der Römer, welche 
mit den Waffen in der Hand unterworfen worden 
waren und fich deshalb das Härtefte gefallen lajien 
mußten, namentlich Ablieferung der Waffen. Auch 
die hießen deditieii, welche freiwillig die Herrichaft 
der Römer annahmen, und deren Schidjal in Be— 
ziehung auf Freiheit, Steuern und Kriegslaften 


| 
| 





302 Deductio — Deiphobos. 


ganz von der Willfür der neuen Herren abhing.| Deiöces, Inisans, nad) Herodots (1, 73. 96 ff.) 
Eine ſ. g. lex enthielt die näheren Beftimmungen, | Erzählung der erfte mediiche König, der nad) der 
während die socii ein foedus hatten. — 2) Eine ' Befreiung von dem afiyriichen Joch gewählt wurde, 
tiefjtehende Kaffe der Freigelaſſenen wurde feit der | um im dem zerrütteten Yande für Hecht und Orb- 
lex Aelia Sentia (4 n. E.) dediticii genannt. Dieſe nung zu forgen, dann allmählich fi) immer mehr 
konnten weder Bürger noch Latini werden (wohl | Gewalt verichaffte, jic mit einer Leibwache umgab, 
aber ihre Nachfommen), weil fie als Sklaven früher | durch ein ftrenges Zeremoniell fich abſchloß, Efba- 
eine entehrende Strafe erlitten hatten (Suet.Oct.40). | tana als Nefidenz erbaute und nad 5öjähriger 

Deductio, 1) die Begleitung des Patronus | Regierung (700 — 647 v. E.) den Thron feinem 
durch die Klienten und Freunde, namentlich zum | Sohne Phraortes hinterließ; in den afigriichen In— 


Forum oder campus Martius, — 2) das Heim | fchriften unter dem Namen Dajaufu als einer der 
führen der Braut nad) dem Haufe des Bräutigams, | unterworfenen mediſchen Fürften öfters (um 715) 
j. Nuptiae, 3. ‚erwähnt; ohne Zweifel der Gründer der Dynaftie, 


Defensor, 1) ſ. dv. a. patronus, Sadjwalter. — 
2)Def.civitatis hie vor Eonftantin d. Gr. der mit | das mediſche Volk einigte und führte. 
Bejorgung eines Gejchäfts von einer Stadt Beauf-| Deion j. Aiolos. 
tragte, wie actor oder procurator. Später wurde | Deiöneus j. Ixion. 
es ein ftehendes Amt, deſſen Inhaber die Bürger) Deiotärns, Inior«oog, Tetrarch von Galatien, 
gegen Bedrüdungen der Statthalter und andere | ein eifriger Anhänger der Römer, unterftübte die 
Unbilden jhügen follte und Anteil an der Juris: | in Ajien gegen Mithridates Krieg führenden römi: 


welche in dem Befreiungsfampfe gegen die Afiyrer 





diftion in geringeren Fällen befam. ſchen Feldherrn aufs thätigfte. Daher erhielt er 
Deianeira j. Acheloos undHerakles, 11f. von Yucull und Bompejus, die fich feiner Hülfe 
Deidameia j. Neoptolemos. erfreuten, manche Auszeichnungen (73 ff. v. E.), 


Deieetum, das unvorfichtige Hinauswerfen oder | und der Senat ehrte ihn durch den Königstitel und 
Hinansichütten (effusum) auf die Strafe, wurde | durch Vergrößerung jeines Gebietes. Cic. Deiot. 
mit dem doppelten Erjaß des etwaigen Schadens | 5, 13. 13, 37. Phil. 2, 37, 94. Caes. b. Alex. 68. 
beftraft. Auch in den Kämpfen gegen die Barther (51 und 

Atiyua, die Warenprobe, nad) der der Groß: | 50) leiftete er Hülfe. Beim Ausbruche des Bürger: 
händler (Zuzrogog) verkaufte. Die Proben wurden | friegs zwiichen Cäfar und Pompejus erflärte er 
teils herumgetragen, teils wurden fie an eimem | fich für lepteren, nahm teil an der Schlacht bei 
bejonders dazu beftimmten Ort, der für Athen ſich Pharjalos und flüchtete, nach dem unglüdlichen 
im Beiraieus befand und ebenfalls deiyua hie | Ausgange derjelben, nach Afien, um jein von Phar: 
(j. Attika, 15.), ausgeftellt. nakes, dem Sohne des Mithridates, angegriffenes 

Deinarchos, Jeivagyog, der legte und wenigjt | Reich zu verteidigen. Caes. b. c. 3, 4. An diejen 
bedeutende der in den ſ. g. alerandriniichen Slanon | verlor er faft fein ganzes Reich und wurde nur 
aufgenommenen 10 attiichen Redner, Sohn des | durd Cäſar jelbft, dem er ſich unterworfen und 
Softratos und um 361 dv. E. in Korinth geboren, | Zahlungen zu leijten veriprochen hatte, gerettet (47). 
fam früh nach Athen, wo er Schüler und Freund | Caes. b. Aler. 65 ff. Cie. Deiot. 5, 14. Dio Cass. 
des Theophrait und Demetrios von Phaleron war, | 42, 46. Cäſar verzieh ihm feine Verbindung mit 
und lebte von der Musarbeitung von Neben für | Bompejus und lieh ihm den größten Teil jeines 
andere. In politischer Beziehung war er ein An: Reiches. 2 Jahre ſpäter (45) wurde er von jei- 
hänger des Antipater und Raflanber. 307 ver: | nem Enfel Kaftor und jeinem Arzt Philippus an: 
bannt und nad) Chalkis auf Euboia gezogen, wurde | geflagt, dem Cäſar früher, als derjelbe nach dem 
er erſt 292 durch die Vermittelung des Theophraft | Zuge gegen Pharnafes an des Dejotarus Hofe 
zurüdgerufen. Den 7TOjährigen, faft erblindeten —— fand, nach dem Leben getrachtet zu 
Greis, den ein gewiſſer Proxenos um ſein Ber: | haben. Seine eigenen Verwandten, beſonders fein 
mögen gebracht hatte, lieh nad) dem Tode feines | Schwiegerjohn Brogitarus (f. d.) und fein zweiter 
Gönners Antipater Polyiperchon hinrichten, um | Schwiegerjohn Kaftor (Bater des oben genannten 
290. — Deinarhos galt als ein Nachahmer des | Kajtor, Saofondarius mit Beinamen), der neidiſch 
Demofthenes, erreichte ihn jedoch weder an Kraft | darüber war, daß D. für feinen gleichnamigen Sohn 
noch an Klarheit, daher jcherzhaft Anuocderns 6 | vom römijchen Senat den Königstitel erbeten, jchei: 
»gidivog genannt. Bon jeinen zahlreichen (min: |nen die Anklage betrieben zu haben. Cicero ver: 
deftens 58) Neden haben ſich 3 erhalten: gegen | teidigte den Angellagten, wie es jcheint mit dem 
Demofthenes (von mehreren angezweifelt), gegen | Erfolge, daß Cäſar vorläufig die Sache fallen ließ. 
Philofles und gegen Ariftogeiton. Ausgg., außer Nach deifen Tode nn. der durch eine große 
in den Orat. Attici von Reiske, Bekker, Dobion, | Geldjumme gewonnene Antonius (oder vielmehr 
Baiter und Sauppe, E. Müller, von Mäpner | defien Gattin Fulvia) den D. auch in feinen 
(1842% Blaf (2. Aufl. 1888) und Thalheim (1887). | früheren een. Freilich hatte der König 








Deino ſ. Gorgo. ſchon vor diejer Enticheidung eigenmächtig jein 
Deinokrätes j. Bildhauer, 12. Land wiedererobert. Cie. Phil. 2, 37, 95. ad Att. 
Deinomänes j. Gelon. 14, 12,1. Troßdem ging jein Wunſch, jeinem 


Deinon, Jeivor, aus Kolophon, —— Sohne das Reich zu hinterlaſſen, nicht in Er— 
Alexanders des Gr., ſchrieb in einem großen, ITeéo— | füllung: es folgte ihm, als er ftarb (40), fein Enkel 
sırd betitelten, Werte die Geſchichte der afiatifchen | Kaftor und dann fein Feldherr Amyntas. Dio 
Reiche bis zum J. 340 v. C. Nep. Con. 5. Plin. | (ass. 48, 33, 

10, 136. Cie. div. 1, 23, 46. Trogus PBompejus, | Deiphöbe j. Sibylla. 

Plutarch (vit. Artax.) u. a. jcheinen ihn viel be: Deiphöbos, Inipoßos, Sohn des Priamos und 
mußt zu haben. ber Hekabe, Freund des Nineias und des Paris, 


Asinvov 


nad) Hektor einer der eriten Helden unter den 
Troern (Il. 12, 94. 13, 156). Er und Baris jollen 
den Achilles getötet haben. Schon Homer bringt 
ihn mit Helena zujammen; er begleitete fie zu dem 
hölzernen Roſſe der Griechen (Od. 4, 276); daher 
läßt ihn die jpätere Sage (Eur. Troad. 962) ſich 
nach des Paris Tode mit ihr vermählen. Da er 
jtets gegen die Auslieferung der Helena geftimmt 
hat, trifft ihm nächſt Paris und Hektor der Haß 
der Griechen am meiften. Sein Haus wird bei 
der Eroberung der Stadt von Odyſſeus und Mene: 
laos zuerjt zerftört (Od. 8, 517), und er jelbft wird, 
von Helena verraten, von Menelaos ſchmählich ver: 
ftümmelt. Verg. A. 6, 494 ff. 
4Jeirvor |. Mahlzeiten, 
Aszadovgoı, die 10 Dligarchen in Athen, 
einer aus jeder Phyle, die nach der Niederlage der 
Dreißig, von Lyſander unterftügt, eine furze Zwi— 
jchenregierung mit unbejchränkter Gewalt führten, 
bis infolge des Vergleiches durch Pauſanias die 
Demokraten zurüdfchrten. Die 10 zogen fich eben: 
falls nad) Eleufis zurüd bis zur Herſtellung des 
inneren Friedens durch die Amneſtie des Thraſy— 
bulos. Xen. Hell. 2, 4, 24. Lys. Eratosth. 54. 
Aexdrn, 1) ein von Alfibiades und von den 
andern atheniſchen Feldherrn im %. 411 v. C. 
bei Byzanz eingerichteter Schiffszoll für alle nicht: 
atheniichen Schiffe, die aus dem Pontos famen 
(Xen. Hell. ı, 1, 22), und wohl auch für bie, 
welche in den Bontos einliefen. Das Zollhaus 
(dÖsnerevrijgior) befand fih in Chryjopolis im 
Gebiet von Chaltedon. Durd) die Niederlage bei 
Nigospotamoi ging der Zoll verloren. Ums J. 392 
richtete ihn Thrafybulos wieder ein und verpachtete 
ihn. Xen. Hell.4, 8,27. Durch den antalkidiichen 
Frieden ging er mwahrjcheinlich wieder verloren 
(387). Daß derjelbe eine jehr reichlihe Einnahme: 
quelle für die Athener geweſen ſei, läßt ſich aus 
dem überaus lebhaften Handelöverfehr auf diejer 
Straße ſchließen. Wo Zehntenhäuſer (dexarev- 
tige) erwähnt werden, tft immer von Seezöllen 
die Rede. — Übrigens fommen Zehnten, Zehnten: 
päcdter (dexaravar), Zehnteneinnehmer (dexern- 
2070.) auch jonft noch vor; erftlich von den Früch— 
ten der Ländereien, als Abgabe von einem nicht 
freien Beſitz. So forderte der Tyrann den Zehn: 
ten von allen Unterthanen, jo hatte der atheniſche 
Staat Zehnten von jeinen Domänen, jo bejonders 
die Tempel, welche entweder durch Schenkung oder 
durch Eroberung in den Beſitz von Grundjtücden 
famen, aber gegen den Behnten diejelben an 
andere überließen. So veripradhen die Hellenen 
nad glüdlicher Beendigung des perfiichen Kriegs 
alle Staaten, welche dem Feinde Beiſtand geleiftet, 
dem delphiichen Gotte zu zehnten (dexaredsır), 
d. h. ihre Grundſtücke zehntpflichtig zu machen. 
Hat. 7, 132. Zweitens als dragyrj; von irgend 
einem gewonnenen Gute. Der Zehnte davon wurde 
den Göttern in irgend einer Form als Weihgeichent 
gebradt. Das Standbild der Athene Promachos 
auf der Burg zu Athen war ein Weihgeichent von 
dem Behnten der zu Marathon gemadjten Beute. 
Paus. 1, 28, 2. Bon allen Konfisfationen und 
Bußen —— der 10. Teil in Athen dem Schatz 
der Stadtgöttin, der 50. dem der andern Götter; 
auch der 10. Teil der Tribute fam in den Schaß 
der Athene. — 2) in Athen ein Familienfeſt, das 
am 10. Tage nad) der Geburt eines Kindes ftatt: 


2 





| 


303 


fand. Dies Feit begehen h. dendenv Dusıv ober 
Eorıöv. Das Kind wurde von den Berwandten 
beichenft und erhielt gewöhnlich an diefem Tage 
jeinen Namen. Die Feier diejes Feſtes galt auch 
als Beweis, daß das Kind vom Bater anerkannt jei. 

Dekeleia j.-Attika, 17. 

Delatio nominis j. Proze[s, II, 27. 

Delätor, Angeber oder Anzeiger folcher Ber: 
gehen, welche Bermögensitrafen nad) ſich zogen. 
Unverjhämte Menſchen machten daraus im der 
Kaiferzeit ein einträgliches Gewerbe, denn fie er: 
hielten beftimmte Anteile don der beizutreibenden 
Strafe; und troß aller Strafen, mit denen die 
falſchen Delatoren Unjchuldiger bedroht wurden, 
rare das Unweſen nicht auf. Auch Tiberius be: 
trafte fie oftmals, doch war er nicht geneigt, das 
Unweſen abzuichaffen, vielmehr nannte er die de- 
latores custodes iurum, dagegen Tacitus (ann. 
4, 30) genus hominum publico exitio repertum 
et ne poenis quidem unquam satis coöreitum. 

Delegatio, Bezahlung einer Geldſumme durch 
Anweiſung auf einen Dritten, ſ. Litterarum 
obligatıo. 

Delictum, im Gegenjaß gegen crimen (ein Ber: 
gehen gegen den Staat, daher auch crim. publi- 
cum genannt) ein Vergehen gegen einen Einzelnen 
(3. B. Raub, Diebjtahl, Injurie), welches den Ber: 
legten zu einer privaten (daher auch delictum 
privatum) Schadenerjagklage berechtigte. 

Delion, Zrjlıor, j. Ruinen bei Dilifi, Heine 
Stadt Boiotiens im Gebiete von Tanagra am 
Euripos, mit einem groben, nad) dem Mufter 
des deliichen gebauten Apollontempel, welchen die 
Athener im peloponnefiichen Kriege als Feſtung 
gebrauchten; im J. 424 v. C. erlitten fie hier eine 
Niederlage durch die Boioter. Thuc. 4, 90. 100, 
Strab.9, 403. Cie, div.1, 54. Liv. 31, 45. 35, 50. 

Dellius, Quintus, aus dem Ritterftande und 
Negotiator, wurde nach manchem Wechjel der Bar: 
teien Anhänger des Antonius, der ihn nach Agyp— 
ten jandte, um Kleopatra zu holen (im J. 41 v. E.). 
Plut. Ant.25. Darnach begleitete er den Antonius 
(36) auf jeinem Feldzuge gegen die Parther und 
ging fur; vor der Schlacht bei Actium aus Furcht 
vor der von ihm beleidigten Kleopatra zu Dctavian 
über (daher wegen jeines politiihen Wanfelmuts 
desultor bellorum ejvilium genannt. Sen. suas. 1). 
Dio Cass. 50, 13. Vell. Pat. 2, 84. Er joll eine 
Geichichte des Kriegs gegen die Barther verfaht 
haben. Strab. 11,523. Plut. Anton. 59. Vielleicht 
an ihn richtete Horaz od. 2, 3. 

Dölos, Anlos, j. Mitra Dili, die Heinjte der 
Kykladen, aber hochberühmt und heilig als Ge: 
burtsjtätte des Apollon und der Artemis; bei den 
Dichtern führte fie auh die Namen Kurdia, 
Oorvyia, Alauvöie. Der Hauptberg, ein rauber 
Sranitfels, hieß Abr#og, ein Bad) ’Ivomdg. Der 
Sage nad) ließ der Erderjchütterer Poſeidon durch 
einen Schlag jeines Dreizads die Infel dem Meere 
entjteigen (daher der Name — fihtbar), die nun 
unftät umherſchwamm, bis Apollon jie zwiichen 
Mykonos und Gyaros feſſelte. Nach der Zeritö- 
rung von Korinth (146 dv. C.) ward fie, nament— 
lich wohl ihrer günftigen Lage wegen, allgemeiner 
Handelsplag, bejonders Sflavenmarkt; ungeheure 
Neichtümer wurden hier aufgehäuft, welche nur 
die Heiligkeit des Ortes ſchühßte, denn die Stadt 
jelbft hatte feine Mauern; aber Menophanes, der 


— Delos. 


304 


Delphi — Delphisches Orakel. 


Feldherr des Mithridates, plünderte und verwüftete | ihrer Schweiter Phoibe, welche es als Patengeichenf 


fie aufs ſchmählichſte, während die Berjer fie gejchont 
hatten. Adt. 6, 96 ff. Cie. de imp. Cn. Pomp. 18. 
Der pradhtvolle Apollontempel lag nahe am Hafen; 
bei demjelben wurden alle 5 Jahre feftliche Spiele 
gehalten, zu denen die griechiichen Staaten Ge: 
Jandtichaften jchidten (Bewprar, das Schiff Hewgis, 
die Teilnehmer Hewgol unter dem deyudiwgos). 
Die ionifche Bevölferung der Inſel war unter des 
Kodros Söhnen hieher gekommen und im J. 506 
v. E. durch attiiche Kleruchen verftärft worden; 
bier befand fich jeit 476 der Bundesichaß der atti- 
ſchen Symmadjie (Thue. 1, 96), hier wurden die 
Berlammlungen gehalten, bis um 454 der Schaß 
nach Athen fam. Plut. Arist. 25. Pericl. 12. — 
Da nichts Totes auf Delos begraben werden durfte, 
jo brachte man alles auf die nahe Inſel "Preis 
oder 'Pıijvsıa, j. Megali:-Dili. Jetzt ift Die Inſel 
eine troftloje Einöde, deren Trümmer jelbit all- 
mählich verjchwinden, da fie von den Ummohnern 
als Baumaterial benußt werden. Strab. 10, 4857. 
Im J. 1883 veranftaltete Ausgrabungen haben 
zur Entdedung eines Theaters und eines großen 
Privathauſes geführt; aud) die Fundamente des 
Tempels und andrer®ebäude jind bloßgelegt worden. 

Delphi ij. Phokis, 2. 

4deipivıa, ein eit des über Sturm und Meer 
gebietenden Frühlingsgottes Apollon in Athen am 
6. Munychion (Seeausfahrtsfeft). Eine Anzahl von 
Nungfranen begab ſich mit Bittzweigen in den 
Händen in den delphiniſchen Tempel des Gottes, 
um ihn zu verehren. Plut. Thes. 18. 

Delphinion, Jeipivrıor, 1) Stadt an der Dit: 
jeite der Inſel Ehios, jet und mit jchönem Hafen. 
Thuc. 8, 38. 40. — 2) Safenort bei Oropos in 
Attila mit einem Orakel des Amphiaraos. Strab. 
9,403. — 3) Gerichtshof in Athen am Tempel 
des Apollon Delphinios, wo über die gerichtet 
wurde, welche behaupteten, einen Mord mit recht: 
licher Befugnis begangen zu haben; |. "Epfrau. 

Delphinus, auch Delphin, deipiv, delgpis, 
der Delphin, 1) eine Heine Walfifhart, Symbol 
des Meeres und jeiner Götter, zugleich eine Hin— 
deutung auf die Serfahrten und den Seehandel 
der Alten. Die Geſchwindigleit des Tieres, feine 
Luft, fi den Schiffen anzufchließen, bejonders 
von der Pfeife der Schiffer gelodt, feine Sprünge 
auf dem Meere beim Herannahen eines Sturmes, 
anjcheinend eine Warnung für die Schiffer, waren 
Gegenſtand und Beranlafiung zu dichterifcher Auf: 
fafjungsweije. Plin. 9, 24 ff. Dies ging in den 
Mythos über: Melikertes, mit welchem no fich 
in die Wogen geftürzt hatte, wird vom Delphin 
nad Korinth getragen. Ahnlich die Geſchichte mit 
Arion (j. d.), defien Weihgejchent jchon zu Herodots 
(1, 23) Beit in Tainaron gezeigt wurde. Es war 
wohl das Bild des Pojeidon. — 2) j. Stern- 
bilder, 3. — 3) eine delphinartige Kriegsmaſchine 
auf den Schiffen, beftehend in einem Pac wo Stüde 
Blei oder Eijen, das mit Rollen und Striden an 
den Segelftangen herabhing und mit großer Kraft 
auf die feindlichen Schiffe geichleudert ward, um 
fie zu durchbohren. Thuc. 7, 41. Arist. Equ. 762, 
S. aud) Spina. — Auch verjchiedene delphin: 
ähnliche Prunfgeräte hießen jo. 

Delphisches Orakel. Nach Aiſchylos Kum.1 ff.) 
war die Urprophetin Gaia zuerft im Beſitz des 
Drafels; fie übergab es ihrer Tochter Themis, dieje 


(yeritlıor doc) ihrem Enkel Poibos Apollon 
überlich. Nach andern Sagen beſaß zuerft Gaia 
mit der Promantis Daphne, einer Nymphe des 
Gebirges, das Drafel, dann Gaia nebft Pojeidon; 
Gaia überlieh ihren Anteil der Themis, dieſe 
darauf dem Mpollon, der auch den Anteil des 
Poſeidon für Kalaureia eintauichte. Dem homeri: 
ſchen Hymnos auf den puthiichen Apollon zufolge 
nimmt Apollon, von Delos fommend, bald nad 
feiner Geburt Bejiß von dem Drafel, indem er 
den es bewachenden Drachen Python (oder Del: 
phyne), einen Sohn der Gaia, mit feinen Rfeilen 
erlegt und kretiſche Männer aus Knoſſos als jeine 
Priejter einjeßt. Zur Sühne des Mordes des 
Python und zur Beichwichtigung des Zornes der Ge 
mußte Apollon flüchten und 8 Nahre (ein großes 
Jahr) dienen. Ein alle 8 Jahre wiedertehrendes 
seit der Delphier ftellte ſymboliſch dieje Buße des 
Apollon und jeine Reinigung dar. Ein Knabe, 
der den Apollon vorftellte, zog, nachdem man eine 
Hütte vor dem Tempel, die Hütte des Python, 
angezündet hatte und Hals über Kopf Davon: 
geflohen war, mit einer Prozejlion von Delphoi 
aus durch Lokris, Doris, über den Dite, durch das 
Land der Ninianen und Malier bis nach Tempe 
hinauf, wo er durch allerlei Sühngebräucdhe ge: 
reinigt ward. Erjt nadı feiner Reinigung nahm 
Apollon Befiß von dem Orakel, um den Willen 
feines Baterd Zeus den Menjchen zu verkünden 
und eine fchönere, gefittetere Zeit heraufzuführen. 
Die Orakelſtätte war eine aufregende Dämpfe aus: 
hauchende Erdipalte, über welcher das «dvror des 
großen Apollontempels erbaut war. Durch eine 
Biege, welche an demjelben in Berzudungen fiel, 
jollten fie einft Hirten entdedt haben. Über der 
Spalte jtand ein folofjaler hölzerner, mit Gold 
befleideter Dreifuß, auf welchem ein Gerät lag, 
welches als Aeßns oder gıadkn oder xunkog oder 
64uog, lateiniſch cortina, bezeichnet wird. Es war 
dies eine horizontale oder nur wenig vertiefte 
runde, durchbrochene Blatte, über welcher die weis— 
ſagende Priejterin auf einer Art Seffel ihren Plaß 
nahın. In älterer Zeit war die Bythia eine Jung: 
frau, jpäter eine rau über 50 Jahre in jung: 
fräulicher Kleidung. In der blühendften Zeit des 
Orakels wechſelten 2 Bythien ftets in dem Dienite, 
und noch eine dritte diente als Stellvertreterin. 
Die Leitung des Oralels lag unmittelbar in der 
Hand einer Anzahl ariftofratijcher Familien. Dieje 
ernannten aus ihrer Mitte ein Kollegium von 
5 Männern, die die Aufficht über das Heiligtum führ: 
ten und die PBriejter des Tempels jowie die Pythia 
beriefen. Die rechte Zeit der Befragung war ur: 
jprünglih nur der jicbente Tag des Frühlings— 
monats Bvscıog (der Geburtstag des Gottes, ım 
Anfang des Frühlings, um die Tag: und Nacht: 
leiche), jpäter eine bejtimmte Zeit in jedem Monat. 
Doch gab es natürlich eig Nufgar dropopüdsg. 
Über die Reihenfolge der Befragenden (#eomgo- 
zo), welche dem Tempel Gejchente gaben, entichied 
das Los. Mit dem Lorbeerfranze und wollenen 
Binden geihmüdt, brachten fie dem Gotte Gebet 
und Opfer (renorijeıa) dar. War gemäß den 
Opferzeihen der Tag der Befragung ein günftiger 
(«isie), jo bejtieg die Pothia nach vorbereitenden 
Waſchungen und Reinigungen, mit goldenem Haar: 
puß und im langem, fließendem Gewande, den 


Delphoi — Demades. 


Dreifuß und jprach, begeiftert durch die auffteigen- 
den Dämpfe, die Weisſagung, welche, wenn fie 
nicht ſchon in Verſen beftand, von im Dienft 
ftehenden Dichtern verfifiziert wurde. Versmaß 
und Sprache waren epijch; in jpäterer Zeit jedod) 
gebrauchte man die Proja. Dieje Sprüche wurden 
meift in ſymboliſcher Form gegeben und hatten 
etwas Dunkles und Vieldeutiges. Eine Sammlung 
von Drafeljprühen, wie man fie öfter benußte, 
um fich daraus Rats zu erholen, hatte ſchon Peiſi— 
ftratos (Hdt. 5, 90). Zu dem jonftigen Perſonal 
des Drafeld gehörten die oo, die Opferpriefter 
und Oberaufieher des Tempels aus den 5 delphi— 
ſchen Brieftergeichlecdhtern, die moopnraı, die Orakel: 
prieiter oder Nusleger, moögmoloı yuradzeg, Diene: 
rinnen, zsgınyrjead, Herumführer der fremden. — 
Das delphiiche Orakel ijt uralt, wiewohl jünger 
als das dodonaiiiche; jchon zu Homers Zeit iſt 
der pythiſche Gott und fein Drafel berühmt. Od. 
8, 79. Es übte von alter Zeit her einen vielfachen 
Einfluß auf die Verhältniſſe der griechiichen Staa: 
ten (j. Apollon, 2.), der jeine erfte Begründung 
wohl in dem pythiſchen Amphiktyonenbunde (j. 
Amphiktyonen) hatte; namentlich genoß es hohe 
Autorität bei dem doriſchen Stamme, zumeift in 
Sparta. Auch Barbarenvölter ehrten es, jo be- 
fonders die Indiichen Könige (Hdt. ı, 18. 14. 19. 
25. 46 ff.) und die Völker Staliens. Bei den 
Hellenen ftand es in Blüte bis ungefähr zum 
peloponnefiichen Kriege, bis zur Zeit der herein- 
brechenden Aufflärung. Zum Teil lag an ihm 
jelbft die Schuld des Verfalls, indem es durch 
politiihe Parteinahme und Bejtechlichteit Miß— 
trauen gegen fich erregte und ſich Verachtung zu: 
og, jo daß Eicero (div. 2, 57) im Sinne griedi- 
ſcher Bhilojophen und bejonders der Römer, denen 
das Drafelwejen fremd blieb, jagen fonnte: cur 
isto modo iam oracula Delphis non eduntur, 
non modo nostra aetate, sed iam diu, 
iam ut nihil possit esse contemtius? Zur 
Zeit Hadrians hob fi) das Dratel wieder etwas; 
aber die Dinge, über die man es befragte, waren 
jegt nicht mehr politifcher Art, jondern meift 
Heinliche Privatangelegenheiten. Bon den Kirchen: 
pätern befämpft, von den Kaifern geplündert und 
mißhandelt, ward es endlich von Theodofius dem Gr. 
um 390 n. €. gänzlich geichloffen. — Der große, 
prächtige Tempel des pythiichen Apollon, 
welcher über dem Erdichlunde erbaut ftand, war 
von einem weitläufigen, mit zahlreichen Statuen 
und jonftigen Weihgeichenten, Schathäufern und 
Leschen angefüllten, Tempelhoje (Peribolos) um: 
geben. Die Reichtümer des Tempels famen nicht 
bloß von den Gaben für gegebene Orakel, jondern 
auch von Geichenten an Zehnten, die infolge 
freudiger Begebenheiten geweiht waren. Die meijten 
hellentichen Staaten, ja jelbjt auswärtige, hatten 
dort Thelauren, und es fam auch vor, daß der 
Tempel jelbft Geld jogar nad) auswärts lich (Thue. 
1, 121). So war aljo auch hier wie in Delos das 
amphiktyoniiche Bundesheiligtum eine Stätte des 
Geldhandels und der Geldhülfe, gewiffermaßen eine 
Börje. Der ältefte Tempel, den Agamedes und 
Trophonios gebaut haben jollten, war 518 v. E. 
abgebranmt (Hat. 2,180. 5, 62); er ward prächtiger 
in dorifchem Stile wieder aufgebaut von den durch 
Beififtratos vertriebenen Altmaioniden, welche den 
Bau für 300 Talente übernommen hatten. Die 


Bealleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


305 


Bollendung diejes Neubaues fcheint jehr lange Zeit 
erfordert zu haben, da die Biebelgruppen, von den 
Bildhauern Prarias und Androfthenes ausgeführt, 
erft um 430 vollendet wurden. Es war, wie die 
wenigen Überrejte zeigen, ein großer Hypäthral: 
tempel ({."Traı$gog), der im Innern ionifche, 
im Außern dorische Architeftur hatte. In den 
Giebelfeldern befanden ſich auf der Borderjeite die 
3 delphiſchen Gottheiten Artemis, Yeto und Apollon 
unter den Mufen, auf der Hinterjeite Dionyjos 
mit den jchwärmenden Thyiaden nebſt dem ſich 
neigenden Bejpann des Helios. Vgl. Welder, alte 
Dentm. 1S. 151— 178. Den Hauptbalfen ſchmück— 
ten goldene Schilde der bejiegten Perſer und Gallier, 
—* beide den Tempel bedroht hatten. In dem 
mit vielen Weihgeſchenken gefüllten Pronaos ſah 
man die weiſen Sprüche: Pobe seavror und 
Mnöir äyav, jowie das jchon den Alten dunfele 
Ei. Bol. Göttling, Abhandl. 1 ©. 221. Bei diejen 
Sprüchen der Weijen ftand die Statue des Homer. 
In dem Tempel jelbjt befanden ſich an der Weit: 
jeite die Bildjäulen der Moiren, des Zeus Mo«- 
oayerns und des Mpollon Morgayerns: ferner 
ftand dort die goldene Bildjäule des Apollon und 
davor der Opferherd, auf welchem ein ewig bren- 
nendes Feuer unterhalten wurde. Auch jah man 
dort neben dem Opferherd das Bild des Erdnabels, 
einen mit Binden ummidelten Blod von der Form 
eines abgeftumpften Kegels aus weißem Marmor, 
dupekos tg yijs, mit den auf beiden Geiten 
ftehenden goldenen Bildern der Adler, welche einft, 
von den entgegengejegten Enden der Erde von 
Zeus abgejandt, hier zujammengetroffen waren, 
woraus man erfannte, daß dieje Stelle der Mittel: 
punft der Erde wäre. Hinter der Eella des Tem: 
pels befand fich zunächit ein Gemach, in welchem 
die das Orakel ——— wartend ſich nieder— 
ließen; von da aus ging man in das tiefer ge— 
legene, höhlenartig überbaute Adyton, in welchem 
ſich der Erdſchlund und darüber der Dreifuß be— 
fand. In dem Adyton ſtand eine goldene Statue 
des Apollon und ein alter Lorbeerbaum. Die 
Pythia aß, bevor ſie den Dreifuß beſtieg, von den 
Blättern des Lorbeers und trank aus der Quelle 
Kaſſotis, die im Peribolos entſprang. Vor dem 
Eingange des Tempels ſtand der große Brand— 
opferaltar und dabei das eherne Bild eines Wolfes, 
des dem Apollon geheiligten Tieres, ſowie der 
große goldene Dreifuß, welchen die Hellenen nach 
der Schlacht bei Plataiai geweiht hatten (Hat. 
9, 81): ein goldenes Beden auf einem ehernen 
Seftell von 3 ineinander gewundenen Schlangen, 
deren Hälfe oben auseinander gingen. Ein Teil 
diejes Geſtells ſcheint ſich in Konftantinopel er- 
halten zu haben, deſſen Echtheit mit Unrecht be- 
itritten worden ift. Vgl. Frid, das Platäiſche Weih- 
geſchenk in Konftantinopel (1859). Paus. 10, 5,5 ff. 
9,1. 24, 1 ff. 

Delphoi j. Phokis, 2. 

Delta ſ. Aigyptos und Nilus. 

Delübrum (luere), eigentlic) der Entjühnungs- 
oder Neinigungsort, der Tempel, bejonders die 
jtille, heilige Wohnung der Götter, daher vorzugs— 
weife, wie bei den Griechen veös, der Plab, two 
die Bildſäule der Gottheit und der dazu gehörige 
Altar ftand. Die Alten gaben jehr verjchiedene 
Erklärungen de Namens. Macrob. sat. 3, 4, 1. 

Demädes, ZInudöns, ein Athener niederen 

20 


306 


Anueyayög — Demeter. 


Standes, Sohn eines Fiſchers, joll als Ruder: | Kleomenes' I., wurde von diejem im Bunde mit 


fnecht gedient haben, ſchwang ſich aber durch jein 
redneriiches Talent zu hohem Anjehen empor, frei: 
lich zum Nachteil des Staats, denn er war ein 


Gegner des Demojthenes, gegen den er auftrat, | 
wie er auch jpäter jeinen Tod befördert haben joll. | 
Nachdem es ihm durd jeine | 


Plut. Demosth. 28. 
Frreimütigfeit gelungen war, ſich und jeimen bei 
Ehaironeia gefangenen Mitbürgern die Freiheit 
zu verichaffen (Diod. Sie. 16, 87), war er ganz im 
Sinne des makedoniſchen Königs thätig und wußte 


fich auch Mleranders Gunft zu erhalten, wie es 


ihm denn in Gemeinjchaft mit Phofion gelang, 
des heftig erzürnten Königs Nache von Athen ab: 
zuwenden. Plut. Demosth. 23. Seine Verſchwen— 
dung und Üppigfeit brachten ihn mehrmals in 
Geldftrafen und jogar in Atimie. Als er an Anti- 
pater gejendet wurde, um —— bewirken, daß die 
maledoniſche Beſatzung aus Munichia zurückgezogen 
würde, ließ dieſer, da aufgefangene Briefe ein 
Komplott des Demades gegen ihn bewieſen, ihn 
ergreifen und hinrichten, 318 v. C. Diod. Sie. I8, 48. 


Sein Charakter war aller moraliſchen Grundſätze 


bar, den Schiffbruch (vevdyıor) Athens nennt ihn 
Plutarch; dabei ſprach er aber, ſelbſt aus dem 
Stegreif, ſo trefflich und mit ſo vielem Witz, ſo 
unwiderſtehlich, daß er ſelbſt dem Demoſthenes die 
Spitze bieten konnte. Schon Cicero und Quinti— 
lian kannten feine Schriften von ihm. Cic. Brut. 
9, 36. or. 26, 90. Quint. 2, 17, 12. 12, 10, 49. 
Plut. Demosth.8.10. 11. Abhandlung von Lhardy 
(1834). 

Anuayoyos, Die Demagogie ift ein eigen: 
tümliches Erzeugnis der griedhiihen Demofratien 
und bejonders ın Athen zu einem das Gemein: 
wejen gefährdenden und untergrabenden Grade aus- 
gebildet. Es war Prinzip in Athen (und über: 
haupt in Demofratien), die Macht der Magijtrate 
möglichjt zu bejchränfen und alle Angelegenheiten 
jo viel als möglich vor die Vollsverſammlung zu 
ziehen. Unter dem Schuße der Nedefreiheit (dan- 
yogi«) konnte fich daher eine Macht ausbilden, die, 
rein auf dem perjönlichen Anjehen und bejonders 
der Beredjamkeit beruhend, das leichtbewegte Volt 
lenkte; dies war die Demagogie. Der Demagoge 
(auch die Ausdrüde meoordrng roö drjuov, tod 
ö. roosorag fommen vor) lenkte ohne alle amt- 
liche Berantwortlichkeit nur durch die Kraft jeiner 
Nede das Boll. Solange die alte Sitte galt und 
die Achtung vor dem Geſetze im Wolfe lebte, trat 
das Gefährliche des Verhältniſſes nicht hervor, und 
unter Perikles' demagogiicher Leitung entwidelten 
fich die Kräfte Athens zu der höchjten Höhe helle: 
nilchen Lebens. Aber jchon Perikles riß die legten 
Dämme, die der Demagogie im Wege ftanden, 
nieder, und bald nad —— Tode finden wir 
Kleon an der Spitze des Staates, der durch Kech 
heit und Unverjchämtheit das Bolt beherrichte. Die 
Geſetze wurden nicht geachtet, Parteiungen ent: 
ftanden, und die jchlimmften Leidenichaften ber 
Maſſe wurden als Hebel für den Ehrgeiz der 
Einzelnen (die Nachfolger des Perikles) gebraucht. 
Thufydides jchon jagt (2, 65): of d2 doregor, looı 
airol uärlor moög dkkrjkovg Övreg ul Ögeyo- 
ueror tod mgürog Enaorog yılyveodaı, dredmorro 
ra” Ndorüg ro Iniuw r& modyuara Evdıdoreı. 

Demarätos, Anudoarog, 1) Sohn des Arifton, 
Königs von Sparta, Gegner des ziveiten Königs, 





Leotychides, welche beide ein dunkles Gerücht über 
jeine Geburt zu jeinem Nachteile benußten (Hat. 
6, 63 ff.), geftürzt und flüchtete, verjpottet und ver- 
höhnt, zum Perſerkönig Dareios, der auf jeinen 
Nat den Terxes zu feinem Nachfolger ernannte. 
Hdt. 7, 3. Als dieſer jeinen großen Zug gegen 
Griechenland unternahm (480 v. E.), begleitete ihn 
Demaratos ; jeine Ratichläge und Warnungen blie- 
ben jedoch unbeachtet. Adt. 7, 101 ff. Diod. Sie. 
11, 6. Des Demaratos Nachkommen herrichten 
noch im J. 399 v. C. über ein fleines Gebiet in 
Miolis. Xen. An. 7, 8, 17. Hell. 3, 1,6. 
2) Dem. aus Korinth, floh vor dem Tyrannen 
Kypſelos nad Targuimi in Etrurien; er iſt der 
Bater des Targuinius Prijeus. Cic. tusc. 5, 37, 109. 
r.p. 2, 19, 34. Liv. 1, 34. 

Demarchen j. Jijuoı. 

Demöter, Snunrne, Ceres, die Tochter des 
Kronos und der Rhea, Schweiter des Zeus (Hesiod. 
theog. 454), war als die göttlihe Mutter Erbe 
(Inujene = Tij-wirne) die Göttin der Pflanzen 
welt und namentlich des Getreides. Sie war eine 
milde, jegenbringende Göttin, die Ernährerin der 
Menſchen. Bei Homer, der von Krieg und Schlady: 
ten und weiten Meerfahrten fingt, wird fie, wie 
auch Dionyfos, jelten genannt und findet fich micht 
unter den Göttern des Dlympos. Er erwähnt nur 
den Mythos von Demeter und Jafion (Od. 5,125; 
vgl. Hesiod. theog. 969), welche auf dreimal ge: 
pflügtem Saatland in dem fruchtbaren Kreta den 
Plutos (Reichtum) erzeugen; aber Zeus erichlägt 
aus Eiferfuht den Jaſion mit dem Blitz. Der 
Mittelpunkt ihres Mythos und Kultus ift das 
Verhältnis zu ihrer Tochter Perjephone, welche von 
Hades geraubt ward (j. Persephone). Homer 
erwähnt diefen Mythos nicht, doch fennt er bie 
Abftammung der Perjephone von Zeus und Demeter 
(Il. 14, 326. Od. 11, 217); in dem homerijchen 
Hymnos auf Demeter (Nr. 4.) dagegen wird er 


weitläufig erzählt. Demeter jucht die geraubte Tody: : 


ter 9 Tage lang, am zehnten erfährt jie von dem 
helljehenden Helios, da fie Hades entführt hat. 
Nun wandert fie trauernd und dem Zeus, mit 
deſſen Willen Perjephone geraubt ift, zürnend, auf 
der Erde umher, bis fie in Geſtalt eines alten 
Weibed unter dem Namen Ana (die Suchende) 
nach Eleufis fommt, in das Haus des Keleos 
(Sohnes des Eleufis), deſſen Gemahlin Metaneira 
ihr die Pflege ihres Heinen Sohnes Demophoon 
anvertraut. Diejen wollte die Göttin unfterblich 
machen ; jie jalbte ihn mit Ambrofia und hielt ihn 
nachts ins Teuer. Als aber einſt Metaneira fie 
des Nachts bei dem Werke betraf und vor Schred 
laut aufichrie, gab Demeter erzürnt das Werk auf; 
dem Demophoon aber wurde doch, weil er auf 
dem Schoße der Göttin geruht hatte, ewige Ehre 
zu teil. Demeter gab ſich nun als Göttin zu er- 
fennen; fie lieh fich einen Tempel bauen an dem 
Duell Kallichoros und lehrte die Menjchen ihren 
Dienft. Den Olympos aber mied fie und die Erde 
machte jie unfruchtbar, bis Zeus ihren Zorn be: 
Ihwichtigte, dadurch, daß er Berjephone aus der 
Unterwelt heraufholen ließ. Zwei Dritteile des 
Jahres darf die Tochter auf der Oberwelt bei der 
Mutter weilen ({. Persephone). Bevor Demeter 
mit der Tochter in den Olymp ging, lehrte fie die 
Herricher von Eleufis, Triptolemos, Diofles, Eu: 


De 


tv 


- 


Demetrias — Demetrios. 


molpos und Keleos, den Gebrauch der heiligen 
Opfer und die eleufinichen Weihen. Eleujis war 
ein uralter Sit des Demeterfultus; fie wurde hier 
bejonders verehrt als die Lehrerin des Aderbaues, 
welche dadurdy die Gründung fejter Wohnfige ver: 
anlafte und bürgerliche Ordnung, Ehe und fried— 
liches Leben einführte; daher ihr Beiname Qcouie, 
Osouopögos, Gejeßgeberin. Über ihre Mpfterien 
»in Eleufis j. Eleusinia. Das Rhariſche Feld 
bei Eleufis wurde jährlich feierlich gepflügt, zum 
Andenken daran, daß hier das erjte Getreide gejäet 
worden war. TZriptolemos, der Sohn des Eleufis 
(oder auch Sohn des Keleos und an die Stelle 
des Demophoon gejeßt), hatte hier einen Altar 
und die jogenannte Tenne des ZTriptolemos; er 
joll den Pflug erfunden und im Auftrag der De: 





meter den Aderbau und die damit verbundene 
Kultur verbreitet haben, indem er auf einem 
Drachenwagen auf der Erde umherzog. Auch De- 
meter jelbft joll, während fie, die Tochter juchend, 
umbertwanderte, an vielen Orten den etreidebau 
gelehrt haben. Als die Göttin der Erde, welche 
die Bilanzen und befonders die Saaten aufiprofien 
läht (Arnosdage, die Heraufienderin der Gaben, 
Xlön, die Grünende), war Demeter auch eine unter: 
irdiiche Göttin (zdord«) und trat fo in alter Zeit 
an vielen Orten mit Poſeidon, dem Nepräjentanten 
des feuchten Elements, in eheliche Berbindung. 


4 Der Dienjt der Demeter war in alter pelajgiicher 


Zeit (daher TIekaayig) allgemein in Griechenland 
verbreitet, in Theflalien, Boiotien, Attifa, Megara, 
Korinth, im ganzen Peloponnes u. |. f. Bon 
Megara und Korinth fam er nach Sicilien, das 


307 


wegen feiner ruchtbarfeit ein Lieblingsaufenthalt 
der Demeter wurde. Hier wurde "ihr und” ihrer 
von Hades beim Blumenpflüden geraubten Tochter 
im Frühling und Herbſte eine Reihe von Feſten 
gefeiert unter dem Namen Ardespöor«, soyd- 
wie, Avanakuneigie, Kögsın, Ocouopögıe. Seit 
der dorijchen Wanderung wurde durch das ÜÜber- 
wiegen der dorijchen Bildung der diejem Helden- 
ftamme fernftehende friedliche Demeterkult au vielen 
Orten Griechenlands zurüdgedrängt, bis ihn all: 
mählich der neu auflebende Einfluß des ioniſchen 
Stammes wieder zu allgemeinerer Geltung brachte 
und don Wttifa aus auch wieder in neuer Form 
in den Peloponnes einführt. Geopfert wurden 
der Demeter außer Stieren und Kühen bejonders 
Schweine wegen ihrer Fruchtbarkeit, dann Früchte 
und Honigwaben; heilig war ihr die Ähre, der 
Mohn, der Objtbaum u. ſ. f. Von der Kunſt 


wurde fie der Hera ähnlich dargeftellt, nur mütter- 


licher, weicher und milder, mit einem Ahrenfranze, 
mit der myſtiſchen Fadel, mit dem Fruchtkorb (mie 


| auf dem beigefügten pompejaniichen Wandgemälde), 


Ahren, Mohn in den Händen. In fpäterer Zeit 
wurde fie mit Ge und Rhea-⸗Kybele vermengt. — 
Die Römer identifizierten Demeter mit ihrer 
und verehrten Diehe ganz mach griechischer Weiſe 
(Cie, Balb. 24). Sie war bejonders eine Göttin 
der Plebejer, welche ihr im Frühlingsmonat April 
das Feſt der Gerealien (Cerealia) und die ludi 
Cereales feierten. Op. fast. 4, 393. Man begab 
fich in feftlihem Aufzuge in den Eirfus, wo Wett: 
rennen mit Pferden veranftaltet wurden, die 8 Tage 
lang dauerten, trug weiße Kleider, und die Plebejer 
jandten ſich Blumenfränze zu und veranjtalteten 
fich feftliche Mahlzeiten. Opfertier war das Schwein. 
Auch vor der Ernte opferte der Landmann der 
Göttin der Feldfrüchte ein Schwein (porca prae- 
eidanea) und die Erftlinge der Ernte (praeme- 
tium). Den erften Tempel erhielt Ceres in Rom 
496 v. E. von A. Boftumius während einer 
Hungersnot am Cirkus unterhalb des Aventimus, 
des Hauptjißes der Plebs. Die Römer vermeng-: 
ten in jpäterer Zeit die Göttin mit Tellus. 
Demetrias, Inunrgeds, ftark befeitigte, theſſa— 
liiche Stadt der Landichaft Magnefia im innerften 
Winkel des Pagaſaiiſchen Meerbujens, gegründet 
um 290 v. E. von Demetrios Poliorfetes und ge: 
bildet durch Zuſammenlegung zahlreicher Ortichaf- 
ten (Neleia, Pagafai, Jolkos u. a.), lange einer 
der Schlüffel Griechenlands (midaı "Elinwinai), 
infolge ihrer günftigen Lage wichtiger Handelsplat 
und oftmals Rejidenz der Könige von Mafedonien. 
Hier landete Antiochos der Gr. in feinem Kriege 
mit den Mömern. Ruinen auf der Höhe von Go— 
ritza. Liv. 32, 37. 35, 31. 39, 23. Pol. 17, 11. 
Strab. 9, 436. Nach ihr heißt bei Livius (28, 5) 
der Pagaſaiiſche Meerbujen sinus Demetriacus. 
Demetrios, Snurjrgos, 1) Dem. Poliorke— 
tes, Tolioountijs, Sohn des Antigonos, geb. 334 
od. 335 v. C., nahm frühzeitig teil an den Nämpfen 
jeines Vaters gegen Eumenes, PBtolemaios, Lyſi— 
machos und andere Feldherrn Nleranders um den 
Nachlaß des großen Königs (317 ff.). Sein großes 
Freldherrntalent und fein Mut wurden freilich oft 
durd Ungeftüm und jugendliche Hitze verdunfelt, 
wie in der von ihm verlorenen Schlacht bei Gaza 
(312) gegen Ptolemaios von Aghpten; jene erfteren 
Eigenichaften aber lichen ihn bald nachher in 


20* 


eres: 


or 


308 


Syrien einen glänzenden Sieg über die Ägypter 


gewinnen. Plut. Demetr. 5.6. Diod. Sie. 19, 80 ff. 
Ein Zug gegen Seleukos, den er zwar die Stadt, 
aber nicht die mutig verteidigte zweite Burg von | 


Babylon entriß, endigte mit einem baldigen Rück— 


zuge im J. 311. Plut. Demetr. 7. In den folgen: | 


Demetrios. 


mit Vorwürfen und bejchenfte fie reichlih. Plut. 
Demetr. 33. Nachdem auch die Spartaner im 
Eurotasthale geichlagen waren, zog Demetrios raſch 
nach Makedonien, wohin ihn Mlerander, Bruder 
des jungen Königs Antipater, rief. Da derjelbe 
ſich aber wantelmütig zeigte, fih an Pyrrhos von 


den Jahren vertrieb er nicht nur die ägyptiſchen Epeiros wendete und ſich der Hülfe gern entichla: 


Truppen, welche die Küftenftädte Kilifiens bejegt 
hatten, jondern befreiteauch Athen (307) von der Herr: 
ſchaft des Kafjander, eroberte Munichia, zog trium: 
phierend in die Stabt ein, welcher er reiche Ge— 
ſchenke an Getreide und Schiffsholz in Ausjicht 
jtellte, und wurde zum Dank mit Föniglichen Ehren 
belohnt. Von feinem Vater zum Kampfe gegen 
Btolemaio8 abgerufen, jegelte er nad) Kypros, 
ichlug des Ptolemaios Bruder Menelaos in einer 
Schlacht und belagerte die Hauptſtadt Salamis. 
Die Erfindung und Aufftellung großartiger Kriegs: 
majcdhinen bei der Belagerung, die ihm den Bei- 
namen des Städteeroberers, den ihm die Geſchichte 
von diefer Zeit an gibt, verichaffen jollte, brachte 
die von Menelaos tapfer verteidigte Stadt erft 
dann in jeine Hände, als er den zu Hülfe eilenden 
PBtolemaios in einer Seeſchlacht befiegt hatte. 
Seitdem nahmen Antigonos und Demetrios den 
Königstitel an, 306. Plut. Demetr. 8 ff. 15 ff. Diod. 
Sic. 20, 45 ff. Dagegen mißlang die Belagerung 
(304) von Rhodos, und er mußte mit der Inſel 
Frieden jchließen. Hierauf eilte er wieder nad) 
Griechenland, defjen Befreiung das erjte Mal nicht 
ganz gelungen war, und wo Kaſſander Athen be: 
drohte (Herbſt 304). Bei Demetrios’' Ankunft zog 
fid jener zurüd, Demetrios bradhte den Winter 
in Athen zu und gab ſich hier raujchenden Ber: 
gnügungen und Schwelgereien hin. Auch einen 
Zeil des folgenden Jahres verweilte er dajelbit, 
mußte aber (302) Athen und Griechenland ver: 
lafjen, um jeinem Bater gegen die verbündeten 
Feldherren Kafjander, Lyſimachos, Seleufos und 
Ptolemaios Hülfe zu bringen. In Borderajien 
fam es (301) bei Ipſos in Phrygien zur entichei: 
denden Schlacht, in welcher Antigonos und Deme— 
trios eine gänzliche Niederlage erlitten. Put. 
Demetr.29. Diod. Sie.21,2. Der erftere fiel, und 
der legtere entlam nur mit einer geringen Schar 
Fußvolk und 4000 Neitern nach Ephejos. Seine 
Hoffnung, mit jeiner Seemadjt und im Befite der 
bedeutenbften Injeln und Seeſtädte Aſiens von 
Athen aus, ald dem Mittelpunfte feiner Unterneh: 
mungen, den Gegnern die Spige bieten zu fünnen, 
icheiterte an dem feſten Entichluffe der Athener, 
ihn nicht aufzunehmen (Plut. Demetr. 30), worauf 
der in der Gefahr erfinderiihe und thatkräftige 
Demetrios die Sühtenlänber Thrakiens verwüſtete 
und ſich dann mit Seleukos, welcher gegen ſeine 
bisherigen Verbündeten Mißtrauen zu hegen anfing, 
verband. Seleukos heiratete des Demetrios Tod) 
ter Stratonife, weldhe der Vater ihm jelbjt nad) 
Syrien zuführte. Als aber Seleutos jeinem Schwie- 


gervater vorichlug, Kilifien, welches diejer auf dem | 


Zuge nad) Syrien in Bejiß genommen hatte, gegen 
eine entjprechende Geldjumme ihm abzutreten, weis 
gerte Demetrios jich, jammelte, von neuem ent: 
ichloffen fich ein Neich zu gründen, ein Heer und 
eine Flotte und brach nach Griechenland auf, um 
298. Er eroberte Nigina und Salamis, dann 


Athen, rächte jich aber nicht an der Stabt vn ichlufjes und der Yaune. 
id) | 


ihres bewiejenen Undanfes, jondern begnügte 


gen hätte, lie Demetrios ihn ermorden (294) und 
wurde zum König ausgerufen, züchtigte dann die. 
unruhigen Boioter und nahm Theben nach harter 
Belagerung ein. Plut. Demetr. 37.39. Just. 16, 1. 
Er behandelte es aber milde, z0g dann nach Epei— 
ros, deſſen König Pyrrhos die dem Demetrios 
feindlihen Witolier unterftügte (289), und kehrte 
nad Verwüftung des Landes nah Makedonien 
zurüd. Plut. Pyrrh. 7. Demetr. 41. Während 
hier die Abneigung der Einwohner gegen den jchwel: 
geriichen, ungejtümen und deſpotiſch auftretenden 
König immer höher jtieg, trug fich diejer mit hoch: 
fahrenden Plänen zur — * der einſt 
von ſeinem Vater beſeſſenen aſiatiſchen Länder. 
Zu dieſem Zwecke traf er (289 58) jo umfaſſende 
und bedeutende Rüftungen zu Waller und zu Yande 
— gegen 110000 Mann und 500 Schiffe brachte 
er, zum Zeil durch die gewaltjamften Mittel, zu: 
ſammen —, daß Seleufos, Lyſimachos und Ptole- 
maios ein Bündnis gegen ihn jchloffen, dem auch 
Pyrrhos beitrat. Aber wie er die Zuneigung der 
Matedonier durch Verachtung ihrer nationalen Sitte 
und Hochmut verjcherzt hatte, jo gab ſich bald in 
jeinem Heere eine ſolche Unzufriedenheit Fund, daß 
er, noch vor dem Ausbruche des eigentlichen Kampfes 
von den Soldaten verlaffen, heimlich entfliehen 
mußte (288). Flut. Demetr. 41 ff. Pyrrh. 11. 
Er begab ſich nadı Griechenland und von da, nach 
der Belagerung Athens, nach Kleinafien. Put. 
Demetr. 46. Mad) einigen glüdlichen Unterneh: 
mungen zog er fich vor Agathofles, des Lyſimachos 
Sohn, nad Phrygien zurüd, wurde aber von diejem 
genötigt, fi) von da in das Gebiet des Seleutos 
u flüchten, dem er fich ergeben mußte, da eine 
— Krankheit ihn zwang, den verzweiflungs— 
vollen Kampf, den er anfangs gegen Seleukos in 
Kilikien, begonnen hatte, aufzugeben, zumal da 
dieſer ihm auch die Flucht zur See abgeſchnitten 
hatte (287 oder 286). Zwar wies Seleufos große, 
ihm von Lyſimachos für den Fall, daß er Deme: 
trios töten laſſe, gebotene Geldjummen entrüftet 
zurüd, aber er jchenfte aud) den Bitten um deſſen 
Freilaſſung fein Gehör. Plut. Demetr. 46 ff. Dem. 
jelbjt gab alle Hoffnung auf Beilerung jeiner Lage 
auf; er jtarb nad) dreijähriger Sefangenichaft 252 
oder 281 zu Apameia in Syrien. Die Griechen 
aller Länder ehrten ihn noch im Tode. Dio Chrys. 
44, p. 598. Plut. Demetr. 52. Demetrios war 
ganz das Bild feiner aufgeregten Zeit, fühn bis 
ur Verwegenheit, leidenſchaftlich oft bis zur Un: 
ejonnenheit, im Augenblide der Gefahr bejonnen 
und thatkräftig und von raſchem Entjchluffe, zu 
abenteuerlichen Fahrten geneigt, voll hochfahren 
der, oft überichtwenglicher Bläne, dabei wigig und 
geiftreih, voll Anmut und feiner Bildung, aber 
auch ausjchweifend und jeglicher Luſt ergeben, oft 
mehr einem Condottiere des Mittelalters ähnlich, 
zu anderen Zeiten wieder ein wahrhaft großer 
Feldherr, kurz ein Mann des augenblidlichen Ent: 
Über jeinen Charakter 


j. Died. Sie. 20, 92. Droyſen, Geſch. des Helle: 


Anywonvare. 


nismus 11 2, 112 ff. 315 ff. — 2) Demetrios II, 
Sohn des Antigonos Gonatas und Entel des De: 
metrios Poliorfetes, herrichte 10 Jahre lang über 
Makedonien unter heftigen Kämpfen mit den an— 
grenzenden Völkern, von 239—229 v. E. „Just. 
28, 1,3. — 3) Demetrios 1. Soter, Zwrrje 
(welchen Beinamen ihm die Babylonier gaben, die 
viel von ihrem Satrapen Timardhos, von welchem 
er jie befreit, zu dulden gehabt hatten), Sohn des 
Seleufos Philopator, verlebte jeine Jugend als 
Geijel in Nom. Bon da entwich er nad) des Vaters 
Tode, da der Senat feine Bitte um FFreilaffung 
nicht gewährte, heimlich, um feine Rechte gegen 
jeinen Bruder Antioches geltend zu machen, viel: 
leicht nicht ohme unter der Hand vom Genate, 
welcher öffentlich den Antiochos anerkannt hatte, 
unterftügt zu jein, da derjelbe die Händel in der 
ſyriſchen Königsfamilie benußte, um Syriens Macht 
zu brechen. Pol. 31, 23. Raſch (161 v. E.) bemäd): 
tigte fi; Demetrios des Thrones und wurde von 
Rom anerfannt. Pul. 32,4 ff. Im Kriege gegen 
die Juden fämpfte er meist unglüdlich. Der Trunken— 
heit ergeben, machte er ſich dadurch und durch feine 
graufamen Handlungen in Syrien verhaßt und 
fiel im Kampfe gegen Wlerander Balas, 150, 
Pol. 33, 14. — 4) Sein Sohn, Demetrios II. 
Nilator, Nixdrog, fam in früher Jugend als 
Geiſel jeines Vaters gleichfalls nad) Rom, kehrte 
aber bald nad, Syrien zurüd und beftieg nad 
Alerander Balas’ Vertreibung mit Hülfe des Btole: 
maios Philometor den väterlichen Thron (147 v. E.), 
auf dem er fich unter fortwährenden Wufftänden 
jeiner Unterthanen nur mit Hülfe fremder Söldner 
und des Maffabäers Jonathan behaupten konnte. 
1. Makk. 11, 39. Just. 35, 2. Als er aber die dem 
legteren gegebenen Berjprechungen brach, verlor 
er faſt jein ganzes Neich, welches er nur mit Mühe 
wiedergewann. Ein anfangs glüdlicher, nachmals 
unglüdlicher Zug gegen die Parther brachte ihn 
in die Gefangenjchaft ihres Königs Arſakes (140), 
der ihn mit feiner Tochter verheiratete. Just. 36,1. 
Mehrmalige Verſuche zu entfliehen miflangen. Erft 
ein Krieg jeines Bruders Antiochos mit den Par: 
thern verichaffte ihm die Freiheit und nach des 
Antiochos Tode den Beſitz von Syrien wieder 
(130); er wurde aber 4 Sahre jpäter bei einem 
Aufitande ermordet. Just. 39, 1. — 5) Deme: 
trios aus Phaleron, daher PBhalereus, ö 
Pahngevs, mit Beinamen, Sohn des Phanoſtratos, 
geb. um 345 v. E,, war ein Zögling des Philo- 
jophen Theophraft und des Komikers Menander. 
Ihm wurde von 318—307 von Kaſſander die Lei— 
tung des atheniichen Staats übertragen, welche er 
mit jo glüdlihem Erfolge führte, daß die dank— 
baren Athener dem verdienten Manne zahlreiche 
(360) Statuen errichteten. Cie.r.p. 2,1. Nep. 
Milt. 6. Als jedoch Demetrios Poliorketes Athen 
eroberte, mußte er flüchten, und das wanfelmütige 
Volk lief fid) durd; des Demetrios Gegner jogar 
zu einem Todesurteil gegen ihn bereden. Plut. 
Demetr. Seff. Nach furzem Aufenthalte in Theben 
begab er ſich zu Ptolemaios Lagi nad) Aleran- 
dreia, der fich feines Rates oft bediente, wurde 
aber von deſſen Sohn Ptolemaios Philadelphos 
in die Berbannung nad) Oberägypten geichidt und 
ftarb nach dem %. 283, wie es heißt, durch den 
Biß einer giftigen Schlange. Demetrios war nicht 
nur ein jehr tüchtiger und begabter Staatsmann 


309 


(Cie. legg. 3, 6, 14), jondern auch ein Freund der 
Wifjenichaften (wie die durch ihn in Athen veran— 
ftalteten Vorträge der homeriſchen Gedichte bewei— 
fen) und ein ausgezeichneter Redner und Gelehrter. 
Cicero (or. 27. Brut. 9. 82. de or. 2, 23) und 
Duintilian (10, 1, 80) rühmen feine Beredjamfeit, 
bejonders wegen ihrer Anmut, wenngleich er fich 
ihon der gefälligen Manier der jpäteren Redner 
näherte. Wir fennen von jeinen zahlreichen Schrif: 
ten auf dem Gebiete der Geichichte, Philofophie, 
Grammatik und Beredjamfeit nur die Titel; auch 
bon jeinen Gedichten haben ſich feine erhalten. 
Eine unter jeinem Namen erhaltene Schrift zei 
Egunvsiag (herausg. von Göller, 1837, und im 
9. Band von Walz’ Khetor. Graeci), eine qute 
Zufammenftellung der auf den redneriichen Aus: 
drud und eine richtige Darftellung bezüglichen 
Vorſchriften, ſtammt aus jpäterer Zeit. — 6) ſ. 
Bildhauer, 6. — 7) ein von Horaz mit geringer 
Achtung erwähnter Dichter oder richtiger Defla- 
mator. Schol. zu Hor. sat. 1, 10, 18. — 8) De: 
metrios aus Sunion, lebte in Rom zur Raijer- 
zeit von 40—90 n. E., war kyniſcher Philojoph 
und führte die Forderung der Bedürfnislofigkeit in 
dem Iururiöfen Rom praftiich durch. Dies ver: 
ichaffte dem zerlumpten Bettler die Achtung der 
bedeutendften Männer. Thrajea widmete feine 
legten Stunden einem Geſpräche mit ihm über die 
Unjterblichfeit, und Seneca juchte feine Unterhaltung. 
Sen. ben. 7,1.8. Suet. Vesp. 13. — 9) Demetrios 
aus Gadara, ?reigelaffener des Pompejus, bei 
dem er in Hoher Gunft ftand und durch deſſen 
Frreigebigfeit er zu großem Neichtume gelangte. 
Plut. Pomp. 2.40. Cat. min. 13. — 10) ein Günft: 
ling Cäſars, wurde nach deſſen Tode von Antonius 
zum Statthalter von Kypros gemadt. Dio Cass. 
48, 40. — 11) ein einflußreicher, aber läftiger 
Mann, von Cicero (ad fam. 16, 17) erwähnt. — 
12) jein Freigelaffener, Demetrios Bellienus 
genannt. Vgl. über ihn Cael. bei Cic. ad fam. 
8, 15. 16, 22. — 13) Demetrios ausSkepſis, 
ö Zxrjipıog, griechiſcher Geſchichtſchreiber, Verfaſſer 
eines Tiowinog dianoouog in 30 Büchern, worin 
er die homeriſchen Realien nad Ariſtarch und 
Hegefias aus Troas behandelte. Sammlung der 
Brucftüde von Müller, fragm. histor. Graec. IV 
>. 382 ff., Stiehle (Philologus, Bd. V ©. 528 ff. 
7 ©. 344 ff.) und Gäde (1880). Abhandlung 
von Bohle (1858). 

Ammiörgare, in Athen die von den Poleten 
(j. Staatshaushalt, I, 13.) eingezogenen (dn- 
usVev, Önuooısdeırv, Kroygdpsır) und zum Bejten 
des Staates verkauften Güter von Privatleuten, 
über welche in der erjten Volksverſammlung jeder 
Protanie dem PVolfe Nachricht gegeben werden 
mußte; die VBerzeichnifie derjelben (vgl. Aroyea«gprj) 
waren auf Tafeln an verjchiedenen Orten aufge: 
ftellt. — Die ungerechte und verberbliche Strafe der 
Güterkonfiſtation war im Altertume jehr häufig. 
Sie fand bei Staatsjchuldnern und Ehrlojen häufig 
ftatt und fogar regelmäßig, wo auf Verbannung 
(außer durch den Dftratiimos), Verlauf in die 
SHaverei oder den Tod erfannt war. Sie fonnte 
daher bei den verichiedenften Verbrechen eintreten, 
3. B. bei Mord, Tempelraub u. ſ. w. Namentlid) 
wurden auch Schugverwandte häufig don ihr be- 
troffen, beſonders wenn fie durd Reichtum die 
Habjucht reisten. So wurde mit Verkauf der Perſon 


310 


und Verluſt des Bermögens beftraft, wer unrecht: 
mäßigerweiſe das Bürgerrecht ausübte und in 
einer gegen ihn angeftellten Stlage (yeagyr, Eeriag) 
verurteilt war, oder wer, wenn cr aus feinem 
Demos durch Seyprigiors ausgeftoßen war, durch 
Appellation an ein Gericht den Nechtsweg betrat 
und bier zurüdgemwiejen wurde, ober wer als Metöfe 
die Metöfenfteuer nicht erledigte (Rlage neroixdor). 

Anntovgyoi, 1) Abteilung der thejeiichen Volks— 
einteilung in Attifa (ſ. Dvir, 1.) — 2) Beamte 
in einigen Staaten, 3. B. im achaiiichen Bunde, 
in dem die 10 Deminrgen zu den höchſten Obrig: 
feiten gehörten. Lie. 32, 22. 38, 30. Pol. 28, 6.9. 
— 3) ). Opifices. 

Demochäres, Inuoraens, Schweſterſohn des 
Nedners Demofthenes, gehörte zu den ausgezeich: 
netiten Männern Athens. Gebildet von jeinem 
Oheim, befämpfte er mit größter Mraft die mafe: 
donische Partei (Plut. Demosth. 21. Demetr. 24), 
als Demojthenes geftorben war. 
Einfluß des Demetrios Voliorketes (307 v. E.), 
der die Demokratie in Athen twiederheritellte, ihn 
traf aber auch der Wechiel des Schidjals, indem 
er bald (303) aus Athen vertrieben twurde, im 
J. 298 zurüdfehrte und jeine von Demetrios 
abermals unterftügte Vaterſtadt befeftigte und zu 
fihern ſuchte. Mit mehreren Gejandtichaften an 
die Herrſcher Matedoniens und Ägyptens betraut, 


der Finanzen und gute Verwaltung um Athen 
verdient. Er ftarb wahricheinlich 280, ein Mann 
von edler, patriotiicher Gefinnung. Pol. 12, 13 ff. 
Fine Gejchichte feiner Zeit in mindejtens 21 Büchern 
ift nicht auf uns gefommen. Plut. Demosth. 30. 
Gie, Brut. 83, 283. Bal. Müller, fragm. histor. 
Grace. ll p. 445 ff. 

Demodökos, Jnuödoxog, der blinde Sänger 
des Phaiakenkönigs Alkinoos, der, als Odyſſens 
bei diejem als Saft war, beim Mahle vom Streite 
des Odyſſeus und Achilleus, von der Liebe der 
Aphrodite und des Arcs und von dem hölzernen 
Pferde der Griechen fang. Od. 8,44 ff. Später hielt 
man den Sänger, welchen Agamennon bei Ally: 
taimnejtra zurückließ Od. 3,267), fürden Demodotos. 

Ange, die Unterabteilung der Meifthenijchen 
Phylen (ſ, auh Dvirj,s.). Kleiſthenes ſchuf zum 
Behuf der Verwaltung anftatt der bisherigen Ein— 
teilung des Volkes und Landes in 4 Phylen, welche 
beitehen blieben, aber ohne politifche Geltung nur 
auf ihre ſakralen und religidjen Aufgaben bejchräntt 
waren, ein neues Syſtem, deſſen Grundlage die 
längft vorhandenen EHeineren und größeren Ort: 
ſchaften (djuor) waren. Dieje Berwaltungsbezirte 
brachte er durch allerlei Veränderung auf 100 und 
legte aus je 10 derjelben eine Phyle zufammen. 
Die 10 Phylen hatten kein fortlaufendes Gebiet, 
denn die Demen einer und derielben Phyle waren 
oft durch dazwiichen liegende Gebietsteile einer 
andern Phyle unterbrochen. Die einzelne Phyle 
jollte feine im fich zuſammenhängende Bürgerjchaft 
bilden, die Verſammlungen der Phylen (dyoga) 
fanden darum in der Hauptſtadt Athen ftatt. Die 
Zahl der Demen vermehrte fich jpäter; zu Strabons 
Zeit gab es 174. Strab. 9, 39%, Roß Demen von 
Attika, 1846) führt 161 Namen auf, Leake (Demen 
von Attifa, über. von Weſtermann, 1840) 199, 
Darunter manche zweifelhafte; Öelzer in Hermann? 
griech. Staatsaltertümern ©. 707 ff. (5. Aufl.) 182, 


Ahn bob der! 


lungen erivarb. 
machte er fich in der Zwiſchenzeit durch Regelung | 





Anwoveyol — Demokedes. 


zu denen nocd 8 unjichere fonımen. Urjprünglich 
war die Einteilung auf den Grundbeſitz baſiert, 
in der Art, da jeder zu dem Demos gehörte, in 
dem er jeinen Beſitz hatte; jpäter, da die Beſitz— 
verhältwiffe fi änderten, fonnte der Fall vor- 
fommen, daf jemand Grundftüde aucd in einem 
fremden Demos beſaß. Ein folder Beſitz hieß 
fyurnorg, und es war für denjelben an den Demos, 
in dem er gelegen war, eine Abgabe (Fyarmrızor) 
zu bezahlen. Die Demen hatten ihre Namen teils 
nach den Heineren Städten oder Flecken, teils von 
Geſchlechtern, z. B. Bovradaı. Dies iſt wohl fo 
zu erflären, daß, wo ein Geichlecht an einem Orte 
zuſammenwohnte, auf den Demos der Name des 
Geſchlechts fich übertragen hatte. Notwendig aber 
iſt es feineswegs, dab z. B. jeder, der zum Ge— 
ichlechte der Butaden gehörte ÜErsoßovradaı zur 
Unterjheidung vom Demos), deshalb auch dem 
Demos dieſes Namens angehörte. Alle Bürger 
mußten zu einem Demos gehören, und bei ihrer 
offiziellen VBeneunung jeßte man zu ihrem Namen 
und dem des Vaters noch den Namen des Demos 
3. B. Inuoodeirng Inuocdevovg Iluiarızng). Am 
18. Jahre wurde ein jeder in das Ankıweyınor 
yonuuureiov eines Demos eingeichrieben, zwei 
Jahre jpäter in den wivrag duninsıworindg, woburd 
er das Hecht der Teilnahme an den Volksverſamm— 
Verbunden waren die einzelnen 
Mitglieder des Demos (önuorer) durch gemein: 
ichaftliche Sacra (lre« Önuorınd). Sie hatten ferner 
gemeinschaftlihen Gemeindebefig, Gemeindegefälle, 
Semeindeausgaben; auch hatten fie in Fällen der 
Not Beiträge (slspogei) an die Staatstafle zu 
zahlen. Zur Belorgung der ganz jelbitändigen 
Semeindeverwaltung hatten die Demen eigene Be: 
amten, namentlich einen Borfteher (Ööruugros) und 
einen Berwalter (randag), legteren bejonders für 
die Seldangelegenheiten. Der Demarch batte die 
Ortspolizei zu üben, die Gemeindeverfammlungen 
zu berufen und zu leiten, die ſchon erwähnten Fe 
gifter, jedoch mit Zuziehung der Verjammlung, zu 
führen, neue Mitglieder nach Bewilligung der Ber: 
jammlung aufzunehmen u. j. w. Bejonders wichtig 
war die Befugnis dieſer Verſammlung, vorfonmen: 
den Falles die Unterfuchung über ſolche zu führen, 
welche unrechtmäßigerweije in das Bürgerrecht 
ſich eingeichlichen hatten. Lag der Berdadjt vor, 
daß Eindringlingeimegeyyoarroı)vorhanden wären, 
jo wurden auf Vollsbeſchluß die Demen angewieſen, 
ihre Verzeichniſſe einer Reviſion zu unterwerfen. 
Die im Verzeichniſſe befindlihen Namen wurden 
vorgelejen. Über jeden der Borgelejenen, dejien 
Bürgerrecht angezweifelt wurde, fand eine Abſtim— 
mung (deampsgpeorg) Statt. Derjenige, gegen den 
die Abjtimmung ausfiel (dmoyngıadeis), ſchied 
damit ohne weitere Folgen für feine Perſon aus 
der Zahl der Bürger. Wer aber gegen diejen Aus— 
ſpruch Appellation (fpearg) einlegte, hatte, im Falle 
der Berurteilung, Verluft der Freiheit, Vermögens— 
fonfilfation und Berfauf in die Stlaverei zu ge: 
wärtigen. Die demojthenijche Nede gegen Eubu— 
lides ıft für einen Athener geichrieben, welcher Durch 
die erfte und einzige in allen Demen zugleich ab: 
gehaltene Diapfephifis aus jeinem Gau ausgeftohen 
worden var. 

Demokedes, Snuornöng, geb. zu Kroton in 
Unteritalien, fam als Züngling nad Aigina, wo 
er fih als Arzt einen Kuf erwarb, bon dort nach 


Anuoxorwor — Demonax. 


Athen und danı nach Samos, von wo der Perſer— 
fönig Dareios J. ihn an feinen Hof berief. Nach— 
dem er dejien verlegten Fuß geheilt hatte, kehrte 
er, reich belohnt, trotz des vom Könige ausge- 
jprochenen Wunſches, ihn als Leibarzt bei fich zu 
behalten, nad) feiner Baterftadt zurüd. Als er hier 
in Verbindung mit der arijtofratijchen Partei die 
Volkspartei befämpfte, mußte er fliehen und fiel 
durdy die Hand des Demokraten Theages, der den 
auf des Demoledes Leben geſetzten Preis dadurd 
verdiente. Demofedes ijt das Haupt der erſten in 
Griechenland blühenden medizinischen Schule. Hat. 
3, 129 ff. Bgl. auch Ärzte. 

Anmdxorvor, Örwor, Önuoorı, Gefängnis: 


wärter, Scharfrichter, Henkers- und Folterknechte, 
in Athen die Untergebenen der Eilfmänner (ö raw | 


irdsna bmngerng bei Plat. Phaed. p. 116 B). 
Annoxgaria |. Staatsformen, 10, 
Demokritos, Snuöxgıros, geboren zu Abdera 

in Thrafien zwiichen 470 und 460 v. E., mithin 

bedeutend jünger als Anaxagoras und noch zur 

Zeit des Sofrates am Leben. Sein Bater do 

jehr reich gewejen jein und Zerxes auf jeinem Zuge 

nad Griechenland bewirtet haben. Der Sohn 
verwandte nad des Baters Tode das anjehnliche 

Vermögen auf Reiſen nach Agypten und in das 

innere Morgenland. Die Angaben, daß er 80 Jahre 

darauf zugebracht, daß er ſich jelbft geblendet habe 

(Cie. fin.5, 29,87) u. a., beruhen teils auf offenbarem 


Mifverjtändniffe (m [mivre] = 5, m’ = 80), teils | 


auf der Sucht nach Wunderbarem. Ebenjo beruht 
die Angabe von jeiner Einweihung in die Geheim: 
niffe der Magier auf einer falichen Auslegung von 
Hdt. 8, 120; eine andere Nachricht läßt ihn jogar 
zu den Gymnoſophiſten nach Indien gehen. Zurüd: 
gefehrt in feine Vaterftadt, jcheint er bald, zum 
Verdruſſe jeiner Mitbürger, von den öffentlichen 
Angelegenheiten jich zurüdgezogen und philojo: 
phiichen und naturwiſſenſchaftlichen Studien ergeben 
zu haben. Er ftarb in hohem Wlter, 361. — D. 
gilt mit jeinem Lehrer Leulippos als der eigent: 
lihe Begründer der Atomiftif. Er nahm eine 
in der ganzen Welt verbreitete göttliche Subftanz 
an, bejtehend aus bejonders gearteten Atomen von 
der jubtilften Beichaffenheit (dei obela, nöcuov 
vrx); von ihr ftammen nicht bloß die einzelnen 
Götter, jondern aud die Seelen der lebendigen 
Beien, denen durd Einatmen beftändig Teile dieſer 
in der Luft verbreiteten Subjtanz als Nahrung 
zugeführt werden. Cic. n. d. 1, 43, 120. Er be: 
hauptete einen Unterſchied der Subftanzen nur nach 
der Quantität, nicht nach der Dualität, indem es 
von ihm wie von Leukippos heift: oroızei« ubr 
zo mAnges nal vb nevor Elval paoı, Alyovreg ro 
nv Öv, ro Ö8 ui) ÖV, rovrwv di zb ulv mlnosg 
nal orspeov ro ÖV, ro Öb nevov Ye nal uarow 
zo an ör. Er unterjchied ferner die Borftellung 
von dem Weſen; nad der Meinung (vun) iſt 
Warmed, Naltes, Hartes, Süßes und Bitteres; 
nach der Wahrheit (rej) nur die Unteilbaren und 
die Leere. Die Seele nannte er fugelförmige Atome 
(röumw r& opwıgosıdi) pyuyhv Akyeı) und lieh ſich 
auf den Prozeß des menschlichen Bewußtſeins, 
namentlid auf die Erflärung des Urjprungs der 
Empfindungen ein. Xoebtere erflärte er nämlid) 
dadurdh, da von den Dingen gleihjam feine Ober: 
flächen ſich ablöjen, die in die Augen und Ohren 
bineinfließen. Die Dinge jelbft aber jind in ewiger 


all 


| Bewegung in dem leeren Raume, daher gibt es 
unendliche, an Größe unterichiedliche Welten (vgl. 
Cie. acad, pr. 17, 55); in einigen jei weder Sonne 
noch Mond, in einigen größere als bei ung, in 
andern mehrere; die Abftände zwiichen ihnen jeien 
ungleih, auch einige im Zunehmen, andere im 
Abnehmen begriffen; einige berielben jeien ent: 
blößt von allen Geichöpfen, Pflanzen und allem 
Feuchten. Was die einzelnen Atome betrifft, io 
jind fie der Qualität nach gleichartig, aber der 
Seftalt nach jehr verichieden; ald die wirkende 
Urjache aber, die fie zujammenbringt, fann nicht 
ein bewußtes, denfendes, vernünftiges Prinzip, 
ein vods, jondern mur ein blindes Ungefähr, der 
gebieteriiche Zufall oder das Schidjal angenom- 
men werben (ex his effectum esse caelum atque 
terram, nulla cogente natura, sed concursu 
quodam fortuito, Cie. n. d. 1, 24, 66). Es fonnte 
mithin fich ein Glaube an eine die Welt regierende 
und erhaltende Vorjehung mit dieſer materialifti- 
ihen Auffaſſung nicht vereinigen laffen; wohl aber 
mußte die Vorſtellung von einzelnen aus der gött- 
lihen Subftanz gewordenen Gebilden, von allerlei 
Erjcheinungen (eidwi«), jegenbringenden (dy«- 
Horoıd) und verderblichen (xuxoroı«) (animantes 
imagines, quae vel prodesse nobis soleant vel 
nocere, Öic. n. d. 1, 43, 120), fih daran an: 
ichließen, die im Traume wie im wachen Zuftande 
durch den Körper in unjere Seele dringen und durch 
hörbare und fichtbare Außerungen als Weisjagungen 
der Zukunft gelten müſſen. Als Ziel aller Er: 
fenntnis jegt er die Gemütsruhe (ebdvule, aber 
auch jonft noch mit den verichiedenften Namen von 
| ihm benannt), aber nicht die der bloß finnlichen 
Luft, vielmehr eine fittliche, von Leidenjchaften un: 
| bewegte (xa«® 7» yalnvag nal sboradtüg 7) wuyn) 
didyeı, bmo undsvög ragarrouern Pößov 7) Ösıoı- 
dauuorlag 7) &lkov rıvög ndtovs). Darum hat 
vermutlich die Sage ihn zu dem ſtets lachenden 
(yelaoivog), den Heraklit aber zu dem ftets wei: 
nenden gemacht. Seine zahlreihen Schriften, unter 
welchen namentlich ein wıxgög dudnoouog hervor: 
gehoben wird, umfaßten die verichiedenften Ge— 
biete: Ethik, Phyſitl, Naturgejhichte, Mathematik, 
Technik, Mufit, und waren in einem blühenden, 
ihwungvollen, faſt dichterijchen, doch von abderi— 
tiichen Idiotiſmen nicht freien Stile geichrieben 
(Cie. or. 20, 67); in der römiichen Kaiſerzeit von 
Thraiyllos gefammelt und in Zetralogien verteilt, 
find fie doch frühzeitig verloren gegangen und nur 
in ſpärlichen Bruchjtüden auf uns gelommen. 
Sammlung der Fragmente von Mullad (1843). 
Abhandlung von Liard (1873). 
emönax, Snuörvaf, aus Kypros, geb. wahr: 
icheinfih 90 n. E., lebte zur Zeit Hadrians, folgte 
der ftoiichen, dem Kyniimos verwandten Richtung, 
wonac Unabhängigkeit von äußeren Gütern, Selbit: 
genügjamleit (etragreıa) und dadurd erlangte 
innere Ruhe ald das Biel erſchienen. Er wollte 
durch milde, freundliche Belehrung befjern, widmete 
ſich Staatögeichäften und genoß hoher Achtung. 
Er erreichte ein jehr hohes Alter, verurteilte fich 
aber, faſt hundertjährig, um den Schwächen des— 
jelben zu entgehen, zum Hungertode. Die Athener 
' begruben ihn pracdtvoll auf Koften der Stadt; 
die Philojophen trugen die Bahre zu Grabe. Den 
fteinernen Sitz, auf weldem er ausgeruht hatte, 
| hielt man heilig. Sein Freund Lulianos widmete 








312 


Demophanes — Demosthenes,. 


jeiner Schilderung eine gleichnamige Schrift; andere | Nunmehr fehrte er nad) Athen zurüd daſ. 3, 114) 
und machte jchon im nächiten Sommer (425) ſich 


Schriftfteller gedenten jeiner nicht. 

Demophänes j. Ekdemos. 

Demophöon oder Demöphon, ZJnuopswr, 
nuopör, 1) ſ. Demeter, 2. — 2) Sohn des 
Thejeus und der Phaidra, König in Athen (ji. 
Diomedes, 2.), Er fämpft in der nachhomeriſchen 
Sage vor Troja und erwirkt die Freiheit jeiner 
Großmutter Aithra, welche als SHavin der Helena 
(Il. 3, 144) nady Troja gekommen jein jollte. 
Paus. 10, 25, 3. Auf der Heimfahrt von Troja 
verlobte er ſich mit Phyllis, der Tochter des thra= 
kiſchen Königs Sithon; vor der Vermählung aber 
reijte er noch in die Heimat, um jeine Angelegen: 
heiten zu ordnen. Da er über die beftimmte Zeit 
ausblieb, erhängte ſich Phyllis; fie ward in einen 
Baum verwandelt. Or. her. 2. Die Herafliden 
Ihüßte D. in Attika vor dem fie verfolgenden 
Euryſtheus und erlegte diejen in der Schlacht ( Eur. 
Heraclidae). Sein Bruder ift Afamas (j. d.), der 
ebenfalls vor Troja fämpfte. 

Immorointor hießen die ins Bürgerrecht auf: 
genommenen Nichtbürger. Die einzelnen Staaten 
. ihre Bürgerliſten geichlofien (vgl. über 

parta Hdt. 9, 33. Paus. 3, 11, 6). Auch in 
Athen waren die Gejege über die Aufnahme ftreng 
und erjchwerend. Demosth. Neaer. p. 1375. Nur 
Verdienfte um das Volk jollten dazu berechtigen 
(evögayadla lg tor önjuor a.a.D.). Sodann jollte 
ber Vorſchlag in 2 aufeinander folgenden Volks— 
verjammlungen wiederholt werden; und in der 
zweiten Boltsverfammlung mußte der Vorgeichla: 
gene wenigitens 6000 in heimlicher Abftimmung 
abgegebene Stimmen für ſich haben; jelbft dann 
fonnte der Vorſchlag noch (wie alle Gejege) ein 
Nahr lang durdy eine year) nagaroumr ange: 
fochten werden. Troß dieſer Vorſichtsmaßregeln 
fam aber in jpäterer Zeit Verleihung bes Bürger: 
rechts Ye oft vor, häufiger als es für den Staat 
zuträglih war. — Die Neubürger, auch Bası 
rzoliree und xar& Yripıoua molireı genannt, 
wurden einer Phyle und einem Demos zugeteilt, 
ihre Nachkommen wurden demnächit in eine Phratrie 
eingeführt. Sie jelbjt fonnten weder Archonten 
werden noch Vrieſterſtellen befleiden; ihre Kinder 
aber, in bejtimmten Fällen erjt ihre Kindeskinder, 
traten in den Beſitz des vollen Bürgerrechts ein. 

Demosthenes, Snuooderng, 1) der Sohn des 
Aıtifthenes, zeichnete jich als Feldherr der Athener 
im peloponnefiihen Kriege aus. Nm Sommer 
426 d. C. fegelte er mit 30 Schiffen um den 
Beloponnes herum zum Scuße der Bundesge- 
noffen im Weften. Nach Berwüjtung des Gebiets 
von Leufas beſchloß er, die Aitoler anzugreifen, 
dann Doris und Phofis zu erobern und jo in 
Boiotien einzufallen. Doc der Plan mißlang, da 
er mit Yand und Kampfart der Mitoler unbelannt 
war; er fendete die Schiffe zurüd nach Athen, 
blieb aber ſelbſt zu Naupaktos aus Furcht vor dem 
Born der Athener. Thac. 3, 91 ff. In Naupaktos 
jedoch leiſtete er die wejentlichiten Dienite, als der 
Spartaner Eurplochos mit 3000 Hopliten die Stadt 
angriff. Er ſchlug ferner denjelben beim amphi— 
lochiſchen Argos vollftändig und ſäete Zwietracht 
zwijchen den Beloponnefiern und ihren Bundes: 
genofien dadurch, daß er nur den erfteren freien 

bzug gewährte; ein zweites Heer der Ambra- 
fioten wurde leicht gejchlagen. T’huc. 3, 102. 105 ff. 


um die Athener aufs neue verdient, indem er 
Polos in Meffenien einnahm und die auf der 
Inſel Sphakteria gelandeten jpartanijchen Hopliten 
dort einſchloß, ja fie auch endlich zur Übergabe 
zwang, obwohl der Demagog Kleon (ji. d.) fich den 
Ruhm diefer That zuichrieb. Thuc. 4, 2 ff. 29 fi. 
In der folgenden Zeit hatten des D. Unterneh: 
mungen gegen Megara freilich nicht den gewünſch— 
ten Erfolg, doch wurde die Hafenſtadt Nifaia 
behauptet. Thuc. 4, 66 ff. Als durch die Maf- 
regeln des Spartaners Gylippos fich die Yage der 
Athener auf Sicilien jehr bedenklich geftaltet hatte 
und Nikias um jchleunige Hülfe bat, wurde Ende 
414 Eurymedon mit einigen Schiffen vorangejchidt, 
dem im Frühling 413 D. mit einer Flotte folgte. 
Thuc. 7, 16 $. 20. 26.31.33.35. 42. Ohne Schuld 
des D. mihlang aber der Angriff der Athener auf 
Epipolai (einen Teil von Syrakus, j. Syracu- 
sae). Thuec. 7, 43. D. ſah nun feine Mög: 
lichfeit auf Erfolg und ſchlug dem Nifias daher 
vor, abzuziehen oder wenigſtens das Landheer in 
andere Stellungen rüden, die Flotte in See ftechen 
zu laffen. Doch Nikias ging darauf nicht ein, der 
günftige Yeitpunft zur Rückkehr blieb unbenugt, 
und als Nifias doc endlich dieje als notwendig 
erfannte, ging wegen abermaliger Unentichlofien: 
heit desjelben (Mondfinfternis) zuerſt die Flotte 
verloren, dann aber erlitt auch das Yandheer eine 
Niederlage, Niktias und D. wurden Gefangene 
und von den erbitterten Syrakuſanern getötet, im 
Sept. 413. Thuc. 7, 47. 49. 69 ff. 75 ff. 56. — Den 
D. zeichnete Unternehmungsgeift, aber auch umſich— 
tige Beionnenheit aus; er veritand einen Kriegsplan 
ftrategiich zu entwerfen, aber auch durch Erfafjung 
des günftigen Moments die taftiiche Ausführung. 
Er verftand den Kampf mit Hopliten ebenio wie 
mit leichten Truppen, den Feind zu überrajchen 
war jein Element. Sein perjönlicher Charakter 
war untadelig. Staatömann war er nicht, und 
deshalb gelang es ihm auch nicht, eine einheitliche, 
fonjequente Führung des Kriegs durchzuſetzen, da 
er in der Volksverſammlung nichts vermochte. Die 
Andeutungen über D. in des Ariftophanes Rittern 
widerjprechen bei richtiger Auffaffung dem Ge— 
fagten nicht. — 2) D. der Redner, Sohn des 
Demojthenes, aus dem Demos Raiania ([Taıarıevg), 
eb. in einem angejchenen glänzenden Haufe wahr- 
cheinlich DI. 98, 4 od. 385/4 v. E., verlor 7 Jahre 
alt feinen Vater und jein Vermögen größtenteils 
durch treuloje VBormünder. Sein Lehrer in der 
Beredſamkeit war zunächſt Njaios (er erhielt 10 000 
Drachmen), doc hatte D. mit allen Nachteilen zu 
fämpfen, welche ein fchwächlicher Körper und mangel: 
haftes Organ ihm entgegenftellten; durch Beharr: 
lichkeit überwand er alles. Plut. Demosth. 4. 6 ff. 
Die Nachricht, daß er auch ein eifriger Schüler 
Platons gewejen jei, ift befonders von den Römern 
(Cie. de or. 1,20. off. 1,1. or. 4) verbreitet worben, 
aber wenig glaublich. Seine redneriiche Laufbahn 
betrat er mit der Klage gegen jeinen Vormund 
Aphobos und deſſen Schwager Onetor, doc 
jelbft die Verurteilung des Aphobos bradyte ihn 
nicht zu jeinem Vermögen, nnd er mußte ich 
ſchließlich mit einer ipärlichen Abfindung für jeine 
großen Berlufte begnügen. Dies Unglüd führte 
ihn auf die rednertiche Laufbahn. Durch diejen 


Demosthenes. 


Prozeß hatte D. fich aber die Feindichaft des ein- 
flußreihen Meidias zugezogen, der gewaltiam 
in des D. Haus einbrady, jedoch 8 Jahre lang ſich 
der Ausführung des ihn verdammenden Urteils 
zu entziehen wußte; ja er ging jo weit, daß er 
im 3. 354, ald D. die Choregie bei den großen 
Dionpfien übernommen hatte, jich thätlich an ihm 
vergriff. Auch diesmal wußte Meidias den Prozeh 
in die Länge zu ziehen, bis er durch jeine Bitten 
den D. bewog, denjelben fallen zu laſſen; D. that 
es, nicht weil er 30 Minen erhalten, wie fein 
Todfeind Aiſchines berichtet, jondern weil er einjah, 
daß er gegen die Mittel feiner Feinde augenblid: 
lich nichts vermöge. Um diejelbe Zeit (355) war 
D. gegen Leptines und Androtion auch öffent: 
lid vor dem Bolfe aufgetreten. Durch dieje und 
andere Reden hatte er fich zu jeiner großen poli- 
tiihen Laufbahn vorbereitet; feit dem Auftreten 
des Philippos von Makedonien fällt jein Leben 
mit der Gejchichte Athens zujammen. Philippos 
hatte jeit dem J. 358 ſich allmählich der atheniichen 
Beligungen im N. Griechenlands, der Städte Am: 
phipolis, Pydna, Potidaia, Methone bemächtigt 
und durch allerlei Kunftgriffe die Athener fern zu 
halten und zu bethören gewußt. Daß dies zum 
Untergange der griechischen Freiheit führen müjje, 
ſah D. Har ein und ſprach es jeit 351 in feinen 
philippijchen und olynthiſchen Neden ebenjo 
entichieden aus. Die damaligen Verhältniſſe Athens, 
die Indolenz des Volkes, der Mangel eines dem 
Philipp gewachlenen Feldherrn nahmen freilich 
jeinen Borjchlägen den Erfolg, befonders da Aiſchines 
(j. d.) in jeder Beziehung als Freund der male: 
doniichen Politif und als Feind des D. auftrat. 
Immer bleibt es das Verdienſt des D., nicht bloß 
die Gefahr jcharf erfannt, jondern auch erjt die 
einfichtsvollen Bürger, dann die Mehrzahl des 
Bolfes zu jeiner Überzeugung gebracht zu haben. 
Bergebens Hagte D. den Aischines des Hochverrats 
an, weil er den Frieden mit Philipp zum Nachteile 
Athens zu verzögern ftrebe (345); 2 Jahre jpäter 
wiederholte er jeine Anklage. Als 341 Philipp 
immer drohender vordrang, juchte D. ein allge: 
meines Bündnis gegen den König zuftande zu 
bringen. Auf feinen Rat wurde Pholion mad) 
Euboia geichidt und vertrieb die von Philipp ein: 
gejegten Tyrannen. Eine goldene Krone, an den 
Diomyjien 310 ihm gegeben, war der Lohn des D., 
defien Bemühungen auch die folgenden glüdlichen 
Kriegsthaten gegen Berinth und Byzanz zuzu— 
ichreiben find. Aber nicht bloß nad außen war 
D. thätig, im Innern ftellte er die Vergeudung 


der Staatägelder ab und jorgte für eine Umge: | 
Aber | 
Als Bylagore zu 


ftaltung der Leiftungen für das Seewejen. 
bald drohte größere Gefahr. 
Delphoi (340) veranlafte Aifchines den zweiten 


heiligen Krieg, in welchem Philipp felbft gegen | 


Athen vorrüdte. D. allein blieb bei dem allge: 
meinen Schreden Meifter jeines Muts, forderte 
von der Rednerbühne zur Bejonnenheit auf, brachte 
ein Bündnis zwilchen Athen und Theben 
und in 2 Heinen Treffen jiegten die Griechen. Da 
brach die Niederlage bei Ehaironeia (D. hatte als 
Hoplit an dem blutigen Kampfe teilgenommen) 
im Auguft 338 alle dieje Hoffnungen. Aber troß 
der Bemühungen der mafedonijchen Partei ward 
dem D. der ehrenvolle Auftrag, die öffentliche 
Leichenrede für die in der Schlacht Gefallenen zu 


Feige | 





1; 





I 


313 


halten; Ktejiphon ftellte jogar den Antrag, für die 
bisher bewicjene Aufopferung dem D. eine goldene 
Krone zu ſchenken und dies durch öffentlichen Auf: 
ruf bei den großen Dionyfien zu verkünden. 
Aiſchines, der Führer der mafedonischen Partei, 
trat Dagegen auf, aber nachdem fich die Sache 
8 Jahre lang verzögert hatte, ſiegte D. in feiner 
Nede vom Kranze (mepl oreparov) gegen des 
Aiſchines Rede nar« Krnsupürrog, und Aiſchines 
ging in die Verbannung. D. wurde auch durd) 
das Vertrauen feiner Mitbürger zum VBorfteher der 
neu gebildeten Getreidekafle ernannt. Nach Philipps 
Tode ward D. jofort Stifter einer neuen Verbin: 
dung gegen Makedonien, doc) Aleranders jchwere 
Rache gegen Theben zerjtörte jofort den Bund, 
und nur durch Vermittelung des feilen Demades 
gelang es, des D. und Lyfurgos Auslieferung zu 
verhindern. — Bald fand der Parteihaß Gelegen- 
heit, gegen D. aufzutreten. Als Harpalos mit den 
geraubten Schägen NAleranders nach Athen kam 
und durch Beftechungen den Krieg gegen die make— 
donijche Herrichaft in Athen zu entzünden juchte, 
fam auch D. (gewiß mit Unrecht) in Verdacht, ge: 
meiner Beitechung fich zugänglich gezeigt zu haben. 
Die Nichtbezahlung einer Gelditrafe brachte ihn 
in den Kerker, aus dem er entjloh; mit jeuchtem 
Auge blidte er von Aigina und Zroizen nad) 
Attika hinüber. Da ericholl die Nachricht von Ale: 
xanders Tude 323 — ganz Griechenland geriet in 
Bewegung, D. fpracd und bewirfte überall in 
Griechenland Erhebung gegen Makedonien, mit 
einem Dreiruderer ward er nah Athen zurüdge- 
führt und feftlich empfangen (Plut. Demosth. 27), 
der Sachwalter der Freiheit. Als aber Antipater 
und Krateros jiegten, wurden D. und feine Freunde 
in Anklageſtand verjegt und auf Demades’ An— 
trag zum Tode verurteilt. D. war auf die Inſel 
Stalaureia bei Troizen in den Tempel des Poſei— 
don geflüchtet und gab fich hier den Tod durd) 
Gift (Plut. Demosth. 29 f.), am 16. Byanepfion 
DI. 114, 3 12. Oftober 322). Athen ehrte jein 
Andenken durd eine cherne Bildjäule auf Kalau— 
reia. Viele Büften von ihm find noch heute er: 
halten. — Solange Tüchtigkeit der Gefinnung und 
Konjequenz jittliher Beftrebung, nicht der äufere 
Erfolg, Maßſtab der Beurteilung bleiben, wird 
D. als Menſch und Staatsmann den größten und 
edeljten Geiſtern aller Zeiten beizuzählen fein. Seine 
Neben jind der Harjte Spiegel jeines Charalters. 
Als Redner veradhtete er, nur die Sache jelbt im Auge 
behaltend, allen überflüfligen Schmud, er war fein 
Redelünftler, jondern ein Redner. Wahrheit der 
Iberzeugung treibt ihn und erwirbt ihm die ge: 
rühmte devorns; Hare Anordnung des Stoffs, 
Schärfe der Gedantenentwidlung, Entichiedenheit 
der Gefinnung treten hervor in einer Sprache, die 
großartig ift und doc) jchlicht, ernſt und doch ge: 
fällig, gedrängt und doc; fließend, lieblich und doch 
eindringlich. Vgl. die Charakteriftit bei Cicero 
(Brut. 7—13, befonders 8 und vd). — Das Alter— 
tum fannte 65 Reden des D.; unter den uns er: 
haltenen 61 find entichieden einige unechte. 

Das Hauptwerk über ihn ift A. Schäfer, Demo: 
jthenes und feine Zeit (2. revid. Aufl. 1885 fi., 
3 Bbd.); vgl. außerdem A. G. Beder, Demofthenes 
als Staatsmann und Redner (1815 f.; 2 WBobb.), 
und Dem. ald Staatsbürger, Redner und Schrift: 
iteller (1830). D. Haupt, das Leben und jtaats: 


314 Denarius 


männiſche Wirfen des Dem. (1861). Bla, die 
attiiche Beredfamleit, 3. Abt. 1. Abichn. (1876). 
— Gejamtausgaben außer in den Sammlungen 
der Oratores Attiei von Reiske, 3. Bekker, Dob- 
fon, Baiter u. Sauppe, E. Müller, von W. Dindorf 
(3. Aufl. 1855, 3 Bbd.; 4. umgearb. Aufl. von Blaf, 
1. Bd. 1885. 2. Bd. 1888), 3. Belfer (1854 .,3 Bbb.), 
Bömel (1843 ff. 2 Bdd.). Ausgewählte Reden von 


Doberenz (1848 ff.), Wejtermann (zuerjt 1852 ff., | 


3 Bdd.; 1. Bd. 8. Aufl. 1883), Görgel (1883 ff.); 
Ausgg. der Philippiichen Reden von Franke (3. Aufl. 
1875), Rehdantz (7. Aufl. von Blaß, 1884 ff.), 9. 
Weil (2. Aufl. 1881), der übrigen Staatsreden von 
9. Weil (2. Aufl. 1883); Ausgg. einzelner Reden 
von F. A. Wolf, Buttmanı, Diffen, Funkhänel, 
ER. Weber, M. H. E. Meier, Rüdiger, Bömel, 
9. Lipſius. 

Denarius j. Münzen, II. 

Dendrophöri, Jerögogpögor, zunächit im gottes- 
dienftlihen Sprachgebrauche diejenigen, die zu 
Ehren einer Gottheit, 3. B. Dionyjos, Kybele, mit 
der Wurzel ausgeriffene Bäume bei Brozejjionen 
durch die Stadt trugen. Im bachiichen Kult hat 
Silvan dieſe Aufgabe und ericheint daher mit 
dem Wurzelichoß einer Eyprefle (Verg. @. 1, 20: 
teneram ab radice ferens cupressum). — Ber: 
ichieden davon ift die Zunft der Dendrophoren, 
die das Material zu öffentlichen Gebäuden herbei- 
ichaffen mußten und in der römischen Kaiſerzeit 
als eine geichloffene Genofienichaft (collegiati, cor- 
porati) ericheinen. 

Denunciatio heißt im Civilprozeß Mitteilung 
der anzuftellenden Klage von jeiten des Klägers 
an den Bellagten (Cic. Caec. 32), Privatverab: 
redung der Parteien, ſich vor Gericht einfinden 
zu wollen, Aufforderung an die Zeugen, vor Ge— 
richt zu erjcheinen, endlich jeit M. Aurelius die 
gerichtliche Ladung des Bellagten. Im Kriminal- 
prozeß ift denunciatio die Anzeige eines Ber: 
bredyens, ohne eigentlihe Accuſation, worauf in: 
quifitoriiches Berfahren folgte. 

Deo j. Demeter, 2. 

Depontäni hiefen die Argei oder sexagenarii, 
welche nach uralter Sage durch Hinabwerfen von 
dem pons sublicius in den Tiber getötet wurden. 
Später bezog man den Ausdrud depontani ſcherz— 
weife auf die den jechzigjährigen Greifen angeb- 
lid) verjagte Teilnahme an den Comitien und auf 
das Hinabftoßen derjelben von den Stimmbrüden. 
Cie. Kose. Am. 35, 100. Bgl. Argei. 

Deportatio ijt die unter den erſten Kaiſern 
aufgelommene Art des Erils, wodurd dem Ber: 
bannten eine beftimmte Inſel oder Stadt als Auf: 
enthaltsort angewiejen wurde. Nechtlich ftand dieje 
Strafe der alten aquae et ignis interdictio ziem— 
lid) gleih. Der Deportierte erlitt capitis demi- 
nutio media und verlor die Civität, gewöhnlich 
auch fein Vermögen. 

Depositum, eine mit der Verpflichtung der 
Burüdgabe anvertraute Sache. Wer derjelben nicht 
nachlam, erlitt Infamie. Wer aber ein Depofitum 
fälfchlich ableugnete, jollte nach Beftimmung der 
AU Tafeln zur Strafe das Doppelte zahlen. 

Akgara, repidiena, Spielzeug, das den 
Kindern um den Hals gehängt wurde. Bei aus: 
geſetzten Kindern dienten ſolche dEfpae als Er: 
fennungszeichen (yroglouere). Eur. Ion 1430. 
Dio Chrys. or. 4, 25. 





— Dertosa. 


Derbe, S£foßn, bedeutende, feſte Stadt in Ly— 
faonien, füdöftlich von Jkonion, Sig des Tyrannen 
Antipater, des Freundes Eiceros. Ein Bewohner 
der Stadt heit Derbes. Cie. ad fam. 13, 73, 
Strab, 12, 569, 

Derketis und Derk&to, Jeoxiris, Sroxero, 
forrumpiert aus Ardeyarız, d. h. die Aitarte des Ate 
(eines nordiyrijchen Gottes, in Lydien Attis), Die 
Göttin der Liebe und Fruchtbarfeit, Die Schirmherrin 
des Mauerrings der Städte, hauptjächlich zu Ailalon 
und Bambhfe (Hierapolis in Syrien) verehrt. Die 
Tauben und Fiſche waren ihr heilig. Sie jelbit 
hatte fich in einen Eee geftürzt, war in einen 
Fiſch verwandelt worden und wurde deshalb, wie 
der Philiftergott Dagon, mit einem Fiſchleib dar: 
geftellt. Daraus erflären fich die in Joppe loka— 
lifierte Sage von Perjeus und Andromeda und 
die Erzählung des Ktefias von Semiramis als 





der Tochter der Derfeto. Hdt. 1, 105. Diod. Sie. 
2,4.30. Lucian. de dea Syria c. 14. 33. 39. Strub. 
16, 748, 

Derkyliidas, Seorviklöas, Seorvildag, ein 
Spartaner, zeichnete jich jchon 411 v. C. im pelo: 
ponnejischen Kriege in Wjien aus (Thuc. 8, 61 f.), 
noch mehr aber jeit 399, als er den Befehl über 
das jpartanijche Heer in Worderafien übernahm. 
Durch Wiederherftellung der erſchlafften Kriegszucht, 
durch energijche Kriegsführung, Durch jeltene Schlau: 
heit (er hieß deshalb Siſyphos, Xen. Hell. 3, 1,8) 

ewann er große Erfolge über die Perjer, deren 
Satrapen Tiffaphernes und Pharnabazos er hinter: 
ging, den einen gegen den andern gebrauchend. 
Er eroberte einen großen Zeil der unter Pharna: 
bazos ftehenden Landſchaft Aiolis und erhielt des: 
halb die Verlängerung jeines Kommandos für das 
Fahr 398. Zuerſt traf er Mafregeln zum Schuße 
der griehiichen Einwohner auf dem Cherjonnes 
egen die Thrafer, darauf verabredete er mit 
harnabazos einen Einfall in Karien, wo Tifja: 
—— Güter beſaß (Xen. Hell. 3, 1, 9 ff.), wurde 
aber von Pharnabazos treulojerweije verlafien und 
von ihm und Tiffaphernes mit einem Angriffe 
bedroht. Aber im entjcheidenden Augenblide, als 
die Heere am Maiandros einander fampfgerüftet 
gegenüberftanden, ihlugen beide Satrapen aus 
Scheu vor der Tapferkeit der Spartaner dem Der: 
fyllidas einen Waffenftillftand vor, der bis zur 
Beftätigung der eigentlichen Friedensbedingungen 
(Unabhängigkeit der ionischen Städte von den 
Perſern einerjeits, Rüdzug der Spartaner anderer: 
jeits) durch Perſien und Sparta gelten jollte (397). 
Xen. Hell. 3, 2, 1 ff. Diod. Sie. 14, 39. Als jedoch 
der Perjerkönig ſich gewaltig rüftete, und Agefilaos 
deshalb mit einem neuen Heere nad Jonien ge: 
jandt wurde, hielt fi Derkyllidas nod einige 
Beit beim Heere auf und rettete (394) den Yale: 
daimoniern Abydos (Xen. Hell. 4, 8, 2), als nad 
Konons Seefiege bei Knidos Athen fein verlornes 
Übergewicht zur See wieder gewann. Daj. 4, 8, 2 ff. 
Wir finden ihn in Abybos bis zum J. 389 (Xen. 
Hell. 4, 8, 32); über jeine jpäteren Schidjale ift 
uns nichts befannt. 

Dertöna, 7) Sfodor, j. Tortona, bedeutende 
Stadt und feit 100 v. E. römiſche Kolonie mit 
dem Beinamen Julia im cispadanifchen Gallien 
an der Straße zwiſchen Genua und BPlacentia. 
Strab. 5, 217. Cic. ad fam. 11, 10. 

Dertösa, Jegrüoe, j. Tortoja, Stadt der Jler: 


Desertor — Diadema. 


caonen im tarraconenfiichen Hijpanien am linken 


Ufer des Iberus nicht weit von dejlen Mündung, 


an der Hauptitraße von Balentia nach Tarracon. 
Suet. Galb. 10. Strab. 3, 159 f. 

Desertor |. Disciplina militaris, 10. 

Designätor (richtiger dissignator), 1) Aufjeher 
über die Pläge im Theater. — 2) Ordner des 
Leichenpomps, welcher zur Handhabung der Bolizei 
einen Liktor und Accenjus bei fich hatte. Mor. ep. 
1, 7, 6. Sen. benef. 6, 38, 4. 

Asouwrnigıor |. Carcer. 

Aforoıva, Herrin, Göttin, Beiname mehrerer 
öttinnen, der Aphrodite, Demeter und bejonders 
der Berjephone bei den Arkadiern. 

Desultöres, «roßdrar, 1) Reiter, weldye in 
den griedhiihen KRampfipielen (in Olympia von 


DI. 71 bis 84. Paus. 5, 9, 1f.) in vollem Laufe | 
des Pferdes herabjprangen und mit dem Zaume in « 
in der Hand nebenher liefen. — 2) im Kriegs: | mitian. Suet. Dom. 13. Dio Cass. 67, 13, 


heere des Hannibal und jpäter der Römer die 
numidiichen Weiter, von Livius (35, 28) auch 
Tarentini genannt, die 2 Pferde hatten und im 
beftigften Kampfe mit voller Rüftung von dem 
ſchon ermüdeten Pferde anf das andere hinüber: 
jprangen. Liv. 23, 29, 

Detestatio sacrörum j. Sacra. 

Deukalion, JSevxallor, 1) Cohn des Pro: 
metheus und der Klymene, Herrſcher im thejjali: 
ichen Phthia, Gemahl der Byrrha, der Tochter des 
Epimetheus. Als Zeus durd die große Flut das 
jündige cherne Geſchlecht der Menſchen vernichtete, 
rettete fih Deufalion nach dem Willen des Zeus 
mit feiner Gemahlin in einem Schiffe, das er fich 
auf den Rat des Prometheus gebaut hatte. Nach 
9 Tagen landete er auf dem Parnaß oder dem 
Othrys, und opferte dem Zeus Phyrios (Flucht: 
ſchirmer). Das Drafel der Themis in Delphoi 
antwortete ihm auf die Frage, wie ein neues 
Menichengeichlecht entftehen könne, mit den Wor— 
ten: Hüllet euch beide das Haupt und löſt die ge- 
gürteten Kleider, Werfet jodann die Gebeine Der 
großen Erzeugerin rüdwärts. D. erflärte fich die 
Gebeine der großen Mutter als die Steine der 
Erde, und beide warfen nun Steine hinter fich. 
Die Steine des D. wurden Männer, die der Pyrrha 
Weiber (Aäag, der Stein, Aaös, das Voll). Apoll. 
Ithod. 3, 1085 ff. Apollod. 1,7, 2. Or. met. 1, 260 ff. 
D. z0g nun vom Parnafjos herab nad Opüs oder 
Kynos im öftlihen Lokris. Nach Strab. 9, 432 
herrichte er in dem phthiotijchen Theflalien. Auch 
in Athen jollte er gewohnt und das Heiligtum des 
olympiichen Zeus erbaut haben. In der Nähe 
des Tempels des Zeus zeigte man jein Grab: das 
der Pyrrha war in Kynos. Der urjprüngliche 
Wohnort des Deulalion war Dodone, der ältefte 
Sit der Sage von der großen Flut. — Die Kinder 
des D. und der Pyrrha find: Hellen (der Stamm: 
vater der Hellenen, Herrſcher in Phthia und durch 
die Nymphe Orſeis Vater des Aiolos, Doros und 
Zuthos), Amphiktyon, Brotogeneia u. a. — 
2) Sohn des Minos und der Bajıphaö (Hom. I. 
13, 451), Urgonaut und falydonischer Jäger, Vater 
des Jdomeneus (dab. Sevnuklöng genannt). 

Deus als faiferlicher Titel. Wenngleich Auguftus 
ihon von den Dichtern deus genannt wurde, je 
dachte damals noch feiner im Ernfte an eine Ber: 
götterung desjelben bei jeinen Lebzeiten, und war 


dies nur eine feine Schmeichelei der gebildeten ı 


315 


Gejellichaft, die nach damaligen Begriffen durch: 
aus nichts Anſtößiges enthielt. Daß aber Caliqula 
fi) heros und deus begrüßen ließ und in jeinen 
Ediften fich felber deus ac luppiter nannte, war 
Ausbrud) jeines Wahnfinns, und es erjchien den 
Nömern jelber lächerlich, wenn er in feiner Klei— 
dung und den äußeren Attributen bald diejen, bald 
jenen Gott, ja jelbjt verichiedene Höttinnen vor: 
ftellte. Dio Cass. 59, 26. 28. Selbſt noch unter 
Nero war der Grundſatz: daß göttliche Ehren dem 
Fürften erft dann zufämen, wenn er aufhöre auf 
Erden zu wandeln, der vorherrichende, bis endlich 
niedrige Schmeichelei des dejignierten Konſuls Ani: 





cius Gerialis ihm Bergötterung bei Lebzeiten vor: 
ichlug, die er jedoch ablehnte. Tac. ann. 15, 74. 
Der erjte, welcher ſich offiziell in Briefen und 
Edikten den Titel dominus et deus beilegte und 
in allen Schreiben jo genannt wurde, war Do: 
Gute 


Pe verbaten fi von dem jchmeichelnden Men: 


ichengeichlechte diejen Titel, doch die jpäteren fan: 
‚den Gefallen daran, wenn fie nicht etwa wie Cara: 
calla ihn deshalb ablehnten, um auch noch diejes 
Antriebes zu ehrenwerten Handlungen überhoben 
| zu jein. Dio Cass. 77, 5. 

Deverra (von deverrere, ausfegen). Um das 
Haus der Wöchnerin gingen in Rom des Nachts 
3 Männer; der eine hieb mit einem Beil in die 
Schwelle an der Vorder: und der Hinterthüre, der 
zweite ſtieß mit der Mörjerteule darauf, der dritte 
fehrte jie mit einem Beſen. Dieje Zeichen der 
Kultur (das Fällen der Bäume dur die Art, die 
Bereitung des Mahls durch die Mörjerteule und 
das Zuſammenkehren der Früchte mit dem Bejen) 
follten den jchredenden Silvanus, den Waldbewoh: 
ner, abhalten, in das Haus zu dringen und die 
Wöcnerin zu quälen. Die Schubgötter, welche 
durch jene Geremonien bezeichnet wurden, waren 
Deverra, Intercidona (von intercidere) und 
Pilummus (von pilum, Mörjerfeule). August. 
civ. d. 6, 9. 

Devotio, Weihung als Opfer für die Götter, 
bejonders für die unterirdijchen, indem man fid) 
entweder ſelbſt für das Baterland feierlich dem 
Tode weihte, wie die jenatorijchen Greife beim 
Einzug der Gallier in Rom (Lit. 5, 41) und die 
Decier (Liv. 8, 9, wo die Formel, vgl. 7, 6), oder 
verwünjchend einen andern, ein feindliches Yand 
oder eine Stadt, wie Gabit, Fregellä, den Göttern 
bes Todes überantwortete (die Formel bei Macr. 
sat, 3, 9). Corp. Inser. Lat. 1, p. 208. 

Dexippos, Jefırzos, B. Herennins, Rhetor 
und Hiftorifer im 3. Jahrh. n. E., verfahte 1) r«& uer« 
AltEavögor in 4 Büchern, Geſchichte Griechen: 
lands und Maledoniens nach Alerander dem Gr.; 
2) zoorınn, lorogia in 12 Büchern bis zum Tode 
des Kaiſers Claudius (270 n. E.); 3) Ixvtınd, 
Sejchichte der Kriege Noms mit den Goten. Frag: 
mente geſammelt von Müller, fragm. hist. Graee. 
III p. 660 ff., und von Dindorf, hist. Graec. min. 
Ip. 165 ff. 

Dia, Sie, 1) älterer, poetijcher Name der Anjel 
Naros. Diod. Sie. 5, 50 ff. Catull. 64, 52. — 
2) j. Kreta, d. 

Diabateria j. l'allas Athene, 4. 

Diadema (diddnue, von dıadew), eine Schmale, 
nur in der Mitte breitere Stirnbinde aus Seide, 
Wolle oder Garn zum Schmude der Fürften. Das 


516 


Diadem der 
war mit dem Symbol der heiligen Schlange ver: 
jehen; das bachiiche (xerjdsuror), das die Kunſt 
bejonders bei dem indiihen B. hat, umwindet 
Stirn und Scläfe mit herabhängenden Enden; 
das perfiiche war um die aufrechtitehbende Tiara 
(oder Kidaris) geichlungen, von blauer, weißdurch— 


agnntüichen Gottheiten und Könige | 





wirkter farbe. Der Umftand, daß Antonius dem 
Cäſar ein ſolches an den Yupercalien aufſetzte, be- 
förderte feine Ermordung. Cie. Phil. 2, 34, 85 ff. 
Die Kaiſer enthielten jich zuerſt dieſes gehäffigen 
Schmudes; aber Piocletian führte das Diadem 
ein, und Eonftantin der Gr. jchmücdte es noch mit 
1—2 Reihen von Perlen und Edelfteinen. 

Hadızadia, eine beiondere Art der Rechts: 
händel in Athen, WPrioritätsitreit. Sie trat ein, | 
wenn zwei oder mehr Perſonen ausichlieliche An- 
ſprüche auf eine und diejelbe Sache zu haben be- 
haupteten, oder wenn es ftreitig war, wer unter 
mehreren Perſonen zu einer bejtimmten Leiſtung 
verpflichtet jei. Die Diadikafie läßt ſich nicht auf 
bejtimmte Fälle beichränfen. Am häufigften kam 
fie bei Erbichaftsitreitigfeiten und Leiturgien vor, 
ebenjo bei Konfiifationen, wenn jemand die ein: 
gezogenen Güter oder einen Teil derjelben bean: 
ipruchte. — Das Beanſpruchen des Nechts oder 
Beſitzes, welches jchriftlich aeichehen mußte, bieh | 
kupıoßnreiv, erriygdgsodaı eupıoßirnow. Beim 
Erheben des Einſpruches war eine Baraftafis (f. d.) 
zu erlegen. Meier und Schömann, Att. Prozeß 
©. 471 ff. der 2. Aufl. Bgl. auch Erbrecht, 4. 
und Leiturgia, 5. 

Atıadoyos, der Nachfolger, jvezieller Name für 
die Nachfolger Aleranders in den getrennten 
Neichen der großen makedoniſchen Monarchie bei 
den jpäteren Siftorifern; außerdem hieß jo der| 
Neuplatoniter Broflos (112 n. E.) als Nach— 
folger des Syrianos. Vgl. J. G. Droyſen, Geſch. 
der Diadochen (2. Aufl. 1878). Geſch. der Epigonen 
(2. —* 1878). 

Diadumeniänus ſ. Macrinus. 

Diadumönos j. Bildhauer, 6. 

Diagöras, Jıaydeag, 1) einer der größten 
hellenischen Athleten, gebürtig aus Rhodos, Zeit: 
genofje Pindars, der ihm die 7. Olympionife ge: 
widmet hat. Er war megiodordang, d. h. er hatte 
als Hauptlämpfer in allen 4 großen heiligen Spie: 
len gefiegt, und begeifterte durch fein Beifpiel jeine 
Söhne und Enkel zu gleichen Siegen. Als 2 jeiner | 
Söhne in Olympia als Hieroniten gelrönt wurden, | 
festen fie ihre Kränze dem Bater auf und trugen 
ihn im Triumph unter dem Aujauchzen und 
Glückwünſchen der ihm Blumenkränze zuwerfenden 
Menge umher. Da rief ein Yafedaimonier: Stirb, 
Diagoras, denn in den Himmel wirft du nicht auf: 
fteigen. Cie. tusc. 1, 46, 111. Plut. Pelop. 34. 
Seine Statue von Kallikles ftand in Olympia. — 
2) Sohn des Telefleides, mit dem Beinamen 
Hrog, um die Mitte des 5. Jahrh. v. E., Zeit: 
genoffe des Pindar und Simonides, des Demokrit, 
Protagoras und Sokrates, verlieh früh feine Hei- 
matsinjel Melos und lebte größtenteils in Athen. 
An feiner Jugend mit der Boefie (Dithyramben 
und DOymmen) fich beichäftigend, ſchloß er ſich 
jpäter der atomiftiichen Philofophie und Demokrit 
an und wurde jo zu einem Gegner jowohl ber 
Volfsreligion als der Myfterien. Demgemäß leug: | 
nete er die herföümmlichen Götter, veröffentlichte | 











Awdınaoia — Arnrie. 


und verfpottete die Myfterien, in die er fich hatte 
einweihen laſſen, und hielt andere von der Teil: , 
nahme daran ab. Dies erbitterte die Athener 
jo, daf fie einen Preis auf jeinen Kopf jeßten 
(Aristoph. Av. 1073. mit d. Schol.) und jeine 
Schriften vernichteten. Er floh nach Korinth, wo 
er geftorben jein joll. (ic. n. d. 1,1, 2.23, 68. 
42, 117. 3, 37, 89. 2 furze —— er Ge⸗ 
dichte ſ. bei Bergk, poet. Iyr. Graec. III p. 562 
der 4. Ausg. 

Maygageis |. Erıyoaugeis. 

Diaios j. Achaia, 3. 

Diaita, Sara, ganz allgemeiner Ausdrud für 
jedes Zimmer, jo für Speijefaal, Schlafzimmer, 
Sartenjalon u. j. w., ja jogar für ein ganzes Logis 
oder einen Flügel des Hauſes. — Auch die ſchieds— 
richterliche Musgleihung ſ. Jıeirnrig). 

Merenens. Schiedsrichter. Zur Vermeidung 
der meijt Foftipieligen Prozeſſe vor den ordent: 
lichen Gerichtshöfen der Heliaften fonnten die Par: 
teien in Athen in Civilfachen die Entfcheidung 
eines Scyiedsrichters, Diaiteten, nachjuchen. Es 
gab öffentliche Schiedsrichter, aus bejahrten Män- 
nern gewählt, und durch Ubereinfommen der Bar: 
teien gewählte Privatichiedsmänner. Eriterer gab 
es nach einer Inſchrift (bei Rob, Demen ©. 22) 
vom %. 325 v. E. wenigftens 104. Bejoldet waren 
fie nicht, doch hatte der Kläger und der Berklagte 
jeder 1 Drachme als Gebühr (maoderasıs) und 
1 Drachme bei jedem Friſtgeſuch zu bezahlen. Sie 
fonnten jederzeit wegen Vergehen in ihrer Amts: 
führung durd eine Eisangelie bei den Logiften 
belangt werden; die Strafe, die fie traf, wurde 
jedesmal nad) der Größe des Vergehens abgeſchätzt 
(&yav ruunzog). — Was die Kompetenz der Diai- 
teten betrifft, jo konnte jede Eivilfache an fie ge: 
bracht werden, und in den älteiten Zeiten bildeten 
fie vielleicht eine Inſtanz, die nicht übergangen 
werden durfte. In der demoftheniichen Zeit aber 
war dies durchaus nicht der Fall, jondern es ſtand 
dem Stläger frei, jeine Sache durch den prozeß— 
einleitenden Magiitrat fogleih bei den Heliaſten 
anhängig zu machen. Man wählte indeflen gern 
die Diaiteten, einmal der geringeren often wegen, 
und ſodann, um die Inſtanz nicht zu verlieren. 
Es fonnte nämlich unter allen Umftänden von der 
Enticheidung des Diaiteten Appellation (Fgpesıs) 
an den Richter jtattfinden. — Die Einführung des 
Nechtshandels vor den Diaiteten entiprady dem 
Verfahren, wie es in allen Civilſachen geſetzlich 
war. Der Kläger hatte fih aljo an den fompe- 
tenten Magiftrat zu wenden (d. h. an den Magi: 
ftrat, der auch in einem Seliaftenprozefie in vor: 


| Tiegendem Falle die Hegemonie gehabt haben würde). 
| Diefer übergab dann, wahrjcheinlich ohne vorher: 


gehende Unterfuchung und Inſtruktion, die Sadıe 
einem einzelnen durch Los beftimmten Diaiteten. 
Weiter hatten die Parteien die gewöhnlichen Eide 
(dimuosie, arrouocie) zu leiften. Sodann wurde 
nach jorgfältiger Unterfuhung (die Zahl der Ber: 
handlungen war wohl nicht beftimmt) das Urteil 
(inögpasız, yröcız) geſprochen und von dem Magi: 
ftrate, der die Sache an den Diaiteten ee 
hatte, verfündet. Erichien eine Perſon nicht an 
dem Schlußtermine (xver«), ohne eine durch einen 
Eid (dmwuosi«) erhärtete Entſchuldigung, jo wurde 
in contumaciam erfannt. Das Rechtsmittel, deſſen 
man fich gegen Rontumacialurteile bedienen konnte 


Diakria — Dictator. 


(Neftitutiond- oder Nullitätäflage), rn» Fonuor 
(Ödanp) kurılegeiv, hieß bei Verurteilung durch 
den Diaiteten ri» u) ovoar irrilaygsiv. Es be 
jtand in der eidlich befräftigten Angabe von Grün- 
den, die den Berurteilten am Erjcheinen verhindert 
hatten. Die Sache wurde dann, wenn der Oppo- 
nent mit jeiner Berufung durchgedrungen war, 
einem andern Diaiteien übertviejen. Übrigens 
fonnte, wie jchon erwähnt, gegen alle Urteile eines 
Diaiteten Appellation (Üpsaıg) eingelegt werben. 
Die Sache fam dann vor die Heliaften, die- aljo 
in diefen Falle die zweite Inſtanz bildeten. — 
Privatjchiedsmänner erwählten ſich die Parteien 
durch Kompromiß (Zmrgomrj), der eidlich und auch 
durch Stellung von Bürgen befräftigt wurde. Dem 
Spruche eines ſolchen fompromifjartichen Schieds: 
richters mußte man ſich, mwenigitens im Zeitalter 
der Redner, im voraus unterwerfen; Appellation 
war nicht geftattet. 

Diakria j. Attika, 6. 17. und Parteien, 

Diaktöros j. Hermes, 2. 


Dialektik , n) dıaksrrın), bei Platon Bezeich- 
nung der Logik oder der Methode des höchften 
ipefulativen Denkens; Nriftoteles dagegen unter: 
ſchied wiſſenſchaftliche Schlüffe von bloß dialefti- 
ichen oder Wahrfcheinlichkeitsichlüffen. So wurde 
die Dialektif allmählich zur Kunſt des dialektifchen 
Scheins, und wurde deshalb der Name duwkexrı- 
xoi, dialeetici, jpraiett für diejenigen Philofophen 
gebraucht, die beim Disputieren ſich allerlei Kunft- 
griffe und Spikfindigfeiten bedienten. Übertragen 
wurde diejer Name dann auf mehrere philoſophiſche 
Schulen, bejonders+ die megariſche oder eriſtiſche 
und die ftoiiche; außerdem hat eine Schule, ge: 
ftiftet von dem Karthager Kleitomachos, einem 
Schüler des Karneades, —* dieſen Namen. 

Aaueprvgpia, eine Art der Einrede gegen die 
Bufäffigfeit der Einführung eines Prozeſſes, welche 
durch Bengen geltend gemacht wurde, zum Unter- 
ſchied von einer andern Form der Einrede, welche 
der Betreffende perjönlich erhob (regaypayrj). Am 
befannteften ift die dıauegrvgle, durch welche ein 
Aſcendent jein Recht an dem Nachlaß eines Ber- 
ftorbenen geltend madt. Er behauptet (dieume- 
rvgeirae), geftügt auf das, was die Zeugen aus: 
fagen (diemeprugpoösı), daß die Erbichaft nicht 
Zreidınog jei. Der en Zeil der jtreitigen Summe 
wird ald raganaraporr) niedergelegt und geht an 
den Gegner verloren, wenn diejer durch eine Klage 
Yevdouagrvgıör beweijen fann, daß die Anfprüche, 
welche jener als nächfter Verwandter durch jeine 
Öraucprvple geltend macht, nichtig find. Berlor 
der Kläger gegen den Zeugen des Beklagten umd 
erhielt er nicht wenigftens den fünften Teil der 
Stimmen, jo verfiel er der Zrwßeil« (j. d.). Vgl. 
auch Prozels, 7. 9. 

dıanaoriywoıs, die Geißelung der jparta= 
nijhen Knaben am Altare der Artemis Orthia, 
wahrjcheinlich religiöjen Urjprungs, ein Erjaß der 
diejer Gottheit zulommenden Menjchenopfer, in der 


317 


Abhärtungsmittel ausgeübt. Plut. Lye. 18. Athen. 
8, 350C. Paus. 3, 16, 7 ff. Cie. tusc. 2, 14.5, 27. 

Diäna j. —— 

Maypnyısız |. Jjuoı. 

Dias ia, r& Jıdowe, ein Hauptfeft des Zeus 
Meikixgrog (Sühnzens) zu Athen, am 23. Antheſte⸗ 
rion (einem Tage des Göttergornes) zur Sühne 
des Volls mit unblutigen Opfern am Jliſos in 
der Nähe des Zeustempels gefeiert. Thuc. 1, 126. 
Doch wurden bei andern Gelegenheiten dem Zeus 
Meilichios auch blutige Opfer gebracht. S. Momm- 
jen, SHeortologie ©. 381 ff. 

Diaskeuase, Diaskenastes ſ. Homeros, 7. 

Diatröta sc. pocula oder vasa, Gefäße mit 
durchbrochener Arbeit, namentlich cälierte Glas— 
vajen, die in den Gräbern oft noch gefunden 
werden, und deren Schönheit uns hohe Bewunde— 
rung einflößt. 

Diaulos j. Gymnasium. 

Dietätor (jelten magister populi, in einer 
uralten von Liv. 7, 8 erwähnten lex auch prae- 
tor maximus genannt). Dieje außerordentliche 
Magiftratur wurde 9 Jahre nach Bertreibung der 
en (501 vd. E.) zum erjtenmal und jpäter öfter 

ellt (in asperioribus bellis aut in eivili motu 
diffieiliore). Dies war bie legte Zuflucht (ulti- 
mum consilium Liv. 4, 56, extremum Üaes. b. c. 
1, 5) nicht nur bei auswärtigen Gefahren (Liv. 
8, 12), jondern auch bei inneren Unruhen (Liv. 
2, 30), weshalb denn auch dieje Diktatur bei dem 
niederen Voile jo verhaft war (Liv. 2, 18). Übri- 
er bedurften die Diltatoren, ebenjo wie die 

onjuln, einer ausdrücklichen ertragung des 
imperium dur die Euriatcomitien (Liv. 9, 838. 
Dion. Hal. 5, 70), was natürlich) dann nicht nötig 
war, wenn fie nur für ———— beſondere 
Geſchäfte ernaunt wurden, z. B. den Jahres— 
nagel im capitoliniſchen Jupitertempel einzujchla= 
gen (dietator elavi figendi causa), die Comitien 
während der Abwejenheit der Konjuln zu halten 
(diet. comitiorum habendorum causa), den 
Genjus und namentlich die Senatsergängung vor— 
unehmen, Öffentliche Spiele zu feiern, Kultus: 

andlungen zu vollziehen (3. 9 dict. feriarum 

tinarum causa), auferordentlihe Sriminal- 
unterfuchungen (quaestiones) anzuftellen u. ſ. w. 
Urjprünglich hatte der Diktator die ganze abjolute 
Königsgewalt, ja jogar ohne Provofation (Liv. 2, 18: 
neque provocatio erat, neque ullum usquam 
nisı in cura parendi auxilium), er war aljo un- 
umichränft, was nachher mit der zunehmenden 
Macht der Plebs abgeändert wurde. — Der Dif: 
tator wurde aus der Zahl der gewejenen Konſuln 

enommen. Die bisherigen Konſuln und andern 

agiftrate — die Volfstribunen ausgenommen — 
mußten ihre Stellen niederlegen, traten aber wieder 
ein, wenn der Diktator von feinem Amte zurüd: 
trat. Außer dem ihm durch Übertragung des im- 
perium zu teil gewordenen unumjchränkten Mili- 
tärbefehl zu der in der Not zum Staatöruder 
berufene Diktator auch unbeichränfte Oberrichter: 


hiſtoriſchen Zeit ein durch die lykurgiſche Geſetze gewalt. Um einem übrigens fait niemals vorfom: 


vorgejchriebenes Erziehungsmittel, um die | 
agung — 


ebun 

nge an ſtandhafte 
chmerzes zu gewöhnen. Es fam vor, da 

Gegeißelte tot, ohne einen Laut des Schmerzes 


auszujtoßen, vor dem Altare niederfiel. Noch zur | bald er jeinen Auftrag vollzogen hatte. 


menden Mißbrauch diefer hohen Gewalt zu be- 
egnen, hatte man beftimmt, daß die Diktatur 
pas 6 Monate dauern follte, und die Sitte 
orderte, daß der Diktator auch vorher Ei jo: 


er die 


Beit der römischen Raifer wurden Geißelungen als | Finanzen hatte er feine unbedingte Verfügung. 


318 


Bon Anfignien hatte er außer der sella curulis 
und der praetexta anfangs 12, jpäter 24 lictores 
mit fasces und secures. Die Ernennung des 
Diftators ging vom Senate aus, welcher in ſchwie— 
rigen Zeiten darüber Beſchluß fahte und die Kon— 
juln (videant consules, ne quid respublien de- 
trimenti capiat) beauftragte, einen Diftator zu 
ernennen (dicere, jelten crcare, facere). Vgl. 
Consul. Dieſe Senatsberatung wird an den 
meiften Stellen erwähnt (3. B. Zir. 7, 3. 6, 21. 
26. 8, 15ff. 9, 7), und wenn an einigen Stellen 
nur der ernennende Konful genannt wird, fo ift 
das 8. Consultum als etwas ſich von jelbft Ber: 
ftehendes ausgelaffen. Daß die tribum militares 
consulari potestate ebenfalls einen Diktator er: 
nennen konnten, lag in ihrer Vertretung der Kon: 
ſuln, doch da der Wortlaut des alten Geſetzes einen 
ernennenden Konjul vorjchrieb, mußten erft die 
befragten Augurn die erhobenen Bedenken (reli- 
gionem) bejeitigen. Liv. 4, 31. Nah der Er: 
nennung wählte ſich der Diltator einen magister 
equitum als Gehülfen und vorkommenden Falls 
auch als Stellvertreter. Derjelbe war feinem Dit: 
tator zu dem ftrengjten Gehorjan verpflichtet, und 
wenn einmal, wie durch Minucius Rufus, diejes 
enge Band zerrifjen wurde, jo lag das in der 
Eigentümlichkeit der Wahl des Fabius Marimus, 
der in Abmwejenheit eines ernennenden Konſuls von 
dem Volke, und deshalb nur zum Prodiktator 
erwählt worden war. Liv. 22,8. Für die Ple— 
bejer wurde die Diktatur zum eritenmal 356 v. E. 
zugänglich. Live. 7, 17. 22. — Gegen das Ende 
der Nepublif hatte man 120 Jahre feinen Diktator 
gehabt, bis Sulla zum dietator reipnblicae con- 
stituendae gemadjt wurde. Auch Cäjar nahm die 
Diktatur wiederholt an, bi er zuleßt wenige 
Wochen vor jeiner Ermordung dietator perpetnus 
wurde (Dio Cass. 44, 8); aber Antonius jchaffte 
durch eine lex diejes Amt fir immer ab. Cie. 
Phil. ı, 1. 13.5, 4. Deshalb ſchlug Muguftus die 
Würde aus, und fie wurde niemals wiederher— 
geitellt. Suet. Oct. 52. Vgl. Bardon, die römische 
Diktatur. 

Dietätor Latinus hieß der Vorftand des lati— 
nifchen Bundes, welcher an die Stelle der albani: 
ichen Könige getreten war. Es ift aber nicht ent- 
ichieden, ob der albaniſche Diktator regelmäßig 
zugleich der Diktator von Sejamtlatium war, oder 
ob die Hegemonie unter den verjchiedenen Dikta— 
toren in Latium wechjelte. Die Thätigleit diejes 
Bundespräfidenten zeigte ſich in der Yeitung der 
Bundesverjammlungen, in der Anordnung der 
ferine Latinae, in oberpriefterlichen Handlungen 
u. j. w. Bgl. Lorenz, de dietatoribus Latinis 
et munieipalibus (1841). 

Dietätor munieipälis. In den meiften Städten 
Latiums bildeten duumviri die höchſte Obrigfeit, 
doch in Lanuvium, Aricia, Cäre, Nomentum, Fi: 
denä ftand ein alleiniger Diktator an der Spitze, 
deſſen Name ſich bis in die ſpäteſten Zeiten erhielt. 

Didaskalia, dıdaorarle, heißt 1) gewöhnlich 
ein Öffentliches Denkmal, eine Tafel, oder auch 
eine Schrift, in welcher über die Aufführung von 
Schaufpielen, von Komödien jowohl als auch von 
Tragddien, Nachricht gegeben war, indem der 
Dichter, Zeit und Ort der Aufführung, die mit: 
fämpfenden Dichter und der Beifall, den die Stüde 
erhalten hatten, genau angegeben und verzeichnet 


Dictator Latinus — Dido. 


waren. Es waren alio fritijche Repertorien über 
die aufgeführten Stüde, hurze Dramaturgien, von 
dıdcdorsır, nämlich do@ux, docere fabulam, ein 
Ausdrud, welcher: ein Stüd zur Aufführung brin- 
gen bezeichnete. Die Berzeichniffe beftanden in 
then zunächſt in Tafeln, mit Inſchriften Diejes 
Inhalts verjehen, welche ihren Blag im Theater 
erhielten; Heine Bruchitüce derjelben find erhalten 
(Corp. inser. Att. II, 977 a.b). Von diejen öffent: 
lichen Denfmälern wurden jpäter Abjchriften ge: 
macht, ihr Inhalt chronologiſch geordnet, in be: 
fonderen Schriften mit Bemerkungen und Erläute: 
rungen der Sammler niedergelegt, die gleichfalls 
didasnakler biegen. Ariftoteles ſoll zuerft eine 
folche Schrift verfaßt haben. Ihm folgten aleran: 
drinifche Gelehrte, wie Difaiarchos, Kallimachos, 
Ariftophanes von Byzanz, Ariftarchos u. a., aus 
deren leider verlorenen Schriften die färglichen An 
aben der Grammatifer und Scholiaften in den 
rqumenten zu den einzelnen Tragödien und Kto: 
mödien gefloſſen find. — Äühnliche Berzeichnifie, 
3. B. von Attius, gab es bei den Römern, wie 
die furzen Notizen über die Zeit der Aufführung, 
über den Komponiften der cantica und über bie 
Hauptrollen vor den Stüden des Terentius er: 
fennen laffen. Vgl. Ritichl, Parerga ©. 263. 325. 
— 2) ſ. v. a. die aufgeführten Stücke jelbft, vgl. 
Tetralogia. 

Didji, eine angejchene plebejiihe Familie zu 
Rom: 1) T. Did, war um das J. 100 v. C. 
Statthalter von Makedonien, befiegte die Skor— 
diifer und triumphierte über Makedonien. For. 
3,4. (ie. Pis. 25, 61. Im J. 98 wurde er Konſul 
und erhielt dann als Prokonſul das Diesjeitige 
Spanien, wo er die Baccäer gänzlich ſchlug, mehrere 
ihrer Städte eroberte (App. Hisp. 99 f.) und dann 
die Celtiberer wiederholt befiegte und über fie 
triumpbhierte, 93. Plut. Sert. 3. Er fiel als Legat 
im marfischen Striege im %. 90 (nach andern 89). 
Vell. Pat.2,16. Or. fast. 6,567 }. — 2) E. Did., 
diente unter Cäſar als Legat (46 v. €.) gegen 
den jüngeren Bompejus in Spanien, wo er mit 
Glück gegen ihn fämpfte und ihn bei Gades zur 
See behente, aber bei der Landung ſelbſt durch die 
Iufitanifchen Soldaten desjelben feinen Tod fand. 
Caes. b. Hisp. 37. 40, 

Dido, Jıda, oder Elisa, Elissa, "Elıcca, 
Tochter des tyriſchen Königs Mutton, vermählt 
mit deſſen Bruder Sicharbaal (Sichäus Vera. A. 
1, 343, oder Akerbas), einem Priefter des Mel: 
fart oder Herafles, Schweſter des Pygmalion, mit 
weichem fie ſich in die Herrichaft teilen follte. Als 
aber diejer den Sicharbaal, nad) feinen Schäßen 
lüftern, ermordete, floh Dido mit ihren Weich: 
tümern, von einer großen Menge von Tyriern 
begleitet, übers Meer und landete zuerft auf 
Kypros. Von da gelangte fie nach glüdlicher Fahrt 
ans Ufer von Afrika; hier kaufte fie von dem 
König Jarbas jo viel Land, als mit einer Stier- 
haut belegt werden konnte, jchmitt aber die Stier- 
baut in — Streifen und umſpannte damit 
einen beträchtlichen Raum, auf dem fie die Burg 
Boria ven Fell) erbaute. Verg. A. 1,338 ff. So 
wurde jie die Gründerin von Karthago (angeblid) 
846, nad) andern Nachrichten 826 oder 814 v. E.). 
Da die Stadt bald mächtig emporblühte, jo warb 
Jarbas, um ſich in ihren Befit zu jeßen, um bie 
Hand der Dido, indem er im Berweigerungsfalle 


Didyma 


mit Krieg drohte. Um der Ehe mit dem Barbaren 
zu entgehen, errichtete fie einen Scheiterhaufen und 
geb ſich auf demſelben mit dem Schwerte den 

od. Sie wurde von den Karthagern als Göttin 
verehrt. — Verſchiedene Züge in dieſer ganzen Sage, 
namentlich die Selbjtverbrennung, ſtammen unver: 
fennbar aus dem Mythos don der wandernden, 
todbringenden Göttin Ajtarte. In Karthago wurde 
eine ftrenge Göttin Dido durch Menjchenopfer, ihre 
Schweiter Anna (d. h. die anmutige) (Verg. A. 
4, 9) a einen fröhlichen Dienft geehrt. Just. 
18, 4 ff. 

Didyma j. Miletos. 

Didymos, Jiövuog, einer der berühmteften 
griehiihen Grammatifer, geb. 63 v. C. erhielt 
wegen jeiner großen jchriftjtelleriichen Thätigkeit, 
über weldye die Alten (Athen. 4 p. 139d. Sen. 
ep. 88) fabelhafte Angaben überliefern, den Bei: 
namen zalnevrspog. Yhm wurden 3500 oder gar 
4000 Schriften beigelegt, beionders zahlreiche Werte 
über Homer (darunter wepl rijg ‘Agıordpyov diop- 
Paoewg, jein Hauptwerk), außerdem über Pindar, 
Sophofles, Ariftophanes und andere Dichter, ſo— 
wie über die attiichen Nebner. Fragmentſamm— 
lungen von M. Schmidt (1854) und A. Ludwich 
(Ariſtarchs homer. Tertkritit, ı. TI. ©. 175 ff.). 
Abhandlungen von La Roche (1859) und Ludwich 
(1865). 

Auges, UreQwor j. Haus, 2. 4. 

Dies, Tiueox (vgl. auch Aperoi nufguı), 
bezeichnet ſowohl den natürlichen (naturalis) als 
den bürgerlichen (civilis) Tag. Jener ift die Zeit 
von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergange; 
umgefehrt die Zeit vom Untergange bis zum 
Wiederaufgange der Sonne heißt Nacht, nox, 
vo&, myiythiſch und homeriſch (/T. 14, 259) die 
Bändigerin der Götter und Menjchen, der jelbit 
Zeus mißfällig zu fein ſich ſcheut. Dagegen wurde 
der bürgerlihe Tag, vvydrjusgor bei den 
Griechen, weil er Nacht und Tag umfahte, bei 
den Alten jehr verjchieden beftimmt: die Baby: 
lonier rechneten von Morgen bis Morgen, die 
Umbrer von Mittag m Mittag, die Griechen 
von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang , die 
Römer, wie wir, don Mitternacht bis Mitter- 
nacht. Bei Homer, wie in der ganzen Zeit bis 
zu ber alerandriniichen Epoche, fommt eine Ein: 
teilung des Tages in Stunden nicht vor; viel: 
mehr wird die Zeit nad) dem Stande der Morgen: 
röte und der Sonne bejtimmt, wobei man wohl 
einen Bor: und Nachmittag (Od. 9, 56 ff.), einen 
Morgen, Mittag und Abend (Il. 21, 111. Od. 
7, 288), Nas oder roewl, new rs Nufgag, u£oov 
Nueg oder weonußgie, und deiln (jelbit wieder 
zerfallend in dein meol« und d. öwia) oder 
Örlelor Tucg untericheidet. Im übrigen Half 
man fich durch einen Reichtum von Bezeichnungen, 
die meift den Beichäftigungen des täglichen Lebens 
entlehnt waren, 5. B. mindodeng rüs &yopäg oder 
zeol an Dovoav kyogar. Seit der Erfindung des 
babylonijchen Chronometers oder der Sonnenuhr 
(mölog oder wpolöyıor Tlıanor, anıoöngLnor) 
und des Schattenzeigers (yrouwv) teilte man ben 
Tag in 12 Stunden, die je nach der Jahreszeit 
bald länger bald kürzer waren. Die Nacht hat 
bei Homer wie der Tag 3 Teile (Il. 10, 252): 
die Abenddämmerung oder einbrechende Nacht 
(Famegog, arepag), die Mitte der Nacht (vuxrög 


— Dies. 319 
&uolyöos) und den zum Morgen bin dämmernden 
Teil der Nacht (dupılvun vöE, I1. 7, 433, vgl. 
dyyihdı 8’ Hay). Später nahm man, bejonders 
wohl durch die Gewohnheit im Kriege, 3 Nacht: 


wachen (puianer) an, jede zu 4 Stunden. — Der 2 


bürgerlihe Tag der Römer hatte folgende Ab: 
ichnitte: nox media und de media nocte, die 
Zeit unmittelbar nach Mitternacht, gallicinium, 
die Zeit des Hahnenjchreis oder das Grauen des 
Tages, canticinium, die Zeit, wo die Hähne zu 
—— aufhören, diluculum, der anbrechende 

orgen, mane, der Frühmorgen, ad meridiem, 
meridies und de meridie, die Zeit eben vor oder 
gegen Mittag, der Mittag ſelbſt und die Zeit 
unmittelbar darnach; suprema, die legte Zeit des 
Tages nebit dem Sonnenuntergange, vespera, die 
Zeit vom Sonnenuntergange bis zu Aufgang des 
Abendfterns, erepusculum, die Abenddämmerung, 
dann die Zeit des Lichtangündens, prima luce 
oder luminibus accensis; concubium, die Zeit 
des Schlafengehens, intempesta nox, die tiefſte 
Nacht, deren Zeit nicht weiter abgeteilt wird, 
darauf ad mediam noctem und media nox. Auch 
bei ihnen fommt erft jeit dem öffentlichen Ge— 
brauche der Sonnen: (horologium solarium oder 
solarium deseriptum, durch 2. Bapirius Curſor 
etwa 291 v. E. vor dem Kriege mit Porrhos nad) 
Rom gebradht) und Wafleruhr (solarium ex aqua) 
durch den Cenſor L. Philippus (164 v. E.) und 
den Scipio Nafica (im $. 159 v. E., auch für die 
Nacht, j. Clepsydra) eine eigentliche Stunden: 
einteilung vor. Seildem wurde die Nacht zur Beit 
der Tag: und Nachtgleiche von 6 Uhr abends bis 
6 Uhr morgens, der Tag von 6 Uhr morgens bis 
6 Uhr abends gerechnet. Die Nacht beftand aus 
4 vigiliae zu je 3 Stunden; nebenher zählte man 
auch die Nacht nah Stunden. Dieſe Stunden 
waren aber natürlich je nad) dem Ab: oder Zu— 
—— des Tags kürzer oder länger, nur daß die 
ſechſte Stunde des Tags immer Mittag 12 Uhr 
und die ſechſte der Nacht Mitternacht blieb, ſo daß 
man von da aus einen ſicheren Anhaltspunkt zur 


annähernden Berechnung erlangt. — Nach den : 


verichiedenen Sweden waren die Tage verichieden 
eingeteilt: für die Rechtspflege in dies fasti 
und nefasti, an welchen der Prätor lege agere 
oder die 3 Wörter: do, dico, addico ausiprechen 
durfte oder nicht. Varro l.1.6,29. Ov. fast. 1,48. 
Die dies fasti zerfielen wieder in dies fasti co- 
mitiales und dıes fasti non comitiales. Jene, 
an denen nicht blo der Prätor lege agere, jon- 
dern auch die zujtändigen Magiftrate cum populo 
agere (d. h. Volksverſammlungen, comitia) halten 
und den Senat berufen durften, heihen daher 
ſchlechthin dies comitiales, dieje, an denen nur 
das lege agere, nicht aber das cum populo 
agere ftattfinden durfte, heifen im engeren Sinne 
dies fasti. Solcher dies fasti im engeren Sinne 
gab es jährlich 45, fie waren im römijchen Ka— 
lender mit F. bezeichnet, dies comitiales 194. 
Außer diejen gab es noch gemijchte, dies fissi 
und intercisi (in den Kalendern bezeichnet durch 
EN, d. 5. endotereisi — intereisi), an denen c3 
nur zu gewillen Zageszeiten erlaubt war, jene 
3 Worte zu fprechen. Dies nefasti waren jolde, 
an welchen aus religiöjen Gründen weder Ge: 
richtsfigungen noch Comitien gehalten werden durf: 
ten, und zwar entweder dies feriati, d. h. alt- 


© 


320 Diespiter — Jızaorızor. 

hergebrachte Felt: und Freudentage (dies nefasti | jchreibung Griechenlands nach feinen natürlichen, 
im engeren Sinne, 48 an Zahl, in den Kalendarien | politifchen und fittlichen Verhältniſſen, mit ein: 
mit N’ bezeichnet), oder dies religiosi (j. d.) oder | gelegten Dichterftellen, wovon nur 2 Fragmente 
vitiosi oder atri, d. h. Unglüdstage, z. B. der | übrig find. Eine ihm beigelegte Schrift megi uov- 
Jahrestag der Schlaht am Cremera (57, in den | oo» dyavor, worin aud wohl die von ihm 
Kalendarien durch N bezeichnet). Bon der Eintei- | herrührenden didajfaliichen Notizen vorfamen, war 
lung der Tage in dies fastı und nefasti ift prin- vermutlich nur ein Teil jenes Werls. Eine iam: 
zipiell zu unterjcheiden eine nicht prinzipiell auf | biiche Bejchreibung Griechenlands, &vaygaypı tig 
das lege agere und cum populo agere bezüg: |'EAA., von der 150 jchlecht geichriebene Verſe noch 
lihe Einteilung der Tage in jafraler Sinti, | vorhanden find (herausg. mıt Sfymnos von Chios 
nämlich in dies festi und profesti, Feſt- und von Meinele, 1846), ift ſchwerlich echt und wird von 
Werkeltage. Doc berührt fich dieje gottesdienft: | einigen dem Dionyſios, Sohn des Kalliphon, bei: 
lihe Einteilung mit der andern, die zwar auf | gelegt. Seine von Cicero (ad Att.2, 12,4.11,2, 3) 
religiöfem Grunde ruht, aber weſentlich politisch | geichäßten philojophiichen Schriften find ſämtlich 
ift. Endlich ift auch noch die altertümliche Ein: | verloren gegangen. Sanımlung der Fragmente von 
teilung in dies puri und religiosi (atri) zu er: | uhr (1841) und von Müller, fragm. hist. (iraec. 
mwähnen; die dies religiosi galten dem Bolfe in II p. 225 ff. i 
Bezug auf die Vornahme gewiffer Handlungen, | Aıxaoral xara Önuovs, ol reooapdaorre 
3. B. zur Gingehung der Ehe, zum Antritt einer | (früher 30 an der Zahl, nad dem Archontat des 


Neife und dhrgleichen, als bedenklich. 

Diespiter |. Iupiter unter Zeus, 9. 

Diffarreatio war die feierliche Auflöjung einer 
durch confarreatio (j. d.) gejchlofienen Ehe. Die 
Gegenwart der Priefter war notwendig, weil Opfer 
vollbracht wurden, gerade wie bei der confarreatio, 
nur im entgegengejeßten Sinne (j. Divrortium). 

Digentia, ein Bach in Latium, der am Lucre- 
tilis entipringt und fi in den Anio ergießt. Er 
heißt jet Licenza und ift durch Horaz (ep. 1, 16, 12 
und 18, 104), auf deffen Bejigtum er entiprang, 
als jehr falt bekannt. 
„Pigitius, Sertus, diente unter P. Scipio dem 
Alteren, von dem er wegen Tapferkeit, die er 
bei Eroberung von Neukarthago (210 v. €.) be: 
wiejen hatte, eine Mauerfrone erhielt. Liv. 26, 48. 
Wahrjcheinlich befehligte er (nach andern fein Sohn) 
im J. 200 im diesjeitigen Spanien, fämpfte indes 
unglüdlich dafelbft. Liv. 34, 43. 35,1. Im J. 190 
diente er unter 2. Scipio Mjiaticus, um Schiffe 
zufammenzubringen. Liv. 37, 4. Ob er berjelbe 
S. Digitius ift, der im 9. 174 Gejandter in 
Maktedonien war (Liv. 41, 22), läßt ſich nicht 
enticheiden. 

Dii magni, minöres, indigötes, selecti, 
semönes, peregrini j. Consentes dii. 
"Aimökıa, Arnökıa oder Bovpörıe. ıd, 
ein uraltes atheniſches Feſt, am 14. Skiropho— 


rion (in der Drejchzeit) dem Zeus als Stabthort 


(Z. rolısög) an einem Altar auf der Burg (Paus. 
1, 24, 4) gefeiert. 
Stier beftand, wurde die Heiligkeit des Aderftiers 
inmboliich dargeitellt. Der Priefter, der den Stier 
erichlug, Bovporog, mußte, jobald er den Streid) 
geführt hatte, entfliehen, und man zog das Beil 
ſtatt feiner zu Gericht und weihte es dem Fluche, 
indem man es ind Meer warf. Die Haut des 


Stiers, deffen Tötung dadurch gerechtfertigt wurde, | 


da er don dem heiligen Opferforne auf dem 
Altar gefreffen hatte, wurde ausgeftopft und das 
jo wiederhergeftellte Tier an einen Pflug geipannt. 
dixaı ano Gvußöoiwr |. Erxinrog mökıg. 
Dikaiarchia j. Puteoli. 
Dikaiarchos, Jıralaoyos, Dicaearchus, peri: 
patetiicher Philojoph aus Meſſana in Sicilien, 
Schüler des Nriftoteles neben Wriftorenos und 


Bei dem Opfer, das in einem 


Eukleides, wohl wegen der Gehäſſigkeit der Be: 
zeichnung reı@xorre, auf 40 erhöht), Gaurichter, 
eine nach ficherem Zeugniſſe bereits von Solon 
‚eingejegte, jpäter durchs Los ernannte Behörde. 
Was ihre Kompetenz betrifft, jo hatten fie un: 
bedeutendere Privatiachen, z. B. leichte Realinju— 
rien (ddaaı alalag und Bıaiov), Bagatelljachen 
bis zu 10 Dracdhmen, jelbftändig als Richter zu 
enticheiden; wichtigere Sachen hatten fie den Diai- 
teten oder SHeliaften zur Enticheidung zu über: 
| geben. Demofthenes ftellt fie als eine unbeden- 
\tende Behörde dar, in die nur Ärmere träten; 
aud) läßt fich nicht mit Sicherheit enticheiden, ob 
ihre Yurisdiltion jih auf die ländlichen Demen 
bejchräufte, oder ob jie die ſtädtiſche Gerichtsbarkeit 
in den erwähnten Bagatellfachen hatten; erjteres 
ift wahrjcheinlicher. Demosth. Pantaen. 33. Isoer. 
antidos. 237. 

dıxaorngıo» bezeichnet, wie das deutjche Ge— 
richtshof, zunächſt lofal die Stätte des Gerichtes, 
fodann aber aud) das in dem Lokal verjammelte 
Nichterfollegium. Die Zahl der Gerichtshöfe in 
Athen läßt ſich nicht ermitteln. Außer dem Areo— 
pag und den Ephetenhöfen, die ausichliehlich für 
die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit beftimmt 
waren, hat es aber noch eine nicht geringe An: 
zahl von Heliaftenhöfen gegeben. Der Name für 
die Gejamtheit der Heliaften ift nlıaa, das Wort 
bezeichnet aud) das Hauptlokal des Berichtshofes, 
dejfen Lage nicht feit fteht. Außerdem aber gab 
es für die einzelnen Seftionen der Heliaften eine 
Anzahl von Lokalen, 3. B. das Note (porrıxoör), 
das Dreiedige (redywror) u. ſ. w., die zum größten 
Teile wohl in der Nähe der Agora lagen. Bon 
jolchen Gerichtslofalen find die Amtslofale der 
3 erjten Archonten zu jcheiden, wo eine Klage, die 
zur Borftandichaft des betreffenden Archonten ge: 
hörte, angebracht wurde, aber nicht abgeurteilt zu 
werden pflegte. Die 6 unteren Archonten hatten 
ihr Amtslofal im Thejmothefion, begaben fich aber, 
wenn fie einer heliaftiichen Sektion präfidierten, 
in deren Lolal. 

Aıxaorıxöv, uiohög Öinaorınög, auch roim- 
‚Bolor Tımorınov, der Nichterfold im Athen, 
| eingeführt von Perifles. Derjelbe betrug zuerft 

1 Obolos für jeden Gerichtstag ; jpäter wurde er, 








Theophraftos, lebte meiftens im Beloponnes und durch Kleon, von 1 auf 3 Obolen erhöht, indem 
ichrieb (außer einer Tijg meododog) Blog "EAlddog | die Angabe von einer vorhergegangenen Erhöhung 
in 3 Büchern, eine hijtoriich = geographiiche Be: | auf 2 Obolen auf Mißverſtändniſſen beruht. Zur 


Dike — Alan. 


Dedung der jehr bedeutenden Koften (nach einer 
Angabe des Ariftophanes betrug der Richterjold 
jährlih 150 Talente) dienten zunächſt wohl die 
Brotaneien (r« ngurarsia), größere Gebühren, 
weldhe in faft allen Privatllagen und wenigen 
öffentlichen von beiden Parteien niedergelegt wur: 
den. Der unterliegende Teil büfte jein Geld 
ein und erftattete außerdem dem obfiegenden das 
feinige. Wusgezahlt wurde der Sold von den 
Kolafreten (j. d.), und zwar nach jeder einzelnen 
Serichtsverjammlung. eder Richter erhielt beim 
Eintritt in den Gerichtshof ein Täfelchen (ovu- 
Bolor), weldyes er nadı der Siyung abzugeben 
hatte, um dafür den Richterfold in Empfang zu 
nehmen. 

Dike, Idaun, die Göttin der Gerechtigkeit, 
eine Tochter des Zeus und der Themis, eine der 
Horen (Hesiod. theoy. 901), Beichügerin des Nechts 
und der Gerichte. Wenn ein Nichter das Recht 
verlegt, jo verklagt jie ihn am Throne des Zeus, 
deſſen Beijigerin (magedgos) fie iſt. Hesiod. op. 
et d. 256. Soph. O. C. 1377. Da fie durch ihre 
Wirkſamkeit Gejehmäßigfeit, Frieden und Ruhe 
bringt, jo heißen ihre Schweftern bei Hefiod Eu: 
nomia und Eirene und ihre Tochter bei Pindar 
(pyth. 8, 1) Heſychia. Bei den Tragifern tritt 
te mit den Erinyen verbunden als unbeugjame, 
ftreng ftrafende Göttin auf, welche dem Frevler 
das Schwert in die Bruſt ftöht und die Strafe, 
wenn auch fpät, in jein Haus bringt. Aesch. 
Choöph. 639. 947. Sie hat den Beinamen Aitraia, 
Sternenjungfrau; als ſolche lebte jie im goldenen 
Zeitalter auf Erden, im ehernen Seitalter aber 
ging fie, die lebte unter den Göttern (Op. met. 
1, 150), zum Himmel. Da glänzt jie als Stern: 
bild im Tierfreife unter dem Namen Jungfrau. 

AMzxn, das Recht, die Gerechtigkeit. Als Gott: 
heit perjonifiziert; die ewig waltende Macht, die 
die Thaten der Menjchen richtet, Lohn und Strafe 
verteilend, der Urjprung alles Rechtes, von der die 
ewigen ungeichriebenen Geſetze (ypapoı rvöuoı) 
ausgehen. („Dike und Nemejis, die beiden reinjten 
Götterbegriffe des Altertums, an welche der ein- 
fach erhabene Sinn der Griechen die ganze Welt- 
regierung knüpfte.“ W. v. Humboldt zu Aesch. 
Agam. p. II.) Hieraus fließen dann die weiteren 
Bedeutungen des Wortes: Gericht und Tag des 
Gerichtes, und als Mittel zur Wiederherftellung 
des zerftörten Mechtszuftandes: die Buße, Strafe. 
Aber auch der Rechtshandel jelbft und vorzugs: 
weile die Klage (actio), die ja denjelben Zweck 
hat, ein geichehenes Unrecht auszugleichen, heißt 
ferner din, mag nun die gejchehene Rechtöver- 
legung privater (jo daß der einzelne Unrecht er: 
litten hat) oder öffentlicher Art jein. Der ein: 
zuichlagende Weg (wir haben ausichließlich den 
athenijchen Prozeß im Auge) beftand aljo darin, 
dah der Kläger (0 dınacdusvog) unter einer be- 
ftimmten Form ſich an die einleitende Behörde 
(den year) wendet und ihn, unter Angabe des 
Klagegrundes (Fyrinue), um Einjegung eines Ge- 
richtes bittet, um zwiſchen Kläger (dıorwv) und 
Bellagten (pedyor) zu enticheiden. Wenn nun 
die din in der angegebenen weiteren Bedeutung 
nad) mehreren Bunften hin unterjchieden werden 
fönnen, jo liegt doch der weſentlichſte Unterjchied 
für das atheniiche Necht in der Verjchiedenheit des 
Gegenſtandes der Klage, des Fyainue. Derjelbe 

Realleriton des Mafj. Altertums. 7. Aufl. 


321 


fann nämlich bejtehen 1) in der Verlegung eines 
individuellen Rechts oder Intereſſes; 2) ın der Ver— 
legung eines Rechts der Gejamtheit, entweder un- 
mittelbar, 3. B. durch einen Angriff auf die bejtehende 
Verfaſſung, oder mittelbar, wenn ein Verbrechen, 
3. B. ein Mord, verübt ift, das unmittelbar nur 
den einzelnen trifft, im jeinen Folgen aber die 
Sicherheit der Geſamtheit jelbft gefährdet. Erſtere 
(die Privatllage) heißt dy@r Ting, dan löle, 
ölan im engeren Sinne; lehtere (die öffent: 
liche Klage), die ftets ein Delikt zum Gegenftande 
hat, &ywr Önuscrog, d. Önuocd«, yeagr) (vgl. 
auch I’eagyrj). Untericheidende Merkmale beider 
Arten von Klagen find: 1) eine dan (natürlich 
im engeren Sinne) fann nur der unmittelbar Ber: 
legte (oder für ihm fein »Üugeos) anftellen, öffent- 
liche Klagen (ausgenommen die povırd, die nur 
von den Verwandten des Getöteten oder Verletz— 
ten, ift es ein Sklave, von dem Herrn desjelben 
verfolgt werden fünnen) ein jeder Bürger, der im 
Belige feiner Rechte ift (6 BovAouevog, olg fEsarır). 
2) An Privatllagen fällt mit wenigen Ausnahmen 
die Buße oder der ftreitige Gegenſtand ausſchließ— 
lih dem gewinnenden Teile zu Ausnahmen bei 
der ZEovins und ZEuıp£cewg dian, ſ. nad: 
her), abgejehen davon, daß mehrmalige Berurtei- 
lung öfters Atimie nad) ſich zog und es den Rich— 
tern bei einzelnen derjelben frei jtand, noch eine 
Prostimefis hinzuzufügen, 3. B. bei der d. xAo- 
as Gefängnis. (ES Aber dies bei Klagen ftatt, 
die, da fie abgejehen von der Beſchädigung des 
einzelnen aucd gegen Verlegung der öffentlichen 
Ordnung gerichtet find, jchon nahe an die öffent: 
lichen Klagen hinanftreifen.) Im öffentlichen Kla— 
gen fällt mit wenigen Ausnahmen die Strafe ganz 
oder zum Teil dem Staate anheim, der hier nicht 
allein dem einzelnen zu feinem Nechte verhilft, 
jondern durch Strafen die Gejamtheit vor An: 
griffen einzelner zu jichern jucht. 3) In Privat: 
flagen werden Proytaneien erlegt (r« revrarsia, 
|. Jıraorınöov undProzels, 5., unterjchieden von 
rapdorasıg, welche, außer bei Diaiteten, nur der 
Kläger erlegt), im öffentlichen Klagen nicht. In 
diefen wird dagegen, mit Ausnahme der yo. xa- 
*b0ewg (j. T’e«ynj), der Kläger, wenn er nicht den 
fünften Teil der Stimmen erhält oder vor richter: 
licher Entjcheidung von der Klage abjteht (mas in 
Privatflagen ftets erlaubt war), mit einer Buße 
von 1000 Drachmen belegt und verliert das Recht 
eine ſolche Klage wieder anzuftellen. — Nach dem 
Gegenftande der Anklage, dem FyaAnue, werden 
die dla im engeren Sinne eingeteilt in d. eos 
va und d. xcerci rıvog. Erſtere begreifen die 
Klagen in fi, in denen es jih um Rechte an 
Sachen (Eigentumsreht, Recht an einer fremden 
Sache) handelt, die in rem actiones, oder um 
Rechte an Handlungen, zu welchen eine Perjon 
durch Vertrag verpflichtet ift, in personam actio- 
nes. Die dixaı xard rıvog dagegen richten fich 
gegen den, welcher ein Delift begangen hat, 3. B. 
die 6. »Aonüg, Ö. alias, d. Wevdouegrugiwv 
u. ſ. w. Gie begreifen aljo im allgemeinen die: 
jenigen Privatflagen in ji, in denen gegen den 
Berklagten, außer auf die Erfüllung feiner Ver: 
bindlichfeiten gegen den Kläger, nod auf die 
Buße an den Sant erfannt werden fonnte (pönale 
Klage). Einige Arten derjelben find: alxlag dan, 
gegen den gerichtet, der einen Freien ſchlug, um 


21 





322 


ihn zu Fränfen, ohne geichlagen zu jein; der Kläger 
ſchätzte die Größe der Beleidigung, etwaige Körper: 
verlegung, in Geld, welches bei Verurteilung des 
Beleidigerd dem Kläger zufiel; wer daranf ver: 
zichtete, konnte dasjelbe Vergehen durch eine yoa pr; 
vßoeewg verfolgen, bei der die Buße dem Staate 
—— Zvoınlov Ölan, gegen den Mieter er— 
oben, der jeine Miete, vapnod dan gegen den 
ächter, der feine Pacht nicht zur rechten Zeit 
bezahlt hatte; dieje und die svrdnzör maga- 
—— d. wurden auch gegen den, dem der 
efig eines Hauſes und Grumdftüdes gerichtlich 
abgeiprochen war, der aber deilenungeacdhtet nicht 
aus dem Befige wich, angewendet, um ihn zur 
geblung des Ertraged des ihm abgeiprochenen 

—— an den ſiegreichen Kläger zu nöti— 
gen; Euipioewng oder Apwıgkacewg Ö. gegen den, 

r fich der Beichlagnahme eines von einem an- 
dern beanjpruchten SMaven (vgl. Jodlos, 5.) 
widerjeßte; Zmırgorijg dan oder yoapr), die Klage 
gegen den Vormund wegen jchlechter Verwaltung 
des Vermögens feines Mündels, z. B. wenn er 
dasjelbe nicht verpacdhtet hatte (oixor wisdoör ift 
der technifche Ausdrud), oder wenn er fich offen: 
baren Betrug hatte zu ſchulden fommen laſſen. 
Die Öffentliche Klage fonnte während der Minder— 
jährigfeit des Mündels von jedermann angeftellt 
werden. Sie war ſchätzbar und 309 im Fall der 
Verurteilung wahrjcheinlich immer die Entſetzung 
des Bormundes nad jih. Die Privatllage konnte 
nach geendigter VBormundichaft von dem Mündel 
gegen den Vormund angeftellt werden (Demofthenes 
gegen Aphobos). Sie verjährte 5 Jahre nach ge: 
endigter Vormundſchaft. Die dan und die yoagn 
Zmırgomijg gehörten dor das Forum des Archon. 
Ferner obalag ddan, durch die der Kläger ſich an 
das ganze Vermögen des Bellagten hielt, wenn 

. B. die Zvoınlov und xugrod dan nichts ge: 
olfen hatten; Yerdouaprvgör d. gegen den, der 
aljche Zeugen aufgeftellt hatte, wofür er wahr: 
cheinlich auch noch eine ſchätzbare Buße erlitt (vgl. 
rozels, 15.); Atırouagrvplov Ö., gegen den auf 
Scyadenerjaß, der gegen jein Veriprechen vor Ge: 
richt nicht als genge erichienen war; Zonuog Ö. 
ſ. Prozels, 14. . auch T’e«gpr; und die be- 
jonderen Formen der öffentlichen Klage doxıuaci«, 
siduva, dnayayı, elsayyekla, Evösıkıgs, Lpi;- 
ynoig, pdsıg, bpnynos, wgoßolı]. 

Dikte j. Kreta, 1. 

Diktynna und Diktynnaion ſ. Britomartis 
und Kreta, 1. 

Diktys, Siarvs, 11). Persaus.—D. Creten— 
ſis, aus Gnoſſos auf Kreta, angeblicher Begleiter des 
Idomeneus zum trojaniichen Kriege und Berfafler 
eines Tagebuchs — über die Ereigniſſe 
desjelben, welches, auf Palmblätter in phoinikticher 
Sprache geichrieben, mit ihm in jeiner Geburts: 
ſtadt begraben worden fein jol. Dort ſoll es zur 
Beit des Kaiſers Nero, als jein Grab durch ein 
Erdbeben geöffnet wurde, in einer bleiernen Kapjel 
aufgefunden worden fein. E3 wurde, der bisherigen 
Annahme nad, von einem damals febenden Praris 
oder Euprarides verfaßt, dem Kaiſer überreicht 
und infolge des großen Aufjehens, das es machte, 
von einem gewien Septimius im 4. Jahrh. ins 
Lateinische überſetzt und vielfach, namentlich von 
den jpäteren Bnzantinern, aber auch von den mittel: 
hochdeutſchen Dichtern, welche antife Stoffe be: 


Dikte — Dilectus militum. 


handelten, benußt, bis es rag im 15. Jahr. 
twieder verjchwunden fein jollte. In Wahrheit hat, 
wie 9. Dunger (Dietys-Septimius, 1878) jcharf: 
finnig nachgewiejen hat, ein griechiſcher Diktys nie 
erütiert, jondern die Ephemeris ift ein, wahrſchein— 
lih im 4. Jahrh. n. E. entjtandenes, römijches 
Originalwerk und der Verfaffer fein anderer als 
der X. Septimius, der fid) nur als Überjeger nennt. 
In der Sprache zeigt fich fleißige Benutzung und 
Nachahmung Sallufts und bejonders Bergils. 
Ausgg. von A. Dederich (1832 und 1837) und 
Weiler (1872). 

Dilatio, Bertagung eines Prozefjes im weitejten 
Sinne, welche wegen Krankheit, fehlender Zeugen, 
mangelnder Bewerje nad) Gutbefinden des Richters 
bewilligt werden fonnte. Bejondere Arten der 
dilatio waren ampliatio und comperendinatio. 

Dileetns milfium. Über die Aushebung 
des Heeres in den früheren Zeiten der römischen 
Republik, als die Vermögenseinteilung des Servius 
Tullius dabei noch maßgebend war, finden fich in 
den alten Autoren, namentlich Bolybios (Buch 6), 
folgende Angaben: Alle Jahre wurden 2 fonju- 
lariſche Heere von je 2 _n aus den 5 eriten 
Vermögensklaffen ausgehoben; man legte jpäter 
dabei die Einteilung des Volkes nad) Tribus und 
die darnach auf eftelten Namenregifter iy Grunde. 
Liv. 4, 46. Wenn nicht eine augenblidliche Ge: 
fahr zur Eile zwang (wo denn aud) die Proletarier 
ſich zum einftweiligen Kriegsdienſte ftellen mußten 
und Waffen vom Staate erhielten, militia tumul- 
tuaria, @ell. 16, 10), jo dauerte der ft der 
Aushebung 30 Tage. Fest. s. v. iusti sc. dies. 
Zunächſt wurden die erforderlichen 24 Militär: 
tribunen (für jede Legion 6) ernannt, und zwar 10, 
welche ichon 10 Feldzüge, und 14, welche 5 Feld— 
üge mitgemacht hatten. Die Wahl derjelben ge: 
—* urſprünglich durch die Konſuln; doch ſeit 
361 dv. C. hatte das Volk ſich die Ernennung 
von 6 (Liv. 7, 5) und jeit 311 v. €. durch die 
lex Atilia Marcia von 16 (Liv. 9, 30, doch j. 

ujchle, der ftatt seni deni mutmaßt seniores 

eni) vorbehalten. Die vom Volke gewählten 
hießen comitiati, die vom Feldherrn ernannten 
rufuli. Seit 207 v. E. wurden alle 24 vom Bolfe 
gewählt, jo daß den Konſuln mur noch die Er- 
nennung für die außerordentlicherweije aufgeitell- 
ten Legionen verblieb (Liv. 27, 36); indeflen ver- 
zichtete es bisweilen auf Ausübung diejes Rechtes. 
Liv. 42, 81. Bon den beiden Legionen jedes 
Konjuls erhielt die eine aus der Gejfamtzahl der 
Tribunen 4 ältere und 2 jüngere, die andere 
3 ältere und 3 jüngere. — Die Militärpflichtigen 
mußten ſich auf dem Capitol (jpäter auch auf dem 
Marsfelde) verjammeln, wo die Konjuln anf ihren 
Amtsftühlen (sellae curules), umgeben von den 
24 Tribunen, ſaßen und aus einer Lifte die kriegs— 
pflichtigen Mitglieder jeder Tribus nad) Namen, 
Stand und Alter aufrufen ließen (eitare). Bon 
je 4 in allen Beziehungen ungefähr Gleichſtehenden 
wählten die Tribunen jeder Legion mit, der Reihe 
nach, abwechſelndem Vorrechte der erſten Wahl ſich 
ihren Mann aus, wodurch es möglich wurde, daß 
in jede Legion Jüngere und Altere, Kräftige und 
Schwächlinge gleichmäßig verteilt wurden. Außer: 
dem aber wurde bei diefer Aushebung auch noch 
auf Namen von guter Vorbedeutung geſehen, und 
waren alle jolhe ſchon in den angefertigten Ne: 


— 


10 


= 


* 


Dilectus 

ge der Tribus vorangeftellt. Cic. div. 1, 45. 
r die Aushebung des Fußvolks abgemacht, jo 
erfolgte die der Nitter aus den 18 Uenturiae 
equitam; jpäter, ald nicht bloß Mitglieder der 
18 Centuriae equitum, ſondern alle Bürger, die 
den census equestris bejaßen, zu Pferde dienten, 
geihah die Aushebung der Neiterei vor der der 
Legionen; e3 wurden jeder Legion 300 equites 
zugeteilt. Endlich wurden dieje Konffribierten 
(eonseripti) als triarii, die Alteſten, principes, 
die Kräftigjten, und hastati, die Jüngeren, dazu 
noch velites, die Armſten, als Leichtbewaffnete und 
Plänkler (milites volıtes oder volitantes) einge: 
teilt (centuriare). — Als aber zur Zeit der Bürger: 
friege durch und jeit Marius der Gejichtspunft 
geltend wurde, den Soldaten zu nehmen, wo man 
ihn fand, und man ohne Rüchicht auf den Cenſus 
nur auf körperliche Tüchtigkeit jah, ging der Bürger 
in dem Soldaten unter, und es dienten die Heere 
nunmehr nicht dem Staate, jondern nur ihrem 
Anführer. früher war jeder verpflichtet, vom 17. 
bis zum 46. (Gell. 10, 28), eventuell bis zum 
50. Jahre (Liv. 42, 34) in das Heer einzutreten, 
jo oft er aufgerufen wurde, doch er ging nad 
Beendigung des Feldzugs wieder in die Heimat und 
—— cker zurück. Seit dem zweiten puniſchen 
iege aber war es ſchon Sitte geworden, daß die 
Soldaten nicht eher entlaſſen wurden, als bis der 
Krieg zu Ende war, oder das 45. Lebensjahr fie 
vom Dienſt befreite. Allmählih jegten ſich 16, 
dann 20 Jahre als die Zeit des Kriegsdienſtes 
feit, und diefe Zahl wurde aucd von Auguftus bei 
jeiner neuen Geftaltung der Militärverhältnifje bei- 
behalten und galt, mit furzer Unterbrechung unter 
Tiberius (Tac. ann. 1, 36. 52), bis in die jpätere 
Kaiferzeit. Nach Verlauf diejer Dienftjahre trat 
jedoch noch nicht volljtändige Befreiung vom Kriegs: 
dienfte ein, es jei denn, daß die Soldaten fich 
diejelbe durch Empörung erziwangen; jondern jie 
wurden einjtweilen bis auf Weiteres in Kolonien 
entjandt, oder fie mußten beim Heere (in jogleich 
weiter unten zu erwähnenden Verhältniffen) bis 
zur Entlafjung (missio, j. d.) verharren. — Hier: 
nach find die evocati und vexillarii zu unter: 
jcheiden. Erftere waren der Form nach zwar als 
veterani entlafjen und hatten von ihrem Anführer 
zum Lohne ihrer Dienjte Ländereien angewieſen 
erhalten, doch mit der Berpflichtung, beim eriten 
Aufgebot (nominatim evocare) fich wieder zu den 
alten Fahnen zu verjammeln. Erft wenn fie wieder 
in Dienjt traten, hießen fie evocati. Doch folgten 
fie auch gern dem Rufe gleichgefinnter oder über: 
upt ihre Hülfe in Anjpruch nehmender Nach— 
olger. Sall. Cat.59. Cie. ad fam. 15, 4,4. Diejer 
Wiedereintritt in das aftive Heer gab ihnen eine 
höhere Stellung, oft auch den Rang der Gentu- 
rionen (Caes. b. c. 1, 3); als foldhe wurden jie 
durdy das ganze Heer verteilt (daſ. 3, 88). Sie 
waren Fußſoldaten, objchon ihnen nah Cäſar 
(b. g. 7, 65) wegen ihres höheren Ranges die Hal: 
tung eines Pferdes erlaubt war. Octavia zog 
die von Cäſar entlaffenen und mit Ländereien 
bejchenkten veterani, 10000 an der Zahl, als 
evocati wieder an ſich. Dio Cass. 45, 12. App. b. e. 
3,40. In der neuen Militärordnung des Auguftus 
verjchtvanden jie als bejondere Truppengattung 
und fommen evocati nur jtet3 einzeln vor; es 
find entweder die noch lebenden früheren evocati 


323 


des Auguſtus (Swet. Oct. 56: evocato quondam 
suo), oder es ift eine militärijche Charge vom 
Range der Eenturionen (Tuc. ann. 2, 68), deren 
Abzeichen (vitis) fie auch nad) Dio Cass. 55, 24 
führten; doch unterjcheidet derjelbe (daj.) fie als 
ein jelbftändiges Corps von Offizieren (ovornue 
idıor) noc) zu jeiner Zeit («el vür). Kaijer Galba 
nannte ein neu von ihm eingerichtetes militäriiches 
PBagencorps (aus Fünglingen des Nitterjtandes) 
evocati, welde die Wade vor feinem Schlaf: 
gemach hatten. Suet. Galb. 10. Wahrſcheinlich ge: 
Örte der von Otho zur Ermordung des Yaco 
Tac. hist. 1, 46) bejtimmte diefen evocati an. 
ber die evocatı der früheren Ar vgl. Kraner, 
Einleit. zu Caes. b. g. p. 49f. — In Bezug auf die 
vexitlarii als eigene Truppengattung der Kaiſer— 
it müſſen wir die Zeit der erjten Kaiſer von der 
päteren trennen. er Wendepunft trat unter 
und jeit Nero ein. Daher bezeichnet auch Tacitus 
in den Annalen mit vexillarıi etwas anderes als 
in den Hijtorien und dem Agricola. Dieje Be: 
nennung der vexıllarii ald bejonderer Truppen: 
gattung datiert jeit der definitiven Militärordirung 
des Auguſtus, doch nicht in der Weile, daß Die: 
jelben vorbedadht eine Stelle in derjelben erhalten 
hätten, fondern ihr Urjprung war die Not und 
der Mangel an neuen Soldaten. Nach Dio Cuss. 
55, 23 war nämlich mit Aufhebung einer früheren 
ln Beftimmung aus dem 3. 12 v. E. 
(dal. 54, 25) feſtgeſetzt, daß die Legionare 20 Yon 
bei den Fahnen zu verbleiben und alsdann jofort 
ihr praemium an Land in Empfang zu nehmen 
hätten. Doch die Not zwang, dieje Veteranen 
nur formell aus dem Legionsverband zu entheben 
(dımissio, ſ. d.) im übrigen diejelben unter anderem 
Namen (Tae. ann, 1, 17: alio vocabulo) unter 
einem bejonderen vexillum als vexillarıi bis auf 
unbejtimmte Zeit weiter dienen zu laffen, ohne 
irgend eine Erleichterung ihrer früheren Arbeit. 
Bei dem Aufftande der germanischen Legionen nad) 
den Tode des Auguſtus traf Germanicus das 
Abkommen mit ihnen: ihre Vexillarii jollten im 
bejonderen Corps, von aller jonjtigen Arbeit be- 
freit, nur zur Abwehr des Feindes verwendet 
werden (Tae. ann. 1,36). Dieje ihnen mit 16 Jah- 
ren rege gewährte Erleichterung wurde bald 
durch ein Dekret des Tiberins (daj. 1, 78) wieder 
auf 20 Dienftiahre für das ganze Heer jejtgejegt. 
Demnad) jind vexillarii die bei den Legionen nad) 
20 Dienftjahren, bei den Prätorianern nad) 16 
Jahren aus ihren Regimentern entlaffenen (dimissi, 
exauctorati) Soldaten, die jedocd bis zu ihrer 
völligen Verabjchiedung (missıo) unter einem ve- 
xillum weiter dienten und im ruhigen Zeiten im 
demjelben Lager verblieben, oder als Bejagung 
in die Nebenländer der ._. geſchickt wurden, 
im übrigen aber, von jeder Lagerarbeit befreit, 
nur zur Abwehr des Feindes verpflichtet waren. 
ie untericheiden von diejfen Corps der vexillarii 
ind die Ausdrüde: vetus miles (Caes. b. g. 
6, 40) und veterani (Caes. b. ec. 3,28. b. Afr.1. 
Tac. ann. 1, 26. 39) ald Bezeichnung ganzer Le: 
tionen oder der dienftältejten Soldaten, im Segen: 
age der jüngeren, namentlich der Rekruten (tirones). 
Die vexilla legionum (Tae. ann. 4, 73. Agr. 18) 
bezeichnen auch in diejer Zeit nie, wie noch Nip: 
perdey und. Heräus mit Wald) ammehmen, die 
vexillarii, jondern jtet3 entweder die Neiterei (aud) 
21* 


militum. 


— 


-1 


324 


ſonſt vexilla equitum genannt), oder ein von der | 
zugehörigen Legion ablommandiertes Detachement, 
unter einem vexillum fämpfend, während der | 
Adler bei der Legion verblieb (Tac. hist. 2,89.100). 
Als nämlich Nero den Zug gegen die Völfer am 
Kajpiichen Meer plante, wählte er aus den einzel- 
nen Legionen des Abendlandes eine bejtimmte 
Anzahl (2000?) Soldaten aus, die unter Berillen 
die Erpedition mitmachen jollten. Solche Abkom— 
mandierung wiederholte fich in den darauf folgen: 
den Bürgerfriegen bis zum Ruin ganzer Legionen. 
Vol. Pfibner, Annalen des Tacitus S. 127—134, 
unter den früheren außer Lipfius, Ernefti u. j. w. 
Wald, Tacitus' Agricola S. 240 ff. Hertel, Erfurs 
> Tacitus’ Agricola. — Nachdem durch die lex 

lautia Papiria 89 v. E. allen italiichen Bundes: 
genoffen das Bürgerrecht verliehen war, worauf 
durch ganz Ntalien für den Legionendienft Aus: 
hebungen ftattfanden, wurden von dem Feldherrn 








entweder Legaten oder auch Senatoren mit diejem 
Geichäfte beauftragt (conquisitores), wobei jich 
denn wohl mehrere durch Lift, noch mehrere durch 
Beftehung dem Kriegsdienfte entziehen konnten, 
obſchon das Verbrechen der Umgehung des Kriegs: 
dienftes mit dem Tode, wenigftens mit Entziehung 
der Freiheit beftraft wurde. Cie. Caec. 34. Val. 
Max. 6, 3f. Suet. Oct. 24. Sonſt gab Befreiung 


(vacatio militiae) nur erwiejene förperliche Un: | 


tüchtigfeit (causaria vac,, causarii. Liv. 6,6), ein 
Alter von 50 Jahren oder Aufweifung der geſetz— 
lichen Feldzüge (iusta, emerita stipendia), Ver- 
waltung einer Magiftratur oder einer Prieſter— 
würde (Plut. Cam. 41), jowie endlich) ausnahms- 
weiſe jpezielle Belohnung von VBerdienften. Cie. 
Phil. 5, 19. Liv. 39, 19. Stellvertretung fand 
uriprünglich nicht ftatt (die angeführte Beweisitelle 
dafür, Liv. 42, 34, ift jaljch verftanden), und fommt 
bis zur Zeit des Trajan, wo fie geielich erlaubt 
war (Plin. ep. 10, 39), feine Andentung davon 
vor. — Sobald der Grundſatz der förperlichen Tüch— 
tigkeit bei der Aushebung vormwaltete, war es 
natürliche Folge, daß die YFreigelaffenen, die jonft 
nur mit den Proletariern zu dem weniger chren- 
vollen Flottendienſte ausgehoben wurden und nicht 
milites, jondern classicı oder classiarii (j. d.) 
hießen, ebenfalls zu der Ehre des Legionendienites 
gelangen konnten (vgl. Caes. b. Afr. 36), obſchon 
fie bei der erften Erteilung diefer VBergünftigung 
(im Bundesgenofjenkriege) nur 12 eigene Kohorten 
bildeten. Pompejus und Cäſar hielten jogar unter 
auswärtigen Bölfern Aushebung zur Errichtung 
neuer Zegionen. Caes. b. c. 3,4. Cie. Phil. 5, 5,12. 
Dasjelbe that Brutus in Makedonien. Man be: 
lohnte diefe vernaculae legiones, wie man 
fie zum Unterfchiede von den übrigen Legionen 
benannte (Caes. b. Hisp. 7. 12. b. c. 2, 20), bei 
der —— ganz wie die römiſchen Bürger— 
ug mit Adern (Verg. E.1, 70); Cäſar hatte 
olche insgejamt mit dem römischen Bürgerrecht 
beichentt. Ja, man zog endlich jogar die Sklaven 
und Gladiatoren gegen das Geſchenk der Freiheit 
zum Kriegsdienfte heran, ſowohl als Reiter (Caes. 
b. e.1, 24. b. Afr. 19. 76) als auch in die Le— 
gionen (Plut. Brut. 45); jelbit ihrem Seren ent: 
laufene Sklaven verjchmähte Sert. Pompejus nicht, 
doch gab Octavian diejelben in ihre früheren Ver— 
hältnifje zurüd. — Unter den Kaiſern fehrte man 
zunächft zu einer ftrengeren Servorhebung des 


Dimissio. 


römiichen Bürgerrechts als Erfordernis des ehren- 
vollen Legionendienftes zurüd und nahm nur in 
Beiten der Not zu Sklaven und reigelaffenen 
jeine Zuflucht. Später, während der faiferlichen 
Bürgerfriege unter Nero, Galba u. ſ. w., erhob 
man die Frlottenjoldaten, die feine Bürger wareır, 
zu legiones adiutrices und bejchentte fie erft bei 
der Entlafjung mit dem Bürgerrechte. Im allge: 
meinen galt aber der Grundjat, daß in den Le— 
gionen nurrömifche Bürger dienen durften, weshalb 
auch bei vorfommenden Abweichungen davon die 
einzelnen jogleich bei der Einftellung dazu erhoben 
wurden. Dies Gemiſch veranlafte ſchon unter 
Auguftus die geborenen Bürger zur Errichtung 
von cohortes oder alae civium Romanorum (vo- 
luntariorum), vgl. das Teftament des Auguftus, 
Tac. ann. 1,8. Doch auch in dieſe drangen bald 
fremde Elemente ein. Bis Nero wurden feine 
neuen Legionen errichtet, doch war öftere Aus: 
hebung von Mannjchaft, als Ergänzung der alten 
bejtehenden, oder bei Teilung einer Legion in 2 
verichiedene, notwendig; dabei galt der Grundſatz, 
die Ausgehobenen nach den in den entfernteren 
Provinzen fampierenden Legionen zu verteilen 
(Tac. ann. 13, 7. 16, 13), damit fie durch feine 
Bande der Natur oder Verwandtichaft etwa zu 
Ungehorjam verleitet würden. — Die prätorijchen 
Kohorten, als der geehrtefte Kriegsdienft, waren 
das Vorrecht der italiichen Bölfer, die Yegionen 
und Hiülfsvölfer ergänzten fich aus den Provinzen, 
und gingen die Verdienten aus den Hülfsvölfern 
in die Legionen, aus dieſen in bie prätoriichen 
Kohorten über. — Ein beftimmtes Maß war für 
die Konjfriptionen nicht vorgefchrieben. Soldaten 
von 6 Fuß oder wenig darunter ftellte man wohl 
in die erften Kohorten ein, oder trieb Spielerei 
damit, wie Nero. Suet. Ner. 19. — Die Ausge- 
hobenen mußten erft als tirones eingeübt werden, 
wofern der Krieg micht zu Abweichungen davon 
zwang; jie befamen zwar Sold, galten aber nod) 
nicht für milites, da fie noch feiner Legion zuge: 
teilt waren. Bevor dies geihah, mußten jie in 
Eid (sacramentum) genommen werden. Zur Zeit 
des Polybios leifteten fie deren zwei, den einen 
fogleich nach der Aushebung, den andern bei Be: 
ziehung des erften Lagers. Seit Marius gab es 
nur Einen Soldateneid, der übrigens ftet3 auf die 
Perſon des Feldherrn (iurare in verba consulis), 
ipäter des Kailers lautete. Die Worte desjelben 
find nicht genau befannt; vgl. Gell. 16, 4. Die 
Soldaten antworteten, nachdem Einer aus ihrer 
Mitte diejelben vorgelefen hatte (praeire verba): 
idem in me. Die Bürgerfriege führten eine oft: 
malige Erneuerung des Eides ein, doc war dies 
auch jchon zur Zeit des Scipio vorgelommen, vgl. 
Liv. 28, 29. Berjchieden von dieſem sacramen- 
tum war ein anderer freiwilliger Eid, iusiuran- 
dum, durch den ſich die Soldaten unter fich zur 
Tapferfeit verpflichteten. Caes. b. e. 1, 76. 3, 13. 
Bol. Harfter, die Nationen des Nömerreihs in 
den Heeren des Kaiſers (1878). 

DimissYo. In der republifanischen Zeit gab 
e3 für den Soldaten nur Eine missio, die nicht 
nach gewijjen Jahren, jondern nach Abjolvierung 
von 20 Feldzügen für den Fußſoldaten, von 10 
Feldzügen für den Weiter (legitima stipendiı) 
erfolgte. Liv. 23, 25. Durch Muguftus wurden 
20 Dienftjahre für die Legionen und 16 für die 


— 


9 


Dindymene — Diocletianus. 


325 


Prätorianer feitgejeßt, mac deren Berlauf die 1789), Emperius (1844), 2. Dindorf (1857). Ber: 
missio iusta oder Lonesta mit einem praemium loren iſt feine Gejchichte der Geten, Trerınd. — 


an Land oder Geld eintreten jollte. Durch manche 
Striegsverlufte und andere Urjachen gebrady es 
indes an der notwendigen Anzahl der Soldaten 
für das jtehende Heer. Daher bildete jich all: 
mählich die Praxis aus, daß die Veteranen nad 
Ablauf ihrer gejeglichen Dienftjiahre dennoch nicht 
aus dem aktiven Dienſt entlaffen werden konnten. 
Doc ſuchte Auguftus der Form zu genügen und 
entließ jolche Veteranen aus dem Legionsverbande, 
behielt jie aber unter anderem Namen (Tae. ann. 
1, 17: alio vocabulo d. i. vexillarii) unter einem 
bejondern vexillum beim aktiven Heere mit all 
ihren bisherigen Dienftverpflichtungen (eosdem 
labores perferre) und auf ganz unbeitimmte Zeit. 
Daher forderten die pannoniichen und germanijchen 
Legionare bei ihrer Empörung nad) dem Tode des 
Auguftus eine gejesliche Negelung ihres Kriegs: 
dienjtes (certis sub legibus militia iniretur). 
Germanicus gewährte ihnen im Drange der Not 
ihr volles Verlangen, jo daß fortan auch die Le— 
gionen ebenjo wie die Prätorianer nad) 16 Dienft- 
jahren noch 4 Jahre als vexillarii beim Heere 
zu verbleiben und nur die Verpflichtung hätten, 
mit Befreiung von allen übrigen Dienften den 
Feind abzuhalten (Tac. ann. 1, 36). Tiberius be- 
ftätigte dieſe Vergünftigung, ftellte jedoch bald 
darauf die urjprüngliche Zahl von 20 Dienftjahren 
wieder her. Alsdanı erfolgte die dimissio (d. i. 
die vorläufige Entlaffjung aus der Legion) und 
ipäter (nad) unbejtimmter Beit) Die wirkliche 
(missio) aus dem Dienfte. Val. Dilectus mı- 
litum, 5. 

Dindymöne j. Rhea Kybele. 

Dindymon, Sivövuor, 1) Berggipfel auf der 
Halbinfel in der Propontis, welche die Stabt 
Kyzifos trug, mit einem jchon durch die Argo— 
nauten gegründeten Heiligtum der Kybele; j. Kapu— 
Dagh. Apoll. Rhod. ı, 985. — 2) Gebirge an der 
Grenze von Phrygien und Galatien, wejtlich von 
der Stadt Peſſinus, gleichfalls der Kybele heilig, 
weldye daher Dindymene heißt; j. Murad-Dagh. 

Dio, Sir, 1) Ehryioftomos Coccejus 
(nicht Eoccejanus), geb. zu Pruſa in Bithynien 
um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. E., aus 
angejehener Familie, jorgjam erzogen, beichäftigte 
fih anfangs mit nA u darnach mit philo- 
ſophiſchen Studien, in welchen er der Lehre ber 
Stoifer zugethan war. Unter Domitian hielt er 
fi einige Zeit in Rom auf, wurde von diejem 
aber bald aus der Stadt getrieben, durchwanderte 
darauf die Donauländer des römijchen Reiches 
und fehrte beim Regierungsantritte jeined Freun— 
des Eoccejus Nerva nad) Rom zurüd, wo er von 
ihm und jeinem Nachfolger Trajan hoch gechrt 
wurde. Nach einem kurzen Aufenthalte in Fa 
Baterjtadt (100) fam er nochmals nad) Rom und 
ftarb dajelbit, ungewi5 wann. Seine ausgezeich: 
neten Reden (80 an der Zahl, darunter eine un: 
echte, der Kogırdrandg), welche ihm den Beinamen 
Chryſoſtomos verſchafften, eigentlich mehr Aufſätze 
philoſophiſchen und moraliſchen Inhalts, in einer 
ſehr geſchmackvollen Form und reinen Sprache, 
beſitzen wir noch jebt; fie zeigen uns den Verfaſſer 
als einen glüdlichen Nachahmer des Platon, Demo: 
fthenes und Aiſchines und als den beiten Stiliften 
feiner Zeit. Ausgg. von J. J. Reiske (1784. 


——— —— — — —— —— — — — — — — ——— — — — — — — — 


— 2) Sein Enkel, Dio Caſſius Coccejanus 
(richtiger Caſſius Dio), geboren zu Nikaia im J. 
155 n. C., ſtammte aus ſenatoriſcher Familie und 
erhielt eine ſorgfältige Erziehung. Im reiferen 
Alter trat er (1866—190) in Nom als Redner auf, 
wurde Senator, jpäter Prätor (194) und verwaltete 
unter Macrinus (218) Bergamos. Später befleidete 
er zweimal das Konfulat, verwaltete nacheinander 
Afrifa, Dalmatien und PBannonien und verlebte 
die letzten Jahre feines Lebens in Campanien, 
nachdem er ji mit Mühe dem Zorne der durch 
jeine ftrenge Zucht ergrimmten Prätorianer unter 
Beihülfe des Alerander Severus entzogen hatte. 
Nach dem zweiten Konjulate ging er in jeine 
Baterftadt zurüd und ftarb dajelbjt. Auf dieWeijung 
der ottheit im Traume jchrieb er eine Negierungs: 
geichichte des Commodus, begann dann jeine große 
römiſche Geichichte (Poweisrn ioroplae) und fand 
den Mut und die Kraft fie fortzufeßen und zu 
vollenden durch neue Träume, in welchen Tyche 
ihm die Unfterblichkeit verhieß. 22 Jahre hat er 
an dem Werfe gearbeitet. Es enthielt, mit Aineias 
beginnend, 80 Bücher, in Dekaden abgeteilt, und 
war jo gearbeitet, daß er die Ereignifje feiner Zeit 
am ansrührlichften daritellte. Dio Cass. 72, 18. 
VBorhanden find davon Buch 37—54, vom den 
übrigen mehr oder minder bedeutende Bruchſtücke 
und vom 60. Buche an Auszüge des Kiphilinos, 
eines Mönchs zu Gonftantinopel im 11. Jahr: 
hundert; die Fortſetzung bis Eonftantin den Gr. 
ift natürlich aus jpäterer Zeit, wahricheinlich von 
einem Chrijten. Seine Darftellung und Sprade 
ift jorgfältig, oft beredt, mitunter aber aud) ſchwer— 
fällig. Die Hauptjache find ihm die Kriegsthaten 
und ſpäter die Hofgeihichten, neben denen er eine 
Staatsgeichichte zu liefern nicht vermag. Die Vor: 
fechter der Freiheit find dem Hofmann verhaßt. 
Überall tritt jeine abergläubiſche Wunderjucht hervor. 
Ihm scheint hauptſächlich als Mufter Polybios vor: 
—— zu haben, den er in Beurteilung der 

eigniſſe und ihrer Entſtehung nachahmt, ohne 
ihn indes erreichen zu können; in einzelnen Partien 
auch Thukydides und bei den bolitichen Betrad): 
tungen im den eingeflochtenen Reden die Redner 
der Haffiichen Zeit. — Unterjuchungen über Dios 
Quellen von Wilmanns, Baumgartner, Posner, 
Graßhof, Ehriftenjen, Sidel, Grohs u. a. Ausgg. 
von Fabricius und Reimarus (1750 —52), F. W. 
Sturz (1824 ff.), 3. Belfer (1849), 2. Dindorf 
(1863 ff.). 

Dioeletiänus, C. Aurelius VBalerius, re: 
gierte das römijche Reich von 284—305 n. C. Er 
war ein Dalmatier, der Sohn eines Freigelaflenen, 
führte von feiner Mutter den Beinamen Diokles, 
trat in Kriegsdienfte als gemeiner Soldat und 
diente unter Yurelian und Probus. Wls er einjt 
in Lüttih in einem Wirtshauſe ſaß und jeine 
täglichen Ausgaben berechnete, ſprach eine bei ihm 
ftehende Druidin zu ihm: Pfui, Diofles, ſchäme 
did, deines Geizes. Auf jeine Antwort: Laß mic) 
nur erſt Kaijer jein, dann ſoll es anders werden, 
antwortete fie ihm: Du wirft es werden, wenn du 
einen Eber (Aper) getötet haben wirft. Seitdem 
trug er ſich mit dem Gedanken jeiner göttlichen 
Beitimmung, wenn er auch jahrelang denjelben 
nie ausiprad). Er zeichnete ſich aus und ftieg bald 


326 


zu hohen Würden empor. Vopisc. Numer. 14 ff. 
Mit feinem jpäteren Genofien Marimianus, der 
des Diofles überlegene Bejonnenheit, Vorficht und 
Tapferkeit anerkannte, wurde er jchon frühzeitig 
befreundet. Nach Probus’ Tode folgte er dem 
Carus zum Kampfe gegen die Perjer, und als Carus 
während desfelben das Opfer einer Militärver: 
ichwörung ward (Aur. Viet. Caes. 38. ep. 38. 
Eutr. 9, 18. Oros. 7, 24), und feine ſchwachen Söhne 
fich nicht behaupten konnten gegen Aper, den Be: 
fehlshaber der Yeibwache, wählte der Rat der Offi— 
ziere am 17. Sept. 284 in Chalkedon zum Kaiſer 
den Diocletian, wie er fi von jet genannt zu 
haben jcheint, der den Aper (Eber) tötete, Aur. 
Vict. Caes. 39. Kutr. 9,20. Oros. 7, 25. Zonar. 
12, 30. Nach Überwindung feiner Gegner und 
Nebenbuhler, die er mit großer Milde behandelte, 
gejellte er fich den Marimianus als Gehülfen in 
der Regierung bei, indem er ihn (285) zum Cäſar 
erhob und jpäter zum Auguftus ernannte. Mari: 
mianus befiegte zunächit die Baganden (Bauern, 
die fich empört hatten) in Gallien ohne Schwierig: 
feit (Eutr. 9, 20. Oros. 7, 25. Zonar. 12, 31), 
hatte langwierige Kämpfe mit germanischen Scharen 
und vermochte gegen Caraufius (f. d.), der fich in 
Britannien eine Herrſchaft gegründet hatte, nichts 
auszurichten. Aur. Vict. Caes. 39. Eutr. 9, 21. 
Beide Herricher nahmen 293 noch 2 Mitregenten 
an, Galerius und Gonftantius, und teilten die 
Regierungsgewalt, wobei Diocletian durch geiftige 
Uperlegenheit die Oberherrichaft behielt. Kutr. 9,22. 
Aur. Viet. Caes. 39. Er dämpfte mit großer Härte 
(295) Unruhen in Agypten, während Galerius nad) 
einem anfangs unglüdlichen Feldzuge im zweiten 
die Perſer befiegte und fie zu einem den Römern 
vorteilhaften Frieden nötigte. Amm. Marc.14, 11,10. 
Eutr. 9, 24. — legte Dioeletian zur Siche— 
rung der öſtlichen Grenzen Feſtungen an. Zur 
Feier ſeiner zwanzigjährigen Regierung ging er 
nach Rom, zog ſich aber durch ſeinen Geiz den 
Haß des Volles zu, weshalb er die ihm überhaupt 
nicht liebe Stadt bald wieder verließ, um nad) 
feiner gewöhnlichen Refidenz Nilomedeia in Klein: 
afien zurücdzufehren, 304 (nach andern 303). Cine 
ichwere Krankheit, welche ihn unterwegs befiel, 
förperliche (nach chriftlichen Schriftftellern auch 
geiftige) Schwäche brachten in ihm den jchon jeit 
längerer Zeit gehegten Entſchluß zur Reife, abzu: 
danfen. Rielleicht lag es überhaupt in feinem Plane, 
daß, um Zwiftigfeiten zu verhüten, jeder der Herr: 
ſcher nach 20 Jahren zurüdtreten jollte. Er führte 
feinen Entihluß zu Nifomedeia am 1. Mai 305 
aus, überließ feinen alten und 2 nenernannten 
Mitregenten die Herrichaft und z0g ſich auf feine 
Billa bei Salona in jeinem Geburtslande Dalma- 
tien zurüd, wo er fich beionders mit Gartenbau 
beichäftigte und die jpätere Aufforderung, den Thron 
noch einmal wieder einzunehmen, beharrlich ab: 
wies. Hier ftarb er im Nahre 313. Aur. Viet. 
ep. 39. Eumen. paneg. Const. 15. Die von ihm 
gegründete Verfaſſung, beftehend in der Negierung 
mehrerer einander untergeordnneter Herrſcher, be: 
währte jih nur, jolange er an der Spige ftand; 
fie fiel durch Conſtantins Ehrgeiz und größeres 
Talent. Mit feiner Organifation hängt es zu— 
fammen, daß er die Provinzen vermehrte, damit 
aber audy die Zahl der Beamten. Die Etifette 
und den äußeren Pomp feines Hofes entlehnte er 


Diodoros. 


vom perfiichen Hofe. Durd die Verminderung 
der prätorianifchen Legionen ward der Tyrannei 
der Prätorianer entgegengetreten. Seine Mitre: 
genten ehrten Diocletian jelbft nadı feiner Thron: 
entjagung; um jo weniger acdhteten und liebten ihn 
die chriftlichen Schriftiteller, welche die im den 
Jahren 303 und 304 von ihm auf Betrieb des Gale— 
rius veranlaften Verfolgungen der Ehrijten, welche 
fih jogar im Kaiferpalafte unter den Hofbeamten 
fanden, nicht vergeflen fonnten. Selbit die heidni— 
ſchen Schriftiteller tadelten feinen Geiz und feinen 
orientaliichen Pomp, obgleich er durch mancherlei 
dem Ehriftentum entlehnte Einrichtungen (wie jpäter 
Julian) das fintende Heidentum zu heben und als 
öffentliches Religionsſyſtem, dem er jelbft als Ober: 
priefter diente, gegenüber dem jiegreichen Chriften: 
tum zu erhalten fich bemühte. Aus dem Gedanken, 
den Thron auf die Religion zu ftüßen, entiprangen 
die Chriftenverfolgungen. Vgl. Vogel, Kaiſer Dio— 
cletian (18571. Theod. Preuß, Kaiſer Diocletian 
und feine Zeit (1869). Bernhardt, Diocletian in 
jeinem Verhältnis zu den Ehriften ze) 
Diodöros, Jısdagos, 1) mit dem Beinamen 
Kronos, aus Jaſos in Karien, ein Philoſoph der 
megarischen Schule, Iebte am Hofe des Ptolemaios 
Soter und war als Dialektifer berühmt. Diog. 
Laert. 2, 111. Strab. 14, 658. 17,838. — 2) aus 
Tyros, ein Beripatetiter, Schüler und Nachfolger 
des Kritolaos und der jechite Leiter der Schule 
des Ariſtoteles. Vacare omni molestia cum hone- 
state erklärte er für das höchſte Gut (Cie. fin. 
5, 5, 14). — 3) der PBerieget, Zeitgenoſſe des 
Theophraft, jchrieb eine Periegeje Attifas, von der 
ein wenigſtens 3 Bücher umfaffender Teil den 
Titel wegl urnudro» (über Grabdentmäler) führte. 
Plut. Them. 32, vit. X orat. p. 849. — 4) mit dem 
Beinamen Siculus, 6 Zinedihrng, aus Agyrion 
auf Sicilien, lebte unter Julius Cäfar und Auguftus. 
Von jeinem Leben wiffen wir nur, daß er, um 
die Schaupläße hiſtoriſcher Begebenheiten fennen 
zu lernen, 30 Jahre lang Europa und Aſien be: 
reifte und fich zum Teil in Nom aufbielt. Died. 
Sie. 1,4. Qu einem geordneten Überblid wollte 
er das bereitö gewonnene hiſtoriſche Wiflen zu einer 
Univerjalgeichichte zufammenftellen. Mit Benutzung 
der Hilfsmittel, die Rom ihm bot, verfahte er, 
nicht vor 21 v. C. die Bußluodren forogınn in 
40 Büchern, wovon 6 die Urgeichichte, 11 die Zeit 
von den Troerfriegen bis zum Tode Aleranders, 
und 33 Die Zeit von da bis zum Anfang des gal 
liihen Kriegs (60 v. E.) umfahten. Erhalten find 
davon Buch 1-5: Winthologie und Urgeſchichte 
der Drientalen und Griechen, und 11—20: von 
den Perſerkriegen (480 v. E.) bis zu den Kriegen 
der Nachfolger Aleranders, eben vor der Schlacht 
bei Ipſos (301); auferdem anjchnliche Bruch: 
ftüde. — Die Darftellung ift in dem mythiſchen 
Teil ethnographiich, nachher annaliftiich, daher der 
Zuſammenhang nur ein äußerlicher, ohne tiefere 
Einfidht in die Gründe der Begebenheiten. Statt 
ſcharfer Charakteriftif der Völker und Perjonen 
gibt er meiftens nur einzelne Züge und gewiſſe 
Eigentümlichteiten. Ohne poetiichen Sinn huldigt 
er in der Mythologie dem Euhemerismus (j.Euhe- 
meros): in der Geichichte jucht er das Walten 
einer zeoror« nachzuweiſen. Seine Glaubwürdig— 
feit ift abhängig von feinen Quellen, in deren 
Benugung er ohne jchärfere Kritik verfahren zu 


Diodotos — Diogenes. 327 


fein jcheint; jchon die Sprache erinnert öfters an | berühmtefte der kyniſchen Philojophen, geit. 323, 
die Berjchiedenartigfeit derjelben, indeſſen laſſen Als fein Vater Hifefias wegen Münzfälſchun 

fie fich nur durch Vermutung nachweiſen. Theopomp, | vertrieben wurde, floh der Sohn mit ihm na 

Ephoros, Timatos, Ktefias, Kleitarchos, Hieronymos, | Athen, wo diefer nach anhaltenden Bitten von 
Diyllos, Philinos, Diodotos, Durisund Megafthenes, | Antifthenes (. d.) als Schüler aufgenommen wurde, 
auch ar und Pojeidonios und für die ältefte | Er bildete nicht allein das Syſtem des Lehrers 
römiſche Geichichte Fabius Pictor jcheinen befonders mit größter Konſequenz fort, jondern ging aud) 
benugt. Für uns ift fein Werf bei allen Mängeln | namentlich in der praftijchen Anwendung weit 
in manchen Abjchnitten der alten Geſchichte, vor: | über dasjelbe hinaus. Die Bedürfnisloſigkeit ver: 
üglih Siciliens, Hauptquelle und, obgleich öfters | folgte er ge äußerfte und machte fich dadurch, 
Verafiogense Begebenheiten willtürlich in Ein Jahr | obwohl er eben nach Freiheit und Unabhängigkeit 
ujammengedrängt werden, jehr wichtig. Der Stil | jtreben wollte, zu einem Sflaven feiner ſelbſtge— 
iſt einfach, deutlich und Kar, leidet jedoch zuweilen | wählten Prüfungen und Entbehrungen. Er fämpfte 
an Breite und Einförmigfeit und entbehrt der | oft mit dem Hunger, genof die jchlechteiten Speiien, 
rechten Lebendigkeit und Friſche. — Ausgg. von fonute aber rohes Fleiſch doch nicht verbauen und 
Weſſeling (1746), Dindorf (1826, 1828 ff., 1842 ff. | jammelte im Notfalle Almojen. Des Tags trieb 
und nochmals 1866 ff.) und 3. Bekler (1853 f.; neue er fih ohne Schuhe, ohne Mantel, mit langen 
Ausg. von F. Vogel, 1888 f.). Unterfjuchungen | Barte, einen Stod in der Hand und einen Querjad 
über j. Quellen von Collmann, Bolquardien, =: der Schulter, in den Straßen und auf den 





Petersdorfi, ©. F. Unger, Bröder, G. 3. Schnei: | Marktplägen Athens umher; machts ſchlief er ge- 
der, Krall, Klüber, Haale, Nöfiger, Rößler, wöhnlich in der Stoa des Zeus, jo daß er wohl 
Bohler u. a. äußerte, die Athener hätten ihm einen prächtigen 
Diodötos, Jıödoros, 1) ein Geſchichtſchreiber Aufenthaltsort bauen laſſen, jonft auch in einem 
aus Erythrai, deſſen (verloren gegangene) Tage: | Falle aus Thon, oder vielleicht richtiger in einem 
bücher Aleranders d. Gir., "Epnusgides Alekdvögon, | feinen thönernen Haufe, das der Spott der Athener 
von Plutarh und Diodor von Sicilien benugt | ein Faß (midog) nannte. Auf einer Reife nach 
worden find. Vgl. Müller, seriptor. Alex. Magni Aigina wurde er von Seeräubern ergriffen und nad) 
p. 134 ff. — 2) ein Stoifer von großer Gelehr: | Kreta gebracht; als er hier als Sklave verkauft 
jamfeit, Lehrer des Cicero, namentlich in der | werden follte, fragte man ihn, was er denn ver— 
Dialektif, in deſſen Haufe er lebte und ftarb (59 v. C.), ftehe?, worauf er antwortete: Menſchen zu gebieten, 
und den er deshalb aud zum Erben jeines Ver- und dem Herold auszurufen befahl: ob jemand 
mögens (100 000 Sefterzien) einjegte. Obwohl er | einen Herrn kaufen wollte? Zeniades aus Korinth 
im Alter erblindete, fuhr er doc eifrig im Studium | kaufte ihn und vertraute ihm die Erziehung jeiner 
der Riffenjhaften fort. Cie. ad fam. 18, 16, 4. Kinder au. Seitdem lebte er den Sommer in 
tusc. 5, 39, 113. n. d. 1, 3, 6. ad Att. 2,20, 6. | Korinth, den Winter in Athen; dort traf ihn einſt 
Diogenes, Jıoy&rns, der Zeusentiprofjene, ein | Alegander der Gr. im Kraneion, von dem er fich 
im Wltertume häufig vorfommender Name; die nur die Gnade erbat, daß er ihm aus der Sonne 
bedeutenditen Männer diejes Namens find: 1) D. geben jr x worauf der König den befannten 
von Apollonia auf Kreta, 6 Arollorıdeng, Un: | Spruch gethan haben joll: Wenn ich nicht Alerander 
änger der älteften j. g. ioniſchen Bhilofophenichule, | wäre, möchte ich Diogenes jein (Cie. tuse. 5, 32, 92). 
ö puoıxög genannt, etwas jüngerer Zeitgenofje des | Platon nannte ihn den toll gewordenen Sofrates 
Anaragoras, Verfaſſer eines verloren gegangenen | (3. uaıwöuerog); ald D. in der Wohnung desjel- 
Wertes zegi picews, das auf den Fall des bes | ben mit ſchmutzigen Füßen auf foftbare Teppiche 
rühmten Meteorfteins bei Aigospotamoi Rüdficht | trat und daber bemerkte, er trete den Hochmut 
nimmt, aljo nad) 405 dv. E. abgefaft fein muß. | Platons zufammen, antwortete diejer: Ja, aber mit 
Er jtellte mit Anarimenes als Grundftoff (ey) | einem andern Hochmut. — Die Lehre hat er nicht 
die Luft auf, woraus er alle Erjcheinungen der | ausgebildet und daher auch Schriften jchiwerlich 
Natur, auch die menjchliche Seele, ableitete, und —— ſeine ganze Philoſophie ging in ſeiner 
der er lebende, ſchaffende und denlende Kraft zu- Lebensweiſe auf. Ken Forſchung verwarf er, 
fchrieb. Cie. n.d. 1, 12, 29: aöre utitur deo. Intereſſe für die fittlihen Verhältniſſe des Staats 
Diog. Laert. 9, 57. Monographie von Panzer: | (daher zuerjt nosuomoAeng) und der Familie fühlte 
bieter (1830). — 2) von Babylon, ö Baßvio-|er nicht. Daher ift auch jein Leben nur reich an 
vıos, aus Seleufeia am Tigris, ſtoiſcher Philofoph | Anekdoten und wigigen oder beifjenden Antworten ; 
und Schüler des — von deſſen Lehren | eine der beſten unter dieſen iſt die, welche er einem 
er wenig abwich. Wegen jeines hohen Anſehens Tyrannen auf die Frage: aus welchem Erze man 
als Haupt diejer Schule nadı Zenon (magnus et | Statuen gießen müfle? gab: Aus dem, woraus die 
gravis Stoicus, Cie. off. 8, 12, 51) wurde er in! Bildjäulen des i08 und Wriftogeiton ge: 
der berühmten Gejandtichaft mit dem Akademiker | gojjen wurden. jtarb, angeblich auf der Straße, 
Karneades und dem Peripatetifer Kritolaos, 155 | zu Korinth in hohem Alter; dort und in jeiner 
v. E., nad) Rom abgeordnet, was zugleich die erjte | Heimat wurden ihm Statuen errichtet. Vgl. Gött- 
BVeranlafjung zur Belanntichaft der Römer mit | Ting, gej. Abhandlungen IS. 251 ff. — 4) Laërtios 
riech. Philojophie gab. In feinem Hauptfache, der | Diogenes, aus Laörte in Kilikien, als Gramma— 
Dintettit, war Karneades wieder jein Schüler. | tifer in Athen lebend, wahrjcheinlich in der Zeit 
Seine zahlreihen Schriften aus verjchiedenen | des Kaiſers Hadrian oder einige Jahrzehnte jpäter, 
Fächern find jämtlich verloren gegangen. Cie. de|dem wir ein Werk Blu» xal yrauav rar Ev 
or. 2, 38, 157. acad. 2, 45, 137. tusc. 4, 3, 5. — | gılooopi« sböonumodorov in 10 Büchern ver: 
3) der Kyniker, ö Kvor, geb. zu Sinope am |danfen, das zwar nur eine etwas unorbentliche 
ontos Eureinos in Paphlagonien 404 v.E., der | Kompilation und oft wenig genan und kritiſch iſt, 











328 


im übrigen aber, von feiner Vorliebe für Epifur 
abgejehen, ziemlich unparteiiich, für viele Gegen: 
jtände der Geichichte der alten Philojophie eine 
Hauptquelle und dur die Erhaltung zahlreicher 
Bruchjtüde aus verloren gegangenen Schriften un: 
ſchätzbar iſt. Beftimmt war das Werk cigentlich 
für eine gelehrte Römerin Arria (j. d.). Der Tert 
iſt —— bedeutend verfälſcht. Kommentare 
dazu von Caſaubon und Menage (geſammelt in 
der Ausgabe von Meibom, 1692, ſowie von Hübner 
und Jacobitz, 1830 ff.); Ausgg. von Hübner (1828 ff.) 
und Cobet (1850). 

Atotxı os xar& aoueg, die unter den Mitteln 
zur Serjtellung eines ariftofratiichen Zuftandes 
vorfommende Auflöjung der großen Stadtgemein- 
den und Berteilung derjelben in Meinere Ortichaf: 
ten, wie Xenophon (Hell. 5, 2, 7) von dem Ber- 
fahren der Lakedaimonier nach dem antallidiſchen 
Frieden in Mantineia berichtet. 

Diökles, Jıorins, 1) ©. des Orfilochos, Entel 
des Alpheios, Herrſcher von Pherai in Meſſenien, 
deffen Söhne Krethon und Orfilochos mit gegen 
Troja zogen. Hom. Od. 3, 488. Il. 5, 5411. — 
2) ein Heros in Megara, dem die megariichen 
Jünglinge das Feſt Sıöndcıa feierten, weil er einft 
in einer Schlacht einen geliebten Jüngling mit 
Aufopferung feines eigenen Lebens gerettet hatte. 
Schol. Theoer. 12, 18. — 3) Herrſcher in Eleufis, 
ſ. Demeter, 2. — 4) ein Dichter der alten att. 
Komödie, angehlid aus Phlins; nur die Titel von 
4 Stüden find erhalten. — 5) ein Syrafufier, der 
im peloponnejifchen Kriege die barbariiche Behand: 
lung der gefangenen Athener verjchuldete. Darauf 
arbeitete er ein Geſetzbuch aus und begründete die 
demofratifche Berfaffung, wobei er anordnete, bapı 
um die Staatsämter geloft werden jollte (413 um 
412 v. E.). Nach einem ungünftigen Kampfe gegen 
die Karthager (409) wurde er durch feinen Gegner 
Hermofrates geftürzt und ging ins Eril. doch 
icheint er bald zurücgefehrt zu Fein. Weil er gegen 
jein eigenes Geſetz mit dem Schwert bewaffnet in 
die Boltsverfammlung fam, joll er fich jelbft getötet 
haben. Diejelbe Sage geht freilid auch von Cha: 
rondad. Diod. Sie. 13, 19. 338. — 6) D. Kary— 
ftio3, fo genannt von feiner Baterjtadt Karyſtos 
auf Euboia, als Arzt gefeiert in der Zeit vor 
Ariftoteles (Plin. 26, 2) und oft bei den griechi— 
ihen Arzten citiert. — 7) ein —2** aus der 
* des Auguſtus, oft in den rhetoriſchen Schriften 
Senecas erwähnt. — 8) D. von Peparethos, 
griechiſcher Hiftorifer um den Anfang des zweiten 
puniſchen Krieges, joll namentlich über die Ur: 
geſchichte Roms (»riaıs "Poung) geichrieben haben. 

lut. Romul. 3. 8. Vgl. Müller, fragm. list. 
Graec. III p. 74 ff. 

Diolkos, dloAxog, hieß eine breite Fahrbahn, 
welche den forinth. Hafen Lechaion mit der Bucht 
von Schoinns am Saronischen Meerbujen verband, 
auf welcher Waren und Fleinere Fahrzeuge über 
den niedrigen Rüden des en geichafft wurden. 
Strab. 8, 335. 380. Arist. Thesmoph. 618. 

Diomedes, Jıounöns, 1) Sohn des Ares und 
der Kyrene, ſ. Herakles, 9. — 2) Sohn des 
Tydeus, einer der Epigonen (j. Adrastos). Nach 
dem Epigonenzuge nimmt er als König von Argos, 
Nachfolger feines Großvaters Adraſtos, teil an 


Ni 


Awırıouog — Diomedes. 


Adrastos). Hom. Il. 2,559 ff. Vor Troja ift er 
bei Abweienheit des Achilleus in der Schlacht und 
im Rat der mutigfte von allen, der mit ftets vor: 
ftrebender und mutvoller Tapferkeit, unteritügt von 
Athene, felbft Götter anzugreifen fich nicht jcheut. 
11.5. Als (II. 8, 66 ff.) die Achaier in der Schlacht 
fliehen, gibt er durch einen fühnen Angriff auf 
Hektor der verlornen Schlacht eine günftige Wen: 
dung und wird nur Durch den vor jeinen Noffen 
niederfahrenden Blig des Zeus zurücdgetrieben. 
11. 10, 220 ff. erbietet er fich zuerft zur nächtlichen 
Kundſchaft, geht mit Odyſſeus aus dem Lager, 
tötet den trotichen Kundichafter Dolon und über: 
fällt den thrafiichen König Rheſos in feinem Lager 
(daf 470 ff.); j. ferner ZZ. 11, 310 ff. Nach nad): 
homerifcher Sage raubte er mit Odyſſeus, indem 
fie durch einen unterirdiichen Gang in die Burg 
drangen und die Wächter erjchlugen, das Bild der 
Ballas, das Palladion (Verg. A. 2, 163), welches 
er jpäter entweder nach Argos bradıte, oder De: 
mophon ihm bei einer Landung in Attifa raubte. 
Nach Eroberung Trojas fommt er glüdlich nach 
Argos zurüd. Od. 3, 180. ber jeine weiteren 
Schickſale erzählt die nachhomeriſche Sage jehr 
verichiedenes. Aphrodite zürnte ihm, weil er jie 
vor Troja verwundet hatte (11. 5, 330. 410), und 
verleitete daher jein Weib Nigiale oder Aigialeia, 
eine Tochter oder Enkelin des Adraſtos, zum Ehe: 
bruch mit Sippolytos oder Nometes oder Kylla— 
baros; deshalb verlieh er nad feiner Heimlehr 
entweder freiwillig oder von der Ehebrecherin ver: 
trieben das Land und zog nad Mitolien, der 
Heimat jeines Vaters Tydeus, wo fein Großvater 
Oineus noch lebte. Diejen hatte fein Bruder Agrios 
aus der Herrichaft vertrieben. Diomedes erichlägt 
den Sohn des Agrios, Epopeus, und jegt feinen 
Großvater (nach andern den Andraimon, |. d.) 
twieder in die Herrichaft ein. (Manche jegen diejen 
Zug nad Mitolien zwijchen den Epigonenzug und 
den trojanischen Krieg und laffen Oineus mit nad) 
Argos ziehen.) Auf der Rüdfahrt nach Argos wird 
Diomedes verichlagen und fommt nad) Jtalien ins 
Land der Daunier; er fteht dem König Daunos 
(Sohn des Lyfaon, Bruder des Japyr und Peu: 
cetins) gegen die Meflapier bei und erhält zum 
Dante Beben Tochter Euippe zur Ehe und Die 
Herrichaft des Yandes. Mit diejer Gemahlin zeugt 
er den Diomedes und Amphinomos. Er ftirbt in 
Daunien oder Argos, wohin er zurüdgelehrt war, 
oder verjchwindet auf einer der nach ihm benann— 
ten, im Adriatiichen Meer gelegenen Diomediſchen 
Infeln, wo auch fein Grabmal fein jollte. An 
der Dftküfte Italiens ſoll er mehrere Städte und 
Heiligtümer, befonders der Athene, gegründet haben : 
Beneventum, Argos Hippium (Argyripa, Arpi), 
Ganufium (Hor. sat. 1, 5, 92), Brundufium u. a. 
Strah. 6,283f. Die Diomed&öi campi in Apulien 
waren nach ihm benannt. In Italien wurde er 
in vielen Städten als Heros verehrt, in Argyripa, 
Metapont u. ſ. mw. Auch in Griechenland galt er als 
Heros. In Argos wurde an dem Feſte der Athene 
mit dem PBalladion der Schild des Diomedes in 
feierlihem Zuge einhergetragen und fein Bild im 
Inachos —— Er war bier überhaupt ein 
eng mit Athene (die ihn zum Gotte machte, Pind. 
nem. 10, 7) verfnüpftes Wejen, weshalb er aud) 


dem trojaniſchen Kriege in Gemeinschaft mit feinen | bei Homer in engere Beziehung zu den olymp. 
treuen Genoſſen Sthenelos und Guryalos (ſ. | Göttern geſetzt wird als irgend ein anderer Held. 


Diomeia — Dionysios, 


329 


al. 71.5. — 3) latein. Grammatifer, j. Gramma- | nnd errichteten ihm als dem Wiederherfteller der 


tiker, 6. 

Diomela j. Herakles, 13. 

Aıwpooie, errouocie. Nach athenischem Rechte 
—* bei der Einbringung des Prozeſſes beide 

arteien, ſowohl der Kläger als der Beklagte, ihre 
Behauptungen zu beſchwören. Dieſe Eide hießen 
diwuosle und arrauocie ; die Ausdrücke find bei 
den Rednern faft gleichbedeutend «5. auch Pro- 
zes, 6.) 

Dion, rö JSior, Dium, 1) Borgeb. an der Nord- 
feite Kretas, j. Kap Dia. — 2) Stadt am Fuße 
des Dlympos und am Thermaiichen Meerbujen in 
Pieria in Makedonien (Thuc. 4, 78), j. Mala: 
thria, benannt nad) einem Beustempel, zu Poly: 
bios’ Zeit ſehr angejchen. Pol. 4, 62. Liv. 41,7. 
Hier wurden die zum Andenlen der am Granikos 
Gefallenen von Lyſippos gegoflenen Neiterftatuen 
aufgeftellt, die jpäter nah Rom famen. Arr. 
1, 16, 4. — 3) Stadt auf der chalkidiichen Halb: 
injel Akte. Hdt. 7, 22. Thuc. 4, 109. — 4) Stadt 
auf Euboia am Vorgebirge Kenaion. Hom. Il, 
2, 538. Strab. 10, 446. 

Dion, Sir, 1) ein edler Syrafufier, geb. 
409 dv. E., Sohn des Hipparinos, Bruder der Ari— 
ftomache, der Gemahlin des älteren Dionyjios, deren 
Tochter Arete er heiratete. Früh wurde er von 
Platon für die Philojophie gewonnen, ftand aber 
ungeachtet feiner Freimütigkeit und Sittenftrenge 
auch in Anjehen bei dem älteren Dionyſios. Doc) 
juchte er vergebens auf diejen, jowie jpäter auf 
jeinen Sohn heilſam einzuwirken. Durch Philiftos 
verbächtigt, wurde er 366 verbannt und ging nad) 
Griechenland, wo er, hochgeachtet, im Umgang mit 
Philoſophen lebte, bis die Tyrannei des jüngeren 
Dionyfios und die Berfolgung feiner Familie 
(Arete wurde dem Timofrates vermählt, jein Sohn 
Aretaios oder Hipparinos zu Ausichweifungen ver- 
lodt) ihn beftimmten, mit jeinem Bruder Megakles 
und dem Serafleides den Verjuch zur Befreiung 
des Vaterlandes zu machen Mit 800 Söldnern 
ichiffte er fih in Zakynthos auf 3 Schiffen ein 
und wurde mit Freuden in Syrafus aufgenommen, 
357; indes behauptete der aus Italien zurückge— 
fchrte Dionyſios die Burg. Es folgten längere 
Kämpfe. Unterhandlungen mit Dionyſios und ein 
herbes Betragen entzogen ihm die Gunſt des 
Volkes. Als Herafleides und Sofis ihn verdäch— 
tigten, als ob er jelbjt nach der Tyrannei ftrebte, 
og er mit feinen Söldnern zu den Leontinern, 
Da aber die 25 Strategen die Stadt micht zu 
ſchützen vermochten, wurde er in der Not wieder 
herbeigerufen. Ohne Verlangen nach Rache über- 
nahm er abermals den Oberbefehl und überlieh 
dem Serafleides das Kommando der Flotte. End- 
fih gelang es ihm, die Burg zur Übergabe zu 
wingen. Als er nun bei aller Einfachheit und 

äßigung doc, größere Strenge zeigte und beſon— 
ders die zügelloje Demofratie in eine Ariftokratie 
umzugeftalten ftrebte, fanden die Demagogen wieder 
williges Gehör bei dem Volke. Durd die Hin- 
richtung des SHerafleides verlor er noch mehr die 
Bollsgunft. Diefe Stimmung benugte der Athener 
Kallippos (Kalliftratos); er ftiftete, während er 
liftigerweife fih bei Dion einjchmeichelte, eine 
Berihwörung an, und Dion wurde von ihm und 
feinen Genoſſen in feinem Gemache ermordet, 353. 
Nach jeinen Tode betrauerten ihn die Syrafufier 


| 
| 


ı Freiheit auf öffentliche Koften ein Denkmal. Plut. 


Dion. Nep. Dion. Diod. Sie. 16. — 2) j. Dio. 

Diöne, Jıovn, Tochter des Oleanos und der 
Tethys (Hesiod. theog. 353), oder des Uranos 
und der Ge, eine Titanin, von Zeus Mutter der 
Aphrodite. Hom. Il. 5, 370. Daher heißt Aphro— 
dite Sıworeie und jogar auh Iıorn. Dione var 
zu Dodona die Gemahlin des Zeus, ftatt ber 
Hera, und enthielt uriprünglich diejelbe Idee wie 
der dodonaiiiche Zeus in weiblicher Geftalt (Zeug, 
Jıög, Aichun, luno); da aber das dodon. Orakel 
früh von andern verdunfelt wurde, jo ward Dione 
von Hera ganz von der Seite des Zeus_verdrängt 
und trat jo in den Hintergrund, daß fie von 
manchen nur für eine dodonaiische Nymphe ange: 
jehen wurde. 

Dionysia ſ. Dionysos, 6. 

Dionyslädes, Jıorvsdöng, aus Tarjos in Ki— 
lifien, ein tragiicher Dichter in der Zeit nad 
Alerander dem Gr., in die tragiiche Pleias aufge: 
nommen. Strab. 14, 675. Es wird von ihm ein 
dramatiiches Skizzenbuch, zapanrijoes oder pılo- 
xwumdog, erwähnt, eine Art Theater-Almanadı. 

Dionysische Künstler j. Schauspiele, &. 

Dionysios, Jıorvorog, 1) der Phofaier, An: 
führer der Jonier im Aufftand gegen Berfien, 309 
nach der Schlacht bei Lade in die weitlichen Meere, 
um als Freibeuter gegen Tyrrhener und Karthager 
u fämpfen. Hat. 6, 11. 17.— 2) der Wltere, 

ohn des Sermofrates, geb. 431 v. C. focht mit 
Auszeichnung gegen die Karthager, mit denen 
Syrafus jeit 410 Krieg hatte. Mod. Sie. 13, 87. 
Durch Anklage der Feldherren, welche Agrigent 
verloren hatten, verdrängte er, unterftügt von Phi: 
liftos, diejelben und wurde ſelbſt unter die neuen 
Freldherren gewählt. Nachdem er durch Zurück— 
berufung der Verbannten jeine Partei verftärft 
und das Heer durch erhöhten Sold an jid ge 
feffelt, wurde er nad Bejeitigung feiner Kollegen 
alleiniger Feldherr; jetzt verichafite er ſich eine 
Leibwache, zog nach Syrafus und erflärte fich zum 
Herrn der Stadt, 406. Cie. tusc. 5, 20. Zwar 
erlitt er eine Niederlage bei Gela, fein Heer machte 
einen Aufjtand, indes durch Abtretung von Himera 
und Agrigent erlangte er Frieden; und nun jicherte 
er feine Herrſchaft durch Herbeiziehung von Miet: 
foldaten, beſonders Gampaniern, Befeftigung des 
Stadtteild Ortygia und durch Eroberungen (Jod. 
Sie. 14, 7), im 3. 406. Er heiratete die Tochter 
des Feldherrn Hermokrates und nad deren Tode 
zu gleicher Zeit die Ariſtomache, Schweiter des 
Dion, und die Lofrierin Doris. Am J. 399 war 
er im Befit des nichtfarthagischen Siciliens. Nach 
großen Püfkungen (Schiffe mit 5 NRuderbänfen und 
Katapulte) begann er den zweiten Krieg gegen 
Karthago, 397. Er belagerte Motye, aber vor 
der überlegenen Macht des Himilfo mußte er fich 
nach Syrafus zurüdzichen und wurde hier belagert. 
Er verteidigte ſich indes glüdlih, gewann die 
Bürger durch Herablaſſung und Mäßigung und 
wurde endlich gerettet durch eine Veit im Lager 
der Karthager, 396. Diod. Sie. 14, 45. Himillo 
Drag die Trümmer jeines Heeres zurüd, doch 
etzte Mago den Krieg fort, bis die Karthager 392 
Frieden jchloffen und Tauromenion abtraten. 
Inzwiſchen zeigte fich feine Härte darin, daß er 
viele Bürger, um Geld für den Krieg zu erhalten, 


330 


hinrichten ließ. Jetzt wandte Dionyjios jeine An 
griffe gegen die griechiichen Städte in Unteritalien, 
die Krotoniaten wurden bejiegt, Rhegion nach 
11monatlicher Belagerung durch Hunger zur Über: 
gabe gezwungen und hart behandelt, 387. Diod. 
Sie. 14, 10f. 1115. Nach mehreren Friedens: 
jahren, in welchen Beziehungen zu Sparta ange: 
fnüpft und die Secherrichaft auf dem Adriatiſchen 
Meere befeftigt wurde, fing er einen dritten Krieg 


Dionysios. 


| jeiner Grauſamkeit müde, zur Rettung der durd) 
‚innere und äußere Wirren zerrütteten Stadt die 
| Mutterftadt Korinty um Hülfe. Timoleon fam 
und zwang den Dionyfios, die Burg zu übergeben 
und die Regierung niederzulegen, 343. Diejer jegelte 
‚mit feinen Schägen nadı Griechenland und lebte 
ſpäter in Korinth als Privatmanı, in wirklicher 
‚oder verjtellter Dürftigfeit und Gemeinheit. Cie. 
tusc. 3, 12, 27. Diod. Sie. 15, 16. 16, 69 f. Plut. 


gegen Karthago an, in welchem er über den Mago | Dion und Timoleon. Just. 21,5. — 4) aus Kolo— 


bei Kabala fiegte; er erlitt dann aber eine Nieder: 
lage bei Kronion und mußte im Frieden einige 
Abtretungen an Karthago machen, jo daß der 
Halyfos die Grenze wurde, 383. Diod. Sie, 15,13 ff. 
Nach Bereitelung feiner Anichläge gegen Epeiros 
und Delphoi begann er einen vierten Krieg gegen 
Karthago. Anfangs war er glüdlich, doch jeine 
Flotte ward im Hafen von Eryr vernichtet, worauf 
ein Waffenftillftand folgte. Bald darauf ſtarb er, 
367, durch Unmäßigfeit oder Gift von jeinem 
Sohne, oder vor Freude über einen tragiichen Sieg. 
Diod. Sie, 15, 74. Unmenſchliche Grauſamkeit 
gegen Naheſtehende, hervorgerufen durch ein grenzen: 
lojes Miftrauen, und Gottlofigleit befleden das 
Andenken des D. (Val. Max. 1, 1. 4, 7.9, 17. 
Plut. Dion 5. Cie. tusc. 5, 21 und 22); doch darf 
anderjeits nicht vergeflen werben, daß an ihm ge: 
legentlich auch befjere Regungen hervortraten und 
daß er fi) während jeiner Herrichaft große Ver: 
diente durch Rettung des ficiliichen Hellenentums 
vor den Karthagern erworben hat. Vgl. die Mono: 
graphie von Baß (1881). — Aus Eitelkeit und 
einer franfhaften Neigung für die Tragödie wollte 
er Dichter jein ohne Talent. Seine Gedichte wurden 
von Philogenos freimütig getadelt, in Olympia 
verhöhnt; indes in Athen erhielt er 367 für eine 
Tragödie (Aurga "Errogog) den Preis. Fragmente 
bei Naud, trag. Graec. fragm. p 616. — 3) D.der 
Jüngere, Sohn des vorhergehenden von der 
Lokrierin Doris, in jeiner Jugend aus Miftrauen 
verwahrloft, folgte dem Vater in der feitbegrün- 
deten Herrſchaft (367 dv. E.) und beendete, da er 
ohne kriegeriſchen Geift war, jchnell den Krieg 
mit den Karthagern; auch jonft ift jeine Regierung 
ohne bedeutende friegerijche Ereigniffe. Da er von 
Natur weder grauſam noch unfähig war, jo hoffte 
Dion ihn durch Platon mit dem ethiichen Gehalt 
des Königtums zu erfüllen, und Platon fam herbei, 
um den Verſuch zu machen, hier das Heil eines 
Staats durd das Walten eines zur Tugend ge: 
bildeten FFürften zu gründen. Bwar wurde er 
jehr ehrenvoll empfangen, indes durch Schmeichler 
(Philiftos) wurde bald der Einfluß der Befleren 
zunichte gemacht. Dion wurde verbannt, Platon 
Dagegen, an den eine gewille eiferjüchtige Liebe 
den Dionyſios feffelte, nur ungern entlafjen. Auf 
die Verjprechungen und Einladungen des Dionys 
fam Platon noch einmal nad Sicilien, fehrte indes 
ebenjo fruchtlos, nicht ohne Mifhandlungen und 
Gefahren, zurüd, 360. Bald verſank Dionyfios 
in alle Lajter und Yaunen der Tyrannis, und die 
Bande der Herrichaft loderten ſich. Während eines 
Zuges gegen die Lucaner fam Dion zurüd, be: 
ſetzte Syrafus, und auch die Burg mußte ihm 
jpäter übergeben werden. Dionyfios ging nad) 
dem italifchen Yocri und herrichte dort mit gleicher 
Brutalität, bis er 346 wieder zur Herrichaft in 
Syrafus gelangte. Die Sprakufier jedoch baten, 


phon, j. Maler, 3. — Bon Scriftitellern 
diejes Namens jind die bedeutendften: 5) D. aus 
Milet, einer der Logographen, jüngerer Zeitge: 
nofle des Hekataios, lebte bald nach 500 v. E.; 
er jcheint in den Ilegoıx& oder r& ueygı Jagelov 
den erjten Berjuc gemacht zu haben, Begebenheiten 
der nächjtvorhergehenden Zeit hiſtoriſch darzuftellen. 
Ob er auch eine megujynorg olaovufvng geichrie: 
ben, ijt nicht zu enticheiden. Vgl. Müller, fragmı. 
hist, Graee. IIp. 5 ff. — Er wird öfter verwechſelt 
mit 6) D. von Samos aus der alerandrintichen 
Zeit, welcher ein mythologiiches Handbuch in Proja 
(zuxdog) und vielleicht auch andere mythologiſche 
und hiftoriiche Werke verfahte, welche Hauptquelle 
für die erften Bücher des Diodor waren. Vgl. 
Müller, fragm. bist. Graec. 11p.9 ff. — T)D.aus 
Sinope, Dichter der neueren Komödie um 350 
v. E. Die erhaltenen Bruchitüde, darunter ein 
längeres von 43 Berjen (Athen. 9, 404), |. bei 
Meinele, fragm. com. Graec. III p. 543 fi. 
(Ip. 775 ff. d. Mein. Ausg.), und Kod, com. 
Att. fragm. II p. 423 fi. 8) D. Thrar 
(HeiE), Schüler des Ariſtarch, ungefähr 100 v. C., 
verfaßte die erfte wifjenichaftliche griechiiche Sprach— 
lehre, r&yen yoauuarırı), die großen Ruhm er: 
langte, aber in ihrer jegigen Geſtalt interpoliert 
ift. —* in Bekkers Anecd. Graec, Bd. 11, 
und von Ühlig (1884). — 9) D. von Myti— 
lene mit dem Beinamen ö Zxvroßpayio» Leder— 
arm), jchrieb um 100 v. E. mythologiſche Schrif- 
ten, die Diodor dem dritten und vierten Buche 
feiner hiſtor. Bibliothef zu Grunde legte. — 10) D. 
von Halifarnajjos, fam, wie er jelbjt erzählt, 
am Ende des Bürgerfrieges zwiſchen Antonius 
und Auguftus, aljo um 30 v. de nah Rom, lebte 
dort 22 Jahre, wahrjcheinlich als Lehrer der Rhe— 
torif, und jtudierte dabei römiiche Sprache und 
Litteratur; geit. um 8 v. C. Außer einigen, uns 
nur dem Namen nach befannten, hiftoriichen Werfen 
ichrieb er "Pouainn doyaokoylae in 20 Büchern, 
von der mythiſchen Gejchichte der italiſchen Völker 
bis zum —— der puniſchen Kriege, wo das 
Werk des Polybios anfängt. Erhalten ſind die 10 
erſten Bücher vollſtändig, das elfte zum größten 
Teil (bis 443); von den übrigen nur Bruchitüde. 
D. bemüht ji, die Berwandtichaft mit dem Griechen: 
tum, jowie die Weisheit der römiſchen Geſetzgeber 
und Staatöordner nachzumweifen, um dadurd den 
Griechen die Unterordnung unter Rom erträglicher 
zu machen. Er weift hin auf das Walten der 
Götter in der Gejchichte, läßt Kriegs: und Ber- 
faſſungsgeſchichte abwechſeln und mijcht vielfach 
Reden ein. Sein Urteil ift verftändig, doch nicht 
gründlich, denn er vermischt Griechiſches und Rö— 
miſches ſowie die verichiedenen Zeiten; es fehlt 
ihm an poetiicher Auffaffung des Altertums und 
an Verftändnis der eigentümlich:römischen alten 
Verhältniffe. Doch ift er neben Yivius Hauptquelle 


Dionysos. 


für die alte Berfaffungsgeihichte Noms, vielfach 
benußt von Plutarch, Appian und Caſſius Dio. 
Der Stil, der vielfahe Nachahmung des Thuky— 
dides und Polybios verrät, ift fließend und nicht 
ohne Anmut, trägt jedoch vorzugsmweije einen rheto- 
riichen Eharalter. — Erjte Ausg. von R. Stephanus 
(1546 ff.), Ausg. mit latein. Über. von Kießling 
und Prou (1886); Handausgaben von N. Kieß— 
ling (1860 ff. 4 Bbd.) und Jacoby (1885 ff.). — 





331 


gemein hat, daß er der Berbreiter milderer Sitten, 
der Kultur ift (Qssuopogng). 
Dionyjos wie die Demeter, dieje friedlichen Gott: 
heiten, jelten; fie find nicht im Vereine der olym- 
pilchen Götter, jondern weilen freundlich auf der 
Erde bei dem Menichengeihleht. Aber Homer 
fennt doch jchon den orgiaftiichen Dienst des Gottes 
(Il. 6, 130 ff.). Seinen Urjprung hatte der Dienft 
wahrjcheinlich bei den mythiſchen Thrafern in 


Außerdem haben wir von Dion.: a) rhetoriiche | Boiotien; deshalb ift auch Boiotien das Geburts- 


Schriften: megi ovrdfoewug Öroudror (de com- | land des Dionyjos. 


positione verborum), herausgegeben von Schäfer 
(1809) und Göller (1815), reyen 6nroginn, in 
ihrer jeßigen Geſtalt nur ein Auszug oder ver: 
fälſcht; b) fritiich-äfthetiiche Schriften: rör mu- 
Laor zaganrrjges, mipl tor doyalov Öntögwv 
vrournuersouol, Beurteilungen des Thufydides, 
Demofthenes u. a.; c) Briefe. Gejamtausgaben 
feiner Werte von Sylburg (1586) und Reiske 
(1774 ff. 6 Bod.). — 11) D. der PBerieget. Un: 
befannt ijt jein Vaterland (Charar, Byzanz, am 
wahricheinlichiten Alerandreia) und unficher feine 
Zeit (zur Zeit Sullas [|Mommjen], unter Auguftus, 
Domitianus oder Septimius Severus). An feiner 
egjynorg olovu£rns hat er die Damals bekannte 
Welt in 1187 forreften und wohlflingenden Sera: 
metern beichrieben, älteren und jüngeren Quellen 
bunt durcheinander folgend. Bon Späteren wurde 
jein Gedicht viel benugt und fommentiert, nament: 
lih von Euftathios; von Rufus Feſtus Avienus 
‘{. d.) und dem Grammatifer Prijcian (j. d.) ins 
Lateiniſche überſetzt. Ausgg. von &. Bernhardy 
(1828) und C. Müller (geogr. Graec. min., Bd. II). 
— 12) Dionyjius@ato,j.Catonis disticha 
und Gnomische Poesie,a.€®. — 13) D. von 
Byzanz, verfahte vor 196 n. E. eine Beſchreibung 
des thrafiihen Boiporos, drämiorg Boorögonv, 
von der Bruchftüde, teils im griechiichen Original, 
teils in lateinischer Überjegung, erhalten find. 
Dionfsos, Jıovvoog, Jıhvvoog, Béxxos, 
Bacchus, Liber, der Sohn des Zeus und der 
Semele (Hom. Il. 14, 325), ift der Gott des 
Weines und des Weinbanes, der durch die Gabe 
des Weines des Menſchen Herz erfreut (zdpu« 
Beoroisır) und Sorgen und Leiden vericheucht 
(.Ivaiog, Sorgenlöjer), zugleich aber aud dem 
Körper Gejundheit und Gedeihen verleiht; er ift 
jomit ein Netter (swrrje) im geiftiger und leib- 
licher Hinficht. Durch feine Gabe werden die Men: 
ſchen zu heiterer Gejelligfeit, zu friedlichem Ge: 
nuffe des Lebens zujammengeführt; daher find die 
Ehariten, Eros und Aphrodite gern in feiner Ge— 
jellichaft. Er ift ein Freund der Mufen und för— 
dert ihre Künfte (Meirousvog), das Drama und der 
Dithyrambos verdanken feinem Kulte Entftehung 
und Ausbildung. Auch dem Apollon tritt er nah, 
vermöge jeiner begeifternden Kraft befähigt er zur 
Weisjagung; er jelbft ift ein largöuevrıs, ein Arzt 
durch Weisjagung, und hatte an manchen Orten 
Drafel, befam Teil am Drafel zu Delphoi. In 
Bezug auf die Natur erhielt der Gott, der die 
Rebe hegt und pflegt, eine allgemeinere Bedeu: 
tung, er wurde überhaupt ein ‘Förderer des Wachs— 
tums, der Blüten und der Früchte (Diorög von 
pkoiw, floreo, Ardeig, Ardıog, Jerdgteng, Vys, 
der durch die Feuchte Befruchtende) und nahm jo: 
mit an der Wirkſamkeit der Demeter teil, mit der 
er auch in Bezug auf das Menjchenleben das 








Seine Mutter Semele, die 
Tochter des Kadmos, wohnte in Theben. Sie erbat 
fi auf Anftiften der eiferfüchtigen Hera von Zeus, 
daß er ihr in jeiner ganzen Herrlichkeit ericheine, 
und als ihr nun Zeus, durch fein Verſprechen 
gebunden, mit Blig und Donner nahte, ergriff 
die Flamme Scmele und das Haus, und fie gebar 
jterbend ein unreifes Kind, welches Zeus jih in 
die Hüfte nähen und, als es gezeitigt war, der 
Ano, Gemahlin des Athamas in Orchomenos, zur 
Bilege übergeben lich. Als aber Hera den Athamas 
in Saferei verjegte und Ino flüchtete (ſ. Atha- 
mas), twurde der junge Gott den Nymphen in 
dem Waldthal Nyia (daher Jıorvaog) übergeben 
und bon dieſen, in einer Höhle verborgen, mit 
füher Nahrung aufgezogen. Das uriprüngliche 
Nyſa, wenn nicht bloß ein Ort der Phantaſie, war 
wohl in Boiotien; jpäter verlegte man es nad) 
Thrafien, Arabien, Judien u. j. w. Von Boiotien 
verbreitete fich der Dionyjosfult nach Attika, au 
den Parnaß, nad Sifyon, Korinth, nach den Inſeln, 


wie Naros, Leſbos u. ſ. f. Auf Naros ift Mriadne : 


(j. Theseus) jeine Gemahlin, mit der er den 
Dinopion (Weintrinfer), Euanthes (der Blühende) 
und Staphylos (Traubenmann) zeugte. Der Kultus 
des Dionyjos verbreitete ſich ſpäter als der der 
olympiichen Götter über ganz Griechenland, und 
da er durch feine Weichheit und Hinneigung zu 
einem üppigen Xebensgenuß in einem gewiſſen 
Gegenſatze zu dem erniten und ftrengen Charalter 
des Dienftes der Olympier, namentlich des jo ein: 
flußreichen Apollondienftes, ſtand, jo fand jeine 
Einführung an vielen Orten Widerjtand. Darauf 
deuten viele Mythen, namentlich auch der (Il. 
6, 130 ff. erwähnte) Mythos über Lykurgos, den 
Sohn des Dryas, König der Edoner in Thrafien. 
Dieſer verjcheuchte die Ammen des trunfenen Dio: 
nyjos don dem nyſeiſchen Sefilde, daß fie die hei: 
ligen Geräte auf die Erde fallen ließen und Div: 
nyjos jelbit ind Meer jprang, wo Thetis ihn 
aufnahm. Deshalb haften ihn die Götter, und 
Beus blendete ihn und fürzte fein Leben (Homer); 
nad) jpäterer Sage juchte nach dem Frevel des 
Lykurgos Unfruchtbarkeit jein Yand heim, und er 
verfiel in Wahnjinn, im welchem er jeinen Sohn 
für eine Rebe anjah und tötete, ebenſo jeine Gattin; 
da aber die Unfruchtbarkeit fortdauerte, führten 
ihn die Edoner anf den Pangaios, wo ihn Dio- 
uyſos von Pferden zerreißen ließ oder des Dionyſos 
Panther ihn zerfleischten. Apollod. 3, 5, 1. Soph. 
Ant. 955 ff. In Argos verjegte Dionyios die jei- 
nen Dienst fliehenden Weiber in Raſerei, daß fie 
ihre eigenen Kinder töteten und verzehrten. Tyr— 
rhenijche Seeräuber, die ihn am Ufer des Meeres 
geraubt hatten, verwandelte er in Delphine, mit 
Ausnahme des Stenermanns, der in ihm den Gott 
erfannt hatte (j. Akoites, vgl. auh Pentheus). 


Wohin der Gott fam, jegte er feinen Dienft ein; 


Homer nennt den ‘ 


117 


4 


5 


332 Dionysos. 
fiegreich zog er mit jeinem dienenden Schwarme glieder zum Opfer beftand. Die Feier war ver: 


von Mainaden oder Baldantinnen, von Satyrı | 
und Silenen, welche den mit Reben und Epheu 
ummwundenen Thyrſosſtab als Waffe führten, in 


bunden mit allerhand bäuerischen Luftbarfeiten, 
burlejlen Tänzen und neckiſchen Scherzen, in welchen 
der Keim zu der ausgebildeten dramatijchen Poefie 


Hellas und dem Barbarenlande umher bis ins | lag; wandernde Schaujpielertruppen führten ihre 


ferne Indien. Diejer bafchantifche Zug nad) Indien 
wurde erjt nach Alerander ausgedichtet als mpthi- 
ſches Gegenbild zu dem Zuge des Mafedoniers. 
Nachdem der Gott fich in aller Welt Anerkennung 
verichafft hatte, führte er feine Mutter aus der 
Unterwelt in den Olympos, wo fie als Thyone 
(Ovavn, die Rajende, er jelbit @vwrevg) der Un: 
iterblichfeit genof. — Der Kultus des Dionyſos 
hatte von alters her den Charakter fröhlicher Heiter: 
feit. Plutarch jagt von demfelben: „Vor alter Zeit 


nos, 


feierte man das Balchosfeft ganz einfach, aber doch | 


fröhlich genug; voran im Zuge wurde ein Krug 


mit Wein und Reben getragen, dann kam ein Bod | feiert, 


Stüde auf, meiftens jolche, die ſchon in der Stadt 
geipielt worden waren. Eine bejondere Ergetzlich— 
feit an dem mehrere Tage dauernden Feſte waren 
die Aſtolien (Adorwde), wobei Knaben zun Ge: 
lächter der — mit einem Fuße auf ge: 
füllten, mit Ol beftrichenen Schläuchen umber: 
iprangen. Zu derjelben Zeit feierte man zu Eleuſis 
und Athen das Tennenfeit, AAöe, ein dem Dio— 
der Demeter und der Berjephone gemein: 
ihaftlih begangenes Feſt. — Das nächſte Feſt 
waren 2) die Lenaien, Arvam, im Monat 
Gamelion (Januar-Februar), in Athen jelbit ge: 
eine Fortiegung gleidylam der ländlichen 


und dann noch Einer, der einen Korb mit Feigen | Dionyſien; denn fie waren uriprünglich ein länd- 


trug.“ Später verichwand dieſe Mäßigung immer 
mehr, man überlich ſich einem ausgelaflenen Ein: 
nentaumel und z0g mit raufchendem Lärm von 
Flöten, Pauken und Beden unter dem Ausrufe 





ebod in trunfener, ausjchweifender Raſerei umher, | 


zerriß Tiere und aß das blutige Fleiih. Daher 
erhielt Dionyjos den Namen Bdxyos, der Yärmende 
(nicht vor Anafreon), 


lihen Feten (Nyftelien) rajende Weiber, welche 
unter dem Namen Bathantinnen, Mainaden, 
Thyiaden, Mimallonen, Bajjariden (nad 
dem bunten langen Gewand, Baſſara; D. jelbit 
heißt Baflareus), Biftoniden die Begleiterinnen 
des Dionyſos vorftellten. 
ftammte wahrfcheinlich aus Thrafien und war bie 
Veranlaffung, daß Dionyjos mit Kybele und Atys 
in Berbindung EA 3 und mit Sabazios iden- 
tifiziert ward, mit ajiatiichen Gottheiten, die eben: 
falls in wildem Taumel verehrt wurden. Unter 


Dionyios Sabazios verftand man den Reprä— 


jentanten des blühenden Lebens der Natur, welches 
dem Tode verfällt und wieder erwacht. Diejelbe 
Idee liegt dem Dionyjos:Zagreus (dem Zer— 
riffenen) zu Grunde, welchen die Orphifer in die 
Mopiterien der Demeter und Perjephone einführten. 
Sie erzählten, Dionyfos: Zagreus, der Sohn des 
Zeus und der PBerjephone, von dem Bater auf den 
Thron des Himmels gejegt, jei von den Titanen 
zerrifien worden, Zeus habe fein zudendes Herz 
verichlungen und den Dionyſos aufs neue erzeugt. 
An den Myſterien der Demeter hat Dionyjos den 
Namen Jakchos ("Inxyog) und tritt, als Kind 
vorgeftellt, als Köopog der Köon, Perjephone, an 
die Seite; er ift ihr Bruder oder Bräutigam. — 
Von den Feiten des D. erwähnen wir den diony— 
fischen Feſtkyklos in Attifa, der aus 4 Hauptfeiten 
beitand, welche vom Spätherbft oder Dezember 
bis zum Frühjahre reichten. 1) Die Heinen 
oder ländlichen Dionyjien, Jıordae r& xar’ 
&ygpovg, v dypois, rà unge, im Monat Pojei- 
deon (Dezember-Januar) auf dem Lande gefeiert, 
zu einer Zeit, wo man auf dem Lande wenigſtens 
den jungen Wein zum erftenmal ablieh und koftete. 
Ein Feſt der Weinlefe konnte es nicht fein, ba 
dieje höchftens bis zum Anfang November dauerte. 
Ariftophanes (Acharn. 241 ff. 


Baxysiog, Boöuiog, Eirog. | 
Eine Hauptrolle jpielten bei diefen zum Teil nächt: | 


| 


| 


Diejer lärmende Dienft 





263 ff.) gibt ein | 


lebendiges Beiipiel dieſer Freier, deren Hauptteil | 


in einer feierlichen Prozejlion der Familienmit- 


m 


liches, im Bezirk Lenaion gefeiertes Weinfeft für 
Athen und die nächſte Umgegend, bei welchem das 
Trinfen des jungen Weines die Hauptſache war. 
Bu den Feſtlichkeiten gehörte ein großer Schmaus, 
zu weldem die Stadt das Fleiſch lieferte, dann 
eine Prozeſſion durch die Stadt mit den bei Dio- 
npfosfeften üblichen Nedereien 2E «uasar; aud 
Tragödien und bejonderd Komödien famen zur 
Aufführung. — In den folgenden Monat auf den 
11.—13. Anthejterion fielen 3) die Antheite: 
rien, Ardeorrioıe. Am erften Tage derjelben 
feierte man das Anzapfen des nun völlig aus— 
gegorenen Weins (TIdolyıc, Faßöffnen); am 
zweiten Tage, dem Kannenfeſte (of Xosg), tranf 
man den neuen Wein bei einem großen öffent: 
lihen Mahle um die Wette; wer jeine Kanne zu: 





Diopeithes. 


erft geleert hatte, erhielt einen Schlau Wein als 
Preis. Die wichtigfte Handlung an diefem Tage 
war das geheime Opfer, welches die Gemahlin des 
Arhon Bafıleus dem Dionyjos in jeinem Tempel 
in dem Lenaion brachte, und die Vermählung 
derjelben mit dem Gotte. Der dritte Tag heißt 
Avrooı, Topffeſt, weil man an demjelben Töpfe 
mit gefochten Hüljenfrüchten als Opfer für den 
chthoniſchen Hermes und die Seelen der Verſtor— 
benen ausftellte. — 4) Die großen oder ftädti- 
ihen Dionyiien, L. neydia, r& ar’ üorv, 
r« Corina, auch Atorvᷣcice ſchlechthin, wurden 
vom 8. bis 13. Elaphebolion (März:April) gefeiert 
und zogen durch ihren Bomp eine große Menge 
Bolls vom Lande und aus der Fremde in Die 





Stadt. Das alte von Eleutherai nad Athen ge: 
fommene Holzbild des Gottes wurde am zweiten 
Tage in glänzender Prozejfion vom Lenaion nad) 
einem fleinen Zempel auf dem Wege nad ber 


Atademie, in welchem es fich wahrjcheinlich früher | 


befunden hatte, und wieder ins Lenaion zurüd in 
die Mitte der großen Feſtverſammlung gebradıt; 
dabei ertönten von jubelnden Chören zu Ehren 
des I. 2evdkorog Dithyramben, welche von den 
beühmteften Dichtern zu dieſer eier gedichtet 
waren. Komödien und Tragddien, und zwar neue 
Stüde (naıvois rgayadois), wurden an den 3 legten 
Tagen mit dem größten Aufwand vor einer un: 
geheuren Zahl von Einheimijchen und Fremden 
aufgeführt, weshalb man auch in diejen Verſamm— 
ungen öffentliche Auszeichnungen, wie die Be: 


333 


fränzung des Demofthenes, befannt machte. Bal. 
Boeckh, Feine Schriften, Bd. 5, ©. 65—152., 
IM. Mommijen, Heortologie ©. 323 ff. 345 ff. 387 ff. 
— In der künſtleriſchen Darftellung ift die ältere 
Form des alten oder indiichen D. in majeftätiicher 
Gejtalt mit reichem Haupt: und Barthaar, mit 
Klaren, blühenden Zügen, in faft weiblicher, afiatifcher 
Kleidung (Hauptjtatue der S. 332 beigefügte ſ. g. 
Sardanapalos, im Mujeum des Batıcans), von 
der jpäteren des jugendlichen Dionyjos zu unter: 
jcheiden. Diejer, im Alter des Epheben, hat eine 
weiche, ineinander fließende Muffulatur und halb 
weibliche Körperformen, träumerische Züge voll 
unbejtimmter, jüher Sehnſucht; eine Mitra und 
ein Kranz von Neben und Epheu umgeben das 
weiche, langgelodte Haar, ein leichtes Rehfell iſt 
gewöhnlich über den nadten, behaglidh und bequem 
angelehnten Körper geworfen (j. die obige Statue 
aus dem Mujeum des Louvre). Die Kunft liebte 
ihn in Gejellichaft von Mainaden, Satyrn, Si: 
lenen, Kentauren, Nymphen und Muſen (Hiacog 
heißt ein jolcher Batchoszug) darzuftellen; er jelbit 
hält fi) in der Mitte diefes trunfenen Getümmels 
in jeliger Ruhe, oft in Verbindung mit der holden 
Braut Ariadne. Heilig find ihm die Nebe und 
der Epheu, Panther, Luchs und Tiger, der Eiel, 
ber Delphin, der Bod. — Dem griehiihen D. 
entipricht der römische Weingott Bacchus oder 
Xiber (bei den Sabinern Loebasius), dem eine 
Libera zur Seite ſtand. Beide Namen find 
wahrjcheinlich bloße Überjegungen von Aogog und 
Koöga, doch führten die Römer fie gewöhnlich auf 
liber, frei, zurüd wegen der freiheit und Aus— 
gelaffenheit ihres Dienftes. Der Kult des Liber 
fam wahrſcheinlich von den Griechen Unteritaliengs 
zu den Römern wie zu andern italtichen Völker— 
ſchaften. Man feierte ihm am 17. März die 
Liberalien (Or. fast. 3, 713 ff.) mit Schaufpielen 
in der Stadt; auf dem Lande beging man jein 
Feſt wie in Attifa mit allerlei Iujtigen Scherzen 
und fröhlichen Liedern. Verg. G. 2, 385 ff. Das 
Feſt der Liberalien hatte Liber gemeinjam mit 
Geres, mit welcher er und Libera überhaupt als 
ländliche Segensgottheiten in enger Verbindung 
ftanden. So war der von Aulus Poftumius im 
J. 496 v. E. gebaute Tempel der Ceres zugleich 
aud jenen beiden Gottheiten geweiht. Neben dem 
öffentlichen Dienfte ſchlich ſich in Rom auch die 
geheime Bacchusfeier ein, die Bachanalien 
(Opyın), welche bei näctlicher Weile mit der 
\ größten Schamlofigleit begangen wurden, jo daß 
der Senat im 9. 186 v. E. mit aller Strenge 
gegen bdiejelben einfchreiten muhte (SCons, de 
‚ Bacanalibus). Liv. 39, 8 ff. Doc) dauerten jie 
‚im geheimen bis in die KRaijerzeit fort. Libera, 
| welche jonft feinen bejonderen Kult hatte, galt in 
diejem Geheimdienft für die Gemahlin des Liber 
und wurde deswegen mit Ariadne identifiziert. 
Diopeithes, ZJıoreidns, von Sunion, Zeit: 
genofje des Demofthenes, einer der befjeren athe: 
niſchen Feldherren aus den lebten Zeiten der rei: 
heit, der indes oft unfähigeren den Platz räumen 
mußte. Als Philipp von Makedonien während 
des Friedens die griechiichen Städte auf dem 
Cherſoneſos unterwerfen wollte, trat ihm Diopei— 
thes hindernd entgegen, 343 v. C. Demojthenes 
verteidigte den in Athen von Philipp wegen 
Friedensbruches verklagten D., und jelbjt Phokion 








334 


Diophanes — Diphilos. 


riet zum Widerjtand. Demosth. de Cherson. und | und den andern wiederum im Hades weilen wolle; 


Phil. III. So begann der legte Krieg mit Philipp, | Bolydeufes wählte das leßtere. 


340. D. fiel bald nachher im Kampfe. 


Diophänes, Jıopdvns, ein griechticher Redner | eines fterblidh:unfterblichen Lebens, 


aus Moptilene um 140 v. E., von Cicero (Brut. 
27, 104) Graeciae disertissimus genannt, Lehrer 
des Ti. Öracchus und Teilnehmer jeiner politiichen 
Beftrebungen, daher auch mit demjelben umgebradıt. 
Plut. Tib. Gracch. 8. 20. 

Diophantos, Jıöparrog, 1) ein bedeutender 
Nedbner, Freund des Demofthenes und Zeuge für 
diefen gegen Mifchines, 352 v. E., Urheber des 
Borichlages einer Feitfeier zum Dante für die 
Götter, weldhe Philipp verhindert hätten, durch 
die Thermopylen in Griechenland einzudringen. 
Demosth. de fals. leg. 436 u. d. — 2) ein Ma: 
thematifer, aus Alegandreia, vielleicht im 4. Jahrh. 
n. E., war der erſte Schriftiteller über den jekt 
Algebra genannten Teil der Mathematik. Er jchrieb 
13 Bücher Agıdunrind, von denen die 6 erften 
erhalten find, doch nicht in der urjprünglichen 
Geſtalt. —* von Bachet (1621); deutſche Über: 
jegung von O. Schulz (1821). 

Diöres j. Amarynkeus und Automedon. 

Dioskorides, Jıooxoglöng, 1)j. Anthologia 
graeca. — 2) ſ. Gemma, — 3) Bedanius 
Diost., ein griedifcher Arzt aus Milifien, der 
unter der Regierung Neros furz vor Plinius lebte. 
Bon ihm haben wir 5 Bücher megl Ding lergı- 
zig, welche lange Zeit als Hauptwerk über die 
materin medica gegolten haben. Die oft als 
jechjtes und jiebentes Buch hinzugefügten Alexi- 
pharmaca und Theriaca gehören vielleicht einem 
jüngeren D. aus Alerandreia an; auch die Schrift 
reol ebroplorwr amıar re nal avrdirtwv pag- 
ucaov iſt nicht echt. Die befte Ausgabe ift von 
Kt. Sprengel (1829, 2 Bbb.). 

Diosküren, JSıssrovgor, d. i. Söhne des Zeus, 
Kaſtor und Bolydeufes (Rollur), die Söhne der 
Yeda und Brüder der Selena und Klytaimneſtra, 
zu Amyklai geboren. Sie gelten entweder für die 
Söhne des Tyndareos, daher Tyndariden ge: 
nannt, oder des Zeus, der nach jpäterer Sage fie 
in Geftalt eines Schwanes gezeugt haben —* 
weshalb man ſie J aus einem Ei hervorgehen 
ließ. Nach Homer ſind ſie ſchon vor dem tro— 
janiſchen Kriege von der Erde verſchwunden, „doch 
auch unter der Erde von Zeus mit Ehre begabet, 
leben ſie jezt um den andern Tag und jetzo von 
nenem fterben fie hin; doch Ehren Ei fie 
gleidy den Göttern.” II. 3, 236. Od. 11, 298. Es 
waren 2 Heldenjünglinge, von denen Kaſtor als 
Noffebändiger (immodauog), Polydeutes als Fauft: 
fämpfer (mb ayadog) ausgezeichnet war. Sie 
machten einen Yug nach Attika, um ihre von 
Thejeus entführte Schwefter Helena wieder zu be- 
freien, begleiteten die Argonauten und befämpften 
die Söhne des Aphareus, das und Lynkeus, 
deren Bräute Phoibe und Hilaeira, Töchter ihres 
gemeinjfamen Oheims Leufippos, die Leukippiden, 
fie geraubt und geheiratet hatten (j. Idas). Als 
in dieſem letztern Kampfe Kaftor, welcher der ſterb— 
lie Sohn des Tyndareos jein follte, fiel, bat 
Bolydeufes, der unfterbliche Sohn des Zeus, aus 
Liebe zu dem Bruder jeinen Vater, daß er aud 
jterben dürfte. Zeus aber lieh ihm die Wahl, 
ob er bei ihm ewig im Olympos wohnen oder 
mit dem Bruder zugleich einen Tag im Olymps 


So erllärte die 
ipätere Sage den von Homer erwähnten Wechſel 
Beide waren 
urjprünglich wahricheinlich altpeloponnefiiche (ftrei- 
tende) Kichtgottheiten, welche von den eingedrungenen 
Doriern adoptiert und als ritterliche Heroen ver: 
ehrt wurden. Zu Sparta waren fie Schirmer des 
Staats und Vorfteher der Gymnaſtik; jpäter ver: 
mengte man fie mit den jamothrafijchen Kabeiren 
und machte fie zu Geleitern der Schiffer und zu 
Scirmern der Gaftfreundichaft (ji. QzoEirıe). 
Als Zeichen ihrer Nähe betrachtete der Schiffer die 
St. Elmsfener. Die Weite der Dioskuren hießen 
Jogroögerae oder auch Ardasır, von Aransg gleich 
Avanrıs, die Herricher und Obwalter, wie die 
Diosfuren an manchen Orten, namentlich zu Athen, 
genannt wurden. 

Diospölis, Jıög mölıs, 1) ſ. Kabeira. — 
2) St. in Unterägypten, j. Menzale. Strab. 17, 802. 
— 3) f. Thebai, 2. — 4) 2. 7) mixed, j. Hau, 
Stadt in Thebais in Agypten, Hauptſtadt des 
Nomos Diospolites. Strab. 17, 814. — 5) D. oder 
Lydda, Stadt in Paläftina (im Stamm Benjamin), 
j. Ludd. 

Diotima, Mtotiuc, nach der, wahricheinlich 
fingierten, Darftellung Platons im Sympofion eine 
Priefterin aus Mantineia, von welcher Sofrates 
die Lehren über das Wejen der Liebe empfängt, 
die Platon ihn in jenem Geſpräche vortragen (akt. 

Diotimos, Jıörıuog, 1) atheniicher Flotten— 
befehlshaber im Kriege zwiſchen Korinth und Ker— 
fyra, Sohn des Strombicyos, Vater des Strom: 
bichides. T’huc. 1, 45. 8, 15. 2; athenijcher 
rlottenbefehlshaber in dem perfiich-atheniichen See: 
friege gegen Sparta. Xen. Ilell. 5, 1, 25. — 
3) aus dem attischen Demos Euonymia, Sohn des 
Diopeithes, Flottenbefehlshaber 338 dv. E. und 
Anhänger des Demojthenes. Alexander der Gr. 
verlangte im J. 335 feine Auslieferung. Arr. 
1, 10, 4, 

Diotröphes, Storgepns, befam 411 v. E. den 
Auftrag, auf Thajos die Demokratie aufzuheben 
und oligarchiiche Berfaffung einzuführen; nachdem 
er aber die Inſel verlaflen hatte, fiel diejelbe von 
Athen ab. Thuc. 4, 53, 1.8, 64, 1. 

Dioxippos, Jındımrzog, 1) fomijcher Dichter in 

Athen, der Zeit der neueren Komödie angehörig. 
Von jeinen Stüden find 4—5 den Titeln nad) 
und aus einzelnen Bruchftüden befannt. Bal. 
Meinele, fragm. com. Graec. IV p. 541 ff. 
2) D. aus Athen, berühmter Fauſtkämpfer. Er 
war Beitgenofje und Begleiter Aleranders des Gr. 
und überwand im Zweikampfe ohne Waffen einen 
bewaffneten Dtatedonier. Deshalb von den Male: 
doniern beneidef und fäljchlich des Diebſtahls be- 
zichtigt, gab er fich jelbft den Tod, 326 v. C. 
Diod. Sic. 17, 100. Curt, 9, 7, 16 ff. 

DiphYlos, Sipılos, 1) Dichter der neueren 
attiſchen Komddie aus Einope, Zeitgenoſſe des 
Menander und Philemon, lebte in Athen und ftarb 
in Smyrna. Gegen 100 Stüde joll er geichrieben 
haben, von denen etwa 50 nach ihren Titeln und 
aus Bruchjtüden noch befannt jind. Er mählte 
bejonders mythiſche Stoffe und machte von der 
Allegorie oft Gebrauch; einfach und natürlich war 
jeine Sprache, dabei rein und dem älteren Atti— 
cismus angemejjen. Mit Menander und andern 


Diphridas — Diseipliva militaris, 


Dichtern der neueren Komödie bot diejer geiftreiche 
Dichter den römiſchen Komikern die Mufter und 
Vorbilder für ihre Stücke; Plautus’ Casina und 
Rudens jind nach Dramen des D. gebildet; vgl. 
auch Ter. Adelph. prol. 10. Sammlung der rag: 
mente bei Meinefe, fragm. com. Graee. IV (Bd. II 
p. 1066 jr der Heinen Ausg.), und od, com. Att. 
fragm. II p. 541 ff. — Verichieden von ihm 


ift 2) ein älterer Dichter Diphilos, Verfaſſer von | 


einer Thejeis und von Spottgedichten. — 3) ein 
tragiicher Schaufpieler zur Zeit des Pompejus. 
Cie. ad Att.2,19,3. — 4) ein Schreiber und 
Vorlejer des 2. Erafjus. Cie. de or. 1, 30, 136. 
— 5) ein Bhilojoph, Schiiler des Efphantos und 
Stilpon. Diog. Laert. 2, 113. — 6) ein Stoifer, 
Zeitgenofje des Panaitios. Diog. Laert. 5, 84. 

- 7) ein anderer Stoifer, der wegen jeiner ge: 
fünftelten Unterjuchungen das Labyrinth genannt 
wurde. Luc. sympos. 6.9 u.d. — 8) ein gelehrter 
Arzt aus Siphnos (fyflad. Inſel) unter Lyfimachos, 
einem Nachfolger Aleranders des Gr., der ein 
umfafiendes Werf über die den Kranken und Ge: 
junden zuträglichen Nahrungsmittel geichrieben hat. 
— Endlih 9) ein Architeft, der über das Ma: 
ſchinenweſen geichrieben hat. Vitr. praef. lib. 7. 
Cie. ad Quint. fr. 3, 1.9. 

Diphridas, Sıypglöas, ein tüchtiger ſpartani— 
icher Feldherr, wurde 393 dv. E. nad Aſien ge: 
ſchickt, um den Befehl über das Heer des Thibron 
zu übernehmen. Xen. Hell. 4, 8, 20—23. Ein 
Ephor gleiches Namens (Plut. Ages. 17) iſt viel- 
leicht mit ihm identifch. 

Ap&tga ij. Kleidung, b. 

Diplöma, dirlou«, eine Urkunde, aus 2 au: 
jammengelegten Blättern beftehend (tabulae du- 
plices), die in früherer Zeit dem im Namen des 
Staats Reijenden ad cursum publicum gegeben 
wurde, Damit er das zur Reiſe Nötige jchnell erhielte; 
aljo eine Art Reiſepaß. Nur jo kennt das Wort 
Eicero; in der Kaijerzeit dagegen war es jedes 
von höchſten Magijtrat ausgefertigte Schreiben 
zur Empfehlung, Beglaubigung, Erteilung irgend 
eines Vorteils oder eines Brivilegiums u. dgl. m. 
Cie, Pis. 37. ad fam. 6, 12. Plin. ep. 10, 14 u.Ö. 
Suet. Oct. 50 u. Bd. 

Diptfcha, öixtuya, zujammengefaltete Schreib- 
täfelhen, uriprünglich einfach und zum Haus: 
gebraud), bei den jpäteren Römern meiſt aus Elfen: 
bein, Gold oder Silber, inwendig mit Wachs 
überzogen, dienten zu Aufzeichnungen von vor: 
übergehendem Werte. Wenn fie mehrere Tafeln 
enthielten, hießen fie triptycha, polyptycha, ta- 
bulae duplices, triplices u. ſ. w. Die römischen 
Konfuln pflegten beim Antritte ihres Amtes koft- 
bare Diptycha aus Elfenbein zu verſchenken, deren 
äußerer Dedel mit Schnigwerf verjehen war. Die 
erhaltenen find gejfammelt von Gori in dem the- 
sauras diptych. (1759. 3 %ol.), die in Jllyricum 
gefundenen, aus den Jahren 131 bis 167 n. E. 
ſtammenden von Mommſen, Corp. inser. Lat. III 
p. 921. Man verwandte fie gern zu Einbänden 
foftbarer Handichriften. — Ein ftarter Gebrauch 
wurde jpäter in der chriftlichen Kirche von ihnen 
gemacht. 

Dirae j. 1) Valerii, 27. — 2) f. Erinyen. 

Diribitor. Bei den Comitien waren Diribi— 
toren angejtellt, welche die abgegebenen Stimnt- 
täfelhen aus den Stimmtiften (cistae) nahmen 








335 


und diribierten (diriböre = dishibere), d. h. ord- 
neten und zählten, um die Majorität der Centurien 
oder Tribus zu ermitteln. Cie. Plane. 6, 14. 20. 
Pis. 15, 36. Der PDiribitor bezeichnete bei Wahl: 
comitien die Stimmenzahl durch Punkte unter dem 
Namen der Kandidaten, woher der Ausdrud ent: 
ftand: puncta ferre, d. h. Stimmen erhalten. 
Cie. Cuec. 22. Mur. 34. Hor. a. p. 343. llnter 
Auguft entjtand zu diefem Behufe auf dem Mars: 
feld ein bejonderes Gebäude, diribitorium ge: 
nannt. Vgl. Wunder, Var. Lect. praef. p. 126. 
Dirke j. Amphion und Thebai. 
DiscessTo, die im Senat üblihe Abſtimmungs— 
weife, bei Faſſung eines Beſchluſſes auf die eine 
oder andere Seite zu treten, wo die Urheber der 
verjchiedenen Vorſchläge Pla genommen hatten 
(discedere in sententiam, ire oder pedibus ire 
in sent., tıansire). Über dieſe und andere Ab: 
ftimmungsweijen j. Senatus, 3. 
Diseiplina militäris. I. Die militärifche Diſei— 
plin ging bei den Griehen mit ihrem ganzen 
Staatsleben und mit dem verjchiedenen Charakter 
Hand in Hand. Der Spartaner war zu Haufe 
ein Mufter der Ordnung und Gejegmäßigfeit, es 
bedurfte daher bei ihm für den Kriegsdienst einer 
bejonderen Dijeiplin nicht. Geborene Oberfeld- 
erren mit unumfchränkter Macht, jedoch in der 
usübung ihrer Machtfülle bald durd) die jie be: 
gleitenden Ephoren überwacht (Xen. resp. Lac. 13. 
Nep. Paus. 3), waren die beiden Könige (Aristot. 
pol. 3,9, 2), oder bei Minderjährigfeit derjelben 
ihr Vormund, jpäter, feit Demaratos auf einem 
Buge gegen die Athener (kurz dor den Perſer— 
friegen) aus Eiferfucht gegen jeinen Mitkönig Kleo— 
menes Zwiſt erregte, gewöhnlich nur der eine. Der 
Krieg war für die Spartaner die Probe der Er: 
ziehung und nur eine Fortjegung des übrigen 
ftaatlichen Lebens, die Schlaht und der Tod in 
derjelben eine Ehre und Freude; daher jchmüdten 
fie ji) beim Beginn der Schladht wie zu einem 
Feſte und nahmen den Sieg wie etwas ſich von 
jelbft Verftehendes auf. — Dagegen ſtach die 
Beweglichkeit des ioniſchen Charakters bei den 
Athenern ſehr ab, Während dieje in ihrer ge: 
wandten Leichtigkeit imftande waren, den Augen: 
bli und die wechſelnden Berhältnijje der Schlacht 
zu benußen und durch fühne Angriffe den Sieg 
zu erringen, konnte der ſpartaniſche, in den Regeln 
der ftarren Ordnung gefejlelte, Charakter feine 
Abweichung von denjelben dulden, und wurde z.B. 
der Feldherr Iſadas von den Ephoren mit einer 
Strafe von 1000 Drachmen belegt, weil er, ob: 
ihon jiegreih, ohne die volle Nüftung, wie es 
ſich nach den vollftändigen Negeln der Kriegsord— 
nung geziemte, den Angriff unternommen hatte. 
Plut. Ages.30. Xen. resp. Lac. 9,5. Auch bei den 
Athenern galt der Tod fürs Vaterland als etwas 
NRühmliches, aber fie redeten und dichteten viel 
davon (Aöyoı Zmırdpioe), während der Spartaner 


es als bloße Pflichterfülung anjah. Strenge Sub: : 


ordination fonnte gar nicht von dem Freiheits— 
gefühl der fich ihres perjönlichen Wertes und ihrer 
politifchen Rechte bewußten athenifchen Bürger ge: 
fordert werden, was ſich namentlich nad einer 
verlorenen Sclaht durch die Auflöjung aller 
Difciplin befundete. Thuc. 7, 14: yaleral yüg 
al bufregar poceıs kobar. Doch wirkte diejem 
auflöjenden Elemente in der militärijchen Diſei— 


te 


336 


plin das jonftige Plichtgefühl, die Vaterlandsliebe 
und die Ausſicht auf äußere Vorteile, auf Beute, 
Ruhm und Ehre, Statuen und Aderverteilung, ent: 
gegen, jowie auch die Beitimmung von mehrfachen 
Strafen wegen entehrender Handlungen während 
des Kriegs, die von dem Gerichte, deſſen Vorſtand 
die Strategen waren, oder auch von dem Über: 
befehlshaber allein, der an fi airoxg«rwg war, 
aber nad) Beendigung jeines Amtes vor dem Volks— 
gerichte belangt werden konnte, verhängt wurden. 
— Bei den Matedoniern bildete fich das Söld— 
nerheerwejen mit jeinen zum Teil ftrengen, zum 
Teil aber aud; wieder loderen Verhältniſſen aus. 
Die wirklichen maledonijchen Strieger beſaßen aber 
wohl bei aller hervortretenden Subordination 
manche Freiheiten und Rechte, denen jelbjt ein 
Alerander nicht immer widerſtehen konnte. — 
Il. Die Kriegspdifeiplin bei den Römern ift der 
rund der römischen Staatsgröße. Was Nom 
über ein Jahrtaufend war, war es durd) den un— 
bedingten Gehorſam der Untergebenen gegen ihren 
Feldherrn. Diejem Verhältnis lag durdaus fein 
moralijches Prinzip zum Grunde, nur Patriotismus 
und Ordnung hielt die äußere Ehre des Soldaten, 
und in den ————— Zeiten um ſo feſter, auf— 
recht. Auch dem römiſchen Soldaten war urſprüng— 
lich, wie dem Spartaner, das Lagerleben eine 
Fortſetzung des bürgerlichen Staatslebens, jo daß 
ihm aljo im Felde nichts von dem erlaubt war, 
worauf zu Haufe cenjoriiche Rüge erfolgte. a, 
die Strafen waren im Dienjte härter, da der Feld— 
herr unbedingte Gewalt über Yeben und Tod hatte, 
wie es Cicero in den Büchern de legibus (3, 3) 
mit den Worten formuliert: militiae ab eo, qui 
imperabit, provocatio ne esto — militiae sum- 
mum ius habento, nemini parento. Wenngleich 
in den legten Beiten der Republik die ganze Dijci- 
plin durch das Beifpiel der Feldherren und Führer 
litt, ging doch damit nicht die Anerkennung jener 
ftrengen und jtarren Gerechtigkeit unter, die mehr: 
mals den Vater als Feldherrn den Tod über den 
eigenen Sohn verhängen ließ. Liv. 8, 7. 30. Val. 
Max. 2, 17. Um jo milliger unterwarf fich der 
römiſche Soldat, ———— freier Bürger, aller 
der Strenge, welche der Dienſt zur Erweiterung 
ſeines Reiches von ihm erheiſchte. Als unter der 
Kaiſerherrſchaft ein ſtehendes Heer aus andern 
Beſtandteilen als in den alten Zeiten der Nepublit 
fich bildete, juchte Auguftus den alten Geift des 
Soldatenlebens nach den die Difeiplin mannigfach 
auflöjenden Unruhen der Bürgerfriege wieder zu 
beleben. Deshalb wurde dem Soldaten feine Zeit 
und Gelegenheit gelafien, zu erichlaffen und jeine 
rg zu vergeljen. Der Krieg war bie befte 
Schule der Difciplin. Heere aber, die feinen Feind 
hatten, wurden durch bejondere vorgeichriebene mili- 


Diseiplina 


tärijche Übungen (Weget. 1, 27), 3. B. ambulatio | 


(f. d.) und decursio (j. d.), in Thätigfeit erhal- 
ten; und in joweit dieje nicht ausreichten, ver: 
wendete man ihre Hände und Kräfte zu öffent: 
lihen Anlagen von KRunftitraßen und Bauten von 
Amphitheatern und dergl. Es war Grundjaß, 
alles, was man zum Kriege gebrauchte, im Lager 
jelbjt anzufertigen. Wenn ım langen Friedens— 


militaris. 


befolgt werden mußte. Tac. ann. 11, 18. 13, 35. 
Übungen im Springen und Schwimmen mußte 
jelbft der Troß (lixae und agasones) mitmachen. 
Überhaupt wiederholten ſich außer, den bejonderen 
Zagerarbeiten im Felde diefelben Übungen, welche 
die Gymnaſtik erforderte. Namentlich wurde die 
Kraft, Gewandtheit und Gejchidlichkeit der Sol- 
daten durch die f. g. palaria geübt, ein Exerci— 
tium, welches darin beftand, daß man mit doppelt 
ſchweren Stoßwaffen auf einen durch einen Pfahl 
(palus, stipes) von 6 Fuß Höhe fingierten Feind 
eindrang. Veget. 1, 11. Die Leitung folder 
Übungen war den älteren Soldaten gegen Liefe- 
rung bon doppelten Getreideportionen übertragen. 
Das Augenmerf aller folder Übungen ging dahin, 
daß die Soldaten ihre Waffen wie Glieder ihres 
Körpers gebrauchen und in ihrer Gewalt haben 
lernten und Selbitvertrauen befamen, das feine 
Wunden und jelbit den Schlacdhtentod nicht jcheute. 
Cie. tusc. 2, 16. Das Lager als ihre Heimat und 
Wohnung umfchloß auf dem Prineipium ihre Aitäre 
und ihre Fahnen und in der Kaijerzeit die Bildnifie 
ihres Imperators, weshalb diejer ein heiliger 
war und es mit Entrüftung erfüllte, wenn die 
heilige Scheu vor demjelben nicht von meuterijchen 
oder gemeinen Handlungen abjchredte. 
(zur Beit des Polybios) von einem Teile der 
Legionen die Lagerwälle an der Border: und 
Hinterfronte, dagegen von den Bundesgenofien die 
an den beiden Seiten aufgeworjen waren, wurde 
der Lagereid (vgl. Sacramentum unter Di- 
lectus militum, 9.): „Nichts zu ftehlen und 
das Gefundene feinem Belißer zurüdzugeben oder 
den Tribunen zu bringen“ ( Pol. 6,33. Grell. 16, 4) 
von den Tribunen abgenommen. Die jpezielle 
Lagerdijeiplin beftand in der beftimmten und ftreng 
geordneten Handhabung der Wachen im nern 
des Lagers (excubiae, Tageswacen, vigiliue, 
Nahtwachen) und nad) aufen gegen den Feind, 
stationes. Dieſe leßteren verjah zur Zeit immer 
1 Kohorte Fußvolk und 1 Turma Neiterei an 
jedem Thore (Caes. b. g. 4, 32. 6, 37), fowie auch 
eine Anzahl Leichtbewaffneter (je 10 velites an 
jedem Thore) und der leichten Bundesgenofien. 
Die ganze Länge des Walles war der Wache der 
velites übertragen. Seit Amilius Paullus wurden 
die Thorwachen um Mittag (Liv. 44, 33) abgelöft. 
Bei Nacht lagen die Leichtbewaffneten vor dem 
Lager im freien, und ftanden Reiterabteilungen 
außerhalb der Thore auf Wache. Der Wachdienſt 
im Innern des Lagers jowie die Neinigung und 
polizeiliche Aufficht der öffentlichen Plätze lag nad) 
der von Polybios beichriebenen Einrichtung den 
Haftaten und Principes ob, die Triarier jahen 
auf die Pferde der Neiterei, daß durch dieje fein 
Tumult oder Unordnung und Schaden angerichtet 
werde; auch leifteten fie die Ehremmache bei dem 
Feldherrn vor dem Prätorium. Die Nachtwachen 
(vigiliae) zerfielen in 4 gleiche Abteilungen von 
Untergang bis zu Aufgang der Sonne, jede zu 
3 Stunden, die man nad) der clepsydra, Waſſer— 
uhr, berechnete. Veget. 3, 8. Das Zeichen des 
Aufziehend und der Ablöſung wurde dur die 
bucına gegeben (Liv. 25, 16); nach Veget. 3, 8 


zeiten das Heer einer Provinz entartet war, wurde | das Anfziehen durch die tuba, die Ablöfung durch 


als Heilungsmittel ſtets die alte Einrichtung aus | 
rücgerufen, die denn freilich, als ungewohnt und | 


nie gefannt, um jo brüdender war, aber doch 


die cornua, Die Nadıtparole (tessera), welche 
aus irgend einem bezeichnenden oder willtürlidhen 
Worte, 3. B. laboremus (Spart. Ser. 23), Her- 


- 


Nachdem 7 


10 


Discordia —- Diskos. 


eules invictus, beftand, wurde von dem Feldherrn 
an die Tribunen und Bräfelten und Neiteranführer 
(decnriones) ausgeteilt, dieje jchrieben fie auf Heine 
Täfelhen und fügten ee jede Truppengattung 
den Anfangsbuchſtaben (H. P. T.) und den Namen 
tesserarius hinzu, Dieſer wurde nämlich von 
jeder zehnten Kohorte zu den Tribunen abgejandt 
und holte für feinen Genturio das Täfelchen ab; 
von da wurde es zu dem betreffenden Genturio 
der neunten —— u. ſ. w. geſchickt, ſtets in 
Gegenwart von Zeugen, bis es noch vor Einbruch 
der Nacht mit den Unterſchriften der einzelnen 
Centurionen zu den Tribunen zurückkam, ſo daß 
etwaige Nachläſſigkeit ſogleich bemerkt und beſtraft 
werden konnte. Die auf die Nachtwache aufziehen— 
den Soldaten erhielten jeder ein Heines Täfelchen 
(tessella), mit dem Namen feiner Abteilung und 
der Wachezeit bezeichnet. Diejes wurde ihm bei 
der Bijitation der Wachen abgenommen; war er 
auf jeinem Poften eingejchlafen oder von demjelben 
weggegangen, jo wurde dieje Pflichtvernachläffigung 
durh Zeugen aufgenommen. Das Gejchäft der 
Bifitation (cireuitio, die Bifitatoren circuitore«) 
lag zur Zeit des Polybios täglich je 4 Reitern 
der Legion ob, zur Kaijerzeit den Genturionen; 
doch jahen oft auch die Tribunen, jelbjt der Ober: 
feldherr und die Legaten nad. Bon den nicht 
im Wachdienjte beichäftigten Soldaten durfte fich 
feiner weiter vom Lager entfernen, als der Trom- 
petenichall reichte. — Fehlte jemand gegen die 
feftgejegte Dienftordnung, jo traf ihn unerbittliche 
Strafe. Die Oberfeldherren hatten jelbft unter den 
Kaijern unbejchränkte Strafgewalt; nur über die 
höheren Offiziere, die fie bis dahin ebenfalls mit 
dem Tode bejtrafen konnten (Cie. legg. 3, 3. Val. 
Max. 2, 7, 87), durften fie nad) einer Beitimmung 
des Auguſtus fein Todesurteil verhängen. Dio 
Cass. 52, 22. In den erjten 2 Jahrh. n. E. war 
die nächſte Sorge für die Lagerdifciplin auf den 
praefectus castrorum übertragen, deren bei jeder 
Legion einer fein mußte, weil jede ihr befonderes 
Winterquartier hatte. Die Würde wurde nur alten 
und erprobten Genturionen übertragen. Bgl. Wil: 
manns, Ephemeris epigr. 3p.81. Unter Eonftantin 
wurde die militärifche Gerichtspflege 2 Auditorien 
übertragen, von denen das eine für die Fußſol— 
daten, das andere für die Reiter beftimmt war. 
— Todesſtrafe ſtand auf jede Vernachläſſigung der 
Subordination, und wurde diejelbe vor dem Decu: 
manijchen Thore entweder durch die dazu beitellten 
Sflaven und Gladiatoren (Tac. ann. 1, 22) oder 
durch die speculatores vollzogen. Ihr am nächiten 
ftand das fustuarium, namentlich unter den 
Kaifern, doch auch in den Zeiten der Republik 
gebräuchlich, wobei der Tribun den Verurteilten 
mit einem Stod berührte und die Legionsjoldaten 
ihm mit Stöden und Steinen fo zujegten, daß 
er gewöhnlich jeinen Geift aufgab. Dieje Strafe 
wurde in dem PBrincipium des Lagers vollzogen 
(Liv. 28, 24) und traf den, welcher fi in Bezug 
Ka ben Wachdienft Vergehen oder ſchwere Nach— 
läffigfeit Hatte zu jchulden kommen lafjen, den 
Dieb im Lager, falihen Zeugen, Dejerteur (Liv. 
5, 6f., desertor; jo hieß aber, wer über den ge: 
gebenen Urlaub, commeatus, ausblieb oder jich 
vom Heere weiter entfernte, ald man die Trompete 
hören konnte; bei den Griechen hieß er Asımo- 
Tdrens und mußte zum Spott 3 Tage lang in 
Realleriton des Hai. Altertums. 7. Aufl. 


337 


weiblicher Kleidung auf dem Markte jigen) u. j. mw. 
War eine ganze Abteilung,-namentlich wegen Feig— 
heit oder Meuterei, diefer Strafe verfallen, jo wurde 
jie jelten an allen vollzogen (Liv. 28, 28), wie 
an der Legion in Rhegium im Kriege gegen Pyr— 
rhos (271 v. E.), jondern man wählte durchs Los 
den je zehnten Mann aus (decimare) und während 
der Katjerzeit in gemilderter Form den je zwan— 
zigften oder hundertſten (decimatio, vicesimatio, 
centesimatio); dagegen wurden die Centurionen 
gewöhnlich geftäupt und enthauptet. Liv. 2, 57. 
Gelindere Strafen für geringere Vergehen waren 
rer förperliche, durch den Rebſtock (vitis), das 

bzeichen der Genturionen, und von diejen ver: 
hängt, zwar nicht entehrend, aber doch bisweilen 
Grund zu Empörungen; härter und jchimpflicher 
war die Züchtigung mit Rutenftreihen (virgae); 
ferner Berfürzung des Soldes (aere dirutus) und 
der Beute (pecuniaria multa), Abnahme der 
Waffen auf bejtimmte Zeit, Degradation, durch 
die ein Nitter unter die Fußſoldaten, und dieje 
unter die Leichtbewaffneten verjegt wurden, zeit: 
weilige Entfernung aus dem bisherigen Contuber- 
nium, auch wohl Kampieren außerhalb des Lagers, 
Wachdienſt ohne militärijche Kleidung, bisweilen 
auch barfuß, munerum indictio, auch Erercieren 
unter dem Gepäde, und endlich Verabreichung eines 
ichlechteren Brotes aus Gerfte ftatt ſonſt aus 
Weizen. Außer der für das Vergehen beftimmten 
Strafe wurde oftmals nod) die jgnominiosa missio, 
die entehrende Ausftogung aus dem Heere, aus: 
geiprochen, die jelbft ganze Heeresabteilungen traf. 
Liv. 8, 34. 

Discordia j. Pris. 

Diskos, dioxog, die Wurficheibe, eine runde 
oder ovale platte, in der Mitte etwas ftärfer, nad) 
ber Peripherie zu jchwächer auslaufende Scheibe 
ohne Handhabe, weldye, wenn fie von Stein war, 
eigentlich droxog, auch Altos oder Aäg (Hom. Od. 
8, 190 u. ö.), wenn fie von Eijen war (und dann 
wohl bejonders grofj), oöAog (Hom. Il. 23, 826 u. Ö.) 
genannt wurde, wiewohl dieje Unterjcheidung nicht 
immer gleihmäßig jo angegeben wird. Das bei 
den Alten (auch bei den heutigen Griechen, be- 
ſonders den Balifaren) jo beliebte Dijkosipiel 
(dıoxoßokle) beftand darin, daß die Scheibe auf 
eine angegebene Wurfweite oder überhaupt am 
weiteften geichleudert wurde; wer am weitelten 
warf, war Sieger, e8 mochte nun vorher ein Zeichen 
(siju@) verabredet jein oder nit. War fein ou 
vorhanden, jo bezeichnete man die Stelle, wo der 
fallende Diſtos zuerſt den Boden berührte, und 
entichied fo nad) der Weite den Sieg, daher ömee- 
—— — übertreffen. — „Beim Abwurfe legte 
ich der Oberleib in einer mehr oder weniger be— 
trächtlichen, nach der rechten Seite hin gebildeten 
Krümmung vor, und zugleich beugte ſich das Haupt 
ſo weit rechtshin, dal die Augen die linfe Seite 
des Oberleibs überjchauen konnten ; der rechte Arm 
bewegte fi nun von unten zuerft rüdwärts bis 
zur Höhe der Schultern und beichrieb dann in 
rascher Bewegung vorwärts einen Bogen, wodurch 
dem Diſtos Schwung und Richtung aus der Tiefe 
in die Höhe gegeben wurde (d. zarwuddıng, Hom, 
Il. 23, 431): der Schwerpunft des Leibes ruhte 
beim Abwurfe bald auf dem rechten, bald auf dem 
linken Fuße, welcher dann in diefem Momente 
das Knie ein wenig bog, während der andere Fuß 


2 
22 


338 


Dispensator — Divinatio. 


entweder in noch ftärferer Bewegung rückwärts zu mufifalifchen Mimen umgeftaltet, welche anftatt 


gehalten oder in geringerer Krümmung — 
geſtellt wurde; der Werfende folgte nun dem der 
Hand entſchwebenden Diſkos einen oder auch wohl 
mehrere Schritte nach.“ Friedreich, Realien in 
der Il. und Od. ©. 351f.) Durch den Wurf ent— 


ſtand ein ſchwirrendes, ſauſendes Geräuſch, eine | 


natürliche Folge der linſenförmigen, die Luft 
ſchärfer und raſcher durchſchneidenden Geſtalt des 
Diſtos. Es war eine gute Vorübung zum Kriege, 
namentlich für die Fertiglkeit im ſicheren Stein— 
wur. Die Beichreibung eines Wettfampfes haben 
wir bei Statius (Theb. 6, 646 ff.); unter den einen 
Dijfoswerfer (dısxoßorlog) darftellenden Statuen 
war die des Myron die berühmtefte (ſ. Bild- 
hauer, 4.). ®gl. übrigens Gymnasium, Gym- 
nastik und Bötticher, Olympia ©. 107 ff. 

Dispensätor hieß der in vornehmen Käufern 
mit Führung der Kaffe und der Rechnungsbücher 
beauftragte Slave, der Buchführer und Zahl: 
meifter, welcher dem Herrn auch Nechnung ab: 
zulegen hatte (Suet. Galb. 12. Vesp. 22. Tac. hist. 
1, 49); j. auch Procurator, 1. 

Dissignätor j. Designator. 

Dithyrambos, SıdVg«ußos, balchiſches Feit- 
lied (jchtwerlich verwandt mit rirvgog = odrvgos, 
jondern wohl perfiiches Wort), das, in den älteften 
Beiten zugleich mit dem Kulte des Dionyjos ver: 
mutlich in Phrygien oder Lydien entitanden, dem 
begeifterten Charakter diejes Kultus gemäß in wild 
aufgeregter, ftürmifcher Weiſe die Thaten und die 
Geſchicke des Dionyjos zur Frühlingsfeier bejang. 
Ju Attifa, auf den ioniſchen und aiolischen Inſeln, 
in Boiotien, in Phliüs, Sifyon, Korinth und an 
andern Orten mit blühendem Balchosdienfte wurden 
jolche Lieder von fchwärmenden Zügen der Batchos: 
verehrer in roher kunſtloſer Form gejungen, bis 
Arion (j. d.) dem Dithyrambos in Korinth die 
erſte künftleriiche Begründung gab und ihn anti: 
ftrophiich von Chören (auxkıor yopor), aus denen 
ipäter die Tragödie hervorging, vortragen ließ. 
Seine weitere Ansbildung erhielt der Dithyrambos 
befonders in Athen, wo an den glänzenden Dio- 
nnpiosfeften die ausgezeichnetiten Lyriker mit ihren 
Dithyramben wettfämpfend auftraten, wie Laſos 


von Hermione (um 500 v. E.), Simonides von! 


Keos, Pindar u.a. In den Dithyramben diefer 
älteren Dichter herrichte allerdings ein hoher 
Schwung der Begeifterung, eine ftürmijche Bewe— 
gung in Sprache und Rhythmus; aber männliche 
Nraft und Würde hielt noch das bewegte Gemüt 
in Regel und Schranfen. Seit Melanippides 
von Melos (dem jüngeren) dagegen (um 415 v. E.) 
begann die Ausartung des Dithyrambos; die Muſik 
gewann die Oberhand über die Poeſie und ward 
weichlih und vertünftelt; man erging fich mit 
ichranfenlojer Rhantafie in hohlen, pomphaften 
Phraſen und ſchwülſtigen, unnatürlichen Bildern, 
hob den antiftrophiichen Bau auf und vernach- 
läffigte alle bisherigen Regeln des Rhythmus. Die 
namhafteſten Dichter diejer Periode der Ungebunden- 
heit und des Verfalls waren Philorenos von 
Kythera (geit. 380 v. E.), Kineſias von Athen 
und Phrynnis von Mptilene (um 415), Timo: 
theos von Milet igeft. 357 v. E.), Berfaffer einer 
Skylla, Kyllops, Yaertes und Elpenor, und jeine 
Zeitgenoffen Bolneidos und Teleſtes. Durch 
dieje Männer wurde der Dithyrambos allmählich 








von Ehören von einzelnen Birtuojen aufgeführt 
wurden. Was den Jnhalt anlangt, jo hatten ſchon 
die älteren Dichter auch Gegenstände aus der he: 
roiſchen Mythologie gewählt, Helden und Heldinnen, 
die gleidy dem Dionufos Kämpfe und Leiden zu 
erdulden gehabt hatten. Darin folgten ihnen dann 
die Späteren. — Bon Dithyramben find nur Bruch- 
ftüde übrig geblieben (am beiten gejammelt von 
Bergk, poet. Iyr. Graec. P. I11.); doch gibt uns 
der Ehor in Euripides’ Balchen (64--165) das 
Bild eines Dithyrambos. Vgl. Hartung im Philol. 
1 ©. 397 ff. und M. Schmidt, diatribe in dithy- 
rambum poetarumque dithyr. reliqnias (1845). 

Divinatio, T) die Kunſt und Gabe der Weis- 
fagung, bei den Griechen uarrını) sc. regen. Der 
Glaube an das Vermögen der Menfchen zu weis: 
jagen, vermöge einer durch die Gottheit gewirften 
Kraft ohne die gewöhnlichen Mittel des Verftandes 
den Willen der Götter zu erfunden und das Zu— 
fünftige vorauszuſehen, findet fich in den Reli— 
gionen des Altertums allgemein verbreitet und hat 
namentlich auch bei Griechen und Römern cine 
Menge eigentümlicher Gebräuche und Anftitutionen 
hervorgerufen, die mit dem verjchiedenen Lebens— 
verhältniffen diejer Bölfer aufs innigſte verfloch— 
ten find. Er beruht auf der Überzeugung, daß 
die Götter in fteter Mchtiamfeit und Fürſorge 
den Menichen ihren Willen offenbaren wollen. 
Schließen wir hier die Mitteilungäform der un: 
mittelbaren Nede eines Gottes, an den Menfchen, 
wie fie in alter mythiſcher Zeit im Verfehr der 
Götter und Menichen vorgelommen fein ſoll, aus, 
fo bleiben noch für die Zeit, wo die Götterwelt 
als den Menichen ferner ftehend betrachtet wurde, 
2 Arten göttliher Offenbarung übrig; entweder 
nämlidy vernimmt der Menſch die —J 
innerlich ohne äußere, ſinnliche Zeichen, oder äufer- 
lich durch Vermittelung erft zu deutender finnlicher 
Zeichen. Aus diefen beiden Offenbarungsformen 
find die beiden Arten, in welche alle Divination 
zerfällt, — — die j.g. natürliche oder 
funstloje (&regrog) und die fünftliche(Ürregrog) 
Divination. A) Die funftlojfe Pivination. 
Das Charakfteriftiiche diefer Divinationsart ift ein 
Ergriffenjein, des Menichen von dem göttlichen 
Geifte, ein Überftrömen des göttlichen Geiftes in 
den menjchlichen, eine njpiration, indem der 
Menſch, durch eine Heömrevorog ögun, einen furor 
divinus getrieben, das von der Gottheit Einge- 
gebene auszufprehen, ein Organ des göttlichen 
Seiftes wird, ohne jedoch, wie dies wohl auf der 
niedrigften Stufe der Naturreligion der Fall ift, 
jeine menschliche Individualität aufzugeben und 
zu einem willenlojen Werkzeuge herabzufinfen. Die 
edelfte und höchite Form dieſer Divination zeigt 


ſich im Prophetentum der Hebräer, wo erleuchteten 


Gemütern in unvermitteltem, ftetigem Berfehr mit 
der Gottheit bei Harer Bejonnenheit und dem Be: 
wuhtjein ihrer Freiheit die Offenbarungen Gottes 
ſich erſchließen; es finden fidy übrigens ſchwache 
Spuren derſelben auch im griech. und röm. Heiden: 
tum. So hat 3. B. der homeriicde udrıs im 
engeren Sinn, wie Kalchas, der die Gegenwart, 
Vergangenheit und Zukunft kennt, bei völliger 


Freiheit des Bewußtſeins eine fortwährende In— 
ſpiration, die micht erſt durch irgend einen äußeren 


Anlaß gewedt werden muß; bei ihm ift die Scheide: 


tz 


- 


Divinatio, 


339 


wand zwiichen göttlichem und menjchlichem Willen | Zyxo/unsıs, incubatio, bei den Traum und Toten: 


aufgehoben. 
Bewußtſeins ift in dem Heidentum nie recht zum 
Siege gelangt; es treten in ihm mehr jolche For— 
men der göttlichen Offenbarung hervor, bei denen 
das Subjekt mehr in ungeiftigen, bewußtlojen Zu— 
ftänden jich befindet, die mweisiagende Kraft jich 
auf einzelne Momente bejchränft und durch irgend 
eine Äußere Vermittelung gewonnen wird. Bon 
diejer niederen Art der funftlojen Divination unter: 
icheiden wir 3 Arten: die Efftaje, die Träume, 
die Orakel. 1) Die Ekſtaſe (Cie. div. 1, 31) ift 
ein momentaner Zujtand ungewöhnlicher Aufge: 
regtheit, in welchem die divinatorijche Kraft her: 
vortritt, indem die Seele des Menjchen, von dem 
körperlichen abgezogen, in einen innigeren Verkehr 
mit dem Göttlichen getreten iſt. Die Seele hat 
nach der Anficht der Alten dieſe Divinationskraft 
von Natur in unvolllommenem Grade; Damit fie 
aber gelöft und zur Thätigfeit gewedt werde, be: 
darf es gewiſſer äußerer, meift ungeiftiger Ein: 
wirfungen. Die elementarischen Kräfte des Waffers, 
der Erde, des Feuers vermögen durch ihre Ein: 
wirfung auf den Körper jene Kraft frei zu machen; 
bejonders auch tritt fie hervor bei franfhaften 
Körperzuftänden und namentlich im Augenblide des 
Todes. Plat. Apol. 39C. Cie. div. 1,30.38. Auch 
bei Homer findet fich diefe letztere Art der Weis: 
fagung (Od.18, 153. II. 6, 447, 22, 358.16, 843 ff.). 
Das weibliche Geſchlecht hielt man für bejonders 
befähigt, in joldye weisjageriiche Efftaje verjegt zu 
werden (Haflandra, die Eibyllen, die Pythia). — 
2) Der Traum galt für eine momentane Offen: 
barung der Gottheit; im dem eigentümlichen, 
zwijchen Bewußtſein und Bewuhtlofigkeit ſchweben— 
den, Zuftande des Schlafes jchien die menschliche 
Seele bejonders emipfänglich für den Verkehr mit 
der Gottheit und für göttliche Mitteilungen. „Der 
Traum ſtammt von Zeus‘ (Hom. Il. 1,63). Einen 
Traumgott, der jpäter wohl vorkommt (Paus. 
2, 10, 2), fennt Homer aud ZI. 2, 6 nicht. Die 
Traumerjcheinungen find in einen Scheintörper 
gefleidete wejenloje Geftalten; aber ftatt ihrer tritt 
auch zumeilen der Geiſt eines Berftorbenen (Ba: 
troflos, I1. 23, 65) oder eine Gottheit jelbit (Od. 
6,13) ein. Die Traumbilder ftehen in der Gewalt 
der einzelnen Sottheit, welche fie jendet, und haben 
nur für die Dauer des Traumes ein furzes Schein- 
leben. Was dieſe Traumericheinungen ausſprechen, 
ift eine einfache Offenbarung, welche feiner Erflä: 
rung bedarf; daneben aber gibt es eine andere 
Art von Träumen, welche ihre Offenbarungen auf 
ſymboliſche Weije in einem Bilde darftellen (Od. 
19, 535 ff.) und darum einer Deutung unterworfen 
find. Das Geſchäft der kunſtgerechten Traumans: 
legung übt der Örsiıpoxgirns, der auch brsipond- 
kog heißen fan. Die Offenbarungen des Traumes 
gelten übrigens ſchon bei Homer nicht durchgängig 
für zuverläjlig. Er untericheidet zwiſchen täujchen: 
den und wahren Träumen (Od. 19, 560 fj.); ſelbſt 
der Gott lann durch den Traum betrügen wollen 
(11. 2, 1 ff.), weshalb ſich der Menſch nach Strite: 
rien für die Zuverläſſigkeit des Sefichts und die 
rebliche Abficht des traumjendenden Gottes umzu— 
fehen hat. Auch ift nicht jeder Traun bedeutjam. 
Neben der Beachtung der zufälligen Träume ift 
bei den Griechen und Römern noch die abjichtliche 
Beranjtaltung zur Einholung von Träumen, die 


Allein dieſes Übergewicht des freien | orafeln merfwürdig. — 3) Orakel. Die Drafel- 


jtätte heit uarreiov, yenorijgıor, das Befragen 
des Drafeld zojodeı, der Orakelſpruch zenauos, 
udvrevun, prun, Heongdmıor, HEoparor, koyıor; 
mit Aoyıov ftimmt das lat. oraculum, von os, 
oris, orare, am meijten überein; xensumdog oder 
zonswoköyog heilt der begeifterte Seher; indes 
verftcht man unter zenswoidyog auch jowohl den 
Drafeldeuter und Ausleger, als den, weldyer Orakel 
jammelt und joldhe in feinem Bejig befindliche 
Drafel mitteilt oder anwendet. Das Gemeinſame 
und Eigentümliche der Orakel iſt, daß bei ihnen 
die Weisjagung an eine beftimmte Örtlichteit und 
einen Tempelfultus gefnüpft ift, und daß als das 
vermittelnde Organ zwiſchen dem Menſchen und 
dent Gotte eine anſäſſige Priefterichaft dajteht. 
Solche Stätten, an welchen eine an Bildung höher 
jtehende Briefterjchaft, die Beſchaffenheit und lber: 
ie des Orts benugend, ein geordnetes Dralel: 
inftitut gegründet hatte, deſſen Autorität durch 
den Glauben an die Nähe des Gottes legitimiert 
war, und das jich durch jeine Weisjagungen ſtets 
von neuem beglaubigte, genofjen ein größeres Ber: 
trauen als die vereinzelten Zeichen der Götter und 
die zufälligen Träume. — Eine bejondere Art nun 
diejer Drafel waren die oben genannten Traum: 
und Totenoralfel (vexvouarreia, verpouarreia, 
Yozorouresi«), welche größtenteil® mit dem Kult 
von Heroen oder jonftigen chthoniſchen Weſen ver: 
bunden waren. Hieher gehören die Heiligtümer 
bes Sehers Amphiaraos zu Dropos, des Amphi- 
lochos und Mopſos in Kilifien, des Kalchas und 
Podaleirios am Borgebirg Garganus in Apulien, 
des Aſklepios zu Epidauros, in deren Tempeln 
man ſich, um göttliche Offenbarungen namentlich 
zur Heilung von Kranken zu erhalten, auf dem 
elle des Opfertieres zum Schlafen niederlegte. 
An ſolchen Stätten der Totenorafel ftiegen die 
sidwiae der Toten aus’ der Erde hervor und er: 
ichienen im Traume (bisweilen auch den Wachen: 
den auf den Gräbern), vorzüglich durch Totenopfer 
und Anrufung der chthoniſchen Mächte zum pro- 
phetiichen Dienjte hervorgerufen. Dieje Art von 
Drafeln wurde bejonders von dem Aberglauben 
des gemeinen Lebens gejucht. — Bon viel höherer 
Bedeutung waren bei den Griechen die Spruch: 
orafel, wo die Offenbarung durh den Mund 
eines Menschen geichah, wo Männer oder Frauen 
in efftatiichem Yuftande, der gemeiniglich durch 
phyſiſche Einflüſſe, durch Quellen u. dgl. hervor: 
gerufen wurde, Worte hören liegen, die dann von 
den Prieftern des Heiligtums zu Sprüchen ver: 
bunden und auf vorgelegte Fragen angewendet 
wurden. Der in diejen Drafeln waltende Gott 
war borzugsweile der Weisjagegott Apollon, der 
den Willen jeines Vaters Zeus, des Urquells aller 
Weisiagung, dem Menfchengejchlechte Fund that. 
Das berühmtefte Spruchorafel war das zu Delphoi 
(j. d.). Bon ähnlicher Art waren die zu Abai in 
Phokis (Hat. 1, 46. 8, 33. Soph. Oed. T. 899), 
zu Widepjos in Euboia (Strab. 10, 445), am Berge 
Btoon (Hat. 8, 135), zu Hyſiai (Paus. 9, 2, 1) in 
Boiotien, zu Argos, wo fich die weisjagende Prie— 
fterin durch das Blut des Opfertieres begeijterte 
(Paus. 2, 24, 1). In Sleinafien waren die be: 
deutenditen das Drafel des Harischen Apollon bei 
Kolophon und das des didymatischen bei Milet. 


22* 


6 


340 


Das klariſche Drafel wurde der Sage nach von 
Kretern unter Anführung des Rhakios gegründet, 
der die von Delphoi ausgejandte Tochter Des Tei- 
reſias, Manto, heiratete, woraus man die Ber: 
bindung des Hariichen Drafels mit dem delphiichen 
erfennt. Die Weisjagung hatte hier ein Prieſter, 
der in Die heilige Grotte ftieg und, nachdem er 
2 von dem begeifternden Waller getrunten, jeine 

ntworten in Verſen gab. Tac. ann. 2, 54. Das 
Orakel zu Didyma (Hdt. 6,19. Strab.9,421.14,634) 
war wohl auch eine fretiiche Gründung. Den erften 
Tempel joll Brandhos, ein Sohn des Apollon und 
der Stammovater des dortigen Prieſtergeſchlechts 
der Branchiden, gebaut haben. Wie in Delphoi 
weisſagte hier ein Weib, das den Saum jeines 
Kleides und feine Füße aus der Quelle benegte 
und den daraus aufiteigenden Dampf an ſich 309. 
— Eine dritte Klaſſe von Drafeln waren Die 
Zeichenorakel. Zu dieſen gehörte unter andern 
das Drafel des Zeus zu Olympia, deſſen Briefter 
die Jamiden waren, und das in älterer Zeit jehr 
befjucht war. Dan weisjagte aus dem gejchlachte: 
ten Opfertier und den Erjcheinungen während des 
Opfers. Adt. 8, 134. Strab. 8, 353. Xen. Hell. 
4, 7,2. Ähnlich war die Weisjagung im Iſme— 
nion des Apollon bei Theben. Auch das berühmte 
dobonaiische Drakel (j. Dodon. Orakel unter 
Zeus, 4.) war ein Beichenorafel; es wurde näm: 
lid) dort aus den Bewegungen der Blätter ber 
heiligen Eiche (puilouerreia), dem Murmeln des 
Quells und dem Tone eherner Beden geweisjagt. 
Bei dem Drafel zu Delos prophezeite man aus 
dem Rauſchen des Lorbeers. Die Zeichenorafel, 
deren Zeichen jehr verichieden jein fonnten, reichten 
ſchon mehr zu der fünftlichen Mantik hinüber, da 
hier eine Deutung der Leichen notwendig war. 
Und auch bei den Spruchorafeln fand mehr oder 
weniger jchon eine funftvolle Vermittelung ftatt, 
infofern nicht unmittelbar der Befragende jelbit, 
jondern das dem Gotte naheftehende und von ihm 
injpirierte Orakelperſonal, die Priefterichaft, die 
dem Profanen unverftändliche Offenbarung empfing 
und erjt durch ihre Deutung dem Konfultierenden 


9 verſtändlich machte. — Die Drafel ftammen aus 


der ältejten griechiichen Zeitz Schon Homer erwähnt 
das dodonaiiſche (Ud. 14, 327. II. 16, 235) als ein 
geordnetes und hebt an dem pythijchen feinen 
Neichtum hervor (JI. 9, 404). Auch muß Ddiejes 
ſchon einen politifthen Einfluß gehabt haben (Od. 
8, 80). Eine bei weitem größere Bedeutung aber 
erhielten die Orakel feit der dorijchen Zeit; na— 
mentlih hat ich jeitdem das delphiſche gehoben, 
jo daf es alle andern,! auch das dodonaiische, weit 
überjtrahlte. Die Wirkſamkeit der Orakel in dieſer 
Beit für Kultur und Sitte und der politijche Ein- 
fluß derjelben muß jehr hoch angeichlagen werben. 
Solange eine gebildete Priefterichaft, unterftüßt 
von den Beiten und Weijeften des Volkes, fern 
von Eigenfucht, im Dienfte des Baterlandes, der 
Neligion und der Sittlichkeit wirkte, blieb ihr 
Einfluß und ihr Anſehen beftehen; beides aber 
ſchwand, jeit mıt dem Verfall des Nationalgeiftes 
die Orakel PBarteizweden dienten und die Priefter- 
ſchaft bei Uberhandnehmen des Unglaubens und 
Aberglaubens nur ihren Vorteil und ihre Bereiche: 
rung, oft durch Mittel des Trugs und der Täujchung, 
juchte. — Bei den Nömern und überhaupt bei den 
italiichen Volkern gab es in ältefter Zeit wohl 


Divinätio. 


auch Orakel ähnlich den griechiichen, allein fie find 
bei ihnen gegen die jpäter zu bejprechenden Arten 
fünftlicher Divination ganz in den Hintergrund 
getreten. — B. Die fünftlihe Divination. 
Cie. div. 1, 49. 2, 11. Das Charalteriſtiſche der: 
jelben ift, daß fie nicht auf einer innerlichen gött- 
lichen Inſpiration beruht, jondern auf Beobachtung 
und Deutung gewiſſer Zeichen, welche die Gottheit 
jendet, weshalb diefe Art von Divination als eine 
Kunft erjcheint, die 3. B. bei Homer als ein förm— 
liches Gewerbe neben das der Arzte, Herolde u. ſ. w. 
gejtellt wird. Od. 17, 383. Sie hat es bei dem 
Aufiuchen des übernatürlichen Zujammenhangs der 
gegebenen Zeichen zu einer gewiflen feften Methode 
gebracht, obgleich fie ſich dabei nicht auf die ge- 
wöhnlichen Schlüfje des Verſtandes ftüßt, jondern, 
da ihr Gebiet das des religiöjen Gefühls und der 
Phantaſie ift, einem abenteuerlichen, phantaftifchen 
Kombinieren verfällt. Diefe Art von Divination 
ift bei den Griechen und Römern ſehr verbreitet. 
Jede ungewöhnliche Erjcheinung galt als ein Zeichen 
göttlicher Offenbarung, als r&pas, signum, um jo 
mehr, je bedeutender der Lebensmoment, und je 
erregter die Gemütsftimmung war, mit der bie 
Erſcheinung zufammenfiel. Ein jolches regag fonnte 
ein ungejucht jich darbietendes jein, oder es war 
von dem Menjchen gejucht und durch irgendwelche 
Beranftaltung herbeigeführt. a) Griechen. Bei 
Homer herrſcht die erſte Klafje von Zeichen, die 
ungejuchten, vor. Die hauptjächlichiten rigar« 
oder srur« bei ihm find Erjcheinungen am Himmel, 
dem Site der Götter, namentlich des Zeus, der 
vorzugsweije ald Urheber der regara gilt, wie 
Donner und Blik, Regenbogen, das plößlidhe Er: 
jcheinen eines großen, hochfliegenden Vogels (olwros), 
eines Adler, Habichts, Reihers, weil dieje als 
Boten der Götter aus dem Olympos angejchen 
werden. Much das unerwartet und bedeutjam zu: 
treffende Menjchenwort (prjun, zinda»), das Nie: 
fen u. ſ. w. waren regare, jelten jedoch fommen 
widernatürliche Erjcheinungen vor, wie der Blut: 
regen. Il.11, 53. 16, 459. Od. 20, 345 ff. 12, 394. 
Bedeutfam war bei mandyen diejer Erjcheinungen 
die Richtung recht3 oder links (11. 2, 353.12, 201), 
oder die Zeit, 3. B. nad) einem Gebet. In allen 
dieſen Fällen ergab fich die Deutung leicht von 
jelbft; fie fündeten meift auf einfache Weije Glüd 
oder Unglüd an. Dft aber traf ein repag fo mit 
air Dandlungen zufammen, daß ihm ein 
beftimmterer Gehalt untergelegt werden mußte, und 
dann war die deutende Kunſt der Mantik nötig, 
die von dem jachverftändigen udrrıs geübt ward, 
der, von dem fsgsug veridhieden, als Dolmeticher 
des göttlichen Willens, als meoprirns, Heonrgonos, 
daftand. Dieſe udrreıg find entweder fürftlicdhe 
Seher, wie Amphiaraos, Helenos, oder Önwoseyor. 
Od. 1, 416. 15, 255. 17, 383. Als Unterarten 
der uerrsıg nennt Homer die olwvonrdl.o. oder 
olorıorad, augures (Od. 1,202), und die dvoaxooı, 
haruspices (Il. 24, 221), doch ohne genauere An: 
gabe ihres Eharafterd. Zuweilen wurde ein jolches 
regag auch don einem Nichtzünftigen durch un— 
mittelbare Eingebung erklärt. Bedeutungstraft 
hatten dabei bisweilen bloß Nebenumftände, wie 
Ort und Zahl (Il. 8, 245 ff. 2, 300 ff.); oft aber 
enthielt das reo«s eine ſymboliſche Darftellung des 
Zufünftigen ſelbſt. Od. 15, 525 ff. 2, 146 ff. II. 
12, 2005. — In ſpäterer griechiſcher Zeit hatte 


11 


12 


Divinatio. 


dieje Mantik auch noch ihre Geltung, wiewohl fie, 
von den Drafeln in den Hintergrund gedrängt, 
vorzugsweife bei Privatangelegenheiten in An— 
wendung fam. Es fommt aufer den vorherge- 
nannten ungejuchten Beichen noch eine Menge 
anderer vor, wie Sonnen: und Mondfinfternifie, 
Kometen, Sternijhnuppen, Stürme, NAustreten von 
Flüffen, die Bewegung und der Geruch des auf- 
fteigenden Dampfes (»arrouerreia); bedeutjam 
waren ferner allerlei Tiere, Spinnen, Hajen, 
Schlangen, bejonders aber Vögel, denen vor allen 
eine geheimnisvolle Natur zugeichrieben ward. Man 
beachtete ihren Flug, ihr Sigen, ihre Laute. Diejes 
olorobg oder ögridag yravar war die Kunſt des 


olworıoriis oder olwromöiug. — Bon der Weis- 
jagung aus gejudhten Zeichen erwähnen wir bie 
aus den Ein: 


geweiden der 
Opfertiere (lego- 
nevreiae, lego- 
ororla), welche 
in Griechenland 
vielfach geübt 
wurde. Die Be: 
ſchauer der Ein- 
geweide heißen 
Pouooxönon, le- 
g00x0r0L, Yvo- 
ororor, onkay- 
- Yrooxdror, Tma- 
tooxönoı. Das: 
bon verſchieden ift die von den mupxooı getriebene 
Zurvgonarreia, die Weisfagung aus dem Bren- 
nen der Opferflamme, welche von Amphiaraos her: 
ftammen jollte. Eine tiefer ftehende Art von Mantif, 
wobei der Menſch auf eine abergläubiiche Weiſe den 
Zufall jo zu jagen herbeiführt, um in ihm eine gött- 
liche Offenbarung zu finden, ift die anyonavrei« 
oder vögouevrsi«, wobei man acht hatte, ob ein 
Gegenftand im Waſſer ſchwamm oder unterjanf, 
oder die durch einen ins Waſſer geworfenen Stein 
verurjachten Kreije beobachtete, ferner die xoaxı- 
vonarrsia, die Weisjagung durchs Sich. Man 
hängte ein Sieb an einen oder mehrere Fäden 
auf und nannte, während es fich umdrehte, meh: 
rere Namen; bei welchem es ftille ftand, der galt 
für den Geſuchten. Dahin gehört auch die yeı- 
eouarrsi« oder die Kunſt, aus der Hand und 
deren Linien zu weisjagen, von Ariftoteles bereits 
erwähnt, von Artemidor im 2. Jahrh. n. C. zur 
Theorie erhoben. Vgl. auch Axinomantıa. 
Val. Hermann, Lehrbuch der griech. Antiquitäten, 
Bd. 2 (2. Aufl. 1857). Nägelsbah, Homer. Theo: 
logie, 4. Abjchnitt. Nachhom. Theol., 4. Abichnitt. 
— b) Römer. Bei dieſen war die funftvolle Di: 
vination viel wichtiger und ausgebildeter als bei 
den Griechen. Die Benennungen der bedeutungs: 
vollen Zeichen, die Hier in Frage kommen, find 
ostentum, portentum, monstrum, prodigium, 
omen. Portentum oder ostentum bezeichnen ge: 
wöhnlich außerordentliche Erjcheinungen in der 
leblofen Natur, monstrum und prodigium un: 
——— Erſcheinungen in der Menſchen- und 

ierwelt, und zwar iſt monstrum eine widernatür— 
liche Erſcheinung. Dieſen Bezeichnungen ſichtbarer 
Zeichen gegenüber bedeutet omen vorzugsweiſe ein 
hörbares. Ubrigens find die Unterſchiede dieſer 
Ausdrücke nicht immer ſtreng feſtgehalten. Wir) 





341 


wollen im Gegenſatz zu den hörbaren Zeichen, den 
omina, die ſichtbaren prodigia nennen. Beide 
treten bejonders als ungejuchte Zeichen auf. Die 
Prodigien wurden bei den Römern in ungewöhn: 
licher a und Mannigfaltigfeit beobachtet, da 
der Geijt dieſes Volles mit bejonders abergläubi- 
ſcher Aufmerkſamkeit auf jolche Dinge gerichtet war. 
Die Geichichtsbücher des Livius erwähnen deren 
eine große Zahl. War ein prodigium eingetreten, 
jo war, zumal wenn es Unglüd vorausverfündete, 
eine procuratio, Sühnung, nötig. Der Menſch 
fonnte, wenn er das Gehörige beobachtete, nötigen= 
falls durch Gebete und Sühnungen, befonders mit 
Hülfe der Priefterjchaft, das drohende Unglück 
abwenden und fich der göttlihen Gnade wieder 
verfihern. Die gewöhnlihen von Privaten wie 
vom Staate gebrauchten Sühnmittel waren Gebete, 
Bittgänge, Opferfefte, Göttermahle u. dgl. Liv. 
1, 20. 31. 4, 21. 5, 13. 21, 1. In vielen Fällen 
lag es auch in der Willtür des Subiekts, ein 
Zeichen anzunchmen und auf ſich zu beziehen, oder 
es von ſich zu weijen, oder ihm durch jchnelle Be: 
fonnenheit in dem Augenblick, wo es fich auf: 
drängte, eine paffende glüdliche Deutung zu geben 
und jo das jcheinbar Ungünftige in Günjtiges zu 
verwandeln. Auf diejelbe Weije verhielt fich der 
Menſch auch gegen das omen, unter dem man im 
engeren Sinne jedes profane gejprochene Menſchen— 
wort verftand, jofern es als Vorzeichen gefaßt 
ward. Ein omen hatte nur Bedeutung für den 
Menjchen, wenn er es annahm (accipio omen, 
placet omen, oder non ad me pertinet). Auf 
den Sinn des Sprechenden fam e3 bei dem omen 
nicht an; die Hauptjache war die Auffaſſung deſſen, 
der das Geiprochene auf ſich bezog. Dielem war 
es in vielen Fällen ganz in feine Willfür gejtellt, 
welchen Sinn er ihm beimefien, ob er das omen 
ald bonum oder malum annehmen wollte; bei 
jolchen Wörtern und Ausdrücken jedoch, die an 
und für fich etwas Ginftiges oder Ungünftiges 
bezeichneten, hatte die jnbjeftive Willkür eine Grenze. 
Der Nömer bewies fich, troßdem daß ihm manche 
Freiheit gegen omen und prodigium vergönnt 
war, doc im höchſten Grade furchtſam und vor: 
fichtig gegen dasjelbe. Bei feierlihen Handlungen 
juchte man jede derartige Störung mit der ängjt: 
lichiten Vorficht fernzuhalten. Der Opfernde ver: 
üllte fich das Haupt, um fic gegen jede ungehörige 
richeinung abzufchliegen; man machte bei dem 
Opfer Muftt, damit man feine jchlimmen omina 
hörte; bei Truppenaushebungen und beim Cenſus 
rief man zuerſt ſolche auf, die günftig lautende 
Namen trugen, wie Salvius, Balerius u. dgl. — 
Die zweite Klafje fünftlicher Divination, welche 
fein zufällig fich darbietendes Zeichen benußt, jon- 
dern abfichtlih Offenbarungen jucht, knüpfte bei 
den Römern ihre Weisjagungen an feſt bejtimmte 
Erjcheinungen und wurde als eine wirkliche Kunſt 
nad) traditioneller Wiſſenſchaft durdy dazu berufene 
Körperichaften geübt. Die jo entitandenen In— 
ftitute waren öffentlich fanktioniert und hatten einen 
vielfachen, tief eingreifenden Einfluß auf den Staat; 
fie hatten bei den Römern diejenige Stellung und 
Wirkſamkeit, welche bei den Griechen den Orakeln 
zufam. Dieje öffentlich und inftitutmäßig wirkende 
Divinationsweiie zerfällt in 4 Arten: die Sortes, 
die fibyllinifchen Bücher, die Harufpicien und die 
Augurien. Ihrem Rang und ihrer öffentlichen 


— 
=. 


16 


- 


Bedeutung nach find die legten die wichtigften. 
1) Sortes, Losorakel. Die wichtigften waren 
die zu Pränefte und Cäre. Die Entftehung und 
Befragungsart des zu Pränefte gibt Cicero (div. 
2,41) an. Eichene Stäbchen mit eingejchnittenen 
uralten Buchftaben, in dem Tempel der Fortuna 
aufbewahrt, wurden durch die Hand eines Knaben 
gezogen und darnach die Antwort erteilt. Macrob. 
sat. 1,23. Suet. Cal. 57. Domit. 15. Die sortes 
zu Cäre waren ähnliche Stäbchen. Andent fie ein: 
ichwanden, fiel zuweilen ein Stäbchen aus dem 


Bündel heraus, und die darauf jtehende Jnſchrift 


diente dann als Weisfagung. Lir. 21, 62. 22, 1 


> (sua sponte sortes attenuatae). — 2) Die fibyl: 


linifhen Bücher Tarquinius Brijeus oder 
Superbus hatte von der cumäiſchen Eibylla (deren 
Prophezeiungsanftalt Bergil[ A. 3,441 ff. | beichreibt) 
3 (oder 9) Bücher Weisſagungen erworben, in 
denen man nach angeltellter Unterfuchung Prophe— 
zeiungen über wichtige Vorfälle des römiſchen 
Staats zu finden glaubte. Lactant. 1,6, 7. Gell, 
1, 19. Plin. 13, 18. Zu diejen famen die Orakel 
der Sibylla zu Tibur, die auf dem Anio und Tiber 
nach Rom getrieben worden jein jollen, und die 
fogenannten Bücher der Gebrüder Marcii. Diefe 
carmina Marciana waren in lat. Sprache geichrie- 
ben (Liv. 25, 12), während die fibyllinifchen Bücher 
griechifch abgefaht waren. Xeßtere wurden auf 
dem Eapitol in einem Gewölbe des Jupitertempels 
in einem fteinernen Käftchen aufbewahrt. Als fie 
im %. 84 v. C. durch eine Feuersbrunſt zerjtört 
wurden, machte man aus den überall verbreiteten 
Sprüchen eine neue Sammlung; Auguftus und 
Tiberius nahmen eine neue Sichtung derjelben 
vor. Sie befanden ſich jeit Auguſtus in 2 goldnen 
Schränken unter dem Fußgeftell der Statue des 
Apollo im Tempel des Apollo Palatinus. Suet. 
Oct. 31. Die Aufficht diefer Bücher und die Weis: 
fagung aus denjelben war dem Kollegium der 
Interpretes oder Sacerdotes Sibyllini übergeben, 
das anfangs, wahrjcheinlich ſchon zur Königszeit 
(Liv. 3, 10. 5, 13), aus 2, jeit 367 v. E. ans 10 
(5 Batriciern und 5 Plebejern, vgl. Liv. 6, 37.42), 
unter Sulla und Auguft aus 15 Prieftern bejtand, 
Duumveiri, Decemviri, Quindecemviri sacrorum, 
saeris faciundis. Frei von allen andern Staats: 
dienten hatten fie die Pflicht, auf Befehl des Se- 
nats und in Gegenwart von Magiftratsperjonen 
die heiligen Bücher aufzujchlagen (adire, consu- 
lere, inspicere libros), um die Ausfichten einer 
wichtigen Unternehmung, die von den Göttern 
verlangte Sühnung von Prodigien u. dgl. zu er: 
funden. Liv. 3, 10. 5, 13. 6, 37. 7,27. 10,8. Die 
fibylliniichen Weisſagungen erhielten ihr Anſehen 
jehr lang und genofien jogar jpäter von chriftlicher 
Seite eine gewiſſe Anerkennung. — 3) Haruspi- 
ces oder Aruspices, Opferfchauer, im weiteren 
Sinn Wahrjager und Zeichendeuter. Die Ablei- 
tung des Namens ift unficher; einige führten ihn 
auf fsgooxörog, andere auf haruga — hostia 
zurüd. Sie waren Weisjager aus Etrurien, wo 
man jeit alter Zeit eine ausgebildete Divinations- 
lehre beſaß. Dieje Difeiplin (Etrusca diseiplina) 
war ein göttliches Geſchenk; fie follte von Tages, 
einem Enkel Jupiters (Ov. met. 15, 553), den 
Etruſtern übergeben worden fein und wurde in 
ordentlichen Büchern (libri Tagetici, Etruseci) auf: 
bewahrt. Sie ward in Rom jchon früh aufgenom: 


Divinatio. 


| men und mit dem römischen Auguralweſen vereinigt; 
doch waren die Harufjpices in Nom während der 
ganzen Zeit der Republik feine Römer, jondern 
Etrujfer, weldye man, wenn es not that, aus 
Etrurien holte. Sie ftanden als fremde Mietlinge 
| den aus den vornehmften römischen Familien genom- 
| menen Augurn nicht glei, genofien aber dod) 
große Ehre. In der republifaniichen Zeit bildeten 
die Harufpices Fein WPriefterfollegium; erft der 
Kaijer Claudius gründete ein den übrigen Priefter: 
ſtänden gleiches Kollegium der Haruſpices (Taec. 
ann.11, 16) aus 60 Mitgliedern mit einem Magister 
publiens an der Spike. In diefes Kollegium, das 
bis zur Zeit des Honorius 419 n. E. fortbeftand, 
traten wahricheinlich auch geborene Römer ein. 
Die Hauptgejchäfte der Haruſpices in Rom waren 
a) die procuratio prodigiorum. Prodigien 
fonnten zwar auch durch die Decemviri, Pontifi- 
ces, durch den Senat und durch die Konſuln ge: 
deutet und gejühnt werden, eine höhere Anftanz 
jedoch bildeten die fibylliniichen Bücher und die 
höchfte die haruspices ex Etruria acciti. Lir. 
27, 39. 32, 1. 24, 10. Auch in Brivatangelegen: 
heiten diejer Art wurden die Harufpices bisweilen 
befragt. Ihre responsa fcheinen fie jchriftlich ab- 
gegeben zu haben. b) die ars fulguratoria, 
Die Römer gebraudyten die Harufpices bloß, um 
Dlige zu bejtatten und zu ſühnen. Jeder Blitz 
nämlich, der einen befannten Ort getroffen hatte, 
wurde gelühnt: der Blik wurde begraben, indem 
man das getroffene Erdreich zuſammenfaßte und 
an derjelben Stelle mit einem Feuerftein, dem 
Symbole des Blitzes, einſcharrte; der Ort wurde 
ringsum eingejchlofien, blieb aber oben offen. Daher 
hieß er puteal; auch bidental nannte man ihn 
von dem bei der Sühne gejchladhteten zweijährigen 
Opfertier. Die Klaffe der ———— denen die 
Sorge des Blitzes oblag, hieß fulguratores. Bei 
den Etruffern hatten fie außer der Sühnung des 
Blitzes aud die Beobachtung desjelben; bei den 
Römern aber kam dieſe den Magiftraten und 
Augurn zu. ce) die extispicina, Eingeweide— 
han, welche in Rom in der Zeit vor Eicero die 
in Mifkredit gefommene Vogelſchau verdrängte. 
An dem Opfertier wurde bejunders die mit der 
Galle zufammenhängende Leber, dann die Lunge, 
das Herz, die Netzhaut u. ſ. w. zum Behufe der 
Weisſagung unterjucht. — 4) Augures, Bogel- 
ichauer, in älterer Zeit auch auspices genannt. 
Neben der Beobachtung jonftiger Zeichen war die 
Bogelichau ein Hauptgejchäft der Mugurn. Sie 
bildeten ein angejehenes Priefterfollegium, das von 
Romulns eingelegt und von Numa bejtätigt worden 
jein joll. Romulus wählte 2 (oder 3) Augurn, 
aus jeder Tribus einen, durch Numa famen 2 
weitere hinzu (Liv. 10, 6. Cie. div. 1, 15. r. p. 
2, 14. 26); vielleicht jedoch ift es richtiger anzu: 
nehmen, daß die urjprüngliche Zahl von 3 Augurn 
durch Tarquinius Prifeus verdoppelt wurde. Als 
im %. 300 v. €. durch die lex Ogulnia auch 
Plebejer an dem uriprünglich patriciichen Amte 
Teil erhielten, wuchs die Zahl auf 9 (4 Patricier, 
5 Plebejer); Sulla ſetzte 15 ein (Liv. ep. 89), und 
dieſe Zahl blieb die regelmähige, Julius Cäſar 16 
(Dio Cass. 42, 51). as Kollegium, in dem die 
größte Einigkeit Herrchen mußte, hatte das Necht, 
jich jelbft durch die Wahl neuer Mitglieder zu er- 
| gängen, bis 154 v. E. durch den Bollstribun En. 


18 


1! 


— 


Divisor — 


Domitius Ahenobarbus (lex Domitia de sacer- 
dotibus) die Auswahl aus 3 Denominierten dem 
Volle oder vielmehr einer durch Ausloſung von 
17 Tribus gebildeten Minorität des Volkes über: 
tragen wurde. Die Augurn wurden inauguriert, 
d. h. fie traten ihr Amt nur nach vorausgegangenem 
Augurium an; ein glänzendes Jnaugurationsmahl 
(even aditialie), dem alle Augurn beiwohnen 
mußten, durfte nicht fehlen. Ihr Amt erlofch nur 
mit dem Tode. Ihre äußere Auszeichnung war 
die traben, das Staatskleid, purpurn und fcharlad) 
geftreift, und der lituus, ein fnotenlojer Krumm⸗ 
ftab. Auch hatten fie Yandbejig im vejentijchen 
Gebiet. Die Wiljenihaft der Augurn hieß ius 
augurum oder augurium und war in gewifjen 
Schriften aufbewahrt (Cie. legg. 2, 13. n. d.2, 4); 
ihre Entſcheidungen auf vorhergegangene Anfragen 
(referre ad augures) hiehen decrota oder responsa 
augurum. (ie. div. 1 28. 36. Während 
jedermann zufällige Zeichen —— und erlennen 
konnte, war es das Amt der Augurn, den Willen 
der Gottheit nach Regeln zu erforjchen und Be: 
dingungen auszuſprechen, unter denen die Zeichen 
eriheinen mußten und günftig oder ungünftig 
waren. Dieje Zeichen waren von fünferlei Art: 
signa ex cauelo, ex avibus, ex tripudiis, ex 
quadrupedibus, ex diris, a) Die signa ex 
caelo, die bedeutenditen von allen, waren ful- 
mina, Blitze, fulgura, Wetterleuchten, tonitrua, 
in der Augurnſprache manubiae lovis genannt. 
Cie. div. 2, 18—21. Fest. p. 129 M. b) signa 
ex avibus, Die Bögel zerfielen in oscines, 
folche, die durch ihre Stimme (Nabe, Krähe, Eule, 
Specht, Hahn), und alites, jolche, die durd) ihren 
Flug bedeutjam waren (Adler, Geier). Der Augur 
befragte (consulebat) oder beobachtete jie (serva- 
bat, observabat); beftätigten fie ein begonnenes 
Unternehmen (addicere, admittere, secundare), 
jo hießen jie addictivae, adınissivae, praepetes, 
-ecundae; im entgegengeiehten Fall, wo fie ab- 
dieebant, arcebant, monebant, refragabantur, 
hießen fie adversae oder euphemiftiich alterae, 
e)Diesigna ex tripudiis oder auguria pulla- 
rin, Beichen durch die freſſenden Hühner, traten, 
da jie kurz und bequem waren, vielfach an die 
Stelle der Beobadjtung de caelo und ex avibus; 
fie wurden bei Eomitien und namentlich vor einem 
Krieg und einer Schlacht gelucht, weshalb den 
Feldherrn jedesmal ein pullarius in den Krieg 
begleitete. Der pullarias, Hühnerwärter, hielt 
junge —— (pulli) in einem Käfig eingeſchloſſen; 
wenn dieſe, aus dem Käfig herausgelaſſen, haftig 
auf die vorgetworfene Speije (offa pultis) losftürzten 
und fie jo begierig fraßen, daß aus ihren Schnäbeln 
wieder Stüde auf den Boden fielen, jo war dies 
ein günftiges Augurium und hieß tripadium soli- 
stimum. Cic. div. 1, 15. 2,34. Wenn dagegen die 
Hühner nicht fragen” oder den Käfig gar nicht oder 
langjam verließen oder davonflogen, jo galt dies 
für ein Unglüd verheigendes Zeichen. gi isweilen 
erzwang man ein günftiges Zeichen durch Aus— 
hungern der Hühner oder erlog ein joldhes (Liv. 
10, 40). d) auguria ex quadrupedibus 
oder pedestria, von vierfüßigen Tieren, wenn 
3. B. einem ein Fuchs, ein Hund u. j. w. über 
den Weg lief, wurden mehr als Privataugurien 
betradytet und fönnen, da fie ungejuchte Zeichen 
waren, nur uneigentlich als Augurien gelten, info: 


343 


fern fie von den Augurn auch nach bejtimmten 
Regeln erklärt wurden. Dasſelbe galt e) von den 
Zeichen ex diris. Unter dira (dirus = malus, 
ominosus, gravia mala portendens) verftand man 
jedes zufällige jchlimme Zeichen, das nicht zu den 
4 vorhergehenden gehörte, z. B. Anſtoßen mit dem 
Fuße, Reißen des Schuhriemens, Niefen u. dgl. 
— Die signa ex cnelo und ex avibus mußten 
von einem bejtimmten Ort aus beobachtet werden. 
Man wählte dazu immer einen erhöhten Buntt 
mit weiter Ausſicht; in der Stadt wurden die 
auspicia urbana von dem auguraculum auf der 
Burg aus vorgenommen, Die Zeit der Beobad): 
tung war gewöhnlich um Mitternacht bei heiterem 
Himmel und windftiller Luft. Nach verrichtetem 
Opfer und Gebet begrenzte der Augur mit dem 
lituus das Gebiet (templum) am Himmel und 
auf der Erde, innerhalb dejien er jeine Beobach— 
tungen anftellen wollte (templum capere, facere), 
und weihte es. In dieſem Raume jchied er wieder 
ein engeres templum ab zur Aufſchlagung feines 
Zeltes (tabernaculum capere), das mit Pfählen, 

pießen, Leintüchern und Brettern eingezäunt ward 
(locus saeptus, templum linteatum) und nur 
Einen Ausgang haben durfte. Daun jegte er ſich 
mit verhülltem Haupte nieder und erwartete die 
Zeichen. Nach etruſtiſcher Diſeiplin richtete der 
Augur ſein Antlitz nach Süden, ſo daß der Oſten, 
die Seite des Lichts und des Glückes, ihm zur 
Linlen, der Weſten, die Seite der Finſternis und 
des Unheils, zur Rechten war. Die glücklichen 
Zeichen waren alſo sinistra, die unglücklichen dextra. 
Verg. A. 2, 693.9, 631. Op. fast. 4, 833. Bei 
den griechiichen Scheru war es umgekehrt; fie wen— 
deten ſich mit dem Angeficht gegen Norden, jo daß 
ihnen aljo die rechte Seite Glüd, die linfe Unglüd 
brachte; und diejer Sprachgebraudy findet ſich auch 
uf bei römischen Dichtern. Hor. od. 3, 27, 15. 

ei den Aufpicien war eine Hauptiache das silen- 
tium, daß alles in Stille und ohne irgendwelche 
Störung vor fi ging. Außer der Beobachtung 
(spectio) gehörte aber zum Geſchäfte des Augurs 
die nuntiatio, die Verfündigung des Beobachteten, 
welche, wenn fie unglüdlid) und hemmend war, 
obnuntiatio, hieß. — Bgl. Marquardt und Momm— 
jen, Handbuch der römijchen Altertümer, Bd. 6 
(2. Aufl. 1886). — 11) Divinatio im juriftiichen 
Sinne ift die richterliche Unterjuchung darüber, 
weldyem von mehreren Anflägern vor Gericht die 
Anklage zu übertragen ſei. Die andern, welche 
ebenfalls diejelbe Anklage anftellen wollten, wurden 
von dem Oberrichter entweder zurückgewieſen oder 
erhielten die Erlaubnis, fid) al$ subscriptores (j. 
Subscriptio) anzureihen. Much die Rede, welche 
die zukünftigen Ankläger hielten, um ihre An: 
iprüche auf die Anklage geltend zu machen, hieß 
divivatio, z. B. die Rede Ciceros gegen Cäcilius 
welcher fich auch als Ankläger des Verres gemel: 
det hatte. 

Divisor. Als bei den Wahlcomitien Bejtech- 
lichkeit einrig, machten manche Leute ein Gejchäft 
daraus, für die Kandidaten die Stimmen zu er 
faufen. Sie jchloffen mit den Kandidaten einen 
Accord und übernahmen das ganze Gejchäft gegen 
eine vorher ausgemachte Geldjumme; ſ. Amli- 
tus, Interpres und Sequester. 

Divitiäeus, 1) beim Anfang des gallifchen Krie— 
ges das Haupt einer Partei unter den Aduern, 


Divitiacus. 


zu 


344 


mußte eine Zeitlang feinem Bruder Dumnorig, 
der an der Spike der nationalen Partei fich mit 
den Helvetiern und Arioviſt verband, nachitehen, 
hob ſich dann aber wieder durch engen Anichluß 
an Cäſar und die Römer. Nach Befiegung der 
Helvetier bat er im Namen vieler Bölfer um 
Unterftüßung gegen Wriovift uud nahm teil an 
diejem Kampfe, jowie im folgenden Jahre am Kriege 
gegen die Belgier. Später jcheint er fein Anjchen 
wieder verloren zu haben. Caes. b. g. 1,16 ff. 2, 5. 
10. 14f. 6, 12. Als er ſich in Rom aufbielt, hatte 
er Ciceros Belanntichaft gemacht, der ihn dir. 
1, 41, 90 als Druide bezeichnet. — 2) ein mäch— 
tiger König der Sueffionen, bei Cäſar (b. g. 2, 4) 
erwähnt. 

Divodürum, jpäter Mediomatrici, Hauptftabt 
der Mediomatrifer im belgiichen Gallien an der 
Moſella, im Mittelalter Metis oder Mettis, daher 
jept Metz. Tac. hist. 1, 63. Amm. Mare. 15, 1.17,1. 

Divortium (von disverto, auseinandergehen, 
daher die Nebenform divertium) h. eigentlich die 
Eheicheidung, welche von beiden Seiten ausging, 
im Gegenjaß von repudium d. h. einfeitiger Auf— 
löſung. Bon jeher galt in Nom, von feiten bes 
Mannes, völlige Freiheit der Eheicheidung, mit 
Ausnahme der patriciichen onfarreationsehen, 
welche urſprünglich unauflöslich waren (Dion. Hal. 
2, 25), bis auch für diefe auf Grund eines Ber: 
brechens der Frau die diffarreatio als Eheichei: 
dungsform eingeführt wurde. Nur die confarreier: 
ten Ehen der Briefter blieben für alle Zeiten un- 
auflöslih. Obwohl aber die Scheidungen geftattet 
waren, jo ſah man doch die Ehe für etwas jo 
Heiliges an, daß diejelben nur im alle der ftrengiten 
Notwendigleit vorfamen. E83 eriftierten rechtliche 
Sceidungsgründe (Plut. Rom. 22), und das Fa: 
miliengericht hatte darüber zu unterjuchen. Wer 
diejes hintanjegte und fich leichtfinnig trennte, erlitt 
eine cenforifche Nota. Val. Max. 2,9, 2. Auch 
die XII Tafeln ſprachen von den Scheidungen, 
ohne daß wir die Beftimmungen kennen. Cie. Phil. 
2, 28. Troßdem erzählen mehrere Schriftfteller, 
daß die erfte Eheicheidung in Rom erft 234 v. C. 
vorgefommen jei (Gell. 4, 3. 17, 21. Val. Max. 
2, 1,4), was aus vielen Gründen unmöglich ift. 
Man muß vielmehr annehmen, daß diefe Scheidung 
die erfte ohne BVerjchuldung der rau vollzogene 
Trennung war, woraus man jpäter die abjolut 
erfte machte. Seitdem trat Rillfür an die Stelle 
der alten Zucht und Sitte, Miffallen oder ber 
Wunjc eine neue Ehe einzugehen genügten. Sulla 

at 5, Cäſar 4, Pompejus 5, Antonius außer der 
leopatra 4 Frauen gehabt, und Giceros Tochter 
3 Männer. Cicero jchied fich von feinen beiden 
Frauen ohne bejondere Beranlaffung. In der 
Kaiferzeit wurde e8 noch jchlimmer. Die Frauen, 
welche nach und nach ebenfalls das Recht, fich zu 
fcheiden, erlangt hatten, machten davon in derjelben 
leichtfinnigen Weife Gebrauch. Es gab jedod) ver: 
mögensrechtliche Nachteile für den jchuldigen Teil, 
j. Dos und Prozefs, 28. Unter den chriftlichen 
Kaiſern trat größere Strenge und Beichränfung 
der alten Scheidungsfreiheit ein. — Die Formen 
der Scheidung waren, abgejehen von der diffarrea- 
tio, urfprünglich wohl nicht gejeßlich ag ee 
Der Mann jagte zur frau: res tuas tibi habeto 
oder agito, foras exi u. dgl. Auch Fündigte man 





Divodurum — Joxıuacie. 


Auguſt zur gejeblihen Form erhob, und was im 
Beiſein von 7 Beugen geichehen mußte. Endlich 


ſchickte man die Scheideformel jchriftlih (libellus 
divortii). — Remancipatio ift nur Auflöſung 
der manus, |. d. 

Diyllos, Sivilos, aus Athen, ſetzte die allge: 
meine Geſchichte des Ephoros von 357 bis 336 
und in einem andern Werke bis 296 v. E. fort. 
Val. Müller, fragm. bist. Graec. II p. 360 f. 

Doctor. Wer andere etwas lehrte, hieß in 
fpäterer Zeit bei den Römern doctor oder pro 
fessor; namentlich auf die Lehrer der Philofophie 
(Tac. ann. 14, 52. 16, 34) und der Grammatif 
(Suet, gramm. 1), fowie überhaupt der freien 
Kiünfte (liberalium artium, Suwet. Caes. 42) an: 
gewandt. Auch beim Heerweſen hießen jpäter die, 
welche die Refruten in —* und Schwenkungen 
einübten, doctores, 3. B. cohortis, sagittariorum, 
auch armorum doctores oder campidoctores. 

Dodöna ſ. Epeiros. 

Dodonalisches Orakel ſ. Zeus, 4. 

Aoxıuaote ift die Prüfung der Befähigung 
jemandes zu einer gewilien Stellung im Staate 
oder in der Bollsgemeinde. Sie findet z. B. ftatt 
bei der Aufnahme in das Andıngyınör, wobei 
unterfucht wurde, ob der Aufzunehmende Anſprüche 
auf das Bürgerrecht habe, ob er alſo von bürger: 
lihen Eltern abftamme u. j. w. (daher doxıu«- 
oHdijwaı joviel wie zig Ardpag Lyyodpestaı). 
Bejonders wichtig war in Athen die Dokimafie 
der Beamten. Diefelbe fand nach der Wahl vor 
Antritt des Amtes vor dem Rate oder vor einem 
Serichtshofe ftatt. Bei den Archonten (ob audı 
bei andern Behörden, iſt ungewiß) kommt ein 
doppeltes Verfahren vor, zuerft vor dem Kate, Es 
wurden dem Kandidaten gewifle Fragen vorgelegt 
(rangiveww); beantwortete er diejelben nicht ge: 
nügend, oder bezweifelte ein Kläger feine Berech— 
tigung, jo wurde die Sache an einen Gerichtshof 
en der jchließlich über die Zulaſſung des 
Kandidaten entichted. Das Verwerfen besjelben 
hieß dmodonnageır. Die vorgelegten Fragen be: 
zogen ſich durchaus nicht auf die individuelle Be: 
fähigung zu dem anzutretenden Amte; dieje wurde 
vielmehr in dem demofratiichen Athen bei jedem 
Bürger vorausgeſetzt und Fonnte bei der Übung 
und Kenntnis, die die Öffentlichteit des Staats: 
lebens einem jeden verjchaffte, und bei der verhält: 
nismäßig geringen Bedeutung und Wirkamfeit 
der einzelnen Zweige der vielfach zerjpaltenen 
obrigfeitlichen Gewalt im allgemeinen wirklich vor: 
ausgejegt werden. Nur bei Amtern, die eine be: 
ſondere technische Fertigkeit und Erfahrung voraus: 
legten, wie 3. B. die militärischen Amter, mögen 
die vorgelegten fragen auch vielleicht auf die 
bejondere Befähigung des Kandidaten zu dem be: 
ftimmten Amte ſich bezogen haben. In der Regel 
aber juchte man durch die Prüfung nur zu ermitteln, 
ob der Ermählte die zur Übernahme eines Amtes 
notwendigen bürgerlihen Eigenichaften habe: ob 
er von bürgerlichen Eltern abftamme (bei den 
Arhonten wurden früher bürgerliche Eltern und 
Großeltern, eine echte Abftammung Fa reıyorias, 
erfordert), ob er gewiſſen Staatsfulten (des Zeus 
Herfeios und des Apollon Patroos) zugethan jet, 
ob er die geſetzmäßigen Kriegsdienfte geleiftet, ob er 
im vollen Befite der bürgerlichen Rechte (nicht 


die Ehe mündlicd dur einen Boten auf, was |“rıuog) ſei, ob er das geſetzmäßige Alter (bei den 


Dolabella — 


345 


Dominus, 


Mitgliedern des Rates das dreißigſte Jahr) erreicht | genommen, aber in der jorgjameren juriftiichen 


habe u. ſ. w. In der älteren Zeit Fam bei den 
Archonten noch die Frage nad dem Vermögen 
hinzu, die natürlich jeit Arifteides, durch den die 
Befähigung zum Archontat auf alle Klafjen aus: 
—— wurde, fortfiel. Auf die Dokimaſie der 

eamten beziehen jih 3 im Genate gehaltene 
Reden des Lyſias, gegen den Euander, der zum 
Archon gewählt war, jowie gegen Philon und für 
Mantitheos, beide zu Mitgliedern des Rates er: 
wählt. Bol. Meier und Schömann, att. Prozeß 
©. 235 ff. der 2. Aufl. — Zu erwähnen ift noch 
die doxıuao/a Inröowr. Die Redner wurden zwar 
in feiner ®eije zu den Beamten gerechnet, da jeder, 
der fich dazu für berufen hielt, vor dem Volke 
auftreten durfte. Doc war dies Auftreten nur 
dem geftattet, der im Bollbefig der bürgerlichen 
Hechte (Erirıuos) war. Wer nun durch richter: 
liches Erkenntnis &rıuog geworden war und fich 
dennoch öffentliches Auftreten in der Bolfäver- 
jammlung erlaubte, gegen den fonnte eine Endeiris 
angewendet werden (vgl. ’Arında). Wer dagegen 
eine Handlung begangen hatte, die gejeßlich Atimie 


nach ſich zog, ohne daß er jedoch durd; Richter: | 


ſpruch ſchon mit dieſer Strafe belegt war, gegen 
den fonnte eine drayyeklc dorıuasiag angeftellt 
werden, wenn man 3. B. behauptete, daf; er fich 
der jchlechten Behandlung der Eltern (ndrwaıg 
yov£or), der Feigheit (Seide) oder anderer mili- 
tärifcher Bergehen jchuldig gemacht, daß er fein 
väterliches Erbgut (r« margoa) verichwendet habe 
u. ſ. w. Angekündigt wurde dies Verfahren dem 
Redner von dem Ankläger in der Bollsverjamm- 
lung; bis nad ausgemachter Sache mußte fich der 


Redner mwahrjcheinlich des Auftretens enthalten. | 


Die einleitende Behörde waren die Thejmotheten. 
Die Folge für den jchuldig befundenen Bellagten 
war offenbar, daß die wegen der vorgeworfenen 
Handlung ihn treffende Atimie jet gerichtlich gegen 
ihn ausgeſprochen wurde. 

Dolabella j. Cornelii, 21—24. 

Doliche, Jollyn, 1) Stadt einer Tripolis im 
nörblichften Teile von Theffalien an der Weſtſeite 
des Olympos, wahrjcheinlich beim heutigen Kaftri. 
Liv. 42, 53. 44,2. — 2) Stadt der Laubichaft 
Kommagene in Syrien, berühmt durch warme Bäder 
und den Tempel des Zeus Dolichenos; ſpäter 
Dulut. — 3) = Dulichion, ſ. Echinades, 

4oAıyos |. Gymnasium, Gymnastik. 

Doliönes, Jolloveg, eine myſiſche Wölferichaft 
bei Kyzikos zwijchen den Flüffen Aiſepos und 
Rhyndakos. Sie nahmen die Argonauten liebreich 
auf und lieferten ihnen dann durch Mifverjtändnis 
bei nächtlicher Weile eine Schlacht. Apoll. Khod. 
1, 936 ff. Strab. 12, 575. Plin. 5, 40. 

Dolium, ein irdenes großes, fürbisförmiges 
Beingefäß, aus welchem der Wein nad) vollendeter 
Gärung in die Amphoren (ſ. d.) abgezogen (de- 
fundere) wurde. Hölzerne Fäſſer famen erſt auf, 
nachdem man bieje in Gallien kennen gelernt hatte. 
Plin. 14, 21. Bgl. auch Vasa, 2. 

Dolon j. Diomedes,. 

Dolöpes j. Graecia, 10. 

Dolus, ein Wort, das auch in ber griechijchen 
und oſtiſchen Sprache erfcheint, ift im Lateinijchen 
vox media und wird daher mit den Prädifaten 
bonus und malus verbunden bis in das 5. Jahrh. 
d. St. Seitdem wird e3 in dem Sinne der Arglijt 








Sprache als dolus malus bezeichnet, bis aud) 
* die nachläſſige Redeweiſe Eingang fand. Eine 

efinition des Sulpicius Rufus ſteht bei Ulpian 
(Dig. 4, 3,1. 52; machinatio quaedam alterius 
decıpiendi causa, cum aliud simulatur et aliud 
agitur, oder des Labeo: est omnis calliditas, 
fallacia, machinatio ad circumveniendum, fal- 
lendum, decipiendum alterum adhibita. Er: 
weitert wurde der Begriff, al$ man ihn der bona 
fides entgegenftellte und damit alles bezeichnete, 
was den Forderungen der bürgerlichen Sitte über 
Treue und Nedlichkeit wiberftreitet. Die jebigen 
Juriften haben darin den Betrug gefunden; mit 
Unrecht, weil dies den Begriff zu eng faht. Wichtig 
ift die Lehre im Obligationenrecht, weil dolus zum 
Erſatz des Schadens verpflichtet. Im Kriminal- 
recht ift dolus malus mehr der rechtswidrige Vor: 
fat und die böje Abjicht als die Handlung jelbit. 
Bei den meijten Vergehen fam jchr viel darauf 
an, ob fie mit oder ohne dolus verübt waren, 
d. h. ob die böje That beabfichtigt war, oder ob 
fie eulpä oder casu geihah; die Strafe richtete 
fi ganz nach der Abjicht. 

Dominium, Eigentum und Eigentumsrccht. 
Diefes hatte urfprünglich nur der römische Bürger, 
weil diejfer allein commercium bejaf (. d.), und 
man nannte dasjelbe dominium iustum, ex iure 
Quiritium. Dem echtrömijchen Eigentum ftand 
das natürliche gegenüber, dominium in bonis 
genannt, das Eigentum der Peregrinen, welche 
des ftrengrömifchen nicht fähig waren. Die ältefte 
Eigentumsflage ift die vindicatio (j. d.), neben 
welcher noch andere eingeführt wurden. 

Dominus, der Herr, wird bald von dare 
(geben), bald und richtiger von domare (daude, 
janjfr. dämjämi [zähmen]) abgeleitet; die von 
Fest. p. 67 M. überlieferte Form dubenus jcheint 
verichrieben aus dumenus, Nach urjprünglicher 
römifcher Anſchauung konnte jemand Herr nur 
über Sachen fein (vgl. Dominium), und da die 
SHaven als ſolche galten, ftand der dominus den 
servis gegenüber. In den früheften Zeiten waren 
auch die Kinder im wirklichen dominium des 
Vaters, daher ift die Sitte, daß Väter fich von 
ihren Kindern dominus nennen lichen, wie wir 
fie von Sueton (Oet. 53) und Martial (1, 82) 
erwähnt finden, gewiß eine uralte. Als in der 
Kaijerzeit die feinere griehiihe Bildung immer 
mehr alle Umgangsverhältnifie durchdrang, wurde 
dominus und domina gewifjermaßen als blofjes 
Formwort zunächſt im vertraulichen Umgange von 
Brüdern gegen Brüder (Sen. ep. 105), von dem 
Manne gegen die Frau (Suet. Claud. 39) und 
umgefehrt (Verg. A. 4, 214) gebraucht, wie auch 
bei den Griechen die Gattin dzsroıre hieh; doc 
auch in fremderen Berhältniffen nannten Männer 
die erwachjenen Qungfrauen domina, xvol«, und 
grüßten ſich fernftehende Belannte mit der all: 
gemeinen Anrede dominus, auch domine frater 
(Sen. ep. 3). — Namentlid) war e3 aber in der 
Kaijerzeit das Streben niedriger Schmeichelei, die 
Imperatoren mit diefem Namen als die einzig 
würdigen Herren zu ehren. Auguſtus und Tibe- 
rius verbaten fich aufs ftrengfte folche Bezeichnung 
(der eritere durch ein eigenes Edilt, Suet. Oct. 53) 
als eine Beihimpfung, da fie nicht über Sfaven, 
jondern als principes über freie Römer herrichen 


346 Domitianus 
wollten. Zac. ann. 2, 87. Suet. Tib. 27. Caligula 
ichon lieh ſich diejen Titel gern gefallen (Dio Cass. 
59, 3), Domitian verlangte ihn (Swet. Dom. 13), 
und die meiften Nachfolger (Nurelian und Julian 
verbaten fi) ihn) nahmen ihm ohne weiteres au; 
jelbft Trajan, von dem Plinius (pan. 2. 7. 45. 55) 
jo jehr die Unterjcheidung der dominatio und des | 
principatus, des princeps und dominus rühmt, 
wird im allen Briefen von demfelben (ep. 10) 
domine angeredet. Auf Münzen kommt die Be: | 
zeichnung des Kaiſers als dominus erft jeit Cara: 
calla vor. 

Domitiänus, T. Flavius, geb. 51 u. G., 
wurde unter der Regierung feines Baters Veſpa— 
ſianns und feines Bruders Titus, die jeinen leiden: 
Ichaftlihen Ehrgeiz fürchteten, in mannigfacher 
Weiſe zurückgeſetzt und von wichtigeren Staats: | 
geichäften ferngehalten. Durch jolche Behandlung | 
erbittert und mißtrauiſch gemacht, folgte er feinem | 
Bruder Titus als Kaiſer (14. September 81 bis 
18. September 96) und führte die Zügel der Herr: 
ſchaft mit autofraticher Strenge und Härte. Ent: 
ichlofien,, der Sleichberechtigung von Fürſt und 
Senat ein Ende zu machen, übernahm er 84 die 
Cenſur und befleidete fie bis zu jenem Lebens: | 
ende. Dio Cass. 67, 4. 53, 18. Da er fich bier- 
durch das Recht der lectio senatus wahrte und 
fomit dieje Körperichaft nach Belieben zujammen: 
feßen fonnte, jo war es um die Bedeutung Des 
Senats geichehen, der deshalb dem Kaiſer be: 
ftändig Oppofition machte und fein Regiment haßte. 
Suet. Dom. 23. Plin. ep. 1, 12. pan. 48. Bei 
diefer im Innern herrſchenden Mißſtimmung juchte 
der Herrſcher eine Ableitung durch äußere Kriege: 
durch fie hoffte er fein Regiment zu ftärfen und | 
zu fichern. Britannien verwaltete (jeit 78) der 
Schwiegervater des Tacitus, Agricola (ſ. d.), der 
eine Reihe von Feldzügen bis zum J. 85 unter: 
nahm, in weldem er von D. abberufen wurde. 
D. jelbft zog von Gallien aus, wohin er ſich an: 
geblich zur Abhaltung eines Genjus begeben hatte, 
84 mit Erfolg gegen die Chatten. Dio ass. 67,5. 
Suet. Dom. 6. Aur. Vict. 11. Eutr. 7, 23. Auch | 
an der Donau gab es Kämpfe zu beftchen. Am 
J. 86 drangen die Daker, geführt von Decebalus 
(Dio Cass. 67, 6), in Möfien ein. Gegen fie, ſowie 
gegen die gleichzeitig ſich erhebenden Quaden, Mar: 
fomannen, Sueben und Sarmaten (Jazygen) waren 
die Römer wenig glüdlich: D. war gezwungen, 
zunächſt mit den Dafern Frieden zu ſchließen, in 
weldiem er dem Könige Decebalus Arbeiter, Geld 
und wie es jcheint Handelsverkehr bewilligte, wo: 
für diefer Bafall des Kaifers wurde. Dio Cass. 
67, 7. Martial. 5, 3. 6, 10. Dieſem Friedens— 
Ichlufje folgte ein weiterer mit den Quaden, Mar: 
fomannen und Jazygen, der für D. ebenfalls nicht 
ungünftig gewejen zu fein jcheint. Im Reichs— 
regiment hat fid) D. durchaus als kluger und that: 
kräftiger Herricher 
fi, entjprechend jeinen ——— Grundſätzen, 
in jeder Beziehung Selbſtändigkeit und nie hat er, 
ſich von Günftlingen leiten 2* Städtiſche wie 











Provinzial-Beamte mußten beſtändig ſeiner ſtrengen 


Kontrolle gewärtig ſein, und die Geſchworenen- 
gerichte wurden ſorgfältig von ihm überwacht. | 
Eine peinlich geübte Polizeiaufſicht mußte jeinen 
mancherlei Mafregeln Geltung verſchaffen. Dabei 
befferte er die Finanzen des Reichs, machte große | 


gezeigt. Bor allem bewahrte er 


— Domitii. 


Geſchenke an das Boll (Dio (ass. 67, 4. 8f. Suet. 
Dom. 4. 9), gab demjelben glänzende Spiele und 
erübrigte auch noch Geld zu koftipieligen Bauten 
(Suet. Dom. 5) und zur Erhöhung des Soldes 
feiner Truppen. Suet. Dom. 7. Zonar. 11, 19. 
Doch alles dieſes vermochte nicht die Oppoſition 
der durch D. machtlos gewordenen ſenatoriſchen 
Kreiſe zu erſticken. Wuchs ſchon hierdurch das 
Mißtrauen des Kaiſers, ſo wurde dieſer geradezu 
zum Menjchenfeinde nach dem Aufftande des Sa: 
turninus. Suet. Dom. 10. Aur. Viet.ep. 11. Jetzt 


‚wurde gegen die ariftofratiiche Oppofitionspartei, 


der aud die griechiſchen Philojophen angehörten, 
mit Ausweiſungen und Hinrichtungen vorgegangen 
(Dio Cass. 67,13. Zonar. 11,19. Tac. Agr. 2. 45. 
Plin. pan. 47. ep. 1,5. 3, 11 u. ö.), jept fanden 
Delatoren wieder ein reiches Feld für ihre ehrloje 
Thätigkeit, und Majeftätsprozeffe waren an der 
Tagesordnung. Doc wurde dem Kaiſer ſchließlich 
nicht von der Wriftofratie, jondern vom Hofe der 
Untergang bereitet. D. hatte jchon früher (Jan. 96) 
jeinen_ des Hochverrats verdächtigen Better la: 
vius Sabinus (Dio (ass. 67, 14. Suet. Dom. 15), 
ueuerdings deſſen Bruder Flavius Clemens (Suet. 
Dom. 10) ermorden laflen. Sept fürchtete die 


‚Kaijerin Domitia Augufta, deren Liebhaber, der 


Tänzer Paris, auf des Herrichers Geheiß getötet 
worden war, für ihr Leben, obwohl D. fie wieder 
zu Gnaden angenommen hatte. Dio Cass. 67, 3. 
Zonar, 11, 28. Suet. Dom. 3. Sie ftiftete eine 
Verſchwörung, die Teilnehmer derjelben überfielen 
den Kaiſer und ermordeten ihn. Dio Cass. 67,15 ff. 
Zonar. 11, 19. Suet. Dom. 14. 17. Eutr. 7, 23. 
— Der Litteratur wendete D. reges Intereſſe zu. 
Selbſt Dichter (Suet. Dom. 2. 18), pflegte er Um— 
gang mit Statius und Martiali$ und wurde als 
freund der Litteratur von Walerius Trlaccus, 
Silius Italieus und Duintilian verherrlicht. Mo: 
nographie von Imhof (1857). Bgl. Schiller, Geich. 
der röm. Naiferzeit |, 2 ©. 520—538. 
Domitii, eine anjehnliche plebejiihe Familie 
‚mit den beiden Sauptzweigen der Ahenobarbi 
‚und Calvini. A. nr mertwürdigiten Männer 
aus bderjelben find: I. Ahönöbarbi (ahenea 
barba, rötlicher Bart, nad) einer mythiſchen Er: 
zählung von einem Beftätigungszeichen, das die 
Dioskuren für den Sieg am Negillerjee gegeben 
._ jollten, Suet. Ner. 1 f. Plut. Aem. Paul. 25): 
‚ En. Dom. Ahenob., weihte als curulischer 
bir 194 v. E. einen Tempel des Taunus (Liv. 
33, 42) und führte Krieg mit den Vojern, bis ihr 
Sand verwüjtet und die Unterwerfung erzwungen 
war (daſ. 35, 22. 40. 36, 37). — 2) Sein Sohn, 
En. Dom. Ahenob., war 167 v. E. unter den 
Abgeordneten, die mit 2. Ämilius Paulus die 
Angelegenheiten in Mafedonien oröneten. Liv. 
45, 17. — 3) Sein Sohn, En. Dom. Ahenob., 
Konſul 122 v. C., belämpfte ſiegreich die Allo— 
broger und Arverner (Cic. Font. 12, 26), zum Teil 
mit Hülfe feiner die Feinde ichredenden Elefanten. 
' Vell. Pat. 2, 10. Als Cenſor ftieh er 115 un— 
würdige Mitglieder aus dem Senate (Cie. Cluent. 
42, 119. Liv. ep. 62); von ihm war aud) die via 
Domitia in Gallien angelegt. Cic. Font. 4, 8. 
— 4) Sein Sohn, En. Dom Ahenob., Konjul 


96 v. C., gab als Tribun 104 die lex de sacer- 


dotiis, wonach die Priefterftellen nicht mehr durch 
Kooptation von den Priejtertollegien, jondern vom 


Domitii. 347 


Volke durch 17 erlofte Tribus bejegt werden follten 
(Cie. Lael. 25, 96 und daſ. Senffert; leg. agr. 
2, 7, 17), nachdem ein ähnlicher Borjchlag des 
Tribunen €. Licinius Craſſus an der Behauptung 
des Augurs E. Yälius, daß derjelbe auf die Ent: 
weihung der religio sacrorum ausgehe, geicheitert 
war. Vell. Pat. 2, 12. 
M. Amilius Scaurus ſ. Cie. Deist. 11, 31. Val. 
Max. 6,5,5. Wis Eenfor mit 2. Eraffus, dem 
berühmten Redner, 92, erließ er ein Edift gegen 
die neu erftandenen lateinischen Rhetorichulen als 
ludos impudentine (Plin. 17, 1. Gell. 15, 11) 
und ward mit jeinem Kollegen in eine altercatio 
verwidelt, bei welcher diejer ihm os ferreum und 
cor plumbeum vorwarf. Cie. Brut. 44, 164, Suet. 

'er. 2. — 5) Sein Bruder, 2. Dom. Ahenob., 
Konful 94 v. E., befämpfte den Tribunen Satur: 
ninus 100 und wurde als Sullaner auf Marius’ 
Befehl durch den Prätor Damafippus in der curia 
Hostilia ermordet. Val. Max. 9,2, 3. Flor. 3,21. — 
6) Deſſen Sohn, En. Dom. Ahenob., Schwieger: 
john des Einna, von Sulla 82 v. E. als Maria: 
ner geächtet, ftellte zu Elupea in Afrika fich an die 
Spitze jeiner geflüchteten Parteigenoſſen, fiel aber, 
von Pompejus bei Utica bejiegt, in den Border: 
reihen fämpfend. Plut. Pomp. 10ff. Val. Max. 
6, 2,8. — TI) LE. Dom. Ahenob. (Sohn von 
Nr. 4), Freund Eiceros, Konful 54 dv. E., vir 
neque satis constans et ingenio truci (Suet. 
Ner. 2), ®atte der Porcia, der Schweſter des 
Cato Uticenfis, unverjöhnlicher Feind Gäjars, zu 
deffen Nachfolger in Gallien er beftimmt ward. 
Caes. b.c. 1,6. Er jammelte ein Heer zu Corfi— 
nium in Sammium und wollte zu RBompejus in 
Apulien ftoßen, was aber durch Pompejus' Aus- 
bleiben und Cäſars Dazwiſchenkunft vereitelt ward. 
Seine Truppen unterhandelten für fich mit Cäſar 
und erhielten freien Abzug. Er fiel in Cäſars 
Hände, der ihn großmütig ſamt der Kriegstaffe 
entlich (daj. 16 ff.). Bei Pharlalos ſtand er dem 
Antonius gegenüber auf dem rechten Flügel, floh 
aber bei dem Siege Cäjars aus dem Lager auf 
eine Anhöhe, wo die Neiter des Antonius ihn ein: 
holten und niederhieben (daſ. 3, 99). Cie. Phil. 
2,29, 71. App. b.c.2,82. — 8) Sein Sohn, 
En. Dom. Ahenob., nahm an den legten Schid: 
falen feines Vaters bei Corfinium und Pharjalos 
teil, erhielt aber von Cäſar Erlaubnis zur Rüd- 
fehr nach Stalien. Bier ſchloß er fich der Ver— 
ihwörung gegen Cäſar an (Cie. Phil. 2, 11, 27) 
und folgte jpäter dem Brutus nach Makedonien. 
Suet. Ner. 3. Als Anführer der Flotte im Joni— 
ſchen Meere vernichtete er die Schiffe der Trium: 
virn gänzlich, überlieferte aber nad) der Schlacht 
bei Philippi die von ihm befehligte Flotte dem 
Antonius, mit dem er fid) durch Vermittelung des 
Aſinius Pollio ausgejöhnt hatte. Er verlieh ihn 
jedoch wieder, als er jein Verhältnis zur Kleo— 
patra fennen lernte, und ging zu Octavian über, 
ftarb aber bald nadıher. Tac. ann. 4, 44. Suet. 
Ner. 3. App. 4, 86ff. 115f. Dio Cass. 50, 13. 


Uber jeinen Streit mit 


fand vor. Die Cass. 55, W. Tuc. ann. 1,63. 4, 44. 
Er war anmahend und roh und gab Gladiatoren: 
ipiele mit beifpiellofer Graufamleit. Suet. Ner. 
4.6. Er jtarb 25 n. C. — 10) Sein Sohn, En. 
Dom. Ahenob., Gemahl der jüngeren Agrippina, 
der Tochter des Sermanicus, Bater des Kaiſers Nero, 
verwaltete als Profonful Sicilien und war ein 
höchft verworfener Menſch. Suet. Ner. 6. 
Il. Calvini: 1) En. Dom. Calv. Marimus, 
Konſul 283 dv. E., jchlug mit feinem Amtsgenofien 
Dolabella die verbündeten Sennonen, Bojer und 
Etruiter völlig, die großen Schreden in Rom ver: 
breitet hatten. Später war er aud) Diltator und 
der crite Cenſor aus plebejiihem Stande (280). 
Pol. 2, 195. — 2) En. Dom. Calv., Konful 
53 dv. E. mit M. Balerius Meffalla, nachdem eine 
frühere Bewerbung nach geübter Bejtechung fehl: 
geſchlagen war. ic. ad Att. 4, 16. Anhänger 
Gäjars, befehligte er in der Schlacht bei Pharſalos 
das Mitteltreffen (Caes. b. c. 2, 42. 3, 34. 78. 89) 
und ward nad) derfelben als Statthalter Cäfars 
vom König Dejotarus unterftügt, bei deſſen im 
%. 45 von Cicero geführter Berteidigung er zu: 
egen war. Cic. Deiot. 5, 14. 11,32. Während 
Säfar in Ägypten beichäftigt war, wollte er Mithri: 
dates’ Sohne Pharnafes, dem Könige des bojpo: 
ranischen Reichs, der erobernd durch Kolchis nad) 
Kleinarmenien, dem Lande des Dejotarus, und 
Kappadokien vorgedrungen war, auf Dejotarus’ 
Bitten entgegentreten, wurde aber mit leßterem zu— 
fammen bei Nifopolis geichlagen. Dio Cass. 42,16, 
Caes. b. Alex. 34 ff. 65ff. App. b. e. 2, ©». 
Mithr. 120. Darauf führte er die flotte der 
Triumvirn im Joniſchen Meere, die (j. Domitius 
Ahenobarbus, 8.) verloren ging, und befämpfte 
in Spanien die aufftändiichen Gerretaner, wofür 
ihm, wenn auch erft jpät, die Ehre eines Triumphes 
zu teil ward. Dio Cass. 48, 42. — B. Inter 
den bemerkenswerten Frauen diejer Familie find 
folgende zu nennen: 1) Domitia, Tochter des 
2. Dom. Ahenob. (Nr. 7), Tante des Kaiſers Nero, 
der fie im hohen Alter vergiften lich, um fich ihres 
Vermögens zu bemächtigen. Suet. Ner. 34. Teac. 
ann. 13, 19. — 2) Ihre — Dom. Lepida, 
Mutter der Meſſalina, wurde auf Anſtiften der 
Agrippina hingerichtet. Suet. Ner. 7. Claud. 26. 
Tac. ann. 11, 37. 12, 64 $. — 3) Flavia Dom. 
(Domitilla), eine Freigelafiene, Gemahlin des 
Veipafian und Mutter des Titus und des Do- 
mitian, ftarb, noch ehe ihr Gemahl Kaifer wurde. — 
4) Dom. Longina, Tochter des Eorbulo, die 
ichöne, aber ausjchweifende Gattin Domitians, die 
von ihm wegen ihres Umgangs mit dem Tän- 
zer Paris eine Zeitlang verftoßen ward mud 
ſpäter eine Verfchwörung des Petronius zur Er- 
mordung des Kaiſers veranlahte. Dio Cass. 66, 3. 
26. 67, 3. 15. — Andere, nicht zur gens Domitia 
gehörige, Domitier find: 1) Dom. Ufer f. Afer. 
— 2) 8 Dom. Nurelianus j. Aurelianus. 
— 3) En. Dom. Eorbülo, Bruder der Eäjonia, 
der Gemahlin des Kaifers Caligula, ausgezeichneter 


— 9) Sein Sohn, L. Dom. Ahenob., Konful | Feldherr, der als legatus pro praetore von Ger- 
16 vd. E., Prokonſul von Afrika 12 v. E., ver: | manıa inferior über die von Gannaſeus geführten 


mäbhlt mit der älteren Antonia, Tochter des Trium- 
virs Antonius und der Octavia, führte als Statt: | 
halter von Illyricum (vielleicht auch von Rhtia | 


und Roricum) ein Heer über die Elbe und drang 
weiter als irgend ein Nömer vor ihm in Deutich: 


Ehauci an der Wejermündung (47 n. E.) und, 
nachdem er zwilchen 50 und 54 Prokonſul von 
Alien geweſen, feit 54 Legat in Armenien und 
Syrien, in Armenien über Tiridätes und deſſen 
Bruder Vologeſes, König der Parther (58 und 


— 


348 


63 n. E.) die größten Siege erfocht, zugleich aber 
Milde mit Rechtichaffenheit im jeltenem Maße ver: 
band. Dies erwedte Neros Eiferfucht, der ihm 
daher, als er nad) Griechenland beordert war, nad) 
Kenchreai das Todesurteil entgegenichidte, defien 
Vollftredung jener im J. 67 durch Selbitmord zu- 
vorfam. Tac. ann. 11,18 ff. 18,6 ff. 34 ff. 14, 23 ff. 
15, 3ff. 9 ff. 25 ff. hist. 2, 76. Dio Cass. 62, 19 ff. 
63, 6. 17. 66, 3. Er jchrieb Memoiren über feine 
Erfahrungen im Orient (von Plinius d. ä. und 
Tacitus Öfter benußt), wovon fich nichts erhalten 
hat, war ausgezeichnet als Redner und berühmt 
durch die Äprichwörtlid gewordene Größe und 
Stärle jeines Körpers. Juv. 3, 251. Val. Egli 
in Büdingers Unterfuchungen zur römifchen Kaiſer— 
eichichte, Bd. 1 ©. 336— 343. — 4) Dom. 
arjus, ein angejchener Dichter der augufteiichen 
De unterrichtet von Orbilius, Beitgenofje und 
Freund des Vergil und Tibull (Horaz nennt ihn 
niemals), auf deſſen —— Tod er ein in 
den Tibullhandſchriften ſtehendes elegiſches treff— 
liches Epitaphium verfaßte, das für die Beſtim— 
mung der Zeitverhältniffe Tibulls wichtig iſt. Er 
ichrieb ele —* (amores oder, nach ſeiner Ge— 
liebten, Melaenis) und epiſche (Amazönis; eine 
wißige Anfpielung darauf enthält vielleicht Hor. 
od.4,4,18 ff.) Gedichte, auch beißende Epigramme, 
von denen eins uns erhalten ift, ſowie Fabeln 
(fabellae). Quintilian (6, 3, 102) erwähnt von 
ihm eine Schrift de urbanitate; aber es iſt nicht 
nachweisbar, daß diejelbe in Proja verfaßt war. 
Vol. Weichert, poet. Lat. rel. p. 241—269, und 
Bährens, fragm. poet. Rom. p. 346 ff. 

Domna, Yulia D., aus Emeja in Syrien, 
Tochter des Baſſianus (Herodian. 5, 3, 2), zweite 
Gemahlin des Septimius Severus und Mutter des 
Garacalla und Geta, ftarb bald nach dem Sturze 
Caracallas, vielleicht freiwilligen Todes. Dio Cass. 
78, 30. Herod. 4, 13, 16. 

Domus j. Haus, 

Dona militaria. Die militärischen Geſchenke 
und Auszeichnungen waren erftlih allgemeine 
und bejtanden als ſolche in Geldverteilungen an 
jeden einzelnen nad dem Verhältnis feines ge: 
wöhnlichen Soldes, Liv. 39, 5. Namentlich in 
der Kaijerzeit wurde dad donativum nicht für 
allgemeine Berdienfte, jondern bei feierlichen Ge— 
legenheiten, die fi auf die Perſon des Fürſten 
oder auf Glieder des Faiferlichen Hauſes bezogen, 
3. B. bei Thronbefteigungen, an Geburtstagen 
u. ſ. w., ausgezahlt, oft aud nur einftweilen ver: 
fprochen und die Erfüllung auf ſpätere Zeit ver- 
jchoben. Tac. hist. 4, 19. Suet. Cal. 46. Gewöhn— 
li war damit ein congiarium für das Volt 
verbunden. Zac. ann, 12, 41. Suet. Ner. 7. Eine 
eigene Art des donativum war das clavarium, 
Nägelgeld, zur Anichaffung oder Erhaltung der 
Soldatenjchuhe (caligae). Taec. hist. 3, 50. — 





Domna — Dona militaria. 


licherweife zum Prokonſul beftellt war, nach der 
Befiegung der Karthager in Spanien nicht trium: 
phieren er (Liv. 28, 38. Val. Max. 2, 8, 5), 
Beendigung des Krieges (Ziv. 26, 21) und Er- 
— der Grenzen des römischen Reiches. Liv. 
39, 29. Dion. Hal. 11, 59. Auch mußte der Feld— 
herr in Einer Schladyt wenigitens 5000 Feinde 
erlegt haben. Wer eine jaljche gab der gefallenen 
Feinde angab, war nach der lex Maria l'orcia 
(63 v. E.) ftrafbar. Die Nichtigkeit der vor dem 
Senate angegebenen Zahl mußte vor dem Quaestor 
urbanus bejchworen werden. Val. Mar. 2,8, 1. 
Den nad Ablauf ihrer Amtszeit als Profonfuln 
triumpbhierenden Feldherren mußte durch einen 
Boltsbeichluß für den Tag des Triumph das 
Imperium bewilligt werden. Liv. 26, 21. 45, 35. 
Weil der Feldherr vor einem Triu 
nicht betreten durfte, jo verjammelte fich der Senat 
zur Anhörung feines Berichts außerhalb, gewöhn- 
lih in dem Tempel der Bellona. Liv. 31, 47. 
An dem von dem Senate zu dem Triumphe be- 
ftimmten Tage hielt der Imperator im Gefolge 
feines Heeres und von der ganzen Stadt begleitet 
feinen feierlichen Einzug durch die porta trium- 
phalis bis auf das Capitol. Er jelber ſaß auf 
einem — und mit 4 weißen Roſſen be— 
ſpannten Wagen (Liv. b, 23. 10, 7), oft von ſeinen 
Kindern umgeben. Liv. 45, 40. Taec. ann. 2, 41. 
Seine fonftigen Verwandten und jeine Klienten 
gingen neben jeinem Wagen in weißen Togen; 
dagegen erichien der Triumphator in dem Gervande 
des Jupiter (Juv. 10, 36), in der tunica palmata 
und der toga pieta, mit Lorbeer befränzt. Ein 
öffentlicher Sflave ftand hinter ihm auf dem Wagen, 
eine goldene Krone über feinem Haupte haltend 
und ihm zurufend, daß er ſich feines Glückes nicht 
überheben möge. Bor eigentlichen Zuge wurde 
die Kriegsbente auf Wagen vorgeführt, die Namen 
der bejiegten Völker und die Abbildungen der 
übertvundenen Länder und Städte, darauf die her: 
borragenden Gefangenen in Feſſeln, umgeben von 
ne Angehörigen; doch zogen Diele nicht auf das 

apitol, jondern Bars ve der Wagen des 
Triumphatord zum Forum gelangte, in die Ge- 
fängmifie geführt und oftmals fogleich getötet. 
Cie. Verr. 5, 30. Liv. 26, 12. Dio Cass. 40, 41. 
Hinter den Gefangenen folgten die für den Jupiter 
Capitolinus beftimmten Opfer, und dann unmittel⸗ 
bar vor dem Triumphwagen die Liktoren mit den 
fasces laureati; um fie herum hatten die Mufi- 
fanten (cornieines) und Sänger zum Abſingen 
der Triumphlieder ihren Platz. An den Triumph: 
wagen ſchloß ſich das fiegreiche Heer, jeder Soldat 
mit Lorbeer geihmüdt und in dem Glanze feiner 
errungenen Belohnungen und Ehrenzeichen (Liv. 
45, 38), alle mit dem Gejchrei: lo triumphe!, 
was unaufhörli von dem begleitenden und um: 
wogenden Volke wiederholt wurde. Hor.od.4,2,49. 


Unter den bejonderen Auszeichnungen für ein: Auch jangen fie Loblieder auf die Großthaten ihres 


zelne, wegen beiwiejener Tapferleit und militärijcher 
Tüchtigkeit verliehen, ragt en ft der Triumph 
(triumphus, #eia«ußog) de 

Während der republilanischen Zeit wurde derjelbe 
auf Bitten und Antrag des Feldherrn vom Senate 
verliehen. VBorbedingungen der Verleihung waren 
urſprünglich ein jelbjtändiges ordentliches Magi- 
jtrats - Jmperium (suis nuspiciis rem gerere), 
weshalb PB. Cornelius Scipio, der auferordent- 


miſchten. Dion. Hal. 2, 34. 7, 72, 
3 Feldherrn hervor. | 45, 38. Plut. Aem. Paul. 34. Suet. Caes. 49. So 


Feldherrn, unter die fie bisweilen jcherzhaften Spott 
Liv. 39, 7. 


ging ber Bug nad) dem Capitol, wohin ſich jchen 
vorher der Senat in weißen Kleidern begeben 

tte. a. brachte der Triumphator dem Jupiter 
einen Danf und fein Opfer dar und deponierte 
jeine goldene Krone und einen Teil der Bente; 
darauf wurde das Heer mit jeinem Anteil an der 


he die Stadt 2 


r 
- 


= 


Dona militaria. 349 


Beute entlajien; das Ganze beſchloß ein feierliches | Tac. ann. 3, 21. b) corona muralis aus Gold, 
Mahl, bei welchen die Konfuln, objchon eingeladen, | für den, welcher zuerjt die Mauer einer belagerten 
nicht erichienen, damit niemand von höherem Im- | Stadt eritieg; 
perium gegenwärtig ſei (Val. Max. 2, 8, 6). — | deshalb hatte 
Wurde der Antrag des Feldherrn auf einen Triumph | fie auch die Ge— 
vom Senate abgelehnt, jo fam es vor, daß er | jtaltderMauer: 
eigenmächtig auf dem Albaniſchen Berge triums | zinnen.Liv.26, 
phierte; der erite, welcher dies that, war Bapirius | 48. ühnlich 
232 v. €. (Val. Max. 3, 6,5); bisweilen fand | war c) die co- 
auch eine Appellation an das Bolf mit Erfolgjrona ea- 
ftatt, zuerft 447 v. C. Liv. 3, 63f. Dion. Hal.|strensisoder 
11, 50. Unter den Kaijern mußten die Feldherren vallaris, 
auf den Triumph jelber verzichten, da fie ſtets ebenfalld von 
unter den Auſpicien ihres Kaiſers die Kriege führ: | Gold und für 
ten und deshalb nur dieſer triumphieren fonnte; den, welder 
dagegen erhielten fie als Auszeichnung die orna- | zuerjt den Wall 
menta oderinsignia triumphalia d. h. das | eines feind- 
Recht, bei feierlichen Gelegenheiten in der toga | lichen Lagers 
picta, der tunica palmata, mit dem scipio ebur- | betrat; jowie 
neus und corona laurea zu ericheinen, die Er- auch d) co- 
richtung einer Bildjäule des Siegerd in diefem|rona nava- 
Schmude und, wenn ein Feldzug vorangegangen | lis, an der gol— 
war, die — — supplicatio (Dio Cass. dene Sciffs- 
44, 24. 31. Suet. Tib. 9. Tac. ann. 4, 18. 44. | jchnäbel waren, 
12, 3), wobei jedoch oftmals nicht die Thaten, ſon- für den, wel: 
dern die Hofgunft entichied. Tac.ann.1,3.4,23.26. | cher zuerit ein 
— Waren die Bedingungen zu einem Triumphe | feindliches 
nicht vorhanden und jchien dennoch eine Auszeich: | Schiff erftieg 
nung angemefien, jo trat in ber — en |(Plin. 7, 39, 
eit die ovatio (ZAdrrwr Holaußog) ein. Der | 115. Mio Cass. 
Feldherr zog zu Fuß (daher megös Beiaußos, |49, 14), aud) 
Dion. Hal. 9, 36) oder zu Pferd ein und war rostrata 
nur mit der toga praetexta befleidet und nur mit| corona 
Morten geihmüdt. Auch brachte er nicht einen|(Verg. A. 8, 
Stier, wie der Triumphator, zum Opfer, jondern | 684. Plin. 16, 
ein Schaf (Gell. 5, 6), weshalb einige den Namen |4) und clas- 
der Opation von ovis ableiten (Serv. ad Verg. A.|sieca coronu 
4, 550), dagegen andere von dem Nusrufe der|(Vell. Pat. 2, 
Bewunderung O! O! (Fest.s.v.ovantes). Dion. | 81) gemannt. 
Hal. 5,47. Dio Cass. 54,8. Liv. 3, 10. 26, 21 u. d. | Endlidy e) die 
4 — Die andern militäriichen Belohnungen und |corona ob- 
Ehrenzeichen lagen in der Hand und Enticheidung |sidionalis, 
des Anführers, weshalb auch nach einer Be: | nicht von dem 
ftimmung des Auguftus im der Kaiſerzeit der | Feldherrn an 
Feldherr nicht mit den Auszeichnungen geſchmückt jeine Soldaten 
werden konnte, die er jelber zu verteilen die Macht | verlichen, ſon— 
hatte. Sie bejtanden zunächſt in Kronen und | dern ihm jelber 
hießen, außer den oben "on angebeuteten coronae von einer be: 
triumphales aus Lorbeer, unter den jpäteren | lagerten Stadt 
überreicht, die 
er von der Se: 
fahr, befreit 
tte; fie be— 
and aus Gras 
(graminea). 
Jav. 7, 37. 
Plin. 22,3. — 
Andere gerin: 
gere Ehrenzei: 
chen waren ein 
Spief(hasta) 
oder Becher 
Corona triumphalis. Corona ovalis. —— * 
Kaiſern aus Gold (Plin. 22,3, 4), und cor. ovales Bruft: 
aus Myrten, a) corona civica (@ell. 5, 6) aus |gehäng (pha- 
Eichenlaub, für die Rettung eines Bürgers, daher |lerae) für die ; 
die Inſchrift ob civem servatum. Liv. 10, 46. | Reiter, doch Corona obsidionalia. 





350 


wurden fie auch als Schmud der Pferde ver: 
teilt (Zar. 32, 52). Beide Auszeichnungen er: 


Donatio -— Doris. 


daſelbſt und im fünften Bande die Kommentatoren 
|(Servins, Pompejus u. a.) hat druden lafien. 


hielten diejenigen, weldye bejonders zur Ürrei- Anderes der Art ift noch in Dielen Handjchriften 


chung eines Sieges mitgewirkt hatten, vgl. Verg. | 
A.6, 760. Sall. Jug. 85. 
Armipangen, torques und ceatellae, Hals: 
bänder (Tuc. ann. 2, 9. 3, 21), aus gewundenen 
Ketten mit filbernen oder goldenen Fäden be: | 
ftehend, jene fürzer und bisweilen noch mit Edel: | 
fteinen geſchmückt, dieje länger und über die Bruft | 
hinabhängend; endlih cornicula, Selmverzie: 
rungen aus Silber. Auch Heine Fähnlein wurden 
verteilt und zwar vexilla eaerulea für See: 
joldaten (Suet. Oct. 25) und vex. purpurea 
für die Anfanterie. Endlich wurde für manche | 
auch als Belohnung das gelieferte Getreide ver: 
doppelt, weshalb die jo beichenften duplicarii 
oder duplarii hießen. Liv. 2, 58. 7, 97, 
Donatio, das Nechtägeichäft, durd) welches 
jemand Stiüde feines Vermögens auf einen an— 
dern aus Freigebigkeit überträgt. Die Ubertra- 
gung erfolgte urjprünglich jogleich mit allen Förm— 
lichfeiten, d. h. durch inaneipatio, in jure cessio 
oder traditio. Schenfungsverjpredhen ohne jofor: 
tige traditio des Gefchenfs waren vor alters 
ungültig, wenn fie nicht eine bejondere Form 
hatten, 3. B. stipulatio. — Verſchwendung durd) 
Geſchenke war dem römischen Eharafter fremd (Pol. 
32,13), und als fie dennoch bei dem jteigenden 
Lurus namentlich zur Erreichung politiſchen Ein: 
Hufjes jedes Maß überftieg (bejonders in Nen- 
jahrs⸗ und Geburtstagsgejchenfen), jo beijchränfte der 
Senat jogar die Freiheit derjelben, j. Lex Cincia. 
Donatio ante oder propter nuptias. Einem 
alten Herkommen zufolge, welches erft die chrift: 
lichen Kaiſer gejeblich beftätigten, pflegte der Gatte 
vor Anfang der Ehe jeiner zukünftigen Frau eine 
Summe Geldes zu jchenfen, welche zur Sicherung 
ihrer Mitgift diente und nach dem Tode des 
Mannes der Witwe und den Kindern ein jorgen: 
freies Auskommen fichern jollte. 
Donatio inter virum et uxörem. Schen— 
fungen unter Ehegatten waren ganz unterjagt, weil 
durh Schenkungen und einfeitiges Vermögens: 
interefle die innige Gemeinschaft der Gatten ge: 
ftört und die Reinheit und Würde der Ehe auf: 
gehoben würde. Später waren fie erlaubt, doc) 
gingen fie erft nach dem Tode des Schenfenden 
in das Eigentum des Beſchenkten über und hießen 
dann donatio mortis caussa. 
Donativum j. Largitio, II, und Dona mi- 
litaria, 1. 


Donätus, 1) Älius, ein römifcher Gramma: 


tier und Rhetor um 350 n. E., vom Kirchenvater 
Hieronymus als jein Lehrer bezeichnet. Die mwejent: 
lich aus denjelben Quellen, wie die Lehrbücher von 
Charifins ſ. d.) und Piomedes (j. d.), geichöpfte 
ars Donati grammatici urbis Romae befigen 
wir im einer fürzeren Bearbeitung (ars minor), 
welche die 8 Nedeteile in fatechetiicher Form be: 
handelt, und in einer ausführlichen ars gramma- 
tica in 3 Büchern, die von den Späteren vielfach 
fonmentiert ift. Die erftere blieb nach Bejeitigung 
der mittelalterlichen S$rammatif das Hauptlehrbuc 
für den Elementarumterricdht und wurde deswegen 
frühzeitig im rulographiichen Druden verbreitet. 
Beide ftehen jebt in dem vierten Bande Der 
Grammatieci latini von Keil, ©. 867 ff., der eben- 








des Mittelalters vorhanden. — Außerdem jchrieb 


Ferner armillae, | Donat einen Kommentar zu den Komödien des 


Terenz, der uns bis auf den zum Heautontimoru« 
menos, wenn auch nur in einer Kompilation aus 
‚ mehreren Kommentaren, erhalten ift und jowohl 
das jprachliche als das jachliche Verſtändnis jehr 
fördert (abgedrudt in den Ausgaben des Terenz\. 
Ein Kommentar zu Vergils Georgica und Aneis 
ift nur aus zahlreichen Anführungen bei Servius 
befannt. 2) Nicht zu verwechieln mit ihm 
ift ein etwas jüngerer Grammatiker, Tiberius 
Claudius D., wahrjcheinlich um 400 n. E., von 
dem eine, nicht wertloje, aber mit fritifcher Vor— 
ſicht zu benutzende, Lebeusbeſchreibung Vergils 
und einige Bruchſtücke eines Kommentars zur 
Äneide ſtammen, die jedoch entweder unecht oder 
verfälſcht ſind. Außerdem beſitzen wir von ihm 
einen Kommentar zu der ars Donati und eine 
metriſche Kompilation, Centimeter. 

Donüssa, Jovoösc«, 1) Städtchen in Achaia, 
von den Sikyoniern zerftört. Paus. 7, 26, 13. — 
2) Inſel im Aigaiiſchen Meere, öftlich von Naros, 
wohin zur römischen Kaiferzeit Verbannte gejchidt 
wurden. Tac. ann. 4,30. Bergil (A. 3, 127) nennt 
fie viridis, nicht, wie Servius meint, wegen des 
grünen Marmors, der dort gebrochen wurde, jon: 
dern wegen der Wälder und Felder. Jetzt Denoja 
oder Stenoja. 

Dorieus, Jogıers, 1) Sohn des Anarandridas 
und Bruder des Königs Kleomenes 1. von Sparta, 
fowie des Leonidas 1. und des Kleombrotos. Da 
er ſich für befähigter hielt für den Thron als 
jeinen Bruder Kleomenes, verlieh er unzufrieden 
jein Vaterland (um 520 v. E.), ging nad) Libyen, 
danı nach Sicilien und fiel hier im Kampfe mit 
den Egeſtäern und Bhoinikiern. Hat. 5, a1 ff. 
7, 153. 205. Diod. Sie. 4, 23. — 2) Sohn des 
auch durch Bindaros’ Siegesgejang (ol. 7) ver: 
herrlichten Athletenheros Diagoras von Rhodos, 
—* zu Olympia als Banfratiaft'3 Siege errungen, 

8 Preije in den Sfthmien, 7 in den Nemeen, 1 in 
den Pythien — er war aljo Beriodonife. Thue. 
3,8. Paus.6,7, 1. Während des peloponnefischen 
Kriegs zwangen ihm die politiichen Berhältnifie 
auf Rhodos, ſich nach Thurioi in Großgriechen— 
land zu begeben; ſpäter zurüdgefehrt, fämpfte er 
eifrig auf ſpartaniſcher Seite, ward jedoch dabei 
von den Athenern gefangen genommen, aber jeines 
Nuhmes wegen wieder freigelaffen. Xen. Hell. ı, 
5, 19. Paus. 6, 7,1. 

Döris, Jogis, a) Berjonenname, j. Nerens. 
— b) Ländername: 1) eine Heine, nad ihren 
früheren Einwohnern, den Dryopern, auch Dryopis 
genannte, faum 4 TIME. große Landſchaft Mittel: 
griechenlands zwiichen Nitolien im W., Thefjalien 
im N., den ozoliichen Lokrern und Pholis im ©. 
und den epilnemidijchen Lofrern im D., wichtig 
nur als Wiege der doriichen Staaten. Zwiſchen 
Dite, Kallidromos, Korar und den Ausläufern des 
Barnafjos zieht fich das vom oberen Yaufe des 
boiotischen Kephiſos (Mavroneri) und von deſſen 
Nebenfluſſe, dem Pindos, durdhftrönte Yändchen 
hin; es it ranh und unfreundlic. Die 4 Städte 
Pindos (bald zerftört), Erineos, Kytinion und 
Boion (j. Mariolates) bildeten die jogenannte 


Doriskos — Dracontius. 351 
doriſche Tetrapolis, über deren Verfaſſung uns | in den reichen Familien belief fie fich wohl auf 
Nachrichten fehlen; jeit dem Falle Spartas waren | 1 Million Seftertien. Tae. ann. 2, 86. Jur. 10,335, 
fie mit Nitolien vereinigt. Das rauhe, abgejchlofiene | Die Beftellung (constitutio) der dos fonnte auf 
Gebirgsland gewährt einen färglichen Ertrag (daher | mehrfache Art geichehen: 1) durch fürmlidyes jo: 
der Spottname Aumodagısis). Strab. 9, 427. — | fortiges Hingeben derjelben (datio), 2) dur das 
2) der Theil Kariens an der Hleinafiatiichen Küfte | Berjprechen, eine dos geben zu wollen, und zwar 
und diejenigen nahen Inſeln, deren dorifche Be: | entweder mit promissıo (feierliche Stipulations- 
mwohner, um 950 dv. C. eingewanbert, fich zu einem | form) oder mit «dietio, d. h. einfaches münbliches 
Städtebunde, der jogenannten doriſchen Hera= Zuſagen, ebenjo bindend als promissio. Der Hatte 
polig, verbunden —— Knidos und Hali- wurde ſelbſtändiger Herr und Verwalter ber dos, 
farnajios auf dem Feſtlande, Jalyſos,Liundos, | obwohl er ftets daran denfen mußte, fie zu reſti— 
Nameiros auf Rhodos und Kos auf der aleich- tnieren. Die dos profeetitia mußte nämlich zu- 
namigen Inſel. Hdt. 1, 144. Die Bundesfeſte rüdgegeben werden, wert die Gattin zuerſt ſtarb, 
und Berjammlungen wurden bei dem triopiſchen während die dos adventitia bei dem Gatten blieb. 
Heiligtume (rö Tigsominör fepor) auf dem Bor: | Schied ſich der Gatte willtürlich oder betrug er fich 
gebirge gleiches Namens bei Knidos zu Ehren des | jo jchlecht, daß die Frau fi von ihm zu fcheiden 
Apollon und der Demeter gefeiert. Die Bundes: | befugt war, jo mußte natürlich auch die Rückgabe 
gejebe wurben jo ftreng gehalten, daß jelbft Hali- | der dos erfolgen. War dagegen die Frau an der 
farnafjo® vom Bunde ausgejchloffen wurde, als| Scheidung ſchuld, jo gab der Mann nicht die ganze 
nur einer jeiner Bürger ſich gegen den triopiichen dos zurüd, ſondern machte, wenn jie vor ber 
Apollon vergangen hatte. Hat.a.a. D. In der! Heirat ausdrüdlich fejtgeießt war, Abzüge davon, 
Geſchichte ericheinen die Dorter bei Herodot (7, 93) | nämlich retentio propter liberos (für die Kinder) 
als Unterthanen des Xerres, bei Thulydides (2, 9) | und propter mores (wegen der fchlechten Sitten 
als Bundesgenoffen der Athener. Troß der an: | der Kran). Wenn die rau adulterium begangen 
jehnlichen Macht von Halitarnaffos und Rhodos | hatte, bekam jie vor alters nichts von der dos 
iptelte der Bund feine bedeutende Rolle. zurück, ſ. Prozefs, 28. Die Klagen auf Zurück— 

Doriskos, Jog/sxog, Ebene und feſte Stadt in | gabe der dos waren actio ex stipulatu und actio 
Thrafien an der Mündung bes Hebros, wo Kerges | rei uxoriae oder de dote, wenn der Mann ic) 
auf feinem Zuge gegen Griechenland eine Zählung | nicht bejonders zur Yurüdgabe der dos verpflichtet 
und Mufterung feines Heeres veranftaltete. Hdt.| hatte, daher actio bonae fidei. Cie. top. 15. 
7,58 ff. Liv. 31, 16. om. 3, 15. 


Doros, Aõceos, mythiſcher Stammherr der 
Dorier, Sohn des Hellen und der Nymphe Orſeis, 
Bruder des Xuthos und Aiolos, Vater des Teltamos, 
oder Sohn des Apollon und der Phthia (Hellen 
wohnte in Phthia), oder des Pojeidon. Apollod. 
1, 7, 3. 6. 

Dorylaion, Jopvl«ıor, Stadt in Phrygien am 
Thymbris, bedeutend bejonders als Mittelpunft 


ber nach Bejfinnis, Jkonion und Apameia führenden | 
Strafen, jowie durch warme Bäder (Cie. Flace. | 


17, 39); j. Eski Scheher. 
Strab. 12, 576. 

Iogvpöenma bezeichnet als Kollektivwort das 
auf dem griechiichen Theater neben den Haupt— 
perjonen auftretende Gefolge, welches aus Tra— 
banten (dopvpögor', Statiiten (xmpa reöswre, 
er& nos.) u. a. beitand. 

A0ogvgögoı, die bejoldeten Leibwachen, welche 
die Tyrannen zum Schuße ihrer Herrichaft unter: 
hielten, meift aus Fremden beftehend, wie denn 
auch Wriftoteles (pol. 3, 9, 4) es als charafteri: 
ftiichen Unterjchied zwiichen rechtmäßigen Königen 
und Tyrannen anführt, daf jene von den Bürgern, 
dieje von den Fremden fich bervachen laſſen. Xen. 
Hier. 5, 3. 

Dos (über gol& |. Ehe, 3.), die Mitgift, das 
dem Manne von der Frau zugebracdhte Vermögen. 
Varr. 1.1.5, 176. Das Geben der dos war eine 
Ehreniache für den Bater der Braut, und der Staat 
begünftigte das Beben derjelben als Beförderungs: 
mittel der Ehen. Die von dem Bater gegebene 
dos heißt profeetitia, d. h. von dem Familien: 
vermögen herrührend, die von einem andern oder 
von der Braut jelbft oder von dent Staat an 
Töchter verdienter Männer beftellte adventitia. 
Sp gering die Summe der dos in alter Zeit war, 
io hoch ftieg fie in den Zeiten des Luxus, und 


Diod. Sie. 20, 108. 


Dosithöus Magister, ein Grammatifer, ber 
zu Anfang des 3. Jahrhunderts n. E. griechiichen 
Unterricht in Rom erteilte, und von dem im 
16. Jahrhundert durch den Nechtägelehrten Eujas 
in St. Gallen ein Werk "Eounveiuer« in 3 BB. 
aufgefunden worden ift, das in ben beiden erjten 
Büchern eine latein. Srammatif und ein latein.: 
griech. Gloffarium enthält, im dritten, wohl von 
fremder Hand hinzugefügten, aber viele Ubungs— 
ftüde, namentlich eine Sammlung von Ansiprüchen 
und Beicheiden, des K. Hadrian mitteilt, denen 
eine lateiniſche Überjegung beigegeben ift. Letzteres 
Buch ift herausgegeben worden von Ed. Böding 
(1832), die grammatica fat. und griedy. von H. 
Keil (1869 — 1871, dann im VII. Bande der gram- 
mat. Lat.). Das in dem dritten Buche enthaltene 
juriftiiche Stüd de inris speciebus et manumis- 
sionibus haben die Juriften auf verichiedene Ber: 
faſſer achte führt, wie auf Gajus (Dirkſen) oder 
Baulus oder Scävola. 

Dossennus galt wegen Hor. ep. 2,1, 173 fälich- 
lih als Atellanendichter. Es ift aber vielmehr der 
Name des budeligen (dorsum) Benteljchneiders, 
welcher eine der ftehenden Figuren in den Atellanen 
abgab, j. Atellanae fabulae, 

Dotion, Sarıov neölov oder &pyos, Name einer 
offenbar nach ihrer Fruchtbarkeit benannten Ebene 
im jüböftlichen Theflalien, in der die beiden Seen 
Neſſonis und Boibeis (ſ. d.) lagen, zum Teil Eigen- 
tum der Bewohner von Lariſſa. Strab. 9, 442. 

Drachma j. Münzen, |, 

Draconarius j. Signa, a. €. 
‚Draeontius, mit vollem Namen Blojiius 
Amilius Dracontius, Advolat zu Narthago 
zu Ende des 5. Jahrh. n. C., ein Mann von nicht 
geringer dichteriicher Begabung und einer für feine 
Zeit ſtannenswerten Velefenheit im der römijchen 





352 


Drakon — Dreifsig Münner. 


Litteratur, verfaßte aufer Gedichten chriftlichen | niſchen Einrichtungen, die einem bereits beftehenden 


Inhalts, wie dem Heraömeron in 3 BB. und der 
Satisfactio an den Bandalenlönig Guthamund 
(484— 496), eine Reihe Feiner Gedichte, 3. B. Hylas, 
raptus Helenae, deliberatio Achillis an corpus 
Hectoris vendat, Medea. Geine Maflofigkeit 
in Bildern und im Anhäufen rhetor. Flojfeln ver: 
rät den Afrikaner mit feiner wilden, ungezügel- 
ten Bhantafie. Ausgabe der, Heinen Gedichte von 
F. von Duhn (1873). — Die Ähnlichleit der Spra 

und Metrit und die vielfache Übereinftimmung in 
Gedanken und Halbverjen maden es jehr wahr: 
icheinlich, daß auch die ſ. g. Orestis tragoedıa, 
ein Epos von 974 Herametern, von ihm herrührt. 
Ausgg. von E. W. Müller (1859), J. Mähly (1866), 
Schenfl (1867) und Peiper (1875). Gejamtaus: 
gabe von Bährens, poet. lat. min. V p. 126 ff. 

Drakon, Jodxwv, 1) Archon 621 v. E., ber 
erfte Gejeßgeber Athens, vermochte die Unzufrieden- 
heit des von der herrichenden Ariftofratie hart be- 
drängten und in bitterer Not lebenden Bolfes, das 
der Willfür der richterlichen Gewalt gegenüber eine 
ichriftliche Geſetzgebung verlangt hatte, nicht zu 
beruhigen, weil die beftehende Berfaffung faſt 
durchaus unverändert blieb, er vielmehr nur das 
alte Herlommen, beſonders Strafbeftimmungen, 

eſetzlich machte und die Willfür der im ältejten 
ellas üblichen Blutradhe durch Die Gerichtshöfe 
der Epheten hemmte. Die Strenge feiner gr 
die nicht auf perjönliche Härte des Dr., jondern 
auf die ftrengere Denkweiſe der älteren Zeit zurüd- 
zuführen ift, war jchon im Altertum fprichtwörtlich 
(das drafon. Geſetz jei mit Blut geichrieben, fagte 
der Redner Demabdes); doch ift jelbft nach den 
mangelhaften auf uns gefommenen Nadjrichten über 
die Geſetze (Deouo/) manches ber Art als über: 
trieben anzujehen. Plut. Sol. 17. Die auf Tötung 
bezüglichen Geſetze (ol Yorıxol vöuor) bejtanden 
auch unter Solon fort. Über die Strenge feiner 
Geſetze ſ. Aristot. pol. 2, 9, 9; auch gegen lebloſe 
Segenftände. Paus. 6, 11, 6. — 2) Grammatiler 
und Metrifer, aus Stratonifeia in Karien, um 
100 n. E., Verfaſſer zahlreicher Werke. Die unter 
feinem Namen erhaltene Schrift sel ufrgwr 
(herausg. mit Tzeßes von G. Hermann, 1812, 
und Lehrs in feiner Ausgabe von Herodianı 
seripta tria, 1848) ift nur ein aus jpäter Zeit 
ftammender Auszug. 

Drakonische Verfassung (j.Drakon). Manche 
Spuren leiten uns darauf hin, daß das alte ge: 
ſchlechtlich ariftofratiiche Band der Stämme, Phra- 
trien und Geſchlechter, welches die Staatseinheit 
in Attifa umjchlang und erhielt, ſich dort früh 
gelöft habe (vergl. Navxpapla). Die Loderung 
diejes ftrengen Verhältniſſes, das durch neue 
Staatsformen noch nicht erjeßt war, führte zu 
anarchiichen Bejtrebungen und inneren Zwiſtig— 
feiten, infolge deren Unficherheit des Eigentums 
und der Berjonen notwendig eintreten mußte. Der 
erſte kräftige Verſuch, dieſer Berwilderung entgegen: 
zutreten, ift die drafoniiche Geſetzgebung. Wir 
wiffen von derjelben bei dem Mangel an Über: 
lieferungen mit Sicherheit nicht viel mehr zu jagen, 
als daß die Geſetze das Übel durch eine graufame 
Strenge zu heilen juchten. Eine neue Verfaſſung 
icheint von Drakon nicht beabfichtigt geweien zu 
jein, wie Ariftoteles (pol. 2, 9, 9) ausdrüdlich be: 
richtet, der die einzige Eigentümlichfeit der drato- 


Gemeinwejen gegeben wären, in der Härte der 
Satzungen ſieht. Die Tendenz jeiner Geſetze ift 
alfo wahrjcheinlich die geweſen, dem Berfalle der 
altariftofratiichen Berhältniffe durh Anwendung 
der äußerſten Mittel entgegenzuarbeiten. Ob eine 
organische Einrichtung wie die Naufrarien, die 
vielleicht ebenfalls den Zwed hatte, dem Zerfall 
der alten Berhältniffe durch Anwendung neuer 
Mittel entgegenzuwirfen, von Drakon herrührte, 
muß dahingejtellt bleiben (vgl. auch Navxgaeie). 
Irrtümlich ift dagegen die Angabe des Pollux, 
daß er die Ephetenhöfe eingeſetzt habe (ſ, EKe— 
raı). Übrigens war der Erfolg der drakoniſchen 
Geſetze ſo wenig den Mbfichten des Geſetzgebers 
entiprechend, daß durch den Streit der lofalen 
Barteien, der Bediaier, Baralier und Diakrier, ſowie 
durch den kyloniſchen Aufſtand der Staat an den 
Nand des Verderbens geführt wurde und mur 
durch das Einjchlagen ganz neuer Bahnen gerettet 
werden konnte. 

Drama und dramatische Poesie j. Komoe- 
dia und Tragoedia. 

Drangiäna, Soayyırrr, Satrapie von Ariang, 
das heutige Sedichiftan, deren Bewohner Drangai 
(Sodyyaı) oder Yarangai u. ä., d. i. Seeantwohner 
.. (von dem Zendiworte Zaraja, See, wie die 

nwohner dem in ihrem Lande gelegenen, von 
den Griechen Areia benannten See nannten). Adt. 
3, 93. 117. Arr. 3,21, 1.7, 6, 3. 10,5. Curt. 6, 6. 

Dravus, Jedßos, j. Drau, rechter Nebenfluß 
des Danuvins, entipringt auf den Noriichen Alpen 
bei Aguntum, durchjtrömt in rajchem Laufe No- 
rienm und Bannonien, nimmt den Murius (Mur) 
als nördlichen Nebenfluß auf und fällt bei Murſa 
(ij. Eſſek) in den Hauptjtrom. Strab. 7, 314. Plin. 

95 


3, 25. 

Dreifsig Männer, 1) in Athen. Im Herbft 
405 dv. E. war die Schlacht bei Nigospotamoi ge- 
liefert (f. Peloponnesischer Krieg). Gleich 
nad) derjelben organijierte ſich in Athen die oli— 
garchiiche Faltion unter 5 Ephoren, und die trüge: 
riiche Gejandtichaft des Theramenes zwang Die 
Stadt, fich zu ergeben, am 16. Munychion (März 104). 
Lyjander wandte fid) darauf gegen Samos, den 
Oligarchen die Ordnung der inneren Verhältniſſe 
überlafjend. indes durch die Beratungen über 
die Berfafjungsänderung und die verjuchte Gegen- 
revolution der Demokraten wurde die Sache mehrere 
Monate verzögert, bis Theramenes den Lyſander 
wieder herbeirief, um durch den Anblid der Gewalt 
die Widerjpenftigen einzuſchüchtern. Nachdem dieſer 
unter Flötenſpiel die Mauern hatte niederreiien 
laflen, trat Drafontides, ein nichtswürdiger Menich, 
mit dem Borichlag in der Bolksverfammlung auf, 
die Staatsverwaltung an 30 Männer zu übergeben. 
Bei der Unterftüßung des Theramenes und den 
Drohungen des Lyiander war der Widerftand der 
Volkspartei vergeblich. Xen. Hell. 2, 3,2. Bon 
den Ephoren wurden 10, von Theramenes 10 und 
aus der anmwejenden Menge vom Demos 10 ge: 
wählt, und diefen 30 Männern (bei den Niteren 
ol roıdxorre, erſt bei Späteren ganz unpafiend 
ol roidaorr« rögarvoı), Auguſt 404, nicht die 
eigentliche NRegierungsgewalt übertragen, jondern 
nur der Auftrag erteilt, die Grundgeſetze des Staats 
burchzujehen und mit der veränderten Lage der 
Dinge in Einflang zu bringen. Die auferordent- 


Dreifsig 


fihen Vollmachten jollten mit der Vollendung der 
geſetzgeberiſchen Thätigfeit wieder erlöichen. Die 
meijten waren früher Mitglieder des Rats der Vier- 
hundert gewejen. Dem gemäßigten, aber ſchwan— 
tfenden Theramenes und jeinen Anhängern ftanden 
zur Geite die rückſichtsloſen Ultra : Oligarchen: 
Charikles, früher Haupt einer Hetairie, und bejon- 
ders Kritias, ein nad) allen Seiten hin gebildeter 
Geift, Schüler des Sofrates, Philojoph, Dichter 
und Redner, deſſen Grauſamkeit nicht das Ergebnis 
der Laune war, jondern die Konjequenz einer durch 
philojophijche Abftraftion gebildeten Idee. Die 
Dreißig beachteten ihre eigentliche Aufgabe wenig, 
jondern gingen nur darauf aus, ſich die Organe des 
Staats dienftbar zu machen und jeden Widerſpruch 
zu entfräften. Die Amter wurden durch Männer 
ihrer Bartei bejeßt, in den Senat nur Oligarchen 
berufen. Die Gerichte wurden dem Senate über: 
tragen, doc unter Vorſitz der Dreißig, die ſich die 
Entjcheidung in Anklagen auf Hochverrat jelbft 
vorbehielten. Im Peiraieus, dem Herde demofra- 
tiicher Bewegungen, wurde eine polizeiliche Behörde 
von Zehnmännern eingejegt, die Eilfmänner, eine 
Erefutivbehörde in liquiden Kriminalfällen, aus ganz 
ergebenen Individuen, unter weldhen Satyros be: 
ſonders berücdhtigt wurde, zufammengejegt und als 
jtet3 bereite® Werkzeug der Gewalt benußt. Zur 
Sicherheit wurden von Sparta 700 Mann zur 
Bejepung der Burg unter dem Harmoften Kallibios 
bewilligt, außerdem hatten die Herricher eine athe- 
nijche Reiterjchar im Solde. Die Macht des Demos 
aber wurde gebrochen, indem nur 3000, in einen 
Katalog eingetragen, volle Bürgerrechte behielten, 
von denen feiner ohne Bewilligung des Senats 
getötet werden durfte; die übrigen (ol Fin x«- 
reAoyov) wurden entwaffnet und das Kriegsgerät 
auf die Burg geihafft. Um endlich auch die Eu 
lagen der früheren Bolfsfreiheit zu vernichten, 
wurde der rhetorijche Unterricht unter ftrenge Auf: 
ficht geftellt und die unteren Schichten von aller 
höheren Bildung fern gehalten, auch die Schiffs: 
werften für 3 Talente zum Abbrechen verkauft (die 
Umfehr der Nednerbühne nad) dem Lande, um 
den Ausblick auf das Meer zu hindern, ift eine 
Fabel). Wie fi Theramenes jchon den legten 
Maßregeln widerjegt hatte, jo wurde jein Wider: 
ſpruch lebhafter, als unter dem Worgeben, die 
Stadt von Frevlern und Sylophanten zu fäubern 
und die übrigen Bürger zur Tugend und Gerech— 
tigfeit anzuhalten, die Gewalt ſich mehr und mehr 
gegen die Individuen richtete. Allein das Prinzip 
der Humanität wurde überflügelt von der Konſe— 
quenz des Terrorismus; Kritias ließ den Thera- 
menes, nach einem vergeblichen Verſuch ihn zu 
gewinnen, als Verräter hinrichten, und ungehin: 
dert jchritt die Gewaltherrichaft jeßt immer weiter. 
Xen. Hell. 2, 3, 21 ff. 51 ff. Cie. tusc. 1,40. Diod. 
Sie. 14, 4. Aus Habjucht wandten ſich die Ty— 
rannen zuerjt gegen die reichen Metoifen, deren 
eine Anzahl, worunter Bolemardyos, der Bruder 
des Redners Lyſias, aus ihren Häufern geichleppt, 
hingerichtet und ihr Vermögen eingezogen wurde. 
Veiſon und Theognis waren dabei bejonders thätig. 
Dann erjtredten jich die VBerfolgungen auch auf die 
Bürger: Anhänger der Demokratie, Reiche oder 
politijch Andersgejinnte. Viele wurden hingerichtet, 
entweder ganz ohne Gericht (kxgıroı) oder nad) 
icheinbarer Unterſuchung; im ganzen 13—1500 


Realleriton des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl. 


Männer. 353 
| (2eon, der Salaminier Niferatos, Sohn des Nitias, 
yfurg, der Großvater des Nedners Syfurg u a.); 
mehr ald 5000 wurden aus der Stadt, dann auch 
aus dem Peiraieus und dem Lande vertrieben. Dio«t. 
Sie. 14, 32. Doc, von innen und von aufen war 
ichon der Sturz der Gewalt vorbereitet. Gegen 
die immer herber hervortretende Tyrannei Des 
Kritias und Eharifles erhoben Pheidon und wahr: 
ſcheinlich auch Eratofthenes im Geifte der Mäßigung 
Oppojition; an den Grenzen jammelten fich die 
Verbannten, bejonders in Theben unter Thraiy: 
bulos, Archinos, Anytos u. a. Thraſybulos bejepte 
im Winter mit einer Heinen Schar die Grenzfeite 
Phnle, jeine Macht wuchs bald auf 700; die Ty- 
rannen juchten vergeblich den Thrajybulos auf ihre 
Seite zu ziehen, ein abgejandtes Heer wurde bei 
Acharnai geichlagen, und, die Gefahr erfennend, 
ficherten fie fich jchon einen Zufluchtsort in Eleufis. 
5 Tage nad der Schlacht bei Acharnai bejegte 
Thrafybulos den Peiraieus, die Dreißig rüdten mit 
ihrer ganzen Macht gegen ihn aus, im Demos 
Munichta kam es zum Kampfe, wobei Kritias 
jelbft getötet und das Heer der Tyrannen bejiegt 
ward. Xen. Hell. 2, 4, 19. In Athen traten nun 
Spaltungen ein; von den 3000 verjagte die Majo: 
rität den Tyrannen den Gehorjam, und dieje zogen 
fih, 8 Monate nad ihrer Einjeßung, bis auf 
Pheidon und Eratofthenes, nad Eleuſis zurüd; 
10 Männer (Serxadoüyor), meift gemäßigte Dli: 
archen, traten an ihrer Statt an bie Spike der 
Verwaltung. Dieje jegten indes den Krieg gegen 
die Demokraten im Peiraieus fort, deren Unter: 
nehmen eine gefährliche Wendung nahm, als Ly— 
fander mit einem angeworbenen Heere heranzog. 
Dody bald folgte der König Paufanias als Ober: 
feldherr mit der Abficht, dem unheilvollen Kriege 
ein Ende zu machen. Nach einigen unbedeutenden 
Gefechten fing er Unterhandlungen an, und ein 
Friede kam zuftande unter der Bedingung, daß ein 
jeder in den ungeftörten Bejig feines Eigentums 
zurüdfehren folle mit Ausnahme der Dreihig, der 
Eilfmänner und der Zehnmänner im Peiraieus. 
Plut. Lys. 21. Am 12. Boidromion Auguſt oder 
September 408) zog Thrafybulos mit den Seinigen 
wiederum in die Stadt ein und brachte der Athene 
ein Opfer auf der Burg; eine allgemeine Amneftie 
wurde beſchworen, und GEufleides erhielt wahr: 
icheinlich jofort das Archontat. Diejenigen von 
den Dreißig, die nad) Eleufis gezogen, gaben zwar 
nicht gleich ihre Sache auf, das Volt aber z0g in 
Maſſe gegen fie aus, ihre Führer wurden zu einer 
Unterredung herangelodt und hinterliftig ermordet; 
andere fielen jpäter, da ihnen das Betreten der 
meiften griechiichen Städte verwehrt wurde, den 
Athenern in die Hände. Monographie von Scheibe, 
die oligarchiiche Ummälzung zu Wthen (1841). 
Groſſer, die Amneftie des Jahres 403 v. E. (1868). 
— Ih in Rom. Triginta tyranni hießen in 
der römischen Kaiſerzeit nach Trebellius Pollio eine 
Reihe (20— 25) von Ufjurpatoren, welche fich unter 
Gallienus (250—260 n. E.) in den Provinzen des 
Neiches für unabhängig erflärten und von ihren 
Heeren den Kaijertitel erhielten, aber meift ein 
gewaltjames Ende nahmen. Die bedeutenditen find 
Tetricus und Obdenathus nebſt deilen Gemahlin 
Benobia. Der Name iſt eine jehr unpaſſende Nach— 
ahmung der Dreifigmänner Athens. Vgl. Hoyms, 
Geichichte der j. g. 30 Tyrannen (1852). 


25 


354 


Drepanius j. Pacatus. 

Drepänon, Jo:ravor, d. h. Eichel. Von meh: 
reren nad) der fihelförmigen Gejtalt jo genannten 
Landzungen und Hafenftädten, 5. B. auf der Süd— 
wejtjeite der Inſel Kypros (j. Rap Kephalos und in 
Adaia (j. d.), ift bejonders zu merlen Drepanon, 
auch Speravae, Stadt und Hafen auf der Nord: 
weſtküſte Siciliens, j. Trapant, angelegt zu Anfang 
des erjten punifchen Krieges vom Karthager Ha: 
miltar (Diod. Sie. 23, 14) und für Karthago jeiner 
Lage nah als Sciffsftation jehr wichtig, jpäter 
ebenjo für die Nömer. Pol. 1, 46. Liv. 28, 41. 

Agögog j. Gymnasium, Gymnastik. 

Drucntia, Jooverrias, j. Durance, linker Neben— 
fluß des Rhodanus, entjpringt auf den Cottijchen 
Alpen und mündet bei Avenio Avignond; jehr 
reißend, im Altertum jchiffbar. Liv. 21, 31. Strab. 
4, 179. 

Druiden, Druides, Druidae, Jovldc«ı, der 
neben dem ritterlichen Adel in Gallien herrſchende 
Priejterftand. Sie bildeten feine eigentliche Prieſter— 
fafte aus einer bejtimmten Anzahl von Familien, 
jondern waren eine geichlofiene, aus verichiedenen 
Klaſſen oder Graden beftchende Korporation mit 
einem lebenslänglichen Oberpriejter an der Spike, 
zu welcher, da fie den vornehmften Stand im Staate 
ausmachte und von allen Staatslaften frei war, 
fi viele Jünglinge jelbft aus den erjten Adels- 
familien hinzudrängten. Obgleich fie nicht von dem 
Volke abgejondert lebten, führten fie doch ein — 
eingezogenes Leben und unterſchieden ſich äußer— 
lich durch eine Ordenskleidung, welche in einem 
furzen, vorn zugeſteckten Unterkleid mit eng zu: 
gehenden Armeln und in einem Mantel bejtand. 
Sie waren die Priefter und Lehrer des Volks in 

eiligen und profanen Dingen, jchlichteten Die 
Streitigfeiten der einzelnen und ganzer Staaten, 
waren die Arzte und Weisjager und überhaupt die 
Träger des gejamten geiftigen Lebens des Volls. 
Bei dem Volke ftanden fie im höchſten Anſehen 
und hatten auf die Öffentlichen wie Privatverhält- 
niffe einen großen Einfluß; wen jie wegen eines 
Vergehens oder wegen einer Widerjeglichkeit mit 
dem Banne belegten, der war von dem ganzen 
Volke geflohen. Jährlich hielten fie einmal zu einer 
beftimmten Zeit im Lande der Garnuten, welches, 
wie man glaubte, in der Mitte von ganz Gallien 
lag, an einem geweihten Orte eine Sigung, in der jie 
den aus allen Gauen zuſammenkommenden ftreiten- 
den Parteien Recht ſprachen. Ihre Wiſſenſchaft 
war eine Geheimlehre, die auf finnbildliche, alle: 
gorijche Weije gelehrt wurde und nicht jchriftlich 
aufgezeichnet werden durfte. Die Nenaufgenom: 
menen brauchten oft 20 Jahre, um in deren vollen 
Beſitz zu kommen. Außer der gejanten religid- 
jen Dijeiplin Iernten fie Ethif und Rechtskunde, 
Mathematik, Aitronomie und Naturlehre, Heiltunde 
und Weisjagung, alles mit myſteriöſem Aberglauben 
in reichem Maße untermilcht. Der Hauptſitz diejer 
Druidenlehre war Britannien (und hier die Inſel 
Mona), und von da follte fie nach Gallien ge: 
fommen fein. Bei ihrem religiöjen Dienjte, der 
bejonders in heiligen Eichenhainen, auf einjamen 
Bergen und Inſeln geübt ward, wurden jogar 
Menjchen geopfert. Als Cäjar nad) Gallien fam, 
waren die Druiden noch im vollen Beſitz ihrer 
Würde und ihres Einflufjes; jobald aber durch 
Nomanifierung des Yandes die alte nationale Ne 


Drepanius 


— Drasi. 


ligion der Kelten unterging, ſchwand auch nach 
dem Berlufte ihres politischen Einfluſſes das prieiter: 
liche Anjehen der Druiden. Bon Kaiſer Tiberius 
und dann von Claudius wurde die Druidenreli: 
gion verboten und verfolgt. Suet. Claud. 25. 
Seitdem zogen fie ſich von der Öffentlichkeit des 
Lebens in ihre Schulen zurüd und wirkten noch 
im Geheimen durd; Mantif und Zauberei bei dem 
Volfe fort bis in jpätere chriftliche Zeiten. — Auch 
Druidenfrauen, Druiädes, Druides, werden 
als Weisjagerinnen genannt; doc) weiß man nichts 
Näheres über ihr Verhältnis zu den Druiden. 
Hauptitelle: Caes. b. g. 6, 13. 14. 16. Bgl. Strab. 
4, 197. Mela 3,2. Amm. Marc. 15, 9, 8, 

Drusi (über den Namen Suet. Tib. 3): 1) M. Li— 
vius Druſ. Kollege des E. Grachus in deſſen 
weitem Tribunat, 122 dv. E., wurde von den 

ptimaten gewonnen, um die jenatorischen Rechte 
egen die Eingriffe des Grachus zu verfechten. 
Als Gracchus ie durch die rogatıo de suffra- 
giis sociorum das Mihfallen des Volkes erregt, 
trat Drufus, des Grachus Vorſchlag auf Gründung 
von Kolonien überbietend, mit dem Vorſchlag auf, 
daf die ärmeren Bürger durd Gründung von 12 
(italijchen?) Kolonien zu je 3000 Aderlojen ver: 
jorgt werden jollten. Während darauf Gracchus 
2", Monate von Rom entfernt war, um an der 
infolge der lex Rubria nach Karthago geführten 
Kolonie als Triumvir teilzunehmen, gelang es jeine 
Partei jo jehr zu ſchwächen, daß er nicht zum 
drittenmale zum Tribun gewählt wurde. Drujus 
aber, als patronus senatus gefeiert, wurde im 
J. 112 Konſul, erhielt Macedonien als Provinz 
und bejiegte die Skordijfer. Cie. de or. 3, 1, 2. 
Flor. 3, 4, 5. Plut. C. Gracch. 7 ff. — 2)-M. Li: 
vius Druj., Sohn des vorigen, ein Mann von 
unbejcholtenen Sitten und glängender Beredſam— 
feit. Freund des Adels und bemüht, die geſunkene 
Macht des Senats zu heben, aber zugleich begierig 
nach Volksgunſt (Cie. de or. 1, 7, 24), wollte er 
die damaligen Übeljtände, Berarmung der Volks— 
mafje, Käuflichfeit der Gerichte und Gegenjat 
zwiſchen Bürgern und Nichtbürgern, rajch entfernen, 
rechnete aber dabei zu jehr auf Reinheit des Willens 
bei den Parteien. dis Bolkstribun im J. 91 0.6. 
erneuerte er mehrere Geſetze der Gracchen über 
Aderverteilung, Nornipenden u. j. w., ſchlug vor, 
daß die Gerichte den Nittern, deren Barteilichkeit 
fih bejonders im Prozeß des Rutilius gezeigt, 
wieder entzogen und dem durch 300 Ritter ver: 
mehrten Senat zurüdgegeben werden jollten (lex 
iudiciaria), endlich daß die italiichen Bundesge: 
nofjen das römische Bürgerrecht erhalten jollten 
(lex de eivitate sociis danda). Wenn ſchon die 
Neform der Gerichte den Ritterſtand gegen ihn 
aufgeregt und auch viele der Senatoren nicht be: 
friedigt hatte, jo fand der folgende Vorſchlag 
Widerftand bei allen Parteien. urd; die Gunit 
des Volkes zu großer Macht erhoben, ſetzte er die 
l. iudiciaria, den Vorjchlag über die Getreide: 
ipenden und die Anlegung von Kolonien durch. 
Aber der Wunſch den italifchen Bundesgenoſſen 
das Bürgerrecht zu erteilen ftürzte ihn. Als ent: 
ſchiedenſter Gegner trat der Kondul Bhilippus auf, 
und jeine Feinde ruhten nicht eher, als bis er in 
jeinenm eigenen Hauſe von einem Meuchelmörder 
getötet war. Seine Gejege wurden aufgehoben, 
die Italiker begannen den Bundesgenofienfrieg. 


Drusilla. 


Cie. de or. 1,7.3,1. Mil.7. Vell. Pat. 2, 13. 
App.b.e. 1, 355. Aur. Viet. vir. ill. 66. Cie. 
legg. 2, 6. — 3) Nero Elaud. Druf., Sohn des 
Ti. Claudius Nero ſ. Claudii, 27.) und der 
Livia, aber geboren im dritten Monate, nachdem 
dieje mit dem Auguſtus vermählt war (Suet. 
Claud. 1), im %. 38 v. C. Nachdem er früh die 
Quäſtur befleidet, wurde er im %. 15 gegen bie 
Rätier geichict; er jchlug dieje auf den Tridentini: 
ichen Alpen und eroberte ihre Bergfeften (Hor. od. 
4, 4 und 14), dann aber überließ er den Krieg 
dem Tiberius, folgte dem Auguftus nad Gallien, 
um die Niederlage des Lollius zu rächen, und 
blieb da, als Augustus nad) Rom zurüdfehrte. In 
jeinem fünfundzwanzigften Jahr übernahm Drufus, 
gleich jehr durch Schönheit des Außern als durch 
Seiftesbildung und milde Sitten ausgezeichnet, 
bewährt in Regierungsgejchäften und der Krieg— 
führung, die Laft des germanischen Krieges. Zur 
Unterwerfung Germaniens ergriff er die umfaffend- 
ſten Maßregeln, legte 50 Kaftelle am Rhein an 
und begann wahricheinlich jchon im erjten Jahre 
(13 dv. C.) die Moles oder den Agger Drusi bei 
Eleve zur Regulierung der Rheinausflüffe (vollendet 
von Paullinus Pompejus 55 n. E., Tac. ann. 
13, 53), jowie die Fossa Drusiana, einen Kanal 
zwiichen Rhein und Gala (Mifel), um durch dieje 
und den Flevo (Zuiderjee) in den Ocean zu ge: 
langen und die Germanen auch zu Wafjer anzu: 
greifen. Im J. 12 dämpfte er zuerjt einen Aufftand 
in Gallien, jchlug dann, von der Inſel der Bataver 
feinen Ausgang nehmend, die Sigambern und 
drang in das Land der Ufipeter ein, darauf ſchiffte 
er in den Dcean, bemäcdhtigte fich mehrerer Anjeln, 
mworunter Burchanis (Borkum), gewann die riefen 
zu Bundesgenofjen, jchlug (mad einer nicht ganz 
wahrjcheinlichen Nachricht des Strabon) die Bruf: 
terer auf der Ems und geriet im Lande der Chaufen, 
als jeine Schiffe durd die Ebbe aufs Trockne 
famen, in große Gefahr, woraus ihn die Frieſen 
retteten. Nach Rom zurüdgefehrt, wurde er Praetor 
urbanus, aber mit dem Frühling eilte er im J. 11 
wieder zum Striege, bejiegte die Sigambern und 
Ufipeter, ſchlug eine Brüde über die Yupia (Lippe) 
und drang durch das Yand der Eherujfer bis an 
die Bijurgis (Wejer) vor. Hier wurden vielleicht 
die Tropaea Drusi errichtet. Mangel an Lebens: 
mitteln, das Nahen des Winters und Prodigien 
nötigten zur Rückkehr; auf diejer aber geriet das 
Heer in große Gefahr in einem Engpaß bei Arbalo 
(Plin. 11, 17, 55); nur durch die Sorglofigfeit der 
Feinde, die, des Sieges gewiß, ſchon die Beute 
verteilten, wurde es gerettet. 2 Burgen ließ Dru— 
jus in diefem Jahre errichten: Aliſo am Zuſam— 
menfluffe der Lippe und Alme (wahricheinlich j. 
Dorf Elfen bei Paderborn) und eine im Lande 
der Chatten (Caftel bei Mainz oder die Saalburg). 
Nachdem Druſus in Nom mit den Aufignien des 
großen Triumphes jeinen Einzug gehalten, kehrte 
er mit Auguftus und Tiberius nach Gallien zurüd. 
Nur ein Zug gegen die bisher den Nömern ver: 
bündeten Chatten wird uns aus diefem X. (10) 
berichtet; Zeit und Kraft wurde wahrjcheinlich vor: 
zugsweife auf Befeftigungsanlagen verwendet. — 
Fürs nächte Jahr zum Konſul beftimmt, eilte 
Drujus im J. 9 noch vor Antritt des Amtes an 
den Rhein, drang in das Yand der Chatten, bejiegte 
die Marfomannen, wandte ſich dann ohne Zweifel 


355 


weiter nörblich, eröffnete den Herchniichen Wald 
und gelangte über die Wejer bis an die Elbe; an 
beiden Flüſſen joll er militärijhe Stationen er: 
richtet haben (For. 2, 30). Auf dem Rüdzuge 
ftarb er an der Saale, nachdem er einen Monat 
vorher bei einem Sturze mit dem Pferde fich eine 
ichwere Verlegung zugezogen hatte, gegen Ende 
des %. 9. Dio Cass. 55, 1. Zonar. 10, 35. Lit. 
ep. 140—142. Strab. 7, 292. Seine Leiche wurde 
nad Italien gebracht; am Rheine aber wurde ihm 
in Moguntiacum (Mainz) ein Triumphbogen und 
ein Kenotaphium errichtet. — Er hinterließ von 
der jüngeren Antonia, Tochter des Antonius 
und der jüngeren Octavia, 2 Söhne, Germanicus 
und Claudius. — 4) Druj. Cäjar, Sohn des 
Tiberius und der Vipſania Agrippina, geboren 
15. Oftober 15 v. E., wurde nad) dem Regierungs- 
antritt des Vaters nad) Pannonien gejchidt, um 
einen Aufftand der Legionen zu dämpfen, was 
ihm durch geſchickte Benutzung zufälliger Ereignifie, 
wie eine Mondfinfternis, und Beſtrafung der Schul: 
digiten gelang. Tac. ann. 1,24 ff. Im J. 15n. C. 
war er Konjul; 17 ging er nad Jllyricum, um 
die germaniichen Angelegenheiten zu überwachen; 
die von Marbod drohende Gefahr wendete er ab, 
indem er die Germanen zu innerem Streit anregte. 
Als Konsul, 21, widerjegte er fich dem Vorſchlag 
des Severus Gäcina: fein Magiftratus dürfe jeine 
Gattin mit in die Provinz führen. Nachdem er (22) 
Teilnehmer an der tribunicifchen Gewalt geworden, 
wandten fi) gegen ihn die Nachftellungen des 
Sejan; derjelbe verdächtigte ihn dem Tiberius, ver: 
führte feine Gemahlin Livia (Livilla), die Schweiter 


ftändnis mit derjelben dur den Eunuchen Lygdus 
umbringen. Tae. ann. 4, 11. Dio Cass. 56, 11. 
57, 22. Zonar. 11,2. So ftarb er im %. 23 mit 
Hinterlaffung zweier Kinder, des Tiberius, jpäter 
von Caligula aus den Wege geräumt, und der 
Aulia. Obwohl den Sailer diefer Schlag jehr 
hart traf, geftattete ihm doch fein Stolz nicht, feinen 
Schmerz zu äußern. — 5) Druj., jüngerer Sohn 
des Germanicns und der Agrippina, wurde, als 
des Tiberius Sohn, Drufus, (23) an Gift geftorben 
war, jamt feinem älteren Bruder Nero vom Kaiſer 
dem Senate als fünftiger Kaiſer empfohlen. Tac. 
ann. 4, 8.9. 12. Suet. Tib. 54. Sejan aber, jelbjt 
nach der Krone lüftern, jchwärzte die Agrippina 
mit ihrem Anhange beim Kaijer an, der zunächſt 
die Partei der Agrippina vernichtete und leßtere 
mit ihren Söhnen militärijch überwachen ließ. Zac. 
ann. 4, 67. Später (29) wurde Drufus, des Hoch— 
verrats bezichtigt, im Palatium eingeferfert. Als 
aber nad) der Entdedung der Verſchwörung des 
Sejan (31) Tiberius von wilden Menjchenhafje 
erfüllt war, mußte auch Drufus (im %. 33 n. C.) 
ſterben, vielleicht weil Tiberius eine Verbindung 
‚von Sejans Genoffen mit ihm fürdhtete. Suet. 
Tib. 54. Cal.T. 

Drusilla, 1) jüngfte Tochter des Germanicus, 
zuerft mit E. Caſſius Yonginus (Tac. ann. 6, 15), 
Ipäter mit Amilius Lepidus (Dio Cass. 59, 11) 
vermählt. Ahr Bruder Galigula, der mit ihr in 
jträflihem Berhältniffe gelebt haben joll, lieh 
fie nach ihrem Tode vergöttern und ihr unter 
| dem Namen Panthea Spiele feiern und Altäre 
errichten. Suet. Cal. 24. — 2) Tochter des jü- 
‚diichen Königs Herodes Mgrippa 1. (j. Bere- 


23* 


Ina Germanicus, und ließ ihn endlich im Einver: 








356 


nike, 3.), Gemahlin des Profurators Felir. Act. | 


| 


apost. 24, 24. 

Dryädes j. Nymphae. 

Drymaia, 7) Sovuad« (Sovuog, Hdt. 8, 33), 
Stadt im nördlichen Phokis, mit einem Tempel der 


Dryades — Joöülog, dovloouvn. 


nipeln, die von nun an die Bemannung ber rd: 
miſchen Schiffe bildeten, hinübergejandt und jo der 
Kampf einer Landichlacdht ähnlich gemacht werden. 
So — ging Duil. der karthagiſchen Flotte 
bei Mylä entgegen; die Manöver derjelben waren 


Demeter ; Ruinen beim j. Glunitza. Paus. 10,33, 12. | vergeblich, die Schiffe wurden von den Enterbrüden 


Drymos, JSevwog, 1) ſ. Drymaia. — 
Attika, 16. 

Dryöpes j. Graecia, 10. 

Dryops, Sevoy, Sohn des Tlußgottes Sper: | 
cheios und der Danaide Polydora, oder des (arka— 
diichen) Lylaon und der Dia, oder des Apollon und 
der Dia, einer Tochter des Lyfaon, Stammherr der 
urjprünglich am Spercheios und Parnaſſos, jpäter 
im Beloponnes wohnenden Dryoper. Die dryopi: 
ſchen Aſinaier in Meflenien verehrten ihn als 
ihren Stammvater und begingen ihm zu Ehren 
ein Jahr um das andere ein myſtiſches Feſt. Paus. 


| 
' 


2) |. | 





4, 34, 6ff. 

Dubis j. Arar. 

Ducenarius, eine erft jpätere Bezeichnung für 
1) einen Offizier über 200 Mann, namentlich bei 
den faijerlihen Haustruppen; — 2) für die Burcau- 
chefs von manden Magiftraten, jo genannt, weil 
diejelben häufig vorher jene Militärcharge befleidet 
hatten; — 3) für einen Einnehmer der Steuern, 
vielleicht der von Tiberius anjtatt der früheren 
centesima berordneten ducentesima. Tac. ann. 
2, 42. — 4) Unter Auguftus bezeichnet es einen 
Nichter aus der letzten (infimo censu, 200 000 
Seftertien) der 4 Richterdecurien ſ. ludex, 3.). 

Duellöna j. Bellona. 

Duilfi und Duillii (die alten Formen find 
Duelius und Duellius), ein A Geſchlecht: 
1) M. Duil,, unterſtützte als Tribun im J. 471 
v. C. die lex Publilia und war fortwährend der 
Vertreter ſeines Standes. Als die Decemvirn im 
dritten Jahre (449) unrechtmäßig ihre Gewalt be— 
haupteten und vielleiht Tyrannei übten, veran: 
late er die Plebs, welche ſchon im Aufftande den 
Aventinus * hatte, auf den Mons sacer aus: 
zumwandern. Durch Unterhandlungen mit dem Senat 
wurde das Decemvirat abgeichafft; die tribunicische 
Gewalt wurde wiederhergeitellt. Duilius aber war 
die Seele des Kollegiums. Auf feinen Antrag 
wurden wieder Konſuln gewählt, ebenjo feſtgeſetzt, 
daß von ihnen Provofation and Volk freiftände. 
Durd die leges Valeriae Horatiae wurde die 
Verfaſſung feftgeftellt, die Decemvirn wurden vor 
Gericht gefordert; aber als Appius Claudius und 
Oppius ſich durch Selbjtmord der Strafe entzogen, 
und die Patricier weitere Berfolgungen fürdhteten, 
wurden die Mitjchuldigen auf des Duilius Antrag 
begnadigt. Liv. 2, 58. 61. 3, 52 ff. 59. 64. Ein 
Duilius war unter den Decemvirn. — 2) C. Duil,, 
Konjul 260 v. E. Als fein untüchtiger Kollege 
En. Cornelius Scipio Afina mit 16 Schiffen ın 
dem Hafen von Yipara eingejchlofien und gefangen 
worden war, übernahm er, der bisher an der 
Spitze des Landheeres in Sicilien —— hatte, 
den Oberbefehl über die Flotte. i 


ieſe war eine 
neue Schöpfung der Römer und daher beſonders 
an Mandvrierfähigleit der Farthagiichen ee 
wachjen. Die Erkenntnis davon hatte die n: 
dung der Enterbrüden (corvi) veranlaßt. Diejelben 
fonnten von einem Mafte auf dem Borderteil, an 
dem fie befeftigt waren, auf das feindliche Schiff 
hinabgelaffen und vermittelit derjelben die 2 Ma: | 


erfaßt, 50 Schiffe erobert und zerftört, und Duil. 
errang den erften Seefieg. Pol. 1, 20ff. Eutr. 
2,20. Zonar. 8, 10. Er feierte einen Triumph 
und erhielt die lebenslängliche Auszeichnung, daß, 


ı wenn er vom Gaſtmahl heimfehrte, ein Fackelträger 


ihm vorleudhten, ein Flötenbläſer ihn begleiten 
durfte. Cie. Cat. m. 13,44. Liv. ep. 17. Flor. 2,2. 

‘al. Max. 3, 4. Ein Dentmal (Columna rostrata) 
mit einer Inſchrift verherrlichte den Sieg. Die 
uns erhaltene auf diefer Säule angebrachte Jnſchrift 
ift wohl erit unter K. Claudius mit gejuchter Nadh- 
bildung archaiftiicher Redeweiſe angefertigt. Vgl. 
Ritichl, priscae latin. monum. XCV., und opuse, 
IV p. 183. 240, jowie Mommfen, Corp. 1.L. Ip. 37. 

Duketios, Jovxzrios, ein Sifuler, vereinigte, 
als im 5. Jahrh. dv. E. die griechischen Kolonien auf 
Sicilien ihre Tyrannen vertrieben und Demofratien 
gründeten, dann aber in innere Kriege verwidelt 
wurden, die Eingebornen, um fie vom Jocht der 
Fremden zu befreien, 451. Gejchlagen von den 
Syrafufiern, ging er nach Korinth, lehrte aber 
jpäter zurüd und ftarb in Sicilien um 440. Diod. 
Sie, 11, 76. 12, 29. 

Dalgubnii oder nad) andern Handichriften Dul- 
gibini wird bei Tacitus (Germ. 34) ein deutſcher 
Stamm genannt, öftlih von den Mngrivariern, 
aljo um den Fluß Aller und das heutige Celle; 
Ptolemaios nennt Jovkyovurıoı jüdlid von den 
Langobarden — vielleicht hatte das Volk jpäter 
jeine Sige geändert. Der Name jcheint „die Ber: 
wunder, Krieger” zu bezeichnen. 

Dulichion ſ. Echinades. 

AobAos, doviosurn, Stlave, Sflaverei, Stla- 
venftand. — Der —— der perſönlichen Unfrei— 
heit war bei den Griechen, wie in ſeinen Urſachen, 
ſo in ſeiner Erſcheinung verſchiedenartig. Wir 
finden nämlich in vielen Staaten einen Zuſtand 
der Unfreiheit, der in ſeiner Erſcheinung und in 
ſeinen rechtlichen Verhältniſſen der Leibeigenſchaft 
der neueren Zeit entſpricht. Als Urſache dieſes 
Verhältniſſes fann man im allgemeinen die Unter: 
werfung der urjprünglichen Bewohner durch einge: 
wanderte jiegreihe Ankömmlinge bezeichnen. Die 
Unterworfenen traten zu dem neuen Herren des 
Landes dur) Vertrag oder unbedingte Unterwerfung 
und —— in ein Abhängigkeitsverhältnis, 
das verſchiedene Abſtufungen der Unfreiheit zuließ 
und in den einzelnen Ländern von einander ab— 
weichende Erſcheinungen darbietet. So finden wir 
in Theſſalien die Peneſten, in Sparta die Heloten, 
über deren Stellung wir am genaueſten unter— 
richtet ſind (das Nähere darüber ſ. unter Helo- 
tes). — Von dieſen Leibeigenen unterſchieden find 
die eigentlichen Sklaven, die dodkoı (obgleich auch 
die Beneften, Heloten und andern Leibeigenen mit 
diejem Namen bezeichnet werden), deren Unfreiheit, 
urjprünglid” durch Gefangennehmung im Kriege 
(ichon bei Homer, Od. 1,398) oder Verlauf (jo 
von der Euryfleia, Od. 1, 430, vom Eumaios, daj. 
15, 482) entjtanden, fid) auf ihre Nachlommen fort: 
erbte. Veranlaßt ift dies Verhältnis durd das, 
beionders in den Staaten, die feinen Stand der 


© 


0 


Aoölos, dovioovrn. 


Yeibeigenen hatten, hervortretende Bedürfnis, die | hatte, durd die ein anderer verlegt war. 


357 
War 


niederen Arbeiten, deren Beſorgung des freien | eine ſolche Handlung im Auftrage des Herrn ge 
Staatsbürgers (moAdlrngs) unwürdig jchien, durch ſchehen, jo war, wie es fcheint, gegen ihn auch 


Nichtbürger ausführen zu laffen. Als erfter Staat, | die Klage zu richten. 


Segen einen entlaufenen 


der förmlichen Sklavenhandel trieb, wird Chios | SHaven konnte von jeiten des Herrn (ſowie aud) 


genannt. — Die rechtliche Begründung des Ber- 
hältniffes bei den griechiichen Philojophen und 


| 


jedes andern, der ein Intereſſe dabei hatte, 
jemanden als Sklaven anerkannt zu jehen) eine 


Staatslehrern hängt eng zufammen mit der im | drayoyı) angewendet werden, d. h. man konnte 


griechiichen Vollsbewußtſein tief eingewurzelten 
Unterjcheidung des Hellenentums und Barbaren: 
tums (vgl. auch Barbari). Seiner Natur nad 
herricht der Grieche über den Barbaren (Arist. 
pol. 1,2). Dieje Anſchauung, verbunden mit der 
Notwendigkeit der häuslichen DPienftleiftung, die 
der Herr nicht durch Automaten wie die des Dai- 
dalos oder Hephaiftos verrichten laſſen konnte 
(Arist, pol. 1, 4), lich einen Zweifel an der Recht: 
mäßigfeit der Sklaverei gar nicht auffommen. 
Sache der Humanität war es dagegen, hellenischen 
Kriegsgefangenen den Losfauf zu geftatten. Die 
SHaven waren daher urjprünglich faft alle bar: 
bariſcher Herkunft, bejonders Phryger, Thraker, 
Stythen. Sklavenmärkte waren beſonders auf Delos, 
Chios und zu Byzantion, doch hatte auch Athen 
einen ſolchen. Bei der Betrachtung der redht- 
lichen Berhältniffe der Sklaven haben wir vorzugs— 
weife auf Athen Nückficht zu nehmen. Der Sflave 
war nicht nur der Diener, jondern der wirkliche 
Befip des Herrn, eine Sache, der willfürlichen 
Berfügung des Herrn anheimgegeben. Die Schroff: 
heit und Härte diejes Berhältniffes, das ftreng: 
genommen einer vollkommenen perjönlichen Necht: 
lojigfeit gleichfommt, wurde indeſſen durch die 
Humanität und Gefittung der Athener bedeutend 
gemildert. Tötung eines SHaven wurde gerichtlich 
verfolgt (Epheten im Palladion hatten darüber zu 
richten); ebenſo war die Mifhandlung ("Pers), 
wenigſtens in gewiflen Fällen, gejeglicher Ahndung 
unterworfen. Selbft der Herr durfte den Sklaven 
ohne Richteripruch nicht mit der Todesftrafe be: 
legen, wenngleid) die Strafe des Herrn, der den 
SHaven getötet hatte, nur in einer religidfen Buße 
beftand. — Der graufamen Behandlung des Herrn 
fonnte fi) der Sklave durch Flucht zu einem Aſyle, 
namentlich zum Thejeion, entziehen und von dort 
aus um den Berkauf an einen andern Herrn bitten 
(rgücıv alreiv). Ob und in welchen Fällen der 
Herr genötigt war, der Forderung nachzugeben, 
fteht nicht feit. — Im übrigen war die rechtliche 
Sphäre der Sflaven, ihrer Stellung als Befit des 
Herrn gemäß, äußerft beſchränkt. Sie ermangeln 
der Rechtsfähigkeit und können daher auch feine 
Klage anftellen. Dies Recht hat nur der Herr, in 
dejien Beſitz fie ftehen, und für den die Verletzung 
eines SHaven zugleich eine Kräntung feines Eigen: 
tumsrechtes ift. Anders war es mit jolchen Skla— 
ven eines Ausländers, die, in Athen wohnhaft, 
auf Rechnung des Herrn oder gegen eine Abgabe 
(eropogd)felbftändig ein Seichätt betrieben. Dieje 
wurden als Freie angejehen und behandelt. Much 
als Zeugen durften He nicht auftreten; doc galt 
ihre Ausjage, die ftet3 mit der Tortur verbunden 
war, für ein gerichtliche Beweismittel von großem 
Gewichte. (Über das Verfahren bei der Tortur 
vgl. Basavıarng.) — Eine Klage gegen Sklaven 
(ftet8 vor den Diaiteten) fonnte wohl nur in dem 
Falle angeftellt werden, wenn der Sklave ohne 
Auftrag jeines Herrn eine Handlung begangen 


| 


den flüchtigen Sflaven auf der Straße oder in 
Wohnungen (ausgenommen find natürlich Orte, 
die das Niylrecht haben) aufgreifen und in feine 
Wohnung bringen (äysır, aysır els dovlsier) 
Erhob der Sklave jelbft, oder ein dritter, in deſſen 
Gewalt er ſich gerade befand, dagegen Wiberjtand 
(epatoeoıg, PEatprsıg, Epuıpsioheı, FErıgeicher), 
jo fonnte der dymr eine dan dpaıgkoeug an: 
ftelfen, entiweder beim Archon oder, wenn der in 
Anſpruch Genommene für einen nichtbürgerlichen 
Freien galt (vgl. ’Aoxnj), beim Bolemarchen. Konnte 
er fein Eigentumsrecht nachweifen, jo hatte der 
Bellagte ihm Schadenerjaß zu Teiften und außer: 
dem an den Staat eine Buße zu zahlen. — Eine 6 


ı befondere Stellung nahmen in Athen die Staats: 





| 


ſtlaven (oladraı Önuscror, Önudsıo:) ein, die zu 
niederen Berrichtungen im Dienfte des Staates 
gebraucht wurden. Solche waren zunächſt die |. g. 
Skythen oder Bogenſchützen, ein Corps anfangs 
von 300, dann 600, endlich 1200 Mann (von einem 
gewiffen Speufinos, der die Errichtung diejes Corps 
bewirkt hatte, auch Speufinier, Zmevolvioı, ge: 
nannt). Sie dienten als Gendarmen oder Poli: 
zeifoldaten und hatten ihr Wachthaus anfangs auf 
dem Markte, fpäter auf dem Areopag. Auch im 
Kriege wurden fie gebraucht. — Außer ihnen werden 
noch 200 Hippotoroten genannt. Ferner waren 
die niederen Diener der öffentlichen Beamten, Aus: 
rufer, Schreiber, Häſcher, Büttel, Gefangenwärter, 
Nacrichter u. ſ. w., meiftenteils, die legteren 
immer, öffentliche SHaven, ebenfo auch die Arbeiter 
in der Münze. Solche Leute hatten unzweifelhaft 
Eigentumsrecht und einen eigenen Haushalt (weis 
otxoövreg) und ftanden in der Fähigkeit Prozefle 
zu führen wahrjcheinlich den Schußgenofjen gleich. 
Aus diejer bevorzugten Stellung läht ſich auch 
ichließen, daß fie gewiß nie an einen Privaten 
verfauft wurden. — Die Behandlung der Sklaven 
war natürlich von der Sinnesart des Herm ab: 
bängig; im allgemeinen läßt ſich indeflen nicht, 
wie ſchon erwähnt, in Abrede ftellen, daß bei den 
Athenern die Behandlung der Sklaven ziemlid) 
milde war, und daß fie in Athen eine größere 
Freiheit genofjen als in andern Staaten. Zum 
Teil mag dies von der Milde des atheniichen Cha: 
rakters herrühren, zum Zeil mochte die Klugheit 
bei der ungeheuren Menge der Sflaven eine ge: 
wife Schonung derjelben rätlich machen. Xenophon 
(resp. Ath. 1, 10) führt ala Grund der größeren 
erolaote der atheniihen Sklaven den Umſtand 
an, daß fie fich in der Kleidung nicht vom Volke 
unterschieden und daher auch Mifhandlungen und 
Schläge von jeiten anderer wenig zu erbulden 
hatten, da niemand fich der Gefahr ausjegen mochte, 
einen Bürger zu beleidigen, in der Meinung, es 
mit einem Sklaven zu thun zu haben. Der Zutritt 
zu den Tempeln und Heiligtümern, ſowie Teil: 
nahme am häuslichen Sottesdienft und öffentlichen 
Feiern war den Sflaven im allgemeinen nicht 
verwehrt. — Die Preije der Sklaven waren nad) 7 


.n 
= 


358 


ihrer Gejchidlichkeit und Tüchtigkeit ſehr verſchie— 
den, in Athen gewöhnlich zwijchen 1 bis 10 Minen, 
obgleich auch höhere Preije vorfommen; Nikias 
3. B. faufte einen Aufſeher in die Bergwerte für 
1 Talent. Die Berfaufspläße hießen xuxdoı. Der 
Stlavenmarlt ſcheint gewöhnlid am Neumond 
(vovunvie) ftattgefunden zu haben (Arist. Equit. 
43 mit dem Schol.). — Bon den durdy Kauf er: 
worbenen Sklaven werden noch die im Hauſe ge: 
borenen (olxörgıßes, wenn beide Eltern Sklaven 
find, aud) &upldovior), deren Zahl jehr beträcht- 
lih war, unterjchieden. Die Anzahl der Sklaven 
in Attila belief jich in den blühenden Zeiten auf 
ungefähr 365 000 gegen 90 000 bürgerliche Be: 
wohner; das Verhältnis war aljo ungefähr wie 4:1. 
— Die Stellung der Sklaven war verichieden nach 
den Verrichtungen und Dienften, die fie zu leiften 
hatten. Zum Teil hatten fie die häuslichen Ge: 
ichäfte in der weiteſten Ausdehnung zu bejorgen, 
den Herrn oder die rau auf Ausgängen zu be: 
gleiten (es galt als Zeichen großer Einfachheit, 
daß die Frau des Phokion ſich nur von Einer 
Sklavin begleiten lieh), ald rawdayayol die Er: 
ziehung der Knaben zu bejorgen, diejelben in die 
Gymnaſien und Schulen zu begleiten und zu be: 
auffichtigen. Auch der ärmere Bürger hatte wenig: 
ftens Einen Sklaven zur Bejorgung jeines Haus- 
weſens; in jeder mäßigen Haushaltung brauchte 
man deren viele zu allen möglichen Geſchäften. 
Außer diejen Hausiflaven gab es aber noch andere, 
welche außer dem Hauſe als Handwerler und 
Fabrifarbeiter dienten und eine verhältuismähig 
jreiere und unabhängigere Stellung hatten. Sie 
arbeiteten entweder auf Rechnung Des Herrn oder 
hatten von ihrem Erwerb demjelben eine Abgabe 
(Lropogd) zu zahlen. So wurden die Sklaven 
in Bergwerfe vermietet gegen eine tägliche Abgabe 
an den Herrn; auch nahmen fie für eigene Rech: 
nung Arbeiten in Accord, übernahmen auch viel: 
leicht die jelbftändige Bebauung von Adern gegen 
einen dem Herrn zu entrichtenden Pachtpreis. Ein 
Beiipiel der andern Urt, wo die Sklaven unmittel: 
bar auf Rechnung des Herrn arbeiteten, haben 
wir an Demofthenes’ Vater, der in feiner Waffen: 
fabrif 302 oder 303, in einer Sänftenfabrit 20 
Sklaven beichäftigte. — Beim Eintritt eines neu: 
gefauften Sklaven wurde Naſchwerk (aaragvouere, 
reayrjuera) ausgeftreut der guten Vorbedeutung 
wegen. — Freilaffungen famen aus verjchiedenen 
Gründen nicht jelten vor, 3. B. durch Verkauf an 
eine Gottheit, namentlich auch durch Yosfauf der 
Sklaven von dem, was fie ſich erjpart hatten; 
wahricheinlich jedoch fonnte der Herr jeine Ein: 
willigung verweigern. Auch fam es vor, daß 
Sklaben, die im Seedienft (wobei jie befonders als 
Ruderer gebraucht wurden) jich ausgezeichnet hatten, 
wie bei den Arginuſen, maflenmweis freigelaffen 
wurden. Auch nad der Schlacht bei Chaironeia 
wurden bie mitlämpfenden Sklaven (auch bei Ma: 
rathon jchon haben Sklaven mitgeftritten) für frei 
erflärt; dasjelbe fand ftatt als — für die 
geſchehene Anzeige ſchwerer Verbrechen. Auch teſta— 
mentariſche Freilaſſungen (dmeisvdigwarg) ſind 
nicht ſelten. — Die Freigelaſſenen (dmressudzgon, 
!&ekevdegon) traten in das Verhältnis der Metoilen 
und waren an den ehemaligen Herrn ald mooorarns 
gebunden, der gewiſſe Lerftungen von ihnen zu 


Dumnorix — Duumrviri. 


berechtigte diefen zu einer Klage arosrasiov, die 
im Falle der Verurteilung erneute Sklaverei zur 
Folge hatte, im Falle der Frreifprechung denjelben 
von allen Pflichten gegen den weosrdrng befreite 
und den freigebornen Metoiten gleichftellte (ſ. auch 
ZEvos). Vgl. Becker-Göll, Charikles III ©. 1 ff. 

Dumnörix j. Divitiacus, 

Duris, JSoögıs, von Samos, griechiſcher Hiito- 
rifer um 250 v. E., jchrieb "/orogiaı (audy "EAln- 
vırd und Maxsdorınd genannt), die dom J. 370 
anfingen und wenigjtens noch den Demetrios Poli: 
orfetes behandelten; z@ wegi Ayattorkta, Laulor 
ago: (d. h. Annalen) u. a. Werke. Er war ein 
vielgelejener Schriftfteller und wird oft von Diodor, 
Plutarch, Athenaios u. a. angeführt. Sammlung 
der Bruchftüde von Hullemann (1841) und von 
Müller, fragm. hist. Graee, II p. 466 ff. 

Durfus, JSoögog, j. jpan. Duero, portugiej. 
Douro, bedeutender Fluß Hijpaniens, entipringt 
auf dem Idubeda im Gebiete der Pelendonen, 
ftrömt bei Numantia vorbei, bildet danı Die Grenze 
zwiſchen Yufitania und dem tarraconenfischen Hiſpa— 
nien und mündet zwijchen Kale und Yangobriga 
(beim heut. Oporto) ins Atlantiiche Meer. Rechts 
nimmt er den Areva, Pijoräca (j. Piſuerga) 
und Aſtura (j. Esla), lints den Cuda (j. Coa) 
auf. Er jollte goldhaltig jein. Strab. 3, 153. 162. 
Sil. 1, 234. 

Durocortörum, Hauptjtadt der Nemi im bel: 
giſchen Gallien, j. nach dem jpäteren Namen Remi 
Reims, wichtig als Mittelpunkt mehrerer ſich Freu: 
zender Straßen. Caes. b. g. 2,3. 6, 41. 

Duronia, cine in der Nähe der Gaudinijchen 
Päſſe gelegene Stadt der Samniter. Liv. 10, 39. 

Duronii, eine plebejtiiche gens: ı)%. Dur, 
im J. 181 v. E. Prätor, verwaltete Apulien und 
erhielt dazu Sitrien, um den Seeräubereien der 
Jitrier zu ftenern. Liv. 40, 18. Ihm wurde die 
Unterfuchung über die Bacchanalien übertragen. 
Die Seeräuber im Ndriatifhen Meere züchtigte er. 
Liv. 40, 42. — 2) M. Dur, von dem Genjor 
M. Antonius aus dem Senat geftoßen, 98 vd. E,, 
weil er ald Tribun ein zur Bejchränfung des 
Aufwandes bei Sajtmählern gegebenes Geſetz kaſſiert 
hatte, rächte fich durch eine gegen diejen angejtellte 
actio ambitus, welche jedod) erfolglos blieb. Val. 
Max. 2, 9, 5. Cie. de or. 2, 68, 274, 

Duumviri (duoviri) hießen in den römijchen 
Municipien und Kolonien die beiden höchiten Ma: 
giftratsperjonen, welche alle Jahre wechielten. In 
der Kaiſerzeit bildete ſich aber der Unterichied, daß 
die Municipien in der Regel Duatuorbiri, die 
Kolonien dagegen Duumpiri hatten. Ihr vollftän: 
diger Name war duumviri inri dieundo, und ihr 
Amtsdienjt glih im feinen dem der römijchen 
Konſuln, obwohl fie niemals Konjuln hießen, jon: 
bern nur etwa im Scherz jo genannt wurden, 
wie Cie. Pis. 11. de dom. 23. Sie waren die 
oberjten Stadtrichter, Präfidenten des ftädtiichen 
Senats und Aufſeher über die ganze ſtädtiſche 
Verwaltung. Sie trugen die praetexta und wurden 
von 2 Liltoren begleitet, welche Stöde trugen. 
Die Wahl derjelben geihah in der SKaiferzeit 
allenthalben von dem Municipalienat, früher auch 
in den Municipalcomitien, und nur Municipal: 
jenatoren waren jpäter wählbar; doch verlor diejes 
Amt in der Kaiſerzeit viel von feinem alten An— 


beanipruchen hatte. Undanfbarfeit gegen den Herrn | jehen, weil ihre Jurisdiftion jehr beichräuft wurde 


ts 


Duumviri capitales — Dux. 


und die Freiheit der Städte überhaupt zu ſinken 
begann. 

Duumviri capitäles j. Perduellio 

Duumviri naväles, auferordentlidye Seeprä: 
felten, Momirale, bejorgten die Einrichtung und 
Ausrüftung der Kriegsichiffe und scheinen auch 
Oberanführer der Flotten gewejen zu fein, wie 
Appian (Samn. 7, vgl. Pol. 3, 25) den Duumvir 
Cornelius im Kriege gegen die Tarentiner er: 
wähnt. Die Einſetzung diejes Amtes beftimmt 
Living (9, 30) auf 312 dv. E. 

Duumviri acdi faciundae und acedi dedi- 
candae beforgten nad) erhaltenem Auftrag den Bau 
oder die Weihung eines Tempels. Liv. 28, 42. 
7, 28. 

Duumviri sacrörum oder sacris faciundis 
oder Sibyllini f. Divinatio, 15. 

Dux, 1) jeder Heerführer zu Lande und zu 
Waſſer. In den Zeiten der römischen Republif 
war der Konſul der erfte Befehlshaber jeines 
Heeres, oder die tribuni militum consulari po- 
testate, jo oft dieje in der Zeit von 445 — 366 v. E. 
an Stelle der Konſuln gewählt waren. In Reiten 
der Gefahr befam der Konſul, welder gerade die 
fasces hatte (Liv. 8, 12), von dem Senate den 
Auftrag, einen dietator (f. d.) zu erwählen. Der: 
jelbe mußte aus der Zahl der Konjularen ernannt 
werden (dieere, Liv. 2, 18), eine Regel, die oft 
verlegt worden ift. Inter ihm fommandierte ein 
von ihm ernannter magister equitum. Doch war 
dies immer nur ein zeittweiliger und vorüber: 
gehender Oberbefehl. Wenn beide Konfuln bei dem 
Heere gegenwärtig waren, jo wechſelte ihr Befehl 
Tag um Tag (Lir. 22, 41); reichten fie aber nicht 
hin für die Führung der aufgeftellten Heere, ſo 
verlängerte man den vorjährigen Konſuln ihr im- 
perium (prorogare) und ſchickte jelbft Prätoren in 
die Provinzen zur Übernahme des militärischen 
Oberbefchls. Bor dem Abgange aus Rom zogen 
dieje Oberbefehlshaber auf das Eapitol, um dort 
Opfer und Gelübde darzubringen, und von da 
gingen fie, mit dem Feldherrnfleide (paludamen- 
tum), einem wollenen, purpurbejegten Gewande, 
angethan (Liv. 42, 49) und von ihrer cohors prae- 
toria umgeben, ins Feld. Diejer Generalftab be: 
ftand aus dem Quäſtor, den Legaten und den 
Kriegstribunen jamt den Präfelten der Bundes: 
genoſſen. Die Beitimmung des Quäſtors war 
jedoch (außer bei bejonderem Auftrage) nicht die 
eines Befehlshabers, fondern er hatte die Geld: 
angelegenheiten und Die Berproviantierung des 
Heeres zu bejorgen. Die Legaten ernannte für 
gewöhnlich der Senat nach den von dem Feld— 
herrn gemachten Borjchlägen (Cie. ad Qu. fr. 1, 1); 
die öfter vorfommende willfürliche Wahl derfelben 
durch die Feldherren jelber war an ſich ungejeglich 
(Cie. Sest. 14), bisweilen ausdrücklich erlaubt (Liv. 
44, 18). Sie wurden aus der Bahl der geweienen 
Beamten entnommen; jeder Konjul hatte meiftens 
2 Legaten, deren jeder 3 Liktoren führte. Liv. 29,9. 
Cie. ad fam, 12, 30. Die eigentlihen Anführer 
der Pegion aber waren die Kriegstribunen, 
deren 6 bei jeder Legion ftanden (über ihre Wahl 
j. Dileetus militum, 1.). Ihr Befehl wechielte 
jo, daß auf 2 Monate 2 alle Tage fich ablöften, 
jo da jeder im Jahre zweimal auf 2 Monate an 
die Reihe fam und jowohl im Sommer an dem 
Felddienſte als aud im Winter an dem Lager: 


359 


dienfte teil hatte. Zir. 40, 41. Ebenjo war es 
mit den Präfelten der Bundesgenofjen; über 
ihre Verpflichtungen im Lagerdienſte vgl. Disei- 
plina militarıs, 8. Das Abzeichen ihres Amtes 
war ein goldener King, im Lager bejaßen fie eine 
Wade. — Unter den Subalternoffizieren (duces : 
minores) nahmen die Genturionen die erite 
Stelle ein. Sie waren Anführer der Centurien, 
deren jeder Manipel 2 hatte. Sie wurden durd) 
die Tribunen aus der Zahl der eingeftellten hastati, 
prineipes und triarii dergeftalt ernannt, daß die 
erften 10 jeder Waffengattung centuriones prio- 
res und die legten 10 cent. posteriores hießen. 
Je ein cent. prior und posterior befehligten zu: 
jammen einen Manipel, jener die eine Genturie 
auf dem rechten, dieſer die andere auf dem linken 
Flügel, doch mit Unterordnung des leßteren; bei 
eintretenden Berhinderungsfällen des cent. prior 
verjah der cent. posterior die Stelle desjelben. 
Den höchſten Rang unter den cent. priores nahm 
der don allen zuerjt ernannte als Genturio des 
erften Manipels der Triarier ein. Man jah bei 
ihm anf Rriegserfahrung und Tapferkeit, da er zu: 
gleich Mitglied des Kriegsrats war, in welchem 
die höheren Offiziere (duces maiores), die Legaten, 


der Quäftor und die Kriegstribunen, ſaßen, und 


ihm der Legiondadler anvertraut wurde. Er hieh 
zur Unterjcheidung von den übrigen centurio 
primi pili (die Manipeln der Triarier hießen 
pili), primipilus oder geradezu primus cen- 
turio. Liv. 7, 41. 25,19. Die Centurionen ber 
Haftati und Principes hiefen: centurio primi 
hastati oder primus hastatus, secundus u. |. w., 
primus princeps u. |. w. Das Abzeichen der Een: 

turionen war feit Scipio Amilianus der Nebftod 
(vitis, daher vite donari), außerdem in der Schlacht 
ein Helmbuſch. Ihr Dienft war die Aufficht bei 
den Lagerarbeiten, Einübung der Manipeln in 
Waffen und Märichen und die Bifitierung der 
Wachen. Unter den Eenturionen ftanden als Unter: 
offiziere die optiones, cbenfalld 2 bei jedem 
Manipel; ihre Stellung war am Ende der Een: 
turie, daher heißen fie als Zugſchließer bei den 
griechiſchen Schriftſtellern ore«yor, früher nannte 
man fie auch accensi. Uriprünglich wurden ſie 
von den Tribunen beftimmt, jpäter überließ man 
ihre Wahl den Centurionen jelber, daher optio 
von optare. Außerdem erwählten die Centurionen 
fih aus ihrem Manipel 2 fräftige und tüchtige 
Soldaten zu Fahnenträgern, signiferi ober 
vexillarii (von vexillum, der Standarte des Ma- 
nipels). Der zweite diente als Erjakmann des 
eriten, wenn derjelbe verwundet oder gefangen war. 
Endlich war noch über je 10 Mann ein decurio 
(decem) als Unteranführer geſetzt. Bei der 
Legionsreiterei (300 bei jeder Legion) war der 
praefeetus equitum Mnführer. Er hatte 
30 decuriones unter fih, von denen jeder je 
10 Mann, die erjten 10 überdies noch die Turmen 
(jede von 30 Reitern) fommandierten. — Nachdem 
die Einteilung der Legion nad) den 3 verjchiedenen 
Waffengattungen verwiſcht war und die 30 Ma- 
nipeln der Legion 10 Kohorten bildeten, erhielten 
ſich doch die früheren VBenennungen der Gent: 
rionen, z. B. oetavus princeps, primus hastatus. 
Caes. b. c. 1,46. Durch die eingetretene Wichtig: 
feit und den Vorrang der erften Kohorte mußte 
aber auc) das Anfehen aller Centurionen derjelben 


360 Dyardanes — 
fteigen, daher find (nach Rüſtow) die von Cäſar 
jo vielfach erwähnten centuriones primorum ordi- 
num (b. 9: 1, 41. 5, 28. 37. b. c. 1, 74) oder 
primi ordines (b. g. 5, 30. 6, 7) nicht mehr die 
oben angegebenen: primus pilus, primus hastatus 
prior, primus princeps prior, ſondern jämtliche 
Genturionen der erften Kohorte (vgl. Tac. hist. 
3, 22), die nunmehr auch Mitglieder des Kriegs— 


Dyspontion. 


verdiente Militärperfonen, welche bei dem Abſchied 
diejen ehrenden Titel empfingen. 

Dyardänes, bei Strabon (15, 719) Oldarng, 
Nebenfluß des Ganges, vermutlich der heutige Brah: 
maputra, nährt Krokodile und Delphine. Curt.8,9. 

Dymänes j. dvin, 9. 

Dymas, 1) j. Priamos. — 2) j. Aigimios. 

Dyme, Stun, Nymae, 1) Stadt im weftlichen 


rat3 waren (Caes. b. g. 5, 28). Überhaupt trat die | Achaia (f. d.), erſt nach 750 v. E. durch Zuſam— 
ZTüchtigkeit und das Anfehen der Genturionen viel‘ menfiedelung der Bewohner von 8 Hleineren Ort: 
mehr hervor, jeitdem man in den legten Beiten ſchaften gebildet, wohin Pompejus kilifiihe See: 


der Republik anfing, bei der Bejegung des Tri- 
bunats weniger auf militärische Erfahrung und auf 
Berdienft zu jehen, als auf Gunft und Geburt, da 
junge vornehme Leute (Cues. b. g. 1, 39), nament: | 
lih aus dem Ritterftande (Caes. b. a. 3, 7. 10), 
jogleich im zweiten (Cie. Brut. 89, 304), ja fogar 
im erften Dienftjahre (Hor. sat. 1, 6, 48) zu Tri: 
bunen ernannt wurden. Daher fam es auc, da 
Cäjar anftatt der beiden Tribunen, die zur Zeit 
Führer der Legion fein follten, den einzelnen 
Legionen tüchtige Leute aus der Zahl der Legaten 
zu Unführern gab. Caes. b. g. 2, 20. 5, 24. 7, 45. 
5 — Auguſtus erhob diefen Gebrauch zu einer fejten 
Einrihtung und ernannte zu Kommandeuren der 
einzelnen Legionen die legati (Tac. ann. 1, 44. 
4, 73. 14, 32; über den von Tacitus [hist. 1, 82] 
erwähnten praefectus legionis j. ’raefeetus), 
die zum Unterſchiede von den legatis consuluri- 
bus, den Gtatthaltern der Provinzen, auch legati 
praetorii (Tac. Agr. 7) hießen, weil fie gewöhn: 
fi aus der Zahl der prätorijchen Männer genom— 
men wurden. Unter ihnen befehligten die Tribu: 
nen, bie jedoch in Notlagen auch jet wohl noch 
die a: Führung der Legion übertragen erhiel- 
ten. Zac. hist. 3, 9. Sie wurden ebenfalls vom 
Kaifer ernannt (Suet. Tib. 41), waren aber im 
allgemeinen ohne bejondere tüchtige Kriegserfah— 
rung, weil die Söhne der Senatoren (Suet. Oct. 38) 
und Ritter mit diefer Würde ihre friegerifche Lauf: 
bahn begannen; und da die erjteren das Recht 
hatten, mit Annahme der männlichen Toga auch 
den latus clavus an der Tunika zu tragen, fo 
unterfchied man die tribuni laticlavii von den 
angusticlavii. Suet. Oth. 10. Seit Claudius 
war der Andrang der jungen Leute zum Tribus: 
nate jo groß, dab die wirklichen Stellen im Heere 
gar nicht mehr ausreichten, weshalb er denn über: 
zählige Tribunen (-upra numerum, imaginariae 
wilitiae genus, Suet. Claud. 25) ernannte, Um 
jo mehr mußten jeßt die Genturionen Erfahrung 
befigen und um jo höheres Anjehen geniehen, 
namentlich) die centuriones primorum ordinum, 
Ihnen wurden von Auguftus Die Augustales, 
von Beipafian Flaviales genannt, als außer: 
ordentliche (extraordinarii) Centurionen beigejellt. 
Zu den höheren Offizieren famen in der Kaifer: 
zeit nod) der praefectus castrorum, der das 
ganze Lagerwejen überwachte (Tac. ann. 1, 32. 
14, 37), und der praefectus fabrüm, Chef 
der Handwerker, Hinzu, unter deſſen Befehl aud 
die Wurfmaſchinen ftanden (da. 2,20. 15, 9), beide 
im Range der Tribunen. — 2) Seit Diocletian 
militärijche Oberbefehlshaber in den Provinzen. — 
3) Titular:Duces im faiferlichen Konfiftorium und | 





eu — — 
— — — — — — — — vv — 


räuber verpflanzte; j. Karavoſtaſis. Strah, 8, 378. 
2) Stadt in Thrafien, an der Egnatiichen 
Strafe und am Fluſſe Hebros, j. Feredjik. 

Avvası 25 (Övvaorelia), der Bewalthaber. Nach 
älterem Sprachgebrauch), 3. B. bei Herodot, werden 
mit diejem Ausdrude die Meineren Machthaber in 
nichtgriechiichen Yändern bezeichnet. Wriftoteles ge: 
braucht das Wort zur Bezeichnung einer bejtimm: 
ten Staatsform, der ausgearteten Oligarchie. Die 
Dynaftie ijt ihm (pol. 4, 5, 1) die form der 
Oligarchie, öra» deyn un ö röuog, all’ ol &g- 
govres; fie fteht zur geſetzlichen Dligardhie in 
eben dem Verhältniffe, wie die Ochlofratie zur 
Demofratie und die Tyrannis zur Monarchie. 
Dieſer Gebrauch des Wortes ift aber wohl nicht 
erft von Ariftoteles fejtgeftellt worden, jondern hat 
ihon früher gegolten. Bei Thufydides heißt es 
von den Theflaliern: zl un dvvaoreie uälkor )] 
lsovoui« 2yomrro; und in der Nede der Thebaner 
gegen die Plataier (Tihur. 3, 62, 2) wird die 

Ayapyia loovouog der Övraorei« Öklywr, die 
zur Beit der Perjerfriege bei den Boiotern ge- 
herricht hat, entgegengeftellt und dabei bemerft, 
daß dieje Staatsform der Tyrannis am nächiten 
jtehe (yyvrdrw rugdrrov) Mthenagoras (Thuc. 
6, 38, 2) ftellt rugarridag nal Övraoreiag adi- 
xovg zujammen. Es ift jomit die Dynaftie in ihrer 
eigentlichen Bedeutung als die ungejegliche Ge: 
waltherrichaft Weniger zu fallen, jowohl von der 
rvgarrig wie von der Ölıyapyia loovouog unter: 
ichieden. So wird man alfo 3. B. auch die Dreißig 
in Athen nicht als Torannen, jondern als Dynaften 
zu bezeichnen haben. Vgl. auch Staatsformen, 
griechiſche. 

Dyras, Aöocs, j. Gurgo, theſſaliſcher Fluß in 
Phthiotis, der ſich ſüdlich vom Spercheios in den 
Maliſchen Meerbuſen ergoß, während er jetzt dem 
Spercheios zufließt (j. die Karte zu Thermo- 
pylaı\ Hdt. 7, 198. 

Dyrrhachium j. Epidamnos 

Dysanles, Svoaving, Bater des Triptolemos 
und Eubuleus, Bruder des Keleos, führte, nad) der 
Sage der Phliafier, von Jon aus Eleufis ver: 
trieben, in Phlius die Myſterien der eleufinischen 
Demeter ein. Paus. 1, 14, 2. 2,14, 2. Er war ein 
Heros des Aderbaues, urjpr. Disaules, der „zwei— 
mal Furchende“, wie in Pheneos ein Trisaules, 
ein im Jahr „dreimal Pflügender“ (Paus. 8, 15,1). 
Zu Phlius befand ſich fein Grab neben dem des 
Aras, „des Pflügers“. 

Dysoros, JSucwpor öpog, ein von N. nah ©. 
bi8 an den Thermaischen Meerbujen jtreichendes 


ı Gebirge Makedoniens mit Goldminen. Hdt. 5, 17. 


Dyspontion j. Elis, 5. 


Ebora — Eeuleus. 


361 


E. 


Eböra, Name mehrerer Städte auf der heipe: | licher des V. 


rischen Halbinfel: 1) Stadt in Yufitanien mit dem 
Beinamen Liberalitas Julia, zwijchen Tagus und 
Anas, j. Evora. Plin. 4, 35. — 2) Eböra oder 
Ebüra, j. St. Yucar di Barrameda, fefte Stadt der | 
Turduler, öftlih von der Mündung des Bätis. 
Eboräcum j. Brigantes. 
Ebüdae insulae oder Haebudes, "Eßovdaı 
»60:, werden von Btolemaios und Plinius (4,16, 30) 
genannt unter den Inſeln des weftlihen Dceans; 
die jeßigen Hebriden. ©. auh Haemodae. 
Eburönes, ’Eßovpwvsg, belgiſche Bölterfchaft, 
welche zwiſchen 





270 genannten Phorlys und der 
Reto), oder des Tartaros und der Ge, ein räube- 
riiches, furchtbares Ungeheuer, zur Hälfte Jung: 
frau, zur Hälfte Schlange (qiöre). Sie wohnte 
mit Typhaon bei den Arimern (Kilikien) und zeugte 
mit ihm den Hund des Geryones Orthros, den 


Kerberos, die lernaiiſche Hydra, die Ehimaira, die 


Sphinr, den nemeiſchen Löwen, die Stylla und 
andere Ungeheuer. Hesiod. theog. 306 ff. Argos 
Panoptes überfiel jie im Schlafe und tötete fie. 
Echinädes, ’Ezırddss, hießen die an der Mün- 
| dung des Acheloos (j. Akarnania) angejchwenm: 


hein und Schelde wohnte, mit ten, jehr fruchtbaren Inſeln, welche natürlich vielen 


der Hauptitadt Aduatuca. Caes. b. g. 6, 32. Sie | Veränderun en unterworfen waren, j. Kurbolares. 
waren mit den Condruſen Schußgenoffen der Tre | Sie werden ſchon von Homer (Il. 2, 625) erwähnt. 
virer gewejen; zu Cäſars Zeiten ftanden fie unter | Strabon nennt eine derjelben dollya und identi: 
der Herrſchaft des Ambiorig (j. d.) und Eatuvolcus. | fiziert fie wohl mit Unrecht mit dem homerijchen 
Ihre Empörung nahm ein trauriges Ende, indem | Jovklgıov (Od. 1,246. 14, 335. 16, 247); es ift 
Gäjar ihr Land einer furdhtbaren Verwüftung preis: | wahrjcheinlich die größere, "gerade vor dem Aus: 
gab. An ihre Stelle treten die Tungri. Liv. ep. | fluffe des Acheloos gelegene, jetzt O&si« genannte 


106. 107. Caes.b.g. 2,4. 4,6.5,24 fj.6,34. 35. 43. | Jmiel. 


Ebüsus, "Eßvoog, d. h. Fichteninfet, j. Jviza, 
die größte der Pityuſiſchen Inſeln an der Oſtſeite 
Hiſpaniens, gebirgig und wenig fruchtbar, doch 
bekannt durch ihre Feigen, Harz und Pech; die 
Stadt gleiches Namens, ee jetzt, hatte einen 
trefflichen Hafen. Strab. 2, 123. 159. 167. Am 
zweiten puniſchen Kriege berannten die Römer die 
Stadt vergebens, vermwüfteten aber die Inſel. Liv. 
22, 20. 

Ecetra, ’Eyerge, eine feite Stadt der Volſter, 
vielleicht ihre Hauptſtadt, füdlih von Anagnia, 
ſüdweſtlich von Ferentinum, wird in den Volſker— 
friegen als wichtiger Punkt wiederholt genannt, 
Liv. 2, 26. 3, 4. 6, 31. Dion, Hal, 10, 647. 

Echekrätes, "Erengdeng, aus Phlins, war 
einer der legten Phthagoreer, der nach den Ber: 
folgungen feiner Schule in Großgriechenland ſich 
über Rhegion nach Phlins begeben hatte, zu welcher 
Stadt als Geburtsftadt der Vorfahren ihres Meifters 
die Pothagoreer in genauerer Beziehung geitanden 
zu haben ſcheinen. Paus. 2, 13, 2. Der Umftand, 
daß Phaidon dem E. in dem befannten Dialoge 
des Platon die leßten Geſpräche und den Tod des 
Sofrates mitteilt, jcheint auf eine nähere Berbin- 
bung Platon mit E. zu deuten; nad Cie. fin. 

29, 87 und Val. Max. 8,7, 3 hat Platon zu 
dot in Italien den Unterricht des Echefrates 


genoffen. 
Ech&mos j. Herakles, 15. 
Echötlos, Echetlaios, "Eyerkog, ’Eyeriaiog. 
In der marathoniichen Schlacht erichien ein Mann 
im griechiſchen Heere in ländlicher Tracht, der eine 
Menge Feinde mit dem Pfluge erjchlug und nad 
der Schlacht nirgends zu jehen war. Die Athener 
befragten deshalb das Drafel und erhielten die 
Antwort, fie jollten den ger eros Echetlos (Fyerin, 
die Bflugiterze) verehren. Paus. 1, 15, 3. 32, 5. 
Echötos, "Eyeros, ein graufamer Köni 
Epeirod, der die Fremden auf gräßliche 


in 


blendete. Hom. Od. 18, 85. 21, 308. 
Echidna, "Exiöve, Tochter des Ehryfaor und 
der Kalliroe (Hesiod. theog. 295, oder wahrſchein⸗ 


ı Jung 
eiſe 
verſtümmelte und ſeine einzige Tochter Metöpe | 


Strab. 10, 458. Plin. 4, 12, 19, 53. 

Exirog, eine metallene oder auch irdene Kapſel, 
in der die bei der Inſtruktion eines Prozeſſes in 
Athen von beiden Parteien geſammelten Beweis— 
mittel bis zum Gerichtstage aufbewahrt wurden. 
Demosth. Con. 27. Steph. 1, 58. 

Echinos, ’Eyivos, 1) Stadt in Alarnanien am 
Ambrafiihen Buſen Min. 4, 1, 2, 5), vielleicht 
Hafenplaß der eine Stunde landeinwärts gelege- 
nen Stadt Thyrion (Xen. Hell. 6, 2, 37). — 
2) Hauptjtadt der Myrmidonen in Phthiotis (Thei- 
jalien), jpäter der Malier, am Malijchen Bujen; 
Aristoph. Lysistr. 1171 (wo fie Extroos heißt), 
j.Afhinos. Dem. Phil. 3 p. 120. Liv. 32, 33. 33, 13. 

Echinus, 1) ein als Speije beliebtes Schal— 
tier, Meerigel. Mart. 13,86. — 2) ein Spülgefäh. 
Hor. sat. 1, 6, 117. 

Echion, ’Eyior, 1) j. Kadmos, 1. 
2) Sohn des Hermes und der Antianeira, in 
Alope wohnend, kalydoniſcher Jäger und Argo— 
naut. Pind. pyth. 4, 179. Ov. met. 8, 310. 
3) j. Maler, 6, 

Echo, Axch (Widerhall), eine boiotische Oreade, 
welche, von Hera bejtraft, weder zuerft zu reden, 
no, wenn ein anderer redet, zu ſchweigen ver: 
mag. Einjam im Walde lebend, entbrannte fie von 
Liebe zu dem jchönen Jäger Narkiſſos (Nar- 
cissus) von Thejpiai, dem Sohne des Kephifos 
und ber Xeiriope; von dem Spröden verichmäht, 
verichmacdhtete jie aus Kummer, daß ihr Gebein 
zu Felien ward und nur nod die Stimme von 
ıhr übrig blieb. Narkifjos aber mußte zur Strafe 
jein eigenes Bild lieben. Er betrachtet in der 
Duelle jein Bildnis und verzehrt ſich in unbefrie- 
digter Selbjtliebe; er wird zur Blume gleiches 
Namens. So löſen ſich beide in unbefriedigter 
Liebe auf. Or. met. 3, 341—510. — Echo ift auch 
eine Te des Ban und erzeugt mit ihm die 
(. b.). 

Eculöus (auch equuleus, von equus) bezeichnet 
eine Foltermaſchine, melde, weil fie aus einem 
Querbalten mit 4 Fühen beftanb, hnlichfeit mit 
einem Pferde hatte. Es handelte ſich um eine Aus: 
redung der Hände und Füße, j. Tormenta, 1. 


362 Edessa — Egmatia. 

Edessa, n "Eödsooe, 1) früher Trrhod oder! practoris. Auch die Kaiſer erließen Edikte, ſowie 
Sjrod geheifen, von den Makedoniern auch An- die kaiferlichen höheren Beamten, bejonders der 
tiocheia Nallirrhod genannt, Stadt im nordweſt- praefeetus urbi und praefectus praetorio. 
lichen Teile Mejopotamiens, in der nach ihr be) Editfo, 1) actionis, die in Gegenwart des 
nannten Landſchaft Ofroöne, j. Urfa, am Fluſſe Oberrichters vorzunehmende mündliche Mitteilung 
Sfirtos; Hauptjtadt des oſroẽniſchen Reichs (von der Klage von ſeiten des Klägers an den Be: 
132 v. C. bis 216 n. E.). Der Kaiſer Caracalla klagten, während denuneiatio die private Mit: 
wurde hier ermordet. Unter Kaiſer Juftin I. wurde | teilung genannt wurde. — 2) ed. instrumen- 
fie durch ein Erdbeben zerftört, unter dem Namen torum, gerichtliches Vorlegen von Urkunden und 


Juftinopolis aber wieder aufgebaut. — 2) Stadt 
der makedoniſchen Landſchaft Emathia, E Vodena, | 
am Fluß Ludias und der via Egnatia, nad) | 
Just. 7, 2 früher Aigai genannt (. d.). Strab. 
7, 323. 10, 449. Plut. Pyrrh. 43. Liv. 45, 28. 

Edetäni, ’Hösravol, Völlerſchaft im tarraco- 
nenſiſchen Hiſpanien mit den Städten Valentia, 

Saguntum, Sucero u. a., aljo ein Teil der heu- 
tigen Provinz Valencia. Sedetani heifen fie bei 
Living (28, 24. 34, 20). 

Edictäles hiefen i in der Raijerzeit Nechtsichüler, 
welche das prätoriſche Edikt ſtudierten, was ge— 
nn im zweiten Studienjahre neichah. 

Edietum, Verordnung, Befehl und Belannt- 
machung einer obrigfeitlidhen Berion, entweder von | 
vorübergehender Bedeutung oder das ganze Amts: 
jahr hindurch geltend. Zu den vorübergehenden ge: 
hören die Ankündigung der Comitien, der Senats: 
ſitzungen, der Feitipiele, eines iustitium u. f. w.; 
zu den dauernden die polizeilichen Verbote und | 
Bejtimmungen der Cenjoren, jowie das Edikt der 
Lolfstribunen, im welchen jie (wahricheinlich) er: 
Härten, unter welchen Bedingungen jie ihre Amts: | 
hilfe gewähren würden. Am engeren Sinne iſt 
edietum die von einem Necht Iprechenden Magi: 
ftratus getroffene Beftimmung, jowohl für einen 
bejonderen Fall als ganz allgemein und bleibend 
für die Jurisdiltion beftimmt. Bon höchiter Mich: | 
tigfeit iſt das jährliche Edift des ftädtiihen Prä— 





Beweismitteln, namentlich jchriftlichen. — 3) edi- 
tio iudicum, |. Judex, 3. 

Edöni, "Höorss, ’Höwvol, thrafisches Wolf zwi: 
ı [den den Flüffen Strymon und Neftos, wurde 


‚jeit Philipp II. u. Mafedonien gerechnet. ‚Bei den 


| Dichtern, Bas Horaz (od. 2, 7, $% wird der 
Name für — — — 109. Hat. 
7, 100. 


etion, 'Herior, 1) König der Kilikier im hypo— 
plakiſchen Thebe (Mofien), 7 ter der Andromache, 
der Gattin des Hektor. Als Achilleus Thebe ein: 
nahm, erjchlug er ihn mebft 7 Söhnen und er- 
richtete ihm en Grabhügel aus Erde. Unter 
der Beute befand fich eine jchtwere eilerne Wurf- 
icheibe, die einft Eetion geworfen und Achill jpäter 
als Kampfpreis bei den Leichenjpielen des Patro- 
klos ausjehte, ferner das Roß Pedaſos nnd eine 
foftbare Phorminx, welche Achilleus in feinem Zelte 
ſpielte. I1. 6, 396. 415 ff. 9, 186. 16, 152. 23, 826. 

- 2) König von Jmbros, Saftfreund des Lylaon, 
eines Sohnes des Priamos; dieſen kaufte Eetion, 


als er, von Acillens gefangen, nach Lemnos ver: 


fauft worden war, los und jandte ihn nach Arijbe 
am SHellespont. Hom. IT. 21, 40 ff. — 3) Bater 
des Podes, ein Trojaner. 1. 17, 575. 4) Bater 
des Kypſelos, des Tyrannen von Korinth. Paus. 
2,4,4. 

Effätum hieß die Weiheformel oder das Gebet, 
welches der römijche Angur bei der Weihung eines 


tors, auch album praetoris genannt, in welchem Bezirks oder Plaßes (templum) zum Zwede feiner 
das Sewohnheitsrecht und die fortichreitende Rechts: | Augurien jprad); daher auch dieje Abgrenzung eines 
entwidelung repräjentiert wird. Demnach war das | | Bezirks durch die ſymboliſche Sprucdhformel jelbft 
prätorijche Recht (ius honorarium und praeto- techniſch effari templum hieß. 

rium), auf aequitas bafiert, dem ftrengen Eivil-| Egerla, ’Hysgia, aud) Aegeria, Alysode, 
recht entgegengeiegt. Jenes war mild und ſchuf italiſche weisſagende Quelluymphe oder Camene, 
allmählich freie Rechtsinſtitute, welche die Härte | Gemahlin des Königs Numa, mit der er geheime 
des alten Civilrecht3 Tinderten und einjchränften, | Zufammenkünfte hatte, und nach deren Nat er in 
4. ®. die bonorum possessio, das prätorifche , Nom jeine gottesdienftlichen Einrichtungen machte. 


Eigentum in bonis, die prätoriichen DObligatio- | 
nen u. a. Obgleich die Evdifte alljährlich erſchie⸗ 
nen, fo waren bie nachfolgenden von den früheren | 
jelten weſentlich verſchieden und jchlofjen ſich in 
den Hauptſachen immer an die erſteren an. Bon | 
Hadrian empfing dies album praetoris eine um- | 
fafjende nene Redaktion, jo da es von nun an 
nur unbedeutende Ergänzungen erhalten zu haben | 
icheint, aber unter den Rechtsquellen fortwährend | 
einen Hauptplatz einnahm ‘genannt Edietum, 
perpetuum). Das Edift der Adilen handelte | 
von dem Marktverlehr, von dem Schadenerjab für, 
die bei dem Verkauf nicht angegebenen Fehler, 

z. B. bei Vieh oder Sflaven. In den Pro: | 
— gaben die Statthalter ein beſonderes ed. 
provinciale, weldjes dem Edikt des ſtädtiſchen 
Prätors nachgebildet war. Gic. ad Att. 5, 21. 6,1. 
Verr. 1,43. 45. 46. Alle dieje genannten Editle 
wurden jedes Jahr bei dem Amtsantritt des Magi- 
ſtratus, auf Holz, Stein oder Erz geichrieben, öffent: 
lich aufgejtellt. Das prätoriiche hieß auch album 





‚famen, weihte Numa den Eamenen. 


Liv. 1, 19. Hain und Grotte, wo ee 
“vw. 1, 21 
Die Römer haben ihr helfende Kraft bei den Ent: 
‚bindungen zugejchrieben, und deshalb bradıten 
ſchwangere Frauen ihr Opfer. Paulus bei Fest. 
p. 77. Es gab 2 Hatne nebjt Quelle der Egeria; 
der eine war bei Nom vor dem Capeniſchen Thor, 
‚wohin Numa gewöhnlich gegangen jein ſoll, der 
andere bei Aricia am Heiligtum der Diana Ne: 
morenfis (ſ. d. unter Artemis). Sicher joll Egeria 
nach des Numa Tod 2 ade und vor Trauer in 
eine Quelle — Te Ov. met. 15, 485; vgl. 
fast. 3, 259. 

Egesta j. Segesta. 

Egestas, die darbende Armut, als Göttin per- 
jonifiziert und bei römiſchen Pichtern mit andern 
Schreckgeſtalten am Eingange der Unterwelt anf: 
‚ geftellt. Verg. A. 6, 276. Stil. 13, 585. 

Eyyünoıs |. Ehe, 3. 


Eyxolumoıs |. Divinatio, 4. 


Egnatia, ’Eyvari«e, oder Gnatia, Gnathia, 


Egnatii 


365 


Ehe. 


Seeſtadt Unteritaliens in Apulien am Mdriatifchen | vierte Legion von Antonius abgefallen und zu 
Meere; j. Ruinen bei Torre D’Ugnazzo. Der Ort | Octavian übergegangen ivar. 


verdanfte jeine Berühmtheit dem Umſtande, da 
bier die Appiſche Strafe and Meer ſtieß; die jen: 
feitige Fortſetzung derjelben über Dyrrhachium, 


Apollonia, Theſſalonike und Byzantion führte nad) | 


Ehe. I. Bei den Griechen (yauos). Der Zweck 
der Ehe bei den Griechen war, rechtmäßige Nach: 
tommenschaft zu erzielen und auf dieje Art einer 
dreifachen Pflicht zu genügen, gegen die Götter, 


ihr den Namen der Egnatiſchen Strafe (vgl. | denen man Diener hinterlaflen joll (Plat. leyg. 6, 


Epidamnos). Horaz (sat. 1, 5, 97) berührt 
Gnatia auf der brundifinifchen Reife und nennt 
es Iymphis iratis exstructa, entweder wegen bes 
ichlechten Waſſers, oder weil es, am Fuße eines 
Hügels gelegen, durch die herabrinnenden Wafler 
fotig war. Strab. 6, 282. 7, 322. Mela 2,4, 7. 
Exnatii, ein famnitisches Geichlecht. Der älteſte 
desjelben ift wohl 1) Egnat. Mecennius, welcher 
feine Frau, die gegen das Gejeh Wein getrunfen 
hatte, umbrachte, ohne von Romulus geftraft zu 
werden. Plin. 14, 13. — 2) Gellius Egnat., 
befehligte im J. 296 v. C. die Samniter und be: 
redete die Etrujfer zum Kampfe gegen Rom, wurde 
aber von den Römern angegriffen, als er zum 
Fouragieren ausgezogen war, und gejchlagen. Liv. 
10, 165. Auch im folgenden Jahre erlitten die 
verbündeten Samniter, Gallier und Umbrer unter 
feiner Anführung bei Sentinum eine Niederlage, 
in der er bei Erftürmung des ſamnitiſchen Lagers 
durch die Römer fiel. Liv. 10, 21. 29. — 53) 
Marius Egnat., wurde zur Zeit des E. Gracchus 
von einem römiſchen Konſul im Übermute körper: 
lich gemißhandelt. Gell. 10, 3. — 4) Sein Sohn 
ift wahricheinlih Marius Egnat., im italiichen 
Bundesgenofjentriege (90 dv. C. Feldherr der Sam: 
niter, vielleicht einer der von den Italern erwähl: 
ten PBrätoren. In den von ihm gelegten Hinter— 
halt geriet wohl das römische Heer unter L. Cäſar, 
der zum Entiage von Acerrä ausgezogen war, in 
der Nähe des Mons Mafficus und wurde gänzlich 
vernichtet. App. b. c. 1,45. For. 3, 18. Im fol- 
genden Jahre fand Egnatius in einer Schlacht gegen 
die römischen Prätoren Cofconius und Lucceſjus 
feinen Tod. Liv. ep. 75. Nach Ausjöhnung der 
Bundesgenoffen mit Rom finden wir Egnatier als 
Mitglieder des römijchen Senated. — 5) Ein 
Eanatius nahm unter Craſſus teil an deſſen 
Partherzuge, aus dem er ſich mit wenigen Neitern 
rettete, 53 v. C. Plut. Crass. 27. — 6). Egnat. 
Rufus (Cie. ad fam. 13, 43 und 74), wird von 
Kicero im J. 55 v. E. als ein reicher, dienftfertiger 
Mann gerühmt. — 7) Sein Sohn war vielleicht 
M. Egnat. Rufus, Adil im J. 21 v. C., ein 
beim Bolle wegen des Mutes, den er bei Feuers: 
brünften bewiejen hatte, jehr beliebter Mann. 
Später tradhtete er dem Octavian nach dem Leben 
und twurde deshalb hingerichtet. Suet. Oct. 19. 
Dio Cass. 53, 24. Vell. Pat. 2, 91. — 8) ein 
Dichter, ſchrieb de rerum natura nadı Macrob. 
sat. 6,5. — 9 P. Egnat. Eeler, ein Stoifer 
zur Zeit Neros, veranlaßte durch feine heuchleriiche 
Freundſchaft die Verbannung jeines Freundes Barca 
Soranus, den er verriet. Unter Beipafian erlitt er 
infolge einer Anklage diejelbe Strafe. Jur. 1, 133, 
3, 116. Tac. ann. 16, 32. 
Egnatuleius, Lucius, 





p. 773 E), gegen den Staat, deſſen Beſtehen man 


durch Hinterlaffung von Nachkommenſchaft fichern 


joll (in Sparta, wo das individuelle Leben ganz 
in dem Staate aufging, war dies fogar der einzige 
Zweck der Ehe, und die Ehelofigkeit [yes | 
daher jogar mit einer gewifjen Atimie belegt, Plut, 
Lye. 15), und endlich gegen das eigene Geſchlecht, 
von deſſen Erhaltung zugleich) auch die fortdauernde 
Erfüllung der Pflichten gegen die Berftorbenen, 
Ausihmüdung ihrer Gräber, Ausübung der Fami— 
Itenfacra, bedingt war. Die Liebe im modernen 
Sinne trat gegen diefe Rüdjichten volllommen in 
den Hintergrund und war überhaupt dem helleni: 
ichen Altertume fremd, daher denn auch bei der 
Wahl der Braut vorherrichend äußere Nüdjichten 
auf Mitgift, Geſchlecht u. j. w. das Enticheidende 
waren. Dh wählte daher der Vater für den Sohn, 
da es auf perjönliche Neigung durchaus nicht an: 
fam, wie denn auch eine ſolche bei der Ein- 


M.|gezogenheit, in der 3. B. in Athen das weibliche 


Geſchlecht Tebte, ſich gar nicht bilden konnte. 


Das erjte Erfordernis einer rechtsgültigen Ehe : 


war für Athen, auf das wir hier bejonders Rüd: 
ficht nehmen, daß Gatte und Gattin bürgerlicher 
Abkunft (Lorös und Korn) waren. Die Kinder aus 
der Ehe eines Bürgers und einer Nichtbürgerin 
waren illegitim (voFor) und hatten nach dem Tode 
des Vaters nur auf ein Gejchent von höchitens 
1000 Drachmen (rodeı«) Anipruch, waren aud) 
bereit3 nad) jolonischem Geſetze vom Bürgerrechte 
ausgeichloffen. Dieje Beftimmung wurde zweimal, 
durch Perikles (460 v. E.) und durch cin Geſetz 
des Ariftophon unter dem Archon Eufleides (403 
v. E.), erneuert. Bigamie war nicht erlaubt, doc) 
fam es vor, daß der Mann neben der rechtmäßigen 
Gattin (yauern), Lyyunen, bei Homer #ongıdin 
&koyos) noch ein Kebsweib (mailen) hatte, ein 
Verhältnis, das jchon bei Homer vortommt. Ber: 
wandtichaft war fein Hindernis; es werden jogar 
Ehen zwiichen Halbgeichwiltern erwähnt, wenn: 
gleich diejelben nicht eben häufig waren und von 
der allgemeinen Sitte wahrjcheinlich nicht gebilligt 
wurden. Geſetzlich verboten war die Ehe zwiichen 
Halbgeichwiftern von derjelben Mutter (uterini). 
Bei entiernteren Berwandtichaftsgraden galt die 
Ehe zwifchen Verwandten jogar für wünfchenswert 
und war in einem gewiflen Falle geſetzlich geboten 
(\. Erixingog unter Erbrecht, 2). — 
Verheiratung mußte gejeßlich die Verlobung (Fy- 
yönois) vorangehen, indem die Braut von dem 
Vater, oder wer ſonſt ihr xderog (Bruder, Agnaten, 
Bormund) war, dem Manne feierlich verlobt wurde 
(dudoövaı, Zyyvar vom Kyrios, Eudodnvan, dy- 
yundvaır von der Frau, Fyyrisacden vom Ver: 
lobten). Der Mangel diejer Förmlichkeit ſchloß 


aus patricifchem Ge: | die Kinder. jowohl von ihren ftaatsbürgerlichen 


ichlechte, erhielt auf Ciceros Antrag die Vergün: | Rechten, als aud don der Phratrie des Baters 


ftigung, fich vor der vom Geſetz beftimmten Zeit | und von Erbanjprücen aus. 


Bei der Verlobung 


um höhere Staatsämter bewerben zu dürfen (Cie. | wurden die Ehepaften aufgejebt und die Mitgift 


Phil. 3, 3. 4, 2. 5, 19), weil auf jeine Veran: | 
lafjung, al3 er Quäſtor war, im J. 44 v. C. die, 


(nool& oder Peer) beftimmt, deren —** fein 
gejegliches EHehindernis war, aber für unſchicklich 


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364 


galt, jo daß zuweilen, um ein ſolches Mißver— 
hältnis auszugleichen, wohlhabende Bürger fich 
vereinigten, um aus eigenen Mitteln unbemittelte 
Bürgerinnen auszuftatten. Diejelbe wurde nicht 
Eigentum des Mannes, jondern er hatte nur den 
Nießbrauch. Außerdem befam aber die Braut 
noch mannigfaltige Ausftener mit, welche freilich 
von Solon auf ein gewiſſes Maß beichränft ward 
(Plut. Sol. 20). Die Inkurgiichen Gejeße unter: 
jagten, um nicht mehrere Güter in den Beſitz eines 
einzelnen gelangen zu laffen, jegliche Mitgift. — 
In der heroifchen Zeit ift das Verhältnis umgefehrt, 
indem der Mann die Frau durch Geſchenke (Zöva) 
gewinnt, —— fauft. Aristo“. pol. 2, 8. 

Dem Hochzeitstage gingen verjchiedene Ge: 
bräuche voran. Den Schußgöttern der Ehe (Bol 
yanıjkıoı) wurde ein feierliches Opfer (r& meorE- 
ksıa yduov oder meoydusıe) dargebracht, dem 
Zeus und der Hera, der Artemis, den Moiren 
und auc wohl den Deoig Zyruploıs. Am Tage 
der Hochzeit nahmen Bräutigam und Braut ein 
Bad, wozu das Wafler aus einer wohl für jede 
Stadt beftimmten Quelle, für Athen aus der 
Kallirrhoe (jeit Peififtratos Zvvedagovrog) geichöpft 
wurde. Die Waflerträgerin (ob auch Knaben als 
Wafjerträger, ift zweifelhaft) für das Aovrgo» vuu- 
pıror heißt Aovrgopögog. In dem Haufe der 


Braut wurde nad) mancherlei Geremonien, von 
uecı yıyvyoır' är). 


denen wir jedoch nichts Näheres wiflen, das Hoc: 
zeitsmahl (yauog, Holen yauızn) abgehalten, wo: 
bei die Frauen mit der Braut von den Män— 
nern getrennt jaßen. Die Hochzeitsgäfte galten 
als Zeugen der gejchlofienen Berbindung. — Gegen 
Abend nad dem Mahl wurde die Braut vom 
Bräutigam (vdugpıos) jelbit auf einem Wagen 
(£p’ auden) heimgeholt, in welchem jie zwiſchen 
dem Bräutigam und einem nahen Berwandten, dem 
ragdvvupog oder zdpoyog (von öynue, Wagen), 
jaß. In Sparta herrichte jtatt diefer Heimführung 
die Sitte, daß der Bräutigam die Braut, natür: 
lih mit Zuftimmung der Eltern, raubte. Plut. 
Lye. 15. — Bei einer zweiten Ehe des Mannes 
fand die Heimführung der Braut nicht ftatt, jon- 
dern fie wurde ihm durd einen Verwandten oder 
Freund (vvupaymyög) zugeführt. — Dem Zuge des 
Brautpaares, das mit fejtlichen Kleidern, Kränzen 
und Salben, die Braut auch mit einem Schleier, 
geihmüdt war, wurden Fackeln vor: und nach: 
getragen. Die Mutter der Braut zündete die Hoch: 
zeitsfadel an. Unter Abfingung des Hymenaios 
mit Flöten: und Kitharenbegleitung ging der Zug 
in das mit Laubgemwinden geihmüdte Haus des 
Bräutigams, wo bei der Ankunft Naſchwerk (xara- 
zUsuere) ausgeftreut wurde. Darauf folgte öfters 


noch ein zweites Hochzeitdmahl. Als ein bejonderes | 


Hochzeitsgeſchenk werden bei dem Mahle die Seſam— 
fuchen (meupere oder niaxoüs yauınög fa anad- 
uov merommevog) erwähnt. Nah dem Mahle 


wurde die Braut von der Brautführerin (vuupev- | 


tere) dverjchleiert in das Brautgemady (Halauaog, 
raordg) geführt, vor deſſen Thüre das Epithala- 
mion gejungen wurde. Nach der Hochzeit (ob gleich 
am folgenden Tage, Zravlıe, oder erft am dritten 











Tage, iſt zweifelhaft) wurden der frau vom Manne 


und Verwandten und Freunden Geſchenke (dva- 


Ehe. 


rateten Frau war das Frauengemach (yuramo- 
virıs, |. Haus, 2.) Die Mahlzeiten waren ge: 
meinjchaftlich, außer wenn Gäſte bei dem Manne 
jpeiften. Die Thätigleit der frau bezieht ſich auf 
die Berwaltung des Hauswejens, die bei dem ein- 
gezogenen Leben der atheniichen Jungfrauen oft 
erjt in der Ehe gelernt werden mußte, und auf 


‚die Erziehung der Kinder, der Knaben bis zur 


Zeit des Unterrichts, der Mädchen bis zur Ber- 
heiratung (j. Erziehung, 9.) Sie hatte alio 
die Aufficht über Vermögen, Sklaven, Wirtichaft, 
Küche, in reicheren Häufern von einer raue unter: 
fügt. Ihnen lag die geſamte tranfenpflege ob, 
die fih auch auf die Sklaven eritredte. Daß in 
ärmeren Häufern die Hausfrau manche Verrich— 
tungen jelbft zu bejorgen hatte, die ſonſt nur deu 
Sklaven zufamen, veriteht fich von jelbft. — Das 
Berhältnis der Gatten untereinander war im all: 
gemeinen mehr auf gegemjeitige Achtung, als auf 
Liebe in unfjerem Sinne begründet. Der Mann 
war der Herr und das anerfannte Oberhaupt des 
Hauſes, wenn auch der Fall nicht jelten eintrat, 
daß perjönliche Eigenfchaften oder die Größe des 
mitgebradhten Vermögens der Frau ein Über: 
gewicht über den Mann gaben, daher ſich auch 
Platon gegen jede Mitgift ausipricht (legg. 6 
p. 774 C: Üßeıs ÖE Arror yuvaıkl nal dovicde 
ransır) nal Gvelcdhepog dia yorjuare toig yıl- 
In Sparta, wo ber Mann 
dem Haufe weniger angehörte, war die Stellung 
der Frauen eine freiere, und ihre Herrichaft eine 
allgemein anerfannte. Bei Plutarch (Zye. 14) jagt 
eine Fremde zu einer Spartanerin: Mov«aı to» 
dvögov Gpyers bueig al Adraırar. — Mit großer 
Strenge wurde bei den Athenern auf die eheliche 
Treue von jeiten der rau gehalten, wenngleich 
Berbrechen der Art in Athen viel häufiger waren 
als in Sparta, wo der Ehebruch in älterer Zeit 
ein unerhörtes Verbrechen war. In Athen hatte 
der beleidigte Ehemann das Recht, den Ehebrecher 
auf der Stelle zu töten. Die rau traf Atimie, 
wie auch den Gatten, wenn er fie bei fich behielt. 
In diefem Falle war alfo die Scheidung der Ehe 
gejeglich geboten; aber auch jonft trat diejelbe 
häufig ein und war, bejonders für den Mann, mit 
geringen Schwierigkeiten verbunden, j. Amorfu- 
zeırv. Vgl. Becker-Göll, Charifles III S. 361 ff. — 


ll. Bei den Römern hatte die Ehe von Anfang \ 


an eine gewifle Heiligkeit (digaitas matrimonvi, 
Cie. Cluent. 12), vgl. Liv. 1, 9: illas (die ge: 
raubten Sabinerinnen) in matrimonio, in so- 
cietate fortunarum omnium civitatisque et, que 
nihil carius humano generi sit, liberorum fore. 
Urjprünglic und ſelbſt noch in der Zwölftafel— 
gejebgebung hatten das ius conubii, d. i. die 
ähigfeit, eine römifch gültige Ehe einzugehen, 
nur Bürger besjelben Standes, bis die lex Ca- 
nulein 445 v. E. den Batriciern und Plebejern 
gegenfeitiged conubium verlieh. Mit der Aus: 
dehnung der Civität verbreitete fich diejes ius co- 
nubii dann über Latium, fpäter über ganz Italien, 
endlich unter Caracalla über das ganze römifche 
Neid. Peregrinen und Sflaven ermangelten des 
conub:um gänzlih. Die in einer Ehe, ohne das 
Recht des conubium, erzeugten Kinder folgten 


xolvarijgie, örrpıe, weil fie jeßt fi unver: |nacdh der lex Minicin dem Stande der Mutter, 


jchleiert zeigen durfte) gebraht Auch der Mann 
wurde bejchenkt. -— Der Aufenthalt der verhei: 


| 


mit Ausnahme des Falles, wenn dieje eine römijche 
Bürgerin war. In früherer Zeit ging mit einem 


=] 


— 
— 


10 


Ehescheidung — Eid. 365 
matrimonium iustum bie Frau aus der väter: — feinem Scepter, Odyſſeus bei ſeinem Herde. Be: 
lichen potestas in die Gewalt ded Mannes über | teuerungen im täglichen Leben bei Göttern und 
(in manus venire, conventio in manus), Die Heroen famen Häuf er vor, und da man das Ab— 
Folge davon war, dat ihre Mitgift, dos (ihr ganzes ſchwãchende des vielfachen Gebrauchs fühlte, griff 
Vermögen, omnia, quae mulieris fuerunt, viri | man, wie Sofrates gern that, zu vermeintlich un: 
fiunt, dotis nomine, Cie. top. 4), in das Ber: | verfänglichen Formeln (beim Hunde, bei der Gans, 
mögen des Mannes überging, doch mußte er die: | bei der Hand, Platane zc.), die doc jhon immer 
jelbe bei einer etwaigen Scheidung, die ohne Schuld | ein trübes Zeugnis gaben, wie ſehr die jtrenge 
der Frau erfolgte, wieder herausgeben. Die Frau, | Wahrhaftigkeit aus dem Leben gewichen jei. — 


welche in manum mariti convenit, hieß mater- 
familias, fie gehörte dem Gatten wie eine Tochter 
an (filiae loco) und war ganz in dejjen Familie 


und Agnatenverband übergetreten. Soldes ma- 


trimonium iustum wurbe auf breierlei Weijen 
geſchloſſen: 1) durch confarreatio, (j. d.); 
2) durh co&mptio, eine Art Sceinkauf (aus 
dem uralten Kauf der Gattin entjtanden); die 
Formel des Mannes war: An sibi materfami- 
lias esse vellet, der frau: se velle; 3) durch 
usus (gewijjermaßen Verjährung oder Ujucapion), 
wenn die Frau 1 Jahr lang ohne Unterbrechung 
in des Gatten Haufe blieb. Nach der Zwölftafel— 
ejeßgebung (Gell. 3, 2) hob die Entfernung der 
Frau 3 Nächte hintereinander aus dem Haufe des 
Mannes die manus, d. i. die Gewalt des Mannes 
über jeine Frau, auf. Sie war alddann nicht 
mehr waterfamilias, jondern matrona oder uxor 
tantum, hatte als ſolche (in patria potestate 
oder sui iuris) Dispofitionsrecht über ihr Ver: 
mögen, fonnte aber aud) ihren Mann nicht mehr 
beerben. Übrigens war auch dieje durch usus ge: 
ſchloſſene Ehe noch ein iustum matrimonium und 
wurde jpäter, namentlich unter den Kaijern, über: 
wiegend die gewöhnliche Ehefchliefung. — Über 
die Hochzeitögebräuche j. Nuptiae, vgl. Con- 
enbina. Über die Scheidung j. Divortium. 
Vgl. Beder: Göl, Gallus 11 ©. 5ff. und das 
Hauptwerk: U. Roßbach, über die röm. Ehe (1853). 

Ehescheidung j. Aroreureır und Divor- 
tium, 

Eid. I. Bei den Griechen, ögxos. Hier ift der 
Eid, anders wie bei ben Römern, urjprünglid) 
aus dem Gefichtäpunfte eines religiös : fittlichen 
Inftituts zu betrachten, zu dem erjt jpäter Die 
bürgerlich = rechtliche Bedeutung Hinzutrat. Der 
Schwörende ftellte fi) unter den Bann des an- 
gerufenen Gottes, der jeinen Meineid ftrafen 
fonnte, entiweder nad) Belieben, oder in der durch 
die Eidesformel jelbft ausgejprochenen Weiſe. Der 
oberfte Rächer alles Meineids ift Zeus (öpxıog); 
darum tritt audy der Horkos, der jchon früh ein 
eigenes dämonijches Wejen und nach Hejiods Theo- 
gonie (804) ein Sohn der Eris ift, bei Sophofles 
(0. ©. 1767) ald Diener an die Seite des Zeus, 
während bei Euripides (Med. 209) die eidrächende 
Themis ögxia« des Zeus genannt wird. Der 
Schwörende mußte, Blid und Hand zum Himmel 
gerichtet, daftehen. Bei welchen und wie vielen 
Göttern geihworen wurde, war jehr veridjieden. 
Die Heliaften in Athen ſchwuren ihren Richtereid 
bei dem’ Apollon patroo8 (oder Bojeidon), der 
Demeter und dem Zeus; in den Blutgerichten des 
Areopag fommt auch der Schwur bei den Erinyen, 
in dem Eide der Epheben bei ihrer Wehrhaft- 
machung die Anrufung von mindeftens 6 Gott: 
heiten vor. Die Götter jelbft ſchwören beim Styr, 
der Macht des Todes (Hom. 11.2, 755. Od. 5,1814. 
Hesiod.theog. 400. 775 —806); Achilleus ſchwört bei 


Die Eidesleiftungen pflegten mit Libationen und 
ſelbſt mit blutigen Opfern, wobei bisweilen Hände 
‚ oder Waffen in das Opferblut getaucht wurden 
und die ſymboliſche Bedeutung eines zu erleidenden 
gleichen Schidjals mit dem Ziere zu Grunde lag, 
verbunden zu fein; dieje hießen Spxı«, daher vpxı« 
teure» don dem unter feierlicher Eidesleiftung 
geichloffenen Vertrage, ähnlich wie orovöar und 
orevöscdh«ı dafür gebraudht werden (vgl. aud) 
Hom. Il. 3, 245 ff. 19, 250 ff.). Zu der eierlid): 
feit der Handlung trug befonders auch die Heilig: 
feit des Orts und die vorgeitellte Bräjenz der Gott: 
heit oft wejentlich bei. Bisweilen find die Eide 
mit Handlungen verbunden, die das Ganze als 
ein unmittelbar wirkendes Gottesurteil oder Ordal 
erjcheinen laffen (Soph. Ant. 264 ff.; vgl. Palieci); 
dies jchlo ſich mit bejonderer Wirkung an einige 
Ortlichleiten an, bei denen die Vergeltung des 
Meineids für unausbleiblich und unverzüglich galt. 
Die Strafe für den Meineid lag daher überhaupt 
außerhalb der menſchlichen Gerichtsbarkeit, aus: 
ichließlich in den — der Götter; eine Jo 
zıopxrlag tommt jo wenig als eine geſetzliche Be: 
ftrafung vor. Die ölaun Yerdoucrprugiür (ſ. d. 
unter Jan) war nur auf Schadenerjaß gerichtet. 
— Die Eidihwüre bezogen ſich aber nicht bloß 
auf Vergangenes und Thatjächliches, fondern dien: 
ten auch zur Einjchärfung der Gewiflenspflicht, 
daher die zahlreichen Amtseide. So ſchwuren in 
Sparta die Könige wenigitens beim Regierungs: 
antritt, den Gejegen gemäß zu regieren, und die 
Ephoren (wahricheinlich zum öfteren wiederholt), 
daß fie jenen die königliche Macht ungemindert 
beitehen lafjen wollten; die Mitglieder der Bovir 
(j. d.) in Bezug auf alle Pflichten und Verrich— 
tungen des Rats, die Preisrichter bei den ver: 
ichiedenen Agonen, die Bürger, die Väter bei ber 
Einjchreibung ihrer Kinder in die Phratrie des 
Vaters in Bezug auf die legitime Geburt derjelben, 
der Ephebe beim Eintritt in den Kriegsdienft. Am 
zahlreichften find die gerichtlichen Eide, und nicht 
bloß wurde, was fich von jelbjt verfteht, der Rich— 
ter zur gewiflenhaften Rechtiprehung eidlich ver- 
pflichtet, jondern auch beim Beginn des Prozejies 
der Kläger ” feine lage, der Beklagte auf jeine 
Einrede vereidigt (j. Prozels, 6.), ebenjo jehr 
oft der Zeuge vor feiner Ausjage, oder bei der 
Ablehnung derjelben, wo die eidliche Verſicherung, 
daf er feine Kenntnis von der Sache habe (diw- 
uool«), notwendig war; ebenjo bei Friſtgeſuchen, 
die einer eidlichen zur (ürwuocde« und 
von ber Gegenpartei dvrouooie« oder drdtunw- 
uooie, j. Prozels, 7 bedurften. — II. Bei den 
Römern, ius iurandım, der bürgerliche Eid, 
im Gegenjaß zu sacramentum, dem Soldateneide. 
Anwendung des Eides bei den Römern: 1) der 
Soldateneid, ſ. Dilectus militum, 9.; 2) im 
Völkerrecht bei Abichliegung der foedera durd; Die 
Fetialen, j. Foedus; 3) im Staatsrecdht, a) bei 


366 


dem Antritt eines Amtes, allemal in den erften | 
5 Tagen geſchworen mit dem Gelöbnis, die Ge: 
ſetze treu beobachten zu wollen, b) an dem Ende 
des Magiftratsjahres, daß man die Geſetze befolgt 
habe, ec) der Eid der Senatoren und Magiftrate, 
auch unliebjame, aber durd) das Volt zum Geſetz 
erhobene Beftimmungen — und aufrecht 
zu erhalten, d) der nad Cäſars Tod eingeführte | 
Eid der Senatoren, die acta principis aufrecht 
erhalten zu wollen, e) der Bürgereid bei dem 
Genjus, j. Censor, 3.; 4) im Kriminal— und | 
Eivilprozeh, a) der Nichtereid, j. Judex, 4.;| 
b) der Calumnieneid der Parteien, j. Calumnia; | 
e) der Eid der Parteien in inre vor Konftitwierung 
des indieium, Wenn die eine Partei der andern 
den Eid zujchob (deferre), jo mußte dieje ſchwören 
oder den Eid zurückſchieben (referre), wo nicht, jo 
verlor fie den Prozeß; d) Eid der Parteien in 
indicio zur Ergänzung des Beweiſes; e) ius| 
iurandum in litem, Eid des Forderungsberech— 
tigten, wodurch er den Wert der Sache oder die 
zu fordernde Summe, die der andere nicht geleiftet 
hatte, beftimmte; f) der Beugeneid, j. Testis; | 


Eidothea — 








Eisayyeila. 


errichtet. Nep. Timoth. 2. Paus. 1, 8, 3. 18, 8. 
In Rom erhielt Pax am 4. Juli 13 v. C. einen 
Altar auf dem Marsfelde, auf welchem jährlich 
geopfert wurde (Or. fast. 1, 709. 3, 882); er wurde 
errichtet vom Senat, weil Auguftus damals be- 
deutende Unruhen in Gallien und Spanien unter: 
drüdt hatte. Vgl. Mommien, res gestae d, 
Augusti p. 31. Die ffriedensgöttin wird dar: 
geitellt als jugendliches Weib mit dem Füllhorn, 
dem Olzweig, dem Scepter, mit Ahren, weil im 
Frieden der Aderbau gedeiht, den Plutos, den 
Sott des Neichtums, im Arme (ſ. die Abbildung 
zu Plutos). — Als eine der Horen ift Eirene 
Tochter des Zeus u. der T ige Hesiod. theog. 902. 

Eigevesg iioeves) hießen in Sparta die Jüng— 
linge vom zwanzigſten bis zum breißigften Jahr, 
und zwar die jüngeren mowreige:, die älteren 
oparpeig. Sie waren zum Dienft in der Linie 
verpflichtet und berechtigt (vgl. Plut. Lye. 17), die 
Scharen (dyekaı) der Knaben zu beauffichtigen und 
ihre Spiele jowie die körperlichen Übungen zu leiten. 

Eiresiöne j. Pyanepsia u. Homeros, 9. 

Eirkte oder Erkte, Eloxrn (Pol. 1, 56), hodh- 


5) im privatrechtlichen Fällen und im gemeinen | gelegene Bergfefte im nordweftlichen Teile Sict- 


Leben, namentlich in obligatorischen Berhältnifien. 
— So ſchimpflich es war, unnötig zu jchmwören, 
jo fonnte ſich andrerjeits niemand einem gejeß- 


lid) vorgejchriebenen Eidſchwure entziehen; mur die | 


Veftalinnen brauchten nicht zu jchtwören, und der 
tlamen Dialis durfte es nicht einmal. Die Mein: 
eidftrafe j. Periurium. 

idoth&a ſ. Proteus, 

EidvAAıorv |. Theokritos, 

Eixoorn, Als die durd den Tribut und die 
außerordentlichen Kriegsſteuern (j. Jeyvooko- 
yscv) erſchöpften athenischen Bundesgenoflen nicht 
mehr imftande waren, ihren Verpflichtungen regel: 
mäßig nachzukommen, und zwar zu einer Zeit, wo 
die Athener des Geldes mehr als je bedurften, 
führte man im %. 413 vd. C. ftatt der direkten 
Abgaben einen Bafenzoll, den zwanzigſten Teil 
(elisoorn) aller aus: und eingehenden 
vgl. Thue. 7, 28, 4. Uber bereits im J. 409 find 
wieder Tribute gezahlt worden, aljo ward jebt 
diejer Zoll aufgehoben. 


aren, ein; 


‚liens, auf dem heutigen Monte Pellegrino bei 
— bekannt als Stützpunkt der Punier im 
erſten puniſchen Kriege. 

Eisayyeiia, eine beſondere Form der Klage 
bei den Athenern, angewendet bei auferordent: 
lichen, bejonders erſchwerenden oder gemeingefähr- 
lichen Berbrechen. Cie unterſchied ſich von den 
‚übrigen yoapar wohl durd die Form der Klage 
ſelbſt, worüber wir indefjen nicht unterrichtet find, 
jodann durch die bejondere Art der Einführung 
und Gefahrlojigkeit für den Kläger, der weder, wie 
bei den Privatllagen (drxcı), Paraftafis zu zahlen 
oder rovrarsia miederzulegen hatte, noch auch, 
wie bei den andern Öffentlichen Klagen (yorpai), 
wenn er den fünften Teil der Stimmen nicht er: 
hielt, von der üblichen Seldftrafe (1000 Drachmen) 
betroffen wurde. Erjt im %. 330 v. E. etwa, als 
wegen der Sefahrlofigkeit Anklagen diejer Art zu 
ſehr ſich gehäuft hatten, wurde fir die dritte Art 
in dem erwähnten alle die Buße von 1000 Drad): 
men für den Kläger feftgejegt. Die beiden andern 


Eileithyla, Eilsövwie, ’Eleidwie, ion. Eikn- | blieben gefahrlos. Ferner unterichied fie fih von 
Prıc und Elsvdo, die Geburtsgöttin. Homer | jenen durch die augenblidlichen Folgen für den 
nennt mehrere Eileithyien, Töchter des Zeus und | Angellagten und zum Teil wenigjtens, wie jchon 


der Sera (ZI. 11, 269. 19, 119); in der Einzahl 
fommt Eileithyia, die in Kreta bei Amnijos eine 
Grotte hat, vor: I/om. Il. 16, 187. 19, 108. Od. 
19, 188. Hesiod. theog. 922 (wo fie Tochter der 
Hera und des Zeus heift). Much Hera jelbit jomwie 
Artemis heißen als bei der Geburt helfende Göttin— 
nen Eileithyien. Der Dienft der Eileithyia war 
heimiſch auf Kreta, von wo er fich mit dem apol- 
liniſchen Dienjte über Delos nad) Attifa und weiter 
verbreitete; fie hatte Heiligtümer und Standbilder 
an vielen Orten. Der Name deutet auf die Ge— 
burtswehen, von edv, elLLo; andere ziehen ihn 
zu dem Stamme ZAn®-, die Kommende. 

Eion, ’Hiov, Safenftadt von Amphipolis an 
der Mündung des Strymon, j. Contefja. Hdt. 7, 25. 
113. 8, 118. T’hue. 1, 98. Xen. Hell. 1, 5, 16. 

Eira j. Ira. 

Eiröne, Elgrjven, Pax, Göttin des Friedens. 
Zu Athen wurden ihr nach dem Siege am Eury- 
medon und dem des Timotheos bei Leukas Altäre 


angeführt, durch den bejonderen Charakter der 
Verbrechen. Es fommen 3 verichiedene Arten der 
Eisangelie vor, 1) gegen die Diaiteten (ſ. d.), 
2) die elgayy. nannoewg (j. d.), welche vor das 
Forum des Archon gehörte (gegen die, welche 
Eltern, Gattinnen, Erbtöchter, Unmündige miß— 
handelten oder übervorteilten), und 3) eine beim 
Nat der Fünfhundert oder dem Bolfe anhängig ge: 
machte Eisangelie. Die dritte Art ift ein außer: 
ordentliches, von dem gewöhnlichen Gerichtsgange 
abweichendes Berfahren, welches bei auferordent- 
lichen Verbrechen eintrat, d. h. wenn der Kläger 
nachweiſen konnte, daß durd das betreffende Ver: 
gehen der Staat in feinen Antereffen unmittelbar 
oder mittelbar verleßt ſei. Hypereides in jeiner 
Nede für Eurenippos beipricht den vouos elseyyrl- 
rınog und zählt Fälle auf, in denen die Eisangelie 
angewandt werden fünne. Seine Aufzählung ift 
aber unvollftändig, da wir diefe Klagform ange: 
wandt finden in Fällen, welche er nicht erwähnt. 


Eisayoyeis — "Erxinole. 


367 


Bei unjerer unvollftändigen Kenntnis läßt fich nur | der Rechtshändel anhängig gemacht wurde (vgl. 


jo viel jagen, daß die Eisangelie nicht auf die deyn —Aexorres). Aber au 


von Hypereides genannten Vergehen beichränft 
werden fann; den vollen Umfang ihrer Anwend— 
barfeit fennen wir jedoch nicht. An vielen Fällen 
hing e3 wohl vom Kläger ab, ob er zur Berfol: 
gung eines Verbrechens ſich der Eisangelie oder 
einer andern Klageform bedienen wollte. — Das 
Verfahren bei Eisangelien war durch ein beſon— 
deres Geſetz (vöuog elgayyekrınög) beitimmt. Was 
die beim Senate eingebradte Eisangelie betrifft, 
jo wurde zuerjt eine Klageichrift (elsayyekda) bei 
den Protanen eingereicht. Nahmen dieje oder der 
Senat diejelbe an, jo wurde der Angellagte ver: 
haftet, außer wenn er 3 Bürgen ftellte, eine Ver: 
günftigung, welche bei der Anklage auf meodocle 
oder xardAvaıg tod drjuov wegfiel. Bei der nun 
folgenden Verhandlung im Senate ward zuerjt 
über Schuld oder Nichtichuld des Angeklagten ab: 
geftimmt. Fiel die Abftimmung gegen den Ange: 
Hagten aus, jo bejtimmte der Senat entweder die 
Strafe innerhalb des ihm zuftehenden Strafmahes 
von 500 Pradmen, oder wenn dieſe Strafe nicht 
für ausreichend befunden ward, jo wurde die Sache 
an die Thejmotheten zur Aburteilung durch ein 
heliajtiiches Gericht verwiejen. Der weitere Pro: 
zeßgang entſprach dem gewöhnlichen Gerichtsver: 
fahren. — Auch fam es vor, daß der Senat die 
Enticheidung über die Eisangelie vor das Bolf 
brachte; das Berfahren in diejem Falle war dann 
im wejentlichen dasjelbe, wie bei den unmittelbar 
beim Bolfe eingebrachten Eisangelien. Zur Ein- 
bringung diejer war die erfte regelmäßige Volks— 
verjammlung jeder Prytanie beitimmt. Nachdem 
der Kläger und Bellagte gejprochen (auch andern 
zum Reden vor dem Bolte Berechtigten ftand es 
frei, für oder wider den Kläger zu jprechen; außer: 
dem hatten die Staatsanwälte, ovrnjyogoı, die 
Pflicht, die Anklage zu unterjtügen), wurde über 
Ablehnung oder Annahme der Eisangelie ent: 
ichieden; im Fall der Annahme wurde der Ange: 
fHagte (mit den oben angegebenen Mopdififationen) 
verhaftet, jodann in einer der nächiten Woltsver: 
jammlungen darüber abgeftimmt, ob das Volt das 
Urteil jelbft fällen oder die Sache durch die Thejmo- 
theten an einen Gerichtshof gelangen laſſen wollte. 
Im erfteren Falle wurde, wo bejondere Straf: 
bejtimmungen fehlten, zuerft über die den Ange: 
Hagten im Falle der Schuld treffende Strafe, 
jodann im einer der folgenden Verſammlungen 
ftammtweije, doch jo, daß die einzelnen Stimmen 
zufammengezählt wurden, über die Schuld oder 
Nichtichuld des Angeflagten abgeftimmt (jo bei der 
Eisangelie gegen die Feldherren nach der Schlacht 
bei den Arginujen). Am alle der Verweiſung 
an den Gerichtshof wurde, wo Strafbeſtimmungen 
fehlten, die Strafe im voraus durch Vollsbeſchluß 
feſtgeſetzt. Auch das Erwählen der Anfläger (meo- 
Baliodaı xarıyogor) bei der gerichtlichen Ber: 
handlung war Sache des Volkes. Eine VBorladung 
(zeogrincıs) fand, da mit der Annahme der 
Eisangelie Verhaftung oder Bürgichaftsftellung des 


Angeklagten verbunden war, nicht ftatt (j. Pro- 


zels, 3.). 

Eisayoyeis, allgemeine Bezeichnung der pro- 
zeßleitenden Behörden. Borzugsweije gehören hieher 
die Archonten, deren Hauptthätigkeit die Einleitung 


der Prozeſſe war, und bei denen die Mehrzahl | 





die andern Be: 
hörden, 3. B. die Logijten und Strategen, hatten 
die Gerichtsbarkeit in den in ihre amtliche Sphäre 
fallenden Berbrechen, jo die Strategen in allen 
Militärvergehen. Bejonders zu erwähnen als pro: 
zeheinleitende Behörde find noch die Eilfmänner 
(. "Erdexe), vor deren Forum die Apagoge, 
Endeiris und Ephegeſis rür xaxoreyar (j. Ka- 
»oöeyoı) gehörte, und deren Aurisdiktion aljo 
eine jehr ausgedehnte war. Bol. im allgemeinen 
noch Prozels, A. 

Eisırngıe |. Bovin, 2. 

Eisgpogad |. Staatshaushalt, I, 10. 12, 

Ekbatäna, ’Erßdrara, Ayßdrave, altperj. Hag: 
matäna, j. Hamadan, Hauptitadt von Medien und 
wegen ihrer fühlen, quellreihen Lage Sommer: 
rejidenz der perjiihen und jpäter der parthiichen 
Könige. Hdt. 1, 98. 3, 64.92.110.153. Curt. 5,8. 
Arr. 3,19, 2. 4, 7,3. 7,4, 1. Xen. Cyr. 8, 6, 22. 
An. 3,65, 16. Strab. 11, 522. 524. Gie war jehr 
alt, nach Herodot (1, 98) von Deioles gegründet, 
und bejonders die feite Burg von wunderbarer 
Pracht (goldenes und filbernes Getäfel), welche die 
Habgier Aleranders und der Seleufiden reizte. 

Ekdemos, "Exönuog, und jein Freund Demo: 
phanes, Inuopdrns, waren 2 angejehene Bürger 
aus Megalopolis, welche als Schüler des Afade: 
milers Wrfejilaos Die Philojophie bejonders auf 
das praktische Leben und den Staat anzuwenden 
juchten. Aus Megalopolis hatten fie den Tyrannen 
Ariftodemos, aus Sikyon mit Aratos den Nifolles 
vertrieben und hatten dann in Kyrene das Staats: 
wejen geordnet, worauf fie ſich nach ihrer Rückkehr 
der Erziehung des Philopoimen mwidmeten. Put. 
Philop. 1. Arat. 5. Pol. 10, 25. 

"Exdıxos (ecdicus), der Staatsanwalt, der die 
Intereſſen des Staates vertreten und bejonders in 
Sachen des Fistus als Anwalt und Kläger für ihn 
auftreten mußte, jonft cognitor civitatis genannt. 
Cic. ad fam. 13, 56. Plin. ep. 10, 110. 

"Exsxeıgia heit der Gottesfriede, welcher allen 
F Feier eines auch von auswärts beſuchten Feſtes 

eiſenden überall in Griechenland zugeſagt war, 
wo die Abhaltung dieſes Feſtes öffentlich durch 
einen Herold war angekündigt worden. Nament- 
ih war mit Abhaltung der Nationaljpiele ein 
jolches ficheres Geleit verfnüpft, und die Dauer 
desjelben war ein Monat, der deshalb ein Heiliger 
hieß (legounvde). Während desjelben ruhten alle 
öffentlichen und Brivatfeindieligfeiten. Man führte 
diefe Anordnung für Olympia auf den Iphitos 
zurüd, weshalb der Diſtos, auf welchem die Formel 
diefer Waffenruhe eingegraben war, 6 "Ipirov 
Öionog hieß. Paus. 5, 20, 1. 

’Exzxinoie, Boltsverfammlung, in den griech: 
ichen Republifen der eigentliche Sit der Souveräne: 
tät, in den verichiedenen Staaten aus verjchiedenen 
Elementen zufammengeiegt und mit verichiedenen 
Befugniffen bekleidet. Wir haben vorzugäweije die 
atheniiche und ſpartaniſche drxänade zu betrachtei. 
— h Die atheniſche drxinola, die Verſamm— 
lung des ganzen Bolfes, der Bürger von 20 Jahren 
an (cyoged jind die VBerfammlungen der Phylen 
und Demen). In jeder Prytanie (j. Bovinj, 4.) 
wurden 4 ordentliche (vouınoı) Berjammlungen ge: 
halten, die erite hieß “vod« (in früheren Zeiten 
wohl die einzige in der Prytanie); zuweilen werden 


368 


auch alle 4 ald xvgıwı bezeichnet. An bejonderen | 


Fällen, die eine rajche Erledigung erforderten, 
wurden die Bürger, aud vom Lande, zu einer 
außerordentlihen Berjammlung (suyxAnrog oder 
»arärıntog E., auch xararinore) berufen. Für 
jede der ordentlichen Beriammlungen waren be: 
jtimmte Klaſſen von Gegenftänden feſtgeſetzt, 3. B. 
für die erfte die Epicherrotonie der Beamten, die 
Anflagen wegen Staatsverbredden, die Belannt: 
machung der fonfilcierten Güter und der bei den 
Gerichten angemeldeten Erbaniprüche; für die zweite 
die Bittgefuhe an das Boll und Anträge auf 
Begnadigungen; für die dritte die Verhandlungen 
mit auswärtigen Staaten; für die vierte endlich 
religiöje und öffentliche Angelegenheiten insgemein. 
Außerdem mußten der Regel nad) von den Bor: 
fipenden die Gegenftände der Verhandlung burd) 
Anſchläge vorher befannt gemacht werden (meo- 
yodpsır Iurinolav, Gegenta: xrincie drrpo- 
Yoapog). An welchen Tagen der Prytanie biejelbe 
ftattfand, und ob in allen Prytanien an denjelben 
Zagen, läßt fich nicht angeben. — Die Berufung 
geſchah durch den Zmisrdrng der meurdveıg, ſpäter 
der modedgo: (j. Bovinj, 4.); bisweilen, nament: 
lid; in Kriegszeiten, durdy die Strategen. Ladung 
durch die Herolde brauchte wohl nur zu den xur«- 
xınolaı zu geichehen. Ort der Berfammlung war 
in früheren Zeiten der Markt, dann bejonders 
die Puyr und jeit dem 3. Jahrhundert gewöhnlich 
(außer bei den Beamtenwahlen) das Theater, in 
bejonderen Fällen aud) das Theater im Peiraieus. 
Am Eingange erhielt jeder ein Täfelchen, gegen 
defien Abgabe er den Sold (FxxAnsıwsrındv), be: 
ftehend in 1, jpäter in 3 Obolen, ausgezahlt erhielt. 
Das Eindringen Unberechtigter hatten die 6 Lexi— 
archen und ihre Diener zu verhüten. Wer zu 
ſpät fam, verlor den Sold. — Die Eröffnung der 
Verſammlung geihah durch Opfer (mepisrı«) und 
Gebet. Sodann bradte der Borfigende, der die 
Verſammlung berufen hatte (j. das Nähere unter 
Bovinj, 4.), den Gegenjtand der Verhandlung zur 
Sprache. Zuerft erfolgte eine Abftimmung darüber, 


ob das Volk dem den Antrag gewöhnlich beglei: | 


tenden Senatsgutachten beitreten wolle (yraunr 
— svußdilsodeaı £ls ror dnquor). Die Ab: 
timmung darüber hieß eorsıgororie. 

Verhandlungen, die folgten, wenn man ſich für 
eine weitere Disfutierung ausgejprochen hatte, 
fonnte jeder teilnehmen, der nicht Atimie verwirft 
hatte. Die Dolimafie der Redner bezog ſich allein 
auf die Unterfuchung, ob der Nebner im Beſitz 
der bürgerlichen Rechte jei (ſ. Joxıuucla). 
Offizielle Redner gab es nicht, es herrichte viel: 
mehr lonyogie, obgleich natürlich zu allen Zeiten 
einzelne durch ftaatsmännische Tüchtigkeit und 
Überlegenheit ausgezeichnete Männer, oft auch durch 
Bungenfertigfeit und Schmeichelei beim Bolte be: 
liebte Demagogen, das Reden vor dem Volke zum 
eigentlichen Lebensberufe machten: wie denn ja 
die Voltsverjammlung das einzige Feld für die 
Thätigfeit des Staatsmanns war. — Während der 
Rede war der Redner befrängzt, zum Beichen der 
Unverleplichkeit. Wich er aber von dem vorliegen: 
den Gegenftande ab, oder verging er fich gegen 
Sitte und Geſetz, jo ftand es dem Borfigenden zu, 
ihn von der Neduerbühne und jelbjt aus der Ber: 
fammlung entfernen zu lafjen und in eine Strafe 
bis zu 50 Dradhmen zu nehmen. Bei größeren Ber: 


An den | 


Exrinola. 


gehen fonnte er dem Senate oder der nächften Bolfs: 
verjammlung zur Beſtrafung übergeben werden. 
Yu der jpäteren Zeit indes, als leichtfertige De: 
magogen den Ton angaben, wurden dieje Beftim: 
mungen nicht mehr mit der alten Strenge aus: 
geführt. Da die Verſammlung in feiner Weije 
an das Probuleuma des Senat gebunden war, 
fo ftand es jedem Redner frei, jelbft einen Antrag 
zu ftellen, der dem Senatsgutachten leicht gerade 
entgegengejegt jein konnte. Ein folder Antrag 
wurde während der Berjammlung bei den Bor: 
' figenden eingereicht, die entichieden, ob derſelbe 
dem Volle zur Abjtimmung vorzulegen jei (dm- 
unpizer, £riyeigorovia» oder Öaysıpororiar 
dıdöorean, Enırpincıw unpifeodeı, Zmaysır Ypiipor), 
wobei jedoch ein einziger, wenigſtens der Zm- 
srarng, gegen den Beſchluß der übrigen, auf die 
Gefahr einer Frdsidıs Hin, die Abftimmung, wenn 
der Antrag geiebwidrig war, hindern konnte (wie 
Sokrates in dem Prozeh der Strategen, |. Plat. 
Apol. p. 32). a, jeder aus der Verſammlung 
fonnte Einjpruch erheben, indem er eidlich erflärte 
(bnöuvvodan, brwuocle), den Antragfteller wegen 
gejegwidrigen Antrages (ragavouwr) belangen zu 
wollen. — Die Geftattung der Abjtimmung über 
einen geiegwidrigen Antrag fonnte in gewiffen 
Fällen Atimie nad) ſich zichen. — Die Abftimmung 
erfolgte durch Handaufheben (zeıpororeiv, ysıpo- 
rovicc), in perjönlichen Fragen, wie im Gerichte, 
durch Stimmtäfelden oder Steinchen (wiyo«), daher 
unpiksode:, was indefjen auch ganz allgemein 
für abftimmen gebraucht wird. Der Beihluß heißt 
Yripıoue. Derjelbe wırd in das Öffentliche Archiv 
eingetragen, oft in Erz oder Stein eingegraben, 
und an Öffentlichen Orten aufgeftellt. Die Form 
der Beichlüffe it aus folgenden Inichriften zu er: 
jehen: "Edo&er ri) Bovi) nal ro Öjum" Kexgonis 
?rgurdveve, Mvnoideog Lypauucdreve, Eörelöng 
Ineordreı. Kualklas eine (ftellte den Antrag) 
Grodıdödrar u. ſ. w. (aus DI. 86, 3. 434/30. E.). 
Zumeilen tritt auch eine nähere Zeitbeftimmung, 
nämlich Archontenname, Angabe der Prytanie und 
des Tages derjelben hinzu, 4. B. 'Eri Navaırinov 
&ogoveog, — Ernl rg Imnodoorridog EBdöuns 
rovravsiag (aus DI. 100, 3. 378/7 dv. &.) und 
dvdrn nal elnoorh rijg movraveiag (aus DI. 109,4. 
341/0 v. E.); die Angabe des Prytanientages, jelbft 
des Monatstages ift in jpäterer Zeit das Gewöhn— 
liche. — Seit DI. 100, 3 wird der Zmısrarng nicht 
mehr aus den Prytanen genommen, jondern aus 
einer pvin un revravedovon,. Seit 369/8 v. €. 
nachweisbar wird diejer Zmisrarng in den Defreten 
bezeichnet und mit rör mooddgwr Imewrjipıke oder 
| ixsereres und jpäter, nachweisbar 314/3 v. E., 
wird hinzugefügt »«@l ovumgosdgo. Über die Be: 
deutung diefer Perjonen ſ. Bovir. Nach dem 
Schluſſe der Berhandlungen wurde die Verſamm 
| fung von dem Borfigenden durch den Herold ent: 
lajien. Eine —— trat ein, wenn die Ver— 
handlungen nicht zum Abſchluß gekommen waren, 
oder wenn Blitz und Donner oder andere dıoon 
‚ adaı die Fortſetzung der Verſammlung hinderten. 
— Übrigens war der Antragfteller, auch für den 
Fall der Annahme, ein Jahr lang für feinen 
Antrag verantwortlid und konnte maparouwr be: 
langt werden (vgl. T’e« pr). — Die Geichäfte und 
ı Befugniffe der Boltsverjammlung waren folgende: 
1) Mitwirkung bei der Geſetzgebung. In der eriten 








or 


= 


Exrrinoia. 


Volksverſammlung des Jahres ftellten die Vorſitzen- Bei der mgußoAr] (j. d.) war das Urteil des Boltes 


369 


den die Trage, ob alle Gejege unverändert bei: | nur ein vorläufiger Ausipruch, der auf das Urteil 


behalten werden jollten, oder ob Beränderungen 
notwendig wären. Zur befferen Überſicht hatten 
zugleid die Thejmotheten etwaige widerjprechende 
Geſetze oder veraltete, aber noch nicht förmlich 
aufgehobene Beftimmungen zujfammenzuftellen und 
dem Volke vorzulegen. Außerdem ftand es jedem 
andern frei, Anträge der Art zu macen. Die 
nen vorgejchlagenen Geſetze (an die Stelle jedes 
aufzuhebenden Geſetzes mußte ein neues treten) 
wurden zur allgemeinen Kenntnisnahme öffentlich 
ausgeftellt. Das Volk wählte nun Verteidiger der 
alten Gejeße (svrrjyogoı und aurdızoı), und in der 
dritten Bolfsverjammlung Nomotheten (vouotzra:) 
aus den Heliaften des laufenden Jahres, vor denen 
ein förmlicher Prozeh des alten und des neuen Ge: 
jeßes ftattfand. Erlteres verteidigten die Synegoren, 
legteres die Antragfteller. Die Nomotheten hatten 
unter Vorſitz der Thejmotheten die Enticheidung, 
die indeflen, wenn ſie für ein neues Geſetz ausfiel, 
gerade wie ein Piephiima, durch eine yoxgn 
rapavouor angegriffen werden konnte und von 
einem NRichteriprudy ihre Beftätigung oder Ber: 
werjung zu erwarten hatte. Das ganze Verfahren 
hieß Zmıgeigororia vouor. In den Zeiten des 
Verfall jegte ſich das Volk über dieje ftrenge 
Form oft hinweg und lie feine Beichlüffe (pr- 
pisuere) an die Stelle der Geſetze treten. — 
2) Die Wahl der Magiftrate, joweit diejelbe durch 
zrıgororia« geſchah und nicht nad) der jpäteren 
demofratiihen Einrichtung durchs Los beftimmt 
wurde. Beftehen blieb die Wahl bei den Beamten, 
deren Stellung bejondere Fachtüchtigkeit oder Ga: 
rantie in Bezug auf das Bermögen erforderte, jo 
bei den Militär: und Finanzbeamten und einigen 
andern. Die Wahlverfammlungen, deren Seit 
ſich nicht mit Sicherheit beftimmen läßt, heißen 
Loyerpsoiaı. Den Vorſitz hatten bei denjelben die 
9 Archonten. Die Bewerber hießen orovödezgaı, 
das Bewerben heißt deywıgesıateıv, onovdapyıar. 
Abjegung der Beamten konnte ftattfinden, und es 
wurde daher in der erften Berfammlung jeder 
Protanie von den Archonten die Frage geitellt, 
ob die Beamten in ihrem Amte zu belafjen, oder 
ob Abjegungen nötig jeien (dmiysipororia ur 
coyovrwr vder deyar). — 3) Beichlüffe gegen 
einzelne, öorgaxısuog. Die Verbannung durch den 
Oſtrakiſmos iſt keineswegs als Strafe anzujehen 
und war aud) für Ehre und Bermögen des Ver: 
bannten ohne nachteilige Folgen. In einer Ber: 
jammlung vor dem Beginn der jiebenten Prytanie 
wurde gefragt, ob ein joldhes Verfahren gegen 
einzelne (natürlid aus politijchen Gründen) nötig 
icheine. Wurde die Frage bejaht, jo hatte in einer 
VBerjammlung auf der Ayood jeder den Namen 
—* den er verbannt wünſchte, auf einer Scherbe 
geſchrieben anzugeben. Wer 6000 Stimmen gegen 
ſich hatte, mußte die Stadt auf 10, ſpäter auf 
5 Jahre verlaſſen, konnte aber durch Vollsbeſchluß 
wieder zurüdbernfen werden. Der lebte durch 
Dftrafiijmos Verbannte war Hyperbolos (417 v. E.); 
wahrjcheinlich verſchwand die ganze Einrichtung 
mit den euflidiichen Reformen (ſ, Eukleides, 1.). 
— 4) Richterliche Befugniſſe hatte das Volk nur in 
außerordentlichen Fällen, die durch Eisangelie ver: 
folgt wurden, und aud hier hatte der Gerichtshof 
meist die legte Entſcheidung (j. Elsayyskle). 
Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl. 


des Gerichtshofes rechtlich feinen Einfluß hatte, — 
Anklagen gegen Magiftrate wurden beim Volke 
angebracht durch die meoßoAr,, natürlidy von Rich: 
tern entjchieden. — 5) Endlich hatte das Volt, 
unter gejeglich beftimmter Mitwirkung des Rates, 
die oberjte Enticheidung in allen Staatsangelgen: 
heiten: über Krieg und Frieden, Bündnijje und 
Verträge. Die Vollmachten der Gejandten gingen 
vom Bolfe aus. Zurückkehrende Gejandte, ſowie 
Sejandte fremder Staaten wurden in der Volks— 
verjammlung empfangen, nachdem fie vorher ſich 
im Rate vorgejtellt hatten. Die Verwendung der 
Öffentlichen Gelder, wie die Beränderung der Tribute 
und Zölle hing von der Enticheidung des Volkes 
ab. Ebenjo wurden die Angelegenheiten der Re: 
ligion, z. B. Aufnahme neuer Kulte u. ſ. w., vom 
Volke jelbft verwaltet. Sodann erteilte neben 
andern Körperſchaften das Volk Ehren und Rechte 
an einzelne, 3. B. Bekränzung, Speifung im Pry— 
taneion. Endlid war die Erteilung des Bürger: 
rehts an Fremde Sache des Bolls. Vgl. das 
Hauptwert: Schömann, Je comitiis Athenien- 
sıum (1819). — Il. Exxinole in Sparta. Die 
Zuninole (doriſch «Ade) beſtand aus den jämtlichen 
Bollbürgern im urjprünglichen Sinne des Worts, 
ehe unter der herrichenden doriichen Bevölkerung 
jelbft Unterjchiede eingetreten waren, d. h. alſo 
aus allen Spartiaten, die das dreifigfte Lebensjahr 
zurüdgelegt, ihren Bürgerpflichten Genüge geleijtet 
und feine Atimie verwirft hatten. Daß, wie einige 
wollen, auch die Perivifen teilgenommen haben, 
ift jehr unwäahrſcheinlich. Die Bolksverfammlung 
war, wenngleich, jolange alle politische Macht 
jih in der yegoval« fonzentrierte, mit jehr be- 
ſchränkten Befugniffen, der Sitz der Souperänetät 
in Sparta. Sie hatte die Vorjchläge der Gerufia 
oder der Könige zu verwerfen oder zu genehmigen, 
durfte ſich jedoch feine eigenmächtigen Verände— 
rungen derjelben erlauben. Alle Zujäße der Art 
fonnten von dem Könige oder dem Scnate für ungül— 
tig erflärt werden. Eine Debatte fand in der Negel 
nicht ftatt, da das Recht, in der Verſammlung zu 
reden, von der bejonderen Erlaubnis der Obrig: 
feiten abhängig war. Die Abjtimmung erfolgte 
ziemlich formlos durd) lauten Ruf (Bon) ob yrpw, 
Thuc 1, 87) und nur, wenn die Entjcheidung 
durd) den Ruf zweifelhaft war, durd eine secessio 
in partes. Der Ort der Berfammlung, die ftehend 
abgehalten wurde, während man in Athen jaß, 
war, nach der Vorſchrift Iykurgs (Plut. Lye. 6), 
zwiichen Babyfa und Knakion, uer«$v Baßunag 
te »ai Äranıaros, d. h. innerhalb des Bezirks 
der Stadt (j. die Karte zulLakonika), in jpäterer 
Beit die fogenannte Skfias an der Agora. Wis 
jpäter im 4. Jahrhundert durch Abnahme der bürger: 
lichen Bevölkerung und bejonders durch das Gejek 
des Epitadeus, welches freie Verfügung über den 
Grundbeſitz durd Schenkung bei Lebzeiten oder 
für den Fall des Todes gejtattete, die uriprüng: 
lihe, in den jogenannten lykurgiſchen Inſtitu— 
tionen begründete, Vermögensgleichheit bedeutende 
Veränderungen erlitt, und auf dieje Art die Bürger: 
ichaft fich) in 2 Klaſſen, die Begüterten oder Gleichen 
(öuooı) und die Beringeren (brousloveg), ge: 
ipalten Hatte, wird neben der Verſammlung des 
gejamten fpartiatiichen Volles noch eine Verſamm— 
24 


9 


— 


370 


fung der Homoien angeführt, die in diejer Beziehung 
Farinror hießen. Xen. Hell. 2, 4, 38. 6,3, 3. 
5,2, 11.33. Wie die Befugniffe beider Verſamm— 
lungen abgegrenzt waren, läßt ſich nicht ermitteln. 
— Die Gegenftände, welche der Enticheidung der 
Bolfsverjammlung anheimfielen, waren die Wahl 
einiger Obrigleiten und der Senatoren, die Ent: 
icheidung der königlichen Erbfolge in zweifelhaften 
Fällen, Freilaffung von Heloten, Gejeßgebung, 
Enticheidung über Verträge, über Krieg und Frie— 
den (j. u. a. die Verhandlung über Krieg und 
Frieden Thuec. 1, 6788). — Auch in andern 
doriichen Staaten, z. B. in den fretiichen Städten, 
waren Die Befugniffe der Vollsverſammlung ebenjo 
beichränft als in Sparta. An den Worten des 
Ariftoteles (pol. 2, 10): "Enninalag Ö8 kerfgovan 
rüvres' avola Ö’ obderög dorır AIR 1) avvenı- 
urplaaı r& Öoxodrra roig ylegovaı xal roig nö- 
suorg liegt indefjen gewiß nicht, daß fie nicht das 
Verwerfungsredht gehabt haben. — Der achaiiſche 
Bund hielt jährlich 2 ordentliche Volksverſamm— 
lungen (1 im Frühjahr und 1 im Herbjt) in Aigion, 
ipäter auch in andern Städten, wo nad Städten 
abgejtimmt wurde. Pol. 4, 37. 2, 54. 

Exxinsıworıxov, der Bolfsverammlungs: 
jold, nicht von Perikles, jondern wahrjcheinlich 
erft einige Zeit nach dem peloponnefiichen Kriege 
eingeführt, früher 1, jpäter 3 Obolen betragend, 
nad jeder Berjammlung zu beziehen (ſ. Exrxin- 
cle, 2.). Die Koften, die dem Staate aus dieſem 
Solde erwuchien, beliefen fich auf jährlich 30 bis 
50 Talente. Arist. Kccl. 284. 303. 315. 404, 

Exxinrevew |. Prozels, 3, 

"Erxintos aölıc. Eiußole find die Verträge 
zwijchen 2 Staaten über das Verfahren, welches 
bei Rechtshändeln beiderjeitiger Staatsangehörigen 
eingehalten werden jollte; die daraus hervorgehen: 
den Prozejle hießen diuaı amd avußoior. Näheres 
über Verträge der Art, wie fie z. B. Athen mit 
vielen Staaten ebgehehtofien hatte, ift nicht befannt. 
Auch mußten die Beftimmungen der Verträge jehr 
verjchieden jein, da fie fich natürlich den Geſetzen 
der fontrahierenden Staaten anſchloſſen. Ein all: 
gemeines Verfahren aber war es, daf der in dem 
fremden Staate unterliegende Teil an die Gerichte 
des eigenen Staates, vielleiht auch, daß der in 
jeinem Staate unterliegende in der fremden Stadt 
appellieren (Zxnakeiv) tonnte. Die Stadt, an welche 
die Appellation ging, hieß dann IrxAnrog wölıs, 
der Prozeh lan Funinros. In Athen wurden 
Prozefie der Art bei den Theimotheten angebradt. 
— Nach den Grammatitern heißen die Prozeſſe der 
unterworfenen Bundesgenofjen, die befanntlich ihre 
Prozeſſe in Athen führen laffen mußten, —— 
d. and avußokor, wobei es indeſſen zweifelhaft 
icheint, ob nur die Prozeffe der Athener mit Unter: 
thanen, oder auch die der Unterthanen verjchiedener 
Staaten, oder endlich auch die der Unterthanen 
desjelben Staates mit diefem Namen bezeichnet 
worden find. — Über die Abſchließung jolcher Ver: 
träge Athens mit freien Staaten ift noch zu be: 
merten, daß die Verträge Gültigfeit hatten, jobald 
eine atheniſche Kommiſſion (dixaarijigoror) unter 
Borjig der Thejmotheten fie beftätigt hatte, ohne 
daß dem andern fontrabierenden Staate alsdann 
noch geitattet worden wäre, Veränderungen zu 
beantragen. Die Gejandten des andern Staates 
mußten daher die Vollmacht haben, nicht allein 


Exxincıasrınov — Eknomos. 


die Verhandlungen zu führen, jondern auch zum 
Abſchluß zu bringen und den Vertrag zu ratifi- 
zieren. — Noch tft hinzuzufügen, dab Erxinros 
rölıs auch den Staat bezeichnet, der von 2 andern 
ftreitigen Staaten zum Schiedsrichter erwählt wird 
(Aufträgalgericht. 

Exxvxinne, eine Theatermafchine, durch welche 
der Hintergrund der Bühne geöffnet und dem Zu— 
ichauer das Junere des Palaftes oder Hauſes dar- 
geitellt wurde. Ihre Einrichtung ift nicht genauer 
befannt und läßt ſich fchwerlich aus den wenigen 
Stellen, die ihrer gedenken, ficher ermitteln. Höchſt 
wahricheinlich ift es eine Heine hölzerne Bühne 
gewejen, die durch die großen Thüren der Scenen- 
wand hervorgerollt und dann, wenn das Innere 
wieder unfichtbar werden jollte, wieder zurüdgerollt 
wurde. Minder richtig haben andere die Anficht 
aufgejtellt, daß die Scenenwand von beiden Seiten 
auseinander: und zurüdgezogen und jo die Dar- 
jtellung innerer Räume bewirkt worden jei. Es 
gründet fich dieje Anficht vorzüglich auf Verg. @. 
3, 24 und Sen. ep. 88. Solche Ekkyklemen-Scenen 
fommen vor Aesch. Agam. 1372, vgl. 137%. 1438. 
Soph. Ant. 1293. Ai. 334 ff. Kur. Med. 1314. 
Hippol. 869. Electr. 1187. Aristoph. Acharn. 408. 
Thesmoph. 96. — VBerjchieden davon war Die 
!Enoren (f. d.). 

Eklipsis (ecl.), &xAsımpıs, die VBerfinfterung der 
——— Sonnen- und Mondfinſternis, ſonſt 
defectus solis, lunae; ſchon frühzeitig ein Gegen— 
ftand aufmerfjamen Nachdenkens bei den Griechen. 
Thales von Milet war der erite, der die be- 
fannte Sommenfinfternis (585 v. E.) vorhergeſagt 
und auf ihre wahre Urjache zurücdgeführt haben joll. 
Ebenjo Fündigte der römische Kriegstribun Sul: 
picins Ballus, jpäter Konſul neben Marcellus, 
am Tage vor der Niederlage des Königs Perjeus 
von Makedonien eine Finfternis an. Plin. 1, 10. 

Eklöga (ecl.), 2#4oyrj, ein auserlejenes Schrift: 
ftüd, meist zum Vorleſen bejtimmt, aber auch wohl 
ausgewählte Poeſien aus größeren Sammlungen. 
Bisweilen werden von den Grammatifern Die 
Epifteln und Satiren des Horaz jo genannt; dor: 
zugsweile gebraucht man aber den Ausdruck von 
den butoliichen Gedichten des Bergil, ohne daß 
der Dichter jelbjt ihn dafür angewandt hat, und 
er ift jeitdem dem Schäfergediht und der Idylle 
eigen geblieben. 

Ex3oyeis. außerordentliche Kommiſſionen oder 
Beamte in Athen (auch Enrnrai, dmıygapeis, ovi- 
Joyeis genannt) zur Eintreibung rüdjtändiger Zah— 
lungen von Einzelnen oder von den Städten der 
tributpflichtigen Bundesgenofien. Regelmäßig era 
ten die Bundesgenofjen den Tribut an den großen 
Dionyfien nach Athen, wo 10 durchs Los ernannte 
Apodelten (j. Stautshaushalt, I, 13) fie in 
Empfang nahmen. 

"Exruegrvgia |. Prozefs, 9. 

Eknömos, "Errouog Aöpos, Berg an der Süd— 
füfte Siciliens am rechten Ufer des jüdlichen Himera, 
jegt Monte Sant’ Angelo; hatte jeinen Namen 
(ruchlos, geſetzwidrig) angeblidh von dem afragan: 
tiniichen Tyrannen Phalaris, der hier jeinen be- 
fannten ehernen Stier (worin die Berurteilten 
gebraten wurden) aufgeftellt hatte. Bier hatte 
Dion (357 v. E.) bei jeinem Unternehmen eine 
Stüße. Plut. Dio 26. Im Jahre 257 v. E. be- 
jiegten die Koönſuln M. Atilius Regulus und M. 


Ekphantides 


Manlius Vulſo hier die farthagiiche Flotte. Pol. 
1, 25 7. 
Ekphantides, 'Exparriöns, einer der älteften 
Dichter der alten attijchen Komödie, früher als 
Ktratinos, der als ein jüngerer Zeitgenoſſe über | 
—* ſpottete und ihm den Namen Karies, der 
auchmann, erteilte, weil feine Darftellung den 
kaungor yagarrijoc nicht hatte; auch habe er fich | 
bei jeinen Stüden von jeinem SHaven Choirilos | 
helfen lafien. Nur wenige Fragmente jind übrig, 
jicher befannt nur der Titel eines Stüdes, Ldrvont. | 
Schol. Arist. Vesp. 151. Bgl. Meineke, com. 
ar — II p. 12f. Kock, com. Att. fragm. 

p. 2 f. 

Ekphantos, "Expavros, 1) führer einer demo— 
fratiihen Partei auf Thajos, befreite 409 v. C. 
Thaſos von der lakedaimoniſchen Verfaſſung und 
übergab die njel den Athenern. Demosth. Lept. 
p- 474. — 2) ein Pothagoreer aus Syrafus, einige: 
male bei Stobaios erwähnt. 

"Exgpvilogogia (Lapvklopogeiv), das vor: 





„A 
läufige Ausſtoßen unwürdiger Mitglieder des athe- 
niſchen Rates durch ihre Amtsgenoſſen; der Name 
des vom Amte zu Entfernenden wurde von den 
graen ihn ftimmenden Buleuten auf Blätter des 

Ibaums gejchrieben. Es folgte dann eine genauere 
Unterfucdung. Aeschin. Timarch. 129. 

Elaia j. Aiolis, 

Elaios, "Eicuog, Küftenfluß in Bithynien, weit- 
lich von Herafleia Bontife mündend. An jeiner 
Mündung lag eine Stadt gleiches Namens. 

Elaiüs oder Elöüs, ’Elcwoüsg, ’Elsons, 1) alte 
Ktolonie der Teier an dem Borgebirge Maftufia 
auf dem thrafiichen Cherjones, befannt durch das 
Grabmal des WProtejilaos. Jidt. 6, 140. 7, 33. 
Thuc. 8, 102. 107. — 2) ein Demos in Attika. 
— 3) Stadt auf der Inſel Tenos. — 4) Heine 
Inſel nördlich von Rhodos, nahe an der Küſte des 
reftlandes, auch Elaiufja genannt, j. Gavaliere. 
Strab. 14, 651. 

Eläos, "Eicos, feiter Ort in der Nähe von Ka: 
Indon in Mitolien, von Philipp Ill. von Mate: 
donien 219 v. E. erobert. Pol. 4, 65. 

Eiagnßoktaw |. Jahr I, 9. 

Elateia j. Phokis. 

Elätos, "Eierog, 1) ein Stentaur. — 2) Son | 
des Arfas und der Yeaneira, König in Arkadien, | 


Gemahl der Laodike, Bater des Styumphalos, Aipytos, 


371 


Elegie, tò Zisyeia, ſpäter 9) lsyeie, eine 
Gattung der lyriſchen Poeſie. "Eleyzior bezeichnet 
ein Diftichon, die Verbindung des Herameters und 
Bentameters, und unter r& ZAeyeiw oder N dAsyela 
verjtand der Grieche jedes in Diftichen abgefahte 
Gedicht ohne alle Rückſicht auf jeinen Inhalt. Man 
darf daher in der griechiichen Elegie urſprünglich 
nicht die heutige Bedeutung eines Trauer: und 
Nlageliedes juchen, obgleich das dem W. FAsysior 
zu Grunde liegende FAryog dem Griechen einen 
Weh- und Trauergefang bezeichnete, der von der 
Flöte begleitet wurde. Da in der dem Phrygiſchen 
engverwandten armenijchen Sprache clögn „Rohr“ 
(etAog) heißt, jo mag FAryos, wozu lsysio» Ad: 
jeftivum ift, ein zur Flöte gejungenes Lied, eine 
lötenmelodie, und Elegie jedes zur Flöte gejungene 
Yied geheißen und alle lebhaften Gefühle, Freude 
und Schmerz, Liebesluft, Trauer um die Toten 
und Kampfesmut umfaßt haben, während der kla— 
gende Ton erjt in der alerandrinifchen Zeit herr: 
ihend wurde. Die Elegie hat ſich um den Anfang 
der Olympiaden bei dem ioniihen Stamme in 
Kleinafien, bei dem auch das Epos entjtand und 
blühte, aus dieſem hervorgebildet, fie ift der erfte 
ſchüchterne Schritt von dem Epos zur Lyrik; in ihr 
tritt der Dichter, der in der epiichen Poeſie hinter 
feinem aus der Vergangenheit gewählten Gegen: 
ftande verborgen ſteht, jelbjt hervor mit jeinem 
Wollen und Wünfchen, um in die Gegenwart ein: 
zugreifen. Aber zu einem freien, hohen Schwunge 
der Gedanken, wie er in der ausgebildeten Lyrik 
herricht, vermag der Elegifer ſich noch nicht zu 
erheben; der Stoff, in dem er ſich bewegt, nicht, 
wie bei dem Epiter, ein großartiges Bölferleben 
und gewaltige Kataftrophen eines ganzen Volkes 
umfaflend, ſondern aus der nächiten Umgebung, 
aus den Berhältniffen des engeren Vaterlandes 
und des gejelligen Privatlebens gewählt, übt noch 
zu jchr jene feſſelnde Macht über den Geift des 
Dichters, jo daß er gleich dem Epifer nur mäßigem 
Fluge ſich überlaſſen kann. Dem ift dann das 
dem epilchen Versmaße naheitehende Diftichon 
ganz angemeflen. Auch in der Sprache und dem 
Dialekte ſchließt ich die Elegie an das Epos an; 
fie gebraucht mit geringen Abweichungen den epiſch— 
ioniſchen Dialekt — Man kann 3 Epochen der 
elegiſchen Dichtkunſt unterscheiden nad) den Stäm: 
men, welche jie gepflegt haben. Die Anfänge ge: 


— Elegie. 


Kyllen, Bereus (Apollod. 3, 9, 1. 10, 3), wanderte | hören den Joniern, ihnen folgen die Attifer, den 


vom Kyllene aus nad Phofis und baute Elateia. | Beſchluß machen Alerandriner. 


Paus. 10, 34, 3. — 3) Lapithenfürſt zu Yarifja in 
Thefjalien, Vater der Argonauten Kaineus und 
Polyphemos und des Iſchys, häufig mit dem Ar: 
fadier vermiſcht. 

Eläver, j. Allier, linter Nebenfluß des Liger 
(Xoire), entipringt auf dem Mons Gevenna und 
bildete in jeinem nördlichen Yaufe zulegt Die Grenze 
zwijchen den Biturigern und Bojern (Caes. b. q. 
7, 34. 35. 53), in jpäterer Zeit zwiſchen Aquitania 
und Gallia Yugdunenfis, Er mündete bei Novio— 
dumum (Nevirnum, j. Nevers) in den Liger. 

Eibo, ’EAßo, eine Inſel im Nildelta zwijchen der 
phatnifchen und tanitiichen Mündung, im h. See 
Menzaleh. Auf derjelben fand der blinde König 
Anyſis gegen den Withiopier Sabafon und jpäter 
Amprtaios gegen die Perſer Schuß. Aldt. 2, 140. 
Thue. 1, 110. 

Klea j. Velia, 





den Feind anjpornt. 


Als Begründer 
der Elegie gilt bei den Griechen meiftens Kalli— 
nos von Ephejos um 776 v. E. oder nadı andern 
ipäter (um 652). Bon jeinen Lebensverhältnifjen 
ijt nichts befannt; wir befigen nocd eine Elegie 
friegeriihen Inhalts von ihm, in welcher er jeine 
erichlafften Landsleute zum mutigen Kampfe gegen 
Wahricheinlich hatten auch 
jeine übrigen Elegien friegeriihen und poli- 
tiichen Charakter, wie teilweije die feiner nächjten 
Nachfolger, des Tyrtaios, Solon, Phoky— 
lides, Theognis und teilweile des Archilo— 
hos(j.Jambographen), Mimnermos, Xeno— 
phanes. Zu den älteren Elegiendichtern gehört 
auch Ajios von Samos, der zugleich Epiker war 
(j. Parodia). Die politiiche Elegie liebt es, kurze 
Sprüche (GGnomen, Sentenzen) politifcher und ethi- 
ſcher Natur als Reſultate gewonnener Lebens: 
weisheit einzuflechten; daher werden die obigen 
241* 


372 


Dichter, wie Solon, Theognis, Kenophanes, auch 
gnomiſche Elegifer genannt. Mit der Zeit zog 
jich die Elegie vom politifchen Leben in die be: 
jcheidenen Kreiſe des Privatlebens zurüd, wodurd) 
daun bejonders die jympotijche (die Elegie des 
heiteren Mahles), die erotijche (Liebeselegie) und 
thremetiiche Elegie (Tranerelegie) entjtand. Die 
Anfänge der iympotiichen Elegie gehen bis auf 
Archilochos zurüd, die threnetiiche Elegie hat be- 
fonders Simonides von Keos ausgebildet, die 
erotijche Mimnermos. Der Borläufer der aleran- 
drinischen Kunſt ift Antimadhos (um 400 v. E.); 
bejonders traten in diejer hervor Alerander der 
Aitoler, Hermejianar, Phanofles, Erato— 
ſthenes, Philetas und Kallimachos. Es ward 
eine mehr gelehrte Dichtung, die auf die römijche 
Dichtung diejes Namens einen großen Einfluß ge: 
übt hat, bejonders auf Properz. Die Elegien 
wurden zum Zeil, bejonders die politiichen, in 
größeren öffentlichen Berfammlungen, meiftens aber 
bei feſtlichen Mahlen (Sympoften) vorgetragen. 
Bei den leßteren wurde der gehobene, lebhafte 
Vortrag gewöhnlich durch Flötenjpiel eingeleitet 
und hier und da unterbrochen. In ſpäterer Zeit 
wurden wahrſcheinlich auch threnetiiche Elegien 
öfters für den Gejang mit Flötenbegleitung fom: 
poniert. — Beſte Sammlung der Fragmente der 
griechiichen Elegifer von Bergf, poet. Iyr. Graeei 
P. 11. (4. Aufl. 1882); Überjegung von ®. E. Weber 
(1826) und Hartung (1859). Auswahl von Schneide: 
win (1838) und in den Anthologien von Stoll 
(1. Bd., 5. Aufl 1882) und von Buchholz (3. Aufl. 
1880 ff.). — In Rom wurde die Elegie befonders 
jeit dem Ende der Republif gepflegt. Catull 
eröffnet die Reihe, ihm folgte Cornelius®allus, 
am meisten treten Tibullus, Bropertius und 
Dvidius (Or. trist. 4, 10, 51ff.) als treffliche, 
ihren griechiichen Borbildern überlegene Elegien— 
dichter hervor, und noch im erften chriftlichen Jahr: 
hundert blieb die Elegie Modedichtung. Bejonders 
die erotijche wurde bearbeitet. 

Eleios, ’Hiziog, Heros von Elis: 1) Sohn des 
Bojeidon und Vater des Augeias, König der Epeier. 
Paus. 5, 1, 6.7. — 2) Sohn des Tantalos, nad) 
dem Elis benannt jein joll. — 3) Sohn des Am: 
phimachos, zur Zeit des doriichen Einfalls König 
in Elis. Paus. 5, 3, 4. 

Elektra, ’Hidzroa (die Strahlende), 1) Tochter 
des Dfeanos und der Tethys, von Thaumas Mutter 
der Jris und der Harpyien. Hesiod. theog. 265. 
— 2) eine der Pleiaden, deren eigentümlicher Sitz 
Samothrafe war. Hier gebar fie dem Zeus den 
Jaſion und Dardanos (f. d.), der fich im troiſchen 
Lande eine Herrichaft gründete, und die Harmonia 
(ſ. Kadmos, 2.) Das Palladion ſoll fie nad 
Sion gebracht und ihrem Sohne Dardanos über: 
geben haben. Das Elektriſche Thor von Theben 
war nach ihr benannt. Nach jpäterer Sage war 
fie Gemahlin des italiichen Königs Korythos, dem 
fie den Jaſion und Dardanos geboren haben joll. 
— 3) Tochter des Agamenmon. Sie ift von tiefftem 
Hafle gegen die Mörder ihres Vaters, Klytaim— 
neftra und Aigiſthos, erfüllt und wird von diejen 
aufs unwürdigſte behandelt. (Soph. El. 86 ff.) ; fie 
jorgt für die Vollführung der Blutradhe, indem 
fie den kleinen Dreftes (j. d.) ins Ausland rettet. 

Elektron, fjlsrreor, electrum, hatte jchon im 
Nltertume eine doppelte Bedeutung, indem man 


Eleios — Elektron. 


bald eine Metallmifchung von ewa 4 Teilen 
Gold und 1 Teile Silber (Plin. 33, 4. 23; nad) 
Olen enthält das vom Schlangengebirge in Si: 
birien fommende „Electrum‘ Gold mit einem 
ESilbergehalte von 36 Prozent), bald den Bernftein 
(Plin. 37, 11, 1.) darunter verftand. Paus. 5, 12, 6. 
Selbft für Homer ift die Frage, welches von beiden 
darunter zu verftehen, immer noch nicht ganz ent: 
ihieden: Millin, Voß und Buttmann erflären es 
für Bernftein, Nitzſch, Wahsmuth, Hoffmann u. a. 
denken au die Metallmischung. Die Enticheidung ift 
nicht leicht, möglicherweije ift e8 an den 3 Stellen, wo 
es bei Homer vorfommt, bald das eine, bald das 
andere. Denn Od. 4, 73, wo Telemach die Schäße 
des Hauſes bewundert, und es in Verbindung mit 
Kupfer, Gold und Silber genannt wird, kann mur 
an die Metallmifchung gedacht werden; Dagegen 
Od. 15, 460 und 18, 296, wo ein mit Elektron 
verziertes goldenes Band erwähnt ift, möchte wohl 
(don um des Plurals willen, MAexrgoıcır) der 
Bernftein und zwar die Bernfteinforallen zu ver: 
ftehen fein, die als perlenartige Austattung dienen 
mochten. Bereinigen läßt fich beides (nadı Hüll- 
mann) durch die Annahme, dab unter Ef. über- 
haupt die Edelfteine, ihres jchimmernden Glanzes 
wegen (nierrog, Sonne), zu verftehen jeien, da 
ſonſt weiter bei Homer feine Edeljteine vorfommen. 
Bei Hefiod (scut. 141 ff.) findet es fih am Schilde 
des Herafles vor. Der Bernftein, beionders fein 
durchicheinender Glanz, wird mehrmals von den 
attijchen Tragifern erwähnt; jo nennt Sophofles 
(Ant. 1037) das 1jleurgov, Hellgold, Silbergold, 
von Sardes. Nach Philemon wurde EI. von ver- 
ichiedener Farbe, weiß, wachsartig, rötlich, in 
Skythien an einigen Stellen gefunden; Kalliftratos 
nennt eine eigene Art desjelben, die von goldähn: 
licher Farbe ſei und leicht brenne; Pauſanias (5, 12,5) 
erwähnt eines im Tempel des olympijchen Zeus be- 
findlichen Bildniffes des Auguft aus El., welches 
er dem EI. ald Metall gegenüberftellt; in Vergils 
Aneide (8, 624), bei der Beichreibung der Rüftung 
des Aineias, ift es ein Metall, welches nebjt Eijen 
und Gold von SHephaiftos verarbeitet wird. — 
Den Bernftein gebrauchten die Alten zum Räuchern 
in den Tempeln und als Frauenſchmuck, befonders 
zu Hals: und Armbändern, Fingerringen, Heinen 
Gefäßen, Waffenzieraten, Amuletten. Am höchſten 
geihäßt wurde der dunkle (hochgelb oder rötlich), 
bejonders der von der Ähnlichkeit mit der Wein- 
farbe „Falerner“ genannte, am wenigſten der weiße 
und wachsgelbe. Der Handel damit war zuerft 
in bhoimififchen Händen; doch ift er wahrjcheinlich 
ausichlieflich auf dem Wege des Landhandels vom 
Baltiichen Meere (Oſtſee) zwischen Oder und Weichiel 
über Bannonien und Thrafien ſowie Oberitalien 
zu den füdlichen Bölfern gefommen. Die Etrujfer 
namentlich jchafften ihn von den Mündungen des 
Padus über ihre Städte Hadria und Spina nadı 
Griechenland und in den Orient. Daher wird der 
PBadus zum Eridanus (ſ. d.), an deſſen Ufern nach 
der Sage die Schweftern des Phaöthon, in Bappelu 
verwandelt, Thränen um den Bruder vergiehen, 
die zu Bernftein werden. Or. met. 2, 364}. In 
der römischen Kaiferzeit fam der Bernftein in 
ſolcher Menge nah Nom, daß er ganz im Werte 
anf. Die Germanen nannten ihn glesum (Glas) 
(Taec, Germ. 45), weshalb die Römer eine von 
ihnen entdedte vorzügliche Bernfteininfel, Die Aufte- 


— 


Eleos — Elephantus, 


raria oder Anftrania hie, als Gleſſaria (viell. h. YUme: 
fand) bezeichneten. Vgl. Waldmann, der Bernftein 
im Altertum. Eine hiftor.:philol. Skizze Fellin, 1883). 
El&os, "Eisos, Mitleid, hatte als Dämon zu 
Athen auf dem Markte einen Altar, zu welchen 
rlüchtlinge, die den Beiftand der Athener juchten, 
ihre Zuflucht nahmen, wie Adraftos und die Hera: 
fleiden. Die Athener waren die einzigen unter 
den Hellenen, welche das Mitleid göttlich verehr: 
ten. Paus. 1, 17, 1. Apollod. 2, 8, 1.3, 7,1. 
Elephantine, ’Eieparrivn, j. Diejiret Aſſuan, 
Nitinfel, 7 Stadien unterhalb der Natarakten, 
der Stadt Syene gegenüber, mit einem Tempel 
des Knuphis und dem Nilmefjer bei der gleich: 
namigen Stadt. Hier war die Grenze gegen Nithio- 
pien. Hdt. 2, 17. 20. 28. 69. 3, 19. 
Elephantis, ’Elepavris, eine Schriftjtellerin 
zur Zeit der erften römischen Kaiſer, zeichnete ſich 
durd den unzüchtigen lafeiven Ton ihrer Schriften 
in Broja und Poeſie aus. Suet. Tib. 43. 
Elephantus. Dieſes Tier hat eine doppelte 
Bedentung in der alten Gejchichte, in der Kunſt 
und im Kriegswejen. A. In der Kunſt. Yange, 
che man den Elefanten jelbjt kannte, wurde das 
Elfenbein (Z1!pag, ebur) neben Gold, Elektron 
u. j. w. zu Verzierungen verwandt. Hom. Od.4,73. 
8,404. Paus. 1, 12,4. Homer nennt das Tier 
nod wicht, und ZAfpas ijt bei ihm das vielfach 
neben Bold und Silber zur Zimmerdeforation ver: 
wendete Elfenbein, was es aud) wohl urjprünglich 
bezeichnet hat, jo daß das Tier erft darnach be: 
nannt worden ift. Herodot iſt der ältefte auf ung 
gelommene Schriftfteller, der das Tier mit diejem 
Namen benennt. Bei Homer wird das Elfenbein 
bei den verichiedenften Gegenftänden angebracht: 
ein Schlüffel mit elfenb. Griff fommt Od. 21,7, 
ein mit Elfenbein und Silber gezierter Seflel 
daj. 19, 56, ein mit Elfenbein, Gold und Silber ge: 
ziertes Bett 23, 200, eine Schwerticheide von ge: 
glättetem Elfenbein 8, 404 vor. Bor Troja erjcheint 
fein Sellene damit, wohl aber hat der Trojaner 
Mydon mit Elfenbein geſchmückte Pferdezügel (ZI. 
5, 583). Geglättet gab es das blendendite Weiß 
(Od. 18, 196); es jcheint auch, daß man es mit 
Purpur zu färben verftand (IT. 4, 141), Die 
Griechen erhielten aus Indien (wegen der jchöneren 
Farbe vorgezogen) und aus Afrika Elefantenzähne 
von bedeutender Größe. Durch Spalten und Zer— 
jägen (24. gıorog), durch) Erweichung, Spaltung 
und Biegung (Sen. ep. 90), eine verlorene, aber 
im Altertume jicher vorhandene Kunſt, bildete man 
Platten von 12 bis 20 Zoll Breite. Dieje wurden 
nun, gewöhnlid mit Gold verbunden (zovosls- 
pdrrira eydiuare), zur jchmücdenden Belegung 
von Geräten, Waffen, Fhüren u. a., jowie jpäter 
zu Bildfäulen verwandt. Die einzelnen, bejonders 
nadten Teile wurden durch Sägen, Schaben und 
Feilen in Elfenbein dargeftellt und dieje dann über 
einem Kern von Holz, Thon und Metallftäben, 
meiftens wieder in Verbindung mit Gold, zujam: 
mengejebt; doch bedurfte das Zuſammenhalten der 
Elfenbeinftüde bejtändiger Yen: Anfeuchtung 
mit DI diente befonders zur Konjervierung. Schon 
um die fünfzigfte Olympiade wird dieje Kunſt er: 
wähnt; die größten Werke des Pheidias waren 
diejer Art. — Auch bei den Römern diente das 
Elfenbein zu mancherlei Schmud; die sella curulis 
beftand daraus (Liv. 27, 4; daher ebur curule, 


373 


Ov. fast. 5, 51); Bildniffe der Götter (Verg. G. 
1, 480), Geräte, bejonders Tiichgefähe, mufitalische 
Inſtrumente, wie Flöten, Yeiern u.a. wurden daraus 
verfertigt oder wenigitens damit belegt. 
Kriegsmwejen. 1) In den Kriegen Aleranders 
des Großen gegen Aſien erichienen die Elefanten 
zuerjt in dem perjiichen Heere, in geringer Anzahl 
von den verbündeten Indern geftellt. Arr. 3, 8. 
Paus. 1, 12,4. Aus dem indiichen Zuge entjendete 
Alerander 200 Elefanten nad Karmanien. Daß 
er jie jelber in jeinem Heere verwenden, doch nicht 
die bisherige Hauptbedeutung der Hoplitenphalanz 
aufgeben, jondern gerade aus beiden Gründen feine 
Verbindung der maledoniichen und perfiihen Na— 
tionalwaffen ins Leben rufen wollte, iſt mit großer 
Wahricheinlichkeit in der Geſchichte des griechiichen 
Kriegsweiens von Rüſtow und Köchly ©. 365 f. 
nachgewieſen. Die Nacyfolger Aleranders nahmen 
diefen Plan nicht auf, jondern die Stärke ihrer 
Heere beruhte ganz auf der Zahl der Elefanten. 
Diejelben wurden aus Judien bezogen, weshalb der 
dortige Satrap, Eudemos, von allen Barteien viel 
umworben wurde. Seleulos beſaß in der Schlacht 
bei Ipſos 400 — 480 Sriegselefanten. In der 
Schlacht war gewöhnlich ein Leitelefant (nyor- 
utvros), auf defjen Erlegung es den Feinden vor— 
üglich anfam. Diod. Sic. 18, 33 fj. Ein voll: 
Aandig ausgerüfteter Elefant trug einen Turm 
auf jeinem Süden, der gewöhnlich mit 4 Bogen: 
ſchützen bejegt war zur Dedung und Beihüsung 
des Tieres. Der Führer ſaß mit dem Rüden an 
den Turm gelehnt auf dem Naden desjelben. 
Später verfah man fie auch mit einem Stirnpanzer 
(frontale) und pußte fie überdies noch mit blofem 
kriegeriſchem Schmud aus, 3. B. durch Federbüſche 
(eristae). Lir. 37, 40. Nach Bolyainos (4, 3, 6) 
führten die Gegner zur Abwehr der durch Die 
Elefanten drohenden Gefahr Schweine bei ihrem 
Heere mit fich, die fie mit flüſſigem Pech beftrichen, 
dann anzündeten und auf die Elefanten lostrieben, 
wo dieje dann durch das Gejchrei und die fenrige 
Erjcheinung der Tiere jcheu gemacht wurden und 
gegen ihre eigenen Heere umfehrten. Daher gab 
Antigonos den Indern deu Befehl, für die Zu— 
kunst ſtets Schweine mit den Elefanten zuſammen— 
zuhalten, damit fie daran gewöhnt würden. 
2) 
eine höchſt läſtige Erſcheinung, da beim erſten Zu— 
ſammentreffen mit Pyrrhos 282 v. E. ihre Pferde 
aus Scheu vor jenen Tieren umbogen und auch 
die Reihen des Fußvolls mit in die Unordnung 
und Flucht hineinzogen. Liv. ep. 13, 7. Just. 
18, 1. Plin. 6, 8. Daher mußten fie, nachdem das 
Glück erft einige ſolche Tiere in ihre Gewalt hatte 
fommen laffen, die Pferde förmlich an den Anblid 
derjelben gewöhnen; bald aud) jahen fie, daß, wenn 
diejelben nur erft verwundet wären, fie mit noch 
größerem Ungeftüm fich rüdwärts wandten und 
unter den Ihrigen gräßliche Niederlagen anrichteten. 
Liv. 27, 14. Diejem vorzubeugen, gab Hajdrubal 
den Befehl, daß die Führer der Kriegselefanten 
in ſolchem Fall diefelben mit einem jpigen Eiſen 
den Ohren, wo der Kopf jih an den 
aden jchließt, jogleich töten jollten. Lir. 27, 49. 
Aber auch mit Feuer konnten fie jcheu gemacht 
werden, weshalb die Nömer eigens dazu einge: 
richtete (Liv. ep. 13, 38) Wagen, mit Pferden be: 
ipannt und mit Soldaten bejeßt, gegen die Ele: 


B. Jm : 


Für die Nömer waren die Elefanten ebenfalls : 


— 


374 


fantenlinie entſandten, um ſie mit Geſchoſſen und 
Feuerbränden zu überjchütten. Schwierig war es, 
diefe Tiere über Meere und Flüſſe zu transpor- 
tieren; man mußte fie namentlich dadurch täufchen, 
daf der Bretterboden der eigens zu dieſem Zwecke 
eingerichteten flachen Fahrzeuge mit Erde bedeckt 
wurde. Liv. 21, 28. Pol. 3, 46. Bon den Römern 
wurden die Elefanten anfangs lucaniſche Ochſen 
(bos Luca) genannt, weil fie diejelben zuerjt in 
Lucanien jahen, und der Ochſe bis dahin nad 
ihrer Kenntnis das größte Tier war. Liv. ep. 
14, 34. Nachdem fie deren mehrere erbeutet hatten. 


wendeten fie diejelben ebenfalls im Kriege, zum | 


erftenmal gegen Bhilipp von Makedonien, an (Liv. 
31, 36); doch haben jie nie einen wejentlichen Be: 
ftandteil des römischen Heeres ausgemacht. Die 
an fih ſchon unglaubliche Nachricht (io (ass. 
60, 21: nal maguansvı] Ye El ri; orgareia mol) 
tor re üllorv xl Pleparror ngoovveikento), daß 
der Kaiſer Claudius auf jeinem Zuge gegen die 
Britannier auch Elefanten hatte, iſt höchit wahr: 
ſcheinlich eine Berwechjelung mit der leg. V. Alauda, 
die das Snfigne eines Elefanten führte. — Man 
benußte die Elefanten lieber zur Beluftigung im 
Cirkus. Die verjchiedenen Arten von Elefanten: 
fämpfen, welche als die Spige und der Glanzpunkt 
der venationes gewöhnlich bis zum lebten Tage 
aufgejpart wurden (Cie. ad fam. 7, 1), 3. B. gegen 
Bären, Stiere, auch mit Bogen bewaffnete Nu: 
midier, erwähnen Livius (44, 18) und namentlich 
Blinius (8, 6 5.); vgl. Plut. Pomp. 52. Auch noch 
unter den Kaijern, 3. B. Commodus (Dio Cass. 
72, 10), werden Elefanten im Cirfus angeführt. 
Dabei hatten die Römer eine außerordentlich hohe 
Meinung von den Eigenjchaften und der Klugheit 
diejer Tiere; Cicero (a. a. D.) ftellt fie beinahe den 
Menſchen gleich, und Plinius jchreibt ihnen (8, 1) 
jogar eine religio siderum, Solisque et Lunae 
veneratio zu. Als Zugtiere hat fie zuerft Pom— 
pejus verwendet, dann blieb es ein Worrecht der 
Kaifer, Elefanten zu halten. Nur dem Gornifticius 
hatte Auguftus geitattet, mit Elefanten zu fahren, 
jo oft er von einem Gaftmahl nach Haufe zurüd: 
tehrte (Dio Cass. 49, 7). 

Elephönor, ’Elsprjivop, Sohn des Chalfodon, 
Fürft der Abanten auf Euboia, z0g mit gegen 
Troja, wo er durch Agenor fiel. Hom. Il. 2, 540. 
4, 463. 

Eleüs j. Elaiüs. 

Eleusinia, r& ’Elsvoirı«, der Kultus der 
Demeter und Perjephone zu Eleufis, der gegen 
2 Meilen von Athen an der Grenze von Megaris 
aelegenen Stadt des gleichnamigen attiichen Demos 
(j. Attika, 16.). Wahricheinlich beftand derjelbe 
in alter Zeit nur in einfachen ländlichen Feſten, 
die fich auf Aderbau, auf Saat und Ernte und auf 
Gründung eines gefitteten Lebens bezogen ; jpäter 
befam er aber, indem man an die Vorftellung von 
dem Erfterben und Aufleben des Samentorns, das 
in der Gejchichte der Perjephone fein mythiſches 
Gegenbild hat, tiefere religiöfe Ideen über Un: 
fterblichteit knüpfte, einen entichieden myſtiſchen 
Charakter, er wurde zu einem Geheimfultus, in 
welchen der einzelne ſich durch befondere myſteriöſe 
Gebräuche einweihen laffen mußte, und deſſen Ge— 
heimniffe er auf feine Weife in die Öffentlichkeit 
bringen durfte. 





Elephenor — Eleusinia. 


eingeſetzt ſ. Demeter); zu diefem Demeter: und 
Berjephonetult fam aber jchon früh, wahrichein: 
lid) aus Boiotien durch die Thrafer, deren Re: 
präjentant Gumolpos (j. d.) ift, der Kultus des 
Tionyios » Jafchos. In jpäterer Periode machten 
die Orphiker ihren Einfluß auf das eleufinische 
Götterſyſtem geltend, indem fie, die bisherige 
hellenijche Beſtimmtheit der Götterindividuen auf: 
löjend, die thrafiich-phrugiichen Gottheiten Rhea— 
Kybele, Dionyjos- Jagreus und Hefate mit Demeter, 
Jakchos und Perjephone verſchmolzen. — Der eleu— 
ſiniſche Dienft wurde in der ältejten Zeit nur von 
den GEleufiniern geübt; jeit der Bereinigung von 
Eleuſis aber mit Athen zu Einem Staate, die in 
der Bejiegung des Eumolpos durd den athenijchen 
König Erechtheus mythiſch dargeftellt wird, nahm 
Athen an dem Gottesdienit in Eleufis teil und 
verichaffte ihm eine weitere Verbreitung. Bon 
diefer Zeit an wurden die jährlichen Feſte der 
eleufiniichen Götter zum Teil im Athen, zum Teil 
in Eleuſis gefeiert, doch jo, daß Eleufis immer 
der Hauptſitz des Kultus blieb. Die Feſte bezogen 
ji) auf die wechlelnden Zuftände der Periephone, 
deren Hinabgang irddodog) zur Unterwelt und 
Vermählung mit Hades im Herbſte, wo das Ge: 
treide von den Feldern verichwindet und Das 
Winterforn in die Erde verjenft wird, durch ganz 
Griechenland gefeiert wurde, während man im 
Frühjahr ihre Rückkehr (krodog) zur Oberwelt 
und zur Mutter, jowie ihre Vermählung mit dem 
blühenden Dionyſos beging. Darnadı zerfiel die 
eleufiniiche Feitfeier in die des Frühlings und die 
des Spätjahrs. 
feft die feinen Eleufinien, welche im Monat 
Anthefterion (sebruar: März) in der Vorſtadt Agrai 
am Iliſos beim Eleufinion vr Hyowıs unter 
myſteriöſen, aber im einzelnen nicht bekannten 
Gebräuchen gefeiert wurden. Sie jollten dem Hera— 
es zu Gefallen geftiftet worden jein, weil diejer 
nach den damaligen Gejepen als Fremder nicht 
in die großen Elenfinien habe eingeweiht werden 
fünnen; vgl. Struve, Bilder: Kreis von Eleufis 
(1870). Am Spätjahr feierte man zwijchen der 
Ernte: und Saatzeit vom 15. Bordromion (Sept. 
Dft.) an 9 Tage lang die großen Elenjinien. 
Die Aufeinanderfolge der Tage ift ſchwer zu be: 
jtimmen. An den erjten Tagen fanden allerlei 
Vorbereitungen zu dem Hauptteile des Feſtes ftatt, 
Opfer, Reinigungen und Wajchungen bei einem 
Feſtzuge zum Meere (Üiade uvoraı), Falten, lär: 
mende Umzüge und dergl. Am jechiten Tage hielt 
man auf der „Heiligen Straße” den großen Jalchos— 
zug von Athen nach Eleujis, an dem außer den 
Prieftern und Obrigfeiten Taujende von Myſten, 
mit Myrte und Eppich befränzt, mit Ahren und 
Adergerät und radeln in den Händen, teilnahmen. 
Der * als deſſen Führer der lärmende Jakchos 
alt, nahm wahricheinlich an dem ſtädtiſchen Eleu— 
inion, einem Tempel an der Agora an der nord: 
weftlichen oder ſüdweſtlichen Ede der Burg, jeinen 
Anfang und wurde in der zweiten Hälfte des 
Tages unternommen, jo dal; man nach einem Wege 
von 2 Meilen mit Einbruch, der Nacht in Eleuſis 
ankam. Unterwegs jielen allerlei Yuftbarfeiten vor, 
wie die Nedereien an der Brücde über den Kephiſos 
bei Athen, die j. g. yeprgısnol., 


als fie die geraubte Perſephone fuchte, ihren Dienft | folgenden Nächten auf der Thriafiihen Ebene an 


Am Frühjahr waren das Haupt: : 


Nach der An : 
Demeter felbjt hatte in Eleufis, | funft in Elenjis wurden in der nächjten und den 


ts 


= 


Eleusis — 


der Küfte des Eleufiniichen Bujens und um den 
Quell Kallihoros, jowie in dem großen, von 
Berifles prachtvoll ausgeführten Myſteriengebäude, 
uvotinog onxog (relsorıiigior, uiyagpov, Evd- 
»rogor), verichiedene Feſtlichkeiten veranftaltet, 
welche das traurige Sucen der verichwundenen 
Berjephone und deren endliches freudiges Wieder: 
finden darjtellten. Den Übergang von dem Suden 
zum Finden, von der Trauer zur freude bildete 
der das vorausgehende Faften beichließende Genuß 
des xuxeor, des Mijchtrants aus Wafler, Mehl 
und Bolei, den einft Demeter nach langem Trauern 
und Falten im Haufe des Keleos zu Eleujis zuerft 
nenojien haben jollte. Den Schluß der ganzen 
Feier machte die ſ. g. Illnuogon, eine Wafler: 
ipende aus eigentümlichen Gefäßen, von denen 
man mit dem einen gegen Aufgang, mit dem 
andern gegen Niedergang jpendete. Die nächtliche 
Feier von dem Jakchoszug an bis zur IIAnuoyor, 
begingen mwahricheinlid die Myften und Epopten 
gelondert an verichiedenen Orten. Die nämlich, 
welche fih in die Myſterien einmeihen liefen 
(Fremde bedurften bloß eines Attifers als Myſta— 
gogen, Einführers in die Myſterien), wurden in 
der Regel zuerft an den Heinen Eleufinien im 
Frühjahr in die Heinen Myſterien (r@ uıxg& wv- 
sorge) eingeführt und —— dann als Myſten 
(uvora) im Herbſte desſelben Jahres an den 
großen Myfterien (r« ueyala wvorngie) der großen 
Elenfinien teil, gelangten aber erſt im folgenden 
Jahre an den großen Eleujinien als Epopten 
(fröxreı, d. h. Schauende) zur völligen Weihe. 
Während nun wahricheinlich die Myſten ihre nächt— 
lihen Umzüge auf dem Thriafiichen Felde hielten 
und wohl auch in die Vorhallen des Tempels zu: 
gelafjen wurden, begingen die Epopten in dem 


relsorieior eine geheime Freier, welche bejonders | 


in einem heiligem Drama (dg@ue uvorızor) be: 
ftand, bei dem ihnen die Geſchichte der Demeter, 
der Berjephone und des Jalchos durch VBorzeigen 
verichiedener Heiliger Symbole unter Ausrufungen 
und Gejängen mit großer Pracht dargeftellt wurde. 
Dabei wird bejonders der erjchüitternde Übergang 
vom Dunkel zur Helle, von Angft zur freude und 
bejeligenden Anſchauungen hervorgehoben. Plutarch 
jagt davon (de an. fr. 6, 2, p. 270 der Ausg. von 
Hutten): „Zuerſt Irren und ermüdendes Haken: 
laufen und durd eine gewiſſe Dunkelheit ängſt— 
liche und weiheloje Wanderungen; dann vor der 
Weihe jelbjt alles Harte, Schauern und Zittern 
und Schweiß und Erftaunen. Hierauf aber trifft 
fie ein wunderbares Licht, oder nehmen fie lieb- 
lihe Orte und Auen auf, voll Stimmen, Reigen 
und ehrivürdig heiligen Geſängen und Erſchei— 
nungen.“ Die Epopten jcheinen, analog dem 
Schickſal der Perjephone, durch Bilder von Tod 
und Scattenwelt zu heiterem, jeligem Leben im 
Lichte Hindurchgeführt worden zu jein, aus dem 
Tartaros ins Elyſion. So erwedten diefe ſymbo— 
lichen Darjtellungen, ohne jedod) von irgend einer 
dogmatijchen Belehrung über neue Heilswahrheiten 
begleitet zu jein, in dem Geweihten felige Hoff: 
nungen über das jenjeitige Yeben. „Dreimal jelig 
jene Sterblichen, jagt Sophofles (fr. 753 Naud), 
welche dieje Weihen geihaut haben, wenn fie zum 
Hades hinabgehen; ihmen it allein ein Leben in 
der Unterwelt, den andern eitel Drangſal und 
Not.“ Es ift natürlich, daß je nach der Bildungs: 





Eleuteti. 375 
ftufe der einzelnen ihre Auffaſſungen und Deu: 
tungen verjchieden waren; der Ungebildete mochte 
fich ziemlich rohe und finnliche Vorftellungen von 
dem jenfeitigen Leben machen und die zu erwar- 
tenden Freuden nicht als Lohn für einen ſittlich— 
reinen Wandel, jondern lediglich als Folge der 
Weihe und der Teilnahme au der geweihten Ge- 
noſſenſchaft betrachten, während er die Ungeweih: 
ten ohne Unterſchied als zu ewiger Bein verdammt 
anjah. Darum ließ man ſich oft noch auf dem 
Sterbebette in die Myſterien aufnehmen. — Die 
Dberaufficht über dieje Eleufinien hatte der Archon 
Bajileus, dem 4 vom Bolfe gewählte Epimeleten 
zur Seite ftanden, und zwar wurden 2 aus ben 
Geichlechtern der Eumolpiden und Kergfen, 2 aus 
allen Athenern gewählt. Die Prieftertümer waren 
im erblichen Beſitz alter heiliger Geſchlechter. Das 
höchite Priefteramt war das des Hierophanten 
(feg0pEVrnS, dem eine legoparrıg zur Seite ftand, 
d T& uvorjow ÖsıRrbor), welcher dem Geſchlechte 
der Eumolpiden angehörte. Ihm lag bei dem 
myftifchen Drama das Zeigen ‚der heiligen Sym: 
bole (deifıs tor legör) ob. Übrigens jcheint er 
diejes wie manches andere mit dem Daduden 
(dadodyog) gemeinschaftlich gehabt zu haben, beiden 
wird vorzugsweile das uveir 1& ’Elevairıe zu: 
geichrieben; eigentümlidh aber muß dem Hiero— 
phanten das Singen gewejen jein, wornach das 
Bejchlecht der Eumolpiden benannt war, während 
dem Daduchen das Ehrenamt des Tradelhaltens 
als bejondere Funktion zukam. Das Daduchen: 
amt beſaß früher das von Triptolemos ſtammende 
Geichlecht der Kallias und Hipponikos, jpäter bis 
in die lehten Zeiten des Heidentums die Lyko— 
miden. Der Hieroferyr (Herold) und Epibo— 
mios (iegoxnjev& und !mıßourog, ö Zmi Bous, 
Aufjeher des Altars) hatten ebenfalls mehrere 
Funktionen, die ſich bejonders auf die Bejorgung 
der Opfer bezogen zu haben jcheinen, gemein. Das 
Geſchlecht der erfteren leitete fich von Hermes und 
einer Tochter des Kekrops, oder von Keryr, dem 
Sohne des Eumolpos, her. Die eleufinifchen Briefter- 
geichlechter bildeten einen heiligen Rat, welcher die 
FEnynos tor leghr nal dalwor und einen Teil der 
Gerichtsbarkeit in betreff des eleufinifchen Kultus 
in Händen hatte. — Die eleufiniihen Myſterien 
itanden lange bei den Griechen in hohem Anjehen. 
Ihren Glanzpunkt hatten fie erreicht zur Zeit zwi— 
ichen den Berjerfriegen und der Periode der Auf: 
Härung, und jelbft in diejer Periode der Auf: 
Härung famen Frivolitäten und Zeichen des Un: 
glaubens nur bei einzelnen aus den höheren 
Ständen, wie bei Altibiades und jeinen Genoflen, 
vor, während der Staat und die Gejamtheit des 
griechiichen Volkes die Achtung vor ihrer Heilig: 
feit bis in die Kaiferzeit hinein bewahrte. Nach 
den Antoninen begannen die Herftörungen in 
Eleufis, und nachdem gegen Ende des vierten 
Jahrh. die Mönche im Gefolge des Weftgoten 
Alarich die heilige Stätte völlig verwüſtet hatten, 
hob Theodojius die Geheimfeier ganz auf. — Bal. 
D. Müller Art. Eleusinia in der Allg. Encykl. 1, 
BD. 33 ©. 268— 296. Baumeifter, Kulturbilder aus 
Griechen!. ©. 43 ff. Mommijen, Heortologie ©. 222 fi. 

Eleusis oder Eleusin j. Attika, 16. 

Eleuteti (zweifelhafte Lesart), eine der galli: 
ſchen Völkerſchaften, qui sub imperio Arverno- 
rum esse consuerunt (Caes. b. g. 7, 75). 


— 


5 


— 


* 
- 


376 


Eleutherai j. Attika, 16. 

"ElsvSEgre, ri, 1) ein uriprünglich an die 
ältere jpartanische Symmachie angejchloffenes Feſt 
aller griechifchen Stämme, welche gegen die Berjer 

efochten hatten. Es war nad der Schlacht bei 


Eleutberai — Blis. 
genannt wird, aufnchmend. Südlich des Vor: 
gebirges Ichthys mündet der aus Arkadien font: 
mende Alpheios (j. Rufia) (ſ. D.), von deſſen 
Nebenflüſſen folgende hieher gehören: rechts der 
Erymanthos (Doana), zum Teil Grenzfluß 
lataiai zu Ehren des Zeus "EAevfegrog geftiftet | gegen Arkadien, Kladeos, Enipeus; lints der 
und jollte jährlih zu Plataiai ftattfinden. Bald! Diagon (arfadiicher Grenzfluß), Dalion, Acheron, 
aber wurde ein Lokalfeſt daraus. Strab, 9, 632. | Selinus. In Triphylien Hi zu nennen der Ani— 
Plut. Arist. 21. — 2) ein Feſt auf Samos zu gros (Fluß von Hagios Alidoros), der homerijche 
Ehren des Eros, der die Männer anfeuere, im | Mervnjiog (77.11, 722), mit dem Nebenfluß Afidas 
Kanıpfe für Freiheit und Ehre treu zuſammen- | oder Jardanes, der an der Mündung die ftinfenden 
zuhalten. — 3) Feſt der aus ber Sflaverei Frei: | Yagunen von Kaiaffa bildet; noch füdlicher ber 
gelafjenen. meſſeniſche Grenzfluß, die Neda (j. Buzi). — 
"Eizvdegoidzwreg h. die Bewohner Lako- Der Kylleniſche Meerbuſen, von der Hafenftadt : 
niens, Heloten und Perioifen, welche ſeit dem Kyllene benannt, reicht ſüdlich bi zum Vorgebirge 
Falle der Macht Spartas zur Zeit des Philo: | Chelonatas; zwiſchen diefem und Jchthys liegt der 
poimen für unabhängig erklärt worden waren und | Chelonatiſche Bufen, an den fich jüblich der 


in römijcher Zeit einen Städtebund (ro xowor Kypariſſiſche ſchließt. 


rar "Elsvdegolannror) bildeten. Es waren ur: 
jprünglich 24 zumeift an der See gelegene Städte; 
Augufus beftimmte ihre Zahl auf 21. Strab. 
8, 366. Paus. 3, 21, 6f. 

Elieius j. Juppiter unter Zeus, 9. 

Elimeia oder Elimiötia, 'Eidusı«, "Elımörıg, 
jübmweftliche Landichaft Makedoniens, zu beiden 
Seiten des Halialmon j. VBitritzafl.), mit der 
Stadt Elyma. Arr. 1,7,5. Thuc. 2, 99. Liv. 
31, 40. 42, 53. 45, 30. Strab. 7, 326. Die Ein: 
wohner h. ’Elıuöra. Tihuc. 2, 99. 

lis, Mis oder ’Hlsla, nad) dem einheimischen 
Dialekte Valid, Valeia, Fälıs, Falsie, „Tief: 
land“, weitliche Landichaft des Peloponnes, grenzte 
im N. an Adyaia, im D. der ganzen Yänge nad) 
an Arkadien, im S. an Meflenien, im W. an 
das Joniſche Meer und zerfiel in 3 Hauptteile: 
1) Elis im engeren Sinne im N, deſſen weitlicher 
Teil das „hohle Elis“, 7) »orlr) "Hiıg, der öſtliche 
Gebirgsbezirt Alröreia hieß; 2) Bifatis oder 
Pijara in der Mitte, 3) Triphylia, das Ge- 
birgsland im S. Dieje anfangs politiiche Ein: 
teilung war fpäter bloß lokal. Die Gebirge von 
Achaia und Arfadien reichen von N. und DO. ins 
Land: der felfige Sfollis (j. Santa Meri) im N., 
wahrjcheinlich die homeriiche wEren Nierin, der 
a {j. Dlönos, 2225 m hoch) und Lam— 
peia (j. Aftras) mit leuchtendem Schneehaupt im 
NO.; ſüdlich daran ſtößt die 600m hohe Hoch— 
flähe Pholoë (j. Plateau von Lala) an der ar: 
fadiichen Grenze, deren öftliche Nusläufer Kodrıor 
und Zxvon» Sdripds (ein Paß) find; durch Tri: 
phylien endlich ziehen fidy im weftlicher Richtung 
das Phellungebirge (j. Palatia), die Grenze gegen 
Piſa bildend, Minthe (ij. Alvena), 1220m hoc, 
und Lapithos, die weitliche Fortiehung des Ly— 


faion bildend. Die Küfte ift meift flach, jogar 


jumpfig, nur 2 Punkte treten dort mit Höhen ber: 
vor, das Vorgebirge Chelönätas (j. K. Torueje), 


Borgebirge Ichthys (j. Katafolo), in alter Zeit 
wohl Heine Inſeln, die durch Anſchwemmungen 
mit dem Lande verbunden und zu Halbinjeln um: 
gebildet wurden. — Die Bewällerung ift reichlich. 

ie Grenze gegen Achaia bildete der Lariſos. 
Der Beneios (j. Fluß von Verveni und, nad) 
der Bereinigung mit dem Ladon, Gaftuniotifos) 
fommt vom Erymanthos und durchitrömt in weit: 
licher Richtung das hohle Elis, von ©. her den 
eleifhen Ladon (j. Ticheleby), der auch Selleeis 


Häfen bietet die Küſte 
faft gar nicht. — Das Klima ift geiund und an: 
genehm, wo nicht die feuchten Niederungen das 
Gegenteil bewirken. In den Ebenen gedeiht Wein: 
und Aderbau und die trefflihe Byſſosſtaude 
(unter allen belleniichen Landichaften hat E. allein 
die Kultur der Baummollenftaude), die Höhen bie: 
ten herrliche Weiden, und dies alles, verbunden 
mit der heiligen Ruhe, verichaffte dem Lande den 
Namen eines ewigen Frucht: und Luftgartens. — 
Zu den alten Antohthonen des Dinomaos und 
Belops jollen vor Homer 2 verwandte theflalische 
Völker, die Epeier und Aitoler (bei der Stabt 
Elis), gelommen fein; in Triphulien werden Kau— 
fönen und Minyer aus Lakonien genannt; 
mehrere Städte der Ießteren wurden von den 
Eleiern zerjtört. Udt. 4, 148. Die Bevölkerung 
war bedeutend, nad Elinton etwa 186 000 M. 
auf 46 (nach andern gegen 60) TIM.; fie ſprach 
einen weder zum bdoriichen noch zum agioliſchen 
gehdrigen Dialeft. — Städte im eigentlichen 

lis: Buprafion, bei Homer (Il. 11, 756) das 
weizenreiche genannt, wohl feine Stadt, jondern 
eine wohlbebaute Gegend, die jetzt faſt unbewohnt 
it; Myrjinos, ſpäter Möyrtuntion, Kyllene, 
befeftigte Hafenſtadt von Elis, der anichnlichen 
Hauptitadt des Yandes, vom Peneios durchitrömt, 
von Oxylos gegründet, doc offen erft 471 v. €. 
entitanden, mit Afropolis und 3 großen Gym: 
nafien; Bylos, das eleiſche genannt, zum Inter: 
ichiede vom triphulifchen und meſſeniſchen, am 
Zadon, 70 Stadien nordweitlih von Olympia am 
Zuſammenfluß des Ladon und Peneios gelegen ; 
Ephura, alte Pelajgerftadt am Selleeis. — In 
der Afroreia lagen die feiten Grenzorte Laſion, 
Thrauftos oder Thraiftos, Thalamai, Alion, 
Eupagion und Opüs. — In PBifatis: Pija 
(n Tlio@, Ilioe), alte Hauptſtadt von Pelops' 
Neiche, von den Spartanern nach dem Dritten 


‚ meflenischen Kriege jo gänzlich zerftört (455 v. E.), 
das Weſtende des Peloponnes, und jüblich das | 


dak man jchon im Altertum an ihrer Exiſtenz zwei: 
felte; Olympia, am rechten Ufer des Alpheios, 
feine Stadt, ſondern weitläufige Anlagen von 
Tempeln, Dainen u. j. w., am inftuffe des Kla— 
deos in den Wlpheios (j. Olympia), befannt 
durdy die Kampfſpiele. Bon Ofympia nad Elis 
führte am Fuße des Gebirges an der Hüfte hin 
die Heilige Straße, an weldher Dyspontion 
(1: Porgos) Tag, im Kriege zwiſchen den Eleiern 
und Piſaiern zerftört; Darpinna, Kyleſion, 
bedeutende Stadt, Yetrimoi (beim heutigen Hagios 


Elisa — Emancipatio. 


Koannes), Pheia. — An Triphylia: Epita: 
lion, das homerische Thryoiiia, ſüdlich vom Al— 
pheios nahe der Mündung; Stillüs, am Selinüs, 
bon den Spartanern dem Zenophon gejchentt (Paus. 


5, 6,4. Xen. An. 5, 3, 7. Hell. 6, 5, 2). Nörblid) | 


davon der Feld Typaion, von welchem die Weiber 


geitürzt wurden, die bei den olympijchen Spielen | 
zugeſchaut hatten. Samikon oder Samos, wichtig | 
als militäriicher Punkt, weil e8 den Engpaß zwi: 
ichen dem Minthegebirge und den Lagunen ber 


Hüfte beherrichte, mit einem Tempel des ſamiſchen 


Pojeidon, wo die Bundesfefte der Triphulier ge: | 
Das triphuliihe Pylos (nicht, 


feiert wurden. 
Neftors Sitz, ſ. Pylos) am Mamaosfluſſe, Le— 
preos (j. Strowitzi), Epeion, das homeriſche 
cñuritou Alxö, Pyrgos u. a. Strab. 8, 335 ff. 
Val. Eurtius, Peloponnejos II ©. 3. Burfian, 
Geogr. von Griechenland II ©. 267 ff. 

Elisa (Elissa) j. Dido. 

Eiltuevıov, eine Hafenabgabe in Athen für 
die Benußung des foftipieligen Hafens, deren Höhe 
fich nicht mit Sicherheit angeben läßt und die nicht 
mit dem Aus: und Eingangszoll, welcher '/,. des 
Wertes betrug (werenxooen), verwechſelt werden 


377 


* 


Elpinike j. Kimon, 2. 

Elusätes, galliiches Volk in Aquitania mit der 
Hauptftadt Eluja, j. Ruinen Eintat bei Eauze. 
Caes. b. q. 3, 27. 

Elymäis, ’Eivuels, Landichaft in Sufiana an 
der Grenze von Perſis (im A. T. wird ganz 
Suſiana Elam genannt), bewohnt von einem mäch— 
tigen und friegerijchen, aber zugleich räuberijchen 
Volfe, den Elymaiern, welche ſich beionders als 
Bogenichügen hervorthaten. Strab. 16, 744 f. Liv. 
37, 40. 

Elymos oder Helymos, "Elvuog, ein Tro- 
janer, natürlicher Sohn des Anchijes, Bruder des 
Eryr, welcher vor Aineias mit Segeſtus oder 
| Ageitus, Aceſtes (ſ. Aineias) nah Sicilien ins 
‚ Gebiet der Sifaner an den Fluß Krimiſos wan— 
‚derte. Die hier ſich anfiedelnden Trojaner nann: 
| ten fih nah ihm Elymer. 

'  Eiysii oder richtiger Elisyi werden von Tacitus 
‘(Germ. 43) zu den Völkern Ingiichen Stammes 

gerechnet. Aus Vergleihung mit Ptolemaios, der 
‚eine Ortichaft Lugidunum (nad) der Gradbeſtim— 
mung das heutige Liegnig) nennt, hat man die 
| Gegend des jegigen Dis in Schlefien als Wohnfig 





darf. — Die Perjonen, welde mit dem Einneh: dieſer Völferjchaft beftimmt. 


men dieſer Abgabe beichäftigt waren, hiehen ZAA:- 
uerısral, Hafenzöllner. Sie ftanden im Dienſte 
der Zollpächter (relöveı, j. d.) und hatten nament: 
lich auch darauf zu achten, daß feine Umgehungen 
vorfamen. 

Ellopia, ’Elloxie, 1) Heine Landichaft im N. 
der Inſel Euboia am Borgebirge Kenaion. Adt. 
8, 23. — 2) alter Name der von den Ellopes oder 
Hellopes bewohnten Umgegend Dodonas und einer 
gleichnamigen Stadt. 

Elogia ftammt nicht etwa von ZAsyeior, weil 
die römische Sitte nichts mit jenem griechijchen 
Namen gemein hat, jondern von eligere und be- 
zeichnet zunächit die hiftoriichen Aufjchriften, mit 
welchen in den Stammbäumen (stemmata) der Ge— 
ichlechter diejenigen Familienglieder, welche curu:= 
liiche Amter befleidet hatten, ausgezeichnet wurden. 
Später wurden dergleichen Familiendenkmäler aud) 
in Tempeln aufgeftellt, deren noch vorhandene 
Beijpiele Mommijen (Corp. I. L. I p. 277 ff.) ge: 
jammelt hat. Seltener fcheinen diejelben an Sta: 
tuen und Hermen angebracht worden zu fein. Erjt 
Auguftus ließ auf dem nad) ihm benannten Forum 
Statuen berühmter Römer von Aineias und Ro: 
mulus an aufitellen (Suet. Oct. 31. Hor.od.4, 8, 13) 
und mit Elogien verjehen, von denen eines auf 
Marius jicher, einige andere wahrjcheinlich erhal: 
ten find, Much in andern Städten wie Arezzo, 
Pompeji find dergleichen gefunden. S. Mommjen 
a. a. D. ©. 288. Erft dadurch ift Klarheit in 
dieje Denkmäler gekommen, die man bei Zell (die 
römijchen Elogien, 1847) oder Söttling (Opuse. 
p. 139) durchaus nicht findet. 

Elpönor, ’Eirrjvog, einer der Gefährten des 
Odyſſeus, jung und Teichtfinnig. Bei ihrem Aufent: 
halte bei Kirfe hatte er fich am Abend vor der 
Abfahrt zur Unterwelt trunfen auf das Dad) des 
Hauſes zum Schlafe gelegt, ftürzte in der Nacht 
bei dem entftehenden Lärm des Aufbruchs herab 
und brach den Hals. An der Unterwelt veripricht 
ihm Odyſſeus, ihn zu bejtatten, was bei jeiner 
Rückkehr zur Inſel der Kirke geichieht. Od. 10, 552. 
11, 51 ff. 12, 10. 


Elysion, ’Hivcıor redlor (Flur der Hinkunft), 
ipäter bloß ’Hivcıor, Nijoo: uaxdoor, Insu- 
lae beatorum, fortunatorum, Ins. for- 
tunatae. Bei Homer (Od. 4, 563 ff.) ift es ein 
ichönes Gefilde, "Hivoror nedlor, am Wejtrande 
der Erbe diesjeits des Dfeanos, wo die Menſchen 
mühelos in Seligfeit leben; dort ift fein Schnee, 
fein Winterfturm und fein Regen, jondern ewig 
wehet leiſer Zephyr herüber von dem Dfcanos, die 
Menschen zu kühlen. Da wohnt der blonde Rha- 
damanthys, und dahin kommen auch andere Lieb— 
linge des Zeus, ohne den Tod zu jehen, tie 
Menelaos, weil er ein Eidam des Zeus iſt. Bal. 
Eur. Hell. 1676. Heſiod (op p. et d. 167 ff.) jpricht 
von Inſeln der Seligen, vjcor uexdgwr, an dem 
Dfeanos, wo die Heroen des vierten Menjchen- 
geichlecht3 unter der Herrſchaft des Kronos nad) 
dem Tode ein jeliyes Leben führen. Pindar (ol. 
2, 61 ff.) macht einen Unterjchied zwijchen Elyſion, 
dem unter der Erde befindlichen Aufenthalte der 
Guten, und den Seligen Inſeln. An diejen leßteren 
Ort des höchſten Glüdes kommen nach orphiſch— 
pythagoreiſcher Lehre diejenigen, welche dreimal 
unſtraͤflich den Kreislauf durch Ober: und Unter— 
welt Elyſion) durchwandelt haben; hier ift die 
Burg des Herrichers Kronos, der ſich den Rha— 
damanthns als Beifiber und Nichter erwählt hat; 
es wehnen da Peleus und Kadmos und Adhilleus. 
— Die lateinischen Dichter folgen den Griechen 
in ihren Schilderungen des Elyfiums. Vergil 
(A. 6, 541 ff.) bringt es wie die jpäteren Griechen 
in Verbindung mit der Unterwelt. Man ſuchte 
dieje Phantafiegebilde auch in der wirklichen Welt 
(Eanariihe Inſeln, Madeira), jo daß von einer 
Auswanderung dahin die Rede fein konnte (Tor. 
epod. 16, 41. Plut. Sert. 8). 

Emaneipatio,. Die Freilaffung des Sohnes 
aus der väterlichen Gewalt wurde bewirkt, indem 
der Bater vor dem Magiftratus feinen Sohn au 
einen dritten (pater fidueiarius genannt, der Ber: 
trauensvater, welcher den Sohn nicht behalten zu 
wollen veriprochen hatte) mit feierliher Man: 
eipation zum Scheine dreimal verkaufte, denn bie 





318 


XII Tafeln jagten: si pater filium ter ve- 
num duit, fılius a patre liber esto. Nach 
jedem der 3 Scheinverkäufe remancipierte der Ber: 
trauensvater den Sohn an den wirklichen Bater | 
(iducia inter bonos agier, Cie. off. 3, 15), worauf 
diejer den Sohn förmlich in Freiheit jeßte, jo daf | 
diejer nun micht mehr in der patria potestas 
ftand, ſondern sui juris wurde. Erſt in den legten 
Zeiten der Kaiſer famen dieje eigentümlichen For: | 
malitäten außer Gebrauch. 

Emathia, ’Hucdie, alter Name von Mafedo- 
nien (Hom. Il, 14, 226), davon eine Landſchaft 
Matedoniens zwiſchen den Flüſſen Haliakmon und 
Arios, durchſtröͤmt von dem Ludias, der Urſitz 
des mafedonifchen Königtums, mit den Städten 
Beroia, Nigaiai oder Yigai, jpäter Edeija, 
wo Philipp 11. ermordet wurde, Europos, Ido— 
meine, Kition, Kyrrhos u.a. Auch eine Stadt 
diejes Namens wird erwähnt (Ziv. 43, 7. 44,44). 

‚Emathion j. Eos. 

Eußerngıov, 1) ein Marichlied in Anapäjten 
(Tyrt. fragm. 15. 16 Bergb) und die Marichmufif 
bei den Spartauern, auf Flöten von hellem Ton 
(anLoig Lußarnglorg) geblafen; 2) ein bei der 
Einichiffung dargebrachtes Opfer. 

Emblöma, Zußinue, eine metallene fompafte 
Neliefplatte, welche mit Blei in andere —— 4 
gefäße eingelötet wurde und zu deren Schmuck 
diente. Dünnere Rlättchen und Streifen, welche nicht | 
ein, ſondern aufgelötet wurden, hießen erustae. 
Andeutungen j. Cie. Verr. 4, 23. Auch die in die 
Moſaik-Fußböden eingelegten feineren mufivischen 
Stücde heißen emblemata vermiculata. Lueil. bei 
Cie, de or. 3, 43, 171. or. 44, 149. Brut. 79, 274. 

Embolima, ’Eußoluue, Stadt in Judien (Arr. 
4,28, 7), von Eurtius (8, 12, 1) Ecbolima genannt. 

Embolium, Zußölor, bezeichnet ein Spiel, 
das den Zwiſchenraum zwijchen der Aufführung 
von 2 Dramen ausfüllt, komiſchen Inhalts oder 
den Tänzen der Mimen entiprechend. Auf leßteres 
führt die Anwendung bei Cie. Sest. 54, 116. Die 
Mime Galeria Copiola zur Zeit Sullas heißt bei 
Plinius (7, 47, 158) enıboliaria, tie exodiarius. 
Uber den Uriprung des Namens Arist. poet. 18. 

Emesa, "Euss«, bei den Byzantinern — 
ji. Homs, Stadt in Syrien, öſtlich vom Orontes— | 
fluſſe, ſpäter Hauptſtadt der Provinz Phoinikia 
Libanejia, unter Caracalla römijche Kolonie, Bater: 
ftadt des Alerander Severus. An dem prächtigen 
Sonnentempel war der Kaiſer Heliogabal Ober: 
priefter. Im J. 273 n. E. ſchlug Aurelian bier | 
die Zenobia. Herodian. 5, 3. Vopise. Aurel. 25. 

Emmaüs, Euucoos, jpäter Nifopolis, j. Am: | 
twäs, nad) %. Latrun, Stadt in Paläftina an der 


Emathia — 





ſchaft in Mgrigent. 


‚ andere. 


Eimpedokles. 


den zu haben. Teleftes, ein Tänzer des Aiſchylos, 
joll den Inhalt der Gejänge durch Tanz zu ver: 
finnlichen bejonders berftanden haben. Als eine 
bejontere Art der Emm. wird der Eipiouös ge: 
nannt, entweder ein Schwertertan;, da der Chor 
oft aus Bewaffneten beftand, oder weil man durch 
Ausftreden der Hand den Gebrauch und die An- 
wendung des Schwertes nachahmte. 
Emmenidae, ’Euusvidaı, ein edles Geichlecht 
in Gela und Agrigent, feiteten fich von Polyneiles 
ab. Durch fie wurde der Tyrann Phalaris geftürzt 
um 550 v. E.; jie führten dann ſelbſt die Herr— 
Der berühmtefte unter ihnen 
war Theron 488 — 472, Teilnehmer an dem Siege 
bei Himera, deſſen grauſamer Sohn Thraſydaios 
vertrieben wurde, 470. Pindar war mit ihnen 
verwandt und befreundet. Pind. ol. 2,5. 3, 38. 
"Euunvor dizaı find in Athen jolche Prozeſſe, 
in denen die Enticheidung innerhalb des dreißigſten 
Tages nach der Anhängigmahung der Klage er: 
folgen muß. Es gehören dahin die dia Lumogı- 
x, Zoarınal, werokkmar, mogoındg und einige 
Demosth. Apatur. 23. Halonn. 12. 
Emödi montes, ro 'Wuwdor Ögog oder ö 'H., 


‚d. i. Himöta — Schneegebirge, jept der öftliche Teil 


des Himalayagebirges, beginnt im W. am Imaos 
und ftreicht in gleicher Parallele mit dem Tauros 
im jüdöftlihen Bogen durch India extra Gangem 
bis nach Serica hin. So Plinius (6, 17, 21) und 
Btolemaios; nach andern hieß jo die nordöftliche 
Fortſetzung des Parapanijos (j. Belurtagh). 
Imaus. 

"Euraoıs, doriſch das Recht des Grundbeſitzes 
in einem fremden Staate (attijch Eyarnars); |. aud) 
ZEVOR. 

Empedökles, 'Eunsöorkjs. der Philoſoph, geb. 
aus einer edlen und reichen Familie in Agrigent 
um 490 v. E. Wie jein Water Meton teilgenom: 
men an der Vertreibung des Tyrannen Thraiy: 
daios 470, jo ftürgte er 444 die Nriftofratie, jchlug, 
für politijche Freiheit begeiftert, die ihm angebotene 
Königswürde aus und führte eine reine Demo- 
fratie ein. Er jcheint, einen Ausflug nach Thurioi 
—5* in der Heimat geblieben zu jein; im 
” eren Alter aber, als er die Bollsqunft ver: 
oren hatte, verlieh er jeine Baterjtadt und ging 
nach dem Peloponnes; jeinen Feinden gelang es 
jeine Rüdfcehr zu hindern, und er ftarb in der 
Fremde um 430. Ausgezeichnet als Staatsmann, 
Naturkundiger, Philoſoph, Redner und Arzt, galt 
E. zugleich als bejonderer Liebling der Götter, im 
Leben als Wunderthäter, nachher als Heros. Be— 
wunderung feiner freunde und Haß feiner Feinde 
hüllten die Geſchichte jeines Lebens und bejonders 


e 
— 


Strafe von Joppe nach Jeruſalem (22 Millien ſeines Todes in ſchwer zu entwirrende Fabelu— 
oder 176 Stadien entfernt), wurde mehrmals er: | Bei geringerem Maße der Wirkſamkeit gleicht er 
obert und verbrannt. — Berichieden davon ift ein | dem Pythagoras, wenn er auch feine Genofjen: 
zweites Emmaus, 60 Stadien von Jeruſalem, j. ſchaft ftiftete wie diefer. Er beichränfte ſich nicht 
Cubeibi, wo eine Kirche an dem Orte fteht, da | auf naturphilojophiiche Spekulationen, jondern übte 
Ehrijtus den Jüngern das Brot brach. Ev. Luc. | audy eine politiiche Thätigkeit (vielleicht nicht jern 
24, 18. | von der Aufftellung einer gewiflen politiichen 

Euneisıe hieß der Tanz im der griechifchen | Theorie) und war der erfte, der theoretiſche 
Tragödie. Er war im Gegenſatz zu dem Tanze der | Grundjäße öffentlicher Beredſamkeit aufitellte. — 
Komödie Kordax) und des Satyripiels (Sikinnis) E. hinterließ bloß poetifche Schriften, die einen 
würdig, ernft und gemefien, ohne deshalb aus: | Übergang bilden von den mythiſchen Kojmogonien 
drucksvolle Pebhaftigleit auszufchliegen. Er jcheint | zur eigentlihen Spefnlation. Sein Hauptwerk 
hauptjächlich in einer dem Inhalte der Chorgefänge | wird unter dem Namen megi pucswg (Puoınd) 
angemefjenen Geftifulation mit den Händen bejtan: angeführt, es umfahte 2000 Verſe in 3 Büchern, 





"Eurtiogor — "Eurtogog. 379 


wovon das erfte die allgemeinen Gejeße des Seins | Erponent, des ägyptiſchen Wejens ift, und daf; alle 
und die Lehre vom AU, das zweite die Entitehung ſicheren Überlieferungen über die Weltanſchauung 
der einzelnen Naturwejen, das dritte die Bildung der Agypter ſamt den Bild- und Bauwerken, die 
und Entwidelung des Menjchen, bejonders die, auf uns gelommen find, ganz einfach mit der Yehre 


Lchre von der Seele, enthielt. Die radtapuor (an: 
geblid; 3000 Berje) waren eine Art Ethil und 
enthielten vielleicht die Lehre von der Seelen: 
wanderung; außerdem wurde ihm beigelegt ein 
Aoyos largırög, ein Ärztliches Lehrgedicht, ſowie, 


jedoch ohne Gewähr, Tragddien und mehrere poli⸗ 


tiiche und Hiftoriihe Schriften. E. jchrieb im 
ionischen Dialekt und wurde zu den Muftern des. 
harten und ftrengen Redeſtils gezählt; die zahl: 


reichen Fragmente beurkfunden eine bilderreiche und. 


gedanfenjchwere_ Darftellung. Die Fragmente find 
gejammelt von Sturz (1805), Karjten (1838), Stein 
(1852) und von Mullach in den Fragm. philosoph. 
graec. (1860). — Wie E. der Schüler des Anara= | 
goras, Parmenides, Pythagoras, Herafleitos u. a. 


genannt wurde, jo jcheint er verjucht zu haben, liche Schule genannt, 


die ioniſche She die eleatiiche Metaphyſik und | 
die pythagoreiſche Harmonienlehre zu kombinieren. | 
In der mythiſch-poetiſchen Entwidelung erjchienen 
folgende Hauptpunkte: Nichts entfteht und vergeht, 


Werden und Vergehen ift nur Mijchung und Tren= | der ihr 


nung Des Gemilhten. Urſprünglich jind 4 Eile: 
mente (Sıonere), mpt hiſch enannt: Zeug — 
"Hen re geg£oßıog EAN Aldo 


wreug Noris # n|ins 2 
dargvössce, daneben 2 geftaltende Prinzipien, | von Kos, 


des E. zufammenjtimmen und darin ihre Erflä- 
ruug Finden. 

kEureiogor, Beamte in Sparta zur Aufficht 
über das Marftweien, wohl mit richterlicher Ge— 
walt in ihrer ———— 

Emphyteusis, Lugpoörtvois, ein dem Eigen: 
tum nahe stehendes dingliches Pachtverhältnis und 
unjerem „Erbpacht“ analog. Dasjelbe bildete ſich 
erjt im 3. Jahrh. n. C., und zwar in Griechen: 
land, wo faijerliche Grundftüde gegen eine gewifle 
Abgabe (pensio, reditus, vectigal, canon) in 
Erbpacht gegeben wurden. Die agri vectigules 
der republikaniſchen Beit hatten viel Ähnliches mit 
dieſ ejem —— Verhältnis. 

mpirici, Zumeigixoi, wurde diejenige ärzt— 
die im Gegenſatz der dog: 
matiſchen, welche auf Spekulation und allgemeine 
Theorien ihre Kunſt begründen wollte, den von 
Hippofrates vorgezeichneten Weg der Erfahrung 
betrat, fich aber freilich auch in dem Kampfe mit 
egenüberjtehenden Schule oft zur un: 
wiſſenſcha tlichen, materialiſtiſchen — hin: 
reißen ließ. Sie beftand etwa von 280 dv bis 
2. Jahrh. n. E.; ihr Stifter war PBhilinos 

he erloſch mit dem bejonders gefeierten 


pılda und veinog. Dieje 6, die auch Seelen und Lehrer derjelben, Theudas von Laodikeia. 


Götter genannt werden, find urſprünglich verbun: 
den im opeipos (mythiich geichildert ald das gol: | 
dene Zeitalter, in welchem Kypris allein in der 
Welt herrichte), welcher geiftig aefaht die Welt: 
harmonie ift, die Einheit des Alls und der wahre 
Gott, materiell das Zujammenjein der Elemente, 
das Chaos. Durch die Macht des veinog fommt 
Bewegung in die Elemente, jie trennen fich; die 
pille aber verbindet fie wieder zu Geſtalten. Durd; 
ein Auffteigen von jchlecht verbundenen Bildungen 
zu volltommneren — anismen entjtehen die Tiere; 
die höchſte Stufe ijt der Menich, im welchem das 
euer und die pılda vorwalten; die Seele aber 
ftcht als eine Vereinigung aller Elemente mit 
allem in Berbindung; jo ruht das Erfennen und 
Denten in den Sinnen: die vonaıg ift aisdnaıg. 
— Doch fommt €. dabei aud) auf ein höheres 
Geiſtiges, wenn er eine reden Övvanıs erwähnt, 


Emporium, Zumögıor, hieh der Stapelplat 
der Waren, aber auch jede vorzugsweije dafür ge: 
eignete Stadt; der Tummelplag der Großhändler 
(vgl. "Eunogog). Das berühmtejte war im Bei- 
ratens zu Athen, wo der jür Handelsichifie be: 
jtimmte Teil des „großen Hafens“ mit diejem 
Namen bezeichnet ward, demmächjt auch die Um: 
gebung des Hafens mit jeinen Magazinen (sro«d), 
dem Bazar für Proben, welcher zugleich als Börie 
diente re Jeiyua). — In Rom war ein empo- 
rium am Wventinus, angelegt von den Äüdilen 
M. Ämilius Lepidus und 2. ümilius Paullus, 
193—174 v. C. 

Emporium, EmporTae, griechiich ’Eurogsiov 
und "Eurögıeı, Stadt und Hafen ber Indigetes 
in Hilpania Tarraconenfis an einer ins Mittel- 
ländiſche Meer vorjpringenden Spite der Pyre— 
näen, j. Ampurias; uriprünglich phofaiische Kolonie 


einen inneren Drang des Gleichen zum Gleichen, | von Maſſilia aus, jpäter blühendes römisches Mu: 
als oberes Prinzip in dem wechjelnden Objiegen | nieipium und von Gäjar begünstigt. Strab. 3, 159. 


der wiberjtreitenden Kräfte, fowie einen Ölnaiog | 


koyos ovraywvıföusvog ri) pehle, auch Moöo« | 
beruht auf einem Großhändler, unterjchieden vom «trorwing und 
allgemeinen ewigen Weltgeſetz (kvdyan), überall | »drnkog. 


genannt. Die Ethik des E. 
durch Luft und Himmel verbreitet; damit wird 
verbunden eine pythagoreiſche Aitetik und Diaitetik, 
damit die durch Verbrechen verunreinigte Seele 
durch Reinigung und Läuterung wieder ſich er— 
hebe und in ihre frühere Stellung gelange; dazu 
dient auch die Wanderung durch Tiere und Pflanzen. 
Hier ift es indes jchwer, in der poetijchen Eintlei- 
dung den wahren Kern zu erfennen. Neben der 
Seele werden auch Daimonen erwähnt, die dom 
Sphairos Losgerifjien und verbannt find, ſowie 
neben den obgenannten Göttern auch die Götter 
der Bolfsreligion, —- In der Monographie: Empe: 
dofles und die Äghpter, von A. Gladiſch (1858) 
wird der Nachweis verfucht, da E. gleichjam der 


Liv, 21, 60. 26, 19. 
"Eunxogo 6 uxcolu, vgl. Mercatura), der 


Der atromwing verkauft die don ihm 
jelbjt produzierten Waren, wie der Landmann, der 
die Landesprodufte zur Stadt bringt, der Hand: 
werfer, der jeine Waren, das Mädchen, das jeine 
Kränze feil bietet. Der »dmrnkog iſt dagegen der 
Kleinhändler, Krämer, Detaillift, der aufgelaufte 
Waren, befonders auch Eßwaren, auf dem Marfte 
oder auch jonit in der Stadt in VBerfaufsbuden 
und Läden (xamnleiae) wiederverfauft (daher auch 
mahıyadmankog). Übrigens war das Gewerbe des 
»crenkog Vo dverachtet, daß nur Leute aus der 
niedrigjten Volksklaſſe ih damit abgaben (daher 
eyopalog Bezeichnung eines — Menjchen). 
Angejehener war der Großhändler, wenngleich aud) 
die perjönliche Ausübung diejes Gewerbes wohl 


380 "Eureogog. 

nicht zu allen Zeiten frei von Makel war. Die Bequemlichkeit des heutigen Handels, namentlich) 
Zurooie umfaßt den geſamten großen Handels: | der Kommiffionshandel, fehlte den Alten. Der 
verfehr zur Sce, und bereits im heroischen Zeit: | Eigentümer der Ladung fuhr jelbft mit oder jchidte 
alter finden ſich Spuren derjelben (Od. 1, 184. | einen zuverläffigen Bevollmächtigten mit. Schiffs: 
Il. 7, 467. 23, 740 ff., Taufchhandel), wenngleich | eigentümer oder Needer waren gewöhnlich mehrere 
in dieſer Zeit die Phoinifer, mit denen jchon früh beiſammen, doch auch einzelne legten ihr Geld auf 
die Kreter wetteiferten, die eigentlichen Vermittler | dieje Art an. Das Geld zu Handelsunternehmungen, 
des großen SHandelsverfehr3 waren. Verbunden | die meift von Fremden betrieben wurden, pflegte 
findet fi der Seehandel damals noch mit der | von Kapitaliften gegen Verpfändung der Ladung 
für nicht unehrenhaft geltenden Beichäftigung mit bis zu 36 Prozent verlichen zu werden. Davon 
der Sceräuberei. Thue. 1,5. Der Saupthandels: | verjchieden ift die Bodmerei, die darin bejteht, daß 
plaß für jene Zeit war in Griechenland Korinth, | der Reeder zur Ausrüftung des Schiffes zu einem 
allmählich famen andere Staaten, wie Nigina, Chios den landesüblichen bei weitem überjteigenden Zins: 
und Athen, empor; die Richtung auf die Sce und fuß Geld aufnimmt, wofür dann das Schiff nebit 
in die Ferne Äpricht fich ichon im Argonautenzug Yadung jelbit Unterpfand war. Der Gläubiger 
und im trojaniichen Ariege aus und war durch übernimmt alle Gefahr für Schiff und Ladung; 
diefe Unternehmungen gefördert worden. Die | Fahrt und Nüdfahrt (da das Sarsınur meiſt du- 
Schiffsbaukunſt wird ausgebildet (ber Korinther | poregörkov» d. h. für Hin: und Rückfahrt ge: 
Ameinofles baut den Samiern die erjten Trieren); | geben ift, röxog vavrınög duporsgörkovg) tit dem 
die Griechen treten in die erjte Reihe der ſee- Reeder vorgejchrieben, die Fälle, wo er von ber 
fahrenden Nationen; daher das Übergewicht der | angegebenen Fahrt, in Hoffnung auf größeren 
Küftenftaaten gegen die Binnenlandichaften. Be: | Gewinn, abweichen darf, find feftgeiegt, willtür: 
günftigt wurde der SHandelsverfehr durch demo- | liche Abweichungen werden meift mit einer feſt— 
fratiiche Berfaffungen, obichon das oligarchiiche | geſetzten KRonventionalftrafe gebüßt. Die Nüdzah: 
Korinth, wie im Mittelalter Venedig, ftets einen | lung erfolgte bei Darlehen auf einfache Hinfahrt 
hohen Rang einnahm. Der Hanpthandelsplag twurde | (Fregönriovs) nad) Vollendung der letzteren an 


aber Athen, das feine hervorragende Stellung in 
diefer Beziehung auch nach dem peloponnefiichen 
Kriege behielt. Die Entwidelung der Scemadht 


hatte natürlich auch die Entwidelung der Handels: | 


marine mächtig gefördert und unterftüßt. Dazu 





Perſonen, weldhe die Gläubiger gewöhnlich mit: 
ichidten, bei Darlehen auf Hin: und Nüdfahrt 
(&uporspörkovg) nach der Zurückkunft des Schiffes 
an die Gläubiger felbit. Zahlte der Schuldner 
nicht, jo fonnte ſich der Gläubiger nicht nur an 


famen noch mannigfache ftaatliche Einrichtungen, | Schiff und Ladung als Hupothef, jondern an das 


die dasjelbe Ziel vor Augen hatten, Befreiung 


anze Kapital des Schuldners halten. Erlitt ein 


der Seefahrer vom Kriegsdienfte, Beltimmungen | Schiff oder eine Ladung bedeutenden Schaden auf 
über Maße, Gewichte und Handelsrecht, Beamte, | der Fahrt, jo übernahm der Gläubiger als Ber: 
Handelöverträge mit andern Staaten (svußoA«, | ficherer dieſen Verluſt und erhielt dafür die Über: 
1. Erxinrog aokıs). Die Vertretung der ein- |refte der Ladung oder das Wrad. — Durdy Ale: 
zelnen Staaten im Auslande in Handelsangelegen: | anders Eroberungen erlitt auch der Handelsverfehr 
ee hatten die mod&eron, die mit unferen Kon- große Ummwandlungen, und Alerandreia wurde das 
uln verglichen werden können (vgl. moo&erog unter — * für den Welthandel, der ſich unter 
Z£vog). Nach Athens gänzlicher Schwächung | der römijchen Herrichaft direft bis nach Indien 
blühte eine Zeitlang noch der Handel von Rhodos. | und in das Innere don Afrika erftredte. Der 
Ein Reſultat der Handelsthätigkeit und des See: | Mittelpunkt für den eigentlich griechiichen Verkehr 
verfehrs waren die zahlreichen griechiichen Aflanz- wurde Rhodos. — Geregelt wurde der Verkehr in 
ftätte, die die Küfte des Mittelländiichen Meeres | Athen durch die vouoı Zumogıxol (aud) röuos 
bededten; dal; das Emporblühen diejer jelbft wieder | Zumogırög Folleltiviich). Namentlich war die Aus— 
auf den Verkehr wirkte und denjelben auferordent: | fuhr von Bauholz und Getreide ftreng verboten, 
lich hob, ift natürlich, zumal da durch die Kolonien | die Einfuhr aber bejonders begünſtigt; daß jedoch 
der Berfehr mit den im Innern des Landes woh: |durd Colon alle Ausfuhr mit Ausnahme des 
nenden Barbaren ermöglicht und vermittelt wurde. | DIS verboten worden jei, ift ein Irrtum Plu— 


So bildeten fich bejonders folgende Straßen für tarchs (Sol. 24). 


Deito ftrenger aber waren auch 


den großen Handelsverfehr: 1) die öftliche, nad) | die Strafen gegen Übertretungen der Handelsgeſetze. 


der Küſte Kleinaſiens und ins Binnenland, mit 


dem Haupthandelsplatz Ephejos; 2) die nordöftliche, | 


von den KyMaden durch das Aigaiische Meer nad) 
Thrafien, der Propontis und dem Pontos; Haupt: 
pläge: Pantifapaion, Phanagoria, Olbia, von wo 


Das Bedürfnis nach Getreide war fo groß, daß 
Ausländer, die mit Getreide in Athen einliefen, 
wenigftens 2 Pritteile davon in Athen verlaufen 
mußten. Gegen Spekulanten war ein Gejek ge: 
richtet, welches bei Todesftrafe den Anfauf von 


Strafen tief ins innere Skythien gingen; 3) die | mehr als 50 Scheffeln Getreide auf einmal zum 


jüdöftliche und füdliche, nach Kypros, Agypten und 
Kyrene, von da in das Innere von Airit 

platz war Naufratis; 4) die nordiveftliche, nach dem 
Konifchen und Adriatiſchen Meere (Epidamnos); 
5) die weitliche, bis an die Säulen des Herkules 
(Maflalia). Die Gegenftände des Großhandels 
waren die mannigfaltigiten, beionders Getreide 
(aus den Kolonien am Simmeriichen Bojporos, 
Sicilien, Agypten), griechiiche Weine, Schiffsbau— 
holz, Sklaven, Haustiere, Metalle u. j. w. — Die 





eigenen Vorrat verbot. Die Prozefle, die aus dei 


a; Haupt: | Handelsverhältnifien entſtehen, aljo alle Prozeſſe 


von Kaufleuten, inſofern ſie ſich auf die Zumogie 
beziehen, heißen Ira Zurogınad. Natürlich konn: 
ten auch hier Übertretungen ftattfinden, die einem 
Kriminalverfahren unterivorfen . waren (vielleicht 
begreift der Ausdrud Irxaı Lurogıxal auch dieje 
Fälle in fich). Gegen derartige Übertretungen 
wurde pdoıg angewendet; die Fälle gehörten vor 
das Forum der Zrıueintal rod Zumoglov ober 


Emptio venditio — Enkaustik. 


der Thejmotheten. — Au Eivilprozefien waren 
ebenfalls die Thejmotheten Vorjigende. Das Ge- 
richt wurde aus Sachverſtändigen zujammengejeßt, 
namentlich den Nautodifen ie Prozeſſe fanden 
in den Wintermonaten vom Boẽdromion bis zum 
Munychion ftatt. Dieſe Iaaı waren Fuunror, 
d. h. zwiichen der Anhängigmadhung und Entichei: 
dung durfte nur Ein Monat verfliehen. Der | 
unterliegende Teil hatte, bei Vermeidung augen- | 
blidliher Einterferung bis zur Bezahlung, dem | 
Urteile jogleich nachzuklommen. — Wenn auch im 
allgemeinen alle Waren im Handel gleich waren | 


381 


Endrömis, eine grobe, warme Dede {vestis 
villosa), die die Athleten nach vollendeter Übung 
umbingen, um fich nicht zu erfälten. Urjprüng: 
lich ift Zrdeouig der Jagdſtiefel; das Wort hat 
bei der Berpflanzung eine andere Bedeutung er: 





halten. 

Endymion, ’Erdvuion», der ſchöne Schläfer und 
Geliebte der Selene. Die Sagen über ihn weijen 
um Zeil nad Elis, zum Teil nach Karien. In 

lis war er Sohn des Wethlios (vgl. CedRog, der 
| Wettfampf) oder des Zeus und der Kalyfe, König 
des Landes, Bater des Epeios, Nitolos und 


und jedem verfäuflich, jo fommt es doch dor, daß Paion, die er um die Herrichaft in Olympia einen 


ſowohl im Intereſſe der finanzen einzelne Handels: | Wettlauf halten lieh; Epeios fiegte. 


zweige monopolifiert wurden, als auch gegen feind- | 
liche Staaten des Drudes wegen gänzliche —38 
ſperre eintrat. 

Emptio venditio, der Kauflontrakt, welcher 
gegen das Ende der Republif durch die actio 


Endymion 
euer mit Selene 50 Töchter: dieſe bezeichnen 
ie 50 Mondmonate der Pentaöteris zwiſchen den 
olympijchen Spielen. Sein Grabmal war in Olym- 
pia. — Nach anderer Sage zog er hinüber nad Ka— 
rien, oder er war ein fariicher Jäger oder Hirte, 


empti oder venditi geichüßt wurde. Dieje Klage | der auf dem Berge Yatmos in einer Grotte in 


hatte der Käufer wegen der nicht erfolgten Er- 
füllung des Kontraftes oder der Verkäufer wegen 
nicht gezahlten Staufgeldes anzujtellen. 

Emptor, 1) bonorum, der Käufer einer Kon: 
kursmaſſe, j. Bonorum emptio. — 2) fami- 
liae, der Sceinfäufer, welcher bei *tofafung 
eines Mancipationsteftamentes nötig iſt, Te- 
stamentum und Mancipatio. 

Eurvgouavreia ſ. Divinatio, 12. 

Empüsa, "Eurovoa, ein nächtliches Geſpenſt und 
menſchenfreſſender Popanz mit Eſelsfüßen, mit dem 
man die Kinder ſchreckte. Zu den Empuſen rechnete 
man auch die Lamien und Mormolyken (A«- 
ala, Moguolv«n, Mogus), weldhe jchönen Jüng- 
lingen das Blut ausjaugten und ihr Fleiſch ver: 


ehrten. Sämtliche derartige Schredbilder, zu denen | 
an den Kläger verurteilten Beklagten, 


(fo, Alphito, Gorgo gehörten, nannte man wog- 
golvxsia. — Empuja war aud Schimpfwort für 
lüderliche Frauen (3. B. die Mutter des Aiſchines. 

‚Enaröte j. Aiolos, 1. 

"Erdeißıs, eine der derayayı) (j. d.) verwandte 
Klageform bei den Athenern. Das Untericheidende 
derjelben in der Form von andern Klagen beftand 
wohl darin, daß der Kläger ohne vorhergehende 
Borladung des Bellagten durch feine Klageichrift 
den Borftand des Gerichts veranlafte, den Be: 
klagten zu verhaften oder zur Bürgichaftäleiftung 
anzuhalten. Welche Fälle alle zu diejer Klage 
gehörten, läßt ſich nicht genau ermitteln. Sie 
wurde angewendet gegen denjenigen, der ſich die 
Ausübung bürgerliher Rechte anmaßte, die ihm 
durch das Geſetz oder infolge eines richterlichen 
Erfenntnifies verjagt war, jo gegen die Staats: 
jchuldner und andere der bürgerlichen Rechte Be- 
raubte (&rıuor), die Öffentliche Klage anftellten, 
vor dem Volk redeten und andere Rechte aus: 
übten, die ihnen nicht zuftanden (vgl. Arınla). 
Auch gegen Mörder konnte Zvdsıdıs angewendet 


werden, in welchem alle, ift nicht Mar; wohl 
wenn der Mord notoriich war, jo daß es fich nicht 


um eine Unterſuchung (»gloıg), ſondern nur um 
eine Strafe (rruwgie) handelte. Auch konnten dieje | 
von jedem, nicht bloß von den eigens dazu vor 
den Blutgerichten Verpflichteten oder Berechtigten, 
belangt und vor ein heliaftiiches Sericht unter 
dem Borjig der Elfmänner (j. "Erder«) gezogen 
werden. 


Endoios j. Bildhauer, 2. 


ewigem Schlummer liegt; Selene liebt den ſchö— 
nen Yüngling und jteigt \allnächtlich vom Himmel 
herab, um ihn zu küſſen und bei ihm zu ruhen. 
Endymion ift nach diejem Mythos Perſonifilation 
des beichleichenden (dvdvw) Schlafes, er ruht im 
Berge der Bergefienheit (Adruog für Adduog von 
Icdw, Aurddro, wie Anro ftatt And), geküßt 
von Selene, der Freundin des Schlummers. Es 
ift eine Naturdichtung, die von dem Mondunter: 
gang an den weißgrauen Felſenwänden des Yatmos 
entjtanden ift. Als Selene zur Artemis wurde, 
wandelte ſich Endymion in einen jchönen Jäger 
oder Hirten des Gebirges. 

'Evsyvoaoia oder Evsyvoaouös (dveyvod- 
Sei, Zvigugu kußeiv oder pfgsıv), dad Zwangs— 
mittel der Pfändung gegen den zu einer Zahlung 
wenn der: 
jelbe öreprjuegog war, d. h. den beftimmten Zah: 
lungstermin verfäumte, oder wenn irgend welche 
Bürger fich weigerten, eine Leiturgie zu überneh— 
men. Der Kläger konnte die Pfändung allein aus: 
üben oder fich von dem Demarchen eines Gaues 
begleiten laſſen. Wurde man an der Pfändung 
an, jo fonnte man die diun obalag (j. 
Ian, g. €.) gegen den Zahlungspflichtigen an— 
wenden, und half das nichts, jo trat die dden 
Ekoving ein, infolge deren der Verurteilte nun 
zugleih mit derjelben Summe Staatsfchuldner 
wurde. Fuhr der Berurteilte fort fich zu wider: 
jegen, jo wurde er als Staatsjchuldner &rıwog. 

Engyion, ’Eyyviov, Engium, Stabt_ im nörd— 
lihen Sicilien am Monalosfluß, der Sage nad) 
bon Kretern gebaut, wahrſcheinlich aber — 
mit einem Tempel ber „großen Mutter“; j. viel— 





leicht Gangi. Jlut. Mare. 5. Cie. Verr. 3, 48. 
4, 44. 5, 72, 

Enipeus, "Erızesög, 1) Flußgott in Theflalien, 
geliebt von Tyro, der Tochter des Salmonens; 
in jeiner Geftalt zeugte Poſeidon mit Tyro die 
Swillingsbrüder Pelias und Neleus (Od. 11,235 ff.), 
‚und mit Jphimedeia die Aloaden. Ov. met. 6, 116. 
— 2) Flußgott in Elis, wohin aud der Mythus 
von Tyro verlegt wird. "Strab. 8, 356. — ©. audı 
Elis und Peneios. 

Enkaustik, dynavarınn (teyvn), eine von den 
Alten häufig jowohl in gewöhnlicher Handwerks— 
thätigfeit als auch im Kunſthandwerk und zur 
‚ Herftellung von Gemälden angewandte Maltechni, 





382 Enkelados 


deren Eigentümlichfeit darin bejtand, daß die Far— 
ben durch Einbrennen, auch mit Hülfe von Wachs, 
inniger mit der zu bemalenden Fläche verbunden 
wurden. „Die enkauſtiſche Wachsmalerei nahın, 
in Anbetracht der Leuchtkraft ihrer mit dem Spatel 
(rfsrpog) aufgetragenen und mit glühenden Stäb- 
chen (6aßöror) verarbeiteten Farben, im Altertum 
etwa die Stellung der modernen Ölmalerei ein. 
Doc) eignete fie fi der Mühſamkeit ihrer Technit 
wegen nur für Heinere Bilder“ (Wörmann). liber 
den Umfang der Anwendung und manche Einzel: 
heiten der Technik läßt fich Sicheres nicht jagen. 
Vgl. Donner, Eint. zu Helbig: Wandgemälde der 
vom Beind verichütteten Städte Campaniens (1868). 

‚Enkelädos j. Giganten. 

Eyxoutov, encomium, urjprünglich der Lob— 
gelang, womit der Feſtzug oder »öuog bei den 
helleniſchen Spielen den Sieger begleitete, zum 
Unterichied von dem Zmırixıor, welches der Chor 
feierlich im Tempel vortrug; jpäter jede Lobſchrift, 
Lobrede, Lobgedicht. 

"Eyzuxltos madeie, dyayı, Iyainkıae ue- 
Pure hieß nach dem Sprachgebrauche des Ari: 
jtotele& jowohl der Kreis der Kenntniſſe, ala auch 
der Unterricht und endlich die einzelnen Lehr- 
zweige, die als ein Bedürfnis der gebildeten oder 
freigeborenen Nugend angejehen wurden. Der 
neuere Begriff der Enchflopädie ift (nad Quint. 
1, 10, 1) fälichlich daraus abgeleitet worden. ©. 
Erziehung, 13. 

Enna oder Henna, "Erra, j. Caſtro Giovanni, 
eine uralte, fejte Stadt der Sikuler in der Mitte 
der Inſel (öuperög LEineilag) am See Pergos 
(j. Pereuſa oder Laghitello), an der Straße, welche 
von Katana nad Alragas führte, in herrlicher 
fruchtbringender Gegend (Weizen), weshalb hier 
das Hauptheiligtum der Demeter war und von 
hier auch Pluton die Kore oder Berjephone ge: 
raubt haben ſollte. Jetzt ift die Gegend öde und 
unfruchtbar. Während des Sklavenkriegs unter 
Eunus war hier der Hauptjammelpla der Sflaven. 
Cie. Verr. 3, 18. 83. 4, 48. Lir. 24, 37. Or. met. 
5, 385 ff. Diod. Sie. 5, 3. Strab. 6, 272. 

Ennaötöris, ’Ervaernois (von dvd und Frog), 
in der griechiichen Chronologie ein Zeitraum von 
8 Jahren (daher aud) bisweilen öurasrneis, oktab- 
teris genannt), jo daß mit dem neunten — ein 
neuer Eyflus begann. Sie beſtand aus 2922 Tagen, 
die in 96 wirflice und 3 Schaltmonate verteilt 
waren, und hie ein großes Jahr (ufyag dvıanv- 
rös). Wahricheinlich iſt diejes der ältejte aſtrono— 
miſche Enflus, nach dem in Athen gerechnet wurde; 
ficher eriftiert fie jeit Solon. Gab es vor dieſer 
Beit eine andere Periode, jo war dies die Trie- 
teris. Als Urheber der Ennaöteris gilt Kleoftratos 
von Tenedos zwiſchen Herodot und dem attischen 
Aitronomen Meton (432 v. E.); ihr erjter Ur: 


jprung ift jedoch in alten Feitperioden zu juchen. 


o fommt im apollinifchen Kultus der Lu se 


Guflus vor, die puthiichen und die olympiichen 


Spiele waren urjprünglich ennasteriih. Durch 
Teilung in 2 Hälften entjtand aus der Ennaöteris 


die Pentaëteris und aus dieſer durd die Hal: | nationalen Epos zu erjegen. 





— Ennius. 


zwar daran anjchlofjen, aber einen mehr bakchiſchen 
Charakter verraten. Plutarch (quaest. gr. 12) be: 
ſchreibt diejelben näher und erzählt namentlich 
von dem Urſprunge des leßtgenannten Feſtes fol- 
gendes: In einer durch große Dürre herbeigeführ: 
ten Hungersnot jei ein armes Mädchen zum Könige 
gefommen und habe flehentli um Brot gebeten ; 
der König habe im Zorne ihr (fie hieß Eharila) 
feinen Schub ins Gejicht geworfen, fie aber im 
Grame darüber fich erhängt. Da habe die Pythia 
bei jteigender Not den Ratfragenden zum Bejcheide 
—— Die Not werde jo lange ſteigen, bis 

harila verjöhnt jei. Und durch große (alle 9 Jahre 
wiederholte) Opfer jei der Zorn der Götter be- 
jänftigt worden. 

’Evv£a ödol hieß die Gegend in Thrafien, wo 
nachher Amphipolis gegründet wurde. Hdt.7, 114. 
Thuc. 1, 100, 4, 102. 

Enneakrünos j. Attika, 4. 

Ennlus, Quintus, wurde im J. 230 v. E. 
in Rudiä, einer ojfiijhen Stadt Calabriens (dab. 
Calabrae Pierides Hor. od. 4, 8, 20), geboren. 
Cie, Brut. 18, 73. Gell. 17, 21,43. Seine Er: 
ziehung in dem griechiich gebildeten Unteritalien, 
mwahricheinlich in Tarent jelbit, machte ihn früb- 
zeitig mit der griechiichen Litteratur vertraut. 
Während des zweiten puniichen Krieges wurde er, 
wie es jcheint, zum Kriegsdienst für das römische 
Heer ausgehoben und fam als Soldat nach Sar: 
dinien, wo er die Aufmerkſamkeit Gatos auf fich 
zog, als Ddiejer als Quäſtor im %. 204 auf der 
Rüdreife aus Afrifa die Inſel berührte Nep. Cut. 1. 
Cato nahm ihn mit fich nad Nom, wo er bald 
eine bleibende Wohnftätte fand und durch Privat: 
unterricht im Griechiichen und Lateiniichen jeinen 
Unterhalt gewann Seine Kenntnis der griechiichen 
Spradhe und XLitteratur und feine mit großem 
Beifall aufgenommenen Stüde erwarben ihm die 
Freundſchaft der römijchen Großen, unter denen 
er bejonders von dem fein gebildeten ®ejchlechte 
der Scipionen geehrt wurde. Cie. Arch. 9, 22. 
de or. 2, 68,276. Nm J. 189 begleitete er den 
Konjul M. Fulvius Nobilior als Zeuge und Herold 
jeiner Thaten auf feinem Zuge nach Mitolien (Cie. 
tusc. 1,2. Aur. Viet. wir. ıll. 52, 3); aber erft 
jpät, um das Jahr 184, gelangte er durch den 
Sohn jeines eben genannten Freundes, D. Fulvius 
Nobilior, in den Beſitz des römischen VBürgerrechtes 
(Cie. Brut. 20) und eines Heinen Landgutes in 
Bicenum und lebte auch dann noch in beichränften 
Verhältniffen. Er ftarb an der Gicht im ſiebzigſten 
Lebensjahre, 168. Cie. Brut. 20. Cat. mai. 5. — 
Ennius’ dichteriſche Thätigfeit umfahte alle Gebiete 
der Poeſie, vorzugsweije aber beruhte jein Ruhm 
auf dem großen hiftoriichen Gedichte Annales 
(jpäter Romais betitelt), welches in 18 Büchern 
(der Symmetrie wegen in 6 Triaden gegliedert) in 
chronologiicher Folge die geſamte römihche Geſchichte 
von der Ankunft des Aineias bis zu den Zeiten 
des Dichters herab behandelte und durch ſeinen 
Inhalt ebenfo wie durch die poetiſche Darftellung 
ganz geeignet war, den Römern den Mangel eines 
Er gab in jeinen 


bierung die Trieteris. — Unter demjelben Namen | eriten Büchern die erfte zuſammenhängende Er: 
wurden aud in neunjähriger Wiedertehr mehrere | zählung der römiſchen Sagen und ſchilderte in den 


Feſte gefeiert: Ferrrjgror (Lerriigie) in Delphoi 
als Nachahmung des Kampfes Apollons mit dem 
pythiſchen Dracen, 'Howig und Xaofi«, die fid) 





folgenden mit bejonderer Vorliebe die großen 
Kriegsthaten der jpäteren Zeit, deren Zeuge der 
Dichter zum Teil jelbft gewejen war. Ennius 


Ennodius — Eos. 


jegte in demjelben zuerjt den Hexameter an die 
Stelle des bisher gebräudjlichen ſaturniſchen Berjes 
und that damit den enticheidenden Schritt, Die 
lateiniiche Sprache für die vollftändige Aufnahme 
der griechijchen Metrif geſchickt zu machen. Außer: 
dem jchrieb er eine große Anzahl von Tragödien, | 
in denen er fich genau am griechiiche Mujter, na- 
mentlich des Euripides Medeia, Hekabe, Andro— 
made u. a.), angeichloffen zu haben jcheint, ſowie 
auch praetextae (Ambracia und Sabinae). Weniger 
bedeutend waren jeine Komödien, von denen wir 
2 Titel, Caupuneula und Pancratiastes, feımen. | 
Ferner werden ihm Saturae (mindeftens 6 Bücher) 
beigelegt, nicht Satiren in dem jpäteren Sinne 
des Wortes, jondern, der urfprünglichen Bedeutung 





des Namens entiprechend (ſ. Satira), Mijchgedichte 
von höchſt verichiedenem Inhalte und in ebenjo 
verichiedenem Metrum, twelche einen jehr mannig- 
faltigen Stoff in einem freien und ungebundenen 
Tone behandelten. Zu den Satiren gehörten wahr: 
ſcheinlich mehrere der ſonſt dem Ennius beigelegten 
Gedichte, größtenteild Überfegungen oder Bearbei: 
tungen griechijcher Originale: Sota, genannt von 
den jotadiichen Berfen, in denen es gejchrieben war; 
Praecepta oder Protrepticus; Hedupha- 
getica (fäljhhlidh Hedypathia), eine Schilderung 
von Lederbifjen nach einem griechiichen Gedichte 
von Archeftratos; Euemerus, eine Darjtellung 
griechiicher Götterjagen nach den Grundjäßen des 
Euhemeros (j. Euhemeros); Epiharmus, na: 
turphilojophiichen Inhaltes, in trochätichen Tetra: 
metern, endlih Epigramme. Ob das Gedicht 
Scipio, eine Verherrlihung des Siegeszuges des 
älteren Scipio Wfricanus, zu den saturae gehört 
habe oder eine Tragödie (praetexta) oder ein Epos 
in trochäiichen Tetrametern geweſen ſei, bleibt 
zweifelhaft; am wahrjcheinlichiten ift die legte An: 
jicht. — Der jpäteren, nach den feinften Regeln 
griechiſcher Kunft gebildeten Poefie gegenüber galt 
Ennius als der Vertreter der nationalrömiſchen 
Poeſie. Was ihm an Kraft der Form fehlte, erjeßte 
er durch die Kunft feiner Phantafie, welche jich 
ebenjo jehr in einer jchöpferiichen Sprachbildung 
als in echt poetiichen Schilderungen zeigte. 
trist. 2, 22. Luer. 1, 118 ff. Daher wurde er auch 


383 


Ennömos, "Ervouos, 1) Bundesgenofje der Troer 
in Myjien, berühmt als Wahrjager aus dem Bogel- 
fluge. II. 2, 858. 17, 218. — 2) ein Troer, don 
Odyſſeus getötet. ZI. 11, 422. 

‚Evoıztov dien |. Alan. 

Evwguoria war bei den Spartanern eine don 
Lykurg eingerichtete Genoſſenſchaft für die Bildung 
des Kriegsheeres. Hat. 1,65. Sie beitand nad) 
Thufydides (5, 68) aus 32, nach Xenophon (Mell. 
6, 4, 12) aus 36 Mann Fußvolk). Zwei Enomo- 
tien bildeten eine werrnnoorig (Anzahl von 50; 
daher auch die Annahme, daß eine frouori« ab: 
weichend von den beiden bejtimmten Angaben mur 
aus 25 Mann beitand). Diefe verjchiedenen Ans 
gaben beziehen ſich auf je einzelne Fälle, da das 
jedesmalige Aufgebot (Aoyos) nad) den gerade vor: 
liegenden Berhältniffen verjchteden war (ſ. Exer- 
eitus, 1.) Zwei Pentekoſtys machten einen 
02059, vier Lochos eine uöpe aus, Xen. r. Lac. 
11,4. Herodot, deijen Kenntnis hierin wohl un- 
genau ift, nennt Triafaden (überhaupt nur bei ihm 
vorfommend) als Unterabteilung der Enomotie. 

Enöpe, ’Evorn, Stadt in Lafonien, nahe der 
Grenze von Mefjenien, welche Agamemnon dem 
Achilleus als Mitgift verjpricht ; ſpäter ift der Name 
verſchwunden und Gerenia üblich. ZI. 10, 150. 292. 

Entella, "Erreil«, alte Stadt Siciliens im 
weftlichen Teile der Inſel am Krimiffos, für die 
Geichichte der Inſel zu den Beiten der Dionyſe 
nicht unwichtig. Diod. Sie. 14, 9. 15, 73. 16, 67. 
Cie. Verr. 3, 43. 103. — Einen Fluß gleiches Na: 
mens in Etrurien nennt Ptolemaios. 

Entoria, die Tochter eines römischen Land— 
mannes, gebar dem Saturn, welder ihren Bater 
bejucht hatte, 4 Söhne: Janıs, Hymmus, Fauftus 
und Felir. Saturn unterwied den Landmann im 
Anbau und in der Bereitung des Weins, und diejer 
unterrichtete darin auch jeine Nachbarıı, welche 
dann, von dem Getränke beraujcht, ihn fteinigten. 
Deshalb erhängten fich die 4 Söhne der Entoria. 
Bei einer jpäteren Hungersnot, weldye man als 
Strafe des Gottes auslegte, ftiftete Lutatius Ca- 
tulus einen Tempel und darin einen Altar mit 


— Geſichtern am Tarpejiſchen Felſen. Bgl. Ikarios. 


Enyalios, ’Ervalıog, Beiwort des Ares, ſelten 


in der ſpäteren Zeit troß der veralteten Form | bei Homer als Adjektiv, öfter jubftantiviich als 
eifrig geleſen, in der Schule erflärt und kritiſch | Name des Gottes (IT. 13, 519. 22,132 u. 8.) Einen 
behandelt. Bezeichnend ift Quint. 10,1,88: Einniura | befondern Dämon diejes Namens wollte man jonft 
sicut sacros vetustate lucos adoremus, in quibus | in dem attiſchen Ephebeneide finden. Jetzt ift das 
grandia et antiqua robora non tantam habent | Komma zwijchen Aens und "Er. geftrihen. Der 
speciem quantam religionem. Sammlungen j. | Name kommt von ’Ervo, der Berjonifilation des 
Fragmente von J. VBahlen (1854), Luc. Müller | Kriegsgetümmels. 
(1884) und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 58ff.;| Enfo j. Bellona, Gorgo und Rhea Ky- 
der ‚ragmente jeiner Dramen von Ribbeck in ſ. bele. 
Scaenicae Roman. poes., fragm., fritijche Beiträge | Eordaia, ’Eogdaf«, oder Eordia, "Eogdia, 
bejonders von Bergf. Dal. L. Müller, O. Ennius. | eine von den illyrijchen Eordi bewohnte Landichaft 
Eine Einleitung in das Studium der röm. Boefie | des jüdlichen Matedoniens am — &ı und 
(1884), Haliakmonfluß, durch welche die Egnatiſche Straße 
Ennodius, Magnus Felix Enn., 473—521 ging, mit den Städten Kellai, Arniſſa, Phiſta und 
n. E., aus Gallien, Biſchof von Pavia, verfaßte Galadrai. Hat. 7,185. Thuc. 2,99. Pol.18, 16,3. 
außer andern Schriften eine nicht wertloje Bio: 34, 12, 8. Liv. 31, 39 f. 33, 8. 42, 53. 45, 30. 
graphie feines Vorgängers Epiphanius, einen un: | Eos, ’Has, Aurora, die Göttin der Morgen: 
erträglich jchmwüljtigen Panegyricus auf König röte, Tochter des Hyperion und der Theia, Schweiter 
Theodorihh den Großen und 9 Bücher Briefe; | des Helios und der Selene. Hesiod. theog. 371. 
außerdem 2 Bücher Gedichte, die eine gewifle Ge: , Der Name Tas, aiol. «twg, fommt von &nue, 
wandtheit der Form zeigen, doch von metriichen | «dw, wehen, weil mit dem Anfange des Frührots 
Fehlern nicht frei find. Nusgaben von Hartel (1882) | gewöhnlich Windhauch verbunden ift; ſo fonmt 
und Bogel (1885). | Aurora von aura. Die rojenfingrige (sodod« 


384 


»tuÄog, „von den 5 blaßroten, perpendbifulär am 
Horizonte aufjteigenden Lichtjtreifen, die man in 


Enayyskla — 


Kleinaſien und Griechenland [überhaupt im Süden] | 


vor dem Aufgange der Sonne wahrnimmt“, Ameis 
zu Hom. Od. 2,1), hellglängende Göttin im Safran: 
gewande (goronerkog, vgl. Verg. A. 7,26: Aurora 
in roseis fulgebat lutea bigis) erhebt ſich des 
Morgens in aller Frühe von ihrem Lager aus 
dem Okeanos und bringt, indem fie mit ihrem 
Geſpann weißer und rötlicher Roſſe ihrem Bruder 
Helios voran an den Himmel fährt, den Menjchen 
und Göttern das Licht des Tages. So ift fie bei 
Homer die Göttin des Tagesanfgangs, des Tages: 
lihts im allgemeinen, aber nicht die Göttin der 
Tagesdauer; erft bei den Tragifern wird fie der 
Hemera gleich, welche bei Heltod, noch von Eos 
verichieden, eine Tochter der Nyr und des Erebos 
ift (theog. 124, vgl. 748). Die Göttin des Früh 
rots, welche nody beim Flimmern der Sterne mit 
Windeshauch ſich hebt, gebar dem Sternenmann 
Aitraios die Winde Argejtes, Zephyros, Boreas 
und Notos, jowie den Heosphoros und die übrigen 
Sterne (Hesiod. theog. 378); wie die hinwegraf- 
fenden Sturmesgöttinnen, die Harpyien, entführt 
fie Menjchen, jedoch nur, um ihrer Liebe jich zu 
erfreuen, jo den Tithonos, den Sohn des 
troijchen Königs Laomedon. Zeus gewährte ihr 


für denjelben ewiges Leben. Allein fie hatte nicht | 


um ewige Jugend für denjelben gebeten; daher 
trodneten jeine Glieder aus, und es jchwand feine 
Stimme. Sie verichloß ihn daher in ein Gemad) 
(Hom. hymn. in Ven. 3, 219 ff.) oder verwan: 
delte ihn in eine Cikade. Die Vergänglichkeit der 
Schönheit der Eos wird auf den grau gewordenen 
Gatten übertragen. Sie gebar dem Tithonos den 
Emathion und Memnon (Flesiod. theog. 934), 
den König der Aithiopen, welcher vor Troja fämpft 
und von Achilleus erlegt wird. Auch den Orion 
entführt fie, den Kleitos, den Sohn des Mantios 
(Od. 5, 121. 15, 250), und von dem Gipfel des 
Hymettos in Attila den Kephalos, den Gatten 
der Profrid. Op. met. 7, 700 ff. Einen Kultus 
hatte Eos nicht. Dargeftellt wird fie entweder auf 
dem Wagen, in prächtiger Gejtalt, oder als Führerin 
der Sonnenroſſe, eine Fadel in der Hand. — 
Bei den lateiniſchen Dichtern ift Aurora ganz 
gleich mit Eos. 

"Ereyyekia hieß in Athen die in der Volks— 
verſammlung ausgeiprochene, bisweilen ſelbſt eid— 
lich befräftigte Erklärung, eine Kriminalklage gegen 
jemanden anftellen zu wollen (doxıuaolav rıvl 
irxayy&khsır), befonders gegen Nedner und Staats: 
männer, die vor dem Volke auftreten wollten, ge: 
richtet, um im Vorwege das in fie gejegte Ber: 
trauen zu jchwächen. 

'Eraywoyn hieß 1) der magiſche Bannſpruch, 
womit man namentlich die unterirdiichen Götter 
zum Beiftande der Menſchen oder böje Geifter 
zum Schreden eines andern heraufbeichwor, oft 
verbunden mit Zmwdr) (Plat. legg. 11, 933. r. p. 
2,364 C); — 2) in der Logif und Rhetorik die 
Induktion, der Beweis aus der Erfahrung, vom 
Einzelnen zum Allgemeinen auffteigend, im Gegen: 
ſatze des eigentlichen Syllogiimos. 

Epakria j. Attika, 6. 17. , 

Epakten, ?rxaxral (nu£oaı), die Überjchußtage, 
die durch die Zufammenftellung zweier ungleicher 








Epameinondas. 


Bahl), welche das Sonnenjahr vor dem Mondjahre 
voraus hat. 

Epameinondas, "Erausıravdag, boiotiſch "Er«- 
uer., der Thebaner, Sohn des Polymnis, aus einer 
edlen, aber unvermögenden familie, war um 418 
v. E. geboren. Bis zu feinem vierzigiten Jahre 
verivandte er jein Leben auf körperliche und geiftige 
Ausbildung, bejonders hatte auf ihn die Lehre 
und der Umgang des Bythagoreers Lyſis aus Tarent 
Einfluß, der in jeinem Haufe eine Freiftätte ge: 
funden hatte. Plut. mus. 31. Cic. de or. 3, 34. 
Paus.9, 13,1. Nep. Epam. 2. Die politiiche Rich— 
tung der damaligen PBythagoreer bewahrte ihn 
indes davor, ſich einem beichaulichen Philojophen: 
leben hinzugeben. Seine gymnaſtiſchen Übungen 
hatten friegeriiche Tüchtigkeit zum bejtimmten Ziel, 
und neben Bhilojophie, Mufif und einer ftrengen 
Tugendübung, die ſich in Entſagung des Sinnen: 
reizes, Berihmähung des Reichtums und aller 
Weichlichkeit, Selbftverleugnung und Beſcheiden— 
heit äußerte, war dody Thätigkeit und Aufopferung 
für Baterland und Mitbürger die höchite dee 
jeines Lebens. Gerade aber weil ihm vielleicht 
unter allen Griechen die hohe Aufgabe einer Re— 
publil zum Harjten Bewußtjein gelommen war, 
hielt er ch fern von politischen Barteiungen, obwohl 
ihn die engjte Freundſchaft mit Pelopidas u. a. 
vereinigte. Daher blieb er ungefährdet, als von 
Leontiades mit Hülfe der Spartaner die demokra— 
tijche Partei geſtürzt und eine Dligardyie eingeführt 
wurde, 383; von feiner Armut und philojophiichen 
Zurüdgezogenheit jchien man nichts zu befürchten. 
Doch arbeitete er für die Zukunft, indem er mit 
Sorgidas eine Schar von Jünglingen an fich 309, 
fie in republifanischer Tugend heranbildete und je 
öfters veranlaßte, ſich mit der ſpartaniſchen Be: 
jagung im Wettlampf zu mejlen. Plut. Pel. 18. 
Polyaen. 2, 5, 1. Er hielt jich fern von der Ber: 
ſchwörung, die 379 unter der Leitung des Pe- 
lopidas und Mellon die Dligarchen ftürzte (Plut. 
gen. Soer. 24), weil er e8 für unrecht hielt, einen 
Bürger ungerichtet zu töten, und den Mißbrauch 
der durd; Gewalt wiedergewonnenen Freiheit fürd)- 
tete; doch nad) vollbrachter That war er die zuver— 
läſſigſte Stüge der neuen freiheit. Durch das 
Auftreten mit feiner Schar bewirfte er, daß die 
Bürger fich allgemein für die neuen Verhältniſſe 
erflärten, dagegen Ausbrüche der Rache gegen die 
geftürzte Partei unterdrüdt wurden und alle Kräfte 
zur Befämpfung der auswärtigen Feinde fich ver: 
einigten. Es trat wieder hervor eine Bolfsver: 
fammlung, daneben ein Rat, 7 Voiotarchen ftanden 
an der Spike des Staates. Die jpartaniiche Be: 
fagung auf der Kadmeia wurde zum Abzug ge: 
wungen, in den meiften boiotijchen Städten erhob 
Mn die Demokratie und erklärte fich für Theben, 
gegen Sparta wurden die Wthener zu Bundes: 
genofjen genommen. Nocd im Jahre 379 machte 
Kleombrotos eine Friegeriihe Demonftration gegen 
Theben. 378 und 377 führte Agefilaos größten: 
teil$ vor und um Thejpiai den Krieg, 376 zog 
Kleombrotos wieder herbei, fehrte aber am Kithairon 
um; dann verjegten die Spartaner den Krieg auf 
die See. Nichts Entjcheidendes war ausgeführt; 
war war Boiotien verwüftet, aber die Kraft und 
—* Selbſtvertrauen der Thebaner war gehoben. 
Die folgende Zeit benugten diejelben, um die 


Zeiträume entjtehen, nmamentlid die (11 an der boiotiſchen Städte unter ihrer Hegemonie zu ver: 


Epameinondas, 


385 


einigen; mit Härte und Granjamfeit wurden die | Nüczuge umgeht er den, den Spartanern zu Hilfe 


—— geſinnten Städte Plataiai, Theſpiai, 
chomenos zur Symmachie gezwungen und ſpäter 
wegen Abtrünnigfeit zeritört, Blatatai 373, er 
ipiai 372, Orchomenos 364. — Während diejer 
Beit nahm Ep. feine hervorragende Stellung ein; 
ohne Zweifel war er thätig, das Heer heranzu- 
bilden; oft mahnte er ge Milde und Menichlichkeit 
egen die Befiegten. ß er aber bisher bejonders 
Rontsmännifche Thätigfeit entwickelt, icheint Daraus 
hervorzugehen, daß er zuerft bedeutend hervortrat 
als thebanijcher Gelandter auf dem Friedenskon— 
greß in Sparta, 371. Schon 374 hatte Athen 
einen Frieden mit Sparta abgeichloflen, der aber 
feinen Beſtand gehabt; jeßt veranlafte er aufs 
neue riedensunterhandlungen. Zurückziehung der 
ipartaniichen Harmoften und Autonomie der grie: 
chiſchen Städte waren die Bedingungen. Als aber 
Ep., der ſich jchon bei den Berhandlungen als 
großer Redner gegeigt hatte, verlangte, für die 
oiotischen Städte den Frieden zu bejchwören, und 
erflärte, Theben würde die Hegemonie über die: 
jelben nur aufgeben, wenn Sparta Lakonien frei: 
gäbe, da tilgte Agefilaos den Namen der Thebaner 
aus der Friedenslifte und kündigte ihmen Krieg 
an (Juni 371). Kleombrotos riüdte jofort mit 
feinem Heere aus Phokis über Ambryios, Thiſbe 
und Kreufis in die Ebene von Leuftra. In Theben 
herrichte Mutlofigteit; Ep. hatte jein Feldherrn— 
talent noch nicht bethätigt, doch gewann er 3 der 
Boiotarchen für den Kampf, trat dem Aberglauben 
des Volkes entgegen — bald wurden auch befiere 
Wahrzeichen verkündet — und zog mit einem 
eere, welches nach Entlaffung der unzuverläſſigen 
heipier nur ungefähr 6000 Mann betrug, den 
an Zahl weit überlegenen Feinden entgegen; indes 
es galt Freiheit und Baterland. Sein Scharfblid 
erfennt, daß es darauf anfomme, die geſchloſſene 
Phalanx der Spartaner durch eine hinter der Fronte 
gebildete und mit aller Wucht anftürmende Un: 
grifföfolonne zu jprengen und zu verwirren; jo 
entjteht die jchiefe Schlachtordnung (Ao&ı palays, 
j. Acies, 3.); er ftellt jeinen linken Flügel 50 Mann 
och auf und läßt dem jchwach beießten rechten 
ich zurüdzichen. Nachdem die boiotijche Reiterei 
bie jpartanifche geworfen hat, während Belopidas 
mit der heiligen Schar die Feinde hindert ſich zu 
entfalten, dDurchbricht Ep. unaufhaltiam die Phalanx; 
der König Kleombrotos und über 1400 Mann im 
ſpartaniſchen Heere werben getötet, Anfang Juli371. 
Xen. Hell. 6, 4, 4. 12. 15. 7, 1,35. Diod. Sie, 
15, 51 ff. — Nach der Schlacht bemühen fich die 
Thebaner um Bundesgenoffen, in Athen wird die 
Siegesbotſchaft fühl aufgenommen; Jaſon, Tyrann 
von Pherai, geht einen Bund ein, aber bemüht, 
als ittler zwiſchen den Parteien Einfluß in 
Griechenland zu gewinnen, beftimmt er jie, dem 
—— Heere freien Rückzug zu gejtatten. 
Ep. Milde ftimmt dem bei. — Eine Folge des 
Sieges war der Abfall der meiften peloponnefischen 
Städte vom jpartaniihen Bunde, der Argiver, 
Eleer und Arkader, welche Megalopolis gründen. 
Bon diejen gerufen, geht Ep. nadı dem Pelopon- 
nes, 370, bringt ein Heer von 50-70 000 Mann 
zulammen, dringt in Lakonika ein, fteht indes 
von einem Angriff auf Sparta ab, wendet fich 
nach Meflenien, gründet Meflene am Fuße des 
Ithome und ftellt Mefienien wieder her. Auf dem 


Nealleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 


ziehenden, Iphikrates, übernimmt allein die Ver: 
antwortlichteit wegen des 4 Monate zu lange be 
Heideten Boiotardyats und bejchämt dor Gericht 
jeine Gegner, 369. Diod. Sie. 15, 62 ff. — Im 
Sommer unternimmt er einen zweiten Feldzug 
gegen die Zafedaimonier, bejiegt das Heer berjelben, 
welches das Dneijche Gebirge (am Jithmos) bejegt 
hat, und dringt in den Peloponnes ein; allein als 
auch Dionyfios von Syrakus den Spartanern Hülfe 
ſchickt, verläuft der Krieg wenig glüdlid, die Er: 
oberung von Sifyon ift der einzige Gewinn. Die 
Thebaner, aufgebracht über die anjcheinende Er- 
folglofigteit, entjegen den Ep. jeines Amtes. — 
Eine Zeitlang richteten fih die Anftrengungen 
der Thebaner nur nach dem Norden. Als Pelo— 
pidas hinterliftig von Alexander von Pherai ge: 
fangen war, jandten fie ein Heer unter Kleomenes 
nach Theffalien. Ep. diente ald Gemeiner im 
Heere; als aber diejes durch ungeichidte Führung 
in Gefahr fam, übernahm er * allgemeines Ver⸗ 
langen den Oberbefehl und führte das Heer zurück; 
—— zweiten Feldzug zwang er den Alexander 
zur Freigebung des Pelopidas und Iſmenias, 368. 
Diod. Sic. 15, 71 ff. Nach einem vergeblichen Ber: 
juche des Berjerfönigs, einen allgemeinen Frieden 
zuitande zu bringen, zog Ep. zum bdrittenmal 
nach dem Peloponnes und gewann Achaia für die 
thebanische Syummachie, 367. Andes vermochte er 
nicht die zerrütteten Verhältnifie feit und bleibend 
zu ordnen. Die Kraft der Thebaner wurde durch 
die fortwährenden Kriege zu jehr in Anfpruch ge: 
nommen, die Peloponnefier jagten fich wieder 108 
vom Bunde, PBelopidas fiel in Theſſalien, 364, 
und Epameinondas jcheint eine Zeitlang von der 
Leitung der Angelegenheiten durch Faktionen zu: 
rüdgedrängt worden zu jein. Er bemühte ſich in 
den folgenden Jahren Theben auch zur Seemacht 
zu erheben, veranlafte den Ban von 100 Trieren, 
lief auch mit der Flotte aus und gelangte bis 
Byzanz, doch fehrte er bald zurüd, ohne etwas 
Größeres ausgerichtet zu haben; bei der Abneigung 
der Thebaner gegen das Seeweſen hatte die Sache 
feinen Erfolg; doch gab ſie vielleicht Veranlaſſung 
% dem jpäteren Abfall der Bundesgenofjen von 
then. Just. 16, 4. Diod. Sie. 15, 78. — Als 
aber im Peloponnes die Dinge ji) immer unglüd: 
licher geftalteten, die Achaier und Eleer abfielen, 
und die Arkader unter fi in Uneinigfeit gerieten, 
da rüdte Ep. zum viertenmal (362) zur Hülfe 
der noch treuen Bundesgenofjen (Argos, Meſſene, 
Tegea, Megalopolis u. a.) in den Peloponnes ein. 
Zwar gelang es ihm nicht, Sparta unverbereitet 
zu überfallen (Xen. Hell.7, 5,9. Pol. 9, 8, 3), 
doch drang er auf den Markt vor, danı aber 
wandte er ſich, das Gefährliche jeiner Lage er: 
fennend, nad Mantineia, und bier fam es zur 
Schlacht (Anfang Auli 362). Nachdem die feind- 
fichen Reiter durch die in einem Keil aufgeftellte 
und mit Fußvolk gemiichte thebaniiche eiterei 
——— waren, ſtürzte ſich Ep. ſelbſt in 
en — die Phalanx wurde durchbrochen, das 
gange eindliche Heer ergriff die Flucht, aber in 
em NAugenblid des Sieges war Ep. tödlich ver: 
wundet worden. Noch lebend wurde er aus dem 
Schlachtgetümmel getragen; als ihm aber jein 
Schild gebracht war und er vernahm, daß Die 
Thebaner gefiegt hatten, lieh; er die Lanzenipige 
25 


386 


aus der Wunde ziehen und verichied ruhig und 
heiter. Fern von aller Eitelkeit, fonnte er Hi nicht 
verhehlen, daß Thebens Größe von feiner Perjön- 
lichteit bedingt war. Deshalb riet er in feiner 
Sterbeftunde, als er gehört hatte, daß auch jeine 
Hauptleute Jolaidas und Diophantos gefallen, jeinen 
Mitbürgern, Frieden zu jchließen, was einem gänz- 
lien Aufgeben des bisher verfolgten Strebens 
gleichfam. I. Xen. Hell. 7, 5, 4 ff. Plut. Pelop. 
und Ages. Paus. 9, 13-—15. Nep. Epam. Bgl. Bauch, 
Epam. und Thebens Kampf un die Hegemonie 
(1834). Pomtow, das Leben des Ep., jein Charakter 
und feine Politik (1870). W. Viſcher, Ep. (Kleine 
Schriften, Bd. I, 1877). 

Epäphos j. Apis und lo. 

Epaphroditos, Er«peodıros, 1)gelehrter Gram— 
matifer, der als Freigelaſſener zur Zeit Neros aus 
Agypten nach Rom kam und dort bis zur Regie: 
rung Nervas lebte, Verfaſſer von (verloren ge: 
gangenen) Kommentaren zu Homer, Hejiod, Pindar 
und andern Dichtern. — 2) ein Geheimjchreiber 
und Bertrauter des Nero; der Philoſoph Epiktet 
war jein Sflave. Tac. ann. 15, 55. Suet. Ner. 49. 
Dom. 14. 

"Eragıror, die nad) der Bereinigung der ein- 
zelnen arkadiſchen Städte zu einer großen Vollks— 
gemeinde (of wögıor), infolge der durd die Schlacht 
bei Leuftra bewirften Schwächung der Lakedai— 
monier, aus den Kontingenten jener gebildete be: 
waffnete Macht (5000 an der Zahl), welche die 
Befehle der gemeinichaftlichen Obrigkeit auszuführen 
hatte. Xen. Hell. 7, 4, 22. 33. 36. 5, 3. 

Epei, ’Erecoi, jeit alter Zeit Bewohner von 
Nord-Elis, welche ihren Namen von Epeios, dem 
Sohne des Endymion, herleiteten (11. 2, 619); der 
Sage nad) waren fie aus Thefjalien gefommen. 
Nach Ephoros (Strab. 10, 464) waren jie 6 Menschen: 
alter vor dem troiichen Kriege unter Anführung 
des Aitolos nad) Aitolien hinübergegangen, hatten 
die Kureten vertrieben und ſich mit ihnen ver: 
miſcht, „offenbar eine Umfehr des wirklichen Ver: 
Eur: hervorgerufen durd; das Beftreben, den 

oberern, wie dies die Witoler und Epeier in 
Elis find, ein mythiſches Anrecht auf das von ihnen 
eroberte Land zu verichaffen‘ (Burfian). Sie find 
wie die Nitoler und Lolrer dem Volksſtamme der 
Leleger zuzuzählen. 

Epeigeus, ’Ersıyevs, Sohn des Agakles, ein 
Myrmidone, welcher wegen der Ermordung jeines 
Vetterd aus Budeion zu Peleus floh und mit 
Achilleus gegen Troja 309, wo er von Sektor im 
Kampfe getötet wurde. IT. 16, 571. 

Epeios, ’Ereiög, 1) j.Endymion. — 2) Sohn 
des PBanopeus, ein Funftverftändiger Heros, der, 
unterjtüßt von Athene, das ilische Roi baute und 
zugleich als Fauftlämpfer ausgezeichnet war. Od. 
8, 402. 11,523. II. 23, 664. 839. Verg. A. 2,264. 
Er fam von den Kykladiſchen Inſeln nad Troja 
und ſoll jpäter das italische Piſä und Metapont 
gegründet haben. Spätere Sagen ftellen ihn als 
einen Feigling hin, jo daß jeine Feigheit zum 
Sprichwort wurde. 

Epeiros, "Hreıpos (Feitland), Epirus, die weit: 
liche Landichaft Nordgriechenlands, etwa 200 TM. 
groß, grenzte im W. an das Jonifche Meer, im O. 
an ne gi im N. an Illyrien, im ©. an den 
Meerbujen von Ambrafia, Afarnanien und Aito— 
lien. Zur Zeit der Nömer wurde noch ganz Akar— 


Epaphos — Epeiros. 


nanien dazu geredet. Die rauhen, bis zu 2000. 
hohen Gebirge, durch vulkaniſche Einflüffe zerflüftet, 
— dem Lande etwas Schauerliches, nur am 

gg von Ambrakia findet jich eine größere 
Ebene, jonft Meine Teile und bejonders die über 
400m hohe Hochebene beim heutigen Janina mit 
einem See, dem ein fichtbarer Abfluß fehlt. Die 
Kerauniſchen Berge bilden die Grenze gegen N., 
auslaufend in dem Borgebirge Afroferaunion 
(ij. Gloſſa, ital. Linguetta); im D. ftreift das rauhe 
Pindosgebirge (j. Grammos), gegen ©. 2600 m 
hoch — Tymphe, Lakmon, —— ſind Namen 
einzelner Teile —; in der Mitte findet ſich der 
Bas von Phaika (j. Paß von Dugliana), die 
Hauptſtraße zwiſchen Epeiros und Thefjalien, zum 
großen Teile nur ein jchmaler, im Winter wegen 
der großen Schneemafien oft wenigftens für Saum- 
tiere ungangbarer Pfad. Nah dem Innern zu 
bei Dodona sog fid) das Tomaros= oder Tma: 
ros gebirge (j. Olytzifa, die Gegend Tomarofhoria). 
Auf dem im nordöftlichen Winkel des Landes liegen: 
den Hochgebirge Lakmon entipringen 4 Flüſſe: der 
Ados geht nach Nordweiten, der mafedonijche 
Halialmon nach Nordoften, der theflaliihe Pe— 
neios nad Südoften, der Arachthos (Aratthos) 
nad) Süden; der am füdweftlichen Fuße diejes 
Gebirges entipringende Fluß trug bis zu jeiner 
Vereinigung mit dem aus der Dolopia kommen: 
den Acheloos den Namen Inachos. Außerdem 
ift zu erwähnen der Acheron mit dem Kokytos 
(j. Acheron). — Die urjprünglich pelajgtichen 
Bewohner, die fich jelbft T’gxızor genannt zu haben 
ſcheinen, wurden durch Berührung mit den Jllyriern 
mehr und vide barbarifiert (Thuc. 2, 80. Strab. 
7, 321 u. ö.); fie zerfielen in die Chaoner (Xdorss) 
im NW. bis zum Thyamis, die Thejproter 
(Csoxgwroi) jüdöftlich an der Küſte, die Moloſſer 
(Mokooool) landeinwärts nördlih vom Ambra: 
fiihen Meerbuien. Außerdem werden noch Atha- 
manen, Helloper, Kafjopaier, Atintanen u. a. ge 
nannt. Der mächtigſte diejer Stämme waren 
anfangs die Chaoner, die nach Thufydides (2, 80) 
unter 2 jährlich wechjelnden Anführern aus einem 
alten Gejchlecht ftanden; ſpäter jedoch bemächtigten 
fih die aus dem Stamme der Aiakiden ftammen: 
den Könige der Molotter der Hegemonie, umd 
König Pyrrhos vereinigte alle Landſchaften von 
Epeiros zu einem Geſamtſtaate von nicht geringer 
Bedeutung, die freilich durch die Römer gebrochen 
wurde. Strab. 7, 322. Etwa jeit Bejpafian bildete 
Epirus mit Akarnania eine eigene Provinz. — 
Städte in Chaonia: Antigonmeia, Dritos 
(Erifo), nördliche Grenzitadt gegen Illyrien, fol: 
chiſche Kolonie mit trefflichem Hafen, beide jemjeit 
der Kerauniſchen Berge gelegen; Balaijte, wo Cäſar 
im Kriege gegen Pompejus landete (Caes. b. c. 
3,6. App. b. e. 2, 54), j. Baleafja ; die Hafenſtädte 
Phoinike, Banormos, Oncheſmos; Buthro— 
ton (Butrinto). — In Theſprotia: Ephyra 
und Kichyros an der Mündung des Acheron; 
Nikopolis oder Actia Nicopolis (j. Preveſa mit 
bedeutenden Ruinen), Aktion gegenüber am Am: 
bratiichen Weeerbujen von Auguftus nach der Bes 
fiegung des Antonius (31 v. E.) gebaut, unter 
Conftantin d. Gr. Hauptjtadt von Epeiros; Pan: 
dojia, Elatreia od. Elatia (Liv. 8, 24), Bitia 
und Bucheta im Lande der Kaflopaier. — In 
der Molosjis: Rajjaron, Dodöna (Sadhrn, 


Eperatos — "Egesız. 


Jodor) am Fuße des Tomaros, nad) neueren 
Ausgrabungen —* wahrſcheinlich in der rauhen 
en am Südufer des Sees Pambotis (See von 

Janina) ſüdweſtlich vom j. Janina im Thale von 
Ticharafovifta gelegen, bei Homer (J1.2,750.16, 234) 
„das winterliche‘‘, Övgreiusgos, genannt. Hochbe- 
rühmt war Dobd. durch jein Orakel (das ältefte in 
Griechenland), über deſſen Entjtehung die Priefter 
des Zeus im ägyptiſchen Theben jagten, 2 heilige 
Weiber jeien durch Phoiniter aus Aghpten geraubt, 
die eine jei nach Libyen, die andere zu den Hel— 
lenen verfauft worden; jo jeien die Orakel von 
Ammon und Dodona entitanden. Hdt. 2, 54. Die 
Dodonaier jelbit aber erzählten, 2 ſchwarze, wilde 
Tauben jeien aus dem ägyptiſchen Theben ge: 
flogen, die eine nach Libyen, die andere nach Do: 
dona; dieje habe fich hier auf eine Eiche geſetzt 
und mit menſchlicher Stimme befohlen, dort ein 
Drafel zu gründen. Herodot meint, die Frauen 
* e man wohl mit Bögeln verglichen, wegen der 

emden Sprache und Hautfarbe; als fie dann der 
pelaſgiſchen Sprache fundig geivorden, habe man 

ejagt, fie hätten mit menjchlicher Stimme ge— 
prochen. Den Mittelpunkt des Heiligtums bildete 
die heilige Eiche des Zeus (deüs, Pnyög), an deren 
Fuße ein Duell jprubdelte; das Gemurmel desjelben 
und das Rauſchen der Eiche wurden durch die 
iefterinnen, welsıdöeg, gedeutet. In fpäteren 
eiten fam die Weisjagung durd das Jodwr«ior 
zehntor hinzu. Zwei Säulen von gleicher Höhe 
ftanden nahe bei einander; auf der einen jtand 
ein Knabe mit einer Peitiche, auf der andern ein 
ehernes Beden, welches bei dem Luftzuge von den 
Drahtichnuren der Peitiche berührt wurde. Strab. 
7, 3275. — Als die ältefteu Bewohner werben 
"Erkoı oder "Eiloreg genannt. Vgl. Gerlach, Do: 
dona (1859). Über die Streitfrage, ob es neben 
dem epeirotiichen Dodona noch ein theſſaliſches 
egeben habe, das Il. 2, 750 und 16, 234 gemeint 
En vgl. at im Bhilol. XXI ©. 196 gegen 
Unger, ebenda. XX ©. 577. — Außerdem wurden 
zu Epeiros oft 100 gesane Argos Amphilo— 
chiton, öftlich vom Ambrakiſchen Meerbujen ſ. Ti 
und Ambrafiai.R. des gleichn. Meerbujens (j. d 
— Bgl. über Epeiros Burfian, Geographie von 
Griechenland I ©. 9 ff. 

Eperätos, ’Errje«rog, 1) ein jpartaniicher 
während des peloponnefiichen Krieges. Xen. jan. 
2, 3, 10. — 2) aus Pharai in Adaia, ein den 
Makedoniern zugethaner Feldherr des achaiiſchen 
Bundes und Gegner des Aratos, der natürlich die 
Hülfsmittel des Bundes wenig im wahren RER 
desjelben benußte. Pol. 4, 82, 8. 5, 91, 

Epeunakten j. Helotes. 

"EgpnBßos. 2 Jahre (oder im zweiten Jahre) 
nach Eintritt der Mannbarkeit (dml dusrig npr- 
sa»reg), im —— Lebensjahre, wurden in 
Athen die jungen Männer durch Eintragung in das 
Antıapyınöov (dad Gemeindebud ihres Demos) für 
volljährig und bürgerlidy jelbftändig erflärt. Der 
Eingetragene leijtete jeinen Bürgereid im Heilig: 
tum der Agraulos (Lycurg. Leoer. 76. Pollux 
8, 105. Plut. Aleib. 15), wurde wehrhaft ge: 
* befam das Recht vor Gericht aufzutreten, 

u verheiraten u. j. w. Jsae. Arist. 12. De- 
—— . II, 20.24. Das Recht, an der Volls— 
re teilzunehmen , erhielt der Ephebe 
erit 2 Jahre jpäter, durch Eintragung in den 


387 


niveE Lunınsworınog, im zwanzigften Xebensjahre, 
nachdem er vorher 2 Jahre als Grenzwächter (me- 
eiroLog) gedient hatte. Von da an konnte er im 
Kriegsdienfte auch zu auswärtigen Striegen ver: 
wendet werben. Abgejehen von diejer engeren und 
genauen Bedeutung des Wortes gibt es jedod) noch 
eine weitere, nach welcher knßos jeder dem Knaben: 
alter entwachſene junge Menjch genannt werden 
fann. In der Kunſt jehen wir junge Leute diejes 
Alters mit furzgeichorenem Haar im Gegenſatz zu 
Knaben und Männern, melde das Haar länger 
tragen (our). Dieje” Haarjchur fand vor dem 
dmi dusrig Npijoc« ftatt, wahr] — im ſechze * 
ten Jahre, und vielleicht hie dieſem Alte 
der dritte Tag des —————— . Apaturia) 
— (von xovoci, #800). 


Ja (ber Bei- oder Danebenfigende) hieß 
Mau e Agoniſt, der bei einer ungleichen Kämpfer 
zahl bei — Entſcheidung des —8* nicht mit ge— 
Koffen war und nun aljo bis zulegt fi igen mußte, 
um dann mit dem übrig gebliebenen Sieger den 
legten entjcheidenden Kampf mit friichen Krä en 
u beitehen. Plut. Sull. 29. Pomp. 59. Eine 
— darauf vielleicht Soph. Ai. 610. 

‚Epnynsıs |. Anayoyı,. 

Eynurgis, ephemöris, 1) ein Tagebuch, Neije: 
journal, wie bei den Römern, die das griechiiche 
Wort jedoch mitunter auch gebrauchen (Cie. Quint. 
18, 57. Nep. Att. 13, 6), commentarii und dia- 
rium, und w ar ſowohl in militärijcher als ge- 
ſchichtlicher Beziehung; auch kommt es in dem 
Sinne eines täglichen Rechnungsbuchs für Ein— 
nahme und Ausgabe vor. — 2) ein Kalender, 
vielleicht erjt bei den Römern (Juv. 6, 573), und 
da bejonders bei den Nitrologen, die darın Die 
Stellung der Geftirne für jeden Tag verzeichneten, 
um jo für die Wahl der zu beftimmten Geſchäften 
vorteilhaften oder ungeeigneten Zeiten vermeintliche 
Anhaltspunkte zu haben. Bgl. Chaldaei. 

Eyeoıe, ziü, ein nächtliches Feſt der epheii: 
ichen Artemis mit Ausjchweifungen jeder Art, zu 
welchem nur Männer, unverheiratete Frauen und 
Sflavinnen zugelaffen wurden. 

Ephesiae litterae, ’Epicı« yoduuere, nannte 
man gewilje rätjelhafte Formeln (6), welche von 
or | den idaiiſchen oder phrygiſchen Daktylen erfunden 
(daher auch phrygiſche genannt), nad) andern an 
der Bildſäule der epheſiſchen Artemis eingejchrieben 
jein jollten; der Aberglaube legte denjelben, wenn 
man jie als Amulette bei * trug, zauberhafte 
Wirkungen bei. Athen. 12, 548 c. 


"Eyeoıs, die Appellation. Gegen den Ausipruch 
eines Heliaftengerichtes konnte eine eigentliche Ap: 
pellation nicht jtattfinden. Nur beim Kontumacial⸗ 
verfahren konnte der Verurteilte unter dem Ein: 
wande, daß feine Entichuldigung der Abwejenheit 
unrechtmäßigerweile nicht berüdfichtigt worden, 
oder daß er ohne eigenes Verſchulden die nt: 
ſchuldigung verjäumt habe, auf Reſtitution antragen 
(zijv un over drrikugeiv, wenn die Sache vor 
Diaiteten [j. d.], ri» donuor dvrilageiv, wenn fie 
vor Richtern verhandelt war). Dagegen jand Häufig 
Appellation von einem Spruche eines öffentlichen 
Diaiteten jtatt an ein Heliaftengericht (dpeiva eis 
ro dinaorigior, eis roug dinaordg), mit Nieder: 
legung einer bejonderen Gerichtsjportel, des magd- 
Boior, von jeiten des Appellierenden (j. Jıar- 

25* 


388 


Ephesos — 'Egfrau. 


eneig). Val. Meier und Schömann, att. Prozeh an einen eigenen Gerichtshof die Richtergewalt 


S. 984 ff. d. 2. Aufl. 


juluf, bedeutende ioniiche Zwölfftadt in Kleinafien 


i 


der Archonten jehr beichränft wurde. Nach Bollur 


—— "Epeoog, j. Ruinen beim Dorfe Aya- hat es uͤrſprünglich 5 Ephetenhöfe gegeben, denen 


Solon den Areopag hinzugefügt hätte. Wir fin- 


am Fuße der Berge Koreflos und Pion (Prion), | den aber jpäter nur 4 Gerichtsftätten der Epheten, 


an der Mündung des Kanitrosflufles; jüdlich von 
der Stadt floß der Bad) Kenchreios. Der berühmte 
Tempel der Artemis (das Artemifion), dejien 
Bau vom Knoſſier Eherjiphron um 590 v. E. begon: 
sen und mad) 120 Jahren vollendet worden war, 
wurde von Deroftratos verbrannt in der Nacht, da 
Alerander der Ör. geboren ward (21. Juli 356 v. E.); 
aber die Heinafiatiichen Griechen bauten ihn unter 
Leitung des Deinofrates in ſolcher Größe und mit 
jolcher Pracht wieder auf, da er zu den 7 Wunder: 
werfen der Welt gerecdinet wurde. Es war ein 
ionischer Dipteros (j. Templum 3.), viermal jo 
groß als der Barthenon, die Säulen, im unteren 
Teile des Schaftes teilweije jfulpiert d. h. mit 
Reliefs geihmüdt (columnae caelatae), 60 Fuß 
hody. Die Lage des Tempels ift erit im I. 1871 
durd) Ausgrabungen des Engländers J. T. Wood 
ermittelt worden; er ſtand im Nordoften der Stadt 
twilchen dem Berge Pion (Brion, und der fteilen 
nhöhe, auf der das Kaſtell von Ayaſuluk erbaut 
ift, etwa 200m weftlich von Ayaſuluk. -- Eph., 
wohl eine Aulage der Phoinifer, war der Sage 
nad) von Amazonen gegründet, dann von Karern 
und Lelegern bewohnt, bis es von Androflos, dem 
Sohne des Kodros, in Befiß genommen wurde. 
Die Stadt war immer mächtig geweſen, ftieg aber 
bejonders nach dem Falle Milets (494 dv. E.) zur 
reichiten und mächtigften unter allen ioniſchen 
Städten auf; unter den Kaifern war jie die he: 
deutendfte Stadt der Provinz Aſia. Der frühere 
Seehafen, Panormos, ift jet durch die Alluvionen 
des Kayſtros verjandet; außerdem gab es 2 künſt— 
lich gegrabene Häfen im Flußbette des Kayſtros, 
deren einer bis an das Artemifion reichte. — Eph. 
war die Heimat des Elegiendichters Nallinos, des 
Nambographen Hipponar, des Philojophen Hera: 
fleitos, der Maler Apelles und Parrhafios, des 
nachmals aus jeiner Vaterftadt vertriebenen Ser: 
modoros (Cie. tusc. 5, 36), der den Decempirn in 
Rom bei Abfaffung ihrer Geſetze hülfreiche Hand 
geleiftet haben joll, u. a. Bal. Strab. 14, 640 f. 
Suhl, Ephesiaca (1843). Hyde Clarfe, Ephesus 
(1868). E. Eurtius, Beiträge zur Gejchichte und 
Topographie Kleinafiens (1872). Deri., Ephejus 
(1874). Wood, discoveries at Ephesus (1877). 
Egyerar, Richterfollegium in Athen, deſſen 
Einjegung von alten Überlieferungen in die my: 
thiiche Zeit, von Pollur (8, 124) mißverſtändlich 
auf Drafon zurüdgeführt wird. Unter den ver: 
ichtedenen Ableitungen ift die eine: moög Bw dpie- 
rar, aljo Appellationsridhter, nicht ohne ſprachliche 
Bedenken, nach andern waren ſie „Anweiſer“ des 
Rechts, die Anweiſung zu geben hatten, wie in 
jedem Falle gegen den Wngeflagten oder Ber: 
urteilten zu verfahren jei. Es waren ihrer 61, 
ausichließlih aus dem Adel erwählt (aeısr'rönr 
eiorterreg), und fie hatten über Blutjachen zu 
richten. Sie waren aljo wahrjcheinlich in Eivil- 
ſachen nur Appellations:, in Kriminalſachen aber 
gewiß öfters erfte und zugleich einzige Inſtanz. 
Ihre Einjegung ſcheint einen neuen Sieg der at- 
tiichen Gejamtarijtofratie über das Archontat zu 
bezeichnen, indem durch Zulaſſung der Appellation 


| 


een nn nn nn nn nn nn nn 
— 


ini ITIailadio, Iri HIeipırio, tal Tgvraveio 
und 2r bosarroi, und haben daher für die ältere 
Zeit nicht ohne Wahrjcheinlichkeit noch ein fünftes 
Gericht, &r Ilgvrareio, anzunehmen, in dem die 
IIgvräreıg rar Navagdewr ridıteten ıwgl. Na v- 
»gagla). — Den wictigeren Teil der Blutge- 
richtsbarfeit über vorfäßlichen Mord, Tötung durd) 
Gift, böswillige Verlegung, Brandjtiftung ꝛc. 
entzog Colon dem Ephetenfollegium und übertrug 
ihn dem von ihm neuorganifierten Areiopagos (j.d.). 
In der nachſoloniſchen Zeit haben die Ephetenhöfe 
2“ Bedeutung größtenteils verloren. Es blieb ' 
ihnen nur noch die —— über gewiſſe Fälle, 
die zum Teil ihre praktiſche Bedeutung verloren 
hatten, indefjen wegen des religiös altertümlichen 
und heiligen Charakters, der dem Blutrechte bei: 
wohnte, bejtehen blieben. Sie richteten ftets als 
anzes Kollegium unter dem Borfige des (deywr) 
lie Die Fälle, die vor den einzelnen Ephe— 
tenhöfen zur Entjcheidung famen, waren folgende: 
1) Am WBalladion wurde entjchieden, wenn der 
Mörder behauptete, daß der Mord ohne Borbe: 
dacht vollbracht jei (porog anovdsıog). Wurde auf 
porog drovsıog entichieden, jo mußte der Mörder 
das Yand jo lange verlafjen, bis er von den Ver: 
wandten des Getöteten die Erlaubnis zur Rüd- 
fehr erhalten hatte. 2) Am Delphinion wurde 
povog dinceos gerichtet, 3. B. wenn jemand aus 
Notwehr einen andern erichlagen hatte. Zu De: 
mofthenes’ Zeit jcheinen dieje beiden Gerichtshöfe 
verdrängt und ihre Gegenstände den Heliaften über: 
tragen worden zu jein. 3) Am Prytaneion wurde 
nad) althergebracdhter Sitte über lebloje Gegenftände 
und Tiere gerichtet, die den Tod eines Menfchen 
veranlaßt hatten. Der Gegenſtand mußte infolge 
eines förmlichen Gerichts über die Grenze geichaft 
werden. 4) Das dınaarıjgior !v Bosarroi, einem 
Orte an der Küfte in der Nähe des Hafens Zea 
(j. Attika, 15.), betraf einen ganz bejonderen 
Fall, wenn jemand, wegen unfreiwilligen Wordes 
flüchtig, in der Zeit einen andern Mord begangen 
hatte. Da er das Land nicht betreten durfte, jo 
wurde er, in einem Nahne ftehend, von den Epheten 
wegen des neuen Mordes vernommen. Wurde cr 
verurteilt, jo traf ihn lebenslängliche Verbannung. 
— Eine neue Anficht über die Epheten hat zuleßt 
L. Yange (die Epheten und der Areopag vor Solon, 
1874) aufgejtellt und icharflinnig begründet. Nach 
ihm jind die Eph. nicht bloß der Blutgerichtsbar: 
feit wegen eingejeßt worden, jondern übten jie als 
Mitglieder der vorjolonijchen eupatridiichen Bowär, 
Ev Agsio adyo, die aus 60 lebenslänglichen Mit: 
— beſtand, von denen jährlich 9, von der 
ule ſelbſt aus ihrer Mitte beſtellt, unter dem 
Namen deyorres oder zovrarsıg die Regierung 
übernahmen, während die übrigen 51 unter dem 
Namen von Iperar (ot 2p' Fraıg, Vorjteher der 
Vollbürger, Eupatriden Gegenſatz von dnuos]), 
d. h. Bürgervorfteher, teils an den Beratungen 
der Bule teilnahmen, teils entweder bei vorjäß: 
lihem Morde in Verbindung mit den Archonten 
auf dem Areopag oder in den übrigen Fällen unter 
dem Vorſitze des (dey.) Baorkerig als des damaligen 


Ephialtes — "Egogoı. 


Lorftehers der Archonten an den übrigen 4 Wahl: 
ftätten richteten. Die Einjebung durch Draton ist 
nach ihm unmöglich. Vgl. auch Philippi, der 
Areopag und die Epheten (18741. 

Ephialtes, ’Epidirns, 115. Aloaden. — 2)ein 
Gigant ſ. Giganten.ı — 3) ein Malier oder 
Trachinier, der dem XKerres einen Seitenweg über 
den Kallidromos zeigte (beim j. Dorfe Dratofpelin) 


380 


reits von Lykurgos, nach andern von Theopom— 
pos (757 v. E.), was aus inneren Gründen größere 
Wahricheinlichkeit für fich hat, wenn nicht vielntehr 
ihre Macht durch ihn zu einer das Königtum be- 
ichränfenden und fontrollierenden geworden iſt. 


Ihre Macht ift eine richterliche und verwaltende 


zugleich. Sie hatten (Arist. pol. 3, 1, 7) die diuag 
rov ovußolaior (Livilprozeffe), die Geruſia die 


auf welchem Hydarnes eine perſiſche Heeresabtei: | d. porındg zu enticheiden. Ihre richterliche Macht 


lung den Spartanern bei Thermopylai in den 
Rüden führte. Hat. 7, 2135. Died. Sie. 11, 8. 
FFrontin. 2,2,13. Bon den Amphiktyonen geächtet, 
wurde er ſpäter in Antifyra erichlagen. Sowohl 
Herodot als Kteſias geben an, dab auch andern 
Berfonen diejer Verrat zugeichrieben wurde. — 
4) ein Athener, Sohn des Sophonides, nicht, wie 
er öfter bezeichnet wird, ein ummwiürdiger Demagog, 
jondern ein chrenmwerter Bürger, arm und dennoch 
freigebig, an Gerechtigkeit und Uneigennüßigfeit 
dem Wrifteides und eh vergleichbar ( Plut. 
(im. 10), Genoſſe des Perikles ın feinen demo- 
fratiichen Tendenzen. Er widerjegte fich dem An: 
trage des Kimon, den Spartanern gegen die em: 
vörten Seloten Hülfe zu jenden (Plut. Cim. 16), 
und beantragte, die Gejeßtafeln des Solon von 
der Burg auf den Markt und in das Protaneion 
zu bringen (Poll. 8, 128); beionders aber ift jein 
Name gefmüpft an die im J. 461 v. E. beichloffene 
Schmälerung der Macht des Areiopagos (j. d.). 
Arist. pol. 2,9, 3. Er wurde, wahrjcheinlich auf 
Anftiften der oligarchiichen Partei, im J. 457 er: 
mordet. Plut. Per. 10. — 5) ein atheniicher De: 
magog der antimafedoniichen Bartei, deſſen Aus: 
lieferung von Alerander nach der Yeritörung von 
Theben verlangt wurde, der aber nach Berjien floh 
(Plut. Demosth. 23. Arr. 1,10, 4 f.) und bei einem 
Ausfalle aus Halikarnaß das Leben verlor, im 
Herbſte des J. 334. Diod. Sie. 17, 26 f. 
Ephippium, Zpirmıior, auch Zpiamıe sc. orgw- 
uarc, die Pierdedede, die fid bei den Griechen 
bald in einen förmlichen Sattel mit Gurten (Fro- 
zor) verwandelte und mit vielfahem Schmud ver: 
iehen wurde. Ebenjo gingen bei den Nömern dieſe 
Pferdedecken bald in vollftändige Sättel über, 
ipäter mit föftlichen und foftbaren Zieraten ver: 
ſehen. Auch die galliiche Neiterei Taſars waren 
ephippiati equites, deshalb wurden ſie von den 
Germanen, die nichts für jchimpflicher und un: 
männlicher hielten, als den Gebrauch der Pierde- 


deden, veradhtet. Caes. b. q. 4, 2. Bal. Equus, 2. | 


Ephippos, "Egınzos, Dichter der neueren atti— 
ihen Komödie, von dejien Dramen jich nur wenige 
Titel und Bruchitüde Se haben, gei. von 
Meinefe, fragm. com. Gr, Ill p. 322 ff. (Ilp. 657 ff. 


erweiterte fich bald, indem ihnen die ebduraı der 
Behörden zufielen (die neugewählten Ephoren hatten 
dabei über ihre Vorgänger zu richten). Die übrigen 
Behörden konnten jie noch während ihres Amts: 
jahres zur Verantwortung ziehen und ihnen ſelbſt 
eine Gelditrafe auferlegen, die Könige mit einge: 
ichlofien. In Prozefien gegen die Könige auf Tod 
und Leben traten jie als Ankläger auf; der Ge: 
richtshof war in dieſem Falle die Gerufia. So 
ſehen wir, wie aus ihrer richterlihen Befugnis 
ſich allmählich ihre ausgedehnte politiihe Gewalt 
entwidelte. — Ihre aufergerichtliche Ihätigfeit 
bejtand urjprünglich, ihren richterlichen Befugniſſen 
entiprechend, im der Aufficht über den Markt, d. h. 
den gejamten Bandelsverlehr Spartas. Auf dem 
Marfte hatten jie auch ihr Amtslokal (dereior). 
Mit der richterlichen erweiterte ſich aber auch ihre 
politiiche Gewalt jehr raich, jo daß fie bald die 
einflußreichite Behörde Spartas wurden und als 
Vertreter des gejamten Volkes (daher auch mit 
den römischen Volkstribunen verglichen, ein Ver- 
gleich, der indeflen mur in einigen Beziehungen 
paßt) zuerjt ein Gegengewicht gegen Könige und 
Serufia bildeten, bald ein Übergewicht über die: 
jelben gewannen, welches die Infurgiiche Verfaſſung 
gefährdete und allmählich untergrub. Sie erhielten 
das Oberaufjichtsrecht über die geſamte öffentliche 
Zucht; jie konnten ichon früh das Wolf berufen 
und Gejege vorjchlagen, fie Tonnten Gejandte zu: 
laſſen oder abweijen und übten überhaupt großen 
Einfluß auf die äußere Politit; fie hatten das 
Recht, in Kriegszeiten Heere abzujenden, wenn es 
ihnen beliebte, fie beitimmten wahricheinlich die 
Größe der Mannichaften, jie ernannten die Feld— 
herren (meiſt die Könige), beichränften diejelben 
durch Beigeordniete (ovußovkor, T’hue. 5, 63; ipäter 
folgten 2 von ihnen dem Könige im den Strien, 
Xen. Hell. 2, 4, 36), konnten fie durch die Skytale 
zurüdberufen. Die Duelle ihrer großen Macht 
iſt die duninade, deren eigentliche Vertreter fie find. 
Nach einjähriger Amtsverwaltung traten jie in 
den Privatitand zurüd. Für wichtige Mafregeln 
war die Übereinftimmung der Mehrheit im Kolle- 
gium erforderlid. Das Zunehmen ihrer Macht 
bezeichnet das Wachjen des oppofitionellen Elements 


d. Hein. Ausg.), und Stod, com. Att. fragm. II | in der Berfaffung und jomit die Veränderung in 


p. 250 ff 


"Epödıor, das Neijegeld (Diäten), welches aus | 


der inneren und äußeren Politik des Staates (fie 
vertreten im den hellenischen Händeln die unruhige 


der athenijchen Staatstaffe den Bffentlihen Ge: | Kriegspartei den Königen und der Gerufia gegen: 


landten gezahlt zu werden pflegte und 2—3 Drad): | über). 
ſeinem Verſuche, die lykurgiſche Verfaſſung wieder: 
e. 1) ſpartaniſche Behörde, aus fünf herzuſtellen; und Kleomenes III. mußte jeine Re— 
— — d. h. zu Anfang des 


men täglich betrug. Aristoph. Acharn. 66. 
jährlich im 
lafoniichen Jahres, aus dem Volke, uriprünglid) 
von den Königen ernannten, jpäter vom gejamten 


Volke defignierten Mitgliedern beftehend, teils für 





Ihrer Macht erlag der edle Agis Til. bei 


formen mit der Aufhebung des Ephorats beginnen. 
Nach jeinem Falle durch die Niederlage bei Sellafia 
(221 v. €.) wurde auch das Ephorat wiederher- 
geitellt. Noch iſt zu bemerken, daß etiwa jeit DI. 14 
(724 v. E.) der erſte Ephor Zrorvuog des Jahres 


die Nechtspflege in Privatitreitigleiten, teils um 
ftellvertretend Die Funktion der Könige auszuüben. war. — Auch in andern, namentlich dorijchen 
Eingejegt waren fie nad einigen Nachrichten be: | Staaten, 5. B. in Meſſene, There, Kyrene, Hera: 


390 Ephoros — Epicharmos. 


Hleia, gab es Beamte diejes Namens. Bgl. D. |archen mitgegeben wurden, um fie zu beraten. 
Müller, Dorier I ©. 111 ff., Schömann, griechifche | Thuc. 8, 61. 
Altert. 1S. 237 ff. Schäfer, de ephoris Lacedaem.) 'ExıBoAn bezeichnet eine in Geld beftehende 
(1863), Dum, Entft. und eig? de3 jpart. | Bolizei: oder Ordnungsitrafe, die ein Magiftrat 
Ephorats (1878), — 2) 5 Männer, die von dem | (nicht bloß die eigentl. @egowres, jondern aud) die 
Hetairien der Oligarchen in Athen nach der Schlacht | auf beftimmte Frıft und mit beftimmtem Mandat 
bei Aigospotamoi als geheimer Centralausſchuß ernannten Kommiffare, Zmiueintei, ja jelbft die 
eingejept wurden, um die gemeinfamen Intereffen | Choragen und vielleicht auch die Trierarchen ), ſowie 
der Verſchworenen wahrzunehmen und durch ver: | der Rat und ber Wreopag innerhalb eines be: 
räteriiche Maßregeln der Verteidigung der Stadt | ftimmten Maßes bei VBergehungen, die in feinen 
gegen Lyſandros Hinderniffe in den Weg zu legen. | Amtskreis fallen, von Amts wegen jelbftändig auf: 
us. Eratosth. 43 ff. erlegen konnten (£mußolüg Edmißdllsır), während 
Ephöros, "Epogos, aus Kyme in Niolis (etwa | bei — Vergehungen oder im Falle, daß die 
zwiſchen 405 und 330 v. E.), Sohn des Demophi—- ZmıßoArj nicht wirkte, der Geſetzesübertreter gericht: 
los, genoß zugleich mit Theopompos den Unter: lich zu belangen war. So wurde, wer Waiſen 
richt des Iſokrates und wurde von diefem auf die | beleidigte, vom Archon, in deſſen Obhut diejelben 
Behandlung der älteren Geichichte geleitet. Strab. | ftanden, entweder, wenn die Beleidigung eine ge: 
13, 622. Cie. de or. 2, 13, 57. Mit vielem Fleiß | ringere war, jelbftändig in Strafe genommen, oder, 
jammelte er den Stoff durch Reifen und aus den | bei ſchwereren Kränkungen, vor Gericht gezogen. 
mannigfaltigiten Quellen, faßte zuerit den Plan | Appellation gegen eine ZmißoAr ſcheint zuläifig 
einer allgemeinen Völkergeſchichte (r« xa#oLov, | geweien zu fein. Unbelannt ift die Höhe der Summe, 
Pol. 5, 33), verließ aber dabei ganz die Mythen: | innerhalb deren die Strafbefugnis der einzelnen Be: 
eit und begann mit der Rückkehr der Herafliden. | hörden bejtand. Abhandlung von Siegfried (1876). 
In 30 Büchern ftellte er dar die Begebenheiten) Epibomios j. Eleusinia, 6. 
bis zur Belagerung von Berinthos im J. 310 v. C. Epichäris, ’Eriyagıs, eine römiſche FFreigelaj: 
(nad) Suidas 750 Jahre); jedoch wurde das dreißigfte | jene, welche wahrjcheinlich als Geliebte eines Bru— 
Bud, von dem heiligen Kriege an, feinem Sohne | ders des Seneca (der auch in die Sache verwidelt 
Demophilos beigelegt. Diod. Sıc. 16, 14. Athen. | war) Kunde von der Verſchwörung des Piſo 65 
6, 232 d, Eph. ging aus von der geographiichen |. E. erhalten hatte und nun auf alle Weife die: 
Beichreibung der einzelnen Länder, deutete vor: | jelbe zu fördern ſuchte. Zwar konnte ihr anfangs 
fommende Mythen * hiſtoriſche Weiſe und berei- nichts bewieſen werden, als Voluſius Proculus, 
tete durch Einführung des räſonnierenden Elements | Nauarch auf der Flotte zu Miſenum, fie dem Nero 
den Pragmatismus des Polybios vor. Die Dar: | verraten hatte; als man aber ipäter der Verſchwö— 
ftellung hatte einen rhetorifchen Anftrich, janf aber | rung näher auf die Spur fam, jpannte man fie 
doch, ungeachtet der Korrektheit und Neinheit des | auf die Folter. Indes vermochte feine Beinigung 
Ausdruds, öfters zur Monotonie hinab. Sein viel | fie zur VBerräterin zu machen; fie benußte vielmehr, 
gelejenes, viel bewundertes, doch auch ſchwer ge: | als jie abermals zur Folter getragen wurde, die 
tadeltes Werf, cine Hauptquelle des Diodor von | Belegenheit, um ſich mit einer aus dem Bujen 
Sieilien, auch von Strabon, Trogus Pompejus, | gezogenen Binde an der Lehne des Seflels zu er: 
Plutarh und Paufanias viel benußt, wurde im | drofjeln. Zac. ann. 15, 51. 57. Dio Cass, 62, 27. 
alerandriniichen Zeitalter fortgejegt von Diyllos Polyaen. strat. 8, 62. 
von Athen, Piaon von Plataiai und Menobotos picharmos, 'Erigaguos, aus Kos, geb. um 
von Berinth. Noch wird ihm ein Werk euprjucıc | 540 v. E., Sohn des Elothales, eines Arztes, ein 
in 2 BB. beigelegt. — Sammlung der Bruch: | berühmter griechiicher Komiker, verlieh frühzeitig 
ftüde von Meier Mary (1815) und von Müller, ſeine Baterjtadt und hielt fich abwechjeind in ver: 
fragm. hist. Graee. I p. 234 ff. Bgl. auch | jchiedenen Städten Siciliens, befonders in Megara, 
Skymnos. auf. Nach Zeritörung diefer Stadt fam er nach 
Ephyra, ’Egvg) (ob aiol. für page = Warte?), | Syrafus, wo er unter Hierons Regierung als 
velaigiicher Städtename: des jpäteren Korinthos komiſcher Dichter jich hervorthat. Dort foll er auch 
($ d.), in Elis am Selleeisfluß (77. 2, 659. 6, 152), |in einem Alter von 90 Jahren geftorben jein, 
in Theffalien (jpäter Krannon), in Aitolien (“nun | etwa 450. Bon diejem jeinem Aufenthalte in Si- 
’Eg., Thuc. 3, 106. 111), in Epeiros und zwar | cilien heißt er Siculus (Ve, tuse. 1,8, 15. ad Att. 
in Thejprotien (jpäter Kichyros). T’huc. 1,46. Dies | 1, 19, 8). In früheren Jahren joll er ſich der 
icheint auch das von Homer (Od. 1, 259, ſ. dazu | Philojophie des Pythagoras zugeneigt haben, auch 
Nitzſch) genannte Ephyra zu jein, während andere | Arzt geweien jein, jpäter aber widmete er fich 
hier das elifche finden. Strab. 8, 338. Noch andere | ausichließlich der Komödie. Ihm verdankt die 
halten das Ephyre der Ilias und der Odyſſee für | jogenannte doriſch-ſieiliſſche Komödie ihre Aus: 
identiich und zwar für eine Binnenftabt im Argos. | bildung zu einer geregelten, kunftvolleren Form, 
Außerdem hieß fo eine Inſel im Argoliichen | wofür neben ihm auch Phormis und Deino— 
Meerbujen. lochos, nah ihm Sophron und Kenarhos 
ExıBaraı heißen im allgemeinen alle Berjonen | wirkten. Als echte Dramen des Epicharmos wur: 
auf dem Schiffe, die nicht zur eigentlichen Beman= | den 35 anerfannt, deren Titel ſich auch jegt noch 
nung gehören, die Reifenden und namentlich die | herausfinden laſſen. Bruchſtücke find mur in ge— 
Seeſoldaten. Dieſe wurden in Athen meift aus | ringer Zahl und mit unechten vermiicht vorhanden 
der legten Bermögensklaffe, den Theten, genommen | (gejammelt am beiten von A. O. F. Yorenz, 1864); 
und nur im —— Fällen aus den von keinem Stücke läßt ſich aus denſelben Plan 
höheren Klaſſen. Thac. 3, 16. 8, 24. — In und Inhalt mit einiger Sicherheit angeben. Die 
Sparta hießen jo die Bürger, welche den Naus Mehrzahl der Titel bietet leere Namen, nur wenige 


Ir __® 
Eruysıporovie — Epigramm. 


treten in einem helleren Lichte hervor, z. B. Aßces 
yduos, Apaıorog oder Kouasrei. Andere gaben 
Scenen und Abenteuer aus gangbaren Mythen: 
freien, wie Bovorgıg, Auvrog, Kurlarp, Odvassig 
vevayög, Toooc nal IIpouadevg, Lerpijweg u. |. w. 
Was Plan und Ofonomie im allgemeinen be 
trifft, jo laffen die Winfe der Alten (Hor. ep. 
2,1, 58) erlennen, daß der Dichter nach Art der 
römijchen comoedia motoria zu eilen pflegte und 
einen einfachen Stoff ohne Vertiefung der Charak— 
teriftit und ohne funftvolle Verwicklung raſch er- 
vonierte und dem Ende zuführte. Der Dialekt 
jeiner Stüde galt für gut doriih. Einfach, aber 
nicht ftreng forreft behandelt waren jeine Metra; 
am liebjten gebrauchte er den trochäiichen Tetra— 
meter im Dialoge (metrum Epicharmium). 

’Eriyeigorovia hie ein doppelter At des 
Beichlufjes durdy Stimmenmehrheit in Athen: 1) 2. 
rör vöuwr, die alljährlich in der erften Boltsver: 
jammlung vorgenommene Geſetzreviſion, worauf 
die Nomotheten für das Weitere zu jorgen hatten, 
ſ. Enrinole, 6.; — 2) &. rör deyür, bie in 
der erften Bolfsverjammlung jeder Prytanie wieder: 
holte Betätigung der Amter, indem der Archon 
fragte: el Öonel nalöüg apyeır Taaorog, wobei es 
iedem freiftand eine Beichtwerde vorzubringen (mgo- 
Bdlleohaı, mgoßoirj, j. d.) und auf die Entfer- 
nung eines Beamten anzutragen. Die auf dieje 
Weile Verworfenen (drogsiporovovuero:) verloren 
ihren Kranz und wurden juspendiert, bis die Sadıe, | 
welche gegen fie vorlag, durch ein heliaftiiches Ge— 
richt entichieden war. 

Epidamnos, ’Eridauvos, bedeutende Handels: 
ftadt am Adriatiſchen Meere auf einer Halbinjel 
im griechiichen Illyrien, Kolonie der Kerfyraier. 
Die Streitigkeiten beider waren mit Veranlaſſung 
zum peloponneitichen Kriege. Thuc. 1, 24 ff. Hier 
begann die Egnatijche Straße nad) Öyzantion, 
eine Fortjegun 
man fih in Beat us einichiffte. 
verwandelten den Namen, der ominös an damnum 
erinnerte (Plaut. Men. 2, 1, 39), in Dyrrha= 
chiumz; ji. —— oder Draſch. Liv. 29, 12. Caes. 
b.e.3, 13 ff. Cie. ad fam. 14, 1.3. Plane. 41. 
ad Brut. 1, 6. 

Eridevgie, rü, ein Felt zu Athen, wahr: 
icheinlich am vierten Tage der eleuſiniſchen Myſte— 
rien zu Ehren des Ajflepios gefeiert. Paus. 2, 26, 8. 
Bol. Mommien, Heortologie S. 250. 

Epidauros j. Argos, 7. 

Epidauros Limöra j. Lakonika, 6. 

’Erxıdöseıc. in Athen freiwillige Beiträge der 
Bürger und Metoifen an die Staatsfaffe, direkt 
oder 3. B. durch Übernahme einer Leiturgie außer 
der gejeglichen Reihenfolge. Demosth. Mid. 13. 
160. 165. Phorm. 38. Lycurg. Leoer. 110. Gegen: 


der Appiſchen in Jtalien, von wo| 
Die Römer Urſprung nad eine poetiſche Aufichrift auf 


391 


ſich in diejer Beziehung eine ähnliche Trennung 
zwijchen Adel und Voll, wie in Nom vor dem 
canulejiichen Gejege, jo daß Epigamie nur zwiichen 
den Angehörigen des herrihenden Standes ſtatt— 
fand; Nichtbürger dagegen, auch die Metoifen, waren, 
jelbft in dem jonft gegen Fremde jehr humanen 
Athen, von der Epigamie ausgeichloffen; und nur 
in bejonderen Fällen wird Epigamie durch Volts- 
beichluß verliehen zugleih mit dem Bürgerrecht, 
jowohl an einzelne, als auch bisweilen an ganze 
Staaten, 3. B. an die Plataier. Nah Lyſias 
(ünto rg nolır. $ 3) fcheinen die Euboier Die 
Epigamie befommen zu haben, ohne Bürger von 
Athen zu fein. 
pigenes, ’Erıyerng, 1) aus Sikyon, ein alter 
griechiither Tragifer, lebte noch vor Theipis und 
gehört den erften Anfängen der griechiichen Tra: 
ödie an. Sonſt nicht näher befannt. — 2) ein 
ichter der neueren attiichen Komödie, Zeitgenofie 
des Antiphanes. 5 Stüde find den Titeln nad) 
befannt und wenige Bruchjtüde erhalten, gefammelt 
von Meinefe, fragm. com. Graeec. III p. 537 ff. 
(II p.773 d. Heineren Ausg.), und Kod, com. Att. 
fragm. Il p. 416 ff. — 3) Sohn des Kriton und 
Schüler des Solrates. Xen. mem. 3, 12,1. — 
4) Sohn des Antiphon aus Mthen, gleichfalls 
Schüler des Sokrates. -- 5) aus Rhodos, hatte 
eine jet verlorene Schrift über den Yandbau ver: 
faßt. — 6) mit dem Beinamen Gnomonikos, aus 
Byzanz, Aftronom, deffen Schriften verloren find, 
der aber von PBlinius (7, 5, 56 und 57) und von 
Seneca (nat. qu. 7, 3 und 6) erwähnt wird und 
jeine Kenntnis von den Chaldäern erhalten hatte. 
Epigonen, ’Eriyovra, 1) j. Adrastos, — 
2) Name eines fyfliichen Gedichtes (j. Epos, 4.), 
das von einigen dem Homer beigelegt wurde. 
Hdt. 4, 32. Bgl. Kinkel, ep. Graee. fragm. I 
p. 13. 
Epigramm, /xiyoauue, it dem Wort und 


einem Weihgejchent, einem Grabmal, einem Kunft: 
werk, um unter Angabe des Weihenden oder des 
Berfertigers und mit Bezeichnung des Zwedes den 
eiftigen Gehalt des dem Auge ſich darbietenden 
Segenftandes auszudrüden. Die Haupttugend eines 
ſolchen Heinen Gedichtes war bei aller Einfachheit 
Schärfe und Abrundung des Gedantens und des 
Ausdruds. Schon die Älteren Dichter, Archilochos, 
Sappho u. a., haben ſich in Abfaſſung von Epi: 
grammen verjucht; der eigentliche Begründer aber 
der epigrammatischen Kunft war Simonides von 
Keos. Seine Epigramme, zum großen Teil für 
die Monumente der Kämpfer in den Perjerfriegen 
gedichtet, find vollendete Mufter poetiicher Auf: 
faffung, ausgezeichnet durch Schärfe des Gedankens 
und großartige Einfachheit. — Das Epigramm diente 


jag ift eldspopd, vom Staate ausgejchriebene |aber nicht bloß als Aufichrift für wirkliche Gegen: 
ordentlihe Steuer. ftände, ſondern man fingierte auch ſolche Auf: 

’Erıyauie, das römische conubium, das Recht ‚schriften, z. B. auf Grabmäler von Dichtern und 
der Ehegenofjenjchaft, welches ſowohl im griechiichen | Philofophen und auf berühmte Kunſtwerke; man 
als im römischen Altertum (man denke an die | wählte jich ferner bedeutjame Situationen aus den 
Kämpfe der Plebejer um die Erlangung des Co— | äußeren Leben, um in geiftreichen Kombinationen 
nubium mit den Batriciern) für den Ausdrud | den inneren Kern desjelben zur allgemeinen Sen: 
der politiihen Zujammengehörigkeit galt, indem |tenz zu erheben oder ein Feines artiges Bild zu 
die Alten jehr viel auf undermijchte Reinheit der | entwerfen. So wurde das Epigramm zum Sinn: 
Abſtammung hielten. Im allgemeinen beitand |gedicht und Gelegenheitsgedicht. Amt meijten 
Epigamie zwiſchen den jämtlihen Bürgern des: | wurden dieje legten Arten des Epigramms von 
jelben Staates; nur in einigen Dligarchien findet | den Nlerandrinern bearbeitet, zu einer Zeit, wo 


392 


die griechiiche Poeſie die Kraft zu größeren Pro: 
duftionen verloren hatte. In Dielen fleineren 
Gedichten aber entfaltete der poetiiche Sinn der 
Griechen nocd immer eine große Anmut und Fein: 
heit, Bieljeitigteit und Gemwandtheit. Die Stoffe 
waren gewöhnlich aus dem Kreiſe der Litteratur 
und Kunft und aus dem Privatleben gewählt. Die 
von den Alerandrinern geübte Epigrammendichtung 
wurde in der folge bis in die römijche und by- 
zantiniiche Kaiſerzeit, allerdings oft mit wenig 
Seift, aber gewöhnlich doch noch mit einigem 
Geſchick, fortgejegt. Über einzelne Epigrammen- 
dichter der Griechen vgl. Anthologia Graeca. 
— Bei den Römern hat das Epigramm in der: 
jelben Mannigfaltigkeit wie bei den Griechen jeine 
Pilege gefunden. Bon Ennius an laffen fich die 
Dichter verfolgen, die in dem 7. Jahrhundert und 
in dem augufteifchen Zeitalter zahlreicher werden. 
Unter Domitian tritt Martialis, ipäter Auſo— 
nius hervor. Über die Sammlungen vgl. An- 
thologia Latina. — Das dem Epigramm 
geeignetjte Versmaß tft das Diftichon; doch wurden 
bisweilen auch andere Maße angewendet. Der 
Dialekt des griechiichen Epigramms ift gewöhnlich 
der tomiiche, doch wich man auch je nach der 
Örtlichleit davon ab. 

’Eriygageis oder diaygagpeis, Imıyvauonss, 
atheniiche außerordentliche Beamte, hatten die Bei- 
träge umzulegen, welche von einzelnen Nontribueuten 
zu einer Steuer zu erheben waren, 5. B. von den 
Symmoriten (bier auch &xAoysig genannt), von den 
Bürgern zur edspogd u. j. w.; fie mußten auch die 
jäumigen Bahler belangen. 

Epikaste j. Oidipus, 

"Erixingos |. Erbrecht, 2. 

Epiknemidii ji. Lokris, 4. 

Epikrätes, ’Erısodrng, aus Ambrakia, Dichter 
der neueren attiichen Komödie um 350 vd. E., ver: 
band mit Geijt und Witz Gewandtheit im Aus— 
druck und metriiche —* Von 7 Stücken ſind 
Fragmente übrig, geſammelt von Meinete, fragın. 
vom. (Graec. Ill p. 365 ff. (Il p. 680 ff. d. klein. 
Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. II p. 282 ff. 

Epiktötos, ’Erixenrog, geboren zu Hierapolis 
in Phrugien, lebte lange in Rom als Sklave des 
Epaphroditos, eines Günftlings des Nero, der ihm 
ipäter, ergriffen von jeinem hohen und freien 
Seifte, die Freiheit gab. Epiftet hörte darauf den 
Muſonius Rufus, und ganz eingenommen für die 
Lehre der Stoa, juchte er he in Rom zu verbrei: 
ten, doch ohne bejonderen Erfolg. Als nad einem 
Befehl des Domitian 94 n. E. alle Philoſophen 
Rom verlajjen mußten, ging er nad) Nitopolis in 
Epeiros, lebte da bis in die Regierungszeit des 
Hadrian, lehrte nach der Weije jeines Borbildes 
Sokrates durch freies Gejpräh in Hallen und auf 
Plätzen und jammelte eine große Anzahl Schüler, 
zu denen namentlich Arrian und Favonius gehör: 
ten. Schriftliches hat er nicht hinterlaflen. Da: 
gegen veröffentlichte Arrian nach dem Tode des 
Vehrers die ’Erıixrijrov Ödiargißei, in 8 Büchern, 
bon welchen 4 erhalten find, und ftellte unter dem 
Namen ’Eyysipidöior die Hauptpunkte der Lehre 
des Epiftet in einer Reihe furzer Sätze zujam: 
men. Beide Werke hat Schweighäufer mit dem 
Kommentar des Simplifios und einigen fpäteren 
Paraphraſen herausgegeben (1799 f. in 5 Bbb.), 
nad ihm Dübner (1840). Ausg. des Encdeiridion 


"Emygageis 


— Epikuros. 


von Heyne (3. Aufl. 1783). — Fern von dem ge: 
wöhnlichen Hochmut der damaligen Stoiker juchte 
er dem bereits abfterbenden, fi) beionders in Dia- 
feftit und Phyſik gefallenden griechiihen Stoi— 
cismus eine durch fofratiiche Gedanfen gemilderte 
Tugendiehre entgegenzuftellen. Für Erörterungen, 
die nicht der Erwedung und Belebung der Sitt- 
lichfeit ſich förderlich erweiien, hat er feine Muße. 
Darin entjagt er der anmaßlichen Weisheit der 
Stoa und neigt jich einer * eklektiſchen Rich: 
tung zu. Die Logif hatte beſondere Bedeutung, 
injofern fie zur Selbſtkenntnis, jowie zur Unter: 
icheidung zwiichen Gutem und Böſem anleitete. 
Die Ethik begründete er nicht auf dem Prinzip 
früherer Stoifer, in Harmonie mit der Natur zu 
leben, jondern er ging aus von dem Menichen 
ſelbſt. „Einiges fteht in unſerer Macht, als Mei: 
nen, Begehren, Abneigung u. j. w., anderes nicht, 
als unjer Leib und Leben, Ruhm, SHerrichaft, 
überhaupt alles, was nicht unjere That ift. Nur 
in jenes Gebiet gehört das Gute und Böſe. Gut 
it, was der wahrhaften Natur des Geiftes ent- 
ſpricht, bös, was derjelben zumwiderläuft; das 
Böſe ift aljo ein Irrtum, Was nicht in unierer 
Macht ftcht, ift für uns ein ddıdpopor; und die 
Tugend beiteht nun bejonders in der Abwehr 
diejer äußeren Dinge, die unſere Freiheit ftören.“ 
Der höchſte Grundſatz des Lebens und der Lehre 
des Epiftet war daher Geduld und Enthaltiamteit 
(Ereyov nal ereyov). Im ganzen ift aber jeine 
Ethik weniger gerichtet auf eine objektive Ent: 
widelung der Ideen und wiflenichaftliche Begrün— 
dung, als auf praftiiche Anwendung (dv ıi zer- 
os rar Hewpnudror) Die Pivinatton verwarf 
er nicht, räumte ihr aber feinen bejonderen Wert 
ein, als zu den Äußeren Dingen gehörend, da= 
egen wich er ab von den älteren Stoifern durdy 
Annahme von Dämonen oder Genien, die Zeus 
jedem Menichen beigegeben, um ihn überall zu 
begleiten und zu bewachen. 

piküros, 'Erixovgos, Stifter der nach ihm 
benannten epifureiichen Bhilojophie oder Schule 
der Epifureer (Epieurei, ’Ertnovgeion), aus dem 
attijchen Demos Gargettos, geb. 342 v. C., 309 
mit jeinem Vater Neofles in einer atheniſchen 
Kolonie nach Samos, kehrte aber im Alter von 
18 Jahren, während Ariftoteles in Chaltis lebte, 
nach Athen zurüd, wo er das Studium von Demo: 
fritos’ Philoſophie fortjegte und mit dem Pla— 
tonifer Kenofrates und mit Theophraſt Umgang 
pflegte. Zuerſt als Lchrer eines philojophiichen 
Spitems trat er in Mytilene auf Leibos und zu 
Lampſakos in Kleinaſien auf und ſetzte dieies von 
jeinem 36. Lebensjahre an in Athen fort, wo er 
in einem von ihm angelauften Garten einfach 
und enthaltiam den Wiffenjchaften lebte. Das Lob 
Giceros (fin. 2, 25: bonum, comem et huma- 
num) tönt auch in andern Zeugniffen des Alter: 
tums nach; als er im 71. Jahre feines Alters 
jtarb, folgte ihm eine jeltene Liebe und Verehrung 
jeiner dankbaren Schüler. Dieje bildeten auch 
unter fich eine fefte, fait geichlofiene Vereinigun 
und hingen jo treu an des Meiſters Syſtem, da 
außer dem Metrodoros feiner genannt wird, der 
eine Anderung oder weitere Ausführung desjelben 
verjucht habe, was auch wohl in jeinem Wejen 
und Charakter begründet lag. — Epikurs Philo: 
jophie bildet einen gewiſſen Gegenſatz zu der ſtoi— 


Epikydes — "Enuueyie. 


*3 letztere ſetzte den Begriff als das Wahr 

te das Sein zu einem gedachten, Epi 
. 2* alle Gewißheit auf — Bahr. 
* mung und dieſe wiederum auf Empfindung 
beruhen; er nahm damit im weſentlichen die Lehre 
der enaiter (ih. ——— ) wieder auf und 
erhob diejelbe zu en iſſenſchaftlichkeit. Die 
Philoſophie > t ihm in Kanonif, Metaphvfif, 
Phyſik und Ethik. In der erften diejer Dijcipli- 
nen macht er die 3 Stufen der Erfenntnis in der 
Empfindung, «lsdneıg, der Voritellung, medinwıs, 
und der Meinung, Soda, deutlich. Die inneren 
Empfindungen oder Affelte find die Kriterien für 
das Praktische; fie find doppelter Art, Befriedigung 


und Schmerz, die erfte als dem Empfindenden ans 
gehörig, alle pofitiv, der andere als ihm fremd, 
alſo negativ. Aber jowohl hieraus als aucd aus 


jeiner Metaphyfif gehen nur dürftige piychologiiche 
Wahrheiten und Grundjäge des Erfennens hervor. 
Unſere Beziehung zu den Gegenftänden, die wir 
erfennen, denft er fich ungefähr jo: Bon der Ober- 
fläche der Dinge geht ein beitändiger Fluß aus, 
der jehr fein und darum für die Empfindung wicht 
jehr bemerkbar ift, weil der Gegenstand jelbit noch 
beharrt und ſich nicht verändert. Weil aber die 
Ablöjung der Oberfläche feine Tiefe hat, fo be- 
wegt fie ſich äußerſt ſchnell durch die Luft und 
geht ſo in uns über, daß wir es nicht merken, 
aber doch ein Zeugnis unjerer Zuftimmung er- 
teifen. Erlaugt die Vorſtellung diejes nicht für 
fich und geht im uns eine jolche Veränderung mit 
ihr vor ſich, daß die Empfindung nicht mehr rein 
ift, jo entjteht der Jrrtum. Dies hängt mit ber 
Atomenlchre des Leufippos und Demokritos zu— 
jammen und gt nicht wejentlich über diejelbe 
hinaus. Die Atome haben nad ihm keine Eigen: 
ichaft, außer Figur, Schwere und Größe, fie ändern 
fih nicht, während alle Eigenichaften der Ber- 
änderung unterworfen find. Dieje Veränderung 
und Unterbrehung ift die andere Seite zu den 
Atomen, das Leere. Der Einfluß hiervon auf die 
—— der Welt, ihrer Entſtehung und Regi 
iſt leicht zu erfennen, die teleologiiche — 
ng der Stoifer, insbefondere die Weisheit 
des Scöpfers bei ihrem Plan und Endzwed, fällt 
ganz; weg, und alles wird durch ein äuferliches, 
—— Zuſammenkommen der Figurationen der 
mmt. Die Seele beſteht ihm aus den 
feinften = rundeiten Atomen, noch ganz anders 
als das Teuer; fie ift ein feiner Geift, der durch 
die ganze Zufammenhäufung des Körpers zeritreut 
rg ift und an der Wärme desjelben 
eil hat. Endlich machte er in der Ethik nach der 
einieitigen Form abftrafter Einzelheit das Prinzip 
der Empfindung geltend, und zwar nach der Seite 
des Geniehens, des abjoluten Fürfichhabens, in 
gleicher Weije wie die Stoifer, nur im der ent: 
gegengejegten Richtung des abjofuten Entbehrens. 
Er machte daher, wie die Kyrenailer, die „dor 
oder das Vergnügen, die jinnlihe Luſt, zum 
Prinzipe des Handelns, wenn er es auch ebenfalls 
betonte, dab es jehr darauf anfomme, welche 
unter den verichiedenen Weijen des Genuſſes die 
Dauerndfte und befriedigendite jei. Er tradhtete 
nach der durch Bernunft zu erwerbenden Glück⸗ 
jeligfeit; denn es jei vorzuziehen, mit Vernunft 
unglüdlih zu jein (sbloylorwg &ruzeiv) als mit 
Inserat glüdlih (dAoylorag ehrugeir). Frei— 


395 


e | heit von and und Begierde (Aragadia) und 
erg ovia) gelten als die höchiten Ver— 
nügungen ( —— ndoral). Darum 
rei ihm auch die Götter die Ideale des 
jeligen Lebens, die fich natürlich nicht um das 
fümmern dürfen, was dieſe ihre Seligkeit jtören 
oder trüben fanıı, und darum in den Zwiſchen— 
räumen der Welt wohnen, wohin fein Ungentad) 
der Erde, fein Sturm und Regen dringt. Das 
Weſen derjelben ift ungerjtörbar (&pdagror), ihre 
Erkenntnis evident (Zvapyıs). — Epilur hat zwar 

zahlreiche Schriften hinterlaffen, aber jie find micht 
auf uns gefommen, und wir kennen daher jein 
Spitem fait mur aus der mangelhaften Darjtellung 
des Diogenes von Yaerte, der uns aber das Teſta— 
ment desjelben, 3 Briefe (von denen freilich nur 
der erfte und dritte als vollfommen authentiſch 
gelten können, während der zweite als ein Auszug 
aus dem Werfe nepl picsas au betrachten iſt 
und 44 moraliſche Ausſprüche („ugıaı oder önrai 
dokeı [eine Art von Katechismus der epikureiſchen 
Lehre, ſchwerlich von Epikur jelbft ‚herrührend] ) 
aufbewahrt hat; auch die in Herculaneum auf: 
gefundenen Fragmente von ſeinem Hauptiverfe 
(megl picewg in 37 BB.) geben uns wenig Auf: 
klärung (herausg. von J. € Drelli. 1818). Die 
Briefe über Phyſik und "Meteorologie hat Schnei: 
der (1813) —— Die epikureiſche Phyſik 
haben wir in dem aus ezeichneten Lehrgedichte des 
Römers Lucretins. in unverdächtiges Zeugnis 
über jeine moraliichen Anfichten gibt Sen. de vit. 
beat. 12 und 13, demm nur feine Gegner haben 
ihn als einen Füftling geichildert. Ausgezeichnete 
Sammlung der Sragmente nebſt Unterfuchungen 
über Epifuros’ Leben und Schriften von Uſener 
(Epicurea, 1887). 

Eoikydes, "Erınböng, 1) ein athenifcher De- 
magog, Nebenbuhler des Themiftofles. Plut. 
Them. 6. — 2) ein in Karthago geborener Syra— 
fufier, wurde zugleich mit jeinem Bruder Hippo: 
frates zu Hieronymos nach Syrafus geichidt, um 
die farthagiichen Intereſſen zu fördern, 215 v. C. 

Als nad) Hieronymos’ Ermordung die Syrakuſier 
fich wieder den Römern zumandten, begab er ſich 
zu den Leontinern und wiegelte dieje auf, dann 
ehrte er nach Syrakus zurüd, leitete zum Teil 
die Verteidigung gegen Marcellus, wandte ſich 
nach der Eroberung von Syrakus nach Agrigent 
und ſcheint, als dieſes von M. Valerius Lävinus 
erobert wurde (210), nach Karthago zurüdgefchrt 
zu, fein. Liv. 24, 6. 23. 25, 23. 40. 26, 40. 

es Peer Erjagmänner, suffeeti. Um 
bei der Erledigung eines Amtes durch Entſetzung 
oder Tod dasjelbe ſogleich wieder bejegen zu kön— 
nen, wurden im voraus für jeden Beamten, jo: 
wie für die Buleuten Erjagmänner beitimmt (Fxd- 
sro rar Auyörrov Eregog Zmehdygaver), Die 
dmilagövres hießen und in dem erwähnten Kalle 
—— in das erledigte Amt eintraten. Der Aus: 
ruck gilt jedoch nur für jolche Ämter, die durchs 
Los bejegt wurden. Für die durch Wahl bejegten 
trat in jedem —— Falle Nachwahl ein. 
Demosth. Aesch. Ütes. 62. 

Erıuegia, Schupbündnis zur Verteidigung, 
im alle einer der Verbündeten mir tiffen wird, 
während ovuuayia ein Schuß: und Trugbündnis 
bezeichnet (were robs aörong Lybooös nel pikovs 
vouisew). So ſchließen die Athener mit den 


394 


Kerkyraiern feine Symmachie, um nicht, im Kalle 
eines Angriffes der Kerkyraier gegen Korinth, zum 
Bruche des Bündnifjes mit den Peloponnejiern 
genötigt zu fein, wohl aber eine Epimachie für 
den Fall, daß jemand Kerkyra oder Athen oder 
die beibderjeitigen Bundesgenofien (svuuezgoı) ans 
griffe. Thuc. 1, 44. 

’Ertueintel, eine Art Beamten in Athen, 
welche fich von den &pyovres im eigentlichen Sinne 
dadurch unterichieden, daß fie meiſt nur für einen 
bejtimmten Zweck (3. B. Bejorgung Öffentlicher 
Bauten, gewiffer FFeitfeiern) ernannt wurden, viel- 
fach nicht vom Volke, jondern von den einzelnen 
Phylen, ferner meiftens feine Vorftandichaft in 
Prozeffen (nyenorca) hatten und ſchließlich der 
Bränung vor dem Antritt (doxımuaoi«) gewöhnlich 
nicht unterworfen waren. Dft ift die Grenze zwi— 
chen Zrıueisıe und deyrj nicht zu ziehen, 3. B. 
Aeschin. Otes. 398, wo jcharfe Unterfheibung ber: 
mißt wird. Eigentliche Epimeleten (Kuratoren) 
find die Zmusintel rör gulör (Ü. Dolı, 8.). 

- Dagegen gibt e8 2 Arten von Zmuueintat, 
weiche allen Bedingungen nach wirkliche Beamte 
find: die 10 Zmiueintei tod Zumogiov (Hafen: 
polizei) und die 10 Zmiusiyrel rar reuolow 
(Borfteher der Werfte). 

Epimenides, ’Erweriöns, aus Whaiftos 
(Knoffos) auf Kreta, war allgemein befannt und 
gefeiert als ein von den Göttern mit geheimnis- 
vollen Gaben auägeftatteter Sühn- und Weihe: 
priefter. Schon von früher Zeit an jind jein 
Leben und feine Wirkſamkeit durch jagenhafte und 
wunderbare Fabeln ausgeichmüdt worden {er jollte 
lange Jahre in einer Höhle geichlafen haben, jollte 
nur Malven und Aſphodelos genießen u. j. w.). 
Tod find wir deshalb durchaus wicht genötigt, 
ihn (wie das z. B. neuerdings Nieje und Rohde 
gethan) ganz in die Fabelwelt zu verweiſen. Nach 
der jüngeren Überlieferung wird die — 
des Epim. in Athen mit der Sühnung des kylo— 
niichen Frevels in Verbindung gejebt. Hiernach 
ließen Die wir als es die durch das Kvio- 
veıov äyos (ſ. Kylon) befledte Stadt zu ent— 
jühnen galt, den Epim. berufen, der durch Süh— 
nungen und Stiftungen die Stadt reinigte und 
weihte, den beunruhigten Gemütern ihre Ruhe 
wiedergab und als Freund des Solon deilen Ne: 
formen anbahnte, indem er der Bürger Herzen 
für Gerechtigkeit und Eintracht gewann, im J. 
596 5. Plut. Sol.12. Die ältere und glaubwüdigere 
Überlieferung aber läßt den Epim. nicht infolge 
des fylonischen Frevels nach Athen berufen werden, 
jondern auf Befehl der Pythia infolge einer Reit, 
welche in der Stadt wütet. Diog. Laert. 1, 109, 
Da nun nah Platon (legg. 1, 642 D) Epim. 
10 Jahre vor dem Zuge der Perjer in Athen er- 
ſchien, und da aus einer Grabinfchrift (Corp. I. A. 
1, 475) mit Klarheit erhellt, daß wirklich um das 
J. 500 Athen von einer Peſt heimgelucht worden 
ift, „Jo wird man ohne Bedenken annehmen dür— 
fen, daß bei diejer Gelegenheit Epim. die Stadt 
reinigte, und dab man jpäter jeine Wirkſamkeit 
mit Solon in Beziehung ſetzte.“ Vgl. Bufolt, 
griech. Gejch. (1885 ff.) I ©. 508 ff. Monographie 
über Epim. von Schulte (1877). — Einige kojmo: 
gemiice Lehren wurden auf ihn zurüdgeführt. | 

on mehreren Gedichten und proſaiſchen Schrif- 
ten, die ihm beigelegt wurden, mögen am erjten 


Emueintal — Epistola. 


Orakelſprüche (zensuor) und Sühnlieder (nadag- 
wol) ihm angehört haben. Bekannt ift daraus ber 
Spruch auf die Kreter im Briefe des Paulus an 
Titus 1, 12, 

Epimötheus j. Prometheus. 

Erinogroı, Theten in Athen, welche um den 
jechften Teil des Ertrages die Ländereien der 
Reicheren beftellten; daher auch Zurnuöguoı ge 
nannt, ſ. Duknj, 4. 

’Ertvixıe, ri, bei den Griechen 1) die Sieges- 
eier zu Ehren eines Siegerd an den großen Feſt— 
pielen, in einem großen Feſtmahle b nd, ent⸗ 
weder von dem Sieger jelbit oder von deſſen 
Freunden veranftaltet. — 2) "Enirinıa (deunze), 
die Siegeslieder, welche zu Ehren des Siegers 
edichtet waren und oft wohl bei dem Mahle ge: 
—— wurden. Solche drırizı« hat Simonides 
und namentlich Pindaros gedichtet (Hor. od. 4, 
2, 17 ff.), j. Pindaros. 

Epiöne j. Asklepios, g. €. 

Erıirapnerig oder Erıanduwr, die Erbtoch- 
ter in Sparta = Zmiringog in Athen, ſ. Erb- 
recht, 2. 

Epiphanela, ’Erıpaveıc, 1) Stadt im öftlichen 
Kilifien, wenig nördlich von Iſſos und eine Tage- 
reife von den Amaniſchen Pforten, im Seeräuber: 
friege durch Pompejus mit Piraten bevölkert. 
Cicero (ad fam. 15, 4) erwähnt die Stadt bei 
Gelegenheit jeiner Kriegszüge in diejer Gegend. 
Der frühere Name war Diniandos. — ?2) alte 
Stadt in Oberjyrien am Orontes, von den Bewoh— 
nern Hamath genannt, von Antiochos IV. umge: 
naunt, j. wieder Hamah. 

’Erısnuaiveohau |. Aoyısrad. 

’Erısiteor, arme Leute, welche um die Koft 
dienten. Plat. r. p. 4, 420A. 

’Erioxoro:ı , Aufjeher, die die Athener bis: 
weilen zu den Bundesgenoffen jchidten, um die 
Angelegenheiten derjelben zu fontrollieren, politijche 
Agenten, ähnlich den Harmoften der Spartaner. 
Arist. Av. 1023 u. Schol. 

'Erisrareı rar Önuocior toyor, im Auf: 
trage des Volkes von den einzelnen Phylen er: 
wählte Beamte in Athen zur Bejorgung öffent: 
licher Arbeiten, Bauten und dergl. Es gehören 
zu ihnen z. B. die reıyomouol, rapgomoıoi, reıngo- 
rorol; es gab auch jolche der Waflerleitungen, der 
Tempel, der Gymnafien. Aeschin. Ctes.27 ff. Die 
Gelder zur Herftellung der betreffenden Arbeiten 
wurden aus der Staatsfafje angemwiejen. Daß die 
fmordrar r. d. &. in Sachen, die in ihren Amts: 
freis fielen, die gerichtliche Hegemonie hatten, läßt 
ſich vielleicht annehmen. Über den Zmıor. des Rats 
j. Bovinj, 4. 

Epistöla (epistula). Die Briefe der Griechen 
und Römer wurden auf Holztäfeldhen, welche mit 
Wachs überzogen waren (t«hellae, pugillares, j. 
Diptycha), oder auf Papyrus (charta) mit 
einer Art jchwarzer Tinte Tuſche) geichrieben. 
Darauf faltete man das Papier zujammen oder 
legte die Täfelchen aufeinander a. fnüpfte einen 
Faden herum (obligare), den man dann verfiegelte 
(obsignare sigillo, opeayis) und die Adreſſe hin- 
zufügte. Plaut. Bacch. 4, 4, 64. (ic. ad Att. 8,5. 
Vornehme Römer jchrieben die wenigften Briefe 
jelbit, jondern fie hatten dazu Sklaven oder Frei: 
gelafjene, genannt librarii ab epistulis, ama- 
nuenses, Die Verjendung bewirkte man durch 


’Enisroleig — Epodos. 


Privatluriere, tabellarii genannt. Erft in ber 
Kaiferzeit wurde eine Art Boftinftitut organisiert, 
j. Postwesen. — Zu Anfang des Briefes ftand 
regelmäßig der Name des Abjenders, welcher den 
Empfänger begrüßt, 3. B. M. Tullius Cicero C. 
lulio Caesari s. d. (salutem dieit‘; zum Schluffe 
fagte man gewöhnlich vale oder cura ut valeas, 
Der gewöhnliche Gruß der Griechen war zeige 
und am Schluſſe geweo. Dat Beder:Göll, Cha: 
ritles II ©. 158 ff. Gallus II ©. 456 ff. 

’Exrısroleug. jelten ’Erisroliepögog (Xen. 
Hell. 6, 2, 25), in Sparta Unterbefehlähaber zur 
See, dem Nauarchen beigegeben, zum Teil wohl 

zur Kontrolle. Lyſander wurde Epiftolens des 

uarchen Arakos, da niemand —— Nauarch 
ſein durfte, erhielt aber gleichwohl den Befehl über 
die Flotte. Xen. Hell. 2, 1, 7. 

Epiströphos, ’Eriorgopos, 1) Sohn des Ar— 
onauten Iphitos, Enkel des Naubolos in Phokis, 
ührte mit feinem Bruder Schedios die Phokier 
nach Troja. /1. 2, 517. — 2) Sohn des Euenos, 
wurde von Adyilleus auf dem Zuge gegen Lyr— 
neſſos (in Myſien) getötet. II. 2, 692. — 3) Heer: 
führer der Halizonen, ein Bundesgenoffe der Troer. 
Il. 2, 856. — 4) Vater des Amphimneftos, welcher 
fegtere zu den vielen Werbern um die Hand der 
Tochter des Kleifthenes von Sikyon gehörte. Hat. 
6, 127. 

Epitädens, ’Erırdöevs, ein jpartanischer Ephor, 
gab wahricheinlich zur Zeit der Nachfolger des 
Ageſilaos ein Geſetz, welches geftattete, durch Schen— 
fung oder Teftament einem andern nach freier 
Wahl feine Güter zu überlaffen, und wahrjchein- 
lich auc die Vererbung auf Töchter zulieh. Die 
Folge davon war, daß der Grundbeſitz in die Hände 
weniger und bejonders der Erbtöchter fam, und daf; 
die Zahl der grumdbefigenden Bürger immer mehr 
vermindert wurde. Plut. Agis 5. Arist. pol. 2, 6. 

Epitalion j. Elis. 

’Erırdgros (scil. Aöyos), d. i. Leichenrede, 
hieß in Athen bejonders die Rede, welche zur Feier 
der Beftattung der im ruhmvollen Kampfe für das 
Baterland Gefallenen von einem von jeiten des 
Staates dazu aufgeforderten Redner gehalten wurde. 
Dieſe öffentliche Verkündigung des Ruhmes der 
Gefallenen jollte die Überlebenden zu gleicher 
Tapferkeit anjpornen. Zuerſt ſcheint Ariſteides 
durch die Leichenrede auf die bei Plataiai Ge— 
bliebenen diejer Feier eine größere, allgemeinere 
Bedeutung gegeben zu haben, und die bedeutend: 
ſten Redner Pielten leitdem den Vortrag ſolcher 
Reden für rühmlih. So hielt Perikles die epi- 
taphiiche Rede auf die bei Samos, und daun die 
von Thulydides (2, 35 ff.) mitgeteilte Rede auf die 
in den en Jahren des peloponnefiichen Krieges 

Gefallenen. Allmählich fam es dahin, daß micht 
nur von Staats wegen jolche Neden gehalten, ſon— 
dern diejelben überhaupt zum ehrenden Andenken 
ausgezeichneter Männer abgefaht wurden, wie wir 
denn willen, dab Gorgias, Lyſias, Iſokrates, Hy— 
pereides und Demoſthenes ſolche verfaßt haben. 
In jpäterer Zeit, wo das Öffentliche Leben und 
die Berdienfte um dasjelbe feinen Stoff mehr geben 
konnten, boten ihn die Privatverhältnifie der ein— 
zelnen. So ift die große Zahl ſolcher Prunkreden, 
die das Altertum fannte, erflärlich und die Ge— 
nauigfeit, mit welcher die Rhetoren darüber han- 
dein. — Ahnlich find die laudationes funebres 


395 


der Römer, die freilich ihrem panegyrifchen Cha— 
rafter nad) feine lanteren Quellen der Gefchichte 
waren. gl. Cie. Brut. 16, 61. legg. 2, 25. 

Epithalamium j. Lyrische Poesie, 5. 

"Erirenos heißt in Athen, wer im vollen Beſitze 
jeines Bürgerrechtes und mit feiner Art der Atimie 
belegt ift. Bal. Arınla, &rınog. 

"Erırgonn ift in Athen der Kompromiß, den 
2 ftreitende Barteien eingehen, die Entſcheidung 
ihrer Sache Privatichiedsrichtern, nicht den öffent: 
fihen Diaiteten (ſ. d.) zu übertragen (dmirok- 
reohaı Ölcırar). Isoer. Callim. 11. trapez. 19. 
Demosth. Apat. 14. Bei diejem Verfahren fiel 
die Zuläſſigkeit einer weiteren Appellation fort. 

'’Erxirgorxos, der Vormund vaterlojer Waiſen 
in Athen, welcher, wenn eine teitamentariiche Ver: 
fügung des Vaters (»Ugıog) darüber nicht vor: 
handen war, oder wenn der vom Vater Ernannte 
untauglic war oder die Vormundſchaft abichlug, 
vom Archon mit beionderer Rüdjichtnahme auf die 
nächiten Verwandten beftimmt ward. Es konnten 
ein oder mehrere Vormünder ernannt werden. Ein 
Vormund, der jein Amt fchlecht verwaltet hatte, 
fonnte durch die dmırgonijs dran oder yoapıj be: 
langt werden, j. Ian. — Der Ausdrud (Auf: 
jeher, Beichüger) fommt auch als Beiname mehrerer 
Sötter vor, 3. B. des Hermes. Pind. ol. 1, 106. 

Epizephyrii ſ. Lokris, 6. 

"ErwBelle, eine Buße, den fjechiten Teil des 
ftreitigen Gegenſtandes betragend (einen Obolos 
von der Drachme, die in gewiffen Privatprozefien 
der Kläger, wenn er nicht den fünften Teil der 
Stimmen erhalten hatte, an den Gegner als Ent: 
ihädigung zahlen mußte. Ber der drziyoagpı) 
($. d.) traf diefe Buße auch den urjprünglichen 
Beklagten, wenn er in feiner Gegenflage nicht den 
fünften Teil der Stimmen erhalten hatte, des— 
gleichen bei der zaguyguprj. In welchen Magen 
die Epobelie eintrat, ift zweifelhaft, da wir nicht 
willen, was unter den ddx«ı Yonuarızai, in denen 
fie nach der Angabe von Grammatifern eintrat, 
zu verftehen ift. Daß fie in VBormundichaftstlagen 
eintrat, willen wir aus Demofthenes; wahrſchein— 
lich trat fie auch in Handelsklagen ein. — In 
öffentlichen Prozefien fand fie micht ftatt, außer 
wahricheinlich in der Phaſis (vgl. Basız) neben 
der Buhe von 1000 Drachmen, welche in allen 
öffentlichen Klagen außer in der Eisangelie ge: 
zahlt wurde. Bei der Phaſis aber trat deshalb 
doppelte Strafe ein, weil hier, neben dem Intereſſe 
des Staates, auch noch das einer Privatperſon 
verfolgt wurde. Vgl. Meier und Schömann, att. 
Prozeß ©. 947 ff. der 2. Aufl. 

Epöcha, Moxn, ein Stilljtands: oder Anhalts- 
punft von bejonderer geichichtlicher Wichtigkeit, der 
eben deshalb den Beginn einer neuen Zeitrechnung, 
Aera, bildet. Lebteres (eigentlich Plural von aes, 
daher Rechnungspoften, gegebene Zahl in der 
Mathematif) ift die von einem ſolchen Zeitpunkte 
an gerechnete Nahresreihe, z. B. Weltära (jeit Er: 
ſchaffung der Welt), chrijtl. Ara (jeit Chriftus). In 
dem gewöhnlichen Sprachgebrauche bezeichnet Ara 
auch einen längeren oder kürzeren Zeitraum, etwa 
wie „Beriode”. 

Epödos, Zroöös, Nachgeſang, ber legte Teil 
eines lyriſchen Gedichtes, der nach der Strophe 
und Antiftrophe geiungen wurde. Gedichte mit 
jolhen Schlußgefängen hießen Zawdırd. Solche 


396 "Enotxor 


Gedichte find die des Pindar und viele Chor: 
gejänge in den griechiſchen Dramen (3. B. Soph. 
Oed. Col. 1211 ff. Trach. 497 ff). — 2) der in 
einem Gedichte nad beitimmten Zwiſchenräumen 
wiederfehrende Refrain, wie bei Theofrit (Id. 1) 
und Bergil (E. 8). Solche Schaltverje hießen auch 
versus intercalares oder epiphthegmatici. — 
3) eine bejondere Gattung Iyriicher Gedichte, in 
denen auf einen langen Bers ein fürzerer (Imwdog 
scil. orixog d. h. Nachvers) folgt, mit Ausschluß 
des elegiichen Diftihon, wie fie Horaz in jeinen 
Epoden dem Archilochos, dem Erfinder diejer Gat- 
tung, was die form betrifft, genau nachgebildet 
hat, wenn aud) der jatiriiche Anhalt der Gedichte 
des Archilochos nicht überall beibehalten worden ift. 
"Erorzxor, in eine ſchon gegründete Kolonie 
(droıria) meist mit ungleichen Rechten nachgejandte 
Anfiedler (vgl. Krüger zu Thuc. 2, 27, 1). 
Epöna, römiſche, urſprünglich wohl feltiiche 
(zuerft von Juvenal erwähnte) Göttin der Zucht 
der Pierde, Ejel und Maultiere und Schugpatronin 
der Fuhrleute, Maultiertreiber und Stallknechte, 
weit und breit in Atalien und beionders den ro: 
maniſierten Ländern in den Ställen, wo ihre Bilder 


— Epos. 


| Zieinum; j. Jorea. Nach dem Ausipruch der jibyl- 
linifchen Bücher jendeten die Römer 100 v. E. eine 
Kolonie dorthin (Brut. bei Cic. ad fam. 11, 20. 23); 
von den Salafjern überfallen und zerftört, wurde 
fie wieder aufgebaut und jpäter Municipium. Trac. 
hist. 1, 70. Strab. 4, 205. 
Eporedörix. Cäjar nennt 2 edle Äduer, welche 
beide ohne weitere Untericheidung diejen Namen 
führten, wahrjcheinlih Water und Sohn. Der 
erftere befämpfte die Sequaner jchon vor Cäjars 
Zeit und geriet im J. 52 v. E. in deſſen Gewalt, 
als Bereingetorir, der galliiche Feldherr, feine 
Landsleute zum Kriege gegen die Römer vereinigt 
in Caes. b. q. 7, 67. Der jüngere Eporedorig 
efehligte die Neiterei der Aduer, welche dem Cäſar 
gegen Gergovia zu Hülfe z0g. nes. b. g. 7, 30. 
Als der Anführer des Fußvolles der Aduer, Lita- 
viens, dasjelbe unter falſchen Boripiegelungen von 
der Vernichtung der Reiterei und dem Tode ihres 
Anführers durch die Römer zum libertritt zu den 
verbündeten Galliern unter Vereingetorix zu ver: 
anlaſſen juchte, entdedte und vereitelte Eporedorir 
dies Vorhaben. Aber unmittelbar daranf fiel der: 
jelbe mit jeinem Kollegen Biridomarus unter dem 


angebracht waren, verehrt. Außer einer Trank: | Borwande, den flüchtigen Litavicus verfolgen zu 
ipende wurden ihr Schweine geopfert. Zahlreiche | wollen, von Cäſar ab, wiegelte die Ädner auf 
Bildwerfe von ihr haben fich an allen Siten römi- daſ. 7, 54 f.) und vereinigte ſich mit Vercinge— 
icher Truppen erhalten. Der Name kommt her |torir, welcher zum Anführer der Gallier gewählt 
von dem feltiichen epo „Pierd“. Neben Epona ver: | wurde (daj. 7, 63), obſchon Eporedorir für fich 





ehrte man eine Bubona, Göttin der Nindviehzucht. 

"Erxoivvuot, 1) x. oder doynyiraı, die alten 
attiſchen Stammheroen, nad) denen Kleifthenes feine 
Phylen benannte (j. Pvi7,T.). Sie hatten Bild: 
jäulen auf der dyopd. Auch die Demen hatten 
ihre Zrorvuuoı. — 2) (nicht offizielle) Bezeichnun 
der Behörden in den verichiedenen Staaten, na 
deren Namen das Jahr bezeichnet wurde. In 
Athen war es der erfte Archon (j. Aeyii, Ao- 
zorrsg), in Sparta die Ephoren, jpäter die Pa: 
tronomen, in Argos die Briefterin der Hera (Thue. 
2, 2: Zul Xovoldog dv Hoysı rors nerrixorre 
övoiv dtorr« Frn leowuerng), in Boiotien für 
den Bund der oberite Boiotarh, in Kreta der 
zewroxosuog, im acaiiichen Bunde der Gram: 
matens u. |. m. — 3) die Erwrunor (ol tor NAı- 
xıör) in Athen, die Archonten, injofern fie zur 
Bezeichnung | 
dienftpflichtigen 42 Altersklaflen vom achtzehnten 
bis jechzigiten Jahre dienten. Bei der Einzeich— 
nung der Epheben wurde der Archon desielben 
und des vorhergehenden Jahres mit eingetragen, 
jo daß der Archon gewiflermaßen der Ir@wrvuuog 
dieſer Altersflaffe wurde, und daß man diejelbe 
mit Bezeichnung ihres Eponymos einberief. — 
4) ein Beamter in Athen in der Kaiſerzeit, deſſen 
Befugniſſe wir nicht fennen. 

Epöpeus, ’Erozevs, Sohn des Bojeidon und 
der Kanake, Bruder (oder Sohn, Paus. 2, 1, 1) 
des Aldeus, fam aus Theſſalien nah Sikyon, wo 
er König ward. Er raubte die Antiope (j. Am- 
phion) aus Theben oder nahm fie auf ihrer 
Flucht auf und ward deshalb von ihrem Vater 
Nykteus befriegt; beide ftarben an ihren Wunden. 
Apollod. 3, 5, 5. Paus. 2, 6, 1. 11,1. 

Epoptes j. Eleusinia. 

Eporedia, ’Eroogedi«, Stadt im cisalpinischen 


Gallien an der Duria, im Lande der Salaffer an | 


der Strafe von Auguſta Prätoria Aoſta) nad) 


der zum Kriegsdienſt einzuziehenden | 


ſelbſt wohl eine gleiche Hoffnung gehent hatte. Er 
‚ erhielt jpäter neben Commius, Birtdomarus und 
' Vercajfivellaunus den Oberbefehl über das zum 
Entja von Aleſia beftimmte Heer (daſ. 7, 76). 
Nach der Unterwerfung der aufgeitandenen Gallier 
verjchwindet fein Name aus der Gejchichte. 
Epos, 1. bei den Griechen. Homer bezeichnet 
die epiichen Lieder überall mit dem Worte dor), 
während ihm Zmog, Zre« Wort, Rede, Erzäh— 
lung und Geſchichte bedeutet, im Gegenja von 
undos, das den Nebenbegriff der jubjektiven Ge: 
ftaltung und Darftellung des Gejchichtlichen hat. 
Erjt ipätere Schriftiteller von Pindar an gebrauchen 
fren, um die Dichtkunſt, bejonders die epijche im 
Gegenjaß zur Igriichen, zu bezeichnen. — Schon 
die einfache Betradhtung, dab ein jo vollendetes 
Epos, wie das homerijche, nicht plöglich und ohne 
Vorgänger im Volke entftehen konnte, muß uns 
überzeugen, daß ſchon vor Homer die epiiche Poeſie 
geübt worden if. Nur daraus erklärt fich bei 
Homer unter anderm die Feſtigkeit und Beſtimmt— 
heit in den Vorftellungen von der Welt und den 
Söttern, die ftehenden Epitheta der Götter, die 
furzen Erwähnungen von Helden und Heldenjagen, 
wie des Perieus (Il. 14, 320), der Hlesjagen, 
der Argonauten (Od. 12, 66), welche durch Be: 
handlung in früheren Gedichten jo befaunt gewejen 
jein müſſen, daß Homer nur durch eine leiſe An: 
deutung den ganzen Sagenkreis in das Gedächtnis 
feiner Hörer zurückrufen konnte. Wahricheinlich 
entjtand, wie die griechiiche Poeſie überhaupt, jo 
bejonders auch der epiiche Geſang bei dem gejang: 
reichen Volke der Thraker in Pierien, am Olympos 
und am Helikon, von dem der Dienft der Muſen, 
der Gejangesgöttinnen, ſich über Hellas verbreitete, 
und deſſen Sänger Eumolpos, Orpheus, Mujaios, 
Thamyris als die Väter aller Voefie galten. Wenn 
auch die Poeſie diejer mythiſchen Sänger dorzugs: 
| weife als eine Priefterpoefie myſtiſch-enthuſiaſtiſcher 


._ 


* 


Epos. 


Art ne wird, deren Erzeugniſſe Koſmogo— 
nien, feliprüdhe, Hymnen und dergl. wareıt, jo 
ericheint doch Thampris (Il. 2, 594) jchon mehr 
als ein epijcher Sänger, ähnlich einem Phemios 
und Demodolos. Jene dem K dienende Hym— 
nenpoefie nahm allmählich einen epiſchen Charakter 
an, indem jie, wie ein Teil der homeriichen Hym— 
nen, die Geichichten der Götter, ihre Thaten und 
ihre Leiden erzählte. Mit diefen mythiſchen Über: 
lieferungen von den Göttern und ihrer Verehrung 
floſſen dann die Gejchlecht3: und Stammesjagen 
der Fürſten und Bölfer zufammen, um den Stoff 
für das entitehende Epos abzugeben. Die Sänger 
vor Homer, welche bei Feſten und muſiſchen Wett- 
fämpfen auftraten und an den Höfen der Fürſten 
die Mahle durch ihren Gejang erheiterten,, wähl- 
ten fich aus dem reichen Sagenichage der Vorzeit 
irgend eine Begebenheit von geringer Ausdehnung 
ur Verherrlihung aus, wie Demodokos bei den 
hniaten die Liebe des Ares und. der Aphrodite 
und aus dem troijchen Sagenfreis den Streit bes 
Acillens und Odyſſeus und die Eroberung Trojas 
durch das hölzerne Pferd (Od. 8, 74. 266. 499), 
Phemios, der Sänger auf Ithaka, den Freiern 
die traurige Heimfahrt der Achaier von Ilios jang 
(Od. 1, 826). So wurde der epiiche Gejang ohne 
Zweifel in einem großen Teile Griechenlands ſchon 
lange vor Homer geübt, eine bejondere Ausbil- 
dung aber ward ihm bei dem ionijchen Stamme 
zu teil, der unter dem glüdlichen Himmel Klein- 
ajiens und der Inſeln in geiftiger Bildung und 
namentlich auch in der Boejie den übrigen Stäm— 
men vorauseilte. Und in diefem Stamme hat vor 
allen Homeros das Epos zur höchiten Stufe der 
Ausbildung erhoben. Von den älteren Sängern 
überfam er jeine Stoffe und die metrijche Form, 
den daktyliſchen Hexameter, jowie einen ſchon feſt 
beſtimmten epiſchen Stil, welche beide, von ihm 
noch weiter ausgebildet, für alle Zeiten vom griechi— 
ſchen Epos beibehalten wurden; weſentlich aber 
unterſchied er ſich von ſeinen Vorgängern dadurch, 
ß er, während jene nur einzelne Handlungen 
aus der Heroenwelt in kurzen Gejängen behandel- 
ten oder aud längere Reihen von Abenteuern 
äußerlich aneinander fügten, einen Gegenſtand 
aus der Sagenmafje herausgrifi und in künftlicher 
Kompojition nad dem Gejege der Einheit einen 
ganzen Sagenfreis mit jeinen bedeutendften Hel— 
den zur Entwidelung brachte. So jind feine 
Schöpfungen Jlias und Odyſſee der Urtypus 
des Heldenepos geworden und geben für die 
Eharafterifierung diejer Gattung überhaupt den 
Maßſtab ab; das Eharakfteriftiiche iſt zubige, leiden- 
ſchaftsloſe, aber lebendige Darftellung der objef- 
tiven Welt, welche für das Heldenepos das ideale, 
von Wundern und großen Thaten erfüllte mythiſche 
italter mit jeinen Göttern und Heroen iſt (i. 
omeros). Beridieden von dem objektiven 
heroiſchen Epos des Homer ift das didaktiſche, 
religiössfittliche Epos des ungefähr 100 Jahre 
nach jenem lebenden Aioliers Hejiodos aus dem 
boiotiſchen Aſtra und jeiner Schule ſ. Hesio- 
dos). Dem homerijchen Epos dagegen ſchloſſen 
fi enger die j. g. kykliſchen Epifer bei ben 
Joniern an, welde, ungefähr von dem Anfan 
der Olympiaden an, in homeriicher Weije, d 
nicht mit homeriſcher Kunſt und homeriſchem Geifte 
dichtend, ihre Werke ſo mit Ilias und 


397 


verknüpfen ſuchten, daß das Ganze einen großen 
nıythologiihen Kyklos aus dem troiſchen Sagen- 
freife und der verwandten Heldenjage bildete. Bal. 
Welcker, der epiiche Eyflus oder die homeriſchen 
Dichter (2 Bdod., 2. Aufl. 1865 — 1882), Es 
mangelte ihren Gedichten an wahrer Einheit, an 
homerijcher Ausführung und Motivierung , fie 
wendeten jich zur Wllegorie, zur Reflexion und 
Bhilojophie und wichen von Homer vielfach im 
Mythos ab, wurden aber von den Tragifern viel: 
fach benutzt. Zu den Kyflifern gehört Stajinos 
(nad andern Hegejias) von Kypros um DI. 1, 
der in den kypriſchen Gedichten (r& !rn ru 
Köngıe) die Begebenheiten von der Hochzeit des 
Peleus und der Thetis bis zum Anfang der Jlias 
erzählte (Abhandlungen von Henrichien, 1828, und 
Schlie, 1874); Arktinos von Milet zu derjelben 
Beit, dichtete ein Epos, defjen eriter Teil, Ai— 
thiopis, jich unmittelbar an das Ende der Jlias 
anjchliegend, in 5 Büchern den Zug und den 
Untergang des Withiopenfürften Memnon, den Tod 
des Achilleus, den Waffenjtreit und den Selbft: 
mord des Wins behandelte, während der zweite 
Teil in 2 Büchern die gerftörung Trojas 
(Ikkov egsıs) umfaßte. Leſches (vielleicht fein 
Eigenname, jondern ein Appellativum, den in 
der Adayn vortragenden Sänger bezeichnend) von 
Mytilene, um 708 v. E., nach andern erjt um 
650, dichtete die Eleine Jlias (Pkg mıngd) in 
4 Büchern als Ergänzung der größeren, die Be- 
gebenheiten des Krieges von dem Waffenftreite 
und dem eriten Auftreten des Neoptolemos bis 
ur Einnahme der Stadt behandelnd.” Zwiſchen 
ie Gedichte des Arktinos und Leiches und bie 
Ddyffee traten die Noftoi (Rüdfahrten der Helden 
von Troja) des Agias oder Hegias aus Troizen 
in 5 Büchern; eine Fortſetzung der Odyſſee end: 
li war die Telegonia de Eugammon von 
Kyrene in 2 Büchern, um 570 v. C., worin als 
unmittelbare Fortiegung ber Odyſſee die Geichichte 
des Odyſſeus von jeiner Rückkehr bis zu jeinem 
Tode erzählt ward. ferner gab es eine kykliſche 
Didipodeia (ob von Kinaithon?), Thebais 
(Abhandlung von dv. Leutih, 1830), Epigonen, 
Alkmaionis u. j. w. Neben diejen Gedichten her 
fief eine bedeutende Anzahl hiſtoriſch-geneg— 
logijher Epen, die größtenteild im griechischen 
Mutterlande entitanden waren, 3. B. die Nav- 
nentın Ern eines unbelannten Berfafiers, die 
fäljchlich dem Hefiodos (j. d.) beigelegten »ardio- 
og yrraındr und weydia: Hola, die Chronif 
des Eherjias, die Kogırdiand des angeblichen 
Eumelos u. a. Sammlung der fyragmente der 
Kykliker und der gleichzeitigen Dichter von Dünger 
(1889) und Kinfel (Epicorum Graee. fragm. Vol. 1, 
1877). — Bon den Kyflifern an, von wo an die 
Beit der Reflerion bei den Griechen begann und 
die lyriſche und jpäter die dramatiſche Voeſie ſich 
ausbildete, tritt das Epos, defien Charakter ob: 
jeftive Beihauung ift, in den Hintergrund und 
verliert jeine Popularität. Was bei Homer der 
natürliche Ausfluß eines glüdlich ſchaffenden Ge— 
nius ift, war nad und nach eine feſte Regel ge: 
worden, der man mit fünftlicher Berechnung nach: 
zufommen juchen mußte, und über der lebendigen, 
phantajievollen Kunft der Darftellung erhielt das 

toffliche des Mythos und der Hiftorie das Über— 


dyſſee zu gewicht. — So bereitete ſich allmählich in einer 


[ei | 


= 


-1 


398 


Zeit des Übergangs und der eg in welcher 
Beijandros von Kamiros auf Rhodos, um 
648 v. E. (Herafleia, in 2 Büchern, in welchen 
er zuerft die Abenteuer des Helden mit injtemati- 
jcher Auswahl vortrug), Kenophanes von Kolo: 
phon, geboren um 620 (oder 568) (Krisıg Kolo- 
porog), Panyajis von Halikarnaß, um 480 
Herakleia in 14 Büchern), u. a. dichteten, das 
hiſtoriſche Epos vor, das von Ehoirilos aus 
Samos, um 404, durch jeine Perjeis (Geichichte 
der Perjerfriege) vertreten wird (vgl. das vortreff- 
liche Wert von Näfe: Choerili Samii quae super- 
sunt, 1817. Nachtrag 1827), jowie das gelehrte 
heroiiche Runftepos des Antimachos von Ko— 
lophon (j. d.), eines Zeitgenofjen von Choirilos, 
dem mehrere in der alerandriniichen Periode folg: 
ten, doch jo, daß die meiften fich Gegenftände von 
geringerem Umfange zur Behandlung wählten. Wir 
nennen unter den NAlerandrinern Kallimachos 
(j. d.), Rhianos von Bene auf Kreta, um 275 
—195 v. E. (Hodxisıe, 'Ayaeind, Mesonvırad), 
und Euphorion (f. d.). Apollonios Rhodios 
(j. d.) juchte, abweichend von jeinen Zeitgenofjen, 
zu der Einfachheit des Homer zurüdzufehren, ohne 
jedody fein Ziel zu erreihen. — Ungefähr im 
5. Jahrh. n. C. lebte die epiiche Poeſie durch die 
Studien der Rhetorik und Sophiftif in dem j. g. 
mythographiſchen Epos noch einmal für furze 
Beit zu einem Scheinleben auf. In dieje Zeit fallen 
Duintns (Köivrog) Smyrnäus (Calaber ge: 
nannt, weil eine Handſchrift feines Gedichtes in 
Ealabrien im 15. Jahrh. — worden war), 
in jeinem Epos r& ned’ "Oungor ein geiftlojer 
Nachahmer des Homer (Ausg. von Köchly, 1850; 
Textausg. 1853), ferner Nonnos aus Banopolis 
in Agypten, der in feiner Jugend als Heide ein 
Epos Bassagınd oder Jıovvawnd (die *2* 
von Dionyſos) und ſpäter als Chriſt eine epiſche 
Metaphraſe des Evangeliums Johannis dichtete. 
Beide ſind erhalten. Er iſt der eigentümlichſte 
Dichter jener Zeit, neu durch beſondere Behand— 
lung des Hexameters, durch ungewöhnliche, rhe— 
toriſch⸗ leidenſchaftliche Sprache, ge Aa Phan⸗ 
taſie und überſpanntes —*— Eigenſchaften, die 
das damalige ſchlaffe Zeitalter wohl für einige 
re anjprechen konnten, aber dem & 

08 völlig widerftreiten. Ansgg. der Dionyſ. von 
Gräfe (2 Bdd. 1819 ff.) und von Köchly (2 Bd. 
1858); der Metaphraje von Paſſow (1834) und 
Scheindler (1881). Wahrfcheinlih in den Anfang 
des 6. Jahrh. fallen Tryphiodoros oder Tri: 
phiodoros, ein Grammatiker aus Ägypten, der eine 
TAov Aloorg dichtete (Ausgg. von Bernie, 1819, 
und Köchly, 1860), Kolluthos aus Lyfopolis in 
Agypten, von dem eine derayı) 'Ekfvng erhalten 
ift (herausg. von Lennep, 1747, Bekker, 1816, und 
Abel, 1880), und Mujaios (j. d.), deſſen Feines 
Epos r& na” "How nat Adarögov ſich durch Lieb- 
fichleit und Wärme der Empfindung auszeichnet 
und jedesfalls das beite aus der Kaiferzeit it. 
oh. Tzetzes, gelehrter aber geichmadlojer Gram— 
matifer aus Sonftantinopel, beſchließt im 12. Jahrh. 
durch jeine Nliafa das Epos der Griechen. Ausgg. 
von Jacobs (1793) und Belker (1816). — Neben 
dem jich an Homer anjchliegenden mythiſchen oder 
heroiichen Epos, deſſen Geſchichte wir eben ver: 
folgt haben, geht das ſ. g. didaktiſche Epos 
der Hellenen her, anlehnend an die Poeſie des 


rakter des 


Epos. 


Hejiod. Zu diejer Klaſſe gehören die philoſophi— 
ichen Lchrgedichte des Xenophanes zwiichen 58U 
und 480 dv. E. (megi pücewg), Barmenides aus 
Elena, geb. um 516 v. E. (ziel puccog), Em: 
pedofles aus Afragas, um 444 (pvomd u. a.), 
und das alerandriniiche Lehrgedicht, in denen beiden 
das Dichterifche dem Sachlichen untergeordnet ift. 
Unter den alerandrinijchen Lehrdichtern erwähnen 
wir Aratos von Goloi (j. d.) und Nifandros 
von —— um 150 v. C., von welchem noch 
Ongraend (Mittel gegen den Biß giftiger Schlangen) 
und Alrkıpdouare (Mittel gegen vergiftete Spei— 
jen) übrig find, beide dunkel, ſchwerfällig und ohne 
dichterifchen Wert (befte Ausg. von D. Schneider, 
1856), während andere, wie Die von Ovid in den 
Metarmorphofen viel benugten "Ersgowovusra in 
5 Büchern, verloren find). In der jpäteren römi- 
ichen Zeit vor und nad Chr. yo ſich dieſes 
trockene, unpoetiſche Lehrgedicht der Medizin, Aſtro— 
nomie, Geographie und anderer praktiſchen Fächer 
ort bis zu den Byzantinern. — Die alexandrini— 
chen Gelehrten ſtellten in dem ſ. g. Kanon der 
Epiker als die vortrefflichſten auf: Homeros, 
Heſiodos, Panyaſis, Antimachos und viel: 
leicht Choirilos. — II. Bei den Römern tritt 
das Epos jofort mit den Anfängen ihrer Litte— 
ratur auf, denn bereits Livius Andronicus 
überjegte die Ddyffee und Nävius behandelte jo: 
gleidy die Zeitgeichichte in jeinem bellum Puni- 
cum. Ennius wählte ftatt der Saturnier das 
daktyliſche Versmaß der Griechen und gab durch 
feine Annales das Mufter und Vorbild für die 
Behandlung der nationalen Gejchichte. Nach ihm 
würden Hoftins, Yurius, Accius zu nennen 
jein, wenn ſich ihre hiſtoriſchen Epen erhalten 
—— Cicero dichtete einen Marius und beſang 
ein eigenes Konſulat, P. Terentius Barro 
Atacinus den Sequanerkrieg Cäſars, und in der 
erſten Kaiſerzeit fehlte es nicht an ſolchen, welche 
die Ereigniſſe ihrer Zeit in Epen und Panegyriei 
verherrlichten. Später kam Lucanus mit der 
Pharsalia, Silius Italicus mit Punica, bis 
Claudianus dieſe Richtung mit feinen zahlreichen 
panegyriichen Epen abichlieft. Die Vorliebe für 
alerandrinische Studien, welche ſich in dem erjten 
Sahrhundert v. E. in Rom allgemein zeigt, führte 
zu der Pflege des heroiſchen Epos, aber das 
meijte, was auf diejem Gebiete der Kunftpoefie 
ger wurde, ift verloren, wie die Epen des 

arro, Helvius Einna, Bedo, Furius Bi: 
baculus, Julus Antonius, Domitius Mar: 
jus, Amilius Macer u. a; nur Statius 
(Thebais, Achilleis), Balerins Flaccus (Ar- 
gonautica), Claudianus (raptus Proserpinae, 
(Gigantomacbia) find erhalten. Die Mitte zwi— 
ſchen beiden Richtungen nimmt VBergilius ein 
mit der Aeneis, die durch die Behandlung der 
einheimiichen Sagen den allgemeinjten Beifall er: 
hielt und in der Art der Ausführung Mufter für 
die rn wurde. — Mit großer Vorliebe 
haben die Römer zu alien Zeiten das Lehr: 
edicht behandelt; die Darftellung der epikurei— 
hen Philojophie durh Lucretins, die Georgica 
des Vergilius, die Dichtungen Ovids find ber: 
vorzuheben, aber auch im dem jpäteren Zeiten 
dichteten Gratius Faliſeus (Cynegetica), Ma: 
nilius und verichiedene Bearbeiter des Aratos 
(Astronomica), Columella und Palladins 


je 


Eppius — 


(Landbau), Auſonius (Mosella), Avienus (Geo: 
graphie); ja zuletzt werden Lehrbücher für Rhetorik 
und Metrif in diejer Form eg t, 3. B. von 
Zerentianus Maurus (de litteris, syllabis, 
metris). 

Eppilus, Marcus, Anhänger des Pompejus 
im N 49 v. E., focht nach defien Tode in Afrika 
unter Seipio und unter Sertus Bompejus. Cie. ad 
Att.8, 11 B 1. Bon Cäſar wurde er (b. Afr. 89) 
nad der Schlacht bei Thapius wg 

kprius Marcellus, lebte zur Zeit Neros und 
zeichnete ſich durch jeine Beredjamfeit aus. Ge— 
boren zu Capua in niedrigen Verhältniſſen, be: 
fleidete er ſchon frühzeitig hohe Amter, wurde 
Prätor, dreimal Prokonſul (Taec. ann. 12, 4) unter 
Claudius und Nero und war unter dem legteren 
Statthalter in Vorderafien, wo er ſich durch Er— 
prefjungen verhaßt machte. Teac. ann. 13, 33. 
Später betrieb er bejonderd das Geſchäft eines 
Angebers, namentlih gegen den edlen Thrajen; 
ie unter den folgenden Kaijern zogen ihm jeine 
früheren Ungebereien viele Berfolgungen zu, be- 
jonderd durch den Schwiegerjohn Thrajeas, den 
Helvidius Priſcus. Tac. ann. 16, 22. 38. hist. 
4, 6— 10, Eprius wußte fich jedoch jpäter bei 
Veſpaſian in Gunft zu ſetzen, jo daß alle An— 
Hagen unjchädlich wurden. Tae. dial. 5. 8. hist. 
4, 435. Als aber eine von ihm gegen Beipafian 
angezettelte Berihmwörung entdedt wurde, fam er 
der Hinrichtung durdy Selbftmord zuvor, im J. 79 
nu. C. Dio Cass. 66, 16. 

Epülae, Epülum, bei den Römern die jeier- 
lichen, öffentlichen Mahlzeiten bei Götterfeften, 
Tempelweihen, Amtsantritten (bejonders prieiter- 
lichen), Triumphen, Leichenbegängnifien n. j. w. 
(epulae sacrificales, funebres u. j. w.). Epulae 

ißen ſolche Mahle befonders, wenn jie mit Spie- 
en verbunden find, während die bei Tempelweihun- 

en und Amtsantritten auch coenae heifen. Das 
‘pulum ludorum causa wurde bei den Spie- 
len im Cirkus dem Volke von den Üdilen gegeben 
(Liv. 31, 4. 33, 42). Die vornehmen, reichen 
Römer entwidelten bei ſolchen Schmanjereien einen 
ungeheuren, ſtets wachjenden Luxus; daher wurden 
die Coenae Pontificum und, bejonders die 
Epulae Saliares wegen ihrer Üppigfeit ſprich— 
wörtlich. Hor. od. 2,14, 25.1,37,2f. Cie. ad Att. 
5,9. Da jie jich uriprünglich an die gottesdienit- 
liche Feier anichloffen, jo war ihre Anordnung und 
Beauflichtigung in älterer Zeit den Pontifices über: 
tragen; aber jeit 198 v. C. waren dazu tresviri 
epulones beftellt. Liv.33,42. Cie. deor.3,19,73. 

hre Funktionen und Vorrechte ſ. Cie. har. resp. 10. 

päter ftieg ihre Zahl auf 7, 3. 3. Cäſars auf 10. 

Epulönes j. Epulae. 

Equiria j. Mars unter, Ares. 

Equitätus. Bei den Agyptern_ finden. wir 
uriprüngli ftatt der Reiterei mur Streitwagen, 
bei den Aſſyrern beides nebeneinander, Die 
Berjer und ebenfo ipäter die Parther betrachte: 
ten die Neiterei als den Kern ihrer Heere. — Auch 
in dem heroijchen Zeitalter der Griechen gab es 
feine Reiterei, jondern Streitwagen, doch find die 
ya ihon früh als Neitervölfer berühnt. 

dt. 7, 173. 196. Selbſt die ſ. g. Ritter (Immeis) 
bei den Spartanern, ein Corps von 300 Mann 
(Hdt. 8, 124. Dion. Hal. 2, 13) und Leibwache 
der Könige, kämpften wenigjtens immer zu Ruß, 


399 


aud die Sfiriten, im NO. von Lakonien, jtellten 
als bejonderes Kontingent feine Keiterei, wie man 
mit Unrecht aus Xenophon Gyr. 4, 2, 1) ge 
ichloffen hat, jondern Fußvoll. Thuc. 5, 67. Xen. 
Hell. 5, 4, 52f. Erſt im peloponnefiichen Sriege 
wird die Aufitellung von einer Abteilung ſpar— 
taniicher Neiterei als etwas Ungewöhnliches er: 
wähnt. Xen. Hell. 4, 5, 11. r. L.11, 2. Wber 
auch jpäter, als zu jeder Mora Hopliten noch eine 
Mora Neiterei unter dem Befehle eines Hippar- 
moften hinzufam (Xen. Hell. 6, 4, 105.), blicb 
diejelbe unbedeutend. — Etwas bejjier war die 
Neiterei bei den Athenern geitaltet, die anfangs 
nur 100, in der marathoniichen Schlacht gar feine 
Reiter hatten, aber gleich nad) den Perſerkriegen 
ſchon anfingen 300, hernach 600 Reiter aufzuftellen 
und dieje Zahl beim Beginn des peloponnejiichen 
Krieges auf 1200 erhöhten (Thuc. 2, 13), zu denen 
noch die Immoroforaı famen. Im allgemeinen war 
bei den Hellenen das Verhältnis der Reiterei zum 
Fußvolf wie 1:10. Ihre Verwendung in der 
Schlacht war eine jehr bejchränfte und ziemlich 
unmejentliche, an geſchloſſenes Fußvoll ftürmte fie 
nicht heran, wie fie überhaupt nicht Die 5 
Bedeutung durch den Chok kannte; nur Reiterei 
oder fliehendes Fußvolk griff ſie an. Ihr Stand- 
punkt in der Schlacht war auf den beiden Flügeln, 
weshalb es auch 2 Hipparchen gab. — Bei den 
Boiotern findet fich die der germaniichen Sitte 
ähnliche Vereinigung von Reiterei und leichtem 
Fußvolk (Aumemor). — Philipp und Alerander von 
Makedonien erkannten mehr die Bedeutung der 
Neiterei, weshalb der erftere namentlich Berbin- 
dungen mit Theflalien anfnüpfte und von dorther 
nicht bloß bejjere Pierde einführte, —— auch 
die verſchiedenen Stämme bewog, in ſeinen Dienſt 
zu treten. Sie bildeten das Corps der Sariſſo— 
phoren, leichte Reiterei, ungefähr 1000 Mann in 
8 Jen. Die ſchwere Reiterei, gegen 3000 Mann, 
beſtand aus Mafedoniern und zerfiel in (wahr— 
icheinlich) 15 Ilen. Eine eigene jechzehnte le 
bildete die königliche Reitergarde ald Agema (j. d.). 
Ulerander vermehrte jeine Reiterei außer durch die 
theflalifche auch noch durch die griechiiche Bundes- 
—— Diod. Sie. 17, 57. Überhaupt be- 
urfte er der Neiterei nad Yertrümmerung des 

schen Reiches in großer Anzahl zur energijchen 
Berfolgung der verichiedenen flüchtigen, aber doc) 
noch fortwährend Widerftand leiftenden Völker— 
ichaften. Zur leichteren Beweglichkeit teilte er die 
Jen in 2 Lochen und die gejamte Neiterei in 
2 Chiliarchien, doch war dies alles wie auch noch 
andere jpätere Anderungen in der Geftaltung der 
Neiterei vorübergehend. — Bei den Römern trat 
leich uriprünglicdy die Reiterei neben den Fuß— 
Podaten hervor. Schon unter Romulus gehörten 
zu dem Heere die Celeres (ji. d.), 300 Reiter in 
3 Centurien, doch hatten fie feine Enticheidung in 
den Schlachten, jondern beruhte die Stärke des 
Heeres zu allen Zeiten auf dem Fußvolk (Legion). 
Was fie an Reiterei außer der ihrigen bedurften, 
mußten die Bundesgenofien (in doppelter Zahl) 
jtellen. Deren Stelle in der Schlacht war eben- 
falls auf den Flügeln, daher equites alarii (bundes⸗ 
genöffische Neiterei), unterjchieden von equites le- 
gionarii (römijche Reiterei). Uber die Bewaffnung 
der römischen Reiterei vgl. Waffen, 12. Yu be- 
merfen find noch die barbarischen equites cata- 


Equitatus. 


gs 


— 


400 


phracti, aud loricati (Tae. hist. 1, 79. ann. 
3,43. Verg. A. 11, 771 und dai. Cervins), die 
nebſt ihren Pferden vom Kopf bis zu den Füßen 
mit einem Scuppenpanzer von Gijenbleh auf 
einer ledernen oder leinenen Unterlage bededt 
waren. Uber die Unterabteilungen und Befehls— 
haber vgl. Celeres und Dux, 4. Allmählich 
fing man an, mit der Neiterei abgeiondert von 
den Legionen zu agieren, jo jhon im jugurthini- 
ſchen Kriege. Sall. Jug. 55. 99. Daher auch die 
Ericheinung, daß die Römer jelber gar feine 
Neiterei mehr ftellten, wie es wenigftens in den 
Kriegen des Cäſar feititeht (db. 9. 1, 42). Auch 
unter Auguſtus und den nachfolgenden Kaijern 
gab es feine aus römischen Bürgern beftehende 
Neiterei, wohl aber wurden aus den equites s0- 
ciales jeder ion 120 equites legionum (Tae. 
ann. 4, 73) zuerteilt (Joseph. b. Jud. 3, 6,2). Erit 
feit Beipafian fommen wieder alae civium Roma- 
norum vor, Mannjchaften aus den Bundesgenofien, 
die während ihres treuen Dienftes das römijche 
Bürgerrecht erhalten hatten. Es gab alae quin- 
genarise und miliariae, indem man jeit 
Marius unter alae nicht mehr die jämtliche Mann- 
ichaft der socii (Liv. 23, 45. 25, 21. Pol. 6, 26), 
jondern nur die Neiterei verjtand. Gell. 16, 4. 
Cie. off. 2, 13. Die alae quıng. zerfielen in 16 
(vgl. Tae. hist. 2, 14), die miliar. in 24 Turmen 
und ftanden unter praefecti alarum mit Tribu: 
nenrang (Swet. Oct. 38), worin Claudius jedod) 
eine Anderung eintreten lieh. Swet. Claud. 25. 
Ihre Bewaffnung beitand im allgemeinen nad) 
Joſephos (db. Jud. 3, 5, 5) in einem Schwerte an 
der rechten Seite, einem langen Wurfipiche (oder 
Spieße, hasta, Tac. ann. 14, 37), Köcher und 3 
langen Bfeilen, in Brufthbarniich und Helm. Auch 
die Vereinigung von Reiterei und Fußſoldaten 
fand unter Veſpaſian ftatt, nachdem jchon Cäſar 
dieje germaniiche Sitte dadurch eingeführt hatte, 
daf die antesignani neben und zwijchen den Reitern 
fämpften (Caes. b. c. 3, 75. 84; vgl. b. g. 8, 13). 
Veſpaſian bildete jogenannte cohortes equi- 
tatae oder equestres, aus 120 Neitern und 
600 gr beitehend, alle leichtbewaffnet. 
Joseph. b. Jud. 3, 4, 2. Später gab es cohor- 
tes equitatae quingenariae und milia- 
riae (120 Reiter und 380 Fußſoldaten, 240 Reiter, 
760 Fußioldaten). 

Equites haben in verjchiedenen Zeiten eine ver: 
idyiedene Bedeutung gehabt. 1. Zeit, von Romu- 
Ins bis zu den Grachhen. Während der Königszeit 
waren equites ein Zeil des römijchen Heeres, 
aljo von rein militärijcher Bedeutung. Romulus 
ließ aus jeder der 3 Urtribus, der Ramnes, Tities, 
Yuceres, 100 equites auswählen, auf jede ber 
30 Eurien famen 10 equites. Je 100 bildeten 
eine Genturie und trugen den Namen der Tribus, 
welche jie repräjentierten, je 30 machten eine Turma 
aus und je 10 hatten einen Decurio. Alle jtanden 
unter dem Tribunus Celerum (f. d.). Die wei: 
teren, bei der Zunahme der römischen Bevölferung 
wiederholt nötigen Änderungen bis Servius Tul- 
lius werden von den römischen Schriftitellern (Liv. 
1,30. 36. Cie. r. p.2,20) jelber zu verjchieden an- 
gegeben, als dab hier etwas Beitimmtes gejagt 
werden könnte. Seit Servius Tullius war ein 
gewiſſer Cenſus nötig, um Ritter zu werden. Alle, 
welche in den 18 


enturien ftanden und jpäter | 


Equites. 


von den Konſuln, jodann von den Cenſoren (alle 
5 Jahre bei dem Genjus) ernannt und in das 
Album eingetragen wurden, erhielten vom Staate 
einen equus publicus, d. h. Geld zu dem An— 
fauf eines Kriegsroſſes, aes equestre (jpäter 
10 000 asses) nebit einem Beitrag zur Unterhal: 
tung des Nofies, aes hordearium (2000 asses) 
ı). Aes), Solange der Ritter den equus hatte, 
ftimmte er in den 18 Nittercenturien, doch konnte 
er das Roß auch behalten, nachdem jeine Dienftzeit 
abgelaufen war, ja jogar auch noch, wenn er in 
den Senat gelommen war, bis ein von (icero 
(r. p. 4, 2) erwähntes Plebijcit beftimmte, daß der 
eques bei dem Eintritt in den Senat den equus 
publieus abgeben und demzufolge auch nicht mehr 
in den Rittercenturien jtimmen jolle. Seit 408 
v. C. bildete fich eine neue Nitterjchaft, equites 
equo privato, indem fich bei der Belagerung von 
Beji viele junge Leute von dem Rittercenjus als frei: 
willige equites meldeten und auf eigenen Roſſen 
dienen wollten. Der Senat nahm das Anerbieten 
an, doch en fie micht den Wang der equites 
equo publico, auch nicht das Stimmredt in den 
18 Genturien. Seitdem aber der ältere Scipio 
Africanus im zweiten punifchen Kriege viele Hülfs- 
truppen zu Pferde angenommen hatte, wurde dies 
allmählich zur Kegel und verichwanden römijche 
equites ganz aus den Heeren. Damit hörte die 
militäriihe Bejtimmung der equites auf, ber 
equus publicus wurde nicht mehr gegeben, blieb 
jedoch als bloßer Titel bis in die Kaiferzeit. Anftatt 
der aufgehobenen militäriihen Beſtimmung der 
equites treten diejelben allmählich als ein Befon: 
derer bürgerlicher Stand im Staate, ald equester 
ordo, eine Mittelftufe zwiichen Senat und Bolt, 
auf. Bgl. Gerathewohl, die Neiter- und Nitter: 
centurien zur Leit der römijchen Republif. — 
2. Zeit. Dieſe liche Stellung wurde nament- 
lich durch die lex iudiciaria des C. Sempronius 
Gracchus 123 v. E. begründet. Dieje verordnete, 
daß alle, welche den Nittercenins (400 000 Seit. 
= 1000 000 Sertantaraffe) und ein gemwifles Alter 
hatten, zu Richterftellen befähigt jein jollten. Bald 
aber fing man an, alle Bürger von 400 000 Seit., 
welche zu dem Wichteramte berufen waren oder 
dazu berufen werden konnten, Ritter zu nennen. 
Die Staatspächter, publicani, als die reichiten, 
bildeten den Kern diejes neuen Standes (j. Publi- 
cani), und wenn ihnen auc bald und wiederholt 
das Nichteramt entzogen wurde, jo waren doch 
diefe publicani als Wertreter des jetzigen ordo 
equester und als Geldarijtofratie ein bedeutendes 
Gegengewicht gegen den ordo senatorius. — Die 
ritterlihen Infignien waren: 1) trabea (j. d.), 
2) angustus clavus an der Tunica (j. Tunica 
unter Kleidung, 8.), 3) anulus aureus (j. Anu- 
lus), 4) ein bejonderer Platz im Theater jeit ber 
lex Koscin theatralis, auf den jogenannten quat- 
tuordeeim sedes, — Auguſtus ſprach die Erb» 
lichteit des Ritterftandes aus und erhob diejenigen 
equites, welche den jematorijchen Cenſus beſaßen, 
zu equitesillustres. Bejonders waren jeit Auguſtus 
die equites equo publico zu dem höheren 
Dienfte berufen. Aus ihnen nahmen die Kaijer 
ihre amici, comites, Räte, rs Beamte, Statt: 
halter, praefecti aller Art u. ſ. w. Auch verlieh 
der Kaiſer den Titel eques equo publico (dem 
ein equns publicus wurde gar nicht mehr gegeben) 


* 


Equus — 


zur Belohnung am- gebdiente Offiziere. Als Kor: 
poration hatten die unter Seviri und dem Prin- 
ceps iaventutis ftehenden 6 Ritterturmen (jo waren 
fie eingeteilt im Bug an die alte Einteilung 
in Ramnes, Tities, Luceres priores und poste- 
riores) feine Bedentung. Zuweilen traten fie aber 
zuſammen, jo zur Begehung alter sacra und zur 
—————— welche vor alters der Cenſor bei 
dem ins alle 5 Jahre gehalten hatte, dergeſtalt, 
daß jeder einzelne vor den Genfor trat, um bier 
geprüft und gebilligt zu werden (mit den Worten 
traduc equum) oder Ausftoßung zu erleiden (vende 
equum). Auguftus ordnete die recogmitio all: 
jährlih an umd ftellte fie mit der alten trans- 
vectio in Berbindung. Diefe an den Iden des 
Julius zu haltende FFreierlichleit beftand in einem 
Aufzug der geihmüdten Ritter vom Tempel des 
Mars oder des Honos über das Forum nad dem 
Eapitolium. Auch an den Geburtstagen der Kaiſer, 
bei der Wahl eined Batronus und bei andern ge: 
ringfügigen Gelegenheiten trat das Rittercorvs 
njammen. — 3. Zeit. Als Eonftantin die Re— 
—* nach Byzanz verlegte, ſanken die Ritter— 
turmen in Rom zu einer ſtädtiſchen Ritterkorpo 
ration herab, welche ihren Rang zwiichen dem Senat 
und den Zünften hatte. Sie beiahen noch einige 
ing ar und wurden von einigen Kaiſern begün- 
ftigt. Endlich ichlief das Inſtitut ganz ein. 
Equus, 1) im natur: und fulturhiftoriicher Be: 
ziehung, von den Alten nicht bloß als nützlich, 
fondern auch als beionders edel ıTamos zhyerıis 
und mutig (z&r 7 yiowr. Brubr oim dublscer 
Soph. kl. 25, geihäßt. Wegen ijeiner Schnelligkeit 
laſſen die Dichter es von den Winden abftammen, 
wegen jeiner ganzen Bortrefflichleit ofi von Götter: 
pierben entiprofien oder von Göttern erzogen jein. 
Auch ſteht es unter dem Schutze beionderer Gott: 
heiten, 3. B. der Epina if. D.: -' in ber 
,, deren Bildnifie oder Statuen in Pierbe- 
fällen aufgeitellt waren. Als weientliches Mittel 
erleichterten s wird es mit dem Schiffe 


zıb Ihbenclıen, aukerbem Keorene 
Sicilien. Die Römer entr at aen 


ichaiten. Auch ber : 


. sseyusis. dgasiisır zur. 


401 


zurüdgeführt (Very. @. 3, 115 ff.) und von Xeno: 
phon litterariich behandelt (megl inmınis). Belon 
ders mutigen Tieren wurde ein Gebiß mit eifernen 
Stacheln oder. Zähnen (frena lupata, Hor. od. 
1, 8, 6. Or. trist. 4, 6, 3) angelegt. Sättel, ſonſt 
elitellae, —— (ipäter »tapine) und Hufeiſen 
waren im frühen Altertum nicht befannt, obwohl 
man leßteres jchon aus dem homeriichen Beiwort 
zehnorovg hat ſchließen wollen; die solene ferreae 
aber bei den fpäteren Nömern mwurben ns 
nicht mit Nägeln angeihlagen. Deden auf ben 
Pferden hatte man wohl (equi constrati, Jin. 
21, 54, ſ. Ephippium), wenn auch nicht immer 
(die Germanen verachteten fie, Caes. b, g. 4, 2). 
Die Jugend übte ſich an hölzernen Pferden auf 
dem Marsfelde im leichten Hinaufſchwingen, auch 
gi die Lanze oder ein Eflave oder ein fleiner 
od, auf der Landſtraße auch bie an ber Seite 
ftehenden Steine. — 3) |. Sternbilder, 8, 
Equus Tutieus oder Aequım Tutieum, flei- 
nes Stäbtchen der Hirpiner (im füblihen Sam- 
nium), befannt bejonders, weil Horaz (sat. 1,5, #7, 
es nicht nennt, nach dem Scholiaften aber meint: 
‚oppidulo, quod versu dieere non est, Doc 
ſtimmt weder die Lage dieſes Ortes (lie. ad Att. 
6, 1, mit der Reiſeroute des Horaz, noch würde, 
getrennt, der Name in einem Hexameter unmög: 
‚lich ſein. 
Er, Ho, Sohn des Armenios, ein Pamphnlier, 
‚der, als er in einer Schlacht gefallen war, 10 Tage 
fang ohne zu verweien fliegen blieb und barauf 
auf dem Scheiterhaufen wieder lebendig warb und 
‚erzählte, was er in der Unterwelt geiehben. Man 
‚führte feine Geichichte oft Beweile ber Un: 
fterblichfeit der Seele an. t.r.p. 10, p. 614 B, 
Cie. 7. p. 6,3, 2.6,6.7,7. Val. Mar. #, ert. 1 
wo der Name Pheres lautet,. 
- Eräna, 5) "Eoave, 1, Stadt an ber Beitfüite 
Mefteniens in der Rähe bes Borgebirges uva: 
riifion. Strab. #, 34%. - - 2, Sauptort ber (Eleu: 
therofilites am Amanosgebitge Iweig bes Tauros , 
genannt von Cicero /ad fam. 15, 4, bei Gelegen 
beit einer dortigen Nriegsunternehmungen. 
"Egaroı, uriprünglih Mahlieiten, die von ge: 
meimihattlichen Beiträgen 'orußoiul, vie Marle 


"Egavor. 


‚ bieh erußoior.: beitritten wurben, wie 4 ®. bıe 
‚ Pinditien und Swiſttien bei den Zoriern: ſodaun 


in Athen Berbindungen zu vericdiebenen 3weden, 


‚ namentlıh um zu beitimmtien Zeiten auf gemein 


ichaftlıhe Koiten zu ichmauien und ſich zu wer 
gnügen; viele berielben waren auch Aiuiigenofien: 
Beitrag hieij Zgarog: Die St: 
glieder biehen Zgurıoraid. ne Borkteher dgurdpzur 
ober doqusparıcral. — Unter bemieiben Kamen 
wurden Bereine, wenn auch wur aut geurfie Zeit, 
zu gegemieitiger Umterkügeng m Unsiitsiscen 
geitlorien, haupriätiıh darch Ge.iveritine, /gm 
sn. siogogul. gopal: Ben Britrag eiriorberm, 
mas wohl! ım ber Keuel der Berarmiz ie.5H that, 
Sieh: Fouror wilris. eriiizew, wish, 
igariisır rise rı. ıbm herzeben: 1l;- 
ie Emstäzser über: 
2222 bez Die Berplihters iomch. sm Gegen: 
Keckeru 0:5 zıh 35 termuineemr Seriterkanang 
Der Seuräge, werm er im befiere ürmeizse gel 
ma war. Tu rett.hen Berbi.r-är der Spur 
mwerez barh eigene Geiene arızer.t sum diem- 
sızei „ vr Daraus Mermersimmsn Meiner 
£, 


402 


feiten hießen ddxmı Zgavınal (5. B. wenn ein 
Mitglied bei der erfteren Art jeinen Beitrag ver: 
weigerte; oder bei der zweiten, wenn —— 
obgleich er in der Lage war, ein Ögpinue ZE 
Zodrvov nicht zurüdzahlte). Die Prozefie mußten 
binnen Monatsfrift abgemacht werden. Prozekein- 
leitende Behörde waren wahricheinlich die Theimo- 
theten. -— Schon von Homer (Od. 1, 226) wird 
der fgarog genannt. 

Erasinides, "Egasıridng, 1) atheniicher Feld— 
herr, welcher im 5. 406 v. E., obwohl er die See: 
ichlacht bei den Arginuſen mitgewonnen zu Athen 
mit 4 ſeiner Amtsgenoſſen wegen verſäumter Be— 
ſtattung der Toten und Rettung der Schiffbrüchigen 
in eln geworfen und auf ganz ungeſetzliche 
Weiſe zum Tode verurteilt wurde. Der Demagog 
Archedamos hatte ihn vorher wegen —— 
öffentlicher Gelder und Pflichtverletzung währen 
jeiner Strategie angellagt. Xen. Hell. 1, 5, 16. 
6, 16.7, 2. 29. — 2) Feldherr der Korinther, 
welcher den Syrafujiern während der Angriffe der 
.. im peloponnefiichen Kriege Hülfe brachte, 

m J. 414. uc. 7, 7. 

Erasinos, Focotros, häufiger Flußname in 
Griechenland, j. bei. Argos, 3. 

Erasisträtos, ’Eo«slorearog, 1) ein Athener, 
Bater des Phaiax und wahrjcheinfich derjelbe, 
welcher unter den 30 Tyrannen zu Athen genannt 
wird. Thuc. 5,4. Xen. Hell. 2,3,2. — 2) ein 
berühmter Arzt aus Julis auf eos, war um 304 
v. C. Leibarzt des Seleutos Nifator. Ihm ver: 
danfte die Heilfunde große Fortſchritte in der 
Anatomie, ja er war nahe daran, den Kreislauf 
des Blutes zu entdeden. Seine Schüler, Erafi: 
ftrateer genannt, bildeten eine eigene Schule. 
Plin. 29, 1,8. Plut. Demetr. 38. 

Eräto j. Musae, 3. 

Eratosthönes, ’Eoaroodirng, 1) einer der 
30 Tyrannen, Anhänger des milderen Theramenes, 
blieb bei der Flucht der Dreißig nad Eleufis mit 
Pheidon in Athen unter dem Schutze des Ammeſtie— 
defrets. Doch wurde er von Lyſias in der einzigen 
von diejem jelbit gehaltenen Rede auf Leben und 
Tod angeflagt, als Mitichuldiger an dem Tode 
feines Bruders Polemarchos. Das Reſultat ift 
uns nicht befannt. Las. in Eratosth. Xen. Hell. 
2, 3,2. — Auf einen andern des Namens bezieht 
fich die Nede des Lyſias de caede Kratosthenis. - 
2) E. aus Kyrene, der größte Geograph Griechen: 
lands und bedentender PBolyhiftor, geb. 275 v. E., 
genoß in Alerandreia den Unterricht des Syfanias 
und Kallimachos, fam dann nach then und hörte 
dajelbit die Philojophen Arifton von Chios, Arke— 
filaos u. a. Aus Athen berief ihn Ptolemaios II. 
Euergetes nad Alerandreia zurüd und au ihn 
nad Kallimachos zum Borftcher der großen Biblio- 
thef im J. 230, eine Stellung, in der er wenigitens 
bis nahe vor jeinem Tode blieb; faſt erblindet 
Toll er eines freiwilligen Todes gejtorben fein (195). 
Seine Schüler waren Ariftophanes von ‚Byzanz, 
Mnaſeas u. a., indeflen willen wir weniger von 
jeiner Thätigfeit als Lehrer; bagegen bezeichnet 
jeinen Ruhm als Gelehrten eine Reihe von Bei: 
namen, die ihm Bewunderung oder Neid beilegte: 
zevradlor u. a.; der Beiname Pjr« war aber 
ohne Zweifel nur eine äußere Eharakteriftif, nicht 
ihm beigelegt, weil er in allem Wiſſen die zweite 
Stufe einnahm; er jelbjt nannte ſich Yılokoyog 


Erasinides — Erbrecht. 


als Freund fiberaler Bildum jeder Art (Suet. 
gramm. 10). Obgleich in feinem Objelt menſch— 
lichen Wiflens Fremdling, wandte er ſich doch mit 
Beijeitejeßung der techniſchen Grammatik und Kritik 
beſonders der hiſtoriſchen Seite der Altertums— 
wiſſenſchaft, ſowie den aufblühenden exalten Wiſſen— 
haften zu. Er hinterließ außer Gedichten, darunter 
die berühmte Elegie Erigone (i. Ikarios) und Das 
mathematijch:aftronomijche Epos Hermes Samm⸗ 
lung der Fragmente von Hiller, 1872), eine große 
Anzahl Schriften, die ſich auf Mathematif, Philo- 
fopbie, Litterärgejchichte (mepi rijs gxulus —R 
das) und Chronologie (zE0v0ygapiaı, Olwurıo- 
viacı) bezogen und ſich auch durch Reinheit der 
Sprache — Sein Hauptwerk waren die 
3 Bücher Teoygapınd oder I'soygapovusve, in 
welchen er va eine wiſſenſchaftliche Geographie 
—— Das erſte Buch enthielt eine Kritik 
der Quellen, beſonders der poetiſchen Nachrichten, 
und die phyſikaliſche Geographie, das zweite die 
mathematiiche Geographie auf dem Grunde einer 
bejtimmten Gradmeſſung, das dritte die Choro— 
graphbie. Das Werk ift nur aus ipäteren Be- 
nußgungen, bejonders ee Auszug des Strabon, 
befannt. — Erhalten find unter des Eratofthenes 
Namen nur ÄAereoregıouol, eine trodene Auf: 
zählung von 475 Sternen in 44 Sternbildern mit 
Angabe der fih daran fnüpfenden Mythen (ber: 
ausgeg. von Maaß, 1878); jedesfalls ein viel 
jpäteres Machwerk, entweder eine griechiiche Be- 
arbeitung von Hygins (j. d.) Poeticon Astrono- 
micon, welches aus —— poetiſcher Dar⸗ 
ſtellung des Himmelsgewölbes ("Egnijs) ausgezogen 
u ſein ſcheint, oder Excerpte aus Deutmeniasen zu 
ratos (j.d.). Ausgg. der Bruchitüde von G. Bern: 
2. a und E. Müller in der Didotichen 
Fusgae des Herodot (1844); der geographi chen 
von H. Berger (1880). Val. Maaf, analecta Erato- 
sthenica (1883). 
Erbreeht, 1) Attiiches. Die Erbfolge 
Athen hing davon ab, ob der Erblafier ı ein 
ment gemacht hatte, oder nicht. Bor Solon war 
dies nicht geftattet, jondern es blieb das Vermögen 
beim Gejchlechte (yEros). Die jolonifche Geſetz— 
gebung hob diejen Zwang auf und gejtattete, für 
den Fall, daß feine legitime Dejcendenz da wäre, 
teftamentarijche Verfügung; es war jogar geftattet, 
über jein Vermögen aud dann zu verfügen, wenn 
die Deſcendenz nur weiblich war, aber in ber 
Art, daß die Erben die Töchter heiraten mußten. 
Die Erbeinjeßungen geichaben, da es ſich um Fort: 
ſetzung des Geſchlechts handelte, unter der Form 
der Adoption, die jelbjt da, wo jie von dem Kinder: 
lojen verjäumt war, von den Verwandten nachge- 
holt zu werden pflegte (va u) dvavvuog yernrar 
ö oixog). Daher durfte aud der Adoptierte nicht 
in das Haus des Vaters zurückehren, ohne in dem 
des Adoptivvaters Kinder hinterlafien zu haben. 
Blieb der Adoptierte finderlos, jo war eine neue 
Adoption nicht geftattet, und das Vermögen fiel 
an den Seitenverwandten zurüd. — Iſt fein Tefta: 
ment binterlafien, jo daß alſo die Juteſtaterbfolge 
eintritt, ſo gelten folgende Beſtimmungen (Haupt⸗ 
ſtelle: Demosth. Macart. p. 1067, $ 51): Haupt⸗ 
grundjag ift, dak Männer und Deicendenten von 
Männern den Borzug vor Weibern und Deicen: 
denten von Weibern haben, injofern dieje nicht 
ein näheres Stammhaupt als jene mit dem Erb- 


— 


in 


= 


— 


Erebos. 


lafier gemein haben. Die nächſte Berechtigung 
haben die direkten männlichen Nachlommen, Kin— 
der, Enfel u. j. w. Sit feine männliche Nachkom— 
menſchaft vorhanden, jo geht die Erbfolge auf die 
Töchter über, die in diejem Falle Zminingoı (jpäter 
zingoröuo; in Kreta marpwıoöroı) heißen. Auf 
die Erbtochter hatte aber, da diejelbe nicht ſowohl 
als jelbftändige Erbin, jondern als Mittel, die 
Erbihaft auf Männer zu übertragen, angejehen 
wurde, der nächite männliche Berwandte Anſprüche, 
die jo weit gingen, daß er fie jelbjt dem Mann, 
mit dem fie jih vor Erlangung des Vermögens 
verheiratet hatte, ftreitig machen fonnte. Die Nähe 
der Anſprüche wurde durch ein gerichtliches Ver— 
fahren ermittelt (j. unten). Arnie Erbtöchter(Hnec«ı) 
fonnten von dem nächiten Berwandten gerichtlich 
beanjpruchen, fie zu en oder feinen Vermö— 
ensumftänden gemäß auszuftatten. Die Sorge 
fir die Erbtöchter, ſelbſt noch während der Ehe, 
hatte der Archon, der ihnen zugefügte Beleidigungen 
innerhalb jeines Strafmafes ort ahnden oder ge- 
richtlich verfolgen fonnte (j. Kdrwaıs). — Waren 
Söhne da, jo beichränfte ſich das Erbrecht der 
Töchter (Imizgomoı) auf eine Mitgift, die ihr 
»dorog ihnen zu geben hatte, die aber im Falle 
der — Kinderloſigkeit an jenen zurüd- 
fiel. Nad dem Tode des Mannes fonnte die 
Tochter in das Haus des vrgıog zurüdfehren oder 
in dem der Kinder bleiben, denen dann, jobald 
ie mündig waren, die Mitgift zufiel. — In zweiter 
inie, wenn feine Deſcendenz vorhanden iſt, folgen 
die Kollateralverwandten (ovyyereis), nad dem 
oben angegebenen Grundſatze, zunächit die Brüder, 
dann deren Söhne, Enfel u. ſ. w., dann bie 
Schweitern mit ihren Nachkommen. Bei den ent: 
teren Sollateralen, die nicht von demjelben 

er mit dem Erblaffer abftammen, ging die 
Erbfähigfeit nur bis ins dritte Glied. — Illegi— 
time Kinder (»6®o:) hatten fein —— 
Erbſtreitigkeiten. ren natürliche Deſcen— 
denten vorhanden, ſo war die Erbſchaft nicht ſtreitig 
(dveridınog) und wurde ohne weiteres von dieſen 
in Befig genommen. War dies nicht der Fall und 
war die Erbichaft noch niemandem zuerkannt, jo 
hatte der fie Beanipruchende, auch wenn er durd) 
Teſtament adoptiert war, einen Antrag deshalb 
Antis, tmörneoie tod aArjgov) beim Archon zu 
machen (kayydvsır, Zmidindteohar roö nkjoon), 
was zu jeder Zeit, außer im Monat Skirophorion, 
dem legten des attiichen Jahres, geichehen konnte. 
Der Antrag ward ausgeftellt, in der nächſten zugd« 
Zuninsia vorgelejen und gefragt, ob jemand die 
Anſprüche beitreite und ſeinerſeits Aniprüche er- 
hebe (dugpısßnreiv, erg rg der Unter: 
fchied beider Ausdrüde nicht Mar). Trat niemand 
mit Aniprüchen auf, jo jprach der Archon fie dem 
u (dmöindfeırv), der geat ie beanfprucht hatte. 
raten mehrere mit Anfprüchen auf, jo fand ein 
Rechtsſtreit ftatt, der dundınaala ron RArpov hieh 
und auf dem Nechtswege entichieden wurde. — 
Benn die Erbſchaft ſchon jemandem zugeiprochen 
war, jo konnte bei jeinem Leben und noch bis 5 
Jahre nach ſeinem Tode von jedem, der ſich be: 
rechtigt glaubte, die Erbichaft ihm ftreitig gemacht 
werden, was ebenfalls zu einer diadınaola roü 
»ingov führte. — Ganz dasjelbe Verfahren galt 
bei Aniprüchen auf eine Erbtochter, die von dem 
en ungzertrennbar war (dıedızasia rs 


405 


Zmirirnjgov). — 1) Nömiiches. Die Erbichaft nad 
den Formen des alten jtrengen Civilrechts hieß 
hereditas, im Gegenjat zu dem neueren und 
freieren prätoriichen Erbrecht, j. Bonorum pos- 
sessio. Im Teftament konnten einer oder mehrere 
zu Erben eingejegt fein (heredis institutio), jedod) 
galten alle Miterben für Haupterben und empfingen 
dem Teftament zufolge Quoten der Erbichafts. 
mafje. As galt als Einheit der Mafle, und die 
12 unciae (Zwölftelbrüche) als Teile derjelben. 
Der Univerjalerbe hieß daher heres ex asse; Die 
coheredes waren nad ihren Erbidaftsteilen be: 
re heres ex triente d. i. Erbe des dritten 
eild, ex parte dimidia, ex deunce d. i. Erbe 
bon 11 Teilen, ex uncia, Erbe von einem Zwölftel. 
Dieje Teilungen hätten durch Legate leicht um— 
angen werden fünnen, allein es galt als Ehren- 
ache, zu Erben eingejeßt zu werden. Die Erben 
mußten commercium haben (j. d.), darum fonnte 
ein 2 nicht Erbe jein. Ein jolcher konnte 
nur Fideilommiſſe erhalten (j. Fideicommis- 
sum) Auch die frauen waren ausgeichlofien 
(f. Lex Voconia), und die juriftiichen Berjonen 
waren nur zu Fideikommiſſen befähigt, bis fie 
unter den Kaifern auch Legate erwerben durften. 
Die angebotene Erbſchaft mußte von den Erben 
angetreten werben, wozu die sui (db. h. Kinder und 
Frau in manu) und necessarii heredes (Sflaven) 
feine befondere Form anzuwenden brauchten. Doc 
in jpäterer Zeit erteilte ihnen der Prätor das 
Recht, die väterliche Erbſ unter Umſtänden 
abzulehnen (abstinendi beneficium). Die andern 
Erben hatten ihre Geneigtheit (adire hereditatem) 
zu erfennen zu geben, was durch cretio geichah 
(durch eine ausdrüdliche Erflärung) oder ftillichwei- 
gend durch pro herede gestio. Mit dem Antreten 
übernahm der Erbe das Vermögen des Erblaffers, 
aber auch die Schulden und die auf dem Vermö— 
gen laftenden sacra, weshalb eine ine sacris 
hereditas für ein großes Glüd galt. Yagen Gründe 
vor, die das Antreten der Erbichaft nicht als 
wünjchenswert erjheinen ließen, jo durfte er fie 
ablehnen (repudiatio hereditatis). — Heredi- 
tas legitima heißt die geießlich beftimmte ober 
Inteftatjucceffion, welche neben der teftamentari= 
ichen Erbfolge fteht. Starb ein Römer ohne Tefta- 
ment, jo beerbten ihn zuerjt die in feiner Gewalt 
befindfichen Perfonen (Frau in manu und finder, 
d. h. die sui), welche zufammen sui hießen. In 
Ermangelung der sui erbten die Agnaten und, 
wenn auch dieje nicht vorhanden waren, die Gen: 
tilen. In der Kaiſerzeit wurden die Agnaten zu 
Gunften der Kognaten immer mehr zurüdgeießt. 
Den ohne Teftament verftorbenen Libertus beerbten 
ebenfalls die sui und, wenn dieſe fehlten, der Pa- 
tronus oder deſſen Kinder und nach bdiejen die 
Gentilen des Patronus. — Die Enterbung hieß 
exheredatio. Nadı dem alten Rechte fonnte 
jeder, welcher jeinen nächſten An —— nichts 
zuwenden wollte, dieſe in ſeinem Teſtamente über: 
ehen praetérire), aber zu Ciceros Zeit wurde es 

auch und Geſetz, die Kinder, welche nichts erhalten 
jollten, im Zeftamente namentlich zu erwähnen und 
zu bemerten, aus welden Gründen fie enterbt 
werben jollten. Cie. Caec. 25. Rose. Aın. 19. Die 
andern ndten, welche nicht? erhalten joliten, 
brauchten nicht bejonders erwähnt zu werben. 

Erebos ij. Chaos und Unterwelt, 1. 

26* 


5 


| 
—— 


* — 


u! 


404 


Erechtheion, "Eofzdeior, hieß auf der Burg 
zu Athen der uralte, von Kefrops erbaute Tempel 
der Athene Polias mit dem vom Himmel gefalle- 


nen Schnitzbilde der Göttin, an der Stelle wo 
Athene mit Poſeidon um den Beſitz des Landes 


geitritten hatte (der offizielle, inſchri tlich bezeugte 
Name war: 6 veng 6 fu mileı dv Wo ro doyaior 
dyakuc). Der damals von ihr geichaffene Ol— 
baum und der von Poſeidon hervorgerufene Salz: 
quell befanden ſich in demielben. Athene hatte 
das Heiligtum gemeinfam mit Bojeidon:Erechtheus, 
neben welchen auch nod als dritter Schußgott 
Zeus: Poliens verehrt ward, deſſen Altar unter 

m Oibaum ftand. Nachdem das Heiligtum von 
XKerres zerftört worden, erneuerte man es glän: 
zend in der perifleiihen Zeit; doch fällt feine 


Erechtheion — Erembı. 


jtalt einer Schlange gehabt haben, ein Symbol 
der Autochthonie. Athene übergab den Knaben 
den Töchtern des Kefrops, Agraulos, Bandroios 
und Herje, in einer Kite mit dem ®erbot fie zu 
öffnen. Als Mgraulos und Herſe dennoch die Kiſte 
öffneten, jahen fie das Kind von einer Schlange 
ummunden («oder das Kind als Schlange) und 
wurden von der Schlange getötet, oder fie ftürzten 
ich, von Wahnfinn ergriffen, von dem Felſen der 
Burg herab ins Meer. Grechtheus ward durch 
tg des Amphiktyon König von Athen, 
fegte den Dienft der Athene ein und baute ihr 
einen Tempel auf der Burg, wo fein Dienft mit 
dem der Athene und des Poſeidon gemeinschaftlich 
war (j. Erechtheion). Den Streit der Athene 
und des Bojeidon um Attifa joll er entichieden haben. 








Au Mm — — 


Kinn 


Bollendung erſt gegen Ende des peloponnefiichen | D 
Krieges (407). Da das Heiligtum von alter Zeit 
her aus 3 zujanmenhängenden Tempeln beitand, 
der Athene, des Poſeidon-Erechtheus (das eigent- 
liche Erechtheion) und der Pandrofos, und man 
bei ber Wiederheritellung das alte Terrain bei: 
behielt, jo erhielt es eine jehr unregelmäßige 
Grundform. Über den Bau haben fich ſehr inter: 
eſſante Infchriften erhalten, aus denen O. Müller, 
Bödh, Thierih u. a. dic Dangeichichte des Tem: 
pels feitgeitellt haben. 

Erechtheus, ’Egsydens, in älterer Beit Die: 
jelbe Perſon mit Erihthonios, "Egıyboruosg, 
erit jeit Euripides (/on 280) von demjelben ge⸗ 
ichieden, ein athenifcher Heros, der mit dem Athene: 
dienſt eng zujammenbing. Er war ein Sohn ber 
Erde (oder der Atthis, der Tochter des Kranaos, 
und Des — und ward aufgezogen von 
Athene. ZT. 2, 547. Zur Hälfte ſoll er die Ge: 





Da er zuerft ein Viergeſpann anjdjirrte, jo ward 
er als „Fuhrmann unter die Sterne verjegt. Mit 
der Najade Prarithea erzeugte er den Pandion, 
der von ihm die Herrichaft erbte und mit Beurippe 
die Brofne und Philomela und die Zwillinge 
Erehtheus und Butes (j. d.) erzeugte. Ere— 
htheus (ber zweite, urjprünglich aber biejelbe 
Berjon mit E. 1.) ward König von Athen und durch 
Prarithea Bater von Ketrops, Bandoros, „2 
tion, Orneus, Brofris, Kreiüja, Chtho 
nia, Dreithnia. Apollod. 3, 15, 1. Als 
chtheus den den Eleujiniern gegen bie Athener 
beiitehenden Thrafer Eumolpos, einen Sohn des 
Bojeidon, im Kampfe erlegte, verlangte Poſeidon, 
dab eine Tochter ded E. geopfert werde, und es 
ftarben freiwillig zujammen die 4 Scheitern. 
Erechtheus aber ward auf Pojeidons Bitte von 
Beus mit dem Blitz erichlagen. 

Erembi, ’Egsußol, ein Bolt, weldyes Homer 


"Eonuos dien 


nahe den Sidoniern nennt (Od. 4, 84), nadı Hella: 
nitos und den meiften alten Geographen Trog— 
lodyten (von ga, Erde, und Zußaiver), welche 
öftlich von Agypten in Arabien wohnten. Andere 
verjegten jie nach Kypros, noch andere rechneten 
fie zu den Yithiopen. 

"Eonuos dien ij. Iinn uud Prozels, 14. 

s oder Eressos j. Lesbos. 

Eretria j. Euboia. 

Eretriei j. Menedemos. 

Erötum, "Honrov, alte Sabinerftadt aut Tiberis, 
wurde zur Römerzeit bald unbedeutend; j. Grotta— 
Marozza. Liv. 3, 26. 29. 42. 26, 11. 23. Verg. A. 
7, 711. Strab. 5, 228. 

Ereuthalion ji. Areithoos. 

"Eeyadeis ij. Dvanj, 2. 

Ergäne j. Pallas Athene, 

Ergastülum, Bor alters hieß ergastulum der 
Schuldturm, in welchen die reichen Schuldherren 
die infolventen Schuldner einjperrten und zur Arbeit 
benutzten. Liv. 2, 23. Bon Juvenal (14, 24) wird 
ein carcer rusticus genannt ald das Sflavenge- 
fängnis, welches die reichen Römer auf ihren Pillen, 
jeltener in ihren ftädtiichen Wohnungen hatten. 
Hier wohnten die vincti compede fossores (Or. 
trist. 4,1, 5), d.h. die Sflaven, welche die harten 
Freldarbeiten gefeflelt beiorgen mußten (.Servi, 2.). 

Erginos j. Herakles, #4., Agamedes und 
Argonauten, 2. 

rianthos, ’Egiavdog, aud) Erianthes, "Egidv- 
ds, genannt, Repräfentant von Theben, als nad) 
dem Ende des peloponnefiichen Krieges über das 
Geſchick Athens beraten wurde. Paus. 10, 9, 9. 
Auf feinen Antrag ftimmten die Thebaner und 
Korinther für gänzliche Vernichtung Athens; die 
Rhofier widerſprachen zuerſt. Plut. Iys. 15. 

Eriboia (Eeriboia) j. Aloaden. 

Erichthonjos j. Dardanos u. Erechtheus. 

Eridänos, ’Hoıdaros, 1) mythiſcher Strom, als 
—— Sohn des Oteanos und der Tethys. 
Hesiod. theog. 338. Homer mennt ihn nicht. 
Herodot (3, 115, erwähnt ihn als einen im Weiten 
Europas ins nördliche Meer flichenden Strom, 
von dem der Bernitein herfomme, der ihm aber 
nicht weiter befaunt ei. 
Härte man den Eridanos für den Padus in Cber: 
italien, weil bier das Hauptlager für den Bern- 
fteinhandel war; vgl. Padus. Er wird aud in 
die Unterwelt verjeßt. — 2) Nebenfluß des atheni- 
ichen Jlifos, ſ. Attika, 4. 

Erigöne j. Ikarios und Orestes, 

Erigönus, ’Egıydv, rechter Nebenfluß des Arios 
in der maledoniichen Laudſchaft Paionia, j. ſlaviſch 
Tzerna, türfiich Karaſu. Arr.1,5,5. Lir. 31, 39. 
39, 53. Es ſcheint der vom Herodot (4, 90) ge: 
nannte Agrianes zu jein. 

Erineos j. Doris. 


Erinna, "Howrve, berühmte griechiiche Dichterin 


1} 


In fpäterer Zeit er: | 


— Erinyen. 405 
metern beftehende, verloren gegangene ’Hiaxdrn, die 
Spindel; von ihren Epigrammen find 3 erhalten. 
Bol. Welder, kl. Schr. II ©. 145 ff. Berg, poet. Iyr. 
Graee. III p. 141 ff. d. 4. Aufl. — Das noch eriftie- 
rende Inrifche Gedicht eds "Payne in 5 japphiichen 
Strophen mit der Überichrift: Melırvo 7) uükdor 
"Heivrn Asoßle, in welchem Nom als Weltbeherr: 
icherin gepriejen wird, gehört nicht der Erinna, 
jondern der Melinno an; dieje war wahrjcheinlich 
eine Griechin aus Loeri Epizephyrii in Unter: 
italien zur Zeit des Pyrrhos oder des erften puni- 
ihen Krieges. Vgl. Welder a. a. ©. ©. 160 ff. 
Erinyen, ’Egırdg oder "Epewrig, -Veg (janstr, 
Saranjüs), Eumeniden, Etueriddss, Furiae, 
die alten furchtbaren Göttinnen des zürmenden 
Fluchs und der rächenden Strafe. Wenn im Men- 
ſchenleben gegen heilige Rechte —— wird, 
wenn namentlich die Bande des Blutes freventlich 
verlegt werden, die Eltern von den Kindern, der 
ältere Bruder von den jüngeren Geſchwiſtern ſchwer 
und Schmählich gefränft wird, jo erheben fich gegen 
den Frevler die Erinyen und ftellen dur ihre 
Strafe die verlegte jittlihe Weltordnung wieder 
her. Der Unwille über die jchmachvolle Kränkung 
bricht in dem Fluche (ed, daher heißen die Eri- 
men bei Miichylos Agad; neben den Er. nennt 
die Agd Soph. El. 111) hervor und ruft die im 
Erebos wohnenden Rachegöttinnen du Strafe des 
Zünders auf (daher TIoıwvad, die Strafenden, bei 
Aiichylos); fie verfolgen ihm mit ihrer furchtbaren 
Macht auf der Erde und ftrafen ihm jogar noch 
unten im Hades. Od. 11, 279. I1.9, 571. 21, 412. 
Übrigens erweiterte ſich die Vedeutung der Eri: 
nyen; ſchon bei Homer haben auch die Bettler, 
die Schupflehenden und Gaftfreunde ihre Erinyen, 
weiche die ihnen angethane Schmah rächen (Od. 
17, 475,; fie ftrafen jeden Frevel in menſchlichen 
Berhältnifien, den Mord, den Meineid u. ſ. mw. 
Il. 19, 259, vgl. Hesiod. op. et d, 803. Ya, fie 
führen den Menichen jelbft zu Lbermut und Ber: 
biendung, daß er in Sünde und in Unglüd ver: 
fällt. Od. 15, 283. Il. 19, 87. Auch bei den Tra: 
gifern jind die Erinyen oft allgemein Berberben 
bringende, ftrafende Gottheiten ; vornehmlich aber 
treten jie als Nächerinnen auf, wenn die durch die 
‚Natur geheiligten Rechte der Familie verlegt find; 
ſo verfolgen fie beionders die Muttermörbder Oreftes 
+7. d. und die Abb. S. 406, und Altınaion j. d.) jowie 
‚ Didipus (j. d.), der den Bater erjchlug und mit der 
‚ Mutter im Ehebunde lebte. Sinnverwirrend, wahn: 
ragen ren verfolgen fie den Frevler wie Hunde 
ein gehegtes Wild und fingen ihm den ſchauer— 
fihen Erinyengefang, der fellelnde Bande um ihn 
ihlingt. Doch unerweichbar find die Göttinnen 
nicht; wenn der Sünder gebüßt hat und gereinigt 
ift von feiner Schuld, ſo laflen fie ab von jeiner 
Verfolgung und werden wohlwollende Göttinnen, 
Etbuerldes. — Homer ipricht bald von Einer 





aus der Sporadeninjel Telos oder aus Teos oder | Erinys, bald von mehreren, doch nennt er ihre 
Tenos oder Rhodos, angeblich Zeitgenoifin und | Zahl, ihre Namen und ihre Abſtammung nicht. 
Freundin der —2* alſo um 600 v. C. Wegen Bei Heſiod /theog. 185) find fie Kinder der Gaia, 
ihres Aufenthaltes bei dieier hieß fie auch -Asopi« | entiprofien aus dem Blute des von jeinem Sohne 
und Mersinveie. (Mehrere alte Schriftiteller machen , Kronos verftümmelten Uranos; fie verdanken alio 
fie zu einer Zeitgenoffin des Redners Temojthenes, | ihren Urfprung einem Frevel gegen die Bande 
wodurch Neuere, z. B. Bergl, bewogen wurden, | des Blutes. Aiſchylos nennt fie Töchter der Ryr, 
2 Pichterinnen diejes Namens anzunehmen.; Sie: Sophofles des Stotos Finſternis und der Ge. 
jtarb als Jungfrau von 19 Jahren. Tas be: ' Aesch. Eum. 321. Soph. O. C. 40. 106. Tie 
rühmtefte ihrer Gedichte war die aus 300 Hera: , Treizahl findet ſich zuerft bei Euripides, und bie 


406 


Namen Alelto (Anxaro, die nie Raftende), Ti: 
jiphone (Tioporn, die Nächerin des Mordes) 
und Megaira (Meyaıga, die Feindliche) erft bei 
Apollodor. In Attila, wo jie ein Heiligtum am 
Areopag und auf dem Hügel Kolonos hatten, 
hießen fie vorzugsweije Semnai (Leuval Heai, 
die Ehrwürdigen); der Name Eumeniden war 
in Sikyon heimiſch; in der arkadiſchen Landſchaft 
Parrhaſia hatten fie den Beinamen Marlaı, die 
in Najerei verjegenden (die jchwarzen und bie 
weißen, d. h. die zürmenden und die verjühnten, 
Paus. 8, 34, + ff.). — Die Idee der Erinyen hat 
jich urjprünglich aus der Vorftellung der Demeter: 
Erinys, der zürnenden Demeter, entwidelt, welche 
in Boiotien und in Arkadien in uralter Zeit ver- 
ehrt ward und durch ihren Zorn furchtbar in dem 
Labdatidengeichlechte zu Theben, zu welchem Didi: 
pus’gehörte, waltete. Als Opfer brachte man den 


Eripbyle 





| 


— Eros. 


Eriphjle ij. Alkmaion und Amphia- 
raos. 
, "Egıs, Göttin der Zwietracht, des 
Kampfes und Streites, „Hein anfangs, aber in 
furzem hebt fie an den Himmel das Haupt und 
fchreitet auf der Erde“ (1. 4, 440) Gie tft 
Schweſter und Begleiterin des Ares im Kampf, 
mit unerjättlicher Blutgier weilt fie noch froh im 
Getümmel, wenn alle andern Götter jchon die 
Schlacht verlaffen haben. Il. 11, 3. 74. 20, 48. 
Bei Hefiod (theog. 225 ff.) ift fie Tochter der 
Nacht, Mutter der Mühjal, der Vergeflenbeit, des 
Hungers, der Schmerzen, des Mordes, der Kämpfe 
und Schlachten, des Haders, der Trugreden u. ſ. w. 
Aber neben diejer verderblichen gibt es noch eine 
gr Eris, die Perſonifikation des et 

esiod. op. et d. 11ff. — Die römiidhe Dis- 
bertragung 


cordia (Verg. A. 8, 702) ift eine 





Erinyen weinloje Spenden und jchwarze Schafe 
dar. — Geftalt und Ausjehen dieſer furchtbaren 
Gottheiten, die von Menichen und Göttern ge: 
haft und geflohen wurden, war grauenerregend. 
Aiſchylos, der jie zuerft auf die Bühne brachte, 
ftellte fie den Gorgonen und rpyien ähnlich 
dar, als häßliche alte Frauen mit Schlangenhaaren, 
biutigen Augen, vorhängender Zunge und ge: 
fletichten Zähnen; fie trugen lange ſchwarze Ge- 
wänder mit blutrotem Gürtel. Euripides ſtellte 
ſie weniger grauenhaft dar, als ſchnelle, geflügelte, 
iungfräuliche Jägerinnen mit Fackeln und Schlangen 
in den Händen. Dieje Form wählte auch gewöhn: 
lid; die bildende Kunft (j. d. Abbildung). — Die 
Furiae (Dirae deae) der römijchen Dichter 
find eine Übertragung der griechiichen Erinyen. 
Sie werden gewöhnlich als quälende Wächterinnen 
der Verbrecher in die Unterwelt verjegt, fommen 
aber bisweilen auf die Oberwelt, um den Men: 
ichen blutige Mordgedanten und Wahnfinn einzu: 
jlößen. Very. A. 6, 570. 605. 7, 324 ff. Or. met. 
4, 451. 481. 





der griechiſchen Eris und ericheint deshalb auch 
im Gefolge der Bellona. 

"Egiorıxoi j. Eukleides, 2. 

Eros, "Eowg, "Eoog, Amor, Cupido, der 
Gott der Liebe. Bei Homer wird er noch wicht 
genannt; bei diejem ift nur Aphrodite die liebe: 
erwedende Göttin. Heſiod dagegen nennt ihn 
(theog: 120) unter den ältejten Göttern: zuerit 
ward das Chaos, dann die Erde und Tartaros 
und Eros. Eros ift aljo hier die einigende und 
bindende Macht, durch die alle Wejen der Welt 
entjtehen und zu harmoniſcher Ordnung gebracht 
werden. Zu Theipiai verehrte man diejen alten 
Naturgott unter dem Symbol eines —* Steines 
und feierte ihm alle 5 Jahre die Erotidien 
(Egwridıe oder ’Egurıe). — Ganz verſchieden 
von diejem koſmiſchen Eros iſt die Vorftellung von 
Eros, wie er bei den jpäteren Pichtern als der 
jüngſte der Götter auftritt. Diejer it ein jchöner 
Knabe, entweder dem Yünglingsalter oder dem 
Kindesalter nahe, voll Lift und Schalfheit ein 
graufamer Peiniger der Menjchen und der Götter; 


Eros — 


jelbit den Zeus und die eigene Wutter Aphrodite 
verſchont er nicht. Auf goldenen Flügeln fliegt 
er umber, bewajfnet mit dem Bogen und dem 
mit Pfeilen gefüllten Köcher, und verwundet alles, 
was lebt auf Erden und im Himmel, im Meer 
und in der Unterwelt, Als jeine Eltern gelten 
gewöhnlich Aphrodite und Ares, aber aud) Zeus 
und Aphrodite, Hermes und Aphrodite, Zephyros 
und Jris; oder es heißt, die Eltern des Eros 
jeien unbelannt, er habe eine Mutter, aber feinen 
Bater u... In jpäterer griechiicher und römi— 
ſcher Zeit umgab man den Eros mit einer Menge 
gleichartiger Wejen, junger Eroten, Amoret- 
ten, und gejellte ihm einen Bruder Anteros zu, 
den Gott der Gegenliebe, der durch jein wett: 
eiferndes Spiel den fleinen Eros zum Wachſen 
brachte. — Eros war nicht bloß der Gott der 
Liebe zwiichen dem beiden Gejchlechtern,, jondern 
auch der Liebe und Freundichaft unter den Män— 
nern, zwijchen Männern und Yünglingen und 
stnaben. Darum war die heilige Schar der the: 
banijchen Jünglinge dem Eros geweiht, und in 
Athen ehrte man ihn als Vefreier der Stadt, weil 
das Freundespaar Harmodios und Nriftogeiton 
die Stadt von der Tyrannis der Peiſiſtratiden be— 
freit haben jollte. — In jpäterer Zeit brachte 
man Gros in die verſchiedenſten Situationen zu 
Piyche, der Berjonififation der menschlichen Seele, 
die oft unter dem Bilde des Schmetterlings oder 
als Jungfrau mit Schmetterlingsflügeln dargeftellt 
ward. Gros ift entweder in Liebe mit ihr ver: 
einigt, oder er quält fie, bejonders unter dem Bilde 
des Schmetterlings, indem er dieſen über eine 





Fackel hält, ihm die Flügel ausreift und dergl. 
Apulejus hat in jeinen Metamorphoien 4, 28-- 
6, 24; aus den verichiedenen Situationen dieies 
Mothentreijes eine anmutige märdenhafte Erzäh: 


Erotianos. 407 
J gebildet folgenden Inhalts: Ein König hatte 
3 Töchter, von denen Pſyche die jüngite und 
ihönfte war. Eros liebte jie uud brachte fie au 
einen abgejchiedenen Ort, wo fie in Liebe mit ihm 
vereint lebte, ohne ihm jedoch je zu jehen und 
ohne ihn zu fennen. Sie lieh ſich aber wider fein 








Gebot von ihren böfen Schweitern, die fie beſuch— 
ten, verleiten, nach feinem Antlig zu forjchen, und 
wurde deshalb von ihm verlaflen. Sie juchte ihm 
unter taujend Mühjalen, bis fie endlich, durch die 
erduldeten Leiden von der Befledung gereinigt, 
wieder mit ihm auf ewig vereinigt ward. Ihre 
Tochter hie Glückſeligkeit. Apulejus hat dieſer 
Erzählung einen phifofophiichen Sinn untergelegt; 
Eros ift hier ein großer Dämon, der die Menjchen 
‚zum Guten und dadurch zur Glüdieligfeit erzieht, 
eine Borftellung, welche jhon vor ihm von andern 
Philojophen, wie von Platon im Sympofion, aus: 
gebildet worden ift. — Die Kunft ftellt den Gros 
| entweder als einen ihönen reifen Knaben au der 
Grenze des Yünglingsalters dar, oder als ein an- 
mutiges, oft geflügeltes Kind. Letztere Darftellung 
ift die jpätere. Seine Attribute jind Bogen, Bieile, 
Köcher, Fadeln. — Außer Theipiai und Athen ver: 
dehrte man ihm beionders zu Sparta, auf Kreta 
und Samos, zu Megara u. a. a. D. eben ihm 
eriheinen oft Bothos und Himeros, Berio: 
nififationen der Sehnſucht und des Berlangens, 
Tyche, das Glück, Beitho, die Chariten und 
Muſen. — Der römiſche Amor oder Cupido 
iſt eine bloße Übertragung des griechiſchen Eros, 
welcher oft Himeros und Pothos gleibedeutend ift. 
Eros, "Eows, 1, ein Schauipieler in Rom, der 
zuerft mißfiel, ſpäter aber, als er ji zum Schau: 
ipieler ©. Roſeius in die Lehre begeben hatte, 
durch deſſen Unterricht einer der bedeutenditen Ko— 
möden ward. Cie. Rosc. Com. 11, 30. — 2) ein 
Sklave des Triumvir Antonius, der von Antonius 
das Schwert erhielt, um ihn zu töten, sich jelbit 
aber damit vor den Augen desſelben ermordete. 
Plut. Ant. 76. 
Erotiänos. ’Eowrieros. ein griechiicher Gram— 
matifer zur Zeit des Nero, ſchrieb ein Gloſſar zu 
den Werten des Hippofrates rar zag’ "Innungc- 





408 Erotidien — Erziehuug. 
reı etrn ovvaywyn), welches wir, wenn auch Athener Butes. Butes ſprang als Teilnehmer 
nicht in ſeiner urſprünglichen Faſſung, noch be: | der Argonautenfahrt, als die Argo an den Sei: 
figen. Ausgabe (zugleich mit den Gloſſ. des Galenos renen vorbeifuhr, durch den Geſang derjelben ver- 
und Herodotos) von Franz (1780). lockt, ins Meer, ward aber von Aphrodite nad) 
Erotidien ji. Eros. Lilybaion gerettet, wo fie mit ihm den Eryr 
Errhephoria ji. Arrhephoria. zeugte. Diejer ward König der Elymer am Berg 
Erneii, 1) E. Eruc., aus plebejiihem Stande, | Eryr. Er war ein gewaltiger Fauftlämpfer, der 
war Ankläger des Sert. Roſeius aus Ameria im | dem Herafles ein Rind von der Herde des Ge— 
3.800. C. Den Charakter jeiner Beredjamfeit | ryones nahm und deswegen in einen Kampf mit 
bezeichnet der Beiname Antoniaster; er war ein | demjelben geriet, in dem er getötet ward. Apollod. 
ungeſchickter Nachahmer des Antonius. Cie. Rose. | 2, 5, 10. — 2) (auch Eryeus), jetzt St. Giuliano, 
Am. 16. — 2) ©. Eruc. Elarus, der Sohn | ifolierter 751m hoher Berg auf Sicilien im ®. 
eines Sadmalters (‘Plin. ep. 2, 9, #4) gleiches | mmweit Drepana, auf deilen Höhe der angeblich 
Namens und der Septicia, erlangte die Quäſtur, von Aineias gegründete (Verg. A. 5, 759. Teac. 
das Volfstribunat und zweimal (zulegt 146 n. E.) ann. 4, 43), reiche Tempel der Venus Erheina 
das Konſulat. Spart. Ser. 1. Als Legat nahm er, ftand, deren Dienft ein etwas lafciver war. Cine 
“im parthijchen Kriege Seleuleia ein (Dio Cass. am weſtlichen Abhange des Berges liegende Stadt 
68, 30); auch Stadtpräfelt ift er geweſen (frell. | gleihes Namens wurde von den Karthagern zu 
7,6, 12. 13, 18, 2). Als gelehrten Dilettanten | Purrhos’ Zeit und dann abermals im erften puni: 
bezeichnet ihn Gellius (13, 18). — 3) Eruc. Ela: | jchen Kriege zerftört und die Einwohner nach Dre- 
rus, Konſul 192 n. E., entging glüdlich der von | pana verjegt. Bon ihren Mauern haben fich be- 
K. Commodus beabiichtigten Ermordung, fand aber | deutende Reſte erhalten. Hat. 4, 45. T’huc. 6, 2. 


einige Jahre fpäter durch Severus den Tod. Dio 
Cass. 72, 22. 74, 9. Spart. Sev. 13. 

Eryeina ſ. Aphrodite, 2. 

Erymanthos, ’Eovuardos, 1) Webirge, ij. 
Achaia und Arkadıa. — 2) Fluß, ſ. Al- 
pheios. 

Erysichthon, ’Eovsi’ytwr, 1) Sohn des Trio- 
pas in Theflalien, der frevelnd in den Hain der 
Demeter einfiel und die heiligen Bäume fällte, um 
ſich einen Speijelaal zu bauen; dafür wurde er 
mit nie zu ftillendem Heißhunger («idwr) beitraft. 
Der Name bedeutet „Erdaufreißer“, d. h. „Pflüger“. 
Qgl. Mestra. — 2) Sohn des Kelrops und der 
Agraulos, der das Bild der Eileithyia von Delos | 
nach Athen bradıte. Er jtarb kinderlos noch zu 
Lebzeiten ſeines Vaters. Paus. 1, 2, 6. 18, 5. 
Apollod. 3, 14, 2. 

Erytheia j. Herakles, ®. 

Erjthrai, ’Eovdgaı, ’Eovdgeai, 1) Stadt in | 
Boiotien, zu Pauſanias' Zeit verödet, in der Nähe 
des Schlachtfeldes von Plataiai (Idt. 9, 15. 19), 
öftlich des jehigen Dorfes Katzula, jchon /7. 2, 499 
genannt und Mutterjtadt von 2) einer der 12 ioni— 
ichen Städte Kleinajiens, auf einer Kralbinjel ge: | 
fegen, welche die Berge Mimas und Korykos der 
Inſel Ehios gegenüber bilden; j. Auinen Ritri. | 
Der Kodride Knopos nahm fie in Beſitz, daher 
auch Knopupolis. Hdt. 1, 142. Strab. 14, 64. 
2 Tempel des Herakles und der Athene Polias 
waren von hohem Alter. — 3) Küftenftadt der 
ozoliichen Lokrer öjtlich von Naupaktos. Z,iv. 28, 8. | 

Erytlıraeum mare, Kubrum mare, 7) ’Eovdoc | 
Pdiasoe, hieß zunächſt, wohl nach der Farbe der 
Korallenbänte, der Meerbujen zwiichen Arabien, 
Sufiana, Perſis und Rarmania (vgl. Taac. Agr. 12), 
jpäter sinus Persicus genannt (j. d.); dann über: | 
haupt das Meer zwiichen Indien, Arabien und 
Afrika, mit Inbegriff des Berfiichen und Arabijchen | 
Meerbujens (Hdt. 1, 1.2, 168; ebenio in Pjeudo: 
Arrians zegimkoug tig 'Eg. Bai.); jpäter, z. B. 
bei Ptolemaios und Agathemeros (two für jenes 
gejamte Meer der Ausdrud "Ivdınor weiayog auf: , 
fommt), nur der Meeresteil zwijchen der Strafe 
Bab:el-Mandeb und der Sübdoftküfte Arabiens. 

Eryx, "Eov£, 1) Sohn der auf dem Berg Eryr 
verehrten Aphrodite und des Pojeidon oder des | 





Died. Sie. 4, 83, Strab. 6, 372. 
Verr. p. 256. 

Eryximächos, "Eoväiueyos, Sohn des Au: 
menos, ein angejehener Arzt in Athen, der die 
Vorträge des Sophiften Hippias gehört hatte. In 
Platons Sympofion p. 186—188 E hält auch er 
einen Bortrag über die Liebe. 

Erziehung, I. griechiiche. Auch in der Er: 
ziehung tritt, wie im allen Kreiſen des Öffentlichen 
und Privatlebens, die Stammpverichiedenheit bei 
den Griechen far und deutlich hervor. Während 
bei dem doriichen Stamme und namentlich in 
Sparta, wo alles darauf gerichtet war, die ganze 
Eriftenz des einzelnen an den Staat zu knüpfen 
und in demjelben aufgehen zu laſſen, jchon in 
der Kindheit der einzelne der Familie entfremdet 


Zumpt zu Cie. 


‚wurde und das Ziel jeiner ganzen Ausbildung 
ausſchließlich Tüchtigkeit und Brauchbarteit für die 


Zwede des Staates war, herrichte bei dem ioni- 
ichen Stamme, als deffen Nepräjentanten wir hier 
Athen betrachten können, eine freiere Anficht von 
dem Berhältnis des einzelnen zur Gejamtheit, in 
der Art, daß bei den Athenern, ohne Vernach 
läffigung der Staatsinterejlen (die ja auch dem 
atheniihen Bürger das Höchite jein jollten), auch 
die andern Seiten und Beziehungen der menſch— 
lihen Natur Anerkennung fanden und eine jelb: 
ftändige Berechtigung behaupteten, und daß na: 
mentlich eine vom Staate nicht unmittelbar ab- 
hängige und demjelben nicht unmittelbar dienende 
Bildung (madeca) nicht nur gejtattet war, ſon— 
dern bis zu einem gewiſſen Grade jogar gefordert 
wurde, indem der Mangel einer joldyen für des 
jreien Bürgers nicht würdig galt. Dieje Eigen: 
tümlichkeit der Athener, über die ſchon Thukydides 
im Gegenjaß zu Sparta jo jchön wie treffend fich 
ausipricht (vgl. u. a. die Rede des Perifles 2, 35 ff.), 
mußte natürlich auf die Erziehungsgrundjäge einen 
weſentlichen und entjcheidenden Einfluß ausüben. 


— A) Die Quelle für die Erziehung im Heroen- : 


alter ift hauptſächlich Homer (natürlich faft aus: 
ichließlih für die Erziehung der Herrſcher und 
Fürſten, Basıkeis, äraxres, da der dijuog überall 


ſehr in den Hintergrund tritt und als ungeglie- 


derte, wenn auch keineswegs rechtloje, Maſſe er: 
icheint). Die erjte Nahrung und Erziehung erhielt 


- 


5 


Erziehung. 


409 


das Kind von der Amme und von der Mutter. | die Kinder der Aufjicht des Pädagogen (zuda- 


Einem einzelnen Sohne oder einer Tochter wurde 
wohl ein Gefährte beigejellt (Bhoinig und Batro: 
tlos dem Achill; Eumaios der Ktimene). Leſen 
und jchreiben fonnte man noch nicht. Die Mädchen 
lernten wohl weben und jpinnen. Gymnaſtiſche 
und agoniftiiche Übungen waren gewiß ſchon früh 
ausgebildet (vgl. IT. 23, 306 ff). Der eigentliche 
heroiſche Repräjentant der Erziehung ift aber Chei— 
ron, der —— des Jaſon, Achilleus und an— 
derer jugendlicher Helden. Er unterrichtet ſie in 
Jagd: und Waffenübungen, in der Heilkunde (de- 
zen) und Kräuterkunde, im Gejang und Saiten: 
ipiel (uovon), in der Wahrjagelunft (uawrızı)) 
und in Recht und Gejehen (dixwoourn); er lehrt 
fie den Eid heilig zu halten, die Götter zu fürd)- 
ten und ihren Zorn zu jühnen. — Gehen wir 
jegt auf die Erziehung in der hiftorifchen Zeit 
über, jo jehen wir, wie fich diejelbe aus diejen 
ge + nach den Stämmen verichieden entwidelt 
bat. hrend nämlich in Sparta Knaben und 
Mädchen zufammen auf diejelbe Weile erzogen 
wurden, blieben die Mädchen in Athen durchaus 
der häuslichen Zucht der Mutter überlafien und 
fernten daher auch gewöhnlich nur einige weib- 
liche Arbeiten; die Ausbildung der Bürgerjöhne 
Dagegen blieb ebenfalls gänzlich Privatjache. Der 
Staat baute ihnen weder Schulhäujer, noch ftellte 
er Lehrer an. Die Paläftren und Gymnasien dien: 
ten nicht ausichliehlich der Jugend. Der Unter: 
richt zerfiel in Gymnaſtik, Mujit und Grammatif. 
Unbemittelte werden ihre Söhne früh zum Ges 
ichäft angehalten haben. Sonft dehnte fich die 
Unterri it bis zum Ephebenalter aus, aljo 
verhältnismäßig weiter als bei uns; und in der 
Zeit, da ſchon ein wiflenichaftliches Treiben be- 
gonnen hatte, in den Hörjälen der Sophiften und 
Rhetoren bis weit über das Yünglingsalter hin: 
aus. Denn die Griechen „waren fich bewußt, daß, 
um in das Staatsl einzutreten und an der 
Leitung der öffentlichen Angelegenheiten teilzu- 
nehmen, jorgfältige Vorbereitung und Reife des 
Geiftes erforderlid jei. In unreifen Jahren fich 
um die Staatsangelegenheiten zu befümmern, galt 
für ungebührlich, und wohlgefittete Jünglinge jah 
man nicht leicht auf dem Markte oder in den Ge: 
richtslofalen”. —- B) In Athen wurde das nen: 
geborene Kind nach dem eriten Bade in Windeln 
(oxdepyara) gewidelt. Am fünften oder fiebenten 
ober zehnten Tage nad) der Geburt wurde es 
durd; die Augpıdgume (j. d.) feierlich in die Fa— 
milie aufgenommen. Die Ammen, rirdaı, rıdj)- 
ve: (denn die wohlhabenden Mütter ernährten die 
Kinder jelten jelbft), waren meift Sflavinnen, aber 
auc arme Bürgerinnen, auch Lakonierinnen, letztere 
bejonders geſucht. Sodanı fam das Kind in die 
Hände der Wärterin, reopog, die das Kind pflegte 
und es herumtrug (auch um es einzuichläfern, 

Wiegen, sbrirnra nAwidıe, erit ſpät vorkommen). 
Klappern, erepundia, wiarayal, auch Puppen 
»öger, und jponftiges Spielzeug fehlten nicht. 
Mittel der Zucht waren ungen, aber auch 
Schläge; auch jchredten die Wärterinnen die Kinder 
durch allerlei Schredbilder und Fabeln (uoguorv- 
as, Boizelor, j. Empusa) von Unarten ab. 
Auch die Ammenmärden, wötor, jpielten eine Rolle 
als die erfte geiftige Nahrung des Kindes. — Vom 
ſechſten Jahre an bis zum Ephebenalter wurden 


‚ 


— m — — — — — — —— —— nn ——— — — — — — —— — — 
= 


yayög) anvertraut. Diejer war in der Kegel ein 
Stlave, und zwar nicht immer, wie man es hätte 
erwarten follen, ein vorzüglich gebildeter. Sein 
Geichäft beitand darin, die Knaben überall zu 
begleiten, namentlich in die Schule (dudauanwi.sior) 
und in die Paläftra. Er ift nicht Lehrer, jondern 
Erzieher und joll einen jittlihen Menichen aus 
dem anvertrauten Rinde machen. Der erjte Unter: 
richt, den der yonuuerıorijg erteilte, bejtand im 
Leſen (auf deutliche und beftimmte Ausjprache 
wurde gehalten) und Schreiben, yeduuer« uar- 
Parsır. Die Schulen waren Privatanjtalten, und 
eine Aufficht des Staates über dem Unterricht fand 
gar nicht oder in jehr beichränftem Maße itatt, 
daher die Ärmeren, im Gegenjage zu den disv- 
Hong merwdevuiror, oft früh zu einem Hand: 
werf übergingen; ja es mochte in einzelnen, wie 
wohl jehr jeltenen, Fällen vorfommen, daß Kinder 
ganz ohne Unterricht blieben. Der Staat führte 

ber die Schulen nur eine polizeiliche Überwachung. 
Die Elementarlehrer ftanden übrigens nicht in be: 
jonderer Achtung, da viele ſich ohne Beruf und 
Neigung nur des noch dazu geringen Erwerbes 
wegen mit dem Unterrichte beichäftigten. Natür- 
lich gab es unter ihnen auch angejehene und ge: 
achtete Männer. Die Einnahme’der Lehrer beftand 
ausichliehlich im Honorar, welches wohl nach dem 
Rufe und der Tüchtigfeit derfelben verichieden war. 
Der Unterricht begann am frühen Morgen und 
dauerte auh am Nachmittage fort. Geſetz bei 
Aeschin. in Timarch. p. 35 erwähnt, daß feine 
Schule weder für das Lejen noch für die Gymnaſtik 
vor Aufgang der Sonne geöffnet, noch nach Son: 
nenuntergang offen gehalten werden dürfe) Yu 
dem Lejen und Schreiben famen im dıdaonuksior 
auch noch die Anfangsgründe des Rechnens. — 
Nach Vollendung des Glementarunterrichtes trat 
bei dem yowuuerındg ein höherer Unterricht ein, 
der bejonders im Lejen, Auswendiglernen und Vor: 
tragen poetiicher Stüde beftand. Grundlage dieſes 
ganzen Unterrichtes waren neben ethijchen Gedich— 
ten und Fabeln die Gejänge des Homer, deſſen 
Anjehen und Herrichaft in der Schule die ab- 
weichenden Anſichten einiger Philoſophen, die ihn 
wegen leichtfertiger Ansichten von den Göttern aus 
der Schule verbannt willen wollten, nicht zu er: 
ichüttern vermochten. Homer blieb die Quelle und 
der Mittelpunft der helleniſchen Bildung: ihn lern— 
ten die Knaben, die fich Bücher nicht leicht an— 
ihaffen konnten, durch Hören auswendig und zwar 
in jeher großem Umfange, Bon Homer ging man 
u andern Dichtern über. — Neben diejem gram- 
matijchen Unterrichte trat dann etwa im dreizehn: 
ten Jahre der muſilaliſche ein, der nicht allein des 
Vergnügens wegen betrieben wurde, jondern um 
die Stunden der Muße, wie Ariftoteles jagt, au: 
ftändig hinzubringen, um des »alög oyoldker 
willen, jo dab die Muſik nicht unbedingt not: 
wendig für die waıdei«, aber ala edelſte Beichäf- 
Kigung während der Muße des Freien bejonders 
würdig war. Die große ethiſche —— der 
Muſik haben die Griechen ſchärfer erkannt als die 
Neueren. Die Hauptinſtrumente waren in Athen 
do und Auge; die Flöte ſtand nicht immer 
in gleichen Anjehen, da man zu derjelben nicht 
fingen konnte und das Flötenjpiel die ruhige Hal- 
tung der Seele zu jtören jchien. Erft jeit der 


-] 


= 


410 


Mitte des 4. Jahrh. ift das Beichnen ein all: | 
gemeiner Lehrgegenftand in den Schulen. Beiler 
erging es den mathematijchen Fächern, die von 
Anfang an Männern und Zünglingen von Philo- 
jophen und Sophiften vorgetragen wurden nnd im 
5. Jahrh. jchon allgemeiner Unterrichtsgegenitand 
für Knaben waren. — Ein weientlicher Teil der 
rcrdsle war ferner die Turnübung in der Paläſtra 
und dem Gymnaſium, die gewiß nicht vor dem 
fiebenten Jahre begann und vom Leichten, den 
Hindlichen Kräften Entiprechenden (Ballipiel, Yaufen, 
Springen) ftufenweis zum Schweren (Ringfampf, 
Fauſttampf, Pankration) fortichritt. Damit ver: 
bunden waren Übungen im Schwimmen, wie aud) 
in der Orceftit. Im Ephebenalter trat als Bor: 
bereitung zum eig wie die Übung in den 
Waffen und in der Reitkunſt ein. Den Unterricht 
in der Gymnaſtik leiteten die Paidotriben, Die 
Sophroniften jahen auf Anftand und Ordnung, 
die Aleipten hatten die diätetiſche Aufficht und 
beiorgten das Einreiben mit Of. Die Zucht war 
ftreng, und auf Anstand, edle Haltung (sirooude) 
und Sitte (addons) wurde ein bejonderes Augen: 
merk gerichtet. — Abgeichlofjen wurde die geiltige 
Ausbildung durch den Unterricht bei den Sophiiten 
(3. B. Gorgias, Protagoras) und Rhetoren (io: 
frates), der bejonders die Rhetorik, Philojophie 
und Staatsfunft umfahte. Diejer höheren Aus: 
bildung fonnten indeſſen jih nur Reichere er: 
freuen, da die Honorare für dieſen Unterricht 
jehr bedeutend waren. So liefen ſich Iſokrates 
und Ariftippos 1000 Drachmen für ihren Unter: 
richt zahlen, Protagoras jogar 100 Minen. Dabei 
wurden die Honorare mit Strenge gefordert und 
ohne Nachiicht eingetrieben. Übrigens blühten die 
Schulen der Sophiften bejonders nad) der Zeit 
de? peloponnefischen Krieges, als mit dem Ber: 
falle der alten Sitte auch die ftrenge Zucht der 
Jugend gelunfen war und Zügellojigfeit, zum Teil 
Frechheit an die Stelle der alten Beicheidenheit 
und Ehrerbietung gegen das Alter getreten war, 
ein Verfall, den unter andern Ariftophanes bitter 
beklagt. Das Bedürfnis nach diejem höheren Unter: 
richte trat ein, als die alten einfachen und Haren 
Verhältniſſe zerrüttet waren und der Auflöjung 


Erziehung. 


wie jchon bemerkt, die Erziehung den Zweck, den 
einzelnen vollftändig dem Staate zu unterwerfen 
und in demjelben aufgehen zu laffen. Ein Fami— 
lienleben gab es nicht. _ Schon gleich nach der 
Geburt entichieden die Alteiten der Phyle über 
das Leben des Kindes, das bei einer günftigen 
Entſcheidung bis zum jiebenten Jahre in der Fa— 
milie blieb. War das Kind häßlich oder ſchwäch— 
lich, jo wurde es in eine Bergfluft am Tangetos 
ArodEreaı) geichlendert. Vom fiebenten Jahre alſo 
an gehörte der Knabe dem Staate volljtändig a 
und wurde der öffentlichen —— überwieſen. 
Gegenſtände des Unterrichtes waren Gymnaſtik, die 
beſonders Stärkung und Abhärtung bezweckte, und 
erſt in zweiter Reihe alles, was zur geiſtigen Aus— 
bildung gehörte, Leſen, Schreiben (beides noch 
wenig allgemein) und Kenntnis des Homer, der 
auch den Spartanern nicht fremd war, jowie Mufit, 
alles einfach, mit Verſchmähung aller Neuerungen. 
Diejer Erziehung ro) wurden die Vollbürger 
und Mothafen ſ. Helotes) und vielleicht mit 
Beichränfung auch die Halbbürtigen (roter) teil: 
haftig. — Vom jiebenten Jahre au hießen die 
Knaben wervile,. Mit dem zwöliten Nahre trat 
num härtere Lebensweiſe und Behandlung ein. Die 
Kuaben mußten das ganze Jahr im Mantel, ohne 
Epiton, ohne Schuhe, zubringen und auf die ge: 
wöhnlichen Bequemlichfeiten des Lebens verzichten. 
Sie wurden einer der Bora: naldwr (Schar) zu: 
gewielen, die wieder mehrere Aus (Rotten) umfahten. 
Segen das ſechzehnte Jahr hießen ſie oudenve:, 
die älteften unter ihnen weileigenig. Die bereits 
2 Jahre dem Knabenalter entwacjeren hießen 
eipereg, aus denen bereits Auficher über die Kna— 
ben in den len entnommen wurden. Die Lei: 
tung der Erziehung hatten der mawdorönos (zur 
Rollziehung der Strafen waren ihm die Maſtigo— 
phoren untergeordnet ) und dic 5 Bidvos, welche 
über die gymnaſtiſchen Übungen und die Wett- 
kämpfe gejebt waren. Die kunſtmäßige Orcheftit 
trat bejonders bei den Gummopaidien hervor. Zu 
den Einrichtungen, die Gewandtheit und Abhär- 
tung bezwedten, gehörte ferner noch die Erlaubnis, 
heimlich Lebensmittel zu entwenden, jowie die 
»ovrreie (j. d.). Wie den Knaben, jo wurde, im 


anheimfielen, als die geiftige Thätigkeit ausein- geraden Gegenjage zu Athen, auch den Mädchen 
anderging und jich ausbreitete, jo daß die aus eine gymngſtiſche Erziehung zu teil, doch an ge- 
dem praktischen eben und dem täglichen Umgange, | jonderten Übungsplägen. Daher fand man in den 
wie aus der beftändigen Beteiligung der einzelnen | jpartanischen rauen einen fait männlichen Cha: 
an dem Gejamtleben des Staates erworbene Be- ralter und eine gewiſſe Derbheit. — Der gumna- 
fähigung und Tüchtigkeit nicht mehr ausreichte, ſtiſchen Ausbildung ftand die muſilaliſche zunächit ; 
die mannigfachen Intereſſen des öffentlichen Lebens | überall aber herrichte das Geſeß der Einfachheit 


und die erweiterten Kreije der Bildung ohne theo- 
retiiche Ausbildung vollſtändig zu umfaſſen. — 
Die Ausbildung des weiblichen Gejchlechtes geſchah 
ausichlieglih im Haufe und wurde wohl nur 
von den Müttern und Wärterinnen bejorgt, daher 
höhere Bildung beim weiblichen Gejchlecht (und 
dies iſt eine der tiefiten Schattenfeiten des griechi— 
ichen Lebens) fajt immer mit fittlicher Leichtfertig- 
feit und Zügellofigfeit verbunden iſt und fich fait 
nur bei Hetären findet. Die Familie war wohl 
der Si und Mittelpunkt der Zucht, nicht aber der 
Bildung, die daher in manden Beziehungen io | 
auflöjend auf das griechiiche Leben gewirkt hat. 
Bol. Stoll, Bilder aus dem altgriechtichen Leben 
©. 3925. — C) Jun Sparta, das wir als Ver: 
treter des dorichen Stammes betrachten, hatte, 





und eine entichiedene Abneigung gegen Neuerungen. 
Die vierjaitige poguy& blieb das herrſchende In— 
ftrument, von welchem ihre Chöre und Paiane 
begleitet wurden. Wenn im übrigen der Unter: 
richt jich auf die yoduuer«e beichränfte, jo darf 
man ich die Spartaner doch nicht als ungebildet 
denfen. Das Yujammenleben, von einer groß: 
artigen Staatsidee getragen, entwidelte Geiftes- 
ichärfe und Gewandtheit, die fich in jenen berühm- 
ten furzen, aber ichlagenden Antwoten (Be«xvio- 
yia) äußerte. Daß ihre hervorragenden Männer 
die politiihen Verhältniſſe jcharf und geiſtvoll 
aufzufaflen verftanden, zeigt jowohl der Gang der 
Geſchichte ſelbſt, wie es auch durch die Reden 
bewieien wird, die Thukydides den Führern ihrer 
Politit und ihrer Heere in den Mund legt. — 


13 


14 


Erziehung. 


Bon dem Berfalle des politiichen Lebens der 
Hellenen wurde die hellenifche Bildung nicht gleich: 
mäßig betroffen. Zwar verlor fie an Friſche und 
Lebendigkeit, gewann aber an Ausdehnung und 
Spftematif. Die Wiſſenſchaften jchieden ſich fach— 
mäßig, und in den Hauptpläßgen der Bildung und 
Gelehrjamfeit, Athen, Alerandreia, Rhodos, Zur- 
jos, entwidelte fid) der Anbegriff der Wiſſenſchaf— 
ten, welche den höheren Bildungsfreis ausfüllten, 
die dyaurkıog maıdeie: Grammatik, Rhetorik, Phi: 
loſophie oder Dialektit, Arithmetif, Muſik, Geo- 
metrie mit Geographie, Aftronomie. So ragte die 
griechiſche Bildung noch unmittelbar beftimmend 
und herridend in eine Zeit hinein, in der das 
ariechiiche Leben längft abgeftorben war, und jelbit 
der römische Sieger mußte, wenn auch widerſtre— 
bend, jeine eigene Bildung und Wiffenichaft aus 
dem befiegten, äußerlich und innerlich zerfallenen 
Hellas holen. Bgl. Beder : Göll, Charifles IL 


S. 19. Bernhardy, Grundriß der griechiichen 
Lit. I ©. 60f. — 1. Römiſche Erziehung. 


Dem Charakter des Volles gemäß mufte die Er: 
ziehung bei den Römern eine von der griechiichen 
wejentlich verichiedene fein. Ging die legte Arbeit 
dieies Volles auf den Krieg und auf das Recht 
hinaus, jo mußte auch das junge Seichlecht mehr 
für praktiſche Zwede herangebildet werden. Yu: 
gleich darf aber nicht vergeſſen werden, einerjeits, 
daß die Grundlagen des römijchen Volkslebens 
auf Aderbau, alſo Bejig und Erwerb beruhten, 
und andererjeits, daß in einem höheren Maße das 
weiblihe Geſchlecht zu jeinem Nechte gelangt, 
und eine größere Annerlichkeit im Leben der Fa— 
milie hervortritt. Es ift nicht der humane Beruf, 
jondern das praftiiche Staatsbürgertum, zu welchem 
der junge Römer heranreifen joll. Bildung und 
Wiſſenſchaft löſen jich mehr vom Leben ab, und 
aus dem Bolfe wächſt allmählich ein bejonderer 
Stand der Gebildeten und Gelehrten hervor. Völlig 
jelbftändig ift allerdings auch nadı diefer Seite das 
römiſche Yeben nicht; es lehnt jich in vielen Stüden 
an das etrujfiiche an und teilt mit demielben 
im allgemeinen das ariftofratiiche Element, das auch 
in der Erziehung, gegenüber der demofratijchen bei 
den Athenern, fich geltend macht, ſowie die ſpezielle 
Anweilung zur gottesdienftlichen Lehre als einem 
von einem bejonderen Kreije des Volles zu be: 
wahrenden Hetligtume. Eigentümlich war aber 
ohne Zweifel dem römischen Beben die viel größere 
Adhtung und Würde der frauen (mater familias), 
die zuerit als Erzieherinnen der Söhne und Töch— 
ter auftreten und in glänzenden Beiipielen, wie 
die Mutter Coriolans, der Grachen u. a., eine 
große Madıt über ihre Söhne offenbaren. Tae. 
dial. 28. Agr. 4. Cie. Brut. 58, 210 ff. — Sobald 
ein Kind geboren war, wurde es vor den Vater ge: 
legt, um angenommen oder verftoßen zu werden. 
Hatte er es einmal von der Erde aufgehoben, jo 
wurde es dann aufrecht geftellt, jo daß es mit den 
Füßen die Erde berührte, ein ſymboliſches Zeichen 
feiner Erhaltung; damit verpflichtete fich der Vater 
zugleich zur Erziehung desjelben (tollere infan- 
tes, suscipere liberos). Die Knaben wurden am 
neunten, die Mädchen am achten Tage (nundinae) 


411 


Spielwer! "erepundia) gejchentt, jelbjt von den 
Sklaven; dies wurde am Halje getragen und hatte 
daher vom Klappern (crepare) jenen Namen, 
Hierauf folgte wohl die Einſchreibung ins Bürger: 
buch im Tempel der Lucina, wobei ein Feines 
Geldſtück gezahlt wurde (bei Knaben ein Qua: 
drans, bei Mädchen ein Sertans). Der Befit von 
Kindern gab den Vätern einen unbedingten Bor: 
zug und ſelbſt ftaatliche Vorrechte; dies zeigte ſich 
in der Bevorzugung derer, die viele Kinder hatten, 
bei der Verteilung des vejentifchen Gebietes, und 
ipäter in dem ius trium liberorum ſeit Auguft 
u. dgl. m.; eben damit hing auch die große Ge— 
walt der Väter über ihre Söhne zujammen, jo 
daß fie, jolange fie nicht emancipiert waren, das 
Recht zu ihrem Verkaufe, ja jelbjt, wenigftens in 
Verbindung mit der familie, über Leben und Tod 
hatten, und auch dann noch, wenn die Söhne er: 
wachen waren und Staatsämter befleibeten, das 
väterliche Anſehen (patria potestas) höher galt 
als ihre Staatswürde. Hierin lag freilich zugleich 
ein Ausdrud der Strenge des römischen Charakters 
und des jelbftändigen Hanges zum Gebieten, wäh: 
rend bei den Griechen Humanität und richtiges 
Gefühl eine frühere Selbitändigkeit der Jugend 
eintreten ließ. — Die Ausjegung fand nur bei 
früppelhaften oder mißgeftalteten Kindern ftatt; 
ein beſonders häufiger Pla für diejelbe war der 
Gemüſemarkt in der elften Stadtregion neben der 
colamna lactaria, um mitleidige Seelen zur Er: 
nährung des Kindes durch Milch zu beivegen — 
gewiljermaßen das erfte Findelhans. Bol. Ex- 
positio infantum. — Die erſte Erziehung ge: 
ſchah zur Zeit der Nepublit im elterlichen 
Haufe unter den Mugen und der Leitung der 
Mutter, deren Sorgfalt fich jo gut über die erniten 
Beichäftigungen, wie über die Erholungen und 
Spiele erftredte. Bejonders vorlichtig war man 
in der Wahl der zur Wartung und Bedienung 
nötigen Sklaven, paedagogi, damit fie nicht durch 
üble Reden und fchlechte Sprache den Kindern 
ichadeten (Quint.1,1,3). Zucht und Strenge jollte 
die unverdorbene Natur behüten und der Seele 
| die frühzeitige Weihe zu den edlen Künſten (bonav 
Ihm v geben. Sie erftredte ſich gewöhnlich bis 
| 





zum vollendeten fünfzehnten Lebensjahre (vielleicht 
in älterer Zeit am Schluffe des jechzehnten Jahres, 
aber ſchwerlich nad) dem Ermefjen des Vaters zur 
beliebigen Zeit, wenn fie auch unter Umftänden 
jpäter eintrat), oder bis zur Annahme der toga 
virilis, die der Jüngling vor dem Nichterftuhle 
des Prätors an den Liberalien (17. März) empfing; 
hierauf wurde er im Tempel der Juventus in die 
libros iuniorum eingejchrieben und brachte dann 
in Begleitung feiner Jugendgenofien den Göttern 
ein feierliches Opfer auf dem Capitol. Bis dahin 
trugen alle langes Haar und, wenn fie nicht Kinder 
von reigelaffenen waren, die toga praetexta 
und die goldene bulla (j. d.), leßtere in einer 
goldenen Kapſel an einer Kette. Die Teilnahme 
der praetextati an den Verhandlungen des Senats 





hörte mit dem Papirius (befannt wegen feines 
würdigen Benehmens gegen die neugierige Mutter) 


auf. Voran ftand die Zucht zur Mäfigung und 


nad) der Geburt durch Opfer gereinigt (dies Iu- | Enthaltjamfeit: die Yünglinge durften vor dem 
stricus, ein häusliches Feit, Suet. Ner. 6). Bei | dreißigiten Jahre feinen Wein trinfen; dann die 
diejer Feierlichleit erhielten die Kinder zugleich | lebendige hohe Achtung vor dem Alter, die, den 
ihren Namen (dies nominum) und befamen allerlei | Römern eigentümlich, doch auch von gleicher Ach— 


— 


6 


— 
— 


20 


412 


tung und Scheu vor der Jugend begleitet war 
(Juv. 14, 47: maxima debetur puero reverentia) 
und bei gemeinjamen Mahlzeiten und Feſten mit 
dem von der Flöte begleiteten Lobgeſange auf die 
Thaten der Vorfahren erhöht ward. Erziehung 
und Unterricht waren eng verbunden; Cicero und 
der Vater des Atticus verjchmähten es nicht, ihre 
eigenen Söhne im früheften Alter ſchon zu unter: 
weijen. So lehrte der ältere Cato jeinen Sohn 
nicht blo die Elemente, jondern auch die Geſetze 
und Gebräuche jeines Volkes, übte ihn aber aud) 
in allen Künften der Gymnaſtik. — Die nächſte 
Zeit der durch die toga vırilis erlangten größeren 
perſönlichen Selbſtändigkeit galt als ein Probejahr 
der Aufführung; mit dem jiebzehnten Lebensjahre 
pflegte der junge Römer in das Heer einzutreten. 
Mit demjelben Zeitabjchnitte hörte aucd die Be- 
gleitung der (in der älteften Zeit ganz unbelann- 
ten und erft aus Griechenland bieher verpflanzten) 
aus den Sklaven genommenen Pädagogen auf, die 
allerdings wohl nur in den reicheren Familien 


Esquiliae — Essedum. 


geben wollten. 
welcher Grammatit und Rhetorik untereinander 
und letztere wieder mit der Philoſophie jtand, 
macht uns erflärlich, da in die ganze Erziehung 
des Volkes ein jophiftiiches Weien einzudringen 
drohte, das, verbunden mit manchen der Bolfs- 
tümlichfeit nachteiligen Wirkungen, jogar ein ernftes 
Öffentliches Einſchreiten veranlafien konnte. So 
wurde denn 161 v. E. den Philojophen und Rhe— 
toren der Aufenthalt in der Stadt unterjagt; da 
wir indefjen nicht fange nachher Karneades, Kris 
tolaos und Diogenes in verjchiedenen Syſtemen 
der Philojophie und mit mannigfaltiger Begabung 
nicht ohne glüdlichen Erfolg in Rom als Lchrer 
auftreten jehen, jo dürfen wir daraus wohl ent: 
nehmen, dab der römische Sinn darum doc einem 
ernjten Studium der Philoſophie nicht abwendig 
gemacht worden war. Cato fand dies freilich jehr 
gefährlich und riet deshalb, die römischen Jüng— 
linge, die nur auf Gejeg und Obrigkeit hören ſoll— 
ten, mögqlichit bald von ihnen zu entfernen. Auch 


vorlamen, es aber nie zu einer gewiffen Geltung | trieben bald nachher die lateiniſchen Rhetoren ihr 
brachten, vielmehr immer mit Argwohn betrachtet | Unweſen wieder mit bejonderer Frechheit. Es er- 
wurden, obwohl man ihnen ipäter einen Teil des ſchien daher wider fie das mihbilligende Edilt der 
Unterrichts anvertraute und in der Kaiſerzeit jeder , Cenjoren En. Domitius Ahenobarbus und L. Lici— 
Knabe im Hauſe einen eigenen Pädagogen befaut. | 
Sie führten ihre Zöglinge in die Schule (Suet. | ihnen neuen Vorſchub und verichaffte ihnen, wie 
gramm. 23. App. b. c. 4, 30,, ins Theater, wo | den Arzten (bis dahin Sklaven) und Lehrern der 
ihnen Auguft einen eigenen Plat neben ihren ' freien Künſte, das Bürgerrecht, jo daß vom nun 
Schülern anmwies, und an andere öffentliche Orte. Jan die eigentlichen Berfolgungen berjelben auf- 
Den erjten ludus litterarius joll in Rom ein | hörten, während gegen die Philojophen noch öfter 
Frreigelafiener Sp. Carvilius zwijchen dem erjten | (5. B. unter Veipajian, 74, und Domitinn, 94 
und zweiten puniſchen Kriege errichtet haben, aber |. E.) Bejtimmungen erlaſſen wurden. Auguitus 
fiher hat es ſchon vor ihm Schulen gegeben. | lie jeine Entel durch einen Freigelaſſenen, den 
Der GElementarlehrer (litterator, jpäter nach dem | Grammatifer Verrius Flaceus, unterrichten, der 
Griechiihen grammatista oder allgemein ludi ſeine Schüler miteinander wetteifern ließ und 
magister genannt) erhielt an den dus das | den Siegern Belohnungen in guten und jeltenen 
Schulgeld in monatlichen Raten, aber während der | Büchern erteilte (Anfang der Schulprämien). Auguit 
Monate Juli bis Oktober fiel der Unterricht und | wies ihm und jeiner Schule das Haus des Eatilina 
auch das Honorar aus. Gelehrt wurde Leien, | auf dem Palatium und eine jährliche Einnahme 
Schreiben und Rechnen, für welches in ſpäterer von 100 000 Sefterzien (ungefähr 17500 Marfı 
Zeit die bereit3 erwachſenen Knaben den Unter: jan. Für die Römer war ein neues und heiljames 
richt eines caleulator benusten. Seit dem zwei: | Bildungsmittel geworden, dab Cicero zum erjten- 
ten punischen Kriege trat der Unterricht des gram- | mal es unternommen hatte, philojophiiche Gegen: 
matieus hinzu, durch welden die Bekanntichaft | jtände in römischer Sprache wiſſenſchaftlich zu be= 
mit der griechiichen Litteratur vermittelt wurde. | handeln. Je fahlicher und anziehender feine Dar- 
Selejen und erflärt wurden griechiiche und latei- jtellungsform für die vorwärts jtrebenden Römer 


nius Graffus 92 v. E. Julius Cäſar aber leiftete : 


niſche Dichter, auch Projaifer; jelbit die Werfe 
der Dichter der augufteiichen Zeit traten frühzeitig 
unter den Lchrgegenftänden auf. — Eine weient: 
liche Anderung brachte hierin im legten Jahr: 
hundert der Republit die Eröffnung der Rhe— 
torenichulen hervor, indem Erziehung und Unter: 
richt immer mehr vom häuslichen Leben getrennt 
wurde, jo daß infolge deffen die Erziehung fait 
ganz zurüdtrat und der Unterricht der hauptſäch— 


war, um jo mehr mußte das Nachdenken über die 
ernftejten und tiefften ragen des Lebens ein Gegen— 
ftand des Strebens aller Gebildeten werden, wenn 
es auch die Sehnfucht nach einer ee er Er: 
kenntnis nicht zu ftillen vermochte. Vgl. Beder-Göl, 
Sallus 11 ©. 61ff., Bernhardy, Grundriß der röm. 


Litt. ©. 35 ff, Stoll, Bilder aus dem altröm. Leben, 
S. 471 ff, Rothenberg, die häusliche und öffent: 


liche Erziehung bei den Nömern (1887) und im 


liche oder alleinige Zwed blieb. Indem aber zu: | allgemeinen Krauſe, Geſchichte der Erziehung, des 
gleich auch der Mangel an pofitiven Kenntniſſen Unterrichts und der Bildung bei den Griechen, 
immer fühlbarer wurde, trat an die Stelle des Etruflern und Römern (1851). Uſſing, Daritellung 
Wiſſens der leere Schein, und jene Schulen wur: des Erziehungs: und Unterrichtswejens bei den 
den Anftalten der Unverjchämtheit und Zuchtlofig-  Griehen und Römern, deutih von Friedrichſen 
feit, was in den edleren Gemütern einen heftigen | (neue Bearbeitung 1885). Grasberger, Erziehung 
Gegenkampf hervorrufen mußte. Krates von Mallos und Unterricht im klaſſiſchen Altertum (1864 — 
war der erfte, griechiich redende Lehrer der Gramm: | 1881, 3 Bdd.). — Alles Weitere hierüber, was zum 
matik auf römijchem Boden; ihm folgte bald in | eigentlichen Unterricht gehört, ſ. unter Schul- 
lateiniſchem Vortrage ber Whetorit L. Plotius | wesen. 

Gallus und fand viele Zuhörer, obwohl manche Esquiliae j. Koma, 3. 5. 14. 

noch den Übungen im Griechiichen den Vorzug | Essödum, teils ziveis, teils vierräderige Streit: 





Die enge Verbindung aber, in 21 


Is 


_— 


ts 


Esubii — Etruria. 


wagen (bigae, quadrigae falcatae, Caes.b. Aſr. 75), 
mit Sicheln verjehen, die namentlich von den Bel: 
gen und Britanniern in N ron angewandt 
wurden, um die feindlichen Reihen zu jchreden 
und in Verwirrung zu bringen. Caes. b. g. 4, 38. 
Die Wagenfämpfer werben gewöhnlich essedarii, 
von Tacitus (Agr. 36) covinnarii genannt. — In 
Rom ahmte man dieje Kämpfe in den Spielen nad). 
Suet. Cal. 35. Claud. 21. Auch gebrauchte man 
* Wagen als een e leichte Neifewagen. 

ssubii (nicht Ksuvii), keltiſches Bolt in der 
Normandie, in der Nähe der Aulerci. Caes. b. g. 
2, 34. 3, 7.5, 24. 

Eteobutaden j. Butes, 2. 

Eteökles j. Charis und Oidipus. 

Eteöklos j. Iphis. 

Eteönos, ’Ereworög, Stabt in waldiger Berg: 
gegend des jüblichen Boiotiens mit einem Heilig: 
tum der Demeter, worin das Grab des Didipus 
gezeigt wurde; jpäter Sfarphe genannt. 11.2, 497. 
Strab. 9, 408. 

Etovissa, bei Ptolemaios (2, 6, 63) 'Hroßne« 
oder ’Hrößnue, Stadt der Edetaner im tarraconen- 
fiihen Htipanien, nahe der Küſte, wahricheinlich 
das h. Segorbe. Liv. 21, 22. 

Etruria oder Tuscia, grieh. Tveonmie, Tvo- 
onvie, Landichaft Mittelitaliens, grenzte im W. 
an das nach ihr benannte Meer und den Macra: 
fluß, der fie von Ligurien jchied, im N. an den 
Apenninus (Gallia Eispabdana), im Often und Süd— 
often an Umbrien und Latium, wo der Tiberis 
die Grenze in einem Bogen bildete. Die Vorberge 
des Apennin bededen das Land — bejonders treten 
hervor der Mons Argentarius (j. M. Argen— 
taro), bei Eoja ind Meer hinausragend, weit nad) 
der vom Tiber gebildeten Ede zu der Saltus 
Ciminius und Soracte. Unter den Flüſſen find 
zu nennen der TZiberis mit jeinen weftlichen Zus 
flüſſen Clanis und Gremera; der Arnus, 
Umbro, Albinia, Armenta, Marta, Minio; unter 
den Scen der Lacus Trajimenus (Tarfumennus, 
j. 2. di Perugia) zwiichen Cluſium und Perufia 
(Schlacht 217 v. E.), an der Küfte 2. Prelius (2. 
di Eajtiglione), 2. Bolfinienjis (L. di Bolfena), 
L. Eiminius (2. di Vico), 2. Badimönis (Laghetto 
di Baflano) und L. Sabatinus (X. di Bracciano). — 
Das Land war außerordentlich fruchtbar, Aderbau, 
Biehzucht, Jagd, Fiſcherei blühten; daneben In— 
duftrie: Leinenweberei in Targuinii und Falerii, 
Wollenſpinnerei, Töpferkunft und Vaſenmalerei, 
Erzgieherei.— Die ältejten Bewohner, wahricheinlich 
Zigurer und Siculer, wurden von den Um 
verdrängt; angeblich 290 Jahre vor Roms Erbauung 
fiedelten fich namentlich im füdfichen Teile pela)- 
giiche Tyrrhener an, zu welchen jich ein aus Rätien 
eingewanderter Stamm gejellte, der fich jelbit Ka- 
sena oder Ra-enna (Paofvaı, verwandt mit Raeti) 
nannte, während die IImbrer Turskumnumen oder 
Tuseomnome, Griehen und Römer Tovexoı, 

ooı, Tusei, Etrusci, Thusci ſagten. Nach 
der märdhenhaften Erzählung Herodots (1, 94) war 


ein Zeil der Hleinafiatiichen Luder unter Tyrſenos, 


dem Sohn des Atys, nad Italien gewandert und 
hatte dajelbit den Namen Tyrſener angenommen. 
Strab. 5, 219. Dieſer Überlieferung folgten die 
Römer der augufteiihen Beit (Verg. A. 2, 781. 
8, 479. 9, 11. 10, 155. Or. met. 3, 583. Hor. sat. 
1, 6, 1) und erfannten fie von Staats wegen an. 


413 


Dionyjios von Halitarnaf; (1, 28, 30) jicht jie da 
egen als ein Urvolf an. Keine diejer Annahmen 
ann als richtig gelten: weder ift die etruſtiſche 
Nation über das Meer gefommen, noch ift fie von 
einer Heinen Landſchaft —— en, noch iſt ſie 
in Italien autochthon , ſon ift vielmehr von 
den Alpen und der Boebne her, wo ihre Herrichaft 
vom Meerbujen von ug im Often bis zu den 
Seealpen im Weiten reichte, in großen Völkerzügen 
zu Lande und in langen Zwiſchenräumen in bie 
italiſche Halbinjel eingewandert, hat die einhei- 
mijchen Völkerſchaften fich zeitweilig unterwürfig 
hinab und an der Weitküfte bis nad Campanien 





inab geherricht (Niffen). — Die Etrujfer ragten 
n politischer, le und fünftleriicher Bildun 
vor den andern italijchen Völkern hervor, wesha 

die Römer vieles von ihnen entlehnten, 3. ®. die 
baulichen Einrichtungen des Hauſes und Tem: 
pel, die Inſignien der Magiftrate, die öffentlichen 
Spiele u. j. w. Sie bildeten einen aus 12 Städten 
beftehenden Bund mit ariftofratiicher Verfaſſung, 
der in den beiden eriten Jahrhunderten Roms jeine 
höchſte Blüte hatte, bis die Kämpfe mit den Rö— 
mern ihrer Oberherrichaft ein Ende machten. In 
diefen Städten waren die herrichende Saite die 
Lueumonenz fie allein waren zu den Gtaats- 
und Priefterwürden berechtigt. Aus ihnen wurden 
die Könige gewählt. — Die Sprache der Etrujfer, 
in der zahlreiche auf uns gefommene Anjchriften 
abgefaht find, tft ein noch immer ungelöftes Pro: 
bien. Zwar glauben in neueſter Zeit Corſſen 
(über die Sprache der Etruifer, 1874 ff, 2 Bbod.), 
Deede und Bugge gegen DO. Müller, Stidel, Kiepert 
u. a. eriwiejen zu haben, daß diejelbe ein Glied 
des indo-germanijchen Sprachſtammes und mit den 
übrigen alt:italifchen Sprachen verwandt geweſen 
jei, allein andere, wie Windiſch, Aufrecht und 
Breal, leugnen dies wiederum und find geneigt, 
fie zu den ſinniſch-turaniſchen Sprachen zu rechnen, 
und noch andere leugnen in beftimmteiter Weile 
die Möglichkeit, die jfer in einen beitimmten 
Sprachſtamm einzuordnen. — Wenn im folgenden 
mehr als 12 Namen von Bunbesjtädten genannt 
werden, jo jcheint dies daher Rn fommen, daß 
manche eine gemeinfchaftliche Stimme hatten; die 
wichtigften 12 find mit * bezeichnet. Städte von 
NW. an: Luna (j. Luni bei Sarzana) 
an der Macra und an der Amiliichen Straße, jeit 
179 v. C. römische Kolonie, mit trefflichem Hafen 
und jchönen Marmorbrühen; YUuca, j. Yucca, am 
Auſus, jei Auguftus von Ligurien zu Etrurien 


brern geſchlagen, 178 v. C. Kolonie; *Piſae, j. Piſa, 


ſchon von zo. gegründet, am Arnus 20 Sta- 
dien von der Mündung, mit jehr gutem Hafen 
und in der Nähe warmer Heilguellen (aquae Pi- 
sanae), feit 182 v. E. Kolonie; Piftoria, j. 
Piſtoja, befannt durch die Niederlage und ben Tod 
des Gatilina, 62 dv. E.; *Faeſulae, j. Fieſole, 
auf einem Hügel, Hauptwaffenplag des Catilina, 
von Sulla durch Veteranen folonifiert; $loren- 
tia am Arnus im Mittelpunfte mehrerer ſich freu- 

nder Strafen, im 1. Jahrh. v. E. angelegt, j. 
Firenze; *Arretium (j. d.), j. Areszo; *Eortöna, 
j. gl. N., alt und feit, vielleicht Ha dt bes 
nördlichen Teiles, unweit der Quellen des Elanisfl.; 
*Bolaterrae, etruffiich Belathri, j. Bolterra, die 

ößte der Bundesftädte, auf fteilem Felſen und 
| Kart befeftigt: ihr bis zu der inmpfigen Küſte, 


= 


— 


- 


414 


Bada Bolaterrana (noch j. Maremma Bolterrana), 
reichendes Gebiet enthielt Mineralquellen, Salinen, 


Alabafterbrüche; zu ihr gehörte PBopulonia und 


die Inſel Jlva (j. d.); Sena, jeit Auguft Kolonie 
und Sena Julia genannt, j. Siena; *Betulo: 
nia, unter der römischen Herrichaft ganz gejunfen, 
von wo die Römer die Inſignien ihrer Magiftrate 
und den Gebraud der Tuba entlehnt haben jollen; 
*Ruſellae in der Nähe des L. Brelius; *Elu-: 
jtum (f. d.), j. Ehiufi; Peruſia, j. Berugia, auf 
einem Berge zwiichen dem Trafimenischen See 
und Tiberis, jpäter römiſches Municipium mit den 
Nechten einer Kolonie, von Octavian in dem ſ. g. 
pernjiniichen Kriege (41-40 vd. E.) gegen L. An: 
tonins zeritört, jpäter aber mit dem Beinamen 
Auguſta wiederhergeſtellt; Volſinii, etruſtiſch 
Velſunga, j. Bolſena, nn. auf fteiler Höhe ge— 
legen, aber, nachdem die Römer dies alte ©. (1. 
Orvieto) zerftört hatten, am nordöftlichen Ufer des 
Sees gl. N. im Thale wieder aufgebaut; Satur: 
nia, früher Murinia, an deren Stelle im Bunde 
Ruſellae trat; Coja (j. d.) und Volei, früher 
vielleicht audy Bundesjtadt; *Tarquinii, j. Rui: 
nen mit der wichtigen unterirdiichen Nelropole am 
Hügel von Gorneto, wahrſcheinlich Bundeshaupt: 
jtadt, wenigftens im jüdlichen Teile, am linfen 
Ufer der Marta, Baterjtadt der Tarquinier, außer: 
dem berühmt durch Bajenfabritation und Lein— 
wandmanufafturen; Sravifcae in der jumpfigen 
Küftengegend, daher Cato ihren Namen von gravis 
aër ableitete, römische Kolonie 183 v. E., quter 


Wein; Centum Gellae (j. Eivita Vecchia), 


früher unbedeutender Küſtenflecken, jeit Trajan aber 
mit herrlihem Hafen (Trajanım) verjehen und be- 
deutend; Pyrgi, die reiche Hafenftadt von Gaere, 
mit berühmtem Tempel der Eileithyia, von Dio: 
nyjios dem Alteren im J. 384 v. E. geplündert; 
*Caere (j. d.), Aljium (ij. d.), Forum Caſſii, 


> FF. Clodii; Ferentinum, Geburtsitadt des Kaiſers 


Otho; *Falerii, auch Falefia und Falifei (DarE- 
eo, Darioxoı), Aequum Faliſcum, auf felfiger 
Höhe (Plut. Cam. 9. Or. am. 3, 13, 5) an der 
Flaminiſchen Straße, von einer nicht etrujtischen, 
jondern den Latinern verwandten Bevölferung be: 
wohnt (vgl. Deede, die Faliſter, 1888). Sie führte 
viele Kriege mit den Römern, bejonders zur Yeit 
des Gamillus (Liv. 5, 27. Plut. Cam. 10), au die 
ſich ein Freundichaftsbündnis ſchloß. Als aber 
bei der allgemeinen Erhebung der Etrujfer im J. 
293 v. E. auch F. ſich anſchloß, mußte nach der 
Befiegung das Volk jeine Höhe verlaffen und fich 
in der Ebene anjiedeln (Lie. 10, 46). Mn der 
Stelle der alten Stadt gründeten die Römer jpäter 
Colon. lunonia Faliscı. Bejonders verehrt wur: 
den hier Juno und Minerva. Opferftiere, Magen: 
würjte, Yeinwandmanufalturen gaben der Stadt 
gleichfalls Ruhm. Capena; Feicennium in der 
Nähe des Soracte, j. wohl Eitta Eajtella, befannt 
durch die feicenniniichen Verſe ſ. d.); Sutrium, 
ji. Sutri; Nepöte, 1. Nepi, Sieg des Camillus 
395 dv. E.; Beji (Orion), 12 Millien nördlich 
von Rom auf jteilem Felſen am Fluß Cremera, 
befannt durch feine Kämpfe mit Rom, bejonders 
durch den 10jährigen, an den trojaniichen Krieg 
erinnernden, Kampf unter Camillus (404--395 
v. E.,, mit berühmtem Junotempel. Liv. ö, 7 ff. 
Nach der Eroberung ſank die Stadt jo, daß Flo— 
rus jagt: wer erinnert jich noch, daß es Bejenter 





Euadne — Euboia. 


gab? — Bol. im allgemeinen Strab. 5, 718 ff. 
D. Müller, die Etruſter (2 Bdd. 1828. Neu bearb. 
von Deede. 2 Bdd. 1876 ff.). 

Euadne, Eöcörn, 1) j. lamos. — 2) Tochter 
des Jphis, Gemahlin des Kapaneus. Sie liebte 
ihren Gatten jo jehr, daf fie ſich mit defjen Leichnam 
verbrennen ließ. Kur. Suppl. 987. Apollod. 3,7, 1. 

Euagöras j. Evagoras. 

Euamerion j. Asklepios. 

Euangölos, Eüdyyslog, 1) ein talentvoller 
Sklave des Perikles, der ein von Philopoimen ge- 
ſchätztes Werf über Kriegstunft, Texrınd, geſchrie⸗ 
ben haben joll. Plut. Philop. 5. — 2) ein griechiicher 
Dichter der neueren Komödie. Vgl. Meinele, fragm. 
com. Graec. IV p. 572. — 3) einer der Sprecher 
in den Saturnalien des Macrobius, der den Bergil 
angreift. 

kuäthlos, Ei«diog, ein reicher Jüngling, der 
bei Protagoras um hohen Preis die Redekunſt 
gelernt hatte, ohne jedoch irgend einen Erfolg in 
eigenen Leiftungen zu zeigen. Quint. 3, 1, 10. 

Euboia, Eüßoı«, Euboea, j. ital. Negroponte, 
griech. Egribos oder Evvia, eine Inſel, welche ſich 
von NW, nah SD. wie ein langgezogener or 
wall längs der Küfte von Boiotien und Attika 
erjtredt, 1200 Stadien (25 M.) lang, daher auch 
Manrgis genannt. Die Breite wechſelt zwiſchen 
6 und 320 Stadien; der Flächeninhalt beträgt 
76 IM. Ein ödes, z. T. reich bewaldetes Kalt: 
gebirge durchzieht die nel, genannt Telethrion 
(1. Galtzades) im N., Dirphys (ji. Delphi) und 
Kotylaion in der Mitte, Oche (j. Hagios Eltas) 
im ©. Die höchſte Kuppe des Dirphys erreicht 
eine Höhe von 1745 m, Die jchroffe Dftjeite war 
wenig für Städtegründungen geeignet, Herodot 
(8, 23) nennt dort Stranddörfer, zöu«ı rapatı- 
‚assıaı; der Wejtabhang dagegen bietet zum Teil 
fruchtbare Ebenen, 3. B. die noch jegt mit Wein: 
gärten, Olbaum: und yeigenpflanzungen und Ge— 
treidefeldern bededte Lelantiſche Ebene bei Ehal: 
fis, lange Zeit ein Gegenjtand hartnädiger Kämpfe 
zwiichen den Bewohnern von Challis und Eretria. 
Dieje Ebenen an der Weftjeite führten den paſſen— 
den Namen r& Kod.«, denn die Gebirge der Inſel 
und des nahen Freitlandes geben ihnen eine mulden— 
förmige Gejtalt. Für einen Zufammenhang der 
Injel mit dem Feitlande ſpricht die Übereinjtim- 
mung zwiſchen den gegenüber liegenden Küſten: 
dem Dite entipricht das hohe VBorgebirge Kenaion 
(j. Yithada). Die Inſel könnte ohne große Lücken 
an das Feſtland herangejchoben werden, jegt tremnt 
beide das Euboiijche Meer, der Euripos (Edgımog), 
an der jchmalften Stelle nur 240° breit und wegen 
jeiner geringen Tiefe (78 Fuß) nur für flache 
Schiffe pailterbar. Unter den Worgebirgen find 
außer Kenaion zu nennen im N.: Artemijion mit 
einem Tempel der Artemis Proseda, in defjen Nähe 
die Seejchlacht gegen die Berjer vorfiel, 480 v. E.; 
im D. Eherionejos; im ©. Kaphareus (ij. 
Kawo Doro), two im J. 480 200 Perſerſchiffe Schiff: 
bruch litten, Geraiftos (KR. Manbdilo) und Leuke 
Alte (j. Parimadi). — Unter den unbedeutenden 
Bächen find zu merfen der Budoros an der Dit: 
füfte und der Yelantos, welcher die Ebene gl. N. 
durchitrömt. — Aderbau und Viehzucht gaben guten 
Ertrag, in der Lelantiſchen Ebene war auch Kupfer 
und Eiſen, bei Karyſtos Marmor und trefflicher 
Ajbejt. — Als Bewohner nennt Homer die Aban— 


Eubulides — Eudoxos. 415 


tes, im N. jahen ferner die Heſtiaier und, Schreiber gewejen war; durd) jeinen Einfluß nahm 
Elloper, im ©. Dryoper und bejonders aus | die Klage gegen den legteren eine günftige Wen- 
Attika fommende Jonier (mit Chalfis und Ere: | dung für den Angeflagten. Als Gejandter an 
tria) jchon vor den troijchen Zeiten. Seit 446 v. 5. | Philipp wurde er bon demjelben gewonnen und 
war €. ganz in der Gewalt der Athener. Später ſchloß den ungünftigen Frieden 346. Er jtarb vor 
fielen die wichtigften Bläge in die Hände der Mafe: | Demofthenes 330 v. C. Theopompos gibt von ſei— 
donier; die Römer fügten die Inſel zu der Pro: | nem Charakter feine günftige Schilderung. Einiges 
vinz Makedonien. — An der Wejtküfte lagen von | daraus fteht bei Suidas s. v., anderes Athen. 
N. nach S.: Aidepſos (Lipſo) mit warmen, jchwefel: | p. 166e. Vgl. Schäfer, Demofthenes 1 ©. 164 ff. 
haltigen Quellen (j. d.); Orobiai mit berühmten | — 3) aus Wlerandreia, ein Philojoph der jfep- 
Orakel des jelinuntijchen Apollon, 426 v. E. durch | tiichen Schule. — 4) aus Mefjene in Sicilien, ein 
ein Erdbeben zerjtört, j. Oroviaes; Chalkis (j. d.); | Pothagoreer. 
Eretria mit dem Hafen Porthmos (P. Bufalo),| Euchenor, Eögrjvog, 1) Sohn des Korinthiers 
die zweite Stadt der Inſel, 490 v. E. von dem | Polyidos, wurde von Paris verwundet und jtarb, 
Berjer Datis zeritört, der die Bewohner nad Suſa wie ihm der Vater gemweisjagt hatte. IT. 18, 668. 
mitnahm (Hat. 6, 99 ff.), bald darauf mit Hülfe — 2) Sohn des Aigyptos, von jeiner Gemahlin, 
Athens von zurüdgekehrten Flüchtlingen etwas jüd- | der Danaide Jphimedufa, ermordet. Apollod. 2, 1,5. 
licher unter dem Namen Neu:Eretria wieder) Eucherius, Bijchof in Lugdunum (yon) 434, 
aufgebaut, Heimat des Menedemos, des Stifters | geftorben etwa 450, deſſen Schriften (z. ®. de 
der eretrijchen Schule; Amarynthos mit berühm- | contemtu mundi et saecularis pbilosophiae) ſich 
tem Artemistempel; Styra; Karyſtos mit Mar- | in den Sammlungen der Kirchenväter finden. — 
morbrühen. An der Oſtküſte: Kerinthos, Heine | Eine chriftlihe Dichterin Eucheria gehört dem 
Seejtadt am rechten Ufer des Budoros; an der 6. oder 7. Jahrhundert an. 
Nordtüfte Hiftiaia oder Heftinia, wegen ihres) Eudamidas, Eidawidag, befehligte im J. 384 
Weines von Homer (Il. 2, 537) geprieien. von v. E. ein gegen Olynth gejandtes ſpartaniſches 
Perikles zeritört und unter dem Namen Oreos Heer. Da jein Bruder Phoibidas, ftatt ihm zu 
mit 2000 Kleruchen kolonijiert. Unbekannt ift die | Hülfe zu kommen, in Theben blieb, jo fonnte er 
Lage des von Herafles zerftörten Dichalia (j.\jih nur geringer Erfolge erfreuen. Xen. Hell. 
Herakles, 12.) Strab. 10, 444 ff. 5, 2,24. Nach einer Angabe bei Diodor (15, 21) 
Eubulides, Eißoviröng, 1) aus Milet, juchte | jo er in einer Schlacht gegen die Olynthier be- 
die dialektiſche Kunſt jeines Lehrers Eufleides von | jiegt, nach Demofthenes gefallen jein. 
Megara weiter auszubilden, wobei er dem Spotte| KEudemos, Edönuog, aus Rhodos, nächſt Theo: 
der komiſchen Dichter nicht entging, und war aud) | phraft der Hauptichüler des Ariftoteles. Gell. 13, 5. 
als Komöddiendichter thätig. joll als Lehrer | Er war Arzt und Mathematiter, verfahte eine Ge— 
des Demofthenes diejen durch anhaltende Übung | jchichte der Geometrie und Witronomie und ſchrieb 
dahin gebracht haben, den Buchftaben R, den er | Kommentare zu Ariftoteles’ Phyſik, mit dem cr 
nicht berausbringen fonnte, auszuſprechen. - |in jeinen Anjichten durchaus übereingeftimmt zu 
2) Bildhauer zu Athen, der nad) Baujanias (1,2,5)| haben ſcheint. Von einigen wurde er als Ber: 
ein Denfmal aus 13 Statuen, der Athene, dem |jafler der nach ihm benannten "Höına Erörusıe 
Zeus, der Mnemoſyne, dem Apollon und den | bezeichnet. Sammlung der Bruchjtüde von Spengel 
Muſen bejtehend, gefertigt und geweiht hatte. Sein | (2. Aufl. 1870). 
Name findet fid) auf mehreren in Athen gefun:| Eudöros, Eüdwgos, 1) Sohn des Hermes und 
denen Inſchriften. der Bolymele (ipäter Gemahlin des Echefleus), 
Eubülos, EößovAog, 1) Sohn des Euphranor, | einer der 5 Führer der Myrmidonen unter Achil: 
Dichter der neueren griechiichen Komödie, lebte um | leus vor Troja Il. 16, 179. — 2) ein peripate- 
376 dv. E. und ſoll 104 Stüde gedichtet haben. | tijcher Philojoph zu Alerandreia, der eine bon 
Fragmente und Titel von mehr als 50 Komödien | Strabon (17, 790) erwähnte Schrift über den Nil 
haben ſich erhalten, gej. von Meinele, fragm. com. | verfaßt hatte. 
Graee. III p. 203 ff. (Ip. 594 ff. d. Hein. Ausg.),| Eudoxia, Eidokl« oder Eidoxie, 1) Tochter 
und Kod, com. Att. fragm. Il p. 164 ff. Er be: | des Franfenhäuptlings Bauto, Gemahlin des K. 
arbeitete bejonders mythiſche Stoffe und verjpottete | Arcadius und Mutter Theodojius des Jüngeren, 
die älteren Tragifer, namentlich den Euripides, in | Hauptfeindin des Chryſoſtomos, geftorben 404 n. E. 
Parodien. Biele Sätze der Lebensweisheit find | — 2) die 401 n. E. geborene Tochter des Philo— 
erhalten; fie zeichnen ſich durch ihren feinen, glän- jophen Leontios, Athenais, Eud. genannt, nachdem 
zenden Stil und durd Grazie aus. — 2) aus ſie zum Ghriftentum übergetreten und 421 Ges 
dem attijhen Demos Anaphlyſtos, ein viel: | mahlin des Kaiſers Theodoſius II. geworden war. 
geltender Redner und Demagog, Liebling des Volts, | 445 zug fie nadı Jeruſalem und ftarb dajelbit 460. 
aber von dem machteiligften Einfluß, bejonders | Ihre Dichtungen behandelten gejchichtlihe und 
in der Finanzverwaltung, durch das Geſetz, daß die | bibliiche Stoffe. Vgl. Gregoropius, Athenais (1882). 
berihüfe aus allen Kafjen zum Theorikon . d.)| — 3) die Gemahlin des Kaiſers Conftantin X. 
verwandt werden, und jeder mit dem Tode beitraft | Doufas, jpäter des Nomanos Diogenes, die zulept 
werden jolle, der eine Änderung beantrage. Erjt | jeit 1071 im Kloſter lebte, verfaßte ein hiſtoriſch— 
fur; vor der Schlacht bei Chaironeia wurden dieje | mpthologiihes Wörterbuch Touict (Violarium), 
Überjchüffe ihrer urjprünglichen Bejtimmung, der welches Villoiſon zuerſt in den anecd. Graech 
Kriegstafle, zurüdgegeben. — Eubulos war ein 1781 herausgegeben hat. Neue Ausgabe von Flach 
heitiger Gegner des Demofthenes, dem er gegen: | (1880). 
über ftand in der Verteidigung des Meidias und| Eudoxos, Eüöogos, 1) aus Knidos, geboren 
des Aiſchines (de falsa legat.), welcher früher ſein um 408 v. C., Schüler des Platon, vom deſſen 


416 Euenos — 
Lehren er aber jowohl in Phyſik als Ethik abwich, 
während er ſich den Anfichten des Anaxagoras 
und Ariftipp zuneigte, lebte einige Zeit in Agyp— 
ten und führte um 370 eine neue Berfaffung im | 
jeiner Baterftadt ein. Er war außerdem Arzt, be: 
jonders berühmt aber ald Mathematifer, Ajtronom 
und Seograph, gab zuerjt für die Kugelgeſtalt der | 
Erde mathematijche Beweije und führte die Ein: 
teilung derjelben in Zonen ein. Er legte Stern: 
warten an, machte Beobachtungen und verbefierte 
die von Kleoftratos 540 v. E. erfundene Oktaëteris 
zur —— des Sonnen: und Mondjahres. 
Zahlreiche Schriften werden ihm beigelegt. Die 
Darousva nal Soonueieı arbeitete Aratos (j. d.) 
in ein Gedicht um. — 2) aus Kyzikos, um 100 v. €. 
Seine Beobachtungen auf Reifen wurden von 
Strabon (2, 98 ff.) benust. 

Enönos, Eünvog, Eimvög, 1) zwei griechiiche 
elegiiche Dichter aus Paros, von denen einige 
Heine Fragmente übrig find, ohne daß man den 
Verfaſſer der einzelnen Stüde beftimmen fann. | 
Der eine von ihnen (ob der Ältere oder der jüngere, | 
ift ungewiß) war Zeitgenoffe des Sokrates und 
deſſen Xehrer. Plat. Apol.p.20B. Phaed.p.60D.| 
Phaedr. p. 267 A. — Bon einem dritten Dichter 
diejes Namens jcheinen einige erotifche Elegien 
herzurühren, die jih im der Anthologie finden. | 
Vgl. Bergf, poet. Iyr. Graec. II p. 269 ff. der 
4. Aufl. — 2 Fluß, ſ. Aitolia. — 3) ſ. Idas. | 

Evsgy£ınz, Wohlthäter, in Griechenland ein | 
Ehrentitel, der Ausländern, die fi um einen 
Staat bejonders verdient gemacht hatten, oft in 
Verbindung mit Prorenie und andern Privilegien 
erteilt wurde. 

Eugammon j. Epos, 4. 

Eugandi, ein nicht feltiicher Stamm in den 
Nätiichen Alpen, der jüdlich bis in die Gegend von 
Verona und Patavium hinabreichte, wo mod) jeßt 
die Euganeiſchen Berge den Namen bewahren. Zu 
ihnen jcheinen auch die Camuni (im j. Camonica- 
thale) und die Triumpilini oder Trumpli 
(im j. Trompiathale) gehört zu haben. Livius (1,1) 
jegt. ihre Site zwiichen den Lariſchen See und 
Athejis bis zum Adriatiſchen Meer, von wo fie 
durd; die Heneter verdrängt wurden. 

Eugraphius, von dem wir ein commentum zu 
Terenz bejigen, muß vor dem 10. Jahrhundert 
gelebt haben. Er hat nur aus älteren Scholien 
———— und beſitzt deshalb keinen ſelbſtändigen 
Wert. 

‚Eugubium und Eugubinae tabülae j. Igu- 
vıum. 

Euheme@ros, Eörjuegog, wahricheinlich aus dem 
ſiciliſchen Meſſana, lebte am Hofe Kafianders und 
war ein Anhänger der kyrenaiſchen Schule, welcher 
mehrfach Gottlojigfeit vorgeworfen wurde. Er war 
Verfaſſer der ock &vaygapıj oder der heiligen 
Tempelinfchriften, worin er erzählte, wie er auf 
einer Sendung nad Arabien und den jüdlichen 
Meeren nad der Inſel Panchaia gekommen jei 
und dort auf einer goldenen Säule im Tempel 
des Zeus Triphylios die ganze Urgeſchichte der 
Welt von Uranos an eingejchrieben gefunden habe. 
In diefer Einfleidung entwidelte er die Anficht, 
daß die ganze Götterſage nichts als menjchliche, 
ins Wunderbare gezogene Geſchichte jei; daß alle 
Hötter und Heroen nur durch Kraft und Einficht 
hervorragende Menichen gemwejen, denen man nach 








Eukleides. 


dem Tode göttliche Ehre erwiejen; die hanptiäch: 
lichften Stätten ihres Kultus aber jeien ihre Grab 
jtätten. Cie. n. d. 1, 41, 119. Sext. Emp. ade. 
math. 9, 17. Solche Anfichten waren nicht nen, 
fie fanden eine Stüße in dem Heroenkult und den 
Apotheojen der Fürften, bejonders aber in den 
kretiſchen Sagen von der Geburt und dem Grabe 
des Zeus. Schon die ioniſchen Hiſtoriker (Hefa- 


taios, Herodoros u. a.) und dann Ephoros hatten 


dieſe pragmatiſch-hiſtoriſchen Grundſätze bei man— 
chen Mythen in Anwendung gebracht, aber erſt 
von Euhemeros wurden ſie fonjequent durchge: 
führt, jo daß die erhabenften und phantafiereichiten 
Mythen ganz ind Gemeine herabgezogen wurden, 
und daher das Syſtem Euhemerismus genannt. 
— Beſonnene Schriftfteller, wie Kallimachos und 
Eratofthenes, waren über dieje von allem geiftigen 
und ideellen Gehalt entblößte Lehre entrüftet; 
indes zu einer Zeit, wo der religiöje Glaube und 
die alte Götterwelt jehr abgeihwächt waren, mußte 
fie bald Anklang finden. Diodor ift ganz von 
diefer Richtung durchdrungen. Ennius hat Die 
Schrift des Euhemeros lateinifch bearbeitet (Cie. 
n.d. 1,42, 119. Augustin. civ. d. 7, 2#), ob in 
trochäiſchen Tetrametern oder in Proſa, ift zweifel: 
haft. Die Kirchenväter, bejonders Yactantius, haben 
von dieſem Werfe Notiz genommen, um dadurch 
den heidnifchen Götterglauben zu befämpfen. Bgl. 
Krahner, Grundlinien zur Geſch. der römischen 
Staatsreligion (1837), ©. 37. Gerlach, hiſtor. 
Studien I ©. 152 ff. 

Eöxisıe, Feſt der Artemis Eufleia. Xen. Hell. 
4,4, 2. 

Enkleides, Eönisiöns, 1) Archon Eponymos 
in Athen 403 v. E., OT. 94, 2, Mit jeinem Ar— 
chontat jollte im Athen eine ganz neue Ara be- 
ginnen durch Erlafjung einer Amnejtie und Wieder: 
herjtellung der ſoloniſchen Gejeße, deren Reviſion 
dem Nikomachos übertragen wurde (Lys. in Nicom... 
Auch in der Litteratur bildet das Jahr Epoche 
durdy Einführung des ioniſchen Alphabets mit 24 
Buchſtaben. Plut. Arist. 1. — 2) Stifter der me- 
gariichen Schule, Meyagızod, beſuchte von jeiner 
Heimat Megara aus ungeachtet der ihm deshalb 
drohenden Lebensgefahr bei Nacht und in Weiber: 
feidern den Sofrates (Geil. 6, 10) und gewährte 
nach dem Tode desjelben jeinen Schülern, nament: 
lih dem Platon, ein Aſyl in Megara, wodurch 
ſich bei aller Berjchiedenheit der Anfichten zwiſchen 
beiden eine fortwährende Freundichaft bildete. Er 
juchte die Lehre der Eleaten, die er ſchon früher 
jtudiert (Cie. acad. 2, 42), mit der des Sokrates 
zu kombinieren, indem er die abjtrafte All-Eins— 
lehre jener mit einem ethiichen Gehalt belebte durch 
den Satz, daß es mur Ein Wahres gebe, welches 
das Gute jei, aber auch mit andern Namen, Heos, 
Yeornoıg, voög, benannt werben fünne; wobei bie 
Mannigfaltigfeit und das Werben der Dinge ge: 
leugnet wurde, In der Berteidigung diejer Lehre 
gegen die Nejultate der Erfahrung zeigte ſich die 
zweite Seite des Eukleides, die ſophiſtiſche Dia: 
leftif, die mit Zurüdjegung der Ethit und Phnfit 
von feinen Nachfolgern Eubulides und Diodoros 
Ktronos weiter ausgebildet wurde und der Schule 
den Namen der ’Egısrixol oder Jıalerrıxol ber: 
ichaffte. Er joll 6 Dialoge verfaht haben (Diog. 
Laert. 2, 108), die verloren find. — 3) berühmter 
Matbematiter, lebte um 300 v. E. in Alerandreia; 


Eukrates — Eumenes. 


417 


von feinen 2ebensverhältniffen ift nichts befannt.! der ihn hielt, bewies er auf ber großen Hochzeit 


Er verfaßte: 1) Zroryei« (elementa matheseos) 
in 13 Büchern, denen Hypſikles um 170 v. C. ein 
14. und 15. hinzufügte (herausg. von Gamerer 
und Hauber, 2 Bbd., 1824 ff., von Neide, 1825, 
von Auguſt, 2 Bdd., 1829). Dieje Elemente 
brachten frühere Verſuche im Vergeſſenheit und 
wurden ungeachtet einzelner Unrichtigfeiten bis in 
die neueften Zeiten als Mufter eines Lehrbuches 
angejehen. Proflos und Theon von Mlerandreia 
ichrieben darüber Kommentare; auch Boẽtius folgt 
hauptiächlid; diejer Schrift. Nach den arabijchen 
Überjegungen find die erjten lateinischen Bearbei- 
tungen gemacht, durch welche dieje Schrift im 
Mittelalter befannt wurde. — 2) Sedouev« (data), 
Zujammenftellung der für die einzelnen Fälle der 
geometrijchen Analyfis gegebenen Stüde, in 90 (95) 
Sägen; 3) JIogiouare, in Bruchftüden bei Pappos 
erhalten. Andere mathematiiche Schriften find ver: 
foren gegangen. Auch 2 Schriften über die Theo- 
rie der Muſik werben ihm beigelegt. Sicherer ift 
die Echtheit eines erhaltenen aftronomiichen Wertes, 
Dawöuere betitelt. — Geſamtausgaben jeiner Werfe 
von Gregory (1703), Beyrard (1814), Heiberg und 
Menge (1883 ff., 5 Bdd.). 

Eukrätes, Eüxgdrng, zur Zeit Kleons, der 
iein Gegner war, in Athen einer der angejehenjten 
Demagogen. Im Kampfe mit Kleon ftand jein 
Sohn Diodotos ihm treu zur Seite (Thuc. 3, 41 f.); 
—— zog er ſich vor Kieon zurück. Über ſeinen 

tand ſ. Arist. Fquit. 129. 

Eumaios j. Odysseus, 7. 

Eumölos, Etunkog, 1) j. Admetos. — 2) epi: 
ſcher Dichter aus Korinth, um 750 v. E., dichtete Ko- 
gırtiard, wovon eine projaifche Bearbeitung dem 
Paujanias vorgelegen hat, Eigwri« (die Sage von 
Europa und der Gründung von Theben), Bovyorie, 
Tıravouayia u.a. Sammlung der —— Bruch⸗ 
ftüde von Marckſcheffel: Hesiodi, Eumeli, Cinae- 
thonis, Asii et carminis Naupactii fragmenta 
(1840), und Kinkel, epic. Graee. u Ip. 185 fi. 
Abhandlung von Wiliich (1875). 

nmeneia, Eiusveı« oder Etusvia, Stadt in 
Phrygien an der Strafe von Dorylaion nach Apa— 
meia, von Attalos II. gegründet und nad jeinem 
Bruder und Borgänger es U. benannt; j. 
Iſchikli. Strab. 12, 576. Kutr. 4, 2. 

Eumönes, Eöufrns, 1) aus Kardia in Thra- 
fien, geboren um 363 v. E., ſtammte Plut. Eum. 1. 
Nep. Eum. 1) aus einer angejehenen Familie. Da 
fein Vater mit König Philipp von Mafebonien in 
freundichaftliher Verbindung jtand, fam Eum. als 
achtzehnjähriger Füngling an deffen Hof und wurde 
Geheimjchreiber des Königs (bis zum Tode besjel: 
ben (336). Gleiches Anſehen geno er bei Ulerander 
dem Gr., welcher jeine Fähigkeiten, Treue und 
Klugheit nad) Verdienſt zw ſchätzen wußte. Defto 
mehr haßte der mafedonische Adel in ihm den 
Griechen und behandelte ihn oft mit großer Ab— 
neigung, obgleich feine Klugheit, in der man 
Schlauheit und Verſchlagenheit zu jehen meinte, 
diejelbe unjchädlich zu machen wußte. Alerander 
jelbft mußte nicht jelten eingreifen, um den Haß 
des Adels gegen Eum. zu beichwichtigen und na— 
mentlich feinen Liebling Hephaiftion zur Fried— 
fertigfeit gegen denjelben zu ftimmen. Nicht mit 
Unrecht indes warfen die Mafedonier dem Star: 


zu Sufa, auf der er ihn mit Artonis, einer Toch— 
ter des Artabazos, im %. 324 vermählte. Plut. 
Eum. 2. Curt. 10, 4. Jedoch zeigte Eum. (gleich 
Epameinondas) fich bei Lebzeiten Aleranders mehr, 
wie es jcheint, ald Staatsmann, denn als Feld— 
herr. Letztere Eigenſchaft entwidelte er in Ber: 
bindung mit erfterer in glänzender Weije erft nad 
Alexanders Tode, als grenzenloje Verwirrung über 
das miühevoll erfämpfte und jeines Hauptes beraubte 
Neich hereinzubrechen drohte. Bei dem jofort ein— 
tretenden Streite um die Herrichaft enthielt er fich 
als Grieche jeder Teilnahme, wirkte aber, als Thät- 
lichkeiten bevorftanden, zur Ausjöhnung (Plut. 
Eum. 3) und jchloß ſich eng an den Reichsverweſer 
Berdiflas und an das von diejem vertretene kö— 
niglihe Haus an, weshalb er bei der folgenden 
Teilung der Provinzen Paphlagonien, Kappado— 
fien und die Pontosgegenden bis Trapezunt (Died. 
Sie. 18,83. Plut. Eum. a. a. D.) erhielt, die er 
aber erft erobern jollte. An dem Zuge des Leon: 
natos nach Europa teilzunehmen, lehnte er ab, 
unterwarf jeine Satrapie, in der er fich ein tüch— 
tiges eingeborenes Heer bildete (Plut. Eum. 4), 
erhielt von Perdikkas eine Vergrößerung derjelben 
vor deſſen Zuge gegen Ptolemaios (Nep. Eum. 3) 
und übernahm es, demjelben den Rüden zu decken 
und Afien gegen Antipater und Krateros zu ver: 
teidigen. Er bejiegte zuerft den untreu gewordenen 
Satrapen Neoptolemos von Armenien und dann, 
als die Unterhandlungen mit Antipater und Kra— 
teros jich zerichlagen hatten, auch den legteren, im 
3. 321. In derjelben Schlacht tötete Eum. im 
perjönlihen Kampfe den zu Srateros en 
Neoptolemos, während Krateros ebenfalls jeinen 
Tod fand. Plut. Eum. 5 ff. Nep. Eum. 3. Diod. 
die. 18, 29 ff. Just. 13,8. Da aber die in Eumenes’ 
Heere dienenden Mafedonier über den Tod des 
bei ihnen jehr beliebten Krateros tief betrübt waren, 
lieg Eum. die Leiche jeines ehemaligen Freundes 
feierlich beftatten. Nichtsdeftoweniger trat ſeitdem 
die Abneigung der Mafedonier gegen Eum. immer 
ichärfer hervor, und derjelbe wurde, als die Nach— 
richt von Krateros' Fall bald nach des Perdikkas 
Ermordung nad Agypten gelangte, dort nebit 
vielen andern Anhängern des Reichsverweſers ge: 
ächtet, verteidigte aber auch fortan die königliche 
Sadye mit Talent und Erfolg und bildete ſich in 
feinen Gebieten ein zuverläſſiges Heer, mit dem 
er dem Antigonos, der jeitdem immer mehr und 
mehr an Bedeutung gewann, die Spite bot und 
von 319— 8316 in ruhmvollen und zum Teil glüd- 
lichen Kämpfen entgegentrat. Aufs glänzendfte be: 
währte Eum. jein seldherrntalent nicht nur im 
größeren Schlachten, jondern aud in der Bertei: 
digung der uneinnehmbaren Bergfeftung Nora in 
Kappadotien, aus welcher er endlich heimlich ent: 
wid. Er hatte während jeiner Einſchließung in 
Nora die größten Beweiſe von Mut, Schlauheit 
und Erfindungsgabe gegeben, zugleich aber aud) 
von jeiner unverbrüclichen Anhänglichkeit an Ale: 
randers Haus, welche auch nicht durch die größten 
Verheifungen und Anerbietungen feiner Gegner 
gelodert werden konnte, Als endlich Antigonos 
des gewandten Gegners nicht Herr werden fonnte 
(j. Antigonos, 1.), juchte er die Mafedonier in 
Eumenes’ Heer zu gewinnen. So gelang es ihm, 


dianer Habjucht und Geiz vor. Wie hoc Aleran: | den gefürchteten Mann in jeine Gewalt zu bekom— 


Reallexiton des Haff. Altertums. 7. Aufl. 


27 


418 


men. Cum. jtarb eines gewaltjamen Todes, un: 
gefähr 45 Jahre alt, 316. Mit ihm fiel die legte 
Stüße des föniglihen Haujes. Auch als Schrift: 
jteller zeichnete er fich aus und verfahte Zpnusgdöes 
AktEdvöpov, Tagebücher über die Züge Aleranders, 
welche von alten Schriftitellern jehr gelobt werden. 
Ael. var. hist. 2, 23. Vgl. Droyſen, Geich. des 
Hellenismus (2. Aufl. 1877-78). — 2) Eume:- 
nes I, Herricher von Pergamos 263— 241 v. C., 
Neffe des Philetairos (j. d.), erweiterte jein Reich, 
bejiegte Antiochos J. (Soter) in einer Schlacht bei 
Sardes und ſchützte Künfte und Wiffenichaften. — 
Seine Neffe, 3) Eumenes Il., Sohn Attalos’ 1., 
regierte über Pergamon von 197—159 dv. C. und 
war ein treuer Freund der Römer faft jein ganzes 
Leben hindurch. Diejer Freundſchaft verdantte er 
auc bedeutende Vergröferungen feines Heinen 
Neiches. Er beteiligte jih an der Unterdrüdung des 
Tyrannen Nabis von Sparta, 195 (Liv. 34,26 ff.), 
unterftügßte Rom im Kampfe gegen Antiochos den 
Gr. von Syrien (ſ. d.) (Liv. 35, 39. 36, 42 fi. 
Pol, 21, 8) und bewirkte durch jein Erjcheinen in 
Rom, da ihm ein großer Teil Vorderajiens bis 
zum Taurus zu teil wurde. Liv. 38, 39. Im 
Kriege mit Prujias von Bithynien, dem Hannibal 
mit — Rate zur Hand ging, unterlag er und 
wurde nur durch die Einmiſchung Roms gerettet, 183. 
Nep. Hann. 10. Liv. 39, 51. Ebenſo überwand 
er mit Noms Hülfe Pharnates von Bontos (Pol. 
25, 4f.) und geriet darnach in Streit mit den 
Rhodiern, welche in Rom ſich über ihn bitter be: 
ichwerten (172). Liv. 42, 14. Obgleich aber die 
Römer jelbit dieje Streitigkeiten zwijchen Eum. 
und jeinen Nachbarn durch die ihm angetwiejene 
Stellung abiichtlich herbeigeführt hatten, um ihn 
nicht zu |. werben zu lafjen, jo liefen fie ihn 
dod nicht im Stich und nahmen ihn, als er im 
J. 172 nad Rom kam, zum großen Arger des 
älteren Cato mit großen Ehren auf. Plut. Cat. 
mai. 8. Bei der Rückreiſe durch Griechenland ge: 
riet er, vielleicht auf Anftiften des Perſeus von 
Makedonien, in große Lebensgefahr und entfam 
nur mit Mühe. Das Gerücht von feinem Tode 
war jhon nach Ajien gelangt, und fein Bruder 
Attalos machte Anftalt, den Thron zu bejteigen, 
als Eum. jelbft erjchien. Am Kriege der Römer 
gegen Perjeus nahm er teil (Liv. 42, 55 f.), jedod) 
nicht mit dem früheren Eifer für Rom, da ihn 
die Abhängigkeit von demjelben drüdte, jo daß er 
jogar in Unterhandlungen mit Perjeus trat. Das 
vergaßen ihm die Römer nicht, bedrängten ihn 
auf alle Weije, reizten, obgleich erfolglos, jogar 
den eigenen Bruder gegen ihn auf, verjagten ihm 
die Erlaubnis, in Rom zu ericheinen (Pol. 30, 17), 
und forderten zulegt alle Feinde des Eum. auf, 
ihre Klagen gegen ihn vorzubringen. Sein Bruder 
Nttalos (j. Attalos, 4.), den er, um ihn zu ver- 
teidigen, nach Rom jandte, wurde daſelbſt mit 
Auszeichnung behandelt. Mit feinen Brüdern über- 
haupt lebte er in großer Eintracht. Zugleich förderte 
er Künfte und Wiſſenſchaften, hatte an jeinem Hofe 
eine Neihe ausgezeichneter Schriftiteller, wie Krates 
von Mallos, das Haupt der jog. pergamenijchen 
Srammatiferjchule, gründete die berühmte perga= 
meniſche Bibliothek (vgl. Wegener, de aula Atta- 
lica, 1836) und jchmüdte jeine Hauptſtadt mit 
herrlichen Baumwerfen (j. Pergamon, 1.). 
jtarb im 3. 159, 


Fumeniden — Eunapios. 


Eumeniden j. Erinyen. 

Eumenius, geboren um 255 n. E., Lehrer des 
Eonftantius Ehlorus, folgte demjelben längere Zeit 
auf jeinen Feldzügen und brachte jeine ſpätere 
Lebenszeit in jeiner Baterftadt Auguſtodunum (j. 
YAutun) in Gallien zu, wo er als Yehrer der Rhe— 
torif auftrat und ſich um die Schule dajelbft hoch 
verdient machte. Er gehört zu den lateinijchen 
Banegprifern. Wir bejigen noch 4 Reden von ihm, 
welche fich vor andern Arbeiten der Art dadurd) 
vorteilhaft auszeichnen, daß fie nicht jo ſehr in die 
gewöhnlichen Fehler übergroßer Lobhudelei ver- 
fallen: die Rede pro instaurandis scholis, 297, 
den panegyricus auf Conftantius Chlorus, in dem- 
jelben Jahr zu Trier gehalten, außerdem einen 
panegyricus auf Eonjtantin und eine gratiarum 
actio an denjelben, gehalten 310 oder 311. Gedrudt 
find fie in den Ausgaben der Panegyriei von 
Eellarius, Arnpen, Jäger u. a., am beiten in der 
von Bährens (1874). 

Eumolpidae, Eöuolzidaı, eins der beiden alt: 
priefterlichen Geichlechter in Athen — das andere 
war das der Kerpen —, die unter der Aufficht 
des Archon Bafileus dem Kultus der eleufiniichen 
Mofterien vorjtanden. Aus ihnen wurden die vor- 
nehmſten Prieſter erwählt, die zugleid; mit der 
Priefterin der großen Göttinnen, Demeter und 
Ktore, und zahlreicher Dienerjchaft nicht nur die 
einzelnen Bejucher weiheten, jondern namentlich 
auch zu der mimijch:orcheftiichen —— der 
Schickſale der beiden Göttinnen mitwirkten. Schon 
ihr Name deutet auf die Hymnen und Gebete. 
In Prozejien wegen Berlegung der Mofterien 
hatten fie richterliche Gewalt. Andoc. myst. 28. 31. 
Demosth. Androt. 27. Im übrigen j. Eleusi- 
nia, 5. 6. 

Eumolpos, EiuoAzog, Sohn des Poſeidon und 
der Ehione, der Tochter des Boreas, ein in Eleujis 
eingewanderter Thrafer, Krieger, Priefter der De- 
meter und Sänger. Er hilft den Eleujiniern im 
Kriege gegen Athen und wird von Erechtheus (j. d., 
jamt jeinen Söhnen Phorbas und Jmmarados 
erichlagen. Oder: Erechtheus und Immarados fallen, 
und man jchließt Frieden unter der Bedingung, 
daß die Eleuſinier jich den Athenern unterwerfen, 
aber die Feier der Myſterien allein bejorgen. 
Dieje Myſterien der Demeter und des Dionyjos joll 
Eumolpos geitiftet (Hom. hymn. in Cer. 154. 476) 
und nebſt den Töchtern des Keleos bejorgt haben. 
Der Dienft blieb bei jeinem Gejchledhte, den Eumol— 
piden (j. d.). Einem €. werden Weihungslieder 
(teisrad) und die Erfindung des Weinbaus und 
der Baumzucht zugeichrieben. Wegen jeiner man- 
nigfachen Beziehungen nahm man mehrere Eumolpos 
ai: 1) den Thrafer, deſſen Sohn Keryr der Stamm: 
vater des attiichen Gejchlechts der Ärjgvxes war; 
— 2) den Sohn des Keryr; — 3) den Sohn des 
Mufaios, den Gründer der Mofterien. — 4) E. 
heißt der geichmadloje Dichter, welchem bei Pe— 
tronius die Troiae halosis (ec. 89) in Senaren und 
das bellum civile (ce. 110—124) in $erametern 
in den Mund gelegt find. 

Eunapios, Ebrdmiog, griechifcher Rhetor in 
der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. E., ge: 
boren zu Sardes, gebildet in Athen, lebte jpäter 
in feiner Heimat als Rhetor und Arzt. Feind des 


Er | Epriftentums, verfaßte er in affektierter Sprache 


Pioı Yıloodpwor zul copıorar, Biographien von 


Euneos — Euphron. 


419 


23 Sophiften jeiner Zeit (befte Ausgabe von Boifjo: | men und dasjelbe beherrichen. Da aber die Scholle 
nade, 1522, in 2 Bbdb.), und eine Fortjegung der | bei der Inſel Kallifte oder Thera verloren ging, 
Sejchichte des P. Herennius Derippos (j. Dexip- | jo mußte der Anbau Libyens von da aus geichehen, 


pos), bis zum %. 404, zg0vınn lorogi« uer« 
HIedımmov in 14 Büchern, wovon fich größere 
Bruchitüde erhalten haben (herausgeg. von Bekler 
und Wiebuhr, 1829, und von L. Dindorf, hist. 
Graec. min. I p. 205 ff.). 

Eun&os, Euneus, Eöürnog (ionijch), Eüwevg, 
Eöveog (der gute Schiffer), Sohn des Jajon und 
der Hypſipyle, der Königin auf Lemnos, König 
von Lemnos, im Handelöverfehre mit den Griechen 
vor Troja. Hom. Il. 7, 468. 23, 747. 

Eunomia j. Horae. 

Eunömos, Eöronog, König von Sparta aus 
dem Haufe der Eurhpontiden, Vater des Königs 
Bolndeltes und des Lyfurgos, wurde bei einem 
Aufitande erftochen. Plut. Lye. 1. 

Eunüs, Eövovg, ein Syrer und Sklave zu 
Enna auf Sicilien, gewann durd allerlei Gau: 
feleien, durch die er in den Ruf eines Zauberers 
tam, jeine Mitjflaven, ftellte ſich an ihre Spitze 
und veranlafte den erjten ficiliichen Sflavenauf: 
ftand. In kurzem hatte der von den Sklaven 
zum Könige gewählte Eunus ein zahlreiches Heer 
gejammelt, mit welchem ſich ein zweites unter 
Kleon vereinigte, jo daf mehrere Hunderttaujend 
unter den Waffen jtanden. Der Aufſtand, deſſen 
Keime ſich vielleicht jhon in den Jahren 141 und 
140 v. E. bildeten, brady im Jahre 134 aus. 
Nach mehreren Niederlagen römilcher Feldherren 
gelang erjt dem Konjul Rupilius im %. 132 die 
Bezwingung der Sklaven. Der flüchtige Eunus 
wurde in einer Höhle aufgefunden, ſtarb aber noch 
vor jeiner Hinrichtung. Plut. Sull. 36. Liv. ep. 
56.59. Flor. 3, 19. Diod. Sie. fragm. 34. 

Eupalämos j. Daidalos. 

Eupalion, Eördlov, Stadt der ozoliſchen 
Lokrer, nordweſtlich von Antikyra, mit einem Hafen 
Erythrai. Thuc. 3,95. 96. Strab. 9, 427. Liv. 28,8. 

Evxargidar |. Duin, 1. 

Eupeithes, Eöreidng, vornehmer Jthakejier, 
Bater des Antinoos, wollte den Tod jeines Soh— 
nes an Odyſſeus rächen, indem er die aufrühre- 
riſchen Ithakeſier gegen diejen führte, wurde aber 
von Laertes getötet. Od. 1, 383. 16, 424. 24, 
469. 522. 

Evgpnuie, die heilige Stille, die jeder Opfer: 
handlung und jedem Einleitungsgebete zu der: 
jelben vorausgehen und durch eine beftimmte Er: 
mahnung, eipnule dorw oder eupnweire, bei 
den Römern favete linguis, angefündigt werben 
mußte. Bei den leßteren fam die Vorftellung von 
der notwendigen Abwehr unglüdlidher Vorbedeu- 
tungen hinzu. 

kEuphemos, Eöpnuos, Sohn des Poſeidon und 
der Europa, der Tochter des Tityos, Gemahl der 
Laonome, der Schwejter des Herafles, ein Phlegyer 
aus Panopeus in Pholis, jpäter in Tatnaron 
wohnend, falydonifcher Jäger und Argonaut, der 
durch Bergünftigung jeines Vaters auf dem Meere 
wandeln fonnte. Als die Argonauten an den 
Tritonjee famen, übergab Triton in Gejtalt des 
Eurppylos dem Euphemos eine Scholle des Landes. 
Medeia weisjagte, wenn Euphemos die Scholle in 
die Sebirgsichlucht von Tainaron werfe, wo der 
Eingang zur Unterwelt fein jollte, jo würden jeine 
Nahfommen im vierten Gliede nad Libyen kom— 


jo dab erft der Nachlomme des Euphemos im 
fiebzehnten Gejchleht, Battos, von Thera aus 
nad Libyen ziehen und Kyrene gründen fonnte. 
Pind. pyth. 4. Hdt. 4, 150. 

Euphorbos, Eögpogßos, Sohn des Panthoos, 
ein tapferer Troer, der zuerjt den Patroflos ver: 
wundete und dann von Menelaos getötet‘ wurde. 
Hom. Il. 16, 806. 17, 1ff. Menelaos weihte jeinen 
Schild in dem Tempel der Sera bei Mylenai. 
Pothagoras, der die Seelenwanderung annahm, 
behauptete, zuerjt diefer Euphorbos geweſen zu jein. 
Diog. Laert. 8, 1, 4. Hor. od. 1, 28, 10 ff. 

Euphorion, Eöigogier, 1) Sohn des Adil: 
leus und der Helena, auf der Inſel Leufe (j. 
Achilleus, 6.) erzeugt, jo genannt, weil fein 
auf Leute al$ IIovz«gyng verehrter Vater Achil— 
leus den Schiffern glüdliche Fahrt verlich. — 2) aus 
Athen, Vater des Dichters Ailchylos. — 3) Sohn 
des Aiſchylos, der mit Stüden jeines Vaters nad) 
deſſen Tode viermal fiegte, auch mit einer eigenen 
Tetralogie den Sieg gegen Sophofles und Euri: 
pides erlangte. 2 Berje desjelben find erhalten 
bei (lem. Alex. strom. 5, p. 718. — 4) aus Chalfis 
auf Euboia, geboren um 276 v. E., gejtorben als 
Bibliothekar des ſyriſchen Königs Antiochos des 
Gr., gelehrter und fruchtbarer Dichter und Schrift- 
jteller ganz im. Sinn und Geift der gelehrten Ale: 
xandriner. In jeinen Gedichten hatte er eine ge: 
juchte Ausdrudsweije und dunkle Sprade. Außer 
projaijchen Werfen verfaßte er Epen (Holodog, 
Moyori& u. a.), Elegien und Epigramme, von 
denen nur wenige Verſe übrig find. Die Römer 
jtellten ihn hoch (Verg. E. 10, 50. Quint. 10,1, 56), 
der Elegifer Cornelius Gallus ſoll ihn nachgeahmt 
und übertragen haben (cantores Euphorionis, 
Cie. tuse. 3, $ 45). Gelehrte Monographie von 
Y. Meinefe (1823), neu bearbeitet in den Anu- 
lecta Alexandrina (1843), p. 1—168, 

Euphränor, Eögpedvwg, j. Bildhauer, 9. 
und Maler, 6. 

Euphrätes, Eögedeng, hebräiſch Phrath, alt- 
perſiſch Ufratu, wird gebildet durch 2 Quellflüſſe 
aus dem armenijchen Hochland, einen jüdöftlichen, 
Arſanias (j. Murad: Su), aus der Gegend des 
Banjees, und einen nordweitlichen (j. rat), aus der 
Nähe von Erzerum, durchbricht oberhalb von Samo: 
fata den Taurus, tritt dann in das mejopotamijche 
Steppenland ein und vereinigt ſich heutzutage bei 
Korna mit dem Tigris, um 20 Meilen unterhalb 
(unter dem gemeinjamen Namen Scat:el:Arab) 
in den Perſiſchen Meerbufen zu münden. Neben: 
flüffe von links: der Bilehas (j. Belit) mit dem 
Stirtos (j. Daijan) bei Nikephorion (Nafla), und 
der Chaboras (Chabur) bei Kirkeſion (Abu: 
Serai). Kanäle: auf der Weitjeite der Naarjäres 
und der Ballafüpas, jener oberhalb, diejer unter— 
halb von Babylon; vom Euphrat bis zum Tigris 
hinüber der Naarmaldha (j. d.) nebſt 3 anderen. 
Hdt. 1,180, 185. 193. Xen. An. 1, 4, 11. Strab. 
11, 521. 527, 16, 746. 

Euphron, Eöipgwor, 1) ein Bürger in Sikyon, 
der mit Hülfe der Armen ſich der oberjten Ge— 
walt in der Stadt bemächtigte. Bon den Reichen, 
welche er bedrüdte, wieder vertrieben, ging er nach 
Theben, wo er ermordet wurde, im J. 366 v. C. 

27* 


420 


Xen. Hell. 7, 1,44ff. 2, 11ff. 3,2. — 2) ein 

Dichter der neueren griechijchen Komödie um 315 

v. C. Nur wenige Fragmente find erhalten, ge 

jammelt von Meinefe, fragm. com. Graec. IV 
. 486 ff. (II p. 1128 ff. der Mein. Ausg.), und 
od, com, Att. fragm. III p. 37 ff. 

Euphrosjne j. Charis, 

Eupölis, Eörolıs, einer ber vor, üglichften 
Dichter der Älteren attischen Komödie, Zeitgenoſſe 
des Kratinos und Ariftophanes, mit denen er oft 
zufammen als Repräfentant der alten Komödie ge- 
nannt wird (z. B. Hor. sat. 1,4, 1). Er war der 
Sohn des Atdeners Sofipolis, trat jchon in feinem 
fiebzehnteg Jahre auf, wahrſcheinlich unter fremdem 
Namen wie Ariftophanes, und jiegte fiebenmal. Er 
verlor vor dem Schluffe des peloponnefischen Krie— 

es jein Leben. Uber jeinen Tod find wider: 
prechende Sagen vorhanden; jein Grab zeigte man 
an mehreren Orten. — Eupolis und Ariftophanes 
find die Meifter der alten Komödie. Es ift na— 
türlich, daß diefe beiden, durch Talent, Kühnheit 


und Wig nahe verwandt, eine Zeitlang zuſam— 


mengingen, dann aber wieder bei jo vielfachen 
Veranlafjungen zur Eiferjucht fich tremmten und 
in heftiger Fehde ihre poetischen und moralifchen 
Schwächen gegenjeitig einer beißenden Kritif unter: 
warfen. Die Alten erteilen dem E. das höchite 
Lob, fie rühmen feine plaftiiche Darftellung und 
roßartige Phantafie, fie bewundern jeinen edlen 
dem und erhabenen Patriotismus, den feinen 
Scherz, den treffenden Spott und die höchfte Grazie; 
dagegen bezeichnen fie ald Schattenfeiten den Hang 
ur — und Sinnlichkeit. Die Zahl ſeiner 
Stücke wird verſchieden, bis auf 20, angegeben; 
von 15 laſſen ſich ſicher Titel, von 12 Fragmente 
(gejfammelt von Runfel, 1829, Meineke, fragm.com. 
Graec., Bd. IIp.426 ff. [Ip. 158 f der Klein. Ausg.], 
und Rod, com. Att. . 1 p. 258 ff.) nad: 
weijen. Die berühmteften waren: ISnuor, welches 
Athens verkehrte Stantsverwaltung und die Über: 
grifie der Demokratie lächerlich machte; IIoAsız, 
ezog ſich auf die Bedrüdungen der Bundesitaaten 
von Athen; Barreı, war gegen Alkibiades’ und 
feiner Kameraden —— *— Privatleben ge: 
richtet; KöoAaxes, verjpottete den reichen und jchwel- 
geriichen Kallias und jeine Schmaroger (jiegte 
422 dv. E. über Ariftophanes’ Frieden); Magınäs 
(fiegte 421), gegen den Demagogen Hyperbolos, 
der Kleons Rolle in Athen jpielen wollte, gerichtet. 

Eupompos’j. Maler, 4. 

Euripides, Eögımlöng, der dritte der 3 größten 
griechiichen Tragifer, defjen Dramen uns zum Teil 
noch erhalten jind. Er war geboren nach der ge: 
möhnlichen Angabe 480 v. E. auf der Inſel Sa— 
lamis, gerade am Tage der berühmten Seeichlacht, 
wie eine Fabel jagt. Seine Eltern waren beim 
Herandringen bes perjiichen Heeres aus Athen ges 
flüchtet und hatten mit vielen andern Einwohnern 
von Athen auf diefer Inſel einen Zufluchtsort ge- 
—3— Richtiger ſcheint die Angabe, daß 485 v. C. 
ein Geburtsjahr ſei. Sein Vater hieß Mneſarchos 
oder Mneſarchides und war —— ein Krämer 
oder Schänkwirt (wdrenkog); die Mutter hieß Kleito 
und joll eine Gemüjehändlerin (Aagavsrwlıg) ge: 
weien jein. Daß Euripides’ Vater in Athen nicht 
par unbemittelt geweſen jei, dürfte man aus der 


orgfältigen Erziehung ſchließen, die er feinem | Satyripiele, 
N 4 Er wurde mit Eifer in |driner nennen 78 Stüde, unter denen fie 3 für 


Sohne angedeihen lie 


Euphrosyne — Euripides. 


den gumnaftiichen Künften geäbt, um für die Agonen 
fähig zu werden, und der Knabe joll auch einmal, 
wahricheinlih an den —— geſiegt und 
den Preis erlangt haben. Auch habe er einmal 
an den Thargelien zu den Knaben gehört, die den 
Fefttänzern den Wein reichten, eine Ehre, welche 
nur Söhnen edler und einheimifcher Familien zu 
teil wurde. Ferner joll er auch die Malerei ge- 
trieben haben; ein Gemälde von ihm habe man 
fpäter noch in Megara gezeigt. Alle dieje Dinge 
ehören, falls jie ficher und gewiß find, dem 

abenalter und der früheren Jugend des Dichters 
an. Denn ald Jüngling ſchloß er fid) bald dem 
Anaragoras an, der damals in Athen mit großem 
Beifall lehrte, jpäter hörte er auch die Sophiften 
Prodifos und Protagoras, und mit GSofrates 
chloß er eine innige, lebenslängliche Freundſchaft. 
on ber phitofophifchen Richtung, welche Eur. 
durch Anaragoras erhielt, von deffen Lehren und 
Philojophemen find unverfennbare Spuren in €.'s 
Tragödien vorhanden, ebenjo von feiner Empfäng- 
lichkeit für die rhetoriichen Künfte der Sophiften, 
die er im jeinen Tragödien anzumenden und zu 
den gleichfalls nicht unterlaffen hat. Diejen 
philojophtichen Studien jcheint E. jeine Augendzeit 
hauptfächlich gewidmet zu haben; dagegen ift von 
einer Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten, 
von einer Bewerbung um Ämter, kurz von poli- 
tiichen Beftrebungen in E.’3 Leben nirgends eine 
Nachricht zu finden. Aber auf die eigene Lebens- 
weile und Gemütsart jcheint der eifrige Verkehr 
mit Anaragoras eingewirft zu haben. Er war 
nämlich mürrifch (uıooy&Aog), finfter und wenig 
ugänglich. Für feine Zurücdgezogenheit und be- 
Ionbers ür feine ausschließliche Beichäftigung mit 
den Wiflenichaften jpricht aud die Nachricht von 
der —— Bücherſammlung, die er gehabt 
haben ſoll. Ob der ihm oft vorgeworfene Weiber— 
haß, den man in mehreren —— beſonders 
im Hippolytos, finden will, in dieſem mürriſchen 
Charakter oder in des Dichters ehelichen und häus- 
lihen Berhältniffen feinen Grund gehabt, läßt fid, 
nicht beftimmt jagen; jedesfalld muß er dem weib- 
fihen Gejchlechte ein unermüdliches Studium Fi 
gewandt haben, aus welchem in feinen Stüden 
ebenjoviel Ehre als Schande für dasſelbe her- 
vorgeht. E. mar zuerſt verheiratet mit einer 
Tochter des Mneſilochos, Choirine oder richtiger 
Ehoirile. Dieje gebar ihm 3 Söhne. Der ältejte 
war Mnejarchides, ein Kaufmann, der andere 
Drnefilochos, ein Schauspieler, der dritte der Er 
namige Euripides (nach andern des Dichters Neffe), 
der nach des Vaters Tode einige Tragddien des: 
felben auf die Bühne brachte. Seine rau wurde 
ihm aber untren, und er verftieß jie. Darauf 
heiratete er die Melito, die aber nicht beffer war 
und ihn jelbft wieder verlief. — Wann €. die 
dramatifche Laufbahn rt fteht ebenfalls 
nicht feit. Nach einer an fi wahricheinlichen 
Nachricht trat er in feinem ſechsundzwanzigſten 
Fahre, nach andern jchon 18 Jahte alt zuerit auf. 
Zu dieſer Didaffalie gehörten die Peliaden, ein 
I verlornes Stüd. Bon jegt an hat E. unaus: 
g et mit den damals lebenden ir ge feine 

hätigfeit dem Theater gewidmet. Die meiften 
Biographen geben ihm 92 Dramen, darunter 8 
rro dagegen nur 75; die Alexan— 


Euripides. 


unecht hielten. Somit fommen auch bei diejen 
75 Stüde heraus. Nachweisbar find etwa 80 Titel. 
Sefiegt hat E. nur viermal. Die Aufführungszeit 
ift nur von wenigen Stüden genau befannt. Die 
große Anzahl jeiner Dramen, verglichen mit 
den wenigen ihm zu teil gewordenen Siegen und 
Preifen, zeigt nicht geringe Beharrlichkeit, auf der 
einmal betretenen Bahn mutig fortzugehen, unbe: 
irrt durch die Oppofition der Komiker und durch 
die nicht günftigen Urteile der Preisrichter. Daß 
aber jeine Poeſien viel unter dem Volke verbreitet 
und befannt gemwejen fein müfjen, kann die Sage 
lehren, daß viele der in Sicilien gefangenen Athe- 
ner ihre Rettung und ihren Unterhalt der Kennt— 
nis euripideiicher Tragödien verdankten, indem ſie 
durch Recitation von derfen und Stellen aus ihnen 
die Bewohner der Inſel rührten und entzüdten. 
Erft ſpät im hohen Alter begab ji E. von Athen 
weg: nad pay er feines Dreftes (408) ging 
er nämlich na agnejia, wo er als öffentlicher 
Saft m wurde. Daß der Grund dieſer 
Auswanderung die beftändigen Spöttereien der 
Komiker und die unangenehmen häuslichen Ber: 
hältniffe gewejen, ift wenig mwahricheinlih. Bald 
darauf begab er fih nah Pella in Makedonien 
an den Hof des Königs Archelaos, wo er, mit 
dem Tragifer Agathon, dem Mufiler Timotheos und 
dem Maler Zeuris vereinigt und vom Könige hod)- 
geehrt, die beiden legten Fahre feines Lebens ver: 
brachte. Er ftarb um DI. 93, 2 oder 406 v. E., 
nad einer wenig glaubmwürdigen Sage von Jagd: 
bunden tödlich verwundet. — €. Hi te ſich ads 
Dichter mehr und mehr dem Geifte ne Beit; 
die frühere Tragödie wurde durch ihn vorzüglich 
auf die nadte Wahrheit des wirklichen Lebens 
herabgebradht. Er jchilderte die Menichen feiner 
Zeit, wie fie im Leben wirklich waren. Dabei 
brachte er die Ergebniffe und Grundjäße der da— 
maligen Bhilojophie auf die Bühne und bediente 
fih einer ſophiſtiſchen Dialektik. Lange Erzäh: 
lungen in den ihm eigentümlichen Brologen, jowie 
die oft vorfommende Löſung des Knotens durch 
einen Gott — den j. g. deus ex machina — 
zeigen, daß ihm die dramatijche Handlung und 
deren natürliche Entwidelung weniger am Herzen 
lagen. So ſtehen auch die Chorgejänge mit der 
Handlung und den Charakteren nicht mehr in dem 
innigen, beziehungsvollen Zufammenhange, wie bei 
Aiſchylos und Sophofles; fie erjcheinen mehr als 
etwas Hergebrachtes und Übliches, das beibe- 
halten werden mußte, ohne eigentlich an fich not: 
wendig zu jein. Musgezeichnet ift aber E. als 
Kenner des menschlichen Herzens und feiner Yeiden- 
ichaften. Mitleid und —— zu erregen, iſt 
ihm ein Hauptzweck, daher bei den Alten roayı- 
xorarog genannt. Als Anhänger des Anarago: 
ras befindet er fich mit dem Volksglauben und 
dem Inhalte der Mythen oft in Widerjpruch, indem 
er fie entweder als umwahr verwirft oder edle 
Charaktere und Handlungen als Hein und gemein 
darftellt. Ariſtophanes fieht ihn gleichſam als 
Nepräjentanten der ganzen neueren Richtung an, 
welche die Tragödie durch E. und feine Zeitge— 
nofjen erhielt, und veripottet daher ihn vorzugs: 
weile, namentlih in den Fröſchen. Er hat ihn 
als Dichter und Organ der Ochlofratie hingejtellt 
und damit einen Maßſtab zur Beurteilung des E. 
gegeben, den in jüngfter Zeit jeine unbedingten 


421 


Lobredner (wie Hartung) oder Tadler nicht genug 
beachtet haben. — Erhalten find von E. 18 Tra— 
gödien und 1 Satyrdrama: 1) 'Exdßn, vor 423 
aufgeführt, enthält das Sühnopfer der Polyrena 
am Grabe Achills und Hekabes Rache an Poly: 
meftor, dem Mörder des Polydoros. 2) Opearns, 
408 aufgeführt, eins der ſchwächſten Stüde. Oreftes 
wird als Muttermörder von Tyndareos, jeinem 
Großvater, angeflagt. Menelaos wird von Oreftes 
um Hülfe und Beiftand gebeten, verweigert jie aber. 
Da beichließt Oreſtes, um fich zu rächen, Helena 
zu töten; jie wird aber von Apollon gerettet, und 
es fommt eine Doppelheirat zwiichen Drejtes und 
Hermione, Pylades und Elektra zuftande. Das 
Stüd hat viele Ähnlichkeit mit der Alkeſtis und 
war vielleicht für bdenjelben Zweck gearbeitet. 
3) Bolrıoceı, nah dem Ehore phoinikifcher Jung- 
frauen benannt, hat den Tod der feindlichen Brü: 
der, Eteofles und Polyneifes, zum Inhalte. Es 
ift dies eines der legten Stüde, die E. in Athen 
aufgeführt hat, aber jeinem Werte nad gewiß 
feines der geringften. 4) Mnösıe, 431 aufgeführt, 
Hache der Medeia an ihrem Gatten Jaſon, der 
im Begriff fteht, ji) mit der Tochter des Königs 
Kreon von Korinth zu verheiraten. Sie tötet 
leßtere, mordet die eigenen Kinder und entflieht 
auf einem Drachenwagen nad Athen zu Aigeus. 
5) Immöhvrog oreparnpögog, 428 aufgeführt und 
mit dem erften Preije ausgezeichnet. Diejes Stüd 
jtellt die Liebe der Phaidra, der Gattin des The: 
jeus, zu ihrem reinen Stiefjohne Hippolytos dar. 
Phaidra vermag die Schmach der Beihämung von 
ihrem Stiefjohne nicht zu ertragen. Sie jtirbt, 
verleumdet aber vorher den Sohn beim Vater, 
welcher den Sohn verbannt und jeinen Tod ver: 
anlaßt. Die Unschuld des Hippolytos wird am 
Ende von Artemis offenbart. Denjelben Stoff hatte 
der Dichter in einer andern Weife jchon früher 
einmal behandelt in dem verlorenen "ImmoAvrog 
»alvmröuerog. Medeia und Hippolytos find unter 
den erhaltenen Dramen die Meifterftüde, die des 
Dichters Dramaturgie in höchjtem Glanze und voll: 
fommenfter Form zeigen. 6) Alxnerıg, 438, der 
Zeitfolge nad) das erfte ung erhaltene Stüd. Ale: 
ſtis weiht fich, um das Leben ihres Gatten Adme— 
t08 zu verlängern, freiwillig dem Tode; Herakles, 
welcher früher bei Admet gaſtliche, Aufnahme ge: 
funden hatte, führt fie aus der Unterwelt zurüd. 
Das Stüd gleiht mehr einem modernen Schau: 
ipiele als einer antifen Tragödie und hat, bejonders 
am Ende, fomijche Züge. Es wurde an der vierten 
Stelle der Tetralogie aufgeführt anftatt eines Satyr— 
ipiels; daher bieler Gharalter. 7) Avögoudyn, 
nach 420, enthält den Tod des Neoptolemos, welcher 
zuerit Sektors Witwe Andromache nad) Trojas 
Einnahme, dann des Menelaos Tochter Hermione, 
die verlobte Braut des Dreftes, geheiratet hat. 
Oreftes, darüber erzürnt, läßt ihn umbringen, 
nachdem er jeine Braut nad Sparta zurüdgeführt 
hat. 8) "Inerıdes, wahrſcheinlich um 420 aufge: 
führt. Die Mütter der 7 vor Theben gefallenen 
Heerführer begeben ſich mit dem argiviichen Könige 
Adraftos nach Eleujis zu Thejeus und bitten ihn, 
die von Kreon verweigerte Beitattung der Toten 
u erzwingen. Thejeus bringt die Leichname nad) 
leute, wo fie verbrannt werden. Adraſtos ver- 
jpricht, daf die Argiver nie gegen Athen kämpfen 
werden. Die Tragödie hat mehrfache politiiche 


422 


Beziehungen auf den Streit der Athener mit den 
Boiotern nach der Schlacht bei Delion. 9) ’Ipı- 
yirsıa 1 dr Abkldı, gleich den Bakchen erſt nad) 
des Dichters Tode zur Aufführung gebracht. Iphi— 
geneia wird in Aulis dem ihr beftimmten Opfer: 
tode durch Artemis jelbft entrüdt, melde eine 
Hindin unterjchiebt und die Jungfrau zu ihrer 
Priefterin in Taurien macht. Der Schluß Diele geift- 
reihen Dramas (®. 1506 P iſt unecht. 10) Igyı- 
yevcıa ij Ev Tavoots. Oreſtes kommt mit Pylades 
zum König Thoas nach Taurien, um auf Apollons 
Befehl das Bild der Artemis zu holen. Er ſoll 
dort der Landesſitte gemäß geopfert werden, wird 
aber von ſeiner Schweſter Ihigeneia erlannt. Beide 
entwerfen einen Plan zur Flucht, Artemis hält 
den Thoas von ihrer Verfolgung ab. 11) "Pjoog 
(unecht), aus dem zehnten Buche der Ylias, die 
nächtliche Erpedition des Odyſſeus und Diomedes 
ins feindliche Lager, Tod des Dolon und des thra: 
kiſchen Fürſten Rheſos. E.hatte einen Rheſos gedich: 
tet; das vorhandene Drama jedoch iſt die Schüler: 
arbeit eines unbefannten Berfaflers. 12) Tomddes, 
415. Jlions Untergang und das traurige Los des 
Königshaufes des Priamos werden in einzelnen 
Gemälden und Situationen, die bunt aneinander 
er find, geichildert. 13) Baryaı; Balchos’ 

nkunft in Theben, Pentheus’ Ermordung durch 
jeine eigene Mutter Agaue ald Strafe dafür, daf 
er fich dem Dienfte des Gottes widerjeßte, find der 
Anhalt. 14) "Hoanlsidar, um 421. Die Nach— 
fommen des Serafles, von Euryſtheus verfolgt, 
fuchen Schuß in Athen beim König Demophon, 
der ihn gewährt, Euryitheus wird befriegt, gefangen 
und das Opfer ihrer Rache. Nicht ohne Dolititche 
Beziehung auf die Undankbarkeit der doriichen Be: 
völferung im Peloponnes. 15) "Eiern, 412. Nach 
Trojas Einnahme fommt Menelaos nad Agypten, 
findet dort die Helena und erfährt, daß er und 
die Griechen um ein Trugbild vor Troja gefämpft 
haben. Der dortige König Theoffiymenos mill 
Helena heiraten; durch Lift entkommt fie glücklich 
mit ihrem Gatten Menelaos. 16) "wor, vielleicht 
um 420. Jon, Sohn des Upollon und der Kreuſa, 
Tochter des Königs Erechtheus in Athen, wird als 
Kind von feiner Mutter ausgelegt, in Delphoi 
aber unter den Prieftern von der Pythia zum 
Tempeldienft erzogen. Apollon bringt den König 
Xuthos, deſſen Gattin Kreuſa ift, durch ein Dratel 
zu dem Glauben, dat Jon fein vor der Ehe er: 
zeugter Sohn ſei. Kreuſa will den ungefannten 
Sohn und den für treulos gehaltenen Gatten töten, 
ebenjo Jon an der ihm unbekannten Mutter den 
Mordverfuh rächen. Non wird von jeiner Mutter 
erfannt und von Zuthos zum Nachfolger beftimmt. 
17) "Hoankijs umıvouerog, um 422. Der von Hera 
in Wajerei verjeßte Herakles tötet feine Gattin 
Megara und feine Kinder. Zum Bewußtſein zurüd- 
gekehrt, büßt er durch Sühnopfer fein Vergehen 
und jucht in Athen Ruhe. 18) ’Hifarga, das 
ſchwächſte Drama, enthält den Muttermord der 
Klytaimneſtra, durch Drejtes und feine Schweiter 
Eleftra volläogen. 19) Kurkomp, das einzige er: 
haltene Satyrdrama, gibt die Blendung des Ky— 
klopen Polyphemos durch Odyſſeus nach den neunten 
Buche der Odyſſee. Der Chor befteht aus Satyrn, 
die mit ihrem führer Silenos an die Inſel ver: 
ichlagen worden jind. — Um die Kritik und Er: 
flärung des Euripides, deſſen Tert durch Inter— 


Euripos — Europa. 


polationen und die Nachläffigfeit der Abjchreiber 
ſchwer gelitten hat, haben ſich Waldenaer, Porſon, 
Elmsley und &. Hermann, in neuerer Zeit bejon- 
ders Kirchhoff und Naud verdient gemacht. — 
Sejamtausgg. von Musgrave (1778, wiederholt 
von Morus und Bed, 1778 f.), von Matthiä (1813 ff.) 
und von Kirchhoff (1855). Tertausgaben von 2. 
Dindorf (1825), W. id (1841; 1855 f.), 
Kirchhoff (1867), W. Dindorf (5. Aufl. 1868) und 
U. Naud (3. Aufl. 1871). Anfang einer neuen 
frit. Ausg. von Prinz (jeit 1878, bis jetzt drei 
Stüde). Unvollendet die Ausgaben von Borjon 
(4 Stüde, 1797 u. d.), Seidler (3 Stüde, 18127F.), 
G. Hermann (8 Stüde, 1831 ff.), von Pflugk und 
Klotz (11 Stüde, 1829 ff., einzelne Stüde in meh- 
reren Auflagen). Ausgewählte Fra g. von W. Bauer 
(1870 fi). — Ausgg. der Phoinijjen von Valcke— 
naer (1755 und 1802), Geel (1846) und Kinfel 
(1871); der Medeia von Elmsley (1818; 1822), 
Kirchhoff (1852), Schöne (1853), Wedlein (2. Aufl. 
1880), von Arnim (1886), S. Meller (1886); des 
Hippolytos von Baldenaer (1768), Mont (1811; 
1821), Barthold (1880) und Wedlein (1885); der 
Alfeftis von Mont (1816; 1823), G. Hermann 
(1825), W. Dindorf (1834); der Andromache von 
Lenting (1829); der Hiketiden von ©. Hermann 
(1811) und v. Wilamowig:Möllendorf (1875); der 
beiden phigeneien von Markland (1771; 1811); 
der Iphig. in Aulis von Water (1845); der Tau: 
riihen Fphig. von Schöne (1853, 3. Aufl, von 
Köchly, 1872), Wedlein (2. Aufl. 1888) und Zieg- 
ler (2. Aufl. 1886); des Rheſos von Bater (1837); 
der Troades von Kirchhoff (1852); der Balchai 
von Elmsley (1821), ©. Hermann (1823), Schöne 
(2. Aufl. 1858) und Wedlein (1879); der Hera- 
fliden von Elmsley (1813); des Jon von ©. Ser: 
mann (1827) und van Herwerden (1875); des 
rajenden Serafles von G. Hermann (1810). Die 
beiten Überjegungen haben Donner (3. Aufl. 1876) 
und Fritze (voll. von Kock, 1856 ff.) geliefert. Über: 
egung ausgew. Dramen von M. Bruch Sa; 
Scholia in Euripidem ed, Schwartz (Vol. 1. 
1888). 

Euripos ſ. Euboia. 

Euröpa, Eöeorn, 1) Beiname der Demeter 
in Boiotien (die finfternächtliche.. — 2) j. Eu- 
phemos. — 8) Tochter des Phoinir und der 
Berimede (Hom. Tl. 14, 321), nach jpäterer Sage 
eine Phoinikierin, Tochter des phoinifiichen Königs 
Agenor und der Telephafja. Zeus verwandelte fich 
aus Liebe zu ihr in einen Stier und trug fie auf 
jeinem Rüden übers Meer nad) Kreta. Mosch. id. 2. 
Ov. met. 2, 850 ff. Hor. od. 3, 27,25. Hier zeugte 
er mit ihr den Minos, Rhadamanthys und nach 
ipäterer Sage den Stammbelden von Lykien, Sar- 
pedon. Später ward Aiterion, Sohn des Teuta— 
mos, König in Kreta, ihr Gemahl; er erzog ihre 
und des Zeus Söhne und hinterließ ihnen die 
Herrichaft über die Inſel. Sie genoß in Kreta 
unter dem Namen "EAlwris göttliche Ehre und hatte 
dort ein Felt "Eilorıe. Die Deutung der Sage 
auf die von dem Himmelskönig Zeus in der Geftalt 
des Sonnenftiers vom Aufgange nach dem Unter: 
gange getragenen Mondgöttin iſt jehr aniprechend. 
— 4) Tochter Philipps II. von Makedonien und 
der Kleopatra (j. Kleopatra, 4.). — 5) der Meinfte 
der 3 von den Alten unterjchiedenen Erbteile, 
defien Name wohl nicht von einer griechiichen 


Euros — 


Wurzel (Etrewsen, weit anzuichauen, longe patens), 
ſondern von dem hebräiſchen 277, Abend, griechiſch 
Fosßog, abzuleiten it, alſo „Weſtland“ bedeutet 
(ohne Zweifel phoinifiihe Benennung). — Zuerſt 
ericheint der Name in Hom. hymn. Apoll. 251. 291, 
wo aber nur das nördliche Griechenland bezeichnet 
wird. Deutliche Kunde findet fich zuerft bei Herodot 
(4, 36. 42. 45), der es indes noch umentichieden 
läßt, ob €. im Norden begrenzt werde. Gegen 
Often nahm man früher den Phajis, Arares und 
das Kajpiihe Meer ald Grenzen an, fpäter aber 
den Fluß Tanais und die Maiotis. Über die Größe 
herrichten jo unrichtige Vorftellungen, daß ſelbſt 
Plinius Europa noch für den größten Erbteil hält 
und ihn %,, der ganzen Erdoberfläche einnehmen 
läßt. Die Borzüge Europas dur die Mannig— 
faltigfeit feiner Terrainverhältniffe und die daraus 
ſich ergebenden Vorteile für die Entwidelung feiner 
Bewohner erfannte ſchon Strabon. 

Euros j. Winde, 3, 

Eurötas j. Lakonika, 4. 

Euryäle j. Gorgo. 

Euryälos j. Adrastos, Diomedes, 2. und 
Nisos, 2. 

Euryänax, Eiovdraf, ein Spartaner und 
Sohn des Dorieus, neben PBaufanias Anführer 
der Spartaner bei Plataini. Hdt. 9, 10. 53. 

Eurybätes, Eievßarns, 1) Ithakeſier, Herold 
des Odyſſeus vor Troja, häflich, aber dem Odyſ⸗ 
jens treu ergeben und darum von ihm geehrt. 
Hom. Il. 2, 184. Od. 19, 244. — 2) Serold des 
Agamemnon. Hom. Il. 1, 320. ®, 170. 

Eurybätos. Etgößaros, 1) ein Epheſier, defien 
Name neben dem des Phrynondas jprichwörtlich 
für einen Verräter war (Plat. Protag. 327); er 
hatte den Kroifos, welcher ihn zur Anmwerbung 
von Truppen nach Griechenland geſchickt hatte, an 
Kyros verraten. — 2) ein Lakedaimonier, der erite 
Olympionike im Ringfampf, DI. 18. — 3) Schiffs: 
befehlshaber aus Kerfura (Thue. 1, 47) in der 
Seeſchlacht gegen die Korinther bei den Sybota— 
inſeln. 

Eurybla, Föoußic, 1) Tochter des Pontos und 
der Sata, Gemahlin des Titanen Koios, Mutter 
des Aftraios, PRallas und Berjes. Hesiod. theog. 
239. 375. — 2) Tochter des Theipios, welche dem 
Herafles den Polylaos gebar. — 3) Amazone, von 
Herafles getötet. 

KEurybiädes, Etevßcöns, Sohn des Eur: 
Heides, Oberbefehlshaber der griechiſchen Flotte 
im Kriege gegen Xerres. Obgleich er jich als Feld— 
herr wenig bewährte, vielmehr fich mut: und ratlos 
zeigte, erteilten die Spartaner ihm doch nach dem 
Siege bei Salamis den Preis der Tapferkeit, dem 
Themiftofles den der Weisheit. Hdt. 8, 2. 42, 
74. 124. Plut. Them. 11. 17. 

Eurydämas, Eöovddues, 1) Sohn des Aigy— 
ptos, von feiner Bemahlin, der Dannide Pharte, 
ermordet. — 2) ein Teilnehmer der Argonauten: 
fahrt. — 3) Freier der Benelope, von Odyſſeus 
getötet. Od. 18, 297. 22, 283. — 4) ein troiicher 
Seher, der die Kunft der Traumdeutung veritand. 
Il. 5, 149. . 

Eurydike, Eögvöidan, 1) . Orpheus. — 2) Ge: 
mahlin des Neftor, eine Tochter des Klymenos. Od. 
3, 452. — 5) Gemahlin des Kreon zu Theben. 
Soph. Ant. 1180, Bei Heliod (scut. Herc. 83) heift 
fie Henioche. 


— 4) Gemahlin des Jos, Tochter: 


423 


des Adraſtos. Apollod. 3, 12, 3. — 5) Gemahlin 
des Afrifios. Apollod. 2, 2,2. — 6) ſ. Audata. 
— 7) Tochter der Kynna (j. d.), hieß vor ihrer 
Verheiratung Adea (Arr. bei Phot. bibl, 92 
p. 70b 2 Bk.); fie wurde mit Philippos III. Arrhi: 
daios vermählt. War ihr Gatte ein ſchwachſinniger 
Menich, jo zeichnete fie jich Durch männliche Energie, 
Stolz und Kühnheit aus. Mit Olympias, der 
Mutter Aleranders des Gr., und dem Reichsver: 
wejer Polyſperchon lebte fie in Feindſchaft, da: 
gegen förderte fie eifrig den Kaſſander (f. d.), durch 
den fie politiichen Einfluß zu gewinnen hoffte. 
Just. 14,5. Im J. 317 v0. E, fam fie jamt ihrem 
Bemahl in die Gewalt der Olympias, nachdem fie 
diefer und dem Polyſperchon vergebens in offener 
Feldſchlacht Widerftand zu leiften verjucht hatte. 
Athen. 13 p. 560 f. Diod. Sie, 19, 11. Just. a.a.D. 
Dlympias rächte fich auf Schaudererregende Weife an 
ben Gefangenen erit durch Einferferung und Ent: 
ziehung von Nahrung, dann durch Tötung des 
Philippos. Als auch jegt noch Eur. ihre Kühn: 
heit bewahrte und die Königsherrſchaft als ein ihr 
gebührendes Erbe von Dlympias forderte, fchidte 
ihr dieje ein Schwert, einen Strang und einen 
Becher mit Gift und hieß fie wählen. Darauf 
machte Eur. ihrem Leben durch Erhängen ein Ende. 
Diod. Sie. a. a.D. Aelian. v. h. 13, 36, Paus. 
8, 7, 7.1, 11, 4 Just. a. a. O. 

Euryklela, Eögvxisıe, Tochter des Ops, treue 
Sklavin im Haufe des Odyſſeus, von Yaörtes in 
ihrer Jugend gefauft, Amme des Odyſſeus und 
Erzieherin des Telemachos. Sie erfannte den heim: 
gefehrten Odyſſeus zuerit beim Fußwaſchen an 
einer Narbe und benachridhtigte Penelope von der 
Heimfehr des Gatten. Od. 1,429. 4, 742.19, 353 ff. 
22, 391 ff. 23, 1 ff. 

Eurylöchos, Eögtkogos, Berwandter und Ge: 
fährte des Odyſſeus; ihn traf das Los mit der 
Hälfte der Schar zur Wohnung der Kirke zu gehen, 
und er erging allein von dieſen der Verwand— 
lung in Schweine. Auf der Inſel Thrinatia ver: 
leitete er jeine Genoffen, einige von den Rindern 
des Helios zu jchlachten, und brachte dadurch fich 
und den andern den Tod (j. Odysseus). Od. 
10, 203 ff. 11, 23. 12, 339 ff. 

Eurymedon, Etevufdor, 1) j. Giganten. 
— 2 Wagentenfer des Agamemnon (Hom. Il. 
4, 228), mit diefem von NWigifthos erjchlagen. - 
3) Feldherr der Athener, wurde im 3. 427 v. E. 
und nochmals 425 nad Kerkyra gejandt, um die 
Demofraten zu unterftüßen, befiegte 426 Tanagra, 
ging 425 mit einer Flotte nah Sicilien, ohne 
etwas auszurichten, wurde jedoch im 9. 415 aber: 
mals dahin geſchickt und fiel 413 vor Syrakus. 
Thuc. 3, 807. 85. 91. 115. 4, 2f. 8. 46f. 65. 
7,16. 31. 33. 35. 425. 49, 52, — 4) j. Köprüfu, 
ichiffbarer Fluß Pamphpliens, der bei Aipendos 
vorüberfloß und 60 Stadien unterhalb ins Meer 
mündete, berühmt durch den Sieg des Kimon, 
wahricheinlich im 3. 466 (oder 467) v. C. Thue. 
1, 100. Xen. Hell. 4, 8, 30. 

Eurynöme, Eöovroun, 1) j. Charis. — 2jeine 
zweite Schaffnerin des Odyſſeus. Od. 17, 495. 
19, 9%. 

Eurypylos, Evevnulog, 1) Sohn des Enai— 
mon, König von Ormenion in Theſſalien, zog mit 
40 Schiffen vor Troja, wo er, einer der Haupt: 
helden, ſich zum Zweifampf mit Heftor erbietet. 


Eurypylos. 


424 


Die von Paris gefchlagene Wunde heilt Patroflos. 
Hom. Il. 2, 736. 7, 167. 11, 575 ff. 809 ff. 15, 390. 
Eur. erjcheint auch als Heros von Hyria (hier ift 
er Sohn des Pofeidon und der SKelaino, der 
Tochter des Atlas) und als König in der Gegend 
von Kyrene, auch ift er in den Kult des Dionyſos 
Aiſymnetes verflochten. Hephaiftos hatte ein von 
ihm gefertigtes Bild des Dionyjos in einer Kifte 
dem Dardanos übergeben, welder es als Schub: 
rg aufbewahrte. Bei der Teilung der troi- 
chen Beute fiel die Kifte dem Eurypylos zu; als 
er fie öffnete, verfiel er in Wahnfinn. Das del: 
phiiche Orakel befahl ihm, um geheilt zu werben, 
jolfe er die Kifte da meihen, wo er Menſchen 
träfe, die ein fremdartige® barbariiches Opfer 
bräcten. Er fam nad Arod in Achaia, wo man 
der Artemis Trillaria den jchönften Jüngling und 
die Ihönfte Jungfrau als jährliches Opfer brachte. 
Der blutige Dienft wurde abgeſchafft und der des 
Dionyjos-Aiiymnetes (d. i. Herr) dafür eingeſetzt. 
Paus. 7, 19, 1. 6ff. 21,7. — 2) Sohn des Po— 
jeidon und der Aitypalaia, König der Meroper in 
Kos, von Herafles auf der Heimfahrt von Troja 
etötet. Mit feiner Tochter Ehalfiope zeugte Hera: 
es den Theſſalos. Hom. Il. 2, 677. A L 
2,7,1. — 3) Sohn des Telephos und der Aftyoche, 
der Schweiter des PBriamos, König in Myfien, fam 
dem Priamos zu Hülfe und ward nad vielen 
tapferen Thaten von Neoptolemos getötet. Od. 
11, 519. Seine Mutter war von Priamos durch 
das Geſchenk eines von Hephaiſtos gefertigten 
oldenen Weinftods, welchen Zeus dem Tros als 


egengeſchenk für Ganymedes gegeben hatte, be: 
wogen worden, den Sohn in den Kampf ziehen 
zu laffen. Er war nad) dem Tode des Memnon 


und der Benthefileia der legte Helfer der Troer. 

Eurysäkes |. Aias, 2. 

Eurysthönes j. Herakles, 16. 

Eurystheus j. Herakles, 3. 6. 

Eurytion, Eögvrior, 1) ein Kentaur des Pelion, 

Peirithoos. Er befand fich jpäter bei denen, 
welche die Höhle des Pholos ftürmten (j. Hera- 
kles, 7.), und ward von SHerafles getötet. — 
2) ein Sohn des Aftor aus Phthia, Argonaut 
und kalydoniſcher Jäger, reinigte den flüchtigen 
zu. vom Morde des Phokos und gab ihm jeine 

ochter zur Ehe (f. Aiakos), wurde aber unabjicht: 
lih von ihm getötet. — 3) Sohn des Lykaon, 
Bruder des Pandaros, Bogenſchütze, Begleiter des 
Nineiad. Verg. A. 5, 495. — 4) Rinderhirt des 
Geryones. Hesiod. theog. 293. 

Eurftos, Eögvrog, 1) Sohn des Hermes und 
der Antianeira, Zwillingsbruder des Echion, Argo- 
naut, heit auch Erytos, "Egvrog. Apoll. Rhod. 


1,51. Pind. pyth. 4, 179. — 2) Sohn des Me: | Xen 


laneus, König von Dichalia, Vater der Jole, ſ. 
Herakles, 4. 11. 12. — 3) einer der Molio: 
niden, j. Herakles, 8. — 4) j. Giganten. 
Eusebios, Eöseßıog, der Water der Kirchen: 
geichichte, durch den Beinamen Pamphili (scil. 
amicus) von E. von Emeſa und E. von Niko: 
medeia unterjchieden, geboren zu Cäſarea in Pa— 
läftina um 265, Bijchof dajelbft 313, geitorben 340. 
Seine duninsıworınn; forogle in 10 3 
bis 324 und fand mehrere namhafte Fortſetzungen. 
Die Biographie Eonftantins ift eine On Apo: 
theoje des Kaijerd. Sehr wichtig ift jein Chroni- 
con, eigentlich zarrodarı, loroglx, ın 2 Teilen. 


Eurysakes — Eöövva. 


Bon dem erjten, einem Grundriß der Weltgeichichte 
bis 325 n. C., waren lange Zeit nur griechiiche 
Fragmente vorhanden, nad welchen Joſ. Scaliger 
(1606) den Berfuch einer Rekonftruftion machte; 
den zweiten Teil, einen Auszug aus dem n 
in Tabellenform, hatte Hieronymus frei ins Latei— 
nijche übertragen und bis 378 fortgejegt. 1792 
wurde eine armeniſche Überjegung des ganzen 
Werkes aufgefunden. Ausgg. von Auger (1818), 
Mai (1818 und 1833), befonders aber von Schöne 
(1866— 1875. 2 Bdd. mit dem gejamten Mate: 
rial). Noch find zu nennen 2 apologetiiche Werte 
mit vielen wertvollen Notizen aus dem Haffischen 
Altertum: meomagaoxevun) ebayyslın), praepa- 
ratio evangelica (Heidentum und Judentum), in 
15 Büchern, und &nödeıkıg ebeyy., demonstra- 
tio evang. (das Chriftentum), in 20, jetzt nur noch 
10 Bücher. Ausg. der prarp. von Gaisford (1843, 
4 Bbdd.); der demonstr. von demj. (1852, 2 Bdd.). 

—— von Dindorf (1867 -1871,4 Bdd.). 

ustathios, Ebordörog, 1) aus Kappadokien, 
ein Neu: Platonifer, Schüler des Jamblichos, aus: 
gezeichnet durch Beredſamkeit, übernahm 358 n. E. 
eine Sendung des Kaiſers Conſtantius an den 
Perjerfönig Sapores (Amm. Marc. 17, 14), die 
zwar ohne Erfolg war, ihm aber große Achtung 
bei den Perſern brachte. -— 2) geb. in Konſtan— 
tinopel, Erzbiſchof in Thefjalonife im 12. Nahrh., 
Berfafier eines Kommentars zur Ilias und Odyſſee 
(ragerßolel els mw ’Iıdda nal Odvcseıen), der 
zwar nur aus abgeleiteten Quellen geichöpft iſt 
und für die Kritif wenig Wert hat, aber für die 
Erklärung die Schäße ausgebreiteter Gelehrjamteit 
bietet. Seine Bedeutung hat durch die Scholien 
verloren. Erjte Ausg. Rom 1542— 1550 in 4 Fol., 
wiederholt Leipzig 1825—1830 in 6 Quartanten. 
Auch Kommentare zu des Dionyfios Erdbejchrei: 
bung mm erhalten) und zu Pindar Hat er 
verfaßt. 

uterpe j. Musae, 1. 

Euthydömos, Eöswönuos, 1) Feldherr der 
Athener, der im J. 421 v. E. die Urkunde des 
durch Nikias vermittelten Friedens mit unter: 
eichnete (Thuc. 5, 19) und jpäter (414) bei der 
icilifchen Erpedition nebjt Menander dem franten 
Nikias beigegeben wurde. Thuc. 7, 16. — 2) atti- 
ſcher Sophift, geboren auf Chios, hielt jich längere 
Zeit in Thurit auf, bejonders befannt durch den 
jeinen Namen führenden Dialog des Platon. — 
Platon erwähnt aber auch noch (r. p. 1, 328B) 
3) einen E., Sohn des Kephalos und Bruder 
des Redners Lyſias. — 4) Sohn des Diofles, 
Schüler des Sokrates und von dieſem bejonders 
geliebt, ö zuÄdg genannt. Plat. symp. 222 B. 
. mem. 4, 2, 

Euthykrätes j. Bildhauer, 11. 

Euthfmos, Eidvuos, ein berühmter Fauſt— 
fämpfer aus dem italiichen Lokri zur Zeit des 
Xerxes. Er befreite die Stadt Temeſa Temeſſa) 
von dem böjen Geifte Polites (einem Genoſſen des 
Odyſſeus), dem jährlih eine Jungfrau geopfert 
werden mußte. Daun joll er von der Erde ver- 
ſchwunden jein, ohne eigentlich zu fterben. Paus. 


üchern reicht | 6, 6, 4 


’ I u 
EöbSvra (in ipäterer Gräcität eb®orn) be: 
ichnet bald in weiterem Ginne jede Art recht: 
ichen Verfahrens und die in demſelben erfannte 
Buße, bald in engerer und eigentümlicher Be— 


Eöövror — Evagoras. 


iehung das rechtliche Verfahren und die in dem: 
Beiden erfannte Buße gegen ſolche, welche irgend 
einen Zeil des gemeinen Weſens verwaltet hatten 
und davon Rechenschaft abzulegen hatten, eine 
Verpflichtung, die ſich auf alle atheniſchen Magi: 
ftrate erjtredte und bei den jährlichen ordentlichen 
Beamten wahrſcheinlich insgefamt in den eriten 
30 Tagen nad niedergelegtem Amte ftattfand. 
Die über die Amtsführung zu gebende Auskunft 
beftand bei den Magiftraten, die irgend mit öffent: 
lichen Geldern zu thun hatten, aus dem Aoyos, 
der eigentlihen Rechnung, und den ebdvuraı oder 
einem mehr oder weniger ausführlichen Bericht 
ihrer ganzen Amtsführung; bei einer Behörde, die 
nichts mit Geld zu thun Hatte, nur aus dem 
legten Stüd. Die Behörde, welche die Rechen: 
ſchaft abnahm, waren die Logiſten, bei denen 
auch jeder als Kläger gegen den Rechnungspflich- 
tigen auftreten fonnte, wegen allgemeiner Mi: 
bräuche in der Amtsführung, wegen unterjchlagener 
Gelder, Beitehung, Berrats u. ſ. f. Die Logiften 
leiteten dann nach geichehener Borprüfung Die 
sidvrer bei einem heliaftiichen Gerichtshofe ein. 
©. Aoyısral., Meier und Schömann, attischer 
Prozeh S. 257 ff. der 2. Aufl. 

Eö$vro: |. Aoyıorad. 

Euthynöos, Eööuvoog, 1) ein Athener, gegen 
den Sokrates eine noch vorhandene Rede hielt. 

- 2) ein Thejpier, der dem Agefilaos die Abficht 
des Epameinondas meldete, auf Sparta los zu 
marjchieren, wodurch es den Spartanern möglich 
ward, ji) zur Segenwehr zu rüften und die Ein: 
nahme der Stadt zu verhindern. Plut. Ages. 34. 

Ev&$urova |. lormenta, 3. 

Eutropius, Eörgömiog, 1) ein römischer Ge— 
ichichtichreiber im 4. Jahrh. n. E., von unbelannter 
Herkunft, vielleicht der Eutr., welcher unter Con— 
ftantin dem Gr. die Stelle eines Geheimfchreibers 
befleidete, nahm an Julians Feldzuge gegen die 
Barther teil Futr.10, 16,1) und ſchrieb außer andern 
Schriften im Auftrage des Kaiſers Valens (praef. 
und 7, 12) um 367 ein breviarium ab urbe con- 
dita, unrichtig breviarinm historine Romanae 
ad Valentem genannt, in 10 Büchern. Er mag 
um 370 geftorben jein. Jenes Werfen umfaßt 
die ganze römijche Geſchichte von der Gründung 
der Stadt bis zum Tode Jovians, 364, mehr die 
äußeren Begebenheiten, namentlich die Kriege und 
Siege der Republif, als die innere Entwidelung 
oder die fulturgeichichtlichen Zuftände behandelnd. 
Erft die 4 legten Bücher, weldye die Raifergejchichte 
enthalten, —— auch genauere, durch Unbefangen— 
heit und Unparteilichkeit ſich empfehlende, Cha 
rafteriftifen der Regenten. Die leicht verftändliche 
und jelbft forrefte Darftellung hat dieje Überficht 
bei den Zeitgenofjen bis auf die neuere Zeit jehr 
empfohlen und das Buch in die Schulen gebrad)t, 
aus denen es nicht lange erft und noch nicht ganz 
verdrängt ift. Diejem Beifalle verdanfen wir auch 
die verloren gegangene griechifche Überjegung des 
Lykiers Capito (zur Zeit Juftinians) und die noch) 
faft vollitändig erhaltene, für die Kritik des Eutr. 
nicht unmichtige, des Paianios (ſ. d.). Das Ber: 
iprechen , auch die Gejchichte des Balentinian und 
Balens zu jchreiben und zwar maiore stilo und 
maiore scribendi diligentia (10, 18), ift nicht 
erfüllt. Ausgg. von Cellarius (1678 u. d.), Haver— 
famp (1729), Berheyf (1762), Tzichude (1796), 


425 


Dietich (1849), Hartel (1872), Droyien (1878), 
Wagener (1884) und Kühl (1887). — 2) der ver- 
rufene Eunuch und Günftling des Kaijerd Arca- 
dius, urjprünglid ein Sklave. Er fam zuerjt zu 
Anjehen unter Theodofius dem Gr., wurde dann 
von Arcadius jehr begünftigt (395 n. €.) und 
ftürzte den Minifter Rufinus, an deſſen Stelle er 
trat. Im J. 398 zum Konful ernannt, zeichnete 
er fich durch Habjucht, Feigheit und Graujamteit 
aus, begünftigte den Alarich, feindete dagegen den 
edlen Bandalen Stiliho an, jtatt daß er gegen die 
Goten das zerrüttete Reid mutig hätte verteidigen 
folen. Bon dem ſchwachen Arcadius wurde er 
(399) den ungeftümen Forderungen des Goten 
Gainas und der Kaiſerin Eubdoria geopfert, er- 
langte mit Mühe die Zuficherung des Lebens, 
wurde aber bald danach zu Ehalfedon, wohin man 
ihn aus feinem Erile auf Kypros gebradıt hatte, 
umgebrad)t. 

Eutychides j. Bildhauer, 13. 

Evagdras, Eiayogag, 1) Ev. I., König von 
Salamis auf Kypros, ftammte aus der uralten 
Herricherfamilie der Stadt, welche jedoch die Ge: 
walt an einen Phoinifier verloren hatte. Isoer. 
Evag. 8. Dadurch war Kypros unter perfijche Bot: 
mäßigkeit gelommen. Nach dem Sturze desjelben 
floh Evagoras, welcher bis dahin in Salamis ge: 
lebt hatte, nach Kilifien, um den Nachftellungen 
der Mörder des Tyrannen zu entgehen, ging aber 
von hier, nur von Wenigen begleitet, zurüd nad) 
Salamis (410 v. E.) und befreite feine Baterftadt, 
über welche er nun die Herrichaft erhielt, in der 
er fih mit großem Erfolge um die Einführung 
griechiicher Bildung bemühte (daſ. 10). Er hob 
dur jeine großen Talente die Macht und den 
Wohlftand der nah und nach unter jeine Herr: 
ſchaft geratenen Inſel zu jeltener Blüte (da. 20 f.) 
und bot zugleich zu friedlicheren Verhältniffen mit 
dem Berjerfönig Artarerzes II. Mnemon die Hand. 
Nachdem er jo Fine Herrichaft gefichert hatte, unter: 
ftügte er den von den Berjern begünftigten Athener 
Konon, den er nach der Eroberung Athens gern 
bei fich aufgenommen hatte, jo fräftig, daß die 
danfbaren Athener nad) der durch den Sieg Konons 
bei Knidos erfolgten Wiederherftellung ihrer Un: 
abhängigfeit dem Evagoras im J. 391 Schiffe zu 
Hülfe jandten, als derjelbe von den Perſern an: 
gegriffen wurde. Diod. Sie. 14,98. Ev. ſchloß mit 
dem Könige Aloris von Ägypten ein Bündnis, 
brachte die Küftenländer Vorderaſiens gegen die 
Berjer in Aufftand und- veranlaßte dadurch den 
Artaxerxes im J. 387 nad dem für Griechenland 


jo ungünftigen Frieden des Antalfidas zu bedeu- 


tenden Rüftungen. Ev. fonnte zwar die Yandung der 
Berjer nicht verhindern (vgl. Xen. Hell. 4, 8, 24. 
Isoer. Evag. 22.23. Diod. Sie. 14, 110. 15, 2, 8), 
ichnitt ihnen aber die Zufuhr ab und verteidigte 
ſich mit Mut und Entichlofjenheit. Erft eine Nieder: 
lage jeiner Flotte bei Kition (Died. Sie. 15, 3), 
nach der Salamis von den Feinden eingeichlofien 
wurde, und das Scheitern jeiner Hoffnung auf 
Hülfe bewog ihn zu Unterhandlungen. Jedoch 
Uneinigfeiten unter den perfiichen Heerführern er 
leichterten ihm bald wieder die Verteidigung feines 
Neiches, und nach zehnjährigem Kampfe erlangte 
er (376) einen ehrenvollen Frieden. 2 Jahre jpäter 
fiel er durch die Hand eines Meuchelmörders. Died. 
Sic. 15, 47. Der athenijche Redner Iſokrates rühmt 


426 


mit Recht nicht nur feine Talente als Herricher, 
jondern auch jeine Bildung und Tugenden. — 
2) Ev. Il., Enkel des vorigen, Sohn des Niko: 
kles, erhielt, nach kurzer Herrichaft von Protagoras 
geftürzt, mit Hülfe Berfiens feine Herrichaft wieder, 
verlor fie aber jpäter an bdenjelben Brotagoras, 
der ihn in Suja verleumdet hatte, und ftarb, zu: 
nächſt zum Satrapen einer vorderafiatiichen Pro: 
vinz beftellt, dann flüchtig wegen Erprefjungen, 
auf Kypros eines gewaltiamen Todes. Diod. Sie. 
16, 42 ff. Vgl. Engel, Kypros I ©. 286 ff. 
Evander, Eiarödoog, Sohn des Hermes und 
einer arfadiihen Nymphe, oder der Weisjagerin 
Garmenta, die auch Nikoftrate und Themis ge: 
nannt wird, oder Sohn des Echemos (j. Hera- 
kles, 15.) und der Timandra. Er foll 60 Jahre 
vor Trojas Zerftörung eine pelajgiiche Kolonie 
aus PBallantion in Arkadien nach Latium geführt 
und auf dem Balatinischen Berge an der Stelle, 
wo Später Rom ftand, eine Stadt gegründet haben, 
welche nach feinem Großvater (oder Sohn oder 
Entel) Pallas PBallanteum, Balantium, Pa: 
latium genannt ward. Er brachte zu den rohen 
Bewohnern Latiums den Gebraud der Schrift, 
die Mufit und andere Künfte und führte den 
Kultus der Geres, des Neptunus Confus, des Her: 
fules, des Inkaiischen Pan, der in Latium Faunus 
oder Inuus genannt ward, ein. Ziv.1, 6.7. Or. 
fast. 1,471 ff. 5, 99. Dion. Hal. 1, 31—33, Strab. 
5, 230 (f. Herakles, 9.). Bei Bergil (A. 8) ift 
er jowohl wie jein Sohn Pallas, deſſen tragijches 
Ende in dem Kampfe im zehnten und elften Buche 
der Aneide erzählt wird, ein Bundesgenoſſe des 
Aineias. Er wurde zu Nom unter den einheimi: 
ſchen Heroen Indigetes) verehrt und hatte einen 
Altar am Moventinifchen Hügel. Seine Mutter 
Carmenta oder Carmentis, melde ihn nad 
Yatium begleitet haben jollte, hatte an dem nach 
ihr benannten Carmentalifhen Thore am Fuße 
des Gapitols ein Heiligtum (Verg. A. 8, 335 ff.), 
wo ihr am 11. und 15. Januar die Carmenta: 
lia gefeiert wurden. Teil an diejem Feſte hatten 
ihre Sefährtinnen Borrima (oder Brorja, Ante: 
vorta) und Boftvorta, von denen jene die dunkle 
Vergangenheit, dieje die Zukunft verkündete. 
Erventus, Bonus Eventus, urſpr. der Gott 
des Gedeihens der Keldfrücte, dann über: 
haupt des guten Erfolges und glüdlihen 
Ausganges. Er jcheint hervorgegangen aus der 
Idee des griechiichen Triptolemos und von Unter: 
italien mit dem Bacchus- und Ceresdienſt nad 
Non gefommen zu fein. Gr wird dargeftellt als 
jugendlicher Heros auf geflügeltem Dracenwagen, 
in der rechten Hand eine Opferichale, in der lin: 
fen Mohn und Kornähren, Füllhorn. Auf dem 
Capitol ftand jeine Bildfäule neben der der bona 
Fortuna; auf dem Marsfeld hatte er einen Tempel. 
Eviectio ift die von jeiten des wirklichen Eigen: 
tümers zu bewirtende Zurüdforderung feines Eigen: 
tums, welches gegen fein Willen und Willen in 
andere Hände gelommen ift. Selbit in dem FFalle, 
wenn der unrechtmäßige Befiger die arripierte 
Sache verfauft hatte, war der Käufer zur Der: 
ausgabe verpflichtet, ohne Schadenerjag. Deshalb 
juchte derjelbe beim Kaufe fich durch die praesta- 
tio evictionis, d. i. die ausdrüdlich ausgeiprochene 
Haftung des Verkäufers, ficher zu ftellen. 
‚vocäti ſ. Dilectus militum, 4. 


Evander — 'Eäelıyuög. 


EFEciyyt Aoc hie auf dem griedhiichen Theater 
der Bote, welcher das in dem Innern der Häujer 
Vorgefallene berichtete, 3. B. einen Mord, wie 
Soph. Ant. 1277 ff. und Oed. Tyr. 1223 ff. Der 
&yyelog dagegen trat von außen ber auf und 
meldete das, was im Freien und in der Ferne 
geichehen war. 

"ESatg&oewg od. Apagiceog dien. Siun. 

Exauctoräre (das Subft. exauctoratio ift nicht 
nachweisbar) war in früheren Zeiten gleichbedeu- 
tend mit missionem dare und behielt im gewöhn: 
lichen Leben auch fpäter diefe Bedeutung (Lam- 
prid. Alex. Sever. 52: tantae severitatis fuit in 
milites, ut saepe legiones integras exauctora- 
verit. Plin. ep. 6, 31. Suet. Oct. 24). Als aber 
bei Beginn des Principats mit den neuen Mili: 
täreinrichtungen auch neue Ausdrüde und Bezeich: 
nungen ſich vernotwendigten und namentlih an 
die Stelle der früher zer: 20 stipendia erfolgten 
missio eine dimissio (j. Dileetus militum, 5.) 
trat, fam der nicht offizielle Ausdrud exauctorare 
ins Schwanten, jo dab ſchon die vorläufige Ent: 
lafjung aus dem Legionsverbande (dimissio) mit 
dem Sorte exauctorari bezeichnet wurde (Tac. 
ann. 1, 36), während derjelbe Ausdrud auch noch 
mit der vollftändigen Entlaffung (honesta missio) 
fämtlicher prätorianifchen Kohorten durch Vitellius 
(Tac. hist. 2, 67) als gleichbedeutend galt (nuper 
exauctoratos, Tac. hist. 2, 96). 

Exceptio, Einrede, Einwendung des Bellagten 
gegen den Kläger, wodurd er das Klagerecht des 
Klägers, das er an ſich nicht beftreiten konnte, auf 
Grund der aequitas (ſ. d.) ausichliegen wollte und 
auf eine Ausnahme vom ftrengen Rechte Anſpruch 
machte. Eine dieſer Erceptionen war exc. pacti, 
ne intra certum tempus petatur. Gai. 4, 116. 

Excubiae j. Disciplina militaris, 7. 

Exeusatio, Bejreiungs: oder Entichuldigungs: 
grund, mwodurd man ein Amt oder läjtiges Ge— 
ihäft von fich ablehnt, z. B. als Richter, Vor: 
mund, Municipaljenator (decurio) u. j. wm. Am 
häufigften war die exc. aetatis, d. h. wegen 
hohen Alters. 

Exödra (exhedra), 1) eine halbrunde, mit Sigen 
verjehene Niiche der Säulenhalle in den Gymna— 
jien, wo man fich zu unterhalten pflegte; — 2) in 
den Privathäufern gewölbte Salons, deren beide 
Enden in einen Halbkreis mit einer an der Wand 
umberlaufenden Banf zum Sitzen ausliefen. In 
heißen Tagen waren ſie ein wegen der angeneh: 
men Kühle gejucter Platz, um dort Siejta zu 
halten. Nocd mehr wurden fie als Konverſations— 
zimmer benugt. ic. de or. 3,5. n. d. 1,6. 

’ESelıyaös. Bei den griechiichen Hopliten: 
heeren (Bhalanr) ftanden in der erjten Linie 
(Fronte) die tüchtigften Krieger, je weiter nach 
hinten die jchwächeren, welche nicht jomohl zum 
Kampfe als zum Nacdrängen beitimmt waren. 
Daher war, wenn der Feind zufällig nicht von 
vorn, -jondern etwa gerade von hinten angriff, 
eine vollftändige Umftellung der Fronte notwendig 
(Eontremarich). Die Er rajche Ausführung dieies 
GEontremariches hieß EEeAıyuos. Derfelbe wird bei 
den griechiichen Schriftitellern unterichieden in 
Eontremarih nah Rotten (dEeiıyuös xark 
Aöyovg oder xar& orlgoug) und nach Gliedern 
(rar& $Zuya). In der Ausführung verjchieden 


— 


Exequiae — Exereitus. 


waren der lafonifche, makedoniſche und perfiiche 
Ereligmos. 

Exequlae j. Bestattung, II, 6. 

Exereitia armörnm waren die verjchiedenen 
Arten von Waffen: und Marjhübungen. In der 
alten, ftrengen Zeit der Römer war freilich jchon 
die Gymnaſtik der Knaben und Jünglinge eine 
Vorbereitung zum baldigen Kriegsdienite, doch be— 
traf dies im ganzen nur die allgemeine Borbil- 
dung und Abhärtung. Sobald jie mit dem ſieb— 
zehnten Jahre ausgehoben waren, warteten ihrer 
zunächit ſchon manche Übungen, die fie daran ge: 
wöhnen jollten, in Gemeinſchaft und in Reih’ und 
Glied nach dem beitimmten Takte zu marjchieren. 
Aber jobald fie als wirkliche milites (vgl. Di- 
lectus militun, 2.) einer Legion zugeteilt 
waren, traten jpezielle Übungen ein, die unter der 
Kaijerherrichaft gnejeglich in beftimmten Zeitpunt: 
ten vorgeichrieben waren, und zu denen die einzel: 
nen Feldherren je nach dem Bedürfnifje und ihrer 
eigenen Energie noch andere Übungen anorbneten. 
Namentli in den Winterlagern, aber auch jonit, 
wenn der Krieg ruhte, zogen die Soldaten unter 
ihren Eenturionen, auch wohl unter der Leitung 
eines bloßen ductor armorum (der als folder 
doppelten Proviant befam, Veg. 1, 13) aus, um 
Marihübungen (vgl. Ambulatio) anzuftellen, 
die oftmals in Zaufübungen (cursus), doch mit 
Aufrechterhaltung der Ordnung, übergingen. Liber 
die vollftändigen Manöver vgl. Decursio. Über 
die übrigen mehr vereinzelten Übungen, z. B. An: 
leitung zum Angriff auf einen fingierten Feind, 
palaria, Unterriht in dem Gebrauche und der 
Anwendung der größeren und Heineren Wurf: 
geihoffe, armatura, Spring: und Schwimm- 
übungen, saltus, natatio, vgl. Disciplina 
militaris,5. Auch waren bei allen diejen Übun— 
gen Belohnungen und für die Untüchtigen und 
Unfertigen Strafen angeordnet, die namentlich in 
Duantität und Qualität des verabreicdhten Brot: 
getreides beitanden. Zu unterjcheiden von diejen 
rein militärijchen Übungen find noch die ander: 
weitigen Verwendungen von ganzen Legionen und 
einzelnen Abteilungen zu allerhand Bauten, 3. B. 
Straßen, Amphitheatern, Kanälen u. j. mw. 

Exereltns. I. Bei den Griechen kann in der 
heroiichen Zeit von ber organijchen Gliederung 
eines Kriegsheeres, wie es in dem Begriffe von 
exercitus liegt, noch nicht die Rede ſein. Später 
war die Organijation bes Heeres ein vollftändiger 
Abglanz ihrer bürgerlihen Staatseinrichtungen, 
daher betrachteten fie das Hecht des Kriegsdienites 
als einen nur den Freien, und unter diejen dem 
Mehrbefigenden aucd in höherem Maße zukom— 
menden Borzug, der aber augleich ‚auch die Wehr- 
pflicht mit einſchloß. Mit den Anderungen der 
bürgerlichen Volfseinteilung aber mußte auch zu: 
gleih die Einteilung des Heeres mwechieln. Wie: 
derum treten hier die beiden griechiichen Haupt: 
völfer in den Vordergrund, und ift bei den wenigen 
Kenntniffen, die wir von den übrigen haben, an: 
zunehmen, daß das Heerweſen derjelben nicht be- 
deutend und weſentlich von dem jener beiden ab: 
wich. — Bei den Spartanern war das Verhältnis 
der Spartiaten, Berioiten und Heloten maßgebend. 
Die erfteren, die Herrichenden, Bürger der Stadt 
Sparta, zerfielen in 5 Gemeinden (“öueı), jede 
ftellte einen Aoyog, der je nach der zufälligen und 


427 


wechielnden Anzahl der Semeindeglieder oder auch 
nad) der Gejamtgröße des für nötig erachteten 
Aufgebot3 an Zahl verichieden jein Fonnte. Die 
Ephoren hatten hierüber die nähere Beitimmung, 
und waren die Spartiaten vom ziwanzigften bis 
jechzigiten Lebensjahre Friegspflichtig; vom acht: 
zehnten bis zwanzigften Jahre übten fie wahr: 
ſcheinlich einen Polizeidienft im Lande. Uber die 
Geſamtſumme der ftreitbaren Männer liegen feine 
Angaben vor, bei Blataiai waren es 5000. Alle 
dienten als jhwerbewaffnetes Fußvolk (mii- 
rar), jelbit die jogenannten Ritter (immeis), eine 
Elite von 300 Mann (Hat. 1, 67. 7, 205. 8, 124) 
als Ehrenwahe des Königs. Die Berioiten, 
Bewohner der LYandjtädte, dienten ebenfalls als 
Hopliten, doch in bejonderen Corps, waren aber 
nie ftärfer ald das Heer der Spartiaten, obſchon 
jie an Anzahl im allgemeinen diejelben weit über: 
trafen. Bei Plataiat waren es ebenfall® 5000. 
Diod. Sie. 11,4. Die Heloten folgten den Spar: 
tiaten ald Diener (Beodnorres) und Schild: 
träger (breorıorel) nur im perjönlichen Dienite 
der Herren, nicht als Teil des Heeres. Doc lag 
es in Zeiten der Not zu nahe, aud) fie, oder einen 
Zeil derjelben, dazu zu verwenden, wo fie dann 
als ueyınoı yıRod, d. h. leihtbewaffnete Strei: 
ter, ericheinen, doch nicht in der jpäteren Beben: 
tung von Xeichtbewaffneten als eigenen Heer: 
haufen im Gegenjage gegen die Hopliten. In 
der Schlacht bei Plataiai waren 35 000 Heloten, 
7 auf 1 Spartiaten gerechnet. Hdt. 9, 28. 30. 
Gewöhnlich werden dieje Heloten bei Angabe der 
Stärte des jpartanifchen Heeres nicht mitgerechnet. 
Sie bildeten aber oftmals in der Phalanr die 
hinteren Glieder und gaben dadurd; dem Ganzen 
einen größeren Drud; ihre weitere militärische Be: 
ftimmung war, die durch die Waffen der immer 
weiter vorrüdenden Hopliten verwundeten und ge: 
fallenen Feinde vollends zu töten (deshalb xo- 
evrnpögor, Keulenträger) und ihre eigenen ber: 
wundeten Herren aus der Schlacht zu retten (Zov- 
xrijots, Retter). In dieſer einfachen früheren 
Gliederung des ſpartaniſchen Heeres brachte ein— 
mal der große Verluſt an Vollbürgern durch das 
Erdbeben in Lakonien (465 v. E.) ſowie auch der 
Ausbruch des dritten meſſeniſchen Krieges (465— 
455 v. E.) durchgreifende Veränderungen hervor. 
Die Unterdrüdung der Aufftändigen war gemein- 
ichaftliches Anterelte der Spartiaten und Berioifen, 
deshalb lag, zumal bei der munmehr höchit ge: 
ringen Zahl der erjteren, die militärifche Gleich: 
jtellung beider und ihre Berjchmelzung in dem 
Hoplitenheere jehr nahe. infolge davon mußte 
aber auch die frühere Gemeindeeinteilung von 
5 Komen und den diejen entiprechenden 5 Kochen 
einer neuen weiter greifenden und auch die Pe: 
rioifen mit einjchließenden Berteilung der ftreit: 
baren Mannſchaft in 6 Moren (uogaı) weichen. 
Jede Mora zerfiel in 4 Lochen, 8 Pentekoſtyen und 
16 Enomotien; die Anführer waren der Bole: 
mardh, die Lochagen, Bentefonteren und 
Enomotardhen. Doc, z0g diejes Heer nie ganz 
in den Kampf, jondern nur je nach dem Bedürfnis 
der erite oder die beiden erjten Kochen jeder Mora, 
ber dritte (die Alten) und vierte (die Jünglinge) 
dienten in der Negel nur zur Verteidigung der 
Stadt. Außer diefen 6 Moren blieben die oben- 
erwähnten Immeis beftehen, und jtellten außerdem 


to 


— 


428 


noch die Skiriten (in dem heutigen Mainotten— 
lande) ein eigenes Corps, von dem wir nur wiſſen, 
daß es Fußloldaten mit leichteren Waffen waren. 
Die Heloten find nach dem dritten mefjenifchen 
Kriege (455 v. E.) ganz aus dem fpartanijchen 
Heere verichwunden. Über die Reiterei, die erft 
gegen Ende des peloponnefifchen Krieges bei den 
Spartanern erjcheint, vgl. Equitatus, 1. Wurde 
in den Zeiten nach dem peloponnefifchen Kriege 
ein Heer weit aufer Yand geichidt, jo hatte das: 
felbe eine mwejentlich andere Zuſammenſetzungz es 
beftand aus Perioiken, Neodamoden, Mothaten 
und Heloten, und nur 30 Spartiaten folgten dem 
Feldherrn als deſſen Adjutanten und Ratgeber. 
Verſtärkt wurde jolches Heer durch Werbungen 
unter den Bundesgenoſſen. — Bei den Athenern 
wurden nach den Anordnungen des Solon nur 
die 3 erjten Steuerflaffen als Hopliten ausgehoben; 
auch bier waren die Immeis (die zweite Klaſſe 
weiter nichts als Hopliten. Die vierte Klaſſe 
(Theten, Sires) bildete bejondere Corps und wurde 
zum Seedienft und zu Lande als Leichtbewaffnete 
(mit Bogen) auf Stantsfoften ausgehoben. Nach 
der Einrichtung des Kleifthenes (510 v. E.) lie: 
ferten die 10 Phylen auch 10 griaf Hopliten, 
deren jede in 5 vevxgwglar zerfiel. Dede Phyle 
hatte ihren orea@rnyös, jämtliche Strategen 
zogen ins Feld und wechjelten täglich in dem 
Oberkommando. Jeder Athener war vom acht: 
zehnten Jahre (Fpnßos) bis zum jechzigften zum 
Kriegsdienfte verpflichtet. Die Jünglinge wurden 
erft 2 Jahre lang innerhalb der Grenzen zum 
Kriege vorbereitet. Sie bildeten ald meg/moloı 
die Beſatzungen der nach den Perſerkriegen an- 
gelegten Grenzfeftungen und verjahen den Wach— 
dient im Lande. Sie dienten in leichter Rüftung 
und wurden nur ausnahmsweile über die Grenze 
geführt, wie Thuc. 4, 67. Auch in Athen (wie 
in Sparta) marjchierte nur eine beftimmte Anzahl 
aus jeder Phyle außerhalb Landes, deren Stärfe 
je nach dem jedesmaligen Bedürfnifie mechjelte. 
Solches teilweiſe Aufgebot hie ebenfalls puAn 
oder rafıg. Die Zurüdbleibenden bildeten die Be: 
ſatzung der Stadt, die bisweilen wohl durch die 
Metoiten (anjällige Fremde) verftärft wurde. Außer: 
dem ftellte Athen ein anjehnliches Neitercorps, im 
Anfang des peloponnefifchen Krieges 1200 Mann, 
vgl. Equitatus, 1. — Solange der friegerifche 
Sinn bei den Griechen unter den Bürgern vor— 
herrſchend war, erjchienen die Soldtruppen, die 
etwa die Tyrannen, wie Beififtratos und Poly: 
frates, aufitellten, nur als etwas Borübergehendes, 
namentlich gaben fich die Arkadier und Karier dazu 
ber. Hdt. 1, 77. 2, 163. 3, 4. 11. Epochemachend 
aber war für die Geftaltung von griechiichen Söld: 
nerheeren die von den Spartanern unterftügte Wer: 
bung des perjiihen Bringen Kyros von 13 000 
Mann Griechen, die nach dem alle des Kyros 
den berühmten Rückzug unter Zenophon (400 v. E.) 
machten und jogleid) wieder Dienjte in dem par: 
taniichen Heere nahmen, welches den belleniichen 
Städten Kleinafiens gegen den Perſerkönig unter 
Agejilaos zu Hülfe gefandt wurde. Durch jie fam 
ein ganz nenes Element in die griechiichen Heere. 
Die früher etwa vorfommenden Werbungen gaben 
vorzugsweife eine leichte Truppengattung, nun— 
mehr drangen die Söldner aud in das eigentliche 
Heer (Hopliten), und wenngleich die griechiichen 


Exereitus. 


Staaten (im engeren Sinne) nur für den gerade 
gegenwärtigen Krieg die Soldaten mwarben und 
mieteten, jo findet fi doch jchon der Anfang von 
ftehenden Söldnerheeren bei den Fürften der 
im Norden Griechenlands wohnenden Bölterichaf: 
ten, namentlich Jaſon von Pherai. An die Stelle 
der früheren Strategen und Polemarchen traten 
jet Söldnergenerale, Iphikrates, Chabrias 
u. ſ. w.; je berühmter fie waren, und je mehr 
Geld die einzelnen Staaten, welche fie in Dienft 
nahmen, ihnen gewährten, deito mehr Zulauf zu 
ihren Fahnen. hr Name war ebenfalld ore«- 
enyös, fie fendeten ihre Hauptleute (Aoyayol') 
aus, und dieje brachten Compagnien verichiedener 
Truppengattungen von je 100 Mann, alle Aoyoı 
genannt, zufammen. Da dieje Söldner fich aber 
ihre ziemlich Foftipielige Bewaffnung jelber halten 
mußten, jo war der Sold (wıodös, die eigentliche 
Löhnung, und oırngecıor, oirog, BVerpflegungs: 
geld) ziemlich bedeutend, bei den Reitern —* 
höher als bei dem Fußvolk. Außer den Hopliten 
fommt in dieſen Söldnerheeren leichtes Fuß: 
volf vor, von leichterer Rüſtung und für den 
Fernkampf bewaffnet, dxovrıora! Speerſchützen, 
ro&öraı Bogenihüßen, opgerdornira: Schleu— 
derer, alle dieje ohne Schild und deshalb mit dem 
allgemeinen Namen yuurnires, yonwod, Ungerüftete, 
oder wıLol bezeichnet. Bon ihnen find die durch 
Iphikrates geichaffenen Beltaften zu unterſchei— 
den, leichtes Linien-Fußvolk, gewiſſermaßen eine 
Mitteltruppe zwiſchen dem eigentlichen leichten Fuß— 
volf und den Hopliten, mit weniger ſchweren Schuß: 
und verlängerten Angriffwaffen, j. Waffen, 7. 
— In der Schlacht bei Ehaironeia fanden dem 
ariechiichen Heere von etwa 50 000 Mann zu Fuß 
und einiger Reiterei von jeiten Philipps 30 000 
Mann zu Fuß und 2000 Weiter entgegen. Ale— 
rander begann die Zertrümmerung des perfiichen 
Neiches mit 30000 Mann zu Fuß und 4500 Rei: 
tern, in Makedonien blieben unter Antipater 
12 000 Mann zu Fuß und 1500 Reiter; zu dem indi- 
ichen Feldzuge ftanden ihm 160 000 Mann (40 000 
Makedonier und 120 000 Nfiaten) zu Gebot. Dieje 
foeben angedeuteten 3 Zeitpunfte find in der Ge— 
ftaltung des makedoniſchen Heerweiens zu unter: 
ſcheiden. Die Hauptitärfe war die Bhalanr der 
Hopliten, aus freien, aber nicht adeligen Ma: 
fedoniern bejtehend, eine dichte, 16 Mann tief 
ftehende, undurddringliche und troß aller Präciſion 
in der Bewegung ziemlich jchwerfällige Mafle. 
Vierzehn: bis jechzehnfühige Yanzen (odgısaaı) 
ragten von den 5 erjten Gliedern dem Feinde ent: 
gegen, und dahinter lagen die Lanzen der übrigen 
Glieder auf den Schultern der Vordermänner. 
Oftmals war foldhe Phalanx auch nur 12 Mann 
tief. Sie wurde auch Taris (rafıg) genannt und 
bejtand gewöhnlich aus 4000 Mann, obichon dieſe 
Bahl von der zufälligen Bevölkerung der 6 make— 
donijchen Landesbezirke abhing, deren jeder eine 
Taris ftellte. Daher find die Unterabteilungen 
auch nicht an eine beftimmte Zahl gebunden: 
4 yıkiaprlaı (die Fronte der Taris nad hinten 
hin in 4 Teile geteilt), jede Chiliarchie 4 ovr- 
rayuera (ebenjo), und wiederum jedes Syntagma 
4 rergapylaı. Leichter bewaffnet und beweglicher 
war das Corps der Hypaſpiſten (Trabanten), 
doch zu unterjcheiden von der jogleich zu erwäh: 
nenden leichten Truppe der Schüßen. Ihre Be: 


10 


Exercitus. 


waffnung ift nicht beftimmt angegeben, doc läßt 
fi) aus ihrer ganzen Beftimmung als mehr und 
rajcher angreifendes Corps ſchließen, daß fie anftatt 
der Sarifje ein langes Schwert führten. Sie waren 
ein ftehendes Corps und als jolches tüchtig ein: 
ererciert. Im Kriege, wo ihre Zahl wohl noch 
bis e 6000 Mann verftärkt fein mag, bildeten fie 
die Yagerwache des Königs. Außer diefem Heere 
der eriten makedoniſchen Zeit (6 Taren jchmweren 
Fußvolts, jede zu 4000 Mann, und 6000 Mann 
leichteren Fußvolls, Hypaſpiſten) finden wir noch 
in der erjten Zeit Aleranders ein Corps Schüben 
von 2000 Mann, die in agrianiihe Speer: 
Ihügen (dxorriorad) und makedoniſche Bogen— 
ſchützen zerfielen. Bon der Neiterei war die aus 
der mafedonischen Ritterjchaft beftehende, ſchwer— 
bewaffnet, mit der Stoßlanze (döpv, Evoror), 3000 
Mann ftarf und in 15 Ilen geteilt, wozu als 
jechzehnte das Agema der Ritter, die TLönigliche 
Ehrengarde (An Baoıkınn)) trat; dazu famen ala 
feichte Reiterei 8 Jlen Sarijjophoren, die mit 
der oben beichriebenen Sarifje von 14—16 Fuß 
Länge bewaffnet waren. Vgl. Equitatus, 2. 
Dieje ſoeben dargeftellte Gliederung des mafebo: 
niſchen Heeres unter Philipp war auch wejentlich 
in dem Heere Aleranders gegen Perſien beibehal: 
ten. Dazu famen aber die Kontingente der grie: 
hiihen Bundesgenoſſen, ſowohl Fußvolk als 
auch Reiterei, und die Söldner, ſchweres Fuß— 
volf. Als aber nach Zertrümmerung des perſiſchen 
Reiches e3 dem Alerander einmal wegen rajcherer 
ein der einzelnen, noch im Widerftand be- 
harrenden Bölterichaften auf den Beſitz von leich— 
ten Truppen vorzüglid anfam, und er auf der 
andern Seite auch die Afiaten allen feinen übrigen 
europäiichen Bundesgenofien in dem Verhältniſſe 
von bloßen Unterthanen gleichitellte, und er über: 
haupt die Nationalitäten verwiichen wollte, mußte 
jein Heer mehrfache Änderungen erleiden, die fich 


ſelbſt auf die VBenennungen der größeren Abtei- 


lungen erftredten. Zu den früheren Garden famen 
jetzt auch noch unter andern die Argyraſpiden 
(ſ. d.) mit filberüberzogenen Schilden. Der ur: 
iprünglich Meine Troß des mafedoniichen Heeres 
nahm ins Unendliche zu, da mit der unermehlichen 
Beute aud die Bequemlichkeit des Soldaten ftieg 
und wegen des langjährigen Dienjtes nunmehr 
Weiber und Kinder eine Beigabe des Heeres waren. 
Über die Anwendung der fchweren Geſchütze ſ. 
Tormenta, 2. und über die Elefanten ſ. Ele- 
phantus, B. 1.). Vgl. Rüftow und Köchin, Ge: 
chichte des griechiſchen Kriegsweſens (1852), und 9. 

royſen, Heerweſen und Kiriegführung der Griechen 
(1. Hälfte. 1887). — II. Bei den Römern hieß 
exercitus jede größere oder geringere, für ſich ab: 
geiondert und jelbftändig agierende Truppenmaffe, 
daher bezeichnete in den früheren Zeiten der römi— 
ſchen Republik exercitus consularis das aus 
2 Legionen beftehende Heer jedes Konſuls. 
Kaijerzeit hieß außer der Gefamtheit der Legionen 
jelbft Eine Legion, wenn fie die ganze Beſatzung 
einer Provinz ausmachte und als jolche allein _den 
Krieg führte, wie 3. B. in Wfrifa, exercitus. Über 
die Öliederung der Legionen und die Aushebung 
derjelben j. Legio und Dilectus militum. 
Über die urjprüngliche Heerverfaffung von Romulus 
bi8 Servius ſchwanken die Angaben der römijchen 


dur | ( 


429 


weil der allmähliche Zuwachs der römischen Be: 
völferung ja ſtets veränderte Heereseinrichtungen 
notwendig machte. Am allgemeinen jcheint feit: 
uftehen, daß nach Vereinigung der 3 Stämme 
* Ramnenjes, Titienſes und Luceres das Heer 
aus 3000 Mann zu Fuß (aus jeder Tribus 
1000 Mann) und 300 Reitern in 3 Genturien 
beitand, vgl. Dion. Hal. 2, 2. Plut. Rom. 13. 
Die Celeres (j. d. und Equites, 1.) waren 
gerade diefe 300 Reiter. Durch Servius Tullius 
wurden die politijchen Rechte und militäriichen 
Pflichten nad) dem Grundjaße, daß, wer mehr 
befige, auch mehr für die Verteidigung des Vater: 
landes einzuftehen habe, geregelt. War der Feld— 
ug zu Ende, jo begab fich jeder wieder zu jeinem 
fluge, und wer diesmal Feldherr gewejen war, 
diente das nächſte Mal in einer vielleicht weit 
niedrigeren Stellung, und miemand fand darin 
eine — —— oder auch nur den Trieb, von 
der ſtrengſten Subordination und Diſciplin ſich 
für entbunden zu halten. Die durchgreifende und 
von Anfang bis in die ſpäteſten Zeiten dauernde 
Einteilung des römiſchen Heeres war die Legion, 
deren numeriſcher Beſtand jedoch nach den ver— 
ſchiedenen Zeiten ſeit Servius Tullius zwiſchen 
4200 bis 6000 Mann wechſelte; das Beſondere 
über dieſelbe j. Legio. Im allgemeinen zerfiel 
die Legion in die 3 beſonderen Truppenreihen: 
hastati, principes und triarii (vgl. Acies 
und Legio) nebft den organiſch damit verbundenen 
leichten Truppen (accensi, velites) und der 
geringen Reiterei (300 Mann) zur Dedung der 
Flügel (alae). Der Übergang des Königtums in 
die Republik änderte zunächit nichts in militärischer 
Dinficht, nur daß nunmehr anftatt des Königs die 
beiden Konfuln Anführer der Heere waren. Dod) 
gehörten feit dem Vertrage mit der jabinifchen 
Eidgenoffenichaft 494 v. E. zu dem römischen 
Heere noch die Bundesgenoſſen (socii), zu 
jeder Legion ebenjo viele bundesgenöſſiſche Truppen 
mit gleicher Bewaffnung und Einteilung, nur daß 
fie an Neiterei die doppelte Anzahl ftellten; dar— 
über vgl. Equitatus, 3. und über das Weitere 
Socii. Als die Römer ihre Macht über die 
Grenzen Italiens hinaus ausdehnten, famen außer: 
dem nod die Hülfstruppen verbündeter oder 
unterworfener Könige zu dem Heere (auxilia, auxi- 
liares), doch in mehr für ſich abgejondert von den 
Legionen beftehenden Corps. Über den weiteren 
Unterjchied ziwifchen ihnen und den Bundesgenoflen 
vgl. Auxilia. Sie dienten urjprünglid nur als 
leichte Truppen; als aber durch die lex Iulin 
und die lex Plautia Papiria alle italiſchen Völker— 
ſchaften mit dem Bürgerrechte auch die Verpflich: 
tung zu dem Legionsdienfte erlangt hatten, mußten 
die auxilia die Stelle der früheren socii vertreten. 
— Mietsjoldaten fanden fi) zuerjt im römi- 
ichen Heere zur Zeit des zweiten puniſchen Krieges 
213 v. E.), indem man die Geltiberer in Hiſpa— 
nien für denjelben Sold mietete, für den fie früher 
den Karthagern gedient hatten. Liv. 24, 49. Dod) 
hat das Söldnerweien der griechiichen Heere durch: 
aus feinen Anfnüpfungspuntt auf römischem Boden 
finden können; indefjen wenngleich die römischen 
Soldaten auch zugleich römijche Bürger waren, 
und jelbft nach dem durch die Vürgerfriege ver 
änderten Charakter der römischen Heere im ganzen 


Schriftjteller jelber, aus dem natürlichen Grunde, | die Forderung des Bürgerrechtes zur Aufnahme 


1: 


1 


= 


430 Exheredatio 
unter die Fahnen aufrechterhalten blieb, indem in 
entgegengeiegten Fällen entweder fogleich bei der 
Aushebung dasjelbe verliehen oder doch wenigjtens 
veriprochen wurde: jo waren dennoch jeit Marius 
die römischen Soldaten in .. nichts anderes 
als gerade Söldnertruppen. arius und nad) 
ihm die andern Heerführer jahen nicht mehr auf 
das Vermögen der zur Aushebung Herbeigezoge: 
nen, jondern nur auf körperliche Tüchtigfeit, wes- 
halb denn aud die bis dahin von dem eigent- 
lichen Yegionendienfte ausgeichlofjenen Capite censi 
eine willlommene Ergänzungsmannjchaft darboten, 
ja ſelbſt Freigelaſſene und Sklaven mit dem Geichente 
der Freiheit und des Bürgerrechts nicht verichmäht 
wurden. Die frühere Ausübung der Bürgerpflicht der 
freien Bürger war nunmehr ein Kriegshandwerk 
geworden, und ftatt der früheren, dem Staate und 
deſſen Berherrlihung dienenden Heere waren fie 
jegt eng mit dem Intereſſe ihres Feldherrn ver: 
sunden. Allerdings mag dieje Veränderung zum 
Teil mit dem hochfahrenden ee des Marius 
(Sull. Jug. 86) verbunden gewejen jein, doch würde 
jie nicht Beftand gehabt haben, wenn jie nicht in 
der ganzen Zeitrichtung gelegen hätte, und der 
Ktriegsdienft jchon vielen eine drüdende Laſt war 
und dagegen den Beſitzloſen eine erwünjchte Ge— 
legenheit zur Bereicherung bot. Sall. Jug. 84 f. 
— Mit dem früheren Charakter des römischen 
Bürgerheeres ſchwand denn auch die Einteilung 
in Haſtati, Prineipes und Triarii; die Legions- 
joldaten waren fortan alle gleichbewafinet (vgl. 
Waffen, 9.). Endlih mit Einführung des Prin: 
cipats trat ein ftehendes Heer auf. Die 45 Le— 


‘ gionen, welche vor der Schladht bei Actium vor: 


— 


handen waren, vereinigte Auguſtus in 23, ſeit 6n.E. 
25 Legionen, die er durch jeine Provinzen ver: 
teilte, nur Afrika, obgleich Senatsprovinz, befam 
1 Legion. Dazu kamen die auxilia in gleicher 
Stärle. Tac. ann. 4,6. Dio Cass. 55, 24. Neh— 
men wir den damaligen Beftand der Legion zu 
6000 Mann — bejtimmte Angaben fehlen darüber, 
zur Zeit des Trajan waren es nur 5250 Mann —, 
jo beftand das ftehende Heer mit den Hülfsvölkern 
aus ungefähr 300 000 Mann. An der Spike der 
einzelnen Heere jtanden die Statthalter der Bro: 
vinzen, Legaten, zum Unterſchiede von den Be— 
fehlshabern der einzelnen Legionen, die ebenfalls 
Xegaten hießen, legati pro praetore consulari 
potestate genannt, die ein feſtgeſetztes jährliches 
Gehalt bezogen (Dio Cass. 52, 23. 53, 13); über 
ihre Machtbefugnis ſ. Legatus. Zu diefem durch 
die faijerlichen Provinzen verteilten Heere kamen 
nod die zum Schutze Roms und Italiens er: 
richteten 9 Kohorten der Brätorianer (Zac. ann. 
4, 5; doch Jrio Cass. 5ö, 24 gibt, irregeleitet 
durch die Zahl der jpäteren Zeit, 10 coh. prae- 
toriae an), Kerntruppen und höheren Ranges als 
die Legionsjoldaten, aud) piae vindices ge 
nannt, weil ihnen der Schuß des Kaiſers anver: 
traut war, und 3 cohortes urbanae, jowie 
endlich no 7 cohortes vigilum, die freilich, 
urjprünglich aus Freigelaſſenen beftehend und nur 
als Feuer: und Polizeiwache beitimmt, damals 
noch nicht zu dem eigentlichen Heere gerechnet 
werden können (vgl. Cohors). — Nach Augujtus 
bildete fich allmählich, wie es denn auch jchon in 
der Abficht desjelben lag, durd die Einrichtung 
des ftehenden Heeres ein fürmlicher Soldaten: 


— Exilium. 


ftand heraus im Gegenjaß gegen die bürgerlichen 
Stände, und zu immer größerer und bejtimmterer 
Grwedung eines jogenannten Gorpögeijtes wurde 
den Soldaten ein Privilegium nad) dem andern 
verliehen, 3. B. für die Ausgedienten bei den 
öffentlichen Schaujpielen der Ritterplaß, Erleichte: 
rung in der Abfaffung von Teftamenten, Befreiung 
von Abgaben aud nach der Entlafjung. Wenn- 
gleich Auguftus durch mannigfache Anordnungen 
die in den Bürgerkriegen gejunfene Difeiplin (vgl. 
Disciplina militaris), und zwar auch mit 
Erfolg, wieder zu heben juchte, jo lag doch jchon 
in der Hervorrufung eines förmlichen Soldaten: 
jtandes der Keim zu allmählicher Depravation des 
Heeres, der jelbjt nachfolgende tüchtige Kaiſer gar 
nicht mehr widerftehen konnten. Denn nachdem 
Tiberius troß aller jonjtigen militärifchen Strenge 
die Macht und das Anjehen des Präfectus Prä- 
torio (j. d. unter Praefectus) zu einer dem 
Unfehen und Beftehen des Kaiſerthrones jelber 
gefährlihen Höhe erhoben, und Claudius durch 
übertriebene und unverdiente Gunftverleihungen an 
die Soldaten das ganze Heerweien nody mehr in 
eine falihe Bahn gebradyt hatte, half es weder 
dem alba nocd dem Bejpajian, die alte bewährte 
Zucht wieder Zr vg zu wollen. Es fehlten 
ihnen dazu ſchon die tüchtigen Werkzeuge und 
Anführer. Die Soldaten waren einmal an Geld: 
erwerb gewöhnt; wer ihnen aljo das meifte bot, 
war, jolange feiner mehr gab, ihr Liebling. Nun: 
mehr hatten nicht die Kaijer, jondern die Col: 
daten das Regiment in Händen. Zu dieſer mili: 
täriſchen Sittenverderbnis fam auch noch während 
der kaiſerlichen Bürgerkriege durch Vitellius die 
Schwächung des Heeres durch ein- und wohl zwei— 
malige Teilung der urſprünglichen kräftigen Le— 
gionen, jo daß Tacitus (hist. 4, 14 f.) dieſelben 
nur noch bloße Schattenlegionen (inania nomina 
legionum) nennen fonnte. Mit Hadrian trat frei: 
fih eine durchgreifende Veränderung im ganzen 
Heerweſen ein; doch wenngleich der Berfall des 
ganzen römifchen Heerwejens dadurch aud) in etwas 
verijchoben wurde, jo konnte derjelbe doch nicht 
ganz verhindert werden, und anftatt der früheren 
kräftigen Römerweije, die mit den Waffen in der 
Hand nad außen unterhandelte, war das Heer 
allmählich jo erjchlafft und heruntergelommen, daß 
der Friede mehrmals von den Barbaren erfauft 
werden mußte. Dio Cass. 73, 6. 77, 14. — Die 
25 Legionen des Auguftus waren nad und nad) 
und zunächit bis Nero durch Teilung einer Legion 
in 2 (leg. 22 und leg. 15), dann durch Errich— 
tung ganz neuer unter Trajan bis auf 30 Legionen 
vermehrt worden. Unter Hadrian bejtand das 
Heer in den Provinzen außer den Hülfstruppen, 
die nunmehr in lojerem VBerbande mit den Legionen 
ftanden und mehr jelbjtändig in der Schlacht agier— 
ten, aus 28 Legionen, jede wiederum 6000 Wann 
(unter Trajan 5250 Mann). Wenn aber die jpätere 
Zeit außer einer großen Zahl anderweitiger Trup— 
ven das Heer im Orient auf 70 Legionen, im 
Decident auf 62 angibt, jo liegt darin feine 
enorme Vergrößerung des Heeres gegen früher, 
jondern es waren nur ebenjo viele 1000 Mann, 
als die Zahl der Legionen angab. 

Exheredatio j. Erbrecht, 6. 

Exilium, gvyı (deipvyla, lebenslänglich), 
Entfernung von der Heimat (ex solo). Abgeſehen 


15 


Eäırjgia — Exuperantius. 


vom Oſtrakiſmos fommt fie als geſetzliche Strafe 
beim Blutbann oder Gericht über porıxd vor. Im 
übrigen hat fie ihre Stelle im politischen Leben 
und tritt namentlich bei bürgerlichen Unruhen 
häufig ein; in diefem Falle iſt fie vielfach mit 
Atimie und Bermögenstonfijfation verbunden (f. 
Ustrakismos). — An Rom umfafte exilium 
in der Königäzeit und in der republifaniichen Pe— 
riode die freiwillige und die gezwungene Verban— 
nung. Eine eigentliche Landesverwerjung gab es 
urjprünglich nicht, jondern nur einen Bann, aquae 
et ıgnis interdictio, die Unterjagung des gemein- 
jamen Waſſers und Feuers, wodurd es dem damit 
Belegten unmöglich gemacht wurde in Rom zu 
leben. Dieſer Bann wurde jomwohl gegen eine 
Berjon ausgeſprochen, welche fich freiwillig entfernt 
hatte und durch den Bann von der Rückkehr ab: 
gehalten wurde (Cie. Caec. 34), als gegen jolche, 
welche durch den Bann zur Auswanderung ge: 
zwungen wurden; denn wenn der Davon Betroffene 
ın Rom geblieben wäre, jo galt er als vogelfrei 
und durfte von niemand aufgenommen und ge: 
jchügt werden. Mehrere Verbrechen waren mit 
dieſem von den Comitien, ſpäter auch von den 
quaestiones perpetuae auszujprechenden Banne 
bedroht, wie Majejtätsverbrechen, venelicium, in- 
cendium, vis publica u. a., und der Bejtrafte 
verlor die Rechte des Bürgers (capitis deminutio 
media, j. d.). Jedem Angeflagten ſtand es frei, 
vor jeiner Kondemnation Rom zu verlaflen und 
in einem andern Staate Bürgerrecht zu erwerben; 
fo fonnte man ſich 5. B. zur Zeit, als die oppida 
Latina noch jouverän waren, nad) Tibur, Prä— 
nejte u.a. D. in ein iustum exilium begeben. Liv. 
26, 3. Cie. de or. 1, 39. Konfiifation war mit 
diefer Strafe an fich nicht verbunden, jondern 
anfangs wurde VBermögenstonfijfation nur bei den 
Berbreden angewendet, welche in der älteften 
Zeit des Staates mit sacratio capitis bedroht ge: 
weſen waren. Das Nähere ſ. unter Publicatıo. 
— Gegen das Ende der Republif fam aquae et 
ignis ınterdietio faft nur ald Landesverweiſung 
vor, 3. B. bei T. Annius Milo, P. Rutilius Ru- 
fus, A. Gabinius, L. Memmius, T. Munatius 
Plancus Burja u. a. Im 1. und 2. Jahrhundert 
der Kaijerzeit ging dieſe Strafe in die depor- 
tatio über (j. d.), neben welcher fich die mildefte 
Art des Erils, die relegatio (j. d., bildete. 
Bgl. Hartmann, de exilio apud komanos inde 
ab initio bellorum civilium usque ad Severi 
Alexandri princeipatum (1887). 

Esırngta |. Bovin, 2. 

Exodium, 2&ödıor, eigentlich Musgang einer 
Aufführung, Schluß, heißt bei den Römern ein 
heiteres, luſtiges Nachſpiel, welches nadı ernithaf: 
ten Dramen zulegt aufgeführt wurde, etwa wie 
bei den Griechen die Satyripiele nach den Tragö— 
dien. Schon frühzeitig gab es ſolche Farcen; 
als aber die Atellanen ſ. d.) einheimiich wurden, 
gebrauchte man neben den mimi jene gewöhnlich 
zu biejem Zwecke, daher Exodia und Atellanae 
fabulae faſt identiich und exodium Atellanicum 
(Suet. Tıb. 45) im Gebrauch. Der in diejem Nach— 
ipiele auftretende Poſſenreißer hieß exodiarius, 

Eiwpooi« bedeutet in Athen 1) die Ableh— 
nung eines Amtes (einer Leiturgia) unter eidlicher 


431 


Erhärtung der Gründe, 3. B. wegen Schwäche oder 
Krankheit (das Ablehnen Ffoururau, l&ourvedaıu); 
2) den Schwur eines Zeugen, daß er von der 
Sache nichts wife; 3) die Einrede gegen Zuläſſig— 
feit einer Klage. 

"Eiworge (von 2Eotlo, hinausftoßen), 1) eine 
Theatermafchine, die ähnlichen Zweck wie das El— 
fyflema (f. d.) hatte, nämlich etwas aus dem Innern 
der Häujer zu zeigen. Sie jcheint eine Art Balfon, 
der im oberen Stodwerfe angebracht wurde, gewejen 
zu fein. — 2) ſ. Belagerung, 14. 

kxpilatio hereditätis, Entwendung von Erb- 
ichaftsgegenftänden vor Bejignahme des Erben, hat 
bei den Römern bis in die jpätejte Stailerzeit 
nicht als Diebjtahl (furtum) gegolten. Unter Marc 
Aurel wurde ſolche Entwendung als crimen extıa- 
ordinarium (j. Extra ordinem, 2.) beitraft, 
nachdem jchon Hadrian den Erben die Zurüdforde: 
rung folder Entwendungen durch Senatsbeſchluß 
zugejtanden hatte. 

Expositio infantum, das Kinderausiegen, war 
nach romulischem Recht, d. h. durch altes Herfom: 
men, geftattet, vorausgeſetzt daß der Vater das 
Kind vorher 5 am nächſten wohnenden männlichen 
Verwandten zeigte, welche zu unterjuchen hatten, 
ob das Kind als Mifgeburt oder allzugebrechlich 
ausgejegt werden dürfe. Dion. Hal. 2, 15 (vgl. 
Erziehung, 16.). Dasjelbe beſtimmten die All 
Tafeln. Cie. legg. 3, 8. Troß dieſer Beichränfung 
verfuhren die Bäter ziemlich willfürlich und ſetzten 
Kinder auch aus andern Gründen aus, 3. B. aus 
Armut, ohne daß der Staat einzugreifen wagte. 
Ter. Hec. 3, 3,40. Dio Cass. 41,1. Plin. ep. 
10, 71. NIS unmoraliſche, unnatürliche Hand: 
lung galt es aber immer. Suet. Cal. 5. Gejeße 
dagegen erſchienen erft in dem 2. Jahrhundert n. C., 
welche von den chrijtlichen Kaiſern jeit 374 ge 
ichärft wurden. Noch im 5. Jahrhundert Flagt 
Hierofles darüber, day man beftändig Kinder aus- 
jeße, weil man ein zu dürftiges Ausfommen für 
jie fürchte, aber ſelbſt er erklärt, daß es eine Kon: 
jequenz der Ehe jei, alle oder dody die meijten 
Kinder zu erziehen. 

Exsilium ſ. Exilium, 

Extispices j. Divinatio, 17. 

Extraordinarii j. Legio und Castra, 5. 

Extra ordinem hieß im allgemeinen alles, 
was von dem geltenden Gejek und von dem alten 
Herkommen abweicht (im Gegenjaß von legitimus 
ordo u. j. w.), jpeziell 1) cognitio extraordi- 
naria, d. h. der neue Eivilprozeh, welcher von 
dem alten ordo abweicht, und der neue Kriminal— 
prozeh, j. Prozefs, B. — 2) Orimen extra- 
ordinarium, Berbreden, welches außerordent— 
li unterjucht und beftraft wird, weil es in den 
früheren Gejegen nicht verpönt ift. — 3) Poenu 
extraordinaria u. dgl. 

EsovVing dien |. Ersyvgaoia. 

Exuperantius, Julius, im 4. oder 5. Jahr: 
hundert n. E., ift Verfaſſer einer in einer einzigen 
Handichrift erhaltenen epitome, einer auf Salluft 
beruhenden furzen und oberflächlichen Darjtellung 
des erjten Bürgerfrieges, herausgegeben zuerit von 
Sylburg (1585), dann als Anhang vieler Aus— 
gaben des Salluft, einzeln zulegt von Burfian 
(1868). 


432 


Fabianus Papirius — Fabii. 


F. 


Fabiänus Papirius, ein römischer Philojoph 
zur Beit des älteren Seneca, ein Mann von ernſtem 
jittlichem Lebenswandel und ausgezeichneter Be: 
redjamfeit (Sen. ep. 40), hielt öffentlihe Vorträge 
über Philofophie, jchrieb (Sen. ep. 100) philojo- 
phiſche Schriften und verfaßte auch ein natur: 
geichichtliches Werk (causarum naturalium libri), 
Monographie von Höfig (1852). 

Fabli. Die patriciidhe gens Fabia rechnete 
fich zu den älteften römischen Geſchlechtern (fie leitete 
ihr Geſchlecht von Herkules und einer Tochter des 
Evander ab, daher Herculea gens, Or. fast. 2,237); 
wahrſcheinlich waren fie jabinischen Urfprungs, der 
Sage nach bildeten fie die Genoffen des Remus 
bei der feier der Yupercalien. Or. fast. 2, 375 ff. 
Aur. Vict. or. gent. Rom. 22. Die Fabier und 
die Quintilier, letztere die Genoſſen des Romulus, 
hatten wohl die Opfer bei dieſem Feſte zu beſorgen. 
Prop. 5, 1, 26. So waren alſo die Fabier an: 
fänglich zugleich Prieſter. Nach Plinius (18, 3) 
hatten fie ihren Namen von faba, Bohne, alio 
bebeutete Fabii jo viel als Bohnenpflanzer; nad) 
Plutarch (Fab. Max. 1) und andern war Fabüi 
aus Fovii oder Fodii entjtanden, d. h. Wolis: 
grubenjäger. Die bedeutenditen Männer aus dieſem 
GSeichlechte find: 1) DO. Fabius Vibulanus, be: 
Heidete im J. 485 v. E. das Konſulat, befiegte 
die Bolffer und Aquer und wurde abermals Konſul 
im %. 482, in welchen er gegen die VBejenter Krieg 
führte. Liv. 2,41 ff. Er fiel 2 Jahre jpäter als 
Broprätor im Kampfe gegen die Etruffer. Liv. 
2,46. Dion. Hal.9, 11.— 2) Käſo Fab. Vibul,, 
bes vorigen Bruder, Quäſtor 485 v. C. Dem Bolte 
verhaßt, ward er doch Konſul im X. 484 mit 2. 
Amilius, dem er im Kampfe gegen die Volſtker 
Hülfe brachte, widerjeßte ſich ſowohl in dieſem 
Konjulate einem vorgeichlagenen Ackergeſetze, als 
auch in feinem zweiten (481) einem ähnlidyen des 
Tribunen Jeilins und fämpfte glüdlich gegen Beji, 
obwohl ihn jeine Leute im Stiche liefen. Im fol- 
genden Jahre entichied er unter dem Befehl jeines 

ruders Marcus, welcher damals Konful war, eine 
Schlacht gegen die VBejenter zu Gunften der Römer. 
Liv. 2,43. 46. Seine menjchenfreundliche un 
lung der Berwundeten gewann ihm und jeiner 
Familie die Liebe des Volkes, welches bis dahin 
den Fabiern wegen ihres Widerſpruchs gegen die 
Adergejege gegrollt hatte. Ziv. 2,47. Daher wurde 
er (479) wiederum zum Konful erwählt und riet 
num, obtwohl vergebens, dem Senat zur Aderver: 
teilung. Liv. 2, 48. Darauf führte er glückliche 
Kriege mit den AÄquern und Vejentern und erhielt 
Erlaubnis, mit ben männlichen Mitgliedern feines 
Geſchlechtes die Grenzen gegen Bert zu ſchützen. 


Daraus entipann fich der Kampf der 306 FFabier 
Ov. fast. 2, 195ff. Dion. Hal. 
Eutr. 1, 15, Gell. 17, 21) nebft ihren | 
Glienten am Flüßchen Eremera, worin die ganze | 


(Liv. 2, 49 ff. 
9, 16 ff. 


Schar nach heldenmütigem Widerftande vernichtet 
wurde. Das ift wohl die einfachite Darftellung 
eines Ereigniſſes, welches von den Alten oft er: 
wähnt und vielfach ausgeichmücdt worden iſt. Nicht 
unwahrſcheinlich ift die Angabe, die Fabier jeien 


auf einem Zuge von der Grenze nad Rom, wo jie 
Opfer ihres Gejchlechtes am Feſte der Yupercalien 
Darzubringen hatten, in einem Hinterhalte vernichtet 
worden. Der Tag ihrer Niederlage wurde fortan 
als ein Unglüdstag betrachtet, das Thor, aus wel: 
chem fie in den Kampf hinansgezogen waren, hieß 
fortan porta scelerata. Nur Einer von dem Ge— 
ichlechte joll ald Knabe in Rom zurüdgeblieben 
jein, obgleich ichon die Alten zum, Teil an der 
Richtigkeit diefer Angabe zweifelten. Übrigens warf 
das Boll den Patriciern vor, den Untergang der 
Fabier dadurd veranlagt zu haben, daß nichts zu 
2 Rettung geichehen wäre. — 3) M. Fab. 
Vibul. Bruder des vorigen, Konjul im J. 483 v. E., 
befriegte die Bolifer, wurde abermals im %. 450 
zum Konſul erwählt und befiegte die Vejenter, 
wobei jein Bruder Duintus fiel, weshalb er den 
ihm bewilligten Triumph ablehnte. Liv. 2, 46 fi. 
Val, Max. 5,5,2. Den Sieg erfodht er haupt: 
jächlich durch den Ingrimm feiner von den Feinden 
verhöhnten Soldaten. Auch er ftand wegen der 
den Verwundeten bewieſenen Sorgfalt beim Bolfe 
in großer Gunft. Er fiel im Gefechte an der Ere- 
mera. Dion. Hal. 9, 15. — 4 8. Fab. Vibul., 
des vorigen Sohn, der einzige der Fabier, der zur 
Beit ihres Unterganges in Kom als Knabe zurüd- 
geblieben fein joll, wurde Konjul im %. 467 v. E. 
(Liv. 3, 1) und 465, bejiegte die Aquer in mehre: 
ren Schlachten, bewirkte die Führung römiſcher 
Koloniften nach Antium und trat 462 dem Bor: 
ſchlage des Tribunen Terentilius, die fonjularifche 
Gewalt zu beichränfen, entgegen. Liv. 3, 9. In 
den folgenden Jahren führte er römiiche Heere 
mit Erfolg gegen die benachbarten Bölfer, wurde 
im J. 450 einer der Decembirn mit Appius Clau— 
dius und [ud als folcher wegen jeines engen An: 
ichluffes an Appius den Haß des Vollkes, mie es 
icheint, nicht unverdient auf ſich. Ziv. 3, 41. Nach 
dem Sturze der Derempirn jcheint er, mit ihnen 
verbannt, im Eril gejtorben zu fein. Liv. 3,58. — 
5) Sein Sohn, M. Hab. Vıbul., war Konjul im 
3. 442 v. E. (Lie. 4, 11), bewirfte die Führung 
einer Kolonie nach Ardea, kämpfte 437 gegen die 
Vejenter, 431 gegen die Aquer und war Kontifer 
Marimus im Ra 390. Bei der in dieſem Jahre 
ftattfindenden Einnahme Roms durch die Gallier 
joll er das Leben verloren haben. Liv. 5, 41. — 
6) Sein Bruder, Numerius Fab. Vibul. fämpfte 
421 vd. E. als Konjul mit den Hauern und wurde 
ı 415 und 407 Kriegstribun mit fonjulariicher Ge: 
Imwalt. — 7) Auch fein anderer Bruder, O. Fab., 
bekleidete 423 v. E. das eritere, 416 und 414 das 
| legtere Amt. — 8) Numerius Fab. Ambuſtus, 
|der Sohn von Nr. 5, eroberte (406 v. ©.) die 
Stadt Anrur im Lande der Volſter als Kriegs— 
tribun, bei welcher Gelegenheit er uneigenmüßig 
auf feinen Benteanteil verzichtete. Zie. 4, 59. 
Im J. 891 war er unter den an die Gallier nadı 
Elufium abgejchidten Gejandten. Ziv. 5, 3öf. — 
9) Käſo Fab. Ambuftus, war mehrere Male 
Striegstribun, bejonder® im Kriege gegen Beji 
(401 v. E.). Lir. 5, 12. — 10) ©. Yab. Ambu: 
ſtus, Bruder des vorigen, gehörte zu der an die 


Fabii. 


Gallier, welche Elufium (391 dv. E,) bedrohten, 
abgehenden Gejandtichaft (Liv. 5, 35), nach deren 
Fehlſchlagen die Gejandten am Kampfe gegen die 
Gallier teilnahmen, dafür aber, ftatt an die er- 
bitterten und darüber fich beichwerenden Gallier 
ausgeliefert zu werden, vom Wolfe zu Kriegstri— 
bunen für das X. 390 erwählt wurden. Die Nieder: 
lage der Römer an der Allia rächte die Schuld 
der Bejandten. Erſt nach der Befiegung der Gallier 
durch Camillus wurden die Gejandten zur Rechen: 
ichaft gezogen; Fabius aber ftarb vor dem Urteils: 
ſpruch. Plut. Cam. 18. Liv. 6, 1.— 11) M. Fab. 
Ambuftus, Sohn von Nr. 8, befiegte in feinem 
eriten Konjulate (360 dv. E.) die Hernifer (Ziv. 7, 11), 
im zweiten die Faliſter und Tarquinier (356), deren 
Priefter Furien ähnlich mit brennenden Fackeln 
und Schlangen vor der Schlachtreihe auf: und 
nieder rannten und anfangs den Römern Schreden 
einflößten (Liv. 7, 17); im dritten jchlug er (354) 
die Tiburtiner. Im J. 351 wurde er Diltator, 
weil man das licinifche Geſetz wegen Gleichberech— 
tiqung beider Stände zum Konſulat umgehen wollte. 
Liv. 7, 22. — 12) M. Hab. Ambuftus, Sohn 
des Käſo Trab. Ambuftus. Eine feiner Töchter 
war an den Plebejer E. Licinius Stolo, die zweite 
mit dem Batricier Serv. Sulpicius verheiratet. 
Eine der eriteren von der letzteren zugefügte Be- 
leidigung veranlaßte Fabius, den Licinius Stolo, 
der 369 d. E. Tribun war, in Verbindung mit 
dem jpäteren Rolfstribunen L. Sertius, in der 
Durchführung jeiner Pläne zu unterftügen (Liv. 
6, 34— 36), obwohl er jpäter der patricifchen Partei 
fich wieder zugewendet zu haben jcheint. Liv. 7, 17 ff. 
— 13) C. ab. Ambuftus, kämpfte als Konful 
im J. 358 v. E. unglüdlich gegen die Tarquinier. 
Liv. 7,15. — 14) €. Fab. Betas, vielleicht 
ein Bruder des vorigen, zeichnete fich, noch jung, 
zur Zeit des galliichen Krieges im J. 390 v. ©. 
aus (Zär. 5, 46, 52), indem er zur Darbringung 
eines Opfers vom Capitol herab durch das galliſche 
Heer ging und ebenjo wieder fic dahin zurüdbegab. 
Flor. 1,13. — 15) DO. ab. Marimus Rul: 
lianus, Sohn von Nr. 11, verwaltete die Aoilität 
im 3. 331 v. E. und lieferte als magister eqni- 
tum gegen den Willen des Diktatord Papirius 
Eurfor den Samnitern eine fiegreihe Schlacht 
(Liv. 8, 30 ff.), im J. 325. Doch entging er durch 
die Fürbitte des Senats und Volles der Strafe 
des erzürnten Diktators. Konful im Jahre 322, 
tämpfte er abermals gegen die Samniter, ebenſo 
als Diktator im J. 315, in welchem er bei Yautulä 
in Latium von den mit großer Macht andringen- 
den Feinden eine Niederlage erlitt. Liv. 9, 23. 
Zum zweitenmale Konſul im 9. 310, vertrieb er 
die Etrujfer, welche Sutrium belagerten (Died. 
Sic. 20, 27. 35; vgl. Liv. 9, 33 ff.), und beichlof; 
dann einen Einfall in Etrurien, weshalb er zur 
Erforichung des Landes Kundichafter vorausjandte 
(Lie. 9, 36) und mit einer umbrijchen Bölterichaft 
ein Bündnis ſchloß. Dann drang er durd) den 
Ciminiſchen Wald in Etrurien ein, jchlug die Etrujfer 
bei Berujia, eroberte ihr Yager (Liv. 9, 37) und 
zwang den Norden Etruriens zum Frieden. Diod. 
Sic. 20,85. Hierauf nötigte er die jüdlichen Städte 
Etruriens und die mit ihnen verbündeten Umbrer 
zur Unterwerfung (Zar. 9, 39). Wbermals zum 
Konful für das Jahr 308 erwählt, befiegte er die 
Samniter, Marjer und Päligner und jchlug darauf 
Reallexiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl, 


433 


die gegen Rom anrüdenden Umbrer bei Mevania. 
Lir. 9, 41. Nuc in den nächiten Jahren führte 
er in mehreren Feldzügen den Oberbefehl, jcheint 
aber nicht immer mit gleichem Glücke gefämpft zu 
haben; auch arbeitete Appius Claudius in Rom 
jeinem Einfluffe entgegen. Erft als Cenfor (304) 
gelangte er zu neuem —— Er ſtellte mit ſeinem 
plebejtichen Kollegen P. Decius Mus gegen die 
revolutionären Reformverjuche des App. Claudius 
das Übergewicht der tribus rusticae her, indem 
er die turba forensis auf die tribus urbanae 
beichräntte. Liv. 9, 46. Dann wurde er zum 
viertenmale Konſul im I. 297, jchlug die Samniter 
am Berge Tifernus (Zar. 10, 15), erhielt das Kon— 
ſulat wiederum 295, wie im %. 297 mit Decius 
Mus, drang bis in das Gebiet der jenonifchen 
Sallier vor und rächte die Niederlage einer rö- 
mijchen Legion in Etrurien durch den großen Sieg 
bei Sentinum über die verbündeten Gallier, Sam- 
niter, Etruffer und Umbrer. Decius ftarb in der 
Schlacht den Heldentod fürs Vaterland (Pol.2, 19. 
Liv. 10, 27 f.), Fabius hielt in Rom einen glän- 
zenden Triumph. Eine Niederlage jeines (292) 
zum Konful erwählten Sohnes D. Fabius Gurges 
in Campanien bereitete dem Bater, welcher ohnehin 
ichon mit der Freindichaft der Appier zu fämpfen 
hatte, vielen Kummer; ihm wurde indes die Ge— 
nugthuung zu teil, als Unterfeldherr jeines Sohnes 
dielem zu einem großen Siege über den berühm- 
ten jammitischen Feldherrn Pontius behülflich zu 
fein. Nach feinem Tode trug das dankbar jeiner 
Thaten und Berdienfte fich erinnernde Wolf frei- 
gebig zu den Koſten feiner Bejtattung bei. Aur. 
Viet. wir. ill. 32. — 16) Sein Sohn, der jchon 
erwähnte Q. ab. Mar. Gurges, erhielt diejen 
Beinamen von feiner verjchwenderiichen Lebens— 
weije, zeichnete fich aber jpäter durch ftrenge Sitten 
aus, erlitt 292 v. E. als Konſul eine Niederlage, 
befiegte dann den Sammiter Bontius, jchlug in 
jeinem zweiten Konſulate (276) die Sammiter und 
ihre Bundesgenoffen noch einmal und fiel in jeinem 
dritten Konſulate (265) im Kampfe mit den em- 
pörten Sklaven vor Rolfinii in Etrurien. Flor. 
1, 21. — 17) DO. Fab. Marimus VBerrucojus 
(wegen einer Warze auf der Lippe), von Späteren 
Cunetator genannt, wie e3 jcheint eine chren- 
volle Bezeichnung, weil er durch jein Zögern Rom 
rettete (Einn. bei Cie. off. 1, 24, 84 und (at. mai. 
4, 10), auch Ovieula wegen feines janften Eharafters 
zubenannt, diente reühgeitig jeiner Baterftadt in 
den höchiten Ämtern. Nachdem er im J. 233 v. C. 
als Konjul über die Ligurier triumphiert (Zonar. 
8, 18) und darauf die Cenſur (230) verwaltet 
hatte, gelangte er zwei Jahre jpäter abermals zum 
Konsulate und jchloß mwahricheinlich während des- 
jelben einen Bertrag mit dem Karthager Hasdrubal. 
Pol. 2, 13. Wach der Eroberung Sagunts durd 
Hannibal ging er an der Spitze einer Gejandtichaft 
nach Karthago (av. 21, 18), von wo er nad der 
befannten Erzählung, daß er jeine Toga hinge: 
halten und den NKarthagern die Wahl zwiichen 
Krieg und Frieden gelafien, den eriteren nach Rom 
zurücdbrachte. Im J. 217 nad) mehreren Nieder: 
lagen der Römer zum Prodiktator erwählt, lagerte 
er fich bei Arpi dem Feinde gegenüber, jede ent: 
icheidende Schladyt vermeidend. Dem hin- und 
herziehenden Hannibal folgte er auf dem Fuße 
und blieb ihm jtets zur Seite. Als jener ſich nad) 
z 28 


434 


Campanien zurüdzog, juchte Fabius ihm den Weg 
in einem Gebirgspajie zu verjperren, wurde aber 
von Hannibal überliftet, indem diejer ihn durch 
eine Zahl von 2000 Ochjen, an deren Körner 
brennende Neifigbündel gebunden waren, täujchte. 
Als Fabius bald darauf nad) Rom ads und ins 
wiichen ſeinem magister equitum, Minucius, das 
'ommando übertrug, benutzte derjelbe des Fabius 
Abwejenheit, diejen in Rom zu verunglimpfen und 
den an jich jchon wegen jeines Zögerns nicht ge— 
ringen Unwillen des Volkes gegen ihn noch höher 
zu jteigern, jo da auf Antrag eines Volkstribunen 
as Volk dem Minuctus die Teilnahme am Ober: 
befehle zugeftand. Plut. Fab. 1. 4ff. Pol. 3, 87 ff. 
Lav. 22, 8. 10. 15. 24 ff. Aber eine dem jo be: 
günftigten Minucius vom Feinde beigebrachte Nie- 
derlage bewog diejen, freiwillig fich) dem Fabius 
wieder unterzuordiien. Bald hernad) legte Fabius 
aus eigenem Antriebe den Oberbefehl nieder. Liv. 
23, 30. Plut. Fab. 13. Als die Nachricht von 
der Niederlage bei Cannä nad Rom fam, ftillten 
des Fabius weile Maßregeln die Aufregung und 
gaben dem Bolfe Mut und Bejonnenheit zurüd. 
Im J. 215 wählte man ihn abermals zum Konſul 
und übertrug ihm den Krieg in Campanien, in 
welchem er mehrere abgefallene Städte unterwarf. 
Liv. 23, 39. Auch für das folgende Jahr zum 
Konſul erwählt, eroberte er wiederum eine Reihe 
von Städten und durchzog verheerend die abge: 
allenen Städte Unteritaliens, mied indes auch 
jeht jedes Aufammentreffen mit Hannibal, weil 
er noch immer überzeugt tvar, daß Nom daraus 
Vorteil zöge, wenn der Feind im vergeblichem 
Hin: und Herziehen feine Kraft aufriebe. Auch 
in den nächjten Jahren fämpfte er bald als Legat 
feines zum Pan erwählten Sohnes Duintus, 
bald als erg en elbft gegen Hannibal, namentlich 
bei Zarent, das 212 an Hannibal verloren ge: 
gangen war, wurde inzwijchen princeps senatus 
(Jav. 27, 11) und eroberte danı (209) Tarent 
wieder (Liv. 27, 15 ff. Plut. Fab. 21 ff. Cie. Cat. 
m, 4, 11), wo er reiche Beute machte. Deshalb 
feierte er einen glänzenden Triumph. Fabius ftarb 
im J. 203 und erlebte aljo das Ende eines Krieges, 
an dem er jo rühmlichen Anteil genommen hatte, 
nicht. Das römische Volk betrauerte feinen Tod 
tief. Liv. 30, 26. Ruhe und Bejonnenheit, gepaart 
mit Mut und Gelbjtverleugnung, waren Haupt— 
dlge jeines Charakters. In feinem jpäteren Alter 
emächtigte ſich des jonft jo edlen, milden Mannes 
grämliches Wejen und Eiferfucht, namentlich gegen 
jüngere Männer, 3. B. Scipio, deſſen hochjtreben: 
dem, jugendlichem Sinne er oft heftig entgegen: 
trat (Liv. 28, 40 ff). Bgl. über ihn Cie. Cat. m. 
4, 105. Cicero rühmt feine Nednergabe (Brut. 
14, 57). — 18) Sein Sohn, DO. Fabius Mar., 
that jeine erjten Sriegsdienjte im J. 217 v. €. 
unter jeinem Bater, wurde Konjul 213 (Liv. 24, 43) 
und zeichnete ji) durd die Eroberung von Arpi 
in Apulien aus. Liv. 24, 44 ff. Er jtarb plöglich, 
wahricheinlih um 207. —_ 19) DO. Fab. Mar. 
Ämilianus, Sohn, des Ämilius Paulus und 
Bruder des Scipio Amilianus, von einem Fabier 
adoptiert (180 v. E.). Flut. Aem. Paul. 5. Wls 
Freund des Bolybios (Pol. 32, 10) genoß er defien 
belehrenden Umgang, wurde im J. 154 als Ge— 
jandter zu Pruſias geichidt (Pol. 33, 6) und ver- 
waltete im J. 145 das Konſulat, während dejien 


Fabii. 


er mit Glüd gegen Viriathus kämpfte. Liv. ep. 52. 
Cie, Lael. 25, 96. — 20) Sein Bruder, OD. Fab. 
Mar. Servilianus, befämpfte gleichfalls als 
Konjul (142 v. E.) Viriathus, gegen den er in 
rauſamer Weije den Krieg führte. — 21) 0. ab. 
Dar. Allobrogicus, ein Sohn des Trab. Amti- 
lianus, führte in feiner Jugend ein loderes Leben, 
welches er jedoch im reiferen Alter a focht, 
mit Hilfe feines Oheims, des Scipio Mfricanus, 
zuerft als Quäftor gegen Numantia und nahm im 
3. 132 v. E. am Sklavenkriege auf Sicilien teil, 
jedoch nicht mit Auszeichnung. Darnad) verwaltete 
er Hijpanien als Proprätor und zog jic wegen 
der ihm zur Laſt gelegten Bedrüdung diejer Provinz 
auf Beranlafjung des jüngeren Gracchus, des Volls— 
tribunen, einen Verweis zu. Als Konjul befiegte 
er im J. 121 die Allobroger in Gallien in einer 
großen Schlacht, wofür ihm ein glänzender Triumph 
u teil wurde. Liv. ep. 61. Vell. Pat. 2, 10. Als 

edner mennt ihn Cicero (Mur. 36). Er erbaute 
den nach ihm fornix Fabianus benannten Triumph- 
bogen. — 22) DO. Fab. Mar. Eburnuus, Kon: 
jul im J. 116 v. E., wurde jpäter, als er jeinen 
ungeratenen Sohn mit dem Tode bejtraft hatte 
((ros, 5, 16), deshalb verurteilt und ins Exil ge 
ſchickt. Cie. Balb. 11, 28. — 23) DO. Fab. Mari: 
mus, ein Enfel des Allobrogicus, diente unter 
Cäſar in Hilpanien als Legat (46 v. E.). Wegen 
der großen von ihm geleifteten Dienfte ernannte 
ihn Cäſar im folgenden Jahre zum Konſul. Z’lut. 
Cues. 58. Er jtarb plöglich am 31. Dezember 45. 
— 24) Baullus Fab. arimus, 11 v. C. 
Konjul, ein Anverwandter des Dichters Dvid und 
Freund des Augujtus, welchen er im J. 14 n. C. 
auf dejjen geheimer Neije zum Agrippa Poſthumus 
begleitet haben jollte, bei dem er aber in Verdacht 
fam, feiner Gemahlin über dieſe Zuſammenkunft 
mit Agrippa Mitteilungen gemadıt zu * die 
Livia davon in Kenntnis geſetzt haben ſollte. Er 
ſtarb bald nachher. Bgl. Hor. od. 4,1. Or. er 
Pont. 1, 2, 119. 4, 6, 9. Tae. ann. 1,5. — 35) D. 
Fab. Pictor, aus einer Seitenlinie des fabiſchen 
Geſchlechtes, welche von der Liebe ihres Ahnherrn 
für die Malerei den Beinamen empfing (Plin. 
35, 4, 7), geboren um 254 v. E., diente in den 
Kriegen gegen die Gallier und Hannibal, wurde 
im J. 216 zum delphijchen Orakel gejendet (Liv. 
22, 57. App. Hamm. 27) und war der erjte 
Nömer, welcher, jedoch gleich Cincius Alimentus 
in griechiicher Sprache (Dion. Hal. 1,6), in feinen 
Annalen eine Gejchichte Noms jchrieb, welche Li: 
vius (4. B. 1, 44. 2, 40) oft benußte. In derjelben 
bearbeitete er die Gejchichte feines Bolfes von 
Aineias an bis auf jeine Zeit herab, legtere na— 
türlich ausführlicher, da er als zagenzeuge Erleb- 
tes berichten lonnte (vgl. Dion. Hal. a. a. O.). Auch 
die älteren römischen Sagen jcheint er in jein 
Werk verwebt zu haben. Polybios (1, 14. 58) und 
Dionyfios (4, 6. 30) tadeln ihn zwar mehrfach, 
ori ihn jedoch oft als Hauptquelle benugt, ebenſo 
!ivins; und noch jpätere Gejchichtichreiber, z. B. 
Diodorus Siculus und Plutarch, jchägten ihn jehr. 
Das griechiſche Werf ift auch im einer lateinischen 
Bearbeitung vorhanden geweien, von der es zwei— 
jelhaft ift, ob jie der Verfaſſer jelbft oder ein an- 
derer ausgeführt hat. Manche (Mommijen) denten 
an eine vielleicht ältere lateinische Abfafjung durch 
denjelben Verfaſſer, Peter dagegen an 2 berühmte 


Fabrateria — Falces. 


435 


Annaliften des Namens Fabius; jedesfalls ift die Jihm Fabr. die erfte Nachricht gegeben haben joll, 
lateinijche Bearbeitung jpäteren Urſprungs als die | einen Waffenſtillſtand geichloffen hatte, unterwarf 


griechiſche. Ob %. auch über das ius pontificium 
geichrieben, ijt zweifelhaft. Beſte Sammlung der 
Fragmente von Peter, hıstor. Kom. rel. I p. 5 ff. 
109 ff. fragm. p. 6 ff. Val. im allgem. Peter, 
rel. p. LXIX ff. und Nitzſch, die römiſche Anna— 
tiftif (1873), ©. 267 ff. — 26) Serv. Fab. Pic- 
tor, ein jehr gebildeter Redner und Kenner der 
älteren römischen Gejchichte, lebte zur Zeit des 
älteren Cato und jchrieb de ıure pontificio, wovon 
bei Cicero, Gellius und anderen noch Bruchſtücke 
erhalten jind. Cie. Brut. 21, 81. — 27) Fab. 
Ruſticus, ein Freund des älteren Seneca, jchrieb 
eine nicht auf uns gefommene Geſchichte Neros. 
Taec. ann. 13, 20. 14, 2. 15, 61. Agr. 10 (recen- 
tium eloquentissimus auetor). Da er im Teſta— 
mente des Dajumius, das uns durch eine berühmte 
Inſchrift (abgedr. bei Wilmanns, exempla inser. 
Lat. [1873] I p. 100 ff.) überliefert ift, erwähnt 
wird, muß er 108 oder 109 n. E. noch am Leben 
gewejen jein. Auf ihn bezieht ſich vielleicht Quint. 
10, 1,104. — 28) E. Fabius Balens, vgl. Tae. 
hist. 1, 52. 

Fabrateria, Stadt der Bolffer in Latium am 
Trerusfluß, jpäter römijche Kolonie, j. Falvaterra. 
Liv. 8, 19. Cie. ad fam. 9, 24. Cluent. 68, 192, 
Jur. 3, 224. 

Fabrieii, ein hernifisches Geſchlecht aus der 
Stadt Aletrium. Der berühmtefte Mann diejes 
Geſchlechts, 1)E. Fabr. Luſeinus (der einäugige), 
fiedelte, vielleiht bald nad) 306 v. E., aus Ale— 
trium nach Rom über, als die meiften hernikiſchen 
Städte mad) ihrer Bejiegung durch den Konjul 
Marcius das römijche Bürgerrecht ohne Suffra— 
gium hatten annehmen müffen. Liv. 9, 43. Ale— 
trium gehörte zu den Städten, die fich nicht empört 
hatten und ihre Rechte behielten. Daher kam Fabr. 
bald zu großem Anjehen in Rom und wurde vom 
Senat als Gejandter nach Tarent geichidt, um 
die Stadt vom Kriege gegen Rom abzumahnen, 
285, jedod) dajelbft gegen das Völkerrecht längere 
Zeit gefangen gehalten. Als Konſul befiegte er 
(282) die Yucaner und Bruttier bei Thurit und 
befreite die von ihnen belagerte Stadt. Liv. ep. 12. 
Val. Max. 1, 8,6. Außerdem gewann er bedeu— 
tende Beute, drang nad) freiwilliger Unterwerfung 
der Hleineren griechiichen Kolonien bis Rhegion 
vor und ließ daſelbſt eine Legion zurüd. Pol. 1,7. 
Val. Mar. 1, 8,6. Die dankbaren Thurier ehrten 
ihn jehr. Plin. 34,6. An der Schlacht bei Hera— 
Heia (280) nahm er wahrjcheinlich teil und ging 
im Berlaufe des Krieges als Gejandter an Pyrrhos 
nad) Tarent wegen Auswechjelung der Gefangenen. 
Alle Lockungen, alle Anerbietungen des Königs, 
ihn zu gewinnen, jcheiterten an der unbejtechlichen 
Kechtlichleit des F.; doch nahm er die (wahrjchein- 
lich) unentgeltliche Entlafjung der Gefangenen an 
(nad) andern durften fie nur nach Rom gehen zur 
Feier der Saturnalien). Plut. Pyrrh. 18. Die 
Erzählung, Pyrrhos habe den Römer durch einen 
Elefanten jchreden wollen, gehört wohl der Sage 
an. Plut. Pyrrh. 20; vgl. 26. Val. Max. 2,7, 1. 
Später fämpfte er als Legat in der Schladjt bei 
Aujeulum in Apulien, 279. Als Pyrrhos darauf 
wegen jeines beabfichtigten Zuges nad Aufculum, 
vielleicht auch veranlagt durch die ihm drohende 
Vergiftung (Plut. Pyrrh. 24. Gell. 3, 8), wovon 


Fabr. die Yucaner, Bruttier, Tarentiner und Sam: 
niter, 278 (vgl. Aemilii, III, 2). Eutr. 2, 13 ff. 
Als Cenſor (275) ftieß er den habjüchtigen P. Cor: 
nelius Rufinus wegen Berjchwendung und Luxus 
aus dem Senate. Cie. Lael. 11. Well. 17, 21. 
Liv. ep. 14. Fabr., dem feine Redlichkeit —J 
nie geſtattet hatte, Reichtümer zu ſammeln, ſtarb 
arm, aber hochgeehrt. Cic. tusc. 3, 23. Seinen 
Töchtern gab der Staat ſpäter eine Ausſtattung 
(Val. Mar. 4, 4, 10). — Weniger befannt find 
aus dieſem Geſchlechte 2) C. Fabr. Yujcinus, 
Prätor Urbanus 195 v. C., Legat des L. Scipio 
Aſiaticus 190 (Liv. 37,4); — 3) D. Fabr., Bolte- 
tribun, verteidigte 57 v. C. Cicero gegen Elodius 
und jchlug des Redners Rücklehr aus der Ber: 
bannung vor, mußte aber der Gewalt des Elodius 
weichen. Cie. Sest. 35f. — 4) Unter den Kaijern 
lebte A. Fabr. Bejento, welcher wegen Schmäh: 
jchriften gegen Priefter und Senatoren, jowie wegen 
anderer Ungehörigfeiten unter Nero 62 angeflagt 
und verbannt wurde. Zac. ann. 14, 50. Unter 
Domitian Konjular und als Angeber berüchtigt, 
erfreute er fich der Gunjt Nervas. Plin. ep. 4, 22. 
9, 13. 19. Jur. 4, 113 ff. 

Fabüla (von farı), jede Sage und Erzählung, 
bejonders eine erdichtete, auch der Inhalt und 
Segenftand eines Drama, wie das griechiiche Wort 
autos, dann das Drama jelbjt, fowohl Komödie 
als audy Tragödie und Satyripiel. Eine römijche 
Komödie mit griechiichem Stoffe und nad) griechi— 
ſchen Originalen hieß fabula palliata; war Stoff 
und Haltung römiſch, jo hieß jie fab. togata, und 
dieje war wieder praetexta oder trabeata oder 
auch tabernaria, j. Komoedia. — Bei den Grie: 
chen gab es aud) eine Tierfabel (aivog). Vgl. 
Aisopos und Babrios. Schon bei Hejiod (op. 
et d. 303) kommt die Fabel vom Habicht und der 
Nachtigall vor. Vgl. DO. Keller, Unterjuchungen 
über die Geſchichte der griechiichen Fabel (1862). 
— Die ältefte römische Fabel ift die des Denenius 
Agrippa vom Magen und den Gliedern (Liv. 
2, 22). Phädrus bearbeitete eine Anzahl äjo: 
piicher Fabeln in 5 Büchern, Nad ihm gab 
Flavius Avianus äſopiſche Fabeln in elegiſchem 
Versmaße heraus. 

Faces, griechiſch d@des, Fackeln, ſ. Beleuch- 
tung, 4. 

Factiönes, Bezeichnung der Parteien in Bezug 
auf die Wettrennen in den circenfiichen Spielen, 
die ſich durd ihre Farben, rot (russata), blau 
(veneta), grün (prasina), weiß (albata oder can- 
dida), unterjchieden, wozu noch unter Domitian 
die aurea und purpurea famen, die jedoch bald 
wieder eingegangen zu jein jcheinen; die Gunſt 
der Zuſchauer gegen die eine oder andere führte 
jpäter zu höchft blutigen Kämpfen. Bgl. Auriga 
und Heinrich zu Juvenal S. 439. 

Faenus j. Fenus. 

Faesülae j. Etruria, 3. 

Falariea |. Belagerung, 6. 

Falces waren im allgemeinen jcharfe Werkzeuge, 
um etwas abzujchneiden, und deshalb nach vorn 
zu gefrümmt. An Größe waren fie, je nad) ihrer 
näheren Bejtimmung, verichieden, jo daß wir Dies 
Wort bald Hippe, bald Sichel, bald Senje 
überjegen fünnen. Je nad) der jpeziellen Beſtim— 

28* 


456 


mung hatte man falces arborariae (Cat. r. r. 
10, 3), vinitoriae (Colum.4, 25), putatorine, 
frumme Gartenmeſſer. Die Sicheln und Senfen 
zum Einernten des Getreides und des Graſes be— 
jchreibt Plinins (28, 28), eine größere (f. maioris 
compendii) zum Mähen, eine Heinere (alterum 
genus brevius ltalicum) zum bloßen Abjchneiden 
des GBetreides. Man ſchnitt nämlich damals das 
Getreide nur dicht unter den Ahren ab und jam- 
melte diejelben in Körben, dazu fonnte man mur 
die Sichel (falx messoria) gebrauchen. Das 
Stroh wurde jpäter zur Pachbededung oder zu 
Viehfutter abgemäht. Hierzu, ſowie auch zum Mühen 
des Graſes fonnte man ſich nur der Senien (fal- 
ces foenariae) bedienen (Colum. 2%, 21: f. ve- 
ruculatae, Senſen mit langem Stile. Eine 
Hleinere Senje (falx ad pabulandum) gehörte 
auch zur Ausrüftung des römischen Soldaten, 
wozu noc ein Riemen kam, um die Fourage zur 
bequemeren Fortichaffung zuſammenzuſchnüren. Bei 
Belagerungen wurden falces, fihelfürmige 
Hafen, an langen Stangen und Ballen ( Feg.4, 14) 
gebraucht, um die Wälle und deren Bruftwehr 
(Caes. b. g. 7, 86) zu zerftören, oder Steine aus 
der durch den Widder (aries) bejchädigten Mauer 
herauszureißen (f,murales. Liv. 38,5: asseres 
faleati). Die Belagerten juchten von der Mauer 
herab die fulces mit Schlingen (laquei, Üaes. b. q. 
7, 22) oder eifernen Klauen (ancorae ferreae, 
auch lupi) zu fallen und in die Höhe zu ziehen, 
wo fie dann das Eifen abbradyen. In der See: 
ichlacht gegen die überaus hohen Schiffe der Be: 
neter bediente Cäſars Flottenführer Brutus fich 
ſolcher an fangen Stangen befeftigter falces (ähm: 
fi den f. murales, Cues. b. 9.3, 14), mit denen 
man die feindlichen Segeltaue zu faſſen fuchte und 
durch Heranziehen zerichnitt, jo daß die Segel auf 
die Schiffe niederfielen. Als Kriegswaffe dienten 
den Barbaren die frummen Säbel ixomiödrc), aus 
dem Morgenlande ftanımend, von den Kömern 
enses falcati genannt, und außerdem nod) cur- 
rus falcati, quadrigae falcatae, Sichel: 
wagen, ausführlich von Livius (37, 41), beſchrieben, 
die jedoch nie bei den Römern Eingang fanden 
und geradezu ein inane ludibrium genannt wur 
den, weil fie Durd die ſcheu gemachten Pferde 
ebenio verderblich für Die Ihrigen als für Die 
Feinde werden konnten. 

Falerii ji. Etruria, 6. 

Falernum vinum, ein Ergebnis des ager 
Falernns am mons Massiens in Campanien, galt 
nächſt dem Gäcuber für den beiten der italiichen 
Werne und war von hellgelber Farbe. Er durfte 
weder zu jung noch zu alt jein, vom fünfzehnten 
Jahre an war er am beiten. Man mijchte ihn 


wohl mit Wafler, Honig und Chierwein (Hor. sat. | 


1, 10, 24. 2, 2, 15. 4, 24. 8, 16. od. 2, 11, 185. 
Horaz ift überhaupt feines Yobes voll (od. 1, 27,10. 
2,6, 19 u. ö6.). Anziehende Erzählung bei Sil. It. 
7, 163. gl. Weber, de agro et vino Falerno 
(1855). 

Falisei j. Etruria, 6. 

Falsum. Fälſchung und Betrug waren im 
älteften römischen Recht nicht kriminell ftrafbar, 
jondern nur einzelne Arten, z. B. Ablegen eines 
falichen Yeugnifies, nach den XII Tafeln. @ell. 
20,1. Die lex Cornelia de falsis bedrohte Teſta— 
ments: und Münzfälichung mit aquae et ignis 


Faleri — Fannii. 


interdietio. In der Kaiſerzeit wurde der Ktreis 
des falsum durd; SConsulta und kaiſerliche Geſetze 
jehr erweitert und ausgedehnt, z. B. auf jede Ur— 
kundenfälſchung, Beftechlichteit der Advolaten u. ſ.w. 
Die Strafe war jetzt deportatio et omnium bo- 
norum publicatio. 

Fama j. Ösen. 

Fames |. Atos. 

Familia von dem oſtiſchen famel, famulus) 
heißt im w. ©. alles, was einer Berjon angehört, 
jowohl Menjchen als Sachen. ZLir. 3, 55. 45, 40. 
Im e. ©. bezeichnet familia 1) alle einem pater 
familias unterworfenen Perſonen, wie Frau, Kinder, 
Sflaven; — 2) alle einem pater familias unter: 
tworfenen freien Perſonen, d. h. alle Familien— 
glieder, weldye unter dem Hausvater ftehen, Die 
Hausgenoſſenſchaft; — 3) die Mitglieder einer 
größeren Familie, weldye Ein cognomen führen 
und fich als Agnaten angehören, jogar die Mit: 
glieder einer gens (Lir. 9, 29. 38); — 4) die zu 
einem Haufe gehörenden Sflaven, bei denen Die 
Scheidung einer fam. rustica und urbana eintrat 
if. Serviı, 4.1); — 5) das Vermögen Beritorbener 
(Liv. 2, 41). 

Fannii. Der erfte, welcher aus diefem plebeji- 
ichen Geſchlechte genannt wird, ift 1) E. Fannius, 
beteiligt als Bolfstribun im J. 187 v. E. an der 
Verurteilung des L. Scipio Aſiaticus. Liv. 38, 60. 

- 2) Sein Sohn, C. Hann. Strabo, gab im 
J. 161 v. E. ein Aufwandsgeieß. Gell. 2, 24, 2 ff. 
— 3) 6. Fann., des vorigen Sohn, Konſul im 
3. 122 (Plut. ©, Gracch. 8 ff.) und Gegner des 
C. Gracchus, obgleich er ihm die Erlangung des 
Konſulats verdanfte, als Medner genannt von 
Gicero (Brut. 26). — 41. Fann. Strabo, nahm 
teil an der Eroberung Karthagos, deilen Mauern 
er mit unter den eriten erftieg, und fämpfte gegen 
Viriathus, 122 Konful. Plut. Tib. Gracch. 4. App. 
Hisp. 67. Er liebte philojophifche Studien und 
führte die Lehre der Stoifer in Rom ein. Ihm 
wird (Cie. Brut. 26) die Abfafjung eines geichicht- 
lichen Wertes nach Art der Annalen beigelegt, 
dejien Zuverläſſigkeit von Salluft in jeinen Hiſto— 
rien hervorgehoben wurde, und das M. Brutus 
in einen Auszug gebracht haben joll. Cie. ad Att. 
12,5. Es zählte mindeitens 8 Bücher und war 
nicht ohne Eleganz geichrieben. Die jpärlichen 
Fragmente j. bei Peter, hist. Rom. rel. I p. 138 ff. 
fragm. p. 87 ff. Vielleicht find 3) und 4) Eine 
Berjönlichleit. — 5) M. Fann, einer von den 
Richtern des Sert. Roſeius Amerinus (Cre. Rose. 
Am. 4. — 6) L. Fann, ein Anhänger des Ser: 
torins, zwiichen welchem und dem Mithribates er 
jein Bündnis vermittelte und zu dem Zwecke jelbit 
nach Spanien reifte. Später fchrte er zu Mithri- 
dates zurüd,. Plut. Sert. 24. Oros. 6,2. — TE. 
Fann. Gegner und Anfläger des Elodius 61 v. C., 
ſpäter wahricheinlich Anhänger des Sert. Bompejus, 
von welden er zu Antonius überging. App. b. c. 
5, 139. — 8) Ein anderer iſt wohl ©. Fann., 
welcher als Tribun im %. 58 v. C. Gegner Cäſars 
war (Cie. Sest. 53). Er ftarb bald nach dem Tode 
des Pompejus, anf deflen Seite er geftanden hatte, 
41706 9 C. Fann. Eäpio, ftarb als 
Teilnehmer an einer Verſchwörung des Terentius 
Barro Murena ſ. d. unter Lieinii, E, 5.) gegen 
‚ Augustus, nachdem er ſich längere Zeit mit Hülfe 
eines Sklaven verborgen gehalten hatte, durch 


Fanum 


Hentershand. Suet. Oct. 19. Tib. 8. Vell. Pat. 
2, 9. 10) Kann. Quadratus, Schwelger 
und Schmaroger zu Rom, war von niedriger Ge- 
finnung und ließ, während er durch jchlechte Verſe 
zu glänzen juchte, feine Tadelfuht an befleren 


Dichtern aus, bejonders an Doraz, vgl. Hor. sat. | 
1, 4, 21. 10, 80. — 11) C. $ann., zur Zeit des, 


jüngeren Plinius, jchrieb ein von diejem (ep. 5, 5) 
gerühmtes, aber unvollendetes Werf über die unter 
Nero Hingerichteten oder VBerwiejenen. — 12) Fan: 
nia, nahm aus Dankbarkeit wegen eines früher 
ihr geleisteten Dienftes den C. Marius auf jeiner 
Sucht (88 v. E.) gaftlich in ihrem Haufe zu Min: 
turnä auf. Plut. Mar. 38. 

Fanum. Unter den Städten des N. find zu 
merken: 1) 5. Feronige in Etrurien zwiichen 
PBijä und Luca, j. PBietra Santa. — 2) 8. For: 
tunae, große Stadt Umbriens an der Mündung 
des Metaurus, j. Fano, verdankte ihren Namen 
einem berühmten Fortunatempel; Triumphbogen 
des Nuguftus. Caes. b. ce. 1, 11. Tac. hist. 3, 50. 

Fartor (von farcire), der Geflügelhändler und 
Mäfter. Weniger ficher ift, ob fartor auch Wurft: 
macher bezeichnet hat. 

Fasces, vermittelit eines Riemens von roter 
Trarbe gefmüpfte Rutenbündel aus Ulmen: oder 
Birkenholz (virgae), aus deren Mitte ein Beil 
(securis) hervorragte. Diejes ſymboliſche Zeichen 
der Amtögewalt überfamen die römijchen Könige 
aus Etrurien. Nach Vertreibung der: 
jelben befamen die Konjuln 12 lieto- 
res, die, jeder ein Rutenbündel auf: 
recht tragend, einerhin: 
ter dem andern, dem 
jedeömaligen consul 
maior während feines 
Amtsmonats (j. Con- 
sul, 2.) vorangingen. 
Liv.24,44. Bald nad 
Errichtung der Repu— 
blik, jchon durch Vale— 
ring PBublicola, wur: 
den die Beile aus den 
fasces innerhalb der Stadt Rom herausgenommen. 
Die Protonſuln behielten ihre 12 fasces; von dem— 
felben Publ. ging auch die Sitte aus, die fasces vor 
dem Bolfe, als Son nunmehrigen Innehaber der 
maiestas, zu jenfen (demittere. Liv. 2,7. Flor.1,9. 
Plut. Public. 10). Dem Diktator famen 24 Lil: 
toren zu, die Prätoren hatten außerhalb Roms wie 
die Proprätoren 6 (innerhalb der Stadt wahr: 
icheinlih 2), die Faiferlichen Legaten 5 Liktoren. 
Die Eenjoren entbehrten der fasces, weil fie feine 
erefutive Gewalt bejaßen, ebenjo jpäter die faijer- 
lichen Profuratoren. Siegreiche Feldherren um— 
kränzten die fasces mit Lorbeerzweigen (fasces 
laureati). Cie. Ligar. 3. Caes. b. e. 3, 71. Unter 
den Kaiſern waren dieje fasces laureati eine Aus: 
zeichnung verbienter Feldherren für bedeutende 
friegeriiche Erfolge, bisweilen auch ohne joldhe 
Berdienfte (Tac. ann. 13, 9). Die fpäteren Kaiſer 
bedienten fich für ihre Perſon nur mit Lorbeer 
umfränzter und mit goldenen Zieraten geichmild: 
ter Faſces. 

Fasciae, Bänder, 1) Haarbinden, f. oder vit- 
tae crinales; — 2) Bujenbänder, die Stelle des 
modernen Schnürleibes vertretend; — 3) Schenfel: 
und Beinbinden, f. crurales, aud) genannt fascio- 





— Fasti. 437 


lae, feminalia, ernralia, tibialia, mit welchen 


ı man die Beine umwidelte, was aber für ein Beichen 


der Weichlichfeit galt. — 4) Binden um den Leib 
und um den Hals, ventralia und focalia. 
Faseinum bedeutet Bezauberung, Beherung 
und zugleidy das Mittel gegen diejelbe. Griechen 
wie Römer glaubten nämlich an feindliche, neidische 
Dämonen, welche durch das Glück des Menjchen, 
bejonders wenn er in froher Zuverficht fich ein 
unbedachtiames Wort des Eigenlobes und des 
Selbitgefühls entichlüpfen ließ, gereizt würden, 
ihm zu jchaden und jein Glück zu vergällen. Auch 
böfe, neidiſche Menfchen follten die Macht haben, 
durch böjen Blick, böjes Wort und andere Bau: 
bereien zu jchaden. Gegen joldye dämoniſche Ein: 
wirfungen fuchte man fich durch allerlei Mittel 
zu Ichüßen, welche mooßaordvın, fascina hiehen. 
Hieher gehörte bejonders das Tragen von Amu— 
letten bei Kindern und Erwachſenen; das Bild des 





deus Fascinus, defjen Kult den Veſtalinnen 
oblag, hängte man den feinen Kindern um, und 
triumphierende Feldherren banden es unter ihren 
Wagen. Solche Amulette waren gewöhnlich obicöne 
Figuren, eine bejondere Art von Ringen, gewiſſe 
Worte und Namen, die man gejchrieben bei fich 
trug u. ſ. w. Much gewiflen Handlungen jchrieb 
man eine jchügende Macht gegen Berzauberung 
zu, bejonders dem Ausipuden; man ſpuckte ſich 
3. B., wenn man fich jelbjt lobte, dreimal in den 
Bufen (Theoer. 6, 39. 20, 11. Tibull. 1, 2, 96); 
wenigftens vergaß man bei jolcher Gelegenheit 
nicht, die Formel: praefiscine! oder absit invidia 
verbo! auszufprechen. Plaut. Cas. 5, 2, 43. Asin. 
2, 4, 84. Das lateinijche Wort wird mit Baoraivo 
in Berbindung gejet. 

Fasti 1) j. Dies, 3. — 2) der römijche Ka— 
lender, d.h. das Verzeichnis der dies fasti (Sprud): 
tage), nefasti, interoisi, comitiales, mit Aufzählung 
der auf jeden Tag fallenden Feſte, Spiele, Opfer 
u. dgl. und Hinzufügung von Notizen über ge: 
Ichichtliche Ereigniffe jowie Angaben über den Auf: 
und Untergang von Sternbildern, urjprünglich von 
den Pontifices geführt, jeit 304 v. C. auch von 
PBrivatperjonen behandelt und veröffentlicht (Liv. 
9, 46), wie denn Ovid einen poetischen Feſtlalender 
unter dem Namen Fasti verfahte (f. Ovidius). 
Bruchſtücke amtlicher und nicht amtlicher (3. B. fasti 
Praenestini von Berrius Flaccus) fasti, auf Stein 
gegraben oder gemalt, haben ſich erhalten, am 
beiten herausg. von Mommſen im 1. Bande des 
Corp. Inser. Lat. — 3) die einen Anhang des 
Kalenders bildenden und daher ebenfalls fasti ge: 
nannten Fahresverzeichniffe mit Angabe der epo— 
nymen Magiftrate (fasti consulares, praetorii), 
der jeweiligen Briefter (fasti sacerdotales, fasti 
fratrum arvalium), der in jedem Jahre gefeierten 
Triumphe (fasti triumphales). Bruchftüde auch 
jolcher fastı find auf uns gefommen, namentlich 
die berühmten fasti Capitolini (jo genannt nad) 
ihrem jeßigen Nufbewahrungsorte, urſprünglich auf 
einer Wand des Gaftortempels oder der Regia 
[f. d.] eingegraben), ein hronologiiches Verzeichnis 
der Konfuln, Cenſoren, Diltatoren und Neiter: 
obrijten, ebenfalls abgedrudt Corp. Inser. Lat.,®d. 1 
p. 415 ff. Beſondere Ausg. der fasti consulares von 
Cäſars Tode bis Diocletian von Klein (1881), der 
fasti praetorii von Wehrmann (1875) und Hölzl 
(1876); der fasti censorii von de Boor (1873). 


438 


Fatum j. Moira, 4. 

Fatüus und Fatüa j. Faunus. 

Fannus (von faveo, der günftige, gute) war 
den Römern ein Gott des Feldes und Waldes und 
ein Bejchüger der in Feld und Wald mweidenden 
Herden. war aljo ein dem Silvanus ver: 
wandtes Weſen und ward mit dem griechischen 
Weidegott Pan identifiziert (j. Evander), Wie 
Ban liebte er es in den Wäldern die Menſchen zu 
neden und zu jchreden, und dieje Luft trieb ion 
auc in die Wohnungen der Menjchen, um fie im 
Scylafe zu beängftigen; daher hieh er Incubus 
(der Alb). Eine bejondere Eigenjchaft an ihm ift 
die Gabe der Weisjagung; an den Standpunften 
feiner Drafel, die fich in Waldgegenden befanden, 
legte man fich auf dem Felle eines geopferten 
Schafes nieder und erhielt die Weisjagung im 
Traume durc Bilder und Töne. Verg. A. 7, 81. 
Or. fast. 4, 649. Bon der Weisjagung hatte er 
den Namen Fatuus, Fatuellus (v. fari). 
galt für einen Sohn des weisjageriichen Picus 
und Entel des Saturnus, war durch die Nymphe 
Marica Bater des Yatinus (Verg. A. 7, 45) und 
wurde von pragmatifierenden Schriftftellern für 
einen König von Satium erflärt. Durch griechiichen 
Einflug wurden auch Fauni in der Mehrzahl wie 
Silvani angenommen und mit den Nymphen in 
Berbindung gebracht. — Die Faunalia wurden 
am 5. Dezember von Hirten und Landleuten im 
Freien begangen. Man opferte Böde mit Wein- 
und Milchſpenden und hielt fröhliche Schmäuje; 
das Vieh ließ man frei in den Wäldern umber: 
ichweifen, und auch den Sklaven gönnte man an 
diefem Tage eine Iuftige Freude auf Wiejen und 
Kreuzwegen. Hor. od. 3, 18. Als Herdengott hatte 
Faunus den Beinamen Lupercus (= Wolfsab- 
wehrer, richtiger * von lues und parcere, alſo 
== averruncus luis), und unter diefem Namen 
wurde ihm am 15. Februar das von Romulus 
und Remus eingejegte Feſt der Yupercalien 
(Lupercal, Lupercale sacrum, Lupercalia) zur 
Sühne der Hirten und Herden gefeiert. Es wurden 
ihm an diefem Feſte Ziegen oder Böde mit eigen: 
tümlichen Sühngebräuchen geopfert; man berührte 
zwei herbeigeführten Jünglingen die Stirne mit 
dem blutigen Opfermeijer und wiſchte jogleich die 
Blutjleden wieder mit in Milch getauchter Wolle 
ab, worauf die Nünglinge auflachten. Nach dem 
Opfer und Opferichmaus jchnitten jich die Prieiter, 
die Yuperci hießen, aus den Fellen der Opfer: 
tiere Riemen und liefen von der Opferftätte, dem 
Lupercal am Balatiniichen Berge, nur mit einem 
aus denjelben Fellen geichnittenen Schurze befleidet, 
durch die Stadt. PVerheiratete rauen gingen ihnen 
gern entgegen und ließen ſich mit den Riemen 
ichlagen, im Glauben, da dies den Segen der 
Ehe bherbeiführe und reinige und ſühne. Ov. fast. 
2,267. Deshalb nannte man diejen Tag dies 
februatus, von februare, reinigen und jühnen; 
februum, Reinigungsmittel, aber hieß das Fell, 
und der Monat des Feſtes Februarius. — Dem 
Taunus jtand ein gleichbedeutendes weibliches 
Wefen zur Seite, Fauna oder Fatua, aud 
Luberca genannt. 

Fausta, jüngere Tochter des Kaiſer Marimia: 
nus, zweite Gemahlin Gonftantins des Gr., auf 
deſſen Befehl im Bade erftidt. 

Faustina, 1) Annia Galeria %, Gemahlin 


Fatum — Felix. 


des Kaiſers Antoninus Pius, Schon im dritten Jahre 
ihrer Ehe geftorben, zu deren Gedächtnis eine Er: 
ziehungsanftalt für Waifenmädchen geftiftet wurde. 
Capit. Ant. P.5ff. — 2) Annia %, Gemahlin 
des Marcus Aurelius Philojophus, Tochter der 
vorigen, begleitete ihren Gemahl auf jeinen Feld— 
zügen und ftarb in dem Vieus Halala am Fuße 
des Taurus im X. 175 n. C. Capit. Ant. Phil, 26. 
Dio Cass. 71, 29. 

Faustülus j. Acca Larentia. 

Favonius, 1) Marcus, Nachbeter des älteren 
Gato (Catonis simius), beivarb fih im J. 60 v. €. 
vergeblih um das Tribunat, war Mitglied des 
Senats (Plut. Cat. min. 32) und Gegner der Trium— 
virn, vorzüglich des Bompejus, über deſſen zu große 
Gewalt er jich ereiferte. Er wurde im J. 53 zum 
Adil erwählt. (Plut. dal. 46), bejonders durch den 
Einfluß des jüngeren Cato. Mit großem, in jener 
Zeit oft gefährlichem Freimute widerjegte er fich 


Er | dem ehrgeizigen Streben des Pompejus fortwährend 


(Dio Cass. 39, 34 ff.), erlangte im %. 49 die Prä- 
tur und wollte im folgenden Jahre von feinem 
Vergleich mit dem anrüdenden Cäſar wifjen, wes— 
halb er jetzt fich jogar dem Pompejus anſchloß, 
den er auch im Unglüd nicht verlieh und auf jeiner 
Flucht begleitete; erſt mach deſſen Tode fchrte er 
nah Rom zurüd. Plut. Pomp. 67. 71. Cie. ad 
fam. 8, 9,5. Caes. b. c. 3, 36.57. Cäſar benadigte 
ihn. Nadı dejien Ermordung wegen jeiner Ber: 
bindung mit Brutus und Caſſius geächtet, geriet 
er bei Syilippi in die Gefangenschaft der Trium: 
virn und wurde auf Befehl des Octavian hinge- 
richtet. Suet. Oct. 13. Plut. Pomp. 60. Brut. 34. 
Eicero nennt ihn mehreremal ald Redner (ad Att. 
2, 1.4, 16). — 2) j. Zephyrus unter Winde, 3. 

Favorinns, Paßogivog, Nhetor unter Kaijer 
Hadrian, aus Arelate in Gallien, Schüler des Dion 
Chryſoſtomos und befreundet mit Plutarch und 
Fronto, verfaßte in griechiicher Sprache encyklo— 
pädiſche Werte, 3. B. TIarrodaxı) forogie, Aro- 
urnuoredueare, Ivouoloyınd, galt jedoch auch als 
Kenner der römijchen Litteratur. Abhandlung von 
Marres (1853). 

Febris, Perſonifikation des Fiebers; doch ver: 
ehrte man nicht die Krankheit ſelbſt, jondern die 
Göttin, welche fie abzuwenden vermochte. Sie hatte 
in Nom 3 Tempel, darunter einen auf dem Pala— 
tinus; Heilmittel, welche man bei Kranken ange: 
wendet hatte, wurden in dieje Tempel gebradıt. 
Cie, n. d. 3, 25, 63. legg. 2, 11, 28, 

Februarius j. Jahr, Il, und Faunus a. €. 

Felicitas (Faustitas, Hor. od. 4, 5, 18), die 
Berjonifitation des Glüds, der Glüdjeligfeit, dar— 
geftellt ald Matrone mit Füllhorn, Modius und 
Gaduceus. Sie hatte einen Tempel in der fünften 
Region (Cie. Verr. 4, 2, 4. 57, 126), der unter 
dem Kaiſer Claudius abbrannte. 

Felix, Antonius (jo Tac. hist. 5, 9), oder 


Claudius, Freigelafiener des Kaiſers Claudius, 


verheiratet mit Drufilla, einer Enfelin von Anto— 
nius und Kleopatra, ſpäter mit der gleihnamigen 
jüngiten Tochter des Königs Herodes Agrippa 1., 
Brofurator von Judäa etwa 52—60 n. E,, in 
jeiner Berwaltung rüdfichtslos und grauſam, jo daß 
unter dem politiich und religiös fanatifierten Volke 
ein Aufftand auf den andern folgte, und F. nad) 
feiner Abberufung und Erſetzung durch den tüch- 
tigen Porcius Feitus (60-62) einer Beltrafung 


Fenestella — Feralia. 


auf die Klage der Juden nur durch Verwendung 
feines Bruders Pallas bei Nero entging. Tue. 
ann. 12, 54. Suet. Claud. 28. Act. apost, 24. 
Fenestella, römijcher Hiftorifer, ftarb 70 Jahre 
alt im J. 19 m. E., lebte aljo unter Auguftus und 
Tiberius. Er jchrieb Annalen, welde von der 
Königszeit an bis zum Untergange der Republif 
gingen und von römiſchen Schriftitellern oft genannt 
werden. Er hatte überall bejonders auf die recht: 
lichen und Fulturgeichichtlichen Verhältniſſe Rück— 
ficht genommen und wird deshalb namentlich auch 
von den Grammatifern, 3. B. jchon von Aſeonius, 
angeführt. Abhandlungen von Mercklin (1844) und 
Poeth (1849). Sammlung der Bruchjtüde von 
Peter, histor, Roman. fragm, p. 272 ff. — Die 
unter dem Namen 2. fen. herausgegebenen Bücher 
de magistratibus et sacerdotiis Komanorum find 
eine Fälichung von Fioechi (Floceus, F 1452). 
Fenestrae ſ. Haus, 11. und Belagerung, 8. 
Fennius (Faenins) Rufus, praefectus an- 
nonae unter Nero, ein Mann von jeltener Un— 
eigennüßigfeit und Redlichkeit, wurde ſpäter Be: 
fehlähaber der Leibgarde. Tuc. ann. 14, 51. Bei 
dem Fürjten gegen den bintdürftigen und laiter- 
haften Tigellinus (ſ. d.) zurüdjtehend und jeines 
Lebens nicht mehr ficher, hop er fich (65 n. €.) 
der Verſchwörung des Pilo an (Tae. ann. 15, 50), 
verriet aber nach Entdedung derjelben eine Ge— 
noffen und, um feig jein Leben zu retten, ſogar 
den Seneca; Nero lieh ihn aber gleichwohl hin: 
richten. Tac. ann. 15, 66 f. 
enus (richtiger faenus, von feo, wie roxog 
von rare) ift gleichjam die Frucht des ausgeliehenen 
Kapitals, der von dem Gläubiger einzunehmende 
Zins. Usura ift fachlich dasjelbe und bedeutet 
die für den Gebrand von dem Schuldner zu zah- 
lende Vergütung. Varr. 1.1.5, 183. Schon unter 
den Königen Big fi der Gläubiger von dem 
Schuldner Zinſen auszubedingen, und zwar von 
nicht geringer Höhe, jo daß ſchon damals die 
Armen über den Zinjendrud fagten. Zu dem hohen 
Zinsfuß fam ein anderer Übelſtand, nämlich die 
große Härte, welche in der gewöhnlichen Darlehns— 
form lag, dem nexum (.d.). Scharenweije ſchmach⸗ 
teten die armen Plebejer in den Schuldtürmen 
(ergastulum) der reichen Batricier, die alljährlichen 
Kriege richteten den häuslichen Wohlſtand der erjteren 
zu Grunde, und nur die leteren zogen Borteil 
von den erfochtenen Siegen, namentlich dadurch, 
daß die Plebejer nicht zu dem Genuſſe des eroberten 
ager publieus gelangen fonnten. Mehrmals er: 
folgte Aufruhr und Seceifion, mehrmals wurden 
Borjchläge gemacht, dem Übel zu jteuern, aber ftets 
wuhten die Batricier es jo einzurichten, daß nur 
vorübergehende Mafregeln getroffen wurden, 3.8. 
Frreilafjung der Schuldgefangenen, Stundung der 
Binfen u. dgl. Liv. 2, 23—33. So hatte allınäh: 
Ih das Wort fenus die Bedeutung von wuche— 
riſchem Zins angenommen. Die Xll Tafeln gaben 
wirkliche Abhülfe. Die Hauptitelle ift Tae. ann. 
6, 16. 17: ne quis unciario faenore amplius 
exerceret. Nach der früheren Erklärung jollte 
unciariom faenus ’/,, des Kapitals jährlich be— 
zeichnen, das würde aljo für das zehnmonatliche 
Jahr 8'.,, für das zwölfmonatliche 10 pro Cent be: 
tragen. Dagegen hat Nipperdey (j. zu Tuc. ann. 
6, 16) mit Necht bemerkt: „Die Römer berechneten 
ihre Zinjen monatlich. Unciarium faenus ift Y,, 


439 
und semunciae '/,, für das ey monatlich, 
alfo 1 umd "/, pro Cent jährlich. Diejer Ausdruck 
fann micht anders erflärt werden, als alle übrigen, 
in denen die Zinſen mit Bruchteilen der Einheit 
(de3 as) angegeben werben, von welchen es feſtſteht, 
daß fie das monatliche Zinsquantum vom Hundert 
bezeichnen.“ Doc kamen dieje Beftimmungen bald 
wieder in Bergefjenheit. Nachdem die lex Licinia 
Sestia (j. d.) durch Abzug der bis dahin zuviel 
bezahlten Zinjfen von dem Kapitale eine Erleich: 
terung gewährt hatte (376367), ernenerte die lex 
Duilia Maenia 356 v. €. (Liv. 7, 16, 1) die Be- 
ftimmmung der XII Tafeln und bedrohte die Wucherer 
mit harter Geldfirafe. Bald darauf, 346 v. E., 
wurde der Zinsfuß auf die Hälfte herabgejekt, 
faenus semuncijarium (Liv. 7, 27, 8), ja endlich 
wurde durch die lex Genucia 341 vd. E. das Dar: 
leihen auf Zinſen ganz unterfagt (vetita versura, 
Tac.). Liv. 7, 42. App. b. e. 1, 54. Trobdem be- 
egnen wir bald darauf maßlojer Willfür und 
Däufigen Beitrafungen des Wuchers, welcher ganz 
gewerbmäßig betrieben wurde. Auch fehlte es nicht 
an einfchräntenden und prohibitiven Gejeben, 3. B. 
lex lunia, Valeria u. a. Mittlerweile war durch 
den Berfehr mit Ajien und Griechenland ein neuer 
Zinsfuß in Nom aufgefommen, usura cente- 
sima, d. 5. monatlich 1 pro Cent, aljo jährlich 
12 pro Cent. Dieſer hielt ſich und blieb bis in 
die jpäteften Zeiten die anerfannte Norm; wenn 
auch Wucherer jehr oft mehr nahmen und das 
Doppelte oder noch mehr erpreften. Vgl. 3. B. 
Cic. ad Att. 5, 21. 6, 1. 2. 3, wo wir erjehen, 
daß die Römer auch in den Provinzen jchamlojen 
Wucher trieben, obwohl die lex Gabinia (f. d.) 
gerade den Schuß der Provinzialen gegen den rö- 
miichen Wucherer bezwedt hatte. Auch unter den 
Kaiſern blieb die alte Klage über Zinswucher 
(Tac. ann. 6, 17), und die Verbote waren nicht im: 
ftande, das Unweſen ganz auszurotten. Juſtinian 
jeßte den Zinsfuß auf 6 pro Cent herab. — In 
alter Zeit trieben die Patricier den —— 
faſt ausſchließlich, ſpäter wurde ſolcher Wucher für 
eines Senators unwürdig gehalten und verblieb 
dieſes Geſchäft dem inzwiſchen neu gebildeten Stande 
der equites, vorzüglich den Staatspächtern (publi- 
cani) und Geichäftsmännern (negotiatores), jowie 
den Bankfiers und Wechslern —— doch 
waren auch viele andere reiche Leute feneratores. 
Die Zinſen wurden monatlih an den Kalenden ein: 
fajltert. Der früher gejtattete Anatokiſmos, d. h. 
das Zufammenziehen des Kapitals und der rück— 
ftändigen Zinſen am Ende des Jahres zu einem 
neuen Sapitale, trug nicht wenig dazu bei, bie 
Reichtümer der feneratores zu vermehren. 

Feralia oder Parentalin, ein Feſt, welches 
man zu Rom am 21. Februar den Berftorbenen 
feierte. Man glaubte, daß an diefem Tage den 
Seiftern der Toten geftattet jei, auf der Oberwelt 
umberzujchweifen, und bradte den verftorbenen 
Berwandten Sühnopfer und ehrte ihre Gräber. 
Or. fast. 2, 569. An dem auf die Treralien fol: 
genden Tage vereinten ſich die lebenden Anver— 
wandten zu einem frohen Liebesmahl an dem Feſte 
der Cariſtia oder Chariftia. Ov. fast. 2, 617. 
Wenn man die Parentalia von den Feralia unter: 
jcheidet, jo verfteht man unter ihnen Sacra privata, 
die am Todes: oder Begräbnistage einer gewiſſen 
Perfon begangen wurden. 


440 


Fercülum, 1) ein ®ang der coena (j. d.), 
eigentlih die große Schüfjel oder das große Brett, 
auf welchem die verichiedenen Speijen hereinge: 
bracht wurden, und jodann die Speifen ſelbſt; — 
2) eine Tragbahre, 3. B. für die Götterbilder bei 
Prozejlionen, oder für andere Gelegenheiten. 

Ferentarii, früher gleichbedeutend mit rorarii 
(vgl. Acies, 6.), find auch jpäter (Sall. Cat. 60), 
jelbft noch unter den Kaifern (Zac. ann. 12, 35) 
jedesfalls eine leichte Truppengattung, die als 
Plänfler (iaculatores, quos antea Ieroniarios 
nominabant, Veg. 3, 14) das Gefecht vorberei- 
teten und begannen, nach Barro (1. 1.6, 3, 92) 
Neiterei, nad) Vegetius (1, 20) Fußvolk und mit 
Scyleuderern (funditores) zufammengejftellt. 

Ferentina, eine latinijche Gottheit von unbe- 
fannter Bedeutung, vielleicht gleich Diana. Am 
Fuße des Abaniihen Berges war ihr ein are 
(lucus Ferentinae) geweiht, wo die Latiner Ber: 
jammlungen zu halten pflegten. Zir. 1, 50. 52. 

Ferentinum, 1) Stadt in Etrurien, richtiger Fe— 
rentium, Geburtsort des Kaiſers Dtho, j. Ruinen 
"erento. Suet. Oth. 1. Plin. 3, 5. Strab. 5, 226. 

- 2) Stadt der Hernifer in Latium, im zweiten 
punijchen Kriege zerftört und dann koloniſiert; j. 
Ferentino. In dem nahen Hain am Bach der 
Ferentina (j. d.) hielten die Latiner ihre Bera— 
tungen. Liv. 1,50. 2,30. 4,51. 9, 43. 10,34 u. ö. 
Taec. ann. 15, 53. 

Feretrius j. lIupiter unter Zeus, 9. 

Feriae. Die Tage des Jahres teilten die Rö— 
mer in dies festi, die dem Dienſte einer Gottheit 
geweiht waren, und dies profesti, Werfeltage, 
an denen die gewöhnlichen Öffentlichen und Privat: 
geichäfte betrieben wurden. Die dies festi hießen 
auch feriae, bejonders wenn fie mehrere Tage 
nacheinander dauerten. Man teilte fie ein in feriae 
publieae und privatae; die legteren wurden 
von einzelnen Perſonen oder familien begangen, 
z. B. bei Geburtstagen, einer Totenfeier (feriae 
denicales) u. f. f. Die publicae find legiti- 
mae, die regelmäßigen Feittage, und die concep- 
tivae, welche entweder jährlich auf bejtimmte oder 
willfürliche Tage (deshalb indictivae) oder auch 
außerordentlich angejeßt wurden. Die feriae im- 
perativae wurden bei bejonderen Fällen des 
Slüds oder Unglüds angejagt. Solche feriae im- 
perativae waren die fenovemdiales. Liv. 1,31. 
Durch die Bearbeitung der Fasti in Mommijens 
Corp. I. L. I p. 293—412 ift der römische Feit- 
falender für das ganze Kahr Hargeitellt. 

Feriae Latinae, uralte Bundesfeftverfammlung 
der latinischen Städte unter der Hegemonie von 
Alba Longa. Nach Zerſtörung desjelben und der 
Überjiedelung der Einwohner nah Rom ftellten 
ſich die römischen Könige an die Spike des Bundes 
und vollzogen das jährliche Bundesopfer zunächſt 
in dem Tempel der Diana (Liv. 1, 45) auf dem 
Aventiniſchen Berge, ſpäter wieder auf dem Alba— 
nischen Berge (j. Monte Cavo). Dieje feriae La- 
tinae wurden jelbft nach mehrmals wiederholten 
Kriegen mit den Latinern und bei ganz veränder- 
ter ftaatlicher Stellung von Rom und Latium bis 
in die jpäteften Zeiten beibehalten, und jährlich 
mußten fich die beiden Konſuln zweds Darbringung 
eines Opfers nach dem Albanijchen Berge begeben. 
Auf die Zeit ihrer Abwejenheit wurde in Rom 
ein praefectus urbi gewählt (j. d., 3.), aud) prae- 


Ferculum — Festus. 


fectus feriarum latinarum genannt. Liv. 5, 17. 
21,635 u. Ö. 

Feriae scholärnm. Bejondere Schulferien gab 
es in Griechenland wohl nicht. An Rom waren 
regelmäßige Schulferien an den Saturnalien und 
Duinquatrien (Hor. ep. 2, 2, 197. Plin. ep. 8,7), 
unregelmäßige an den Tagen der Spiele und an: 
derer öffentlicher Feſtlichkeiten. In den Elemen: 
tarjchulen gab es 4 Monate Sommerferien, näm- 
li) von den den des Juni bis zu denen des 
Oftober, was wegen der Wein- und Dlivenernte 
wedmäßig war. Hor. sat. 1, 6,75. Mart. 10, 62. 
dgl. Beder-Söll, Gallus II ©. 88 ff. 

Feronfa, eine altitalifche Göttin, am Berge 
Soracte im Lande der Capenaten, wo es an das 
der Latiner und Sabiner grenzte, verehrt. Sie 
hatte dort einen heiligen Hain und einen jehr reichen 
Tempel und erhielt die Erftlinge der Früchte zum 
Opfer. In der Nähe wurden ftarfe Märkte ge: 
alten. Dionyfios von Halifarnaf (2, 49) nennt 
he Avrdnpöoog, Pılooriparog oder Ilsgsep6rn. 
Liv. 26, 11. 27, 4. 33, 26. Strab. 5, 226. Ihr 
Sohn war Herilus, König in Pränefte, dem fie 
3 Seelen gegeben hatte, jo daß er dreimal von 
Evander getötet werden mußte. Verg. A. 8, 561 ff. 

Feroniae lueus hieß ein Hain der Göttin 
Feronia (f. d.) nebft reichem Tempel bei Capena 
in Etrurien am Soracte, wo ein bejuchter Markt 
gehalten wurde. Liv. 1, 30. 26, 11. 27, 4. 33, 26. 
Verg. A.11,785. Dion. Hal. 3, 32. — Ein anderer 
Hain der Feronia mit Quelle befand ſich nach Horaz 
(sat, 1, 5, 24) in der Nähe von Anxur. 

Ferüla, griechiſch vde®ng, eine Staude, die auf 
ftarfen, äftigen Stielen mit vielem Marfe 10 F. 
und nocd höhere Blätter und gelblidy blühende 
Dolden treibt. Man jchnitt Ruten zur Züchtigung 
daraus. Hor. sat. 1, 3, 120. Juv. 6, 479. Bal. 
auch NaesnmE. 

Fescennina carmina f. Satira. 

Fescennium j. Etruria, 6. 

Festüca hieß der Stab (aucd, virga, vindicta), 
welchen der Herr feinem bisherigen SHaven bei 
dem feierlichen Entlafjungsafte (j. Manumissio) 
auf das Haupt legte. Plaut. mil. 4, 1, 15. Pers. 
5, 88. Daraus wurde jpäter ein Badenftreich, den 
der Freizulaſſende empfing. 

Festus, 1) Sertus Bompejus. Als in der 
Zeit des Auguftus viele Ausdrüde bei den älteren 
Schhriftjtellern für die damalige ftart veränderte 
Sprache unverftändlich zu werden anfingen, jchrieb 
der gelehrte und in jeiner Zeit allgemein verehrte 
Srammatiter und Altertumsforjher M. Berrius 
Flaceus ein ausführliches Werf unter dem Titel 
de significatu verborum, in welchem er in alpha— 
betijcher Folge (jeder Buchſtabe umfahte mehrere 
Bücher) nicht mur veraltete Wörter erflärte, jondern 
auch die Bedeutung der älteften Staatseinrichtungen 
und religiöjen Gebräuche mit großer Gelchriamteit 
erläuterte. Aus dieſem Werfe veranitaltete der 
ſonſt gänzlich unbefannte Grammatifer ©. Bon: 
pejus Feſtus, wahrjcheinlich im 2. Jahrhundert 
n. E., einen Auszug in 20 Büchern unter dem: 
jelben Titel, welcher dem Bedürfnis der damaligen 
Zeit bejjer entiprady, als das ausführliche Wert 
des Verrius, und diejes bald ganz verdrängte. Der 
Auszug des Feſtus aber wurde von dem Priefter 
Paulus (ohme fichere Berechtigung gewöhnlich 
Diaconus zubenannt) unter der Regierung Karls 


Fetialegs — Fidueia. 


des Großen aufs nene in einen dürftigen Auszug 
gebracht, indem die gelehrten Ausführungen, twelche 
auc in dem Buche des Feſtus noch ftehen geblie- 
ben waren, ganz weggefallen und nur furze Er: 
flärungen von einzelnen Ausdrüden, aber meijtens 
mit den eigenen Worten des Feſtus, übrig ge: 
blieben find. Nur diefer legte Auszug ift uns voll: 
ftändig und in vielen Handjchriften erhalten; von 
dem Werte des Feſtus befiben wir nur größere 
Bruchftüde, welche in einer einzigen aus dem 
11. Rahrh. ftammenden, jehr verjtümmelten Hand: 
ſchrift (jet in Neapel) erhalten und durch eine Menge 
von auserlejenen grammatijchen und antiquarifchen 
Notizen von der höchſten Wichtigfeit find. Hauptausg. 
von Otfried Müller (1839; nene unveränderte Ausg. 
mit Anhang 1880); Tertausg. von Egger (1838). 
— 2) Rufus Feftus, j. Rufus, 3. 

Fetiäles (nad) Servius zu Verg. A. 1, 62 von 
fides oder foedus, wofür Ennius aud) fidus jagte, 
nad) 2. Yange von fateri, fari, fas, aljo „Sprud): 
männer”). Dem von Numa oder Ancus Marcius 
eingejegten Kollegium der Fetialen, das aus 20, 
nah Flin. 28, 2 aus 15 Mitgliedern beftand, lag 
ob, unter heiligen Gebräuchen den Krieg anzu— 
fündigen und Friedensverträge abzuſchließen. Sie 
wurden aus den angejehenjten Familien durch 
Kooptation lebenslänglich gewählt und waren un: 
verleglih. Hatte ein Wolf dem römijchen Staate 
eine Beleidigung zugefügt, jo gingen gewöhnlich 
4 Fretialen in die nächite Grenzftadt desjelben und 
forderten Genugthuung (res repetere. clarigatio); 
erfolgte dieje binnen 30 Tagen nicht, jo gingen 
fie wieder bis zur feindlichen Grenze, und der 
Sprecher warf unter den Worten: bellum iustum 
indico facioque eine Lanze (hasta ferrata, san- 
guinea praeusta) ins feindliche Zand. Liv. 1, 32. 
4, 30. Dion. Hal. 2, 72. Als diefe Ceremonie 
an ber Grenze wegen der Ausdehnung des Reichs 
nicht mehr möglich war, verlegte man fie zur Zeit 
des Pyrrhos in die Nähe des Tempels der Bellona. 
Ov. fast. 6, 205. Serv. ad Verg. A. 9,53. Auch 
in jpäteren Zeiten fehrte dieſe Sitte wieder; 3. B. 
Octavian erflärte durch jolche Ceremonie der Kleo— 
patra den Krieg (Dio Cass. 50, 4) und Antoninus 
(177 n. €.) den Skythen (da. 71, 33). Bei Frie— 
densſchlüſſen jchlachtete der pater patratus (ein 
jedesmal aus der Mitte des Kollegiums dazu er: 
nannter Fetial) ein Schwein mit fteinernem Mteffer 
(foedus icere, ferire, percutere) und warf dann 
das Meſſer weg mit den Worten: si sciens fallo, 
tum me Diespiter salva urbe arceque bonis 
eiciat, ut ego hunc lapidem, Anders Liv. 1, 24: 
Tu, Iuppiter, populum Romanum sie ferito, 
ut ego hunc porcum hic feriam. Id ubi dixit, 
porcum saxo silice pereussit. Much bei andern 
italiichen Bölferjchaften fommen die F. vor. Fest. 
s. v. Feretrius. 

Fibrenus, ein Flüßchen, das Ciceros Grundftüd 
in Arpinum berührte (Cie. legg. 2, 1, 1. 3, 6) 
und fi in den Liris ergoß; j. Fiume della Pojta 
oder Fibreno. 

Fictilia j. Vasa, 1. 

Fietio, eine durch das prätorifche Recht ge: 
ſchaffene Milderung des ftarren Rechts, eigentlich 
eine Rechtsumgehung, nach welcher etwas als ge: 
ichehen oder als vorhanden angenommen werden 
fol, wenn es auch nicht der Fall ift. So z. B. 
ward für manche Klagen ein PBeregrinus als Bür- 


441 


ger dvorgeftellt, weil er die Klage als Peregrinus 
nicht hätte anftellen können, oder es wurde jemand, 
der in der Kriegsgefangenſchaft geftorben war, um 
feinem Teftamente Gültigkeit zu verichaffen, an- 
geſehen als einer, der in der Freiheit gejtorben. 

Fidei commissum hieß die in dem Teftament 
ausgejprochene Bitte des Erblaffers an die Erben, 
einzelne Teile der Erbichaft an gewiſſe Berjonen 
auszuhändigen, welche nad) dem ftrengen Recht 
gar nicht oder nur eine geringe Summe hätten 
erben dürfen, 3. B. an Peregrinen, Frauen u. a. 
Bis auf Auguft hing es ganz von der Fides und 
Pietät der Erben ab, ob fie die letzte Bitte er: 
füllen wollten; jeit Muguftus wurden die Fidei— 
fommifje auch rechtlich anerfaunt und zulegt den 
Legaten ganz gleichgejtellt. 

Fideiussio ift die jpätere, allgemeinfte Form 
der Bürgichaft, welche wahrſcheinlich aus dem prä- 
torijchen Rechte ftammt. Auf die Frage: idem 
fide tua esse iubes? antwortete der Bürge: fide 
mea esse iubeo und verpflichtete fich dadurch. 

Fidönae, jeltener Fidena, eine Meile norbd- 
öftlich von Rom zwiichen Tiberis und Anio auf 
dem jeßigen Feljen Giubileo gelegene Stadt, ge: 
hörte urjprünglich zum Gebiete der Sabiner, ſchloß 
fich aber ftet3 an Beji an, jo daß die Römer zu 
mehreren harten Kriegen gezwungen waren und 
im J. 437 v. E. die Stadt zerftörten, worauf die- 
jelbe fich nicht wieder zur Bedeutung erhob, fon: 
dern nur als Landgemeinde fortbeftand. Liv. 
1, 14. 27. 4, 17. 22. 31. Zur Zeit des Tiberius 
ftürzte das jchlechte hölzerne Theater ein, wobei 
20 000 (Suet. Tib. 40) oder gar 50 000 (Tae. ann. 
4, 62) Menſchen umtamen. 

Fidentia oder Fidentiöla, j. Borgo S. Do: 
mino, Stadt im cisalpiniichen Gallien, an der 
Strafe von Placentia nad) Parma. Hier fiegte 
Sulla im %. 82 v. C. über Carbo. Vell. Pat. 
2, 28. Liv. ep. 88. 

Fidepromisslo, eine alte civilrechtliche Bürg— 
ichaftsform, von der die Peregrinen urjprünglich 
ausgejchloffen waren. Hier wurde gefragt: idem 
fide tua promittis? 

Fides, Berjonififation der Treue im Halten der 
Beriprehungen und Eide. Sie hatte von Staats 
wegen (f. publica) einen jehr heiligen Dienft, 
welchen Numa eingejegt haben jollte. Liv. 1, 21. 
Er hatte ihr ein Heiligtum erbaut und ein Feſt 
angeordnet, an welchem ihre Priefter, während fie 
ihr Weihrauch opferten, die Hände bis an Die 
Fingerſpitzen umhüllt hatten. Ein Tempel mit 
einer Bildjäule der Göttin im weißen Gemwande 
(f. candida, Hor. od. 1, 35, 21) jtand auf dem 
Eapitol in der Nähe des Jupitertempels (Cie. n. d. 
2, 23, 61); im diefem, von A. Atilius Calatinus 
(j. Atilii, 1.) erbauten Tempel wurden Staats: 
verträge aufgeitellt. Ihre Symbole und Attribute 
find Uhren und Früchte, verichlungene Hände und 
eine QTurteltaube. 

Fidius deus ſ. Sancus. 

Fiducla, eine Abmachung, welche bei der auf 
get beichränften Übergabe einer Sache mit dem 

ertrauen der Zurückgabe geihah, die aber ur: 
ſprünglich nur von der Fides des letzteren abhing. 
Diejer Vertrag wurde angewendet bei Übergabe 
eines Pfandes (j. Pignus) oder eines Depofitum, 
ebenjo bei der Emancipation (j. Emancipatio). 
Die Erfüllung des Verſprechens galt als heilige 


442 


Pflicht und fonnte durch eine actio fidueiae er- 
zwungen werden. 

Figülus ſ. Nigidius. 

Fimbria j. Flavii, 7. 9. 10, 

Finanzen j. Staatshaushalt, 

Firmieus, AJulius Firm. Maternus, ein 
lateinifcher Schriftfteller des 4. Jahrh. n. E., jchrieb 
außer andern Büchern um 336 ein größeres Wert 
Matheseos libri VIII an den Profonful Mavor: 
tius Pollianus (355 Konſul), das aber nur aftro: 
logiichen Inhalts ift und ſich hauptjächlih über 
den Einfluß der Geſtirne auf das Leben und 
die Schidjale der Menjchen verbreitet. Erft im 
13. Jahrh. wird es erwähnt, jeit 1551 ift es nicht 
wieder gedrudt, mweil die Aftrologie ihre Bedeu— 
tung verloren hat. Selbft Leſſings Ergänzungen 
(8b. 9 ©. 409—430 der Lachmannſchen Ausgabe) 
haben noch feinen zur Verbeflerung des jehr ver: 
dorbenen Tertes und jchlecht geichriebenen Buches 
veranlafien können. Vergleiche über feine Sprache 
die Abhandlung von 5. Drefiel: lexikaliſche Be- 
merfungen zu Firm. Maternus (1882). — Noch 
befiten wir unter demjelben Autornamen eine 
chriftlich = apologetifche Schrift: de errore profa- 
narum religionum ad Constantium et Constan- 
tem Augustos, welde den Polntheismus vom 
euhemeriftiichen Standpunft aus befämpft und die 
weltliche Gewalt zur Unterdrüdung der Myſterien 
und der fonftigen Nefte des heidniichen Glaubens 
geradezu aufruft, Die Abfaffungszeit derjelben 
(zwifchen 343 und 348) fowie die genaue Kenntnis 
mehrerer klaſſiſchen Schriftteller und der orienta- 
liichen Religionen würde für die Identität des 
Verfafjers mit dem eritgenannten Firm. Maternus 
jprechen, der ja inzwiſchen zum Chriftentum über- 
getreten fein könnte. Aber es jcheint feftzuftehen, 
daß diejer noch 354 ein Heide war. Ausgg. von 
Burfian (1856) und Halm (1867, zufammen mit 
Minucius Felix). 

Firmum j. Picenum, 

Fisens,, eine von Auguftus neben der Staats: 
fafje (aerarium, ſ. d.) eingerichtete faijerliche Pri: 
vatichatulle, über die der Kaiſer jelbftändig ver: 
fügen fonnte. Sie wurde gefüllt durch Einnahmen 
aus den faiferlihen Provinzen jowie aus den 
faijerlichen Gerechtſamen in den jenatorijchen Pro: 
vinzen (j. Procurator und Tac. ann. 2, 47), 
durch Erbichaften, die dem Kaiſer durch Teftament 
zufielen, bisweilen auch durch eingezogene Güter 
Verurteilter, infomweit fie frühere Schenfungen aus 
der laiſerlichen Kafie betrafen. Zac. ann. 4, 20.6, 2. 

Fistüla j. Syrinx. 

Flabellum, Fächer und Wedel, um Inſekten 
zu verfcheuchen und um Kühlung zuanfächeln. Sie 
waren aus Pfauenfedern und dünnen Solzplatten 
und andern leichten Stoffen kunſtreich verfertigt. 

Flacens, 1). Horatii, 6. — 2) €. Balerınd 
Fl., ein römischer Epifer des 1. Jahrh. n. E., 
wahricheinlich ein Rrovinziale, vielleicht aus Hiſpa— 
nien ftammend, lebte in Rom, wo er das Amt 
eines Quindecimvir sacris faciundis befleidet zu 
haben fcheint, und ftarb frühzeitig, jedesfall$ vor 
90, weil Duintilian (10, 1, 90) mit den Worten 
multum in Valerio Flacco nuper amisimus jei- 
nen kurz vorher erfolgten Tod beflagt. Die in 


Handichriften ſich findenden Beinamen Balbus 


Setimus find unficher und nicht 


u erflären. 
Tem Kater Veipafian hat er fein — 


ches Gedicht 





Figulus — Flamen. 


Argonautica in 8 Büchern gewidmet, das uns 
nicht bloß fehr verdorben, jondern auch unvoll— 
ftändig in dem letzten Buche überliefert it. Daß 
er fih in Bezug auf den Stoff an Apollonios 
von Rhodos (ſ. d.) angeichloffen hat, ift unzweifel 
haft, aber er hat jein Gedicht auf einen größeren 
Umfang angelegt und wenigitens 12 Bücher be- 
abjichtigt. Hauptſache ift die malerische Bejchrei- 
bung der Gegenden, welche die Argonauten auf 
ihrer fahrt berühren. Hat er in einigen Teilen 
durch Lebendigkeit der Schilderung, jchärfere Cha: 
rafterzeihnung und Motivierung der Begeben- 
heiten fein Vorbild übertroffen, jo fteht er ihm 
in andern Teilen wegen feiner jchwülftigen Über: 
treibungen, rhetorifhen Ausjchmüdungen, uns 
pafjenden Bilder und Bergleichungen nad. Dies 
macht auch das Berftändnis ebenjo ſchwierig als 
die mühjelige Gelehrſamkeit, die er in Täftiger 
Fülle entwidelt. Sein Vorbild in der Sprache war 
Vergil, dem er freilich an Klarheit und Geichmad 
weit nachiteht. Dieje Härte und Dunkelheit ift 
die Beranlaffung geweſen, daß jein Werk fchon im 
Altertum weniger beachtet worden ift. — Altere 
Ausgg. von N. Heinfius (1680) und PB. Bur— 
man (1702 und 1724), neuere von Thilo (1863), 
Schenkl (1871) und Bährens (1875). 
Flagellum, Geißel oder Knute, aus Leder 
geflochten und durch allerlei Mittel empfindlicher 
gemacht, jpäter fogar gegen die Chriften mit ein- 
geflochtenen Bleitugeln (plumbatae). Nur die 
Sklaven wurden damit gezüchtigt (Juv. 6, 478), 
in gelinderer Form mit der scutica (Hor. sat. 
1, 3, 119); außerdem diente es als Peitiche zum 
Antreiben der Tiere; ſ. auch Verbera. 
Flamen, Flamines (a filo filamen, quod 
per syncopam flamen dieimus, Prise; in 
neuerer Zeit von flare, d. h. vom Anblajen des 
Feuers, richtiger wohl von flag- [Hagrare] ab: 
aeleitet, „der freuerzünder‘). Die Flamines waren 
in Rom Priefter einzelner Gottheiten, 15 an der 
Zahl, zum Teil wenigftens von Numa (Liv. 1, 20) 
eingejebt und in fpäterer Zeit vom Pontifer Mar. 
inauguriert. Ihr Amt (flamonium, nicht flami- 
nium) war lebensfänglich, fonnte aber bei gewiſſen 
Fällen verloren gehen. Sie trugen einen Hut 
(apex, |. d.), woran ein furzer Zweig mit Wolle 
war, oder ftatt des Hutes ein Band (klum) um 
die Prieftermüße, weil es ihnen nicht erlaubt war, 
ganz barhaupt zu gehen. Sie zerfielen in Fla- 
mines maiores, die aus patricifchen, und F}, 
minores, die auch aus plebejiichen Geichlechtern 
ewählt wurden. Die Fl. maiores waren der Fl. 
)ialis, Fl. Martialis und Fl. Quirinalis, 
Zu den minores gehörten unter andern der Fl. 
Voleanalis, Pomonalis, Carmentalis, Floralis. 
In der Kaiferzeit famen zu den 15 Flamines auch 
noch Flamines vergötterter Kaiſer. Der vornehmfte 
unter allen war der Fl. Dialis, der Priefter des 
Aupiter. Er hatte als Auszeichnung einen Yiltor, 
die sella curulis und die toga praetexta, hatte 
nad) altem Recht Sib im Senate, durfte aber in 
alter Zeit fein Staatsamt befleiden (Ziv. 4, 54, 7). 
Er mußte durch gewiflenhafte Beobachtung von 
allerlei Borjchriften die Reinheit und Heiligkeit 
feiner Perſon zu erhalten juchen. (Geil. 10, 15. 
So durfte er nicht reiten, fein Heer unter Waffen 
jehen, nicht fchwören, feinen Ring tragen, er fei 
denn durchbrochen, feinen Knoten an fich tragen 


Flaminia — Flavii. 


Ring und Knoten find Zeichen der Feflelung), 
durfte niemanden arbeiten jehen und dergl. mehr. 
Er mußte aus einer durch Confarreatio gejchloffe: 
nen Ehe entiprofien fein und jelber in ſolcher Ehe 
leben, die nicht aufgelöft werden konnte (Tac. ann. 
4, 16. Gell. 10, 15); .ftarb feine rau, jo mußte 
er fein Amt niederlegen. Plut. quaest. rom. 50. 
Er durfte früher feine Nacht, jpäter feine 2 Nächte, 
auch nicht öfter als zweimal im Jahre, außer der 
Stadt bleiben, damit er die täglichen Opfer des 
Jupiter bringen fonnte. Tac. ann. 3, 71. Nur 
im Notfall verrichtete dieje jeine Gemahlin, die 
Flaminica Dialis. Dieſe war ftet3 Priefterin 
der Juno; fie trug ihr mit purpurnem wollenem 
Bande durchflochtenes Haar in Form einer Pyra— 
mide (tutulus), hüllte das Haupt in einen Schleier 
(Hammeum) und trug ein langes Kleid von Wolle 
und auch mit Wolle genäht, wahrjcheinlich purpurn 
(Gell. 10, 15, 27), ihre Schuhe waren don einem 
geopferten Tiere (Serv. ad Aen. 4, 518). Geit dem 
eriten Bürgerkriege (der lebte am. Dialis, Merula, 
tötete jich jelbit 86 v. E.) blieb diejes Prieiter- 
tum unbejegt bis 13 v. E. (Tac. ann. 3, 58), nad) 
Dio Cass. 54, 36 bi 10 v. €. 

Flaminia via f. Via. 

Flaminica j. Flamen. 

Flaminii, eine plebejiiche Familie: 1) C. Fla— 
minius, Urheber eines Adergejeßes im J. 232 
v. E., das er als Bolfstribun (Pol. 2, 21, 7) troß 
des Wideripruches des Senats (vermutlich 228, 
Cie. Cat. m. 4, 11) durchſetzte, wenngleich erft nach 
langen und heftigen Kämpfen, im denen er auch 
mit feinem eigenen Bater in Konflikt geriet. Cie. 
a.a. DO. Brut. 14. Prätor im J. 227, machte er 
ſich in feiner Provinz Sicilien jehr beliebt. Liv. 
33, 42. Als Konful ſchlug er 223 die infubriichen 
Gallier an der Addua (Liv. 22, 6), wenngleich die 
ihm feindlichen Optimaten, welche die Konſulwahl 
für ungefeglich erklärten, feine Zurüdberufung nod) 
vor der Schlacht veranlaft hatten; doch gehorchte 
er diejem Befehle nicht. Pol.2,32f. Plut. Mare. 4. 
Liv. 21, 63. Als Cenjor (220) legte er die via 
Flaminia und den circus Flaminivus an. Später 
erwarb er fih, als Gegengewicht gegen den Haß 
der Optimaten, die Gunst des Volles in hohem 
Grade, bejonders da er der einzige Senator war, 
der das gegen den Handel der Senatoren gerichtete 
Geſetz des Tribunen Claudius unterftügte. Darauf 
übernahm er, zum zweitenmal Konſul, den Ober: 
befehl gegen Hannibal, wurde aber, al3 er feinem 
Gegner unvorjichtig entgegenzog, am Trafimeni: 
ichen See gänzlich geichlagen und fiel ſelbſt in der 
blutigen Schlacht. Liv. 22, 3 ff. Plut. Fab. Mar. 27. 
Pol. 3, 77 ff. App. Hann. 8 ff. Nep. Hann. 4. — 
2) Sein Sohn, E. Flam., focht unter Scipio im 
I. 210 v. C. in Spanien, ward darauf Adil und 
ichenfte dem Bolfe eine große Menge Getreide. 
Nachmals Prätor, kämpfte er wiederum in Spa— 
nien (193) mit Glüd. Als Konſul (187) befiegte 
er die Ligurier (Liv. 39, 1); auch gründete er im 
3. 181 die Kolonie Aquileja (Liv. 40, 34). Biel: 
leicht hat er an der Erbauung der Straße nad) 
diejer Kolonie einigen Anteil. — 3) E. Flam., 
mit M. Plätorius iudex quaestionis de sicariis 
im 3. 66 v. E. (Cie. Cluent. 53), vorher curuli- 
cher ÜUdil. — 4) E. Flam. von Arretium, mur 
befannt als einer der Teilnehmer an der Ber: 
ſchwörung Catilinas. Sall. Cat. 36. 


443 


Flaminini f. Quintii, €. 

Flavfi, Name ſabiniſcher, tuſtiſcher und anderer 
altitalifcher Familien: 1) M. Flav., Bolfstribun 
im %. 328 und 323 v. E. Liv. 8, 22. 37. — 
2) En. Flav., Schreiber des Appius Claudius 
Cäcus, wahricheinlich ein Sabiner, curuliſcher Ädil 
304 v. C. Mit Unterjtüßung jeines Patrons ftellte 
er ein Verzeichnis der dies fasti und nefasti auf 
dem Forum auf (Liv. 9, 46) und legis actiones 
composuit d. h. er verfaßte ein juriftifches Wert, 
ius Flavianum nach ihm benannt, in welchem die 
Formeln und ſymboliſchen Handlungen, mit denen 
Klagen einzuleiten waren, zufammengejtellt waren. 
Cie, Mur. 11, 25. de or. 1, 41, 186. Val. Max. 
2,5,2. — 3) Flavius oder Flavus, ein Yu: 
caner, verriet den Profonjul Ti. Sempronius 
Gracchus im zweiten punijchen Striege (213 v. E.) 
den Karthagern, fo da er ben Tod fand. Lir. 
25, 16. — 4) Ein anderer Flav. war Kriegs— 
tribun im römischen Heere (210 v. E.). — 5) Flav. 
(nach andern Fulvius) Flaccus, Senator, verriet 
dem Ti. Gracchus im J. 133 v. E., daß man feine 
Ermordung beabfichtige. Plut. Tib. Gracch. 18. — 
6) E. Flav. Fimbria, ſchwang ſich (als homo 
novus) aus niederem Stande zu hohen Amtern 
empor (Cie. Verr. 5, 70) und wurde Konſul (104 
v. E.). Wegen Erpreffungen während jeiner Pro— 
vinzialverwaltung, angellagt, wurde er troß des 
Beugniffes des Amilius Scaurus freigeiprocen. 
Cicero, der einen weiſen Richterfpruch von ihm an: 
führt (off. 8, 19, 77), nennt ihn (Brut. 34, 129) 
auch als Redner. — 7) E. Flav. Bujio, aus 
dem MNitterftande, Gegner des Tribunen Yivius 
Drufus und feines Geſetzes wegen Beftechung der 
als Nichter fjungierenden Ritter, 91 v. E. Cie. 
Cluent. 56. — 8) E. Flav. Fimbria, Genofie 
des Marius und Einna, ein Menjd von der größ— 
ten ZTollfühnheit und Ruchlofigfeit (Cie. Hose. 
Am. 12), tradhtete dem DO. Mucius Scävola nad) 
dem Leben, ging mit dem Konſul L. Valerius 
Flaccus im J. 86 v. C. nach Miien, erwarb ſich 
bier durch allerlei Künfte die Gunft des Heeres, 
geriet mit dem Konful in Streit, erregte eine 
Meuterei gegen ihn und tötete den flüchtigen, aber 
von ihm verfolgten und eingeholten Konjul zu 
Nitomedeia in Bithynien. Plut. Sull. 23. Oros. 
6, 2. Fimbria befiegte den Mithridates darauf 
in mehreren Treffen, bejtrafte die Anhänger Sullas 
mit Härte und verübte die größten Grauſamkeiten. 
Als aber Sulla (84) jelbft nach Aſien kam, jchlug 
diejer ihn bei Thyateira in Lydien und belagerte 
ihn. Als Fimbria nad) vergeblichem Verſuche, 
Sulla durch Meuchelmord zu töten, ſich von dort 
nach Pergamos geflüchtet hatte, ließ er ſich da— 
jelbft durch einen Sklaven den Tod geben. Vell. 
Pat, 2, 24. Plut. Sull. 23 ff. — 9) Sein Bruder, 
Flav. Fimbria, diente im Kriege gegen Sulla 
unter Norbanus (82 v. E.) und ftarb durch Meuchel: 
mord. — 10) 2. Flav., Zeuge gegen Berres (Cie. 
Verr. 5, 59), römijcher Ritter. — 11) €. Flav., 
freund des Calpurnius Piſo, Schwiegerjohnes des 
Cicero. Cie. ad fam. 13, 31. — 12) 2. Flav., 
Prätor im J. 58 v. E., von Cicero jehr begünftigt. 
Cie. ad Qu. fr. 1, 2,3. Als Tribun (60) brachte 
er ein Adergejeß zu Gunften der Beteranen des 
Pompejus ein. Cie. ad Att. 1, 19. Später jcheint 
er es mit Cäſar gehalten zu haben, der ihm Sici- 
lien übertrug. — 13) €. Flav., Freund des Bru- 


444 


tus, fiel bei Bhilivpi. Plut. Brut. 51. — 14) Flav. 
Gallus, Kriegstribun unter Antonius, fiel in 
deifen parthiichem Feldzuge. Plut. Anton. 42 f. — 
15) Flav. Scävinus, Senator zur Zeit Neros, 
nahm teil an der Berfchwörung des Pifo. 7Tac. 
ann. 15,49 ff. — 16) Flav. Subrius, diente 
unter den Prätorianern als Tribun und war nad) 
Tacitus (ann. 15, 49 ff.) einer der entſchloſſen— 
ften Teilnehmer an der Verſchwörung Piſos. — 
17) Flav. Caper, ſ. Caper. — 18) Flav. Phi: 
foftratos ſ. Philostratos, 2. — 19) f. Ve- 
spasianı, 

Flavus (der Blonde), 1) ſ. Flavii, 3. 
2) Bruder des Arminius (f. d.), diente im römischen 
Heere und nahm an dem Zuge des Germanicus 
nach Germanien im J. t6n.®. teil. Tac.ann.2,9 f. 

Flevo lacus, See Germaniens im Gebiete der 
Frifii, hart an der Küſte; durch ihn ging ein Arm 
des Rhenus, Flevum ostium, noch jest Blie— 
ftrom genannt. Eine Inſel befand fih in dem: 
jelben. Mela 3,2,8. Durch mächtige Sturmfluten, 
die in das Feſtland einbrachen, ift er im 13. Jahrh. 
in einen Meerbufen verwandelt worden, den heu— 
tigen Zuyderſee. 

Flora, die römiſche Göttin der Blüte und bes 
Rrühlings, deren Dienft Titus Tatius angeordnet 
und der Numa einen bejonderen Flamen Floralis 
eingejeßt haben joll. Ahr Tempel befand ſich in 
der Nähe des Eircus Marimus. Vom 28. April 
bis zum 3. Mat feierte man ihr die Floralia, 
an denen man die Thüren mit Blumenkränzen 
ſchmückte und jih, mit Blumen befränzt, cinem 
fröhlichen, ausgelafjenen Xebensgenuffe überlich. 
Die Frauen trugen dann bunte $tleider, was jonjt 
verboten war, Op, fast. 5, 183. Die Floralia 
find ſchon 241 v. E. geftiftet und 173 ein ſtehendes 
Feſt geworden. Or. fast. 5, 277. Tac. ann. 2, 49, 
Die dabei üblichen circenfiihen Spiele wurden von 
den Adilen, curulischen und pilebejiichen, veran: 
ftaltet. — Flora wurde einer griechiſchen Früh: 
lingshora ähnlich dargeftelt. Man identifizierte 
fie mit der griechiichen Chloris (der Blühenden'), 
der Gemahlin des Zephyros und Mutter des Kar: 
pos (Frucht). 

Floralia ſ. Flora. 

Florentia j. Etruria, 3. 

Floriänus, M. Annius, Bruder des Naifers 
Tacitus (ſ. d., 2.), wurde nach deifen im April 
276 n. E. erfolgten Tode als Kaiſer anerkannt, 
fam aber bereit? nad 3 Monaten, im Begriff 
gegen den Gegenkaiſer Brobus zu Felde zu ziehen, 
zu Zarjos durch eine Soldatenverfhwörung um. 
Vopise, Flor. 1. Zos. 1, 64. 

Florus, 1) Julius, gehört zu den jüngeren 
Freunden, twelche Horaz durch Gedichte geehrt hat. 
Der dritte Brief des erften und ber zweite des 
zweiten Buches der Briefe find an ihn gerichtet. 
In dem erfteren finden wir ihm unter der gelchr: 
ten Umgebung des Tiberius, als diejer im J. 20 
v. C. von Auguſtus mit einem Deere nach Arme: 
nien gejandt wurde, um dort Tigranes als König 
einzufeben (Vell. Pat. 2, 94. Tae, ann. 2, 3), in 
dem andern gleichfalls unter den Begleitern des 
Tiberius, wahricheinlich in dem pannoniſch-dal— 
matiichen Feldzuge (11 v. Ei. Daß Horaz jein 
Talent hochſchätzt, daß er ihm als Redner oder 
Sadywalter oder Dichter gleich günftigen Erfolg 
veripricht, zeigt ep. I, 3, 20—25 ganz dentlich. 





Flavus — Florus. 


Das amabile carmen ift nicht auf Liebesgedichte 
zu beichränten, jondern paßt auf alle Fleineren 
Dichtungen. Borphyrion, der Scholiaft, nennt ihn 
satirarum scriptor und läßt von ihm eine Aus: 
wahl aus den Werfen der ausgezeichnetſten Sati- 
rifer, des Ennius, Lucilius und Varro, veranftal: 
ten. Uber feine Berhältniffe iſt Genaueres nicht 
befannt, und die Beziehung auf gleichnamige Ber: 
ſonen jener Zeit durchaus unficher. M. Seneca (con- 
trov. 9, 2, 23) nennt einen Florus unter den Zu: 
hörern des berühmten Rhetors Latro, Duintiltan 
(10, 3, 13) einen Julius Florus in eloquentia 
Galliarum princeps, und Tacitus (ann. 3, 40) 
bei dem Aufftande der Gallier 20 n. E. gleichfalls 
einen Julius Florus ald exstimulator acerrimus 
inter Treviros (j. Iulii, 14.). Eine an ihn ge: 
richtete Ode des Horaz, die 1778 in Rom gefunden 
und von Billoijon zuerjt befannt gemadht tft, wird 
jest niemand mehr für echt halten. — 2) Florus, 
der Gejchichtichreiber, lebte im 2. Jahrh. n. E., 
etwa unter der 117 beginnenden Regierung Ha— 
drians, jedesfall® nach Trajan (praef.: a Caesare 
Augusto in saeculum nostrum hand multo 
minus anni ducenti, quibus inertia Caesarum 
quasi consenuit atque decoxit, nisi quod sub 
Traiano prinecipe movit lacertos et praeter 
spem omnium senectus imperii quasi reddita 
inventute reviruit), und ftammte wahricheinlich 
aus Wfrifa. Uber jeine Berjon herrichen wegen 
der vielen gleichnamigen Männer: jehr verichiedene 
Anfichten. Die beiten Handichriften nennen ihn 
Julins, nicht 8. Annäus Florus, fein Buch nicht 
epitomae de gestis Romanorum Il. IV, jondern 
epitomae de Tito Livio bellorum omnium an- 
norum DCC libri II, Wichtige ältere Ausgg. von 
Salmafius (1609 u. ö.), Grävins (1680) und be- 
jonders Dufer (1722; Neudrud 1832), die neueften 
von D. Jahn (1852) und Halm (1854). Florus be— 
handelt die Kriegsgeſchichte Roms von der Zeit 
der Könige bis zu der Negierung des Auguftus 
und scheidet die Epochen nad den 4 Menſchen— 
altern der infantia (250 J.), adulescentia (gleich: 
falls 250 J.), iuventus et quasi robusta matn- 
ritas und senectus (200 %.) und hält eine be: 
ftimmte Anordnung und Gruppierung der Begeben- 
heiten feit. Eine Denge von Berftöhen gegen die 
geichichtfihe Wahrheit und gegen die Wichtig: 
feit in den Zeitangaben geben dem Buche nur 
eringen Wert, der durch die ſchwülſtige und ge: 
—— Darſtellung, die deklamatoriſche UÜber— 
treibung ſelbſt in der ſtark dichteriſch gefärbten 
Sprache Vergil, Horaz, Lucan, Silius, auch Tacitus 
ſind viel benutzt) nicht erhöht wird. Der Rhetor 
iſt nirgends zu verfennen, dem es um einen Ba: 
negyrifus auf Rom, um Unterhaltung von ver: 
bildeten Lejern oder Hörern zu thun war. Troß- 
dem ift er von ben fpäteren Hiſtorikern Jordanis, 
Oroſius u. a., auch von den Ehroniften des Mit: 
telalters viel benußt und deshalb in fehr verberb- 
tem Buftande uns überliefert. Jener Titel des 
Werkchens ift Veranlafjung gewejen, daß man ihm 
auch die projaiichen epitomae des Livius zu: 
geichrieben Hat, wozu fein genügender Grund vor: 
liegt. — 3) ein Dichter, der mit Hadrian perfön- 
lich befannt und, wie man aus einer, in fcherzhafte 
Verſe gefaßten, Heinen Korreſpondenz (Spartian. 
Hadr. 15) erficht, ziemlich vertraut war. Es ift 
jedesfalls derjelbe, deifen der Grammatifer Cha: 


445 


rifius zweimal als Brieffteller® an Hadrian und | foedera abzuſchließen. Manche wurden durch groß: 
als Dichters gedentt. Ihm find auch im Rieſes mütige Behandlung treue socii, andere wurden 
Anthol. lat. 1 p. 101 und 168 mehrere Gedichte | durch harte Verträge aller Widerftandsmittel be: 
zugejchrieben. Ein in Brüfjel entdedtes Fragment | raubt u. j. w. Liv. 34,57. Als nach dem Bundes: 
über die frage Vergilius poeta an orator macht | genofjenfriege ganz Ptalien die Givität erhalten 
es wahrſcheinlich, daß dies P. Annius Florus ift, | hatte, hörte die Bedeutung der foedera für Ita— 
ein Afrikaner, etwa unter Veipafian geboren, der, | lien ganz auf, und jeitdem konnte es nur außer: 
von Domitian bei dem agon Capitolinus (90 n. C.?) italiſche geben, deren Zahl aber immer Heiner 
gekränkt, Rom verlieh, lange in der Welt umher: | wurde, da ſich Rom alles unterthänig machte. End: 
jtreifte und zu Tarraco in Hijpanien in der jelbft- | lich blieb der Ausdrud civitates foederatae nur 


Fluch — Fontes. 


ewählten Thätigfeit de3 Jugendunterrichts Be- 
——— fand. Ihn mit dem Hiſtoriker zu iden— 
tifizieren, wie Mommſen und Halm thun, bleibt 
wegen des Namens bedenklich. Vgl. Annii, 7. 
— 4) Julius Florus, ein galliſcher Häupt— 
ling, ſ. Iulii, 14. 

Fluch j. Gebet. 

Focus, der alte Feuerherd im Atrium (j. Haus, 
7. 11.). Bei Familientrauer wurde auf dem Herde 
fein Feuer angezündet. Juv. 3, 214. 

Foedus hieß im weiteren Sinne jeder Vertrag, 
im engeren der mit religiöjen Feierlichkeiten ab- 
geichlojfene Staatsvertrag. Die älteften römiſchen 
foedera waren a) aequa, d. h. zur Regulierung 
eines gegenfeitigen Nechtsftandes (amicitia, pax 
esto), 3. B. mit den Aquern, Boljtern, Samni- 
tern u. a., oder zur Begründung des engiten 
Bundesverhältniffes, zu Schuß: und Trußverbin: 
dung, wahre Allianz: Traftate (3. B. mit Yatium, 
mit den SDernifern, j. Latium, 6.); b) foed. 
non aequa, Friedensverträge zwijchen dem Sieger 
und dem Befiegten, in denen gewöhnlich der letztere 
allerlei Opfer bringen mußte, um dadurd Frieden 
und Fortdauer feiner Gelbftändigfeit zu erhalten. 
Mit Roms wachſender Macht und fteigender Größe 
gewannen die foedera einen ganz andern Cha: 
rafter. Nach den famnitifchen Kriegen wollten die 
ftolz gewordenen Römer die Völker Italiens nicht 
mehr mit ſich auf gleichen Fuß ftellen oder als 
gleichberechtigt anerkennen. Die foedera waren 
nun nicht mehr zweifeitige, auf gleicher Baſis und 
auf gegenjeitigem Vorteil beruhende Berträge, jon: 
dern fie wurden immer mehr einjeitige Zugeſtänd— 
nifie, die der Mächtige dem Schwächeren einräumte. 
Foedera aequa des alten Typus waren jehr jelten 
(außer etwa mit dem Wuslande) und beftanden 
eigentlih nur dem Namen nad), z. B. mit Ca: 
mertum, Iguvium, Maffilia, Saguntum, Rhodos 
u.a. Diele Föderierten hießen liberi, liberae 
civitates, liberi populi, liberi reges ; doc; wurden 
diejelben Namen auch auf die übertragen, welche 
foedere non aequo den Römern untergeordnet 
waren. Sehr zahlreich dagegen find die foedera 
non aequa und zwar a) ?rriedenstraftate nad) 
geendigtem Striege, z. B. mit Karthago, Antiochos 
u. a., b) Berträge mit fremden Staaten und 
Königen, welche ſich freiwillig aus Furcht vor dem 
römiſchen Namen und um ſich durch diejes foedus 
Sicherheit vor Rom oder andern Feinden zu ver: 
ſchaffen, angeichlofien hatten, 3. B. Mafinifia, 
Dejotarus u. a. Dieje hiefen socii et amici, 
eivitates sociae u. j. w., dem Namen nach frei, 
in der That römijche Bajallen mit der VBerpflich- 
tung, Hülfstruppen, Schiffe u. ſ. mw. zu jeder Zeit 
an Rom zu ftellen. Die gewöhnliche Formel war: 
eosdem hostes se habituros, maiestatem po- 
puli Romani comiter se conservaturos, Mit 
großer Staatöweisheit verftanden die Römer die 


‚noch für einige privilegierte Provinzialftädte. — 
Formalitäten. Unter den Königen hing das 
Abſchließen eines fordus von dem Könige ab, der 
dabei zuvor den Rat des Senats einholte. Nach 
Einführung der Nepublit war YZuftimmmng des 
Senats, jpäter auch der Tributcomitien notwendig. 
Dann erjt vollzogen die Fetialen an der Grenze 
oder an dem in Rom jelbit beftimmten Platze die 
mit Eidihwüren und Opfern verbundenen Gere: 
monien. Der Pater patratus legte den Eid 
im Namen des römischen Volkes ab. Wichtige 
foedera wurden häufig auf Erztafeln eingegraben 
und auf dem Eapitolium aufgejtellt, teils an den 
Tempelmanern, teils im Archiv, ſ. Tabularium. 

Follis j. Spiele, 10. 

Folter j. Basavıarı)s. 

Fonteii, ein plebejiihes Sejchlecht aus Tuſeu— 
fum (Cie. Font. 18, 41), zog wohl erft jpät nad) 
Rom: 1) Ti. Font. Erajjus, foht unter P. 
Scipio im J. 212 v. E. in Spanien und führte 
nach dejien Tode mit dem Ritter Y. Marcius den 
Befehl über die Römer. Liv. 25, 34. 26, 17. — 
2) Ti. Font. Capito, befehligte von 178--176 
v. C. in Spanien. Lir. 40, 59. — 3) M. Font., 
wurde 91 dv. G. mit dem Prokonſul Servilius, 
defien Legat er war, in Aſeulum getötet, als Ser- 
vilius die von Rom abgefallenen Bewohner der 
Stadt wiederzugewinnen verjuchte. Diejer Bor: 
fall war das Signal zum Ausbruch des Bundes: 
genofjentrieges. Cic. Font. 18, 41. — 4) Gein 
Sohn, M. Font., triumvir monetalis. Quäſtor, 
durch Sulla Legat in Spanien (Cic. Font. 16,, 
von 74—72 v. E. Proprätor im narbonenfiichen 
Gallien, in Rom wegen Erprejlungen belangt, von 
Cicero (in einer teilweije erhaltenen Rede) im 
J. 69 verteidigt und wahrjcheinlich verurteilt. - 
5) P. Font., adoptierte als imberbis adule- 
scentulus den P. Clodius, welcher damit in ein 
plebejiſches Geichlecht hineinfam. — 6) Font. 
Eapito, Freund des Antonius, Begleiter des 
Mäcenas, als diejer von Octavian im J. 37 v. C. 
abgejandt wurde, den Frieden zwijchen Antonius 
und Octavian wiederherzuftellen (Hor. sat. 1, 5,32). 
Später holte er im Auftrage des Antonius Kleo— 
patra nach Syrien. — 7) Sein Sohn, E. Font. 
Eapito, Stonjul im %. 12 n. C., darauf Pro— 
tonjul in Aſien. Tac. ann. 4, 36. — 8) Font. 
Agrippa, Prokonſul in Wjien unter Veſpaſian, 
dann in Möſien, fiel gegen die Sarmaten. Ze. 
hist. 3, 46. — 9) Font. Magnus, ein Bithynier, 
Redner zur Zeit des jüngeren Plinius (ep. 5, 20,4), 
der jeine Zungenfertigfeit und langen Perioden 
mißbilligt. 

Fontes, die Quellen, waren den Römern, wie 
alle fließenden Gewäſſer, heilig. Man opferte 
ihnen Blumen, Wein, DI, Kuchen, Schafe und 
Böckchen. Fons oder Fontus, der Duellgott, 
der Sohn des Janus und der Quellnymphe Yu: 


446 Forentum 
turna, hatte ein Heiligtum auf dem Janiculum. 
Am 13. Oltober feierte man ein allgemeines Quell: 
feit, Fontinalia, Kontanalia, an welchem man 
die Brunnen befränzte und Kränze in die Quellen 
warf. Varr. 1.1.6, 22. 

Forentum, Stadt an der Grenze von Apulien 
und Yucanien in der Nähe des Bulturberges und 
Benufias, nach Horaz (od. 3, 4, 16) in fruchtbarer 
Feldmark niedrig gelegen (humile For.), aber jtarf 
befejtigt (Lir. v, 20); fie wurde im %. 315 v. E. 
von den Nömern genommen. Plinius rechnet die 
Stadt zu Apulien, das heutige Forenza liegt ſchon 
in dem früheren Yucanien. 

Fores, die Flügelthüren, im Gegenjaß zu val- 
vae oder Klappthüren, j. Haus, 5. 

Formiae, Poguicı, Stadt in Yatium am Caje— 
taniſchen Meerbujen und an der Appiichen Straße, 
beim j. Mola di Gaeta, jehr alt, aber jchon früh 
mit dem römischen Bürgerrecht bejchentt. Liv. 8, 14. 
38, 36. Die Gegend lieferte einen trefflichen Wein 
(Hor.od.1,20, 11) und war mit zahlreichen Land— 
häujern bejegt, unter denen Eiceros Formianum 
befannt ijt (Cie. ad Att. 2, 14. 4, 2. ad fam. 
16, 10), in deſſen Nähe er den Tod fand. App. 
b. c. 4, 19. Strab. 5, 233. 

Formüla. Nachdem der alte jchwerfällige und 
unbequeme Legisaktionenprozeh (j. Legis actio) 
durd; die lex Acbutia (und 2 leges Juliae) ab: 
geichafft worden war, trat ein neues Verfahren 
an dejjen Stelle, der j. g. Formularprozeß (liti- 
gare per formulas). Diejer hat jeinen Namen 
von den Formeln, welche der Brätor dem Richter 
bei jedem Prozeh gab, und in welchen eine In— 
ftruftion oder Anweiſung lag und namentlich die 
Gründe der Enticheidung angegeben waren, nadı 
welchen der Richter zu verurteilen oder freizu— 
ſprechen hatte. Die formulae ftanden in dem prä: 
torijchen Edikt verzeichnet (Cie. Jose. com. 8), und 
der Kläger wählte unter Umftänden eine aus, um 
deren Berleihung er den Prätor bat. Dieje Bor: 
verhandlungen vor dem Prätor hießen ius, in 
iure, an welche ſich das eigentliche iudiecium, das 
Verfahren vor dem iudex, anſchloß, jobald der 
Prätor die Formula gegeben hatte. Die Formel 
hatte als Hauptbejtandteile: 1) demonstratio, den 
Stlagegegenftand, 2) intentio, das Verlangen des 
Klägers, 3) condemnatio, den Befehl des Prä- 
tors an den Richter, zu condemmieren oder zu 
abjolvieren, und zuweilen 4) adiudicatio, die Er- 
laubnis, bei Teilungsprozefjen die Teilung vor: 
zunehmen und jeder Bartei das Ihrige zuzufprechen. 
Nebenbeftandteile der Formel, welche nur bei man- 
chen Prozeſſen vorfamen, waren die exceptiones 
(j. d.), praescriptiones und sponsiones (j. d.). — 
Auch wurde formula ftatt actio gebraudt, 3. B. 
formula de dolo ftatt actio doli. — Im An— 
fange der Kaijerzeit fing das Formularverfahren 
oder der regelmäßige ordo iudieciorum an außer 
Gebrauch zu fommen; der Prätor oder richtende 
Magiftratus entichied nun jelbjt, formulae wur: 
den nicht mehr gegeben. Diejer Prozeß hie; daher 
extra ordinem, obgleid er der regelmähige 
wurde, 

Fornax bedeutet den Ofen, und man dachte 
jih eine Göttin diejes Namens, die dem Röſten 
des Getreides im Ofen, bevor es gemahlen wurde, 
vorjtand. Numa jeßte diejer Göttin das Feſt 
Hornacalia ein; es war fein ftehendes, jondern 


— Forum. 


wurde von dem Gurio Marimus, dem oberjten 
Eurienvorfteher, angefündigt und fiel in den Februar. 
Es wurde mit fejtlihen Schmäujen nad) Eurien 
begangen. Or. jast. 2, 527. Die, weldye an diejem 
Fejte die Opfer verjäumt hatten, feierten jie an 
dem letzten Tage der Quirinalien (17. Februar) 
nach, weshalb diejer Tag feriae stultorum hie. 

Fornix, jowohl der Schwibbogen, als das durd) 
mehrere jolcher Schwibbögen gebildete Gewölbe. 
Horaz (sat. 1, 2, 30) bezeichnet damit den Aufent- 
halt jeiler Dirnen. Vgl. Suet. Caes. 49. Bei Livius 
(36, 23) find fornices gemwölbte Öffnungen in 
den Feſtungsmauern, um allenthalben Ausfälle 
— zu können. 

'ors 

Fortüna I. Tyche. 

Fortunätae insülae, «{ röv uaxdew» vijcoı, 
j. Canariſche Anjeln, im W. Afrikas, vor der 
Mündung der Flüſſe Maſſa und Daradas. In 
dem Bürgerfriege zwilchen Marius und Sulla 
wollte ſich Sertorius dorthin zurüdzichen (Plut. 
Sert. 8. Flor. 3, 22); ebenjo jpäter Statius Se- 
bojus (j. Statii, 4.) Sie waren jehr reizend 
und reih an Obſt aller Art. Bon WR. nad ©. 
find bejonders folgende 6 zu nennen: 1) Apro— 
jitos (Argösırog), j. Lancerota, nad) andern 
Palma; 2) Junonis Inſula (Heag v.), j. Fuer: 
taventura, 3) Pluitala oder Pluvialis (Tiovı- 
take), j. Ferroz 4) Kaſpeiria oder Capraria 
Kaoreıpie), j. Gomera; 5) Kanaria (Kavapıa) 
oder Planaria, j. Canaria, nady der Menge der 
Hunde benannt; 6) Ninguaria (Uonvallis), aud) 
Nivaria, wegen des mit Schnee bededten Pils, j. 
Teneriffa. — Weiter nördlich — 625 Stadien — 
lagen die Purpurinjeln, Purpurariae insulae, 
zu denen gewiß aud die Inſel Junonia (Hows 
oder Abroidike vijoog), j. Madeira, gehörte. Plin. 
6, 36. 

Forum ijt I) im allgemeinen ein Ort, wo viel 
Bolls zujammenftrömt, jei es zu Gerichtsverhand: 
lungen oder zu Märkten oder in jonftiger Ber: 
anlafjung, wie auch in dem von Polybios be- 
ichriebenen Lager (j. Castra, 3.) der Naum neben 
dem Prätorium, das Zelt der beiden Xegaten, 
Forum genannt wurde. In ipäterer Zeit hieß 
Forum im Yager der Berfammlungsort des ganzen 
Heeres (früher prineipium genannt) vor dem prae- 
torium, wo die Nednerbühne (tribunal), die arae 
und das auguratorium fid) befanden. — Il) Der 
Berjammlungsplag des Volkes, bejonders für Ge— 
richte und Märkte. In Rom mehrte fich die Zahl 
der Fora mit dem Wachstum der Stadt; auf 
einigen wurden Gejchäfte des Staats und der 
Bürger abgemacht (fora civilia), auf andern Kauf 
und Verkauf getrieben (fora venalia), 3. B. dem 
Forum boarium und Forum olitorium. — Auch 
die zahlreihen Städtenamen diejer Art verdanken 
ihre Entjtehung ſolchen Gerichtspläßen oder Jahr: 
märften. Bejonders find zu merten: 1) F. Appii 
in den Bomptinifchen Sümpfen an der Appijchen 
Straße, j. Treponti. Cie. ad Att. 2, 10. Hor, 
sat. 1,5,3. 2) F. Aurelii in Etrurien an ber 
Aureliihen Straße, j. wohl Eajtellaccio. Cie. Cat. 
1,9, 24. 3) F. Cornelii im cispadanijchen 
Gallien, j. Jmola, zwiichen Bononia und Faventia, 
dom Diktator Sulla gegründet. Cie. ad fam. 12, 5,2. 
4) F. Gallorum ım cisalpinischen Gallien zwi: 
ſchen Wutina und Bononia (j. Eaftel Franco). Hier 


Fosi — Frontinus. 


fiegte Hirtins über Antonius, der kurz' vorher den 
Banja gejchlagen hatte. Cic. ad fam. 10,30. App. 
b. c. 3, 68 ff. 5) F. lulii oder luliam, j. Fre— 
jus mit bedeutenden Ruinen, von Julius Käjar 
600 Stadien nordöftlih von Majjilia angelegt 
(54 v. E.) an der Mündung des Urgenteus (j. 
Urgens), Heimat des Elegiendichters Gallus und 
des Julius Agricola. Zur Kaiſerzeit anferte hier 
ein Zeil der Flotte. Zac. ann. 2, 63. 4, 5. hist. 
2, 14. 3,43. Agr. 1. 6) F. Vulcani (n zoö 
"Hoaistov &yogd), eine rings eingejchloffene vul— 
fanifche Ebene in Campanien bei Puteoli, j. Sol: 
fatara. Strab. 5, 247. — ll) Im Sinne als Ge: 
richtsjtand: a) im Eivilprozejje. Dem Forum 
des Königs und darauf der Konjuln waren alle 
Bürger unterworfen. Über Streitigteiten der Bürger 
und Beregrinen enthielten die foedera die not: 
wendigen Beitimmungen, und Necuperatoren pfleg: 
ten zu entjcheiden (j. Kecuperatio). Als Kom 
fein Gebiet vergrößert und fremde Provinzen er- 
obert hatte, mußte der Kläger fi) an das Forum 
des Bellagten wenden. Der Wrovinziale wurde 
vor jeiner ftädtiichen Obrigfeit oder vor dem Statt: 
halter belangt, der römijche Bürger in jeiner Hei— 
matjtadt oder in Rom. Fremde, weldye nicht aus 
Provinzen jtammten, fonnten in Rom vor dem 
praetor, qui ınter cives Komanos et peregrinos 
ius diceret, oder in ihrer Heimat verklagt werden. 
— b) im Kriminalprozejje. Uber römijche 
Bürger richteten die Magijtratus in Rom, über 
Berbrechen zwijchen Römern und Beregrinen richtete 
gewöhnlich der Staat des beleidigten Teiles, zu: 
folge des foedus. Als Roms Gebiet ſich weit aus: 
gedehnt hatte, galt in den Provinzen der Grundſatz, 
da jich der Ylnfläger an das Forum des An— 
gellagten zu wenden habe (forum domieilii), neben 
welchem das forum delieti commissi Aus: 
dehnung gewann, d. h. der Ort, wo das Ber: 
brechen vorgefallen war. Peregrinen, die nicht 
reine Unterthanen waren, wurden von dem römi— 
ihen Magiftraten gerichtet, wenn man ihrer hab- 
haft war. Unter den Kaiſern brachten Willkür 
und Gunft manche Anderungen hervor, doch die 
Statthalter der Provinzen behielten ihr altes Recht. 

Fosi, ein deutjcher Stamm, mur von Tacitus 
(Germ. 36) genannt. Darnach waren jie den Ehe: 
rujtern benachbart, wurden auch in den Sturz der: 
jelben verwidelt. Ihr Name ijt wohl erhalten iu 
Fuhſe, einem Nebenfluß der Aller. 

Fossae, wie im Griechiſchen zepgor, hießen 
mehrere Kanalanlagen, jo 1) F. Corbulonis, 
auf der Bataverinjel angelegt von Domitius Cor: 
bulo zur Verbindung der Maas und des Rheins 
— die Yage ift jegt nicht mehr zu ermitteln. Tae. 
ann. 11, 20. — 2) F. Mariana, ein Kanal an 
der öftlihen Mündung des Rhodanus, von G. 
Marius angelegt, um den Schiffen das Einlaufen 
zu erleichtern. Plut. Mar. 15. — 3) F. Neronis, 
jollte den Averner See bei Bajä mit der Tiber: 
mündung in einer Yänge von 160 Millien ver: 
binden, fam aber nicht zujtande. Suet. Ner. 31. 
— 4) F. Drusianae hießen Kanäle, welche in 
den 3. 12 und 11 v. E. an der rechten Seite 
des Rhenus von Drujus gegraben wurden (Suet. 
Claud. 1); nad Tacitus (ann. 2, 8) fonnte man 
durd) eine F. D. aus dem Rhein in den Zuyder— 
fee und in den Dcean gelangen. Genaueres läßt 
ſich nicht beftimmen. — 5) F. Philistinae, ver: 


447 


banden den unteren Padus mit dem Atheſis ver- 
mitteljt des Tartarusflujfes. Plin. 3, 16, 

Framöa, eine von Tacitus (Germ. 11.13.18. 24) 
erwähnte Waffe der alten Germanen, bezeichnet 
warjcheinlich die ann. 2, 21. hist. 5, 18 erwähnten 
und Fußvolk und Neiterei gemeinschaftlich zukom— 
menden praelongae hastae. Mit dem Pfriem 
hat das Wort nichts gemein. J. Grimm hält es 
für Franca, Streitart. 

Franei, ein aus Sigambrern, Ehamaven, Amſi— 
bariern, Bructerern, Chatten bejtehender Bund 
germanijcher Bölter am Niederrhein, zuerjt genannt 
ums 3. 240 n. C. Vopise, Aurel. 7. Die ran 
fen bejchleunigten durch ihre Einfälle in das rö- 
miſche Gebiet das Sinfen der römifchen Macht, 
drangen in das nördliche Gallien ein, vermijchten 
ſich mit der Bevölkerung und nahmen zum Zeil 
deren Sitten an. Nachdem ihr König Chlodwig 
486 bei Soifjons den römijchen Feldherrn Sya— 
grius, bei Tolbiacum (oder Zülpich?) 496 die Ala— 
mannen und 507 umweit Boitiers (bei Boullon 
oder Boulon) die Weſtgoten geichlagen hatte, wuchs 
ihre Macht bald zu welthiftorijcher Größe unter 
den Karlingen. 

Fregellae, Bosyiilaı, j. Opio bei Ceprano, 
bedeutende Voljferftadt in Latium am Liris, von 
den Römern im Sammiterfriege eingenommen und 
folonifiert 327 v. E. (Liv. 8, 22), von 2. Opimius 
125 zerjtört, weil jie fih auf Grund einer Ber: 
abredung mit den übrigen Kolonien empört hatte. 
Belannt war der Wein der Gegend. Strab. 5, 233. 
Liv. ep. 60, Vell, Pat. 2, 6. 

Frento, Fluß in Unteritalien, j. Fortore, an 
der Nordiweitgrenze Apuliens ins Adriatiiche Meer 
mündend, galt zugleich mit dem ins Tyrrheniſche 
Meer jtrömenden Silarus als Grenze von Mittel: 
und Unteritalien. Nordwejtlich erjtredte ſich längs 
des Adriatiſchen Meeres das jehr fruchtbare Ge: 
biet der ojkisch redenden Frentani (urfpr. ren: 
trani), der ager Frentanus, 7) ®gerrarn. Strab. 
ö, 241f. Liv. 9, 16. 46. Caes. b. c. 1, 23. 

Frigidarium, das Zimmer des falten Bades 
(j. Bad) und das falte Bad jelbit. 

Friniätes j. Briniates, 

Frisii, Goccciot, Dosicıoı, deutjches Volk, das 
durch allen Wechjel der Zeiten jeinen Namen be: 
hauptet hat, an beiden Ufern des Rheins, nahe 
jeiner Mündung, rings um die weiten Seen, welche 
jegt der eine Zuyderjee (Flevo 1.) begreift, an der 
Meerestüfte hin bis an die Ems. Sie grenzten 
ſüdlich an die Bructerer, öftlid an die Chaufen. 
Cäſar kennt ihren Namen noch nicht; jeit Augufts 
Beiten waren fie den Römern befannt und erleg: 
ten einen geringen Tribut. Tac. ann. 4,72. Den 
Drufus unterftügten fie treu, bis großer Drud 
eines römiſchen Befehlshabers fie veranlaßte, ſich 
zu erheben und fich die Freiheit zu erfämpfen, 
28 n. C. Corbulo bejiegte jie aber 47 n. C. und 
wies ihnen beftimmte Grenzen an, die fie unter 
Nero vergebens auszudehnen juchten. Tac. ann. 
4, 72. 11, 19. 13, 54. Später nahmen fie an dem 
Aufftande der Bataver unter Eivilis teil. Teac. 
hist. 4, 79. Tacitus (Germ. 34) teilt fie in 
größere und fleinere, vielleicht find die legte: 
ren identijch mit den Friſiavonen des Plinius 
(4, 15). 

Frontinus, Sertus Julius, von unbelannter 
Herkunft, geboren um 40 u. C., erſcheint zuerjt 


448 


im J. 70 n. E. als Stadtprätor (Tuc. hist. 4, 39), 
worauf er unter PBetilius Cerealis dem Feldzuge 
in Britannien 75 bis 78 beimohnte und nad) defien 
Tode jelbit an die Spike des Heeres trat, mit 
dem er große Schwierigfeiten glücklich überwand 
(Tae. Agr. 17) und die Siluren bejiegte, wie er 
auch in den germanijchen Kriegen ſich rühmlich 
ausgezeichnet hat. Unter der Regierung Domitians 
lebte er zurücdgezogen von Staatsgeichäften und 
mit litterarijchen Arbeiten bejchäftigt bald in Nom 
(Plin. ep. 5, 1), bald in ländlicher Abgejchieden- 
heit (Mart. 10, 58). Nerva zog ihn wieder her: 
vor und übertrug ihm 97 die Stelle eines cura- 
tor aquarum, welche immer von den angejehenften 
Männern des Staates verwaltet worden war. In 
dem Augurate ward der jüngere Plinius 103 fein 
Nachfolger (ep. 4, 8). Die Verwaltung eines dop- 
pelten Konſulats (das erfte wird in das Jahr 74 
gefallen jein, das zweite 100, nachdem er 97 con- 
sul suffeetus gewejen) ift aus Martial (10, 48) 
gefolgert. Gejtorben ift er um 105. Die Aner-: 
fennung, welche er fich durd feine amtliche Wirt: 
famteit verschafft hatte, und die ihm die Zeit: 
genoffen zollten (princeps vir, Plin. ep. 4, 8), 
ließ ıhm auch mit Beltimmtheit auf Nachruhm 
rechnen (Plin. ep. 9, 19). — Seine Schriften find 
1) die beiden agrimenforifchen de agrorum qua- 
litate und de eontroversiis libri IT, welche in 
Auszügen aus der Vermiſchung mit ipäteren her- 
ausgeichält zu haben Yachmanns Verdienſt ift. Die 
Berhältniffe der Limites, die Anfänge und erften 
Grundſätze des Yimitierens, Anweiſung zum Aus: 
meſſen eines ders find der Anhalt; daß er 
zu gemeinen Feldmeſſern in der Handwerksſprache 
redet, wird einem Unbefangenen nicht auffallend 
jein und darf am wenigften zur Annahme eines 
andern Berfaflers führen. 2) Strategematön (Stra- 
tegematicön) libri IV, eine Sammlung von Anel: 
boten, welche manche, ſonſt nicht befannte geichicht: 
liche Notizen enthält und in einem viel ausgebil- 
deteren Stile geichrieben ift als die früheren Schrif- 
ten. Die Schrift iſt vielfad) interpoliert; das vierte 
Bud; weicht wejentlich von Frontins Art ab und ijt 
höchſt verdächtig. (Nitere Ausgg. von Dudendorp 
und Schwebel; neue Ausg. von Gundermann, 
1588.) 3) Liber de aquis (aquae ductibus) 
urbis Romae, eine Dentichrift, die er im An: 
fange feiner Verwaltung der Wafjerleitungen im 
Jahre 97 zu feiner eigenen Unterweifung und 
Nichtichnur abfahte und nad) Nervas Tode voll: 
endete und herausgab, und die über Anlage, Bau 
und Unterhaltung jener für Nom wichtigen Bau: 
werte viel Intereffantes enthält. Ausgg. von De: 
derich (1841) und von Bücheler (1858). Gejamt: 
ausgg. von teuchen (1661) und von Dederich (1855). 
Verloren ift ein taftifches Werk de re militari, das 
Vegetius benußgt hat und rühmend erwähnt. 
Fronto, M. Cornelius, unter Domitian oder 
Nerva zu Eirta in Afrika geboren, nennt unter 
jeinen Lehrern die Rhetoren Athenodotos und Div: 
nyſius Tenuior. In Rom gelangte er als Lehrer 
der Beredjamfeit und als Sohtalter u hohem 
Anjchen und gewann die bejondere Gunſt der 
Kaiſer Hadrianus und Antoninus Bius, jo da 
ihm die Erziehung der failerlihen Prinzen M. 
Aurelius und 2. Berus übertragen wurde. Sie: 
dur und durch rhetoriichen Unterricht erwarb er 
ſich anjehnliche Reichtümer, von denen er präch— 


Fronto — Frumentatio, Frumentum. 


tige Bauten unternehmen und den Parf des Mä- 
cenas faufen fonnte. Im Sommer 143 n. E. er: 
hielt er auf 2 Monate die fonfulariihe Würde; 
von der Verwaltung einer prokonſulariſchen Pro: 
vinz wußte er fich in Nüdficht auf feine ſchwäch— 
liche Gejundheit (er litt an PBodagra ) frei zu 
machen. Dieje Kränklichleit und viele Unglücks— 
fälle in der Familie (er verlor 5 Kinder durch 
den Tod und hinterließ nur eine Tochter Gratia 
verbitterten ihm feine bejten Yebensjahre. Um das 
Nahr 170 ift jein Tod erfolgt. — Fronto ftand 
bei feinen Zeitgenoffen in dem größten Anſehen; 
als Romanae eloquentine non secundum, sed 
alterum decus bezeichnet ihn Eumenins (panegqyr. 
Const. 14), und eine ganze Reihe von Zeugniſſen 
weift ihm in der Geichichte der römischen Bered- 
jamfeit jeinen Plab neben den gefeiertiten Red— 
nern an. Eine eigene Schule, die Frontoniani, 
nahm ihn als Mufter und Vorbild. Diejem glän- 
zenden Rufe haben die im Jahre 1815 durch den 
Kardinal A. Mai in einem aus dem 6. Jahrh. 
ftammenden überjchriebenen Bergament:Eoder der 
ambrofianijchen Bibliothef zu Mailand und in der 
vatilanischen in Nom entdedten Schriften diejes 
Mannes nicht entiprochen. Es ift hauptjächlich die 
Korreijpondenz des Konjulars mit Antoninus Pius, 
mit Marcus in 2 Büchern und mit %. Verus, 
nebſt einigen Antworten diejer Fürften, unter denen 
Marcus Antoninus in der ganzen Liebenswürdig— 
feit jeines Charakters ericheint, epistularum ad 
amicos 11, II, welche faft nur Empfehlungsichrei: 
ben enthalten, außerdem längere Schreiben willen: 
ichaftlichen, beionders rhetorijchen Inhalts. Dazu 
fommen hiftorifche Fragmente de bello Parthico, 
prineipia historiae, und rhetorijhe Prunfftüde, 
wie laudes fumi et pulveris, laudes negligen- 
tiae, Arion u. a. Much eine Anzahl von griechi— 
ſchen Briefen hat jih in jenen Palimpſeſten ge: 
funden. Bieles andere ift verloren und gewiß 
nicht zum Nachteile des Mannes, der ohne dieſe 
Entderungen viel mehr gerühmt werden würde. So 
jehr nämlich feine Bemühung, dem Übergewichte 
der griechiichen Sprache und Litteratur entgegenzu- 
arbeiten, Anerkennung verdient, jo jehr die ſchwül— 
ftige Form der Afrifaner, gegen die er anfämpfte, 
Tadel verdiente, jo wenig richtigen Geſchmack ver: 
rät doch jeine Empfehlung der älteften Autoren, 
jeine Berwerfung der eigentlichen Klaſſiker. Seine 
Schriften machen nad der Seite der Darftellung 
einen ebenjo unangenehmen Eindrud als wegen 
der Dürftigfeit des Inhalts und der Beſchränkt— 
heit des Urteils. „Sein Stil ift mühjelig aus 
Arhaismen und veralteten Autoren zuſammen— 
geiegter Hausrat, ein buntgewirkter Gento, mit 
dem er die Blöfen jeiner Armut an Wiflen und 
Gedanken verhüllt; aber an jo geiftlofen Studien 
zehrt er mit einem peinlichen Fleiß, der an Fana— 
tismus grenzt“ (Bernhardy). — Ausgg. von N. 
Mai (1815; 1823; 1846), Niebuhr (1816, mit 
Beiträgen von Buttmanın und Heindorf) und Naber 
(1867). — Die Schriften, die man vor jener Ent: 
dedung ihm zuichrieb, die exempla elocutionum 
und de differentiis vocabulorum (herausgegeben 
von 9. Keil im VII. Bande der grammatıcı La- 
tini), gehören einem fpäteren Grammatiler Aru— 
fianus Meifius an, der jchwerlidy Schriften Frontos 
benutzt bat. 


Frumentatio, Frumentum. Unter dem all: 


Frusino — Fufi. 


gemeinen Namen frumentum begriff man Roggen, 
Gerſte, Weizen, Hafer, Hirfe u. a. Die Behand: 
lung des Säens und Erntens war bei den Grie— 
chen und Römern etwas verichieden, wurde aber 
bei den leßteren mit methodiicher Aufmerkjamfeit 
behandelt und daher auch wiſſenſchaftlich bearbeitet. 
Nach Barro jüete man gewöhnlich von der Herbit- 
gleiche bis gegen die Winterjonnenmwende; die Ernte 
begann, wenn das Ahrenfeld gleihmäßig gelb zu 
werden anfing. Alsdann wurde mit der falx 
messoria das Getreide nahe unter den Ihren 
abgejchnitten und dann erſt das ftehengebliebene 
Stroh dicht am Boden abgemäht, um es zum 
Deden der Gebäude oder zu Futter zu verwerten. 
Varr. r. r. 1, 50: stramenta stantıa in segete 
(d. h. auf dem Ader) relinqguunt, ut posten sub- 
secentur. Die Ahren wurden in Körben auf die 
Tenne gebracht, die fich meift auf freiem Felde 
befand (j. Aren). Die Griechen banden jie in 
Garben, wie wir. Auf die Tenne wurden die 
Uhren mit dem Schnitt gegen Süden gelegt, dann 
durch Lafttiere oder Dreſchwagen und Schleifen 
‘trahae, tribula) zertreten, und das reine Getreide 
Schliehtich in Körben geborgen und in die Scheu: 
nen oder Magazine (granaria, horrea) gebracht, 
bisweilen auch, zu längerem Aufbewahren, in 
Gruben (scrobes) gelegt. Bor dem Mahlen (1. 
Mola) wurde das Getreide gedörrt, um das 
Zerftampfen oder Mahlen zu erleichtern. — Als 
Italien durch das Überhandnehmen des Luxus und 
durch die Anlegung von Billen mit Gärten und 
Seen nicht mehr den Getreidebedarf decken konnte, 
bezog Rom jeinen Bedarf namentlich aus Sicilien, 
ipäter unter den Kaifern auch aus Agypten und 
Airifa. Die Provinzialen waren zur Lieferun 

gegen Zahlung verpflichtet. Diejes Getreide hieß 
rumentum emtum. In Rom wurde dasjelbe 
entweder umſonſt oder für einen niedrigen Preis 
unter die ärmeren Bürger verteilt (frumentatio), 
früher durdy die Ädilen, fpäter hatten befondere 
praefeeti annonae die Verpflichtung, für recht: 
zeitige Berproviantierung der Stadt Sorge zu 
tragen. Für das Bedürfnis der Statthalter und 
ihrer ganzen Kohorte hatten die Provinzialen 
Getreide ebenfalld gegen Entſchädigung zu liefern, 
ſolche Lieferung hieß frumentum in cellam, 
und wenn der Statthalter fich für das Getreide 
von den Einwohnern den Preis bezahlen lieh, 
hieß es frumentum aestimatum. — Inter 
trumentatio verfteht man auch das Herbei— 
holen von Getreide für das Heer aus Feindes— 
gebiet. Caes. b. q. 6, 39. Liv. 31, 36. — Fru- 
mentarii waren ein eigenes Corps, Mannſchaf— 
ten aus den verjchiedenften Legionen. 

Frusino, ®govowor, j. Froſinone, Stadt der 
Hernifer in Latium an der Präneftiniichen Straße 
im Thale des Eofafluffes, von den Römern kolo— 
nifiert, befannt durch ihre vielen Prodigien. Liv. 
10, 1. 26, 9. 27, 37 u. Ö. 

Fucinus lacus, j. Lago di Gelano oder Ca— 
piltrano, See Mittelitaliens im Gebiete der Marjer, 
das Bajlin, in welches ſich die Gebirgswäfler des 
Apennin ſammelten, ohne da ein fichtbarer Abfluß 
vorhanden war. Nachdem unter Kaifer Claudius 
vergeblich eine Ableitung in den Tiber verjucht 
worden war, fam unter Hadrian eine jolche, wern 
auch nicht vollftändig, in den Liris zuftande. In 
neuefter Zeit (1854— 1865) ift der See durch An- 

Reallexikon des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


449 


fegung eines Tunnel3 nach dem Liris auf Koſten des 
Fürften Torlonia troden gelegt worden. Suet. 
Olaud. 20. Tuc. ann. 12, 56. Strab. 5, 240. 

Fucus, pöxos, bezeichnet 1) eine Algenart (fucus 
marinus; j. Orjeille), welche benußt wurde, um 
bei den Konchylienfarben mit untermijcht zu wer- 
den (nicht etwa zur vorausgehenden Grundierung 
der in Purpur zu färbenden Wolle). Plin. 26,10, 66. 
Hor. ep. 1, 10, 27. od. 3, 5, 27. — 2) Schminke, 
eine vom Drient nad) Griechenland und von da 
nad Jtalien gekommene Sitte, die in jpäterer Zeit 
jehr überhand nahm. Die Augenbrauen machte 
man Schwarz mit jchiwarzgebranntem Kalt des Spieß— 
glajes (stibium, ordunıg) oder mit einer Kienruß— 
farbe (Juv.2, 93); die Wangen blühend mit Mennig 
(minium, wulirog) oder mit dem Wurzeljafte einer 
Pflanze; die Haut weiß mit Bleiweiß (cerussa, 
»lurPog); die Adern an den Schläfen malte man 
blau und erhöhete die Feſtigkeit diejer Farben 
durch Honig und Wachs. Man bediente ich dazu 
einer Bürfte oder des Fingers. 

Fufleius, C. Fuf. Fango, urſprünglich Söld— 
ner, wurde Senator und von Octavian zum Statt: 
halter von Afrifa und Numidien ernannt, geriet 
aber in Krieg mit T. Sertius und tötete ſich nach 
einer Niederlage ſelbſt. Dio Cass. 48, 227. 

Fufidii, ein plebejiiches Geſchlecht, wahrſchein— 
lich aus Arpinum: 1) L. er Freund des M. 
Amilius Scaurus, der ihm feine Autobiographie 
(in 3 Büchern) widmete (Cie. Brut. 29), ftand in 
dem Rufe eines tücdhtigen Juriften. — 2) Fufid,, 
von niederer Geburt, gelangte durch Sulla zu hohen 
Ehren, fämpfte jpäter,gegen Sertorius in Spanien, 
wurde aber von ihm geichlagen. Plut. Sert. 12. 

3) DO. Fufid., im J. 46 v. C. Adil zu Ar— 
pinum, wird von Cicero erwähnt (ad fam.13, 11.12). 
— 4) Jurift zur Zeit Bejpafiaus, jchrieb quaestio- 
nes. — 5) ein von Horaz (sat. 1, 2, 12 ff.) ver- 
jpotteter Wucherer. 

Fafii (fäljchlich Fusii), eine plebejiiche Gens, 
wahricheinlich aus Cales in Campanien, daher ihr 
Beiname Caleni. Der erfte, der aus diejem Ge— 
ichlecht genannt wird, ift ı) DO. Auf. Calenus, 
ein Gegner des Ti. Grachus, deſſen Ermordung 
er dem Scipio Nafica hoch anrechnete. Cie. Phil. 
8,4, 13. — 2) 4. Sul, belangte 98 v. E. den 
M'. Aquilius repetundarum; die Berteidigung 
desjelben übernahm der berühmte Redner M. An- 
tonius (Cie. Brut. 62. off. 2, 14). — 3) D. Auf. 
Ealenus, im J. 61 v. C. Bolfstribun, veranlafte 
durch jeinen Borjchlag, den berüchtigten Clodius 
jeinen ordentlichen Richtern wicht zu entzichen, 
gegen Erwartung vieler Gegner des Elodius die 
Freiſprechung desjelben. Cie. ad Att. 1,16. Darauf 
ergriff er als Prätor Partei für Cäjar (59) und 
leiftete diejem wejentliche Dienfte, focht auch unter 
ihm als Legat im galliichen Kriege, 51. Cars. b. q. 
8,39. Dasjelbe that er im Kampfe gegen Pom— 
pejus, zuerft in Spanien. Cie. ad Att. 9, 5. (aes, 
b. ce. 1,87. Auf der Rückkehr aus diefem Lande 
verlor er einen Teil der ihm anvertrauten Flotte 
Sr b. e.3, 14.26) und unterwarf darnadı einen 
Teil Griechenlands, wohnte der Schlacht bei Phar— 
falos indes nicht bei. Caes. b. ec. 3,55. Am 3. 
47 ernannte Cäſar ihn zum Konſul. Nach dem 
Tode Cäſars ſchloß er fih an Antonius an (Cie. 
Phil. 8, 4) und trat namentlich gegen Cicero auf, 
den er von früher her hafte. Er ftarb im 3. 41. 


29 


450 Fuleini — Fulvii. 


— 4) Fuf. Geminus, Statthalter in Pannonien |(cogi, coneiliari, mıleiche:), daß man die Fäden 
unter Auguſtus. — 5) da Ange Konſul im | des Gewebes nicht mehr ficht. Darauf wird das 
3.29 n. E., ein Günftling der Livia, jpäter auf Be: | Fabrifat gewaſchen, geſchwefelt, getrodnet und 
fehl des Tiberius hingerichtet. Tac. ann. 5,1.6,10.| durch die spina fullonica, yrapırı) änarde, eine 

Fuleinii. Genannt werden: 1) E. Fulc., als | unferer Kardendiftel verwandte Diftelart, gerauht. 
Sefandter Roms von den Fidenaten ermordet im | Zulegt folgt das Bürften, Scheren und Preſſen. 
J. 438 v. E. Liv. 4, 17. — 2) 2. Fulc. Trio, Alle diefe Arbeiten find anf den Bildern ber 
zur Zeit des Tiberius, Giünftling des Gejan, 
Konſul im 3. 31 n. E., trieb das Geſchäft eines 
Angebers und jtarb durch eigne Hand im Gefäng: 
niffe, in welches ihn eine Anklage geführt hatte. 
Tac. ann. 5, 11. 6, 4. 38. 

Fulgentius, Fabius Planciades Fulg, 
Grammatifer aus Afrika, verfahte um 520 n. €. 
in geziertem und bombaftiihem Stile eine Anzahl 
Schriften, von denen 4 erhalten find, darunter 
Mythologiarum libri III. Abhandlung von Jung: 
mann (Ritjchl, Acta societ. philol. Lips., Bd. ].). 

Fullo, aud) lavator oder lotor, griechiſch «r«- 
peig oder yrapevg, der Walfer, welcher die neu: 
gewebten Kleider appretiert und die unreinen ſowohl 





| 





fullonica, officina fullonum, xrapeior, einer 
im 5.1825 in Bompeji gefundenen und 1826 
ausgegrabenen Walferwerfftatt, deren Wände 
mit entiprechenden Gemälden verjchen find, 
dargeitellt (j. die Abb.). — Die fullones bil: 
deten eigene collegia und sodalicia und be: 
gingen am 19. März das Feſt ihrer Schutz— 
gottheit, der Minerva. Or. fast. 3, 821. Für 
die Benubung der Öffentlichen Wafferleitungen 
ahlten fie eine Abgabe. Bol. Blünmer, 
echnologie und Terminol. I ©. 157 ff. 
Fulmen j.Divinatio, 17.und Zeus, 9. 
Fulvii, ein plebejiiches Gejchlecht, welches 
wäjcht als auch glättet, vestimenta lavare, polire, | aus Tuſculum ftammte (Cie. Planc. 8,20). Esgab 
expolire, interpolire u. f. w. Das farbige Ge: | verjdiedene Zweige diejes berühmten Geſchlechts: 
wand wird in naſſem Zuftande unter Beimiſchung I) Bätini, dazu gehört 1) M. Fulv. Bät., Kon: 
von Walfererde (creta) und Urin in Trögen oder | jul im %. 299 v. E., beitegte die Umbrer. Zar. 
Gruben (lacunae, lacus, wAvvo/) getreten (terere, | 10, 9. — 11) Eentumali, dazu gehört 2) Em. 
Aanriker), geiclagen (rörreır) und gezogen, wo: | Fulv. Marimus Gentumalus, befiegte als 
durch die weichen intchlanfäben fi) jo verfilgen | Konſul (298 v. E) die Samniter bei Bovianum 





Fumarium — Funditores. 


und fämpfte als Proprätor gegen die Etrujfer. 
Liv. 10, 26. — 3) En. Fulv. Gent., geriet im 
3. 219 v. C. in Ligurien in Hannibals Gefangen: 
ihaft. — 4) En. Fulv. Gent., befiegte im J. 
229 v. E. als Konjul die Königin Teuta von 
Syrien (Pol. 2, 8 ff.) und fiel (210) im Rampfe 
gegen Hannibal bei Herdonea in Apulien. Liv. 
27,1. — 5) M. Fulv. Eent., traf als Prätor 
(191 v. €.) die erften Rüftungen gegen Antiochos 
von Syrien. Zir. 35, 20. — Ill) Flacei, darunter 
6) D. Fulv. Flaceus, fchlug als Konful die 
Gallier (237 v. E.), wurde PBontifer Marimus im 
J 216 (Liv. 23, 21), dann Prätor, rüſtete gegen 
Sardinien, wurde abermals Konjul 212, fämpfte 
glüdlih gegen die Karthager unter Hanno in 
Gampanien (Liv. 25, 13) und ſchützte durch recht: 
zeitiges Erjcheinen das von Hannibal bedrohte Nom. 
Darauf eroberte er Capua wieder (211), deſſen 
Einwohner hart von ihm geftraft wurden. Liv. 
26, 8ff. Später beffeidete er noch einmal das 
Konſulat (209). — 7) En. Fulv. Flacc., Bruder 
de3 vorigen, erlitt als PBrätor eine Niederlage von 
Hannibal bei Herdonea in Apulien und mußte 
deshalb nach Tarquimii in die Verbannung gehen. 
Lie. 25, 20. 26, 2f. — 8) D. Fulv. Flace., 
Sohn von 6), befiegte als Prätor im %. 183 v. C. 
die Eeltiberer (Ziv. 40, 16) mehreremale, ward 
von ihnen aber auf jeiner Rückkehr nad) Rom im 
J. 182 im Gebirge überfallen. . Doch befiegte er 
fie. Liv. 40, 30 ff. Er wurde Konful im J. 179 
und unterwarf die Ligurier, dann Genjor und 
ipäter Bontifer. Er endigte durch Selbftmord. Liv. 
42,28. — 9 M. Fulv. Flacc., Konjul 1250. C., 
ſchlug die Ligurier und Gallier und verteidigte als 
Anhänger der Grachen das Adergejeh derjelben. 
Er fiel bei der Unterdrüdung des zweiten gracchi— 
ichen Aufitandes 121. Cie. Phil. 8, 4. Als mittel: 
mäßigen Redner nennt ihn Gicero (Brut. 28). — 
10) Serv. Fulv. Flacc., befiegte während jeines 
Konjulats die Illyrier, 135 v. C. Nach Cicero 
(Brut. 21) war er auch Redner. — IV) Nobi: 
liores, wozu gehören: 11) Serv. Fulv. Nobi- 
lior, beſiegte als Konſul (255 v. E.) im erften puni— 
ichen Kriege die Karthager. — 12) M. Fulv. Nob,, 
erlangte (191) nach fiegreihem Kampfe in Hijpa- 
nien Die ray ern einer ovatio (Liv. 36, 21), 
befiegte als Konſul (189) die Aitoler (Ziv. 38, 4 ff.) 
und verwaltete nachmals die Cenſur. Er war ein 
entjchiedener Freund gricchiiher Bildung. Bei 
dem Feldzuge gegen die Witoler nahm er Ennius 
als Begleiter mit, was ihm Gato zum Bormwurfe 
machte. Auch hatte er die Kriegsbeute zum Bau 
eines Tempels der Muſen verwendet. Cie. Arch. 11. 
— Gein ältefter Sohn, 13) M. Fulv. Nob., war 
Konful 159 v. E.; der jüngere, 14) Quintus, war 
gleich feinem Bater ein Bönner des Dichters Ennius 
(Cie. Brut. 20). — V) Eurvi, darunter 15) M. 
Fulv. Eurvus, Konjul im %. 305 v. C. gegen 
die Samniter, welche er bei Bovianum bejiegte. 
Zir. 9, 44. — VI) Bombaliones, dazu gehört 
16) M. Fulv. Bomb,, der unbedeutende Vater 
der Fulvia, welche zuerſt Gemahlin des berüch— 
tigten Clodius war, von welchem fie eine Tochter 
Claudia hatte, die an Octavian verheiratet war, 
dann des Curio, fpäter des Triumvir Antonius, 
Sie hatte mehr männlichen als weiblichen Charak— 
ter und erjchien nicht jelten im Lager. Sie ftarb 
nad Octavians Siege auf der Flucht zu Sikyon 


451 


in Griechenland. Cie. Phil. 3, 6. Vell. Pat. 2,74. 
— VI Gillones, unter welden am befannte- 
ften ift 17) ©. Fulv. Gillo, der unter dem 
älteren Scipio (203 v. E.) ald Legat diente (Liv. 
30, 21) und jpäter die Brätur befleidete. — Außer: 
dem werden noch genannt 18) B. Fulv. Nervas 
tins, Gegner des Milo, —— 19) Fulv. Aure— 
lius, tüchtiger Unterbefehlshaber des Otho. Tac. 
hist. 1, 79. 

Fumarium, die Rauchkammer, die benußt wurde, 
um den Wein milde zu machen (j. Vinum, 4.), 
aber auch zum Trodnen des frisch gefällten Holzes 
diente. Colum. 1,6, 20. 

Funäles equi, die Nebenpferde, welche nod) 
neben dem eigentlichen Gejchirr angeſpannt waren, 
die homerifchen maenogoı. Suet. Tıb. 6. 

Funalia, Pechfackeln oder Kerzen aus Werg und 
dünnen Striden (funis), fodanı auch im weiteren 
Sinne Leuchter zum Auffteden der Wachäferzen, 
ja jogar jpäter für Nandelaber gebraucht. 

Funambüli, Seiltänzer, auch schoenobatac 
und neurobatae genannt, gewöhnlich dem Sklaven: 
ftande angehörig. 

Fundanii, plebejijchen Standes: 1) E. Fund. 
Fundulus, ftand als Konful im J. 243 v. C. 
dem Hamilfar Barkas auf Sicilien gegenüber und 
wies den wegen Auslieferung der Toten zu ihm 
geichicdten Herold der Bunter jchnöde ab, während 
Hamilfar, an den fich Fund. jpäter mit dem gleichen 
Verlangen wendete, in edler Weife die Leichen der 
gefallenen Römer herausgab. Dio !. Sie. 24,9, 2 f. 
— 2) C. Fund., Anhänger des Bompejus, darauf 
des. Cäſar (Caes. b. Hisp. 11), befreundet mit 
Eicero (Cie. ad Q. fr. 1, 3, 10). — 3) M. Fund,, 
geriet in einen Prozeß, in weldem ihn Cicero 
66 dv. E. verteidigte. @. Cie, pet. cons. 5, 19. — 
+4) Fundania, Tochter des E. Fundanius und 
Gemahlin des M. Terentius Barro, des berühm: 
ten Gelehrten. Varr. r.r. 1, 1,1. 

Fundi, Doöwdor, j. Fondi, Stadt und jpäter 
Munieipium in Latium im ager Caecubus an der 
Appiichen Straße unweit des nad) ihr genannten 
lacus Fundanus, mit fyflopijchen Mauern, die 
auf hohes Alter hindeuten. In der Nähe wuchs 
trefflicher Wein. Liv. 8, 14.19. Hor. sat. 1, 5,34. 

Funditöres, operdorijr«ı, auch mit libritores 
verbunden (Tuc. ann. 2, 20. 13, 39), Schleuderer, 
jene mit der funda Steine oder Bleifugeln (glan- 
des), dieſe größere Steine mit Hülfe der lora 
(Riemen) werfend, bildeten eine leichte Truppe in 
dem Heere der Römer, namentlich aus Balearen 
beitehend. Schon in der Alias (13, 599 f.) wird 
eine Schleuder aus ſehr feiner Wolle erwähnt; 
jpäter beitand fie aus Binjen und meiftens aus 
Leder. Die beiden daran befindlichen Riemen, 
welche der Schleuderer in die Hand nahm, und 
deren einen er während des Herumjchwenfens in 
der Luft losließ, beftanden (nad) Liv. 38, 29) aus 
mehreren zufammengenähten Schichten, um durch 
Bermeidung des Schlenkerns größere Sicherheit 
im Treffen zu erzielen. Die damit geworfenen 
Steine oder Kugeln, von Thon und mit Brennftoff 
angefüllt, oder von Blei (giandes, uolvßdildzs) 
und mit einer Spitze verjehen (Liv. 38, 21), jollen 
mit überrajchender Wirkung abgeſchoſſen worden 
jein. Verg. A. 9, 688. Ov. met. 14, 825. Sen. 
quaest. nat. 2, 57. Solcher glandes haben Sich 
viele erhalten (j. d. Abb. ©. 452). Sammlung der 

29* 


452 


Inſchriften der erhaltenen glandes von ange: | den Aquern eine Niederlage, befiegte fie aber nach— 
meifter (Ephemeris epigraphica Corp. inser. Lat. | her gänzlich (Liv. 3, 4); er ftarb an der Peſt 453. 
suppl. Vol. VII. 1885). gl. VBergk, Inſchriften Dion. Hal. 10,53. — 6) Agrippa Fur. Medull,, 
römijcher Schleudergeſchoſſe (1376). Vervolllommnet Konjul im 3. 446 v. E., fämpfte fiegreich gegen 


Fungus — Furii. 


wurde dieje Waffe in der Kaiſerzeit durch die Stod: 
ſchleudern (fustibali', an denen ftatt des einen 
Niemens ein 4 Fuß Janger Stod befejtigt war 





(Veg. 3, 14), und die mit beiden Händen geichwungen 
wurden und größere Maflen und Gewichte fort- 
ichnellten. Man nannte dieje Waffengattung fundi- 
balatores oder fustibalatores. Beide Arten 
von Schleudern waren eine gefährliche Kriegswaffe, 
da fie gegen 600 Fuß Entfernung nody mit ziem: 
licher Sicherheit ihr Ziel trafen. 

Fungus, der Schwamm, eine beliebte Speife, 
namentlich die boleti, Morcheln (tubera) u. a. 
Hor. sat. 2, 4, 20 f. 

Funus j. Bestattung, 1. 

Furca, ein aus 2 Schenfeln beitehender gabel- 
förmiger Halsblod, welcher den eg auf 
die Schulter gelegt wurde, jo daf die Arme an 
beide Seiten der Gabel gebunden werden konnten. 
Dieſer Blod wurde zur Strafe Sflaven auferlegt, 
welche davon furcifer hießen, was übrigens ein 
ganz gemeines Schimpfwort wurde (Plaut. Amph. 
1, 1,129 u.8.). Much legte man die furca Sklaven 
auf, welche gegeißelt oder gefreuzigt werden jollten. 
Sehr jpät heißt furca auch jo viel als Galgen, 
patibulum. 

Furcülae Caudinae j. Caudium. 

Furiae ſ. Erinyen. 

Furii, ein patriciiches Gejchlecht, welches fich 
bejonders in den Kriegen gegen die Gallier her: 
vorthat. Es ftammte wohl aus Tuſeulum, wie 
Inſchriften beweiſen. Unter den au diefer gens 
gehörigen Familien find zu nennen I) Phili, deren 
berühmtefte Mitglieder: 1) ®. Fur. Philus, 
Nonjul 223 dv. C. und als folder fiegreich gegen 
die Gallier, jtarb als Cenſor, 214. Liv. 24, 11. 
18. 43. — 2) 2. Fur. Bhilus, nahm als Konful 
(136 dv. E.) jeine Gegner Metellus und Q. Pom— 
vejus mit fid) als Legaten nach Spanien, wobei 
er wegen jeines Verfahrens gerühmt wird. Er war 
ein Freund des Scipio und Yälius und wird von 
Cicero (Brut. 28. de or. 2, 37) als Redner und 
Gelehrter gerühmt. In Eiceros Schrift de re 
publiea tritt er als Sprecher auf. — 11) Medul— 
limi; dazu gehören: 3) Sp. Fur. Med., welcher 
als Konjul (481 v. E.) gegen die Aquer glücklich 
friegte. — 4) P. Fur. Med., fämpfte als Legat 

egen die Aquer (464 dv. E.) und fiel mit jeiner 
Schar. Liv. 3, 5. — Sein Bruder, 5) Sp. Fur. 
Med. Fuſus, erlitt als Konſul (464 v. E.) von 


die Boljfer, wobei er den Fahnenträgern Die 
Fahnen wegriß und fie in die Feinde jchleuderte. 
| Liv. 3, 66. 70. — 7) 2. Fur. Med,, fiebenmal 
' Kriegstribun mit konſulariſcher Gewalt, wurde 
Konſul 413 v. €. (Liv. 4, 51) und befiegte die 
Bolifer. Liv. 4, 545. — 8) 2. Fur. Med,, diente 
als Legat unter M. Furius Camillus gegen die 
Boliter. Da er mit des Konſuls Vorficht unzu— 
frieden war, lieferte er den Feinden eine Schlacht, 
würde aber eine gänzliche Niederlage erlitten haben, 
wenn ihn nicht Camillus gerettet hätte. Gleich— 
wohl wählte 2 Camillus jpäter gegen andere 
Feinde zum Kollegen. Liv. 6, 23 ff. — Sp. Fur. 
Med., gleichfalls, wie die beiden vorigen, Kriegs— 
tribun, führte ein Heer gegen die Boljfer, deren 
Land er verwüftete. Liv. 6, 31. — Ill)@amilli: 
10) M. Fur. Camillus, legte ſchon im X. 431 
v. E. in der Schladht am Algidus (gegen Boljker 
und Mquer), in welcher er Ah durd; Tapferkeit 
auszeichnete, den Grund zu jeinem nachmaligen 
Ruhme. Plut. Cam. 2. Nm 9. 403 wurde er 
Eenjor (Val. Max. 2, 9, 1) und in den Jahren 
401—381 jechsmal Kriegstribun mit konſulariſcher 
Gewalt. Nachdem er fich in den Kriegen gegen 
die Faliſter ausgezeichnet hatte (Liv. 5, 12), erhielt 
er als Diktator den Oberbefehl gegen Veji, eroberte 
im zehnten Jahre der Belagerung (396) dieje Stadt 
(die erfte Eroberung außerhalb der Grenzen Ya- 
tiums) und machte reiche Beute. Liv. 5,21. Diod. 
Sic. 14,93. Plut. Cam.5. 2 Fahre jpäter gewann 
er TFalerii, gegen das er ausgezogen war, wie es 
heißt, durch jeinen Edelmut. Liv. 5, 27. Darauf 
ing er, der Unterſchlagung eines Teiles der in 
zeji gemachten Beute bejchuldigt (vielleicht infolge 
des erneuerten Ständehaders), in die Verbannung, 
mit dem ausgeſprochenen Wunjche, wenn er Unrecht 
leide, möchte Rom feiner bald wieder bedürfen. 
Liv. 5, 32. Nach der Niederlage an der Allia 
und der Einnahme Noms durch die Selten wendete 
der Senat ji in der Not an ihm und ernannte 
ihn abermals zum Diktator, 390. Liv. 5, 46. Er 
jammelte die überall zerftreuten Flüchtlinge, zog 
gegen Nom und jchlug, wie berichtet wird, nadı 
Bejiegung einiger Abteilungen das Hauptheer der 
Feinde völlig. Liv. 5, 49 ff. Suet. Tib. 3. Plut. 
Cam. 22—29. hm wurde dafür der Ehrenname 
pater patriae beigelegt. Dann baute er die zer: 
jtörte Stadt wieder auf (Liv. 5, 50 ff. 6, 4) und 
| hinderte die vorzüglich von den Plebejern beabjich: 





tigte UÜberfiedelung nah Veji. Hierauf legte er 
jein Amt nieder, erhielt e$ aber im J. 389 von 
neuem und befiegte die Boljfer, Etruffer und Äquer 
(Liv. 6, 1,4). Noch mehreremale war er Diktator 
(im ganzen fünfmal), zulegt 367 gegen die wieder 
eindringenden Kelten, welche er in der Nähe von 
Alba gänzlich bejiegte. Liv. 6, 38.42. In den 
Streitigfeiten um die, Adergejeße des Licinius, 
deren Gegner er war (367), fonnte er die Nechte 
feines Standes nicht jchügen und mußte wegen 
eines Widerftandes gegen die Geſetze in die Eurie 

üchten (vgl. Plut. Cam. 42); ihm gelang e8 wohl, 
die Annahme jener Geſetze eine Yeitlang aufzu: 
halten, nicht aber, fie abzuwenden. Im %. 364 
ſtarb er an der Belt, welche damals grafjierte. 


* 


Furina — Furtum. 


455 


Livius (7, 1) feiert mit Recht das Lob des ausge: | — Aus einem andern Zweige diejes Geſchlechtes 


zeichneten Mannes. — Sein ältejter Sohn, 11) Sp. 
Fur. Cam., wurde Prätor 365 v. E., der zweite, 
12) 2. Fur. Cam., Diktator 350 und befiegte die 
Gallier bei Alba (Liv. 7, 23 f.), fiherte dem Senate 
den Beſitz des Konſulats und befiegte als Konſul 
im 3. 349 die Gallier bei den Pomptiniſchen 
Sümpfen. — Gein Brubdersjohn, 13) L. Fur. 
Eam., unterwarf 338 dv. E. als Konjul Latium, 
wofür ihm und feinem Kollegen außer dem Triumphe 
die jeltene Ehre zu teil wurde, daß ihnen Reiter: 
ftatuen auf dem Forum errichtel wurden. Die La: 
tiner behandelte er mild und jchonend. Liv. 8,13 f. 
— Zur Kaijerzeit brachte zuerft nach langer Zeit 
den Namen des Geſchlechts wieder zu Ehren 14) M. 
Fur. Cam. Konſul 8 n. C., welder im %. 16 
unter der Regierung des Tiberius die aufrühre- 
riſchen Numidier unter Tacfarinas unterwarf. Tac. 
ann. 2, 52. Er ftarb wahrjcheinlich im J. 37. — 
15) Sein Sohn, M. Fur. Cam. Scribonianus, 
Statthalter von Dalmatien, erregte 42 n. C. einen 
Aufftand gegen Claudius, wurde aber jchon nad) 
5 Tagen auf der Inſel Liffa getötet. Zac. hist. 
1, 89. 2,75. Suet. Claud.13. — IV) Aculeones, 
darunter 16) E. Fur. Viſellius Aculeo, ein 
naher Verwandter Ciceros, von dem er (de or. 
1, 43. 48) wegen feines Scharffinns und feiner 
Kenntnis des Civilrechts jehr gerühmt wird, be: 
freundet mit dem Redner Craſſus. — 17) Gein 
Sohn, E. Biſellius Varro, diente 79 v. E. als 
Kriegstribun in Aſien und zeichnete fich nachher 
durd; feine Rednergabe aus. Als Better Ciceros 
wirkte er für defien Rückkehr aus der Verbannung. 
Cie. Brut. 264. ad Att. 3, 23, 4. — 18) C. Fur. 
Aculeo, wurde als Duäftor des Scipio Aſiaticus 
wegen Verdachts, von Antiochos Geld genommen 
zu haben, verurteilt, 188 dv. C. Liv. 38, 55. — 
V) Bibaculi, darunter 19) Lucius, ausgezeich— 
net durch Frömmigkeit. — 20) M. Furius Bib,, 
nach des Hieronymus nicht zweifelloſer Angabe 
eb. 103 v. E. zu Eremona, nicht unbedeutender 

ichter, verfahte namentlich Spottgedichte in der 
Art Catulls (Quint. 10, 1, 96), ferner ein Sam: 
melmwerf, Incubrationes genannt (Plin. praef. 24), 
vielleicht and) ein Epos über Cäſars galliichen 
Krieg. Zweifelhaft ift, ob ihn Horaz (sat. 2, 5, 40 f.) 
veripottet; noch fraglicher, ob er mit dem von dem: 
jelben (sat. 1, 10, 36f.) als turgidus Alpinus 
(1. d.) bezeichneten Dichter, dem Berfaffer einer 
Aethiopis und eines Gedicht3 über den Rhein, 
identisch ift. Nach Porphyrio zu der letztern Stelle 
hieß Alpinus mit wahrem Namen Cornelius Al: 
pinus. Gell. 18,6. Sammlung der wenigen Bruch: 
ftüde in 2. Müllers Ausgabe des Catull, ©. 89, 
und in Bährens’ fragm. poet. Rom. p. 317 ff 
VI) Burpureones; dazu gehört 21) &. Fur. 
Burpureo, der unter Marcellus im J. 212 v. €. 
gegen Hannibal diente, darauf die Gallier und den 
Rarthager Hamilfar bei Eremona (Liv. 31, 5. 21), 
jpäter 197 die Bojer in Oberitalien befiegte. Ziv. 
33, 37. Nach dem Frieden mit Antiochos d. Gr. 
leitete er die Verhandlungen, 190. Liv. 37,55. — 
VID Bacili; dazu gehört 22) E. Fur. Bacilus, 
Konjul 441 v. C. 435 Cenjor zur Abhaltung einer 
Boltszählung. Liv. 4, 12.22. Die Cenſur ver: 
waltete er mit Strenge und ftieh den früheren 
Diktator Amilius aus Ka Tribus. Im J. 426 


ftammte 23) der Dichter U. Fur. Antias, aus 
Antium gebürtig, Freund des Q. Lutatius Catulus, 
des Kollegen des Marius im Konfulate 101 v. E., 
und Berfafjer eines aus mindeftens 11 Büchern 
bejtehenden Gedichts, betitelt Annales, von dem 
nur wenige Verje vorhanden find. Bergil ſoll ihn 
nachgeahmt haben. Macrob. sat. 6, 31 ff. 

Furina, eine Göttin der Römer, deren Bedeu: 
tung schon zu Barros (1. 1.6, 3, 56) Zeit unbe: 
fannt war. Vermutlich war fie eine unterweltliche 
Gottheit. In ihrem Haine jenjeit des Tiber ver: 
or &. Gracchus das Yeben. Plut, Ü. Gracch. 17 
(wo er der Hain der Erinyen genannt wird). Sie 
hatte einen Flamen und ein Feſt Furinalia, am 
25. Juli gefeiert. 

Furnii, ein plebejijches Gejchlecht aus den letzten 
Zeiten der Republik: 1) E. Furn., im J. 500. €. 
Bollstribun, ein Freund Giceros (Cie. ad fam. 
8, 11, 2), im %. 49 Anhänger Cäjars, von welchem 
er mit einem Briefe an Cicero gejandt wurde 
(Cie. ad Att. 9, 6, 6), nad) Cäjars Tode Anhänger 
des Antonius, jo jehr ihm auch Cicero dies wider: 
riet (Cie. ad fam. 10, 25). Antonius gebrauchte 
ihn im perufiniicheı Kriege als Vermittler bei 
Octavian, nahm ihn dann mit zum parthiichen 
Feldzuge im 3. 39 und übertrug ihm (35) die 
Statthalterichaft von Ajien, ein Amt, in welchem 
er einen Kampf mit dem flüchtigen Sert. Bon: 
pejus zu bejtehen hatte. App. b. c. 5, 30. 75. 137 ff. 
Nach des Antonius Befiegung begnadigte Octavian 
den Furnius, der im J. 29 zum Konſular ernannt 
ward. Dio Cass. 52, 42. Die fpäteren Jahre 
feines Lebens jcheint er in Ruhe den Wiffenichaf- 
ten gewidmet zu haben. Auch als Redner wird 
er mit Ehren genannt. Cic. ad fam.10, 26. Tac. 
dial. 21. Plut. Ant. 58. — Sein Sohn, 2) €. 
Furn., kämpfte als Legat im J. 25 v. E. unter 
Augustus gegen die Geltiberer, welde er 3 Jahre 
ipäter ald Statthalter von Spanien gänzlich unter: 
warf. Dio Cass. ö4, 5. Er ftarb bald nad) Er: 
fangung des Konfulates, 17 0. C. — 3) Furn,, 
vielleicht des ebengenannten Sohn, wurde im J. 
26 n. E. auf Befehl des Tiberius wegen Ehebruchs 
mit der Claudia Pulchra hingerichtet. Zac. ann. 
4, 52. 

Furor ijt ſowohl völlige Rajerei als Verrüdt: 
heit, welche für den Menichen in rechtlicher Be: 
ziehung manche Folgen hat. So z. B. fteht der 
furiosus unter der Cura jeiner Agnaten und Gen: 
tilen, ift unzuredinungsfähig wegen verübter Ver: 
brechen, fann feinen Vertrag eingehen u. ſ. w. 

Furtum (von ferre), der Diebftahl. Schon in 
den XII Tafeln gab es furtum manifestum, d. h. 
wenn der Dieb auf der That ertappt wurde, oder 
wenn jemand bei einer von dem Beftohlenen an— 
geftellten Hausſuchung, die nach früherem Nechte 
erlaubt war, als Dieb befunden wurde. Dieje 
Hausjuchung durfte der Bejtohlene aber nur nadend 
und mit einem Gürtel und einer Schüffel verjchen 
vornehmen (furti per lancem et licium concep- 
tio, Gell. 2, 1. 11,18. 16, 10). Dem furtum mani- 
festum ftand furtum nec manifestum gegenüber. 
Der fur manifestus wurde gegeifelt und dem Be: 
jtohlenen zugeiprochen, der nec manifestus hatte 
den Wert des Geftohlenen doppelt zu erjeben. 
Der fur nocturnus fonnte impune getötet werden, 


fämpfte er gegen die Bejenter unglüdlich. Liv. 4,31. der fur diurnus nur dann, wenn er fich mit einer 


454 


Waffe gegen den Befiger wehrte. Später traten 
Milderungen ein, jo daf der fur manifestus nicht 
mehr Kapitalftrafe erlitt, jondern durch vierfachen 
Erjaß büßen jollte. In der Kaiferzeit wurden 
einzelne Arten des Diebftahls als bejonders ftrafbar 
bezeichnet und extra ordinem friminell geahndet, 
3.8. Vichdiebftahl, Tafchendieberei, Einbrud) (bei 
Nacht verübt, noch ftrenger, poena metalli). 
\lber das furtum pecuniae publicae ſ. Pecu- 
latus. Endlich aber konnte jeder Diebftahl als 
ftriminalvergehen angejehen werden, und der Ber: 
legte Fagte nad feinem Belieben civil oder Friminell. 

FustuarYum j. Disciplina militaris, 10. 

Fusus, &rgaxros, die Spindel, und colus, 
nAardın, der Woden. Über das Spinnen j. 


Fustuarium 


— Gabinii. 


Colus. Der Spindel bedient man ſich jchon bei 
Homer; fie ift bei der Helena von Gold. Für die 
zu jpinnende Wolle hat man ein eignes länglid) 
rundes Körbchen von Flechtwerk, bisweilen von 
Silber. Die Göttinnen erjcheinen fogar mit gol: 
dener Spindel (yevankdxaroı), bejonders Athene 
als Vorjteherin der weiblichen Handarbeiten. Auch) 
bei den römifchen Frauen ift das Spinnen (lanam 
facere) eine der hauptjächlichiten Beichäftigungen 
(Hor. ep. 1, 13, 14. Ov. met. 4, 220 ff.), daher jie . 
auch auf Statuen gewöhnlich mit einer Spindel 
erſcheinen. Der in das Haus des Verlobten ein: 
ziehenden Braut pflegte ein mit Wolle angelegter 
Woden voraufgetragen zu werden. Das Spinnrad 
ift neuere Erfindung. 


G. 


Gabäli, Taßereis, eine galliiche Völlerſchaft in 
Aquitanien, ſüdlich von den Arvernern, im heutigen 
Gevaudan in den Gevennen, trieb Bergbau und 


Biepguät. Caes. b. q. 7, 64. 75. Strab. 4, 191. 
Gabli, Teßıoı, j. Ruinen bei Eaftiglione, Stadt 


in Latium zwijchen Rom und Präneſte am Gabi: 
nischen See, eine der älteften und mächtigften 
Städte des Tatinischen Bundes, eine Gründung 
von Alba Longa. Romulus jollte hier erzogen 
jein (Plut. Kom. 6. Dion. Hal. 1, 84); —* 
bemächtigte ſich Tarquinius Superbus ihrer durch 
Lift (Liv. 1, 53), dann aber verfiel fie früh. 
Hor. ep. 1, 11, 17. Hier blühte ein alter Kult 
der Juno. Die ungehenern Steinbrüche der Gegend 
boten namentlich nach dem Brande Roms unter 
Nero zum Wiederaufbau der Stadt treffliches Ma: 
terial (Gabinum saxum igni impervium). Zac. 
ann. 15, 43. 

Gabina via, eine Straße, die von Rom nad 
Gabii führte. Auf ihr joll Camillus die von Nom 
abziehenden Sallier eingeholt und faft gänzlich ver: 
nichtet haben. Plut. Cam. 29. Liv. 5, 40. 

abinTi, ein plebejiiches Seichlecht: 1) Gabin, 
Befehlshaber zu Scodra in Allyrien, 167 v. E. 
Liv. 45, 26. — 2) Aulus Sabin., Urheber einer 
lex tabellaria, 139». C. Vgl. Cie. legg. 3, 16, 35. 
— 3) A. Gab,, fiel im Kriege gegen die Bundes: 
aenofien, 89 v. C. Flor. 3, 18, 13.— 4) A. Gab,, 
Kriegstribun, fämpfte unter Sulla bei Chaironeia, 
85 v. E,, und wurde dann von ihm mit einem 
Anftrage an Murena nad Aſien gejandt. — 5) A. 
Sab., im J. 67 v. E. Volkstribun, zeichnete fich 
durch feine blinde Anhänglichkeit an Pompejus 
aus und machte mehrere Geſetzesvorſchläge, nament: 
lich den, daß dem Pompejus die höchſte Gewalt 
für den Seeräuberfrieg übertragen werden jollte. 
Cie. de imp. Pomp. 17. Plut. Pomp.25. Im J. 66 
ging er mit Bompejus als Legat nad Ajien, nahm, 
obgleich mit geringem Ruhme, am Kriege gegen 
Mithridates und (65) gegen die Barther teil, ging 
hierauf nach Judäa und jchlichtete hier den Streit 
zwiſchen Hyrkanos und Ariftobul zu Gunsten des 
leßteren, wofür er wie überall in Alien große Geld: 
jummen empfing, mit denen er feine Schulden 
bezahlte. Jm 3. 61 wurde er Brätor, 58 Konful. 
 Plut. Pomp. 48. Caes. 14. Dio Cass. 38,13. Caes. 
b.g. 1,6. Er erhielt Syrien als Provinz, betrieb 


— — ———— nn EEE 


mit dem berüchtigten Clodius Ciceros Verbannung 
und wirkte mit ſeinem Kollegen Piſo im Intereſſe 
der Triumvirn, beſonders des Pompejus, trotz der 
Gegenbemühungen Catos und einer, wiewohl ver: 
geblichen, Anflage des Gabinius. Auch nach Clo— 
dius’ Zerwürfnis mit Pompejus blieb er diefem 
ergeben. Cie. Mil.27. de dom. 25. Dio Cass. 38,30. 
Im %. 57 ging er als Prokonſul nah Syrien, 
befiegte die aufftändiichen Juden unter Alexander 
bei en. baute mehrere zerjtörte Städte 
wieder auf und orbnete die Verwaltung des Yan: 
des. Plut. Ant. 3. Dagegen war er nicht glücklich 
im Kampfe gegen die Araber. Durch feine Erprei: 
jungen, welche ihm abermals erfledlihe Summen 
zur Bezahlung jeiner Schulden einbrachten, erregte 
er neue Aufftände. Auch im J. 55 behielt er gegen 
die Sitte Syrien, unterdrüdte den jüdiichen Auf: 
ftand, ſetzte dann auf Bompejus’ Geheiß den Ptole- 
maios Auletes wie als König von Agypten 
ein (Cie. Phil. 2, 19. Just. 42, 4. Caes. b. e, 
3,4. 103. Dio Cass. 39, 55 ff.) und bereicherte jich 
durch Geſchenke und Erpreffungen. Die während 
feiner Abwejenheit in Syrien und Judäa gejtörte 
Ruhe ftellte er wieder her und jchlug den an der 
Spite des Aufftandes ftchenden Alexander am 
Tabor. Am Ende des J. 55 mußte er Syrien 
jeinem Nachfolger Craſſus übergeben. Unbeachtet 
zog der jelbjtfüchtige Mann (im %. 54) in Rom 
ein. Cie. ad Qu. fr. 3, 1,9 Bon allen Seiten, 
vom Senate, von Cicero, der gegen ihn zeugte, 
von den Konfuln, Tribunen, Rittern wurden An: 
Hagen gegen ihn geichleudert; indes Gab. vertei: 
ge fih und wurde freigeiprocdhen (Ce. Pis. 21. 
Phil. 2, 19. ad Att. 4, 16, 5), freilich nur durch 
Beftehung und durch Hülfe des Pompejus. Cie. 
ad Qu. fr. 3,4. Er erlag aber bald einer neuen 
Anklage wegen Erpreffung und mußte troß Ciceros 
Verteidigung ins Eril gehen. Dio Cass. 39, 55. 68, 
Cic. Rab. Post. 4. Im %. 49, nad Ernennung 
Cäſars zum Diltator, durfte er zurüdtehren. Gegen 
Pompejus focht er nicht mit, erft nad) deffen Tode 
diente er dem Cäſar, ging auf deffen Befehl nach 
Illyrieum, erlitt von den Dalmatiern eine Nieder: 
lage bei Salona und ftarb in diejer Stadt, 47. 
Caes, bell. Alex. 42. Sein größter Fehler war 
jeine Verjchwendung, die ihn wieder zu Erprej: 
jungen in den Provinzen trieb. In leßteren ging 


Gabinus cinctus — Gaia. 


er nur darauf aus, fich zu bereichern, weshalb er 
allgemein gehaßt war. Bor allen gram war ihın 
Gicero, der ihn als das jchwärzejte Ungeheuer 
ichildert (Cie Pis. 17. al Qu. fr. 3, 1). — Sein 


Sohn, 6) A. Gabin. Sıjenna, fämpfte mit | 


Ruhm unter jeinem Bater in Syrien, 57 v. E,, 
und verwaltete basjelbe während deſſen Abwejen: 
heit in Ägypten. Dio Cass. 39, 56. — T) P. Gabin. 
Capito (au Cimber Gabinius), ein eifriger und 
thätiger Anhänger Eatilinas, der mit den Allo— 
brogern verhandelte, wurde jpäter hingerichtet. Sall. 
Cat. 17. 40. Cic. Cat. 3, 3. 

Gabinus einetus hieß bei den Römern eine 
eigentümliche Schürzung der Toga, welche bei 
heiligen Gebräuchen üblich war (Verg. A. 7, 612. 
Liv. 8, 8. 10, 7); die Gürtung geſchah nicht mittelft 
eines bejondern Gürtels, jondern mit einem Teile 
der Toga jelbit, dem über die linke Schulter zu: 
rüdgejchlagenen Zipfel, der gürtelartig unter der 
Bruft um den Körper gezogen und gefnotet ward. 
Bis zur Einführung des sagum war diefe Gürtung 
die allgemeine militärijche Kleidung gewejen. Sie 
blieb dann für beftimmte feierliche Gelegenheiten, 
3. B. bei der Offnung des Janustempels; auch 
vollzog der Konjul bei Eröffnung eines Feldzuges 
die dabei erforderlichen Kultushandlungen in einer 
jo gegürteten Toga. Der Gebrauch fam wohl von 
den Gabinern, wenngleich des Servius Erzählung, 
die Gabiner hätten einſt, während fie beim Opfern 
beichäftigt waren, bei einem feindlichen Angriff 
nicht Zeit zu ordentlicher Rüftung gehabt und ſich 
jo gerolien, wohl eine mühige Erfindung ift. 

abröta silva, Taßeijt« Vin, ein Hauptwald 
Germaniens, wahrſcheinlich der Böhmerwald, nad) 
andern der Thüringerwald bis zum Fichtelgebirge. 
Strab. 7, 292. 

Gadära, 7& Tddage, j. Ruinen Mkes, eine 
große feite Stadt in Paläftina Peräa am Fluß 
Hieromax in der fruchtbaren Landſchaft Gadaris, 
Heimat des Epikureerd Philodemos und des Sa: 
tirendichterd Menippos. Strab. 16, 759. 

Gades, -Jum, r& T’dödsıga, j. Cadix (alter Name 
Aphrodifias), alte von den Bhoinikiern (unter dem 
Namen Gadir d. h. Feftung) gegründete See: und 
Handelsftadt in Hiſpania Bätica, außerhalb der 
Säulen des Heralles, auf einer Inſel Erytheia 
(j. Xeon). Ein an der jchmalften Stelle nur ein 
Stadium breiter Meeresarın, über ten eine Brüde 
führt, j. Buente de Suazo, verbindet die Inſel mit 
dem Feſtlande, wo fich eine Hafenftadt, j. Puerto 
S. Real, befand. Nach dem erften puniſchen Kriege 
bemächtigten fid) die Karthager der Stadt, im 
zweiten ergab fie fidy freiwillig den Römern und 
erhielt dadurch manche Vorzüge, jowie jpäter durch 
Cäſar das Bürgerrecht; fie war ein Municipium 
(munieipium Augustum) und führte den Namen 
Augusta lulia urbs Gaditana. ©. war bedeu: 
tende Hanbelsftadt (gejalzene Fiſche), aber aud) 
durch feine üppigen Sitten befannt. Bon Gades 
aus erhielten die Römer nicht bloß die jchwarzen 
Sklaven und Sklavinnen, jondern auch die üppigen 
Tänzerinnen (Gaditanae), welche in der Kaiſerzeit 
fehr in Mode waren. Heinrich zu Juvenal ©. 433. 
An Einwohnerzahl wurde es zu Strabons Zeit 
nur von Rom übertroffes. Unter den Gebäuden 
find ein Heraflestempel mit Orakel und ein Kro— 
nostempel zu erwähnen. Strab. 3, 168 f. 

Gadrosia, Taödgwoie, jpäter auch Gedrosiu, 


455 


Trögwoie, die jüdöftliche Landſchaft der perſiſchen 
Provinz Ariana, das heut. Beludſchiſtan, grenzte 
im ®. an Karmanien, im N. an Drangiana und 
Arahofia, im D. an India, im ©. an das Ery— 
thraiische Meer. Das Land, an der Hüfte jandig, 
unfruchtbar und dürr, war bewohnt von einem 
dunfelfarbigen Bolfe, den afiatifchen Aithiopen; 
das Junere dagegen ift teilweije fruchtbar und wohl 
bewäfjert. Strab. 15, 721. Arr. 3, 28, 1.6, 22, 1. 
23, 1. 27,1. 

Gaesäti, Tarocraı, T’ssodrar, gehörten zu den 
Völkern, weldye in dem galliichen Kriege von den 
Nömern bei Klajtidium am Padus (222 v. C.) 
geichlagen wurden, wahricheinlich jo genannt von 
der Bewaffnung mit dem gaesum, Wurfipief; (j. d.); 
fie werden meift für Gallier gehalten, waren aber 
vielleicht germanijchen Stammes. Pol. 2, 22 7. 33f. 
Plut. Marcell. 3. 6. 

Gaesum, urjprünglich wohl ein keltiiches Wort, 
doch von den Römern mehrfach gebraucht (Liv. 
26,6. Caes. b. g. 3, 4), bezeichnet eine gallijche 
Angriffswaffe, nad Feftus einen jhweren Wurf: 
ſpieß (dopv Öloslöneor). Tapfere Männer hießen 
darnach bei den Galliern Gaesati (Serv. ad Verg. 
A. 8, 662). Dieſe Waffe ging auch durd die 
Etrujfer (Liv. 9, 36) auf die Römer über, die ihre 
leichten Truppen damit bewaffneten. Liv. 8, 8. 

aetüli, [wirovioı, ein weit ausgebreitetes 
Bolt des nordweitlichen Libyens zwijchen dem Atlan: 
tiſchen Dcean im W., Mauritanien und Numidien 
im N., den Garamanten und dem Gebirge Ujar- 
gala im D. und dem Fluß Nigir im S. — alſo 
das ſüdliche Marokko und der weitliche Teil der 
Sahara —, entweder Stammesgenofjen ihrer nörd: 
lichen Nachbarn oder ein Mifchvolf von einheimi= 
ſchen Libyern und eingewanderten Mfiaten, rohe 
Nomaden (Sall. Jug. 80), als deren Stämme die 
Autololes, die Pharufier, die Darä und die Me: 
lanogätuler genannt werden. Als Hauptprodufte 
des Bandes werden Purpurjchneden und ausge: 
zeichneter Spargel erwähnt. Die Gätuler wurden 
von Marius begünftigt und gingen in der Folge 
von Juba zu Cäſar über. Caes. b. Aler. 32. 55. 
Strab. 27, 826. 829 u. Ö. 

Gaetüulieus j. Lentuli, 9. 

Gala, Ge, Tai«e, I, Tellus, die Erde, 
wurde jeit ältefter Zeit als eine ehrwürdige Göttin 
verehrt, die alles Leben aus ihrem Schoße gebiert 
und an ihrer Bruft trägt und nährt. Als dieſe 
Allmutter Erde war fie in Dodona mit dem be: 
fruchtenden Himmelsgott Zeus in Berbindung; dort 
jangen die Priefterinnen: „Zeus war, Zeus ift 
und Zeus wird fein; o größefter Gott Zeus! 
Früchte jpendet die Ge; drum nennet Mutter die 
Gaia!“ Bei Homer wird die glorreiche Göttin bei 
Eidſchwüren neben Zeus, Helios, Himmel und 
Unterwelt angerufen und erhält als Opfer ein 
ihtwarzes Lamm (/7. 3, 103. 278. 15, 36. 19, 258). 
Die zeugungsfräftige uralte Göttin jpielt in den 
Theogonien eine ausgezeichnete Rolle; ſie ift Mutter 
einer zahlreichen Nachkommenſchaft, befonders ſtam— 
men von ihr finftere, furchtbare Wejen und ge: 
waltige Niejen, wie Tityos. Od. 11, 576. 7, 324, 
Nach Hejiod (theog. 117. 126 ff. 183. 233) entitand 
fie nach dem Chaos und, erzeugte aus fich jelbjt 
den ihr gleichen Himmel (Uranos), die Gebirge 
und den Bontos, dann mit Uranos die Titanen, 
Kyklopen und Hefatondheiren, aus dem Blute des 


456 


verjtümmelten Uranos die Erinyen, die Giganten 
und melischen Nymphen (Gottheiten des mordenden 
Kampfes), mit Pontos den Nereus, Thaumas, 
Phorkys, die Keto und Eurybie. Auch die Auto: 
chthonen heißen ihre Kinder, wie Erechtheus (71.2, 548, 
Aeovge hier gleih I). Sie ift die Nährerin der 
Menichen und bejonders der Jugend (zorgorgo- 
og), und weil die zur Weisjagung begeifternden 
Dämpfe der Erde entjteigen, ift fie eine Weisjage: 
göttin. Das delphiiche Orakel gehörte ihr in alter 
Beit. Sie ward verehrt zu Athen, Sparta, Delphoi, 
Olympia u. a. O. Erhaltene Bildniffe der Göttin, 
nicht zahlreich und teilweife — zeigen 
fie gewöhnlich in voller matronaler Geſtalt mit 
langem, wallendem Haar (3. B. im Gigantenfries 
zu Pergamon). Mean vereinigte fie im jpäterer 
Zeit mit Kybele und Demeter. — Ebenjo braditen 
die Römer ihre Tellus mit Ceres zuſammen. 
An den Saatfrften (feriae sementivae) opferte 
man die ihr von Numa eingejegten Fordicidia 
(Schlachtung trächtiger Tiere). Or. fast. 1, 657. 
4, 629, Der Tellus ftand bei den Römern eine 
männliche Gottheit von gleiher Bedeutung, Tel: 
lumo, zur Seite. 

Gaius, der Name eines der angejehenften rö- 
mifchen Nechtögelehrten, deſſen Lebensumftände 
unbelannt find, und deffen Lebenszeit annähernd 
zu bejtimmen erft in nenerer Zeit möglich gewor: 
den ift. Seine Jugend fällt in die Zeit Hadrians; 
unter Marc Aurel hat er noch gelebt. Unter einer 
größeren Anzahl von juriftiichen Schriften haben 
die 161 n. E. abgefaften Institutionum commen- 
tarii quattuor, welche eine wiſſenſchaftlich geord— 
nete Überficht des römischen Privatrechts enthielten 
und in dem erften Buche die Lehre von den Fa: 
milienverhältniffen, in dem zweiten und dritten 
die Lehre von den VBermögensverhältnifien, in dem 
vierten endlich die von den Aktionen behandelten, 
in den Rechtsſchulen wegen ihrer Faßlichkeit für 
Anfänger allgemeinen Eingang gefunden und Jahr: 
hunderte hindurch die Grundlage der Borlejungen 
gebildet. Bruchftüde davon waren in der Collatio 
legum Mosaicarum et Romanarum, in den Pan: 
deften, bei Boẽtius, Priſcian u. a., in der lex 
Romana Visigothorum enthalten, das vollftändige 
Werk aber verloren, bis es Niebuhr anf der Reiſe 
nach Rom im J. 1816 glüdte, in der Bibliothek 
des Domfapiteld zu Verona eine Handichrift des 
Hieronymus zu entdeden, unter welcher, mit Ab: 
rechnung einiger Lücken, das ganze Werk des Gaius 
in jeiner uriprünglichen Geftalt aefunden wurde. 
Der Fleiß deuticher Gelehrten, Göſchen, Bekker, 
von Bethmann-Hollweg, Bluhme, 8. Lachmann, 
A. W. Heffter (ſ. d. Ausgg. von Ed. Böding, 1841, 
1865 und 1866, auch die Sammlung von Huſchke), 
hat die Handfchrift entziffert, und die erfte Ansgabe 
(1820) eine ſolche Negiamfeit auf dem Gebiete 
der Rechtsftudien hervorgernfen, daß man mit der 
Auffindung des Gains den rechten Anfang der 
hiftorifchen Schule machen kann und mit ihm erft 
genane Einficht z. B. in die Aktionen erhalten hat. 
Im Anftrage der Berliner Akademie hat W. Stude: 
mund ein Apographum des Coder genommen und 
(1874) eine fallimitierte Ausgabe — Abdrud 
von Krüger und Studemund (2. Aufl. 1884), von 
Huſchke (1878). Vgl. Dernburg, die Inftitutionen 
des G. ein Kollegienheft (1869). 

Galaesus, weniger richtig Galesus, T’«Aicog, 


Gaius — Galatia. 


Tainoös, ein Kleines, 5 Millien öftlih von Tarent 
ftrömendes Flüfchen, an welchem Hannibal bei der 
Belagerung der Burg von Tarent j. Lager aufichlug 
(Liv. 25, 11. Pol. 8, 35), berühmt durch die fein: 
wolligen Schafe, welche an feinen Ufern mweideten. 
IHor. od. 2, 6, 10. Verg. @. 4, 126. 

Galaktophägoi, Telaxropdyor, ein von Ptole— 
maios genanntes Bolt im afiatiichen Skythien, 
bejonders von Milch lebend. 

Galateia, Galaten, Teidreıe, Tochter des 
Nerens und der Doris, cine Meernymphe, unter 
der das jtille, glänzende Meer perjonifiziert iſt. 
T1.18,45. Hesiod. theog. 250. Späteren Dichter 
ift die Liebe des Kyklopen Bolyphemos zu ihr ein 
häufiger Gegenftand aumutiger Dichtung. T’heoer. 
6. 11. Polyphem verfolgt fie mit rajender Liebe, 
fie aber will von dem ungejchlachten Liebhaber nichts 
willen, denn fie liebt den jchönen Akis, den Sohn 
des Taunus und der Symaithis. Aus Eiferfucht 
zerichmettert der Kyklop den Afis mit einem Fels— 
blod; Atis wird zur Quelle. Op. met. 13, 750 ff. 

Galatia, 7) Talarie, oder Gallograecia, 
Takkoyganta, IT‘ 1, 'Ellnvis, bildete feit dem 
3. Rahrhundert v. E. eine eigene Landichaft in 
Kleinafien, melde im W. an Bhrugien, im ©. an 
Lylaonien und Kappadokien, im DO. an Pontos, 
im RN. an Bithynien und Paphlagonien grenzte. 
Der nördliche Teil war rauhes Gebirgsland, der 
füdliche Steppe und Salzwüſte, enthielt aber auch 
fruchtbare Ebenen und Viehweiden, bejonders für 
feinmwollige Schafe (und Angoraziegen). An der 
Nordgrenze lag der Olympos und das Ormi— 
niongebirge, im W. der Dindymosz; unter 
den Flüffen ift der Sangarios (j. Salaria) mit 
jeinen Nebenflüffen und weiter öftlich der Halys 
zu merfen. Die von Nifomedes J. von Bithynien 
278 v. C. herbeigerufenen, jeit 275 von der Nieder: 
donau und Thrafien eingewanderten keltiſchen oder 
galliichen Stämme, mit griechifcher Form Galatai, 
Takörer, ſpäter wegen ihrer Vermiſchung mit 
Griechen Gallogräci, Teikoygaımol, genannt, 
verbreiteten fich zuerft erobernd über das ganze 
vordere Aſien, bis um 235 Attalos I. von Perga- 
mos fie befiegte und auf die obigen Grenzen be: 
ichränfte. Ste zerfielen in 3 Hauptſtämme: die 
Trofmer (Hauptftadt Tavia) öſtlich vom Halys, 
die Teftojagen (Hauptftadt Ankyra, j. Angora, 
ſ. Ancyra, 1.) weitlid von demjelben, und die 
Toliftobojer (Hauptjtadt Peſſinns) noch weiter 
weftlich. Die einzelnen Teile wurden politiich, da 
fie in 4 Gaue geteilt waren, Tetrardhien genannt, 
an deren Spitze jogenannte Tetrarchen ftanden, bis 
Dejotarus zur Zeit des Pompejus das Ganze unter 
ſich vereinigte und als römischer Bundesgenofie 
mit dem Titel eines Königs von Rompejus den 
weftlichen Teil von Pontos und Mleinarmenien 
erhielt (65 v. E.). Auguſtus machte unter deffen 
Nachfolger Ampyntas im J. 25 dv. E. das Yand 
mit Ancyra als Hauptitadt zur Provinz, die jpäter 
durd; Paphlagonien und das ſüdliche Phrygien 
noch vergrößert wurde, Außer den 3 jchon ge: 
nannten Städten find für die Geſchichte des Dejo— 
tarus die beiden in der Nähe von Peſſinns gele— 
genen Kaftelle Yırcejum (bei Strabon Blovxior), 
jeine Nefidenz (Cie. Deiot. 6, 17. 7,21), und Reion 
(Ntor), jeine Schatzlammer, außerdem Gordion, 
die alte phrygiſche Rönigsftadt, zu merken, Strab. 
12, 566 ff. 


Galba — 


Galba,1)Servinsleine Zeitlang &ucius)Sul- 
picius 6 aus edlem Geſchlechte, wurde auf einem 
Landſitze bei Terracina geboren im J. 5 v. E. am 
24. Dezember und war mit Auguſtus' Gemahlin 
Livia durd Adoption feiner Stiefmutter verivandt. 
Neih und angejehen, ftieg er rajch zu hoben 
Würden und wurde Konſul im J. 33 n. &. Statt: 
halter von mehreren Provinzen, unter andern auch 
von Ober-Sermanien, wo er mehrfach fiegte, that 
er ſich bald als Feldherr hervor und zeigte große 
Strenge. Den Nufforderungen, unter den auf 
Auguftus folgenden Kaiſern die Herrichaft an fich 
zu nehmen, obgleidy ſchon Tiberius ihm einft die: 
jelbe prophezeit haben ſoll (Tuc. ann. 6, 20. Dio 
Cass. 57, 19), widerftand er, verwaltete unter 
Elaudins Afrika (Suet. Galb. 7. 8. Dio Cass. 
60, 9), unter Nero, nady längerer Zurüdgezogen: 
heit, 8 Jahre lang, das tarraconenfiiche Spanien. 
Als aber der Statthalter von Ballien, E. Julius 
Linder, der den Sturz Neros beabjichtigte, Galba 
den Borfchlag machte, fich zum Kaiſer wählen zu 
laſſen, ging er auf deſſen Vorichlag ein. An Rom 
bot nunmehr der Sardepräfeft Numpidius Sabinus 
den Garden große Summen im Namen Galbas 
an, dieje fielen von Nero ab, der Senat entichied 
fid ebenfalls für Galba, Nero gab fich ſelbſt den 
Tod, und Galba ward, troß feines hohen Alters, 
allgemein als Herricher anerkannt (Juni 68). Bon 
Otho begleitet famı er nach Nom. Aber von Geiz 
und SHabjucht erfüllt, ſowie von jchlechter Um— 
gebung beeinflußt, verweigerte er den Soldaten 
die verjprochenen Belohnungen, auch entfremdete 
er fich Diejelben durch Verlezung ihres Corps: 
geiftes und durch übergroße Strenge. Ebenfo be: 
ging er, ein furzfichtiger Regent, in der Civil: 
verwaltung viele große Fehler. Zwar juchte er 
der überall wachſenden Gärung dadurd) entgegen: 
zuwirfen, daß er den mwaderen X. Calpurnius Piſo 
Frugi Licinianus zu feinem Mitherricher und Nach— 
folger erfor. Aber Piſo genoß beim Heere feine 
Spmpathien, und Dtho, der ſich in jeiner Hoff: 
nung von Galba zum Nachfolger ernannt zu wer: 
den getäujcht jah, veranlafte eine Empörung der 
Garde, infolge deren Galba jamt Piſo und feinen 
Sünftlingen ermordet, Otho aber auf den Thron 
erhoben wurde (15. Jan. 69). Tae. hist. 1, 7—49. 
Dio Cass. 63, 22 ff. Suet. Galba. Plut. (ralba. — 
2) König der galliichen Völkerſchaft der Sueifiones 
zu Cäſars Beit. Caes. b. g. 2, 4. 13. Außerdem 
vgl. Sulpieii, 9. 11. 12. 18. 21. 

Galönos, TaAnvös, Claudius, ein Arzt, deſſen 
Lebens: und Bildungsgeichichte uns aus zahlreichen 
Andentungen in feinen Werfen befannt if. Er 
wurde 131 n. E. in Pergamon geboren. Sein 
Vater Nikon, ein Geometer und Architekt, war ein 
ebenjo wohlhabender als tenntnisreicher Mann und 
ließ dem Sohne eine jehr forgfältige Erziehung 
geben. In feinem fünfzehnten * ſechzehnten 
Lebensjahre benutzte er beſonders den Unterricht 
ausgezeichneter Philoſophen von den verſchiedenen 
Schulen, welche ſich in ſeiner Vaterſtadt aufhiel— 
ten, namentlich der Peripatetiker, die ihn frühzeitig 
zu einem eifrigen Studium der Schriften des Ari— 
ſtoteles und Theophraſt anleiteten. In der Medizin 
unterrichteten ihn Satyros, Ficianus, Stratonikos, 
Alianus Meccius und Aiſchrion. Nach dem Tode 
ſeines Vaters begab er ſich, einundzwanzig Jahre 
alt, nah Smyrna, um Pelops, den Anatomen, 


457 


und den Platonifer Albinus zu hören, dann nach 
Korinth zu Nemefianus und nach Alerandreia, wo 
ihn anatomifche Studien unter Heraflianos feflel: 
ten. 158 fehrte er nach Bergamon zurüd und er: 
hielt die ärztliche Behandlung der Gladiatoren, 
was für ihn die befte Schule der Chirurgie wurde. 
164 ging er, vierunddreifig Jahre alt, nadı Nom, 
wo er durch glüdliche Kuren, durch öffentliche 
Vorträge und litterariiche Thätigfeit zu großem 
Anjehen gelangte. Der neidiichen Anfeindungen 
jeiner ärztlichen Kollegen überbrüffig, verlieh er 
Rom nach einem dreijährigen Aufenthalte, machte 
eine wiffenjchaftliche Reiſe durch mehrere Länder 
und Tief ſich danı im feiner Baterftadt nieder. 
Schon nad einem Jahre beriefen ihn die Kaiſer 
Marc Aurel und Lucius Berus nad Italien zu: 
rüd; er traf fie, aber auch die Pet, in Nauileja. 
Die Kaiſer begaben ſich nach Rom, wohin er ihnen 
folgte und Leibarzt des jungen Commodus wurde, 
Hier ſchrieb er mehrere feiner bedeutendjten Werke, 
von denen ein Teil bei dem Brande des Friedens: 
tempels zu Grunde ging. Noch unter Pertinar 
und Septimius Severus war er in Rom; geftor- 
ben ift er in den erjten Jahren des 3. Jahrh. — 
Die hohe Adytung, welche ihm die Zeitgenoſſen 
zollten, wird durch die Verehrung, welche er bei 
der Nachwelt fand, noch übertroffen. Sie ift be: 
gründet auf eine wiflenjchaftliche Thätigfeit, der 
an Anfang die feines andern Schriftftellers im 
NAltertume gleichfommt. 125 Schriften allgemei: 
neren Inhalts find verloren gegangen; von den 
medizinischen find noch 100, offenbar echte, er: 
halten, 18 werden bezweifelt, von 19 find mehr 
oder minder beträchtliche Fragmente vorhanden, 
24 find untergeichoben. Sie beziehen fich auf alle 
Zeile der Medizin, find aber am großartigiten in 
der Anatomie und Phnfiologie, wenn man Die 
Schwierigkeiten diejes Studiums erwägt. 9 Bücher 
zepi drerommor Lyyrıpjoewv handeln von den 
Mufkeln, den Organen der Verdauung, des Atmens, 
dem Gehirn und Rüdenmarf. Dahin gehören auch die 
Werte megl dorür, mepl pleßür aal dornginr, 
neol vevpwr kvarouiig, reol urijrgag Graronijs, 
neol uvor xurjasog, migl rwr tig dramrois 
altıov, negl onfguerog, meol Öoperoswg Öbeyd- 
vov u. a. Die Phyſiologie lernen wir vorzüglich 
aus den 17 Büchern jeines Hauptwerkes zei 
rosiag ror lv drdonnov sauer: uogior, welches 
nachzumeijen jucht, daß jeder Teil des Körpers 
nah dem Plane einer höheren Intelligenz und 
jeinem Zwede durchaus entiprechend gebildet ift. 
Es ift wahrhaft von religiöfer Wärme durd)- 
drungen. Much in der Pathologie hat er die 
Schärfe feines Geiftes bewährt, fein Hauptwerk 
zepl tor nenordorwr rönwor umfaßt 6 Bücher; 
zeol Öiapopäg voonudror, meel tor Er roig 
voojuacır alrıor, wepl vunrtoudtor diapogäs, 
neol rar Lv raig vöcorg Kaıparv, wegl dtapogüg 
rvgerör, megl Övgnvodag, neol mÄnjdoVg, meoi 
roöuov al maluodo xal omaouodo al Glyovs, 
eo uaprouoö; auch der Kommentar zu den 
Aphoriſmen des Hippofrates und die damit in 
Verbindung ftehenden gegen Lykos und Julianus 
gehören hicher. In der Semiotif hat er in ver: 
ſchiedenen Schriften die Lehre vom Pulfe behan- 
delt, über die fritiichen Tage und über die Kriſe 
geichrieben und bejonders die Einwirkung und 
den Einfluß der Träume hervorgehoben, wobei er 


Galenos. 


458 


natürlid” den Borurteilen feiner Zeit ſich nicht 
hat entziehen fönnen. Für bie Arzneimittellehre 
ſchrieb er megl ngdaewg ai öurduswg rov an)lov 
pagudıav in 9 Büchern, negl Övrduswg Pap- 
udaov rõor url TomovVg in 10 Büchern, zeol 
cvvPiceng papudaov xar& yern in T Büchern; 
auch die 2 Bücher meol drriöorwr und megl rg 
ngranjg gehören hieher. Ju der Therapie ver: 
fuhr er nad Hippofratischen Grundſätzen; auch er 
geht darauf aus, den krankhaften Zuftand durd) 
einen entgegengeiegten zu betämpfen, Hitze durch 
Kälte, Trodenheit durch Anfeuchtung u. |. mw. zu 
heben. Seine regen largınn war lange Zeit als 
Lehr: und Schulbuch vorherrſchend und vielleicht 
unter allen feinen Schriften am meiften verbreitet; 
die Begamevrinjs uedöodov Pußkiae (14 DB.) ber: 
teidigen die hippofratiiche Heilfunde; die Schriften 
über Aderlaß, die Verhaltungsregeln für einen 
epileptijchen feranten, die Gejundheitsichre in 
6 Büchern, 3 Bücher von den Kräften der Nah: 
rungsmittel, von den guten und jchlechten Säften 
der Nahrungsmittel, über den Gerftentrant, über 
Blutegel u. ſ. w. müſſen hieher gezählt werden. 
Auf die Diätetik legte er großen Wert. Die Chi: 
rurgie lieh er nicht ungeübt und unbearbeitet, 
obſchon er diejelbe namentlich in Non den Chi— 
rurgen von Profeſſion überlich. — Viele feiner 
Schriften find auch in arabiſchen, lateiniſchen, 
jogar hebräijchen Überfeßungen vorhanden, ein 
Beweis für das hohe Anjchen, das er jelbjt im 
Abendlande genojien hat, und das bis in das 
16. Jahrh. unerjchüttert blieb. Manches liegt mod) 
handichriftlich verborgen. Die ungeheuere ‘Pro: 
duftivität macht es erflärlih, dah die Form in 
diejen Werfen häufig vernachläſſigt und nichts 
weniger als Haffisch erjcheint. Er leidet auch hier 
an den Fehlern feiner Zeit, an Breite und Weit: 
ichweifigfeit, an dialektiichen Spipfindigteiten und 
unfruchtbaren Wortflaubereien, bleibt aber troß: 
dem einer der —— Geiſter des Alter— 
tums, den ſeine Fachgenoſſen ganz mit Unrecht 
vernachläſſigen. — Geſamtausgabe ſeiner Werke von 
C. G. Kühn (20 Bod., 1821 -1833); Ausg. der 
Heinen Schriften von Marquardt, Iwan Müller 
und Helmreich (1. Bd. 1884). 
alöpsos, TaAnyos, 1) Stadt an der thraki— 
ſchen Küſte zwiichen Strymon und Nejtosfluf, 
öftlih von Apollonia, welche Perſeus nad) der 
Schlacht bei Pydna auf der Flucht berührte; auch 
im peloponnefischen Kriege wird fie genannt. Thuc. 
4, 107. 5,6. Plut. Aem. Paull. 23. Liv. 44, 45. 
- 2) Stadt in Ehaltidife am Toronciischen Meer: 
bujen zwiſchen Torone und Sermyle. Ildt.7, 122. 
GalerYus, 1) M. Sal. Trahalus, nach den 
Falten Konful des 3. 68 n. E., wird von Quin 
tilian als ein ausgezeichneter Redner gepriejen, 
der Yebhaftigkeit mit einer trefflichen Stimme ver: 
bunden habe. @uint. 10, 1, 119. 12, 5,5. 10, 11. 
In Rom herrſchte die Anficht, daß er für den 
Kaiſer Otho die von diefem vor dem Senat und 
dem zer gehaltenen Reden verfertigte._ Tac. 
hist, 1,90. Troßdem blieb er nach Othos Sturze, 
von des Vitellius “ro. Galeria beichüßt, 
unbehelligt. Tac. hist. : 2) j. Maxi- 
ınianus, 2. 
Galörus und galörum, nach Gellius (10, 15) 
eine Kopfbededung, ohne Ränder zum Unterichiede 
von dem petasus, die im freien, auf Reifen und 


Galepsos — Gallia. 


auf dem Felde getragen wurde. Sie beftand aus 
Fellen (Serv. ad Verg. A. 2, 685) und wurde aud) 
von Soldaten gebraucht (Ve erg. 4.7, 688), nament: 
lich von den velites (Pol. 6, 22). As opfbebedung 
des flamen Dialis durfte der galerus nad) Barro 
(Gell, 10, 15) nur von weißer farbe fein. Wegen 
der Ähnlichkeit hießen die Rerüden der rauen 
(aud) der Männer) galericula, auch galeri (Juv. 
6, 120). Der blonde, jchwarze oder rötliche Kopf: 
aufjaß, welchen vor der Einführung der Maifen 
die Schaufpieler trugen, hieß ebenfalls galerus. 

Galilaia, Tara, der nördliche, früher jehr 
fruchtbare Teil von Reitpaläftina, der im W. an 
Phoinikien und das Meer, im N. an Syrien, im 
D. an den Jordan und den See von Genezareth 
oder Tiberias (auch „Galiläiſches Meer’ genannt), 
im ©. an Samaria grenzt. Ober: oder Nord: 
galiläa, das Gebiet der Stämme Afjer und Naph— 
tali, ift ein ichönes Bergland, während Nieder: 
ober Südgaliläa, der Sit des Stammes Sebulon 
und eines Teils von Iſaſchar, aus einer Reihe 
terrafjenförmiger Hochebenen bejteht. Die Bewoh— 
ner waren bon jeher und namentlich jeit der Er: 
oberung durch Tiglath Pilefar 11. (734 v. €.) 
ftart mit Nichtiuden vermijcht, deshalb und wegen 
ihrer platten Sprache von ihren Bollsgenofjen ver: 
achtet, ſtets furchtlos und unruhig. Aus der Bibel 
find die Berge Tabor und Gilbon, die Städte 
Kapernaum, Magdala und Tiberias am 
See, Kana und Nazareth im Juneren, Nain, 
Zejreel und Megiddo im Süden befannt. 
Strab. 16, 760. 

GalinthYas, Takırdıdg, die Tochter des Proi— 
tos in Theben, welche durch die faljche Nachricht, 
ihre Freundin oder Herrin Allmene habe einen 
Knaben geboren, während die Barzen und Yucina 
der Hera zu Gefallen durch Verſchränkung der 
Hände die Geburt zu verhindern juchten, diejelben 
jo in Schreden ſetzte, daß fie die Hände öffneten 
und Herakles nun wirklich geboren wurde. Zur 
Strafe wurde fie in ein Wiejel (yaA7) verwandelt; 
Herakles aber baute ihr ein Heiligtum. Op. met. 
9, 280 ff. (wo fie Galanthis heißt). 

Gallaecia, früher Callnecia, Aallamnde, |. 
Salicia, der nordweftlihe Winkel Hifpaniens mit 
Bewohnern teltiichen Stammes, die als bejonders 
roh galten, im ®. und N. vom Atlantiichen Meere, 
im O. von den Aſturen begrenzt, im ©. von Luſi— 
tanien durch den Durius gejchieden. Sie zerfielen 
in die jüdlich wohnenden Callaeci Bracarii, nad) 
der Hauptftadt Bracara, j. Braga, genannt, 
und in die C. Lucenses mit der Stadt Yucus 
Augufti, j. Yugo, mehr im N.; die Nordoftede 
nahmen die Artabri ein. Außer den genannten 
Städten ift zu merfen Brigantium bei Corunna, 
mit großem, noch vorhandenem Leuchtturm. Strab. 
3, 147. 152, 155 u. ö. 

Galli j. Rhea. 

Gallia, 1) 7) Keirıxn, ſpäter Telarie, aud) 
G. Transalpina (N ümegdireıog Keltınnj) oder 
ulterior im Gegenſatz zu G. Cisalpina oder 
eiterior (Oberitalien) genannt, hatte unter Auguftus 
folgende Grenzen: im ©. das Mittelmeer, bier 
Gallicus sinus genannt, und die Pyrenäen gegen 
Hiipanien, im W. das Atlantiiche Meer, im NW. 
das fretum Gallieum und den Germaniſchen Ocean, 
im D. den Nhenus (gegen Germanien), den Barus 
und die Alpen gegen Italien, jo daß der Name 


Gallia. 


außer dem heutigen Frankreich noch Belgien, einen 
Teil der Niederlande, das überrheinifche Deutich: 
land und einen großen Teil der Schweiz umfaßte. 
Die früher jehr ungünftigen Berichte der Römer 
über Boden und Klima änderten fich bei genauerer 
Kenntnis. Das Innere durchziehen mäßige Höhen: 
züge. Das Grenzgebirge gegen Hijpanien find die 
Pyrenäen, gegen Stalien die Alpen; der Mons 
Cebenna (ro Aruuevor Ögog), j. Cevennen, zieht 
fich in jüdlicher Richtung und in einer Länge von 
250 römijchen Meilen an der Weftjeite des Rho— 
danus auf der Grenze von Mquitania und Gallia 
Narbonenfis hin, ein einzelner Berg desjelben war 
der M. Lefora (j. Lozere) bei Anderitum. Der 
M. Jura (Iooas) zieht vom Lacus Lemanus bis 
zum Rhenus; ein Öftlicher Teil ift M. Bocetius 
(1. Bözberg). Nördlich ſchließt fich daran M. Vo— 
jegus (nicht Vogeſus), franzöfiich les Vosges, 
deutih Wasgau, Vogeſen, längs dem Rhein bis 
zur Mojella ftreichend; die Arduenna silva 
endlich (j. Ardennen mit der Eifel) reicht vom 
Rhenus weſtlich bis zu den Scaldis: (Schelde:) 
Duellen. — Bon den Flüſſen ftrömen zum Mittel: 
meer: Barus (j. Bar), Rhodanus (Rhöne) mit 
Arar (jpäter Saucona, daher jebt Saöne) nebit 
Dubis (Doubs) und Bardo (Card) rechts, Jjara 
(Siere) und Druentia (Durance) lints; Atar 
(Ande), Telis (Tet); zum Ocean: Aturius (Adour), 
Garumma (Garonne) mit Tarnis (Tarıı) und 
Beronius (Aveyron), Oltis (Rot), Duranius 
(Dordogne) rechts; Carantonus (Charenteß Liger 
(Loire) mit Elaver (Allier) lints, Sartha (Sarthe) 
und Meduana (Mayenne) rechts; Sequana 
(Seine) mit Jcaunus (Nonne) und Ebura (Eure) 
lints, Matröna (Marne), Zara (Dife) und 
Arona (Aisne) rehts; Samara (Somme); zum 
Germaniichen Dcean: Scaldis (Schelde), Mofa 
(Maas) mit Sabis (Sambre); Rhenus (Rhein) 
mit Ararius (Mar), Helella (JUN), Nava (Nahe), 
Mojella (Mojel) nebjt Saravus (Saar). — Unter 
den Scen ift bemerkenswert der Yacus Lemanus 
(Asucrog‘, j. Lac I,&man oder Genfer See, von 
dem Rhodanus durchitrömt. — Das Land war 
reih an allen Getreide: und Objtarten, trefflichen 
Bäumen, aud) Pferden, Rindvich, Schweinen, Hafen, 
Gänſen u. j. w.; das Minerafreich gab reichen Er: 
trag an Gold, Kupfer, Blei, Eijen, Kryſtall. — 
Als Ältefte Bewohner der jüdlihen Teile werden 
genannt: im W., von Garumna und Rhodanus 
eingejchlofjen, die Jberer, hier Aquitanier ge: 
nammt, darunter der bedeutendfte Stamm die 
Vaſken in den Pyrenäen, daher das Land im 
Mittelalter Basconia (Gascognei; im DO. in den 
Alpen die Ligurer, bei den Griechen Adyves, ein 
den Selten wahrjcheinlich nicht ftammverwandtes 
Volk, mit den Stämmen der Salluvii oder Salyes 
und der Vocontii. Beide wurden teild verdrängt, 
teils unterworfen (an der Südküfte erft um 300 
v. €.) durd die von D. und N. her eingewander: 
ten Feltiihen (Kelraı) oder galliichen Völlker, 
weldye außerdem auch jeit älteiter Zeit die briti- 
ſchen Inſeln, das weftlihe und jüdliche Germa— 
nien und fämtliche Oberdonauländer bewohnten. 
Sie teilen ſich ihren noch jeßt lebenden Dialekten 
nad in wenigitens 3 große Zweige: den norb: 
weftlichen gäliſchen (eigentlidy gadhelischen), dem 
die ren und Ecoten angehören, den eigentlich 


459 


riſchen meift im SD., zu dem die jüdlichen Bri— 
tannier, die Helvetier, Bojer, Bindelifer und die 
ſüdöſtlichen Stämme bis nach Kleinafien hinein 
gehören. Bon dem mittleren Stamme, welcher den 
Griechen zuerft an der ligurifchen Küfte befannt 
ward, wurde der Name Kdlraı im griechiichen 
Sprachgebrauch auf die ganze Nation übertragen, 
während die Nömer dafür den Namen Galli (d. 5. 
die Krieger, von dem Schlachtgeſchrei) (griechiſch 
Takcrar) anmendeten, der auch den oberitalifchen 
Keltenvölfern als Galli Cisalpini eigen war. Der 
—— Stamm dieſer Namen findet ſich ſchon 
ei den Alten in dem Namen Tinres, Ging. 
Tañg ſtatt Tg. Die Kelten waren wohl nicht, 
wie die meiften der Alten annahmen, Ureinwoh: 
ner, ſondern glei den andern Indogermanen 
wahrjcheinlich von Dften (aus Afien ?) eingewan: 
dert. — Nördlich von der Sequana und Matrona 
wohnten die Belgen (auch verwandt mit den 
Gadhelen), denen ſich am linken Ufer des Rheins 
Germanen (in Germania superior und inferior) 
anfchloffen und vermijchten. — Die Bewohner 
Galliens waren fräftig, tapfer und Eriegeriich, aber 
auch oft unbejonnen und neugierig, unzuverläffig 
und wanderluftig (Einfälle in Stalien). Sie zer: 
fielen in eine Menge unabhängiger Bölferichaften, 
die zur Zeit, als Cäſar fie befriegte, eine meift 
ariftofratiiche PVerfafjung hatten. Nachdem die 
Römer die oberitaliihen Gallier befiegt hatten, 
drangen fie 128 dv. E., von den Mafjiliern gegen 
die Salyer zu Hülfe gerufen, über die Alpen und 
machten 122 den füdlichen Teil zur Provinz, ge: 
wöhnlich nur Provincia genannt (jpäter Prorv. 
Narbonensis, daher jeht Provence). Julius Cäſar 
(j. Einteilung db. g. 1, 1) unterwarf jeit 58 v. C. 
den größten Teil, worauf Auguftus 27 v. E. ganz 
Gallien auf Grund der früheren Einteilung in 
4 Teile teilte: Gallia Narbonensis (die frühere 
Provincia), mit der Hauptjtadt Narbo (118 erfte 
römische Kolonie außerhalb Jtaliens), deren Ver— 
waltung dem Senat überlaffen wurde, G. Aqui- 
tania (zwijchen Pyrenäen, Atlantiſchem Ocean, 
Liger und Gevennen), G. Lugdunensis (nördlich 
bis jenjeit der Sequana) mit der Hauptftadt Lug— 
dunum, und Belgica, dieſe 3 unter je einem jelb- 
ftändigen faiferlihen Statthalter. Der atlantische 
Küftenjtrich, bejonders au der Meerenge, führte 
ohne Nüdficht auf die Bevölferung den Namen 
Aremorica, von feiner Lage am Meer (keltiich 
mör). Unter Conftantin dem Gr. oder Diocletian 
zerfiel das Land in 14, noch jpäter in folgende 
17 Provinzen: a) G. Narbonensis, 1) Narbo- 
nensis I. mit der Hauptftadt Narbo Martins 
(j. Narbonne), 2) Narbonensis Il. mit Aquä 
Sertiä (Mir), 3) Alpes maritimae mit Ebu— 
rodunum (Embrun), 4) Viennensis mit Bienna 
(Bienne), 5) Alpes Graiae et Penninae mit Ci: 
vitas Centronum (Centron). b) G. Aquitania in: 
6) Novempopulana mit Elufa (Eauze), 7) Aqui- 
tania J. mit Civ. Birurigum oder Avaricum 
(Bourges), 8) Aquit. II. mit Burdigala (Bor: 
deaur). ce) G. Lugdunensis in: 9) G. Lugd. 1. 
mit Lugdunum (Lyon), 10) Lugd. II. mit Noto: 
mägus (Rouen), 11) G. Lugd. II. mit Eiv. 
Turonum (Tours), 12) G. Lugd. IV, mit Eiv. 
Senonum oder Agedincum (Sens). d) Belgica 
in: 13) Belgica I. mit Eiv. Trevirorum (Trier), 


feltifchen, im mittleren Gallien, und den Eym= | 14) Belgiea II. mit Durocortorum oder Eiv. 


460 


NRemorum (Reims), 15) Germania J. (superior) 
mit Magontiacum (Mainz), 16) Germ, II, (in- 
ferior) mit Colonia Agrippinenjis (Köln), 
17) Maxima Sequanorum mit Vejontio (Be: 
jangon). — Die Völkerſchaften und Städte ſ. unter 
den einzelnen Artikeln. Die oft wiederkehrenden 
Endungen in den Städtenamen haben folgende 
Bedeutung: aber, Mündung; böna, Grenze; briga, 
Burg; briva, Brüde; dunum, Hügel; durum, Burg; 
mägus, Feld; nemetum, Heiligtum; rigum, Gra— 
ben; ritum, Furt. Seit dem 4. Jahrh. n. E. 
wurden die Namen der einzelnen Völkerſchaften 
faft durchaus auf deren Hauptftädte übertragen, 
woraus zum Teil die heutigen Namen der Städte 
entjtanden find. Strab. 4, 176 ff. — 2) Gallia 
cisalpina und trans- und cispadana, j. 
Italia, 12. 

Galliönus, P. Licinius, Sohn des Kaiſers 
Balerian, lebte 218— 268 n. E. Sein Leben fällt 
in die Zeit der jogenannten 30 Tyrannen, unter 
welchen das Reich durch Einfälle der Nachbar: 
völfer und innere Unruhen tief erjchüttert wurde. 
Sein Vater ernannte ihn 253 nad Ranfe 254) 
zum Cäſar. Nach deſſen Gefangennehmung durch 
die Perjer beftieg er den Thron 259, ohne weiter 
an des Vaters Befreiung zu denfen. Den Ode— 
natus ernannte er zum Statthalter für das Morgen: 
land, während er felbjt mit wiederholten Auf: 
ftänden in den europäiichen und afrikanischen 
Provinzen und mit verichiedenen Gegenfaijern zu 
fämpfen hatte. Auch die Goten befiegte er eig wie 
mal. In Rom, wo er einen großen Teil jeiner 
Regierung verlebte, gab er ſich einem jehr jchwelge: 
riichen Leben hin, förderte aber auch Künfte und 
Wiffenfchaften, wie er überhaupt große Talente 
beſaß. Er ftarb im März des 3. 268, als er den 
Aureolus, der fich empört hatte, in Mailand be: 
lagerte, durd die Hand eines Menchelmörders. 
Sein Leben hat Trebellius Pollio gejchrieben. Zos. 
1,37 ff. Treb. Poll. Gallienus. 

Gallii, ein plebejisches Gejchlecht: 1) Q. Gal— 
fius, Adil 67 v. E., von Calidius im J. 65 de 
ambitu und wegen Bergiftungsverjuches angeHagt, 
wurde von Cicero verteidigt (Q. Cie. pet. coms. 
5, 19. Cie. Brut. 80), freigeiprochen und erhielt 
in demjelben Jahr die Prätur. — 2) Seine Söhne, 
D. und M. Gallius, rächten den Vater an Ca: 
lidins. Marcus ift im J. 47 Anhänger Cäjars, 
dann des Antonius; Quintus wurde eines Mord- 
verjuches gegen Oetavian bejchuldigt und auf deſſen 
Befehl hingerichtet. Cie. ad fam. 8, 4, 1. App. 
b. ce. 3, 95. Suet. Oct. 27. 

Gallinarfa, 1) Inſel im Ligurijcen Meere, 
füdlih von Albium Ingaunum, öde, aber wegen 
ihres Reichtums an Hühnern befannt und genannt 
von Barro und Columella, j. Iſola d’Albergo. — 
2) G. silva, Fichtenwald in Gampanien bei 
Eumä zwijchen den Miündungen des Volturnus 
und Clanis. Cie. ad fam. 9, 23. Jur. 3, 307. 

Gallio, Name zweier Rhetoren der Kaijerzeit: 
1) 2. Junins Gallio, ein Freund des Ovid 
und des Rhetors Seneca, Berfafler einer von 
Duintilian citierten rhetorischen Schrift und von, 
noch im 5. Jahrh. vorhandenen, Dellamationen, 
adoptierte Senecas ältejten Sohn (dem Bruder des 
Philoſophen L. Seneca), Annäus Novatus, welcher 
jeitdem 2) 2. Junius Gallio hieß. Auch er war 
ein trefflicher Rhetor und von jehr mildem Cha: 


Gallienus — Gl. 


rafter; deſſen ungeachtet Tieh ihn Nero 65 n. €. 
hinrichten, wenn er fich nicht ſelbſt das Leben 
genommen hat. Tac. ann. 15, 73. Dio Cass. 62, 25. 
Er war im J. 55, als der Apoftel Paulus feine 
zweite Miffionsreife machte, Prokonſul von Achaja 
(Acta apost. 18, 12‘. 

Gallograecia j. Galatia; 

Gallonii, ein plebejiiches Geſchlecht: 1) P. 
Gallon., ein Sc;welger zur Zeit der Grachen, 
der fein Vermögen in foftbaren lederen Mahlzeiten 
verſchwendete, weshalb Lucilius ihn verjpottete. 
Laeil. ap. Cie. fin. 2, 8, 24. 28, 90. Hor. sat. 
2, 2,47. — 2) E. Gallon., wurde im J. 49 
v. C. als Anhänger des Bompejus in Spanien 
zum Befehlshaber von Bades ernannt, doch mußte 
er nad der Niederlage der Pompejaner dieje Stadt 
verlaffen und fliehen. Caes. b. ec. 2,18. 

Gallus, I. Berjonenname: 1)j.Sulpiecii,10. 
— 2) C. Alins Gall., ein Juriſt im 1. Jahrh. 
v. E., Verfaſſer einer vielleicht alphabetiich an: 
gelegten Schrift de significatione verborum, quae 
ad ıus eivile pertinent, deren Fragmente Heim: 
bach (1823) und Huſchke in der lurisprud, ante- 
iustinianea (4. Aufl. 1878) gejammelt, haben. 
— 3) Hlius Gall., Statthalter von Ägypten, 
unternahm auf Augufts Befehl eine Erpedition 
nach Arabien 24 v. E., bei welcher er viel Un: 

lück unterwegs und hartnädigen Widerftand der 
Bewohner jenes Landes erfuhr, jo daß er nad) 
einem halben Jahre mit fümmerlichen Reften 
feines Heeres nach Alerandreia zurüdtehrte. Plin. 
6, 28. Dio Cass. 53, 29. Strah. 16, 780. 17, 819. 
— 4) C. (oder En.) Cornelius Gall., geb. zu 
Forum Julii in Gallien 69 v. E., aus unedlem 
Geſchlechte entiprofien, aber durch die Gunft des 
Auguſtus zu ———— Würde erhoben und von 
demjelben, als er Ägypten zur Provinz machte, 
zum erften Statthalter (praefectus derjelben ein: 
geſetzt iim I. 30). 2. Pinarius Scarpus hatte, 
von dem unglüdlichen Ausgange der Schlacht bei 
Actium unterrichtet, die Truppen, auf deren Unter: 
ftügung Antonius rechnete, dem Gallus übergeben, 
der aus Afrika gegen ihn heranzog. Der glüd- 
liche Ausgang der Unternehmung gegen die Hafen: 
ftadt Paraitonion und die Sefangennehmung der 
Kleopatra verichafften ihm jene ausgezeichnete 
Stellung, in welcher er unabhängig vom Senate 
dem Princeps allein verantwortlih war. Dio 
Cass. 51, 9. Aber das Glück dauerte nicht 
lange; die Härte und Anmaßung, mit welcher er 
auftrat, machten ihn zu Rom verdächtig, Ber: 
leumdungen famen Hinzu; er machte deshalb im 
%. 26 in feinem dreinndvierzigften Lebensjahre 
durch freiwilligen Tod feinem Leben ein Ende. 
Suet. Oct. 66. — Gallus ift zunächit als Redner 
thätig gemwejen und nicht ohne Namen geblieben 
(Donat. vit. Verg. $ 38); doch haben wir bloß 
Kunde von 2 Reden in Pollionem (Quint. 1,5, 8) 
und in Alfenum Varum (Serv. ad Verg. E. 9, 10). 
Wichtiger ift er als Dichter durch 4 Bücher Elegien, 
in denen er eine unglüdliche Liebe zu der Lycoris 
in zufammenhängenden Liedern, etwa in der Art 
bon Properz’ Ennthia, beſang. Er ift der ältejte 
unter den römischen Elegitern (Or. trist. 4, 10, 53. 
am. 3, 9, 63 f9, injofern Catullus und Calvus 
weniger auf diefem Gebiete der Poeſie ſich ver- 
jucht haben. Da er fih an griechiiche Vorbilder, 
hauptjächlich an Euphorion, anſchloß, jo mag ber 


Gamala — 


harte Stil diejes Vorgängers auch ihm das Prä— 
difat durior zugezogen haben, mit welchem ihn 
Duintilian (10, 1,93) charalterijiert. Einiges über 
Inhalt und Charakter jeiner Gedichte läßt fich aus 
den Gedichten Vergils, jeines Jugendfreumdes, ab: 
nehmen, der ihm nicht bloß im der fechiten Efloge 
gehuldigt, jondern auch die zehnte gewidmet und 
einen Abjchnitt der Georgiea beftimmt hat, Much 
die übrigen Beitgenofien, PBroperz (3, 32, 91), 
Dvid (am. 1, 15, 30) und Martial (8, 73, 61), 
gedenken feiner anerfennend. Barthenios widmete 
ihm feine erotiichen Erzählungen. Die von A. Ma— 
nutius 1590 zuerſt herausgegebenen Difticha auf 
Lycoris und 3 Epigramme (abgedrudt bei Rieſe, 
Anthologia latina, 1869 f., 914— 917) find Pro: 
dufte ciner jpäteren Zeit, tmahrjcheinlid; des 
15. Jahrhunderts, Eentonen aus den Dichtern der 
augufteiihen Zeit. Das pjendovergiliiche Gedicht 
Ciris will ihm Völker, der 1840 und 1844 eine 
Monographie über ihm gejchrieben hat, beilegen 
nad dem VBorgange von Voß. — 5) |. Constan- 
tius, 2. — Il) Flußname: rechter oder Öftlicher 
Nebenfluß des Sangarios in Bithynien, der von 
Modra am Dlympos in nordweſtlichem Yaufe her: 
abkommt, j. Mudurly-ſu. Strab.12,543, 
— 1 Naturgeſchichthich: gal- 
lus, der Haushahn, war dem Mars 
heilig wegen jeiner Streitluft, feiner 
Wachſamleit und weil er durch Krähen 
den Sieg verfündigt {wie dem Themi— 
tofles den Sieg über die Perſer, den 

hebanern den über die Spartaner); 
ferner dem Ajculapius, jowie der Göttin 
der Nacht und den Laren, weil er das 
Haus durch jeine Wachſamkeit ſchützt. 
Durch Themiftotles jollen die Hahnen— 
fämpfe (kiserpvorouaziaı) eingeführt 
worden fein. Tanagra, Rhodos, Chalfis 
und Medien lieferten die beften Kampf: 
hähne. Die Tiere wurden mit Knob— 
lauch gefüttert und die Beine mit 
iharfen Sporen bewaffnet. Auf einem 
Tiſche jtellte man die Tiere zum Kampfe 
gegenüber. Wetten wurden Dabei an: 
geſtellt. An Abbildungen auf Gem: 
men und Bajenbildern fehlt es nicht. 
©. Altarovörwm» dymreg. 

Gamäla, fefte Stadt auf einem, 
einem Kamelrüden ähnlichen, Hügel 
am Dftufer des Sees Genezareth in 
Paläftina, Tiberias gegenüber, wurde 
von Beipafian erobert und zerjtört. 
Suet. Tit. 4. 

Taunsie, Mahlzeit, die bei der 
Einführung der Frau in die Phratrie 
des Mannes den Phratoren gegeben 
wurde (yaunddar elsp£geiv). Demosth. 
Kubul. 43. 69. 

Gamelion j. Jahr, 1. . 

Gandärae, Tavödgaı, Tarddgıoı, 
j. — indiſches Volk in ber 
Landſchaft Tardapirıg am rechten, jüb- 
lihen Ufer des Kophen (j. Kabul), achörte zur 
fiebenten Satrapie des Berjerreiches und zog and) 
mit gegen Hellas. Hdt. 3, 91. 7, 66. — Namens: 
verwandt jind die Gandaridae, Terdagidaı, 
zwiſchen Akeſines (ji. Tichanab) und Hydraotes (ji. 
Navi), deren König, ein Großneffe des Poros, 





461 
Plut. 


Ganymedes. 


von Alexander dem Gr. vertrieben wurde. 
Alex. 62. Strab. 15, 699. 

Gangaridae, Tayyagidaı, Bolt an den Mün— 
dungen des Ganges mit der Hauptft. Gange, eigent: 
lich Banga genannt, mit den Gandariden nicht zu 
verwechieln. Curt. 9,2,2. Just. 12,8. Strab.15,719. 

Ganges, T’ayyns, j. Gangä, Sanges, teilt ganz 
Indien in Border: und Binterindien (India in- 
tra G. und exira G.), nad) den Alten der größte 
Fluß der Erde, entipringt auf den Emodijchen 
Bergen, flieht füdlich bi$ zur Stadt Gange, dann 
öftlich bis Balibothra, nimmt 19 ſchiffbare Neben- 
flüffe auf und ergieht fih nach Strabon und 
Blinius in einer, nach Mela und PBtolemaios in 
5 (oder 7) Mündungen in den nad ihm benann: 
ten sinus Gangeticus Die Alten geben dem 
G. meiftens eine Breite von 80--100 Stadien 
(2—2'/, Meilen), während Diodor von Sicilien 
(2, 37. 17, 93.) richtiger von 32 Stadien (etwa 
6 km.) ſpricht. Strab. 15, 689, 702. 719. 

Ganos, I'«rog, einer der 3 felten Pläbe in 
Thrakien an der Bropontis, welche der Thrafer: 
fünig Seuthes den aus Afien zurüdfehrenden Zehn: 
taujend auszuliefern verhieß. Xen. An. 7, 5, 8. 





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EU 


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Ganymödes, Tarvaniöng (heiter gefinnt, Herz 

erfrener), altlateiniich Catamitus, 1) Sohn des 

Königs Tros, Bruder des los und Aſſarakos, 

der Ichönfte der Sterblichen, welchen die Götter 


in den Himmel vaubten, daß er dort ewig lebe 
und dem Zeus den Becher fülle. 41. 20, 231 ff. 


462 Garamantes 
Später nahm man an, Zeus habe ihn entführt, 
entweder durch feinen Wdler oder jelbjt in Geftalt 
eine Adlers. Hor. od. 4, 4, 1ff. Verg. A. 5, 254. 
Ov. met. 10, 155. Als Entgelt für den Sohn 
gab Zeus dem Tros ein Geſpann göttlicher Roſſe. 
II. 5,266 (vgl. Eurypylos, 3.). Ceit Pindar 
(ol. 1, 44) wird der jchöne Mundjchent der Götter 
und bejonders des Zeus der Geliebte des Ichteren. 
Da er ald Schenf die Urne führt, identifizierte 
man ihn jpäter mit dem Dämon der Nilquellen, 
und Aſtronomen verjegten ihn als Waflermann 
unter die Sterne. Die Kunft ftellte ihn dar als 
zarten angehenden Jüngling mit der phrygiſchen 
Miüpe, mit Zeus oder dem Adler zujammen, vom 
Adler geranbt. — Abbildung (S. 461): der von 
dem Mdler de Zeus in -den Himmel getragene 
Sanymedes, mit dem Hirtenftab in der Rechten, 
Statue des Batifan (nad) Leochares). — 2) Name 
eines Eunuchen, der Achillas tötete und Cäſar an: 
griff. Caes. b. Aler. 4. 6. 383. 

Garamantes, I[wgduerres, ein Volk des in- 
neren Mfrifa, bejonders in der Daje Phazania 
(j. Fezzan), aber auch weiter nach ©. hin an beiden 
Seiten des Girfluffes, aljo im Lande der jetzigen 
Tibbos, einem Teile von Sudan und Bornu bis 
nad) Darfur hin. Sie trieben teils Aderbau und 
Viehzucht, teil® Handel. dt. 4, 174. 183. Ihre 
Städte waren Gira am ®ir, j. vielleicht Gerara, 
Garama, j. Dicherma in Fezzan, CHdamus, j. Gha— 
dames. Durch den Zug des 2. Cornelius Balbus, 
19 v. E., und den Aufftand des Tacfarinas famen 
die Römer in nähere Berührung mit den Gara- 
manten. Liv. 29, 33. Tac. ann. 2, 52. 3, 20. 74, 
4,23. 26. hist. 4, 50. Strab. 17, 835. 

Gargänus mons, rö Ideyavor Ögog, j. unter 
verjchiedenen Namen Monte Gargano, Calvo, Ori: 
gone u. ſ. w., die zwijchen der Frentomündung 
und der Stadt Sipontum fich halbkugelförmig ins 
Adriatiſche Meer ausbuchtende Hüfte Apuliens, im 
Umfang 300 Stadien, bejegt mit Eichenwaldung. 
Hor. od. 2,9, 7. ep. 2, 1, 202, In der Nähe lag 
das Matiniiche Geſtade (Hor. od. 1,38, 3.4, 2,27). 
Auf dem Gipfel des zu ihm gehörigen Berges be: 
fand fid) ein Denkmal und Drafel des Kalchas, 
am Fuße ein Denkmal des Podaleirios. Strab. 
6, 284 

Gargaphia, Taeyapla, eine Thalquelle bei 
Plataiai, die Mardonios trüben und verftopfen 
ließ, um die dabei gelagerten Griechen zu ver: 
derben (Hdt. 9, 25. 47: ovverdgufer »al ovr- 
!ywoar). 

Gargarenses, I'«oyaosis, ein den Amazonen 
benachbartes (mythijches) Bolf am Kaufajos. Zur 
Erzielung von Kindern lebten beide 2 Monate im 
Jahre zujammen, worauf dann die Knaben zu den 
Gargarenjern famen, die Mädchen bei den Müt— 
tern blieben. Strab. 11, 504, 

Gargäron, rö Tdeyagov oder r& Taoyaoı, 
die füdliche Spite des Fdagebirges in Troas (die 
nördliche hieß Kotylos), 1750 m Hoch, mit einem 
Tempel des Zeus, IT. 8,48. 14, 292. 352. — 
Die Stadt Gargara, r& Tdoyaoa, lag am Adra— 
myttiſchen Meerbuſen zwischen Afjos, deſſen Kolonie 
es war, und Antandros. Strab. 13, 583. 606. 

Gargettos j. Attika, 16. 

Gargilius Martiälis, im 3. Jahrh. n. E,, 
verfahte aufer einer Schrift über die Lebensweiſe 


— Garten. 


über die Landwirtichaft, das reiche Belejenheit, 
gejundes Urteil und jorgjame Quellenbenugung 
zeigte. Anſehnliche Stüde, namentlich über Objt 
(de pomis) und Rinderzucht (de cura boum), 
haben ſich erhalten, heransgegeben von Bal. Roje 
(1875). 

Garten, hortus, »7mog. Gärten werden jchon 
bon Homer erwähnt als Beſitz des Altinoos auf 
Sceria und des Lairtes auf Ithaka mit mannig: 
faltigen Fruchtbäumen. Die Griechen gaben ver: 
hältnismäßig jehr wenig auf Gartenanlagen, da 
fie des häuslichen Familienlebens ziemlich ent- 
behrten (vgl. übrigens Haus, 3. a. E.). — Die 
perfiichen Satrapen (Nyros der jüngere fand daran 
bejonderes Gefallen) legten ſich Baumgärten und 
Barfanlagen (maedsdsıcor) an. Aus noch früherer 
Zeit berühmt find die j. g. hängenden Gärten 
der Semiramis (eigentlich der Anyitis, Gemahlin 
Nebufadnezars) in Babylon. — Der Nömer ver- 
ftand unter hortus im Singular meijt einen Nuß- 
und Semüjegarten, mochte derjelbe am Wohnhauſe 
der Stadt oder außerhalb derjelben „oder in einer 
Billa gelegen fein, welche in der Älteren Sprache 
(Plin. 19, 4, 19) dieje Benennung ſelbſt hatte. 
Der Bearbeiter eines joldhen Gartens hie holitor 
(Hor. ep. 1, 18, 36), oft audy vilicus, weil diejer 
(ein Sklave) die Aufjicht über das Gärtnergeichäft 
mitführte (Juv. 3, 228. Sen. ep. 12); dagegen ijt 
hortulanus eine jpätere Benennung. Anders ver- 
hält es fid) mit dem Plural horti, welcher einen 
Luft: oder Kunftgarten bezeichnet, daher auch hor- 
tuli = Sartenanlagen. Der Grund diejes Sprad)- 
gebrauch® liegt in dem Begriffe der Mannigfaltig- 
feit, jowohl der Beete ald auch der verjchtedenen 
Plätze für befondere Zwecke, ald pomaria, rosaria, 
topiaria, viridaria, platanones, murteta u. dgl. 
Derartige Anlagen fanden fich meift bei den Billen 
(daher die Vertaufchung der Ausdrüde horti, hor- 
tuli und villa, Cie. off. 3, 14), ſ. Plin. ep. 5, 6. 
Der Kunftgärtner, welchem das Bekleiden der 
Terrafjen mit allerlei Schlingpflanzen, als Epheu, 
Immergrün, Bärenflau, die zierliche Einfafiung 
und Gejtaltung der Beete, der fünftlihe Schnitt 
der Bäume zu allerlei Formen oblag, hieß topia- 
rius (Cie. parad. 5, 2. ad Qu. fr. 3,1, 2). Selbft: 
verftändlich werden große Parkanlagen in emi- 
nentem Sinne horti genannt. Bu den berühm: 
teften derjelben mag zu zählen fein der Park des 
Hortenjius auf jeinem Yaurentinum, der aus 
einem Walde von 50 Morgen bejtand, ip welchem 
allerlei Wild gehegt wurde (Colum. 3, 13); ferner 
der große Luftgarten des Lucullus, welchen der: 
jelbe zu Nom auf dem Binciihen Berge (collis 
hortorum genannt) angelegt hatte. Er wurde 
jpäter ein Befigtum der faiferlichen Familie. Tac. 
ann. 11, 1. 32. 37. Plut. Lue. 37. 39. 81. Xu: 
cullus jcheint den orientaliichen Gartengejchmad 
nah Rom verpjlanzt zu haben. Dem Beijpiele 
desjelben folgte Pompejus, dejjen umfangreiche 
Anlagen (nordweitlich von Lucullus’ Gärten) ſpä— 
ter M. Antonius erftand (Plut. Pomp. 42. 44). 
Diejer hatte jedoch noch eine derartige Schöpfung 
neben Cäſars Gärten (Dio Cass. 47,40). Letztere 
lagen jenjeit des Tiber (Mor. sat. 1, 9, 18), wur: 
den bei einem Beſuche der Kleopatra und ihres 
Semahls von derjelben zeitweilig zum Arger der 
PBatrioten bewohnt (Cie. ad Att. 15, 15. Dio Cass. 


des Kaiſers Alerander Severus ein größeres Werk | 43, 27) und von Cäſar dem römijchen Bolfe ver: 


Garum — Gausape. 


macht (Suet. Caes. 83. Tae. ann. 2,41). Auguſtus 
verwendete einen Zeil derjelben zu einer Nau: 
machte, um dem jchaufuftigen Volke die Darftellung 
einer Seeſchlacht zu geben. Im Thale, welches 
den Quirinal von dem Pincius trennt, waren die 
großartigen horti Sallustiani gelegen, welche 
von dem Neffen des Gejchichtichreibers in den 
Beſitz der Kaiferfamilie übergingen (Tac. ann. 
13, 47). Auf dem Ejquilin hatte Mäcenas ſich 
einen Parkgarten geihaffen, von deſſen Palaſte 
(turris Maecenatiana) man eine weite und wahr: 
haft entzüdende Ausficht genof. Nach jeinem Tode 
wurde auch dieſer ein Beſitztum der Kaiſer (Zac. 
ann. 15, 39. Suet. Ner. 31). Eine bejondere Be- 
rühmtheit erlangten während ber Kaijerzeit die 
im Vatikaniſchen Thale gelegenen horti Gai, jpäter 
horti -Gai et Neronis genannt. €. Caligula 
hatte Ddiejelben von feiner Mutter, der älteren 
Agrippina, geerbt und darin einen Heinen 
Eirfus angelegt, den ein ägyptiſcher Obelift (der 
dritte in Rom) jchmüdte (Plin. 36, 11,15). Nach 
der Ermordung desjelben fam der Park an den 
Kaiſer Claudius und von diefem durch die jüngere 
Agrippina an deren Sohn, den Sailer Nero, 
welcher die herrlichen horti dem Volke öffnete, 
die jedoch Privateigentum ber faijerlihen Familie 
blieben (Tae. ann. 15, 44). An die eben genann- 
ten horti ftießen den Fluß aufwärts die Gärten 
der Domitia, der Tante Neros, nach deren Tode 
jie in Neros Beſitz famen. Sie warcır ein Lieb- 
lingsplaß des Hadrian, der hier das nach ihm 
benannte, aber erſt durch Antoninus Pius voll- 
endete Maujoleum (moles Hadriani) baute. ‘Wie 
aber alle dieje großartigen Gartenanlagen nad) 
ihrer inneren Natur beichaffen gewejen, darüber 
gehen ung, mit Ausnahme etiva der beiden Land— 
häuser des Blinius (ep. 2, 17 und 5, 6), Die er: 
wünjchten Nachrichten ab. Am allgemeinen läßt 
ſich nur behaupten, daß die unmittelbar an Nom 
ftoßenden Gärten den Weichen angehörten, bie 
nad Verſchiedenheit ihres Geſchmads entweder der 
Kunſtnatur oder der Naturkunft huldigten. Eigent: 
liche Hausgärten hatten die Römer faft gar nicht 
oder doch nur in früheren Zeiten. Diejen Mangel 
erjegten einigermaßen die beiden freien Räume 
innerhalb des Haufes, nämlich das hinter dem 
atrium liegende cavaedium und das mit dieſem 
in Verbindung ftehende Tänglicdye Viered, peristy- 
lium genannt. Im erfteren war ein mit dem 
friicheften Grün (viridarium) umzogener Najen: 
platz, in defien Mitte ein Wafferbehälter ftand; 
auch ein alter Familienbaum, meift laurus, be— 
Ichattete diejen anmutigen Hausraum, und, je 
nachdem es das Lofalverhältnis zuließ, durften 
Blumen nicht fehlen. Das größere, mit einer 
Säulenreihe gezterte, Beriftyl enthielt ſchon mehr 
eine eigentliche ° Gartenanlage. Inmitten berjelben 
plätjcherte ein Springbrunnen, Rofen ftreuten hier 
ihren Wohlgeruch aus, und während der jchattige 
Myrtenhain flüfterte, raufchte der Wind durch hohe 
Platanen und Pinien oder Lotosbäume. Das 
traute Familienleben fand in dieſem kühligen 
Raume feine Weiheftätte. Und wenn der ercen- 
triihe Sinn der römijchen Großen fogar Gärten 
mit Blumen und Bäumen auf den Dächern (so- 
laria) anlegte (Sen. ep. 122), jo freute fich der 
Arme feines Fenftergärtchens, in welchem er Gar: 
tenjalat, Peterjilie, Naute, Fenchel, auch wohl 


463 


einige Blumen 309. Was aber dem gemeinen 
Bürger in der Weltftadt Rom an Naturgenüffen 
abging, das fiel dem entfernteren Brovinzbewohner 
als ein glüdliches Los zu. Davon zeugt das auf: 
gefundene Bompeji, wo in den Häuſern und 
um diejelben Gärten mit ſymmetriſchen Formen 
nad) Art des franzöfiichen Geſchmacks angelegt 
waren. Die Beete und Nabatten waren meijt mit 
Buchsbaum eingefaßt. Die vorzugsweije in den 
Gärten gepflegten Blumen waren von unjeren 
jeßigen faum verjchieden. Für die Königin aller 
galt die Roſe, die jogar im Winter getrieben oder 
aus Ügypten, jowie aus Neufarthago bezogen 
wurde. Den Winter hindurch verwahrte man die 
Gewächſe in Glashäuſern (Mart. 8, 14). Den 
Tafeln der Neichen m. auch im Winter die 
Weintrauben nicht, gleichwie die Gärtner des Ti- 
berins das ganze Jahr hindurdy Gurken und Me- 
lonen in Bereitschaft hielten. Ein Verzeichnis von 
Blumen und Gemüſen findet ji bei Columella 
(im zehnten Buche de cultu hortorum), ein Gar: 
ten: und Wirtichaftsfalender bei demfelben (11, 3). 

Garum, eine aus dem Blute und den Einge- 
weiden gewifler Seefiiche (namentlich des scomber) 
bereitete Sauce, wontit man die Auftern beträu: 
felte, oder welche man auch als Reizmittel genoß, 
etwa wie unfern Kaviar. Plin. 31, 7, 43. Hor. 
sat. 2, 8, 46. 

- Garumna, Garunna, Garunda, ö Tagovväs, 

. Garonne, im Unterlaufe Gironde, Hauptjtrom 
en firömt von den Pyrenäen fommend 
in nordweftlicher Richtung, ift 2000 Stadien weit 
ihiffbar und erlangt bei Burdigala (Bordeaur) 
eine jeeähnliche Breite, jo daß Ebbe und Flut 
bemerkbar find. Die wichtigiten Nebenflüfje find 
rechts: Tarnis, j. Tarn, mit dem Veronius, 
j. Aveyron, Oltis, j. Lot, Duranius, j. Dor: 
dogne. An den Quellen des Fluſſes wohnien die 
Garumni. Caes. b. g. 3, 27. Strab. 4, 193. 

Gauda, Maftanabals Sohn, Mafiniffas Enfet, 
— und geiftig gleich ſchwach Sall. Jug. 65 

saugamela, r& [avyaunke, Ort in der afiy- 
riſchen e Aturia, zwiſchen Ninive und 
dem großen Zab (Lylos), am Bumodos, bekannt 
durch die Entſcheidungsſchlacht zwiſchen Dareios und 
Alerander (1. Dftober 331 v. E.), minder rid): 
tig auch Schlacht bei Arbela genannt. Arr. 3,8,7. 
6, 11,5. Plut. Alex. 31. Curt. 4, 9, 10. Strab. 
16, 137. 

Gaulos j. Melita. 

6Ganrus mons, Gaurani montes, ein vulfani- 
ſches Gebirge Campaniens zwiichen Cumä und 
Neapolis bei Puteoli, mit ausgebrannten, zu Seen 
gewordenen Kratern, jo bejonder® dem Averner 

ee. Dort befindet fich auch die &yop« ron Hyad- 
srov, die j. Solfatara. Strab. 5, 246. Die Abhänge 
trugen die edelften Neben des Falerner: und Maſ— 
fifer: Weines. Belannt durch den Sieg des Kon- 
ſuls M. Valerius Corvus über die Samniter, 
343 dv. 6. Liv. 7, 32 ff. 

Gausäpe, leinenes Zeug, welches durch bejon- 
dere Bearbeitung auf der einen Seite zottig war. 
Bald aber machte man gausape aud aus Wolle 
(Plin. 8, 48) und verwendete diejen Stoff zur 
paenula (daher gausapina, Mart. 14,145). Außer: 
dem gebrauchte man ihm zu Abwiichtüchern (Hor. 
sat. 2, 8, 11), Tafeltüchern (Mart. 14, 138), Über: 
zügen” toftbarer Tiſche u. j. w. 


464 


Gaza, Tee, 1) eine der 7 nördlichen Grenz: 
feftungen in Sogdiana, von Alexander dem Gr. 
wegen Empörung erftürmt und in Brand geftedt. 
Arr.4, 2, 1. 3. — 2) ©., richtiger T’dfare, Haupt: 
ftadt der medischen Landichaft Atropatene, Sommer: 
refidenz der medijchen Könige, am Südufer des 
Matianiichen Salziees (j. Urmiajee), 45 Meilen 
norbweftlid von Efbatana. Strah. 11, 523, — 
3) die füdlichſte und bedeutendfte der 5 Philifter: 
ftädte, ftarfe Grenzfeftung auf einem Hügel in der 
fruchtbaren Ebene, aber auch lebhafte Handelsitadt 
mit dem Hafen Majumas; nad Strabon (16, 759) 
7, nach Arrian (2, 26, 2ff. 27, 6 ff.) 20 Stadien 
vom Meer entfernt; ägyptiſch Kazatu, daher bei 
Herodot (2,159. 3, 5) Kaövrıg, j. Ghazze. Alexan— 
der der Gr. eroberte die Stadt Ende 332 nach 
fünfmonatlicher, Alerander Jannäus 96 v. C. nach 
einjähriger Belagerung. In der römiſchen Kaiſer— 
zeit 67 n. C. von den Juden zerſtört, war G. bald 
wieder die größte Stadt Baläftinas, ein Hauptfik 
der helleniftifchen Bildung. Curt. 4, 5, 7 ff. Diod. 
Sie, 17, 48. 

Gebet. Das Gebet (ebyrj, Dankgebet Erauvog), 
begründet in dem Gefühle menjchlicher Abhängig: 
feit von den Göttern und in der Überzeugung von 
ihrer Macht und Bereitwilligfeit zu helfen, wurde 
an die einzelnen Götter, in deren bejonderer Macht 
und unter deren bejonderem Schutze man zu ftehen 
glaubte, oder and an jämtliche Götter zugleich 
gerichtet, teils um für einzelne Fälle ihre Hülfe 
zu erjlehen, teils um für empfangene Wohlthaten 
zu loben und zu danfen, oder um überhaupt die 
Anerkennung menjchlicher Abhängigkeit bom gött: 
lichen Willen auszufprechen. Eine feite Gewähr 
für die Erhörung gab es nicht, obgleich man dem 
Gebete bejonders frommer Menſchen bei Griechen 
und Römern eine auferordentlihe Wirkung zu— 
jchrieb (j. Aiakos); aud) fand der Heide in jeinem 
Gebete nie den bei dem Ehriften auf den Glauben 
an die barmherzige Liebe Gottes in feinem Sohne 
begründeten Troſt; die Ergebung des Griechen und 
NRömers beruhte vorzugsweiſe auf der Vorſtellung 
von der Macht der Götter. Bei Homer, wo meiftens 
Bittgebete um eine einzelne Gnade in einem jpe: 
ziellen Falle vortommen, hat das Gebet eine 
beftimmte, feite Form; nad) der Anrede der Gott- 
heit folgt meift die Bitte nebft der Begründung 
eines Anſpruchs auf Erhörung, indem man fich 
auf früheren Beiftand fowie auf dargebrachte Opfer 
u. dgl. beruft. II. 5, 115. 1,37. 451. Bor dem 
Gebete wurden Waſchungen ald Symbol innerer 
Reinigung vorgenommen (Il. 6, 266. Od. 2, 261. 
Or. fast. 4, 778), während desjelben erhob man 
die Hände (manus supinae),. Wenn man zu Meer: 
gottheiten betete, jo ftredte man gewöhnlich die 
Hände gegen das Meer (IT. 1, 351, vgl. Dagegen 
Od. 9, 526), wenn zu einem unterirdiichen Gotte, 
gegen die Erde. 11.9, 568. Im Tempel wandte 
man ſich gegen den Altar und das Bild des Gottes, 
oder man umfaßte den Wltar. Platon jagt, daß 
jedes Unternehmen mit der Anrufung der Götter 
beginnen jolle, und daf es für einen tugendhaften 
Mann das Schönfte jei, wenn er die Götter durch 
Opfer verehre und durch Gebete und Gelübde fort: 
während Gemeinjchaft mit ihnen unterhalte. Ge: 
wöhnlich wurde eine Dreizahl von Göttern ange: 
rufen. Der Römer verhüllte fich gewöhnlich beim 
Gebete, indem er die Toga jchleierartig über dem 


Gaza — 


Gelanor. 


Hinterfopfe in die Höhe zog, während beim grie- 
chiſchen Ritus mit unbededtem Haupte gebetet und 
geopfert ward. Griechen und Römer gaben ihren 
öffentlichen Angelegenheiten eine religiöje Weihe; 
jo eröffneten die Griechen mit einem Gebet an 
Zeus die politiichen Verſammlungen, Kriegsunter— 
nehmungen, die Spiele, das Theater u. j. w. 
Ahnliches thaten die Römer bei Beginn ihrer Co: 
mitien, Senatöfigungen, Boltsmufterungen. 
Eine bejondere Art des Gebetes war die Ver: 
wünſchung oder der Fluch (ded, deal, dirae, 
exsecrationes), der entweder von einzelnen bei 
tiefer perjönlicher Verlegung (Didipus gegen jeine 
Söhne) oder offiziell von dem Staate durd) die 
Priefter über den Frevler (z. B. Alfibiades) aus: 
geiprochen wurde, indem man von den Göttern, 
bejonders den unterirdiichen, das Berderben des: 
jelben erflehte. In Athen wandten fidy die Prieſter 
bei dem Ausipruche des feierlichen Fluches gegen 
Abend und jchwangen biutrote Gewänder durch 
die Yuft. Die Römer verfluchten feierlich eine zu 
erobernde Stadt, nachdem jie vorher die Götter 
evociert hatten. Vgl. v. Laſaulx, über die Gebete 
der Gr. und R. (1842); über den Fluch bei Gr. 
und R. (1843). 

Gedrosia j. Gadrosia. 

Geganli, ein patriciiches Geſchlecht, gehörte zu 
den älteften familien Roms und ftammte wahr 
jcheinlich aus Alba. Liv. 1, 30. Genannt werden: 
1) T. Geg. Macerinus, Konſul im J. 492 v. C., 
und 2) jein Bruder, 2. Geg., welche eine in die- 
jem Jahre herrichende Hungersnot durch Getreide- 
auffauf linderten. Liv. 2,34. Dion. Hal.7, 1. 
— 3) M. Geg. Macerinus, Konſul in den 
Jahren 447, 443, 437 v. C. befiegte die Boljler 
und verwaltete die im J. 443 eingerichtete Cenſur 
435. Liv. 4, 22ff. 9, 33. — 4). Geg,, fand 
jeinen Tod beim Aufftande des Saturninus, 100 
v. C. Oros. 5, 17. 

Gela, 7) !’ia, Stadt an der Südküſte Siciliens 
am Fluß al. N. (j. Fiume Dliva), wahricheinlich 
beim h. Terranuova, gemeinjam gegründet von 
Antiphemos aus Lindos auf Rhodos und Entimos 
aus Kreta (690 oder 689 v. E.) und demmach von 
doriſcher Sitte und Berfafjung. Die bald mächtig 
getvordene Stadt wurde jpäter durch ihre noch 
mächtigere Tochterftadt Akragas verdunfelt und 
teilte mit andern ſiciliſchen Städten das Schidjal, 
fremden und einheimijchen Tyrannen unterworfen 
zu jein; Gelon, Hieron, Thrafybulos ftammten aus 
ihr. Zu Strabons Zeit war die Stadt nicht mehr 
bewohnt. Strab. 6, 272. — Nördlich von G. lagen 
die fornreihen Geloiſchen Gefilde, Teloo» 
editor; daher hat G. aud) das Beiwort die „mweizen- 
reiche” zugopogos erhalten, angeblich von Aiſchylos, 
der hier jtarb und beftattet wurde. 

Gelänor, I’sAcvrop, Sohn des Sthenelas, Ab- 
fümmling des Inachos, König in Argos, als Danaos 
ins Land fam. Als Danaos, der gleichfalls von 
Inachos abftammte, auf die Herrichaft von Argos 
Anſpruch machte und das argivische Volk fich zur 
Enticheidung hierüber verjammelte, fiel ein Wolf 
in die vor der Stadt weidende Rinderherde und 
bezwang den Stier. Die Argiver jahen dies als 
ein Zeichen der Götter an und entichieden zu 
Gunſten des Danaos, der, wie der fiegreiche Wolf, 
bisher nicht unter ihnen gelebt habe. Wad) des 
Aiſchylos Schußflehenden ift im Argos bei der 


Gelduba — Gellii. 


Ankunft des Danaos Pelaſgos König. Er ver: 
teidigt den Danaos und feine Töchter gegen die 
Söhne des Wigyptos, wird befiegt und verläßt 
das Land; die Argiver aber wählen den Danaos 
zu ihrem König. 

Geldüba, feiter Ort der Ubier in Untergerma: 
nien, nahe am Rhein bei Novefium (Neuß), I. Dorf 
Selb zwijchen Kaiſerswerth und Urdingen, Stand: 
quartier der zehnten Legion und angeblich eins der 
von Druſus am Rhein angelegten Kaftelle. Tae. 
hist. 4, 26. 32. 35. 583. Plin. 19, 5, 28. 

Tel£ovres ſ. GuII, 2. 

Gellfas, TeAldas, ein reicher, angejehener Agri— 
gentiner zur Zeit der höchſten Blüte der Stadt, 
um die Mitte des 5. Jahrh. v. C. Er kann als 
echter Typus des agrigentinischen Charakters gelten. 
Seinen großen Reichtum wendete er in der un— 
eigennüßigften Weije zur Unterftügung feiner Mit- 
bürger an, indem er offene Tafel hielt, arme Mäd— 
chen ausftattete, Reiſende beherbergte, die Not 
linderte. Val. Mar. 4,8. Diod. Sie. 13,83. Obgleich 
unanjehnlichen Körpers, bejaß er hellen Berjtand 
und treffenden Wig. Als er einft als Gejandter 
in die Bollsverfammlung eines Meinen Städtchens 
trat und ſich ein allgemeines Gelächter über ihn 
erhob, jprady er ganz gelafjen: man jolle fich nicht 
wundern, es jei Sitte bei den Mgrigentinern, zu 
mächtigen Städten Gejandte von großer Statur, 
in geringe Städte aber Heine Leute zu enden. 
Als im %. 406 bei Eroberung der Stadt die War: 
thager auch die Tempel nicht jchonten, zündete er 
den Ballastempel an und rettete fo ſich und das 
Heiligtum vor Beichimpfung und Entheiligung. 
Diod. Sie. 13, 90, 

Gellii, ein fammitiiches Gejchlecht; aus diejem 
ftammten: 1) Sell. Statius, Anführer der Sam: 
niter im J. 305 v. E., wo er von den Römern 
gefangen genommen wurde. Liv. do, 44. — 2) Bell. 
Egnatius, einer der tüchtigften Jamnitijchen 
Feldherrn, fiel (295 v. E.) in der Schlacht bei 
Sentimmm (j. Egnatii). Liv. 10, 19 ff. — Später 
fiedelte fich diejes Gejchlecht in Nom an. Genannt 
werden aus demjelben noch 3) 4. Gell. Popli— 
cola, geb. um 120. C. Konful im J. 72, darnach 
wahrjcheinlih Profonjul von Achaja (Cie. leyg. 
1, 20), als welcher er in Athen die Streitigkeiten 
unter den Philoſophen beilegen wollte; er war ein 
Feind des Prätor Verres (Cic. Verr. 1, 48). Am 
Kampfe gegen Spartacus nahm er rühmlichen An- 
teil und befiegte den Unterfeldherrn desſelben, 
Grirus, in der Schladht am Garganus, 72 (Plut. 
Crass. 9. Cat. min. 8); doc) erlitt er jpäter durch 
Spartacus jelbft mehrere Niederlagen. App. b.e. 
1,117. Eutr. 6,7. Flor. 3, 20, 10. Im J. 70 
erhielt er, nach langer Unterbrechung diejes Aıntes, 
die Cenſur, die er jehr ftreng verwaltete. Bekannt 
ift, wie damals der Konſul Bompejus, als er den 
Genforen fein Pferd vorführte, die Frage, ob er 
allen Feldzügen, die das Geſetz verlange, bei: 
gewohnt, mit den Worten beantwortete: Ya, 
allen und zwar unter meinem eigenen Oberbefehl! 
Plut. Pomp. 22. Val. Max. 5, 9, 1. Gell. 5, 6. 
Im Seeräuberfriege befehligte Gellius als Legat. 
Den Eicero achtete er jehr hoch, weil er die cati- 
linariiche Verſchwörung entdedt und vereitelt hatte. 
Cie, Pis.3. Gell. 5, 6. Daher nahm er jich auch 
ipäter des Vorjchlags, Cicero aus der Verbannung 
zurüdzurufen, eifrig an. Er wird wiederholt von 


Reallerifon des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


465 


Cicero ald ausgezeichneter Redner genannt Brut.47. 
ad Att. 12, 21). — 4) Sell. Boplicola, Bruder 
des vorigen, freund des Clodius und daher hef- 
tiger Gegner Ciceros, frühzeitig der Ausſchweifung 
und der Zügellofigkeit verfallen. Cie. Sest. 51. 
ad Att. 4, 3, 2. — 5) 2. Bell. Boplicola, Sohn 
von Nr. 3, wurde von einer gegen ihn erhobenen 
Anklage, feinem Bater nad) dem Leben getracdhtet 
zu haben, freigeiprochen, rechtfertigte jedoch jpäter 
den Berdadht, da er im J. 43 v. E. ſowohl dem 
M. Brutus, als auch dem Caſſius nachitellte. 
Val. Mar. 5, 9, 1. Begnadigt auf Fürbitte feiner 
Mutter, warf er ſich dem Antonius in die Arme 
und wurde dafür Konjul, 36. Er kämpfte auf 
defien Seite in der Schlacht bei Actium. Dio 
Cass. 49, 1. Plut. Ant. 66. — 6) En. Selling, 
Beitgenojje des %. Cälius Antipater, jchrieb in 
wenigjtens 27 (977) Büchern Annalen von Roms 
Gründung an in großer NAusführlichkeit. Samm: 
lung der —— Bruchſtücke bei Peter, histor. 
Roman. rel. I p. 165 ff. fragm. p. 92 ff. 

7) Aulus Gellius, in früherer Zeit fälfchlich 
Agellius genannt, ein römijcher Schriftfteller aus 
dem 2. Jahrhundert n. E. Genaueres über fein 
Geburts: (etwa 130) oder Todesjahr, ſowie über 
feine Familie wiffen wir nicht. Jedesfalls hat er 
eine jehr qute Eraiehung genofjen und bereits in 
Rom bei Sulpicius Apollinaris grammatijche 
(7, 6. 13, 16. 18, 4), bei T. Laftricius (13, 20) 
rhetorifche Studien gemacht und fich außerdem des 
näheren Umgangs mit Fronto und Favorinus er: 
freut (19, 8). Behufs der philofophiichen Studien 
ging er nach Athen (19, 8), wo er den Unterricht 
des Platonikers Calviſius Taurus genoß (1, 26. 
12, 5. 17, 8), oft in dem Haufe desjelben verfehrte 
und auch auf Heineren Reifen ihn begleitete. Auch 
andere Philojophen wurden von ihm gehört, wie 
Peregrinus Proteus (12, 11. 8, 3); ſelbſt Herodes 
Attieus nahm ihn freundlich auf (1, 2). Nach 
jeiner Rückkehr übertrugen ihm die Prätoren richter: 
liche Funktionen (14, 2. 12, 13), die ihn jedoch 
nicht verhinderten, den Umgang mit ausgezeich— 
neten Gelehrten, wie dem Philoſophen Favorinus, 
fortzujegen und gelehrte Studien zu betreiben. 
Eine Frucht derjelben find die uns erhaltenen 
Noctium Atticarum libri XX, von denen blof 
das achte verloren gegangen iſt. Den auffallenden 
Namen des Buches erklärt er ſelbſt daraus, daß 
er e3 in langen Winternächten in Attika bereits 
begonnen habe. Es enthält Ercerpte aus allerlei 
Schriftjtellern, griechiichen und römiſchen (bejon: 
ders älteren), furze Aufzeichnungen aus den Ge: 
ſprächen mit gelehrten Zeitgenofien, die fich ſowohl 
auf Sprachliches als auf Antiquarifches und Litte: 
rarhiftorijches beziehen. Da er ſich überall als 
einen ehrlichen und beicheidenen Mann zeigt und 
in der Benubung jeiner Quellen Gewiſſenhaftigkeit 
an den Tag legt, jo hat der Inhalt feines Werkes 
für uns einen hohen Wert und bietet eine reiche 
Fundgrube dar. Seine —— freilich leidet 
an allen Mängeln jener Zeit und der Schule der 
Frontoniani, zu welcher er gehört; fie iſt affektiert 
durch das Haſchen nach altertümlichen, durch das 
Bilden von neuen Ausdrüden, breit und prunfend, 
und nur verfehrter Gejchmad konnte ihn als vir 
elegantissimi eloquii et multae ac facundae 
scientine preijen (August. civ. dei 9, 4). Der 
jehr verdorbene Tert (früher am beften von oh. 

30 


466 


Ariedr. und ac. Gronov 1706 herausgegeben) 
hat neuerdings an M. Herb (1883-85, 2 Bdd.; 
Heine Ausgabe, 2 Bdd. 2. Aufl. 1586) einen aus: 
gezeichneten Bearbeiter, an F. Weiß (1875, 2Bbb., 
einen geichmadvollen Überjeger gefunden. Abhand— 
lungen von Theod. Bogel (1860) und Friedländer 
(1869). Vgl. M. Herb, opuscula Gelliana (1886). 

«elon, Tor, aus Gela auf Sicilien, Sohn 
des Deinomenes, der die 4 Söhne Gelon, Hieron, 
Polyzelos und Thraſybulos hinterlich, war wegen 
jeiner Tüchtigfeit Befehlshaber der Neiterei unter 
dem Tyrannen Hippokrates, der jchon die Nach: 
barjtädte unterworfen hatte. J/dt. 7, 164. Nach 
deſſen Tode (wahricheinlih 491 v. E.) un er 
die Negierung zuerit für die Söhne desjelben, 
dann im eigenen Namen. Als in Syrakus die 
Gamoren (d. i. Reichen), von dem Volk und den 
Sflaven vertrieben, nach Kaſmenai flohen, führte 
er fie zurüd; Syrafus ergab ſich ihm; er verlegte 
dahin die Herrichaft (485) und überlieh Gela jeinem 
Bruder Hieron. Seine in furzer Zeit über den 
größten Teil von Sicilien ausgedehnte Macht be: 
feftigte er durch die Vermählung mit Damarete, 
der Tochter des Theron von Agrigent, die Stadt 
Syrakus aber vergrößerte er, indem er alle Ein- 
wohner von Kamarina, die von Bela und vom 
eroberten Megara zum Teil dahin verpflanzte. Die 
von &erres bedrohten Griechen baten ihm (im 
Winter 481/80) um Hülfe, da er aber jelbit von 
den Karthagern bedroht war, verweigerte er die- 
jeibe und war jogar bereit, fich den Berjern, wenn 
fie fiogen würden, zu unterwerfen. Ildt. 7,157 — 165. 
Im Frühſommer 480 griffen die von dem Schwie: 
gerjohne des von Theron vertriebenen Terillos 
von Himera, dem Anarilaos, herbeigerufenen Kar: 
thager Sicilien mit großer Macht unter Hamilkar 
an, wurden aber bejonders durch das friegeriiche 
Talent des Gelon bei Himera zu Waller und zu 
Lande gänzlich geichlagen. Pind. pyth. 1, 146. 
IIdt. 7, 165. 166. Daß die Schlacht an demielben 
Tage mit der Schlacht bei Salamis ftattgefunden, 
erzählten jpäter die Sifuler. Ebenjo iſt es wahr: 
icheinlich eine Erfindung Späterer, welche die fici- 
liſchen Kolonien, weil fie das Mutterland nicht 
unterftügt hatten, entichuldigen, dagegen die Hu: 
manität derjelben hervorheben wollten, daß die 
Karthager, von den Perſern angeftiftet, Sicilien 
angegriffen hätten, und daß ein Friede abgeichlofien 
jei unter der Bedingung, daß die Ktarthager jich 
der Menichenopfer enthalten jollten. Jdiod. Sie. 
11, 20. Nach dem Siege erlangte Gelon durd) 
Milde gegen Bundesgenofjen und Befiegte allge: 
meinen Ruhm, wurde als Netter und Wohlthäter 
gefeiert und vom verjammelten Volke als König 
begrüßt. Diod. Sie. 11, 26. 27. Die Inſel blühte 
im Güde der Ordnung und des friedens. Wenige 
Jahre darauf (wahricheinlich im Herbit 478) ftarb 
er an der Waflerfucht und wurde als Heros ver: 
ehrt. Diod. Sie. 11, 38. Hieron folgte ihm im der 
Regierung. 

Gelöni, T'sAoroi, ein jarmatijcher Stamm am 
Bornfthenes, verwandt mit den Budinern (Hat. 
4, 108. 123), mit der Stadt Gelonos, hatten die 
Sitte des Tättowierens, daher pieti Geloni bei 
Vergil (@F. 2, 115, 3, 461). Soraz (od. 2, 9, 23. 
20, 19. 3, 4, 35) bezeichnet durd fie die Ferne 


Gelon — Gemma. 


Gemelli colles, Gebirgszug Siciliens, der von 
der Mitte der Anjel (an den Quellen des nörd- 
lihen Simerajl., j. Fiume Grande) in jüdweftlicher 
Richtung in der Gegend der jelinuntiichen Ther: 
men das Meer erreicht. Plin. 3, 8, 14. 

«emini j. Servilii, 6. 8. 9. 10, 

Geminii, wahricheinlich, wie jo manche andere 
Familien, aus Tuſculum ftammend: 1) Gem. Met 
tius (Mäcius), latiniicher NReiteroberft im Kriege 
gegen Rom 340 v. E., beftand einen Zweilampf 
mit Manlius, dem Sohne des römischen Konjuls. 
Liv. 8,7. — 2) Anhänger des Bompejus, ermor: 
dete den M. Brutus, den freund des Lepidus. 
Plut Pomp. 16. — 3) befannt dadurd, daß er 
jeinem Freunde M. Antonius offen den ihm aus 
der Verbindung mit der Kleopatra entjtehenden 
Nachteil darlegte, 31 v. E. ut. Ant. 59. — 4)E. 
Gem. Rufus, Mitglied des römischen Senats, 
Freund des Sejanus, wurde von Tiberius des 
Hochverrats bejchuldigt und zum Tode verurteilt. 
Zwar fjuchte er fich zu retten, indem er dem Kaijer 
einen Teil jeines Vermögens vermachte, gab fich 
aber, al3 dies nicht gelang, jelbjt den Tod. Tae. 
ann. 6,14. Dio Cass. 58, 4. 

Gemma, griehiich Atos, eine Gemme, künſt— 
lich geichnittener wertvoller Stein. Schon im ent- 
fernteften Altertume beichäftigte man fich mit der 
Kunſt, edle Steine zu gravieren und zu polieren; 
von Babylonien und Ägypten kam diejelbe nad) Bor- 
derafien und Griechenland. Aber hier wurde ſie 
vervollfommmet und, bei den bejchräntten Grenzen, 
auf die jie ihrer Natur -w angewiejen ift, bei- 
nahe bis zum höchſten Maße der Vollendung ge: 
bracht. Man pflegte dazu die jchönften und an 
Farben mannigfaltigften, aber minder jpröden zu 
nchmen, befonders den Adyat, Amethyſt, Karneol, 
Jajpis und Onyr, weniger den Mquamarin (Be- 
rylius oder Smaragdus Seythieus), Saphir (Hya- 
einthus), Topas (Chrysolithus), am wenigjten 
den Diamant (Adamas) und Nubin (Carbuncu- 
lus). Die Bearbeitung, wie uns die Alten fie 
ichildern (Plin. 37, 4. 15, 76) wid von der unjrigen 
wenig ab. Wenn nämlich der Schleifer (politor) 
den Stein bearbeitet und ihm eine ebene oder 
gewölbte Form gegeben hatte, griff ihn der Stein: 
jchneider (scalptor oder sculptor, cavarius) mit 
eifernen, mit nariihem Staube und Ol bejtriche- 
nen Juſtrumenten, bald mit runden, bald mit 
jpigigen und bohrartigen, bisweilen aber auch mit 
der in Eiſen gefaßten Diamantipike an. Ob die 
Künftler ji dabei der Vergrößerungsgläjer be- 
dienten, ift ungewiß. Am häufigften getragen 
wurden die Steine in Ringe gefaßt. An diefem 
Falle lieferte der Steinjchneider fie an den Gold- 
ſchmied (aurifex oder anularius) ab, der fie ein- 
faßte. Die Figuren wurden entweder vertieft 
eingejchnitten (gemmae sculptae, exsculptae, 
iraykvpa, Yntaglios), oder auf der Oberfläche 
hervorragend (caelatae, farur«, Kameen), ent— 
weder einzeln oder verbunden, hinter: oder neben: 
einander (capita iugata) oder gegeneinander ge— 
fehrt (adversa) oder von einander weggewandt 
(aversa). Die erfteren wurden hauptſächlich zum 
Siegeln, die legteren zum Schmude gebraucht. 
Der Ring hieß daxrukıog, anulus, das eingegra- 
bene Bild, neben welchem ſich gewöhnlich noch der 


und die Hoheit. Sie wohnten etwa in der jegigen | Name des Beſitzers darauf befand, ape«yis (j. d.), 


Ufraine, 


spoayddıor, die fie bearbeitenden Künftler daxrv- 


Gemonine, 


koylöpo:, scalptores anuloram, anularii. Als 
Sulla, Lucullus, Pompejus u. a. Sammlungen 
ſchöner gejchnittener Steine (danrvilıuodijauı) aus 
Griechenland und Kleinafien nah Rom gebracht 
hatten, erwachte und verbreitete ug Fein hier die 
Liebe dafür, und Sullas Stiefjohn Scaurus, Pom- 
pejus jelber, Cäſar u. a. legten ſolche Samm— 
lungen an, ohne dab jedoch Nom jemals aus: 
gezeichnete Künftler darin hervorgebracht hätte. So 
verlor dieje Kunſt, als fie vom Hofe der Pto- 
lemaier auf den des 
Auguſtus überging, für 
welchen Diojkorides 
arbeitete, jchon viel an 
reiner Schönheit des 
Stil, gewann dafür 
aber ein eigenes römi- 
iches Gepräge wieder. - 
Unter allen a 
malen find dieſe in 
größter Anzahl auf 
uns gekommen; ſie 
fingen aber erft dann 
an recht zahlreich zu 
werden, als der groß— 
artige Kunſtſtil zu er- 
löſchen begann. Auch 
in dieſer Beziehung 
at die Gemme große 
hnlichfeit mit dem 
Epigramm der grie 
chiſchen Anthologie, 
und beide fünnen lich 
gegenfeitig zur Er: 
läuterung dienen. Der 
erjte anerfannte Mei- 
fter im Steinfchneiden war Pyr— 
goteles, der allein Mleranders 
Bild in Stein ſchneiden durfte; 
aber den Gipfel diejer Kunſt be- 
zeichnet der Kameo Gonzaga, jebt 
im Beſitz des Kaiſers von Ruß— 
land, das Bruftbild des Ptolemaios 
Philadelphos und jeiner Schwefter | 




















und Gemahlin Arfino? (nad) andern Olympias 
und Alerander) (ſ. Abb. 5.). Diefer Onyr eines uns 
unbelannten Künftlers ift das Schönfte, Zarteſte 





467 
und Geiftreichjte, was im diefer Art auf uns ge: 
fommen, wogegen ein denjelben Gegenftand behan: 
deinder jchöner Wiener Nameo nur als jchwache 
Nachahmung erjcheint. Ein anderes vortrejfliches 
Kunstwerk it ein Sardonyr aus der eriten Kaiſer— 
zeit, der, durch die Tempelherren nach Europa ge: 
bradıt, in Frankreich verjchwand, aber am Ende 
des 16. Jahrhunderts von Kaifer Rudolf II. für 
12 000 Dufaten gekauft ward und jeitdem in der 
Sammlung der Altertümer Eu Wien fich befindet. 
Weniger ſchön und wertvoll ift ein tiberianischer 
Achat in Baris (mit 25 Figuren, die Familie des 
Auguſt und die von ihm befiegten Nationen dar: 
ftellend), den Graf Balduin von Flandern aus 





dem byzantinijchen Kaiſerſchatze dem heiligen Lud— 
wig verehrte. Dieje beiden find die größten unter 
allen uns befannten gejchnittenen Steinen. Ein 
Achatouyr, früher im herzoglihen Muſeum zu 
Braunjchweig, 12 Figuren in 3 Feldern enthal: 
tend, bezieht fi) wahrjcheinlich auf die Myſterien 
des Dionyjos und der Demeter. Eine Gemme des 
Michel Angelo mit einer ländlichen Scene (Wein- 
feje) gehört jchwerlich dem Altertume 
an. Auch gab es gemmae astriferne 
mit dem Geburtszeichen und der Kon— 
ftellation der Planeten, als Amulette 
am Halje getragen. — Die hier bei- 
gegebenen SHolzichnitte ftellen dar: 
1) die 5 griechiichen Helden, die fich 
über die Heerfahrt gegen Theben be- 
3 raten, mit den etrujfiichen Namen 

. ) (einer der älteften vertieft geſchnitte— 

| nen Steine etruſtiſcher Arbeit aus der 
Berliner Gemmenjammlung); 2) die 
figende Iſis mit dem Horus auf dem 
Schoß (f. d.); 3) den Zeus Nigiochos; 
4) Seburtsfeit des Dionyſos, auch als 
Weinlefe und Kelterfeſt bezeichnet ; 
5) die Köpfe des Ptolemaios Phila- 
delphos und der Arfinoe nach mut: 
maßlicher Annahme). Bgl. auch die 
Abbildung zu Wrtifel Giganten, 
— Verzeichnis der Gemmenſchneider 
bei Brunn, Gejchichte der griechiichen Künſtler I 
S. 448 ff. j 

Gemonfae, Die senlae Gemoniae oder, wie 


30* 


468 Genauni 
Plinius fie nennt, gradus gemitorii (Seufzer: 
jtufen) bezeichnen eine in einen Felſen ausgehauene 
und zum Tiberis führende Treppe, auf der die 
Leichname der im Carcer Hingerichteten durch Hafen 
in den Fluß geichleppt wurden. Die Lage diejer 
Gemoniae ift von den Erflärern verichieden ange: 
geben, entweder am Abhang des Aventinus oder 
des Capitolinus. 2 Stellen (Val. Max. 6, 3, 3 
und Dio Cass. 58, 5) fcheinen für den M. Capito- 
linus zu jprechen, andere geben keinen Anhalt. 

Genanni, Tevadvos, ein rätifcher Stamm, wohn: 
ten auf dem rechten Ufer des Athejis (Etſch) zwiſchen 
den Benoftes, Triumpilini und Euganei und töte- 
ten alle männlichen Gefangenen, jelbft die Frucht 
im Mutterleibe, wenn fie dieſelbe für männlich 
hielten,-daher bei Horaz (od. 4, 14, 10) implaci- 
dum genus. Drufus bejiegte fie jamt den Breuni 
Hor.a.a. ©. Plin. 3, 29. Strab. 4, 206. 

Genärva (nicht Geneva oder Genua), j. Gentve, 
Genf, Stadt der Allobroger am Austritt des Rho— 
danus aus dem Lacus Lemanu- auf der Strafe 
° von Vienna nad Aventicum. Hier führte eine 

Brüde über den Fluß. Caes. b. g. 1, 6. 

Teveoıe, r&, im weiteren Sinne Tage zu 
Ehren der Berftorbenen, im engeren ein allge: 
meines Totenfeft in Athen, am fünften Tage des 
Boidromion zum Andenken an die BVerftorbenen 
gefeiert. Der eigentlihe Name für diejes Feſt 
ſcheint Nexvoı« oder Neweseıe geweſen zu fein. 
Val. Mommſen, Heortologie ©. 209 ff. 

Genethliäci ſ. Chaldaei. 

Teve$2ıog nutge und re yerediıe hieß 
der Geburtstag und die jährlich wiederkehrende 
Feier desjelben bei Lebzeiten der Perſon; die Er: 
innerungsfeier des Tages für den ſchon Berftor: 
benen hieß yerdare (f. d.). Die Beoi yerdlıoı 
find die Schutzgötter der Geburt, wahricheinlich 
Zeus, Hera, Artemis, ſowie and) die Stammgötter 
der familien, Geſchlechter, Voller, = zargnoı. 
Die Beol rargoor und die Iro& zarpo« find in 
Athen vom Privatfult zu verjtehen (wozu auch der 
Kult des Apollon rargwos gehörte); auf öffent: 
lihen Kult deuten die Ausdrüde dep& märpın, 
Hol märpıor. 

Genius. von geno, redupl. gigno, bei den Römern 
eigentlich der Gott der Lebenserzeugung. Jeder 
Menſch hat feinen Genius, der ihn als jein beſſeres 
Ich, gewilfermaßen als der Inbegriff feiner Höheren 
GSeiftesanlagen, von der Geburt bis zum Grabe 
ſchützend geleitet und mannigfach auf jeinen Lebens— 
weg einwirkt. Darum feierte man bejonders an 
Seburtstagen, jowie am Hodhzeitätage und bei 
anderen wichtigen Abjchnitten des Lebens feinen 
Genius mit Opfern und Weihrauch, Wein und 
Blumen und überlieh fi ihm zu Ehren einem 
frohen Lebensgenuffe. Denn der Genius will, daß 
man das von ihm geichenkte Leben froh geniehe 
und durch weijen Genuß verlängere; jich das Yeben 
erheiteryg heißt daher: jeinem Genius zu Gefallen 
leben (indulgere Genio), fid) das Leben verküm— 
mern heißt: den Genins beleidigen (defraudare 
Genium). Hor. ep. 2, 1, 144. 2, 187. Plaut. Aul. 
4, 9, 15. Terent. Phorm. 1,1,10. Nach dem Tode 
bleibt der Genius auf der Oberwelt und weilt gern 
an dem Grabe jeines Schüßlings. Der Genius ift 
vorzugsweije der gute Geift des Menjchen; doc) 
wie der Grieche einen zarodaruor neben dem 
eyadodalunv annahm, jo glaubten die Nömer 


— Gens, 


auch ar böſe Genien. Die Genien der Frauen 
hießen Junones. Wie der einzelne Menſch jeinen 
Senius hatte, jo auch jede Familie und Genoffen- 
ichaft, Städte und Staaten (Genius publicus, (i. 
populi Itomani, Liv. 21, 62). Auch gab es Ge- 
nien der Orte und Gegenden (Genii locorum), 
der Bäder, Theater u. ſ. w. Die Ortögenien dachte 
man ſich gewöhnlich in Geftalt von Schlangen, 
welche von vorgeftellten Früchten eſſen (Verg. A. 
5, 84 ff); den Genius der Menjchen dagegen jtellte 
man dar als Jüngling in der Toga mit verhüll- 
tem Haupte, mit Schale und Füllhorn. Man iden- 
tifizierte den Gemus mit dem griechiichen Dämon. 

Gens. Cicero definiert die gentiles (top. 6) 
durch: qui inter se eodem nomine sunt, ab in- 
genuis oriundi, quorum maiorum nemo servi- 
tutem servivit et qui capite non sunt deminuti, 
Darnach bedingt der Ausdrud gens nicht die ge- 
meinschaftliche Abftammung und urjprüngliche Bluts: 
vertwandtjchaft, jondern bezeichnet die bei der Grün- 
dung des römischen Staates feftgeiehte Vereinigung 
von je 10 Familien zu einer Curie mit gemein: 
ſamen sacra, gleihem Nomen (entweder herge- 
nommen von einer in der Euric hervorragenden 
Familie oder einem aus ihrer Mitte hervorgegan- 
genen tapjfern Anführer) und gejchlofienem Acker— 
befig. So Niebuhr, Röm. Geih. Doc da ftatt 
gens aud in demjelben Sinne genus gebraucht 
wurde (Liv. 2, 46. 10, 3.5. Gell. 15, 27), fo ift 
die Annahme gemeinfamer Abjtammung und ur: 
iprünglicher Berwandtichaft die gewöhnliche. Die 
Erflärung war jchon bei den Nömern nicht Har 
vorliegend, wie aus einem Prozeſſe der patricijchen 
Claudier mit den plebejiichen Marcellern (beide 
gehörten zur gens Claudia) über die Hinterlafien- 
ſchaft eines Libertinus hervorgeht; die erfteren 
machten ihre Aniprüche geltend vermöge der zens, 
die legteren vermöge der stirps (Cie. de or. 1, 39). 
Jedesfalls gehörten in jpäterer Zeit viele Familien, 
die entweder nie in Berwandtichaft geftanden hatten, 
oder deren Blutsverwandtjchaft wenigſtens nicht 
mehr nachtweisbar war, zu Einer gens; jomit find 
familiae Interabteilungen der gens, obwohl das 
Wort familia ungenau zuweilen ftatt gens ge- 
braucht wurde vgl. Familia). In jeder gens 
find zu unterjcheiden die vollberechtigten wahren 
Gentilen und die untergeordneten Gentilen (j. d. , 
Freigelaffene und Elienten, welche den Namen der 
gens haben, aber feine andere Gerechtſame befigen 
als den Schub der gens und der Familie, welcher 
jie angehören. (re. a. a. O. Die älteften gentes 
fonnten nur patriciich fein, da Patricier die ein- 
zigen Bollbürger waren, und vermutlich gab es 
irgendwann einmal eine geſchloſſene Anzahl der 
gentes in den 3 Urtribus der Ramnes, Tities 
und Luceres. Die von Tarquinius Priſeus in 
den Patricierftand erhobenen plebejiichen Familien 
hießen geates minores, im Gegenjag zu den Nant- 
nes, Titied und Luceres als maiores, An die Stelle 
der ausgeftorbenen gentes wurden unter den Kö— 
nigen und jpäter mehrmals neue aufgenommen, 
aber es gejchah immer jeltener, und jo ſchmolz die 
Zahl der uriprünglichen patriciihen gentes jehr 
zufammen (. Patres). Seit Servius Tullius 
erhoben ſich auch plebejiiche Familien, welche die 
Gentilrechte unter fid) ausübten, aber des Ans 
teils an den Eurien, Aufpicien u. |. w. entbehrten. 
Ofters fanden ſich in einer gens patriciihe und 


Gentius — Genueii. 


plebejiiche familiae, 3. B. in der gens Claudia, 
Cornelia, lunia u. j. w. Dies geſchah, wenn 
eine plebejifche Familie patricifch wurde, während 
die verwandten Familien Plebejer blieben, oder 
wenn ein Patricier durch Mifheirat (d. h. vor der 
lex Canuleia) plebejiiche Kinder zeugte, oder wenn 
Neubürger den Namen defjen erhielten, welcher 
ihnen die Givität ausgewirft hatte, 5 B. Die 
jullanifchen Cornelier. — Die Rechte der Gen: 
tilen: 1) Rechte des einzelnen an die gens. Hie— 
her gehört der Anſpruch auf Schuß, Unterftüßung 
und Vertretung in jeder Not und Berlegenheit, 
z. B. bei gerichtlicher Anklage, bei Befangenicaft, 
bei Unmündigfeit (j. Tutela). Auch hat jeder 
Anrecht auf das der gens gemeinjame Eigentum, 
wie das sepulcrum, in welchem alle Gentilen be: 
ftattet wurden, und auf die gemeinjamen snera, 
welche jedocd in jpäterer Zeit als eine unbequeme 
Verpflichtung angejchen wurden. — 2) Nechte der 
gens an den einzelnen. Der einzelne war im 
Intereſſe der gens Beſchränkungen unterworfen. 
So 3. B. war die gens gegen die Gefahr ge: 
ſichert, das Vermögen eines Gentilen zu verlieren, 
und daher konnte fein Teftament, feine Arroga: 
tion ohne Zuftimmung der gentiles vorgenommen 
werden (j. Adoptio). Ebenjo hatten die Gen: 
tilen auch Erbredht an dem Vermögen des ohne 
Teſtament und ohne Hinterlaffung von sui und 
agnati verftorbenen Genofien. Aus der Sorge 
für das Gentilvermögen erflärt ſich die cura tu— 
riosi und prodigi, wenn fein Agnat da war 
(j. Tutela). Endlich ift zu gedenfen, daß jeder 
einzelne an die Beſchlüſſe (decreta) der gefamten 
grens gebunden war, 3. B. verbot die gens Manlia 
den Vornamen M., die gens Claudia den Bor: 
namen 2 — 3) Berhältniffe der gens zum Ge— 
famtjtaat (beziehen ſich nur auf die patricijchen 
Geichlechter). Bei jeiner Gründung bejtand der 
Staat aus lauter gentes, und nur Diejenigen 
hatten bürgerliche Rechte (3. B. Stimmrecht in 
den Komitien), welche einer gens angehörten. Mit 
Servins Tullius hörte die Erklujivität der Ge— 
jchlechterberechtigung auf, indem eine andere Bajis 
für die Entwidelung des bürgerlichen und militä: 
riichen Lebens der Römer, nämlich der Ceuſus, 
bejtimmt worden war. Die bleibenden Vorzüge 
der patriciichen Gejchlechter beichränften fich auf 
die jafralen Berhältniffe, fowohl in Beziehung auf 
die Aufpicien, als auf einige nur den Patriciern 
zugängige priefterlicdhe Ehrenjtellen. Was die Gen: 
tilfacra betrifft, jo ift zu bemerfen, daf manche 
lediglih sacra privata waren, während einige 
zu den publica gezählt werden müſſen, nämlich 
jolche, welche der Staat gewiſſen Gejchlechtern als 
erblichen Verwaltern zugeteilt hatte. Solche sacra 
waren Die der gens Aurelia, lulia, Pinaria 
Fabia u. j. w. In der Staiferzeit hörte die Be: 
deutung der alten gentes ganz auf, und der Be: 
griff ward immer mehr identijch mit Familia. 
Gentius, bei den Griechen Terdıog und T’v- 
rıos, König Jllyriens (des Stammes der Yabeaten) 
und Bundesgenofie des makedoniſchen Königs Ber: 
ſeus gegen die Römer. Er fam jehr jung zur 
Regierung, zeichnete fich aber durch feine Wildheit 
und Trunfjucht aus, wie ſich dies in der Ermor: 
dung jeines Bruders Plator oder Pleuratus und 
in der Bedrüdung jeiner Unterthanen zeigte. Pol, 
29, 5. Liv. 44, 30. Durch jeine Seeräubereien 


— 


469 


und ſeine Verbindung mit Perſeuns hatte er die 
Aufmerkſamleit der Nömer auf fich gelenkt fchon 
um 180 und 172 v. E, wo Gejandte von der 
Inſel Iſſa den Römern jeine Abfichten mitteilten, 
die num im J. 170 durch eine Flotte von 8 Schiffen 
und ‚eine Abteilung von 4000 Mann Landtruppen 
die Anwohner Jllyriens zu ſchützen juchten. Liv. 
40, 42. 42, 26. 43, 9. Das Bündnis zwilchen 
beiden Königen fam erft 168 förmlich zuftande, 
worauf Gentius 2 römische Geſandte, M. Berperna 
und L. PBetilius, auf Perſeus' Antrieb gefangen 
jepte. Liv. 44, 27. Plut. Aem. Paul. 13. Auf 
den Rat des mafedonijchen Gejandten Bantauchos 
griff er mun die den Römern verbündete Stadt 
Bafjania an und lieh durch jeine Bootsflottille das 
Gebiet von Dyrrhachium und Apollonia verwüiten. 
Liv. 44, 30. Der römifcherjeits zur Führung des 
Krieges ernannte Prätor L. Anicius bejiegte mit 
leichter Mühe die illyrijche Flotte und eilte dann 
mit dem Landheere zum Schube Baſſanias herbei. 
Sentius floh in feine Hauptjtadt Scodra, mußte 
ſich aber, nachdem fein Heer geichlagen war, dem 
Sieger auf Gnade und Ungnade ergeben, welcher 
ihn mit feiner Familie nach Rom fendete. Anicius 
hatte den Krieg in 30 Tagen vollendet (Liv. 
44, 3032) und feierte im folgenden Jahre einen 
Triumph, bei weldyem die Gefangenen aufgeführt 
wurden. Dann wurde Gentius den Spoletinern 
und, da dieje ihm micht bewachen wollten, den 
Iguvinern in Gewahrfam gegeben. Illyrien wurde 
durch Senatsbeichluß für frei erflärt, doch aber 
zur römijchen Provinz gemadt. Liv. 45, 26. 43. 
Plut. Aem. Paul. 29. — Die herba Gentiana hat 
von ihm den Namen erhalten. Plin, 25, 7. 
Genüa, T’evova, j. Genöva, Genua, wichtige 
Handelöftadt der Ligurier am Ligurifchen Meer: 
buſen, weshalb fid) die Römer jhon vor Beginn 
des zweiten punijchen Krieges derjelben bemäch— 
tigten. Während desjelben nahm fie der Karthager 
Mago ein und zerftörte fie (Lie. 21, 32. 28, 46. 
30, 1); die Römer bautey fie jpäter wieder auf. 
Liv. 30, 1. Strab. 4, 201 ff. 211. 216f. 
Genueli, ein patriciiches und ein plebejiiches 
Gejchlecht, zu den älteften römijchen Gejchlechtern 
gehörend: 1) T. Gen., im %. 476 v. E. Volks— 
tribun, Urheber eines Ackergeſetzes. — Dasjelbe 
war der Fall mit 2) En. Gen., Bolfstribun 
473 v. E,, fiel durch Meuchelmord. Liv. 2, 54. 
Dion. Hal. 9, 38. — 3) M. Gen. Augurinus, 
Konjul 445 v. E., Gegner der Rogationen des 
Ganulejus. Z.iv. 4, Uff. — Sein Bruder, 4) T. 
Sen., vielleicht mit einer Plebejerin verheiratet, 
ichlug 445 v. E. die Ernennung von 6 Kriegs— 
tribunen (consulari potestate) vor ftatt der bis: 
er Konfuln, deren 3 Patricier und 3 Plebejer 
ein jollten, um die Rogation des Canulejus um: 
wirfjam zu machen. Dion. Hal. 11, 56. 60f. — 
5) En. Gen. Augurinus, Sohn des M. Ge- 
nucius, Kriegstribun 399 und 396 v. E., fiel im 
Kampfe gegen die Falijter. Liv. 5, 18. — 6) X. 
Gen. Apdentinenfis, des vorigen Enkel, ein 
Plebejer, Konſul im 3. 365 v. E., zum zweiten- 
male 362, verlor gegen die Hernifer, die ihn in 
einen Hinterhalt lodten, das Leben. Liv. 7, 1.6. 
Diod. Sie. 16, 4. — 7) 2. Gen., gab als Bolfe: 
tribun (341 v. E.) eine lex de fenore, welche alles 
Binsnehmen verbot. Liv. 7, 42. — 8) E. Gen, 
einer der erften Augurn aus plebejiichem Stande, 


— 


te 


470 Genusus — 
300 v. E. Lie. 10,9, — 9 C. Sen. Clepſina, 
plebejijcher KRonjul im J. 276 v. E., zum zweiten: 
mal 270, und 10) vielleicht jein Bruder, L. Gen. 
Elepiina, Konjul 271 v. C. Einer von beiden, 
wahricheinlich der erſtere Mommſen ſetzt das Er- 
eignis ind J. 270) z0g gegen die empörte cam: 
panische Legion in Ahegium, erftürmte nach langer 
Belagerung die Stadt und lieh die Campaner ud 
andern Italiker ftäupen und enthaupten, die vor: 
gefundenen Römer jandte er nach Rom zur Be- 
ftrafung. - Pol. 1,7. Liv. ep. 15. Oros. 4, 3. — 
11) Bolfstribun 241 v. E., erlitt eine Beichimpfung 
durch die Faliſter, weshalb dieje befriegt wurden. 
Plut. ©. Gracch. 3. Bielleicht ift er derjelbe mit 
dem Brätor Gen. Eippus, dem einft nach der 
Rücklehr aus der Schlacht Hörner aus der Stirn 
wuchſen (Or. met. 15, 564 ff.); als ihm geweisjagt 
worden war, er würde König werden, jobald er 
nad) Rom zurücdtehre, begab er fich lebenslänglich 
ins Eril. Vgl. Val. Mar. 5, 6, 3. — 12) M 
Geu— fiel als Kriegstribun im J. 193 dv. E. gegen 
die bojiichen Gallier. Liv. 35, 5. 

Genüsus, T’erovaos, Fluß Illyriens, der 3 geo— 
graphiiche Meilen jüdlih von Dyrrhachium mündet, 
J. Schkumbi öder Uichlomobin; dort lieferte Cäſar 
den Pompejanern ein glüdliches Neitertreffen. 
Caes. b. c. 3, 75. Lir. 44, 30, 

Geographia, yeoypapia, von yea, yi) und 
yodpew, bezeichnet bei den Griechen und Römern 
gewöhnlich, was wir Erdbejchreibung nennen, wird 
jedoch von den Griechen auch im Sinne eines 
Erdabrifies, einer Landkarte (ſonſt wiva& yeoyoa- 
ıros, lat. tabula) gebraucht. Die Entwidelung 
der Geographie als Wiſſenſchaft haben die Alten 
nicht zuftande gebracht; ihre geographijchen Kennt: 
nifle haben jich im Verlaufe von 4 Perioden all- 
mählich entwidelt, und wir betrachten im der 
Sejhichte der alten Geographie: 1) die 
müythiiche Geographie von den älteften Zeiten bis 
auf Herodotos (444 v. E.); 2) die hiſtoriſche Geo— 
graphie bis auf Eratofthenes (276 v. E.); 3) die ſyſte⸗ 
matiſche Geographie bis auf Btolemaios (160 n. E.); 
4) die mathematische Geographie (bis 476 n. E.). 

Erjte Beriode. Die älteften jchriftlichen geo— 
grapbiichen Nachrichten liefern uns die Anschriften 
der Ägypter, der Babylonier und Aſſyrer; find es 
dort nur Nufzählungen der unterworfenen Yänder, 
fo befommen wir hier auch Berzeichnifle von Städten, 
Flüſſen und Gebirgen, die nach der geographiichen 
Lage geordnet find. Die biblijche Erzählung von 
dem Paradies mit 4, aus Einem Strom fich ab: 
zweigenden Flüſſen: Piſon Indus oder Ganges ?), 
Gihon (Ni ?), Hidelel (Tigris) und Phrat (Euphrat), 
erflärt fihh aus der Unvolltommenheit der geogra: 
phiſchen Borftellung. Auch den Jiraeliten war die 
Erde eine runde, vom Meer umfloſſene Scheibe. 
Das meifte von ihrem geographiichen Wiſſen ver- 
danften fie den Phoinikiern, welche durd ihre 
Handelsjahrten den Stoff der Länderkunde wenig: 
ſtens vergrößerten. — Bei den Griechen gaben die 
Dichter die erften Andeutungen, zuerſt unter ihnen 
Homer. Nach ihm umflieht der Strom Ofeanos 
die Erdicheibe; im W. hat er eine Einftrömung ins 
Meer (Od. 10,508. 12,1), im D. liegt der Sonnen: 
teich. Od. 3,1. Hellas bildet die Mitte der Scheibe, 
und zunächſt der Berg Olympos als Sit der Götter. 
Tas cherne Himmelsgewölbe ruht im W. auf dem 
Atlas, eine ähnlihe Wölbung nach unten enthält 


a ———————————————————————eeee————e — — — —— — — 


Geographia. 


den Tartaros. Bon den Himmelsgegenden nennt 
H. nur den Dften (moös ja rt’ jelıor re) und 
den Welten (meös Loyor), Tag: und Nachtjeite. 
Od. 13, 241. /1. 12, 240. Nur Hellas und Klein- 
afien kennt der Dichter genauer, außerdem nennt 
er noch Thrake mit den —— und Abiern, 
Phoinife im O. und das Land der Erember, 
Aithiopen und Arimer, etwas nördlicher; im ©. 
Aigyptos und Libye und das Land der Yotophagen ; 
im W. mehrere fabelhafte Anfeln, unter denen 
etwas deutlicher Thrinakia mit den Kuflopen und 
Yaiftrygonen hervortritt. Die fabelhafte Anfel 
Ogygia bildet im NW. den Mittelpunft des Meeres. 
Jenſeit des Ofeanos im W. wohnen die Kimmerier. 
Hefiodos (um 800 v. E.) fennt jchon in Jtalien 
die Tyrrhener und Yatiner, den Atna, die Ligyes 
in Gallien u. |. w.; Iſtros, Phaſis, Neilos find 
ihm bekannt. Bei den Kyklikern, bei Binde: 
ros (522—442 v. E.) und Aiſchylos (525 


.)456 v. E.) finden wir bereits 4 Himmelsgegenden 


und die 3 Erdteile Afien, Libyen und Europa 
zwiichen Phafis, Nil, Säulen des Herakles, Kim- 
meriſchem Boiporos; der Ofeanos ericheint jchon 
als Meer. Schiffahrt und Gründung zahlreicher 
Pflanzitädte hatten dabei entichieden fördernd ge: 
wirkt. Die Philoiophen der ioniſchen Schule, : 
Thales, Anarimander, Anarimenes, befonders aber 
Pythag oras (um 548 v. E.), Anaxagoras, He: 
rafleitos, Demofritos waren nur bemüht über Ge— 
ftalt und Bejchaffenheit der Erde Aufllärung zu 
geben; Pythagoras fam zuerjt zur Anficht von 
einer Erdfugel. Die jogenannten Yogographen 
oder die älteſten Hiftoriler vor Herodotos, bejon: 
ders Hekataios (510-486 v. GE.) und Hella: 
nifos (496-411 v. E.), legten in ihren Werfen, 
3. B. einer yjs meolodog des eriteren, die all- 
mählich erweiterten Nenntniffe nieder. Die Yänder 
am Mittelmeer, bejonders Iberien oder Hilpanien 
und Italien, der Bontos und jeine Umgebungen 
find ihnen jchon genauer befannt. Ihre Kennt— 
niffe endigen im W. mit den Säulen des Heralles, 
im N. mit dem thrafiichen Gebirge, dem Vontos 
und Kaufajos, im DO. an der Grenze des perfiichen 
Neiches; im S. fennen fie wenig. — Endlich er: 
weiterten Entdedungsreiien die Kenntnifle. 
Auf Befehl des ägyptiſchen Königs Necho haben 
Phoinifier um 600 dv. E. Afrifa umſchifft. Sfular 
von Karyanda (in Karien) machte 515 auf Befehl 
des Dareios Hyſtaſpis eine Entdedungsreije den 
Indos hinab, dann der Küfte entlang bis zum 
Arabiſchen Meerbujen. Um 500 umjcdifite der 
Karthager Hanno die Weftfüfte Afrifas bis zur 
Sierra-Leone-Küſte und gründete Kolonien, wäh- 
rend gleichzeitig Himilko im N. Die britiichen 
Inſeln entdedte. -— Zweite Periode. Herodo— 
tos (484-408 v. E.) bereifte einen großen Teil 
der damals befannten Welt ſelbſt und legte das 
Ergebnis jeiner jcharfen Beobachtungen und jorg: 
fältigen Forichungen in feinem biftorischen Werte 
nieder. Die ovalrunde Erdjcheibe teilt er in 
2 große Hälften, deren nördliche Europa und Nord- 
aſien oberhalb des Bhafis und Kajpiichen Meeres, 
die jüdliche den übrigen Teil Afiens und Libyen 
(welches nur ein Teil von jenem jei) umfaht. H 
fennt auch den Kaſpiſchen See ſchon als Binnenjee. 
Der Arzt Kteſias (400 v. E) legte in feinen 
(verlorenen) Schriften viele neue, obwohl zum Teil 
fabelhafte Nachrichten über den Dften, bejonders 


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Geographia. . 


über defien Bewohner, ihre Sitten und Gebräuche, 
nieder, Zenophon (445—355 v. E.) giebt durch 
Autopfie befonders qute Nachrichten über die 
Euphrat: und Tigrisländer und Kleinafien; für 
Griechenland enthält dann des Thulydides (471 
--400 v. E.) Werk reiche Beiträge. Außerdem trır: 
gen Ephoros, Theopompos und bejonders Eudo— 
xos (um 360 v. E.) zur Förderung der Erdkunde 
bei: nach letzterem ijt die Erde eine in 5 Zonen 
geteilte Kugel, 
Naturmerfwürdigfeiten der Yänder Rückſicht. Un: 
gleich größer aber wurde der Umfang der griechischen 
Länderkunde, namentlih im ©. und D., durch 
Aleranders Feldzüge und die in deren Folge 
im Orient fich bildenden griechiichen Neiche und 
KRolonieftädte; namentlih trugen hierzu bei die 
Seleufiden durch Kriege in Indien), die Yagiden 
und Btolemaier (durch Entdedungen an der Küſte 
Arabiens und Afrikas); die Ausmeſſung der von 
den makedoniſchen Beeren zurüdgelegten Wege durch 
Ingenieure (Bnueriorei), jowie die wenn auch 
unvolllommenen Beobachtungen der geographiichen 
Breite mittelft des mittäglichen Scyattens gaben 
ichon feitere Grundlagen für die Konjtruftion der 
Ktarten (Erdlarten des Dikaiarchos aus Meflana 
310 dv. E.). Mriftoteles (384--322 v. E.) und 
jeine Schüler Theophraftos und Herafleides 
aus Bontos gaben die wichtigjten Bereicherungen. 
Ariftoteles bewies die Kugelgeſtalt der Erde und 
nahm eine füdliche Hemtphäre an. Im NW. 
unternahm Pytheas von Majlilia 334 v. E. cine 
Entdedungsreije und brachte genauere Nachrichten 
über die britiihen Anjeln wie über die Küſten 
Galliens und Germaniens; er entdedte auch dic 
Inſel Thule (Jsland?). Dritte Periode. 
Auf ſolche Beobachtungen geftügt und von der rich: 
tigen Anficht der Kugelform der Erde (deren Umfang 
zu 250000 Stadien — 6250 Meilen berechnet) 
ausgehend, fonıte Eratofthenes von Alerandreia 
(276--196 v. E.) ein volljtändigeres Syſtem der 
Geographie aufitellen. Durch den von ihm in 60 
Teile geteilten Aquator dachte er ſich die Erdfugel 
in 2 gleiche Hälften geteilt. Er zog auf der Erd— 
fugel 8 Baralleltreije und 7 Meridiane; da er jich 
diejelben aber rechtwinklig ſchneiden lieh, jo ver: 
jchob er die Form der Yänder. Das öſtliche und 
nördliche Afien, das weitliche und jüdliche Afrika, 
nach unjerer Auffaflung, fehlen ihm eigentlich ganz; 
bejonders bemerfenswert iſt die faliche Richtung 
der atlantischen Küſte von Afrika, jowie die An— 
nahme einer Berbindung des Kaſpiſchen Sees (dem 
ſchon Herodot richtig als Binnenjee erkannte) mit 
dem nördlichen Meer, welcher fi) nad) vorhandenen 
Spuren allerdings früher weiter nördlich eritredte. 
Des Eratofthenes Gegner war der große Aſtro— 
nom Hipparchos (um 150 v. E.), welcher viele 
Irrtümer berichtigte und mamentlich durd Zu 
ziehung der Aitronomie die Geographie feiter be: 
ründete. Nicht minder verdient machte fih Po— 
Are (am 150 v. E.), jowie in den Werfen 
des Hiftorifers Bolnbios (205—122 v. E.) ſchätz— 
bare Beiträge aus den Nejultaten jeiner Reifen 
in Gallien, Hilpanien, Libyen, Agypten fich finden. 
Dem Strabon (66 v. E. bis 24 n. E.) verdanlen 
wir das erfte noch vorhandene große und jnite- 
matijch geordnete, die ganze Erde umfaſſende Wert 
über die alte Erdlunde in 17 Büchern. Er benußte 
alle Werke jeiner Vorgänger mit Umjicht und 


auc nahm er auf Produkte und | 


471 


fonnte die durch die Kriege der Römer belannten 
Gegenden des Weſtens genauer beichreiben als 
frühere (j. Strabon); für den Dften und Süden 
hatte etwas früher Marinos aus Tyros dasjelbe 
gethan. Sehr wichtig für die Konſtruktion richtiger 
Narten wurden namentlich die jeit Auguſtus (zuerft 
durh M. Mgrippa) angeftellten Bermeflungen 
aller Straßen des römischen Reichs, welche Ber: 
mejlungen in der j. g. peutingerjichen Tafel 
(um 230 n. E.) (Musgg. von Mannert, 1824, Des: 
jarding, 1868 ff., und Miller, 1885) und in dem 
Itinerarium Antonini und Hierosolywitanum (im 
4. Jahrh.) niedergelegt find. Außer den Hiftorikern 
diefer Periode ift hier als Duelle noch zu nennen 
des Bomponius Mela (geb. um 40 n. GE.) 
Schrift de situ orbis in 3 Büchern und der ältere 
Plinius (23-79 n. E.) in feiner naturalis hi- 
storia. — Vierte Periode Die ſchon von 
Eratofthenes und Strabon auf einen wiflenjchaft- 
lichen Standpunft erhobene Geographie bearbeitete 
Klaudios Ptolemaios (um 140 n. E.) zuerft 
in ftreng geometrijcher Weife, und jein Buch (yen- 
yoapırı) vpnynsıs) blieb bis zum 16. Jahrh. das 
allgemeine Lehrbuch der Erdkunde und bildet nebjt 
dem Werfe des Strabon noch jeßt die Hauptquelle 
und Grundlage der alten Geographie. Sein Haupt: 
verdienſt befteht, außer der weit vollftändigeren 
Aufzählung der einzelnen Völler, Städte, Flüſſe, 
Berge u. ſ. w., darin, daß er die Grenzen der 
Länder, den zus und das Ende der Gebirgs- 
üge, der Juſeln, Meerbufen, Quellen und Mün- 
—— der Flüſſe und die Lage der Orte nach 
Graden der Länge und Breite genau beſtimmt und 
dieſes Maß beiſetzt. In den ſeinem Werke beige— 
ebenen Karten wendet er auch ſchon eine richtige 
ßzrojeltionsart an und zieht Parallelen und Meri— 
diane nicht mehr als gerade, ſich rechtwinkelig 
durchichneidende Linien. Die nördliche Küfte Germa- 
niens freilich fennt er nicht genauer, über die Geſtalt 
der Oſtſee, ſowie über Geftalt und Größe Stan: 
dinaviens hat er unrichtige Vorftellungen. Das 
öftliche Ajien kennt er bis zu den Sinae (China), 
dem Gangetiihen Meerbujen (j. Bengaliicher B.), 
der goldenen Halbinfel (Malacca) und Java. Dann 
aber glaubt er an einen Zufammenhang Njiens 
und Afrikas und zieht deshalb die Küfte Hinter— 
indiens jüdlich herum, wodurd; der Indiſche Ocean 
zum Binnenmeer wird. — Im einzelnen verboll: 
ommmete ji) die Topographie noch bejonders 
durh Arrianos (im 2. Jahrh. n. E.), vornehm: 
lich durch den Bericht über eine auf Befehl des 
Kaiſers Hadrian im J. 137 unternommene Um— 
ſchiffung des Schwarzen Meeres. Für Griechenland 
iſt das Werk des Pauſanias (um 174 n. C.) 
ſehr wichti Endlich iſt noch das bedeutende 
Werk des — * aus Byzantion (zu Anfange 
des 6. Jahrh. n. E.) zu erwähnen, FKOnixnci, ein 
mit großem Fleiße aus fajt 300 Schriftjtellern 
zufammengetragenes Lerifon in alphabetiicher Form 
über Länder, Völker und Berge; wir befiten nur 
noch einen von Hermolaos zu Ende des 7. Jahrh. 
gemachten Auszug. — Beſte Ausgabe der Geo— 
graphi Graeci minores, d. h. aller griechischen 
Geographen außer Strabon, Pauſanias, Ptole: 
maios und Stephanos von Byzanz, von C. Müller 
(185561, 2 Bdd. mit Mtlas); Sammlung der 
Geographi Latini minores von W. Rieſe (1878). 
Bol. Berger, Gejchichte der Erdkunde der Griechen 


-] 


472 


(1. Band 1869). Kiepert, Yehrbuch der alten Geo: 
graphie (1878), ©. 1-14. 

Geometria ſ. Mathematica. 

Tewgogoı, in Athen einer der |. g. thejeiichen 
Stände (ſ. Dvirj, 1.). — An manden, nament— 
lih doriſchen, Staaten, wie Syrakus, bezeichnet 
der Ausdrud (doriih Yyausgoı) den grundbe: 
ſitzenden Adel, der, jelbjt in der Stadt als dem 
ftaatlichen Mittelpunfte wohnend, auf den Land— 
befißungen Bauern hatte. Das Verhältnis ift im 
allgemeinen durch Einwanderung und Unterdrüdung, 
oder doc wenigitens Bejchränfung der früheren 
Beliger, entjtanden. 

Geononſei heißen die Schriftiteller der Alten, 
welche über den Aderbau und die Landwirtichaft 

ejchrieben haben (yewrorınd). Bon griechiſchen 
Schriften diefer Art befigen wir wenig: von Xeno— 
phon den Olxovounög Aoyog, manches in den 
Schriften des Ariftoteles und jeines Schülers 
Theophraftos. Aus diejen und aus einer großen 
Neihe von Schriften anderer, die uns verloren ge: 
angen find, kompilierte Kaſſianos Bajjos aus 
Bitönnien auf Befehl des Kailers Eonftantin VI. 
um das Jahr 950 ein nod vorhandenes Werk in 
20 Büchern unter dem Titel T’ewrorınd. Ausgabe 
von J. N. Niclas (1781 in 4 Bbd.). — Weit reicher 
iſt dieſer Zweig der Litteratur bei den Nömern 
vertreten, da zur Zeit der Freiheit der römische 
Staat den Yandbau bejonders ehrte und pflegte. 
Der Senat ließ das Werk des Starthagers Mago 
überjegen. So tritt denn M. Borcius Cato 


Geometria — 


Germania. 


in den Nubajee münde (der h. Yaou und der 
Zichadjee?). Plin. 5, 1,1. 
Geraistos j. Euboia. — Geraesticus portus 
war ein Hafen der Teier. Lir. 37, 27. 
Geraneia j. Graecia, 3. und Megaris. 
Tegaros, 1) ein Krahn, um Laften aus dem 
Schiffe zu heben oder um Wafjer auszujchöpfen; 
auch zur Bezeichnung einer Flugmaſchine auf dem 
Theater gebraucht, mittelft welcher Götter und 
Heroen auf die Bühne herabitiegen oder aufwärts 
durch die Lüfte emporgehoben wurden. — 2) eine 
Art Tanz, von Knaben und Mädchen mit ver: 
ichlungenen Händen beionders auf der Inſel Delos 
aufgeführt, vermutlich im Frühlinge beim Weg: 
ziehen der Straniche. Er jollte aus der Zeit des 
Theſeus, der ihn nach der Rettung aus dem La— 
byrinth mit den Befreiten tanzte, ftanımen, und 
jeine künſtlichen Sclingungen jollten die Win: 
dungen des Yabyrinths barftellen, wenn fie nicht 
vielmehr den Flug der Kraniche nachahmten. 
Geräsa, r& Tococ, bedeutende Stadt in Ba: 
läftina Peräa, von deren Glanz noch die mächtigen 
Ruinen (Dicheraich genannt) zeugen, nördlich von 
Jabbok, jüdweitlid von Boftra. Plin. 5, 16. 
Gerenla, [’senrie, oder (ker&nos, [’tenvos, 
nad) €. Curtius das j. Zarnata, in Meffenien 
(jpäter zu Lakonien gehörig), wo Nejtor entweder 
geboren war oder wohin er fich geflüchtet hatte, 
während Serafles Pylos zerftörte, daher Tee. 
innör« Neorwg, auch I’eg. ovgog Ayawr. Il. 
10, 150. 292. Strab. 8, 340. 360. Sept bringt 


Genjorius mit einem in jpäterer Überarbeitung | man das Wort bald mit yegag, bald mit yipwr 
noch vorhandenen Werke de re rustica auf; nad) | in Verbindung und erflärt es „altersfriich“. 


ihm zwei Sajerna, Bater und Sohn, und En. 
Scrofa Tremellius, deren Schriften verloren 
find. Das — Werk dieſer Gattung, des 
M. Terentius Varro aus Reate 3 Bücher de 
re rustica, befigen wir noch; es zeichnet fich durch 
Gelchriamfeit, gebildete, wenn auch eintönige 
Sprache und Ordnung aus, Vergils Greorgica 
behandeln die Landwirtichaft dichteriih. In der 
Kaiferzeit vollendeten Julius Hyginus, Cor: 
nelius Celjus, Julius Atticus und Julius 
Gräcinus diefe Wilfenichaft, X. Junius Mo: 
deratus Eolumella jchrieb dann um 50 n. €. 
ein Werf de re rustica in 12 Büchern in jchöner 
Spradhe, ja das zehnte Buch über den Gartenbau 
fogar in Berjen; er führte jomit die Landwirt: 
ſchaft in den Kreis der allgemeinen Litteratur ein. 
Das Werk fand namentlih gute Aufnahme in 
Südgallien und Hifpanien, und fortan bildete der 
Aderbau einen Unterrichtszweig in den höheren 
Lehranftalten. Im 3. Jahrhundert fchrieb Gar: 
gilins Martialis, im 4. Jahrhundert entitand 
zum Gebrauche der Schule das Kompendium des 
Palladius (Rutilius Taurus Amilianus). —- 
Sammlungen der scriptores rei rusticae latini 
von J. M. Gesner (1735 in 3 Bbd. und 1773 in 
2 Bd.) und von Schneider (1794—96 in 4 Vbb.). 
Eine neue Ausgabe hat H. Keil begonnen (Bd. 1. 
1882-1884). 

Ger, Teig, Gir, Fluß Qunerafrifas, der auf 
dem Gebirge Ujargala entjpringen und fich dann 
auf feinem öftlichen Laufe in 2 Arme teilen follte 
(nach Ptolemaios), deren einer nordöftlich in den 
See Chelonides münde (der h. in den Tittenjee 
fließende Bar el Ghazal?), der andere ſich unter 
der Erde verliere, dann wieder hervorfomme und 


Gergis, Gergithos, Gergithes, T’foyıs, T’fe- 
yıdog, Stadt in Troas, nördlid” vom da nicht 
fern vom Granifosfluß, Sig der Teufrer. Nach 
der Zerſtörung Trojas gründeten die Weite der 
Bewohner im Verein mit Myſiern diefe Stadt in 
weinreicher Gegend; zu Augujts Zeit war fie jchon 
verjchwunden. Hdt. 5, 122. 7, 43. Xen. Hell. 
3, 1, 15. Liv. 38, 39. 

Gergovla, Stadt, vielleiht Hauptitadt der gal- 
liichen Arverni (in der jebigen Auvergne), wahr: 
icheinlich auf einem 744 m hohen Berge, 6 tilometer 
jüdlich von Clermont-Ferrand, deren Name in der 
Domaine Gergovie fid) erhalten hat. Cäſar juchte 
die Stadt vergebens zu nehmen. Caes. b. g. 7, 4. 
34. 44, 46. 

Germälus ſ. Roma, 2. 

Germanla, 7 T’souavie, von den Römern zum 
Unterjchiede der am linken Rheinufer liegenden 
germanischen Provinzen (j. Gallia g. E.) Ger- 
mania Magna, G. Transrhenana oder Barbara 
genannt, wurde im W. durch den Rhenus von 
Gallien, im ©. durch den Danuvius von Vinde— 
licien, Noricum und Pannonien, im D. durch die 
ſarmatiſchen und dur die Biftula-Gebirge von 
Sarmatien gejchieden, während im N. das mare 
Suebicum (Dftjee) und m. Germanicum (Nordjee) 
nebjt den beide verbindenden sinus Codanus (Kat: 
tegat und Sund) und Lagnus (Belt) es von Skan— 
dinavien jchieden, welches jedoch unter dem Namen 
Scandiae insulae von den Alten mit hinzuge- 
rechnet wurde, jo daß dann der Oceanus septen- 
trionalis oder das Nördliche Eismeer die Grenze 
machte. Das Land wurde feit Cäjar und auch nur 
notdürftig bekannt, ettwas genauer in ©. und W.; 
die Schilderungen von der Rauheit und Unfrucht- 


Germania 


barfeit desjelben (Tac. Germ. 1. 5. hist. 4, 73) 
find ftets im Vergleich zu den gefegneten Ländern 
am Mittelmeer zu nehmen, und namentlich fcheint 
die oft wiederfchrende Klage über die germaniichen 
Sümpfe übertrieben, wenngleich allmähliche Lich— 
tung der Waldungen hierbei vorteilhaft gewirkt 
haben wird. Im N. war das Land eben und 
jumpfig, in der Mitte und im ©. gebirgig und 
waldbededt. Der ganze zufammenhängende Walb- 
gebirgsgürtel Mitteldeutichlands vom Rhein bis 
zu den Karpathen hieß Hercynia silva (Ee- 
xvvie DAn, Ogrvrie, von dem feltiichen ar, er, 
* dem Subſt. eyn die Höhe), nach Cäſar (b. q 
24) 60 Tagereifen lang, 9 breit; jpäter —* 
3 vorzugsweiſe der Teil zwijchen den Sudeten 
und Rarpathen. Bejondere Namen find Abnöba 
(Schwarzwald), Alpii montes (r«& AAmı« ögn) od. 
Alba (Rauhe Alp), Meliböcus (Harz), Semana 
(Erzgebirge), Sudeti montes (Thüringer Wald), 
Gabreta (Böhmerwald), Asciburgius mons 
(z6 dexıßovgyıovr ögog) wahrſcheinlich mit den 
Bandaliihen Bergen (Hiejengebirge), Luna 
(Böhm.:Mähriiches Gebirge), die Sarmatiſchen 
Berge (Anfänge der Karpathen), Taunus, d. i. 
keltiſch Höhe (j. „die Höhe“, Taunus am Rhein und 
Main), Rhetico (Siebenhaar: und Nothaarge- 
birge?), der saltus Teutoburgiensis (Djning, 
zwiſchen Lippe, Ems, Wejer). Im höchiten Norden 
wird noch das Gebirge Sevo (Kiölen) genannt, 
herabreichend bis zum Codaniſchen Bujen, deſſen 
Spitze das promunturium Cimbrorum (Stagen 
in Jütland) war. Außerdem werden noch genannt 
Caesia silva im Lande der — lucus Badu- 
hennae bei den Frieſen, Naharvalorum silva 
zwijchen Oder und Weichjel. — Flüffe: 1) Rhenus 
mit jeiner jüdlichen Mündung, Bahalis oder Vaca— 
Ius (Waal) genannt, mit den Nebenflüflen (rechts) 
Nicer (Nedar), Moenus (Main), Yaugöna oder 
Logana (Lahn), Siga (Sieg), Rura (Ruhr), Lup— 
pia (Lippe). 2) Danuvius (Donau) mit: (lints) 
Nava (Naab), Regäanus(Regen), Cuſus Guſen), 
Margus (March), Aucha (Waagh, Granua Gran). 
3) Viſtula (Weichſel, deutſchen Urſprungs), deren 
Nebenflüſſe nicht genannt werden. 4) Viadus oder 
Vindrus (Obidadog, Oder), von den Anwohnern 
auh Sunbus genannt. 5) Albis (Elbe) mit 
Sala (thüringifche Saale). 6) Viſurgis (Wejer) 
mit Adrana (Eder). 7) Amijia oder Amifins 
(Ems). 8) Bidrus (Bechte). Unter den Seen ift 
bejonders der Flevo (Zuyderſee) zu merlen, durch 
welchen ein Arm des Rhenus (j. der Blieſtrom 
floß. — Eine Schilderung des Landes und feiner 
Bewohner giebt Tacitus in jeiner Germania. Pro: 
dufte des Landes waren Urochſen, Wijente, Elen: 
tiere, Bären, Eber, Rinder, Pferde, Jagdhunde, 
Schweine, Schafe, Gänfe, Fiſche, Bienen; das 
Pflanzenreich lieferte viel Holz, aber fein edles 
Obſt; Getreide, bejonders Gerjte, Hafer, Weizen, 
Bohnen, große Nettige (nach Plinius von der Größe 
eines Fleinen Kindes); auch an Metallen fehlte es 
nicht. Das harakteriftiiche Hauptproduft an der 
Nordfüfte war der Bernftein. — Das jeßige 
Deutichland bewohnten zur Zeit des Anfangs hifto- 
riſcher Kunde von Nordeuropa zum großen Teile, 
bejonders aber im ganzen Süden an der Donau 
und im Weften zu beiden Seiten des Rheins, Völker 
feltijhen, und zwar vorzugsweije Iymrijchen 
Stammes (j. Gallia, Bewohner). So erflärt ſich 


473 


die gr feltijche Benennung der Flüffe und Ge— 
birge. Namentlich werden von feltijchen Völker— 
ichaften angeführt die Volcae Tectojages im 
dftlichen Teile des Herchniſchen Waldes, die Bojer 
an der oberen Elbe (davon Boiohaemum, Beeheim, 
Böhmen), die Helvetier, urjprünglich am Main 
und Nedar und bis zu den Alpen, erjt im 1. Jahr: 
hundert v. E. weiter ſüdwärts gedrängt, und Fleinere 
Bölferichaften wie Turonen zwiichen Main und 
Nedar, Kampi am Gabretawald. Der Name der 
Bewohner der deutjchen Waldgebirge, Germäni 
(Tsouavoi‘), d. h. wahricheinlich Wäldner, Wald— 
landbewohner (nach andern: Nachbarn), ift Felti- 
ſchen Urjprungs, wurde zuerft von Cäſar und 
überhaupt von den Römern auf die ganze Maſſe 
der deutichen Bölfer ausgedehnt und wird auch 
jeßt beibehalten, da ein einheimiicher Name für 
das ganze Volk ſich nicht findet. Die Römer im 
2. und 3. Jahrh. n. C. nannten auch wohl die am 
DOftufer des Rheins entjtchenden Bölferbündniffe 
der Alemannen und jpäter der Franken Ger: 
manen, im Gegenſatz zu den Küſtenvölkern und 
dem der Sueven an der Donau und im Innern. 
Auf Grund einer mythiſchen Stammfjage (Tae. 
Germ. 2) zerfielen die Germanen in 3 große Haupt: 
ftämme: Ingävonen (Ingväonen) Hermino: 
nen (richtiger als Hermionen) und Iſtävonen 
(richtiger als Iſeävonen), mit patronymijcher Form 
von den Söhnen des Mannus d. h. des Menichen, 
des denfenden Wejens. „Es ift ein vergebliches 
Bemühen, die verſchiedenen Völlerſchaften, welche 
in der Gejchichte auftreten, auf dieſe Stämme zu: 
rüdzuführen” (Ranke). Doch umfahten vielleicht 
die erjten die Völker an der Küſte, bejonders der 
Nordjee, mit altfriefiichem und altſächſiſchem Dia: 
left, die zweiten die Völker im Mittellande und 
längs der Donau, mit althochdeutihem Dialett, 
die Hermunduren, Semnonen, Marcomannen; die 
legten endlich die Völker des weſtlichen Deutſch— 
lands am Rhein. — Nach ihren Wohnfigen unter: 
jcheiden wir unter den Germanen folgende Bölfer: 
1) Völker des Küjtengebiets vom Rhein bis zum 
Baltiichen Meere (von W. nad) D.): Friſii vom 
Blieftrom bis zur Ems, Cha uci in den Moorniede- 
rungen von der Weſer bis zur Elbe; im inneren 
Laude au der Ems die Amſivariiz öftlich an der 
Weſer die Angrivarii (fpäter Engern) mit den 
Foſi und Dulgibini; jenjeit der Elbe (im fpäteren 
Nordalbingien) die Sarones, der Kern der jpäte: 
ren Bölfervereinigung d. N., die Heineren Völker 
der cimbriichen Halbinfel, welche bei den Germanen 
Gartris hieß, die Chaviones oder Aviones, 
Eduſii (Sed.) oder Eudoji, die Harudes, die 
Angeln, Angili, in der noch jeht jo genannten 
Landſchaft Schleswigs, die Spardoni, Teutones 
oder Juti. 2) die Völker im Mittellande und 
an der Donau: Eherujci, Chatti (Vorfahren 
der jpäteren Heflen) mit der Stadt Mattium, Der: 
munduri (die jpäteren Thüringer). 3) die Völker 
im WVeften: die Sugambern oder Sigambern, 
die Ubier, Ujipier und Tencterer, die Marier, 
Bataver, Tubanten, Chamaven, Chattu: 
arier und Bructerer. — Oftgermaniiche Stämme, 
die Plinius zufammen Vandilier oder Vindi— 
lier nennt, waren: die Semnones zwiſchen Elbe 
und Oder, nördlich von ihnen die Yangobardi 
und Barini an der unteren Elbe, die Yugioncs 
oder Yigii in den Ebenen der oberen Oder und 


474 


MWeichfel, die Marcomannen und Quaden in 
Böhmen und den angrenzenden Yändern, an der 
unteren Donau die Baftarner und Beufiner. 
Die äußerſten öftlihen Grenzvölter endlich find 
Burgundionen, Rugier, Sfiren und Gut: 
tonen (aud Gotonen, Gotti, ſpäter Gothi gen.). 
— Städte hatten die alten Germanen fat gar 
nicht, die vorhandenen Namen laffen fich ihrer Lage 
nad) nicht immer ficher bejtimmen. Die Städte am 
Rhein und an der Donau waren römische Anlageıt. 

Germanicus Caesar, Sohn Des Nero Clan: 
dius Druſus und der jüngeren Antonia, der Tochter 
des Triumvirs Antonius und der jüngeren Octavia, 
Neffe des Tiberius, Adoptivenfel. und Sroßneffe 
des Auguſtus, geboren 24. Mai 15 v. E., erhielt 
nebft jeinem Bruder durch Senatsbejchluß den 
Beinamen Germanicıs, führte denfelben aber vor: 
zugsweije vor jeinem Bruder Claudius, dem nadı: 
maligen Maifer. Auguftus hatte Tange Zeit Die 
Abjicht, den trefflichen Rüngling zu feinem Nach: 
folger zu ernennen, und gebot \päter dem dazu 
bejtimmten Tiberius, ihn zu adoptieren. Suet. Tıb. 
15. 52. Tae. ann, 1,3. Dio Cass. 55, 13. Seine 
eriten Xorbeeren gewann er mit Tiberius im Kriege 
gegen die aufrühreriichen Banuonier, von T--Un.E., 
und erhielt dafür ſpäter die Ehre des Triumphes. 
Im zweiten Jahre nach der Niederlage des Varus 
dar n. €.) drang er unter jeinem Adoptivvater in 
Deutichland vor und lagerte inmitten des Yandes. 
Dod) überließ er die Fortjegung des Kampfes dem 
Tiberius und ging im Winter nach Kom, wo er 
(12) das Konfulat verwaltete. Pio Cass. 56, 26. 
Als Konful übernahm er die Berteidigung der 
Angellagten oft jelbjt und erwarb fich die Zunei— 
gung und Liebe des Volkes in hohen Grabe. 
Nachdem er am 16. Januar 13 triumphiert hatte, 
begab er fi an den Rhein, ohne indes in diejem 
oder dem folgenden Jahre Wichtiges zu unter: 
nehmen; er begmügte ſich mit der Berteidigung 
der Nheingrenze. Dio (ass. 57, 3. Vell. Pat. 
2, 123. Auf die Nachricht vom Tode des Auguſtus 
(14) erhoben fich die germanischen Legionen gegen 
Tiberius und wollten den Germ. zur Übernahme 
der Führung zwingen (Fell. Pat. 2, 125. Dio 
Cass. 57, 4. Tac. ann. 1, 31. 35; nad) Dio Cuss. 
57, 5 und Zonar. 11, 1 wurde er jogar ald Im— 
perator ausgerufen); es gelang jedoch jeiner Be: 
redjamfeit und jeinem Edelmute, die Ruhe unter 
den menterijchen Yegionen herauftellen und dem 
neuen Kaiſer die Treue des Heeres zu fichern, 
obgleidy es nicht ohne blutige Strenge gegen die 
Empörer abging. Darauf ging er eigenmächtig 
über den Rhein, drang bis über die Ems vor, jchlug 
die Marier, zerftörte ihr Heiligtum, den Tempel 
der Tanfana, und fam unter heftigen Kämpfen 
mit den Germanen glüdlich wieder über den Rhein. 
Tae. ann. 1,49. Tiberius freute fich zwar über 
die Siege, wurde aber auf das Anſehn des Wer: 
manicus beim Heere eiferfüdhtig, ohne daß er es 
zunächſt wagte ihn zurückzuruſen. Germanicus ging 
inzwiſchen (15) zum zweitenmale über den Rhein 
und befiegte die Chatten, während fein Feldherr 
Käcina die Cherniter jchlug. Zae. ann. 1, 55. 
Tarauf zog er auf Bitten des Segeftes (wiederum 
eigenmädtig) gegen die Cheruſter unter Arminius 
und ſchlug fie. Als darauf Arminius die deutichen 
Bölfer aufwiegelte, unternahm Germanicus, der 
wegen ſeiner Siege den Titel Imperator erhalten 


Germanicus Caesar. 


hatte, einen neuen Zug gegen die Cheruſter und 
Bructerer, drang bis an die Ems vor, verwüſtete 
alles Yand rings umber, beftattete im Teutoburger 
Walde die Gebeine der unter Varus gefallenen 
Krieger (Taec. ann. 1,57 ff.), lieferte dem Arminins 
eine bintige Schlacht und trat dann, ftet3 von den 
Deutſchen verfolgt und angegriffen, den Rückzug 
an. Im J. 16 beichlo er einen neuen Einfall 
in Germanien, indem er einen Teil feines Heeres 
über den Nhein gehen lief, während er jelbit von 
ber Juſel der Bataver her an der Mündung der 
Ems landen wollte. Bon hier aus drang er über 
die Weſer vor, jchlug den Arminius auf dem 
eampus Idiſiaviſo, dann nochmals weiter öſtlich 
(etwa in der Gegend des Steinhuder Meeres) und 
trat dort den Rüchzug an die Ems au, wo er jein 
Heer wieder einſchiffte und nach Überftehung eines 
heftigen Sturmes unter jchweren Berluften mit 
den Reſt der Flotte wieder heimfehrte. Tae. ann. 
2,6-—-25. Suet. Cal. 3. Dio Cass. 57, 18. Da die 
Germanen fich aber nad) jeinem Abzuge jogleich 
wieder empörten, jann er auf nene Unternehmungen, 
als Tiberius ihn zurüdrief. Er wurde in Rom 
mit Jubel empfangen und hielt am 26. Mai des 
Jahres 17 einen glänzenden Triumph. Tae. ann. 
2,26. 41. Strab. 7, 201. Daranf jandte ihn der 
Kaiſer nah Afien zur Ordnung der dortigen An— 
gelegenheiten (17). Vorher bereijte er Griechen: 
land, wurde glänzend aufgenommen und ging dann 
nach Syrien, ordnete die Berhältniffe der einzelnen 
Provinzen, erwarb dem Reiche neue und bejuchte 
dann Agypten. Zuc. ann 2,43. Vell. Pat. 2,129. 
Inzwiſchen hatte der Statthalter von Syrien, 
En. Piſo (ij. Calpurnii, 14.), der von Tiberins 
angemwiejen war, dem Germ. eine Bolitif auf eigene 
Hand unmöglich zu maden, defien Anordnungen 
umgeftoßen oder wenigitens ganz illuſoriſch ge: 
macht. Jae. ann. 2, 69. Als Germanicus aus 
Syrien zurüdfam, verfiel er plöglich in eine Krank— 
heit, wie er und feine Umgebung meinten und er: 
Härten, von Piſos Gattin Plancina vergiftet. Er 
ftarb im Oftober 19. Zwar wurde gegen Piſo die 
Bejchuldiaung auf Bergiftung des Germanicus er: 
hoben, doch hat fidy bei dem gerichtlichen Berfahren 
die Schuld des Angeklagten keineswegs nachweiien 
laſſen. Tac. ann. 2, 82. 3,11. Suet. Cal. 1. Plim. 
n. h. 11, 37, 187. Groß war die Trauer im ganzen 
Reiche, am größten in Nom, wo fie fidh bei der 
Ankunft der Niche durch den tiefften Schmerz fund: 
gab. Nur Tiberius und Livia jcheinen denjelben 
nicht geteilt zu haben. Zac. ann. 3, 1 ff. Allgemein 
beliebt bei allen Ständen, ein Mann von den edeljten 
Herzenseigenſchaften, der jeltenften Bildung Red— 
ner und Dichter, Suet. Cal. 3. Ov. ec Pont. 
4,8, 65 ff.), hatte er große Hoffnungen erwedt. 
Seine Neden rühmen die Alten ſehr; auch grie— 
ciiche Komödien hatte er verfaht. - - Wir befiben 
von ihm (wie von Eicero und Avienus) eine poe— 
tiiche Bearbeitung des Lehrgedichts von Aratos 
unter dem Titel Claudii Caesaris Arati V’haeno- 
mena, die fich durch dichterifchen Schwung und 
geichidten Versbau auszeichnet und ſchon im Alter: 
tume fommentiert worden ijt. Mit Unrecht hat 
man jie dem Domitian zugejchrieben. Ausgg. (mit 
Phädrus) von Drelli (1831), Giles (1835), ſamt 
den Scholien von Breyſig (1867) und in Bährens' 
poet. Lat, min. I p. 142 ff. — Nbhandlung von 
Bingerle (1867). 


Germanii — Gesetzgebung. 


Germanii, T’sgucrıor, perfiiher Stamm. Hdt. 
1, 125. 

Germinii, Völkerſchaft des nördlichen Epeiros 
mit dem Kaftell Chimaira. Caes. b. c. 3, 6. 

Gerrhaei, Drgpaior, Bewohner der reichen und 
mächtigen Stadt Gerrha an der Oſtküſte Arabiens 
nicht fern (200 Stadien) vom Erpthratiichen (Ber: 
fiichen) Meerbujen; die Stadt hatte 5 Millien im 
Umfang. Strab. 16, 766. 778. 

— en wen ytoorrwr), der Rat der Alten, 
Name der oberiten Staatsgewalt in ariftofratischen 
Staaten (ſ,. Bovin). An Sparta beitand die 
Gerufia aus 28, mit den beiden Königen, die 
Stimme und den Vorſitz im Senate hatten, aus 
30 Mitgliedern. Sie mußten das jechzigite Yebens: 
jahr überjchritten haben und wurden auf Lebens— 
zeit gewählt, und es galt, früher wenigjtens, für 
die größte Auszeichnung und höchſte Belohnung 
der Tugend, in den Senat zu gelangen (&gsrijs 
«Vlov, Demosth. Lept. p. 489). Seitdem die 
Trennung der Homoien von den übrigen Bürgern 
eingetreten war, wurden die Öeronten natürlich aus 
den erjteren gewählt. — Die Gerufia war nad) 
Lyfurgos’ Einrichtung die wichtigfte und einfluß: 
reichfte Staatsbehörde, die Macht der Könige wie 
die der Eklleſia bejchräntend. Schon die Lebens: 
länglichteit und Unverantwortlichteit ihrer Mit: 
glieder gab ihr eine hervorragende Stellung. Ihre 
Thätigfeit war eine doppelte, einmal eine richter: 
liche über gewifle ſchwere Bergehungen, die mit 
Tod oder Atimie beftraft wurden, namentlich über 
Berbreden der Könige, ſodann eine politische, indem 
in der Gerufia die dem Bolfe vorzulegenden Ge: 
feße und Beichlüffe vorberaten wurden. Eine Be: 
ftätigung der Senatsbeichlüffe dur das Volk war 
im allgemeinen notwendig. Mit dem wachſenden 
Einfluſſe des Ephorats, das fich befonders auf die 
Ekkleſia ftüßte, mußte das Anjchn der Gerufia, an 
deren Spige die Könige ftanden, wie der Iyfur: 
giichen Einrichtungen überhaupt finten. — Ahnlich 
war bei den Kretern die Macht der Gerufia, die 
auch als Bovir bezeichnet wird. Die Zahl der 
Mitglieder belief ſich wahrjcheinlih auf 28 oder 30. 
Erwählt wurden fie aus den 10x00u0«u(j.Kreta, 6.) 
nach tadelfreier Bollendung ihres Amtes — Die 
homeriichen Geronten find die „Volksälteſten“, d. h. 
die vornehmiten, dem Oberlönige zur Seite ftehen- 
den Häupter der edeljten familien, wo der Begriff 
des Alters zurüdtritt, wie im senatus in Ron, 
der signoria in Venedig, bei dem seigneur in 
Frankreich. 

Geryönes ſ. Herakles, 9. 

Tas avadaogos, Üderverteilung, nebjt dem 
Schuldenerlai (rorör droxorn)) eine der Maß— 
regeln, die in gricchtiichen Staaten beim Siege des 
Demos über die herrichende Dligarchie einzutreten 
pflegten. Über den weijen und vermittelnden Weg, 
den Solon, dem Verlangen der Volkspartei nad) 
diejen Maßregeln gegenüber, einſchlug, die |. g. 
osısdydeıe, ſ. Doukn, 5. 

Gesetzgebung. I. In dem urjprünglichen Zu: 
ftande des hellenijchen Staats wie des Staats 
überhaupt erjcheinen die Geſetze (vouor) nicht als 
etwas Gewordenes, Werdendes und Veränderliches, 
fondern als die jejte Macht, die den Staat be: 
ftimmt, unvderänderlich und ohne nachweisbaren Ur: 
fprung (j. auch Ayeagpoı vounı). Der König als 
Repräjentant der Richtergewalt iſt der oberfte Ber: 


475 


walter und Ausleger der Geſetze. Wo nach dem 
allmählichen Abfterben der patriarchaliſchen Staats- 
form die aus dem Yuftande innerer Zerrüttung 
hervorgegangene Bildung neuer Berhältnijje und 
Beziehungen der ftaatlichen Elemente unterein: 
ander auch neue Gejege, um die ſich trennenden 
und befeindenden Elemente zu vereinigen ılmd zu: 
fammenzuhalten, notwendig machte, war der ge: 
wöhnliche Weg der, daß die gejeßgeberiihe Thä— 
tigfeit einem einzelnen, in allgemeinem Bertrauen 
ftehenden Manne übergeben wurde. So finden 
wir im epizephyriichen Lokri Zaleufos, in Katana 
Charondas, in Laledaimon Lykurgos, in Athen 
Drakon und Solon durd das Bertrauen ihrer 
Mitbürger zur Herſtellung eines neuen und ge: 
ordnneten Staatswejens berufen (j. auch Aisy- 
mnetes). Wo nun aber einmal geordnete und 
gejegmähine Zuftände vorhanden waren, wurde das 
Aufheben bejtehender und das Einführen nener Ge: 
jebe ſehr erichwert, jo auch in dem demofratiichen 
Athen, jo lange wenigitens als wirklid das Geſetz 
und nicht die Willfür der Efflefia den Staat be: 
herrichte, jolange nicht Yrp/suere« an Stelle der 
vouor gejegt wurden. Die Geſetzgebung war viel: 
mehr nach der jolonijchen Berfafjung der Gewalt 
der Boltsverfammlung jo weit entnommen, daß in 
derielben (in der erjten zur Nevifion der Geſetze 
beitimmten Verſammlung des Jahres) nur etwa 
mangelhafte Punkte bezeichnet und Wünjche aus: 
geſprochen, Vorſchläge gemacht wurden; die Ent: 
jcheidung fiel dann den aus der Yahl der ge: 
ſchworenen SHeliaften entnommenen Nomotheten 
anheim (j. Demosth. Lept. p. 485). Uber das 
Verfahren vor den Nomotheten, weldyes dem ge: 
richtlichen Verfahren entiprady, |. Exrrinale, 6. 
— 11. Eine Hauptitelle über die Entwidelung der 
römischen Gejeßgebung findet ſich in einem Ex— 
kurje des Tacitus (ann. 3, 26--28). Nach ihm 
war der erjte wirfliche Gejebgeber unter den Nö: 
mern Servius Tullius, die Vorgänger begnügten 
ſich mit einzelnen Beitimmungen. Dod werden 
von andern auch jchon Gejepe des Romulus und 
der nächjten Nachfolger mit wörtlichen Eitaten er- 
wähnt; man nannte fie im allgemeinen regine 
leges (commentarii regum, (ic. Rab. 5, 15), die 
jedoch nah Dion. Hal. 3,36 nur eine Samm— 
lung von Formeln des jafralen Rechts waren. 
Sie jollen von einem Papirius gegen Ende der 
Königszeit (ius Papirianum ) gejammelt worden 
jein. Einen Kommentar dazu verfahte Granius 
Flaccus zur Zeit des Cäjar (liber ad Caesarem 
de indigitamentis scriptus). Auch Kaiſer Clau— 
dius juchte noch Geſetze des Könige Tullus Hoſti— 
lius hervor (Taec. ann. 12, 8). ic Gejebgebung 
des Servius Tullins beruhte auf ariftotratiicher 
Srundlage, imfofern fie auf dem Unterjchied des 
Vermögens und dem ftaatlichen Übergewicht der 
Reichen bafierte. Nach Vertreibung der Nönige 
wurden wieder nur einzelne Geſetze gegen Die 
Übergriffe der Batricier gegeben, die aber doch die 
‚Freiheit der Bürger ſchützten und den Streit der 
beiden Stände im ganzen in organiiche Bahnen 
feiteten, bis die Zwölftafelgeſetze der Decempirn 
451 und 450 v. E. die gejchriebene Grundlage 
alles jpäteren Nechts für die Nömer ichufen. Wir 
fennen Fragmente nur aus den zerjtreuten An— 
gaben jpäterer Autoren, namentlich aus Cicero 
de legibus, aus Feſtus und aus Gaius, bisweilen 


476 


mit der Angabe der betreffenden Tafeln (vgl. 
Tabulae, 5... Den erjten Verſuch der Wieder: 
herftellung und Anordnung derjelben machte Jacob 
Sothofredus in jeinen quatuor fontes iuris ci- 
vilis (1653); vervollftändigt find fie von Dirkſen 
(1824), in neuerer Zeit von R. Schöll heraus: 
gegeben: Legis duodecim tabularum reliquiae 
(1866). Tacitus datiert von dieſen 12 Tafeln an 
den Verfall der römiichen Gejeßgebung (duodecim 
tabulae finis aequi iuris). Die leges Liciniae 
Sextine 366 v. C. ficherten den Plebejern die 
ftaatliche Gleichjtelung mit den WBatriciern. Die 
nun zunächit folgenden 2 Jahrhunderte waren 
wegen der fortdauernden Kriege mit auswärtigen 
Bölfern der Entwidelung der Gejeßgebung nicht 
günftig, fie brachten vielmehr die Liciniſchen Ge: 
jepe in Vergeſſenheit und jchufen in Verbindung 
mit andern Berhältniffen ein Proletariat, das 
früher oder jpäter den gänzlichen Ruin des römi- 
ihen Staatswejens drohte. Die wohlgemeinten 
Neformverfuche der beiden Grachhen, 134—122 
v. E., von vielen angejehenen und hervorragenden 
Männern des Staats an fich gebilligt, doch von 
vornherein als ein vergebliches Unternehmen an: 
gejehen, erregten jchlieglich den volliten Haß der 
Nobilität gegen die Geſetze der auch nod heute 
verſchieden beurteilten Männer. Gewiß iſt, daß 
auf Grund dieſer Geſetze und ihrer weiteren Kon— 
ſequenzen durch Saturninus und Druſus die Demo— 
fratie ihr Haupt erhob und mit dem Untergange 
der Nepublif zur Monarchie überführte. Zwar 
jtellte Sulla durch jeine Reformgejehgebung 82 v. C. 
(f. Leges Corneliae) das Übergewicht der Ari: 
ftofratie, freilich in derjelben Einjeitigkeit, wieder 
her (vgl. Zachariä, 8. Cornelius Sulla), doch jo: 
gleich nach feinem Tode im J. 78 regte jich wieder 
die Oppofition der Demokratie mit wechjelndem 
Erfolge. Da konnte die Geſetzgebung es nur zu 
jogenannten ſtets wiederholten privilegia bringen 
(in singulos homines latae quaestiones). I 
J. 52 v. E. befam endlich Bompejus Auftrag, im 
Staate wieder geſetzmäßige Zuftände zu begründen 
(Leg. de vi und de ambitu, Dio (ass. 45, 51 ff. 
App. b. c. 2, 23. 24). Er jelber jedoch trug fein 
Bedenken, ſich über jeine eigenen Geſetze zu ftellen 
(suarum legum auctor idem ac subversor, Cie. 
ad Att. 8,3, 3). Plut. Pomg. 55. 56. Und nun 
gar in den folgenden 24 Jahren bloßer perjön- 
licher Machtbeftrebungen und Antriguen zwijchen 
Cäſar und Pompejus, und darauf des letzten 
Ningens der Nepublif wurde alles Heilige mit 
Füßen getreten und das Recht verkehrt (non mos, 
non ius). Erſt mit der Kaiſerherrſchaft durch 
Auguftus kehrten geordnete Zuſtände wieder durch 
Geſetze, die den Verhältniffen der Fürftenherrichaft 
und den Erfordernifjen des Friedens gemäh waren. 
Auguftus ftellte dieje feine Geſetzgebung unter den 
Schuß und die Aufficht jedes Bürgers (custodes 
legum inditi). Sofort bildete ſich ein fürmliches 
Geſchäft der Öffentlichen Ankläger (delatores), 
namentlich jeit im J. 9 n. E. die lex Papia 
Poppaea durch verheißene Belohnung dazu an: 
lodte. Bald verfolgten dieje Delatoren a per: 
jönliches als das Staatsintereffe und brachten un: 


jägliches Elend über alle Familien, bis endlich 


20 n. C. Tiberius durd eine Kommiſſion von 


15 Männern zwar nicht die lex Pap. Popp. auf: | und die Olympier. 


Gessius Florus — Giganten. 


liche Erleichterung gewährte. Das Anftitut der 
öffentlichen Gejegeswächter dauerte aber noch lange 
im römischen Staate fort; wenn auch oftmals mit 
den bärteften Strafen belegt, erhoben fie ftets 
wieder ihre jelbftjüchtige Stimme (Tac. ann. 4, 30: 
genus hominum publico exitio repertum et ne 
poenis quidem unquam satis coörcitum). All: 
mählic ging in der Trolgezeit die Geſetzgebung 
auf den faiferlihen Willen über, die pofitive Quelle 
der Geſetzgebung war verjiegt, aber doch erwarb 
fi) Juſtinianus (ſ. d.) durch die formelle Zuſam— 
menftellung des römischen Nechts in dem corpus 
iuris und durch die Abfaffung der 4 Bücher in- 
stitutiones unbeftrittenes Verdienſt für alle Folge: 
zeit. gl. luris consulti. 

Gessius (nicht Cestius) Florus, aus Klazo— 
menai in Kleinafien, jeit dem 3. 64 n. E. Pro: 
furator von Judäa, rief durch feine Erprefjungen 
und feine Grauſamkeiten den jüdiichen Krieg her: 
vor (6. Auguſt 66), der auch nad dem Falle 
Jeruſalems (2. September 70) erft im J. 72 ganz 
beendigt wurde. Teac. hist. 5, 10. Suet. Vesp. 4. 
Joseph. bell. Jud. 2, 14 ff. 

Gestatio hie überhaupt das Herumtragen in 
der Sänfte (lectica); jodann der in den Billen 
und Gärten reicher Römer für das Herumtragen 
angelegte bejondere Raum (ein breiter, wenn auch 
nicht immer geradliniger Gang), welcher unjeren 
Allen ähnlich gewejen jein mag. 

Gestio, 1) pro herede gestio, die ftilljchwei: 
gende Antretung einer Erbichaft,, indem der Erbe 
Handlungen vornimmt, welche nur dem gejeblich 
beftimmten Erben zukommen; — 2) gestio sc. ne— 
gotiorum, die Geichäftsbejorgung des Vormundes 
für jeinen Mündel mit jpäterer Nechnungsablegung. 

Geta (Antoninus) f. Caracalla. 

Getae, T’erar, ein thrafiiches, eigentlich mit 
den Dakern identijches Bolt (leßterer Name ift 
römijch feit Auguſts Zeit), zu beiden Seiten des 
Siter (True. 2, 96. Hat. 4, 93) von der Mündung 
aufwärts bis zur Theiß um die Flüſſe Marifia 
(Marojch), Aluta (Oltu oder Alt), Hierajos (Sereth). 
Das um 50 v. E. gegründete getiſch-dakiſche Reich 
des Byrebiſtas zerfiel bald nad) defien Tode zur 
Zeit des Anguftus. Unter Decebalus icharte ſich 
zu Domitians und Trajans Zeiten noch einmal 
eine bedeutende Macht zufammen, die aber Trajan 
106 n. E. völlig befiegte, jo dal das Land römijche 
Provinz wurde und bis 274 blieb. Die Geten 
waren ein religidjes Volt, welches nach Strabons 
Bericht fi tieriicher Nahrung enthielt. Strab. 
7, 294 ff. Bol. auch Gothi. 

Giganten, Tiyag, iyanzes, Gigrantes, bei 
Homer ein riefiges, frevelhaftes Menichengeichlecht 
in der Gegend von Hypereia, alfo in der Nähe 
von Thrinakia, doch wie die Kyflopen und Phaia- 
fen den Göttern verwandt. Ahr König war Eury— 
medon: dieſer wurde jamt jeinem Bolfe wegen 
feines Frevels von den Göttern vertilgt. Od. 7, 58. 
206. 10, 120. Bei Hefiod (theog. 185) find jie 
ha der Gaia, entiprofen aus dem Blute des 
verjtümmelten Uranos, gewaltig und groß. Die 
jpäteren Dichter vermengten die Giganten oft mit 
den Titanen, und man erfchuf, wie es von alter 
Zeit her eine Titanomachie gab, auch eine Giganto: 
machie, einen Kampf der Giganten gegen Zeus 
Die riefigen Giganten mit 


bob, aber dod) für den Augenblid manche perſön- ſchuppigen Drachenjchwänzen ftatt der Füße, mit 


Giskon — Gladiatores. 


langem Haupt: und Barthaar und furchtbarem 
Antlig (von der Kunſt zum Teil geflügelt, ein: 
zelne auch mit Löwenkopf und Löwentatzen, andre 
Dagegen ganz menſchlich dargejtellt), griffen auf 
den Phlegraiiichen Feldern (in Theflalien, auf 
dem mafedonijchen oder thrafiichen Pallene, in 





Arladien, Sampanien, im äufßerjten Weiten, immer 
aber in vulfanischen Gegenden) mit relsblöden 
und Baumſtämmen den Himmel an; aber Zeus 
und die Dlympier in Berbindung mit Herakles 
töteten fie alle. Apollod. 1, 6,1f. Or. met. 1, 151. 





gemadht: Altyoneus und PBorphyrion (beide 
zeichneten jich im Gigantenfampf bejonders aus), 
Agrios, Ephialtes, Pallas, Enfelados, 
Kiytios, Thoon, Hippolytos, Polybotes, 
Eurytos, Chthonophylos, Eryjidhthon, 
Ochthaios. Manche derjelben werden unter Bul: 
fanen liegend gedacht. — Die großartigite und 
zugleich mannigfaltigite Darftellung der Giganten 


477 


zeigt der folojjale Fries von Pergamon (j. in 
Berlin, ſ. Pergamon), die altertüimlichite der 
in Olympia in den legten Jahren aufgefundene 
Giebel vom Schaphaufe der Megareer (etiwa aus 
der Mitte des 6. Jahrh. v. E. und wahrſcheinlich 
ein Werk aus der Schule des Dipoinos und 
Styllis, her 3.). — Abbildgn.: 1) Dar: 
ftellung von Zeus niedergefämpften Giganten 
auf einem berühmten Cameo aus Sardonyx in der 
föniglichen — zu Neapel, einem Werke 
des Athenion. — 2) Gruppe aus dem Giganten: 
fries von Pergamon: Athene im Kampf mit einem 
geflügelten Giganten, gefrönt von Nife, während 
Se, die Mutter der Giganten, mit flagender Ge: 
bärde aus der Tiefe auftaucht. 

Giskon, I\orwr, I!onwr, Name mehrerer 
farthagiücher Feldherren: 1) ein Sohn Hamilfars, 
flüchtete nach der unglüdlichen Schlacht am Himera— 
fluß nad Selinns. — 2) ein Sohn Hannos, zeid): 
nete fih im Kampfe gegen Timoleon als tüchtiger 
Feldherr aus, 340 dv. E. Plut. Timol. 34. 
3) befehligte um 241 v. C. in Lilybaion und 
führte die Söldner in Heinen Scharen nad) Afrika 

inüber, wogegen freilid) die Karthager mit der 
uszahlung des Soldes jo lange warteten, bis 
der ganze Haufe verjammelt war. Auf den Wunſch 
der Söldner fam Gijfon wegen Abſchließung eines 
Vertrages in ihr Lager. Auf Veranlafjung des 
Spendios aber, eines ihrer Anführer, wurde ©. 
gefangen genommen und jpäter, um eine Aus: 





jöhnung zu verhindern, unter großen Marterı ge: 


tötet. Pol. 1, 66 ff. 

Glabrio j. Acilii. 

Gladiatoren- oder Fechterkrieg j. Spar- 
tacus. 

Gladiatöres. Die Gladiatorenjpiele waren ur: 1 
ſprünglich bei den Etrujfern Leichenſpiele, welde 
an die Stelle der zum Andenfen der Verſtorbenen 


478 


vollzogenen Menjchenopfer getreten waren (Tertull. 
de spect. 5, 6); aber bei den Römern verjchwand 
dieje Bedeutung bei ihrem Freiheitsſtolze bald 
vor dem Vergnügen, welches das Anjchauen des 
Todesfampfes der Sklaven, .die nach ihren Be- 
griffen weder moraliihen noch politiichen Wert 
hatten, gewährte (vile damnum, Tae.). Zu ihrer 
weiteren Empfehlung trug die Rüdjicht auf die 
Erziehung und die Erhaltung des friegerijchen 
Sinnes der Römer bei, der durch fie für jede 
menſchliche Negung gegen Feinde abgeftumpft wer: 
den mußte, ſowie auch endlich der zum Bewußt— 
jein gekommene Gedanke, daß ſolche Sladiatoren- 
fümpfe ein höchſt förderliches Mittel wären, fich 


der Gunst des großen Haufens zu verfichern. Mit | Er 


jolchen Sophijmen verteidigen Cicero (tuse, 2, 17), 
Plinius (pan. 33) und Seneca die Gladiatoren- 
fämpfe gegen Stimmen, welche diejelben ein grau— 
james und allem menſchlichen Gefühl widerftre- 
bendes Schaufpiel nannten. Als Leichenjpiele treten 
uns die munera gladiatoria in Nom zuerſt im 
J 265 dv. C. entgegen, durch die beiden Brüder 
M. und D. Brutus zu Ehren ihres verftorbenen 
Vaters auf dem forum boarium gegeben. Lir. 
ep. 16. Val. Mar. 2, 4,7. Mehrere andere Gla- 
diatorenfämpfe, welche bei den Bejtattungen be— 
rühmter Männer ftattfanden, werden auch jpäter 
erwähnt; die eigentliche Ausbildung diejes In— 
ftituts aber fällt erft in die lebten Zeiten der 
Nepublif. Auch Cäſar veranftaltete ein Gladia— 
torenjpiel auf dem forum (Plin. 15, 20), ſowie 
überhaupt bei der Anlage neuer Städte in Jtalien 
der Marltplaß ſtets mit Rüdficht auf die Gladia— 
torenfämpfe angelegt wurde. Gegen Ende der Ne: 
publif (der erfte E. Scribonius Curio, 53 v. E.) 
wurden eigene Amphitheater dazu erbaut (j. Thea- 
tron, 175.) mit offener Arena. — Die Gladia— 
toren waren gewöhnlich Kriegsgefangene, die früher 
einem lanista übergeben wurden, um in jeder Weije 
für eine tapfere, geſchickte und intereffante Kunſt— 
darjtellung eingeübt zu werden. Bald unterhielten 
dieje Yaniftae auf eigene Hand eine hinlänglich 
große Anzahl von Gladiatoren (familiae gladia- 
torum, lanistarum, ludi gladiatorii genannt) und 
vermieteten oder verlauften davon an diejenigen, 
welche dem Bolfe ſolches Schaufpiel veranftalten 
wollten. Ja jelbft jeder mächtige oder reiche 
Römer hielt fid) jolche Gladiatoren, die in jenen 
unruhigen und bewegten Zeiten, wie fie der Kaiſer— 
herrichaft voraufgingen, vielfaches Elend für den 
Staat und mannigfaches Unglüd für den einzelnen 
herbeiführten, wie namentlid aus den Streitig- 
feiten des Milo und Elodius hervorgeht. Unter 
den Kaiſern entjtanden failerliche Fechterſchulen, 
wie 3. B. Domitian in der Hauptjtadt 4 anlegte. 
In Pompeji hat man eine Gladiatorenfajerne ge: 
funden, deren innere Einrichtung auf eine Familie 
von 122 Gladiatoren jchließen läßt. Bei dem 
Lanifta mußten die Gladiatoren eine bejtinmte 
Diät beobadhten (sagina gladiatoria, Tac. hist. 
2, 58. Plin. 36, 69), weshalb jie früher wegen 
ihrer Koſt aus Serftenmehl auch hordearii ge: 
nannt wurden (Plin. 18, 14). Auf beftimmte all- 
gemeine Waffen fam es nicht an, es genügte, wenn 
ein Gladiator fi nur in irgend einer Art des 
Kampfes einübte und auszeichnete. Hatte der tiro 
jein erjtes Öffentliches Auftreten glüdlich beftanden, 
jo erhielt er ein elfenbeinernes Täfelchen (tessera 


Gladiatores. 


gladiatoria) mit der Inſchrift SP., jeltener SPECT., 
oder SPECTAT. (spectatus), von denen fich mach 
Ritſchls Nachweiſung (die tesserae gladiatoriae 
der Römer, 1864; Opusc. IV p. 572) eine große 
Zahl erhalten hat (gefammelt und herausgegeben 
von Mommijen, Corp. inser. Lat. I p. 717 ff.). 
Ermwarb er fich wiederholt durch Tapferfeit und 
Sejchidflichkeit bei der Aufführung der Sladiatoren: 
fämpfe die Zuneigung des Wortes, fo wurde er 
auf Öffentliches Verlangen von dem Yanifta oder 
dem, welcher die Spiele gab (editor munerum), 
mit der rudis (ij. d.) beſchentt, wodurch er zwar 
noch nicht die Freiheit an ſich, wohl aber die Be— 
freiung von weiterem Gladiatorendienſt erlangte. 
jelbjt hieß alsdann rudiarius und weihte 
jeine bisherigen Waffen in dem Tempel des Her: 
fules. Hor. ep. 1, 1,2. Bisweilen aber lichen 
fie ſich zu den SHadiatorenipielen für großen Lohn, 
auctoramentum «j. d.), Wieder anwerben. Suet. 
Tib. 7. Selbft auch freie, in ihrem Vermögen 
herabgefommene Männer, unter den Kaiſern jogar 
vornehmen Standes (Juren. 2, 143), traten für 
folches auctvramentum in den Feſtſpielen auf. 
Dieje auetorati mußten aber vor dem Auftreten 
in der Arena einen Eid ablegen, ihr Leben im 
Kampfe nicht jchonen zu wollen. Daß gar Frauen 
in der Mrena kämpften (Suet. Domit. 4. Tue. 
ann. 15, 32), und zur beionderen Ergeplichfeit 
auch Zwerge (nani, vgl. Stat. silv. 1, 6, 57), ift 
nur einzelne Erjcheinung. — Die Mbhaltung eines : 
munus gladiatorium wurde durch öffentlichen An— 
ichlag (edietum) von dem editor des Kampf: 
ipieles angekündigt, bisweilen auch mit Abbil— 
dungen der Fechter (Mor. sat. 2, 7, 95 ff. Plin. 
35, 7); die weiteren Anordnungen enthielt ein vor: 
her ausgegebenes und weithin in die Provinzen 
verichicttes Programm, libellus; unter den jpä: 
teren Kaiſern geſchah die Ankündigung auch in 
der Staatszeitung. Dieje Programme enthalten 
die Beranlaffung des Feſtes (3. B. in Pompeji 
nr, 1196: pro salute domns Angnstae), den 
Namen des editor munerum, die Zahl der auf: 
tretenden Paare, die in Bompeji bis zu 30 fteigt, 
und das Datum; außerdem wird die Art der 
Kämpfe hinzugefügt. Sobald der feſtliche Tag er: 
ichien, zogen die paarweiſe geordneten Gladiatoren 
in feierlihem Aufzuge nach dem Amphitheater; 
hier in der Arena bejtimmte der Lanifta die be: 
jonderen Paare und zeigte dem editor die ver- 
ſchiedenen Waffen zur Prüfung vor. Suet. Tit. 9. 
Nachdem die Gladiatoren einige Zeit das Publikum 
durch Sceintämpfe mit ftumpfen Waffen (arma 
lusorin) oder durch die ventilatio, d. h. durch 
Werfen und Fangen der hasta, unterhalten, oft 
auch gelangweilt (Sen. ep. 117) hatten, gab die 
Tuba das Zeichen zum ernften Kampfe. Das 
Kommando war: ponite iam gladios hebetez, 
pugnatur iam acutis. Sodann bezeichnete der 
Laniſta die Menjur, innerhalb welcher der Kampf 
geführt werden jollte. Der in dem Zweilampf 
Unterliegende konnte, wenn ihm die Wunde noch 
Hoffnung zum Leben ließ, durch Erhebung des 
Beigefingers das Mitleid und die Gnade des Volfes 
anflehen (misericordiam populi tentare, provo- 
enre ad populum, exorare populum); die Ge: 
währ der Bitte hieß missio und wurde von den 
Zujchauern durch die Emporhaltung der geballten 
Hand mit eingezogenem Daumen (pollicem pre- 


Gladiatores. 


nere, Hor. ep. 1, 18, 66. Plin. 28, 2) verliehen, 
dagegen die Tötung durch die ausgeftredte Hand 
(verso pollice, Juv. 3, 36) ausgeiproden. Doc) 
die zum Tode (ad gladium) Berurteilten, wenn 
fie als Fechter auftreten mußten, fonnten nicht 
begnadigt werden. Plinius (a. a. ©.) erwähnt die 
unmenjchliche Erjcheinung, daß bisweilen das Blut 
der Gefallenen von Leuten, die mit jchlimmen 
Krankheiten behaftet waren, getrunfen wurde. Die 
Leichname wurden mit Halen (unei) aus der Arena 
durd die porta Libitina des Amphitheaters in 
das spoliarium gejchleppt und dort begraben. — 
Der editor muneris (auch munerarius ge: 
nannt) hatte, wenn er eine WPrivatperjon tar, 
während der Dauer der Spiele das Recht, die 
Magiftratsinfignien anzulegen; jpäter unter Ti— 
berius wurde das Necht, ſolche Spiele dem Volke 
zu geben, nach jenem Unglüd, dad mit dem Ein: 
jturz eines dom Atilius bei Fidenä jorglos er: 
bauten Theaters über 50 000 Menſchen herein: 
brach, auf die wirflid Bermögenden (ne quis 
gladiatorium munus ederet, cui minor qua- 
dringentorum milium res, Tae. ann. 4, 62 f.) 
beichräntt. In dem Testen Jahrhundert der Re: 
publit wurde es auc Sitte, daß gewiſſe Magi- 
ftratsperjonen die Pflicht hatten, Gladiatorenſpiele 
dem Bolfe zu veranftalten. Das Volk beanspruchte 
jolche als Anertennung und Belohnung feiner durch 
die Wahl bezeugten Gunſt, und die Unterlaffung 
derjelben hatte auch leicht die Entziehung der 
Volksgunſt zur Folge, zumal es durch ein von 
Eicero durchgejegtes Gejeß (de ambitu) verboten 
war, während der 2 Jahre vor der Bewerbung 
um ein Amt joldye Fechterſpiele zur günſtigen 
Stimmung des Volkes zu geben. Cie. Vat. 15. 
Namentlich lag es den Adilen ob, jobald fie ihr 
Amt angetreten, durch die munera aedilium Dant 
und Bitte für die Zukunft auszufprechen. Darin 
lag denn auch die Erſcheinung begründet, daß 
einer immer den andern zu überbieten juchte und 
die Sladiatorenipiele nicht nur am fich bis zu einer 
enormen Höhe der geftellten Fechterpaare ftiegen, 
jondern der Luxus auch noch andere Ergeblich: 
feiten durch Tierkämpfe oder durch Gegenüber: 
ftellung von Tieren und Menjchen (vgl. Bestiarii) 
hinzufügte. Dieſe munera aedilium dauerten je 
nad) der Stimmung der Herricher bald bejchräntt, 
bald erweitert bis im die ſpäteſte Kaiſerzeit fort. 
Auguftus gab auch Geſetze über die Gladiatoren: 
fämpfe (er beichränktte die Zahl auf 60 Paare 
und machte die Erlaubnis zur Abhaltung der: 
jelben vom Senate abhängig, ſowie er auch die 
Oberaufficht jämtlicher Spiele und Feitlichkeiten 
den Brätoren übertrug, fie aber zugleich jelber zur 
Beitreitung und Abhaltung von Gladiatorenipielen 
verpflichtete. Dazu wurde ihnen eine beftimmte 
Summe aus dem Ararium zur Beihülfe gegeben 
und, um den Wetteifer zu verhüten, die Bes 
ftimmung getroffen, daß feiner mehr darauf ver: 
wende als der andere. Tiberius verordnete noch 
weitere Beichränfungen (Suet. Tib. 34. Tac. ann. 
4, 63), aber unter den folgenden Kaifern fielen 
diefelben wieder weg. — Bei der Unterſcheidung 
und den verjchiedenen Benennungen der Gladia— 
toren jind die allgemeineren Namen bon den 
fpeziellen abzujondern. Die gladiatores meri- 
diani und bestiarii dienten zur Ergekung, 
wann feine ordentlichen wirklichen Gladiatoren 


479 


fämpfe (ordinarii) ftatt hatten; die bestiarii 
des Morgens oder Vormittags gegen wilde Tiere 
(wozu ſich jelbft Kaiſer hergaben, jonft nur zum 
Tode verurteilte Verbrecher oder entlanfene Sta: 
ven), die meridiani des Mittags (Suet. Claud. 34), 
nad Beendigung der venatio. Die Kämpfer waren 
nur mit einer furzen Tunika befleidet und hatten 
nicht die geringite Schutzwaffe, weshalb fie mit 
Gewalt und mit Schlägen zum Kampfe getrieben - 
werden mußten. Sen. ep. 1, 7. Die gladiatores 
bustuariı fämpften am Zeichenhügel (ad bnstum, 
rogam), die eubicularii beim Gaftmahle im 
cubiculum, eine von den Campanern (Liv. 9, 40) 
in jpäterer Zeit nach Nom verpflanzte Sitte. Die 
ordinarii ‚bezeichneten nur einen Gegenjaß jo: 
wohl gegen die eben erwähnten meridiani, Die 
weder geübt noch mit ordentlichen und beftimmten 
Schutzwaffen verjehen waren, als auch gegen die 
eatervarii,. die maſſenweiſe gegeneinander foch— 
ten (catervatim, gregatim pugnantes). Aus 
Sueton (Dom. 10) hat man auch einen gladiator 
munerarius entnehmen wollen, in gleicher Be: 

deutung mit ordinarius, doch ijt es dort der editor 
muneris d. h. Domitian jelber. Gladiatores po- 
stulatieii und fiscales (in der jpäteren Kaiſer— 
zeit) waren faiferliche Sladiatoren, in jeder Be- 
ziehung ansgezeichnete, deren Auftreten das Bolt 
durch Öffentlichen Aufruf vom Kaijer zum Schluſſe 
des Feſtes erbat. Suet. Dom. 4. Sie hießen and 
Caesariani, aulici. Die von Sueton (Cal. 26) 
erwähnten pegmares waren wohl alte ausgediente 
Sladiatoren, die auf einem Brettergerüft (pegina) 
aufgeftellt waren und von Galigula den wilden 
Tieren entgegengeftellt wurden. — Die ordentlichen 
Sladiatorentämpfe fanden jo ftatt, daß Gegner mit 
verjchiedenen Waffen einander befämpften. Zu— 
jammengehörig waren der retiarius und se- 
eutor, jener mit einem Netze, das er jeinem 
Gegner über den Kopf zu werfen juchte, und in 
der linken Hand mit der fuscina, einem Drei- 
zad, zur Tötung des mit dem Netze umſchloſſenen 
Gegners veriehen, ohne Kopfbededung und nur mit 
einer Tunika befleidet (Suet. Cal. 30. Claud. 34. 
Juv. 2, 143), diejer mit Helm, Schild und Schwert 
bewaffnet. Gelang dem retiarins der Wurf mit 
dem Netze nicht, jo mußte er vor feinem Verfolger 
secutors fliehen; doc) fiegte er — durch 
—* Geſchicklichkeit, da er auf der Flucht immer 
wieder das Netz zu neuem Wurfe zurichtete. In 
jpäterer Zeit traten anftatt der retiariı auch Ia- 
quearii auf, die außer einem kurzen Schwerte 
eine Schlinge führten, die fie zum Wurfe über 
den Kopf des Gegners Fünftlich zufammenlegten. 
Einem retiarius wurde auch wohl ein murmillo 
(genannt von der feinen Helm zierenden Figur 
eines Fiſches, wopuvAog) gegenübergeftellt. Er war 
nach Feitus auf galliihe Weile bewaffnet, mit 
Helm, Schild (scutum) und Schwert. Gewöhnlich 
aber ftand dem murmillo ein Vhraex mit thra: 
tiichen Waffen, einer parma und sien, einem 
furzen, frummen Schwerte, gegenüber. Die eben— 
falls nach ihren famnitischen Waffen Samnites 
benannten Gladiatoren waren jehr vollftändig be- 
waffnet, mit einem oben breiteren scutum, das 
nad unten feilförmig zulief, um eine rafchere Be: 
wegung des Kämpfenden zu geftatten, mit Bruft- 
harniſch, Beinſchienen am linten Beine und einem 
durch einen Helmbuſch verzierten Helme. Ziv. 9, 40. 


. 
— 


480 


Gladius — Glaukos. 


Obwohl fie zu den ordentlichen Gladiatoren (ordi- | de gladiatura romana (1881). Buſchmann, Bilder 


narıı) gehörten, die immer gegen anders bewaffnete 
ihre Gegner. 


damals hoplomachi (Suet. Cal. 35) genannt. 
Abbildungen jolher Kampficenen auf einem zu 
Nennig gefundenen Mojailfußboden hat von Wil: 
motwsiy in Bonn herausgegeben; wichtig ift auch 
ein in Pompeji gefundenes großes Basrelief, 
welches die mannigfachen Situationen der Gla— 
diatorenfämpfe darſtellt (nr. 1182 bei Zange— 
meifter). Vgl. Overbed, Bompeji S. 164 ff. der 
3. Aufl. — Außer diefen eben genannten kom— 
men noch vor (gleiche Waffen): die essedarii, 
eine Nachahmung galliider Kämpfer auf einem 
mit 2 Pferden J—— Wagen, essedum (Caes. 
b. g. 4, 33. Suet. Cal. 35); die andabatae zu 
Pferde (Cie. Sest. 56) mit einem Helme, der das 
ganze Geficht bededte, die mit dem Speere (spi- 
culam) blind aufeinander anjagten (Cic. ad fam. 


7, 10), daher das Spricdywort: andabatarum more 


pugnare (Mart. 5, 24) von Gegnern, die beide 
ſich nicht den eigentlichen Streitpunft Har gemacht 
haben; endli die dimachaeri, erft im jehr 
jpäter Zeit, in jeder Hand mit einem furzen 
Schwerte verjehen. Außer der rudis (f. d.), die 
immer die Hauptbelohnung des Gladiators bildete, 
wurde der Sieger mit der palıma gladiatoria als 
bloßem Siegespreis bejchenft (Suet. Cal. 32. Cie. 
Itose. com. 6, 17), unter und jeit Auguftus auch 
mit Geld. Suet. Oct. 45. Unter Commodus wird 
eine eigene Kaffe erwähnt, aus der Gladiatoren 
vor ihrem Wuftreten Heinere Summen, Com: 
modus jelber jehr große, ausgezahlt erhielten. — 
Die Gladiatorenjpiele wurden 9* früh von Rom 
aus nach den Provinzen verpflanzt, z. B. durch 
Seipio nach Karthago. Liv. 38, 21 In Italien 
war namentlich Campanien die Heimat der oben 
genannten Gladiatorenſchulen. Mehrmals wurden 
dieſe Schulen wegen der ungeheueren Sklaven— 
maſſen, die dort ihre Ausbildung fanden, eine 
große Gefahr und Plage für Nom. Spartacus, 
mit Crixus und Unomaus aus der Schule des 
Lentulus entiprungen, nahm feine Zuflucht hier: 
hin und verſammelte aus dem verichiedenen Gla— 
diatorenſchulen Gampaniens, namentlih Gapuas, 
in furzem 10000 Mann um fich, die nur mit der 
größten Anftrengung nad vielen Berluften und 
mehreren Niederlagen vernichtet werden konnten. 
Wiederum wurde Nom unter Nero durch einen 
Aufftand der Sladiatoren zu Pränefte in Schreden 
gelebt. Zac. ann. 15, 46. An den Bürgerfriegen 
zwijchen Otho und Vitellius wurden die Sladia: 
toren auch in das Heer aufgenommen und leiite- 
tea ihrer ganzen Einübung nach dann die beiten 
Dienfte, wenn es zum Handgemenge gefommen 
war. Im übrigen waren fie gejuchte Werfzeuge 
zur Bollbringung von Mordthaten. Suet. Dom. 17. 
— Die Gladiatorenjpiele erhielten ſich bis in die 
ſpäteſten Zeiten, jelbjt das Chriftentum war nicht 
imftande, fie ganz zu bejeitigen, da politiiche 
Gründe und die Unficherheit des Thronbefißes die 
Kaiſer zwangen, durch diejes Meittel fich in der 
aura popularis feftzujegen und die Vollsgunſt zu 
erfaufen, denn der ni. Haufen jchrie nach wie 
vor nach panis et eircenses. gl. riedländer, 
Sittengeihichte Noms, 2. Teil, 11,2. P. I. Meier, 


fämpften, jo finden ſich doch feine Angaben über | 


Bur Zeit der Kaiſer fommt der | - 
Name nicht mehr vor, wahrjcheinlich wurden fie 





aus dem alten Rom, ©. 139 ff. 

Gladins, 1: das Soldatenichwert, j.Waffen, 10, 
- 2) das Richtſchwert, verdrängte das uralte Beil 
bei allen Erefutionen, war aber früher eigentlich 
nur bei den Soldatenhinrichtungen gebraudjt wor: 
den (j. Securis). Zu den mit Enthauptung be: 
ftraften Verbrechen gehörten Majeftätsverbrechen, 
Meuchelmord u. ſ. w. — Das ins gladii als 
Necht über Leben und Tod der Soldaten wurde 
von den Kaiſern den Statthaltern der faijerlichen 
‘Brovinzen verliehen. Die Statthalter der Senats: 
provinzen hatten diejes Necht nicht. 

Glans j. Funditores. 

Glaueia ſ. Servilii, 20. 

Glanke, 1) j. Argonauten, 6. — 2) j. Te- 
lamon unter Aiakos. 

Glanklas, TAarxdag, 1) ein gelehrter Arzt 
und einer der früheiten Erflärer des SHippofrates. 
— 2) ein Erzgießer aus Aigina, etiwa um 500 v. E., 
ſchuf namentlich Statuen olympiicher Sieger, 3. B. 
des Gelon und des Theagenes von Sifyon. Paus. 
6, 9, 5. 9. 10, 3. 11,9. 

Glaukos, TL«öxog, 1) ein weisjageriicher Meer- 
gott, mit dem gewöhnlichen Beinamen morrıog, 
der in der Argonautenjage ungefähr diejelbe Rolle 
ipielt wie Proteus in der ee und Nereus 
in der Herallesjage. Uriprünglich war er ein Gott 
der Schiffer und Fiſcher zu Anthedon in Boiotien; 
von da ging er als Heros in die Argonautenjage 
über. Er war Baumeifter und Steuermann der 
Argo, der nach der Schlacht der Argonauten mit 
den Tyrrhenern ein Meerbämon ward und dem 
Jaſon weisſagte. Die Anthedonier erzählten, GI. 
jei ein YFilcher und Taucher gewejen, der, als er 
einst halbtote Friiche auf ein Kraut geworfen und 
dieje dadurch wieder munter und lebendig werden 
jah, von dem Kraute ai und nun ſich plößlich 
getrieben fühlte, ins Meer zu fpringen, worauf 
ihn Dfeanos und Tethys zu einem hülfreichen 
Gotte machten, dem Schutzpatrone der Filcher und 
Taucher Er war ein ähnlihes Weſen wie Meli— 
fertes. Man nannte auch Delos jeinen Wohnſitz; 
dort joll er mit den Nerciden geweisjagt und den 
Apollon in der Weisjagung unterrichtet haben. 
As jein Vater gilt Kopeus oder Polnbos oder 
Bojeidon oder Anthedon. Man dachte fih ihn 
als reis mit einem in einen Fiſchſchwanz aus- 
gehenden Leibe, mit langem, ftruppigem Bart und 
Haupthaar. Bgl. Gaedechens, Gl. der Meergott 
(1860). — 2) ein Korinther, Sohn des Siinphos 
und der Merope, welcher mit Eurymeda den 
Bellerophontes zeugte. Hom. Il. 6, 152. Er 
ward bei den Leichenjpielen des Pelias in Jolkos 
von jeinen wütenden Roſſen zerrifien und galt 
auf dem Iſthmos für einen Dämon, der die Pferde 
beim Wettrennen jchen machte (Taegafırros). Er 
ftand zu Bojeidon, der aud) als Vater des Belle— 
rophontes genannt wird, in enger Bezichung und 
war wahrſcheinlich urfprünglich dasjelbe Weſen mit 
dem vorigen. Was in Boiotien in dem Fiſcher 
und dem Gott Glaufos vereint war, jcheint man 
in Korinth getrennt zu haben, jo daß das Gött— 
lie auf Melikertes, das Menjchliche auf den Heros 
Glaukos übertragen ward. — Der Urenfel diejes 
Glaukos war 3) Glaufos, der Sohn des Lylier- 
fürften Hippolochos, eines Sohnes des Bellero: 
phontes. Diejer ift einer der tapferjten Bundes: 


TAaö& — Gnomische Poisie. 


genofjen des Priamos vor Troja, Gajtfreund des 
Diomedes. Hom. Il. 2, 876. 6, 119 ff. 12, 309 ff. 
387. 14, 426. 16, 490 ff. — Er ward von dem 
Telamonier Nias getötet. — 4) Sohn des Minos 
und der Paſiphaë, fiel als Knabe, indem er eine 
Maus verfolgte, in ein Honigfah und ftarb. Der 
Bater erhielt von den Kureten die Auskunft, in 
jeinen Herden befinde ſich eine Kuh, welche von 
4 zu 4 Stunden weiß, rot und ſchwarz werde; 
wer auf dieje den beiten Vergleich machte, würde 
das Kind finden. Da die einheimischen Seher ihm 
die Antwort ſchuldig blieben, löfte Bolyidos aus 
Argos oder Korinth, ein Seher und dionyſiſcher 
Briefter, Urenfel des Melampus, das Rätjel, indem 
er die Kuh mit einer allmählich reifenden Brom— 
beere (oder Maulbeere) verglid. Man fand den 
Stnaben, und Bolyidos ward mit dem Leichnam 
eingeichlofjen, damit er ihn lebendig mache. Eine 
Schlange näherte fich dem Leichnam und ward von 
dem Seher erjchlagen ; da kam eine zweite Schlange 
und erwedte jene durch Auflegen eines Krautes. 
Polyidos belebte mit demjelben Kraute nun auch 
den Glaufos, welchen der Seher jeine Kunſt lehren 
mußte. Als er jedoch nad Argos zurüdging, hieß 
er den GI. ihm in den Mund jpuden, worauf er 
die Wahrſagetunſt wieder vergaß. Apollod.3,3,1.2. 
An die Stelle des Bolyidos tritt auch Aſklepios. 
Verborgene Wiffenichaft kann vermittelt des Spei- 
chels, der die Zunge neßt, übertragen und genom— 
men werden. Uhland, Schriften Bd. 6 ©. 223. 
— 5) bedeutender Bildhauer aus Chios zwijchen 
DI. 22 und 45, ſoll das Löten des Erzes erfunden 
und fih um das Härten und Erweichen desjelben 
durch Feuer und Waſſer verdient gemacht haben. 
Ein Wert desjelben weihte Alyattes von Lydien 
nad) Delphoi. Hdt. 1, 25. Paus. 10, 16, 1. 

Tao j. Noctua. 

Glossa, yAöcc«, bedeutet jchon früh Mund- 
art, Dialelt, — dıdkenrog, dann aber bezeichnete 
man damit auch jpezieller einzelne Wörter, die 
einer bejonderen Mundart angehörten, Provin: 
zialijmen oder fremdländijche Ausdrücke oder minder 
gebräuchliche Wörter der älteren Sprade. In 
Griechenland, bejonders in Athen, beichäftigte man 
ſich ſchon früh damit, jolche, nicht jedem verftänd- 
liche, Wörter zu jammeln und zu erflären, und 
während früher das Wort ſelbſt „Gloſſa“ hie, 
fam jpäter die Benennung für die Erklärung in 
Gebraud. In der maledonijch römischen Zeit 
wendeten die Grammatifer in dieſer Beziehung 
auch jolden Wörtern ihre Aufmerfjamfeit zu, 
welche im Laufe der Zeit eine veränderte Beben: 
tung erhalten hatten. Man hatte hierbei beſon— 
ders den Umterricht und die ftiliftiiche Bildung 
im Auge. So erhielt das Wort eine immer weitere 
Ausdehnung und bedeutete überhaupt Ausdrüde, 
die zu dem angeführten Zwed erklärt wurden. 
Man jammelte fie in Slojjarien, welde von 
den [Lwscoyg@po: zujammengeftellt wurden. Zu— 
nächjt finden wir dies in Griechenland, und die 
Werke des Heſychios, Suidas, Pollux, das Ety- 
mologicum magnum u. a. bewahren noch zahl: 
reiche Refte derjelben. — In Nom machte die 
Unverftändlichfeit der älteren Werke frühzeitig Er— 
Härungen einzelner veralteter Ausdrüde nötig, die 
in alphabetijcher Folge von Berrius und jpäter 
von Nonius zujammengetragen wurden. Zahl— 
reiche Slofjographen fand bejonders Plautus. Aus 


Nealferiton des Mafi. Mtertums. 7. Aufl. 


481 


jolchen reichen Sammlungen find die vielen Gloſ— 
jare hervorgegangen, die im Mittelalter entjtan: 
den und in jehr verjchiedenen Handjchriften erhal: 
ten find. Einzelne derjelben find herausgegeben. 
Eine Sammlung und Sichtung des großen Mate: 
rials ijt jehr zu wünjdhen. Einen dantenswerten 
Anfang hat dazu G. Löwe gemacht; vgl. deſſen 
Prodromus corporis glossariorum latinorum 
(1876) und Glossae nominum (herausgegeben von 
Götz, 1884). Götz u. Gundermann, Glossae latino- 

aecae et graecolatinae (1888) — Inſofern ſolche 
kurze, oft den Schriftjtellern beigejchriebene Erflä: 
rungen von unkundigen Abjchreibern mit in den 
Tert hineingefchrieben wurden, hat Gloſſe, Gloſ— 
jema die Bedeutung eines fremdartigen Einſchieb— 
jels erhalten. Als ım 11. Jahrh. in Stalien, be: 
jonders in Bologna, durch Jrnerius das Studium 
des römischen Rechts wieder aufblühte, wurden den 
juftinianischen Nechtsbüchern Bemerkungen ſprach— 
licher und ſachlicher Art beigefügt, welche man 
Glossae interlineares oder Glossae marginales 
nannte, je nachdem fie zwiſchen- oder nebengejchrie: 
ben waren. 

Glycöra, Tivxfo«, 1) ein armes Mädchen aus 
Sifyon von großer Schönheit, beichäftigte fich mit 
dem Winden von Kränzen. Ein im Altertum jehr 
berühmtes Gemälde des Paufias, der fie liebte, 
ftellte jie als Blumenwinderin — oreparorköxog 
— dar. Plin. 35, 123. — 2) der wahrſcheinlich 
fingierte Name einer Geliebten des Dichters Horaz 
(od. 1, 19, 5. 30, 3. 3, 19, 28). Auch eine Ge: 
liebte des Dichters Tibull hieß jo (Hor.od. 1,33, 2), 
vielleicht die von ihm bejungene Nemeſis. 

Glykon, IRöxwr, 1) ein griechiicher Lyriker, 
nach welchem ein bejonderes Metrum benannt iſt. 
— 2) ein Bildhauer aus Athen, Verfertiger der 
Koloſſalſtatue des farneſiſchen Herkules (j. die Ab— 
bildung zu Herakles). Sie wurde, jcheint es, 
zur Zeit Caracallas nad) Rom gebracht und ift in 
dejien Thermen aufgefunden worden. — 3) ein 
Nhetor mit dem Beinamen Spiridion (Quint. 6, 1, 
41), deſſen der ältere Seneca jehr häufig gedenft. 

Gnatia j. Eguatia. 

Gnidos und Gnidus j. Knidos. 

Gnipho, M. Antonius, aus Gallien, be- 
rühmter Rhetor in Nom in der erjten Hälfte des 
1. Jahrh. v. C. Als feine Schüler werden be: 
jonders Cicero und Atejus Philologus (j. d.) ge: 
nannt; jein Hauptwerk führte den Titel de latino 
sermone. Suet. gramm. 7. Quint. 1,6, 23. 

Gnomische Poäösie, in uriprünglicdyer Straft 
und Friſche ein Erzeugnis des helleniſchen 
Lebens. In einem Bolfe, das die innige Ver: 
einigung des sapere und fari jo glänzend beur: 
fundete, mußte notwendig der fürnige, jinnvolle 
Spruch, yroun, sententia, in welchem Gedanfe 
und Form ſich aufs volllommenfte zujammen: 
ichlofien, einen unbedingten Wert behaupten. 
Keiner ihrer Dichter entbehrte derjelben, die voll: 
endetjten, wie Sophofles, PBindar u. a., haben 
ohne Abfichtlichfeit den reichſten Schatz davon. 
Diejenigen, von denen die Gnome jpeziell ge- 
pflegt wurde, wandten jie als Ratſchläge und 
Lehren auf das praftiihe Leben an, deſſen reich: 
haltige Beobachtungen und Erfahrungen darin 
niedergelegt wurden. Und da Hecht und Sitte, 
Geſetz und Lehre in ältejter Zeit noch wenig von 
einander gejchieden waren, jo erjchienen die ältejten 

31 


482 


Sapungen und Gewohnheitsrechte meift in der 
Bejtalt von Gnomen, deren dichteriiche Form der 
Jugend die fejte Einprägung erleichtert. „Das 
Eigentümliche in allen diefen Sprüchen ift nicht 
eine bejondere Weisheit, jondern eine tüchtige Ge— 
finnung, die ſich ihrer eigenen Grundjäße bewußt 
wird, und dies wieder nicht durch Reflerion, ſon— 
dern durch ein plößliches Einleuchten. Nimmt 
man diejen Gefichtspunft, jo begreift man auch 
die Bewunderung, ich möchte jagen, den freudigen 
Schred, den Sätze, wie „Erkunde did) jelbit“, 
„Folge dem Gott“, bei den Zeitgenofjen hervor: 
brachten, indem jie ein allen innerlich Bewußtes 
mit Energie und Klarheit zu aller Genüge aus: 
ſprachen.“ (8. DO. Müller, Dorier 2, 391.) Gno— 
men fanden ſich aud) eingegraben in öffentlich auf: 
geftellten Säulen, wie an den Hermenjäulen in 
Athen. Das dafür gewählte Versmaß iſt gemöhn: 
lih der Herameter oder das Piftihon. Ihrem 
fünftleriichen Charafter nah ift die gnomiſche 
Dichtung ein Element der elegiichen Boefie (j. 
Elegie) und zunächſt der politijchen neben: 
geordnet. Neben Solon und Xenophanes, 
Urhilohos und Mimnermos ragt am ent: 
Ichiedenften Theognis als Meifter in diejer Gat: 
tung hervor; ihm geiftesverwandt ift Phofylides, 
während Aiſopos, Simonides, Euenos ſchon 
in die begrenztere yorm des Epigramms hinüber: 
gehen, innerhalb deifen fich in dem jpäteren Zeit: 
alter noch eine große Schöpfungsfraft zeigte, wenn 
auch mehr als Erzeugnis der Kunft denn des 
Lebens. Mit dem Eintritt des didaktischen Lehr: 
gedichts war der Raum für die Gnome verſchwun— 
den. — Bei den Römern war fie nur ein Kunſt— 
produft; wir haben eine derartige Sammlung 
Disticha unter dem Namen des Dionyjius 
Cato in 4 Büchern. Ausg. von Hauthal (1869). 

Gnomon j. Solarium. 

Tyogınoı, die Angejehenen, eine der vielen 
Bezeichnungen der Bornehmen und Adligen, im 
Gegenjage zum Önuog, den zanoi, Ösıloi, rovn- 
ooi. Andere Bezeichnungen waren: dmıpaveis, die 
Erlaucdhten, zaglerres, zur Bezeichnung der fei: 
neren Bildung der höheren Stände, ebenjo Zmı- 
sıneig, ferner mAovcıoı, mazeig, ebrropoı, Kakol 
»ayatot, die Waderen, Braven, Anftändigen, ein 
Ausdrud, der, wie das engliihe gentleman, nicht 
bloß einen ftändifchen Unterjchied bezeichnete; fer: 
ner die &gıoror und Peirıoror, die faſt ausſchließ— 
lich nicht den inneren Wert, jondern die politische 
Stellung bezeichnen; endlich Ausdrüde, Die das 
Hervorragen oder die Macht bezeichnen, die ümei- 
g0xoı und Övreroi. 

(nosos j. Kreta, 4. 

Gobryas, Toßevas, altperfiih Gaubaruva, 
1) Feldherr des Kyros, der im Sommer 539 v. C. 
Babylon einnahm und zum Statthalter des Yandes 
ernannt wurde (jo mach neuentdecten Inſchriften, 
wozu vielleiht Xen. Cyr. 7, 5, 24. Plin. ö, 30 
zu vergleichen find). — 2) ein Perſer, der mit 6 
andern den falichen Smerdis (Sumata) entthronte, 
indem er den Magier ergriff und mit ihm rang, 
weshalb der hinzufommende Dareios erſt nad) 
wiederholten Nufforderungen des Gobryas, nötigen: 
falls ihm jelbjt zu treffen, von jeinem Dolche Ge— 
brauch machte und den Betrüger erſtach. Gobryas 
fämpfte mit Dareios gegen die Skythen jenfeits 
der Donau. Sein Sohn war der befannte Mar: 


Gnomon — Gordiani. 


donios. Hdt. 3, 70 ff. 4, 132 ff. 7, 2.5. Just. 1, 9. 
— 3) Feldherr des Artarerres Mnemon. Xen. 
An. 1,7, 12. 

Golgi, Toiyol, Stadt auf Kypros, in Der 
fruchtbaren Binnenebene bei Jdalion; phoinifiiche 
Gründung, jpäter Kolonie von Sifyon, j. Athiene, 
two neuerdings ein Tempel mit interefjanten Stul- 
pturen aufgededt worden ift. Zheoer. 15, 100. 
Catull. 36, 14. 64, 96. Taus. 8, 5, 2. 

Gomphi, Töugpor, theſſaliſche Grenzfeftung gegen 
Epeiros (in Heftiaiotis), die weſtlichſte Stadt des 
Landes, ſüdweſtlich von Triffa, von Cäjar zerftört, 
jpäter aber wiederhergeftellt (Caes. b. c. 3, 80. Liv. 
31, 41.32, 14 u. d.), j. Paläa Epijfopi beim Dorfe 
Selanthi. 

Gonnos, Gonni, Törros, -oı, j. Lykoſtomon, 
wichtige Feſte am weftlichen Eingang des Thales 
Tempe, am rechten Ufer des Peneios, Stadt der 
Berrhaiber im thefjaliichen Pelaſgiotis. Die Stadt, 
bon der ſich bedeutende Mauerreite erhalten haben, 
bedte außer dem Eingange zum Tempe noch eine 
zweite Straße, die über die öftlichen Vorberge des 
Olympos nach Makedonien führte. Nach den Kriegen 
der Matedonier und Römer wird der Ort nicht 
mehr genannt. Hdt. 7, 128. 173. Pol. 17, 23. 
18, 10. Liv. 36, 10. 42, 53. 54. 

Gordiäni, Vater, Sohn und Enkel: 1) M. An: 
tonius Gord. Airicanus (nad einigen Anto- 
minus), der berühmten Familie der Grachen ent: 
iproffen und mütterlicherjeits, wie es hieß, mit 
Trajan verwandt, beſaß großen Reichtum und 
Bildung und war auch auf litterarijchem Gebiete 
thätig. Als achtzigiähriger Greis wurde er im 
Frühjahr 238 n. E. in Afrika, dem er als Pro- 
fonjul vorftand, von aufftändiihen Bauern zum 
Kaiſer gegen Mariminus ausgerufen. Frei von 
Ehrgeiz, erflärte er jich doch zur Annahme der 
Würde bereit, da ihm jonft der Tod jicher gewejen 
wäre, und da er auf die Unterftüßung der jena- 
toriſchen Kreije Roms rechnete. Capit. Gord. 2——4. 
8.9. Max. 14. Herod.T, 5. 6,1f. Zonar. 12, 16. 
Zos. 1, 14. Er erfor fich jeinen Sohn zum Mit: 
regenten (Capit. Gord. 9, 6), und fie fanden wirt: 
fi) beim Senat, jowie bei Soldaten und Bolf 
Anerfennung. Capit. Mar. 14. 16. Gord. 10f. 
Herod. 7, 7, 2f. Aber im Kampfe gegen den von 
ihnen abgejegten Statthalter von Numidien, Ca— 
pellianus, und die dritte Legion, die dem Mari: 
minus treu geblieben war, fand Gordian der Sohn 
jeinen Tod, worauf der Vater, um nicht in die 
Gewalt des Feindes zu geraten, durch Erhängen 
jeinem Leben ein Ende madıte. Capit. Mar. 19. 
(rord. 15 f. Herod. 7, 9. Zonar. 12, 17. — 2) M. 
Antonius Gord. Africanus, Sohn des 
vorigen, war ein emergielojer Menſch, der mehr 
Vergnügen am Umgange mit jeinen zahlreichen 
Frauen, als an Beſchäftigung mit ernften Dingen 
fand. Capit. (rord. 15. 19. Bgl. audy Nr. 1. — 
3) M. Antonius Gord., ein Enkel des älteren 
G. mußte nach dem Tode der beiden vorigen vom 
Senate neben den Kaifern Pupienus und Bal- 
binus zum Cäjar erhoben werden. Capıt. Max. 20. 
(ord, 22. Nach der Ermordung der legteren (238) 
wurde er, ein Knabe von ungefähr vierzehn Jahren 
(Capit. Gord. 22. Max. et Balb. 3), von der 
Garde zum Auguftus ausgerufen. Capit. Gord. 227. 
Max. et Balb. 14. Anfangs war er ohne allen 


Einfluß, als er aber im J. 242 die Tochter eines 


Gordion — Gorgo. 


waderen Offiziers, des Timefitheus, heiratete und 
legteren zum Gardepräfeften ernannte, ward dief 
fein treuer Berater und fräftiger Leiter. Capit. 
Gord. 24 f. Begleitet von Timejitheus brach Gord. 
(242) mit einem Heere nad) Aſien auf zum Rampfe 
gegen den Perjertönig Shapür |. (Sapor), der 
das Neid bedrohte. Unterwegs bejiegte er die 
Sarmaten und Goten und jchidte fich ſchon, nad: 
dem der Perſerkönig in einer Schlacht bejiegt 
war, zum Bormarjche auf Ktefiphon an, als fein 
Schwiegervater plößlich ftarb (243). Capit. Gord.28. 
Hierauf wurde Gord. bei einem Soldatenaufftande, 
den der nenernannte Gardepräfekt Philippus er: 
regt hatte, ermordet, und leßterer zum Kaifer aus: 
gerufen (Anfang 244). Capit. Gord. 30. Zonar. 
12, 18. Zos. 1, 19. Aur. Vict. ep. 27. Caes. 27. 
Gordion, Iögdıor, Topdisıor, alte Rejidenz 
der phrugiichen Könige, am mittleren Laufe des 
Sangarios, nad) Ritter das jpätere Juliopolis 
(was Mordtmann beftreitet), der Sage nad) ge= 
baut von Gordios, Bater des Midas. Als diefer, 
ein einfacher Landmann, auf jeinem Acker mit 
Pflügen beſchäftigt war, jebte ſich ein Adler auf 
das Joch, welches Zeichen ein weisjagendes Mäd- 
chen aus Telmifjos auf Verleihung der Königs: 
würde deutete. Und jo fam es; denn die Phrugier, 
denen das Drafel befohlen hatte, zum König den 
zu wählen, der ihmen zuerft mit einem Wagen 
auf dem Wege zum Tempel des Jupiter begegnen 
würde, trafen den Gordios und riefen ihn zum 
Könige aus: er wurde Gründer einer Dynaftie, 
deren Könige fich abwechſelnd Gordios und Midas 
nannten, und die erjt im 6. Jahrh. v. E. erloſch. 
Strab. 12, 568. Hadt. 1, 14. 35. 45. Der glüd: 
bringende Wagen wurde in dem Tempel auf: 
gejtellt; den daran befeftigten Fünftlichen Joch— 
fnoten zerhieb Alerander; nach andern löſte er 
ihn durch Auszichen des Pflocks wirklich. Arr. 
2, 3,1. Curt. 3, 1,15, Plut. Alex. 18. 
Gorgias, Ioeylag, 1) aus Leontinoi, nad) 
einigen ein Schüler des Empebofles, kam, jchon 
ziemlich bejahrt, im J. 427 v. E. mit Tifias als 
Geſandter jeiner Baterjtadt nach Athen, um Hülfe 
gegen Syrafus zu verlangen. Daſelbſt erregte er 
Aufſehen durch die Neuheit jeiner Redeweiſe; 
einige Beit jpäter begab er fich bleibend nad 
Sriechenland, durchwanderte die griechiichen Städte 
und gewann durd Brunfreden in Privatverſamm— 
lungen (Zrıideikeis) und durch Unterricht Geld und 
Ruhm. Bulegt finden wir ihn im thejjaliichen 
Lariſſa, wo er, über hundert Jahre alt, nach So: 
frates, vielleicht erjt 375, ftarb. In feiner Schrift 
nepl Tod un) Örrog 1; mepl Pocewg ging er aus 
von der Lehre der Eleaten, daß die Wahrheit 
eine ſich durchaus gleiche, widerjpruchsloje Einheit 
jei, und indem er den philojophiichen Gründen 
das Einleuchtende der Erfahrungsvorftellungen ent: 
aegenjeßte, die verjchiedene Bedeutung der Worte 
(3. B. eva) auf’eine Ipipfinbige Weiſe benugte, 
fam er zu den jleptijchen Rejultaten, 1) daß nichts 
jei, 2) da, wenn auch etwas jei, es doch nicht 
erfannt werden fönne, 3) daß, wenn auch etwas 
jei und erfannt werden könne, es doch nicht mit: 
teilbar jei. Den Namen eines Tugendlehrers 
lehnte er ab, ging auf das Wejen der Tugend 
nicht ein, jondern jchilderte nur, worin die Tugend 
des Mannes, des Weibes u. ſ. w. bejtehe; umfitt: 
lihe Grundjäge werden ihm nicht vorgeworfen. 


483 


Die Lehre, daß es feine Wahrheit gebe, übertrug 
er auch in das Gebiet der Beredjamteit; dieje ver: 
wandelte ſich ihm im eine dialeftiiche Kunſt zum 
willfürlichen Bejahen und Berneinen, in die Kunft, 
gan unabhängig von der Kenntnis der Sache den 

enschen zu überreden, aljo eine bloße Schein: 
funft. Plat. Gorg. 447. Men. 73. Dabei hatte 
er indes Verdienſte um die formelle Ausbildung 
der Beredjamkeit. Anknüpfend an die Gicilier 
Korar und Tifias, die jchon die Redekunſt gelehrt 
und Anweiſungen dazu gejchrieben hatten, trat 
er zuerft als Lehrer der Beredjamfeit in Griechen— 
land auf. Da aber das Ohr der Griechen noch 
hauptjählich an Poeſie gewöhnt war, jo beruhte 
jeine Theorie auf Gebundenheit und rhythmiſcher 
Architeltonit der Rede; bejonders in den rheto: 
riichen Figuren, Antithejen und Iſokolen hatte er 
feine Stärke (yopyıdteır, Topyleıa syijuere). Sein 
Unterricht der Jugend bezog ſich auf kunftvolle 
Ausbildung, jowohl im Gejpräh als in fort: 
laufender hede die Methode war ſehr unwiſſen— 
ſchaftlich und beſtand in der Mitteilung von ge— 
wiſſen Kunſtgriffen, ſolche Wendungen, Trug— 
ſchlüſſe u. ſ. w. einübend, die am häufigſten 
Anwendung finden mochten. Nur gegen den 
Rhetor G. wendet ſich Platon in ſeinen Dialogen. 
Monographie von Foß (1828); außerdem ver— 

leiche Frei im Rhein. Muſeum Bd. 7, ©. 527. 

Bias, die attijche Beredjamfeit von Gorgias bis 
Lyſias (2. Aufl. 1888), ©. 47 ff. — Die unter 
des Gorgias Namen erhaltenen Reden Encomium 
Helenae und Apologia Palamedis (abgedrudt 
in ben orat. Attici von Belfer Bd. 5, jowie von 
Baiter und Sauppe, Bd. 2) find unecht. — 2) Zu 
unterjcheiden ift von ihm ein Rhetor aus Athen 
(Quint. 9, 2, 102), deſſen Unterricht der junge 
M. Cicero benugte (Cie. ad fam. 16, 21, 6), jedoc) 
ipäter auf den Hat des Vaters aufgab. Bon ihm 
ſtammten 4 Bücher meol oynudrov dıavolag xal 
Atkeog, die wir in der bverfürzten Übertragung 
des Rutilius Lupus zum Teil noch haben (ſ. 
Lupus). 

Gorgidas, Topyidag, ein Thebaner, hatte in 
früherer Zeit das Amt eines Dipparchen befleibet, 
blieb nad) der Einnahme der Kadmeia — —— 
ten von den Oligarchen in Theben, obgleich er 
mit den Verbannten in Verbindung ftand. Put. 
gen. Socr. 5. Mit Epameinondad jammelte und 
bildete er eine Schar von \ünglingen (Plut. 
Pelop. 14. 18), die nach der Vertreibung der Dli: 
garchen zuerjt hervortrat, ſich in der Schlacht bei 

egyra ım J. 375 v. E. auszeichnete und jpäter 
von Belopidas zur heiligen Schar organifiert 
wurde. Gorgidad war Boiotard) 378 (Polyaen. 
2, 5, 2); jonjt wird er faum mehr erwähnt. 

Gorgo, Gorgönen, T'ogya. Homer redet nur 
von dem Haupte der Gorgo (Topyein nepaiı)), 
einem furchtbar blidenden Schredbilde des Hades 
und auf der Wigis des Zeus. Hom. Od. 11, 634. 
Il.5,741. 8,349. Bei Hefiod (theog. 270) wer: 
den 3 genannt, Stheno (die Gewaltige), Eu— 
ryale (die Weitichweifende) und die fterbliche 
Meduja (die Herrichende), Töchter des Phorkys 
und der Keto (Bopxides). Sie wohnen am Weft: 
rande der Erde in der Nähe der Hejperiden, ge: 
flügelte, furchtbare Wejen, mit jchredlichem, ver: 
fteinerndem Blid, mit Schlangenhaaren und mit 
Schlangen gegürtet. Später wurden fie, bejonders 


31* 


484 


Meduſa, von der Kunſt als jchöne Nungfrauen 
gebildet. Mit Meduja verbindet ſich Bojeidon und 
zeugt mit ihr Chryſaor (Water des Gerhones und 
der Echidna, Hesiod.theog. 287) und PBegajos, die, 
als ihr von Perjeus (j. d.) das Haupt abgeichlagen 
wird, herborjpringen. Hesiod. theog. 278. Wahr: 
icheinlich repräjentieren die Gorgonen die furdht: 
bare Seite der Athene, welche felbft bisweilen 
Gorgo heift. Die Schweftern der Gorgonen find 
die Graien (Topaiaı), Berjonifitationen des Alters. 
Hefiod (theog. 270) nennt deren 2, Bephredo und 
Enyo, jchönwangig, grauhaarig von Geburt an; 
ipäter wird noch eine dritte, Deino, hinzugefügt. 
Bei Aiſchylos (Prom. 793) find fie ſchwanengeſtaltig, 
haben ein gemeinjchaftliches Auge und einen ge: 
meinichaftlihen Zahn; fie wohnen in dem Gorgo- 
neiſchen Gefilde von Kifthene (in Libyen), weder 
von Sonne nod Mond beichienen, in der Nähe 
der Gorgonen, als deren Wächterinnen fie gelten (i. 
auch Empusa). Bol. Rojcher, die Gorgonen (1879). 

Gorgobina (nidht Gergovia), Stadt der aus: 
gewanderten galliichen Bojer zwiſchen Liger und 
Elaver in unbeftimmter Lage, vielleicht das heu— 
tige Eharlieu an der Loire oder St. Parize:le: 
Ehatel zwiichen Allier und Loire. Caes. b. g. 7, 9. 

&orgophöne j. Perseus, 1. 

Gortys, Gortyna j. Kreta, 5. 

Gossyplum , nad) PBlinius’ (19, 14. 12, 39) 
Beriht ein Strauch des oberen Agyptens, aus 
dem feine, weiche, weiße Gewänder verfertigt 
wurden, die bejonders zu heiligen Zwecken der 
Priefter dienten. Einige halten den Stoff für 
feinen, andere (z. B. Blümner) richtiger für eine 
Art des baummwollenen Byſſus. 

Goti, Gotönes (Tac. ann. 2, 62), auch Gut- 
tones, Tudwrsg (Plin. 37, 2), ſcheinen urjprüng: 
li an der unteren Weichjel bis zum Pregel ihre 
Wohnfige gehabt zu haben. Gegen die bejonders 
von J. Grimm aufgeftellte Ndentifizierung mit 
den thrakiſchen Geten jprechen viele Gründe (Holk- 
mann, Kelten und Germanen ©. 14—18). Dice 
Giotones des Tacitus juchten an einem aestuarium 
des Dceans den Bernftein, den fie an die Teutonen 
verfauften. — Bielleicht ganz verichieden von ihnen 
find die Goti, die mit den Bastarnae identiſch 
zu fein fcheinen. Später, im 3. Jahrh. n. C., 
finden wir fie als ein mächtiged Bolf in den 
Küftenländern des Schwarzen Meeres, von mo 
aus fie die römiichen Grenzprovinzen beunruhig- 
ten und in häufige Kriege mit den Römern ge: 
rieten, bejonders jeit Caracallas Zeit. Nach und 
nad) zogen fie ſich ſüdweſtlich nach Dacien hinein, 
zur Zeit des Kaiſers Philippus (244), drangen 
über die Donau in Möften ein und eroberten 
nad; Vernichtung eines römischen Heeres die Stadt 
Adrianopolis, rüdten von hier jüdwärts nach Ma: 
fedonien und jchlugen den Kailer Decius 251 in 
den Sümpfen der heutigen Dobrudicha, wobei der: 
jelbe den Tod fand. Durd ihre Niederlaflung 
am Schwarzen Meere waren fie zu weiten See: 
zügen veranlaßt worden und famen einerjeits bis 
Trapezunt, anderjeits durch die Meerenge bis in 
den Ardipelagus hin, wobei fie zahlreihe und 
bedeutende Seeftädte an den Küſten von Afien ver: 
heerten. Zosim. 1,32 ff. Oros. 7, 22. Der weitefte 
Seezug eritredte fih im J. 269 bis Kypros. An 
demjelben Jahre wurden fie vom Kaiſer Claudius II. 
gänzlich bejiegt, erneuten ihre Einfälle indes bald 


Gorgobina — Graecia. 


wieder. Nurelian überließ ihnen Dacien. Um 


330 drangen fie über die Donau und bejtanden 


mit Conftantin dem Gr. heftige Kämpfe, mußten 
ſich jedoch endlicdy zum Frieden bequemen. Futr. 
10, 4. Unter ihrem Fürſten Hermanrich blieben 
fie den Römern fern. Um jo gefährlicher für Nom 
war ber blutige Kampf der Soten gegen Balens IIL., 
welcher in der Schladht bei Ndrianopel Sieg und 
Leben verlor, 378. Die Verwüſtungen der öftlichen 
Provinzen des Reiches dauerten fort. Später mach— 
ten fie, nachdem jeit der WBölferwanderung das 
Volt nad feinen Wohnfigen in Oft: und Weit 
goten geichieden wurde, unter Alarich jelbft Ein- 
fälle in Stalien bis zum Tode diejes jugendlich- 
kräftigen Fürften (400-410). In jpäteren Zeiten 
jtifteten fie in Stalien (Dftgoten) und Spanien 
(Weftgoten) mächtige Reiche. Sie zerfielen in zahl: 
reihe Heinere Stämme, welche unter bejonderen 
Führern ftanden. Seit Eonftantin hatten die häu- 
figen Berührungen mit Rom auf die Milderung 
ihrer Sitten und die Verbreitung des Chriſten— 
tums (Uffilas) unter ihnen großen Einfluß, und 
namentlich waren es wohl römtiche Kriegsgefangene, 
ſowie die öfteren Einfälle der Goten in die griechijchen 
Provinzen, welche fie mit der griechiichen Sprache 
und dem griechiſch geichriebenen Evangelium be- 
fannt machten. 

Gotini oder Cotini (vgl. Korıvoi bei Dio (ass. 
71, 12, 3), ein von Tacitus (Germ. 43) erwähntes, 
im Nüden der Marfomannen und Quaden, d. h. 
nördlich von der Donau an den vorderen tarpathen, 
wohnendes Bolt, vielleicht keltischen Urjprungs und 
Nachkommen der Bolcer:Tektojagen. 

Grachi j. Sempronii, E, 11-—18. 

Gradivus j. Mars unter Ares, 

Graecia, bei den Griechen 7) "Elldg, grenzt 
im NW. an das griehiiche Jllyrien, im N. an 
Makedonien, während an den 3 andern Seiten 
das Meer die Grenze bildet, im W. das Joniſche, 
im ©. und D. das Aigaiiſche Meer. Es zerfällt 
feiner Gliederung nah in Nordgriehenland, 
das wellenförmige Bergland zwiſchen dem 
Ambratiichen und Malifchen, dem Korinthiichen 
und Saronifchen Meerbujen (das eigentliche 
Hellas, Graecia propria, j. Livadien), die Pe— 
loponnejos und die ihrer Bildung nach zu 
Griechenland gehörigen Inſeln. — Die nörb- 
liche Grenze gegen Jllyrien und Makedonien bildet 
feine zujammenhängende Berglette, jondern ein 
zelne Gebirgsglieder, namentlih die Kerauni— 
ſchen oder Afroferauniichen Berge (ſ. Akro- 
keraunia), endend mit dem gleichnamigen Vor— 
gebirge (ji. C. Gloſſa oder Linguetta), während 
im öftlichen Teile der 2973 m Pr und waldige 
Olympos (Olvumog), j. Elimbos, bei den Tür- 
fen Semevat Evi d. i. Sit des Himmliſchen, fich 
erhebt, der Sit der Götter und bei Homer Mittel- 
punft der ganzen Erde. Durd die Mündung des 
Beneios unterbrochen — Thal Tempe — ſetzt 
ji) das Syſtem des Olympos als Oſſa (Ocs«), 
j. Biffavo, und Belion (IIjkor), j. Pleſſidi, längs 
des Meeres im jüböftlicher Richtung bis zum Vor- 
gebirge Sepias (j. Hagios Georgios) fort; während 
der 2700 m hohe Bindos (j. Grammos), in jeinen 
nördlichen Teilen Lakmon und Tymphe genannt, 
die Grenze gegen Epeiros bildend und die Waſſer— 
icheide zwiichen dem Adriatiſchen und Aigaiiſchen 
Meere bezeichnend Theflalien durchzieht und oſt— 


vi 


Graecia 


wärts den 1700m Hohen Othrys (j. Mavrika) 
entjendet, welcher den Maliſchen vom Pagaſaiiſchen 
Meerbujen jcheidet und nad ©. mit dem Ty— 
phreitos und Bomios in MWitolien zuſammen— 
hängt. Der 2150m hohe Dite (Oirm), j. Kata: 
vothra, ftreiht am Südufer des Spercheios in 
öftlicher Richtung, bildet dort den berühmten Paß 
der Thermopylen und hängt mit dem Kne— 
mis zufammen, der mit Kallidromos, Btoon, 
Meſſapios eine au der Oſtküſte des Feſtlandes 
ſüdwärts ftreichende Höhentette bildet, während 
nad Attifa hinein in der Richtung auf den 
Korinthifchen Meerbujen Barnajios, Helifon, 
Kithairon, Barnes, Bentelifon, Hymettos 
ftreihen. Die Gebirgsgruppen Akarnaniens und 
Aitoliend hängen mit dem Pindos zujammen 
(Korar, Taphiaſſos, Chalkis, Arafynthos,. Mit 
den Berggruppen Mittelgriechenlands ftehen in 
offenbarem Zujammenhange die Inſeln, — auf 
ihnen ſetzen fich die Gebirge fort: Aſtypalaia 
(1. Stampalia) gehört feinem Charakter nach zu 
Europa, Kos jhon zu Aſien. Euboia, Andros, 
Tenos und Mykonos schließen fich an den Othrys— 
zug, Keos, Syros, Paros, Naros, Aſty— 
palaia bilden die Fortſetzung der andern Reihe 
über Sunion. — Wejentlich ohne Zuſammenhang 
mit dem andern Gebirgsinfteme ift das der Pelo- 
ponnejos, denn der Korinthiiche Iſthmos liegt an 
jeinen — Punkten nur etwa 80m über dem 
Meeresjpiegel. Die Ejelsberge, Oneia (j. Ka— 
rydhi), und die Kranichberge, Geraneia (j. Ma- 
friplagi), lagern nördlich in Megaris vor. Ab— 
gejehen von den Halbinjeln, welche hier und da 
ausgebildetere Gebirgszüge der tg bietet der 
eigentliche Kern des peloponnefischen Hochlandes 
(im NO. in Arkadien) ein Chaos dichtgedrängter 
und doch wieder vielfach zerriffener Mafjen. Haupt: 
gebirge find Kyllene (j. Biria) und Ergman: 
thos «j. Dlonos) im N. Arkadiens, von denen 
nadı den verichiedenen Richtungen Zweige aus: 
laufen: Arachnaion zwijchen Argolis und Kto: 
rinthia, Artemijion, Barthenion, Barnon 
im D. Arkadiens, Mainalos und Taygetos im 
©. — Eine treffliche Charalteriftit der peloponne: 
fiichen Gebirge f. bei A. von Roon, Grundzüge 
der Erbfunde II ©. 645. — Wejentlich unterjcheidet 
fi) die ganze Dfthälfte von Hellas von der weit: 
lichen durd jene merkwürdigen rings geichlofienen 
Gebirgsteflel, welche teil zu Landjeen wurden, 
teils bewohnbare, ſehr ergiebige Ebenen bilden. 
Das großartigfte Beijpiel bietet Theflalien nörd- 
lich vom Othrys, bevor der Peneios durchbrach, 
der Boibeisſee, die Gegend um den Kopaisſee in 
Boiotien und die zahlreichen Keffel in Arkadien 
(bei Stymphalos, Pheneos, Mantinein, Tegea). 


WReitgriechenland zeigt in Epeiros nur Ein Bei— 


jpiel diefer Art am heutigen See von Janina 
(Bambotisjee). — Außer den jchon genannten Bor: 
gebirgen Nordgriechenlands, Alroleraunion im 
W. und Sepias im D,, find zu merken im eigent: 
lihen Hellas: Antirrhion, das mit dem pelo- 
ponnefiihen Rhion an der engften Stelle des 
Korinthiichen Meerbujens die jogenannten Heinen 
Dardanellen bildet; Sunion (j. Kap Kolonnacs), 
Attilas Südſpitze; Hera Afrata (i. Hagios Niko: 
laos), Weftipige des Iſthmos, Olmtat, ebenda: 
jelbft. In der Peloponnejos gegen N.: Araros 
(i. Bapa), Rhion, Drepanon (Drepano), Nord: 


485 


ſpitze der Halbinjel, Speiraion, dem Südende 
von Salamis gegenüber; im D. Skylaion (ij. 
Shtylü; im ©. Malea (j. Malia), Tainaron 
(j. Matapan), Südſpitze der Halbinjel, Afritas 
(Gallo); im W. Koryphaſion, Kyparijiia (ij. 
Xyli), Ichthys (ji. Katakolo), Ehelonatas (j. 
Slarentja), Weitipige der Peloponnejos. — Daß 
Sriechenlands Boden von vulkaniſchen Elementen 
burchdrungen ift, beweijen die heißen Quellen und 
häufigen Erdbeben jeit den ältejten Zeiten. Treff: 
liche Charakteriftif von Forchhammer, Hellenika 
©. 2. — Bei etwa 1130 "IM. Flächeninhalt 
enthält Griechenland 340 M. Küſten, mas das 
Verhältnis von 1 M. Küfte zu 3/, TIM. gibt, 
während in Italien das Verhältnis wie 1:8 oder 
9, auf der pyrenäiſchen Halbinfel wie 1:25 ift; 
am günftigften ift das Verhältnis im eigentlichen 
Hellas (1: nicht völlig 2'/.), wo auf 284 T IM. 
115 M. Küfte kommen. — Bemwäflerung. Zahl: 
reich find die Flüſſe und Bäche, aber auch durch— 
gängig unbedeutend und bejonders jo wallerarı, 
daß die meiften nur Gießbäche (zeiu«geoı) find, 
die im Sommer austrodnen. hr kurzer Lauf 
erflärt ji) aus der geringen Breite des Landes 
(zwiichen Kap Atroferaunion und dem Thermai- 
ichen Buien 35 M., zwilchen dem Ambrafijchen 
und Maliichen Meerbujen 17 M., in der Mitte 
der Peloponnejos nur 12 M.), ihr Waffermangel 
aus der ſchwachen Bewaldung der Berge. Die 
bedeutenditen find: Peneios (j. Salambria), in 
Theſſalien, 24 M. lang, Spercheios (j. Hellada), 
14 M. lang, ebendajelbit, Acheloos (j. Aipropo: 
tamo), zwiichen Witolien und Alarnanien, 26 M. 
lang, N ehrt (ij. Phidari), in Mitolien, 12 M., 
Kephijos (j. Mavroneri) in Phokis und Boio— 
tien, 10 M. fang, Aſopos (Njopo), 8 M. lang, 
an der attijch:boiotiichen Grenze. An der Belo- 
ponnejos: der Alpheios (j. Rufia), 16 M. lang, 
der Eurotas (Jri), 11 M. lang, in Lalonien, 
der Bamijos (j. Mavrozumenos), in Meffenien, 
der breiteite Fluß der Halbinjel, aber von jeiner 
nie verfiegenden Hauptquelle (j. Kephalophryji) an 
nur 100 Stadien = 2", M. lang, obwohl Bäche 
in ihn fallen, die 8 M. von der gt ent: 
fpringen. Der Grieche wußte daher das Wafler 
u ichägen (&gıorov usv Göwp, Pind. ol. 1, 1), 
Pet Athen konnte nur aus 2 Quellen ftets Wafler 
ihöpfen, und bei den Mainoten (im alten Lako— 
nien) gilt der Beliger einer Eifterne für einen 
reihen Mann. — An Seen find zır nennen: der 
See Bambotis (j. Sce von Janina), in Epeiros 
in der Gegend des alten Dodona, Boibeis ij. 
Karlasjee), in Theflalien, Xynias (j. Xini Limni), 
desgleihen, Kopais (j. Sce von Topolia oder 
Livadia), in Boiotien; mehrere Seen in Nitolien 
und Alarnanien; der See von Stymphalos 
oder die Metopa (j. Sce von Zarafa), der See 
von Pheneos (j. Sce von Phonia) und von 
Orhomenos (ji. von Kalpati), in Arfadien. Auf 
den rings umgebenden Wiejen mweideten zahlreiche 
Herden. — Meerbujen: der Pagaſaiiſche Bujen 
(B. von Bolo) im D., der Maliſche Buſen (B. 
von Yamia oder Bituni), zwiſchen Nordgriedyen: 
land und dem eigentlichen Hellas; der Saroniſche 
Bujen (B. von Egina), zwiſchen Attika und Ar: 
golis, mit den Baten von Eleufis und Kenchreai; 
der Argolijche Bujen (B. von Nauplia), der 
Lakoniſche Buſen (B. von Marathonifi), der 


[21 


9 


* 


486 


Meſſeniſche Buſen (B. von Koron), der Kypa— 
riſſiſche, Chelonatiſche, Kylleniſche Buſen, 
alle 3 an der Weſtſeite der Peloponneſos; der 
Bujen von Korinthos (B. von Lepanto oder 
Korinth), deffen Zeile der Kriſſaiiſche Bujen 
(B. von Salona oder Galaridi), der Bujen von 
Antilyra (B. von Aiprapitia), der Halkyoniſche 
Bujen; der Ambrafifche Bujen (B. von Arta). 
Das Euboiifhe Meer mit der Opuntifchen Bai 
(B. von Talanti) und dem Euripos lag zwi- 
ichen dem Feitlande und Euboia. — Eine außer: 
ordentliche Abwechſelung zeigt das Klima, das die 
Alten hoch preijen (Zidt. 3, 106 ff.); allein für 
jeine jüdliche Lage ift Griechenlands Klima etwas 
fühl. Im März ift es in Mefjenien Sommer, in 
Latonien Frühling, in Arkadien Winter. Im 
Sommer herrjcht in den Ebenen oft eine furcht: 
bare Gut, der Winter befteht meijt nur aus Stür- 
men mit Gemwittern und dichten Regengüffen («BeE- 
sparog Önßeos). — Mannigfach find auch die 
Produkte: reichlich gab es die verjchiedenen Stein- 
arten, bejonders Marmor; von edlen Metallen fand 
fich im ganzen wenig (Siphnos, Thajos, Yaurion), 
Kupfer (gaixos) auf Euboia, Eijen (sdöngos) eben- 
dafelbit und in Lalonien. Das Pflanzenreich gibt 
alle Baumarten jüdlicher Gegenden, Saubere auch 
den Olbaum, den Weinſtock und Feldfrüchte, letz— 
tere freilich beim Mangel brauchbaren Ackerlandes 
in nicht hinreichender Menge, ſo daß andere Län— 
der, namentlich Thrakien, die Pontoslüſten und 
Agypten, aushelfen mußten. Im Tierreich ſind 
beſonders Ziegen, Schafe und Fiſche zu nennen. 
Neifende Tiere fanden ſich nur jparfam; Löwen 
werden nur im mythiſcher Zeit erwähnt. Hat. 
7, 126. Eine große Landplage waren die Heu: 
ichreden. — Nordgriehenland enthielt die 
beiden Landichaften Epeiros im W., Theflalien 
im D.; das eigentlidhe Hellas von ®. an: 
Akarnania, Nitolia, das Land der ozoliichen Lo— 
frer, Doris, das Land der öftlichen (epiknemidi— 
ichen und opuntifchen) Lokrer, Phokis, Boiotien, 
Attika, Megaris; die Peloponneſos: Korinthia, 
Sityonia, Phliafia, Adyaia, Eleia, Meffenia, La: 
fonifa, Argolis, Arkadia. — Inſeln im Joni— 
ihen Meere: Kerkyra, Leukadia, Sephallenia, 
Ithaka, Zakynthos, Kythera; im Saroniſchen 
Buſen: Kalaureia, Aigina, Salamis; im Aigaii— 
ſchen Meere: Euboia, weiter nördlich: Lemnos, 
Samothrafe, Thaſos; dann die Kykladen, um 
Delos herumliegend; im Kretiſchen Meere: Kreta. 
— Name und ältefte Bewohner Einen ge: 
meinjfamen Namen für ganz Griechenland kannte 
die ältejte Zeit nicht. Hellas bezeichnete urſprüng— 
lich nur eine Stadt in Thefjalien, dann (zu Homers 
Zeiten) den füdlihen Teil von Theſſalien, weiter 
Mittelgriechenland, im Gegenjaß zur Peloponnejos, 
welche letztere indes feit den Perſerkriegen hinzu: 
gerechnet wurde. In makedoniſcher Zeit hieß alles 
Land jo, wo Hellenen wohnten. Der Name Grae- 
cia war bei den Römern gebräuchlich; Tg«ıxoı 
biegen urfprüngli nur die Umwohner von Do: 
dona. Als römische Provinz hieh das Yand (außer 
Theffalien, Epeiros, Akarnanien, den wejtlichen 
Inſeln und Kreta) Achaia. — Als ältejte Be— 
wohner werden genannt Karer und Leleger, 
letztere namentlih in allen Süd: und Weftküften- 
ländern Lakonien, Meflenien, Elis, Witolien, 
Lolris, Pholis, Euboia), wozu vielleicht auch die 


Graecia. 


Kaukonen in Nitolien und NAlarnanien, Hyan— 
ten, Abanten, Aonen in Phofis, Boiotia, 
Euboia gehören, wahrjcheinlich den jpäteren Helle: 
nen urberwandt und dem illyriichen Stamme an: 
gehörig. Außerdem ericheint für die Urbewohner 
in faſt allen Teilen Griechenlands und darüber 
hinaus (in Italien, Kleinafien) der faft nur my— 
thiiche Name der Pelajger (in Thefjalien aud) 
ipäter in der Landichaft Pelajgiotis und an den 
Nordküften des Aigaiiſchen Meeres in dem der tyr— 
rheniſchen Pelaſger fortdauernd), mit welchem wahr: 
jcheinlich, ſoweit es ſich bei der Schwierigkeit der 
Unterjuchung beftimmen läßt, dasjelbe Bolt be- 
zeichnet wird, welches ſich in hiſtoriſcher Zeit, unter 
veränderten politiichen Berhältniffen, Hellenen 
nannte, während manche Gelchrte in ihnen ein 
jemitijches Volk erbliden (jo noch neuerdings 
Kiepert und ©. Erufins), andere fie für Jlinrier, 
alio Verwandte der heutigen Albanejen, halten. 
Die Hellenen jchieden noch in hiftorischer Zeit alle 
mit fremden Nationen vermifchten und auch in 
der Kultur tiefer ftehenden nördlichen Stämme 
(Epeiroten, Matedonier, Jlyrier, italiiche Pelaſger 
u. j. w.) von ſich aus; urjprünglich gehörte der 
Name einem Stamme im jüdlichen Thefjalien an, 
in Phthia und defien Pflangorten (Banbellenion 
auf Migina), von wo er ſich erjt durch die Am: 
phiftyonie der 12 Völker (zu Thermopylai) und 
durch die doriiche Wanderung nad Süden ver: 
breitete. In heroiſcher Zeit werden nur einzelne 
Stämme genannt. Als uranjäffige, jpäter helle: 
nisch gewordene Stämme werden genannt im 
Süden: 1) Arfader mit den Kynuriern; Da— 
naer (wohl ungriechiiches Wort) in Argos; 3) Jo— 
nier (uripr. ’/dFores, daher altperfiih Jauna, 
ſanskritiſch Javana, ägyptiſch Uinin, hebräiich 
Javan),' ſowohl in der Peloponneſos längs der 
Nordküfte, als in Attila und auf der Nordfüjte des 
Ktorinthiichen Bujens jowie auf Euboia; 4) Kad— 
meier im füdlichen Boiotien — auch tyrrheniiche 
Belajger genannt; im N. traten neben den theſſa— 
liichen Pelaſgern (wozu Haimonier, Magneten, 
Drooper, Doloper, Berrhaiber u. j. w. gehören) 
als eigentliche hellenijche Stämme auf: 5) Do— 
rer, zuerjt am Olympos, dann ſüdlicher am Dite 
und Parnaſſos; 6) Achaier im ſüdlichen Theſſa— 
lien, dann eingewandert in der Peloponneſos 
(Argos, Lakonien, Pija am Alpheios); 7) Aioler 
(in der Mythe auch Minyer) in Wefttheflalien, 
dann Hauptbevölferung Mittelgriechenlands, mit 
Ausnahme Attifas, als Boioter, Lofrer, Pholer, 
Nitoler, Alarnaner. — Durch die große Völler— 
bewegung (nach der gewöhnlichen Annahme jeit 
1124 v. E., nach heutiger Forjchung jeit früheftens 
1050 v. €.) gejtaltete ſich die auch in hiftorijcher 
Beit fortbeftehende Verteilung der Bevölkerung 
jo, bob Thejjaler, aus Epeiros gefommen, das 
nach ihnen benannte Land einnahmen. Nun wan- 
derten die aioliihen Boioter aus Theflalien 
nach dem von ihnen genannten Boiotien, Die 
Aitoler gingen teilweije zu den verwandten 
Epeiern in Elis, die Dorer bejegten die jüdliche 
und öſtliche Peloponnejos (mit ihnen zum Zeil 
Dryoper) und verbreiteten ſich jelbft nach Kreta; 
die Achaier, durch die Dorer zum Teil aus ihren 
Sitzen verdrängt, nahmen die ionifche Küſte der 
Peloponneſos dauernd ein und wanderten außer: 
dem nach Leſbos und dem nordweftlicden Klein- 


10 


11 


Graecia Magna — Grammatiker. 


afien, wo fie die aioliſchen Kolonien gründeten; 
die peloponnejiihen Jonier bejegten Euboia und 
die meiften Aufladen, jowie mit andern aioliſch— 
pelaſgiſchen Stämmen die Indische Küfte und grün: 
deten die ioniſchen Kolonien. — Hauptwerk über 
die Geographie des alten Griechenlands: Burfian, 
Geographie von Griechenland (2 Bbd., 1862— 72). 
Lolling, Hellen. Yandestunde u. Topographie (Jwan 
Müllers Handb. d. klaſſ. Altertumswiſſenſchaft III 
©. 101 ff). Für Schulzwede: Bobrit, Griechen: 
land in altgeogr. Beziehung (1842). Buttmanı, 
furzgef. Geographie von Altgriechenland (1872). 
Graecia Magna, 7) ueydin'Ellds, wurde zuerjt 
von Bolybios das untere Jtalien genannt, jüdlich 
von den Flüffen Silarus und Frento, wegen der 
zahlreichen, feit dem 8. Nahrh. v. E. angelegten 
griechiſchen Anfiedelungen, befonders um den Taren: 
tinischen Meerbujen herum, wohlverjtanden, injofern 
fich ſolche Anfiedelungen dort befanden. An und 
für ſich wurde der Name nicht für Unteritalien 
gebraucht, jondern nur für die griechischen Stäbte 
und ihre Gebiete. Strabon nennt jogar die Hellenen 
Italiens und Siciliens das „große Hellas“. 
Graeeostäsis j. Roma, 8. 
Graien j. Gorgo und lersens. 
Mgauuareior, 1) mit dem Zuſatz Ankıepyı- 
”or, hieß in Athen die von jedem Demarchen in 
feinem Demos geführte Bürgerlifte. Jeder voll: 
jährige Bürger (daher der Name An&ırgzırdv, von 
Angıs, Erbteil; fie konnten ihr Vermögen jelbft 
verwalten) wurde hier durch Wermittelung Des 
Baters oder eines Verwandten eingetragen, nad): 
dem jeine Berechtigung dazu geprüft war. Die 
Einzeichnung geſchah jährlih einmal an einem 
bejtimmten Tage, an welchem die Amtswahlen in 
den Demen ftattfanden, zu Ende des Jahres oder 
im Anfange des neuen Jahres. Lycurg. Leoer. 76. 
Aeschin. Timarch. 18. Auf Grund diejer Ge: 
meindebücher wurden alle andern Bürgerverzeich: 
niffe, deren die Behörden zu verichiedenen Zwecken 
bedurften, zufammengeftellt. — 2) Das xoıwör 
oder po«rogixöor yonuu. war das Stammregifter 
der Mitglieder der Phratrien. Marpocrat. s. v. 
Teauparevg. Rede Behörde in Athen hatte 
ihren Schreiber, der ihr entweder beigegeben oder 
von den Beamten ſelbſt gewählt wurde. Die meiften 
Mitglieder diefer jehr zahlreichen Klaſſe nahmen 
eine jehr untergeordnete und wenig geachtete Stel: 
lung ein, daher fie auch aus der nicdrigiten Rolls: 
Hafle, zum Teil aus den Staatsfflaven, genommen 
wurden. Eine angejehenere Stellung hatten fol: 
gende: 1) der yoauuersvg xarı movraveiar, der 
für jede Prytanie aus den Buleuten erloft wurbe 
und dem die Bewachung der während feiner Pry— 
tanie von ihm abgefahten öffentlichen Schriftftüde 
anvertraut war, wohl berjelbe, deſſen Name den 
Biephiimen älterer Form (ſ. "Errinsil«, 5.) vor- 
gejeht war; 2) der yoauuaredg rg Boving (aud) 
rar Bovksvrür), durd; Cheirotonie vom Kate er: 
wählt und mit der Bewahrung der Gejeße beauf- 
tragt; 3) der yeuuuareug rg moltwg (auch Ye. 
tod Örjuov oder rüg Bowijs »al roö Önjuov oder 
vroyganuuarerig genannt), vom Bolfe erwählt. — 
Hier find auch nody die beiden dvrıyoaupeis zu 
erwähnen, welche die Kontrolle und Kontrafignatur 
beionders der vorzulegenden Rechnungen hatten: 
1) der Arrıygapeig rs Bovins, der die finan- 
ziellen Schriften des Rates zu fontrajignieren und 


487 


in jeder Prytanie einmal über die eingelaufenen 
Gelder dem Volke Rechenſchaft abzulegen hatte, 
durch Cheirotonie, ſpät erft durch Los erwählt; 
2) der erriyoageug tig Öroınnaens, wahricheinlich 
ebenfall$ vom Volke erwählt, der dem Schagmeijter 
(rawlag rg dtornnjoewg) zur Kontrolle und Kon— 
trafignatur der Nechnungen beigegeben war. — Im 
Aitoliſchen Bunde gehörte der yonuuereög nebit 
den Strategen und Dipparchen zu den von Bundes 
wegen erwählten höheren Bundesbeamten, cbenjo 
im Achaiiſchen Bunde. 

Grammatiker, I) Griechiſche. Schon früh trat 
bei den Griechen das Beftreben hervor, die Geſetze 
der Sprache nad ihrem inneren Zuſammenhang 
zu betrachten und zu entwideln, und jo finden fich 
denn ſchon bei Platon, bei dem dies Beſtreben ſich 
namentlich zuerſt zeigt, die Ausdrücke yoruuerındg, 
yoaumerınn) (reyvn), welche ſich anfangs freilich 
nur auf die Berhältniffe der Buchjtaben, yoduuare, 
bezogen. Mit der Lehre der allerdings nicht jehr 
angejehenen yoauuerıorai begann bei den Griechen 
der erfte Elementarunterricht. Bald ging man über 
das bloße mechaniſche Leſen in dieſem Unterrichte 
hinaus, und wenn je Lehrer ihre Schüler über 
den Inhalt des Geleſenen aufklären wollten, mußten 
ſie Gelehrſamkeit beſitzen und einen richtigen Text, 
z. B. des Homer, herſtellen können; ſo trat die 
Kritik und die Hermeneutik mit hinzu, wenn: 
gleich von eigentlichen Gelehrten noch nicht wohl 
die Rede jein kann. Erſt in den alerandrinifchen 
Beiten wurde in der Sprachwiſſenſchaft Bedeuten: 
des geleiftet. Der Beruf des Grammatikers, die 
yorunarınn, umfahte nun die ganze Gelehrſamkeit 
über das Nltertum, und yoeduuar« waren die 
Schätze der Litteratur in formaler und realer Be: 
ziehung. So jagt Cicero (de or. 1, 42): in gram- 
maticis conclusa est pottarum pertractatio, 
historiarum cognitio, verborum interpretatio, 
pronuntiandi quidam sonus. So wurde alfo der 
yoaumermög als Spradjlehrer mit dem gYılokoyog 
und dem xeırınög gleichbedeutend, wenngleich man 
bei genauer Scheidung eriterem namentlich das 
hiftorische Willen, die Erklärung der Worte und 
Sachen, letzterem die philofophijche Seite der Sprad): 
berichtigung zuwies. Man teilte nun die Gram— 
matit in 3 Teile: rö reyvınor, d. i. Kritif und 
Grammatik im engeren Sinne, rö lorogındv, Erflä: 
rung der Sachen und des Sinnes, und rö Ödıwire- 
eorv. Dionyfios Thrar (j. Dionysios, 8.) nennt 
6 Teile: Bortrag, Erklärung des Inhalts, kurze 
Sach- und Worterflärung, Etymologie, Analogie, 
Kritik. Bald unterichied man auch höhere und 


niedere Grammatik. — Bei der Univerialität der : 


alerandrinijchen Grammatiker ift es begreiflich, daß 
fich ihre Thätigkeit nicht auf einzelne grammatiſche 
Unterjuchungen bejchräntte, jondern auch namentlich 
Recenfionen ganzer Werte, vorzüglich der home: 
riichen Gedichte, herzuftellen juchte; auch entwarfen 
fie Verzeichniffe der für Haffiich gehaltenen Schrift- 
ſteller. Die bedeutendften Grammtatiler waren: 
Benodotos (280 dv. E.), Ariftophanes aus 
Byzantion (221 bis 180), Ariftarchos von Samo: 
thrafe (um 160), Krates von Mallos, der Gegner 
der Alerandriner (um 170), DionyfiosThrar(60), 
Didymos aus Alerandreia (30), Hoilos, Nike: 
piades, Tryphon aus Alerandreia zur Zeit des 
Auguftus, Ains Dionyfios ans Halifarnafjos 
(jeit 31 dv. E. in Nom), Apollonios Dyjfolos 


12 


* 
- 


488 


aus Alerandreia unter Hadrian und Antonin, fein 
Sohn Älius Herodianos, Drafon aus Stra- 
tonite, Hephatition, Yehrer des Kaiſers Verus, 
Dionyſius Caſſius Longinos (um 250 n. E.), 
Proklos, Arkadios, Dofitheos, Leſbonax, 
Georgios Choiroboſtos. Abgedrudt ſind fie in 
der Aldina (1495—1524, 6 Bdd.), in den anec- 
dota Graeca von Billoifon, 3. Better, L. Bad): 
mann und Gramer, fowie in den Schriften von 
Lehrs, Friedländer und Lenz. Beginn einer frit. 
Gejamtausgabe Leipzig (Teubner) 1878 (Apollonü 
Dyscoli scripta minora a Rich. Schneidero 
edita). — UI) Römijhe. In Rom murde das 
Studium der Grammatif nach vereinzelten dahin 
einschlagenden Unterfuchungen bei den älteiten 
Hiltorifern zuerft durch den griechiichen Gramma— 
titer Strates angeregt, der im J. 159 v. E. mit 
einer Gejandtichaft des Königs Attalos von Per: 
gamos nach Rom fam und dajelbft während eines 
längeren Aufenthalts Vorträge über die griechiiche 
und lateiniſche Sprache hielt. Teils waren es an: 
geichene Staatsmänner, welche ihre Muße gelehr: 
ten Arbeiten widmeten, teils bildete ſich eine eigene 
Klaſſe von Gelehrten, welche neben dem mündlichen 
Unterricht, den fie erteilten, wiflenjchaftliche Werte 
über grammatijche Gegenftände jchrieben. Doc) 
ftanden die eigentlich grammatiichen Arbeiten noch 
lange Zeit hinter den antiquariichen und litterar: 
hiftorijchen zurüd und bejchränften ſich meijtens 
auf die Erflärung der einzelnen Schriftiteller und 
veralteter, ſchwer verjtändlicher Wortformen. Die 
bedentenditen Grammatifer diejer älteften Periode 
find: Aurelius Opilius, außer der Erklärung 
älterer Dichter ‚befannt durdy ein grammatijches 
Wert Musae; Alius Stilo Präconinus, be- 
jonders auf etymologische Unterjuchungen gerichtet, 
und vor allen der Schüler des leßteren, M. Teren: 
tins Barro aus Reate, der mit feiner alles um: 
fafjenden Gelchriamfeit auch den grammatijchen 
Studien einen neuen, nachhaltigen Aufſchwung gab. 
Durch eine ähnliche Gelehrjamteit wie Varro zeid): 
nete fich ungefähr um diejelbe Zeit B. Nigidins 
Figulus aus, der außer mehreren philojophiichen 
und antiquarifchen Schriften auch commentarii 
grammatici fchrieb; ferner Santra (de verbo- 
rum antiquitate), Sinnius Capito, außer 
andern grammatischen Schriften durch eine Samm: 
lung und Erklärung von Sprichwörtern befannt, 
und Atejus mit dem Beinamen philologus. 
Eine Begründung der Formenlchre verfuchte Cäſar 
in dem Buche de analogia ad M. Terentium 
Varronem. In der augufteiichen Beriode wurden 
die grammatischen Studien in Verbindung mit 
antiquariichen bejonders durd; Verrius Flaccus 
und Julius Hyginus fortgeſetzt. Als Erflärer 
ciceronischer Schriften war um diejelbe Zeit D. 
Aſconius Pedianus (aus Bedum in Latium) 
ausgezeichnet. Die Kritif und Erflärung der Dich: 
ter, namentlich des Vergil, wurde gegen Ende des 
1. Jahrhunderts n. E. in bedeutender Weije gefördert 
durch den gelehrten Grammatiter M. Valerius 
Brobus aus Berytos, unter deflen Namen wir 


noch einen Kommentar zu Bergils Bucolica und | 


Georgiea bejigen. 


Grammatliker. 


Auch von Suetonins werden ung mehrere gram— 


matische Schriften genannt. — Eine neue Epoche 5 


für das Studium der Grammatik beginnt mit der 
Zeit Hadrians, der die Schulen der Grammatifer 
mit Vorliebe begünftigte. Bon nun an traten die 
inftematischen, ausſchließlich auf die Sprache gerich— 
teten Werle mehr und mehr hervor; zugleid) aber 
beichränfte man ſich auch darauf, aus den Wrbei- 
ten der Vorgänger das für den Zweck der Schule 
Dienlihe auszuziehen und zuſammenzufaſſen, ftatt 
durch jelbitändige Forichungen eigenes Material 
zu gewinnen. In diefer Weife erftreden fich die 
grammatiichen Werte von den jpäteren Zeiten des 
römijchen Kaiferreichs bis weit in das Mittelalter 
hinein; und auf jolchen Kompilationen, Ercerpten 
und Überarbeitungen beruht vorzugsweiſe unfere 
Kenntnis von der Lehre der römijchen Gramma: 
tifer, da von den älteren Schriften nichts vollftän: 
dig erhalten ift. Sie find für uns weniger durch 
die Spuren der alten Theorie, welche ſich in den— 
jelben finden, als durch die Eitate aus den älteren 
Schriftftellern und durch die archaiftiichen Wort: 
formen, deren Wunde fie uns erhalten haben, wich: 
tig. Der größte Teil diejer Schriften enthält eine 
ſyſtematiſche Darftellung der Grammatik, welche 
mit dem Namen ars bezeichnet zu werden pflegt. 
Dieſe ift fast ausjchliehlich auf die Formenlehre 
gerichtet, welche nach den 8 Nedeteilen, wie fie 
fich in der Theorie der Grammatifer ausgebildet 
hatten, nomen, pronomen, verbum, adverbium, 
participium, coniunetio, praepositio, interiectio, 
abgehandelt wird. Daran ſchließt ſich meiftens 
eine Behandlung der Metrit und Profodie, der 
Redefiguren (de tropis et figuris) und des Fehler: 
haften in der Sprache (de barbari-mo et soloe- 
cismo). Die wichtigften Grammatiter diejer Art 
find: Flavius Sojipater Charijius, wahr: 
icheinlich im 4. Jahrhundert. Seine ars gramma- 
tica in 5 BB. (leider nicht vollftändig erhalten) 
beiteht fast ganz aus einer höchſt ungejchidten Zu: 
fammenjtellung von Ercerpten aus älteren Gram— 
matifern, namentlich Cominianus, PBalämon und 
Julius Romanus, von denen beionders die legteren 
reich an wertvollen Eitaten aus der älteren Yitte- 
ratur find. Wenig jpäter, wie es jcheint, jchrieb 
Diomedes de arte grammatica 3 BB., die an 
vielen Stellen wörtlich mit dem Werte des Chari— 
ſius übereinftimmen, aber weit planmäßiger ange: 
legt find. Befonders wichtig ijt das dritte Buch. 
Von Priſeianus aus Cäſarea, im Anfang des 
6. Jahrhunderts, Lehrer der Grammatik in Con- 
ftantinopel, haben wir außer mehreren Heinen 
grammatischen Schriften institutiones grammati- 
ene in 18 BB., von denen die beiden legten de 
eonstructione die Syntar behandeln, das ausführ: 
lichite Werk über lateiniiche Grammmatif, das uns 
erhalten ift und als Hauptquelle für die Kenntnis 
der lateinischen Sprache lange eifrig gelejen ward. 
Neben ihm hat für die jpäteren Zeiten Feiner unter 
allen lateinischen Srammatilern größere Bedeutung 
gewonnen, als Alius Donatus (im 4. Jahrhundert), 
der ſonſt auch als Verfaſſer eines uns erhaltenen 
Kommentars zu Terenz bekannt ift. Die ars, 


Als Lehrer der Grammatik | welche jeinen Namen trägt, in 2 Abteilungen oder 


blühte um diejelbe Zeit O. Remmius Balämon;|editiones, gibt einen jehr kurz gefahten Abriß 
und von den grammatiichen Studien des älteren | des gewöhnlichen grammatiichen Syſtems, wurde 


Plinius geben jeine libri dubii sermonis, von | 
denen zahlreiche Fragmente erhalten find, Zeugnis. | 


aber eben deshalb lange Zeit hindurch als Lehrbuch 
benußt und in vielen, zum Teil jehr ausführlichen 


Grampius mons — Toagı). 


Kommentaren erflärt und erweitert. Die bedeu: 
tendften unter den legteren find mehrere Schriften 
unter dem Namen des Servius (Maurus Servius 
Honoratus, Verfaſſer eines Kommentars zu Ber: 
gil) und Sergius, und das weitichweifige com- 
mentum des Bompejus. Den Namen des Pro: 
bus tragen außer einigen Heinen Abhandlungen 
eine ars, welche eine ausführliche und gut geordnete 
Darftellung der Grammatit, aber ohne bejondere 
Gelehrſamkeit, gibt, und der Auszug institutiones 
grammaticae in 2 BB. Mit dem berühmten 
Grammatiker des 1. Jahrhunderts haben indes 
beide nichts als den Namen gemein. Ebenjo ver: 
hält es ſich mit der dürftigen ars grammatica 
des Palämon. Ahnlicher Art wie die genannten 
Schriften find die zum Teil jehr jpäten artes von 
M. Claudius Sacerdos, Eledonius, Wiper, 
Auguftinus u. a. Andere behandeln einzelne 
Zeile des ganzen Syſtems abgejondert, wie Pho: 
ca$ de nomine et verbo, Conjentius de no- 
mine et verbo und de barbarismo, Eutychius 
de discernendis conineationibus, Macrobius 
de diflerentiis verbi graeeci et latini. Vorzugs— 
weije metrijhen Inhalts ift das Buch des Teren: 
tianns Maurus de literis, syllabis, pedibus 
et metris, ein Gedicht von 3000 Berjen in ver: 
jchiedenem Metrum, wahrjcheinlich erft aus dem 
3. Jahrhundert. Noch ausführlicher it derjelbe 
Gegenjtand behandelt von Marius Bictorinus, 
einem berühmten Rhetor des 4. Nahrhunderts, in 
den I:bri IV artis grammaticae. Kürzere Schrif- 
ten über die Metrif haben wir unter den Namen 
des Marius Plotius Sacerdos, Cäſius 
Baſſus, Atilius Fortunatianus, Marimus 
Bictorinus, Rufinus, Mallius Theodo: 
rus und Beda. Als Schulbuch für die Metrif 
wurde lange Zeit hindurch benugt Servius de 
ventum metris, eine trodene Aufzählung der ver: 
ſchiedenen Bersarten mit beigefügten Mufterverjen. 
Mit bejonderer Sorgfalt endlidy wurde in der 
fpäteren Zeit der Abjchnitt dv» orthographia be: 
handelt, woran ſich leichte etymologiſche und andere 
grammatijche Bemerkungen anſchloſſen. Die dahin 
einjchlagenden Schriften, welche die zweifelhaften 
Wörter in alphabetijcher Reihenfolge aufzählen und 
beipredhen, tragen den Namen des Flavius Caper, 
an den fich noch eine Schrift von Agroecius 
anſchließt, TerentiusScaurus(berühmter Gram— 
matifer zur Zeit Hadrians), Velius Longus, 
Caſſiodorius, der eine Zuſammenſtellung von 
orthographiſchen Excerpten aus 12 älteren Gram— 
matikern gibt, und Beda. Aus den Arbeiten der 
alten Ölofjographen und Grammatifer ift das Bud) 
des unwiſſenden und oberflählichen Nonius Mar: 
cellus de compendiosa doctrina per literas 
(im 4. Jahrhundert n. E.) gezogen, eine Zuſam— 
menftellung altertümlicher Wortformen und Aus: 
drüde, in verjchiedenen Abjchnitten alphabetiich 
geordnet und ohne alle Kenntnis der Sache ange: 
legt, aber durd die reiche Beiſpielſammlung aus 
alten Scriftftellern von hohem Wert (herausg. 
von Wercier 1583 und 1614; von Gerlach u. Roth 
1842; neuefte Ausgabe von Luc. Müller, 2 Bdd. 
1887.88). Das legte Werk, das noch auf einem Stu: 
dium älterer Quellen beruht, find die origines des 
Iſidorus, Bilchofs von Sevilla im 7. Jahrhundert, 
eine Art von Encyklopädie aller Wiſſenſchaften in 
einem dem Bedürfnis der Zeit angepaften Aus: 


48) 


zuge. — Altere Sammlungen der lateinischen Gram— 
matifer von D. Godefroi (Sothofredus) (1595) und 
El. Putſche (1605); neuere begonnen von Linde: 
mann (1830), jebt kritiſch berichtigt jeit 1856 von 
9. Keil (1856 — 1880, 7 Bdd.) nebjt einem supple- 
mentum von Hagen (1870). 

Grampius mons j. Graupius, 

Granii, ein plebejiiches Geichlecht: 1) Q. Gra— 
nius, feinem Berufe nach ein praeco, ein geijt: 
reicher Menſch, den Cicero bejonders wegen feines 
altrömijchen Wißes (Brut. 46) rühmt und neben 
Lucilius nennt. Er ſchonte die angejeheniten Män- 
ner nicht und ftand im Freundſchaft mit Craſſus, 
dem Tribunen Livius Drufus und andern ange: 
jehenen Männern. Cie. Plane. 14. ad fam. 9,15. 
— Seine Söhne find 2) En. Gran. und 3) D. 
Gran., von welchen einer wahrſcheinlich jpäter 
Stiefjohn des Marius wurde und fich von Min: 
turnä aus zur Sce vor den Anhängern Sullas 
rettete. Plut. Mar. 37. 40. — 4) Gran. Flaccus 
in libro quem ad Caesarem de indigitamentis 
scriptum reliquit (Censorin. de die nat. 3, 2); 
er lebte im_1. Kahrhundert v. C. — 5) Gran. 
Marcellus, zur Zeit des Tiberins Statthalter 
von Bithynien, wegen Erpreflungen angeflagt im 
Jahre 15 n. E. Tae. ann. 1, 74. — 6) Gran. 
(Savius) Silvanus, Mitverjchworener des Piſo 
gegen Nero (65 un. E.), mußte als Tribun den 
Seneca verhören und tötete fich ſpäter felbft, ob: 
gleich er begnadigt war. Zac. ann. 15, 60. 71. — 
7) Gran. Serenus, unter Hadrian, nahm jich 
der Ehriften gegen den Kaiſer mit Erfolg an. 
Oros. 7, 13. — 8) ran. Licinianus, römijcher 
Hiftorifer im Zeitalter der Antonine oder auch 
noch jpäter (nah Madvig im 3. oder 4. Jahr— 
hundert), von defien Annalenwerke 1853 in Yondon 
durch de Yagarde und Pertz Bruchjtüde des ſechs— 
undswanzigften, achtundzwanzigſten und jechsund- 
dreiigften Buchs in einem codex palimpsestus 
aufgefunden worden find, die die Gejchichte der 
Jahre 163 und 780. C. behandeln. Die erjte Aus: 
gabe beforgte Berk (1857), eine kritiſche jüngere 
Philologen der Bonner Schule (1858), die ihn mit 
Unrecht für einen Zeitgenofjen Eiceros und Sallufts 
halten, deffen Werk ſpäter interpoliert worden jei. 

Granikos, [’oavınos, Fluß in Myſien, auf 
dem Kotylos, der nördlichen Spitze des Ida, ent: 
jpringend und durd die Ebene Adraftein in die 
Propontis mündend zwischen Priapos und Kyzikos; 
befannt durch die erite Schlacht Aleranders gegen 
die Perjer (Mai 334) und den Sieg des Lucullus 
über den Mithridates (Frühling 73 v. E.); |. 
Zichantichai. Strab. 13, 587. Arr. 1,13, 1. Diod. 
Sie. 17, 18. Plut. Aler. 16 ff. Zucull. 11. 

T'ergn, Schriftllage, bezeichnet im weitern Sinn 
jowohl jeden öffentlihen Rechtshandel als auch 
jede Form der Klage bei öffentlichen Nechtshändeln, 
im engeren Sinne eine beitimmte Form der lage 
bei öffentlichen Rechtshändeln, die nämlich, bei der 
man nur eine jchriftliche Klage einzureichen hatte, 
zum Unterjchiede von den Klageformen, bei denen, 
wie bei der Endeiris, Apagoge u. j. w. zu der 
Einreichung der Ichriftlichen Klage noch ein anderes 
eigentümlidhes Verfahren hinzulam. Angewendet 
werden konnte fie in allen Fällen, für die die Ge— 
ſetze nicht eine beftimmte andere Klageform, z. B. 
die drayoyn und Zpriynaıs, feſtgeſetzt hatten. 
Wenn yeapr aud für Privatllage gebraucht wird, 


— 


ts 


— 


490 


jo iſt dies eine Ungenauigkeit des Ausdrucks (vgl. 


Slam). — Die hauptjädhlichften Arten der lage Geſetze zu hindern oder wenigftens aufzuheben. 


Gratia — Gratius. 


Händen der Demagogen wurde, die notwendigiten 


find: Ayanldov yocyr, eine, wie es heißt, | Es fonnte nämlich jeder Vollsbeſchluß (yıjpıou«), 
ſchon von Solon gegen Eheloſe feitgejegte Klage, | wie auch jedes Geſetz, ſowohl vor als auch nad) 


über deren Folgen für den Bellagten, wenn er 
ichuldig befunden wurde, wir nichts wiſſen. 
gehörte ihrer Natur nad vor das Forum des 
Archon. — Bei den Spartanern famen nur Klagen 
xaxroyamiov und öypıyawlov, wegen unpafjender 
oder zu jpäter VBerheiratung, vor. — Ayeaplov 
yeapn iſt die Scriftllage gegen den Staats: 
ſchuldner, der, ohne feine Schuld bezahlt zu haben, 
aus dem Verzeichnis der Staatsſchuldner ‚ausge: 
ftrihen war. So jagt wenigitens Demofthenes 
gegen Theofrines (p. 1338, 15), indem er die 
Meinung widerlegt, als ob gegen den, welcher gar 
nicht eingetragen war, dieje Klage angeftellt werden 
fünne. Sie gehörte vor das Forum der Theimo: 
theten. Die Strafe ift unbefannt, wahrſcheinlich 
ihäßbar. — Akoylov yoagprj, Klage gegen rechen: 
ichaftspflichtige Beamte, die feine Rechenſchaft ab: 
gelegt hatten. Forum: mwahrjcheinlich die Logiſten. 
Die Folgen der Klage find unbefaunt. — Avarv- 
uaylov yea«gpn, gegen den angeftellft, der, zum 
Kriegsdienft auf der Flotte ausgehoben, ohne jein 
Schiff zu verlaffen, an der Schlacht feinen Anteil 
nahm. YJurisdiktion: die Strategen; Strafe: Atimie. 
— Ardganodıouod yoapıj, gegen dröge- 
zodıordg gerichtet, d. h. gegen den, der freie 
Männer zu Sklaven macht oder fremde Sklaven 
ihrem Herrn raubt. Die Klage gehörte zur Juris— 
diltion der Elf-Männer. Strafe: Tod, vgl. "Er- 
dena. — Anooraclov yoapn |. Sovkog, 9. 
— Anpooraclov ypapr. Da jeder Metoife 
und jeder Freigelaffene in Athen einen Patron 
(reoordrng) haben muhte, jo fonnte gegen den, 
der einen ſolchen nicht hatte und jeine bürgerlichen 
Geſchäfte jelbitändig verwaltete, beim Polemarchen 
eine Schriftflage angeftellt werden; mit welchen 
folgen für den Angellagten, wiſſen wir nicht. 
Diejelbe Anklage fcheint auch als mildere Form, 
ftatt der drayoyı ueromdov, gegen den zumeilen 
angeftellt worden zu fein, der jein Schußgeld 
(usrofxıor) nicht bezahlte. — Apylas yoapi 
war eine Anklage, die wegen Müßiggangs oder 
Seichäftstofigfeit beim Areopag erhoben ward, 
jobald namentlidy dieje den Angehörigen zum Nach: 
teil gereichte. Die Strafe, falls einer für jchuldig 
erfannt ward, bejtand zuerjt in einer Geldbuße, 
im Wiederholungsfalle in Atimie. -— Aazrßelag 
yoagpr umfahte viele Fälle in fich. Für koeßeı« 
galten alle Augriffe auf die Gottheit, Ableugnung 
und Verſpottung derjelben, Einführung nener Kulte, 
Entweihung des Heiligen, Abweichung von den 
Gebräuchen des Kultus, Verſäumnis der den Toten 
gebührenden Pflichten, Ausplaudern der Myſterien, 
Ausgraben Öffentlicher Olbäume, Umgang mit Ber: 
ſonen, die mit Blutſchuld behaftet waren. Das 
Forum war der Mreopag, bisweilen finden wir 
jedoch auch, daß Heliaften in diefen Fällen gerichtet 
haben. Das Verfahren war bis auf wenige Aus— 
nahmen jchäßbar, wie 3. B. in dem Prozeſſe bes 
Sofrates. — ’Erırgonüg yeagn ji. Iinn. — 
IIagaröuor yea«pn, eine Klage, die den Zweck 
hatte, die demokratische Berfaffung in Athen gegen 
alle Angriffe, die auf dem Wege der en 
gegen dieſelbe gerichtet werden fönnten, zu Ichüßen; 
die aber ſpäter oft ein heillojes «Mittel in den 


er der Beichlußfaflung, durd eine yo. rugaroumv 
Sie | angegriffen werden, weil der Antrag mit einem 


noch beitehenden Gejehe in Widerſpruch ftände, 
oder jchädlich für den Staat wäre, oder Formfehler 
enthielte. Die Anfündigung einer wage. ye. mußte 
mit einem Eide (ünwuoci«), fonft auch gericht: 
lihem Friſtgeſuch begleitet werden, des Inhalts, 
daf der Kläger eine =. ye. anjtellen wolle. Die 
nächſte Folge davon war, daß die Berhandlung 
ausgejegt oder, wenn der Beſchluß ſchon gefaßt 
war, das Gejep bis zur gerichtlichen Entſcheidung 
juspendiert wurde. Der Urheber des Gejeges hatte 
noch bis zu einem Jahre nad) der Annahme des: 
jelben perjönliche Berantwortlichkeit für dasjelbe. 
Die Strafe, die den verurteilten Angeklagten traf, 
war willfürlidh; cs fonnte jelbit auf den Tod 
erfannt werben. Sedesfalld verlor, wer dreimal 
regaröunv verurteilt worden war, ipso facto 
das Recht, Anträge zu ftellen. Mit der Berur: 
teilung war natürlich das Geſetz oder Piephiima 
ohne weiteres aufgehoben. Forum: die 9 Archon— 
ten. gl. Meier und Schömann, attijcher Prozeß 
©. 233 ff. der 2. Aufl. 

Gratia, 1) j. Charis. — 2) die Gemahlin des 
Rhetors Fronto, dem fie 5 Kinder gebar. — 3) Eine, 
der Mutter gleicdinamige, Tochter derjelben war 
mit C. Aufidius Victorinus vermählt und hatte 
2 Söhne, deren einer, Victorinus Fronto, bei dem 
Großvater erzogen wurde, der andere frühzeitig in 
Sermanien jtarb. 

Gratiänus j. Valentinianos J. 

GratidYi, jtammten aus Arpinum: 1) M. 
Gratid., Urheber einer lex tabellaria für feine 
Baterftadt, gegen welche der Großvater Ciceros, 
obwohl er feine Schweiter zur Gattin hatte, ener: 
giſch auftrat. Cie. legg. 3, 16. Er war ein Mann 
von feiner Bildung und ein jehr tüchtiger Redner 
(Cie. Brut. 45), fämpfte unter M. Antonius (dem 
Redner) gegen die Eilifiichen Seeräuber und fiel 
in diejem Kriege 103 v. C. — 2) M. Gratid,, 
diente von 61—59 dv. E. unter D. Cicero als Legat 
in Aſien. Cie. Flace. 21. — 3) Gratidianus, 
M. (E.) Marius, Sohn des zuerft genanuten 
M. Gratidius und von dem Bruder des C. Ma— 
ring an Kindesftatt angenommen. lm 84 v. €. 
war er zum erften= (Cie. off. 3, 20. Plin. 33, 46. 
Sen. de ira 3, 18), im Jahre 82 zum zweitenmale 
Prätor. Er wurde von Sulla geächtet und von 
Gatilina ermordet. Val. Mar. 9, 2, 1. Ascon. in 
or. in tog. cand. p. 75. 

Gratius, richtiger Grattius, mit dem Beinamen 
Faliscus, der jeine Heimat Falerii bezeichnen 
ſoll, ift ein Beitgenofje des Dvid, der feiner (ex 
Pont. 4, 16, 34) mit Anertennung gedentt. Bon 
jeinen Lebensumftänden wiffen wir nichts; daß er 
fein Slave geweſen, ergibt ſich aus einer Stelle 
des jeinen Namen tragenden Gedichts über die 
Jagd, Uynegeticn. Sprache und Ton desjelben 
tragen die unverfennbarften Zeichen des auguftei- 
ichen Beitalters. Es umfaht 536, gegen den Schluß 
verſtümmelte, Hexameter. Diejes Gedicht bildete 
mit Ovidii Halieutien und Nemesiani Cynege- 
tica Eine Sammlung und empfiehlt fich durch ein: 
fache Anlage, angemefjenen Ton, fräftigen und 


Graupius mons — (Giryphus, Gryps. 


förnigen Ausdrud, durch eine reiche und edle, von 
aller Affektation entfernte Sprache, durch harmo- 
nijchen Bersbau, durdy originelle Auffafjung und 
Behandlung des Stoffes. Daß er nod) ein ver: 
lorenes Gedicht de aucupio gejchrieben habe, wird 
vermutet. Ausgg. von Stern (mit Nemefianus, 
1832), Haupt (mit Dvids Halientica und Neme: 
fianus, 1838) und Bährens im 1. Band der poet. 
Latini minores (1879), p. 29 ff. 

Graupius mons, Gebirge oder Berg in Cale- 
bonia, in deſſen Nähe Agricola die Britannier unter 
Anführung des Ealgacus jhlug. Tuc. Agr. 20 ff. 
„Die faliche Lesart Grampius hat Lokalgelehrte 
des vorigen Jahrhunderts auf den Einfall gebradıt, 
das Gentral:Gebirge Hochſchottlands Grampian 
Mountains zu taufen“ (Kiepert). 

Graviscae, uralte etrurifche Stadt im Gebiet 
von Tarquinii, in den Maremmen, jeit 183 v. C. 
römijche Kolonie, befannt durch ihren guten Wein, 
aber ebenjo durch die feuchte Luft (gravis aör), 
woher nad) Cato der Name. Liv. 40,29. Plin. 14, 8. 

Griphi, yeöpor, eigentlich „Netze“, bedeutete 
namentlich in der ſpäteren griechiichen Zeit der 
Alerandriner metaphorifch eine jchtwierige Art von 
Rätjeln in Poejie und Proja, bei deren Löſung 
der Scharffinn bejonders in Anſpruch genommen 
wurde; dadurch eben scheinen fie ſich von ben 
alviyuere zu unterjcheiden. Athenaios führt viele 
Griphen an. Sie haben Ahnlichkeit mit den fran— 
zöſiſchen Calembourgs. Als Beijpiele mögen dienen: 
"Errogae or Ilpıduov Atoumione daravevr dveo, 
diejer Sıoandng ift natürlich Achill, „der vom Zeus 
beratene“. Oder auch der von Platon angeführte 
Griphos des Klearchos: Ein Mann, der zugleich 
fein Mann war, jah einen Vogel, der fein Vogel 
war, auf einem Holz, das fein Holz war, jigen 
und tötete ihn mit einem Stein, der fein Stein 
war, d. i.: Ein Berjchnittener jah eine Fledermaus 
auf einer Nartherjtaude figen und tötete jie durch) 
einen Bimfteinwurf. 

Groma, das funftlofe, bei der Vermeffung die: 
nende Jnftrument, wohl eine latinifierte Form für 
yröoua in dem Sinne von yrouwr, norma, dem 
rechtwinflichten Maßſtabe. Es waren 2 freuzweife 
in rechtem Winfel zufammengefügte Arme, an deren 
Enden dünne, durch Gewichte beichwerte, Fäden 
dergejtalt angebradjyt waren, daß der Feldmeſſer 
von einem Faden zum andern vijierend die Rich— 
tung, in welcher die Mefftangen aufzuſtecken waren, 
genau beitimmen fonnte. Das Kreuz war auf 
einem Gejtelle (ferramentum) drehbar. Bei den 
Römern wurde urfprünglich (erit jpäter gab es 
eigene agrimensores) feine Stadt, kein Tempel 
gegründet, fein Ader verteilt und fein Lager ab: 
geitedt, ohne daß die Vermeffung unter Leitung 
des Augurs dor ſich ging (vgl. Castra, 2.). Dabei 
gab es jedoch nad) den verjchiedenen römischen 
Völferelementen auch verjchiedene Ritus, die aber 
als ſolche eben nur äußerliche Berjchiedenheiten, 
z. B. in der Stellung des Augurs nad) Dften 
ſabiniſcher Ritus), nad) Süden (etrujfiiche Sitte), 
in der Benennung der mit dem Pfluge zu ziehen: 
den Linien u. j. w. enthielten, im wejentlichen aber 
auf Eins hinausfamen. Nach beiden, jowohl dem 
ſabiniſchen als etruſtiſchen Ritus, wurden 2 Linien: 
decumanus limes von W. nad) O. (auch prorsus 
limes im Verhältnis zu der Stellung des jabini- 
ihen Augurs genannt) und der cardo oder truns- 


491 


versus bon N. nach S. gezogen; der Durchſchnitts— 
punkt beider hie; mundus. Noch verichieden 
von den beiden genannten Vermeſſungen war die 
latinifch-griechiiche, die bei einem vieredigen Po— 
mörium (weshalb das anfängliche Rom auf dem 
Balatinischen Berge auh Roma quadrata hieß, 
Dion. Hal. 1, 88. 2, 65) den decumanus von N. 
nach S. und den cardo von DO. nach W. bezeich— 
nete und den oben erwähnten mundus als Durch: 
jchnittspuntt groma oder gruma nannte. Erft 
mit dem Ende der Nepublit erlangte die groma- 
tiſche Kunſt eine Bedeutung als jelbitändige Pro— 
fejlion. In Auguſtus' Zeit fallen die erften Anfänge 
der hier einjchlagenden Yitteratur; der erjte uns 
erhaltene Schriftiteller ift Frontinus aus der 
Zeit des Dioeletian, der ausjchließlich die juriſtiſche 
Seite der Gromatik behandelt; nur wenig ſpäter 
it Hyginus, deſſen Werk nur zum Heineren 
Teile erhalten ift, und Balbus. Daran jchlieht 
fi) das Bud) des Siculus Flaccus de condi- 
tionibus agrorum. Balbus, ein Offizier unter 
Trajan, hat in der expositio et ratio omnium 
formarum die Nejultate wiffenichaftlicher geome— 
trijcher Studien zujammengeftellt, wahrjcheinlich 
nad) einem griechiichen Originale Herons. Auch 
aus jpäterer Zeit ift vieles teils mit, theils ohne 
Namen erhalten. Nach Mommjens Vermutung ift 
die uns vorliegende Sammlung der eig a 
Schriftfteller aus dem Bureau des Bicarins der 
Stadt Rom, weldyer eine Anzahl Menjoren unter 
fih hatte, im 5. Jahrhundert hervorgegangen. 
Ausgg. der Gromatifer von Rigault (1614), Goes 
(1674) und bejfonders Ladımann (1848-52. 2 Bdd.). 

Grumentum, eine im zweiten punijchen Kriege 
öfter genannte (3. B. Liv. 23, 37. 27, 41) be: 
deutende Stadt im Innern Lucaniens, am Yu: 
jammenfluß de3 Sora und Veiris, j. Saponara. 
Strab. 6, 254. 

Gryllos, T'evAlos, 1) der Vater des Geichicht: 
ichreibers Xenophon; — 2) der Sohn des X., 
welcher tapfer fämpfend in dem Hülfsheere der 
Athener bei Mantineia 362 v. E. fiel; die Athener 
nahmen für ihn jogar den Ruhm in Anſpruch, den 
Epameinondas tödlid) verwundet zu haben. Jaus. 
8, 9, 5. 10, 8, 11. 

Gryneia oder Grynion, Toüurse, Tovrıor, 
fefte Hafenftadt an der Südgrenze von Myſien 
(Aiolis), 50 Stadien füdlid) von Elaia, am Elai— 
tiichen Buſen, befannt durch einen Tempel und 
ein berühmtes Drafel des Apollon, ſowie durch 
die Erftürmung durch Barmenion, der die Bewoh— 
ner als Sklaven verkaufte. Strab. 13, 618. 622. 
Haät. ı, 149. Diod, Sie. 17, 7. Xen. Hell. 3,1, 6. 
Wahricheinlich ift dasjelbe castrum Grynium, 
welches Pharnabazos von jeiner Satrapie Phry— 
gien) dem Alkibiades jchenfte mit einem Ertrage 
von 50 Talenten. Nep. Aleib. 9. 

Gryplus, Gryps, »phis, Dos, -mög, ber 
Greif, ein fabelhaftes Tiergeſchlecht mit einem 
Löwenleib, Kopf eines Adlers und Flügeln, von 
der Sage an die Rhipäengebirge verjegt, wo fie, 
zwijchen den Shperboreern und den einäugigen 
Arimajpen wohnend, das Bold des Nordens be: 
wachen. Die Arimajpen kommen zu Pferd und 
fämpfen mit ihnen um das Gold; daher Freindichaft 
zwiichen Roß und Greif. Die Vorftellung von 
ihnen ftammte aus Babylonien, two fie jehr alt 
war; bei den Griechen jcheinen fie zuerjt Heſiod 


492 


und Arifteas in feinem Gedicht von den Arimajpen, 
dann Herodot erwähnt zu haben. In späterer 
Zeit jegte man fie als Goldwächter auch nach In— 
dien, Withiopien u. j. w. Sie fommen oft auf 
Bildwerfen vor, die Köpfe als Trintgefähe ge: 
ftaltet, in Arabejfen, Götterwagen zichend u. ſ. f. 
Haät. 3, 116. 4, 13. 27. 79. 152. 

Gubernaeülum, znödkıor, ſ. Schiffahrt, 4. 

Gugerni, germanijche Völkerſchaft am Tinten 
Ufer des Niederrheins, nördlich von den Ubiern, 
mit den Ortichaften Castra vetera (j. Kanten) und 
Colonia Traiana. Tac. hist. 4, 15. 26 u. ö. ann. 
1, 45. 58. ‚ 

Gnlussa, Tolöoons, [’oloocns, Sohn des Mafi- 
niffa, Königs von Numidien, vertrat im Jahre 
172 dv. E. jeinen Bater in Nom gegen die Anjchul: 
digungen der Karthager und war im Jahre 151 
Gejandter desjelben in Karthago. Hier aber feind- 
lich behandelt, rächte er die Beleidigung. durch 
Befiegung der Karthager. Liv. 42, 23 ff. 43, 3. 
Nach feines Vaters Tode wurde er gemeinschaftlich 
mit jeinen Brüdern Micipfa und Maftanabal König 
von Numidien und kämpfte im dritten puniſchen 
Kriege mit den Römern gegen Karthago. Pol. 39, 1. 
Er jtarb vor dem Jahre 118 und hinterließ einen 
Sohn Maifiva. Sall. Jug. 5. 35. App. Pun. 
70 ff. 106 ff. 

Gustus oder gustatio, das Voreffen der coena, 
j. Mahlzeiten, 8. Außerdem wurde gewöhnlid) 
mulsum genofjen, eine Art Met, ſ. Mulsum. 
Auch hieß gustus ein Heines Frühftüd, 3. B. nad) 
dem Bade. 

(uttus j. Vasa, 3. 

Gyäros, Tödeos, j. Giura, eine wenig über 
1 Meile lange und an der breitejten Stelle etwa 
",, Meile breite Inſel der Kyfladen zwijchen Keos 
und Tenos, die in der Naijerzeit einer der ge: 
fürdhtetiten Verbannungsorte für Staatsverbrecdher 
war. Jetzt ift fie unbewohnt. Strab. 10, 485. 
Tae. ann.:3, 68. 69. 4, 30. Juv. 1, 73. 

Gyes j. Hekatoncheiren. 

Gygaeum stagnum, Tvyaln Aurn, jpäter 
Kolon, jet Mermere:göl, ein See Lydiens, 40 
Stadien nördlid von Sardes. Auf der Hochebene 
zwifchen feinem Südufer und dem Hermosfluß 
liegen die Gräber des Gyges und der andern alten 
Könige. Jldt. 1, 93. Strab. 13, 626. Plin. 5, 30. 

Gyges, Toöyns, Sohn des Daſtylos, Indischer 
König (nah Hat. 1, 8ff. 716-678, wahrſchein— 
lich etwa 686650 vd. E.), Gründer der Dynaſtie 
der Mermmaden (bis 546). Auerft Leibwächter und 
Günſtling des Königs Nandaules, ftürzte er diejen 
durch eine Balaftrevolution, über die wir nur un: 
fichere, meift märchenhafte Berichte (von einem Hof— 
ſtandal oder einem Zauberring) befigen, und ließ 
ſich durch das delphijche Orakel als Herricher be— 
jtätigen. Er war ein tüchtiger Nriegsmann, der 
Myſien und Troas untertwarf, Magnefia und Ko: 
lophon eroberte; doch mußte er, um ſich der don 
Norden her eingefallenen Kimmerier zu erwehren, 
dem afiyriihen König Afjurbanipal huldigen (um 
660) und fand, als er im Bunde mit Pſammetich 
von Agypten wieder abfiel, im Kampf gegen die 
abermals eingebrochenen Scharen den Tod. Plat. 


Gubernaculum — Gymnasium, Gymnastik. 


edlen Spartaners (Nleandridas) und einer Helotin. 
Im Sahre 414 v. E. führte er Flotte und Heer 
der Spartaner und Berbündeten nad Sicilien zur 
Unterftüßung der Syrafufier gegen Athen. Er 
landete mit feiner nicht bedeutenden Macht bei 
Himera, drang, von den Himeraiern unterftüßt, 
gegen Syrafus vor, eroberte Epipolai, erlitt zwar 
einige Berlufte gegen Demofthenes, bewirkte aber 
doch durch jeine große Tüchtigkeit bis zum Sep: 
tember 413 die Vernichtung der athenifchen Streit: 
fräfte und die Gefangennahme des Nitias und De: 
mojthenes, die wider feinen Willen von den Syra— 
fufiern hingerichtet wurden. Thuc. 6, 93. 104. 8, 13. 
Plut. Nie. 19. Nachher befledte er feinen Ruhm 
durch Raub an öffentlichem Gute und mußte, um 
ſich der Strafe zu entziehen, ans der Heimat ent- 
weichen. Plut. Lys. 16f. Nic. 28. Diod. Sic. 
13, 106. 

Gymnasiarchia j. Leiturgia, 2. 

Gymnasium, Gymnastik. Die Gymnaſtik war 
eines der eigentümlichiten Anftitute des griechiichen 
Lebens, jhon bei Homer in voller Blüte und zu 
allen Zeiten gepflegt und gefeiert, wenn fie auch, 
die zuerſt dem Schönheitsjinn ebenſowohl diente, 
wie fie die Kräfte und Gewandtheit des Körpers 
zu entwideln bezwedte, jpäter in mannigfache Ent: 
artungen verfiel und daher von dem praftiichen 
Römer nicht eben günftig beurteilt wurde. — Der 
Platz der Übungen, die unter dem Namen der 
Gymnaftif bear wurden, war das Gymna— 
ſium (yuardsıor) und die Baläftra (maladorge), 
letere die eigentliche NRingichule, die in Athen 
neben den Gymnaſien, z. T. wohl wegen der Ent- 
fernung der lebteren von der Stadt, entftand und 
borzugsweije, wenn auch nicht ausſchließlich, zur 
Übung für die Jugend gebraucht wurde. Bon ein: 
fachen, mit Säulenhallen umgebenen, Höfen ent- 
widelten fi) die Gymnaſien zu größerer Aus- 
dehnung und Pracht. Keine griechiiche Stadt war 
ohne Gymnaſium, und größere Städte, z. B. Athen, 





r.p.359. Just. 1, 7. Cie. off. 3, 9, 38. Strab.| hatten deren mehrere. „ Bitruv (5, 11) hat eine 


13, 590. 14, 620. 


vollftändige Beichreibung gegeben. Das Gymnaſium 


Gylippos, T’yAırzog, ein ſpartaniſcher Feldherr, enthält zunächit einen großen Hof (megisrsltor), 
aus der Klaſſe der Mothonen, d. h. Sohn eines von einem Umfang von 1200 Fuß (2 Stadien), 


Gymnesiae insulae — Gypsum. 


auf 3 Seiten von einfachen Säulengängen (A), 
gegen Mittag von einem doppelten (B), einge: 
Ihloien, innerhalb defien fich das Ephebeion (U), 
ein Übungsplatz der Jünglinge, befand, au beiden 
Seiten mit Bädern (frıgidaria, tepidaria, caldaria) 
und andern Räumlichkeiten (D—Q) verjehen. In 
den übrigen Hallen befanden jich die Eredren, two 
Bhilojophen, Rhetoren u. a. zu Unterhaltungen zu: 
jammenlamen, mit fteinernen Bänfen an den Wän- 
den. Der große freie Raum, der von dem Beriftyl 
eingejchloffen war, wurde zu Übungen und Spielen 
(spargiorigior, I) benupt. An diejen Teil des 
Gymnaſimms, teils ihn einschliehend, teils ſich an ihn 
anſchließend, reihten ſich mun noch verichiedene 
Säulengänge (5), worunter die Evarod (T), welche 
auf beiden Seiten eine Erhöhung für Spaziergänger 
und in der Mitte eine Vertiefung für die Kämpfe 
hatten; mit Bäumen bepflanzte Spaziergänge (raga- 
Öoouideg, V) und das Stadium mit Sıgen für eine 
große Zuſchauermenge (MW). Auf würdige Aus: 
Ichmüdung der Gymnaſien, namentlich mit plaftiichen 
Kunſtwerken, wurden große Koften verwendet. Ge— 
hoben wurde die Bedeutung der Gymnaſien noch 
durch die großen Nationalipiele, bei denen die in 
der Baläjtra erworbene Kunft vor ganz Griechen: 
land jich zeigen fonnte. — Die Übungen und Kämpfe 
geichahen nadt; der Körper wurde von Mleipten 
gejalbt, um ihn gejchmeidiger zu machen. Die ver: 
ichiedenen Übungen waren: 1) der Wettlauf (deo- 
nog oder or«dıor), oft auch verdoppelt (ddavkog), 
auch mit Waffen (ömlırar oder ümkrng deouog); 
eine Art desjelben war der dolıyos, der ſich viel- 
leiht bis auf 24 Stadien, aljo mehr als eine 
halbe Meile, erftredte. Das or«dıov galt als eine 
für Knaben ganz befonders geeignete Übung. 2) der 
Sprung (due); 3) das Ningen (mein, malaıouo- 
sorn, raraßinrınn), der eigentliche Kern der hel- 
lenischen Gymnaſtik; 4) die dıszoßorde, Diſtoswurf, 
das Werfen mit der Wurficheibe; 5) das Spieß— 
werfen (xorrıawög). Dieje 5 einfachen Kampfarten 
zufammengejegt bildeten den Fünfkampf (merr«- 
or), in einem PBentameter des Simonides zujam: 
mengefaßt: dAum, oder, Ölanor, Üxorre, 
rdınv. Indem die 5 Kampfarten zujammengefaßt 
und an Einem Tage vorgeführt wurden, wurden 
natürlich der Kämpfer immer weniger, jo daß für 
das Ringen nur 2 blieben und einer derjelben als 
Sieger im Pentathlon hervorging. Bgl. Binder, 
über den Fünffampf (1867). 6) der Fauſtkampf 
(rbE, ruyunj, die Agoniften zuyudyoı, muxreı), 
eine der jchwerften Kampfarten, bei der die Hände 
mit Riemen ummunden waren, die man jpäter 
noch mit Nägeln und Budeln bejebte; 7) das 
reynpdrior, eine Verſchmelzung des Fauft: und 
Ningfampfes, bei der die Hände ohne den Kampf: 
riemen waren, dem heroiichen Zeitalter unbekannt. 
Der Fanfttampf und das Panfration wurden bei 
den Spartanern nicht geübt. Es verfteht ſich von 
jelbft, dab die vollfommene Ausbildung in den 
ſchwierigſten diejer Nampfarten nicht ſowohl Sache 
der Erziehung war, als vielmehr den Nämpfern 
von Fach, den eigentlichen Athleten (CBAnrar‘), 
zufam. Die Lehrer in der Gymnaſtik waren die 
yvuracral und madoreißear ; die erfteren die ans 
gejeheneren, die das Ganze der Gymnaſtik auch 
theoretiijh umfaßten, während die Baidotriben den 
Unterricht in der Ausführung der einzelnen Übungen 
erteilten. — Bal. Ehr. Beterjen, das Gymnaſium 


493 


der Griechen (1858). Baumeifter, Denkmäler des 
Haffischen Altertums | S. 609. — Bei den Römern 
hat die Gymnaſtik nie jo allgemeinen Eingang ge: 
funden, wie bei den Griechen. Die Leibesübungen 
galten nur als eine Vorſchule zum Kriege. 

Eymnesine insülae ſ. Baleares, 

Tvurnres (oder T'ogrnjocoe), in Argos die— 
jenigen unter den unterwworfenen alten Einwohnern, 
die zu den Siegern in ein perjönlich unterthäniges 
Leibeigenichaftsverhältnis traten, in der Art wie 
in Sparta die Heloten. Ihren Namen haben jie 
daher, daß fie auch zum leichten Kriegsdienft ge: 
braucht wurden. 

Gymnopaidien, Tvarorasdiaı, ein berühmtes 
in Sparta im Juli 6—10 Tage lang gefeiertes 
Feſt. Die Feftlichfeiten beftanden in einer mannig- 
faltigen Mifchung von muſikaliſchen, orcheitiichen 
und gummaftiichen Übungen, bei welchen die Spar: 
taner ſich an der Schönheit des eigenen Dajeins, 
namentlich an der Jugend der Stadt erfreuten, 
jo daf die religidjen Beziehungen wenn auch nicht 
ganz wegfielen, jo doch jehr in den Hintergrund 
traten. An diejen Tagen hob der Spartaner die 
ſonſtige Abgeichlofienheit auf und bewirtete eine 
Menge zuftrömender Fremden. Die Stiftung des 
Feſtes wird in DI. 27, 3 (670 v. E.) verlegt; jeit 
der Schlacht bei Thyrea in Argolis (DI. 59. Hdt. 
1, 82) wurde durch dasjelbe zugleich das Andenken 
der 300 in jenem Kampfe gefallenen Spartaner 
efeiert. Es hatte eine jo hohe Geltung, daß man 
4 nicht leicht durch irgend ein ſtörendes Ereignis 
von dem Begehen desſelben abhalten lieh. Thue. 
5, 82. Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut. Ages. 29. Plat. 
reg. I, 633 C. Athen. 15, 678 b. vgl. 14, 630.d. 
631 b, 

Gymnosophistae, Tvurosogısrai, hieß eine 
Klaſſe der indischen Weifen, die nadt im den 
Wäldern lebten; es gab ihrer 2 Selten, Brad) 
manen nnd Samander. Eurtius (8, 9, 31) nennt 
fie Sapientes; vgl. Plut. Aler. 61. 

Tvvarzeior oder Turaızwrirıg j. Haus, 2. 

T'vvatzovröuor vder Tvra@ız0x00uor, eine 
wahrjcheinlich von Demetrios Phalereus eingejegte 
Behörde in Athen, welche die Luxusgeſetze hand— 
habte. Sie hatten 3. B. darauf zu jehen, daß bei 
Hochzeiten und andern Mahlzeiten die Zahl von 
30 Gäften nicht überfchritten würde. Ebenjo hatten 
fie die Aufficht über den Pub der Frauen, über 
die Ausftattung der Wohnungen und dergleichen. 
Ob fie durd das Los oder durch Wahl beftimmt 
wurden, läßt fich nicht mit Gewißheit ermitteln. 
Behörden desjelben Namens finden fi auch in 
andern griechiichen Städten, 3. B. in Chaironeia, 
Samos, Andania und in &yrakus. Athen. 6, 
245 a-—-c. 

Gyndes, Toröns, linfer Nebenfluß des Tigris, 
aſſyriſch Turnat, daher bei Plinins (6, 132) Tor 
nadotus, jpäter auch Sıdkog oder Lihug genannt, 
j. Dijala, entjpringt auf den Bergen von Matiene 
in Medien (dem jpäteren Atropatene), fließt durch) 
Aſſyrien und ergieht fich Seleufeia gegenüber in 
den Hauptjtrom. Auf dem Zuge gegen Babylon 
teilte Kyros ihn in 360 Arme, von welcher Teilung 
jet feine Spur mehr ift. //dt. 1, 189. 202. 5, 52. 

Gypsum, yoypos, der Gips, wurde teils aus 
Steinen gebrannt, 3. B. in PBhoinifien, Syrien, 
teils gegraben, 3. B. auf Kypros. Er wurde be: 
nußt zu Verzierungen an Gebäuden, dann aber 


494 


auch als NAufbewahrungsmittel für ſchöne Früchte, 
indem fie damit überftrichen wurden, und jelbit 
als mildernde Zuthat des Weins. Auvenal (2, 4) 
gebraucht geypsum für eine Büſte aus dieſem 
Stoffe. Über die vielfache Verwendung des Gipfes 
zu techniichen und künftleriichen Zweden vgl. Blüm- 
ner, Technologie und Terminologie Il ©. 139 ff. 
Gyrtöne, ['ver»»n, jpäter I’'verav, Stadt in 
der theflaliihen Landichaft Pelaſgiotis, unterhalb 
Lariſſa am Peneios, ſchon von Homer (Il. 2, 738) 
genannt. Thuc. 2, 22. Pol. 14, 5. Liv. 36, 10. 
42, 54. Strab. 7, 329. 9, 443. Die Bervohner der 
Gegend hießen früher Phlegyer. Die Zeugniſſe der 
Alten über ihre Lage find jehr unbeitimmt. 
Gythion oder Gytheion, Tistor, Tvdeior, 
j. Marathonifi, Hafenftadt in Lafonien am ger 
tiichen (einem Teile des Laloniſchen) Buſen, in jehr 


Gyrtone — Hades. 


günftiger Naturlage (Pol. 5, 19, 7) am Flüßchen 
Gytheios. &. mit feinen gegrabenen Bajlins, Ar: 
jenalen und einer Akropolis ift als Hafenſtadt 
Spartas anzufchen. Hier hatte in den Perſer— 
friegen die lafonische Flotte ihre Station (Plut. 
Themist. 20. Arist. 20. Cie. off. 3, 11), im Jahre 
455 dv. E. vernichtete der Athener Tolmidas daſelbſt 
die Schiffe der Lakedaimonier, nad) der Schlacht 
bei Leuftra (371) wurde die Gegend von Epa— 
meinondas vermüftet (Xen. Hell. 6, 5, 24), 195 
nahmen es die Nömer ein (Liv. 34, 29), worauf 
G. zu den Eleutherolafonenftädten gerechnet wurde 
und dem Achaiiichen Bunde bis zu deſſen Ende 
angehörte. Auguſt ließ G. wiederherftellen. Es 
wurde der Hanptitapelplag des lakoniſchen Handels. 
Diejer Zeit der Nachblüte gehören die noch vor: 
handenen bedeutenden Nuinen an. 


H. 


Haarputz. Griechen und Römer haben auf das 
Haupthaar meift eine bejondere Sorgfalt verwandt, 
was bei dem reicheren Schmude 
desjelben in den füdlichen Yäns 
dern um jo matürlicher war. 
l. Die Griehen, namentlich 
die Spartaner, ließen es lang 
wachjen, nur die Knaben trugen 
es kurz; gejchnitten wurde es in 
der Barbierftube (xovgsior) vom 
Barbier (xovgedg), der zugleich 
für das zierliche Verſchneiden des 
Bartes, das Schneiden der Nägel 
u. ſ. f. zu jorgen hatte, weil alle 
riechen das evsynuoreiv lieb: 
ten. Die Abbildungen des Apol— 
lon zeigen den altattiichen zew- 
—— eine Flechte auf dem 

orderfopfe (f. Apollon, Abb. 
b und e). Das Nbichneiden des 
Haares war auch ein Leichen 
der Trauer. Schwarze Haare 
waren wohl die gewöhnlichiten, 
aber hochblonde die beliebteiten, 
die man daher oft aud) künstlich 
zu erzeugen ſuchte. Ein ftarfer, 
voller Bart, zaywr Batug oder 
deots, jchien ein Zeichen edler 
Männlichkeit, und man lieh ihn 
daher jowohl um die Wangen 
(zoyav) als die Lippen (dmıjen) 
und Kinn (yErcıov) wachſen (nur 
in der Trauer jchnitt man ihn 
ab), bi8 Alerander die Sitte des 
Barticherens üblich machte. Bei 
den Frauen wurde das lange 
reiche Haar weder geflochten, noch 
in künftliche Locken gedreht, jon- 
dern meift nach hinten oder aud) 
jelbjt über dem Scheitel in einen 
Büchel oder Knoten zuſammen— 
gefaßt und gebunden. Er reichte 
ziemlich tief über die Stirne 
herab, weil ein jchmaler Stirn: 
bogen (vgl. tenuis frons, Hor. 
od. 1, 33, 5) für jchön galt. Am 





häufigften fieht man das Haar auf Bajenbildern 
durch ein verichieden geforıntes Band oder durd) 
ein hanbenartig umgejchlungenes Tuch, ein Netz 
oder Ähnliches zujammengehalten. Dieje hauben- 
artigen Kopfbededungen kann man in Netze (ze- 
»orpekos), Haarläde, (odaxog) und Tücher (mirg«) 
einteilen. — 11. Die Römer trugen bi 300 v. E. 
langes Haupthaar und lange Bärte.. Damals 
famen die erften tonsores aus Sicilien nad Rom; 
der jüngere Scipio joll der erfte geweſen jein, 
welcher 66 täglich mittelſt des Raſiermeſſers (no- 
vacula) raſieren (radere) ließ. Doch hat ſich die 
neue Mode erſt allmählich verbreitet. Das Haupt— 
haar wurde entweder wellenförmig getragen oder 
mit Hülfe eines Brenneiſens (calamistram) in 
Löchchen (cineinni) gelegt. Die Moden haben 
jpäter oft gewechjelt, und in der Kaiſerzeit famen 
auch künſtliche Haartouren (capillamentum) in 
Gebrauch. Die Tabernen der tonsores (j. d.) 
waren ein beliebter Sammelplag für den Stadt: 
Hatidh. Die frauen durchflodhten ihr Haar mit 
foftbaren Nadeln, acus erinales, und trugen micht 
bloß nachts, jondern der Bequemlichkeit halber 
auch am Tage, zumal bei häuslichen Berridh: 
tungen, ein die Haare umſchließendes Netz über 
den Kopf (reticulum), das häufig aus Goldjäden 
geftridt war (auratum), welche Sitte Juvenal 
(2, 96) jogar an Männern rügt. 

Hades , Aöns, epiſch Alöns und Aidwrevs, 
IMovrov, Pluto, Dis, Sohn des Kronos und 
der Nhea (Hesiod. theog. 453 ff.), Bruder des Zeus 
und Bojeidon, der Herricher der Unterwelt, der 
unterirdiiche Zeus (Zeug xaraydorıog, ävaß dvr- 
oov, Hom. Il. 15, 188. 9, 457). Er herricht in 
der Unterwelt, die ihm nach Befiegung der Titanen 
bei der Verteilung der Weltherrichaft zugefallen 
ift, zugleich mit ferner Gemahlin Perjephone über 
die Schatten, wie Zeus mit Hera im Olympos 
herricht. Dorthin ruft er ftreng und unerbittlich 
die Seelen der Menſchen und hält fie eingejchlofien, 
daß niemand zurüdtchren kann zum Licht des 
Tages; daher jeine Beiwörter muAagrns, der Feſt⸗ 
—— nolvösyuwr und mwolvdfarng, Der 
Vielanfnehmende, mayxotrns, der Allbettende. Bei 
Homer (Tl. 5, 654) heißt er auch xAurömwäog, 
der NRofjeberühmte, der Gott mit dem herrlichen 


Hadranum — Hadrianus. 


Rofjegeipanı, und man hat dies Beiwort auf den 
Raub der Berjephone, welche er auf einem Wagen 
zur Unterwelt holte, bezogen; allein es ift jehr 
die Frage, ob Homer die Sage von dem Raube 
der Perſephone kennt, wenigſtens erwähnt er fie 


nirgend. Wahrjcheinlich liegt dem Worte die alte 
Borftellung zu Grunde, dab Hades die Seelen 
von der Oberwelt auf feinem Wagen hinabholt. 


Später hat diejes Amt der Seelenführung Hermes 
(pryorourös), wiewohl noch Pindar (ol. v, 34) 
von dem Stabe des Hades ſpricht, mit dem er die 


Schatten in jein Reich treibt. Die Scharen der 
Toten, welche in des Hades Gewalt find, jcheinen 
durd; die Rinderherden, die ihm von Menoitivs 
im der Unterwelt und auf Erytheia gemweidet wer: 
den, iumboliich bezeichnet zu werden. Den im 
gewöhnlichen Leben und in den Myſterien üb- 
lihen milderen Namen Pluton, poetiih Plu— 
teus, erhielt Hades, weil er der in der Erdtiefe 
herrſchende Gott it, aus welcher dem Menichen 
aller Reichtum der Gewächſe rg wie der 
Metalle fommt. Der in der Tiefe verborgene 
und verborgen wirkende Gott (Aldns, der Umjicht- 
bare) war im Beſitz eines gleih der Tarnkappe 





495 


dentjcher Sagen unfichtbar machenden Helmes; als 
diefen Athene in der Schlacht vor Troja aufiekte, 
fonnte jelbit Ares, der Gott, fie nicht ſehen. Zlom. 
Il. 5, 845. Außer dem Raube der Berjephone 
(j. d.) gab es von Hades ve Mythen. Als 
Herafles den Neleus angriff (j. Harakles, 11.), 
fam Hades den Pyliern zu Hülfe, ward aber von 
Herafles verwundet. Hom. Il. 5, 395. Apollod, 
2, 7,3. Pind. od. 9, 33. — Heilig war dem Hades 
die Kypreſſe und der Narkifjos; man opferte ihm 
ichwarze Schafe, indem man dabei das Antlitz 
abwandte; wenn man ihn anrief, jo ſchlug 
man mit den Händen die Erbe. Ilom. Od. 
10, 527 ff. 11.9, 568. Es gibt wenig Statuen 
und Büften von Hades; er wurde feinen Brü— 
dern Zeus und Pojeidon ähnlich dargeftellt, 
aber mit büfteren Zügen und mit in die Stirne 
hangenden Haaren, gewöhnlich in weitem Ge— 
wande und mit dem Scepter; er trägt den 
Schlüffel der Unterwelt in der Hand und hat 
ur Seite den Kerberos. Als Pluton wird er 
Fanfter dargeftellt und hält ein großes Füll- 
born. Über den Hades ald Ort, als Unter: 
welt f. Unterwelt. — Die römiſche Vor: 
ftellung des Pluto oder Dis (= dives, der 
Reiche) jowie der Projerpina als der Herricher 
der Unterwelt jcheint eine ziemlich fpäte Über: 
tragung des griechiichen Pluton und der Per: 
jephone zu fein. Beide werden wenigftens 
nicht in den alten Formeln der Todesweihe, 
wie des Decius Mus (Liv. 8, 9), worin Die 
Mächte der Unterwelt angerufen werden, ge: 
nannt. 

Hadränum j. Adranum, 

Hadria ji. Adria. 

Hadrianopölis, Adgıwrovmokıs, j. Edirneh 
oder Adrianopel, Stadt in Thrafien, in einer 
weiten Ebene am Fluſſe Hebros, da wo fid) 
der Tonjos (j. Tundicha) in demjelben er: 
gießt, ift unter den vielen von Kaiſer Ha: 
drianus benannten Städten die bedeutendite; 
ihre Blüte fällt indes erit in die Zeit des 
Mittelalter. Die Stadt war feft und wurde 
von den Goten vergebens belagert; ausgezeich: 
net waren bie hiefigen Waffenfabrifen. Kutr. 
6,8. Amm. Mare. 14, 11. — Eine andere 
Stadt des Namens lag in Kyrenaile, eine 
dritte in Phrygien. 

Hadriänus, P. Älins (oder Imperator 
er Trajanus Hadrianus, wie er ſich 

ad) der Thronbefteigung nannte), geboren 
A den 24. Jannar 76 n. E. zu Rom, aus edlem 
4 Geichlechte, welches aus Italica in Spanien 
” ftamımte, war ein Anverwandter des Kaiſers 
Zrajan und wurde nach dem Tode jeines 
Baters unter deffen Aufficht erzogen. In jeiner 
Jugend beichäftigte er fich eifrig, mit den Wiffen- 
jchaften und trat frühzeitig in Staatsdienfte. Er 
fam in jeinem fünfzehuten Jahre nah Spa: 
nien, wo er auch Kriegsdienſte that; doch berief 
ihm Trajan bald wieder zu fih nad) Rom. Rach 
dem er mehrere Ämter bekleidet hatte, jandte ihn 
Domitian gegen das Ende feiner Regierung nad) 
Möfien, von hier aus brachte er dem Trajan nad 
jeiner Mdoption durch Nerva die Glüdwünjche 
des Heeres nach Rom. Hierauf fam er nach Ober: 
germanien und übermittelte von hier, und zwar 
zu Fuß reilend, dem Trajan im Jahre 98 Die 


496 Hadrumetum 
Nachricht von Nervas Tode. Jetzt vermählte er 
ſich mit der Großnichte des neuen Kaijers, der 
Sabina, begleitete denjelben in den Krieg gegen 
Decebalus (101-107), erhielt darauf die Statt: 
halterichaft von PBannonien, jomwie ſpäter die von 
Syrien mit dem Oberfommando über das Heer 
(Dio Cass. 68, 33. 69, 1. Spart. Hadr. 5.4.3. 
Zon. 11, 23) und that fich jo hervor, daß Trajan 
ihn als feinen Nachfolger in Ausficht nahm. Ob 
freifih Trajan ſelbſt noch jeine Abficht, Hadrian 
zu aboptieren, ausgeführt hat, oder ob erſt nad 
des Kaiſers Tode deijen Gemahlin Plotina die 
Adoption vorgenommen hat (Dio Cass. 69, 1), läßt 
ſich nicht enticheiden, Thatjache aber ift, daß 9. 
die Adoption im Auguft 117 (Spart. Hadr. 4) in 
Antiocheia erfuhr, ſofort von den Soldaten als 
Imperator begrüßt und vom Senate bejtätigt 
wurde. Dio (ass. 69, 2. Spart. Hadr. 6. ber: 
zeugt davon, da ohne neue Stenerauflagen die 
GEroberungen Trajans nicht zu halten jeien, und 
daf der inneren Verwaltung des Neichs mehr Für: 
jorge zugewendet werden müſſe als bisher, gab H. 
das parthiiche Neih auf. Spart. Hadr. 5. JDio 
(ass. 69,5. Aur. Viet. Caes.14. Eutr. 8,7. Much 
in Armenien jebte er wieder einen Bajallenfönig 
ein. Spart. Hadr. 21. Doc ſchützte er überall in 
den aufgegebenen Yändern die Grenzen durd) Be- 
Iekigungen. Spart. Hadr. 12. Dio (ass. 69, 9. 

bwohl fich das Heer unter feinem Kaiſer in 
befjerem und fampfbereiterem Huftande befunden 
hat als unter ihm, führte er nur dann Krieg, wenn 
er mußte. So kämpfte er gleih im Jahre 117 
glüdlih an der Donau gegen Norolanen und 
Jazygen, die fich gegen Rom erhoben hatten. 
Spart. Hadr. 55. Ferner führte er Krieg mit 
den Juden, die er durch Gründung einer Militär: 
folonie (Aelia Cupitolina) in Jeruſalem, durch 
Errihtung heidniſcher Altäre an der Stätte des 
alten Jehovahtempels, ſowie durch Bejeitigung der 
jüdijchen Sitte der Beichneidung erbittert hatte. 
Dio Cass, 69, 12. Zon. 11, 23. Spart, Hadr. 14. 
Führer der Juden in ihrem Berzweiflungsfampfe 
war Bar-Kokaba. Diejem wurde der tüchtige rö— 
miſche Feldherr Julius Severus entgegengeftellt, 
welcher den biutigen Krieg (in dem 580 000 Juden 
getötet worden jein jollen) ziemlich ſchnell (im 
Jahre 134) beendete und Bar-Kolaba gefangen 
nahm. Dio (ass. 69, 135. Zon.11,23. Schon im 
Jahre 118 war in Nom cine Verichwörung von 
Dffizieren und Beamten gegen das Leben 9.3 ent: 
det worden, deren Teilnehmer der Senat zum 
Tode verurteilt hatte. Dio (ass. 69, 2. Spart. 
Hadr. 7. Zwar bemädhtigte ſich jeit dieſer Zeit 
bes Naijers eine gewiſſe Verbitterung, doch hinderte 
ihn dieje glüdlicherweiie nicht, eine große organi— 
ſatoriſche Thätigfeit im Innern des Reichs zu ent: 
wideln, die eine „allmähliche Gleichſtellung der 
Provinzen mit dem Mutterlande‘” bezwedte. Die 
bejte Gelegenheit, die Bedürfniſſe des Reichs fennen 
zu lernen, bot fi ihm bei jeinen langjährigen, 
ausgedehnten Reifen, auf denen er, zum Zeil zu 
Fuß, die römischen Provinzen von Britannien an 
bis nach Ägypten durchzog. Faft überall hinterlieh 
er jegensreihe Spuren jeiner Anmwejenheit, indem 
er Tempel (Spart. Hadr, 19), Theater (Dio Cass. 
69, 10), Waflerleitungen (Spart. Hadr. 20. Dio 
Cass, 69, 5) und Straßen anlegte, Städte (3. 2. 
mehrere Hadrianopolis) gründete oder durch reiche 


— Haimos. 


Geldipenden zu neuer Blüte brachte. Rom ver- 
ichönerte er mit dem gewaltigen Tempel der Venus 
und der Roma und durd Erbauung jeines Grab: 
mals, deſſen Iberrefte in die Engelsburg (. 
Roma, 22.) verbaut jind. Spart. Hadr. 19. Dio 
Cass. 69, 23. Die Macht des Senats ſuchte H. 
allmählih zu beichränfen. Bon Günftlingen hat 
er fi nie beherrichen laflen (Spart. Hadr, 21), 
auch das Berhältnis zu feinem Liebling, dem be: 
fannten Antinous (j. d. 2.), wird ein edleres ge— 
wejen fein, als man gewöhnlich glaubt. Dio Cass. 
69, 7. 11. Spart. Hadr. 14. Aur. Viet. Caes. 14. 
In Ermangelung eigener Kinder hatte er ben 
X. Commodus Verus adoptiert, welcher indes zum 
Süd für Nom bald darnach ftarb. Darauf be- 
ſtimmte er den Titus Wurelius, der nachmals 
Antoninus Pius (ſ. d.) hieß, zu jeinem Nadjfolger 
unter der Bedingung, daß derjelbe den Sohn des 
Verus, 2. Verus, an Kindesftatt annehmen jollte. 
Capit. Ant. P. 1. Hadrian ftarb zu Bajä am 
10. Juli 138. Bgl. Gregorovius, Kaijer Hadrian 
(2. nengeichriebene Auflage 1884). %. I. Müller 
in Büdingers Unterfuchungen zur römischen Kaiſer— 
geſchichte. Bd. III S. 33 ff. Schiller, Gejchichte 
der römischen Kailerzeit I, 2, 602 ff. 

Hadrumetum ſ. Adrumetum. 

Hadyleion f. Boiotia, 

Haedi j. Sternbilder, 4. 

Haedilia j. Sabini, 

Haedüi j. Aedui. 

Haemödae oder Aemodae, 7 Anjeln Germa- 
niens, in der Nähe des Codaniſchen Bujens (Kat 
tegat), vielleicht die Shetlandsinjeln, wenn fie 
nicht identisch find mit den Haebudes insulae 
"Eßovdcaı vijaoı) des Plinius und Ptolemaios, 
worunter die jebigen Hebriden zu verftchen find. 
Mela 3, 6,7. Plin. 4, 16, 30, 

Haemonia oder HaimeonYa j. Thessalia. 

Ayvıouoi |. Lustratio. _ 

Haimon, Aluor, 1) Sohn des Pelajgos, Vater 
des Theffalos, don weichem Theffalien den älte- 
ren Namen Haimonia erhalten haben jollte. Pin. 
4, 7, 14. — 2) Sohn des Lykaon, Gründer von 
Haimoniai in Arkadien. Paus. 8, 44, 2, — 3) ber 
ſchöne Sohn des Thebaners Kreon, von der Sphinx 
getötet. Nach Sophofles ift er mit Antigone, der 
Tochter des Didipus, verlobt. Als dieje, von ſei— 
nem Bater zum Tode verurteilt, ſich erhängt hatte, 
ermordete er fich bei ihrer Leiche. Soph. Ant. 1236. 
Nach Hygin (fab. 72) übergibt Kreon die Anti: 
gone jeinem Sohne, fie zu töten; der aber ver- 
birgt die Braut bei Hirten und gibt, als Kreon 
die Sache entdedt, fich und ihr den Tod. — 4) ein 
Rutuler. Verg. A. 9, 685. 

Haimos, Haemus, 6 Alwog, tb Aluor Öpos, 
j. bulgarijch Stara-Planina (d. h. altes Gebirge), 
türtiich Kodſcha-Ballan oder einfach Ballan, ein 
bedeutendes Gebirge Thrakiens, welches jih vom 
Stomiosgebirge (j. Eurbetica : Blanina) öftlich bis 
zum Schwarzen Meere erftredt, wo es nördlich 
von der Stadt Mejembria in einem Borgebirge 
(j. Kap Eminch) endigt. Obwohl nicht jehr hoch 
(die übertriebenen Angaben der Alten widerlegt 
ihon Strabon), in jeinen höchiten Gipfeln etwa 
2300m, ift es doch oft und lange mit Schnee 
bededt. Bon 7 Päſſen ift der weſtlichſte im Alter— 
tum der wichtigite, die Succorum angustiae oder 
Porta Traiani, zwischen Bhilippopolis und Serdica, 


Atgecıs — Halikarnassos. 


der heutige Sulu Derbend. Herodot (4, 49) dehnt 
den Namen übrigens weiter aus, wie auch der 


497 


bujen, mit einem durch die Inſel Arlonnejos ge- 
bildeten Hafen. Sie war ſtark befeftigt und hatte 


Karthager Hannon in feinem Beriplus und Am: | im D. eine Alropolis (mit der berühmten Statue 
mianus Marcellinus, Thuc. 2, 96. Strab,. 7, 313. | des Ares von Leochares), im W. am Meere die 


Amm. Marc. 21, 10. 

Algeaıs |. Xrıgorovia. 

Halal, Alai, 1) Araphenides und Aixo- 
nides j. Attika, 18. — 2) der innerjte nörd- 
lichte Winkel des Peiraieus, ein von ihm durch 
einen Damm abgejchnittenes jeichtes und ſchlam— 
miges Wafferbeden, vielleicht zur Gewinnung von 
Seejalz benugt. Xen. Hell. 2, 4, 34. 

Halaisos, Acicös, Halaesus, unechter Sohn 
oder Befährte Agamemnons, flüchtete nach der Er: 
mordung desjelben nad Etrurien, gründete die 
Stadt Falerii (j. Etruria, 6.) und gab den 
alijfern den Namen. Ov. fast. 4, 73. am. 
3, 13, 31 ff. 

Halesa, “Alaıca und "Alesa, Stadt Siciliens 
an der Nordküfte am Halejosfluffe j. Pittineo), j. 
Ruinen bei Tuja. Sie war gegründet auf Ber: 
anlafjung des Sifulerfürften Archonides von grie: 
chiſchen Söldnern mit Beihülfe von Koloniften aus 
Herbita. Die Lage beförderte den Verkehr, und 
die Römer —— die Blüte noch mehr durch Er— 
teilung der Rechte eines Municipiums und Steuer— 
freiheit. Cie. Verr. 3, 73. 2, 7. ad fam. 13, 32. 
Diod. Sie. 14, 16. Strab. 6, 266. 

Haliakmon, "Alıdxuwr, j. Viſtritza, türkiſch 
Indſche-Karaſu, Flug Maledoniens, entipringt auf 
den Gebirge Tymphe an der Grenze von Epeiros 
und Syrien, jtrömt erjt jüddjtlidh, dann nord— 
öftlich und ergießt fich in den Thermaifchen Meer: 
buſen. Ildt. 7, 127. Strab. 7, 330. Die Bezeid): 
nung bei Gäjar (b. c. 3,36) als Grenzfluß zwiſchen 
Makedonien und Thefjalien ift ungenau. Ziv. 42, 553. 

Haliartos, "Aldagrog, j. Ruinen bei Mazi, alte 
Stadt Boiotiens am jüdlichen Rande des Kopaiſchen 
Sees und am Flüjchen Melas, wird als „gras: 
reich““, zog, jhon von Homer (Il. 2, 50%) 
enannt. Terxes zerftörte die Stadt, welche zur 
Sache Griechenlands geftanden hatte, doch erlangte 
fie bald wieder große Bedeutung. Thuc. 4, 95. 
Als fie aber im Winter 171—170 dv. E. wegen 
ihrer Anhänglichkeit an Perjeus von den Nömern 
zerjtört worden war, hob fie fich nicht wieder be: 
deutend; das fruchtbare Gebiet wurde den Athenern 
auf ihre Bitte überlafjen und Hinfort durch athe: 
niſche Landvögte (Zmuusinral) verwaltet. Liv. 
42,63. Yu Pauſanias' Zeit verfielen die Tempel 
ihon. Paus. 9, 32, 5. 33,3. Bor den Mauern 
von H. verlor Lyjandros 394 v. C. Schlacht und 
Leben. Xen. Hell. 3, 5, 18 ff. P’lur. Lys. 28 f. 

Halieis, ‘Alıeis oder aud "Allan, der Name 
einer alten Ortichaft in Argolis ſüdlich von Her: 
mione, uriprünglic eine Niederlafjung hermio- 
niſcher Fiſcher und Salzfieder, die durch Zuwan— 
derung von Tirynthiern verſtärkt wude. Schon zur 
Zeit Strabons ſcheint keine Ortſchaft dieſes Namens 
beſtanden zu haben. Hut. 7, 137. Strab. 8, 373. 

Halicyae oder Halyciae, "Alınvaı, Stadt auf 
Sicilien zwiſchen Lilybaion und Entella; j. Salemi. 
Yange hatten fie die Karthager in Befig; zu Cice— 
ros Zeit war fie tributfreie Municipalftadt. Cie. 
Verr. 2, 28. 3, 6. Diod. Sie. 14, 55. 22, 7. 

Halikarnassos, "Alıraovasooög, j. Budrum mit 
Ruinen, bedeutendfte Stadt in Karien am Ab: 
hange eines fteilen Feljens am Keramiſchen Meer: 


Reallerifon des Mafj. Altertums. 7. Aufl. 


Burg Salmäfis (mit einer Quelle, deren Waſſer 
verweichlihen ſollteß. Dorer aus Troizen und 
Argiver hatten jie gegründet; jie gehörte zur do— 
riichen Herapolis, aus welcher fie aber infolge eines 
Zwiſtes ausgeftoßen wurde. Hat. 1, 144. 7, 99. 
Unter den Tyrannen, welche dort herrichten, ijt 
bejonders Lygdamis zu nennen, deifen Witwe 
Artemifia bei Salamis für Kerges fämpfte, jodann 
Maujollos (F 352 v. E.) und defien Schweiter und 
Semahlin Artemifia, die Gründerin des Mauſo— 
leion. Diejes Grabmal (Plin. 36, 30. 31), wahr: 
icheinlich Schon unter Maujollos jelbjt entworfen 




















und begonnen, unter feiner Witwe Artemifia (351 
— 348) weiter gebaut, aber erjt nad) deren Tode 
anz vollendet, eines der 7 Wunderwerfe der alten 
Welt, beftand aus einem vieredigen mit 36 Säulen 
umgebenen Unterbau, 411 Fuß im Umfang und 
37", Elle hoch, der die eigentliche Grablammer 
enthielt; darüber erhob ſich ein ebenjo hoher Auf: 
jaß, ein Tempel, in dem Maufjollos und Artemijia 
göttliche Verehrung genofien, dejien Dad) fich in 
24 Stufen zu einer Pyramide zujpißte, auf deren 
Spike eine Duadriga aus Marmor von der Hand 
des Pythis ftand. Die Architekten waren Satyros 
und Pythis (Pythios, die Skulpturarbeiten waren 
im Wettjtreit von Stopas, Bryaris, Timotheos 
und Leochares auf je einer Seite gemadt. 1856 
—59 find im Auftrage der englischen Regierung 
unter Newtons Leitung die vorhandenen Weite 
freigelegt und Werte griechiiher Skulptur von 
teilweife hervorragendem Werte hervorgezogen 
worden (j. in London); eine Neftauration des Denk— 
mals hat aufer andern namentlich der Ardjiteft 
Pullan verjucht (j. die Abbild.). — Alerander der Gr. 
32 


498 


Halimus — Hamilkar. 


eroberte und zerftörte die Stadt (Arr. 1, 20, 3 ff. | genannt, mündet nach furzem Laufe bei Mazara. 
Diod. Sie. 17, 23 ff.), welche fich jeitdem nie wieder | Der größere Halyfos bildete meiftenteild die Grenze 
recht erholen fonnte (Cie. ad Qu. fr. 1, 1, 8), doch | zwiichen den Gebieten der Starthager und der 


ficherte ihr fefter Felfengrund fie vor den Gefah: 
ren, die andern Städten durch Erdbeben drohten. 
Tac. ann. 4, 55. — 9. war Baterftadt der beiden 
Sefchichtichreiber Herodutos und Dionyſios. Strab. 
14, 656. 

Halimüs, ‘Aıuoös, attijcher Demos etwa 1", 
Stunde jüdlih von Athen, mit Tempeln des He— 
rakles und der Demeter, Geburtsort des Hiſto— 
riferd Thufydides. 

Halirrhothios, “Altpoötıog, Sohn des Po: 
jeidon, der, al3 er in Attifa die Tochter des Ares 
und der Agraulos, Alkippe, angriff, von Ares 
erjchlagen ward. Ares ward wegen des Mordes 
von Pojeidon auf dem Areopag, wo die 12 Götter 
zu Gericht jahen, angellagt, aber freigeiprochen. 
Apollod. 3, 14, 2. 

Halitherses, ‘Aludfoons, Sohn des Majtor 
in Ithaka, berühmter Wahrjager, der dem Tele: 
machos gegen die Freier beiftand. Hom. Od. 2, 
157. 253. 24, 451. 

Halizönes, ‘Alıköreg, werden bei Homer (Il. 
2, 856. 5, 39) unter den Hülfsvölfern des Pria- 
mos genannt, das „ferne Alhbe“ war ihre Haupt: 
ftadbt. Sie wohnten am Pontos in Bithynien 
ald Nachbarn der PBaphlagonier; es find wahr: 
jcheinlich die jpäteren Chalyber (Strab. 12, 544. 
14, 677). Mertwürdig war nah Pauſanias 
(1, 32,1) bei ihnen die Zahmheit der Bienen, welche 
in enger Gemeinjchaft mit den Menjchen lebten 
und bauten. Sie find nicht zu verwechieln mit 
den ſtythiſchen Alazones. 

Halkyöne j. Keyx. 

Halöa j. Dionysos, 6. 

Halonösos, ‘4.0vn00g5, Inſel mit gleichnamiger 
Stadt im Aigaiiſchen Meere zwiſchen Skiathos 
und Peparethos, befannt als Schlupfwinkel von 
Seeräubern; diejer Inſel wegen fanden Streitig- 
feiten * Athen und Philipp von Mate: 


donien ftatt. Dem. Hal, 77. de cor. 248. Aeschin. 
Otes. 83. Kiepert verfteht darunter d. heut. Hagios 
Euftratios bei Lemnos, Burfian Stanzura zwiſchen 
Ehelidromia und Skyros, andere Xeronifi bei os. 
— Eine zweite ganz unbedeutende Inſel des N. 
lag am Korpfiichen Borgebirge in Jonien. 

Halos, "Alos, 6 und 7), Stadt in Phthiotis 
auf einer fteilen Vorhöhe des Othrys, einft der 
Hauptſitz des Gejchlechts des Athamas, gehörte zur 
Herrſchaft des Achilleus; fie lag in der fruchtbaren 
Athamantifchen Ebene nicht fern vom Amphryſos— 
flug und unweit des Pagajatischen Meerbujene. 
Seht Ruinen Kephalofi. om. Il. 2, 682. Hat. 
7, 173. Strab. 9, 433. 

Haltöres, «Arnjgss, benußten die Griechen, um 
beim Springen dem Körper die gehörige Schwung: 
fraft und namentlich bei dem Weitiprunge Sicher: 
heit in der Richtung zu geben. Sie glichen in 
der Form unjern Hanteln. 

Haluntium j. Aluntium. 

Halykos, "Avxog, Name zweier Flüſſe auf 
Sicilien, die beide an der Südküſte münden. Der 
größere, öftliche, j. Platani genannt, entipringt 
auf den Nebrodiichen Bergen und ergießt fich bei 
Herafleia Minoa ins Meer; er berührt in feinem 
Laufe Salzquellen, daher vielleicht der Name. Der 
kleinere, weitlicher fließende, j. Delia oder Arena 


Hellenen auf Sicilien. Diod. Sie. 15, 17. Plut. 
Timol. 34. 

Halys, "Alvs, j. Kyſyl-Irmal, der größte Fluß 
Kleinafiens, entipringt auf dem Antitauros, läuft 
zuerft gegen W., dann aber, Salatien durchitrö: 
mend, ald Grenzfluß zwiſchen Baphlagonien und 
Pontos gegen N., wo er fih in den Pontos 
Eureinos ergieft. Strab. 12, 546. Früher jchied 
er das Indiiche Neich vom perfiichen (Hat. 1, 72. 
Thue. 1, 16), jpäter mit dem Tauros Stleinafien 
von dem andern Aſien. 

Hamadryädes j. Nymphae, 4. 

Hamaxitos, 7) Auafırös, Stadt an der ſüd— 
weltlichen Küfte von Troas, nahe am Meere, nörd: 
lih vom Vorgebirge Lekton; wahrjcheinlih von 
Niolern gebaut, aber jchon zu Auguſts Zeit ver: 
ſchwunden, da Lyſimachos die Bewohner gezwungen 
hatte, nach Mlerandreia Troas zu ziehen. In der 
Nähe waren die (an der Mündung des Tuzla noch 
vorhandenen) tragaſaiiſchen Salinen, rö To«- 
yasador «horı;yıor, nach welchen die ganze Küſten— 
ftrede bis Lelton hinab Alnsıor medio» hieß. 
Thuc. 8,101. Xen. Hell. 3, 1, 13. Strab. 10, 473. 
13, 604 u. ö. 

Hamilkar, — 1) Sohn des Mago, von 
Gelon in der Schlacht bei Himera geſchlagen, 
480 v. E., wobei er das Leben verlor. Mt. 7, 166. 
— 2) H. Rhodanus, Gejandter der Warthager 
an Alerander den Gr. 332 v. E., ein Mann von 
großer Beredfamfeit. Troß aller jeiner Verdienſte 
wurde er nad) feiner Nüdlehr hingerichtet. Just. 
21, 6. — 3) Befehlshaber der Karthager auf Si: 
ciltien zur Zeit des Ngathofles, zu deſſen Gunſten 
er einen Frieden zwiſchen demjelben und den grie- 
chiichen Städten zuftande brachte, weshalb die 
Karthager ihn mit dem Tode bedrohten. Just. 
22,25. — 4) befehligte im I. 260 v. E. auf Si— 
cilien, fiegte bei Thermai (Pol. 1, 24), verlor aber 
im Nahre 257 eine Seeſchlacht beim Borgebirge 
Tyndaris. Als Negulus in Afrifa gelandet war, 
wurde 9. (256) im Kampfe bei Adis (Diod. Sie. 
23, 9) gefangen genommen und joll in Rom mit 
Härte behandelt worden jein. — 5) 9. Barfas 
oder Baraf (db. h. Bliß), ö Büexas, Bater Han: 
nibals, einer der größten Feldherren Karthagos. 
Seine Vaterſtadt fandte ihn im Jahre 247 v. E. 
nach Sicilien, um den noch von den Karthagern 
bejegten Teil der Inſel zu verteidigen. Da Kar— 
thago dem jungen, tüchtigen Manne wenig oder 
gar feine Mittel gewährte, jchuf er, durch die 
reichen Gaben jeines Beiftes begünftigt, aus ange: 
worbenen Söldnern, denen jomit des Feldherrn 
Berjönlichleit die Vaterlandsliebe erjegen mußte, 
ein Heer, welchem die Römer den Reit Siciliens 
vergebens zu entreißen juchten. Bom Berge Erfte 
(dem jegigen Monte Pellegrino bei Palermo) aus 
(Pol. 1,59. Nep. Ham. ı) fämpfte er, nachdem er 
in Vorpoftengefechten jeine Krieger zum Kampfe 
gegen die römilchen Legionen vorbereitet hatte, in 
jehr günftiger Stellung mehrere Jahre gegen die 
Römer, durchitreifte das platte Land, rüjtete im 
dem am Fuße des Berges liegenden Hafen eine 
Flotte aus und brandidhagte die Küften Ftaliens 
und Siciliens bis Kyme und Katana hin. Dann 
bemächtigte er ſich von dieſem ſtark befeftigten 


Hannibal. 


Punkte aus aud) des Berges Eryr und befagerte 
den auf der Spike des Berges liegenden und von 
punifchen Uberläufern mit dem Mute der Ber: 
zweiflung verteidigten Tempel der Venus Eryeina, 
während die Römer ihn jelbjt von der Ebene aus 
einichloffen. Immer mehr wuchs durch fiegreiche 
Erfolge der Mut des Heeres, immer tüchtiger 
wurde es, da rüjteten die Römer mit Anftrengung 
aller Kräfte eine Flotte und befiegten die Kar: 
thager in der Seejchlacht bei den Ägatiſchen Inſeln, 
worauf Karthago einen Frieden ſchließen und Ham. 
Sicilien räumen mußte, 241. Pol. 1, 20—56. 
Diod. Sie. 24. Nep. Ham. 1. Nach jeiner Rückkehr 
nah Karthago brach der Aufftand der Söldner 
aus, denen der Sold nicht bezahlt werden Fonnte. 
Sie rifjen ganz Numidien mit ſich fort und brach: 
ten Karthago an den Wand des VBerderbens, bis 
Ham. durd Lift und Gewalt den Aufſtand nieder: 
ihlug, dabei aber mit Hanno (j. d.), dem Haupte 
der arijtofratijchen Partei, in erbitterte Feindſchaft 
geriet. Pol. 1, 88. Nach Befiegung der Numider 
führte 9. feinen Plan aus, durch Eroberung des 
an Metallen und ftreitbaren Männern reichen 
Spaniens jeinem VBaterlande für das verlorene 
Sicilien Erjag und dadurd die Mittel zum aber: 
maligen Nampfe gegen Rom zu verichaffen. Er 
ging hinüber nad) Spanien und gebot bei dem 
großen Anfehen, in welchem jeit 241 feine Familie 
in Karthago ftand, dajelbit faft als unbejchränfter 
Herrſcher. Pol. 2, 1. Er bildete hier ein Heer, 
welches feinem noch größeren Sohne das Mittel 
zur Befämpfung Roms verichaffte, ein Heer, welches 
jich jelbft durch die Schäße des eroberten Landes 
erhielt, ohne Karthago etwas zu koſten, welches 
aus diefem Lande jeine hauptjächlichite Ergänzung 
und friegeriiche Kraft z0g. In den Jahren 236— 
229 unterwarf er einen großen Teil Spaniens und 
fiel zulegt in einer Schlacht gegen die Bettonen, 
eine ſpaniſche Bölferjchaft in der Gegend des heu— 
tigen Madrid. Just. 44, 5. App. 6, 5. 7,2. An 
Spanien muß jeine Thätigfeit dauernde Spuren 
hinterlaſſen haben, da noch ein Menjchenalter nad 
jeinem Tode der ältere Cato bei allem Haß gegen 
Karthago auärief, neben H. jei fein König wert 
genannt zu werden. — 6) ein farthagiicher Feld— 
herr, der 218 v. E. auf der Inſel Malta gefangen 
genommen wurde. Liv. 21, 51. — 7) befehligte in 
den legten Jahren des zweiten punischen Krieges in 
Oberitalien, wo er no im Jahre 200 v. E. den 
Kampf fortjegte und die Gallier gegen Rom aufwie— 
gelte. Auf die Klage der Römer über jein Benehmen 
wurde er in Karthago mit dem Erile beftraft und 
jein Vermögen eingezogen. Er fiel im Jahre 197 
in einer Schlacht als Anführer der Gallier gegen 
die Römer (Liv. 31, 10. 19. 21; anders 33, 23). 
Hannibaf, ’Avvißag, 1) ein Sohn Gijtos, kam 
409 dv. €. den Segeftanern mit einem Heere zu 
Hülfe, ftarb im Jahre 406 an der Peſt auf Sicilien. 
— 2) befehligte um 265 v. E. eine karthagiſche 
Flotte bei Lipara und verjuchte, jedoch vergeblich, 
Mefiana, wo die Mamertiner ſich empört hatten, 
in jeine Gewalt zu bringen. Darnach verteidigte 
er (262) das von den Römern angegriffene Agri- 
gent 7 Monate lang mit großer Gejchidlichkeit 
und zog fid) mit dem Reſte der Bejaßung, als er 





499 


er den Tod am Krenze. — 3) Sohn des Hamilfar, 
brachte dem hartbedrängten Lilybäum im Jahre 
250 v. E. Zufuhr und z0g ſich darauf glüdlich 
vor der überlegenen römijchen Flotte nach Depra— 
non zurüd. Pol. 1,44 ff. Er fiel im Söldnerfriege. 
Pol. 1, 86. — 4) der Rhodier, ein kühner Seeheld, 
der im erjten punijchen Kriege mitten durch die 
feindlichen Flotten hindurchfuhr und der Stadt 
Lilybäum Hülfe brachte. Bei einem jpäteren Ver: 
juche nahmen ihn die Römer gefangen. Pol. 1, 46. 
— 5) ber ältefte Sohn des Hamilfar Barkas, ge: 
boren 247 v. E. (nad) Mommjen 249), begleitete 
feinen Bater als Knabe im %. 237 nad Spanien. 
In dem feurigen Knaben pflegte und nährte der 
Bater unverjöhnlichen roll gegen Rom. Lir. 
21,1. Nep. Hann. 2. App. 7, 3. Pol. 3, 11. 
Flor. 2, 6,2. Nach einigen blieb er jeitdem in 
Spanien und erlernte im Sriegslager und unter 
des Vaters Augen den Kriegsdienft, nach andern 
fehrte er nach Afrika zurüd und kam erjt 224 
(Liv. 25, 5) wieder nach Spanien. Doch tft das 
erjtere wahrjcheinlicher. So erwarb er ſich eine un: 
gewöhnliche Kriegserfahrung. Glänzende förper: 
liche und geiftige Eigenschaften, große Gewandtheit, 
Enthaltjamfeit, Ausdauer, Mut, Klugheit, Scharf: 
finn zeichneten ihn aus, faltblütige Entſchloſſenheit 
hielt ihn auch in der geöhten ing aufrecht. 
Sein Feldherrntalent ftellt ihn unter die größten 
Krieger aller Zeiten, jeine Gabe, die verjchieden: 
artigen Beſtandteile jeines® Heeres zuſammenzu— 
halten und zu einem harmonijchen Ganzen zu 
verbinden, jeine Ausdauer und Aufopferung, durch 
welche er ſich der Soldaten Liebe und unbedingte 
Hingebung gewann und ficherte (Liv. 21, 4), fein 
icharfer Verſtand, jein jchneller Blid machten ihn 
eeignet zur Übernahme der großen Aufgabe, die 
Fin Geſchlecht fich geftellt, Karthagos Demütigung 
an dem gewaltigen Gegner zu rächen und dem 
bedrohten Baterlande die Herrichaft über Rom zu 
erringen. Nach des Baters Tode diente 9. unter 
feinem großen Schwager Haſdrubal als Befehls— 
(kan der Reiterei und zeigte in dieſer Eigen: 
haft durch perjönliche Tapferkeit und glänzende 
Führung den großen Feldherrn. So war es be: 
greiflih, daß nach Hajdrubals Ermordung aller 
Augen auf ihn gerichtet waren und das Heer, bei 
dem die Macht war, den jungen Feldherrn mit 
vollem Bertrauen an jeine Spige berief. Pol. 2,36. 
3, 13. App. 6, 8. Er übernahm das Kommando 
und führte es, wenn das Glüd ihm zulegt auch 
untren wurde, mit jener Vorſicht und Thatkraft, 
jener Bejonnenheit und Begeifterung, welche den 
großen Mann kennzeichnen. Dabei bejaf er die her- 
vorftechenden Eigenichaften jeines Bolfes, Ber: 
ichlagenheit und Berjchmißtheit, welche ihn in plöß- 
lihen und ungeahnten Überfällen und Xiften oft 
überrajchende Erfolge erringen ließen, in hohem 
Grade. Er übernahm nun 221 den Oberbefehl, 
unterwarf Spanien bis an den Ebro, arbeitete an 
der Ausbildung des Heeres unverdrofien und jam- 
melte einen tüchtigen Generalftab um ſich, der aus 
den langerprobten, bewährten Feldherren jeiner 
Vorgänger beſtand. Dann that er den enticheiden- 
den Schritt, der den Krieg mit Rom herbeiführen 
mußte. Nach dem unter Hajdrubal zwiſchen Rom 


die Stadt nicht länger behaupten fonnte, glüdlic) ‚und Karthago geichloffenen Vertrage jollte der 


und von den Römern unbemerkt nah Lilybäum 
zurüd. Pol. 1,17ff. Val. Max.7,3. Später ftarb 


Ebro die Grenze der karthagiſchen Serrichaft bilden. 
H. überjchritt nicht nur den Fluß, jondern be 


32* 


500 


lagerte auch die griechische, den Nömern befreundete 
Kolonie Sagunt, weldhe er nad hartnädigem 
Kampfe (Juni 218) einnahm. Pol. 3, 17. Liv. 
21, 7}. kutr. 3,7. Während die Nömer vergeb- 
fiche Verſuche zur Bejtrafung des dreiften Feld— 
heren in Karthago machten und den Krieg erklärten, 


rüftete H., obſchon nicht mit völliger Buftimmung | 
Karthagos, gewaltig, jicherte A rifa und Spanien | 
fotten, verficherte | 


durd) Starte Beſatzungen und — 
ji der Treue der Spanier durch Beijeln und ver: 
ſprach den Libyern nad Beendigung de⸗ Krieges 
das karthagiſche Bürgerredht. Pol. 3, 39. 
21,18. Im Spätjommer 218 brach er mit mehr 
als 100 000 Manu und 37 Elefanten von Neufar: 
thagoauf. In Italien wollte er Rom befiegen, denn 
jonjt würde ohne Zweifel, jo meinte er, Rom das: 
jelbe gegen Karthago in Afrika verſuchen. Es 
galt, dem zuvorzukommen. Er überjchritt den Ebro, 


ging, nachdem er ſich mit einigen Keltenftämmen 


verjtändigt hatte, über die Pyrenäen und drang 
nah Bejeßung der Pyrenäenpäſſe unter teten 
Kämpfen gegen den Rhodanus vor. Dann überftieg 
er unter geoßen Schwierigkeiten und Gefahren und 
nach großen Berlufte, während die Römer jeinem 
Heranzuge längs der galliichen Küfte entgegen: 
jahen, fühn die Alpen, wahrjcheinfich den Mont 
Genis (j. Alpes). Mit einem durch ftete Kämpfe 
und unerhörte Strapazen gejchwächten Heere von 
etwa 50 000 Mann erreichte er zum Schreden der 
Römer Oberitalien, gewann durch kluge und milde 
Behandlung die dortigen Gallier und verjtärkte 
durch fie jein Heer. Dann jchlug er mit Hülfe 
feiner trefflichen numidiſchen Reiterei die Römer 
am Ticinus (nach diefem Fluſſe wird das Treffen 
benannt, obgleidy es einen Tagemarſch von m 
entfernt am Po geliefert ward), zog darauf über 
den Bo und gewann die blutigen Schlachten an 
der Trebia (Dezember 218) und am Trajime: 
niſchen See (26. oder 27. Juni nach dem unbe: 
richtigten Kalender, nach dem berichtigten April 217). 
Liv. 21, 52 ff. 22,4. 7. Pol. 3, 68 ff. 82 ff. Plut. 
Fab. 3. In Rom wählte man nun den DO. Fabius 
Marimus zum Diltator, der in vorfichtiger Krieg: 
führung den Narthagern jtets auf den Höhen nad): 
folgte (216), zum großen Berdruß jeiner Soldaten, 
und ſich weder durch Spott und Hohn noch durch 
ihre Unzufriedenheit in jeinem Verfahren irre 
machen ließ. Einem Überfall entging H. durch 
Lift und durchzog die Gebirgslandichaften Hirpi- 
nums und Sammiums, in denen er zwar reiche 
Beute machte, aber nirgends Bundesgenofien fand. 
Die mit Fabius unzufriedenen Römer nötigten ihn 
zu einer Teilung des Heeres mit jeinem Magiſter 
Equitum M. Minucius Rufus; indes ein diejem 
zugeftoßener Unfall brachte den Zauderer (cunc- 
tator) Fabius bald wieder an die Spike des gan: 
zen Heeres. Liv. 22, 9 ff. 24 ff. Pol. 3, 90 ff. Als 
aber die Zeit jeiner Diktatur abgelaufen war, wählte 
man 2 neue Konfuln, 2. Amilins Paulus und C. 
Terentins Varro, und durch des letzteren Schuld 
ging (216) die biutige Schlacht bei Cannä ver: 
loren und wurde das große 80000 Mann ſtarke 
Heer, das Rom mit Anftrengung aller Kräfte zu- 





5,1. Liv. | Berzweiflungsfampfe treiben. 





Hannibal. 


Liv. 22, 43 ff. Pol.3, 107 ff. Plut. Fab.15. ber 
er wollte, weil er fich zu einem ſolchen Sclage 
für zu ſchwach hielt, Rom erjt jeiner Stüßen in 
Italien, der mittelitaliihen Bölterichaften — die 
unteritaliichen hatten ſich größtenteils den Buniern 
angejchlofjen — berauben und dann bie ijolierte 
Stadt mit einem Schlage vernichten. Darum be: 
gnügte er fich flugermeije damit, nad) der can: 
nenſiſchen Schlacht die Stadt durch jein Erjcheinen 
zu jchreden, wollte aber nicht durch einen Angriff 
das noch nicht genug geſchwächte Rom zu einen 
Er verbradite die 
nächte Zeit im üppigen Gapua, deſſen mildes 
Klima und Sinnenluft nachteilig auf fein Heer 
einwirkte, verjtärfte ſich von Karthago aus, wenn 
auch nur ungenügend, und rieb bie befte Kraft 
jeines Heeres in zahllojen Heinen Rämpfen und 
Städtebelagerungen auf, während in M. Claudius 
Marcellus ihm ein fajt ebenbürtiger Gegner er: 
wucs. Liv. 23, 14 ff. 35 ff. 25, 16 ff. App. 7, 28. 
Sp durdyzog H. in dem dritten Zeitraume diejes 
Krieges von 215— 208 Unteritalien, ohne Nom be: 
zwingen zu können oder von feiner Baterjtadt ge: 
bührend unterftüßt zu werden, und zog fich endlich, 
nachdem die Hoffnung, von feinem Bruder Hajdrubal 
Unterftüßung zu erhalten, durch deſſen Tod (207) 
vereitelt war (j. Hasdrubal, 3.), in die äußerſte 
Ede Italiens zurüd, bi$ er im Jahre 203 nad) 
Seipios Landung in Afrifa nad) Karthago zurück— 
gerufen wurde.  Zie. 27.28. Pol. 11, 1,3. App. 
5, 52ff. Flor. 2,6. Er traf ausgezeichnete Ver: 
teidiguingsmahrepeln, unterlag aber jeinem großen 
Gegner Scipio und dem numidiichen König Maji- 
nifja in der Schlacht bei Naragara (andere Zama) 
im Juli oder Auguft des Jahres 202, in der er 
jeine ganze, auch von jeinen Gegnern auerkannte 
Feldherrngröße aufs glänzendite bewährte. Pol. 
15, 15. Liv. 30, 35. App. 8, 40. Mit wenigen 
Reitern vom Schlachtfelde entfliehend, begab er ſich 
nach Karthago, wo er dringend zum Frieden riet. 
Liv. 30, 36 f. Nach deffen Abſchluſſe trat er an 
die Spike der inneren Verwaltung und zeigte ſich 
nicht minder groß als Staatsmann wie als Feld: 
herr. Sichtbar blühte unter feiner Hugen, umſich— 
tigen Leitung fein heruntergefommenes Baterland 
wieder auf, erregte aber gerade dadurd den Arg— 
wohn Roms. Diejes jchidte, von 5.3 Feinden, 
den Optimaten und dem Könige Mafiniffa von 
Numidien, angejtachelt, eine Kommiffion zur Unter: 
juchung der gegen ihn erhobenen Anlagen nad) 
Karthago, obwohl der edle und billig denfende 
Scipto fid) jeder Einmilchung im die inneren An- 
gelegenheiten Karthagos widerjegte. Der verleum- 
dete H. mußte, um jein Leben zu retten, flüchten 
(195, nad) Nep. Hann. 7 im Jahre 196; vgl. Lir. 
33, 45—49. Jul. Obs. 50. App. 10, 2. Just. 31, 2 
und fand bei Antiochos dem Gr. von Syrien gaft: 
lihen Schuß. Diejen verfuchte er zu einem Ein— 
falle in Italien zu bewegen, Antiochos jedod) 
zögerte und lieh den günftigen Augenblid vorüber: 
gehen (Liv. 34, 60. 36, 13. Pol. 3, 11); als er zu 
jpät den Krieg im Jahre 190 begann, unterlag 
er, da er 9.8 verftändige Natichläge unbeachtet 


jammengebradht hatte, von H. nur mit 50 000 Mann | ließ. Liv. 36, 7 ff. 37, 23. Nep. Hann. 8. Seiner 


durch weile Benutzung des Terrains und der Wit- 
terung bis zur Vernichtung geichlagen. 
verloren gemwejen, wenn 9., 


im Frieden mit Antiochos von den Römern be- 


Rom wäre | dungenen Auslieferung entging 9. durd die Flucht 
dem Hate Maharbals | zum Könige Prufias von Bithynien; von diejem 


folgend, es jofort mit Energie angegriffen hätte. | an die ihn aud) dorthin verfolgenden Römer ver: 


Hanno — 


raten, gab er ſich durch Gift, welches er ftets bei 
jih trug, jelbit den Tod, 183. Es jcheint, daß 
nicht der Senat, jondern Flamininus der Urheber 
diejer Verfolgung des greifen Flüchtlings gewejen 
ift. Nep. Hann. 9 ff. Liv. 39, 51. Plut. Flamin. 
20. Er hat ein Mlter von 64 (oder, wie Nepos 
fagt, von 67) Jahren erreicht. Seine großen, ſel— 
tenen Eigenſchaften, die unbeftritten anerlannt 
werden, gleichen die ihm von feinen Gegnern vor: 
geworjenen (Liv. 21, 4. 26, 38) Fehler der Un— 
menjchlichleit, Unmwahrheit, Treulofigfeit, gegen die 
ihn andere verteidigen, und welche wohl mit 
größerem Rechte feinen — zur Laſt 
fallen, volltommen aus (vgl. Mommien, römijche 
Geich. 1 ©. 569 der 6. Aufl.). Dem merkwürdigen 
Manne fehlte es, ungeachtet er im rauhen Sol: 
datenleben aufgewachjen war, keineswegs an gründ— 
liher Bildung, was auf feine Erzieher, den Vater 
und Schwager, wohl ein günftiges Licht wirft. 
Er erlernte noch im Alter vom Spartaner Sofilos 
die griechifche Sprache, welche er ſprach und in der 
er jelbft jchrieb. — Vgl. Rospatt, Unterfuchungen 
über die Feldzüge Hannibals (1864), Winde, der 
zweite punijche Krieg und der Kriegsplan der Kar— 
thager (1841). W. Streit, zur Gejch. des zweiten 
punischen Krieges nah der Schlaht von Cannä 
(1887). 

Hanno, "Avror, 1) der Seefahrer, ein Sohn 
Hamilfars, befannt durch eine von ihm wahr: 
jcheinlich um 470 v. E. oder vielleicht ſchon 510 
unternommene Entdedungsreije längs der Nord: 
wejtfüfte Afrilas, durch welche er die Macht und 
den Handel Karthagos zu erweitern beabfichtigte 
und auf der er viele Kolonien gründete. Die 
urjprünglich in puniicher Sprache abgefaßte Neije: 
beichreibung (megiakovg) wurde frühzeitig ins 
Griechiſche übertragen und ift noch vorhanden. 
Dieſer griechiſche Text ift mit den fjogenannten 
Heinen Seographen oft herausgegeben (zulegt von 
K. Müller, 1855), bejonders von Falconer (1797) 
und Kluge (1829). — 2) befiegte den Reſt des von 
Agathofles in Afrika zurüdgelaffenen Heeres im 
Sahre 310 v. E. Diod. Sie. 20, 60. — 3) kämpfte 
egen die Römer im erjten punifchen Kriege auf 
Sicilien und erlitt eine Niederlage bei Agrigent 
(Pol. ı, 18 f.), nachdem er zuerst qlüdlich geweien 
war. — 4) der Große, Statthalter Libyens um 
240 v. E., erregte hauptſächlich durch jeine Be: 
drüdungen den Aufftand der Yibyer in Verbindung 
mit den Söldnern, gegen die er als tüchtiger 
Krieger den Oberbefehl befam. Er fiegte bei Utifa, 
zog jidy aber dann jorglos zurüd, wurde von ben 
Söldnern überfallen und erhielt den Hamilkar 
Barfas zum Mitfeldherrn. Mit Erlaubnis des 
Senates zu Karthago wählte das Heer, weil Hanno 
aus Mifgunft den Hamilkar micht gehörig unter- 
jtüßte, diejen zum Anführer. Pol. 1, 67. 74. Seit: 
dem lebte Hanno mit ihm in erbitterter Feindichaft, 
welche dur eine Ausjöhnung nicht dauernd be: 
jeitigt wurde; denn nach Beitegung der Söldner 
war Hanno Ankläger des Hamilkar, jedoch ohne 
Erfolg. Pol. 1, 82 ff. Auch jpäter zeigte er jich als 
Feind der Barkiner, namentlich des Hajdrubal 
und des Hannibal, deren Macht er für gefährlich 
hielt, ſowie er in ihrer Kriegsluſt gegen Rom ein 
Unglüd für jein Vaterland ſah. Nach der Schlacht 
bei Zama war er unter den Gejandten, die im 
Namen Karthagos um Frieden baten. Er ftarb 





501 


in hohem Alter. Liv. 21, 3. 23, 12 ff. App. 8, 49. 
— 5) erhielt den Befehl, die Pyrenäenpäffe zu be: 
wachen, wurde aber von En. Scipio geichlagen. Liv. 
21, 23. 60. — 6) Unterfeldherr Hannibals, deſſen 
Übergang über den Rhodanus er ſehr gejchidt dedte. 
Liv. 21, 27. — 7) befehligte bei Cannä den linfen 
Flügel des karthagischen Heeres. Nach der Schlacht 
fämpfte er in Interitalien, eroberte mehrere grie: 
chiſche Städte, wurde 214 v. E. von Ti. Gracchus 
bei Beneventum geichlagen, fiegte aber in Luca— 
nien. Liv. 23, 37. 24, 1ff. 14ff. — 8) befehligte 
im Jahre 211 v. C. ein Heer auf Sicilien, er: 
litt aber durch Verrat eine Niederlage und ent: 
fam nur mit Mühe nad Afrika. Liv. 26, 40. — 
9) wurde in Spanien von Silanus gejchlagen. 
Liv. 28, 1 ff. 

Harli j. Arii. 

Harma, "eur, 1) Flecken in Boiotien (bei dem 
'j. Dorfe Kaftri), nicht weit von Tanagra zwijchen 
Theben und Aulis (Hom. Il. 2, 499), ſoll genannt 
fein nad) dem Wagen des Adraftos, der hier brach, 
oder von Amphiaraos, der hier mit jeinem Wagen 
von der Erde verichlungen wurde. Strab. 9, 404. 
— 2) ein Heiner See in dem Gebiete von Theben, 
‚öftlih von den Seen Kopais und Hylife. Nach 
‚der Anficht einiger Gelehrten dagegen ijt Harma 
nur ein anderer Name für den KHylike-See. 

Harmätüs, "Aeueroös, Stadt und Borgebirge 
der Südküſte von Troas, Methymna gegenüber, 
wo der Spartaner Mindaros vor der Schlacht bei 
Kynosſema (Juli 411) mit jeiner Flotte anferte. 
Thue. 8, 101. 

Harmodios, Aeuödıog, und Aristogeiton, 
Agıoroysiror, 2 atheniiche aus dem Gejchlechte 
der Gephyraier ftammende Fünglinge, verichworen 
fich, gereizt durch eine Privatbeleidigung, die ver: 
ichieden angegeben wird, aber jedesfalls in der 
Lüfternheit des Hipparch ihren Grund hatte, zur 
Ermordung der Beififtratiden. Am Feſte der Pan— 
athenaien, Ende Juli 514 dv. E., überfielen fie, 
ihre Dolce unter Myrtenzweigen verbergend, den 
Hipparch und ftießen ihn nieder. Harmodios wurde 
darauf von der Leibwache niedergehanen, Arifto: 
geiton gefangen und von Hippias, nachdem er auf 
der Folter die Frreunde des Tyrannen als Teil: 
nehmer der Verichwörung angegeben, hingerichtet. 
Haät. 5, 55jf. Thuc. 1, 20. 6, 54—59. Obgleich 
die Tyrannei erjt 4 Jahre jpäter bejeitigt wurde, 
jo galten Harmodios und Ariftogeiton doch in der 
Folge als Wiederherfteller der Freiheit (Plat. symp. 
p. 182. Arist. p01.8,8,9 B.p.1311 a). Ihre Nach: 
fommen wurden durch die airnaıs &v Ilgvravsio 
und andere Vorrechte geehrt; ihmen jelbjt wurde 
fat Heroenehre erwieien und Bildjäulen errichtet, 
ihr Andenten zu allen Zeiten durch Dichter, be: 
fonders in den Tijchliedern (oxolız, magolvıc), ge: 
feiert. Vgl. Corp. inser. Att. I, 8. Bergf, poet. 
Ilyr. Gr. III p. 647 der 4. Aufl. 

Harmonla j. Kadmos, 2. 

Aguoorai (Xen. Hell. 4, 8, 39 &guosrigrg), 
1) in Sparta, 20 an der Zahl, wahricheinlich 
Vögte über die PBerioitendiftrifte. — 2) die Statt: 
halter, welche die Spartaner zur Zeit ihrer durch 
den peloponnefischen Krieg wieder erworbenen Hege— 
monie in die abhängigen Staaten jchidten, um 
als Befehlshaber ihrer Bejabungen die den Spar: 
tanern ergebenen oligarchiichen Barteien zu ſchützen. 
Der Übermut diejer Harmoften bejonders trug 


e 
Apuooref. 


502 


“Aguösvvor — Haruspices. 


mit dazu bei, die jpartanische Hegemonie ebenjo | 2) ein griechiicher Aſtronom vor Meton, der fich be: 


verhaßt zu macen, als es früher die athenijche 
gewejen war. 

Aouoovvor, Behörde in Sparta, die über die 
Zucht der Frauen (dl rüg ebnoowiag rar yv- 
vamav) zu wachen hatte. 

Harpägo bezeichnet lange hölzerne Stangen (lon- 
gurii), vorn mit eijernen Hafen bejchlagen (Liv. 
30, 10: asseres ferreo unco praefixi, harpagones 
vocant); in der Mitte wurden fie an einem Tau 
befeftigt, das in einem galgenförmigen Gerüſte 
herabhing. Man juchte mit dem eijernen Hafen 
die Mauerzinnen zu fallen und fie durch Ziehen 
an dem andern Ende der Stange niederzureißen. 
Caes. b. 9. 7,81. In der Seeichlacht bezeichnete 
es Enterhafen, ſchon bei den Griechen in Ge— 
brauch, jpäter auch mit manus ferreae verwechſelt 
(Curt. 4, 2; vgl. Caes. b. ce. 1, 59f.). ©. See- 
krieg, d. 

Harpägos, "Iorayos, 1) der vom mediſchen 
Könige Aftyages mit der Tötung des jungen Kyros 
beauftragte vornehme Meder, der dies Geſchäft 
aber dem Hirten Mithradates übertrug und ba: 
durch den Groll des Königs fich in dem Maße 
zuzog, daß derjelbe, als er von der Erhaltung 
des Kyros hörte, den Sohn des Darpagos heim- 
lich töten und dem unglüdlichen Bater vorjeßen 
ließ. Als diefer die unnatürliche That erfuhr, 
verbarg er feine Nache bis zu gelegener Zeit und 
führte dann mit Hülfe des geretteten Kyros die 
Meder zum Aufſtande gegen ihren König, wobei 
Aftyages blind genug war, den Harpagos an die 
Spige jeines Heeres zu Stellen. Adt. 1, 108 ff. 
1185. 123 u. d. Just. 1,4,6f. 5, 6. 6,8f. So 
die Sage. Geſchichtlich fteht feit, daß Aſtyages 
550 von feinen eigenen Truppen an Kyros aus: 
geliefert wurde, und da Harpagos 546 den Iydi- 
ihen Feldzug mitmachte und in den folgenden 
Jahren Jonien, Karien und Lylien unterwarf. 
— 2) Feldherr des Dareios Hyſtaſpis zur Zeit 
des ioniſchen Aufitandes. Hat. 6, 28. 30. 

Harpälos, “Aoralos, 1) ein Mafedonier und 
naher Anverwandter des Antigonos, wurde vom 
Hofe Philipps, an welchem er lebte, um 336 v. €. 
durch den König verbannt, weil er Alexander 
den Gr. gegen feinen Bater aufhegte. Plut. Alex. 10. 
Arr. 3, 6,5. Mlerander der Gr. rief ihn zurüd 
und ernannte ihn zum Schagmeifter (vgl. Demo- 
sthenes, 2.). Wegen eines Vergehens entfloh 
er um das Ende des %. 333 nad) Griechenland, 
fehrte aber zum Könige zurüd, da diejer ihm 
gänzlich verzieh. Als jedoch Wlerander jeinen 
Feldzug nach Indien angetreten hatte, überlieh fich 
Harpalos einem jchwelgerijchen Leben und ver: 
praßte ungeheuere Summen, die in dem von ihm 
verwalteten Schaße zu Babylon ſich befanden. Nach 
Aleranders Rückkehr aus Indien floh er mit vielem 
Gelde und 6000 Söldnern nad Attila, 324. Die 
dem Alerander jonft feineswegs geneigten Athener 
wiejen ihn jedoch zurüd, weshalb er vom Vor: 
gebirge Tainaron aus die bedeutenditen Männer 
und Redner Athens durch Beſtechung zu gewinnen 
fuchte. Nun durfte er nach Athen kommen, wurde 
aber, als Antipater feine Auslieferung verlangte, 
troß des ihm zu teil gewordenen Schußes ver: 
haftet; er entfloh nad Kreta, wo er ermordet 
wurde. Diod. Sie. 17, 108f. Curt. 10,2. Paus. 
1, 37. 2, 33. Plut. Phoc. 22. Alex. 10. 41. — 


mübte, durch Aufftellung eines beftimmten Jahres: 
cytlus eine übereinftimmende Jahresrechnung her: 
beizuführen. 

Harpalyke, Aoralvan, Tochter des Harpa— 
Infos, Königs der Amymnaier in Thrafien, eine 
durh ihre Schnellfühigfeit berühmte, in allen 
männlichen Leibesübungen geichidte Heldin, die 
nach dem Tode ihres Vaters in den Wäldern als 
Näuberin lebte, endlich aber von Hirten in Schlin: 
gen gefangen und getötet wurde. Verg. A. 1,316. 

Harpäsos, “Aoracos, 1) linfer Nebenſtuß des 
Maiandros in Starien (Ziv. 38, 13), bei der Stadt 
Harpaſa vorbeifliehend, j. Als-tſchai. — 2) von 
Xenophon (An. 4, 7, 18) genannter Fluß, ergoß 
fid) in den Arares in Armenien. 

Harpokration, ‘Aoxoxgarior, Balerius, ein 
griechiicher Rhetor und Grammatifer, aus Aleran: 
dreia, über defjen Lebenszeit die Anfichten zwi— 
ihen dem 2. und 4. nachchriftlichen Jahrhundert 
ichwanfen, da namentlich die Anführungen jpäterer 
Schriftjteller kritiſch ziemlich unficher find (ſ. Meier, 
opusc. II p. 151). Wir haben von ihm ein Asdı- 
xov rar Öfna Inrögwr, teils gejchichtliche Nach— 
richten über mehr oder minder befannte Berjonen 
und Begebenheiten, deren die attiihen Redner 
gedenken, teils Erläuterungen der bei denjelben 
vorfommenden Ausdrüde aus dem Gerichtäweien, 
zufammtengejtellt mit Benugung mancher jegt ver: 
lorenen Quellen. Außerdem enthält das Wert 
Beiträge zur Gejchichte der attiichen Beredſamkeit 
und der griechiichen Litteratur überhaupt. — Die 
Arbeiten der früheren Herausgeber diejes Werks, 
Mauflac (1614), H. Valeſius und N. Vlancard 
(1683), J. Gronov (1696) find vereinigt in der 
Leipziger Ausgabe (1824, 2 Bdd.). Neuere Ausgg. 
von J. Beller (1833) und W. Dindorf (1855). 

Harpyien, "Aorvicı (von demdtwo), die Göttin- 
nen des raffenden Sturmes (= Burllar). Bei 
Homer, der ihre Zahl und ihre Namen nicht voll: 
ftändig angibt und nur die Podarge, Fußichnelle, 
nennt (/7. 16, 150), find es jchnelle Göttinnen, 
welche die Menſchen, die ſpurlos verſchwunden 
waren, geraubt haben ſollten. Hom. Od. 1, 241. 
Hefiod (theog. 267) nennt fie geflügelte, ſchön— 
lodige Göttinnen, Töchter des Thaumas und der 
Elektra, mit Namen Aello und Ofypete. Später ver: 
mehrte man ihre Zahl (Aellopus, Thyella, Kelaino 
u. ſ. mw.) und machte fie zu geflügelten Mißgeftalten, 
Vögeln mit einem Mädchengefidht (j. Abb. S. 503). 
Sie fommen befonders in der Argonantenjage als 
Plagegeiſter des blinden thrafijchen Schers Phi: 
neus vor, dem ſie das Mahl rauben und ver: 
unreinigen, bis die Argonauten Zetes und Kalais, 
die geflügelten Boreasjöhne, fie vertreiben und 
töten, oder bis zu den Strophadiichen Inſeln ver: 
folgen, wo fie eidlich veriprechen, den Phineus 
nicht mehr heimzufuchen. Hier trifft fie Aineias 
(Verg. A. 3, 209 ff.). Nach ihrer Auffaffung in 
der Argonautenjage erjcheinen fie nicht mehr als 
die Göttinnen des raffenden Sturmes, jondern find 
Repräjentanten des alles wegraffenden, ſchmutzigen 
Hungers. 

Harüdes, Charudes, Xagoödrs, nennt Ptole: 
maios unter den Bewohnern der Kimbrifchen Halb— 
injel. Sie dienten auch im Heere des Arioviſt. 
Caes. b. g. 1, 31. 37. 51. 

Haruspices |. Divinatio, 16. 17. 


Hasdrubal 


Hasdrübal, ‘4odgovßas, Name mehrerer be: 
rühmter — ——— 1) Sohn Hannos, wurde bei 
Adis (256 v. E.) von Megulus befiegt, erhielt 
fpäter (254) den Befehl auf Sicilien und erlitt 
250 von Metellus eine Niederlage bei Banorınos. 
Pol. 1, 38 ff. — 2) Schwiegerfohn des Hamilfar 


Barlas, ein talentvoller Mann und ausgezeichneter | 


veldherr. Liv. 21, 2. Nach jeines Schwieger: 
vater Tode (229) erhielt er den Oberbefehl in 
Spanien, vollendete die Unterwerfung diejes Yandes 
und gründete Neu-Karthago. Just. 44,5. App. 
Hisp. 7$. Diod. Sie. 25, 10. 12. Mit den Römern 
ſchloß er den befannten Vertrag hinfichtlich des 
Ebro als Grenzfluffes. Ziv. 21, 2. Ihn ermordete 


Harphie. 


221 ein rachſüchtiger Spanier. — 3) Sohn des 
Hamillar Barfas, jüngerer Bruder. des Hannibal, 
einer der größten Feldherren Karthagos, befehligte 
im zweiten puniſchen Kriege zuerft in Spanien, 
weldyes er ruhmvoll gegen die beiden Scipionen 
und andere römische Feldherren verteidigte, und 
gewann glänzende Siege. Darauf von jeinem 
Bruder Hannibal im Jahre 207 zu Hülfe gerufen, 
zog er mit einem großen Heere über die Pyrenäen 
und Alpen nach Ftalien, verband ſich mit den 
oberitaliiden Galliern, ging über den Bo und 
lagerte fih in Umbrien am Flüßchen Metaurus 
in der Nähe der Meinen Stadt Sena. Hier wurde 
er von den römiichen Konſuln Livius Salinator 
und Claudius Nero nad) Heftigem Ktampfe bejiegt 








— Hasta. 503 


und fiel in der Schlacht. Liv. 27, 1 ff. Pol. 11,2. 
App. Hann. 52 ff. — 4) ein Sohn Gijfos, kämpfte 
unter dem vorigen in Spanien gegen die Römer 
von 214 bis 207 v. E. und traf jpäter mit dem 
älteren Scipio bei Syphar, König von Numidien, 
zuſammen. Liv. 28, 18. Wegen feiner Tochter 
Sophonibe, weldye zwar unfreiwillig aber aus 
Baterlandsliebe fih mit Syphax, der den Kar: 
thagern Unterftüßung verſprach, vermählt Hatte, 
obgleich fie vorher mit Maſiniſſa verlobt geweſen 
war, zerfiel er mit diefem heftig, befämpfte ihn 
jpäter (205— 204), betrieb dann eifrige Rüftungen 
gegen die in Afrika gelandeten Römer, war aber 
unglücdlich und wurde feines Amtes als Feldherr 
entjegt. Erſt auf Hannibals Berlangen wurde 
er begnadigt und leiftete diefem gute Dienfte. 
Die Schuld der Niederlage desjelben ſchob man 
indefien ihm zu und mötigte ihn, durch ‚Gift 
jeinem Leben ein Ende zu machen. Liv. 28, 18. 
App. 8, 10. 24. 36. 38. — 6) 9. Calvus, 
verlor ein Heer auf Sardinien, 215 v. C. Liv. 
23,32 ff. 10f. — 7) ein farthagiicher Feldherr, 
erhielt den Befehl, Hannibals Heer nach Afrika 
überzuführen. — 8) 9. Hädus, Gegner der 
barlinijchen Partei, war 201 v. E. als far: 
thagijcher ?rriedensunterhändler in Rom und 
erwies fich hier als kluger und gewandter Red— 
ner. Liv. 30, 42. App. 8, 34. — 9) kämpfte 
(151 dv. E.) anfangs mit Glüd gegen Maſiniſſa, 
erlitt aber nachher eine Niederlage und erfaufte 
den freien Rüdzug mit Annahme harter Be— 
dingungen. Der Todesftrafe entging er durch 
die Flucht. Später begnadigt, befehligte er 
bei Einſchließung feiner Vaterſtadt ein Heer 
außerhalb Karthagos, kämpfte oft fiegreich mit 
den Römern unter dem Konſul Manilius, 
mußte ſich aber endlich dod) nad) der Einnahme 
des Stadtteils Megara in die Stadt werfen. 
Hier feuerte er feine ag a zur Gegen: 
wehr an, lähmte aber ihren Mut durch unzei— 
tige Graujamfeit gegen römijche Gefangene; 
darauf flüchtete er in die feſte Burg, in der 
er nad) ftandhafter Gegenwehr zulegt verzagte, 
jo daß er ins römische Lager floh und Scipio 
um Gnade anflehte, während jeine Gattin jamt 
ihren Kindern den Tod in den Flammen juchte. 
Er ftarb in Stalien. App. 8, 80 ff. 114. 130. 
Pol. 39, 2. Flor. 2, 15. 

Hasta, ſabiniſch quiris, der Speer, die 
Lanze, war urjprünglich identijch mit sceptrum, 
scipio, festuca, vindieta und galt als Symbol 
der Eroberung oder des durch Kriegsrecht ge- 
wonnenen Eigentums, ſodann des römiſchen 
Eigentums überhaupt. 1) Im Völkerrechte diente 
die hasta bei Devotionen, indem der dem Tode fich 
Weihende auf einer hasta ftand, und bei Kriegs: 
erflärungen der Fetialen, welche die Yanze auf das 
feindliche Gebiet warfen. — 2) Im ius publicum 
brauchte man die hasta bei Öffentlichen Verkäufen 
(praedae sectio, venditio bonorum proscripto- 
rum) und Berpachtungen, welche die PBrätoren ver: 
anftalteten. Ebenjowenig fehlte die hasta bei Privat: 
auftionen, als einfaches Symbol des zu übertragen: 
den Eigentums (Subhaftation). Desgleichen war 
bei Gentumviralgerichten die hasta aufgepflanzt. — 
3) Im Privatrecht ericheint die hasta bei dem 
jolennen Mancipationsalt als festuca oder vin- 
dieta. Bei der Hochzeitsfeier wurde mit der Hei: 


— 


- 
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— 
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504 


nen hasta caelibaris das Saar der Braut ge: 
ordnet, um die Gewalt des Mannes über jeine 
Frau anzudeuten. — 4) Kriegswaffe der Triarier 
und der Belites (hasta velitaris), ſ. Waffen, 
9 10. — Bejonders zu bemerfen ift hasta 
pura, eine militärische Auszeichnung für Tapfer: 
feit (Sall. Jug. 85. Suet. Claud. 28), eine Lanze 
ohne eiſerne Spitze; auch ein Attribut (Scepter) 
von Göttern und Göttinnen fowie von hochitehen- 
den Männern. Verg. A. 6, 760. 

Hastäti ſ. Legio. 

Haterfus, Quintus Hat. Agrippa, ein 
Redner der augufteifchen Zeit, der, ein Enfel des 
M. Marippa und des Aſinius Pollio, bis zum 
Konſulate gelangte und hochbejahrt 26 n. C. ſtarb. 
Tac. ann. 1, 77. 2,33. 3, 49. 4, 61. Suet. Tib. 
27. 29. Proben aus feinen Reden finden ſich in 
Menge bei dem Rhetor Seneca. Er zeichnete fich 
mehr durch Fülle und Geläufigkeit als durch 
Sorgfalt aus. Sen. ep. 40, 10. Sen. controv. 4. 
praef. T—11. 

Hatra, af’Arocı, Stadt in einer Daje des ſüd— 
lichen Mefopotamiens, deren ftarfe Mauern den 
Angriffen von Trajan (117 n. E.) und Septimius 
Severus (198) widerftanden, damals Reſidenz des 
Fürften der Wüftenftämme, doch 241 von Sapores | 
erobert; j. die mächtigen Ruinen el-Hadhr, 6 Mei: 
len weftlich vom Tigris. Dio Cass. 68, 31. 75, 10, 
Herod. 3, 9. 

Haus, I) griehiiches (nebjt einem Grund— 
riffe, j. ©. 506). Die Konftruftion des griechiſchen 
Hauſes ift bei dem Mangel an Überreften alter 
Wohnhäufer, jowie bei der Abgeriffenheit, Ber: 
wirrung und Unvollftändigkeit der Überlieferungen 
(Bitruv ift am volljtändigiten, gibt indeifen auch 
fein Hares Bild), die namentlich auf die Ber: 
ichiedenheit der Bauart in den verichiedenen Zeit: 
altern feine Rüdjicht nehmen und daher nicht 
jelten Ungehöriges miteinander verbinden, von 
großen Schwierigkeiten begleitet. Wir müſſen daher 
das homeriſche Haus von dem fpäteren unter: 
icheiden und jenes zunächſt ausführlicher beichrei- 
ben, da es für das Berftändnis der homeriichen 
Hedichte unerläflich ift. — Bon dem Haus des 
Odyſſeus läßt fih aus den Andeutungen der 
Odyſſee ein annähernd deutliches Bild gewinnen, 
wenn man vorausſetzt, daß im allgemeinen die 
größeren Häuſer auf eine und dieſelbe Art gebaut 
waren, und dieje Annahme ift wohl, wenn aud 
die Häuſer der Fürften vor denen anderer Leute 
ſich ſehr auszeichneten, doch eine berechtigte. Den 
ganzen Bau bezeichnet oixog mit Digamma. Er 
bejtcht im wejentlihen aus 3 Teilen, einem 
Frauengemach (Pdlanog), einem Männerjaal (uE- 
yagpor) und einem Hofe (abAn). Jene beiden find 
überdacht und bilden das eigentliche Haus, douog 
oder döu«, auch im Plural döuoı oder dnuere, 
auch ueyape und ſelbſt ueyagor genannt. Sie 
find um jo höher gebaut, weil fie wenige Off: 
nungen für frifche Luft und nur in der Mitte der 
Dede eine Nauhöffnung haben. Sie hängen das 
eine mit dem andern zujammen; das Ganze war 
mit einer gemeinjchaftlichen Mauer (Foxog) um: 
geben. — Durch dieſe Außenmauer führte zunächſt 
von der Straße ein längerer Thorweg (meodve«) 
in den Sof, welcher vorn und hinten durch hohe 
und zweiflügelige Thüren oder ein zweiflügeliges 
Thor verichloffen werden fonnte (Bugaı etepnees 


Hastati — Haus. 


Öimkddes vypnlad). Dieje ftanden gewöhnlich, wie 
überhaupt alle Thüren bis auf die der Schap: 
fammer, am Tage offen. Alle Thüren gingen 
einwärts, ruhten auf Angeln oder Zapfen und 
wurden durch lange, von Wand zu Wand gehende 
Duerriegel gejchlofien. Der Thorweg hatte an 
den Seiten weißgetündte Wände (dvamııc muu- 
pavdorre). Der Raum zwijchen der äußeren 
Straßenmauer und der vorderen Mauer des eigent: 
lichen Hofes diente zur Einftellung von Rindern, 
Maulejeln, Pferden und zur Aufbewahrung des 
Miftes. Hier lag der treue Hund Argos, der den 
Odyſſeus noch wieder erlannte. In diefen Thor: 
weg fuhren Fremde mit ihren Wagen hinein, von 
bier fuhren fie wieder ab; hier blieben die ab: 
geichirrten Wagen ftehen. Diejer Thorweg (reo- 
Hupe) iſt gemeint, wenn Odyſſeus zur Abiperrung 
des Haujes die drgmı abAng zu ſchließen befichlt 
(Od. 21, 240. 389; vgl. 23, 135 ff.), oder wenn 
gejagt wird, daß die erichlagenen Freier dr’ av- 
keins Dooyoı liegen, d. i. an der inneren Seite, 
neben der Mündung dieſes Thorwegs, ebenda, wo 
Odyſſeus den befiegten JIros placierte. Diejelbe 
Thür heißt Od. 18, 102 «ltovong Hugaı. — Der 
eigentlihe Hofplag nämlich hatte vor und neben 
dem Thürweg eine überdedte Säulenhalle («idovo« 
bang) und eine gleiche (aitoro« dnuarog) an 
der entgegengeichten Vorderwand des eigentlichen 
Hauſes, zum Schub gegen die Sonnenhike; in 
der Mitte entlang war der freie Himmel. Dieſer 
freie Raum hieß auch Eoxex, und es ftand ein 
Altar des Zeüg Eoreiog darinnen (Od. 22, 333 ff.). 
Hier waren gewöhnlich die Freier verſammelt, 
außer wenn Gelage und Feſtlichkeiten fie zu den 
Tiichen im Saale zogen. An den Seitenmauern 
müſſen fenfterartige Yöcher geweſen fein, wenn die 
freier Od. 16, 343 von hier aus das Schiff des 
Antinoos erbliden fonnten (vgl. 16, 165). Hier 
in der aitorsa Ömuarog waren am Morgen die 
Dienerinnen bejchäftigt, die aus dem uEyapor ge- 
holten Gegenftände, die amı Abend vorher gebraucht 
waren, wieder zu reinigen, che die Freier kämen, 
und bedienten jich dazu der Gerätichaften, die im 
Tholos (Rotunde) lagen, d. h. auch im Bereiche 
der abi. Der Hof nämlich bildet mit jeinen 
verichiedenen Räumlichkeiten das Vorhaus (meo- 
douog), und es ift &v aulj der Gegenjag von 
Irroche Öduoıo (Od. 1,126. 18,237, vgl. 22, 203 f.). 
Der Fußboden war wohl gejtampft (ddmedor rr- 
»ror), vielleicht auch gepflaftert. Neben dem Hofe 
in gleicher Linie mit der aidovs« Ömuwrog, alio 
außer dem eigentlichen Haufe, lag auf der einen 
Seite ein Zimmer (ofxog), in welchem 12 Mägde 
auf ebenfovielen Handmühlen das nötige Getreide 
mahlten, und auf der andern Seite ein fuppel: 
fürmiges Küchengewölbe (BoAog), das zur Auf— 
bewahrung von &erätichaften diente, die bei Gaft: 
mählern und Gelagen gebraucht wurden. Beide 
Gemächer hatten Thüren nach dem Hofe. — Aus 
der «bin führte eine breite Vordiele (ufyas obdög, 
auf welchem für Odyſſeus und Iros zugleih Platz 
war), mit einer doppelten Schwelle, vorn und am 
Ende, und Flügelthüren (voAlnral oan/drs und 
&0 doagviaı) und geweihten Seitenwänden (dvo- 
ic nauparoorre, Od. 22, 120) in den mit einer 
hohen Dede (öeopn) überdachten Saal, das eigent- 
liche ueyapor (füsradkog ueydporo). Die nach 
dem Hofe zu gelegene Schwelle (obdög welurog) 


— 


»Der Herd (Zayden) war zugleich Opferaltar, 


Haus. 


war von geglättetem Eſchenholz mit Pfoften von | 
hellbraunem Eyprefjenholz (oraduol xuraplacıror, 
Od. 17, 340 ff), die innere Schwelle war eine 
fteinerne (Adivog). _Auf der Diele jelbft war an 
einem der langen Strebepfeiler, auf denen über: 
haupt das Dad) ruhte (nloveg uangai), ein Speer: 
behälter (dovgodsxn) angebracht, in den der Ein= | 
tretende feine Waffe ftellte, ehe er das Speifezimmer | 
betrat. Waffen des Odyſſeus pflegten auch im 
Saale zu hängen oder zu ftehen (an den Zidun- 
ro roiyoe) zwiſchen den Strebepfeilern, fie waren, 
als Odyſſeus zurüdlehrte, vom Hauch geichwärzt. 
Das Zimmer war natürlih, da gehörige Fenſter 
nicht erwähnt werden, ziemlich dunkel (owıoerre, 
vgl. ömor' üv oe douor xerıdwor, Od. 6, 302) 

und rauchig (aldalderra); des Abends wurde cs 
durd) Gejtelle mit Kienipänen und durch Gerdfeuer 
erleuchtet. In dem feſtgeſtampften Eſtrich aus 
Thon (neuraimedor ovdag) konnten Löcher ge: 

macht werden, wie für die Arte bei der Probe 
mit Odyſſeus' Bogen, jo dafj nachher das Blut 
der Erichlagenen mit dem Staube fich miichte und 
das Meinigen nur durch Abichaben geſchah. — 

von 
da verbreitete ſich der Fettdampf durch das ganze 
Haus. Ameis denkt ihm nicht als feite Feuerſtätte, 
jondern als tragbares Beden. Hier an den Gerd, 
im binterften Zeil des Saales (uvros urydgov), 
jegte fich auf einen Lehnſtuhl die Boniatentönigin 
Arete (Od. 7, 141), bier auch Penelope, als fie 
den Odyſſeus prüfen wollte, und ihr gegenüber 
an der andern Wand, durch die Thür zum Tha— 

lamos von ihr getrennt, an eine freiftehende Säule 
Odyſſeus. Der Herd lag alſo nicht weit von ber 
aewöhnlich offenen Thür zur Frauenwohnung. Hier 
im Bereiche des Herdes genofjen Fremde das Gaſt— 

recht (Od. 7, 153). Bier ging mit der Hinterwand 
parallel quer durch den Saal eine Reihe von frei: 

jtehenden Säulen (Od. 6, 307. 23, 90), auf denen 
ein Durchzugsbalten (ufladgov, Od. 18, 150, 

rooöyor, 19, 544) ruhte. Diejer diente zugleich 
ald Träger der Deckbalken (doxod) und als Halt 
für eine Art niederer Galerie oder Bühne (valal 
arooducı, Funjtvoll verziert), die über dem hin- 





+ terften Teil des Saales erbaut war und an dem 


f diefer auf der rechten Seite war. 


oberen Ballen gleichfam zu hängen jchien. (Die 
Alten verjtehen unter den uroodune die zwiſchen 
den Wandpfeilern gebildeten Niſchen oder aud die 
Wanpdpfeiler jelbit, Döderlein gar die Querballen 
der Dede.) Auch der Miſchkrug ftand im diejer 
Gegend des Saales zu innerft, nahe dem Herde 
(Od, 21, 146); gewöhnlich nimmt man an, daß 
Aus diejem 
Saal nun führte wiederum eine doppelte Flügel: 
thür mit fteinerner Schwelle in den hinteren zwei: 
ftödigen Falauog, die Frauenwohnung, die übri- 
gend auch zuweilen ufyagor genannt if. Durch 
eine Luke, Springthüre (öesodven), auf der rechten 
Seite des Saales konnte man fich auf die Bühne 
hinaufſchwingen und alsdann durch eine Thüre in 
einen Gang (Auen) hinabgelangen, der außerhalb 
des Hauſes auf der rechten Seite des Männerjaales 
bis zu der Halle der Hausfronte und der vorderen 
Thüre des Saales, und ebenjo nach der entgegen: 
geießten Seite längs des hinter dem Männerjaale 
gelegenen Frauengemachs zu den hinterften Nam: 
mern des Hauſes führte, unter denen ſich auch 
die Waffenfammer befand. Durch die Ögsodtven 


505 


ichlüpfte der Geishirt Melanthios, um aus der 
Waffenfanmer Waffen für die freier zu holen. 
Die Trrauenwohnung war zweiftödig; in dem 
Frauengemad zu ebener Erde war die Hausfrau 
gewöhnlich mit der Schar ihrer Mägde beichäf- 
tigt, doch zog fich Penelope oft allein oder mit 
ihren vertrauten Dienerinnen in den Oberjtod, den 
Söller, zurüd, um dem lärmenden Treiben der 
dreier ferner au jein. Dort in dem Oberjtod 
webte fie auch das berühmte Gewebe, das fie in 
der Nacht ftets wieder anfzog: im Dbergemad) 
jchlief fie während der Abwejenheit ihres Gemahls, 
auch jchliefen daſelbſt alle weiblichen Perjonen des 
Haufes. Das Schlafgemach des Hausherren und 
der Hausfrau aber war zu ebener Erde im In— 
nerften des Haufes. Dort hatte ſich Odyſſeus jein 
Ehebett fünftlich auf dem abgefuppten Stamm eines 
grünenden Olbaums verfertigt (Od. 23, 192 ff.). 
Zu den hinterften Räumen des Hauſes gehörte 
die wohlverjchlofjene weite VBorratsfammer, welche 
etwas tiefer als die andern Gemächer im Erd: 
geihoß lag. Hier befand fich außer vielen und 
mancherlei Vorräten und Koftbarkeiten auch der 
berühmte Bogen des Odyſſeus. Ob die Waffen— 
fammer des Odyſſeus mit der Borratstammer 
derjelbe Raum war, ift zu bezweifeln; jedesfalls 
gehörte auch fie zu den hinterften Sebäulichkeiten. 
— Telemach hatte jein Schlafgemady neben der 
avır, wahricheinlich joll e8 an der Scitenmauer 
gedacht werden (Od. 1, 425), jo daß er von hier 
bei der hohen Lage des Palaftes durd) die feniter- 
artigen Löcher der Umfaſſungsmauer hindurch (vgl. 
oben) einen weiten Fernblick über die Juſel genoß. 
— Fremde pflegten ihre Schlafjtätte im Vorder: 
hauje unter der aitovo« dmuarog angewiejen zu 
erhalten, wahrſcheinlich nicht in beionderen Zim— 
mern, wie das des Telemach eins war, wenngleich 
folhe an der Seitenwand noch außerdem mögen 
ang fein. — Im Männerjaal wurde getafelt. 
es Morgens hatten die Dienerinnen die Tiſche 
und Stühle wieder zu reinigen und die übrigen 
Geräte zn gleichem Zwecke aus dem wey«gor durch 
die Halle in den Tholos zu bringen. — Im Hofe 
endlih und im Vorhaus wurden die Spiele mit 
dem Diffos und was noch — hört, ſowie 
die Unterhaltungen außerhalb Bee des dei- 
arov abgehalten. Vgl. Iw. Müller, griech. Brivat- 
altertümer (Handbuch der klaſſ. Altertumswiffen- 
fchaft IV, 1. 1887), ©. 350 ff. — Bei dem jpä: 
teren griechiichen Haufe berüdjichtigen wir aus- 
jchlieglih Athen und vorzugsweije die Zeit vom 
peloponnefischen Kriege bis zu Nlerander dem Ör., 
in der die altgriechiiche Bauart ſich noch unver: 
miſcht erhalten hatte und die Einfachheit der Pri— 
batwohnungen auch Reicherer noch einen Gegenſatz 
geacn die Pracht und Grofartigteit öffentlicher 
auten bildete. Letzteres gilt namentlich für die 
Hänfer in der Stadt; —9 die Wohnungen auf 
den Landgütern der mit größerer Pracht 
ausgeſtattet waren, läßt ſich aus Thukydides 
(2, 65) ſchließen, wo er von der Unzufriedenheit 
der Athener jpricht, fih in die Stadt hinüber: 
ige iedeln (vgl. auch 2, 16). Was nun die Bauart 
er Stadtwohnungen betrifft, jo hatten diejelben 
in der Regel 1 Stodwert mit 2 Abteilungen, 
nach der Straße zu die Männerwohnung (drdgo- 
ritis), im Hinterhauſe die Frauenwohnung (yv- 
vaınsior, yuvvanswvirıg). Diejelbe war auch öfter 


B 


[27 


506 


in einem oberen Stodwerf (ömegwor, auch drjesg), | dor, auch Ayvısvs), auch wohl eine Herme. Zu 


wo auch Wohnungen für Sklaven und Fremden 


der Hausthüre (ableıog, wblsia, alluog oder 


zimmer fein fonnten. Auf der Strafe vor dem |avke Buoa, auf dem beiftehenden Grundriß «) 


A 


el, 


Griechiſches Haus 





führten wahricheinlich zumeilen einige 
Stufen (draßaduoi). Durch die Haus: 
thüre, in der Flucht der Façade oder 
auch etwas zurüdgeftellt, jo daß fid) 
vor der Thüre noch ein meodvgor 
oder zoorvlaror befand, trat man 
in den Hausflur (Ödvompeior oder 
Pugor), auf deflen einer Seite fid) 
die Wohnung des Thürhüters, Bv- 
oweög, auf der andern Ställe und 
jonjtige Näume befanden. Aus dem 
Thyroreion trat man in den Hof 
(ehirj oder megıordkıor, A) der An: 
dronitis. Die «tif iſt auf allen 
4 Seiten mit bededten Säulengängen 
(srowd) umgeben, auch meöoro« ge: 
nannt, wenn darunter nicht bloß Die 
zunächit am Eingange des Thyroreion 
liegende und vielleicht die gegenüber: 
liegende Halle zu verjtehen iſt. Um 
die unter freiem Simmel befindliche 
er herum liegen die Säle für die 
Sympoſien der Männer (olnoı, &r- 
doöres, OÖ), ferner ein Bejuchzimmer 
mit Sigen (2E&ide«) und Heinere Zim— 
mer (Öwudrır, olarjuare), zuweilen 
Borratsfammern. In der abir) pflegte 
der Altar des Zeug Egnziog zu jtehen. 
— In der Mitte der dem Eingange 
gegenüberftehenden Halle (das zarav- 
rıxet rgooroon) befindet fich die wer- 
avlog oder ufcaniog Buga, durch 
die man in die (bei Heineren Häuſern 
gar nicht vorhandene) abkr der yuvar- 
zorirıg (I') gelangte (ueraviog, weil 
fie hinter der hin) der Andronitis 
liegt, ufoavAog in den Häufern, wo 
die Gynaifonitis in u Stod: 
werf, wie die Männerwohnung, liegt 
und ihre eigene «bin hat, wo bie 
genannte Thüre aljo wirflid in der 
Mitte zwiichen "beiden atılad fidh be: 


3 


findet). Der Gang, der die beiden 


ak verbindet, und in deffen Mitte 
ſich die ueo. ©. befindet, heit weo- 
aviog (m). Dieſe hintere abi) ift 
auf 3 Seiten von Säulen umgeben; 
an der der Mejaulosthüre gegenüber: 
liegenden Seite begrenzen 2 Pfeiler 
(bei Vitruv antae) einen nad dem 
Hofe zu offenen Raum, eine Art 
Saal, deſſen Tiefe um ein Drittel 
Heiner war, als die durch) den Ab— 
ftand der Pfeiler bezeichnete Breite 
(novordg oder mapaords, m). Auf 
beiden Seiten der Proftas liegen auf 
der einen der Palauog (aud) meardg), 
das eheliche Schlafgemach, auf der 
andern der dupıdaiauog, defien Be: 
ftimmung jebt als Schlafraum der 
Töchter angenommen wird. Auf den 
übrigen 3 Seiten des Beriftyls lagen 


Haufe ftand gewöhnlich ein zum Haufe gehörender | die täglichen Speifezimmer (nur die Sympoſien, 
Altar des Apollon Agyiens, oder ein den Gott | bei denen fremde Männer als Gäſte zugegen waren, 
jelbft vorftellender Spibpfeiler (nior, xorosıdijg | wurden in der Andronitis gehalten) und Zimmer 


Haus. 


zu wirtichaftlichen Zweden (y). Auf der vierten 
Seite befanden ſich hinter dem Thalamos, der 
Proftas und dem Amphithalamos die lorwveg, 
Säle für Webftühle und andere weibliche Arbei- 
ten (I). Gegenüber der jchon erwähnten ufoav- 
log 8. lag die nmala Bupae (x), die, wie es 
icheint, aus den Hiftones in den Garten, der fich 
wohl meiftenteil® bei dem Haufe befand, führte. 
4 — Das obere Stockwerk (bmrepwor), wo fich ein 
folches befand, gewöhnlich nicht über das ganze 
Haus fich hinziehend, wurde meift als Sflaven- 
wohnung und auch als Fremdenzimmer benußt. 


507 


Eigene an das Hausgebäude angebaute fremden: 
wohnungen (hospitalın bei Bitruv) hat es wohl 
nur in Ca fällen gegeben. In dem Haufe 
des reichen Kallias 3. B. wohnen die vielen rem: 
den nicht in einem bejonderen Haufe, jondern alle 
bei dem Wirte jelbit, der jogar Wirtichaftszimmer 
zu ihrer Aufnahme eingerichtet hat. Plat. Protag. 
». 315 D. — Die Ausſchmückung des Haufes war 
in früheren Zeiten einfach, ber Fußboden ein 
Eſtrich, jpäter erſt getäfelt, die Wände geweiht. 
Doch jchon Alkibiades zwang den Maler ga: 
tharchos, jein Haus zu malen. Plut. Alcib. 26, 


Außer den Malereien gab es noch mormil- 
ucera (auch morxıddar), wahrſcheinlich Stucca: 
turarbeiten am Gefims und an den Deden. 
— Die Dächer waren meift Platt, doch find 
auch hohe Dächer vorgefommen. Statt der 
inneren Berbindungsthüren werden aud) 
Vorhänge (merdouere) erwähnt. Die 
Hausthüren öffneten fich meift nach innen (Zv- 
doövaı vom Öffnen, dmiomdsasta:, dpel- 
»voaodeaı vom Schliehen nach anfen); Thü: 
ren, die nach außen fich öffneten, wurden 
von Hippias dem Tyrannen beftenert. Wer 
eintreten wollte, Fopfte an die Thür (ngovsır 
ri» Dipar), Der Supwpös öffnete und 
meldete den Fremden an. — Daß Fenfter (dvoddeg) vor: 
fommen, ift unzweifelhaft. Das meifte Licht empfingen 
übrigens die Zimmer durch die nach dem Beriftylion 
führenden Thüren. — Die Heizung geichah zum Teil 
durch Kamine, zum Teil durch tragbare Herde (Loydgaı, 
IR loywolödes) oder Kohlenbeden (d»dedxın). — Im Gegen: 
jabe zu den oladaı, den von deren Beſitzer mit der 
| Familie bewohnten Häufern, hiehen größere Mietshäufer 
| | 2 ovvornicr. Es ift jelbftverftändlich,. dah in der Wirt: 
: lichleit mancdherlei Abweichungen von diejfem Normal: 

plane vorlamen, bei dem Vitruvius ald Anhalt gedient 
hat. Ein erhaltener Privatbau (in Delos) zeigt auch 
N eine Eifterne. — Der Grundriß eines größeren Haufes 
; - mit 2 Beriftplen (j. Abbildung ©. 506) ift aus Beders 
Charikles genommen; dody müjjen wir annehmen, daß 

| bei einer Wohnung mit 1 PBeriftyl diejes ungefähr die 
\ h Einrichtung hatte, wie auf dem Beckerſchen Plan das 
| Beriityl der Gynaikonitis, daß alfo die dem Flur gegen: 
| überliegende Seite der ann feine Säulenhalle hatte, 








daß hier die wgoordg (m) mit dem Altar der Hejtia 
faq und auf beiden Seiten derjelben der Palauog und 
iupiitcianog. Dahinter befanden ſich dann größere 
Näume für die unter Aufficht der Hausfrau arbeitenden 
Mägde. Auf die 3 Säufenhallen der abi) mündeten 
verichiedene Gemächer, Borratstanımern,, Schlafzimmer 
für die männlichen Mitglieder der Familie, für Skla— 
ven und Fremde, Speifejäle u. ſ. w. In der Proftas, 


J 
Romiſches Haus 
Erklärung der Buchflaben. 


A vestibulum 


R ostium., leihjam der Grenzicheide für den öffentlichen und 
€ € 2 tabernae. Familienertehr, verjammelte fich die Familie gewöhn: 
D atrium. lich zu den gemeinfchaftlichen Mahlzeiten, zu den Opfern 


an dem Herde der Heftia u. ſ. f. Vgl. Beder-Göll, 
Eharifles II ©. 105 ff. Hermann-Blümner, griechiſche 
Privataltertümer, S. 143 ff. — ID) Römiſches. In 
dem römijchen Haufe find die notwendigen und allent: 
halben an derjelben Stelle wiederfehrenden Räume, 
weldye gleichſam das Gerippe des Hauſes bilden, von 
den ummejentlichen au trennen. Jene find vestibulum, 
ostium, atrium, tablinum, fauces, cavaedium, peri- 
stylium. Die Anordnung ift immer die gleiche; näm- 
lid) das atrium ift der erfte Saal nad) dem Eintritt, 
hinter demjelben Tiegt das tablinum und daneben ber 
Korridor, fauces, welcher nad) dem inneren Hofe 


E impluvium mit 2 fleinen Eifternen 
F tablinum (mit Mojaitboben). 
6 peristylium mit 2 Meinen Waflerbehältertt. 
H viridarium. 
I trielinium oder oocus (mit Mofailboden). 
K cella ostiarii, 
LLL3 Wohnzimmer oder Meine triclinia 
M MM 3 cubicula, 
N fauces (Storribor) 
Oo Etubiergimmer. 
P culina. 
4 posticum (Hinterpforte). 


908 


oder cavaediam führt. Darauf folgen ein oder ' 
mehrere Periſtylien hintereinander, je nad dem 
Vermögen des Hausherren. — Bor dem Hauſe 
lag das vestibulum, auf 3 Seiten eingejchlofjen, 
wenn das Haus 2 bis an die Strafe reichende 
Flügel hatte, oder wenn die Hausthüre einige 
Schritte in das Haus eingerüdt war. In der 
Kaiſerzeit entitanden vor dem Haufe Säulen: 
hallen. Die Thüre (fores) war von Holz, jpäter 
oft mit Elfenbein und Gold gejichmüdt; fie öffnete 
fih ftets nad) innen, während fie an den öffent: 
6 lichen Gebäuden auswärts jchlug. Die valvae 
waren eigentlich Klappthüren aus mehreren Ab— 
teilungen oder Tafeln beftehend, welche zum gu | 
jammenfchlagen eingerichtet waren. Die = re 
hing aber nidyt wie bei uns in den Angeln, ſon— 
dern es befanden ſich an derjelben teilförmige 
Angelzapfen (cardines), welche in der oberen und 
unteren Schwelle (limen superum und inferum) 
eingelajfen waren. Das Verſchließen der Thüre 
geichah vermittelt eines hölzernen Querbaltens 
(sera) oder durch 2 ſich begeguende, miteinander 
zu verbindende Riegel (repagula), oder durch 
Riegel (pessuli), melde durch einen Schlüſſel 
(elavis) vor: und rüdwärts bewegt wurden, ganz 
unſeren Schlöffern analog. Die beiden erjten Arten 
dienten, um bon innen, die leßteren, um auch von 
außen zu verichließen. Endlich hatte man bei 
Flügel: und Klappthüren noch Heine Riegel an 
dem oberen und unteren Ende derjelben (wahr: 
jicheinlich auch pessuli genannt), welche man in 
die Schwelle und in den Thürfturz einſchob. — 
7 Unmittelbar hinter der Thüre war die Hausflur, 
ostium; doch umfaht diejes Wort im weiteren 
Sinne auch den Eingang mit, nämlich Schwellen, 
Pfoften und Sturz der Thüre, Im Oftium hinter 
der Thüre hatte der Portier (ianitor, ostiarius) 
eine Heine Loge (cella), wo ſich auch jehr häufig 
ein Hund befand. An das Oſtium schloß ich 
das atrium (corinthium, prächtig, mit Säulen; 











Atrium corinthium, 


tuscanicum, einfach, ohne Säulen), das des Lichts 
oder Rauchs wegen eine größere oder Heinere Dad: 








e 








Atrium tuscanicum 





* 


Haus. 


öffnung hatte. Dieſer Raum, welcher anfangs einem 
Saal, ſpäter mehr einem Hofe glich, war vor 
alters der Mittelpunkt des ganzen Familienlebens. 
Hier ftand der Herd (focus) für irdifche und re: 
ligiöjfe Zwecke (Platz der Penaten), und von dem 
Schwärzen durch den- Rauch erhielt das atrium 
jeinen Namen (jo jchon Servius; vgl. griechiſch 
ueiadgor; nicht von «idgror); hier empfing man 
die befuchenden Freunde und Klienten, hier thronte 
die Hausfrau im Kreiſe der fleißigen Dienerinnen, 
hier ftand der thalamus nuptialıs und die Geld— 
fafie des Hausherren, hier wurden die Leichen auf 
dem Baradebett ausgeftellt, hier wurden die Er: 
innerungen an die Verjtorbenen aufgehängt (\. 
Imagines). Als die alte einfache Sitte allmäh: 
lich erlofh, als man große Gaftmähler zu geben 
anfing und ganze Scharen von Beſuchern all: 
morgendlich erjchienen, wurde das Verhältnis ein 


‚anderes. Der alte Familienherd, die Penaten, 


die Dienerinnen, der thalamus verjchwanden aus 
dem Atrium, welches nur der große Empfangs: 
jaal blieb. Die Dahöffuung mußte größer werden, 
und die Notwendigfeit forderte Säulen, um das 
Dad) zu ftügen. Unter der Öffnung (implurium) 
war ein Heines Baſſin für das von den Dächern 
herabfallende Regenwaſſer und daneben häufig ein 
Springbrunnen angebracht. Gegenüber dem Ein- 
gang an der hinteren Seite des Atrium befand 
jih ein offener Saal, das tablinum, das We: 
ihäftslofal des Hausherrn und Archiv (fo genannt 
von tabula) der familie, neben welchem 1 oder 
2 Korridore (fauces) nah dem inneren Hofe 
(peristylium, cavaedium) führten, welcher 
in feinem Hauſe fehlte und größer als das Atrium 
war. Bededte Gänge jchloffen den offenen Mittel: 
raum ein, im welchem fich eine Eifterne und ein 
jliepender Brunnen befanden. Um das Baſſin 
lagen Naienpläpe und Blumenanlagen (viridarıa). 
- Die andern Räume, welche dem täglichen Ge— 
brand) und dem Luxus dienten, wurden nad) der 
Yolalität und nach dem Gefallen des Befißers um 
das Mtrium und um die Höfe herum gruppiert, 
nämlich die Heineren Wohn: und Schlafzimmer 
(eubiceula), Speifezimmer (triclinia), Prachtſäle 
(oeci, auch zum Speifen dienend), Gejellichafts: 
und Konverlationslofale (exhedrae), Hausfapelle 
(sacrarium oder Jararium), Bildergalerie (pina- 
cothöca), Bibliothef, Bad (balineum), Sklaven— 
zimmer (cellae servorum), teil3 im oberen Stod: 
werk, teils im dem hinteren und abgelegenen 
Näumen, Küche (culina oder coquina), Vorrats— 
fammern (cellae penariae) für die Speijen, Wein, 
Ol u. if. w., Bäckerei (pistrinum, welches auch 
die Mühle mit im ſich begreift, ſ. d.), Tabernen 
ij. Taberna. gl. auch Diaita, — Das Erb: 
geichof diente zur eigentlichen Wohnung; nur ein- 
zelne Teile des Haufes hatten ein oberes Stod: 
wert, cenneula genannt, zu dem jchmale und 
fteile Treppen führten. Das Dad endlich (i. 
Tectum) war gewöhnlich flach und mit Wein: 
reben, Blumen und Sträuchern bejeßt, welche 
fleine Gärten solaria hießen. Damit nicht zu 
verwechjeln find die jöllerartigen Vorbaue oder 
Balfons, pergulae und maeniana. — Junere 
Einrihtung. Der Fußboden (solum) war 
niemals gedielt, fondern bejtand aus Eſtrich (pa- 
vimentum, ruderatio, opus ruderatum) oder aus 
Eſtrich mit Badjteinfcherben gemijcht (opus testa- 


9 


10 


1 


— 


Hebe — 


ceum und signianum), oder aus Steingetäfel von 
vieredigen Marmorplatten (solum marmoreum, 
pavimentum marmoreum). feiner war das pav, 
sectile, aus geometrijch zugeichnittenen Stüden 
verichiedenfarbigen Marmors bejtehend, und am 
feinften pav. texellatum und musivum (Mojait: 
boden). Die Heinen bunten Stifte der Mojait 
waren von Thon, Glas, Marmor oder andern 
Steinarten und wurden auf das funftreichite zu: 
ſammengeſetzt, jo daß wertvolle Gemälde entjtan- 
den. Die Wände (parietes), vor alters nur 
geweißt (dealbati), wurden jpäter mit Marmor 
belegt (crustae marmoreae). Die tectores und 
marmorarii befleideten die Wände auch mit künſt— 
lihem Marmor. Weit häufiger wurde die Malerei 
zum Schmud der Wände angewendet, und zwar 
malte man mehr auf naflen Kalt (ul fresco) als 
auf trodenen (a tempera). In der Regel jchmitt 
man Fries und Sodel von der Wand ab und 
gewann einen gewaltigen Effeft, indem man die 
hellſten Karben neben die dunfelften jeßte. Die 
Gegenftände der Gemälde waren jehr mannigfach, 
architektoniſch, hiſtoriſch, mythologiſch, landſchaft— 
lich u. ſ. w. Es fehlten nicht einmal die moder— 
nen Genrebilder und Stillleben. Die Decken er: 
hielten ein zierliches Anjehen, indem man ein Netz 
von Ballen machte, wodurch vertiefte Felder ent: 
ftanden (lacunar, laquear), welche wir Eafjetinen 
und Carrés nennen, und welche von den laquearii 
foftbar gemalt und jowohl mit Stud als mit Gold 
verziert wurden. Fenſter (fenestrae) waren im 
Erdgeicho jelten, da die Zimmer desjelben nad 
dem Atrium und Gavädium gingen und von diejen 
durch die weite Thüröffnung Licht empfingen. Da: 
gegen die oberen Stodwerfe hatten immer Fenſter 
und auch häufig nach der Straße zu, doc waren 
fie ziemlich Hein. Bor alterd waren die enter 
durdy Läden oder Vorhänge (vela) verſchloſſen, 
jpäter auch durch Marienglas (lapis specularis) 
und jogar durch unjer Fenſterglas (j. Vitrum). 
— Die Heizung geſchah durch Kamine (caminus, 
focus), eherne Kohlenbeden und tragbare zierliche 

jen, deren man mehrere in Pompeji gefunden 
hat. In Ober:Ftalien, Gallien, Germanien heiz: 
ten die Römer am häufigften durch Röhren (tubi 
oder tubuli), weldhe von dem hohlen, durch Feuer 
erwärmten Fußboden ausgingen (suspensura, hıy- 
pocaustum) und die Wände durchzogen. Wuch 
begnügte man fi) mit dem erwärmten Fußboden, 
ohne daß Röhren damit in Verbindung ftanden. 
In den alten Zeiten gab es wohl feine Eſſen, 
und der Rauch entwich dur die Thüren oder 
Fenſter oder dur die Dahöffnung des Atrium; 
aber jeit den Zeiten des verfeinerten Luxus gab 
es auh Scornfteine, wenn fie auch in Unter: 
Stalien, wo man überhaupt der Heizung wenig 
bedurfte, jelten waren. — Das Hauptcaralte: 
riftiiche des römischen Haufes beftand hauptjäd): 
lih in folgendem: 1) Der ganze Bau war von 
außen unregelmäßig, niedrig und im ganzen un: 
anjehnlih. Auch verwendete man wenig Schmud 
auf die Außenjeite. Höchſtens lieg man in der 
Mauer rote und gelbe Ziegel ſtreifenweiſe ab- 
wechjeln, bis die jteigende Prachtliebe Säulen an 
den Thüren oder Bildhauerei und Stuccatur hin: 
zufügte. 2) Die inneren Räume waren, jomweit 
jie für den Gebrauch der einzelnen dienten, klein 
und heimlich, an das Atrium oder Cavädium ſich 


“Hysuovie. 


509 


anjchließend und dadurch vor Zugluft und Sonne 
trefflich geihüßt. Die den Mittelpunkt bildenden 
offenen Hallen waren dagegen groß und vermittel: 
ten den Verkehr zwijchen allen andern Zimmern. 
Die Wirkung, welche ein römiſches Haus nad 
innen auf den Beichauer hervorbracdhte, muß eine 
bezaubernde gewejen jein. — Zur Verdeutlichung 
ift ein Grundriß des 1824—1825 aufgefundenen 
Haujes des tragiichen Dichters in Pom: _ 
peji nebſt einer Erklärung der einzelnen Teile 
beigefügt (j. die Abb. S. 507). Vgl. Becker-Göll, 
Gallus II ©. 213 ff. Marquardt, das Privatleben 
der Römer I ©. 208 ff. 

Hebe, "Hßn, Juventas, die perjonifizierte 
ewige Jugend, Tochter des Zeus und der Hera 
(Hesiod, theog. 950), Dienerin der Götter, welche 
ihnen den Nektar einjchentt (Hom. Il, 4, 2), mit 
dem vergötterten Heralles vermählt (j. Hera- 
kles, 12.).. Sie ward an manchen Orten Grie- 
chenlands verehrt. In Phlins und Sikyon heift 
ſie Ganymeda und Dia. — In Rom hatte Ju— 
ventas mehrere Heiligtümer; ſie war hier nicht 
bloß Perfonififation der jugendlichen Mannſchaft, 
auf der die Kraft des Staates beruht, jondern 
auch der ewigen Nugendblüte des Staates jelbft. 
Abbildungen, der Mutter Hera ähnlich, find jelten. 

Hebros, "Eßeos, j. Marita, der Hauptftrom 
Thrafiens, entipringt auf einem Gebirgsfnoten des 
Stomios und Rhodope (Thuc. 2, 96), nimmt unter 
vielen Nebenflüſſen bejonders den Tonſos (j. 
Tundſchah) und den mit dem Tearos vereinigten 
Agrianes oder Ergines (j. Ergine) auf, wird ſchon 
von Philippopolis an jchiffbar und ergießt fich in 
2 Armen, von denen der eine den Stentorisjee 
bildet, als ein großer Fluß bei Minos ins Meer. 
Hdt. 4, 90. 7, 59. 

Hedoniker ſ. Aristippos. 

Hegelöchos, Hycdoxos, 1) ein griechiicher 
Scaufpieler, der bei der Aufführung von Euri 
pides’ Dreftes V. 279 anftatt yalrjv' vew, ich jehe 
Ruhe, ſprach: yalzv öew, ich jehe ein Wiejel, 
und dadurch bei den Zuichauern ein allgemeines 
Gelächter erregte. — 2) ein Anführer der maledo- 
nischen Neiterei auf Aleranders Feldzuge in Niien. 

Hegemöne j. Charis, Chariten. 

"Hysaovia. 1) In den Berhältniffen der ein: 
zelnen griechiſchen Staaten unter einander bezeich: 
net Hegemonie das Übergewicht eines Staates 
über die andern und die damit verbundene Leitung 
der Bundesangelegenheiten (lateinijd principatas). 
Natürlich ift diejes Verhältnis nad) den bejonderen 
Bundesbejtimmungen, wie aud nach der Macht 
des leitenden Staats, ein verjchiedenes geweſen; 
im allgemeinen läßt fich indeffen darüber folgendes 


angeben. Die_ einzelnen Staaten waren politijd) 
unabhängig. Über Krieg und Frieden von Bundes 


wegen entichied der Bundesrat, in dem alle ein: 
zelnen Staaten gleiches Stimmrecht hatten. Der 
leitende Staat bildete dagegen den Mittelpunft 
der gemeinichaftlichen Beratungen, hatte die Füh— 
rung im Kriege, forderte die Geldbeiträge ein 
nud beftimmte, der wievielte Teil der fejtgejehten 
Kontingente ausrüden follte, jandte den Kontin— 
genten auch Oberbefehlshaber (Eevayovs). Bol. 
aud; Zvuuayxle. — 2) In der attifchen Gerichts: 
iprache ift nyenoria tod dinaornelov die Vor— 
ftandichaft der Gerichte, die nach der Beichaffenheit 
der vorliegenden Fälle verjchiedenen Behörden 


510 _ 


zufam. 
anzunehmen, den Prozeß zu inftruieren und bei 
dem gerichtlichen Verfahren den Vorſitz zu Pe 
— 3) Über die Hyeuori« rar ovunwogıör |. Lei- 
turgia, 4. 

Hegesander, 'Hyrjoavdgog, 1) Genoffe Xeno: 
phons in der Zurüdführung der 10 000 Griechen 
aus dem Innern Mjiens im ihre Heimat; val. 
‚Xen. An. 6, 1,5. — 2) aus Delphoi, vielleicht 
im 2. Jahrhundert v. E., Berfafler einer mindeſtens 
aus 6 Büchern bejtehenden Schrift vrourijuere, 
die enchflopädijcher oder vermijchter Art geweſen 
zu fein fcheint und von Athenaios vielfach benußt 
ward, und eines drournue dröpıdrrwr zal kyal- 
ucdrov, alfo funftgeichichtlichen Inhalts. 

Hegesias, "Hynoldas, 1) ein Anhänger der fyre: 
naiſchen Schule, lebte im 3. en v. C. in 
Alexandreia. Er hielt die Luſt für die Blüte und 
den Zweck des Lebens; aber bei den vielen Un— 
glüdsfällen, denen der Menſch ausgejegt ift, glaubte 
er die Hoffnung, diejen Zweck zu erreichen, auf: 

eben zu müſſen und erflärte daher, es ſei befler zu 
——— als ſolches Los zu ertragen. Dieſe Lehre 
trug er in ſeiner Schrift, Aroxuepregav genannt, 
in jo grellen Farben vor, daß manche feiner 
Schüler (Hegesiaci) Hand an fid) legten; er ſelbſt 
aber befam den Beinamen ITsıowdavarog. Cie. 
tuse. 1, 34, 835. — 2) Sophift und Nhetor aus 
Magnefia am Sipylos, Tebte um 300 dv. C. Cicero 
(Brut. 83, 286. or. 67, 226) nennt als fein Mufter 
den Eharifios, der als Nachahmer des Lyſias be: 
zeichnet wird. Heg. z0g eine einfacher gegliederte 
Scyreibart vor, verdarb aber diejelbe in eine zer: 
hadte (infregit conciditque numeros. (ic. or. 
69, 230). Er wird als der Haupturheber des afia: 
niſchen Stils bezeichnet und von bejonnen urteilen: 
den Schriftftellern jcharf getadelt. Auch Aleranders 
Geſchichte jcheint er geichrieben zu haben, aber 
wenig glaubwürdig (Gell. 9, 4. Plut. Alex. 3). 

Hegesilöchos, Hynoidoxos, 1) errichtete in 
Rhodos nadı dem Sturze der Demofratie mit 
feinen Freunden eine Dligarchie, unterftügt von 
Maufollos von Karien, welcher Rhodos unter feine 
Gewalt zu bringen ftrebte, int Jahre 356 v. C., 
machte fich aber berüchtigt durch jegliche Ausſchwei— 
[ung und Biügellofigfeit des Lebens. Nach dem 

ode des Maujollos machten fi) die Rhodier 
wieder frei. — 2) im Jahre 171 v. E. Oberhaupt 
von Rhodos und Freund der Nömer. Liv. 42,45. 

Hegesinüs, 'Hynalvovs, aus Pergamon, um 
185 v. C., afademijcher Philoſoph, Schüler des 
Euandros und Lehrer des Karneades. (ic. academ. 
2,6, 16. Diog. Laert. 4, 60. 

Hegesippos, 'Hyrjoırros, 1) atheniicher Staats: 
mann und Redner, Zeitgenoffe des Demofthenes, 
nach der Meinung vieler Gelehrten Berfafler der 
unter dem Namen des letzteren erhaltenen Rede 
neol Akorrjcov. Bal. Schäfer, Demofthenes, 
Bd. II ©. 440 ff. der 2. Aufl. Bla, attijche Be: 
redjamfeit III, 2 ©. 116 ff. — 2) aus Melyberna 
in Makedonien, jcdhrieb außer andern Werfen 
Ileilınvınd und MAnciccuci, von Dion. Hal. 1, 49 
unter die kvdgss doyaloı xal Adyov KEıoı ge: 
rechnet. Bruchftüde bei Müller, fragm. histor. 
Graec. IV p. 422 ff. — 3) Unter diejem Namen 
ging lange Zeit eine (nach der Anficht mancher Ge: 
lehrten von Ambrofius herrührende) Tateinische 
Überjegung und Bearbeitung von Joſephos' Ge: 


Die betreffende Behörde hatte die Klage | 


Hegesander — Hekataios. 


ichichte des jüdijchen Krieges, welche etwa dem 
4. Jahrhundert n.E. angehört (herausg. von Weber 
und %. Eäfar, 1864). Der Name ift aus Josephus 
verborben. Abhandlung von F. Vogel (1880). 

Hegesisträtos, "Hynolorgaros, 1) Sohn des 
Beififtratos, der nach Vertreibung der Mytilenater 
aus Sigeion durd feinen Vater die Oberherrichaft 
gewann. Udt. 5, 94. — 2) ein Eleer aus dem 
Geſchlechte der Telliaden. Hdt. 9, 37. — 3) ein 
Sohn des Samiers Nriftagoras, der im Auftrage 
feiner Landsleute vor der Seeſchlacht bei Myfale 
zum König Leotychides fam und um Befreiung 
Joniens vom perjiichen Joche bat. Hat. 9, 90 ff. 

Hegias j. Bildhauer, 3. und Epos, 4. 

Hekäbe j. Priamos. 

Hekamöde, 'Exaurjön, Tochter des Arfinoos aus 
Tenedos, welche, als Achilleus die Inſel eroberte, 
die Sklavin Neſtors wurde. Hom. Il. 11, 624. 14, 6. 

Hekataios, 'Ex«reiog, 1) Sohn des Hegejan: 
dros, der Logograph, ftammte aus einem edlen 
Gejchlecht in Milet (Hdt. 2, 143), geboren wahr: 
ſcheinlich 549 v. E., geftorben bald nad) der Schlacht 
bei Plataiai. Noch vor feinem politiichen Auf: 
treten unternahm er weite Reiſen. Er nahm leb- 
haften Anteil an den Angelegenheiten feines Vater: 
landes während des Aufftandes gegen Perſien, 
aber jeine weiſen Natichläge wurden nicht beachtet. 
Hdt. 5, 36. 125. Selbjt die Berjer fjollen ihn jo 
hoch geihägt haben, daß auf feine Bitte Arta: 
phernes im Jahre 494 den ioniſchen Städten gegen 
einen bejtimmten Tribut die Autonomie zurüdgab. 
Diod, Sie. 10, fragm. 59. 9. brachte in die Ge— 
Ichichtichreibung der Xogographen, die bisher nur 
in der Umjchreibung der Dichter in poetiiche Proſa 
beftand, Fortjchritt und eine neue Nichtung : teils 
nämlich fing er an Kritik zu üben, die freilich nur 
in einer pragmatiichen Deutung von einzelnen 
Mythen beftand, teils wandte er fich nach vielen 
Reifen der Gejchichte des Auslandes zu; Daher er 
der erite Hiftoriograph genannt wird. Er hat 2 
große Werte geichrieben, die meglodos yis und die 
yersnkoyiaı, alle anderen Titel, wie wegujynas 
und fsrogieı, find teil ungenaue Bezeichnungen, 
teild® Titel einzelner Abſchnitte. Die meglodog, 
eine Erläuterung der von ihm verbejlerten Erdfarte 
des Anarimander, umfahte in 2 Büchern erit 
Europa, dann Aſien und Libyen; mit Unrecht ih 
die Echtheit derjelben im Altertum angezweifelt 
(Arr. 5, 6, 5), aber ſchon von Eratofthenes be- 
hauptet. Er jchrieb in unvermijchten ionijchem 
Dialekte (ci dınkkarn anpdro "lddı nal ob we- 
uywern), einfach und ſchmucklos. — Fragmente 
find gejammelt von Fr. Ereuzer (1806), Klauſen 
(1831) und Müller, fragm. histor. Graee. Ip. 1 ff. 
— 2) Philojoph und Gejchichtichreiber aus Abdera, 
begleitete NAlerander den Gr. auf jeinen Reifen 
und war jpäter im Gefolge des Ptolemaios Yagi. 
Er jcheint eine Gejchichte der nördlichen Gegenden 
und ein Werf über Agypten geichrieben zu haben; 
dagegen wird das ihm beigelegte Werl zeoi rür 
lovdalor Pıßllor, woraus Photios bedeutende 
Auszüge gibt, von manchen für unecht erklärt. 
Müller, fragm. histor, Graec. II p. 384 ff. — 
3) Tyrann don Kardia zur Zeit Alexanders Des 
Gr., Gegner des Eumenes, der bei Alerander die 
Befreiung feiner Vaterſtadt nicht durchſetzen Fonnte. 
Später ging er als Gejandter zu Leonnatos, um 
ihn nad) Mafedonien zu berufen. Plut. Eum. 3. 





Hekate — Hekatompylos. 


Hekäte, ‘Erdrn, Hecate, Tochter des Perſes 
oder Berjaios und der Niterie, eine Titamin, oder 
Tochter des Zeus und der Demeter oder der Hera, 
Tochter des Tartaros u. ſ. w. Bei Homer geſchieht 
ihrer feine Erwähnung; doch ſcheint fie eine alte 
Gottheit geweſen zu fein, die aber erſt durch die 
Orphifer in jpäterer Zeit zu meitverbreitetem An: 
ſehen kam. Bon dieſen ift auch wahricheinfich die 
Stelle im Hefiod (theog. 411-452) eingejchoben; 
hier wird 


ie al3 eine vor allen Titanen hochge— 


ehrte Göttin gerühmt, welche im Himmel, auf 
Erden und im Meere maltet (daher ro/uoepog 
enannt), Glüd und Sieg, Weisheit, in den Ber: 
ammlfungen und den Gerichten, glüdliche Schiffahrt 
und Jagd, Gebeihen der zuß end und Wachstum 
der Herden verleiht. Durch 9 Einfluß der Or— 
phifer ward fie cine myſtiſche Gottheit und als 
jolche mit andern myſtiſchen Böttinnen, wie Demeter, 

Berjephone, Per Kybele, vermengt, Auch mit 
Artemis, die ie bit Hefate hieß, ward fie identifi 
ziert und wurde, wie dieje, eine Mondgöttin und 





511. 


Herricherin der Nacht. Mit Demeter und Berfe: 
phone fteht fie ſchon (an zweifelhafter Stelle) in 
dem homerifchen Hymnos auf Demeter in Be: 
iehung; fie gewahrt den Raub der Perjephone, 
ht e te mit Demeter und wird ihre geleitende 
er (V. 25. 52. 441). So wird fie denn feit 
den Tragifern eine unterirdifche Gottheit, welche 
als Krataiis (Koarautg) furchtbar und gewaltig 
unter den Schatten waltet umd zugleich als nädht: 
liche, geipenftiiche Baubergöttin über die böſen und 
ichädlihen Dämonen herricht, 
die Geiſter der Toten aus der 
Unterwelt ruft und die Men: 
ichen durch Gejpenfter jchredt. 
Ste ſchwärmt mit den Geiftern 
der Toten in der Nadıt auf 
Dreiwegen (dvrodi« ober zlvo- 
dla, rerodirıg, trivin) und an 
den meift an den Straßen 
liegenden Gräbern (rvußıdı) 
unther, von ſtygiſchen Hunden 
begleitet; Die  erichrodenen 
Hunde verfünden durdy Heu: 
len und Winjeln ihre Nähe. 
Die Zauberinnen, welche in 
der Nacht die durch ihr Mond: 
licht gefräftigten Zauberfräuter 
aufſuchen und ihre verderb- 
lichen Beichwörungen vorneh— 
men, ftehen unter ihrem Schuß 
und haben ihre Kraft von ihr 
gelernt. — Hefate, urſprünglich 
wohl eine an den nördlichen 
Küften des Nigaiifchen Meeres 
verehrte Mondgöttin, hatte teils 
Öffentlichen teils Geheimfult, 
beionders zu Samothrale, Yem- 
nos, in Theffalien (dem Lande 
des Aberglaubens und der Bau: 
berei), Aigina, Athen u. a. O. 
Man ftellte ihr vor und in 
den Häufern und auf Drei: 
wegen feine Sapellen und 
Hefateſäulen (Exaraie) auf 
und ſetzte ihr an Dreimegen 
am Anfang jedes Monats 
Speifen ans, die von den Ar- 
men verzehrt wurden. Ge— 
opfert wurden ihr Hunde, 
ſchwarze weibliche Lämmer, 
Honig. Die Dichter ſchildern 
ſie als eine furchtbare Ge— 
ſtalt mit Schlangenhaaren und 
Schlangenfüßen, mit 3 Köpfen, 
mit einem Pferdes, einem 
Hunds- und einem Löwenopf 
(reinfpakos, triceps, trifor- 
mis, tergemina u. |. w.). Die bildende Hunt 
ftellte fie teils eingefaltig, teil dreigeftaltig und 
dreiföpfig (jo auf dem berühmten &igantenfries 
von Pergamon) dar, weil ihre Bildniffe oft an 
Dreimegen aufgeftellt wurden. Ihre Attribute find 
Hunde, Schlangen, Fadeln, Schlüſſel, Dolce. 

Hekatombe |. Opfer. 

Hekatompylos, "Exaröurvios, -ov, Hauptitadt 
von Barthien, 1260 Stadien (etwa 32 Meilen) 
nordöſtlich von den Kaſpiſchen Pforten, j. Schah:rud. 
Den alten einheimischen Namen kennen wir nicht, 





‚512 


der griechijche joll von dem Zujammentreffen vieler 
Straßen herrühren. Strab. 11, 514. 

Hekäton, 'Exdror, Stoifer aus Rhodos, Schi: 
fer de3 Panaitios, jchrieb wegl xadnaorrw» in 
wenigitens 6 Büchern (Cie. off. 8, 15, 63. 33, 89) 
und heint bei jeinen Zeitgenofjen wie bei Späte- 
ren (Seneca erwähnt ihn wiederholt) in großem 
Anſehen geftanden zu haben. Bon jeinen zahlreichen 
Schriften, nnter welchen megl &yadar, m. dosrür, 
a. naher, m. nagaöskov, megl reloug noch er: 
wähnt werden, hat jidy nichts erhalten. Diog. 
Laert. 7, 87. 9, 101. 110 u. ö. ®gl. Panaetii et 
Hecatonis librorum fragmenta coll. Fowler 
(1885). 

Hekatoncheiren, 'Exaröygsıgss, -oı, Centi- 
mani, hundertarmige Riejen mit 50 Köpfen, 3 
an der Sant. Aigaion-Briareos (der gemwal: 
tige Wogenmann, Hom. Il. 1, 401; hier ift jein 
Vater Pojeidon), Kottos und Gyes, Söhne der 
Gaia und des Uranos, aber gegen den Bater 
feindlich gefinnt, weshalb diejer fie gefeflelt in 
der äußertien Tiefe der Erde verborgen hielt. Im 
Titanenfampfe führten die Olympier fie aus der 
Tiefe der Erde hervor und gebrauchten ihre Hülfe 
zur Bezwingung der Titanen. Dieje wurden jeit: 
dem im Tartaros von den Hefatoncheiren bewacht 
Iesiod. theog. 147. 617. 734. Sie find Repräjen- 
tanten der gewaltigen Macht des Waflers. 

Hektönes, "Exrijveg, werden unter den älteften 
Bewohnern des afopiichen Boiotiens zur Zeit des 
Ogyges genannt; eine Bet joll fie weggerafft habeı. 
Paus. 9, 5, 1. 

Hektor, "Exrrog, ältejter Sohn des Priamos 
und der Hekabe, der Führer der. Troer im troja- 
nischen Kriege, Schüßling des Wpollon. Hom. TI. 
2, 816. Er ift der tapferfte Held der Troer, feſten 
Herzens und ftets unerjchrodenen Mutes, den ſelbſt 
Adyilleus anzugreifen ftugt (7. 3, 60.7, 113), ein 
Mann von Be Edelmut, ein zärtlicher Gatte 
und Bater, ein liebender Sohn und treuer Freund, 
Obgleich er den Untergang Trojas ahnt, Fämpft 
er doch mit ftet3 gleichem Mute, die Schmad 
mehr jcheuend als den Tod und die Verteidigung 
des Baterlandes als jein höchjtes Ziel betrachtend 
(TI. 6, 392 ff., die jchöne Unterredung mit jeiner 
Sattin, als er eben in die Schlacht zieht; 12, 243). 
Wir erwähnen von seinen Hauptthaten in der 
Schlacht die Verteidigung des verwundeten Sar- 
pedon (IT. 5, 680 ff.), feinen Zweilampf mit Aias 
dem Telamonier (7, 1f.), die Erftürmung des 
griechiichen Walles und Sprengung des Thores 
(11.12). Darauf zündet er die Schiffe der Griechen 
an und erichlägt den Patroflos (77. 16, 816 ff.). 
Bald nachher wird er von Achilleus (j. d.) getötet 
(Il. 22, 330). Adilleus wirft den Leichnam vor 
dem Totenlager des Patroflos in den Staub und 
bejtimmt ihn den Hunden zum Fraße; aber Aphro- 
dite jchügt ihm durd Salben mit Ambrofia vor 
Verwejung, und als Adhill ihn dreimal um das 
Grab des Patroflos jchleift (nach fpäterer Sage 
wird er dreimal um die ganze Stadt gejchleift), 
ſchirmt ihn Apollon vor jeder Verlegung. ZT. 24, 15. 
Auf des Zeus Befehl gibt Achill den Leichnam 
dem Priamos zurüd, Hektor wird im Hofe des 
Balaftes ausgejtellt und beflagt und darauf feier: 
lic verbrannt. Ende der Jlias. — Die Gemahlin 
des Hektor ijt Andromadhe, Tochter des Eetion, 
ein edles Weib; fie gebar ihm den Wityanar oder 


Hekaton — Heliades. 


Stamaudrios (Il. 6, 400 ff.), der bei der Erobe- 
rung der Stadt von der Mauer hinabgejchleudert 
ward, weil verfündet war, daf er dereinjt das von 
den Griechen zerjtörte Reich von Troja wiederher: 
ftellen würde. Ov. met. 13, 415, 

Helöna, 'El£vn, 1) Tochter des Zeus (I1. 3, 426) 
und ber Leda, der Gemahlin des lafedaimoniichen 
Königs Tyndareos, oder Tochter der Leda und des 
Tyndareos (Hit. 2, 112), Schweiter des Kaftor 
und Bolydeufes und der Niytaimneftra, Timandra 
und Philono?, das Ichönfte Weib ihrer Zeit. Als 
Jungfrau ward jie von Thejeus entführt und nad) 
Aphidna gebracht, aber von ihren Brüdern wieder 
befreit. Tyndareos (j. d.) vermählte fie mit Mene— 
laos, der König von Sparta ward und mit ihr 
die Hermione zeugte. In deffen Abwejenheit wird 
fie von Paris (j. d.), dem Sohne des Priamos, 
mit vielen Schäßen geraubt und nad Troja ge: 
bracht. Dies gibt die Beranlaffung zum trojani: 
ſchen Kriege. 1.3, 40ff. 15655. Während des 
Krieges weılt fie in Troja als Gemahliu des Paris 
und von Priamos und den Troern, obgleich jie 
unjägliches Leid über fie bringt, wegen ihrer 
Schönheit bewundert und geliebt (IT. 3, 161 ff.); 
fie jelbjt aber bereut den Leichtfinn ihrer Jugend 
und befennt offen ihre Schuld. II. 3, 139. 171 ff. 
* Herz ſtimmte ſich um für die Achaier und 
ſehnte ſich nach der Heimat, nach dem früheren 
Gemahl, ihren Eltern und der zurüchkgelaſſenen 
Tochter. Od. 4, 260ff. Nach dem Tode des Paris 
vermählte fie ſich mit rg Fa einem Sohne 
des Priamos, was vielleicht Schon Homer annahm. 
Od. 4, 276. 8, 517. Bei der Einnahme von Troja 
war fie den Griechen behülflich und lieferte den 
Deiphobos in die Hände des Menelaos (Verg. A. 
6, 517 ff.); nach derjelben fehrt fie mit Menelaos 
nach achtjähriger Irrfahrt in die Heimat zurüd, 
two fie noch längere Zeit mit demfelben in Frieden 
und Eintracht lebt. Hd. 4. Hier hatte fie in The: 
rapnıe ein mit Menelaos gemeinjchaftliches Grab: 
mal (Paus. 3, 19, 9). Nach anderer Sage wurde 
fie nad) des Menelaos Tode von —E unehelichen 
Söhnen vertrieben und floh nach Rhodos, wo ſie 
an einem Baume erhängt ward, weshalb die 
Rhodier der Helena Dendritis einen Tempel er— 
richteten. Nach ihrem Tode follte fie auf der Inſel 
Leute, mit Achilleus (ſ. d.) vermählt, fortleben. — 
Helena wird von Homer zwar als ein ſchwaches, 
aber nicht als ein gemeines Weib dargeitellt; in 
ihrer Jugend erlag fie den Lodungen der Sinn- 
lichkeit, aber der angeborne Adel ihres Gemütes 
führte fie zur Neue und zur Vernunft zurüd (j. 
noch Proteus). Bgl. Lehre, über die Daritel- 
lungen der Helena in der Sage und den Schrift: 
werfen der Griechen (in deflen Popul. Aufj. aus 
dem Altertum, ©. 1ff.). — 2) Tochter des Paris 
und der Helena. — 3) Tochter des Nigifthos und 
der Klytaimneftra. — 4) Mutter Kaifer Conftan- 
tins des Gr., die Chriſtin wurde. — 5) Tochter 
Conſtantins des Gr. und der Fauſta, Gemahlin 
des Yulianus Apoftata 355 n. E., geftorben 360. 

Helönos j. Priamos. 

"EiEnodıs, Name einer von Demetrios Polior: 
fetes erfundenen und bei der Belagerung von 
Rhodos zuerft angewendeten Belagerungsmajdine. 
Diod. Sie. 20, 95. YVitr. 10, 22 (j. Belage- 
rung, 14.). 

Heliädes j. Helios, 


“Hiıala — Heliogabalus. 


"Hiieie, Hlıaoriig, NHlıdkesduı. Die Heliaia, | 
wahrjcheinlih an den Markt ftoßend, war der, 

rößte atheniiche Gerichtshof (urjprünglic über 
ii eine Verſammlung bezeichnend, wie duxin- 
ola«), nad) welchem dann auch das Kollegium der 
Richter überhaupt Heliaia und Heliaften genannt 
wurde, und zwar nicht bloß, wenn fie in der 
Heliaia richteten. Die richterlide Gewalt wurde 
in Athen von angeblich 6000 jährlidh aus dem 
Volfe erlojten Geichworenen, die das dreißigite 
Jahr überschritten haben mußten (dinasrei, Hiı- 
orad), den „offiziell feitgejegten Aquivalent für den 
Begriff marres Adrwaioı,“ ausgeübt (über den 
Ort i feierlichen Verpflichtung j. Ardettos). 
Wahrjcheinlich famen auf die einzelnen Phylen 
gleiche Zahlen, nämlidy 600. Das Gejchäft der 
Loſung bejorgten die Archonten. Dieſe 6000, die 
jehr jelten alle zufammentraten, zerfielen in 10 Ab- 
teilungen, aus je 500 Richtern beftehend (die 1000 
übrigbleibenden wurden ohne Zweifel vorfommen: 
den Falles zur Ergänzung gebraucht). Übrigens 
war die Anzahl der Kichter nicht für alle Fälle 
diefelbe; es famen 200, 300, und durch Bereini- 
gung mehrerer Abteilungen 1000 oder 1500 Rich— 
ter dor; zu diejen runden Zahlen fam immer der 
für die Abftimmung notwendigen Ungleichheit 
wegen noch Einer Hinzu. Nach geleiftetem Eide 
erhielt jeder Geſchworene ein Täfelchen mit feinem 
Namen, der Nummer feiner Abteilung, der er für 
das Jahr angehörte, und dem Gorgoneion als 
Stadtwappen. Bor jeder Sitzung fand durd) das 
Los die immung der Gerichtsſtätten jtatt, die, 
meift am Markte liegend, durch Nummern und 
Farben unterfchieden waren. Bor dem Eintritt 
in den Gerichtshof befam jeder Richter einen Stab 
mit der Nummer und Farbe des Gerichtshofs und 
eine Marke (suußolor), gegen die er den von 
Perikles eingeführten Richterjold (1 Obolos, jeit 
Kleon 3, reıaßolor HAıuaorınör) von den Kolakreten 
erhielt. — Vgl. dagegen die treffliche Schrift von 
M. Fränkel, die attiichen Geſchwornengerichte (1877), 
der die herfümmliche Anficht, daß alljährlich aus 
der Gejamtzahl der attiichen Bürger 6000 Ge— 
ſchwornenrichter als Heliaſten ausgeloft worden 
ſeien, (mit Recht) beſtreitet und beweiſt, daß von 
einer nach Geſetz und feſter Sitte alljährlich be— 
ſtellten und feſt beſtimmten Zahl ebenſowenig als 
von einer Loſung oder Wahl der Heliaſten die 
Rede ſein könne; Heliaſten ſeien alle Männer 
reiferen Alters von mindeſtens 30 Jahren geweſen, 
konſtituiert als eine Inſtanz über der die geſamte 
Bürgerſchaft im ſich jchließenden Ekkleſia. 

Helike, Facan, 1) die alte Hauptſtadt Achaias, 
angeblich eine Gründung des Jon, mit einem Tem: 
pel des Bojeidon Helitonios, dem Stamm-Heilig— 
tuume der Achaier, 12 Stadien oberhalb der Mün— 
dung des Selinüs. Hom. Il.2, 575. 8, 203. Durch 
das jchredliche Erdbeben (373 v. E.), melches 
Strabon, Paufanias (7, 24) und Diodor (15, 24) 
erwähnen, wurde fie bei nächtliher Weile von 
dem Meere verjchlungen und verſchwand jpurlos. 
Auch das mehr landeinwärts gelegene Bura wurde 
durch dasjelbe Erdbeben —— erhob ſich aber 
bald wieder aus ſeinen Trümmern. — 2) j.Stern- 
bilder, 2. 

Helikön, "Eitor, berühmtes, oft genanntes 
Gebirge im füdlichen Boiotien, mehr als 1749 m 
hod), wald: und quellenreidy mit lieblichen Berg- 

Reallegiton des Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


513 


abhängen und Thälern, volllommen geeignet zum 
Sitz der Muſen und des heilenden Apollon. Schattige 
Wälder ziehen ſich längs den gras: und weiden- 
reichen Abhängen hin, welde, vor allen Bergen 
Griechenlands durch trefflichen Boden ausgezeichnet, 
feine einzige jchädliche Pflanze, wohl aber viele 
—— Kräuter * Hier ſprudelte der 
ujenquell Aganippe (bei Nitra) und die Hippo— 
frene, unterhalb deren der Mujenhain id befand, 
geihmüdt mit zahlreichen Statuen beiten 
Meifter. Paus. 9, 29—31. Der jetzige Name ift 
Bagora. 
eliodöros, "Hiısöogog, 1) genannt wegınyn- 
rijs, aus Athen, verfahte eine von Plinius vielfad) 
benuste Bejchreibung der Akropolis in 15 Büchern, 
welche, vielleicht nur Teil eines größeren Wertes 
über Athen, bis auf wenige Fragmente verloren 
egangen ift. Er fchrieb um 150 dv. E. — 2) aus 
Syrien, Rhetor zu Nom und Sekretär des Hadrian, 
wurde jpäter Präfelt von Agypten und ijt Vater 
des ausgezeichneten Feldherren Avidius Caſſius, 
der jich gegen Marc Aurel auflehnte. Nicht ohne 
Wahricheinlichkeit ift er mit dem Metriker Heliodoros 
identifiziert worden, obgleich andere diejen in dem 
rhetor, Graecorum longe doctissimus erfennen, 
welcher den Horaz im Jahre 37 v. E. von Rom 
nad) Aricia begleitete (sat. 1, 5, 2). So Bergk 
und Ritſchl (Opusc. I p. 119). — 3) aus Emeja 
in Syrien, * des Theodoſios, lebte gegen 
400 n. C. und ſoll Biſchof von Trikla in <hella- 
lien gewejen fein. In feiner Jugend jchrieb er 
oorrayua rar neel Osayerıv nal Kapinlsıav 
Aldıonınörv, einen erotiichen Roman in 10 BB., 
der die Reihe der erhaltenen griechiichen Romane 
eröffnet, durch Anlage der Handlung, Durchführung 
der Charaktere und moraliichen Gehalt das beite 
Werk diefer Art. Er enthält die Abenteuer der 
Charifleia, Tochter des aithiopiihen Königs Hyda— 
jpes, und des Theſſaliers Theagenes, die, durd) 
Liebe verbunden und oft getrennt, in allen Ge— 
fahren des Todes und der Verführung die gelobte 
Treue in unverleßter Keujchheit bewahren und 
endlich am Throne des Königs von Mithiopien und 
am Altar, auf welchem Theagenes geopfert werden 
joll, den Lohn für ihre Treue empfangen. Ausgg. 
von Schmid (1772), Koraös (1805, 2 Bbb.), 24 
Belter (1855) und in der Sammlung der Exotifer 
von Hirſchig (1856); deutiche Überjegungen bon 
Söttling (1822) und Jacobs (1837). 
Heliogabälus, 'Hiıoydßarog, oder Elagabalus, 
römischer Kaiser, hieß eigentlich Varius Apitus 
Baifianus, Sohn der Julia Soämis, Tochter der 
Julia Mäfa, und dadurd nahe verwandt mit Ca— 
racalla.. Nach des letzteren Tode verlieh jeine 
Familie auf Befehl des Macrinus Antiocheia und 
begab ſich nad) Emeja in Syrien; hier wurde 
Baffianus zum Sonnenpriefter geweiht und nahm 
den Namen des Gottes El-Gabel, Elagabalus, an. 
Da jeine Ahnlichleit mit dem von den Soldaten 
hochgeehrten Earacalla und feine Schönheit die dort 
befindlichen Truppen in Erjtaunen jeßte, ward jeine 
Großmutter veranlaßt, ihn für einen Sohn Cara- 
callas auszugeben und den 17jährigen Jüngling 
von den mit großen Gejchenfen beftochenen Krie— 
gern unter dem Namen M. Aurelius Antoninus 
us Mai 218 n. E.) er Kaifer ausrufen zu laſſen. 
ac) des Macrinus Beſiegung zeigte er dem Senat 
feinen Sieg an, brachte bie erite Beit feiner Re: 
33 





514 


gierung in Nifomedeia zu, zog dann erjt nach Rom 
und beichäftigte ſich hier, während er die Negierung 
vernachläjfigte und feiner Großmutter überlieh, 
versngbweile mit der Einführung des Sonnenkul— 
tus und mit der Erbauung von Tempeln für den 
Sonnengott. Im höchſten Grade ausichweifend 
und mwollüftig, wurde er bald den Soldaten ver: 
ächtlich, mußte feinen Better, den edlen Alerander 
Severus, adoptieren, ward aber, als er das bereute 
und diefem nach dem Leben trachtete, von, den 
Soldaten ermordet (222). Sein Leben hat Äülius 
Lampridius gejchrieben. Herodian. 4,12 ff. 5,1 ff. 
Dio Cass. 78, 31 ff. 79, 3 ff. Zon. 12, 131. 

Heliopölis, “Hklov eöhıg, 1) Stadt in Koile⸗ 
ſyrien, in dem Hochthal zwiichen Libanon und An- 
tilibanon (daher 7 meös ro Arßdro), nahe den 
Quellen des Fluſſes Lita (Leontes) gelegen, in ber 
Landessprache Baaldach, j. Baalbek, von den Grie- 
hen wegen des Kultus des Sonnengottes Baal 
Heliopolis gen.; unter Auguftus römiſche Kolonie, 
im Beitalter der Antonine mit prachtvollen Tempel: 
bauten, dem großen Sonnentempel und dem Fleine- 
ren Jupitertempel, in forinthiichem Stil geihmüdt, 
von denen großartige Ruinen noch vorhanden find. 
Strab. 16, 758. Plın. 5, 22. — 2) Nomoshaupt: 
ftabt in Unterägypten, an der ſüdlichen Grenze 
des Delta, 8 kun, nordöftlih von Memphis, an 
bem Kanal vom Nil zum Nrabifchen Meerbujen; 
ägypt. Anu, im U. T. On oder Beth-Schemeſch, 
j. Matarie mit dem jchönen 20m hohen Obelijten, 
dem einzigen Reft des reichen Tempels des Sonnen: 
gottes Tum, welchem der hellfarbige Stier Mnevis 
heilig war. An 9. befand ſich die berühmtefte, 
and von Platon und Eudoros bejuchte Prieſter— 
ichule, von welcher hauptſächlich die monotheiftiiche 
Geheimlehre ausging. Ebenjo knüpfte jih an 9. 
die Sage von dem Bogel Phoinir (j. d.). Schon 
unter den Btolemaiern zerfallen, war die Stadt zu 
Strabons Zeit bis aus die Tempelgebäude und 
Priefterwohnungen gänzlich verödet. Hdt. 2,3.7 ff. 
659. 73. Arr. 3, 1,3. Strab. 17, 803. 805 ff. Cie. 

n.d.3, 21. Diod. Sie. 1, 84. 

Helios, "Hiuog, ’Helıog, Sol, der Sonnen=|n 
gott, Sohn des Titanen ‚ÖHperion und der Theia 
(Tregiorlöng oder aud) "Tregior, vorzugsweiſe 
Titan genannt), Bruder der Selene und Eos. Hesiod 

. 371, Des Morgens fteigt er im Dften 
aus der Bucht des Dfeanos (kluvn, Hom. Od. 3, 1) 
auf, um den glänzenden Sonnenwagen mit dem 
feuerſchnaubenden Roffegeipann am Himmel hinzu: 
führen, und des Abends ſenkt er ſich im Weiten 
in den Dfeanos nieder und fährt in der Nacht in 
goldenem becherfürmigem Kahne um die Nord: 
hälfte der Erde zum Oſten zurüd, wo er einen 
prächtigen Palaft hat. Homer weiß; noch nichts 
don einem Sonnenpalafte im Often; auch jpricht 
er nicht don einem Wagen und Sefpann des 
Helios und von der Rüdfahrt in dem Kahne. Helios 
dringt mit jeinen Strahlen überall hin und fieht 
alles ein daher ruft man ihn als den 
Gott, der in das Berborgenite jieht, bei Eidſchwüren 
und "Betenerungen an. Il. 3, 277. Auf der Inſel 
Thrinakia hatte er 7 Herden Rinder und 7 Herden d 
Schafe, jede zu 50 Stüd, welche fich nie mehren 
noc mindern (Od. 12, 197; 1. Odysseus). Dieje 
waren eine bildliche Beeihmung der Tage des 
ut, das in alter Zeit aus 50 Wochen zu je 

agen und 7 Nächten bejtand, Mit Nücdjicht 


Heliopolis 


„| Unterfuchungen jehr reduziert. 


— Hellas. 


auf dieje Vorſtellung hielt man dem Helios an 
den Orten jeiner Verehrung gewöhnlich Herden 
von weißer oder rötlicher Yarbe. Die Herden auf 
Thrinalia wurden von den Töchtern des Helios 
und der Neaira, Phatthuja (Pdog) und Lampetie 
(duro), geweidet. Außer diejen — er mit 
Verſe oder Perſeis den Aietes und die Kirke, mit 
Klymene den Phaëkthon (paidwr iſt ein Beiwort 
des Helios, Od. 5, 479). Dieſer Irre als er zum 
Jüngling herangewachien war, jeinen Bater auf 
und erlangte von ihm, daß er für einen Tag den 
Sonnenwagen führen durfte. Da aber feine ſchwache 
Hand die fenrigen Roffe nicht zu zügeln vermochte, 
jo wich er bald nach oben, bald nad) unten von 
der Bahn ab, fo daß er den Himmel und die Erde 
verbrannte, und Zeus, damit nicht die ganze Welt 
zerjtört werde, ihn mit dem Blitz erichlagen inufte. 
Er fiel in den Fluß Eridanos. Seine Schweitern, 
die Heliaden (Heliädes) oder Phaöthontiden, 
beweinten ihn und wurden in Erlen (Verg. 

6, 63) oder PBappeln verwandelt (Ov. er Ponto i 
2, 31); aus ihren Thränen entſtand der Bernftein 
(HRenrgov; Helios_heißt NAdnrwp, Il. 19, 398). 
Ov. met. 2,1ff. Helios ward jeit Euripides mit 
Apollon identifiziert, der alljehende Sonnengott 
mit dem alltundigen Gotte der Weisjagung; daher 
auch jein Beiname Doißos. Verehrt ward er an 
vielen Orten, zu Korinth, Argos, Elis, auf Rhodos, 
to jein tolofaies Bild an dem Eingange des 
Hafens ftand. Gemweiht waren ihm der Hahn und 
weiße Tiere, bejonders Pferde. Die Kunft ftellte 
ihn dem Apollon ähnlich dar, nur mit vollerem 
Gefichte. 

Helisson, ‘Eisoov, —* ac borfommender 
Flußname in Griechenland, beſonders ein rechter 
Nebenfluß des Alpheios in Arkadien, an welchem 
Megalopolis (ſ. d.) lag; j. Varvutzena oder Flüßchen 
von Dawia.. Paus. 2, 12, 2.5, 7,1 u. 

Hellanikos, "Eildvınos, ein —B 
Aoyoygdgpoı), geboren in Mytilene auf eibos 
um 480 v. C. (nad) einigen erft um 455), geftorben, 
00: er die Schlacht bei den Arginuſen erwähnt, 

406, vielleicht um 395, wenn er wirflid 85 
Ya re alt geworden ift. Bon feinen Schriften find 
28 Titel überliefert, welche Zahl ſich nach Prellers 
ie zerfallen in 
3 Abteilungen: 1) genealogijche, wie Jevnakubreıe, 
Doguris, Arkavrıdg, Towırd, welche letztere nicht 
als Teil der Atlantias zu betrachten find; 2) choro- 
geapbiide: Ardiz bis auf den peloponnefifchen 
eg, A lokınd oder Aeo wand, ITegeınd; 3) chro- 
nologiſche: legsıcı riig”Hoas, Kagrsorinan. Alle 
übrigen Schriften find unecht. Als unzuverläffig 
bezeichnet ihn Strabon —8 451). — Fragmente 
gelummel von Stu . Mufl. 1826) und bon 
üller, fragın. hist. € F Ip. 45 ff. IV p. 629 ff. 
Bal. ler, Berm. Aufſ. S. 23—68. 

Hellanodikae j. Olympia, 5. 

Hellas, "Eilds, eine Stadt in Phthiotis (Thej- 
falien), nach der Sage von ag gegründet, zum 
Gebiet des Achilleus hörig; auch das Gebiet 
* Stadt ——— — und Aſopos hatte 

eſen Namen. 683. 9, 395. Od. 
11, 496. Hellas, =; —— (ber ‚Beloponnes), zu: 
fammen na 'Elldda val uecor Aoyos (Od. 
1, 344. 15, 80), bezeichnete — als Grenz⸗ 
punkte die Strede der von den ftammverwandten 
Achaiern bewohnten Länder vom Norden bis zum 


Helle — Helotes. 


Peloponnes. Die jpätere Ausdehnung des Namens 
j. Graecia, 8. 

Helle j. Athamas, 

Helleböros (Elleborus), £24XBogog, Nieswurz, 
wovon die Alten jchon 2 Gattungen erwähnen, 
niger zum Abführen und albus zum Erbrechen. 
Der —— wuchs auf dem Dite, der zweite (nach 
Strab. 9, 418) am en bei der phokiſchen Stadt 
Antikyra, wodurch dieje Stadt eine Art Kurort 
wurde, da er dort audy am beften bereitet wurde. 
Wahrſcheinlich durch einen Zuſatz bereitete man 
ein Wahnfinn heilendes Mittel daraus, das viel- 
fah von Antikyra jelbjt herbeigeholt wurde, um 
es unverfälicht zu erhalten; daher tribus Anti- 
cyris caput insanabile, Hor. a. p. 300; vgl. ep. 
2, 2, 137 und sat. 2, 3, 82, 

Hellen j. Deukalion. 

"Eiinvoraniar waren die atheniichen Beam— 
ten, welche die Beiträge (Pögoı) der Bundesge: 
noflen (zuerſt 460 Talente betragend, ftieg der 
Tribut im peloponnefiichen Kriege bis gegen 1300 
Talente) einzutreiben und die gemeinjame Bundes: 
tale, die im Jahre 460 v. E. auf Antrag der 
Samier von Delos nady Athen verlegt wurde, zu 
verwalten hatten (vgl. Zvunaxie). 

Hellespontos, 'Eilnszorrog, hieß die Meer: 
enge, welche die thratiiche Cherſoneſos von Aſien 
Troas, Kleinphrogien) trennt. Sie hatte ihren 
Namen angeblich von Helle, der Tochter des Atha— 
mas und der Nephele, welche auf der Flucht nad) 
Kolchis Hier von dem goldvließigen Widder fiel 
uud ertrant (mopduös Adauarridos”’Ellug, Aesch. 
Pers. 69). Jetzt heißt dieſe Berbindungsitraße 
des Aigaiiſchen Meeres mit der Propontis Dar- 
danellenftraße, Straße von Gallipoli. Die engjte 
Stelle ift zwiichen Sejtos und Abydos, wo Leander 
durchgeichtwonmen fein joll, 7 Stadien oder 1350 m 
breit ; im Jahre 1810 that Lord Byron ein Gleiches. 
Auch hieß jo die Gegend am Hellespont, bejonders 
in Afien (TAuc. 2,9. Xen. Hell. 1, 7,2), und ö 
"Elinsmorriag ein vom Hellespont wehender Wind. 
Hat. 7, 188. 

"EA2oi |. Zeus, 4. 

Hellopia j. Ellopia, 4. 

Helörus, oder -um, "EAwgog, -or, j. Trümmer 
Eolifieo S. Filippo, alte befeftigte Stadt auf der 
Oſtküſte Siciliens, unweit der Mündung des gleid): 
namigen Fluſſes (j. Tellaro) zwijchen Syrakus und 
dem Borgebirge Pachynon. Die liebliche Gegend 
wurde wohl aud) „das helorijche Tempe’ genannt. 
Cic. Verr. 5, 34, 90, Liv. 24, 35. Hdt. 7, 154. 
Pind. nem. 9, 40. 

Helos, rö "Elog, 1) Flecken in Lalonien am 
Meere (öftlih vom Eurotas) in einer jumpfigen 
Niederung, die noch jetzt Helos heift. Bei Homer 
(11.2, 584) ift es eine Seeftadt, fpalor mroiledgor. 
Die Berjumpfung der Küfte hat den Verfall der 
Stadt veranlaft. Strabon (8, 363) kennt fie als 
Dorf. Über die Ableitung der Heloten von diejer 
Stadt j. Helotes. Zu Baujanias’ Zeit lag die 
Stadt jhon in Trümmern. Paus. 3, 20, 6. 22, 3, 
— 2) Fleden in Elis am NAlpheios, zu Strabons 
Beit unbelannt. Strab. 7, 350. 

Helötes, "Eiores, Eflwres, Elläruı. Bei der 
Unterwerfung der urjprünglichen Bevölferung des 
Beloponnejes durch die jiegreichen doriichen Ein: 
wanderer behielt ein Teil der Untertworfenen feine 
perjönliche Freiheit, wie auc das Eigentumsrecht 


515 


an Grund und Boden (wenn auch ein Teil des: 
jelben wohl an die Sieger überging), wofür fie 
aber Tribut zu entrichten hatten, ohme jedoch des 
Bürgerrechtes in dem von den —— gegründe⸗ 
ten Staate teilhaftig zu werden. Sie heißen mit 
gemeinſchaftlichem Namen egiornoı, die Umwoh— 
nenden, im Gegenſatze der Hauptjtadt der fiegreichen 
Einwanderer; in Sparta behalten fie den Namen 
des Landes Aunedaruorıoı, während die dorijchen 
Sieger den Namen Zraprıäraı annehmen. Wohl 
zu unterjcheiden von ihnen find diejenigen Unter: 
worjenen, welche mit der politijchen Freiheit zu: 
gleich Grundbeſitz und perjönliche Freiheit verloren 
und vor den wirklichen gelauften Stlaven (doö4oı) 
nur das voraus hatten, daß fie don dem Herrn 
nicht getötet oder außer Landes verkauft werden 
durften. Zur Bezeichnung dieſes Verhältniſſes, 
welches nicht allein in doriſchen Staaten vorkommt, 
finden wir verſchiedene Namen. In Kreta hießen 
die Leibeigenen Klaroten oder Aphamioten („A«- 
göraı, kyamıora, im Stadtrecht von Gortys 
olxfss), in Silyon xogvenpögo:, in Argos yv- 
uvñtes oder yrarjaoı; in Thefjalien ftehen die 
Beneften in einem ähnlichen Berhältnifie. In 
Sparta heißen ſie Seiloten oder Heloten, ein 
Name, der ſchon im Altertum von der Etadt 
Helos hergeleitet wurde, deren Einwohner infolge 
eines Aufftandes unterjocht worden feien; andere 
leiten ihn von den ſumpfigen Niederungen, Ein, 
her, am wahrjcheinlichiten ıft aber wohl die von 
Lennep aufgeftellte und von DO. Müller vertretene 
Ableitung von m —= algew, aljo Eilwreg — vi 
!E alyualorwov dovlor, wonach das Wort Kriegs 
efangene bezeichnet. Die Heloten waren Staats: 
Franen, ben einzelnen Familien nur zur Nutzung 
überlaffen; fie wohnten auf den Gütern und be: 
bauten diejelben. Bon dem Ertrage lieferten fie 
einen gejeßlich beftimmten Teil ab, 82 Medimnen 
Gerſte und ein Bejtimmtes an Ol und Wein; was 
übrig blieb, gehörte ihnen. Sie mußten ferner 
die Herren bedienen und auch Kriegsdienfte thun, 
in der Regel als Leichtbewaffnete im Verhältnis 
von 7 zu 1 zu den Epartiaten (Hdt. 9, 10. 28), 
jelten als Hopliten (Thuc. 4, 80. 5, 34. 7, 19), 
endlich ald Matrofen auf der flotte (Xen. Hell. 
7,1, 12). Ihre Lage war wohl durd die ftrenge 
Scheidung von den Epertinten gedrüdt, doch haben 
ſpätere Schriftjteller auch etwas ſtark aufgetragen. 
Sie ftanden zwiſchen den Freien und den gewöhn— 
lihen Sklaven, konnten zu einiger Wohlhabenheit 
va (Plut. Oleom. 23), ja unter Umijtänden, 
ejonders für die Tapferkeit im Kriege, die Frei— 
heit erhalten. Thuc. 7, 58. 4, 80.5, 34. Die wegen 
geleifteter Dienfte freigelafienen hießen veodaum- 
deıs (j. d.); die Erlangung des Bürgerrehts ge: 
hörte zu den Seltenheiten, wie nach den Berluften 
im zweiten meſſeniſchen Kriege bei den jog. Epeu: 
nalten (Ersvvarroı). Die Modexes oder Mo- 
doveg waren Helotenfinder, meijt wohl von ſpar— 
tanijchen Bätern mit Helotinnen erzeugt, welche 
mit den jungen Spartiaten erzogen wurden und 
von Jugend auf die Freiheit und durch eine Art 
von Adoption auch öfter das Bürgerrecht hatten; 
ſolche Mothalen waren jelbjt Gylippos, Kallitra: 
tidas, Lyſander. Das gejpannte Verhältnis bei 
der numerischen Stärte der Heloten (vor der Schlacht 
bei Leuktra etwa 224 000; nad D. Müller 56 000 
Waffenfähige bei einer Gejamtbevölferung von 


33* 


516 


400 000) forderte ftetS zur Hut und Vorficht auf, 
wodurch die Vertilgung von 2000 Heloten (Thuc. 
4, 80) ihre Erflärung findet, jowie das verrufene 
(Plut. Lye. 28) Inftitut der Kovnreia (j. D.), 
welches jich nach Platon (legg. 1, p. 633. 6, p. 763) 
indes weniger blutig herausftellt. Die jungen 
Spartiaten mußten vor ihrem Eintritt in den res 
qulären Kriegsdienft zur Ubung bei jpärlicher Koft 
bewaffnet das Yand bis in feine verftedteiten 
Schlupfwinkel durchtreifen, wobei fie dann auf das 
Thun der ftets verdächtigen Heloten ein wachjames 
Auge hatten und jede Gejegwidrigfeit auf der Stelle 
ftraften. Übrigens war die Tötung derjelben durch 
den Herrn nicht erlaubt, Verlauf außerhalb Landes 
unbedingt verboten; auch die Freilaſſung konnte 
nur mit Genehmigung des Staates ftattfinden. 

Helvetii, 'Elovrjrior, ein keltiſcher Stamm, 
hatten urfprünglich das Land am Main und Nedar 
und bis zu den Alpen inne, wurden aber im 
1. Jahrhundert v. E. jüdlicher gedrängt. In die 
Geſchichte treten fie zuerft zur Zeit des cimbrijchen 
Krieges, wo die Abteilung der Tiguriner unter 
Divico am Genferjee den Konſul 2. Caſſius jchlug, 
jpäter aber nach der Niederlage der Cimbern 
ungefährdet in die Heimat zurüdfehrte. Caes. 
b. g. 1,7. 12. Nach Strabon (4, 192) und Cäſar 
(b. g. 1, 2) wohnten fie zwijchen dem Juragebirge, 
Senferjee, Rhodanus, Rhenus bis zum —— 
und ſüdlich zum Teil bis zum St. Gotthard. Sie 
hatten 400 vici und waren in 4 Gaue (pagi) ge— 
teilt (Caes. b. 9. 1, 5. 12), von denen der berühm: 
tejte der pagus Tigurinus; außerdem wird nur 
der pagus Verbigenus genannt. Im Jahre 58 
v. E. veranlafte der Häuptling Orgetorir (er jelbit 
fam vorher um) einen Zug der Helvetier in das 
füdliche Gallien, den uns Cäſar (b. g. 1, 6 ff.) be- 
ichreibt, und der in Rom durd) jeine RS len 
große Bejorgnifie erregte (Cie. ad Att. 1, 19); es 
waren im ganzen 3685000 Menſchen mit 92.000 
Kämpfern. 6000 Mann des verbigenijchen Pagus 
famen um, 110000 Menjchen fehrten auf Cäjars 
Befehl in ihre alte Heimat zurüd (b. d. 1,2. 30; 
andere Zahlen giebt Strab. 4,193). Bon nun an 
juchte man den ager Helvetiorum zu einem Grenz: 
wall gegen den Andrang der Germanen zu machen, 
weshalb Cäſar im Jahre 45 v. E. eine colonia 
equestris zu Noviodunum (j. Nyon) am Genfer: 
jee (Cie, Balb, 14) und jpäter Auguſt Augusta 
Kauricorum (j. Augſt) anlegte; zugleich erhoben 
fih Mventicum (j. Avenche oder Wiflisburg) 
(Taec. hist. 1, 68) und Vindoniſſa am Arurius 
(j. Windifch an der Aare) unweit der Mündung 
in den Rhein. Die Landichaft erhielt fich manche 
Rechte und wurde erjt allmählich in eine Provinz 
verwandelt, deren Wohljtand erjt durch die jchred: 
lihe Strafe erjchüttert wurde, als die Helvetier 
den am Rhein ausgerufenen Kaifer Bitellius nicht 
anerkennen wollten. Zac, hist. 1, 67ff. Seit 
Beipafian verliert fich der Name der Helvetier 
allmählich; die im 3. Jahrhundert nach Süden 
dringenden Alemannen hielten ſelbſt längere Zeit 
einen Teil des Landes beießt. 

HelvidYi. Die Familie diejes Namens ftanımte 
wahriceinlicdh aus Samnium. Als der erſte der: 
ſelben wird 1) P. Helvid. Rufus genannt, 
ein römiſcher Ritter, Freund des Cluentius. Cie. 
Oluent. 70. — 2) Helvid. Prifeus, ftillte im 
Jahre 51 n. E. die in Kappadotien und Armenien 


Helvetii — Helvii. 


| ausgebrochenen Unruhen, hauptſächlich durdy Milde 


und Klugheit. Zac. ann. 12, 49. — 3) Helvid. 
Priſcus, Sohn eines Primipilaren, aus Cluvia 
‚im Gebiete der Caracent, ein Mann von republi- 
fanischer Gejinnung, lebte zur Zeit des Nero und 
Veipajian und hatte fich, nachdem ein Helvidius 
Prijeus ihn adoptiert hatte, frühzeitig mit wiſſen— 
ichaftlichen Studien, namentlich mit der ſtoiſchen 
Philoſophie, beichäftigt. Zac. hist. 4, 5. Unter 
Nero wurde er zuerjt Onäftor, dann Prätor, darnach 
Xolfstribun, 56 n. E. Teac. ann. 13, 28. Allein 
da er, gleich feinem Schwiegervater Thrajea Pätus, 
aus jeiner Anhänglichteit an die Republik und 
a legten Verteidiger fein Hehl machte, wies ihn 
Nero im Jahre 66 aus’‘talien, worauf er bis zu 
dejlen Sturze in Apollonia lebte. Tac. ann. 16, 28 ff. 
Plin. ep. 7, 19. Nach jeiner Zurüdberufung durch 
Salba im Jahre 68 beteiligte er fih an den 
inneren Kämpfen unter diefem und den folgenden 
Kaifern, trat mutig im Senat gegen den Wüftlin 

Vitellius auf (Tac. hist. 2, 91) und zeigte au 

unter Beipafian im Jahre 70 feine unbengjame 
republifanifche Gefinnung. Da er dem Kaiſer 
jowohl in als außer dem Senate entgegentrat, 
verbannte derjelbe ihn, und als er auch danı nicht 
aufhörte gegen ihn zu wirfen, wurde er, vielleicht 
gegen des Kaiſers Willen, hingerichtet. Suet. Vesp.15. 
Dio Cass. 66, 12. Anf Bitten jeiner Gemahlin 
Fannia fchrieb Herennius Senecio fein Leben. Tac. 
Agr.2. Plin. ep. 7,19, 5. — 4) Selvidius, 
Sohn des eben genannten, wurde im Jahre 87 
consul suffectus, lebte dann in ländlicher Zurüd- 
gezogenheit, erregte aber doch durch ein Spottge- 
dicht den Zorn Domitians und ftarb im Kerler, 93. 
Suet. Dom. 10. Plin. ep. 9,13. Durch einen Sohn 
desjelben (Plin. ep. 4, 21, 4) wurde die Familie 
forterhalten und it noch am Ausgange des 2. Jahr: 
hunderts nachweisbar. 

Helvii, I) galliiche Völlerſchaft am rechten Ufer 
des Nhodanus, etwa der Jlaramündung gegemüber, 
mit trefflihem Weinbau. Ihre Hauptitadt hie 
Alba Auguita (j. Alps). Cues. b. g.7,8. b.c. 1,35. 
— II) Name eines plebejifchen Gejchlechtes: 1) M. 
Helv., fiel als Kriegstribun 209 v. E. unter Mar— 
cellus im Kampfe gegen Hannibal. Zir. 27, 1?. 
— 2) En. Helv., fand als Kriegstribun im Jahre 
208 v. E. im Kampfe mit dem Punier a 
jeinen Tod. Liv. 30, 18. — 3) C. Helv., 198 0.6. 
Prätor mit Cato, verwaltete Gallien. Lir. 32, 8. 
— 4) M. Helv. Blajio, Adil 198 dv. E., dann 
Prätor im jenfeitigen (ulterior) Spanien, bejtand 
heftige Kämpfe gegen die Spanier. Auf der Rüd- 
fehr aus feiner Provinz befiegte er die Eeltiberer 
bei Jlliturgis, 195. Liv. 32, 27.34, 10. 5) Helv. 
Mancia, auffällig durch feine Häßlichkeit, wes— 
halb E. Julius Cäjar Strabo ihn öffentlich lächer- 
lich machte. Cie. de or. 2, 66, 266. 68, 274. Quint. 
6, 3,38. — 6) E. Helv. Cinna, im Jahre 44 
v. C. Tribun, Anhänger Cäſars, fam bei dem 
Leichenbegängniffe desjelben infolge einer Verwech— 
jelung mit Cornelius Cinna durch das erbitterte 
Volf um. Flut. Brut. 20. Mit 9. ift nach der 
gewöhnlichen, freilich jehr zweifelhaften Annahme 
Eine Perſon der gleichnamige Dichter, Freund des 
Catull und Bergil, Verfaſſer eines Gedichtes pro- 
pempticon Pollionis, bejtimmt vielleicht für eine 
Reife, die Afinius Pollio im Jahre 46 v. E. 
nad) Griechenland unternahm, fowie eines in ber 


Hemera — Hephaistos. 


" 517 


Weiſe der alerandrinischen Dichter gedichteten Epos | räuber (legöcvior), Seeräuber (Ansrar), Beutel: 


Smyrna, weldes den Mythus der unnatürlichen | jchneider (Bakarrıoroun:) waren. 


— Ferner haben 


Liebe der Myrrha zu ihrem Bater Kinyras bes ſie die Verzeichniffe fonfiizierter Güter zu führen, 


handelte. 10 Jahre hat er daran gearbeitet (Un- 
tull. 95, 9) und es dadurch nur unverftändlicdh ge- 
macht. Auch auf andern Gebieten der Dichtkunit 
hat er ſich verjucht. 
in den l’oet. lat. reliq. p. 147 f Bährens, fragm. 
poet. Rom. p. 323 und die Abhandlung von W. 
Kießling (commentat. Momms. 351). — 7) Helv. 
Blajio, Freund des D. Brutus, tötete fich ſelbſt. 
— 8) M. Helv., befannt durch einen Feldzug 
gegen ein pannonifches Volk im Jahre 34 v. C. — 
9 Helv. Rufus, zur Zeit des Tiberius, erhielt 
wegen Rettung eined Bürgers im Kriege gegen 
Tacfarinas in Numidien eine Bürgerfrone. Taec. 
ann. 3, 21. — 10) Helvia, aus eineralten Familie 
in Corduba jtammend, Mutter des Philoſophen 
Seneca, der aus der Verbannung eine Troftichrift 
an fie richtete, die uns erhalten ift. 

Hemöra j. Eos. 

"Evdexe, oil, die Elfmänner (nichtamtlich auch 
lmusinrel tov »anovgyor, und zur Beit des 
Phalereers Demetrios auch vouopvilares genannt, 
nicht zu verwechieln mit den früheren vouopvlansg), 
waren eine wichtige Behörde in Athen, die die 
Aufficht über die Gefängniſſe führte und die Voll: 
ziehung der Strafen, namentlich der Todesftrafen, 
zu leiten hatte, weshalb man jie aud mit den 
römiſchen triumviri capitales verglichen hat. Ihre 
Zahl beitand eigentlich nur aus 10 PBerjonen, die 
durchs Los aus den Phylen ernannt wurden, aber 
ein Schreiber, der an den Gejchäften einen jehr 
wejentlichen Anteil hatte, wurde dem Kollegium 
beigezählt, ohne wirklich Mitglied zu jein. Es 
lag ihnen aljo ob, für die fichere Bewachung der 
Gefangenen zu jorgen, diejenigen Gefangenen, Die 
eingeiperrt waren, damit man für ihr Griheinen 
vor Gericht Sicherheit hätte, zur rechten Zeit vor 
den Gerichtshof zu fchiden, bei den Gefangenen, 
die fi zur Strafe im Gefängnis befanden, dafür 
zu jorgen, daß fie nicht vor und nicht nach dem 
bejtimmten Zeitpunfte entlaflen würden u. dgl. 
Wenn Staatsihuldner vor Tilgung der Staats: 
ſchuld gejtorben waren, jo hatten fie wahrjchein- 
lih für die Gefangenjegung der Söhne derjelben 
zu jorgen. Ferner hatten fie auf ordnungsmäßige 
Bollftredung der Todesurteile zu jchen. Ihre 
Diener (bmnekraı; 6 ra» Evdsna brneerng [Plat. 
Phaed. p. 116, 3] ift der Diener, der dem Sofrates 
ankündigt, daß es Zeit jei den Giftbecher zu 
trinfen) hießen auch rapaordra; zu denfelben 
gehörten aud) die Scharfrichter (Örjuroı, Önuoaroe). 
Sie hatten ferner über folche Verbrecher, auf deren 
Vergehen gejeplih Gefängnis: oder Todesjtrafe 
ftand, wenn fie auf der That jelbjt betroffen waren, 
u richten und, wenn jie es eingeftanden, diejelben 
—* zu beſtrafen, ſonſt aber eine gerichtliche 
Unterſuchung einzuleiten und darin den Vorſitz zu 
fühken. Dazu gehörten die drayayı), Frösıkız 
und Zprijiynasg tor zaxoveywrv, d. h. joldher Mille: 
thäter, die Lit und Gewalt angewendet und die 
öffentliche Sicherheit gefährdet hatten, worunter 
namentlich die Diebe und Hauseinbrecher (roıyw- 
evyo«), Hleiderräuber (Aorodrraı), Menichenräuber 





(eröganodıorai), Kaubmörder (poreis; darüber, 


daß nicht jeder Mord die Klageform der arayayı) 
nach ſich ziehen konnte, |. Araeyoyn), Tempel: 


Zeus aus dem Himmel geworfen. 


verborgen gehaltene Staatsgüter anzuzeigen und 
den zwinral zum Verlaufe zu überweijen und 
über daraus entipringende Rechtsftreitigfeiten den 


Über ihn vgl. U. Weichert Prozeß zu inftruieren und dem Gerichte vorzuftehen. 


Heniöchi, "Hr/oyoı, Seeräubervolf an der Nord— 
oftfüfte des Pontos Eureinos, am Fuße der Kora— 
riihen Berge. Zur Zeit des Mithridates wurden 
jie von 4 Königen beherricht. J. Hainukh. Strab. 
11, 495 f. Vell. Pat. 2, 40, Tac. ann. 2, 68. 

Henna j. Enna. 

Hephaistion, "Hpaısrior, 1) Sohn des Amyn-⸗ 
tas, Freund Mleranders des Br., j. Alexander, 7. 
2) ein Grammatifer aus Wlerandreia um die 
Mitte des 2. Jahrhunderts n. E., jchrieb ein viel: 
leicht nicht ganz volljtändig erhaltenes dyzeigidıor 
zegl uergwv al zoınucrog, das Hauptwerk des 
Altertums über die Metrif, das troß aller Fehler 
und Lüden bejonders wegen der vielen aus jeßt 
verlorenen Dichtern entlchnten Beifpiele einen hohen 
Wert hat. Uber die Metra ift in 16, über die 
Gedichte in 15 Kapiteln gehandelt; den Anfang 
machen 3 über Silbenquantität u. ſ. w., dann 
folgen die einzelnen Bersarten, deren Eigenjchaf: 
ten gezeigt und Beifpiele Dazu angeführt werden. 
Es jind zu dem Buche doppelte Scholien, ſowie 
Prolegomena von Longinos vorhanden. Ausgg. 
von Gaisford (1810 und nochmals 1855) und von 
Weſtphal (1866 als 1. Band der Scriptores me- 
trici Graeci). 

Hephaistos, "Hpaıorog, Volcanus, Sohn 
des Zeus und der Hera, oder auch der Hera allein 
(Hesiod. theog. 927), bezeichnete in ältefter Zeit 
die gewaltige Naturfraft des Feuers, wie fie be: 
jonders in vulfanischen Gegenden hervortritt, und 
war ein mächtig jchöpferiiches Wejen; jeitdem er 
aber in die Zahl der Olympier gejegt und dem 
Zeus untergeordnet wurde, verlor er jeine um: 
fafjende Macht und Bedeutung und ward ein 
funftfertiger Wertmeifter, der durch die Macht des 
Feuers die Metalle jchmilzt und bearbeitet (xAvro- 
terug, nAuröcoyog, zahreig). So ericheint er 
bei Homer; auf dem Olympos hat er jeine Werk: 
ftätte mit 20 fünftlichen Blajebälgen (Hom. I1. 
18, 470), er hat fih und den andern Göttern 
eherne Paläfte gebaut (11. 18, 370. 1, 607); dem 
Achilleus jchmiedet er die kunſtvolle Rüftung, dem 
Diomedes einen Harniſch, für Pelops ein Scepter, 
die Migis des Zeus (Il. 2, 101. 15, 309), die 
Hunde des Alkinoos (Od. 7, 91), das Netz, in 
welches er Ares und Mphrodite verftridt (Od. 
8, 268ff.). II. 18, 478ff. 8, 196, vgl. 14, 238. 
Od. 7,v1.24, 74. Nah Späteren hat er jeine 
Eſſe im Atna, wo die Kyflopen jeine Gejellen find. 
Wie das Feuer anfangs als ſchwacher Funke er: 
icheint, jo ward Sephaiftos als lahmes (gwAög, 
»vikorodior) und häfliches Kind geboren; deshalb 
warf ihn jeine Mutter aus dem Olympos, aber 
die Meergöttinnen Thetis und Eurynome fingen 
ihn auf, und er weilte 9 Jahre bei ihnen und 
verjertigte ihmen allerlei kunftvolle Geräte (77T. 
18, 394 ff). Er fehrt in den Olympos zurüd; 
da er aber einjt feiner von Zeus gemißhandelten 
Mutter Hülfe leiften will, wird er abermals von 
Er fällt auf 
der Inſel Lemnos nieder, wo ihn ſintiſche Männer 


— 


518 

freundlich empfangen (IT. 1, 590), und ſeitdem iſt 
ihm dieſe vulfanische Inſel das liebfte Yand auf 
Erden. Nach jpäteren Sagen ward er erft durd) 
diefen Fall lahm. Seiner Lahmheit hat er durd) 
die Kunft abzuhelfen gejucht, er hat fich 2 goldene 
redende und fich jelbft bewegende Sklavinnen ge- 
fertigt, auf die er fich fügt. IT. 18, 417. ie 
Gemahlin des Hephaijtos ift in der Ilias Charis 
(18, 382), bei Heſiod (theog. 945) Aglaia, in einer 
Stelle der Odyſſee (8, 267), Die aber wahrjcheinlich 
jpäteres Einfchiebjel ift, Aphrodite. Mit Athena, 
der Göttin der Künfte, tritt er, befonders in Athen, 
in nahe Verbindung, ohne ſich jedoch zu ihrer 
Erhabenheit emporzujchtwingen; man feierte beiden 
gemeinjame Feſte mit Fradellauf und ftellte ihre 
Bilder in den Tempeln nebeneinander. Außer in 
Athen und Lemnos wurde der Gott wenig verehrt. 
Seine Feſte heißen "Hoywdsreız und Xalxsiw. 
Bon der Kunſt wurde er dargeftellt als rüjtiger, 
bärtiger Mann, an dem die Lahmheit nur leije 
angedeutet war. — Der mit Hephaiftos identifi- 
zierte Volcanus der Römer iſt feuer: und Herd— 
gott und auch, wie Hephaiſtos, —— der 
Gott künſtlicher Metallarbeit (Mulcıber, der 
Schmelzer). Er hatte aber auch, —— wie die 
Herdgöttin Veſta, eine politiſche Bedeutung. Das 
Volcanal, die Kultusſtätte des V., eine über 
dem Comitium erhöhte Fläche ohne Tempel, war 
gleich dem Tempel der Veſta eine Art von Staats: 
berd, an dem Berfammlungen der Patricier und 
des Senats gehalten wurden. Die Tempel des V. 
(ald Gottes der Feuersbrünſte) verlegte man lieber 
außerhalb der Stadt. Seit er mit Hephaiftos iden- 
tifiziert war, — man ihm Venus zur Gemahlin. 
Sein Feſt Volcanalia fiel auf den 23. Auguſt 
und ward durch Spiele in der flaminijchen Renn— 
2 verherrlicht. 

eptanömis |. Aigyptos. 

Hera, "Ho«, "Hon, Juno, ältefte Tochter des 
Kronos und der Rhea, daher Saturnia, auf: 
gezogen im Hauje des Dfeanos und der Tethys 
(Hom. TI. 14, 200), Schwefter und Gemahlin 
des Zeus, mit dem fie nach ſamiſcher Vollsſage 
300 Jahre im heimlicher Ehe lebte, bis er fe 
öffentlich für jeine Gemahlin und für die Königin 
der Götter erklärte. Doc ift fie bei Homer micht 
in dem vollen Sinne, wie Zeus der Herricher des 
Himmels und der Erde, die Königin des Himmels 
und der Götter; fie ift mur als Gemahlin und 
ältefte Schweiter des Zeus unter den Göttinnen 
die erhabenfte und geehrteſte. Zeus felbit ehrt fie 
hoch und teilt ihr Feine Natichläge mit; aber er 
hält fie doch immer in den Schranfen ihrer unter: 
geordneten Stellung. Denn oft pocht fie auf ihre 
hohe Würde und auf ihre ehelihen Rechte und 
verlangt mehr, ald Zeus ihr gewähren kann; 
daher entjteht oft Hader und Hanf zwiichen den 
Ehegatten. 11.1, 536 ff. Beſonders in der Alias 
zeigt Hera dieſe Streitiucht, trogigen Starrfinn, 
Strenge und Eiferjucht, Charafterzüge, die wahr: 
icheinlich aus alten Herafleen in die Jlias über: 
gegangen find; denn wie überhaupt die Geliebten 
und die Kinder des Zeus, jo haßte und verfolgte 
fie vor allen den Herafles. Als dieſer einft von 
Troja zurüdjchiffte, beredete fie den Hypnos, daß 
er den Zeus einichläferte, und regte jelbjt gegen 
den Helden das Meer jo auf, daß er an den Rand 
des Verderbens fam. Als Zeus erwachte und das | 





Heptanomis — Hera. 


Unheil jah, hätte er den Hypnos fiher ind Meer 
ejtürzt, wenn dieſer nicht zu der ehrwürdigen 
Rutter Nacht geflohen wäre; die Hera aber band 

er in furchtbarem Zorn mit unlösbaren goldenen 

Fefleln an den Ather und hängte 2 ſchwere Amboſe 

an ihre Füße, und als die Götter ihr zu Hilfe 

herbeifamen, warf er jeden, den er erfahte, über 
die Schwelle des Himmels herab auf die Erde. 

TI. 14, 249 ff. 15, 18 ff. Da fie mit Gewalt wenig 
egen den ftarlen Himmelskönig ausrichten kann, 

I wendet fie fich oft zu Muger Lift. Il. 19, 97. 

14, 159 ff. An dem Kampfe um Ilios nimmt fie 

leidenschaftlich Partei gegen die Troer und für die 

geliebten Achaier; denn die Achaierftädte Argos, 

Mylenai und Sparta find ihre —— die 

Troer aber haßt ſie wegen des Urteils des Paris, 

dem fie auch als Ehegöttin zürnen muß. II.4, 7 ff. 


50. 24, 25. — Ihre Ehe mit Zeus — urfprüngs 2 


lih die Verbindung des Himmels und der Erde 
— ift der Grumdzug ihres Wejens, der aud als 
fepög yduog bei den an ihren Feſten üblichen 
Ceremonien am meiften in den Vordergrund tritt; 
als das einzige wahre 
Eheweib im Olympos 
ift fie die Schüßerin 
der Ehen und der Ge: 
burten (reise, yaun- 
ka, Luylae, eldei- 
Bora), und bie Ge- 
burtsgöttinnen, die | 
Eileithyien, heißen & 
ihre Töchter (71. 11, 
270). Darum war ihr 
der Granatapfel, das 
Symbol der Ehe und 
der Liebe, und ber 
Kucdud heilig, der Ber: 
fünder des Frühlings, 
wo die Göttin mit 
Zeus ſich vermählt 
hatte. Außerdem war 
ihr der Pfau und Die 
Krähe geweiht. Die 
Hauptorte ihrer Ber: 
ehrung waren Argos 
(daher Aoysia, Argiva), wo ihr Haupttempel 
mit der herrlichen, von Polyklet aus Gold und 
Elfenbein gefertigten Kolofjalftatue zwiſchen Argos 
und Mykenai lag und alle 5 Jahre die He— 
raien (Hoaie) mit Wettipielen gefeiert wur: 
den, ferner Myfenai, Korinth, Sparta, wo jie 
ald alyopdyog (Biegeneflerin, wegen des Ziegen 
opfers jo genannt) einen Tempel hatte, Samos, 
Rlataiat (). Daidala), Simon u. a. — Die 
Kunft ftellt Hera dar als die hohe Gemahlin des 
Zeus von edler erhabener Geftalt, in reifer blühen— 
der Schönheit, mit —— ehrfurchtgebie⸗ 
tendem Antlitz, ſchöner Stirn, vollem Haar, großen, 
ſtark geöffneten Augen (Boos). Ihre berühmteſte 
Statue war die oben erwähnte von Polyklet zu 
Argos; fie ſaß auf einem Throne, hatte eine Art 
Krone (oripavog) auf dem Haupte mit den Bil- 
dern der Ehariten und Horen, hielt in der einen 
Hand den Granatapfel, in der andern ein Scepter 
mit einem Kuckuck auf der Spike; über einen lan= 
gen, nur Hals und Arme freilafjenden Ehiton war 
ein Himation geworfen, das um die Mitte der 
Geſtalt geichlungen war. Strab. 8, 372. Paus. 





Heraei montes 


2, 17,4. Der chelihe Schleier ift gewöhnlich nach 
4 Dem Hinterhaupte zurüdgeworfen. — Die römische 
Juno (gleihen Stammes mit Jovis) ward mit 
Sera identifiziert und heißt infolge davon eine 
Tochter des Saturnus und der Ops und Schweiter 
des Jupiter. Sie war die Gemahlin des Jupiter 
und Himmels: und Götterfönigin, und zwar mit 






































519 


die Juno Sospita, deren Hauptlult zu Lanu— 
bium war. Liv. 22, 1.8, 14. Eine andere Seite, 5 
welde in dem Weſen der römischen Juno be: 
jonders hervortritt, war ihr Verhältnis zu dem 
weiblichen Gejchlecht und zur Ehe. Sie griff in 
alle Berhältnifje des Weibes ein und geleitete es 
durch das Leben, wie den Mann jein Genius, 
weshalb auch die Genien der frauen Junones 
hießen. Ihre hieher gehörigen Beinamen find: 
Virginalis und Matronalis, Schützerin 
der Jungfrau und der Ehefrau; ala Ehegöttin 
heißt fie Jugalis, Domiduca, Unxia (vom 
Salben der Thürpfoften, wenn die Braut in 
das Haus des Gemahles einzog); Lucina 
heißt fie als Geburtsgöttin. Die Ehefrauen 
feierten ihr am 1. März (Kalendae femina- 
rum) die Matronalia, indem fie befrängt 
zu dem Tempel der J. Lucina auf dem Eſqui— 
liniichen Hügel zogen und unter Gebeten für 
das Glüd der Ehe Blumen weihten. Dies 
Feſt war der Sage nah von Romulus zum 
Andenlen an die Stiftung der Ehen rl 
Op. fast. 3, 1795. Ein ähnliches Feſt feierten 
die Frauen mit den Sklavinnen am 7. Juli der 


— Herakleia. 


4 Juno Caprotina (Biegenjuno) am Biegen: 
er jumpfe, die ſ. 8; caprotinijhen Nonen 
j (Plut, Camill. 33), j. Caprotina. Die 


Sans war der römijchen Juno heilig, nicht 
ber griechiihen Hera. — Abb.: a) fo: 
2 -\ lofaler Kopf der Hera mit dem Diadem, 

— in der Billa Ludoviſi zu Rom, 
b) Statue der Hera, das Scepter 
in der einen, eine Opferichale in 
der andern Hand, in der Vatika— 
nischen Sammlung. 

eraei montes, r& "Hoai« 
don, Gebirgszug auf Sicilien, der 
fich in der Gegend von Engyion von den Ne: 
broden abzweigt und im jüblicher und jüb- 
öftlicher Richtung bis zum Borgebirge Pachy— 
non ausdehnt. Diod. Sie. 4, 84. 

Heraia, 1) ‘Hoad«, Stadt im SW. Ar— 
fadiens, am rechten Ufer des Alpheios, unweit 
der Grenze von Elis, im 4. Jahrh. v. €. 
durch Vereinigung von 9 benachbarten Ort: 
ichaften gebildet, bejaß mande Tempel und 
Merkwürdigkeiten, deren Bejchreibung wir dem 
Pauſanias (8, 26) verdanken. Vgl. Liv. 28, 8. 
32, 5. 33, 34. Thuc. 5, 67. Xen. Hell, 
6, 5, 11. — 2) "Head (Herafeit), j. Hera, 2, 

Herakleia, "'Hoaxieıc, I. oft (etwa 40 mal) 
vorfommender Städtename: 1) Stadt in Medien 
(in Nhagiana), von den Mafedoniern gebaut. 
— 2) 'H. IIörtov oder 7) &v Ilörro, j. Eregli, 
bedeutende Stadt Bithyniens im 
Lande der Mariandyner, nahe dem 
Lykosfluſſe an jeiner Mündung in 
den PBontos, 559 v. E. von mega: 
riichen Anfiedlern angelegt, mit 
trefflihem Hafen, der ihr bald zu 
Handel und Macht verhalf, welche 


gehe: Macht und in vollerem Sinne, als dies | unter der Herrichaft von Tyrannen kurz vor den 
i 


der griechiichen Hera der Fall war. Sie jteht 
dem Jupiter Capitolinus herrſchend und Macht 
verleihend ald Capitolina und Regina (Lir. 
5, 22. 22, 1) zur Seite und bildet mit diejem und 





Perjerfriegen noch wuchs, bis die Kriege des 
Mithridates- ihre Blüte vernichteten, Mutterftadt 
vieler Kolonien, ausgezeichnet auch durch Pflege 
von Kunft und Wiflenichaft. 


Hier war der Phi: 


Minerva einen Dreiverein, der den römischen Staat | lofoph und Polyhiftor Herafleides geboren. Xem. 
mächtig ſchützt. Politiſche Bedeutung hatte auch | An. 6,2. Strab. 12,542. — 3) Stadt in Maledo— 


520 


“Hoaxkeidaı — Herakleitos. 


nien (in Lynfeftis), weftlich vom Erigon an der Chr. Geb., bearbeitete Hippofrates’ Schriften. — 
Egnatiſchen Straße, unweit der nach Jllyrien füh: | 3) Her. Bontilos, aus Herafleia am Pontos, _ 
renden Engpäffe, j. Bitolia. Cues. b. c. 3, 79. — | reid) und von edler Familie, blühte um 340 v. C. 


4) °H. Zwwrixn, Stadt in Thrafien in der Landichaft 
Sintike, am Strymon norböftlich von Krefton. Liv. 
42, 51. 45, 29. — 5) H. Tlegır®og, Stadt Thra: 
Hiens an der Propontis, mit trefflichem Hafen, 
alte Pilanzftadt der Samier; j. Eregli. — 6) H. 
7 2» Toayive, Stadt des jüdlichen Theſſaliens in 
der Landichaft Malis, ganz in der Nähe der Ther: 
mopylen, im 6. Jahre des peloponnefiichen Krieges 
von den Spartanern (6 Stadien von Trachis) ge: 


Er war in Athen ein Zuhörer des Platon und 
Speufippos; in jeiner Vaterſtadt nahm er teil an 
dem Sturze des Tyrannen Klearchos, machte fich 
aber jpäter verächtlich durch Betrug und Gaukelei 
und joll vom Schlage gerührt worden fein, als 
er durc ein faliches Orakel jeine Mitbürger ver: 
anlaßte, ihn durch eine goldene Krone auszuzeich— 
nen. Mehr ald 50 Werke wurden ihm zugeichrie: 
ben, ethijchen, phyliichen, grammatiichen, hiftori- 


gründet, 371 dv. E. von ben Theflaliern erobert | jchen und geographiichen Inhalts, welche durd) 
und zerftört, befaß einen berühmten Artemistempel | Gelehrſamkeit anziehend waren, aber durch Ein- 
und wurde, nachdem fie von den Maliern wieder ——— wunderbaren Märchen und kindiſchen 


aufgebaut worden war und ſich 280 dem Aito- Fabeln 


angel an Kritik verrieten. — Wir haben 


liihen, 189—146 dem Achaiiſchen Bunde an: noch Bruchitüde && ro» "Hoanksidov zepl mokı- 


geſchloſſen 
und act Sie wird auch H. Phthintidis 
genannt, weil der ganze Küſtenſtrich zu Phthiotis 
gerechnet wurde. Liv. 36, 16. 22. 24. Just. 13, 5. 
— 7) Stadt in Elis (Pijatis), nordweſtlich von 
Olympia, am FFluffe Kytherios, mit einer heil— 
kräftigen Quelle und einem eg der Nym: 
phen. — 8) Name einer Inſel aus der zwiſchen 
08, Naros und Amorgos liegenden Injelgruppe, 
j. Raflia, wo fich Rejte einer kleinen befeftigten 
Ortichaft erhalten haben. — 9) Pflanzftadt der 
Tarentiner (432 dv. E. an der Stelle des alten 
ioniſchen Siris) in Lucanien, an der Mündung 
des Fluſſes Akiris in den Tarentiniſchen Golf, j. 
Policoro. In diejer bedeutenden See- und Han: 
delsftadbt fanden die Kongreſſe der griechiichen 
Städte Unteritaliens ftatt, hier fiel im J. 280 
v. C. die erfte Schladht zwijchen Pyrrhos und den 
Römern vor. Plut. Pyrrh. 16. 17. 9. war der 
Geburtsort de3 Malers Zeuxis. Vgl. Liv. 1, 18. 
8, 24. Cie. Arch. 4 nennt fie civitas aequissimo 
iure ac foedere, -— 10) 'H. N) Mıvda, Stadt auf 
der Südküſte Siciliens, an der Mündung des 
ae Halykos-Fluſſes, uripr. eine phoinikiſche 

iederlafjung Namens Rus-Mellarth (d. h. Bor: 
gebirge des Melfarth, des ſ. g. tyriſchen Herafles), 
aber um 500 v. E. von Spartanern bejeßt und 
Herafleia genannt. Hat. 5, 46. Ums Jahr 460 
zerftörten die Karthager die Stadt (Diod. Sie. 
4, 23), ftellten fie jedoch jelbft wieder her, da fie 
ihnen der Lage wegen wichtig war; wie fie ihnen 
denn auch im zweiten puniſchen Kriege als Stütz— 
punkt ihrer Operationen diente. Liv. 24, 35.25, 40. 
Seit 133 war fie römische Kolonie. Cie. Verr. 
2, 50. 3, 43. Sept find nur noch Ruinen bei 
Capo Bianco vorhanden. Strab. 6, 264. — Andere 
minder wichtige Städte dieſes Namens gab es in 
Indien, Libyen, Lydien, Karten u. |. w. — II. Feite 
des Herafles, ſ. Herakles, 13. 

"Hoazxkeidaı |. Herakles, 15. 

Herakleides, "Howrksiöng, 1) Anführer der 
Reiterei unter Dionyfios d. j., ſpäter landesflüchtig, 
beteiligte fich an den Unternehmungen des Dion, 
wurde aber nachher als Urheber von Unruhen er: 
mordet (j. Dion), — 2) Name mehrerer berühm: 
ter Ärzte: a) Vater des Hippofrates; — b) aus 
Tarent, im 3. Jahrh. v. E, ein Mann von 
großer Gelehriamteit, deſſen Gewiſſenhaftigkeit ge: 
rühmt wird, nichts zu jchreiben, was er nicht jelbit 
geprüft hatte. Er jchrieb meoi onevaoiag xal 
doxıuasiag papudxor. — c) aus Erythrai um 


atte, ſpäter von den Römern erobert | rsıör; da aber ein Werk diejes Namens nie er: 


wähnt wird, fo ift es wahrjcheinlich, daß es eine 
unechte Fragmentenfanmlung aus den Schriften 
des Herafleides ift. Ausgabe von Schneidewin 
(1847). Sammlung der Fragmente von Müller, 
fragm. hist. Graec. II p. 197 ff. — Berjchieden 
von diejem iſt 4) der Berfafler der adinyogdaı 
Ouneral, Deutungen der homeriichen Mythen 
im Sinne ber ſtoiſchen Schule zur Rechtfertigung 
des Dichters gegen den — der Gottloſigkeit, 
und einer Schrift wel dnisrwr, Erklärung alter 
wunderbarer Fabeln auf natürliche Weile, der frei: 
lich auch den Beinamen Pontikos führt, aber auch 
Heralleitos heißt. Er gehört wahricheinlich in den 
Anfang der Kaiferzeit. — 5) aus Milet, jpäter 
nach Alerandreia übergefiedelt, um 100 v. E., be: 
deutender Grammatiker, deilen Werke mepl xudo- 
kung moogodleg und wegl Övgniltor Önuirov 
von jpäteren Grammatitern vielfach benußt worden 
find. Sammlung der Bruchjtüde von 2%. Cohn 
(1884); Abhandlung von Frye (1883). 

Herakleion, "Hodxleıor, war Name für jeden 
ı Tempel des Herafles, dann aber auch Bezeihnung 
mancher Städte und Vorgebirge: 1) Stadt in 
Gampanien (j. Herculaneum). — 2) Stadt im 
füdlichen Mafedonien am Thermaischen Meerbujen, 
Liv. 44, 8. — 3) Stadt bei Gindaros in der ſyri— 
schen Landichaft Kyrrheſtike, wo Ventidius den 
Parther Pacorus ſchlug (9. Juni 38 v. Ei. Strab, 
16, 751. — 4) Stadt in Agypten bei Kanopos, 
an der herafleifchen (kanopiſchen) Nilmündung. 
Hdt. 2, 113. Strab. 17, 788. Taec. ann. 2, 60. — 
5) ſüdlichſtes Vorgebirge Italiens im Lande der 
Bruttier, j. C. Spartivento. 

Herakleitos, ‘Hodxisırog, Heraclitus, aus 
Ephejos, blühte um 500 v. E., war aljo teilweise 
nod) ein Zeitgenofje des Barmenides. Er zog ſich 
von den Öffentlichen Angelegenheiten zurüd, wid: 
mete fih ganz der Hiffenfchaft und Iebte in 
der Einjamkeit nur der Philofophie. Von jeinem 
Leben wiſſen wir äußerſt wenig; er ſoll feinen 
Mitbürgern auf ihre Aufforderung die Teilnahme 
an der Staatsverwaltung abgeichlagen und die 
Einladung des Dareios Hyſtaſpis, nah Perjien 
zu fommen und ihn der griechiichen Weisheit teil: 
haftig zu machen, verneinend beantwortet haben. 
9. Ichrieb angeblich nur Ein Werk, das nad 
einigen die Inſchrift Modo«xı, nach andern zeol 
pisiog trug; er hat es im Tempel der Artemis 
zu Ephejos niedergelegt, und es jcheint ſpäter noch 
vorhanden geweſen zu ſein. — 9. war jhon im 


Herakleopolis 


Altertume wegen jeiner Dunkelheit befamnt und | 
bie deshalb sxoreıvög, was Cicero (n.d. 1,26,71. 
fin. 2, 5, 15) ficher mit Unrecht als abjichtliche 
Dunkelheit verjteht; fie beruhte wohl mehr auf 
vernachläffigter Wortfügung und Mangel an Aus: 
bildung der Sprache. Aber die größte Dunkelheit 
jeiner Mhitofophie lag in der Tiefe feiner ſpeku— 
lativen Gedanken; darum hat er eifrige Pileger 
feines Syftems aiı Platon wie an Hippokrates 
gefunden. Einige Hauptgrundzüge feiner Lehre 
waren: ndrra giraı xal u) elvaı und oböir 
uällor zo Öv tod ui) Övrog eivaı. Er geht aljo 
über die Lehre der Eleaten von dem abjtraften 
Sein noch hinaus; das Abjolute ift ihm die Ein- 
heit des Seins und Nichtjeins, das Weſen befteht 
ihm in der Veränderung, die Wahrheit und das 
Prinzip alles Seins ift das Werden. Daher 
auch die Bezeichnungen, daß alles fliehe (narr« 
der), nichts beftehe noch je dasjelbe bleibe; daher 
er die Dinge mit dem Strome eines Fluſſes ver: 
feicht, mit dem Zuſatze, daß man nicht zweimal 
in benjelben Strom hineinfteigen könne, Nur 
Eins ift, jagt er bei Ariftoteles, was bleibt; aus 
diejem wird alle® andere umgeftaltet. Er be: 
Ichränfte ſich aber nicht auf das logiſche Gebiet, 
fondern hat jeiner dee einen realen Ausdruck 
gegeben. Um diejer naturphilofophiichen Richtung 
willen ift 9. bisweilen zur ioniſchen Schule ge: 
rechnet worden, bon der er ſich aber weſentlich 
unterjcheidet. Er jagte unter anderem: Die Zeit 
fei das erjte körperliche (richtiger: jinnliche) Wejen; 
fie gilt ihm als die erite Form des Werdens, in 
dem Anfchaubaren ift die Zeit das Erfte. Indem 
er aber den Prozeh der Zeit näher auf phyſika— 
liſche Weije beftimmen wollte, fand er das euer, 
als das erſte Weſen; es ift die phyſikaliſche Zeit, 
die abjolute Unruhe, das abjolute Auflöjen des 
Beftehens, das immerwährende Vergehen und 
Nichtbleiben. Und die Ericheinung diejes Elements 
weiter verfolgend, fand er die ihm eigentümliche 
Berwandfung des Beftimmten als Berdunftung 
und Ausdampfung (dvadvulacıs); er beichrieb 
deshalb auch an diefem realen Prozeſſe 2 ver- 
jchiedene Seiten; das Feuer wird verdichtet zu 
Feuchtigkeit, und zum Stehen fommend wird es 
Wafler, das erhärtete Waſſer wird zur Erde; und 
dies ijt der Weg nach unten (ödög adrw). Die 
Erde wird dann wieder flüffig, und aus ihr wird 
Feuchtigkeit, und aus diefer die Ausdünftung des 
Meeres, aus der dann alles entiteht; dies ik der 
Weg nach oben (ödös Ava). Gr nanıte die 


“ Augen und Ohren jchlechte Zeugen (doch hielt er 


die Augen für zuverläffiger als die Ohren), den 
Logos die Richterin der Wahrheit, das Bewußt— 
fein des Allgemeinen galt ihm allein als Bewußt— 
fein der Wahrheit, den Irrtum ſah er in der 
Vereinzelung des Denkens, das Böje in der Aus— 
Scheidung vom Allgemeinen. Die Seele war ihm 
unfterblich (öre Nueis dmodvrjonouer, tus puyüs | 
araßıoör xal fir), und die trodenjte (feurigite) | 
die beſte. Er jagte zwar, das Univerſum habe 
fein Gott und fein Menjch gemacht, jondern wäre 
und jei und bleibe ein immer lebendiges Feuer, 
das ſich nad jeinem Maße entzünde und erlöjche; 
aber die Lehre von dem allgemeinen Weltbrande 
ift wohl eine Borftellung der Phantafie. Samm— 
lung der Bruchitüde von Bywater (1877). Mono: 
graphie von Schleiermacher in Wolfs Muſeum der 





— Herakles. 521 
Altertumswiſſenſch. Bd. 1. Schufter, Herallit von 
Ephejos (1873). — 9 unter jeinem Namen er: 


Itene Briefe rühren von einem helleniftiichen 
uden aus der Zeit des Auguftns her. Abhand- 
ung von J. Bernays (1869). 
erakleopölis, "Hoanldovg mölıs. 1) "He. 
asyahn, im A. T. Chanis, Nomoshanptitadt in 
Mittelägppten jüdöftlih von Arfinod und dem 
Mörisjee, auf einer von dem Hauptſtrom des 
Nils und dem Jojephsfanal gebildeten Inſel, Sitz 
bes Ichneumonkultus; j. Ahnas. Strab. 17, 789, 
809. 812, — 2) "Ho. uxod oder Sethroi, Stadt 
in Unteräggpten zwijchen Tanis und 
von dem See Menzaleh bevdedt. 
Heräkles, 'Hoaxkös, Hercules, das höchite 
Ideal griechiicher Heldentraft, der Nationalheros 
der Griechen, welcher, von Zeus, dem höchften Gotte, 
und einem jterblichen Weibe entiproffen, mit ge: 
waltiger Kraft begabt, die jchweriten Arbeiten auf 
Erden vollführte und die Welt von Ungehenern 
und allerlei Übeln reinigte, dann aber, nachdem 
er gerungen und gelämpft, gedient und geduldet, 
gefehlt und gebüßt, geläutert zum Olympos hinauf: 
ging und die Unjterblichfeit gewann. Seine Thaten 
wurden bereit vor Homer in Herakleen bejungen, 
jo daß wir in Homer, der für uns die ältejte 
Duelle ift, jchon die Hanptzüge der Heraflesjage 
entwidelt finden. Bei ihm, wie bei Hefiod, tritt 
H. ganz als griechiicher Held mit griechifcher Hel- 
denbewafinung auf und gelangt in jeinen Thaten 
nicht gar weit über die Grenzen Griechenlands 
hinaus; jpäter aber gab ihm Peiſandros (650 v. E.) 
in feiner Heraflee jtatt der gewöhnlichen Waffen 
die Keule und als Kleidung die Löwenhaut. Man 
erweiterte jeinen Sagenfreis, vermijchte ihn mit 
ähnlichen Helden anderer Völker und trug deren 
Thaten auf ihn über, nahm bejonders phoinikijche 
und ägyptische Elemente auf und brachte nad 
diefen orientalischen Anichanungen die Thaten und 
üge des 9. in Beziehung zu dem Laufe der 
onne. So wurden denn fait alle Länder der 
befaunten Welt der Schaupla jeiner Thaten, und 
es jammelte fi um feinen Namen eine jolche 
Mafje von Sagen, wie um feinen andern Helden 
der Hellenen. Wir teilen das Ganze nach den 
Danptlebensabjchnitten. a) Abfunft und Ge— 
burt des Herakles. 9. ftammte aus dem Ge- 
ichlechte des argiviihen Perjeus; ſein menjchlicher 
Bater Amphitryon war Sohn des Alkaios, 
Entel des Berjeus umd — in Tiryns, wäh— 
rend Elektryon, der Bruder des Alkaios, König 
in Mykenai war. Als die Söhne des Pterelaos 
mit den Taphiern in das Gebiet des Elektryon 
eingefallen waren und ihm im Kampfe alle ſeine 
Söhne bis auf Likymnios getötet und die Herden 
ortgetrieben hatten, übergab Elektryon, in der 
bſicht einen Rachezug gegen die Taphier zu unter— 
nehmen, dem Amphitryon das Reich und ſeine 
Tochter Altmene (d. h. die Stärke) zur Gemah— 
lin, Amphitryon aber holte die geraubten Herden 
in Elis, wohtn die Tapbier fie getrieben hatten. 
Bei feiner Rückkehr erichlug er den Elektryon un: 
verjehens oder abjichtlih und wurde nun von 
Sthenelos, dem Bruder de3 Elektryon, ver: 
trieben. Er floh mit feinem Weibe und Lily: 
mnios nach Theben zu jeinem mütterlichen Oheim 
Kreon, der ihn entjühnte und ihm mit mehreren 
andern Helden die Inſel Taphos erobern half. 


elufion, j. 


2S 


4 


522 


In Theben ward 9., während Amphitryon auf 
dem Taphierzug abwejend war, von Zeus erzeugt. 
Hom. Il. 14, 323. Od. 11, 266 (daher Onßayerıis, 
nach jeinem Stiefvater Aupırpvorıdöng genannt). 
An dem Tage, wo Altmene gebären jollte, rühmte 
ſich Zeus in der Verſammlung der Götter, daß 
heute ein Mann geboren werde, der über alle Um— 
wohnenden herrichen würde, über die Männer des 
Geichlechts, das von ihm ſtamme (bie Perjeiden). 
Hera aber, durd das zuverfichtliche Wort gereizt, 


ließ fich dasjelbe durd) einen Eid befräftigen und | 


veranftaltete nun als Beburtsgöttin, daß an dieſem 
Tage nicht Herafles, jondern von dem Weibe des 
Sthenelos Eurpftheus geboren ward. Tl.19,95 ff. 
So lam 9. in die Dienftbarteit des Eurpftheus, 


eines viel jchwächeren Mannes. Dem 5. wurbe | 


noch ein Zwillingäbruder, Iphilles, der Sohn 
des Amphitryon, beigegeben. Hesiod. scut. Here. 
Pind, nem. 10, 19. isthm. 7,5. Eur. Here. fur. 
Heraclid. 37. 210. Alcest. 508. 512. 842. 9. war 
urjprünglich der Heros der in Thefjalien wohnen: 
den doriſchen Herafliden, welche ihn, als fie fich 
des Peloponnes bemächtigt hatten, um ihren Beſitz 
des Yandes zu legalifieren, zu einem Perjeiden in 
Argolis machten, der der rechtmäßigen Anjprüche 
auf dieſes Yand beraubt worden wäre Nach 
Theben fam 9. teils durch doriſche Herakliden, 
teild durch den von Delphoi aus ſich dorthin ver- 
breitenden Apollonkultus. — b) Kindheit und 
Jugend des 9. bis zu feiner Dienftzeit. 
Als H. und Iphikles geboren waren, jandte Hera, 
welche den Helden fein ganzes Leben hindurch 
hafte und verfolgte, 2 ungeheure Schlangen zu 
dem Yager der Kinder, um fie zu verderben; aber 
H. ergriff fie und wiürgte fie zu Tode. So er: 
zählt zuerft PBindar (nem. 1, 49 fj.), wie denn über- 
haupt die Sagen diejes Zeitraums alle jpäteren 
Uriprungs find. Homer jagt nur im allgemeinen, 
dab H., von Zeus und Athene beſchützt, von Hera 
verfolgt, in Kraft aufwuchs und im Wefühle jeiner 
Kraft jelbit Götter zu verwunden wagte. Sein 
Bater Ampbitryon unterrichtete ihm ſelbſt im 
Wagenlenfen, im Waffentampf aber Naftor, im 
Ningen Autolykos, im Bogenschießen Eurytos, in 
der Muſik Eumolpos oder Linos, den er mit der 
Leier erichlug, in den Wifjenfchaften Cheiron oder 
Linos. Als er den Linos getötet hatte, ſchickte 
ihn fein Vater aus Furcht vor feiner unbändigen 
Kraft zu den Herden auf den Kithairon, wo er 
den gewaltigen Fithaironiihen Löwen erſchlug. 
Mit der Haut desjelben, oder nach andern mit der 
des nemeljchen Löwen, umkleidete er ſich fo, daß 
der Rachen ihm als Helm diente. Der Sophiit 
Prodifos verlegte in dieſe Zeit jeines Aufenthalts 
auf dem Kithairon die von ihm gemachte Fabel 
von 9. am Scheidewege: Der Jüngling jah 
einfam da, überlegend, welchen Lebensweg er ein: 
ichlagen follte; da traten zu ihm heran 2 rauen, 
von hoher, aber jehr verichiedener Geſtalt, die 
Weichlichfeit indorr)) und die Tugend (&pern). 
Jene malte ihm ein Leben voll üppiger Freuden 
vor, dieſe zeigte ihm den miühevollen Weg zum 
Ruhm; 9. wählte den Weg der Tugend. Xen, 
mem. 2,1, 11. Cie. off. 1,32. Ws 9., achtzehn 
Jahre alt, nach Theben zurücklehrte, traf er auf 
die Geſandten des Erginos, des Minverfönigs in 
Orchomenos, die zu Theben den jährlichen Tribut 
bon 100 Ochjen holen wollten. 9. jchnitt ihnen 


Herakles. 
Nafen und Ohren ab, jandte fie gefeflelt nad‘ 


Haufe und zwang in dem darauf folgenden Krieg 
die Orchomenier, den empfangenen Tribut Doppelt 
zurüdzugeben. Aus Danfbarfeit gab ihm König 
Kreon jeine Tochter Megara (Od. 11, 269) zum 
Weibe. Bald darauf rief Eurpftheus, König in 
Tirgns oder Mykenai, den 9. in feine Dienjte. 
Er jollte, jo hatte es Zeus beftimmt, 12 Arbeiten, 
die ihm Euryſtheus auferlegen würde, ausführen 
und dadurch zur Unfterblichfeit gelangen. Wis 
ihm das delphiſche Drafel befahl, dem Rufe zu 
folgen, verfiel er in Wahnfinn, in welchem er feine 
3 Kinder von Megara und 2 Kinder des Iphikles 
ermordete. In jenem Orakelſpruch ſoll er zuerft 
Heralles (Hga-xAfog) genannt worden fein, als 
der Held, welcher durch der Hera Berfolgungen 
Ruhm erlange, während er bisher Allaios oder 
Alfeides (von dAxrj, Stärke) geheißen habe. Bon 
feiner Naferei geheilt, begab ſich H. nach Tiryns 
in die ec) Dienftbarfeit des Euryſtheus, in 
welcher er 12 gewaltige Arbeiten ausführte. Homer 
erwähnt von diejen bloß das Heraufholen des 
Kterberos (11,8, 362. O1. 11, 623); von der Zwölf: 
zahl ber Arbeiten weiß er nichts, fo wenig als 
Hefiod, der des Nampfes mit dem nemerjchen 
Löwen, mit der lernaiiſchen Schlange und mit 
Geryones Erwähnung thut itheog. 287. 313. 327). 
Bei den Dichtern der folgenden Zeit, bei Bindar 
und den Tragifern, kommen alle von Eurpitheus 
geforderten Thaten vor. Der beftimmt abgeichlofiene 
Kreis der 12 Arbeiten ftammt wahrjcheinlich von 
dem Epifer Beifandros (ſ, Peisandros, 4.). 
Diefe 12 Arbeiten find: 1) der Kampf mit dem 
nemeiichen Löwen, der unverwundbar war und 
von Typhon und Echidna ſtammte. H. trieb ihn 
in ſeine Höhle und erwürgte ihn in ſeinen Armen. 
Als er das Tier nach Mykenai brachte, flüchtete 
ſich der feige Euryſtheus, erjchredt durch die unge: 
heure Stärfe des Helden, in ein chernes Faß unter 
die Erde und befahl dem ©., in Zukunft die Be: 
weile jeiner Thaten vor den Thoren der Stadt 
zu zeigen. Apollod. 2, 5,1. 2) Die lernaiijche 
Schlange (Hydra) im Sumpf Lerna füdlich von 
Argos, ebenfalls von Typhon und Echidna ftam: 
mend, mit 9 (100, 10000) Köpfen, von denen 
einer unfterblid; war, jcheuchte 9. mit glühenden 
Pfeifen von ihrem Lager auf und hieb ihr die 
Köpfe ab. Da aber ftatt eines abgehauenen Kopfes 
immer wieder 2 hervorwuchſen, brannte er Die 
Stümpfe der Hälfe mit glühenden Baumſtämmen 
ab; auf den unfterblihen Kopf aber warf er einen 
großen Trelsblod. Mit der giftigen Galle der 
Hydra bejtridy er feine Pfeile, jo daß ihre Wun: 
den unheilbar wurden. Nolaos, der Sohn des 
Iphikles, Gefährte und Wagenlenter des H., war 
ihm bei diejem Kampfe behälflich. Deshalb wollte 
Euryſtheus diejen Kampf nicht gelten fallen. Apol- 
lod. 2,5, 2. 3) Der erymanthijche Eber, der 
in Arkadien verwüftend haufte, ward von H. in 
tiefen Schnee getrieben nnd lebendig gefangen. 
Apollod. 2, 5, 4. Als auf dem Wege zu diejer 
Jagd H. am Berge Pholod von dem Kentauren 
Pholhos (Höhlenmann) mit gebratenem Fleiſche 
gaftlich bewirtet ward und, um zu trinken, das 
gemeinschaftliche Weinfaß der Kentauren öffnete, 
griffen ihm die übrigen Kentauren mit Baumftäm- 
men und Felsblöcken an; aber 9. trieb fie aus: 
einander und verfolgte fie bis zu dem durch die 


6 


1 


oo 


Herakles. 


Lapithen dom Pelion nad) Malen vertriebenen 
Eheiron, der durch einen vergifteten Pfeil bes | 
9. wider deifen Willen eine unheilbare Wunde 
erhielt (ſ. Kentauren). Solde von Euryftheus 
nicht aufgetragene Kämpfe hießen mdgseya, Neben: 
arbeiten. 4) Die ferynitiiche Hirſchkuh auf 
dem Berge Keryneia, zwijchen Arladien und Achaia, 
oder auf dem arfadijchen Berge Mainalos (mai: 
naliihe Hindin), mit goldenem Geweih und eher: 
nen Läufen, der Artemis heilig, verfolgte H., da 
er fie lebendig bringen jollte, ein Jahr lang, bis 
er fie im Lande der Hyperboreer oder am Ladon 
in Arkadien mit einem Pfeile in den Fuß traf 
und fing. Apollod. 2, 5, 3. 5) Die ftympha: 
liihen Vögel am See von Stymphalos in Ar: 
fadien, mit ehernen Krallen, Flügeln und Schnä: 
bein und mit Federn, die fie wie Pfeile abichojien, 
jagte H. mit einer chernen Klapper auf und er: 
legte oder vertrieb fie. Apollod, 2, 5,6. 6) Den 
Gürtel der Amazonentönigin Hippolhyte 
holte 9. für Admete, des Euryſtheus Tochter. An— 
fangs wollte Hippolyte den Gürtel freiwillig geben; 
allein Hera erregte einen Kampf, in welchem Hip— 
polyte fiel. Auf dem Rückwege erlegte Herafles 
bei Troja ein Seeungeheuer, dem Hefione, die 
Tochter des Königs Laomedon, ausgejegt worden 
war; da ihm Laomedon die vorher veriprocdhenen 
Rofje, welche Zeus für den geranbten Ganymedes 
gegeben hatte, verweigerte, zog er mit der Drohung 
eines baldigen Krieges ab. Apollod. 2, 5, 9; vgl. 
Hom. Il, 20, 145. 5, 638. 7) Der Bichhof 
des Augeias. Wugeiad oder Augeas (Abyelas, 
Adykas), Sohn des Helios oder des Phorbas oder 
des Eleios, König der Epeier in Elis, hatte un— 
geheuren Reichtum an Herden. 9. erhielt den 
Auftrag, an Einem Tage den Vichftall desfelben 
von dem Mifte zu reinigen; er that es, indem 
er einen Fluß, nach einigen den Wipheios und 
Peneios, durch den Hof leitete und jo den Mift 
fortſchwemmte. Er hatte fih von Augeias dafür 
den zehnten Zeil der Herden erbeten; da aber 
Augeras erfuhr, daß ihm die Arbeit von Eurh— 
ftheus aufgetragen war, verweigerte er den Lohn. 
Apollod. 2, 5, 5. H. zog Deswegen mit einem 
Heere heran, das aber, während er jelbjt erfranft 
war, von den Neffen des Augeias, den Molio: 
niden Eurytos und Siteatos, in den Engpäflen 
von Elis durch einen Uberfall geichlagen wurde. 
Dafür erihlug H. die Molioniden bei Kleonai in 
Argos, dann verwüſtete er das Land des Augeias 
und tötete ihn nebſt feinen Söhnen. Darauf 
ftiftete er die olympischen Spiele. Apollod. 2, 7,2. 
Pind. ol. 11, 24ff. 3, 13. 8) Den fretijchen 
Stier, melden Bojeidon aus dem Meere hatte 
fteigen lafjen, aber rajend machte, weil Minos 
ihm nicht, wie er geheißen war, opferte, brad)te 
9. lebendig nah Mykenai und lieh ihn dann 
wieder frei. Er lief der attiichen Sage zufolge 
ins Gefild von Marathon, wo ihn Theſeus fing. 
Apollod. 2, 5, 7T. 9 Die Stuten des Dio— 
medes. Diomedes, König der Biftonen in Thra: 
fien, warf die Fremden feinen wilden Stuten zum 
Fraße vor. H. bezwang ihn und ließ ihn jelbft | 
von den Roſſen freſſen; dieje aber brachte er dem 
Euryſtheus, der fie wieder frei ließ. Apollod. 
2,5,8 10) Die Rinder des Geryones. 
Gernones, Sohn des Chryiaor und ber Kallirrhos, | 
auf der im äußerjten Weften im Ofcanos gelege: 


523 


'nen Inſel Erptheia wohnend, aus 3 vom Bauche 


an zufammengewachjenen Körpern beftehend, beſaß 
große Herden, die von dem Hirten Eurption 
und dem zweilöpfigen Bunde Orthros (oder 
Drthos) geweidet wurden. H. zog, jie zu holen, 
durch Europa und Libyen, jepte an der Grenze 
beider Erdteile (an der Straße von Gibraltar) die 
ſ. g. Säulen des Herafles als Zeugen jeiner 
weiteiten Fahrt und gelangte an den Dfcanos. 
As ihn hier der nahe Helios allzuſehr brannte, 
ipannte er feinen Bogen gegen ihn, und Selios 
lied ihm wegen dieſer Kühnheit jeinen goldenen 
Sonnentahn oder Sonnenbecher, auf dem er über 
den Okeanos fuhr. Auf Erytheia erjchlug er den 
Drthros und Eurytion und trieb die Rinder fort. 
Geryones, dem Menoitios, twelder hier die 
Rinder des Hades weidete, den Raub gemeldet 
er eilte im nad), ward aber von 9. erichlagen. 

uf dem Rückweg zog 9. über die Pyrenden und 
die Alpen, durch Ligurien und Stalien. Apollod. 
2, 5, 10. Als er fich bier im Lande der Aboriginer 
bei der Stadt de3 Euander, Palantium, wo jpäter 
Rom gegründet ward, der Ruhe überlieh, ftahl 
ihm der furdhtbare Rieſe Cacus einen Teil jei- 
ner Herde und zog die Tiere rüdmwärts in jeine 
Höhle, damit die Fußſtapfen derjelben ihren Aufent: 
haltsort nicht verrieten. 9. entdedte den Räuber 
durch das Brüllen der Tiere und erichlug ihn 
nad) gewaltigem Kampfe. Darauf opferte er dem 
Bater Inventor (Jupiter); Euander aber, der 
mit den Hirten der Gegend herbeigefommen war, 
erbaute einen Altar (Ara Maxima) und opferte 
dein H., weil er das Land von dem räuberiichen 
Unhold befreit hatte. Die Familien der Botitii 
und Pinarii wurden die Vorſteher des damals ein: 
gejeßten und jpäter von den Römern beibehalte: 
nen Herculeskultus. Liv. 1, 7. Verg. A. 8, 185 ff. 
Ov. fast. 1,543 ff. In dieje weite Fahrt werden 
noch mehrere andere dorgy« eingeichoben, der 
Kampf mit Antaios (j. d.), mit Eryr (j. d.), mit 
Atyoneus (ſ. d.). 11) Die goldenen Äpfel 
der Heſperiden, welde einjt der Hera bei ihrer 
VBermählung von Gain gejchentt worden waren, 
wurden im äußerften Weiten von den Heſperiden 
(ſ. Atlas) und dem Drachen Ladon bewacht. H. 
jollte 3 derjelben nad) Mylenai bringen. Da er 
den Ort, wo fie fi) befanden, nicht wußte, jo 
mußte er lange umherirren; endlich gelangt er zu 
Atlas. Diejer holt 3 von den Apfeln, während 
9. für m den Himmel trägt. Bei feiner Rückkehr 
hatte Atlas nicht Luft, den Himmel wieder auf: 
zunehmen; er wollte jelbft die Äpfel zu Euryſtheus 
tragen. Aber 9. bat ihn, nur für kurze Zeit noch 
die Laſt zu tragen, damit er unterbejlen ſich ein 
Bolfter um das Haupt legen könne, Atlas lich 
ſich überliften, und 9. ging mit den Apfeln davon, 
welche ihm Euryſtheus ſchenkte und er der Athene 
weihte. Dieje aber brachte jie wieder an ihren 
früheren Ort zurüd. Apollod. 2, 5, 11. 12) Das 
Heraufholen des Kerberos aus der Unterwelt 
war die ſchwierigſte aller Arbeiten, und darum 
wird fie gewöhnlich als die lebte angenommen. 
9. jtieg bei Tainaron hinab und erhielt von Hades 
die Erlaubnis, den Hund zur Oberwelt zu führen, 
wenn er ihn ohne Waffen bezwänge. H. würgte 
und fejlelte ihn und brachte ihn zur Oberwelt; 
nachdem er ihn dem Eurpitheus gezeigt, führte er 
ihn wieder zum Hades. Apollod. 2, 5, 12; vgl. 


11 


— 
ts 


524 


Hom. Il. 8, 362. Od. 11, 623. — d) Die Zeit 
nad der Dienſtbarkeit. Nach Vollendung der 
12 Arbeiten ift 9. feines Dienftes ledig. Er begibt 
ſich nach Theben, vermählt jeine frühere Gemahlin 
Megara mit Kolaos und zieht dann nach Dichalia 
(in Theflalien, nad jpäterer Sage in Mefjenien 
oder auf Euboia), um von dem König Eurytos 
jih feine Tochter Jole zur Ehe zu erbitten. 
Eurytos verweigert die Tochter, und da ihm gerade 
damals von Autolykos jeine Rinder gejtohlen 
wurden, hält er den 9. für den Dieb. Um ihn 
zu rechtfertigen, geht Jphitos, des Eurytos Sohn, 
mit ihm aus, die Rinder zu fjuchen; zu Tiryns 
aber ftürzt H. den jungen Freund in einem Anfall 
von Raferei von der Mauer, daß er ftirbt. Apollod. 
2,6,1.2, vgl. Hom. Od. 21, 22. 9. muß des: 
wegen auf Befehl des delphiichen Orakels der 
Omphale, Tochter des Jardanos, Witwe des 
Tmolos, Königin in Lydien (eigentlich wohl eine 
Indische Göttin), 3 Jahre dienen. Bei dem Weibe 
weibijch geworden, jpann er in weichlichen Kleidern 
Wolle, während die Königin Keule und Löwenhaut 
führte. Doch verrichtete er auch während diejer 
Zeit männliche Thaten; auch fejlelte er damals 
bei Ephejos die Kerkopen, verſchmitzte neckiſche 
Kobolde; durch ihre Wibe aber ergeßt, lieh er fie 
wieder laufen. Apollod. 2, 6,3. Seine und der 
Omphale Nachlommen regierten bis 720 v. C. in 
Lydien (j. Gyges). Nach feiner Rückkehr von 
Omphale jchiffte 9. mit 18 Schiffen gegen Ilion, 
um ſich an Yaomedon zu rächen. Die Stadt wurde 
erobert und Laomedon ſamt feinen Söhnen, mit 
Ausnahme des Podarkes, niedergeichoffen. Tela: 
mon, der zuerjt die Mauer erftiegen, erhielt die 
Hefione als Kampfpreis; dieje faufte den Bruder 
Bodartes mit ihrem Schleier los, weshalb er 
PBriamos (der Yosgefaufte) genannt ward. Darauf 
fuhr 9. nach Griechenland zurüd und unternahm 
den Zug gegen Augeias und dann gegen Pylos. 
Hier vernichtete er das Geſchlecht des Neleus mit 
Ausnahme des Neftor und verwundete den Hades, 
der den Pyliern beiftand. Apollod. 2, 7, 2. 3; 
vgl. Hom. Il. 20, 145. 5, 638. 14, 251. 15, 18, 
11, 689. 5, 395. Bald darauf erwarb 9. Deia: 
neira, die Tochter des Nitolerfönigs Dineus ſ. 
Acheloos), und führte fie als Gattin nad 
längerem Aufenthalt in Kalydon nad) Trachis, 
wo er die Gajtfreundichaft feines Freundes Keyr 
genof. Unterwegs tötete er am Fluſſe Euenos 
den Kentauren Nejjos, der der Deianeira Gewalt 
anthun wollte (Or. met. 9, 101 ff.), und im der 
Nähe von Trachis den Anfnos, Sohn des Ares. 
In diefem Nampfe ftehen ihm Jolaos und Athene 
bei, während dem Kyknos Ares zur Seite jteht. 
Ares jelbit wird von H. verwundet. Hesiod. scut. 
Herc. Bon Tradis aus unterftügt H. den Aigi— 
mios (. d.). Apollod. 2, 7, 7. — e) Lepte 
Schickſale und Apotheoſe. Bon Trachis aus 
unternimmt 9. einen Nachezug gegen Eurhtos, er 
erobert Dichalia, erichlägt den Eurytos nebit feinen 
Söhnen und führt die Role mit ſich fort. Als er 
fih Trachis nähert, ſchidt ihm Deianeira, um jeine 
Liebe an fich zu feſſeln, ein mit einem vermeint: 
lichen Yiebeszauber, den ihr einft der fterbende 
Neſſos gegeben, getränktes Prachtgewand; jobald 
aber das Gewand an feinem Leibe warm geworden 
üft, zerfrißit das für einen Liebeszauber gehaltene 
Gift den Leib des Helden, jo daß er von furcht— 


Herakles. 


baren Schmerzen gequält wird und, tote von Wahn: 
finn erfaßt, den UÜberbringer des Kleides, Yichas, 
ins Meer jchleudert (Yihasfeljen). Als Deia- 
neira hört, welches Unglüd fie angerichtet hat, 
tötet fie fich jelbit, H. aber läßt ſich nach Trachis 
bringen, und nachdem er feinem Sohn Hyllos 
befohlen hat, Jole zu heiraten, geht er auf den 
Dite, errichtet einen Scheiterhaufen, fteigt hinauf 
und läßt ihn von dem vorübergehenden Poias 
oder von deflen Sohn Philoftetes anzünden. 
Für diefen Dienft gibt er ıhm feine Pfeile. Als 
die Flamme lodert, fallen Blike vom Himmel, 
und der verllärte Held fteigt unter dem Rollen 
de3 Donners in einer Wolfe zum Himmel. Or. met. 
9,134 ff. So hat ihn der Bater Zeus zu den 
Unfterblichen erhoben. Ausgeſöhnt mit Hera, die 
ihn im Leben verfolgt, lebt er ald Gatte der Hebe, 
der ewigen Jugend, auf dem Olympos. Hebe ge: 
bar ihm den Aleriares und Aniletos. Homer 
erzählt nichts über die Art, wie H. geftorben, er 
jagt nur, daß auch ihn, den gewaltigen Sohn des 
Zeus, das Todeslos bändigte (71. 18, 117). Auch 
weiß er noch nichts von der Vergötterung des H.; 
nad) den bei ihm herrichenden Vorftellungen kann 
9. nur ald Schatten in der Unterwelt eriftieren. 
Die Stelle (Od. 11, 601 ff.), wo fein Schattenbild 
mit geipanntem Bogen und furchtbarem Wehr: 
gehente in der Unterwelt einherjchreitet, während 
er jelbft im Olympos lebt, wiberftreitet unferer 
Behauptung; allein die ganze Stelle ift jpäteren 
Uriprungs, namentlich find die V. 602 und 603 
erſt von Onomafritos eingejchoben. — f) Ber: 
ehrung. 9. wurde gleich nach feinem Berjchwin: 
den don der Erde der Sage zufolge von feinen 
Freunden auf der Brandftätte durch ein Opfer als 
Heros verehrt, worin ihnen bald die Nachbarn 
und allmählich das gejamte Hellenenvolf folgten. 
Als einem Gott opferte ihm zuerft der Athener 
Diomos, Sohn des Kolyttos, und ſpäter alle 
Griechen, jo daß ihm am verichiedenen Orten zu: 
gleich Heroen- und Götteropfer dargebracht wurden. 
Auch feierte man ihn durch Nampfipiele. Seine 
Feſte heißen "Hodaksıe; ſolche gab es zu Sikyon, 
zu Theben, Lindos, auf Kos und a.a.D. Zu Athen 
feierte man ihm unter Scherz und Spähen die 
FIöusıe. Als Mann der rat it 9. als Heros 
Enagonios der Borfteher aller Gymnaſien und 
Baläjtren; ihm weihen die abtretenden Gladiatoren 
in Rom ihre Waffen. Als der ruhmreiche Sieger 
(nadklrıros) und als der vom Kampfe ausruhende 
Held erheiterte er fich gern durd) Mufit und Ge: 
jang und fam jo mit den Muſen in Verbindung, 
wurde als "He. Movsoayerng (Herc. Musarum) 
verehrt. — In Italien genoß Hercules einen 
ausgebreiteten Kultus, namentlich hatte er auch 
in Rom viele Tempel und Heiligtümer. Wie cs 
icheint, verband fih in Italien der griechiſche He: 
rafles durch den Einfluß Großgriechenlands mit 
einem alten italiichen Heros gleicher Art. Nach 
Sicilien, Corjica, Sardinien, Malta, Gades in 
Hiſpanien fam der Herakleskult durch die Phoini— 
fier. Denn auch dieſe, ſowie die Agypter, Perſer, 
Lyder, hatten ähnliche Heroden, die man mit der 
Zeit mit dem griechischen Herakles identifizierte. 
Bei den Galliern und Germanen fand man eben: 
falls einen Hereules vor. Trac. Germ. 3.9. 34. — 
Beinamen hatte Herafles eine große Menge, 
wir erwähnen davon: dAs&ixanog, Unheilabiwender, 


13 


Herakles. 


uviaygos, lnoxtövog, nogvorion, Fliegen--Wurm-, 
Heujchredenvertreiber, meou«yog, Vortämpfer, zal- 
kivırog, ruhmvoller Sieger, vietor, pacifer, cla- 
viger, Kteulenträger, laborifer, Dulder, custos, 
Kampfhüter, walaluwor, Ringer, und als foldher 
önpayog, Bovpdyos, Yıilonörng, viel eſſender 
und trinfender, öAuumıos, koynyerns, Stammberr, 
ucvrıg, Weisjager (durh Würfel und Inkubation, 
somnialis), ’/daziog, idatifcher Daktyl, — Heilig 
waren ihm die Silberpappel, der Olbaum, der 
Epheu, die warmen Quellen. — Die Kunft hat 
ihn jehr häufig dargeftellt, als Kind, Jüngling 
und Mann. Als Mann jtellte ion die ältejte 
Kunft in Waffen dar; gewöhnlich aber tritt er auf 


eu 
rar 
aammant 


kmoseı 


Ä 





mit der Keule, mit Bogen und Löwenhaut, als 
Bollender ungeheurer Kämpfe mit ftarfen Gliedern 
und Muskeln, kurzem, ftierartigem Naden, breiter 
Bruft, verhältnismäßig Heinem Kopfe und Heinen 
Augen, ftarlem und kurzem Haar, mächtig vorge: 
drängter Unterftirn, ** Antlitz. Die 12 Ar— 
beiten des H. waren dargeſtellt auf den Metopen 
des Zeustempels zu Olympia, von denen anſehn— 
liche Bruchftüde auf uns gefommen find. Eine 
berühmte, noch erhaltene Statue des Helden ift der 
ſ. g. farnefifche Hercules in ausruhender Stellung, 
dejien Abbildung hier beigegeben ift, das einem 
Driginal des Lyſippos nachgebildete Wert des 
Atheners Glykon. Der Held in augenblidlidyer 
Abſpannung lehnt die Wucht feines müden Körpers 


525 


auf jeine mit der Löwenhaut gleichjam überpoliterte 
Keule und blickt mit melancholiſchem Ausdrude auf 
jein von Mühen und Drangjalen erfülltes Leben 
nicht ohne Verſtimmung zurüd. — Die Hera: 
fleiden, "Hoarkeidaı, Nachkommen des H., find 
außerordentlich zahlreich. Vorzugsweiſe trug diejen 
Namen der Stamm des Hyllos, der mit ben 
Dorern in den Peloponnes zog, um die von ihrem 
Ahnherrn früher unterworfenen Yande, wie Argos, 
Lafedaimon, das meſſeniſche Pylos, wieder zu er: 
obern. Bald nad) dem Tode des H. wurden jeine 
Söhne, deren ältefter Hyllos war, don Euryſtheus 
lg jie flohen von Trachis oder don Argos 
und Myfenai aus, wo 9. zuletzt geherricht haben 
follte, jchußfuchend nad Athen zu Thejeus. Eury— 
ftheus kommt mit Heeresmacht, wird aber von den 
Athenern und Herafleiden bei den Skironijchen Fel— 
fen bejiegt und von Hyllos oder Jolaos erichlagen. 
Malaria, Tochter des 9. und der Peiancira, 
hatte ſich vor der Schlacht zum Heil ihrer Brüder 
freiwillig dem Tode geweiht. Darauf fielen die 
Herafleiden in den Peloponnes ein, wurden aber 
durch eine Peſt vertrieben und zogen über Athen 
nad) Thefjalien, wo Aigimios N d.) dem Hyllos 
den dritten Teil jeines Landes abtrat. Nach drei 
Jahren zog Hyllos abermals, nachdem er von Del: 
phoi das Orakel erhalten hatte, die Herakleiden 
jollten die dritte Frucht abwarten und auf der 
Waflerenge in den Peloponnes dringen, mit einer 
Schar Dorer über den Iſthmos nad) dem Pelo— 
ponnes, um dem Atreus das Neich des Euryſtheus 
zu entreißen, fiel aber (10 Jahre vor dem troja- 
nischen Kriege) in einem Zweikampfe mit dem für 
Atreus fämpfenden Ehemos, König von Arkadien, 
Sohn des Neropos, auf der Grenze von Korinth 
und Megara. Die Herafleiden hatten verſprochen, 
wenn Hyillos falle, jo wollten fie in 50 oder 100 
Jahren ihren Angriff auf den Peloponnes nicht 
ernenern, und zogen fich daher zurüd. Der Sohn 
des Hyllos, Kleodaios, und jpäter defien Sohn, 
Ariftomachos, zur Zeit, wo Tifamenos, 
Oreftes’ Sohn, im Peloponnes herrichte, wieder: 
Se die Einfälle, aber famen gleichfalls um. 

a ward endlich den Söhnen des Ariſtomachos, 
Temenos, Krejphontes und Ariſtodemos, 
vom Orakel der frühere Sprudy dahin erläutert, 
daß die dritte Frucht das dritte Gejchlecht, und 
die Wafjerenge das Meer zur Rechten des Iſthmos 
fei; da aber der erfte Verjuch wegen eines an einem 
Seher begangenen Frevels mißlang, und Ariſto— 
demos vom Blig erichlagen wurde, wählten fie ſich 
auf den Nat des Drafels, einen Dreiäugigen an 
ihre Spitze zu ftellen, den Aitolerlönig Orylos, 
der einäugig auf einem Maultiere ihnen aufjtich, 
zum Führer und gingen nun bei Naupaftos 
über Meer, befiegten und erjchlugen den Tija- 
menos und teilten das eroberte Yand unter jich; 
Temenos erhielt Argos, Kreſphontes Meflenien, 
die Söhne des Ariftodemos, Profles und Eury— 
fthenes, Laledaimon. Orylos mit jeinen Mitolern 
jeßte fi im Elis feſt. Apollod. 2, 8, 1. — 
Seitdem werden die Herafleidenzüge erſt geichicht- 
lih. Die Brüder und ihre Nachkommen regieren 
von jegt an über die Hanptländer des Peloponnes: 
Argolis, Mefjenien und Lafonien; ein anderer 
Heraffeide, Aletes, erhielt Korinth. Es zeigt ſich 
in diefer Erzählung das Streben, die Eroberung 
des Peloponnes als eine in den rechtmäßigen Anz 


17 


526 


iprüchen der Herafleiden "begründete Wiederein: 
nahme darzuftellen, mit Benugung der dorijchen 
Hauptphyle der Hnlleer (TALeig oder "TAAoı), welche 
auf den jchon traditionellen oder als mythiſchen 
Repräjentanten diejer Phyle fingierten Hyllos zu: 
rüdgeführt wurde. In Lakonien herrichten Hera: 
Heiden bid zum Jahre 221 v. E., in den andern 
Ländern verichwinden fie viel früher. — Wenn 
die mafedoniichen Könige fi von Temenos 
ableiteten und Herafleiden nannten (Hdt. 8, 137), 
fo wollten fie damit ohne Zweifel ihre hellenische 
Abkunft im Gegenjaß gegen das barbariiche Bolt 
darthun. — Die Indische Dynaftie der Herafleiden, 
die di ableitete von Herafles und einer Sklavin 
des Jardanos und 505 Jahre lang vor den 
Mermnaden über Indien herrichte (Hat. 1, 7), 
ftand urjprünglic in Verbindung mit dem aſſyri— 
ichen Heros Sandon, der Herakles von den Griechen 
genannt wurde, und deutet hin auf eine Aus: 
Dehnung der aſſyriſchen Macht über Lydien. — Auch 
nad; Rom wurde der Mythus von 5. überfragen 
und derjelbe dort mit einheimijchen Gottheiten, 
dem ſabiniſchen Sancus u. a., identifiziert; er galt 
als Gott des Segens, bejonders als der jegnende 
Genius der römiſchen Stadtflur. Einige römijche 
(Heichlechter, die Botitier und PBinarier, jowie die 
Fabier leiteten fi) von 9. ab. Barro (Serv. ad 
Verg. A. 8, 564) zählt 24, Cicero (n. d. 3, 16) 
6, Lydus 7 Hercules. — Der von Tacitus unter 
diefem Namen erwähnte Gott der Germanen ift 
wohl Donar; der bei dem Beginne der Schlacht 
bejungene (Germ. 3) ein Heros (primus virorum 
fortium), 

Herbessos, Foßnocös, meift Eoß. 1) Stadt 
wiſchen Leontinoi und Syrafus in der Nähe des 
Fluſſes Myla (Liv. 24, 30. 35), uriprünglich eine 
Stadt der Sikuler, mit welcher Dionyfios der 
ältere nach vergeblicher Belagerung einen förm— 
lichen Frieden ſchloß. Im zweiten punijchen Kriege 
belagerten und eroberten fie die Römer unter 
Marcellus. — 2) Stadt in der Nähe norböftlich 
von Akragas an der Quelle des Afragas, wojelbft 
die Römer bei Belagerung letzterer Stadt ihr Depot 
hatten, welches Hanno von Herafleia aus zeritörte. 
Pol. 1,18. %. vielleicht li Grutti. 

Herculanöum, "Hodaksıor, Stadt in Campa— 
nien, füdöftlich von Neapolis am weſtlichen Fuß 
des Veſuvius nahe dem Meere gelegen ; eine jehr alte 
oſtiſche, ſpäter tyrrheniiche, dann von den Griechen 
bebaute und endlich von den Römern folonijierte 
Stadt, die durch den furdtbaren Ausbruch des 
Veſuvius 24. Auguft 79 n. E. verjchüttet wurde, 
nachdem jie 16 Jahre vorher durd ein Erdbeben 
ichon bedeutend gelitten hatte. Dio Cass. 66, 23. 
Auf der 50—100° diden Lava: und Aſchenſchicht 
wurden die Orte Portiei und Refina gebaut. Durch 
Graben eines Brunnens fam man im Jahre 1721 
auf die Scene des alten Theaters und fand 3 weib- 
lihe Statuen (die 3 Gewandfiguren in Dresden). 
Seit 1738 erfolgten nun mehrere Ausgrabungen, 
ein zwedmäßigeres Verfahren aber wurde jeit 
1760 durch den Schweizer Karl Weber eingeleitet 
und nach einem Stillftand während ber franzöji: 
chen Revolution die Arbeiten eifrig fortgeleht, 
bejonders unter Joſephh Napoleon und Murat 
(1806-15). Die Ausbeute an wertvollen Sachen 
und Gemälden ift jehr bedeutend, während die 
Architeltonik nur wenig gewann, da zur Sicherung 


Herbessos — Herennii. 


ber darüber gebauten Stadt Portici das meifte 
wieder verjchüttet werden mußte. Die Ausgra- 
bungen haben übrigens gezeigt, dah H. eine Stadt 
von bedeutendem Umfange und großer Wohlhaben- 
heit war. Die jchönften Gemälde und Ornamente 
ind in dem Werfe von Zahn trefflich dargeitellt. 
Die zahlreichen 1753 er Bücherrollen ent: 
halten hauptjählih Werke jpäterer griechijcher 
Philoſophen, wie Epifuros und Philodemos, deren 
Veröffentlichung jeit 1798 in den Herculanensia 
volumina begonnen hat und 1873 bis zum 2. fasc. 
des 8. Bandes gediehen mar. 

Hercüles j. Herakles. 

Herculöum fretum, ö "HodxAsıog mopduüg, 
o xar& tag ormAag möpog, Meerenge zwiſchen 
Mauretanien in Afrika und Hilpanien in Europa, 
j Straße von Gibraltar; die Säulen des 9. 
bilden in Mfrifa der Abylaberg (Aßvin), j. 
Almina bei Ceuta, in Europa Kalpe, j. Gibraltar. 

Hercülis promunturium, ro "Hodxlksıor, 
1) Vorgebirge in Bruttii, die Südſpitze von ganz 
Italien, j. Kap Spartivento. Strab. 6, 259. — 
2) Vorgebirge Britannien, j. Hartland Point im 
Kanal von Briftol. 

Hercülis silva, ein dem Hercules heiliger 
Wald in Deutichland (Tac. ann. 2, 12), öſtlich von 
der Wejer, vielleicht das heutige Süntelgebirge. 

Hercynla silva, auch Hercynius saltus, Her- 
cynium iugum, "Eexvria vn, 'Eox. Öovuög, 
Aonvuice, Ogxvvıa, Gebirge in Germanien. Ur: 
jprünglich begriffen die Alten darunter wohl das 
ganze zujammenhängende (60 ZTagereijen lange, 
9 Tagereijen breite) Waldgebirge des mittleren 
Deutichlands nördlicy von der Donau vom Rhein 
bis zu den Karpathen und den Grenzen Daciens 
(Oues. b. g. 6, 24. 25. Plin. 4, 12, 97. Tac. ann. 
2, 45. Germ. 28. 30. Mela 3, 3); jpäter verjtand 
man (3. B. Ptolemaios) darunter nur das Die 
Sudeten mit den Karpathen verbindende Gebirge, 
und die andern Teile führten bejondere Namen. 
Bei Tacitus wird bald die Rauhe Alp, bald der 
Taunus und der Wefterwald darunter veritanden. 
Die Ableitung des Namens aus dem Keltifchen 
führt auf die Partifel ar, er, und cyn, die Höhe; 
andere haben minder richtig an das gotijche fair- 
guni, Gebirge, gedacht. Mit dem Harze, der noch 
im Mittelalter hart genannt wird, hat der Name 
nicht gemein. 

Herdonea, "Eodwrie«, bei den Gromatifern 
(p. 260) Ardana, Stadt in Apulien, nördlich von 
Ajculum, von Hannibal zerftört, der die Bewohner 
nad) Metapont verjeßte. Strab. 6, 282. Liv. 25, 21. 
27,1. 14. Doc bejtand der Ort noch in jpäterer 
Beit; j. Ordona. 

Herdonius, 1) Turnus Herd. aus Nricia, 
wiegelte die latinischen Anführer gegen Tarquinius 
Superbus auf und wurde auf deifen Anftiften er: 
mordet. Liv. 1,505. — 2) Uppius Herb., ein 
Sabiner, überfiel im X. 460 v. E, mit einer Schar 
römijcher Klienten, Verbannten und Sflaven plöß: 
lid) das Stapitol und bemächtigte fich desjelben, 
wurde aber von den Römern und einem ihnen zu 
Hülfe kommenden tuſculaniſchen Heere unter jei: 
nem Feinde %. Mamilius befiegt, gefangen genom: 
men und getötet. Liv. 3, 15 ff. 29. 

Hereditas j. Erbrecht, II. 

Herennii, jamnitischen Urjprungs: 1) €. Bon: 
tins Her., der Sieger von Caudium, 321 v. C. 


Herii — Hermeias. 


Liv. 9, 1. Cie. Cat. mar. 12. — 2) C. Her., ſprüchen und Rätſeln zu ſchmücken. 
E. | ohne dieje Beftimmung waren Hermen häufig auf: 


Triumvir bei einer Aderverteilung, 218 v. 
Lie. 21, 25. — 3) Ser. Baſſus, Senator zu 
Nola, verweigerte die Übergabe der Stadt an 
Hannibal, 215 v. E. Liv. 23,43. — 4) M. Octa: 
vius Her, trieb große Handelsgejchäfte und 
wurde einjt von Seeräubern überfallen, verteidigte 
fi” aber mutig gesen fie. Macrob. sat. 3,6. — 
5) M. Her, Konjul 93 v. C., mittelmäßiger 
Nedner. Cie. Brut. 45, 166. — 6) &. Her., ein 
angejehener Kaufmann, auf Berres’ Beichl in 
Syrakus hingerichtet. Cie. Verr. 5, 59, 1556. — 
7) €. Her., weigerte fih als Zeuge gegen €. 
Marius aufzutreten, da deſſen Familie eine lien: 
tin der feinigen wäre. Plut. Mar. 5. — 8) €. 
Her., im J. 80 v. E. Bolfstribun. — 9) €. 
Her., Legat des Sertorius, fiel in einer unglüd: 
lihen Schlacht bei Valentia gegen Pompejus im 
%. 750.6. Plut. Pomp. 18. — 10) C. Her., 
60 dv. E. Bolfstribun, Gönner des Clodius. Cie. 
ad Att. 1, 18, 4. 19, 5. — 11) €. Her., lebte 
zur Zeit Eiceros; ihm hat Cornificius (j. Corni- 
ficiı, 2.) die rhetoriea ad Herennium gewidmet. 
— 12) Her. Gallus, Scaujpieler, wurde von 
Cornelius Balbus zu Gades in den Ritterjtand er- 
hoben. Cie. ad fam. 10, 32. — Unter mehreren 
Männern diejes Namens aus der Kaiferzeit find 
am befannteften: 13) Her. Macer, beleidigte den 
Galigula und zog fich deshalb den Unwillen des: 
jelben zu. Sen. de const. 18. — 14) Her. Gallus, 
fiel als Yegat im Kampfe gegen Claudius Civilis. 
Tae. hist. 4, 70. 77. 15) Her. Senecio, 
aus Hispania Baetica, verfaßte eine freimütige 
Lebensbeichreibung des Helvidius Priſcus, weshalb 
Domitian ihn 93 n. E. hinrichten ließ. Zac, Agr. 
2. 45. Plin. ep. 4, 11. 7, 33. 16) Alius 
Florianus Her. Modeftinus, der lebte der 
älteren römischen Juriftenichule, Lehrer des Kaiſers 
Mariminns Thrar und Schüler des berühmten 
Ulpianus, lebte in der erjten Hälfte des 3. Jahrh. 
n. C. und war 244 praefectus vigilum,. Aus 
jeinen vielen Schriften, von melden wir feine 
mehr bejißen, find zahlreiche Auszüge in die 
Digeften übergegangen. 

Herii, urjprünglid) ein ſabelliſches Geſchlecht: 
1) Herius Potilius, vereitelte im J. 259 v. E. 
eine Berichtwörung der zum Flottendienft aus: 
gehobenen Samniten und Sklaven. Zonar. 8, 11. 
— 2) Her. Pettius, Senator in Nola im %. 
215 v0. E. Lir. 28, 43. 

Herillos, "Hogıllog, ein Stoifer aus Karthago, 
Schüler des Zenon, blühte um 260 v. C. Er 
erflärte für das höchjte Gut (reiog) das Wiſſen 
und Erkennen (dmiormun), nahm aber für bie 
Menge, die nicht nach der Weisheit ftrebe, noch 
ein anderes Gut (bmorelis) an, während er das, 
was zwifchen Tugend und Yafter in der Mitte 
liege, ald &dıdpogor bezeichnete. Cie. fin. 2, 13. 
4, 14.15. 5,25. tusc. 5,30. Diog. Laert. 7, 165 ff. 

Herilus j. Feronia. 

Hermae, £guei, hießen vieredige, unten ſchmä— 
fere, nad oben fich verbreiternde Pfeiler mit 
Phallus und Kopf. Sie hatten ihren Namen da: 
von, dab die Pelajger den Hermes ohne Hände 
und Füße bildeten. In Athen * Hipparch 
in der Mitte der Stadt Hermen ſetzen und mit 
Epigrammen verſehen laſſen. Daher entſtand die 


527 
Aber auch 


geſtellt. Sie bezeichnen wohl den älteſten Anfang 
der Bildhauerkunſt und kamen von Griechenland 
nach Italien, wo fie beſonders als Grenzicheiden 
(termini, statuae viales) gebraucht zu ſein ſchei— 
nen (vgl. Hermes, 4). Die Alten betrachten fie 
auch als ein Bild ftupider Unthätigkeit. Juren. 
8, 53. — Verjchieden find die fou«ie, Stein: 
haufen, die auf unbefannten Wegen dem Wanderer 
anzeigten, daß er fich von einer beftimmten Rich: 
tung nicht verloren habe. Der Borübergehende 
legte im Gefühl der Dankbarkeit feinen Stein 
hinzu. 

Hermaeum promunturfum, 'Eou«ior Aras, 
'Eguala nee, 1) Borgebirge auf der Südſeite 
der Inſel Kreta, die Südfpige der Weißen Berge 
(Leufei, j. Kap Plafa. — 2) Vorgebirge in Afrifa 
BZeugitana (bei den Römern Mereurii prom., Liv. 
29, 27), die nordöftlichite Spite des Meerbufens 
von Karthago, j. Kap Bon. Strab. 17, 832. 834. 
Pol. 1, 29. 36. — 3) Borgebirge öftlih von Pa— 
raitonion, am Heinen Katabathmos an der liby— 
ihen Küfte; j. Nas el:Nandis. — 4) Drt und 
Borgebirge am Thrakiſchen Bojporos (europäiiche 
Seite), wo Dareios eine Brüde jchlug. — 5) Vor: 
gebirge auf Lemmos. Aesch. Agam. 283. Soph. 
Phil. 1459. — 6) 'Egueiog Aöpog, Hügel auf 
Ithaka, hinter der Stadt, am Berge Neion. Hom. 
Od. 16, 471. 

Hermagöras, "Eouayöoas, 1) griechiſcher Rhe— 
tor, der im 1. Jahrh. dv. E. durch ein bejonderes 
Syitem der Rhetorif zu großem Anjehen gelangte 
und der Begründer einer bejonderen Schule, der 
Hermagorei, wurde (Cic. Brut. 76. 78. Plut. 
Pomp. 42). Ihm ift befonders die jcharfe Unter: 
iheidung der 4 ordosıs und überhaupt die Ent: 
widelung des rhetorischen Fachwerks zu verdanken 
(Cie, ine. 1, 11,16. Quint. 3, 6, 60). Cicero in 
den Büchern de inventione folgt einem Gewährs: 
manne, der fich wejentlih an Herm. angeſchloſſen 
hatte; auch der ſ. g. auctor ad Herennium (j. 
Cornifieii, 2.) hat ihn vielfach bemußt. - 
2) Ein jüngerer Rhetor d. N. lebte unter Augustus 
und Tiberins und war ein Schüler des Theodoros 
von Gadara. Quint. 3, 1,18. Eine Schrift des- 
jelben wegl mo@yuerınjg wird erwähnt. 

Hermaphroditos, "'Eouapoddırog, mehr cine 
Künftlerphantafie als ein Naturiymbol, wahrjchein- 
ih aus dem orientaliihen Dualismus hervor: 
gegangen; mythologiicher Sohn des Hermes und 
der Aphrodite, von Nymphen auf dem da er: 
zogen, als Knabe nach Karien gelommen, wo die 
Nymphe der Duelle Salmäfis, im der er fich 
badete, ” vergeblidy um Gegenliebe anflehte. Auf 
ihr an die Götter gerichtetes Tlehen um ewige 
Bereinigung mit ihm wurden ihre Leiber jo ver: 
bunden, daß ein Doppelweien, halb Mann, halb 
Weib, daraus wurde. Or. met. 4, 285 ff. 

Hermarchos, "Eou«gyos, aus Mytilene, Schüler’ 
des Epikuros und defjen Nachfolger in der Xei- 
tung der Schule. Seine Schriften lernen wir aus 
Diog. Laert. 10, 25 fennen. Einen Brief des 
Epikur am ihn hat Cicero (fin. 2, 30) erhalten. 
Vgl. Madvig zu Cie, fin. p. 308. 

Hermeias, Eousiag, 1) aus Kurion in Kypros, 
in unbeftimmter Zeit, ift Verf. von 5, von Athe— 


Sitte, in Paläften und Häujern Hermen mit Sinn: | naios (13, 563 d) uns erhaltenen, Choliamben, 


528 Hermes. 


in denen die Sceinheiligfeit der Stoifer ver | feine Spur von ihnen entdeden fan, und begibt 
jpottet wird. — 2) von Mtarneus, ſ. Aristo-|fich dann wieder in feine Windeln. Aber Apollon 
teles, ©. 139. entdedt den Dieb durch feine Weisjagung und 
Hermes, 'Eouns, 'Egusies, Mercurius, Sohn | führt ihn, da er leugnet, in den Olympos vor 
des Zeus und der Maia, einer Tochter des Atlas | Zeus, der ihm befichlt, die Rinder zurüdzugeben. 
(Hesiod. theog. 938), auf dem artadijchen Berge | Als aber Apollon den Hermes die Lyra, die er 
. aus der Schale einer 

Schildkröte" gemacht 
hat, spielen hört, 
Ichenft er ihm für 
das Inſtrument feine 
Rinder, die Hermes 
hinfort weidet; auch 
gibt er ihm den gol— 
denen dreiſproſſigen 
Stab des Glücks und 
des Reichtums und 
heißt ihn zu den 
Thrien, 3 geflügel: 
ten Jungfrauen auf 
dem Barnafjos, gehen, 
um don ihnen die nie— 
dere Weisjagung zu 
lernen, während er 
für ſich jelbit die höhere 
Weisjagung behält. 
Zeus aber macht ihn 
zu dem Serolde” der 
Götter, der zugleich 
auch das Amt hat, die 
Toten zum Hades zu 
führen. Hom. hymn. 
ın Merc. Diejer Hym⸗ 
nus hebt bejonders 
hervor, wie Hermes, 
der arladiiche Weide- 
gott, durch feine Lift 
und Gewandtheit zu 
jeiner Würde und 
hohen Stellung unter 
den Dlympiern ge 
langt, und wie er ſich 
- mit Apollon, mit dem 
- erurjprünglich manche 
Eigenſchaften gemein 
hatte, über den Kreis 
ihrer beiderjeitigen 
Wirkſamkeit ausein- 
anderjeßt. Die King: 
heit, Gewandtheit und 
das Anſtellige in allen 
Verhältniffen ift der 
Grundzug in dem 
Weſen des Hermes. 
Wegen dieſer Eigen— 
ſchaften iſt er auch ſeit 
Homer der Herold 
der Götter, der Eil— 
bote, der Vollführer 
von dem Willen des 
a. Zeus, der ausrichtende 

Bote, der durch feine 

Kyllene geboren (daher Avkirjvıog). Kaum ges | Seichiclichleit alles zu gutem Ende führt (dıdaro- 
boren, verläßt er die Windeln und die Höhle | E05, von dıdyo). Nirgends ift er, wie Jris, ein bloß 
jeiner Mutter und ftichlt 50 Winder von den | verfündender Bote. Durd) feine Fuge Lift befreit er 
Herden der Götter, welche Apollon in Bierien | Ares aus den Feſſeln der Aloaden, ſchützt Odyſſeus 
weidet; er weiß; fie jo gejchidt zu führen und in | gegen die Nänte der Kirle (Od. 10, 277 ff.), führt 
einer Höhle in Pylos zu verbergen, daß man | Priamos ins Zelt des Achilleus, tötet den Die Jo 








Hermesianax. 529 


bewachenden Argos (daher vielleicht der Beiname | andern Olympiern jeinen Platz nehmen mußte, 
Aoysıpovrng). Als der Bote des Zeus ift er auch | büßte er von feiner bisherigen Machtfülle ein und 
Führer der Träume, der Boten des Zeus, und | mußte fich zu der Stellung eines dem höchſten 
Schlafgeber, der mit jeinem Stabe die Augen | Weltordner und Regierer untergeordneten Dieners 


der Menſchen ſchließt und fie wieder zum Leben | bequemen; jedoch auch in diejer untergeordneten 


erwedt. 
Sclafengehen. Auch die übrigen Eigenjchaften des 
Hermes, durch die er bejonders dem Menichenge: 
ſchlechte als helfender und Glück und Wohlitand 
bringender Gott nahe fteht, beruhen auf der Einen 
Grundeigenſchaft desjelben, auf jeiner Gewandtheit 
und anftelligen Lift. Er ift der Gott mannig: 
faher Erfindungen, der Lyra und Spring, 
der Buchjtaben und HZahlen, des Gottesdienftes, 
des Olbaus u. j. w.; der Gott der Gymnaſtik 
(drayarıog), der Gott der gewandten, Mugen Nede 
(Aöyıog, Sacundus) und des Verlehrs, der durd) 























Lift und Trug, jelbft durch Diebftahl und Meineid | 


Deshalb jpendete man ihm vor dem | Stellung hatte er noch immer eine jehr mannig— 


faltige Wirkſamleit. — Der ältefte Sitz jeines 
Kultus war das pelajgiiche Arkadien, doc) wurde 
er ſchon frühzeitig in ganz Griechenland er 
Seine Bilder und Altäre ftanden an den Straßen 
und Wegen, an öffentlichen Plägen und am Ein: 
gang der Ningichulen. Dieſe Bildniffe waren 
meijtens bloße Säulen mit einem Hermestopf, die 
jog. Hermen oder Hermesfäulen (Eguai, |. Her- 
mae) Man opferte ihm am vierten Tage des 
Monats, und zwar Weihrauch, Honig, trodene 
eigen, Kuchen, ferner Schweine, Lämmer, Böd: 
lein, Widder, die Zunge der Opfertiere. Die Kunſt 
bildete ihn als kräftigen, ſchlanken Jüngling, mit 
ruhigen, einen feinen Verftand und freundliches 
Wohlwollen befundenden Zügen, mit Flügeln an 
den Sohlen (alipes) und einem flachen Neifehut 
mit breiter Krempe (mir«sog), an den man jpäter 
auc Flügel ſetzte. Er trägt in der Hand den 
goldenen Zauberſtab (rgımernlog Hdßdog) des 
Glücks und Segens, von defien 3 Sprofjen die 
beiden oberen zu einem Knoten verjchlungen find 
(Cadueifer), Man jah diefen Stab jchon früh- 
zeitig für einen Herolditab an. Hermes wird aud), 
obwohl jeltener, als Meiner Junge dargeftellt, mit 
dem Geldbeutel in der Hand, oder mit ge: 
bundenen Händen neben Apollon, in Bezug auf 


den Rinderdiebftahl. — Der Mercurius der 5 


Römer war urjprünglich ein Gott des Handels | 


und Gewinnes, deſſen Name mit merx, mercari 
zujammenhängt. Wegen dieſer Eigenichaft wurde 
er mit Hermes identifiziert und erhielt dann auch 
in der Folge die übrigen Eigenjchaften des grie- 
chiichen Gottes. Er wurde bejonders von 
den Kaufleuten verehrt. Dieje feierten ihm 
am 15. Mai ein Feſt, an dem fie Weihrauch 
5 opferten. An = Tage war im Jahre 

495 vd. C. jein erjter Tempel in der Nähe 
des Circus maximus geweiht worden, und 
das Kollegium der Kaufleute (mercuriales; 
ander Hor. od. 2, 17, 29, wo die Dichter 
Mercuriales viri heißen) geftiftet. Liv. 
2,21.27. Auch befand ſich vor dem Capeni— 
ihen Thore ein Altar des Gottes bei dem 
jog. Wafjer des Mercurius, wo die Kauf: 
leute opferten und ihre Waren mit Wafjer be: 


zum Wohlftand verhilft, wenn es nur mit einer | jprengten, um fie vor böſen Einflüffen zu ſchützen. 
ewiſſen Anmut und ag pe getrieben wird.) Or. fast. 5, 673. — Mbbildungen: a) Hermes 


Ferner ift er der Gott der Wege, der den Wan: 
derer geleitet (Hyeusrıog, Zwödıog) und jelbit das 
zufällige Glüd des Fundes (Fouaıor) gewährt; 
die Toten führt er hinab zum Hades (Yuromounög, 
Yozayoyos, Totenführer). Er ſchützt und mehrt 
die Herden, er ift Herden: und Weidegott. Der 
jegnende Gott verdient alfo mit Recht die Beinamen 
lorovrıog, endante, dorng Zdwr, yagıdsrns. Schon 
in vorhomerifcher, pelajgischer Zeit war er ein 
gewinn- und jegenbringender Gott der ausgedehn: 
teften Wirfjamfeit, ein Ordner und Füger, ein 
Bermittler im Natur: und Menjchenleben, deſſen 
Macht groß war im Himmel und auf Erden. 


mit dem Dionyjosfnaben auf dem Arme, Mar— 
morftatue, Originalwerk des Prariteles, 1877 in 
Olympia ausgegraben (mit den Ergänzungen von 
Schaper); b) Hermes, bei einer Sendung, die er 
im Fluge vollführt, auf einem Felſenſitz zu kurzer 
Raſt niedergelaflen, Bronzeftatue von Hereulaneum, 
eines der beiten uns erhaltenen Bilder des Gottes. 

Hermesiänax, "Eounsıivaf, aus Kolophon, 
elegiicher Dichter zur Zeit Aleranders des Gr. und 
jüngerer Freund des Philetas. Von jeinem aus 
3 Büchern bejtehenden, nach dem Mufter von Anti: 
machos’ Lyde gedichteten elegischen Werte Asovrıor, 
das von jeiner Geliebten den Namen trug und der 


Seit er aber in dem geordneten Götterſtaate des | erotifchen Elegie angehörte, find noch bei Athe- 
Olympos ſich unter Zeus ftellen und neben den | naios (13, 597) 98 Verſe aus dem dritten Buche 


Reallegiton des Mafl. Altertums. 7. Aufl. 


34 





nn m — — — — — 


530 Hermini — 


erhalten. Dieſes in ſachlicher und ſprachlicher 
Hinſicht manche Schwierigkeiten darbietende Bruch— 
ſtück erzählt in loſe anknüpfender heſiodeiſcher 
Form Liebesgeſchichten von Dichtern und Weiſen, 
die auf hiſtöriſche Wahrheit geringen Auſpruch 
machen können. Der Dichter verarbeitet, wie die 
fpäteren alerandriniichen Dichter, eine Fülle ge- 
lehrten mythologiſchen und hiſtoriſchen Stoffes 
und zeigt eine gewiſſe Leichtigkeit in der poetischen 
Erfindung und in Behandlung der bier und da 
affeftierten Sprache. „Der üble Zuftand des Tertes, 
eines der verborbenften Denkmäler der griechiichen 
Poeſie, verfümmerte den Genuß; langjam aber mit 
großer Anftrengung hat die Kritik dieje Blätter 
lesbar gemacht“ (Bernhardy). Ausgg. von ©. Her: 
mann (Opusc. Bd. IV.), Rigler und Art (1828). 
Abhandlung von Bergk (1844). 

Herminli. Aus diejer Familie werden ge: 
nannt: 1) T. Hermin. Mquilinus (Liv. 2, 10), 
welcher dem Horatius Cocles anfangs in Verteidi- 
gung der Tiberbrüde beiftand und auch jpäter im 
Kampfe gegen Borjenna Ruhm erntete. Im Jahre 
506 v. E. war er Konful; 10 Jahre jpäter fämpfte 
er als Legat heldenmütig gegen die Latiner in 
der Schladht am See Regillus (496) und tötete 
den feindlichen Feldherrn Mamilius, fiel aber 
darauf ſelbſt in der Schlacht. Liv. 2, 10. 20. — 
2) Zar Hermin. Aquilinus (Continiſanus), 
Konſul im Jahre 448 v. E. Liv. 3, 66. Des 
legteren Vorname, jowie andere Zeichen deuten 
darauf hin, daß Diele Familie aus Etrurien 
ftammte. (Val. Max.) de praen. 4. 

Herminius mons, rö 'Eoulvior Ögos, j. Sierra 
Eitrella, Gebirge Lufitaniens, beginnt im N. am 
Durius (Duero) und endigt in jüdwejtlicher Rich: 
tung jtreichend an der Mündung des Tagus. Caes. 
b. Alex. 48. Suet. Caes. 54. Dio Cass. 37, 52, 

Herminönes falſch Hermiones) werden die 
Bewohner des Inneren von Deutichland genannt, 
wahricheinlich die oberdeutſchen Bölfer bis zur 
Donangrenze (nach einem Stammbhelden Hermin, 
defien Name in Jrmin erhalten zu fein jcheint). 
Zu ihnen gehörten die Cherujfer, Chatten und 
Hermunduren (j. Germania). Tac. Germ. 3. 
Mela 3, 3. 

Hermiöne, Koutéri, 1) Stadt in der Land: 
ichaft Hermionia in Argolis am Fuße des Berges 
Pron und am Hermioneischen Meerbujen (der Inſel 
Hydrea gegenüber), meijt von Bewohnern dryopi— 
ſchen Stammes bewohnt, auch Koutbu genannt; 
j. Naftri. Als manche der bedeutenderen Städte 
Griechenlands durdy die Zeitverhältniſſe janfen, 
ftieg H., begünftigt durch feine ruhige, abgeichie: 
dene Lage, und trat dem Achatiichen Bunde bei. 
Pol. 2, 44. Pauſanias (2, 34) fand 9. mit jei- 
nen Tempeln und Merfwürdigfeiten noch wohl 
erhalten, darunter einen Tempel der chthonifchen 
Demeter auf dem Berge Pron. In der Nähe des 
Tempels war der Erdichlund, durch welchen He— 
rafles den Kerberos aus der Unterwelt herauf: 
gebracht haben jollte. Strab. 8, 373. — 2) Beiname 
der Demeter und der Berjephone in Syrafus. — 
3) Tochter des Menelaos und der Helena, vor 
Troja von dem Vater dem Neoptolemos zur Ehe 
veriprocdhen und nach der Rückkehr mit demjelben 
vermählt. Hom. Od. 4, 4ff. In nachhomeriſcher 
Sage war ſie vor dem Zuge gegen Troja dem 
Oreſtes verlobt worden, welcher von Neoptolemos 


Hermogenes. 


ihre Abtretung verlangte und, von demſelben zurück— 

ewieſen, die Delphier veranlafte, ihn zu ermorden, 
Kb aber die Hermione aus dem Haufe des 
Beleus entführte.e Zur. Androm. 890 ff. Oder: 
Hermione war während des trojanischen Krieges 
von ihrem Großvater Tyndareos dem Oreſtes ver— 
lobt oder vermählt worden; Neoptolemos aber, 
dem fie vor Troja verſprochen worden war, entreißt 
fie dem Oreſtes und wird deswegen von dieſem 
zu Delphoi ee Er Verg. A. 8, 327. Sie 
gebar dem Oreſtes den Tiſamenos. Paus. 1,83, 8. 
2, 18, 6. 

Hermippos, "Egumxos, 1) ein Dichter der 
alten Komödie in Athen, Sohn des Lyſis, Bruder 
des Komikers Myrtilos. Suidas gibt ihm 40 
Stüde, wir fennen nur 9 aus erhaltenen Titeln 
und Bruchjtüden, die in metrifcher und jpradhlicher 
Hinficht vortrefflich find. Ahr Inhalt war politisch 
und namentlich gegen Perikles und Aſpaſia, and) 
gegen Hyperbolos gerichtet. Auch Parodien (goo- 
Kopogo.) und daupor in archilochiicher Weile joll 
er gejchrieben haben. Sammlung der Fragmente 
im 2. Bande von Meinefes fragm. com. (iraec. 
(Ip. 138 ff. der Heinen Ausg.) und im 1. Bd. 
bon Kocks fragm. com. Att. p. 224 ff. — 2) An— 
hänger des Alerandriners Kallimachos, um 220 
v. E., gewöhnlid) der Smyrnaier und Beripatetifer 
genannt, verfahte ein größeres biographiiches Wert, 
Bio, worin er die 7 Weilen Griechenlands, den 
Pythagoras und jpätere Philojophen behandelte. 
Nur unbedeutende Fragmente find erhalten, ge— 
—— von Lozynsky (1832) und von Müller, 
ragm. hist. Graec. III p. 32 ff. — 3) aus Bery— 
tos, Schüler des Philon, jchrieb, wahricheinlich 
unter Hadrian und Trajan, wel rar dıangepar- 
rov !v nuıdele dovlor. . 

Hermodöros, "Eguödogos, 1) aus Salamis, 
baute den Marstempel im flaminiichen Eirfus zu 
Nom und die navalia gegen Ende des 2. Jahrh. 
v. C. Cie. de or. 1, 14, 62. — 2) aus Epheios; 
von jeinen Mitbürgern vertrieben, joll er den 
Decempirn bei der Redaktion des Landredts in 
den XII Tafeln Hülfe geleiftet haben und dafür 
mit einer Statue geehrt worden fein. Cic. tusc. 
5,36. Plin. 34, 5. Strab. 14, 642. 

Hermog&nes, "Eguoyzrns, 1) aus Tarjos, trat 
ihon im fünfzehnten Jahre in Rom unter M. 
Aurelius als Rhetor auf und erregte allgemeine 
Bewunderung; aber jchon im vierundzwanzigiten 
Jahre verlor er jeine Geiftesträfte, Harb indes 
erft im Greilenalter. Wir haben von ihm 5 rhe— 
toriſche Schriften, unter dem Namen rigen en- 
zog) zufammengefaßt: 1) neel ardsswr, in 
feinem acdtzehnten Jahre geichrieben, über die 
Ausmittelung der bei bürgerlichen Streitigkeiten 
bejonders in Betracht fommenden Punkte; 2) wei 
sbofceor, Anweilung zum Entwerfen von Neden; 
3) meol löenr, Über die Nedeformen, mit Bei- 
fpielen aus Rednern, Dichtern und Philojophen; 
4) megl uehödon Öerwörnrog, Über die zwedmähige 
Anwendung der in der vorigen Schrift gegebenen 
Anweiſungen; 5) meoyvurdeuare, rhetoriiche Bor: 
übungen, überjept von Priſeian. Abgedrudt in 
den Khetores Graeei von Walz, Bd. 1, von L. 
Spengel, Bd. 2. — 2) Tigellius Herm., ein 
Mufiter zur Zeit des Auguftus, Gegner des Horaz. 
Hor. sat. 1, 3, 129. 9, 25. 10, 80. 90. Er i 
zu unterjcheiden von dem Sänger Tigellins aus 


Hermokrates — Herodianos. 


Sardinien (Sardus Tigellius, Hor. sat, 1, 2, 3. 
3, 3), deſſen Mdoptivjohn er geweſen jein joll. 


' 


531 


Hermupdlis, "Eguovrokıs, Stadt des Hernies, 
d. h. des Thot, 1) 7) meydin, ägyptiſch Chmun, 


Hermokrätes, 'Eouoxgdrns, Sohn des Her: |j. Aichmunen, bedeutende Nomoshauptitadt an der 


mon, ein patriotifcher und friegstüchtiger Syra- 
fufier (Thuc. 6, 72), vereitelte den erſten Angriffs: 
verfuch der von den Leontinern herbeigerufenen 
Athener, indem er unter den ficiliichen Städten in 
Gela einen allgemeinen Frieden zuftande brachte, 
im %. 424 v. ‘ Thuc. 4, 58 ff. Als die Athener, 
von den Segeſtanern gerufen, zum zweitenmal 
heranzogen und jchon bei Rhegion lagen, forderte 
er die Syrafufier vergebend zu Berteidigungs: 
anftalten auf, der Demagog Athenagoras trat ihm 
entgegen (Thuc. 6, 32 ff.); erjt als die Gefahr 
wirklich hereinbradh, fanden jeine Ratichläge An- 
Hang (415), Er wurde zum Feldherrn ermwählt, 
juchte Hülfe in Korinth und Sparta und leitete 
den Krieg gegen die Athener. T’huc.6,72.7,21.73. 
Plut. Nie. 21.26. Er zog dann (412) mit einer 
jieilifchen Flotte den Spartanern zu Hülfe, nahm 
rühmlichen Anteil an mehreren Schlachten, wurde 
aber 410 auf Antrieb des Diofles als NAriftofrat 
verbannt. Thuc. 8, 85. Anfangs trug er die Ver: 
bannung mit Ergebenheit, bald aber führte ihn 
Sehnſucht nad der Heimat nad Sicilten zurüd; 
er jammelte Mannjchaft zu Unternehmungen gegen 
die Karthager, und als er dadurd das Volk für 
fih gewonnen, gelang es ihm den Diofles zu 
ftürzen (409); allein er jelbjt wurde nicht zurück— 
gerufen. Da zog er mit 3000 Streitern heran; 
zu fühn begab er fich mit geringer Mannjchaft 
in die Stadt und wurde erichlagen (408). Xen. 
Hell. 1, 1, 27 ff. Diod. Sie. 13, 63. 75. Geine 
Tochter wurde vermählt mit Dionyſios dem älteren, 
deſſen Bater ebenfalld Hermokrates hieß. Gute 
Monographie von Riedel (1878). 

Hermon, "Eouwr, der füdlichjte und höchite 
(2650 m) Teil des Antilibanon, meiſt mit-Schnee be: 
En Nordgrenze von Baläftina, j. Dichebel eich: 
Schekh. 

Hermonthis, "Eouordtig, ägyytiſch j. Erment, 
oberägyptiſche Nomoshauptſtadt, 1 Meile oberhalb 
von Thebai, linfs vom Nil, in der jpäteren Kaiſer— 
zeit Standort der legio secunda Valentiniana. 
Strab. 17, 817. 

Hermos, "Eguos, Fluß Kleinafiens, entipringt 
auf dem Gebirge Dindymos in Phrygien, fließt in 
jehr gefrümmtem, erſt jüd-, dann nordweſtlichem 
Laufe durch die Indische Ebene (wo ſich rechts der 
Hyllos und Lykos, lints der Kogamos und der 
Paktolos unterhalb Sardes in ihn ergiehen) und 
mündet durch das "Epuov edler in den nad ihm 
genannten Hermaiischen Bujen, den Meerbuien von 
Smyrna. Der jegige Name ift Ghedizstichai. Hat. 
1, 80. Strab. 12, 554. 13, 626 u. d. Arr. 1, 17,4 
5,6, 4. 

Hermundüri, 'Eguonröongo:, "Epuördognı, 
d. h. die mächtigen, großen Duren, woraus der 
Landesname Duringen, Thüringen, entitand, ein 
großes und mächtiges Volk Germaniens, nördlich 
von den Sudeten, öftlich von den Chatten, nord: 
öftlih von den agri Decumates wohnend, im 
lüdlichften Teil des heutigen Thüringens, in Fran— 
fen und dem füdweftlichen Teile des Königreichs 
Sachſen. Sie gehörten zu den Sueben, mit welchen 
die Römer (unter Cäſar und Auguft) zuerft be- 
fannt wurden. Vell. Pat.2, 106. Teac. ann. 2, 63. 
12, 29. 30, Strab. 7, 290. 


Südgrenze von Mittelägypten, lints vom Mil, 
Antinoe gegenüber; am Anfang des Joſephkanals, 
deshalb mit einem Zollamt für die den Nil herab- 
fommenden Waren. Hdt. 2, 67. Strab, 17, 8127. 
— 2) 7 wınod, Tema:en-der, j. Damanhur, Stadt 
am kanobiſchen Nilarm, wejtlich von Sais. Strab. 
17, 802 f. 

Herniei, 'Egvixo/, Heine Völlerſchaft jabini- 
ſchen Stammes (nad) Feſtus von herna, der Fels, 
genannt), nördlich vom Fluß Trerus, traten 486 
v. C. dem Latinijchen Bunde (wahricheinlich mit 
16 Städten) bei (Zar. 2, 41) und wurden daher 
zu Latium gerechnet. Nach wiederholten Kriegen 
wurden fie 306 bejiegt, behielten aber ihre Geſetze. 
Liv. 9, 425. Ihre Hauptjtadt war Anagnia 
(ſ. d.); andere Städte: Frufino, Ferentinum, Ve: 
rulä und Nlatrium. 

Hero j. Leander. 

Herödes, "Howöns, Name mehrerer jüdiſchen 
Fürften, 1) 9. der Grohe, Sohn des von Gäjar 
gum Profurator Paläftinas ernannten Idumäers 
Antipatros, 41 dv. E. Tetrarch, 40-4 v. E. König 
von Judäa (Baläftina) durch Bejeitigung der Mak— 
fabäer, regierte Hug und energijch, aber tyranniſch. 
— Bon jeinen Nachkommen find zu nennen: 2) ein 
Sohn, H. Antipas (MAntipatros), Tetrarh von 
Galiläa und Peräa jeit 4 v. E., verheiratet zuerit 
mit einer Tochter des Nabatäerfönigs Aretas, dann 
mit jeiner Nichte Herodias, 39 n. E. abgejegt. — 
3) 9. Agrippa J., Bruder der Herodias, Sohn 
eines Mriftobulos, 37 n. E. Tetrarch über das 
nördliche Paläftina, 41 König über das ganze 
Reich jeines Großvaters, geit. 44. — 4) deſſen 
Sohn, 9. Agrippa II, jeıt 50 König über Teile 
von Nordpaläftina, Bruder von Berenife und 
Drufilla, geftorben 100. Strab. 16, 765. Tac. hist. 
2, 81. 5, 1. 9. 11. ann. 12, 23. 18,7. 

Herödes Atticus j. Atticus. 2, 

Herodiänos, '"Howdıarog, 1) der Geſchicht— 
jchreiber, — unter Marcus Aurelius, 
um 170 n. @., geboren und um 240 gejtorben. 
Bon feinen Lebensverhältniffen ift wenig bekannt. 
Er jcheint von Geburt ein Grieche aus Syrien 
gewejen zu jein, aber in Nom gelebt oder doc) 
längere Zeit ſich dort aufgehalten zu haben; nad) 
einer (freilich unficheren) Vermutung Borgheiis ift 
er failerlicher PBrofurator und Legat in Sicilien 
gewejen. Seine noch vorhandene römische Kaijer- 
geſchichte, r)g wer& Migror Paoılelag lorogiaı 
in 8 Büchern, ftellt die Ereignifje jeit dem Ende 
der MNegierung des Marc Aurel von Kommodus 
an bis auf Sordian III. (180 — 238) dar und 
liefert getreu und wahr von diejer durch eine Fülle 
der mannigfachiten Begebenheiten denfwürdigen 
Beit ein anziehendes und ergreifendes Bild, wenn 
er auch manches einzelne, auf die Staatsverhältnifie 
Bezügliche, was wir jeßt ungern miffen, die Mus: 
dehnung des römijchen Bürgerrechts unter Cara- 
calla und das Umfichgreifen des Chriftentums, 
überging, auch mehrmalige Verſtöße gegen die 
Chronologie und geographiiche Irrtümer ſich zu 
ichulden fommen ließ. Benugt ift jein Werf von 
den Scriptores historiae Augustae, Ammianus 
Marcellinus und Zofimos. In der neuejten Zeit 
hat man verjucht, jeinen Wert als Geſchichtsquelle 

34* 


532 


ſehr herabzuſetzen, und dabei vergeflen, daß er 
uns mancherlet überliefert hat, worüber uns Caſſius 
Div im unklaren läßt. Seine Sprache hat hier 
und da Yatinismen, ijt aber frei von der geſuch— 
ten und gefünftelten, in einem übertriebenen Atti- 
cismus jich gefallenden Schreibweije feiner Zeit: 
genoffen. Spuren einer Nachahmung der älteren 
Klaſſiker, bejonders des Thufydides, nd mehrfach 
zu bemerfen. Latein. UÜberj. von Ang. Politianus 
(1493); Ausgaben von Irmiſch (1787 — 1805 in 
5 Bdd.), F. A. Wolf (1792), Weber (1816), Yange 
(1824), 3. Belfer (1826 und nochmals 1855) und 
Mendelsjohn (1883; befter Tert). Vgl. Sievers, über 
das Sejchichtswerf des H. im Philologus, Bd. 26, 
19-43, 243 — 270. Bd. 31, 631 — 666 und die 
Unterjuchungen der Schweizer in Büdingers Unteri. 
zur röm. Kaiſergeſch, Bd. 1 und 3. Abhandlung 
von Boldmanı (1859). — Verſchieden von diejem 
und der Zeit nach etwas früher ift 2) 9. der 
Srammatifer, 6 reyvındg, mit dem Beinamen 
Alius, den er wahricheinlich in Nom bei feiner 
Aufnahme als römilcher Bürger erhielt. Er war 
in Alerandreia geboren, der Sohn des Apollo: 
nios Dyſkolos, und kam wahrjcheinlih unter Marc 
Aurel nach Rom. Bon jeiner umfangreichen jchrift- 
ftelleriichen Thätigfeit find uns zahlreiche Bruch: 
ftüde erhalten, die nad) den Vorarbeiten von Lehrs 
(1848) und Mor. Schmidt (1860) mit großem 
Fleiß gefammelt und gründlich erflärt hat W. Yen: 
Herodiani reliquiae (1867-69, 2 Bbdb.). Er be: 
handelte in 21 Büchern egl nadolın)g moocw- 
das, feinem Hauptwerfe, die ganze Accentlehre 
und die Lehre von Quantität und Eiritus. 

Herodikos, "Hoodırog, 1) aus Selymbria, ge: 
lehrter Arzt, hat zuerit die bei der Gymnaſtik 
zu beobachtenden Gejundheitsregeln behandelt. Er 
wird Lehrer des Hippofrates genannt. — 2) aus 
Babylon, ein Grammatifer aus der Zeit vor Di— 
dymos, don deſſen Schriften bei Athenaios ge: 
nannt find zwumdovuere, abuumre Ibrourrjwere 
und moüg ror Piiloowagarv. 

Herodöros, 'Iloödweog, aus Herafleia am 
Pontos, jebt nachgewiejen als ein dem Herodot 
vorausgegangener Gejchichtichreiber um 500 v. E., 
alſo einer der ſ. g. Logographen. Aristot. h. a. 
6,5. 9, 12. Plut. Thes. 26. Er verfahte r& xa#’ 
"Hoarıka in wenigjtens 17 Büchern, * Zweifel 
eine Hauptſammlung der herakleiſchen Sagen, und 
A0yorcuriuci. Sammlung der erhaltenen Bruch: 
jtüde von Müller, fragm. hist. Graec. II p. 27 ff. 
— Ein gleihnamiger Grammatifer aus der Zeit 
des Laligula wird in Anführungen der Späteren 
zuweilen mit ihm verwechjelt. 

Herodötos, "Hoddorog. Unter allen, welche in 
der griechifchen Litteraturgejchichte diefen Namen 
führen, ift der berühmtejte der befannte Gejchicht- 
ichreiber, der Bater der Geſchichte genannt 
(Cie, legqg. 1,1, 5). Seine näheren Yebensverhält- 
niffe find wenig befannt und zum Teil jagenhaft. 
Er war geboren zu Halifarnafjos in Karien zwi— 
ichen 490—480 v. E. und gehörte durch jeine Ab— 
ftammung einer der angejehenen Familien diejer 
Stadt an. Sein Vater wird Lyras genannt, feine 
Mutter Dryo oder Nhoio, jein Bruder Theodoros; 
unter jeinen Verwandten findet ſich auch der epiiche 
Dichter Panyaſis, welcher durch Lygdamis, den 
Tyrannen jeiner Vaterſtadt, das Yeben verlor. 
Über die Jugendbildung des H. fehlen uns alle 








Herodikos — Herodotos. 


Nachrichten. Daß er mit dem Studium der älteren 
Dichter, namentlich des Homer, begonnen, über: 
haupt eine genaue Kenntnis der griechiichen Dichter 
beſeſſen bat, fich dann die Kenntnis der Periegeten 
und Logographen angeeignet haben mag, it aus 
verichiedenen Gründen mehr als wahrſcheinlich, 
obſchon Dahlmanı zu erweijen verjucht hat, daß 
er außer SDelataios feinen Logographen benußt 
habe. Auch jeine Reiſeluſt ſcheint jchon frühe er: 
wacht zu fein, die durch den Aufenthalt in einer 
durch Handel blühenden Seejtadt leicht erregt wer: 
den fonnte, wenn nicht vielleicht politiiche Rück— 
fihten hier mitwirften. Nach einer Notiz bei 
Suidas hätte nämlich der Tyrann Lygdamis den 
9. zu einer Auswanderung nach Samos genötigt, 
wo er jein Werf ausgearbeitet habe; von da jei 
er wieder nach Halifarnafjos zurüdgefehrt, habe 
zur Vertreibung des Lygdamis mitgewirkt und jei 
dann, von feinen Mitbürgern mit Neid und Miß— 
gunft verfolgt, nad) Thurioi in Italien aus: 
gewandert. In diefer Nachricht ift wohl ver: 
ichiedenes durcheinander getvorfen. Jedesfalls aber 
fallen in die Zeit feiner Jugend die ausgedehnten 
See: und Landreifen (wahricheinlich 6), welche er 
nach Aſien und Afrika, zunächſt nad Ägypten, 
unternahm, ferner nach den Inſeln, Küſtenſtrecken 
und Seehäfen von Kleinaſien und Griechenland. 
Bol. Hermes, Bd. 6 ©. 392 — 486. Eine Über: 
fiedelung von Samos nad) dem Feitlande, zunächit 
wohl nach Athen, von wo aus er jpäter nad 
Stalien zog, mag ihn auch mit dem Innern 
Sriechenlands innerhalb und außerhalb des Pelo— 
ponnes befannt gemacht haben; auch in dem jüd- 
lihen Italien und Sicilien jcheint er umbergereift 
zu jein. Er gedenft in feinem Geichichtswerte 
öfter diefer Reifen und beruft fich zur Bekräftigung 
jeiner Erzählung auf das an Ort und Stelle jelbit 
Geſehene oder Gehörte, doch gewöhnlich mur ge: 
legentlich, jo daß die folge der einzelnen Reifen 
und die Zeit des Aufenthalts in den einzelnen Orten 
genau zu beftimmen nicht möglich ift. Sie waren 
aber ohne Zweifel jehr ausgedehnt und erjtredten 
fich faft über alle, den Hellenen nur einigermaßen 
ugänglihen Orte. Einen Hauptpunkt in den: 
Fetben bildet das Wunderland Agupten, das er 
bis zu den äuferften Grenzen im Süden durch— 
wandert, genau beobachtet und getreu geichildert 
hat. Vor dem 3. 456 ſcheint H. von jeinen fer: 
nen Wanderungen nach Griechenland, nadı Samos 
oder Athen, zurückgekehrt zu fein, beichäftigt, das 
gejammelte Material zu dem Werfe zu verarbei- 
ten, welches wir noch bejißen, wenn es auch 
damals noch nicht in der Geftalt, wie es jept 
vorliegt, und bis zu dem Ende zuftande gefom- 
men H. Jedesfalls find aber einzelne Teile des 
Ganzen, namentlich die, welche Ajien und den 
Orient angehen, in jener Periode ausgearbeitet 
Kirchhoff hat die Anficht aufgeftellt, daß H. dei 
erften Teil bis 3, 119 bereits 445—443 in Athen 
geichrieben habe) und im die vorliegende Form 
gebracht worden. Wuch scheint er bei jeinen 
Wanderungen durd; das hellenische Mutterland 
den zeitweiligen Aufenthalt an bedeutenden Orten 
dazu benutzt zu haben, einzelne von ihm aus: 
arbeitete Abjchnitte und Teile einem Kreiſe, der 
ih um ihn gejammelt hatte, öffentlich vorzuleſen. 
Eine fotdee —*2 ſoll bei den olympiſchen 
Feſtſpielen vor den verſammelten Hellenen ſtatt— 


Herodotos. 


gefunden haben; eine Erzählung, die, obgleich aus: 
geſchmückt, doch darum in ihrem eigentlichen Kerne 
als eine Thatſache beftchen kann. Noch andere 
Borlefungen werden von alten Schriftftellern er: 
wähnt; ſo eine zu Athen, eine andere zu Korinth 
und eine dritte zu Theben. Für die Vorlejung 
in Atben joll er nach Plutarch auf Antrag des 
Staatsmannes Anytos eine Belohnung von 10 Ta: 
lenten aus der Staatskaſſe erhalten haben. Einer 
ſolchen Vorleſung joll Thulydides als Knabe bei- 
gewohnt haben und jo ergriffen worden jein, daß 
er Thränen vergofien und den Entichluß gefaßt 
habe, ſich ebenfalls der Gejchichtichreibung zu wid: 
men. Auf einen längeren Aufenthalt des 9. in 
Athen läßt der Umftand ichließen, daß er an dem 
Zuge teilnahm, der von dort aus im J. 444 nad) 
Italien abging, um Thurioi zu gründen. Auf 
alle Fälle hat er in Thurioi ſich längere Zeit auf: 
gehalten, fich auch dort unabläijlig mit der Aus— 
führung jeiner Gejchichte bejchäftigt. Im Herbſt 
431 fehrte er nach Athen zurüd und förderte hier 
das Wert; dann jcheinen politifche Verhältniffe 
einen hemmenden Einfluß geübt zu haben. 429/28 
gedieh die Arbeit bis zu dem Anfang des neunten 
Buches, deſſen Reſte wohl 428 fertig wurden, 
ſchließlich blieb fie ganz liegen. „Das ganze groß: 
artig angelegte Werk blieb ein Torſo.“ Gejtorben 
ift er um 424. Die neuefte Behandlung der Frage 
iit die von Bauer (die Entſtehnng des herodotiichen 
Geſchichtswerks, 1878; Herodots Biographie, 1878), 
der mehr jcharflinnig als überzeugend zu beweilen 
verjucht, daß Herodot zu verichiedenen Zeiten eine 
Anzahl von unabhängigen Aoyoı gejchrieben und 
dieje jchliehlich teils in Thurioi teils im Athen zu 
einem zufammenhängenden Werte redigiert habe, 
wobei jedoch zahlreihe Spuren der eriten Redak— 
tion zurücdgeblieben feien., Zu den älteften Be: 
ftandteilen des Werfes gehöre die Gejchichte des 
Kerreszuges, zu den fpäteften die Schilderung 
Agyptens. Sol Kirchhoff, die Entſtehungszeit des 
herod. Geſchichtswerls (2. Aufl. 1878), und Hachez, 
de Herodoti itineribus et scriptis, der für die 
Abfaffung fogar 6 verfchiedene Zeiträume au— 
nimmt. — Das Gejchichtswerf des H. in 9 Bücher, 
jedes mit dem Namen einer Mufe bezeichnet, von 
alerandriniichen Kritifern abgeteilt, iſt die erjte 
bedeutende Ericheinung der Geſchichtſchreibung, die 
wir fennen. 9. hat nicht mehr, wie die ſogenann— 
ten Logographen (j. d.), die Geſchichte einer Stadt 
oder eines Stammes geichrieben, jondern viele 
verjchiedene Thaten aus Europa und Afien in eine 
— —— hiſtoriſche Darſtellung gebracht. 
r beginnt bei den Königen der Lyder und geht 
bis auf die Perferkriege; er umfaßt alle hervor: 
ragenden Thaten, welche in diefen 240 Jahren von 
Hellenen und Barbaren vollbracht find. So charaf: 
terifiert ihn Dionys von Halikarnaſſos. Gegen: 
ftand und Anhalt machen das Werk zu einem 
wahrhaft nationalen. Denn e3 joll zunächſt dar- 
ftellen den Kampf zwiſchen Europa und Aſien, 
dejien letzter Alt die in den Werjerfriegen er: 
rungene freiheit Griechenlands ift. Diele Auf: 
abe bildet den Mittelpunft des in fo viele Epi- 
En und Digrejfionen ausjchweifenden Wertes, 
in welches der Verfaſſer zugleich alles mit auf: 
genommen hat, was er auf jeinen Wanderungen 
über die Zuſtände der verichiedenen Länder und 
Gegenden, über deren Geichichte und Merkwürdig— 


533 


feiten zu erfahren imftande geweſen ift. Auf dieje 
Weiſe liegt dem ganzen Werfe eine innere Ein: 
heit zu Grunde, die man gewiffermafen als eine 
epijche bezeichnen kann, welche an die Zeit er- 
innert, in welcher die ungebundene Rede der Proja 
aus der epijchen Ausdrucksweiſe hervorgegangen 
ift. Daneben aber ift nicht minder eine religidje 
Anfiht (. 8. Hoffmeifter, die religiöje Weltan- 
ichauung des Herodot, 1832) bemerkbar, die ebenjo 
jehr den Kern des Ganzen bildet und 9. von 
allen späteren SHiftorifern Griechenlands unter: 
icheidet. Es ift dies der Glaube an eine über: 
finnlihe Ordnung der Dinge, die, aufer der 
Natur und dem Menjchen liegend, einem jeden feine 
Beitimmung angewieſen und eine beftimmte Grenze 
gejeßt hat, die er nicht überjchreiten fann, ohne 
dDieje ewige Ordnung der Dinge zu ftören und 
dadurch fich jelbit ins Unglüd zu ftürzen. Dieje 
ewige Ordnung ericheint ihm als die Gerechtig— 
feit (vEuecıg), die alles im Gleichgewichte erhält, 
jedem das Seine zuweiſt und jeden innerhalb der 
gejepten Schranken hält. So wird die Gottheit 
(td @cior) zu einer Berwalterin der jittlihen Welt: 
ordnung. In diefem Sinne hat man es auch auf: 
zunehmen, wenn 9. von einem Neide (piorog) 
der Gottheit fpricht und dieſe als ein neid- 
erfülltes Wejen bezeichnet. Einen Fortſchritt 
gegen die Vorgänger bezeichnet auch die von 9. 
angewendete Kritif, indem er aus den verichiede- 
nen Berichten den zuverläffigften hervorhebt oder 
wenigjtens dem Leſer die Enticheidung überläßt. 
AS feine Quellen nennt er Öpıs, yraun und 
iron. Das Wert, im ionifchen Dialekte gejchrie- 
ben, umfaßt einen Zeitraum von etwa 300 Jahren, 
von den Zeiten des Königs Gyges an bis auf 
die Schlacht bei Mykale, 479 v. ©: die Gejchichte 
der Perierfriege ift am ausführlichiten behandelt. 
Man hat bisweilen die Glaubhaftigfeit des 9. in 
Zweifel gezogen, allein mit Abficht hat er gewiß; 
nie täuschen wollen. Allerdings bilden den Grund— 
ftod feiner Erzählungen über den Orient ausführ: 
liche Geſchichten jagenhaften Charakters, die teils 
dem Boltsmunde entnommen, teils jehr deutlich 
von griechiicher Spekulation und Kombination be: 
einflußt find. Auch feine Chronologie ift nicht 
immer zuverläffig. Aber er hat uns manche wich: 
tige authentiiche Nachricht erhalten und ift im 
jenen auf Autopfie beruhenden Angaben gewiß 
laubwürdig. Wo er Faliches und Ungenaues 
agt, ift er jelbit im Irrtum gemwejen und falich 
berichtet worden, und vieles, was man chedem 
—* Fabel hielt, haben neuere und genaue Unter— 
uchungen der Reiſenden als richtig befunden. Val. 
F. E. Dahlmann, Herodot, aus I Buche j. Leben 
(1823). — Ausgg. von H. Stephanus (1570 und 
1592), Baldenaer und Wefjeling (1763), Schweig- 
häufer, mit einem lexicon Herodoteum (1816), 
Bähr (2. Aufl. 1856 ff., die Hauptausgabe für die 
jachlihe Erklärung), H. Stein (186971). Schul: 
ausgg. von Krüger (1855 ff., einige Hefte in 2. Aufl.), 
Abicht (3. Aufl. 1874— 82; 1. Bd. 4. Aufl. 1884) 
und Stein (5. Aufl. 1883 ff). Tertausgg. von 
Stallbaum, Matthiä, 3. Bekker, Dietich (2. Aufl. 
1884), Balm, Abicht, Stein (1884), Holder (2 Bbdd. 
1886 ff.). Lateiniſche Überjeßung von Lor. Valla, 
deutiche von Lange (2. Aufl. 1824), von Stein 
(1875) u. a., engliiche mit gelehrtem Kommentar 
von Rawlinſon (1858 ff.). — Außer dem SHiftorifer 


534 


werden noch erwähnt: 1) ein von Pindar in der 
erjten iſthmiſchen Ode gepriefener Sieger aus The: 
ben; — 2) ein olympijcher * „von Pauſanias 
(6, 19) genannt; — 3) ein Bildhauer, Zeitgenoſſe 
des Prariteles; — 4) ein gelehrter Arzt aus Tar: 
fo8, Lehrer des S Empiricus; — 5) ein 
unter Hadrian in Rom lebender Arzt, welcher in 
großem Anfehen ftand. 
eron, "Hgwor, ein in den mathematiſch— 
mechanischen Wiffenichaften ausgezeichneter Aleran- 
driner um die Mitte des 3. Sabrhunderts v. C. 
unter Ptolemaios Philadelphos und Ptol. Euer: 
geteh, von dem wir mur noch einige Schriften 
efigen, wie die mrevuarınd d. i. von den Drud- 
werfen, zeol wbroueroromtrör d. i. bon der 
Verfertigung der Automate u. a. Andere auf die 
Mechanik und Optik bezüglihe Schriften find 
verloren. Ausgabe von —3304 (1864). — Ein 
weiter Mathematiker diejes Namens, Lehrer des 
roflos, fällt in das 5. Jahrhundert n. E.; ein 
dritter erjt in das 7., ja vielleicht noch fpäter. 

Heroopölis, ‘'Hooo» zölıs, Bitum oder Thufu 
(im 9. T. Pithom oder Suftoth), j. Tell el-Mas: 
chuta, Stadt in Unterägupten, im öftlichen Teil 
des Wadi Tumilat, nicht weit von der Einmün— 
dung des Trajansfanals in den Timjahjee. Nach 
H. dig der weſtliche Arm des Arabiſchen Meer— 
buſens, der übrigens damals weiter nach N. reichte, 
sinus Heroopoliticus (j. Golf von Suez). Die 
Landſchaft Gojen (mit der Stadt Koſem, Daxovee, 
j. Fafus), in welcher fich die Niraeliten 400 Jahre 
aufhielten, lag zwiſchen H, Tanis und Bubaftis. 
Strab. 16, 759. 767. 17, 803 ff. Arr. 3, 5, 4. 
7, 20, 8. 

Herophilos, "Hoögpılos, ein ausgezeichneter 

riechifcher Arzt aus Chalkedon in Bithynien, 

Schüler des Praragoras von Kos, Anhänger des 
Hippofrates, defien Schriften er fommentierte, lebte 
zu Mlerandreia unter Alexander dem Gr. und den 
erften Ptolemaiern. Er erwarb fih um die Ana: 
tomie jehr große Berdienfte, hatte ungemein viele 
Schüler und fchrieb über verichiedene Zweige der 
Medizin, wovon und manches durch Galen u. a. 
befannt iſt, ſonſt jedoch nur Bruchjtüde A uns 
gefommen find. Er gab viel auf die Erfahrung 
und ftellte zuerft eine Pulslehre auf; die empi- 
riſche Schule wurde aber erft von einigen jeiner 
Schüler gegründet. 

Heros, Joos, der Held. Der Grieche verftand 
unter den Hercen, den Helden der Vorzeit, Ideal— 
bilder menschlicher Kraft und ritterlicher Geſin— 
nung; fie waren ihm die Repräjentanten des Bolfes 
aus alter Zeit, die Vermittler zwijchen dem Bolt 
und feinen Göttern, welche, von den Göttern ent- 
iproffen, die Wohlthäter ihres Geſchlechts, die 
Gründer ihrer Städte und Staaten und der ge: 
ſetzlichen Ordnung waren und wegen ihrer gött- 
lihen Abſtammung und ihrer Großthaten nach 
dem Tode von den Göttern ein vor den gewöhn— 
lihen Sterblidyen ausgezeichnetes Los und don 
den Menichen Verehrung erlangten. Die Herven 
find weder rein hiftorisch al3 gewöhnliche Menichen, 
noch rein ſymboliſch als blohe Begriffe zu fallen; 
es jind Idealmenſchen, von der poetifierenden Sage 
der AZufälligfeit und Beſchränktheit des gewöhn— 
lichen Lebens enthoben und zu plaftiich jchönen 
Andividualitäten verflärt. Manche von ihnen find 
bloße Gebilde der Phantafie ohne hiſtoriſche Grund: 


Heron — Herostratos. 


lage, wie bejonders die jog. arlsraı oder olxıorad, 
Stifter und Ahnherren von Städten, von Junungen 
(3. B. Byzas, Gründer von Byzanz, Daidalos); 
andere mögen wirklich) hiſtoriſche — ſein, 
aber durch die Sagen den Schranken der hiſtoriſchen 
Welt entrückt, wie die meiſten trojaniſchen Helden; 
wieder andere ſind aus Göttern Heroen geworden, 
wie Trophonios, oder repräjentieren wenigitens 
als verjelbftändigte Perſonen eine Seite irgend 
eines Gottes. Bei Homer ift faft nur von Herven 
die Rede; jeder ritterliche, ehrenhafte, freie Mann 
hat bei ihm den Namen Heros (()d.2, 15. 8, 483. 
Tl. 2, 110); bejonders aber heißen jo die Fürften 
und Mitglieder der edlen Gejchlechter, welche ihren 
Urjprung von irgend einem Gotte ableiten (dio- 
yervsig, entgegengejeht den dr£geg drjuonv); fie find 
nur durch größere örperfraft den übrigen Menichen 
überlegen; nur einzelne von ihnen, Lieblinge der 
Götter, wie Menelaos und Rhadamanthys, find 
dem Tode überhoben und gehen lebendigen Leibes 
u feligem Leben ins Elyfion ein. Bon göttliher 
erehrung aber finden jich erft bei Sehlod und 
ben folgenden Epitern Spuren. Heſiod (opp. et 
dd. 156 ff.) nennt zuerjt die Heroen Halbgötter 
(nuldeoı, Homer nur II. 12, 23), jenes Gejchlecht 
der Kämpfer vor Theben und Troja, ausgezeichnet 
durch Gerechtigteit, Stärke und Heldenmut; nach 
dem Tode leben fie gejchieden von den andern 
Menſchen auf den Inſeln der Seligen. Bei Pindar 
ftehen die Herven als übermenjchliche Wejen in 
der Mitte zwijchen Menſchen und Göttern und 
find Gegenftand religiöjer Verehrung. Der Kultus 
derjelben jchloß fich vornehmlich an ihre Gräber 
(nose) an, doch baute man ihnen mit der an 
auch Tempel und Altäre an Orten, die ihren Grä— 
bern fern lagen; bei den meiften aber war der 
Kultus einzelner nur an einzelne Gegenden ge— 
fnüpft. Gcheimes jegnendes Wirken der Herden 
ald der Öalnores Emıyagıwı aus der Tiefe des 
Grabes herauf, Ericheinungen bderjelben an ihren 
Gräbern jowie in Schlachten und jonftigen Ge— 
fahren, wo fie rettende Hülfe leiften (wie Theſeus 
bei Marathon), bezeugen den Berehrern noch ihre 
jtete Wirfjamfeit und Teilnahme. Der Kultus 
beftand in einer eigentümlichen Art von Opfern, 
die ih von den den Göttern dargebradhten Opfern 
völlig unterfchieden; es waren Totenopfer (fra- 
ylouera), deren Hauptbejtandteil eine Spende aus 
Honig, Wein, Wafler, OL, Milh war. Dieje 
Spenden (go«d) wurden bei einer &sydg« (Opfer: 
herd) am Grabe des Heros in eine wejtlich vom 
Grabe gemachte Grube gegofjen, indem man fich 
mit dem Gejichte nach jten, der Gegend der 
Finfternis und der Unterwelt, fehrte. Wenn dem 
Heros Tiere geopfert wurden, jo lich man das 
Blut in die Grube fließen und verbrammte das 
Fleiſch. — In ſpäterer griechijcher Zeit wurden 
auch hiftoriiche Berfonen zu Heroen erhoben, wie 
Harmodios und Ariftogeiton und Brafidas, ja man 
nannte jogar zulegt jeden Toten einen Seros, für 
uaxapirng. 

Herosträtos, 'Hodorgarog, aus Ephejos, der 
berüchtigte Zerjtörer des jchönen Tempels der Ar— 
temis zu Ephejos, den er, wie die Überlieferung 
jagt, in derjelben Nacht, in der Alexander der Sr, 
(356 v. €.) geboren ward, einäjcherte, jo daß mur 
die Mauern und viele Säulen erhalten blieben. 
Her. jand dafür einen graufamen Tod, aber der 


Herse — 


Beſchluß der ioniſchen Städte, feinen Namen, den 
er bloß dadurch auf die Nachwelt hatte bringen 
wollen, zur ewigen Bergefienheit zu verurteilen, 
ift nicht in Erfüllung gegangen: Theopompos hat 
ihn erhalten. Strab. 14, 640. Plut. Alex.3. Val. 
Max. 8, 14. ext. 5. Gell. 2, 6. 

Herse j. Kekrops. 

Herüli, auch Eruli, "Egovior, "Egovkor, ger: 
manifches Volk, wohnten urjprünglih in den 
Steppengegenden am Schwarzen Meer und an der 
Donau, waren als leichtbewaffnete Krieger ausge: 
zeichnet und dienten nicht nur für Sold ihren ger: 
maniſchen Yandsleuten, jondern jelbjt den Römern. 
Zuerſt werden fie unter den Kaiſern Gallienus 
und Claudius ald Bundesgenofien der Goten ge: 
nannt, deren König Hermanrich fie fich jpäter 
unterwarf. Auch am Rhein fommen jie bald darauf 
vor, lafjen ficy dort nieder und dienen den Römern 
jogar als Hülfstruppen, wie fie auch zur See um: 
heritreifen (Amm. Marc. 20, 1. 27,1. 8) und jpäter 
jih den Hunnen anichliegen. Sie ericheinen dem— 
nad) als ein unſtetes Nomadenvolt ohne feſte 
Wohnſitze, bis der Rugier Odoafer, dem jidy der 
größte Teil der Heruler anſchloß, das wejtrömijche 
Kaiſerreich vernichtet (476 n. E.) und fi zum 
Könige von talien macht, nachdem fie bereits 
nach dem, Zerfallen des Hunnenreichs fich an der 
Donau fejtgejegt und mehrere deutjche Stämme 
fich unterworfen hatten. Jedoch von diefen Stäm: 
men empörten fich die Yangobarden, bejiegten die 
Heruler und zerftreuten fie, jo daß ein Teil Auf: 
‚nahme in Bannonien juchen mußte (512) und den 
Oſtrömern zinsbar wurde. Aber unruhig, wie fie 
waren, lehnten jie ſich auch hier bald auf. Ein 
Teil kämpfte gegen das oſtrömiſche Reich, während 
ein anderer ihm treu blieb und gegen die Dftgoten 
in Italien unter Belifar ftritt. Überall zeichneten 
fie ſich durch Mut und ungeftüme Tapferfeit aus, 
aber auch durch ſchreckliche Verheerungsſucht und 
HYügellofigfeit. Roh von Sitten, blieben fie unter 
allen deutichen Völkern am längiten dem Heidentum 
treu. Nad) dem Jahre 530 verichwinden fie gänz— 
li) aus der Gejchichte. 

esiödos, 'Holodos, epiicher Dichter des aioli- 
ihen Stammes, der nad) der herrichenden Anficht 
des Altertums entweder gleichzeitig mit Homer 
oder noch vor demjelben gelebt haben follte, deſſen 
Zeitalter aber jedesfalls um 100 Jahre nad) Homer, 
etwa um den Anfang der Olympiaden, anzuſetzen 
ift. Von jeinen Lebensverhältniffen wiſſen wir 
aus jeinen eigenen Mitteilungen einiges. Sein 
Bater Dios war aus dem aioliichen Kyme in die 
frühere Heimat der Aioler, nad) Boiotien, in das 
am Helifon gelegene Aifra gezogen (opp. et dd. 635), 
wo Hefiod geboren ward und lebte und dichtete, 
bis der Streit mit jeinem Bruder Perſes ihm die 
Heimat verleidete. Er jcheint jih in Naupaftos 
niedergelafien zu haben, in Oineon joll er ermordet 
worden jein; jeine Gebeine aber jollen nad) dem 
boiotiſchen Orchomenos gebracht wordeit jein, wohin 
die Aſtraier nach der Zerftörung ihrer Stadt durd) 
die Theipier übergefiedelt waren. Durch den am 
Helikon verbreiteten Mujendienft und durch den 
Verkehr feines Baterlandes mit den afiatischen 
Aiolern, bei denen jchon längere Zeit die epiſche 
Poeſie geblüht hatte, war Hefiod zur Dichtkunſt 
angeregt worden; jeine Poeſie aber erhielt durch 
das verichiedene Volksleben, in dem fie wurzelte, 


535 


fowie durch jeine eigentümlichen Yebensverhältnifie 
einen von der homerischen Poeſie verichiedenen 
Charakter. Während Homer, der Schöpfer des 
ionijchen Heldenepos, in freier Phantaſie jich ſorg— 
los an dem freudigen Leben der alten Heldenzeit 
ergeßte, bildete Heliod, ein Hirte und Aderbauer, 
aus einem gedrüdten, jorgenvollen Leben ſich em: 
porringend, die ernite, refleftierende Gattung des 
didaftijchen Epos von epiſch-religiöſem Charakter 
aus. Unter jeinem Namen find erhalten: 1)’Eoy« 
rail 'Huegar, Opera et dies, ein Gedicht, das 
die Boioter I das einzige echte Werf des Hejiod 
hielten. Heſiod war nach dem Tode jeines Vaters 
bei der Teilung des Erbes von feinem jüngeren 
Bruder Perjes, der die Richter beftochen, übervor: 
teilt worden, und als nun Berjes nach Verſchwen— 
dung feines Vermögens dem Bruder durch einen 
neuen Prozeh feinen Teil entziehen wollte, ver: 
faßte Hejiod das genannte Gedicht. Nachdem er in 
dem eriten Teile den Bruder von feinem unge: 
rechten Vorhaben abzubringen gejucht und ermahnt 
hat, durch Arbeit ſich Vermögen zu erwerben, 
gibt er ihm von V. 383 an Öfonomijche Lehren 
über Aderbau, Schiffahrt, Haushalt u. dgl. Den 
Schluß des Ganzen bilden die u£gee, in denen 
man eine Art Bauernfalender zu finden geglaubt 
hat. Das Ganze ift dDurchwebt mit Mythen, Fabeln, 
Schilderungen und Sentenzen. Obgleich das Ge- 
dicht einen geringen fünjtlerifchen Wert hat, indem 
die einzelnen Teile loje und ohne beiondere Kunjt 
der Kompojition miteinander verbunden, auch durch 
Einfügung vieler ethiichen Sprüche, zum Teil in 
alphabetiicher Ordnung (wie bejonders Lehrs er- 
faunte), interpoliert find, wurde es doch von den 
Alten wegen feines jittlihen Inhalts hoch gehal- 
ten und von den Mlerandrinern philologiich be: 
handelt. Ausgg. von Spohn (1819), Bollbehr 
(1844) und Lennep (1847). Bgl. Lehrs, quaestt. 
epicae (1837), und Steig, Hei. Werke und Tage, 
nach ihrer Kompofition geprüft und erklärt (1869). 
— 2) Qzoyord«a, der erjte Verſuch, die verwir: 
rende Mannigfaltigkeit der an den verjchiedenen 
Orten Griechenlands entitandenen Götterſagen in 
Zuſammenhang zu bringen, die VBorftellungen von 
der Entjtehung der Welt und der Götter, von dem 
Nang und der Berwandtichaft derjelben in ein 
Syſtem zu ordnen und miteinander zu vereinigen 
und auszugleichen. Das frühere Altertum hat die 
Theogonie als echtes Werf anerkannt, erit Pauſa— 
nias ſpricht fie Heſiod ab, allein auf die Tradition 
der Tempelführer am Helikon fich jtügend. Auch 
unter den Neneren jind viele geneigt den Verfafler 
bon dem aſkraiiſchen Dichter zu trennen, indem 
man auf die Verichiedenheit des Tones und der 
Behandlung, auf Abweichungen im Dialeft (ein: 
zelne delphiiche Formen) und in der Behandlung 
einzelner Mythen hinweiſt. Man hat fie in die 
Zeit der Fälihungen unter Beiliftratos geſetzt oder 
auc als ein Aggregat ſehr verichiedenartiger Be— 
ftandteile betrachtet, was für einzelne Partien 
auch nicht bezweifelt werden darf. Die neuere 
Kritik hat die verfchiedenften Beriuche an dem Werte 
gemacht und die abenteuerlichjten Vermutungen auf- 
eitellt, die Bernhardy, Grundr. d. Griech. Litt. 11 
& 302, forgfältig regiftriert. Musgg. von Wolf 
(1783), Lennep (1843), Gerhard (1856), Welder 
(1865) und Flach (1875). — 3) Aonig 'Hou- 
|#»A&ovg, Scutum Herculis, ein kleines Gedicht, 


Hesiodos. 


— 


536 


welches den Kampf des Herakles im pagaſaiiſchen 
Haine des Apollon mit Kyfnos, dem Sohne des 
Ares, behandelt, defjen Hauptteil jedoch eine Be: 
ichreibung des Schildes des Herafles nach dem 
Mufter des homeriſchen Schildes des Achilleus 
bildet. Doc ift dieſe Beſchreibung imjofern von 
der homeriſchen verjchieden, als fie Nüdjicht auf 
vorhandene Kunſtwerke nimmt, während die Bild: 
werte auf dem Schilde des Achilleus reine Phan— 
tajiegebilde find. Die Entjtehung des Gedichtes 
fällt in jpätere Zeit; jchon Ariftoteles erklärte es 
für nichthejiodeiih. Ausgg. von Heinrich (1802), 
mit Wolfs Kommentar von Ranke (1840) und van 
Lennep (1854). — Ein verlorenes hejiodeisches Ge— 
dicht war der Kardkoyog yuraaov in drei 
Büchern, ein genealogijches Gedicht, das von den 
Liebeshändeln der Götter mit jterblichen Frauen 
ausging. Von einem jüngeren Dichter rührten 
die — — 'Holaı her, ein Gedicht, welches 
die Abjtammung und Thaten berühmter Heroen 
behandelte, indem es bei der Zujammenftellung der: 
jelben an die Namen der Heldenfrauen antnüpfte, 
mit denen die Götter jene Helden erzeugt hatten. 
Das Verhältnis beider Gedichte zu einander ift 
dunfel; wahricheinlih waren des gemeinfamen 
Inhalts wegen beide jpäter zu einem Ganzen ver: 
einigt. Ferner wurden dem Heſiod zugejchrieben 
die verloren gegangenen Epen Melaumoöide, 
Alyiurog, Krvrog yduos, ein Imidalduor 
eig Inka nal Okrıv, Onolwug &lg Ardov nard- 
«cıs und das Spruchgedicht Xeipwvog ümohijaaı, 
ſogar eine Ogridonurrei«. Vgl. die gründliche 
Schrift von Mardijcheffel: Hesiodi, Eumeli, Cinae- 
thonis, Asii et carminis Naupaectii fragmenta 
(1840). Kinkel, ep. Graec. fragm. I p. 78ff. — 
Geſamtausgg. von Heinfius (1603 und 1613), 
Grävius (1667), Lösner (1778), Gaisford (1814), 
Höttling (3. Aufl. von Flach, 1878), Köchly und 
Kintel (1. Bd. 1870); Tertausgg. von X. Dindorf 
(1835), Schömann (1869), Köchly (1870), Flach 
(1878) und Rzach (1584). Verſuch einer Zerlegung 
der Gedichte in ihre Teile und einer —— 
auf ihre urſprüngliche Form von Fick, Heſiods 
Gedichte (1887). 

Hesiöne ſ. Aiakos und Herakles, 8. 11. 

Hesperia j. Hispania und Italia, 1. 

Hesperiden und Hesperidenäpfel j. Atlas 
und Herakles, 10. 

Hesperium promunturfum, 'Eortoov äxo« 
oder xegag, Vorgebirge an der Weftküfte Afrikas, 
j. Kap Verde. Vielfach ließen die Alten mit dem: 
jelben die Südküſte jenes Erdteils beginnen; nur 
Hanno von Karthago ift unzweifelhaft weiter nach 
Süden vorgedrungen. — Unter den Inſeln der 
Hejperiden find bald die Kanarijchen Inſeln 
(insulae fortunatae) und die Madeiragruppe (ins. 
purpurariae, wegen der Rurpurfärbereien jo ge: 
nannt), bald die Napverdiichen Inſeln gemeint. 
Strab. 3, 150. Plin. 6, 36 f. Mela 3, 10. 

Hestia, 'Eorie, /ordn (mit Digamma), Vesta, 
Tochter des Kronos und der Rhea (Hesiod. 


theog. 455), Schweiter des Zeus, die Göttin des 
häuslichen Herdes. Bojeidon und Apollon warben 
um ihre Ehe, aber fie ſchwur einen heiligen Eid, 
Dafür verlieh ihr 
Zeus die Ehre, daß fie auf jedem Herde als 
ichügende Göttin verehrt werde; auch in den Ba: 
läften der Götter war dies ihr heiliger Sig, und 


allezeit Jungfrau zu bleiben. 


Hesione — Hestia. 


da man den Göttern auf dem Herde opferte, jo 
brachte man ihr als der Vorfteherin des Opfers 
beim Opferſchmauſe zu Anfang und zu Ende heilige 
Spenden und verehrte fie in den Tempeln der 
andern Götter. Darum wurde fie auch zugleich 
mit Hermes, dem Erfinder des Opfers, verehrt. 
Da der Herd als der Mittelpunkt des Haufes und 
der Vereinigungsort der Familie galt. jo war 
Heftia die Schüßerin der häuslichen Eintracht, des 
Friedens und des Segens und ward als joldhe 
zugleich mit Zeus angerufen. Hom. hymn. 4 in 
Ven. 22—32. hymn. 24 und 29 in Vestam. Flücdht: 
linge und Berfolgte juchten Schuß an dem Herde; 
deshalb war Heftia die Göttin der Schußflehenden, 
und da man bei dem Herde und dem gaftlichen 
Tische des Zeus ſchwur (Hom. Od. 14, 159, 17, 156. 
19, 302), war fie nebſt Zeus Schirmerin des Eides. 
Stadt: und Staatögemeinden wurden angejchen 
als größere familien, welche ihren gemeinjchaft: 
lichen Herd und Mittelpunkt in den Prytaneien 
hatten; darum hatte die Göttin ald mevrarirıs 
in diejen ihr bejonderes Heiligtum (Hdlauog) mit 
ihrem Standbilde und einem Herde, auf weldyem 
ihr ein ewiges Teuer bon unvdermählten Frauen 
unterhalten wurde. Das unauslöfchlich brennende 
euer des heimatlihen Stadtherdes verpflanzten 
die ausziehenden toloniften in ihren neuen Wohn: 
ort. So iſt fie das Sinnbild bürgerlicher Eintracht, 
gemeinfamen Wohnfiges und gemeinjfamer Gottes- 
berehrung. Bejondere Tempel hatte die Göttin 
wegen ihrer Verehrung in den Prytaneien wenige. 


Geopfert wurden ihr einjährige Kühe, junge Saat, . 


die Erftlinge der Früchte, Spenden von Waffer, 
Wein und DI. Statuen von ihr waren jelten; 
jie ward dargejtellt als ernſtes erhabenes Weib 
mit Haren, einfachen Zügen. — Ber Homer wird 
Heſtia ald Göttin nicht erwähnt, und man ift in 
‚Zweifel, ob ihre Verehrung erft nad) jeiner Zeit 
aufgefommen tft, oder ob fie, wie manche behaup: 
ten, eine uralte Gottheit jei, deren aber Homer 
zufällig nicht gedacht habe. Auf dieſem Zweifel 
beruht auch die doppelte Annahme, daß Heitia das 
ältefte oder daß fie das lüngfie von den Kindern 
des Kronos gewejen jei. pätere Myſtiker und 
Bhilojophen machten fie zu dem Herde des Uni: 
verjums, dem Gentralfeuer der Welt, und ver: 
mengten fie mit andern myſtiſchen Gottheiten, 
Kybele, Gaia, Demeter. — Die römische 
war gleich der Hejtia die Göttin des häuslichen 
Herdes und Herdfeuers und wurde gemeinjam mit 
den Laren und Penaten in jedem Hauſe verehrt. 
Ihr Hauptdienft war aber der Öffentliche in dem 
Veſta-Heiligtum, einem von einer Säulenhalle um: 
gebenen, etwa 20 tiefen Rundtempel am forum, 
an dem alten Königshaufe (Regia), das für den 
Mittelpunkt der Stadt galt, und Worin nach der 
Ktönigszeit der Pontifex Maximus, dem die Auf: 
fiht über den Dienft oblag, wohnte. In dem 
— wurde der Göttin von 6 Priefterinnen, 

estales, Bejtalinnen (Liv. 1, 20), ein ‚ewiges 
Feuer unterhalten, das am 1. März jedes Jahres 
auf eine uns unbelannte Weije erneuert ward. 
Diejes Feuer war gleihjam das Bild der Göttin, 
eine Bildjäule war nicht in dem Tempel (Or. 
fast. 6, 291); dagegen glaubte man, daß fich die 
Penaten des Staates in demjelben befänden, aber 
nur dem Bontifer Marimus und den Bejtalinnen 
befannt wären. Die Beftalinnen, welche in dem 


esta! 


[57 


— 


Hestiaiotis — "Erauolaı. 


neben der Regia gelegenen, in den lebten Jahren 
durch Ausgrabungen au das Tageslicht gekomme— 
nen jog. atrium Vestae wohnten, hatten mit der 
größten Gewiſſenhaftigkeit ihren Dienjt zu verjehen; 
erlojch das Teuer, was als ein großes Unglüd 
des Staates angejehen ward, jo wurde die jhuldige 
Priejterin von dem Bontifer Mar. gegeißelt, das 
euer aber wurde dur Brennipiegel oder durch 
Bohren oder Reiben von Brettern wieder ange: 
zündet. Die Priefterinnen ftanden als geheiligte 
Berjonen im höchjten Anjehen. Als Mädchen von 
6—10 Jahren wurden fie für den Dienſt auser: 
jehen, und dann mußten jie 30 Jahre in reinem 
jungfräulihem Stande der reinen Göttin dienen, 
worauf es ihnen erlaubt war, ins bürgerliche Leben 
zurüczutreten und fich zu vermählen. Allein dies 
geichah ſelten. Brady eine das Gelübde der Keuſch— 
beit (Wergehen des incestus), jo wurde fie auf 
dem Campus sceleratus lebendig begraben. — 
Ein altes, auch von den Römern verehrtes Heilig: 
tum der Veſta war zu Lavinium, der Mutterjtadt 
der Latiner und der Homer. Dorthin jollte Aineias 
das BVeftafeuer und die Penaten Trojas gebracht 
haben. Wenn die römischen Konjuln und höheren 
Beamten ihr Amt antraten, zogen fie nach Yavi: 
nium, um dort im Bejtaheiligtume zu opfern. — 
Jährlich am 9. Juni feierte man zu Rom die 
Beitalien (Or. fast. 6, 249 ff.) mit Geremonien, 
welche die Veſta als eine Göttin bezeichneten, die 
die Familie mit dem täglichen Brote verjorgte. 

Hestiaiötis, 'Eoriwörıg oder'loriamwörıg (lorı- 
arrıg, Hdt. 1, 56), 1) Name einer der 4 thefla- 
liihen Landſchaften (Tetradem), der weitlichite Teil 
des Yandes, der im W. an Epeiros, im N. an 
Makedonien, im D. an Belaigiotis, im ©. an 
Theffaliotis grenzte. Es ift eine gebirgige Land— 
ſchaft. Die Bewohner waren die —— He⸗ 
ftiaioten. Unter den Ortſchaften find bemerkens— 
wert: Gomphoi, Grenzfeſtung gegen Epeiros und 
von Cäſar zerſtört (Cues. b. c. 3, 80), ſüdöſtlich 
davon Trilfa (j. Trikkala) am Lethaios, mit einem 
uralten und berühmten Wiklepiostempel; Belin: 
naion am Beneios; Metropolis; Athome, 
von ihrer Yage „die klimmfelſige“, »Aıuarosso« 
genannt, Oichalia, beide jchon von Homer ge- 
nannt, desgleichen Olooijon, Mylai, Bhalan: 
non u. a. — 2) Gebiet der euboiiichen Stadt 
Heftiaia oder Hiftiaia. Hat. 7,175. 8,23. Sie 
lag an der Norbdjeite der Anjel und wird jchon 
von Homer (JI. 2, 537) genannt. 445 v. E. legten 
die Athener eine Kolonie in Oreos (j. d.) an, mit 
der fie die Bewohner des verlajjenen Hiftiaia ver: 
einigten. 

"Eorıdseıs, große Volksipeifungen in Athen, 
die an gewiſſen Feittagen und bei Opfern jtatt: 
fanden und von dem Theorifon beftritten wurden. 
In der Zeit der Üntartung erreichten jie, in 
Verbindung mit anderem auf die Zerftreuung und 
Unterhaltung des Bolfes berechneten Aufwande, 
eine Ausdehnung, welche den Staatsichaß erichöpfte. 
— Die Eoriasıg ro» pvlstov (pulsrin& deinve) 
war eine Leiturgie (vgl. Asıroveyla, 3). 

Hesychios, 'Hovzios, 1) aus Alerandreia. Mit 
diejem Namen iſt eine Sammlung von Glofien 
und Namenserflärungen der griechiſchen Sprache 
bezeichnet, deren Berfaffer unbelannt ift. Nach 
Welders Meinung war Hei. ein Heide, lebte zu 
Ende des 4. Jahrhunderts m. C. und verfahte auf 


537 


dem Grunde früherer Sloffographen, bejonders des 
Diogenianos, jein Yerifon, welches, obwohl durd 
Abjchreiber und Anterpolatoren jehr entitellt, dod) 
ein ausgezeichnetes Denkmal griechiicher Lexikologie 
und für das Verftändnis und die Kritif der grie: 
chiſchen Dichter, Nedner und Hiftoriter von höchſter 
Wichtigkeit ift. Wahrjcheinlicher ift, daß Hei. erit 
im 5. Jahrhundert gelebt hat. Monographie von 
K. F. Ranke (1831); Ausg. von Alberti und Ruhnken 
(1746—66); die neueſte und beſte von Mor. Schmidt 
(1857 ff. 4 Bdd.; Mleinere Ausg. 1864). — 2) aus 
Milet, mit dem Beinamen Jlluftrius, im 6. Jahr: 
hundert n. E., Verfaſſer eines für die Geſchichte 
der griechiichen Yiteratur wichtigen litterarbifto: 
riichen Lexikons: OvoueroAöyog 7) wiva& rar dv 
raudeie Övouaorar, das uns nur aus dem von 
Suidas gemachten Auszügen befannt ift. Samm- 
lung der Bruchjtüde von Flach (1882). 

etairen, Zraipuı (amicae), hießen bei den 
Griechen die Buhlerinnen, die zuerft zahlreich in 
Korinth auftraten (in Verbindung mit dem Kultus 
der Aphrodite, j. Hierodulen), ſeit Solon, der 
in ihnen zugleich einen Schuß für die unverleßte 
Treue der Ehe juchte, auch in Athen waren, durd) 
Geiſt und Feinheit im Umgange zum Zeil die aus: 
gezeichnetiten Männer um fich jammelten, jogar 
volitiiche Bedeutjamfeit erlangten, durch Bild: 
jäulen verherrlicht wurden u. j. w.; fie bilden den 
Mittelpunft der neueren griechiichen Komödie. 
Genannt werden namentlih Aipajia, Thais, Myr— 
rhina, Yamia, Thargelia, Yais, Yeaina, Theodota 
und vor allen Phryne aus Thejpiai, die dem 
Prariteles bei jeinen Darftellungen der Aphrodite 
als Mufter diente. Vgl. F. Jacobs, vermijchte 
Schriften, Bd. IV ©. 341 ff. 

‘"Erargiaı hießen in den griechiichen Demokra— 
tien die Vereinigungen der VBornehmen, die, um 
jich gegen den oft unerträglichen Drud des Bol: 
fe3 zu jchüpen, in Klubs zujammentraten. Dieje 
Hetairien hatten zunächſt den Zweck der gegen: 
jeitigen Unterſtützung, 3. B. bei Bewerbungen, 
bei Prozeſſen u. dgl. Nah und nach wurde ihr 
Einfluß bedeutender und ihre Tendenz immer ge 
fährlicher, indem fie, ald mwohlgeordnete Geheim— 
bünde organijiert, mit Konſequenz ein politijches 
Prinzip, dem Demos entgegenzumirten, verfolgten 
und, wenn die Gelegenheit ſich bot, fein Mittel 
jcheuten ihre Pläne zu verwirklichen und ihren 
leidenſchaftlichen Haß zu befriedigen. (Bon der 
Heftigfeit und Rückſichtsloſigkeit des Parteihafles 
gibt der von Mriftoteles [ pol. 5, 9] angeführte 
Dligarcheneid ein Beilpiel: “al ro drum xunxd- 
vovg Foouet, »al Bovision ö,rı &r Erw wandn.) 
Die Organijation der Hetairien war um jo kräf— 
tiger und ihr gefährlicher Einflu um fo größer, 
als ihr Zujammenhang ein weit verziveigter war, 
jo daß die Parteien der verjchiedenen Staaten mit: 
einander in Berbindung jtanden. So ging aus 
den athenifchen Hetairien in Verbindung mit 
Sparta die Herrichaft der Dreißig hervor, nachdent 
ihon vorher durch fie die bekannte oligarchiiche 
Zwiſchenregierung eingeführt war. Natürlich jtüßte 
ſich Lyſander bei jeiner willfürlichen Umgeftaltung 
der Berhältniffe in den einzelnen Staaten ganz 
bejonders auf dieſe Verbindungen. Ebenjo na— 
türlich war es, daf der jet eintretende Drud der 
herrſchenden Dligarchien Betairien der demofra- 
tiichen Gegenpartei herborrief, deren Konflifte die 


538 


Staatsgewalt immer mehr untergruben und fo 
nicht wenig zum Berfalle der griechiſchen Gemein— 
weſen beitrugen. Vgl. Büttner, Geich. der poli- 
tiichen Hetärien in Athen (1840). 

Hetruria j. Etruria. 

Hiarbas, ’Idoßas, 1) j. Iarbas. — 2) König 
von Numidien, Verwandter des Jugurtha, erhielt 
nah dem Falle des letzteren einen Teil feines 
Neiches. Während der Kämpfe zwifchen Sulla und 
den Anhängern des Marius ftand er (82 v. E.) 
auf Seite der leßteren. Später, als die Marianer 
in Afrika von Pompejus bejiegt worden waren, 
mußte Diarbas fich ergeben und wurde getötet. 
Sall, Jug. 111. Aur. Viet. vir. ill. 77, Plut. 


Pomp. 12. 

Hiberna f. Castra, 2. 

Hibernia (Caes. b. q.5,13. Tac. Agr. 24. ann, 
12, 32), richtiger Ivernia (tymriſch Vergyn, d. h. 
die wejtliche), bei den Griechen früher "for, 
jpäter Toveoria, das heutige Irland, war den 
Römern jehr wenig befannt, da fie wohl Tauſch— 
handel mit den Bewohnern trieben, nie aber fie zu 
unterwerfen juchten (fie betraten das Yand nicht 
einmal); Cäſar bielt es für halb jo groß als Bri- 
tannia. Durch Agricolas Umſchiffung Britanniens 
(84 n. E.) ward Yage und Zuſtand zuerjt genauer 
beftimmt, bis jpäter Btolemaios Geftalt und Größe 
der Inſel mit trefflicher Zeichnung der Küſten und 
Buchten richtig angab, doch ihre Yage zu weit 
nördlich jeßte. Unter den Flüſſen miündete der 
Bargus, ij. Barrow, an der Südküfte, der Senus, 
j. Shannon, am jüdlichen Teile der Weſtküſte. 
Die Bewohner, Ivernii, waren Stammverwandte 
der altfeltijchen oder gaeliſchen Bewohner des nörd— 
lihen Britanniens; das Druidentum hatte hier 
3. T. jeinen Siß, daher die Inſel aud die „heilige“ 
genannt wurde. Bon den VBölferjchaften der Inſel 
wohnten die Briganten in der SO-Spitze (im 
heutigen Werford) am Fluß Bargus, an der Süd— 
füfte die Vodier, und nach Weiten fich anſchließend 
die Ivernier, an der W.-Kiüfte die Bellebori, Gan— 
ganen, Autinen, Nagnaten mit der bedeutenden 
Küſtenſtadt Nagnata, j. Donegal, die Vennik— 
nier, Darimi im N., an der Oſtküſte die Voluntier, 
Eblaner mit der Stadt Eblana, j. Dublin, und 
die Manarii mit der Stadt Manaria. Im Innern 
werden noch 6 Städte, darunter 2 Nönigsfige (im 
NO. und EW.), genannt. 

Hiempsal, "/duweg, I) ein Entel des Mafinifia, 
Sohn des numidischen Königs Micipfa (vgl. über 
1) und 2) die Stammtafel unter Jugurtha), geriet 
nad) dem Tode des Vaters mit feinem Bruder Adher— 
bal und jeinem Better Jugurtha, mit weldyen er das 
väterliche Reich teilen jollte, in Streit und wurde 
auf Befehl Jugurthas ermordet, 117 v. C. Sall. 
Jug.5ff. Flor. 3, 1. — 2) König von Numidien 
mit Diarbas nach der Bejiegung des Jugurtha, 
Bater Jubas ]., nahm den jüngeren Marius au 
deſſen Flucht (im Jahre 88 dv. E.) bei fich a 
(Plut. Mar. 40) und wurde im Jahre 81 durch 
Hiarbas und die mit ihm verbündeten Marianer 
des Thrones beraubt, bis Pompejus ihn wieder 
einjegte (Plut. Pomp. 12) und jogar fein Reich 
vergrößerte (75), obichen die ihm zugetvielenen 
Yändereien durd ein Geſetz des Tribunen Rullus 
dem römijchen Volke vorbehalten waren. Cie, leg. 
agr. 1,4, 10. 2, 22, 58. Auch Cäſar jcheint (Suet. 
Caes. 71) einen Nachkommen Mafinifjas, Majintha, 


Hetruria — Hieron. 


gegen Hiempſal begünftigt zu haben (61). Uber 
jeine libri Punici — Sall Jug. 17. 

Hiöra, cine der Miolifchen Inſeln, ſ. Aiolia. 

Hierapödlis, "leodrolıs, 1) Stadt in einer 
quellenreichen Oaſe Oberivriens, weftl. vom Euphrat, 
mit einem vielbejuchten Derletotempel, in jpätrö- 
miſcher Zeit Hauptitadt der jog. euphratenjiichen 
Provinz; ſyriſch Mabog, daher zuerit Baußenn 
genannt, j. Membidich. Plin. 5, 19. Plut. Ant. 37. 
Strabons (16, 748) Angabe, dab 9. auch Edeſſa 
geheißen habe, ift wohl ein Irrtum. — 2) Stadt 
im jüdlichen Phrugien, ummeit von Laodifeia und 
dem Maiandros; befannt durch ihre heißen Quellen, 
welche ungemein viel Tuffftein abjegen. Strab. 
13, 629. 

Hierodülen, ieosdovAoı, Ärdges fegol, fegel 
yuvalnsg und nagderoı leoal, Mit diefem Namen 
bezeichnete man urjprünglich die dem delphiichen 
Tempel dienenden Nungfrauen. Im weiteiten 
Sinne waren es alle mit dem Tempeldienft einer 
Gottheit verbundenen Berionen, alfo auch die 
Prieſter; gewöhnlich verjteht man aber darunter 
im engeren Sinne eine Klaſſe von Menjchen, die 
die niederen Dienjte des Tempels und des Kultus 
auszuüben hatten. Dieje waren zum Teil SHaven, 
zum Teil aber auch freie Yeute beiderlei Geichlechts, 
die aus freiem Entichluß oder durd fremde Stif: 
tung Diener des Gottes wurden. Die freiwillige 
Hierodulie bei den Griechen ift wahrjcheinlich durch 
orientaliihen Einfluß entjtanden, wie-die leoo- 
dovioı Fraioaı der Aphrodite in Korinth und auf 
dem Eryr. In Alien war die Hierodulie im höch— 
ften Grade ausgebildet; oft waren bei einem 
Heiligtum 3—6000 Hierodulen, die, in verichiedene 
Klaſſen geteilt, die Muſik und den Geſang bei 
den Opfern, den Aderban und die Viehzucht auf 
den zum Tempel gehörigen Yändereien, das Waſſer— 
tragen nnd Holzhauen u. dgl. bejotgten. An mar: 
chen Tempeln, namentlich der Aphrodite, opferte 
das weibliche PBerional zum Erwerb des Heilig: 
tums die Keuſchheit. 

Hierokeryx j. Eleusinia, 6. 

"Iegouavreia oder 'Iegooxonie |. Divi- 
natio, 12, 

"Iegoumvia, heilige Monatszeit, je nach dem 
Feſt auf Einen oder —— Tage beſchränkt oder 
auf einen Monat ausgedehnt. Während derſelben 
ruhten alle Geſchäfte und durfte nichts, was den 
allgemeinen Frieden und die Feſtfeier ſtörte, vor— 
genommen werden. Für die größeren Feſte pflegte 
ein Gottesfriede (Fxezeipfe, ſ. d.) angefagt zu 
werden. 

"Iegouvnuoves j. Amphiktyonen. 

Hiöron, '/!owr, 1) der ältejte Bruder des 
Gelon, war Negent über die Baterftadt Gela, als 
Gelon die Herrichaft nach Syrakus übertrug (wahr: 
icheinlich im Sommer 485 v. E.), und folgte dem: 
jelben im der über ganz Sicilien ausgedehnten und 
durch den Sieg bei Himera genen die Narthager 
geficherten Herrſchaft 478. Doch nach dem Tode 
des mächtigen Gelon, des „Netters und Wohl: 
thäters”, erhoben ſich wieder die Faltionen gegen 
Hieron, der für habjüdhtig, mißtrauiſch und ge: 
waltthätig galt, ſchon früher mit dem Thraſybulos 
den beiden andern Brüdern gegenüberftanden und 
ſich gegen Gelon empört hatte. Nachdem er die 
epizephuriichen Volrer von Anarilas von Rhegion 
befreit hatte, Ächien ihm fein Bruder Polyzelos 


Hieronymos. 


gefährlich. Er beauftragte denjelben, an der Spitze 
eines Heeres den Sybariten gegen Kroton zu Hilfe 
u ziehen, aber Polyzelos floh, Nachitellungen be: 
Fr tend, zu jeinem Schwiegervater Theron von 
Agrigent; beide jtanden an der Spite des einhei- 
mischen Adels, während ſich Hieron auf fremde 
Soldtruppen jtügen mußte. Während auf beiden 
Seiten Vorbereitungen zum Kriege getroffen wur: 
den, — — dem Hieron Geſandte aus Himera 
die heimliche Übergabe dieſer Stadt ſowie Teil— 
nahme am Kriege gegen Theron. Dieſer wünſchte 
daher den Frieden, und da auch Hieron am Kriege 
mit Agrigent nicht viel gelegen war, kam noch in 
letzter Stunde ein Ausgleich zuſtande. Die Be— 
wohner von Naxos und Katanag wurden (476/5) 
nach Leontinoi verpflanzt, und in Katana Pelo— 
ponneſier und Syrakuſier angeſiedelt, auch erhielt 
dieſe Stadt nun den Namen Aitne ſowie doriſche 
Einrichtungen. Diod. Sie. 11, 48f. So ſicherte 
H. durch deſpotiſche Maßregeln ſeine Herrſchaft, 
ſpäter aber erwarb er ſich den Ruhm eines hoch— 
finnigen Fürften und Beſchützers der Schwachen, 
als er den Cumäern gegen die Etruſker uneigen: 
nüßigen Beiftand Teiftete, 474, und die Agrigen: 
tiner von dem graufamen Thraſydaios befreite und 
mit ihnen unter Bewilligung ihrer Selbitändigteit 
einen Bund jchloß, um 470. Died, Sie. 11,51 ff. 
Pind. pyth. 1, 50.72 ff. ol. 12. Er bemühte fich den 
Frieden zu erhalten, gewährte den Künften und 
Wiſſenſchaften Schup und zog berühmte Dichter 
an feinen Hof. Simonides mit feinem ler 
Bakchylides erfuhr bejonders jeine Freigebigkeit 
und jein PBertrauen und gewann bedeutenden 
Einfluß, Pindar feierte ihn in mehreren Oden, 
fcheint aber als Ariftofrat nicht mit ihm harmo- 
niert zu haben; Aiſchylos war mehrmals in Sici- 
lien und verfaßte da die Alrvieiaı mit eigentüm— 
lich fieiliicher Fabel; Kenophon (ſ. d.) benannte nach 
ihm eine Feine Schrift. Hieron ftarb 466 in der 
von ihm nen begründeten Stadt Witne. Diod. Sie. 
11, 66. Bgl. Lübbert, Syrakus zur Beit des 
Gelon und Hieron (1875). — 2) 9. der Jüngere, 
aus dem alten Königsgeichlechte, war jorgfältig 
erzogen und hatte jid unter Porrhos zum Heer: 
führer —— Just. 23, 4. Im Jahre 270 v. C. 
als in Syrakus, wo ſchon lange Zwietracht und 
Geſetzloſigkeit herrſchten, ein Aufſtand zu Gunſten 
der Demokratie ausbrach, wurden von dem gegen 
die Mamertiner ausgejandten und bei Megara 
lagernden Soldheer Hieron und Artemidoros zu 
Feldherren gewählt. Pol. 1,8 ff. Mit Hilfe der 
befreundeten Ariftofraten fam Hieron heimlich in 
die Stadt, dämpfte den Aufſtand und ordnete mit 
Weisheit und Mäfigung die Regierung. Nachdem 
er jich von den pair Soldtruppen befreit, 
jih ein neues Heer geichaffen und damit die 
Mamertiner bei Mylai geichlagen hatte, wurde er 
um König ausgerufen. Durch Fuge Verwaltung 
Puchte er, auf Bürgertruppen gejtüßt, die tief ge- 
junfene helleniſche Macht wiederherzuitellen; doch 
was er errungen, ging bald durch Einmilchung 
der Nömer und Karthager wieder verloren. Als 
unter den Mamertinern die römische Partei ob- 
fiegte, verband fi) Hieron zuerft mit den Kartha— 
gern, und beide beſetzten Meſſana; aber, geichlagen 
von Appins Elaudins Caudex, ſchloß er ein Freund— 


539 


über ein verfleinertes Gebiet. Den Römern leiftete 
er Hülfe im erften puniſchen Kriege, beionders 
durch Schiffe und Proviant, aber auch die freund: 
ichaft der Karthager ficherte er fih durch Unter: 
ftüßung im Kriege gegen die aufrührerijchen Sold— 
truppen, 241—238. Pol. 1,9 ff. 16 ff. 62. 83. 5,88. 
Diod. Sie. exc. 22.23 ff. Zonar. 8,9 ff. Flor.2,2. 
Im Nahre 248 erlicehen ihm die Römer den bis: 
her bezahlten Tribut. infolge der Milde und 
Weisheit, mit der er nach dem Frieden regierte, 
lebte die alte Blüte von Syrafus wieder auf; er 
jorgte durch weile Mafregeln für Gewerbe und 
Aderbau, bei allgemeinem Wohlitande füllte ſich 
fein Schab und wurde verwandt zu Prachtbauten 
(das Schiff des Hieron) und königlichen Gejchenten 
an die Römer und Griechen, bejonders an die 
Rhodier nach den Erdbeben, 218. Plut. Marc. 14. 
Theoer. 16. Den Römern bewahrte er die Treue 
unter den mißlichiten Berhältniffen, unterjtügte fie 
im zweiten puniſchen Kriege nach den Niederlagen 
am Trafimenus und bei Gannä (Liv. 21, 19f. 
22, 37), obgleich die Karthager alles aufboten, 
ihn auf ihre Seite zu ziehen (Zar. 22, 56); ſelbſt 
jein Sohn und Mitregent Gelon wurde gewonnen, 
itarb jedoch vor dem Vater eines frühzeitigen 
Todes (Liv. 23, 30). Noch als 90jähriger Greis 
mußte Hieron den im Volke gärenden Aufftand 
dämpfen und ftarb nach Sajähriger Herrichaft gegen 
Ende des Jahres 216 (Liv. 24, 7. Pol. 7, 8); mit 
ihm ſank die Herrlichkeit von Syrafus. Seinen 
Palaſt bewohnten ſpäter die römischen Prätoren. 
Cie. Verr. 4, 58, 118. 

Hieronymos, '/eoorvuos, 1) aus Kardia, ein 
jüngerer Zeitgenoffe Aleranders des Gr., ward 
nad) deijen Tode don feinem Freunde Eumenes, 
der fich nicht an Antigonos anschließen wollte, 
zum Reichsverweſer Antipater gejchidt, um mit 
diejem Verbindungen anzufnüpfen, 3200. C. Diod. 
Sie. 18, 42. Nach des lehteren Tode bot er (319) 
dem auf Nora eingeichloffenen Eumenes im Namen 
des Antigonos Freundichaft und Waffenbündnis 
gegen den neuen Neichsverwejer Polyſperchon an. 
Daj. 18, 50. Mit Eumenes (316) bei Gabiene an 
Antigonos ausgeliefert, wurde er von dieſem gnädig 
behandelt (daf. 19, 44) und jpäter jogar zum Auf: 
jeher der Niphaltfiichereien am Toten Meere ge: 
macht. Daj. 19, 100. Nach Antigonos’ Tode ſetzte 
ihn Demetrios als Harmoſten über Boiotien. 
Hieronymos erwarb jich auch die Freundſchaft des 
Pyrrhos, den er überlebte (Paus. 1, 13), und ftarb 
hochbetagt in der Umgebung des Antigonos Go— 
natas. Er war ein jorgfältig und nach den beiten 
Materialien arbeitender Hiitorifer, deſſen Nachlaß, 
die Hauptquelle für die Geſchichte der Diadochen 
und deren Nachfolger bis über den Tod des Pyrrhos, 
von Diodor (Buch 18—20) und Plutarch (im Leben 
des Porrhos) benußt worden ift. Die Fragmente 
bei Müller, fragım. hist, Graec. 2, 450 f. — 2) aus 
Rhodos, ein Schüler des Aristoteles. Außer einer 


Schrift wegl wehng werden bejonders häufig jeine 


Troursjuere erwähnt. Auch Cicero gedenft feiner 
wegen jeines Grundjages, daß Schmerzlofigfeit 
das höchſte Gut jei (fin. 2, 3, 8. 5,5, 14. tuse. 
2, 6, 15. 30, 84 u. Ö.). — 3) aus Syrafus, Sohn 
des Gelon, Entel Hierons Il, nach deſſen Tode 
er 216 v. E. Herricher von Syrafus wurde. Durch 


ſchaftsbündnis mit den Römern, zahlte 100 Talente | Üppigfeit und Graufamfeit machte er ſich bald 
und behielt unter römischen Schuße die Regierung verhaßt und fand durch eine Verichtwörung jeiner 


540 


Krieger nach nur dreizehnmonatlicher Regierung 
jeinen Tod. Am zweiten punifchen Kriege unter: 
jtüßte er die Karthager gegen die Römer. Pol. 
7,2. Liv. 24,4 ff. Sil. 18. 14, 79ff. — 4) Hieron. 
Sophronios Eujebios, Kirchenvater, geboren 
um 335 zu Stridon in Dalmatien, jeit 386 Mönch 
in Bethlehem, geitorben 30. September 420, „der 
Vermittler griechifch-firchlicher und hebräiſcher Ge— 
lehriamfeit für das Abendland, doch ohne Tiefe 
des Charakters und des Geiſtes“. Bon feinen 
ahlreichen Werfen find zu nennen: die Bibelüber- 
End, welche die Grundlage für die Bulgata 
geworden it, die Bearbeitung der Chronik des 
Eujebios und die Schrift de viris illustribus 
(herausgeg. von Herding 1879), eine Art kirch— 
licher Litteraturgeichichte nad) dem Mufter der 
damals noch vorhandenen, gleich  betitelten 
Schrift von Sueton. Musgg. von Erasmus 
(1516 — 20), den Benediftinern (1693 — 1706) 
und Ballarji (1734—42). Vgl. Zödler, Hier., 
jein Leben und Wirfen (1865). 

Hierophantes j. Eleusinia, 6. 

"Iegororoi, Behörde in Athen, die mit der 
Abhaltung der religiöjen Feſte und der Bejor: 
qung der Opfer, aber auch mit der Verwal: 
tung der ölonomiſchen Angelegenheiten der 
Tempel und der Aufjicht über die Gelder und 
Koftbarfeiten zu thun hatte. Die 3 (oder 10) 
ftgonool ro» oruror Deo (d. h. der Eume: 
niden) wurden jährlich vom Mreiopag beitellt; 
bon den andern degomorol ift die Art der Er: 
nennung ungewiß. Ein Kollegium von 10 Die: 
ropvien, die jährlidy durch das Los ernannt 
wurden, mußte die vom Orakel befohlenen und 
die pentaöterifchen Feitopfer bejorgen 

Hierosolyma, xx '/sooo6Avu« oder bloß Zo- 
Avne, hebräiih Neruichalajim, aſſyriſch Urſa— 
limmu, Jeruſalem, arabijch el Kuds (die Heilige), 
die ſtark befeftigte Hauptitadt Paläftinas, fait 
in der Mitte von Judäa, im Stamme Ben: 
jamin. Die Stadt lag auf einer Yandzunge, 
die auf drei Seiten durd tief eingejchnittene 
Thäler, öftlich durd das Thal Kidron (ipäter 
Thal Kojaphat), füdlidy und weſtlich durch das 
Thal Ben Hinnom, abgeichloffen, aljo nur im 
Norden dem Feinde zugänglich war. Der nörd— 
lihe Teil diejes Plateaus hieß Bezetha, d. h. 
Dlivenort; der jüdliche war durdy eine Thal- 
ſenkung, Tyropoion (d. i. Käjemacherthal) ge: 
nannt, wieder im einen Öftlihen und einen 
weftlichen Bergrüden getrennt. Strab. 16, 759 ff. 
— Db das Salem zu Abrahams Zeit mit Jerujalem 
identisch ift, fteht dahin. Später ftand auf jenem 
Blateau eine Stadt Jebus, der Si der Jebufiter. 
David eroberte diejelbe (um 1010 v. E.) und 
machte fie zu feiner Refidenz ; doch lag die „Davids: 
ſtadt“ mit der Burg Zion nicht, wie man lange 
angenommen hat, auf dem weltlichen, breiteren 
und um 33 Meter höheren Hügel, jondern ohne 
Zweifel in der Mitte des öftlihen. Salomo (um 
970) fügte einen Balaft und den Tempel auf dem 
Berg Morijah, nördlich von der Burg Zion, 
hinzu und umgab die beiden Stadtteile, die Ober: 
jtadt Jeruſalem im engeren Sinne) im Weften 
und die Davidsftadt im Dften, mit einer Mauer. 
Unter jpäteren Königen, bejonders Jotham um 740), 
Hiſtia (um 700) und Manafle (um 660), wurde 
um den Hügel Ophel, im Süden von Zion, und 


Er 
7 


2 
ran. 


Hierophantes — Hierosolyma. 


um die nad und nad im Norden der Altſtadt 
entjtandene Neuftadt eine zweite Mauer aufge: 
| führt. Nach der HZerftörung durch Nebuladnezar 
(Sommer 588) und nad der Rückkehr der Juden 
unter Kyros (536) wurde die Stadt durch Eſra 
und Nehemia (um 450) im alten Umfang, mit 
der doppelten Mauer und dem Tempel, wiederher: 
eitellt. Die ſyriſchen Könige legten um 170 v. E. 
Kir ihre Beſatzung die ftarfe Burg Akra, wahr: 
ſcheinlich nordweſtlich vom Tempel, an; nach der: 
jelben wurde jpäter der ganze umliegende Stadtteil 
benannt. Die Makkabäer riffen fie nieder und 


errichteten dafür in jener Gegend zum Schuß des 
Tempelberges die Feſte Barıs. Herodes der Gr. 
verjtärkte die lehtere und benannte ſie dem Tri: 
Ebenjo 





umdir Antonius zu Ehren Antonia. 









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u Alte Mauer d — „Bnrite Mauer 'd Jos. nn „Grosse M U. Jos 
mantel Heute Mauer — Ietsise Mınırm. des Haramı sah Scherf 


1 Eherne oder 5 Misithor 10.Benfamins Ih. Di Term has el 
kormthische Th. 6. Thor Gennatk 11. Finchther 14 +» Marinmne 

2. Rassther T.Epkruinsther  B.Schaftkor 12. Johuner Drucke 

3. Wasseertkor B..Mittel Thor Di. Strphansthor 1. Daridi Hau 
Drunnenthor BR Altes Thor %.Krkerthor 22.Krsmumär ul 


führte er den Tempel neu und mit großer Pracht 
auf, erbaute jich einen Palaft im Nordweſten der 
Oberftadt, dabei 3 mächtige Befeftigungstürme, 
jüdlih davon ein Theater, weſtlich vom Tempel 
ein Rathaus u. j. wm. Endlid umgab Herodes 
Agrippa I. (4144 n. E.) die weiter hinzugelom: 
mene Borjtadt Bezethba im Norden mit einer 
dritten Mauer. Nach hartnädiger Verteidigung 
von April bis September 70 n. E. wurde Jeru- 
falem (longe clarissima urbs orientis, non 
Judaeae modo, jagt Plinius 5, 15) durch Titus 
erobert und zeritört (Tac. hist. 2, 4. 5, 1.8 ff. 
Dio Cass. 66, 4 ff. Oros. 7, 9. Joseph. bell. Jud.\, 
dann jeit 130 von Hadrian unter dem Namen 
Aelia Capitolina, jedoch mit Ausschluß des Ophel 
und des jüdlichen Teiles des Wefthügels, wieder: 
ı hergeftellt und beftcht im twejentlichen in dieſen 


Hiketas — 


Grenzen noch heute. Von den aus der Bibel be- 
fannten Ortlichfeiten lag der Teich Bethesda wahr- 
icheinlich nördlich vom Tempel, der Teich Siloah 
am jüdlichen Fuße des Ophel, Gethjemane am 
Wejtabhang des Olbergs jenſeits des Kidron, 
Golgatha nad) der Tradition mitten im heutigen 
Ehriftenviertel, aljo auch innerhalb der einjtigen 
Vorſtadt, ohne Zweifel aber etwas außerhalb der 
Stadtmauer, wohl im Norden oder Norbweiten. 

_ Hikötas oder Iketas, "Iafrng, 1) Tyrann von 
Leontinoi um 350 v. C. Die Syrakuſier riefen 
ihn zu Hülfe gegen Dionyſios d. j.; als fie aber 
jeine Pläne, fich jelbjt der Stadt zu bemächtigen, 
wahrnahmen, baten fie die Korinther um Hülfe. 
Er wurde von Timoleon (j. d.) bei Adranon ge: 
ichlagen, bei einem zweiten Verjuche gefangen und 
hingerichtet. Plut. Timol. 12. — 2) Herrider über 
Syrafus nach Vertreibung des Menon, fing Krieg 
an gegen die Agrigentiner, wurde aber nad) 9 Jah— 
ren von Thynion geftürzt, 250 v. E. Died. Sie. 
»2, 2ff. — 3) ein Pothagoreer aus Syrakus, 
auch Nifetas genannt; Cicero legt ihm die Lehre 
von der Bewegung der Erde um ihre Achje bei 
(acad. 2, 39, 123). 

Hilarotragoedia j. Rinthon. 

Hilleviönes ſ. Scandia., 

Himera, 7) "/ufg« (verwandt mit ze/uapgos, 
ziuıge), 1) bedeutende Stadt an der Nordküſte 
Steiliens, öſtlich von Panormos, wurde 648 v. C. 
von Chalkidiern aus Zankle gegründet. Thuc. 6, 6. 
Dem agrigentiniſchen Tyrannen Phalaris ſcheint 
die Stadt um 560 unterworfen geweſen zu fein. 
Später herrichte Terillos, wurde jedoch von dem 
Agrigentiner Theron verjagt und wendete fih an 
die Karthager (Hat. 7, 165), welche einen großen 
Heereszug unter Hamillkar reg rin bon Theron 
aber und jeinem Verbündeten, Gelon von Syra- 
fus, 480 dv. E. gejchlagen wurden. Nachdem die 
Himeraier einmal vergebens verfucht hatten, die 
Gewaltherrichaft des Thraſydaios (Therons Sohn) 
abzujchütteln, gelang es ihnen jpäter mit Hülfe 
des Hieron von Syrafus. Nun erhielt Himera 
feine freie Berfafjung wieder und blühte empor 
im Bunde mit Syrafus. Thuc. 7, 1. Als aber 
409 Hannibal, Giſgons Sohn, einen Rachezug 
unternahm, fiel die Stadt nad) verzweifelter Gegen: 
wehr und wurde dem Boden gleich gemacht. An 
der Stelle, wo 480 Hamilfar gefallen war, wurden 
3000 Gefangene geopfert. eiter weſtlich erhob 
ſich bald die Farthagiiche Kolonie Thermai (rw 
@Efoun, Diod. Sie. 13, 59—62), befannt durch die 
dem Herafles heiligen warmen Salzquellen (@se- 
yal al "Iuegaiaı oder tor "Iusgalor), welche be: 
jonders von den Römern gejhäßt wurden; wegen 
ihrer Treue erhielt ſich Thermai ihr eigenes Gebiet 
und freie Berfafjung. Scipio gab der Stadt einen 
großen Teil der geraubten Bildwerfe zurüd. Cie. 
Verr. 2, 85 ff. J. heit der Ort Termini. Himera 
war Vaterſtadt des Dichters Stefichoros, Thermai 
des Tyrannen Agathofles. — 2) Neben der Stadt 
mündete der nördliche Himerafluß, "Iufgas, 
entipringend auf den Gemelli colles, jetzt Fiume 
di ©. Lionardo oder Fiume Grande. Strab. 6, 266. 
— 3) Der füdlihe Himerafluß, j. Fiume Saljo 
(wegen ber Salzquellen, die er berührt), ſtrömt 
von den Mebroden in füdlicher Richtung herab 
und mündet an der Südküſte. Er trennte die Ge— 
biete der Karthager und der Syrafufier. Irrtümlich 


541 


glaubte man im Altertum, er habe Eine Quelle 
mit dem nördlichen Fluß. Pol. 7, 4. Strab. 6, 272. 
Liv. 24, 6. 

Himerios, "Iuforog, ein griechiſcher Sophift, 
Sohn des Rhetors Ameinias, aus Prufa in Bi: 
thynien, geboren um 315, gejtorben um 386 n. C. 
Um fich auszubilden, begab er ſich frühzeitig nad) 
Athen, machte zu gleichem Zwecke mehrere Reifen, 
ging dann wieder nach Athen zurüd und trat hier 
als Rhetor auf. Seine berühmtejten Schüler waren 
Bafileios und Gregorios von Nazianz. Der Kaijer 
Julian ließ ihm zu fich nach Antiocheia kommen 
und machte ihn zu feinem Sefretär. Nach deſſen 
Tode fehrte er nach Athen in feine frühere Stel: 
lung zurüd und lebte dort bis zu jeinem Tode. 
Him. war und blieb ein Heide, zeigt aber in feinen 
Schriften Mäfigung und Duldfamfeit gegen die 
Ehriften. Seine Werte find nur teilweiie auf 
uns gekommen. Photios fannte 71 Reden, ueifraı, 
und Borträge verichiedenen Inhalts, von 36 der— 
jelben hat er Wuszüge mitgeteilt. Bollftändig 
erhalten find 24 Reden, zu denen noch Bruchjtüde 
von andern hinzufommen. Es jind meift Prunk— 
und Gelegenheitsreden, im Ton und Geift der 
ipäteren Rhetorif gehalten, die, obſchon von den 
Beitgenofjen bewundert, an übertriebenem Schmud, 
an dunfeln Allegorien, an Schwulft und affeftier- 
tem Wejen leiden. Ausgg. von Wernsdorf (1790) 
und (mit Philoftratos, Kalliftratos und Eunapios) 
von Dübner (1849). Abhandlung von Teuber 
(1882). 

"Juegos ſ. Aphrodite, 1. und Eros, g. €. 

Himilkon, "/udxorv, ein farthagiicher Name: 
1) ein Seefahrer, welcher um 550 v. C. durd die 
Säulen des Herafles, der europäiſchen Küſte ent- 
lang, bis zu den Binninjeln, d. h. Britannien, 
gelangte. Plin. 2, 67. — 2) ein Feldherr der 
Ktarthager, kämpfte im Jahre 406 v. E. unglüd: 
li) auf Sicilien und tötete ſich 396 durch Hunger. 
Just. 19, 3. — 3) überwand ein Heer des Archa— 
gathos in Mirifa. Diod. Sie. 20, 60. — 4) ver: 
teidigte Lilybaion gegen die Römer. Pol. 1, 42 ff. 
— 5) ein farthagiicher Admiral, ſchützte im Jahre 
217 v. E. die Küſten Hijpaniens, befehligte dann 
ein Yandheer dort (Liv. 22, 19. 23, 28) und ftarb 
nach ruhmvollem Kampf gegen die Römer auf 
Sicilien an der Pet im Jahre 212. Liv. 24, 35 ff. 
25, 26. — 6) 9. Phameas, ein tüchtiger Feld— 
herr, beunruhigte im Anfange des dritten puntjchen 
Krieges die Römer durdy zahlreiche, geſchickt aus: 
geführte Streifzüge, ging aber darauf (148 v. E.) mit 
2200 Neitern zu ihmen über, erhielt dafür vom 
Senate große Gejchente und fämpfte fernerhin bis 
zum Ende des Krieges für jeine meuen Bundes: 
genpfien. App. Lib. 100 ff. 

ipparchos, "Inz«oyos, 1) j. Hippias. — 
2) Dichter der neueren attiichen Komödie. Erhalten 
haben ſich Bruchftüde von 4 Dramen, abgedrudt 
bei Meinele, com. Graec. IV p. 431ff. Nod, 
com. Att. fragm. III p. 272 ff. — 3) berühmter 
Mathematiker und Ajtronom, geboren in Nifaia, 
blühte 160—125 v. E. in Rhodos und Alexan— 
dreia. Er war ein Mann von unendlichem Fleiße 
und ftrenger Wahrheitsliebe und wurde durch die 
Genauigkeit jeiner mit jelbit erfundenen Inſtru— 
menten (MAitrolabium) gemachten Beobachtungen, 
jowie durd) die darauf beruhenden Berechnungen 
und Beltimmungen der Schöpfer der eigentlid) 


Hipparchos. 


542 "Inrapyos — 


wifjenichaftlichen Aftronomie. Seine Beobachtungen | 


bezogen ſich zuerft auf den Auf und Untergang 
der Geftirne, dann unterwarf er die gejamte 
Aftronomie feiner Beit einer genauen Prüfung, 
bejtimmte die Länge des Sonnenjahrs auf 5 Mi: 
nuten weniger als die damals angenommene Zeit 
von 365 Tagen 6 Stunden, berechnete Größe, Ent: 
fernung und Bewegung von Sonne, Mond und 
Erde und ar zuerft eine Zählung der Fir: 
jterne, jowie Beſtimmungen der Örter nach Länge 
und Breite. Bon jeinen zahlreichen Schriften find 
nur erhalten rör Agdrov »ul Ebödkov Yaıvo- 
ulvov Linyises in 3 Büchern und Zußenıs 
Asregısuor, ein Fragment, welches fich bei Pto— 
femaios findet. Erjte Ausgabe von PB. Bictorius 
(1567). Sammlung der geograph. Fragmente von 
Berger (1869). 

"Irragxos (inndeyns). 1) In Athen waren 
die beiden jährlich durch Wahl ernannten Hippar- 
chen die Befehlshaber der Neiterei. 2 Hipparchen 
waren nötig, weil die Neiterei in der Schlacht auf 
beide Flügel verteilt war (j. Equitatus, 1.) 
Ihnen untergeben waren die 10 Phylarchen (pr- 
Aapyor), ebenfalls durch Wahl ernannt, welche die 
Stelle bei der Neiterei hatten, wie die Tariarchen 
beim Fußvolf. Xen. Hipp. 1,8. In ihrer Sphäre 
hatten die Hipparchen auch gerichtliche zer 
ſchaft. 2) Im Nitoliichen und Achaitichen Bunde 
hieß jo nach dem (im Achaiiſchen Bunde nach 
den 2) Strategen der bedeutendite Bundesbeante. 
Liv. 38, 11. 30. Pol. 5, 1. 91. 25, 1. 22,13. — 
3) Auch in Boiotien, Syrakus, Theffalien u. a. O. 
finden wir Hipparchen neben Bolemarchen als an: 
gejehene Behörden. . 

Hippäris, "Inzagıs, Fluß des füdlichen Siei— 
liens, der den Sumpf von Kamarina durchfließt 
und unterhalb der Stadt ſich ins Meer ergieft; 
j. Cammarana. Pind. ol. 5, 1. 27. Sil. Il. 14, 230. 

Ixaeig oder ixans, in Athen die zweite Klafie 
in der folonifchen Klaſſeneinteilung (j. Dun, 6.); 
in Sparta ſ. Exercitus, 2. 

Hippemolgi, "Inrnuoiyol, d. i. Roſſemelker 
(Hom. Il. 13, 5), waren wohl jfythijche Nomaden, 
die glein den Galaktophagen von Stutenmilc 
lebten. Strabon (7, 302. 311) ſetzt fie in den 
hohen Norden und rechnet fie zu den Kimmeriern. 
Unter den Alten haben einige das Epitheton 
eyavol ald Vollsname und inmnuoiyol als Epi: 
theton genommen. 

Hipplas, Innlas, 1) Sohn des Beijiftratos, 
ftand mit feinem Bruder Hipparchos (ein dritter 
Bruder, Thefialos, wird jelten erwähnt) jchon bei 
der zweiten Vertreibung des Vaters 550 vd. 
demjelben zur Seite. Hdt. ı, 61. Nad dem Tode 
des Peififtratos (527 v. €.) folgte Hippias „als 
Tyrann (Hdt. 5,55. Thue. 1,20), doch nahm auch 
Hipparch eine hervorragende Stellung ein. Hippias 
eigte ſich als einfichtsvollen und tüchtigen Herr: 
fer, übte milde Gewalt, jehte die vom Bater 
aufgelegte Abgabe von '/,, auf '/,, herab und lieh 
die meijten Gejege in Kraft. Thuc. 6, 54. Doch 
werden daneben auch tyrannijche Gewaltmaßregeln, 
jelbft Eingriffe in das Eigentum und in die Pri- 
vatverhältnifie, erwähnt. Dabei zeigt fich ein 
Streben nad äuferem Glanz und eftgepränge; 
dem Hipparch aber insbejondere wird die Sorge 
für Geiſteskultur 5— Hdt. 7, 6. (Plat.) 
Hipparch. 228, 6 C. Ein Kreis von Dichtern, 


Hippokleides. 


Anafreon, Simonides u. a., verfammelte fih in 
Athen, und die Kunde der homerijchen Gedichte 
wurde befördert. Nachdem aber Hipparch durch 
Privatrache den Tod gefunden (514), wurde die 
Herrſchaft des Hippias härter, und in Bejorgnis 
vor einer Umwälzung knüpfte er Verbindungen 
mit dem Auslande an. So gab er feine Tochter 
dem Sohne des Tyrannen Hippoklos von Lam: 
pſakos, Niantides, zur Frau, da dieje Fürften beim 
Berjerkönige Einfluß hatten. Hat. 5, 94. Thue. 
6, 59. Da veranlaßten die landesflüchtigen Alt: 
maioniden, die vergebens verfucht hatten mit eigener 
Macht zurüczufehren, nachdem jie im Auftrage 
der Amphiltyonen den Tempel in Delphoi prächtig 
aufgebaut hatten, einen Orakelſpruch, der den 
Spartanern befahl, diejelben zurüdzuführen und 
die Tyrannis zu ſtürzen. Hdt. 5, 62f. Der erfte 
Feldzug unter Anchimolios mißlang, bejonders 
durch die den Peiliftratiden zu Hülfe gefommene 
thefialiiche Neiterei. Doc der König Kleomenes 
unternahm jelbjt einen zweiten Angriff, und Dippias, 
auf der Burg belagert, wurde, als jeine von ihm 
—— fortgejchidten Kinder in die Hände feiner 
einde geraten waren, zu einem Bertrage genötigt, 
nach dem er Attila räumen mußte (510). Hat. 
5, 63 ff. Er begab ſich nad Sigeion zu feinem 
Baftardbruder Hegejiitratos und dann nad Lam— 
pjafos, die Hoffnung auf Rüdkehr nicht aufgebend; 
jelbft mit den Lafedaimoniern fmüpfte er dazu 
Verbindungen an. Hdt. 5, 91. Erſt jpäter wandte 
er ſich durdy Artaphernes an Dareios. Hdt. 5, 96. 
Thuec. 6, 59. Diejen reizte er zum Striege gen 
Athen, führte die Perjer nad) Marathon l dt. 
6, 102) und ift nad) einigen in der Schlacht ge: 
allen (Just. 2, 9), wahrjcheinlicher aber auf der 

ückkehr nad Mjien im hohen Alter an einer 
Kranfheit auf Lemnos geftorben. — 2) Sophijt 
aus Elis, Zeitgenoffe des Sokrates, hielt Lehr: 
vorträge und Brunfreden in den griechiichen Städte, 
bejonders in Athen, war aber dabei ein Mann 
von der größten Eitelfeit, wollte als Vielwiſſer 
und Tanjendkünftler glänzen und erbot fich nicht 
nur über jede aufgeworfene frage in einer längern 
zufammenhängenden Rede ſich auszulaflen, jondern 
war auch jtolz darauf, alles, was zum Putze eines 
feinen Mannes gehöre, jelbft verfertigen zu können. 
Xen. mem.4, 4 ff. Cie. de or. 3, 32. Seine Ruhm: 
redigfeit ift befonders in den nach ihm benannten 
platonischen Dialogen charakterifiert, in denen auch 
jeines glüdlichen Gedächtniffes gedacht ift. Außer 
philofophiichen werden auch thetorijche und hiſto⸗ 
riſche Schriften (dvaeygapr Olvumorıxör und 


E. | Tewinög Aoyog) desjelben angeführt. 


Irroßöoreı, Name der Adeligen und Arifto: 
fraten in Chalkis (ol d' Inmoßöra Fualkorro ol 
ruylıs röv Xalnıdior, Hat. 5, 77). 

Hippodameia, 1) j. Achilleus, 2. — 2) j. 
Pelops. — 8). Peirithoos. — 4) j. Aineias. 

Hippodämos, ‘Imrödauos, aus Milet, bedeu: 
tender Architekt um 440 dv. E., machte ſich durch 
regelmäßige Anlegung von Städten, namentlich 
dem Peiraieus, Rhodos und Thurioi, bekannt. 
Abhandlung von K. F. Hermann (1841). 

Hippodrömos j. Olympia, 3. 

Hippokleides, ‘Inmoxrlelöng, ein durch Schön- 
heit und Reichtum ausgezeichneter Athener, Sohn 
des Tilandros. Von F berichtet Herodot (6,126 ff. , 
er habe jich mit vielen andern um Agarifte, die 


Hippokoon — Hippomedon. 


543 


Tochter des Mleifthenes von Sifyon, beworben, | jeit 1838, und befonders von Ermerins, 1859 — 1863 
habe aber dadurd, daß er bei einem Feſte ſich in 3 Bdd.) find gewiß viele teils untergeichoben, 


mit dem Kopfe auf einen Tiſch ftellte und mit | 


teils ſchon frühzeitig durch fremde Zuſätze ver: 


den Beinen in der Luft jchlenferte, die anfangs | mehrt worden, hauptjächlich wohl von jeinen Söh— 
gewonnene Gunſt des Kleiſthenes vericherzt. Das | nen Theffalos und Drafon und feinem Schwieger: 
habe ihm aber feine heitere Stimmung durchaus | john Polybos. Schon Galenos juchte die echten 
nicht geraubt, jondern er habe zu Kleifthenes ge: | und unechten Schriften zu jcheiden und einen 


jagt: „Das kümmert den Hippofleides nicht” (ov 
poorrig "Innonkelön) Nach Herodot ijt diejer 
Ausſpruch jeit diejer Zeit von den Athenern ſprich— 
wörtlich angetvendet worden, in Wirklichkeit wird 
aber das Sprichwort wohl bei einem andern Anlaß 
entjtanden und Die von Herodot erzählte Ge: 
ihichte jpäter dazu erfunden worden jein. 
Hippoköon, 'Irzoxdwr, 1) Sohn des Dibalos 
und der Nymphe Bateia, Halbbruder des Tynda— 
reos und Jlarios, in Sparta. Er vertrieb feine 
Brüder wegen der Herrichaft, aber Herafles führte 
den Tyndareos zurüd und erjchlug den Hippokoon 
mit jeinen vielen Söhnen. Ikarios blieb in Akar— 
nanien, wohin die Brüder geflohen waren; bier 
zeugte er mit Polykaſte oder mit der Nais Peri— 
boia die Penelope, Gemahlin des Odyſſeus, den 
Alyzeus, Thoas u. a. Paus. 3, 1, 4. Apollod. 
3, 10, 4,5. — 2) Thraferfürjt, Verwandter und 
Begleiter des Rheſos vor Troja. Hom. I1. 10, 518. 
— 3) Sohn des Hyrtafos, Begleiter des Nineias, 
guter Bogenſchütze. Verg. A. 5, 492. 
Hippokrätes, 'Inmoxrgdrns, 1) Vater des Pei— 
fiftratos. — 2) Sohn des Altmaioniden Mega: 
Mes und mütterlicher Großvater des Perifles. — 
3) Bruder und Nachfolger des Tyrannen Kleander 
von Gela, welcher 498 v. C. ermordet wurde. 
Durch Treulofigfeit gegen die Einwohner von 
Zankle vergrößerte er feine Macht, befriegte und 
bejiegte die Syrafufier und erhielt nach einem 
Vergleiche Kamarina. Er ftarb 491; fein Nach— 
folger war ®elon. Hadt. 6, 23. Thuc. 6, 5. — 
4) ein athenijcher Feldherr, Sohn des Ariphron, 
fiel in der Schlacht bei Delion im %. 424 v. E. 
— 5) der berühmte griedhiiche Arzt aus Kos, geb. 
um 460 v. E. Nur weniges wiflen wir von jei: 
nem Leben. Er gehörte dem Geſchlechte der Aſkle— 
piaden an, und fein Großvater, Hippokrates 1., 
lebte in den Zeiten der Berjerfriege; jein Bater 
hieß Herafleides, feine Mutter Bhainarete. Seine 
eifte Bildung erhielt er jedesfalls durch feinen 
Bater in der Heimat und durch andere koiſche 
Ärzte; als andere Lehrer werden Herodilos aus 
Selymbria an der Propontis, die Sophiften Pro: 
difos von Keos und Borgias von Leontinoi, auch 
Demofritos von Abdera genannt, wiewohl das 
legtere Lehrer: und Schülerverhältnis nicht ganz 
ficher ift. Schon frühzeitig jcheint er feine Hei— 
mat verlaffen und weitere Reifen unternommen 
zu haben, doch. läßt fich weder der Gang derjelben, 
noch die Dauer des Aufenthaltes an den einzel: 
nen Orten bejtimmt angeben. Much jein Aufent- 
It in Athen während der Peſt im peloponnefi: 
chen Kriege ift nicht ficher zu ermitteln, obwohl 
er ji) dort während des Krieges einige Zeit mag 
aufgehalten haben. Überhaupt 3 über ſein Leben 
mehrfach verſchiedene Angaben und ſagenhafte Be— 
richte vorhanden. Sein Name iſt ebenſo wie der 
des Homeros Kollektivname geworden. Auch von 
den ihm beigelegten Schriften (72 größeren und 
Heineren; Sauptausgg. von E. G. Kühn, 1825, 
3 Bod.; von Littrd mit franzöfiicher Überjegung 


Kanon feitzuftellen und hielt höchſtens 13 für 
echt. Die gegenwärtige Verfaſſung ftammt aus 
der alexandriniſchen Zeit; die Echtheit aber, die 
Albrecht von Haller von 18, Grunert nur von 8 
annahm (j. E. Peteriens Monvgr., 1839), läßt 
ſich faum von einer einzigen vollfommen nad): 
weijen, obwohl gewöhnlich 6 Schriften als echt 
gelten. Unter diejen find die Apogısuo! am 
meiften verbreitet. Sie enthalten gleichſam den 
Kern der ganzen Heillunde des H., deſſen Ver: 
dienft um die Medizin darin befteht, daß er jie 
zuerjt wiſſenſchaftlich begründete, indem er jich 
gleich fern hielt von geiitlojer Empirie und von 
trügerijchen Hypotheſen. Seine Theorie und Praris 
gründeten fich auf langjährige und jcharfe Beob- 
achtung und Erforfchung der menjchlichen Krank: 
heiten. Dadurch vervolllommnete er die Patho: 
logie und Therapie. Wuch die Chirurgie hob er. 
Seine echten Schriften find im ioniſchen Dialekte 
geichrieben und jpäter von Griechen, Nömern und 
Arabern vielfach erflärt worden. 9. ftarb zu Yarija 
in Theffalien jpätejtens 359 v. E. in hohem Alter 
und erhielt dajelbjt auch ein Denkmal. — 6) Sohn 
des Thefialos und Enkel des großen Arztes. Er 
joll über verjchiedene Teile der Heilkunde geſchrie— 
ben haben. — 7) Sohn des Drakon und gleich: 
falls ein Enfel des berühmten 9., Zeitgenoſſe 
Aleranders des Gr., Arzt in Makedonien und 
Verfaffer medizinischer Schriften. — Nod gab es 
unter diefjem Namen 2 medizinische Schriftiteller, 
die Söhne des Thymbraios aus Kos, und endlich 
einen Pythagoreer aus Chios, der ſich um die 
Geometrie Verdienite erworben haben joll. 

Hippokröne, "Inxov »orjen oder Inmoxorjvn, 
j. Kryopigadi, Quelle auf dem etwa 1570m hoben 
Gipfel der Hauptfette des Helifon in Boiotien, 
entjtanden durch den Hufſchlag des Pegajos und 
für die Mufen der Quell wahrer Begeisterung. 
In der Nähe befand fich der mit herrlichen Statuen 
geihmüdte Muſenhain. Mesiod. theog. 6.-Or. fast. 
5, 7. Paus. 2, 31, 8. 9, 31, 3. 

Hippolöchos j. Glaukos. 

Hippoljte ſ. Amazonen und Herakles, 8. 

Hippolytos, "Inrölvros, 1) Sohn des Thejeus 
und der Amazone Antiope oder Hippolyte. Seine 
von ihm verjichmähte Stiefmutter Phaidra ver: 
leumdete ihn bei Thejeus (Zur. Hippolytus. Cie. 
off. 1, 10. 3, 25); dieſer fluchte ihm und bat jei- 
nen Bater Bojeidon, ihn zu verderben. Als nun 
H. am Meeresufer binfuhr, jchidte Poſeidon einen 
Stier aus dem Meer, daß die Pferde jchen wur: 
den und ihn zu Tode jchleiften. Als feine Un: 
ichuld befannt ward, tötete jich Phaidra; H. aber 
ward (Or. met. 15, 489; anders Hor. od. 4, 7, 25f.) 
von Aiflepios wieder zum Leben erwedt und von 
Artemis nad Latium in den Hain der Egeria bei 
Aricia gebracht, wo er unter dem Namen Birbius 
herricht (j. Artemis). — 2) ein Gigant. Apollod. 


i, 6, 2. 
un we Innousdor, Sohn des Talaos 
oder des Ariſtomachos, eines Bruders des Adra- 


544 


jtos, aus Argos, zieht mit Adraftos gegen Theben 
(j. Adrastos), wo er fällt. Er hatte feinen 
Herricherfiß in der Gegend von Lerna. JPaus. 
2, 36, 8. 

Hippomönes j. Atalante. 

Hippon, ö ‘Inzuv, 1) 9. Negius, Basıkındg, 
fpäter Hippone, in Numidien an einem Buſen 
gleiches Namens, Anlage der Tyrier, von Maſi— 
niffa zur Hauptjtadt gemacht (daher ihr Beiname 
d Baorkırög, regius), jpäter römiſche Kolonie. Sall. 
Jug.19. Liv. 29,3.32. Strab. 17, 832. H. wurde 
430 n. E. durch die VBandalen zerftört, nachdem 
der Biſchof Auguftinus während der Belagerung 
rag in der Nähe große Eijenbergwerfe. 

uinen beim j. Bona. — 2) 9. Diarrhytus, 
JSdgevrog, richtiger Zarytus, auch Hippakra 
und Hippagreta, j. Bizerta, in der römiſchen 
Provinz Afrika (in Zeugitana), an einer tiefen 
Meeresbucht und einem Landſee, weſtlich von 
Utica, tyriſche Kolonie und ſtark befeſtigt, unter 
den Römern eine freie Stadt. Plin. ep. 9, 33. 
App. 8, 110. Mela 1, 7, 2. 

Hippönax j. Iambographen. 

Hipponikos j. Kallias. 

Hipponion ſ. Vibo. 

Hippondos j. Bellerophontes. 

Hippophägoi, "Innopdyo:, d. i. Pferdeeſſer, 
werden 2 Völker des afiatiichen Nordens genannt, 
die jarmatiichen H. in der Gegend des heutigen 
Perm, und die ſtythiſchen H., an der Dftjeite 
des Imaos (Altai). Ptolem. 5, 9. 6, 15. Noch 
jegt nähren jich die in jenen Gegenden wohnenden 
Nomaden in ähnlicher Weije. 

Hippotädes und Hippötes ſ. Aiolos, 2. 

Hippothöon, 'Inno®oor, Sohn des Pojeidon 
und der Mlope, einer Tochter des Kerkyon (j. 
Theseus, 2.), Heros Eponymos der attijchen 
Phyle Hippothoontis (j. Bvinj, 7.). Alope jehte 
ihn aus, aber eine Stute nährte das Kind, Hirten 
fanden es und zogen es auf. Als jpäter Theſeus 
den Kerkyon überwunden und getötet hatte, über: 
gab er dem Hippothoon auf jeine Bitte die groß: 
väterliche Herrihaft in Eleufis. Alope war, nad): 
dem die Geburt des Hippothoon bekannt getworden 
war, von ihrem Vater zum Tode eingeterfert 
worden, und Bojeidon hatte fie in eine Quelle 
verwandelt, die man noch jpäter zu Eleufis zeigte. 

Hippothöos, Innotoog, 1) ſ. Aipytos, 2. 
— 2) Sohn des Priamos. Hom. Il. 24, 251. — 
3) Sohn des Lethos, Enfel des Teutamos, der 
den Troern pelafgiiche Hülfspölfer von Larija zu: 
führte, von dem Telamonier Aias getötet. Hom. 
II. 2, 840. 17, 288 ff. 

Hippotoxötae, 'Irzoro&öraı. Im Anfange des 
peloponnefischen Krieges zählte die attijche Reiterei 
1200 M. (Thue. 2, 13); darunter befand fich auch 
ein Corps leichter Kavallerie von 200 Bogen: 
icdyügen (Immoro&örer, Thuc. 5, 84. 6, 94), wahr: 
ſcheinlich aus gefauften Staatsjflaven beftehend. 
— Auch in der jpäteren römischen Kaiſerzeit ftell: 
ten die aſiatiſchen Voller Bogenjchügen zu Pferde 
(hippotoxotae oder sagittarıı equites), die ſamt 
ihren Pferden am ganzen Körper mit einem 
Scyuppenpanzer verjehen waren, auch equites 
cataphracti, loricati genannt (vgl. Equita- 
tus, 3.). 


Hippomenes — Hirtii. 


Reihe hiftoriiher Schriften, wie Zinelind oder 
zoorina« in 5 BB., vrioıg "Itallag, Apyolınd. 
Die jpärlihen Fragmente find gelammelt von 
Müller, fragm. hist. Graee. Il p. 12 ff. 

Hirpini (Irpini), "/grivor, benannt nach dem 
fabiniichen Wort birpus (Wolf), die füdlichite Völker— 
ſchaft Samniums, bewohnten einen großen, jchd- 
nen und fruchtbaren Bergfejfel der Apenninen, im 
W. von Campanien, im ©. von Yucanien, im 
D. von Apulien, im N. von den Caudinern ein: 
geiatoften, mit den Städten Mclanum, Equus 

uticns, Aquilonia, Compſa. Liv. 22, 13. 61. 
23, 37. 27, 15. Strab. 5, 250, 

Hirtii, Name einer Familie plebejiichen Stan: 
des. Am befannteften ift A. Hirtius, Anhänger 
Cäſars, der unter demjelben in Gallien 58 v. E. 
diente, wo er jehr weichlich lebte (Cie. ad fam. 
16, 27, 2). Beftimmtere Nachrichten finden wir 
von ihm erſt im jpäterer Zeit. Er begleitete 
Cäſar nad Rom, nach Ägypten und im 3. 47 
nad) Antiocheia, wo er dem D. Cicero von Cäſar 
Berzeihung auswirkte. Cic. ad Att. 11, 20. Wäh— 
rend des Krieges in Afrifa lebte er auf feinem 
Gute bei Tuſeulum, feierte prächtige Spiele zu 
Pränefte und empfing dann Gäjar bei feiner Nüd- 
fehr. Cie. ad Att. 12, 2,2. Cicero ftand mit ihm 
in freundjchaftlichem Verkehre (ad fam. 7, 33. 
9, 18. 20), Im J. 46 jchlug Hirtius als Prätor 
ein Geſetz wegen Ausſchließung der Anhänger des 
Pompejus von allen Amtern vor (Cie. Phil. 
13, 16), erhielt von Cäſar die fonjulariichen Ehren: 
zeichen (Suet. Caes. 76), folgte ihm im 3. 45 nad) 
Hilpanien zum Kampfe gegen den jüngeren Bon: 
pejus, war aber weniger mit dem Schwerte als 
mit der Feder (Cie. ad Att. 12, 40) thätig. Mit 
feinem Freunde Banja wurde er für das %. 43 
zum Konſul defigniert; aber nach Cäſars Ermor- 
dung z0g er ſich, wiewohl er zu Antonius hin: 
neigte, allmählich zurüd und lebte, wenn er gleich 
einigemale in Rom erichien, doch ruhig auf jei: 


nem Landgute, wo er den Berfehr mit Cicero 
eifrig pflegte. Cie. ad fam. 16, 24,2. Veßteren, 
der — Schwiegerſohn Dolabella nach Syrien 


zu begleiten wünſchte, bat er dringend in ſeiner 
Nähe zu bleiben. Den Reſt des Jahres feſſelte 
ihn eine ſchwere Krankheit ans Krankenlager. End— 
lich trat er nach Wiederherſtellung am 1. Jan. 43 
mit Banja das Koniulat an, jo wenig Vertrauen 
man auch auf beide jegte, veranlafte im Senate 
Beſchlüſſe zur Belohnung derer, welche fich gegen 
des Antonius Anmahungen erhoben hatten, na: 
mentlich des jungen Octavian, und zog dann mit 
einem Heere ins Feld, war jedoch entichloffen, den 
Ausgang der mit Antonius angeknüpften Unter: 
handlungen abzuwarten. Cie. Phil. 7, 4. 10, 8. 
Als dieſe ſich zerichlagen hatten, vereinigten ſich 
beide Konſuln bei Bononia. Panſa verlor hier 
ein Treffen, Hirtius dagegen ſchlug den Antonius 
am 14. April 43 und lieferte dann demſelben die 
Schlacht bei Mutina zwiſchen 25. und 27. April, 
in welcher Antonius unterlag. Hirtius fiel, Banja 
ſtarb am folgenden Tage an jeinen Wunden. Cie. 
Phil. 14, 9f. ad fam. 10, 30. 12, 25. Op. trist. 
4, 10,6. App. 3,66 ff. Vell. Pat. 2, 61. Tibull. 
3,5, 18. Plut. Ant. 17. Einige warfen dem 
DOctavian dor, den Tod der Konfuln veranlaft zu 


Hippys, Taxrvs, aus Mhegion, lebte nad) | haben, um auf ihren Fall feine Macht d grün: 


Suidas zur Zeit der Perjerfriege und jchrieb eine | den. Suet. Oct. 11. Tac. ann. 1, 10, 


on ihm, 


tS 


Hirtuleius — Hispania. 


einem woifjenjchaftlich gebildeten Manne, iſt das 
achte Buch hinter Cäjars Kommentarien de bello 
Gallico, vielleiht auch das bellum Alexandri- 
num verfaßt. 


Hirtulöius, wahricheinlih Quäftor im %. 86 


v. E. (Cie. Font. 1, 2) und Urheber der Einfüh: 
rung doppelter Rechnungen in Bezug auf das vom 
—* Valerius in demſelben J. gegebene Geſetz 
über die Herabſetzung der Schulden. Vielleicht iſt 
er Eine Perſon mit jenem 2. Hirtulejus, welcher 
als Quäſtor unter Sertorius in Hifpanien mit 
Auszeichnung kämpfte und im J. 79 den Domi- 
tins, ſowie im J. 78 den PBrofonjul Manilius be- 
fie Aber von Sertorius im %. 76 am Bätis 

— wurde er von Metellus bei Italica 
beftegt und verlor im J. 75 gegen denjelben bei 
Segovia Schlacht und Leben. Oros. 5, 23. Liv. 
ep. 91. Flor. 3, 22. 

His yes "Tanalız, j. Sevilla, berühmte Han: 
delsftadbt der Turduler in Hilpania Bätica am 
Bätis, der hier, 500 Stadien von feiner Mün— 
dung, noch ſchiffbar für Seeſchiffe war, nächſt 
Corduba und Gades die bedeutendſte Stadt der 
Provinz und Sit eines conventus iuridicus. Bon 
Cäſar erhielt jie den Namen colonia Iulia Ro- 
mula oder Romulensium. Caes, b. c. 2, 18. 20. 
b. Hisp. 27. 35. 42 u. öd. Strab. 3, 141. Nur 
wenige Refte der alten Stadt find erhalten. 

Hispania, "/oxari«, von den Griechen früher 
Tßnoicc, von den Dichtern auch "Eszepi«, Hesperia 
genannt, begriff im Altertum die ganze Byrenätjche 
Halbinjel und hängt nur im N. durch die Pyre— 
näen mit Gallien zujammen, während an dem 
weftlichen Teile der Nordfeite der Aquitaniſche 
Meerbujen, im W. der Atlantiihe Ocean, im ©. 
bis zu den Säulen des Hercules derjelbe, von da 
an öſtlich das Mittelländiihe Meer die Küften 
befpülen. Außer den Pyrenäen an der Nord— 
er find von Gebirgen zu merfen: an ber 

ordfüfte im Gebiet der Bafconen, Cantabrer und 
Afturen der Saltus Vasconum und der Vin— 
dius; von diefem Zuge trennt fich in jüdöftlicher 
Richtung längs des rechten Iberusufers hinftrei- 
end der Ydubeda (Idorßfda), j. Sierra de 
Dca, ©. de Lorenzo und de Albaracin, mit 
verichiedenen Bweigen. Der Drojpeda oder 
Drtojpeda (Ogröoreda), j. Sagra Sierra, be: 
ginnt in der Mitte beim Jdubeda, anfangs rauh 
und fahl, dann mwaldiger an der Ktüfte, und zieht 
fich mach Bätica bis zu den Quellen des Bätis 
hin; im füdlichen Teile heit er Mons Argen- 
tarius. Längs der Südküſte von Bätica ftreicht 
der Solorius (j. Sierra Nevada), an den fich 
weſtlich bis zum Vorgebirge Kalpe der Jllipula 
(i. las Alpujarras) anfchlieht. Zwijchen dem Bätis 
und Anas liegt der Mons Marianus (j. Sierra 
Morena), jteil und metallreich, deſſen öftlicher 
Zweig, Saltus Castulonensis (S. de Cazorle), die 
Verbindung mit dem Ortojpeda bildet. In Luſi— 
tanien zwijchen Durius und Tagus ftreicht in ſüd⸗ 
weitlicher Richtung der Mons Herminius (j. 
©. Eftrella). — Die bedeutendften Vorgebirge find 
am Mittelmeere von NO. anfangend: Pyrene 
(j. Cabo Ereuz) mit einem Tempel der Aphro- 
bite; Tenebrium oder Dianium (j. Cabo 
Nav), den Pityufischen Inſeln ‚gegenüber; Saturni 
Prom. (Ptol. Zxoußpasia änge, j. Cabo de Pa: 
los) öftlih von Neukarthago; Borgebirge des 

Reallexikon bes Mafl. Altertums. 7. Aufl. 


Eharidemos am Meerbufen von Urei (j. Cabo 
de Gata); Kalpe (j. Gibraltar) an der Gaditani- 
ſchen Meerenge; davon etwas weſtlich ITunonis 
Prom. (j. Cabo Trafalgar); Prom,. Cuneus (j. 
St. Maria), die Südipige de3 von ben Römern 
Euneus genannten Winfels von Lufitanien zwi: 
ihen dem Anasfluffe und dem Prom. Sacrum (j. 
E. St. Vincent), der Südweſtſpitze; Prom. Bar- 
barium (j. E. Eſpichel) und Prom. Magnum 
(ij. C. la Roca), zu beiden Seiten der Tagusmün— 
dung; Prom. Nerium oder Celticum id. €. 
Finisterre), die Nordweitipike; Coru oder Tri- 
leucum Prom. (Kagov üxeor ro »al Tioilev- 
xov, j. E. Ortegal), die Nordipite. — Unter der 
Menge von Flüſſen (mehr als 60 kennen die 
Alten) find bemerkenswert an der Dftküfte: Alba, 
Rubricatus (Llobregat), Jberus oder Hiberus 
mit feinen Nebenflüffen (j. d.), Turia (Guadala— 
viar), Sucro (Xucar), Tader (Segura); an der 
Südmweftlüfte nah W. herum: Bätis (Guadal: 
quibir) mit jeinen Nebenflüffen, Urium (Zinto), 
Anas (Guadiana), Kallipis (j. Sadao) in Luſita— 
nien, Tagus (Tajo und Tejo), Munda (Mon: 
dego), Bacua (Bouga), Durius (Duero) mit fei- 
nen Nebenflüflen (j. d.), Minius (Minho) oder 
Bänis, Tamaris (Tambre); an der Nordküſte: 
Navia, Meljus (Narcca), Nerva (Fl. von Ordunna). 


— Hilpanien galt bejonderd in jeiner füdlichen : 


Hälfte für jehr fruchtbar; ungleich waren die mitt: 
leren Striche, die nördlichen Seile meift rauh und 
minder ergiebig. Seine Produkte, befonders aud) 
die des Mineralreiches, verichafften dem Lande 
Wohlftand, vermittelt durch einen bedeutenden 
Handel beſonders nad Rom. — Die Bewohner, 
Iberes (I8n055) oder Iberi, deren Nachlommen 
die ſprachlich mit feinem andern Bolfe verwandten 
Balken (Eufcaldunac) find, waren von uns un: 
befannter Abkunft und galten den Alten für Ur: 
einwohner. Zu ihnen wanderten über die Pyre- 
näen herüber Kelten; zu diefen gehörten nament: 
lih die Völker der Weftküfte und des inneren 
Hodhlandes: Vaccäer, Belendoner, Arevaler, 
Beroner und Yujoner, fowie in dem ſüdweſt— 
lihen Teile, dem jogenannten Cuneus, die Gel: 
tici, wahrjcheinlid die Kyneten oder Kyneſier, 
die Herodot (2, 33. 4, 49) am äußerjten Weftende 
ale Nachbarn der Kelten kannte, die ſich mit jenen 
zu Einem Bolfe vermijchten und nun Celtiberi, 
-e8 (Kelridnoes) genannt wurden, namentlich im 
Mittellande wohnhaft, während am Fuße der Byre: 
näen im Lande der heutigen Vaſten bis auf den 
heutigen Tag fich die iberifche Bevölterung rein 
erhalten hat. An den Küften waren viele teils 
phoinififche (und Farthagiiche), teils griechiſche 
Kolonien; jpäter, aber nachhaltig in feinen Wir: 
fungen, war der Einfluß der Nömer. Bis zum 
%. 238 dv. C., wo die Karthager fih für den Ber: 
luft Siciliens und Sardiniens in Hilpanien zu 
entichädigen begannen, hatte man nur dunkle 
Kunde von den phoinitiihen Kolonien Tarteſſos 
und Gadeira (Bades). Am J. 229 wurde Neu: 
farthago gegründet, und nad) und nach der jüd- 
lihe Teil des Landes erobert. Als Hannibal 
gegen den 228 mit den Römern abgeichlofjenen 
Vertrag Saguntum zerftört und den Iberus über: 
ſchritten hatte, begann der zweite puniſche Krieg, 
welcher jeit 206 die Römer in den Beſitz des 
jüdlichen Teiles ſetzte; die übrigen bisher freien 
35 


6 


- 


-) 


546 


Zeile wurden gänzlich erſt nach 200 %. unter: 
worfen. Die Geltiberer unterwarf Ti. Gracchus 
180— 178, ein Teil der Lufitanier untertwarf ſich 
nach dem Fall Numantias 133, der nördliche Teil 
erit jeit 61 (Julius Cäſar); und die Afturer und 
GCantabrer wurden erit 22 dv. E. durch Augufts 
Feldherrn Vipſanius Agrippa gebändigt. Die 
frühere Einteilung in Hispania eiterior und ul- 
terior hatte urjprünglidy ihren Grund im Laufe 
des Iberus; durch Auguftus wurde die Provinz 
eiterior — nach der Hauptftabt Tarraco, wohin 
Auguftus den Sit der Regierung von Neufarthago 
verlegt hatte, auch Tarraconenfis genannt — 
jo erweitert, daß fie den nördlichen und öftlichen 
Teil des Landes umfahte (Grenzen: der Durius 
bis zur Stadt Septimanca, j. Simancas; dann 
eine jüdwärts den Anas treffende Linie, welche 
fihh dann ojtwärts wendet und, den Saltus Castu- 
lonensis ſüdlich liegen lafjend, unterhalb Neu: 
farthago and Meer reicht); ulterior zerfiel in 
2 Provinzen, deren Grenze der Lauf des Anas 
bildete: die weitliche Luſitania, die ſüdliche Bä— 
tica, von dem Bätisflug genannt. Außerdem 
war das Land nach den Ober:Gerichtshöfen in 
14 Conventus iuridiei geteilt. — Die Haupt: 
völfer in Qufitania waren: die Luſitani zwi: 
ihen Tagus und Durius, öſtlich am Galtus 
Herminius die VBettones, ſüdlich vom Tagus die 
Geltici. Die bedeutendften Städte: Balja, ji. 
Tavira, römifches Municipium an der Sübdfüfte, 
Myrtilis, j. Mertola, am Anas, Bar Julia, 
j. Beja, weftlich vom Anas, römifche Kolonie und 
Sig eines Conventus iuridieus; GSalacia, j. 
Nlcager do Sal, am Kallipus; Auguſta Eme: 
rita, j. Merida, römijche Kolonie am Anas, in 
welcher Auguftus Veteranen anfiedelte (daher der 
Name), eine der bedeutenditen Städte Hiſpaniens, 
Sitz eines Ober-Gerichtshofes; Eböra, j. Evora; 
Norba Cäſarea am Tagus, j. Alcantara; Oli— 
jipo, j. Liſboa, Lifjabon, am Tagus unmeit jeiner 
Mündung; Salmantica (oder Hermantica), j. 
Salamanca. — Die Hauptvölfer in Bätica waren: 
die Turdetani zu beiden Seiten des Bätis, die 
Turduli am öftlichen Ufer des Bätis und am 
Singulis, die Baftuli an der Sübfüfte, an welche 
ſich öftlich die Baſtetani anſchloſſen; gen 
dem Anas und dem Marianusberge in NW. in 
der Landſchaft Bäturia Die bätitchen Kelten. 
Unter den 175 (nad Strabon jogar 200) Städten 
des ſtark bevölferten Yandes waren die bedeutend- 
ften: Aftigi, Bades (ſ. d.), Carteja, Malaca, 
Slliturgis, Munda (j. wohl Montilla, etwa 
35 km jüdlih von Corduba), Jlliberis, Hi— 
ipalis, Jtalica, Corduba, Aſtapa, Bäcula 
‘‘. d.). — Hilpania Tarraconenfis (größer als 
die beiden andern zujammengenommen) bewohn: 
ten folgende Bölfer: an der Dftküfte die Baſte— 
tani mit den Städten Bafti (j. Baza), Aecci (ij. 
Guadir) u. a, die Conteſtani mit den Städten 
Garthago Nova, der gröften Handelsftadt des 
Landes, Saertabis (j. Jativa), Ilici (Eiche) und 
Lucentum (Alicante), die Edetani oder Sede— 
tani mit den St. Balentia, Saguntum, Eto: 
viſſa, Edeta Liria; die Jlercavones an beiden 
Seiten des unteren Iberus mit Dertoja, die 
Gejjetani mit Tarraco (Tarragona), der Haupt: 
ftadt der ganzen Provinz, die Yacetani um den 
Nubricatus mit Barcino (j. Barcelona) an der 


Histiaia — Historia. 


Mündung des Fluffes. Landeinwärts an den Pyre— 
näen die Aujetani, Gerretani, die JIlergetes mit 
Salduba oder Eäfarea Auguſta (j. Saragoſſa), 
Dica und Jlerda (j. Huesca und Lerida); die 
Bajcones mit Calagurris (im jertorianischen 
Kriege 71 v. E. eritürmt, Geburtsftabt des Quin— 
tilian, j. Calahorra) und Bompaelo (vielleicht 
aus Pompejopolis verftümmelt, j. Ramplona); die 
Barduli und Autrigönes mit Flaviobriga (j. 
vielleicht Portugalete oder Bilbao); Cantabri 
(ſ. d.) mit Juliobriga, Piſoraca (j. Herrera am 
PBijuerga), Eoncanum und Blendium; die Aſtures 
von der Nordfüfte bis zum Durius hinab mit 
Legio Vll Gemina (Xeon), Aiturica Auguſta 
Ne die Galläci im NW. in ber Band. 
haft Galläcia und die Artabrer mit Brigan- 
tium, Lucus Augufti, Bracara (j. Braga). Süd— 
lih von den Aſturen im Innern wohnten die 
Baccaei mit Pallantia (j. PBalencia); weiter 
jüdöftlich die die Mitte des Landes einnehmenden 
Geltiberi (j. d.), welche zerfielen in die Celt: 
iberi im engeren Sinne im ©., die Arevaci im 
NW., Pelendones und Berones öftlih, mit 
den Städten Elunia, Segovia, Numantia 
(j. Garray bei Soria), Segontia, Bilbilis, 
Baterftadt des Martial, Segobriga, Contre— 
bia. Die jüdmweftlichen Nachbarn der E. und die 
bedeutendften Stämme der Halbinſel waren die 
Carpetani zwiichen Tagus und Anas, mit To- 
letum (j. Toledo), und die Oretani, an der 
Grenze von Bätica, mit den Städten Oretum 
und Caftulo (j. Ruinen Cazlona). Strab. 3, 137 ff. 
Ptol. 2,4 ff. Plin. 3,1 ff. 4,20 ff. Mela 2, 6.3, 1. 

Histiaia j. Hestiaiotis, 2. 

Histialos, "/oreeiog, Tyrann von Milet unter 
perfiicher Oberherrichaft, wie joldhe um 500 vd. €. 
in vielen ionifchen Städten regierten, widerſetzte 
ſich aus Selbftjucht, da das Intereſſe des Königs 
und der Tyrannen zujammenfiel, dem Borichlag 
des Miltiades, hinter dem in das Land der Stv: 
then eingedrungenen Dareios die Donaubrüde ab: 
zubrechen, um durch den Untergang des Heeres 
die Befreiung der afiatischen Griechen herbeizu- 
führen. Hdt. 4, 137 f. Nep. Milt.3. Dafür mit 
einem Stridy Landes am Strymon befchentt, wurde 
er jpäter dem Dareios verdächtigt und unter einem 
ehrenvollen Vorwand nadı Suja berufen. Hdt. 
5, 11. 235. Ws fein Schwiegeriohn Ariftagoras 
jeinen Aufftand vorbereitete, trieb ihn Hiftiaios, 
mit feiner Stellung unzufrieden, im geheimen dazu 
an (daj. 5, 35). Er wurde von Dareios abgejandt, 
um den Aufitand zu dämpfen, im J. 498 (daſ. 
5, 105 ff); aber vom Satrapen Artaphernes in 
Sardes geradezu als die Seele des Nufftandes 
bezeichnet, floh er nach Chios und bejtimmte die 
Ehier ihn nach Miletos zu bringen. Bon den 
Milefiern nicht aufgenommen, mußte er nad) Chios 
zurüdfehren. Hierauf wendete er fih nah My— 
tilene und ging mit 8 mitilenaiiichen Schiffen 
nach Byzanz (daj. 6, 1 ff.), trieb von da aus See: 
raub, wurde aber von Harpagos gefangen genom— 
men und auf Befehl des Artaphernes im Früh— 
ling 494 in Sardes hingerichtet (daj. 6, 26 ff.) 

Historia, fsrogi«, eigentlich die Erfundigung 
oder Seichichtsforichung, demnächſt die Geichichts- 
darjtellung, in der hellenischen Litteratur den An— 
fang der Proſa bezeichnend. I. Bei den Griechen 
erwachte erjt fur; vor den Berjerfriegen aus dem 


Histria — Homeros. 


Drange nach Thaten und der Luft an den Schid: 
jalen der Vergangenheit das Bemühen, die Sagen 
der Vorzeit aufzuzeichnen. Hier find zuerft die ſ. g. 
Xogographen ($. d.), Aoyoypagoı (Thuc. 1, 21), 
zu nennen, welcde ſich an die Ddichteriiche Dar: 
jtellung der überlieferten Mythen anſchloſſen und 
zum Zeil nur das poetiihe Gewand in ein pro- 
jaijches verwandelten. Als der frühejte derjelben 
verdient Kadmos von Milet genannt zu werden, 
trefflicher jchon war Hefataios; außerdem Cha: 
ron von Lampſakos, Hellanikos von My— 
tilene, Atujilaos von Argos, Hippys von 
Rhegion u. a. Bald jedoch wurden ihre Be: 
mühungen durch den Vater der Geſchichte, Hero: 
dot, verduntelt, der ald Lorogioypdpog die auf 
Reifen und durch mündliche Erkundigungen ge: 
jammelten” Züge um den Mittelpunft der natio- 
nalen Kriege der Hellenen wider die Perſer einigte, 
während Thukydides als auyyoapevs die ſelbſt— 
erlebte Geichichte der inneren Kämpfe der Hellenen 
ichilderte, die er in der Verbannung begann, ohne 
das Werk überhaupt ganz zu vollenden. Er zeigte 
fich zugleich als Schöpfer des Pragmatismus und 
der vollendetiten Charakteriftif. Eine Fortſetzung 
jeines Werles wurden die Eiinwind Kenophong, 
der. zugleih in der MAnabafis ein einfaches und 
anjchauliches Gemälde eines zum großen Zeile 
von ihm jelbft geleiteten Heereszuges und in der 
Kyrupaideia einen Fürftenjpiegel gab. Die Ge: 
ichichtsbücher des Ktejias, der lange am Hofe 
von Sufa lebte, Härten die ältere Gejchichte Aſiens 
auf; Ephoros verfuchte zuerft eine Univerſal— 
geichichte, blieb jedoch, wie Philiftos und Theo: 
pompos, hinter den großen Meiftern zurüd. 
In der alerandriniichen Periode bewahrten Ne: 
archos und Onejifritos in den Darſtellungen 
Aleranders nicht die nötige Unbefangenheit; Ti: 
maios aus Sicilien, zwar etwas pathetifch, machte 
fich jedoch um die Chronologie verdient; die baby: 
loniſche Geſchichte jchrieb der Baalpriefter Be: 
rojos zu Ehren des Geſchlechts der Seleufiden, 
die ägyptiſche Manethon. Ausgezeichnete Samm— 
lung der Bruchſtücke der griechiſchen Hiſtoriler von 
Cari und Theodor Müller: fragmenta histori- 
corum Graecorum (5 Bdd., 1841 ff.). — II. Bei 
den Römern wird als der frühefte Geſchicht— 
ſchreiber DO. Fabius Pictor (zur Zeit des 
zweiten punijchen Krieges) genannt, der aber, 
wie 2. Cincius Alimentus und E. Wecilius, 
griechiſch ſchrieb. Wichtiger und das erſte Ge: 
ſchichtswerk in lateinischer Sprache waren Catos 
Origines, troden und formlos die Schriften des 
2, Calpurnius Pijo und Caſſius Hemina. 
Um jo wertvoller war die Bemühung des mit 
römijchem Leben vertrauten Bolybios um die 
Mitte des 2. Jahrh., die Zeit vom zweiten puni— 
ſchen Kriege bis zur Unterjohung Griechenlands 
univerjalh:Horifch und pragmatiich zu behandeln. 
Von da an erhob ſich die Gejchichtichreibung 
von der trodenen Annaliftif zur Hiftoriichen Kunſt. 
2. Cälius Antipater und Balerius Antias 
waren zwar noch troden und altertümlich, und 
2. Cornelius Sijenna beſchrieb den Bundes: 
genofjen- und Bürgerkrieg in gejuchter, harter 

prache und mit Barteilichfeit, während Sulla 
fein Leben in griechiicher Sprache beichrieb. €. 
Julius Cäſar aber gab der Memoirendarjtellung 
bei etwas jubjeltiver Haltung eine vollendete Form, 


547 


die jeine Fortſetzer nicht erreichten. Groß; dagegen 
fteht durch jein Streben nach Wahrheitsliebe und 
Unparteilichkeit, durch die Kunſt der Charafterzeich: 
nung und Originalität der Sprade E. Sallu— 
ftius Erifpus in jeinem bellum Jugurthinum 
und Catilinariom, vor allen aber in feinen Histo- 
riae da, die jedoch leider nur fragmentariich auf 
uns gefommen find. Cornelius Nepos, der aus 
den uns erhaltenen Schriften ſchwer zu beurteilen 
ift, hat griechifche Mufter vor fich gehabt, außer 
im Leben des Cato und Atticus. Livius dagegen 
hat in umfafjender Anlage das juliſche Gejchlecht 
und augufteiiche Haus durch jein großes Geſchichts— 
werf von 142 BB. verherrlichen wollen. Wäh- 
rend unter den erſten Kaiſern die eigentliche Zeit: 
geichichte nur in den Actis diurnis behandelt 
wurde, wendete ſich bei der Gefahr, die Gegen: 
wart zu jchildern, der Fleiß der Darfteller mit 
Vorliebe der Vergangenheit zu. Vellejus Pater: 
culus verjudhte einen Abriß der römijchen Ge— 
ichichte ohne große Selbftändigfeit der Beurtei- 
lung; Balerıus Marimus jammelte allerlei 
Thatjachen zu fittlich veredelndem Zwecke; Cur— 
tius Rufus behandelte in vorwiegend rhetorischer 
Haltung die Geichichte Aleranders des Gr. Groß 
aber fteht durch ſittlichen Ernjt, vollendete Dar: 
ftellung und die Kunft der Seelenmalerei Tacitus 
da, mit prophetiihem Blid in die Zukunft jeines 
Volkes und die Bedeutung der demjelben gegen: 
überjtehenden germanifchen Stämme ausgeftattet 
und in der biographijchen, bejyreibenden und rein 
hiſtoriſchen Gattung gleich ausgezeichnet. Weniger 
wertvoll in fünftlerijcher Beziehung, aber wichtig 
als Sammlungen find die griechisch gejchriebenen 
Arbeiten von Diodor von Gicilien, Dionys 
von Halifarnaf, Caſſius Dio, Appian und 
beſonders Plutarch. Etwas jpäter lebten der 
grieciie fchreibende Arrian und unter ben 

ömern Sueton, Florus, Juftin, Aurelius 
Vietor, Eutrop; für bejondere Zeiträume find 
wichtig Ammianus Marcellinus und die 
6 Gejchichtichreiber der Kater. Die Überrefte der 
Schriften der römischen Hiftorifer find geſammelt 
von A. Krauſe (1833), Roth (Anhang zu Gerlachs 
Ausg. des Salluft, 1552) und am beiten von Herm. 
Beter (1. Bd. 1870; Tleinere Ausgabe 1883). — 
Bol. im allgemeinen Ulrici, Charakteriſtik der an: 
tifen Hiftoriographie (1833). Creuzer, die hijto- 
riſche Kunſt der Griechen (2. Aufl. 1845). Ger: 
lady, die Gejchichtichreiber der Nömer (1855). A. 
Schäfer, Abriß der Quellenkunde der griechijchen 
und römijchen Gejchichte (1. Abt. 3. Aufl. 1882. 
2. Abt. 1881). 

Histria j. Istria. 

Homarion , Oudgıo» vder Audotor, hieh ein 
öftlih der achaiiſchen Stadt Aigion gelegener, 
dem Zeus Homarios oder Amarios (= Soma: 
gyrios gewweihter Heiliger Hain mit einem Altar 
der Heſtia, wo die achaiiiche Bundesverſamm— 
lung zuſammenzutreten pflegte. Pol. 5, 98. Strab. 
8, 385.887. ‚Paus. 7, 7,2. 24, 4. 

Homöros, "Ouneos. Die Nachrichten der Alten 
über Zeitalter, Lebensverhältnifjie und Schickſale 
des Homer find größtenteils Mutmaßungen und 
jagenhafte, zum Zeil ſymboliſche Erzählungen aus 
jpäter griechiicher Zeit, aus denen die hiftoriiche 
Forſchung mur geringe und unfichere Nejultate 
ziehen fann. Vgl. Bernhardy, Grundr. der gried). 


36* 


- 


548 


Litt. I, 18.73. Die Deutung des Namens hat 
ihon die Alten viel bejchäftigt. Ephoros wollte, 
an die Sage anfnüpfend, den Blinden (ö un dgwr) 
darin erfennen. Die Neueren denken bald an den 
Meifter der epiichen Kompofition, den Zuſammen— 
füger (duoö-&ew); andere an eine engverbundene 
Sängerzunft (öuneoı, Gejellen), woraus der Name 
für den idealen Ahnheren der Genoſſenſchaft ent: 
lehnt jei; noch andere haben ihn mit dem Namen 
des alten thrafiichen Sängers @duvgıg identifiziert 
und ihn zu dem abjtraften Dichter gemacht; in 
neuefter Zeit hat Bergk von jeder ſymboliſchen 
Bedeutung der Geifel oder des Bürgen abgeichen 
und einfach an der hiftoriichen PBerjönlichkeit feft: 
gehalten. — Über das Zeitalter des Dichters 
weichen die Alten jehr von einander ab. Während 
Krates von Mallos behauptete, er habe vor der 
Herafleidenwanderung gelebt, fette Ariftarch ihn 
in die Zeit des ioniſchen Auszugs (1043), Theo: 
pomp und Euphorion 500 Jahre nach dem tro- 
janifchen Kriege an, fo daß die älteite ihm zu: 
gewiejene Epoche von der jüngften nicht weniger 
als 460 Jahre abfteht. Der Wahrheit am nächften 
mag die Kombination des Herodot (2, 53) fom: 
men, daß die Blüte Homers 400 Jahre vor feine 
Zeit, aljo ungefähr um 854 v. C. zu ſetzen jei. 
Ehenfo ftreitig wie das Zeitalter ift das Vater: 
land des Homer. Gewöhnlich wurden 7 Städte 
angeführt, die fid um die Ehre, jein Geburtsort 
zu jein, ftritten. Ein Epigramm bei Gellius 
(3, 11) nennt: Smyrna, Rhodos, Ktolophon, Sa: 
lamin (auf Kypros), Jos, Argos, Athen, während 
Variationen diefes Epigramms noch Kyme, Chios, 
Bylos und Ithaka erwähnen. Manche von diejen 
Städten jchrieben fih den Homer zu, weil home: 
riſche Poeſie bei ihnen bejonders gepflegt wurde, 
andere Anfprüche gründeten fih auf Kölonialver: 
bindungen. Die älteften Zeugen weiſen auf die 
ioniſche Küfte Kleinafiens und die benachbarten 
Inſeln Hin, namentlich; auf Smyrna, Jos, Chios 
und Kolophon. So wurde Smyrna ein frucht: 
barer Boden für die epijche Poeſie, auf welchem 
ein Homer erwachien konnte, den wir im Hinblid 
auf den ganzen Charakter wie auf einzelne Züge 
jeiner Gedichte für einen Jonier halten müſſen. 
Über die Zuftände der epiichen Poefie vor Homer 
j. Epos. Der große Schritt nun, weldyen Homer 
in der Ausbildung der epiichen Poeſie vorwärts 
that, bejteht darin, daß er, während die Dichter 
vor ihm nur Meinere Zeile aus dem großen Ge: 
biete der Sage in furzen Gejängen behandelten, 
größere, abgeichloffene Ganze eines Sagentreijes 
nach den Gejegen der poetijchen Einheit in künſt— 
leriicher Kompofition zujammenfaßte. Der Sagen: 
freis, aus welchem Homer die Stoffe für jeine 
beiden großen Epen, Jlias und Odyſſee, nahm, 


2 ift der troiſche. — Die Jlias behandelt einen 


fleinen Zeitraum von 51 Tagen aus dem zehnten 
Jahre des trojanischen Srieges, den Horn des 
Achilleus und defien Folgen bis zum Tode Heltors. 
Achilleus ift von Agamemnon durch den Raub der 
Brijeis Schwer gefränft worden und hält jich da: 
her, allen Griechen zürnend, von dem Kampfe 
fern, bis fein heißgeliebter freund Patroflos, den 
er, halb ermweicht durd; das Unglück jeiner Lands: 
leute, in feiner Rüftung mit den Myrmidonen 
hat ausziehen laffen, von Heltor in der Schlacht 
erichlagen wird. Dies Ereignis ift der eigentliche 


Homeros. 


Mittel: und Wendepunft des Ganzen, der von 
dem Dichter allmählidy und mit großer Kunſt her: 
beigeführt wird. Vom Anfang des Gedichte an 
werden wir mit dem Grunde des Zornes befannt= 
gemacht, worauf alsdann die Kampfesfcenen folgen, 
in denen e3 dem Dichter möglich wird, während 
Achilleus grollend in feinem Zelte liegt, die eifı- 
zelnen Haupthelden der Griechen, vor allem im 
fünften Gejange Diomedes, in den Vordergrund 
treten zu lafjen. Aber alle Heldenfraft und Tapfer: 
feit ift fruchtlos, jo daß man mit fteigendem Ber: 
langen dem endlichen Auftreten des Achilleus ent: 
gegenfieht. So wird der große Held auch in jei« 
ner Zurückgezogenheit verherrlicht; endlich tritt er 
auf, aus einem verjöhnten Griechenfeinde ein 
furchtbar ziürnender Troerfeind geworden, und 
führt mit umwiderftehlicher Gewalt die erjehnte 
Änderung des Kriegsglüds herbei: er rächt den 
efallenen Freund durch Erlegung des SBeltor. 
Während der erjte Teil der Alias nur langſam 
und zögernd fortjchreitet, eilt der letzte rajcher 
feinem Ziele zu. Doc endet das Gedicht nicht 
unmittelbar mit dem Tode Hektors; erſt mit der 
Auslieferung und Beftattung feiner Leiche, nach: 
dem der wilde Zorn des Adyilleus ſich in eine 
milde Wehmut umgeitimmt hat, fommt das Ganze 
zu einem das erregte Gemüt des Hörers beruhigen 
den Schluß. — Die Odyſſee behandelt die Rüd: : 
fehr des Odyſſeus in einem engen Rahmen von 
40 Tagen; aber auch in diefen engen Grenzen ift 
ähnlich wie in der Alias eine Maſſe Begeben: 
heiten zufammengefaht, jo daß die beiden Ge— 
dichte uns eine Überficht über den ganzen tro- 
janifhen Sagenfreis liefern. Die Odyſſee zerfällt 
in 4 Sauptpartien. Die erfte („der abwejende 
Odyſſeus“) umfaßt B. 1 —4. Während Odyſſeus 
in weiter Ferne auf der Inſel Ogygia bei der 
Nymphe Kalypfo weilt, drohen in feinem Haufe 
die Freier feiner Gattin Penelope, fein ganzes 
Vermögen zu Grunde zu richten; aber jein Sohn 
Telemachos, der fich eben als Mann zu fühlen 
beginnt, ift entjchloffen, ihrem Treiben entgegen- 
zutreten, und unternimmt auf den Rat der Ballas 
Athene hin eine Neife nach Pylos und Sparta, 
um nad) dem Vater zu forichen. Der zweite Teil, 
B. 5—13, 92 („der zurüdtehrende Odyſſeus“), 
führt Odyfjeus von Ogygia zum Lande‘ der Phai- 
alen, denen er feine früheren Irrfahrten und Aben: 
teuer erzählt, und von da nach Ithaka. Im 
dritten Teile, B. 13, 93 — B. 19 („der Rache 
finnende Odyſſeus“), jchmiedet er mit feinem zus: 
rüdtehrenden Sohne bei jeinem treuen Diener, 
dem Sauhirten Eumaios, den Plan zur Rache an 
den Freiern, welcher im vierten Teile, B. 20-24 
(„der Rache übende Odyſſeus“), zur Ausführung 
fommt. Auch die Odyſſee ift wie die Jlias ein 
nad) einem kunſtvollen Plane angelegtes Ganze, 
in welchen alle Teile auf ein ——— Ziel, 
auf die Heimkehr und Rache des Odyſſeus, hin— 
ſtreben und überall das Intereſſe auf den einen 
Haupthelden gerichtet iſt; der Plan iſt um jo 
kunſtvoller und verwickelter, weil mit der einfachen 
Geſchichte von der Rücklehr des Odyſſeus eine 
weite Handlung verflochten ift, das Auftreten des 
——— gegen die Freier und ſeine Reiſe. So 
ſpielen die Ereigniſſe und Handlungen auf ver— 
ſchiedenem Felde, und während uns der Dichter 
nach der einen Seite hin in die wunderbaren 


Homeros. 


Yänder der Ferne führt, läßt er uns auf der 
andern Seite einen Blid thun in die zerrütteten 
Verhältniffe von Ithaka und zugleich im Gegen: 
jaß dazu im die friedlichen, behäbigen Verhältniſſe 
anderer von Troja ſchon zurüdgelehrter Helden. 
4 — Obgleich Jlias und Odyſſee in Ton, Sprade 
und Bersbau im allgemeinen übereinftimmen, jo 
aehört doc die Ddnifee einer in Bezug auf jo: 
ciales, religidjes und fittliches Leben fortgejchritte- 
nen Beit an, jo daß man die Entjtchung der 
Odyſſee ſpäter als die der Ilias ſetzen muß; daher 
die Annahme der ſ. g. Ehorizonten (XKwgifor- 
reg, die Trennenden) unter den alten griechiichen 
Örammatitern (Xenon, Hellanikos u. a.) und 
mancher neueren Forſcher, daß Alias und Odyſſee 
zweien ganz verichiedenen Verfaſſern (die vielleicht 
an 100 Jahre voneinander abftänden) angehören. 
Die Verſchiedenheit ift indes nad) mancher Anficht 
nicht jo groß, daß man nicht annehmen fönnte, fie 
jei einesteils durch die Beſchaffenheit der behan— 
delten Gegenſtände jelbjt veranlapt und berube 
andernteils auf der verichiedenen Anſchauungsweiſe 
und Gemütsftimmung desjelben Dichters in einem 
früheren und jpäteren Alter. Daher halten viele 
an Homer als einer hiſtoriſchen Perſon feit, und 
zwar ald dem Verfaſſer der Ilias und Odyſſee; 
denn auch die in neuerer Zeit über die Perſön— 
lichfeit des Homer und damit zufammenhängend 
über die Entitehung der homeriichen Gedichte auf: 
geitellten Hypotheſen, daß fie das Werk einer 
Sängerichule oder Sängerinnung (Homeriden) jei, 
die einen Homeros fich als ihren Heros eponymos 
erdichtet habe, oder daß aus Heineren Liedern, 
die zu verichiedenen Zeiten von verichiedenen Per- 
fonen gedichtet worden, entweder jchon in älterer 
Beit oder erit unter Berfiftratos, Jlias und Odyſſee 
zuſammengeſetzt tworden feien (Lachmann), ent: 
5 behren der ficheren Begründung. — Nimmt man 
(mit Wolf) an, daß zur Zeit Homers und auch 
lange nachher die Schreibefunft bei den Griechen 
noch nicht für litterariiche Zwede verwendet wor: 
den jei, ſo ift es für uns allerdings jchwierig, 
uns von der Entjtehung und Verbreitung jo großer 
Epen einen Begriff zu machen. Denn wenn wir 
auch im. Hinblid darauf, da noch Männer zu 
des Sokrates Zeit die ganze Ilias und Odyſſee 
aus dem Gedächtnis wiederholen fonnten, den 
Menſchen jener alten Zeit eine gleiche oder größere 
Gedächtniskraft zutrauen, jo war es doch wohl 
einem. Dichter faum möglich, ein größeres Werf, 
das er entworfen und ausgeführt, ſowohl jeinem 
eigenen als auch fremden Gedächtnis bis ins ein: 
zelnſte vollftändig einzuprägen. Nun hat aber bie 
Forſchung in den legten Decennien feftgejtellt, daß Die 
Schrift jeit undenflichen Zeiten im Befige der Grie— 
chen war, und daß wenigjtens zur Zeit der erften 
Dlympiaden die Schreibefunft bei den Griechen in 
allgemeinem Gebrauch war, ja manche neueren 
Forſcher nehmen nicht ohne triftige Gründe an, 
dab ſchon Homer jeine Gedichte niedergeichrieben 
babe. War dies der Fall, jo hatte die Erhaltung 
der Jlias und Odyſſee in ihrer Totalität und die 
Verbreitung derjelben feine Schwierigkeit. Die: 
jenigen, welche fich den mündlichen Vortrag der 
bomerijchen Gedichte als Beruf erwählt, prägten 
ji) die Worte des Dichters mit Hülfe geichriebe- 
ner Exemplare ein. Denn die epiſchen Gedichte 
waren, wenn fie auc hier und da von Freunden 


549 


der Poeſie gelejen wurden, hauptſächlich für den 
mündlichen Bortrag beftimmt, fie wurden von 
wandernden Sängern bei Feſten und jonjtigen Ver: 
jammlungen vorgetragen, und dies war der Weg, 
auf weldem die Mehrzahl der Nation die Werte 
ihres großen Meifters fennen lernte. Man be- 
hauptet, daß die j. g. Homeriben, Sänger: 
innungen, welche den Homer als ihren Heros 
eponymos anjahen und ehrten, jich ein befonderes 
Verdienft um die Erhaltung und Verbreitung der 
bomerijchen Gedichte erworben haben. Indes fennt 
das Wltertum nur Ein Homeridengeichlecht auf 
Ehios, das von Homer jelbjt abgeleitet wurde und 
wahrjcheinlicd; von Smyrna aus, wo Homer lebte, 
durch Niolier vertrieben, auf jener Inſel fich nie- 
derlieh. Diefe Nachkommen des Homer mögen 
Abjchriften feiner Gedichte beſeſſen und jich mit 
dem Bortrag derjelben beichäftigt und auch jelbft 
Dichter unter fi gehabt haben; aber dafür, dafı 
fie eine eigentliche, von Homer geftiftete Sänger: 
innung oder Sängerſchule gebildet hätten, haben 
wir fein Zeugnis aus dem Altertum. Der Name 
Homeriden ging bald auf alle Sänger über, welche 
homerijche Gedichte vortrugen, auf die homeriſchen 
Rhapjoden (j. d.), ein Name, der sp Te 
einen Sänger bezeichnete, der einen epiſchen Stoff, 
mochte er eigenes oder fremdes Werk fein, in 
epijch recitierender Weife vortrug. Solche Sänger 
trugen neben andern epiichen Gedichten die home: 
riſchen Gejänge bei Feſtverſammlungen teils voll: 
ftändig und in ihrem urjprünglichen Zuſammen— 
hange, teils einzelne Bartien derjelben vor. Als 
aber jpäter neben dem rhapjodiichen Geſang auch 
andere Arten poetijchen Vortrags ſich geltend 
machten, da reichte bei ſolchen Berjammlungen 
die Zeit für den Vortrag der vollftändigen Epen 
nicht mehr aus, und von mun an wurden Alias 
und Odyſſee zerrifien und nur noch im einzelnen 
fleineren Stüden vorgetragen (srogdönv deidsır) 
und verbreitet. Bei der früheren wie bei ber 
ſpäteren rt der Verbreitung geichahb es leicht, 
daß von dichtenden Rhapſoden dem urjprünglichen 
Ganzen einzelne Stüde zur Ergänzung und Er- 
weiterung eingefügt wurden, und daß die einzel: 
nen Lieder, in welche das Ganze zerriffen ward, 
durch die vortragenden Rhapjoden manche Ande: 
rung in Sprache und Ton erlitten und oft will: 
fürlich verbunden wurden. Daraus lafjen ſich nad) 
der Anſicht mancher Forſcher am einfadhiten die 
Verichiedenheiten, welche man nod) heute in den 
einzelnen Teilen der Ilias und Odyſſee entdedt, 
erklären. Mit Nüdficht auf den Inhalt erhielten 
die einzelnen Gefänge im Altertum bejondere Be: 
nennungen, deren ſich Herodot, Platon u. a. bei 
Anführungen, homerijcher Stellen bedienen, und 
die ſich noch erhalten haben. — Um der durch die 6 
Nhapjoden entjtandenen Verwirrung zu fteuern, 
verordnete Solon zu Athen, daß die homerijchen 
Geſänge bei den öffentlichen Vorträgen 2E vmo- 
Boing (mit Zugrundelegung jchriftlicher Eremplare) 
vorgetragen werden jollten. Dieje Manujfripte 
enthielten wahricheinlich nur einzelne Teile der 
homeriſchen Gedichte; erſt Beifitratos erwarb 
jih im Verein mit mehreren (4) Dichtern, au 
deren Spige der Orphiler Onomafritos von 
Athen ftand, das Berdienft, Jlias und Odyſſee 
aus den einzelnen Stüden, in welche jie allmählich 
zerfallen waren, allerdings mit einigen zu Gunften 


550 


Athens gedichteten Heinen Einjchiebjeln, wieder 
zu organijchen Ganzen zufammengefügt zu haben. 
Zugleich verordnete er (wenn dies micht von ſei— 
nem Sohne Hipparchos ausging), daß die Rha— 
pioden die jo mwiederhergeftellten Gedichte an den 
Banathenaien volljtändig und im Zujammenhange 
vortragen jollten, und zwar 2& ümolryewg, d. h. 
indem fie einander ablöften. (Plat.) Hipparch. 
p. 228 B. — Die athenifche Recenfion des Bei: 
jiftratos bildete wahrſcheinlich die Grundlage für 
jämtliche an den verichiedenen Orten Griechenlands 
befindliche Recenfionen der Ilias und Ddnfiee, 
welche zum großen Teil jpäter im Original oder 
in Abjchrift in der alerandriniichen Bibliothek ver: 
einigt wurden; und nachdem von Beififtratos an 
bis zum alerandriniichen Zeitalter ſich einzelne 
ohne fejte Grundlage für ihre Kritik manche 
Anderungen des Tertes und Einfchiebjel (Dia: 
jfeuajen) erlaubt hatten, waren die gelehrten 
alerandrinifchen Kritifer bemüht, wieder auf die 
Recenfion des Peiliftratos zurüdzugehen. Diejelben 
haben vielen Fleiß und große Gelehrſamkeit auf 
die Kritif und Erflärung des Homer verwendet; 
wir nennen unter ihnen außer dem trefflichen 
Benodotos von Ephejos, dem (wahrſcheinlich 
mit Unrecht) die Einteilung der beiden homerischen 
Gedichte in je 24 Bücher zugejchrieben wird, und 
Nriftophanes von Byzanz nebft jeinem Schüler 
Kalliftratos den Ariſtarchos von Samothrate 
(um 160 v. E.), einen Schüler des Ariftophanes, 
den gelehrteften und um Homer verdienteften 
Grammatiker der alten Zeit, der Fritijche Recen— 
fionen und anägezeichnete erflärende Kommentare 
dazu geliefert hat, deren Überreſte uns bejonders 
in den trefflichen Wenetianifchen Scholien vor: 
liegen, herausgegeben von Billoifon (1788), 9. 
Belter (1825) und W. Dindorf (1875 ff.). — Die 
Gedichte Homers waren für die Bildungsgejchichte 
der Griechen von außerordentlicher Wichtigkeit; fie 
waren die Grundlage aller höheren Bildung diejes 
Volkes in Kunft und Wiffenichaft und das erite 
Buch, das dem Knaben zum Unterricht in die 
Hand gegeben wurde. Wie Herodot (2, 53) jagt, 
hat Homer nebjt Hefiod den Griechen ihre Götter 
gemacht, d. h. die religiöjen Borftellungen, welche 
dieſe Dichter ausgeprägt haben, blieben maßgebend 
für alle Folgezeit; und wie auf das religidfe 
Leben, jo hatte Homer (jelbft durch Partien von 
untergeordnnetem Kunſtwert, wie durch den Sciffs- 
fatalog der Ilias) auch auf das moralifche und 
ftaatliche Leben den größten Einfluß, jo daß es 
uns nicht wundern fann, wenn wir ihn wie einen 
Heros mit Altären und Tempeln geehrt jehen. 
Und noch heute übt der Geiſt des großen Meifters 
jeinen bildenden Einfluß auf die Welt; denn feine 
Werte find für alle Zeiten Grundform und Mufter 
ihrer Gattung. — Die homerifchen Gedichte zeich: 
nen ſich durdy den umerichöpflichen Reichtum der 
dargeitellten Welt aus; einfach, natürlich und wahr 
führt Homer uns ohne jpannende Erwartung und 
Überrajchung, aber mit ftets gleicher Lebendigkeit 
feine bewegte Welt vor, während er jelbft an- 
ipruchslos hinter derjelben verborgen fteht. Be: 
wundernswert ift die Mannigfaltigkeit jeiner Hel— 
dendharaftere; obgleich allen derjelbe Grundzug des 
Eharafters, die Heldenmütigfeit, eigen ift, a iſt 
doch jeder einzelne von den übrigen durch irgend 
einen eigentümlichen Zug, durch Großmut oder 


Homeros. 


durd Weisheit oder durch Schlauheit, durch rohen 
Übermut, Stolz, Bejicheidenheit u. j. mw. aus- 
ezeichnet. Und dasjelbe mannigfaltig ausgeprägte 
!eben wie auf der Erde ift in dem Olympos. Die 
ſinnliche Natürlichkeit aber und die bisweilen ans 
Nohe ftreifende Kraft wird veredelt durch einen 
milden fittlichen Geift, der über das Ganze ver: 
breitet ift. Die Sprache fließt ungeziwungen in 
gleihmäßigem Strome dahin, einfad), wohltönend 
und voll Anmut. Sie iſt das Mufter für alle 
jpäteren Epifer und ſelbſt die Grundlage für die 
Sprache der Iyriichen und dramatischen Poeſie und 
der Proja geworden. — An die obige Darftellung, 
die den fonjervativen Standpunft fefthätt, muß ſich 
eine gedrängte Darftellung der homerischen Frage 
anjchliegen, die jeit faſt 100 Jahren die beften 
philologiichen Kräfte beichäftigt hat und ſobald 
noch nicht zum Abjchluß gebracht jein wird. Ab— 
gejehen von vereinzelten Stimmen der früheren 
Beit (Hedelin, Bico, Wood) hat Fr. U. Wolf in 
den Prolegomena It 3. Aufl. 1884) die Ge: 
ſchichte der homeriſchen Dichtung entwidelt und 
ift dabei, indem er einem jo frühen Zeitalter den 
Gebrauch der Schrift für litterariiche Zwede ab: 
iprah, zu der Anficht gefommen, dab wir in 
Homer die dichteriiche Broduftion eines langen 
Beitraumes vor uns haben, welche, allein durch 
die Kraft des Gedächtnifjes erhalten, in der Beit 
des Beififtratos gejammelt und vereinigt worden _ 
ſei. Wolf hat feine Forichungen nicht abgejchlofien, 
aber durch das Gegebene in weiteſten Streifen 
Intereffe für den Gegenftand erwedt. Nach ©. 
Hermann hat ein Dichter den Zorn des Achilleus 
und die Rücklehr des Odyſſeus in 2 wenig um: 
fangreichen Gedichten bejungen, die durch Erweite: 
rungen allmählich die gegenwärtige Geftalt erhal: 
ten haben (ähnlich in neuefter Zeit B. Niefe in 
feinem Werfe: die Entwidelung der homeriichen 
Poeſie, 1832). K. Lachmann hat, geleitet durch 
die Bergleihung mit dem nationalen Epos der 
Nibelungen, die Ilias zuerft 1837 in einzelne 
Lieder zerlegt (Liedertheorie), die von verjchiede: 
nen Berfaffern herrühren und in fich abgeichlofjene 
Ganze bilden. Auf dem Wege, die urjprüngliche 
Ilias wiederherzuftellen, ift ihm Köchly getolat, 
der nicht bloß in jeinen dissertationes (1850— 
1859) den Anhalt des Gedichtes einer genauen 
Analyje unterworfen, ſondern auch in feiner Aus: 
gabe alle unechten Zuthaten (von feinen 16 Lie: 
dern) auszujcheiden verjucht hat. Andere, bejonders 
E. N. Hoffmann, Gijefe und Kluge, haben aus den 
Eigentümlichleiten der Sprache und des Versbaues 
den verjchiedenen Uriprung einzelner Bartien feitzu- 
ftellen gejucht. Nachdem man fich bis dahin meift 
auf die Ilias bejchränft hatte, ging A. Kirchhoff 
(die homeriſche Odyſſee und ihre Entjtehung, 1859. 
Die Kompojition der Ddyfjee, 1869; beide ver: 
einigt 2. Aufl. 1879) auch an dieſes Gedicht, deſſen 
echter Kern nach jeiner Anficht durch Umdichtungen 
entftellt ift. Diefen Beftrebungen gegenüber fehlt 
es nicht an eifrigen Belämpfern der Yiedertheorie 
und jogenannten Unitariern, unter denen Nitzſch, 
Nuphorn, Kiene, Bergk, Vollmann und bejonders 
Kammer (die Einheit der Odyſſee, 1874) eine her: 
borragende Stelle einnehmen, obgleich auch dieſe 
weit entfernt find, die Integrität der Dichtungen 
zu behaupten. Noch andere nehmen eine ver: 
mittelnde Stellung ein, z. B. Ritjchl, der in Homer 


= 


Homerus Latinus 


den Dichter der beiden großen Epen erfennt, die 
er aus den einzelnen Liedern verichmolzen habe, 
oder Grote, der die Einheit der Odyſſee zugibt, 
aber aus der Alias eine Achilleis (B. 1. 8. 11. 22) 
und eine Alias (B. 2. 7. 10) herausichält (ebenio 
Friedländer 1853), oder Chriſt, welcher fich die 
Ilias aus 40 Liedern entſtanden denkt, die er 
4 Dichtern, 2 Hauptdichtern und 2 Nebendichtern, 
beilegt, oder Fick, der 5 verichiedene Beitandteile 
der Ilias annimmt u. ſ. w. Eine gute Zuſam— 
menftellung gibt 9. Bonig, über den Urjprung 
der homeriſchen Gedichte (5. Aufl. 1880). — Außer 
Ilias und Odyſſee wurden von den Alten dem 
Homer noch zugeichrieben die ſ. g. homeriſchen 
Hymnen. Dieſe aber, jehr ungleih in Sprache 
und poetifcher Anlage und zu jehr verjchiedenen 
ar entitanden, gehören fiher den nachhomeriſchen 
Jahrhunderten an, und zwar jcheint feiner Olym- 
piade 1 zu erreichen, während die jüngften aus 
der alerandriniichen Zeit ftammen mögen. Sie find 
teilweile Werfe von Rhapſoden, welde fie zum 
Teil als kurze Einleitungen ihren poetijchen Vor: 
trägen vorausididten; die größeren Hymnen da— 
gegen (auf den beliichen Apollon, den pythiſchen 
Apollon, auf Hermes, Demeter und Aphrodite), welche 
Sagen von lofalem Gepräge zum Teil mit großer 
Anmut in einfacher altepijcher Weije ausführlich be: 
handeln, jcheinen als Einleitungen zu Rhapjoden: 
wettfämpfen an Feſten der betreffenden Götter 
gedient zu haben. Außerdem bejigen wir noch 
fälichlih unter dem Namen des Homer 16 klei— 
nere, Erıygduuara genannte, Gedichte, unter 
denen Kauıvog und Elgesinrn am anziehendften 
find, ferner die Bargagopnvouayia (Froſch— 
mäusler), eine Heine Parodie der Alias, vielleicht 
im 5. Jahrh. v. E. entitanden, als deren Verfafier 
Figres von Halifarnaf galt. Weit berühmter war 
das jcherzhafte Epos Margites, das jelbit Ari: 
itoteles (poet. 4) dem Homer zujchreibt. — Aus: 
gaben: Ed. prince. von Demetrios Chalkondylas 
(1488 f.), Schrevel (1655), Barnes (1711), Clarke— 
Ernefti (1779), F. 4. Wolf (1794 u. ö.), G. Ser: 
mann (1832), X. Beller (1843 und nochmals 1858), 
Bäumlein (1864), W. Dindorf (zulegt 1884), A. 
Naud (1874 ff). — Ausgg. der Ylias von Heyne 
(1802 ff.; FM. Ausg. 1804), Spitzner (1832 ff.), 
Döderlein (1863), Ya Roche (1873; Schulausg. 
3. Aufl. 1883 ff), Düntzer (2. Aufl. 1873 ff.), Ri 
9. Koch (1868 ff.), Fäſi-Franke (6. Aufl. 1879 ff.; 
7. Aufl. begonnen 1888), Ameis-Hentze (1868 ff.; 
4. Aufl. begonnen 1887), Stier (1886 ff.), Ehrift 
(1884 ff.), Rzad) (1886 f.). — Ausgg. der Odyſſee 
von Ameis:Henge (8. Aufl. 1884 ff.) B. 9. Koch 
(1872 ff.), Fäſi (zuerft 1849; neu bearbeitet von 
Kayſer, Hinrichs und Renner, 8. und 7. Aufl. 
1884 ff.), Düntzer (2. Aufl. 1875 ff.), Weck (1886 ff.), 
Eauer (1886... Anmerkungen zur Ilias von 
Nägelsbach (B. 1—3; 3. Aufl. 1864), zur Odyſſee 
bon Nigich (B. 1—12; 1826 fj.). Ausgg. der Ba: 
trachomyomachie von Baumeijter (1852), Draheim 
(1874) und Brandt (Parodorum epicorum Graec. 
—reliquiae, Bd. I, 1888); der Hymnen, Batracho- 
myomachie und fein. Gedichte von Algen (1786), 
Franke (1828), Baumeifter (1860; Tertausg. 1874) | 
und Abel (1886); der Hymnen und Epigramme | 
von G. Hermann (1806), der Hymnen von Gemoll | 
(1886). — Wichtige Hülfsmittel: I. Beller, home: | 


riiche Blätter (1863 und 1873); Döderlein, home: | 


— Honorarium. 551 
riſches Gloſſarium (1850 ff.); Nägelsbach, home: 
riſche Theologie (3. Aufl. 1884); A. Göbel, Lexi— 
logus zu Homer und den Homeriden (1878 ff.); 
Buchholz, die homeriſchen Realien (1871 — 85); 
Ebeling, lexicon Homericum (1871—85). Schul: 
wörterbücher von Cruſius-Capelle (9. Aufl. 1889), 
Autenrieth (5. Aufl. 1887), Suhle u. a. Helbig, 
das homeriihe Epos aus den Dentmälern er: 
läutert (2. Aufl. 1887). 

Homörus Latinus ſ. Pindarus Thebanus. 

"Ouoroı. Nach der Inkurgiichen Verfaſſung 
bildete die fiegreiche, eingewanderte doriiche Be: 
völferung, im Gegenjage gegen die unterworfene, 
aber perjönlich freie und bejigende urjprüngliche 
Bevölferung, die Perioiken, und die geknechteten 
Heloten (j. Helotes), die eigentlich herrichende 
Boltsgemeinde. Die dur Lykurgs Einrichtungen 
hergejtellte Gleichheit des Grundbeſitzes war Die 
Grundlage der gleichen politiichen Berechtigung, 
zu der der einzelne durch die jpartiatijche Er- 
aiehung, die Lebensweiſe, die gemeinjchaftlichen 
Syfjitien und. die andern, das Wufgehen der 
Individualität in die große Staatsgemeinjchaft 
bezwedenden, Einrichtungen befähigt wurde. Die 
Berminderung der Bürgerzahl durch Kriege und 
die durdy das Geſetz des Epitadeus (nad dem 
peloponnejischen Kriege; eine genaue Zeitbeſtim— 
mung läßt jich nicht geben) geftattete freie Ver: 
fügung über den Grundbeſitz durch Schenkung bei 
Lebzeiten oder auf den Tall des Todes bradıte 
Ungleichheiten in dem Bejige hervor, die zur Er: 
ichütterung der alten Berfaffung führten. Denn 
indem bei der Ungleichheit des Befipes die Armeren 
nicht mehr imjtande waren, in vollem Maße an 
der alten Erziehung und der gemeinjchaftlichen 
Lebensweije teilzunehmen, war es ganz folgeredt, 
daß fie auch in ihren Berechtigungen gegen die 
Vermögenderen zurüdtraten; letztere erhielten nun 
ausjchliehlih den Namen der Gleichen (öworne), 
der früher alle ſpartaniſchen Bürger als gleichbe: 
rechtigte bezeichnete; die Minderbegüterten wurden 
vmousloves (geringere) genannt, Die Homoien 
bildeten wahrjcheinlich die wing& Funinaie, und 
aus ihnen wurden die Geronten genommen, wäh: 
rend die Hypomeiones nur den Zutritt zum Epho: 
rat hatten und die civilen Rechte behielten. Xen. 
resp. Lac. 3, 4. 10, 7. An. 4, 6, 14. 

Homöle, Ousin oder "Ouskıor», der nördlichite 
Punkt der theflaliihen Halbinjel Magnejia, ein 
fruchtbarer, wafjerreicher Vorberg des Dffa (f. d.) 
gegen das - Tempethal hin, nebſt einer gleich 
namigen Stadt. Strab. 9, 443. Paus. 9, 8, 6. 
Liv. 42, 38. 

Honor, Honos, %Berjonififation der Ehre, 
fteht in enger Verbindung mit Virtus, der Berjoni- 
fitation friegerijcher Tapferkeit. Marcellus 
erbaute beiden gemeinjchaftlich einen Tempel vor 
der Porta Capena, welchen er in der Schlacht bei 
Elaftidium am Padus (222 v. E.) gelobt hatte. 
Da aber die Pontifices erklärten, 2 Gottheiten 
fönnten einen Tempel nicht gemeinjchaftlich haben, 
jo wurde neben dem erjten noch ein zweiter ge: 
baut. Liv. 27, 25. Einen gemeinſchaftlichen Tem- 
pel erhielten beide Gottheiten von Marius nad) 
Bejiegung der Eimbern. 

Honorarium, griechifch ri) oder wiodos, ein 
ſchon in der vesubtilantichen Zeit von den Pro: 
vinzialen den römischen Beamten gewährtes Ge: 


552 


ichenf, zuerjt in Naturalien bejtehend; unter den 
Kaifern das Geld, das diejenigen Provinzialen 
bezahlen mußten, die zu einem Amte, bejonders 
zu dem eines Decurio (decurionatus), in ihrem 
Orte gelangten. Plin. ep. 10, 113. 114. Dieje 
Abgabe flo in die Gemeindekaſſe. Plin. ep. 10, 48. 

Auch die griechiichen Redner ließen fich als 


Sachwalter einer Partei für ihre Bemühung ein | 


Honorar bezahlen, ebenjo geichah es aud bei den 
Römern. Dagegen trat die lex Cincia 204 v. C. 
auf: ne quis ob causam orandam donum mu- 
nusve caperet. Dies fam jpäter in Bergefienheit, 
und 3. B. Elodius und Curio ließen ſich gut be: 
zahlen. Auguftus führte die Beftimmung der lex 
Cinceia wieder ein. Dio Cass. 54, 18. Claudius 
(Tuc. ann. 11, 5. 7) ließ Erleichterung eintreten 
und jegte als höchites Maß des honorarium die 
Summe usque ad dena sestertia feft, „doch in 
der Weije, daß fein Lohn oder Geſchenk ausge: 
macht oder verjprochen werden durfte, daß aber 
nach Beendigung der Sache eine freiwillige 
Nemuneration bi8 zu der angegebenen Summe 
geitattet war“. Nero hob dieje Bejtimmung wieder 
auf und erneuerte das Verbot der lex Cincia 
(Tac. ann. 13, 5), lief jedoch jpäter eine beftimmte 
Entihädigung zu (Suet. Ner. 17). Zur Zeit des 
Trajanus jegte man in jophiftiicher Vereinigung 
der lex Cincia und des Herfommens feft, dab bie 
Parteien zuvor jchwören mußten, ihrem Advofaten 
nichts gegeben, nichts jelber, auch nicht durch andere 
verjprochen zu haben (nihil se ob advocationem 
cuiquam dedisse, promisisse, cavisse), aber nad) 
Enticheidung des Prozeſſes durfte der Rechtsan— 
walt ein honorarium decem milium (etwa 900 M) 
beanjprucden (Plin. ep. 5, 21). — Ebenjo wurde 
jowohl in Athen als in Rom den Lehrern der 
Künfte und Wilfenfchaften ein bonorarium bezahlt 
(pretium disciplinae), vgl. Schulwesen. — 
Die Arzte, vorzüglich bei den Griechen, empfingen 
neben der Staatsbejoldung (Önuosıevorreg larpol 
im Gegenſatze zu den Ödiwrevorreg, Privatärzten) 
eine Bergütung von den behandelten Kranken, 
söorgor (j. Arzte), 

Honorius, Flavius, Sohn Theodofius' 1., 
wurde im Jahre 384 n. E. geboren, 393 zum 
Auguftus erhoben und nah dem Tode jeines 
Vaters im Jahre 395 Kaiſer des weſtrömiſchen 
Neiches unter VBormundichaft des Bandalen Stilicho. 
Der letztere frübte durch jeine Kraft und Energie 
das wankende Reich, that aber nichts für Die 
geiftige Entwidelung des unmündigen Kaijers, der 
bis an feinen Tod ein Spielball jeiner Günftlinge 
blieb. Solange Stilicho lebte, ſchützte er das 
Reid) gegen die Einfälle deuticher Bölfer unter 
Nlarich und (406) Nhadagais, den er bei Florenz 
vernichtete,; als aber Honorius, obichon mit des 
Stilicho Tochter vermählt, im Jahre 408 feinen 
Schwiegervater hatte umbringen laſſen, da erlag 
das Reich in den Jahren 408—410 den Anfällen 
denticher Stämme, welche eine Provinz nad) der 
andern abriffen und in denjelben neue Reiche 
gründeten. Zuletzt mußte Honorius feinem fieg- 
reichen Feldherrn Conſtantius feine zuvor mit 
dem Weftgotenfönig Athaulph vermählte Schwefter 
Placidia vermählen (417) und ihn zum Mitre— 
genten annehmen (421). Er ftarb im Auguſt 423. 
Zos. 5, 26 ff. 6, 2ff. 

"Oxinres ij. UII, 2. 


Honorius — Horae, 


"Onrliraı, Deine: mit jchwerer Rüftung 
in den Heeren der Griechen, waren in der Deroen: 
zeit nur die unweſentlichere Beigabe des Einen 
Edlen, Fürſten. Nach der dorischen Wanderung 
änderte fi) das Kriegsweſen dahin, da die Ho— 
pliten nicht bloß den hauptjächlichiten Teil des 
Heeres, jondern das Heer jelber bildeten, und alle 
übrigen, wie die etwaige Reiterei (vgl. Equi- 
tatus), die Heloten u. j. w., für fich nichts galten. 
In einer geichloffenen Phalanx vereinigt, kämpfte 
nun das Heer in Maflen, im Gegenjage zu den 
Einzeltämpfen der heroijchen Zeit. Die Gliederung 
des Hoplitenheeres j.Exercitus und Phalanx. 
Die Bewaffnung der Hopliten war nur auf den 
Nahfampf berechnet, Aufgabe demnach durchzu— 
brehen und zu fiegen. er Spieß wurde nur 
zum Stoße verwandt, nicht zum Wurfe; er maß 
7—9 Fuß und wurde bei bloßer Abwehr eines 
anprallenden Feindes wohl in einen Seiteneinfchnitt 
des großen Ovalſchildes (Lamis), der an einem 
Wehrgehänge getragen und mittelft einer Hand: 
habe (röer«E) regiert wurde, aufgelegt. Außerdem 
führte der Hoplit als Angriffswaffe noch ein Schwert, 
um Schutze einen ehernen Panzer, Helm und 
Beinchienen, — alles zujammen gegen 70 Pfund. 
In der Schlaht mußte er es jelber tragen, auf 
dem Marjche nahm ihm einer feiner Sklaven einen 
Teil ab (j. Traorıorijs), jo daß ihm ungefähr 
40 Pfund blieben. — In dem makedoniſchen Heere 
wurden die Hopliten Phalangiten, palayyiraı, 
genannt, freie, aber nicht adelige Maktedonier. Ihre 
Bewaffnung beftand in einem runden Schilde von 
2 Fuß Durchmefjer und 10—12 Pfund Gewicht, 
einem Lederfoller mit erzenen Bejchlägen, rundem 
Filzhute und Beinjchienen; dazu kam ein kurzes 
Schwert und der mafedonifche Spieß, die 15—16 
Fuß lange Sarifja, odgıo«. 

Hora j. Dies und Solarium. 

Horae, "Roc, die Horen, Göttinnen der Orb: 
nung in der Natur, der gleichmäßig wechſelnden 
Jahreszeiten, welche durd; den Wechjel der Witte: 
rung der Pflanzenwelt Gedeihen und Fruchtbarkeit 
bringen. Bei Homer ftehen dieje blühenden Wit: 
terungsgöttinnen in enger Verbindung mit Zeus, 
dem SHerricher des Himmels; fie heißen feine 
Dienerinnen und öffnen und jchliegen die Thore 
des Himmels (Od. 24,344. Il. 5, 749), Namen und 
Zahl nennt Homer nicht. Bei Heſiod (theog. 901) 
heißen fie Töchter des Zeus und der Themis, mit 
Namen Eunomia (Gejebmäßigkeit), Dike (Recht) 
und Eirene (Friede). Aus diefen Namen erfennt 
man, daß bei Heliod die Mitterungsgöttinnen 
ſchon zu jittlicher Bedeutung gelangt find, welche 
wie in der Natur jo auch im Menfjchenleben Orb: 
nung und Geſetzmäßigkeit jchaffen und erhalten. 
Man dachte fich gewöhnlich die Horen in der 
Dreizahl, weil man 3 Jahreszeiten anzunehmen 
pflegte, Frühling, Sommer und Winter; fpäter 
ſprach man auch von 4 Horen; in ältefter Zeit 
aber nahm man wahrjcheinlih nur 2 an. In 
Athen verehrte man von alters her eine Frühlings: 
hore, Thallo (Ballon von Ballo), und eine 
Hore des Sommers, Karpo (Kap don naugmög). 
Die Göttinnen, welde die Pflanzen zur Blüte 
und Vollendung führen, ernähren aud die auf: 
blühende Jugend und bringen das Thun der 
Menjchen zu glüdlichem Ende. Hom. Il. 21, 450. 
Theoer. 15, 104. Bon der Kunft werden jie teils 


Horapollon 


einzeln, teils in Gemeinſchaft dargeftellt als ſchöne, 
jugendliche Geftalten, geichmüct mit den Erzeug- 
niffen der verjchiedenen Jahreszeiten. Sie hatten 
Heiligtümer zu When, Korinth, Argos und an 
andern Orten. 

Horapollon, 'Qg«xol,or, ein Name, der in die 
Zeit der Verfchmelzung der ägyptiichen und heile: 
nischen Nationalität gehört, wird bei Suidas zwei 
Schriftftellern beigelegt, von denen der eine, aus 
Bhenebethis in Agypten, unter Theodojius lebte, 
der andere, einfach als Agypter bezeichnet, unter 
dem Kaiſer Zeno. Vielleicht ift mit diejem der 9. 
identisch, der, aus der Stadt Nilopolis ſtammend, 
ein Werf über Hieroglyphen verfahte, welches ein 
— Philippos im 4. Jahrhundert n. C. ins 

riechiiche überjegte. Die Überjeßung ijt mehr 
umijchreibend als interlinear, ja er hat manches 
hinzugethan, was nicht in dem Original ftehen 
fonnte. Auch Überjeßungsfehler laſſen ſich mit 
großer Wahrjcheinlichkeit nachweijen. Die Erflä- 
rung der Hieroglyphen geichieht meift in der Art, 
daß zuerft die Bedeutung, dann das Zeichen an— 

egeben wird, worauf dann eine längere oder 
ürzere Erklärung des Zuſammenhanges zwiichen 
Sinn und Bild folgt. Ausgg. von de Baum (1727) 
und Leemans (1835). 

Horatti, ein patriciiches Geſchlecht, was ſchon 
der Name andeutet (ſ. Curiatii), von latiniſchem 
Urſprunge. Buerft werden aus dieſem Gejchlechte 
genannt: 1) die 3 Horatii, die den Kampf gegen 
die Euriatier bejtanden. Lir. 1, 26. Der über: 
lebende diejer Brüder, P. Horatius, foll im 

orne feine Schweiter, welche den Tod ihres 

räutigams, des einen erichlagenen Curiatiers, 
betrauerte, getötet haben, jpäter aber vom Bolte 
von einer deshalb erhobenen Anklage freigeiprochen 
worden fein. Cie. Mil. 3,7. Val. Max. 6, 8, 6. 
Liv. 1,26. An dieje Ereigniffe erinnerten noch 
in jpätefter Zeit Denkmäler, Gräber und das Feld 
der SHoratier in Rom. Publius (oder Marcus, 
nad Cic. Mil. 3, 7) ſoll fpäter dic Zerſtörung 
Albas ausgeführt haben: Dion. Hal. 3, 28 ff. — 
2) M. Hor. Pulvillus, ein Naclonme des 
vorigen, erfter römischer Konſul im Jahre 509 v. C. 
(Liv. 2, 8. Plut. Publ. 12), joll ſchon bei ber 
Vertreibung des letzten Königs mitgewirkt haben, 
indem er das Heer bei Ardea zum Adfaiı bewog. 
— Gein Bruder, 3) B. Hor. Cocles (der eins 
äugige, Plin. 11, 37), rettete der Sage nad) im 
Kriege mit Porjena Rom dadurch, daß er mit 
nod 2 andern die Sublicifche Brüde gegen die 
Etrujfer verteidigte, bis fie hinter ihm abgebrochen 
war, worauf er ſich in den Tiber jtürzte und ans 
jenjeitige Ufer ihwamm. Liv. 2, 10. Plut. Publ.16. 
Dion. Hal. 5, 23. Cie. legg. 2,4, 10. off. 1,18, 61. 
Für diefe Heldenthat belohnten ihn feine dank: 
baren Mitbürger durch eine Statue und reiche 
Geſchenke. — 4) E. Hor. Bulvillus, Sohn von 
Nr. 2, Konſul ım Jahre 477 v. C. fämpfte fieg: 
reich gegen Boljfer und Etrujfer (Liv. 2, 51) und 
befleidete im Jahre 457 noch einmal das Konfulat. 
Er ftarb 453 als Augur. Liv. 3, 32. — 5) M. 
Hor.Barbatus, Gegner der Decempirn, 449 dv. C., 
nad) deren Sturz er die Patricier und das zum 
zweitenmal aus der Stadt gezogene Bolt wieder 
miteinander ausjöhnte. Liv. 3, 53. Konſul im 
Jahre 449 (Liv. 3, 55), gab er mit feinem Kollegen 
Valerius Publicola die berühmten leges Horatiae 


| 


J 








553 


Valeriae über die Gültigkeit der Tribusbeſchlüſſe 
für das ganze Volk, über die Unverletzlichkeit der 
Volkstribunen und einiger andern Beamten, zog 
dann gegen die Sabiner ins Feld und kämpfte 
gegen fie mit Glüd und Ruhm. Liv. 3, 57 ff. 

en vom Senate verweigerten Triumph feierte er 
auf Beſchluß des Volles. Liv. 3, 63. Zonar. 7,19. 
— 6) D. Horatius Flaccus, geboren im Jahre 
689 u. c. = 65 v. E. am 8. Dezember zu Venuſia 
auf dem Grenzgebiete von Yucanien und Apulien, 
in einer romantijch wilden, durch den braufenden 
Aufidus (Dfanto) und den waldreichen Boltur aus: 
gezeichneten Gegend. Als Sohn eines Freige— 
lajjenen, wahrjdeinlich aus der tribus Horatıa, 
hatte er auf die Stellung eines Freibürtigen 
(ingenuus) Anſpruch. Sein Vater verlaufte das 
von ihm erworbene Grunditüd, um nad) Rom zu 
ziehen und dem Knaben eine bejjere Erziehung zu 
geben. Das rührend liebliche Bild, das der Dichter 
uns von der weilen und liebevollen Führung des 
Baters entwirft (sat. 1, 6), macht dem Sohne wie 
dem Vater gleih viel Ehre. Zur Bollendung 
diejer feiner Bildung ging ex, vermutlich) bald 
nach angenommener toga virilis, nach Athen und 
widmete fi dort dem Studium der Philojophie, 
indem er den Atademiler Theomneftos, den Peri— 
patetifer Kratippos und den Epikureer Philodemos 
örte, fich aber dabei die möglichite Freiheit geiftiger 
ewegung bewahrte. Wie jchon in Rom, fam er 
noch mehr in Athen mit einer ausgewählten Schar 
begabter junger Römer aus den angejeheniten 
Familien in engere Verbindung. Da drang die 
Kunde von der am 15. März 44 gejchehenen Er: 
mordung Cäſars nad Athen hinüber, und als im 
Spätfommer Brutus erjchien, um Flotte und Heer 
ur Erhaltung der Republik zu jammeln, faud er 
ier an einer begeifterten Jugend ein freudiges 
Entgegenfommen. Horaz, von Brutus zum Kriegs⸗ 
tribun erwählt, unterbrach ſofort ſeine Studien und 
folgte den Fahnen des Brutus, entweder ſogleich 
oder erſt im Frühjahr 43, bei welcher Gelegen— 
heit er die ſpäter von ihm in einzelnen treffenden 
Zügen vorgeführten Küſtenſtriche Kleinaſiens und 
F des Archipelagos kennen gelernt haben 
mag. Über die verhängnisvolle Schlacht bei Phi— 
lippi im Jahre 42 haben wir ſein eigenes anziehen— 
des Zeugnis (od. 2, 7), doppelt wichtig, weil wir 
daraus die ganze Stellung des Dichter zur Re: 
publif und zu der eingetretenen Alleinherrichaft 
des Auguſtus ermeſſen können. Er ift mit Über— 
zeugung konſervativer Anhänger der alten Form 
und faſſung des öffentlichen Lebens; in dem 
idealen Streben feines jugendlichen Sinnes ift es 
ihm entgangen, daß der alte Geift längft daraus 
gewichen ift, und daß ohne diejen die leer gewor— 
dene Form nicht mehr bejtehen kann. Der Aus: 
gang der Schlacht bei Philippi, in welcher er ben 
Heldenmut der Unterliegenden nicht minder als 
das Glück der Sieger erkennt, ijt ihm eim Beweis, 
daf die alte Form unrettbar verloren iſt; hatten 
ja doch auch die beiden Hauptverteidiger derjelben 
fie en aufgegeben. Er bejchuldigt 
fich jelbft dabei feiner Feigheit, ſondern bezeugt 
nur den wunderbaren Schuß, in welchem er, * 
dem er leider ſeinen Schild dort zurüchgelaſſen, 
mitten durch alle Gefahren hindurch in jeine 
Heimat geleitet worden tft. Bon nun an fonnte 
feinem, durch die Erfahrung belehrten, Sinne nur 


— Horatii. 





954 


dasjenige Streben und diejenige Kraft als eine 
glückliche erfcheinen, durch welche die in wilden Auf: 
rıthr tobenden Wogen des öffentlichen Lebens wieder 
zur Ruhe gebradyt würden. In diefem Sinne 
erichien ihm Dctavian als der Pacificator orbis 
terrarum, der endlich die lang TE Ruhe 
wieder brachte. — Inzwiſchen war jein Bater 
wahrjcheinlich geftorben, und das väterliche Erb- 
teil von den Siegern eingezogen; da trieb m die 
fühn machende Armut, mit den erften Berjuchen 
feines dichterifchen Talents ſich die Gunft mächtiger 
Gönner zu erwerben (ep. 2, 2, 49f.). Die Dichter 
Vergil und 2. Varius empfahlen ihn dem Mäce- 
nas, der ihm zu ſich kommen, aber dann erjt nad 
9 Monaten wieder rufen lieh und ihn unter die 
Zahl feiner amici oder litterarifchen Gefellichafter 
aufnahm, wahrjcheinlich im Jahre 39 (sat.1,6,54 ff.). 
Durch ihn wurde er auch mit Octavian bekannt, 
als diefer im Sommer 29 von den parthiſchen 
und pannonifchen Kriegen nach Rom zurüdtehrte. 
Vielleicht erft nad) der Bekanntſchaft mit Mäcenas 
bat er die Anftellung als scriba quaestorius er— 
worben, und da hierfür eine öffentlich zu ftellende 
Kaution erforderlid) war, für die meiftens ein 
Grundſtück verpfändet wurde (daher praedium), 
icheint Mäcenas ihm (nach der nicht untwahrjchein- 
lihen Vermutung Zumpts) gerade dazu das Sa: 
binum (j. d.) geichenft oder das Geld zum Ankaufe 
desjelben gegeben zu haben. Sein gewöhnlicher 
Aufenthalt ift auch wohl von da an Rom geblie: 
ben; doch finden wir ihn bisweilen in Tibur und 
in dem an fich nicht reizenden, aber dem Dichter 
jehr lieben Sabinum jelber. Verheiratet war er 
nie. Allmählich ward er in der vertrauteften 
Freundichaft des Mäcenas ein jo unentbehrliches 
Glied, daß fich die Sehnſucht nad ihm bei dem 
hohen Gönner bis zu krankhafter Schwermut 
fteigerte. Und wie er es ihm gemweisjagt hatte, 
ftarb er kurz nad) dem Tode des Mäcenas, im 
faft vollendeten 57. Jahre feines Lebens, am 27. No— 
vember 8 v. C. Seine Aſche wurde neben der 
de3 Mäcenas auf den Ejquilien beigeſetzt. — 
Horaz hat ald Dichter das große Verdienft, die 
lyriſche Poeſie in ihren Shönften und ausgepräg: 
tejten Formen, wie fie bis dahin nur die helle 
nische Dichtung entfaltet hatte, auf den Boden 
Latiums und Italiens verpflanzt zu haben. Er 
iſt nach diefer Seite hin aljo allerdings mehr ein 
poöta als ein vates; indefien fehlt ihm doc un: 
verfennbar auch nad) einer andern Seite hin die 
poetiiche Begabung nicht. Die dichterifche Richtung 
und Stimmung it bei ihm nicht ein gemachtes, 
ein fünftlerifches Erzeugnis, fondern ein Produkt 
jeiner Lebenserfahrung. Durch das Scheitern der 
Koeale feiner Augend geriet er in Konflikt mit 
der Wirflichfeit; er fand Beruhigung und Wahr: 
heit nur in einer Welt, die nicht unmittelbar um 
ihn wirflid war. Er erfannte zunächſt und am 
jtärfiten an ihr nur die einzelnen Auswüchſe, die 
im täglichen Leben draußen in der vielbewegten 
Weltftadt ſich Fundgaben, die aber dem Geifte der 
ehrmwürdigen Ahnen nicht mehr entipradhen. Sie: 
durch erwuchs ihm eine jatirifche Richtung, Die, 
anfangs in voller Stärke hervortretend, mit der 
Zeit allmählich milder, erniter, innerlicher wurde, 
aber bis zu der legten feiner Dichtungen Hin nicht 
völlig erlofchen ift. In der Mitte feiner Laufbahn 
erhebt fie fich zu der Würde einer ernften und 


Horatii. 


tiefen fittlichen und religiöjen Mahnung, durch die 
er, wenn auch vergebens, den entichtwundenen 
Geift der edelften und reinften republifanischen 
Zeit wieder heraufzubeichtwören bejtrebt if. Es 
it auf dieſe Weije zugleich der Gang feiner dichte 
riichen Entwidelung bezeichnet, wie er uns in 
feinen erhaltenen Gedichten unverkennbar vorliegt. 
Zugleich aber ift hierin ein Winf für die rechte 

ürdigung feiner poetilchen Leiſtung gegeben; 
nicht der Schwung oder die Tiefe, nicht die Neu: 
heit der Gedanken oder die Fülle überrafchender 
Wendungen, nicht der Glanz der Diktion (er hatte 
fih offenbar für feinen Zwed Worte, Wendungen 
und Strufturen bisweilen erft nad) Maßgabe der 
metriſchen Form zu jchaffen) oder der Reichtum 
an Bildern, für die das römiſche Idiom ſchwer 
zugänglich blieb, ift es, was der horaziichen Poeſie 
ihren eigentümlichen Reiz und Wert verleiht, ſon— 
dern die Wahrheit der ar sera der Adel 
der Gefinnung, die Natürlichkeit Gedanten, 
und das alles in der einfachſten und anjprechend: 
ften Form. Eben darum ift er, wie ihm jelbjt 
eine kühne Ahnung jagte, der Liebling aller Zeiten 
geworden. — Die Beitbeftimmung der einzelnen 
von ihm abgefaßten Werke ift jchwierig. So viel 
aber er feft: er hat zuerit die beiden Bücher 
der Satiren, dann dad Buch der Epoden, 
hierauf die 4 Bücher der Oden oder Carmina 
nebft dem Säculargeſange, zulegt die 2 Bücher 
der Briefe mit Einſchluß der j. g. ars poetica 
verfaßt. Der große engliihe Kritiler Bentley 
jtellte hierfür die, lange Beit angenommene, chrono: 
logiſche Beſtimmung auf, wonad 1. Sat. zwiſchen 
dem 26. und 28., Il. Sat. zw. dem 31. und 33,, 
Epod. zw. dem 34. und 35., I. Carm. zw. dem 
36. und 38., II. Carm, zw. dem 40. und 41., 
IU. Carm. zw. dem 42. und 48., 1. Epist. zw. 
dem 46. und 47., IV. Carm. zw. dem 49. und 
51. Lebensjahre des Dichters, das übrige zu einer 
nicht näher zu beftimmenden fpäteren Zeit ent: 
ftanden jei. Erft in neuerer Zeit hat Kirchner 
die Unhaltbarfeit mehrerer diejer Anordnung zur 
Grundlage dienenden Annahmen dargethan, ind: 
bejondere die, daf der Dichter zur Zeit immer 
nur Einer Gattung der litterariichen Produktion 
fich jollte gewidmet haben, und daß alle Gedichte, 
. B. eines Buches der Carmina, als fertig abge- 
en anzujehen jein follten, che Gedichte eines 
andern Buches derjelben entftanden, während doch 
wahrjcheinlich die 3 erften Bücher der Carmina 
zulammen herausgegeben worden find. Hiernach 
würden die beiden Bücher der Satiren in die‘ 
Jahre 41—36, die Epoden 41-30, die 3 erjten 
Bücher der Carmina 3918, das erfte Buch der 
Briefe 27— 15, das vierte Buch der Carmina 18-—10, 
das zweite Buch der Briefe 11—8 v. C. fallen. 
Später ift jedoch auch diefe Annahme durch 
mehrere deutjche Gelehrte, namentlich Grotefend, 
Franke, Teuffel und Chriſt, noch im einzelnen 
mehrfach modifiziert worden. Aus jeder diejer 
Anordnungen geht aber jo viel hervor, daß der 
verichiedene Charakter der Satiren und Epifteln, 
in denen manche eine völlige Gleichheit haben 
erfennen wollen, ſchon in diefer Zeit und Aufein- 
anderfolge der Abfafjung begründet ift. — Früh: 
geitig ift Horaz von den Grammatitern in dem 

chulen erflärt worden; daraus find die Scholien 
des Borphyrion erhalten und eine andere mit Un 


"Op — 


recht den Namen des Acron tragende Samm: 
fung. Ausgg. von Pauly (1858 ff.) und Hauthal 
(1864 ff.), des Borphyrio von Meyer (1874). — Die 
Zahl der Handjchriften ift jehr groß, aber nur 
wenige gehen in das Mittelalter zurüd. Einzelne 
Anterpolationen müflen jchon früh —— 
ſein und ſind auch von früheren Kritikern nicht 
verkannt. Seitdem Hofman-Peerlkamp (1834 
und 1862) in ſeiner Ausgabe der Oden an ihre 
Beurteilung den Maßſtab höchſten Vollendung, 
d. h. jeinen Maßſtab, gelegt und darnach „mit 
der Konſequenz einer fixen Idee“ eine Anzahl von 
Gedichten und Strophen für unecht erklärt hat, 
iſt man in Deutſchland auf dieſem Wege fortge— 
ſchritten, nicht gerade mit Gelehrſamleit und ſtrenger 
Methode, wie etwa nur Martin, Linker, Haupt, 
Scheibe, Meinefe, Heynemann (1871), fon: 
dern mit jubjeftiver Willtür, wie Lehrs (1869) 
und ganz befonders Gruppe (Minos 1859, Aacus 
1872), zahlreicher jugendlicher Verſuche nicht ß 
gedenten. — Gejamtanusgg.: Ed. princ. (vo. ©. 
u. J. um 1470), von Lambin (1561 u. ö.), Cru— 
auins (1579 u. d.), Bentley (1711 m. öd, meuejter Ab- 
druck 1869), Fea (2. Aufl. 1821 ff.), Döring (1. Bd. 
5. Aufl. 1839; 2. Bd. 3. Aufl. 1836; M. U 
1830), Drelli (4. Aufl. 1885 ff.; kl. Ausg. 6. Aufl. 
1881 ff.), Dünger (1849; Schulausg. 1868), Dillen: 
burger (7. Aufl. 1881), Pauly (1855), Ritter 
(1856 f.), Keller umd Holder (1864 ff.; El. Ausg. 
1878), Lehrs (1869), Kiefling (3 Bdd. 1884—89); 
Textausgg. von ne (6. Aufl. 1855), Meinefe 
(3. Aufl. 1854), Stallbaum (1854), Ritter (1854), 
Haupt (4. Aufl., bei. von Bahlen, 1881), Linfer 
(1856), Luc. Müller (1874 u. ö.), Betjchenig (1888), 
Keller und Häufner (2. Aufl. 1888) u.a. Ausgg. 
der Satiren von Heindorf (3. Aufl. 1859), Kirchner: 
Teuffel (1854 ff.) Hofman:Beerlfamp (1863), Krü— 
ger (mit den Epifteln, 11. Aufl. 1885), Fritzſche 
(1875 f.), Schü (1881), Breithaupt (1888) u. a.; 
der Oden (und Epoden) von Jani — Aufl. 1809), 
Mitjcherlih (1800), Hofman-Peerlkamp (2. Aufl. 
1862), Obbarius (1848; Schulausg. 1856‘, K. W. 
Naud (12. Aufl. 1885), Herbft (1866), Schüß 
(2. Aufl. 1880), Luc. Müller (1882), Nojenberg 
(1883) u a.; der Epifteln von Schmid (1828 ff.), 
Obbarius (1837 ff, mur 1. Buch), Krüger (mit 
den Satiren, 11. Aufl. 1885), Anton (1888) u. a. 
Über des Dichters Leben und Freundeskreis dgl. 
Weber, Horatius als Menſch und Dichter (1844); 
Karſten, DQ. Horatins Flaccus —— von Schwach, 
1863); Gerlach, Leben und a. des Horaz 
(1867), Jacob, Horaz und feine Freunde (2. Aufl. 
1889), Detto, Horaz umd feine Zeit (1888). 

"Ogoı, in Athen fteinerne Ber die dor ver: 
pfändeten Grundftüden als Zeichen der Verpfän— 
dung aufgeftellt wurden. Ein Grundftüd durch 
Aufftellung der Tafeln als Hypothek für eine 
Schuld bezeichnen hieß dgyogifew ro zwgilor, 
das Grundftüd jelbit apmgıoufror. Es wurde 
auf der Tafel der Name des Archon, des Gläu— 
—* und die ſchuldige Summe vermerkt (z. B. 
imi Ocoppderov Üpyorrog Ögog yuglov ruwijg 
lvopsıhouirng Bavoorgdra Iluıavıei dıoyıllaor 
doazyusr). Sie entipracdhen alfo unjern Hypo— 
thefenbüchern. 

Horologium j. Solarium. 

Horos, Oros, "208, 'Neos, ägyptiſcher Gott mit 
Sperberfopf, Sohn von Dfiris (j. d.) und Iſis, 


555 


Bruder der Bubaftis (ſ. d.), „der Rächer feines 
Baterd an dem argen Set (Typhon), d. h. der 
Gott der immer wieder fiegreich über der Finſter— 
nis auffteigenden Sonne, von den Griechen des: 
halb Apollon genannt (Hdt.2, 144. 156), bejonders 
in der oberägyptiichen Stadt Abtu (Apollinopo- 
lis magna, » Edfu) verehrt. Weil er jeden 
Morgen am Horizont neu geboren wird, heißt er 
„Horos das Kind‘ (Harpehrod, Harpofrates), 
und wird auch ald Kind, das noch nicht jprechen 
fann, den Finger auf dem Mund, dargeftellt. 
Den Griechen und Römern, zu welchen jeine Ber: 
ehrung jpäter auch überging, galt er als der nad): 
eborene, ſchwächliche Sohn des Dfiris und des: 
—* als der Gott der Winterſonne, doch auch als 
Repräſentant der Frühlingsvegetation, identiſch mit 
Priapos (Plut. de Is. 19. 65. 68). Ferner machte 
man ihn wegen jener Gebärbe zum deus silentii. 
In diefer Bedeutung fommt er bei den Römern 
gewöhnlich vor (Or. mıt. 9, 692. Varr. 1.1.4, 
p. 17), daher der Ausdrud facere, reddere ali- 
quem Harpocratem (einen zum Schweigen bringen, 
Catull. 74, 4). Als der Gott des Geheimniſſes 
und der Verichwiegenheit wird er auch der Gott 


Hortensii. 


.|des Familienlebens. 


Horröum (ögeior, aıropvlaneior, drodıjun), 
auch granarium genannt, ein zunächſt zur Auf 
bewahrung des Getreides beftimmter Speicher, 
entweder über oder unter der Erde (subterranea, 
vinaria) gebaut oder auf Pfeilern ruhend (pensilia 
oder sublimia). Die eriteren empfahlen fich durch 
möglichit Iuftdichten Verichluß des Getreides, jo daß 
es ſich lange halten fonnte, bei den letzteren war 
der Quftzug das Hauptaugenmerk, um den Korn: 
wurm (curculio) abzuhalten (Plin. 18, 30). Seit 
E. Gracchus wurden don Staat® wegen horrea 
angelegt, um die Ärmeren zur Zeit der Teuerung 
mit Getreide zu verjorgen, was unter den Kaiſern 
in ſehr ansgedehntem Maße geichah. Später 
wirrden auch Magazine, ſowohl für alle jonftigen 
Vorräte, Kaufmannswaren (horrea penaria), als 
auch zur Aufbewahrung fonjtiger wertvoller Sachen, 
unter andern auch von Büchern, jo benannt, 
und ſelbſt öffentlich folche für Gelder und Koft- 
barfeiten errichtet, worüber horrearii die Auf: 
[Mt führten. Auch die Speifefammer mit ihren 

orräten an Gewürzen u. ſ. w. heißt horreum 
oder apotheca. Plin. ep. 2, 17. 

Hortensii, ein plebejiiches Geſchlecht: 1) D. 
Hort., Diktator im * 287 v. E., bewog das 
aus Rom ausgezogene Volk zur Rückkehr. Er ſtarb 
während der Amtsführung. Liv. ep. 11. Zonar. 
8,2. — 2) L. Hort, z0g fich als Prätor wegen 
feiner Räubereien in Thrafien und Griechenland 
eine Klage und einen Verweis des Senates zu 
(170 v. €.). Liv. 43, 4.7 ff. — 3) D. Hort. Hor- 
talus (Drt.), der große römische Redner, war 114 
v. E. geboren, alfo 8 Jahre älter als jein berühmter 

eitgenoffe Cicero. Bereits im neunzehnten Lebens— 
jahre trat er ald Sachwalter auf und widmete ficd) 
diefem Berufe 44 Yahre lang. Dem marfiichen 
Kriege hat er im Jahre 91 als Legionar, 90 als 
Kriegstribun beigewohnt, von den einzelnen Staats: 
ämtern die Ouäftur, 75 die Ädilität, in der er 
es nicht verabjäumte fich durch glänzende Spiele 
(Cie. off. 2, 16) und Getreideipenden das Bolt zu 
gewinnen, 72 die Prätur (Cie. Verr. 1, 13, 38) 
bekleidet, nach welcher er keine Provinz übernahm, 


556 Hortus — 
um unter den Augen des Volkes zu bleiben und 
die Bewerbung um das Konjulat vorzubereiten. 
Er wurde für das un 69 Konful, und damit 
war der Höhepunkt in jeinem Leben und in jeiner 
Kunft erreicht, von dem er raſch hinabgeftiegen 
jein würde, wenn nicht das Konjulat jeines Rivalen 
Cicero ihn zu erneutem Streben erwedt und einen 
Wetteifer hervorgerufen hätte, der erſt durch den 
im April 50 — Tod des Hort. ſein Ende 
fand. So ſtarb er im vierundſechzigſten Lebens— 
jahre, bevor die ſchweren Stürme über Rom her— 
einbrachen, die ſein Lebensglück geſtört haben 
würden. Cie. Brut. 1. In dem Beſitze eines 
großen Vermögens hatte er mit Geſchmack feine 
Häufer und Landgüter eingerichtet und nichts ver- 
abjäumt, was zu einem nicht bloß behaglichen, 
fondern auch üppigen Leben gehörte. Hausgeräte, 
Gemälde, Statuen, Kunftichäge aller Art waren 
fojtbar, der Reichtum feines Weinfellers, die Güte 
feines Wildes und feiner Fiſche wurden gerühmt, 
und über die Sorgfalt, mit welcher er als ein 
echter piscinarius die Pflege der legteren bejorgte, 
oftmals gejpottet. Bauen Tollen bei jeinem Augu— 
raljhmaufe zum erftenmal auf der Tafel erichienen 
fein. Er teilte hierin die Verdorbeuheit feiner 
Zeit. Wie er andere als Sachwalter beſtach, jo 
ließ er fich auch ſelbſt beftechen und verkaufte jeine 
Überzeugung, jogar zu betrügeriichen Zweden. In 
jeiner bolitiichen Stellung blieb er Optimat, be— 
müht, alles zu bintertreiben, was die bejtehende 
Ordnung der Dinge erjhüttern konnte. Obſchon 
er nicht entjchieden genug auftrat und bei ernten 
Gefahren ſchnell fich zurüdzog, jo machte * doch 
ſein redneriſches Talent und ſeine kluge Vorſicht 
zu einem hervorragenden Mitgliede ſeiner Partei, 
von deren Kämpfen nur der Hang zur Bequem— 
lichleit ihn abſchreckte. — Über den Gang ſeiner 
redneriſchen Bildung wiſſen wir nichts; möglich 
iſt, daß er den Unterricht des Archias genoſſen hat 
(Cie. Arch. 3°, wie den des Molo von Rhodos, 
der mehrmals in Nom war. Cic. Brut. 89, 307. 
Sein Talent und fein Fleiß (Cie. Brut. 88, 302) 
fiherten ihm vom Anfange an, jelbft neben einem 
Erafjus und Antonius, neben Cotta und Sulpi- 
cius, ein hohes Anſehen, in dem ihn nachher der 
noch begabtere und noch eifrigere Cicero über: 
flügelte. Neue Anftrengungen hatten feinen Er— 
folg, feine Gutmütigfeit gönnte dem Cicero feinen 
Triumph, er wurde socıus et consors gloriosi 
laboris. Seine Stärke war der mündliche Vortrag. 
Dabei unterftügte ihn ein ausgezeichnetes Gedächt— 
nis (Cie. Brut. 88, 301), weldes es ihm leicht 
machte, die Einteilung bei der Dispofition (partı- 
tiones, Brut. 88, 302. Quint. 4, 5, 24) jcharf hin» 
uftellen und am Schluſſe der Rede alle Argumente 
Sicher refapitulierend zufammenzufaffen (collectio- 
nes). Der Vortrag war jorgfältig ftudiert (vox 
canora et suavis, motus et gestus etiam plus 
artis habebat quam erat oratori satis, Cie. Brut. 
88, 303) und erhielt dadurch einen faft — 
Anſtrich. Gell.1,5. Val. Max. 8, 10,2. Die 
glänzende, wort: und gedanfenreiche aſianiſche 
Manier bezauberte die Jüngeren und die Menge, 
fonnte aber in jeinen jpäteren Jahren nicht mehr 
den früheren Eindrud maden. Cie. Brut. 95, 325. 
Deshalb wendete er ſich auch mehr ertemporaler 
Beredjamkeit als jchriftlicher Aufzeichnung feiner 
Reden zu. Cie. or. 38, 132. Quint. 11, 3,8. Go 


Hospitium. 


ift es gelommen, daß nicht nur Feine jeiner Reden 
uns erhalten ift, jondern jelbft nur jpärliche Notizen 
von einigen 20 überliefert werden. Gegen Cicero 
iprad) er in P. Quintium, mit @icero pro C. Ra- 
birio, pro L. Murena, pro L. Sulla, pro L. Va- 
lerio Flaceo, pro P. Sestio. Daß er über loci 
communes gejchrieben, erhellt aus Quintilian 
(2, 1, 11). Auch auf andern Gebieten hat er ſich 
als Dilettant verſucht. Seine Gedichte nennt Ovid 
(trist. 2, 441) wegen ihrer Schlüpfrigfeit improba, 
Gellius (19, 9) ınvenusta, rudia und absona, 
Catull (95, 3) hat ihm ficher wegen feiner Schmie- 
rerei verjpottet. In Bezug auf feine annales 
nennt ihn Cicero (ad Att. 12, 5, 3) einen bonus 
auctor in rebus ad historiam pertinentibus, 
und klare Behandlung rühmt Vellejus (2, 16, 2). 
Monographie von E. Yuzac (1810). — 4) D. Hort. 
Hortalus, der unmwürdige Sohn des vorigen, 
vergeudete jein Vermögen; daher der Zwieſpalt 
mit dem Bater. Cie. ad Att. 6,3,9. Beim Aus: 
bruch des Bürgerfrieges war er Anhänger Cäſars, 
befehligte eine Flotte an der Küfte Etruriens und 
wurde don Cäjar zum Statthalter Matedoniens 
ernannt, überlie aber nad) deſſen Tode die Pro- 
vinz dem Brutus. Nach der Bejiegung desielben 
fand er infolge der Projfriptionen den Tod, Plut. 
Caes. 32. Brut. 25. 28. Cie. Phil, 10, 6. Die 
Cass. 47, 21. — 5) Des Redners Tochter, Hor— 
tenjia, gilt ald Beiſpiel weiblicher Beredſamleit. 
Sie ſprach im Jahre 42 v. C. für fih und die 
andern reichen Frauen und Erbinnen, welche die 
Triumvirn bejtenern wollten, und erreichte zum 
Teil ihre Abficht. Quint. 1, 1, 6. Val. Max. 


8, 8, 8. 

Hortus j. Garten. 

Hospitium, Der griehijche Nationaldyaraf- 
ter neigte fi im allgemeinen zu freundlicher Auf- 
nahme und Behandlung der Fremden; ja jelbit 
Mörder ftanden, wenn fie bei fremden Städten 
um Schuß baten, unter dem a gr des Zeug 
pbEros und Inerjeros und genoſſen Gaftrecht, 
mochten es Vornehme oder Bettler fein. Im ganzen 
erhielt ſich dieſe Auffaſſung bis in die jpätefte 

eit. Von den Germanen rühmen Cäjar 
(b. g. 6, 23) und Tacitus (Germ. 21) die unge: 
meine Gaftlichkeit, e$ wurde für Frevel gehalten, 
Obdach zu verfagen. — Dagegen war in Rom 
der Fremde an fich rechtlos (j. Hostis), doch 
half man diefem Zuſtande durch foedera und 
hospitia ab, bei deren —— tesserae 
hospitales gewecjelt wurden, welche man als 
Ertennungszeihen für die jpäteren Nachkommen 
treulich aufbewahrte. Diejes Jnftitut verpflichtete 
die Gaftfreunde nicht bloß zu gegenfeitiger gaft- 
liher Aufnahme, jondern auch zu Schu und 
Hülfe in allen politijchen und —————— 
heiten, z. B. zur Vertretung vor Gericht u. ſ. w. 
Auch ging das Verhältnis auf die Nachkommen 
über und wurde ftets heilig gehalten (Gell. 5, 13), 
bis etwa eine Auffündigung des Bundes (renun- 
tiatio) erfolgte. Cie, Verr. 2, 36. Sehr häufig 
findet fi) darum paternus amicus et hospes 
(Cie, div. in Caec. 20, 67). Doc nicht bloß ein= 
zeine Familien der verjchiedenen Städte jchloffen 
Gaſtbündniſſe, jondern jolches hospitium fonnte auch 
von Rom von Staats wegen (hospitium publicum) 
an einzelne für ausgezeichnete Berdienfte erteilt wer: 
den, 3. B. an den Liparenjer Timafitheus, 393 v. C., 


Hostilia — 


ber die römische Gejandtichaft nach Delphoi vor 
Seeräubern geihügt hatte (Liv. 5, 28). Diejes 
Verdienft wurde noch in feinen Nachfommen bei 
der Eroberung der Inſel Lipara (252 v. €.) 
er (Diod. Sie. 14, 9: tür re elspogür 
teheig Cpijue nal Ehevßigovg Fmoinser). Auch 
die etruſtiſche Stadt Cäre erhielt für die Auf: 
nahme der römijchen Heiligtümer bei der Er- 
oberung Roms dur die Gallier 389 v. C. das 
hospitium (Liv. 5, 50), womit nach Gell. 16, 13 
und Strab. 5, 210 das Bürgerrecht sine suffragii 
iure verbunden war (vgl. Caerites). Auswärtige 
Könige ehrte Rom noch bis in die Kaiſerzeit 
außer dem Titel amicus et socius (Tac. ann. 
4, 26. Caes. b. g. 1, 43) ebenfalld mit dem ho- 
spitium publicum; wenn bdiejelben nad Rom 
famen, wurden fie öffentlich empfangen und auf 
Staatsfoften bewirtet. Umgekehrt jchloffen fremde 
Städte mit 21 Römern ein hospitium, 
womit gewöhnlich die Wahl des Römers zum 
patronus verbunden war, wie viele Jufchriften 
xeigen (j. Patronus). 

ostilia, j. Dftiglia, Stadt in Oberitalien am 
Padus, jüdlih von Verona, jüdöftlih von Mans 
tua, auf der Straße von Verona nad) Bononia, 
mit einem wichtigen Padusübergange. Tac. hist. 
2, 100. 3, 9. 14. 21. 40, 

Hostilii, ein altes, angejehenes Gejchlecht, 
defien bedeutendſte Mitglieder folgende find: 1) 2. 
Hoftilius Mancinus, fiel bei einer Rekogno— 
jeierung im zweiten punijchen Sriege (217 v. €.) 
mit feiner ganzen Schar. Liv. 22, 15. — 2) €. 
Hof. Tubulus, verhinderte im Jahre 208 v. E. 
ald Proprätor in Arretium einen Mufftand zu 
Bunften Hannibals (Liv. 27, 22 ff.) und ſchlug im 
Jahre 207 einen ftarlen Heerhaufen der Karthager 
in einem glänzenden Treffen. Liv. 27,40. — 3) A. 
und L. Hoft. Cato, waren im Jahre 201 v. E. 
mit der Verteilung von Ländereien in Mittelafien 
beichäftigt, fämpften unter 2. Scipio gegen An— 
tiochos und wurden wegen Unterjchleifs angeklagt, 
aber nur A. Hoft. ward für jchuldig befunden und 
verurteilt (187). Liv. 31,4. 38, 55. — 4) A. Hoft. 
Mancinus, führte als Konful im Jahre 1700. €. 
den Krieg gegen Perjeus von Makedonien, ohne 
bejonderes Glück zu haben, und mehr verteidi- 
gungsweife. Doc ſchützte er die Bundesgenofjen 
und hielt auf ftrenge Zucht im Heere. Liv. 43, 4 ff. 
9. 11.44, 1. — 5) 8. Hoft. Mancinus, diente 
als Flottenführer und Legat im dritten punijchen 
Kriege 148 dv. E. Mehrere Feftungen, namentlich 
Aipis, belagerte er vergeblich, doch eroberte er das 
bei Karthago liegende Kaftell Magalia. Liv. ep. 51. 
App. Pun. 110 ff. Nach der Einnahme Karthagos 
veranfchaufichte er den Römern die Stadt und ihre 
Lage durch Gemälde, welche er ihnen auf dem 
Forum erflärte, Plin. 35, 4. Im Fahre 145 war 
er Konſul. — 6) E. Hoft. Mancinus, Konjul 
im Jahre 187 dv. E., erlitt durch die friegerijchen 
Numantiner in Hijpanien mehrere Niederlagen 
und ging darnadı mit ihnen einen Vertrag ein, 
welcher in Rom beanjtandet wurde, weil man ihn 
für zu jchimpflich hielt. Ti. Grachus war Damals 
als Duäftor in jenem Seere, um deſſen willen 

en bie Numantiner den Vertrag geichlofien. 

n Bruch desjelben juchte der Senat im Jahre 
136 durch WUuslieferung des Konſuls zu ſühnen, 
die Numantiner aber nahmen dieſelbe nicht au. | 


557 


Später ftießen die Genforen ihn I oe aus dem 
Senate; er ward jedoch nachmals wieder eingeiegt. 
Liv. ep. 5öf. Plut. Ti. (#racch. 5. Vell. Pat. 2, 1. 
Cie. off. 3, 80, 109. de or. 1, 40, 181. 

Hostis hieß vor alter8 j. v. a. peregrinus 
oder Fremder, denn damals war der Gegenſatz 
wiſchen römijchen Bürgern und Fremden ein jehr 
—— Der Fremde und der Feind waren iden— 
tiſch. Cie. off. 1,12. Varrol.1.65,1,4. Plaut. 
Cure. 1, 1, 5. Später aber wurde hostis die 
Bezeichnung des äußeren Feindes, während per- 
duellis den inneren Feind bezeichnete. 

Hostius, ein römiſcher Epifer im Anfange des 
7. Yahrh. d. St., beiang als Fortjeßer der Annalen 
des Ennius das bellum Histrieum in mindeftens 
3 Büchern. Vol. Weichert, poet. lat. vitae p. 3 ff., 
und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 138 f. 

Hyaden, Tädes, „die Regnenden”, ein Stern: 
bild am Kopfe des Stiers, mit defjen Aufgang 
die regneriiche Zeit beginnt. Sie galten daher 
ald Nymphen, welche durch die Feuchte nähren, 
und als joldhe waren fie die Ammen des Diony: 
jo8 und hießen nyſaiiſche Nyumphen; unter 
dem Namen dodonatiiihe Nymphen waren jie 
die Ernährerinnen des Zeus. Diejer verjegte fie 
aus Dankbarkeit unter die Geftirne. Die Angabe 
über ihre Abftammung, ihre Zahl und ihre Namen 
find jehr verſchieden. Sie heißen Töchter des 
Atlas und der Nithra oder der Bleione, Schweitern 
ber Pleiaden, oder Töchter des Dfeanos oder des 
Meliffens n. j. w. Ihre Zahl wird angegeben 
auf 2—7. Hefiod nennt 5: Phaiſyle, Koro— 
nis, Kleeia, Phaio und Eudore Von den 
fonftigen Namen führen wir noh an: Althaia 
(Amaltheia), Ambrofia; auh Dione, welche 
zu Dodona des Zeus Gemahlin ift, heißt eine 
Hyas. Weil man fi) das Sternbild als eine 
Herde junger Eber vorftellte, gaben ihm die Römer 
den Namen Suculae (sus = #g). 

Hyakinthos, 'Tdxırdog, Sohn des Amyklas, 
Gründer von Amyklai in Lalonien, und der 
Diomede, wegen jeiner Schönheit von Apollon 
geliebt. Aber auch Zephyros (oder Boreas) liebte 
den Yüngling, und als einjt Apollon am Eurotas 
fi mit dem Geliebten am Dijfoswerfen ergeßte, 
trieb er aus Eiferjucht die Diſtosſcheibe auf das 
Haupt des Hyakinthos, daß er ftarb. Apollon lieh 
aus dem Blute des Erjchlagenen die dunfeln, mit 
dem Sllagelaut AT — AI gezeidineten Blumen 
leihes Namens entſprießen. Ov. met. 10, 162 ff. 

ein Grab befand ſich unter dem Altar und Bilde 
des Apollon zu Anıyklai (j. d.). Diejer früh vom 
Tode dahingeraffte Jüngling bezeichnete, wie Ado— 
nis, die aufblühende und fchnell dahinfterbende 
Natur; darauf deutet das ihm zu Amyklai von 
den Spartanern gefeierte Felt der Hyakinthien, 


Hyakinthos. 


Tanivdıa, welhe in den fpartaniichen Monat 


Helatombaion (Juli) fielen und 3 Tage dauerten. 
Am erften Tage veranftaltete man dem Hyakinthos 
Herven= oder Totenopfer in ftiller Trauer, an den 
beiden folgenden Tagen dagegen dem Apollon 
fröhliche Feſtzüge und Wettipiele. Diejes Feſt 
feierten die Spartaner noch bis in die Kaiſerzeit 
hinein; es war nralt und wahrjcheinlich erjt durch 
die Dorier mit dem Apollonkult in Verbindung 
ebracht worden. — Nach anderer Sage war Hya— 
inthos ein Sohn des Pieros und der Muſe Kleio, 
von Thampris und Apollon geliebt. 


558 


Hyampeia j. Phokis, 3. 

Hyampödlis, "Tdumoiız oder auch "Te, Stadt 
in Phokis, öftlih vom Kephijos an dem Neben: 
flüßchen Aſſos und an der Hauptitraße von Dr: 
chomenos nad Boiotien, einige Minuten von dem 
jeßigen Dorfe Bogdana, joll ihren Namen von 
den aus Boiotien durch Kadmos vertriebenen 

hanten erhalten haben. Terxes zeritörte bie 
Stadt (Hdt. 8, 28), welche wieder aufgebaut, 
aber von Philipp von Makedonien abermals, und 
zwar gänzlich, zerftört wurde. Liv. 32,18. Umfang: 
reiche Ruinen jind erhalten. — Das von Kenophon 
(Hell. 6, 4, 27) erwähnte "Taurolırav rd reo- 
dsrsıov ift das Ortchen Kleonai, nördlich davon 
an der lofrijchen Grenze. 

Hybla, MPac oder "TBAn, Name dreier Städte 
auf Sicilien: 1) "TPAn n ueitor, Großhybla am 
Symaithos, j. Paterno am Fluß Giaretta, am 
füdlichen Abhange des Atna, urſprünglich Stadt 
der Sifuler mit dem Kult der Göttin Hyblaia, 
deren Priefter Zeichen: und Traumbdeuter waren. 
Paus. 5, 23, 5. Die Hyblenses nennt Cicero 
(Verr. 3, 43); jpäter war der Ort verlaffen. — 
2) "TBAn "Hoala oder dldrrov, Stadt zwiſchen 
Gela und Syrafus, vielleicht j. Ehiaramonte. — 
3) "TBAn & Meyage, an der Dftküfte der Inſel, 
nördlich von Syrafus. Dorer aus Megara fanden 
das Städtchen Hybla (mit dem Beinamen T'ekeärız, 
Tregsärıg, Tiaeleörıg) ſchon dor und nannten es 
Megara (729 v. E.); Die Bewohner biegen Meyaosis 
"Tpieior. Seit Gelons Zeit gehörte Hybla zum 
Gebiet von Syrakus (Hdt. 7, 156. Thuc. 6,4.94) 
und war zugleich eine Kleine Feſtung. Liv. 24, 80. 
Thue. 6, 75. 94. Bon den Römern wurde die 
Stadt im zweiten punijchen Striege durch Marcellus 
erobert und zerftört (Zar. 24, 35); Cicero fennt 
fie noch unter dem Namen Megaris (Verr. 5, 25). 
Der von den Dichtern (Verg. E. 1, 5ö. Or. trist. 
5, 13, 22) viel gepriejene hybläiſche Honig gehörte 
dieſer Stadt an. 

"Tpdeıs war juriftiich jede Beleidigung, dı «l- 
srooveylas, Schändung des Körpers (5. B. Mif- 
handlung von Sklaven), oder dız mAnyar, Schläge, 
oder dı@ Adyor, Schmähungen. Die beiden eriten 
Arten fonnten Gegenftand einer your; Üßerws 
fein. Die Klage war ſchätzbar; es fonnte jelbit 
auf den Tod erfannt werden. Forum: die The— 
ſmotheten. — Auch heißt ößois die abfichtliche 
That (dolus) im Unterſchiede von der unvorjäß- 
lihen, &rn (culpa). 

Hydaspes, 'Tö«orng, altindiſch Vitafta, j. Behät 
oder Dichelam, unter den 5 linken Zuflüſſen des 
Indos im Pandichab der meitlichite. Alexander 
gründete an jeinen Ufern die Städte Bulephala 
und Nikaia, leptere auf der Stätte feines Sieges 
über Poros, und fuhr im November 326 auf dem 
9. bis zu feiner Einmündung in den Aleſines 
hinab. Arr. 5,4, 2. 8,4. 19,4. 6, 1, 1 u. ö. 
Strab. 15, 691. 696. 

Hydraötes, '"Tdo«wrns, richtiger bei Strabon 
(15, 694. 697. 699) "Tagorıg, altindijch Iravati, j. 
Navi, der mittlere Bandichabfluß. Arr. 5, 21, 4. 
6,5,7.13, 1u. 6. 

Hydraulus, tög«vilos, auch organon hydrau- 
licum, eine von dem Mechaniker Kteſibios erfun- 
dene Wafjerorgel, die 7 Pfeifen, teils von Bronze, 
teils von Rohr, enthielt und in der durch Wafler 
die Luftjäulen in Bewegung gelebt und jo die 


Hyampeia -— Hyginus. 


Töne erzeugt wurden. Zu der Zeit Neros erfand 
man eine neue Konſtruktion. Das Spielen geichah 
mitteljft einer Slaviatur. (ie. tusc. 3, 18, 43, 
Plin. 6, 23, 26. Eine Bejchreibung davon gibt 
Vitr. 10, 8. 

Hydröa, 'Töof«, j. Hydra, Heine Inſel vor der 
Bucht von Hermione an der argoliichen Küſte 
(Hdt. 3, 59), etwas über 5 Stunden lang, durdh- 
ichnittlih 1 Stunde breit; erjt in neuerer Zeit 
als einer der wichtigften Seepläpe Griechenlands 
wichtig und durd die hervorragende Teilnahme 
der Bewohner am griechiichen Freiheitstampfe be: 
rühmt geworden. 

Hydrophorla, r&'Tögopögıe, die Waſſerſpende, 
ein in Griechenland allgemein im Frühling ge: 
feiertes Feſt zur Sühnung der chthonischen Götter 
und der Berftorbenen. In Athen feierte man dies 
Feſt am 13. Anthefterion und warf Totenopfer, 
Kuchen aus Mehl und Honig, in einen Schlund 
in dem heiligen Bezirfe der Ge und bes Dan 
Olympios, in welchem am Beit der deufalioniichen 
Flut ſich das Waſſer jollte verlaufen haben. Denn 
man behauptete, das Feſt zur Erinnerung der in 
diefer Flut —⸗ zu begehen. Paus. 
1, 18, 7. — In Migina war dies Reinigungs— und 
Sühnfeft dem Apollon geweiht und fiel in den 
Monat Delphinios. 


Hydruntum, 6 "Tögoös, j. Otranto, eine der 
älteften Städte Calabriens an der Oftküfte, mit einem 
trefflichen Hafen, bar ſpäter römiſches Municipium 
und diente als Überfahrtsort nach Griechenland. 
Liv. 36, 21. Cie. ad fam. 16, 9. ad Att. 15, 21. 
16, 5. Strab. 5, 231. 

Hygieia (Hygeia) j. Asklepios. 

Hyginus, 1) €. Julius 9, aus Hifpanien, 
ein ?Freigelafjener des Auguftus, erhielt von dem— 
jelben das Amt eines Aufjehers über die pala- 
tinijche Bibliothef. Suet. gramm.20. Seine Studien 
waren teils grammatifche, in welchen er ſich aus: 
zeichnete, teils antiquarifche; jedoch bejigen wir 
von jeinen verfchiedenen und mannigfaltigen Werten 
(de viris celaris, exempla, genealogiae, de situ 
urbium Italicaram, commentaria in Vergilium, 
de agricultura u. a.; j. auch Nep os) nichts mehr, 
wenn nicht etwa der Hyginus, der als Berfafler 
eines Wertes, fabularum liber (in 277 Fabeln), 
und eines poöticon astronomicon (4 Bücher aſtro— 
nomijchmathematifchen Inhalts) befannt ift, mit 
ihm diejelbe Perſon ift, obgleich Sprade und 
Inhalt beider Schriften. eher auf einen Berfafler 
ipäterer Zeit (des Trajan oder der Antonine) 
ichließen laffen. Vielleicht find dieje Werte Aus- 
züge oder Bearbeitungen gleichnamiger Werte des 
eriteren. ng fabulae von (1674), 
Wunder (in den Mythographi lat., 1681), van Sta— 
veren (in den Auctores mythogr. lat., 1742), 
Bunte (1857) und Mor. Schmidt (1872); des 
poet. astron. von van Staveren, Bunte (1875). 
— 2) Berjchieden von ihm iſt Hyginus mit dem 
Beinamen $Gromaticus, zur Zeit des Domitian, 
Nerva und Trajan, von welchem wir eine Schrift 
über die Feldmeßkunſt (heransg.. von Lachmann 
in feiner Ausgabe der Schriften der römiſchen 
Feldmeſſer) und über das Lager der Kaiſerzeit N 
Castra) bejien (de castrametatione oder de 
munitionibus castrorum), herausg. von L. Lange 
(1848), Gemoll (1879) und N. von Domajzewsti 


Hykkara — Hpypata. 


(1887). Letztere Schrift gehört wahricheinlich einem 
andern Berfafler und einer jpäteren Zeit (dem 
3. Jahrh.) an. 
ykkära, Taxccocc, alte Sikanerſtadt an der 
Nordküfte Siciliens, mweftlih von Panormos, ge: 
nannt bon einer Art Seefiſche; j. Earini. Am 
peloponnefischen Kriege wurde fie don den Athe: 
nern geplündert und dann den Segeftanern über: 
geben. Thuc. 6, 62. 7, 13. Mit den in bie Sfla- 
verei verfauften Einwohnern fam auch die Hetäre 
Timandra, des Alfibiades Geliebte, nebſt —— 
Tochter, der nachher ſo berühmten Lais, nach Athen. 
Plut. Ale. 39. 
Hylas, "TAug (Waldkind), Sohn des Dryoper- 
fönigs Theiodamas und der Nymphe Menobdite 
(oder des Herafles jelbft’, ein ſchöner von Herafles 


559 


Hymenaios, 1) j.Hymen. — 2) j. Lyrische 
Poesie, 5. 

Hymettos ſ. Attika, 2. 

Hymnos j. Lyrische Poesie, 4. 

"TraıdRoS (vaög), nach der herkömmlichen, 
auf Vitr. 1,2, 5.3, 2 begründeten Anficht ein in 
dem mittleren Raume der cella oder des eigent: 
lichen vaog, wo die Bildjäule der Gottheit ftand, 
mit feinem Dache verjehener Tempel. Smpäthral: 
tempel waren 3. B. der Barthenon in Athen, der 
Tempel bes Apollon bei Phigaleia in Artadien, 
beide von Iktinos erbaut, der des Pofeidon zu 
Päſtum, des Zeus in Olympia u. a. Zwar haben 
2. Rob in jeinen Hellenifa und andere zu zeigen 
fih bemüht, daß der Musdrud bei Vitruv nur 
von einem noch undollendeten Heiligtume verftan: 
den werden könne, daß joldhe 














geliebter Knabe, den in Myſien die Nymphen aus 
Liebe zu fich in ihren Duell hinabzogen (j. Ar- 
gonauten, 4). Die Einwohner von Kios (jpäter 
Brufias) feierten dem vergötterten Hylas ein Feit, 
indem fie an der Duelle opferten und, den Namen 
Hylas rufend, in den Bergen umberftreiften. 
Hyle, "Tin ober "TA, Stadt am nördlichen 
Ende eines Sees (Hylike, Minij Aurn, j. Likheri) 
im jüdlihen Boiotien, Sitz des begüterten Ore— 
ſbios (Hom. 11. 2, 500. 5, 708) und des Künftlers 
Tychios, der den Schild des Aias verfertigt hatte. 
Hom. Il, 7, 221. 
"Yiieig ij. Herakles, 16. und drin, 2. 
Hyllos, "Tilos, 1) Fluß in Lydien, nach Strab. 
13, 626 jpäter Phrygios genannt, mündet in den 
Hermos; j. Demirdihi. Mom. Il. 20, 392. Hdt. 
1,30. — 2) Sohn des Herakles, ſ. Herakles, 15. 
Hymen, Hymenaios, 'Tunr, "Tuerauos, der 
Gott der Bermählung, welcher in dem Hochzeits— 
gefang oder Hymenaios angerufen wurde, weil 
er, jo erzählt die Sage, von Benisbeen entführte 
Mädchen aus der Gefangenschaft befreit hatte. Mit 
Bezug auf den SHochzeitögefang heißt er Sohn 
des Apollon und einer Muje (Kalliope, Urania, 
Terpfichore), Bruder des Jalemos (Erfinder des 
nad) ihm benannten Trauerliedes ’"Iadkseuog) und 
Orpheus, oder jeine Eltern find Magnes und 
Kalliope, Dionyjos und Aphrodite; er war ber 
Geliebte des Apollon, des Hejperos, des Thamyris, 
ein Freund und Begleiter des Eros. Die Kunft 
bat ihn dargeftellt als reifen Knaben mit ernfterem 
Ausdrude als Eros, geflügelt, mit der Brautfadel 
und dem SHochzeitäjchleier in der Rechten. 








Oppäthraltempel wegen bes 
ſchlimmen Einfluffes der Wit: 
terung und wegen der Ge— 
fahr des Zempelraubes un: 
— möglich, dagegen alle bekann— 
ten Tempel des Wltertums 
mit einem vollftändigen ſchrä— 
gen Dache und einer flachen 

ede im Innern verjehen 
und nur das reuerog oder 
templum im engeren Sinne 
des Wort3 in der Regel un: 
bededt geweſen jei. Indeſſen 
zweifelt jet niemand mehr 
an der Erifteng ſolcher Hypä⸗ 
thraltempel, da jchon Der 
Mangel an Fenſtern zu der 
. Anlage eines offenen Mittel: 
raumes führte und der offene Hof des Wohnhaufes 
dem entſprach. Wie freilich dicke Öffnung (ömaior) 
architektonisch geitaltet war, und wie fie bei ſchlech— 
ter Witterung überdedt wurde, iſt nicht ficher zu 
beftimmen. 

Hypsipa, r& "Trauma, Stadt Lydiens in der 
filbianiishen Ebene, nörblih vom Kayſtrosfluß. 
Strab. 13, 627. Paus. 5, 27,5. Tae. ann. 4, 56. 
Op. met. 6, 13. 11, 150. Plin. 5, 29, 31. 

Hypänis, "Trarıs, 1) Fluß im europäiichen 
Sarmatien, j. Bug, mündet bei Olbia; an feinen 
Ufern wohnten die Mlazones. Hit. 4, 47. 52. 
Strab.2, 107. 7, 306. Verg. @. 4, 370. Cie. tuse. 
1, 39. — 2) Fluß im aftatiichen Sarmatien, aud) 
Artıneieng genannt, j. Kuban, mindet bei Pha— 
nagoria in den kimmeriſchen Boiporos. Strah. 
11, 494. — 3) |. Hyphasis. 

Trxaoaıaras, in dem griechiſchen Heere 
der Schil dknappe (Sklave), weldher auf dem 
Mariche feinem Herrn den Schild, auch wohl den 
Helm, einen Teil des Gepädes und Proviant auf 
3 Tage nachtrug. — In dem maledonijden 
Heere hieß jo eine bejondere Gattung von Fuß: 
volf, ſ. Agema, 8. 

Hypäta, r& "Trxara oder 7 'Tadre, Trcirn, 
noch jet Hypati oder Neapatra, Stadt der Ainianer 
und Ditaier in Südthefjalien am nördlichen Ab: 
hange des Dite, nicht fern vom Spercheios. Die 
Aitolier hatten den feften Ort, als Schlüſſel Theſſa— 
liens, bejegt und hielten hier öfter die Verfamm: 
lungen der Abgeordneten des Aitoliſchen Bundes. 
Lir. 36, 28. Pol. 21, 2. Eine heiße Seilauelle 
und der Umſtand, daß in der Nähe guter Selle: 





960 


boros wuchs, hat die Stadt mit der theffalijchen , 
Zauberkunſt beſonders in Beziehung gebradt. 

Hypatia, 'Trarie, Tochter des Mathematifers 
Theon in Alerandreia, durch ftrenge Tugend eine 
Bierde, durch Bildung und Gelehrſamkeit ein 
Wunder ihres Geſchlechts. Nachdem fie in den 
mathematischen und philojophiichen Wiljenichaften | 
den trefflichiten Unterricht genoſſen hatte, nahm fie 
den Rhilojophenmantel an und wurde um 383 n. €. 
zur Lehrerin der platonijchen Schule in Aleran: 
dreia erhoben. Obgleich tolerant gegen das Chrijten- 
tumt, blieb fie doch Heidin, auch war fie nicht ver- 
heiratet. Ihr Haus wurde ein Sammelplag der 
ausgezeichnetiten Geifter, aber der außerordentliche 
Beifall und Anhang, der ihr zu teil ward, beförderte 
ihren Untergang, den fie durch chriftlichen Fanga— 
tismus fand. Obgleich von dem Statthalter Oreſtes 
geichüßt, wurde fie bei einem NAufftande der An— 
hänger des Biſchofs Kyrillos gegen den Statthalter 
auf der Strafe überfallen und in einer Kirche 
graufam ermordet. Abhandlungen von Wolf (1879) 
und Meyer (1886). 

"Yanzooı |. Kreta, 6. 

Hyperbhölos, “Tretoßorog, ein bon den griechi— 
ſchen N bejonders Wriftophanes (vgl. Cie. 
Brut. 62, 224), oft verjpotteter Volksredner in 
Athen, von en Herkunft. Durch Handel mit 
Lampen wohlhabend geworden, ſuchte er nad) 
Kleons Tode alle großen Männer herabzufegen 
und machte ji) dadurch beim Volke jo beliebt, 
dab er jogar Oberbefehlshaber der Armee ward. 
Seine Intriguen gegen Nifias, Alfibiades u. a. 
fowie feine Unredlichfeit zogen ihm erſt die Ver- 
bannung und nachher die Ermordung durch oli— 
garchiſch Gefinnte zu, 411 0. C. Plut. Aleib. 13. 
Nie. 11. Thuc. 8, 73. Arist. nub. 623. ran. 570. 
thesmoph. 840. Acharn. 846. 

Hyperboröi, "Tregßögeio:, ein fabelhaftes Volt, 
defien Name ein nördliches Volk bezeichnet, das 
jenjeits des Borcas wohnt, damit der falte Nord: 
wind es nicht treffe. Herodot (4, 32—36) zwei: 
felt an dem Borhandenjein eines folchen, wogegen 
Plinius die Hyperboreer für ein beftimmtes bifto: 
riſches Volk erflärt. Dichter und Geographen be: 
mühten fich, den Hyp. im N. oder W. der Erde ihre 
Site anzuweiſen. ratofthenes hielt fie für die 
nördlihit Wohnenden. Unter den Neueren jeßen | 
manche fie nach Skandinavien, andere nach Ger: 
manien, andere nach Italien, noch andere an die 
Nordjeite des Pontos. Troß fonftiger Wider: 
iprüche und Gegenjäge ftimmen die Schilderungen 
der Alten in der ethilch-religiöfen Auffafjung der 
Hyperboreer. Sie find ein jeliges Volt in ihrem 
Yand, wo ihnen nur einmal die Sonne auf: und 
einmal untergeht, und die Früchte aufs jchnelljte 
reifen. Weder Hader noch Streit fennen fie, nie 
der rächenden Nemefis verfallend, dem Dienfte des 
Apollon geweiht, der gern bei ihnen weilt (Ale. 
fr. 2—4. ed. Bergk). Taufendjähriges Alter war 
ihnen beftimmt, doch der Yebensmüde fürzte ſei— 
nen Lauf durch feierlihes Hinabftürzen vom Felſen 
in das Meer. Der ganzen Sage liegt ein Bu: 
jammenhang Griechenlands mit den Urfigen des 
apolliniichen Kultus im Norden Theflaliens zu 
Grunde. 

Hyperönor, 'Txeorjvoe, 1) einer der Sparten, 
j. Kadmos, 1. — 2) Cohn des Troers Ban: 
thoo8, von Menelaos erlegt. Hom. Il. 14, 516, 





Hypatia — Hypnos. 


17, 24. — 3) Sohn des Poſeidon und der Alkyone, 
Bruder des Hyrieus. — 3, 10, 1. 

"Tangkraı |. Aexn,. 

Hyperides, "Tregeiöns (jüngere, duch In— 
ichriften nicht geficherte Form "Trepiöng), einer 
der 10 attijchen Redner, wahrjcheinfich jüngerer 
Beitgenoffe des Demofthenes, Sohn des Glau- 
fippos, aus dem Demos Kolyttos in Attifa, um 
380 (nad einigen jchon 395) v. E. geboren. Er 
war ein Schüler des Platon und Sokrates und 
ſchloß fich in feiner politiichen Richtung an Die 
patriotiihe und volfstümliche Partei des Demo: 
ithenes an. Er erfuhr daher auch ähnliche Schid- 
jale mit ihm; als nach Philipps Tode die Athener 
und Thebaner ſich gegen Alerander vereinigten, 
ſchloß er ſich diejen an, entging jedoch nad) er- 
folgter Niederlage der —— der Auslieferung 
glücklich. Nach Alexanders Tode erwachte ſeine 
patriotiſche Hoffnung aufs neue, und er beteiligte 
ſich eifrig bei dem lamiſchen Kriege. Als aber 
auch hier die Griechiſchgeſinnten unterlagen, floh 
er nach Aigina, wo er ergriffen und auf Anti— 
paters Befehl (322 v. C) qualvoll hingerichtet 
ward. — Von den ihm beigelegten 77 Staats— 
reden erkannten die Alten 52 als echt an; wir 
befigen jeit 1847 aus den in Ägypten gefundenen 
Papyros die Rede für Eugenippos, den Imırd- 
gıog (1856 gefunden), xar« Inuochetvoug und 
Fragmente einer Nede für Lykophron. Dieje neuer 
Entdefungen haben die Gelehrten viel beichäftigt. 
Ausgg. von Tell (1861) und Blaß (2. Aufl. 1881); 
ber Rede für Eur. und des Zmirdgiog von Cobet 

2. Aufl. 1877). Erfte deutfche Überj. von Teuffel 
(1865). 

Hyperion, "Tmeoior, „der Sohn der dobe 
urſpr. Beiname des Sonnengottes, z. B. Od. 1, 
= eécdoiorionę, Od. 12, 176. Dann ie 
fijiert ein Titane, Sohn des Uranos und der 
Sata, Vater des Helios, der Selene und der Eos. 
Hesiod. theog. 134. 371 ff. Apollod. 1, 1, 3.2, 2. 

Hypermnestra j. Danaos. 

Ta tvſ⸗vvog (verantwortlich). Die wirklichen 
Staatsbeamten (doyad) im Gegenſatze zu den Sub: 
alternen (Öörneeraı) waren in Athen der oberiten 
Staatsgewalt verantwortlich, und es ift dieje Ber: 
antwortlichleit und Nechenjchaftspflichtigfeit vor 
den Euthynen und Logiften eines der Merkmale 
der degj. ©. Eidvra. 

Hyphäsis, "Tpasıs, auch Hypasis (Curt. 9, 1) 
und "Travıs (Strab. 15, 697. 700), altindifch 
Vipaͤſä, j. Vjaͤſa oder Bejas, unter den 5 Band: 
ichabflüffen der vierte gegen D., bekannt durch 
Aleranders Umkehr (Auguſt 326); eigentlich aber 


der Nebenfluß des fünften, des Zadddens, Sa— 
tadrıt, j. Satledſch. Arr. 5, 25, 1.29, 2 u. ö. 
Hypnos, "Trvog, Somnus (von sopire), der 


Schlafgott, Sohn der Nadıt (Nur), Zwillings— 
bruder des Todes (Thanatos), mit dem er in 
der Unterwelt wohnt. Hera jucht ihn in Lemnos 
auf. Hom. Il. 16, 672. 14, 231. Hesiod. theog. 
211. 758. Während der Tod, erbarmungslojen 
Herzens und jelbft den Göttern Entjegen erregend, 
ftarren Todesſchlummer den Sterblichen bringt, 
verleiht der freundliche, Götter und Menſchen be- 
herrſchende Schlaf (mavdauerog, Hom. Il. 24, 5) 
ſüße Ruhe und macht Leid und Arbeit vergeſfen 
Selbſt über Zeus hat er Gewalt; einft ſchläferte 
er ihn auf Bitten der Hera ein, als dieſe den 


“TroßoAeüg — Hystaspes. 


von Troja zurüdfehrenden SHerafles verderben 
wollte. Aber ald Zeus erwachte, hätte er im 
Horn den Hypnos ind Meer geworfen, wenn ihn 
nicht die Nacht, die Bezwingerin der Götter und 
Menichen, gerettet hätte. Nichtsdeftomweniger lieh 
er ſich jpäter nochmals von Hera, die ihm die 
Charis Paſithea zur Ehe verjprach, zu einem ähn: 
lihen Wagnis verleiten. Hom. Il. 14, 231 ff. An 
dem Kaften des Kypſelos (ſ. d. 2.) zu Olympia 
war die Nacht abgebildet, wie fie einen ſchwarzen 
und einen weißen Knaben in den Armen hält, 
mit der Unterjchrift: Thanatos und Hypnos. Paus. 
5, 18, 1. Beide wurden von der Kunſt als ſchla— 
fende Kuaben oder als Genien mit umgefehrter 


Tadel gebildet. Attribute des Schlafes jind der 
einichläfernde Stab, Mohn, ein Horn mit Schlum- 


merfäften. Bei Dvid (met. 11, 592 ff.) wohnt der 
Schlaf im Lande der Kimmerier in dunkler, ftiller 
Grotte, umgeben von der Schar der Träume. 

"Yaxoßosevg hieß der Souffleur auf dem grie: 
chiſchen Theater, bei den Römern monitor. Über 
jeinen Plaß auf dem Theater läht fich nichts Be— 
ftimmtes jagen. 

Hypocaustum, der unter dem Boden an: 
gebrachte Heizapparat, deſſen Konftruftion aus 
zahlreichen Trümmern erjichtlich ift, j. Haus, 11. 

‚Yaoygauuarevs |. Tgaunarevg. 

"Yaoxgırng j. Schauspiele, 6. 

Hyporchöma j. L,yrische Poesie, 4. 

‘"Yaooxnvıov, die Unterbühne, bezeichnet den 
ganzen Raum unter dem hölzernen Boden des 
Brojfenion, deſſen der Orcheitra zugelehrte Außen: 
wand mit Säulen und Bildwerfen gejchmücdt war. 
Aus ihm führten die zagmveıoı aAlunneg auf das 
Brojfenion. Auf diejem Wege ftiegen die Geifter 
Veritorbener und die Flußgötter empor. 

——— "Tro#ißeaı (Hom. Il, 2, 505), 
ein Ort, über den jchon die Alten verjchiedener 
Meinung waren. Nah Strabon (9, 412) ver- 
jtanden einige darunter das ſpätere Botniai in 
Boiotien, andere wahrjcheinlicher die Unterftadt 
von Theben; denn die Kadmeia, die Burg und 
Oberftadt, war von den Epigonen zerftört und 
zur Zeit des trojanischen Krieges nod) nicht wieder 
aufgebaut. 

ypothöca, ein Pfand, welches nicht als pignus 
(Fauftpfand) dem Gläubiger übergeben wurde, 
fondern denjelben injofern ficher ftellte, als es, 
wenn der Schuldner nicht zahlte, zur Befriedigung 
des Gläubigers verlauft wurde. Cic. ad fam. 13, 56. 

Hypsaeus j. Plautii, 8. 

Hypsipyle, Hypsipyleia, 'Tyından, "Npı- 
rule, Königin auf Lemnos zur Zeit, als die 
Argonauten dort landeten, Tochter des Königs 
Thoas. Die lemnijhen Frauen hatten damals ihre 
Männer, weil fie ihnen untreu geworden waren, 
jämtlich ermordet; nur Hypſipyle hatte ihren Vater 
heimlich erhalten, indem fie ihn entfliehen lieh. 
Als dies die lemmilchen Frauen erfuhren, mußte 
Hypſivyle fliehen; fie ward von Seeräubern ge: 
fangen und an den König Lyfos in Theben, oder 
an Lykurgos verkauft, den König in Nemea, wo 
fie die Wärterin des Opheltes (j. Adrastos) 
ward. Da Opheltes durch ihre Schuld von einer 
Schlange getötet ward, wurde fie eingeferfert, aber 


Reallexilon des Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


561 


von ihren Söhnen Thoas und Euneos, die ſie 
von Jaſon (Hom. Il.T, 468) geboren hatte, befreit. 

Hyria, 'Teie, 1) See in Nitolien, jpäter Avaı- 
udyeıe genannt (Strab. 10,460. Ov. met. 7,371 f.), 
'j. See von Angelokaſtro. — 2) Heine Stadt am 
| Euripos in Boiotien, nahe bei Aulis. Hom. Il. 
2, 496. — 3) Stadt in Japygia (Apulien) zwi: 
ſchen Brundifium und Tarent, auch Uria; j. Oria. 
Hdt. 7, 170. 

Hyrieus ſ. Agamedes und Amphion. 

Hyrkania, 'Toxarie, altperſiſch Varkana, neu: 

perſiſch Gurgan, j. Majenderan, wo noch jegt eine 
Stadt (einft Hyrkania) und ein Fluß Dichordichan 
heißen; die Landihaft im ©. des Kaſpiſchen 
Meeres, das deshalb jeit Eratofthenes auch Hyr— 
fanijches Meer genannt wird; im W. und SW. 
von Medien, im DO. und SD. von Parthien be- 
renzt; mit üppigen Küftenftrichen, fruchtbaren 
Ihälern und reichen Wäldern, aber auch mit den 
rauhen Höhen des Elburs und mit häufigen Erd— 
beben. Als Bewohner werden genannt die Ta: 
purer, die Amarder oder Marder am Fluß Mardos 
(i. Kyſyluſen), die Selen im jeßigen Gilan und 
die Kadufier gegen den Arares hin. Hauptjtadt 
war Zadrafarta (j. wahrjcheinlich Aiterabad), öſt— 
lich davon Tape. Die von Cicero (tuse. 1, 45) er: 
wähnte Sitte, die Leihen Hunden und Bögeln 
zum Fraß zu überlafien, * ſich auch bei Nach— 
barſtämmen und wurde ſpäter durch das Aveſta 
religiöſes Geſetz in ganz ran. Strab. 11, 508 ff. 
Plin. 6, 23, 27. Arr. 3, 23 ff. 

Hyrmine, 'Toulvn, Stadt in der hohlen Elis, 
daneben das Borgebirge gleiche3 Namens oder 
Oeuwe (Hom. Il. 2, 616), zu Strabons Zeit ver- 
ichwunden. Strab. 8, 341. 

Hyrnethia j. Dvin, 9. 

Hyrtäkos, "Toraxos, 1) ein Troer, welchem 
PBriamos, als er die Helabe heiratete, feine erjte 
Gemahlin Ariſbe überließ, Vater des Aſios und 
des Niſos. Hom. 11.2, 837. 13, 759. 771. Verg. 
A.9, 177. 406. — 2) Bater des Hippofoon. Verg. 
A. 5, 492. 

Hyslai, "Towwi, 1) Stadt in Argolis (ſ. Ar- 
golis, 5.) an der Grenze der Yandichaft Kynuria, 
two die Argeier von den Lafoniern gejchlagen 
wurden. Im peloponnefiichen Kriege wurde die 
Stadt 417 v. E. von den Spartanern zerjtört. 
Thuc. 5, 83. Bon den Mrgeiern wieder her: 
geftellt, lag fie zur Zeit des Pauſanias in Trüm— 
mern. Paus. 2, 24, 7. Strab, 8, 376. Ein Stüd 
der Ningmauer hat jich erhalten. — 2) Flecken 
in Boiotien, dit am Schlachtfelde von Plataiai. 
Hät. 9, 15. 25. Thuec. 3, 24. Schon PBaujanias 
fand den Ort in Trümmern. 

Hystaspes, "Tordorns, altperſiſch Bilhtäcpa, 
1) Statthalter von Parthien unter Kambyſes, aus 
der jüngeren Linie der Achaimeniden, Bater des 
Dareios I. Hat. 1, 209, 3, 70. 7, 11. 224. Die 
Nachricht des Ammianus Marcellinus (23, 6), daß 
9. bei den indischen Brahmanen Weisheit gelernt, 
und HZoroafter unter ihm gewirkt habe, ift zum 
mindeften eine Berwechjelung mit einem früheren 
baftriichen König. — 2) der jüngjte Sohn des 
Dareios 1. von der Atoffa, perſiſcher Heerführer 
im 3. 480. Hat. 7, 64. 


36 


562 


Jahr 


IJ). 


Jahr, Einteilung des Jahres bei den Griechen 
und Römern. I. Bei den Griechen, die gleich 
den Römern urſprünglich Mondmonate hatten, 
hieß der erite Tag des Monats, der, an deſſen 
Abend der Neumond aufging, vovunvie, dem 
Apollon geheiligt; Vollmond war folglid Mitte 
des Monats. Der Monat beitand aljo aus 
29 Tagen und ungefähr 13 Stunden, man wech— 
jelte mithin zwifchen dreißigtägigen (mArjgsıs) und 
neunundzwanzigtägigen (xoilor) Monaten. lm 
nun das Mondjahr mit dem Sonnenjahr auszu: 
gleihen, jchob man ſeit Solon innerhalb eines 
„großen Jahres (ufyag Lviavrös)“ von 99 Mo: 
naten in jedem dritten, jechjten und achten Jahre 
einen Schaltmonat (ur» Zußolıueiog) von 29 oder 
30 Tagen ein, jo dab das gewöhnliche Jahr aus 
354, das Scaltjahr aus 383 oder 384 Tagen 
beftand. Aber auch das Schaltjahr (Teurneis) 
war 7'/, Tage zu lang, und jo mußte denn, um 
dies wieder zu heben, ab und zu der Schaltmonat 
ausgelafien werden. Der Ajtronom Meton ftellte 
zur Zeit des Perikles einen neunzehnjährigen 
Eyflus (dvvsanaderaerneis) auf, der auch jpäter 
benußt wurde. Das Kalenderwejen ſtimmte übri- 
gens in den einzelnen griechiichen Staaten ebenjo: 
wenig überein, wie die religiöjen Feſte. Das 
attiihe Jahr begann mit dem erjten Neumond 
nach der Sommerjonnenmwende (während das jpar: 
taniſche mit dem Herbjtäquinoetium, das der Mio- 
lier mit der Winterjonnenwende anfing); dadurch 
entsteht folgende Reihenfolge der attiichen Monate: 
1) "Exaroußemv, zweite Hälfte des Juli und erjte 
des Auguft. 2) Meraysırvior, zweite Hälfte des 
Auguſt und erjte des September. 3) Bondgouwr, 
zweite Hälfte des September und erite des Oftober. 
4) Ilvavsyıor, zweite Hälfte des Oftober und 
erfte des November. 5) Mauuerrngior, zweite 


Hälfte des November und erfte des Dezember. |} 


6) Ioosıdenv, zweite Hälfte des Dezember und 
erjte des Januar. 7) Teunkıow, zweite Hälfte des 
Januar und erjte des Februar. 8) Ardtsornewr, 
zweite Hälfte des Februar und erjte des März. 
9) 'Eiupnpokmw, zweite Hälfte des März und 
erfte des April. 10) Mowwvgior, zweite Hälfte 
des April und erfte des Mai. 11) Ouopynkımm, 
zweite Hälfte des Mai und erfte des Juni. 12) Ixı- 
Eopogıor, zweite Hälfte des Juni und erjte des 
Juli. Der Scaltmonat war ein zweiter Poſei— 
deon, der in die Mitte des Jahres eingejchoben 
wurde. Jeden Monat teilte man wieder in drei 
Deladen: israuevov oder dogoufvovn, Edmi Ökr« 
oder uecoüvrog, und Pihlvorrog, mavousvon, 
Aryorros oder dmıörrog. Die Tage der lepten 
(dritten) Defade wurden abnehmend gezählt, jo daß 
der einundzwanzigite Tag des Monats dexdrn 
pirrovrog hieß, der zweiundzwangzigite dvarn 
privorrog u. ſ. f. Bol. 8. %. Hermann, über 
griechiiche Monatskunde (1844). Bergk, Beiträge 
zur griechijchen Monatsfunde (1845). — 11. Bei 
den Römern joll Romulus das Jahr in 10 Mo: 
nate geteilt und den erften nach jeinem göttlichen 
Vater Mars Martins benannt haben, den zweiten 
Aprilis von dem Aufgehen (aperire) der Knoſpen 
an den Pflanzen, den dritten Maius nad der 


I 


| 


75 2 


Maja, der Mutter Mercurs, den vierten Junius 
nad) der Juno, die übrigen nad) der Zahl Quin- 
tilis, Sextilis, September, October, November, 
December. — Numa PBompilius joll den Janua- 
rius (vom Gotte Janus) und den Februarius 
ginzu efügt haben, der von dem allgemeinen, am 

chluſſe eines jeden Jahres (denn dies war an— 
fänglich der legte Monat) dargebradjten großen 
Sühnopfer (Februalia) jeinen Namen hatte; jo 
entjtand ein Mondjahr von 355 Tagen. Um dies 
mit dem Sonnenjahre auszugleichen, ließ er alle 
2 Jahre einen Monat, mensıs intercalaris (-ius) 
oder Mercedonius (Mercid.), zwijchen dem 23. 
und 24. Februar einschalten. bhricheinlich aber 
bezieht fich das zehnmonatliche Jahr des Romulus 
nur auf die Berechnung der Waffenitilljtandsfriften 
nach 10 wirklichen Mondumläufen, während der 
römiiche Treitfalender von jeher aus 12 Monaten 
(März bis Februar) beftand und mit dem Sonnen: 
jahre durch die im jedem zweiten Jahre ſtatt— 
findende Einjchaltung eines Schaltmonats auszu- 
gleichen verjucht wurde. Der Anfang des Monats 
wurde nad) dem Neumond bejtimmt; von einem 
eigens dazu erbauten Hauje anf dem capitolini- 
ſchen Hügel (Curia Calabra) aus mußte ein Be- 
amter, jpäter der PBontifer Marimus, den Neu: 
mond ausrufen (kalare, daher Kalendae). Da: 
neben wurde die Mitte des Monats als Idus 
bezeichnet (von dem etruffiichen iduare, teilen, 
vgl. div-idere), den Eintritt des Bollmondes an- 
zeigend; den neunten Tag vor den den, diejen 
und den Tag der Iden mitgerechnet, nannte man 
Nonae (von novem). März, Mai, Juli und 
Dftober hatten 31 Tage, Februar 28, die übrigen 
7 Monate je 29 Tage; es fielen daher in den 4 
erftgenannten die Iden und Nonen auf den fünf: 
zehnten, rejp. fiebenten Tag des Monats, während 
ie in den übrigen auf den dreizehnten, rejp. fünf: 
ten fielen. Die übrigen Tage wurden von diejen 
aus rüdwärts als Vortage bezeichnet, jogar mit 
der Form ante diem Kalendas u. j. w. — Da 
das Verfahren, wodurd man Mond: und Sonnen: 
jahr auszugleichen verſuchte, nicht ausreichte, Durch 
die Nachläjligkeit und Willtür der Pontifices aber, 
welche durch die lex Acilia (191 v. E.) Vollmacht 
erhalten hatten nach Belieben einzujchalten, erſt 
recht große Unordnung einriß und die Monate 
des Kalenders, alſo auch die Feſte, ſich mit dem 
Naturjahre nicht dedten, jo lieh Julius Cäſar 
als Pontifer Marimus durch den alerandriniichen 
Mathematiter Sojigenes einen verbeflerten Ka— 
fender aufftellen, zu dejjen Einführung im J. 46 
v. E. (annus confusionis ultimus) außer dem 
gewöhnlichen Schaltmonat im Februar nochmals 
67 Tage zwijchen November und Dezember ein- 
eichaltet wurden. Es bekamen jebt auch Januar, 
Sertilis und Dezember 31 Tage, die übrigen 
(außer Februar) 30, jo daß ein Jahr von 365 Tagen 
bergeitellt war. Der Quintilis wurde jeitdem 
Cäſar zu Ehren Julius genannt (Cie. Att. 16, 4, 1); 
ebenjo der Sertilis Auguft zu Ehren Auguftus. 
Das Nalenderjahr begann nun mit dem 1. Janıar, 
mit welchem Tage die Konſuln ſeit 153 dv. C. ihr 
Amt angetreten hatten. Im Schaltjahr, wenn ber 


Iakchos — Iambographen. 


Februar 29 Tage hatte, wurden der vierundzwan— 
zigite und fünfundzwanzigfte Tag sextus Kalen- 
das Martias und das Jahr Bisextilis genamnt. 
— Die Wochen teilten die Älteren Römer nad) 
Markt: oder Gerichtötagen ein (nundinae von 
novem dies), wo jie vom Lande zur Stadt famen; 
unter den Kaifern zählte man nad fiebentägiger 
Beit (hebdomades). Die ganze Jahresüberficht 
hieß Kalendarium; darunter verftand man aber 
auch ein Schuldbuch, weil an den Kalenden die 
Zinſen bezahft werden mußten. 

lakchos j. Dionysos, 5. und Eleusinia, 

Ial&ömos j. Hymen. 

Ialmönos j. Askalaphos. 

Ialjsos, ’Ialvoos und "Idivsoog, ioniich "ImAv- 
sog und Avocos, 1) Stadt auf Rhodos, nahe 
der Nordipige der Inſel, j. Philerimos, mit der 
Burg Oyigoea, jchon von Homer (Il. 2, 656) 
genannt, urjpr. phoinifiiche Kolonie, um 1000 
v. E. von Doriern erobert, eine der 6 Städte des 
doriihen Bundes, doch wie Halifarnafjos vor: 
wiegend ionijch, gründete 408 v. E. mit den beiden 
andern Anjelftädten Kameiros und Lindos die neue 
Hauptjtadt Rhodos und wurde von dieſer dann 
weit überflügelt, deshalb von Plinius on: mit 
ihr verwecjelt. Hdt. 1, 144. Thuc. 8, 44. Strab 
14, 654f. — 2) Sohn des Kerkaphos, Bruder 
des Lindos und Kameiros, mit denen er Rhodos 
teilte, Gründer von Jalyjos auf Rhodos. Pind. ol. 
7, 74. Cie. n. d. 3, 21, 54. Verr. 4, 60, 135. 

Iamblichos, "Idußkıyos, 1) aus Babylon oder 
Sprien, im 2. Yahrh. n. E., aßte ein dgaue- 
rıxör, einen erotischen Noman (Liebesgejchichte des 
Rhodanes und der Sinonis) voll feltiamer Aben- 
teuer, in denen Magie und Theurgie eine große 
Rolle jpielten. Ein Auszug ift bei Photios er: 
halten. — 2) ein Neuplatonifer aus Chalfis in 
Koileſyrien, zur Zeit Conftantins des Gr., Schü: 
ler des Porphyrios und Anatolios. Wir befigen 
5 Bücher jeines Werkes wegl IIvdayögor au 
eng in 10 Büchern, deren jedes ein bejonderes 
Ganze bildete. Das erſte Buch handelt weg Plov 
IIv&eyogıxoö, wichtig, wenn auch nur eine un: 
fritiiche Kompilation (herausg. von Kießling, 1815, 
Weftermann [in Cobets Ausg. des Diogenes Laör- 
tios] und Naud, 1884), von dem zweiten ift 
ein mobrgentinög Aöyog £lg pilocoplar erhalten 
(herausg. von Kiehling, 1812), von dem dritten 
neol uehmuarırjg Emiorsjuns (Fragm. bei Bil- 
foifon, Anecd. II p. 188— 225). Zweifelhaft iſt 
die Echtheit des meol uvornelor Aoyog (heransg. 
von Parthey, 1857). Kommentare über Blaton, 
Ariftoteled und die chaldäiiche Philojophie find 
verloren. — Unter Bermiihung der Lehren des 
Pythagoras und Platon jomwie orientaliicher Reli: 
gionsvorftellungen behandelte Jambl., „ein jdwär: 
merijcher Myſtiker und unjelbjtändiger Kompila— 
tor“, die Entjtehung der Götter (sol vonro/), der 
Dämonen, Welt: und Menjchenjeelen und der 
Materie durch allmähliches Herabfteigen von einem 
lichten und vernünftigen Urwejen, lehrte die Not: 
wendigfeit der Mantik und Theurgie zur Wieder: 
vereinigung mit der Gottheit, wegen der Schwäche 
und Sündhaftigfeit der Menfchen, juchte das helle- 
niiche Altertum dem eig — zu 
verherrlichen und erlangte ſelbſt den Ruhm eines 

iligen und wunderthätigen Mannes, von deſſen 

ten ſein Biograph Eunapios berichtet. 


. | Dichtungsart ihre 


563 


Iambographen, l@ußoyodpoı. Ungefähr zu der- 
jelben Zeit, wo bei den Griechen ſich die Elegie 
aus dem bisher allein herrichenden Epos heraus: 
bildete, entitand auch die iambiſche Poeſie; aber 
während die Elegie durd Beibehaltung des dakty— 
lichen Versmaßes und der epiichen Sprachweije 
ſich noch eng an das Epos anſchloß, jchlug die 
iambiiche Poefie, die es ſich ald Zweck vorgeſetzt 
hatte, das Mangelhafte, Schwache und Schlechte in 
den menjchlichen Verhältniſſen und der menich- 
lihen Natur jchonungslos aufzudeden und anzu- 

reifen, mutig und fed in fprachlicher und metri: 
cher ng eine ganz neue, —— Bahn 
ein. Die Sprache iſt, abweichend von dem Epos, 
einfach und ſchmucklos und von der Ausdrucks— 
weiſe des gewöhnlichen Lebens entlehnt; das iam— 
biſche Versmaß aber gehört dem ſ. g. doppelten 
aeg Een (yErog dımldonor) an, in wel- 
chem die Arjis die doppelte Länge der Thejis hat, 
und zeigt, gegenüber dem ruhigen, feierlichen dak— 
tyliſchen Versmaße, in welchem Arfis und Theſis 
von gleicher Länge find, etwas Leichtes, Beweg— 
liches, te Angreifendes. Jambos hieß urſprüng— 
lid) das an den Weiten der Demeter übliche Neden 
und Spotten, und wahricheinlich hat die iambijche 
erſte Entftehung in jener Eigen: 
tümlichkeit des Demeterfultes (Jambe heißt eine 
Magd der Demeter); ihre fünftleriiche Ausbildung 
aber verdankt fie dem genialen Geifte des Archi— 
lochos von Paros. ag muß als der eigent— 
liche Schöpfer dieſer Dichtungsart und als Erfinder 
des dabei angewandten iambiſchen Trimeters an— 
—— werden, ſowie er denn überhaupt für die 
usbildung der griechiichen Verskunſt von größter 
Wichtigfeit ift, indem er eine große Menge neuer 
Metren erfand. Er ſtammte aus einer edlen prie- 
fterlichen Familie und war der Sohn des Te- 
lefiffes, welcher DI. 15 oder 18 (720 oder 708 
vd. E.) eine Kolonie von Paros nach dem gold: 
reihen Thajos führte. Archilochos begleitete jei- 
nen Vater dorthin; da er fich aber in feinen Er- 
wartungen getäujcht fand, verlieh er die Inſel 
wieder und begab fich, wahrjcheinlich nach längerem 
Umbherwandern, nach Baros zurüd, wo-er in einem 
Kriege gegen Naros gefallen jein jol. Er war 
ein Mann von reizbarer Gemütsart, voll Bitter: 
feit und Schmähjucht, der, im fich ſelbſt unglüd: 
lich, mit jeiner Welt in fteten Kämpfen und Her: 
würfniſſen lebte. Am meiften erfuhr jeinen Horn 
die Familie des Lykambes. Diejer hatte ihm die 
jüngere jeiner Töchter, Neobule, zur Ehe ver: 
iprochen; jpäter aber brach er jein Wort und 
wurde nun mit feinen Töchtern von Archilochos 
in jo bitteren und jchonungslojen Jamben an: 
gegriffen und geläftert, daß fie fich jämtlich aus 
Scham und Verzweiflung erhängt haben jollen. 
Hor. ep. 1, 19, 25. Ov. Ib. 58. nn auch diejer 
—* Zug der Erzählung ſagenhaft iſt, ſo charakte— 
riſiert er doch das Vernichtende der archilochiſchen 
Jamben. Archilochos war als Dichter ſehr viel— 
ſeitig; außer den Jamben dichtete er Elegien und 
Epigranme, trochäiſche Tetrameter, Epoden, Hym— 
nen u. ſ. w. Doch haben wir von ſeinen in alt— 
ioniſchem Dialekte geſchriebenen Gedichten nur 
noch eine Anzahl Heiner Fragmente (herausg. von 
Liebel, 2. Aufl 1818, und Bergf, poet. Iyr. Graec. 
II p. 382 ff. d. 4. er Auch in der Mufik leiſtete 
Archilochos Bedeutendes. Die Alten hielten ihn jehr 
36* 


564 


hoch; fie ftellten ihm mit Homer, Pindar und 
Sophofles auf Eine Stufe. Cie. or. 1,2. Quint. 
10, 1, 60. Val. Max. 5, 3. Vell. Pat. 1, 5, 2. 
Longin. de subl. 33, 5. — An Archilochos ſchließt 
ſich jein (jüngerer?) Zeitgenofje Simonides von 
Amorgos, des Krines Sohn, an, der 2 Bücher 
Elegien und 2 Bücher Jamben dichtete. Auf Samos 
geboren, führte er eine Kolonie nad Amorgos; 
ſonſt willen wir von feinen Lebensverhältnifjen 
nichts. Bon jeinen Jamben jind Bruchitüde er: 
halten, mworunter 2 längere, von 24 und von 
118 Berjen. Das leßtere (carmen de mulieribus) 
enthält eine allgemein gehaltene Schilderung weib— 
liher Charaktere der Art, daß er die verichiede: 
nen ſchlechten Eigenichaften der Weiber aus den 
harakteriftiichen Eigenjchaften der Tiere herleitet, 
von denen fie abjtammen jollen. Des Simonides 
Jamben enthalten überhaupt allgemeinere Betrad)- 
tungen des Lebens, Angriffe auf ganze Klaſſen 
von Menjchen, nicht, wie die des Arcdhilochos, auf 
einzelne Berjonen. Dem Archilochos jteht er an 
Genialität und Kraft, wie an Grazie und Leich: 
tigfeit weit nad. (Sammlung der Brucdhjtüde von 
Welder, 1835, und Bergf, poet. Iyr. Graec. Il 
P. 441 ff.) — Der dritte Nepräjentant der Jamben- 
poejie iſt Hipponax aus Ephejos, um DI. 60 
(540 v. E.) blühend. Er flüchtete vor den Tyran— 
nen feiner Baterjtadt Athenagoras und Komas 
nach Klazomenai; hier wahrjceinlich fam er in 
Berwürfnis mit den beiden chiiſchen Bildhauern 
Bupalos und Athenis, welche den Heinen, häß— 
lihen Hipponax in einem Karilaturbilde dargeſtellt 
hatten. Dafür rächte is der Dichter durch beißende 
Jamben von folder Schärfe, daß audy fie ſich, wie 
die Lykambiden des Archilochos, erhängt haben 
follen. Hipponax fteht in der leidenjchaftlichen 
Bitterfeit dem Archilochos nahe, er iſt geigrein 
und witzig wie dieſer, ohne jedoch deſſen Feuer 
und Begeiſterung zu haben; auch iſt er in ſeiner 
Satire weniger perſönlich. Eigentümlich und neu 
iſt er in Behandlung des iambiſchen Verſes; er 
ſetzte nämlich in dem iambiſchen Trimeter an die 
Stelle des letzten Jambus einen Spondeus oder 
Trochäus, wodurch der Lauf des Verſes plößzlich 
und auf lächerliche Weiſe gebrochen und gelähmt 
wird. Man nennt ſolche Verſe Choliamben 
(Hinkiamben, Skazonten). Außer den iambiſchen 
Gedichten verfaßte Hipponax auch Parodien, als 
deren Erfinder er von manchen genannt wird. 
Athen. 15, 698b. Auch von ihm find nur noch 
Bruchitüde vorhanden. — Wahrſcheinlich Zeitgenoſſe 
des Hipponar war Ananios, dem auc von 
einigen die Erfindung der Hinkiamben zugejchrie: 
ben wird, während andere jo unterjcheiden, dab 
Hipponar den Skazon, Ananios den Iſchiorrhogi— 
fos, der auch im fünften Fuß jchon einen Spon: 
deus hat, erfunden habe (Sammlung der Bruch: 
ftüde des Hipponar und Ananios von Welder, 
1817, der Choliamben von Meinele in Lachmanns 
Ausg. des Babrios). — Unter den älteren Jambo— 
graphen erwähnen wir nod den Solon, der in 
jeiner humanen Weife den Jambos weniger zum 
Angriff als zur Verteidigung gebrauchte gegen 
ſolche, die ihn wegen feiner politiichen Thätigkeit 
angriffen. Wir haben von feinen Jamben nod) 
einige Fragmente, worunter ein größeres bon 
21 Berjen. Bon jpäteren Jambendichtern nennen 
wir Aiſchrion aus Samos oder Mytilene (332 


Iamos — Janus. 


v. E.), Phoinix aus Kolophon (um 308 v. E.), 
Barmenon aus Byzanz, Hermeias aus Kurion, 
Herodes oder Herondas aus der alerandriniichen 
Periode, Erfinder der j. g. Mimiamben, kleiner 
Charaktergemälde mit jpöttiicher Tendenz, von den 
Nömern, 3. B. von En. Matius, nachgeahmt. 
Beſte Ausg. der Fragmente der griechijchen Jam: 
bendichter von Bergk, poet. Iyr. Graec., Bd. 1I. 
— Auch die Römer haben den iambus in dem 
carmen maledieum benußt. Die namhaftejten 
Dichter in diejer Gattung find Furius Biba- 
culus, Batullus, Calvus und Horaz in den 
Epoden. Aus der Kaiferzeit können nur einige 
Gedichte des Martial und Aujonius bieher 
gerechnet werben. 

lämos, "auos, Sohn des Mpollon und der 
Euadne, einer Tochter des Poſeidon und der Bi: 
tane, ein berühmter Scher und Stammvater der 
Jamiden, des Scher: und WPriejtergeichlechtes zu 
Olympia. Die Mutter hatte ihn in Arfadien am 
Alpheios in dunklem Haine geboren und dajelbjt 
unter blühenden Veilchen liegen lafjen; daher jein 
Name. Bon Nipytos, dem Arkaderkönig in Phai— 
jana, wurde er aufgezogen und ging, zum Jüng— 
ling berangereift, auf Weiſung Apollons nach 
Olympia, wo er aus den Stimmen der Bögel 
und den brennenden Häuten der Opfertiere weiß— 
fagte. Pind. ol. 6,29 ff. 

Janicülum und Janicülus j. Roma, 2. 4. 

Janitor (auch ostiarius), der Thürwärter in 
dem Haufe der vornehmen Römer, ein Sflave, 
der wie der moderne Portier einen Stab in der 
Hand trug (Petron. 134), mit welchem er auch 
wohl die Zudringlichen zurüdtrieb, |. Haus, 7. 
Die Einlaß Begehrenden Hopften mit dem an der 
Thür befeftigten Hammer (malleus) oder jogen 
an der dort angebrachten Glode (tintinnabulum). 
Suet. Oct. 91. Nach Nennung des Namens öffnete 
der ianitor durch Wegichiebung eines leichten Rie— 
gels, oder wies den 44 auf. Befehl des Herrn 
ab. Cie. de or. 2, 68. 

Janün. Nad Cicero (n. d. 2, 27) heißen die 
Thüren der gewöhnlichen Häuſer (profanarum 
aedium) januae im Gegenjaße gegen die Tempel: 
thüren (fores). Sie waren aus Eichenholz, biswei— 
len aud) aus Erz (Plin. 34, 3: Camilius aerata 
ostia habebat in domo) verfertigt, und cbenjo 
wie die valvae (j. Haus, 5. 6., namentlich Cie. 
Verr. 4, 56) mit Gold und Elfenbein ausgelegt. 
Die ianuae öffneten ſich nach innen, und es ge: 
hörte zu befonderer Ehrenbezeugung, wenn jemand 
jeine Hausthür nach der Strafe öffnen durfte (was 
bei den fores der Tempel ftets ftattfand), 3. B. 
P. Balerius Publicola und jein Bruder (Plin. 
36, 15). In diejem Falle mußte vor Öffnung der 
Thür drinnen angeflopft werden (pulsare), da— 
mit die auf der Straße zufällig Gchenden gewarnt 
würden. 

Janus, 1) einer der vornehmiten römischen 
Götter, dem fein Weſen der griechiichen Religion 
entipricht. Er war der Gott der Eingänge und 
Durchgänge, der Thüren und Thore, unter dejjen 
Schu Aus: und Eingang eines jeden in Haus 
und Stadt ftand. Darum trug er einen Schlüffel 


in der Hand, mit dem er die Thüre jchlo und 


öffnete (claviger, clusius, patuleius), und einen 
Stab oder eine Rute, wie die an den Hausthüren 
wachenden Sklaven. Seine Bilder, weldye an, Thü- 


lapetos — Iapyges. 


ren und Durchgängen angebracht wurden, hatten 
2 Gefichter, die nach entgegengejegten Seiten, das 
eine nach außen, das andere nach innen, jchauten 
(geminus, bifrons, biceps), Er iſt aber nicht 
bloß der Gott des Eingangs in örtlicher Bedeu: 
tung, jondern aud in Bezug auf die Zeit und 
jede Thätigkeit, er ift der Gott des Anfangs und 
Beginnens im weiteften Sinne. Durch jeine Macht 
erhält jedes Ding und jedes Werk in feinem Be: 
ginne die jegnende Weihe und dadurch glüdlichen 
Fortgang und Gedeihen; denn auf einem glüd: 
lichen Anfang beruht auch der gute Erfolg. Janus 
ift aljo ein in allen Berhältniffen waltender Gott 
von hoher Bedeutung, der durch Verleihung eines 
uten Anfangs fördert und ſegnet, der —* zu 
Jupiter, dem Lenker aller Schickſale, verhält, wie 
der erjte zum höchſten. Als der Gott des An- 
fangs in Bezug auf die Zeit wurde er an jedem 
Morgen von den Prieftern unter dem Namen 
pater matutinus angerufen (Hor. sat. 2, 6,120), 
denn er Öffnete am Morgen als der Thorhüter 
des Himmels die Pforten des Olympos und ver: 
ſchloß fie am Abend; ihm war der erjte Monat 
des Jahres (Januarius) geweiht, und der erfte 
Tag des Jahres (Kalendae Januariae) war fein 
Hauptfeft. Es wurde ihm dann ein Opfer, das 
bejonders aus einem Kuchen von Mehl beftand 
(Jannal), gebradht, man enthielt fich aller Worte 
von jchlimmer Vorbedeutung, wünschte ſich mit 
freundlichen Worten Glüd und beichenfte ſich mit 
Süßigfeiten, zum Zeichen, daß das Jahr jüh ver- 
laufen möge. Auch jeder erjte Tag des Monats 
war dem Janus heilig, er erhielt an demjelben 
ein Opfer von Wein, Weihrauh und Früchten. 
Die Sage, daß Janus zuerft vor Saturnus und 
Jupiter in Italien geherriht und allen Göttern 
ihre Tempel gegründet habe, beruht ebenfalls auf 
der Bedeutung eines Gottes aller Zeitanfänge. 
Bei jeder wichtigen Unternehmung rief man ihn 
an, der Konſul erflehte beim Antritt jeines Amtes 
feinen Segen, der Yandmann opferte ihm beim 
Beginne der Saat und der Ernte (consivius); in 
jedem Gebete rief man ihn zuerjt an, und bei 
großen Götterfeften erhielt er die erften Opfer. 
Eine bejonders feierliche Verehrung genoß der 
Gott bei der Eröffnung eines Krieges, wenn das 
Heer durch die erichlofjenen Thore ins Feld rüdte, 
und wahrjcheinlich auch nach dem Friedensſchluß. 
Numa hatte am unterjten Teile de3 am Forum 
gelegenen NArgiletum einen ianus, eine Thorhalle, 
zum Anzeiger des Kriegs und Friedens gemadıt; 
geöffnet jollte er bezeichnen, daß der Staat unter 
den Waffen ftehe, geichloffen, daß Friede mit allen 
Völkern —— fei. Z.iv. 1, 19. Dieſer ianus war 
dem Gotte Janus geweiht, deſſen Bildnis dafelbit 
ftand; in jpäterer Zeit wird er gewöhnlich Tempel 
— und heißt: Janus Geminus, J. Bifrons, 
J. Quirinus (Hor. od. 4, 15, 8), portae belli von 
Ennius ber bei Horaz (sat. 1, 4, 61) und bei 
Bergil (A. 7. 607). Zenn der Beichluß zu einem 
Kriege gefaht war, zog der Konful zu dieſem 
Tempel des Janus und eröffnete die Doppelthore 
desjelben, indem er die waflenfähige Jugend auf: 
forderte, mit ihm das Thor zu durchichreiten. 
Verg. A. 7,601 ff. Eine dem entiprechende Cere— 
monie muß nach Abichlug des Friedens, wenn 
das Janusthor geichloffen ward, ftattgefunden 
haben. — Über Janus fiche Or. fast. 1, 63 ff. — 


| 


565 


Dies war die Bedeutung des Janus bei den 
Römern. Urſprünglich aber war er wohl, was 
man bejonders im Hinblid auf die Etymologie 
des Wortes (Janus = Zar — Zeus) und auf einen 
mit Janus zufammengeftellten etruſtiſchen Auſpi— 
calgott —— hat, ein Gott des Himmels 
oder der Sonne neben einer Jana als Mond: 
göttin, der die Wandlungen des Naturlebens be: 
dingt und regelt, ein Jahres: und Zeitengott, der 
das Jahr und die Monate und die Tage herauf: 
führt. — 2) ein überwölbter Durchgang, Portal, 
Schwibbogen, bejtehend aus einem jteinernen Ge: 
wölbe mit Säulen und andern Verzierungen, mit 
4 Thoren und Giebeln, daher quadrifrons. Solche 
dienten teils als Prachtgebäude, teild als Ver— 
jammlungspläge von Wechſlern, Kaufleuten u. a., 
aljo eine Art Börje, bei. ad medium Janum. 
Bei Horaz (sat. 2, 3, 18. ep. 1, 1, 54) fommt 
—— ein ianus summus et imus beim 
areus Fabianus in der Nähe des Eaftortempels 
vor; außerdem fanden fich ſpäter joldhe in allen 
Regionen der Stadt, namentlich aber auch in den 
Portifus und Tabernen, die das Forum rings 
umgaben. Bei Livius (41, 32) leſen wir von 
3 iani, welche der Cenſor Fulvins Flaccus 175 
dv. E. zu Sinueſſa errichten lieh. Daß die Pracht; 
liebe auch an ihnen immer höher ftieg, ift ſelbſt— 
verftändlich; man wählte parijchen und andern 
foftbaren Marmor dazu und zierte fie mit den 
glänzenditen und reichiten Bildjäulen. 

Iapötos, ’Tanerös, Sohn des Uranos und der 
Gaia, ein Titane. Mit Ajia oder Klymene, den 
Dfeaninen, erzeugte er den Prometheus, Epime: 
theus, Atlas und Menoitios. Hesiod. theog. 507 ff. 
Während die übrigen Titanen die wilden, ord: ' 
nungslofen Mächte der äußeren Natur bezeichnen, 
iind die Söhne des Japetos blinde, feinem höheren 
Geſetze fid) fügende Naturgewalten in der menſch— 
lihen Seele; in ihnen find Zuftände und Eigen: 
ichaften der Menfchennatur perjonifiziert, und zwar — 
ftellen Atlas und Menoitios Eigenſchaften des 
Gemütes, dagegen Prometheus und Epimetheus 
Eigenichaften der menichlichen Berjtandesfraft dar. 
Atlas ift der „gewaltige Träger“, feine Eigen: 
ichaften find Ausdauer, Strebſamkeit, Standhaftig. 
feit und Geduld. Der überjtolge Menoitios, 
welchen Zeus wegen jeines Srevelfinned und feiner 
übermütigen Kraft in den Erebos warf, bezeichnet 
trogigen Mut, frevelhafte Überhebung, Zorn und 
Leidenihaft. Brometheus, „Vorbedacht“, ver: 
tritt die menjchliche, gegen die himmlischen Mächte 
fich erhebende Klugheit und Verftandesfraft, Epi— 
metheus, „Nachbedacht“, menſchliche Kurzfichtig: 
feit und Unverftand. — Zur Strafe für die Teil- 
nahme an der Empörung gegen Zeus figt Japetos 
im Tartaros, Hom. Il. 8, 479. Er wird auch 
unter die Giganten gezählt und heißt als ſolcher 
Sohn des Tartaros und der Gaia. 

Iapfdes oder Inapödes, "/dmödeg, ein Volks- 
ftamm im römifhen Illyrien, im nörblichiten 
Striche des inneren Landes an der Grenze des 
heutigen Kroatiens. Sie waren ein illyriſch-kelti— 
ſches Miſchvolk, das Feltiihe Waffen führte und 
ſich tättotwierte. Im Jahre 128 v. E. wurden jie 
von den Römern bejiegt, aber erſt unter Auguſtus 
völlig mit Liburnien vereinigt. Liv. 43, 5. ep. 59. 
Verg. @. 3, 475. Strab. 4, 207. 7, 313 ff. 

lapjges, ’Idmvyes, Völlerſchaft in Apulien und 


566 


lapygium promunturium — Iberus. 


Galabrien (daher zufammen von den Griechen noch | gelehrter, geboren 79, geftorben 138 n. E., aus 


lange in römischer Zeit "Tarvuyi« genannt, Hat, 
4,9%, Thuc. 7, 33. Pol. 2, 24, 11), die ihre Na- 
tionalität bis in die erfte Zeit Noms erhielt, dann 
gräcifiert und zulegt romaniſiert wurde. Pol. 2,24. 
Strab. 6, 277. 280. 252. Zahlreiche uns erhaltene 
Anschriften, bejonders Grabichriften, find Denkmäler 
ihrer Sprache: diejelbe ift indogermanifch und „Steht 
der hellenijchen jo nahe, daß man fie eine helleno- 
barbariihe Mundart nennen kann“ (Niffen). ©. 
Italia, 11. und Apulia. 

Iapyzfum promunturfum oder Salentinum 
prom., Tarvyliae dxga, Cüdojtjpike von ganz 
Italien, mit welcher der Tarentinische Meerbujen 
im D. ichließt, j. Capo di Yeuca. Strab. 2, 109. 
123 u. ö. 

Iapyx, /ärvg, 1) Sohn des Lylaon, nach andern 
des Daidalos, wanderte mit einer Kolonie Kreter, 
die nach ihm Japyger hießen, nach Jtalien. Strab. 
6, 279. 282. Hat. 7, 170. — 2) j. Winde, 4. 

Iarbas, ein Sohn des Jupiter Ammon und 
König eines libyichen Volles, Während jeiner 
Herrichaft fam Dido nach Libyen; er bot ſich ihr 
zum Gemahl an, wurde aber von ihr verjchmäht. 
Verg. A. 4, 196 ff. Just. 18, 6. Bgl. Dido. 

lasion, 'Iasior, oder lasios, ’Idcıog (Hesiod. 
theog. 969), Sohn des Zeus und der Elektra, einer 
Tochter des Atlas, oder Sohn des Korythos und 
der Elektra, Bruder des Dardanos, Liebling der 
Demeter (Hom. Od. 5, 125), deshalb von Zeus 
mit dem Bliß erjchlagen; j. Plutos. Mit Dar: 
danos zog er von Kreta oder von Italien oder 
von Arkadien aus nah) Samothrafe, wo er von 
Zeus in den Müfterien der Demeter unterwiejen 
wurde; auch in Sicilien joll er umhbergewandert 
jein und die Myſterien der Demeter verbreitet 
haben. Er wird als ein Dämon der frudhttrei: 
benden Erde betrachtet und der Name von Inu 
abgeleitet. 

läson 1) j. Argonauten. 2) f. Pherai. 

Täsos, "aoos, ein in der argiviichen Sage 
häufiger Name: 1) Sohn des Phoronens, Bruder 
des Pelajgos und Agenor. 2) Sohn des Argos 
und der Euadne, Bater des Agenor, Großvater 
des Argos Panoptes, — 3) Sohn des Argos 
Banoptes, Water der Jo. LVepterer heit aud) 
Sohn des Triopas, Enfel des Phorbas. — 4) Sohn 
der Ko. Außer diejen argivischen Heroven nennen 
wir noch — 5) den Sohn des Arfaders Lykurgos, 
Semahl der Klymene, einer Tochter des Minyas, 
Vater der Atalante. — 6) Bater des Ampbhion, 
Königs der Minyer in Orhomenos. Hom. Od. 


11, 283. — 7) Führer der Athener vor Troja. 
Hom. Il. 15, 337. - - 8) König von Kypros. Hom. 
Od. 17, 443. 


läsos, "Iaoog oder Teccos, Stadt im weftlichen 
Karien an einem nach ihr genannten Meerbujen 
(Plin. 5, 29) auf einer dicht am Lande befindlichen 
feinen Inſel, nur 10 Stadien im Umfang, aber 
doch jchr wohlhabend durch ihren Frijchhandel. 
Die Stadt wurde von Argeiern gegründet und von 
Milejiern erweitert. Eine in der Nähe im Freien 
befindliche Statue der Veſta wurde durch Regen 
nie benegt. Thue. 8, 28. 29. Pol. 16, 12.17, 2.3. 
Strab. 14, 658. Liv. 33, 30. Arr. 1, 19, 10. Jetzt 
Ruinen Aſſyn Kaleſſi. J 

Iatraliptae, largakeintau, j. Arate. 





deſſen Schriften viele Auszüge in den Digeſten 
ſich finden, bekleidete in Afrila und Syrien Be: 
amtenſtellen. Er war Nachfolger des berühmten 
Juriſten Cälius Sabinus. Plinius (ep. 6, 15) er: 
wähnt ſeine dubia sanitas. 

Inxarteés, Taſciorns. mit einheimiſchem Namen 
Silis, j. Sir-Darja, Fluß in Turkeſtan, der auf 
dem Imaus Seythicus (j. Thianſchan) entſpringt, 
zuerſt nach N., dann nach W., endlich nach NW. 
fließt, jo die Grenzprovinz des Perjerreihes, Sog: 
Diana, von dem Gebiet der „nomadiichen Sfythen“ 
jcheidet und in den lacus Oxianus (j. Araljee) 
mündet. Die Alten hatten von ihm jehr verwor— 
rene Vorjtellungen, ließen ihn auf den montes 
Comedarum (j. Mustagh) oder gar auf dem Can- 
easas Indicus (j. Hindukuſch entjpringen und in 
das Kaſpiſche Meer, das mit der palus Maeotis 
zufammenhängen jollte, münden. Arr. 3, 30, 7. 
Strab. 11, 507. 509 f. 518. Sie nannten ihn nicht 
bloß oft Tanais, jondern verwechjelten ihn aud) 
mit dem europäischen Tanais (j. Dom), vielleicht 
auch mit dem Arares in Armenien (Hdt. 1, 202. 
205. 4, 40). Am jüdlicyen Ufer des %., in der 
Nähe von Kyreſchata oder Kyropolis, gründete 
Alerander die Stadt Alskardgei« 1 dayden, j. 
Kodſchend. Arr. 4, 1,3. 4,1. Cwit. 7, 6, 18. 25. 

Ibera, Stadt weitli vom Iberusfluß, in der 
Nähe des Meeres, der bedeutendjte Ort dieſer 
Gegend im zweiten punifchen Striege nach Liv. 23,28. 
Sonft wird die Stadt nicht weiter genannt. Hier 
wurde Haſdrubal 216 dv. E. von den beiden Sci- 
pionen gejchlagen. 

Iberia, '/Bnod«, 1) — Hispania, j. d. — 2) bei 
den Bnzantinern Georgia, daher jegt ebenjo oder 
Grufien, war eine meift fruchtbare Ebene auf dem 
faufafiichen Jfthmus, deren Grenzen im W. Kolchis 
(die Mojchiichen Berge), im N. der Kaukaſos, im 
D. Albanien (der Alazoniosfluß), im ©. Armenien 
waren. Nur 4 Zugänge führten in das Land: 
1) von Kolchis her bei dem Kaſtell Sarapana, 
2) aus Armenien über den Kyrosjluß (Straße der 
Römer), 3) aus Albanien über den Alazoniosfluf, 
4) durch die Kaulaſiſchen Pforten aus Sarmatien. 
Der Hauptfluß des Yandes war der Kyros (ji. 
Kur). — Das Bolf, Jberes oder Iberi, beichäf- 
tigte fich meift mit dem Wderbau und gehörte, 
wenigitens in den herrſcheuden Klaſſen, wahrjchein: 
lic zum iranifchen Stamme; es zerfiel in die 4 
Kaſten der Edlen, der Prieſter und Richter, der 
Krieger und Landbauer und der Baoriızol donkoı, 
aljo Yeibeigenen. Unter den Städten ijt zu merfen: 
Sarmozifa, d. i. Ahuramazdafeite, Hauptſtadt 
am Kyros und dem jüdlichen Paſſe. Die heutige 
Hauptitadt Tiflis fommt erjt ſeit dem 6. Jahr- 
hundert n. E. vor. Seit Trajan gehörte das Yand 
dem Namen nach zum römischen Reiche, fam aber 
jeit Julian wieder unter perfiiche Herrichaft. Strab. 
11,499 ff. Plin. 6, 10, 11. 

Iberus oder Hiberus, "I/ßno, "/Bngos, j. Ebro, 
einer der 6 Hauptjtröme Hijpaniens, entipringt auf 
den cantabrıjchen ®ebirgen bei Juliobriga und 
durchjtrömt dann im jüdöftlicher Richtung eine große 
Ebene, 260 Millien weit, von der Stadt Baria 
(ij. Varea an jchiffbar; unterhalb Dertoja mündet 
er in einem Delta. Die ältere Einteilung des 
Landes in ein diesjeitiges und jenjeitiges Hiſpa— 


Javolönus Priseus, ein römiicher Rechts: | nien beruht anf dem Yaufe diejes Fluffes, wes— 


Ibis — Ida. 


halb man ihn auch häufig zu weit ſüdlich jebte, 
ja fogar in den Ocean münden ließ. Seine Neben: 
flüffe find links: Gallicus (j. Gallego), Siköris 
(Segre) mit Einga; rechts: Salo (Kalon). 

Ibis |. Ovidius. 

Ibykos, "Buxog, aus Nhegion in Unteritalien, 
Igriicher Dichter der Griechen, um DIL. 63 (528 v. E.) 
blühend. Gr führte ein wanderndes Leben und 
verweilte eine geraume Zeit zu Samos am Hofe 
des Tyrannen Bolyfrates. elannt ift die Er: 
zählung, dab er auf dem Wege zu den iſthmiſchen 
Spielen von Räubern erichlagen, und der Mord 
durch Kraniche (ſprichwörtlich ai "IBixov yegavoı) 
ans Licht gebracht worden jei (vgl. über die Sage 
Welder, H. Schriften 1 ©. 100 ff). Bon feinen 
Gedichten, die in 7 Bücher zufammengefaßt waren, 
find nur Bruchftüde erhalten (gejammelt von 
Scneidewin, 1833, und von Bergk, poet. Iyr. 
Graec. III p. 235 ff. der 4. Aufl.). Es waren zum 
Teil lyriſche Gedichte, welche mythiſche Stoffe be: 
handelten, zum Teil erotiihe Lieder. In jenen 
ſchloß er fi in Bezug auf die Stoffe, auf poeti- 
ſchen Stil und Sprade eng an Stefidioros von 
Himera an; jelbftändiger dagegen war er in feinen 
erotischen Gedichten, durch die er bejonders Ruhm 
erlangt hat, und in denen fich eine jeltene Gut 
der Leidenſchaft fund gab. 


Icarium mare ſ. Ikaros, 1. 


Icceins (in alten Handſchr. Itius), ein Freund 
des Horaz, der den philojophiichen Studien mit 
Eifer oblag, im Jahre 24 v. C. aber ſich an dem 
Feldzuge beteiligen wollte, welchen der Statthalter 
von Agypten Alius Gallus auf Befehl des Auguftus 
gegen die Araber unternahm. Als Humoriſt hat 
der Dichter mit freundichaftlihem Scherze in der 
29. Ode des erften Buches feine Verwunderung 
darüber ausgeſprochen. Ob cc. wirklich teilge: 
nommen, ift nidyt befannt. Im Jahre 20 v. E. 
finden wir ihn (ep. 1, 12) in Sicilien mit der 
Landwirtichaft beichäftigt, neben welcher er die 
Bhilojophie wieder betrieb. Ob er dort nur als 
Profurator des Agrippa gelebt und durch deijen 
reigebigfeit feinen Unterhalt gehabt, oder auf 
eigene Hand in einer Heinen ficilifchen Stadt Acrilla 
ein Gütchen bewirtichaftet hat, bleibt ungewiß. Den 
Eharafter des Mannes hat Wieland als aus niedriger 
Habjucht, ſchmutzigem Geize und dünkelhafter Auf: 
geblafenheit zuſammengeſetzt geihildert und in A 
dem Dichter einen Freund gegeben, deſſen ich dieſer 
nur zu jchämen hätte Fr. Jacobs dagegen hat 
eine Ehrenrettung des Iceius geliefert, die ſich 
allgemeiner Zuftimmung zu erfreuen gehabt hat, 
während wieder Jacob eine ganz andere Auffafjung 
des Iceius, als eines heiteren, Carriere machenden 
jungen Mannes von großer Gutmiütigfeit, ver: 
jucht hat. 

leöni oder (bei Ptolemaios) Simeni, Ziuevol, 
mächtige Völkerſchaft an der Oftküfte Britanniens, 
mit den Städten Samböritum (Cambridge), Combre: 
tonium (Brettenham) und Benta (Caiftor bei Nor: 
wich) — aljo im heutigen Norfolt und Suffolt. 
— Sie waren tapfer und wehrhaft, wurden aber 
troß ihrer Ergebenheit gegen die Römer von 


567 


verichiedene Küftenvölter der jüdlichen Meere, von 
denen man, bei übrigens ſehr mangelhafter Kennt: 
nis, wußte oder vorausjegte, daß fie größtenteils 
von Filchen lebten. Die befannteren_ find: 1) die 
im äußerften Oſten zwifchen dem Aquator und 
dem Meerbujfen von Siam, Sinus magnus, woh— 
nenden; 2) an der Küfte von Gedrofia am Erythrai— 
iſchen Meere (Arr. 6, 28, 5), woſelbſt jett noch 
ähnlich lebende Völker wohnen; 3) an der norb: 
öftlichen Küfte des Glüdlichen NArabiens am Per: 
fiichen Meerbufen; 4) in der Landſchaft Troglody: 
tife in Afrika, am Arabifchen Meerbuſen jüdöftlich 
von Agypten und Äthiopien, auf jehr niedriger 
Kulturjtufe ftehend (Hat. 3, 19f. 23. Strab. 16, 
7727.); 5) auf der Weſtſeite Afrikas ſüdlich vom 
Mafitholosfluß (dem heutigen Gambia ?). 

Ichthys j. Elis, 1. 

Teilfi, ein plebejiiches Gejchlecht, welches die 
Rechte und Antereflen des Volkes lange Zeit mit 
roßem Eifer verfocht (Ziv. 4, 54): 1) Spurius 
Fer einer der Abgeſandten des Volkes an den 
Senat bei der Secejfion auf den Heiligen Berg 
(493 v. E.), gab als Bollstribun (492) ein Geſetz 
(nad) andern jpäteren Urjprungs), welches den 
Tribunen bei jchwerer Strafe für den Unterbrecher 
das Recht des freien Vortrages an das Volk zu 
fihern bejtimmt war. Dion. Hal. 7, 17. ls er 
nachher Adil war, follte er auf Geheiß der Tri: 
bunen den Goriolan fejtnehmen, was die Patricier 
gewaltjam verhinderten. Liv. 2, 58. Dion. Hal. 
7, 26. Plut. Coriol. 17. — 2) E. Jeil. Ruga, 
im Jahre 493 dv. C. gewählt für das neuerrichtete 
Volkstribunat. — Sein Sohn, 3) 2. Jeil. Ruga, 
Tribun im Jahre 456 v. E., verichaffte den Tri: 
bunen das Recht der Senatsberufung, ſowie den 
Plebejern den Apentiniichen Bügel. Dion. Hal. 
10, 315. Wiedergewählt für das folgende Jahr, 
fämpfte er zuerjt gegen die Konſuln wegen ihrer 
Gewaltthätigfeit bei der Aushebung, dann gegen 
die Patricier wegen eines Adergejebes. Dion. Hal. 
10, 35 ff. Im Sahıre 449 verteidigte er ald Bräu: 
tigam der Birginia feine Braut gegen Appius 
Claudius (Liv. 3, 44 ff.) und brachte nach ihrem 
Tode das ganze Volk gegen die Decemvirn in 
Aufruhr, zog das gegen die Sabiner im Yelde 
ftehende und gewonnene Heer herbei, bejeßte den 
Heiligen Berg und leitete die Verhandlungen des 
Volfes mit dem Senate. Daj. 3, 53. Nach ge: 
jchehener Ausſöhnung z0g er den Appius Claudius 
zur Necenichaft und fiherte durch ein Geſetz die 
Unantaftbarfeit aller, die an der Bolfserhebung 
vorher teilgenommen hatten (daf. 3, 54). — 4) X. 
Jeil., vielleicht des vorigen Sohn,‘ Tribun im 
Jahre 412 v. C., fchlug, aber ohne Erfolg, ein 
Adergeje vor. 3 Jahre jpäter war er mit zwei 
andern Jeiliern abermals Bolfstribun und jeßte 
ein Geſetz durch, daß die Blebejer von 4 Quäftoren 
3 aus ihrem Stande wählen dürfen jollten. Im 
folgenden Jahre (408) erwarben fie den Plebejern 
auch das Recht, an der Wahl von Kriegstribunen 
teilzunehmen. Liv. 4, 55. 

Ida, n "lön, "Ida, 1) Gebirge im weftlichen 
Myſien, nördlich von dem Adrampttiichen Bufen, 


'j. Razdagh, wald: und quellenreih (moivmid«g 


diejen gemißhandelt, jo day fie fi) auf Antrieb | /7. 8, 47), bis zu 1750m hoch, mit 2 Hauptipigen, 
ihrer Königin Boadicea (f. d.) empörten. Tac. Gargaron im ©. und Kotylos im N. Strab. 


ann. 12, 31. 14, 31. Agr. 16. 


13, 583. 602. — 2) Gebirge in der Mitte der Inſel 


Ichthyophägl, ’/y$vopayoı, nannten die Alten Kreta, gegen Süden und Südweften fteil abſtür— 


968 


zend, deſſen höchiter, j. Pſiloriti genannter, Gipfel | 


2460 m hoch und meift mit Schnee bededt iſt. 

Idaea mater ſ. Rhea, Kybele. 

Idaios, ’/dciog, 1) Sohn des Dardanos und der 
Chryſe, der mit jeinem Vater aus dem Peloponnes 
über Samothrafe nadı Phrygien wanderte und, 
während jein Vater ſich in Troas niederlieh, die 
nad) ihm benannten Idaiiſchen Berge am Hellespont 
bejeßte. Hier führte er den Geheimdienft der 
phrygiſchen Göttermutter ein. Dion. Hal. 1, 61. — 
2) Herold der Troer. Hom. Il. 3, 248. 7, 276. 
24, 325. — 3) Sohn des Dares, des troiichen 
Briefters des Hephaiſtos. Hom. Il. 5, 11. 

Idalion, ’Iöc4or, Stadt in der fruchtbaren 
Ebene im Aunern von Kypros, zwijchen Golgoi 
und Tamaſſos, auf den aſſyriſchen Inſchriften 
Idial, j. Dali, urfprünglich phoinikiſche Gründung, 
im 7. Jahrhundert v. C. jelbjtändiges Fürftentum, 
im 4. zu Kition gehörig; von den Dichtern (z. B. 
Verg. A. 1, 681. 10, 86) oft verwechjelt mit Pe— 
dalion, dem ſüdöſtl. VBorgebirge von Kypros, auf 
deſſen Höhe fich ein Tempel der Aphrodite befand, 
die deshalb Idalia heißt. Strab. 14, 682. Bei 3. 
fand jich eine Bronzetafel mit einer 31zeiligen 
Inſchrift, bis jetzt der einzigen größeren in jenen 
eigentümlichen Zeichen (j. Kypros); es ift nicht, 
wie man zuerft meinte, ein Pachtkontraft, ſondern 
ein Dekret zu Gunjten eines Militärarztes, vom 
Jahre 364 v. E. 

Idas, "das, 1) idaiiſcher Daktyl bei den Eleiern. 
— 2) einer der Gäſte auf der Hochzeit des Ber: 
jeus, don Phineus getötet. Or. met. 5, 90. — 
3) einer der Begleiter des Diomedes, die von der 
zürnenden Aphrodite in Vögel verwandelt wurden. 
Or. met. 14, 504. — 4) Sohn des Aphareus oder 
des Pojeidon und der Arene, aus Arene in Mefje: 
nien, Bruder des Lynkeus und des Peiſos Apollod. 
3, 10, 3), Gemahl der Marpejja, der Tochter des 
Euenos. Während Apollon um Marpeffa warb, 
entführte fie Ndas auf einem von PRofeidon ihm 
geichentten geflügelten Wagen. Euenos und Apol: 
lon jegten ıhm nach, und da ihn Euenos nicht 
einholen konnte, ſtürzte er fich in den nach ihm 
benannten Fluß; Apollon aber erreichte jenen in 
Meffene. Der ftarfe Idas wagte mit dem Gotte 
einen Kampf; aber Zeus trennte die Kämpfenden 
und überlieh der Jungfrau die Wahl. Dieje wählte 
den das, weil fie befürchtete, Apollon möchte fie 
jpäter wieder verlaffen. Sie gebar dem Idas die 
Kleopatra oder Altyone, die Gemahlin des Melea: 
gros. Apollod. 1,7, 8f. Hom. Il. 9, 556 ff. Die 
beiden Brüder, Idas und der icharfblidende Lyn— 
feus, der durch die Erde und Steine hindurch: 
bliden fonnte, nach ihrem Bater Uphareiden 
genannt, die Heldenbrüder Mefjeniens, ähnlich den 
lafedaimonijchen Diosfuren, nahmen teil an der 
falmdonischen Jagd und dem Argonautenzuge; am 
berühmteften aber ijt ihr Kanıpf mit den Dios- 
furen, mit denen fie als Gejchwiiterfinder Apha— 
reus war Bruder des Tyndareos) aufgewachien 
waren. Sie entzweiten ſich einft wegen der Teilung 
einer Herde, welche jie gemeinschaftlich als Beute 
aus Arkadien weggetrieben hatten, und in dem 
daraus entitehenden Kampfe erichlug das den 
Kaſtor, Polndeufes den Lynkeus; Zeus aber tötete 
den das mit dem Blitze. Apollod. 3, 11, 2. Pind. 
nem. 10, 607. Nach einer andern Sage find die 
Veranlafjung zu dem Kampfe die Töchter des 


zz — — — — — —— — 


Idaea mater — Idumaia. 


Xeufippos, eines Bruderd des Tundareos und 
Aphareus, Hilaeira und Phoibe (die Leufippiden), 
welche, den Aphareiden verlobt, von den Dios: 
furen entführt wurden. T’heocr. 22, 136 ff. Der 
Kampf wird entweder nach Meſſenien, an das 
Grabmal des Aphareus, oder nadı Lakedaimon 
verlegt (Eur. Hel. 1466). Das Grab der Apha: 
reiden ward zu Sparta gezeigt. Paus. 3, 13,1. — 
5) zwei Helden des thebanifchen Krieges, der eine 
aus Oncheftos in Boiotien, der andere aus Tai: 
naron. Stat. Theb. 6, 553 ff. 7, 588. 

Idisiaviso (Idisiavisus, nah Mülfenhoff Idi- 
siavisa) hieß die Thalebene, wo Germanicus 16.1.6. 
den Arminius ſchlug (Tae. ann. 2, 16: in cam- 
pum, cui Idisiaviso [in der Handichrift: Idista- 
eg Beeren Nadı der Bejchreibung derjelben 
bei Tacitus ift wohl anzunehmen, daß 9. auf 
dem rechten Ufer der Weſer oberhalb Minden in 
der Gegend der Porta Weftphalica zu juchen ift. 
Der Name bedeutet nad J. Grimm Walfgren: 
wieſe, Jungfernhaide. 

Idmon, "duor, 1) Sohn des Apollon und der 
Aiterie, der Tochter des Koronos, ein Scher, der 
den Argonautenzug mitmachte, obgleich er voraus: 
ſah, daß er auf demielben feinen Tod finden 
würde. Er ftarb im Lande der Marianduner in 
Bithynien durd; Krankheit oder durch einen Eber 
oder eine Schlange. Apoll. Iod. 1, 139. 436. 
2, 815 ff. Die Megarer und Boioter, welche Hera: 
kleia gründen follten, bauten auf Befehl Apollons 
die Stadt um das Grab des Schers und verehrten 
ihn als Stadtichirmer. — 2) Vater der Arachne. 

Idomöneus, "/dopevevg 1) Sohn des kretiſchen 
Deufalion, daher Jevrakrlöng, Enkel des Minos, 
Urentel des Zeus, Fürſt der Kreter. Hom. II. 
13, 449 ff. Od. 19, 172ff. Er war unter den 
Freiern der Helena und zog jpäter mit 80 Schiffen, 
begleitet von Meriones, dem Sohne jeines Halb: 
bruders Molos, nad) Ilios, wo er einer der tapfer: 
ften Helden ift und von Agamemnon vor allen 
geehrt wird. Mom. Il. 2, 645. 4, 257 ff. Nach 
der Zeritörung Trojas fehrte er glüdlicdy heim. 
Hom. Od. 3, 191. Nach jpäteren Sagen geriet er 
auf der Heimkehr in einen Sturm und gelobte, 
dem Bojeidon für jeine Rettung das zu opfern, 
was ihm bei jeiner Landung zuerit begegnen 
würde. Ihm begegnete zuerit jein Sohn, und als 
er diejen nun opferte, entitand eine Peſt, und er 
ward aus dem Lande getrieben. Er begab fich in 
das jalentiniiche Gebiet in Calabrien, wo er der 
Athene einen Tempel baute, und jpäter nach Solo: 
phon, wo er fich am Tempel des Harijchen Apollon 
anfiedelte. Dort jol er auf dem Berge Kerfaphos 
begraben liegen. Die Kreter aber zeigten jein 
Grab zu Knoſos, wo er mit Meriones ald Heros 
verehrt ward — 2) von Yampjalos, um 260 
v. C., Schüler und Freund Epifurs, jchrieb sei 
tor Zourgerinör und zepl Önuayoyar. Plut. 
Per. 10. Demosth. 23. Fragmente bei Müller, 
fragın. hist. Graec. Il p. 489. 

Idothea j. Protens. 

Idumaia, Edom, das Yand der Idumaei, ’/dov- 
ueioı, eines den Iſraeliten ſtammverwandten Vol— 
fes, das urjprünglich in der Arabah, der Einſenkung 
zwiſchen dem Ailanitiſchen Bufen (Hafenftadt Elath, 
Ale, Allava) und dem Toten Meer, jowie auf 
dem Gebirge Seir weitlich und öftlich davon (Haupt: 
ſtadt Selah, Ilerga) wohnte und von. den jüdiichen 


Idus — TIlerda. 


Königen öfters unterworfen wurde, jeit etwa 300 
v. C. aber, von den Nabataiern verdrängt, den 
Süden von Judäa einnahm. Strab. 16, 760. 

Idus j. Jahr, II 

Idyll j. Theokritos. 

Jericho, "leoızo, "legıxons, feite Stadt in 
Baläftina, 150 Stadien nordöftlich von Jeruſalem, 
60 weſtlich vom unteren Jordan, in tropiich heißer 
Thalebene, bekannt durch ihre Balmen, Rojen und 
Balfamjtauden; in der Nähe j. er-Richa. Strab. 
16, 763. Tac. hist. 5, 6. 

Jerusälem j. Hierosolyma. 

Igilfum, feine Inſel im Tyrrheniſchen Meere, 
dem Mons Argentarius gegenüber; j. Giglio. 
Caes. b. c. 1, 34. 

Ignominia, aus in und nomen, |. vd. a. 
malum nomen, unterjchied ſich von infamia nad 
Fronto (de differ. verb.): ignominia impo- 
nitur ab eo, qui potest animadversione notare, 
infamia ex multorum sermone naseitnr, Solche 
üble Nachrede entjtand z. B. infolge der Verlegung 
der Trauerpflicht, eines doppelten Verlöbniſſes, 
unzüchtigen Lebens, Auftretens als Schaujpieler 
u. dergl. Ignominia war die durch ein richter: 
liches Urteil oder cenjorijches Edift ausgeſprochene 
Schande. Allmählich verwiſchte ſich diejer Unter: 
ichied, indem die früher nicht vom Gejebe be— 
rührten infamierenden Handlungen nad und nad 
mit gerichtlicher Strafe geahndet wurden. Zu 
Eiceros Zeit infamierte die Verurteilung bei allen 
Ktriminalverbrechen, vorher nur bei einigen, die 
im Geſetz bejonders angegeben waren. Konkurs 
zog jtets infamia nad) de Die rechtlichen Nach— 
teile der ignominia und der infamia im w. ©. 
waren Berluft der Freiheit oder der Civität, der 
infamis verlor das ius suffragii und honorum, 
fonnte gerichtlich weder für ſich noch für andere 
auftreten; er unterlag gewiſſen Beichränfungen in 
Bezug auf Eingehung der Ehe u. ſ. w. Ob er in 
allen Fällen vom Kriegsdienfte ausgeichloffen war, 
iſt ziveifelhaft. Nach der allgemeinen Bolksanficht 
lag aud) auf gewiljen Gewerben, die an ſich noch 
nicht entehrten, eine ignominia (turpes, humiles, 
viles personae). 

Iguvium, auf der Tab. Peut. Agubium, um: 
brijch tota ljovina, j. Eugubio oder Gubbio, an: 
jehnliches Municipium in Umbrien, am jüdlichen 
Abhange des Apennin, welches Cäſar nach dem 
UÜberjchreiten des Rubico zu bejeßen fich beeilte 
(b. e. 1, 42). In der Nähe an der Flaminiſchen 
Straße jcheint ein Tempel des Jupiter Apenninus 
gelegen zu haben, im deſſen Ruinen 1444 durch 
einen Bauer 7 wohlerhaltene Erztafeln mit um: 
brijchen Inſchriften gefunden wurden, welche fich 
noch auf dem dortigen Nathaufe befinden und für 
die Kenntnis der italiichen Dialekte von höchiter 
Wichtigkeit find, indem wir dadurch über 1000 um: 
brijche Wörter fernen lernen. Ausgg. von Aufrecht 
und Kirchhoff (die umbriichen Spradydentmäler, 
1849-51), Huſchke (1859), Breal (1875) und 
Bücheler (Umbrica, 1883). 

Ikaria j. Ikaros, 3. 

IkarTos, Tachotos, 1) ein Athener, der unter 
Pandions Regierung von Dionyjos, den er freund: 
lich aufgenommen, die Rebe und den Wein erhielt. 
Als er, um den Weinbau zu verbreiten, mit den 
weingefüllten Schläuden im Lande umherfuhr, 
und Hirten ſich an der Gabe beraujcht hatten, 


569 


wurde er von deren Genofjen erjchlagen, weil fie 
glaubten, er habe jene vergiftet. Die Mörder 
warfen ihn in einen Brunnen oder begruben ihn 
unter einem Baume auf dem Hymettos; hier fand 
jeine Tochter Erigone, "Heryorn, nad langem 
Suden, von dem treuen Hund Maira, Maiga, 
begleitet, das Grab und erhängte ſich an einem 
Baume über demſelben (Erigone, die „frühgeborne 
Rebe). Ikarios wurde mit feinem Becher als 
Bootes oder Arfturos, Erigone als Jungfrau, Maira 
als Hundsjtern an den Himmel verjegt. Die Athe: 
ner aber wurden von Dionyſos durdy Belt und 
Najerei der Jungfrauen bejtraft, jo daß dieje ſich 
wie Erigone erhängten. Zur Abwehr des Unglüds 
jtiftete man der Erigone ein Schaufelfeit, Alage, 
und brachte ihr nebſt Jlarios Opfer von Früchten 
dar. Nach Ikarios war ein attifcher Demos be- 
naunt. — 2) j. Hippokoon, 1. 

Ikäros, 6 "xagos, 1)j. Daidalos. — lca- 
rium mare, ’Irdgıov meheyog, hieß der ſüdöſt- 
liche Teil des Aigaiiſchen Meeres um die Inſel 
Karos herum (und von ihr genannt), längs der Küſte 
von Doris, Karien und Konien. Dem Mythus 
nad) gab der hineingeftürzte Ikaros dem Meere 
den Namen. om. Il.2, 146. Hadt. 6, 95. Hor. 
od. 1,1, 15. Ov. trist. 1, 1,90. — 2) f. The- 
stor, 1. — 3) n "Iaagog oder "Ixagla, j. Nikaria, 
Inſel an der Heinafiatiichen Küſte, 80 Stadien 
weitlich von Samos, zu den Sporaden gehörig, 
etwa 300 Stadien im Umfang. Das nordöftliche 
Vorgebirge hieß Drafanon oder Drepanon, in 
deſſen Nähe ein gleichnamiges Städtchen lag; im 
W. lagen die 2 Städtchen Dinod und Iſtoi mit 
einer Reede und einem Artemistempel, Tauropo: 
lion. Die Inſel war und ift reih an Bau- und 
Brennholz, das nahe Meer hat großen Fiſchreich— 
tum. Der Mythus bringt den Namen mit Ikaros, 
des Daidalos Sohn, zufammen. Thuc. 3, 92.8, 99. 
Arr. 7,20, 5. Strab. 10, 488. 14, 639. — 4) atti- 
icher Demos, j. Attika, 16. — 5) Inſel des 
Berjiichen Meerbujens, 120 Stadien von der Mün— 
dung des Euphrat, rei an Wild, das nur zu 
Ehren der Artemis erlegt werden durfte. Ihren 
Namen empfing fie durch Alerander nad) Nr. 3. 
Arr. 7, 20, 3. Strab. 16, 766. 

Ikon\on, ’xörıor, Stadt in Kleinaſien, j. Konia, 
in fruchtbarer Gegend, nach Zenophon (An.1,2, 19) 
noch in Phrygien, jeit der Diadochenzeit als Haupt: 
itadt von Lykaonien bedeutender, römijche Kolonie, 
in der Zeit der Kreuzzüge als Hauptjtadt des 
Seldichudenreiches oft genannt. Strab. 12, 568. 
(ic. ad fam. 3, 8. 5, 20. Act. apost. 14. 

Iktinos, "Ixtivog, Zeitgenofie des Perikles und 
Pheidias, einer der berühmtejten Architeften Grie- 
chenlands. Als jeine bedeutendjten Werke werden 
genannt der Tempel der Demeter und Berjephone 
zu Eleufis, der Tempel des Apollon Epifurios zu 
Phigaleia und der Parthenon, j. Baukunst, 5. 
und Phigalia. Paus. s, 41, 5. Strab. 9, 395 f. 
Vitruv. 7, praef. 16. 

lle j. Exercitus, 8. 

Ilerda, ’M&oda, j. Lerida, Stadt am Sicoris 
(Segre) auf einer Anhöhe und römijche Kolonie 
in Hispania Tarraconensis, wo Julius Cäjar zu 
Anfang des Bürgerfrieges die Legaten des Pom— 
pejus zur Kapitulation brachte (2. Auguſt 49 v. E.). 
Caes. b. c. 1, 41. 43. 45. ®gl. Hor. ep. 1, 20. 18, 
wo es als ein Ort genannt wird, in melden, 


570 Ilorgotes 
wie auch in andern ſpaniſchen Küſtenſtädten, Trieb 
nach römiſcher Bildung erwacht war. Lucan. 
4, 144. 261. 

llergetes, ’Ieoynres oder "IAsoyüraı, 'IReo- 
yiraı, Völterjchaft im tarraconenfiichen Hifpanien 
nördlid” vom Iberus, mit den Städten Celia, 
Ilerda, Oſca und Salduba, als römische Mili: 
tärkolonie Cäſarea Augusta geheißen (j. Sara: 
goſſa. An der Geſchichte des zweiten punijchen 
— wird ſie mehrfach genannt, teils auf Seiten 
der Römer, teils ſich gegen dieſelben auflehnend. 
l.iv. 21, 23. 61. 22, 21. 28, 33. 29, 13. 34, 11. 
Strab. 3, 161. 

Ilia j. Rea Silvia. 

IHas j. Homeros. 

Ilion j. Troia. 

Iliöne j. Polvdoros, 

Hlisos j. Attika, 4. 

Iliheris, ’/Aıßeois, 1) Stadt der Turduler in 
Hilpania Bätica nahe den Quellen des Singalis- 
fluſſes; j. Elvira. — 2) Stadt am Nordfuße der 
Pyrenäen im Gebiet der Sardones (in Gallia 
Narbonenfis), an einem Fluß gl. N. (jonft auch 
Tichis genannt, daher jebt Tac), an der Strafe 
von Narbo nah Hilpanien, früher bedeutend, 
dann heruntergefommen und von Conſtantin dem 
—— dem Namen Helena erneuert; daher 
j. Eine. 

Illiturzis, Diturgi, Mrtoveyis, bedeutende 
Stadt der Turduler in Hiſpania Bätica, auf 
jteilem Felſen am Bätis, beim heutigen Andujar. 
Im Jahre 210 v. E. nahm Scipio fie ein und 
zerjtörte fie; in der Folge wurde fie mit dem Bei: 
namen Forum Julium wieder aufgebaut. Liv. 
28, 19. Über ihre frühere Parteiſtellung j. Lie. 
23, 49. 24, 41. 26, 17. 

Illyrienm (sc. regnum), rö ’IAAvgınor, bei 
den Römern, "/Alvgis oder ’IAAvgia bei den Grie: 
chen, umfahte alle öſtlichen Küftenländer am Adria— 
tiichen Meere mit den dahinter liegenden Gebirgs- 
landichaften (j. Dalmatien, Bosnien und Albanien). 
1) Der nördliche Teil bildete jeit etwa 380 dv. C. 
ein jelbftändiges Neich, das um 250 unter König 
Agron die größte Ausdehnung erlangte, 168 aber 
(j. Gentius) von den Römern vernichtet wurde, 
jeitdem die eigentliche römische Provinz Illyria 
(daher J. Barbara oder Romana) zwiſchen den 
Flüſſen Savus und Drilon. Die Gebirge M. Albius 
(j. Alben), Bebii und Adrius ziehen längs der 
Küſte hin nad dem Innern zu. Die Einwohner, 
ein roher, den Thrakern verwandter zahlreicher 
Stamm, tapfer, aber als treulos verrufen, zer: 
fielen namentlich in 3 Teile: die Japödes oder 
lapydes (j. d.) im nördlichiten Teile des innern 
Landes, die Liburni, ein mächtiges, als treffliche 
Seeleute befanntes Volk (daher die jchnelljegelnden 
naves Liburnae, |. d, denen Octavian zumeijt 
den Sieg bei Actium verdantte. or. od. 1,37, 30. 
epod. 1, 1), 176 v. E. von den Römern unter: 
worfen, und die Dalmatae oder Delmatae, 
in dem fjüdlichiten Teile des Landes bis zum 
Trilon, welche nad) langen Kämpfen (ichon X. 
Gäcilins Metellus 119 v. E.) erit 33 v. E. völlig 
unterworfen wurden. Die Benennung Dalmatia 
wurde dann weiter ausgedehnt (j. Dalmatia). 
Die bedeutenditen Städte von N. herab waren: 
Metullon, Hauptitadt der Japyden (j. vielleicht 
Möttling), Arupium, Senia (j. Zengg), Jader 


— Jlos. 


(j. Zara), Salonae (bei Spalato), Stodra (j. 
Stutari), eine fefte, ſchwer zugängliche Stadt im 
Gebiete der Yabeates (Caes. b. c. 3, 25) an der 
Südipige des Yabeätisices (j. See von Stutari). 
Vor der Hüfte des Landes lagen viele zum Wein- 
und Olbau jehr geeignete Inſeln, welche unter 
dem Namen der Elementen zujammengefaßt 
wurden: Guricta (j. Veglia), die beiden Apſyrtides 
(ij. Eherjo und Diero), Arba (j. Arbe), Jija ii. 
Lifla), Bharos (j. Yefina), Corcyra Nigra (j. ital. 
Eurzola), Melita (j. Meleda) u. a. Sie wurden 
ichon früh teils von Anjelgriehen, jodann um 
380 d. E. von Dionyſios von Syrakus mit Kolo— 
nien bejebt. Seit 250 gehorchten jie dem illyriichen 
Reiche, bis von 150 an die Nömer ſich allmählich 
in ihren Befig jegten. — 2) Das füdliche J., d. h. 
die jüdlidh vom Drilon (j. Drino) belegenen Ge: 
biete bis nach Epeiros herab, im DO. an Mafedo: 
nien grenzend, aljo der größte Teil des heutigen 
Albaniend. Das Sfardosgebirge bildete die 
Grenze gegen Dalmatien, im Oſten lagen die 
2300" hohen Kandaviichen Berge (ij. Lenia und 
Gebirge von Elbafjan). Die Flüſſe Genuſos (i. 
Schkumbii, Apjos (j. Uzumi, n. a. Beratino ), 
A008 (j. Vovuſſa) u. a. floffen alle bis ins Adria: 
tiiche Meer. Das Land war ſehr gebirgig und 
ng zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet, 
doc aber fruchtbar an den Küften. Die bedeu— 
tendften Stämme der Bewohner waren die Tau: 
lantier an der Küfte, die Dajjareten mehr im 
Innern, desgl. die Parthiner. Das jchon jeit 
Philipp II. mit Mafedonien vereinigt geweſene 
Yand fam im Jahre 205 v. E. unter die Herr: 
ichaft der Nömer, nachdem die von riechen an- 
gelegten Küftenftädte Apollonia (j. Bollina) und 
Epidammos (jpäter Dyrrbadion, j. Durazzo) 
ichon jeit 229 v. E. unter ihrer Botmäßigfeit ge: 
ſtanden hatten. Außer bielen find zu merfen: 
Liſſos am linken Ufer des Drilon, j. Alejfio oder 
Lieſch, Aulon (j. Avlona, ital. Balona) dftl. vom 
Aroferaunifchen Vorgebirge, Hafenftadt von Apol: 
lonia, Orikos (Dricum, j. Ericho); im Innern 
Yychnidos (j. Ochrida) an dem nad) ihr benann- 
ten anjehnlichen See Lychnitis. 

Illyrischer Krieg j. Teuta. 

Ilos, "IAog, 1) Sohn des Dardanos und der 
Bateia, der Tochter des Teufros; als er kinderlos 
ftarb, erbte jein Bruder Erichthonios die Herr: 
Ichaft von Dardania. — 2) Sohn des Tros und 
der Ktallirrhod, der Tochter des Stamandros, Entel 
des Erichthonios, Urenfel des Dardanos, Bruder 
des Aſſarakos, Ganymedes und der Kleopatra, 
Vater des Yaomedon. Hom. Il. 20, 231 ff. Als 
er einft in Phrugien in einem Wettlampfe gefiegt 
hatte, gab ihm der dortige König 50 Jünglinge 
und 50 Nungfrauen als Kampfpreis und dazu, 
einem Oralel zufolge, eine jchedige Kuh, mit dem 
Auftrag, wo fich diejelbe niederlege, eine Stadt zu 
gründen. So gründete er auf dem j. g. Hügel 
der phrygiſchen Ate die Stadt Alion. Er bat 
nun Zeus, ihm irgend ein Zeichen zu jchiden, 
und fand am folgenden Tage vor feinem Zelte 
das Palladion. Apollod. 3, 12, 3. Den Tantalos 
und defien Sohn Belops joll er aus Paphlagonien 
vertrieben haben. Sein Grabmal befand ich in 
der Ebene von Jlion, etwa in der Mitte zwiſchen 
dem Schifislager der Achaier und dem Staiijchen 
Thore. Hom. Il. 11, 166. 371. — 3) Sohn des 


x 


Ilva — Imperium. 


Mermeros, Urenfel des Jajon und der Medeia, 
im thejprotiichen Ephyra, von dem Odyſſeus Gift 
zur Bejtreichung feiner Pfeile holen wollte. Er 
aber verweigerte e8 aus Scheu vor den Göttern. 
Hom. Od. 1, 259 ff. 2, 328. 

Ilva, bei den Griechen Aldaln, Alddieım, 
Aldaile, d. h. Rußinſel (fo aud Liv. 37, 153), j. 
Elba, Inſel im Tuſtiſchen Meer, der Stadt Popu— 
lonia gegenüber, zu der fie gehörte, mit reichen 
Eijengruben (Verg. A. 10, 174) und vortrefflichem 
Hafen an der Norbjeite Aoywog Auunv (j. Porto 
Ferrajo), wo jchon Jaſon gelandet fein jollte, 
Apoll. Ithod, 4, 658, Strab. 5. 223 ff. 

Ilvätes, eine ligurijche Völkerſchaft im heutigen 
Montferrat. Im Verein mit den andern galliichen 
Völkerſchaften im cisalpinijchen Gallien empörten 
fie fih, als nad Beendigung des zweiten puni— 
ſchen Krieges die Römer gegen Makedonien ins 
Feld zogen: fie griffen Placentia an, plünderten 
und verbrannten es; Cremona zu nehmen, gelang 
ihnen nicht. Als darauf die übrigen Gallier ſich 
unterwwarfen, waren fie die legten. Liv. 31, 10. 
32, 29. 31. 

Imagines, die aus Wachs gefertigten Ahnen: 
bilder oder Wachsmasken (cerae), welche in dem 
Atrium der vornehmen Nömer in Heinen Schränten 
(armaria) an der Wand hingen (Plin. 35, 2) und 
durch Yaubgewinde dergeftalt verbunden waren, 
daß fie in der Gejamtheit einen Familienſtamm— 
baum bildeten. Darunter angebrachte tituli zeig: 
ten Namen, Würden und Thaten des Verftorbe- 
nen an. Die Wahl des atrium (prima aedium 
pars) für die Schränfe begründet Valerius Mari: 
mus (5, 8, 3) aljo: ut maiorum virtutes posteri 
non solum legerent, sed etiam imitarentur, 
Das ius imaginum beſaßen mur diejenigen, bon 
deren Ahnen einer oder mehrere ein curulijches 
Amt befleidet hatten. Pol. 6, 53. Sen. de ben. 
3,28. Plin. 35, 2, 2. Juv. 8, 1 ff. Bei großen 
Leihenbegängnifjen wurden die imagines voran: 
getragen, indem in das hiftorische Koſtüm geflei- 
dete Perſonen die Wachsmasken vor das Geficht 
nahmen und die Ahnen repräjentierten. Auch die 
imagines der verwandten Familien wurden zu: 
weilen zur Verherrlihung der pompa funebris 
dazu genommen. Abhandlungen von Eichjtädt 
1805 f.) und Drygas (1872). 

Imäos, rö Tuccor ögog, entſtanden aus dem 


indischen Himälaja (d. i. Schneeftätte), bezeichnete | 


571 


Thälern, wie Samothrafe berühmt durch den Dienft 
der Kabeiren und des Hermes. Von einer Stadt 
gi. N. finden fich noch Trümmer (j. Kaſtro). Mil: 
tiades eroberte von der thrakiſchen Cherſoneſos 
aus die Inſel, die, gleich Lemnos, jeitdem im 
dauernden Befige Athens blieb. Hom. Il. 13, 33. 
24, 78, Hdt. 5, 26. 

Immarädos j. Eumolpos. 

Immunitas, aus in und munus, bezeichnet 
1) Steuerfreiheit, wie fie fowohl einzelnen Perjo: 
nen und Ständen (Suet. Oct. 40. Tac. ann. 13, 51) 
als ganzen Gemeinden verliehen wurde, auf Zeit 
bei großen Unglüdsfällen (Tac. ann. 2, 47), aud) 
auf immer (Suet. Claud. 25). — 2) Freiheit von 
Öffentlichen Dienftleiftungen (3. B. Kriegsdienſt, 
Vormundichaft u. a.), welche entweder auf einem 
gejeglichen Entichuldigungsgrund (excusatio) oder 
einem Privilegium beruhte. Bgl. Beneficiarius, 

Imperätor, 1) im w. ©. der Magiftratus, 
welchem durch eine lex curiata de imperio das 
imperium (f. d.) erteilt worden war, vorzugsweiſe 
der Oberfeldherr, jolange er im Felde war. - 
2) im e. ©. ein dem Feldherrn nach einem großen 
Siege von den Soldaten auf dem Schlachtfelde 
gegebener Titel (App. b. ec. 2,44. Caes. b. c. 2, 26), 
welcher wiederholt erworben werden konnte (Tac. 
ann. 1, 9), doc; mit der Rückkehr nad) Rom auf: 
hörte; indeſſen gab er begründeten Anſpruch auf 
die Verleihung eines Triumphes. Dieje Sitte 
wurde jelbjt unter der Kaiferherrichaft zunächſt 
beibehalten, bis endlich Bläjus unter Tiberius die 
Reihe diejer Jmperatoren jchloß (Tae. ann. 3, 74). 
Fortan nahmen die Kaifer jelber, da ihre Feld— 
herren unter ihren Aujpicien kämpften, diefen Titel 
für fih in Anſpruch (Tac. ann. 2, 18. 13, 41). 
— 3) €. Julius Cäſar erhielt vom ‚Senat den 
Titel Imperator in einem höheren Sinne, näm: 
lid Tebenslänglich dauernd und auf die Nach— 
fommenjchaft forterbend. Ebenjo gejchah es mit 
Auguftus, und allmählich wurde imperator gleich— 
bedeutend mit princeps oder Kaifer. Auch die 
Prinzen erhielten durch faiferliche Gnade für Aus- 
zeichnung gegen den Feind den mperatortitel 
(imperatorıum nomen). Taec. ann. 1,3. 58.2, 26. 
— Bur Zeit der Republit wurde der Titel im- 
perator dem Namen nachgejegt, bei den Kaijern 
ftand er voran. 

Imperium heißt die höchſte Gewalt im Staate, 
welche nur diejenigen Beamten bejaßen, denen die— 


bei den Alten, bejonders bei Ptolemaios, nicht | jelbe ausdrücklich durch die lex curiata de imperio 


bloß den weſtlichen Teil des befannten Gebirges 
im N. von Indien, im Unterjchied von den Emödi 
montes (j. d.), fondern auch die j. Mustagh und 
Thianjchan genannten Gebirge, jo daß es ein 
Scythia intra und extra Imaum gab. Strab, 
11, 519. 15, 689. 

Imbräsos, "uße«oog, früher Barthenios, ein 
feiner, auf dem Gebirge Ampelos entipringender 
Fluß der Inſel Samos, die nad) ihm früher auch 
den Namen führte. Er floh an dem Heiligtum der 
Hera bei der Stadt Samos vorüber; Hera jollte 


an ihm geboren fein, daher Jmbraiia genannt über Leben und Tod der Bürger; wurde dann 


(Apoll Khod. 1, 187). Auch für Artemis findet 
fi diefer Beiname (Callim. h. in Dian. 228). 
Imbros, "/ußeos, j. Imvros, griechiiche Inſel 
im SD. von Samothrafe, weſtlich von der thra- 
fiichen Cherſoneſos, voll hoher Berge (maıma- 
k0200«) und Wälder, doc auch mit fruchtbaren 





verliehen war, d. h. in königlicher Zeit der rex, 
in republifanifcher die consules, der dietator, die 
praetores,. Gie ift verichieden von der potestas, 
derjenigen Amtsgewalt, die nicht bloß den ge: 
nannten magistratus cum imperio, jondern auch 
den andern Magiftraten zukam. Das imperium 
fonnte über die Dauer der Amtszeit prorogiert 
werden (proconsules, propraetores), aud ward 
es bisweilen in aufergewöhnlicher Weije Privaten 
verlichen. Es war in jeinem Urjprunge das höchſte 
Befehlsrecht im Krieg und Frieden, mit dem Rechte 


aber in republifanijcher Zeit in mannigfacher Weije 
beichränft. Als Ausfluß desjelben ericheinen noch 
am Ende der Republik: a) die Vorfteherichaft des 
Bern Militärwejens nebjt dem Recht über 

eben und Tod des Soldaten, doch nur im Kriege; 
b) die Eiviljurisdiftion mit dem Necht, Ungehor: 


572 


jame durch Multen oder Gefängnis zu trafen. | 
Das imperium der Konſuln war gegenüber dem 
der Prätoren ein maius imperium, das der Prä- 
toren gegenüber dem der Konjuln ein minus. 
Das imperium der Statthalter in den Provinzen 
war durch die Grenzen der Provinz bejchränft 
(finitum); das imperium aber, weldies 3. 
Pompejus im Seeräuberfriege erhielt, hieß, weil 
es nicht auf eine einzelne Provinz beſchränkt war, 
infinitum. Auch das imperium der Statthalter 
fonnte prorogiert werden, bis die lex Julia de 
provineiis (j. d.) im J. 46 v. E. dies für die 
prätoriichen Provinzen verbot, für die konſulari— 
ichen auf 2 Nahre bejchränfte. 

Inächos, "Irazog, 1) der ältefte König von Ar- 
nos, eigentlich der Gott des gleichnamigen Fluffes, 
ein Sohn des Okeanos und der Tethys, der die 
Argiver nach der deufalioniichen Flut von den 
Bergen in die Ebene geführt und dieje wohnlich 
gemacht haben fjollte, indem er die Gewäſſer der: 
jelben in den nad ihm benannten Fluß zuſam— 
menleitete. Als Poſeidon und Hera über den 
Beſitz von Argos ftritten, entichied er zu Gunſten 
der Hera und opferte ihr. Er galt für einen Ur: 
einwohner des Yandes, ward aber von der jpä- 
teren Sage für einen eingewanderten Agypter 
erklärt. Er erzeugte mit einer meliichen Nymphe 
oder mit jeiner Schwefter Argeia den Phoroneus, 
Migialeus, die Jo und den Argos Panoptes. 
Apollod. 2, 1, 1. 3. 4. — 2) der bedeutendite 
Fluß der peloponnefiichen Landichaft Argolis, j. 
Panitza, entipringt auf dem Berge Lyrkeion an der 
Grenze Arkadiens, nimmt lints den Kephijos 
und rechts den unter den Mauern von Argos vor: 
beifließenden Charadros (j. Xerias) auf und 
fällt dann in die nördlichſte Spitze des Argolifchen 
Meerbujens; oft freilich verſumpft er, bevor er 
das Meer erreicht. — 3) rechter Nebenfluß des 
Acheloos, der im nördlichen Teile des Pindos ent- 
ipringt und bei jeiner Bereinigung mit dem Ache— 
loos denjelben an Größe übertrifft. — 4) rechter 
Nebenfluß des unteren Spercheios, j. Viftrika. 

Inarime j. Aenaria. 

Inäros ſ. Artaxerxes, 1. 

Incendium, abfichtlihe Brandftiftung, wurde 
in den XII Tafeln mit harter, uns unbelfannter 
Strafe bedroht. Die lex Cornelia de sicariis 
jubjumierte diejes Verbrechen unter das Verbrechen 
des Mordes, die lex Pompeia de vi und lex 
Julia de vi aud unter das Verbrechen der Ge: 
waltthat. Die Strafe war aquae et ignis inter- 
dietio (ſ. Exsilium). 

Incensus. Wer ji dem Cenjus entzog, wurde 
als ein des Bürgerrechts Unwürdiger in die Sfla- 
verei verfauft (Cie. Caec. 34), vor alters vielleicht 
jogar mit dem Tode bejtraft. Ziv. 1, 44. 

Incestus, incestum, von in und castus, be: 
zeichnet I) in religidfer Hinficht Unkeuſchheit 
der Zejtalinnen, j. Hestia, 4. und Entweihung 
des Heiligtums durch andere Perjonen, wie 3. B. 
Clodius angeflagt wurde, j. Claudii, 20.; — 
2) verbotene Verbindung zwiſchen Blutsverwandten 
oder Blutjchande, 3. B. zwiſchen Gejchwijtern u. ſ. w. 

Incubatio j. Divinatio, 4. 6. 

Index hieß in Nom derjenige, welcher Die 
Thäter eines Verbrechens oder die zu einem beab- 
fichtigten Verbrechen Verſchworenen bei der Obrig: 
feit anzeigte. Eine jolde Anzeige hieß in Grie— 


Inachos — India. 


chenland urjrvars; die Behandlung derjelben war 
im wejentlichen überall gleih. Ste war nur bei 
großen Verbrechen gegen den Staat und das all- 
emeine Beſte zuläjlig, 3. B. Branditiftung, Ber: 
hwörung, Verrat u. ſ. w. In den Zeiten der 
Republik machten bloß gemeine Perjonen, nament: 


B. lich SHaven, ſolche Anzeigen und empfingen dafür 


vom Senat und vom Vollke Belohnungen zuer- 
fannt, wie Geld, das Bürgerrecht oder die Frei— 
heit. Zahlreiche Beijpiele hat Livius (2, 5. 4, 46. 
61. 8, 15. 18. 26, 14). Bol. Cie. Sull. 18. Cat. 
3,4. In der Saiferzeit wurde den wegen Ma- 
jeftätsverbredhen Angeklagten die Strafe erlaffen, 
wenn fie fich bereit erflärten, Anzeige zu machen 
(Tac. ann. 6, 7. 15, 71); es jcheinen die indices 
großen Einfluß gehabt zu haben (daf. 6, 9). 
India, ’Irdie, 7 ’Ivdınn, nannten die Alten 
nad dem Grenzfluß Indos die große Länder- 
maſſe, welche gegen N. an Scythia extra Imaum, 
Serica und das Land der Sinae, gegen D. an 
legtere und den Oſtlichen Ocean, gegen ©. an 
den Indiſchen Deean, gegen W. (durch den 
Indos gejchieden) an Gedrojien, Arachoſien und 
das Land der Parapanijaden grenzte. Über die 
Größe herrichten ſehr verichiedene, zum Teil ftarf 
übertriebene PVorftellungen ("/, der ganzen Erb- 
oberfläche). Ptolemaios, der an einen Zuſammen— 
hang der Oftlüfte mit Afrila denkt, ſcheidet das 
Ganze in India intra und extra Gangem (7 
dvrög und Eurös Tayyov ’Irdınn). Von Gebirgen 
find folgende anzuführen: in India extra Gangem 
das Semanthiniſche an der Oſtgrenze, der 
Maiandros links, ber ch I recht3 von 
dem mittleren Brahmaputra; in India intra G. 
der Urentos (indisch Riravanta) weſtlich vom 
unteren Ganges, der Vindios (j. Vindhya), der 
Bettigo (wahricheinlich j. die Ghats). Bon den 
Flüffen münden in den sinus magnus (j. Bujen 
von Siam) der Doanas (j. Mehlong) und So— 
banas (j. Menam), in den sinus Gangeticus ij. 
Bujen von Bengalen) der Beſynges (j. Saluen) 
und Temalas (j. Irawadi). Das Tiefland von 
India intra Gangem wird durch die Stromgebiete 
des Ganges (indifch Femin. ag und des Indos 
(indisch Sindhu) gebildet. In den erfteren, ver: 
meintlich den größten Strom der Erde, mündet 
rechts Diamuna oder Jomanes (j. Dihamna), 
lints Didanes oder Dyardanes (j. Brahmaputra). 
— In dem jüdlichen Tafelland (j. Dekhan) fliehen 
nah D. Manädas (j. Mahanadi), Maijolos 
(j. Godavari), Tynna (j. Krifchna) und Cha: 
beros (j. Kaveri), nah W. Namädas (j. War: 
bada oder Nerbuda). Über die Nebenjlüfje des 
Indos ſ. d.; die Ebene an den 5 öftlichen heißt 
jebt das Pendſchab, d. i. Fünfftromland. — Die 
Bewohner von Borderindien, die Inder, "Indod, 
Indi, welche fich ſelbſt Arja (die Edlen) nannten, 
treten erſt ziemlich jpät in Berührung mit den 
weltlichen Kulturvölkern und damit in das Licht 
der Geichichte. Sie find etwa 2000 v. E. aus 
dem Quellgebiet des Oxos und Jarartes, wo fie 
mit den Jraniern zujammengelebt hatten, in das 
„Siebenftromland“, d. h. die Thäler des Indos 
und jeiner 6 Nebenflüffe, eingewandert und haben 
dann im Kampf mit einer älteren, dunfelfarbigen 
Bevöllerung das Gangesthal und die eigentliche 
Halbinjel erobert. Aus der älteften Zeit ſtammen 
die Opferlieder der Vedas; auf die Jahrhunderte 


Indigetes — Indulgentia. 


des Kampfes weift das große Heldengedicht Ma: 
habharata zurüd. Später erjtarrte die Natur: 
religion zu den Satzungen des Brahmanismus 
mit der drüdenden Stajtenordnung, der ftrengen 
Aiteje * den phantaſtiſchen Spekulationen. Um | 
590 dv. 
mildere gr“ des Buddhismus, melde mit 
ihrer Predigt von Mäßigung und Mitleid als 
dem Weg zur Erlöjung aus dem Sammer der 
Welt a Eingang fand, aber etwa 700 n. E. 
durch den neu erftarften Brahmanismus wieder 
verdrängt wurde. Die vielbewunderten Tempel, 
der Inder, und zwar die Freibauten (Bagoden) 
wie die Grottenanlagen (von Ellora, Karli, Cal: 
jette), find meiftens auch erft in nachehriftlicher Zeit 


entſtanden. — Um 950 v. C. bezog Salomo in= u. ö. "Indica (B.). 


diiche Produkte durch phoinifiiche Seefahrer aus 
Ophir (wohl nicht in WBorderindien, jondern in 
Südarabien). Die aſſyriſchen Kriegszüge haben 
den Indos nicht erreicht. Kyros erſt unterwarf 
die Affatener und Gandarer nördlich und ſüdlich 
vom Kophen (j. Kabul); Dareios 1. machte 515 


ftiftete der Fürftenjohn Gautama die ſtart überjchägte, wurde bejudht. 


573 


Theophila auf der Halbinjel Syraſtrene (dieje 
j. Öugzerat), Barygäza (ij. Barotſch an der Mün— 
dung des Namadas, und Muziris (j. wohl Mans 
galore) jüdlih davon. Die Inſel Taprobane 
oder Salike, j. Ceylon, deren Größe man freilid) 
Am Oberlauf 
‚des Indos lernte man die Derdai (j. Dardu) 
als das goldfammelnde Volk Herodots, in Kajchmir 
die Kajpeirer fennen. Die Halbinjel Malakka 
nannte man „die goldene Eherjonejos“. Die 
Bewohner von Bengalen hiepen die Gangariden 
mit der Hauptitadt Gange und dem Hafen Tama— 
lites (j. Kalkutta). — Hdt. 3, 94. 98 ff. 4, 40. 
44. 7,655. Strab. 15, 685 ff. Mel. 3, 7,2. Plin. 
6, 17, 21 ff. Ptol. 7, 1.2. Arr. An.b,6, 2. 7,20, 2 
Kal. Laffen, indiſche Aitertund: 
funde (4 Bdd. 2. Aufl. 1867 ff.). Dunder, Seid. 
des Altertums, 3. Bd. (5. Aufl. 1879). Leimann, 
Geſch. des alten Indiens (1879 ff.). 

Indigetes j. Consentes Dii und Daimon. 

Indigitamenta j. Pontificii libri. 

Indos, ’Ivöös, Indus, indiſch Sindhu, d. h. 


aus dem Lande rechts vom Indos jeine zwanzigjte | Strom, der große Fluß, welcher die Weftgrenze 


Satrapie mit der Stadt Kaſpatyros (j. wohl Kabul) 
und ließ durch Skylar den Fluß bis zur Mün— 
dung befahren. Als Alerander im Frühling 
326 den Indos überjchritt, traf er dort eine Reihe 
bon Fürftentüimern und Republifen: in dem Hoch: | 
thal von Kaſchmir das Reich des Abijares (Abhi- 
jara), zwijchen Indos und Hydaſpes das des Tari- 
les (Takichafila), zwiichen Hydaſpes und Aleſines 
das des Poros (Paurava); dann öftlih vom 
Hyarotes die Kathaier (Khattia), an jeiner Mün— 
dung die Maller (Malava); am Unterlauf des 
Indos wieder verichiedene Heine Reiche, jo das 
des Mujifanos (Muicdika), Wlerander bildete 
aus dem Fünfitromland die obere, aus dem Süden 
die untere indische Satrapie und erbaute zur Siche: 
rung feiner Herrichaft auf den Schlachtfeldern am 
Hydaſpes die Städte Bulfephala und Nifaia, dem | 
Indos entlang mehrere Städte jeines Namens, 
im Delta den Handelsplat Rattala. Zwar mußte 
Seleufos |. um 305 v. E. dieſes geſamte Gebiet ab: 
treten an König Sandrafottos (Tichandragupta), 
der das alte Reich von Magadha am mittleren 
Ganges erobert und das große, ganz Nordindien 
umfafjende Neid; der Prafier (IIp«owı, richtiger 
Igd£ıor, indiſch Pratichija, d. h. die Dftlichen) mit 
der Hauptjtadt TIediBode« (indiih Pataliputra, 
j. Trümmer bei Patna) gejtiftet hatte. Da aber 
dasjelbe jchon nach dem Eh jeines Enkels Aſoka 
(263— 226) wieder zerfiel, ſo kam das Indosland 
an das griechiſch-baktriſche, dann an das griechiſch— 
indiiche Reich; im 1. Jahrh. n. E. ftand es unter 
den parthijchen Königen, jeit 78 n. E. unter einer 
ſtythiſchen oder ſaliſchen Dynaſtie. — So war 
Indien, bei Herodot und Kteſias noch ganz das 
Land der Wunder und Märchen, jeit Alerander 
den Abendländern aufgeichlojien. Am Hof des 
Sandrafottos und jeiner Nachfolger verweilten 
Gejandte der Seleufiden und Ptolemaier, nament: 
li Megafthenes, auf deſſen An = ſich Strabon 

t. Noch beiier find dann Meta. Plinius und 

Verfaſſer des Periplus maris Erythraei unter: 
richtet, aus deren Schriften Ptolemaios und Arrian | ( 
ſchöpften. In der römiſchen Kaiferzeit,beftand ein 
regelmäßiger Handelsverfehr zwijchen Ägypten und 
der Weftlüfte Indiens, bejonders den Städten 











von India intra Gangem gegen Gedrofia, Ara— 
choſia und den Parapanijos bildet. Er entipringt 
nad) den Alten am Südabhang des indiichen Kau— 
fajos oder des Parapanijos (in Wirflichfeit auf 
der Nordjeite des Jmaos), nimmt eine Menge be: 
deutender Flüffe (nach Arrian und Strabon 15, 
nach Plinius 19) auf und teilt fich 20 Meilen 
vor jeiner Mündung in den Indiſchen Ocean in 
2 Arme, welde ein Delta, die Inſel Pattalene, 
bilden (Arr.5,4,1.6,18,2.20,1. Strab. 15, 688 ff. 


‚696 ff.). Der weitliche Ausjluß hatte 3 Mündungen: 


ro Zayana oröue (j. Pittyfluß); zo Zivrdwr or. 
(j. Darrawayjluj), zo Novsoov or. (j. Nitjchel: 
Huß); der Öftlihe 4: rö Kagıyor or. (j. Fittyfluß), 
to Zinaga or., ro Zdßale or. und ro Awrı- 
en or. (jeßige Namen unbelannt). Der Ake— 
ines, welcher den Hydaſpes, Hydraotes, Hyphaſis 
und Zadadros (3. d.) in dem Pendjchab (d. h. Füuf— 
itromland) in jich aufnimmt, ift der bedeutendite 
Nebenflug von links, wie der Kophen, j. Kabul, 
von rechts. Arrian (5, 20, 9. 6, 14, 5) giebt dem 
Indos an verjchiedenen Orten eine Breite von 15, 
40 oder 100 Stadien. Sein Wafjer war bejon: 
ders falt und meerfarbig. Curt. 8,9, 4. Alegander 
und jeine Begleiter meinten jeltjamerweife, in den 
Duellen des Aleſines die Nilquellen entdedt zu 
ee nahmen aljo eine Berbindung zwiichen dem 
til und dem Indos au. Arr. 6, 1, 2. 
Indulgentia, Begnadigung eines Schuldigen, 
ift möglich 1) vor der Strafientenz, 2) nach ges 
fälltem Urteil vor der Volljtredung, 3) nach be: 
gonnener Strafe. In der republifaniichen Zeit 
war eine eigentliche Begnadigung vor oder nad) 
der Sentenz unmöglich, und nur Aufſchub konnte 
eintreten, z. B. durch Interceſſion oder Flucht zu 
einem Aſyl. Wohl aber konnte vor angeſtellter 
Anklage Senat und Voll bejchliefen, das Ver: 
brechen aus Staatsrüdfichten ununterjucht zu lajjen 
(j. g. Ammejtie). Liv. 3, 54. 7, 41. Nad ein: 
getretener Eriljtrafe fonnte Begnadigung, in ın- 
tegrum restitutio, durch Volksbeſchluß erfolgen 
(j. Restitutio). In der Kaiſer rzeit war Be- 
gnadigung, Niederichlagung und Straferlaß in 
den Stadien des * und nach demſelben 
etwas Häufiges, z. B. bei feierlichen Gelegenheiten, 


514 


* Geburtstag oder Regierungsantritt des Kaiſers 
u. ſ. w. 

Infamia j. Ignominia. 

Infelix arbor, ein Unglüdsbaum, den unter: 
irdiichen Göttern geweiht, im egenjaß der ar- 
bores felices, Die arbor infelix diente, um die 
Strafe des Aufhängens und Kreuzigens zu voll: 
itreden. 

Inferum mare hieh bei den Römern das 
Tyrrheniſche Meer längs der ganzen Weſtküſte 
Italiens von Ligurien bis Sicilien, im Gegen: 
ja zu dem superum mare, dem Adriatiſchen 
Meere. Mel. 2, 4,1. 

lufüla, oriuue, eine Kopfbededung von weißer, 
jeltener von rotgefärbter Wolle, bald als breite 
Binde diademartig um den Kopf gelegt, bald wie 
ein Turban um das Haupt gewunden, mit an 
beiden Seiten herabhängenden Bändern (Serv. ad 
Verg. A. 10, 538), Zeichen der Umverleglichfeit 
und bejonders Attribut der aa ng Würde 
(Cie. Verr. 4, 50), daher auch von den Beftalinnen, 
jpäter auch von den Kaifern und höchiten Be- 
amten (sacrosancti) getragen. Die religiöfe Grund— 
bedeutung zeigt fich auch darin, daß Schupflehende 
fie trugen (Caes. b. c. 2, 13), Opfertiere damit 
geihmüdt, jelbft lebloſe Gegenftände an heiligen 
Orten damit befleidet wurden. 

Ingaevönes oder vielleicht richtiger Ingvaeones 
ift der Name des dritten germanifchen Haupt: 
jtammes, den Tacitus (Ferm. 2) auf einen Sohn 
des Mannus, des Sohnes Tuiſcos, zurüdführt. 
Es find wohl die germanischen Völlker des altmieder- 
deutjchen, bejonders altfriefiichen und altſächſiſchen 
Dialelts zwiſchen Nhein und Oder längs der 
Küſte. Yu ihnen gehörten die Frieſen, Chaufen, 
Amfivarier, Brufterer, Angrivarier (Engern), Saro: 
nen, Angeln, Suardonen, Tentonen. 

Iniuria, Ehrenkränkung und perjönliche Be: 
feidigung überhaupt. Schon in den XII Tafeln 
waren 2 Arten von Ehrenverlegungen verboten, 
Spottgedichte und Pasquille (famosa oder mala 
carmina), welde mit der Todesitrafe bedroht 
waren (Cie. tuse. 4, 2. Hor. sat. 1, 3, 60 ff.), und 
Ktörperverlegungen, welche mit Geld oder in der 
Urzeit mit talio gebüßt wurden. Alle andern 
Beleidigungen unterlagen einer Gelditrafe von 
25 Alles. Das prätoriiche Edikt gejtaltete dieje 
Beitimmungen förmlich um und führte für alle 
Injurien die actio iniuriarum ein, mach welcher 
der Verlegte eine, nach Necht und Billigfeit vom 
Richter zu beftimmende, Geldentjchädigung empfing. 
Als Iniurien wurden betrachtet a) körperliche Miß— 
handlung aller Art, b) Störung im Hausrecht und 
im Befit überhaupt (Cie. Caee. 12) (iniuriae atro- 
ces), ec) Ehrenverlegung durch Schimpfen, Pas— 
quille, Berleumdung u. f. w. Gegen die beiden 
erfteren ſchritt Sulla durch jeine lex Cornelia de 
iniuriis mit Kriminalftrafen ein. In der Kaiſer— 
zeit fonnte man bei allen Injurien entweder eine 
Kriminal- oder Eivilflage anjtellen. 

Ino Leukothen j. Athamas. 

Inscriptiönes ſ. Urkunden. 

nn triumphalia j. Dona milita- 
ria, 3. 

Institor, römijcher Kleinhändler. Solche han- 
delten entweder als Faktors oder Agenten größerer 
Kaufleute oder aucd für eigene Rechnung, ſowohl 
in offenen Tabernen (Juven. 8, 221) als herum: 


Infamia — 


Intercessio. 


ziehend, wie unjere Hauſierer. Das Gejchäft war 
ein verachtetes, weshalb nur Freigelaſſene nnd 
geringe Leute es betrieben. Hor.od.3, 6,30 (dede- 
corum pretiosus emtor). Doc war e3 einträg- 
lih und verichaffte Anjehen, wie das Beijpiel des 
C. Terentius Varro zeigt (Liv. 22, 25). 

Iustrumentum umfaßt das zu einem Haufe 
oder zur Betreibung eines Gejchäftes notwendige 
Inventar. So 3. NY enthält das instrum. eines 
Landgutes alle öfonomijchen Gerätichaften, Skla— 
ven und Vieh. Im weiteren Sinne begreift in- 
strum, aud) die ganze supellex. 

Insübres, "Ivoovßgss, "Ivcovßgor, nächſt den 
Bojern der mächtigite und zahlreichſte Keltenjtamm 
in Italien, im transpadaniſchen Gallien, zwijchen 
dem Fluſſe Tieinus und dem Yacus Yarius, mit 
der Hauptjtadt Mediolanium (j. d.). Im Jahre 
222 v. C. wurden fie von den Römern befiegt 
und nahmen bald römische Sprache und Sitte an. 
Liv. 5, 34. 38. 30, 1. 


Insüla hieß ein ijoliert jtehendes Haus oder 
ein Kompler mehrerer Häuſer, um welche rings 
herum eine Straße führte. Oft verfteht man unter 
ınsula ein großes, einzeln ftehendes, zu mehreren 
Mietsmohnungen benußtes Haus, deren es in Nom 
etwa 46 000 gab (im Gegenjaß zu den domus, Herr: 
ichaftshäujern, deren Zahl in Rom 1790 betrug), 
ja jogar die einzelne Mietswohnung jelbit. Der 
Sklave, welder von dem Herrn des Haufes die 
Aufficht über das Haus, die Vermietung und Ein: 
kaſſierung des Mietzinjes erhalten hatte, hieß in- 
sularius, 

Intemelii j. Liguria. 

Interamna, 1) Stadt im jüdlichen Umbrien 
am Fluſſe Nar (daher die Bewohner Interamnates 
Nahartes) und von einem aus demjelben abgelei: 
teten Kanal umfloſſen. Sie lag an der Flamini— 
ſchen Strafe und war der Geburtsort der Kaijer 
Tacitus und Florianus. Cie. Mil. 17. Tac. hist. 
2, 64. 3, 63. ann. 1,79. J. Terni. — 2) Stadt 
der Boljfer in Latium mit dem Beinamen Yire- 
nas, oberhalb der Mündung des Eafinus in den Liris, 
römische Kolonie, die aber bald verfiel; j. Ruinen 
Termini. Liv. 9, 28. 10, 36. 27, 9. 29, 15. Strab. 
b, 237, 

Intercaläris j. Jahr, II. 

Intercessio, 1) Bürgichaft oder Verſprechen, 
für die Schuld eines andern haften zu wollen, 
welche Verpflichtung durch sponsio, fidepromissio 
und fideiussio bewirkt wurde. Die lex Cornelia 
machte gejegliche Beichränfungen der Bürgichaft. 
rauen durften in der Naijerzeit — nicht Bürgen 
ſein. — 2) Einjchreiten eines Magiſtratus gegen 
feine Kollegen oder unter ihm ftehende Beamte 
und der Bolfstribunen gegen alle. Gell. 14, 7. 
Cie, legg. 3,3. Das Necht dazu folgte aus der 
par oder maior potestas, bei den Tribunen aus 
ihrem ins auxiliı in Verbindung mit ihrer Un: 
verleglichfeit. Tac. ann. 1, 13. Selten find die 
Beijpiele von Anterceifion eines Konjuls gegen 
den andern, eines Prätord gegen einen andern 
Prätor (par potestas), wie aud die Interceſſion 
des Konſuls gegen den Prätor (fraft der maior 
potestas). Häufig dagegen find Interceſſionen der 
Iribimen, ſowohl untereinander, als auch gegen 
Konfuln und Prätoren in Bezug magiftratijcher 
Handlungen derjelben, insbejondere gegen progejiuas 


Intereidona — Ion. 


liſche Edikte, gegen Senatusconjulta und gegen 
Rogationen. 

Iutereidöna j. Deverra. 

Intereisi dies j. Dies, 3. 

Interdietum, ein Zwiſchenſpruch des Magi: 
ſtrats zwijchen 2 Barteien, worin ein Befehl ent: 
halten ift, welcher irgend ein faktiiches Verhältnis 
ihügen jol. Wenn die Partei, an welche der 
Befehl erging, nicht gehorchte, jo fam es zum 
Prozeh, Kr welden eine formel nad dem ge: 
gebenen interdietum gebildet wurde. Der Richter 
unterjuchte die Sache und entichied wie in jedem 
andern Prozeſſe. Die Interdikte waren gebietend 
(restitutoria und exhibitoria) oder verbietend 
(prohibitoria) und bezogen jich jowohl auf res 
divini iuris als auf 2 die dem öffentlichen 
Gebrauch dienten, z. B. agri publiei, Waſſer— 
leitungen und dergl., und auf Privatjadhen. Am 
wichtigjten waren die den Beſitz betreffenden In— 
terdifte: a) retinendae possessionis, um 
den Bejig, in dem fich jemand befand, vor Stö— 
rung zu bewahren; b) recuperandae poss., 
um den verlorenen Befit wieder zu erhalten, 3. ®. 
interd. de vi; c) adıpiscondae poss., um 
den Bejit zu erwerben. Cie. Caee. 13. 

Internum mare oder Intestinum m. (n foo, 
ivrög Bdlassn, Mde 1) Bdiuse« Hat. 1, 185. 
4, 39 u. d.), aud) wohl mare nostrum (N Nus- 
Tepe, rap’ Nuiv, nad” Nuäg Oalasoe), war der 
allgemeine Name des den Alten vollftändig be- 
fannten Mittelmeeres, im Gegenſatz zu dem aufer: 


halb der Säulen des Hercules flutenden Dccan. ; 


Der Name mediterraneum mare fommt zuerft 
bei Solinus (22, 18), aljo im 3. Jahrh. n. E., 
vor, findet aber viel jpäter feine Verbreitung. 
Iuterpres, Mittelsperion, 3. B. bei Kauf ſ. 
v. a. Mäfler, bei Geſprächen von Menichen ver: 
ichiedener Abkunft j. dv. a. Dolmeticher (ſolche 
begleiteten den Statthalter in die Provinz und 
wurden im Senat bei vorfommenden Klagen zu: 
gezogen, Cie. div. 2, 64), bei Beitechungen Unter: 
händler. Cie. Verr. 1, 12. 3, 37. Auch hießen 
interpretes die Erflärer und Deuter überhaupt, 
z. B. auspiciorum (nämlich die Augurn). 
Interrex (Zwiichentönig) hie der Magiftrat, 
welcher nad des Königs Tode bis zur Neuwahl 
die Stelle des rex verjah. Die Stelle befleideten 
die Senatoren nad) einer durch das Los gebilde- 
ten Reihenfolge. Liv. 1, 17. Cie. r. p. 2, 12. Der 
interrex hielt allemal die Wahlcomitien (daj. 17). 
Auch in der republifaniichen Zeit gab es Anter: 
regen dann, wenn beide Konjuln geitorben waren 
oder abgedanft hatten. In diefen Fällen wählte 
der Senat einen interrex zur Abhaltung der 
BWahlcomitien auf 5 Tage (Liv. 6, 41. 5, 31), 
Wenn dieje Zeit, wie gewöhnlich, nicht ausreichte, 
jo ernannte der Abtretende einen Nachfolger u. ſ. w., 
jo daß die Zahl der interreges wohl auf 14 ftieg 
(Liv. 8, 23), bevor die Wahl der neuen Konſuln 
beichafft werden konnte. In der Kaiſerzeit war 
an diejes Amt nicht mehr zu denken, 
Interrogatio, 1) Beiragen der Zeugen, j. 
Testis. — 2) Befragen des Bellagten durch den 
Kläger in Anmwejenheit des Prätors. Wenn der 
Bellagte in der Autwort das Recht des Klägers 
einräumte und Genugthuung gab, jo fam es nicht 
zum Prozeß; wenn er aber leugnete, jo wurde 


prozeß war int. ein bejonderer Alt, che es zur 
Aufnahme eines Protokolls (inscriptio) fam, in: 
dem der Ankläger Fragen an den Angeflagten in 
betreff der Anflage richtete. Liv. 45, 37. Tac. 
ann. 14, 46. 16, 21. Cic. Verr. 1, 5. 3, 95. 

Intestabilis bezeichnete eine bejondere, mildere 
Art der infamia, indem der intestabilis zur 
Strafe das Recht verlor, ein Zeugnis abzulegen 
oder andere ald Zeugen zuzuziehen, jo daß er 
nicht einmal ein Tejtament machen durfte. Schol. 
ad Hor.sat. 2, 3, 181. Pasquillanten wurden den 
XI Tafeln zufolge jo beftraft. Im weiteren Sinne 
hieß intestabilis ein ehrlofer, verächtlicher Menſch 
Sall, Jug. 67. Tac. ann. 15, 55), und gewöhnlid) 

echt improbus daneben. 

Intibili, Stadt unweit Jliturgis in Hiſpania 
Bätica. Hier fchlugen die Scipionen die Nar- 
thager, welche die Stadt belagerten, 215 v. €. 
Liv. 23, 49. 

Io, ’/o, Tochter des argiviichen Königs Inachos 
(oder des Jaſos oder des Argos u. j. mw.), Die 
ihöne Wriefterin der Hera zu Argos. Wegen 
ihres Liebesverhältnifies zu Zeus wurde fie don 
der eiferfüchtigen Hera im eine Kuh verwandelt 
und von Argos Panoptes (j. d.) bewacht. Hermes 
erichlug den Argos im Auftrage des Zeus, aber 
Hera machte die Kuh rajend und lieh fie durch 
eine Bremſe verfolgen, jo daß fie auf der ganzen 
Erde umberjchweifte, bis jie endlich in Agypten 
ihre menjchliche Geſtalt wieder erhielt und von 
Zeus den Epaphos gebar, der König von Agypten 
wurde und Memphis erbaute. Apollod. 2, 1,3. 
Or. met. 1, 5835. Boy des Epaphos Tochter 
Libya ftammte Belos, von diefem Danaos und 
Aigyptos. Daß Jo mit der ägyptiſchen Göttin 
Iſis identifiziert wurde, hatte ſeinen Grund darin, 
daß beide mit Kuhhörnern dargeſtellt wurden. 
Aesch. Prom. 562 ff. — Jo (von live) bedeutet 
die Wandlerin, die am Himmel himvandelnde 
Mondgöttin, welche von dem mit 1000 Augen 
bejäeten Argos Panoptes, d. h. dem Sternenhimmel, 
gleichſam bewacht wird; die Sage verjeßte aber 
ihre Irrfahrten vom Simmel auf die Erde. Die 
Kuh mit ihren Hörnern ift ein Symbol des Halb: 
mondes. Nach anderer Deutung ift Jo (für Jım, 
vgl. Sıorn) vielmehr die Erdgöttün. 

lobätes j. Bellerophontes. 

lokaste j. Oidipus. 

Ioläos ſ. Herakles, 7. 

Iöle j. Herakles, 11. 12. 

Tölkos, ’IoAxös, Stadt in der theffaliichen Land: 
ſchaft Magnefia, auf einer Anhöhe an der immer: 
ften öftlihen Bucht des Pagaſaiiſchen Meerbujens, 
gegründet von Kretheus, berühmt durch Najon (der 
bier geboren fein jollte) und die Argonanten, die 
eine Sage von hier abjegeln läßt. Später verfiel 
J., da die Bewohner zur Bevölferung des nur 
7 Stadien entfernten Demetrias herbeigezogen 
wurden, während der Name bejonders zur Be- 
zeihnung der Bucht (Bolo), oberhalb deren die 
alte Stadt gejtanden, noch im Gebraud) blich. 
Iiv. 44, 12. 13. Hom. Il. 3, 712. Od. 11, 256. 

Ion, "o», 1) j. Xuthos. — 2) Ion von 
Chios, Zeitgenofje des Perifles, geftorben 422 
v. C. in Athen, „ein beweglicher und weltfundiger 
Jonier“, verfaßte außer profaifchen Schriften (4. B. 
Eriönuder, d. h. Erinnerungen von feinem Aufent: 


die Sache näher unterjucht. — 3) Im Kriminal: | halte in Athen, Sparta u.a. Städten, und Xlovariaıg) 


576 Ionia — 
Elegien, Dithyramben, Komödien und namentlicd) 
Tragddien, die ſich mehr durdy Korrektheit und 
Glätte als durch Originalität und Genialität aus: 
— Nur ſpärliche Bruchſtücke ſind erhalten. 
onographien von Nieberding 1836) und Köpfe 
(1836 1; Sammlung der Fragmente bei Nauck, 
trag. Graec. fragm. p. 732 ff. d. 2. Aufl. 
lönla, "/ord«, kleinaſiatiſche Landſchaft an der 
Meeresfüfte zwijchen Wiolis und Karien (von Pho— 
faia und dem Hermos an bis hinab unterhalb 
Milets). Als die Jonier nach der Einwanderung 
der Dorier in den Peloponnes von den Achaiern 
aus ihren Wohnfigen an der Nordfitjte vertrieben 
wurden, wendeten fie jich nach Attifa und manchen 
Inſeln; und ums J. 1044 v. E. (nach neuerer 
Berechnung etwa 100 Jahre jpäter) führten die 
beiden Söhne des Nodros, Neleus und Androflos, 
zahlreiche Scharen Jonier an die lydiſche Küſte, 
in eine der reizenditen Gegenden der ganzen Erde. 
Hat. ı, 142. Eier bildete fih nun ein Bund von 
12 Städten, nach dem Hauptvolfe der Joniſche 
genannt. Die Namen diejer (bei den einzelnen 
Artikeln näher betradhteten) Städte find: Pho— 
faia, Ervthrai, Klazomenai, Teos, Le: 
bedos, Kolophon, Ephejos (in Lydien), Mi- 
letos, Myüs, PBriene (in Karien) — Dieje 10 
lagen auf dem Feitlande —, Samos und Chios 
auf den Juſeln diejes Namens. Bald jchloß jich 
ihnen nod) das urjprünglich atoliihe Smyrna 
an. Durd Handel und politiiche Freiheit erhoben 
ſich die einzelnen Teile des Bundes (defien ge: 
meinfame Angelegenheiten in dem IIavınrıor, 
einem heiligen Haine am nördlichen Abhange des 
BVorgebirges Minfale in der Nähe von Priene, be- 
iprochen wurden) auf eine hohe Stufe der Kultur 
und Macht, jo daß fie als die Wiege der ganzen 
griechiichen Kunft und Wiljenjchaft zu betrachten 
jind. Unter Kroifos wurden ſämtliche ioniſche 
Städte auf dem Feftlande der lydiſchen Herrſchaft 
unterworfen und famen nad dem Falle des Indi- 
ichen Reichs 546 v. E. unter die perſiſche Herr— 
ſchaft, bald auch Chios und Samos. Dieſe Ber: 
hältniffe änderten in den inneren Angelegenheiten 
des Bundes jehr wenig, wurden indes den frei- 
heitliebenden Griechen jo unerträglich, daß im 
J. 500 ein allgemeiner Aufftand der Jonier aus: 
brach (j. Aristagoras), der aber nach der Ein: 
nahme Milets (Ende Sommers 495) durch die 
Perſer jo gänzlich unterdrüdt wurde, daß die 
fleinafiatiichen riechen in den Berjerfriegen mit 
Schiffen und Mannichaft gegen das Mutterland 
ziehen mußten. In der Schlacht bei Mykale 
(479) verließen aber die Jonier die Neihen der 
Perſer und gingen zu den riechen über, worauf 
Kimons Sieg am Eurymedon (469) ihre rei: 
heit ficherte. Der Friede des Antalfidas (387) 
brachte fie wieder unter perſiſche Herrichaft, nad 
deren Ende fie unter Makedonien und Nom kamen. 
Unter römijcher Herrichaft janfen die Städte gänz- 
lich zu PBrovinzialitädten herab, in denen jedoch 
Wifienichaft und Kunſt blühten. Erſt durch die 
Osmanen verjhwanden die legten Spuren der 
Blüte und des Wohlftandes. — Die Jonier waren 
von allen helleniichen Stämmen der reizbarite, 
ſinnlich erregbarite, aber aud im geiftiger Be: 
ziehung der empfänglichite und thätigite. Dicht: 


Jordanis. 


freon, Thales, Anarimander, Anarimenes, Xeno: 
phanes, Anaragoras, Dionyſios, Helataios u. a. 
beweijen. Die beiden größten Maler, Apelles 
und Barrhafios, waren geborene Jonier. Ein im 
hohen Grade ausgebildetes Koloniſationsſyſtem ver- 
breitete dieje Bildung nach den verjchiedenften 
Seiten. Strab. 14, 632 ff. 

lonium mare, ’lovıog zovrog, hieß ein Teil 
des Mare internum oder Mittelmeeres, zwiſchen 
Jtalien und Griechenland (von Hydruntum und 
Orikos jüdlich) und an der weitlichen Küſte der 
Inſeln Korkyra, KRephallenia, Zakynthos bis zur 
Südfpige des Peloponnes. Die Griechen nannten 
aucd das Adriatiiche Meer "/orıog uryög (Aesch. 
Prom. 840), während man jpäter wohl auch das 
Joniſche Meer mit unter dem Adriatiſchen begriff. 
Den Namen leitete man gewöhnlich von dem der 
Jo her (Aesch. Prom. 839 ff.); wahrjcheinlicher 
aber fommt er von den ioniſchen Niederlafiungen 
ei den wejtlichen Inſeln, bejonders auf Kephal— 
enia. 

löphon, ’/opar, Sohn des Sophokles von der 
Nitoftrate, Vater des jüngeren Sophofles (Corp. 
iuser. Att. II, 672, 37), joll den Bater als wa- 
eapporär (j. Sophokles) vor dem Familien: 

erichte der Phratoren verklagt haben. Er war 
Feibft tragiſcher Dichter und fiegte mehrmals bei 
Lebzeiten ded Vaters, mit defien Stüden die 
jeinigen große Ahnlichleit gehabt haben jollen, 
daher er beſchuldigt ward, denjelben ausgebeutet 
zu haben, dabei aber froftig und langweilig (pv- 
zoög al gangög) geweien zu fein. Er joll 
50 Tragödien gedichtet haben; genannt werden 
die Titel von 6 Tragödien, erhalten aber find 
nur 2 Fragmente (abgedrudt bei Naud, trag. 
Graec. fragm. p. 761ff. d 2. Aufl). Abhand⸗ 
lungen von Wolff (1852 und 1884). 

loppe, "/örzn, 'lörn, uralte phoinifiiche Hafen: 
ftabt, am jüdlichen Ende der blumenreichen Ebene‘ 
Saron; erjt durd) die Malfabäer gewonnen, von 
Beipafian als Piratenneft zerftört; j. Jaffa, noch 
immer der Hafen für das etwa 8 Meilen ent: 
fernte Jeruſalem. Hieher verſetzten die Griechen 
den Mythus von Andromeda, die Juden das Er: 
lebnis des Propheten Jona. Strab. 16, 769. 

lordänes, "logöarns, im A. T. Narben, der 
einzige größere Fluß Paläftinas, entipringt auf 
dem Hermon aus 3 Quellen, durdhitrömt das Land 
in rajchem Laufe von N. nad ©., etwa 25 Mei- 
fen lang, bildet die Seen Merom oder Sama— 
honitis (j. Bahr Chule) und Genezareth oder 
Tiberias (j. Bahr Tabarije, 208m unter dem Meer, 
und mündet in das Salzmeer, den lacus Asphal- 
tites (j. Bahr Lut, 394m unter dem Meere). 
Strab. 16, 755. Tac, hist, 5, 6. 

Jordänis (nicht Jornandes) oder Jordänes, 
Biſchof oder Mönch gotifchen oder alanifchen Ur: 
jprungs, jchrieb 551 und 552 n. E. 2 Gejchichts- 
werfe, de origine actibusque Getarum (eine 
Geichichte der Goten), ein flüchtiger und ungeichid: 
ter, doc nad) dem Untergange des Originalwerkes 
höchit wichtiger Auszug aus Gajjiodorius (j. d.) 
(herausg. von Cloß, 1861 und von Holder, 1882, 
überj. von Martens, 1884), und de summa tem- 
porum vel origine actibusque, gentis Romanae 
(früher de origine mundi oder de breviatione 


funft, Philofophie und Geſchichtſchreibung gingen chronicorum genannt), eine aus den gewöhn— 
von hier aus, wie Homeros, Mimnermos, Ana= lichſten Hülfsmitteln ohne alles Gejchid kompi— 


Ios — Iphigeneia. 


fierte Weltchronif (herausg. von Lindenbrog, 1611). 
Treffliche Ausgabe beider Werke von Theod. Momm: 
jen (1882). Ya. über ihn Wattenbach, Deutſch— 
lands Geichichtsauellen im Mittelalter I ©. 62 ff. 
(4. Aufl), und Mommjens Borrede. 

los, 7) "los, j. Nios, eine der griechiichen Ky— 
Hadeninjeln (von andern zu den Sporaden ge: 
rechnet) zwijchen Thera und Baros, öftlih von 
Sifinos, früher Phoinike; die Inſel ift 2 deutjche 
Meilen lang und durchichnittlicy eine Meile breit, 
iemlich fruchtbar und mit einem guten Hafen ver: 
* Sie gehörte zu der deliſchen Amphiktyonie. 
Homer foll hier geftorben und begraben jein; nod) 
im 2. Jahrh. n. E. zeigte man den Fremden jein 
Grab, das neuere Reiſende wiedergefunden zu 
haben glaubten. Aus der hiſtoriſchen Zeit willen 
wir nur, daf die Inſel dem älteren attijchen See: 
bunde angehört hat. Die Einwohner h. ’Ijraı. 
Paus. 10, 24, 2. Strab. 10, 484. 

losöphos, ’Ioongpos, jpäter Flavius Joſe— 
phus genannt, Sohn des Matthäus, ftanımte aus 
einem WBriejtergeichlechte und war zu Jeruſalem 
37 n. C. geboren. Er erhielt eine gelehrte Bil: 
dung und ging im J. 63 nach Rom, wo er jich 
die Zuneigung der Boppäa, der Gemahlin des 
Nero, zu erwerben wußte. Nach jeiner Rückkehr 
in die Heimat war er vergeblich bemüht, eine 
Empörung der Juden gegen die Römer niederzu: 
halten. Aulegt ſchloß er jich der Empörung jelbit 
an, wurde Befehlshaber von Galiläa, geriet aber 
in römiſche Gefangenjchaft, aus der ihn jedoch 
jeine Prophezeiung von der fünf: 
tigen Größe Veſpaſians befreite. 
Suet. Vesp. 5. Er nahm den faijer: 
lihen Familiennamen Flavius an, 
war bei der erg en Jeruſalems 
unter Titus und brachte ſein übriges 
Leben in Rom zu, ————— 
Thätigfeit hingegeben, deren Früchte 
in feinen meijt biftorijchen Schrif: 
ten uns noch vorliegen. Dieje find: 
1) eine Gejchichte des erften Krieges 
der Römer mit den Juden in 
7 Büchern (mepl roü ’lovdainon 
roltuov oder 'lovdaini) iorogpia 
zeol almoewg), urſprünglich in 
ſyrochaldäiſcher Sprache geichrieben 
um 75, aber ins Griechiiche über: 
fegt; 2) Tovdatan doywokoyle in 
20 Büchern, eine Gejchichte des 
jüdiichen Volkes von Erſchaffung 
der Welt bis zum zwölften Jahre 
von Neros Regierung, geichrieben 
93; 3) eine Selbftbiographie, Blog, 
um 100, mit Supplementen zu 
jeiner jüdischen Geſchichte; 4) eol 
doyauörnrog 'lovöalaov nard "Ani- 
arog, eine Streitichrift gegen 
Apion; 5) eis Marnaßelovg Aöyog 
7 negl alroxgdropos Aoyısuon, 
eine Schrift, deren Echtheit be- 
zweifelt wird. Won der erjten 


577 


Joviänus, Flavius, Sohn eines hohen römi- 
ſchen Dffiziers, des comes Varronianus, geboren 
zu Singidunum in Obermöfien, Offizier der Nobel: 
garde (domestici), wurde im J. 363 n. E. von 
dem Heere zum Kaijer ausgerufen. Amm. Mare. 
25,5, 1ff. Kutr. 10,9. Der Umftand, daß jein 
Vater ein verdienter Mann und er jelbit ein 
eifriger Ehrift war, bewirkte jeine Wahl. Mit 
dem Perſerkönig Shäpiür jchloß er einen unrühm- 
liben Frieden auf 30 Jahre und mußte eine An: 
ahl jeiter Städte abtreten, darunter das wichtige 
Niſibis. Amm. Marc, 25, 6. Julians Gejepe 
egen die Chriften hob er auf, übte indes kluge 
Toleranz gegen das Heidentum und erflärte ſich 
gegen die Zwijtigfeiten innerhalb der Kirche. Er 
itarb, 33 Jahre alt, plößlih zu Dadaftana im 
J. 364; jeine durch den mit dem Perſerkönig 
abgeichlofjenen Frieden im ihrer militärischen Ehre 
gefränften Soldaten jcheinen Rache an ihm genom: 
men zu haben. Amm. Marc. 25, 10, 13. 

Iphianassa, ’Ipıicvasoe, 1) eine der Töchter 
des Proitos (j. d.). — 2) eine Tochter des Aga: 
memnon bei Homer (Il. 9, 145. 287). Die ſpä— 
teren Dichter nehmen neben ihr noch eine Iphige— 
neia ala Tochter Agamemnons an. 

Iphigeneia, "Ipıyeveı«, Tochter des Agame— 
mnon und der Stiytaimmeftra; fie heißt auch 
Tochter des Agamemnon und der Ajtynome, der 
Tochter des Chryſes, oder Tochter des Thejeus 


und der Helena, die von Kiytaimneftra an Kindes: 
ftatt angenommen worden 1 


ei. Als die Griechen 





Schrift eriftiert eine lateinische Überjegung aus dem | im Hafen von Aulis durch eine Windftilfe, welche 
4. Jahrh., die lange Zeit unter dem Namen Hege- | die von Agamemnon oder Menelaos erzürnte Ar: 
sippus (j. d.) ging. Ausgg. von Haverfamp (1726), | temis gejandt hatte, von der Fahrt nach Troja 
Oberthür (1783), W. Dindorf (1845 ff.), Imm. | abgehalten wurden, erklärte der Scher Kalchas, 
Belfer (1855, 6 Bdd. 2. Aufl. von Naber, 1888 ff.) | daß Iph. der Artemis geopfert werden müſſe. 
und B. Nieje (2 Bdd. 1885— 1887; fl. Ausg. 1888). | Agamemnon wurde durch die Bitten des Mene— 


Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl, 37 


578 


laos vermocht, ſeine Tochter unter dem Vorwande, 
daß ſie mit Achilleus vermählt werden ſollte, ins 
Lager kommen zu laſſen und das Opfer zu be— 
reiten. Artemis aber ſetzte während des Opfers 
eine Hirſchkuh an die Stelle der Jungfrau und 
entführte diefe in einer Wolfe nach Taurien, da— 
mit fie dort ihre Priefterin werde. Bier verſah 
fie lange Zeit den grauſamen Qempeldienft der 
tauriichen Artemis, bis fie mit ihrem Bruder 
Dreftes (f. d.), der, um das Bild der Artemis 
nach Griechenland zu holen, an die Küfte gefom: | 
men war, entfloh und nach Griechenland zurück— 
fehrte. Kur. Iphig. Aul. u. Taur. Soph. El. 566 ff. 
Pind. pyth. 11,22. Op. met. 12, 271}. er Pont. 
3,2, 69 ff. — Artemis hatte an mehreren Orten 
Griechenlands den Beinamen Iph., wie zu Ber: 
mione, und die Taurier behaupteten, daß ph. 
die von ihmen verehrte Göttin jei; nach Heſiod 
follte Iph. nicht geftorben, fondern von Artemis 
zur Hekate gemacht worden jein. Paus. 1, 43, 1; 
vgl. Hat. 4,103. Man ertennt daraus, daß Iph. ur: 
jprünglid eine bejondere Form der Artemis ge- 
wejen jein muß, fie fällt zufammen mit der j. g. 
tauriſchen Artemis ({. Artemis). Zu Brauron 
in Attika, wo dieje Artemis verehrt ward, ſollte 
ph. geitorben und beftattet ſein; auch hatte jie 
bier einen Kultus. Much zu Megara zeigte man 
ein Grab und Heroon derjelben. Nach anderer 
Sage jollte fie, don Artemis mit Unſterblichkeit 
begabt, unter dem Namen Orfilochia ald Gemahlin 
des Achilleus (ſ. d.) auf der Inſel Leuke leben. — Die 
beigefügte Abbildung, ein pompejaniiches Wand— 
gemälde aus der casa del poeta tragico, jtellt 
die Opferung der Iph. dar. Kalchas erwartet mit 
dem Opfermeffer die Jungfrau, welche eben von 
Odyſſeus und Diomedes über den Altar gehoben 
werden joll, während ihr Vater verhüllten ee 
zur Seite fteht. Eine Nymphe führt durch die 
Lüfte auf Befehl der Artemis die ftellvertretende 
Hindin herbei. Die Verhüllung des Agamemmon 
erinnert an das Gemälde des Timanthes (Plin. 
35, 10. Cie. or. 22, 74), in welchem die Steige: 
rung in der Betrübnis der um den Altar Herum: 
ftehenden ausgedrüdt war. 

Iphikles, Iphiklos, "Ipınajs, "Ipırkog, -eUs, 
1) Sohn des Amphitryon und der Alfmene, Halb: 
bruder des Herafles (j. Herakles, 3. 4.), Vater 
des Jolaos. Er nahm teil an der falydonijchen 
Jagd und an mehreren Zügen des Herafles (gegen 
Laomedon, Augeias, SDippofoon) und fiel im 
Kampfe gegen die Söhne des Hippofoon, oder er 
ward in der Schlacht gegen die Molioniden ver: 
wundet und ftarb zu Pheneos in Arkadien, wo 
er als Heros verehrt ward. 2) Sohn des 
Theftios, falydoniiher Jäger und Argonaut. — 
3) Sohn des Phylafos, Enkel des Deion, oder 
Sohn des Kephalos, aus Phnlafe in Thefjalien, 
ein ſchneller Läufer Hom. Il. 23, 636), Vater 
des Podarkes und Proteſilaos. Er war reich an 
Schönen Rindern, welche Melampus (ſ. d.) durd) 
feine Schergabe gewann und dem Neleus nad) 
Pylos bradyte. Hom. Il. 2, 705. 13, 698. Od. 
11, 288 ff. Er beteiligte fih am Argonautenzuge. 

Iphikrätes, "Ipixodrns, atheniicher Feldherr 
von geringem Stande (fein Bater joll Lederarbeiter 
gewejen jein), übernahm im forinthijchen Kriege, 
20 Jahre alt, den Oberbefehl über die Miets: | 
foldaten und unterlag mit dieſen im forinthijchen | 


u — — nn — — — 
— — — — — — — 





Iphikles, Iphiklos — Iphikrates. 


Hafen Lechaion den Spartanern (393 v. C.). Seit: 
dem bemühte er ſich um die Organiſation der all— 
emeiner werdenden Mietstruppen. Er bewaffnete 
He mit Heinem, rundem Schild (mEirn), daher der 
Name meirworei, gab ihnen einen um die Hälfte 
verlängerten Spieh und ein Schwert don der 
doppelten Größe des bisher gebräuchlichen, ftatt 
des metallenen Banzers einen leinenen und machte 
jelbft die Fußbelleidung bequemer. Nep. /ph. 1. 
Diod. Sie. 15, 44. Just. 6, 5. Auch gewöhnte er 
fie an jchmelle und pünktliche Bewegungen und 
lorgte für regelmäßigen Sold. Durch ftrenge 
Kriegszudt und Entwidelung der Kraft der ein: 
zelnen zu Evolutionen (2EeAıyol, raxrınal dılE- 
odor) bildete er eine der jpartanischen Phalanx 
ewachſene Waffengattung. Died. Sie. 15, 44. 
N Iph.2. Er machte nun Einfälle in die Ge- 
biete der Phliafier, Sifyonier, Arkadier, verichaffte 
fi aber zuerjt hohen Ruhm durd; Vernichtung 
der ſpartaniſchen Mora der Hopliten, welche die 
Bejakung don Lechaion bildete und die Amyklaier 
bis vor Sifyon geleitet hatte (392). Xen. Hell. 
4,5, 11ff. Plut. Ages. 22. Bald darauf wurde 
er abgejegt, weil er ſich den Anmaßungen der 
Argiver in Korinth widerjept hatte. Am Jahre 
390 ging er nach Thrafien, um dort das Anſehen 
der Athener wiederherzuftellen, befiegte auch den 
ipartanifchen Sarmoften in Abydos, NAnaribios 
(Xen. Hell. 4, 8, 31 ff.); aber Antalfidvas entriß 
ihm im Kampfe und durch feinen Frieden die er- 
rungenen Borteile. In den folgenden Nahren 
icheint er Züge gegen die Thrafer gemacht zu 
haben, ftellte die Herrichaft des Seuthes wieder 
her, befriegte den Kotys (387—384), ſchloß aber 
danı ein Bündnis mit ihm und heiratete feine 
Tochter (382). Als die Perſer ſich an die Wieder: 
eroberung von Agypten machten (380), jandten 
die Athener auf Bitten des Wrtarerres, deſſen 
Freundichaft fie damals juchten, den Iphikrates 
als Führer des hellenischen Soldheeres; aber ent: 
zweit mit Bharnabazos über die Belagerung von 
Memphis, kehrte er, nachdem das perfiiche Heer 
durch eine Nilüberſchwemmung aufgerieben war, 
nach Athen —— 374. Nep. Iph. 2. Diod. Sie. 
15, 29. Polyaen. 3, 9, 56. Hier veranlafte er 
die Abſetzung des Timotheos und wurde jelbft 
mit einer Flotte nach Kerkyra geichicdt, welches 
die Spartaner unter Mnafippos belagerten. Die 
Kerfyraier hatten zwar bei jeiner Ankunft jchon 
mit eigener Macht die Spartaner gejchlagen, doch 
gelang es ihm, die denjelben von dem Tyrannen 
Dionyfios zu Hülfe gejchidten Schiffe wegzuneh— 
men und ihnen durch Streifzüge Schaden zuzu— 
fügen. Xen. Hell. 6, 2, 27 ff. Darauf vermwüftete 
er die Küften Laloniend. Da ihn ſchon feit dem 
Angriff auf Timotheos der Unwille der Bornehmen 
getroffen, jo wurde er nach dem Frieden (371) 
von Harmodios angeflagt, wahrjcheinlich wegen 
der ihm geſetzten Bildjäule; er verteidigte ſich 
aber in einer fräftigen Rede, die zwar von einigen 


dem Lyſias beigelegt wurde, ihm aber auch ohne 


Zweifel den Ruhm als Redner verſchaffte. Im 
Jahre 369 jchidten ihn die Athener im Bunde 
mit Sparta demjelben gegen Theben zu Hülfe; 
er führte indes den Krieg ohne Energie und lieh 
den Epameinondas ungehindert aus dem Pelo— 
ponnes zurüdfehren (daj. 6, 5, 51). Bon 368 an 
finden wir ihn mehrere Jahre in Thrakien, um 


Iphimedeia — Isaios. 


Amphipolis zu unterwerfen, doch errang er feine ! Berjonififation des den Himmel mit der 


bedeutenden Erfolge; auch der Einfluß, den er 
den Athenern durch Unterftügung der Witwe des 
Amyntas, Eurydile, in Makedonien verichaffte, war 
nicht bleibend. Als 357 der Bundesgenofientrieg 
ausgebrochen, übergaben die Athener dem Chares, 
zeug und Iphikrates den Oberbefehl. Diod. 
Sic. 16, 3 Bei Samos jtanden fie den Feinden 
—— weil aber, gegen die tolllühne Forde— 
rung des Chares, bei einem entjtandenen Sturm 
die beiden Fügeren Führer ſich weigerten die 
Schlacht zu liefern, wurden fie der Verräterei an: 
gellagt. Durch die Entichlofienheit des Iphikrates 
entgingen fie zwar der Berurteilung zum Tode, 
wurden aber doch mit einer Geldbuße belegt. ph. 
begab ſich wahrſcheinlich nach Thrafien, wo er bis 
u jeinem Tode, der ind Jahr 353 zu fallen jcheint, 
ich aufbielt. gl. Rehdantz, vitae Iphicratis, 
Chabriae, Timothei (1845). 

Iphimedeia, Ipıusösıe, Tochter des Triops, 
Mutter der Aloaden (ſ. d.). 

Iphis, "/pıs, 1) König in Argos, Sohn des 
Alektor, Entel des Anaragoras, Vater des Eteo: 
flos, der mit den Sieben gegen Theben gezogen 
fein joll, und der Euadne, der Gemahlin des 
Kapaneus; feine Herrſchaft erbte Sthenelos, des 
Kapaneus Sohn. — 2) Sohn des Sthenelos, 
Bruder des Euryſtheus, Argonaut, der im Kampfe 
mit Aietes fiel. — 3) ein Jüngling zu Salamis 
auf Kypros, der ſich wegen der Hartherzigkeit der 
von ihm geliebten Anaxarete, einer Jungfrau aus 
dem Geſchlechte des Teukros, an deren Türe er: 
hängte. Als Anararete aus ihrem Fenſter die 
Leiche des Jünglings vorübertragen jah, wurde 
fie von Aphrodite in Stein verwandelt. Or. met. 
14, 698 ff. 

Iphitos, “pırog, 1) ſ. Herakles, 11. 
2) Sohn des Naubolos, Bater des Schedios und 
Epiftrophos in Phofis, wie Nr. 1. Argonant. 
Hom. Il. 2, 518. 17, 306. — 3) Sohn des Hai- 
mon, des Pragonides, des Iphitos, Nachkomme 
des Oxylos, in Elis. Er erneuerte mit Syturg 
von Sparta die olympijchen Spiele. Paus. 5,4, 5. 

Ipsos, wog, Heiner Ort’in P rygien, öftlich 
von Synnada, befannt durch die Se Schlacht 301 
v. E., in der Antigonos Thron und Leben gegen 
Lyfimacho⸗ und Seleukos verlor. Plut. Pyrrh. 4. 
Demetr. 285. Just. 15, 4. App. Syr. 55. 

Ira, '/o« oder Eie«, Bergfefte in der nörd— 
lihen Ede Mefieniens auf dem Berge Kerauſion, 
unfern des Fluſſes Neda, berühmt durch des 
Ariftomenes 11jährige Verteidigung im zweiten 
meſſeniſchen Kriege. Daf die von Homer (77.9, 150) 
erwähnte Stadt "en — nicht identiich iſt, 
ſondern darunter das ſpätere Abia nahe an der 
lakoniſchen Grenze zu verſtehen iſt, ſcheint ziem— 
lich ſicher. Feht bei Homer "Iorj. Paus. 4, 17, 10. 
20, 1. 5. 30, 

Iris, I) ö — Fluß im weſtlichen Pontos, 
eutſpringt auf dem Antitauros öſtlich von Comana 
Pontica, fließt zuerſt in weſtlicher, dann in nord— 
öſtlicher reg. nimmt von lints den Skylar, 
von rechts den Lykos auf und mündet öftlich von 
Amijos in den Bontos, j. Xſchil⸗ Irmak. Xen. 
An. 5,6,9.6, 2,1. Strab. 12, 547. — 2) 1) Igıg (von 
van, Bean oder von eiew, Sprecherin 
— äyyekog), Tochter des Thaumas und der Elef: 
tra, Schweiter der Harpyien (Ilesiod. theog. 265), 


579 


Erde 
verbindenden Regenbogens, die Botin der Götter, 
weldye den Verkehr der Götter untereinander und 
mit den Menſchen vermittelt. Sie iſt eine modr,- 
veuog, TuyEie, Gelkomovg (Hom. Il. 15, 170), 
oldgeflügelte (gevaorregog) Jungfrau und trägt 
türmenden Fu es die Aufträge der Götter auf 
die Erde, ins Meer und in die Unterwelt. Hom. 
Il. 24, 77. Hesiod, theog. 784 ff. Verg. A.9, 803. 
Vorzugsweiie wird fie von Zeus und Hera ge: 
jendet; bei jpäteren Dichtern ift fie bejonders 
Botin und zugleich Dienerin der Hera. m der 
Odyſſee, wo Hermes als Bote der Götter ericheint, 
fommt Iris nicht vor. Von Hermes aber ift fie 
inſofern verſchieden, als dieſer nicht nur ein Be— 
ſteller und Bote, ſondern auch ein kluger und 
erg die Dinge zu glüdlihem Ende führen: 
er Gott ift, während Jris vorzugsweiſe nur das 
Amt einer ausrichtenden Botin verſieht. Dadurd) 
ift aber nicht ausgejchloffen, da fie nicht auch bis- 
weilen einen Rat erteilt oder ſelbſt helfend ein— 
reift. Hom. 11.23, 198 ff. 15, 203. — In Statuen 
Anden fich dieje leichte, zarte Göttin nicht dargeftellt; 
auf Vajen und Reliefs erſcheint fie als Leichte, 
geflügelte Geftalt mit dem Hermesftabe, oder aud) 
mit einer Kanne in der Hand, in der fie den 
Wolfen Wafjer äutragen jollte. 

Isagöras, "/o«yögas, ein athenijcher Ariftofrat, 
ftritt mit Kleiſthenes um die Obergewalt; von 
diejem, der das Bolf für jich gewonnen, verdrängt, 
erhielt er Hülfe von den Spartanern, welche die 
Ariftofratie zu erhalten ftrebten. Er vertrieb mit 
Hülfe_ des Königs Kleomenes den Kleiſthenes mit 
700 Familien und wollte einen Rat von 300 aus 
ne Partei einjegen; aber von den unzufriedenen 

thenern auf ber Bur belagert, mußten Die 
Spartaner ſchon nach 3 —— mit Iſagoras nach 
einem Vertrage abziehen; die Anhänger des Iſa— 

oras wurden ermordet, im Jahre 508 v. E. 

eitere Verſuche, Iſagoras den Athenern als 
Tyrannen aufzudringen, mißlangen. /ldt. 5, 66 ff. 
Thue. 1, 126. 

Isaios, Io«dog, 1) der fünfte in der Reihe der 
10 attiichen Redner, geboren in Chalfis, jedoch 
atheniſcher Bürger, blühte in der erjten Hälfte des 
4. Jahrhunderts v. E. (die erjte der erhaltenen 
Neden ift 391, die letzte 353 verfaßt). Mır poli- 
tischen Angelegenheiten jcheint er feinen Anteil 
genommen zu haben. Er genoß den Unterricht 
des Lyſias und Iſokrates, jchrieb dann Reden für 
andere, bejonders in privatrechtlichen Streitig: 
keiten (dixerıraf), und errichtete eine Redner— 
ſchule. Demofthenes war jein Schüler, der feinen 
Unterricht mehrere Jahre allein genof. Bon den 
64 Reden, die zur Zeit des Plutarch vorhanden 
waren, galten 14 für unecht; 10 und ein Teil der 
11. jind noch erhalten, die jich alle auf Erbichaits: 
angelegenheiten beziehen. Der Charalter jeiner 
Nede iſt dem des Lyſias am ähnlichſten durch 
Reinheit, Klarheit und Sorgfalt; er zeigt aber 
eine mehr ausgebildete Kunſtform und erjeßt durch 
Schärfe, Kraft und Gedrungenheit, was ihm an 
Natürlichkeit und Leichtigkeit abgeht. — Abgedrudt 
in den Sammlungen der griechiichen Nedner von 
Reiſte, N. Bekker, Dobjon, Baiter und Sauppe, 
GE. Müller; bejonders herausg. von G. F. Schö: 
mann (1831), Textree. von E. Scheibe (2. Aufl. 
1874) und Bürmann (1883). — 2) ein Sophift 


37* 


580 


aus Ajiyrien, der hochbejahrt nach Rom fam und 
unter Trajan lebte. Plinius (ep. 2. 3) und Aus | 
venal (3, 74) jprechen mit Anerfennung von ihm. | 
Sein Leben erzählt Philoftratos (vit. soph. 1, 20). 

isära, ö "sap, 1) reihender linker Nebenfluß 
des Rhodanus, kommt von den Alpen und ver: 
einigt bei Valentia mit dem Hauptitrom; j. 
Iſere. Hier erfoht D. Fabius Marimus Allo: 
brogicus (j. Fabii, 22.) 121 v. C. einen Sieg 
über die Allobroger und Arverner. — 2) rechter 
Nebenfluß der Sequana in Gallien (j. Die), nimmt 
von lints die Aröna (j. Nisne) auf. 

Isauria, ’/oavgi«, der füdweftlihe Teil von 
Lylaonien, anftofend an Bifidien und Kilikien, 
ein rauhes, ſchwer zugängliches und wenig befann: 
tes Sebirgsland auf der Höhe und am Nordab: 
hange des Tauros, mit den beiden Seen Karalis 
und Trogitis. Die wilden, friegerifchen Bewohner 
beunruhigten ftet3 die Nachbarländer und nahmen 
an den Seeräubereien der Kilikier lebhaften Anteil. 
P. Servilius befiegte fie zwar 76 v. E. (deshalb 
Iſaurieus gen., ſ. Servilii, 16.), Pompejus 
ichlug das Yand 63 zu der Provinz Kilifien, und 
Antonius jegte Amyntas, den König von Galatien 
(36-25), zugleich über Fi. Aber immer wieder 
entzogen fie ſich der römischen Herrſchaft und 
unternahmen bejonders ſeit Alerander Severus in 
Berbindung mit den wejtlichen Kilikiern, die nun 
auch Iſaurier heißen, die verwegenften Züge, jo 
daß endlich um ihr Gebiet ein Militärkordon ge- 
zogen wurde. Gpäter traten manche in byzanti- 
nische Dienfte; einer aus ihrer Mitte, Zenon, fam 
auf den Kaiſerthron (474-491). Die fefte Haupt: 
ftadt Jſaura wurde von Perdilfas (322 v. €.) 
und von Gervilius zerftört, durch Umyntas an 
benachbarter Stelle wieder aufgebaut, j. Ulubunar. 
Nördli davon Lyſtra, j. Saradagh. Strab. 
12, 5605. 14, 665. 

Isidörus, Biſchof von Hilpalis (Sevilla), 599 
—636, daher Hispalensis, Berfafler gelehrter 
Sammelwerfe. Die Summe feiner Kenntniffe hat 
er mit Benugung guter Quellen, 3. B. Suetons, 
niedergelegt in jeinen origines s. etymologiae, 
libri XX; die 5 erften behandeln die septem artes 
liberales nebjt Medizin und Rechtswiſſenſchaft, 
dann folgt Theologisches, 1. IK—NX haben bunt 
enchklopädiichen Anhalt. Gejamtausg. von re: 
valo (1797— 1803); Ausgg. der Etymologiae von 
Otto (1833) umd Berker (1857); das Rhetoriſche 
aud) in Kalms rhet. lat. p. 505 ff. 

Isis, Yoıs, jeine der angejehenjten ägyptiſchen 
Höttinnen, Tochter des Erdgottes Seb Kronos) 
und der Himmelsgöttin Nut Rhea), Schwefter des 
Oſiris Dionyſos), des Set (Typhon) und der 
Nephthus (Nphrodite), zugleich Gemahlin des Dfiris, 
Mutter des Horos und der Bubaftis (Hdt.2, 156). 
Wenn Dfiris die ftrahlende Sonne, den befruchten: 
den Nil, die zeugende Kraft bedeutet, jo ift Iſis 
die Göttin des Öftlichen Himmels und darum auch 
des a rg rege die don dem Nilwaſſer ge: 
tränfte Erde, das mütterlihe Naturprinzip. Ahr 
heiliges Tier ift die Kuh; fie jelbft trägt auf dem 
Haupte die Sonnenjcheibe zwischen Kuhhörnern, 
in der Hand das Blumenfcepter und das Henkel— 
freuz;, das Snmbol des Yebens (Hdt. 2, 41. 132). 
Die Griechen, welche die Kuhhörner für die Mond— 
fichel, die Sonnenſcheibe für den Mond hielten, 
machten die Iſis zu der lebenfpendenden Mond- 


Isara — Isis. 


göttin, wie denn die Alten ohmedies. dem Monde 
einen Einfluß auf die Erzeugung und Ernährung 
von Pflanzen, Tieren und Menjchen zujchrieben. 
Da His mit dem von Set getöteten Oſiris zur 
Unterwelt hinabftieg, jo wurde fie von den Griechen 
den unterirdischen Gottheiten zugezählt, als Königin 
der Unterwelt und Richterin der Toten, die den 
Sclüffel der Unterwelt in Händen hat. Bon dort 
fendet fie Erjcheinungen herauf und offenbart in 
Träumen den Kranken wirfjame Heilmittel. Sie 
wirft jegensreich oder verderblich auf die Menjchen: 
welt ein, jchentt Blinden das Geficht und hilft bei 
Geburten, ftraft aber auch mit Blindheit und andern 
Gebrechen. So erhielt fie denn einen Wirkungskreis 
ähnlidy wie Demeter, Perſephone und Hekate, oder 
wie Artemis, Athene, Hera, oder aud) wie Nemefis, 
Tyche u. ſ. w., und wurde vielfacd mit diejen 
Göttinnen, befonders mit Demeter (Hat. 2, 59, 
zujammengeworfen. Seit der alerandrinijchen Zeit 
wurde fie auch eine Göttin des Meeres, melde 
das Segel erfunden hatte, über die Winde gebot 
und aus Sturmesnot rettete. Wie Demeter tritt 
fie unter die Gottheiten der fittlihen Weltordmung 
ein: fie wird zur Geſetzgeberin (Deauopögog), zur 
Beichügerin der Ehe, zur Stifterin nnd Erhalterin 
der Staaten; fie hat auch die Religion und die 
Myſterien, in denen fie jelbjt verehrt wird, einge: 
führt. So ift fie allmählich ein Wejen von der 
umfaflenditen Bedeutung geworden, deſſen Macht 
fich über Himmel und Erde erjtredt. Bon jpäteren 
Philofophen wurde fie geradezu für die Grund— 
jubitang der Welt erklärt, für die Eine göttliche 
Macht, welche allen Einzelericheinungen im der 
Natur, im Menjchen- und Götterleben zu Grunde 
liegt. „Una, quae es omnia, den Isis“, wird fie 
in einer Anfchrift angeredet. „En adsum“, jagt 
is bei Apulejus (met. 11, 5. p. 241), rerum 
Natura parens, elementorum omnium domina, 
saeculorum progenies initialis, summa numi- 
num, regina marium, prima caelitum, deorum 
dearumque facies uniformis ete. — is und 
Dfiris wurden allein von allen Göttern in ganz 
Agypten verehrt, hauptfächlich zu Buto und Bufiris 
im Delta, zu This oder Abydos im oberen Lande 
und auf der Inſel Philai (Fidt.2, 42. 59. Schon 
zu Herodots Zeiten war der Kultus der Iſis über 
Üguptens Grenzen hinaus, 3. B. nad Kyrene 
(Hdt. 4, 186), gedrungen. Seit Nlerander dem 
Gr. verbreitete er ſich über alle von Griechen be- 
wohnten Yänder. — In Nom findet jich eine Spur 
davon ſchon im zweiten punijchen Kriege; wieder: 
holt ausgetrieben (3. B. Tac. ann. 2, 85), erlangte 
der Dienft der Göttin feit Veſpaſian im ganzen 
Meiche Geltung. Der Kultus beftand in Yuftra- 
tionen, Feitzügen und geheimen Weihen, entbehrte 
aber mit dem wilden Klagegeheul und den bacchan— 
tiichen Gebärden völlig der Würde und bildete 
nicht jelten den Dedmantel für grobe Ausjchwei- 
— Griechen und Römer pflegten, wenn das 

eer wieder ſchiffbar wurde, einen feierlichen 
Umgang zu halten und am 5. März (navigium 
Isidis) der Göttin ein mit Weihgejchenfen gefülltes 
Schiff darzubringen. Daher die Nachricht des 
Tacitus (Germ. 9) von den Ponaufueben: Isidi 
sacriticant, wobei natürlich irgend eine germaniiche 
Gottheit gemeint ift (Grimm denft an Holda oder 
Berdta). Die Briefter der Iſis zerfielen in ver- 
ſchiedene Mlafien und Grade und waren einer 


Ismaros — Isokrates. 


ftrengen Lebensweije unterworfen; fie hatten ein 
ne Haupt und ein langes leinenes 
Sewand und trugen bei Prozejjionen vor dem 
Geficht die Anubis Schafal:Maste, in der Hand 
die Lotosblume, den Sclangenftab oder das 
Siftrum (die den Set vericheuchende Klapper). 
Plut. de Is. et Osir. Diod. Sie. 1, 14ff. Jurv. 
sat. 6, 522. 

Ismäros, "/su«gos, Stadt in Thrafien an einem 
Berge gleiches Namens, wird ſchon von Homer 
(Od. 9,40. 198) als Stadt der Kilonen genannt 
und wegen ihres ftarfen Weines gerühmt. Verg. 
E. 6, 30. @. 2, 37. 

Ismöne j. Oidipus. 

IsmenYas, "/ounvdag, 1) ein reicher Thebaner, 
Br längere Zeit an der Spiße der dbemofrati- 
hen Partei in feiner Vaterſtadt. Er zeigte fich 
thätig bei der Wiederherftellung der Demofratie 
in Athen, 403 v. E. Als Agejilaos die Perjer be: 
drängte, joll er mit andern Demagogen, von Ti- 
thrauftes durch Geld gewonnen, den korinthiſchen 
Krieg angezettelt haben (Xen. Hell. 3, 5,1. 5,2,35); 
gegen eine Beftechung ſpricht aber die Achtung, 
die er rg Verne genoß. Im Striege bewährte 
er ſich als Feldherr; er eroberte Herafleia und be- 
jiegte die Photier bei Naryfos in Lokris (daſ. 3, 5). 
Im Jahre 354 war er zugleich mit dem Haupte 
der ariſtokratiſchen Parteı Leontiades Polemarch, 
ſo daß ſich beide Parteien das Gleichgewicht ge— 
halten zu haben ſcheinen. Nachdem aber Phoibi— 
das mit ſeinen Spartanern die Kadmeia beſetzt 
hatte, wurde Jim. verhaftet und ein anderer 
Bolemard ernannt. Er wurde angeflagt, mit den 
Berjern Verbindungen angelnüpft und den korin— 
thiſchen Krieg veranlaßt zu haben, und, obgleich 
er fi gegen dieje Beichuldigungen verteidigte, 
dennoch als ein ränfevoller und unruhiger Menſch 
verurteilt und hingerichtet. Daj. 5,2, 2555. Flut. 
Pelvp. 5. — 2) vielleicht der Sohn des eben ge: 
nanuten, gehörte zu den Thebanern, die, als Phoi- 
bidas die Kadmeia beſetzt hatte, nach Athen flüch— 
teten, und war jpäter Genoffe des Pelopidas bei 
feiner Gefangenjchaft in Pherai 368 und bei jeiner 
Geſandtſchaft an den Berjerfönig 367. Plut. 
Artax. 22. Diod. Sie, 15, 71. 

Ismenios, ’Iourjvios, 1) Beiname des Apollon 
bei den Thebanern, deſſen Heiligtum Iſmenion 
füdlih vor den Thoren Thebens am Iſmenos lag. 
Hdt. 5, 59. — 2) Sohn des Apollon und der 
Melia, von welchem der Fluß Iſmenos feinen 
Namen erhalten haben joll. 

Ismenos, "/sunvös, auch Ismenios, Teumuios, 

enannt, Fluß Bototiens, der aus der Duelle Melia 
üdlich von Theben am eier: (auf welchem 
ein Apollontempel und Drafel, Hdt. 1, 52) ent: 
fpringt, Theben durchfließt, ſich mit der Quelle 
Dirle vereinigt und dann in den Sce Hylike 
mündet. Seine Hauptquelle 5. jept Kephalari des 
Hagios Joannes. Bgl. Thebai. 

Isokrätes, "ooxedens, berühmter Redner in 
Athen, war der Sohn eines wohlhabenden Atheners, 
des Theodoros, der eine Fabrik von muſikaliſchen 

nftrumenten beſaß und dem 436 v. E. geborenen 
Sohne eine angemefjene Erziehung gab. Außer 
den ESophiften Feifins, Prodifos, Protagoras und 
namentlih Gorgias hörte er auch Sofrates und 
erwedte in dem reife der Freunde desjelben große 
Erwartungen. Wegen förperlier Shwäde und 


581 


aus Schüchteruheit trat er zwar nicht als Staats: 
redner auf, juchte aber durch Unterricht zu nützen. 
Damit erwarb er fich auch ein bedeutendes Ver: 
mögen. Nach einer Angabe joll er au 100 Schüler 
gehabt Hıben, von denen ein jeder ihm 1000 Drad): 
men (etiva 780 .#) bezahlte. Auch jtand er im Ver: 
fehr mit auswärtigen Fürjten (z. B. Philipp von 
Makedonien, Nikofles und Euagoras von Kypros), 
die ihn um Rat fragten, für die er Neden fertigte 
und von denen er auch jürftliche Bezahlung er: 
er Durch das allgemeine Unglüd feiner Vater: 
tadt am Ende des elobonnck ken Krieges litt 
auch Iſ., da fein Vater jein Vermögen verloren 
hatte. Nach der Herrichaft der Dreißig ſchrieb er 
unächft in Athen gerichtliche Neden, begab ſich aber 
Ü ter, etwa 392, nach Chios und eröffnete dort 
die zweite Periode jeiner Thätigkeit, die der Aoyoı 
Zmidsınrınoi und ovußovkerrıroi. Nechdem er 
fih als Lehrer auf Chios Ruf erworben hatte, 
fchrte er 385 nach Athen zurüd. Indem er fid) 
nun von Staatsämtern und der Rednerbühne fern 
hielt, wirkte er dagegen als Lehrer durch Umgang 
und Unterricht mittelbar auf die Verhältniſſe be— 
deutend ein. Die Kunſt der Darftellung, ange: 
fnüpft an große und wiürdige Stoffe, hob er hierbei 
bejonders hervor: denn wer Reden verfertigen 
wolle, die des Lobes wert jeien, müſſe fich auch 
mit großen und würdigen Gedanken befajien und 
an ibre Betrachtung gewöhnen. Sein großer Ruf 
zog bald viele Schüler, ſelbſt Ausländer, an, die 
3 bis 4 Jahre blieben; zu ihnen gehörten die 
Nedner Iſaios, Lykurgos und Hyperides, die Hiſto— 
rifer Theopompos und Ephoros und viele andere, 
auch Konons Sohn, der jpäter berühmte Feldherr 
Timotheos, der feine Erfolge bei der Gewinnung 
von Bundesgenofjen der Milde und Gerechtigkeit, 
die Zi. ihn gelehrt, zu verdanfen Hatte. Ein an: 
derer Freund, der fyprifche Fürſt Nikofles, joll 
ibm für eine Rede 20 Talente gegeben haben. 
elehrend über des Iſ. Einfluß in weiten Kreifen 
ift die berühmte Stelle des Cicero (Brut. 8, vgl. 
auch de or. 2, 22). Aus Verzweiflung über den 
unglüdlichen —— der Schlacht bei — 
ab er ſich 338 ſelbſt den Tod. — Jſ., von ſchwacher 
Stimme und ſchüchternen Weſens, ſchrieb ſeine 
Reden nicht für den Vortrag in der Volfäver: 
jammlung, jondern zum Lejen. Er joll 60 Reden 
verfaßt haben, von denen noch 21 übrig jind, 
meiſtens politiiche PBrunfreden. Die befanntejte 
ift der Ilarnyvgırög, 380 veröffentlicht, eine Art 
Feſtrede, in welcher in glänzenden Vortrage und 
mit ſchwungvollem Batriotismus Athens Berdienfte 
um Hellas aufgezählt werden, um nachzuweiſen, 
daß diejer Stadt die — gebühre. Eine 
Lobrede auf Athen und Attika iſt auch der TIer- 
adnvainds, 339, und im Agsiomayırınös, um 355, 
wird Die et der von Stleifthenes 
abgeänderten joloniichen Berfaffung zum Zwecke 
einer Wiedergeburt Athens empfohlen. Die Sprache 
des Iſ. ift durchaus einfach und im reinften 
Atticismus gehalten. Die größte Sorgfalt hat 
er auf die technifche Ausbildung des Ausdruds 
verwendet und deshalb den größten Ruhm als 
Redefünftler erworben. Die Gegenüberftellung ent: 
iprechender Satzglieder ift jein Streben, in dem 
er eine große Mannigfaltigkeit zeigt. Die Alten 
erwähnen, daß er den zunkog, die periodijche Ab- 
rundung (Cxe. de or. 52 ff.), eingeführt habe. Die 


582 


Grundſätze, welche er bei feinem Unterrichte be: 
folgte, hatte er in einer bejonderen zegrn ent: 
widelt, welche bei den alten Ahetoren oft angeführt 
wird. — Ausgg. in den Sammlungen der grie: 
chiſchen Redner von %. Beller, Dobjon, Baiter 
und Sauppe, E. Müller; bejfondere Ausgg. von 
9. Wolf (1570), Lange (1803), Korais (1807), 
Benjeler (2. Aufl. von Bla, 1878 5.); Auswahl 
von Rauchenftein (5. Aufl. 1882) und DO. Schneider 
(2 Bdd., 3. Aufl. 1886 f.). 

’Ioovogia und 'Toorolıreiea |. Staatsfor- 
men, 9. 

’Iooteing |. Zivog, 2. 

Issa, j. Lifla, Inſel im Mdriatiichen Meere an 
der dalmatischen Küſte, von trefflichen Seeleuten 
bewohnt, deren Schiffe, lembi Issaei, in bejon- 
derem Rufe ftanden. Caes. b. c. 3, 9. Liv. 31, 45. 
32, 21 u. d. Strab. 4, 315. 317, 

Issedönes, Tocndöres, bei den Römern Esse- 
dones, ein weit verbreitetes Volk in Seythia 
extra Imaum bis nad GSerica hinein. Herodot 
(1, 201. 4, 13. 255.) jegt fie öftlich von den 
Maflageten, bis zum Fluß Oichardes hin. 2 Städte, 
Iſſedon in Skythien und in Serica, werden bei 
ihnen genannt. 

Issos, ’/ooög, oder Issoi, "Iocol (Xen. An. 
1, 2, 24. 4, 1), Stadt Milifiens, im innerften 
Winfel des nad ihr genannten Iſſiſchen Meer: 
bufens (j. Buſen von Sfanderun), noch zu Ale 
randers Zeiten blühend, jpäter aber durch das 
nahe Alerandreia er herabgefommen. Bier jchlug 
im Jahre 333 v. E. Mlerander den Dareios. Strab. 
14, 676. Arr. 2, 7 ff. Diod. Sie. 17,33 ff. Plut. 
Alex. 32 ff. 

Istaevönes oder Istvaeönes, der dritte der 
von den Söhnen des Mannus hergeleiteten ger: 
manijchen Stämme (Tac. Germ. 2). Jaf. Grimm 
bat die Form Iscaevones vorgezogen und dabei an 
die Entjtehung des erſten Menlhen aus der Eiche 

edacht; andere an Istu. Nah Plinius (4, 99) 
And es die am Rheine wohnenden Völkerſchaften. 

Ister ſ. Danuvius. 

Isthmia, r& Todue. Unter den großen Feſt— 
jpielen der Hellenen waren nach den olympijchen 
vorzugsweiſe bedeutend die ifthmijchen, welche auf 
dem forinthiichen Iſthmos in der Umfaſſung eines 
dem Poſeidon geheiligten meunn (IHocsudw- 
vıov reuevog), bei einem Tempel des iſthmiſchen 
Poſeidon, nad) Verlauf von 2 Jahren in der Mitte 
des Sommers gefeiert wurden, und zwar auf der 
Srenzicheide zwiſchen dem vierten und eriten, wie 
wiſchen dem zweiten und dritten Olympiadenjahr, 
I daß fie bald in den letzten bald in den erjten 
Monat des olympifchen Jahres fielen. Den zwiſchen 
den Feſten liegenden Zeitraum, Iſthmias (Ic#- 
widg), —— man als eine Trieteris, deren 
2 eine Olympiade ausfüllten. Die Sage läßt die 
Iſthmien als Leichenjpiele zur Ehre des Meliker— 
tes, eines Sohnes der Ino, geftiftet werden; jpäter 
aber verwandelte jie Thejeus in Feſtſpiele des 
ioniſchen Pojeidon (Plut. Thes. 25). Die Eleer 
waren von dem Feſte ausgeichloffen, dagegen ge: 
nofjen die Athener die Ehre der Proödrie; auch zahl- 
ten diefe ihren Bürgern, wenn fie in den Kampf: 
ipielen fiegten, eine Geldjumme von 100 Drach— 
men. Die günftige Lage und der Reichtum Korinths 
(der Vorfteherin der Spiele) verlichen den Spielen 
vorzüglichen Glanz, der nad) den Berjerfriegen 


’Ioovouie — Isyllos. 


bejonders erhöht wurde, während des peloponne= 
fiichen Krieges freilich etwas ſank, aber zur Zeit 
des Achaiiſchen Bundes und jelbft nach der Zer— 
ſtörung Korinths ſich wieder mehrte Sikyon hatte 
nur einige Zeit die Leitung der Spiele, welche 
nach Korinths Herſtellung an dieſe Stadt zurüd- 
fam); die römiſchen Kaiſer ſchenkten dieſen Spielen 
beſondere Aufmerkſamkeit. — Die 3 Hauptteile 
großer Feſtſpiele, der gymniſche, der ritterliche 
und der muſiſche Agon, finden ſich auch bei den 
Iſthmien, ausgebildet wohl in der angegebenen 
Ordnung: Wettlauf im Stadion und im Dolichos 
Langlauf von 7 Stadien), Ring: und Fauſtkampf, 
Banfration und Pentathlon bildeten den gummijchen 
Agon (j. Gymnasium); Wettrennen mit dem 
Viergejpann und Neiterrennen den ritterlichen 
Agon; der muſiſche Agon, beitehend in Recita— 
tionen von Gedichten und Inſtrumentalmuſik, fam 
wahrjcheinlich erft in jpäterer Zeit Hinzu. — Das 
Charafteriftiiche der 4 großen Spiele bejtand vor: 
zugsweije darin, daß dem Sieger fein materieller 
Gewinn zu teil wurde (wie bei Homer), fondern 
nur ein Ehrenpreis, bejtehend in einem Kranze. 
Bei den ifthmiichen Spielen beftand diejer Kranz 
lange aus Eppich, oelıvor (Pind. nem. 4, 88. 
ol. 13, 31), jo noch zur Zeit des Timoleon, DI. 110 
(Plut. Tim. 26); A lange Zeit nach der Zerftö- 
nung Korinths trat der Fichtenkranz, 7 wirwg, 
an die Stelle. Niemand durfte fich während der 
Spiele mit dem Kranze der Sieger ſchmücken; wer 
dawider handelte, wie einmal Diogenes von Sinope, 
wurde von den Nampfrichtern ermahnt, nichts 
Sejekwidriges zu thun. Außer dem Kranze wurde 
auch, wie bei den andern Spielen, dem Sieger die 
Palme gereicht; ebenjo famen auch hier Öffentliche 
Bekränzungen und Belobigungen einzelner ver: 
dienter Männer und ganzer Staaten vor, nicht 
minder wurden Verträge der hellenifchen Staaten 
bier zu jchneller Kenntnisnahme auf Säulen eins 
gegraben. Thuc. 5, 18. Während der Feſtfeker 
erflärte einft (196 v. E.) der römische Feldherr 
T. Duinctius Flamininus durch einen Herold die 
Hellenen für autonom (Plut. Flam.12. Liv.33, 32), 
ähnlich jpäter Nero (Suet. Ner. 22. 24). Der aud) 
während der Iſthmien verfündete Gottesfriede, 
Todumai ororded, wurde übrigens nicht jo ftreng 
gehalten als der zu Olympia, woran wohl mit 
die Lage jchuld war. 

Isthmos ſ. Korinthia, 1. 

Istria, ’/orgd«, oder Histria, der größere weit: 
liche Teil der von dem Tergeftinijchen und von dem 
Flanatiſchen Meerbujen eingeichlofienen Halbinfel 
am nördlichen Ende des Adriatiichen Meeres. Die 
Flüſſe Timavus, Formio, Ningus und Arfia bewäſſer— 
ten dies von niedrigen Berghöhen (Caruſadius, j. 
ital. Carſo, deutſch Karſt) aus Kalk durchzogene 
Ländchen, deſſen Bewohner, die Iſtri oder Hiſtri, 
eine rohe und wilde, dem Seeraub ergebene illy— 
riſche Völkerſchaft, 177 v. C. von den Römern 
unterworfen wurden. Liv, 41, 15f. Die wichtig: 

en Städte waren Tergefte oder Tergeftum, 
j. Trieft, Pola, j. gl. N., Parentium, j. Barenzo. 
Strab. 5, 209. 215. Mela 2, 3, 12. 4, 4. 

Istros j. Ar#is und Danuvius, 

Isyllos, "IovAlog, von Epidauros, in der zweiten 
Hälfte des 4. oder zu Anfang des 3. —— 
v. E., Verfaſſer eines Paian anf Apollon und 4 
andrer Gedichte, die vor einigen Jahren auf einer 


—⸗ 


[57 


Italia 


Marmortafel zu Epidauros aufgefunden worden 
find, doch ohne allen poetijchen Wert find. Bal. 
U. v. Wilamowig:Möllendorff, Iſyllos von Epi- 
dauros (18856). 

Italia, 7) "reAle, oſtiſch Vitellium (angeblich 
von dem oſtiſchen Worte vitlu [Tateiniich ne 
Rind, eine etymologiiche Ableitung, deren Rich— 
tigkeit neuerdings von Kiepert beftimmt in Abrede 
geftellt wird, während Niffen den Stamm von 
einer nach ÖraAög, vitlu benannten, früh verjchwun: 
denen Bölterichaft Fıralol ableitet, andere an 
das jemitishe Wort atal [Dunfel, Abend, aljo 
Italia = Hesperia] denken), hieß anfangs nur 
die jüdlichite Spitze der großen Halbinjel, die 
im R. durch die Alpen und die Flüſſe Varus und 


‚Arjia, im W. durch das Tyrrheniiche Meer, im ©. 


durch das Sikuliſche, im O. durch das Adriatiſche 
Meer begrenzt wird, nämlich das etiwa 120 Quadrat: 
meilen große Gebiet vom Iſthmus zwiichen den 
Buſen von Terina und Scylacium bis zur ficili- 
jchen Meerenge; dann wurde der Name von den 
Griechen allmählich auf ganz Unteritalien (von Po— 
jeidonia im W. bis Taras im D.), und endlich 
von den Römern nad) der Unterwerfung Unter: 
italiens (266 v. E.) auf die Halbinjel bis zu den 
Flüſſen Macra und Rubico, aljo auf ein Gebiet 
bon etwa 2500 QOuadratmeilen, ausgedehnt, bis 
Auguftus aud das Padus:Land (bisher das cis- 
alpiniſche Gallien) mit einſchloß. Strab. 5, 209. 
Andere, dichteriiche Namen (Verg. A. 1, 530) jind 
Heiperia, das Abendland für die Griechen, 
Auſonia (Opica), Onotria in Bezug auf ein- 
zelne Bölterichaften. — Die Halbinjel wird im N. 
don den nad S. ſchroff abfallenden Alpen halb: 
bogenförmig eingejchlofien. An den jüdwetlichen 
Teil diejes Bogens jchließt fich der Apenninus 
(j. d.), anfangs in öftlicher Richtung etwa bis zu 
dem h. Paß von Pietra mala, dann jüdöftlich der 
Richtung der Halbinjel folgend. Nachdem das Ge- 
birge in Sammium die Höhe von über 2900 m 
erreicht, nimmt es an der Grenze von Sammium, 
Lucanien und Apulien eine jüdliche, weiterhin ſüd— 
weitliche Richtung an, durchzieht das weitliche 
Bruttit und endigt beim Vorgebirge Leukopetra 
(E. dell’ Armi). — Einen bejonderen Beitandteil 
bildet im Norden das weite Bothal, einft ein 
Bujen des Ndriatiichen Meeres, mit dem daran 
den Gebirge, Oberitalien, bis zu Augufts 

3 eit nad jeinen Bewohnern feltiihen Stammes 
allia cisalpina oder citerior genannt. Der 
Padus (f. d.) empfängt aus den Alpen jeine be- 
deutendften Nebenflüffe: Duria minor und major 
(Dora Ripera und Balten), Seſites (Sefia), 
Ticinus (Teffin, Tieino), Addua (Ndda), Ollius 
(Dglio), Mincius (Mincio), weldye legtere 4 die 
Alpenjeen (ehemalige Fiorde) Lacus Berbanus 
(2. Ma ger, 2. Yarius (X. di Como), L. Se: 
Sans? d'Iſeo) und 2. Benacus (2. di Garda) 
durchſtrömen. Vom Apennin aus ergießen ſich in 
den Po: Tanärus (Tanaro), Trebia (Trebbia), 
Tarus (Taro). Nördlich des Padus fließen dem 
Meere zu: Atejis (j. d., j. Etich), nach dem Padus 
Italiens größter Fl, Meduacus (Brenta), Bla: 
vis (Piave, Tiliaventus (Tagliamento) und 
Sontins (Iſonzo). — Das übrige Jtalien wird 
durch den Hauptlamm des Apennin in eine Öftliche 
und weſtliche Hälfte geteilt; außerdem zieht man 
nod) eine Örenzlinie von D. nach W., gebildet durch 


583 


den Frentofluß (j. Fortore) und Silarus (j 


Sele), und jcheidet darnach Mittel- und Inter: ' 


italien. Die Dftgälfte ift an Ausdehnung wie an 
gina er Bedeutung die weniger bedeutende. 

ie ans Meer auslaufenden Duerfetten geftatten 
in ihren kurzen Thälern nur Heinen Flüſſen den 
Lauf, die bedeutenditen find: Metaurus (Metaro), 

jis (Ejino), Aternus (Aterno und Belcara), 
Frento(Fortore), Aufidus Ofanto), welcher legtere 
in jeinem unteren Zanfe eine dürre Ebene — Winter: 
weide für die Herden der Gebirge — durchſtrömt. 
Bwijchen beiden zulegt genannten erhebt ſich am Meere 
vereinzelt die Höhe des Gargauus. Die größere 
Wefthälfte ift auch mannigfaltiger teils durch die 
dem Hauptfamm parallel. laufenden Höhenzüge, 
teils durch vulfanische Einflüfe, welche die Bil- 
dung des Bodens bedingt haben. Etwa vom Monte 
Falterone an zieht ſich eine Gebirgsreihe parallel 
mit dem Hauptlamm herab, welche die oberen 
Alußthäler des Arnus (Arno) und des Tiberis 
(Ziber) jcheidet, einen weftlichen Ausläufer ans 
Meer entiendet (ben Mons Argentarius in 
Etrurien), während die Gebirgsreihe ſelbſt fich am 
rechten Ufer des Tiber in dem Mons Ciminius 
und dem mehr einzeln liegenden Soracte fortjegt. 
Südlid vom Tiber und feinem Nebenjluffe Nar 
(Nera) jegt ſich die, Weftwand des Apennin zunächſt 
im Sabiner:, Aquer- und Hernikergebirge 
fort; vor ihnen —* dem Meere zu der Algi— 
dus, die Albanerberge u. j. w. an dem rechten 
Ufer des Trerus (Sacco oder Tolero), der in 
den Liris (Garigliano) mündet, und 
von den Bomptinijchen Sümpfen ans Meer 
ftoßenden Voljkergebirge. Das zwiichen jenen Ge: 
birgen und dem Hauptjtamm des Apennin liegende 
Gebirgsland enthält den Keſſel des jebt ausge: 
trodneten Laecus Fucinus (R. di Celano) und 
die Quellen des in das Mdriatiiche Meer ſtrö— 
menden Aternus, des in den Nar mündenden 
Himella und Belinus, des Anio (Teverone), 
der in den Tiber fällt, und des Liris. Zwiſchen 
legterem und dem oberen jüdlichen Laufe des Vol: 
turnus ziehen fich um Campanien in einem Bogen 
die Höhen des Maſſieus (M. Dragone), Tifata 
und Taburnus (M. Taburno) mit den Gaudini- 
ſchen Päſſen, deren Ausläufer der Inſel Capreä 
egenüber dad Promunturium Minervae (Bunta 
Eampanella) ift: Gaurus und Veſuvius er- 
heben ſich nahe dem Meere in diejer herrlichen 
campanijchen Ebene, die vom unteren Yauf des 
Volturnus durchflofien wird. Die ganze Boden- 
formation, das Dajein vieler Feiner Seen zeigen 
es deutlich, daß der Strich zwiichen dem Minerva= 
vorgebirge hinauf bis zum M. Argentarius vul- 
kaniſchen Einflüfjfen jeine Bildung verdankt. Der 
nördliche Teil diejes Gebietes, von dem Tiber in 
2 ziemlich gleiche Teile geteilt, ift es, der jeßt 
den Namen der römijchen Campagna führt, ein 
jet teils Ddürres, teil verjumpftes, dabei jajt 
durchgängig ungejundes Yand, ſich aber in 
der alten Zeit bis auf geringe Ausnahmen der 
reichten Kultur und der dichtejten Bevölkerung 
erfreute. Etwa 3 Meilen oberhalb der Tiber: 
mündung liegen auf dem linken Ufer die 7 Hügel, 
welche dazu beftimmt waren, die Stadt Rom zu 
tragen, ſämtlich Tufffelſen von nicht mehr als 
50m Höhe. — Wie oben erwähnt, nimmt das Ge: 
birge etwa vom Mons Vultur ab eine jüdliche 


“ 


ie jüdlich - 


u 


584 


Richtung an und zieht durch Yucanien nach Bruttii, 
wo es die Namen Elibanus und Silawald 
führt; beide Yandichaften trennt das Flüßchen 
Laus (Yao). Die Oftjeite, die Yandichaften Apulia 
und Calabria begreifend, ift mehr eine Hochebene. 
Der Bradanus (j. Bradano) jcheidet Apulien 
von Lucanien. Aus den gegebenen Andeutungen 
wird fich erfennen laflen, daß die Menge Heinerer, 
durch die Gebirgszüge abgeichlofjener Thäler für 
die Gründung eines —— Reichs nicht be— 
ſonders günſtig war. Je geringeren Anteil alſo 
die Natur des Landes an der Weltherrſchaft der 
Römer hat, deſto höher werden wir die ſittlichen 
und geiſtigen Kräfte zu ſchätzen haben, die dennoch 
die Gründung einer ſolchen möglich machten. — 
Die Bevölkerung der Halbinſel war eine höchſt 
gemiſchte. Bei dem Duntel, welches in vieler 
Beziehung über die dahin einichlagenden Verhält— 
niffe herricht, läßt ſich etwa folgendes feſtſtellen. 
im Po: Thale werden für die ältefte Zeit die 
Tuffer oder Etrujfer, bei den Griechen Tyrr— 
hener, als Bewohner genannt; neben ihnen die 
Ombrifer oder Umbrer. Bom 6. Nahrhundert 
v. E. au dringen nah und nach Kelten vom 
Norden her ein und bemächtigen, fich des Yandes 
oftwärts vom Apennin bis zum Ajis; im Apennin 
jelbjt und weftlich dem Meere zu wohnten Yiqurer. 
Kelten und Ligurer wurden von den Römern 
durchaus als Barbaren behandelt. In Mittel- 
italien ift das weiteft ausgedehnte Bolt zunächit 
das der Umbrer; jie wohnten auf der Dftfeite 


" des Apennin bis zum Sarganus hinab und hatten 


-] 


im W. noch das Yand bis zum Tiber inne. Zur Zeit, 
als fie mit den Römern zufanmentrafen, waren 
fie indes ſchon bejchränft auf ein micht ſehr aus: 
gedehntes Gebiet am linken Ufer des oberen Tiber 
bis zum Adriatiſchen Meere. Für die jpätere hifto- 
rijche Zeit weit bedeutender find die Tufler oder 
Etrujfer, griechiich Tyrrhener, mit dem einhei- 
mischen Namen Raſenae genannt, welche den 
Umbrern 300 Städte entriffen haben follen, einen 
aus 12 Städten beftcehenden Bund gründeten und 
fich nördlich und jüdlid; ausdehnten. Die Tyrrhener 
waren (nad) Herodot) pelajgiichen Stammes und 
aus Lydien übers Meer gelommen. Nimmt man 
aber die Nachricht des Hellanitos von einer Ein: 
wanderung aus Norden hinzu, jo ift es nicht 
umvahricheinlich, daß fich diejen Elementen aus 
Rätien ein Bolf, die Raſenge, zugejellte, und 
daß aus deren Vermiſchung und Verbindung dann 
das Volk der Tuffer entftand; jo wird aud) das 
Borhandenfein von Tuffern in Norditalien befjer 
erflärlich. — Der ſüdliche Zweig des umbriſchen 
Stammes begriff diejenigen Völker, die bei den 
riechen Aujoner oder Opifer (Offer) hiehen, 
deren Sprache die offifche genannt wird. Dazu 
gehören die Apuler im engeren Sinne, die eigent- 
lichen Opiter, Ureinwohner des jpäteren Sam: 
niums und Cantpaniens, die Yurunker (Murunei 
— NAufonici), die Volſter und Hauer im öſt— 
lichen Sebirgslande des ſpäteren Latium, und in 
gewiſſer Hinlicht auch die Yatimer, indem wenig: 
tens das Bolt der fogenannten Aboriginer 
(Aßogıyives, deren Name nicht don origo abzu- 
leiten, jondern auch auf die Aurunfer zurüdzu: 
führen ift), welches, von N. her durch die Sabiner 
aus dem Belinusthal um Reate vertrieben, über 
den Anio wanderte und in Vereinigung mit den 


Italia. 


an der Weſtküſte wohnenden filuliichen und pela- 
igiichen Ureinwohnern die latiniiche Nation bildete, 
jiher aufonischen Stammes, unter deren Bölfern 
den Djfern und Umbrern zunächit verwandt war. 
Der Stamm der Sabiner oder Sabeller wohnte 
urjprünglich in den Hochthälern des Gebirges am 
Aternus, von wo aus fie bis zum Zuſammenfluß 
des Anio und Tiber vordrangen. Eine eigentüm: 
liche Sitte der Sabeller war das jogenannte ver 
sacrum, der heilige Frühling; bei entftandener 
Not nämlich gelobten jie den Göttern den Ertrag 
des nächiten " rühlings zu weihen, worauf dann 
Früchte und Tiere geopfert wurden, die Jugend 
aber nach 20 Jahren ausgeichidt wurde, um ſich 
eine neue Heimat zu juchen. So jollen die Bicen: 


ter, die Herniker, Beftiner, Marruciner,. 


Päligner, Marjer entjtanden fein, welche Iegtere 
4 durdy ein Bündnis verbunden waren. Seit 
450 v. C. ctwa verbreiteten fie fich unter dem 
Namen der Samniten (abgeleitet von dem Kollek— 
tivnamen Samnium = Gabinium, Savinium, 
riechiſch Zevriraı) über das oſtiſche Süditalien ; 
ie zerfielen in die Garacener oder Sariciner 
im R., Bentrer, Caudiner, Hirpiner. Nörbd- 
lich vom Frento lichen fich die Frentaner nieder. 
Daß die Niederlaffungen der Sabeller an der Dit: 
füfte noch weiter abwärts gingen, ift wahricheinlich. 
Die Samniten jegten ihre Eroberungen auch an 
der Wejtfüfte weiter fort. Zunächſt gegen SW. 
nahmen fie jeit 440 v. E. das bis dahin ojkiiche 
und tujfische (richtiger tyrrheniſche Kampanien 
ein, deffen Hauptitadt Capua 437 v. C. fiel, worauf 
420 die Etruffer ermordet worden fein jollen. Die 
Campaner waren aus der jammitiich: offischen 
Miſchung ein eigenes Volk geworden. Als griechijche 
Stadt hielt fich jelbftändig nur Barthenope, jeit: 
den wahrjcheinlich Palaiopolis genannt, indem flüch— 
tige Kymaier daneben Neapolis bauten. Nördlich 
vom Volturnus blieb das oſtiſche Volk der Sidi: 
ciner (mit den Städten Teanum und Eales) von den 
Samniten unabhängig. In Unteritalien breiteten 
jich die Samniten feit 420 auch unter dem Namen 
Yucaner über das alte Onotrien aus und er- 
oberten den größten Teil des Binnenlandes, von 
den griechiſchen Städten jelbit nur Pojeidonia 
und Pyrus (jeitdem Päftum und Burentum); 
ſeit 390 v. E. unterwarfen fich dieje Yucaner fajt 
die ganze füdliche Halbinjel oder das alte Jtalien 
in jeiner ng Bedeutung, welches um dieſe 
Zeit — mit Ausnahme der Städte Grofgriechen- 
lands — den Namen Lucania führte. Die ur- 
ſprünglichen italisch - fituliichen Bewohner (Meor- 
geten und Sifeler), bis dahin Unterthanen der 
griechiichen Städte, verbanden ſich mit ihnen und 
erichienen etwa 360 v. E. als jelbftändiges Volt 
unter dem Namen Bruttii, griechifch Borrrioı 
(die Siteler waren wohl Eines Stammes mit den 
feltijchen Briten, f. darüber Sieilia,, welche den 
ager Bruttius bewohnten. Die griechiichen zahl- 
reichen Kolonien der unteritalijchen Küſte führen den 
Namen Grofgriechenland ſ. Graecia magna). 
Aus dem nachmaligen Jllyrien endlih waren 
nach der Dftjeite Unteritaliens einzelne Stämme 
übergegangen: Japyges, dasjelbe Volf, welches 
die Römer Apuler nannten, und die Stämme 
der Daunier, Peuketier (römiſch Pödicnler) 
und Calabrer nebit den Mefjapiern oder Sa: 
lentinern. Anderſeits werden allerdings die 


10 


1 


— 


LE 


Italica 


Peuketier und Meflapier nebft den unter den Si- 
felern die jüdliche Halbinjel bewohnenden Chones, 
die aucd mit dem umfafjenderen Namen Onotrer 
bezeichnet werden, von urgriechiichen oder pela- 
ſgiſchen Stämmen abgeleitet. Dies das Allgemeine 
in Hinficht der Bevölferung. Über Yatium ins: 
bejondere j. d. — Erit der neueren Sprad): 
forjchung ift es gelungen, nad) den Überreſten der 
einheimischen Sprachen außer den eingewanderten 
Kelten 3 italijche Urftämme zu untericheiden, den 
iapygiſchen, den etrujtijchen und den ita: 
liſchen, von welchen der feßtere jich in 2 Haupt: 
zweige jpaltet, das latinijche Idiom und das: 
jenige, dem die Dialekte der Umbrer, Marier, 
Boliter und Samniten angehören. Der iapy: 
aiihe Stamm im füdöftlichen Italien, in Gala: 
brien und Apulien, ſchwindet mehr und mehr beim 
Beginn unferer geichichtlichen Kenntnis und wird 
namentlich durch die Hellenen in Unteritalien jehr 
bald entnationalijiert. Der italijhe Stamm 
nahm das ganze mittlere Jtalien ein, er ift ſtamm— 
verwandt mit den Hellenen, ein Glied des arijchen 
Sprahjtammes. Der latinifche Zweig nahm den 
ganzen Weiten, jüdlich vom Tiber bejonders Ya: 
tium und Campanien ein; nur in dem eigentlichen 
Latium hat er ſich rein erhalten. Der andere 
Zweig begriff die UImbrer und Sammiten, 
deren Sprachen, das Umbriihe und Dikijche 
(porij Orızar, ra» Oorwv 1) dıd)enrog, lingua 
obsca, osca), ji einander näher ftehen als dem 
Yateinijchen. Vgl. Mommſen, die unteritaliichen Dia: 
fette (1850). Bücheler, Umbrica (1883). Die Sprad): 
denfmale der Etrujfer find bis jetzt noch zu 
wenig erflärt, um diefem tolierten Stamm jeine 
Stellung genau anzuweiſen (j. Etruria, 2.) — 
Oberitalien von den Alpen bis Meacra und 
Rubico zerfiel in: 1) Liguria (j. d) am Liguri- 
ichen Meerbufen mit den Städten Nicäa (Nizza), 
Aſta (Aiti), Genua (j. gl. N), Dertona (Tor: 
tona). 2) Gallia cisalpina, jeit der Eroberung 
Mediolaniums 222v.E. Provinz, durch den Padus 
in eispadana und transpadana geſchieden. Im 
W. wohnten die Tauriner, ein feltijch-ligurifches 
Miichvolf, mit Nugnjta Taurinorum(j. Turin), 
in der N.:Weftede die keltiſchen Salajlier mit 
Augufta PBrätoria (j. Aoſta) und Eporedia 
(ji. Jvrea), die feltifchen Inſubrer zwiichen Tiei— 
nus und dem L. Yarius mit der Hauptitadt Me: 
diolanium (j. Milano, Mailand); die Ceno: 
manen mit Briria (Brescia), Cremona und 
Berona; jüdlih vom Padus der mächtige Kelten: 
jftamm der Bojer mit Parma, Mutina (Modena) 
und Bononia (Bologna); öftlih von ihnen bis 
zur Küfte die Yingonen mitRavenna. 3) Vene: 
tia öftlih vom Atejis bis zum Timavus mit 
Patavium (Badua) und Altımum (j. Dorf Al— 
tino) und nördlich die Carniz und 4) das öftlic) 
vom Timavus liegende Jftrien. Strab. 5, 209 ff. 
— In Mittelitalien liegen an der Weftjeite 
die Yandichaften: 1) Etrurta, gegen ©. und ©. 
faft durchaus von dem Yaufe des Tiber begrenzt; 
2) Latium bis ſüdlich über den Liris hinaus 
mit den Yandichaften der Aquer, Herniker, 
Voljfer und Aurunfer; 3) Campania; im 
D. 4) Umbria, jüdlid bis zum Aſis und dem 
Nar Nebenfluß des Tiber); 5) Picenum an 
der Dftfüfte vom Aſis bis zum Salinus; 6) das 
Land der Sabiner, Bejtiner, Marruciner, 


— [thaka. 


585 


Päligner und Marjer; 7) Samnium mit den 
Bölferjchaften, der Caracener, Bentrer, Eau: 
diner, Hirpiner, und öftlih an der Küſte die 
Frentaner, füdlicd bis zum Frento. — Unter: 
italien endlich enthielt an der Dftjeite die Yand- 
ichaften Apulia (mit Daunia und Peucetia) und 
Galabria, im ®. Lucania und Bruttii. 
Das Genauere j. bei den einzelnen Artikeln. Plin. 
3, 38—138. Strab. 5, 209. Niſſen, Italiſche 
Landeskunde (1. Band 1883). 

Italiea, 1) Stadt im Gebiete der Turdetaner 
in Hiſpania Bätica, eine im zweiten puniſchen 
Kriege von Scipio gegründete und mit Veteranen 
bevölferte Stadt, etwas nordweitlid von Hilpalis 
am Bätis. Seit Auguſtus war die Stadt Muni: 
eipium, fpäter erhielt fie den Namen colonia vic- 
trix oder Ulpia. Zahlreiche und große Ruinen 
bei Santiponce zeugen für die Größe der Stadt. 
Sie war die Vaterjtadt der Kaiſer Hadrian und 
Trajan, vielleicht aud) des Dichters Silius Jtalicus 
(.Sılii,8.). Caes. b. c. 2, 20. b. Alex. 53. Strab. 
3, 141. — 2) j. Corfinium. 

Italfeum bellum j. Marsicum bellum., 

Italieus, 1) j. Silii, 8. — 2) Sohn von Ar: 
minius’ (ſ. d.) Bruder Flavus, Fürſt der Cheruifer. 
Tae. ann. 11, 16. 17. 

Itälus j. Elektra, 5. 

Itänos, "Iravog, Stadt an der Dftküfte der Juſel 
Kreta, etwa ſüdlich vom VBorgebirge Salmonion, 
hatte nach Herodot (4, 151) Purpurfärbereien und 
bejah ein nicht unbedeutendes Gebiet. 

Ithäka, '"/8dan, j. Ithali oder Thiafi, die Heine 
3TIM. große), aber berühmte Inſel des Odyfjeus 
an der Ditjeite von Kephallenia oder Same, von 
Homer (Od. 9, 25) jedoch die weftlichite der 
Injeln genannt. Ein Bergrüden durchzieht die 
ganze nad NNW. jich eritredende Inſel (Od. 
4, 605. 13, 195); die nördliche, 807 m hohe, Höhe 
hie Nrjerov (j. St. Elias oder Anoi, Od. 
9, 22. 13, 371), die jüdliche Nrjiov (j. Hagios 
Stephanos, Od. 1, 186. 3, 81); auf die ſchroffen 
Feljen paffen die homerijchen Beiwörter alydlıy 
und xeavar. Die jept meiſt fahlen Höhen waren 
nach Homer mit Wald bededt iNTjiov slvoaipvilor, 
Il. 2, 632. Od. 1, 186. 9, 22 u. ö.), auch wafler: 
reich nennt er das Land (Od. 13, 245). Im den 
Heinen Thälern und an Abhängen wuchs viel Ge: 
treide (Od. 13, 244), Wein, Feigen, Dliven (Od. 
24, 245 .); desgleichen war die Viehzucht beden- 
tend (Od. &, 606. 13, 246. 404. 14, 107). An der 
Nordieite lag der Felſen Korax und die Bucht 
des Phorkys nebſt der Duelle Arethuſa (Od. 
13, 102 ff. 351). Der Hafen Rheithron (Od. 
1, 186), j. Porto Molo, von NO. ſtark einjchnei: 
dend, verjchmälert die Inſel in der Mitte (derjelbe 
ift wohl der Au» moAvßerdijs, Od. 16, 324.352). 
An dem Rheithron jowie an dem Fuße des Neion 
lag die Stadt Ithaka (Od.3,81. 2, 397, 16,331), 
j. Aöto bei dem jehigen Hauptorte Vathy, dod) 
aber lag jie immer noch hoch (Cie. de or. 1, 44: 
Ithacam in asperrimis saxulis tanquam nidulum 
affixam) auf der jchmalen Stelle der Juſel. — 
Die Angaben über die Ortlichkeiten find in den 
verichiedenen Teilen der Odyſſee wideriprechend, 
noch weniger entiprechen diejelben den jetzigen 
Verhältnifien. Offenbar hat der Dichter die Juſel 
niemals gejehen und lofale Einzelheiten erfunden. 
Trogdem haben neuere Forſcher (Gel, Rühle 


886 


v. Lilienftern, Schreiber und ſelbſt Fr. Thierich, 
j. fein Yeben Bd. II S. 333) noch jetzt alles Home: 
rijche wiederfinden wollen, wogegen ſich Hercher 
aus Autopfie ausipricht Hermes Br. l ©. 263— 
2803 wieder abgedrudt in deſſen homer. Abhand: 
lungen). Bol. 8. A. v. Baer, über die homer. 
Yofalitäten in der Odyſſee. Nach dem Tode des 
Verfaſſers herausgegeben von L. Stieda (1878). 
von Warsberg, Donfleifche Landichaften (3 Bod. 
1878). Ithala (1888). 

Ithöme, '/doun, 1) Berg in der Mitte Mei: 
ſeniens am rechten Ufer des Balyrafluffes (502m 
hoch), nächſt Korinth das zweite Horn (xEgus) 
des Peloponnes (Pol. 7, 11. Strab. 8, 361) von 
Demetrios von Pharos genannt. Auf dem Gipfel 
befand fich ein Heiligtum des Zeus Jthomatas, 
des Yandgottes von Mefjenien, der ohne Tempel 
und Bild mit Opfern und mufischen Wetttämpfen 
verehrt wurde. Zugleich diente die mit ftarfen 
Mauern umgebene obere Fläche als Burg und 
Hauptfeitung des Landes. Während des eriten 
meſſeniſchen Krieges (743— 724 v. E.) wurde dieſe 
Burg heldenmütig 10 Jahre lang von Ariftodemos 
gegen die Spartaner verteidigt und von leßteren 
darauf eingenommen; bald aber ward th. aufs 
nene befejtigt, jo daß fie ſpäter als Akropolis der 
darunter liegenden Stadt Mefjene betrachtet wird. 
Am füdlihen Fuße des Berges legte nämlich 
Epameinondas im Jahre 369 die fefte, geſund 
gelegene Hauptitadt Meſſene an, von welcher jich 
noch merkwürdige und bedentende Ruinen finden. 
Der Berg Jth. heift jetzt Vurlano. Thuc. 1,103. 
Faus. 4, 26, 5fj. 2gl. den Plan zu Messenia 
und die fchöne Schilderung von Viſcher, Erinne: 
rungen und Eindrüde aus Griechenland ©. 442 ff. 
— 2) fefte Stadt im weftlichen Theflalien, auf 
fteiler Felshöhe gelegen, deren Bewohner jpäter 
mit Metropolis vereinigt wurden. Strab. 9, 437. 

Itineraria, Reijebücher, waren bei den Römern 
doppelter Art (Veget. de re mil. 3, 6), entweder 
It. adnotata s. scripta oder It. pieta, entftanden 
aus den Vermeffungen und fartographiichen Dar: 
ftellungen, weldie in der Naiferzeit angefertigt 
wurden. Die It. seripta find Neiferonten (nad 
Art unferer Wursbücher), welche die Namen und 
Entfernungen der verichiedenen Orte, die man be- 
rühren mußte, ohne weitere Bemerkungen ent: 
hielten. Uns find folgende derartige Werfe erhalten: 
1) die beiden Itineraria Antonini (dem Kaiſer 
Antonin zugejchrieben, doch nicht vor Pivcletian 
abgefaßt), das größere Diftancen zu Lande nad) 
Millien, das Kleinere Diftancen zur See in 
Stadien enthaltend. 2) Itinerarium Hierosoly- 
mitanum oder Burdigalense vom Jahre 333, 
enthält die Route eines chriftlihen Pilgers von 
Burdigala nad Hieroſolyma, und von Herakleia 
über * nach Mediolanium ſehr genau. Ausgg. 
von Weſſeling (1735), Fortia d'Urban (1845), 
Parthey und Binder (1848). 3) It. Alexandrı, 
ein kurzer Abriß des Zuges gegen die Berfer, 
hauptjächlich nach Arrian, für den Kaiſer Conſtan— 
tinus angefertigt, herausgegeben zuerft von A. 
Mai (1817) und jeitdem von €. Müller (in Düb- 
nerd Ausgabe des Arrian, 1846) und am bejten 
von Dietr. Vollmann (1871). — Von der zweiten 
Klaſſe, den It, pieta, den erjten rohen Verſuchen 
der Poſtkarten, hat ſich auch ein Eremplar erhal: 
ten, die nach ihrem früheren Befiger, dem Augs— 


Ithome — Jubn. 


burger Ratsheren Konrad Pentinger, genannte 
Tabula Peutingeriana (jegt in Wien) etwa aus 
dem Sahre 230 n. E.; das vorhandene Eremplar 
ift eine im Jahre 1265 zu Colmar gezeichnete und 
folorierte Kopie auf 12 Pergamenttafeln in Folio 
und umfaßt die ganze den Römern befannte Erde; 
nur der Hiſpanien und Britannien enthaltende 
Anhang ift verloren gegangen. Weder die Gejtalt 
der Länder noch die geographiiche Lage ift darauf 
berüdfichtigt, fondern nur die Entfernungen find auf 
einem von W. nach O. gehenden Streifen bezeichnet, 
das Zeichen der Stadt ift nach der Größe ver: 
ichteden. Außerdem find die Flüffe und die Namen 
der Länder angegeben. Ausgg. von Scheyb (1753), 
Mannert(1824)und namentlidy Desjardins(1868Ff.); 
Schulausgabe von Miller (Weltfarte des Eaftorius, 
1888). 

Itins portus, rö "Irıor, Hafenftadt der galli- 
ichen Moriner, wo Cäſar feine Truppen vor jeiner 
zweiten Überfahrt nad) Britannien fammelte (Caes. 
b. q. 5, 2. 5. 8), nach Napoleons Ill. wohl richtiger 
Meinung das h. Boulogne (aljo = Gesoriäcum), 
nach dv. Göler Calais, nad Seller und Kiepert 
Wiſſant, deſſen Hafen jebt freilich völlig verjandet 
iſt. Abhandlung von Rud. Schneider (1888). 

Itys ij. Philomele. 

Juba, ’/ößas, 1) Juba J., König yon Numi: 
dien, ein Sohn Hiempſals II. (j. die Stammtafel 
unter Jugurtha). Nachdem jein Vater beim 
Ausbruch des Bürgerkriegs zwijchen Marius und 
Sulla ſich dem letzteren angejchlofien hatte, darauf 
von Marius verdrängt, jedoch von dem jungen 
En. Rompejus wieder eingejegt worden war, wurde 
der Sohn durd die Verhältniffe auf Pompejus' 
Seite gedrängt und zog fi Cäſars Feindſchaft 
zu. Plut. Pomp. 12. App. b. c. 1, 80. Als näm: 
lid Juba im 3. 63 v. C. im Auftrage jeines 
Baters nad) Rom ging, um die Wirkungen des 
von Cäſar unterftügten ſerviliſchen Ackergeſetzes, 
welches für Numidien den Verluſt von Ländereien 
nach ſich ziehen konnte, zu verhindern, berüchſich— 
tigte man in Rom freilid) des Juba Verhältnis 
zu PBompejus; allein im %. 62 beleidigte Juba 
den Cäſar in der Perſon eines von ihm begünftigten 
Numidiers, des Mafıntha, jo daß Cäſar den Juba 
perjönlich antaftete. Suet. Caes. 71. Als nun 
jpäter der Bürgerkrieg ausbrach, beftand Juba, 
der von Cäſar feine Nachſicht zu hoffen hatte, 
get einen heftigen Kampf gegen deſſen Feldherrn 

. Scribonius Curio (49), welcher als Tribun vor: 
geichlagen hatte ihm jein Reich zu nehmen. Vell. 
Pat. 2, 54f. Juba lodte den Gelandeten durch 
Lift in eine Ebene, umzingelte ihn bier und ver: 
nichtete ihn jamt feinem Heere. Caes. b. c. 2, 40 ff. 
Wegen diejer und anderer Thaten, bei denen es 
Juba freilich nicht an Gewaltthätigkeiten und Treu: 
lofigfeit hatte fehlen Taffen, erhielt er von Pom— 
pejus den KRönigstitel. Als nun jpäter Cäſar jelbit 
in Afrifa erichtien, erhob Juba, auf jeine Ber: 
dienste pochend, Anjprüche auf den Oberbefehl über 
die Pompejaner und hätte ihn von dem jonjt jo 
ftolzen, aber unfähigen Scipio auch erhalten, wenn 
ſich nicht Cato dem widerſetzt hätte. App. b. c. 
2,46. Plut. Cat. min. 57 f. So übernahm Scipio 
den Oberbefehl. Dadurch verlegt, zog ſich Juba 
anfangs zurüd; als aber Cäſar in Nujpina ein- 
aeichloffen war, zog auch Juba heran (47), wurde 
jedod) zum Nüdzuge genötigt, da (wohl nicht ohne 


— 


Judaea — Judex. 


Zuthun Cäſars) nicht nur von Weften 
geborene, auf Jubas Macht eiferfüchtige Fürften 
in fein Reich einbrachen, fondern auch ım Süden 
desjelben mauriſche Stämme fich empörten. Caes. 
b. Afr. 25. 57. 77. Nur dringende Bitten des 
Seipio und zulegt die Auficherung einer Ber: 
größerung jeines Reiches veranlaßten ihn, wieder 
zum römischen Heere zu ftoßen (Die Cass. 43, 3), 
worauf er den Seipio mit Hochmut behandelte 
(Caes. b. Afr. 57). Nach der unglüdlichen Schlacht 
bei Thapfjus (46), in der Juba zuerjt die Flucht 
ergreifen mußte, fam er nad) Utica, von Cato hier 
abgewiejen, nad) Zama, wo die Eimmohner die 
Thore vor ihm verjchloffen und Br jogar die 
Auslieferung feiner Familie und jeiner Schäße 
verweigerten. So überall verlafjen und durch die 
Niederlage feines lebten ar unter Saburra 
gegen die Mauretanier und Gätuler unter dem 
ömer Eittius entmutigt, fuchte er auf einer feiner 
Villen Zuflucht. Hier gab er fi, mit dem Haſſe 
feiner Unterthanen beladen, wahrſcheinlich mit 
eigener Hand den Tod (nach andern tötete er erft 
den Petrejus im Zmweifampf und ließ fi dann 
von einem Sklaven eritechen), im J. 46. 
Land wurde römijche Provinz und erhielt in dem 
Seichichtichreiber Sallujtius feinen erften Statt: 
halter. Caes. b. Afr. 98. App. b. c. 4, 53 f Dio 
Cass. 43, 9. — 2) Sein Sohn, Juba Il., ge: 
ftorben 23 n. C., wurde in Bama von Gahır 
gefangen genommen und nach Kom geſchickt, wo 
ihm iſee Erziehung zu teil wurde. Oectavian 
vermählte ihn mit Kleopatra Selene, einer Tochter 
des Antonius und der Kleopatra, und übergab 
ihm dann im %. 25 v. E. nicht nur Numidien, 
fondern auch Mauretanien. J. erwarb fich durch 
eographijche und hiftoriiche Schriften (z. B. Ar- 


und, 


her ein⸗ 


Sein 


eugni ründlicher Kenntniſſe ſind und von 

lutar pian und Caſſius Dio vielfach be— 
nutzt worden ſind, einen nicht unbedeutenden Ruf. 
Plut. Ant. 87. Caes. 55. Abhandlung von Herm 
Peter (1879). — 3) ein römijcher Artigraph des 
8. Dr n. C., der in jeinen metrischen Schrif: 
ten ſich an den Griechen Heliodoros und an Cäftus 
Baſſus angejchloffen hat. Fragmente gejanmelt 
von ten Brinf (1854), Wenbel in den symb. ad 
bistor, script. rei metr. lat. p. 18-25 und Henfe, 
act. soc. philol. Lips. 4 (1875), 1. 

Iudaen, "Tovdad«, zunächſt die jüdlichfte und 
wichtigite der 3 Landichaften Paläftinas diesjeits 
des Jordan, das Gebiet des „Reiches Juda“, das 
nach dem mächtigiten ifraelitiichen Stamm benannt 
war, aber auc den Stamm Simeon und Teile 
von Dan und Benjamin im fich begriff. Die 
Grenzen bildeten im N. Samarta, ım D. der 
Jordan und das Tote Meer, im S. Idumäa, im 
W. Philiftän; doch verjtand man in der römischen 
Kaiſerzeit unter Judaea häufig alles Land diesjeits 
des Jordan oder auch ganz Paläftina. Strab. 
16, 749. 760. Tae. hist. 4, 3. 5, 6. 9. 

Judex, T) allgemein, 1) bezeichnet eine Ma- 
giftratsperjon und zwar jowohl in der ältejten 
Zeit des römischen Freiftonts (wo ſogar die Kon— 
juln iudices heißen) als in der Kaiferzeit, wo 
man deshalb iudices civiles und militares unter: 
ſchied. — 2) Wichtiger ift die Bedeutung einer mit 
der Unterfuchung und Entjcheidung eines Eivil- 
oder Kriminalprozeffes beauftragten Privatperjon. 


Poueinn lorogla«, nepi Asovelor), die 
c 


587 


Im e. ©. ift index ein Kriminalrichter oder ein 
Civilrichter A) Judex als Kriminalrichter. 
Bor Einführung der quaestiones perpetuae gab 
es feine eigentlichen iudices. Der Senat gab in 
vorliegenden Fällen durch ein Senatsfonfult den 
Tribunen den Auftrag, das Bolf zur Anordnung 
eines Gerichtes und Ernennung eines Borfikers 
aufzufordern (Liv. 4, 51). Seit aber die erjte 
quaestio perpetua 149 v. C. durd die lex Cal- 
purnia repetundarum (f. Repetundarum) ein- 
eführt war, entwarf der praetor urbanus alle 
Sr nicht durchs Los, jondern nad eiblicher 
ag aus befter Überzeugung eine Lifte 
der für die Quäftionen wahlfähigen Richter (album 
indicum). Dieje hießen nach Rein (römifches Pri- 
en selecti iudices, andere wagen bei 
der Unficherheit der Angaben (Sen. de ben. 3, 7. 
Cie. Cluent. 43. Verr. 2, 13) nicht, über diejen 
Begriff zu entjcheiden. Nach Plinius (33, 2: de- 
curiae pluribus discretae nominibus fuere, tri- 
bunorum aeris et seleetorum et indieum) wer: 
den selecti noch bejonders neben iudices erwähnt, 
fie jcheinen eine bejondere Nichterdecurie (deren 
jede immer einen Stand vertrat), aljo die Nitter- 
decurie (Indices Senatorendecurie) bezeichnet zu 
haben. — Bis auf die Gracchen waren die indices 
nur Senatoren, aber von da an begann ein 
langer Kampf der Stände um die Nichterwürbde. 
€. Grachus nahm die Gerichte den Senatoren 
und gab fie denen, welche 400 000 ertien be: 
ſaßen (den bisherigen ritterlihen Genfus). Tae. 
ann. 12, 60. Vell. Pat. 2,6. (Doc anders Liv. 
7 60 und Plut. C. Gracch.5.) Die beiden leges 
erviliae (Tae. ann. 12, 60: rursum Serviliae 
leges senatui indieia redderent) gaben dem 
Senate die Gerichte wieder zurüd, die lex des 
Konjuls DO. Servilius Cäpio 106 v. C. vollitändig 
und ausichlieglich, die bald darauf erfolgende lex 
des Tribunen Servilins Glaucia nur teilweiſe, 
indem nach irgend einem uns unbelannten Modus 
Senat und Ritter gemeinjchaftlih Richter jein 
follten. Im Gegenjage zu dem jempronijchen 
Geſetze des E. Sempronius Gracchus, das aus: 
ſchließlich die Ritter als Richter beitimmte, durfte 
Tacitus auch das zweite ferviliiche Geſetz (des 
Glauecia) als im Intereſſe des Senats bezeichnen 
und von einer Zurüdgabe der Gerichte an den 
Senat jprechen. Gegen dieſe Auffaflung würde 
allerdings Aſconius (S. 79 zu Cie. pro .) 
ſprechen, der behauptet, daß vor der lex Plautia 
89 dv. E. niemals Senat und Nitter gemeinichaft- 
lich das Richteramt verwaltet hätten, indeflen jchei: 
nen auch jonft Schon im Altertume Verwechſelungen 
der beiden leges Serviliae Ar efunden zu haben 
—T Cie. inv. 1, 49). Verſchiedene Auffaſſungen 
. Mommjen, Zeitfchrift für die Altert.-Wifenich 
1843 Nr. 102 ff., Zumpt, de legibus iudierisque 
repetund. p. 28. Der Tribun M. Livins 
Druius (j. Drusi, 2.) wollte im 3. 91 v. €. 
die Gerichte wieder ausichliehlich dem Senate über- 
tragen und doch augleich auch die Ritter, welche 
bis dahin nach der lex Servilia (des Glaucia) in 
Semeinichaft mit dem Senate das Nichteramt ver: 
waltet hatten, befriedigen. Daher ſchlug er vor, 
es jollten zuvörderſt 300 Ritter in den Senat auf: 
genommen werden (App. b. ce. 1, 35; jcheinbar 
anders Vell. Pat. 2, 13), doch der Senat erflärte 
das ſchon angenommene Gejeg für ungültig. Vgl. 


154 


588 


Billy Strehl, M. Liv, Drufus Voltstribun 91 v. €. 
(1887). Much die lex Plautia des M. Plau— 
tius Silvanıs 89 v. E., welche die Wahl der 
Nichter in der Weife dem Volle übertrug, daß 
dasjelbe aus jeder Tribus 15 iudices (Senatoren, 
Nitter, Plebejer) erwählte, galt nur furze Zeit. 
Sulla berief durch jeine lex Cornelia iudi- 
eiaria 81 v. E. die Senatoren wieder ausſchließ— 
lid) zu Richtern. Die Beftechlichkeit dieſer ſena— 
torijchen Nichter veranlafte die lex Aurelia 
des L. Aurelius Cotta 70 v. E., nach welcher 
3 Nichterdecurien aus den Senatoren, Rittern und 
rartribunen genommen werden follten. C. Julius 
Cäſar ſchloß die Tegteren wieder aus (Suet. 
Caes. 41. Dio (ass. 43, 25), 46 dv. E., und M. 
Antonius ftiftete 2 Jahre darauf an deren Stelle 
eine Decurie aus Centurionen und Soldaten, was 
der Senat im J. 43 wieder abichaffte. Auguftus 
fügte den 3 früheren Nichterdecurien eine vierte 
hinzu (Suet. Oct. 32: ex inferiore censu, quae 
ducenariorum vocaretur; 200 000 Seftertien, d. i. 
ducenta sestertia), deren Beftimmung die Ab: 
urteilung geringfügiger Sachen jein jollte. Cali— 
gula fügte nor eine fünfte Decurie hinzu. Suet. 
Cal. 16. — Über das Alter, das zum Richter: 
amte befähigte, ift die Hauptitelle Süuet. Oct. 32, 
wo ri tige Rechnung jtatt der handjchriftlichen 
Ba XX die Zahl XXV verlangt. Darnad) 
onnte früher nur mit dem dreißigiten Jahre das 
Nichteramt angetreten werden, Augnftus ſetzte das 
erg Sp Lebensjahr feſt. Das Amt 
auerte 1 u zu allen den Zeiten, wo die Rich— 
ter nicht ausjchließlich aus den Senatoren genom: 
men wurden. Dio Cass. 54, 18. — Die Gejamt: 
zahl der iudices war in verjchiedenen Zeiten eine 
verichiedene. Die lex Plautia beftimmte 525 Rich— 
ter für alle Quäftionen, während die lex Servilia 
(Glaueia) für die Nepetunden allein 450 verordnet 
hatte. Auch Bompejus verfügte 52 v. E. für feine 
Duäftionen 360 Richter. Auguſtus brachte die Zahl 
der Richter auf 4000 und verordnete, daß zur Er: 
leichterung des richterlichen Amtes wechſelsweiſe 
jede der 4 Decurien 1 —— ſein ſolle; über— 
dies un er auch noc 2 Monate Gerichtsferien 
fejt (Suet. Oct. 32), die jedoch Galba wieder aufs 
hob (Suet. Galb. 14). — Aus dem allgemeinen 
album wurden die Richter für jede Quäſtio aus: 
geloft, und aus der Richterzahl einer jeden Quäſtio 
wurden bei jedem einzelnen Prozeß die Richter 
gewählt (editio iudieum, iudices editieii, ic. 
Plane. 15 ff). Doch war dies das jeltnere Ver: 
fahren, das gewöhnlichere die Auslojung (sortitio 
und subsortitio, wenn die Parteien einige ab: 
gelchnt haben). Beftechliche Nichter wurden vor 
alters mit einer Napitaljtrafe bedroht (Well. 20, 1), 
ſpäter gelinde ge — B) Judex als Civil— 
richter. Schon in der Ältejten Zeit pflegten Ma: 
giftrate die Unterfuchung und Entjcheidung der 
Prozeſſe Privatperjonen zu übertragen, welche an 
die von dem Magiftratus erhaltene Inſtruktion 
gebunden waren. Dieje Einrichtung, iudicis datio 
genannt, wurde zur Negel und beftand, jolange 
der ſ. g. ordo iudiciorum privatorum dauerte. 
Später entjtand das Ertraordinarverfahren, nach 
welchem der Magiftratus jelbit —— und 
entſchied, und dieſes war ſeit dem 3. Jahrh. n. €. 
das einzige. Anfangs waren die Nichter gewiß 
Senatoren (Pol. 6, 17), darauf nahm man die 


Judieia — Jugum. 


Nichter auch aus den andern Ständen, zuweilen 
wohl aus dem album, was Wuguft gejeglich be: 
ftimmte. Der Magiftratus fonnte in jedem ein- 
zelnen Falle nur den zum Richter machen (con- 
stituere, collocare), mit welchem beide Barteien 
zufrieden waren, und gewöhnlich lieh er den Kläger 
vorichlagen (iudicem ferre). Der ernannte Richter 
hatte das Recht, ſich Ratgeber zu nehmen (asses- 
sores, consiliarüi), j. Assessor. Bereidigung 
des Nichters war regelmäßig. — Unfähig zum 
Nichteramt waren Taube, Stumme, Wahnfinnige, 
infames u. ſ. w. Es gab aud einzelne Be- 
freiungsgründe, 3. B. ein gewifjes höheres Alter 
u. ſ. w. II. Judex pedaneus, gauaıdı- 
xcorijs, ein Ausdrud der Kaiferzeit, bezeichnet 
einen gegebenen Hilfs: oder Unterrichter, dem von 
den Magiftraten einzelne ng zur Unter: 
ſuchung überwiejen wurden. — III) Judex quae- 
stionis hieß der Präjident einer Quaestio per- 
petun, welder aber nicht Magiftratus war (j. 
Quaesitorund Quaestio perpetua). Manche 
glaubten mit Unrecht, iudex quaestionis K ein 
untergeordneter Korte des präfidierenden Prätor 
und in deſſen Abweſenheit dejjen Stellvertreter 
geweien. An allen Stellen, wo iudices quaest, 
erwähnt werden, ericheinen fie als Gerichtspräfiden- 
ten, ohne einen Prätor über ſich zu haben, aber 
gleichwohl waren fie feine ein Auer Da es 
mehr Quäftionen als Prätoren gab, erhielten meh: 
rere Quäjtionen Einen iudex quaest. zum Bor: 
fteher, welcher bei jedem Prozeß bejonders beeidigt 
wurde und während jeines Amtsjahres In 
werden konnte. Cic. Cluent. 33 ff. 53; vgl. noch 

'err. 1, 61. 

Judicia j. Prozef/s, ]l. 

Jugörum, ein römijches Flächenmaß, dem gric: 
chiſchen mAddgov entjprechend, doch etwas größer, 
240 Fuß in der Länge, 120 Fuß in der Breite, 
28 800 Duadratfuß, ungefähr gleich unferm Mor: 
gen Landes (Juchart). Der Name ftammt nad) 
einigen bon iugum, weil es mit einem Stier: 

ejpann an Einem Tage umgepflügt werden konnte. 

I Anwendung auf die Uncialeinteilung des As 
erfiel eS in 288 scrupula. — Zwei iugera bil- 
— ein heredium, 100 heredia eine centuria, 
4 centuriae einen saltus. Zwei iugera fielen 
nämlich nad der Tradition uriprünglich jedem 
Bürger als erb- und eigentümlich zu, wenn er 
jeine Familie ernähren konnte. 

Jugum, 1) das auf dem Naden der Zugtiere 
ruhende, an der Wagendeichjel befeftigte Joch, 
welches aus Holz verfertigt war. Dft war es ein 
einfacher Bügel, gewöhnlicher aber mit 2 runden 





Ausichnitten für die Wölbung des Nadens ver: 
jehen, j. Vehicula. — 2) ein Querbalfen über: 
haupt, 3. B. an der Wage, bei den Weinjtöden, 


Jugurtha. 
bei dem Webftuhl u. j. mw. — 3) dad iugum| 


589 
römische Sefandtichaft, welche den Streit zu ſchlich— 


ignominiosum des Kriegsweſens, bejchrieben | ten gekommen war, wurde hingehalten und mußte 


von Livius (3, 28). 

Jugurtha, ’loyöodag, ein Sohn des Maſta— 
nabal und Enkel des berühmten Mafinifja *), 
Königs von Numidien. Sein Vater hielt ihn 
vom Hofe fern, und erjt nad deſſen Tode lieh 
ihn jein Oheim Micipfa, ein Schwacher Fürft, dem 


mehr wiffenichaftliche Beichäftigungen am Herzen | 


lagen als die Herrichaft, mit feinen beiden eigenen 
Söhnen Adherbal und Hiempjal erziehen. 
Jury. 10. Schon früh verriet Jug. große Talente, 
welche um jo gefährlicher waren, je ungemeflenere 
Herrichjucht er neben andern Fehlern zeigte. Schon 
er förperlichen Vorzüge, jeine Gejchidlichkeit als 
Reiter und Jäger empfahlen ihn feinen Lands: 
leuten; ihre volle Liebe gewann er fich Durch kluge 
Leitung der Staatsangelegenheiten unter feinem 
ichwacen Oheim, der ihm die Zügel überlieh. 
Daher ſchickte ihm diejer, um ihr zu entfernen, 
mit einer numidischen Hülfsichar nach Numantia, 
wo er mit Marius zufammen war. Sall. Jug. 8. 
Seine kriegeriſche Tüchtigfeit gewann ihm bier 
auch die Gunft der Nömer, und nad) jeiner Rück— 
fehr entichloß ſich Micipja jpäter, um Jug.s Ein: 
fluß in Rom und Numidien zu Gunſten jeiner 
noch jungen Söhne zu benugen, ihn zu adoptieren 
und mit jenen zum Erben einzufeßen. Im J. 118 
v. E. ftarb Micipſa. Aber Ndherbal und Hiempjal 
entzweiten fich bald mit ihrem Vetter. Eine Tei- 
lung des Landes mißlang, da feine Einigung er: 
zielt werden fonnte, und Sen. unter deſſen Schuß 
die leßtwillige Verfügung Micipjas wegen der Nach: 
folge gejtellt war, kümmerte fih um nichts. Aug. 
erhob Anſprüche auf das ungeteilte Reich, lieh 
Hiempfal durch Meuchelmord bejeitigen und nötigte 
den Adherbal zur Flucht nadı Nom (Sall. Jug. 9 ff. 
Flor. 3, 1), wo er Hilfe juchte (117). Als nun 
der römijche Senat es an der Zeit hielt, ſich in 
die Sache zu miſchen, jchidte Jug. Gejandte nach 
Nom. Der jchlaue Numidier hatte im Lager vor 
Numantia gelernt, wie man die ftolzen Römer 
bearbeiten und gewinnen fonnte. Sie wuhten die 
Sache zu Aug.s Gunften zu wenden, und wenn: 
gleich ſelbſt Senatoren mit Schreden die begange— 
nen Ungerechtigfeiten erfannten, fo beichloß doc 
der Senat, daß das Reich zwijchen Adherbal und 
ug. gleich geteilt werden jollte. Römiſche Ge— 
fandte gingen deshalb nadı Afrika, numidiiches 
Geld leitete ihre Handlungen; der größere, frucht- 
bare Teil fiel an Aug. ıSall. 15 ff.). Auch den 
andern wollte Jug. gewinnen, reizte den Adherbal 
zum Kampfe, befagerte ihn in Eirta und ließ nad) 
Eroberung der Stadt den unglüdlihen Fürſten 
umbringen (Sall. 20—26. Diod. Sie. 34,31). Eine 


+) Mafinifia 238—149 v. E. 


Micipfa Guluſſa Maſtanabal 
+ 118 ft vor 118 + vor 118 
— —— — — | - 
Adherbal Hiempſal 1. Maſſiva Gauda Jugurtha 
rı2 t 117 + ı1 + vor 78 + 104 
| 
Diempfal I. 
+ um 60 
Sule I, 
tr 46 
| 
Juba IT. 
+ nad 1a n. C. 


unverrichteter Sache zurüdfehren (112). Die Ein: 
wohner Cirtas, jowie bie dort lebenden Italiker 
fielen durch das Schwert. Auf die Nachricht von 
diefen Ereigniffen, welche Rom mit Entrüftung 
erfüllten, brachte im I. 112 der Voltstribun Mem: 
mins, der fich mit Eifer der Sache annahm, fie 
öffentlich zur Spradye und drängte den ſchwan— 
fenden fried- (und geld) liebenden Senat zur 


Sull. | Kriegserflärung, 111. Jug.s Gejandte wurben ab: 


gewiejen, ein römijches Heer unter dem Konſul 
Beitia (j. Calpurnii, 6.) erjchien in Afrika, meh— 
rere Städte unterwarfen ſich, Nug.s Schwieger: 
vater Bochus von Mauretanien gelobte den Rö— 
mern Freundſchaft, Jug. jelbjt wurde mutlos. Doc 
er fannte ein Mittel: Geld verichafite ihm Ruhe 
und Frieden, der dem faulen Kriege ein Ende 
machte (Sall. 28). Der Tribun Memmius indes, 
von dem allgemeinen Unmillen in Rom unterftüßt, 
ruhte nicht. Er ſetzte es durch, daß Jug., da er 
fi) durch den Frriedensichluß unterworfen habe, 
in Rom erjcheinen jollte. Derjelbe erhielt freies 
Geleit und fam nadı Rom, vom Volke mit In— 
grimm empfangen, gewann aber hier durch Be: 
jtechung den Tribunen Bäbius, der ihm, als er 
vor dem Bolfe reden follte, Schweigen gebot. Ya, 
er lieh hierauf fogar den Maſſiva, jeinen Better, 
welcher in Rom lebte und nun gleichfalls feine 
Aniprüche auf Numidien geltend zu machen juchte, 
durch feinen Bertrauten Bomilfar unter den Augen 
de3 Senats umbringen (111), veranlaßte aber 
durch dieje That den Wicderausbruch des Krieges 
im %. 110 und mußte aus Rom flüchten (jein 
berühmter Ausjpruch: o urbem venalem et cıto 
perituram, si emptorem invenerit). Sall.Jug. 35. 
Liv. ep. 64. Flor. 3,1. Oros. 5, 15. App. Num.1. 
Der Konſul Albinus fand bei jeiner Ankunft das 
römiſche Heer vollkommen zerrüttet, mit aufgelöfter 
Disciplin, mehr Plünderer und Räuber, als Krieger. 
Er richtete daher nichts aus, noch weniger jein 
Bruder, der einen Zug gegen Jug. unternahm, auf 
welchem dieſer fi) des Lagers der Römer bemäch— 
tigte. Ein jchimpflicher Vertrag war die Folge 
davon (109). Sall, Jug. 36. Nun aber regte 
fid) die beleidigte Ehre der Römer, und O. Cäci: 
lins Metellus erhielt den Oberbefehl. Nachdem er 
die erichlaffte Kriegszucht mit unbeugjamer Feſtig— 
feit wiederhergeftellt hatte, begann er die Feind: 
jeligleiten und befämpfte, jelbft jeder Beitechung 
unzugänglich, den numidiſchen König mit feinen 
eigenen Waffen der Lift und Beſtechung. Sall. 
Jug. 435. Er wählte tüchtige Unterfeldherren, 
den Nutilius Rufus, E. Marius und andere, und 
gewann, als Jug. einen Tg geleiteten Angriff 
machte, nad heißem Kampfe die bintige Schlacht 
am Fluſſe Muthul (Sall. Jug. 48 ff... Jug. be: 
ichränfte ſich nun auf den kleinen Krieg, den er 
mit Gewandtheit führte, während Metellus Nu- 
midien verheerte und die Unterthanen zum Abfall 
zu verloden juchte. Das von ihm belagerte Jama 
wurde indes von ug. entſetzt (Sall. 55 ff.). Diejer 
erbot ji) nun zum Frieden und zur Unterwerfung, 
Bomilfar wurde von Metellus gewonnen, ſein 
Berfehr mit den Römern aber von Jug. entdeckt 
und mit dem Tode bejtraft, worauf die Unterhand- 
lungen zwiſchen Aug. und Metellus abgebrochen 
wurden, Der römische Konſul beftrafte einen Auf: 


590 


ftand der numidiſchen Stadt Vaga (Bacca) mit 
er Strenge. Sall. Jug. 66 ff. Während nun 
das 


ahr 108 verfloß, ſuchte Metellus Jug.es Anz | jul 


hänger durch Bejtehung zu gewinnen. Dann be: 
jiegte er ihn in einer zweiten Schlacht (107), er: 
oberte darauf das in der Wüſte liegende Thala, 
aus dem Jug. und feine familie indes entfamen, 
und nötigte ihn zur Flucht zu Bocchus, welchen 
Jug. endlich zur Hülfeleiftung überredete, Beide 
verbündete Könige erjchienen mit zahlreichen Rei: 
teriharen bei Eirta, wo Metellus ihren Angriff 
erwartete. Da erhielt er die Fränfende Nachricht, 
da jein bis a Legat C. Marius, der ſchon 
bisher gegen ihn Ränke geiponnen hatte, zum Konſul 
erwählt und jein zn... geworden jei (107); 
deſſen Berleumdungen, Metellus —F den Krieg 
nicht energiſch genug, hatten in Rom Eingang 
gefunden. Plut. Mar. 8. Sall. Jug. 78. Vell. Pat. 
2,11. Metellus fehrte jchwer geräntt nah Rom 
Ba wo man ihn durch einen Triumph und den 
einamen Numidieus zu tröften fuchte. Marius 
eroberte einzelne Städte, befonders Capſa, lieferte 
Plänfeleien und Heine Gefechte, wodurch er fein 
zum Zeil aus Neulingen beftehendes Heer ein: 
übte und abhärtete, nahm dann eine freljenburg 
ein, wohin Jug. feine Schäße hatte bringen laſſen, 
und wurde am Fluſſe Molochat Mulucha) von 
den vereinten Heeren des Bocchus und Jug. um: 
ringt umd angegriffen (Sall. 87 f.). Anfangs ge: 
wannen die Afrifaner einige Vorteile, in der Nacht 
aber ließen ſie fi von den Römern überfallen 
und gänzlich ſchlagen. Inzwiſchen erhielt Marius 
Verſtärkung aus alien, beſonders an Neiterei, 
durch Sulla, durch deſſen Geſchicklichkeit er bei 
Cirta, wo Sullas talentvolle Leitung den Sieg 
entichied, den Jug. abermals jchlug. Flor. 8, 1. 
In Eirta überwinterten mun die Römer, und von 
hier aus knüpfte Marius bald Unterhandlungen 
mit Bochus an. Sulla ging als Gejandter an 
ihn ab und leitete nun die Sache mit jolchem 
Mute und jolcher Gewandtheit, daß Bocchus ſich 
dahin entichied, den Schwiegerjohn gefeflelt an die 
Römer auszuliefern, im 3. 105. Sall. Jug. 102 fi. 
Plut. Mar. 10. Marius feierte nad) glüdlicher Be: 
endigung des Krieges einen glänzenden Triumph, 
den Jug. im königlichen Schmude und in Fefleln 
zieren mußte. Val. Max. 6, 9, 14. Darauf wurde 
er ins Tullianum („wie kalt ift euer Bad“ ſprach 
dabei der Hinabgeftofene), das unterirdifche Stadt: 
gefängnis, hinabgeworfen, in welchem er nad 
jechstägigem Ringen mit dem Hungertode er: 
drofjelt worden fein joll (104). Plut. Mar. 12, 
Juliänus, 1) Salvius Julianus, ein be 
deutender Jurift zur Zeit Hadrians, in Afrika 
geboren und jpäter mehrere Male Konful, der Vor: 
fahr des Kaiſers Didius Aulianus. Er hat bie 
Edifte der Prätoren aus der Zeit der Nepublif 
—— und geordnet (edietum perpetuum), 
igestorum libri XC (woraus in Auftinians Di- 
geiten zahlreiche Fragmente) und andere Schriften 
verfaßt. — 2) M. Salvius Jul., ein tüchtiger, 
beim Heere beliebter Feldherr unter Antoninus 
Pius, dem jelbft, wenn er gewollt, der Thron 
offen gejtanden hätte, wurde unter Commodus 
hingerichtet. Lamprid. Comm. 3. 4. Dio Cass. 
72,5. — 3) M. Didius Severus Sul, be: 
kleidete jchon früh die bedeutenditen Reichsämter, 
verwaltete im I. 178 u. C. Belgien, wo er mit 


Julianus. 


Auszeichnung gegen die Chaufen kämpfte, und er: 
hielt zum Lohne von Marcus Aurelius das Kon— 
at, 179. Den der Teilnahme an einer Ber: 
ſchwörung Beichuldigten verbannte Commodus nad 
Mediolanium, verwendete ihn indes bald wieder 
im Staatsdienfte. Doc fcheint ſich Jul. jchon 
damals jenem jchwelgeriichen Leben ergeben zu 
haben, weldes frühzeitig feine Energie lähmte. 
Als nad) - Commodus’ Tode und der Ermordung 
des Pertinar 193 (28. März nad) Ranfe) der 
erledigte Thron Öffentlih von den Prätorianern 
feilgeboten wurde, erftand ihn Jul. für die Summe 
von 25 000 Seftertien für jeden Prätorianer. So 
zur Herridaft gelangt, wurde er zwar bon dem 
Senate, den die 4 re der Soldaten bedroh)- 
ten, beftätigt, genoß aber weder Ruhe noch Ge- 
horjam. Bald erhoben die Legionen in den Pro— 
vinzen die Fahne der Empörung; Septimius 
Severus, von welchem er es am wenigiten er: 
wartet hatte, rüdte gegen Nom und reizte Die 
Prätorianer zum Aufftande; ein Soldat erſtach 
ihn nad) jechsundjechzigtägiger Regierung (2. Juni 
nach Ranfe). Herodian. 2,6 ff. Dio Cass. 73, 11ff. 
Zonar. 12, 7. Spart. Did. Jul. 1ff. — 4) Fla— 
vius Claudius Jul, mit dem Beinamen 
Apostäta, Sohn des Julius Conftantius, eines 
Bruders Conftantins des Gr., geboren 331 n. E., 
ar als Knabe eine tüchtige Erziehung, die ſich 
bejonders auf Haffische Studien und alte Philo- 
jophie erftredte. lm 344 entfernte ihn der arg: 
wöhnische Vetter Conftantius nad Kappadokien, 
um ihn der Gefahr des Prätendententums zu 
entziehen. Gebetübungen und fromme Werfe, zu 
denen er hier geziwungen wurde, machten ihm jchon 
damals das Ehriftentum verhaft. Nach kurzem 
Aufenthalte in Konftantinopel von Konftantius 
nach Nifomedeia geſchickt, wurde er in jeiner Vor: 
liebe für die althellenifche Neligion durch den Phi: 
lofophen Marimus jo beftärft, daß er innerlich 
mit dem Chriftentum brady und nur den äußeren 
Schein aus Furcht beibehielt, 351. Als jein 
Bruder Gallus getötet worden war, ſchwebte er 
jelbft längere Zeit in Todesgefahr: nur der Für: 
iprache der Kaijerin Euſebia verdanfte er feine 
Nettung. Hierauf ftudierte er eifrig in Athen. 
355 zum Cäjar ernannt und nad) Gallien gefandt, 
um die Einfälle der Germanen abzuwehren, ge 
wann er durch Mut und Talent das und 
warf daher bald in offener Empörung die Maste 
ab. Conſtantius ftarb auf dem Zuge gegen ihn, 
und Yulian, dem fich alles unterwarf, trat (im 
Dezember 361) in Konftantinopel die Herrichaft 
als Kaiſer an. Er wollte das Heidentum auf 
alle mögliche Weije wiederheritellen, heben und 
veredeln, verbot den Ehriften in Grammatil und 
Nhetorif zu unterrichten, wandte die Formen des 
chriftlichen Kultus, die chriftlihe Sorge für die 
Armen und die Sittlichkeit auf die heidniſche 
Religion an, opferte und predigte als Pontifer 
Marımus und führte dabei ein beinahe über: 
trieben einfaches und enthaltiames Leben. Das 
Judentum hob er, um dadurch das Ehriftentum 
herabzudrüden: deshalb geftattete er den Juden 
nad) —— zurückzukehren und dort zu woh— 
nen, deshalb verſprach er ihnen den Jehovah— 
tempel wieder aufzubauen. Nachdem er einen großen 
Feldzug wider die Perjer gerüftet und ihre Frie— 
densvorjchläge verworfen hatte, ſtürzte er fih an 


Julii. 


einem heißen Tage ohne Panzer in die Schlacht 
und ſtarb, von einer Lanze verwundet, im Juni 
363, nach einer Regierung von nur 1'/, Jahren. 
Die Ehriften hielten jeinen Tod für eine Strafe 
Gottes, und bald wurde das Gerücht verbreitet 
und geglaubt, Julian jei von einem chriftlichen 
Römer tödlih verwundet worden und habe jter: 
bend gerufen: verdannag Telılade. — Die Urteile 
der Alten lauten über ihn jehr verichieden, je nach 
dem religidöjen Standpuntt. Während Zoſimos 
den heidnijchen Kaiſer lobt und preift, überhäufen 
ihn die hriftlichen Schriftfteller mit Tadel. Eutro— 
pius (10, 16) nennt ihn liberalibus disciplinis 
apprime eruditus, Graecis doctior, atque adeo, 
ut Latina eruditio nequaquam cum Graeca con- 
veniret, facundia ingenti et prompta. Daher 
haben wir von ihm nur griehiiche Schriften und 
epideiktiiche Reden, 63 Briefe, die aber nicht alle 
echt find, mehr jophiftiiche Deflamationen als 
Briefe, die Caesares, eine treffende Charakteriſtik 
der Kaiſer von Cäſar an, und eine Satire auf die 
Antiochener, die feiner gejpottet hatten. Geſamt— 
ausgg. von Spanheim (1696) und Hertlein (1875 ff. 
2 3bd.); die Caesares von Heufinger (1741) und 
Serie (1783), die Briefe von Kepler (1828). 

eine Stellung zum Chriftentum hat bejonders 
theologiihe Monographien veranlaft, wie von 
Neander (1812) und Mücke (1866 und 1869 in 
2 Bdd.). Bgl. Teuffel, Studien ©. 168 — 190. 
Lübker, Kaijer Julians Kampf und Ende (1864). 
Node, Geſch. der Reaktion Kaifer Julians gegen 
die chriftliche Kirche (1877). Vgl. aud) die Ab— 
handlungen von Rendall (1879), Hecker (1886) und 
Schwarz (1888). 

Julii, ein uraltes römijches Geichlecht, welches 
ohne Zweifel aus Alba Longa ftammte und feinen 
Urjprung von dem Sohne des Aineias, Njcanius 
oder Julus, herleitete. Als Tullus Hoftilius Alba 
zerftörte, verpflanzte er die Aulier nah Rom. 
Jiv. 1, 30. Tac. ann. 11, 24. Der erite aus 
dieſem Geſchlechte, welcher genannt wird, ift 1) E. 
Jul. Julus, 489 dv. E. Konjul. — 7 Jahre 
ipäter befleidete 2) C. Julius, mit dem Bei: 
namen Bilojus, Sohn des vorigen, dasjelbe 
Amt und kämpfte, aber ohne bejonderes Glüd, 
egen die Bejenter. Dion. Hal. 8, 91. — 3) €. 
Sul, Konſul 447 v. E., vermittelte mit großem 
Geſchicke die Streitigkeiten zwijchen Tribunen und 
Patriciern. In feinem zweiten Koniulate (435) 
focht er gegen die Vejenter. Liv. 3, 65. 4, 21. — 
4) En. (E.) Zul. Mento, Konſul 431 v. E., lebte 
in Zwift mit feinem Kollegen Duinctius Ein: 
einnatus, weigerte ſich aber in Übereinftimmung 
mit ihm, bei eınem Angriff der Aquer und Boljfer 
einen Diktator zu ernennen. Ziv. 4, 26-29. — 
b) L. Jul. Julus, nahm als Kriegstribun im 
J. 401 v. E. am Kampfe gegen Veji, im J. 397 
gegen Tarquinii rühmlichen Anteil. Ziv. 5, 9. 16. 
— Dasjelbe Amt befleidete 6) 2. Jul. Julus 
im J. 388 v. E. gegen Tarquinii und im J. 379 
egen die Boljfer. Liv. 6, 4. 30. — Wus der 
Familie der Cäjares (nad einigen von einem 
mauriſchen Worte, das iſt Elefant, nad andern 
vom ftarfen Haupthaare |caesaries] des Neu— 
eborenen, oder aud von den blauen, lebhaften 

ngen. Serv. ad Verg. A.1, 285. Spart. Helius 2) 
find bejonders zu nennen: 1) ©. Jul. Cäſar, 
focht als Prätor (208 v. E.) im zweiten puniſchen 


591 


Kriege. Liv. 27, 21. — DV 8. Jul. Eäjar, 
fämpfte im 3. 90 v. E. als Konjul meift un: 
lücklich gegen den Marius Egnatius und andere 
Feidherren der italiihen Bundesgenoffen, nament: 
lich bei Acerrä in Campanien. App. b. ce. 1, 39. 
Darauf jchlug er ein Geſetz vor, durch Erteilung 
des Bürgerrechts den weiteren Abfall der Bundes: 
enojjen zu verhüten. Er verwaltete im J. 89 die 
enjur und juchte während derjelben den Yurus zu 
beichränfen. In den Unruhen des J. 87 wurde er 
von den Marianern ermordet. Vell. Pat. 2, 15 ff. 
Gell.4,4,3. Flor. 3, 21. Cie. de or. 3,3, 10. 
Balb. 8. — Sein Bruder, 3) C. Jul. Eäjar 
Strabo, bewarb jih im 3. 87 v. E. um das 
Konfulat und veranlafte dadurd, da Marius ihm 
entgegenarbeitete, Unruhen in Rom (Cie. Brut. 63). 
Yur der Flucht vor Marius’ Nachitellungen kam 
er durch Verrat eines ffreundes ums Leben (daj. 89). 
Cicero rühmt jeine Beredſamkeit (de or. 2, 54. 
off. 2, 14). Ganz bejonders zeichnete er ſich durch 
humoriftiihe Begabung aus (de or. 3, 8). Es 
werden erwähnt eine Rede pro Sardis 103 (Cie, 
off. 2, 14) und eine oratio, qua Sulpicio re- 
spondit im %. 88. Much in der Tragödie ver- 
fuchte er fich (Cie. Brut. 48). — 4) 8. Jul. 
Eäjar, Sohn von Nr. 2, im J. 64 v. E. Ktonful, 
ftimmte für den Tod feines Schwagers Lentulus 
Sura wegen defjen Teilnahme an der Verſchwö— 
rung des Gatilina (Cie. Cat. 4, 6, 13), kämpfte 
unter dem Diktator Cäſar in Gallien (Caes. b. g. 
7,65. b. c. 1, 8), war jpäter Gegner jeines Neffen 
M. Antonius, des Triumdir, und nahm teil 
an der gegen denjelben erlaffenen Adhtserklärung. 
Antonius vergalt ihm dasjelbe bald mit Gleichen, 
verzieh ihm aber jpäter auf Bitten der Julia, 
des Antonius und des Cäſar Schweiter. App. 
b. ce. 4, 12. Vell. Pat. 2, 67. Plut. Ant. 19. 
Cie. 46. — 5) 8. Jul. Cäjar, Sohn des vorigen, 
Anhänger des Bompejus, kämpfte mit Cato in 
Utica und übergab die Stadt nad) Catos Tode 
dem Diktator Cäjar, wofür Cäjar dem um jein 
Leben Flehenden verzieh. Bald darauf fand er 
den Tod (Cie. ad fanl. 9, 7,1, wo auf den Dit: 
tator die Schuld davon geichoben wird, vgl. Suet. 
Caes. 75). — 6) C. Jul. Eäjar, jtarb eines plöß- 
lichen Todes beim Ankleiden. Er verfahte eine 
Geichichte Roms in griechifcher Sprache. — Eines 
gleichen Todes ftarb 7) jein Sohn, E. Jul. Cäjar, 
85 v. C., Bater des Diftators. — 8) C. Jul. 
Eäjar (vgl. die Stammtafel), geboren am 12. oder 
13. Juli, nady der gewöhnlichen, wohl richtigen 
Annahme 100 v. E., alio 6 Jahre jünger als 
Gicero und Bompejus, nach Mommſen jchon 2 Jahre 
früher. Macrob. sat. 1, 12. App. b. c. 2, 106. 
Sein Vater, C. Julius Cäjar (Nr. 7), der es 
nicht über die Prätur hinaus bradıte, ftarb im 
jechzehnten Lebensjahre des Sohnes; die Mutter 
Aurelia, den angejehenjten Männern diejes hodı- 
geachteten Gejchlechts nahe verwandt, hatte auf 
feine fjorgfältige Erziehung den größten Einfluß 
und wurde von ihm bis an ihr Lebensende (54) 
mit größter Ehrerbietung behandelt. Der feine 
Sinn für Korrektheit und Schönheit der Sprache, 
den er jowohl praftijch in feinen Reden und Schrif: 
ten, wie theoretijch in eigenen twiflenjchaftlichen 
Arbeiten bewährte, ift ohne Zweifel in ihm früh 
durch den Grammatifer Antonius Gnipho angeregt 
und jpäter durch den berühmten Rhetor Molo, 


2 


592 


den er als junger Mann auf Rhodos aufjuchte, 
ausgebildet worden. Seine Anabenjahre fielen in 
die Zeiten des marfiichen Krieges und in den 
Anfang des Bürgerfrieges zwilchen Marius und 
Sulla. Die vornehmften Männer jeiner Verwandt: 
schaft ftanden auf jeiten der Optimaten und fielen 
zum Zeil durch das Schwert der Marianer; aber 
Marius jelbjt war mit Cäjars Vaterjchweiter ver: 
mählt und zeichnete nad) jeinem Siege über die 
Sullaner den dreizehmjährigen Neffen dadurch aus, 
daf er ihn zum Aamen dialis erwählen lieh. Die 
Erfahrungen feiner Jugend, die ihm weder vor 
den Menſchen noch vor der Verfaſſung des Staates 
Achtung einflöhen konnten, braditen die großen 
Eigenichaften feines Geiſtes früh zu ungewöhn: 
lidyer Reife; fo gewann er zu dem klaren Blid 
in Perſonen und Berhältniffe, zu der natürlidyen 
Offenheit und Freundlichkeit feines Gemütes, zu 
der hochitrebenden Thatfraft und fühnen Unter: 
nehmungsiuft die umfichtigite Bejonnenheit und 
ruhigſte Selbftbeherrichung, wodurd es ihm mög: 
lich wurde, ebenjo jehr die Kunft des Mugen Zu: 
wartens unter unficheren —— wie des 
raſchen Eingreifens im rechten Augenblicke zu 
üben. — 1) (bis zum Jahre 60). C. wurde per: 
ſönlich zuerft von dem furchtbaren Barteilampfe 
infolge u. Vermählung mit Cornelia, der Toch: 
ter des Cinna, berührt, die er, 17 Jahre alt, aus 
Neigung geichloffen hatte, Sulla verlangte von 
ihm (82) die Verſtoßung der Tochter des noch im 
Tode gehaften Gegners; aber E. trug lieber die 
Gefahren einer blutigen Verfolgung und wandte 
fich, nachdem Sullas Zorn durch Fürbitte anderer 
bejänftigt war, nach Aſien, wo er an der Unter: 
drüdung des Aufftandes von Mytilene und dem 
Kriege gegen die Seeräuber teilnahm und Be: 
weije von perſönlichem Mute gab. Nach Sullas 
Tode (78) kehrte er nah Nom zurüd, hütete ſich 
aber wohl, an dem übereilten Unternehmen des 
M. Lepidus zum Umſturz der jullanijchen Staats: 
einrichtungen ſich zu beteiligen, das an der Über: 
macht der Sullaner jcheiterte. Dagegen wagte er 
es, einzelne unter diejen, den En. Cornelius Dola: 
bella und E. Antonius, wegen Erprefjungen anzu: 
Hagen, und erreichte, obgleich die damals ſenato— 
riſchen Gerichte ihre Verurteilung vermeigerten, 
den doppelten Bwed, die Unzufriedenheit gegen 
die herrichende Partei zu jteigern und die Auf: 
merkſamkeit auf jeine Talente und fein Beftreben 
zu richten. Dennoch hielt er es für geraten, ſich 
noch einmal dem Haſſe feiner Gegner durch einen 
einjährigen Aufenthalt auf Rhodos zu entzichen, 
wo er im Umgange mit Molo feine praftijch er: 
probte Anlage zur Beredjamfeit zu der Vollendung 
ausbildete, die Cicero jpäter zu dem Urteil veran- 
laßte: illum omnium fere oratorum latine loqui 
elegantissime (Brut. 72, 252. 74, 261). Auch 
bot ſich ihm auf diejer Reife dadurch, daß er See: 
räubern in die Hände fiel, erwünſchte Gelegenheit, 
fowohl durch den feden Ubermut, durch den er ſich 
von ihnen befreite, wie durch die Verwegenheit, 
mit der er auf eigene Hand an ihnen die Züch— 
tigung vollzog, in Rom von fich reden zu machen. 
Nach jeiner Rückkehr nach Rom (73), wo er zum 
Bontifer ermählt wurde, unterjtüßte er die Agi— 
tationen des Tribunen €. Licinins Macer und 
verfolgte dann einige Jahre, ohne durch öffentliche 
Handlungen hervorzutreten, den wohlüberlegten 


Julii. 


Plan, fi durch freiwillige Geld: oder Getreide: 
ipenden die Gunſt des Volkes zu gewinnen, indem 
er die Schulden, im die er jich jtürzte, bei einer 
ünftigen Entwidelung feines Schidials deden zu 
Önnen hoffte. Dagegen vermied er es, jich an den 
Kriegen gegen Sertorius, gegen Spartacus und 
an dem zweiten mithridatijchen zu beteiligen, in 
welchen der militärijche Ruhm mander Optimaten 
ſich abnugte. Um jo mehr ift es zu bewundern, 
wie der Mann, der den Krieg nur in unbedeuten- 
den Kämpfen oder durd Beobachtung aus der 
ferne fennen gelernt hatte, ihn mit genialer 
Meifterichaft zu behandeln wußte, als feine Stunde 
geichlagen hatte. Als Pompejus aus Spanien mit 
dem Glanz des Sieges und den höchiten Anjprüchen, 
welche den Argwohn der Nobilität erregten, zurüd: 
fehrte und mit M. Crafjus (70) fein erjtes Kon: 
fulat befleidete, bot E. ihm feine Unterftüßung 
an und trat zu ihm in das Hug beredinete Ber: 
hältnis, durdy) welches er ihn immer weiter auf 
die Seite der Volkspartei zu drängen und mit 
den Optimaten zu verfeinden, die Früchte diejer 
veränderten Barteiftellung aber allmählich für fich 
jelbjt zu gewinnen wußte. Die Heritellung des 
Tribunats und die populärere Anordnung der 
Gerichte durch die lex Aurelia, die unter jeinem 
Ktonjulate zuftande fam (j. Judex, 3.), zog den 
ganzen Haß der fullaniichen Partei auf Pompejus, 
der freilich nicht die Gabe beſaß, die Volksgunſt 
mit Kühnheit und Leichtigkeit zu feinem Zwecke 
zu benugen. Bereitwillig unterftügte E. mit dem 
Einfluß, den er bei der Menge gewonnen hatte, 
PBompejus’ Beltrebungen, feinen Kriegsruhm zu 
erhöhen, und trat fürs erjte gern hinter dem 
Slanze des berühmteren Feldherrn zurüd, um 
jpäter mit jeinem Beiftand ſich jeine eigene Macht 
um jo ficherer zu gründen. — Das Jahr jeiner 
Quäftur — wahrſcheinlich 68 — wurde ihm durch 
einen zwiefachen Trauerjall in feiner Familie ge: 
trübt, durch den Tod feiner Gattin Cornelia und 
jeiner Batersichweiter, der greiien Julia, Marius’ 
Witwe. Aufſehen und den Unwillen der Optimaten 
erregte es, dafj er für beide Frauen auf dem Forum 
unter großem Beifall des Volkes Lobreden hielt, 
in denen er das Andenken der ihm verwandten 
Bollshäupter, des Marius und Cinna, zum erjten- 
male jeit ihrem Tode öffentlich pries. Darauf 
begleitete er den Prätor Antiftius Vetus ins jen: 
jeitige Spanien, wo er Beweiſe von großer Ge- 
ihäftstüchtigleit gab. Perſönlich verband er ſich 
mit Pompejus damals näher durch jeine zweite 
Vermählung mit der Pompeja, einer jeiner Ver: 
wandten und Enkelin des Sulla, und öffentlich 
unterftügte er (67), zum großen Verdruß des 
Senats, den Antrag des Tribunen A. Gabinius, 
dem Pompejus die Führung des Krieges gegen 
die Seeräuber mit unbejchräntter Vollmacht zu 
übertragen, und, nad der raſchen Beendigung 
desjelben, im folgenden Jahre den noch weiter 
gehenden des E. Manilius, der durch Ciceros 
eifrige Vertretung jo bekannt geworden ift, aud) 
den mithridatifchen Krieg und damit die Entſchei— 
dung über den gelamten Orient in jeine Hände 
u legen. Während PBompejus jo die volle Be- 
Friedi ung jeines Ehrgeizes erlangte und 7 Jahre 
lang * von Rom verweilte, hatte C. das freieſte 
Feld, ſeine Stellung in der Gunſt des Volkes als 
die unbeſtritten erſte zu befeſtigen. Gelegenheit 


— — — — — ——— —— — ——— ——— — 


km. Livia d. Kit. od. Livio Druſilla 
ke vom ige Gem. Tib. Claudius Nero: 


Nero Claudius Drufus (Druſus d. Hr) 


Antonia d. Jüng., T. d. Triumvir Antonius u. d, jüngeren Octavia 


| 






us Zivta d. Jüng. Tib. Elandins Nero Germanicus 
pina ob. Livilla 1. Gem. Vlautia Urgulanilla 
; Gem. E. Caſar, 2 „ Min Bätine 
©&.d. Agrippa, u. % „  Baleria Meſſalina 
Druſus d. Yüng. 4 „ Morippina_d. Jüng, Witwe b. 
En. Domitius 
“ie “ he 


1. 1: 2. 8. 3. 
| Druſus Klaudia Antonia Detavia ib, Elaubins Germanicus 
Gent, Kaif. gen. Britannicus 
Nero 






—— d. Juug. Druſilla Julia Livilla 
1, Gem. En. Domitius Gem. V. Gem. M. 
2. Crispus Baſſienus Caſſius Binieius 
| 3. Kaiſf. Claudius Longinub 
u. M. 
AUmilins 


Lepidus 








.. 


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Julii. 


593 


dazu bot ihm befonders die furuliiche Ädilität, die | prätor die Verwaltung des jenfeitigen Spaniens, 


r (65) befleidet e. E. benußte nicht nur die ge: 
wöhnlichen ädiliciichen Mittel, durch prachtvolle 
Bauwerke und durch glänzende Spiele jeine Popu— 
larität zu erhöhen, jondern er lieh auch feinen 
Zweifel über das Ziel jeines Strebens, indem er 
einft zum freudigen Staunen der Menge die von 
Sulla umgeftürzten Siegesdenfmäler des Marius 
auf dem Kapitol wieder aufrichten ließ. Unbeirrt 
durdy das heftige rollen der Optimaten verur: 
teilte er als Vorſihender der quaestio de sicariis 
den L. Luſeius und L. Bellienus, die fich zu Sullas 
Beiten durch Ermordung Geächteter hervorgethan 
hatten, und unterftüßte im Jahre 63 die Anklage 
gegen C. Rabirius, der wegen der vor 36 Jahren 
geihehenen Tötung des meuterijchen Tribunen 
L. Apulejus Saturninus vor Gericht geftellt wurde. 
Dieje Schritte zielten teils auf den Umſturz des 
jullaniichen Syſtems, teild auf die Sicherung des 
Tribunats bei ähnlichen Unternehmungen. Much 
bei dem verwegenen Agrargeſetz, welches der Tri: 
bun P. Servilius Rullus beantragte und Cicero 
63 mutvoll und glüdlich bekämpfte, hatte E. ins: 
geheim feine Hände im Spiel, nicht ſowohl um 
das thörichte Beginnen ernftlich durchzuführen, als 
um fich jelbjt für bejier berechnete Bläne der Art 
die Wege zu bereiten. Die Volksgunſt, die er ſich 
in fteigendem Maße gewann, verichaffte ihm in 
diejem Jahre die Würde des Pontifer Marimus 
und bald darauf die Prätur für das Jahr 62. 
Bei der grenzenlojen Erbitterung, welche jeine 
Erfolge ihm bei der bedrohten Ariftofratie erregten, 
ift es nicht zu verwundern, daß, als die Entdedung 
der catilinarijchen Verſchwörung den Staat in 
Beitürzung verſetzte, E., wie es jcheint unver: 
—————— auch der Teilnahme an dieſem frevel— 
haften Unternehmen beſchuldigt wurde. Wenn C. 
bei der Verhandlung im Senat über die Beſtra— 
fung der Catilinarier gegen Cato die mildere An— 
ſicht vertrat (Sall. Cat. 51), jo beruhte ſein Nat 
teils auf richtiger Beurteilung der Berhältnifie, 
deren Befolgung Cicero viel Trauriges erjpart 
haben würde, teils auf einer natürlichen Scheu 
vor blutigen Berfolgungen in bürgerlichen Unruhen, 
welche durdy die Erinnerung an die Projkriptionen 
wohl gerechtfertigt war. Als er bald darauf den 
gefährlichen Antrag des Tribunen DO. Metellus 
Nepos, daß Pompejus an der Spite des Heeres 
nad Rom zurückkehren möge, unterjtügte, und 
Cato, gleichfalls Tribun, die Gegenpartei führte, 
fam es auf dem Forum zu den Ärgerlichjten Auf: 
tritten, und der Senat entzog durd einen eignen 
Beichluß dem Metellus und Cäſar die Ausübung 
ihrer Amter. ener ging ins Yager des Pom— 
pejus; E. aber beichwichtigte jelbjt die heftige 
Aufregung der Wenge gegen die Optimaten und 
machte durch großmütige Mäßigung dem Senate 
jeine furdtbare Macht um —— — Im 
Anfang des Jahres 61 kehrte Pompejus nach der 
Beendigung des mithridatiichen Krieges, der Unter: 
werfung Syriens und der Eroberung von Jeru— 
jalem nach Rom zurüd und hielt nad Entlafjung 
des Heeres jeinen glänzenden Triumph. Bon den 
Optimaten mit Miftrauen angejehen und zur ge: 
ſchidten Benutzung der Volkspartei nicht geeignet, 
jah er fih auf die engere Verbindung mit 6. 
angewiejen. 
übernahm aber gern im nädjiten Jahre als Pro: 


Neallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 


Diejer fam ihm freundlich entgegen, | 
| Tribus durchgejegten Antrag Erlaß des dritten 


während welcher Bompejus in jeinem drüdenden 
Verhältnis zu der eiferjüchtigen Ariftofratie das 
Bedürfnis des Anichluffes an ihn nur noch leb- 
hafter empfand. Inzwiſchen führte der Frevel des 
Wüftlings Clodius, der am Feſte der Bona Dea 
ſich verfleidet in das Haus des Pontifer Marimus 
geichlichen, zu einer Trennung der Ehe Cäſars mit 
der Pompeja. Das lehte Hindernis aber für feine 
Abreife nach Spanien wurde durch die Bürgichaft 
des reihen M. Erafius gehoben. — Geine Ber- 
waltung Spaniens zeichnete fich ſowohl durch kluge 
Benutzung der Gewalt der Waffen, die er jiegreich 
in das Yand der Lufitaner und bis in das heutige 
Gallicien hineintrug, wie durch Verbeſſerung der 
Rechtspflege und der Steuer: und Schuldgeſetze 
aus. Die günftige Gelegenheit, in der reichen 
Provinz für jich jelbit, wie für den Staat Schätze 
zufammenzuraffen, lieh E. jo wenig, wie die meijten 
jeiner Amtsgenoſſen, fih entgehen. Im Juni 60 
fehrte er mit dem friſchgewonnenen Feldherrnruhm, 
der ihm noch zum höchſten Anjehn gefehlt hatte, 
nach Rom zurüd, opferte aber die Ehre des 
Triumphes für das höhere Ziel der Erlangung 
des Konjulats auf. Unter jeinen Mitbewerbern 
bewog er den 2. Luccejus zu feinen Gunften zurüd: 
zutreten, und indem er jeine eigene ählung 
mit glänzender Majorität erlangte, vermehrten 
die Optimaten noch jein perjönfiches Übergewicht 
dadurch, daß fie ihm den Bibulus (j. Bibulus, 1.) 
* Kollegen gaben. Als der Senat ſowohl gegen 
F. wie gegen Pompejus mit feindjeligen Beichlürfen 
vorging und namentlich dem letzteren die Beftäti: 
gung feiner Anordnungen in Ajien verjagte, brachte 
GE. noch vor dem Antritt feines Konjulats das 
wichtige Bündnis zuftande, durch welches er fürs 
erfte jeden Widerftand gegen jeine Abfichten aus: 
zufchließen gedachte, um ſpäter allein an die Spike 
des Staates zu treten. Es gelang ihm, den Pom— 
pejus zu überzeugen, da die ungeheuren Geld- 
mittel, über die Craſſus gebot, für ihre Pläne nicht 
zu entbehren jeien, und jo die bisherigen Gegner 
auszujöhnen. Alle 3 ſchloſſen dann den geheimen, 
durd; Eide befiegelten Bund, alle ihre Kräfte zu 
den gemeinjam verabredeten Zielen ihrer Herrichaft 
a vereinigen, „den Bund der Klugheit mit dem 

uhme und dem Neichtum“, wie Drumann ihn 
bezeichnet. Der Name des Triumpdirats ift 
diejer unter Privatlenten gejchlofienen Berbindung 
auch nur privatim gegeben; es ift fein offiziell 
anerfannter, wie der der triumviri reipublicae 
constituendae vom Jahre 43. Allein der weſent— 
lich gleiche Zwed und Charakter beider furdytbaren 
Bindniffe hat den Gebrauh in die Gejchichte 
eingeführt, jie als das erjte und zweite Trium:- 
virat zu unterjcheiden. — 2) 59-49. Als Konjul 
des Jahres 59 ſetzte E. zuerjt eine Meihe von 
Geſetzen durch, durch welche er ſich ſowohl die 
unteren Stände als den Witterftand verpflichtete 
und den Bompejus noch enger verband. Durd) das 
julijche Mdergeieß erhielten etwa 20 000 Unbe— 
mittelte alsbald ihre Berjorgung, und die Anwei— 
jungen dauerten noch Jahre lang fort, obgleich 
das Geſetz nie vollitändig durchgeführt worden it. 
Den Rittern, welde als Pächter der Staatsein- 
fünfte im mithridatiichen Kriege große Berlufte 
erlitten hatten, erwirkte er durch einen bei den 


35 


594 


Teils der Pachtſumme. Dem Bompejus erfüllte 
er jeine lange gehegten Wünfche dadurch, daß er 
ihm für alle Keine Anordnungen in Aſien die 
bisher verjagte Beftätigung verichaffte. Zur ferneren 
Befeftigung ihres Bundes gab E. in diefem Jahre 
59 dem Pompejus jeine Tochter Julia zur Ge: 
mahlin; er jelbjt aber vermählte fi) damals zum 
drittenmal mit Galpurmia, der Tochter des * 
nächſte Jahr deſignierten Konſuls L. Calpurnius 
Piſo (j. Calpurnii, 12.). — Außer jenen mit 
perjönlichen Zwecken zufammenhängenden Maß: 
regeln traf er als Kontul noch mehrere gejehliche 
Beitimmungen von allgemeiner Bedeutung, na— 
mentlich zur Beichränfung der Willtür der höchiten 
Beamten in der Verwaltung ber Provinzen. ber 
wie jehr er auch durch dieſes Geje gegen die 
Erprefjungen feine Einficht im einige der Haupt: 
ihäden des Staates bewies, jo beſaß er doch weder 
die Mittel, dem allgemeinen Berderben zu jteuern, 
noch den Willen, jelbjt das Beiſpiel der Strenge 
und Uneigennügigkeit zu geben. Zum Schluß 
jeiner konſulariſchen Wirkjamtfeit ließ C. ſich durch 
den unwürdigen Tribunen P. Vatinius ohne Se⸗ 
natsbeſchluß in den Tributcomitien das eisalpiniſche 
Gallien ſamt Jllyrieum mit 3 Legionen auf 5 Jahre 
als Provinz an Der Senat fügte aus 
freien Stüden das jenfeitige Gallien und eine 
vierte Legion hinzu, ficher in der Hoffnung, €. 
durch den gefährlichen Krieg, der von dort drohte, 
auf lange Zeit beichäftigt —* Auch Pompejus 
und Craſſus mochten — e Gedanken hegen, 
als ſie eie für die Ausrüſtung ihres Verbünde— 
ten mit ſo ungewöhnlicher Kriegsmacht wirkten; 
C. aber kdanute beide zu gut, um zu beſorgen, daß 
es ihnen gelingen werde, ihm jelbit während jeiner 
Abwejenheit in der Gunſt des Volfes den Borrang 
abzulaufen,. Wichtiger war es für ihn, 2 andere 
Männer, die er durch jein rüdjichtslojes Verfahren 
beleidigt hatte, nicht an der Spige jeiner Gegner 
in jeinem Rüden zu laſſen: Cicero und Cato. 
Nachdem er vergeblich verjucht hatte, jenen, vor 
deſſen ungemeinen Talenten er ſtets Die größte 
Achtung hegte, durch —— Anerbie⸗ 
tungen auf ſeine Seite zu ziehen, ließ er es ge: 
ichehen, daß P. Clodius, dem er felbft zum Über: 
tritt aus Dem patriciichen in den plebejiichen 
Stand und dadurch zur Erlangung des Tribunats 
behilflich gewejen war, als Tribun unter andern 
den Antrag ftellte: demjenigen Feuer und Waſſer 
zu unterfagen, welcher ohne Urteil und Recht 
einen römischen Bürger getötet habe; infolge deſſen 
verließ Cicero jogleih Rom. Nicht minder ge: 
lang es, Cato unter dem Vorwand eines ehren: 
vollen Auftrags, die Inſel Kypros für das römische 
Volk in Beſitz zu nehmen, für einige Zeit aus 
Nom zu entfernen. Beide Mafregeln wartete er 
noch in der Stadt ab und eilte dann im April 
58 in feine Provinz, wo feine Gegenwart jchon 
dringend notwendig war. — Die 9 Jahre jeiner 
galliichen Kriegsführung und Verwaltung, von 
denen er uns jelbjt in den Büchern de bello 
Gallico den meifterhaften Bericht hinterlafjen hat, 
zeigen die pr erg Eigenjchaften jeines 
Geiſtes im glänzendften Lichte. Während er als 
Feldherr mit bewundernstwürbiger Thätigteit und 
ir eine reiche und große Provinz bezwingt 
und fich jelbft eine ftets jchlagfertige Heeresmacht 
ihafft, hält er unabläfig jeine Blide und feinen 


Julii. 


Einfluß auf die Dinge in Rom gerichtet, um im 
rechten Momente die Schranfen niederzumerfen, 
die ihn noch von der Alleınherrichaft trennen. 
Freilich muß dor dieſem Streben feines Ehrgeizes 
jede andere Nüdjicht verftummen. Ohne von Natur 
zur Grauſamkeit geneigt zu fein, ſcheute er auch 
vor dem Härteſten micht zurüd, wo es darauf 
anfam, jein Übergewicht zu behaupten und war: 
nenden Schreden zu verbreiten. Zugleich verjtand 
er es im höchſten Grade, fich die aufopfernde An- 
hänglichkeit jeines Heeres zu erwerben und ſich 
eine große Zahl tüchtiger und ergebener Offiziere 
heranzubilden. — Folgende Ereignifje des galli- 
ſchen Krieges find die wichtigiten: Seit der Er— 
oberung des eisalpiniichen Galliens furz vor dem 
zweiten punifchen Kriege (222 v. E.) und der Be: 
ründung der narbonenfischen Provinz mit den 
Städten Aquae Sextiae und Narbo Martius (122 
und 118), von welcher Marius die Eimbern und 
Teutonen durch den blutigen Sieg bei Aquae 
Sextiae (102) abwehrte, hatten die Nömer auf 
diejer Seite feine Erweiterung ihres Beſitzes unter- 
nommen. Die Eiferjucht der zahlreichen gallijchen 
Stämme untereinander hatte diejelben weder im 
Inneren zu größerer Macht gelangen laſſen, noch 
der römischen Provinz ernftliche Gefahren bereitet. 
Als E. im April 58 in Genava eintraf, war dieje 
Stadt durch die Kunde von einem beabfichtigten 
Einbruch der Helvetier in Schreden geſetzt. Nach: 
dem er denjelben den Weg in die Provinz verlegt 
hatte, wandten fie fich nordweftlich in das Gebiet 
der Mduer (in der Bourgogne), wo fie auf Ein- 
verftändnis rechneten, erlitten aber bei Bibracte 
(Autumn) durch die Tapferkeit der römischen Legio- 
nen eine jchwere Niederlage, worauf die zerftreu- 
ten Nefte der Auswanderer in die Heimat zurüd- 
fehren mußten. Tiefer noch wurde €. im die 
Angelegenheiten der galliihen Völkerſchaften Hin: 
eingezogen dur die Stellung, welde der ger- 
warten Häuptling Ariovift unter ihnen eingenom: 
men hatte. Bon den Sequanern gegen ihre ver- 
urn Nachbarn , die Aduer, zu Hülfe gerufen, 
atte er dieje beziwungen und jich auch unter jemen 
eine Herrichaft gegründet, die er auf zahlreiche 
ee germanische Scharen ftügte. Da er 
8 Forderung, den galliichen Boden zu räumen, 
ftolz zurückwies, wurde auch er in einem harten 
Kampfe völlig befiegt und floh über den Rhein 
zurüd, und €. ftand als Schugherr der befreiten 
galliichen Völker da. Aber die Annäherung der 
römischen Waffen erregte auch in den entfernteren 
beigiihen Landichaften Unruhe. Die NRüftungen 
bei allen Stämmen von der Maas bis zum Meer, 
von denen C. Kunde erhielt, wurden als eine Ver— 
ihwörung gegen das römiſche Volk ausgelegt, und 
es wurde Nechenjchaft gefordert. Da fie nicht ge- 
nügte, rüdte C. im nächſten Frühjahr (57) mit 
den 8 Legionen, auf welche er willfürlich jein Heer 
gebracht hatte, in ihr Gebiet ein. Nicht ohne hart: 
näcige —— beſonders der Nervier, brachte 
er alle Völkerſchaften zur Unterwerfung, ohne frei— 
lich ihre Kraft für immer zu brechen. *7 Vor⸗ 
bereitung weiterer Unternehmungen ließ er die 
Truppen zum Zeil ihre Winterquartiere an der 
mittleren Loire beziehen. Die Zurüdweiiung der 
Forderung von Lebensmitteln fürs römische Heer 
jeiten der Bölfer in der Bretagne und Normandie 
gab erwünschten Anlaß, weiter vorzudringen. Durch 


Julii. 


gleichzeitigen Angriff zu Lande und von der Hüfte 
aus mit einer jchnell erbauten Flotte wurden aud) 
fie im Sommer 56 genötigt, die Hoheit Roms 
anzuerfennen. Während E. jelbit die Operationen 
leitete, war fein Legat P. Erafius jo glücklich, 
die aquitanischen Bölfer bis an den Fuß der Pyre— 
näen zu bezwingen. Nachdem die galliichen Bölter 
fo durch den erſten lÜberlauf zu einer Ruhe der 
Betäubung gebracht waren, begegnete E. auf ſei— 
nem nächiten Feldzug (55) deutichen Vollsſtäm— 
men, Ujipetern und Zencterern, welche, von mäch- 
tigeren vorgedrängt, auf dem Tinten Ufer des 
Niederrheins neue Wohnſitze juchten und bei den 
unterwworfenen Galliern leicht die Hoffnung der 
Befreiung erregen Fonnten. Während der Unter: 
handlungen, ‚die wohl von beiden Seiten in der 
Abſicht der Überliftung geführt wurden, fam es 
zu einem Kampfe, der mit der Vernichtung der 
germaniichen Scharen endigte. Nur ihre Weiter, 
welche bei der Schlacht nicht zugegen geweſen, ge: 
langten ungefährdet über den Rhein zurüd ins 
Land der Sigambrer. Das gab E. den Vorwand, 
feine Waffen auch über den Rhein zu tragen, den 
Deutſchen zur Einjchüchterung und zugleich um in 
Nom in einem wichtigen Heitpuntt den Glanz 
feines friegerijchen Ruhmes zu erhöhen. Auf einer 
jorgfältig angelegten Brüde ging er oberhalb Bonn 
über den Rhein, begnügte — aber, den Sigam— 
brern und auch den Sueben, wie man ihm be— 
richtete, Schrecken eingeflößt zu. haben, und kehrte 
nach Furzem Aufenthalte zurüd. Noch mehr jegte 
er die Römer in Erjtaunen, da er noch im Herbite 
desjelben Jahres einen Übergang nach Britannien 
ausführte, das damals noch fait völlig unbekannt 
war. Bon der Hüfte der Moriner (bei Boulogne) 
ging er aus, landete nicht ohne Gefahr und geriet 
durch die Beichädigung, welche jeine Schiffe durch 
Unwetter erlitten, im nicht geringe Bedrängnis. 
Allein mit Bejonnenheit und Kaltblütigfeit wies 
er die Angriffe der feindlichen Stämme zurüd, 
zwang fie, einen Frieden durch das Veriprechen 
von Geiſeln zu erfaufen, und führte jeine Truppen 
glücklich an die galliiche Küfte zurüd. Der Senat 
erfannte das Yuherordentfiche jeiner Thaten durch 
den Beſchluß, ein zwanzigtägiges Dankfeſt zu 
feiern, an. Im Frühjahr (54) wiederholte E. eine 
Landung im jüdöftlichen Britannien, während er 
feinen Legaten T. Yabienus mit einer anjehnlichen 
Streitmacht in Gallien zurüdlieh. Der Wider: 
ftand der Britannier unter Eajfivelaunus war be- 
harrlicdyer und entichloffener, als das erſte Mal, 
doch unterlagen fie der römijchen Kriegskunſt und 
der eigenen Zwietracdht. €. begnügte jich mit den 
Zeichen der Unterwürfigfeit und trat die Rück— 
fahrt an, wohl wiſſend, daß er feine bleibende 
Eroberung gemacht habe. Da brach gegen die 
vereinzelten Heeresabteilungen ein furchtbarer Auf: 
ftand, zuerjt bei den Trevirern durch Indutio— 
marus und bei den Eburonen an der Maas durch 
Ambiorig, aus. Die Legaten D. Titurins Sabinus 
und 2. Aurunculejus Cotta wurden mit einer 
Legion und 5 Kohorten niedergehauen. Im Lande 
der Nervier (in Brabant, jüdlich von Brüffel) ent- 
ging DO. Cicero nur durch heldenmütige Bertei: 
digung des mit großer Übermacht beftürmten Lagers 
demjelben Schidial, bis E. jelbft, der auf die erfte 
Kunde von diejen Unfällen herbeigeeilt war, ihn 
durch einen Fühnen Marſch entſetzte. Labienus, 


595 


der im Lande der treugebliebenen Remer (in der 
Champagne) von den Trevirern unter Indutio— 
marus angefallen wurde, jchlug den Angriff ab 
und tötete den Führer, dag Haupt des ganzen 
Aufftandes. Dadurch war fürs erite Ruhe gewon— 
nen, aber um gründliche Rache zu nehmen, Tief 
€. im cisalpinischen Gallien 2 neue Legionen aus: 
heben. Soldier Übermacht vermochten die galli- 
ichen Bölferichaften nicht ftandzuhalten: fie wur: 
den (53) der Reihe nad) bezwungen, und vor allen 
die Schuldigiten, die Nerbier, traf die Strafe der 
Berwüjtung ihrer Landſchaft. E. ging darauf zum 
zweitenmal, etwas oberhalb des vorigen Über: 
gangspunftes, über den Rhein, begnügte jich da= 
mit, die fliehenden Feinde vor fich her im die 
Gebirge zurüdzutreiben, und vollzog auf dem Nüd: 
marich zur Nahe für Sabinus und Cotta mit 
großer Grauſamkeit die Züchtigung an den Ebu— 
ronen in den Maad: und Sambregegenden; und 
doch entging Ambiorir, der Urheber des Auf: 
ftandes, * Verfolgern. Aber auch dies Straf— 
beiſpiel ſchreckte andere Stämme nicht ab, ſondern 
regte zu dem Verſuche an, ehe es zu ſpät wäre, 
die noch ungebrochenen Kräfte zur Wiedereroberung 
der Freiheit aufzuraffen. Der gefährliche Aufſtand 
des J. 52 nahm bei den Carnuten in der Gegend 
von Orleans durch Niedermetzelung römiſcher Kauf— 
leute ſeinen Anfang und gewann ſeine Hauptſtärke 
bei den Arvernern (Auvergne), an deren Spitze 
der kühne und ehrgeizige Vercingetorix trat, der 
den Aufruhr weit über die angrenzen n Sand: 
ichaften verbreitete. Während Labienus zwilchen 
Seine und Loire I Niederhaltung der dortigen 
Bewegungen zurüdblieb, wandte ſich C. gegen die 
Hauptpunfte, in denen die Feinde ihren Wider: 
ftand konzentrierten. Mvaricum im Lande der 
Bituriger Bourges) fiel nach verzweifelter Gegen- 
wehr; Gergovia, die Hauptjtadt der Arverner (bei 
Elermont), hielt fich troß der größten Anftren: 
ngen der Römer. €. mußte nach jchweren Ver: 
uften den Angriff aufgeben, als er die Hunde 
empfing, daß auch die Äduer und Atrebaten, bisher 
die treuejten der unterworfenen Stämme, in feinem 
Rüden fich empörten. Er z0g daher den Yabienns 
mit feinen 4 Legionen bei Agedincum (Sens) zum 
Enticheidungstampfe an ſich, und auch die Feinde 
vereinigten alle ihre Kräfte in und um Aleſia, im 
Lande der Mandubier (in der Nähe von Dijon). 
Nach blutigen Kämpfen drang E. bis in die Nähe 
der Stadt vor, jchloß fie- durch ausgedehnte Be: 
lagerungswerfe ein und ficherte fein Lager durch 
die großartigften Anftalten gegen Überfälle von 
außen. In diefen Verſchanzungen beftand er unter 
ungeheuern Anftrengungen die verzweifelten An— 
geiffe der Feinde. Mit ihrer Niederlage war das 
Schickſal Galliens entichteden. Vereingetorix ergab 
ſich dem Sieger, der ihn bis zu feinem Triumph 
(46) in Haft hielt und dann töten lief. Die 
duer unterwarfen jich. Dennoch war noch die 
volle Thätigfeit des Jahres 51 nötig, um in ganz 
Gallien die Reſte der weit verzweigten Empörung 
zu unterbrüden. Nachdem dies endlich nelungen, 
lag es in €.3 eigenem Intereſſe, die Kräfte der 
Provinz zu fchonen, um fie für jeine Zwecke zu 
benugen. Da ihm jchon 55 durch das Geſetz der 
Konjuln Pompejus und Crafius das Profonjulat 
Ba weitere 5 Jahre ernenert war, jo beſchloß er, 
jo lange in Gallien zu verweilen, bis die Ange: 


38* 


596 Julii. 


legenheiten in Nom zu feinem entjcheidenden Auf: | nicht abwejend fih um das Konſulat bewerben 
treten reif waren. — Hier hatte jich ſeit E.s |jollte, mit großer Gejchidlichfeit dahin, daß er 
Entfernung Bompejus zwiſchen der Nobilität, die | E.8 Refignation davon abhängig machte, daß auch 
er gegen jich aufgebracht, und der Volkspartei, die | Bompejus zuvor jein Kommando niederlegen müßte. 
er nicht zu leiten verjtand, in unbehaglicher Lage | Der Senat begnügte fih mit dem ſchwächlichen 
befunden. Da fich Clodius nad Ciceros Bertrei: | Beichluß, jeder von ihnen jolle eine Legion zum 
bung auch gegen ihm richtete und ſelbſt julifche | parthiichen Kriege abgeben; und da nun Bompejus 
Geſetze anzutaften fich nicht ſcheute, jo jeßte Pom: |; von E. eine ihm früher gelichene Legion zurüd: 
pejus mit E.8 Zuftimmung und durch den Bei: | forderte, jandte diefer ohne Zögern 2 Legionen, 
ftand des T. Annius Milo (57) die Zurüdberu- | welche, da fie zunächſt in Italien blieben, aud) 
fung Ciceros durch. Diejer bewirkte zwar, daß | unter den übrigen Truppen eine günftige Stim- 
dem Pompejus bei der herrichenden Teuerung auf | mung für ihren glüdlichen Feldherrn verbreiteten. 
5 Jahre die Aufficht über das Getreidewejen über: | Während deſſen gefiel ſich Pompejus in den Hul— 
tragen wurde. Da ihm aber durd die Eiferjucht | dDigungen feiner Parteigenofjen, die immer lauter 
der Optimaten jedes militärische Rommando ver: | zu offenem Kampfe gegen den eigenmächtigen Pro- 
jagt blieb und E.S fteigender Kriegsruhm feinen | tonjul von Gallien drängten, ohne doc auf ernftliche 
Neid erregte, jo beſchloß er, durch engeren Anſchluß Rüftungen gegen ihn Bedacht zu nehmen. Curio 
an Grafjus jeinem fintenden Anjchen einen neuen |aber brachte gegen Ende des Jahres dem C., der 
Aufihwung zu geben und zunächſt mit diejem |jchon, auf alles gefaßt, in Ravenna ftand, die 
vereint das Konſulat zu gewinnen. Um ſich dazu | genauefte Kunde von dem Haß und der Unfähig— 
C.s Mitwirkung zu fichern, hielten die Triumpirn | keit jeiner Gegner und riet dringend, einem An: 
im April 56 eine Zufammenkunft in Yucca. Hier | griff zuvorzufommen. Doc beichräntte jich E. noch 
fam zwiſchen ihnen der geheime Vertrag zuftande, | darauf, Curio an die Konjuln des Jahres 49 mit 
nach welchem fie ſich gegenjeitige Unterftügung | einem Schreiben zu jchiden, worin er erflärte, er 
zur Erreichung ihrer bejonderen Wünſche zufagten. | jei bereit in den Privatitand zurüdzutreten, wenn 
Nachdem darauf die Konjulwahl des Pompejus | Bompejus ein Gleiches thäte; wenn man es aber 
und Grafjus durch Lift und Gewalt durchgeiegt | von ihm allein verlange, um ihm zu verderben, 
war, wurden durch die Nogationen des befreunde- | jo ſei er entichloffen, für feine Sicherheit zu jorgen. 
ten Tribunen C. Trebonius dem Pompejus beide | Curio überreichte das Schreiben am 1. Januar 49 im 
Spanien und Afrika, dem Craſſus Syrien, und | Senate, und die neuen Tribunen D. Eajfius Yon: 
durch eine Rogation der Konſuln jelbit dem Cäjar | ginus und M. Antonius, C.s Anhänger, der Ich: 
jeine galliihen Provinzen auf neue 5 Jahre zu: | tere fein früherer Quäftor, verlangten die Ber: 
—— Allein da Pompejus nach Craſſus' leſung. Es entſteht eine heftige Debatte; der Senat 

bgang nad) Syrien zum parthiſchen Kriege, in) ſtimmt für den Antrag des Metellus Ecipio, C., 
welchem er 53 umfam, in Rom blieb und auf| wenn er nicht vor einem bejtimmten Tage jein 
jeine eigene Diktatur hinarbeitete, erregte er C.s Heer entlaffen habe, als Feind des Baterlandes 
Argwohn, dem es nicht entging, daß jener ihn |anzufehen; aber bei dem Einfpruch der Tribunen 
nur als ein Werkzeug zu benutzen gedachte. Durch | fanın er nicht zum Gejeg erhoben werden, bis am 
den Tod der Julia, im Sommer 54, war ein 6. Januar Caſſius und Antonius aus der Curie 
perjönliches Band zwiichen beiden zerriffen; durch | gewiejen, und damit der Krieg gegen C. erklärt 
den Fall des Erafjus wurde der Gegenſatz zwiſchen wird. Die Tribunen flüchten verfleidet zu C. Der 
ihnen der Enticheidung näher gerüdt. Stra die | Senat überträgt dem Bompejus die Führung des 
Anarchie und die wildeite Unordnung in der Stadt, | Krieges, bewilligt alle Mittel zu demjelben und 
in welcher Clodius von Milos Raubgefindel er: | verteilt die Provinzen an die zuverläffigiten Männer 
ſchlagen wurde, aufs äußerſte gejtiegen waren, |der Partei. So kam der Bürgerkrieg zum Aus- 
ließ Pompejus ſich für 52 zum alleinigen Sons | bruch. — 3) 49—44. C. unternahm den Kampf 
jul erwählen. Um jeder Bewerbung Cis zuvor: | mit dem Entſchluß, die Alleinberrichaft über die 
zufommen, nahm er fich ſpäter jeinen jeßigen | Stadt zu gewinnen, und im Beſitz der unbeding— 
Schwiegervater, Metellus Seipio, zum Kollegen |ten Gewalt über fein friegsgeübtes Heer; Pom- 
und ftüßte fih von nun am wieder entichieden | pejus, von dem Einfluß einer anmahenden Partei 
auf die Partei der DOptimaten. Offener trat im | eingeengt und jelbjt immer in der Täujchung be: 
nächiten Jahre 51 der Konſul M. Claudius Mar: | fangen, den Nebenbuhler leicht in feine Schranten 
cellus, Pompejus’ eifriger Anhänger, mit dem | zurücweijen zu fönnen. Durd die rajche Über: 
Antrage hervor, dem C. Nachfolger zu ſchicken, da | jchreitung des Rubico mit einer einzigen Legion 
der galliiche Krieg beendigt jei, und dem Abwe- und 300 Reitern und die Beſetzung der Stadt 
jenden die Bewerbung um das Konſulat nicht zu | Ariminum erreichte E. jeinen Zwed, unter jeinen 
geftatten. Da er hiermit nicht durchdrang, be: | Gegnern Beftürzung zu verbreiten. Sofort gab 
leidigte er jenen aufs empfindlichfte dadurch, dad; man die Verteidigung Roms auf; Capua follte 
er das Bürgerrecht der latiniichen Kolonie Novum | zum Sit der Regierung gemacht werden. Aber 
Comum im eisalpinifchen Gallien, welcher C. rö: |da C. ungehindert vordrang, da jeine galliichen 
miſches Bürgerrecht verliehen hatte, micht rejpek: | Legionen in Anmarſch waren, und da der Ruf 
tierte. Die Entſcheidung follte das Jahr 50 bringen, | feiner Milde ihm jchneller noch als die Waffen 
für weldjes Pompejus abermals auf den Beiftand | die Städte öffnete, fam Pompejus bald zu dem 
der beiden Konſuln L. Amilius Paulus und E. Clau- Entichluß, Italien zu räumen und in den öftlichen 
dius Marcellus und des gewandten Tribunen E. | Brovinzen die Verteidigung zu führen. Nur Do: 
Eurio rechnete. Aber legterer, durch E. gewonnen, | mitius, der ihm mit 30 Kohorten bis Corfinium 
lenfte die Berhandiungen im Senate über die | entgegengegangen war, verjuchte Widerjtand, war 
Forderung, daß C. jeine Truppen entlaffen und | aber Ge als E. bei den angefnüpften Unterhand: 


mn — — — 





Julii. 


lungen den Führern Leben und Freiheit zufagte , 
und die Truppen in jeine Dienfte aufnahm. Für 
ſolchen Abfall war es ein geringer Erjag, daß 
T. Labienus, den E. unter allen jeinen Legaten 
am meijten ausgezeichnet hatte, gleid) anfangs ſich 
für den Senat erflärte. Durdy die Zögerung, | 
welche C.s Marjch wegen der Verhandlungen mit 
Domitius erlitt, gelang es dem Pompejus, ſich 
mit dem größten Teil der Optimaten und einem 
Heere don etwa 30000 Mann zu Brundijium 
nad Dyrrhachium einzufichiffen. Ganz Ftalten war 
ohne Schwertjtreih in C.s Händen, in Rom jelbit 
fuchte er jede Furcht vor Gewaltmahregeln zu be- 
jeitigen und jogar durd das Berjprechen, mit 
Bompejus Unterhandlungen anzulnüpfen, die Hoff: 
nung auf einen friedlichen Ausgang zu erregen. 
Gleichwohl rüftete er unabläfjig und trug fein 
Bedenken, fih in den Beſitz der für die äußerfte 
Not des Staates im Saturnustempel aufbewahr: 
ten heiligen Gelder zu jegen. Seine Feldherren 
in die verjchiedenjten Gegenden verteilend, eilte 
er jelbft nady Spanien, um ſich den ganzen Weiten 
zu fichern, ehe er fi) nad DOften gegen Pompejus 
wendete, und erreichte dies mit bewundernswür— 
diger Schnelligkeit. Den Legaten des Pompejus, 
Afranius und Petrejus, bewilligte er freien Abzug 
zu PBompejus; ihre Soldaten traten meift in feine 
Dienjte über. Nach 40 Tagen konnte E. Spanien 
der Berwaltung des D. Caſſius übergeben und, 
nachdem er auf dem Rückweg auch Maffilia zur 
Unterwerfung genötigt, nach Italien zurücklehren, 
wo er inzwiſchen zum Diktator ernannt war. 
Sardinien und Sictlien waren in derielben Zeit 
für ihn gewonnen; aber E. Curio hatte im Kampfe 
gegen eine überlegene Macht bei Utica jeinen 
Untergang gefunden, und auch E. Antonius hatte 
fi) mit 15 Kohorten dem Pompejaner DOctavius 
in Jlyricum ergeben müfjen. — Nach Rom zurüd: 
gekehrt, benußte E. die unbejchräntte Macht, welche 
ıhm die Diktatur gab, um in 11 Tagen, die er 
in der Stadt verweilte, eine Reihe von populären 
Mafregeln durchzujegen und unter gejeßlichen 
Formen ſich und jeinen Anhängern alle höchſten 
Staatsämter übertragen zu lafjen. Er bejeitigte 
die durch Zahlung wucheriicher Zinjen veranlapte 
Verarmung vieler Bürger, hob zahlreiche Verban— 
nungsbeichlüffe auf, gab den Nachkommen der unter 
Sulla Geächteten ihre bürgerlicdyen Rechte wieder 
und erteilte den transpadanijchen Galliern, deren 
Patronat er jhon vor feiner Provinzialverwaltung 
geführt hatte, das römische Bürgerredt. Dann 
ließ er fich jelbft mit P. Servilius Jlauricus zum 
Konful für 48 wählen und eilte num, noch vor 
Ablauf des Jahres 49, nach Brundifium, um den 
Enticheidungstampf zu fuchen. — Pompejus hatte 
inzwiſchen Feine Streitkräfte bedeutend vermehrt 
und geübt. Außer 9 Legionen, einer Neiterei 
von 7000 Mann und 500 Kriegsichiffen hatte er 
auch von barbarijchen Fürjten und Bölfern zahl: 
reiche Hülfstruppen an ſich gezogen. Er hatte zu 
Theflalonife eine Art von Hofhaltung und Staats: 
regierung eingejeßt, behauptete aber Dyrrhachium 
als Mittelpunkt feiner militärijchen Stellung; an 
der Spitze der Flotte ſtand M. Bibulus, E.8 alter 
Nebenbuhler. Cäjar wagte es zu Anfang 48 mit 
viel geringerer Madıt über das Joniſche Meer zu 
gehen, landete glüdlich bei Oricum am Kerauniſchen 
Borgebirge und bejegte diejen Ort und Apollonia. 


597° 


Aber da der Verſuch Dyrrhachium zu überrumpeln 
jehlichlug, und jein Heer nach mehreren Verluſten 
in Gefechten und durch Mangel an Lebensmitteln 
in große Bedrängnis geriet, jo fahte er den kühnen 
Entihluß, über die hohen epeirotifchen Gebirge 
nad) Thefjalien zu gehen und in dem von den 
Feinden bejegten Lande feinen Truppen Nahrung 
und fich jelbjt ein Schlachtfeld zu gewinnen. Es 
gelang ihm volltommen, und das pompejanifche 
Heer folgte ihm in die Ebene von Pharſalos 
nach. Im Vertrauen auf jeine Überzahl (etwa 
45 000 gegen 22 000) und durch die Ungeduld jeiner 
Umgebung gedrängt, gab Pompejus jeine Abjicht, 
die Gegner auszuhungern, auf und bot die Schlacht 
an, die E. über alles wünjchte. Sobald der An— 
griff der überlegenen Reiterei an der Kaltblütig: 
feit der erprobten Fußjoldaten E.3 jcheiterte, verlor 
PBompejus jelbft und feine Oberoffiziere alle Be: 
fonnenheit; die germaniiche und galliiche Reiterei, 
die E. in jeinem Heere hatte, trieb die Gegner 
ins Lager zurüd, und als er diejes ſogleich im 
Sturmichritt angreifen ließ, erfolgte Verwirrung 
und Flucht. Da E. jedem Gnade verheißen lieh, 
der den Widerjtand aufgäbe, jo warfen die meijten 
die Waffen weg, und ganze Kohorten ergaben 
fih. Der Tag des enticheidenden Sieges, nad) 
dem damals noch nicht berichtigten Kalender der 
9. Auquſt, fällt nach unferer Rechnung auf den 
6. Juni des Jahres 48. — Bompejus eilte, jeder 
Faſſung beraubt, über Larija an die Küfte und 
von dort über Mytilene nach Agypten, wo ihm 
der elende König Ptolemaios, auf die Kunde von 
jeiner Flucht, ein Boot mit Mördern entgegen: 
jandte, die ihn vor der Landung niederftießen. €., 
der mit wenig Begleitern dem Flüchtling nad): 
geeilt war, empfing bei jeiner Ankunft in Agyp— 
ten Kopf und Siegelring des erichlagenen Feindes; 
jeine Thränen über den ungeheuren Umſchwung 
des Schidjals waren gewiß nicht erheuchelt. — 
Mit der größten Berwegenheit behauptete ſich E. 
darauf in dem Nönigspalafte der Ptolemater zu 
Alerandreia und in einem gefährlichen Straßen: 
fampfe gegen die zügellojen Rotten, durch welche 
der Eunuch des Königs, Pothinos, ihn zu erdrüden 
gedachte. Nachdem er einige Verſtärkungen an ſich 
gezogen, blieb er Sieger, und da Ptolemaios um: 
gelommen war, jeßte er deſſen Schwefter Kleo— 
patra, die ihn durch ihre Reize gewonnen hatte, zur 
Königin ein. Mit geringer Mühe jagte er dann den 
bojporaniichen König Pharnafes, der ſich während 
der Verwirrung des römischen Staates in Vorder: 
ajien feftzujegen verjucht hatte, in die Grenzen 
jeines fernen Königreichs zurüd — damals jchrieb 
er jein berühmtes: veni vidi vici nad! Rom (Suet. 
Caes. 37. Plut. Caes. 50) — und wollte ſich nun 
gegen die Trümmer der pompejaniichen Partei 
wenden, die jich unter Cato und Metellus Scipio, 
Pompejus’ Schwiegervater, in Afrika, und unter 
feinen Söhnen, Gnäus und Sertus, in Spanien ge: 
jammelt hatten. Zuvor begab E. ich (gegen Ende 47) 
nad) Rom, wo ihm inzwiichen das Konfulat auf 
5 Jahre, die tribuniciiche Gewalt auf Lebenszeit 
und die Diktatur zuerfannt waren. Auf dem Wege 
vor Brundifium nach Rom empfing C. mit ss 
herziger Berjöhnlichkeit viele angejehene Männer 
der Gegenpartei, die ihm mit Vertrauen entgegen: 
famen, feinen mit größerer Auszeichnung, als 
Cicero, und wenn auch Berechnung der eigenen 


598 


Intereſſen dabei mitwirkte, jo chrt doch der hohe 
Wert, den E. auf Eiceros Freundichaft legte, beide 
Männer. In Rom lieh C. ſich nur jo viel Zeit, 
um die äußere Ordnung herzuftellen, und ging 
mit einem feinen Heere nach Afrika hinüber. Da 
er die dort vereinigten Streitfräfte den jeinigen 
weit überlegen fand, jo wartete er die Ankunft 
einiger Verſtärkungen ab. Als aber die Feinde 
ihn auf einer Halbinjel, auf welcher das feite 
Thapjus liegt, abgejchnitten zu haben hofften, 
brach er in ſtürmiſchem Angrifr durch und ver: 
nichtete und zerftörte ihr ganzes Heer (den 6. April 
46). Bon allen Führern hielt ſich nur Cato in 
Utica mit einer ſchwachen Beſatzung und gab fich, 
da Verteidigung unmöglich war, den Tod, zu C.s 
Betrübnis, der ihm viel lieber durch Berzeihung 
jeine Achtung bewiejen hätte. Numidien wurde 
römische Provinz. — Bei feiner Rückkehr nach Rom 
genoß E. die erften Früchte feiner Siege; er feierte 
4 Triumphe (über Gallien, Ägypten, die Könige 
Pharnates und Juba), durch mie gejehene Felt: 
lichfeiten, Spiele, Bolfsipeifungen, Geld: und 
(detreidefpenden wurde die Menge über die un: 
beichränfte Herrſchaft Eines annes hinweg— 
getäuscht. Zu einem bleibenden Andenfen weihte 
er damals fein neu gegründetes Forum Julii und 
den Tempel der Venus Genetrir und ließ den in 
große Verwirrung geratenen Nalender mit Hülfe 
des alerandrinischen Mathematiters Sofigenes in 
Ordnung bringen und für die Zukunft feftftellen 
(annus confusionis). — Abermals zum Diktator 
für das J. 45 und zum alleinigen Konful erwählt, 
brach er, nachdem er ihm völlig ergebene Männer, 
wie Lepidus, Balbus und Oppius, zu Stadtprä: 
feften eingefeßt, im Dezember 46 nad Spanien, 
der letten Burg der Bompejaner, auf. Die Ber: 
zweiflung gab den Söhnen des Bompejus, Gnäus 
und Sertus, und den Männern, die bei ihnen das 
legte Heil für fich ſuchten, u. a. dem Labienus, 
für dieſen legten Kampf die größte Entichloffen: 
heit und Ausdauer. Nachdem C. Monate lang 
gegen fie vergebens jein freldherrntalent und jeine 
Kräfte aufgeboten hatte, brachte er es endlich den 
17. März 45 bei Munda, nördlich von Granada, 
zur enticheidenden Schlacht. Sie ift die einzige 
in diefem Bürgerfriege, in der hart und lange 
geftritten worden ift. E. jelbft geriet in Lebens 
gefahr und mußte die größten Anftrengungen 
machen, um das Feld zu behalten und feine 
Truppen zum Siege zu führen; endlich behauptete 
er ihn. En. Pompejus, Attins Varus, T. Yabienus 
fielen; ©. Pompejus fand Zuflucht bei den Gelti: 
berern und hat nach C.s Tode noch eine bedeu: 
tende Rolle geipielt. Die völlige Unterwerfung 
Spaniens erforderte noch Monate; erft im Sep: 
tember fehrte C. nach Rom zurüd. — Das Über— 
maß don abgöttiicher Verehrung, welches ihn hier 
empfing, war nicht geeignet feine geringe Achtung 
vor den noch beitehenden Staatsformen zu ver: 
rößern. Um fo auffallender ift cs, daß wir ihn 
in der noch übrigen Zeit feines Wirkens nicht 
von beftimmten Gedanfen einer Neubildung erfüllt 
fehen. Das damalige Rom hätte vielleicht eine 
fühne und rajche Ummwandlung der Verfaſſung, in 
der fein entichiedener Wille nad) Alleinherrichaft 
offenen Ausdrud gefunden hätte, beffer ertragen, 
als das fortgejeßte Spiel mit Formen, die Feine 
Wahrheit hatten. Die Macht zu den eingreifendften 


Julii. 


Anderungen wurde in feine Hände gelegt, die 
Diktatur auf Yebenszeit, das Konſulat auf 10 Jahre, 
die bejtändige praefectura morum, d. h. alle Be: 
fugniffe der alten Cenſur, und in dem ihm als 
Vornamen verlichenen Jmperatortitel auch der 
Inbegriff der höchſten militärifchen Gewalt. Allein 
an eine Umgejtaltung der Berfafjung hat er nicht 
Hand gelegt, jondern ſich teils vor, teils nad) dem 
hifpantichen Kriege mit denjenigen legislatorifchen 
Mafregeln begnügt. die die Ruhe und Sicherung 
des augenblidlichen Zuftandes bezwedten. Er ver: 
ichärfte die Gerichte durch Aufhebung der Richter: 
decurie der tribuni aerarii und durch neue Ge— 
jepe über die Prozeffe wegen Gewalt und Majeftäts: 
verbrechen; er reinigte die Stadt von einer Maſſe 
brot: und geſchäftsloſen Geſindels und ſorgte für 
Beichäftigung der Zurüdbleibenden ; er juchte den 
übermäßigen Aufwand der Reichen in Bauten, 
Kleiderpracht und Tafellurus zu bejchränten. Es 
war ein plößlicher Übergang von. der leidenichaft: 
lihen Aufregung zu einer thatenlojen Stille ein: 
getreten, in welcher die Menge fich nicht mehr von 
Demagogen ummworben, die Vornehmen fich ohne 
Einfluß ſahen. Zwar gedachte E. keineswegs lange 
mäßig zu raften: die gewaltigften Pläne von einem 
Nachefriege gegen die Parther erfüllten feine Seele. 
Aber er lieh doch während der 5 Monate feines 
Verweilens in Rom, wo er Ddeutlid) genug jeine 
Selüfte mach der Krone verriet, ohne doch mit 
tühnem Griff fie fich aufzufeßen, den trüben Ele: 
menten, die jich gegen ihn regten, Zeit, fich zum 
gemeinjamen Ausbruch zu vereinigen. Unter den 
mehr als 60 Berichworenen, welche meiftens ent: 
weder alte und oft begünftigte Anhänger E.3 oder 
von ihm mit Schonung und Auszeichnung be- 
handelte Pompejaner waren, find M. Aunins 
Brutus und C. Caſſius Yonginus die hervor: 
ragendjten. Jener war von E., der ihn von früh 
auf kannte und liebte, gleich nach der pharjaliihen 
Schjlacht wieder aufgenommen und für das J. 44 
mit der einflußreichen ftädtiichen Prätur betraut. 
Er hing ehrlich an der Hoffnung, die alten Zeiten 
der Republik wiederhergeftellt zu jehen, und hielt 
dafür die Hinwegräumung feines Wohlthäters für 
fein zu großes Opfer. Caſſius aber, der unter 
Rompejus eine angejchene Stellung eingenommen 
hatte, jah feinen Ehrgeiz durch E. nicht hinläng- 
lid) befriedigt und fühlte fich noch zuletzt durch 
die niedere Prätur, die jener ihm übertragen batte, 
zurüdgejeßt; er ftillte durch C.s Mord die Rach— 
jucht jeines finfteren Gemüts. Das Gerücht, daß 
in der Verſammlung des Senats, die auf den 
15. März 44 in das Theater des Pompejus auf 
dem Marsfelde berufen war, ein neuer Antrag 
auf Übertragung der Königswürde geftellt werden 
follte, beitimmte die Verichworenen, dieſen Tag 
und Ort zur Nusführung zu wählen. Im Senate 
fonnte E. am wenigiten einen Anfchlag fürchten, 
das Ericheinen der —J———— die alle Sena— 
toren waren, am wenigſten auffallen. Obgleich 
gewarnt durch drohende Anzeichen und durch 
ängſtliche Vorſtellungen ſeiner Gemahlin Cal: 
purnia, begab er Ni, auf einer Eänfte ge: 
tragen, in den Senat. Alsbald wurde er durch die 
Verſchworenen umringt und von feinen Freunden 
abgedrängt. Tillius Cimber, der ſich unter einem 
Vorwande ihm am meiften genähert hatte, gab 
das Zeichen, indem er ihm die Toga von der 


Julii. 


Schulter riß, Caſca führte den erjten Streich, mit 
wilder Blutgier folgten die andern. Auch Brutus 
blieb nicht zurüd; daß C. den letzten ſchmerzlichen 
Zuruf: „Auch du, mein Sohn!“ an ihn gerichtet 
habe, wird von Sueton u. a. bezweifelt. Nach 
kurzem Widerjtande verhüllte E. das Haupt und 
lanf, von 23 Wunden bededt, an der Statue des 
Pompejus tot nieder. — Nur zu bald zeigten bie 
Verwirrungen der nächſten Zeit, die Öreuel der 
wieder ausbrechenden Bürgerfriege und die kluge 
Lift, mit welcher der nachfolgende Beherrſcher den 
Staat umftridte, da Rom in Cäjar feinen größten 


| 





Mann verloren hatte. So jehr es zu beflagen 
ift, daß die edlen Eigenjchaften jeines Geiftes durch 
roße Berjchuldungen verdun: 
elt wurden, jo darf man doc) 
fagen, daß jeine Tugenden den 
inneren Kern jeines Wejens 
bildeten, feine Fehler meijt in 
den Verſuchungen einer ver: 
wilderten Zeit ihren Uriprung 
genommen haben. Sein Ehr: 
geiz lannte feine Schranten; 
er hat ihn zum Siege durd) 
unverantwortliche Thaten ge: 
führt, und unmwürdige Men: 
ſchen haben ſich ihm angehängt. 
Und doch blieben bis aus Ende 
feines Lebens da, wo er am 
meiften nach jeiner Selbſt— 
beftimmung handeln fonnte, 
Wohlwollen, Offenheit und 
Großmut die Grundzüge feines 
Eharatters; Neid und Fleinliche 
Intriguen waren feinem Wejen 
fremd. Sein Leben haben dar: F 
geitellt Drumann, Geſch. Roms, | 

Bd. II ©. 120-762; Köchly 4 
und Rüſtow, Ein!. zu den Kom: 
mentarien über den gall. Krieg 
©. 9-50, und Kaiſer Napo— 
leon III., histoire de Jules 
Cesar (1865 ff. 2 Bod., unvoll: 
endet). Vgl. aud) von Göler, 
Cäſars galliiher Krieg und 
Teile seines, Bürgerfrieges 
(2. Aufl. 1880, 2 Bbd.) und 
Stoffel, histoire de Jules / 
Cösar. Guerre civile (2 Bob. 
1887). — Cäſars geijtige An— 
lagen waren von jo bewun— 
dernswürdiger Bieljeitigfeit, 


daß er als Staatsmann, Feldherr, Redner, Ge: | 
} 


ichichtichreiber und in ganz verjchiedenen Fächern 
der Wiſſenſchaft, wie in der Sprachfoxſchung und | 
Mathematik, Großes geleiftet hat. 
einigte er die größte Schärfe, Mlarheit und Leich: | 
tigfeit der Auffaſſung mit der höchiten Thatkraft 
und Ausdauer der Ausführung. Die uns erhalte: 
nen Schriften, die 7 Bücher de bello Gallico 
(herausgegeben 51) und die 3 de bello civili 
(geichrieben confecto bello, aljo 45/44), tragen 
in der ſchmuckloſen Einfachheit und Natürlichkeit 
des Ausdruds und der Darftellung das Siegel 
der get Überlegenheit und feinften Bildung 
des Beiftes an ſich. Aueag: von Davis (1727), 
Dudendorp (1737; neuer Abdr. 1822), Nipperden 
(1847) und Dübner (1567), des bellum Gallicun: 





Überall ver: , Tac. dial. 21). 


599 


bon Schneider (1840) und Holder (1882); Tert- 
ausgg. von Nipperdey (3. Aufl. 1872), Hoffmann 
(1856), Kraner (1861), Dinter (2. Aufl. 1884 ff.) 
u. a. Zahlreiche Schulausgg., des bellum Galı, 
von M. Seyffert (3. Aufl. 1879), Kraner (14. Aufl. 
1886), Doberenz (8. Aufl., beſ. von Dinter, 1882), 
Walter (1832 5j.), Menge (1883 ff.), Rheinhard 
(6. Aufl. 1859) u. a.; des bell. civ. von Kraner 
(9. Aufl. 1885), Doberenz (5. Aufl., bei. von 
Dinter, 1854) u.a. Lexika von Merguet (1881 ff.), 
Meujel (1. Bd. 1884— 87) und Menge und Breuf; 
(begonnen 1884). — Die Zeitgenofien haben Cäſar 
als Redner jehr hoch geitellt (Cie. Brut. 252. 2617. 
Quint. 10, 1, 114); nur dem Cicero ſtand er in 


der Beredjamfeit nach (Fragmente der Reden bei 


Nipperdey S. 749 Ff.). Auch Berje hat er nicht 
bloß in jeiner Jugend gemacht (Suet. Cues. 56. 
Selbſt in den Winterquartieren 
während des galliichen Krieges verfaßte er zwei 
Bücher de analogia (Suet. Caes. 56. (Grell.19, 8, 3) 
oder, wie Cicero (Brut. 72, 253) jagt: etiam in 
maximis occupationibus ad te ipsum — de 
ratione loquendi accuratissume scripserit, deren 
Fragmente Schlitte de C. Julio Caesare gramma- 
tico (1865) nach Lerſch (Sprachphilojophie 1, 129) 
und Nipperdey (2. 753 ff.) gefammmelt Haben. Gegen 
Ciceros Lobjchrift auf Cato richtete er duo Anti- 
eatones, in denen er bei aller Anerlennung für 
Cicero den Cato als lächerliche Perſon darftellte 
(Suet. Uues. 56. Plut. Caes. 54. Plin. ep. 3, 12). 


600 


Nach jeinem Tode veranftaltete man audy mehrere 
Sammlungen jeiner Briefe (Nipperdey S. 766— 
783); erhalten haben jich einige Briefe von ihm 
an Cicero u. a. in dem ciceronijchen Briefwechiel, 
3. B. ad Att. 9, 6A; 7C; 10, 8B. — Die er: 
haltenen Fortjegungen feiner Kommentare, nämlic) 
de bello Gallico 1. VII, de bello Alexan- 
drino, Africano, Hispaniensi, find wahrjcheinlich 
auf 3 Verfaſſer ——————— nämlich de bello 
Gall. 1. VIII und bell. Alexandrinum (herausg. 
von R. Schneider, 1888, und in Walters Ausg. 
des bell. Gall., Heft 4), die am beften ftilifiert 
find, auf A. Hirtius, das ſchwülſtige bell. Afri- 
canum vielleicht (nach der jcharfjinnigen Vermu— 
tung von G. Landgraf) auf E. Aſinius Pollio 
(j. Asinii, 1.), wieder auf einen andern das 
bell. Hispaniense mit feiner „zerhadten und ftam- 
melnden Darjtellung“. Bol. S. Preuß, vollitän- 
diges Lerifon zu den pfeudo-cäjarianiichen Schrift: 
werten (1854). — C. war von hoher, imponie- 
render Geftalt; fein Geficht, durch Adlernaſe und 
lebhafte jchwarze Augen ausgezeichnet, trug den 
Ausdrud des Wohlwollens und der Freundlichkeit; 
obgleich er periodiih an heftigen Kopfſchmerzen 
und jelbjt an epileptiichen Yufällen litt, ftärkte er 
die Geſundheit durch die kriegeriſchen Anſtren— 
gungen und ging feinen Soldaten in Ertragung 
der äußerſten Beichwerden mit feinem Berfpiel 
voran. Sein Bild ift auf vielen Münzen und 
in Bildwerfen uns erhalten. — 9) Sert. Jul. 
Cäſar, Batersbruder des Diktators, befleidete im 
J. 91 v. E., als der Tribun Livius Drufus feine 
Sejehe gab, das ‚Konjulat. — 10) Sert. Jul. 
Gäjar, des vorigen Enkel, foht im %. 49 v. E. 
in Hiſpanien gegen die Pompejaner und twurde 
in Syrien im 9 46 ermordet. Caes. b. c. 2, 20. 
— 11) Julia, Tochter des Auguſtus, vermählt 
zuerſt mit Marcellus, dann mit Agrippa, darauf 
mit dem nachmaligen Kaiſer Tiberius, iſt berüchtigt 
wegen ihres lockeren Lebenswandels (ſ. Octa- 
vianus). — Ihre gleichnamige Tochter, 12) Julia 
(von Agrippa), ergab ich gleithfalls einem aus- 
ichweifenden Leben, weshalb Augustus fie aus Rom 
verbaunte. Tuc. ann. 3, 24.4, 71. — 13) Julia, 
Tochter des jüngeren Druſus, zuerſt mit Nero 
Druſus, dann mit Sejan, dann mit Nubellius 
Blandus vermählt. — 14) Julia Livilla, die 
jüngite Tochter des edlen Sermanicus, geboren 
im %. 18 n. E., war ihrem Bater jehr unähnlich. 
Vermählt mit M. Vinicius, wurde fie wegen un: 
fittlichen Verfehrs mit Galigula und wegen Teil: 
nahme an einer Berfchwörung des Lepidus nach 
der Inſel Bontia verbannt. Nach Caligulas Tode 
zurüdgerufen und bald nachher auf Antrieb der 
eiferfüchtigen Mefjalina abermals verbannt, wurde 
fie auf Befehl des Claudius ermordet. Tac. ann. 
6, 15. Suet. Cal, 24, 29. — 15) Jul. Florus 
und Jul. Sacropir, 2 angejehene Gallier, ver: 
anlaften im J. 21 nm. E. einen Aufftand der 
Gallier. Florus gab fich nach einem unglüdlichen 
Kampf im Ardennertvalde jelbjt den Tod, Sacrovir 
tötete ſich nad) einer Niederlage durch den Legaten 
Silius. Tac. ann. 3,40. 43. 4, 18. — 16) Jul. 
Aquila, bejiegte den boiporanijchen König Mi: 
thridates im J. 49 n. C. als diejer, von den 
Römern entjeßt, feine Herrſchaft wieder zu er: 
langen fuchte. Tac. ann. 12, 15 ff. — 17) C. Aut. 
Binder j. Vindex — 15) Jul. Sabinus, 


Iulis — Junii. 


ein Lingoner, twiegelte in Berbindung mit ul. 
Claſſicus und Jul. Tutor, 2 Trevirern, während 
des Aufitandes des Civilis die Völker Galliens 
zum Aufftande auf (Tae. hist. 4, 55.57. Dio Cass. 
66, 3), legte ſich den Titel Cäſar bei, juchte die 
Sequaner duch Waffengewalt zum Anſchluß zu 
bewegen, wurde aber befiegt und flüchtete in die 
unterirdijichen Räume eines Landhauſes, wo er 
mit feiner treuen Gattin Epponina (Teac. hist. 
4, 67) 9 Jahre lang lebte, endlich aber ergriffen 
und in Rom auf Befehl Beipafians hingerichtet 
wurde. Dio Cass. 66, 16. Plut. amat, 25. — 
19) Julius Baſſus, von edler Herkunft, ver- 
bannt von PDomitian, aber zurüdberufen von 
Nerva, wurde Profonful in Bithynien. Als er 
wegen diejer Verwaltung 103 oder 104 n. E. an: 
geflagt ward, verteidigten ihn der jüngere Plinius 
und Barenus Rufus mit Erfolg. 105 war er 
Konjul. Plin. ep. 4,9. 5,20. 6,29. — 20) Julius 
Baſſus, ein Nhetor, deifen Seneca in den con- 
troversiae jehr häufig gedenkt. — Über andere 
Julii ſ. Florus, Frontinus, Hyginus, Ob- 
sequens, Secundus, Solinus. 

lülis j. Keos, 

Iülus, 1) j. Aineias. — 2) f. Antonii, 8. 

Junfi, I) ein altes berühmtes Geſchlecht patri- 
eiichen Urfprungs, von welchem zuerft 1) M. Ju: 
nins, als aus trojanifhem Blute abjtammend, 
— wird, vermählt mit einer Schweſter des 

arquinius Superbus, ſamt ſeinem älteſten Sohne 
von dem Könige umgebracht. Liv. 1, 56. — Der 
zweite Sohn war 2) u Jun. Brutus, der angeb- 
lid) von Tarquinius den letzteren Beinamen befam, 
weil er fich blödjinnig ftellte, um fein Leben vor 
dem mißtrauifchen Oheim ficher zu ftellen. Mon. 
Hal. 4, 67. 77. Tarquinius gab ihn feinen 
Söhnen unbedenflid; als Begleiter mit auf eine 
Neife nad Delphoi, von wo fie mit dem Drafel- 
ipruch heimfehrten, es werde in Nom einft derjenige 
herrichen, welcher bei der Rückkehr zuerſt die Weutter 
füjfen werde. Brutus deutete den Spruch allein 
richtig auf die Erde als gemeinjchaftliche Mutter 
aller. Cie. Brut. 14, 53. Liv. 1,56. Nadjdem er 
die Rolle eines Blödfinnigen lange Zeit gut ge: 
jpielt hatte, fand die Entehrung der Qucretia, Ge: 
mahlin des Tarquinius Collatinus, durch Sertus 
Tarquinius ftatt. Brutus war bei der Erzählung 
von ihrer Schmakh und bei ihrem Tode gegen: 
— Er ſchwur den Tarquiniern Rache, wiegelte 
das Volk auf und ſetzte, während Tarquinius 
Ardea belagerte, die Abjegung und Verbannung 
desſelben durch. Zir. 1, 59. Auf die Kunde davon 
eilte der König nach Nom, fand aber die Thore 
verjchloffen, während inzwiſchen Brutus jich nad 
Ardea begeben und das Heer zum Abfall bewogen 
hatte. Brutus wurde mit Targuinius Collatinus 
zum erften Konſul erwählt für das Jahr 509 v. C. 
und entdedte durch Verrat eines Sklaven eine 
von jungen Adeligen angejponnene Berichwörung. 
Während Eollatinus jeine daran beteiligten Neffen 
zu retten juchte, weshalb er nad) vergeblidhen Be- 
mühungen Nom verlafjfen mußte, verurteilte Brutus 
feine eigenen Söhne zum Tode und ließ fie vor 
jeinen Augen hinricdhten. Liv. 2, 3 ff. Als cs bald 
nachher Tarquinius gelang, mit Hülfe der Bejenter 
und Etruffer ein Heer gegen Nom zu führen, fam 
es zum Nampfe, in weldem des Königs Sohn 
Arruns und Brutus nach hitigem Gefechte einander 


Junii. 


durchbohrten und von ihren Pferden herabjtürzten. 
Liv. 2, 6. Cie. Cat. m. 20. tusc. 4, 22, 50. Dion, 
Hal. 5, 14f. Tief betrauerte ihn das römische 
Volt und ehrte fein Andenlen durch eine Bild» 
fäule auf dem Kapitol. Mit ihm ftarb der patri: 
eiſche Zweig der Junier aus; dejto zahlreicher find 
in jpäteren Zeiten die plebejiichen Junier, obwohl 
ohne Zuſammenhang mit jenem erlojchenen Zweige, 
wie es jcheint. — II) Plebejer, a) Bruti: 1) 2. 
AJunius Brutus, nahm den Beinamen Brutus 
an, ohne da ihm VBerwandtichaft ein Recht darauf 
gab. Er vertrat jeinen Stand bei dem Auszuge 
auf den Heiligen Berg mit großem Eifer und wurde 
einer der erſten Bolfstribunen. Dion. Hal. 7, 14 ff. 
6, 70. — 2) Decimus Jun. Brut. Scäva, 
Konjul im Jahre 325 v. E. mit Furius Camillus, 
führte glüdlichen Krieg gegen die Veſtiner. Liv. 
8,29. — 3) E. Jun. Bubulcus Brutus, Kon- 
jul 317 und 313 v. E. Lir. 9, 20. 28. Zum 
drittenmal 311 Konful, führte er einen rühm- 
lichen Krieg gegen die Samniter, weshalb er im 
Jahre 309 vom Diktator Papirius ald Magister 
equitum in einen neuen Krieg gegen Samnium 
mitgenofnmen wurde, wo er mit Ruhm kämpfte. Als 
Diktator focht er im Jahre 302 gegen die Aquer. 
Liv. 9, 30. 38. 10, 1. — 4) D. Jun. Brutus 
Gallaecus, Konful 138 v. C. verwaltete Hiſpa— 
nien, wo er den entwaffneten Anhängern des 
Viriathus Ader anwies und das Land möglichit 
von Räubern reinigtee App. Hisp. 71jf. Vell. 
Pat. 2, 5. Er jchlug die Galläfer im nordweſt— 
lihen Hiſpanien (daher fein Beiname) und trug 
(bis zum Jahre 134) zur Beruhigung Spaniens 
nicht wenig bei; er triumphierte deshalb 132. 
Eutr. 4, 19. Cie. Brut. 47, 175. Er war ein fein: 
— beredter Mann und ein Freund des 

ichters Accius. Cie. Arch. 11,27. Brut. 28, 107. 
— Sein Sohn, 5) D. Jun. Brutus, Konjul 
im Jahre 77 v. E., Gemahl der Sempronia, die 
Teilnehmerin der catilinarischen Verſchwörung war 
(Sall. Cat. 25. 40), ftand jchon im Jahre 100 gegen 
Saturninus auf jeiten der Partei, welche die alten 
Buftände zu erhalten wünjchte; gleichjall® hochae- 
bildet. — 6) Defien Sohn, D. Jun. Brutus, bis: 
weilen Albinus genannt, weil U. Poſtumius Al- 
binus ihn adoptiert hatte, geboren wahricheinlic) 
84 dv. C. erntete jeine eriten Xorbeeren unter Cäſar 
in Gallien gegen die VBeneter (56), deren Flotte 
er entſcheidend jchlug. Später focht er gegen 
Berceingetorir und bei Alefia. Im Bürgerfriege 
befehligte er die Seemacht Cäſars im Jahre 49 
vor Maſſilia, befiegte die Flotte der Gegner und 
dämpfte in Gallien eine Empörung, wofür er von 
Cäſar nach jeiner Rückkehr mit großen Ehren 
überhäuft wurde. Caes. b. 4. 3, 11 ff. 7, 87. b. e.! 
1, 36. 56 ff. Auch beitimmte Cäjar ihn zum Statt: | 
halter des cisalpinischen Galliens und gab ihm! 
viele andere Proben feiner großen Zuneigung. | 
Vell, Pat. 2, 64. Dennoch ſchloß er ſich der Ber: 
ihwörung gegen Cäjar an (Plut. Brut. 12), wie 
es jcheint aus Überzeugung, daß das Wohl des 
Baterlandes Cäjars Tod erheiſche. Nach Läjars 
Tode begab er ſich in jeine Provinz. Als jedod) 
Antonius fid) des Brutus Provinz geben lieh und 
dieſem dafür Mafedonien beftimmte, jo erflärte 
Brutus dem nicht Folge leiften zu wollen, fondern | 
jammelte ein Heer, wobei Cicero ihn ermunterte 
und unterjtüßte. Cie. ad fam. 11, 5.6.13. Raſch 


— — — — —— — —— — — — — — — 





601 


rückte er nach Mutina, wo er ſich ſtark verſchanzte. 
Hier wurde er von Antonius, obwohl der Senat 
denſelben von ſeinem Beginnen abzuhalten ſuchte, 
den ganzen Winter über belagert, bis Antonius 
von Hirtius, Panſa und Octavian nad) mehrfachem 
Zögern am 25. April 43 beſiegt und für einen 
Feind des Valerlandes erklärt wurde. Brutus 
hatte erft nach der Schlacht, an der er jelbit feinen 
Anteil nahm, eine Zuſammenkunft mit Octavian, 
mit dem er fich jeines Miftrauens ungeachtet 
vereinigte. Als aber bald darauf Antonius von 
neuem ein Heer jammelte, und einzelne Unter: 
befehlshaber des Brutus zu ihm übergingen, auch 
Octavian in Rom Cäſars Mörder zur Strafe zog, 
beichloß Brutus, zu M. Brutus nad Maledonien 
zu ziehen. Da inzwiichen 6 jeiner Legionen zu 
DOctavian abfielen, mußte er die Flucht ergreifen. 
Auf dem Wege nad Aquileja wurde er in den 
Alpen von einem Gajtfreunde Gamillus, bei wel: 
chem er Schuß juchte, verraten und feftgenommen, 
worauf Antonius ihn durch abgejandte Mörder 
töten lieh. Vell. Pat. 2, 64. 87. App. b. e.3,97f. 
Dio Cass. 46, 53. — 7) M. Jun. Brutus, Ab: 
gejandter des Senats an Sulla im Jahre 88 v. E., 
tötete ſich nach Befiegung der Marianer jelbit. — 
8 M. Jun. Brutus, Vater von Nr. 9, jchlug 
als Bolfstribun im Jahre 83 v. E. vor, nad) 
Capua eine ftarfe römiſche Kolonie zu jenden, 
was Cicero (de leg. agr. 2, 36, 98) ehr icharf 
tadelt. Am Bürgerkriege hielt er zu Marins und 
kämpfte im cisalpinischen Gallien, mußte aber 
Mutina an Pompejus gegen freien Abzug über: 
geben und wurde bald nachher von einem Diener 
des Pompejus ermordet (77). Plut. Pomp. 16. 
App.b. c. 2, 111. Cic. ad Att. 9, 14. Er war ein 
gelehrter, des Rechts jehr fundiger Mann, ohne 
eigentlich Redner zu fein. Cie. Brut. 62, 222. 
Seine Gemahlin war die berühmte Servilia, 
Stiefjchweiter Catos von Utica. Plut. Brut. 2. — 
9) M. Yun. Brutus, Sohn des vorigen, geboren 
85 v. C. Seine eben genannte Mutter leitete mit 
Einficht und Sorgfalt die Erziehung ihres Sohnes, 
wurde aber eines ftrafbaren Umganges mit Cäſar 
bejchuldigt. Daß Brutus des letzteren Sohn ge: 
wejen jet, ift freilich nur eine ziemlich grundloje 
Erfindung, da Cäſar nur 15 Jahre älter war als 
jener. Auf jeine geiftige und fittliche Ausbildung 
hat das Beiipiel jeines Oheims Gato, auf welchen 
er mit großer Verehrung hinblicte, entichiedenen 
Einfluß gehabt. Die Neigung zu philojophijchen 
und hiftoriichen Studien gab feinem Geifte eine 
mehr bejchauliche als praftiiche Richtung, und wenn 
er von jeinem Oheim in der Vorliebe für Die 
alademiſche, nicht ſtoiſche Philojophie abwich, jo 
bewahrte er fich dadurch wohl eine größere rei: 
heit und Bieljeitigfeit der Intereſſen, ftärfte aber 
weniger die Kraft jeines Willens für ein Har: 
bewußtes und entichloffenes Handeln. Dennoch 
gewannen ihn die Reinheit und Unbejcholtenheit 
jeiner Sitten, der Ernſt Inc ganzen Wejens und 
die Würde der Freimütigkeit feines Auftretens die 
Achtung und Zuneigung der angeiehenften Männer 
und ein unbedingtes Bertrauen in weiteren Ktreijen. 
Im öffentlichen Leben wird Br. zuerit im Jahre 
59 genannt, da er einer angeblichen Verſchwörung 
gegen Pompejus mit bejchuldigt wurde; doch be- 
fahl Cäſar jogleih die Anflage gegen ihn fallen 
zu laſſen. Der Vorfall beweift, da auf den Namen 


602 


des jungen Brutus jchon bedeutendes Gewicht ge: 
legt wurde. Doch hielt er ſich noch längere Zeit 
von den Staatsangelegenheiten zurüd und begnügte 
fih damit, im Gefolge jeiner angejehenen Ber: 
wandten, im Jahre 58 des Cato bei deſſen Sen: 
dung nach Nypros, im Jahre 53 des Appius 
Claudius, jeines Schwiegervaters, der als Pro: 
konſul nach Kilifien ging, fich in der ferne Ge: 
ichäftsfunde und Erfahrungen zu jammeln. Ohne 
Zweifel verwandte er feine Muße auf litterariiche 
Beichäftigung und den Umgang mit griechiichen 
Gelehrten und Philojophen, den er jehr liebte. 
Wahrjcheinlich gehören die philofophiichen Schrif: 
ten, die von ihm angeführt werden (über die Pflich— 
ten, über die Geduld, über die Tugend), in dieſe 
hi Zeit. Nach feiner Rückkehr nah Rom nahın 
er jeine Stellung auf feiten der Optimaten, er: 
Härte fich für Milo, deflen Tötung des Clodius 
er als ein Berdienft um den Staat daritellte, und 
verteidigte jeinen Schwiegervater, der wegen Miß— 
brauchs feiner Amtsgewalt in der Verwaltung von 
Kililien angellagt war. Daher entichied er ſich 
auch beim Ausbruch des Bürgerfrieges (49) für 
Pompejus, obgleich dreier einſt jeinen Bater getötet 
hatte, ging anfangs mit PB. Seftins nach Ajien, 
traf aber noch zu rechter Zeit in Griechenland ein, 
um an den Gefechten bei Dyrrhachium und an 
der Schlacht bei Pharjalos teilzunehmen. Cäſar 
hatte, ſowohl aus perjönlicher Zuneigung, wie aus 
Freundſchaft für feine Mutter Servilia, ausdrüd: 
lich Befehl gegeben, a zu ichonen, und nahm 
ihn auf jein erftes Gejuch chrenvoll bei ſich auf. 
Plut. Brut. 5f. Lucan, 7, 556 ff. Br. hielt fich 
zwar don dem fortgeichten Kampfe, in welchem 
jeine bisherigen Barteigenoffen und jeine nächiten 
Verwandten, namentlich Gato, unterlagen, zurüd, 
nahm aber doc ſchon 46, noch vor Beendigung 
des afrikaniſchen Krieges, von Cäfar die Verwal: 
tung des ciSalpinifchen Galliens an, wo er wegen 
feiner Berechtigkeit und Uneigennügigfeit den gün- 
ftigften Huf zurückließ. Auch trug er fein Bedenken, 
45, nach jeines Oheims Cato Tode, eine Lobrede 
auf diejen herauszugeben und jich mit deſſen Tochter 
Borcia, der Witwe des M. Bibulus, nachdem er 
jelbit jeine Ehe mit Appins Claudius’ Tochter 
Claudia gelöft hatte, aus Achtung und Neigung 
zu vermählen. Cic. ad Att. 13,9,2. Um dieje Zeit 
gab Cicero, welcher wie jener zwijchen der Liebe 
zur Republik und der Bewunderung des geiftig 
überlegenen und liebenswürdigen Cäſar hin= und 
berichwanfte, ihm große Beweiſe feiner Achtung, 
indem er ihm feinen Orator, die Bücher de finibus, 
de natura deorum, die disputationes Tuscula- 
nae und die paradoxa widmete und ihm im 
Brutus die Hauptrolle zuerteilte. Vgl. Boiſſier, 
- Cicero und jeine Freunde, ©. 377 ff. der deutjchen 
Überjegung. Als indes Cäſar im September 45 
jiegreich aus Hiſpanien zurückkehrte, ſchloß Brutus 
ſich ihm an und empfing von ihm fürs Jahr 4 
unter den 16 Präturen, die damals zum erſten— 
mal eingerichtet wurden, als beſondere Auszeich— 
mung die ſtädtiſche. Die unſelige Verſchwörung 
gegen Cäſars Leben, welche in fanatiſchen und 
haßerfüllten Gemütern reifte, iſt nicht das Werk 
des Brutus; aber ſie glaubte ſich in den Augen der 
Welt feine beſſere Weihe als die feines Namens 
geben zu fünnen. App. b. c. 2,112. Dio Cass. 
44, 12. Plut. Drut. V. Suet. Caes. 80. C. Caſſius, 


Junii. 


Gemahl feiner Stieffchtvefter Junia Tertulla (+ 22 
n. C. Tae. ann. 3, 76), derjelbe Mann. der fich 
vergebens auf die ftädtiihe Prätur Hoffnung ge: 
macht hatte und deshalb Cäſar und ihm zürnte, 
machte ihm die erften Anträge, und geheimnisvolle 
Mahnungen, die an ihn als den Träger des glor— 
reichen Namens des Befreiers von Rom ergingen, 
übten auf fein edles, aber unflares Gemüt die 
wohlberechnete Wirkung. Frei von perjönlichem 
Ehrgeiz, aber in dem thörichten Glauben, alle die 
verichiedenen Beitrebungen der Herrſchſucht und 
der roheften Leidenjchaften, welche nur durd die 
Hand des Mächtigen niedergehalten wurden, würden 
nach defjen Falle fich für das Wohl der Republik 
vereinigen, bot er jeine Hand zu der unglüdlichen 
That und half fie am 15. März 44 in der Kurie des 
Pompejus vollbringen. Wenn auch der befannte 
Zuruf des fterbenden Cäfar an Br.: „Auch du, 
mein Sohn!“ auf jpäterer Ausihmüdung der 
tragischen Gejchichte beruht (App. b. c. 2,117. Suet. 
Caes. 8%. Plut. Brut. 17. Dio Cass. 44, 19), jo 
ift doch darin die gewiß wahre Vorausjeßung an: 
gedeutet, daß nichts jeinen Tod mehr verbitterte, 
als der Anblid des Br. unter feinen Mördern. 
Als gleich nach der That unter den Urhebern ſich 
weder Einigkeit noch Bejonnenheit zeigte, trug Br. 
am meiſten zu dem völligen Mißlingen des Planes 
bei, indem er Antonius, den gefährlichiten Gegner, 
entichieden zu jchonen verlangt hatte und in die 
öffentliche Leichenfeier auf dem Forum einwilligte. 
Sie wurde das Mittel, troß einer jcheinbaren Ber: 
jöhnung zwiſchen den Parteien, die Wut des Volkes 
gegen die Mörder Cäſars aufzuftacheln. Die meiften 
verließen Rom, auch Br. ging um die Mitte des 
April auf jeine Güter, wo er noch bis zum Sep: 
tember in der vergeblichen Hoffnung verweilte, daß 
in Nom, weldjes völlig den neuen Gewalthabern, 
Antonius und dem jungen C. Octavianus, über: 
lafjen blieb, eine Umftimmung zu feinen Gunften 
vorgehen würde. Er ging hierauf zuerft nach Athen 
und gedachte Makedonien, das ihm noch von Cäjar 
als Provinz zuerteilt war, in Beſitz zu nehmen. 
Aber er blieb unthätig und umentjchloffen, bis 
M. Antonius jeinem Bruder E. Antonius Mate: 
donien zuiprechen lieh. Da jammelte Br. die 
PBompejaner in diefen Gegenden und drängte den 
C. Antonius auf Apollonia zurüd, wo er ihn im 
März 43 zur Übergabe zwang und jpäter hin: 
richten lief. Aber weder er noch E. Caſſius, der 
in Syrien und Borderajien ftand, thaten Schritte, 
um Stalien vor der Gefahr des im November 
errichteten Triumvirats zu jchüben. ‚Br. ging ſogar 
nad Alien zu E. Caſſius, um mit ihm Verab— 
redungen zu treffen und ftärfere Nüftungen zu 
betreiben, lieh; es aber darüber geichehen, daß die 
Truppen der Triumdirn ungefährdet nad) Epeiros 
übergingen und ſich Mafedoniens und Thrakiens 
bemädhtigten. Caſſius hatte mit einem Zuge gegen 
Rhodos, Br. mit einem Einfalle in Syrien, um 
Geld aufzubringen, längere Zeit hingebracht. End— 
lich vereinigten ſie ſich in Sardes, und nachdem 
die Gefahr eines drohenden Zwieſpalts mit Mühe 
abgewandt war, gingen fie über den Hellespont. 
Das Heer, mit welchem fie ji in Makedonien an 
den Päſſen des —— bei Philippi, lagerten, 
war etwa 80000 Mann an Fußvoll und 12000 
Mann an Neiterei ftarf. Die Truppen des An: 
tonins und Octavianus waren anfangs viel weniger 


Juno 


zahlreich; aber man lich ihnen Zeit, fich zu ver: 
ftärfen. Br. jtaud auf der linfen Seite in einem 
abgejonderten Yager dem Octavianus, Caſſius auf 
der rechten dent Antonius gegenüber. Die Stellung 
der Heere war eine jo ausgedehnte, daß die Feld— 
herren nicht die Uberficht über das Ganze behalten 
fonnten. Obgleich daher Br. über Octavianus 
einen entichiedenen Sieg davongetragen und ihn 
bis ins Lager verfolgt hatte, gab Caſſius, deſſen 
Truppen durch den ungejtümen Angriff des An- 
tonius geworfen wurden, nach der Flucht der Seinen 
alles verloren und lieh fich töten. Br. fanımelte 
zwar die geichlagenen Caſſianer und bezog audı 
mit jeinen fiegreichen Truppen ihr günjtiger ge: 
legenes Lager, aber er hatte doch mit dem Tode 
jeines Genofien Hoffnung auf Sieg verloren und 
fühlte jeine Seele durch traurige Viſionen, die 
ihm wiederholt erjchienen ſein jollen, umbüftert. 
Um die Nampfesiuft feines Heeres zu erhalten, 
hatte er ihm die Plünderung von Theflalonite 
und Sparta im all des Sieges verjprechen müſſen; 
aber als es 20 Tage nach dem erjten Treffen 
durch die beftändigen Anreizungen des Antonius 
twieder zur Schlacht kam, jchlugen fie fich doch 
nicht mit der früheren Tapferteit. Zwar behauptete 
Br. ſelbſt ſich auf feinem Flügel noch längere Zeit; 
aber nachdem das übrige Heer in völlige Auflöſung 
gebradit, und das Yager in feinem Rüden von 
dem Feinde beſetzt war, flüchtete er fich mit einer 
fleinen Schar auf einen benachbarten Hügel. Hier 
ſtürzte er jich in der folgenden Nacht, da er ver: 
gebens jeine vertrauteften Diener um den letzten 
Dienſt gebeten hatte, in fein eigenes Schwert. 
Antonius jchidte jeine Niche au jeine Mutter Ser: 
vilia, die ihn überlebte. Borcia joll ſich auf die 
Kunde von jeinem Untergange durch das Ver: 
ihlingen glühender Kohlen getötet haben. Io 
Cass. 47, 36 ff. Plut. Brut. 38. Vell. Pat.2,69 ff. 
App. b. e. 4, 110 ff. Drumanı, Geſchichte Roms, 
T. 3 und 4. — Von Br.s philofophiichen Schrif— 
ten (er neigte zur alten Afademie in ben Büchern 
de virtute, de ofticiis, de patientia) und jeinen 
Neden ift uns nichts erhalten; 2 in Verbindung 
mit E. Caſſius an M. Antonius gerichtete Briefe 
enthält das elfte Buch von Ciceros Epp. ad fam. 
Die unter jeinem Namen auf uns gekommenen 
griechijchen Briefe find ein Machwerk der Rhetoren— 
ſchulen. — Bielleicht identiich mit ihm ift der von 
Gicero (Phil. 10, 25 f. ad Att. 2, 24, 2), erwähnte 
D. Eäpio Brutus. — Ein anderer Zweig der 
AJunier heißt b) Silanns: 1) M. Jun. Sil, 
zeichnete fid) im zweiten puniſchen Kriege in Hiſpa— 
nien aus, wohin er den Scipio (11 v. 6.) be: 
—— und wo er den Mago und Hanno ſchlug 

206). Er fiel im Jahre 196 im Kriege gegen die 
bojijchen Gallier. Zir. 28, 1ff. 33, 36. — 9) D. 
Jun. Sil. Manlianus, wurde von jeinem 
eigenen Bater im Jahre 141 dv. E. nach jeiner 
Rückkehr aus Makedonien wegen Erprefjungen ver: 
urteilt, worauf er jich erhängte. Cie. fin. 1,7, 24. 
— 3) M. Jun. Sil,, Honful im Jahre 109 v. C. 
wurde don den Gimbern in Gallien gänzlich ge- 
ichlagen. Flor. 3,3, 4. — 4) D. Jun. Sil., Stief: 
vater des M. Brutus (Cie, Brut. 68, 240), Kon: 
ſul 62 v. E., gab als dejignierter Konſul zuerſt 
jeine Stimme ab bei Verurteilung der Eatilinarier 
Sall. Cat. 50. Cie. Cat. 4, 4,7. Im Jahre 62 gab 
er als Konſul mit Licinius Murena die lex Junia 


— Junonis Promunturium. 


— ñ —ñ —ñ — —ñ —ñ —ñ —ñ— — — —ñ— —ñ —ñ — — — — — — —— —— ——— —— 


603 


Licinia. Er wird von Cicero wegen ſeiner Redner— 
gabe gerühmt. Cie. Brut. a. a. O Sein Sohn 
war 5) M. Jun. Sil, Schwager des Lepidus 
und Cäſars Legat in Gallien. Cues. b. g. 6,1 
Nah Cäſars Tode ging er zu Antonius über, 
womit jein Schwager unzufrieden war. Als er 
fi) aber mit Antonius entzweit hatte, ſchloß er 
jih an Sertus Pompejus an, bis ihm jpäter 
Auguftus im Jahre 25 v. E. das Konſulat gab. 
Cie, ad fam. 10, 34. Dio Cass. 46, 51. 53, 25. — 
6) M. Aun. Sil., Konſul im Jahre 19 n. E., 
unter Galiqula Statthalter in Afrifa, wurde auf 
Befehl desjelben, der feine Tochter zur rau hatte, 
aus dem Wege geräumt. Zac. hist. 4, 48. Agr.4. 
Suet, Cal, 23. Er zeichnete ſich durch Beredjam: 
feit aus. Tac. ann. 3, 24. T) 2. Jun. Sit, 
ein Mann von ausgezeichnetem Charakter, wurde 
bon Nero, der in ihm einen Nebenbubler jah, 
unter falichen Borwänden verbannt und bald darauf 
im Jahre 65 n. C. ermordet. Tae. ann. 16, 7}. 
— ec) Andere Junier find: 1) M. Jun. Bera, 
Diktator nad) der cannenfischen Niederlage. Zir. 
22, 575.23, 13 — DIN. Jun Pullus, verlor 
feine Flotte im erften puniſchen Kriege in einem 
Sturme und gab fich jelbjt den Tod. Pol. 1, 52 ff. 
— 3) fun. Pennus, im Jahre 126 v. E. Volls— 
tribun, Gegner des E. Gracchus. Cie. off. 3, 11,47. 
— 4) Jun. Bläfus, Oheim des Minifters Sejamus, 
diente, als Tiberius Kaiſer wurde, als Statthalter 
in Bannonien, wo er mehrere Aufftände der Trup: 
pen nur mit Mühe dämpite. Von Tiberius erhielt 
er den Titel Imperator, der nach ihm feinem 
wieder zu teil wurde. Tuc. ann. 1, 16ff. 3, 25.58.74, 
Nach Sejans Sturze ſank fein Einfluß (31 n. &.), 
im Jahre 36 muhte er fich das Yeben nehmen. 
Tac. ann. 6, 40. — 5) Jun. Bläjus, des vorigen 
Sohn, diente unter jeinem Bater in Pannonien 
(Tae. ann. 1, 19) und jpäter mit Auszeichnung 
unter demielben in Afrika. Zac. ann. 3, 74. Er 
unterftügte den Bitellius, der ihn indes hate und 
binrichten lieh, 69. Taec. hist. 3, 38. — 6) 6. 
Junins, wurde als Unterjuchungsrichter in der 
Sadıe des Cluentius wegen Berurteilung des 
Oppianicus der Beitechlichleit angeflagt und ver: 
urteilt. Cie. Verr. 1, 61, 157. Oluent. 20.27.29.33. 
— TR. Jun. Arulenus NRufticus, ein au: 
geſehener Römer, Boltstribun 66 n. E., Prätor 69, 
ım Jahre 93 auf Domitians Befehl hingerichtet, 
weil er den Pätus Thrajea und Helvidius Priſeus 
wegen ihrer republitanischen Gefinnung in Schrif— 
ten geprieien hatte. Suet. Dom. 10. Tae. Agr. 2. 
ann. 16, 26, hist, 3, 80. Dio Cass. 67, 13. Er 
war ftoifcher Philoſoph und ein Freund geichicht: 
licher Studien. — 5) WM. Junius Grachanus, 
Freund des E. Gracchus, Altertumsforicher, verfaßte 
ein Wert de potestatibus in mindeftens 7 Büchern, 
gewidmet feinem Freunde Pomponius, dem Bater 
des T. Pomp. Atticus. Cie. legg. 3, 20, 49. Plin. 
33, 2,35. 2 Abhandlungen von Merdlin (1840 
und 1841), 

Juno j. Hera, 4f. 

Junönis Promunturium, rö rs "Hoas erow- 
zierovr, 1) VBorgebirge an der Südſeite Hiſpa— 
niens, j. Kap Trafalgar, welches die Straße des 
Herkules im W. ſchließt. Mela 2,6,9. — 2) Bor: 
gebirge am Korinthiichen Meerbufen, ein Ausläufer 
der Geraneiſchen Berge, nördlih vom Iſthmos, 
j. Kap Hagios Nifolaos, benannt nach einem bier 


604 


befindlichen Tempel und Drafel der Hera Akraia, 
die von Medeia gegründet fein jollten. Xen. Hell, 
4, 5,6. 

Jupiter j. Zeus, 9. 

Jura, ’Iöoag oder ’Iovgdswog, "lovgaaads, das 
noch jegt diefen Namen führende, jehr holzreiche 
Gebirge Galliens, nördlih vom Lemaniſchen See 
bis in die Nähe des Rheins bei Augusta Rauri- 
eorum ftreichend. Es bildete die nördliche Grenze 
vom narbonenjishen Gallien gegen Gallia Belgica 
und trennte die Sequaner auch von den Helvetiern. 
Cäſar lieh (nach einer Anschrift) durch Sprengen 
von Felſen einen alten Paß durch dasjelbe wegbar 
machen: mons pertusus, j. Pierre pertuis. Caes. 
b. g.1,2.6.8, Strab. 4, 208. 

Juridieus war der von Marc Aurel einge: 
führte Name der von Hadrian ernannten 4 ita= 
liichen Diftriktsrichter. Hadrians Nichter hießen 
eonsulares und hatten höheren Rang gehabt. 
Später trat an die Stelle der 4 iuridieı eine 
größere Anzahl jogen. correetores. Auf Jnjchrif- 
ten fommen vor ein Jurid. Campaniae, regionis 
Transpadanae und Apuliae. — Ganz verjchieden 
ift der iurid, Alexandriae, welder unter dem 
Präfekt von Agypten als Nechtsverwalter ſtand 
und beichränfte Befugniffe hatte. 

Juris consulti oder iure consulti, iuris 
riti, i. auctores, i. prudentes, i. sacerdotes 
u. ſ. w., die römischen Nechtsfundigen, die auf 
die Fortbildung des Rechts einen großen Einfluß 
hatten (j. Jus eivile). Ihre Stellung war in 
den verjchiedenen Perioden jehr verichieden. Erſte 
Beriode. Die Nechtsfunde ohne wifjenjchaftliche 
Form und die Nechtsfundigen ohne bejonderen 
Beruf. Vor alterd war die Rechtskunde ein 
—— der Patricier und ſpeziell der Prieſter, 
denn Civil- und Staatsrecht war mit dem 
ius sacrum auf das engſte verbunden. Die 4 
waren zwar nicht unbefannt, allein was zur An— 
wendung des Nechts gehörte, befand ſich in den 
Bontifitalbüchern verichloffen, 3. B. die Beſtim— 
mungen über die Zeit der gerichtlichen Handlungen 
und über die jolennen Formen. Demnach zeigte 
ſich die Thätigkeit der rechtsfundigen Patricier in 
Belehrung über die Gerichtstage und Abfafjung 
der Nechtsformeln, bejchränfte ſich aber auf einen 
engen Kreis von Freunden und Stlienten. Nadı 
und nac wuchs das Anjehen der Plebejer, das 
Privatrecht entzog fich den Feſſeln des ius sacrum 
und hörte auf ein Eigentum der Batricier zu fein. 
Das jogen. ius Flarıanum (j. d.), welches einen 
Serichtsfalender und eine Zujammenftellung der 
Klag: und GSeichäftsformeln erhielt, war hierauf 
von wichtigem Einfluß. — Zweite Beriode. Die 
Rechtskunde wird ein befonderer Beruf, aber eine 
wahre Nechtswifjenichaft gibt es noch nicht. Die 
Auriften (wie B. Sempronius Sophus, 304 
v. C., Ti. Coruncanius, 254 v. C., M. Bor: 
cins Cato Cenſorius, P. Mucius Scävola, 
D. Mucius Augur u a.) waren angejehene 
Männer, welche fi) auf eine bloß praftiiche Thä- 
tigfeit bejchränften, indem fie auf dem Markte 
(Cie. de or. 3, 33. legg. 1, 3) und zu Haufe im 
beftimmten Stunden Rat und Gutachten gaben 
(respondere), wenn fie befragt wurden (consulere, 
davon consulti genannt), allerlei Rechtsurfunden, 
wie Klagen, Tejtamente, Kontrakte, abfaßten (scri- 
bere) und Kautionsformnlare auflegten (cavere). 


Jupiter — Juris consulti. 


Der Einfluß der Juriften auf die Geftaltung des 
Nechts ſelbſt beitand in der Interpretation ber 
Geſetze, namentlich der XII Tafeln. Ihre Bildung 
beruhte nicht auf wiflenfchaftlichem Unterricht der 
älteren NRechtöfundigen, jondern teils auf dem 
Studium der Gejeße und der wenigen juriftiichen 
Bücher (Erflärungen der XII Tafeln, Gutachten 
über jpezielle Rechtsfälle und Formularbücher), 
teils auf der perfönlidhen Gegenwart bei der praf: 
tiſchen Thätigkeit eines mten Juriſten. Der 
jüngere hieß auditor oder discipulus. Cie. Brut. 
89. de or. 1, 43 ff. Mur. 11ff. — Dritte Pe— 
riode, Die Rechtskunde ald wahre Wiſſenſchaft 
(ars), welche Veränderung DO. Muciuns Scävola 
Bontifer und Ser. Sulpicius Rufus durd) 
ihre wifjenjchaftlihe Behandlung des Rechts her: 
beiführten. Die jehr gewachſene Mafje der rö- 
mischen Rechtsſätze .. eine tiefere Auffaflung 
und ein gründlicheres Studium; dazu fam das 
fich immer mehr geltend machende Prinzip der 
aequitas und das ius gentium, welches die Ju: 
riften mit, dem alten jtrengen Recht vermitteln 
mußten. Überhaupt hatte der wiffenjchaftliche Geift 
in Rom mehr Eingang gefunden, und die Ber: 
fafjungsveränderung führte die edeljten Kräfte, die 
ſich bisher dem Staat und der Beredjamfeit ge: 


- | widmet hatten, der Rechtswiſſenſchaft zu. Der 


Einfluß der Juriften ftieg, ald Auguftus verord— 
nete, daß die responsa derſelben bei ftreitigen 
Nechtsfragen vor Gericht Geſetzeskraft haben jollten. 
Gell. 4, 2. 13, 13. Vor allem aber ftrebten die 
Auriften darnach, ſyſtematiſche Einheit des Rechts: 
itoffes herzuftellen, die Gejege zu erflären und das 
alte Recht durch Anwendung des ius gentium zu 
ergänzen und zu verbefiern. Die Bildung ruhte 
noch auf dem alten praftiichen Unterricht, aber 
dazu kamen fürmliche Nechtsichulen (Geil. 18, 13), 
aus denen die Fakultäten in Rom, Konftantinopel 
und Berytos hervorgingen. Die Lehrer hießen 
professores iuris eivilis, die Schüler studiosi, 
welche ein honorarium oder salarium zu zahlen 
hatten. Die Hauptjuriften waren bis Auguftus 
außer den beiden oben genannten E. Aquilius 
Gallus, C. Älius Gallus, BP. Alfenus Ba: 
rus, E. Trebatius Tefta, U. Eajcellius. 
Seit Auguftus bildeten ſich 2 bejondere Schulen, 
Proeuliani (geftiftet von O. Antiftius Zabeo, 
benannt nach —— Schüler Sempronius Proculus) 
und Sabiniani (von E. Atejus Capito ftam: 
mend, benannt nad jeinem Schüler Majurins 
Sabinus). Zu jenen gehörten die beiden M. Coc— 
cejus Nerva und PB. Juventius Celſus, 
Novatins Brijcusn.a., zu dieſen Maſurius 
Sabinus, E. Caſſius Yonginus, Javole— 
nus Priſcus m. ſ. w. Mlle aber wurden durch 
folgende 5 verdunfelt: Gaius, ÄAmilins Papi- 
nianus, Julius Paullus, Domitius UI: 
pianus und Herennius Modeftinus. Die 
jehr —— Schriften waren: 1) Geſetz- oder 
Ediktkommentare, 2) Rechtsſyſteme, 3) Quellen— 
ſammlungen, 4) responsa und quaestiones, 5) re- 
gulae, sententiae, opiniones u. |. w. — Vierte 
Periode. Der Verfall der römischen Jurispru- 
denz. Daran war teil$ die Deipotie der Kaiſer, 
teils die Verflahung und Berderbtheit des rö— 
mijchen Lebens überhaupt jchuld. ie Juriſten 
waren nur auf Gelderwerb bedacht und vernach— 
läſſigten die ernften Studien. Um jo größer wurde 


Juris dietio — Jus italieum. 


der Einfluß der oben erwähnten jogen. Haffischen Ju: 
rijten, deren Schriften an die Stelle der responsa 
traten und volle Gejepesfraft hatten. Die große 
Menge, der hohe Preis, die häufigen Wider: 
ſprüche der juriftiichen Bücher hatten für Die 
Rechtspflege viel Unbequemes, weshalb Kaiſer 
Juſtinian alle Schriften ercerpieren und die Er: 
cerpte nach einem gewillen Plane zufammenitellen 
ließ (j. Justinianus). Auch in Weftrom haben 
die deutichen Fürften Sammlungen des römtjchen 
Rechts veranftaltet, jo König Alarich II. 506 das 
breviarium Alaricianum, bei den Burgunden 472 
die lex Burgundionum, König Erich die lex Vi- 
sigothorum. 

Juris dietio, die Civilgerichtsbarfeit, war ein 
Teil des imperium und ftand nur den höheren 
Magiftraten zu. Das Wort iuris dietio hat eine 
doppelte Bedeutung: 1) im nicht ftrengem Sinne 
umfaßt i. d. die ertraordinären Funktionen, die 
mehr zu dem imperium als zu der eigentlichen 
1. d. gehören, und die jogen. freiwillige Gerichts: 
barteit, 5. B. das Recht, bonorum possessio, 
missio in possessionem und in integrum resti- 
tutio zu erteilen; 2) die eigentliche i. d. beftand 
im Erteilen eines richterlihen Urteil (decretum) 
oder in der Ernennung eines Richters (iudieis 
datio). Sprichwörtlich fahte man die i. d. in 
3 Worten zujammen: dare (iudicem), dicere 
(sententiam), addicere (rem). Ov. fast. 1, 47. 
Varr. 1. 1. 6, 30. — Die Magiftrate, welche die 
Richtergewalt übten, waren der König, dann die 
Konſuln, dann die Prätoren und teilweife die 
euruliichen Ädilen, in den Städten die Stadt: 
magijtrate und Präfelten, in den Provinzen die 
Statthalter. In der Haiferzeit traten die Konjuln 
und PBrätoren in den Hintergrund, dagegen hatten 
die praefecti praetorio und urbi oder deren 
Bicarii die höchfte Inſtanz erhalten. Über die 
Gerichtsbarfeit der Statthalter |. Provincia. 

Jus, 1) im objektiven Sinne eine Rechtsnorm 
für das Thun und Laflen der Menjchen, und zwar 
jowohl ein jyftematischer Inbegriff von Rechts: 
beftimmungen, 3. B. ıus civile, gentium, pontifi- 
cium, praetorium, oder ein Teil desjelben, als 
das von dem Magijtratus gejprochene Recht (ius 
dicere und reddere); 2) im jubjettiven Sinne 
die durd das objektive Hecht begründeten Befug- 
nifje und Rechtsverhältnifie der Menjchen, 3. B. 
ius cogmationis, gentilicium, Quiritium, Latii 
u. j. w.; 3) in abgeleiteter Bedeutung a) der In— 
begriff der von dem Prätor vorgenommenen Alte 
(im Gegenfaß zu iudicium), b) der Ort, wo Recht 
geſprochen wurde (in ius vocare), endlich c) die 
Rechtswiſſenſchaft (iuri operam dare). 

Jus Aeliänum j. Jus Flavianum. 

Jus eivile, 1) das pofitive durch die XII ta- 
bulae und deren Kommentare firierte Recht des 
römischen Bolfs im Gegenjaß zu ius gentium 
und ius naturae (Cie. top. 2); — 2) das Civil— 
recht im Gegenſatz zum Kriminalrecht (Cie. Caec. 2. 
Verr. 1, 42); — 3) das durd den Einfluß der 
Juriſten (juris consulti) gebildete Recht, jo viel 
als auctoritas iuris peritorum (f. Juris con- 
sulti). 

Jus commüne, das allgemeine Recht im Ge: 
genjaß zu ius singulare oder proprium, welches 
eine Abweichung oder Ausnahme von dem ftrengen 
Rechte enthält. 


605 


Jus Flaviänum. Wenngleich durch die XII 
tabulae das ius im allgemeinen den Wlebejern 
befannt war, blieben die Patricier und die Bon: 
tifices doc) noch immer in ausjchließlichem Willens: 
befiß von den dies fasti und nefasti, die nicht 
alljährlih an beftimmten Tagen wiederfehrten, 
aber dod) die Nechtsgültigfeit eines Rechtsgeſchäf— 
tes bedingten. Ein Schreiber des Appius Clau— 
dius Cäcus, der Plebejer En. Flavius, der fich 
Kunde darüber verichaffen fonnte (Plin. 33, 1: 
consultando assidue sagaci ingenio), verfahte 
einen Gerichtsfalender (fasti) und machte mit dem: 
jelben zugleich aud) die legis actiones (in dem 
Sinne von legitimae actiones), d. i. eine Samm- 
(ung der Klag: und Gejchäftsformeln, öffentlich 
befannt, 304 v. GE. Liv. 9, 46. Cic. Mur. 11. 
ad Att. 6, 1. Diejes Werk nannte man das ius 
Flavianum. Dieſe nunmehr aud) den Plebejern 
befannte Rechtswiflenichaft (Cie. de or. 1, 41, 186) 
juchten die Patricier dadurch wieder hinfällig zu 
machen, daß fie gewiſſe notae erfanden, d. h. neue 
einjchränfende Beftimmungen, andere Rechtsfor— 
meln, die ihre Hülfe und ihren Rat nun dod) 
noch in Streitjachen wieder notwendig machten 
(Cie. Mur. 11: notas quasdam composuerunt, 
ut omnibus in rebus ipsi interessent). Dieje 
neuen Bejtimmungen veröffentlichte 204 v. E. 
Alius Catus (Konful 198 v. E.), jo daß man 
diejes ius Aelianum mit Redit eine Erweite— 
rung des ius Flavianum hat nennen fünnen. Es 
bejtand dieſes Werf aus 3 Teilen (tripartita), 
deren eriter die XII Tafeln, der zweite die inter- 
pretatio derfelben, der dritte die legis actiones 
enthielt. 

us gentium und ius natürae. Aus den 
Nechten der einzelnen fremden Völker bildete ſich 
in Rom durch den Peregrinenprätor ein bejonde: 
res pofitives Recht für die Peregrinen, ius gen- 
tium, welches dem Verkehr der Beregrinen unter fich 
und mit den Römern zu Grunde lag. Es berubte 
dasjelbe auf der höchſten Billigfeit und der natu- 
ralis ratio, d. h. dem gemeinjamen natürlichen 
Rechtsbewußtſein der Menjchen, und deshalb hielt 
man ius gentium und ius naturae für gleichbe: 
deutend, als allgemeines oder natürliches Menjchen: 
recht. Cie. top. 13. off. 8, 3, 5. 17. Sest. 42. Wenn 
man aber ius gentium und ius naturae getrennt 
findet, dann ift ius naturae im engjten Sinne 
zu verftehen, nämlich als die Nechte und Verhält- 
niffe, welche fich auf die in der Natur der Menjchen 
und Tiere gemeinfam liegenden Triebe gründen, 
3. B. Ehe, Kinderzeugung. Auct. ad Her. 2, 13. 
Cie. off. 1,4. fin. 3,19. Das ius gentium war 
von großem Einfluß auf das römische Recht (ius 
eivile), indem manche freie Formen des i. g. durch 
das prätorijche Edift in das römiſche Recht aufs 
genommen wurden (j.Edietum). — Einige Male 
heit ius gentium auch das Völkerrecht, ius belli 
et pacis, zu welchem das Jnftitut der Fetialen 
gehörte. Cie. Rab. Post. 15. 

Jus honorarium (honor = magistratus) iſt 
das prätorifche Recht, welches in dem Edikt nieder: 
gelegt ift, hervorgegangen aus dem Billigfeits- 
prinzip und aus dem ius gentium. 

Jus italicum erhielten nur Kolonien, und zwar 
icheint diefes Recht unter Auguſtus entitanden zu 
jein, indem er die durch Beteranenfolonien ver: 
triebenen Italiker in Brovinzialtolonien führte und 


606 


deren Nechte nicht jchmälern wollte. Dieje Rechte 
waren: 1) libertas d. h. das Hecht der freien Ver: 
fafjung und jelbjtändigen VBermögensverwaltung, | 1 
2) iminunitas, d. h. Befreiung von Kopf: und 
Grundſteuer, der die anderen Provinzialftädte unter: 
tworfen waren, 3) die Fähigkeit des Bodens, in 
quiritariichem Eigentum zu ftehen, jo daß die 
Formen des römischen Rechts, wie usucapio, 
maneipatio u. a, anwendbar waren. Als die freie 
Verfaſſung und die Steuerfreiheit der italiſchen 
Städte unter Diocletian aufgehört hatte, dauerte 
das ius Italicum in den Provinzen noch fort. 

Jus iurandum j. Eid, II, 

Jus Latii j. Latium, 7f. 

Jus liberörum (trium, quatuor, quinque). 
Die lex Julia und Papia 'Po paea fnüpften an 
den Befit mehrerer Kinder bejondere Privilegien, 
weldye bald noch erweitert und auch ſolchen Per: 
jonen verlichen wurden, welche gar feine Kinder 
oder wenigjtens nicht die gejeßliche Zahl hatten. 
Plin. ep. 2, 13. 10, 2. 95. Das ius lib, verlieh 
Borzug bei Amtsbewerbungen und bei der Ver: 
teilung der Provinzen, Befreiung von läftigen 
Amtern, Milderung von Strafen und allerlei Vor: 
teile im Erbrechte. 

Jus natürae j. Jus gentium. 

Jus oseüli, die alte Beſtimmung, dab fich die 
Frauen und ihre und ihres Gatten Cognaten bis 
zu dem Grade der Gonjobrinen füfjen durften, 
erklärt fich durch die ſymboliſche Auffaffung des 
Kuſſes, welcher als ein Zeichen des bel ae re Bei 
Familienfreifes angejchen wurde. Pol. 6, 2. Plut. 
kom. 1. Die jpätere Kaiſerin Agrippina feſſelte 
unter dem Scheine diejes ius osculandi ihren 
Oheim Claudius, jo daß er fie den übrigen 
Bewerberinnen um jeine Hand vorzog. Suet. 
Claud. 26. Tac. ann. 12, 3. Dio Cass. 60, 31. 
Daß Tiberius das ius osculi überhaupt durch ein 
Edift (Suet. Tib. 34: quotidiana oscula prohi- 
buit edicto) aufgehoben, it nicht anzunehmen; es 
bezieht fich auch auf die Sitte des kaiſerlichen Hof: 
ceremoniells, nach der der Kaiſer ihm nahejtchende 
oder befreundete Männer mit einem Kuſſe begrüßte 
und entließ (Suet. Ner. 37. Oth. 6). Dies hatte 
fih bald zu einem bloßen Handkuß geftaltet ( Tac. 
ann. 6, 50. Suet. Tıb. 72. Cal. 56), was jedoch 
die Römer immer als Hochmut der Kaijer aus: 
legten, weshalb Plinius (paneg. 24, 2) es von 
Trajan jo hod) rühmt, daß er dieje Ermiedrigung 
der Bürger nicht zulieh. 

Jus Papiriänum hieß eine von Papirius ge: 
machte Sammlung der jogenannten königlichen Ge: 
jeße, d. h. der älteften Beitimmungen des jafralen 
Nechts. Vgl. Gesetzgebung, | 

Jus pontiflefum, im weiteren Sinne j. v. a. 
ins sacram oder divinum, das Safralredıt (Kul— 
tus, Safralverfafjung und Divination,, deſſen 
Kenntnis und Handhabung den Prieftern ange= | 
hörte (Liv. 1, 10. 20); — im engeren Sinne das 
die pontifices betreffende Recht in ihrem Berhält: 
nis zu dem Staate und deſſen Inſtituten. 

Jus privätum und publicum. Das crite 
umfahte die Rechte und Verhältniffe der in einem 
Staate lebenden Individuen untereinander (Cie. 
top. 2), das zweite begriff die Rechte des Staats 
gegen die Bürger und die Berhältniffe der Bürger 
zum Staate. Es enthielt daher die geſamte Staats: 
verfafjung und Staatsverwaltung, aljo ins sacrum, 


Jus iurandum — 


‚Justinianus. 


die Nriegsverfafjung, das Finanzweſen, den Civil: 
brogeh und das Kriminalrecht. Liv. 3, 34. Gell. 
20. Cie. Brut. 59. 

Ya Quiritium bezeichnet urjprünglih das 
Bürgerrecht, welches im Innern den einzelnen 
Bürgern gewährt ift, alio vorzüglich das privat: 
rechtliche Element der Civität, 3. B. domınium 
ex iurs Quiritium, während ius civitatis das 
Recht des Bürgers im Berhältnis zum Ausland, 
alio vorzüglich das publiziftiiche Element bezeich- 
nete. Aus diejer Urbedeutung erklärt es fich, wie 
man in der Raijerzeit jagen konnte, der Peregrine, 
welcher Bürger werde, erhalte ius civitatis (weil 
er gleichſam von aufen eintrat), der Latiner, 
welcher Vollbürger werde, erhalte ins Quiritium 
(weil er jchon Halbbürger war und bloß den ihm 
noch fehlenden Reſt der Civität befam). Civitas 
ift etwas Allgemeines und Ungeteiltes, ius Qui- 
ritium iſt nur ein Teil der Givität geworden, 
der dem Yatinus an dem VBollbürgerrecht mangelt. 
Plin. ep. 10, 22. 23. 105. 106. 108. 

Jus sacrum und divinum j. Jus pontifi- 
C iu ın. 

Jus seriptum und non seriptum. Das erſte 
umfaßt alles Recht, welches im jchriftlicher Form 
hervortritt, aljo Gejeße des Volfes, Senatus Kon— 
julte, kaiſerliche Geſetze, die Edikte der Magiftrate, 
die responsa der uriften. Als non scriptum 
wird nur das Herkommen genannt, quod usus 
comprobarit. 

Jus strietum, das alte ftarre Civilredht, im 
Legenſatz zu dem Billigkeitsprinzip (wequitas). 
Daher unterschied man actiones strieti juris und 
bonae fidei, j. Actio. 

Justiniänus, oftrömischer Kaiſer, geboren am 
11. Mai 482 zu Taureſium in Illyrien, erhielt 
eine gute juriſtiſche Bildung unter Theophilus. 
Als Konjul im %. 520 ſuchte er durdy glänzende 
Spiele für ji zu gewinnen und erlangte auch bei 
der Unfähigkeit feines Oheims Juſtinus immer 
mehr Einfluß auf die Regierung. Nody vor dem 
Tode desjelben wurde er am 1. April 527 zum 
Kaiſer ernannt. In feiner langen Regierung (er 
ftarb am 14. November 565) hat er gegen die 
Feinde jeines Reiches durch diplomatiiche Künſte, 
durch Beitechungen, aber aud im offenen Kriege 
gefämpft. Feldherren, wie Belijar und Naries, 
haben darin Tüchtiges geleiftet. Die bedeutendften 
Kriege hat er geführt gegen die Perjer, die Van: 
dalen und die Oſtgoten in Jtalien. — Hier fommt 
er in Betracht, weil unter jeiner Negterung das 
Recht in dem Corpus juris formell zujammen- 
geftellt ift. Unter Tribonians Xeitung wurden 
zuerft die kaiſerlichen Konftitutionen in den zwölf 
Büchern des codex Justinianeus vereinigt; dann 
wurden die Auszüge aus den Schriften der Juriften 
in den 50 Büchern Digesta gejichtet und jchlieh- 
lid) ein neues Lehrbuch in den 4 Büchern In- 
stitutiones ausgearbeitet. Gleich nachher famen 
die Novellae, meift in griechiicher Sprache, hinzu. 
Mag ihn auch die Eitelkeit bei diejem Unterneh: 
men geleitet haben, unbeftritten ift, daß durch dieje 
Kodififation die Schäße der alten Jurisprudenz 
zum Teit erhalten find, die uns ſonſt wohl ganz 
verloren gegangen jein würden. In andern Dingen 
war jeine Eitelfeit die Triebfeder, 3. B. bei den 
zahlreichen Bauten (mie bei der Sophienkirche), 
bei welchen er unermeßliche Summen verſchwendete, 


— 


Justinus — Juvenalis. 


daher er bei jeinem Tode einen leeren Staatsihaß 
hinterließ. Seiner Gemahlin Theodora, der Tochter 
eines Bärenmwärters, geftattete er zu großen und 
nachteiligen Einfluß und lieh ihr als Mitregentin 
Treue jhwören. Uber jein dämoniiches Wefen und 
die Folgen feiner Regierung äußert ſich Profopios 
(Anecd, Bud 12). 

Justinus, in einer guten Handichrift M. Ju: 
nianus Juſtinus genannt, ein römijcher Ge— 
ſchichtſchreiber, vermutlich zur Zeit der Antonine 
(nach manchen erft im 3. Nahrh.), ift Berfafler 
eines Auszugs aus dem — hiſtoriſchen 
Werle des Trogus Pompejus, welcher unter Auguſtus 
lebte (j. Pompeii, 20.), unter dem Titel historiae 
Philippieae in 44 Büchern. Dies gibt ung eine 
allgemeine Weltgejchichte, hauptſächlich jedoch ma— 
kedoniſche Geſchichte, ohne ſorgfältige chronologiſche 
Reihenfolge der einzelnen Begebenheiten, von Oro— 
ſius viel benutzt und im Mittelalter ſehr geſchätzt. 
Vagl. Rühl, die Verbreitung des Juſtinus im Mit: 
telalter (1871). Die einfache, gedrängte Dar: 
jtellung bat, wenn fie auch nicht immer vor den 
Augen der Kritik beftehen kann, viel_Anziehendes 
und ijt noch immer zu empfehlen. — Ältere Ausgg. 
von J. Bongarjius (1581), N. Voſſius (1640), 
Gräbius (1688 u. 6.), Abr. Gronov (1719; neue 
Ausg. 1827 ff.), 3. F. Fiſcher (1757); neuere von 
Benede (1830) und Fittbogen (1835); Tertausgg. 
von Jeep (1859; El. Ausg. 1862) und F. Rudi 
(1886); Schulausgg. von Hartwig (2. Aufl. 1859), 
Domle und Eitner (1865). 

Justitia, römiſche Berjonififation der Gerech— 
tigfeit, gleich der griechischen Dike (Aſtraia), |. 
Aequitas. Gie verließ im eijernen Zeitalter 
zulegt von den Himmliichen die blutbefledte Erde. 
Or. met. 1, 150. fast. 1, 251. 

Justitiam bezeichnet einen Stillftand der Ge— 
richte und ein Stoden jämtlicher öffentlicher Ge: 
ihäfte. Diejer Stillftand wurde von dem Senate 
und den Magiftraten in Zeiten der Not, der Ge- 
fahr und der allgemeinen Beftürzung angeordnet 
(decernere, edicere, indicere) und nach Bejeiti- 
gung der Gefahr wieder aufgehoben (remittere, 
exuere). In der Kaiſerzeit fand iustitium nur 
bei Staatstraner ftatt, und zwar bei Todesfällen 
der Kaiſer oder in der faiferlichen Familie (j. B. 
Tae. ann. 1, 16. 50). 

Justus Fabius, vermutlich ein angejchener 
Nhetor, Beitgenoffe des jüngeren Blinius (Plin. 
* 1, 5, 8. 11. 7, 2) und Tacitus, der ihm den 
dialogus de oratoribus gewidmet hat. 

Juturna, latinische Quellnymphe (Nails, Or. 
fast. 2, 606), der man am 11. Januar, an welchem 
Tage ihr bei ihrer Quelle auf dem Gampus Mar: 
tius ein Tempel geweiht worden war, zu Nom 
das Feſt Juturnalia feierte. Or. fast. 1, 464. 
Sie galt für eine Schweiter des Turnus, welche, 
von Jupiter geliebt, mit der Unſterblichkeit und 
der Herrichaft über die Gewäſſer bejchenft ward. 
Verg. A. 12, 138 ff. Ov. fast. 2, 5850 ff. Dem 
Janus gebar fie den Duellgott Fontus. Das 
Waſſer ihrer Quelle zwijchen Yaurentum und Ardea 
am Albanischen Berge, mit dem bei Ardea min: 
denden Flüßchen Numicns oder Numicius ſich ver: 
bindend, jollte Heilkräfte (daher Ableitung von 
invare) enthalten, ebenjo das Waſſer der Juturna 
auf dem Campus Martins, das für das reinfte, 
heiligjte und wohlthätigite gehalten und zu Nom faft 


607 


bei allen Opfern gebraucht wurde. Auch ein Teich 
auf dem Forum in der Nähe des Dioskurentempels 
bieh nach ihr lacus Juturnae. Or. fast. 1, 708. 
uvävum (Claudium Juvavum), j. Salzburg 
mit zahlreichen Altertümern, am Fluß Iſonta oder 
Ivarus (?), j. Salzach, Stadt in Noricum, in einem 
weiten, fruchtbaren Thale am Nordabhange der 
Gebirge. Mehrere hier zufammenlanfende Strafen 
gaben in der jpäteren Zeit dem Orte eine große 
Bedeutung. 
Juvenälis, Decimus Junius, wurde unter 
der Regierung des Claudius um das Jahr 47 n. C. 
zu Aquinum im Boljferlande (Juv. 3, 319) geboren. 


Er bejuchte nach dem gewöhnlichen Bildungsgange 


der damaligen Zeit die Schulen der Grammatiker 
und Rhetoren in Nom (1, 15), diente dann als 
Tribun im Heere und befleidete jpäter im feiner 
Vaterftadt das Amt eines Genjord. Die ſchwere 
Beit der Regierung Domitians veranlafte ihn, fich 
von dem öffentlichen Leben zurüdzuzichen. Zorn 
und Schmerz über die Berderbtheit der Zeit führte 
ihn zu der Satirendichtung (1, 30: ditlicile est 
satiram non scribere. 89: facit indignatio ver- 
sum). Seine Hauptthätigfeit fällt in die Negie- 
rung Trajans, wo nad) langem Drud eine freie 
Betrachtung der nächiten Bergangenheit gejtattet 
war, und erftredt ſich bis in die Zeit Hadrians 
(15, 27: consule Junco, im %. 127). Nad) einigen 
Erzählungen foll er wegen freimütiger Außerungen 
in jeinen Satiren von dem Kaijer (Trajan oder 
Hadrian, feinesfalls Domitian) verbannt worden 
jein, vermutlich unter der Form einer militärischen 
Verſchickung, entweder nadı Britannien oder (vgl. 
15, 45) nach Agypten. — Wir bejißen von Juvenal 
in 5 Büchern 16 Satiren, welche zum größten 
Teil Schilderungen aus den Zeiten Domitians 
enthalten. Mit genauer Kenntnis des Lebens ver- 
bindet er ein großes Talent für Sittenfchilderung: 
in wenigen bezeichnenden Zügen führt er einzelne 
Perſonen und Begebenheiten vor, an denen er die 
Bermworfenheit, welche ſich in allen Berhältnifien 
des Lebens bis in die höchſten Kreiſe hinauf zeigte, 
in den grellften Farben Ddarftellt, indem er das 
Laſter mit unverhohlener Offenheit in feiner häß— 
lichſten und gemeinften Geſtalt aufdelt. Dabei 
eigt er überall eine chrenhafte Gefinnung, welche 
ka mit Abichen von den entarteten Zuſtänden 
feiner Umgebung abwendet und ſich nad den 
Tugenden der großen Vorzeit zurüdjehnt. Nur 
jelten wird der bittere, ftrafende Ton jeiner Satire 
von einzelnen komiſchen Scenen unterbrochen. Ob: 
gleich jein Stil eine ftarfe rhetorische Färbung 
bat, jo tragen feine Schilderungen doch durchaus 
den Charakter der Wahrheit und gewähren uns 
ein anjchauliches Bild von der Größe des fitt- 
lichen VBerderbens, das neben dem höchſten Glanze 
des äußeren Lebens in den Zeiten der Kaiſerherr— 
ichaft in Nom um fich gegriffen hatte. Mit Un: 
recht ift die Echtheit der beiden letzten Satiren 
von einigen Gelehrten beftritten worden, während 
Ribbeck für juvenaliih gar nur die 9 eriten 
Satiren, die elfte und allenfalls noch die jech- 
zehnte, die übrigen für Arbeiten eines jeichten 
Schwätzers und philiftröfen Phrajenmachers hält, 
ohne überzeugende Sründe dafür beizubringen. Die 
erhaltenen Scholien find Excerpte aus einem etwa 
400 in Ron verfahten Kommentar, der von einem 
belejenen Grammatifer verfaßt jein muß (am bejten 


608 


Juvencus — Kabeira. 


herausgegeben von D. Jahn in jeiner Ausgabe von , dichtete fabulae palliatae (j. Palliata). Samm: 


1851); eine zweite Klaffe von Scholien ftammt 
wohl erjt aus der farolingijchen Zeit und ift wert: 
los. — Ange: von Henninius (1685 und 16%), 
Ruperti (2. Aufl. 1819), Weber (1825), Heinrich 
(1839), O. Jahn (1851, bejte frit. Ausg.), Weid- 
ner (2. Aufl. 1889); Tertausgg. von K. F. Hermann 
(1854), Ribbed (1859), O. Jahn (2. Aufl., mit 
— und Sulpicia, i886); Überjegungen von v. 

iebold (1858), Hertzberg und Teuffel (1864 ff.). 

Juveneus, C. Bettius Aquilius Juven— 
cus, ein ſpaniſcher Preſbyter im 4. Jahrh. n. E., 
verfaßte eine historia evangelica in 4 Büchern 
und die historia veteris testamenti, in epiſchem 
Versmaße und mit der Phrafeologie der römischen 
Epifer, jedoh in ſchon ſchwankender Projodie. 
Ausg. von F. Arevalo (1792). 

Juventas j. Hebe. 

JuventYi, wanderten um 380 dv. E. aus Tufen- 
lum nad) Rom, wo fie bald zu großem Anjehen 
— 1) T. Juv., fiel als Tribun in einer 

chlacht gegen die Gallier, 197 v. E. Liv. 33, 22. 
— 2) T. Juv. Thalna, Prätor im J. 194 v. E. 
Liv. 34, 42. — 3) WM. Juv. Thalna, Konful 
im 9. 163 dv. E., nachdem er jchon 170 Volks— 
tribun gewejen war, unterwarf als Konſul die 
Inſel Korfifa und ftarb vor Freude in dem Augen- 
blide, wo ihm das Senatsjchreiben eingehändigt 
wurde, fach dem jeine Verdienfte durch die Feier 
eines öffentlichen Dantfeftes belohnt werden ſoll— 
ten. Val. Max. 9, 12,3. Plin. 7,53. — 4) M. 
Juv. Laterenfis, diente wahrjcheinlich im Kriege 
gegen Mithridates, wurde nachher Duäftor, fam 

nn nad Siyrene und gab feine Bewerbung um 
das Tribunat im J. 59 v. E. auf aus Abneigung 
gegen Cäſar und deſſen Adergejeß (Cie. Planc. 
5, 13), Später foll er an einer Verſchwörung 
gegen Pompejus fich beteiligt haben. Cie. ad Att. 
2, 24,3. Sein Berhältnis zu Cäfar z0g ihm auch 
wohl eine Niederlage bei der Bewerbung um die 
eurulifche Adilität zu, 55. Cie. Plane. 5, 12. 22, 52. 
Sein Mitbewerber Plancius fiegte, wurde aber 
furz nachher von Juv. angeflagt, daß er geſetz— 
widrige Wahlgenofjenichaften gebildet habe. Cicero, 
der dem Blancius jehr verpflichtet war, übernahm, 
troß feiner Freundſchaft mit Jup., die Verteidigung 
des Plancius und erlangte deſſen Freifprechung. 
Später wurde Juv. Prätor und Augur (Cie. ad 
fam. 8,8, 2. ad Att. 12, 17). Nach Cäſars Tode 
war er Legat des Lepidus in Hiſpanien (43) und 
juchte diejen mit Munatius Plancus, dem Statt: 
halter Galliens, gegen Antonius zu gewinnen, 
richtete aber nicht3 aus, jondern mußte jehen, wie 
die Soldaten des Lepidus zu dem heranrüdenden 
Autonius übergingen, und gab fich, bis zum Tode 
republifanijcher Gefinnung treu, jelbft den Tod. 
Cic. ad fam. 10, 23. Vell. Pat. 2, 63. Dio (ass. 
46, 51. — 5) ein jüngerer Zeitgenoſſe des Terenz, 


lung der ſpärlichen Bruchftüde von NRibbed, com. 
Lat. rel. p. 82f. — 6) Juv. Eeljus, An: 
hänger des Juriſten Proculus, war angeiehener 
Juriſt zur Beit des Veipafian. — 7) Sein Sohn, 
. Sud. Celjus, gleichfalls ein ausgezeichneter 
Juriſt, wurde von Domitian 95 n. E. wegen Teil- 
nahme an einer Verſchwörung vor Gericht gejtellt, 
rettete fid) aber, ohne irgend jemand anzugeben, 
durch Schmeichelei und Liſt, indem er die Sache 
bis zum Tode des Tyrannen hinzog. Nerva und 
Trajan zeichneten ihn aus, und der legtere machte 
ihn zum Konjul, ein Amt, das er (129) unter 
Hadrian zum zweitenmal befleidete. Letzterer zog 
ihn in jeınen Rat. Spart. Hadr. 18. 

Ixion, ’/Eor, Sohn des Phleghas oder des 
Ares, König der Lapithen oder Phlegyer, Bater 
des Peirithoos (daher Ixionides genannt, Prop. 
2, 1, 38. Or. met. 8, 566). Als Deioneus, ber 
Vater feiner Gemahlin Dia, die Brautgejchente 
von ihm forderte, lud ihn Ixion zu jich ein und 
ftürzte ihn im eine mit Feuer gefüllte Grube — 
das erite Beifpiel von Verwandtenmord. Da ihn 
niemand von diefem Morde reinigen wollte, ent— 
jühnte ihn Zeus und zog ihn ſogar an die Tafel 
der Götter. Aber der Undankbare ertrug, gleich 
Tantalos, nicht das Glüd, das die Gnade der 
Götter ihm gewährte; er trachtete nach der Liebe 
der Hera. Für feinen Frevel ward Jrion in der 
Unterwelt geftraft, indem er, mit Händen umd 
Füßen an ein feuriges Nad gebunden, rajtlos 
umbergetrieben wurde. Pind. pyth. 2, 21. Or. 
met. 4, 461. Bei Homer findet er ſich noch nicht 
unter den in der Unterwelt beftraften Berbrechern. 
Mit einem von Zeus geichaffenen Woltenbilde, 
das der Hera ähnlich war (Nephele), joll Jrion 
die Kentauren gezeugt haben. 

Iynx, "Iny£. 3 Wort bezeichnet einen Bogel, 
den Wendehals, der durch jeine auffallende Un— 
ruhe und Aufgeregtheit ein Sinnbild leidenſchaft— 
licher Liebe wurde, und dem man eine magiſche 
Gewalt, Liebe zu erregen, zujchrieb. — Mytho— 
logiih machte man die Jynx zur Tochter der 
Peitho, der Echo, des Pan, und dichtete, jie habe 
den Zeus durch Zaubermittel an fih und an Jo 
zu feſſeln gejucht und jei dafür von Hera in den 
leichnamigen Vogel verwandelt worden. Jaſon 
bo zuerſt von Aphrodite gelehrt worden fein, den 
ogel Jynx auf einen vierjpeichigen Kreijel zu 
ſpannen und unter Zauberjprüchen herumzudrehen, 
um jo Medeias Liebe zu erweden. Pind. pyth. 
4,213 ff. Dies war die gewöhnlichfte Art, den 
Vogel als Liebeszauber anzuwenden. Wegen diejes 
Gebrauchs hat das Wort and überhaupt die Be- 
deutung magijchen Liebreizes erhalten, und be: 
jonders heißt jo der dreis oder vierjpeichige, mit 
purpurnen Wollenfäden ummundene Bauberfreijel 
(j. Thever. id. 2). 


K. 


Kabalia j. Milyas. 


von Eupatoria oder Magnopolis; Hauptquartier 


Kabeira, r& Kaßsıoa, auch Sebafte, ſpäter des Mithridates, der hier von Lucullus 72 v. C. 
Neokaijareia genannt, j. Nikſar; Stadt im mittleren | geichlagen wurde. Strab. 12, 556f. Plut. Lac. 14. 
Pontos am Lykos, etwa 150 Stadien jüdöftlich | App. Mithr. 78. 


[0 


Kabeiren — Kaxwoıc. 


Kabeiren, jicherlid von z*7"22, die Gewal— 
tigen, die Großen, ein Kreis von 7 oder 8 phoi— 
nifiichen Gottheiten, die Genien der Ordnung und 
des Kechtes, die Lehrer des geheimen Wiffens und 
überhaupt aller Künfte, die Schußgeifter auf den 
fühnen Meerfahrten; von den aus Boiotien Ber: 
triebenen auf Yemnos, Jmbros, Samothrafe vor: 
gefunden und dann umgebildet; in myſteriöſem 
Kultus verehrt. Adt. 2, 51. 3, 37. Ahr von Bau: 
ſanias (9, 25) genanntes Heiligtum nahe bei Thebai 
ift 1887 aufgededt worden. Strab. 10, 470 ff. 

Kadmeia j. Thebai, 1. 

Kadmos, Adöuos, 1) Sohn des phoinifiichen 
Königd Agenor und der Telephafia, Bruder der 
Europa, des Phoinix und Kilix. Als Europa von 
Zeus geraubt worden war, jandte Agenor jeine 
Söhne aus, fie zu juchen, mit dem Befehle, nicht eher 
zurüdzufehren, als bis fie die Schwefter gefunden. 
Kadmos, von feiner Mutter Telephafja begleitet, 
fam nach Thrafien, wo dieje ftarb; darauf wandte 
er ſich nach Delphoi und erhielt das Drafel, von 
dem Suchen der Schweſter abzuftehen, aber einer 
Kuh zu folgen und da, wo fie ſich niederlege, eine 
Stadt zu gründen. An Phokis fand er in der 
Herde des PBelagon eine Kuh, wie fie ihm vom 
Orakel bezeichnet worden war, folgte ihr nadı 
Boiotien und gründete an der Stelle, wo jie ſich 
niederlegte, die Stadt Theben, deren Burg nad 
ihm Kadmeia genannt ward. Als er die Kuh 
(der Erde, der Athene, dem Zeus) opfern wollte, 
ihidte er einige Gefährten zu der nahen Duelle 
des Ares, um Wafler zu holen. Diefe aber wurden 
von dem Drachen des Ares, einem Sohne des 
Ares und der (Demeter) Erinys Tilphoja, welcher 
die Quelle bewachte, getötet, und nun ging Kad— 
mos jelbjt zur Quelle und erſchlug den Dracden. 
Die Zähne desjelben jäete er auf Athenes Rat, 
und es wuchſen bewaffnete Männer aus denjelben 
hervor, welche ſich untereinander befämpften und 
erichlugen bis auf 5: Echion (Schlangenmann), 
Udaios (Bodenmann), Ehthonios (Erdentjprofiener), 

elor oder Peloros (der Niefige), Hyperenor (ber 

bergewaltige). Ov. met. 3,1. Dieje furchtbaren 
Erdenjöhne, die Spartoi (Gejäete), waren die 
Stammheroen des thebanijchen Adels, auch nennt 
ſich oft das ganze thebanische Bolt das Gejchlecht 
der Sparten; das Hervorwachſen aus der Erde 
aber bezeichnet die Autochthonie. Für den Mord 
des Drachen mußte Kadmos dem Ares 8 Jahre 
(ein großes Jahr) dienen, und darnach erhielt er 
von Athene die Herrſchaft über Theben, und Zeus 
gab ihm die Harmonia (Eintracht), Tochter des 
Ares und der Aphrodite, zur Gemahlin. An der 
Hochzeit auf der Kadmeia nahmen alle Götter teil; 
Kadmos gab der Harmonia als Brautgejchent ein 
Gewand (mirkog) und ein von Mphrodite oder 
von Europa erhaltenes Halaband, an denen das 
Berderben hing. In Samothrafe, wo ein Teil 
der alten Bewohner Thebens zur Zeit der dori: 
ichen Wanderung fich —— und thebaniſche 
Sagen und Kulte mit einheimiſchen verbunden 
hatte, erzählte man, Kadmos habe fich hier, nach— 
dem er die jamothraliichen Weihen empfangen, 
mit Harmonia vermählt, dieje aber jei eine Tochter 
des Zeus und der Elektra, Schweiter des Dardanos 
und FJafion. Die Kinder beider waren: Autonoe 
(Mutter des Altaion), Ino (Mutter des Meli— 
tertes), Semele (Mutter des Dionyjos), Agaue 


Reallexikon des Tlafi. Aitertums. 7. Aufl. 


609 


(Mutter des Pentheus) und Bolydoros. Später 
zog Nadmos mit Harmonia nad Illyrien, wo er, 
nebit Harmonia in Drachen verwandelt, ins Elyſiſche 
Gefild einging. Or. met. 4, 563 ff. Nach einer 
andern Sage fam er zu den Encheleern in Epeiros, 
bejiegte die Jllyrier und wurde König von Epeiros. 
Apollod. 3, 5, 4. Strab. 7, 326. — Kadmos (von 
272, der Oſtmann), der auszicht, die Europa 
(277, das Wejtland) zu juchen, der Schrift, Erz: 
rüftung, Burgbau und künftliche Bewäflerung ein: 
führt, ift in Thebai, auf Samothrafe und Thajos 
der Repräſentant phoinitiichen Wejens. In Thebai 
namentlich weift eine Reihe von Spuren auf eine 
phoinikiſche Anfiedelung hin. Seine Berbindung 
mit der Harmonia ift nichts anderes als die hei: 
lige Hochzeit des Mellart mit der Aſtarte. — 
2) Kadmos von Milet, um 550 v. E., ein Zeit— 
genofje des Sefataios, einer der älteften Logo— 
graphen (ſ. Aoyoygdgpoı), deilen Exiſtenz Müller 
in den fragm,. hist, Graec, überhaupt bezweifelt 
hat, und den auch A. Schäfer für eine mythiſche 
Berjon erklärt. Er jchrieb angeblidh xr/sıg Mı- 
Areov nal rg ÖAng lorins in 4 Büchern, eine 
Schrift, die Dionys (de Thuc. 23) für unecht hält. 

Kado:, die Stimmurnen bei gerichtlichen Ab- 
ftimmungen, eine für die verurteilenden, die andere 
für die freifprechenden yijpor. Seit Eufleides gab 
es in Athen nur Einen »ddog (zadloxog) und 
verichiedene wipor, ſchwarz und weiß, oder ganz 
und durclöchert (irenros und diersrgunnufen). 
©. Prozels, 13, 

Kadusier, Aadovsıoı, Friegeriiche Völkerſchaft 
in dem Gebirge an der Weftjeite des Kaſpiſchen 
Meeres, jüdlich vom Mrares, gute Schleuderer 
und Bogenſchützen. Strab. 11, 508. 523. Arr. 
3, 8, 5. 19, 3. 7. Lir. 35, 48. 

Kaikos, Kaixog, Fluß in Myſien, j. Balyr: 
Tichai, entipringt am Fuße des Temnos in der 
Landichaft Teuthrania, nimmt den Myfios, Se: 
linüs und Keteios auf und fällt, nachdem er bei 
Bergamon die Fruchtebene ro Kaizov medlor 
durchftrömt Hat, in den Meerbujen von Claia. 
Hdt. 6, 28. Xen. An. 7, 8, 8. Arr. 5, 6, 4. 7. 
Strab. 18, 616. 

Kaineus, Kawverg (d. h. Würger, von xaro), 
Sohn des Elatos und der Hippeia, Vater des 
Koronos, ein Yapithe aus Gyrton in Thefialien 
(11.2, 746. Apoll. Rhod. 1, 57 ff.). Er jollte ur: 
jprünglich eine Jungfrau Namens Kainis (Caenis) 
gewejen und von Poſeidon auf ihre Bitten im 
einen Mann verwandelt und unverwundbar ge: 
macht worden jein. Op. met. 12, 172 ff. Verg. A. 
6,448. Er nahm teil an der kalydoniſchen Eber: 
jagd und am Argonautenzuge. In dem Kampfe 
der Lapithen mit den Kentauren auf der Hochzeit 
des Peirithoos wurde er von den Kentauren ge: 
tötet, indem fie wegen feiner Unverwundbarteit 
ihn durch eine Mafje über ihn geworfener Bäume 
und Steine in die Erde verjenften; oder er ward 
in einen Vogel verwandelt. Or. met. 12, 459 ff. 

Kexwors bezeichnet im juriftifchen Sinne 
1) jchlechte Behandlung der Eltern und Adoptiv: 
eltern von feiten der Kinder durch Worte oder 
Schläge, Verſagung der Subfiitenzmittel (von 
welcher Pflicht nur uneheliche Kinder frei waren), 
Nichterweifung der legten Ehre; 2) Mißhandlung 
der frau von jeiten des Mannes (auch eheliche 
Untreue gehört wohl hieher); 3) pflichtwidrige 

39 


3 


610 


Behandlung der Epifleren von jeiten ihres Mannes 
oder der zu ihrer Verheiratung und Ausſtattung 
verpflichteten Anverwandten (ſ. Erbrecht, 2.); 
4) jchlechte und ungeiepliche Behandlung der Uns: 
mündigen, bejonders von jeiten ihrer VBormünder 
(boparor »arwaıg). — Verfolgt werden fonnten 
dieſe Vergehen durch eine Schriftllage oder eine 
sigayyekla (j. d.), vielleicht auch in gewiffen Fällen 
auf privatrechtlichem Wege durd eine ddan, Die 
x. Öbopara» auch durch Apagoge. Schäßbar: wer 
der x. yorcov jchuldig erflärt war, verfiel in 
Atimie. Forum: der Archon. 

Kaxotrsgvıov dien i. JIlun. 

Kaxovgyoı, Miflethäter, die Sf und Gewalt 
anwenden, im techniichen Sinne gemeine Ber: 
bredher; |. "Erdsxa« und Anrayayı. 

Kalals, Adlars, Sohn des Boreas und der 
Dreithhia, Bruder des Zetes (Boreaden), beide 
geflügelt. Or. met. 6, T11ff. Sie nahmen teil 
am Yrgonautenzug, befreiten, als fie nach dem 
thrafiichen Salmydeſſos zu Phineus famen, ihre 
Schweſter Kleopatra, die an Phineus verheiratet, 
aber auf Betrieb der zweiten rau desjelben mit 
ihren Söhnen gefeflelt war (Soph. Ant. 966), über: 
gaben die Herrichaft den Söhnen des Phineus und 
ſchickten die Stiefmutter in ihre Heimat Stythien 
zurüd. Oder: fie befreiten den Phineus von den 
Harpyien (ſ. d.). Nach einigen famen die Boreaden 
bei der Verfolgung der er um, oder fie 
wurden von Serafles in der Nähe der Kykladen— 
injel Tenos erſchoſſen. Auf letzterer waren ihre 
Gräber mit Grabjäulen, deren eine von Boreas 
im Winde bewegt werben jollte. 

Kalämis j. Bildhauer, 4, 

Kalänos, Kdiavog, einer der f. g. Gymno— 
jophiften oder Brachmanen, den Alerander der Gr. 
in Indien fennen lernte; er begleitete den König 
nach PBerfien und endigte, als er von einer Krank: 
heit befallen wurde, jein Leben durch freiwilligen 
Tod auf dem Scheiterhaufen. Arr. 7, 3. Strab. 
14, 686. 15, 715 ff. Plut. Alex. 69. Sein ein: 
heimijcher Name joll Sphines gewejen jein. 

Kalaos, caläthus, auch rdAagos, ein lilien: 
fürmiger Korb der frauen zum Zwede ihrer weib— 
lichen Arbeiten, bejonders zur Aufbewahrung von 
Garn und Wolle, aber auch von Früchten, Blu: 
men u. dgl. m. Bei den Römern war dies der 
qualus (vgl. Hor. od. 3, 12, 4) oder quasillus; 
woher der Name der jpinnenden Dienerinnen, 
quasillariae. Speziell hieß »dladog der heilige 
Aruchtlorb der Demeter, der am 4. Tage der 
Eleufinten in feierlicher Brozeilion auf einem hei: 
ligen Wagen unter dem Vollsrufe: Xaipe Zıj- 
unreo herumgeführt wurde. 

Kalaureia, 7; Kalavosıc, j. Boros, Inſel mit 
gleichnamiger Stadt im Saroniichen Meerbufen 
an der argoliichen Hüfte, der Stadt Troizen gegen: 
über (deren Reede dadurch gebildet wurde), mit 
der Heinen Inſel Sphairia, j. Damale, durch 
eine Sandbant zufammenhangend. In die Frei: 
ftatt des (in Trümmern bei Palatia noch vor: 
handenen) Pojeidontempels, der feit alter Zeit 
Mittelpunkt einer Amphiktyonie von 7 jeefahrenden 
Staaten (Praſiai, Nauplia, Hermione, Epidauros, 
Nigina, Athen, Ordhomenos) war, die erſt durch 
den Eintritt von Argos und Sparta (ftatt Nauplia 
und Prafiai) ihre Bedeutung verlor, flüchtete fich 
Demofthenes und gab ſich durch Gift den Tod, 


Kaxoreyviov dinn — Kallias. 


worauf er innerhalb des heiligen Bezirks bejtattet 
wurde, 12. Oftober 322 v. EC. Plut, Demosth. 29 
Paus. 1, 8, 2. Strab. 8, 374. 

Kalchas, Kdlyas (aalyelvo), Sohn des The: 
ftor, aus Mykenai (oder Megara), der befannte 
Seher, der die Griechen nach Troja begleitete. Er 
jagte in Aulis den abfahrenden Griechen ex pas- 
serum numero die Dauer des Krieges voraus 
und deutete vor Troja den Zorn des Apollon. 
Hom. Il. 1, 68. 2, 300 ff. Or. met. 12, 19 ff. 
Nach einem Orakel jollte er fterben, wenn er auf 
einen befjeren Seher treffe; dieier war Mopjos, 
mit dem er im Haine des klariſchen Apollon bei 
Kolophon zufammentraf, und der ihn in der Weis: 
fagung bejiegte. Kalchas jtarb aus Gram oder 
tötete fich jelbit. In Daunien hatte er ein Hervon 
und Orakel, an welchem man, auf dem Felle eines 
ſchwarzen Widders jchlafend, die Weisjagung er: 
hielt. Strab. 6, 284. 14, 642. 643. 668. 

Kalchedon, Kalyndar (auf Münzen Kaiza- 
dor), weniger richtig Aalundaor, Stadt Bithy— 
niens am jüdlichen Ende des Bojporos, Byzantion 
gegenüber, Kolonie der Megarer 675 v. E., be- 
deutende Handelsſtadt, ſank dadurch, daß Niko: 
medes von Bithynien einen Teil der Bewohner 
nach Nikomedeia führte (140 v. E.). Später hieß 
ſie AJuftinianca und war Hauptort der Provinz 
Bithynien oder Pontica prima. Hier befand ſich 
ein berühmtes Oralel und ein Tempel des Apollon; 
auch war der Bhilojoph Xenokrates hier geboren. 
Jetzt Kadi-Köi. Hdt. 4, 144. Thuc. 4, 75. Xen. 
An. 7, 1,20. 2, 24. Strab. 7, 320. 12, 563. 

Kallias, Kalilas, ein Name, der oft in einem 
der reichiten und vornehmften Sefchlechter Athens 
wiederfehrt, zu dem auch mehrere mit dem Namen 
Hipponikos gehören. Dieje beiden Namen wech: 
jelten jpäter in dem Geichlechte, jo daß ſtets der 
eine Kallias, der folgende Hipponifos hich (Ab— 
handlung von Welzel, 1888): 1) Hipp., bereicherte 
ſich durch den ſchlechten Gebrauch, den er von einer 
ihm durch Solon (Plut. Sol. 15) binfichtlich der 
Scuildentlaftung gewordenen Mitteilung machte. 
— 2) Kall., ein reiher Mann, jiegte in den 
puthiichen und olympiichen Spielen und faufte des 
verbannten Beififtratos Beſitzungen. Hdt. 6, 121. 
— 3) Sein Sohn, Hipp., genannt Ammon, joll 
die von einem der (490 dv. E.) nach Perjien weg: 
geführten Eretrier ihm amvertrauten Schätze für 
jih) behalten haben. — 4) Sein Sohn, Kall., 
war in Athen der reichjte Mann feiner Zeit (Plut. 
Arist. 25) und joll einft in einer Grube Schäße 
gefunden haben, die ihm ein Perjer zeigte. Später 
wirkte er bei Artarerres Makrocheir für eine Ver: 
jtändigung mit Perjien (449). Hdt. 7, 151. Plut. 
Cim. 13. — 5) Sein Sohn, Hipp., vermehrte 
die vom Water ererbten Schäße. Seine frau ver- 
lieh ihn und heiratete den Perifles, jowie feine 
Tochter Hipparete den Alfibiades. Er kämpfte für 
jeine Baterftadt im peloponnefiihen Kriege und 
fiel in der Schlacht bei Delion, 424 v. C. Thuc. 
3, 91. — 6) Sein Sohn, Kall.,,ein leichtfinniger 
Menich, der in die Hände von Barafiten fiel und 
mit ihnen jein großes Vermögen vergeudete, ver: 
ftieß eine Frau nach der andern und führte einen 
höchſt unordentlichen Lebenswandel. Im J. 392 
v. E. diente er unter Iphikrates in Korinth und 
war dann Gejandter Athens in Sparta. In jei- 
nen letzten Lebensjahren war er jo arm, daß er 


Kallibios — 


Mangel litt. Xen. Hell. 6, 3, 4. — 7) Sein Sohn, 
Hipp., war Schwiegerjohn des Alkibiades. — 
8) Ein anderer Kall., wohl aus anderer Familie, 
fiel bei Botidaia (432 v. E.), nachdem er jchon 
445 den bdreißigiährigen Frieden mit Sparta ge: 
ichlojjen. Thue. 1, 61. 63. — 9) Tyrann von 
Chaltis auf Euboia um 350 v. E., beabjichtigte 
‚die Eroberung der ganzen Inſel mit Hülfe des 
mafedonijchen Königs Philipp. Aber weder bei 
diejem noch in Theben fand er Unterftügung für 
jeinen Plan und wandte fi nun an Athen, mit 
welchem er früher (350) in Krieg verwidelt ge: 
wejen war (343). Demojthenes beförderte die An: 
gelegenheit aus Feindſchaft gegen Philipp, Doc 
fam Ddiejelbe nicht zuftande, troß der Hülfe, die 
ihm gegen die von ghilipp in mehreren euboiiſchen 
Städten eingejegten Tyrannen geleiftet wurde. Er 
lebte zuleßt mit feinem Bruder Taurofthenes in 
Athen und erhielt das attiiche Bürgerrecht (341). 
— 10) fomijcher Dichter in Athen, der jedesfalls 
der älter Komödie angehört, Sohn des Lyſi— 
machos, jüngerer Zeitgenoſſe des Kratinos und 
Verfaſſer von 6 Stüden, von denen jpärliche Bruch: 
ftüde vorhanden jind. Einem Kallias, der von dem 
Stomifer jchwerlich verjchieden jein dürfte, wird von 
Athenaios eine Tocuucrixi, roaywöi« beigelegt, 
eine rätjelhafte Dichtung. Bernhardy, Gr. d. gried). 
Litt. 2, 2 ©. 30, ftellt die Vereinigung mit dem 
Komiker in Abrede und vermutet in dem jeltfamen 
Werk eine Formenlchre des tragischen Stils. — 
11) ein Syrakuſier, fchrieb ein geichichtliches Wert 
über die Thaten des Agatholles bis zu deſſen Tode, 
289 v. E., in 24 Büchern (r& weol Ayadtonlia), 
von welchem noch einzelne Bruchftüde vorhanden 
find, —— bei Müller, fragm. hist. Graec. II 
p- 3827. 

Kallibfos, Kaildßıos, befehligte die Spartaner, 
welche zur Beihüßung der Dreifig im 9. 404 
v. C. in Athen als Bejagung lagen. Plut. Lys. 15. 
Xen. Hell. 2, 3, 14. 

Kallikrätes, Kallırgarns, 1) ein Baufünft: 
ler, mit Jftinos Erbauer des PBarthenon (j. Bau- 
künstler, 5.); — 2) ein Feldherr der Syrafufier 
im Kriege gegen die Athener (415 v. E.), der im 
Kampfe gegen Lamachos fiel; — 3) ein Achaier, 
der 1000 angejehene Mitbürger an die Römer 
verriet und auslieferte; — 4) ein griechijcher Ge- 
jchichtjchreiber aus Tyros, um 280 n. E., der das 
Leben des Kaiſers Nurelian fchrieb. Flav. Vop. 
Aurel. 4. 

Kallikratidas, Kallızgaridas, ein Spartaner, 
wurde im J. 406 v. E. der Nachfolger Lyſanders 
im Oberbefehl der den Athenern an der afiatischen 
Küfte entgegengeftellten Flotte und gewann jic) 
durch jeine Offenheit und Redlichkeit, ſowie durch 
feine Tüchtigfeit jehr bald allgemeine Anerfen: 
nung, jo jchwierig auch durch die Ränke der Partei 
Lyſanders jeine Stellung war. Es gelang ihm, 
den Athener Konon, nach einem Berlufte von 
30 Schiffen, bei Mytilene einzuichliehen und den 
Verjuc des Diomedon, der ihn befreien wollte, 
zu vereiteln. Die Athener hatten unterdes eine 
über 150 Segel ſtarke Flotte aufgebradit, um 
Konon zu entjegen, diejelbe ftellte ſich zwiſchen 
Leibos und dem Feitlande bei den Arginufiichen 
Infeln auf. Mit 120 Schiffen (50 hatte er zur 
Überwachung Konons zurüdgelaffen); wollte nun 
K. einen nächtlichen Angriff unternehmen, indes 


Kallimedon. 611 
ein Gewitter vereitelte den Plan, und am folgen 
den Morgen ftand ihm die ftärfere feindliche Flotte 
fampfbereit gegenüber. Sich vor der Übermacht 
zurüdzuziehen hielt er für jchimpflich; er begann 
daher den Kampf, defjen Ausgang noch Feinesiwegs 
zum Nachteil der LYaledaimonier entichieden war, 
als ein unglüdlicher Sturz des K. von jeinem 
Schiffe ind Meer feinen Untergang und dadurd) 
die Befiegung des linken Flügels der Lakedaimo— 
nier und weiter die Flucht derjelben herbeiführte. 
Xen. Hell. ı, 6, 1—33. Plut. Lys. 5 ff. 
Kallimächos, Kaillueyog, 1)|. Bildhauer, 6. 
— 2) Nachkomme des Battos (daher Battiades 
bei römischen Dichtern, 3. B. Or. trist. 2, 367), 
aus dem berühmten Gejchlechte der Battiaden zu 
Kyrene, daher oft 6 Kvenvarog genannt, lebte im 
Alerandreia, wo er von Ptolemaios Bhiladelphos 
ins Mujeion berufen und um 260 v. E. Vorſteher 
der königlichen Bibliothel wurde, welches Amt er 
bis zu En Tode (um 240-230) verwaltete. 
Er war ein Manı von der umfajjenditen Gelchr: 
ſamkeit, der durch mündliche Lehre wie als Schrift: 
jteller einen ausgedehnten Einfluß auf Mit- und 
Nachwelt übte und für einen der erften Selchrten 
und Dichter unter den Alerandrinern galt. Zu 
jeinen Schülern (Kakkınayeıor) gehörten die be: 
rühmteften Gelehrten der damaligen Zeit, wie 
Eratojthenes, Ariftophanes von Byzanz, Apollonios 
Rhodios u. a. Er ſoll an 800 teils proſaiſche, 
teils poetische Schriften verfaßt haben. Bon jei- 
nen Poeſien find uns erhalten 5 epiihe Hymnen 
und ein Hymnos (auf das Bad der Pallas) in 
elegiichem Versmaß und doriichem Dialekte, ohne 
bejonderen poetiſchen Wert, aber wichtig für uns 
durch die im ihnen niedergelegte Gelchrjamteit. 
Ausgezeichneteres leiftete er in jeinen Epigram— 
men, von demen wir noch 60 übrig haben, und in 
der Elegie. Die Römer ftellten jeine Elegien jehr 
hoch (Quint. 10, 1, 58. Or. ex Pont. 4, 16, 32) 
und nahmen fie fi zum Mufter. (Eine Nachbil- 
dung ift Catulls Gedicht de coma Berenices [66]; 
Dvids zwanzigite Heroide hat die „Kydippe” des 
K. zum Vorbild.) Erhalten find nur noch Bruch— 
jtüde. Bu den verlorenen Gedichten des Nalli: 
machos gehörten die Airıe, 4 Bücher in elegijchen 
Dijtihen, welche eine Mafje von Mythen und 
antiquariichen Gegenständen umfahten, und "ExdAn, 
ein epijches, viel — und ſtudiertes Gedicht. 
Im allgemeinen zeichnete er ſich in ſeinen Ge— 
dichten weniger durch dichteriſches Talent, als 
durch Gelehrſamkeit in Sprache und Sachen und 
durch künſtlichen Vortrag aus (quamvis ingenio 
non valet, arte valet, Ov. am. 1, 15, 14). Bon 
jeinen zahlreichen projaischen Schriften hiftorijchen 
und grammatiichen Juhalts waren von bejonderer 
Wichtigkeit die [Ivanıs (tav Ev adon nardei« Öiw- 
kauparror nal or svreygayper) in 120 Büchern, 
ein beurteifender Katalog der Bücherſchätze der 
alerandrinischen Bibliothek, nach bejtimmten Fächern 
überjichtlich geordnet. Dieſes Werk iſt als der 
Anfang der alerandrinischen Litteraturgejchichte an: 
zufehen; von Späteren wurde es ergänzt und durch 
Kommentare erläutert. — Nusgaben von Ez. 
Spanheim (1697), 3. N. Ernefti (1761), Blom— 
field (1815), 9. Meinefe (1861), D. Schneider 
(2 Bbd., 1870— 74, Hauptausgabe); Tertausgabe 
von dvd. Wilamowig-Möllendorff (1582). 
Kallim&don, Kallınzdor, mit dem Beinamen 
39* 


612 Kallinos — 
o Kagaßog, ein gemeiner Verräter, deſſen jchie: 
lende Augen und Schlemmerei, bejonders in Fi— 
ichen, oft von den Komilern erwähnt werden. Da 
er zur makedoniſchen Partei gehörte, ergriff er im 
J. 322 dv. E. nach dem Aufftande Athens gegen 
Makedonien die Flucht und beförderte durch jein 
Zureden den lamiſchen Krieg. Antipaters Sieg 
führte ihn in feine Vaterftadt zurüd, bis er im 
J. 318 zur Zeit der Verurteilung Phokions, in 
deſſen Schidjal er verflochten war, abermals flüch— 
ten mußte, um dem Tode durch den Giftbecher 
zu entgehen. Plut. Phoc. 27. 33 ff. Demosth. 27. 

Kallinos ſ. Elegie. 

Kalliöpe i. Musae, 3. 

Kalliphon, Kallıyar, ein von Cicero (fin. 
2,6, 11. 5, 8, 25. tusc. 5, 30, 85. off. 3, 33, 119) 
mehrfach angeführter griechiücher Philojoph, ber 
die Prinzipien der Luſt (Ndorn, voluptas) und 
der Sittlichleit (nalonayatle, honestas) zu ver: 
einigen und darin das Ziel des menjchlichen Lebens 
zu erfaſſen ftrebte. 

Kallirrhö®, Kallıpoon (die jchönftrömende), 
1) Tochter des” Dfeanos, von Ehryjaor Mutter des 
Geryones. Hesiod. theog. 981. — 2) Tochter des 
Acheloos, f. Alkmaion. — 3) Tochter des Ska— 
mandros, Gemahlin des Tros, Mutter des Ilos 
und Ganymedes. — 4) eine falydonifche Aungfrau, 
= von Korejos, einem Priefter des Dionyfos. 

a fie den Bewerber verichmähte, und deshalb 
Dionyjos auf Bitten des Priefters die Einwohner 
mit Bahnfinn heimjuchte, jollte einem Orakel zufolge 
K. zur Sühnung des Gottes von Korejos geopfert 
werden; aber diejer, von neuer Liebe ergriffen, 
opferte ſich am Altare für fie, und K. tötete ſich 
darauf am einer nach ihr benannten Quelle. Paus. 
7, 21,1. — 5) Name einer Quelle in Athen, ſ. 
Attika, 13. — 6) Beiname von Edefla in Meſo— 
potamien (j. d.). — 7) Stadt mit heißen Dlineral- 
quellen, öſtlich vom Toten Meere. 

Kallisthönes, Kallıc$Eevng, 1) geboren um 360 
v. E. zu Olynth, Neffe des Philofophen Arifto: 
teles, von dem er zugleich mit Alerander dem Gr. 
unterrichtet wurde. Darauf lebte er zu Athen, 
wo er fich bejonders mit Geſchichte beichäftigte. 
Als Mlerander feinen Zug gegen Berfien antrat, 
begleitete ihn Kalliſthenes, zog jich aber fpäter, 
als Alerander, durch Schmeichler verdorben, Die 
friechende Verehrung feiner Perſon nad perfifcher 
Sitte verlangte, deifen Unwillen zu, da er fich 
diefem Gebrauche, als des Griechen unwürdig, 
widerjeßte. Curt. 8, 5. Da fein Freimut und jeine 
ftrengen Eitten, jowie fein rauhes Wejen dem 
Könige immer mehr mißfielen, ließ diejer feinen 
AJugendgefährten in Anla einer Verſchwörung, an 
der teilgenommen zu haben er bejchuldigt wurde, 


in Ketten legen, und Kal. iſt dann während des | 


indischen Feldzuges (327) nad Ariftobulos’ Bericht 
als Sefangener geftorben, nad) Btolematos’ Angabe 
gefoltert und dann gehängt worden. Plut. Alex. 
52 ff. Arr. 4, 14, 1. — Seine hiftorifchen Schrif- 
ten waren Ellnvund in 10 Büchern, die Jahre 
387—357 umfafiend, wegl roö irgod zmoltuon, 
Maxsdorind und Ogaxıxd und vielleicht ein me- 
oirkovg, wenn diefer nicht don einem aleich: 
namigen Sybariten verfaßt ift. Die Thaten Alexan— 
ders hat er in den Ilsocır« behandelt. Auch 
naturhiſtoriſche Studien, wofür er dem Umgange 
mit Theophraſt während jeines Aufenthalts in 


Kallistratos. 


Athen große Vorliebe verdanfte, nahmen ihn in 
Anſpruch. Seine Hiftoriihen Schriften wurden 
von jpäteren Gejchichtichreibern Aleranders oft be- 
nußt. Vgl. Weitermann, de Callisthene Olyntlı. 
comm, quattuor (1838—42). Fragmente bei Geier, 
Alexandri histor. scriptor. p. 232—272, u. Müller, 
script. histor. Alex. m. p. 1 ff. (Anhang zu Düb— 
ners Ausgabe des Arrian). — Ein unter jeinem 
Namen erhaltenes, romanhaft ausgeſchmücktes Werf 
über Alerander, die Hauptquelle für die mittel: 
alterlichen Bearbeitungen der Aleranderjage (3. B. 
die lat. Mlerandreis des Gualtherus de Castel- 
lione und das mittelhochdeutiche Aleranderlied des 
Piaffen Lamprecht), iſt ein ſpätes Machwerf, viel: 
leicht im 4. Jahrhundert n. E. in Ägypten ent: 
ftanden, Ausgg. von Müller (in Dübners Ausg. 
des Arrian), und H. Meujel, N. Jahrb. f. Phil. 
Suppl. V (1871). Bgl. Zacher, Piendocalltithenes 
(1867). — 2) ein attiicher Redner, der bei dem 
Anmarſch des Philippos am Ende des phofifchen 
Krieges die Stadt in Verteidigungszuftand jegen 
ließ und jpäter unter den von Harpalos Bejtochenen 
genannt wird. Ob die von Deinarchos verfahte 
elsayyekla nar& Karlıc$irovg auf ihn oder einen 
andern des Namens fidy bezieht, iſt ungemwiß. 
Kallisto, ÄKallıcsro, Tochter des Lylaon, oder 
des Keteus, oder des Nykteus, aus Arfadien, 
Jägerin und Begleiterin der Artemis, mit der 
Beus den Arfas zeugte. Bon der zürnenden Hera 
(Ov. met. 2, 476) oder von Zeus, um jie der Hera 
zu verbergen, in eine Bärin verwandelt, ward fie 
von Artemis erjchoffen und von Zeus unter dem 
Namen Arktos unter die Geſtirne verjegt (j.Stern- 
bilder, 2.). Oder: als Arkas auf der Jagd jeine 
Mutter in Geftalt einer Bärin eben erlegen will, 
verwandelt Zeus beide in Geftirne, den Arkas in 
den Arkturos. Das Grab der Kallifto befand fich 
in Arfadien 30 Stadien von der Duelle Krunoi 
auf einem Hügel, auf dem der Tempel der Artemis 
Kalliſto (der ſchönſten) ſtand. In Kallifto hat ſich 
das Attribut der arkadiſchen Artemis Kalliſto zu 
einer beſonderen Perſon verſelbſtändigt. 
Kallisträtos, Kalllorgaros, 1) berühmter athe— 
nifcher Redner aus Aphidna, deſſen Beredjamfeit 
den Demofthenes mit Liebe für die Redekunſt er: 
füllt haben ſoll. Als Strateg befehligte er im 
„Jahre 377 v. C. mit Timotheos und Chabrias, 
im Jahre 373 mit legterem und Iphikrates; K. 
aber bemühte fich, friedliche Verhandlungen ein: 
zuleiten, und ging zum Abſchluß eines Friedens 
nah Sparta I mit Kallias, Seine Rede 
über Oropos, welches der Zankapfel zwiichen Athen 
und Theben war, begeifterte den Demojthenes und 
erwarb dem Redner wohlverdienten Ruhm. Spätere 
Mißhelligfeiten mit feinen Mitbürgern trieben ihn 
nach Methone, dann nad) Daton und Byzanz ins 
Eril, aus welchem er ohne Erlaubnis heimfehrte 
und hingerichtet wurde. Xen. Hell. 6,2, 39.3, 3.10. 
Lycurg. Leoer. 983. — 2) Schüler des Ariftopha= 
nes don Byzanz (um 150 v. E.), war einer der 
forgfältigiten Erilärer der alten Schriftiteller, unter 
denen Homer (diogdorırd und gegen Ariſtarch 
roögs rag Aderijocıg), Ariftophanes, Euripides, 
Pindar und andere genannt werden. Mbhandlung 
von Schmidt in Naucks Sammlung der Fragmente 
des Ariftophanes von Byzanz (1848). — 3) Sophift, 
etwa im 3. Nahrh. n. E., lieferte nach dem Beijpiele 
der beiden Philoftratos (j. Philostratos, 2. 3.) 


Kallixenos — Kameiros. 


in einer Zapodesıg benannten, troden und affek— 
tiert ftilifierten Schrift eine wertloje Beichreibung 
von 14 Statuen des Stopas, Prariteles und an— 
derer berühmter Künstler; zugleich mit den einores 
der beiden Philoftratos herausgegeben von Jacobs 
(1825), mit den gef. Werfen der beiden Phil. von 
Kayſer (2. Aufl. 1853) und von Weftermann (zugl. 
mit Eunapios von Boiſſonade und Himerios von 
Dübner, 1849). 

Kallixönos, Kalklevog, ein Athener, beredete 
das Bolf zur Hinrichtung der Feldherrn, die (406 
v. E.) bei den Nrginufen gefiegt hatten. Bald 
darauf, als dasjelbe die Verurteilung bereute, ent: 
. ging er einem ähnlichen Schidjale zwar durch die 

Flucht, tötete ſich aber, als ihn jpäter nad) jeiner 
Nüdfehr (403) die Verachtung des Bolfes traf, 
durdy Hunger. Xen. Hell. ı, 7, 8ff. 

Kallon j. Bildhauer, 3. 

Kaior zayasoi, uriprünglich ein Ausdrud 
für die fittlihe und bürgerliche Vortrefflichkeit, 
bezeichnet in der Sprache der Wriftofraten, wie 
yrogınoı u.a. Ausdrüde, die Bornehmen im Gegen: 
jape u der Mafle, den xaxo/, zorneol u. ſ. w. 

alpe, Kdizn, 1) ſ. Abyla columna. — 
2) Klang kıunv, Hafenjtadt in Bithynien, weit: 
lid von Herafleia, am Fluß Kalpas, j. Flecken 
und Hafen Kerpe. Xen. An. 6, 4, 1ff. Strab. 
12, 543. 

Kalydon, Kalvdor, Stadt in Witolien in der 
Nähe des rechten Ufers des Euenos, auf einem 
Vorſprunge des Arakynthos, nebſt Pleuron die 
Hauptftadt des Landes; hochberühmt zu Homers 
Zeit (II. 2, 640. 9, 589), in der Gage befannt 
dur des Meleagros (ſ. d.) Jagd auf den faly: 
donischen Eber. Noch zu Cäſars Zeit war fie be: 
feftigt (Caes. b. c. 3, 45), ſant aber unter Auguftus 
dur) die Anlage von Nifopolis. Ruinen der 
Mauern, Thore, der Afropolis und des Theaters 
—— jetzt unweit des Dörfchens Bochori vor: 

anden. 

Kalykadnos, Kalvxadvog, auch Kcdkvövos, 
bedeutender Fluß Kleinafiens, entipringt an der 
Grenze von Iſaurien, durchſtrömt in jüdöftlichem 
Laufe Kilifien und mündet unterhalb Seleufeia; 
j. Seleph oder Ghök-Su, derjelbe Fluß, in wel: 
chem Friedrich I. Barbarofja 1190 ertranf. Strab. 
14, 670. 

Kalynda, Kalvrda, Stadt im ſüdöſtlichen Karien 
am Fluß Aron, deren Bewohner unter ihrem Könige 
Damaſithymos in der Schlacht bei Salamis auf 
jeiten der Perſer fochten, ſpäter unbedeutend, j. 
Dolaman. Hdt. 1, 172. 8, 87. Strab. 14, 651, 

Kalypso j. Odysseus, 5. 

Kesvrroa hieh der Schleier, mit welchem die 
Qungfrauen in Gegenwart der Männer erichienen, 
und den fie erft 3 Tage nach ihrer Berheiratung 
ablegen durften (j.Anakalypteria). Hom. Od. 
5, 232. Aesch. Pers. 529. 

Kamarina, Kaucgivn, Kaudgıra, Stadt auf 
der Sübdjeite Siciliens an der Mündung des 
Hipparis (j. Camarana) und Danis, eine Kolonie 
der Syrafufier 600 v. E., aber wegen Ungehor- 
jams von denjelben zerftört, worauf Hippokrates 
von Gela fie 492 wieder anfbaute. Gelon hob 
die Stadt zum zweitenmal auf, 484, und ver: 
pflanzte die Einwohner nad) Syrafus. 461 wurde 
die alte Bürgerichaft zufammen mit Bewohnern 
von Gela nad) Kam. zurücdgebradht und die Stadt 


613 


durch den olympijchen Sieger Pjaumis (452) be: 
rühmt. Pind. ol. 4 und 5. Im peloponnefiichen 
Kriege wanderte der größte Teil der Bewohner 
nach Yeontinoi. Die vierte Neugründung erfolgte 
durd; Timoleon, 399, ihr folgte eine vierte Zer— 
ftörung durd) die Römer, 258. Seitdem ift die Stadt 
nicht wieder aufgebaut worden. Als die Bewohner 
einen nahen Sumpf gl. N. troden legen wollten, 
antwortete das Drafel auf ihre Frage: un xive 
Kaudoırav, dulvnros yüp dusivor. Sie befolg: 
ten die Weifung nicht und erleichterten jo den 
Feinden die Einnahme der Stadt; jo entitand das 
Sprichwort un »ireı Kaudgırar, um jemanden 
zu warnen, daß er ſich nicht jelbft jchade. Hat. 
7,154 ff. Thuc. 6,5. Piod. Sic. 11, 76.13, 14 u. b. 
Strab. 6, 266. 272. 

Kambjses, Kaußvons, perjiich Kambudſchija, 
ältefter Sohn des Kyros von der Kaffandane, folgte 
jeinem Vater Anfang 529 v. E. Nachdem er ſich 
auf dem Throne befeftigt hatte, traf er umfaffende 
Rüftungen zu einem Zug gegen die einzige noch 
jelbftändige Großmacht, gegen Agypten, lieh aber 
vorher (jo die Behiftaninjchrift, gegen Hat. 3, 30) 
feinen Bruder Smerdis (perfiich Bardija), den noch 
Kyros zum Statthalter von Baltrien, Barthien 
und Karmanien eingejegt hatte, aus Mißtrauen 
eimlich töten. Anfang 525 begann der Krieg. 
Soeben (Ende 526) war Amafis von Agypten ge: 
ftorben, Pſammetich III. (Hat. 3, 10: Pſammenit) 
zur Regierung gelangt. Die Heinafiatifchen Grie— 
hen und die Bhoinifer, wie die Kyprier und Poly: 
frates3 von Samos, die fich jetzt freiwillig unter: 
warfen, ftellten dem K. die Flotte. Die Schlacht 
bei Pelufion und die Eroberung don Memphis 
entichieden über das Schidjal des Landes (Sommer 
525), Muh die angrenzenden Libyer und die 
Griechen von Kyrene erfannten nun die perfische 
Oberhoheit an. Auf einer Erpedition gegen Aithio— 
pien (524) gelangte K. über die Hauptjtadt Napata 
hinaus und brachte die Stämme im Süden von 
Agypten in dauernde Abhängigkeit, erlitt aber auf 
dem Rüdweg dur einen Sandfturm ſchwere Ver: 
luſte. Ein ähnlicher Unfall joll eine nach dem 
Ammonium ausgejandte Heeresabteilung vollftän: 
dig vernichtet haben, und der Plan, aud) Karthago 
zu bezwingen, jcheiterte au der Weigerung der 
Phoiniker, gegen ihre Landsleute zu kämpfen. 
Verſtimmt und unthätig, immer gereizter und dem 
Weine ergebener, verweilte X. noch über ein Jahr 
in Agypten, bis ihn die Kunde von dem Aufftand 
des Magier Gaumata, der fich für Smerdis (ſ. d.) 
erklärte, zum Aufbruch bewog. Er gelangte od) 
bis Egbatana (vermutlich Hamath) in Syrien, wo 
er (Sommer 522) „durch eigene Hand feinen Tod 
fand“: jo die Behiftaninfchrift, deren Wortlaut 
zunächit für Selbjtmord fpricht, aber aud für einen 
unglüdlichen Zufall (fo Herodot, Kteſias und Juftin) 
die Möglichkeit offen läßt. K. beſaß die kühne 
Energie feines großen Vaters, war aber eine wilde, 
dejpotijche Natur, wiewohl die Berichte über feinen 
Wahnfinn und feine Frevelthaten, insbejondere 
fein Wüten gegen die ägyptiſchen Götter, ftart 
Hadt. 2, 1. 8, 1ff. 44. 
Strab. 17, 790. 


übertrieben jein werden. 
61 ff. 89. 97. 5, 25. 7, 69. 
805. 820, 

Kameiros. Kdusıpog, dorische Gründung auf 
der Weftjeite der Inſel Rhodos und bis zur Er: 
oberung von Rhodos die bedeutendfte Stadt der 


614 


Kamillos — Kappadokina. 


Juſel, Vaterſtadt des Dichters Peifandros. Z/om. | nannt); berühmt waren die Ranephoren des Polyklet 


11.2, 656. Hat, 1, 141. Strab. 14, 655. 

Kamillos j. Kabeiren. 

Kanächos j. Bildhauer, 3, 

Kandäke, Karddxn, Königin von Aithiopien 
(nad) einigen Appellativname), die unter Auguſtus 
ihr Reich mutig gegen den römijchen Statthalter 
von Ägypten Petronius verteidigte. Strab. 17, 8205. 
5. Aıthiopes. 

Kandaules. Kardavins, auch Myrſilos, ein 
leichtfertiger König Lydiens, der lebte unter den 
Sandoniden, den Nachkommen des Herakles von 
der Omphale, der die Reize feiner Gattin den 
Bliden feines Günftlings Gyges (1. d.) preisgab, 
dafür aber mit dem Tode büßen mußte. Hdt. 1. Sff. 

Kanephoren, Karnpoeor, hiefen in Athen 
Aungfrauen, welche an den Banathenaien jorwie 
an den Feſten der Demeter und des Dionyios 


bei den Prozefionen einen Korb mit heiligen 
Serätichaften auf dem Kopfe trugen, eine Ehre, 
zu welcher nur Mädchen aus den erjten Familien 


denden Kunſt dargeftellt (auch Karyatiden ge: | Kleinafien; jpäter wurde die Stadt 











und des Stopas (Cie. Verr. 4, 3. Plin. 36, 5); 
noch erhalten find deren am Erechtheion zu Athen 
als Gebälkträgerinnen (j. d. Abbild.). 

Kanöbos, Adrwßos, auch Kanopos, AÄdrwnos, 
eine 120 Stadien nordöftlih von Alerandreia ge: 
legene Stadt Unteräguptens an einer nach ihr 
genannten Nilmündung (beim j. Abufir); ein Nanal 
vermittelte die Verbindung mit dem Mareotiſchen 
See und Mlerandreia, bis zu deſſen Gründung 
Kan. die bedeutendfte Handelsftadt dieler Gegend 
war. Die Bewohner waren berüchtigt ihrer Uppig: 
feit wegen, die in großen Feſten ihren Ausdrucd 
fand. Berühmter Tempel des Serapis mit Drafel. 
Ihren Namen joll die Stadt von dem bier be: 

rabenen Steuermann des Menelaos erhalten haben. 
Seit Einführung des Chriftentums in Ägypten ift 
fie verjchtwunden. Strab. 17, 801, Tac. ann. 2, 60. 

Kapänens j. Adrastos und Eu- 
adne. 

Kanrnleiae find die Berfaufsbuden 
und Läden der xdrnlo, Kleinhändler, 
beionders Eijwarenhändler ſ. Euro- 
eos), häufig aucd als Schenten benußt, 
deren Bejuch indeflen für jo unanftändig 
galt, daß nach Athenaios einmal ein 
Mreopagite, der in einem ſolchen Yo: 
tale etwas genofjen hatte, vom Areo— 
pag ausgeichloffen wurde. 

Kaphöreus, 6 Kaypnosrs, mäch— 
tiges, wie ein gewaltiger Schiffsichnabel 
—— int am jüdöftlichen 

eile der Inſel Eubota (j. Xylophagos), 
befannt durch den Schiffbruch der von 
Troja zurückkehrenden Flotte und jpäter 
der 200 Berjerichiffe. Mdt. 8, 7. Strab. 
8,368. Paus. 4, 36,6. Verg. A. 11, 260. 
Sen. Agam. 558. 

Kappadokia, KAarnadoxie, Cap- 
padocia, auf perfijchen Jnichriften Kat: 
patufa, im weiteren Sinn die ganze Oft: 
hälfte des Heinafiatifchen Hochlandes 
zwiichen dem Euphrat im D., dem 

ontos Eureinos im N., dem Halys 
und dem Tattajee im W., dem Tauros 
im S., wurde jchon von den Periern 
in 2 Satrapien geteilt, die nördliche 
. am Bontos (Karz. 7) meös ro Ilöreo) 
und die jüdliche oder innere. Auf 
letzteren Teil, der jeit der Zeit der 
Diadochen ein eigenes Reich bildete, 
wurde dann der Name beichränft, 
und dies war auch im wejentlichen die 
Ausdehnung der jeit 17 n. E. beftehen: 
den römiichen Provinz Kapp., wenn 
auch oft noch andere Gegenden dazu 
gerechnet wurden. Die jüdliche Ge: 
birgslandichajt hie Nataonia, mit 
dem Hauptort Tyana (bei Kenophon 
JIdva'; weitlich davon Kybiſtraz am 
Saros Komana mit einem berühm: 
ten Tempel der Natur: und Kriegs— 
Ma (Artemis Taurica, auch Anaitis, 


göttin 
Enyo, Bellona genannt). Die alte Hauptſtadt von 
Kapp., Mazaka, lag in der Mitte des Landes, 
zugelafjen wurden. Wegen der gefälligen Haltung |am Fuße des Argaios, eines ausgebrannten 
wurden ſolche weibliche Geftalten oft von der bil: | Bulfans, mit 3840 m des hödhften ag von ganz 


ujebeia, jeit 


Kapys — Karkinos. 


Tiberins Kaifareia genannt (j. Kaifarie). Ebenjo 
erhielt die weftliche Grenzjtadt Garſaura jpäter 
den Namen Archelais (j. Al:Serai). Die Yand- 
ſchaft zwiſchen Antitauros und Euphrat hieß Me: 
fitene, wie die ſtark befejtigte Hauptſtadt (j. Ma: 
latia). — Die Bewohner waren indogermanijchen 
Stammes, mit den Armeniern verwandt. Die im 
Bontos verfehrenden Griechen nannten fie, wohl 
wegen der einjtigen aſſyriſchen Herrichaft, Afiyrer 
oder Syrer, auh weiße Syrer (Asvaoavgoı), 
zum Unterſchied von der gebräunten Bevölferung 
des eigentlichen Syriens. Sie trieben mit Erfolg 
die Pferdezucht und galten für tapfer, aber auch 
wie die Kreter und Karer für treulos und fäuflich 
(regia ndnna adrıora). Hodt. 1, 72.7, 73. Xen. 
An. 1, 2,20. Strab. 12, 533 ff. Über den Urſprung 
der merkwürdigen Nuinen bei dem h. Üjüt und 
Boghaztidöi im nordweftlichen Kapp., rechts vom 
Halys, ift man noch nicht ins klare gefommen. 

Kapys, Karvs, 1) Sohn des Aſſarakos, Ge— 
mahl der Themis, Vater des Anchiſes. Hom. Il. 
20, 239. — 2) Begleiter des Nineias, von dem 
Eapua jeinen Namen erhalten haben joll. Verg. A. 
10, 145. 2, 35. — 3) Albanijcher König, Nach— 
fonıme des Wineiad. Verg. A. 6, 768. Liv. 1, 3. 

Karänos, Kdgavos, 1) ein Heraflide aus dem 
Geſchlecht des Temenos, zog mit einer Schar 
friegsluftiger Leute aus Argos nad; Mafedonien, 
eroberte einen großen Teil des Landes und ftarb 
nad) einer langen Regierung. Nach Juſtin (7, 1) 
eroberte er Edefja, welches fortan den Namen 
Aigai führte, zum Andenken an die Ziegen (alyes), 
bei deren Einzug in die Stadt er durd) das offene 
Thor mit eindrang. Ein Drafel hatte ihm näm— 
lich geboten, ein Reich mitteljt einer Ziegenherde 
zu juchen. Die jpäteren makedoniſchen Könige 
leiteten von ihm als dem Gründer des Neiches 
ihr Gejchlecht her. Well. Pat. 1,6. Liv. 27, 30, 
32, 22. — 2) ein Feldherr Aleranders im perjtichen 
Kriege. Arr. 3, 28, 2. 4, 3,7. 6, 7. 

Kardia, Kaodie, Stadt mit gutem Hafen an 
der Nordweſtſeite des thratischen Cherjonejos am 
Melasbufen, j. Ruinen auf dem VBorgebirge Bakla— 
burun, Kolonie der Milefier, ſpäter durch Mil: 
tiades folonifiert, dann von Lyſimachos zerftört, 
aber wieder aufgebaut. Hier waren der König 
Eumenes und der Gejchichtichreiber Hieronymos 
geboren. Hdt. 7, 68. Strab. 7, 331. 

Kagdovgoı, tapjeres Bolt mediihen Stam: 
mes im füdlichen Armenien am linfen Ufer des 
Tigris, auch Kyrtier, Kordyaier, Norduener, Kar— 
dyner, Gordyener, Gordpaier u. ſ. w. genannt, die 
heutigen Kurden. Ihre Gebirgslandichaft heißt 
demnach Gordyaia oder Gordyene. Xen. An. 3, 
5, 15.4,1,2ff.u.d. Flut. Luc. 26. Strab. 11, 522. 
16, 746 f. 

Karia, Kagıa, der en Teil der Hein- 
afiatiichen Halbinſel, im N. durd die Gebirge 
Meflogis und Myfale von Lydien, im NO. durch 
das Salbatos: und Kadmosgebirge von Phrygien, 
im SD. durch das Gebirge Daidala und den Glau— 
kosfluß von Lykien gejchieden, im S. und W. vom 
Meere umflojjien. Die Küftengebirge laufen in 4 
größere Halbinjeln aus: Grion, Pedajis (bei 
Halikarnaſſos), Enidijche und rhodijche Cher: 
jonejos. Dazwiſchen liegen (gleichfalls von N. 
nad ©. aufgezählt): der Jaſſiſche oder Bargy: 
lijche,derKeramijche und der Doriſche Meer: 


615 


bujen. Nördlid von Brion ift der Maiandri: 
Ihe Meerbujen, deſſen jüdöftlicher Winkel nad) 
dem Berge Yatmos der Latmiſche heißt. Hier 
mündet der größte Fluß des Landes, der Mai: 
andros, mit jeinen Nebenflüffen Harpajos und 
Marſyas von lints, Lethaios und Gaijon von 
rechts. Fruchtbar jind nur diejes Thal und die 
Küftenebenen von Mylafa und Kaunos; der größte 
Teil des Landes iſt rauh und gebirgig mit Schaf: 
weiden und Waldungen. Bei Kaunos flieht der 
Kalbis, der Abflug eines Landjees, näher der 
Grenze von Lykien der Aron. — Die Karer 
(Kagss), wahrſcheinlich AJndogermanen, nicht Se: 
miten, fanden bei ihrer Einwanderung als cin: 
heimische Küftenbevölferung die Leleger vor, aufer: 
dem im N. Lyder, im NO. Phryger, im S. Beifidier. 
Sie waren Friegeriih und wohlbewafinet, aber 
roh, treulos und käuflich, und wurden deshalb mit 
den Kretern und Nappadofern zu den rol« zanıa 
»dxıora gezählt. Das innere Land zerfiel in eine 
Neihe bäuerlicher Gaugenoſſenſchaften; ein alter 
Hürftenfig war Mylaja, in der Nähe La— 
branda mit dem Tempel des Zeus Stratios. Die 
Küftenbewohner trieben Schiffahrt und Seeraub, 
traten auch als Söldner in fremde Dienfte. Um 
1500 v. C. bejegten fie die umliegenden Inſeln 
bis Chios und Kreta, wurden aber feit 1200 von 
den Phoinikern abhängig, jeit 1000 von den Hel: 
lenen verdrängt, die dann auch die beiten Häfen 
der Weftfüfte von Karien jelbjt in VBelit nahmen, 
und zwar die Jonier im N., die Dorier im ©. 
Sonilche Kolonien waren: Miletos, Myüs, 
PBriene, Jaſſos. Die Dorier, nach welchen der 
Küſtenſtrich in römiſcher Zeit Doris hieß, hatten 
einen Bund von 6 Städten: Halikarnaſſos und 
Knidos auf dem Feitland, Jalyios, Kamei— 
ros und Lindos auf Rhodos, und Kos auf der 
Inſel ge. N. (ſ, Doris, b. 2.),. Weitere farifche 
Städte waren: Magnefia, Tralleis, Ala— 
banda, Nyfa, Antioheia im Maiandrosthal; 
Idrias (jpäter Stratonifeia genannt) öſtlich von 
Mylaſa, in defien Nähe Laginga mit einem Helate: 
tempel, von dem bedeutende Trümmer erhalten 
find; jodann Karyanda und Myndos bei Hali- 
farnafjos, Raunos und Kalynda im SD. Karien 
gehörte zum lydiſchen, dann zum perfiichen, jpäter 
um ſyriſchen Reich, jeit 129 v. C. zur römischen 
rovinz Aſia. Hat. 1, 144. 1718. 5, 1185. Thuc. 
1, 8. Strab. 14, 637. 651 ff. 

Karkemisch, afiyriich Gargamiſch, wahrichein- 
lih mit Etowmös (j. Dicherabis), aber feinesfalls 
mit dem viel jüdlicheren Kirkefion (j. d.) iden: 
tiich; rechts vom Euphrat an dem Übergang der 
großen Handelsftraße von Agypten nach Meſo— 
potamien über den Fluß, bekannt durch den Sieg 
Nebukadnezars über Necho, 605 v. C. Beros. 
fragm. 14. (ed. Müller). Jerem. 46, 2. Vgl. Mas: 
pero, de Charchemis oppidi situ (1872). 

Karkinos, Kagxivog (oder Kagrivos?), eine 
der luſtigſten Erjcheinungen auf dem tragijchen 
Gebiete in Athen, den mit feiner ganzen Familie 
rg main grauſam verjpottet. Per ältere 
diejes Namens war ein Agrigentiner, aus Sicilien 
eingewandert und ohne Glück als Tragifer in 
Athen aufgetreten. Er hinterließ eine Familie von 
4 Söhnen, alle jchlechte Dichter, unter denen Xeno- 
fies der befanntefte und der Vater des jüngeren 
Karkinos ift. Der legtere gehört etwa der hun— 


616 


bertften DI. an und war länger am Hofe des 
jüngeren Dionyſios (368—357 dv. E.). hm legt 
Suidas 180 Dramen bei; ein einmaliger Sieg 
nimmt fich bei jolher Produktivität ganz lächerlich 
aus. Sein Etil war nad Euripides gebildet, 
reih an matten und nüchternen Sentenzen; jein 
Versbau jchlaff und nachläſſig, Ariftoteles berüd- 
fichtigt ihn wiederholt in jeiner Poetil. Samm— 
lung der jpärlihen Fragmente von Naud, trag. 
Graec. fragm. p. 770 ff. der 2. Aufl. 

Karmania, Kaouarla, iraniſche Landſchaft 
zwiichen Gadrofia im D. und Perfis im W., vom 
Berjiichen Meerbujen bis zur Wüftenoaje Jjatis 
(ij. Jezd). An der heifen Küfte Tag die Hafenftadt 
Harmoziaz der Name Hormuz ijt auf eine Inſel 
und Meerjtraße übergegangen. Im fruchtbaren 
Inneren lag Taruana (j. Tarım), der Sit der 
Utier, und die fpätere Hauptitadt Karmana (ij. 
Kirman, wie die ganze Landicdaft). Die Bewohner 
(bei Hdt. 1, 125 T'eoudrıoı) waren Friegerifch, in 
Spradje und Sitten den Medern und ern ähn: 
lid. Arr. 6, 28, 1 ff. Strab. 15, 726 f. 16, 768. 

Karneädes, Kagrsdöns, aus Kyrene in Afrika, 
geboren 213 v. C., len 129, widmete fich 
anfangs der ftoiichen Philojophie, wandte ſich aber 
dann, beſonders durch ihre Götterlehre und ihre 
ethiſchen Prinzipien unbefriedigt, der platonifchen 
u und wurde der Stifter der neueren, dritten 

fademie. Er juchte in jeinem Forfchen nach Kenn: 
zeichen der Wahrheit, die über das Gebiet der 
Sinne und des endlichen Verftandes hinaus liegen. 
Auch als Menſch war er rein und unbeicholten. 
Bei der berühmten Gejandtichaft nad Rom mit 
Diogenes und Kritolaos (155), zur Abwehr der für 
die Zerftörung von Oropos den Athenern aufer: 
legten Buße von 500 Talenten, bewährte er jeinen 
Scharffinn und jeine redneriiche Begabung. Gell. 
6, 14. Diog. Laert. 4, 62, Cie. de or. 2, 37, 155. 
tusc. 4, 3, 5. Gejchrieben hat er wenig oder nichts. 

Karneia, r& Kdorvesıe, ein großes Nationalfeft 
der Spartaner, ſich anjchließend an den Dienft 
des Apollon Karneios, der von Theben aus jchon 
vor der doriichen Wanderung nad; Lakonien ge: 
lommen war und ſich jpäter mit dem doriſchen 
Apollonfultus vereinigt hatte. Das Feſt wurbe 
in Sparta vom 7. des Monats Kar nei os (Auguit: 
September) an 9 Tage lang gefeiert. Es hatte, 
da die Spartaner glaubten, durd ihren Apollon zur 
Eroberung in das Land geführt worden zu jein, 
den Charakter eines Kriegsfeftes. An 9 Plätzen 
waren zeltähnliche Hütten (onıddeg) aufgeichlagen, 
in denen je 9 Mann ſich wie im Feldlager auf: 
hielten und zuſammen jveiften. Jeder Plat ent: 
bielt die Zelte für 3 Phratrien oder Oben. In 
der jechsundzwanzigiten Olympiade wurden an 
diefem Feite muſiſche Wettlämpfe eingeführt, in 
denen zuerſt Terpandros fiegte. Ein Berzeichnis 
der Kagveorinur lieferte Hellanitos (Athen. 14, 
635 e, auch 4, p. 141f). Außer Sparta fommen 
— vor in Kyrene, Silyon, Meſſene, Thera 
u. a. O. 

Karpäthos, Adonados, Inſel in dem nach ihr 
genannten Weere (Hor. od. 1. 35, 8. 4, 5, 10) 
zwiichen Kreta und Rhodos, j. Karpathos, ital. 
Starpanto, von fteilen Bergen durchzogen, mit 
den 4 Städten Bofeidion, Arkefia, Brukos und 
Niiyros; bei Homer (Il. 2, 676) Kodzuttog. Strab. 


Karmania — Karthago. 


10,489. Daneben die beiden Heinen Inſeln Kajos 
und Saros. 

Karthägo und die puniſchen Kriege. Kar- 
thägo, Kaeyndar, Carthago, eigentlih Karth 
Hadajcht d. h. Neuftadt, lag au äußerft günjtiger 
Stelle auf einer Halbinjel afrifaniichen Land⸗ 
ſchaft Zeugitana, mit dem Feſtlande durch eine 
Landenge verbunden. Ungefähr in der Mitte der 
Halbinjel erhob jidh auf einem 60 Fuß hohen 
Felſen die Burg, Byrja genannt (vom ſyriſchen 
birtha, d. h. Burg, woraus bei den Griechen die 
Sage von der Rindshaut, Piece, entitand). Auf 
dem höchiten Teile derjelben jtand das Heiligtum 
des Heilgottes (Eimin, des griechiichen Aiklepios). 
App. 8, 1. Pol. 1, 73. Der Umfang der Burg 
betrug etwa 2 Millien. Allmählich entitand an 
ihrem Fuße und um fie herum die Stadt, deren 
Hanptitrafen vom Marktplage aus gerade auf die 
Burg zuliefen und aus hohen jechsftödigen Häufern 
beftanden. Aus Ddiejer Beichaffenheit der Häuſer 
erflärt es ich, wenn die Bevölferung der Stadt 
zu 700 000 Menjchen angegeben wird, wenngleich, 
wie es bei Gades ber Fa war, darunter auch 
die nicht immer in der Stabt anwejenden, fondern 
im benachbarten Stadtgebiete wohnenden geborenen 
Karthager einbegriffen jein mögen. Da die Ufer 

eil und jchwer zugänglich waren, jo war die 

eftigung nach diejer Seite hin einfach und aus 
einer einzigen Mauer gebildet, während nad dem 
Lande zu eine dreifache hohe Mauer, mit feften 
Türmen bejegt, die Stadt ſchützte. Der ga 
Umfang betrug etwa 80 Stadien. Die dreifache 
Mauer beitand aus 3 Terrafien, jede 40 Ellen 
hoch, 22 Ellen breit, und enthielt Wohnungen 
oder Kajernen für die Soldaten, VBorratshäufer 
und Stallungen für 300 Elefanten. An der Yand: 
enge waren die beiden Häfen, von denen erjterer 
Handelshafen, der zweite Kriegshafen war. In 
legterem lag eine Heine Inſel, Kothon („odwr), 
nad) welcher diefer Hafen auch genannt wurde 
(App. 8, 96). Zwiſchen beiden Häfen erjtredte ſich 
die große dreifache Mauer, jo daß fie den Kriegs: 
hafen einichloß, den Handelshafen ausichloß. Maga: 
lia war eine Art Vorſtadt auf der nördlichen Seite 
der Burg. Bier lagen auch zahlreiche Yandhäufer, 
welche wie prachtvolle Tempel und Paläfte den 
unermehlichen Reichtum diefer Handelsitadt, des 
Londons der alten Welt, befundeten. Strab. 
17, 832 ff. Sie wurde im Jahre 146 v. E. von 
den Römern zerftört. E. Gracchus wollte auf ihren 
Ruinen eine neue Stadt erbauen, doch wurde der 
Blan aufgegeben. Erſt Auguftus führte ihn aus 
und bevölferte mit Vermeidung der einſt verwünijch- 
ten Stellen die neue Niederlafjung mit römischen 
Bürgern. Sie zog aber allmählid den Umfang 
der alten Stadt in ihren Kreis hinein und gelangte 
unter den Kaijern zu großer Blüte. App. 8, 163. 
Die Bandalen machten fie nad) Eroberung Nord: 
afrifas zur Hauptjtadt ihres neuen Neiches, als 
welche jie ebenjo jehr den Mittelpuntt des Handels 
in diejen Gegenden bildete, wie es einft die alte 
Stadt gewejen war. Auch als Sit chriftlicher 
Biichöfe hatte fie große Bedeutung. Bon den 
Trümmern der alten Stadt find nur noch geringe 
Reſte fichtbar, ein Teil der Halbinjel, auf der ſie 
lag, icheint nach und nad) von dem Meere ver: 
ichlungen zu ſein; neuere Ausgrabungen haben 
indes nicht wenige Trümmer und Altertümer ans 


Karthago. 


Tageslicht gefördert. Vgl. Davis, Karthago und 
feine Uberrefte (beutich 1863). Beuld, Nachgra: 
bungen in Karthago (deutich 1863). — Gegründet 
wurde Karthago wahrjcheinlich im 9. Jahrhundert 
v. C. (nad) App. 8, 132 im Jahre 846, nad) Just. 
18, 6f. 826, nad) Timaios 814), angeblich von Dido 
oder Elifja, Tochter des Königs Agenor oder 
Mutton von Tyros, Schweſter des Pygmalion, 
Gemahlin des Melfartpriefterd Alerbas. Nach 
dejien Ermordung durch Pygmalion wanderte Dido 
(ſ. d.) mit einer Schar Tyrier aus und fam nad 
der Nordküſte von Afrika, wo die Phoiniker ſchon 
Jahrhunderte früher Utifa und andere Kolonien 
gegründet hatten. Aus diejen ftrömten ohne Zwei— 
jel zahlreihe Anfiedler ihrer Schar zu, und fie 
gründete Narthago, nachdem fie von den libyichen 
Eingeborenen eine Strede Landes zur Anjiedelung 
erhalten hatte. Es entitand bald mit diejen ein 
freundlicher Bertehr, manche der Eingeborenen 
ichlojien ji an die Einwanderer au, und die neue 
Stadt blühte bald jo fräftig empor, daf fie den 
dem Fürften des Landes anfänglich bewilligten 
Tribut verweigern konnte. Nach und nach erweiterte 











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fid) durch Eroberungen und Anlegung von Kolo: 
nien in denjelben das Gebiet der Stadt bis an 
die Grenzen Numidiens, den Tritonjee und das 
Gebiet von Kyrene. Durch die Kolonien erhielten 
die SKarthager die unterworfenen eingeborenen 
Stämme in Gehorfam und bahnten zugleich den 
Weg zur allmählichen Bermifchung beider Bölter 
(Libyphoinifer), ohne indes bei der harten und 
ftrengen Behandlung und bei dem Drude der 
Abgaben, welcher auf den Libyern lajtete, den Haß 
—— gegen ihre Unterdrücker beſchwichtigen zu 
können. Nach Weſten hin durch Numidien be— 
grenzt, drangen ſie zu Lande in dieſer Richtung 
nicht weit vor, wohl aber längs den Küſten, an 
weldyen fie zahlreiche Kolonien gründeten und 
dadurch den Handel, welcher der Mutterftadt großen 
Reichtum zuführte, in ihre Gewalt brachten. Gleich— 
falls dehnten fie als ſeefahrendes Bolt aud) ihre 
Herrſchaft über die Inſeln des Mittelländiichen 
Meeres aus und bejegten unter Malchus, Mago 
und andern Führern wenigjtens die Küſten von 
Sicilien, Sardinien, Korſika zwiichen 600 und 550 
v. C., lieferten wegen Korfifas im Jahre 536 v. C. 
(Hat. 1, 166) in Verbindung mit den Etrujfern 


617 


den aus ihrer Vaterftadt durch Kyros vertriebenen 
Phokaiern eine Seeſchlacht und jchloffen mit Nom 
des Handels wegen mehrere Verträge, zuerſt 509. 
Pol.3, 23. Um 500 ließen fie durdy ihre fühnften 
Seehelden Entdedungsreijen machen. Hanno, deffen 
Beriplus wir noch in griechifcher Überjegung be: 
figen, jegelte an der Weſtküſte Afrifas um das 
Grüne Borgebirge bis zu dem vorov xEgag, d.h. 
Kap Sierra Yeone, während Himilfo den Atlan: 
tiſchen Deean befuhr, die Küften Hifpaniens und 
Galliens unterfuchte und bis zu den Zinninjeln, 
d. h. Britannien, gelangte. Plin. 2, 67. Hiermit 
ichliegt etwa die erfte Periode der fartha ijeren 
Geſchichte. Die zweite, von 480 an, umfaßt die 
Kämpfe der mächtigen Stadt mit Syrafus um den 
Befig von Sicilien. Zuerft gewannen die Kar: 
thager die alten phoinikiſchen Kolonien auf der 
Anfel für fih; dann eröffneten fie den Krieg gegen 
die übrige Inſel mit einem Angriff auf Theron 
von Agrigent. hr großes Heer, angeblid) von 
300 000 Mann, unter Hamilkar erlitt aber bei 
Himera eine gänzliche Niederlage durch Gelon von 
Syratus, wie es heißt an dem Tage, an weldem 
die Griechen bei Salamis fiegten. Daß die Kar: 
thager mit Perjien im Bunde gewejen, wird von 
einigen angedeutet oder gar als beftimmt erklärt 
(Just. 19,1. Diod. Sie. 11,21 f ), ift jedoch zweifel: 
ft. Darauf jchloffen fie mit Gelon Frieden. 
!ange Zeit hindurch erfahren wir nichts von wei: 
teren Unternehmungen gegen. Sicilien; erſt 416 
brad), durch die Bewohner von Egefta veranlaft, 
ein neuer Krieg aus, den Hannibal, der fartha- 
giſche Feldherr, glüdlich, wenn aud graujam, im 
Laufe der nächiten Jahre führte; er ftarb aber 406 
bei Agrigent an einer peftartigen Krankheit. Sein 
Nachfolger Himilfo eroberte (405) einen großen 
Teil Siteiliens, ohne daß der Tyrann Dionyſios 
feine Fortichritte hindern konnte. Ein Vertra 
beendigte den Krieg. Aber im Jahre 398 gri 
Dionyſios die Karthager wieder an, entriß ihnen ihre 
meiften Groberungen und nötigte 2 Jahre jpäter 
den Himilko, —* Heer durch Krankheiten ge— 
litten hatte, zu einem ſchimpflichen Frieden. Diod. 
Sie. 14, 41 ff. Ein gleichzeiger Aufſtand der Libyer 
wurde glüdlich unterdrüdt. In den folgenden 
Jahren mußten die Narthager faft ganz Sieilien 
aufgeben, bis Mago den Dionys in einer blutigen 
Schlacht bei Kronion befiegte und ihm den Frieden 
diftierte, 382. Ein neuer Krieg im Jahre 368 
wurde durch den Tod des Dionys bald beendigt. 
Südlich gegen deflen Nachfolger, den zweiten 
Dionys, erlagen fie dagegen im Jahre 340 dem 
Timoleon am Krimifjos (Plut. Timol. 28); der 
Fluß Halyfos bildete zwijchen beiden Gebieten 
fortan die Grenze. In der nächſten Zeit litt Kar: 
thago an inneren Unruhen ehrgeiziger Adeliger und 
an Empörungen jeiner Unterthanen (Just. 21, 4), 
wurde durch einen beabfichtigten Angriff Mleranders 
des Gr. bedroht und hatte dann in Agathofles 
(311— 306) fowohl in Sicilien als aud in Afrika 
jelbjt (Diod. Sie. 17, 113), wohin der fühne Krieger 
überjegte und bis vor die Thore der mächtigen 
Stadt drang, einen gefährlichen Gegner zu be: 
fämpfen. Erft nad) deſſen Tode fonnten die Kar: 
thager es wagen, fich von neuem in die ficilischen 
Händel zu mijchen, famen aber im Jahre 277 mit 
Pyrrhos von Epeiros, der den Sieiliern Hülfe 
brachte, in Berührung und verloren fajt ganz 


618 


Sicilien, Noch ernfter geftalteten fich die Verhält- 
nifje mit den Römern, mit welchen fie feit 509 
den damals abgeſchloſſenen Bertrag 348, 305 (oder 
306) und 281 (oder 278) erneuert hatten. Die Ein 
nahme Meſſanas durch die Mamertiner und die 
Bedrängung dieſer durch Hieron von Syrakus 
brachte Spaltungen in die Schar der mamertint- 
ſchen Söldlinge; ein Teil ſprach Karthago, ein 
anderer Rom um Hülfe an. So brad im Jahre 
264 der erjte punijche Krieg aus. Der römijche 
Konjul Appius Claudius Cauder führte auf einer 
rajch erbauten Flotte ein Heer nach Sicilien, ver: 
trieb die Narthager aus Meffana und brachte ihnen 
eine große Niederlage bei. Die Karthager rüjteten 
fih nun mit Macht und führten den Krieg mit 
abwechſelndem Glüde. Aber Hieron verlieh jie 
263) und ſchloß ein Bündnis mit den Römern, 
welche Mgrigent, den farthagiichen Waffenplaß, 
einnahmen. C. Duilius gewann (260) den erjten 
Seejieg über die Karthager bei Mylai an der 
Nordküfte Siciliens, Negulus die Seejchladht bei 
Efnomos (256) und jeßte dann nach Afrika über. 
Pol, 1,20 ff. Anfangs war er glüdlich, bald aber 
befiegte ihn der Spartaner Kanthippos als Feld: 
herr des farthagiichen Heeres gänzlih und nahm 
ihn jelbjt gefangen, 255. Pol. 1,295. Während 
die Römer, noch unerfahren in der Schiffahrt, 
mehrere Flotten durh Stürme und Ungewiitter 
einbüßten, fiegten fie zu Lande bei Panormos 
(250), erlitten aber zur See und zu Lande furcht— 
bare Niederlagen. Gleichwohl war Karthago aufs 
äußerſte gejhmwächt, und ohne das Genie feines 
großen Feldherrn Hamiltar Barlas, der fich im 
Nordweiten Siciliens auf dem Eryr von 247 an 
u Jahre behauptete und den Nömern viel zu jchaffen 
machte, hätten die Harthagar Sicilien jchon früher 
verloren. Die Niederlage ihrer Flotte bei den 
Agatiichen Inſeln durch E. Lutatius Catulus im 
Jahre 241 entmutigte fie jo jehr, daß fie Frieden 
ſchließen mußten, in welchem fie auf Sicilien und 
die umliegenden Inſeln verzichteten. Pol. 1, 56 ff. 
3, 27. Val. Haltaus, Geſch. Roms im Zeitalter 
der puniſchen Kriege (1. Bd., 1846). Bröder, 
Geſchichte des erſten puniſchen Strieges (1846), 
E. Neumann, das Zeitalter der puniſchen Kriege 
(1883). — Aber das Maß ihres Unglüds war noch 
nicht voll. Kaum hatte Hamilkar die Söldner: 
ſcharen nad Afrika zurüdgeführt, jo verlangten 
diejelben von der AR ter Stadt ihren rüd: 
ftändigen Sold. Als ihnen dieſer nicht bezahlt 
werden konnte, empörten fie ſich; ihnen jchloffen 
lich die gedrüdten und unzufriedenen Unterthanen 
an, und Karthago mußte von 241—238 einen 
bintigen Krieg mit ihnen führen, den erjt Hamil: 
fars mit Milde gepaarte Energie und Klugheit 
unterdrüdte. Die Römer hatten ihren Unterthanen 
anfangs geftattet, den Narthagern Zufuhr an Lebens: 
mitteln zu liefern, ſpäter fi) aber Sardiniens 
bemächtigt, wo ſich die Söldlinge auch empört 
hatten, und behaupteten die Inſel troß der Klagen 
der Karthager, welche, um nicht bei ihrer gänzlichen 
Erſchöpfung durch einen neuen Krieg bedroht zu 
werden, Sardinien wie Korjifa abtreten mußten. 
Fol. 1, 655. Um dieſe Zeit litt Karthago aud) 
an inneren Zwiſtigkeiten, da die Ariftofratie unter 
Hanno gegen die Bolfspartei unter Hamilkar 
fämpfte. Lebtere fiegte, und Hamilkar, der einen 
nenen Aufftand in Afrika unterdrückt hatte, ging 


— — 


Karthago. 


mit einem Heere nach Hiſpanien über, welches, 
durch ſeine Metallſchätze den Karthagern längſt 
bekannte, Land er zu erobern beabſichtigte, um 
ſeinem Baterlande durch Hiſpaniens Silber und 
kriegeriſche Männer neue Mittel zum Kampfe gegen 
Nom zu verſchaffen. Am Jahre 236 unternahm 
er die Eroberung des jüdlichen und öftlichen Spa: 
niens, fiel aber 229 in einer Schladt. Sein 
Schwiegerſohn Hajdrubal trat in feine Fußjtapfen 
und unterwarf durch Milde und Feldherrntalent 
Hilpanien bis an den Ebro. Er fiel im Jahre 221 
durch Meuchelmord. Ihm folgte Hamilfars großer 
Sohn, Hannibal, der als Heiner Knabe mit dem 
Vater nad) Hilpanien gezogen war und unter 
jeinem ermordeten Schwager eine ausgezeichnete 
Ktriegsichule durchgemadht hatte. Das Heer be: 
grüßte ion mit Suber, und jo groß war das 
Anjehen jeiner familie, daß man ihn in Karthago 
bejtätigte, jo jehr auc jeine Gegner gegen ihn 
arbeiteten. Pol. 2, 1.36. Liv. 21, 2fj. Er 
jiherte die Eroberungen feiner Vorgänger und 
unternahm, im Jahre 219 oder nach der jcharf: 
finnigen Unterfuchung von Gieglin (1878) erjt 218, 
die Belagerung Sagunts, welches er nad) helden: 
mütigem Widerftande feiner Einwohner einnahm 
(Mitte Juni 218 nad Sieglin). Über den Fberus 
ging er aber noch nicht, da diejer Fluß nach dem 
von Hajdrubal geichlofjenen Bertrage mit Rom 
die Grenze des Farthagiichen Gebiets bilden jollte. 
Pol. 3, 16. Liv. 21, 6f. Auf die Nachricht von 
Sagunts Fall ſchickten die Römer eine Gejandt: 
ichaft nad) Karthago, um Genugthuung und Han: 
nibals Auslieferung zu verlangen. Beides wurde 
verweigert, und der zweite punijche Krieg 
brach aus (218—201). Während die Römer den 
Angriff von der Seejeite erwarteten, brad) Hannibal 
im Spätiommer 218 von Neufarthago, nachdem 
er feinen tüchtigen Bruder Hafdrubal in Hiſpanien 
zurüdgelaflen hatte, mit 100 000 Mann auf, zog 
über die Pyrenäen, dann durch Gallien, ging über 
die Alpen auf faſt unerteiglichen Wegen und fam 
mit dem dritten Teile jeines Heeres in den Ebenen 
am Po an. Am Tieinus jchlug er den Scipio, 
an der Trebia den Sempronius entjcheidend, zog 
durch die Sümpfe Etruriens, bejiegte den Flami— 
nius am Trafimenijchen See (im April 217) und 
begab ſich ins Gebiet der Picenter. Nachdem 
D. Fabius Marimus Eunctator ihn durch Zögern 
und Ausweichen lange Zeit hingehalten hatte, ge: 
wann er den glänzenden Sieg bei Cannä, in 
welchem er ein römtiches Heer von 80 000 Mann 
vernichtete (216), Nun jtrömten ihm die Völler 
Italiens, die noch immer die Herrichaft Noms 
mit Umwillen ertrugen, von allen Seiten zu und 
ergänzten fein geſchwächtes Heer. Aber die Zeit 
des größten Glanzes jchien für Hannibal in der 
üppigen Stadt Capua unterzugehen, und Rom 
fand in M. Claudius Marcellus einen Feldherrn, 
welcher würdig war, Hannibals Gegner zu jein. 
Hannibal, der bei Nola durdy ihn eine Niederlage 
erlitt (214), juchte ſich durch ein Bündnis mit 
Philipp von Makedonien vergebens zu ftärten; 
bon jeiner Baterjtadt erhielt er nur geringe Unter: 
jtüßung. Die Eroberung des mit Narthago ver: 
bündeten Syrakus durch Marcellus ſchlug feine 
Hoffnungen noch mehr darnieder (212), Capua ging 
verloren (211), die Italiker wurden ſchwankend. 
Jedoch jchlug er die Römer einige Male mit großem 


Karthago. 


Berlufte, unternahm auch einen Zug gegen Ron, 
fehrte aber um, ohne es angegriffen zu haben. 
Nach und nad) eroberten die Römer mehrere Städte 
wieder, darunter im Jahre 210 Tarent. Hannibal 
jebte jeine Hoffnungen auf das nach Italien be: 
orderte Heer jeines Bruders Hafdrubal, der bisher 
in Hiſpanien den beiden Scipionen, Publius und 
Gnäus, glüdli das GHeichgewicht gehalten und 
ihr Heer vernichtet hatte, bis des Publius Sohn, 
P. Cornelius Scipio, ein junger Mann, im Jahre 
210 das reiche Neufarthago mit allen jeinen Bor- 
räten und Schätzen einnahm. Nach der verlorenen 
Schlacht bei Bäcula zog Hafdrubal mit 56 000 Mann 
über die Pyrenäen und Alpen nad) Italien, wurde 
aber bei Sena am Flüßchen Metaurus in Umbrien 
von den Römern gänzlich geichlagen (207) und 
jelbjt getötet. Damit jchwand Hannibals letzte 
Hoffnung, da auch fein Bruder Mago ihm feine 
Hülfe bringen fonnte, jondern in Ligurien in einer 
Schlacht ſchwer verwundet wurde. Als nun Seipio 
Hijpanien für die Nömer erobert hatte und dann 
im Jahre 204 nach Afrika überging, erhielt Han: 
nibal den Befehl zur Nückehr. er führte jein 
Heer nach Afrifa zurüd, verftärkte es bedeutend 
und fuchte es durch Heine Gefechte zu üben und 
für die bevorftehende Enticheidungsichladht vorzu— 
bereiten; doch, gedrängt von Scipio, lieferte er 
die Schlacht bei Naraggara oder Zama im Jahre 
202, welche er verlor. Er riet daher zum Frieden, 
der unter harten Bedingungen für Narthago zu: 
ftande fam, indem es nicht nur Hijpanien abtreten, 
jondern aud) 10000 Talente zahlen, ſowie jeine 
Kriegsichiffe und Elefanten ausliefern mußte. Bgl. 
v. Binde, der zweite punifche Krieg und der Kriegs: 
plan der Karthager (1841). Suſemihl, frit. Skizzen 
zur Borgeichichte des zweiten puniſchen Kriegs 
(1853). Mide, Gejchichte des zweiten punischen 
Krieges (1851). — Hannibal trat nun als Suffet 
an die Spike des Staates und leitete die Ver: 
mwaltung jo geichidt und zu ſolchem Vorteile für 
Kacthago, daß diejes jih bald wieder erholte. 
Aber gehaßt von der arijtofratiichen Partei und 
von den Römern, mußte er fein Vaterland ver: 
lafien, um nicht an letztere ausgeliefert zu werden. 
Seitdem erhob ſich der numidiſche König Majiniffa 
zu großem Anjchen und nahm den Karthagern 
einen Zeil ihrer Beſitzungen nach dem andern, 
ohne daß ſie in Rom Schutz fanden. Als endlich 
Karthago trotz aller Widerwärtigkeiten ſich immer 
mehr hob, da glaubten einflußreiche Römer, die 
Stadt müſſe vernichtet werden, weil ſie Rom ge— 
fährlich werden könnte, und Catos bekannter Aus— 
ſpruch wurzelte immer feſter in den Gemütern der 
Römer, bis ſie im Jahre 149 bei erneuerten 
Zwiſtigkeiten der Karthager mit Maſiniſſa ein 
Heer nach Afrika ſandten. Die erichredten Kar— 
thager erfüllten nun nacheinander die ihnen von 
den Römern geſtellten harten Bedingungen; nur 
die letzte, —9 ſie ihre Vaterſtadt verlaſſen und 
ſich im Binnenlande anſiedeln ſollten, weigerten 
ſie ſich zu erfüllen. Obgleich faſt wehrlos, erhob 
ſich die ganze Bevölkerung ohne Unterſchied der 


Stände, ſelbſt die Frauen, zum Kampfe, benutzte 


mit der ſeltenſten Erfindungsgabe alles, was Mittel 
zum Widerſtande verſchaffen koönnte, und kämpfte 
mit ſeltenem Heldenmute gegen die Übermacht 
(dritter puniſcher Krieg). Erſt nach Sjähriger 
Belagerung nahm im Jahre 146 P. Cornelius 


619 


Seipio Amilianus die Stadt mit Sturm, hatte 
aber auch da von Strafe zu Straße, von Haus 
zu Haus noch mit einem furdptbaren Widerftande 
zu kämpfen (App., Buch 8. Pol., Buch 36. 39). 
Die Flammen zeritörten die Stadt, die Hände der 
Römer thaten das UÜbrige, der Hägliche Reſt der 
Einwohner wurde als Sklaven verkauft. — Zwar 
machten jpäter im Yale 122 unter C. Gracchus 
und nachher unter Cäſar die Nömer Verſuche zur 
Anlegung einer Kolonie an der Stelle der alten 
Stadt; aber erft Auguftus nahm den Plan wieder 
auf und gründete das neue Karthago, welches bis 
ins Mittelmeer hinein mit großem Glanze ar 
dauerte und durd die Araber 647 n. E. zerftört 
wurde. — Was die Religion der Karthager be: 
trifft, jo verehrten fie, wie die Phoinifer überhaupt, 
neben dem höchiten Gott EI Kronos) bejonders 
den Sonnengott Baal, der als Stadtgott von Tyros 
Mellart heißt. Als der die Erde unmmvandernde, 
die feindjeligen Gewalten bezwingende Gott wird 
er Derafles genannt. Am Ende der Erde hat er 
als Markitein jeiner Wanderung die beiden großen 
Säulen errichtet und aus dem fernen Weften die 
Apfel der Heiperiden, das Zeichen des neuerwachten 
Lebens, gebradıt. Er ijt der Schirmherr der See: 
fahrten und der Kolonien im Weiten. An der 
Spige der jieben Kabeiren (ſ. d.) ftand der Heilgott 
Esmun (d. h. der Achte), der farthagische Aillepios. 
Ferner wurden angebetet eine gute (bona coelestis) 
und eine böje (inferna coelestis) Himmelsgöttin, 
oder das Schweiternpaar Anna (d. h. die Anmutige, 
die heitere Liebesgöttin) und Dido (d. h. die 
Scyweifende, der wandernde Mond), die ftrenge 
Kriegsgöttin auf dem Löwen, den Speer in der 
Hand. Auch die Quellen und Flüſſe galten als 
heilig. Menſchenopfer waren nicht jelten, beim 
Beginn eines Feldzugs, zum Dank für einen Sieg, 
namentlich aber zur Beſchwörung einer Gefahr; 
das Liebſte mußte dann als Löſegeld der zürnenden 
Gottheit dargebracht werden, der erjtgeborene, der 
einzige Sohn. Hat. 7, 1665. Diod, Sie. 13, 86. 
20, 14. 65. Just. 18, 6. 19, 1. Verg. Aen. 1, 742. 
— Die Verfaſſung war eine SHerrichaft der 
Reichen und durd ihre Thaten MAusgezeichneten, 
aljo ariftofratiih. Den Staat leiteten 2 Suffeten 
oder Richter (Liv. 28, 37; reges, Nep. Hann. 7), 
welche wenigftens anfangs wohl nur ein Jahr ihr 
Amt befleideten, den Borfig im Senate hatten 
und auch bisweilen die Deere anführten. Der 
Senat ernannte die Feldherren, ipäter auch das 
Bolt, wie die Beiſpiele aus der Familie der Bar: 
fiden zeigen. Derjelbe bejtand aus dem größeren 
oder weiteren und dem Heineren oder engeren Senate. 
Ihm lag die Pflicht ob, über die Verfaſſung zu 
wachen. Aus ihm wurden die Hundertmänner als 
bejondere Kommiſſionen gewählt, die ſich jpäter 
übergroße Gewalt anmahten. Das Volk gelangte 
erſt \päter zu größeren Rechten, 3. B. die Beamten 
zu beftätigen, zu emticheiden, wo die höchiten Ge: 
walten im Staate ſich nicht einigen Fonnten; ur: 
iprünglich galt es wenig, wie es in einem arijto- 
fratiichen Staate auch nicht anders zu erwarten 
war — Die Landmacht Karthagos beftand zum 
geringiten Teile aus gebornen Karthagern, welche 
den Kern des Heeres bildeten, und aus denen in 
der Regel die feldherren genommen wurden. Sie 
bildeten eine heilige Schar. Plut. Timol. 27. Pol. 
15, 13. Numidier machten die vortreffliche Reiterei 


aus, Dazu famen Libyer als fchwerbewaffnetes 
Fußvolt, dann zahlreiche Söldner aus Hiipanien 
(befonders in Hannibals Heeren), Ligurien, Sar: 
dinien, Gallien, baleariihe Schleuderer und aud) 
wohl Griechen (4000 Mann im Heere Hannibals 
bei Zama). Da Karthago ein reicher Handelsftaat 
war, jo beſaß es die Mittel, zahlreiche Söldner 
zu werben, ohne das Blut jeiner Bürger zu ver: 
geuden. Der Gebrauch von Elefanten war in ihren 
Seeren jehr verbreitet. — Die Seemadt war 
ausgezeichnet. Der Kriegshafen Kothon konnte über 
200 Kriegsichiffe fallen, große Vorräte waren ſtets 
bereit, wenn eine Flotte ausgerüftet werden follte. 
Ihre Schiffe zeichneten ſich aus durd Schnelligkeit 
im Rudern. Zur Zeit der punifchen Kriege hatten 
fie Flotten von mehr als 300 Schiffen. Als 
Handelsvolf waren natürlich die Karthager mit 
dem Seeweſen wohl befannt; ihre Jugend wuchs 
gleichſam auf dem Meere auf. App. 8, 9ff. — 
Die Unterhaltung der Kriegsmacht betritt Kar— 
thago aus den reichen Abgaben der unterworfenen 
Länder; die Tribute der Libyer, die Bölle der 
Seeftädte, die Einkünfte aus den Bergwerken, der 
Ertrag von Ländereien bildeten die Hauptquelle 
ihrer Einnahmen. Dieje ware bisweilen jehr be: 
deutend und reichten doc; nicht immer für das 
Bedürfnis aus, daher den Unterthanen, welche die 
Hauptitadt faft erhalten mußten, neue Laften bis 
zur äußerjten Härte aufgebürdet wurden. Karthago 
jelbft wurde reich durch einen nach allen Gegenden 
hin verbreiteten Handel. Mittelpunfte des Handels 
waren außer Afrifa noch Hiſpanien und Sicilien; 
außerdem handelten fie nach Gallien, Sardinien, 
Ligurien, jelbft nadı Britannien und den Inſeln 
an der afrikanischen Weftfüfte, was ihre Seefahrten 
und Entdefungsreifen beweijen. Zu Lande zogen 
Karawanen tier nad Afrika hinein. Sflaven, Elfen: 
bein, Gold aus dem Innern Afrikas, Silber aus 
Hilpanien, Wachs aus Ktorjifa, baummwollene Zeuge 
aus Melita oder Malta, Wein von den Balearen, 

I und Wein aus Sicilien waren, um nur einige 
zu nennen, Segenftände eines lebhaften Handels: 
verfchrs. ie Karthager ericheinen als ein 
wenig zugängliches und verichloffenes Wolf und 
nicht frei von Miftrauen, ganz in der Weile der 
ftammverwandten Phoinifer, dabei geneigt zu 
Grauſamkeit und Härte. — Troß ihrer Neigung 
zum Handel und Gewinn fand fid) doc; auch eine 
Yitteratur bei ihnen, weldye wir indes nur aus 
jpärlichen Notizen bei griechiichen und römischen 
Schriftſtellern kennen. Hannos Periplus erijtiert 
nur noch in einer griechiſchen Überſetzung; die 
Dandelsverträge mit Rom desgleichen bei Poly— 
bios; Mago jchrieb ein Werk über Aderbau, wo: 
von nur wenige Bruchitüde vorhanden find, alles 
andere iſt verloren gegangen. Außerdem haben 
wir noch im Pönulus des Plautus einige Reſte 
der punischen Sprache, jowie viele erft neuerdings 
entdedte Inſchriſften. Was wir von Karthagos 
Geſchichte und AZuftänden willen, verdanken wir 
Griechen und Römern. Bal. Bötticher, Gejchichte 
der Narthager (1827), Münter, Neligion der 
Karthager (1821). Mommſen, römijche Geichichte, 
Bd. I, 3. Buch, 1. Rap. Hauptwerk: O. Melber, 
Geichichte der Karthager (1. Bd. 1879). — Als 
ihre wichtigfte Rolonie und ihr Hauptwaffenplatz 
in Hiſpanien ericheint Neufarthbago, Car- 
thago nova, 7 via Kaoyndar, 7 Ev "Ißnera 


Kassander. 


Kaoyndor, Stadt im tarraconenfischen Hifpanien 
unmeit der Grenze von Bätica am Mittelmeer, 
j. Gartajena, erbaut vom SNarthager Haſdrubal 
227 dv. C. 210 von den Römern unter Scipio 
durch Hunger genommen und folonifiert. Sowohl 
die fejte Yage als auch der gute Hafen, der Handel 
und die benachbarten Silber: und Zinngruben, die 
zu Zeiten einen jährlichen Ertrag von 2500 Ta- 
lenten gegeben haben follen, verliehen der Stadt 
große Bedeutung. Hier refidierte (neben Tarraco) 
der römiſche Brätor für Hijpania Tarraconenfis. 
Strab. 3, 158. Liv. 26, 42 ff. 28, 17. 

Karyai, Kaovaı, 1) wichtige, urjprünglich zu 
Arfadien gehörige Grenzftadt Yafoniens mit einem 
berühmten Tempel der Artemis und der Nymphen, 
in dem die lakoniſchen Jungfrauen jährlich eigen: 
tümliche Tänze aufführten. Es war 369 v. C. 
von den Spartanern abgefallen und wurde 367 
bon Archidamos wieder erobert und hart gezüdhtigt. 
Thue. 5, 55. Xen. Hell. 6, 5, 25. 27. 7, 1, 28. 
Paus. 4, 16, 9. — 2) Ort Arfadiens im Gebiete 
von Pheneos. Paus. 8, 13, 6. 14, 1. 

Karyanda, Kaovarda, Inſelſtadt Kariens mit 
gegenüberliegendem Hafen auf dem Feftlande, Ge: 
burtsort de3 Geographen Skylar. Hdt. 4, 44. 
Strab. 14, 658. 

Karyatiden j. Kanephoren. 

Karystos, Kdevoros, Stadt an der Südſpitze 
der Inſel Euboia, unterhalb des Berges Odha, 
ihon von Homer (Il. 2, 539) erwähnt; j. Karyſtos. 
Die Stadt wurde 490 v. E. von den Perjern zur 
Unterwerfung genötigt und ftand ihnen aud) in 
der Schlacht bei Salamis bei. 467 wurde fie von 
Athen befriegt. Nachher ift fie als Handelsplatz be: 
deutend geworden. In der Nähe wurde ein weißer, 
mit grünlichen Streifen durchzogener Marmor 
(Carystium m.), der in der Kaijerzeit viel ver: 
wendet wurde, gefunden. Adt. 6, 99. 8, 66. 112 
u. d. Thuc. 1, 98. Plin. 4, 64. 

Kassander, Kaocoavrögos, Cassander, ältefter 
Sohn des Antipater, ein Mann von ungeftümem, 
auffahrendem Charakter und rüdjichtslofem Ehrgeiz, 
wurde um 355 dv. E. geboren und blieb, als Ale: 
rander den Zug nach Perfien antrat, bei jeinem 
Bater in Makedonien. Erſt im Jahre 323 finden 
wir ihn in Babylon, zur Verteidigung jeines Vaters, 
der bei Alerander verleumdet war, dahin gefandt. 
Daß er damals voreilig über die perfiiche Sitte 
der moogrurnoıg lachte, verlegte den König. Plut. 
Alex. 74. Nach dem Tode desjelben wurde er im 
Jahre 321 Chiliarch des Antigonos, verfeindete 
jich aber bald mit ihm und fehrte nach Makedonien 
zurüd. Als fein fterbender Bater nicht ihm, ſondern 
dem greifen Polyiperchon das Amt des Reichsver: 
wejers übertrug (319), beichlof er dieſe höchfte 
Stelle im Reiche mit Gewalt an fich zu bringen. 
Diod. Sie. 18, 48. 55. Er floh nach Aſien, ver: 
einigte fi mit Antigonos und ſchloß ein Bünd— 
nis mit Ptolemaios. Diod. Sie. 18, 49. 54. Mit 
Truppenmacht erichien er in Griechenland, die 
meisten griechiichen Staaten fielen von Bolniverdon 
ab und meigten fich auf jeine Seite, jelbft die 
Athener wurden feine Bundesgenofjen. Diod. Sie. 
18,68 ff. Nach folchen Erfolgen ernannte ihn Eury— 
dife, im Namen ihres Gatten Philipp Arrhidaios, 
zum Neichsverwejer. Just. 14, 5. Doc; Polyiperchon 
gewann im Jahre 317 im Bunde mit der Olym— 
pias gegen Eurydile und ihren Gemahl die Ober: 


Kassandra — 


and, und leßterer wurde durch Olympias getötet, 
urpdife zum Gelbitmord genötigt. Diod. Sie. 
19, 11. Just.a.a.D. Da eridien Kaſſ. plößlich 
aus Griechenland, gewann die Soldaten des Poly: 
iperhon, nahm Dlympias, Aleranders Gemahlin 
Norane nebit ihrem Heinen Sohne Mlerander und 
Aleranders des Gr. Schweiter, Theſſalonike, ges 
fangen, tief die erfte hinrichten, die beiden andern 
einterfern und heiratete die Thefjalonife (316). 
Diod. Sie. 19, 35—52. Darauf ging er wieder 
nad Griechenland, wo er Theben aufbaute, fehrte 
dann nach Makedonien zurück und jchlof ſich dem 
Bunde mehrerer Feldherren gegen Antigonos an. 
Nach Wiederheritellung des Friedens im Ja e 311 
als Strateg über Europa anerkannt, lieh Kaſſ., 
ftatt für den Sohn der Roxane Makedonien zu 
verwalten, dieſen nebft jeiner Mutter ermorden. 
Diod. Sie. 19, 105. Den einzigen nun noch leben: 
den Sohn Alexanders, den Herafles, ließ Poly: 
ſperchon anfangs bejchügen, dann aber, von Kaſſ. 
beftochen, umbringen (309). Diod. Sie. 20, 28. 
So war Kaſſ. wieder ficherer im Befige Mafedoniens, 
und die bald wieder ausgeglichenen Zwiftigfeiten 
mit PBtolemaios von Ägypten brachten ihm feine 
Sefahr. Diod. Sie. 20, 37. Den Königstitel ver: 
mied er num zwar, lieh ihn aber fich gern von 
andern beilegen. Plut. Demetr. 18. In den 
Jahren 306 bis 304 fuchte Kaſſ. ſich wieder in 
den Befi von Griechenland zu ſetzen, fand aber 
einen tüchtigen Gegner an Demetrios, deſſen Bater 
den um Frieden bittenden Kaſſ. zur Unterwerfung 
aufforderte. Diod. Sie. 20, 106. Daher verband 
ſich Kaff. mit Lyſimachos, Ptolemaios und Selen: 
fos gegen Antigonos, welcher im Jahre 301 in 
der Schladht bei Ipſos in Phrygien befiegt und 
getötet wurde. Kaff. ficherte bei der Teilung der 
Brovinzen des Antigonos feinem Bruder Plei— 
ſtarchos Kilifien und begnfgte fich jelbft, wie es 
jcheint, mit Makedonien, welches er bis an feinen 
Tod im Jahre 297 behielt. Diod. Sic. 20, 112. 
21, 1,4. Plut. Demetr. 31. 

Kassandra, Kasodröge, auch Alerandra 
genannt, die jchönfte von des Priamos Töchtern 
(Hom. Il. 13, 365), welche nach der Berftörun 
Troja dem Agamemnon als Beute zufiel um 
in Myfenai, während Aigifthos den Agamemnon 
erichlug, von Klytaimneſtra getötet ward. Hom. 
Od. 11, 421 ff. (. Agamemnon). Bon Apollon 
erhielt jie die Gabe der Weisfagung gegen das 
Berjprechen, jeine Liebe zu erwidern; da fie aber 
nicht Wort — ſtrafte ſie der Gott durch das 
unglückliche Los, daß niemand ihren Weisſagungen 
glaubte. Als ſie daher den Troern bei der An— 
funft der Helena und jpäter während des Krieges 
ihr Unglüd verfündete, ward fie von allen als 
eine Rajende verlaht und mißhandelt. (Homer 
weiß von der Weisjagungsgabe der K. nichts.) 
Während des Krieges warben um fie Othryoneus 
aus Kabeſos (Hom. 11. 13, 363) und Koroibos, 
ber Sohn des Mygdon (Verg. A. 2, 341), indem 
fie dem Priamos Hülfe brachten; aber beide fan— 
den im Kampfe den Tod. Ber der Eroberung 
der Stadt hatte fich Kafjandra in den Tempel der 
Athene ——— wurde aber durch Aias, des 
Oileus Sohn, von dem Götterbilde weggeſchleppt 


und gemißhandelt. Dem Aias entriß Agamemnon 3 


die Beute (j. Aias, 1.) Eine Bildſäule der 
Kaſſandra jtand zu Amyflai; zu Leuktra in Latos 


621 


nien hatte jie Tempel und Bildjäule; ihr Grab 
war zu Myfenai oder zu Ampflat. 

Kassiopeia, Kassiepeia, Kassıörsıc, Kas- 
oıereıa, Kassen, Gemahlin des Kepheus in 
Aithiopien, Mutter der Andromeda (j. d.). Nach 
ihr war ein Sternbild in der Milchſtraße benannt, 
j. Sternbilder, 6. 

Kaooıregides, scil. vjjoor, d. h. Zinninjeln, 
urjprünglich alfe britiichen Inſeln, von wo bie 
—— Zinn und Blei holten, dann eine ein— 
zelne Jnfelaruppe, vermutlich die heutigen Seilly— 
oder Sorlingiichen Inſeln. Hdt. 3, 115. Strab, 
2, 120. 3, 175. Mela 3, 6, 2. 

Keoowreioı, eine theiprotiihe Bölferjchaft 
in Epeiros mit den 4 Städten Elatreia, PBandofia, 
Bitia und Buchetion. Erft nad) Philipp von Ma- 
fedonien, der 3 derielben für den Molojjertönig 
Alerander unterwarf, jcheint eine Stadt Kascn- 
la oder Kasoamn entjtanden zu jein. Diod. Sie. 
19, 88. Strab. 7, 324. 

Kastalia, Kaorarla, eine den Muſen und dem 
Apollon heilige Duelle am Parnaſſos, am Fuße 
des Hhampeiafeliens hervorjprudelnd, deren Wafler 
von den pythiſchen Pilgern zur Reinigung und 
Sühnung vor dem Betreten des Tempels in Del: 
phot benußt wurde (j. Phokis). Der dichterifche 
Glaube an die begeifternde Kraft ihres Waſſers 
ſtammt erjt aus römischer Zeit. 

Kasten in Griechenland. Wenngleich ein vor: 
geichichtliches Kaftenverhältnis in Griechenland von 
vielen Forjchern aus dem Grunde in Abrede ge- 
jtellt wird, weil der griechiſche Nationalcharakter 
entichieden einer ſolchen —— Sonderun 
nach dem Lebensberufe widerſpreche, ſo iſt doc 
u bemerken, daß manche Erjcheinungen noch der 
Hiftoriichen Zeit auf ein nraltes Verhältnis der 
angedenteten Art hinweijen. Sicher gehört die 
Vererbung gewifler Künfte und BVBerrichtungen in 
bejtimmten Sejchledhtern. Die Homeriden in Chios, 
die Aſtlepiaden in Kos, die Daidaliden in Athen, 
die Talthybiaden in Lakedaimon haben alle diejen 

enealogiichen Charakter. Es ijt aber ein ſolches 
—* ließen aus —— Zuſtänden auf my— 
Hilde Urzuftände bedenflih und entbehrt, wenn 
die Überficht der geſchichtlichen Entwidelung voll 
fommen fehlt, jeder thatjächlichen Grundlage. 

Kastor, Kdoroe, 1) j. Dioskuren. — 2) aus 
Rhodos, Schwiegerfohn des Tetrarchen Dejo- 
tarus von Salatien und von diejem getötet, Rhetor 
und Hiftorifer, jchrieb u. a. Agorıxd in 6 BB,, 
die bis 61 v. E. gingen und von Varro, Diodor, 
Joſephos u. a. benuht Tind. Bol. E. Müller, Ctesiae 
et chronographorum fragmenta (hinter der 
Didotichen Ausg. des Herodot), p. 153 ff. 

Katabathmos, Karaßadtuög, ein don dem Ge: 
birge in Marmarife nad) der Küſte zu gebildetes 
Thal (ij. ee und ein Küftenort gl. N., bildete 
die Grenze zwischen Ägypten und Kyrenaife. Strab. 
17, 791 u. d. Sall. Jug. 17.19. Weiter öftlih von 
diefem großen Katabathmos befindet ſich bei Ba- 
raitonion der kleine Katabathmos. 

Karaßavzarnjosız |. Bavxalyjuare. 

Kareßinuare, erg Se Tapeten oder 
Soffiten anf der griechiichen Bühne, welche den 
Schnürboden mit jeinen Mafchinen den Augen der 
ujchauer entzogen. — Auf den Schiffen nannte 
man jo die über das Oberdeck gezogene Dede, 
welche die Sonnenstrahlen abhalten jollte u. dgl. 


Keraßkıjuare. 


622 Karayayıa 
Karayoyıa (nuraktasıg, muardoreia). Ob: 
wohl Fremde gewöhnlich bei einem Gaftfreunde 
einfehrten, gab es doch, beionders an vielbejuchten 
Drten, wie Olympia u. a., Häuſer, die den Frem— 
den Obdach gewährten. Ein joldhes xarayayıor 
von großer Ausdehnung errichteten die Thebaner 
auf der Stätte des verwüfteten Plataiai bei dem 
Heraion, bejonders für die zum Daidaleenfeite zu: 
jammenftrömenden Fremden. Thuc. 3, 68. 

Kaerazindieat, narcaınro kuxinoicı j. ’Ex- 
vıncie. 

Kardkoyog, ia naralöyov orgareusım. In 

der gemäßigten Demokratie, die eine Abftufung 
der Teilnahme an der Staatsgewalt nach der Be- 
güterung feſtſetzte (Timofratie), war auch der regel: 
mäßige Kriegsdienit von dem Bermögen abhängig 
gemacht. Died wird bezeichnet durch Lu »are- 
Löyov orgarstsche: (aardloyog das Verzeichnis 
der Kriegsmannſchaft). Xen. Mem.3,4,1. Die 
Armeren, in Athen nach der jolonischen Verfaſſung 
die zur vierten Klaſſe Gehörigen, die Theten, dien: 
ten nur im alle der Not als Leichtbewaifnete. 
" Kerdivoıg rod Örjuov, in Athen Umfturz der 
Verfafjung zu Gunften einer andern Stantölorm. 
Auch der Verfuch des Verbrechens wurde, wie der 
verfuchte Hochverrat (meodocde), gerichtlich auf dem 
Wege der Eisangelie (die meodosi« auch durd) 
eine yoxpr) verfolgt und jo beftraft, als ob das 
Verbrechen ausgeführt wäre, der Hochverrat ftets 
mit dem Tode, das Verbrechen der zer. r. d. und 
der ruearris ſchätzbar, gewiß meift mit dem Tode 
bejtraft, da ja der diejes Verbrechens Schuldige 
von jedermann ungeftraft getötet werden durfte. 
Forum: die Thejmotheten. Wo der Areopag mit 
Hocjverratsfällen zu thun hatte, hat er gewiß in 
bejonderem Auftrage gehandelt. 

Katäne j. Catana. 

Kataonia j. Kappadokia. 

Karasradıs, das Handgeld, welches die athe- 
niſchen Neiter, außer ihrem Solde, zu ihrer Aus: 
rüftung empfingen. 

Kasaguoi |. Lustratio. 

Kadtooe. eathedra, 1) ein gepoliterter Stuhl 
mit Armlehnen zum Gebrauch der römijchen 
Frauen, auch zum Tragen eingerichtet wie eine 
lectica (Hor. sat. 1, 10, 91). — 2) jpäter der 
Lehrjtuhl der Rhetoren und Bhilojophen. Jur. 
7, 203. 

Katrens Kreteus), Kargsvs, Sohn des Minos 
und der Pafiphad (oder Krete), Vater des Althai: 
meines, der Aerope, Klymene und Apemoſyne. Seine 
Töchter Aerope und Klymene übergab er dem Nau— 
plios mit dem Auftrag, fie in fremde Länder zu 
verfaufen. Die eine von ihnen, Mörope, ehelichte 
Pleiſthenes, und fie gebar ihm oder dem Atreus 
den Agamemmon (j. d.) und den Wienelaos; Kly— 
mene heiratete den Nauplios und gebar ihm den 
Diar und Palamedes. Althaimenes floh mit feiner 
Schweſter Apemoſyne nach Rhodos, weil er nach 
einem Drafel befürchtete, er möchte feinen Vater 
erichlagen. Seine von Hermes geihwächte Schweiter | 1 
tötete er durch einen Auftritt, und als Katreus 
ſpäter hochbetagt nach Rhodos fam, um ihm die 
Herrichaft zu übergeben, wurde er unerlannt von 
dem Sohne erichlagen. Apollod. 3, 1,2. 2,1, 2, 
Diod. Sie. 5, 59. 

Kaukäsos, ö Katxeoog, Caucasii montes, 1) das 
noch jetzt denſelben Namen führende Gebirge 


— Kebes. 


zwiichen dem Pontos Eureinos und dem Kajpi- 
Fe Meere, auch Karx. Zrvınog genannt. Nur 
2 Päſſe führten hindurch, öftlich die j. g. Alba— 
nijhen oder Kaſpiſchen Pforten (Albaniae 
portae, j. d.), bei dem h. Derbent, und in der 
Mitte die Sarmatiichen oder Kautafiihen 
Pforten (j. Darial), während der nordweſtliche 
Gebirgszug, die |. g. Korariihen Berge, ganz 
fteil gegen den Pontos abfällt. Den Alten er: 
ſchien dieſe Gebirgsmaſſe als das Ende der Welt; 
die (allerdings bis zu 5600 hohen) Gipfel follten 
bis zu den Sternen reichen, Prometheus war an 
den Felſen fejtgeichmiedet. Erjt jeit den Kriegen 
des Pompejus mit Mithridates lernte man dieje 
Gegenden etwas befjer feımen. Strab. 11, 497. — 
2) der indijche Kauf., Caucasus Indicus, Kav- 
»acos "Iwdinög, j. Hindu Kuſch — Parapaniſos ſJ. 
Parapanisos. 

Kaukönes, Kavxzwves, werden von Homer (IT. 
10, 429) neben den Lelegern und Belajgern unter 
den Bundesgenofjen der Troer genannt, während 
fie im Sciffstatalog fehlen, wenn fie nicht viel- 
leicht unter den Paphlagonen mit begriffen find. 
Auch in Griechenland Enden ſich Kaufonen, die 
nad) Strabon (8, 345) arkadiſchen Urjprungs waren 
und fih in 2 Stämmen in Triphylien und im 
hohlen Elis am Alpheios niederließen, von wo jie 
bis nad) Achaia rüdten. Aus Triphylien wurden 
fie von den Minyern vertrieben. Hom. Od. 3, 366. 
Hat. 4, 148. 

Kaunos, Kaöros, Stadt im jüdöftlichen Karien, 
oberhalb der Mündung des jchiffbaren Kalbis, mit 
Eitadelle, Kriegshafen und Meede, in ungejunder 
Gegend, mit der Afropole Jmbros (bei j. Dalian). 
Die Stadt trieb bejonders Handel mit getrodneten 
Feigen, nach ihr Caunene genannt, und war Ge— 
burtsort des Malers Protogenes. Thuc. 1, 116. 
Strab. 14, 651. Die Bewohner unterichieden ſich 
nad Hdt. 1, 172 in Sitte und Kultus von den 
übrigen Karern. 

Kaystros, Kdisrgog oder Kavargıos, Fluß 
Kleinafiens (j. türtiich Kütichüt Menderes, d. h. 
der Heine Maiandros), entipringt auf dem Tmolos- 
gebirge, durchſtrömt Lydien und Jonien, nament- 
lich die fruchtbare Ebene zwiichen dem Tmolos 
und Meflogis — Kaargov medior genannt, Arr. 
5, 6,4 — umd mündet bei Ephejos. Am oberen 
Laufe hieß die Ebene die Kilbianiſche, uud bier 
mag auch die Aſiſche Wieje des Homer (Il. 2, 461) 
zu ſuchen fein, da noch jeßt dort zahlreiche Scharen 
von un ſich niederlaffen. Strab. 13, 620 f. 
626 F. 

Keadas, richtiger vielleicht Kauidas, Schlucht 
des Tahgetos, wejtlid von Sparta, 600° in jent- 
rechter Tiefe, in welche Verbrecher, 3. B. Ariſto— 
menes, und jpäter noch die Yeichen von Ber: 
brechern hinabgejtürgt wurden. Z’huc. 1,134. Paus. 
4, 18, 5. 

Kebes, Keßns, aus Theben, Schüler des 
— —— und Zeuge ſeines Todes (Xen. Mem. 

‚48. 3, 10, 17. Plat. Phaedon), Berfafjer von 
3 Shiloophifegen Geſprächen: Tlivaf, 'EBösun, 
Porriyog, wovon wir nur noch das erite haben.. 
Dieje Schrift, /Iivaf, Tabula, Gemälde, jegt ver- 
geſſen, früher ein vielgelejenes Schulbuch, ent: 
hält ein allegoriiches Gemälde des menſchlichen 
Lebens und des Zuſtandes der menichlichen Seele 
vor der Bereinigung mit dem Körper, betradhtet 


Kebriones — Kentauren. 


von Jünglingen, erflärt von einem reife; die 
Tendenz tft, zu zeigen, daß nur Geiftesbildung 
und Bewußtjein der Tugend zur Glückſeligkeit 
führen Die Echtheit der in ſokratiſchem Geijte 
abgefahten Schrift ift zweifelhaft; wahrjcheinlich 
ist jie einem gleichnamigen Stoifer des 1. nachchrifts 
lihen Jahrhunderts aus Kyzikos beizulegen. — 
Ausgg. von Salmafius (1640), J. Gronov (1689), 
J. Schweighäuier (1806), A. Korais (1826), Dro- 
jihn (1871) und Kraus (1882). 

Kebriönes j. Priamos, 

Kekrops, KArxgoy, ein attijcher Autochthon 
oder Ureingeborner, ein Sohn der Erde, weshalb 
man ihn fich nach unten in einen Drachen aus: 
laufend dachte. Er gründete angeblich Athen und 
baute die Alropolis, die nad) ihm Kefropia ge: 
nannt ward; auch erhielt das Yand, das bisher 
Alkte geheißen hatte, von ihm den Namen Ktefropia. 
Kt. teilte die Einwohner in 12 Gemeinden und 
führte die erjte Kultur ein, namentlich aud) den 
Dienft des Zeus und der Athene. Unter jeiner 
Herrichaft ftritten Athene und Bojeidon um das 
Yand; Poſeidon ftieh mit dem Preizad auf der 
Afropolis Meerwafler hervor, Athene aber pflanzte 
den für das Yand jo wichtigen Olbaum und er: 
hielt deswegen den Bejig des Landes. Mit jeiner 
Gemahlin Agraulos erzeugte K. den Eryſi— 
chthon (Erdaufreißer, Pflüger), die Agraulos, 
Herje und Pandrojos. Die Töchter des K. 
waren urjprünglih Wejen göttlicher Natur, die 
mit dem Dienjte der Athene zujammenhingen. 
Pandrojos und Herje (Erje, Errhe) waren Tau: 
göttinnen; leßterer wurde das Feſt der Arrhepho: 
rien (j. d.) oder Errhephorien gefeiert, jene hatte 
ein eigenes Heiligtum, PBandrojeion, auf der Burg 
neben dem Tempel der Athene Polias und wurde 
mit den Horen Thallo und Karpo und mit Helios 
angerufen, verderbliche Dürre vom Lande abzlı: 
halten. In dem Bandrojeion jtand der heilige, 
von Athene geſchaffene Olbaum; dieſes Geſcheni 
der Göttin bedurfte des Schußes der Taugöttin. 
Agraulos (Aglauros) bezeichnete urjprünglich eine 
bejondere Seite der Athene, welche auch den Bei: 
namen Agraulos hatte, nämlich die Beziehung der: 
jelben hr den Segen des Feldbaues. Sie hatte 
im nördlichen Burgjelien ein Heiligtum, wo die 
athenijchen Jünglinge in friegeriicher Rüftung den 
Bürgereid ſchwuren, indem fie die Agraulos, Auxo 
und Hegemone anriefen. Agraulos war die Ge- 
liebte des Ares und gebar ihm die Alkippe; Serie 
wurde geliebt von Hermes und zeugte mit ihm 
den Kephalos; Pandroſos joll mit Hermes den 
Keryr, den Stammovater der eleujiniichen Kerylen, 
erzeugt haben. Athene hatte den 3 Schweitern 
den Erichthonios in einer verſchloſſenen Kifte an- 
vertraut; da aber Agraulos und Herje gegen ihr 
Verbot die Kifte öffneten, wurden fie wahnjinnig 
und ftürzten fich von dem Feljen der Burg hinab. 
Bon Agraulos wird ferner erzählt, fie habe ſich 
während eines Krieges freiwillig zum Opfer dar: 
geboten, und deswegen ſchwuren die attijchen Jüng— 
linge bei ihr, bis zum Tode fich dem Baterlande 
zu weihen. — K. war der Heros eines altpelaigi- 
ichen, über Attila, Boiotien und die Umgegend 
verbreiteten, Stammes; deshalb nahm man ver: 
jchiedene Seroven diejes Namens an, welche pe: 
lajgiiche Städte mit dem Namen Athen gegründet 
hätten, in Boiotien am Kopaifchen See und auf 


623 


Euboia. Erft die jpätere Zeit machte ihm zu 
einem ägyptijchen Einwanderer aus Sais. 

Kekryphälos, Krrovpakog, auch Krngupd- 
Atıe, eine der an der Küſte von Argolis gelegenen 
Inſeln zwijchen Epidauros und Nigina, bei welcher 
458 dv. E. die Athener einen Sieg über die ver: 
einigte Flotte der Korinthier, Epidaurier und 
Migineten gewannen; jegt Angiftri. Thuc. 1,105. 
Diod, Sie. 11, 78, 

Kelainai, Krlcıval, alte blühende Handels: 
ſtadt und Reſidenz in Großphrygien an den Quellen 
des Maiandros, mit einer Burg auf fteiler Höhe 
und einem Barfe Des jüngeren Kyros. Die Mythe 
des Mariyas jpielt hier; die Stadt wurde von 
Antiochos 1. vergrößert und Apameia genannt; j. 
Diner. Hdt. 7, 26. Arr.1,29,1. Xen. An. 1,2,7. 
Strab. 12, 577 ff. 

Kelaino j. Harpyien und Pleiades. 

Kenaion, Krjvaıov, j. Lithada, Halbinjel und 
VBorgebirge des nordweitlichen Euboias, wo Hera— 
les den Lichas ins Meer gejchleudert haben follte 
(. Herakles, 12.). Soph. Irach. 753. 993. 
Strab. 1, 60. 9, 426. 429. Thuc. 3, 93. 

Kenchröai, Keyzosai und Keyyosa, 1) j. 
Kekhriäs, der Haupthafen Korinths am Saroni- 
ihen Meerbujen, 2 Stunden von der Stadt ent- 
fernt, zugleich eine Ortichaft. Z’hue. 8, 20. — 2) Ge- 
birgsfleden in Argolis auf der Strafe nad Tegea 
in der Nähe des Lernaiiichen Sees. Thuc. 5, 83. 
Strab. 8, 376. Aesch. Prom. 676 (Keoyreia). 

Kevoragıo» |. Sepulerum, 5. 

Kentauren, Kirravgoı (abgeleitet von nevreiv 
und redeog, „Stierjäger”, oder aus xFrrogog 
lirrwr], „Reiter, Nenner‘). Die Borjtellung der- 
jelben entjtand vielleicht aus der Sitte eines wil— 
den theffaliichen Volkes, beftändig auf den Pferden 
zu bangen. Bei Homer (JI. 1, 268. 2, 743, wo 
jie Dieses, Onoes heißen, Od. 21, 295 ff.) und in 
der älteren Zeit erjcheinen fie als ein roher, wald- 
und bergbewohnender Stamm in Theflalien, zottig 
und —— voll tieriſcher Begier nach Wein 
und Frauen. Aus dem Pelion zogen ſie ſich, von 
den Lapithen vertrieben, au den Pindos und die 
Grenzen von Epeiros zurück, ein Teil auch in das 
Pholoẽegebirge im Peloponnes, wo Herakles ſie 
befämpft (j. Herakles, 7.). Wahrſcheinlich erſt 
jeit Pindar (um 500 v. E.) begann man ich die 
Kentauren als aus der menschlichen Geftalt und 
der eines Roſſes zufammengejegt zu denken, und 
zwar ftellte fie die ältere Kunſt jo dar, daß jich 
an die volle Gejtalt eines Mannes Hinten der 
Leib eines Roſſes anſchloß; die jpätere, vollfom: 
mene Kunſt jegte im künstlicher Verbindung auf 
Leib und Bruft eines Roſſes den Oberleib eines 
Mannes. Nach gewöhnlicher Sage ftammen dieje 
doppelgeftaltigen Kentauren von rion und einem 
von Zeus der Hera ähnlich geformten Wolfen: 
gebilde, Nephele. Bejonders berühmt und von der 
Kunft oft dargeftellt (4. B. von Pheidias in den 
Metopen des ——— von Allamenes im Weſt— 
giebel des Zeustempels zu Olympia und auf dem 
Frieſe des Apollontempels zu Bhigaleia, auf einem 
Frieſe des Mauffolleions zu Halikarnaſſos u. ſ. m.) 
war ihr Nampf mit den Yapithen, der ſich auf der 
Hochzeit des Beirithoos (j. d.) entjpann. Or. met. 
12, z Durch ihre Miichgeftalt mit den tie- 
riſchen Satyrn verwandt und wegen ihrer Vor: 
liebe für den Wein wurden fie in das dionyſiſche 


624 


Gefolge hineingezogen; hier aber wird durd) die 
ſanfte Gewalt des Gottes ihre urjprüngliche Ro- 
heit und Wildheit gemildert. Sie jchreiten zahm 
vor dem Wagen des Dionyſos einher, auf dem 
Horn oder der Lyra jpielend, von Eroten gelentt, 
in Berbindung mit Satyrn, Nymphen und Bakchan— 
tinnen. — Der vorzüglichite unter den Wentauren ift 
Cheiron, Solm des Mronos und der Bhilyra, 
ausgezeichnet durd Gerechtigkeit und Weisheit. 
Er hat die natürliche Noheit feines Gejchlechts 
überwunden nnd feine Natur durch Cittlichteit 
und Erkenntnis verflärt. So wurde er der be- 
rühmte Erzieher und Yehrer der berühmteften Hel— 
den des Wltertums, wie des Achilleus (Hom. Il 
11, 831), des Jaſon, Aſtlepios u. a. Er unter: 
richtete fie auf dem Pelion in Mufit und Heil» 
funde, Gymmaftif und Weisfagung. Seine Tochter 
Endeis war Mutter des Peleus und Telamon, 
Großmutter des Achilleus und Nias; eine andere, 
durdy die Gabe der Weisjfagung ausgezeichnete 
Tochter, Ofyrhof, wurde von Zeus in eine Stute 










verwandelt. Or. met. 2, 633 ff. Von dem ihm be: 
freundeten Herakles erhielt er wider defien Willen 
durd einen mit dem Gift der lernaiischen Schlange 
bejtrichenen Pfeil eine unheilbare Wunde (ſ. He- 
rakles, 7.), oder er verwundete fih an einem 
Pfeile des bei ihm eingefehrten Herafles, den er 
aus Unvorſichtigkeit fallen lieh, in den Fuß und 
ftarb, indem er dem Prometheus feine Unfterblich: 
feit überließ. Er wurde von Zeus als Schütze 
unter die Sterne verfeßt. — Die neueren Foricher 
haben wiederholt in den Stentauren eine natur: 
iymbolische Bedeutung gefucht und ihre Roßnatur 
auf Ströme gedeutet und fie ſchließlich als Per— 
fonififationen wilder, von hohen Waldgebirgen 
niederjtrömender Bäche genommen. Allein die 
älteften Kentauren find wilde Bergmenſchen, die 
nad) ſchweren Nämpfen durch berühmte Helden aus 
ihren Wohnfigen vertrieben und unichädlich ge: 
macht wurden. And) ihre Namen führen nicht 
auf Flüſſe hin. — Die beigefügte Abbildung, 
Relief vom Frieſe des Apollontempels zu Baſſai 
bei Phigaleia in Arkadien, ift eine Scene aus 
dem Kampfe der Lapithen mit den Kentauren auf 
der Hochzeit des Peirithoos. 

Keos, Kiog, Kla, Uea, poetifcher Name 


Keos — Kephallenia. 


"Tögoösoe wegen der zahlreichen Quellen und 
Bäche, j. Tzia oder Tichia, Kykladeninſel im 
Myrtoiſchen Meer zwijchen der Südjpige Euboias 
und Kythnos, 3 U IM. groß und an Wein, Honig, 
Südfrücten, Feigen, Pilzen u. f. w. jo fruchtbar, 
daß fie im Altertum 4 Städte enthielt: Julis, 
25 Stadien von der Küſte (j. Tzia und Hauptort 
der Inſel), und Korejiia im NW., Poieeſſa 
(j. Pija) im SW., Karthaia im SD., die zwar 
jede für ſich ein felbftändiges Gemeinweſen bil: 
beten, aber nach außen unter dem Namen Ksioı 
meift als Gefamtheit auftraten, dem attiſchen See: 
bunde angehörten und fich jpäter den Witoliern 
anfchloffen. Bon der eriten und legten find noch 
bedeutende Ruinen vorhanden. Gier waren die 
Dichter Simonides und Balchylides, der Arzt 
Erafiftratos und der Philoſoph Arifton geboren. 
Strab. 10, 486. 

Kephälas (Arpaläg)j.Anthologia graeca. 

Kephallenia, Aryallnv/a, bei Homer mit dem 
orientalifchen Namen Zdun oder Lduog genannt, 


SEIN 
at Fr \ 





EN TE = 
W 


Cephallenia, j. Kefalonia, die größte der Inſeln 
des Joniſchen Meeres im W. Griechenlands (etivas 
über 16 FIM.), nur dur eine Mecrenge von 
Ithaka getrennt, mit hohen Gebirgen, daher waı- 
raiseooe bei Homer, darunter der Ainos (ij. 
Monte nero oder Elatovuno), 1620m hoch, auf 
deſſen &ipfel ein Heustempel ftand. Die Anjel 
war nur zum Teil fruchtbar, daher Livius (38, 18) 
die Bewohner geradezu inops populus nennt. 
Bei Homer heißen die Bewohner ſtets Kephallenen 
(im weiteren Sinne alle Unterthanen des Odyffeus) 
und gehorchen dem Odyſſeus Stros Kegpallıjr, 
Soph. Phil. 791. Kıpallnvor äre£, daſ. 264); in 
hifforifcher Zeit erfcheint die Anfel als eine Tetra: 
polis, d, h. unter 4 Städte geteilt, die politisch 
durchaus voneinander unabhängig und jelbftändig 
waren, daher aber auch nie eine pplitijch bedeu— 
tende Rolle jpielten. Die Namen derjelben waren: 
Samos oder Same im D. (j. Ruinen Samos 
oder St. Bialo) mit 2 Alropolen, Pale im W., 
wohl forinthiiche Kolonie, am heutigen Meerbujen 
von Argoftoli (Ruinen bei Yiruri); Krane oder 
Kodrıoı (Ruinen bei Argoftoli) an der Dftieite 
desjelben Meerbujens; Bronnoi (oder Pronejos) 
an der Oſtküſte; Ithaka gegenüber der wahrjchein- 


Kephalos — Kerkops. 


625 


id zum Gebiete von Samos gehörige Hafen in der Nähe von Lilaia und ergießt ſich im den 
Banormos. Die von C. Antonius, Ciceros Mit- | Nopaisjee; j. Maproneri. 


fonjul, der 59— 55 dv. E. ald Verbannter bier 
lebte, begonnene Stadt Cephalenia blieb unvoll: 
endet. Strab. 10, 451 ff. Monographie von Bieder: 
mann (1887). 





Ker, Ko, die Perjonififation des Todeslojes 
und der bejonderen Todesarten (daher häufig 
Kijess), im Gegenſatz zu Thanatos; dem Tode im 
allgemeinen. Das Wort, zwiſchen Appellativum 


Kephälos, Arpakos, 1) Sohn des Hermes und , und Berjonififation ſchwankend, erjcheint bei Homer 
der Serie, oder Sohn des Deion und der Diomede, | jelten als eigentliche Perjonififation. Die verderb- 


aus Thorikos in Attila, ein jchöner Jäger. 
und jeine Gemahlin Profris, eine Tochter des 
Ereditheus, haben ſich in zärtlicher Liebe ewige 
Treue gelobt; er wird aber von Eos geraubt, als 
er in der Frühe in den Bergen jagt. Um ihn 
für immer von feiner Gemahlin zu trennen, jchict 
ihn Eos in fremder Geſtalt als Bewerber zu ihr, 
und Prokris läßt ſich zum Treubruc gegen ihren 
Gemahl verleiten. Als jich Wephalos zu erkennen 
gibt, flieht fie voll Scham nad) Streta, wo fie mit 
Artemis jagt und von diejer (oder von Minos) 
einen nie fehlenden Jagdſpeer und einen wind: 
ichnellen unentrinnbaren Hund erhält. Damit fehrt 
fie nad) Attila zurüd und gejellt ſich unerkannt 
zu dem jagenden Stephalos. Diejer wünſcht die 
Wunderlanze und den Hund und veripricht Dagegen 
auf ihr Verlangen jeine Liebe. Sie gibt fich zu 
erfennen, und da fich nun beide gleiche Untreue 
vorzuwerfen haben, verzeihen fich beide und feben 
wieder einträchtig zujammen. Da aber Profris 
noch immer von Eiferjucht gegen Eos erfüllt ift, 
folgt jie ihrem Gatten heimlidy in die Berge und 
wird von ihm unverjehens mit dem nie fehlenden 
Speer getötet. Ov. met. 7,694 ff. Hugin. fab. 189. 
Der Areopag verbannte den Kephalos wegen des 
Mordes aus Attila; er begab ſich nad Theben. 
Über den Hund des Kephalos ſ. ferner Amphi- 
tryon. — 2) Vater des Nedners Lyſias, tritt im 
der Politeia Platons auf. 

Kepheus, Angers, 1) Sohn des Belos und 
der Ancinoe, Bruder des Phineus, Gemahl der 
Kaſſiopeia, Bater der Andromeda ſ. d.), König in 
Yithiopien, unter die Sterne verjegt. Hdt. 7, 61. 
Hor. od. 3, 29, 17. — 2) Sohn des Lyfurgos, 
Bruder des Ankaios, aus Arkadien, falydonischer 
Jäger. — 3) Sohn des Aleos und der Neaira, 
Bruder des Amphidamas und Lykurgos, aus Tegea 
in Arladien, Argonaut, Bater von 20 Söhnen. 

Kephisodöros, Änpıoodwgog, 1) aus Anagyrüs, 
Vater des Thraſylochos und Meidias, twelche die 
Bormünder des Demofthenes in ihrer Unredlichleit 
negen denjelben unterftügten. — 2) Schüler des 
Iſokrates, wahrjcheinlich derjelbe, der die Geichichte 
des heiligen Strieges geichrieben hat. — 3) Dichter 
in Athen. 

Kephisodötos, Angısödoros, 1) atheniſcher 
Feldherr, welcher in dem thrafiichen Kriege 359 
v. C. eine Flotte nad dem Sellespont führen 
ſollte. Demofthenes, der damals als Trierard) 
diente, erzählt, wie wenig Erfolg derjelbe gehabt 
hatte. Er wurde deswegen abberufen und vor 
Gericht geftellt. Manche halten ihm für identiich 
mit dem Redner, aber es ift nicht wahricheinlich, 
daß ein abgejegter Feldherr fort und fort als 
Staatsmann in hohem Anjchen bleiben Tonnte. 
— 2) berühmter Bildhauer, j. Bildhauer, 7. 

Kephisos, Angpıoög, 1) Fluß in Argolis, ſich 
in den Inachos ergiehend. — 2) 2 Flüſſe in Attifa 
(ſ. d, 4.) — 3) Fluß in Pholis und Boiotien, 
entjpringt am nördlichen Abhange des Parnafjos 

Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


J 





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| 


Er | lichen, unentrinnbaren Keren toben mit Eris und 


Kydoimos in der Schladyt, mit vom Blute der 
Männer gerötetem Gewande; bald ergreifen jie 
einen, den die Todeswunde jchon getroffen, bald 
einen Unverwundeten, bald wieder ichleppen fie 
einen Toten an den Füßen über das Schlachtfeld. 
Wie lebende Menjchen ftreifen fie umher und 
fümpfen um die Leichname. Mom. Il. 18, 535 ff. 
Ahnlich werden die Keren als furdtbare Todes: 
göttinnen der Schlacht geichildert von Heſiod 
(scut. 249 ff... In der ———— des Heſiod 
‘211 ff.) heißt die Ker Tochter der Nacht, Schweſter 
des Moros, Thanatos, des Hypnos und der 
Träume; die darauf folgende Stelle aber von 
®. 217 an, wo die ftrafenden (vnleomowoı) Neren 
mit den Moiren zujammengejtellt find und eine 
mit den Erinyen verwandte Bedeutung haben, 
it jüngeren Urjprungs. Diejer Nebenbegriff der 
Strafe und Race tritt erjt jpäter, 3. B. bei 
Aiſchylos (Sept. 1055), hervor. Daher heißen auch 
die Erinyen Keren. Überhaupt find die jchred: 
lichen Keren geeignet zur Bezeichnung alles Furcht: 
baren und Bernichtenben: verderblihe Seuchen, 
abzehrende Sorgen, gramvolle Leiden heigen Keren. 
— Das verhafte Todeslos (xrje) ift zwar unver: 
meidlich, aber es kann bisweilen durch den Willen 
der Götter oder durch die Flucht der Menichen 
aufgejchoben werden. Hom. II. 3, 32. 4, 11.12, 402. 
Gewöhnlich verjteht man unter «je eine gewalt: 
jame Todesart, doch bisweilen and einen janjten 
Tod (Hom. Od. 11, 171 ff.). 

Kerameikos j. Attika, 14. 

Kigare |. Attika, 1. 

Keraunia, r& Kegavvır öon, Ceraunii mon- 
tes, 1) ſ. Akrokeraunia; — 2) füdöftlicher 
Zweig des Kaukaſos am mare Caspium, Nord: 
grenze von Albanien. Strab. 11, 501. 504. Mela 
1, 19, 18, 

Kerböros ſ. Unterwelt, 3. 

Kerkidas, Asoxıdäs, aus Megalopolis, wird 
als Geſetzgeber feiner Vaterſtadt gerühmt. Bei 
feiner Vorliebe für die homeriſchen Gejänge machte 
er diejelben der Jugend zugänglid. Er ſchließt 
mit feinen uerraußor, jangbaren Spottgedichten, 
die Neihe der antifen Melifer um DIL. 109-115. 
— Sammlung der jpärlichen Bruchjtüde bei Bergf, 
poet. Iyr. Graec. II p. 513 ff. der 4. Aufl. 

Kerkina, Kfoxıra, auch Kroxıvve, Uercina, 
Inſel vor der Nordküſte Afrilas, an der nörd— 
lichen Seite der Heinen (nad) Plut. Dion 25 der 
großen) Syrte, wie die Inſel Mening oder Girba 
(1. Dicherba) an der Südſeite; mit Stadt gl. N. 
und bequemem Hafen, unter den Kaijern Berbans 
nungsort, durch eine Brüde mit einer Heineren 
Injel Kerkinitis verbunden; j. Kerkena. Strab. 
17, 834. Liv. 22, 31. 33, 48. Tac. ann. 1, 53. 
Plut. Mar. 40. 

Kerköpes j. Herakles, 11. 

Kerkops j. Aigimios. 

40 


626 


Kerkyon 1) j. Theseus, 2. 
medes., 

Kerkjra j. Korkyra. 

Kersobleptes, Krgsoßlizrns, Sohn des thra⸗ 
filchen Odrpienfürften Kotys, ein Schwager des 
Feldherrn Charidemos, fam 358 v. E. zur Re: 
gierung. Den Athenern mußte er den thrafifchen 
Cherſones fast ganz zurüdgeben; im J. 352 wurde 
er von Philipp von Makedonien angegriffen, zum 
zweitenmal 347, und mußte an ihn, troß ber 
athenifchen Hülfe, einen Teil jeines Reiches ab- 
treten und feinen Sohn als Geiſel ftellen. Die 
Schuld dieſes Verluftes trugen wohl die über: 
eilten Triedensverhandlungen Athens durch Demo: 
fthenes mit Philipp. Kerſ. unterwarf fich im J. 
313 dem Philipp gänzlich und verlor jeinen Thron. 
(Dem.) Phil. 4, 133. Aristocr. 623. 656. Diod. 
Sie. 16, 34. 71, 

Kijovs, ber Herold, jchon bei Homer in be: 
fonderem Anjehen jtehend und wegen der Wich— 
tigfeit des Amtes für unverleglich geltend; als 
Vermittler zwiichen verichiedenen Staaten ftand 
er unter dem Schuße des Völlerrechts (vgl. Hat. 
7, 133 ff.). Die Spartaner hatten den Herold des 
Dareios, der jie zur Unterwerfung aufforderte, 
in einen Brunnen geworfen. Nachher fühlten fie 
Gewiſſensbiſſe, und 2 ihrer Bürger erboten ſich 
ur Sühne des Frevels dem Perſerkönige ſich 
Pe zu überliefern A Bulis, 2.). Diejer jchidte 
fie wieder zuräd, ber die Ermordung eines 
Herolds (Plut. Per. 30) entjtand zwiſchen Athen 
und Megara unverjöhnliche Feindſchaft. — Die 
Herolde, immer freie Männer, wurden zu Privat: 
und Öffentlichen Dienften verwandt: fie waren in 
der heroiihen Zeit die Boten der Fürſten, be: 
jorgten die Tafel, jchenften den Wein und bedien- 
ten die Säfte, holten die Sänger, ichirrten den 
Wagen u. ſ. w. Ihre öffentlichen Dienftleiftungen 
bezogen fih auf Berfammlungen, Rechtspflege, 
gottesdienftliche Verrichtungen bei größeren zeiten 
und Opferihmäujen, Krieg und Frieden. Als 
Nusrufer bejtanden fie in Athen, wo nur geringe 
—F ſich zu dem Amte hergaben, eine Art von 

——— oder Dokimaſie, wahrſcheinlich beſonders 
in Bezug auf die Stärfe ihrer Stimme, und wur: 
den auf Staatsfoften gejpeilt. Ahr Stab, von 
Lorbeer: oder Dlivenholz und von 2 Schlangen 
umwunden (schol. Thuc. 1, 53), hieß »nguxeior; 
als Friedensboten trugen fie einen mit wollenen 
Bändern ummundenen Olzweig. Die Römer nann— 
ten den Stab caduceus (latinifiert aus xaegınıor), 
den führer bald caduceator, bald praeco, lega- 
tus oder orator, und unterjchieden jo den Friedens— 
boten von dem Kriegsherold oder fetialis (f. d.). 

Keryx j. Eumolpos und Kekrops. 

Kiros, 1) das von Perjeus (ſ. d.), 
von Herakles (j. d., 8.) getötete Ungeheuer. — 
2) f. Sternbilder, 9. 

Keyx, Kr, Rei) von Train, Freund 
des Herakles ü. erakles, 11.) und deſſen 
Brudersjohn. — 2) Sohn des Heosphoros oder 
Heſperos und der Nymphe Philonis, Bruder des 
in einen Habicht verwandelten Daidalion (Or. met. 
11, 291 f.), Gemahl der Alkyone oder Halkyone, 
einer Tochter des theflaliichen Aiolos und der 
Enarete. Rene und Allyone famen durch ihren 
Stolz zu Falle. Er nannte nämlich ſeine Frau 
Hera, fie ihn Zeus; deswegen verwandelte fie Zeus 


— 2) j. Aga- 


Kerkyon — Kilikia. - 


in Vögel, fie in einen Meereisvogel, ihn im eine 
Seemöve. Nah Dvid (met. 11, 410 ff.) unter: 
nimmt Keyr von Trachis aus eine Fahrt nadı 
dem Mariichen Drafel und fommt auf der See 
um. Geinen Leichnam findet die ihn zärtlich lie: 
bende Gattin am Ufer des Meeres umd wird, 
glei ihm, in einen Eispogel verwandelt. 7 Tage 
lang brütet jie zur Winterszeit auf dem Meere, 
während welcher Zeit ihr Vater, der Winddämon 
Aiolos, alle Rinde ruhen läßt “. Alnvoriösg 
— *2 

Kibyra, KArßve@, 1) 7 utycian, bedeutendſte 
Stadt von Kabalia, das nad) ihr auch Kibyratis 
* um 189 v. C. Reſidenz eines Fürſtentums, 
eit 81 v. C. zu einer Tetrapolis gehörig, be— 
tannt durch ihre Eiſenarbeiten; j. Khorſum. Strab. 
13, 630 f. Liv. 38, 14 f. Tac. ann. 4,13. — 2) n 
ungd, üftenftadt im öftlichen Pamphplien, nahe 
der kilikiſchen Grenze. Strab. 14, 667. Cie. Verr. 
4, 13. ad fam, 13, 21, 1. 

Kikönes, Ädxoveg, thrafiiches Voll am Hebros 
und an der Küſte bis zum Yifjos. Hom. Il. 2,846. 
Od. 9, 39. Hdt. 5, 59. 108. 110. 

Kilikla, Kılırda, Cilicia, das jüdöjtliche Küften- 
land Kleinafiens, das im D. durch das Amanos- 
gebirge von Syrien, im N. durch den Tauros von 
Kappadokien und Lyfaonien, im W. durch denjelben 
von Pamphylien und Pijidien getrennt wird, im 
©. an das Kilikiſche Meer und den Bujen von 
Mos (j. Bujen von Nilenderun) ſtößt. Wie nad) 
D. die Amaniichen Pforten (j. d.), jo vermit- 
telten nach N. die Kilikiſchen Pforten (mulaı 
al Kıklaıaı j. Gülel-Boghas) die Verbindung über 
das Gebirge. Das Land zerfiel in 2 durch den 
Fluß Yamos — Zeile: öſtlich das ebene 
Kilikien, n medıas K., auch 7) Lddlwug K., etwa 
30 M. lang, jehr fruchtbar, an der Küjte heiß und 
ſumpfig; weſtlich das rauhe $t., 7) rocxeic oder 
ögeıwr, K., gegen 20 M. lang, mit ſeinen zahl: 
reichen Buchten und Tannenwäldern für die Ent: 
widelung von Schiffahrt und Seeraub ganz ge: 
eignet. Borgebirge von W. nad) D.: der fteil 
abfallende Berg Kragos, die äußerfte Südſpitze 
Anemurion (j. Namur), Aphrodilias, Sar: 
pedon (j. Liſan⸗el-Kahbe und Zephurion. Flüſſe: 
Kalykadnos (. d.), Lamos (if. o.), Kydnos (j. 
Terſus), Saros (j. Saris oder Seihun), Pyra— 
mos (j. Dſchihan) und Pinaros (j. Deli). Städte 
(die — Kolonien find mit * bezeichnet): 
Korakeſion (j. Mlaja), feites Seeräuberfaftell an 
der Grenze von Pampbylien; Hamaria; Se: 
linüs (j. Selindi), als Sterbeort Trajans auch 
Trajanopolis gen.; Charädros (j. Chaladran); 
*Nagidos; *Kelenderis (j. Kilindria); Se: 
leufeia (j. Seleflte mit großen Ruinen) am Kaly— 
fadnos; Korykos (j. Gorgos), auf einer Yand- 
unge (wo der von den Römern hochgeſchätzte 

rocus wuchs, Plin. 21, 6,17. Hor. sat. 2, 4, 675f.; 
spica Cilissa, Prop. 5, 6, 74. Or. fast. 1, 75), mit 
der Korpliichen Höhle, einer Tropffteingrotte in 
tiefem Felſenthal, dem angeblichen Aufenthalt des 
Erddämons Typhoeus (j.d.); *Soloi (j. Mefetlü), 
ipäter Pompejopolis wegen der Anjiedelung der 
Seeräuber dajelbjt durch Pompejus; Anchiale, 
Hafenftadt, von dem Aſſyrerkönig Sanherib ge: 
gründet; Tarſos (j. Terjus), gleichfalls aſſyriſche 
Kolonie, die Hauptitadt des Landes, mit dem durch 
die Yagunen des Kydnos gebildeten Hafen Rhegma 


Kilix — 


(Poyue), Adäna (j. Adana), die alte Hauptjtadt | 
am Saros; *Mallos an der Mündung des By: 
ramos, an welchen weiter oben Mopſuheſtia lag; 
Aigeai(j. Aas), Iſſos (ij. Erjün). Strab. 12,533 7f. 
14, 668 ff. Xen. An. 1, 2,21ff. Arr. 2,4, 2ff. 
5,2. 7,1. — Über die Nationalität der ur- 
ſprünglichen Kilikes läßt fich nichts Sicheres jagen. 
Die Hüfte, namentlich im ebenen Kil., wurde frühe 
von Semiten (zuerft Syrern, dann Phoinikern, 
ipäter Aſſyrern) bejept, twie dies Städtenamen und 
Sötterfulte beweilen. Nach den affyriichen In— 
ichriften gehörten Ani und Chilaftu (diejes wird 
ihon 859 v. E. dort genannt), d. h. das ebene 
und das rauhe Kil., jeit 712 zum afiyriichen Reiche. 
Dann ftand das Land unter einheimischen Königen 
mit dem Titel Syennefis (= ſchnua-naſi, edler 
Fürft), welche eine Zeitlang auch Kataonien und 
Melitene beherrichten und nur die perfiiche Ober: 
hoheit anerkennen mußten. In der Diadochenzeit 
ein Zankapfel zwiſchen Hgupten und Syrien, ver: 
blieb il. jchließlich dem legteren, bis es 64 v. C., 
nach dem Sieg des Pompejus über die Seeräuber 
(67), römische Provinz wurde. Doch behaupteten 
jih im Oſten noch längere Zeit freie Bergvöller 
(Eisvßegoalkınes), und in Weitfilifien, unter den 
pifidifchen und ijauriichen Stämmen, rührten ſich 
immer wieder Ktorjaren. Hdt. 1,72. 3, 90.7,91.98, 
Tac. ann. 2, 80. 3, 48. 12, 55. 

Kilix, Ads, Sohn des Agenor und der Tele: 
phaffa, Bruder des Kadmos und des Phoinix. 
Wie diefe von dem Water ausgeichidt, die von 
Zeus geraubte Schwefter Europa zu ſuchen, läßt 
er ich in Kilikien nieder, das von ihm den Namen 
erhält. Apollod.3,1,1. Als feine Kinder werden 
Thafos und Thebe genannt. 

Killa, Kölle, Heine atoliidhe Stadt in Troas 
bei Antandros, an einem gleichnamigen Bad) und 
Berg, mit einem Apollontempel, jhon zu Strabons 
Beit in Trümmern. Hom. Il. 1,38. Hadt. 1, 149. 
Strab. 13, 612 f. 

Kimmerier, Kıunzgıoı, 1) bei Homer (Od. 
11, 14 ff.) ein mythiſches Volt, das am Okeanos 
wohnt im äußerſten Weiten, ewig eingehüllt in 
Nebel und Finfternis (daher der Ausdrud tenebrae 
Cimmeriae). Die Wohnung des Scylafgottes ver: 
legen zu ihm Dvid (met. 11, 592 ff.) und Statius 
(Theb. 10, 80 ff.). — 2) ein hiftoriiches Volk, das 
von den Skythen aus jeinen Wohnjigen an der 
Nordtüfte des Pontos Eureinos, bejonders auf 
der Chersonesus Taurica (die eben deshalb j. 
Krim heit), verdrängt wurde, um 700 v. E. ganz 
Ktleinafien überſchwemmte, 678 mit Niarhaddon 
von Ajiyrien zufammenftieß, um 650 nad dem 
Fall des Gyges Sardes eroberte und Magnejia 
zeritörte, aber von Ephejos abgeichlagen und durch 
Ardys von Lydien zurüdgeworfen wurde und dann 
teils unter den Nappadofiern (die darum im Mr: 
menischen Gamir heißen) fi) verlor, teils den 
ſaliſchen Sfythen bei ihrem Einbruch in das aſſy— 
riſche Reich ſich anichloß. Hat. ı, 155. 4, 1. 115, 

Kimölos, Aluwkog, Heine Kylladeninſel nörd— 
lih von Melos. Im Altertume waren ihre ge 
trodneten Feigen berühmt. Den Hauptausfuhr: 
artifel aber bildete die Kınwäda yij, ein Seifenthon, 
weldyer von den Walfern zum Reinigen der Kleider, 
von den Badern zu Bädern und auch als Heilmittel 
benugt wurde. J. Nimolos, ital. Argentiera. Strab. 
10, 484, 


Kimon. 627 

Kimon, Aluwv, 1) Sohn des Stejagoras und 
Bater des Miltiades, wurde durch Peijiitratos aus 
Athen vertrieben, der ihn aber zurüdtehren lich, 
als er nach zweimaligem Siege mit dem Bierge: 
ſpann zu Olympia denfelben beim zweitenmal als 
Sieger ausrufen ließ. Ein dritter Sieg mit den: 
jelben Rofjen veranlafte die Söhne des Peififtra- 
tos, ihn heimlich ermorden zu lafien. Zldt. 6, 108. 
— 2) Enfel des vorigen, Sohn des Miltiades 
und der Hegelipyle, der Tochter des thrafiichen 
Fürſten Dloros, geboren 504 v. C. Da jein Vater 
wegen einer nicht bezahlten Staatsichuld von 50 Ta- 
lenten in Atimie geftorben war, jo vererbte dieje 
nad attiichen Gejegen auf den Sohn (dody ging 
er deshalb wohl nicht ins Gefängnis, wie Nepos 
er: 1] erzählt), bis er durch Vermittelung feiner 
Halbichweiter Elpinike von dem reichen Kallias 
die Summe erhielt. Plut. Cim. 4. Dieje Elpinife 
war auch zugleich Kimons Frau, ein Fall, der 
zwar nicht gegen athenijches Geſetz verftieh, ihm 
aber doch Vorwürfe zuzog. Die PBerferfriege gaben 
dem durch jeine loderen Sitten, jowie durdy feinen 
Mangel an Bildung übelberufenen Kimon Gele: 
enheit, eine bejiere Meinung von ſich zu erweden. 
Der ritterliche Sprößling eines alten Geſchlechts 
weihte der Burggöttin einen Pferdezaum, nahm 
einen von den der Göttin geweihten Schilden und 
jtieg zum Meere hinab, um den Plan des Themi: 
jtofles, die Flotte zu erbauen, zu unterjtüßen. 
Gleichheit der Gefinnung führte ihn mit Arifterdes 
aufammen (Plut. Cim. 4. 5), mit dem er die athe- 
niſche Flotte befehligte, welche nad der Schlacht 
bei Salamis vereinigt blieb; ihm bejonders gelang 
es, den Athenern die Hegemonie zu verichaffen 
und durd Eroberung der Feſte Eion am Strymon 
in Thrafien (470, nad andern ſchon 476) die 
Macht derjelben in jenen Gegenden zu fichern. 
Hdt. 7,107. Thuc. 1, 98. Plut. Cim. 7. Er er: 
oberte ferner (468) die Inſel Skyros, deren Be: 
wohner, die Doloper, Seeraub getrieben hatten, 
und führte von dort die Gebeine des Thejeus 
nad Athen. So hatte Athen am Strymon (Am: 
phipolis wurde jpäter gegründet) und auf einer 
Inſel des Aigaiiſchen Meeres feſten Fuß gefaßt. 
Kt. hatte dadurch ſein Anſehen jo begründet, daß er 
auch im der Staatsverwaltung den erjten Männern 
an die Seite trat und als politifcher Gegner des 
Themiſtokles ſich geltend machte. Hierauf jegelte 
er (wohl im Frühjahr 467) mit einer bedeutenden 
Flotte nach Kleinaſien, nahm viele Städte in Karien 
und Lykien ein und ſchlug endlich (im Herbſt 467) 
in Bamphylien am Fluß Eurymedon die weit 
jtärfere Perjerflotte und an demjelben Tage das 
Yandheer, und darauf eine aus PBhoinifien kom— 
mende Hülfsflotte. Plut. Cim. 125. Thue. 1, 100. 
Sodann vertrieb er mit 4 Trieren die letzten 
Perſer vom Cherjones, womit er den ganzen Yand: 
jtrih in den Beſitz des atheniſchen Volkes brachte. 
Plut. Cim. 14f. Er war es auch, der es durch: 
ſetzte, daß die Bundesgenofjen, welche feine Schiffe 
jtellten, Geld zahlen mußten, wodurd Athens Macht 
bedeutend wuchs. Die Widerfpenftigen, 5. B. die 
Narier und Thafier, wurden mit großer Strenge 
bejtraft. Plut. Cim. 14. Thue. 1, 1005. Aber K., 
welcher nach dem Tode des Arifteides und ber 
Vertreibung des Themiftofles der mächtigfte Mann 
Athens war, entging dem Neide wicht, der ihm 
Bejtechlichkeit jchuld gab und ihn als Gegner der 

40* 


628 


Bolksfreiheit Hinftellte. Diesmal wurde K. noch 
losgejprochen, troß jeines Anklägers Berifles (Plut. 
Cim. 14. Per. 10), da nicht nur jeine kriegeriſchen 
Erfolge und jeine Berdienfte um —— 
der Stadt, ſondern auch ſein leutſeliges Weſen un 

ſeine große Freigebigkeit ihn ſehr beliebt gemacht 
hatten. Plut. Cim. 10. Per.9. Nep. Cim. 3. Allein 
als Perifles in Kes Abwejenheit dur Ephialtes 
dem Areopag jeine Bedeutjamfeit und Macht ge: 
nommen hatte, und ein den Spartanern gegen die 
Heloten von K. zugeführtes Hülfsheer von diejen 
aus Miftrauen zurückgeſchickt wurde (462), erla 

K. und wurde (460) durch den Oſtrakiſmos au 
10 Jahre verbannt. Als indes (458) die Schlacht 
bei Tanagra für Athen verloren ging, wurde er 
zurüdberufen, auf Anraten des Perikles Plut. 
Cim. 17. Per. 10‘, um wegen bes Friedens in 
Sparta zu unterhandeln; doch brachte er erſt im 
Winter 450/49 nur einen fünfjährigen Waffenftill- 
ftand zuftande (Thuc. 1, 112). Leicht gelang es 
ihm darauf, eine Erneuerung des Krieges gegen 
die Perſer zu bewirken, da dieſe Kypros wieder 
zu unterwerfen fich anjcdhidten und die Hleinafia- 
tiichen Griechen bedrohten; Vertreibung der Perſer 
aus den hellenischen Städten war überhaupt a 
jeines politischen Strebens. Mit 200 Schiffen 
jegelte 8. ab (Tue. 1, 112), deren 60 dem Amyhr— 
tatos nach Ägypten zu Hülfe eilten, während die 
andern Kition auf Kypros belagerten. Während 
der Belagerung ri der alte Held, 449. Noch 
auf dem Sterbebette joll Kimon geboten haben, 
feinen Tod dem Heere vorläufig zu verheimlichen. 
Plut. Per. 19. Diejes jchlug bald darauf auf der 
Höhe von Salamis auf Kypros noch die Kilikijch- 
phoinifische Seemacht der Perſer und auf der Ktüjte 
das Landheer. Thuc. 1,112. Diod. Sie. 12, 3f. 
Diejer Sieg ſchloß die Reihe der Kämpfe feit 
Marathon. Kimons Gebeine wurden nach Athen 
gebracht und im kimoniſchen Erbbegräbnis vor 
dem Melitiſchen Thore beigejegt. Plut. Cim. 19. — 
Daß Kimon nad) feinem Stege am Eurymedon 
mit Perfien einen Frieden abgejchloffen hat (Plut. 
Cim. 13. Lyeurg. Leoer. 73), glaubt mit Recht 
jegt niemand nr Noch aber iſt es fraglich, ob 
nach Beendigung der Berjerfriege mit Berfien über: 
haupt ein jörmlicher Vertrag abgeichloffen worden 
ift. Feſtſteht, daß die Athener bald nach der 
fyprijchen Erpedition Gejandte unter Führung des 
Kallias zum Großfönige jchidten, um, wie es 
fcheint, „ein Abkommen über einen Modus vivendi 
abzuſchließen“. Hdt. 7, 151. Diod. Sie. 12, 4. 
Dem. 19, 273. Plut. a. a. O. Nach der älteren, 
bei Iſokrates Paneg. 128. 118) und Ephoros (bei 
Diod. Sie. 12, 26, vgl. auch Lyeurg. Leoer. 72) 
fich findenden Überlieferung über die Bedingungen, 
welche Athen stellte, jollte Spafetis Lytien) ferner: 
hin Grenzpunkt für attijche wie perfiiche Kriegs: 
ichiffe im Often, die Kyaneischen Inſeln (Thrafiicher 
Bosporos) Grenze im Norden der Heinafiatiichen 
Küſte jein. Darnach hätte alfo Athen auf Ein: 
milhung in die ägyptiſchen und fyprifchen Ber: 
hältniffe verzichtet, dafür aber das Fernbleiben der 
perjiichen Flotten vom Gebiete jeines Neichs ver: 
langt. Run aber waren Athens Beziehungen zu 
den Perjern auch nad) dem Jahre 449 ziemlich 
unficherer Natur (z. B. fürchteten die Athener, daß 
eine königliche Flotte den aufftändischen Samiern 
zu Hülfe fommen möchte, anderjeits erjchienen auch 


Kinadon 


'fie mehrmals mit Kriegsflotten im Pontos). 


— Kios. 


Es 
folgt daraus, daß es damals faum zum Abſchluß 
eines förmlichen Bertrags gekommen jein fanıt. 
Wohl aber ijt damals ct ein Waffen: 
ftillftand eingetreten, infolge defien Athener wie 
Berjer es in Zukunft vermieden, fich an den em- 
pfindlichiten Stellen zu yizen und zu verleßen. 
Wenn dennoch ſpätere attijche Nedner oft vom 
Abſchluß eines förmlichen Vertrags reden, jo erflärt 
fid) das daraus, daß man den nad) Himons Tode 
vom Volke Ye und in Stein gehauenen Be: 
ſchluß über die Bedingungen des Bertrags 
ee irrtümlicherweife für die Urfunde des 
ertrags jelbjt gehalten hat. Bgl. Bufolt, grie- 
chiſche Geſch. II ©. 513 ff. M. Dunder, Abhand— 
— aus der griech. Geſchichte, Abh. 5. 
inädon, Kırddor, ein Spartiat, ftiftete in 
Verbindung mit Perioiken und Heloten eine Ber: 
ſchwörung zum Umfturz der Verfaſſung. Diejelbe 
wurde entdedt und die Verſchworenen hingerichtet. 
Xen. Hell. 3, 3, 4 ff. 

Kineas, Kırdas, aus Thefjalien, beredt und 
fug, widmete fih in Athen der Berediamteit, 
diente aber fpäter dem Pyrrhos von Epeiros, dem 
er vergebens den Zug nad) Italien widerriet. Auf 
feinen Rat bot Pyrrhos nad dem erjten Siege 
den Römern Frieden an (Plut. Pyrrh. 18) und 
fandte ihn nadı Rom, wo er durch Geſchenke und 
freundliche Worte die Römer vergeblih zu ge: 
twinnen juchte. Ebenjowenig gelang es ihm durch 
jeine Rede den Senat zu berüden und den Frieden 
durchzujeßen. Plut. Pyrrh. 19. Die Römer wiejen 
feine Forderungen, bejonders im betreff der Frei— 
heit der Italiker und griechiichen Kolonien, zurück 
und verlangten Pyrrhos' Abzug aus Jtalien. So 
berichten einige; andere behaupten, Pyrrhos habe 
nr weitere Bedingungen mit Rom in Freund— 
ichaft treten wollen. Kutr. 2, 12. Kineas jelbit, 
von dem Borrhos zu jagen pflegte, derjelbe gewänne 
mehr Städte durch Worte, als er jelbit durch) 
Waffen, jchilderte dem Pyrrhos den Senat als 
eine Verſammlung von Königen. Plut. Pyrrh. 19. 
Just. 18, 2. Noch einmal ging Kineas jpäter nad) 
Rom, teil$ um römiſche Gefangene zurückzu— 
bringen, teil® um neue Unterhandlungen anzu= 
fnüpfen. Plut. Pyrrh. 21. Er ftarb, wie es jcheint, 
während Pyrrhos den Zug nad Sicilien unter: 
nahm. Er joll auch Schriftfteller geweſen jein. 
Cie. ad fam. 9, 25. 

Kinesias j. Dithyrambos. 

Kinfras, Kırvoas, ein König auf Kypros, 
Liebling des Apollon, Priefter der Aphrodite zu 
Paphos, deffen Nachfommen, die Kinyraden, dies 
Amt behielten. Seine Abftammung wird jehr ver- 
ſchieden angegeben, er heißt Sohn des Apollon 
und der Paphos oder der Smyrna, der Pharnate, 
des Sandafos u. ſ. w. Er foll von Aſſyrien oder 
Kilifien nah Kypros gefommen fein und Paphos 
—— haben. Nach einigen erzeugte er den 

donis mit Kae eigenen Tochter Smyrna (Myrrha) 
und tötete fich, als er jeines Frevels inne ward. 
Pind. pyth.2,15. Tac. hist. 2,3. Op. met.10,298 ff. 
Dem Agamemnon gab er einen Panzer zum Ge- 
ichent. Hom. Il. 11, 20. 

Kios, Klos, j. ®io, türkiſch Gemlit, Stadt Bithy- 
niens an dem nach ihr benannten Meerbuſen, in 
der Nähe des Berges Arganthonios, an den Flüſſen 
Kios und Hylas, mifefifche Kolonie und nicht uns 


Kirke — Klearchos. 


629 


bedeutende Handelsjtadt, erhielt jpäter vom König | &ygog), die Leibeigenen auf den Grundftüden der 


Prufias, der jie mach ihrer Zerſtörung durd) 
Philipp III. von Makedonien wieder aufgebaut 
hatte, den gleihen Namen (Ipovaüg 1) Zmıde- 
Adasıog). Strab. 12,563 f. Hdt.5, 122. Xen. Hell. 
1,4, 7. Liv. 32, 83f. 

Kirke j. Odysseus, 4. 


KirkesTon, Circesium, zuerjt Balıya genannt, 


römijche Grenzfeftung gegen die Parther jeit dem | 8, 


3. Jahrhundert n. E,, lints vom Euphrat, an der 
Mündung des Chaboras, mit Karlemiſch (j. d.) 
nicht zu verwechſeln; j. el-Bujeira. 

Kirphis, Aiogıs, j. Sumaliaes, eine jüdlich vom 
Parnaf liegende, von dieſem jcheinbar losgerifiene, 
wohl bewaldete, 1270 m hohe Gebirgsmaſſe in Pho— 
fis, die zum Korinthifchen Meerbujen hinabjtürzt. 
Beide Gebirge find nur durch eine 3 Meilen lange, 
vom Pleiſtos durchſtrömte Schlucht von einander 
getrennt, deren Seiten jchroff abfallen und noch 
an manchen Punkten genau übereinftimmen. Strab. 
9, 418. 

Kirrha j. Krisa, 

Kisseus, Äıocevs, 1) König in Thrafe, Vater 
der Theano, der Gemahlin des Antenor, einer 
Priefterin der Athene in Troja (Hom. Il. 11, 223. 
6, 297 ff.) Vater der Hekabe. Eur. Hec. 3. — 
2) Krieger des Turnus, Sohn des Melampus, von 
Aineias erlegt. Verg. A. 10, 317. 

Kissia, Aıoorce, auch Kvooi«, Landſchaft in 
Elymais, die Gegend am Choaſpes um Sufa her; 
im weiteren Sinne Bezeichnung für die ganze 
Provinz. Der Name des Volles, der tapferen 
Kiſſier, ift wohl mit dem der Kojjaier (j. d.) 
im wejentlichen identijch. Adt. 3, 91. 5, 49. 52, 
6, 119, 

Kiorn, cista, eine Kifte zur Aufbewahrung 
der verjchiedenartigften Saden, von Gold und 
Koſtbarkeiten, Kleidern, Früchten, Büchern, Opfer: 
geräten, insbeiondere den zu geheimnisvollem Ge: 
brauche bejtimmten (Tibull. 1, 7, 48. Ov. a. a. 
2, 609), jpeziell aber auch zum Hineinlegen der 
Stimmtäfelchen (eistae suffragiorum, (Cic.) ad He- 
renn. 1,2. Plin. 33, 2, 31). 

Kıoropögos, cistophorus, eine in Ajien übliche 
Münze, die eine Kifte zum Gepräge hatte und 
4 Drachmen (4 römijche Denare) galt. Das Bild 
darauf bezog id) auf den Mythos des Dionyjos; 
aus der halb geöffneten Kifte erhob ſich eine 
Schlange. Aufder Kehrjeite war der von 2 Schlangen 
gezogene Wagen der Demeter. (ic. ad Att. 2, 6. 
Liv. 37, 46. 39, 7. 

Kithairon, Kıdamar, Waldgebirge zwiſchen 
Boiotien und Attifa und Megaris, j. Attika, 1. 
und Boiotia. 

Kithära j. Musica, 8. 

Kition j. Kypros. 

Kladeos, Kiddeos, auch KAlddaog, rechter 
Nebenfluß des Alpheios in Elis, welcher die Grenze 
des olympiichen Heiligtums gegen Weiten bezeich— 
nete (j. Olympia). 

Kiddor ixerijgio:, gewöhnlicher orluuere, 
auch wohl Baidol oder puilddeg Ixer., bei den 
Römern infulae oder vittae, hiefen die Zweige 
in den Händen oder die Kränze auf den Häuptern 
der Schußflehenden, die bisweilen noch mit weißen, 
wollenen Bändern umwickelt waren; vgl. Infula. 

Klaros j. Kolophon. 

Kiagsreı oder ayamıorar (kpauix 


Privaten in Kreta, ſ. Helotes und Kreta, 6. 
Klazomönai, Kiafouevad, eine der Zwölfftädte 
der Jonier in Kleinafien, an der Südfüfte des 
Hermaiiſchen oder Smyrnaiiſchen Meerbuſens weft: 
lich von Smyrna, zum Zeil auf einer Inſel, be: 
fannt als Geburtsjtadt des Philojophen Anaxa— 
goras; j. Keliiman. Hat. 1, 142. 2, 178. Thuc. 
14. Strab. 14, 645, 
Kleandridas, Klsavögidag, begleitete den 
König Pleiftonar im Jahre 445 v. E. als Ratgeber 
nad Mttifa, ward aber nach feiner Rückkehr, da 
Perifles ihn beftochen und zur Unthätigfeit be- 
jtimmt hatte, in Sparta angeflagt und zum Tode 
verurteilt. Er flüchtete jedoch nad Thurioi und 
nahm jpäter an den Kämpfen der Stadt gegen 
die Lucanier teil. Tue. 6, 104. Plut. Per. 22. 
Sein Sohn war der berühmte Feldherr Gylippos. 

Kleandros, KAldavdgos, jtürzte die Oligarchie 
zu Gela in Sicilien und warf fich (um 505 v. €.) 
zum Tyrannen dajelbit auf. Er behauptete ſich 
7 Jahre lang in der Serrichaft, wurde aber um 
498 ermordet. Hdt. 7, 154. 

Kleanthes, Klsdvöns, 1) j. Maler, 1. 
2) Philofoph, um 260 v. E., aus Aſſos in Myſien 
gebürtig und in jo dürftigen Berhältniffen auf: 
gewachſen, daß er ſich durch feiner Hände Arbeit 
ein Brot erwerben mußte, weshalb man ihn 
ſpottweiſe Gosdvring (MWafjerichöpfer) nannte. Er 
genoß 20 Jahre lang den Unterricht Zenons und 
wurde deffen Nachfolger in der Stoa. KU. nahm 
die Sonne als herrſchendes Weltprinzip an, geriet 
jpäter mit feinem Schüler EChryfippos in einen 
heftigen Streit und endigte, der herkömmlichen 
Angabe nad), in einem Freitvilligen Hungertode, 
80 Jahre alt. — Erhalten hat fi bei Stobaios 
(ecl. phys. 1, 2, 12) von ihm ein in 38 Sera: 
metern abgefahter Hymnos auf Zeus, durdy Er- 
habenheit der Gedanfen ausgezeichnet, wenn auch 
in der Form etwas vernachläſſigt (ihm als Verfaſſer 
vindiziert von C. Beterjen, 1829; griech. und deutſch 
bearbeitet von Mohnife, 1814). 

Klearchos, K)E!«eyos, 1) Sohn des Ramphias, 
befehligte während des peloponnefiichen Krieges 
mehrere Male die Flotte Spartas. Thuc. 8, 8. 
39. 80. Xen. Hell. 1, 1. Als er nad) dem Kriege 
der Stadt Byzanz gegen die a zum Feld: 
herrit gegeben twurde, maßte er ſich die Tyrannis 
an (403 dv. E.), eignete fi) das Vermögen vieler 
Neicher an und mußte, da er die Herrichaft frei: 
willig nicht aufgeben wollte, von Sparta in einer 
Schlaht dazu gezwungen, entfliehen. Da der 
jüngere Kyros ſich gerade zum Kriege gegen Arta— 
rerres rüftete, jo warb Klearch, von Kyros freund: 
lic aufgenommen, für ihn ein griechijches Söldner: 
heer (Xen. An. 1, 1,9. 2, 6, 2 ff.), fämpfte mit in 
der Schlacht bei Kunara (401) und fand bald nad): 
her durch die Hinterlift des perſiſchen Satrapen 
Tiffaphernes und des Ariaios, eines früheren 
Freundes des Kyros, feinen Tod. Xen. An. 2, 6,1. 
— 2) Tyrann in Herafleia am Pontos, fiel im 
3. 364 v. C., nad) elfjähriger Herrichaft, durch 
Meuchelmord. Gebildet zu Athen durd Platon 
und Iſokrates, war er gleihwohl als Tyrann 
zur größten Grauſamkeit geneigt. Er jtiftete eine 
Bibliothek in Heraklleia. — 3) aus Soloi auf 
Kypros, einer der gelehrteften und tüchtigiten 
Schüler des NAriftoteles, verfahte zahlreiche philo: 


l 


630 


ſophiſche und, wie es ſcheint, auch hiftorische Schrif- 
ten, namentlich ein Werk Bdoı oder Lebensbeſchrei— 
bungen. Es find nur noch Fragmente feiner Werfe 
vorhanden, gejammelt von Müller, fragm. hist. 
Giraee. Il p. 302 ff. — 4) Dichter der neueren 
Komödie, Zeitgenofie des Aleris. Die wenigen 
Bruchſtücke jiehe bei Kod, com. Att. fragm. II | 
p. 408 ff. 

Klearidas, Alseoides, fämpfte unter Brafidas 
im J. 422 v. E. in Makedonien gegen die Athener 
und widerriet den Frieden, den Sparta mit Athen 
unter Bermittelung des Nikias abſchloß. Thuc. 
4, 132. 5, 10. 21 u. v. 

Kleidömos, KAlrlönuos, verfaßte im 4. Nahrh. 
v. C. eine Atthis (ji. Arie), weldhe von den 
älteften Zeiten ausging und noch der jeit OL. 100, 3 
beftchenden orunogfaı gedenkt. Außerdem werden 
von ihm ein Zönynrnöor, vöoror, Tlgwroyorsıa 
angeführt. Die Bruchjtüde find gejfammelt von 
Miller, fragm. hist. Graee. I p. 359 ff. 

Kleidung, 1) Griechijche. Die griedhiiche Klei— 
dung zerfällt in 2 Hauptklaſſen, Zvövuer« (hemd- 
artige Nleidungsitüde) und EmıßAruare oder megı- 
Pirjuare (Über: und Um: 
wirfe). Das Evövue ift der 
Ehiton, der dorijche von Wolle, 
kurz und ohne Urmel, der 
iontiche länger und von Lein— 
> wand, der bis zu Berifles’ 
Zeit in Athen getragen wurde, 
Der zıror, durch einen Gurt 
oder Band um die Hüfte ge: 
gürtet,, hatte entweder 2 Ärmel 
oder Armellöcer (Lupındaya- 
dos, Fig. 1), die Tracht der 
freien, oder einen, &rego- 
udoyakog, auch !Ewuig ge: 
nannt, der den rechten Arm und einen Teil der 
Bruſt freilich, die Tracht der Sklaven und Arbeiter. 
Das Unterhemd wurde erft in jpäter Zeit getragen, 








Fig 2. dig >. 


und der zıraoniaxog ift nicht ein Hemd, welches 
unter dem Chiton getragen wird, jondern viel: 
mehr ein kurzer Ehiton, wogegen das yırarıor 
der Frauen wohl ein Unterhemd ift. Uber dem 
Ehiton trug man das Zmifinue oder meoriAnue, 
das Iudrıor, ein großes, dvierediges Tuch, in das 


Klearidas — Kleidung. 


rechts über oder unter den rechten Arm gezogen 
und dann wieder über die linfe Schulter geworfen 
(Iml dskın dupıßdlisodan). Das iudrıor reichte 
wenigitens bis an das Knie, es fürzer zu tragen, 
alt für unanjtändig. Ju 
Sparta trug man einen fur: 
zen Mantel (Boaysiug dve- 
Boids, Fig. 4), reißor, ror- 
Povıor genannt, den auch die 
Nachäffer ipartaniicher Sitten 
in andern Staaten, die Aann- 
viforres, annahmen. — Die 
Nuaben trugen in früherer 
Zeit in Athen den bloßen 
Ehiton, als Epheben legten fie 
die Chlamys (laws) an, eine 
Art Mantel, der über der rech— 
ten Sculter oder über der 
Bruft zufammengeheftet wurde. 
Die herabhängenden Zipfel 
geben arepc Oder mreguyeg. 

ie Chlamys wurde bejonders 
auch zu Pferde und auf Rei: 
jen getragen. — Bei der weib- 
lihen Kleidung iſt ebenfalls 
zuerft der Ehiton zu betradh- 
ten, der doriſche, ein einfaches, 
wollenes Hemd, aus 2 Stüden 
Zeug bejtehend, die bis an die 

ruft zufammengenäht waren, während die oberen, 
Bruft und Rüden bededenden, Teile über den 
Achſeln zufammengeheftet wurden; und der ioniſche, 
ein weites feinenes, faltenreiches Hemd mit weiten 
Armeln, die meist geichloffen, zumeilen von der 
Achſel an oberhalb aufgeichligt find. Beide, auch 
zen)hog genannt, reichten bis zu den Füßen (daher 





Fig. A. 





Fig 5. 
heißen die -trojanischen Frauen bei Homer EAxs- 
cirerlor). Die langen Hipfel, die beim Zuſam— 
menheften des doriichen Chiton über Rüden und 
Bruft wie Tücher herunterhingen, hießen dımkois, 
dimkoldior. Bei dem ioniſchen Armelchiton ift 
die dımi. ein bejonderer Teil der Kleidung, ber 
über dem Chiton angelegt wird. Der Bauſch, der 
über dem ioniſchen Chiton ent: 
fteht, welcher meift länger war als 
der Körper und daher durch den 
Gütel heraufgezogen wurde, heift 
»öd)mos. Der Bürtel (forıor, forn, 
sroögptor, Sig: 5. 6) ift zu unters |. 
icheiden von der uirg« (aud) rau- | 
via, dmodsoudg, orı#odzouds), 
einer Binde, die man unter dem 
Ehiton um die Brüfte legte. Das 
Oberfleid der Frauen (dumeyorn, 
dumeyörıor) gleicht dem ludrıor 
der Männer. Der Name merlog 
bezeichnet im gewöhnlichen Ge— 
brauche überhaupt ein Gewand. Unter dem yırar 
wurde, wenn nicht immer, doch häufig, ein dünnes 





man ſich nad) feiner Sitte ganz einhülfte (Fig. 2. 3.). | Hemd, zırarıor, getragen. — Was den Stoff der 
Es wurde über die linfe Schulter getworfen, mit, Kleidung betrifft, jo war derjelbe bei den Män- 
dem Arme fejtgehalten, dann im Rüden nad) | nern, jeit der leinene Ehiton abgelommen war, 


> 


a 


= 


Kleidung. 


Wolle. Ein Himation von befonders ftarfem Zeuge, 
für den Gebrauch im Winter, war die yiaive. 
Auch der Ehiton wurde im Winter von ftärferem 
Zeuge getragen (dacsös), im Sommer leichter. 
Osplorgıe (aud) Andıor, Anddgıor, aud) wohl die 
ylaris aus feiner weicher Wolle) find Sommer: 
fleider. — Die Frauen bedienten fich außer der 
Wolle und Leinwand noch anderer Stoffe, zunächſt 
des Byſſos, eines aus Pilanzenfajern, mit größter 
Wahricheinlichfeit aus Baumwolle, verfertigten 
weißen oder gelben Stoffes. Ein anderer Stoff 
waren die feinen und durchfichtigen &uogyıra, von 
einer auf der Injel Amorgos wachſenden, bejonders 
feinen Flachsart. Seide (ufrafa, angınd) fand 
erjt ziemlich jpät in Griechenland Eingang. Me- 
rose bezeichnet wohl die rohe Seide, die Eocons, 
die zuert auf der Inſel Kos abgehajpelt wurden; 
aus dem Gejpinjt wurden die Boußunwe ge: 
webt. Belannt find die foifchen florartigen Ge: 
wänder. Pelz war jehr wenig in Gebraud; Chi— 
tone aus Leder (dfpu«) fommen vor. — Was die 
Farbe anbetrifit, jo rag bunte Stoffe, neben 
den weißen, ſchon jehr früh Eingang (Yaıd, 
dunfelfarbige Stoffe, mogpve&, xgoxınd) bei Män- 
nern, wie ganz bejonders bei trauen. Namentlic) 
liebte man eingewebte oder eingeſtickte Verzierungen, 
als Berbrämungen um den Rand der ftleider, den 
unteren Saum oder den Halsausichnitt (we oder 
o«), oder vertifal, auf beiden Seiten, wo bie 
Stüde des Chiton zujammengenäht find, oder 
vorn (6dßdor, rdpvpor). Auch das ludrıov war 
mit derartigen Borbüren bejegt (zegivnoor, &y- 
xunlor, ragdanzv). Franſen und Quaften heißen 
xg0000L, Hvoavor. Auch zeritreut eingewebte Ber: 
zierungen, Blumen u. dgl. findet man, bejonders 
auf dem Ehiton der Frauen (zırav xardorıxrog); 
ebenjo regelmäßig gemuiterte, 3. B. farrierte Klei— 
der. — Ein Brachtgewand, deſſen nähere Beichaffen- 
heit fich nicht angeben läßt, war die &varis; ber 
Name bezog ſich nicht auf die Form des Kleides, 
fondern nur auf den Stoff und Schmud. Ebenſo 
war die Zpsorpis ein Tuch oder eine Dede, nicht 
eine bejtimmte Form eines Kleidungsftüdes. Die 
dıpPioan war ein Chiton aus Fellen für Land: 
leute, bejonders Hirten, der auch über den Kopf 
gezogen werden konnte; ald fudrıov diente den 
Landleuten die sıovge, ein dicker, zottiger Rod, 
an dem die Wolle nicht abgejchoren war. — Kopf: 
bededungen wurden fajt nur auf Reiſen getragen. 
Der allgemeine Name ift zur) und midog. Der 
zeraosog, der zur Chlamys gehört, theflaliichen 
oder mafedonischen Urſprungs, hat verjchiedenartig 
geformte Krempen. Die uriprünglich matedonijche 
»avole hat eine horizontale, runde, oft jehr breite 
Krempe. Die Müpen, bejonders die Kopfbededung 
der Schiffer und Handwerker, wurden meijt ohne 
Schirm, oft mit wenig vorftchendem Rande ge: 
tragen. Der Stoff ift meift Filz. — Fußbeklei— 
duug wurde im allgemeinen nur beim Musgehen 
getragen. Der Grieche nahm feinen Anjtoß daran, 
un Hauſe und jelbjt auf der Straße barfuß zu 
eben. Betrat er das Haus, jo legte er jeine 
gubbeteihun ab. Man muß diejelbe als Sohle, 

chuh und Stiefel unterjcheiden. Die einfachen 
Sohlen, die dem Fuße untergebunden wurden, 
find die drodnjuere. Das oarödlıov (odvdakor) 
hatte einen über den Behen liegenden Riemen 


631 


DOberleder erweiterte. Die Sohlen waren bon 
Leder, oft aucd aus mehreren Yagen, zum Teil 
von Kor, oft mit 
mannigfachem Riem: 
werf verjehen. Die 
»onmis jcheint eine 
Art Halbichuh geweſen 
u jein, der vorn den 
Kur bededte, hinten 
mit Riemen befeftigt 
wurde. Die Zußdörs der Männer waren wirk— 
lihe Schuhe, vom gemeinen Mann getragen, 
ähnlih die Auuwrı- 
»ai, feiner die Plaö- 
rar (Blavrla), Halb: 
ichuhe, die mit Nie: Ai 
men an den Knöcheln 
befeftigt wurden. Die Zvögowides waren Stie— 
feln, die »apßdrıraı eine lederne Fußbekleidung 
des gemeinen Mannes. — Die Frauen trugen 
außer dem oavödiıov die ſ. g. TTectuct, auch 








»sdogro: genannt, die gewöhnliche Art von 
Schuhen. —— waren die Bavaddes; Sklavin: 


nen trugen die —— Der gewöhnliche Stoff 
war Leder (onvroröwog der Schuhmacher), die 
Farbe jchwarz oder die matürliche Farbe Des 
Leders. Vgl. Böhlau, quaestiones de re vestia- 
ria Graecorum (1884)... Stubniczfa, Beiträge zur 
Geſchichte der altgriehiihen Tracht (1886). — 
2) Nömiiche. Die gewöhnliche Kleidung des 
römischen Mannes beftand in Friedenszeiten aus 
2 (oder 3) Stüden, der tunica (interior und 
exterior) und der toga. Die Tunika lag um 
den bloßen Leib, eine Art Hemde, urjprünglid) 
ohne, jpäter mit Armeln, die jedoch nicht bis zum 
Ellenbogen reichten, das eigentlihe Haus: und 
Arbeitsfleid der Römer. Als Unterfleid durfte die 
Tunifa nicht unter ber 
Toga, dem Oberfleid, hin— 
ausreichen. Quint. 11, 3. 
Weiter hinabfallende (tu- 
nicae talares) wurden 
für Männer unanftändig 
gehalten (Cie. Cat. 2, 10. 
Hor. sat. 1,2, 25). Die 
Tunifa wurde unter der 
Bruft gegürtet durd das 
eingulum (daher succin- 
etus), namentlich auf der 
Jagd, bei Arbeit u. ſ. w. 
Fig. 7. Es fommen aud) 
2 Tunilen vor, die in- 
terior hieß subucula, enger den Körper um: 
ichließend, die exterior vielleicht intusium (andere 
nehmen diefen Ausdrud nur für die Frauentunika), 
bei Horaz (ep. 1, 1, 95) bloß tunica genannt. 
Der Stoff war Wolle, jpäter aud Leinen. Die 
Senatoren trugen die tun, laticlavia, jo ge: 
nannt von einem breiten Purpurftreifen (latus 
clavus), der, in die tunica eingewebt, vorn dom 
Halje bis zum Gürtel hinablief (Plin. 8, 48); 
ebenjo hatten die Nitter den angustus clavus, 
der aus 2 jchmäleren Purpurftreifen beftand. Den 
latus clavus erlaubte Auguftus auch den Söh— 
nen der Senatoren nad ihrer Volljährigkeit (Suet. 
Oct. 38). Bei dem Kriegstribunat unterichied man 
darnad) tribuni latielavii (Söhne der Senatoren) 





($uyog oder -or), der fi allmählich zu einer Art von den trib. angusticlavii (Suet. Oth. 10). — 


-1 


u 


= 


632 


Hofen (braccae) blieben bis zu der jpäteren | 


Kaiſerzeit unbefannt, wohl aber umwanden alte 
und jchwächliche Perjonen gegen die mwinterliche 
Kälte (z. B. Anguftus, Suet. Oct. 82) Schentel 
und Scienbein (fasciae, feminalia, cruralia); 
befondere Leib: und Halsbinden (focalia) galten 
für weichlich. — Uber die Tunika wurde die toga 
(tißerve) getragen. Sie war das eigentliche, den 
Bürger (daher togatus, Ggſ. sagulatus. Verg. A. 
1, 282: Romanos, rerum dominos gentemque 
togatam) bezeichnende und deshalb auch nicht von 
Verbannten getragene Oberfleid (Plin. ep. 4, 11). 
Urjprünglich durften auch die außerhalb Noms 
lebenden Bürger feine taga tragen, doc jpäter 
war es erlaubt (Sall,. Jug. 21). Die Toga war 
ein halbrundes Stüd Zeug (der Ouerjchnitt eines 
Lampenjchirmes gibt etwa ein Bild), an dem der 
linfe Zipfel länger ift als der rechte, und das 
einen ziemlich tiefen Ausschnitt hat. In den Aus: 
ſchnitt wurde eim anderes Stück Zeug eingejept 
(sinus), deſſen äußerer Saum eine unregelmäßige 
frumme Linie bildete. Die Art des Umwerfens 
(vgl. ei 11, 3, 137 ff.) war eine Doppelte, 
nämlich früher einfach, ſpäter weit und faltenreich. 
Sie wurde zuerſt über die linke Schulter ge: 
ichlagen, jo daß dieje völlig bededt wurde; dann 
zog man fie hinter dem Rüden weg nad) vorn 
und fahte fie etwa in der Mitte ihrer Weite faltig 
zufammen, jo daß der obere Teil als sinus her: 
abfiel, der untere Leib und Schentel dedte. So 
entitand der unter dem rechten Arm hervor jchräg 
über die Bruft fich ziehende Faltenbaujch (umbo). 
Das übrige wurde über die linte Schulter und 
den Arm geichlagen, der dadurch doppelt bedeckt 
war. An den Zipfeln waren häufig Quaften oder 
Knöpfe zur Verzierung oder um durch die Schwere 
das Gewand niederzuhalten. Die Farbe war weiß 
(toga alba, vgl. Hor. sat. 2, 2, 60: albatus), die 
Amtsbewerber gingen in einer glänzend weißen 
(toga candida, daher candidatı) umher. An— 
geklagte pflegten öffentlih die Teilnahme des 
Volkes (vgl. Tac. ann. 3, 23) äußerlich durch eine 
nachläffige Kleidung zu juchen (toga sordida, Lir. 
2,54. 45, 20), Die Magiftrate trugen eine mit 
Rurpurftreifen verbrämte Toga (topa praetexta‘, 
die übrigens auch den Knaben bis zur Annahme 
der toga virilis geftattet war. Auch den Frauen 
war der Beſatz verbrämter oder auch ganz farbiger 
Gewänder erlaubt, weil fie nicht zur civitas ge: 
hörten. Wohl aber unterjchied ſich die Farbe der 
faijerlichen Tracht (trabea, ſ. d.), als welche immer 
der Burpur gegolten hat, daher toga purpuren, 
auch mit Gold geitidt, toga pieta. Much die 
Triumphatoren und die Borfiter bei den Feſt— 
zügen der Spiele trugen ein — Der 
Stoff war Wolle, die apuliſche und tarentiniſche 
am geſchätzteſten, außerdem die mileſiſche und la— 
koniſche. Seidene Stoffe wurden erſt ſpäter in 
der Kaiſerzeit getragen und galten als Zeichen der 
Verſchwendung; die bisweilen erwähnten sericae 
vestes waren nur halbjeidene Zeuge; die Ccae, 
jehr dünn und florartig gewebt, oft aud wohl 
aus Byſſos, wurden als mweichlich und Inruriös, 
auch als jchamlos gerügt. Wenn die Kleider 
unrein waren, wurden fie dem fullo (f. d.) über: 
geben, der nicht bloß die neu vom Webjtuhl fom- 
menden appretieren, jondern auch die getragenen 
vermitteljt der herba lanaria wachen mußte. Die 





Kleidung. 


Toga blieb noch fange das Staatsfleid am kaiſer— 
lichen Hofe (Spart. Hadr. 22) und das Amtsfleid 
der Beamten und Bornehmen, wenngleich ſchon 
unter Auguftus (und früher, Cie. Phil. 2, 30) ein 
Überwurf über die Toga, die lacerna, Mode 
wurde, ja auch wohl die Toga jelber vertrat. 
Dieje lacerna war fein vestimentum clausum 
wie die paenula, jondern ein offener, leichter 
Mantel, meift wohl mit einer fibula über der 
rechten Schulter zujammengeheftet. Sie diente 
mehr zum Putze (auch zum Schuge der Toga, val. 
Juv. 9, 28: munimenta togae), und man wählte 
daher auch koftbare Stoffe dazu und bunte Far: 
ben, doch waren die weißen immer am anftän- 
digiten. Man nahm dazu auch den doppelt ge— 
färbten Purpur (dibaphum), der beionders koſt— 
bar war, jo daß der Preis einer lacerna auf 
10 000 Seftertien fteigen tonnte (Mart. 8, 10). 
NAuguftus ließ das Tragen der lacerna in der 
Bolfsverjammlung mit dem größten Unwillen durch 
die Mdilen verbieten (Suet. Oct. 40). — Zum 
Neijer oder Winterfleide nahm man die paenula, 
einen langen einfachen Mantel ohne Armel, von 
dichtem, ftarlem Zeuge (vgl. Gausape), auch von 
Leder (paenula scortea, Mart. 14, 130), wahr: 
ſcheinlich am Halſe ausgeichnitten, jo daß man 
ihn über den Kopf warf und jo den Körper bis 
zum Knie bededte. Gewöhnlich war an der pae- 
nula (ebenjo audy an der lacerna) cine Kapuze 
(eucullus), die über den Kopf gezogen wurde, 
namentlich auf der Reife, dody auch wenn man 
ſich unfenntlich machen wollte (nocturni cuculli, 
Jur. 8, 170, 6, 118). Die laena war wohl eine 
Art von umfangreichem Überwurf (duarum toga- 
rum instar), die endromis fein Kleid, jondern 
ein dies Tuch oder eine Dede, die man nach 
Leibesübungen umnahm, um ſich nicht zu erfälten; 
ebenjo Ro derjelben eine leichte ſchurzähn— 
lihe Bededung der Yenden (campestre, Hor. ep. 
1, 11, 181. Die synthesis war ein leichtes, 
bequemes, weites und faltiges Kleid, das in 
helleren Farben, namentlich bei Saftmählern ge: 
tragen wurde, öffentlich aud am Feſte der Satur: 
nalten; jonft damit zu erjcheinen, wie Nero es 
that (Suet. Ner. 51\, wurde für jchamlos gehal: 
ten. — Als Kopfbedeckung wird die breitfrämpige 
makedoniſche causia und der thefjalifche pileus, 
mehr eine Mütze ald Hut, erwähnt. Über pe- 
tasus und galerus ſ. Galerus, über apex d. A. 
Für gewöhnlich ging man bei Tagzeit barhäuptig 
(capite aperto), Hadrianus auf allen feinen Reifen 
(Spart. Hadr. 17). Im Theater erlaubte Caligula 
zum Schutze gegen die Sonnenjtrahlen den pileus 
aufzujeßen (Dio Cass. 59, 7). Auguſtus jchüßte 
ſelbſt im Winter gegen die Sonnenftrahlen fein 
Haupt durd; einen petasus (Suet. Oct. 821. — 
Die Fußbekleidung jcheint bei den Römern beliebter 
gewejen zu fein. Im Haufe trugen fie Sandalen 
(soleae), die man bei Tifche ablegte (demere und 
oscere soleas, vgl. Hor. sat. 2, 8, 77); zu der 
ER gehörte der Schuh (calceus). Cie. Mil. 20, 
Plin. ep. 7,3. Er jchloß den Fuß ganz ein und 
hatte 1 Niemen, während bei den Senatoren der 
rote oder weiße Schuh 4 Riemen (corrigiae, Hor. 
sat. 1, 6, 28) hatte und höher hinaufreichte. Auf 
dem Schuh der Patricier war aus Elfenbein oder 
Silber ein Halbmond, lunula (calceus senato- 
rius). Der mulleus, dem calceus senatorius 


Kleinias — 


ähnlich, gebührte den curulischen Magiftraten. An! anderswo heißen ſie chiröthöcae. 


der Kaiſerzeit famen bunte Schuhe nach Frauen: 
art auf. Die für unrömijch geltenden erepidae 
(Liv. 29, 19) hatten Ahnlichleit mit den soleae, 
ob mit Abſätzen, ift nicht erwieſen. Das 
Kriegstleid des Nömers war das sagum, ein 
bis zum Knie herabfallender twollener Soldaten: 
mantel über dem Panzer und der bis zu den 
Knieen aufgejhürzten Tunika. Es wurde durch) 
eine fibula auf der Schulter gehalten. In Zeiten 
außerordentlicher Gefahr, wie 3. B. in dem Bundes: 
genoſſenkriege, wurde es jelbjt in Rom angelegt 
und getragen (Vell. Pat. 2,16: ut ad saga iretur 
diuque in eo habitu maneretur)., Das etwas 
längere sagum des Feldherrn hieß paludamen- 
tum, von weißer oder PBurpurfarbe (Val. Max. 
1,6, 11: cum in proelium exeuntibus album 
aut purpureum darı soleret). Bein Auszug zum 
Kriege legte der Feldherr es auf dem Capitol an, 
bei der Rückkehr zog er nur 
togatus in Nom ein, 03 
jei denn, daß er als Trium— 
phator heimfehrte. — ber 
die Fußbekleidung der Sol: 
daten (caligae, ocrene) j. 
die betreffenden Artikel, über 
die Kopfbedeckung (galea, 
cassis) au) Waffen, 8. 
— Die vollftändige Kleidung 
einer römischen Matrone 
beftand ebenfalld aus drei 
Stüden: der tunica, ber 
stola und der palla. Die 
tunica war ziemlich lang, 
hatte Armel nur dann, 
wenn das Kleid feine hatte, 
und wurde von diefem ganz 
und gar bededt; nicht 
zufammengenäht, sondern 
durch Agraffen zujammen: 
gehalten, dabei länger als 
die ganze Figur und unter 
der Bruft in einen weiten 
Faltenbauſch  aufgegürtet 
‘mit dem Gürtel, eingu— 
} lum, bisweilen auch von 
Männern bei der Arbeit, 
Jagd ıc., succineti, Fig. 7), 
auch mit einer an den unteren Saum angenähten 
oder angewebten Falbel (instita) (ein Mujfter der 
Gewandung ift die j. g. Pudicitia im Batifan, 
Fig. 8). Die stola war das charakteriſtiſche Kleid 
der römischen Matrone; Libertinen und meretrices 
ei fie nicht tragen, jondern die toga. Die 
palla wurde beim Ausgehen umgeworfen; fie 
war das eigentliche Putzkleid, das auch über den 
Kopf geworfen werden konnte, fo da die ganze 
Figur verhüllt war. Die Matrone trug auch wohl 
einen langen Schleier (Hammeum, riecinium). — 
Als Kopfbededung der Frauen kommt eine Haube 
oder Mütze vor, die bald calautica (nicht calan- 
tica), bald calvatica hieß und aus verichiedenen 
Stoffen (Goldfäden, Seide, Byſſos, Wolle) gewebt 
war. — Als bejonders feiner Kleiderſtoff wird 





ig 8, 


Kleisthenes. 633 
— Die Klei— 
dung der Sflaven war die einfachere engere 
Tunifa (exomis genannt, Gell. 7, 12), hoch auf: 
geichürzt zur freieren Bewegung bei der Arbeit 
(Hor. sat. 2, 8). Ihre Farbe war die der natür: 
lichen, nicht von dem fullo bearbeiteten Wolle, 
daher nicht weiß, wie die der Freien, jondern 
dunfler, pullatus. Uber die Straße oder unter: 
wegs trugen fie darüber eine gröbere Pänula 
oder Lacerna. Bon einer Toga, oder bei Sta: 
vinnen von einer Stola oder Balla, fonnte natür- 
lich nicht die Rede fein. Die Tifchbedienung der 
Kaifer und Bornehmen war in weiß gefleidet, 
albati (Suet. Domit. 12). Inter dem servilis 
habitus verbargen fich ausichweifende und flüch: 
tige Leute (Tuc. ann. 13, 25. hist. 4, 36). Bol. 
Becker-Göll, Gallus II ©. 189 ff. 

Kleinias, Älsırdaz, der Vater des Alfibiades, 
beſaß ein jo großes Vermögen, daß er eine Triere 
für den Berjerfrieg auf eigene Koften ausrüften 
ließ. Er fiel in der Schlacht bei Koroneia. 

Kleio j. Musae, 3. 

Kleisthönes, KlsıodErns, 1) Ichter Tyrann in 
Sifyon, 596—565 v. E., ein Orthagoride, gehörte 
zu dem die vorboriiche Bevölkerung umfaſſenden 
Stamm der Nigialeer, deren Namen er in Arche: 
laer verwandelte, indem er zugleich die Vorrechte 
der 3 doriichen Stämme — Hylleer, Pamphylen, 
Dymanen — aufhob und ihnen die Namen Hhaten, 
Oncaten und Choireaten (Ableitung von Sau, Ejel, 
Schwein) gab, wohl nicht als bloße Spottnamen, 
fondern um fie auf Beichäftigung mit dem Yand: 
bau hinzumeijen (Hat. 5, 68), indem er ihren 
Pebensgrundjäßen Trotz bot. Nachdem er fich gegen 
eine Gontrerevolution behauptet hatte, jeßte er 
jeine Oppofition gegen den Dorismos fort, wodurch 
er natürlich mit Argos zunächſt in Streit geriet. 
Er begünftigte den dem Porismos fremden Dio— 
nyiosfult und verbot das Auftreten homerischer 
Nhapfoden, weil Homer Argos und die Arifto: 
fratie feierte. Hat. 5, 67. Im kriſſaiiſchen Kriege 
war Kl. einer der Anführer (590) und erbaute 
von der Beute des Krieges eine prächtige Säulen: 
halle, wie er denn überhaupt Pracht und Glanz 
liebte. Dies zeigt ſich befonders bei der Aufnahme 
der Freier jeiner Tochter Agarifte, die endlich dem 
Altmaioniden Megakles zu teil wurde (um 572). 
Hadt. 6, 125—130. Bald nachher ftarb er, ohne 
Söhne zu hinterlafien, jo dat dann die Tyrannis 
in Sifyon ihr natürliches Ende fand. Val. Bujolt, 
griechiiche Geſchichte I S. 494 f. — 2) Ei Enkel, 
der Sohn des Megakles und der Agariſte, der 
Athener Kleiſthenes. Durd ein Drafel der für 
den Wiederaufbau ihres abgebrannten Tempels 
danfbaren Pythia wurden die Spartaner unter 
Kleomenes (j. Kleomenes, 1.) zur Vertreibung 
der Beififtratiden bewogen (510 dv. E.), die NIE: 
maioniden fehrten zurüd, und Kl. ſchloß ſich, im 
Segenja zu dem ariftofratijchen Iſagoras, der 
Vollspartei an. Hat. 5, 66. Er löfte, um die 
Macht des Adels zu brechen, mit Zuftimmung 
des delphiichen Drafels die 4 alten Phylen auf 
und teilte Attila geographiih in 10 Phnlen, be: 
nannt nach attiichen Heroen (Erechtheis, Nigeis, 


bisweilen carbasus erwähnt, aus feinem ipani: | Pandionis, Leontis, Afamantis, Dineis, Kekropis, 
ſchem Flachs, feines dichtes Nammertuch, Battift. | Hippothoontis, Miantis, Antiochis), und jede Phyle 
— Us Handichuhe kommen (Plin. ep. 3, 5, 15) wieder in 10 Demen (ländliche Bezirke), deren 
manicae vor, doch nur zur Abwehr der Kälte; | Zahl aber fpäter auf 174 wuchs (j. Sjune). 


634 Kleitarchos 


— Kleombrotos. 


Hat. 5, 62. 6, 123. Die Zahl der Bulenten wurde | Bolybios (2, 55) als tapfer und freiheitliebend 
auf 500 (je 50 aus jeder Phyle) gebracht, die der | rühmt; ein naher Quell verleidete durch Genuß 


Naufrarien auf 50, deren frühere Gejchäfte indes 
auf die Demarchen übergingen, während Stellung 
eines Schiffes jet Hauptaufgabe der Naufrarien 
(NReederfreife) war. Ferner vermehrte Kl. auch die 
Bürgerichaft durch Metoifen und Fremde und führte 
den Dftrafismos ein. Eine Folge jeiner Einrich: 
tungen war auc die Wahl der Beamten unter 
den Bewerbern um die Amter durd) das Los der 
Bohnen (ol Erb arduov &pyorres', ftatt durch 
Handaufheben (zeigororde). — Es gelang dem Jia: 
goras freilich, mit Hülfe des Spartaners Kleomenes 
im Jahre 508 den Kl. zu vertreiben, und diejer 
räumte das Feld, um der Stadt die Kriegsnot zu 
erjparen. ber die gewaltjame Reaktion, mit 
welcher Kleomenes, wie in einer eroberten Stadt, 
die neuen Einrichtungen re: erbitterte den 
Nat und die Bürger (j. Kleomenes, 1.). Hdt 
5, 70 ff. Die Vertriebenen kehrten zurüd, und Kl. 
fonnte um jo leichter die Vollendung feiner Ne: 
formen durchjegen, von denen einige vielleicht jeßt 
erjt eingeführt wurden. Die demofratiiche Ber: 
fafjung erwedte Bejorgnis bei den Nachbarıı, gegen 
die Kl., von perjönlichem Ehrgeiz getrieben, Hülfe 
bei dem perfiichen Statthalter ın Sardes durd) 
ein Bündnis juchte. Diejer Vertrag, welcher allge: 
meinen Unwillen erregte, ſtürzte den Kl., der durch 
ein Boltsgericht aus der Stadt gemwiejen worden 
a * im Jahre 505. Abhandlung von Dietrich 
1840). 

Kleitarchos, Alsiraeyus, 1) Sohn Deinons 
(j. Deinon), Schüler Stilpons von Megara, be: 
gleitete Alerander den Gr. auf feinem Zuge gegen 
Berjien, ftand aber (Quint. 10, 1, 74) binfichtlich 
jeiner Wahrheitsliebe in feinem guten Rufe, indem 
er die Thatjachen durch Fabeln entitellte. Er jchrieb 
nach 304 v. C. in ſchwülſtiger Sprache ein Wert: 
nepi Alsfavögov iorogleı, von dem wir ziemlich 
viele Fragmente bis zum zwölften Buche bejiken. 
Put. Aler. 46. Strab. 11, 505. Auf ihm beruht 
weſentlich die Erzählung von Aleranders Geſchichte 
bei Diodor, Eurtins und Juftin, zum Teil auch 
bei Plutarhd. Sammlung der Bruchitüde von 
Geier (Alexandri historiarum scriptores, 1844) 
und Weüller, Seriptorum de reb. Al. magni 
fragm, in Dübners Ausgabe des Arrian. Mono: 
graphie von Naun (1858). — 2) von Philipp von 
Makedonien zum Tyrannen von Eretria gemacht. 
Die Athener unter dem Oberbefehl Phokions ver: 
trieben ihn und vollendeten damit die Befreiung 
Euboias. Demosth. de cor. 71. 79. 81. 

Kleitomächos, Alsıröueyos, 1) berühmter 
Sieger in den iſthmiſchen und pythiſchen Spielen; 
in jenen fiegte er dreifach an Einem Tage, im 
Ningen, Fauſtkampf und Pankration. — 2) aus 
Karthago, Schüler des Akademikers Narneades, 
um 130 v. E., eig. Hajdrubal, einer der berühm: 
teften Bhilofophen der neueren Akademie neben 
Charmadas und Aiſchines und ſehr fruchtbarer 
Schriftiteller (400 Schriften angeblich). Eine Trojt: 
ichrift an jeine Yandsleute nad) Karthagos Fer: 
ftörung erwähnt Cicero (tuse. 3, 22, 54). 

Kleitor, Ältrwe (aud) Alrjrwe und Klıro- 
eror), j. Dorf Klituras, eine zur Zeit des Achaii— 
ichen Bundes wohlbefeftigte Stadt des nördlichen 


Arkadiens, weit ausgedehnt zum Zeil in der Ebene | Streitfräfte der Thebaner. 


— — — —— — 


—— — — — — — — ——— — — — —— —— — ————— —— — ———— 


ſeines Waſſers den Wein. Pol. 4, 18. 23, 5. Liv. 
39, 35. Ov. met. 15, 321. 

Kleitos, Kieirog, Clitus, 1) j. Eos und Me- 
lampus. — 2) 81. mit dem Beinamen der 
Schwarze, Feldherr Aleranders des Gr., rettete 
dem König das Yeben in der Schlacht am Grani— 
fos und war fortan einer der Yieblinge des Fürften. 
Arr. 1, 15, 8. Er befehligte die königliche Ile 
der Nitterjchaft mit Auszeichnung. Nach Philo: 
tas' Tode erhielt er die eine Hipparchie, Die zweite 
Hephaiftion; jpäter befam er die Satrapie Baltricn. 
Als er jich einjt gegen die Befolgung orientalischer 
Sitte heftig erflärte, tötete ihn Alerander in der 
Trunfenheit, 328. Arr. 4, 8f. Curt. 8, 4. 5. 
Seine Schweiter Yanife war Amme Aleranders 
gemwejen. — 3) Kl., der Weiße, führte 324 v. C. 
von Opis aus unter Krateros die Veteranen zuräd, 
fämpfte als makedoniſcher Nauarch ruhmvoll gegen 
die Athener, erhielt im Jahre 321 Lydien, woraus 
ihn 2 Jahre ſpäter Antigonos vertrieb, befiegte 
dann die vereinigte Flotte des Nifanor und An: 
tigonos bei Byzanz und verlor Tags darauf das 
Yeben (318). Diod, Sie. 18, 15, 52, 72. 

Kledbis, Ki£oßıs, und Biton, Biror, Söhne 
der Kydippe, Priefterin der Hera zu Argos, be: 
rühmt durch ihre Findliche Liebe zu der Mutter, 
deren Wagen fie bei einer feierlichen Prozeſſion 
an den Heraien 45 Stadien weit zogen, weil die 
zum Ziehen des Wagens beftimmten Stiere nicht 
gleih zur Stelle warey. Als die Mutter dafür 
die Göttin um den beiten Segen für ihre Söhne 
bat, jchlummerten die Jünglinge nad dem Opfer 
ein und erwachten nicht wieder. Hdt. 1, 31. Cie. 
tuse. 1, 47, 112. 

Kleobülos, AlsoßovAog, Tyrann von Lindos, 
gehörte zu den 7 Weilen Griechenlands. Bon 
ihm find einige Meine Schriften (ein Epigramm 
und ein Brief) vorhanden; anderes, Heine Gedichte 
und Nätjel, ift verloren gegangen. Bon feiner 
Tochter Kleobulina find einige Rätſel erhalten. 

Kleombrötos. Alsoußgorog, Name mehrerer 
Spartaner königlichen Gejchlechts: 1) jüngfter Sohn 
des Königs Anarandridas (defien andere Söhne 
Kleomenes J., Doriens und Leonidas l. der Ber: 
teidiger der Thermopplen). Nach kurzer Vormund— 
ichaft für den Sohn jeines Bruders Leonidas, 
den Bleiftardhos, ftarb er bald, nachdem er vom 
Iſthmos, defien Verteidigung vor der Schlacht bei 
Salamis ihm übertragen wurde, mit dem Land: 
heere zurüdgefehrt war. Hdt. 5, 41. 7, 205. 8, 71. 
9, 10, Seine Söhne waren Pauſanias, der Sieger 
von Plataiai, und Nifomedes, welcher in der 
Schlaht von Tanagra (457 v. E.) befehligte. 
Thue. 1,107. — 2) König Kl. J. Sohn des Königs 
Paujanias, der fich dem Tode durch die Flucht 
entzog (391 v. E.), Nachfolger jeines Bruders 
Ageſipolis 1., befehligte die gegen Theben ausge: 
rüftete, aber unglüdliche Erpedition (378) nach der 
Vertreibung der Spartaner aus der Nadmeia (Xen. 
Hell, 5, 4, 14ff. Plut. Pelop. 13); ebenjowenig 
glüdte eine andere Unternehmung 2 Jahre jpäter. 
Xen. Hell. 5, 4, 59. Als er 371 gegen Epamei- 
nondas ins Feld rüdte, verlor er bei Leuktra 
Schlaht und» Leben gegen die viel geringeren 
Xen. Hell. 6,4, 3 ff. 


zum Teil an einem niedrigen Hügel, deren Bürger | Plut. Pelop. 20—23. Paus. 3, 6, 1. 9, 13, 10. — 


Kleomenes. 


3) König Kt. Il, wurde eine Zeitlang der Nach— 
folger feines Schwiegerpaterd Leonidas, welcher 
fihh den Reformen Agis’ III. widerjegt hatte und 
entjebt worden war (242 v. C.). Als nad 2 Jahren 
des Leonidas Partei objiegte, verfolgte diejer jeinen 
—** erbittert in das Heiligtum des Po— 
ſeidon und ſchenlte ihm nur auf Bitten der edlen 
Ehilonis das Leben, welche ihren Gatten in die 
Verbannung begleitete. Plut. Agis 11ff. Paus. 
3,6,4. Pol. 4, 35. 

Kleomönes, Kisouerns, 1) 81. L, König von 
Sparta, Sohn des Anarandridas (j. Kleom- 
brotos, 1.), ein Mann (wie DO. Müller, Dorier 
1, 173, jagt) von ungemeiner Kühnheit und unge: 
bändigter Kraft des Seiftes, mutig, unternehmen, 
Hug, nad der Weije jeines Zeitalterd gewandt 
in furzer nachdrüdlicher Rede, doch viel zu jehr 
von Stolz, teils der Familie, teild eigenem, er: 
füllt und in Geiftesrichtung feinen Zeitgenoſſen, 
den Tyrannen, ähnlicher als einem Könige Spar- 
tas geziemte. Seine erfte Unternehmung (wahr: 
iheinlich 519 v. E.) war ein Kriegszug gegen 
Argos, in dem er die Argiver durch eine Kriegstift 
aufs Haupt jchlug und Argos hätte einnehmen 
fönnen, wenn er nicht durch Aberglauben abge- 
halten worden wäre. Hat. 6, 76 ff. Einige Jahre 
darauf (510, Hat. 5, 64.) leitete er den Zug gegen 
Athen, wodurd auf Antrieb des beftochenen del- 
phiſchen Orafels die Peififtrativen von ihren be: 
ftändigen eig et den Altmaioniden, ver: 
trieben und deren Oberhaupt Kleifthenes zurüdge: 
führt wurde; doc mußte diejer feinem Gegner von 
der NAdelspartei, Niagoras, bald weichen, welchem 
Ktleomenes alle Gewalt übergeben wollte. Da 
brach in Athen ein Aufftand aus, der den Kl. und 
Iſagoras zwang, fich auf die Akropolis zu flüchten, 
von wo fie nach 2 Tagen freien Abzug erhielten 
(508). Hdt. 5, 70ff. Um dafür Rache zu üben, 
rüdte Kl. bald mit einem ftarfen Heere nach Eleufis, 
welches er verwüſtete; doch der Widerſpruch der 
Korinthier und des eigenen Mitlönigs Demaratos 
wang ihn, von der enticheidenden Schlacht abzu: 
heben und jich —— (506, Hdt. b6, 75 
wegen gleichen Widerſpruchs unterblieb ein neuer 
Zug. Hdt. 5, vo ff. — Als der Mileſier Ariſta— 
goras 499 die Hülfe Spartas gegen die Perſer 
erfaufen wollte, widerſtand Kl., wohl mehr, weil 
er andere Kriegspläne hegte und dem NAriftagoras 
fein Vertrauen jchenfte als weil jeine jugendliche 
Tochter Gorgo ihn warnte (Hdt. 5,49). Durdy die 
Umtriebe des Demaratos mißglückte die beabfichtigte 
Beitrafung der Nigineten 491, die dem Perſer— 
fönige Erde und Waſſer geichidt hatten. Während 
es ihm anfangs gelang, fi an Demaratos dadurd 
zu rächen, dah er denjelben unter der Bejchuldi: 
gung, er jei nicht der echte Sohn feines Vaters, 
durch Beitechung des delphiichen Drafels in die 
Verbannung trieb (worauf Yeotychides, ein Anhänger 
des Kl. an deſſen Stelle trat), wurde er jpäter, 
als die Beſtechung entdedt wurde, jelbjt genötigt 
zu fliehen, zuerſt nach Theffalien, dann nach Ar: 
fadien, wo er die Bewohner aufzumwiegeln fuchte. 
Endlich rief man ihn zurüd nach Sparta. Sein 
Lebensende ijt unficher,; nach Herodot fiel er in 
Wahnſinn und ermordete jich auf gräßliche Weiſe, 
um 491. Hadt. 6, 63ff. 73. Ihm folgte ſein 
trefflicher Stiefbruder Leonidas I. — 2) Mt. II, 
Sohn Kleombrotos’ I. (j. Kleombrotos, 2.),| 


635 


regierte von 370 v. E. an, ohne daß von feiner, nach 
Diod. Sie. 20, 29 60 Jahr 10 Monate dauernden, 
— etwas Beſonderes zu berichten iſt. — 
3) Kl. II, Sohn Leonidas’ II, (fam 236 oder 
235 v. E. zur Regierung), war der Erbe der Pläne 
Agis’ III. G. d.). Wie Ddiejer fühlte er tief das 
Unmürdige und Trojtloje der jpartaniichen Zuſtände 
und war, wie er, begeiftert für die Herjtellung der 
alten Herrlichkeit Spartas; allein mit der Be: 
geifterung des Agis verband Kl. unendlich mehr 
moraliiche Kraft, Bejonnenheit, Umficht und Uns 
erichrodenheit und war frei von der jchonenden 
Milde, die nad) dem Urteil der eigenen Mutter 
des Agis der Grund zum Verderben ihres Sohnes 
geworden war. Polybios, wahrlich nicht par: 
teiijch für Kl., nennt ihn (5, 39) einen geborenen 
Herricher und König, als Privatmann gejchidt und 
leutjelig (9, 23), praktiſch gewandt (5, 39), der ein 
rühmliches Ende einem jchimpflichen Leben vor- 
gesogen und auch in der Ferne und bis zu feinen 

ode fich die Liebe der Seinen bewahrt habe 
(4, 39. 18, 36). Daß derjelbe Schriftiteller aber 
(9, 23) den Klaals mıxgorarog rügarvog und jeine 
Reform als eine zardivaıg rg warglov molıreliag 
bezeichnet, hängt mit dem politischen Standpunkte 
desjelben zujammen. Kl. hatte die hohe, edle Ge— 
finnung jeiner Mutter Kratefifleia, die von früh 
auf jeine Feſtigkeit und Willenskraft ftärfte. Wider: 
ftrebend hatte die edle Witwe des Agis, Agiatis, 
dem Jüngling fich vermählen laſſen, aber der 
Eindrud, welchen ihre Erzählungen von den Plänen 
des Agis auf Kl. machten, führte die innigjte 
Berbindung herbei. — Die Ephoren waren wieder 
allvermögend, es galt dem Königtum Achtung und 
Anhang zu verichaffen nnd deshalb die Ephoren 
zu ftürzen. Dazu mußte Kl. ſich eine feſte mili— 
täriiche Stellung fichern, dieje fonnte er nur im 
Kriege mit den Adjaiern gewinnen. Plut. Cleom. 3. 
Sein Auftreten gegen den Achaiiichen Bund unter 
Aratos gab die Gelegenheit dazu; nad) mehreren 
fleineren Unternehmungen jchlug er die Achaier 
am Berge Lykaion aufs Haupt (Plut. Cleom.4. 5. 
Arat. 35. 36. Pol. 2, 46. 51) und gewann bald 
darauf bei Yeuftron einen zweiten glänzenden 
Sieg. Plut. Cleom. 6. Arat. 36. 37. Nun trat 
Kl. im Jahre 226 gegen einige Bertraute mit 
jeinen Plänen hervor. Unter ihrer Billigung wußte 
er feine Gegner durch einen Kriegszug von der 
Stadt zu entfernen, drang mit einer Söldner: 
ſchar in die Stadt, tötete 4 der Ephoren, vertrieb 
80 Männer von der Oligarchie und rechtiertigte 
vor dem Volk jein Verfahren und feine Pläne. 
Seinen Bruder Eufleidad madjte er zu feinem 
Mitlönig; die Würde der Ephoren wurde abge: 
ſchafft, die Schuldentilgung durchgejeßt und der 
Aderbejiß gleihmäßig geteilt, wobei auc auf 
jene 80 bis zur Herftellung der neuen Ordnung 
Berbannten Rüdficht genommen wurde. Durch an: 
geiehene Berioifen verjtärkte er die Zahl der Bürger, 
er führte die altipartanijche Erziehung, die Süſſi— 
tien und Ahnliches wieder ein und ging mit der 
größten Bereitwilligfeit als Mufter in allem voran. 
Plut. Cleom. 8—13. lm der neuen Ordnung 
Achtung zu verichaffen, jegte er mit neuorgani— 
jierten, nach maledoniſcher Art bewaffneten Truppen 
den Krieg gegen die Achaier fort, die er nach der 
Einnahme Mantineias und Tegeas am Hefatom: 
baion bei Dome fchlug. Plut. Cleom. 12 —14. 


636 


Mehrmals mit dem Bunde angefnüpfte Verband: 
lungen zerichlugen ſich hauptſächlich deshalb, weil 
Aratos, als Kl. fogar Argos genommen hatte, fid) 
dem mafedonischen Nönige Antigonos Dojon in 
die Arme geworfen hatte (224). MI. verlor Argos 
wieder, da Antigonos heranrüdte (Plut. Cleom. 
15-21), noch mehr aber beugte ihn der Ber: 
luft feiner Gattin. Auch in dem folgenden Feldzuge 
war Antigonos meiſt glüdlich, und nur nad) langer 
Unterredung mit jeiner Mutter Krateſikleia entſchloß 
fich Kl., den ägypt. König Ptolemaios Euergetes 
um Unterftüßung zu bitten, die dennoch ausblieb, 
obwohl er Mutter und Kinder als Geifeln nad) 
Alerandreia — hatte. Im Winter 223— 222 
brachte er ein Heer zuſammen, überfiel Mantineia 
in Arkadien und plünderte und zerjtörte die Stadt, 
als jie fi) ihm nicht anjchliegen wollte (Zlut. 
Cleom. 23—-25. Philop. 5), unternahm auch gegen 
Argos glüdliche Streifzüge. Nachdem aber An— 
tigonos aus Makedonien und Griechenland jeine 
Truppen an fich gejogen hatte, rüdte er gegen 
Lakonien vor. Kl. ſtellte fich ihm bier in dem 
Rah von Sellajia (f. d.), nördlich von Sparta, 
entgegen, aber die Schlacht ging vollfommen für 
ihn verloren, und mit wenigen Reitern rettete 
er fi nad) Sparta, 221. Plut. Cleom. 27. 28. 
Philop. 6. Pol. 2, 65--70. Ein Aufſchub der 
Schlacht um wenige Tage hätte die ganze Yage 
verändert; denn Antigonos muhte wegen eines 
Einfalls der Allyrier jchleunig nach Makedonien 
zurüdlehren, nachdem er Sparta eingenommen und 
das Ephorat wiederhergeftellt hatte. — Kl. war 
über Gytheion zu Schiffe nach Ägypten gegangen, 
um Hilfe zu holen. Allein Ptolemaios Euergetes 
itarb bald, und jein Nachfolger Ptol. Bhilopator 
war ganz den Lüften ergeben und in den Händen 
feines Günftlings Sofibios. Kl. ward verhaftet, 
entlam freilich, aber da der Aufftand, welchen er 
nun erregte, von den abgeftumpften Agyptern nicht 
unterftüßt twurde, gab er fich mit jeinen Genoſſen 
den Tod, 220,219, etwa 35 Jahre alt. Mutter 
und Kinder des Kl. wurden hingerichtet, fein 
eigener Körper in eine Haut genäht und an den 
Galgen gehängt. So endete einer der edelſten 
Könige Spartas; mit ihm brach die Macht des 
Staats vollends. Plut. Cleom. 35 ff. Pol. 5, 35 
—39. Bal. Droyſen, Geſch. des Hellenismus 3, 2 
& 74 ff, und Gehlert, de Cleomene Ill. Lacedaem. 
rege (1883), — 4) aus Naufratis in Agypten, 
dem Alerander nach Agyptens Eroberung die Er: 
hebung der Abgaben und die Sorge für den Bau 
der Stadt Alerandreia auftrug, 331 v. E. Dabei 
zeigte er die äußerſte Habſucht und erprefte von 
den Unterthanen große Neichtümer. Alexander 
ftrafte ihn nicht, Ptolemaios aber lieh ihn, da er 
bei der Teilung Agypten als jeine Provinz er: 
hielt, feſtnehmen und hinrichten, behielt auch jeine 
Neichtümer für fich, 322. Arr. 3,5. Diod. Sic. 
18, 14. — 5) ein Syrafufier, erhielt vom Prätor 
Verres den DOberbefehl über die römifche Flotte 
bei Sicilien. Cie. Verr. 5, 31, 82 ff. — 6) Bild: 
hauer aus Athen, j. Bildhauer, 15. 

Kleon, Alzor, des Kleainetos Sohn (Thue. 





Kleon. 


Tode wird Kl. mit unter denen genannt, welche 
anflagend gegen dieſen auftraten und ihm Dadurch 
eine Geldftrafe zuzogen (Plut. Per. 33. 35); allein 
erſt nach Berifles’ Tode trat er neben dem Werg: 
händler Eulrates und dem Schafhändler Lyſi— 
fles als Voltsführer recht hervor. Er war unge: 
bildet, eigennübig und frech, aber dody mit natür- 
liher Berediamfeit begabt, oft freilich übertäubte 
er auch alle nur durch feine Stentorftimme, „ein 
Mann, der jowohl in anderer Beziehung der 
ungeftümfte war unter den Bürgern, als auch bei 
dem großen Haufen beitweitem das größte Ber: 
trauen hatte, obgleich er jelbft ohne Hehl erklärte, 
der Demos jei jtark darin, ſich durch Neuheit der 
Rede bethören zu laffen, dem bewährt Gefundenen 
aber nicht zu folgen, er jei Sflave des Außer: 
ordentlichen, Verächter des Gewöhnlichen”. Sein 
Beſtreben war, rn» wödır ragdrrev, den Volls- 
haß gegen Sparta zu reizen, um dann dejto un— 
gehinderter zugreifen zu können; es gelang ihm 
auch in der That, nicht allein feine bedeutenden 
Schulden zu bezahlen, jondern auch nocd große 
Summen zu erübrigen. Bei feinen Plänen ſtützte 
er fich namentlich auf die ärmeren Bürger. Thuc. 
3,36. 5, 7. 16. Plut. Nie, 8. — Als im Jahre 
427 die Stadt Mütilene auf der Inſel Leſbos, 
welche auf Beranlafjung ihrer Dligarchen von 
Athen abgefallen war, von Baches zurüderobert 
wurde, drang Kl. in ungeftümer Rede auf Tötung 
aller waffenfähigen Männer und Vernichtung der 
Stadt, ein Beſchluß, der bei ruhiger liberlegung 
wieder zurüdgenommen wurde; dennoch aber wußte 
er es durchzuſetzen, daß die graufame Mafregel 
an taufend der Mriftofraten volljogen wurde; 3000 
athenijche Kleruchen erhielten auf der Inſel Ader: 
land. Thuc. 3, 37—50. In feiner Stellung als 
Verwalter der Staatseinnahmen hatte er hinläng: 
lich Gelegenheit, jeine Habgier zu befriedigen, um 
jo mehr, als er Prozeſſe förderte und die Bundes: 
genoffen mit Auflagen drüdte, während die Er— 
höhung des Nichterjoldes von 1 Obolos auf 3 ihm 
den Beiftand und die Gunft der Volksmaſſe ficherte. 
Vergebens juchten die oligarhiich Gefinnten, an 
ihrer Spibe Nikias, den Kl. beijeite zu drängen 
und Frieden zu jchliegen: fie vermochten gegen 
jeine Dreiftigkeit nichts. Ya, als (425) die Athener 
120 Spartiaten auf der Inſel Sphafteria bei Bylos 
eingeichloffen hatten, wurden auf Antrieb des Kl. 
den latedaimonijchen Friedensgeſandten derartige 
Bedingungen gejtellt, daß an eine Einigung nicht 
zu denfen war, und bald bereuten die Athener, 
daß fie billige Vorſchläge nicht angenonmen hattet. 
Als nun KU. troßig erklärte, wenn er nur Strateg 
wäre, jo wollte er die Belagerung bald beendigen, 
und Nikias fich erbot, jofort abzutreten, mußte 
Kl. auf Drängen des Volks, jehr gegen feinen 
Willen, fich entichließen, die Sache zu übernehmen. 
Aber auch jo verlieh ihn jeine troßige Dreiftigfeit 
nicht. Er verhieß jogar binnen 20 Tagen die 
Inſel zu nehmen. Weislich nahm er den höchſt 
tüchtigen und erfahrenen Demojthenes als Mit: 
feldherrn, und die trefflichen Maßregeln, melde 
diejer anordnete, waren von dem glüdlichiten Er: 


3, 36. 4, 21), war Lederhändler oder Befiter einer | folg begleitet, jo daß Kl. jein vermefjenes Ber: 


Gerberei zu Athen, welche für feine Rechnung 
durch SHaven betrieben wurde, ipielte aber be: 
fonders als Demagog eine große Rolle 7 Jahre 
hindurch, von 429—422 v. C. Schon vor Beritles’ 


iprechen erfüllen fonnte. Thuc. 4, 17—39. Diod. 
Sic. 12, 61 ff. Natürlich maßte er fich die Ehre 


des Sieges an, als hätte er jeinem Herrn, dem 
‚alten Demos, einen Kuchen gebaden, den Demo: 


Kleonai — 


fthenes zubereitet hatte (Arist. Fquit. 55). Die | 
Athener wollten natürlich nun von Frieden nichts | 
hören, und Kl. trunfen von dem errungenen Ruhm, 
zog gegen Brafidas, welcher gegen Nikias und 
Nitoftratos in Thrakien glüdlich gekämpft hatte. 
Allein bei Amphipolis verlor er 422 Schlacht und 
Leben. Thuc. 5, Uff. 6 ff. Died. Sie. 12, 73 f. — 
Ariftophanes hat in jeinen NRittern ein unüber— 
treffliches Bild des Kl. und der Beitumftände 
(nadı glüdlich any Unternehmung gegen 
Sphafteria) gegeben. Wie jehr gefürchtet RI. war, 
ergibt der Umſtand, daß, obwohl er in Ddiejem 
Stüde nicht unter eigenem Namen, jondern als 
paphlagonijcher Stlave auftritt, niemand die Maste 
des Kl. zu verfertigen wagte und fein Schauspieler 
die Rolle übernehmen wollte, weshalb Ariftophanes 
felbft, bloß mit bemaltem Geficht, auftreten mußte. 
Daß die Schilderung, welche Ariftophanes von Kl. 
entwirft, dem Charakter der Komödie entjprechend, 
übertrieben ift, muß anerkannt werden, allein aud) 
aus der Charafteriftif des Thufydides (3, 37—40) 
ergibt ſich folgendes: Kleon war energifch und 
beredt (turbulentus ille quidem civis, sed tamen 
eloquens, (ic. Brut. 7), aber ohne Edelfinn und 
weile Borausjicht, ein Mann leidenjchaftlicher Ge— 
häſſigkeit und Nüdjichtslofigkeit, ein Feind alles 
ihm in irgend einer Weije Überlegenen und dadurd) 
ein Berderber des Volts, daß er ihm die eigene 
Selbft: und Herrichjucht einpflanzte und, um fich 
zu halten, feine Gelüfte wedte, hegte und befrie- 
digte. Vgl. über ihn Grote, Geſchichte Griech. VI 
©. 480 ff. der deutichen Überj. jowie die Mono: 
graphien von 5. Yantoine (1878), Büdinger (1880) 
und Emminger (1882). 

Kleönai, Kiswvei, 1) j. Argos, 5. — 2) Stadt 
am Athos in Chalfidite am Singitifchen Meer: 
bujen. Hat. 7,22. Thuc. 4, 109. Strab. 7, 331. 

eonymos, Alsarruos, Sohn Kleomenes’ II., 
Königs von Sparta. Seine Bemühungen, im Jahre 
310 v. E. nah dem Tode jeines Ynters König 
zu werden, mißlanugen, und die Spartaner über: 
trugen dem herrichfüchtigen und habjüchtigen Manne, 
um ihn zu entfernen, den Befehl über eine Schar 
Söldner, die den Tarentinern zu Hülfe kommen 
follte. Kl. welcher an dieje Unternehmung ehr: 
geizige Pläne Inüpfte, weshalb er im Jahre 303 
Korfyra einnahm, war im ganzen glüdlich; als 
jedoch die Tarentiner mit ihren Gegnern Frieden 
ſchloſſen, griff er die Städte in Unteritalien, be- 
jonders Thurioi, an. Diod. Sic. 20, 104. Die 
Römer aber wehrten feinen Angriff ab, worauf 
er die Hüften des Adriatiichen Meeres heimjuchte 
und dabei im Norden des Padus Heer und Flotte 
(302) verlor. Im Jahre 293 kämpfte er gegen 
Demetrios Poliorfetes unglüdlich, gelangte ipäter 
in feiner Baterftadt zu einigem Anjehen, trat aber 
plöglid im Jahre 272 feindlich gegen diejelbe im 
Bunde mit Pyrrhos auf, um jeine frühere Zurüd- 
ſetzung zu räden. Sein Unternehmen mihlang, 
und wir hören jeitdem nichts weiter über ihn. 
Plut. Pyrrh. 26. Demetr. 39. Liv. 10, 2. 

Kleopätra, Kilsordro«, 1) Tochter des Boreas, 
ſ. Kalais. — 2) Tochter des das, j. Melea- 
gros. — 8) Tochter des Tros und der Kallirrhos. | 
— 4) Nichte des vornehmen Mafedoniers Attalos, 
vor ihrer Verheiratung wohl Eurpdile geheißen 
(Arr. 3, 6, 5), wurde von Philippos Il. von Male: 
donien aus politischen Gründen 337 v. E. zur 


ÖL — — — —— ———— — — —— — ———— —————————— — 








637 


Gemahlin gemacht. Satyr. bei Athen. 13, 5, p. 557. 
Diejes Ehebündnis war der Grund zu arger Ent: 
zweiung zwilchen dem Könige einer: und feiner 
Gemahlin Olympias und beider Sohne Alerander 
anderjeits. Damals verließ Olympias mit ihrem 
Sohne Makedonien und ging nach Epeiros. Als 
aber ihr Gatte 336 ermordet und Alerander König 
geworden war, fehrte Olympias zurüd und nahm 
an Kleopatra grauenvolle Rache: nachdem fie die 
Hleine, wenige Tage vor Philipps Tode geborene 
Tochter derjelben, Europa, in deren Schoße hatte 
ermorden lafjen, zwang fie ihre Nebenbuhlerin, 
ihr Leben durch Erhängen zu endigen. Just. 9, 7. 
Plut. Alex. 10. Diod. Sie. 17,2. — 5) Philipps 
und der Olympias Tochter, feit dem Herbſte des 
Jahres 336 Gemahlin Mleranders von Epeiros, 
welcher 330 jtarb, dann 322 mit dem Neichsver: 
wejer Perdikkas verlobt. Arr. bei Phot. 706, 25 f. 
Nach dejien Tode war fie von vielen der Großen 
ummworben, die durch fie dem Diadem näher zu 
fommen hofften; allein Antigonos bewadhte jie in 
Sardes, wo fie dauernd ihren Aufenthalt genom: 
men hatte, und lief fie (308) ermorden, damit fie 
nicht Semahlin des von ihr erwählten Ptolemaios 
von Agypten würde, aber bald nachher prachtvoll 
beifegen, um den Verdacht von ſich abzumwälzen. 
Diod. Sie. 20, 37. — 6) Tochter des Ptolemaios VI. 
Philometor, verlieh ihren Gemahl Alerander Balas, 
König von Syrien, und heiratete den Demetrios, 
der jenen verdrängt hatte, darauf deſſen Bruder 
Antiochos Sidetes, als ihr Gemahl Demetrios in 
parthiiche Gefangenschaft geraten war. Demetrios 
brachte aber, als er aus derjelben entlaffen wurde, 
eine Bartherin als Gemahlin mit, weshalb die 
rachlüchtige Kl. ihn, nachdem er in die Hände eines 
neuen Thronbewerbers gefallen war, töten lich. 
Die graufame Frau tötete darauf ihren eigenen 
Sohn (von Demetrios), Seleufos, der ihr die an: 
gemaßte Herrichaft ftreitig machte, wurde indes 
nicht lange darauf von ihrem andern Sohne ge: 
zwungen, den @iftbecher zu leeren. ‚Just. 39, 1. — 
7) Tochter des Ptolemaios Auletes und Schweiter 
des jungen Ptolemaios XII, zu deffen Gemahlin 
und Mitregentin ihr Bater jie bejtimmt hatte. 
Beim Tode ihres Vaters (52 v. E.) mar fie 17 
Jahre alt; da ihr Bruder damals nur 9 Jahre 
zählte, jo regierten Achillas (unter deffen Augen 
ſpäter Bompejus umgebradt wurde) und andere 
Minifter für ihn und vertrieben die ehrgeiziger 
Pläne bejchuldigte SI. (im Jahre 48). Cues b. c. 
3, 103. Nach PBompejus’ Tode verhinderte Cäſar 
den Ausbrudy eines Nampfes zwiſchen beiden Ge: 
ſchwiſtern und übernahm die Schlichtung des Strei- 
tes, indem er feitiegte, daß beide gemeinschaftlich 
regieren jollten. Caes. b. c. 3, 107. Gäjar, der ſich 
damals zu MAlerandreia aufhielt, und zu dem MI. 
fich geflüchtet hatte, wurde von ihrer auferordent- 
lihen Schönheit ganz bingerifien. Plut. Caes. 49. 
Ein Krieg des jungen Ptolemaios, der nad) dem 
Willen feiner Minifter Agypten allein beberrichen 
jollte, war die Folge obiger Enticheidung und 
brachte den in der Burg von Mlerandreia belager: 
ten Cäſar in große Gerahr. Caes. b. Alex. 1—32. 
Als aber endlich (47) den Eingeſchloſſenen Entjat 
gelommen war, die Agypter in einer großen Schlacht 
bejiegt worden waren und ihr junger König auf 
der ® ucht durch Ertrinfen im Nil den Tod ge: 
funden hatte, jegte Cäjar die Geliebte als Herrſcherin 


Kleopatra. 


638 


ein. In ihre Nebe verſtrickt, blieb er noch längere 
Beit in Agypten, lieh fie jpäter nach Rom fommen 
46) und erfannte den von ihr gebornen Sohn 
Gäjarion an, erregte aber durch alles Ddiejes die 
Unzufriedenheit der Römer, weshalb ſie bald nach 
Gähars Tode fliehen mußte. Die Anhänger Cäjars 
unterjtügte fie auch ſpäter. Cie. ad Att. 14, 20,2. 
Dio Cass. 42, 30. Nicht lange darauf gewann 
fie die Gunst des Antonius und feflelte ihn durch 
ihre Reize jo jehr, daß er ſich ihr blindlings hin— 
gab, und fie jelbit ungeftört Herrin Agyptens war. 
Plut. Ant, 26. Antonius verlebte bei ihr in Ale- 
yandreia den Winter des Jahres 41. Als er aber 
während des perufinischen Bürgerkriegs (41—40) 
nad) Italien gelommen war und mit Octavian 
einen Vergleich abgeichlofien hatte, demzufolge er 
die Öftlihen Provinzen erhielt, vermählte er fich 
mit Octavians Schweiter Octavia und blieb 3 Jahre 
in Rom. Dann zog ihn feine unfelige Liebe zu 
KL. wieder nach Ägypten, er begab fi) von neuem 
und auf immer in den Dienjt der ägyptiſchen 
Königin (36). Dieje gebar dem Antonius 3 Kinder 
und war jchuld an jeiner Berweichlichung und 
Unthätigfeit, aus der ihn faum die Nüftungen 
Dctavians herausrifien. Nach der Schlacht bei 
Netium (31), der fie zwar mit 60 Schiffen bei- 
wohnte, aus der fie aber, ohne die Enticheidung 
abzumarten, mit ihrem Schiffe floh, verjuchte fie 
ihre Verführungsfünfte bei Octavian, jedoch vergeb- 
lich, und entzog ſich ihrem Schidjale, des Siegers 
Triumphwagen zu ſchmücken, durd freiwilligen 
Tod, indem fie jich (vielleicht durch die Biſſe einer 
giftigen Natter) eine tödliche Wunde beibradhte, 
im Jahre 30. Suet. Oct. 17. Plut. Ant. 25 ff. 78 f. 
Vell, Pat. 2,87. Dio Cass. 51, 5ff. Strab. 17, 795 ff. 
Eutr. 7, 7. Hor. od. ı, 37. Vgl. Ad. Stahr, Kleo— 
patra (2. Aufl. 1879). 

Kleophantos j. Maler, 1. 

Kleöphon, Klsopar, 1) tragijcher Dichter in 
Athen zur Zeit der Ochlofratie, Darfteller ge: 
wöhnlicher Charaktere in gewöhnlicher Sprache. 
Welder hält ihn für identiſch mit dem folgenden. 
— 2) einflußreiher Demagog zu Athen in der 
legten Zeit des peloponnefiichen Krieges, wurde 
durch die Dligarchen, denen er bejtändig entgegen: 
gearbeitet hatte, nach der Schlacht bei Aigos— 
potamoi (405 v. E.) infolge einer Anklage wegen 
Berabjäumung feiner militärischen Dienftpflicht be: 
jeitigt. Xen. Hell. 1, 7, 36. Lys. 13, 8. Die 
Komiler verjpotteten ihn heftig. Bon feinen Reden 
bejigen wir feine mehr. 

Kleosträtos. Alsoorgaros, 1) ein Jüngling 
in Theipiai, jollte auf Befehl des Orakels einem 
ungeheuren Drachen, der die Gegend von Thejpiai 
verheerte, als Opfer vorgeworfen werden; da um: 
fleidete jich jein Freund Meneftratos mit einem 
Harniſch, der eijerne Widerhafen hatte, und lieh 
jih von dem Tier verichlingen, das jo ſelbſt um: 
fam. Infolge davon erhielt Zeus zu Theſpiai 
den Beinamen Saotes (Netter). Paus. 9, 26, 7. — 
2) ein Aſtronom von Tenedos um 530 v. E., joll 
die Zeichen des Zodiafos erfunden haben. 

Kingovgie, colonia. A) Die griechiſchen 
Kolonien wurden teild aus politifchen Gründen, 
teils zu fommerziellen Zweden gejtiitet. Entweder 
aus politiichen Gründen: jei es, daß ein befiegter 
Stamm feine Heimat verlieh, wie dies in groß: 
artigftem Mafjtabe nad) dem Zuge der Dorier 


Kleophantos — Kingovyia. 


und Heralliden geihah; die Maſſe der griechijchen 
Bevölkerung, welche nach Kleinajien zurüdjlutete, 
gründete hier an der Küſte entlang eine Reihe 
aioliicher, ioniſcher und doriicher Kolonien, welche 
auf diejem Küſtenſtriche das helleniſche Leben gegen 
die von Diten fommenden Barbaren fiegreich ver- 
teidigt haben; aus hiftorischer Zeit mögen Mefiene 
und Maſſalia als Beijpiele dienen; — jei es aud, 
dab; eine Partei vor der andern das Feld räumte 
(Tarent und Syrafus); — jei es endlih, daß 
Übervölferung eingetreten war (Rhegion). Oder, 
und dies ift der gewöhnliche Grund der Ausſen— 
dung, es jollten die merfantiliichen Berbindungen 
erweitert werden. Ganz bejonders waren es Küſten— 
jtrie, an melden bequeme Häfen angelegt und 
Schiffahrt eröffnet werden konnte. Dies Streben 
führte zu den ausgedehnten Anfiedelungen an den 
aſiatiſchen Küftenftrihen, an den Geftaden des 
Pontos und des thratifchen Boſporos und auf 
den benachbarten Inſeln, weſtlich an den Gejtaden 
von Jtalien, Sicilien und Gallien. Die Thätigkeit 
der Tochterftaaten war hierbei nody rühriger als 
die der Mutterftaaten in Hellas. Noch jpäter trat 
das Streben hinzu, feite ftrategiiche Punkte zu 
gewinnen, von welcden aus der Handelsverkehr 
gelichert wurde. Seit der Zeit Aleranders wurden 
auch Invaliden zur Gründung einer neuen Stadt 
beftimmt. — Beranlafjung zur Wusjendung und 
Anweifung über die Wahl des Orts gab gewöhn- 
lih das delphiiche Drafel (jelten ein anderes). 
Zur Leitung des Auszuges wurde ein ausgezeich— 
neter Mann als Führer, als olxıorıjg oder ari- 
srng, ernannt. Mitziehen konnte, wer fich meldete, 
aud Fremde; doch war die Aufforderung dazu, 
welche durch Herolde erging, zuweilen auf be- 
jtimmte Klaſſen von Leuten bejchränft. Der olxı- 
srrs hatte die Vermeſſung und Berteilung des 
in Bejiß genommenen Landes, die Anlage der 
Stadt, wenn nicht eine jolche jchon vorgefunden 
ward (die in eine Schon beitehende Stadt nachge- 
jandten Anſiedler hießen bejonders Eroıxor, 1. d.), 
u. dgl. m. zu bejorgen. Er genoß nach jeinen 
Tode Heroenehren. — Wutterjtadt (unreöomolıg) 
der Kolonie war derjenige Staat, weldyer eben 
diejen olxtorıjg oder den Stamm der Pflanzer 
gab. Die Berpflichtungen der Tochterftädte gegen 
ihre Metropole waren feine andern als welche 
die natürliche Pietät der fortdauernden Bluts- 
verwandtichaft ihnen auflegte. Der Stiftungsbrief 
derjelben enthielt eben darüber, ſowie über ihre 
Einrichtung die erſten Bejtimmungen. Wenn aud) 
anzunchmen ift, daß die Bilanzftädte die gewohnte 
Staatsverfaſſung beibehalten haben, jo waren jie 
doch politiſch von der Mutterjtadt völlig unab- 
hängig; es jind nur Ausnahmen, wenn fie Ab: 
gaben an die Mutterjtadt zu entrichten hatten oder 
ıhre oberiten Beamten von daher erhielten, wie 
3. B. die Potidaiaten von Korinth. ber die 
Dauptgottheit und die Kulte der Mutterjtadt, ſowie 
das heilige Feuer aus ihrem Prytaneion wurden 
in die neue Heimat mit hinübergenommen. Die 
Hauptfefte der Mutterftadt wurden aud ferner 
durch Gejandtichaften (Theorien) und Gaben be: 
ichict, und ihre Embleme auf den Münzen aus: 
eprägt; ihre Bürger hatten bei öffentlichen Schau: 
pielen die Proödrie, und bei neuerer Musjendung 
von Kolonien wurde and) wohl von ihr wieder 


% 
- 


der orxıorıjg erbeten. — Berichieden hiervon find 3 


Kinos, »Anreveıv — Knidos. 


1) Handelsfaktoreien, welde Genoſſenſchaften in 
fremden Staaten, z. B. in Ägypten (Hat. 2, 178), 
bildeten, und 2) die Kleruchien, wahrſcheinlich 
das Borbild der römiichen Kolonien. Hier galt 
das Recht des Eroberers, das Land der Unter: 
worfenen einzunehmen und als erblidhe Beſitz— 
tümer (x20010) unter die Sieger zu verteilen. In 
diejem Sinne können jchon die Dorier im Pelo- 
ponnes, die Thejjalier in Bezug auf die Peneſten 
als Kleruchen angejehen werden. Bejonders aus: 
gebildet wurde dann aber jpäter jeit 506 und bis 
388 dv. E. dies Verhältnis von den Athenern und 
war, da die Kleruchen die Beſatzung des Ortes 
bildeten, neben der Entwaffnung der oruneyor ein 
tweientliches Mittel der atheniſchen Machterwei- 
terung. Das ältefte Beifpiel der Art ift Chalkis 
auf Euboia, wo die Hippoboten (j. d.) aus dem 
Yandbefig vertrieben, ihr Yand im 4000 Anjgoı 
an atheniſche Bürger verteilt wurde (Hdt. ö, 77; 
ipäter änderte jich das Verhältnis in Ehalkis). Es 
folgten auf Kimons Antrieb Sfyros, durch Berifles 
der thrafiiche Cherjones, Naros, Andros, Sinope 
u.a. Nach der Schlacht bei Aigos Potamoi gingen 
alle Kleruchien verloren; bald wurden neue ein: 
gerichtet, 380 wegen der Gehäffigfeit der Einrich— 
tung alle wieder aufgehoben. Doc, jchon 356 
fommen wieder jolche vor, da die Einrichtung von 
Kleruchien ein zu bequemes Mittel für Demagogen 
war, die Gunft der ärmeren Maffen zu gewinnen. 
Aus den fich freiwillig Meldenden wurde die be: 
ftimmte Anzahl der Stleruchen erloft, die Armeren 
mit Waffen und Neijegeld verjehen; Ddiejelben 
blieben athenifche Bürger, fie konnten zu jeder 
Zeit nach Athen fommen und dort ihre Rechte als 
Bürger ausüben; ja fie konnten ihren ftändigen 
Aufenthalt in Athen behalten und ſolche auswär- 
tige Beligungen an die uriprünglichen Eigentümer 
oder an dritte verpacdhten. Aber unter ſich frei: 
lich bildeten die angejiedelten Kleruchen wieder 
einzelne Gemeindeverbände, die in der engiten 
Abhängigkeit vom Mutterftaate ftanden, der oft 
in der Kleruchie jelbjt Staatseigentum beſaß. Zum 
Kriegsdienft und andern Leiftungen in Athen waren 
fie verpflichtet (die chalkidischen Mleruchen bemann: 
ten bei Artemifion und Salamis 20 athenifche 
Schiffe). Bei freier Wahl ihrer Obrigfeiten wurden 
fie doch von Athen beauffichtigt; kurz, fie bildeten 
recht eigentlich eine Erweiterung der athenijchen 
Herrſchaft. Tribut zahlten wenige von ihnen. Die 
ar Gerichtsbarkeit ftand Athen zu. Vgl. Boedh, 
Staatshaushaltung I ©. 555 ff. — B) Die Rö— 
mer legten ihre Kolonien nicht wie die Griechen 
an unbewohnten Orten an, jondern jchidten fie 
nach bereits beftehenden Städten, urſprünglich um 
als Befagung der neu eroberten Stadt den Feind 
zu beobachten und die neue Erwerbung zu fichern 
und von jolcher gewonnenen Bafis aus neue Er- 
oberungen vorzubereiten, 3. B. Venuſia. Neben 
diejem mifitärichen Zwede trat bald ein anderer 
hervor, nämlich neuerungsjüchtige, arme Bürger 
auf dieje Weije zu verjorgen und die Ruhe Roms 
zu erhalten. Entich gründete man jeit Sulla 
Militärkolonien, nur um den ausgedienten Kriegern 
eine bleibende Heimat und Auskommen zu ver- 
ihaffen, was mit großer Gemaltthätigfeit und 
Sraujamfeit gegen die früheren Bewohner geichah. 
Diejes Inſtitut war ein Hauptmittel, den Nömer: 
ftamm in allen Ländern zu verbreiten und ber 


639 


römijchen Sprade und Herrichaft den Sieg zu 
jihern. — Die Kolonien wurden mit bejonderen 
Geremonien von eigenen Nuratoren (Triumviri 
coloniae deducendae, auch Septemviri, jogar 
Vigintiviri) deduziert und befamen eine der Mutter: 
ftadt nachgebildete Berfafjung und Magijtraturen, 
j. Magistratus municıpales. Wad dem 
Rechte der Bewohner waren die Kol. a) civium 
Romanorum, b) eoloniae Latinae, j. Latium, 
7f. Die legteren haben die römijchen Bürgerfolo- 
nien ganz in den Hintergrund gedrängt. Nod) jind 
au nennen ec) coloniae iuris Italieci, d. h. 
tolonien, in den Provinzen gelegen und aus: 
nahmsweile mit dem Recht ausgeftattet, welches 
die in Italien gelegenen in Beziehung auf Steuer: 
freiheit u. j. w. bejaßen, ſ. Jus Italicum. Much 
nod) in der Kaijerzeit wurden coloniae militares 
gegründet. Die legte war Verona, vom Kaiſer 
Gallienus deduziert, 265 n. E 

— zinreVew und xAnjtoges |. Pro- 
zels, 3, 

Klonios, Klovdog, 1) Sohn des Alegenor, Führer 
der Boioter vor Troja, von Agenor erlegt. Hom.Il. 
2, 495. 15, 340. Diod. Sie. 4, 67. — 2) Sohn des 
Priamos. — 3) 2 Gefährten des Aineias. Verg. 
A. 9, 574. 10, 749. 

Klotho j. Moira, 3. 

Kiymöne, Alvufvn, 1) Tochter des Okeanos 
und der Tethys, Gemahlin des Japetos Hesiod. 
theog. 351. 507 ff. Verg. G. 4, 3456), oder des 
Prometheus und Mutter des Hellen und Deuka— 
lion. — 2) Tochter des Nereus und der Doris. 
Hom. Il. 18, 47. — 3) Tochter des Minyas, Ge- 
mahlin des Phylakos (oder Nephalos), Mutter des 
Sphiflos und der Altimede, der Mutter des Jaſon 
— 10, 29, 6. Hom. Od. 11, 326); von Helios 

utter des Phaithun. Ov. met. 1, 756. 4, 204. 
— 4) ſ. Atalante. — 5) Dienerin der Helena, 
die fie nach Troja begleitete. /lom. Il. 3, 144. 
Nach Trojas Einnahme fiel fie als Beute dem 
Afamas zu. — 6) j. Katreus. — 7) Mutter 
des Homer. 

Kiymönos, Kivusvog, 1) Beiname des Hades. 
Paus. 2,35, 95. Op fast. 6, 757. — 2) Sohn 
des Kardys aus Kreta, der im 50. Jahre nach 
der deufalionijchen Flut die olympijchen Spiele 
erneuert und jeinem Ahn, dem idaiiſchen Herakles, 
einen Mitar erbaut haben joll. Paus. 5, 8, 1. — 
3) Cohn des Helios, Vater des — Hygin. 
fab. 154. — 4) Sohn des Preibon, Vater des 
Erginos, König der Minyer in Orchomenos, von 
den Thebanern erſchlagen und von Erginos ge: 
rät. Hom. Od. 3, 452. Paus. 9, 37, 1. 

Klytaimnestra, AKlvrauurjsrga, ältere Form 


Kivrauunjorge, altlateinijch Clutemestra, ſ. Aga-. 


memnon und Orestes. 

Kiytios, Alvrlog, 1) ein Gigant. — 2) Sohn 
des Laomedon, Bater des Kaletor und der Pro: 
kleia, troiſcher Geront. Mom. Il. 3, 147. 15, 41%. 
Paus. 10, 14, 2. — 3) Bater des Peiraios in 
Sthafa. Hom. Od. 16, 327. 15, 540. — 4) einige 
Sefährten des Aineias. Verg. A. 9, 774. 10, 129. 
11, 666. 

Knakion, AÄvazıov, Bach jüdlich von Sparta, 
entweder der jebt Panteleemon genannte oder der 
etwas weiter nördlich mündende Mayula (j. die 
Karte zu Lakonika). Plut. Luc. 6. 

Kuidos, Avridos, latein. Cnidus und Gnidus, 


640 


doriiche Stadt in Karien, Kolonie von Lakonien, 
am wejtlichen Ende einer langen, ſchmalen Halb— 
injel (Asgoornoog 1) Krıdia oder 1) Bußaocie), 
nahe dem Vorgebirge Triopion, wo im Mpollon: 
tempel die Berjammlungen und Feſtſpiele des Dori— 
ihen Bundes ftattfanden. Die Stadt lag teils 
auf dem Feſtland zwiſchen 2, dur einen Kanal 
verbundenen Häfen, teils auf einer Inſel gegen: 
über. Sie war ein Hauptjig des Kultus der Apgo- 
dirn Eimiore (regına Gnidi, Hor. od. 1, 30, 1), 
deren berühmte Statue von Prariteles fich dort 
befand, bedeutend durch ihren Handel, VBaterjtadt 
des Arztes Kteſias, des Mathematiterd Eudoros 
und des Geſchichtſchreibers Agatharchides, endlich 
befannt durch den Seefieg des Nonon über Bei: 
fandros (Auguſt 394 v. E.). Anjehnliche Ruinen 
von verichiedenen Tempeln, namentlich einem 
Demetertempel, und 3 Theatern bei dem j. Kavo 
Krio. Hat. ı, 144. 174. Thue. 8, 35. Xen. Hell. 
4, 3, 10 ff. Nep. Con. 4. Strab. 14, 653. 656. 

Knosos j. Kreta, 4. 

Kodros, Ködoos, Sohn des Melanthos, eines 
Neliden aus Pylos, welcher durch feinen glüdlichen 
Zweikampf mit dem boiotiſchen Könige Kanthos 
die Königswürde in Mttifa empfangen haben ſoll, 
die er auf feinen Sohn Kodros vererbte. Nach 
anderer Nachricht fämpfte erft 8. mit Kanthos und 
erlangte die Königswürde. Arist. pol. 8, 8, 5 
p- 1310 B. Die befannte Sage, nach welcher K. 
beim Einfalle der Dorer aus dem Peloponnes ſich 
ruhmvoll opferte und dadurch jein Vaterland (an- 
geblid 1068 v. E.) rettete (Hdt. 5, 76. Plat. 
symp. 208. Lyeurg. Leoer. 158 u. d.), ift nad: 
weislich nicht vor dem 5. Jahrh. v. E. entjtanden. 
An fie hat ſich die Erfindung geknüpft, die Athener 
hätten nadı 8.3 Heldentode ihm zu Ehren Die 
Königswürde aufgehoben (Just. 2, 7), und die 
jpätere Überlieferung nennt allgemein K. als letzten 
König von then und Medon als eriten auf 
Lebenszeit gewählten, verantwortlichen Archonten 
(vgl. Vell. Pat. 1,2, 2. Faus. 4, 5, 10). Da aber 
Platon (symp. 27 p. 208 D) und Ariftoteles (a.a.D.) 
höchft wahricheinlich von Aufhebung oder Beſchrän— 
fung der Nönigsgewalt nad K. nichts gewußt 
haben, und im Marmor Parium (27—31) Medon, 
Megakles u. a., die jonft lebenslängliche Archonten 
heißen, Könige genannt werden, wird ſchwer⸗ 
li) nad Kes Tode die höchſte Gewalt in Athen 
eine wejentliche Abänderung erfahren haben. Vgl. 
Buſolt, griech. Geſch. I ©. 399 ff. 

‘ Koilesyria j. Syria, 3. 

Koinos, Koivos, einer der anägezeichnetiten 
Feldherren Alexanders, Schwiegerjohn Parmenions, 
begleitete den König nach Indien, riet am Hy— 
phafis dringend zur Rückkehr und ftarb auf der: 
jelben zum großen Bedauern Nleranders, 326 v. C. 
Durt. 9, 3, 3 ff. Arr. 5, 8,4. 27, 1ff. 6, 2, 1. 

Koios ſ. Titanen. 

Koirtar, freies Volk in Pontos zwijchen den 
Moiynoiken und Tibarenern. Xen. An. 7, 8, 25. 

Kokälos j. Daidalos, 

Kokjtos j. Acheron und Unterwelt, 2. 

Kolakreten, zxwAargfraı (von oA, der Hüft- 
Tnochen, und &yeigw, daher die ältere Form xwi- 
eypirns), uriprünglid die Sammler der Opfer- 
ftüde als Speijemeifter für gewiſſe öffentliche 
Mahlzeiten, ſodann eine Finanzbehörde in Athen, 
welche die Verwaltung der Staatsfaffen hatte. Seit 


Knosos — Kolophon. 


Kleifthenes traten an ihre Stelle die Apodeften 
(droderrer); jene behielten nur die Einnahme der 
Berichtägelder (zerravsia) und die Verwendung 
derjelben für die Speifungen im Protaneion und 
jpäter den Nichterfold. Die Gelder empfingen fie 
wohl durch den raulas rüg duoınnjacwg. oeckh, 
Staatshaushaltung I ©. 237 ff. 

Kolassai j. Kolossai. 

Kolehis, Koiyis, die jchon aus der Argonauten— 
ſage befannte, fruchtbare, aber jumpfige Yandichaft 
in der jüdöftlichen Ede des Bontos Eureinos, zwi— 
ichen dem Kaulaſos, Jberien, Armenien und Bon: 
tos. Hauptfluß ift der Phaſis oder Rhion (ij. 
Nioni), während der Akampſis (j. Dichorof) die 
Grenze gegen Pontos bildet. An der Hüfte lagen 
die hifefifihen Kolonien Phaſis (j. Pot und 
Diosfurias (j. Iskuria), beide in der Kaiſerzeit 
Sebaftopolis zubenannt; weiter nördlich Pityüs 
(j. Pitſunda), römijche Grenzfejtung und Ber- 
bannungsort. Als Bewohner werden verjchiedene 
Stämme: die Apfilen, Abaſger, Suanen u. a., 
jpäter die Lazen genannt. Wegen der ſchwärz— 
lichen Hautfarbe, des krauſen Haares, der Sitte 
der Bejchneidung und der Yeinmwandarbeiten dachte 
1. an eine ägyptiſche Kolonie aus Sefoftris’ 
Zeit. Den Tribut von ſchönen Knaben und Mäd— 
chen an den perjiichen Hof hat jedesfalls die Berg: 
landichaft, die übrigens nur in lojer Abhängigkeit 
ftand, geleiftet. Xenophon (An. 4, 8, 8ff.) er: 
wähnt Kolcher auch in den Bergen um Trapezüs. 
Kolchis gehörte zu dem Reich des Mithridates, war 
dann römijcher Lehensſtaat und bildete (unter Ber- 
ſchwinden des alten Namens) jeit dem 5. Jahr). 
n. E. das Königreich Yazifa. Hdt. 2, 103 ff. 3, 97. 
Strab. 11, 497 ff. 

Kolönai, Kolövaı oder -«d, 1) aioliiche Stadt 
in Troas, öftlich von Alerandreia Troas; j. Tichigri. 
Thue. 1, 131. Xen. Hell. 3, 1, 13. Nep. Paus. 3. 
— 2) Kolonie von Miletos in Myſien, oberhalb 
Lampſakos. Arr. 1, 12, 6. Strab. 13, 589. 

Kolönos, Kolwvög, 1) Agoraios, Yolalität 
von Athen, wahrjcheinlich ein Teil des den Weiten 
der Stadt bildenden Demos Melite. — 2) Hip- 
pios, ſ. Attika, 14. 

Kolöphon, Kolopar, d. h. Spike, bedeutende 
Stadt des Joniſchen Bundes in Kleinafien, nord: 
weitlih von Ephejos, an dem Heinen, eisfalten 
Flüßchen Hakes gelegen, 2 Millien entfernt vom 
Kayſtriſchen Meerbufen, an dem ihr Hafen Notion 
lag. Xen. Hell. 1, 2, 4. Läiv. 37, 26. Sie war 
ausgezeichnet jowohl durch ihre Seemacht als durch 
ihre Nteiterei (daher das Sprihwort Kolopür« 
dmıiridiran, Kol. zu Hülfe nehmen, d. h. eine 
Sache vollenden, ihr den Ausjchlag geben). Kol. 
wird unter den Geburtsjtädten Homers genannt 
und war die Heimat der Dichter Mimnermos, 
Hermefianar und Nilandros, nad) einigen aud des 
Malers Apelles. Trotz der verjchiedenen Erobe- 
rungen durch den Indiichen König Gyges (Hdt. 
1, 14), durch die Perſer im peloponnefiichen Kriege 
(Thue. 3, 34), durch Lyſimachos (der die Bewohner 
nach Ephejos verpflanzte), durd die Seeräuber 
(Cie. de imp. On. Pomp. 12) blieb die Stadt doch 
ziemlich bedeutend und erhielt von den Römern 
Immunität. Liv. 38, 39. Unter den Produkten ift 
das Nolophonium, wisse Kolopwri«, resina C., 
befannt. — Ganz in der Nähe, wejtlih, lag 
Nlaros (Alcgog), berühmt durch feinen Tempel 


Kolossai — Komoedia. 


des Apollon mit Orakel (rö Aldgwor); j. Sille. 
Strab. 14, 642. Tac. ann. 2, 54, 

Kolossai, Kolosoed, jpäter aud; Kolasae«i, am , 
Lykos (Mebenfluß des Maiandros), nad) Herodot | 
(7, 30) und Xenophon (An. 1,2, 6) eine der be: 
deutenditen Städte des ſüdlichen Phrygiens, be: 
fannt durch Wollweberei und Färberei, ſank aber 
fpäter (auch durch ein Erdbeben 65 n. E.) und iſt 
faft nur durch den Brief des Apoftels Paulus 
noög Kokaocasis in der Erinnerung geblieben; 
j. Khonas. Strab. 12, 576 f. 

Kolötes j. Bildhauer, 6. 

Kolüthos j. Epos, 6. 

Komäna ſ. Kappadokia und Pontos. 

Kommagöne, Kouuaynrr), der nördlichite Teil 
Syriens, j. Syria, 3. 

Komoedia, xound’«, comoedia, von xöuog 
und adıj, Frreudengejang, Luftipiel, hatte jedesfalls 
einen ähnlichen Uriprung wie die Tragödie, wiewohl 
wir über die Entjtehung beider feineswegs genau 
und bejtimmt unterrichtet find. Bei den Feſten des 
Dionyjos, befonders bei der Weinlefe, vereinigten fich 
die Winzer und Landleute zur freier diejes Gottes. 
Diejer Verein von Landleuten war ein freiwilliger, 
der für das Feſt zufammentrat, nur in entfernter 
Beziehung zum Kultus ftand und in einer Gruppe 
von 24 ſonen eine Iuftige, durch Weinrauſch 
belebte und durch das Feſt zu jedem Spott be- 
rechtigte Bolfsgemeinde darftellte. Heitere, aus: 
gelafjene Lieder voll Witz und Spott bildeten 
einen Hauptbeftandteil diejer Feier, wobei man 
allerlei andere Kurzweil trieb und namentlich die 
Borübergehenden nedte. Preis der Gejänge war 
ein Schlauch, gefüllt mit Wein. Aus dieſer Feier 
und aus diejen Scherzen joll die Komödie in 
Griechenland hervorgegangen und nach und nad 
zu einer dramatiichen PDichtungsart herangebildet 
worden fein. In Attila wird ein gewiſſer Suſa— 
rion, der 580 v. E. lebte, als der Begründer 
derjelben genannt. Doc; joll fie jchon früher bei 
den Megarenjern, deren ausgelajjene Heiterkeit 
und Spottluft befannt war, und deren freiere Ber: 
fafjung eine jolche Richtung allerdings unterjtüßte, 
heimijch gewejen fein und einen gewifjen Grad 
ber Ausbildung gehabt haben, wenn fie auch über 
ertemporierte Scherze und Spähe nicht viel hin— 
ausgegangen jein mag. Vgl. v. Wilamowik im 
Hermes, Bd.9 ©. 3198 Dieje doriſche Komödie 
wurde auch in Sicilien bejonders durch Epichar— 
mos (j. d.) ausgebildet. Diefer nahm die Gegen- 
ftände für feine Stüde aus der Mythologie. 
Talent in erfinderifcher Kompoſition, in Iujtigen 
Motiven und überrajchenden Kontraften wird ihm 
nachgerühmt. Vgl. über die Komödie der Dorier 
Gryſar, de Doriensium comoedia (1828). — 
In Athen begann man jeit den Perjerfriegen aus 
den Elementen jener megariichen Schwänfe die 
Komödie auszubilden. Die früheſten Verfuche wer: 
den dem EChionides beigelegt. In der kunſt— 
mäßigen attiſchen Komödie hat man ein zwei: 
faches Alter zu unterfcheiden: 1) die alte Kom. 
(n el vder doyal« xmu.), blühte bis zur 
Beit der Unterdrückung Athens durch die Dreihig 
‘404 v. E.). Die vorzüglichiten Dichter diejer 
Hattung, deren wir an 40 fennen, waren 
Kratinos, Krates, Eupolis, Pherefrates, 
Phrynichos und bejonders Ariftophanes, von 
dem allein noch vollftändige Dramen (11) ung er: 

Reallerifon des Hafj. Altertums. 7. Aufl. 





641 


halten find, aus denen fich das Wejen der Gattung 
erfennen läßt. Jede Schwäche, jedes fittliche Ge- 
brechen, jede politiiche Verkehrtheit und verderb- 
liche Richtung , ſelbſt an den angeſehenſten und 
mächtigften Männern, wurde gerügt und dem 
Spotte preisgegeben. Auch ſelbſt Heroen und 
Götter wurden ihrer Würde entfleidet und in 
ihren Schwächen und Blößen dargeftellt. Chr: 
geizige, ungeſchickte Feldherren, unruhige, an- 
maßende Dentagogen, lächerliche Philojophen und 
verderbliche Sophiſten, Dichter und Redner brachte 
fie unter ihren eigenen Namen und mit treuer 
Nachbildung ihrer äußeren Perjönlichfeit durch be: 
jonders dazu gefertigte Masten auf die Bühne: 
niemand blieb verjchont, der die Geißel des 
Spottes zu verdienen ſchien. Dabei twurde frei: 
lich die Schilderung zum Zerrbilde: niedrige Bil: 
der und Gleichniffe, ſchmutzige Spähe und Aus: 
drüde find nicht eben felten. Die Kom. des Ari- 
ftophanes hat einen durchaus Öffentlichen Charafter, 
alle Berhältniffe des Staats- jowie des Privat: 
lebens kommen, jchonungslos mitgenommen, zum 
Vorichein und vor die Augen des Publikums. 
„Es übt jomit die alte Komödie das Amt einer 
politiichen Cenſur aus und vertritt mit unbejchränf: 
ter Freiheit die Öffentliche Meinung. Jedes ihrer 
Stüde betrachtet das Geſamtleben des Staats in 
einem einzelnen, aber wichtigen Momente, woran 
das Allgemeine in gleicher Zeit ſich abipiegelt. 
Aber langfam und nicht auf einmal ift ihr der 
Umfang diefer Kritik Mar geworden. Den erften 
Anftoh empfing fie von der reichen, aus vielfachen 
Elementen — * ſtädtiſchen Geſell— 
ſchaft, denn die wahre Komödie bedarf eines 
Gegenjapes in der Geſellſchaft. Dann muß fie 
aber auch eine Gegenwart voll von Bewegung 
und Widerjprücen vorfinden, da fie von der 
Gegenwart jich nährt und auf fie einmirft. Und 
dieje Bedingung war in Athen während der Zeit 
der Ochlofratie allerdings vorhanden. Bon der 
Ochlofratie fam den Komikern ein reicher, um: 
begrenzter Stoff für ihre Darftellungen. Denn 
in wenigen Jahren hatte die Pöbelherrichaft den 
jonft gediegenen Kern des attischen Volksſtammes 
jo ausgehöhlt und zerfrejlen, dat die Möglichkeit 
einer bejjeren Zufunft verloren war, da jofort in 
die ochlofratiichen Trümmer und Schäden arg: 
liftige Demagogen eindrangen, neben denen fana- 
tiiche Priefter des Atheismus und des einheimi- 
chen oder afiatiichen Aberglaubens, Männer der 
Wiſſenſchaft und Wortführer fophiftiicher Bildung 
im ftillen wirkten. Dieje ſtaatliche und gejell: : 
ichaftliche Entartung nahm die alte Komödie zum 
Gegenjtande ihrer Darftellung. Sie malt daher 
unabläffig die Unpolitik und Anarchie des Staats, 
die winzigen Staatsmänner, die Erniedrigung der 
Bürger in — —— und im Gerichts: 
weſen, die Verderbtheit des Bolfscharafters in der 
Öffentlichkeit und Familie, die Auflöſung der 
menjchlihen Bande in der Religion und Er: 
ziehung, in den Ständen und Gelkhlechtern Es 
dichteten die Komiker im Bewußtſein des allgemei— 
nen Unglücks, und ſie liebten ihr Vaterland zu 
warm und innig, um die beſſere Vorzeit vergeſſen 
und die Reſte der Sittlichleit und Ehre preisgeben 
zu können. Indem fie num ihre Zeit der Wahr: 
heit gemäß in den Umriffen einer verfehrten und 
verichrobenen Welt zeidinen, worin alle einander 
41 


* 


642 


gleich geworden und in aller möglichen Ungebun: 
denheit für einen tollen Starneval vereint zu fein 
icheinen, gewinnt die Komödie 2 mwejentliche Ele: 
mente, das Phantaftiiche und das Recht der In: 
fonvenienz, jo daß fie in diejer Beziehung als ein 
vollfommener ee zur Tragödie erſcheint.“ 
Die Komödie idealifiert die Menſchen und ihre 
Angelegenheiten in einem der Tragödie entgegen: 
gejegten Sinne, nämlich ins Häßliche und Nie: 
drige. Und wie in der Tragödie harmonische Ein: 
beit in jeder Beziehung herrichen fol, jo darf die 
Kom. in einer chaotiichen Fülle leben, die bunteften 
Gegenſätze und Widerjprüde herbeiziehen, fich 
Willfür aller Art erlauben, da das ganze Drama 
ein einziger großer Scherz jein joll, der wieder 
eine ganze Welt einzelner Scherze enthält. Daraus 
erklärt fich die große ormlofigfeit der Stüde, 
welche gänzlich ohne bejtimmten Plan und Ein: 
heit gearbeitet find, ſowie die häufigen Verſtöße 
gegen Anftand und Sitte. Bei den Ießteren iſt 
aber nicht zu vergefjen, daß die Alten über gewiſſe 
Dinge eine ganz andere und weit freiere Sitten— 
lehre als wir hatten, und daß die mutwillige 
Ausgelaſſenheit der Dionyſosfeſte auch den tie— 
riſchen Naturtrieb einmal der Feſſeln entband, 
welche ihm ſonſt Sittlichleit und Anſtändigkeit 
anlegten. Es waren jene Feſte eine vollfommene 
Faſchingszeit, welche alles entfefjelte und auch der 
Nomödie eine ungezügelte Freiheit zulich. End— 
lih ift es den Dichtern nie darum zu thun ge: 
weſen, durch unfittliche Späße und Boffen bloß 
das Gelächter der Menge zu erregen; es offenbart 
ſich vielmehr auch in der tolliten Musgelafjenheit 
ein fittlicher Ernft. — Die Sprache der alten Kom. 
ift der reinfte Attieiſmus jowohl im Dialog als 
auch in den Chören, die fie ebenjo gut als die 
Tragödie hat, nur feine ordome, d. i. Gejänge 
zwilchen den einzelnen Akten. Der Chor jelbjt 
beftand aus 24 Berfonen, die fich oft in 2 Halb: 
cdöre teilten. Der Tanz des fomifchen Chores 
war der jogenannte »ögdad (j. d.), der in feinen 
Bewegungen und Sprüngen ausgelaffen, mut: 
willig, ja auch zuweilen unjchidlich und unzüchtig 
war. Eine bejondere Eigentümlichleit des komi— 
ſchen vn war die Barabaje, rapdßasıg. Die 
Parabaje ijt ein Intermezzo und jteht ftreng ge: 
nommen mit der dramariichen Kunft in Wider: 
ſpruch, da die Jllufion aufgehoben und das Spiel 
unterbrochen wird, damit der Dichter fich mit dem 
Bublitum verftändigen kann. Sobald nämlich die 
Erpofition des Stüdes abgeichloffen und das 
Thema hinlänglic; begründet war, entftand ein 
Nuhepunkt im Dialog; der Chor, welder bisher 
auf der Bühne am Dialog feinen Anteil gehabt 
hatte, nahm nun, zum Zuſchauerraume gewendet 
(zeös rö Heargov agaßijvaı), eine Stellung in 
der Orceftra ein, um, gewöhnlich in anapäftijchen 
Tetrametern, Wünſche, Klagen, Verdienfte und 
andere Intereſſen des Dichters vorzubringen und 
in ihre Licht zu jegen, dann aber auch die Götter 
des Staates zu preifen und politischen Tadel gegen 
Berjonen und Mängel des öffentlichen Lebens vor: 
zubringen. So bildet die Parabaje, welche nad) 
Verlauf größerer Abjchnitte im Stüde wiederfehrt, 
eine Digreſſion von den poctiichen Zwecken des 
Stüdes zu den ntereffen der Gegenwart und 
gleichſam ein Programm des Komikers, für den 
meijt der Chorführer das Wort redet. Vgl. Koljter, 


Komoedia. 


de parabasi (1829). Agthe, die Barabaje und die 
Zwiſchenalte der att. Komödie (1866). Nachtrag 
dazu (1868). Muff, über den Vortrag der chor. 
Partien bei Ariftophanes (1871), ©. 86fj. — 
Aufführungen fanden namentlih an den Lenaien 
ftatt; um den Preis, ftritten in bejjerer Zeit 3, 
ipäter 5 Dichter. — Über das Koſtüm der alten 
Kom. j. Schauspiele. — Beſchränkt wurde 
dieje Gattung der Kom. hauptjächlic durch Ya: 
machos gegen Ende des peloponneſiſchen Krieges. 


— 2) Die neue Kom. (N via oder zur) noon- T 


dia; die jogenannte mittlere Kom. ijt eine Er: 
findung der Grammatifer des 2. Nahrh. n. E.; 
ſJ. Selig, de Atticorum comoedia bipartita, 
1866). Die frühere Verhöhnung und Verſpottung 
wirflicher, namentlich angejehener Berjonen und 
Madıthaber im Staate hörte auf (ur zwundeir 
srouaerl); an ihre Stelle traten Philoſophen, 
Dichter, beſonders Tragiker, auch Perjonen des 
ewöhnlichen und alltäglichen Lebens: Handwerker, 
auern, Krieger, Schmaroger, Hetären u. dergl. 
Auch der äußere Glanz und die Ausftattung wur: 
den vermindert, die Chöre fielen weg. Dagegen 
erhielt der Plan und die Handlung eine künſt— 
lihere Verſchlingung und Berfnüpfung, und Die 
Perjonen traten in einer größeren Mannigfaltig: 
feit auf. Die Sprache näherte fich mehr der ge: 
wöhnlichen Umgangsipradhe und der des gemeinen 
Lebens, doch war jie noch immer rein und elegant. 
Dichter in diejer Gattung waren noch Ariftophanes 
im Plutos, dann Eubulos, Anarandrides, 
Antiphanes und Aleris. Später verihmwand 
das politifche und Öffentliche Leben ganz von der 
Bühne, dagegen traten Charafterftüde auf. Die 
Dichter erfanden eine ordentliche Fabel, deren 
Handlung nad) einem zufammenhängenden Plane 
vom a bis zur GEntwidelung fortgeführt 
wurde. Ein Knoten wurde gefnüpft und am Ende 
getönt, fo daß die Aufmerkſamkeit der Zuſchauer 
is dahin geipannt blieb. Die Kunſt beftand 
darin, einen Charakter richtig nach dem Leben zu 
ichildern, ftreng durchzuführen und dabei einen 
zufammenhängenden Plan zu verfolgen. Damit 
erreichte die neue Komödie ihren Höhepunkt in 
der Zeit Mleranders des Gr. und der Diadochen. 
Die Hauptdichter diefer Richtung find vor allen 
Menander, dann Bhilippides, Pojidippos, 
Philemon, Diphilos und Apollodoros. Die 
Charaftere und Perſonen, welche vorzüglich vor: 
geführt wurden, find diejelben, melde wir_ bei 
ihren Nachahmern Plautus und Terenz antrefien: 
leno periurus, amator fervidus, servulus cal- 
lidus, amica illudens, sodalis opitulator, miles 
proeliator, parasitus edax, parentes tenaces, 
meretrices procaces. Ein Chor fam mur als 
handelnde Perjon vor. — Ausgezeichnete Samm: 
lung der erhaltenen Bruchjtüde der attijchen No: 
miler von Meinefe: fragmenta comicorum Grae- 
corum (4 Bdd., 1839 ff.), dazu als 5. Bb.: co- 
micae dietionis index compos. H. Jacobi (1857). 
Kleinere Ausgabe (2 Bdd. 1847). Fragmentjamm: 
lung mit lateinifcher Überjegung von Bothe (1855 
und 1868). Neue Sammlung von Th. Kock: comi- 
corum Atticorum fragmenta (3 Bdd. 188088). 
Vol. Bielinffi, die Gliederung der altattiichen Ko— 


mödie (1885). — Bei den Römern entjtanden 6 


die erjten Anfänge einer Komödie nach Yivius 
(7, 2) im J. 363 dv. E., veranlaft durch den Aus: 


Komos — Konon. 


bruch einer Beft, indem man unter andern Mitteln, 


643 


Komos, Köuos, bei den jpäteren Griechen der 


den Zorn der Götter zu verjöhnen, auch ludi Gott des feitlichen Freudengelages (40006), dar: 
scaenıci aufführte und Schaufpieler aus Etrurien | geitellt als geflügelter Jüngling, in Gejellichaft 


herbeiholte. 
Tanzes auf ohne Gedicht, was die Römer zunächit 
nahahmten und bei fi einführten. Im J. 241 
v. C. dichtete Livius Andronifos, ein griech: 
ſcher Freigelaſſener (j. Livii, 11.), unftreitig nad 
griechiichen Mujtern, ein planmäßiges Stüd, bei 
dejien Bortrage und Darftellung ein Flötenipieler 
ihn begleitete. Bei dem Vortrage ſolcher Stüde 
trieben junge Römer noch die alten Scherze und 
Spähe, weldye fpäter durch die Atellanen ver: 
drängt wurden, indem dieje als eine Art Nach— 
fpiel an die Stelle jener traten. Vgl. Exodium 
und Fabula. Die ältefte tunftmäßige Kom. der 
Römer war eine Nachahmung der neuen griecdhi: 
ihen; Plautus und Terenz, durch welche wir jie 
allein fennen, verfuhren jedoch ſchon etwas jelb: 
jtändiger, objchon audy in ihren Stüden die griechi: 
ſchen Vorbilder nicht zu verfennen find. Nävius 
verjuchte die alte attiiche Kom. einzuführen und 
griff angejehene Römer freimütig an, mußte aber 
diejen Verſuch mit dem Gefängniffe büßen, und 
jo wurde die Sache von andern nicht weiter 
fortgejegt. Die Sujet3 der römischen Kom. find 
immer aus dem bürgerlichen und häuslichen Leben 
genommen, einen Öffentlichen und politijchen Cha: 
rafter hat fie nie gehabt. Dazu ftand fie im 
Staate und öffentlihen Leben zu tief; fie war 
niemald wie in Athen ein Staatsinftitut. Das 
Intereſſe der Zujchauer wurde durch Verwidelung 
der Handlung und deren Löſung, meiftens eine 
Heirat oder Wiedererfennung, gefeffelt; die Cha: 
raftere jind ziemlich ftehende, und ihre Schilde: 
rung iwieberdolt fih. Die Teile der römischen 
Kom, waren prologus, eine Art Vorwort, das 
gewöhnlich den Inhalt des Stüdes anzeigte und 
dDasjelbe dem Publikuut empfahl, diverbium (dui- 
verbium), Dialog, und canticum, was man 
fälichlih bloß auf Monologe bezogen hat. Unter: 
ſuchungen Ritſchls und Bergks haben gefunden, 
daß in den Handjchriften der Komifer die Ab: 
— bei den einzelnen Scenen die Zeichen 
IV und C als Abkürzungen für diverbium und 
canticum gejeßt haben, und darnach ift die Zahl 
der cantica viel größer als man bisher angenom: 
men hat. Denn außer den Monodien finden fich 
auch Wechjelgejänge, ja die gejungenen und, von 
der Muſik begleiteten Bartien haben oft das Uber: 
gewicht über den an Darin zeigt fi eine 
große Abweichung von den griechischen Luftipiel: 
dichtern. Einen Chor hatte die römiſche Nom. 
nicht. Die den Griechen nachgebildete Kom. mit | 
—— Leben und griech. Sitten hieß fabula pal- 
iata; die Stüde, in welchen römische Sitte, Leben 
und Trachten vorfamen, waren fabulae togatae. 
Die bedeutenditen Balliatendichter waren Nävius, 
PBlautus, Ennius, Atilius, Statius Cä— 
cilius, Terentius und ©. Turpilius, Haupt: 
bertreter der togata Titinius, T. Duintius 
Atta und namentlih 4 Afranius. Über das 
Koftüm j. Schauspiele, If. Beſte Samm— 
—— der Fragmente der römiſchen Komiler von 
D. Ribbeck: comicorum Romanorum fragmenta 
(2. Band der poetae scaenici; 2. Aufl. 1873). 
Bal. ten Geſchichte der römischen Dichtung 1 
©. 53 ff. 


Dieje führten eine Art mimijchen mit Seilenos, Eroten, Zechern. 


ı Kovıorngıov, xorioree, conisterium, d. h. 
Staub: und Sandplag, hieh in den Gymnaſien 
der Plaß, two die Ringer und Kämpfer ſich übten. 
In dem griechiichen Theater bezeichnet xor/orga 
den Fußboden, auf welchem bei dDramatijchen Auf: 
führungen die bretterne Orcheſtra, der Standort 
des Chores, errichtet war, daher aud) die Orchejtra 
jelbft; ſ. Theatron, 6. 

Konon, Kövor, 1) ein atheniſcher Feldherr, 
welcher fich im peloponnefiichen Kriege auszeichnete 
und jhon im %. 413 v. E, eine Flotte befehligte. 
Thuec. 7,31. Im %. 407 übernahm er ftatt des 
Altibiades den Befehl (Just. 5, 5, 4), wurde aber 
von Kallifratidas bei Mytilene gejchlagen, ein: 
geichloffen und nur durch den Sieg jeiner Lands— 
leute bei den Arginufiichen Inſeln (406) gerettet. 
Als die Spartaner die atheniiche Flotte bei Aigos— 
potamoi (405) überfielen und vernichteten, rettete 
er allein jeine Abteilung von 8 Schiffen durch 
feine Wachjamleit und entlam nach Kypros. Xen. 
Hell. 1,4, 10. 5, 16 ff. 6, 10 ff. 38. 7,1. 2,1, 28f. 
Nep. Con. 1, 2f. Plut. Lys. 11. Nach der Er: 
oberung Athens blieb er auf Kypros 8 Jahre, 
fnüpfte von dort aus mit dem perſiſchen Sofe 
Verbindungen an und erhielt von demjelben, als 
Agefilaos in Vorderaſien einfiel, eine Flotte (396), 
mit der er in See ging. Doc richtete er, von 
den perfiichen Satrapen nicht gehörig unterftügt, 
anfangs wenig aus und begab ſich Deshalb jelbjt nach 
Suja an den Hof im J. 395, 100 es ihm gelang, durch 
jein freimütiges Auftreten jih Achtung zu er: 
werben und fräftige Hülfe zu erhalten. Darauf 
jegelte er von neuem aus und traf den ſpartani— 
ihen Admiral Peifandros, Ageſilaos' Schwager, 
bei Knidos an der fariichen Küfte, griff ihn an 
und ichlug ihn völlig (Auguſt 394). Xen. Hell. 
4,3, of Plut. Ages. 17. Nep. Con. 4. Just. 
6, 3. Damit war die jeit Athens Entkräftung 
gegründete Herrichaft Spartas auf dem Meere ge: 
brocdhen. Konon, dem jtets der Gedanfe an die 
Befreiung feiner Baterjtadt vorgeichwebt hatte, 
jegelte dann, nachdem er zuvor die griechiichen 
Injeln und Städte Nleinafiens von dem jpartani: 
ſchen Harmoſten befreit hatte (394), gegen die 
Küſten des Peloponnes, verwüſtete jie und begab 
fih nun nad) Athen, wo er mit Jubel von jeinen 
Mitbürgern aufgenommen wurde. Bor perjiichen 
Könige reighlich mit Geld verjehen, baute er Athens 
Mauern wieder auf, 398. Xen. Hell. 4, 8,1ff. 
Nep. Con. 4. Die Spartaner juchten mun mit 
dem perfiihen Statthalter Tiribazos zu unter: 
handeln, welcher den an ihn von Athen gejfandten 
Konon in Sardes gefangen nahm, 392. Xen. 
Hell. 4, 8,16. Über jein ferneres Schidjal herricht 
Ungemwißheit; doch ift wahrjcheinlicher, daß er nicht 
hingerichtet wurde, jondern jpäter entfam und auf 
Kypros bei Evagoras ftarb. Isocr. paneg. 41. Nep. 
Con. 5. Abhandlung von Mar Schmidt (1873). 
— 2) von der Inſel Samos, lebte um 250 v. E., 
beichäftigte fich viel mit Beobachtung der Geſtirne 
und mit mathematifchen Studien und war dem 
berühmten Archimedes befreundet. Als Hofaitro: 
nom des Königs Ptolemaios III, Energetes don 
Ägypten nahm er das Haar der Königin Berenife 

41? 


— 


644 


Kopais — Korinthia. 


(ſ. Berenike, 2.) unter die Sternbilder auf.|j. Kap Hagios Nifolaos. Dann verengt fich die 
Catull. 66, Uff. — 3) Srammatifer in Rom zur | Yandenge zu dem 18200’ breiten Iſthmos, der 


Zeit des Cäſar und Octavian, ſchrieb in gutem 
attiichen Dialeft 50 Erzählungen (dumyrjosıg), 
welche Stoffe der älteren Zeit, bejonders der Ko: 
lonien, behandeln. Wir bejigen diejelben im Aus: 
zuge des Motios. Ausgg. von Teucher (2. Aufl. 
1802) und in Weftermanns Mythographi (1843). 

Kopais j. Boiotia. 

Kophön, Kogprjv oder Kapng (Strab. 15, 6975), 
weftlicher (rechter) Hauptnebenfluß des Indos, j. 
Kabul. Arr. 4, 22, 5. 28, 2. 25, 7. 5, 1,1. 

Konnertiags ij. Zaugpöpas. 

Kopreus, Korgevs, Sohn des Pelops, Vater 
des Periphetes; wegen Ermordung des Iphitos 
aus Elis flüchtig, wird er von Euryſtheus in My: 
fene entjühnt und als deſſen Herold dazu ge: 
braucht, dem Herafles die Aufträge zu den Kämpfen 
zu geben. Hom. Il. 15, 639. 

Korakesion j. Kilikia. 

Korax, Köge£, 1) ein Syrafufier, regierte nad) 
Hierond Tode wahricheinlih um 467 v. C. zu 
Syrafus als Oberhaupt des Staates, lebte aber 
darnach in Yurüdgezogenheit und bejchäftigte fich 
mit den Wifjenichaften. Als Lehrer der Bered— 
jamfeit gilt er für dem erften, welcher diejelbe 
nach bejtimmten, aufgeichriebenen Grundſätzen vor- 
trug und die erfte Theorie (rEyrn) feiner Kunft 
— Sein Schüler war Teiſias. Cie. de or. 
1,20. — 2) f. Aitolia. 

Koodas hie in der älteren attiſchen Komödie 
der, angeblidy durch Pelops nach Griechenland ge- 
fommene, Tanz des Chores, in welchem bejonders 
die Trunfenheit dargeftellt wurde. Er bejtand in 
einem Hin- und Dertaumeln, wobei noch manche 
andere plumpe und unfittliche Körperbewegungen 
vorfommen mochten; daher man mit diejem Namen 
überhaupt einen unſchicklichen, unzüchtigen Tanz 
bezeichnete. 

Kore j. Persephone. 

Korösos j. Kallirrho&, 4. 

Korinna, Köewve, 1) lyriſche Dichterin aus 
Tanagra in Boiotien, wegen ihres häufigen Auf: 
enthaltes in Theben auch Thebanerin genannt, 
mit dem Beinamen Myia, um 509 v. E. blühend. 
Sie foll den Pindar in der Poeſie unterrichtet 
en ihn jpäter fünfmal in Wettfämpfen befiegt 
haben. 
faßten Gedichten, die in 5 Büchern boiotiſche 
Stammfagen und heroiiche Kabeln umfaßt haben 
re und vielleicht den Namen Borwroög führten, 
ind nur wenige Heine Bruchftüde erhalten, die 
Ahrens (Graeec. ling. dial. Bd. 1) und Bergf 
(poet, Iyr. Graec. III p. 543 ff. der 4. Aufl.) be: 
handelt haben. — 2) j. Ovidius. 

Korinthia, Kogırdia, Landſchaft des Pelo— 
ponnes, zum Teil auf dem Iſthmos und eine Art 
Vorhof der ganzen Halbinſel, politiſch in 12 Gaue 
geteilt, grenzte im W. an Sikyonia, im S. an 
Argolis, im D. an den Saroniſchen Meerbuſen, 
im NO. an Megaris, im N. an den Korinthifchen 
Meerbujen in einer Größe von 12 TIM. und iſt 
größtenteils gebirgig. Gegen Megaris bildet die 
Grenze das Gebirge Seraneia (n Trgarse, j. 
Mafriplagi), 1370 m hoch, an deſſen jchroffer Süd- 


Von ihren im boiotiichen Dialekte ver:, 


freilich nur 8Om über der Meeresfläce liegt, indes 
durch jeine felfige Beichaffenheit die öfter, 3. ©. 
von Kaijer Nero, verjuchte Durchftechung unthun: 
lid) madıte; aus der Erde gequollenes Blut und 
ähnliche Unglüdszeichen haben nach der Sage des 
Volls in alter und neuer Zeit die Arbeiter ge- 
fchreft und gehindet. In neueſter Zeit ift der 
Plan einer Durchitechung wieder aufgenommen und 
die Ausführung im Winter 1881/82 begonnen wor: 
den. Uber den Iſthmos führte der Diolfos 
(Ölosrog, |. d.), eine Schleifbahn, auf welcher die 
Heineren Fahrzeuge von einem Meere zum andern 
geihafft wurden. Südlich davon finden ſich Über— 
reſte der jeit den Berferkriegen bis in die Türfen- 
zeit wiederholt erbauten Mauer (durch die Bene- 
tianer 1463 und 169). Im SW. Tiegt das 
Gebirge Apejas (j. Phuka), gegen Argolis und 
Phliafia, im S. der Hauptitadt der Kegel Akro— 
forinthos mit der Akropolis, 575m über dem 
Meere, 500m über der Stadt hoch, öſtlich davon 
die Kette der Orvsıa don (Eielsberge), j. Heramili, 
Bm Hoc, mit den Borgebirgen Bufcphalon 
und Speiraion. Durch diefe Gebirge wird K. 
nach S. gänzlich gejperrt, und nur 2 Straßen, 
im W. von Kleonai und weiter öftlich von Argos 
über Tenea, führen über die Gebirge. Nur weit: 
fih auf dem Iſthmos ift eine fruchtbare Ebene, 
die auch früher, als fie nicht jo vernadhläffigt war 
wie jegt, für die Bedürfniffe der zahlreichen Be- 
völferung nicht hinreichte. Bon dem übrigen Ge: 
biet jagten jchon die Alten „öpgvd re zul xoı- 
kedvera“* (vgl. Hdt. 5, 92. Strab. 8, 382), d. i. 
„es wechjeln Höhen und Thalichluchten”. Unter 
den Flüſſen bildete der Nemea (Neufe), j. Fluß 
von Vokha oder Kutzomali, die Grenze gegen 
Sikyon; von einem größeren bei Korinthos vor: 
überftrömenden Fluſſe (j. Longo-Potamo) fennt 
man merkwürdigerweiſe den alten Namen nicht. 
— Der alte Name von Korinthos, Ephyra, deutet 
auf pelaigiiche Bewohner; mit ihnen verbanden 
ſich jpäter Nioler und nach der Einwanderung der 
Dorer dieje. Die Bevölkerung des Ländchens 
belief jich in der Blütezeit auf 600 000 Menjchen, 
die ſich meift vom Handel nährten; eine bedeutende 
Duelle des Reichtums war auch der hohe Tranfit: 
zoll für alle den Landweg paffierenden Waren. — 
Die Hauptitadt war Korinthos (n und bisweilen 
auch o Köpırdog, Corinthus), früher "Eproa, j. 
Korinth, die volfreichite und wichtigfte Handels: 
ftadt von ganz Hellas mit 300 000 Einwohnern, 
ausgezeichnet durch ihre günftige Lage zwiſchen 
2 Meeren (bimaris, Hor. od. 1, 7, 2. Or. met. 
5, 407), die Mutterftadt zahlreicher Kolonien, mit 
der jhönen Duelle Peirene (wo Bellerophon den 
widerjpenftigen Pegaſos gebändigt haben follte, jebt 
Drafonera), 575m über dem Meere quellend. Später 
legte Kaiſer Hadrian eine Wafferleitung aus dem 
Siymphaliſchen See in Arfadien hier an. Durd) 
feine Burg Afroforinthos im S. war 8. neben 
Magnefia und EChallis eines der 3 Bollwerte (mF- 
dar) Griechenlands. Nachdem Mummius die Stadt 
146 vd. C. zerftört hatte, lag fie 100 Nahre in 
Trümmern, ward dann von Cäſar als latiniſche 


jeite fich die berüchtigte Skironiſche Strafe hin | Kolonie Colonia Laus Julia Corinthus wieder 
zog; im W. endet es in dem Berge Nigiplanttos | aufgebaut und blühte, wenngleich nicht in der 
und den Vorgebirgen Holmiai und Heraion, alten Weife, empor, zugleich politische Hauptſtadt 


ro 


Korinthischer Krieg. 


645 


der Provinz Adaja. Wenig wiſſen wir von der) wo Thefeus die große Sau, die Mutter des faly: 
Topographie der alten Stadt, vieles von der doniſchen Ebers, erlegt haben jollte; an der Weit: 


neueren. 
öffentlicher Gebäude zierten die Stadt, weit herr: 


Eine Menge herrlicher Privat: und |füfte Dinoe. Strab. 8, 378. Paus. 1.2. — ® 


or 
der doriſchen Wanderung hatten im K. zuerft die 


licher als Athen, aber Luxus, Schwelgerei und Siſyphiden geherricht, zur Zeit des trojanijchen 


Eittenverderbnis waren bald die Folge. Bei dem 
Tempel der Aphrodite befanden ſich 1000 Hiero— 
dulen, „die vielgaftlichen Mägdlein, die Dienerin: 
nen der Überredung in der reichen Korinthos“ 


Krieges gehörte die dprsıöog Koögırdog (Hom. 
11. 2, 570) zu Myfenai; bei der Teilung erhielt 
Aletes, des Herakles Ürentel, das Land. Um 
955 dv. E. bemächtigte ſich die familie des Balchis 


(Pindar), und nicht für jedermann war eine Reife |(j. Bakchiadae) der Herrſchaft, bis nad) oli- 


nad Korinthos ratjam: ab mavröog dvögög ds 
Kogırdor th' ö nloös. Kunftvolle Thongefähe, 


archiicher Herrſchaft 667 v. E. (DI. 30, 4) der 
unftiinnige Kypſelos (von mütterlicher Seite ein 


das Forinthiiche Erz, die Forinthiichen mit Akan- | Bakdhiade) die Dligarchie der Bakchiaden ftürzte 


thosblättern gezierten Säulen (angeblid) von Kali: 
machos eingeführt), der Giebelichmud der Tempel 
— find Erfindungen der Korinther; Malerei, Bild: 





— — · — 





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N, — FO 
” Pier dthenu Yen! 
Zul: ’ 








hauerei und Erzgieherei waren hier gepflegt. — 
Nördlicd von der Stadt lag, durd; Doppelmauern 
mit ihr verbunden, 12 Stadien entfernt am Ko: 
rinthiichen Meerbufen der Hafen Yehaion, AE- 
z«vov, mit künftlichem, jetzt verſchlammtem Baſſin, 
wo jeit dem Erdbeben von 1868 Neu-Korinth an: 


gelegt ift; auf dem Wege dahin lag das Denkmal 
des Diogenes. Am Saronijchen Meerbujen lag 
der Öftlihe Haupthafen Kenchreai, Äeyzeecld, ]. 
Kelhriäs, nahe dabei @egual mit warmen Salz: 
quellen, die auch "Peiroı oder „Bad der Helena” 
hießen, und der Flecken Solygeia; jüdlih Tenea, 
(j. Mloti bei Kleniäs), der Geburtsort des Kyp— 
jelos. — In der Nähe der Hafenjtadt Eyowwoüg 
(j. Kalamaki) wurden auf dem Iſthmos beim Hei: 
ligtum des Pojeidon die Iſthmiſchen Spiele 
geleient; nod) finden fic) bedeutende Trümmer von 

empel, Theater und Stadion. — Außerhalb des 
Iſthmos befanden fih Sidüs und Krommpon, 






| jeinen Tod fand. Mit dem Tall des 


und als Tyrann auftrat. Aber ſchon nad) der 
Herrichaft feines Sohnes Periandros (627—585) 
wurde deſſen Sohn Pſammetichos geftürzt und 
eine republifaniihe Berfaffung eingeführt. Am 
peloponnejiichen Kriege ſank aud die Seemadht 
Korinth, welches fi in der Folge den Mafebo: 
niern anſchloß und endlich wegen feiner Zeil: 
nahme am Acaiischen Bunde durch die Römer 
fiel. Pol. 40, 7. Flor. 2, 16. Paus. 7, 16. gl. 
Eurtius, Peloponnejos II S. 514 ff. Burfian, 
Geographie von Griechenland II ©. 9 ff. 
Korinthischer Krieg. Die Unternehmungen 
der ſpartaniſchen Feldherren Thibron und Der: 
fyllidas gegen die perfiihen Satrapien Vorder: 
afiens (jeit 399 v. E.) machten die Perſer bejorgt; 
als num gar Agefilaos mit neuer Kraft gegen das 
Innere der Halbinjel vordrang, juchten jie Unter: 


| ftüßung in Griechenland gegen die Pläne des 


unternehmenden Königs. Der Rhodier Timokrates 
wurde nad) Griechenland gejandt und gewann 
durch Beftehung die Städte Theben, Korinth uud 
Argos, welchen ſich jpäter Athen und mehrere 
Heine Staaten anjchlofjen. Während Agefilaos fich 
zum Zuge in das Innere Kleinafiens rüftete, brach 
in jeinem Rüden die Bewegung aus, die ihn jpäter 
zur Rückkehr nach Griechenland nötigte (394). Zu: 
nächft fam der Streit zwiichen Theben und Sparta 


: — Ausbruch, indem Lyſander die Stadt Ha— 


iartos angriff, aber bei einem Ausfall der Bürger 

efeierten 
Heerführers begann der ſ. g. torinthifche oder 
boiotiſch forinthiiche Krieg. Xen. Hell. 3, 5. Plut. 
Lys. 29. Ageſilaos erhielt den Befehl zur Rück— 
fehr; ungern, aber gehorfam dem Rufe jeiner be: 
drängten Baterftadt, unterbrach er feinen Sieges: 
lauf. Die Verbündeten hatten anfangs die Abficht, 
| Sparta jelbft anzugreifen, da man, wie der Ko: 
rinthier Timolaos meinte, die Welpen in ihrem 
Neſte angreifen müßte, che fie herausbrächen, um 
in ftechen. Doc * ſie ſich nach — dem 
| ittelpunfte des Bundes, wo die bisher herrichende 
Partei der Ariftofraten geitürg! war, wieder zu: 
rüd. Die Spartaner folgten ıhnen (394), fiegten 
in der Schlacht bei Nemea und erwarteten in 
| Sityon den heranziehenden Agefilaos. Glücklich 
' gelangte diejer nach Boiotien, wo er die nieder: 
ſchlagende Nachricht von Konons Siege bei Knidos 
empfing. Die Verbündeten griffen ihn bei Koro— 
neia an, ein blutiger, erbitterter Kampf entipann 
fih, mit Mühe behauptete Agefilaos die Wal- 
ftatt. Er jelbit m mehrere Wunden davon. 
Xen. Hell, 4, 2f. Plut. Ages. 18. (Diod. Sic. 
14, 84 läßt die Schlacht unentichieden.) Juzwijchen 
ıging Spartas Übergewicht zur See verloren, die 
| Berbündeten, welche 404 Athens Macht gebrochen, 





646 


richteten diejelbe wieder auf. Ageſilaos zog fich 
nad) Sparta zurüd. Bahlreiche Städte jchloffen 
fi dem Bunde gegen Sparta an, gegen welches 
aud) der Satrap Pharnabazos, welder Sparta 
glühend hafte, eine Flotte nach Hellas führte, 
Auf dem Iſthmos wurde eine jpartaniiche Mora 
bei Lechaion durch Iphikrates vernichtet (391), 
welcher zuerft in diejem Kriege aus zahlreichen 
Söldnern feine Peltaften heranbildete. Diejes un— 
erhörte Mifgeichid erfüllte Spartas Gegner mit 
Qubel. Nep. Iph.1. Xen. Hell.4,4 und 8. Unter 
Berheerung der Küften durch die perſiſchen Flotten, 
des inneren Griechenlands durch die Kriegszüge 
der Parteien jchleppte ſich der forinthijche Krieg, 
in den legten Jahren ohne enticheidende Ereigniſſe, 
bis zum Jahre 387 Hin, in welchem Antalfidas 
(ſ. d.) den nach ihm benannten Frieden, freilich 
unter Widerfprud; mancher Gegner Spartas, mit 
dem Großkönige abſchloß, welder den größten 
Vorteil aus demjelben zog. Diod. Sie. 14, 110. 
Xen. Hell.5,1. Bgl. Sievers, Geſch. Griechenlands 
©. 362 ff. Die Chronologie des Krieges behandelt 
Brückler (1881). 

Korkyra, Corcjra, 1) Kögxvoa, jeit dem 4. 
Jahrh. v. E. auch Keervox (auf Münzen und An: 
ichriften), angeblich die homeriſche Zyepin, das 
Yand der Phaiaken, j. Korfu, Inſel dem Feſtland 
von Epeiros gegenüber, 50 Millien vom Akroke— 
rauniſchen Borgebirge, über 10 IM. groß. 2 Berg: 
züge bilden die Intel: ein nörbdlicherer, von Weſt 
nad Oſt ziehender, der im feinem öftlichen Teile 
die anjehnlihe Höhe von 946m erreicht und im 
Altertum vielleicht Meliteifches Gebirge (j. Hag. 
Deka) hieß, und ein füdlicher, der von der Sild- 
weftjeite des erfteren ausgeht, nah SD. ftreift 
und fih allmählih abdacht. Borgebirge find im 
D. Leukimme (j. Levfimo), im E Amphipa: 
g08 (j. Aiprofaro oder Bianco), im NW. Pha— 
lafron (j. Kap Kephali), im NO. Kaſiope. Zum 
Ackerbau ift wenig Flachland, trefflich aber gedeiht 
der Wein; deshalb waren die Beivohner auf Handel 
und Schiffahrt angewiefen und erjcheinen ſchon 
bei Homer als ein jeemächtiges, in manchen Stüden 
verfeinertes Voll. Nach einer kurzen Anfiedlung 
der Eretrier legte 734 v. C. Korinth hier eine 
Kolonie an, welche jchnell aufblühte und zur Zeit 
der Perjerfriege nächſt Athen die größte Flotte 
ftellen konnte. Dieſe Macht führte jelbft zum 
offenen Kampf gegen Korinth, deſſen Flotte im 
Seetreffen geichlagen wurde. Thuc. 1, 13. Später 
war K. die Urſache des pelopomnefiichen Krieges 
und nahm thätigen Anteil an demielben, aber die 
folgenden pofitifchen Verhältniffe, beionders zur 
Yet der Nachfolger Aleranders, ſchwächten feine 
Macht und bewogen die Einwohner, ſich (229) 
unter römiſchen Schub zu begeben. Der Charakter 
der Bewohner war überall als trügeriih und 
brutal verrufen. — Die Hauptitadt Korkyra (i. 
Korfu) lag in der Mitte der Dftküfte und hatte 
2 Afropolen (im Mittelalter of xogvpo/ genannt, 
daher der heutige Name Korfu) und 2 Häfen, 
einen Handelshafen und den Kriegshafen, "TAAaixds 
(j. Perama und verichlammt). Thue. 3, 72. 81. 
Ein Feines davor liegendes Eiland (j. Bontikonifi) 
ſcheint die Veranlaffung zu der Fabel von dem 
durch Pojeidon in Stein verwandelten Schiffe ge: 
geben zu haben, welches den Odyſſeus heimführt. 
Hom. Od. 13, 152 ff. Erjt in römifcher Zeit wird 


Korkyra — Kos. 


erwähnt die Stadt Kafiöpe (oder Kaffope) auf 
der gleichnamigen Landzunge an der Nordoſt— 
Spite. — Bon ihrer fihelförmigen Geftalt hatte 
die Infel aud den Namen 7) Iperdrn, den die 
| Alten freilich auf die Sage zurüdführten, daß Kro— 
nos nach der Entmannung feines Vaters Uranos 
die Sichel hier ins Meer geworfen habe. Abhand: 
lung von G. €. A. Müller: de Corcyraeorum 
republica (1835). — 2) j. Illyricum, 

Koroibos, Kogoıßog, 1) der erite er in 
den olympiſchen Spielen, als dieje nach einer Unter: 
Drehung von 86 Jahren wieder gefeiert wurden, 
776 v. C. Bon da an beginnt daher die Olym- 
piadenredinung. — 2) f. Kassandra. 

Koroneia, Kogarsıa, Stadt an der Weſtſeite 
des Berges Tilphoffion in Boiotien, im ſüdweſt— 
lichen Teile der Kopaisniederung (Hom. Il. 2,503), 
in deren Nähe beim Tempel der Athena Itonia 
die Pamboiotien, das Bundesfejt der Boioter, ge: 
feiert wurden. Hier fiel im Jahre 447 v. E. die 
Schlacht vor, durch welche die Boioter fid von 
Athens Herrichaft frei machten (Thue. 1, 113. Paus. 
1,27, 6), und hier bejiegte 394 Agefilaos die Boioter. 
Xen. Hell. 4, 3, 15 ff. Plut. Ages. 18. 

Korönis, Kogwovis, 1) Tochter des Phlegyas, 
ſ. Asklepios. — 2) Tochter des Koroneus, 
Königs in Phokis, von Athene in eine Krähe ver: 
wandelt, als fie von Poſeidon verfolgt ward. Or. 
met. 2, 551 ff. 

Korönos, Kogwvos, 1) Sohn des Therjandros, 
Entel des Sifyphos, Bruder des Haliartos, Grün: 
der von Kloroneia. Paus. 9, 34, 7. — 2) Sohn des 
Kaineus, König der Lapithen, Bater des Leonteus. 
Hom. Il. 2, 746. Er befriegte den Dorerfürften 
Aigimios und ward von Herakles erichlagen. 

Korybantes j. Rhea Kybele. 

Korydallos j. Attika, 1. 

Kogvxıor dvreov |. 
Kilikia, 

Korynötes 1) j. Areithoos. — 2) j. The- 
seus. 

Kogvrnpögoı, 1) in Sikyon Name der alten 
gefnechteten Landesbewohner (auch xarwvor«pognt), 
ähnlich wie in Sparta die Heloten. — 2) die feulen: 
tragenden Trabanten des Peififtratos. Hat. 1, 59. 
Plut. Sol. 30. 

Koryphaios j. Choros, 

Koryphasion, Koovpdsror, Borgebirge Meile: 
niens an der nördlichen Seite der Pyliſchen Bucht 
mit gleichnamiger Stadt, hiftorifch berühmt durch 
die folgenreihe Beſetzung don feiten des athe- 
niichen Feldherrn Demofthenes im Jahre 425 v. E.; 
j. Altnavarin. Thuc. 4,3 ff. Strab,. 8, 359. 

Korythos, Köevdos, 1) Sohn des Zeus, Ge: 
mahl der Elektra, der Tochter des Atlas, Vater 
des Jaſios und Dardanos, Gründer von Corythus 
(Eortona) in Tufcien. Serv. zu Verg. A. 3, 167 ff. 
170. 7, 209. 10, 719. — 2) ein Yapithe auf der 
Hochzeit des Peirithoos. Op. met. 12, 290. — 
3) aus Marmarife, auf der Hochzeit des Perjeus 
genannt. Or. met. 5, 125. — 4) Eohn des Paris 
und der Dinone, von dem Vater getötet, weil er 
mit Helena in Liebesverhältnis ftand. 

Kos, Kös, epiſch Köwg, Cös und’Cöus, j. Kos 
oder Stanko, eine der Sporaden im Myrtoiſchen 
Meere, an der Mündung des Keramifchen Meer: 
bujens zwiſchen Halifarnaffos und Knidos, von 
NO. nah SW. gejtredt. Von dem Gebirge Prion 


Phokis, 3., und 


9 


Köouoe: — Krateros. 647 


teils fruchtbar, namentlich reich an vortrefflichem | fiiche Göttin, ähnlich der Kybele und auf ähnliche 
Wein; außerdem lieferte fie noch feine, durchſich- Weife in ausjchweifender Wildheit verehrt. Ahr 
tige Frauengewänder (vestes Coae) aus dort ge: | Kult fand bei Griechen und Römern Eingang. 
wonnener Seide, ferner Töpfergejchirr und Salben. | Ihre lärmenden Fefte hießen Kotyttia, die Teil: 
Sie war von Doriern aus Epidauros, Argos und | nehmer derjelben Bapten, Bärraı, von den Rei: 
Megara befiedelt und gehörte zu dem Dorijchen | nigungen, die dabei vorfamen. Hor. epod. 17, 56. 
Bunde. An der NO.-Seite, bei dem Borgebirge | Juv. 2, 92. 

Standarion, lag die Schon von Homer (I1.2,677)| Kragos f. Kilikia und Lykin. 

genannte Hauptitadt Kos (j. Stanfo), 40 Stadien] Kranät, Koavar, Inſel an der Tafonifchen 
vom Feſtland, und bot einen herrlichen Anblick. Küſte bei Gytheion, wohin Paris die entführte 
In der Borftadt ftand ein berühmter Tempel des ven brachte (Hom. Il. 3, 445); j. Marathonifi. 
Aſklepios (dem die ganze Inſel geweiht war) mit | Paus. 3, 22, 1. Andere Ausleger verftehen die 
reichen Weihgeichenfen, u. a. 2 Meifterwerfen des 
Apelles (der deshalb auch, obgleich von Kolophon 
gebürtig, Koog genannt wurde), einem Antigonos 
und einer a ach Aphrodite Anadyomene. 
Mit dem Tempel war auch eine ärztliche Schule 
verbunden, aus welcher Hippofrates hervorging. 
Ferner ftammte aus Kos der Pichter Philetas. 
Kleinere Orte im SW.: Halajarna bei dem Bor: 
gebirge Laketer und Stomalimme bei der Land» 
pie Drelanon. Strab. 14, 653. 6567. 

Koouoı |. Kreta, 6. 

Kossaler, Kooo«öo:, afiyriich Kafji, ein wildes, 
räuberifches Volk in dem Grenzgebirge zwijchen 
Elymais und Medien, das auch gegen die Perjer: 
fönige jeine Unabhängigkeit behauptete und erft 
von Alerander (Winter 324/323) unterworfen wurde. 
Strab. 11, 524. 16, 744. Arr. 7, 15,1. 

Kösogvos, cothurnus, eine Art hoher, den 
ganzen Fuß bededender, bis zur Mitte des Beins 
reihender Jagdftiefel, die mit Riemen  befejtigt 
wurden. Verg. A. 1, 336. Aiſchylos führte ihren 
Gebrauch auf dem Theater ein, um den Schaus 
jpielern in der Tragödie ein höheres, übermenjc: 
liches Ansehen zu geben. In der Komödie war 
dieſe Fußbefleidung etwas niedriger und hieß bei 
den Römern soccus. — Beide Wörter bezeichnen 
metonymijch auch die Tragödie und Komödie. 

Kotilion j. Phigalia. 

Korraßog |. Mahlzeiten, 6. 

Kottos j. Hekatoncheiren. 

Kotys, Körvs, 1) König von Thrafien um 380 
v. C., Schwiegervater des Feldherrn Iphikrates, 
war Bürger von Athen, führte aber jpäter gegen 
dieje Stadt Krieg, weil fie feine Gegner in Thra— 
fien unterftügte, um 361, und fiel im Jahre 358 
durch Meuchelmord. Seine Grauſamkeit war bei 
den Griechen verrufen. — 2) Sohn des Seuthes, 
unterftügte die Römer gegen Perſeus von Mafe: 
donien, der ihm jedoch wieder Beiltand leiftete bei 
einem Angriffe des Eumenes von Pergamos auf 
Thrafien. Zar. 42, 29 ff. 51 ff. — 3) erfaufte vom 
Profonjul Piſo im Jahre 57 v. E. die Ermordung 
der Gejandten mehrerer thrafiicher Stämme und 
itand jpäter dem Pompejus gegen Cäſar bei. Cie. 
Pis. 34. Caes. b. c. 3, 4. — 4) lebte in Zmwiejpalt 
(19 u. E.) mit feinem Oheim Rhejfuporis, welcher 
das zwilchen beiden Verwandten von Auguſtus ge: 
teilte Reich allein beherrichen wollte, den K. durch 
Hinterlift in jeine Gewalt brachte und troß des 
Tiberius Drohung ermorden lich. Tuc. ann. 2,64 ff. 
Ov.ex Pont. 2,9. Dio Cass. 54, 34. — 5) Eein 
Sohn erhielt von Caligula jpäter Kleinarmenien, 
da das anfänglich während feiner Unmündigkeit 
von Rom verwaltete Thrafien römische Provinz 
wurde. Suet. Vesp. 8. 


Injel Helena bei Attifa (ſ. Attıka, 19.) 

_ Kranäos, Ägavaos, attiicher Autochthon und 
König zur Zeit der bdeufalioniichen Flut, von 
Amphiktyon verdrängt, Vater der Kranaë, Stra: 
naihme und Atthis. 

Kraneion, Kedrsıov, jehr bejuchter Pla vor 
dem öjtlihen Thore von Korinth mit einem Cy— 
prejienhain, einem Gymafium und zahlreichen Land— 
hänjern, Berfammlungsplat der Jugend und Auf: 
enthalt des Kynikers Diogenes. Es ftanden dort 
die Tempel der Aphrodite Melanis und des Bel: 
lerophontes, jowie das Grabmal de3 Diogenes. 
Paus. 2, 2, 4. 

Krannon, Ägarvar, Cranon (bei Livius u. a.), 
anfehnliche Stadt in der theflaliichen Landſchaft 
Pelaſgiotis, 5 Stunden ſüdlich von Larifja, Sitz 
des mächtigen Geſchlechts der Stopaden. Strab. 
9,441. Hier fämpfte im lamijchen Kriege 322 
v. E. Krateros mit Antipater gegen die verbünde: 
ten Athener und Witolier. Diod. Sie. 18, 16f. 
Plut. Phoc. 26. Paus. 10, 3, 3. 

Krantor, Kodrvrogp, aus Soloi in Kilikien, 
eifriger Zuhörer der Alademiler Xenofrates und 
Rolemon, blühte um 320 v. E. Er jchrieb Imo- 
uviuare, vorzüglich ethiichen Inhalts, und die 
eriten Kommentare zu Platon. E3 hat fich aber 
nichts erhalten. Seine berühmte Troftichrift meet 
zerdovg benußte Plutarch in feiner dritten Troft: 
rede und Cicero (tuse. 1, 48, 115) in dem Buche 
de consolatione. Abhandlung von Meier, de 
Crantore Solensi (opuse. Il p. 267 ff.). 

Krataiis j. Hekate. 

Krateros, Kodrspog, 1) Bruder des Ampho— 
teros, befehligte unter Alerander dem Gr. anfangs 
eine der 6 Abteilungen der makedoniſchen Hopliten 
(referaıpoı), dann eine Schar Neiterei während 
der Kämpfe in Indien und wurde von Alerander 
als tüchtiger Feldherr ſehr geichäßt und geliebt. 
Auf dem Rüdzuge aus Indien führte er den zu 
Lande zurüdgehenden Teil des Heeres. Diod. Ste. 
17, 57. 114. Arr. 1, 14. 6, 27. 7,4. Nachdem er 
infolge der Strapazen dieſes Feldzuges erkrankt 
war, erhielt er (324) von Mlerander den Befehl, 
die Ausgedienten nach der Heimat zurüdzuführen 
und ftatt Antipaters die Verwaltung Mafedoniens 
zu übernehmen (Arr. 7, 12, 4); jedoch Aleranders 
Tod lieh ihm auf jeinem Buge in Vorderafien 
Halt machen. Er erhielt nun in Verbindung mit 
Antipater die enropäiichen Länder des großen 
Neiches dem Königshauſe vorläufig, zog mit einem 
Heere dahin zur Unterftügung des Antipater gegen 
die griechischen Verbündeten und fämpfte mit ihnen 
bei Krannon, 322. Durch jeine zweite Gemahlin, 
Phila, Schwiegerjohn des Antipater, ftritt er mit 


(bis 875m hoch) durchzogen, war fie doch Kotys, Kotytto, Körvs, Korvreo, eine thra- 
ihm gegen Perdiffas (321) und gegen Eumenes. Im 


648 


Kampfe gegen den Ießteren fiel er in Aſien und 
wurde noch nach feinem Tode von diejem alten 
Freunde durch eine glänzende LVeichenfeier gechrt. 
Nep. Eum. Diod. Sie. 18, 295. — 2) deſſen Sohn, 
ein gelchrter Sammler, verfaßte eine Prgpıoud- 
tor ovvayayı) aus den in dem Metroon zu Athen 
aufbewahrten Originalen. Die Fragmente hat 
Meinele beim Stephan. Byz. p. 714 gejammelt 
und Gobet (Mnemosyne, nova series I p. 97) 
vielfach verbeſſert. — 3) Arzt in Rom, erfreute fich 
eines bedeutenden Rufes. Hor. sat. 2, 3, 161. 

Krates, Kecdrns, 1) lomiſcher Dichter in Athen in 
den erjten achtziger Olympiaden, Hauptvertreter der 
eigentlichen attiihen Komödie und Schöpfer ihres 
Organismus, ſoll 449 v. E. zum erjtenmal Be. er 
haben. Dan zählte 14 Stüde von ihm; Fragmente 
jind von 9 Stüden erhalten, die einen lebhaften 
und gewandten Stil zeigen. Sammlung derjelben 
von Meineke, com. Graec, fragm. Bd. II, und 
Kock, com. Att. fragm. Bd. I p. 130 ff. — 2) Kir. 
von Mallos (Mallotes), das Haupt der per: 
gameniſchen Grammatiferjchule und jüngerer Zeit: 
genofje des Nriftarchos, war in Tarjos gebildet 
und begab fi) an den Hof von Pergamos, wes— 
halb er auch bisweilen der Pergamener genannt 
wird. 167 dv. E. wurde er von Eumenes II. nad) 
Nom geichidt und gab dort, durdy eine zn 
längere Zeit zurüdgehalten, den Anſtoß zur Be- 
treibung grammatijcher Studien. Suet. gramm. 2. 
Er mag um 145 geftorben fein. Won feinen Schrif: 
ten find 5* Titel befannt, wie die dıopdtwaıg 
Iddog nal Odvaoeiag in 9 Büchern, die in 
Gegenjag trat zu den Ariftarcheern in Alerandreia; 
Kommentare zu Heſiod, Euripides, Ariftophanes; 
aud) wegi "Arrınjg drakefxrov, wivanes und andere 
Schriften werden erwähnt. Monographie von E. 
Wachsmuth (1860), — 3) aus Theben, ein 
kyniſcher Philofopp um 350 v. C. Die unter 
jeinem Namen vorhandenen Briefe (36), gedrudt 
bei Hercher, epistolographi p. 208, find ein Pro- 
duft der Rhetorenjchulen. 

Krathis, Koäßıs, 1) Fluß in Achaia bei Aigai, 
der den Styr aufnimmt; j. Afrata. Hat. 1, 145. 
Strab. 8, 386. — 2) nad) dem vorhergehenden be: 
nannt, Fluß in Unteritalien bei Sybaris, j. Crati, 
bildete die Grenze zwiichen Lucanien und Bruttit. 
Seinem Waffer wurden heilende Kräfte zugejchrie: 
ben. Strab. 10, 449. — 3) Berg im norböftlichen 
Arkadien. Paus. 7, 25, 11. 8, 15, 8, 

Kratinos, Kgerirog, 1) Dichter der älteren 
attischen Komödie, Sohn des Kallimedes, geboren 
wahrjcheinlih um 520 v. E., geftorben um 423, 
begann ziemlich ſpät Komödien zu dichten. Sein 
früheftes Stüd ift Aeyioyoı, jein letztes Tvrien 
(die Weinflaiche), ein berühmtes, mit ungeteiltem 
Beifall aufgenommenes Stüd, furz vor jeinem 
Tode gegeben, womit er gegen Ariftophanes’ Wol- 
fen und gegen den Konnos des Ameipfias den 
Sieg gewann. In diefem Drama hat der Dichter, 
der dem Weine jehr ergeben war, ſich ſelbſt dem 
Gelächter des Publikums bloßgeftellt. Die Zahl 
jeiner Dramen wird auf 21 angegeben; neunmal 
gewann er den Sieg. Kratinos hat das Verdienſt, 
dem noch roheren komischen Feſtſpiele eine geregelte, 
funjtmäßigere Form gegeben zu haben. Sräftige 
Senialität des Geiftes, reichen, erfinderiichen Wit, 


Krates — Kreta, 


von Meinefe, com. Graec. fragm Bd. II. (Bd. I 
©. 7 ff. der Heineren Ausg.), und Kock, com. Att. 
fragm, I p. 11 ff. — Zu unterjcheiden ift 2) ein 
jüngerer Kr. Dichter der neueren Komödie, der 
einer weit jpäteren Zeit en und bis224v. €. 
gelebt zu haben jcheint. Er jchrieb 8 Stüde, deren 
Zitel_ und Autorſchaft freilich nicht ganz zweifellos 
iſt. Sammlung der Bruchftüde bei Meineke, com, 
Graec, fragm. Il p. 684 ff. (kleinere Ausg.), und 
tod, com. Att. fragm. Il p. 289 ff. 

Kratippos, Kecrınmos, aus Mioytilene auf 
Leſbos, Peripatetifer zu Athen und Lehrer des 
jungen Cicero, blühte um 50 v. C. Cicero der 
Bater erteilt ihm (off. 1, 1. div. 1, 3) großes Lob; 
jeine Schrift über Weisfagung aus Träumen hat 
fich nicht erhalten. 

Kratylos, Accrödos, Schüler des Herafleitos 
und des Sophijten Protagoras, des jungen 
Platon, der ihm zu Ehren einen Dialog, in wel: 
chem er den Urjprung und das Wejen der Sprache 
unterjucht und den tr. das Syſtem Heraklits gegen 
die eleatiiche Philojophie des Hermogenes vertei— 
digen läßt, mit feinem Namen jchmüdte. 

Kremna j. Pisidia. 

Kreon, Ketwr, 1) Sohn des Lyfaithos, König 
von Korinth, ſ. Argonauten, 6. — 2) Sohn 
des Menoifeus und Bruder der Jokaſte, Herricher 
in Theben, j. Oidipus. — 3) König in Theben, 
j. Herakles, 2. 5. 

Kreophflos, Kosopviog, tytliſcher Dichter, der 
in nahes Berhältnis zu Homer gebradjt wird; er 
joll ein Schwiegerjohn oder ein Freund desielben 
gewejen jein und von om die homeriſchen Gedichte 
geerbt haben. Bon feinen Nachlommen erhielt 
der Sage nad) Lykurgos von Sparta die homeri: 
ſchen Gejänge. Man verjegt ihn bald nach Samos, 
bald nad) Chios und Jos, den Städten, wo home: 
riiche Poeſie geblüht, und jchreibt ihm die Abfaſſung 
einer Olzaklag Chwcıg zu. Plat. r. p. 10, 6000. 
Plut. Lye. 4. 

Kresilas j. Bildhauer, 6. 

f Kresphontes j. Herakles, 16. und Aipy- 
08, 3. 

Kröta, Korrn, neugriechiſch Kriti, türkijch Kirid, 
ital. Candia, die größte unter den griechiichen 
Inſeln (etwa 160 FIM.), Ichlieft das Nigaiiiche 
Meer im Süden ab, erjtredt fi) von W. nach D. 
in einer Länge von 35 Meilen, während die Breite 
wilchen 8 und kaum 2 Meilen mwedjelt. Ein 

'alkiteingebirge durchzicht die Inſel der Länge 
nad) und erhebt fich zu 3 höheren Berggruppen. 
Die weftliche heißt die Weißen Berge (r« Aevu« 
den), j. Madaras, 2460= hoch. Davon laufen 
ins Meer aus die Borgebirge Kriu Metopon 
(, Krio), Korykos (j. Grabufa), Tityros oder 

iftynnaion mit der Spike Pijakon (j. Spabai, 
Kyamon (j. Afrotiri) und Drepanon (j. Kepha— 
las). In der Mitte erhebt ſich das Hauptgebirge, 
Id oder 'Idaior (j. Piiloritis), gleichfalls 2460" 
Hoc, meist mit Schnee bededt; nördlich davon das 
Vorgebirge Dion (j. Dia), ſüdlich Liſſos (j. Karos 
Lithinos). Im Dften endlich liegt das Gebirge 
Ilarn (j. Yafithi), 2160m hoch, berühmt durch 
den Dienst des Zeus; es jendet 2 Vorgebirge nad 
D. aus, Samonion (j. Sideros) und Ampelos 
(j. Karalos). — Die Inſel hat zahlreiche Bäche, 


körnigen Ausdrud und bilderreiche Sprache rühmen | doch meift nur von furzem und reißendem Lauf. 
die Alten an ihm. Sammlung der Fragmente! Im Norden fließen (von W. nach D. gegangen): 


[52 


Kretheus — Krisa. 649 


Jardanos (j. Platanios), wejtlich von Kydonia; nad Epimenides von Knoſſos). — Städte. Auf 4 
Dares (j. Mylopotamos), vom Ada kommend; | der Nordieite von W. nach D. lagen: Phalaſarna 
Amniſos und Rairatos, im Gebiete von Knoſſos. mit einem Tempel der Artemis-Diktynna oder 
Im Süden (von D. nad) W.): Katarrhaftes (j. | Britomartis; Kiſamos zwiichen den Borgebirgen 
Anapodiaris) u. Zethaios ij. Mitropolipotamos) | Korytos und Pſakon, Hafen von Bolyrrhenia, 
mit dem Eleftras, im Gebiete von Gortys. — | der bedeutendften Stadt im nordweftlichen Zeile 
Das Klima ift wegen der Mifchung von See: und | der Jufel, von Achaiern und Dorern bewohnt; 
Hebirgsluft jehr gejund und wurde jchon von | Bergamos mit der angeblichen Grabftätte des Ly— 
Hippofrates Kranken empfohlen. Von Produkten | furgos; in fruchtbarer Ebene das mächtige Ky— 
waren DI, Wein, Quitten und Honig berühmt; die) donia (j. Kania), 40 Stadien vom Jardanos 
Wälder von Eichen, Tannen, Cedern und Cypreſſen (= Jordan), der Sage nad) von Minos gegründet, 
lieferten treffliches Schiffsbauholz ; im heigen Süden, | auch Apollonia genannt, mit trefflihem Hafen und 
in der vorzugsweiſe edior genannten Gegend | einem Tempel der Britomartis. Nach ihr heift 
3 von Gortys, gedeihen auch Dattelpalmen. — Ge: | die Quitte malum Cydonium (Hat. 3, 44. 59). 
ſchichte. Bei feiner glüdlichen Lage zwiichen | Weiter: Aptera, landeinwärts Yappa, Amphimalla 
3 Erdteilen und bei der günftigen Bildung jeiner | am Meerbufen gl. N., Rhithymna (j. Netimo), 
Küsten mußte Kr. jehr bald der Siß eines regen | Eleutherna am Fuß des Ida mit dem Hafen Pan— 
Lebens und Berfehrs werden; die hafenreichere | tomatrion, Daros. Hierauf Knojos oder Knoſſos, 
Nordküfte wies diejer Thätigkeit vorzugsweiſe die | Gnoſſus, j. Mafrotidyos, mit den Hafenſtädten Ma— 
Nichtung gegen Europa an. Daraus erflärt fich | tion oder Herafleion (j. Megalotaftron, Hauptjtabt 
die bedeutende Rolle, welche die Inſel in der grie- | der Inſel) und Amniſos, Reſidenz des Minos, 
chiſchen Mythologie ſpielt; ferner die Sagen von | jchon nach Il. 2, 646. Od. 19, 178 eine bedeutende 
dem ausgedehnten Handel und der Secherrichaft, | Stadt, mit Gortys rivalifierend; in der Nähe das 
von der frühen Staatenbildung und den weijen | Labyrinth (j. d.). Werner: Lyttos oder Lultos, 
Gejehen eines Minos und Nhadamanthys, Ido— | etwas landeinwärts, die größte Stadt im Oſten, 
meneus und Meriones, welche ihr den Namen | 220 v. E. von den Knoſſiern zerftört; Miletos 
vij00og Hardga» erwarben; endlich der außer: |(fchon ZI. 2, 647) j. Milato; Arkadia; Minoa ; 
ordentliche Reichtum an Städten, wie denn jchon | Dleros, mit einem hölzernen Standbild der Brito: 
Homer (11. 2, 649) die Inſel Eraröumodıg nennt | martis. von Daidalos; Praifos; Itanos au der 
(nad Od. 19, 174, wo nur 90 erwähnt werden, | Dftküfte. — Auf der Südfeite von D. nah W.: 
eine runde Zahl). — Zu den älteften Bewohnern | Hierapytna, j. Yerapetra, an der ſchmalſten 
vom phrygiſch-kariſchem Stamm, weldye von den | Stelle der Inſel; Leben (j. Leda) mit Aſklepios— 
Griechen "Ersöxonreg, d. h. echte Kreter, genannt | tempel, Hafenſtadt von Gortys, wie auch Matala; 
wurden (Od. 19, 176), und deren Nejte im DO. der | Gortyn oder Gortyna, aud) Gortys, j. Hagii 
Inſel ſich erhielten, famen jeit etwa 1200 v. E.| Dela, am Lethaios, jchon von Homer (Tl. 2, 646. 
phoinitifche Anfiedler, wie verichiedene Namen und | Od. 3, 294) reıyıoesca genannt, unter den Römern 
Mythen beweilen, mwahrjcheinlic die Kvdwveg | Hauptitadt, deren Stadtrecht wir aus einer im 
(Od. 3, 292), die jpäter im NW. wohnten. Dann | Jahre 1884 gefundenen, etwa aus dem Jahre 400 
folgte die Kolonifation durch die Griechen: Jonier, v. E. jtammenden großen Inſchrift teilweiie kennen 
Achaier, bejonders aber Dorer. Es war natürlich, | (herausgeg. von Bücheler und Zitelmann, 1885, 
daß die leßteren auf Kreta ähnliche Einrichtungen | Lewy, 1585, J. und Th. Baunad, 1885; über: 
trafen wie in Sparta (Herodot [1,65] freilich u. a. |jept von Bernhöft, 1885); PWhaiftos, Geburtsort 
laſſen den Lyfurgos feine Gejeße aus Kreta holen). | des Epimenides (ſ. d.). An der Nordküfte, öftlich 
Unter dem friegeriichen Adel jtanden die politiich | vom Vorgebirge Dion, lag die Heine Inſel Dia, 
rechtlojen regioınoı oder ürrjxooe, wohl die Grie: | wohl der uriprüngliche Sik der Sage von Dionyjos 
chen anderer Stämme; fodann die leibeigen ge: | und Ariadne. Strab. 10, 474 ff. — Vgl. das Haupt: 
machten früheren Bewohner, die im Dienft der wert: Höd, Kreta (3 Bod. 1823— 29). Burfian, 
Gemeinden urwir«. oder uroraı, in dem der Pri- Geographie von Griechenland II ©. 529 ff. 

vaten dpamarcı oder rArparaı (im Stadtreht| Kretheus j. Aiolos. 

von Gortys, j. u., olxees, d. h. Häusler) hießen. Kreüsa, Kodovo«, 1) Tochter des Dfeanos und 
Ebenjo erinnern der Kat der Alten (wahrjcheinlich | der Ge, von Peneios Mutter des Lapithenkönigs 
30 Mitglieder), die 10 »oonoe zur Aufficht über | Hypſeus. — 2) j. XKuthos. — 3). Aineias. 
Berfaffung und Verwaltung, die gemeinfamen | — 4) j. Argonauten, 6. 

Mahlzeiten der Männer (krögeie), die Öffentliche Kreusis j. Boiotia g. €. 

Erziehung der Jugend, die Genofjenjchaften der) Krimissos. Kgınıcaog, Kolunsog (Plut. Ti- 
Sünglinge &yeiaı (f. d.), die Liebe zu männlichen | mol. 25), Fluß im weftlichen Sicilien, an welchem 
und fittfamen Jünglingen ganz an Sparta. Strab. | Timoleon 339 dv. E. die Karthager jchlug; nad) 
10, 4507. — Die Inſel zerfiel in eine Menge | gewöhnlicher Annahme der Nebenfluß des jelis 
jelbftändiger Stadtrepublifen, bis fie von den Rd: | nuntiichen Hypſas (j. Belice), nad) andern an der 
mern als ein Hauptſitz der Piraten durd; Metellus | Nordküfte mündend, j. Fiume di S. Bartolomeo 
Ereticus 68 —66 v. E. unterworfen und 27 dv. C. oder Freddo. Nep. Timol. 2. Plut. Timol. 25 ji. 
mit Syrenaife zu einer Provinz vereinigt wurde.| Krisa, 7) Koloo«, Koice, uralte Stadt in Pho- 
Die Kreter waren als Bogenjhügen und Schleu: | fis, von Homer (II. 2, 520) die weihevolle (fa#En) 
derer berühmt und dienten häufig als Mietstruppen, | genannt, wejtlich von Delphoi am Fluß Bleiftos 
at aber wegen ihrer Yügenhaftigfeit und Un- und 1", Stunden Ianbeinwärts vom Kriffaitichen 
ittlichfeit mit den Kappadofern und Kilitern (oder | Meerbufen, wurde im ſ. g. erften heiligen Kriege 
Karern) zu den role wanna ndnıore: Koijres dei | auf Befehl der Amphiltyonen zerjtört, da die Be- 
Yebgrar, nark Inpla, yaoriges koyal (Tit.1,12 wohner durch Beſchätzung der deiphiichen Wall: 





650 


fahrer ſich verhaßt gemacht hatten. Strab. 9, 418, 
Die Feldmarf wurde dem delphiſchen Gotte ge: 
heiligt, die Bewohner zogen nad Amphifia oder 
nach Kircha (Arega), der Hafenſtadt von Delphoi 
(j. Magula), welches keineswegs mit Kriſſa identiſch 
iſt. Aeschin. Ctes. 119. Vgl. PBreller, ausgewählte 
Aufl. S. 224. 

Kritias, Keırlas, 1) Sohn des Dropides, ein 
Anverwandter des Solon, durch jeinen Sohn 
Kallaiſchros Großvater des jüngeren Kritias, durch 
jeines Sohnes Glaukon Tochter Urgrofvater des 
PBhilojophen Platon. — 2) der jüngere, Schüler 
des Leontinerd Gorgias und des Sokrates, hing 
zuerſt der Demokratie an und jeßte (411 v. E.) 
bei der Berhandlung über die Ermordung des 
Phrynichos es dur, daß zuvörderſt deiien Be: 
nehmen unterſucht und infolge davon die Gerech— 
tigkeit des Mordes anerkannt wurde. Nachdem er 
im Laufe der folgenden Jahre nad Thrakien und 
dann nach Thefjalien verbannt gewejen war, finden 
wir ihn nach dem Sturze der Demokratie in Athen 
im Jahre 404 unter den Dreißig wieder. Bier 
hatte fich feine mit Theramenes —— Ver⸗ 
bindung bald wieder aufgelöft ſ. Theramenes), 
und Kr. nahm mun die hervorragendfte Stelle unter 
den Dreifig ein, machte fich aber durch feine rüd: 
fichtslofe Strenge beim Volke äußerft verhaßt und 
fand im Jahre 403 im Kampfe gegen Thrafy: 
bulos jeinen Tod. Nep. Thras. 2. Xen. Mem. 
1, 2,12. Hell. 2,3, 36. 3, 2, 15ff. 24 ff. 1 ff. 
4,8, 19. Nr. gehörte nach jeiner ganzen Erziehung 
zu den gebildetiten Männern Athens. Er zeichnete 
jih als Dichter und Redner aus; doch And von 
jeinen Elegien und Tragddien nur einzelne frag: 
mente erhalten, von feinen Reden gar nichts. 
Platon jchäßte ihn jehr, wie die häufige Erwäh— 
nung des Kritias in jeinen Schriften, jo im Timaios 
und dem gleichnamigen Dialog, beweiſt. Samm— 
lung der Fragmente von N. Bad (1827) und 
Bergf, poet. lyr. Graec. II p. 279 ff. der 4. Aufl. 

Kritios j. — 3. 

Kritoläos, Kgırölaog, 1) aus Phaſelis in 
Lylien, Beripatetifer und Nachfolger des Arifton 
von Keos, fam 155 v. E. mit Narneades (j. d.) 
und Diogenes in der berühmten athenijchen Ge: 
jandtichaft nah Rom, two er ſich mit lei und 
großem Erfolge der Nedekunft widmete und in 
hohem Alter jtarb. Cicero berüdjichtigt bei der 
Frage nad) dem höchiten Gute feine Anfichten 
jehr viel; alle Schriften von ihm find verloren 
gegangen. Cie. de or. 2, 37, 155. 38, 160. fin. 
5, 5, 14. — 2) eim achatijcher Feldherr, der den 
legten Entjcheidungstampf gegen den Achaiischen 
Bund und die Zerftörung Korinths veranlaßte. 
Cie. n. d. 3, 38, 91. Infolge der Niederlage von 
Starphe ift er verſchwunden. Pol. 38, 2 ff. 

Kriton, Keirwr, 1) der durch jeine Liebe und 
Pietät befannte Schüler des Sokrates, der feinen 
Lehrer gern mit feinem Vermögen aus dem Kerker 
befreien wollte, und dem zu Ehren Platon einen 
Dialog, in dem Kr. mit Sofrates in der Gefangen: 
ichaft ſich unterhält, mit feinem Namen ſchmückte. 
Auch jein Sohn Kritgbulos wird Schüler des 
Sofrates genannt. — 2) aus Aigai, pythagoreiicher 
Philofoph, von dem ein Bruchjtüd meoi mooro(es 
xal eyatijg ruyns bei Stobaios ſich erhalten hat. 
— 3) ein Dichter der neueren attijchen Komödie, 
von deſſen Stüden 3 Titel erhalten ſind. — 


Kritias — Kroisos. 


4) 2 Hiftoriter diefes Namens nennt Suidas, 
einen aus Pieria, einen andern aus Naros. Bal. 
Müller, fragm. hist. Graee. IV p. 373. — 5) ein 
griechiicher Arzt in der Zeit Trajans, der 4 Bücher 
Kosunrıxd verfaßt und vielleicht in einem T’erınd 
betitelten Werte Trajans Feldzug gegen Dacien 
bejchrieben hat. 
roisos, Kooisog, der Ichte lydiſche König, 
aus der Dynaſtie der Mermnaden, folgte feinem 
Bater Nlyattes 560 v. E., war aber ſchon vorher 
Mitregent oder doc Statthalter von Myſien in 
dem von den Lydern neugegründeten Adrampttion. 
Schon Alyattes hatte das Reich bis — Halys 
ausgedehnt. Kr. vollendete mit der Eroberung von 
Epheſos die Unterwerfung der griechiſchen Küſten— 
ſtädte (mit Ausnahme von Miletos). Doch be— 
ſchränkte ſich die Oberherrſchaft über dieſelben wohl 
im weſentlichen auf jährliche Tributzahlung, wie 
denn Kr. auch mit den Inſelgriechen ein Bündnis 
ſchloß, mit Miltiades, dem Herrſcher in der thra— 
fiichen Cherſoneſos, befreundet war, die alten Be— 
ziehungen zu dem delphifchen Orakel eifrig pflegte 
und zum Bau des Tempels zu Epheios reichlich 
beifteuerte. Hdt. 1, 27. 6, 37. 1, 13. 85. 46 ff. 92. 
Als Kyros den Aſtyages, des Kir. Schwager, ent: 
thront hatte und am Halys der Grenznachbar von 
Kr. geworden war, ſah fich diefer von dem per: 
fischen Reiche bedroht und trat 547 mit Naboncdos 
von Babylonien, Amafis von Ägypten und mit 
Sparta in einen Bund. Durch reiche Gejchente 
juchte er von dem Drafel Auskunft über den Erfolg 
eines Krieges zu erlangen. Auf die befannte, 
doc gewiß urjprünglich zu feinen Gunften gemeinte 
Antwort: Kooisog Av» duaßüs ueydinv doyiv 
narakbosı (Aristot. rhet. 3, 5) begann er 546 
mit dem Überjchreiten des Fluffes den Krieg. Eine 
Schlacht bei Pteria, füdlih von Sinope, Herbſt 
546, blieb unentichieden. Sr. zog ſich nach Sardes 
urüd, um im folgenden Frühjahr, verjtärft durch 
* ———— den Kampf wieder aufzu— 
nehmen. Kyros aber folgte ihm auf dem Fuße, 
warf das lydiſche Heer in die Stadt zurück und 
ewann dieſelbe durch das Fr der Burg 
don nach 14 Tagen (Ende 546). Kr. wollte, wie 
es jcheint, als er alles verloren jah, fich jelbit dem 
Sonnengott in freiwilligem Flammentod als Opfer 
darbringen. Jedesfalls fiel er lebendig im die 
Hände des Siegers, wurde aber von diejem mild 
und ehrenvoll behandelt, blieb fortan ein freund 
des Kyros und war auch noch ein kluger Ratgeber 
des Kambyſes. Hat. 1, 53 fi. 73. 75 ff. 155 f. 207f. 
3, 36. — Das Gejchid des Kir., den jähen Sturz 
von den Höhen des Glüdes und langes hat 
Herodot im Sinne feiner Weltanihauung und 
zugleich zur Rechtfertigung des delphiſchen Orakels 
anz zu einer Schidjalstragddie geftaltet. Der 
ejuch des Solon (1, 30 ff.) kann, jchon wegen 
chronologiicher Schwierigkeiten, kaum geſchichtlich 
jein. Die Erzählung von dem Tode des Atys 
durch die Hand des Adraftos (1, 35 ff.) beruht auf 
der lydiſchen Sage von dem Gott Ati, der durch 
einen Eber umtommt. Eine Anordnung des Kyros 
zur Verbrennung des Kir. ift bei der Heilighaltung 
des Feuers durch die Perſer nicht wohl möglich. 
Aber auch die Berichte des Sttefias (fragm. 4), 
&Xenophon (Cyrop. 2, 1, 5. 6, 2, 8f. 7,1, 23ff. 
2, 1ff.), Diodor (excerpt. vatie. p. 25 f.) u. a. find 
reichlich mit jagenhaften Zügen ausgeihmüdt. 


Krommyonia — Ktesias. 


“ Krommyonfa, Koouuvorle, ift der Name 
einer zu Megaris gehörigen Ebene, der Schauplag 
der Sage von der frommmoniichen Sau, genannt 
nad) der befeftigten Drtichaft Agopura» oder 
Kesuuvor (j. Hagios Theodoros), deren Name 
„Zwiebelgarten“ durch die Tradition auf einen 
Sohn des Pojeidon zurüdgeführt wird. Strab. 
8, 380. 892. Paus. 2, 1, 8. 

Kronen, militärijche Auszeichnung, j. Dona 
militaria, 5. 

Kronos, Kosvos, Saturnus, Som des Uranos 
und ber Saia, der jüngjte der Titanen (Hesiod. 
theog. 137), welcher durch Berjtümmelung und 
Abjegung feines Vaters ſich mit den übrigen Ti— 
tanen die Herrichaft der Welt aneignete. Er ver: 
mählte fich mit jeiner Schweiter Rhea, und dieſe 

ebar ihm die Heftia, Demeter, Hera, den Hades, 

ojeidon und Yeus (Hesiod. theog. 462 ff.); da 
ihm aber von Ge geweisjagt worden war, daß er 
von einem jeiner Kinder vom Throne geſtoßen 
werden würde, jo verfchlang er fie aleih nach der 
Geburt mit Ausnahme des Zeus (j. Zeus, 5.), 
welchen Rhea rettete. Diejer nun ftürzgte den 
Vater und zwang ihn, durd die Künfte der Ge 
oder der Metis unterftübt, die verichlungenen 
Kinder wieder auszufpeien. Der zugleich mit den 
Titanen (j. d.) geitir te und der Herrſchaft be= 
raubte Kr. liegt entweder bei den übrigen Titanen 
in dem Tartaros eingeferfert, oder er herrict, 
nachdem er ſich mit Zeus ansgejöhnt, mit Rhada— 
manthys auf den Inſeln der Seligen. Hesiod. opp. 
- et. d. 169. Pind. ol. 2, 76. Kr. jcheint urjprüng: 

li ein Gott des Feldbaues ve zu fein (#g0- 
vog don rgdvo, »galvo, zeitigen), der an einigen 
Orten Griechenlands verehrt warb; als folcher 
wurde er mit dem italiichen Saatgott Saturnus 
identifiziert, und man dichtete, als er von Zeus 
geftürzt worden, jei er nach Italien geflohen und 
habe dort von Janus die Herrichaft erhalten. Ov. 
fast. 1, 238. Unter feiner Regierung herrſchte das 
wr Beitalter. Or.met. 1,89 ff. Tıbull.1,3, 35 ff. 

ad) ihm heißt Italien Saturnia und die Italer 
Saturnia gens. Or. fast. 5, 625. 1, 237. Bom 
17. Dezember an feierte man ihm in Rom 7 Tage 
lang zur Zeit des fürzeften Tages, wo die Er- 
neuerung der Natur begimmt, die Saturnalia, an 
welchen man die goldenen Tage jeiner Negierungs: 
zeit fich zu vergegenmwärtigen fuchte, indem man 
alle Arbeit ruhen ließ und unter dem Rufe: Io 
Saturnalia, io bona Saturnalia ſich einer ausge: 
lafienen Luft hingab; man jchmaufte und jpielte 
und bejichentte jich und bewirtete die Sflaven bei 
Tifche, zum Beichen, daf unter Saturnus’ Regie: 
rung fein Unterjchied der Stände geweſen jei. 
Einen alten Tempel hatte der Gott am Fuße des 
Eapitols, in welchem der Staatsichag aufbewahrt 
wurde. Bei den Griechen finden fich ähnliche Feſte 
des Kronos, wie in Italien, die Kronia, doch 
war die Verehrung desjelben micht jehr verbreitet 
und bedeutend. In Athen hatte er ein Heiligtum 
unter der Burg und ein Feſt am 12. Hefatombaion. 
In Olympia (j. d.) erhob fich nördlich der Altis 
der Kroniſche Hügel, auf dem ihm geopfert wurde. 
In Kreta ward er mit dem phoinifischen Moloch 
verſchmolzen und empfing Kinder zum Opfer. 
Dargeftellt ward Kronos als ein alter Mann, mit 
über das Hinterhaupt gezogenem Gewande (obvo- 
luto capite) und einem Sicheljchwert in der Hand 


651 


(faleifer, Op. fast. 1, 234, senex, senior, daſ. 
5, 34. 627). Wegen der Namensähnlichleit mit 
zoörog haben manche ihn mißverſtändlich für den 
Gott der Zeit erklärt. 

Kroton, Keöror, Croton, j. Cotrone, Stadt 
in Bruttii am Fluß Aifaros (j. Ejaro), 710 v. C. 
von Achaiern und Spartanern gegründet (Hat. 
8, 47) und bald durd Handel und Schiffahrt zu 
ze“ Blüte gelangt (Liv. 24, 3), Hauptſitz der 

ymnaſtik und Athletif, Geburtsort des berühmten 
Athleten Milon. Bejonders verdankte fie ihren 
Ruhm dem Pythagoras, der hier feine Schule er: 
richtet hatte. Im ig 510 v. C. zerftörten ihre 
Bürger die mächtige Nachbarftadt Sybaris (Died. 
Sic. 12, 9‘, erlitten aber jpäter am Sagros eine 
furchtbare Niederlage durch die Lokrer, jeit welcher 
Beit die Stadt unanfhaltiam ſank und den An— 
griffen des Dionyfios, der Yucaner, des Agatho— 
es und Pyrrhos nur unzureichenden Widerjtand 
entgegenzujegen vermochte. Diod. Sic. 14,91. 103. 
19, 10 u. d. Nm zweiten punifchen Sriege fiel 
die von Hammibal bejegte Stadt in die Hände der 
Römer und erhielt römiſche Koloniften. Liv. 24, 3. 
34, 45. Strab. 6, 262. 

Kovrreia, novarle, früher immer nach Plu— 
tarch (Zye. 28) als eine von Staats wegen J die 

loten angeſtellte blutige Jagd der ſpartaniſchen 

ünglinge erklärt; indeffen war die Abficht wohl 
nur eine Borübung zum Sriege, bei der die jungen 
Spartaner die Heloten überwachen mußten, freis 
lich ſich auch nicht aller Willfür und Graujamteit 
enthalten mochten; vgl. Helotes. Plat. legg. 
1, 633 B. 6, 763 B.  Plut. Lye. 28. 

Kovreroi, heimliche Späher, welche die Athe: 
ner gelegentfi zu den Bundesgenofjen jchidten, 
um von deren Angelegenheiten Kenntnis zu nehmen. 

Ktesias, KArnolas, Zeitgenoſſe KZenophons, 
wurde zu Knidos in Karien geboren, fam um 415 


dv. E. an den perfiichen Hof, begleitete als Leibarzt 


den Artarerges Mnemon auf dem Feldzug gegen 
den jüngeren Kyros, heilte die bei Kunaxa em: 
pfangene Wunde des Königs, und fchrte 398 in 
jeine Heimat zurüd. Hier verfahte er ein großes 
Wert, ITegaımd betitelt, in 23 Büchern, von 
weldjen die 6 erjten von der afiyrijch-medijchen, die 
übrigen von der perfiichen Geſchichte handelten. 
Wir befißen nur Bruchftüde daraus bei Nitolaos 
von Damastos, Bolyainos, Athenaios u. a.; einen 
Auszug aus den 6 eriten Büchern gibt diodor 
Die Arbeit des Kteſias will aus dem königlichen 
Archiv (diptriouı Bacıkınai), zu dem er allerdings 
vermöge feiner Stellung wohl Zutritt hatte, ge: 
ichöpft fein, ift jedoch in der Hauptſache nichts 
anderes als ein hiftorischer Roman, aus umlaufen: 
den faljchen Überlieferungen und eigenen teden 
Erfindungen fomponiert. Schon in der perftichen 
Geſchichte des 6. Jahrhunderts weicht er durchweg 
von Herodot, aber überall, wo er Ffontrolliert 
werden lann, auch von ber hiſtoriſchen Wahrheit 
ab; jo führt er z. B. felbit die Behiftanrelieis 
von Dareios 1. auf Semiramis zurüd. Vollends 
jeine Angaben über die affprifce Geſchichte (30 
Könige in 2 Dynaſtien zu je 653 Jahren, Ninives 
Berftörung 883 oder 788), die lange genug gläubig 
nacherzählt wurden und arge Verwirrung ange: 
richtet haben, find durch die neuerdings erfchloffenen 
authentischen Quellen Lügen geftraft worden : jeine 
Chronologie ift durchaus verkehrt, die lange Königs: 


652 


reihe bis auf wenige Namen unhiftorijch, die Ge— 
dichte von der Götterfage überwuchert, ſo daß 
„Die Unglaubwürdigfeit feiner Berichte als geficherter 
Beſitz der Geſchichtswiſſenſchaft angejehen werden 
darf” (v. Gutſchmid). Won einem zweiten Werte, 
Ivdınd, bejigen wir auch nur Bruchjtüde, die 
gleichfalls voll find von Kabeln. Xen. An. 1,8, 26. 
Diod. Sie. 2,32 ff. 14,46. — Die Fragmente find 
geſammelt von Bähr (1824) und von E. Müller 
als Anhang der Didotichen Herodotausgabe (1858). 
Bergl. Rüter, de Ütesiae fide et nuctoritate 
(1873). 

Ktesiblos, Ärnoißıos, um 150 v. E. in Ale 
zandreia unter Ptolemaios Euergetes lebend, hatte 
große Berdienfte um die Mechanik und bejonders 
um alle Entdedungen und Maſchinen, welche auf 
dem Drude der Luft und ihrer wirkenden Kraft 
beruhen. Namentlich erfand er mit jeinem Schüler 
Deron zufanımen die Pumpen, den frummen Heber 
und die Nompreffionsfontäne, die noch jet den 
Namen des Heronsballes führt. 

Ktesiphon, 1) 4 Arnaıyar, Sohn des Leo— 
jthenes aus Anaphiyftos, ein atheniicher Staats: 
mann, der nach der Schladyt bei Chaironeia den 
Antrag ftellte, dem Demofthenes für feine großen 
Verdienjte und Aufopferungen einen goldenen 
Kranz zu jchenfen, wogegen der von der maledo: 
niſchen Partei bejtochene Aiſchines auftrat. Des 
letzteren Rede und die fiegreiche Gegenrede des De: 
mojthenes (vom Kranze) find uns erhalten. Plut. 
Demosth. 24. — 2) n Kr., perj. Taifafin (ij. 
Ruinen Tak-isflesra), Stadt am linken Ufer des 
Tigris, Seleufeia gegenüber, war in jpäterer Zeit 
die bedentendfte Stadt Affyriens und Winterrefidenz 
der parthifchen Könige, ſeit der römiichen Zeit 
auch ſtarke Feſtung, weldye unter Trajan, Septi- 
mins Severus und Probus mehrmals in die Hände 
der Nömer fiel. Nur von dem Nönigspalafte der 
Safjaniden haben ſich bedeutende Trümmer erhal: 
ten. Strab. 16, 143. 

Kunaxa, Kovvafo, beim heutigen Felujah, in 
der Nähe des Euphrat und 500 Stadien nördlich 
von Babylon, bekannt durch die Schlacht zwischen 
dem jüngeren Kyros und jeinem Bruder Artarerres 
(401 dv. E.), in welcher erjterer fiel, worauf die 
10 000 Griechen feines Heeres den befannten Rück— 
marjch antraten. Plut. Artaxr. 8. Xenophon (An. 
1, 10, 11) nennt den Ort nidıt. 

Kovoeıor, 1) j. Apaturia. — 2) xovgeior, 
die Barbierftube (lateiniich tonstrina, |. Haar- 
putz und Barba). Theophraft nannte dieje Orte 
weinlofe Sympofien, weil hier auch damals jchon 
jede Stadtneuigkeit durchgeflaticht und über die 
politiichen Zuſtände gefannegiehert wurde (vgl. 
Demosth. Aristoqg. p. 786. Lys. inral, p. 754). 

Kuröten j. Rhea Kybele und Zeus, 5. 

Kovanoı, Bohnen, wurden in Athen bei der 
Berlofung von Amtern gebraucht, indem in 2 Urnen, 
in die eine Täfelhen (mirdxın) mit dem Namen 
der Bewerber, in die andere Bohnen gelegt wur: 
den. Wellen Name zugleid mit einer Bohne 
von bejtinnmter Farbe aus den Urnen gezogen 
wurde, der war gewählt. Daher von den durchs 
Los Gewählten die Ausdrüde »vausver, do 
zvduov Aayzeiv, 1) dmo nuduon Bovin, nuauerrog 
gebräuchlich waren. 

Kyäne j. Syracusae. 

Kvavsaı 97001, Cyaneae insulae, auch Zvu- 


| 


Ktesibios — Kyklopen, Kyklops. 


rinyddss, j. Uretjadi, 2 Heine Felſeninſeln an 
der Mündung des thrafiichen Bosporos in den 
Vontos, welde die Schiffahrt gefährdeten und dem 
Mythos nad) bis zur Argonautenfahrt beweglich 
waren (daher Zvuninydöes). Hdt. 4, 85. Eur. 
Med. 2. Strab. 1, 21. 3, 149. 

Kyaxäres, Ävakdens, perſiſch —— 
König von Medien 625—585 vd. E., der eigent— 
liche Begründer der medifchen Macht. Sein Vater 
Phraortes, Sohn des Deiofes, war bei einem 
Angriff auf Ninive gefallen. Bon einer Fortſetzung 
des Unternehmen® wurde Kyax. durd den Einfall 
der Skythen abgehalten, welcher allerdings auch 
das afiyrijche Reich in feinen Grundfeſten erjchüt: 
terte, und hatte nun zuerft fich bemüht, der fremden 
Horden fich zu entledigen und jeinen Truppen 
eine feſtere Organifation zu geben, ehe er 608 im 
Bunde mit Nabopolafjar von Babylonien, deſſen 
Sohn MNebufadnezar mit feiner Tochter Ampitis 
fih vermählte, zum Enticheidungstampfe gegen 
Aſſyrien jchreiten konnte. 606 fiel Ninive, und 
Medien erhielt bei der Teilung der Beute alles 
Land öſtlich und nördlich vom Tigris. Syar. 
unterwarf nun in langjamem Ringen Armenien 
und Kappadotien, ſtieß aber am Halys mit Alyattes 
von Lydien zujammen. Der fünfjährige Krieg 
wurde unter dem Eindrud der totalen Sonnen: 
finfternis vom 28. Mai 585 durch Bermittlung 
Nebukadnezars und des kilikiſchen Syenneſis mit 
einem Frieden beichloffen, der zugleih in der 
Berheiratung des Aftyages, Sohnes von Kyar., 
und der Aryenis, Tochter des Alyattes, feine Ge: 
währ erhielt. Bald darauf muß Siyar. geitorben 
jein. Hat. ı, 73f. 103. 106. 

Kybele j. Khea Kybele. 

Kydippe j. Akontios. 

Kydnos j. Kilikia. 

Kydonia j. Kreta. 

Kvxsor, ein Milchtrant, aus Wein, Zwicbeln, 
Käſe und Gerftengraupen bereitet, bisweilen mit 
einem Beiſatz don Honig und Salz, Blumen und 
Kräutern (Hom. Il. 11, 624. 641. Od. 10, 234). 
Er diente bald zur Nahrung, bald zur Stärkung 
und Erfriſchung und wurde auch mediziniich an: 
gewandt. Uber den myſtiſchen »ureo» |. Eleu- 
sinia, 3. 

Kyklädes, «fi Kvnlddes, Inſelgruppe des 
Nigaiiichen Meeres, jo bezeichnet, quia in orbem 
iacent (Mela 2, 7, 10), oder, nach fpäterer Auf: 
faflung (Strab. 10, 485), weil fie um den heiligen, 
in früherer Zeit vielleicht auch politiichen Mittel: 
punft Delos dr und herumlagen, bildeten 
den Gegenjaß zu den zerftreuten Sporaden der 
afiatiichen Küſte. Sie find alle vulfanijchen Ur: 
iprungs. Die Alten nehmen urſprünglich 12 Ky— 
faden an (Dodelanejos, daher der heutige Name 
Dodelani au zu ihnen gehören Andros, Tenos, 
Mykonos, Delos, Keos, Kythnos, Paros, Naros, 
Melos, Jos, Thera, Siphnos. Doch wurden in 
jpäterer Zeit auch manche teilweife weit entfernte 
Inſeln als Kyfladen bezeichnet. 

Kykliker j. Epos, 4. 

Kyklöpen, Kyklops, Kvrkoy (von xöundos 
und Sy, Rundauge). Nach Hejiod (theog. 139 ff.) 
jind die Kyllopen Söhne des Uranos und der Ge, 
3 an der Zahl, Brontes, Steropes und Wr: 
ges, gewaltige Niefen mit Einem Auge, melde 
dem Zeus den Donner gaben und den Blig ſchmie— 


Kyknos — Kylon. 


653 


deten, die Naturgewalt des Gewitters bezeichnende | Ichwäne verwandelt wurden. Nach Ovid zerflieht 


Weſen. Uranos barg fie, wie alle feine Kinder, 
in den Tiefen der Erde, und nachdem fie dem 
Kronos zur Herrichaft verholfen, wurden fie auch 
von diejem wieder in Banden gehalten, bis Zeus 
fie befreite und zu feinen willigen Dienern an: 
nahm; fie gaben ihm Blig und Donner. Hesiod. 
theog. 503. Später wurden fie don Apollon ge- 
tötet, weil Zeus den Aſklepios mit dem Blitze er: 
ichlagen hatte. — Bei Homer erfcheinen die Ky— 
klopen in einer andern Muffafjung, indem er fie, 
die Beziehungen zu Zeus beijeite laffend, als ein 
rohes, gewaltiges Niejenvolf hinftellt, welches fern 
im Weſten ohne alle Kultur, ohne Sitte und ftaat- 
liche Ordnung lebt. Sie bebauen das Land nicht, 
obgleich es mit Fruchtbarkeit gejegnet ift, jondern 
treiben Viehzucht und wohnen, abgejondert von- 
einander, ein jeder mit feiner Familie in Höhlen; 
um die Götter kümmern fie fich nicht in ihrem 
Übermute. Die Phaiafen, ihre Nachbarn, haben 
jie durch ihre räuberijchen Anfälle aus ihrer Nähe 
vertrieben. Der Repräjentant diejer rohen, unge: 
ſchlachten Wejen ift der Menjchenfreffer Polyphe— 
mos (j. Odysseus, 3). Hom. Od. 9, 106 ff. 
231 ff. Verg. A. 3,616 ff. Als man jpäter Sici: 
lien und zwar die Gegend des Ätna für den Wohn: 
ort der homerifchen Kyklopen anjah, bildete man, 
indem man die bei den hefiodischen Kyklopen vor: 
tommende Eigenjchaft von Blißjchmiedern des Zeus 
wieder hervortreten und vorherrſchen lieh, die 
Kyklopen zu Gehülfen des Schmiedegottes Hephai- 
ftos um, welde in dem Innern des Htna oder 
auf der benadhbarten vulfanischen Inſel Lipara 
dem Zeus Blitze und Donnerkeile und den Göttern 
und Heroen Waffen jchmieden. Verg. @. 4, 170 ff. 
A.8, 416 ff. Bon diefen Kyflopen werden genannt 
Brontes, Steropes, Byralmon, Akamas. — 
Wegen der riefenhaften Größe und Stärke, die den 
Kyklopen eigen ift, jah man die aus der älteften 
Beit ftammenden, gewaltigen j. g. kyklopiſchen 
Mauern (j. Baukünstler, 1.) als Werle der 
Kyklopen an; dieje Kyflopen wurden aber als von 
den oben erwähnten verjchieden angenommen. An: 
geblich benannt nach ihrem Könige Kyklops, jollten 
fie urfprünglich in Thrafien anfällig geweien, dann 
nach Kreta und Lytien zerftreut, von Lykien aus 
mit Proitos nad) Argolis gefommen fein und die 
fyflopijchen Mauern von Tiryns und Mykenai 
jowie ein Labyrinth bei Nauplia erbaut haben; 
deshalb heift Argolis bei Euripides (Or. 965) 
foflopiiches Yand. Auch in Epeiros, Arkadien und 
in Yatium finden ſich jolche kyklopiſche Mauern. 
— Bon der Kunſt wurden die Siyflopen als Rieſen 
mit Einem Auge auf der Stirne dargeftellt, doc 
jo, daß darunter auch die Augen an der gewöhn— 
lihen Stelle wenigftens angedeutet waren. 

Kyknos, Ävxros, 1) Sohn des Apollon und 
der Thyria Hyria, Ov. met. 7, 371. 380), ein jchöner 
Jäger, zwiichen Pleuron und Nalydon wohnend, 
der durch jein beleidigendes Weſen alle jeine 
Freunde zurückſtieß. Nur Phylios harrte bei ihm 
aus; als aber diejer nad) mehreren ihm von Kyfnos 
aufgetragenen Kämpfen zulet einen Stier, den er 
auf jeinen Befehl eingefangen, ihm nicht übergab, 
fprang er, durch dieſe Weigerung erzürnt, in den 
See Konope, der nach ihm der Kykniſche genannt 
ward, zugleich mit feiner Mutter, worauf beide 
von Apollon in die diefem Gotte heiligen Sing: 


 zutreten. 


Hyria in Thränen und bildet den gleichnamigen 
See. — 2) Sohn des Pofeidon und der Kalyfe, 
von Fiſchern, die ihn am Meeresufer ausgejeßt 
fanden, Kyfnos genannt, weil fie einen Schwan 
auf ihn herab fliegen jahen; er ward König von 
Kolonai in Troas. Seine beiden von ihrer Stief- 
mutter verleumbdeten Kinder erfter Ehe, Tenes 
und Hemithea, warf er in einem Kaſten ins Meer; 
jie landeten auf Tenedos, wo Tenes König ward. 
Als Kyknos ſpäter fein Unrecht erfannte, juchte er 
feinen Sohn auf, und beide zogen im trojaniichen 
Kriege den Troern zu Hülfe, wurden aber bei der 
Landung der Griechen von Achilleus getötet, und 
zwar ward Kyfnos, der underwundbar war, mit 
dem Helmriemen erdrofjelt, nachdem er ſchon 
1000 Männer erichlagen. Poſeidon verwandelte 
ihn in einen Schwan. Op. met. 12, 72ff. — 
3) Sohn des Ares und der Pelopia, Schwiegerjohn 
des Keyr, bei ton in Thefjalien von Herafles 
im Zweikampf erichlagen (j. Herakles, 11.). 
Der Kampf wird bejchrieben in Hefiods Scutum 
Hereulis. — 4) Sohn des Ares und der Phrene, 
ebenfalld von Herakles im Zweikampf getötet. Als 
Ares den Fall jeines Sohnes rächen will, trennt 
Zeus durch den Blitz den Kampf feiner Söhne. 
Apollod. 2, 5, 11. Ares ſoll ihn bei feinem Tode 
in einen Schwan verwandelt haben. Er wird oft 
mit dem vorhergehenden verwechſelt. — 5) Sohn 
des Sthenelens, König der Ligurer, Freund und 
Verwandter des Phaöthon, der, während er über 
Phaethons Tod trauert, von Apollon in einen 
Schwan verwandelt und unter die Geftirne verjept 
wird. Ov. met. 2, 367 ff. Verg. A. 10, 189 ff. 

Koxvos, cygnus, der Schwan, dem Apollon 
heilig, nach der Meinung der Alten kurz dor jei: 
nem Tode flagende und rührende Geſänge anſtim— 
mend. Indeſſen wurde dieje, mythiſch eingefleidete, 
Vorftellung jchon von den Alten beftritten; andere 
dagegen verteidigten fie und bejchrieben die Sache 
genauer, dgl. Cie. tusc. 1, 30, 73. Erjt bei Hefiod 
(Hygin. fab. 154) erſcheint er in jolcher Weije. 
Einen cygnus canorus fennt auch unjere Natur: 
geichichte. 

Kyliöne j. Achaia und Arkadia. 

Kyllenios j. Hermes, 1. 

Kylon, Ktlo», ein Athener aus Eupatriden: 
ſtamm, hatte 640 v. E. (DI. 35, 1) in Olympia 
gefiegt und war vermählt mit der Tochter des 
Tyrannen von Megara, Theagenes. Am Jahre 
612 (nach andern 616 oder 620, nad) Bufolt jogar 
ihon zwiichen 636 und 624) ftellte er fich in der 
Abficht Alleinherricher zu werden an die Spike 
einer Verſchwörung. Das delphiiche Drafel, das 
er un Rat fragte, hatte ihm den Bejcheid erteilt, 
am größten Zeusfeſte die Burg zu bejegen. Er 
that dies aljo beim nächiten olympijchen Feſte, 
während, wie jpäter Mar wurde, der Gott die atti: 
ichen Diaſien gemeint hatte, die die Athener zu 
anderer Zeit, wahrſcheinlich am Iliſos, Zeus zu 
Ehren feierten. Einmütig ftrömte die Yandbevöl- 
ferung zufammen, um den Aufſtändiſchen entgegen: 
Der Arhon Megafles, des Altmaion 
Sohn, ſchloß die beiegte Burg ein, jo daß bald 
Mangel entitand. Kylon und fein Bruder ent: 
flohen; jeine Anhänger festen fich ſchutzflehend 
im Heiligtum der Athene Polias nieder, das jie 
nur auf das ihnen gegebene Beriprechen verliehen, 


654 


man werde ihres Lebens jchonen. Allein man brad) 
das gegebene Wort und ermordete fie, einige jogar 
an den Altären der Erinyen, wohin fie geflüchtet 
waren. Da diejer mit Genehmigung des Mega: 
kles geichehene Treubruc (AvAbreıor &yog) eine 
ichwere Neligionsverlegung enthielt, jo wurden 
er und fein ganzes Gejchlecht, die Alkmaioniden, 
jowie viele ihrer Parteigenoffen als Fluchbeladene 
und der Rache der Götter Anheimgefallene — 
dvaysig nal dlırjgwı rg Deond — betradhtet, 
—J ſchließlich die am Frevel Beteiligten auf eine 
— e des Myron aus Phlya von einem aus 
ann beitehenden Ade re verurteilt und 
— Thuc. 1, 126. 71. Plut. Sol. 
12. Paus. 7, 25, 1. 

Kyme, Köun, die wichtigste Stadt in Niolis 
(Kleinafien) am Kymaiiſchen oder Elaitischen Buſen, 
Br bon ihren Gründern, Lokrern vom Berge 
PBhrifios, den Beinamen Bpixwwis. Sie hatte 
einen ficheren Hafen, in welchem die gejchlagene 
Flotte des Kerred nach der Schlacht bei Salamis 
überwinterte. Hdt. 8, 130. Sie war Baterftadt 
des Hefiodos (?) und des Hiftorifer8 Ephoros. 
In der Gejchichte tritt fie nicht bejonders hervor; 
unter Tiberius (17 n. E.) litt fie durch ein Erd: 
beben. Strab. 13, 622. Tac. ann. 2, 47. Unter 
ihren Kolonien find Side in Pamphylien und 
Gumae, griechiſch Kyme, in Campanien & mer: 
fen. — Letztere, auf fteiler Anhöhe des Gaurus, 
etwas nördlich vom Vorgebirge Mijenum, ge 
ründet um 1050 v. E., in Verbindung mit Chal- 
is und (Eretria, war die ältefte und früher die 
blühendite der — Kolonien Italiens. Bald 
reich und —* eſehen durch ihren Seehandel ge⸗ 
worden, gründete fie in der Nähe Aınauapyie, 
das jpätere Buteoli, dann Palaiopolis und Nea— 
polis, jowie Zankle, das jpätere Meſſene auf Sici: 
lien. Durd den Beiftand des Hieron von Syrakus 
erwehrte fie fid) der mächtigen Etrujfer (475), 
während jie 50 Jahre früher ſich allein mit Glüd 
gegen die Etrujfer und brer behauptet hatte, 
bei welcher Gelegenheit Ariftodemos fich der Ober: 
errichaft bemächtigte, zu welchem Qarquin der 
Stolze floh. Liv. 2, 21. 420 wurde die Stadt 
campanijch (Liv. 4, 44), jeit 215 römiſches Muni- 
eipium, feit Auguftus Kolonie. Belanmt ift die 
cumãiſche Sibylle. Biele Römer, wie Cicero, Bon: 
pejus u. a., hatten in der Gegend Villen; in den 
Sotenkriegen wurde die Stadt zerjtört. Ruinen 
finden ſich zwijchen Fuſaro und dem Lago di Patria 
(j. die Karte zu Neapolis). 

Kynaigeiros, Kvratysıgog (audı) Kuvkysıgog), 
Sohn des Euphorion und vielleicht der Bruder 
des Dichters Aiſchylos, fiel in der Schlacht bei 
Marathon, als er eins der abſtoßenden perfiichen 
Schiffe mit dem Arm zurüdhalten wollte, indem 
die Feinde ihm den Arm abhieben. Hdt. 6, 114. 
Sehr übertrieben \peint die Schilderung feiner 
— bei Juſtin (2, 9) zu fein. 

Kynaitha j Arkadia, 

ee Kövados, aus Chios, einer der 
älteften Homeriden auf Ehios, joll die homeriſchen 
Gejänge den weitlichen Kolonien vorgeführt und 
in Syrafus rhapjodiert haben. Er galt jchon im 
Altertum als Berfafjer des Hymnos auf den del- 
phiichen Apollon; jein Zeitalter ift unbelannt. 

Kynna, Kövve, auch Kyna, Kynane und Kyn— 
nane, eine Tochter Philipps von Maledonien, ver: 


9 
. X 
‚Kky 
Kyp 
f 
ng, 


Kyme — Kypros. 


mählt mit Amyntas, Sohn des Perdiklas; fie 
war Mutter der Aden, die als Gattin Philipps III. 
Arrhidaios Eurydike (ſ. d. 7.) hieß. 

Kynosarges |. Attika, 14. 

Kuvös xepalei, Cynoscephalae , einige 
Hundsföpfen ähnliche rauhe und fteile Hügel bei 
Skotuſſa in Theflalien, bei welchen Belopidas von 
Söldnern des Alerander von Pherai, 365 v. E,, 
erjchlagen wurde (Plut. Pelop. 32), und Flami- 
ninus den Philipp von Mafedonien (197) ſchlug. 
Pol. 18, 3 ff. Strab. 9, 441. Liv. 33, 7 ff. Paus. 
7,87. 

Kynossöma, Kvrög onjur«, d. h. das Grab des 
Hundes, 1) Landipige des thrafifchen Cherjones bei 
Madytos, jo genannt nach der in einen Hund ver: 
wandelten Hekabe. Eur. Hec. 1275. Thuc. 8, 104. 
Strab. 13, 595. — 2) Landipige Kariens, der Inſel 
Kyme gegenüber, j. Alypo. — 3) das angebliche 
Grabmal des vom kalydoniſchen Eber getöteten 
Hundes der Atalante, das man in oder bei Ka— 
lydon zeigte. 

Kynosüra j. Attika, 
und Sternbilder, 2. 

Kynuria j. Argos, 4. 

Kyparission, Kura«glscıov, Borgebirge Mefie- 
niens am Joniſchen Meere (am gleichnamigen Meer: 
bujen), j. Konello, etwas nördlich davon die Stadt 
Kypariſſiai, j. Arkadia, mit Tempeln des Apollon 
und der Athene, jcheint diejelbe Stadt zu fein, 
welche Homer (Il. 2, 598) nennt. — Eine zweite 
a MELDE lag in Zafonien bei «lopos, 

yli. 

Kyparissos, Kvrdgısoos, 1) ein ſchöner Jüng⸗ 
ling aus Keos, Sohn des Telephos, von Apollon, 
Silvanus oder Zephyros geliebt und aus Gram 
über einen geliebten dirfch, den er aus Unvor— 
fichtigfeit erjchoffen, in einen Cypreſſenbaum ver: 
wandelt. Op. met. 10, 120 ff. — 2) Stadt in 
Phofis unweit Deiphoi. Hom. Il. 2, 598. 
ypros, ı) Kvmgos, Cyprus, im U. T. Kittim 


19,, Lakonika, 8. 


(nad) Kition), ajiyriih Jatnan, j. Kibris, eine der 
bebeutendjten Inſeln (173 IM.) des Mittelmeeres 
in der Ede zwijchen Kilifien und Syrien, von 
jenem durch die Kilifijche Meerenge (Aulon) ge: 
ſchieden. Die Alten lichen ihre Gejtalt mit 
einer ausgebreiteten Ochjenhaut; daher nannten 
fie die Nordoſtſpitze Deinareton auch Boög oðoci. 
j. Kap Andreas. An der Nordjeite ift das Bor: 
gebirge Krommpon, j. Kormaditis, im W. Alfa: 
mas, j. Hagios Epinhanios, im ©. Kurias, j. 
gengari, italienijh Capo di Gatta, im SO. Pe: 
dalion, j. Capo Greco. 2 Ber fetten durch⸗ 
ziehen die Inſel: die eine geht der Nordküſte ent- 
lang, 1000m hod), mit dem Olumpo$; die andere, 
breitere erhebt fich im SW., mit dem Aoos ij. 
Troodos), 2010m hoch. Zwiſchen dieſen beiden 
Ketten liegt die fruchtbare Alluvialebene von Sa— 
lamis, von dem Pediaios durchfloſſen. Die der 
Aphrodite heilige Inſel war reich an Produkten 
aller Art, bejonders an Kupfer (das deshalb xv- 
npıog yalndg, aes cuprium, cuprum hieß) und 
Schiffsbauholz. — Schon frühe, um 1500 v. E., 
ließen fich die Phoiniler in allen Teilen der Inſel 
nieder und gründeten die meiſten Städte. Dann 
folgte, etwa 1000 v. E., die Kolonijation durch 
die Griechen, bejonders PBeloponnefier (Hat. 7, 90). 
Seitdem beftand eine wechjelnde Anzahl (9 oder 


mehr) Heiner Fürftentümer. 709 bis etwa 640 


Kypselos — Kyrene. 


v. E. Stand K. unter affyriicher, hierauf wieder 
unter tyrijcher Oberhoheit, 538—526 unter Amajis 
von Ägypten, von da an unter den Berjerfönigen, 
denen es die Griechen (Baujanias und Kimon) 
vergebens zu entreißen ftrebten (Hat. 5, 104 ff. 
Thue. 1,94. 112). 410-374 vereinigte Evagoras 1. 
von Salamis die ganze Inſel zu einem Weiche. 
Nach der Schlacht bei Iſſos unterwarf ſich K. dem 
NAlerander und blieb dann im Beſitz der Ptole— 
maier, bis Gato 58 v. E. es zu einer prätorischen 
Provinz machte mit den 4 Dijtriften Paphia im 
W., Yapethia im N., Salaminia im O., Ama- 
thufia im S. — Städte. JmM.: Soloi, Hafen: 
ftadt an einem Meinen Fluffe, j. Paläochora; 
Lapethos, j. Lapitho; Keryneia, j. Kerynia; 
Aphrodifion; Karpajia, j. Karpajo. Im D.: Sa: 
lamis am Pediatos, mit Hafen, immer die größte 
Stadt, durch Conftantin den Gr. Conſtantia zu: 
benannt; Ammocoftos, j. Famaguſta. Im ©.: 
Kition, j. Larnafa, wo der Stoifer Zenon und 
der Arzt Apollonios geboren wurden und Kimon 
ftarb; Amathüs, j. Paläo-Limiſſo; Kurion, j. 
Epiſtopi. Im W.: Baphos, j. Kuflia, mit be: 
rühmtem Aphroditetempel, deſſen Überreſte jamt 
vielen Inſchriften und zahllojen Bruchftüden von 
Statuen, befonders der Aphrodite, in neuefter * 
durch, von der engliſchen archäologiſchen Geſell— 
ſchaft in Athen veranftaltete, Ausgrabungen bloß— 
gelegt worden find, und der, obwohl in den erften 
nahchriftlichen Jahrhunderten zweimal durd Erd: 
beben zerjtört, in feiner Gejamtheit eine große 
Ähnlichkeit mit dem ſalomoniſchen Tempel in 
Serujalem haben joll; Neupaphos, j. Baffa, Han: 
delsſtadt; Arfinod, früher Marion (j. Polis). Im 
Innern (von W. nah D.): Tamajjos (bei Po: 
litifo); Jdalion (j. d.), j. Dali; Golgoi, j. 
Athieno; Tremithüs, j. Tremithufia,; Chytroi, j. 
Ehytrea. — Für die ältere kypriſche Kunſt ift 
eine Miſchung ägyptiſcher und affyriicher Elemente 
charakteriftiih. Die Anjchriften zeigen eine ver: 
widelte, wohl aus den aſſyriſchen Steilzeichen her: 
vorgegangene Silbenichrift, welche im Übergang 
zur Buchjtabenjchrift begriffen ift, und enthalten 
einen altertümlichen atoliichen Dialeft. Strab. 
14, 681 ff. Vgl. Engel, Kypros (2 Bdd. 1841), 
Gesnola, Cypern. Überſ. von L. Stern (1879). 
Derj. Salaminia (2. Aufl. 1884). 

Kypsölos, Kuwslog, 1) Sohn des Aipytos, 
König in Arkadien, j. Merope, 4. — 2) aus 
Korinth, von mütterlicher Seite mit den Bakchiaden 
verwandt, war ein Sohn des Eötion. Diejem 
war nach dem (freilich jehr romantiich gefärbten) 
Berichte Herodots (5, 92) vom delphiichen Apollon 
verkündet worden, daß der Sohn jeiner Gemahlin 
Labda ſich auf die Herricher ftürzen und Korinth 
züchtigen würde. Als die daſelbſt herrichenden 
Bakchiaden von dieſem Spruche hörten, ward ihnen 
ein anderer, den fie jelbft vorher erhalten, aber 
nicht hatten deuten fönnen, Har, fie bejchlofjen 
daher das Kind, jobald es geboren wäre, zu töten. 
Aber die Mutter gewinnt Zeit, den Knaben in 
einen Kajten zu verbergen. So gerettet, erhält 
er nad) dem Kaften («upeAn) den Namen Kypſelos. 
Als er herangewachien ift, empfängt er in Delphoi 
den Spruch, daß er und jeine Kinder, nicht aber 
jeine Kindeskinder in Korinth herrichen würden. 
Im Bertrauen auf diefen Spruch madıt er fich 
ans Werk und gewinnt die Herrſchaft. — Im 


655 


ganzen regierte K. nad) Befeftigung feiner Herr: 
ichaft wohl milde. Er jchmücdte Korinth durd) 
prächtige Gebäude und hinterlie nad) 30 Jahren 
jeinem Sohne Periandros die Herricdaft, 627 v. C. 
Der aus Cedernholz verfertigte, kunſtvoll gearbeitete 
Kaften, in dem K. gerettet worden fein jollte, wurde 
von feinen Nadjtommen der Hera zu Olympia ge: 
weiht und in ihrem Tempel noch im 2. Jahrh. 
n. C. gezeigt. Paus. 5, 17,55f. 

Kyrene, Kverjvn, 1. Landſchaft: 7) Aven- 
veinn, Cyrönaica, Landichaft an der Nordtüjte 
Afrikas, das jegige 500--700m hohe Plateau von 
Barla, jeit der Zeit der Ptolemaier nach ihren 
5 Hauptftädten aud; Bentapolis genannt, nahın 
die Küfte von den Altären der Philainoi an der 
großen Syrte (farthagijche Grenze) bis zum Pa: 
liurosfluß (Marmarita zu) ein; im Süden reichte 
fie bis zur Wüfte Phazania (Fezzan). Ganz ver: 
ſchieden von den angrenzenden Ländern war Kyre— 
naifa eine reich bewäflerte, fruchtbare Landſchaft, 
in welcher die Ernte volle 8 Monate dauerte: 
Weizen, Ol, Wein, Datteln, Gemüſe, Silphium, 
Honig, Pferde, Maultiere find unter den Erzeug: 
niffen zu nennen. Fldt. 4, 199. Xeider waren 
aber auch verheerende Heuichredenzüge häufig. 
Griechen von Thera ließen fi) im 7. Jahrhundert 
(631 v. €.) hier nieder (j. Battos und Barka) 
und gründeten einen durch Schiffahrt, Handel, 
Kunft und Gewerbe blühenden Staat, der unter 
Dareios ]. dem perfiichen Reiche einverleibt wurde 
und feit 308 in loſer Abhängigkeit von Ägypten 
ftand. Hdt. 4, 150 ff. 164 ff. 200 ff. Just. 13, 16. 
Liv. 23, 10. Sall. Jug. 79. Seit 117 herrichte ein 
Seitenzweig der Ptolemaier. Der leßte derjelben, 
Apion, jegte die Römer zu Erben ein (im J. 96 
v. E., Liv. ep. 70), welche anfangs die Bentapolis 
für frei erklärten, dann aber das Land mit Kreta 
zur Provinz vereinigten (67 dv. E.). Unter Trajan, 
116 n. E., empörten ich die zahlreich eingemwan- 
derten Juden und brachten 220 000 Kyrenaier und 
Nömer um, bis fie mit Mühe bejiegt wurden; 
das Land blieb feitdem entvölfert. — An der Küſte 
der Eyrte zogen fich die Sandhügel des Hera: 
kles (of Siveg ron “Ho.) hin; weitlich von diejen 
entipringt der Fluß Lathon, welder nach Pto— 
lemaios mit einem See Tritonis in Verbindung 
jtand, während Strabon einen See der Heiperiden 
nennt. — Unter den Bölferjchaften im Innern 
werden genannt die Barfiten, Araraufelen, As— 
byſten, Malatuten und Binller, die Anjchijai 
und Nafamonen. Die wichtigften Städte von 
Dften nad) Weften find (die der Pentapolis find 
durch * bezeichnet): Darnis, *Apollonia, galt als 
Hafen von Kyrene (j. Maria Suja), Phykus, 
*Ptolemais, früher bloß Hafen von Barka (ij. 
Tolmeta), *Tauceira, jpäter Arfinoe (j. Tofra), 


*Berenike, früher Heſperis (j. Benghafi), Im 
Innern: *Kyrene (Kveren), j. Ruinen bei 


Krenna, von Battos gegründete Hauptſtadt des 
Landes (631), in herrlicher Gegend,’ auf tafelför- 
migem Plateau an der Quelle Kyre, 80 Stadien 
von der Küſte. Die Stadt war ausgezeichnet durch 
herrliche Tempel, unter denen ein Apollontempel 
bervorragte, zu weldem Battos eine gepflafterte 
Straße führen ließ; auch bejah fie eine feite 
Afropolis. K. war durch jeine tüchtigen Arzte be- 
fannt (Hdt. 3, 131), jowie als Geburtsort der 
Philoſophen Ariftippos, Anniferis und Narneades, 


656 


des Dichters Kallimachos und des Eratofthenes. 
— Endlid) 1 zu nennen Barfa, 100 Stadien 
vom Meere, jüdöftlih von Ptolemais. Im Dften 
an der Küſte lag die Inſel Plateia, j. Bomba, 
wo fich die Theraier zuerſt niederließen, ehe fie 
Kyrene gründeten. Strab. 17, 836 ff. Vgl. Thrige, 
historia Cyrenes (2. Aufl. 1828). Gottichid, Geſch. 
der Gründung und Blüte des hellenischen Staates 
in Cyrenaika (1858). — I. Berjonenname: 
Tochter des Hypſeus, Enkelin des Peneios oder 
auch Tochter desjelben, von Apollon geliebt und 
aus Theflalien nach Libyen entführt, wo fie mit 
ihm den Ariftaios zeugte. Kyrene in Libyen ward 
nad) ihr benannt. Pind. pyth. 9,5 ff. Apoll. Rhod. 
2, 500 ff. 

Kyreschäta, Ärg£foyar« oder Kvgovmokıs, aud) 
Kipa, die äußerſte Grenzfeftung des perjischen 
Reiches in Sogdiana, nahe dem Jaxartes, von 
Nlerander zerftört. Arr. 4,2,2.3,1. Curt. 7, 6, 16. 
Strab. 11, 517. 

Kovgıos ift im juriſtiſchen Sinne derjenige, 
welcher ein Andividuum, das an fich perjönlich 
feine oder bejchränfte Nechtsfähigfeit hat, vor 
Gericht und in allen rechtlichen Beziehungen zu 
vertreten hat. Der xvoıog der Kinder war der 
Bater oder der Zmirpomog. Der xUgrog der Frau 
(vgl. audy Erbrecht, 3. und Ehe, 3.) war der 
Vater, nach defien Tode der Vormund; wenn fie 
nicht mehr unter vormundjchaftlicher Gewalt ftand, 
die nächſten Verwandten, wenn fie verheiratet war, 
der Mann, nach dem Tode des Mannes, wenn 
fie in dem Haufe desjelben zurüdblieb, der Sohn 
oder deſſen Bormund; wenn fie in das Haus der 
Eltern oder Verwandten zurüdfehrte, jo trat fie 
in das Verhältnis wie vor ihrer Berheiratung. 
War die Frau don dem “regıog verlegt, jo war 
die org); nannoeng das rechtliche Schußmittel 
für diejelbe. 

Kyrnos j. Theognis. 

Kyros, Kieog, Cyrus, altperj. Küruſch, hebr. 
Koreſch, Perſonenname: 1) der Stifter des 


Kyreschata 


perſiſchen Reiches. Unter den Variationen der Ge— | 
ichichte des K. berichtet Herodot (1, 96) die vor! 





— Kyros. 


Zufall rettet dem Sohne derjelben, melden Har— 
pagos, des Aſtyages Bertrauter, töten joll, das 
Leben; er wird als Hirtenknabe erzogen, dann 
als der Entel des Aftyages erkannt und von diefem 
am Leben gelaffen, während Harpagos für feine 
Fahrläffigfeit bei dem erteilten Befchle graufam 
bejtraft wird. Auf deffen Anftiften ftellt ſich Kyros, 
als er herangewachſen ift, an die Spike der Perſer 
und fiegt, da Harpagos mit den medischen Truppen 
u ihm übergeht. Nach fünfunddreigigjähriger 
egierung wird Aſtyages, 559 v. E., entthront 
und gefangengenommen, lebt aber ungefährdet 
bei Kyros. Hat. 1, 107— 130. — Kteſias dagegen 
leugnet urjprüngliche Berwandtichaft zwijchen beiden 
und jagt, erit ald Eieger habe K. des Aſtyages 
Tochter Amytis geheiratet, und dieſe Erzählung 
ift wahricheinlicher. — Der dritte Bericht, den wir 
befigen, Xenophons Cyropädie, ift nichts weiter als 
ein Roman. Gejchichtlich fteht feſt, daß Kyros 
dem Fürſtengeſchlecht entiprofien ift, das unter 
mediſcher Oberhoheit die Herrichaft über die Perjer 
oder einen Teil derjelben führte. Seine Borfah- 
ren waren Kambyſes, Kyros und Teiſpes, weiter 
hinauf fteht der Stammbaum nod nicht feit, da 
die Nachrichten bei Herodot ſelbſt (1, 107. 111. 
7, 11) und ebenjo in den Amjchriften auseinander 
ehen. Daß K. als Geijel am Hofe des Oberkönigs 
ich aufhielt, emtipricht ganz der orientaliichen 
Sitte. Auch der Zug der Überlieferung, daß Ver: 
rat und Untreue im mediichen Heere ihm den Sieg 
verichafften, wird durch eine neu aufgefundene In— 
ſchrift beftätigt; nur gejchah dies noch nicht 559, 
mit dem Negierungsantritt des K. in Berfien, 
fondern erit 550. — Nah der Einnahme von 
Efbatana fjuchte K. die Meder möglichit mit der 
neuen Ordnung der Dinge zu verjöhnen. Auf die 
Unterwerfung der zum mediſchen Neiche gehörigen 
Länder folgte die Eroberung Lydiens (Ende 546) 
und der Heinafiatiichen Städte. Im Sommer 539 
ichlug 8. ein babylonijches Heer, worauf fein Feld— 
herr Gobryas in Babylon ohne Schwertftreich ein- 
rücdte und den König Naboned (Außvrnrog Hat. 
1, 77. 188) gefangen nahm; im Herbſt hielt dann 
K. feinen Einzug in die Stadt (dod) 
zählt er jein erjtes offizielles Jahr 
als König von Babylon erjt vom 
März 538 an). Die Provinzen des 
Neiches bis gegen Agypten hin fielen 
ihm ohne Widerftand zu; den Nuden 
geitattete er die Rückkehr. Im Nampf 
gegen ein wildes Volk im Norboften, 
die Maffageten jenjeits des Jaxartes 
(Hat. 1, 201 ff.), oder die Derbiter am 
mittleren Oros Kteſias oder die Daer 
öftlich vom Kaſpiſchen Meer (Berofjos) 
hat K. Anfang 529 feinen Tod ge- 
funden. Am Hain von Pajargadai, 
dem Stammfig feiner Ahnen, wurde 
er beigejegt; noch fteht dort, im Thale 
des Murghab, das einfad würdige 
Grabgebäude. Strab. 15, 730 Arr. 
26,29, 4 ff. Curt. 10, 1,30. K. war 
ebenſo groß als Feldherr und Po— 
litifer wie edel in jeinem Wefen. „Er 


den Perjern am meiften erzählte. Der König von | hat ähnlich wie Cäjar den geheimnisvollen Zauber 
Medien, Ajtyages, durch Träume vor Entthronung | bejeffen, dem alles fich fügen muß.“ — 2) der 
durch jeinen Enfel gewarnt, verheiratet feine Toch- | jüngere Kyros, Sohn des Dareios Nothos, feit 
ter Mandane an einen Perſer Kambyſes. Ein | 408 v. E. Statthalter von Lydien, Großphrugien 


Kyrrhestike 


und Kappabofien, zugleid, Befehlshaber (xdpavos) 
aller Truppen im wejtlichen Kleinafien, während 
Tiffaphernes von da an auf die Küſtenſtädte be- 
ſchränkt war (Xen. Hell. 1,4,3. An. 1, 1, 15. 9, 7). 
Kt. ftand in Freundſchaft zu dem jchlauen Lyſan— 
dros und half diefem zum Siege über das ihm 
verhafte Athen. Die Bemühungen feiner intri— 
anten Mutter Barvjätis, ihm, als dem nach der 
hronbefteigung des Dareios geborenen Sohne, 
die Königswürde vor dem älteren Artagerres zu 
verichaffen, mißlangen, obgleid) er jeit dem großen 
Kyros als der Würdigfte für ein Diadem galt 
(Xen. An. 1,9, 1). Artaxerxes lief ihn nad) ſei— 
nem Megierungsantritt (Dezember 405) auf An- 
raten des Tiffaphernes jogar verhaften und nahm 
das Todesurteil nur auf Bitten der Paryſatis 
zurüd (Xen. An. 1, 1,3. Plut. Artax. 3). In 
jeine Provinz zurückgekehrt, rüftete ſich K., den 
Schimpf zu rächen. Unter dem Schein, ſich gegen 
Tifjaphernes zu fichern, gewann er die ioniſchen 
Städte und ließ durch griechiiche Anführer überall 
griechiiche Soldtruppen, bejonders PBeloponnefier, 
anwerben (Xen. An. 1, 1, 6ff.). Ende Februar 
401 jammelte er fein Heer bei Sardes und zog, 
anfangs noch unter dem Vorwand eines Krieges 
gegen die Pijidier, nach Kilifien, von da durd) 
die Amanijchen Pforten über den Euphrat nad) 
- Mejopotamien, bis er (3. September 401) bei 
Kunara, 500 Stadien oberhalb Babylons, un- 
weit von Sipphara, auf den ihn erwartenden 
Artagerres stieß. Diefer hatte 400 000 Mann 
(vgl. Xen. An. 1, 7, 12), während dem K. etiva 
100 000 Afiaten und 13000 Griechen zu Gebot 
ftanden (Xen. An. 1, 2,9. 7, 10. Plut. Artar. 10). 
Die Griechen fiegten auf dem rechten Flügel, ver: | 
fäumten aber den Angriff auf das Centrum. Des: | 
halb jprengte K. tollfühn auf des Feindes Mitte | 
ein, verwundete den Artaxerxes jelbit, fiel aber 
unter den Streichen eines Begleiterd des Königs. 
Dem Leichnam wurde Kopf und rechte Hand ab: 
gehauen (Xen. An. 1,10,1). (Andere Erzählungen 
über das Ende j. Plut. Artax. 105.) 8. war ein 
Mann von Geift und Energie, mag aud) feine 
Eharafteriftit bei Zenophon (An. 1, 9) ibealijiert 
fein. Sein Tod war indes für Hellas ein großes 
Glück. Die Griechen (ol Kvgsıoı, ro Kvgsıor 
orgdrsvue) unternahmen dann den berühmten, 
von Kenophon bejchriebenen Rüdzug. — 11. Fluß: 
name: 1) Fluß in Iberien und Albanien, j. Kur, 
entfpringt im nördlihen Armenien, füdlich vom 
Kaukaſos, und ftrömt oftwärts dem Kaſpiſchen 
Meere zu. MNebenflüffe: lints der Alazonios, j. 
Alajani; rechts der ihm gleich große Arares, j. 
Arad. Strab. 11, 5005. — 2) Nebenflug eines 
andern Arares (j. Kum-i-Firuz oder Bendemir) bei 
Berjepolis, entweder mit dem Medos (j. Murghab 
oder Pulvar) oder mit einem weiter oben ein= 
miündenden (j. Kur) identiich. Strab. 15, 729. 

Kyrrhestike j. Syria. 

Kythöra, r& Ködnge, Injel am Eingange des 
Lakoniſchen Meerbujfens, nahe dem Borgebirge 
Maleca. Die 4 Meilen lange, an der breitejten 
Stelle über 2 Meilen breite Inſel bejteht größten: 
teils aus fahlen Feljen, zwiichen denen indes DI, 
Baumwolle und Wein gedeihen; der Strand war 
reich an Purpurmujcheln. Sie gehörte den Spar: 


Nealleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


— Kyzikos. 657 
tanern und wurde durch einen bejonderen, jähr: 
lich wechjelnden Beamten, Außngoddang genannt, 
verwaltet. Für einen Feind Spartas war die 
Inſel von größter Wichtigkeit, weshalb die Athener 
jie im $. 455 v. C. und jpäter im peloponnefijchen 
Kriege 424 bejegten; ihre Herausgabe war erite 
Brichenikebingune, Haät. 7, 235. Thuc. 4, 53. 
118. 5, 18. Die Phoiniker, weldye hier auch wahr: 
icheinlih den Aphroditedienft (die Aſtarte von 
Aitalon) eingeführt hatten, hatten bald den Argi: 
bern weichen müſſen. Zldt. 1, 82. Die Stadt 
Kythera lag im Innern, ihr trefflicher Hafenplatz 
Standeia war wohl befejtigt. Zurue. 4, 54. Jetzt 
Gerigo, jeit 1863 zum Königreiche Griechenland 
gehörend. 

Kythnos, Ködvog, Kykladeninſel jüdlich von 
Keos, mit vielen heißen Quellen, daher der jeßige 
Name Thermia. Sie ift durdy einen 2’, Meile 
langen Bergrüden gebildet, von welchem jich gegen 
Dften und Weiten zahlreiche enge Schluchten nad) 
der Küſte hinabzichen. Die Inſel lieferte Getreide 
und Wein. Die gleichnamige Hauptſtadt hatte 
gute Häfen. Die Kythnier kämpften auf der Seite 
der Hellenen bei Salamis und traten dann der 
atheniihen Symmachie bei. Hdt. 8, 46. Strab. 
10, 485. . 

Kytinion j. Doris. 

Kytissöros j. Athamas, 

Kyzikos, Kvfınog, 1) milefische Kolonie in 
Phrygia ad Hellespontum, auf der Südſpitze der 
gebirgigen Inſel (später Halbinjel) Arktonnejos in 
der Bropontis (Propontiacis haerentem Cyzicon 
oris, Op. trist. 1, 10, 29), mit 2 fejten Häfen, 
Banormos im D., Chytos im W., am Fuße der 
Berge Dindymon und Arktos. Bis zum pelo- 
ponneſiſchen Kriege, in welchem Alfibiades die 
Spartaner, Februar 410, bei K. jchlug, war die 
Stadt unbedeutend, fam aber danı durch das 
Sinten von Milet und Athen raſch empor, wurde 
um 350 durd die Berier ftarf befeftigt und jtand 
ipäter im Bund mit dem pergamentjchen Reiche 
mächtig und reich da. Zum Lohn für ihre Trene 
egen Rom im dritten mithridatifchen Kriege, wo 
Be von Lucullus nach hartnädiger Belagerung 
(Winter 74/73 dv. E.) entjegt wurde, erhielt fie die 
Herrichaft über die ganze Küſtenebene und bie 
Rechte einer libera civitas. Obgleich ihr die 
legteren von Tiberius zur Strafe für Mißhand— 
lung römischer Bürger entzogen wurden, blieb jie 
doch durch ihren Handel und ihre Baumerfe eine 
der bedeutendjten Städte des Altertums, bis jie 
durch Konftantinopel verdunfelt wurde. Sehr ver: 
breitet waren ihre Goldmünzen (Kvfızmvol, scil. 
srariges — 28 attiſchen Drachmen), befannt ihre 
Salbe (uögor K., unguentum amaracınum, irı- 
num, d. h. aus dem Saft der Jrispflanze). Ruinen 
der alten Mauern jowie eines jehr großen Theaters 
und Amphitheaters find noch vorhanden, ebenjo 
Reſte von einem mächtigen Tempel Hadrians, der 
erft 167 n. E, mit einer Rede des Arifteides ein- 
geweiht wurde; die Trümmerjtätte heißt j. Balkis. 
Strab. 12, 5755. Hat. 4, 76. 6,33. Xen, Hell, 
1,1, 11 f. Cie. de imp. Un. Pomp. 5, 20. Plut. 
Iauc. 97. Suet. Tıb. 37. Tae. ann. 4, 36. Bol. 
Marquardt, K. und jein Gebiet (1836). — 2) 1. 
Argonauten, 3. 


658 


Labdakos — Labyrinthus 


L. 


Labdäkos j. Oidipus. 

Labeo, 1) DO. Fabius Labeo, ward, nad): 
dem er Prätor geweien (Liv. 37, 47), in Nreta 
und in Aſien befehligt (daſ. 37, 60. 38, 39) und 
einen Triumph gefeiert hatte, 189 v. E. (daj. 38, 47), 
nach mehrfacher vergeblicher Bewerbung zum Konſul 
für 183 ernannt. Daf. 39, 45. -— 2) DO. Anti: 
ſtius Lab., ein berühmter römischer Jurift unter 
Auguſtus, defien Gegner er war (Tae. ann, 3, 75), 
Schüler des E. Trebatius Teſta. Später lehnte 
er die ihm angetragene Ehre des Konjulats ab. 
Gründer der proculianishen Rechtsſchule (j. Juris 
consulti), war er ein jehr gelehrter Mann 
und ſoll gegen 400 Bücher geichrieben haben, von 
welchen mehreres auszugsweiſe von dem Auriften 
Paulus bearbeitet und nachmals in die Digeſten 
aufgenommen worden ift. — 3) Atius Yab. 
(dj. Atii, 6.), Überjeßer des Homer. — 4) Pom— 
ponius Lab., befehligte unter Tiberius in Mö— 
fien, wo er die Einwohner drüdte und Beftechungen 
ſich zugänglich zeigte. Um der Strafe zu entgehen, 
tötete er ſelbſt. Tae. ann. 4, 47. 6, 29. — 
5) Aſconius Lab., Vormund des Kaiſers Nero, 
erhielt im 3. 54 n. E. die consularia insignia. 
Tac. dnn. 13, 10. 

Laberii, eine Familie plebejiihen Urfprungs: 
1) Yab. Hiera, Lehrer des Brutus und Caſſius 
in der Grammatif, war urjprünglich Freigelaſſener 
und zeichnete fich durch Uneigennüßigfeit aus, in: 
dem er die Söhne der von Sulla Geächteten uns 
entgeltlich unterrichtete. — 2) DO. Yab. Durus, 
fiel als Sriegstribun Gäjars (54 v. E.) beim 
zweiten Zuge gegen Britannien. Caes. b. g. 5, 15. 
— 3) Decimus Laberius, geb, gegen 106, geit. 
43 v. C., war als Dichter von Mimen berühmt. 
Im 3. 45 wurde er in einem Alter von 60 Jahren, 
obgleich er dem Ritterftande angehörte, von Cäſar 
gezwungen, im Wettlampfe mit P. Syrus jeine 
Mimen jelbjt öffentlicdy auf der Bühne vorzutragen, 
womit nad) dem römijchen Geſetze Berluft der 
bürgerlichen Rechte verbunden war. Suet. Caes. 39. 
Macrob. sat. 2, 7,2. Er beflagte fich über dieje 
Gewaltthätigfeit in dem ergreifenden, von Macro: 
bins a. a. D. erhaltenen Prologe von 27 iam: 
biſchen ZTrimetern in jehr mwürdiger Weiſe und 
rächte ji) an Cäſar durch freifinnigen und treffen: 
den Spott. Seine Mimen, von denen außer jenem 
Prologe jehr wenig erhalten ift, zeichneten fich 
durch Witz und kühne Spradhbildung aus und 
wurden auch in fpäteren Zeiten noch gern — 
Hor. sat. 1, 10, 6. Die Fragmente bei Ribbeck, 
comic. Lat. fragm. p. 279 ff. der 2. Aufl. 

Labicum, Aaßıxov, oder Lavicum, altlati- 
nijche Stadt am Nordrande des mons Algidus, 
15 Mill. jüdöftlih von Rom und nordöftlich von 
Tuſeulum, j. vielleicht, Colonna. Wegen ihres 
Bündniſſes mit den Aquern erjtürmten fie die 
Römer und bevölferten fie mit Koloniften. Liv. 
4, 45 f. Ihr Gebiet wird noch Zur. 26, 9 ge: 
nannt; die von Nom nad Beneventum führende 
Straße hatte von ihr den Namen der via Lavi- 
cana, Lir. 4, 21. 

Labieni, 1) j. Atii, 1.2. — 2) T. Yabienus, 


— — — — — — —— — nn nn — — —— — nn nn — ——— — — 


Freund des Caſſius Severus und anderer repu— 
blikaniſch geſinnter Männer unter der Regie— 
rung des Auguſtus, war nicht unbedeutend als 
Nedner und Gejchichtichreiber; wegen der freimü— 
tigen Sprache aber wurden jeine Schriften auf 
Befehl des Senats verbrannt (Suet. Cal. 16) und 
erft jpäter unter Caligula wieder erlaubt. Er 
ftarb aus Gram darüber. Spottweije nannten 
jeine Feinde ihn wegen jeiner republitanijchen 
Sefinnung und feiner Feindſchaft gegen Auguſtus 
Rabienus. Homo mentis quam Iingune ama- 
rioris nennt ihn der ältere Seneca (contror. 
p. 257, 20). 

Labötas, Aaßorag, bei Herodot Aswparıs, 
1) vierter jpartanijcher König aus dem Hauſe der 
Agiaden, zu deſſen Zeit die Streitigkeiten mit 
Argos über Kynuria anfingen. Hdt. 7, 204; vgl. 
1,65. Paus. 3, 2, 3. — 2) jpartanijcher Harmojt 
im trachiniſchen Herafleia im 3. 409 v. C. Xen. 
Hell. ı, 2, 18. 

Labranda, r& Adßoardae, kariicher Flecken, 
60 Stadien nördlich) von Mylafa im Gebirge, mit 
einem berühmten Tempel des Nationalgottes Zeug » 
Zpdriog oder Außpavdsög (von dem farijchen 
L«ßoos, der Doppelart, mit welcher er abgebildet 
wurde), der wahrjcheinlich auch Agandıs hieß. Udt. 
5, 119. Strab. 14, 659. Plut. quaest. (rraec. 45. 

Labrum, eine Wanne oder großes Beden von 
Thon, Marmor, Porphyr, Metall, zum Baden 
bejtimmt. Mehrere haben fich erhalten. Ahnlich 
geformte Wannen brauchte man zu ökongmiſchen 
Sweden, wie zur Aufbewahrung des Ols und 
des Weins. 

Labyrinthus, ö und 7) Außvgırdog, 1) das 
ägyptiſche L., der befannte große Bau in Mittel: 
ägypten, öftlich vom Mörisjee, an dem Einfluß 
des Fojephlanals (Bahr Juffuf) in den See, gegen: 
über von Arfinoe oder Krofodilopolis, von Lepfius 
wahricheinlich in den Trümmerhaufen bei dem h. 
Hovara mwiederentdedt. Nach den Beichreibungen 
der Alten, unter welchen Serodot (1, 148) und 
Strabon (17, 811; vgl. Plin. 36, 19) als Augen: 
zeugen reden, beftand das hufeijenförmig angelegte 
Gebäude aus 1500 Gemächern unter Einem Dad 
(Herodot fügt noch diejelbe Zahl unterirdiicher 
Räume hinzu); in der Mitte lagen die 12 oder 
27 Höfe, zur Seite eine Pyramide. Doc war es 
nicht ein Grabmonument, jei es der Dodekarchen, 
jei es eines einzelnen Königs (Died. Sie. 1, 66. 
89, 61), jondern ein Reichstempel, worin jeder 
Nomos des Landes feinen Schußgott in bejonderem 
Raume Pe ag zugleich mit dem Mörisjee von 
Amenemha III. (um 2150) aus der zwölften Dynaftie 
errichtet. Der ägyptiſche Name war Lopasrohun, 
d. i. Tempel der Nanalmündung, woraus dann 
das griechiſche Wort L. entjtand. Man bezeichnete 
mit dieſem bejonders noch folgende 3 Gebäude, 
die nach dem Ausdrud des Blinius auch omnes la- 
pide polito fornieibus tecti waren, überhaupt aber 
jeden Bau mit einem verwidelten Bielerlei von 
Hängen und Kammern. — 2) das fretiiche %., 
der Sage nad) (Verg. A. 5, 588. Ov. met. 3, 158) 
von Daidalos nad dem ägyptijchen gebaut, in ber 


Lacedaemon — Laelii. 


659 


Nähe von Knoſſos, und der Aufenthalt des Mino: ı Galb. 14), von Tacitus (hist, 1, 6) mortalium 


tauros, dor Diodor (1, 61. 97. 4, 60. 77) von kei— 
nem Schriftfteller erwähnt, auch fennen die ein— 
heimijchen Sagenjammler es nicht; und man darf 
nach den gründlichen Unterjuchungen Höds an: 
nehmen, daß ein joldhes Gebäude nur der Mythe 
angehört und nie eriftiert hat (vgl. Plin. 36, 13: 
Cretici Italicique nulla vestigia extant). Ber: 
anlafjung zu der Sage gaben wohl die mannig- 
fachen Zerflüftungen der Berge Kretas. So fand 
und findet ſich bei Gortyna ein Labyrinth mit 
Grotten und Gängen, entjtanden aus dem Hauen 
von Baufteinen; jpäter trat wohl der bewußte 
Plan dazu, ein Labyrinth zu fchaffen. — 3) das 
2. auf Samos (Plin. 36, 19, 82, während es 
36, 19, 3 fälſchlich nach Lemnos verlegt wird), 
ein Werf der jamiichen Baufünftler, denen Poly— 
frates die Mittel gewährte. Plinius jah noch Refte 
desjelben. — 4) Das italijche 2. nennt Blinius 
(36, 13) das Grabmal des Königs PVorjena von 
Elufium, welches in feiner Baſis ein jehr ver- 
wideltes Syftem von Kammern enthielt; der Schrift: 
fteller jah es indes nicht mehr jelbft. 

Lacedaemon j. Lakonika, 8. 

Lacerna j. Kleidung, 9. 

Lacetäni, Auxsravoi, Völlerſchaft im tarra: 
eonenfiichen Hijpanien, ziemlich öjtlih am Fuße 
der Pyrenäen. Liv. 21, 23. 60. 28, 33. 34, 20 
(gens devia ac silvestris). Plut. Cat. mai. 11. 

Lachäres, Aaydens, Boltsführer in Athen, 
machte im Bunde mit Makedonien und Thrakien 
der bisherigen Demokratie ein Ende und gewann 
die Tyrannis, zwiſchen 297 und 296 v. E. 
war berücdhtigt durch Grauſamkeit und Ruchloſig— 
feit gegen die Götter. Als Athen ſich nad 
langer Belagerung dem Demetrios PBoliorketes er: 
gab (295 v. E.), floh er nad Boiotien, von hier 
nad) Delphoi und hielt fi zulegt in Kaſſan— 
dreia auf. Plut. Demetr. 33f. Paus. 1, 25, 7. 
29, 10. 16. Polyaen. 2,7, 2. 

Laches, Adyns, Sohn des Melanopos, war mit 
Eharviades Führer der 427 v. E. nach Eicilien 
den Leontinern zu Hülfe geichidten Flotte. Thuc. 
3,86. Im %. 425 wurde er nach wechjelnden 
Kämpfen abberufen (daſ. 115) und von Kleon 
wegen Unterichleifs angeflagt. Nachher diente er 
als Hoplit in Boiotien. Plat. symp. 221 A. Nadı 
Kleons Tode trat er wieder hervor und nahm mit 
Nikias teil an den Frriedensverhandlungen, 421. 
Thuc. 5, 19. 24. 418 führte er mit Nifoftratos 
ein Heer den Urgivern zu Hülfe; beide Führer aber 
fielen in der Schlacht bei Mantineia (da). 5, 61. 74). 
Ein platonifcher Dialog ift nach ihm benannt. 

Lachesis j. Moira, 3. 

Lacininm promunturium, Auxivıov &xpor, 
j. Capo delle Eolonne oder C. Nao, Borgebirge 
an der Südwejtipibe des Tarentiniichen Meerbufens 
in Unteritalien, 100 Stadien jüdli von Kroton, 
dabei ein Flecken gl. N., der fih um den berühm- 
ten Tempel der Juno Lacinia gebildet hatte, 
defien noch vorhandene Säulentrümmer Veran: 
laſſung zu dem jeßigen Namen geworden find. 
Hannibal ließ hier einen Altar mit punijcher und 
griechiicher Inſchrift, die Erzählung feiner Züge 
enthaltend, aufitellen, die Polybios noch jah und 
benußte. Pol. 3, 33. Strab. 6, 261. 262. 281. 

Laco, Cornelius, praef. praetorio unter 
Salba, früher Gerichtsbeifiger, assessor (Suet. 


ignavissimus genannt, wurde nad) Galbas Sturz 
auf Befehl Othos getötet (daſ. 1, 46). 

Laconicum, der Schwihofen im warmen Bade 
(caldarium oder sudatıo), ſ. Bad, I 

Laetantius, 2. Cäcilius Firmianus, wohl 
aus Italien gebürtig, Schüler des Rhetors Arno- 
bius, wurde von Diocletian zum Lehrer der latei: 
nifchen Sprade in Nilomedeia ernannt, trat erft 
in feinen jpäteren Jahren zum Chriftentum über, 
unterrichtete etwa jeit 312 den älteften Sohn de3 
Kaifers Eonftantin, Erifpus, in Gallien und ftarb 
daſelbſt um 330 in hohem Alter. Unter feinen 
meift religidjen Schriften find hervorzuheben die 
institutiones divinae, ein zur Rechtfertigung des 
Ehriftentums verfaßtes, auf vieljeitigen Studien 
beruhendes Werl in 7 Büchern, 307—310 ge: 
ichrieben. Seine Sprache ift fast klaſſiſch zu nen— 
nen, rein, einfach und fließend, daher hieß er 
Cicero christianus. Nusgaben von Bünemann 
(1739) und D. F. Frigiche in Gersdorffs Biblioth. 
Patrum Ecclesiast. X (1842 ff. 2 Bbb.). — Ein 
ihm gewöhnlich zugeichriebenes Gedicht in elegi: 
ihem Bersmaße, Phoenix (hrsg. von Martini, 
1825, Leyier, 1839, Rieſe, Anthologia Lat., 
in Jeeps Ausg. des Elaudian, Bd. 2, und Bäh- 
tens, poet. Lat. min. III p. 247 ff.), ift nad) der 
Meinung mancher Gelehrten eine Nachahmung von 
Claudians Gediht de ave Phoenice und von 
einem nad Elaudian lebenden Namensvetter des 
Kirchenjchriftftellers verfaßt, während andere viel: 
"7 Claudian für den Nahahmer halten. 

actüca, Salat, eine jehr gewöhnliche Speife, 
von der es viele Sorten gab, z. B. capitata, 
Kopfjalat u. a. 

Lacünar, das vertiefte Feld, die Kafjette der 
getäfelten Dede, j. Haus, 11. 

Lacus. ein großer öffentlicher Wafjerbehälter 
oder Baljin, die Stelle der Eifternen vertretend 
und von den großen Wafferleitungen geipeift. 
Agrippa legte in Rom 700 lacus an, welde zum 
Teil jhön verziert waren. — Im Haufe heißen 
lacus große hölzerne Gefäße für Moft und andere 
Flüffigkeiten. 

Lade, Adön, Heine Inſel an der kariſchen 
Küfte, der Stadt Miletod gegenüber und deren 
Hafen beherrihend, j. ein Erdhügel in dem vom 
Maiandros angeſchwemmten Weideland. dt. 6,7. 
Thuc. 8, 17. 24. Arr. 1,18, 4. 19, 3. 9. Strab. 
14, 635. Paus. 1, 35, 5. We wurde im J. 494 
v. C. die Flotte der -Heinafiatiichen Griechen von 
den Berjern gejchlagen und infolge deſſen Miletos 
erftört. 

Ladön, Addor, 1) rechter und ſtärkſter Neben: 
fluß des Alpheios, entipringt am Fuß der Aroa- 
nilchen Berge in Arkadien, ſüdlich von Pheneos 
(mit dem See von Pheneos jcheint er durd) Kata: 
bothren in Verbindung zu ftehen), nimmt von 
recht3 den Aroanios auf und mündet öftlid von 
Heraia ar der eliihen Grenze; j. Ruphia. — 
2) linfer Nebenfluß des Peneios in Elis, der von 
dem Erymanthos herabfommt, j. Tichaleby. — 
3) j. Herakles, 10. 

Laelii, ein wahricheinlich aus Tibur ftammendes 
plebejiiches Geſchlecht. Die Familie der Scipionen, 
bejonders die beiden Africanus, hatte das Patronat 
über diefe wahrjcheinlich von Griechen gegründete 
Stadt, daher ihre Vorliebe für griechiſche Sitte 

42* 


660 


und Bildung, jowie ihre Befanntichaft mit den 
Läliern, welche durch jie zu großem Anfehen in 


Rom Frag Die bedeutendften Yälier find: 
1) C. Läl., Freund des älteren Scipio, welchen 


er im %. 211 v. E. nad Hiſpanien begleitete. Er 
half ihm hier mit der Flotte Neufarthago erobern 
(Pol. 10, 3. 11. Liv. 26, 41 ff.) und brachte im 
Auftrage Scipios die Nachricht davon nach Rom. 
Liv. 27,7. Nach feiner Nüdfehr nach Hijpanten 
nahm er an allen ferneren Kriegsereigniffen, be: 
jonders an der Schlacht bei Bäcufa (Pol. 10, 39. 
Liv. 27, 18 f), rühmliden Anteil (Pol. 11, 32. 
Jav. 28, 33) und begleitete jeinen Freund zu der 
———— mit Syphax. Im J. 205, als 

cipio nach Afrifa überjeßen wollte, jandte er 
den Läl. mit der Flotte voraus (Liv. 29, 1), der 
die Küften Afrikas verheerte; im weiteren Verlauf 
des afrikanischen Feldzugs ſchlug er im Berein 
mit Mafiniffa den Syphax im J. 203 (Liv. 30, 3 ff. 
Zontr. 9 p. 439), nahm ihn gefangen und bradhte 
ihn auf Scipios Befehl nach Nom, wie er denn 
auch im J. 202 die Nachricht von der Schlacht 
bei Zama, in weldyer er an der Spike der Reiterei 
ſich mit Ruhm bededt hatte, nach Rom überbrachte. 
J.iv. 30, 16. 36. Nach dem Kriege gegen Karthago 
wurde er nacheinander Adil, Prätor und Konſul 
(190), letzteres mit L. Scipio Aſiatieus, der den 
Krieg gegen Antiochos führen jollte, obwohl eine 
Partei im Senate den Läl. dazu beftimmt hatte. 
Liv. 36, 45. Cie. Phil, 11, 7, 17. In den folgen: 
den Jahren war er bei der Kolonifierung des 
cisalpiniichen Galliens, ſowie bei mehreren Ge— 
jandtichaften thätig. Liv. 37, 1. 50. 41, 22. 43, 5. 
Er war ein Mann von großer Beredſamkeit und 
Liebenswürdigfeit (Sil. It. 15, 453 ff.), jehr gebildet 
und darum dem älteren Scipio, der ihm während 
ihrer gemeinfchaftlichen Thätigkeit ftet3 feine Pläne 
mitteilte, vor allen teuer. Vell. Pat. 2, 127. Pol. 
10,3.9. — 2) C. Läl., des vorigen Sohn, Freund 
des jüngeren Scipio, von feinem ernften Studium 
der Philoſophie Sapiens (sopog) genannt (nicht, 
weil er im J. 151 dv. E. ein von ihm vor: 
geichlagenes Adergejet aus Furcht vor Unruhen 
zurüdnahm. Cie. Lael. 1, Plut, Ti. Graceh. 8). 
Den Scipio begleitete er im 3. 147 auf feinem 
Feldzuge gegen Karthago als Legat und hatte an 
der Eroberung des Hafens Kothon den größten 
Anteil. App. Pun. 127. Gleich glüdlich befehligte 
er im Kriege gegen Biriathus in Hifpanien (Cie, 
Brut. 21, 84) im $. 145, fo daß jeinen Nach— 
folgern die Befiegung desjelben leicht wurde. Nach— 
mals erhielt er (140) das Konſulat (daſ. 43, 161), 
ftand in den Kämpfen gegen die Gracchen neben 
Scipio auf jeiten der Adelspartei, wie er auch im 
J. 131 ſich dem Borfchlage des Tribunen Bapirius 
Carbo über die Wiederwahl der Bolfstribunen 
widerjeßte. Cic. Lael. 25, 96. Die demofratijche 
Partei warf begreiflicherweije einen tiefen Haß auf 
ihn, ohne jedoch jein Anſehen erſchüttern zu kön— 
nen. Seine Reden vor Gericht, feine Leichenreden, 
3. B. auf Scipio Amilianus, jeine Staatsreden 
(Cie. de or. 2, 84. Quint. 12, 10, 10) zeugten von 
großer Beredſamkeit. Aber nicht nur die Mede- 
kunſt beichäftigte ihn, auch philojophiichen Studien 
(er hatte die Stoifer Diogenes und Panaitios 
gehört) und der Pichtfunft widmete er fich mit 
großem Eifer und trat jelbjt als Schriftiteller 
darin auf, wie der Umftand beweift, daß des 


Laenas — Lais. 


Terentins Komödien für Werfe des Lälius galten 
(Cie. ad Att.7,3,10). Die Abneigung der Römer 
gegen griechiiche Bildung befämpfte er mit Erfolg 
und jammelte einen Kreis von Gelehrten aus Rom 
und Griechenland um ſich. Cie. de or. 2, 37. 
Qucilius (Hor. sat. 2, 1, 71), Terentius (Suet. 
Ter. U, Cälius Antipater (Cie. or. 69) erfreuten 
fih feines Umganges. Cicero gibt uns (Lael. 
1,2 u.ö. Arch. 7, 16 u. j. w.) manche Züge von 
feinem Charakter und aus feinem Leben. Abhand— 
lung von Hanna (1832). — Seine Töchter 3) und 
4), beide Lälia geheißen, werben von Cicero 
(de or. 3, 12, 44. -Zrut. 58) wegen ihrer Bered: 
jamteit gerühmt. — 5) D. Läl., im J. 59 v. E. 
Anfläger des don Cicero verteidigten Flaceus, 
wurde im %. 54 Volkstribun und hielt im Bürger: 
friege zu Pompejus. Cie. ad Att.8, 11, D, 1. 
Er befehligte die pompejanifche Flotte an der Küſte 
Wiens. Caes. b. ec. 3, 5. Später (43) nahm er 
am Kriege in Afrika teil und tötete fi nach dem 
Tode des Cornificius im Kampfe bei Cirta mit 
eigener Hand. Dio Cass. 48, 21. 

Laenas j. Popilii, 1—5. 9. 

Laenii, 1) M. Länius Flaceus, aus einem 
brumdifiniichen Nittergejchlehte, nahm den ver: 
bannten Cicero troß der Drohungen des Clodius 
auf jeiner Reife zu Brundifium gajtlich auf, 58 v. C. 
Cic. ad fam. 14, 4. Er war ein freund des 
Atticus, begab ſich jpäter als Negotiator nad) Yao- 
difeia in Phrygien und erhielt von dem dankbaren 
Eicero mehrere Male Empfehlungen an Freunde. 
Cie. Plane. 14, 97. ad Att. 5, 21, 4. ad fam. 
13, 63. — 2) M. Län. Strabo, Erfinder der 
Vogelhäujer. Er war römischer Ritter, wie jeine 
ganze Familie, und ein Freund des gelehrten 
Barro. Varr.r.r.3,5,8. 

Laörtes j. Odysseus, 1. 6. 

Laetorsi, ein plebejiiches Geichleht. Zu er: 
wähnen find: 1) M. Lät., weihte im J. 495 v. C. 
als Genturio zum Schimpfe für die Konfuln einen 
Tempel des Mercure. Liv. 2, 27. — 2) E. Lät., 
jeßte im 3. 471 v. E. als Vollstribun gegen 
Appius Claudius die Rogationen feines Kollegen 
Publilius Bolero mit Energie durch. Jar. 2, 56. 
Dion. Hal. 9, 46. 48. — 3) E. Lät., curulijcher 
Ndil im J. 216 v. C., befam als Prätor im 
J. 210 Ariminum zu feinem Wirkungskreiſe. Lir. 
26, 23. 27, 7. — 4) Freund des E. Gracchus, juchte 
dem Freunde Beit zu verichaffen, den Mördern zu 
entrinnen, indem er fich auf der Tiberbrüde den 
Verfolgern entgegenitellte, fie aufbielt und fich 
dann in den Fluß ftürzte, nach andern von jenen 
zulegt niedergemacdht wurde. Val. Max. 4, 7,2. 

Laevinus j. Valerii, 14, 18. 21. 

Laevius, römijcher Lyriker, älterer Zeitgenoſſe 
des Yucretius (um 90 v. E.), dichtete Erotopae- 
gnia in mindeftens 6 Büchern, deren liberrefte 
(gej. von Weichert, poet. lat. vit. p. 31 ff.; Luc. 
Müller, Ausg. des Catull, S. 76, und VBährens, 
fragm. poet. Rom. p. 287 ff.) jcherzhafte Be- 
handlung griechiicher Mythen in jehr verichiedenen 
Versmaßen zeigen. Abhandlung von Wüllner (1829). 

Laios j. Oidipus, 

Lais, Acig, Name zweier in Aneldoten und 
Epigrammen oft genannter Hetären, die indes 
jelten genau unterjchieden werben. Die ältere 
ftammte aus Korinth, lebte zur Zeit des pelo- 
ponnejischen Krieges, war die jchönfte ihrer Zeit: 


1 


Laistrygones 


aenoffinnen, aber habjüchtig und wähleriih. Die 
Philoſophen Diogenes und Ariftipp waren ihre 
Berehrer. Ihr Yebensende wird verjchieden an: 
gegeben. Paus. 2, 2, 4. — Die jüngere, Tochter 
der Timandra, der Freundin des Alkibiades, war 
geboren in Hylkara in Sicilien. Apelles und 
Hypereides werden zu ihr in Beziehung geſetzt. 
Später folgte fie einem Hippolochos oder Fine: 
ftratos nad Theflalien und ſoll dort, bemeidet 
wegen ihrer Schönheit, von den andern Weibern 
im Tempel der Aphrodite erichlagen worden jein. 
Bol. Jacobs, Verm. Schr. Bd. 4. ©. 308. 

Laistrygönes. Acorgvyörss, ein menſchen— 
frefiendes, rohes Riejenvolf, bei Homer im unbe: 
ftimmten, fernen Weften wohnend, wo wegen der 
Kürze der Nächte der eintreibende Dirt den aus: 
treibenden grüßen kann, eine Bemerkung, in wel: 
cher man die Spur einer Hunde Homers von ben 
nordijchen furzen und hellen Nächten finden könnte 
(Hom. Od, 10, 81.) Die Griechen jeßten in 
jpäterer Zeit die Laiſtrygonen nad) Sicilien in die 
Nähe von Leontinoi, die Römer an die ſüdliche 
Küſte von Latium in die Gegend von Formiä 
und nannten Formiä die Stadt des Yamos. Hor. 
od. 3, 17, 1. 6 (vgl. 3, 16, 34: Laestrygonia am- 
phora, d. i. eine Amphora formianiichen Weines). 
In der homeriichen Stelle ift es zweifelhaft, ob 
dort Lamos als alter mythiicher König und Er: 
bauer der Laiftrygonenftadt anzunehmen ift (Ov. 
met. 14, 233), oder ob der Name die Stadt be: 
zeichnet; manche nehmen TnAfmviog oder Auı- 
orevyordn für den Namen der Stadt. Bol. Od. 
23, 318, eine für Homer nicht beweifende Stelle, 
da jie der unechten Schlußpartie der Odyſſee an- 
aehört. Als Odyſſeus dort landete und alle jeine 
Schiffe bis auf eins verlor, war Antiphates König. 

Lakmön, Adzuwv, oder Lakmos, Adauos, hieß 
der rauhe und jchwer zugängliche, 2200m hohe, 
noch jeßt gut bewaldete Teil des Pindosgebirges 
zwiichen Theſſalien und Epeiros, über welchen 
der Hauptpaß zwilchen beiden Ländern führt, j. 
Zygos. Hit. 9, 92. Strab. 6, 271. 7, 316. Wuf 
ihm entipringen die Flüffe Aoos, Haliakmon, 
Inachos, Arachthos und Peneios. 

Lakonika, Aaxworır), jpätlat. Laconia, die 
ſüdöſtliche Landichaft des Peloponnes, grenzte im 
N. an Argolis und Arladien, im D. un das Myr— 
toüche Meer, im ©. an den in weiter Bucht 
in das Feſtland einſchneidenden Yakoniichen (ö 
Aaammıröos #oArog) oder Gytheatiſchen Meerbujen, 
im W. teils an den Meſſeniſchen Meerbufen, teils 
an Mejlenien. Die Größe betrug BSTTIM., worauf 
zur Zeit der Blüte gegen 200000 M. wohnten, 
eine für ein Gebirgsland anjehnliche Bevölferung; 
die große, fruchtbare Ebene am Eurotas nahm 
ungefähr 20 I IM. ein. Ein breiter Zug felfiger 
Gebirge, der fi von der Yandichaft Thyreatis oder 
Kynuria jüdöftlich bis Epidauros Limera und in 
geringerer Höhe bis zum Borgebirge Malea er: 
jtredt, jcheidet volllommen das Thal Spartas von 
dem öjtlichen Uferftriche, über welchen fich bei den 
Alten nur ſpärliche Nachrichten finden, und wo 
die ioniihen Kolonien fat ununterbrochen unab— 
hängig blieben, jo daß in älterer Zeit durch deren 
nahes Verhältnis zu Argolis die Grenzen diejer 
Landſchaft bis zum Vorgebirge Malen ausgedehnt 
wurden. Ildt. 1, 82. 6, 92. Der nördliche Teil 
des Gebirges hieß Barnon (j. Malevo), die Höhen 


— Lakonika. 661 
zwiichen ihm und Sparta Barbofthenes (j. 
Vreſthena), Euas und Olympos (j. Höhe von 
Bajara) bei Sellafia, und näher nad) Sparta zu 
Thornar (j. Berg von Bavlcıfa) und ro Menr:- 
Laitor Öpog. Am Süden des Zuges lag nördlid) 
von Epidauros Limera der etwa 1300m hohe 

arer (j. Kolofera). Weiter jüdlich enden die 
Höhen bei dem berüchtigten Borgebirge Malea (j. 
Malia) und der Inſel Kythera gegenüber Onu— 
anathos (Ejelstinnbaden), 1. die Inſel Elaphonifi; 
eine jubmarine Fortiegung des legteren iſt die 
Inſel Kythera. Wenige Wege führten über diejen 
Öftlichen Gebirgszug. Gegen Meffenien Hin zieht 
fih im füdlicher Richtung der Taygetos (ro 
Teöysror ögog), j. Bentedaktylon, hoch und rauh, 
das höchſte Gebirge des Peloponnes, aber, die 
oberjten, 2409 m hohen, 2 Dritteile des Jahres mit 
blendendem Schnee bededten, Gipfel ausgenommen, 
frifch und wohlbewäſſert, mit reichen Zriften für 
die lafonischen Herden und jchönen Wäldern. Bei 
dem Berge Derrhion etwa in der Mitte findet 
fich im Thal des Tiajaflufjes eine ſtarle Einjenkung, 
durch welche die Straße von Sparta nach Meſſenien 
führte. Die Südhälfte fteigt in dem Talcton 
(wohl nicht der j. Hagios Elias) bis zu 2409 m 
empor. Durch Erdbeben ift das Gebirge zum 
Zeil ſehr zerflüftet; eine 600 Fuß ſenkrecht ab: 
fallende Felsipalte weitlich von Sparta hieh Kaıd- 
öas, in welche man die zum Tode Berurteilten, 
3. B. den Nriftomenes, hinabftürzte. Eine audere 
Spalte beim Borgebirge Tainaron (j. Kap Ma: 
tapan) galt für den Eingang zum Hades, wo He: 
raffes den Kerberos hervorgeholt hatte. — Im— 
N. gegen Arkadien bildeten gleichfalls bedeutende 
Höhen die Grenze, jo daß Lakonika gegen feind: 
liche Einfälle jehr gefichert lag. Nur 3 Straßen 
führten hinein, von Meſſenien die jchon erwähnte 
Strafe zwiſchen Sparta und Pharai über die 
Einjattelung des Tangetos, freilich feine Fahrſtraße, 
jondern nur ein, teilweije gefährlicher, Saumpfad; 
von Megalopolis die Straße im Thale des Euro: 
tas durch die Yandichaft Stiritis; 2 andere Straßen, 
von Tegen ‚und Thyreatis kommend, vereinigten 
ji) oberhalb Sellafia und waren eigentlich nur 
Gebirgspaffagen, aber wichtig für die angreifen: 
den Feinde. Liv. 24, 26. 28. 35, 27. — Das 
fulturfähige Land beitand namentlich aus dem 
muldenförmigen Thal des Eurotas, Homers «old 
Aarsdaluwr, der Ebene Leuke, weſtlich von 
Epidauros Limera. An der Küfte ift durch die 
Überſchwemmungen des Gurotas eine jumpfige, 
lagunenartige Gegend, "Eil«, gebildet. Außer 
den jchon genannten Vorgebirgen ift noch zu merten 
al @voideg, j. Capo Grofjo, eine impojante, 
breite Felsmaſſe, die unweit des Tainariichen Bor: 
gebirges jchroff ins Meer ftürzt, Epidelion, 
nördlich von Malen, und Minda, jüdlicd von 
Epidauros Limera, da wo jept die Stadt Monem— 
bafia liegt. — Der Hauptjtrom des Yandes ift der - 


'Eurotas, j. Vaftlipotamos und in jeinem Ichten 


Laufe Iri. Er entipringt am jüdlichen Abhange 
des Berges Boreion, verbirgt ſich in einem Erd: 
ſchlunde und fommt in der Landjchaft Stiritis 
wieder zum Vorjchein, worauf er nach jüdlichem 
Laufe und ziemlich bedeutenden Waflerfällen mehrere 
Meilen oberhalb der Mündung im innerjten Win: 
tel des Lakonijchen Bufens mündet. Seine Neben: 
flüffe waren in der Richtung von N. nach ©. links 


662 


der Dinüs (j. Kelephina), der bei Sellafia den 
Gorgylos aufnimmt und mit ihm vereint ober: 
er Sparta in den Hauptitrom fällt, rechts der 

tafa (j. Mifitra) und der Phellias bei Ampflai. 
Von den Küjtenflüffen find bemerkenswert Sme: 
nos und Skyras, vom Taygetos öſtlich in ben 
Lakoniſchen Meerbujen ſich ergießend; der frühere 
Srenzfluß gegen Mefjenien Bamilos und der 
jpätere Grenzfluß Choirios, beide in den Meffe: 
nijchen Meerbujen mündend. Das Meer bildet bei 
Lafonien den Lakoniſchen Meerbujen zwiichen 
den Borgebirgen Malea und Tainaron, j. Golf 
von Marathonifi, mit dem Boiatijhen Buſen 
(j. Bat von Vatika) im O. — Die herrlichen Futter: 
fräuter machten das Land zur Viehzucht jehr ge: 
—— namentlich für Ziegen; die zahlreichen 

aldungen waren reich an Wild, welches mit Hülfe 
der gerühmten lakoniſchen Jagdhunde gejagt wurde, 
der Eurotas an Rohr (Köorat). Der Taygetos 
lieferte reichliches Eifen, woraus treffliche Stahl- 
waren gemacht wurden, und mehrere Marmor: 
arten, bejonders den grünlichen Agonsdrns. Bei 
Onngnathos lieferten große Kalkſteinbrüche das 
Material für Bauten. An der Hüfte fand ſich in 
reichlicher Menge die Burpurjchnede, wichtig für 
das Färben wollener Stoffe. Erdbeben ereigneten 
ſich häufig, jo ift namentlich das heftige im J. 464 
v. E. befannt, durch welches in Sparta 20 000 
Menſchen umfamen und ein ganzer ‚Deragibieı des 
Taygetos einftürzte. — Die ältejten Bewohner 
waren Kynurier und Leleger, zu denen fich jpäter 
Achaier gejellten, bis die Dorer einwanderten und 
das herrichende Volt wurden, während die Reſte 
der untertvorfenen Bewohner als meoloımoı und 
efAores fortdauerten. Der Name der Einwohner 
wurde nun Lakones oder Lakedaimonier, aud) 
> Spartiaten (j. Sparta, 7.). — Städte: 1) an 
der Küfte des Meſſeniſchen Buſens: Gerenia (j. 
Barnata), vielleiht Enope bei Homer (Il. 9, 150); 








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1.17 Ed Athene Chaiktotkos = 2, T.d. Musern - ZT. des Beris Nosmeras — 
#.T d. dysmedıe drei 


von jeiner Geburt oder Erzichung foll hier Neftor 
den Beinamen Tregrjviog erhalten haben; Karda— 
mijle (j. Stardamula); Leuktra (j. Yentro) mit 


einer Afropolis, vom boiotiihen L. aus durd) 


Tea 












Lakonika. 


Minyer gegründet; Pephnos, Thalamai, Ditylos 
(j. Bitylo), Meile (j. Hafen von Mezapo), Tai: 
naron, jpäter Nainepolis (beim Kloſter Kypariſſo). 
Um Lakoniſchen Bujen: Pſamathus, j. Porto 
Duaglio, mit trefflihem Hafen. An dem Bojei: 
dontempel am Hafen des Achilleus (AyiAksıog 
kurv) jtanden die Erzbilder des Arion und des 
Delphins, der ihn ans Land trug (Hat. 1, 24). 
Teuthröne (Kotronas), Ajine, Las, Gytheion 
(ij. Palaiopolis bei Marathoniji), die Hafenjtadt 
Spartas mit Schiffswerften, gegrabenen Baſſins 
u. j. w.; Zrinajos, Helos, frühe zerftörter Flecken 
in einer jumpfigen Niederung, Afriai (i. Kolino), 
anſehnliche Hafenftadt, Ajopos und Kypariſſia, 
Boiai am Meerbujen gl. N. Am Myrtoiſchen 
Meere: Minda (Monembafia), Epidauros Li: 
mera (E. N Ayuned, d. i. die hungrige, j. Palea 
Monembafia), bedeutende feite See- und Hafenftadt 
mit einer Afropolis und Reiten kyklopiſcher Mauern; 
Zarax mit jchönem Hafen (j. Porto Gerafa), 
272 v. E. von Kleonymos zerjtört; Praiiai. — 
2) Im Innern des Landes lagen nördlich von 
Sparta: Belemina im NW. (Liv. 38, 34: Bel- 
binates), der Hauptort des rauhen und fahlen 
Hochlands Stiritis an der arfadijchen Grenze 
und der Hauptitraße, zu deren Verteidigung mehrere 
Beten, 3. B. Dion, dienten; öftfih davon Karyai 
(j. Arakſova) am Dinüs, mit einem berühmten 
Tempel der Artemis, two die lakoniſchen Jung: 
frauen alljährlich feſtliche Tänze aufführten; in 
der Nähe die Waldgegend Stotitas, deren dunkle 
Steineihen mit den weißen Kalfgebirgen einen 
grellen Gegenjag bilden; Sellafıa fi d.) am 
Dinis und den Bergen Euas und Olympos, 
60 Stadien nördlih von Sparta, wo Antigonos 
Dojon den Kleomenes 222 dv. E. bejiegte; Pelz: 
lana am Eurotas, Therapne, der Wohnfig der 
Dioskuren, am Berge Menelaion mit dem Dent: 
mal des Menelaos; Sparta oder Yafedaimon 
(Lndorn, Aunsdaluwv), die Haupt: 
tadt der Landichaft, zwiichen den 
) lüffen Eurotas (am rechten Ufer) 
“ und Knakion, auf mehreren flachen 
Hügeln gebaut in einem Umfang von 
48 Stadien mit etwa 60 000 Einwoh— 


4 mern. Der höchſte Hügel im NW. 
— tttrug die jogenannte Alropolis mit 
=) dem berühmten Tempel der Adnva 

x S Aalxloıxog (der Name von dem Erz: 


ſchmucke hergeleitet, mit welchem die 
— inneren Wände des Tempels bekleidet 
waren), einem Werke des lakedaimo— 
nilchen Erzbildners Gitiades, wo der 
verräterifche Pauſanias feinen Tod 
fand, dem Tempel der Athene Ergane 
= und einem Heiligtum der Mujen, 
> da die Spartiaten nicht mit Trom- 
= peten, jondern nach den Melodien der 
“Flöten und der Lyra und Kithara 
auszogen. Cie, tuse. 2, 16. Auch das 
Theater, von dem noch Reſte vor: 
— find, lag dort am Südrande. 
efeftigt wurde Sparta erft durch 

den Tyrannen Nabis (190 v. E.), 
obwohl auch dann noch der geſchützten Lage a 
mehrere Stellen von Mauern frei blieben. Die 
Stadt umfahte 4 Teile (one): Limnai im 
D., Meſſoa im S., Kynojureis im SW, 





Acxwvıorei, Aunwvikev — Lamischer Kriesr. 


Bitana im N.; lebterer Teil war am be: 
deutenditen, er jtellte einen ganzen Yochos im 
Heere. Hdt. 9, 53. Am jüdlichen Fuße der Akro— 
polis war die Agora. Auf ihr lagen die aus der 
Beute der Berierkriege gebaute oro«@ Ilegorar, Das 
Rathaus, das Amthaus der Ephoren (dpogsior) 
und anderer Beamten und mehrere Deiligtümer. 
Der freie Raum zwiſchen Dielen Gebäuden mar 
für den Marktverfehr, ein Teil, der zogös, zur 
Aufftelung der Chöre der Jünglinge an den 
Gymnopaidien beftimmt. In der Nähe befanden 
ſich auch die Gräber der Agiaden, während die 
der Eurmmpontiden nahe an der Südgrenze ber 
Stadt lagen. Vom Markte aus führte die Straße 
Aypsrals, in welcder die Bewerber der Penelope 
(ſ. Odysseus, 1.) ihren Lauf hielten, bis zum 
jüdlichen Ende der Stadt, wo ſich die nach Amyklai 
führende hyakinthiſche Straße anſchloß. Zwijchen 
Alropolis und Eurotad lag das Jjſorion, ein 
wegen jeiner Lage leicht zu verteidigender Hügel, 
dabei der Circus und ein Tempel der Artemis 
Limngia. Südlich vom Iſſorion erjtredte ſich die 
Rennbahn, Dromos, dicht vor der Stadt im 
SD. ein mit Blatanen bepflanzter Platz, Blatani: 
ſtas, mit Heroendenfmälern und zu Leibesübungen 
benußt. Nördlich von der Stadt führte die Ba— 
bylabrüde über den Eurotas; der Hügel Mene- 
faion lag der Stadt gegenüber am Tinten Ufer 
des Fluſſes. Bon Sparta find nur wenige Huinen 
übrig, die Stätte liegt, abgejehen von der Stelle, 
die jett 1834 das neue Sparta trägt, öde; eine 
Stunde weſtlich davon Liegt jetzt Miftra. Eine 
Beichreibung der Stadt gibt Paujanias (3, 11-—18). 
20 Stadien füdlih von Sparta lag Amyklai 
(ſ. d.). Unter den öftlich von Sparta im Innern 
gelegenen Städten find noch zu merken: Glym— 
peis oder Glyppia, eine Feſte am PBarnon, Ge: 
ronthrai (bei dem jebigen Gherati), altachaiiiche, 
von den Dorern folonilierte Stadt mit einer Afro- 
polid. Dal. Strab. 8, 36351. Paus. l.3. FPlin. 
4,5,8. Mela 2, 3,4. Gurtius, Beloponnejos II 
©. 2035. Burfian, Geographie von Griechen- 
land II ©. 102 ff. 

Aazwvıorai, Jaxwrilsır. Es gab in deu 
griechijchen Staaten, bejonders in Athen, Leute, 
die, im Gegenſatze zu der herrichenden Verweich— 
lichung und Schwelgerei, als Vertreter der ftren: 
geren und einfacheren jpartaniichen Lebensweiſe 
zu gelten bemüht waren. Dieje wurden Aauw- 
sıoral, ihr Beitreben Aaxmnieır genannt. Sie 
kleideten ſich einfach, lichen den Bart außerorbent: 
lid lang wachſen, trugen den lakedaimoniſchen 
Knotenſtock, trieben die Gymnaſtik mit bejonderer 
Vorliebe und trugen in ihrer ganzen Lebensart 
firenge und rauhe Sitten, oft aus Eitelfeit und 
Affeltation, zur Schau, daher fie denn auch viel: 
fach verjpottet und lächerlich gemacht wurden. 
Plat. Protag. p. 342 B. C. Demosth. p. 1267. 
Aristoph. vesp. 1817. Plut. Phoc. 10. Auch in 
politiijhem Sinne wird das Wort von den Freun— 
den und Anhänger der Lafedaimomer gebraucht 
(dv Endorn mölsı ol ubv Amnwvikovsr, ol öi 
arrırikovgı, Xen. Hell. 6, 3, 14). 


Lakjdes, Aaxtöns, aus Kyrene, ein Anhänger 


der neueren Alademie, Ichrte nad) dem Tode des 


Stifters Arkefilas (241 v. ©.) 26 Jahre in ber 


663 


nannt, übergab dann jein Lehramt an Teleflos 
und Euandros und ftarb au den Folgen über: 
mäßigen Trinkens. Miog. Laert, 4, 60, In feiner 
Lehre jcheint er ſich nicht von Arkeſilas entfernt 
zu haben. Cie. acad. 2, 6. tuse. d, 37. 
Lamächos, Acueyos, Sohn des Zenophanes, 
Feldherr der Athener zur Zeit des peloponnefiichen 
Krieges, zeichnete fid) durch feine üngeftüme Kühn: 
heit aus, die feine Gefahr achtete; dabei war er 
höchit uneigennüßig. Wegen jeined martialiichen 
Auftretens hat Ariftophanes in den Rittern und 
im Frieden ihn bitter verjpottet. Arist. Acharn. 
566 f. 10715. Im Muftrage des Berifles befreite 
er 453 v. E. Sinope von jeinem Tyrannen Tima: 
filaos (Plut. Per. 20), jpäter, 424, finden wir ihn 
wieder im Schwarzen Meere, wo er indes das 
Unglüd hatte, bei Herafleia mit feiner Flotte zu 
jcheitern. Thuc. 4, 75. Nachdem er 421 den 
Frieden des Nikias mit unterzeichnet hatte (True. 
5, 19. 24), wurde ihm neben Nikias und Alki— 
biades 415 der Oberbefehl bei der Unternehmung 
gegen Sicilien anvertraut (T’hue. 6, 8. Plut. Nie. 
12, Ale. 18); leider befolgte man feinen verftäu- 
digen Striegsplan, gerade auf Syrakus loszuſegeln 
und die erjte Beftürzung zum Angriff zu benußen, 
nicht, jondern den des Alfibiades, Thuc. 6, 49. 
Plut. Nie. 14, Er fiel dann vor Syrafus im 
Jahre 414. Thuc. 6, 101. Plut. Nie. 18. 
‚amia, 1. Berfonenname: a) Beiname in der 
Aelia gens, bejonders 1) 2. Alius Yamia, rö: 
mijcher Ritter, nach Eiceros Urteil (Sest. 12. 
Pis. 27) ein treuer Patriot, der aucd das Ber: 
fahren Ciceros gegen die Eatilinarier verteidigte, 
Adil 45 v. E., Prätor um 43. Cic. ad Att. 3,40, 1., 
ad fam. 11, 16f. 12, 29. — 2) vielleicht ein gleich: 
namiger Sohn desjelben, Konjul im Jahre 3 n. C., 
von Doraz in 2 Gedichten (od. 1, 26. 3, 17) an 
geredet. — b) Name griechiicher Frauen (Aaude), 
unter denen die Gelichte des Demetrios Polior— 
fetes (Plut. Demetr. 16) viel genannt ift. Alciphr. 
ep. 2,1. Jacobs, Berm. Schr., Bd. 4 ©. 523. — 
ll. Acula, 1) ſ. Empusa. — 2) öftlichfte Stadt 
im Gebiete der Malier im theffaliichen Phthiotis, 
30 Stadien vom Spercheiosfluß und 50 von dem 
nad ihr genannten Lamiſchen Meerbujen, j. 
Zituni oder Yamia. Sie war jtarf befeftigt und 
jpielte in mehreren Kriegen eine wichtige Rolle; 
beionders bekannt aber wurde jie durch den nad) 
ihr benannten lamiſchen Krieg (j. d.) der Mthener 
gegen Antipater von Mafedonien, 323—322 v. E. 
Jav. 27, 30. 32, 4 u. d. Diod. Sie, 17, 111. 18,9, 
Strab. 9, 433. Cine für die Lage wichtige In: 
jchrift j. im Corp. I. Lat. II Nr. 586. 
Lamischer Krieg, An den olympijchen Spie: 
len des Jahres 324 v. E. hatte Alerander der $r., 
der ſchon wiederholt gezeigt hatte, wie gering er 
die Freiheit und Gelbftändigfeit der Griechen 
achtete, den Befehl verleien laſſen, es jollten alle 
Griechen, die aus ihren Staaten verbannt ſeien, 
mit Ausjchluß der Frevler gegen die Götter uud 
der Mörder, zurüdfehren. Dies hatte vielfach und 
bejonders bei den Aitolern und Athenern entjchie- 
dene Erbitterung hervorgerufen, die indes bei 
Lebzeiten Alexanders nicht zum Wusbruch kam. 
Nach deilen Tode 323 aber konnten Phokion und 
andere nicht hindern, daß Leoſthenes, ein früher 


Akademie, und zwar in der durch König Attalos | wegen jeiner makedoniſchen Geſinnung verbannter 
geichaffenen Anlage, nah ihm Aunvderor ge: tüchtiger Feldherr, der jpäter jedoch Alcranders 


664 Lamos — 
Partei verlafjen hatte, den Auftrag erhielt, Söld— 
ner zu werben. Zu den geworbenen 8000 Mann 
ftießen in Nitolien noch 7000, die Athener boten 
ihre Bürger auf und bewogen die Alarnanen, 
Dorer, Lokrer, Phokier, die thefjaliichen Minianen 
und Doloper u. ſ. w., jowie aus dem Peloponnes 
Argos, Sikyon, Elis, Phlins, Meffenien und Arkadien 
zum Beitritt. Leojthenes rg > die Thermopplen. 
Der mafedonische Feldherr Antipater hatte ſich 
gegen dieſe Macht in Eile gerüftet, vermochte 
jedod nur 13 000 Mann Fußvolk und 600 Reiter 
dem mehr als doppelt jo ſtarken griechiichen Heere 
entgegenzuftellen: Krateros ftand mit 10 000 Bete: 
ranen noch in Kilifien. Eine Flotte von 110 Trie— 
ren unter Kleitos erhielt den Befehl, möglichit in 
der Nähe zu operieren. Im Sommer 323 rüdte 
Antipater nad Theſſalien vor, verlor aber bald 
ein Treffen bei Herafleia (H. 2» Toayivı), und 
infolge deſſen verliefen die Theſſaler, bejonders 
2000 Reiter, und andere nördliche Hellenen fein 
Heer und gingen zu den Griechen über. Er zog 
fih in die Feſte Lamia zurüd, welche Xeofthenes | 
nun eng einichloß, mas freilich manche Griechen | 
bewog, in ihre Heimat zurüdzufchren. Dazu kam 
noch Ende des 3. 323 der Tod des Leofthenes 
jelbft, der bei einem Ausfalle des Antipater ſchwer 
verwundet wurde und bald darauf ftarb. An jeine 
Stelle trat zwar wieder ein tüchtiger Mann, 
Antiphilos; allein da der Makedonier Leon: 
natos aus Phrugien mit 20000 Mann Fußvolt 
und 2500 Reitern zum Entſatz herbeirückte, jo ah | 
er ſich genötigt, die Blodade aufzuheben und diejem 
entgegenzugehen. Wenige Metlen nördlich von 
Lamia kam es zu einem Neitergefechte, in welchem ' 
Leonnatos jeinen Tod fand. Antipater befam aber 
dadurd; Gelegenheit, über die das Yand durch— 
ziehenden Höhen (wegen der feindlichen Neiterei 
vermied er die Ebenen) bis an die mafedoniiche 
Grenze zu gelangen, um dort in einem feiten 
Lager die Ankunft der Veteranen des Krateros zu 
erwarten. Während diejer Zeit — 323 und An— 
fang 322 — war auch zur See operiert worden, | 
und zwar hatte Kleitos bei den Echinadiſchen 
Infeln gefiegt. Died. Sie. 18, 16 ff. Bald darauf 
langte Nrateros an, und nun wuchs das mafedo: 
niſche Heer bis auf 48 000 Mann, während das 
griechifche nur 28500 Mann unter meift uner— 
fahrenen Führern zählte. Am Peneios ftanden 
fich beide Heere lange gegenüber, bis die Griechen 
fi) bei Krannon am 7. Auguft 322 zur Schlacht 
verleiten liehen, in der zwar die theſſaliſchen Reiter 
fiegten, das übrige Heer aber den makedoniſchen 
Veteranen nicht Widerjtand leiften fonnte. War 
auch militärijch der Kampf unentichieden geblieben, 
jo war doch der Mut der Hellenen gebrochen. Sie 
begannen zu unterhandeln. Antipater wies die an 
ihn nun geichidten Gejandten ab, indem er er: 
Härte, mit jedem der einzelnen Staaten bejonders 
unterhandeln zu wollen; jo fam es, daß fich das 
hellenische Heer auflöfte. Die theffaliichen Orte 
wurden rajch wieder gewonnen, die übrigen helle: 
niſchen Städte beeilten ſich in Maſſe fich zu unter: 
werfen, jo daß Athen und Aitolien bald ver: 
einzelt daftanden. Die Athener waren völlig mut: 
los. Dem anrüdenden Antipater gingen Phokion 
und Demades nebit andern atheniichen Gejandten 
entgegen, um die Ergebung auf Gnade und Un: 
gnade abzuwenden. Vergebens. Antipater bejtand | 














Lamptrai. 


auf feinen Forderungen: Auslieferung des De— 
mojthenes, Hypereides u. a. (die ſich indes durch 
die Flucht entfernt hatten), Bejegung von Mu: 
nichia, Bezahlung der Kriegstoften und einer 
Strafe, Verhräntung der Demotratie durch Ber: 
minderung der Zahl der Bürger auf 9000, Die 
ein Bermögen von mindeltens 20 Minen bejähen. 
Und jo geichah es; die abwejenden Nedner wurden 
auf Antrag des Demades zum Tode verurteilt 
und verfolgt. Beſſer ging es den Witoliern, die 
im legten Moment noch einen guten Frieden er: 
hielten, weil Antipater und Krateros im Frühjahr 
321 durch die afiatifchen Verhältniffe aus Griechen: 
land abberufen wurden. Diod. Sic. 18. Just. 13. 
Bol. Grauert, Analekten S. 260 ff. Droyſen, Geſch. 
des Hellenismus 11, 1 ©. 44—88. 

Lamos, Aduog, 1) ſ. Laistrygones — 
2) Küftenftadt des mittleren Kilikiens, j. Yamas, 
an einem Fluſſe gl. N., welcher die Grenze zwi: 
jchen dem rauhen und dem ebenen Kilikien bildete; 
er führt noch jept jeinen Namen. Strab. 14, 671. 

Aauradndgouia, keuradngpople, aud ein: 
fach Aauumds, aywv Acunddog u. ſ. f., Fackellauf, 
fand namentlich in Athen ftatt (j. darüber Lei- 
turgia, 3.), aber auch an andern Orten, wie zu 
Korinth und Byzanz, zu Teos und Ampbhipolis. 

Lampetia j. Helios. 

Lamponias, Marcus, ein Lucaner, befehligte 
im Bundesgenofienfriege die Jtalifer gegen Rom 
(App. b. e. 1, 40) und befiegte im J. 90 v. E. den 
Craffus (j. Lieinii, 15.) bei Grumentum. Er 
gehörte zu dem italijchen Heerführern, welche fich 
am längiten wehrten. Er hatte ſich nach Bruttii 
zurüdgezogen, von wo aus er Sicilien erobern 
wollte. Im J. 82 verband er fich mit dem 
jüngeren Marius und fand bei jeinem Zuge gegen 
Rom durch Sulla vor den Thoren der Stadt den 
Tod. Plut. Sull. 29. Comp. Lys. et Sull. 4. App. 
b. c. 1, 41. . 

Lampridius, Alius, ein römiicher Geſchicht— 
jchreiber der jpäteren Kaiferzeit, einer der ſ. g. 
scriptores historiae Augustae, jcheint nicht lange 
vor Vopiſeus (Vop. Prob. 2) im 3. Jahrh. n. €. 
gelebt zu haben. Wir befiten von ihm die in 
nicht ſehr empfehlenswerter Spradie und Dar: 
jtellung abgefahten Yebensbeichreibungen der Katier 
Gommodus, Diadumenus, Heliogabalus und Ale: 
rander Severus; wahrjcheinlich rühren auch die 
Lebensbeichreibungen von Pertinar und Geta von 
ihm ber. Serausgeg. mit den übrigen 5 scrip- 
tores historiae Augustae, zulegt von Jordan 
und Eyijenhardt (1864) und Peter (2. Aufl. 1584). 

Lampsäkos, Aduwexog, bedeutende, von den 
Phofaiern um 650 dv. E. gegründete Stadt Myſiens 
an der nordöftlihen Mündung des Hellespontos. 
Hier jollte Aphrodite den Priapos (daher Helles- 
pontiacus deus, Or. /ast. 1, 440) geboren haben, 
defien Kultus hier feinen Hauptfit hatte. Wegen 
des guten Weines, der hier wuchs, jchenkte Arta— 
rerres die Stadt dem Themiftofles. Hat. 5, 117. 
6, 37. The. 1, 138. Plut. Them. 29. Strabh. 
13, 589 ff. Sie war Geburtsort des Logographen 
Charon, des Peripatetiferd Adeimantos, des Epi— 
furcerd Metrodoros und des Hiſtorilers Anaxi— 
menes; j. Lapſaki an der Dardanellenftrahe. Strab. 
13, 589. 

Lamptrai, Acurroar, ein an der Weftküfte 
Attikas zwiichen den VBorgebirgen Zoſter und Aſty— 


Langobardi — Laokoon. 


palaia liegender Demos, welcher in die obere und | 
die untere Ortſchaft zerfiel; dieje lag an der Küſte, 
jene eine Stunde weiter landeinwärts in der Nähe 
des jeßt zerjtörten Dorfes Yambrifa. Zwiſchen 
beiden Drten finden ſich zahlreihe Ruinen und 
Inſchriften. Paus. 1, 31, 3. 

Laugobardi j. Longobardi. 

Lanista ſ. Giadiatores, 2. 

Lanuvium, uralte latiniiche Stadt, 48 Millien 
jüdöftlih von Rom auf einer Anhöhe des mons 
Albanus, ſpäter Municipium — mit einem be- 
rühmten Tempel der Juno Soſpita; Stammort der 
Antonine; j. Eivita Yavigna. Cie. Mur. 41, 90. 
Mil. 10, 17. Liv. 6, 2. 21. 8, 14. 

Laodämas, Acodduas, 1) Sohn des Etcofles, | 
König in Theben, ſ. Adrastos, 1. — 2) Sohn 
des Phaiakenkönigs Altinoos. Hom. Od. 7, 170, | 
8, 117 ff. — 3) Sohn des Antenor, von dem Tela: | 
monier Wias erjchlagen Hom. Il. 15, 516. | 

Laodameia, Acoddusın, 1) Tochter des Bellero: 
phontes, von Zeus Mutter des Sarpedon (Hom. 
Il. 6, 197 ff), von Artemis getötet. — 2) Tochter | 
des Alaftos, ſ. Protesilaos. 

Laodike. Acodian, 1) bu: Br 
perboreifche Jungfrau, mit Hy: (C 
peroche und 5 Begleitern nad) 
Delos mit Opfergaben für Apol: 
fon gejandt. Hdt. 4, 33. — 
2) Tochter des Priamos und 
der Helabe, Gemahlin des Heli: 
faon, Sohns des Antenor (Hom. 
J1.3, 122 ff. Paus. 10, 26, 7), 
oder Beliebte des Altamas, Sohns 
des Thejeus, der mit Diomedes 
wegen der Zurüdforderung der 
Helena nah Troja gejandt 
worden war und dort mit ihr 
den Munitos (Munvchos, Plut. 
Thes. 34) zeugte. Sie ftarb aus 
Trauer über den Tod ihres von 
einer Schlange gebifjenen Soh— 
nes oder wurde von einem Erb: 
jchlunde verichlungen. — 3) I. 
Agamemnon. — 4) Tochter 
des MAgapenor. Paus. 8, 5, 3. 
— 5) Mutter Seleutos’ 1., der 
nah ihr 5 Städte benannte. 
Später war es ein häufig vor: 
fommender Name im Hauſe der 
Seleufiden. Am bekannteſten 
iſt 6) die Tochter des Achaios, 
Gemahlin Antiochos’ II. die ver: 
ftoßen wurde, als Diejer Die 
Agnpterin Berenife heiratete, 
dann, wieder ald Gemahlin ans 
genommen, jih an Berenife und 
deren Kindern grauſam rächte, 
248 v. €. 

Laodikeia, Acodlxzeın, l,ao- 
dieea, Laudicea, ein öfters vor: 
fommender Städtename, welchen 
namentlih König Seleufos 1. 
von Syrien feiner Mutter Lao— 
dife zu Ehren gern beilegte: 
1) 8 „am Meere“, Fri ri Bahcdren, fefte und 
blühende Hafen: und Handelsftadt in fruchtbarer 
Gegend Oberſyriens, auf einer Landſpitze (Asvar) 
enen) Jüdweitlih von AUntiocheia, Kypros gegen: 










665 


über; uriprünglich phoinitijche Stadt mit dem 
Namen Ramitha, durch Antonius Freiftadt, unter 
Septimius Severus Provinzialhanptitadt. Cie. ad 
fam. 12,14. Tac. ann. 2,79. Strab. 16, 749. 751 f. 
— 2)8, „am Libanon“, 7) moös Aero, auch 
Scabiosa, weil der Ausſatz oft dort herrichte; am 
Orontes gelegen, zugleih am nördlichen Eingang 
des Hochthales zwiichen Libanon und Antilibanon. 
Strab. 16, 755. — 3) &. n Karaxesxavueen, 
Stadt in Lyfaonien, an der zum Euphrat führen: 
den Handelsftraße, j. Ladik. Strab. 14, 663. — 
4) L. „am Lykos“, noös ro Ava (einem lin- 
fen Nebenfluß des Maiandros), im ſüdweſtlichen 
Phrygien, in reicher Ebene, am Nordabhang des 
Berges Kadmos und gleichfalls an jener Strafe 
gelegen, mamentlih unter römiſcher SHerrichaft 
blühende Handelsſtadt und Hauptort eines Ge: 
richtsbezirts; j. Esti-Hiffar. Strab. 12, 578. 580. 
13, 629 f. Cie. ad fam. 2, 17. 3,5. 7 u. d. ad Att. 
5,155. 20f. Verr. 1, 30. Tae. ann. 14, 27. 
Laoköon, Acoxoov, Sohn des Antenor oder 
des Akoetes, Prieſter des Apollon in Troja, der 


Yaoloongruppe. 


nachhomerifchen Sage angehörig. Nach der IAiov 
w£ocıg des Arktinos (von der die Ehreftomathie 
des Proflos eine Uberficht gibt) wird Yaofoon, 
als die Griechen mit Hinterlaffung des hölzernen 


666 


Pferdes abgezogen find, und die Troer unter 
Opfern und Schmäujen ſich über die Erlöjung 
von der Kriegsnot freuen, mit einem feiner Söhne 
bon 2 plößlich ericheinenden Schlangen erwürgt, 
weil er früher den Apollon beleidigt hatte und 
jebt bei dem Opfer des Pojeidon als Prieſter 
diente. Aineias wurde durch diejes Zeichen be— 
wogen, Troja zu verlaffen und in den Ida zu 
ziehen. Bei Sophofles, der einen Laokoon dichtete, 
ift diefer ein Bruder des Anchiſes und wird, da 
er fi) als Priefter Apollons wider dejien Willen 
vermählt hat, beim Opfer des Rojeidon am Meeres: 
ftrande mit jeinen beiden Söhmen von den Schlan: 
gen getötet. Vergil (A. 2, 40 ff. 201 ff.), vielleicht 
befannt mit dem berühmten Kunſtwerk der Gruppe 
des Yaofoon (f. u.), erzählt die Geichichte etwas 
von den griechijchen Quellen abweichend. Ohne 
NRüdficht auf die Berbindung mit Apollon und 
Aineias zu nehmen, läßt er ihn am meiften von 
allen gegen das der Athene geweihte Roß eifern 
und jeine Lanze in deffen Seite jchleudern. Wäh— 
rend er darauf dem Pojeidon am Meeresufer einen 
Stier opfert, fommen von Tenedos her 2 ge: 
waltige Schlangen übers Meer, erwürgen ihn nebſt 
jeinen 2 Söhnen und bergen fich alsdann auf der 
Burg unter dem Bilde der Athene. Durch diejes 
Wunder jehen die Troer die Erzählung des Sinon 
(j. d.) über die Beitimmung des heiligen Roſſes 
befräftigt und beichließen, dasjelbe in die Stadt 
zu ziehen, wodurd denn der baldige Untergang 
der Stadt herbeigeführt wird. — Der Tod des 
Yaofoon und feiner beiden Söhne wird durch ein 
noch vorhandenes Kunftwert (die Gruppe des 
Laokoon) dargeitellt, das im J. 1506 zu Rom 
aufgefunden ward und fic, dort im Belvedere des 
vatifanischen Palaſtes befindet. Dieies berühmte 
Werk iſt verfertigt von den Rhodiern Agejander, 
Polydoros und Athanodoros (Plin. 36, 4, 11), 
deren Lebenszeit nicht befannt if. Während 
Windelmann u. a. das Werf in die Zeit Ale: 
randers des Gr. Teure, Kekulé e$ um 100 
v. C. entitanden denkt, Thierſch u. a. es gar in 
die römische Kaiſerzeit verweien, ſchlagen andere 
mit Necht den Mittelweg ein und verjegen es in 
die Blütezeit der rhodiichen Schule unter die Dia: 
dochen (250— 200 v. E.), noch andere endlidy hal- 
ten es für eine aus dem 1. vorchriftlichen Jahrh. 
ftammende, allerdings vorzügliche, Kopie eines 
Originals des 3. Jahrh. Jene Rhodier wollen 
mit ihrer Virtuofität glänzen, ihre anatomijchen 
Studien beweijen, Effekt machen. Laokoon iſt „ein 
Wunder der Kunft in Betracht des feinen und 
edlen Geichmads in der — — fo ſchwie— 
rigen Aufgabe und der tiefen Wiſſenſchaft in der 
Ausführung, aber deutlich auf glänzenden Effekt 
und Darlegung der Meiſterhaftigkeit berechnet und, 
verglichen mit den Werfen früherer Zeit, von 
einem gewiſſen theatraliichen Charakter. Zugleich 
ericheint in diefem Werfe das Pathos jo hoch ge: 
jteigert, als es nur immer der Sinn der antiken 
Welt und das Wejen der bildenden Kunst zuläßt, 
und viel höher, als es die Zeit des Pheidias ge- 
jtattet haben würde” (DO. Müller). Die Gruppe 
ift faft unverleßt erhalten. Ergänzt find der rechte 
Arm des Vaters und des jüngeren Sohnes, jowie 
die rechte Hand des älteren, außerdem einiges an 
den Schlangen. Jene Ergänzungen find aber nicht 
im Einflang mit der übrigen Gruppierung und 


Laomedon — Lapithos. 


| der Stellung und Haltung des Körpers; notwendig 
wird bei Laokoon ein Hingreifen oder Hinneigen 
des rechten Armes nach dem Kopfe. Bol. Leilings 
Laokoon. — von H. Blümner (2. Aufl. 
1880). Kekuld, zur Deutung und Zeitbeitimmung 
des Yaoloon (1883). 

Laomedon, Acousdwr, 1) Sohn des Ilos und 
der Eurydike, Vater des Priamos, Tithonos u. a., 
fowie der Hefione, König in Ilios. Hom. Il. 
20, 236. Apollon und Pojeidon dienten ihm um 
Lohn, indem jener die Rinder des L. auf dem Ida 
weidete, diefer entweder allein oder mit Apollon 
die Mauern von Ilios baute. Hom. Il. 7, 452. 
21, 441 ff. Nach jpäterer Sage half ihnen bei dem 
Bau Nialos; wo der Sterbliche baute, fonnte die 
Mauer erftürmt werden, was mit Hülfe von deſſen 
Nachkommen Telamon und Neoptolemos zweimal 
geichah. Pind. ol. 8, 30 ff. Da 2. den beiden 
Göttern den Lohn verjagte, ſchickte Pojeidon ein 
Meerungeheuer, dem des L. Tochter Hefione aus: 

eiept werden mußte; Serafles tötete dasjelbe, 
H erakles, 8. 11. — 2) 2. aus Mutilene, 
Sohn des Yarichos von Amphipolis, fehrte bei 
Aleranders des Gr. Thronbefteigung aus der von 
Philipp über ihn verhängten Berbannung zurüd 
und beteiligte fi am Zuge nach Aſien. Bei Ber: 
teilung der Satrapien (323 v. E.) fiel ihm Syrien 
zu, das ihm auch 321 bei der Teilung von Tris— 
paradeijos bejtätigt wurde. Im folgenden Jahre 
aber wurde er im Auftrage des Ptolemaios von 
Nikanor angegriffen und gefangen genommen, ent— 
fam jedoch und floh zu Alletas nach Karien. Arr. 
3,6. Plut. Alex. 10. Just.13,4. Diod.Sic.18,3.48. 

Laos j. Laus. 

Lapäthüs, -untis, bei Livius (44, 2. 6) ein 
Kaftel am Paß Tempe in Theffalien, nördlich von 
Gonnos. Der Beiname Charar bezeichnet es als 
verjchanztes Lager für ein größeres Heer. 

Lapethos, Adandog, bei Strabon (14, 682) 
Adraßog, aber nicht Lapithos, bedeutende Hafen: 
jtadt an der Nordjeite von Kypros, öſtlich vom 
Vorgebirge Krommyon; phoinitiiche Kolonie, erft 
zu Aleranders Zeiten hellenijiert; Siß eines Hei: 
nen Reiches, bei den Römern Hauptjtadt des nörd— 
a pn Viertelö der Inſel; j. Yapitho. 

aphystion, Aapvorıor ögog, ein 800m hoher 
Berg in Boiotien wejtlih vom Kopaisſee zwiſchen 
Lebadeia und Koroneia, j. Berg don Granitja. 
Hier befand fich ein Tempel des Zeus Laphyſtios 
(j. Athamas), der Schauplaß alter Menjchen: 
opfer, und in der Nähe ein Tempel der Athene 
Stonia. Paus. 9, 34, 5. 

Lapidatio, das Werfen mit Steinen. Der rohe 
Pobel machte davon Gebrauch, um jeinen Hab 
oder jeine Verachtung auszudrüden, namentlidy bei 
Aufftänden. Mehrmals famen verhaßte Berjonen 
dadurch um das Leben. Auch im Theater wurde 
nach jchlechten Schauspielern mit Steinen gewor: 
en. gl. Maerob. sat. 6, 6: lapidatus a populo 

atinius, cum gladiatorium munus ederet, ob- 
tinuerat, ut aediles edicerent, ne quis in are- 
nam nisi pomum misisse vellet. 

Lapithae ſ. Kentauren und Peirithoos. 

Lapithos, Admıdosg, Berg in Triphylien (Elis), 
nahe der arladijchen Grenze, 1200m hoc, auf 
welchem der Anigros entipringt, nordweftliche ort: 
ſetzung der Minthe; j. Raiapha und Smerna. 
| Paus. 5, 5, 8. Strab. 8, 344. 


— — — — —— — — — 


Laqueus — Largitio. 


667 


Laqueus. Die Erdroffelung mit dem Strid | bewiejene Freigebigfeit, wie Spiele, Kämpfe, Gaft- 


(laqueo gulam frangere, Sall. Cat. 55: iugulare, 
strangulare) war eine alte römische Strafe und 
wurde niemals dl jondern bloß im Ge— 
re vollzogen. Dieſen Tod erlitten 3. B. die 
5 Gatilinarier, j. Sergii, 8. Unter Tiberius war 
dieje Strafe noch häufig (Tuc. ann. 5, 9. 6, 39. 40), 
aber zu Neros Zeit war fie längft (pridem) außer 
Gebraud. Tac. ann. 14, 48. 

Laranda j. Lykaonia. 

Lares heißen bei den Römern vergötterte Seelen 
bon guten, verdienten Berftorbenen, gute Geifter, 
welche auf der Erde ſegensreich wirken und 
borzugsweije ihren Schup und ihre Sorge den 
binterbliebenen Angehörigen uud ihrem Hauſe 
zugewendet haben. Dieje Hauslaren hatten aljo 
mit den Penaten, mit denen fie oft verbunden 
und vermengt wurden, einen ähnlichen Wirkungs— 
freis, und deswegen hatten auc ihre aus Holz 

eichnigten Bilder mit denen der Penaten am 
de des Haufes, gewöhnlich in dem lararium, 
dem Larenjchrein, ihren gemeinſchaftlichen Stand: 
ort. Sie waren jo eng mit dem Hauje verbunden, 
daß fie, wenn die Familie auszog, dasjelbe nicht 
verliehen, während die Penaten die Familie be: 
gleiteten. hr Dienft war altertümlich einfach 
und wurde mit großer Pietät geübt. Bei jeder 
Mahlzeit wurde ihnen auf kleinen Schüfjeln (pa- 
tellae) ihr Anteil vorgejeßt, und fromme Glieder 
der Familie opferten ihnen täglich; jedesfalls aber 
opferte man zen an dem wichtigen Tagen des 
Monats, den Kalenden, Nonen und ‘den, ſowie 
bei jedem Feſte der Familie. Man öffnete dann 
das Yararium, damit fie an der freudigen Feier 
teilnchmen könnten, und ſchmückte fie mit Blumen. 
laut. Oist. 2, 2, 55. Aul. 2, 8, 15. Hor. od. 
3, 23, 4. Tibull. 1,3, 33. Ov. fast. 2, 638. An 
ben Geburtstagen der Familie wurden bejonders 
die Laren gefeiert; wenn der Sohn des u 
bie männliche Toga anlegte, weihte er feine Bulla, 
die er als Knabe getragen, unter Spenden und 
Gelübden den Zaren (Prop. 4, 1, 132. Pers. 5, 31), 
und die junge Frau brachte ihnen gleich nad) der 
gr ng: beim Eintritt in das Haus ihr Opfer 
dar ie Yaren bejchirmen aber nicht bloß das 
Haus, dem fie angehören, jondern fie laſſen auch 
den Mitgliedern der Familie ihren Schuß aufer: 
halb des Haujes, auf Neijen zu Wafler und zu 
Lande, im Kriege und auf dem Felde zu teil 
werben (Lares viales, permarini, militares, ru- 
rules). — Berjchieden von diefen Lares privati 
und von höherem Range waren die L. publici. 
Diefe, von den Alten mit den griechiichen Heroen 
verglichen, hatten die Obhut über die Stadt und 
den ganzen Staat (L. urbani oder hostiles, weil 
fie den Feind von der Stadt abwehrten, L. prae- 
ztites). Man rechnete zu denjelben Romulus, 
Remus, Tatius, Acca Larentia, welcher bejonders 
an dem öffentlichen Feſte der YLarentalien am 
23. Dezember ein Totenopfer gebradjt wurde. 
Auch einzelne Strafen und Viertel der Stadt 
hatten ihre jchügenden Laren, deren Altäre und 
Kapellen an Zuſammenſtoß der Straßen ftan: 
den (compita, daher L. compitales). Das öffent: 
liche Feſt derjelben, Compitalia, wurde bald nad) 
den Saturnalia an einem jährlid) angejegten Tage 

in heiterer Weiſe gefeiert. 
tIo, im engeren Sinne jede dem Volke 


— — — — — 
Bun — —ñ —ñ ñ — — — — — — — — — nn —— — — — 


werden konnte, z. B. bei Galba (Zac. hist. 


mähler, vorzüglich aber Austeilungen von Getreide, 
Geld, Ol u.f.w. I. Largitio frumentaria. 
Schon jeit alter Zeit verjorgte der Staat die Be: 
mwohner Roms mit dem nötigen Getreide (cura 
annonae), indem er dasielbe aus öffentlichen Ma: 
gazinen zu mäßigen Preiſen verkaufen lieh, was 
zuweilen auch Privatleute und Magiftrate thaten, 
um fich die Gunst des Volkes zu erwerben. Regel: 
mäßige Getreidejpenden, d. h. Verkauf des Ge: 
treides unter dem Preije, auch ganz freie Lieje- 
rung, begannen erjt mit C. Gracchus, deſſen lex 
frumentaria, 123 v. C., jedem Hausvater monat: 
lich 5 Scheffel (modii) Weizen gegen die geringe 
Bezahlung don 6", Us für den modius bewilligte, 
so dap die Staatskaffe dabei etwa 50 pro Cent 
Einbuße erlitt. Ziv. ep. 60. Cie. tuse. 3, 20. 
Schol. Bob. zu Cie. p. 300 ff. Orelli). L. Apu: 
lejus Saturninus verſuchte 100 dv. C. den Preis 
auf /, As herabzujepen, ebenjo M. Livins Drujus 
91; aber bald wurde der Preis durch M. Octa- 
vins wieder erhöht, und Sulla jcheint dieſe Spenden 
ganz abgeichafft zu Haben. Sall. fr. hist. p. 939 
(Drelli),. Do ri 72 v. €. wurde die lex 
Sempronia des €. Grachus dur die lex Cassia 
Terentia wiederhergeftellt, und der berüchtigte 
Elodius hob die Bezahlung des Getreides gänzlich 
auf, 58. Schol. zu Cie. Pis. p. 9 (Orelli). Die 
Bahl der Getreideempfänger ftieg bis auf 320 000, 
welche Cäſar auf 150 000 reduzierte (Suet. Caes. 
41. Dio Cass 43, 21), vgl. leges Juline (Cae- 
saris), 0. a gerieten aber bald in Vergeſſen— 
heit, und unter Augustus fanden fich wieder 200 000, 
250 000 und jogar 320 000 Getreideempfänger. 
Mon. Aneyr. Dio Cass. 65, 10. Die Namen aller 
waren auf eine eherne Tafel eingegraben (Sen. de 
ben. 4, 28), was noch in der jpäteren Zeit ge 
geichah, denn die Austeilungen und die dazu ans 
geitellten Beamten (unter dem praefectus aunonae 
zur Zeit der Kaiſer, zur Zeit der Nepublit unter den 
aediles) erhielten fi die ganze Katjerzeit Hindurd). 
Die Empfänger belamen eine Marke oder Karte, 
tessera, gegen deren Abgabe jie bei dem bejtimmten 
Magazin ihren Anteil abholen konnten, und zu 
diefem Behufe jcheint jede Tribus ihr bejonderes 
horreum gehabt zu haben. — II. Congiarium 
nannte man im Gegenſatz zu den regelmäßigen 
Largitionen ein dem Bolte außerordentlicherweije 
emachtes Geihent an Geld, Getreide, DI, Wein, 
leiſch, Obſt, Salz u. ſ. w. In der republifanis 
ſchen Zeit machten die Kandidaten oder Magiſtrate 
ſolche Geſchenke, und zwar öfters von DL, wovon 
er Name congiarium entſtand (das gewöhnliche 

lmaß congius). Liv. 25,2. Glänzende Kongia— 
rien gab dem Volke Cäſar, und noch freigebiger 
war Auguſtus, deſſen Beiſpiel die folgenden Kaiſer 
nachahmten. Gewöhnlich wurden die Kongiarien 
am Geburtstage des Kaiſers, bei dem Konſulats— 
antritt desjelben und bei andern feierlichen Gele: 
genheiten verteilt. Diejelben Schenkungen (ge: 
wöhnlich aber in barem Gelbe), bei denjelben 
Beranlafiungen an die Soldaten verliehen, hießen 
donativum, In den Zeiten der Bürgerfriege 
ur Feſſelung der Soldaten an die Perjon des 
arteiführers —— wurden ſie allmählich 
unter den Kaiſern jo ſehr Sitte und Notwendig: 
feit, daß die Unterlaffung derſelben — 


668 


legi a se militem non emi. Dio Cass. 64, 3). 
Nach Suet. Claud. 10 war Claudius der erite 
Kaijer, der die Treue der Soldaten erfaufte. — 
III. Die Alimentationen armer freigeborener Kinder, 
j. Alimentarii. — Largitiones sacrae und 
privatao wurden in der Kaiferzeit das Ärarium 
und der Fisfus genannt, vielleicht deshalb, weil 
aus beiden Kaſſen die verichiedenen großartigen 
Spenden flofien. 

Larinum, Stadt der Frentaner am Fluß Tifer: 
nus, fpäter römiſches Municipium, mit einem be- 
deutenden bis an das Adriatiihe Meer reichenden 
Gebiet; j. Larino. Die Einwohner Larinates. 
Caes. b. c. 1,25. Cie. Cluent. 5, 11. 

Larisos, Adgısog, Heiner Grenzfluß zwiichen 
Elis und Achaia, beim VBorgebirge Araros ins 
Meer fallend, j. Mana oder Stimana. Paus. 
7, 17,5. Liv. 27, 31. 

Larissa, Adgıso@ und Achotsce, ein oft vor: 
fommender (Strab. 9, 440) Name urfprünglich pe: 
lajgiicher Städte, von denen zu merken: 1) L. in 
ber theffaliichen Landſchaft Pelaigiotis in der Frucht: 
baren Ebene (larissae campus opimae, Hor. od. 
1, 7, 11), am iüdlichen Ufer des Peneios, einft 
die Haupftadt der Pelafger und Sitz des Ge: 
ſchlechts der Alenaden, auch ſpäter und jetzt noch 
bedeutend unter dem Namen Lariſſa oder bei den 
Türfen Jeniſcheher. Strab. 9, 440. Caes. b. ce. 
3, 80. 96. Liv. 28, 5.36, 102.9. — Rn 
»geueorn, „Die jchwebende“, wegen ihrer Lage am 
Bergabhang, 20 Stadien vom Malifchen Meer: 
bujen in der theſſaliſchen Landſchaft Phthiotis, 
häufig in den Kriegen zwiichen den Matedoniern 
und Nömern als Feſtung erwähnt; j. Gardifi mit 
anjehnlichen Auinen. Liv. 31, 46. 32, 33. Strab. 
9, 435. 440. — 3) Name der Burg von Argos 
(j. d.) — 4) Stadt in Troas, aber jeit den Perjer: 
friegen verödet. Xen. Hell. 3, 1, 13. T’huc. 8, 101. 
— 5) L. mit den Beinamen Phrikonis und 
Alyurria bei Kyme in Wiolis. Hom. TI, 2, 841. 
Hat. 1, 149. Xen. Hıll. 3, 1,7. Strab 9, 440, 
13, 620. — 6) Stadt in der fruchtreichen Indischen 
Ebene am Kayſtros. — 7) nad Kenophon (An. 
3, 4, 7 ff.) eine große Ruinenftadt in Affyrien, links 
vom Tigris, nördlich von der Mündung des Lykos 
(Zabatus maior); ohne Zweifel die afiyriiche Re— 
jidenzftadt Kalach oder Chalah, j. Nimrüd. Die 
Angaben Zenophons über die Stärfe der Mauer 
(120 %. Höhe, 25 F. Breite) ftimmen mit den 
Ergebniffen der Ausgrabungen überein, und auch 
die don ihm genannte 200 F. hohe Pyramide hat 
jich in den Trümmern eines Stufentempels wieder: 
gefunden, ſ. Ninos, Il. 

Larius Lacus, Aduvn 7 Acotos, j. Lago di 
Como, ein fiichreicher, in 2 Spigen auslaufender 
und durch die Addug gebildeter Sce in Gallia 
transpadana, im Altertum wie jeßt durch feine 
reizenden Ufer berühmt. Er ift 7'/, Meile lang, 
”, breit. Vera. (#. 2,159. Strab. 4, 192. 204. 

Lartii, offenbar mit dem etruffiihen Namen 
laris (Herr), römiſch Lars, verwandt, ſtammten 
aus Etrurien und jcheinen im Anfange der Re: 
publif, wo ihr Name mit Auszeichnung genannt 
wird, nach Rom gewandert zu jein: 1) Sp. Yart., 
fam wahrſcheinlich nach Vertreibung der Tar- 
quinier mit der etruffifchen Kolonie nah Rom, 
wo er im Nahre 506 v. E. das Konſulat beffeidete. 
Dion. Hal. 5, 36. — Sein Bruder, 2) T. Yart., 


Larinum — Las. 


war im Jahre 501 v. E. Konſul. Ziv. 2, 18. In 
demjelben Jahre wurde er zum erſten Diktator 
gegen die verbundenen Yatiner gewählt, obwohl 
Divuys von Halifarna (5, 50) diefe Wahl ins 
Jahr 498 verlegt, in welchem Jahre indes X. zum 
zweitenmal Konful war und die Stadt Fidenä 
zur Übergabe zwang. Dion. Hal. 5, 59. ®er: 
jelbe meint, L. habe erft nad) diefem Ereignijle 
die Diktatur übernommen, al$ der latinische Krieg 
die mit Schulden überladenen Plebejer veranlafte, 
die Kriegsdienſte zu verweigern. 4. lieh ſofort 
lämtliche Bürger aufzeichnen und alle waffenfähigen 
Leute von neuem in Genturien einteilen. tit 
den Latinern bradıte er einen Waffenftillftand 
zumege. Später, im Jahre 496 nach der Schladyt 
am See Regillus, ſtimmte er für Herftellung des 
früheren Verhältniſſes mit den Yatinern und milde 
Behandlung der Befiegten. Nah dem Auszuge 
der Plebs auf den heiligen Berg (494) und im 
nächſten Jahre (493) bei den Verhandlungen mit 
dem Bolfe, an welchen er als einer der Geſandten 
des Senats teilnahm, wirkte er dafür, daß dem 
ganzen Volke die Schulden erlafien würden, wo: 
durd) er den Unwillen der Batricier erregte. Dion. 
Hal. 5, 71 ff. 6,37 ff. Liv. 2, 20 ff. — 3) Sp. 
Lart., Konſul 490 v. E., war im Jahre 488 
Gejandter des Senats an Eoriolan und befchligte 
im Jahre 487, als der Krieg mit den Bolifern 
ausbrach, ein Heer zur Verteidigung Noms. Dion. 
Hal. 6, 22. 64, 

Larvae heißen bei den Römern böje Geifter von 
verftorbenen böjen Menſchen, in jich jelbjt gequält 
und die Berftorbenen und die Yebenden quälend. 
Sie ftehen aljo den Laren entgegen, den holden 
Geiſtern guter Berftorbenen. Sie heißen auch 
Maniae. Es waren auch jchredliche Spukgeſtalten, 
als Stelette (nudis ossibus) und Popanze gedacht, 
die man durch Sühnungen und Yuftrationen von 
fih abhalten mußte; man glaubte, fie erregten 
bei den Lebenden den Wahnfinn. Plaut. Amph. 
2, 2,154. Sen. ep. 24. bdentifiziert wurden mit 
den Larven die Lemüres, obgleich aud manche 
dieſe für die Seelen der Berftorbenen überhaupt 
erklärten. Or. fast. 5, 483. Bur Sühnung der 
Lemures unternahmen die Hausväter am 9, 11. 
und 13. Mai eigentümliche Sühnegebräude. Sie 
gingen um Mitternacht barfuß jchweigend durch 
das Haus, wuſchen die Hände in reinem Quell: 
waſſer, drehten fich und nahmen jchwarze Bohnen 
in den Mund. Diefe warfen fie auf ihrem Gange 
durchs Haus hinter fih und ſprachen dann neun: 
mal, ohne fi) umzuſehen: „Dieſes gebe ich ber, 
mit diejen Bohnen erfaufe ich mich und die Mei: 
nigen.” Man glaubte, die Geifter jammelten 
während deffen die hingeworfenen Bohnen. Darauf 
ihlug man eherne Veden aufammen und rief 
wieder neunmal: „Manes exite paterni * Jetzt 
waren die Geifter gebannt. Op. fast. 5, 419 ff. 

Larymna, Adovuva, 2 Orte, Ober: und 
Unter-Larymna (7 &vo und 7 xdro A.) an der 
Mündung des boiotischen Kephiſos ind Euboiiſche 
Meer. Erftered ichloß fich bald freiwillig dem 
boiotiichen Bunde an, Unter-Larymna (j. Kaſtri 
im Thale Yarmäs) gehörte den opuntiſchen Lolrern 
und war als Hafenftadt bedeutend. Strab. 9, 406. 
Paus. 9, 23, 7. 

Läs, Ada, Ad, Aüs, eine alte, jchon von Homer 
(Tl. 2, 585) genannte, Stadt Yaloniens füdlich 


Lasion — Latium. 


von Gytheion an der Hüfte, in römiſcher Zeit ein; 
offener Flecken (Liv. 38, 30. 31), vor der Blüte 
Gytheions der Seeplatz Lakoniens. Die Dioskuren 
ſollten fie zerſtört haben, daher ihr Name Aumeg- 
scı, d. i. Lasvernichter. Thuc. 8, 91. Strab. 8, 364. 
Paus. 3, 21, 7. 

Lasion, 6 Aacıcr, ein fejtes Städtchen in Elis 
an der arfadiichen Grenze an einem gleichnamigen 
Berge, dem heutigen Plateau von Yala. Eleier 
und Arkader jtritten oft um jeinen Beſitz. Xen. 
Hell. 7, 4, 12. J’ol. 4, 72. 5, 102, 

Lasos, A@oog, von Hermione in Argolis, Iy: 
rijcher Dichter, um 508 v. E. blühend, hielt fich 
längere Zeit zu Athen auf, wohin er wahrichein: 
fih von SHipparchos berufen worden war, wie 
Anafreon und Simonides. Er war in Athen ein 
Nebenbubhler des legteren. Hier brachte er zuerſt 
die Wettfämpfe mit Dithyramben auf, worin er 
ſich bejonders auszeidmete. Er war auch Theore: 
tifer in Muſik und Dichtfunft und unterrichtete 
angeblich darin den jungen PBindar; aud) joll er 
ber erſte gewejen jein, der über Muſik jchrieb. 
Bon feinen Gedichten haben fich wenige Zeilen 
erhalten, abgedrudt bei Bergk, poet. Iyr. Graee. 
Il p. 376$. der 4. Aufl. Monographie von 
Schneidewin (1842). 

Lasthenes, Aco®Eerns, ein Olynthier, brachte, 
mit Euthyfrates von Philipp erfauft, jeine Bater: 
ftadt in deſſen Gewalt, im Jahre 348 v. E. Dem. 
99. 128. 241. 425. 451. Diod. Sie. 16, 53. 

Laterna j. Beleuchtung. 

Latiälis und Latiäris j. 
Zeus, 10, 

Latifundium, ein Landgut von größerem lm: 
fange. Biele jolcher Güter waren durch die pa: 
trictschen Befignahmen des ager publicus entjtan- 
den, wirkten aber nachteilig ſowohl auf die Land— 
wirtichaft durch die weit ausgedehnten Bartanlagen 
als auch auf die politisch-finanziellen Verhältniſſe 
Roms überhaupt durch die Berminderung des freien 
Bauernjtandes. Mit Recht jagt Plinius (18, 7): 
latifundia Italiam perdidere. gl. Höd, röm. 
Geſch. 1 ©. 285. 

Latini coloniarii hießen die Bewohner ber 
neulatiniichen, d. h. der nad) Yatiums Unterwer: 
fung aus Yatium ausgeführten, Kolonien und die 
Bewohner einer mit dem Titel einer latinischen 
Kolonie bejchenkten Stadt. 

Latini Juniäni h. die Klafjen von Frreigelafienen, 
welche durch die lex Junia Norbana unter Augu: 
ſtus in ein bejonderes, dem Necht der latinischen 
Kolonien jehr ähnliches, Rechtsverhältnis gefom: 
men waren. Gie hatten das commercium nur 
ie und waren jonft den Peregrinen ganz 
gleich. 

Latinus, Aarivog, nad) der gewöhnlichen Sage 
Sohn des Taunus und der Numphe Marica zu 
Minturnä, Bruder des Yapinius, Gemahl der 
Amata, Bater der Lavinia, König von Latium, 
j. Aineias. Geine Abftammung wird daneben 
noch jehr verjchieden angegeben: Sohn des Odyfjeus 
und der Kirke (Fesiod. theog. 1013), Sohn des | 
Telemach und der Kirke, des Herafles und einer | 
Hyperboreerin u. j. w. 

Latium, 7) Aer/vn, I. ingeographiicher Be- 
ziehung. Yatium, die mittlere der 3, wetlichen 
Yandichaften Mittelitaliens, nach der gewöhnlichen 
Ableitung benannt von König Yatinus, nach an: 


Jupiter unter 





669 


derer von latere (quod ibi latuisset Saturnus, 
Or. fast. 1, 238; oder: quod latet Italia inter 
praecipitia Alpium et Apennini, Barro bei Serv. 
zu Verg. A. 8, 222), richtig wohl — Flachland 
(verwandt mit lätus, Seite, und wiarvg), begriff 
im engiten Sinne der älteften Zeit nur ein etwa 
4 IM. großes Gebiet, von dem Tiber im N., 
dem Flüßchen Numicus im ©., der Seefüfte im 
W. und den Albanerbergen im D. begrenzt. Bald 
(3. 3. der Unterwerfung des Latinischen Bundes 
unter römijche Hoheit) ericheint der Umfang indes 
größer, und Latium antiquum oder vetus reichte 
vom Tiber jüdlich bis zum Gircejiichen Worgebirge 
und Anrur oder Tarracina. Unter römijcher Ober: 
herrichaft wurden bis zum Jahre 314 v. E. im ©. 
und DO. neue Eroberungen — Latium novum oder 
adiectum —, das Gebiet der Hernifer, Aquer, 
Volſker, Aurunter, hinzugefügt, und es madıte dem: 
nad im ©. der Liris (Garigliano) die Grenze der 
nun etwa 180 Meilen großen Landichaft, ja 
ſelbſt jüdlich von derjelben gehörte Sinuefja dazu. 
Das Yand bildete im ganzen eine große Ebene 
von vulfanifcher Natur, daher war es auch jchr 
fruchtbar. Als ganz ijoliertes Gebiet erhebt ſich 
in diefer Ebene zwilchen den Apenninen und dem 
Meer der mons Albanus (ſ. d.), jedesfalls urjprüng: 


lih ein großer Krater und jehr quellreih. Die 2 


Alten unterjchieden den M. Albanus im engeren 
Sime (j. M. Cavo), wo die Feriae Latinae ge: 
halten wurden, den M. Algidus (j. M. Ariano) 
und bei Tuſculum die Tujceulanijhen Berge 
(j. Monti Tufceulani oder di Frascati). Am NO. 
lagen zwiſchen Tibur und PBränefte die Aquer— 
berge (j. Monti d'Oleovano) und zwiſchen Dr: 
tona und Privernum die Volſkerberge (j. M. 
Volsca oder di Cora). Der mons sacer tft ein 
iolierter Hügel am rechten Anio-Ufer unweit der 
Mündung desjelben in den Tiber, nad) dem Fluffe 
fteil abfallend, nach der andern Seite fich janft 
abjlachend, 1 Millie von Rom (Liv. 2, 32. 3, 52), 
noch jeßt Monte Santo genannt. — Die Flüffe 
Latiums münden alle ins Tyrrheniihe Meer: Ti: 
beris (j. Tevere) mit Anio ıj. im oberen Laufe 
Aniene, im unteren XTeverone); Numicus (ji. 
Numico oder Ritorto); Aſtura (j. Stura); Ama: 
jenus (j. Amajeno), ftrömt vereint mit dem 
Ufens (Ufente) dur die Pomptiniſchen Sümpfe 
ins Meer; Liris (j. Garigliano) mit dem Tre: 
rus (j. Sacco), bei Minturnä mündend. Bon 
Seen find zu merfen der Albanus (j. L. d'Al— 
bano oder di Eaftello) am wejtlichen Abhang des 
Gebirges, der Nemorenſiſche See (j. Lago di 
Nemi), der Gabinus (j. Lago Gabii, jeit 1838 
troden ger t), der hiitorijchh merkwürdige Ne: 
gillus bei Tuſeulum (j. nach Meinung der meiften 
Lago di Corne). Bon Antium bis Anxur herab 
eritredten jih die Bomptinifchen Sümpfe, „der 
Neft eines durch das Alluvium der Flüſſe Aftura, 
Amajenus, Ufens nur unvollftändig ausgefüllten 
urjprünglichen Meerbuſens“ (Stiepert), Dah in 
früher Zeit daſelbſt 23 Städte und Ortſchaften 
geblüht, ift eine Fabel. Durch diejelben war nicht 
nur die Appijche Straße, jondern auch ein Kanal 
geführt (Strab. 5, 233). — 
Zandes, Latini (Aarivor), waren der Sage nad) 
entitanden durch Bereinigung der offiichen Abo: 
riginer (vgl. Italia, 7.) mit den Ureinwohnern, 
den Sifulern und Pelajgern. Sie bilden in Wahr: 


Die Bewohner des : 


“ 


670 


heit den einen großen Zweig der Italiker und 
finden ſich in Hiftorifcher Zeit jchon im Beſitz des 
Yandes. Frühzeitig (ſchon vor Albas Gründung) 
tritt bei den Latinern ein alter, wahrſcheinlich 
aus 30 Städten beftehender Bund hervor, auf 
welchen jich der Name Prisci Latini bezieht. Solche 
Städte waren nah Yivius (1, 38): Gorniculum, 
Ficulnea (vetus), Cameria, Cruftumerium, Ame— 
riola, Medullia, Nomentum, denen wohl nod 
Yaurentum, Ardea, Tibur, Aricia, Pränefte u. a. m. 
beizufügen find. Später wußte fi) das der Sage 
nach von einer in Italien eingewanderten troiſchen 
Kolonie gegründete Alba die Hegemonie zu ver: 
ihaffen, e8 wurde Pflanzftadt vieler Kolonien, 
auch der bald übermäcdhtigen Noma, welche unter 
ihren Königen Tarquinius Prifcus und Gervius 
Tullins nicht nur in den Bund aufgenommen 
wurde, jondern denſelben faft ganz von ſich ab: 
hängig machte. Nachdem die Yatiner ji dann 
nad) Vertreibung der Könige wieder von Rom 
frei gemacht hatten, wurden jie im Jahre 338 v. E. 
wieder nad langen Striegen unterworfen und mit 
unvollftändigem Bürgerrechte (j. u.) ganz im den 
römiſchen Staatsverband aufgenommen; und jeit 
314 tritt uns Yatium in dem oben angeführten 
weiteren Umfange entgegen. Das Genauere über 
die nun folgenden Städte ift bei den einzelnen 
Artiteln nachzufehen. Im eigentlihen Latium 
von N. nah ©.: Fidenä auf einem Tufffeljen 
beim j. Gaftell Giubileo; Tibur (j. Tivoli) auf 
einem Felſen am Anio; Gabii, auf einem Tuff: 
hügel bei Gaftiglione; Roma, die Hauptjtadt des 
römischen Reichs auf 7 Hügeln zu beiden Geiten 
des Tiber, und deren Hafenftadbt Dftia an der 
Mündung des Fluſſes; Tuſculum, j. bedeutende 
Ruinen auf einem Berge bei Frafcati; Präneſte, 
j. Paleftrina, auf fteiler Felshöhe; Bovillä an 
der Appiichen Straße; Alba Longa am Abhange 
des Albanerberges, früh von den Römern zerjtört; 
Nricia, j. Ariccia, Beliträ, der Stammort der 
Octavier, j. Velletri, Yanupium, j. Civita La— 
vigna, an der Appiichen Strafe, Stammort der 
antoninichen Familie; Yaurentum, j. Caſale 
di Gapocotto, Lavinium bei dem j. Pratica; 
Ardea, no j. Ardea, auf einem Felſen in der 
Nähe des Numicusfluffes, Cora, j. Cort, Norba, 
j. Ruinen bei Norma, Setia, j. Sezza, Signia, 
j. Segni, am rechten Ufer des Trerus, Sulmo, 
beim j. Sermoneta, am Ufens; Sueſſa Rome: 
tia, eine jpäter verjchwundene Stadt im Gebiet 
der Pomptiniſchen Sümpfe, die nach ihr benannt 
jein follen; Corioli, die von En. Marcius (Co: 
riolanus) zerftörte und nicht wieder hergeitellte 
alte Hauptftabt der Bolifer; Antium, j. Porto 
d'Anzo, auf einer Felsipige am Meere; Satricum, 
j. Conca. — Bu Latium adieetum gehörten 
die Aqui zu beiden Seiten des Anio mit früher 
ziemlich ausgedehntem, dann aber beichränttem 


Latium. 


ellä, j. Eeprano, am 2iris, Aquinum, j. 

quino, Caſinum, j. Kloſter Monte Caſino, 
Interamna Yirinas, an der Mündung des 
Melia in den Liris, Fabrateria, j. Tralvaterra, 
am Trerus; Brivernum, R. bei Biperno vecchio, 
am Amafenus, Aftura, j. Torre d'Aſtura; Cir— 
ceji, j. Eircello, auf dem Borgebirge gl. N.; 
Tarracina, früher Anxur, mit einer Burg auf 
hohem Berge, j. Terracina; Yautulä. Im Gebiete 
der Murunci an der Küfte und am unteren Yauf 
des Liris: Fundi, j. Fondi, in der Nähe des 
Fundaniſchen Sees und im Ager Caecubus; 
Ampclä, am Meerbujen gi. N; Formiä am 
innerften Winfel des Meerbujens von Cajeta; 
Eajeta, j. Gaöta, mit trefflihem Hafen; Min- 
turnä, R. bei Traetto, unweit der Mündung des 
Liris an der Appiſchen Straße; Sinuejja, am 
jüdlihen Abhange des Mafjicusberges, dicht an 
der campanijchen Grenze, oft jchon zu Campanien 
gerechnet (Ruinen bei Mondragone). Strab. 5, 228 ff. 
— Il. Latium in ftaatsrehtlicher Beziehung. 
In der älteften Zeit jcheint Alba Longa und der 
albaniiche König eine Hegemonie über die andern 
latinifchen Städte ausgeübt zu haben, bis bie 
Eroberung Albas durch Tullus Hoftilius die lati: 
nilchen Städte zu einer engen religiös:politischen 
Eidgenofienichaft zufammenführte. Sie hatten ein 
gemeinjames Concilium, defien Präfident ein Dif- 
tator war. Mit Rom ftand Latium von ber 
Mythenzeit her durch ein foedus in enger Ber: 
bindung, welche durch Kriege mehrmals unter: 
brochen, aber immer wieder ernenert wurde. Wahr: 
iheinlih trat Rom nach dem Untergang Albas 
mit in den Latinifchen Bund ein und erhielt nad) 
manchem Kampf durd; Servius Tullius oder nod) 
wahrjcheinlicher erft durch Tarquinius Superbus 
die Hegemonie (j. oben I, 3.). Nach der Bertrei: 
bung der Könige jchüttelte Yatium das römische 
Joch ab und ho nach der Schladht am Sec 
Regillus mit Rom ein foedus aequum, unter 
Bermittelung des Sp. Caſſius, 493 v. E. Gegen: 
jeitige Eivität (Jjopolitie) wurde beftimmt (ſ. Mu- 
nicipium), das alte Conubium erneuert, gegen 
jeitige Hülfe im Kriege mit gleichen Anteilen an 
dem Kommando und an der Beute fejtgeieht 
und privatrechtliche Beitimmungen getroffen. Bald 
darauf traten die Hernifer als drittes Bundesglied 
binzu, 486 v. C. Bei der galliihen Invaſion 
wurde Nom von beiden Verbündeten verlafien, 
aber 358 v. E. trat der Bund mit Latium wieder 
in das Leben (Lir. 7, 12. 8, 2), bis der 340-338 
v. E. geführte latiniiche Krieg mit der Befiegung 
der Latiner endete. Der Bund wurde enjpelöh, 
einzelne Städte erhielten die römiſche Civität, 
andere janten zu römischen socii in abhängigem 
Verhältnis herab. Dieſe, nomen Latinum und 
Latini genannt, jchloffen fich immer enger an Rom 
an und empfingen dafür manche Zugeſtändniſſe, 


Gebiet; ihre Städte waren: Earjeoli, j. Carjoli, | wodurd ſie jich weientlich vor den andern socii 
am Fluß Quranius, Ortona, Carbio, Bola, | auszeichneten und allmählich eine Mittelftufe zwi: 


Sublaqueum (j. Subiaco). 


Im Gebiet der Her: | ichen den Bürgern und Peregrinen bildeten (ius 


nici, zwiichen den Flüſſen Trerus und Liris, | Latii). Aus diefen Städten nahm Rom zahlreiche 


lagen 


Anagnia, j. Anagni, ihre Hauptſtadt, | Koloniften, die in alle Gegenden Jtaliens geichidt 


Alatrium, j. Mlatri, Ferentinum, j. Ferentino, | wurden und coloniae Latinae hießen, obwohl fie 


Fruſino, j. Frofinone, Berulä, j. Beroli. 


Im weit über die Grenzen des alten Yatiums hinaus 
Gebiet der Bolfci, zu beiden Seiten des Liris: | lagen. 


Cie gehörten ebenfall® zum nomen Lati- 


Sora am Lirid, die nördlichjte Stadt, noch j. num und ftanden auf derjelben Rechtsſtufe, d. h. 
Cora; Arpinum, j. das Dorf Gamello; Fre: ſie ermangelten des conubium, hatten aber das 


Latmos — 


commercium, wenigjtens größtenteild, was ben ı 
Peregrinen abging. Außerdem ftanden dem ein= 
— mehrere Wege offen, das volle römiſche 

ürgerrecht zu erlangen. — Durch die lex Julia, 
90 v. E., erhielten die latinifchen Städte die volle 
Eivität, und das ius Latii verſchwand nun gänz- 
ih aus Italien, wurde aber als ein Rechtsver— 
hältnis, welches der nationalen Grundlage ent: 
behrte, auf manche außerhalb Staliens gelegene 
Kommunen übertragen, zuerjt auf die transpada- 
nijchen Städte, jpäter auf viele Provinzialftädte, 
ja jogar auf ganze Provinzen, wie Sicilien und 
Hilpanien. Wahrjcheinlich war dieje Latinität mit 
der vorigen gleich, d.h. fie gewährte commercium, 
aber nicht conubium, und fie wurde unter Tibe- 
rius auch die Grundlage für das Verhältnis der 
j. g. Latini Juniani (j. d.). Mit Caracalla hörten 
alle latiniſchen Gemeinden auf (j. Civitas), doch 
entjtanden ſtets wieder von neuem Latini, näm: 
lich durch unfeierliche Freilaffung der Sklaven u. |. w. 
Erit Juſtinian jchaffte dieje Mittelftufe ganz ab, 
und jo erlojch diefer Name, welcher im Verlaufe 
— Zeit ſo mannigfache Verhältniſſe bezeichnet 

tte. 

Latmos, Acruos, Gebirgszug in Karien, öſtlich 
von Miletos, ſüdlich vom Unterlauf des Maian— 
dros, berühmt durch die Sage von Endymion (j. d.) 
und Selene. Cie, tusc. 1, 38, 92. Or. trist. 2, 299. 
Nach ihm wurde der Meerbufen bei Miletos, der 
aber heutzutage durch die ftarten Anſchwemmungen 
des Fluſſes in einen Binnenjee verwandelt ift, 
der Latmiſche genannt; j. Akis-tſchai. Strab. 
14, 635, 

Latobrigi, richtiger Latoviei, germanijche 
Bölferjchaft, den Helvetiern und Raurikern benad): 
bart, wohl an den Quellen des Rheins zu juchen. 
Cäſar nötigte fie, als fie 14 000 Mann ftarf aus: 
gezogen waren, in ihre alten Sie zurüdzufchren. 
Caes. b. g. 1,5. 28. 29. 

Latöna j. Leto. 

Latroeinium, Raub. Latrones, grassatores 
wurden in Rom von den Konjuln und Prätoren, 
in den Provinzen von den GStatthaltern beitraft 
und gewöhnlich hingerichtet. Sulla jepte die Räu— 
ber in der lex Cornelia de sicariis in die Kate— 
gorie der Mörder, was die ganze Kaiferzeit hin: 
durch dauerte. 

Latruneäli j. Spiele, 8. 

Laudatio, 1) funebris, j. Bestattung, 2.— 
2) Provinzialdanladreffe an den Senat, in welcher 
die Provinzialen den abgehenden Statthalter lob— 
ten. Cie. Verr. 2,4. 5. Nero verbot ſolche Dank— 
adrefien. Tae. ann. 15, 22. — 3) ein zu Gunften 
des Angellagten vor Gericht abgegebenes jchrift: 
liches Zeugnis. 

aureätae littörae oder tabülae heißen die mit 
Lorbeer ummwundenen, von den römijchen Feld— 
herren an den Senat geichidten Siegesbulletins. 
Jav. 5, 28. Caes. b. c. 3, 71. Tac. Agr. 18. 

Laurentum, Acugerrov, eine jehr alte Stadt 
Yatiums, der Sage nad des Königs Latinus Re: 
fivenz, wo Aineias landete. Verg. A. 7, 171. 
Ihre Wichtigkeit in früherer Zeit erhellt jchon 
daraus, daß fie in dem 509 v. E. mit den Kar— 
thagern abgejchloffenen Vertrage namentlich auf: 
geführt wird. Pol. 3, 22. Strab. 5, 229. 232. 
L. lag 2 Millien vom Meere nicht weit von Dftia 
und 16 Mill. von Rom in einer gefunden, mit | 





Lavinius. 671 
Lorbeerwäldern geihmücdten Gegend an der Stelle 
des heutigen Cajale di Capocotto. Nad) der Mei: 
nung mancher ijt es das heutige Torre Paterno. 

Laurion, Aavgsıov, Acbpior, Aavpswrınn, 
ein Bergwerföbezirt im jüdlidhen Attifa, nördlich 
vom Borgebirge Sunion und an der Südweſtküſte 
bis Thorikos hin fich erjtredend. Der ganze Di: 
jtrift war unter zahlreiche Demen verteilt. Die 
Silbergruben waren jo ergiebig, daß jeder Bürger 
jährlid 10 Drachmen erhielt (macht 100 Talente), 
und in den Berjerfriegen 200 Dreiruderer gebaut 
werden konnten. Später jedoch nahm die Ergie- 
bigfeit derjelben ab, jo daß fie zu Strabons Yeit 
nicht mehr bebaut wurden. Das Dorf Legrana 
bezeichnet jegt die Stelle jener Gruben, welche jeit 
1860, bej. zur Gewinnung von Blei, wieder be: 
benugt werden. dt. 7, 144. Thuc. 2, 55. 6, 91. 

Laurön, Aatgor, ein Ort in Hijpanien, 4 
Tagereijen öjtlih von Gades, berühmt durch den 
Sieg des Sertorins über die Bompejaner (Plut. 
Sert. 28. App. b. ec. 1, 109) und als der Ort, 
two der jüngere En. Bompejus auf der Flucht von 
Munda den Tod fand. Klor. 2, 13. Bgl. Hübner 
im Corp. I. Lat. II p. 246. 482, 

Läus, A@og, Grenzfluß zwiichen Lucanien und 
Bruttii, j. Yao, an deſſen rechter (Iucanijcher) 
Seite die Überrefte der vertriebenen Sybariten eine 
gleichnamige Stadt gegründet hatten. Hat. 6, 20, 
Strab. 6, 253 ff. 

Laus Pompeii, Stadt im Gebiete der Inſubrer 
in Gallia cisalpina zwiſchen Mediolanium und 
Gremona, wohin der Bater Pompejus des Gr. eine 
Kolonie führte (Plin. 3, 17), ipäter Hauptſtadt der 
Langobarden; j. Lodi Vecchio. 

Lautülae, Flecken der Boljfer zwiichen Tarra: 
cina und Fundi an einem waldigen Engpafje 
zwijchen dem Meere und dem Gebirge. Hier er: 
litten die Römer im zweiten Samniterfriege eine 
Niederlage unter D. Fabius Marimus. Sn einer 
Villa am Abhange des Gebirges wurde Kaiſer 
Galba geboren. Liv. T, 39. 9, 23. Suet. Galb 4. 

Lautuniae, ein am Forum belegener Stadtteil 
Noms, benannt von einem dajelbft gelegenen Ge: 
fängnis, welches nicht mit dem carcer Mamerti- 
nus und dem Tullianum zu verwechjeln ift (vgl. 
Carcer, 11). Den Namen hatte es von dem ſyra— 


fufischen Gefängnis gleiches Namens. Cie. Verr. 
1, 5. 5, 55. Liv. 26, 27. 32, 26. 
Laverna, römiſche Scubgöttin der Diebe 


(daher laverniones), die an der Via Salaria einen 
Hain und an der von ihr benannten Porta Laver- 
nalis einen Altar hatte. 

Lavinia j. Aineias und Anios. 

Lavinium, ſehr alte Stadt in Latium, von 
Aineias oder von Latinus zu Ehren feiner Tochter 
Lavinia gegründet, mit einem Tempel der Venus, 
welcher allen Latinern gemeinjam war, aber unter 
Aufjicht der Stadt Ardea ftand. Das Gebiet beider 
Städte ſchied der Fluß Numicus. Im Zeitalter 
der Antonine ward L. mit Laurentum zu Einer 
Stadt, Laurolavininm, vereinigt, defen Ein: 
wohner Laurentes Lavinates hießen. Der Tuff: 
hügel von Pratica mit alten Mauerreften zeigt 
jiher die Lage der Stadt. Liv. 1, 1. 8, 12. 26, 8. 

Lavinius, Fluß bei Bononia im cispadanischen 
Gallien, ergießt fich in den PBadus. Nach Appian 
(b. ec. 4, 2) fand auf einer Inſel diejes Fluſſes, 
nicht des Rhenus, eines andern Nebenjlujjes des 


6172 


Padus, die befannte Zuſammenkunft zwiſchen 
Octavian, Antonius und Lepidus jtatt. 

Lazae, Aüfaı, Auol, Volk in Kolchis zwischen 
den Flüffen Phafis und Akampſis, jeit der rö- 
mijchen Kaiferzeit an der Stelle der Kolchier ge: 
nannt. Seit dem 5. Jahrhundert u. E. bejtand 
ein eigenes Königreich Lazika (j. Yaziftan) mit der 
Hauptitadt Kutatifion (j. Kutais). 

Leagros, Ataygos, Sohn des Glaufon, ein 
vornehmer Athener, führte 465 v. E. mit dem 
Dekeleier Sophanes 10 000 athenifche Anfiedler 
nad Thrafien, um Enneahodoi (jpäter Amphi— 
polis) zu bevölfern. Diejer erfte Kolonijationsverjuch 
mißlang; als die Koloniften ins Innere drangen, 
wurden fie bei Drabeifos von den Thrafern über: 
fallen und niedergemadht. Thuc. 1,100. Hdt.9, 75. 

Leaina, Afawe, atheniſche Hetäre, die auch 
auf der Folter nicht die Verjchwörung des Dar: 
modios und Ariftogeiton verriet. Zu ihrem An— 
denfen errichteten die Athener ein Standbild, eine 
Löwin ohne Zunge darftellend. aus. 1, 23, 2. 

Leandros, At«@vögos, ein Jüngling zu Abydos 
in Troas, der allnächtlich zu der von ihm geliebten 
Hero, einer Priefterin der Aphrodite zu Seſtos, 


geleitet von der Leuchte auf dem Turme zu Sejtos, | h 


über den Hellespont ſchwamm. Aber in einer ſtür— 
mischen Nacht, in welcher die Leuchte erlojch, wurde 
er ein Raub der Wellen. Als Hero am Morgen 
feinen Leichnam am Ufer jah, jtürzte fie fich zu 
dem Geliebten hinab. Die Sage ift in einem 
Heinen Epos von Mujaios (j. Musaios, 4.) bes 
handelt. Ov. Her. 18. 19. 

Learchos j. Athamas, 

Lebadeia, Asßaösıe, j. Liwadia, Stadt Boio— 
tiens, weftlih vom Kopaisjee am Fuße eines 
Felſens, dem die Duelle Herfyna entjtrömt. Nach 
Pauſanias erwähnt Homer (Il. 2, 507) &. ſchon 
unter dem Namen Midsıe, welches auf dem el: 
fen jelbft lag. Erjt nad) dem Verfall der übrigen 
Städte hob ſich X. bedeutend, und zwar bejonders 
durch das berühmte, jhon im 6. Jahrhundert von 
Kroijos befragte, Orakel des Trophonios (Hdt. 
1, 46. 8, 134. Liv. 45, 27), weldes fich unweit 
der Stadt, oberhalb des heiligen Haines, in dem 
der Tempel des Trophonios mit einer Statue von 
Rrariteles jtand, auf dem Berge befand und eine 
in Form eines bienenforbartigen Gewölbes nad) 
Art der ſ. g. Thejauren (j. Baukunst, 1.) künſt— 
lid) ausgebaute unterirdijche Höhle war. Paus. 
y,39, 5 ff. 

Lebain, Asßaln, die Rejidenz eines altmafe: 
donischen Königs im oberen Matedonien, nur von 
Herodot (8, 137) genannt. 

Lebedos, Asßedog, eine in älterer Zeit blühende 
ionijche Stadt in Lydien, 4 Meilen nordweſtlich 
von Kolophon am ke des Kayſtriſchen Meer: 
bujens gelegen. Als Lylimachos einen Teil ihrer 
Bewohner nad Ephejos verpflanzte, ſank die Stadt 
und war zu Horaz' Zeit unbedeutend (ep. 1, 11,7). 
Einigermaßen hoben dann die Stadt die feier- 
lichen Wettfämpfe zu Ehren des Dionyjos wieder, 
welche von der dem Gotte geweihten Schaujpieler: 
truppe gegeben wurden, die ** in Teos, dann 
in Myonneſos geweſen war. dt. 1, 142. Thuc. 
8, 19. Strah. 14, 643. 

Leben, Asßriv, Asßıiva, die Hafenftadt von 
Gortyn auf Nreta, dem Namen nach eine alt- 
phoinifijche Anfiedlung, j. Yeda. In der Mitte des 


Lazae — Lectisternium. 


Orts lag ein berühmter, viel bejuchter Tempel des 
Aſklepios. Strab. 10, 478. 

Lebinthos, A:ßırdog, eine fleine Sporaden- 
injel des Aigaiiſchen Meeres zwiſchen Amorgos 
und Kalymna, j. Lebitha. Oo. met. 8, 222, Strab. 
10, 487. 

Lechaion, A:yaor, Flecken am Korinthiſchen 
Meerbuſen, 12 Stadien nördlich von Korinthos 
und mit dieſer Stadt durch Mauern verbunden, 
Hafen für die von Weſten kommenden Schiffe, 
welche in einem fünftlihen Baſſin fichere Auf: 
nahme fanden; audy Hauptſtation für die Kriegs— 
flotte. Xen. Hell. 4, 4, 17. Ages. 5, 17. ©. Ko- 
rinthia, 4. 

Lectica, pogsior, das in Griechenland, Aſien 
und Rom gewöhnliche Tragbett, beftehend aus 
einem hölzernen Geftell, auf dem eine Matrage 
und ein Kopftiffen lag, und aus 2 langen Quer: 
ftangen zum Tragen (asseres). In Griechenland 
bedienten fi) der Sänften vor der maledonijchen 
Beit eigentli nur rauen und Kranke; jpäter 
ward Yurus damit getrieben. Gewöhnlich war die 
lectica wie ein Palankin mit Vorhängen (vela), 
jpäter jogar mit Glasfenftern verjehen und über: 
aupt auf das prachtvollite ausgejtattet. Weiche 
Leute hatten ihre eigenen Sänftenträger (lecti- 
carıi, calones), natürlich kräftige Stlaven, unter 
den Kaijern in rote Livree gekleidet. Die größte 
Zahl war 8 (octophoros, Cie. Verr. 5, 11), die 
geringfte 2, je nad) der Größe der lectica und 
dem Hang des Getragenen. Auf Reifen war der 
Gebraud) der Sänften allgemein, in der Stadt aber 
auf Frauen und Kranke bejchränft, bis unter den 
Kaiſern auch die Männer fich derjelben bedienten. 
In einem vornehmen Haushalte gab es joldher 
le:ticae mehrere. Für weniger Bemittelte waren 
diejelben zu mieten, und jolche Sänftenträger hatten 
an mehreren Plätzen der Hauptjtadt ihren Stand- 
ort (castra leeticariorum). — Pie Totenbahre 
und das Waradebett hieß lectica oder lectus 
funebris, j. Bestattung, 6. 

Leetisternfum (von lectos sternere, Roljter 
ausbreiten), auch pulvinar und pulvinaria ge: 
nannt, bei den Römern ein Göttermahl, wobei 
die Bildnifje der Götter auf Bolfter gelegt und 
ihnen Speijen vorgejeßt wurden, zum erftenmal 
im Jahre 399 v. C. bei Gelegenheit einer Seuche 
veranftaltet, um die Götter zu verjühnen, vielleicht 
Nachahmung der griehischen Deogerı« (j.d.). Man 
unterjchied regelmäßig miederfehrende und außer: 
ordentliche Lectifternien. Solche von der eriteren 
Art famen auf dem Capitol zur Zeit der römiſchen 
(September) und der plebejiſchen Spiele (Novem— 
ber) für Jupiter, Juno und Minerva vor. Das 
Bild des Jupiter wurde auf ein Polfter gelegt, 
während die beiden Göttinnen ihm zu beiden 
Seiten auf Stühlen jagen. In mehreren Tempeln 
wurden jolche regelmäßige Götterſchmäuſe fat täg- 
lich veranftaltet (lectisternia diurna, Liv. 36, 1). 
Das Kollegium, welches die ordentlichen Xecti: 
fternien bejorgte, waren die Triumsiri, jpäter 
Septemviri Epulones. Außerordentliche Yectijter: 
nien von 3, 8 und noch mehr Tagen fanden bei 
glüdlichen oder unglüdlichen Ereignifien, die den 
Staat betrafen, ftatt und wurden immer einer 
größeren Zahl von Göttern, welche paarweije ge: 
legt wurden, bereitet. Die Anordnung derjelben 
wurde beſtimmten Senofjenjchaften übertragen. Mit 


Leda — Legatus. 


dem Zempelmahl war eine öffentliche Speifung 
(eonvivium publicum) verbunden. Liv. 5,13.12,10. 
40, 59. Cic. Pis. 3. Cat. 3, 6. 10. Ein Lectifter: 
nium für bloß weibliche Bot eiten, nur von ber= 
heirateten Frauen gefeiert, hie — — 
Tac. ann. 15, 44. Val. Max. 2 

Leda, Andn, Anda, Tochter. es Thefios, Ge: 
mahlin des Tyndareos, mit dem fie die Timandra, 
Klytaimneſtra und Philonoe zeugte. Dem Zeus 
gebar fie den Polydeufes und die Helena und 
zugleich mit diejen ihrem Gemahle den Kaftor und 
die Klytaimneſtra. Bei Homer jind Polydeufes 
und Kaftor Söhne des Tyndareos (Od. 1, 184), 
Helena Tochter des Zeus (Il. 3,426. Od.11 ‚298 ff.): 
nad; Späteren find umgelehrt die Diosturen Söhne 
des Zeus (Eur. Hel. 254. 1680), Helena Tochter 
des Tyndareos. Hadt. 2, 112. Nach jpäterer Sage 
erzeugte Zeus in Geftalt eines Schwanes mit 
Leda 2 Eier, aus deren einem Helena hervorging, 
während das andere Kaſtor und Polydeukes um: 
ihloß. Or. her. 16 (17), 55. Hor. a. p. 147. sat. 
2,1, 26. 

Ledon, A:dov, Drt an einem Heinen Neben: 
üßchen des Kephiſos im nördlichen Phokis, Vater: 
tadt des Philomelos, des Anführers der Phokier 
im heiligen Kriege. Als in dieſem Kriege der 
Ort zerftört worden war, fiedelten ſich die Be: 
wohner 40 Stadien nörbliher am Kephijos an. 


Paus. 10, 33, 1. 

Legatio liböra, freie Gejandtichaft, d. h. auf 
beliebige Zeit. Dft erhielten Senatoren, welche 
in den Provinzen Brivatangelegenheiten zu be: 
forgen hatten oder wegen bofitiicher Berhältnifie 
zeitweilige Entfernung aus Rom wünjchten, auf 


ihre Bitte von dem Senat den Titel eines Le | ad 


gaten, weil fie als ſolche mit größerem —— 
auftraten und allerlei Vorteile wie wirkliche L 
gaten genojjen, eine freie Bewirtung und freien 
Transport. Cie. legg. 3, 8. ad Att. 15, 11. Selbſt 
noch unter den Karjern fam dieje Vergünftigung 
vor. Buet. Tib. 

Legätum, ein F dem Teſtamente vermachtes 
Geſchenk, ſo genannt, weil es in Form eines Be— 
fehls des Erblaſſers an den Erben abgefaßt wurde 
(darum heißt legare befehlen und überhaupt teſta- W 
mentariſch verfügen), während das fidei commis- 
sum (j. d.) nur bittweije ausgedrüdt war. Der 
Teftator mußte ſich der lateinischen Sprache und 
gewiſſer feterliher Formeln bedienen. Das, was 
der eine Erbe vor jeinen Miterben voraushaben 
jollte, war ein legatum per praeceptionem 
—— Plin. 
er war urjprünglich unbejchränft, aber da die 

bichaften durch unmähige Legate belaftet und 
daher zumeilen —A wurden, 5* 
der Staat Beſchränkungen vor, zuerſt in der lex 
Furia, 183 v. C., dab ein Legat 1000 Aſſes 
nicht überiteigen dürfe. Die lex Voconia, 169 
v. E., verfügte außer einer Beftimmung über die 
Erbeinjeßung von rauen, daß fein Legatar mehr 
erhalten dürfe, ala der Erbe oder die Erben 2 
jammengenonmen (Cie. ar 1, 41ff.), und 
lex Falcidia, 40 v. E., ſehte feft, daf die ge 
—* niemals mehr als 3, der Erbichaft betragen 


— 1) Geſandter des römiſchen oder 
eines fremden Staates. Ein ſolcher galt in der 
ganzen alten Welt für heilig und unverletzlich «vgl. 

Nealleriton des Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


ep. 5,7. Die Höhe der Le | d 


673 


Knjew5); darum fonnte er wegen der im Ausland 
‚bverübten VBergehungen nur in dem Vaterlande 
‚ beitraft werden. enn don Rom Gejandte zu 
ichiden waren, z. B. wegen —— 
lungen, Überbringung von Befehlen u. j. w., 
wählte der Senat die vornehmften Senatoren an 
gab ihnen die Inftruftionen und wies die nötigen 
Gelder u. dgl. an. Nac der Rückkehr hatten die 
Sejandten im Senat Bericht zu erftatten und 
Rechenſchaft abzulegen. Ebenjo hatte der Senat 
die Unterhandlungen zu leiten, wenn fremde Ge: 
jandte nad) Rom famen. Zuerſt hatten jich diefe 
bei den Quäftoren zu melden, welche für deren 
Wohnung und Bewirtung jorgten. Später be— 
obachtete man dieje Liberalität nur bei Gefandten 
bejonders befreundeter Staaten. Die Gejanbten 
feindliher Staaten durften Rom nicht einmal bes 
treten, jondern warteten jenjeits des Tiber, bis 
fie Audienz erhielten. In der Audienz, weldye 
gewöhnlich in der curia Hostilia auf dem Forum 
* wurde, hielten die Geſandten zuerſt ihren 
ortrag und traten ſodann ab, damit der Senat 
über de ‚zu gebende Antwort frei beraten könne, 
woranf jene wieder hereingerufen wurden und 
bon den Konfuln oder Prätoren den Beicheid em— 
pfingen. Die Provinzialgefandtichaften wegen Be— 
lobigung (laudatio) oder Beklagung (communia 
postulata) des abgegangenen Statthalters famen 
gewöhnlidy zu Anfang des Jahres. Daher wurde 
denn auc für an eitige Se elanbticaften durd) 
die lex Gabinia (67 dv. E., ähnlich der früheren 
lex Pupia) bejtimmt, daf die Audienzen derjelben 
während des ganzen Februars jtattfinden und allen 
andern Senatsgejchäften en ker follten. Cie. 
. fr. 2, 12. 18. — 2) Gehülfen der Feld— 
hercen, und Statthalter. Als Rom noch feine 
rovinzen hatte, gab es nur militärijche Legaten, 
welche den Feldherren als Generaladjutanten bei: 
ftanden und verjchiedene Aufträge bejorgten. Seit: 
dem Rom Provinzen beſaß, erhielten die Legaten 
auch eine friedliche Aufgabe, indem fie den Statt- 
halter begleiteten und in allen Zweigen der Ad— 
miniftration unterſtützten. Die Ernennung der 
Legaten fam dem Senate zu, doch wurden die 
Winiche der Teldherren und Statthalter dabei 
berüdfichtigt. Die Yegaten, deren gewöhnlich 3, 
oft aber auch mehrere, ja jogar 10 waren, gehör- 
ten meift dem jenatoriichen Range an und ftanden 
mit ihren Vorgeſetzten in einem jehr engen Ber: 
erg Caes. b. g. 8, 50. b. e. 2,17. Mußte ein 
at die Stelle des Feldherrn verjehen (wenn 
elbe abwejend oder geftorben war), jo hieh er 


legatus pro praetore. Caes. b. g. 1, 21. In den 
ruhigen Frobinzen tten die Legaten nur fried: 
liche Bejorgungen (Furisdiktion, Polizei u. j. w.), 


in den entfernten Örenzländern aber behielten fie 
ihren alten militäriihen Charakter erringen 
des Lagers, Kommando einer Heeresabteilun 

der Schlacht u. j. w.). — 3) Legaten ber Railer- 

zeit. Es —— a) legati Caesaris die Statt: 
halter in den faiferlihen Provinzen, vollftändig 
gen. legati Caesaris pro praetore consulari po- 
testate, abgefürzt legati consulares, gl. Pro- 
vincia, 7. und Propraetor. b) vorzugöwveife 
die Befehlshaber (legati) der einzelnen Legionen. 
Sie ftanden unter dem Befehle ihres Statthalters 
hatten gleichen Rang mit den Prätoren in 

om. 


43 


674 Legio — 

Legio (legere, vgl. Varr. 1. 1. 5, 16: quod 
leguntur wilites in delectu), griechiſch ra&yu«, 
re)og, war urjprünglich unter Nomulus die ſämt— 
lihe in Einen Truppenförper vereinigte Kriegs: 
macht, aus 3000 Mann Fußvolk und 300 Neitern 
bejtehend; jede Tribus lieferte 1000 Fußſoldaten 
und 100 Reiter. Dieje Zahl war für die ganze 
Folgezeit maßgebend, und die Legion blieb die 
Srumdeinteilnng, als aucd die zunehmende Bevöl— 
ferung die Verdoppelung u. j. w. der Kriegsmacht 
ermöglichte. Dabei ging man natürlich auch über 
die Zahl von 3000 hinaus, und fo beitand die 
Legion nach der Einrichtung des Servius Tullius 
aus 4200 Mann Fußvolk, und zwar in verjchie- 
denen Waffengattungen: 1200 Haftati im erjten 
Treffen, 1200 Principes im zweiten und 600 
Triarii im dritten Treffen, wozu noch 600 Ro— 
rarii und 600 Accenſi kamen, nicht in eigenen 
Genturien, jondern den Triariern beigegeben. Aus 
den Norariern und Accenſen gingen zur Zeit, des 
zweiten punijchen Krieges die Leichtbewaffneten, 
velites, hervor, doch nun nicht mehr blo den 
Triariern zugeteilt, ſondern jelbjtändig für ſich auf- 
tretend oder allen 3 Waffengattungen beigegeben. 
Als notwendige Folge der Bürgerfriege, in denen 
die Parteihänpter nicht mehr die Soldaten nad) 
dem Maßſtabe ihres Bermögens, wie früher, aus: 
hoben, jondern fie nahmen, two fie diefelben fanden, 
und nur auf körperliche Tauglichkeit jahen, aber 
natürlich ihnen auch die Waffen reichen mußten, 
hörte der Umnterjchied in der Bewaffnung auf, und 
jomit auch die Abjonderung in der Schladhtord- 
nung, jo daß es nur jchwerbewaffnetes und leicht: 
bewaffnetes Fußvollk gab. Gegen das Ende der 
Republik verichtwinden dieſe Velites ganz aus der 
eigentlichen Legion, die nunmehr bloß Schwerbe— 
waffnete enthält, wofür dann außer den Bundes- 
genofjen noch eigene Korps leichter Infanterie: 
sagittarıi, ferentarii, funditores u. ſ. w. errichtet 
wurden. Der Zahlenbejtand der Legion wurde 
allmählich je nach dem Bedürfnis erhöht — Scipio 
hatte nach der Schladyt bei Gannä 6200 Mann in 
jeder Legion —, gewöhnlich zwijchen 4200 bis 
000 Mann, Dagegen wurde die Anzahl der Neiterei 
jelten über 300 erhoben, ja in den Kriegen Cäjars 
iſt diejelbe ganz aus der Legion verjchwunden. 
— Meben den römischen Yegionen mußten aber 
die Bundesgenofien (socii) noch Soldaten ftellen, 
die ganz jo geordnet waren, wie die römischen 
Legionen, nur daß fie die doppelte Anzahl Reiterei 
ftellten. Bon den Fußſoldaten der Bundesge- 
noſſen wurde ein Fünftel zu bejonderen Fällen 
auserwählt (z. B. zu Nefognojcierung im Felde), 
extraordinarii, in 2 Kohorten, von denen eine 
halbe Kohorte zum bejonderen Dienfte bei dem 
Feldherrn beftimmt war, ablecti (j. d.). Won der 
Neiterei war ein Dritteil als extruordinarii, und 
eine Turma als ablecti bejtimmt, welche alle 
im Lager eine bejondere Stelle einnahmen (vgl. 
Castra, 5.). Über die Kohorten der Legion zur 
Ktaijerzeit vgl. Cohors. Der Beſtand der Legion 
icheint unter Auguftus 6100 Mann Fußvolf und 
726 Reiter gewejen zu jein; unter Hadrian waren 
es 6200 Mann. 

Legis actio, eine jolenne, von vorgeichriebenen 
Worten begleitete und durch eine lex eingeführte 
Handlung, a) im weiteren Sinne ſ. dv. a. legitima 
actio, 3. B. Emancipation, Adoption; b) im engeren 


Leiturgia. 


Sinne zur Einleitung eines Nechtsftreites von 
beiden Parteien vor dem Magiſtratus in iure 
vorgenommen. Dieje Prozehform war uriprüng: 
li) die einzige und hatte 4 verichiedene Arten: 
1)Legis actio per sacramentum, die ältefte 
und allgemeinfte, von einer Geldſumme (sacra- 
mentum) jo genannt, welche die Parteien nieder- 
legte, und welche der Berlierende einbühte. Der 
Prozeh drehte ſich um die Erlegung dieſes Straf: 
geldes, und darauf lautete aud) das Urteil. 2) Leg. 
actio per iudicis postulationem, eben: 
falls jehr alt und jo genannt von der erbetenen 
——— eines Richters durch den Magiſtratus. 
3) L. a, per condictionem, hat ihren Namen 
von der dabei eigentümlichen Verabredung der 
Barteien (condietio), fi” am dreißigften Tage 
ad iudieium capiendum vor Gericht einzufinden, 
wodurd das Verfahren jehr abgekürzt wurde. Die 
lex Silia führte dieje J. a. bei den Klagen ein, 
welche auf eine bejtimmte Geldjumme gerichtet 
waren, und die lex Calpurnia dehnte fie aud 
auf andere lagen aus. 4) L. a. per manus 
iniectionem, eine Ergänzung der andern Legis— 
aftionen, indem der Kläger den Beklagten, wenn 
er eine Schuld, zu deren Bezahlung er verurteilt 
war, nicht entrichtet hatte, ergreifen und vor Ge— 
richt bringen durfte, um dort die feierliche manus 
iniectio vorzunehmen (j. d.) — ec) L. a. per 
pignoris capionem, nur umeigentlich jo ge: 
nannt, und nicht vor Gericht, ja nicht einmal in 
Gegenwart des Bellagten vorgenommen. Der 
Kläger ergriff eine dem Schuldner gehörige Sache 
mit jolennen Worten und durfte die Sache ver- 
faufen, wenn fie nicht von dem Schuldner ein- 
gelöft wurde (j. Pignoris capio). Als die lex 
Aebutia und leges Juliae ftatt der unbequemen 
und durch ihre Härte verhaßten Legisaltionen den 
Formularprozeß eingeführt hatten (j. Formula), 
beftanden die legis aetiones nur nod) für 2 Fülle, 
1) für die Gentumviraljachen (j. Centumviri), 
2) für die Klage wegen damnum infectum (ſ. 
Damnum). 

Leibethrion j. Libethrion. 

Leitos, Arirog, Sohn des Aleltor (-tiyon), 
Argonant, Anführer der Boioter vor Troja, von 
Heltor verwundet, in Plataiai begraben. Hom. Il. 
2, 494. 17, 601. Kur. Iph. A. 256. Paus. 9, 4,3. 

Leiturgla, Asırovoyiae. Yu den Staatslaften 
in Athen, die vorzüglich für die reichen Bürger 
drüdend waren, gehörten die fogenannten Yeitur: 
gien, perjönliche Leiſtungen, die in der Ausftattung 
—— religiöſer Feſtlichkeiten, ſowie einiger 
Staatsbedürfniſſe beſtanden, und die um jo köſt— 
jpieliger waren, je mehr dabei die einzelnen aus 
perjönlichem Ehrgeize und aus dem Streben, die 
Zuneigung des Bolfes zu gewinnen, in Pracht 
und Glanz fich zu überbieten fuchten. Die Leitur: 
gien waren jomit ein Zeil der Einkünfte (meos- 
odor) des Staates und dienten dazu, dem Staate 
viele Ausgaben zu erjparen. Als perſönliche 
Leitung für das gemeine Wejen (Aniror, Asiror) 
jind fie von der Vermögensſteuer (elspogd) durch: 
aus verjchieden, und dieje iſt mur uneigentlidy zu 
den Leiturgien zu rechnen. — Die Staatsleiftungen 
find entweder regelmäßige (yrvrkıoı Asıroveyiaı) 
oder außerordentliche, wie die Trierarchie und der 
Vorſchuß der Vermögensftener für andere (die 
rgosıspopd). Nur eimerlei Leiturgie wurde von 


— 


157 


Leiturgia. 


675 


einem Bürger, jo oft ihn die Reihe traf, geleijtet. — | die Stammipeifung (Eori/asıs), beftehend in der 
Zu den regelmäßigen Leiturgien, zu denen von | Bewirtung der Stammesgenofjen durch einen aus 
dem Stamme jeder angezogen und ernannt werden | ihrer Mitte (nach welchem Prinzip, ift unbelannt) 


fonnte, der über 3 Talente beſaß, gehört die 
eorıdewola, die Beſorgung der heiligen Ge— 
fandtichaften (Theorien) zu den 4 großen National: 
fejten, nach Delos und andern heiligen Orten, zu 
der der Staat einen Teil zuſchoß. — Ferner die 
Ehoregie (zoenyla), die bedeutendfte der ordent- 
lichen XYeiftungen; jie bejtand in der Musftattung 
der Chöre in allen muſiſchen Agonen, in denen 
fie wejentlih waren. Der Archon teilte die von 
den Stämmen geftellten Choregen den einzelnen 
Dichtern zu (gogör dıdsvar). Zu der Austattung 
ehörte zunächft die Sorge für die Einübung des 

hores durch den zopodıddsnakog, den, wie den 
ganzen Ehor, der Ehorege zu bezahlen und reich: 
lich mit Speije und Tranf zu verjehen hatte. Für 
die Aufführung hatte er den Schmud des Chores, 
die foftbare Stleidung und die goldenen Kränze 
zu bejorgen. Für den tenerften Chor galt der 
der Flötenjpieler, für den wohlfeiliten der in der 
Komödie, weil die Ausftattung minder prachtvoll 
war als in der Tragödie. Gejteigert wurden die 
Koften durch die Sucht fich zu überbieten, um den 
Sieg davonzutragen. Der Sprecher einer Rede 
des Lyſias (Aroloyla Öwgodorius) gab für einen 
Tragddiendor 3000 Drachmen und in demfelben 
Jahre 2000 Drachmen für einen Männerchor, im 
folgenden Jahre 800 Drachmen für einen Pyr— 
rhichiftenchor und 5000 für einen Männerchor. 
— Zu den vegelmäßigen Leiturgien gehört ferner 
die yrurasıapyia, don einer jpäteren Gym: 
nafiarchie zur Zeit der Kaifer unterschieden, die in 
der Aufficht der Mbungsichulen und der Übungen 
beftand. Die Prencnig pi zn in der älteren Be: 
deutung hatten vorzugsweije diejenigen, die fich zu 
den Spielen bei den Feſten übten, zu bejolden 
und zu —— ſie zu beaufſichtigen, auch wohl 
den Kampfplatz angemeſſen auszuſchmücken. Die 
bedeutendſte Leiſtung dieſer Art war die Lam— 
padarchie, die Ausrüſtung der Auumdg oder 
Lauradndgoulie, Aaumaönpogia, d. h. des Tadel: 
laufs, der in Athen von Jünglingen an 5 selten, 
bejonder3 denen der Licht: und Feuergötter, gehal- 
ten wurde, an den Sephaifteen (dt. 8, 98), den 
PBrometheen, den PBanathenaien, den Bendideen 
(Feſt der Artemis Bendis, der Mondgöttin) und 
an den ?rejten des Treuergottes Ban (Fldt. 6, 105 
wird die Einſetzung berichtet). Der Fadellauf 
wurde früher zu Fuß, zu Sofrates’ Zeit zum 
erftenmal zu Pferde (dp’ Zrmov) gehalten Plat. 
r.p. z. A. ging von dem Altar des Prome— 
theus in der Alademie bis zur Stadt. Die Kunſt 
bei diejen Spielen bejtand darin, daß man zuerft 
am Ziele anfam, ohne die Fadel, eine Art Wachs— 
ferze, verlöjchen zu laſſen. Schwieriger wurde dies 
noch durch die Übergabe (dıddocıs) der Fadeln, 
die man- fich wahrſcheinlich jo zu denken hat, daß 
an gewiſſen Punkten Läufer aufgejtellt waren, die 
die Fackeln empfingen und jo weiter zu der nächjten 
Station trugen. Erhöht wurden die often ber 
Leiftung ‚noch durch die notwendige Erleuchtung 
des Kampfplatzes, da die Spiele bei Nacht gefeiert 
wurden. Nach Lyſias foftete die Gymnaſiarchie 
für die Prometheen 1200 Dramen. Der jieg- 
reiche Gymnaſiarch weihte, wie der Chorege, ein 
Denkmal feines Sieges. — Ferner gehört hieher 


erwählten Zorıdrwg (pulsrın& deinve, Eorı@v 
zw @Yulrje), verjchieden von den großen Bolts- 
jveifungen, die aus der Theorifenfafje beftritten 
wurden. — Die foftipieligfte unter allen Leitur- 
gien war die außerordentliche der Trierardie. 
In früheren Zeiten ftellte jede Naufrarie, deren 
4 auf die Phratrie famen, ein Schiff, was, da 
die Zahl der Phratrien ſich auf 12 belief, die 
Summe von 48 Schiffen ergibt. Auch Kleifthenes 
ließ wohl ausjchließlic zu dieſem und andern 
finanziellen Zwecden neben den Demen die Nau— 
frarien beftehen und vermehrte ihre Zahl auf 50 
(5 in jedem Stamme). Die erbauten Schiffe und 
alles zu ihrer Ausrüftung nötige Gerät befanden 
ſich in den Dods oder Werften, unter Aufficht der 
10 Zmıusintel tor vewplur (1 aus jeder Phyle). 
Ausnahmsweife hatten jie and eine Jurisdiftion 
über die Trierarchen, die jpäter an die «mosro- 
keis kam. Beim Wachjen der athenijchen See: 
macht, bejonders durch Themiftolles, verloren nun 
die Naufrarien alle Bedeutung, die ihnen Klei— 
fthenes noch gelafien hatte, und es trat jet die 
Einrichtung der Trierarcdhie ein, indem die Stra- 
tegen aus den Reichſten die nötige Anzahl von 
Trierarchen ernannten, die dann jeder ein Schiff 
auszurüften und inftand zu erhalten hatten. An— 
fangs hatten fie e8 gegen Empfang eines Talents 
auch zu liefern: jpäter gab der Staat das leere 
Schiff, den Sold und die Berpflegungsgelder. Die 
reger reg des Trierarchen, der den Ober: 
befehl des Schiffes hatte, waren dann, das Geräte 
und das Schiff während des Jahres in gutem 
Stande zu halten, nötigenfall® Reparaturen bes 
Schiffes vorzunehmen und neue Geräte zu jchaffen, 
die Ruderer und Matrojen zu werben, die Mann: 
ſchaft auszulöhnen und die Lebensmittel zu bes 
jorgen, wobei er oft noch aus feiner Tajche zu— 
ſetzen mußte. In den Zeiten des lebendigen 
Batriotismus lieferten die ZTrierarchen freiwillig 
das Geräte, erhöhten den Sold u. j. w. Die Trie: 
rarchie Foftete im ganzen 40 Minen bis 1 Talent. 
411 v. E. wurde die Teilung der Koften unter 
zweien erlaubt; im J. 358 wurde die ganze Ein: 
richtung verändert. Die 1200 Reichſten nämlich 
wurden jtändig zur Trierarchie verpflichtet und in 
20 Abteilungen, Symmorien, jede Symmorie 
in Syntelien von höchſtens 16 Mitgliedern ge: 
teilt; jede Syntelie hatte für Ein Schiff, zu dem 
der Staat aber jeßt die Ausrüftung hergab, zu 
jorgen. Die NReichften hatten den Vorjtand, waren 
die Nysuoveg tor svunogäv. Dieje leifteten die 
Vorſchüſſe und gaben die Ausrüftung an den 
Mindeftfordernden im Pacht. Ihre Auslagen trie: 
ben jie von den Teilnehmern der Syntelie ein, 
in der Art, daß ihre Auslagen meift vollitändig 
gededt wurden. So mußten natürlich Unregel— 
mäßigfeiten einreijen, und namentlich "trat der 
Übelftand ein, daß gerade die Neichiten, die ur- 
prünglich von der Laft bejonders betroffen werden 
ollten, durch wohlfeile Verpachtung der Aus: 
rüftung die Laſt ganz von fich abwälzten und 
noch dazu die Freiheit von andern Leiturgien ge 
nofien. Um diejen Übelftänden abzuhelfen, wurde 
ums %. 340 v. E. auf Demofthenes’ Antrag be: 
ftimmt, dab von einem Steuerfapitale von je 


13* 


-- 


nn 


676 


Lekton — Lenaia. 


* 
10 Talenten an jeder eine, nach Verhältnis mehrere der Urbevölkerung gegeben, die in Griechenland 
Trieren ausrüſten ſollte, daß dagegen die weniger dem illyriſchen Stamm angehört habe. Vgl. Deim— 


Begüterten in Syntelien zuſammentreten ſollten. 
Zeit der Leiſtung war 1 Jahr. Nach Ablauf des 
Jahres fand Rechnungsablage dor den Logiften 
ftatt. — Die Anfjicht von jeiten des Staats über 
die regelmäßige Erfüllung der Pflichten des Trie- 
rarchen hatten die 10 &nooroleig (j. d.), Die den 
Säumigen fogar binden und dadurch zur Erfüllung 
jeiner Verpflichtung nötigen durften. — Wer fich 
für unrechtmäßig zu einer Leiftung herangezogen 
hielt, in der Art, daß ein Reicherer übergangen 
wäre, fonnte diefem den Vermögenstauſch anbieten 
(f. Arridocıg). Auf diefen Tauſch (in dem 
übrigens der Bejiß in Kleruchien oder Bergwerfen, 
als nicht ftenerbar, nicht mit eingerechnet wurde) 
mußte der Provocierte eingehen oder jelbjt die 
Leiftung übernehmen. — Freiheit von Leiturgien 
hatten nur Archonten, Erbtöchter (natürlich bis zu 
ihrer Verheiratung), Minderjährige (die bis zum 
Ablauf des erften Jahres nad) eingetretener Mün— 
digfeit befreit waren). — Bu diejen Leitungen 
waren auch die Metoiken verpflichtet. Uber die oben 
erwähnte Bermögensftener (elspogd) |. Staats- 
haushalt |, 10., über die Leiturgien überhaupt 
Boeckh, Staatshaushalt I ©. 593 ff. 

Lekton, Asarov, j. Baba Burun, Borgebirge 
in Myſien, der wejtlichite Ausläufer des da, der 
Nordfüfte von Leſbos gegenüber. Der Name (Lager) 
icheint der von Homer (Il. 14, 284 ff.) erzählten 
Sage entnommen. Noch zu Strabons Zeiten zeigte 
man dort einen angeblid von Agamemnon den 
12 Hauptgöttern errichteten Altar. Hat. 9, 114. 
Thuc. 8, 181. Liv. 37, 37. Strab. 13, 583. 605. 

Lekythos, Arxvsos, eine Feine Feftung auf 
der chalfidischen Halbinjel Sithonia, weſtlich auf 
einer Landzunge am Meere; Brafidas entriß fie 
den Athenern und fchleifte ihre Mauern. Thue. 
4, 113 ff. 

Lölantische Ebene j. Euboia. 

Lelöges, Adıeyes, ein altes, oft neben ben 
Pelaſgern genanntes Bolt im Kleinaſien und 
Sriechenland, über defien Abſtammung ſich nichts 
Sicheres ermitteln läßt. In gefchichtlicher Zeit 
finden fi) die L. in Karien und Troas, auf 
Kreta, den Kykladen und Euboia, in Yalonien, 
Mefjenien und Argolis, in Nordboiotien, Phokis, 
Lokris, Mitolien, Mlarnanien mit feinen Inſeln 
(wo die räuberiſchen Taphier und Teleboer ihre 
Stammverwandten find), bis nach Theflalien: überall 
als die von den fiegreichen Einwanderern zurüd- 
gedrängten oder abjorbierten Rejte der Urbewohner. 
Strab. 13, 606. 611. 14, 632. Homer (11. 10, 428.) 
nennt die 2. neben den Narern, nad Herodot 
(1, 171) hießen die Karer jelbft urjprünglih %., 
nach Pauſanias (7, 2, 8) waren Narer umd X. ver: 
wandt. Jedesfalls jcheint Karien die eigentliche 
Heimat der 2. gewejen zu fein. Der Name fommt 
nad Paujonias (3, 1, 1) von einem alten König 
Yeler in Lafedaimon oder Leufas oder Megara, 
nad) Strabon (7, 321) von Akysır (X. — ovlie- 
yErres, ein Sammel- oder Mifchvolf). Unger leitet 
denjelben von Aukato ab (X. aljo „die Weljchen‘), 
während Kiepert (Monatsber. der Berl. Atad. der 
Wiſſenſch. 1861) an ein jemitifches Wort von ähn- 
licher Bedeutung (= Paeßaooı, eine unverjtänd- 
lihe Sprache redend) denkt und meint, diejen 
Namen haben die jemitifchen Karer und Pelaſger 


ling, die Leleger (1862). 

Lemannus lacus, Afuavog Aurn, ein be: 
deutender, durch den Rhodanus gebildeter See an 
der Grenze von Gallia Narbonenfis und G. Bel: 
gica und Marficheide der Provinz gegen bie alten 
Helvetier. Schon die Beuinonkte Tafel nennt 
ihn Losannensis lacus von der Stadt Yaufanne. 
Caes.b. g. 1,2. 3, 1. Mela 2, 5, 1. Strab. 4, 186 
u. ö. J. Lac Leman oder Genfer See. 

Lemniscus, Anurisxos, ein herabhängendes 
Band, urfprünglich aus zartem Lindenbaft, dann 
aus Wolle, ſpäter aus den fojtbarften Stoffen, 
bunt und mit Gold- und Silberblechen durchzogen, 
welches bald um die Ehren: und Siegeöfränge 
gewunden (daher palma lemniscata, Cie. Rose. 
Am. 35, 100), bald von den Frauen ala Kopfpuß 
getragen wurde. 

Lemnos, 7; Aijuvog, früher auch Withalia und 
Hypſipyleia, j. Limno gen., Inſel im Norden des 
Aigaiiſchen Meeres, jüdlic von Thajos, 40 Millien 
öftlih vom Athos (defien Schatten jie noch er: 
reichen jo), 8 IM. groß, von vulfaniichem Ur- 
fprung und viel von Erdbeben heimgejucht, des: 
halb dem SHephaiftos heilig (Hom. Il. 1, 598. 
Anacr. 45,2.). Die Inſel enthält zahlreiche Hügel- 
gruppen (der Moſychlos im D. ift 340m hoch), 
war aber reich an Getreide, Ol, Wein, Honig. 
Ein vullanisches Produkt ift die befannte „lemnijche 
Erde‘, eine Bolusart, auch terra sigillata ge- 
nannt (wegen des darauf gejepten Zeichens der 
Echtheit), als Farbitoff (ulrog, terra rubricata) 
und als Heilmittel gegen giftige Schlangenbifie 
und andere Wunden gebraucht. Zur Zeit des 
troijchen Krieges lebte hier Philoftetes. — Die 
älteften Bewohner waren nach Homer (TI. 1, 594. 
Od. 8, 204) die Seeraub treibenden LZivruss är- 
doets, ein thratiiches Volk (Thuc. 2, 98). Später 
erzeugten die Argonauten mit den Lemnierinnen, 
welche alle ihre Männer getötet hatten, die Mı- 
voeı, die wieder von den Pelajgern vertrieben 
wurden (Hdt. 4, 145). Auch von diefen erzählt 
Herodot (6, 138) eine Frevelthat, nach welcher 
Anurıos ſprichwörtlich wurde für „greulich, ver: 
derblich“ (A. Zoya, A. zeie). Auf phoinifiiche 
Anfiedelungen deutet vielleicht der Kultus der 
Kabeiren (j. d.).. Dareios J. unterwarf ſich Y. um 
510 v. E.; Miltiades gewann die Inſel für Athen, 
weshalb fie (nach furzer mafedonijcher Herrichaft) 
noch in römijcher Zeit zu der Provinz Achaia ge: 
hörte. Hdt. 5,26. 6, 140. T’hue. 4, 109, 7, 57. 
Pol. 30, 18. Die Inſel hatte 2 Städte, daher 
Ölrokıs genannt: Hephaiſtia im dftlidhen Teile, 
Myrina (j. Kaftron) an der Weftfüfte. Strab. 
7,330. Monographie von Rhode (1829). Bal. 
Gonze, Neije auf den Inſeln des Thraf. Meeres 
S. 104 ff. 

Lemönum ſ. Limonum. 

Lemovices, celtiiche Völkerſchaft im heutigen 
Limoufin mit der Hanptjtadt Auguſtoritum, jpäter 
Lemovices, Daher j. Yimoges. Gaes. b. 4. 7,4. 

Lemovii werden nur von Tacitus ((/erm. 43) 
als am Deean (d. h. an der Dftjee im heutigen 
Bommern) wmwohnend, erwähnt; fie waren ihren 
Königen bejonders gehorjam. 

Lemüres j. Larvae. 

Lenaia und Lenaios j. Dionysos, 7. 


Lenaion 


Lenalon j. Attika, 12. 

Lentüli. Zu diejer Familie, welche vom Linſen— 
bau ihren Namen erhielt, gehören: 1) 2. Corne— 
lius Yentulus Caudinus, Konſul 327 v. C., 
einer der Tapferſten im römiſchen Heere bei Cau— 
dium (321), riet durch freiwillige Übergabe das 
Heer dem Baterlande zu erhalten. Liv. 8, 22. 9,4. 
— 2) En. Corn. Lent., focht als Tribun bei 
Gannä, wurde Konful im J. 201 v. E. und 
wünschte den Krieg in Afrika zu führen, erhielt 
aber feine Erlaubnis dazu. — Sein Bruder, 3) X. 
Corn. Yent., führte von 206 — 200 v. E. den 
Krieg in Hijpanien, ohne Konjul zu fein, weshalb 
ihm auch fein Triumph bewilligt wurde. Erſt im 
%. 199 wurde er Konjul. — 4) P. Corn. Yent., 
diente unter Licinius (171 dv. E.) gegen Perfeus 
von Makedonien und verwendete bei den circen- 
fiichen Spielen als Ädil zuerft wilde Tiere. Liv. 
44, 18. Später war er Konſul, 162, und prin- 
ceps senatus (Cie. Brut. 28) und wurde im J. 
121 bei den Kämpfen unter C. Gracchus, den er 
mit der bewaffneten Schar des Konſuls Opimius 
auf den Aventinus verfolgte, jchtver verwundet. 
Cie. Phil. 8, 4. — 5) P. Eoru. Lent. Sura 
(weil er, wegen Unterjchleifs angellagt, den Rich— 
tern jeine Wade zeigte), ein wenig achtbarer Mann, 
Konful 71 v. E., jchlug ſich, im J. 70 aus dem 
Senat geftoßen, auf Gatilinas Seite (Plut. Cie. 17. 
Sall. Cat. 47) und wurde von dieſem mit der Er: 
mordung Ciceros beauftragt (Plut. Cie. 18. Sall. 
Cat. 32), führte jedoch aus Mangel an Mut den 
Auftrag nicht aus. Er wurde verhaftet, raſch ver— 
urteilt und hingerichtet. Sall. Cat. 55. — 6) En. 
Corn. Lent. Elodianus, gab als Konful mit 
jeinem Kollegen L. Gellius im J. 72 v. E. mehrere 
Geſetze, teils zur Beftätigung. des in Hiſpanien 
erteilten Bürgerrechts, teils zur Zahlung von Kauf: 
jummen für Güter, welche unter Sulla nicht be: 
zahlt worden waren. Er war ein Förderer der 
maniliihen Bill. Gegen Spartacus kämpfte er 
unglüdlih und diente dann unter Bompejus im 
Seeräuberfriege. Cie. Balb. 8, 19. de imp. On. 
Pomp. 23, 68. Flor. 3, 20, 10. @ell. 18, 4. Als 
Redner ftand er in hohem Anjehen. Cie. Brut. 66. 

- TIP. Eorn. Lent. Spinther, Konful im 
J. 57 v. E., verwendete ſich ſehr eifrig für die 
Rüdlehr Eiceros. Cie .Mil.15. Pis.32. Plut. Cie.33. 
Sein Wunſch, den aus Ägypten vertriebenen König 
Ptolemaios Auletes in * Reich wieder einzu: 
jegen, fam nicht zur Musführung. Als Prätor 
gab er im %. 60 glänzende Spiele. Plin. 19, 6, 23. 
Val. Max. 2, 4, 6. Obwohl Cäſar ihn fehr be: 
günftigte, ſchioß er ſich doch ſpäter an Pompejus 
an, fiel aber gleich anfangs in Cäſars Gefangen— 
ſchaft und fand, von dieſem freigelaſſen bald nach 
der pharſaliſchen Schlacht ſeinen Tod. Cie. ad fam. 
9 18,2. — 8) %. Corn. Lent. Erus, bekannt 
als Gegner und Ankläger des P. Elodius (61 v. E.), 
Konſul im J. 49 und Gegner Cäjars, wenu leich 
aus eigennützigen Abſichten. Er war ein Mann 
ohne Mut, ging nach der Schlacht bei Pharſalos 
mit Pompejus nach Agypten und wurde nach deffen 
Tode ermordet. Caes. b. c. 3, 104. — 9) En 
Corn. Lent., Konful 18 v. C., entging, mit 
Druſus zur Dämpfung des Aufftandes der panno— 
niſchen Legionen abgeſchickt, mit Mühe der — 
der Soldaten (Tuc. ann. 1,27), geſtorben im J.2 
Tac. ann. 4, 44. — 10) Eofins Corn. dent. 


— Leonidas. 


677 


befiegte (1 dv. E.) als Konſul die Gätulier in Afrika 
und befam den Beinamen Gätulicus. Galigula 
ließ ihn im J. 35 unter falſchen Bejchuldigungen 
umbringen. Er war ein Dann von großer Recht: 
ichaffenheit (Vell. Pat. 2, 116. Suet. Galb. 6); 
wird auch als Berfaffer von Epigrammen genannt. 
Plin. ep. 5, 3. 

Leochäres j. Bildhauer, 8. 

Leodämas, Aswöduas, ein in der Schule des 
Iſokrates gebildeter, ausgezeichneter Redner zwi— 
ſchen 400 und 355 v. E. Aeschin. Ütes. 531. 
Demosth. Lept. 501. Er wurde verklagt von Thra⸗ 
ſybulos und trat als Antläger des Chabrias und 
Kalliſtratos auf. 

Leogöras, ‚leoyögas, 1) Urgroßvater, 2) Vater 
des Andofides, jener beteiligt bei Vertreibung der 
Peififtratiden, diefer in den Hermofopidenprozeh 
verwidelt. Plut.v. X or. p. 134. 

Leokorion, Aswxögıor, ein Heiligtum der 
3 jungfräulichen Töchter des Leos (eines Heros 
Eponymos der Athener) am nördlichen Teile der 
Agora. Als Sühne bei einer Bet hatte der Bater 
fie dem Tode geweiht. Hier wurde Hippard)os er: 
mordet. Thuc. 1, 20. 6, 57. Cie. n. d. 3, 19. 

Leokrätes, Aswxgdrns, 1) einer der atheni— 
ichen Feldherren in der Schladht bei Plataiai (479 
v. E.), belagerte Aigina und unterwarf 457 bie 
Infel den Mthenern. Plut. Arist. 20. Thuc. 
1, 105. 108. — 2) ein angejehener Athener, der 
nach der Schlacht bei Chaironeia troß eines Volks— 
beichluffes aus Athen floh und 8 (richtiger wohl 
6) Jahre fpäter von Lykurg angellagt, doch durch 
Stimmengleihheit freigeiprochen wurde. 

Leön, Ator, I. Berfonenname: 1) Sohn des 
Eurpfrates und Enkel des Anarandridas, König 
in Sparta um 600 v. C. Hat. 1, 65. 7, 204. — 
2) ein athenifcher Flottenbefehlshaber, Mitunter: 
zeichner des 421 v. E. von Nikias mit den Spar: 
tanern gejchlofjenen Friedens (Thuc. 5, 19. 24); 
erflärte jid als Mitanführer der Flotte bei Samos 
gegen die Herrichaft der Vierhundert, 411 (Thuc. 
8, 72ff.), wurde von Kallikratidas mit Konon, 
Alkibiades’ Nachfolger, in Mytilene eingefchloffen 
und führte mit 9 andern den Oberbefehl in der 
Schlacht bei den Arginufen, 406. Xen. Hell. 
1,5, 16. 6, 16. — 3) Schüler Platons, aus Byzanz, 
verivaltete jeine Vaterftadt während ihrer Belage: 
rung durch Philipp von Makedonien (340 v. E.). 
Durch feine Bermittelung ward der ihm befreundete 
Phokion (ſ. d.) hier aufgenommen, der verdächtige 
Chares ausgeichloffen. Er ftarb eines freiwilligen 
Todes, als Philipp ihn bei den Byzantinern ver: 
dächtigte. Plut. Phoc. 14. Nie. 22. — Il. Geogr.: 
1) ſüdweſtliches Vorgebirge Euboias, jüdlih von 
Eretria, j. Strongylos. — 2) Vorgebirge an der 
Südfeite Kretas, j. Rap Lion. — 3) Fleden an 
der öſtlichen Küſte Siciliens, nach Livius (24, 39) 
5 Millien von dem ſyrakuſiſchen Thore Herapylon 
(weniger richtig Thuc. 6, 97), Standlager der 
Athener und der Römer für ihre Operationen bei 
Belagerung der Stadt. 

Leonidas, Asordöag, 1) Sohn des Königs 
Anarandridas, folgte feinem Bruder Kleomenes 1., 
der feine männlichen Nachfommen hinterlieh, fhurz 
vor der Schlacht bei Marathon. Als die zahllojen 
Scharen der Berjer jich durch Thefjalien hinwälz— 
teit und (Muguft 480 v. E.) bei den Thermopylen 
erſchienen, fanden fie dieſe von Leonidas und 


678 


einem Heinen Heere bejeßt. Yeßteres beftand aus 
300 Spartiaten, die L. aus der Zahl derer, welche 
Kinder bejaßen, ausgeſucht hatte (Hat. 7, 205), 
aus 1000 Periöfen und aus 2800 andern pelo- 
ponnefischen Hopliten, wozu noch aus Mittelgrie: 
chenland 700 Thejpier, 400 Thebaner, 1000 Pho— 
tier und die Lofrer mit ihrer ganzen Truppen: 
macht famen. Als nach viertägigem Zögern Kerres 
endlich angreifen ließ, wurden 2 Tage lang jeine 
Scharen fiegreich zurüdgeichlagen, bis das Griechen: 
heer (j. Ephialtes) von Hydarnes an der Spike 
der „Zehntaufend‘ umgangen wurde. Ildt. 7, 215. 
Aber auch da wollte L. nichts von jchimpflichem 
Abzuge wiflen: er jchidte die entmutigten Bundes: 
genofjen heim, harrte aber ſelbſt mit feinen Spar: 
tiaten, vaterländiichem Geſetze treu, auf dem an: 
qewiejenen Bolten aus; auch die heldenmütigen 
Theipier blieben, die Gefahr mit Spartas Söhnen 
zu teilen. Hdt. 7, 220. Gie, jowie L. und ſämt— 
lihe Spartaner fanden hierauf in ruhmreichem 
Kampfe den Tod, nachdem fie, wie es heift, den 
Berjern einen Berluft von 20000 Mann bei: 
gebracht hatten. Hdt. 7, 2245. 8, 24. Ob Xerzres, 
ergrimmt über den erlittenen Verlust, des L. Haupt 
abchlagen und den Körper freuzigen ließ (Hat. 
7, 238. 9, 78), muß umentjchieden bleiben. Die 
Griechen ehrten die Heldenthat in Denktmälern und 
Liedern. Lyeurg. Leoer. 28. Der unmiündige 
Sohn des 2. und der Gorgo (feines Bruders 
Kleomenes Tochter) war Bleiftarchos. Vgl. Buſolt, 
riechiſche Geſch. II ©. 146ff. 2) Leonidasll,, 
Sohn des Kleonymos und Water des berühmten 
Kleomenes III. — 3) Feldherr des Antigonos, 
welcher im J. 320 v. E. durch Lift 3000 in Ly— 
faonien von Antigonos abgefallene Söldner wieder 
zum Gehorjam bradıte. Polyaen. 4, 66. — 4) em 
berühmter Olympionite aus Rhodos, DI. 154 —157. 
— 5) griechiicher Epigrammendichter, aus Tarent, 
um 260 v. C. — 6) Julius Leon. Aleran: 
dbrinus, — ag rg aus Ägypten, zur Zeit 
des Nero in Nom lebend. Bon beiden finden ſich 
Gedichte in der griechischen Anthologie. 
Leonides, Aswriöng, 1) ein Maler aus An: 
thedon in Boiotien, Schüler des Euphranor,; — 
2) ein Architekt, der über Symmetrie gejchrieben 
haben joll; — 3) ein Arzt aus Alerandreia, wahr: 
ſcheinlich jpäter als Galenos; — 4) ein griechijcher 
Grammatifer aus Elis; — 5) ein Lehrer des 
jüngeren Cicero in Athen (44 v. E.), mit dem er 
viel verehrte. Cie. ad fam. 16, 21,5. 
Leonnätos, Asörvarog, aus einem fürftlichen 
Geſchlechte zu Bella in Makedonien, diente in der 
Yeibwahe Philipps und war nach Ermordung 
desjelben bei der Einholung feines Mörders Pau— 
janias thätig. Darauf begleitete er Alexander 
auf feinem Zuge gegen Berfien und zeichnete fich 
(namentlih in Indien im Sampfe gegen die 
friegeriichen Maller, Curt. 9, 5, 15 ff. Arr. 6, 9f., 
in welchem er eine jchwere Wunde empfing) bei 
vielen Gelegenheiten aus. Nach Aleranders Tode 
waren die Blicke des Heeres auf ihn gerichtet; in 
dem Kampfe ziwiichen den verichiedenen Seeres- 
abteilungen befehligte er die Ritter. Ihm fiel die 
Provinz Phrugien am SHellespont zu. Als Die 
Griechen ſich nach Aleranders Tode gegen Mate: 
donien erhoben und den Krieg mit Antipater be: | 
gannen, der den Namen des lamiſchen Krieges 
(ſ. d.) führt, fam Leonnatos mit einem itarfen | 


Leonides — Lepontii. 


Heere aus Aſien dem Antipater zu Hülfe In 
der darauf fi entipinnenden Schlacht fand Leon: 
natos im J. 322 v. E. in der Nähe von Yamia 
nad) heldenmütigem Kampfe jeinen Tod. Jod. 
Sic. 18, 13 ff. 

Leontens, ‚tsorrervs, Sohn des Koronos, Entel 
des Kaineus, Fürſt zu Gyrtone in Theflalien, 
führte mit Polvpoites, dem Sohne des Beirithoos 
und der Hippodameia (Hom. Il. 2, 738 ff. 6, 29), 
40 Schiffe nach Troja. Horn. 11.2, 745. 12, 130 ff. 
23, 837 ff. Beide jollen nach Trojas Fall Aſpendos 
in Bamphylien gegründet haben. 

Leontiädes, Asorridöns, 1) Sohn des Eury- 
machos, Anführer der Thebaner in den Thermo: 
pylen. Hat. 7, 205. 233. — 2) vielleicht ein Nach: 
fomme des vorigen, Haupt der oligarchiichen Partei 
in Theben,, Bolemard; 383 dv. E., überlieferte die 
Kadmeia an Phoibidas, um feiner Partei den Sieg 
zu fichern. Bei der Befreiung Thebens wurde er 
von Belopidas (j. d.) ermordet. 

Leontini, ol Arorrivror (nicht Leontion), j. 
Lentini, Stadt auf Sicilien im NW. von Syrakus 
am Flüßchen Lifios, das fich unfern davon in den 
Terias ergoß, Vaterftadt des Sophijten Gorgias. 
EChaltidier von Naros hatten die Stadt 6 Jahre 
nad Syrafus gegründet, defien Nähe der Blüte 
der Stadt ſtets hinderlich war. In der 88. DI. 
wurde die Boltspartei von den Mriftofraten ver- 
jagt, welche dann die Stadt den Syrafufiern über- 
gaben und dafür von diejen als Bürger aufgenom- 
men wurden. Nachdem ein Verſuch der Volks— 
partei, fich wieder in den Beſitz ihrer Stadt zu 
jegen, geicheitert war (Thuc. 5, 4), gelang dies 
jpäter doch; Dionyſios aber zwang jie zur Rück— 
fehr in das frühere Verhältnis und jicdelte 10 000 
griedifche Söldner dort an. Diod. Sie. 14, 14. 58. 

a in den punifchen Kriegen die Leontiner ſich 
den Karthagern angeſchloſſen hatten, plünderten 
die Römer die eroberte Stadt (Ziv. 24, 29. 30), 
worauf fie ſank. — Zu dem Gebiete der Stadt 
gehörten die Kaftelle Phofaiai und Brifin: 
niai. Thuc. a.a. O. — Die Leontiniſchen 
Gefilde (campi Leontimi) im N. der Stadt 
waren wegen ihres Neichtums an Weizen berühmt. 
Diod, Sie. 5, 2. Cie. Verr. 3, 18. Strab. 6, 2727. 

Leontion j. Hermesianax. 

Leontis j. ®vin, 7. 

Leosthönes j. Lamischer Krieg. 

Leotychides, Asorvziöns, aus der Familie 
der Eurppontiden, ward der Nadyfolger des durd) 
die Ränke des Kleomenes verdrängten Demaratos 
um 401 v. C. Hdt. 6,65. 8,131. Im X. 479 
war er mit Kanthippos Befehlshaber der griechi— 
ihen Seemacht bei Myfale. Hdt. 9, 98. Mit 
einem Krieg gegen die Aleuaden in Thefjalien 
beauftragt (469), lich er ſich angeblich beftechen 
und entzog fich dem ihm drohenden Gericht durch 
die Flucht nad) Tegea, wo er jtarb. Udt. 6, 72. 
Diod. Sie. 11, 34 ff. 48. Paus. 3, 7, 8. 

Lepidi j. Aemilii. 

Lepidöton, Asmıdurwr mölıs, Stadt in Ober: 
ägypten bei Abydos am linken Nilufer, wo der 
Schuppenfijch Yepidotos gefangen und göttlich ver: 
ehrt wurde, j. Berdis. Hat. 2, 72. Ptol. 4, 5, 72. 

Lepontii, Anrövrioı, ein Bolt in dem ſüd— 
lichften Teile Nätiens, wo nad) Cäjar (b. q. 4, 10) 
der Rhein entipringt. Sie wohnten höchſt wahr: 
ſcheinlich im heutigen Kanton Tejjin in der Balle 


Lepreon — Lesbos. 


Leventina, in deren Namen ihr Name fortlebt, 
und Umgegend, am jüdlihen St. Gotthard bis 
nah Wallis. Ihre Stadt Dfjcela ift das heutige 
Domo d’Dfjola. Strab. 4, 204. 206. 

Lepreon, ro A!rgeor, und Lepr&os, ö Admosos, 
Stadt in der eleischen Yandichaft Triphylia, der 
Sage nad) von Minyern aus Lemnos gegründet. 
2. lag 40 Stadien vom Meere jüdlid) von Pylos 
(beim heutigen Strovigi) auf einem Borjprunge 
des Minthegebirges und hatte eine feite Burg. 
Die Lepreaten nahmen jelbjtändig an der Schlacht 
von Plataiai teil (Hdt. 9, 28) und bemühten ſich 
wiederholt mit gutem Erfolg, von Elis unabhängig 
zu werden. Bei dem Friedensſchluſſe 399 v. E. 
wurde dieje Unabhängigkeit gefichert. Daher haben 
einige ®eographen ıhr Gebiet zu Arfadien ge: 
rechnet, andere die Lepreatis jelbjtändig aufgezählt. 
Thue. 5, 31 ff. Strab. 8, 312. 344 ff. Paus. 5,4, 4. 

Leptines, Asrtivns, 1) ein Bruder des älteren 
Dionyſios, befehligte die ſyrakuſiſche Flotte gegen 
die Narthager. Da er fich nachher den Unwillen 
feines Bruders zuzog, wurde er entjeßt und ver: 
bannt, 390 v. E.; jpäter indes zurüdgerufen und 
ehrenvoll aufgenommen, fand er einen rühmlichen 
Tod in der Schlaht bei Stronion, 383. Plut. 
Dio 9 ff. Diod. Sie. 15, 7. 17. — 2) der Mörder 
des Tyrannen Kallippos von Syrakus, durch 
welchen Dion gefallen war. Plut. Dio 58. — 
3) Tyrann von Apollonia und mehreren andern 
Städten auf Sicilien, wurde von Timoleon ge: 
nötigt, feiner Herrſchaft zu emtjagen, und nad) 
Korinth abgeführt. Plut. Timol. 24. — 4) ein 
beim Wolfe beliebter Athener, deſſen Borichlag, 
die Befreiung von Staatsabgaben zu beichränfen, 
Demofthenes in jeiner Rede moüs Asnrirnr 356 
v. C. mit Erfolg befämpfte. 

Leptis, Adrrıs, Name zweier Städte in Afrika: 
1) L. Magna, Alnrıg 7) ueyaln, auch Neapolis 
genannt, alte phoinikiſche Kolonie, zwiſchen der 
großen und feinen Syrte, in einer von dem 
Fluß Kinyps oder Kinyphos bewäſſerten frucht: 
baren Ebene gelegen. Durh Handel mit dem 
Binnenlande bald blühend, jedoch von Karthago 
gedrüdt, wurde fie jpäter eine römiiche Kolonie 
und war der Geburtsort des Kaiſers Septimius 
Severus. Bon der Zerftörung durch die Yibyer 366 
n. E. erholte die Stadt jidy nicht wieder. Die Ruinen 
heißen j. Lebda. Hdt. 4, 176. Strab. 17, 835. 
Sall. Jug. 19. 77f. Tac. hist. 4, 50. ann. 3, 74. 
— 2) L. Minor, Adrtıs 1) wıxod, Stadt in 
Byzacium, im der jpäteren römischen Provinz 
Afrifa, jüdöftlih von Hadrumetum, gleichfalls 
phoinitijche Kolonie. Ihre Bedeutung erhellt aus 
der Angabe des Livius (34, 62), daß fie den 
Karthagern täglich 1 Talent als Abgabe entrichten 
mußte. Caes. b. c. 2, 38. 

Lerna oder Lerne, Adern, ein Sumpfiee, an 
welhem auch eine Stadt gl. N. erwähnt wird, 
an der Hüfte von Argolis, jüdwejtlich von Argos; 
bier follte Heraklles die lernaiiſche Hydra erlegt, 
d. h. die ſchädlichen Wirkungen der Gewäſſer durch 
Regelung derjelben bejeitigt haben. Pauſanias 
(2, 36, 67) kannte dort nur einen heiligen ‘Bla: 
tanenhain mit Tempeln und Ntapellen, 40 Stadien 
jüdlih von Argos, mit einer Quelle des Am: 
phiaraos. 

Leros, Astoos, j. ebenfo. eine Sporadeninjel an 
der kariſchen Küfte, dem Jaſſiſchen oder Bargy— 


679 


lichen Meerbufen gegenüber, zwiſchen Patmos und 
Kalymna, von Miletos aus bevöltert und bis in 
die römische Zeit abhängig; Heimat des Hiſto— 
riters Pherelydes. Auf ihr war ein Heiligtum der 
Artemis. Die Einwohner ftanden im Geruch der 
Bösartigfeit. Hdt. 5, 125. Thuc. 8, 271. Strab. 
10, 489. Phocyl. fr. 1. 

Lesbönax, Aroßüra&, 1) ein griechijcher Rhetor 
unter dem Kaiſer Muguftus oder Tiberius. Noch 
3 fleine wertloje fingierte Reden (declamationes), 
Ermahnungen an die Athener, tapfer gegen Sparta 
und Theben im peloponnefischen Kriege zu kämpfen, 
ind von ihm erhalten, herausg. von Orelli (1820) 
und in den Sammlungen der oratt. Att. von 
Belfer und Dobjon. — 2) ein jpäterer Gramma— 
tifer in Rom, der zepl oynudrwov, de figuris 
grammaticis, spiritibus et dıietionibus, jchrieb, 
herausg. von Baldenacr in feiner Ausgabe des 
Ammonios (1739). 

Lesbos, :; Azoßos, die größte Inſel des 
Aigaiifchen Meeres an der myſiſchen Küfte, fpäter 
nad der gleihnamigen Hauptſtadt Mütilene ge: 
nannt, daher j. Motilini, türfiih Müdülly, führte 
in frühefter Zeit auch noch die Namen Iſſa, 
Pelaſgia, Metonie, Malaria. In Geftalt eines 
Hufeiſens, deſſen offene Seite nad SW. blidt, 
liegt fie vor dem Idaiiſchen oder Adrampttifchen 
Bujen, von der Küfte bei Aſſos nur 60 Stadien 
entfernt. Die eben erwähnte von SW. einfchnei: 
dende Bucht hieß Euripos Pyrrhaios (j. Golf 
von Kalloni). Die Nordoitipibe bildete das Bor: 
gebirge Argennon, im ED. lag Malea (ji. Kap 
Zeitün), im ®. Sigrion (j. Kap Sigri) und 
Brife nahe dem Euripos. Befonders der nord: 
weftliche Teil der Inſel war gebirgig (Marmor, 
vielfah mit Wald bejept); Ordymnos, Lepe: 
tymnos, Kreon und Olympos im Südoſtteile 
find die Namen der bemertenswerten Berge. Größere 
Flüſſe hat die Inſel nicht, aber zahlreiche Bäche, 
die fie fruchtbar machen. Der Boden war jehr 
reich an Getreide, DI und Wein, welcher feßtere 
zu den gejchäßteften Sorten des Altertums ge: 
hörte (Hor. od. 1, 17, 21: innocentis pocula 
Lesbii. Prop. 1, 14, 2). Das Klima wird aud) 
von neueren Reifenden als vortrefflich gepriejen. 
Zu dem älteften pelaſgiſchen Bewohnern jollen hier 
Anfiedler tonifchen Stammes (2 Menjchenalter vor 
den troischen Zeiten) gefommen jein, aber erft ſeit 
der Einwanderung der Aioler begann die Inſel 
bedeutend emporzublühen, da fie nun der Hauptfig 
der Heinafiatiichen Mioler wurde; jelbft über die 
Städte des nahen Feitlandes übten die leſbiſchen 
Städte zuweilen die Oberherrſchaft. Seit Kyros 
gehörte X. zum perfiichen Reiche, ſeit 478 zum 
Athenischen Bund (Thuc. 3, 2. 50), jpäterhin zu 
Dealedonien, Syrien, Bontos, endlid zum Römer: 
reih. — Die Einwohner ftanden im Ruf hoher 
und feiner Bildung -- davon zeugt die lange Reihe 
ausgezeichneter und gelehrter Leſbier, darunter die 
Bhilojophen Pittakos, Theophraftos, Phanias, der 
Logograph Hellanitos und der Hiſtoriker Theo— 
phanes, die Sänger und Dichter Arion, Terpander, 
Alkaios, die Dichterinnen Sappho und Erinna — 
aber aucd großer Weichlichfeit und Unfittlichteit. 
— Die 5, urjprünglic 6 Städte waren: an der 
Oſtküſte Mptilene (Merirnen), j. Mptilini, mit 
2 Häfen, die größte Stadt der Inſel und Hauptſitz 
der jchönen Künste, befannt durch ihre Dichter: 


680 


fämpfe und als Geburtsort von Alkaios, Sappho, 
Pittalos. Nördlicher lag der Flecken Nigeiros. 
An der Nordfeite: Methymna (Mrdvure), 1. 
Molivo, mit geräumigem Hafen, aber durd) die 
Plünderung der Spartaner im peloponnefiichen 
Kriege (406 v. C., j. Xen. Hell. 1, 6, 18. Diod. 
Sie. 13, 76) jehr heruntergefommen, Heimat des 
Hellanifos und Arion. Berühmt war der Wein 
von Methymna. Verg. @.2, 90. Hor.sat. 2, 8, 50. 
Weniger bedeutend waren die 3 folgenden: an der 
Weſtſeite Antijfa (j. d.) und Erejjos oder Erejos 
(’Egesög), j. Eriffo, Baterftadt von Theophraftos 
und Phanias, auf einer Anhöhe am eere, 
28 Stadien vom Borgebirge Sigrion; ki 
an der jchmaljten Stelle der Inſel an dem 
ripos gelegeu, ſchon vor Strabons Zeit bei einem 
Erdbeben durch das Meer verjchlungen. Die jechite 
Stadt, Arifbe (Hat. 1, 151), ging früh unter. 
Vgl. Strab. 18, 616 ff. Mela 2, 7, 4 und bie 
Monographie von 2. (Lesbiaca, 1826), ſowie 
Eonze, Reife auf der Inſel Leſbos (1865). 

A&oyn (ke-oyn, Leute haltend, oder verwandt 
mit Akysır, Sprechhalle). Die Leschen waren in 
Sparta die Berfammlungen der Mitglieder“ der 
einzelnen Gemeinden, teils zur Ausübung gewifier 
Rechte, wie z. B. die Älteren der Lesche über die 
Auferziehung oder Ausjeßung der Neugeborenen 
u entjcheiden hatten, teils zu freierem gejelligen 

erfehr (Plut, Lye. 16 und 25); eine Einrichtung, 
die um jo notwendiger war, da von dem Beſuche 
des Marktes, der in Athen ein Mittelpunkt des 
Verkehrs war, die Jugend bis zum dreißigften Jahr 
ganz ausgeichloffen war. Die Unterhaltung war 
teild ernft (Lob guter Thaten, Tadel unrühmlicher), 
teils aber jcherzhaft und heiter. — In Boiotien 
hießen Afoyaı die Häufer zu gemeinjhaftlichen 
Mahlzeiten. Die Lesche zu Delphoi war durch 
Aufftellung von Gemälden, bejonderd des Bo: 
Iygnotos (j. Maler, 2.), verjchönert. Eine Lesche 
als Haus, wo Nachtquartier für die Bettler zu 
finden war, findet fich jchon Od. 18, 329; vgl. 
Hesiod. opp. et dd. 491. 501. 

Lesches Each 4. 

Lethe j. Unterwelt, 2. 

Leto, Ana, Latöna, Tochter des Koios nnd 
der Phoibe, eine Titanin, vor Hera Gemahlin des 
deut, mit dem fie Apollon und Artemis zeugte. 

esiod. theog. 406. 918. Wegen ihrer Verbin: 
dung mit den genannten olympijchen Göttern iſt 
auch fie, die Titanin, im Olymp. Sie ift eine 
milde, freundliche Göttin in dunfelem Gewande 
(Hesiod.); aber fie wagt ſich dennoch im troja— 
nischen Kriege, wo fie mit ihren Kindern auf Seite 
der Troer fteht, in das Kampfgewühl. Hom. Il. 
20, 40. 72. 21, 497 ff. Bei Homer ift noch die 
Sage von Niobe (j. d.) erwähnt (IT. 24, 602 ff.), 
und in einer eingeſchobenen Stelle der Odyſſee 
(11, 576 ff.) die Sage von Tityos, welcher Leto, 
als fie durch Panopeus nach Pytho ging, angriff 
und für diejen Frevel jchwer in der Unterwelt 
beftraft ward. Nach dem homerifchen Hymnos auf 
den deliſchen Apollon wird fie von Zeus geliebt, 
während diejer jchon mit Hera vermählt ift, und 
wird von der eiferfüchtigen Hera auf der ganzen 
Erde verfolgt (daher erflären einige den Namen 
von dhäodaı, die Irrende), bis fie auf Delos am 
Berge Kynthos Apollon und Artemis (diefe jedoch 
nach V. 16 auf Ortygia, d. i. Rheneia oder ein 


Atoyn — Leuke. 


Hain bei Ephejos?) gebar. Wie Leto in der Sage 
mit ihren Kindern in engjter Verbindung fteht, ſo 
aud im Kultus; fie wurde meiftens nur mit Diejen 
zuſammen verehrt. 

Leuäci oder Leväeci, ein Volk in Gallia Bel- 
gica, üblich von den Nerviern und diejen unter- 
than, entweder bei Zovendeghem unweit Gent oder 
bei Xöwen (Zouvain). Caes. b. g. 5, 39. 

Leuei, Asöxoı, — Volkerſchaft im jüd- 
lihen Lothringen, Nachbarn der Lingonen, mit 
den Städten Tullum (Zoul) an der Mojel und 
Nafium (Mair). Caes. b.g.1,40. Plin. 4, 17,31. 
Strab. 4, 198. 

Leuka, r«@ Asvxd, j. Capo di Leuca, Land- 
ſpitze Calabriens, an deren jüdlichftem Ende eine 
Stadt gl. N. (j. St. Maria di Leuca) lag. Den 
Urſprung einer ftinfenden Quelle leitete man von 
den Giganten ber, die Herafles hier verwundet und 
mit Feljen bededt haben jollte. Strab. 6, 281. 

Leukai, Asöxaı (von der weihlichen Farbe des 
Bodens), 1) Fleine Hafenftadt an der ionifchen 
Küfte zwiichen Phokaia und Smyrna, urjprünglich 
auf einer Inſel, aber durdy die Anſchwemmungen 
des Hermos jchon im Altertum mit dem Feftland 
verbunden, oft Gegenjtand des Streites zwiichen 
Smyrna und Klazomenai, j. Levfi. Im J. 131/30 
wurde hier der Konful Licinius Craſſus von dem 
Prätendenten Ariftonifos geichlagen. Just. 36, 4. 
Strab. 14, 646. — 2) Stadt in Lakonien, früh 
von den Spartanern zerftört. Pol. 4, 36. 5, 19. 
Liv. 35, 27. Strab. 8, 863. — 3) 3 Heine Inſelchen 
bei Kreta. 

Leukas, Asvxdg, oder Leukadia, Asvradia, 
j. Levlada und St. Maura, ehemals eine mit 
Alarnanien zujammenhängende felfige Halbinſel 
(Lurn Nmeigoro) von 4 M. Länge und '/, M. 
Breite, benannt nach dem weißen, reichlich Wein 
tragenden Nalfboden (Hom. Od. 24, 378), mit 
einer Stadt Nerikos oder Neritos. Zu den 
alten Telebovern und Lelegern famen unter der 
Führung des Gorgos gegen 640 v. C. Korintber, 
welche in einer neuen Stadt Leukas 1000 ihrer 
Bürger und die Bewohner von Nerikos anfiedelten 
und dann den Iſthmos, der die Halbinfel mit dem 
Feftlande verband, durchſtachen mittels eines Kanals 
(Jıögvarog), der freilidy überbrüdt wurde und auch 

iemlich jeicht war, jo daß griechiiche und römische 
Schriftiteller Leukas bald als Inſel, bald als Halb- 
inſel — Liv. 33, 17. Thuc. 3, 81. 4, 8. 
Gegen ©. ragt das Vorgebirge Leufatas (j. Kap 
Dufato) mit einem QTempel des Apollon gefahr: 
drohend ins Meer hinaus (Leucatae nimbosa 
cacumina montis, Verg. A. 3, 274). Bon hier 
ſoll fich en ind Meer gejtürzt haben, und 
unglüdlicye Liebende pflegten ihr das nachzuthun. 
Strab. 10, 452. Zur Zeit des Achaiiſchen Bundes 
war die am Dioryftos gelegene Stadt Leukas der 
Hauptort von ganz Afarnanien. 

Lenke, Asvxn, 1) Heine Inſel an der Süd— 
füfte Kretas, j. Kuphonifi. — 2) 5 im Bon: 
tos Eureinos an der Mündung des ter, j. die 
Scylangeninjel, dem Achilleus big (daher Achil⸗ 
lea), der nad) der Sage ar nebjt andern Helden ein 
jeliges Leben führte. Strab. 2, 125. — 3) Asvm 
ine hieß ein Flecken und eine Reede in Thra— 
fien an der Propontis /Hdt. 7, 25), ſowie die 
Südipige Euboias, j. Parimadi. — 4) Aswaı 
»oun, bedeutende Handelsjtadt der Nabataier am 


Leukippiden — Lex Aelia Sentia. 


öftlichen Ufer des Arabiichen Meerbuſens mit römi: 
cher Bejagung, j. el Haura. Strab. 16, 781. 

Leukippiden j. Idas. 

Leukippos, Asöxımmog, 1) Sohn de3 Dino: 
maos; weil er der Nymphe Daphne, ald Yung: 
frau verkleidet, nadjitellte, von deren Gefährtin- 
nen ermordet. Paus. 8, 20, 2. — 2) Sohn des 
Perieres, Bruder des Aphareus und Tyndareos, 
Vater der Arfinoe, Hilaeira, Phoibe (Leutippiden, 
j. Idas und Dioskuren), König in Mefjene. — 
3) einer der älteften griechiſchen Philoſophen und 
Begründer der Atomenlehre (j. Demokritos), 
wahricheintich ums %. 500 v. C. Bon jeinem 
Leben ift nur wenig befannt. Als fein Geburts: 
ort werden Abdera, Elea, Melos, Miletos ge: 
nannt; feine Lehrer follen Barmenides und Zenon 
gewejen jein. Demofritos wird jein Schüler ge: 
nannt, welcher die Lehre des Leufippos weiter 
ausgebildet haben joll. Die dem Lenfippos bei- 
geist Schriften geben andere dem Demofritos, 

as Berhältnis ihrer Lehren und Anfichten zu 
einander läßt fich nicht näher angeben. Auch über 
praftische zer der Philojophie joll Leukipp 
— > 

kopetra, Asvnoneron, Borgebirge in 
Bruttii an der Sicilifchen Meerenge, 12 Millien 
jüdlih von Rhegion (Cie. Phil. 1, 3); j. Capo 
dell’ Armi. Strab. 5, 211. 6, 259. 

Lenkophrys, Asvxopevs, Stadt am Maian: 
dros in Karien mit einem hochheiligen Artemis: 
tempel und einem See, deſſen heißes, aber trink— 
bares Waſſer in jteter Bewegung war. Xen. Hell. 
3, 2, 19. Strab. 14, 647. 

Asvxöovgoı, alter Name der Bewohner Rap: 
padofiens ſyriſchen Stammes, zum Unterfchiede von 
den mehr gebräunten Syrern. Hdt. 1, 72. 5, 45. 
7, 72. Nachdem der Name Kappadofier gewöhn— 
lich geworden war, behielten doch noch die Küſten— 
bewohner zwijchen Halys und Iris den früheren 
Namen bei den Griechen. Xen. An. 5,6. 8. 9. 
Strab. 12, 542 ff. 

Leukothea j. Athamas. 

Leuktra, r@ Asürrea, 1) ein offener Flecken 
Boiotiens zwijchen Plataiai und Theſpiai, auf 
waldiger Ebene, berühmt durch den Sieg des Epa- 
meinondas im J. 371 v. C. Überrefte des auf 
dem Schladhtfelde errichteten Tropaion haben ſich 
erhalten. Xen. Hell. 6, 4,4. 9 ff. Plut. Pelop. 21 ff. 
— 2) Stadt im weſtlichen Lakonien an der Dit: 
füfte des Meſſeniſchen Meerbufens, mit einer Afro: 
polis und Tempeln der Athene, des Ajklepios und 
des Eros; j. Lephtro. Paus. 3, 21, 7. 26,4. Plut. 
Pelop. 20. 

Leuktron, Asürrgor, befeftigte Stadt Arka— 
diens an der lakoniſchen Grenze, im Gebiet von 
Megalopolis, j. Yeontari. Xen. Hell. 6, 5, 24. 
Thuc. 5, 54. Plut. Oleom. 6. Pelop. 20. 

Lex und Leges. Lex heißt ein Vollsbeſchluß, 
im weiteren Sinne auch das gejchriebene Recht 
als Gegenjaß zum Herfommen, und in noch wei: 
terem Sinne Gejeg und Rechtsnorm überhaupt. — 
In der älteften Zeit waren die Geſetze Beſchlüſſe 
der Euriatcomitien, welche von den Königen be— 
antragt worden waren (j. Comitia, Lex Cu- 
riata und Leges regiae), bis Servius Tullius 
die Legislation faſt ausſchließlich anf die Genturiat- 
comitien übertrug (ſ. Comitia). Später wurden 
auc die Beſchlũſſe der Tribuscomitien (eigentlich 


681 


mir al$ plebiscita für die plebs gültig) für 
den ganzen populus verbindlich und deshalb im 
allgemeinen ebenfall® leges genannt. Nach der 
lex Caecilia Didia 98 v. C. wurde 3 Nundinen 
vor den Gomitien die lex, welche bis dahin noch 
ein Gejeßvorichlag war, bon dem betreffenden 
jr (auetor oder lator legis) öffentlich 
aufgeitellt (promulgare). Sodann erfolgte in den 
Vollsverjammlungen eine Beratung über den Vor: 
Ichlag, indem mehrere auftreten durften, benjelben 
zu empfehlen (suadere) oder aud) davon abzu— 
taten (dissuadere), Darauf wurde nad der ge: 
wöhnlichen rogatio: velitis iubeatis? von dem 
Bolfe mit Täfelchen abgeftimmt (U. R. d. i. uti 
rogas; A. d. i. antiquo), und das Gejeß entweder 
angenommen (aceipere, iubere) oder verworfen 
(vetare, non accipere, antiquare),. Das an: 
genommene Geſetz wurde in Erz oder Stein ein: 
gegraben und entweder auf dem Forum aufgeftellt 
oder an einem Tempel befeftigt (igere), bis be: 
jondere Archive entjtanden v abularium), 
Jede lex beitand aus einem provemium, aus der 
eigentlichen lex, welche in mehrere Kapitel zerfiel, 
und aus der gewöhnlid am Schluß befindlichen 
Strafandrohung, sanctio genannt. In der Kaiſer— 
zeit hörten die Volksgeſetze auf, und kaiſerliche 
Geſetze traten an deren Stelle, genannt decreta, 
rescripta, edieta, mandata und im allgemeinen 
constitutiones. Bgl. den index legum Roma- 
narum von Orelli und Baiter, Onomast. Tull. III 
p. 119308. 

Lex Aecilia, 1) Plebiſeit, die Anlegung von 
5 Kolonien zu je 300 Familien an der Meeres: 
füfte betreffend, 198 v. C. Liv. 32, 29; — 2) de 
repetundis, um 101 v. E., ſ. Repetundarum 
erimen. Es ift vielleicht dasjelbe Geſetz, von 
welchem umfangreiche Stüde auf der Rückſeite der 
tabula Bantina (f. Bantia) noch erhalten jind, 
Corp. I Lat. I p. 49—72. — 3) Lex Aecilia 
Calpurnia oder bloß Calpurnia de ambitu, 67 
v. C. j. Ambitus; — 4) Lex Acilia Minueia, 
201 vd. E., wegen des Friedens mit Karthago. 
Liv. 30, 43. — 5) Lex Acilia Rubria, von den 
Kollegen des E. Gracchus im Tribunate gegeben, 
über die Teilnahme der Fremden an dem Kulte 
des capitolinischen Jupiter. 

Lex Aebutia, 1) ein Plebijeit aus unbeftimm: 
ter Zeit, daß, wenn in einem Gejeß ein —*— 
oder Amt eingeführt ſei, weder der lator legis 
dazu genommen werden dürfe, noch ein Verwandter 
oder Kollege desjelben. ic. leg. agr. 2,8; — 
2) ebenfalls aus unbejtimmter Zeit, führte den 
Formularprozeh ein, ſ. Formula. 

Lex Aelia, 1) ein Geſetz über die Deduftion 
von 2 Kolonien, 195 v. C. Liv. 34,53. — 2) Lex 
Aelia und Fufia, 2 verjchiedene, aber ſich ein— 
ander ergänzende Plebifcite, vielleicht 156 v. C., 
beſtimmten, daß die Magiftrate und Tribunen bei 
allen Tegislativen Comitien spectio anftellen und 
demnach auch obnuntiatio (Störung der Comitien) 
ausiprechen könnten; die Wahlcomitien waren von 
diefer Beichräntung frei (j. Divinatio, 20.). 
Beide Gejehe waren gegen die nenerungsfüchtigen 
Volkstribunen gerichtet. Cie. prov.cons.19. Sest. 15. 
Vat. 7. Clodius hat dieje Geſetze im wejentlichen 
aufgehoben. 

ex Aelia Sentia, 4 n. C., bejchränfte die 
überhandnehmenden Manumijfionen und gab man: 


682 Lex Aemilia 
chen Freigelaſſenen einen niederen Grad der Frei— 
heit, j. Deditiecii. 

Lex Aemilia, 1) bejchräntte die Zeit der Gen: 
fur, 434 v. C., j. Censor, 2.; — 2) f. Sum- 
ptus; — 3) 115 v. E. de libertinorum suffra- 
giis, um die Freigelaſſenen bei ihren Abſtim— 
mungen auf die 4 ftädtiichen Tribus zu befchränfen, 
j. Libertinus. 

Leges Agrariae j. Ager publicus, 

Lex Ampia Atia, ein Plebiſcit des L. Atius 
Labienus und eines Kollegen zu Ehren des En. 
Bompejus, 63 v. €. 

Leges annäles j. Magistratus, 

Leges Antonlae, von dem Triumvir M. An- 
tonius, I) bei Cäſars Lebzeiten, 1) über Die 
eircenfischen Spiele, denen, zu Ehren Gäjars, ein 
fünfter Tag zugeſetzt werden follte (Cie. Phil. 
2,43); 2) über den Monat Quintilis, welcher den 
Namen Julius erhielt. Il) Wichtiger waren bie 
nah Cäſars Tode, 44 v. E., gegebenen Ge: 
jeße: 1) eın SCtum de dietatura ın perpetuum 
tollenda, welches nachher vom Bolfe beftätigt 
wurde, j. Dietator; 2) lex iudiciaria, beftimmte, 
daß zu den Decurien der Ritter und Senatoren 
eine dritte, eine decuria centurionum, hinzugefügt 
werben follte, j. Judex, 3.; 3) de provocatione, 
geftattete den de vi und maiestatis Angeklagten, an 
das Volk Berufung einzulegen (Cie. Phil. 1,9. 10); 
4) de provinciarum permutatione, daß Antonius 
für 43 ftatt Syrien die Provinz Gallien erhalten 
jollte; 5) de actis Caesaris confirmandis, durd) 
welche alle Amtshandlungen Cäſars als gültig 
anerfammt wurben; 6) de coloniis in agros de- 
ducendis, bezügli der von Cäſar vorbereiteten 
Kolonien; 7) lex agraria, ſ. Ager publicus, 5. 

Lex Antonia Cornelia Fundania, oder 
plebiscitum de Termessensibus, 72 v. C. gab 
der Stadt Termeſſos in Piſidien vielfache Frei: 
heiten und Autonomie. Es ift noch vorhanden und 
nachgebildet in Ritſchls Monum. tab. 31. und 
Corp. I, Lat. I p. 114, erflärt von Dirkſen, Ber: 
juche, S. 136202. 

Leges Appulöiae, Plebiſcite des Tribunen 
x, Appulejus Saturninus, 100 v. E., nämlich 
1) de maiestate, ſ. Maiestas; 2) frumentaria, 
j. Largitio; 3) agraria, ſ. Ager publiecus, 3. 

Lex Aquill\a, genannt de damno iniuria dato, 
ein Blebifeit aus unbelannter Zeit, j. Damnum. 

Lex Aternia Turpeia, 454 v. C., de multa 
(j. d. und Comitia), 

Lex Atia, 63 v. E., gab dem Bolt die Prieſter— 
wahl wieder (j. Leges Corneliae, 6.) und 
reftituierte die lex Domitia. 

Lex Atilia, 1) gab dem Senat Dispofition 
über Gapua, 210 v. C. (Liv. 26, 33); — 2) über 
die Vormundſchaft, 188 v. E., f. Tutela, 

Lex Atilia Marcia, 311 v. E, übertrug die 
Wahl der Militärtribunen in weiterer Ausdeh— 
nung (16 von 24) auf Das Boll. Lir. 9, 30, 

lex Atinia, 1) wiederholte Ujncapions: Ver: 
bote der gejtohlenen Sadıen, 197 v. E. (ſ. Usu- 
capio); — 2) über die Aufnahme der Volfstri: 
bunen in den Senat. Gell. 14, 8. 

Lex Aufldin. 1) wohl 114 v. E., geftattete 
die Einfuhr afrikaniſcher wilder Tiere für die cir: 
cenfischen Spiele; -—- 2) de ambitu (.d.), 610. €, 

Lex Aurelia, 1) de tribunieia potestate, 
75 v. C., verlich den Boltstribunen das ihnen 


* 


— Lex Cincia. 


durch Sulla entzogene Recht, nach dem Tribunat 
enruliiche Amter zu befleiden; — 2) 1. iudi- 
ciaria, bon dem Prätor L. Wurelius Cotta, 
70 v. E., daß die 3 Stände Senatoren, Ritter und 
Tribuni aerarii Richter fein jollten, j. Judex, 2. 
und Aurelii, 9. 

Lex Baebia, Blebifeit, 180 v. E. gegeben, daß 
ein Jahr um das andere 4 oder 6 Prätoren erwählt 
werden jollten, ſchon 179 wieder aufgehoben. 

lex Caecilia, 1) 64 v. E. von X. Käcilius 
Rufus (f. Caeeilii, 23.) beantragt, um den Ber: 
luft des ius honorum für ®. Cornelius Sulla und 
P. Autronius Pätus in zchnjährige Suspenfion 
desielben zu verwandeln; vor der Abjtimmung 
zurüdgenommen; — 2) Plebilcit, 62 v. E., zu 
Sunften des Pompejus, daß derielbe abweſend 
zum Konſul erwählt werden und jofort aus Njien 
zurüdfehren ſollte; — 3) über die Abſchaffung der 
Zölle in Stalien, 60 0. EC; — 4) verlieh den 
Genioren die ihnen durch Clodius entriffenen Rechte 
wieder, 50 v. G. 

Lex Caeecilia DPidin, 98 v. E,, daß jeder 
Geſetzvorſchlag 3 Nundinen vor den Gomitien zu 
promulgieren ſei, und daß verboten fein folle, 
mehrere Gejeße mit einem Male zur Abftimmung 
zu bringen. Oic. Phil. B, 8. 

Lex Cnelin, 1) tubellaria, |. Leges tabel- 
lariae; — 2) Blebifeit, daß ſich Cäſar abmwejend 
um das Stonfulat bewerben dürfe; — 3) Roga— 
tionen de creditis pecuniis sine usuris sexenni 
die solvendis, ferner de mercedibus habitatio- 
num annuis, 48 dv. E., famen nicht einmal zur 
Abftimmung. 

Lex Calidia, beantragte die Zurüdberufung 
des D. Cäcilius Metellus Numidicus aus dem 
Eril, 99 v0. C. 

Lex Calpurnfa, 1) des Tribunen L. Calpur— 
nius Piſo Frugi de repetundis 149 v. E., ſ. 
Repetundarum erimen; — 2) 'Blebijeit, 121 
v. E., beantragte die Zurüdberufung des verbann: 
ten 7 Bopilius Länas; — 3) über legis actio per 
condictionem, ſ. Legis actio; — 4) über das 
erimen repetundarum, f.Repetundarum cri- 
men, 3. 

Lex Canulöia, 445 v. E., PBlebifcit des Tri- 
bunen C. Canulejus, welches das in den XII Ta: 
feln aufrecht erhaltene Verbot des Conubiums zwi: 
ichen den Patriciern und Plebejern aufbob, jo 
daß von nun an die gemifchten Ehen vollgültig 
waren, ſ. Ehe, U. Cie. r. p. 2,37. Liv. 4, 1. 

Lex Cassla, 1) agraria, ſ. Ager publi- 
cus, 3; — 2) tabellaria, |. Leges tabella- 
riae; — 3) Plebijeit, 104 v. E., ut, quem 
populus damnasset cuive imperium abrogasset, 
in senatu non esset: — 4) vom Prätor E. Caſſius 
oder vom Tribunen L. Caffius unter Cäjars Dilta— 
tur, nahm mehrere plebejiihe Familien unter die 
patriciichen auf. Zac. ann. 11, 25. 

Lex Cassfa Terentia, frumentaria, 72 v. E., 
j. Largitio. 

Leges eensorlae, hießen 1) Berordnungen, 
edieta, der Cenforen,; — 2) Formulare mit den 
Bachtbedingungen für die Pächter der öffentlichen 
Eintünfte (publicani) (Cie. pror. cons. 5); — 
3) Accorde mit denen, welche die Ausführung und 
Beſorgung Öffentlicher Arbeiten gegen eine gewiſſe 
Summe übernahmen. Cie. Verr. 1, 55 ff. 3, 7. 

Lex Cinela de donis et muneribus oder lex 


Lex Claudia — Lex 


Cincia muneralis, ®lebifeit 204 v. E., verbot den 
Rechtsanwälten, Geſchenke von ihren Klienten an: 
unehmen, und beichränfte außerdem die Privat: 
— der Reichen untereinander und an die 
Armen. Cie. de or. 2, 71. ad Att. 1, 20. Cat, 
mai. A. Tac. ann. 11, 15. 

Lex Claudia, 1) Blebifcit, 218 v. E., daß fein 
Senator oder Sohn eines Senators ein größeres 
Seeſchiff befiten dürfe, um Handelserwerb der: 
jelben zu hintertreiben (Liv. 21, 63. Cie. Verr. 
5, 8); — 2) Konjulargejeß, 177 v. E., daß alle 
Yatiner Rom verlafjen und in ihre Heimat zu: 
rüdtehren follten (Liv. 41, 8f.); — 3) über die 
Kooptation des Senats von Haleſa in Sieilien, 
Verfügung des Prätors E. Claudius Pulcher (Cie, 
Verr. 2, 49); — 4) Berbot des Kaiſers Claudius, 
Minderjährigen in Hoffnung auf den Tod der 
Eltern Geld zu leihen. Tae. ann. 11, 13, 

Leges Clodiae, die Parteigeſetze des Volks— 
tribunen P. Clodius, 58 dv. E.: 1) frumentaria, 
j. Largitio; 2) ne quis eo die de caelo ser- 
varet, quo cum populo agi posset, hob die lex 
Aelia und Fufia auf und erlaubte legislative An- 
träge an allen dies fasti; 3) de collegiis, 
reftitwierte die 64 dv. C. verbotenen collegia und 
fügte nody mehrere hinzu (Cie. Sest. 25. post red. 
in sen. 13), wieder aufgehoben von Cäſar (Suet. 
Caes. 42); 4) de censoria notione, beſchränkte 
das Sittenrichyteramt der Genjoren {ne censores 
in senatu legendo praeterirent nisi qui apud 
eos accusatus et censoris utriusque sententia 
condemnatus esset), aufgehoben durch Cäcilius 
(j. Lex Caecilia, 4.); 5) de provineciis 
consularibus, wodurch der Konjul Bio Mate: 
donien und Griechenland, Gabinius aber Syrien 
“erhielt (Cie. Pis. 16, 37); 6) über Eiceros Eril 
(Cie. Sest. 24. 32), |. Tullii, 7.; 7) de-rege 
Ptolemaeo, daf diejer König Kypros verlieren 
und jein Vermögen für den Staat eingezogen 
werden ſolle (Cie. de dom. 8. Sest. 26); 8) über 
Dejotarus und Brogitarns, durch welche dem Dei. 
das Prieftertum der Magna Mater in Beffinits ge: 
nommen und nebjt dem Königstitel dem Schwieger: 
fohn desjelben, Brogit., übertragen wurde. 

Lex Cornelia, 1) Kooptationsreglement für 
den Senat in Agrigent (Cie. Verr. 2, 50); — 
2) über die Gültigkeit der Teftamente von in feind: 
licher Gefangenschaft Berftorbenen; — 3) über 
Bürgichaften (j. Intercessio); — 4) über Ciceros 
Zurüdberufung, 57 v. E.; — 5) de novis tabulis, 
4720. C. P. Cornelius Dolabella nahm die ro- 
gationes Caeliae in betreff der Schuldverhältniffe 
wieder auf, fonnte aber diejelben ebenfalls nicht 
durchſetzen. 

Leges Corneéliae, des Konſuls L. Cornelius 
Einna, 87 v. E., j. Cornelii, 26.: 1) de C. 
Mario et ceteris exulibus revocandis (Vell. Pat. 
2, 30); 2) de novorum civium et libertinorum 
suffragiis, wollte die neuen italifchen Bürger 
unter alle 35 Tribus verteilen (Cie. Phil. 8, 2); 
beide famen nicht zur Annahme; 3) de revo- 
cando Mario, 

Leges Corneliae, des Sulla, bezwedten eine 
völlige Reorganifation des Staates in ariftofra: 
ſchem Sinne, teils durch die Aufhebung bejtehen: 
der, teils durch die Beantragung neuer Geſetze, 
deren chronologiiche Folge nicht genau feſtſteht. 
Sie find 88 und 82 bis 80 v. E, gegeben. ©. 


683 


Zadyariä, Cornelius Sulla, ©. 128 ff. A) Über 
die Staatsverfajjung und Verwaltung: 
1) de comitiis centuriatis, ftellte 88 die 
Genturiatcomitien in der alten Weije wieder ber, 
was aber bald wieder bejeitigt wurde; 2) de ma- 
gistratibus, jchärfte die alte Neihenfolge der 
Magiftrate aufs neue ein (Cie. Phil. 11,5); 3) de 
tribunicia potestate, 80, j. Tribuni ple- 
bis, 4.; 4) de octo praetoribus, die Ber: 
mehrung der Prätoren (j. Praetor, 2.); 5) de 
XX quaestoribus, Vermehrung der Quäſtoren, 
j. Quaestor, 1.; 6) de sacerdotiis, hob die 
lex Domitia auf und führte die Nooptation der 
PBriefter wieder ein, vermehrte auch die Mitglieder: 
zahl der 3 Kollegien der pontifices, augures und 
decemviri sacrorum auf 15; 7) de provinciis 
ordinandis, erfannte wahrjcheinlich das Recht 
des Senats zur Beitimmung der fonjularischen 
und prätorifchen Provinzen an und erhob es zur 
Regel, daß die Beamten nad dem Amtsjahre in 
Kom mit dem für ein weiteres Jahr prorogierten 
imperium in die Provinzen gehen jollten. Cie. 
ad Att. 1, 9. ad fam. 3, 6. 8. 10. — B) Über 
Kriminalreht und Prozeß. Nachdem Sulla 
die Richterwürde wieder an die Senatoren gegeben 
und das Berfahren vor den beftehenden quaestio- 
nes perpetuae geregelt und neue eingeführt hatte, 
erließ er eine l. repetundarum, welche an die 
Stelle der 1. Servilia trat; 1. de maiestate, durd) 
welche die 1. Appuleia aufgehoben wurde; 1. de 
sicariis et veneficis (Tac. ann. 18, 44); 1. de 
falsis, auch testamentaria und nummaria ge: 
nannt; ferner de peculatu und de adulteriis et 
pudicitia. Auch die actio iniuriarum wurde neu 
geordnet. — C) Über Polizei und Moralität: 
1) j. Sumptus; 2) uneiaria, jcheint das fenus 
unciarium reftituiert und die usura centesima 
verboten oder auch den zwölften Teil der Schuld: 
forderungen niedergejchlagen zu haben, j. Fenus. 
— D) Zur Bernidhtung der Gegner und 
zur Sicherung feiner Inftitutionen: 1) de 
proscriptione (j. d.); 2) über die Civität der 
Italer, durch welche lex mehrere Städte zur 
Strafe das Bürgerreht und einen Teil ihrer 
Ländereien verloren; von Cicero (Caec. 33) mit 
Erfolg für ungültig erflärt, als gegen das ius 
Romanum, das die Einwilligung des Betroffenen 
erfordere; 3) agraria, begründete die Militärkolo: 
nien in dem italijchen Gebieten, welche den alten 
Bewohnern genommen worden waren, namentlid) 
in Latium, Etrurien und Samnium. Cie. leg. 
agr. 2, 28. 3, 1ff. 

Leges Corneliae, des Boltstribunen E. Cor: 
nelins Dolabella, 47 v. E.: 1) der Antrag, ne quis 
legatis exterarum nationum pecunium expen- 
sam ferret, ging bei dem Senate nicht durdh; 
ebenfo wenig 2) die rogatio de ambitu, wofür 
die mildere I. Acilia Calpurnia zur Annahme ge: 
langte; 3) ne quis nisi per populum legibus 
solveretur, jcheiterte an dem Widerſpruche des 
P. Servilius Globulus, wurde aber dahin amen- 
diert, ne quis in senatu legibus solveretur, nisi 
CC affuissent, neve quis, cum solutus esset, 
intercederet, cum de ea re ad populum ferretur; 
4) de edicto praetorio, weldyes die Prätoren an 
die von ihnen aufgejtellten Recdhtsnormen band. 

Lex Cornelia Baebla, de ambitu (1. d.). 

Lex Cornelia Caecilia, 57 v. E., machte den 


Cornelia Caecilia. 


684 


En. Pompejus zum auferordentlihen praefectus 
annonae und gab ihm 15 Xegaten zur Unter: 
ftüßung. Cie. ad Att. 4, 1. de dom. 4. 7.8. 

Lex Cornelia Fulvia, de ambitu (f. d.). 

Lex euriäta heißt ein jedes von den Curiat— 
comitien angenommene Geſetz. Bis auf Servius 
Tullius gab es feine andern Geſetze als leges 
euriatae. Seitdem hatte man nur noch 2 Arten 
von Guriatgejegen, nämlich 1) lex. cur. de im- 
perio, ſ. Comitia; 2) über Safral-, Familien: 
und Bermögensverhältniffe der Batricier, nament: 
lid über Adoptionen und Teftamente. 

Lex Decia, Blebifcit, 312 v. E., ordnete die 
Wahl der duumviri navales mı. Liv. 9, 30. 

Lex DidYa j. Sumptus. 

Lex Domitia, 104 v. E., übertrug die Wahl 
der Priefter und NAugurn an das Bolf. Cie. ad 
Brut. 1, 5. de leg. agr. 2, 7 (j. Domitii, 4.), 
aufgehoben durch Sulla, ſ. Leges Corneliae, 6. 

Leges Duiline, Blebijcite des Tribunen M. 
Duilins, 449 v. E.: 1) daß Konſuln ftatt der 
Decemvirn gewählt würden (Liv. 3, 54); 2) daß 
mit Napitalitrafe zu belegen jei, wer das Bolt 
ohne Tribunen lafje oder einen Magiftratus ohne 
Provofation wähle (Liv. 3, 55); 3) Verbot, die 
Toten in der Stadt zu begraben. 

Lex Duilia Maenia, 356 v. E.: 1) de un- 
ciario fenore, f. Fenus; 2) daf fein Magiftratus 
außerhalb Roms cine Voltsverfammlung halten 
dürfe. Liv. 7, 16. 

Lex duodecim tabulärum, j. Tabulae, 5. 
und Decemviri. 

Lex Fabia, 1) de plagio (ſ. d.); 2) de numero 
sectatorum, h Ambitus, 

Lex Fabriela j. 1. Messiae, 1. 

Lex Faleidia, 40 v. E., j. Legatum. 

Lex Fannla j. Sumptus. 

l,ex FlaminYa, 1) agraria, j. Ager publi- 
cus, 3.; 2) lex Flaminia minus solvendi, führte 
217 v. E. den Uncialfuß ein, nach welchem 16 neue 
As glei 10 alten angenommen werden jollten, 
und regelte die Ausprägung der Silber: und Gold- 
münzen anders. 

Lex Flavia agraria, 60 v. E., j. Ager pu- 
blicus, 5. 

Leges frumentariae j. Largitio. 

Lex Fufia, ı) de religione, 61 v. C. betref: 
fend die Betrafung des P. Clodius wegen der 
Entweihung des * der Bona Dea, ſ. Clau- 
dii, 20.; — 2) indiciaria, 59 v. E., daf bei den 
Abſtimmungen der Gejchworenen die Stimmen 
der 3 Decurien (j. I. Aurelia) gejondert abge 
geben werden follten. 

Lex Fulvia, 125 v. E., rogatio des Konſuls 
M. Fulvius Flaccus, wollte den italiichen Bundes: 
genofien die Civität verleihen, fam aber nicht zur 
Abſtimmung. 

Lex Furia, 1) de testamentis, ſ. Legatum; 

2) de sponsoribus, beftimmte die Teilung 
der verbürgten Summe unter jämtlihe Bürgen, 
während früher jeder einzelne für die ganze Summe 
— 

‚ex Fur“a Atilia, Plebiſcit, 136 v. C., daß 
C. Maneinus wegen des von ihm geiſchloſſenen 
foedus an die Numantiner ausgeliefert werden 
jolle. Cie. off. 3, 30. 

Lex Furla Caninia, beichränfte die übertrie- 


Lex Cornelia Fulvia — Lex Julia. 


benen teftamentariichen Manumiffionen, bald nach 
Ehrifti Geburt. 

Lex Gabinla, 1) tabellaria, 139 v. C., j. 
Leges tabellariae; — 2) de perduellione, 
gegen die contiones clandestinae gerichtet, ift 
ro ganz jicher. 

eges Gabinlae, des Tribunen A. Gabinius, 
67 v. E.: 1) daß Pompejus das Kommando gegen 
die Seeräuber mit ausgedehnter Vollmacht erhal: 
ten folle. Cie. de imp. Pomp. 17. 19. — 2) de 
versura Romae provincialibus non fucienda, 
verbot den Provinzialen, in Rom Anleihen zu 
machen, und den Prätoren, die Schuldverichrei: 
bungen darüber al$ bindend anzufehen. ic. ad 
Att. 5, 21. 6, 2. — 3) de senatu legatis ex Kal. 
Febr. usque ad Kal. Mart. cotidie dando, ord: 
nete an, daß die Audienzen der in Nom anweſen— 
den Gejandtichaften im Februar allen andern Se: 
natsgejchäften vorangehen jollten, j. Legatus, 1. 

l,ex G@ellifa Cornella, Konjulargeieg, 72 v. E., 
welches die von Bompejus bewirkten Berleihungen 
der Civität an die Hiſpanier beftätigte. Cie. Balb. 
8. 14. 

Leges @enuefae, des Tribunen L. Genucius, 
341 v. E.: 1) daß beide Konjuln Plebejer fein 
dürften (Ziv. 7, 42); 2) ne fenerare liceret, ſ. 
Fenus; 3) über die Magiftrate, |. Magistratus. 

Lex HerennTa, Plebijcit, 60 v. E., wodurch 
die transitio ad plebem im Anterefje des Clo— 
dius durch einen Beſchluß der Genturiatcomitien 
für gültig erflärt werden jollte; ging nicht durch. 
Cie, ad Att. 1, 18. 19, 

Lex Hieronica frumentaria, das Padıtregle- 
ment für die öffentlichen Verpachtungen, den Zchn- 
ten von Getreide, Ol u. ſ. w., in Sicilien von 
Hiero II. entworfen, nad welchem fich auch die 
römijchen Stenuerpächter zu richten hatten. Cie. 
Verr. 2, 13 und öfter. 

Lex Birtia, 46 v. E., jchloß die Pompejaner 
von den Ührenftellen aus. Cic. Phil. 13, 16 
(unficher). 

Lex Horatia, verlich der Beitalin Tarratia 
Ehren und Privilegien, weil fie den Staat mit 
einem Grundſtück bejchenft hatte. Gell. 6, 7. 

Lex Hortensla, 287 v. C., ut, quod plebs 
inssisset, omnis Quirites teneret, wohl mehr als 
eine Bejtätigung der 1. Valeria Horatia (449 
v. E.), offenbar eine Erhöhung der legislativen 
Bedeutung der Plebifcite. Gell. 15, 27. Zugleich 
wurde angeordnet, ut nundinae fastae essent, 
d. h. fie find dies fasti non comitinles geworben. 

Lex Hostilia, geftattete unter gewiſſen Be: 
dingungen gerichtliche Stellvertretung bei ber 
actıo furti. 

Lex Ieilfa, A) Plebiſcit, 492 v. E., gab eine 
erweiternde Anterpretation der leges sacratae 
dahin, daß, wer einen Tribun in jeinem Bortrag 
unterbräce, vor ein Bollsgericht geftellt werden 
folle. — B) Leges lciliae dest. Jeilius, 456 
v. E.: 1) die Verteilung des Aventinus an die 
Plebejer betreffend (Liv. 3, 31. 32); 2) Amneftie 
für die, welche von den Decemvirn abgefallen 
wären (Liv. 3, 54); 3) de triumpho consulum 
(sine auctoritate senatus‘. Liv. 3, 63. 

Leges indiciarYae, im weiteren Sinne Prozeß— 
ordnnungen überhaupt, im engeren Sinne Gejeße über 
die Zufammenjekung der Gerichte, ſ. Judex, 1.2. 

Lex Julia, des Konſuls 2. Julius Cäfar, 90 


Leges Juliae (Caesaris) — Leges Liciniae Sestiae. 


v. E., gab das römijche Bürgerrecht an jämtliche 
Latiner und an die Bundesgenoffen, welche die 
Waffen nicht ergriffen oder alsbald wieder nieder: 
gelegt hatten. 

Leges Juliae (Caesäris), A) Geſetze des J. 
59 v. C., im erften Ronfulate: 1) agrariae, |. 
Ager publicus, 5.; 2) de publicanis, daß den 
Pächtern der ajiatiichen Staatseinfünfte wegen des 
mithridatijchen Krieges ber dritte Teil der Pacht— 
jumme erlaffen werden jolle (Cie. ad Att. 2, 16. 
1, 17ff); 3) de actis Pompeii, Beftätigung der 
in Aſien von Pompejus gemachten Berfügungen, 
Geſetze u. ſ. w.; 4) de rege Alexandrino, wo— 
durch) Ptolemaiod Auletes als König und als 
socius et amicus populi Romani anerfannt 
wurde; 5) de repetundis, j. Repetundarum 
erimen; 6) lex curiata de P. Clodio arro- 
gando. — B) Im Jahre 49 v. E.: 1) de pecuniis 
mutuis, jchlug die jeit dem Anfange des Bürger: 
frieges aufgelaufenen Zinfen nieder oder geftattete 
die Abrechnung der ſchon gezahlten vom Kapital, 
beftimmte ferner, daß die Gläubiger die Güter 
der Schuldner zu dem Werte annehmen jollten, 
den fie vor dem Kriege er hatten, und er: 
neuerte die Bejtimmung, dab niemand mehr als 
15 000 Denare in barem Gelde jollte Tiegen 
haben. Um eine bejjere Verwendung des Kapitals 
wieder anzubahnen, fügte er jpäter die 1. de modo 
eredendi et possidendi intra Italiam hinzu. 
2) de eivitate Gaditanis danda und 3) de civi- 
tate Transpadanis danda, durch welche dieje das 
ihnen jchon früher veriprocdhene Bürgerrecht er: 
hielten. — C) Im Jahre 46 v. E.: 1) framen- 
taria, ſ. Largitio; ein Teil dieſes Geſetzes ift 
auf den tabulae Heracleenses erhalten, welche 
auch von andern leges Juliae Auszüge geben; 2) de 
provinciis, über die Dauer der Statthalter: 
Ichaft: in den prätorifchen Provinzen nicht länger 
als 1 Jahr, in den konjularischen höchſtens 2 Jahre 
(Cie. Phil. 1,8. Dio Cass. 43, 25); 3) sump- 
tuaria, j. Sumptus; 4) iudiciaria, ſ. Judex, 3,; 
5) de maiestate (f. d.); 6) de vi, f. Vis; 
7) de sacerdotiis (Cie. ad Brut. 1, 5), ähnlich 
der lex Domitia und gleiches Inhalts mit der 
l. Atia; 8) de iudiciıs privatıs, betreffend 
eine Beſchränkung des alten Legisaftionsverfah- 
rens, j. Formula; 9)muniecipalis, eine Stabt- 
und Polizeiordnung der italiihen Municipien, 
Kolonien u. f. w., auf den tabulae Heracleenses 
erhalten. Außer manchen polizeilichen Beſtim— 
mungen über Straßen und Pläte, ſowie über die 
Getreideverteilungen, finden fich wichtige Werfü- 
gungen über die Senate, Magiftrate und den 
Genjus der Yanditädte. 10) de magistratibus, 
wonach die Zahl der Prätoren auf 14, die der 
DOuäftoren auf 40 beſtimmt wurde, um die für 
Berwaltung der Provinzen erforderlihen Beamten 
zu erhalten. — D) Im Jahre 44 dv. E.: lex colo- 
nise Juliae Genetivae Urbanorum sive Ursonis, 
über die Berfaflung der Kolonie Urſo (j. Oſuna), 
1871 auf 3 Erztafeln aufgefunden (herausgegeben 
von Mommjen und Hübner, Ephem. epigr. Il 
S. 105). — E) Nadı Cäſars Tode publizierte 
Antonius mehrere angeblic; von Cäſar hinterlaffene 
Geſetze, 5.8. de Sieulis, durch welches die Siculer 
die Givität erhielten, de rege Deiotaro, welches 
den König im weiteften Umfange wieder einjeßte, 
de exulibus, durch welches Ser. Elodius (j. Clau- 


685 


dii, 22.) und andere zurüdberufen wurben, und 
andere offenbar gefälichte. 

Leges Juliae (Augusti), 1) de maiestate 
(j. d.); 2) de vi, ſ. Vis (beide find ungewiß); 
3) de ambitu (f. d.); 4) de adulteriis (j. d.); 
5) de maritandis ordinibus, in der neuen 
Redaktion An. E. genannt lex Julia et Papia 
Poppaea (Suet. Vct. 34. Tac. ann. 3, 25. Dio 
Cass. 56, 1 ff.), verbot das eheloje Leben und be: 
legte dieſes ſowohl als die Kinderlofigkeit mit 
mehreren erbrechtlichen Nachteilen, nebſt Anord- 
nungen im betreff der Ehejcheidungen; |. Divor- 
tiam; 6) iudiciaria, über die Richter und 
Gerichte überhaupt; 7) de vicesima heredi- 
tatum, f. Staatshaushalt, 20.; 9) de an- 
nona, enthielt das Verbot des Getreidewuchers zc. 

Lex Julia Papiria de multis, j. Multa. 


Lex Julia et Plautia, verbot die Ufucapion 
der geraubten Sachen; wahricheinlih 2 vericie- 
Geſetze de vi (j. Nein, römijches Krim.Recht 

. 740). 

Lex Julia Titia, Übertragung der Beftim: 
mungen ber 1. Atilia auf die Provinzen, jo daß der 
Statthalter den tutor beftimmte. 

Lex Junla, 1) Zins: und Wuchergeieß, |. Fe- 
nus; 2) de repetundis (j. d.); 3) de peregrinis, 
126 v. E., von M. Junius Pennus beantragt, 
verwies Die Latiner und Peregrinen, welche fich 
das römische Bürgerrecht angemaft hatten, aus 
Rom. Cie. off. 3, 11. 

Lex Junia Licinia, 62 v. E., verbot neue 
Geſetze ohne Zeugen in das Ararium zu bringen 
(Suet. Caes. 28. Oct. 94), um Fäãlſchungen vor: 
zubeugen. Schol. Bob. Cie. p.310 Or. Cie. Phil.5,3. 

Lex Junia Norbäna, unter Auguftus, führte 
die Latini Juniani ein (j. d.). 

Lex Junia Velleia, betraf die Tejtamente. 

Lex Lieinfa, 1) ähnlid der lex Aebutia; 
2) de ludis Apollinaribus, welche ſtets an einem 
beftimmten Tage gefeiert werden jollten, 208 v. E. 
(Liv. 27, 23); 3) ordnete die Wahl der Triumviri 
epulones, 197 vd. E. (Liv. 33, 42); 4) de sacer- 
dotiis, 145 v. C. da die Priefter vom Volke 
gewählt, nicht mehr fooptiert werden jollten, nicht 
angenommen, fpäter (104 v. E.) von Domitius 
durchgejegt; 5) de sodalitiis (j. d.); 6) sump- 
tuaria, j. Sumptus. 

Lex Lieinia Cassia, 171 v. C., über bie 
Wahl der tribuni militares für diejes Jahr. Lir. 
42, 31. 

Lex Lieinfa MucYa, 95 v. E., de civibus 
redigundis, mies die socii aus Nom, welche fich 
als cives gerierten, aber die Civität nicht nach: 
weilen fonnten. Cie. off. 8, 11. 

Leges Lieiniae Sestiae, die wichtigen Geſetze 
der Bolkstribunen C. Licinius Stolo und 2. Se- 
ſtius Lateranus, 376—866 v. €. (Liv. 6, 35 ff.); 
ein Geſetz, das im Antereffe der hartbedrücdten 
Plebs 3 verfchiedene Punkte umfaßte. Der eine 
bezog ſich auf die Schulden und jebte feit, daß 
nach Abzug der bereits bezahlten Zinſen der Reit 
des Kapitals in 3 jährigen Terminzahlungen ab: 
bezahlt werden follte; der zweite, ne quis plus 
quingenta iugern agri publici possideret; ber 
dritte, ne tribunorum militum comitia fierent, 
eonsulumque uti alter ex plebe crearetur. Eine 
andere Rogation derjelben bezog ſich auf die Ein: 


686 


jeßung eines Kollegiums von decemviri sacro- 
rum, das zur Hälfte aus Watriciern und zur 
Hälfte aus Plebejern gewählt werden follte. Damit 
war die Sleichitellung der Batricier mit den Ple— 
bejern entjchieden. 

Leges Liviae, A) von dem Tribunen M. Li: 
vius Drujus, 122 v. C., im Intereſſe der Nobi— 
lität beantragt, um die gracdjiichen Konzejlionen 
noch zu überbieten: eine rogatio, durch welche 
die Strafgewalt der römischen Magiftrate gegen 
die Latiner bejchränft werden jollte, eine zweite, 
welche die den Eigentümern des ajfignierten ager 
publicus auferlegte Abgabe aufhob; eine dritte, 
welche die Ausführung von 12 Kolonien beabfid): 
tigte, deren jede 3000 Bürger verjorgen follte. (Es 
fam ihm nur darauf an, das Anſehen des €. 
Gracchus zu untergraben, nicht jeine Anträge durch— 
zuführen. — B) Von dem gleichnamigen Sohne 
des eben genannten, 91 v. E.: 1. de coloniis 
deducendis zur Ausführung der längft bejchloffe: 
nen Kolonijation in Italien und Eicilien, 1. iudi- 
ciaria, bezwedte eine Verſöhnung des Senates 
und des Nitterftandes dadurd, daß zu den vor: 
handenen 300 Senatoren 300 neue aus dem Ritter: 
jtande gewählt und den Mitgliedern diejes Senats 
die Gerichte Übertragen werden jollten. Um die 
Durchführung zu erreichen, beantragte er eine ]. 
agrarıa, frumentaria und nummarıa de octava 
parte aeris argento miscenda, um durd Ber: 
ichlechterung der Silbermünzen den Staatsichak 
zu erleichtern. Die ll. agraria, frumentaria und 
ıudiciaria hatte er durchgeſetzt, aber die Majorität 
des Senats erMlärte fie für ungültig. Um das 
den Bundesgenofjen gegebene Berjpredyen zu er: 
füllen, beantragte er noch eine 1. de civitate 
sochıs danda für alle italifchen Bundesgenofien, 
wurde jedoch vor der Abjtimmung ermordet. 

Lex Lutatia de vi, wohl eine Ergänzung ber 
l. Plautia, ſ. Vis. 

Lex Maenia, nad) der J. Hortensia gegeben, 
dab die patres im voraus fich bereit erflären 
jollten, die lex curiata de imperio den Gewählten 
unweigerlich zu bemwilligen. Cie. Brut. 14. 

Lex Mamilia, 1) finium regundorum, über 
die Örenzftreitprogefie, in ungewifjer Zeit; 2) Ple— 
bijeit des Volkstribunen E. Mamilius Yimetanus, 
110. C. beantragte die Einjegung einer quaestio 
extraorelinaria gegen die unpatriotiichen Männer, 
welche fi von Jugurtha hatten gewinnen lajjen. 
Sall. Jug. 40, 65. 

Lex Mamilia Roscia Pedueaea Alliöna 
Fabia, über die Anlage von Kolonien, von man: 
chen lex Julia (des Kaiſers Galigula) genannt. 
Bol. die Schriften der römischen Feldmeſſer II 
©. 221. 

Lege» Maniliae, Blebijeite des Tribunen E. 
Manilius, 66 v. E.: 1) de libertinorum suffragiis, 
daf die Freigelaſſenen in den Tribus ihrer Patrone 
ftimmen dürften (früher nur in den 4 ftädtiichen); 
2) de imperio Cn. Pompeii, daß Pompejus Feld: 
herr gegen Mithridates und Tigranes werden folle, 
j. Cie. de imp. Pomp. 

l,ex Manlia, 1) Konſulargeſetz, 357 v. €E., 
führte die viecesima für Freilaſſungen ein. Zar. 
7, 16; ſ. Staatshaushalt, 17. — 2) Blebifeit, 
58 v. &,, erneuerte Die lex Manilia de lıberti- 
norum suffragiis. 

Lex Marecia, 1) de Liguribus, 172 v. E,, 


Leges Liviae — Lex Papiria. 


Plebifeit, weldyes Anklage derer beantragte, welche 
die Ligurer ungerecht befriegt hätten, gegen M. 
Popillius gerichtet (Liv. 42, 21ff.); 2) agrarin, 
104 v. E.; f. Ager publicus, 5. 

Lex Mareia Atinia, Plebiſeit über den Frie 
den mit Philipp von Makedonien. Lir. 33, 25. 

Lex Maria de ambitu, 119 v. C ſ. Am bitus. 

Lex Marla oder Marcia Porcia, 63 v. C., 
machte die Ehre des Triumphes von der eidlichen 
Befräftigung über die Zahl der gefallenen Feinde 
abhängig. Val. Max. 2, 8,1. 

Lex Memmia, 1) Blebijeit, 111 v. E,, daß 
Jugurtha nad) Rom geholt würde, um die anzu: 
geben, weiche von ihm beftochen worden wären 
(Sall. Jug. 32); 2) de calummiatoribus, ſ. lex 
Kemmin. 

Lex Menenia Sestia j. Multa. 

lex Mensia oder Mincia, beftimmte, daß die 
Kinder bei gemilchten Ehen (wenn der eine Teil 
das Eonubium entbehrte) der Mutter folgten, aber 
nicht dann, wenn die Mutter eine röm. Bürgerin 
war. Alſo arteten die Kinder immer der niedri: 
geren Seite nad). 

Leges Messiae, des Tribunen C. Meſſius, 57 
v. C., 1) Borfchlag auf Eiceros Zurüdberufung 
(Cie. p. red. in sen. 8); C. Fabrieius brachte ihn 
vor das Bolf, wurde aber durch Elodius zurüd- 
gewiejen (Cie. Sest. 35.); 2) de Pompeio, des: 
jelben Inhalts wie 1. Cornelia Caecılia, aber 
weiter gehend, Orc. ad Att. 4, 1; wurde zurüd: 
gezogen. 

Lex Metilia, 1) Plebijcit, 217 v. E., daß der 
Prodiktator DO. Fabius Marimus Berrucojus die 
Gewalt mit feinem magister equitum M. Minn: 
eins Rufus teilen follie. Liv. 22,25. — 2) ein 
Geſetz für die fullones, de poliendis vestibus. 
Plin. 35, T. 

Lex Minueia, 1) Plebiſcit, 216 v. C. über 
die Wahl der Tresviri mensarii. Zar. 23, 24. — 
2) Blebifeit, 121 v. E,, verjuchte mehrere Geſetze 
des jüngern Grachus mit teilweiſem Erfolge wieder 
aufzuheben. 

Lex Muecia, Plebiſeit, 142 v. E., daß über 
den Prätor 8. Hoſtilius Tubulus, welder ob rem 
indicandam Geld genommen hatte, Gericht ge: 
halten werden ſollte. Cie. fin. 2, 16. 

Lex Octavia, frumentaria, j. Largitio. 

Lex Ogulnia, Blebijeit, 300 v. E., daß in die 
Kollegien der Pontifices und Augures auch eine 
gewifie Zahl (die Hälfte) von Plebejern aufgenom: 
men werden jollte. Lie. 10, 6ff. 

Lex Oppia j. Sumptus. 

Lex Orchla j. Sumptus. 

Lex Ovinia }. Senatus, 1. 

lex Pacuvia, Plebiſcit über die Veränderung 
des Monatsnamens Sextilis in Augustus. Jin. 
34, 5. 

Lex Papia, de civitate Romana, Plebiſeit, 
65 v. E,, woburd alle Nichtbürger aus Rom ge: 
twiejen wurden, und bie, welche fich fälichlidy das 
römijche Bürgerrecht angemaht hatten, zu gericht: 
liher lnterfuchung gezogen wurden, eine Ber: 
ihärfung der 1. Junia de peregrinis. Cie. Arch. 
5. off. 8, 11. Balb. 23. 

Lex Papia Poppaea j. Leges Juliae 
(Augusti), 65. 

Lex Papiria, 1) 332 v. C. verlieh der Stabt 
Acerrä die eivitas sine suffragio. Liv. 8, 17. — 


Lex Pedia — Lex regia. 


2) Plebijeit, etwa 304 v. E., verbot, ein Haus 
oder einen Altar ohne Genehmigung der Tribus zu 
weihen. Cic. de dom. 49. 50, vgl. Liv. 9, 46. — 
3) Plebiſcit, 131 v. E., a) daß diejelbe Perſon 
mehrmäls Tribun werden fönne, was nicht durch— 
ging (Cie. Lael. 25); b) tabellaria, ſ. Leges 
tabellariae. — 4) reduzierte den Ns oder das 
Geldpfund auf die halbe Gewichtunge, jo daß der 
Kupferwert '/,. des Silbers betrug; die Zeit un- 
gewiß, vielleiht 90 v. E. 

Lex Pedia, 43 v. C., bejtimmte beiondere 
Unterfuchung und Eril gegen Cäjars Mörder. 

Lex Peducaea, Plebiſeit, 113 v. E., ordnete 
eine quaestio extraordinaria über 3 des Inceſts 
angeflagte Beftalinnen an. 

Lex Petillia, Blebijcit, 187 v. E., daß eine 
Unterjuchung über pecunia capta ablata coacta 
ab rege Antiocho angejtellt würde, gegen L. 
Seipio Afiatieus gerichtet. Liv. 38, 54. 

Lex Petronia de servis, 61 n. @., verbot 
den Herren, ihre Sflaven zu Tierfämpfen zu ver: 
urteilen. 

Lex Pinaria annälis j. Magistratus, 

Lex Pinaria Furia Postumia, 432 v. C., 
unterjagte den Kandidaten die fünftlich wei ge: 
machte Toga (Liv. 4, 25), jpäter veraltet. 

Lex Piaetoria, 1) Plebijeit über das Amt des 
raetor urbanus, 264 v. E.; 2) führte den Unter: 
chied zwijchen maiores und minores (nämlich 

XXV annis) ein und jchüßte letztere als Un— 
mündige gegen Betrügereien (de circumseriptione 
adulescentium), 

Lex Plautia, 1) agraria, nicht lange vor der 
Flavia, die nad) Cie. ad Att. 1, 18 ähnliches In— 
halt3 war; ſ. Ager publicus, 5.; 2) iudicia- 
ria, 89 v. E., j. Judex, 2.; 3) de vi, f. Vis; 
4) 73 v. E., beantragte die Nüdlehr der geflohenen 
Anhänger des Lepidus. Swet. Caes. 5. Gell. 13, 3. 

Lex Plautia Papiria, Blebijcit, 89 v. E,, 
verlieh allen Bürgern der socii die Eivität, wenn 
fie binnen 60 Tagen ihre Namen bei dem Prätor 
eintragen ließen. Cie. Arch. 3. Dieje lex war 
a. — der im Jahre vorher erlaſſenen 
. Julia, 

Lex Poetelia de ambitu (f. d.), 358 v. E. 

Lex Poetelin Papiria de nexis, 326 v. C., 
j. Nexum. 

Lex Pompeia, A) des Konjuls En. Bompejus 
Strabo, 88 v. C., daß Gallia transpadana die 
Yatinität, cispadana die Eivität erhalten jollte. 
B) Leges bes En. Pompejus Magnus: 1) de 
tribunicia potestate, 70 v. E., ſ. Trıbuni ple- 
bis, 4; — 2) de Caesare, 55 v. C., mwodurd) 
Eäfar die Provinz Gallien wieder auf 5 Jahre 
erhielt (Cie. Phil. 2, 10); 3) de parricidio (j. d.); 
4) de vi, 52 v. C., auf Beranlafjung der Er: 
mordung des Clodius durch Milo, j. Vis; 5) de 
ambitu (j. d.); 6) de provinciis, wonach bie 
Provinzen erjt 5 Jahre nach Ablauf des Konjulats 
und der Prätur übernommen werden jollten; 
7) de iure magistratuum, über die Wahl und 
Amtsbefugniffe der Magiftrate.. Bekannt ijt die 
Beitimmung, daß fein Abweſender fih um ein 
Amt bewerben jollte. Durch die I. Caelia wurde 
Eäjar ausgenommen. Suet. Caes. 28. Dio (ass. 
40, 51. 56. 

Lex Poreia, 1) Es gab 3 leges Porciae bes: 
jelben Inhaltes (vielleicht Bervollftändigungen und 


687 


Ergänzungen), Cie. r. p. 2, 31. Durch fie wurden 
die Provofationsbefugnife der Bürger (j. Lex 
Valeria unter Provocatio) auch außerhalb 
der Bannmeile gejtattet, und der Magiftratus mit 
harter Strafe bedroht, welcher einen Bürger feſſeln, 
geißeln oder hinrichten lafje (ne quis civem Kom. 
vinciret aut verberaret aut necaret. Cie. Rab. 
3.4. Verr. 5, 63$.). — 2) Verordnung des M. 
Borcius Eato für die Statthalter in den — ——— 
namentlich in Rückſicht auf ihren von den Provin— 
zialen zu tragenden Aufwand (in cultum praeto- 
rum); etwa 195 v. C. Liv. 32, 27. 

Lex Publicia, Blebijeit, in Bezug auf das 
Spielen um Geld. Nach einem alten Gejebe (lex 
alearia) war das Würfeljpiel verboten, nur bei 
Tifehe und an den Saturnalien war es erlaubt. 
Außerdem waren bei Ring: und ähnlichen Wett: 
fämpfen, wo es auf förperliche Tüchtigkeit ankam 
(ubi pro virtute certamen est), Geidſpiele (in 
pecuniam ludere), auch Wetten zugeftanden. 
Wahrjcheinlich bezwedte 1. Publicia in dieſer Be: 
ziehung eine Einjchränfung. 

Lex Publilia, A) ®Blebijcit, 471 v. E., ut 
plebeii magistratus tributis comitiis fierent 
(Liv. 2, 565.); vgl. Comitia. B) Leges Publi- 
liae des Diktators D. Publilius Philo, 339 oder 
838 v. E. (Liv. 8, 12): 1) ut plebiscita omnes 
Quirites tenerent, eine Einjchärfung der gleich: 
lautenden 1. Valeria Horatia, j. Comitia; 2) ut 
legum, quae comitiis centuriatis ferrentur, ante 
initum suffragium patres auctores fierent, wo— 
durch die Betätigung der Centuriatbejchlüffe durch 
den Senat aufgehoben wurde; 3) ut alter utique 
ex plebe censor crearetur, alles im Intereſſe der 
plebejiichen Nobilität. 

Lex Pupia, vielleicht jchon viel älter (224 v. E.?) 
als die lex Gabinia, ähnlichen Inhalts, ne se- 
natus de ulla re toto mense Februario habea- 
tur, nisi aut perfectis aut reiectis legationibus,. 
Oie. ad fam. 1, 4. Der zweite Teil verbot die 
Senatsfigungen an Comitialtagen. Cie. ad Qu. 
fr. 2, 12. 

Lex Pupia Valeria, 61 v. E., Antrag de in- 
cestu Clodii; aber die mildere lex Fufia (j. d.) 
wurde vorgezogen. 

Lex Quintia, 9 v. E., bedrohte die Verleger 
der Nquädufte mit einer Geldftrafe von 100 000 
Sefterzien. 

lLeges regiae hießen die angeblid von den 
Königen vorgeichlagenen und von den Enrien an: 
genommenen Geſetze, deren mehrere erwähnt wer— 
den. Bon Nomulus: 1) über patria potestas; 
2) Ausjegung der Kinder, ſ. Expositio infan- 
tum; 3) Ehe; 4) Batronatöverhältnis; 5) In— 
jurien gegen die Eltern und Matronen. Bon 
Numa Bompilius: 1) über Priefter, Opfer 
u. dgl.; 2) Veltalinnen; 3) Beute; 4) pellices; 
5) Beltattung der Getöteten; 6) Trauer; 7) Grenz: 
fteine; 8) Mord, ſ. Parricidium. Über Tullus 
Hoftilius j. Perduellio. Serpius Tullius 
joll viele Gejehe gegeben haben, namentlich über 
die Obligationen nnd Delikte. Die genannten 
Geſetze eriftierten jpäter in einer Sammlung, ius 
Papirianum. Die Echtheit derjelben und die 
Bezeihnung nad den Königsnamen iſt jehr zweis 
felhaft, obwohl man fie als uralt anerkennen muß. 
©. Gesetzgebung, 1. , 

Lex regia, aud lex imperii oder de im- 


688 


perio, iſt das Gejeh, welches ſeit Veſpaſianus 69 
n. €. jedem nachfolgenden römischen Kaiſer bei 
feinem Regierungsantritt daS imperium und die 
andern faijerlihen Nechte verlieh. Tae. hist. 4, 6 
erwähnt die Senatsfißung, in der dieſes Senatus- 
conjultum beſchloſſen wurde. Ein bedeutendes 
Fragment diejer lex regia auf einer ehernen 
Tafel befindet jih zu Nom. Außer älteren Ab— 
nn (Bed, de lege regia 1780 u. a.) vgl. 
Francke, Geihichte Trajans ©. 314 ff. Abgedrudt 
ift diejes Fragment in der großen Ausgabe des 
Tacitus von Ritter, T. 3 am Ende. 

Lex Remmia, bedrohte die Calumniatoren mit 
Brandmarfung j. Calumnia. Sie kam allmählid) 
außer Geltung. 

Lex Rhodia de iactu, privatrechtliche Be: 
ftimmungen (von den Rhodiern entnommen) über 
die durch Seeunglüd verurjachten Schäden. 

Lex Roscia theaträlis, Plebifeit, 67 v. C., 
gab den Rittern im Theater 14 Sißreihen. Liv. 
ep. 99. Vell. Pat. 2, 32. Dio Cass. 36, 25. Bu: 
gleich wurde der Rittercenjus auf 400 000 Seſter— 
zien feitgejegt, vgl. Dio Cass. 54, 17. Hor. ep. 
1, 1,58. Wenn ein Ritter in feinen Vermögens— 
verhältniffen zurüdtam, verlor er zugleich den An— 
fpruch auf die Ritterjiße; diejenigen, welche Konfurs 
gemadt hatten, mußten überdies ſich bejtimmte 
minder ehrenvolle Site zwiichen der Plebs ge: 
fallen lafjen. Cie. Phil. 2, 18. Dies nahm das 
Volt als eine Beichimpfung, der Tumult konnte 
faum durch eine beruhigende Anſprache Eiceros 
bejhwichtigt werden. Cic. ad Att. 2, 1. Plin. 
7, 30. Wuguftus gab den dur die Bürgerfriege 
verarmten NRittern oder deren Söhnen dennoch die 
Ehre der 14 Site. Über bejondere Site der Ritter 
im Cirfus gab erft Nero Verfügung, 64 n. C., 
da die I. Roscia hierüber nichts bejtimmt hatte. 
Tac. ann. 15, 32. 

Lex Rubria, 1) Plebijeit, 122 v. E., ordnete 
eine Kolonie auf den Trümmern Karthagos an; 
2)de eivitateGalliae cisalpinae, 49v.€E., 
enthielt die prozeſſualiſche Anftruftion für die 
Magiftrate Oberitaliens, nachdem dieſes Land zu 
Stalien geichlagen worden war und die Civität 
erhalten hatte. Fragmente derjelben find auf einer 
Metalltafel, 1760 in Veleja aufgefunden, in Barma 
vorhanden, nachgebildet bei Ritſchl, prisc. Latin. 
mon., tab. XXXIII. Corp. J. Lat. I p. 115. 

Leges Rupiliae, Verordnungen des Prokon— 
juls P. Rupilius für Sicilien: 1) Reglement für 
die Wahl des Senats in Seralleia; 2) Prozeß— 
ordnung für Bewohner Siciliens. Cie. Verr 
2, 13. 15 ff. 

Leges sacrätae im weiteren Sinne hießen 
mehrere Geſetze, welche Übertreter mit sacratio 
eapitis bedrohten, 3. B. lex Valeria de provo- 
eatione, die leges lciliae u. a. Im engeren 
Sinne hieß lex sacrata das nad) der erften 
Secejfion über die Wahl und die Befugniffe der 
unverleglichen Bolfstribunen gegebene und durch 
die Strafandrohung der sacratio capitis geficherte 
Geſetz. Liv. 2, 33. 5, 11. Cie, oftmals. 

Lex Saenla, 29 v. E., von Auguſtus erlaffen, 
nahm mehrere plebejijche Familien unter die pa- 
trieiichen auf. Tac. ann. 11, 25. 

Lex Seatinia oder Scantinia, de nefanda 
venere, beftrafte unmatürliches stuprum mit Geld— 
itrafe. Cie. ad fam. 8, 12. 14. 


Lex Remmia — Leges tabellariae, 


Lex Seribonia, 1) des Scribonius Eurio, hob 
die Ujucapion der Servituten auf; 2) leges Scri- 
boniae des Tribunen E. Scribonius Curio, 50 
v. E., von denen einige, wie de agro Campano, 
de itineribus (zur Beſchränkung des Aufwandes 
bei deu Reiſen der Senatoren), Widerftand fanden, 
andere, wie die rogatio viaria und die alimen- 
taria, nicht zur Abjtimmung famen. 

Lex Sempronia, A) Blebifeit, welches die rö— 
mischen Wuchergejege auf die Latiner übertrug. 
Liv. 35, 7. — B) Mlebifeite des älteren Tı. 
Sempronius Grachus, 133 dv. E.: agraria, 
j. Ager publicus, 4. Daß er eine l. de civi- 
tate sociis danda verjprochen habe, ift nicht wahr: 
icheinlih, wohl aber jtellte er eime J. militaris, 
eine 1. iudiciaria und eine l. de provocatione 
in Ausficht. — C) Plebifeite des jüngeren E. 
Sempronius Grachus, 123 und 1220. E.: 
1) agraria, j. Ager publicus, 4.; 2) frumen- 
taria, j. Largitio; 3) iudiciaria, j. Judex, 2.; 
4) de capite civium Rom., eine Erweiterung und 
Schärfung der leges Porciae; 5) über faljche Ber- 
urteilung Unſchuldiger; 6) über die Abjtimmungs- 
art in den Comitien; 7) de sociis, welche beftimmte, 
daß die Latiner die volle civitas, die übrigen 
Bundesgenofjen die latinitas erhalten jollten, 
ging nicht durch; 8) de provinciis consularibus, 
daß die Provinzen vor der Wahl der Konjuln 
bon dem Senat bejtimmt werben jollten; 9) de 
provincia Asia a censorıbus locanda, über die 
Abgaben Afiens; 10) militaris, über Lieferung der 
Kleidung für die Bürgermiliz, Dienftzeit zc. Bon 
der ganzen Gejehgebung des E. Gracchus blieben 
nur beftehen die ]. de capite civis Romani, fru- 
mentaria, de provincia Asia, iudiciaria und de 
provinciis consularibus. . 

Lex Servilia, 1) iudiciaria, des Konjuls O. 
Servilius Caepio, 106 v. E., und eine zweite 
des C. Servilius Glaucia (Prätor 100 v. E.), j. 
Judex, 2.; 2) de repetundis des Brätors E. Ser: 
vilius Glaucia, 100 dvd. E,, j. Kepetundarum 
cerimen; 3) agraria des Volfstribunen P. Ser: 
vilius Rullus, 63 v. E., deren Zurüdziehung Cicero 
durdhiegte, j. Ager publicus, 5. 

Lex Sestia, Plebijeit über die Zurüdberufung 
Giceros, 57 v. C., fam gar nicht an das Bolf. 
Cie, ad Att. 3, 20. 23. 

Lex Silia, 1) j. Legis actio; 2) Plebiſeit, 
welches das Ma der Gefäße nicht ftereometrijch, 
jondern nad) dem Gewicht der Flüſſigkeit nor— 
mierte, mit Strafandrohung für den Fälſcher. 

Lex Sulpicia, A) rivalıcia, d. h. die Wajler- 
leitungen betreffend, nicht näher befannt; B) leges 
S. des marianiichen Tribunen P. Sulpicius Rufus, 
88 v. E.: 1) ut novi cives libertinique in omnes 
tribus distribuerentur; 2) ut vi eiecti revoca- 
rentur, bezog ſich auf J. Varia; 3) zur Reinigung 
des GSenates, daß fein Senator mehr als 2000 
Denare Schulden haben dürfe. Als er dieje An- 
träge mit LYebensbedrohung der Konſuln durchge: 
jept hatte, fügte er 4) den Antrag hinzu, ut Sullae 
imperium abrogaretur, C. Mario privato pro 
consule provincia Asia et bellum decerneretur 
Mithridaticum. Der Senat erflärte nach der Er- 
mordung des Sulpicius die per vim durchgejegten 
Beſchlüſſe für ungültig. 

eges sumptuariae j. Sumptus. 
Leges tabellariae, führten jtatt der münd— 


Lex Terentia 


fihen in den Comitien die jchriftliche Abjtimmung 
ein, damit das Volk jelbftändig votieren könne 
(Cie. leg. agr. 2, 2. legg. 3, 15. 16): 1) lex Ga- 
binia, 139 v. E., orbnete die Täfelchen zuerjt 
für die Wahlcomitien an; 2) lex Cassia, 137 
v. C. dehnte dieje Einrichtung auch auf die Volks— 
gerichte aus, mit Ausnahme der Perduellions: 
erichte; 3) lex Papiria, 131 v. E., that das: 
elbe mit den legislativen Comitien, und 4) lex 
Caelia, 107 v. C., jogar mit den Hochverrats— 
prozeſſen. 

Lex Terentia, Plebiſeit über die Freige— 
laſſenen, 189 v. C., nicht genau befannt. Mut. 
Flum. 18. 

Lex Terentilia j. Decemviri. 

Lex Thoria ſ. Ager publicus, 4. 

Lex Titia, 1) agracia, [.Ager publicus, 5.; 
2) über die Quäſtur. Cic. Mur. 8. 

Lex TrebonTa, 1) de tribunis, 448 v. C. Bis 
dahin war Keoptation der Volkätribunen üblich, 
wenn die Wahl unterbrochen wurde; 1. Treb. jeßte 
feit, daß die Wahl nicht cher aufhöre, als bis 
alle Tribunen gewählt feien. — 2) 55 v. E., bean: 
tragte, daß Pompejus und Erafius ihre Provinzen 
nod) längere Zeit behalten dürften. 

Lex tribuniela hieß 1) jede von einem Tri— 
bunen vorgeichlagene lex (PBlebifcit); 2) jedes das 
tribuniciiche Amt betreffende Gejep. 

Leges Tulliae, von dem Konjul M. Tullius 
Cicero, 63 dv. E.: 1) de ambitu (f. d.); 2) de 
liberis legationibus, wollte den Mißbrauch der 
liberae legationes abſchaffen, begnügte ſich aber 
bei dem Widerftande der Optimaten mit der Be: 
ſchränkung der Dauer derjelben auf ein Jahr, j. 
Legatio libera. 

Leges Valeriae, A) l. Valeriae des Konjuls 
B. Balerius Boplicola, 509 v.E.: 1) de libertate 
Vindieii, wodurd der Sklave Bindicius, wels 
er die tarquiniiche Verſchwörung angezeigt hatte, 
Freiheit und Civität erhielt; 2) de provoca- 
tione (ſ. d.); der Angeflagte konnte gegen die 
Enticheidung der Konſuln an das Volk appellieren 
(Liv. 2, 8. Cie. r. p. 2, 31); 3) de perduel- 
lione, daß Streben nad; Alleinherrichaft mit 
sacratio capitis zu bejtrafen jei; 4) de quae- 
storibus (j. Quaestor, 1.); 5) de candi- 
datis consularibus, wahrjcheinlich auch über 
das Wahlverfahren. B) Einzelne val. Gej.: 1) de 
provocatione, 300 v. E. (Liv. 10, 9); 2) de 
civitate Formian. Fundan. Arpinatum, 
188 v. E., daß dieſe 3 Kommunen das Stimm: 
recht zu Rom erhalten jollten (Liv. 38, 36); 3) de 
Callıphane, 98 v. E., Bürgerrechtserteilung an 
die Prieſterin Kalliphane (Cie. Balb. 24); 4) de 
aere alieno, 86 dv. C. vom Konſul 2. Balerius 
Flaceus gegeben; gejtattete den Schuldnern, ihre 
Schulden durch Zahlung des vierten Teild der: 
felben zu tilgen; 6) de Sulla, 82 v. E., daß Sulla 
Diktator werde mit unbejchränfter Gewalt, den 
Staat zu ordnen u. j. w. 

Leges Valeriae Horatiae, 449 v. E., 1) ut, 
quod tributim plebs iussisset, populum teneret; 
2) de provocatione (j. d.); 3) daß Tribunen, Ndile, 
Decemvirn sacrosancti ſeien. Liv. 3, 55. Die 
Übertreter von 2) und 3) waren mit sacratio ca- 
pitis bedroht. 

Lex Varia de maiestate, 91 v. C., daf die 

Reallerifon bes Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


689 


bejtraft werden jollten, welche die italijchen socii 
zum Kriege veranlaft hätten. 

Leges Vatiniae, Plebiſeite des P. Vatinius, 
59 vd. C.: 1) de provincia Caesaris, daß Cäjar 
Gallien und Jllyricum auf 5 Jahre als Provinzen 
erhalte (Cie. Sest. 64. Vat. 15); 2) de alternis 
consiliis reiciendis, daß jowohl Kläger al3 Ange: 
flagter das ganze Richterfonfilium verwerfen dürf: 
ten (Cie. Vat. 11); 3) dab Cäſar nad) der Kto: 
lonie Comum wieder 5000 Koloniſten jchide; bald 
vom Konful Claudius Marcellus angegriffen (Suet. 
Caes. 28); 4) de Vettii indicio, ordnete Gericht 
an über die gegen Bompejus Verjchworenen und 
Belohnung des Vettius (Cie. Vat. 11), vereitelt 
durch den plößlichen Tod des Vettius. 

Lex Yillia annalis, 80 v. E., j. Magistratus. 

Lex Visellia, 24 n. E., ordnete die Verhält— 
niffe der Latiner zur Erreichung der Eivität, jechs- 
jährigen Dienft unter den cohortes vigilum. 

Lex VoconYa, Plebiſeit, 169 v. E., verbot die 

Erbeinjeßung von uen, um eine Quelle der 
Neichtiimer zu veritopfen, durch welche die Frauen 
am meiften zur Verſchwendung geführt würden, 
ejtattete aber den Frauen Legate zu vermaden, 
—2* nur die Legate die Hälfte der Erbſchaft 
nicht überſchritten, was überhaupt von jedem Le— 
gate galt; j. Legatum, Cic. r. p. 83,— i0. Verr. 
1, 41 ff. 

Ansıapxıxöv yorumaresiov |. Sijuoı. 

Lexiarchen, An&i«gyo:, atheniiche Beamten, 
6 an der Zahl, die, von 30 Gehülfen unterftüßt, 
dafür zu jorgen hatten, daß fein Unberechtigter 
ji in die Vollsverjammlung eindrängte, daf jeder 
Bürger zu rechter Zeit fam und feiner diejelbe 
vor der Zeit verlieh. 

Lexovii, An&oßıoı, Völkerſchaft im lugdunen- 
ſiſchen Gallien am Ausflug der Sequana, zu den 
eivitates Aremoricae gehörend, mit der Haupt: 
ſtadt Noviomagus (j. Sifieug), aljo in der heutigen 
Normandie, Departement Lalvados. Caer. b. g. 
3, 9. 11. 17. 29. 7, 75. Strab. 4, 189. 

Libanios, Außavıos, —— Sophiſt, zu 
Antiocheia in Syrien um das Jahr 315 n. C. ge: 
boren, ging, nachdem er den erjten Unterricht in 
jeiner Baterftadt von dem Rhetor Benobios er: 
halten hatte, nach Athen, wo er durch fleißige 
Studien in furzer Zeit zu großem Anjehen gelangte. 
Darauf begab er ich nah Eonftantinopel, wo er 
mit Beifall lehrte, jedoch durch die Mißgunſt feiner 
Gegner, die ſich durch ihn verdunfelt jahen, ver: 
leumdet und von der Regierung ausgewieſen wurde, 
346. 5 Jahre lang lehrte er nun in Nifomedeia, 
ging jedoch nach Ablauf diejer Zeit infolge einer 
Berufung wieder nach Eonftantinopel zurüd; von 
hier begab er ſich indes, da ihn fortdauernde 
Bladereien beunruhigten, nad jeiner Vaterſtadt 
Antiocheia und ftarb dajelbft in hohem Alter, etwa 
393. Obwohl Heide und deshalb vom Kaiſer 
Julian jehr begünftigt und durch die Würde eines 
Duäftorius ausgezeichnet, war er gegen die Chriften 
doc duldſam; Bafileios und Joannes Chryſoſto— 
mos, wahricheinlich auch der Hiltorifer Ammianus, 
waren jeine Schüler. — Zahlreiche Schriften find 
von ihm verfaßt und zum großen Teil erhalten, 
alle in griechiiher Sprade. Den eriten Plab 
nehmen * Reden, Aöyoı, ein, teils Muſterreden 
zu rhetoriichen Übungen (mgoyvurasudenv mapu- 
derlyuere), über 60, teils Reden über erdichtete 

44 


— Libanios. 


690 


Gegenftände, welfraı, etwa 50; unter diejen Neben 
find mehrere wichtig für die Geſchichte bejonders 
jeiner Zeit, namentlid die Reden an Julian, die 
Xobreden auf Eonftantius und Conjtans. Wichtig 
ift ferner jeine Lebensbeichreibung des Demofthenes 
und die Inhaltsangaben (bmodt£laeıs) der demo: 
jthenifchen Reden. Sodann befigen wir von ihm 
eine große Anzahl Briefe, 1607 Stüd (400 in 
lateintjcher Sprache haben ſich ald moderne Fäl- 
ichungen erwiejen), von denen nicht wenige an 
bedeutende Männer gerichtet find und uns ein an— 
ichauliches Bild jener Zeit geben. Die Sprache 
des Libanios, gebildet durch gründliche Studien 
des Homer, Platon und bejonders der attiichen 
Nedner, jowie des Arifteides, ift rein, aber nicht 
ei von der Unnatürlichkeit und Geziertheit, welche 
ih in allen Schriftftellern jener Periode findet. — 
Die erfte, unvollftändige Ausgabe jeiner Werte 
erichien zu Ferrara (1517); die bis jegt vollſtän— 
digjte Ausgabe ift die von %. J. Neisfe (1791— 
1797); die Briefe von J. C. Wolf (1711). Bgl. 
G. R. Sievers, das Leben des Libanios (1868). 

Libänon, rö Aißavov ögog oder ö Alßavog, 
das Hauptgebirge Syriens, die Grenzſcheide zwiſchen 
Phoinikien und Koileſyrien. Es erjtredt fich der 
Küfte parallel etwa 20 Meilen, von Sidon bis 
Simyra (j? Samra), und fteigt im Norden bis zu 
3063m an. Den Namen „weißes Gebirge” (j. 
Dichebel Libnan) hat es wohl nicht von jeinen 
Kalkfelfen, fondern von den Schneegipfeln (Tac. 
hist. 5, 6). Berühmt find jeine Zedern. Pol. 5, 45. 
Strab. 16, T54ff. 

Libatio j. Opfer, 3. 10. 

Libellus, A) im Prozeß j. d. a. inscriptio, d. h. 
ichriftliche Kriminalanflage und Anzeige der De: 
latoren; B) Adreſſe, Bitte u. j. w. an den Kaiſer 
oder Senat. Die Kaijer hatten bejondere Beamte, 
a libellis oder libellenses genannt, welche die 
libelli annahmen und beantworteten. — C) Im 
gemeinen Leben öffentlicher Anſchlag über Verkäufe, 
verlorene Gegenftände, Ankündigung von Spie- 
len u. ſ. w. Endlich auch ein Notizbuch, eine Mappe 
mit wichtigen Papieren. Tac. ann. 3, 16. 

Liber famösus, j. db. a. carmen famosum, 
Schmähſchrift, ſ. Iniuria. 

Liber, Libera und Liberalia j. Diony- 
sos, 10, 

Libertas, 1) mythologijch: römische Perſoni— 
fifation der Freiheit, dargejtellt als Frau mit dem 
pileus, dem Symbol der freiheit, mit einem 
Lorbeerkranze, eine längliche Mütze in der Nechten, 
in der Linfen Lanze und Füllhorn. Sie hatte einen 
Tempel auf dem Wpentinus, dem Hauptjige der 
Plebs, der von Ti. Sempronius Gracchus, dem 
Vater des Siegers bei Benevent, errichtet worden 
war. Liv. 24, 16. Wahrjcheinlich bezog fich diejer 
Tempel auf die Befreiung der ‘Plebejer von dem 
Drude der Batricier. Einen Tempel der Libertas 
erbaute Clodius auf der Stelle, wo Ciceros Haus 
geitanden hatte. Cic. de dom. 51. legg. 2,17. Ein 
anderer, auf Staatskoſten errichteter Tempel der 
Libertas wird erwähnt Dio Cass. 43,44. Außer— 
dem gab es ein atrium Libertatis (Liv. 25, 7), 
das zur Aufbewahrung der Cenjustafeln diente 
und nad einem Brande zur Zeit des Muguftus 
von Ajinius Pollio wiederhergejtellt wurde. Suet. 
Oct. 29. — 2) ftaatsredhtlid: der Stand der 
Freien, zerfiel in ingenui (libere nati) und liberti, 


Libanon — Libethrion. 


nr die durch Geburt und die durch Manumiſſion 
eien. 

Libertinus und Libertus, jener der Freige— 
lafjene im Verhältnis zum Staat, libertus der 
Freigelafjene im Berhältnis zu jeinem Herrn; vor 
alters aber hie libertinus der Sohn lıber- 
tus. — 1. Die Freilaffung der Sflaven erfolgte durch 
die Manumissio (j. d.). Der lıbertinus em- 

fing den Gentilnamen, oft auch den Bornamen 
* Herrn und dazu gewöhnlich ein Cognomen, 
z. B. Chrysogonus, der Freigelaſſene Sullas, 
Tiro, der des Cicero. Die durch die verſchiedenen 
Arten und Bejchränfungen der Freilafiung ent— 
ftehenden Klaſſen der Libertinı waren: 1) cives; 
2) Latıni Juniani (f. d.); 3) deditieii (j. d.); 
4) statu liberi. — ll. Zuftand der Lib., welche 
eives geworden waren: 1) ſtaatsrechtlich. Sie 
waren in den ftädtichen Tribus und im den Cen— 
turien —— mit vollem Stimmrecht, wenn 
auch ihr Einfluß ſehr gering war, denn die tribus 
urbanae waren übervoll, und in den Centuriat— 
comitien ftanden fie ihrem Vermögen zufolge in 
den unterften Klafien. Der Cenſor App. Claudius, 
312 v. C. machte eine gewaltige Ummälzung, 
indem er den lib. geftattete, fich ın allen Tribus 
einfchreiben zu laſſen. Dieſe ftaatsgefährliche Ein: 
richtung änderte der Cenjor D. Fabius Marimus 
Rullianus 304 v. E. dahin, daß die lib. wieder 
in die 4 tribus urbanae zurüdgehen mußten, 
eine Beitimmung, die abermals 220 v. €. (Zar. 
ya 20) eingejhärft wurde, ebenſo durch die lex 
emilia, 115 v. E.; und jo blieb es auch troß 
der lex Sulpicia, Manilia, Clodia und Manlia, 
j. dieſe leges. Bon Ehrenftellen und Kriegsdienft 
waren die lib. ausgeichloflen, von letzterem aber 
nur bis zu dem Bundesgenofjenkriege. — 2) Pri- 
vatrechtlich ftanden die lib. den andern Bürgern 
rüdfichtlich de commercium gleich, nicht aber in 
Beziehung auf conubium, und ſtets galt die Heirat 
zwiſchen einem ingenuus und einer libertina als 
ignominia für den erfteren. — Wichtig ift das 
Verhältnis des lib. zu jeinem Freilaffer. Die enge 
Beziehung zeigen der gemeinfame Name und das 
emeinfame Begräbnis. Rechtlich einflußreich war 
Anſpruch der Patrone auf die Intejtaterbfolge 
der Hinterlaffenfchaft des lib. und auf die Bor: 
mundjchaft über die Frauen und Kinder der lib. 
Undanfbare lib. wurden beftraft, doch ohne Berluft 
der Freiheit. — Unter den Kaifern famen mandhe 
lib. zu hohen Ehren ala Günſtlinge der Kaiſer, 
welche von ihrem Einfluß oft einen jehr ſchlechten 
Gebrauch machten. 

Liböthra, Alßndoa, Asidndgor, Asidnden, 
eine 3 frühzeitig durch den Infolge eines 
Wolfenbruchs ausgetretenen Waldbach Sys zer: 
ftörte Stadt der mafedonischen Landſchaft Pieria 
am Dlympos, jüdweftlich von Dion. Strab. 9, 410. 
Paus. 9, 30, 5. 

Libethrion, rö Aıßrj®gıor (au Asıßj®gıor) 
deos, weftlicher Teil des Helifon, 1 Meile von 
Koroneia entfernt, mit den Bildfäulen der libe- 
thriſchen Muſen und Nymphen, deren Grotte nebit 
2 Quellen (fie ähnelten weiblichen Brüften und 
auch ihr Wafler war milhähnlich) jich auch dort 
befand. Höchſt wahrſcheinlich iſt es der heutige 
Berg von Megali Lutza in einer noch jetzt durch 
Waſſerfülle ausgezeichneten Gegend. Paus. 9, 34,4, 
Strab. 8, 410, 


Libitina — Lieiniü. 


Libitina, altitalifche Göttin der Luft, zugleich 
eine Göttin der Gärten und Weinpflanzungen, in 
jpäterer Zeit wegen ihrer Beziehung zur Toten: 
bejtattung mit Projerpina und, wahrſcheinlich wegen 
des Gleichklangs mit libere und libido, mit Venus 
identifiziert, welche leßtere auch die Beinamen 
Lubentina, Lubia hatte. In dem Tempel der 
Venus Libitina wurden alle Gerätichaften, die 
zur Beftattung gebraucht wurden, aufbewahrt, und 
Servius Tullius hatte verordnet, daß für jeden 
Verftorbenen ein Geldjtüd in denjelben entrichtet 
wurde (lucar Libitinae). Die Dichter gebrauchen 
daher das Wort metonymilch geradezu für den 
Tod (Hor. od. 3, 30, 6. sat. 2, 6, 19. Phaedr. 
4, 20, 26). 

Libitinarius, der Zeichenbeftatter, jo gen. von 
Libitina, in deren Tempel alles zur Beftattung 
Erforderliche jich befand. Der Libitinarius über: 
nahm das ganze funus in Accord (libitinam exer- 
cere) und bediente fih dazu der pollinctores 
(Salber), vespillones (Leichenträger) u. j. w. 

Libo ſ. Seribonii. 

Libritöres f. Funditores. 


Libum, Opferkuchen und laden, die den Göt— 
tern bei feitlihen Gelegenheiten, namentlih an 
Geburtstagen dargebradht wurden und aus feinem 
Weizenmehl, Eiern, Milh und DI gebaden und 
noch warm mit Honig beftrichen wurden. Gie 
fommen aber auch als gemwöhnliches Efien vor; 
die jie bereiteten, werden libarii genannt. 


Liburnae (eigentl. Liburnicae), nämlich naves, 
die ſchnellen und leichten Fahrzeuge, auf denen 
die illyriſchen Yiburner ihre Seeräubereien auf 
dem Joniſchen Meere trieben, meift aus Fichten: 
oder Zannenholz gebaut und Zwei- oder Drei: 
ruderer. In der Kaiſerzeit fommen fie auch als 
Kriegsichiffe vor, nachdem Detavian bei Actium 
ihre Brauchbarfeit gegen die großen Schiffe des 
Antonius erkannt hatte. Hor. sat. 1, 37, 30. 

en 

Liburnia, Aßovovi«, das Küſtenland Illy— 
riend zwijchen den Flüſſen Arfia (j. Arja) und 
Titius (j. Kerla), die es im Norden von Iſtria, 
im Süden von Dalmatia ſchieden, der mweftliche 
Zeil aljo des heutigen Kroatien und der nörd— 
lihe von Dalmatien. Als rauhes Gebirgsland 
(von den Albijchen Bergen, j. Alban, durch— 
zogen) war das Yand wenig fruchtbar, und die 
Bewohner, Ziburni, waren auf Kandel und 
Schiffahrt angewiejen; mit ihren jchnelljegelnden 
Schiffen (Liburnae naves) fuhren fie in ferne 
Gegenden. Bon ihren Nachbarn bedrängt, warfen 
fie fich frühzeitig (176 v. E.) den Römern in die 
Arme, denen die Flotte der 8. jehr zu ftatten 
fam. — Unter den Städten find zu merfen: Tar: 
fatica (j. Zerjatto), Flanona (j. Fianona), Al: 
bona (j. Alvona) am Flanatijhen Meerbujen 
(i- Kanal del Duarnero), Senia (j. Zengg), Cori: 
nium (j. Garin), Anona (j. Nona), Jader (j. Alt 
Zara) und die Hauptftadt Scardona, jämtlich 
an der Hüfte. Plin. 3, 22, 26. 

Libya j. Africa. 

Libyfei montes, rö Aıßvrov ögog, das Gebirge 
an der Wejtgrenze Ägyptens, j. Dichebel Seljele. 
Hadt. 2, 8. Strab. 17, 819. 

Libycum mare, ro Aıßvnör mehayos, hieß 
der Teil des Mittelländiichen Meeres zwtichen den 


691 


beiden Syrien und der Inſel fireta. Pol. 1, 42, 
Diod. Sie, 5, 39. Strab. 2, 122. 10, 488. 

Libyphoenices, Aßvgoirıneg, Arßogpolvınes, 
hieß die aus der Vermiſchung von Phoinifern 
und Libyern entjtandene Bevölferung der phoini- 
fiüichen Kolonien an der Nordfüfte von Afrika, 
auc in Südſpanien. Pol. 3,33. Diod. Sie, 20, 55. 
Liv. 21, 22. 25, 40. Strab. 17, 835, 

Libyssa, Adßvooe, bithyniiche Küftenftadt auf 
dem Wege von Nilomedeia nadı Chalfedon, wo 
Hannibal (183 dv. E.) Gift genommen haben joll. 
Plut. Flam. 20. Eutr. 4, 2. Aur, Vict, 42. 

Lichas, Aixas, 1) j. Herakles, 12. — 2) ein 
reiher Spartaner, befannt durch die Bewirtung 
der an den Gymmopaidien in Sparta anmwejenden 
fremden (Xen. Mem. 1, 2, 61) und durch einen 
Sieg in den DOlympien (DI. 90), wurde jpäter 
mehrmals zu Gejandtichaften verwandt und bewies 
jih dem Tifjaphernes gegenüber als ein Mann 
von Freimut und ehrenhafter Gejinnung. Thue. 
5, 22. 76. 8, 39 ff. 

Lieinii, ein plebejiihes, urjprünglid aus 
Etrurien oder aus Tuſculum jtammendes Ge— 
ichlecht, welches in den jpäteren Zeiten der Repu— 
blit in mehreren Zweigen zu Rom blühte und zu 

roßem Anjehen und Ruhm gelangte. Folgende 
Ad die bedeutenditen Männer daraus: A) 1) C. 
Lic., im 9. 493 v. E. Vollstribun mit 2. Al: 
binus. Liv. 2, 33. 58. — 2) P. Lic. Calvus 
Eſquilinus, war der erjte plebejiiche Kriegs— 
tribun mit fonfulariicher Gewalt im J. 400 v. E. 
Liv. 5, 12. — 3) ®. Lie. Calvus, fein Sohn, 
erhielt auf Bitten des Vaters und an der Stelle 
desjelben, der zum zweitenmal dazu gewählt war, 
dasjelbe Amt im & 396 v. C. Liv. 5, 18. — 
4) C. Lic. Ealv. Stolo, 368 v. E. erjter aus 
der Plebs ermwählter magister equitum. Gein 
Diktator hie P. Manlius. Liv. 6, 3. 39. — 5) E. 
Lic. Ealv. Stolo, 376 v. E. Volfstribun mit 
2. Seftius, brachte gemeinſchaftlich mit diejem 
einen Antrag ein, der die Berbeflerung der jocialen 
Lage der bedrüdten Plebejer betraf und ihnen die 
Teilnahme am Konfulate verichaffen jollte (ſ. Leges 
Liciniae Sestiae). Der Senat jegte demſelben 
teil3 durch den Einjpruch einer Minorität der Tri: 
bunen, teild durch die Macht der Diktatur Wider- 
ftand entgegen, mußte jich aber zunächit in betreff 
der Schuldenverhältnifje und im betreff der pos- 
sessiones der Reihen am ager publicus fügen. 
Die Abjichaffung der Konjulartribunen und die 
Teilnahme der Blebejer am Konfulate wurde nad) 
gehnjährigem Kampfe im 9. 366 nur durch ein 
tompromiß erreicht, welches die Wahl eines neuen 
praetor, qui ius in urbe diceret, aus den Patri: 
ciern geftattete. Plut. Cam. 39 ff. Liv. 6, 35—42. 
Im %. 364 wurde Lic. Konjul, zum zweitenmal 
im J. 361.. Die von Haß ‚gegen ihn erfüllten 
Batricier Hagten ihn 357 der Übertretung des von 
ihm ſelbſt gegebenen Ackergeſetzes an, da er mehr 
Land beſaß, ald das Geſetz erlaubte (1000 Morgen 
ftatt 500), weshalb er mit einer Geldftrafe belegt 
wurde. Liv. 7,16. Val. Max. 8,6. Plin. 8, 3. 
— 6) C. Lic. Varus, befämpfte als Konſul des 
Jahres 236 v. E. die Gallier und befiegte darauf 
die Korjen. Zonar. 8, 18. — T) BP. Lic. Barus, 
erhielt als Prätor im %. 208 v. E. Befehl, 
Italien mit einer Flotte gegen einen Angriff der 
Karthager zu deden. Liv. 27, 22. Nach Cicero 
44* 


692 


(de or. 2, 61, 250) jcheint er nicht ohne Wiß ge: 
wejen zu fein. — I) Craſſi: 8) P. Lie. Eraj: 
jus Dives, erlangte noch jehr jung das Wonti: 
fifat (212 v. E.), wurde im folgenden Jahre Adil 
und gab prächtige Spiele. Im J. 210 befleidete 
er die Cenſur (ausnahmsweije vor der Prätur und 
dem Konfulate), und 205 das Konſulat. Liv. 
25,5. 27, 5f. 21f. 28, 38. Cie. Brut. 19. Plut. 

‘ab. 25. In lehterem Amte befehligte er in 
Unteritalien gegen Hannibal, ohne daß es zu 
ernften Kämpfen fam. Mit Ruhm focht er als 
Profonjul 204 in der Schlacht bei Kroton gegen 
Hannibal. Liv. 29, 36. Er ftarb 183. Liv. 39, 46. 
Als Pontifex Marimus ftand er in großem Rufe, 
da man ihn wegen jeiner Nechtöfunde jehr ſchätzte. 
Liv. 30, 1. 31, 9. 36, 2. — 9) P. Lic. Erajjus, 
erhielt im 3. 171 v. E. das Konſulat und den 
Oberbefehl gegen Berjeus von Matedonien (Liv. 
42, 32 ff.), erlitt aber eine Niederlage bei Larifja. 
Liv. 42, 57 ff. Just. 33, 1. Plut. Aemil. Paul. 9. 
Mit Härte verfuhr er darauf gegen die Griechen 
und wurde deshalb vom Senat in Strafe genom: 
men. Liv. 43, 4 ff. — 10) Sein Bruder, E. Lic. 
Erajjus, begleitete ihn als Legat nach Makedo— 
nien, wo er unter ihm in der unglüdlichen Schlacht 
bei Yarifja foht. Im J. 168 v. E. zum Konſul 
gewählt, blieb er in Italien und begab fich erft 
um folgenden 3. im Auftrage des Senates nad 
Makedonien. Liv. 44, 17. 45, 12 ff. — 11) €. 
Lic. Erafjus, Volfstribun im %. 145 v. E,, 
wandte fich nicht, wie es bisher Sitte geweſen 
war, beim Reben gegen die Eurie, jondern an 
das Rolf, gegen das Forum. Ein von ihm vor: 
geichlagenes Geſetz, nach welchem die Prieſter— 
follegien ſich nicht mehr ſelbſt ergänzen, ſondern 
die Ergänzungswahlen dem Volke überlafien joll- 
ten, ging nicht durch. Cic. Lael. 25. — 12) P. 
Lic. Erafj. Dives Mucianus, ein Sohn des 
P. Mucius Scävola, Ndoptivjohn des B. Craſſus 
Dives, wurde Konful im J. 131 v. E., leitete den 
Krieg gegen NAriftonifos in Afien, wurde in dem: 
felben Jahre von diejem bei Leufai geichlagen und 
fand auf der Flucht den Tod (Just. 36, 4: vietus 
poenas ınconsultae avaritiae sanguine dedit). 
Liv.ep. 59. Val. Max.3,2, 12. Vell, Pat.2,4. Er 
zeichnete fich aus durch jeine Kenntnis des Rechts 
und durch feine Berediamkeit (Cie. de or. 1, 50) 
und war der griechijchen Sprache vollfommen 
mächtig. Er war ein Freund des Ti. Gracchus 
und förderte noch nach deſſen Tode die Ausfüh- 
rung des Adergejepes desielben. Plut. Tib. Gracch. 
9. 215 vgl. Cie. r. p. 1, 19, 31. — 13) 8. Lie. 
Erajjus, geboren im J. 140 v. E., zeichnete ſich 
bereit3 im jugendlichen Alter aus. Erſt 21 Jahr 
alt, erhob er 119 eine Klage gegen den E. Ba: 
pirins Carbo, der anfangs ein Anhänger des Ti. 
Srachus geweſen, dann jedody 120 völlig zur 
Partei der Optimaten übergegangen war, aber, 
durch die Rede des Craſſus politiſch vernichtet, 
ſich jelbft das Leben nahm (vgl. Papirii |], 1.). 
Seine Beredjamteit bildete er aus, während er 
Duäftor in Aſien war, und darnach zu Athen, 
indem er dort die bedeutendften griechiichen Rhe— 
toren hörte. Cic. de or. 2, 88. 3, 20. Nach feiner 
Rückkehr führte er mehrere Prozeſſe, befleidete das 
Tribunat und unterftügte (106) das Geſetz des 
D. Servilius Cäpio zu Gunsten des Senats, der 
(freilich nur bis zum J. 104) die Gerichte wieder 


Lieinii. 


erhielt. Cie. de or. 1, 52, 225. 2, 55, 223. Cluent. 51. 
Brut. 43. 86. Mit Mucius Scävola beffeidete 
er gemeinschaftlich die meiften Amter, jo die Adi— 
lität, welche fi) durch prachtvolle Spiele aus: 
zeichnete. Plin. 8, 16. Cie. off. 2, 16. Im J. 95 
erhielt er das Konfulat zugleich mit DO. Scävola 
und entzog als Konſul durch ein Geſetz den Bundes: 
genofjen, welche ihr Bürgerrecht nicht beweiſen 
fonnten, dasjelbe, jowie er den wegen feiner Ge— 
richtsbill vom Ritterftande gehaßten Servilius, ob- 
wohl vergeblich, zu verteidigen juchte, jo daß er, 
durch ein höchſt tumultuarisches Verfahren ver- 
urteilt, nad) Smyrna ins Eril ging. Cie. Brut. 
44, 64. Verr. 2, 49, 122. Während feiner darauf 
folgenden Verwaltung des cisalpinijchen Galliens 
ewann er durch offene und edle Behandlung den 
Sohn des von ihm 119 angeflagten Carbo ganz 
für fich, der dorthin gegangen war, um des Erafius 
Verwaltung in Gallien zu beobachten und fich 
Mittel zur Rache für die Verurteilung feines Vaters 
zu verichaffen. Ein wegen Befiegung einiger Berg: 
völfer von ihm beanipruchter, aber nicht verdienter 
Triumph wurde ihm verjagt, vornehmlich durch die 
Einjpradhe des DO. Scävola. Als Cenſor (im J. 
92) gab er mit feinem Kollegen En. Domitius 
Ahenobarbus das berühmte Edit gegen die Schu: 
len der lateiniſchen Rhetoren. Gell. 15, 11. 
Sein letztes Auftreten war einige Tage vor jeinem 
Tode am 13. September 91 im Senat gegen den 
Konjul Marcius Philippus, wobei noch einmal 
jeine ganze Redekraft im helliten Glanze ftrahlte. 
Cie. de or. 1,7, 24. 3, 1,1. Brut. 88, 308. Quint. 
11, 1, 37. Craſſus war, wie Cicero bezeugt, einer 
der ausgezeichnetften Redner Roms, hervorragend 
durch eine ebenjo fräftige ald anmutige Rede (er 
führte zuerft die ornamenta dicendi bei den 
Römern ein). Sorgfältige Studien hatten ihn 
dazu gebildet, tüchtige allgemeine Kenntniffe be- 
fähigten ihn noch mehr dazu. Die plaftifche Ruhe 
jeines Vortrags und jein treffender Witz verichaff- 
ten jeinen Reden große Vorzüge. In Ciceros 
Schrift de oratore jpielt er die wichtigfte Rolle. 
Bon jeinen zahlreichen Reden hat uns nur Cicero 
einige Stellen erhalten. Abhandlung von Dette 
(1873). — Seine Tochter, 14) Licinia, die Ge— 
mahlin des jüngeren Marius, war, wie ihre ältere 
Schweſter gleiches Namens, eine beredte Frau. 
(ie, Brut. 58. — 15) ®B. Lic. Craſſus Dives, 
Bater des Triumpirs, wurde im J. 97 v. E. Konſul, 
fämpfte darauf während einer mehrjährigen Ver: 
waltung Spaniens gegen die dortigen aufrühre: 
riichen Bölfer, wurde im %. 90 im Kriege gegen 
die Bundesgenofjen als Legat des Konfuls L. Julius 
Eäjar Strabo von Lamponius gejchlagen, befleidete 
mit demjelben Cäſar 89 die Cenſur und tötete jich 
nad) den Achtserflärungen durch Marius (87) mit 
eigener Hand, um nicht in die Hände feiner Feinde 
zu fallen. Cie. Sest. 21. Scaur. 3. tusc. 5, 19, 55. 
Plut. Crass. 4. App. b. ce. 1, 72. — 16) M. Lic. 
Erajjus Dives, der jüngfte Sohn des vorigen, 
geb. 114 v. E., entrann mit Mühe dem Scidjal, 
welches jeinen Vater traf, und juchte Zuflucht und 
Schutz in Hilpanien. Plut. Crass. 4f. Als Sulla 
gegen Rom zog, ſchloß ſich Erafius ihn an und 
fämpfte mit Ruhm unter ihm, namentlich in der 
blutigen Schladhht vor den Thoren Roms am 
1, Novbr. 82. Plut. Crass. 6 Sull. 29. App. 
b.c.1,93. Dann erhielt er den Oberbefehl im 


Lieinii. 


Kampfe gegen die SHaven unter Spartacus, den 
er gänzlich befiegte und tötete, 71 v. C. Plut. 
Crass. 10. Mit Pompejus zum Konful für das 
folgende Jahr gewählt, zerfiel er bald mit jeinem 
Kollegen, deſſen —* ſeine —— verdunkelte. 
Dagegen ſuchte er das Volk durch Geſchenle er 
fih zu gewinnen, während Bompejus ein Gleiches 
that. Später ſöhnten fich indes beide wieder aus. 
Tut. Pomp. 23. Orass. 12. In gleichem Zwiſte 
lebte er mit Lutatius Catulus, als beide im J. 65 
Genjoren waren. Das jpätere Bejtreben des Pom— 
peius, zur Macht zu gelangen, und das Glück des: 
jelben in jeinen Feldzügen erregten des Erafjus 
Haß & en ihn von neuem, jo daß er ſich deshalb 
dem dar enger anſchloß und diejen bei jeiner 
Bewerbung ums Konjulat im J. 60 unterjtüßte. 
Cäſar jöhnte nun die beiden Gegner miteinander 
aus, und die 3 Männer bildeten das ſogenannte 
erfte Triumpirat. Vell. Pat. 2, 44. Für das %. 55 
wurde Crafjus wieder mit Bomperus zum Konful 
erwählt, nachdem erneuerte Zwijtigfeiten abermals 
durch Cäfar beigelegt waren. Erafjus befam Syrien 
auf 5 Jahre als Provinz und den Krieg gegen 
die Barther, in welchem er ſich glänzenden Ruhm 
zu erwerben dofkte, jo wenig man ın Nom auch 
von diejem ege erwartete. Plut. Pomp. 52. 
Crass. 15 ff. Caes. b. g. 4, 1. Dio Cass. 39, 31 ff. 
Cie, div. 2, 40, 84. Er begab ſich noch vor Ab: 
lauf feines Konjulats nad; Syrien, ging über den 
Euphrat, unterwarf Meiopotamien und 308 darauf 
gegen Seleufeia. Im J. 54 ernenerte er den Krieg, 
ging abermals über den Euphrat und lieh ſich von 
en ihn umjchwärmenden Parthern in die Wüſte 
loden. Plut. Crass. 21. Ihren heranrüdenden 
Feldherrn Surena griff er an, wurde aber ge: 
ichlagen und hatte dabei den Tod feines jüngeren 
Sohnes zu betrauern. Auf dem Rüdzuge wurde 
er bei Carrhä angegriffen, geichlagen und von den 
Barthern, als er auf Wunſch des erichöpften Heeres 
zum Zwede der Verhandlung ſich vom Lager zu 
weit entfernt hatte, niedergehauen, am 9. Juni 53. 
Plut. Orass. 25—31. Caes. b. c. 3, 31. Ov. fast. 
6, 465. Liv. ep. 106. Mit ihm fand der größte 
Teil des römijchen Heeres den Untergang. — 
Craſſus hinterließ den Ruf eines habfjüchtigen 
Mannes. Schon frühzeitig, zur Zeit ber Pro— 
jfriptionen, hatte er den Grund zu jeinem nach— 
erigen, jprichwörtlich gewordenen Reichtum ge: 
egt, welchen zu vergrößern ihm jedes Mittel recht 
war. Plut. Crass. 2. Cie. off. 1, 30. fin. 2, 18, 57. 
Der Ruf feiner Habſucht war jogar zu den Par: 
thern gedrungen. Weit an Klugheit und Charalter- 
ftärfe hinter — Nebenbuhlern Cäſar und Pom— 
pejus zurückſtehend, trachtete er doch nach hohen 
Dingen und war eiferſüchtig und empfindlich. — 
Seine beiden Söhne waren: 17) M. Lic. Eraji. 
Dives, der Cäſar als Quäſtor nad) Gallien be- 
gleitete und fpäter das cisalpinische Gallien ver: 
waltete. Caes. b. g. 5, 46. 6,6. — 18) ®. Lie. 
Eraji. Dives, der jüngere Bruder des vorigen, 
Legat Cäſars in Gallien, wo er fich (56) als 
tüchtigen Feldherrn zeigte. Caes. b. g. 2, 34.3, 20ff. 
Mit einer Schar galliicher Reiter nahm er am 
Zuge gegen die Parther teil, auf welchem er im J. 
58 feinen Tod fand. Plut. Crass. 17. Mit Cicero 
war er jtet3 jehr befreundet. Aus Ciceros Auße— 
rungen, der feine Berediamfeit, Kenntniffe und 
Tüchtigkeit rühmt, ift zu jchließen, dab er in allem 


693 


das Gegenteil von jeinem Vater war. Cie. ad ſam. 
5,8. 13,16. Brut. 81. — 19) €. Lie. Eraji. 
Mucianus, aus der familie der Mucier, adop— 
tiert von einem Licinius Craſſus, Konjul 67, 70 
und 72 n. E., verwaltete Syrien ſehr tüchtig bis 
um Tode des Galba. Bejonders thätig war er 
dir die Erhebung Veſpaſians auf den Thron. Tac. 
hist. 1, 10. 76. Suet. Vesp. 6. Diejer jandte ihn 
nad Italien, welches er für ben neuen Kaiſer ges 
wann, und wo er nach des Bitellius Tode in 
Verbindung mit Domitian die Regierung bis zur 
Ankunft Beipafians führte, Tac.hist.2,95.4,11.39. 
Dio Cass. 66, 2. Geitdem lebte er jehr zurüd- 
g ogen und widmete jeine Muße jchriftitelleriicher 
an feit, bejonders in der Geographie und Natur: 
dichte. Plin. 5, 9. 86. 7, 50. Er hatte auch 
Neden und andere Urkunden aus der republifani- 
ſchen Zeit gejammelt. Tac. dial. 37. Monogr. 
von 2. Brunn (1870). — 0) Yuculli, deren be— 
fanntefte Mitglieder folgende find: 1) €. Lie. 
Lueullus, Bollstribun 196 dv. C. Liv. 33, 42, 
— 2) 2. Lic Luc., Konfjul im J. 161 v. C. 
(Cie. Brut. 21, 81), befiegte in Hijpanien mehrere 
aufrührerifche Völferichaften. Ziv. ep. 48. — 3) 2. 
Lic. Lue., befämpfte im %. 102 v. C. als Bro: 
prätor die empörten Sklaven auf Sicilien, erlitt 
aber, nad ig glüdlichen Erfolgen, eine 
Niederlage. Nach) Rom zurücdgelehrt, wurde er, 
vom Augur D. GServilius des Unterjchleifs an— 
geftagt und überwiejen, mit Verbannung beitraft. 
or. 3,19, 11. Cie. Verr. 4, 66. Plut. Lue. 1. 

— Sein ältefter Sohn, 4) 2. Lic. Luc., geboren 
vor 106 v. E., trat zuerjt mit einer Klage gegen 
Servilind, den Urheber der Verbannung jeines 
Baters, auf, ohne ——— Klage durchzubringen. 
Plut. Luc. 1. Im Kriege gegen die Bundes— 
genofjen wie gegen Mithridates zeichnete er ſich 
aus, und bejonders in leßterem legte er den Grund 
zu feinem jpäteren Ruhme, indem er im %. 87 
Seren 21 Jahr alt) die von jenem Könige be: 
egten Injeln und Städte an der Küſte Aſiens 
einnahm und deſſen Flotte beſiegte. Plut. Luc. 3. 
Im J. 79 wurde er Äüdil und gab als folcher 
— Spiele, im J. 77 Prätor, 74 Konſul. 
ls Mithridates den Krieg erneuerte, erhielt L. 
den Oberbefehl gegen ihn, beſiegte ihn bei Kyzikos, 
gewann eine Seeſchlacht bei Leſbos (73) und hlug 
ım Verlaufe der nächſten Jahre Mithridates der: 
eftalt, daß derjelbe zu Tigranes von Armenien 
flüchten mußte, welcher die Auslieferung feines 
Schwiegerpaterd Mithridates verweigerte Cie. off. 
2,16. Plut. Luc. 5. 9. 20. Pomp. 20, 2. zog im 
%. 69 in überrajchender Eile gegen Armenien, 
jiegte über das zwanzigfach ftärfere Heer des 
Tigranes bei Tigranoferta und darauf (68) über 
beide Könige bei Artarata, mußte jich aber wegen 
Ungufrieden eit des Heeres, welches wegen der 
ichlimmen Jahreszeit und der Beichwerden der 
Feldzüge feine Entlaffung forderte, nach Nifibis 
zurüdziehen und dajelbjt überwintern. Darüber 
gelang es dem Mithridates, ein römifches Korps 
ei Bela zu befiegen. Plut. Luc. 31. ö5f. Dio 
Cass. 34, an 35,2. Ein armenijches Heer rüdte 
‚ihm zu Hülfe, und 2. konnte nichts unternehmen, 
da einige Legionen entjchieden den Dienft ver: 
weigerten, indem fie ihm borwarfen, daß er ſich 
—— bereichere und ſie leer ausgingen. Im J. 66 
wurde ihm Pompejus zum Nachſolger gegeben, der 


694 


fogar jeinen Triumph, der erſt im J. 63 ftatt: 
fand, zu hindern fuchte. Dafür trat 2. ihm jpäter | 
als Haupt des Adels entgegen. Er ftarb, in 
Wahnſinn verfallen, im J. 56; dem öffentlichen 
Leben war er bereits jeit längerer Zeit entfremdet. 
Plut. Lue. 43. Vell. Pat. 2,48. 2. war milde 
und edel von Charakter, was er befonders in Afien 
bewies, wo er die Yaften und Leiden des Krieges 
den Bewohnern nach Kräften zu erleichtern juchte. 
Beim Heere, welches ihm vornehmes Wejen vor- 
warf, war er wenig beliebt; gegen Feinde und 
Widerjacher zeigte er ſich milde und verſöhnlich. 
Er war jehr reich, jo daß fein Reichtum, wie bei 
Erafjus, faft zum Sprichwort wurde. Rom, wo er 
prachtvoll wie ein Fürft lebte, jchmüdte er durch 
die berühmt gewordenen Gärten des Lucull (Plut. 
Luc. 39) und durch glänzende Baläfte, in denen 
er fich und feinen Freunden den Aufenthalt durch 
Bücerfammlungen und Kunſtſchätze angenehm zu 
machen ſuchte (vgl. über feinen —— Cie. 
acad. 2,1. Plut. Luc. 1. 19; über feinen Neid): 
tum Plut. Luc. 39. Pomp. 48). Er förderte und 
ichüßte Gelehrte wie Künftler, 5. B. den Dichter 
Archias (Cie. Arch. 9), und war jelbjt ein Kenner 
der griechijchen Yitteratur, ja er verfaßte in griechi— 
cher Sprache eine Gejchichte des marſiſchen Krieges. 
Plut. Lue. 1. Cie. ad Att. 1, 19, 10. Sulla joll 
ihm feine Memoiren zur Durchſicht überliefert 
haben. Plut. Luc. 4. Auch für Beredſamleit und 
Philojophie zeigte er Intereſſe. Cie. Brut. 62, 222. 
acad. pr. 2,2,4. Tae. dial, 37. Wenn berichtet 
wird, daß er die Kirſche aus Pontos, jpeziell aus 
der Stadt Kerafüs, nah Italien gebracht habe 
(Plin. 15, 25. Athen. 2, 50), jo fann fich das nur 
auf eine bejonders edle und neue Sorte beziehen. 
Nah ihm benannte Cicero das (uns erhaltene) 
zweite Buch feiner erjten Bearbeitung der Acade- 
mica, enthaltend die Erkenntnislehre der Atade: 
miter Antiohos und Philon. — Sein Sohn, 
5) Pic. Luc. (der Vorname ift nicht bekannt), 
wurde nach des Vaters Tode unter Bormundichaft 
des Cicero und Cato erzogen (Cic. ad Att. 13, 6. 
fin. 3, 2, 7). Seine Mutter war Servilia, die 
EStiefjchweiter des M. Cato. Im Bürgerkriege 
war er ein Anhänger des Brutus und Caſſius 
und fand auf der Flucht vom Schlachtfelde bei 
Philippi feinen Tod. Vell. Pat. 2, 71. — 8) M. 
Lie. Luc., Bruder von Nr. 4, wegen jeiner 
Adoption durch M. Terentius Varro M. Ter. 
Lieinianus VBarro genannt, fiegte im J. 83 v. E. über 
die Anhänger des Marius (Put. Sull. 27), wurde 
Konful 73, verwaltete Mafedonien und bejiegte bis 
zur Donau hin die nördlich wohnenden Bölfer (72). | 
Flor. 3, 4,7. An den öffentlichen Angelegenheiten | 
En er eifrig Anteil, zugleich auch an den Pro: 
x en gegen den Tribun Cornelius und gegen 
urelius Cotta; dem verbannten Cicero leiftete er 
freundliche Dienfte Cie. de dom. 52. Pis. 31. Er! 
war weniger ausgezeichnet als jein Bruder, Tebte | 
einfacher und müchterner und ftarb kurz nad) ihm. 
Plut, Luc. 43. — Ein anderer Zweig * Licinier 
find D) die Macri: 1) C. Lic. Macer, ſtachelte 
als Tribun (73 v. E.) den Unwillen des Volkes 
an gegen die von Sulla dem Tribunate auf: 


Lieinii. 


eines plöglichen Todes, vielleicht durd; Selbjtmord. 
Plut. Cie. 9. Cie, ad Att. 1, 4.2. Val. Mar. 
9, 12, 7. Cicero (Brut. 67) ſchildert ihn ale 
Redner ziemlic) a ‚ ebenjo tadelt er ihn 
(legg. 1, 2, 7) als Gejchichtichreiber. Er verfaßte 
römiſche Annalen, in mindeftens 27 Büchern, welche 
von den Alten wegen Barteilichkeit nicht jehr ge: 
tobt werben. Monographie von Liebaldt (1848); 
gragm. bei Peter, hist. Rom. rel. I p. 300 ff. 
ragm. p. 190 ff. — 2) Sein Sohn, €. Lic. 
Macer Calvus, geboren im J. 82 v. E., war 
ein Gegner Ciceros und ein freund des Catullus, 
mit deſſen Poefie die jeinige Ahnlichkeit bejaß. 
Er zeichnete ſich als Redner und Dichter aus; 
doc; befigen wir außer 2 Epigrammen nur einige 
Fragmente jeiner, befonders lyriſchen, Dichtungen. 
Suet. Caes. 73. Üic. Brut. 82. ad fam. 15, 21. 
Catull. e. 14. 50. 58. Hor. sat. 1, 10, 19. Er 
ftarb im 3. 48 oder im Anfange 47. Bgl. Weichert, 
poet. lat. reliqu. p. 89— 130. Sammlung der 
Bruchftüde in den Ausgg. des Catull von Lach: 
mann und von L. Müller, jowie bei Weichert 
a. a. O., ©. 131 ff., und Bährens, fragm. poet. 
Rom. p. 320 ff. — E) Murenae, plebejtiches 
Geſchlecht aus Yanuvium: 1) B. Lic. Mur., Ken: 
ner des römischen Aitertums, fiel im Kampfe gegen 
die Anhänger des Marius. Cie. Brut. 67. 90. — 
2) 2. Lie. Mur, Bruder des vorhergenannten, 
fämpfte unter Sulla tapfer im 3. 86 v. C. in 
Griechenland gegen Archelaos , den Feldherrn des 
Mithridates, und wurde im %. 84 Statthalter in 
Alien, wo er den Krieg gegen Mithridates er: 
neuerte, aber von demjelben bejiegt wurde. App. 
Mithr. 65. — 3) Sein Sohn, 8. gie. Mur., 
fämpfte zuerft unter jeinem Vater, ſpäter unter 
Lucull gegen Mithridates (Cie. Mur. 9. 16), wurde 
im $. 65 v. €. Prätor und verwaltete Gallien 
auf gerechte Weile. Im %. 63 aber wurde er 
als dejignierter Konſul wegen Beftechung angeflagt 
(Plut. Cat. min. 21. Cie. Flacc. 39), ohne daß 
man beftimmte Beweiſe gegen ihn vorzubringen 
vermochte. Cicero, der eine glänzende, uns er: 

Itene Rede hielt, Erafjus und —— waren 
eine Verteidiger Plut. Cie. 35. Cic. Mur. 37. 39 
und bewirkten ſeine Freiſprechung. Er wirkte mit 
zur Verurteilung der Gatilinarier. Cie. ad Att. 
12, 21. — 4) Sein Bruder, E. Lic. Mur., be: 
fehligte im J. 63 v. E. in Gallien und lieh die 
Abgeſandten Catilinas fejtnehmen. Sall. Cat. 42. 
— 5) A. Terentins Barro Mur., Adoptiv: 
john des Terentius Varro, jchlug im J. 25 v. C. 
die Salafjer (Dio Cass. 53, 25). Konjul im J. 23, 
nahm er als folder an der Berjchwörung des 
Fannius Cäpio teil und wurde troß der Für: 
iprache des mit Auguftus befreundeten Broculejus 
und jeiner an den berühmten Mäcenas verheirate- 
ten Schwefter Terentia in demſelben J. verurteilt 
und hingerichtet. Suet. Tib. 8. Aug. 19. 66. Dio 
Cass. 54, 3. Zonar. 10, 32. — F) Nervae: 1) E. 
Lic. Nerva, Prätor im X. 167 v. E. Liv. 45, 16. 
— 2) Sein Bruder, U. Lic. Nerva, Boltstribun 
178 dv. E., verwaltete während jeiner Prätur 
Hilpanien im I. 166. Liv. 41, 6. 45, 44. — 3) P. 
Lic. Nerva, veranlafte, ald er im J. 108 v. E. 


gegimungene Machtbejchränfung und wurde 66 | Sicilien verwaltete, den zweiten Aufſtand der 
wegen Erpreflungen, welche er als Broprätor ver: | Stlaven. — G) Gacerdotes: 1) E. Lie. Sa: 
übt hatte, verurteilt, wobei Cicero als Prätor |cerdos, wurde im J. 142 v. E. von dem jüngeren 
thätig war. Nach jeiner Verurteilung ftarb er; Scipio als Cenſor des Meineids bejchuldigt, da 


Lietor — Ligue, Ligures. 


aber eine Klage unterblieb, eg weiter a 
ichaft gezogen. Cie. Cluent, 
Sac., der Vorgänger des — in = 3 


695 


n= | gegen den von Cäſar dahin gejandien Feldherrn 
urio, im 9. 46 gegen Cäſar jelbft, wurde aber 
bald nach deſſen Landung bei Adrumetum ge- 


tung Siciliens, erwarb ſich durch gerecdhtes und | fangengenommen und durfte nicht ins Vaterland 


—— Verfahren daſelbſt einen “* Namen. — 
Ferner find | Lig. 4. Troß der Fürbitten feiner Freunde und 


Verr. 1, 10. 2, 33. 3, 50. — 


Caes. b. Afr. 89. b. c. 1, 31. Cie. 


u nennen: | 1) Lie. Broculus, Befehlshaber der | bejonders Ciceros begnadigte Cäſar den Ligarius 


ätorianer (Tae. hist. 1,46), beförderte den Sturz | erit, 


des Dtho, deſſen Vertrauter er war, durch jeine 
deighen und erhielt von Vitellius Begnadi ung. 
— 2) Lic., mit vollem Namen Balerius Lici— 
nianus Licinins, ein Dacier aus niederem 
Stande, wurde von Galerius im J. 307 n. E. 
zum Mitregenten für Pannonien und Nätien ans 
enommen. Nach Galerius’ Tode ya er 
—8 313 mit Eonjtantins Stiefſchweſter Conftantia. 
Darauf geriet er in Streit mit Marimin und be: 
fiegte diejen bei Adrianopel. Seitdem beherrichte 
Licinius den ganzen Often des Reiches und ver: 
feinem & arte Berfolgungen über die Chriften. Mit 
einem Schwager entzweite er jich, erlitt durch ihn 
die Niederlage bei Cibalä an der Save (8. DOftbr. 
314) und jöhnte fich mach einer zweiten Nieder: 
lage wieder mit Conjtantin aus, bis es im J. 323 
e neuen Kämpfen zwijchen beiden fam, und 
icinius nad) Verluſt mehrerer Schlachten * jenem 
die Alleinherrichaft überlafjen mußte. Zwar er: 
wirfte Eonjtantia bei ihrem Bruder das Ber: 
ſprechen, das Leben ihres Gemahls zu erhalten; 
troßdem wurde Licinius (Oftbr. 325), angeblich 
eines Aufftandsverjuhs wegen, auf Conftantins 
Befehl hingerichtet. Zosim. 2,11. 17 ff. Aur. Viet. 
Caes. 41. ep. #1. 

Lietor, der Diener der höheren Ma ur 
welcher —— die fasces (ſ. d.) vortrug. Die Lik 
toren haben ihren Rang nad) den scribae und 
accensi, gehen aber den viatores und praecones 
voran. Sie waren —— Freigelaſſene und bil— 
deten in der Hauptſtadt ger Korporationen, 
welche in decuriae zerfielen, nämlich 3 decuriae 
der Liktoren (jede zu 24 — ng die höheren 
Magiftrate, 1 decuria der lictores curiatii, 
welde bei dei Opfern ajjiftierten (decuria eu- 
riatia, quae sacris publicis apparet) und die 
30 -Curien in den S Scheincomitien vertraten. Ihren 
Urfprung und die jedem Magiftratus ———— 

ahl ſ. Fasces. Der Flamen Dialis und die 

eſtalinnen ſeit 42 v. C. hatten auch je einen 
giftor, vielleiht von der decuria der liet. cu- 
riatii. Eine wahrſcheinlich auch für jafrale Zwecke 
bejtimmte Korperſchaft bildeten die durch Auguſtus 
geſchaffenen L. der vicomagistri, die gleichfalls 
unter decem viri ftanden. — Die Liftoren be: 
gleiteten die Magiftratus bei allen —— 
machten Platz (summovere plebem), jorgten, 
jenen der nötige Reſpelt beiviejen wurde, —— 
das Tribunal, hielten im Veſtibulum Wache, voll— 
Veen die Hin tung ber verurteilten Bürger u. |. w. 
er vor dem Magiitratus —— gehende hieß 
lietor proximus, der vorderſte 1. primus, wie aus 
Liv. 24, 44 hervorgeht. Doch nennen andere lict. 
primus den ae vor dem Magiitratus 
— alſo = J. proximus 
igarii, ein urfprünglich fabinifches Geſchlecht, 
aus welchem während des Bürgerkrieges zwiſchen 
Cäjar und Pompejus mehrere genannt werden: 
1) DO. Lig., diente (50 v. E.) ald Legat in Afrika, 
kämpfte dann (49) ald Anhänger des Pompejus 


als ihn fein Feind DO. Ülius Tubero an- 
geklagt und Eicero ihn gegen Die rg a in einer 
deprecatio verteidigt hatte, wodurch Diefer den 
gnädigen Cäjar zu preijen Gelegenheit erhielt. So 
erreichte Cäſar zugleich feine Abficht, den gewal— 
tigen und einfiufreichen Redner für ſich zu ges 
twinnen. Cie. ad fam. 6, 13. Lig. 5. Plut. Cie. 39. 
Brut. 11. ig. fehrte nach Rom zurüd, blieb aber 
unverjöhnlih. Mit Brutus nahm er teil an der 
Verſchwörung gegen Cäſar. App. b. c. 2, 113. In 
den Proffriptionen des 3. 43 famen 2 Brüder 
diejes Namens um. — 2) Ein Verwandter war 
wohl P. Ligarius, welcher zugleih mit D. Lig. 
in Cäſars ngenichaft fiel und auf deſſen Befehl, 
weil er rap ehe erer Begnadigung abermals gegen 
Cäſar die A Ir en hatte, 46 hingerichtet 
wurde. (nes 

— u — Alygos, j. Loire, be: 
deutender Strom Galliens, der von den Eevennen 
fonımt, in einem Bogen Sallien durchftrömt und 
zwijchen den Bictonen und Namneten an der Weit: 
füfte mündet. Er war 2000 Stadien weit jchiffbar. 
.b.g. 3, 9 u. ö. Strab. 4, 189, 
Ligii oder Lugii (auch Lugiones und Lygii), 
ein in mehreren Stämmen in den Ebenen der 
oberen Weichjel und Oder ausgebreitetes Sueben- 
volf. Sie — zu dem großen Völkerverein 
des Maroboduus, bedrängten um 84 n. E., unter 
Domitians Regierung, die Quaden, dann aber ver: 
ſchwinden fie aus der Gefchichte. Tacitus (Ferm. 43) 
nennt die Harier, Helväonen, Manimer, Helifier 
und Nahanarvaler als Teile derjelben; auch die 
Burier waren ein wichtiger Stamm. Ta, 
Germ. 43. ann. 12, 29. 30. Strab. 7, 290. 
Liguria, Ligüres. Die Ligured (Atyves, aud) 
Ayvorivor) waren ein alter, jehr weit verbreiteter 
Völkerftamm an der Südfüfte Gallien und des 
benachbarten Oberitaliens, zwiichen Seealpen und 
Apennin, von Maffilia bis Pia, wahrſcheinlich ein 
Volksſtamm jelbitändiger Abftammung mit eigen- 
tümlicher Spradye und Körperbildung, der neben 
den Iberern vor der Einwanderung der Arier ein 
Hauptvolf des jüdweitlihen Europa ausmachte, 
Manche halten fie dagegen für ein Mifchvolf aus 
der nicht arijchen Urbevölferung und den einge: 
wanderten Kelten, Stalitern u. j. w. Als ein 
großes und mächtiges Volk erregten fie die Auf: 
merkſamkeit der Griechen, jo daß Eratofthenes die 
ganze weſtliche Halbinjel Europas die ligyſtiſche 
nannte (Strab. 7, 300), und man auch in Germa— 
nien (Tac. Germ. 43), ja jelbit in Afien (Hat. 
7, 72) Spuren bderjelben zu finden meinte. — 
Unter Auguftus wurde der Umfang des von den 
Ligurern bewohnten und a ihnen benannten 
Landes ——— (N Aryvarınn)) jo beſtimmt, daß 
im W. der Varus und die Seealpen die Grenze 
gegen Gallien, im SD. der Fluß Macra die Grenze 
egen das eigentliche Italien bildeten, im N. der 
adus, im & der Ligurifche Meerbufen. Das 
Land umfaßte aljo —2* Senna, das jüdliche 


Piemont und den weftlichen Teil des früheren 


696 


Herzogtums Parma. Die gebirgige Beichaffenheit 
des Landes, welches auch viele Eampte enthielt, 
wies die Bewohner beſonders auf die er 
hin. Die faft gänzlich der Häfen entbehrende Küfte 
ei Genuas daten ift bedeutend) gab wenig Ge— 
egenheit zum Handel mit den Produkten des Landes 
(Vieh, Pferde, Maulefel, Honig, Bauholz u. ſ. w.). 
Das Terrain des Landes erjchwerte den Römern 
auch in hohem Grade die Unterwerfung der zahl: 
reihen Stämme des friegerifhen, dabei rohen 
Volkes; feit 280 v. E. ziehen fich diefe Kämpfe 
fort (Liv. ep. 20. 31, 10. 32, 29. 34, 56. 35, 
11 f. 37,2. 57 u. d.) bis in die Zeiten der Kaiſer 
Tac. hist. 2, 12. 3, 4); erſt 14 v. C. wurden die 
igures comati oder capillati bezwungen und 
die provincia Alpium maritimarum u. 
— Unter den Stämmen find zu merfen die Ve— 
diantii bei Monaco, Intemelii bei Bintimi- 
lia, Ingauni bei Albenga, Genuates bei 
enua, Taurimi bei Turin, Statielli um Po: 
lenza, Cuburriates um Eareur, Bagienni um 
Bene u. a. Die 2. bewohnten meift nur Heine 
Ortichaften und Bergfeiten (Liv. 35, 11. 21 ff.); 
die folgenden Orte waren zum Teil maffiliiche 
Kolonien. An der Küfte von W. an: Nicäa (ij. 
Nizza), Herculis Monoeci portus (j. Monaco), 
Albium AIntemelium (bei Tae. Agr. 7 Intemelii, 
j. Vintimiglia), Albium Ingaunum (oder Albi— 
aunum, j. Albenga), Savo oder Vada Sa: 
atia (j. Savona), Genua, Segefta Tigu: 
liorum (j. Seftri), Portus Beneris (j. Porto 
Venere), Im Innern, wo freilicdy Ligurer und 
Kelten vielfach durcheinander gerüttelt waren: Pol: 
fentia (j. Polenza), Claftidium (ſ. d., j. Ca— 
fteggio), Alba Pompeja (j. Alba), gaka i. 
Afti), Dertona (j. Tortona), Iria (j. oghera), 
Auguſta Taurinorum (j. Torino, Turin), die 
größte Stadt. Endlich befahen die 2. an der Küſte 
noch einige Heine Inſeln, wahrjcheinlich die Hyeri— 
chen Intern, aljo mit den Stoichades des Stra- 
bon und den Inſeln der Maffilier bei Tacitus 
(hist. 3, 43) identiſch. Strab. 4, 202 ff. 5, 218 ff. 

Likymnios j. Herakles, 2. 

Lilaia, AQcıe, eine jchon von Homer (I1.2,522 

enannte Stadt in Phofis an den Quellen des 
Rephitos, in berftedter Lage, weshalb fie in den 
Perjerfriegen verjchont blieb. In dem heiligen 
ei von den Mafedoniern verwüjtet, erholte fie 
ſich bald wieder. ——— Ruinen, beſonders 
der befeſtigten Burg, find noch vorhanden. Paus. 
10, 33, 3. 

Lilybaeum, Adößeıor, weſtliches Vorgebirge 
Eiciliens, 1000 Stadien von dem nächiten Punkte 
der afritanijchen Küfte (Kap Bon) entfernt. Die 
Karthager gründeten, nachdem ihre nördlich ge: 
legene Stadt Motye im 3. 397 v. E. von Diony: 
fios erobert und zerftört worden war, bier eine 

leihnamige feſte Stadt, welche einer der wichtig: 
ten Punkte der Inſel und mit 20000 Mann Be: 
ſatzung gefichert wurde. Pol.1,42.45. Die Römer 
konnten die durch einen 60 Fuß breiten und 
40 Fuß tiefen Graben und eine ftarfe Mauer ge- 
fchüßte Stadt im 9. 250 v. ©. nicht erobern 
(Pol, 1, 42. 47); erft der Friede brachte fie in 
ihre Hände. Auch unter römischer Herrichaft blieb 
2. bedeutend und war Sit eines der beiden Quä— 
—— der Inſel. Das heutige Marſala liegt in 
em füdlichen Teile der alten Stadt. Strab.6,265 ff. 


3. | lich die Felder durch Gräben oder 


Likymnios — Limnai. 


Limaias, Auuclas, j. Limia, Fluß an der Weit: 


| gap Hijpaniens, zwijchen dem Durius und Mi— 


nius, auch Fluß der Vergeffenheit, 6 is Anöns, 
enannt, angeblich weil die Turduler und Kelten 
* ihren gemeinſamen Anführer verloren, uneins 
eworden wären und ihre Unternehmung * en 
ätten. Deshalb wollten ihn auch die Soldaten 
de3 D. Junius Brutus Callaicus im J. 136 v. €. 
nicht überjchreiten. Strab. 3, 163. App. Hisp. 72. 
imes. der Querweg zwijchen den einzelnen 
Barzellen der ajfignierten Felder. Es wurden näm- 
e von Norden 
nach Süden und von DOften nach Weiten geteilt, 
jene hießen cardines, dieſe decumani limites; 
außerdem gab es noch Fleinere, die in der eriten 
Nichtung prorsi, in der andern transvorsi ge— 
nannt wurden. Auch auf den Ehaufieen hießen 
die neben dem agger viae, dem mittleren ge: 
pflafterten Teile (Tac. hist. 2, 24. 42. Verg. A. 
5, 273), herlaufenden Fußwege limites. Tac. hist. 
3, 25. — In der Kaijerzeit wurde die Befeftigung 
der Reichsgrenze (hohe und breite Erdwälle, Tac. 
ann. 1, 50), limes oder limes imperii Romani, 
unter Domitian begonnen, unter Trajan und Ha- 
drian vollendet, und die zur Bewachung derjelben 
aufgeftellten Soldaten milites limitanei genannt, 
legtere ein buntes Völkergemiſch aus allen Teilen 
des römischen Reiches. Die UÜberreite werden in 
Deutjchland mit dem Namen Teufeldmauer, Pfahl, 
Biahlgraben, nn Schweingraben bezeichnet. 
Auf denjelben finden fich vielfadhe —— 
der römiſchen Vorzeit, nach welchen gerade in den 
letzten Jahren umfaſſende Nachforſchungen ange— 
ſtellt worden find. Der eine Teil limes, 
imes Raeticus oder Transdanuvianus, 
zieht nach den neueſten Unterfuchungen von Stel: 
heim oberhalb Regensburgs bis Gunzenhaufen in 
nordweftlicher, von da in Tüdweftticer zuletzt von 
der Gegend von Malen an in meitlicher Richtung 
bis Pfahlbronn (nördlich von Lord). Der andere, 
hier beginnende Teil, limes Transrhenanus, 
erſtreckt ſich jchnurgerade an Welzheim, Murr: 
ardt, Mainhardt, Ohringen, Zagithaufen und 
fterburfen vorbei nad Walldürn und wendet ſich 
hin nach Miltenberg am Main, der von hier an 
die Grenze bildete. In Groß-Krotzenburg (füdlic 
von Hanau) beginnt der Wall wieder, zieht nad) 
Norden, dann im Bogen um die Wetterau herum, 
folgt gg ben Höhen des Taunus und endet 
unterhalb Neuwied am Rhein. Alle 500 bis 
1000 Schritt findet fich ein Wachtturm, alle 3 bis 
4 Stunden, 4 bi$ 13 km hinter dem limes, ein 
größeres (für je 1 Kohorte berechnetes) Lager 
. B. das Kaſtell bei Groß-Krotzenburg und die 
wohlerhaltene Saalburg bei Homburg). Eine von 
diefem limes unabhängige und wahrjcheinlich zu 
anderer Zeit errichtete ee it die Main: 
Nedarlinie, die bei Gundelsheim am Nedar unter: 
halb Wimpfen beginnt und bei Wörth zwiſchen 
Miltenberg und Mchaffenburg den Main erreicht. 
Bol. Eohaufen, der römijche Grenzwall in Deutſch— 
land (1884). 9. Haupt, der römijche Grenzwall 
in Deutichland (1885). Ohlenjchlager, die römische 
zn in Bayern (1887). Hübner im Bonner 
Jahrbuch, Bd. LXXX. 
Limnai, Adurn, 1) Grenzjtadt Meſſeniens gegen 
Lafonien, im ſ. g. Dentheleatifchen Bezirf. Die 
von meſſeniſchen Jünglingen an jpartanifchen Jung: 


— 
m 


Limo — Litis aestimatio, 


frauen bei dem dortigen Tempel der Artemis 
Limnatis verübte Mifhandlung war die äußere 
Veranlaſſung j dem erjten meſſeniſchen Striege. 
An ihrer Stelle fteht jetzt eine Heine verfallene 
Kapelle der Panagia von Bolimnos. Paus. 3, 2, 6. 
16, 6. 4, 31, 3, Strab. 7, 362. — 2) ein Stadtteil 
von Sparta, j. Lakonika, 8. — 3) ein füdlicher 
Stadtteil von Athen, wo das Lenaion lag, daher 
auch zö lsoöv roü dv Aluvcaıg Aloroͤsov genannt, 
ſJ. Attika, 12. — 4) Stadt an der Weftfüfte der 
thrafijchen Eherſoneſos weſtlich von Seſtos, j. 
Anafarta. Strab. 14, 635. 

Limo, Limonum, Lemönum, Stadt der Pi- 
etönes in Aquitanien, j. Roitierd. Caes. b. q. 8, 26. 

Arnösg, 6, Fames, ein hohlblidendes, wildes 
Ungeheuer mit ftruppigen Haaren und blafjem Ge— 
fiht, Perfonififation des Hungers, der Hungers— 
not, mythiſch Tochter der Eris (Hesiod. theog. 227), 
geichildert Or. met. 8, 799 ff., bei Vergil (A. 6, 276) 
unter den todbringenden Ungeheuern am Eingange 
zum Oreus. 

Lindos j. Ialysos. 

Lingönes, Alyyoves, bedeutende feltiiche Völ— 
ferichaft am Fuß des Voſegus an den Quellen der 
Matrona und Moja (Caes. b. q. 4, 10), zwiichen 
den Trevirern und den Sequanern (Caes. b. q. 
1, 40. Tac. hist. 4, 64. 67), mit der Hauptftadt 
N ndbematunnum (moch im Mittelalter Yangoinne 

enannt, j. Langres). Sie gehörten au ben Böl: 

ern, welche zu den Zagen nach Italien Kontin— 
gente ſtellten. Liv. 5, 36. Bon Raifer Dtho er: 
hielt das ganze Bolt das Bürgerrecht. Tac. hist. 
1, 78 

Linos, Aivos, ein jchöner, früh getöteter Jüng- 
ling, eine ähnliche Berjonififation wie der boio— 
tif e Narkiſſos, der Tafedaimonische Hyakinthos, 
Hylas in Bithynien, wie dieſe die in ihrer Blüte 
dem Tode verfallende Natur repräjentierend. Wahr: 
ſcheinlich bedeutete der Name, wie Narfijjos und 
Hyaklinthos, eine Blume, eine Art Narkifjos. 
Brugich, die Adonistlage und das Linoslied (1852), 
jucht die Entjtehung im Orient. Den frühen Tod 
des jchönen Hirtenjünglings feierte man in klagen— 
den Weifen. Schon Homer (TI. 18, 570) nennt den 
Linosgefang, Alvos, in welchem oft der bei den 
Tragitern (Aesch. Agam. 115. 131. 148. Soph. 
Ai. 627. Eur. Phoen. 1535) häufig vorfommende 
Klageruf «ldıvov wiederholt ward. In Argos be: 
fonders hatte jich die altertümliche eier des Linos 
erhalten (Inachius Linus, Prop. 3, 13, ®), Er 
alt hier für den Sohn des Apollon und ber 
Rönigstochter Piamathe. Er war von der Mutter 
ausgejcht, von einem Hirten auferzogen und von 
Hunden zerriffen worden; Pjamathe aber wurde 
von ihrem Vater, dem fie ihren Fehltritt entdedt 
hatte, zum Tode verurteilt. Als deswegen der 


erzürnte Apollon die Poine jchidte, welche den 


Müttern die Kinder raubte, erhielten die Argiver 
von dem Drafel den Auftrag, um von der Plage 
befreit zu werden, Piamathe und Linos zu ver: 
fühnen. Sie feierten deshalb jährlich zur Zeit der 
Hundstage im |. g. Yämmermonat (u. &greıog) 
das Lämmerfeft (eevnis) oder die Hundetötung 
(„urogpörrig), indem fie Yämmer opferten und die 
Hunde totichlugen; die frauen und Jungfrauen 
aber hielten eine Prozeffion und Hagten um Yinos. 


697 


herbeigeführten Glut der Hundstage. — In Theben 
und der Umgegend tritt Linos in mehr ansgebil« 
deter Geſtalt auf; aus dem im Linoslied bejunge- 
nen Knaben ift ein Sänger, ein Ahne des Orpheus 
und Homer, geworden. Auf dem Mujenberge He: 
lifon hatte di nos, Sohn des Amphimaros (oder 
Apollon) und der "Mufe Urania, eine Grotte mit 
jeinem Bilde, wo ihm jährlich vor dem Muſen— 
opfer ein Totenopfer gebraht wurde. Er jollte 
ſich mit Apollon in einen Wettfampf eingelafen 
haben und deshalb von diefem getötet worden fein. 
Aus einem Fundigen Sänger wurde er allmählich 
ein Weijer und Öelehrter. Den Herafles joll er 
in der Kunft des Kitharipiels unterrichtet haben; 
als er aber einft den ungelehrigen Schüler ftrafte, 
wurde er von demjelben mit der Kithar erichlagen. 
Apollod. 2, 4, 9. Paus. 1, 43,7. 9,29, 6fj. In 
alerandrinijcher r Beit machte man ihn auch zu einem 
apofryphiichen Schriftfteller, wie den Orpheus, Mu— 
ſaios u. a., mit denen er in verwandtichaftliches 
Verhältnis gebracht ward. Das Grab des Linos 
ward zu Theben, Argos und in Chalkis auf Euboia 
gezeigt. 

Lipära, 7 Andere, j. Lipari, die größte der 
Aioliſchen "ober Lipariichen Inſeln an der Nord: 
füfte Siciliens, vulkaniſchen Urjprungs und oft 
durch Feuerausbrüche beunruhigt. Aufoner hatten 
eine Stadt Lipara gegründet, welche jpäter knidiſche 
Anfiedler einnahmen, bis im %. 251 v. E. ſich die 
Nömer der Inſel bemädtigten. Strab. 6, 275 ff. 
Pol. 1, 25, 4. Diod. Sic. 5, 7, 10. 

Aiw f. Africus. 

Liris, Atiois, Aigıs, ein bedeutender Fluß 
Mittelitalieng, j. im Oberlanf Liri, im Unterlauf 
Garigliano, entipringt auf dem Apennin in der 
Nähe des Fueinerſees, durchitrömt danıı, von 
mehreren Flüſſen (beſonders Trerus, j. Sacco 
oder Tolero) vergrößert, das jüdliche Latium und 
engieht | ji in ruhigem Lauf (taciturnus amnis, 

31, 7. Sıl. It. 4, 850. 8, 40%) bei 
Minturnä nd Tuftische Meer. Strab. b, 233. 

Lissos, Alooos, 1) Fluß in Thrafien, zwijchen 
Neftos und Hebros, mündet etwas weitlich von 
Stryme. Hadt. 7,108. 109. — 2) Nebenfluß des 
Terias bei Leontinoi auf Sicilien. Pol. 7, 6. — 
3) Stadt im jüdlichen Dalmatien, unfern der Mün— 
dung des Fluſſes Drilon, mit einer faſt unerfteig: 
lichen Afropolis, 385 v. E. von Dionyfios, Tyrannen 
von Syrafus, gegründet. Jetzt Lyeſch, italienisch 
Aleifio. - b. e. 3, 26. Liv. 43, 20. 44, 30. 
Pol. 3, 16. 8, 10. 15. Diod. Sic. 15, 13. 

Autai J 

Litäna silva, großer Wald des Apennin im 
eisalpiniichen Gallien jüdöftlih von Mutina, j. 
Silva di Yuge. Hier wurde im J. 216 v. E. der 
—— L. Poſtumius von den Galliern geſchlagen. 

iv. 23, 24. 

Liternum, A/reovor, oder Linternum, j. Dorf 
Ratria, Stadt in Campanien an der Mündung 
des Clanis, der dort den Namen Yitermus führte 
(j. Campania), feit 196 v. E. römiſche Kolonie 
und legter Aufenthaltsort des aus Rom verbann: 
ten älteren Scipio Africanus, deffen Grabmal hier 
war. Liv. 34, 45. 38, 52f. Strab. 5, 243. Sen. 
ep. 86. 

Litis aestimatY\o, 1) im römischen Civilprozeß 


Die zu Grunde liegende Idee war das Leiden der | die von dem Michter zu veranftaltende Schätzung 


Pflanzenwelt unter der von dem Hundsjtern Sirius | des Streitobjefts, 


wenn die Geldjumme in den 


698 


Formeln nicht beftimmt angegeben war. — 2) Im 


Kriminalprozeß wurde, wenn der Berurteilte auch 
zu einem VBermögenserjag condemniert war, 3. B. 
bei Repetunden- und Peculatsprozefien, von den: 
jelben Richtern die jchuldige Summe ermittelt, 
lis nestimabatur. 

Litis contestatio, eine feierlide Handlung, 
mit twelcher das gerichtliche Berfahren ſchloß, zum 
äußeren Zeichen, dab der Prozeh geordnet jei, 
und welde in einer feierlihen Aufrufung der 
Gegenwärtigen als Zeugen von beiden Parteien 
bejtand, damit diejer Akt als jolenn bezeichnet 
würde. Cie. Rose. com. 11. ad Att.16, 15. Später 
dauerte der Name fort, als die feierliche Form 
längt weggefallen war. 

itis denuntiatio, die vom Kaifer M. Aure- 
lius ftatt der in ius vocatio eingeführte Einlei: 
tung des Prozefies, welde durch die jchriftliche 
Einreihung der Klage vermittelt wurde. 

Litterärum obligatio, jpäterer Ausdrud für 
Litteralfontraft, welcher in dem Eintragen in das 
Hauptbuch (tabulae oder codex accepti et ex- 
pensi) bejtand. Poften wurden nämlich als Bud: 
ſchuld eingetragen, als wenn es Darlehen wären, 
obwohl die Schuld aus einem andern Gejchäft her: 
rührte,; oder man trug Poſten, welche man von 
jemandem zu fordern hatte, auf einen Dritten über 
—— legare). Beides nannte man nomina 
acere oder transscribere, und dieſes iſt der alte 
techniiche Ausdrud für die Litteralobligation. Die 
Hauptbücher waren denen der Argentarii (j. d.) 
ähnlich, nur einfacher. Sie hatten 2 Seiten, ex- 
pensum und acceptum, Ausgabe und Einnahme, 
davon expensi latio und accepti latio, das Ein: 
tragen auf die eine oder auf die andere Pagina. 
— Die Tilgung der Schuld in den tabulae hieß 
acceptum referre. Die codices hatten allerdings 
öffentliche Glaubwürdigkeit, da fie bei dem Genjus 
‚ vorgelegt werden mußten; indejlen fonnten Die 
tabulae des Gegners auch als Gegenbeweis dienen. 
Cie. Verr. 1, 49, 

Litüus, nach Otfr. Müller wahrjcheinlich etrus— 
liſcher Abſtammung „gekrümmt“, vielleicht ver: 
wandt mit Ardfeıw, beugen, hieß 1) der Krummſtab 
der Augurn (Liv. 1, 18), womit fie den geweiheten 
Sefichtsfreis oder heiligen Bezirk, templum, für 
die Vogelſchau abgrenzten und in Regionen eins 
teilten; — 2) ein militäriiches Blasinftrument, 
welches bei der Reiterei üblich war und durch 


NOIR. 


feine frumme Form und durch jeinen höheren und 
ſchmetternden Ton (der Trompete ähnlich) fich von 
der tuba des Fußvolls unterichied. Die es bliejen, 
hießen litieines. 

Livii. Zu diejem alten plebejiichen Geichlechte 
gehörten: 1) E. Liv. Drujus, Bruder des fol- 
genden, der, durch Rednergabe ausgezeichnet und 
als Greis erblindet, in Nechtsangelegenheiten Kat 
zu erteilen pflegte. Cic. Brut. 28, 109. tusc. 5, 
38, 112, — 2) und 3) die beiden Ariftofraten M. 
Liv. Druſus, j. Drusi, 1.2.— 4) die Schweiter 
des leßteren, Yivia, Gemahlin des M. Porcius 
Cato und Mutter des Cato von Utica. Plut. Cat. 
min. 1f. Nach ihres Semahls Tode heiratete fie 
den Servilius Cäpio. Plut. Brut. 2ff. Ihre Tod): 








Litis contestatio — Livii. 


ter von diejem, Servilia, ift die Mutter des M. 
Brutus. — 5) M. Liv. Macatus, verteidigte 
die Stadt Tarent und nach deren Verluft die Burg 
gegen Hannibal in den Jahren 214—212 v. E. 
(Liv. 24, 20. 25, 9 ff. 26, 37), jchlug dann die ihn 
angreifenden Tarentiner und behauptete die Burg 
glüdlidh, bis DO. Fabius Marimus die Stadt wieder 
eroberte, 209. Liv 27, 15f. — 6) M. Liv. Sa: 
tinator, bezwang als Konful im Jahre 219 v. C. 
die Illyrier mit feinem Kollegen Amilius; beide 
wurden nach ihrer Rücktehr wegen Unterjchleifes, 
wie es jcheint, verurteilt. Liv. 22, 35. 27, 34. 
29, 37. Im Jahre 207 wurde er, nachdem er 
aus Unmut über jeine Verurteilung bisher zurüd: 
gezogen gelebt hatte (Liv. 27, 34), wiederum zum 
Konſul erwählt mit C. Claudius Nero. Nadydem 
der Senat eine Ausjöhnung der beiden, jeit langer 
Zeit miteinander verfeindeten, Männer herbei: 
geführt hatte, bejchlofien fie, dah Nero gegen Han: 
nibal, Livius gegen den aus Gallien heranzichen: 
den Hajdrubal kämpfen ſollte. Als der letztere 
aber in Oberitalien erjchien, zogen beide Konjuln 
vereint ihm entgegen und bejiegten ihn in der 
heißen Schlacht am Flüßchen Metaurus in Umbrien. 
Liv. 27, 35 ff. Pol. 11, 1 ff. Beide Sieger hielten 
einen glänzenden Triumph. Liv. 28, 9. Im Jahre 
204 wurde Livius Cenſor und zog ſich als jolcher durch 
jeine Salzjteuer den Spottnamen Salinator zu. 
Da Claudius fein Kollege war, und beide bei der 
Verlejung auf eine jehr anftöhige Art Beweije 
ihrer alten Feindichaft gaben, wollte ein darüber 
unmwilliger Tribun fie zur Rechenſchaft ziehen, was 
der Senat indes verhinderte. Liv. 29, 37. — 
7) E. Liv. Salinator, ausgezeichnet als Befehls: 
haber der Flotte gegen Antiochos 191 v. E., Kon— 
jul 188. Liv. 36, 2 ff. — 8) Liv. Druſus, aus 
einem Zweige der Claudier, der durch Adoption 
in die gens Livia aufgenommen war, 59 v. C. 
wegen Erpreffungen angeflagt (Cie. ad Att. 2,7. 
3.4. 15, 9), aber freigeiprohen; Mitglied des 
Senats; tötete fich als Anhänger des Caſſius und 
Brutus nach der Schlacht bei Philippi. Dio Cass. 
48, 44. — Geine Tochter war 9) Yivia Dru— 
jilla (j. die Stammtafel unter Julii, 8.), gebo: 
ren um 55 v. E,, Gemahlin des Ti. Claudius 
Nero (ſ. Claudii, 27.). Im Jahre 38 überlie 
ihr Gemahl fie dem DOctavian. Bon ihrem erjten 
Gemahl hatte jie 2 Söhne, den Tiberius, den 
ipäteren Kaiſer, und den bald nad) ihrer zweiten 
Berheiratung geborenen Drufus. Körperliche Schön: 
heit, Nachficht gegen die Schwächen des Octavian, 
Klugheit (Macrob. saturn. 2, 5) und treue Hin: 
gabe verichafften ihr bald bei dem neuen Gatten 
einen gewiſſen Einfluß (Suet. Aug. 62. Tac. ann. 
5, 1. Suet. Cal. 23), den fie ſich dauernd zu er: 
halten gewußt hat. Doc erfüllte ſich die Hoff: 
nung des Augujtus, von ihr einen Erben feiner 
Herrichaft zu befommen, nicht. Nach dem Tode 
des Agrippa, der Verbannung feiner Tochter Yulia 
und dem frühzeitigen Hintritt feiner Enkel Lucius 
(2 n. E.) und Gatus (4 n. E.) Cäſar, der Söhne 
der Julia, adoptierte daher Auguftus, freilich nach 
langem Widerjtreben, den ZTiberius und ernannte 
ihn zu jeinem Nachfolger. Tac. ann. 1, 3. Dio 
Cass. 55, 11. Livia wurde nad ihres Gemahls 
Tode (14 n. E.) Oberpriefterin jeines Heiligtums 
und erhielt den Namen Augusta. Alles huldigte 
der Mutter des neuen Herrichers (Tac. ann. 3, 64), 


Liv. 


doch war dieſer nicht willens fich von ihr bevor- 
munden zu laſſen (Suet. Tib. 50) und mied fie 
(Tae. ann. 4, 57), bis ie glüdlicherweije im 
Jahre 29 * 5, 1) ſtarb. Uber ihren Charakter 
vgl. Dio , 56, 47. 58, 2. 60, 5. Vell. Pat. 
2,130. Bol. Aichbach, Livia, Gemahlin des Kaijers 
Auguftus (1864). — 10) Livia (j. die Stamm: 
tafel unter Julii, 8), auch Livilla genannt, 
Tochter des Drujus und Schweiter des Germanicus, 
heiratete jpäter den Drujus, den Sohn des Tibe- 
rius, dem fie indes die eheliche Treue nicht be: 
wahrte. Mit ihrer Hülfe räumte Sejan den Dru: 
jus aus dem Wege. Tae. ann, 2, 43. 4, 3. 7 ff. 39. 
Sie jtarb bald nachher, von ihrer eigenen Mutter 
zum Hungertode verurteilt. Zac. ann. 6,2. Di 
Cass. 58, 11. — 11) Livius, mit dem Beinamen 
Andronifos, gebürtig aus Tarent, der ältefte 
römische Dichter, wurde vielleicht bei der Eroberuug 
feiner Vaterſtadt dur die Römer im Jahre 272 
v. E., wahricheinlich noch jehr jung, —— 
nommen, kam nach Rom und wurde ave eines 
Livius, vielleicht des nachmaligen Siegers am Me— 
taurus (j. Livii, 6.), bon dem er freigelaſſeu 
wurde und den Namen Livius erhielt. Im Jahre 
240 führte er in Rom an den ludi Romanı das 
erjte, nach einem griechiichen Original gedichtete, 
Drama auf und gab dadurch den Auftoß zu der 
von diejer Zeit an jich jchnell entwidelnden dra— 
matijchen Litteratur. Liv. 7,2. Cie. Brut. 18, 72. 
Cat. mai. 14, 50. Er jchrieb eine Anzahl von 
Tragödien (Achilles, Aegiſthus, Tereus u. a.) und 
Komödien (Sladiolus, Yudius), Bearbeitungen grie- 
hiiher Originale, und verfaßte eine Überjegung 
der Odyſſee in jaturnijchem Versmah, von der uns, 
wie von jeinen Dramen, nur wenige Fragmente 
erhalten find. Seine Ddyjiee, Odyssia, welde, 
obwohl unbehülflich troden, ohne Anmut und nicht 
ohne jchwere Mißverſtändniſſe, doch durch ihren 
Inhalt großes Intereſſe erregt zu Haben jcheint 
(Cie. Brut. 18), wurde noch lange in den Schulen 
elejen. Hor. ep. 2, 1, 69 ff. Er ftarb um das 
hr 204. — „Der Erfolg, welchen der tarenti- 
nische Freigelafjene in Rom durd die erjte Ein: 
führung griechiicher Muſe, und zwar der epijchen, 
lyriſchen und der Feine) ri davontrug, 
war ein bedeutender. Der Samen, melden er 
ftreute, fiel auf einen fruchtbaren Boden: die Liebe 
für das Bühnenfpiel, einmal entzündet, wuchs in 
rafhem Tempo, jo dab er es bei jeinem Tode 
als ein vollftändig organifiertes, mannigfach ge: 
gliedertes Inſtitut zurückließ, in deſſen Pflege 
ein Kreis vielverjprechender Talente wetteiferte” 
(Ribbed). Fragmente gefammelt von Düntzer (1835), 
der Odyſſee von Günther (1864), der Dramen von 
D. Nibbed, poet. scaen. Lat. Ip. 1ff,, Ip. 3 ff, 
Luc. Müller (zugleich mit denen des Nävius, 1885) 
und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 37 ff. Bal. 
Nibbed, die römiiche Tragödie (1875), ©. 19 ff. 
Seichichte der römischen Dichtung I ©. 15 ff. — 
12) T. Livius, der große römiſche Hiſtoriker, ift 
59 d. C. geboren zu Patavium (Padua), deſſen 
Einwohner das römtjche Bürgerrecht bejahen, wahr: 
ae aus angejehener Familie. Er beichäjtigte 
ich eifrig mit Philojophie und Rhetorik, zugleich 
auch mit geichichtlichen Studien, teils über jeine 
Baterftadt (Lie. 10, 2), teils über das ganze Gebiet 
der römiſchen Gejchichte, welche er während eines 
langen Aufenthalts in Rom eifrig trieb und zu 


699 


fchreiben anfing, vielleicht Schon nach dem —— 27 
v. C. (Liv. 1, 19, als der Janustempel zum 
weitenmal geichloffen wurde, was er jelbjt jah), 
a er den Octavian nur Auguftus nennt, wie er 
jeit 27 v. E. genannt ward. Troß feiner repu— 
blitanischen Anficht, wegen welcher Auguftus ihn 
einen Pompejaner nannte (Z’ae. ann. 4, 34), und 
obwohl er jeine Selbjtändigfeit mit Feſtigkeit 
wahrte, jtand er doch zu Auguftus in jehr freund- 
ichaftlichem Verhältnifje. Von feinen Zeitgenofien 
hochgeehrt (vgl. Plin. ep. 2, 3, 8. Sen. controv. 10, 
praef. 2), ſtarb er im Jahre 17 n. E., gleichzeitig 
mit Ovid, und ift demnach 76 Jahre alt geworden. 
— Sein großes Geſchichtswerk, von dem älteren 


Dio | Blinius historiae, von ihm jelbjt bisweilen anna- 


les genannt, gewöhnlich aber rerum Romanarum 
ab urbe condita libri, bejtand aus 142 Büchern, 
von welchen wir nur 35 Bücher noch haben, näm— 
lich Buch 1—10 und 21—45, obgleidy im Mittel: 
alter noch das ganze Werk vorhanden war. Schon 
Ki früh teilte man das Werf in Bücher ein; er 
elbjt hatte, jcheint es, anfangs jein Werk nad) 
Dekaden, reijp. Halbdefaden gegliedert und ver 
öffentlicht, ließ dieſe Einteilung jedoch allmählich 
fallen, die aber im Mittelalter beim Abjchreiben 
des ganzen Werkes zu Grunde gelegt wurde. 
Die 5 Bücher der fünften Defade erijtieren nur 
in Einer Handichrift. Neuerdings hat man, na— 
mentlih aus dem einundneunzigjten len rag: 
mente aufgefunden. Bon jeinen philojophiichen 
Schriften hat fich nichts erhalten. i * 100, 9. 
Quint. 10, 1,39. Einen jehr ungenügenden Erjat 
für Die verlornen Bücher des Geichichtäwerfes bil: 
den die (mit Ausnahme von B. 136 und 137) 
—— erhaltenen kurzen Inhaltsangaben, pe- 
riochae, in unbelannter Zeit (vielleicht erſt im 
4. Jahrhundert, und zwar vermutlich nicht auf Grund 
des Driginald, jondern einer aud) von andern, 
3. B. Florus und Oroſius, benugten ausführlicheren 
epitome in der Urt des Trogus-Juſtin) gefer: 
tigt, am bejten herausgegeben von DO. Jahn (1853). 
— Livius' großes Geſchichtswerl ftellt ſich die Auf: 
abe, in pragmatijcher Weije nicht allein die That: 
nl zu berichten, jondern aud das Lehrreiche 
an ihnen hervorzuheben. Liv. 1. praef. Daher 
> er die jo reiche Geſchichte des römijchen 
Bolfes, die er oft mit dichteriichem Schwunge, 
welcher ihn die Sagen jeines Volkes und das 
Sittlihe in den einzelnen Handlungen beachten 
ließ, behandelt, jowie er die hervorragenden Ber: 
jönlichkeiten (3. B. Hannibal) mit voller Seele 
faßt und darjtellt Dies erfannten auch die Alten 
jelbft ſchon an ihm an (Qwint. 10, 1, 101). Seine 
eigene religiöſe Anſchauung, die freilicd) den Männern 
des Mittelalters oft anftößig war, joweit fie ſich 
in der gewijjenhaften Aufzählung aller Wunder: 
zeichen fund gibt, it ein Zeugnis feines frommen, 
in dem Glauben der Bäter großgezogenen Ge- 
mütes (43, 13). Er verſchmäht zur Masihmüdung 
jeiner Darftellung geeignete Mittel nicht und jucht 
die Lebhaftigkeit derjelben zu heben, indem er 
teild treffende Schilderungen einfügt, teils den 
handelnden Berjonen Reden in den Mund legt, 
welche dem Charakter derjelben im ganzen ange: 
meſſen find (wie Seipio und Hannibal), teils end» 
lich durch furzgehaltene Charakterichilderungen (3. B. 
des älteren Cato). Auch dies erfannte jhon Quin— 
tifian Hinfichtlich der Reden an. Daneben trifft 


700 Lixae — Aoyıoral, 


ihm freilich der Tadel der Ungenanigfeit in ein- '«3. Aufl. von M. Müller 1884 f.), 9. 3. Müller 
en Partien nicht mit Unrecht, 3. B. in den | (begonnen 1881) und A. Zingerle (begonnen 1883). 
Schlachtenbeſchreibungen und insbejondere in der | Erfl. Schulausgg. einzelner Bücher von Erufius 
Darftellung der hiſpaniſchen Feldzüge während des md Mühlmann, Fabrı und Heerwagen, Tüding, 
zweiten punifchen Krieges. Was nun die Aus: | ren, Wölfflin, H. J. Müller, M. Müller, Frie— 
führung feines großartigen Werkes betrifft, jo be: | dersdorff, Luterbacher, Egelhaaf, Heynacher, Klett, 
ginnt er feine Gejchichte mit der Sage von Noms Widmann. Beſte deutjche Überf. von Heufinger 
Sründung und von der Geſchichte der Stadt in (1821). Kühnaft, die Hauptpunfte der livianijchen 
Ihrer uriprünglichen engen Beichräntung und er: | Syntar (2. Bearb. 1870-72). Riemann, etudes 
weitert fie im Verlaufe der Begebenheiten zur sur la langue et la litterature de Livius (1881). 
Geſchichte des römischen Weltreiches. Die erjten Madvig, emendationes Livianae (2. Aufl. 1877). 
60 Bücher behandelten 6 Jahrhunderte, die legten  Lixae, Marketender, die auf eigene Hand das 
80 etwa 180 Jahre. Bejonders gelungene Partien , Heer begleiteten und den Soldaten allerhand 
find die Samniterfriege und der zweite punifche  Yebensmittel und Getränfe verfauften und ihnen 
Krieg. Was die von ihm benußten Quellen be: | auch wohl für Geld anderweitige Dienfte leifteten, 
trifft, jo zog er, ohme ſelbſt gerade jehr jcharf zu oft jedoch auch von dem Feldherren mit den Troß— 
fichten,, die fich ihm Ddarbietenden Schriften zur knechten (calones) zu Schanzarbeiten herangezogen 
Ausführung feiner Arbeit zu Rate und verftand | wurden. Mit ihren Zelten ftanden fie an der 
ed, das Beſſere aus ihnen auszumählen. Die | dem Feinde abgewandten Seite des Lagers außer: 
ſchwierige Unterjuchung über die Art und Weije, | halb desjelben vor der porta decumana. Bal. 
in weldyer Livius feine Quellen benugt hat, na- |Castra, 6. 
mentlich die römischen Annaliften, ift in den fetten | Loeatio, eonductio, 1) Mietvertrag zwiſchen 
Jahrzehnten durch die Arbeiten von Nifien (1863), | dem Vermieter, locator, und Mieter, conductor. 
Peter (1863 in betreff des Polybios), Nitzſch (die | Der Mietzins nd merces, pretium, pensio, 
römiſche Annaliftif, 1873) und ®. %. Unger (1878), | Vorzüglich oft fand diefer Vertrag bei Häufern 
jowie durch eine große Zahl Heiner Abhandlungen | (j. Insula) und Grundftüden Anwendung. Letztere 
weiter gefördert. Er pflegte für größere Partien | wurden gewöhnli auf 5 Jahre vom 1. März an 
Eine Quelle zu benugen, in deren Texte er bis: | verpachte. — 2) Loc. cond. operum oder 
weilen Stüde aus andern Quellen eingejchoben |operis ift der Vertrag, durch welchen einer dem 
hat. Seine Zuverläffigfeit rühmt bereits Tacitus. | andern die Ausführung einer Sache gegen einen 
Sein Stil hat ſchon von den nächſten Schrift: | beftimmten Preis übergibt. Jener hieh locator, 
ftellern feiner Zeit verfchiedenartige Urteile er: | der Unternehmer conductor, manceps, redemptor 
leiden müſſen. Die Sprache ift meift leicht ver- | operis, susceptor. In dieſer Weife wurden ſowohl 
ftändlich, fließend, oft blühend, gewandt und frei | öffentliche als private Bauten veraccordiert. Eine 
von dem Streben und Hajchen nach altertümlichen |lex operi faciundo gab die gegenfeitigen Be— 
Ausdrüden, welches Livius an Salluft getadelt | dingungen genau an. 
haben joll. Die erfte Dekade, in welcher er fich oeüli, eigentlich Fächer, daher Schranf, Kaften, 
jeinen hiſtoriſchen Stil erft geichaffen hat, unter: | Schatulle, zur Aufbewahrung wertvoller Gegen: 
icheidet fi in Wortgebrauh und Konftruftionen ſtände, der Größe mad) zwiſchen der großen arca 
vielfach von den jpäteren Büchern. Wenn —6 d.) und der Heinen crumena ſtehend. — Horaz 
Pollio feine Patapinität tadelt (Quint. 1, 5, 55.| (sat. 1, 5, 74) bezeichnet mit dem Worte das Käſt— 
8, 1,3), weil er in Bezug auf jeine Sprache von | chen für die Nechenfteine, mit welchem die Knaben 
Eigentümlichfeiten des Ausdruds, wie fie fich bei | zur Schule gingen. 
Provinzialen fänden, nicht frei geweien jet und | Aoyeior f. Theatron, 8. 
fich nicht der reinen Sprache der ftädtischen Römer | Aoyısrai waren in Athen die Oberreviforen 
bedient habe, jo fann man, ſoweit uns des Livius | aller Beamten, welche über öffentliche Gelder ver: 
Werf vorliegt, diefem Urteile nicht beipflichten | fügten, früher 30, jpäter 10 Berjonen; der Ei$wror, 
und den Tadel nicht für begründet halten. Aber | die ihnen als „Prüfer und Unterjucher zur Seite 
ebenfowenig treffend ift die Vergleichung des Living | ftanden, waren auch 10, einer aus jeder Phyle, 
mit Herodot bei Quintilian (10, 1, 101). Bon | mit 20 Beiligern (mdosdpo:). Euth. und Log. 
dieſem fich objektiv in die Thatſachen verjenfenden | wurden früher durch Eheirotonie, jpäter *— 
Schriftſteller unterſcheidet er ſich weſentlich durch Los gewählt. Zugeordnet waren ihnen außerdem 
den bewußten Zweck feiner ganzen Darſtellung, noch 10 Synegoren oder Öffentliche Anwälte. An 
mit der er in letzter Tendenz das juliiche Ge: | die Logiften als die Hauptbehörde mußte die Rech— 
ichlecht verherrlichen wollte, und durch die, mehr | nung eingereicht werden; dieſe übergaben fie den 
| 











oder weniger freilich die ganze römische Litteratur | Euthynen, welche fie in ihren einzelnen Boften zu 
durchdringende, rhetorische Haltung. — Ausgg. von | prüfen hatten. Auch hatten die Logiften innerhalb 
J. Fr. Gronov (1645. 1679), Drafenborch (1738 ff., 30 Tagen nach der abgelaufenen Amtszeit eine 
wiederholt 1820 ff. in 15 Bbd.), Stroth und Dö— | öffentliche Aufforderung zu erlaffen, daß, wer eine 
ring (1780 ff), Ruperti (1807 ff). Neuefte krit. lage gegen einen der abgetretenen Beamten an- 
Ausgg. von Alfchefsti (1841 ff., unvollendet), Mad: | zubringen habe, ſich deswegen bei ihnen melden 
vig und Uſſing (2. Aufl. 1874), Frigell (1882 ff.) | möge. Waren die Rechnungen richtig, und fand 
und Luchs (begommen 1888), Mene wichtige Nez ſich fein Kläger ein, jo hatten fie die Decharge 
cenfion der Bücher 26-30 von W. Luchs (1879). | zu erteilen (Zmiomunireodar. Fanden ſich dagegen 
Schulausg. mit deutjchen Anmerkungen von Reifen: | Unrichtigfeiten oder Klagen, fo hatten jie einen 
born (1853 ff., 10 Bdd., zum Teil jchon 8. Aufl.). | Gerichtshof zu konftitwieren, in dem fie jelbft den 
Tertausgg. von Kreyſſig (1823 ff.), I. Beller umd | Vorfig führten, die overjyogoı aber als Ankläger 
Raſchig (1829 f.), Herg (1857 jj.), Weißenborn im Namen des Staats auftraten; und ſchließüch 





” 


= 


Aoyoygdpor — Lokris. 


wurde die Sache einem heltaftiichen Gerichte zur 
Entſcheidung vorgelegt. 

Aoyoygdgpoe nennt man nad) Thue. 1, 21 
diejenigen größtenteils vorherodoteischen griechiichen 
Schriftiteller, welche, an das ioniſche Epos an— 
fnüpfend, mündlich überlieferte Sagen und Mythen, 
befonders über die Gründung (»Tiseıg) und Ein: 
richtung der Städte, über Heiligtümer und Aren 
(3.8. ffosımı rs Hoceg), Vollsſtämme und Fürjten: 
——— in Proſa einfach und ſchmucklos nieder— 
chrieben. Ihre Aufzeichnungen waren die Grund— 
lage für die eigentliche Geſchichtſchreibung, welche 
mit Herodotos beginnt. Sie waren mit der ein— 
zigen Ausnahme des Akuſilaos von Argos (in 
Boiotien) Jonier. Unter ihnen werden befonbers 

enannt Kadmos (eine halbmythiiche Berjon) und 

Dion yſios von Milet, Hellanikos von Miüti- 
lene, Hefataios von Milet, der zuerjt die ge: 
ſchichtliche Wahrheit ind Auge gefaßt hat, Eharon 
von Lampfakos, Hippys von Rhegion und He: 
rodoros von Herafleia. Bon ihren Schriften 
haben jich nur Bruchjtüde erhalten, gejammelt von 
E. und Th. Müller im 1. Bd. der fragm. histor. 
Graee. (1841 und 1874). Bgl. Ereuzer, die hiſtor. 
Kunft der Griechen (2. Aufl. 1845), ©. 277 ff. — 
Übrigens hat das Wort Aoyoygdpog die dreifache 
Bedeutung PBrojaiter, Redenjchreiber und Gejchicht: 
jchreiber, ift aber zu feiner Zeit des Witertums 
ausichliehlih von den ältejten Geichichtichreibern 
gebraucht worden. 

,„ Aongis, und die Lokrer, Aoxgol, 
ollen ihren Namen von Lokros, dem Urenkel des 
mpbhiftyon und Anführer einer Lelegerkolonie, 

erhalten haben. Wegen jeiner Zeriplitterung ge 
langte der ganze Stamm nie zu irgend welcher 
Bedeutſamkeit. In Griechenland ſelbſt wohnten 
weitlich (ol EZomdgior) die ozoliſchen Lokrer 
(Aoagol Ofolcı) zwiſchen Witolien im NW., Doris 
im N., Phokis im D. und dem Korinthiichen Meer: 
bufen im S. Bon ihnen durch den Parnaß, Pho: 
fis und Doris geichieden waren die opuntiihen 
Lofrer (A. Orodrrioe) und die epifnemidiichen 
(Exıxrnuidıoı) an der Küſte des Euboiiſchen Meeres 
bis zum Maliichen Meerbujen und den — 
pylen, landeinwärts von Boiotien und Phokis be: 
renzt. Außer dieſen Stämmen wohnten in Jtalien, 
aft an der ſüdweſtlichſten Spitze noch die Aoxgol 
Emitepboiie. — Die ozoliihen Lokrer be 
wohnten innerhalb der angegebenen Grenzen ein 
Gebiet von 12 [IMeilen, meift rauhes Gebirgs: 
land; denn von Phokis reichen die mit Schnee 
und Fichtenwald bededten Zweige des Parnaſſos, 
die jest Elato genannt werden, aus YWitolien das 
hohe ldgebirge Korax (j. Bardufia) hin, durch 
welches ein bejchwerlicher Pak führt. Der nicht 
bedeutende Hylaithosflug durchſtrömt das Land, 
deſſen Felfenjchluchten in den Türkenkriegen die 
Verteidigung leicht machten, aber aud) in Friedens— 
zeiten den Verkehr jehr hemmen. Dazwijchen liegen 
dann allerdings wieder Fruchtſtrecken, bejonders 
für Weinbau geeignet; deshalb leiteten die Ozoler 
jelbft ihren Namen von öLog, Fruchtauge des 
Weinftods, her, während die andern Griechen fie 
als „übelriechende” (öfo) bezeichneten, entweder 
von den Schaffellen, mit denen fie jich gegen 
Kälte jchügten, oder von ihrer Hauptbeichäftigung, 
der Viehzucht. Als DOrtichaften jind bemerfens- 
wert: Naupaftos (j. Yepanto), wo die Herafliden 


s 


701 


ihre Flotte gebaut haben jollen, um nach dem 
Beloponnes überzujegen (von vevaenyeiv). Strab. 
9, 426. Paus. 10, 38, 10. Beſonders wichtig ward 
die Stadt, als die Athener vor 455 v. E. einen 
Teil der von den Laloniern unterworfenen Meſſe— 
nier hieher verjegten und — des peloponne⸗ 
ſiſchen Krieges hier ihre Flotte hielten (Thue. 
2, 69. 91); ſpäter aitoliſch, ward ſie von den 
Römern wieder zu Lofris geſchlagen. Ferner jind 
jr nennen Molyfreia, unweit des Vorgebirges 
Intirrhion, das nad) ihr aud) ‘Piov MoAvngı- 
»6v hieß und einen Tempel des Bojeidon trug, 
Antilyra (wohl nicht mit der phofiihen Stadt 
besjelben Namens identifch), Diantheia (j. Gala: 
ridi); im Innern Migition, Myonia und be 
ſonders Amphifia (j. d.) (unweit des heutigen 
Salona), die alte bedeutende Hauptitadt. — Die 
öftlichen Lokrer (of nodoı) bildeten in älterer 
Beit nur Eine Völterichaft und Einen Staat, der 
von einer in Opüs ſeßhaften Oligarchie von 100 
Geichlechtern By wurde, welche ihren Adel auf 
die mütterliche Abftammung begründeten. Erft in 
jehr jpäter, vielleicht erft der römischen Zeit jcheinen 
die opuntiichen und die epifnemidijchen Lokrer fich 
als 2 Völkerſchaften getrennt zu haben, während 
vorher beide Namen für die jämtlichen öftlichen 
Lokrer im Gegenjag zu den wejtlichen oder 030: 
liichen, die von ihnen abjtammten, gebraucht wur: 
den. Die epitnemidijchen (oder hHypofnemis 
diſchen) Lokrer befahen ein jehr unbedentendes 
Gebiet von etwa 3 (andere rechnen mehr) IM. 
(da8 Gebiet der bald Lofriichen bald phofiichen 
Stadt Daphnus nicht mitgerechnet) an dem nord: 
öftlichen Abhängen des Kallidromos und der 
Knemis (j. Spartia). Das Flüßchen Boagrios 
oder Manes (j. Platania), im Sommer troden, 
befommt durch Regengüſſe oft eine Breite von 
200 Fuß. Das Klima ift mild und gejund, die 
Vegetation treffli. Der Thermopylenpah gehörte 
ichon zum Gebiete der Malieis in Theſſalien. 
Unter den Ortichaften ift Starpheia zwar Hein, 
wird aber wegen jeiner Lage in der Nähe der 
Thermopylen oft genannt; ganz in deren Nähe 
lag das Dorf Alpenos, desgleichen Beſſa, ent: 
weder eine Ortichaft oder ein waldiger Pla; die 
bedeutendite Stadt war aber Thronion am Boa- 
griod. — Das jüdöftlih von den epilnemidiichen 
Lokrern gelegene Gebiet der opuntijhenXofrer, 
5 Meilen groß, wurde teils von den Abhängen 
der Knemis und der phofijchen Höhen, teils von 
einer jehr fruchtbaren Ebene, mediov zidaıuor, 
„das glüdliche Gefilde‘, eingenommen. Klima und 
Fruchtbarkeit jind vortrefflich. Unter den Gewäſſern 
it der Platanios das bedeutendite Flüßchen. 
Dieje glüdlihe Bejichaffenheit des Landes macht 
es erflärlich, wie die Zahl der Einwohner jo be- 
deutend fein konnte, daß fie 7 Schiffe und 6000 
Mann gegen die Perſer jtellten. Hdt. 7, 203,8, 1. 
Die Hauptitadt Opüs (6 Oroüg) war blühend, 
wie ihre herrlichen Silbermünzen bemweijen, doc) 
nie von bedeutender Größe, da fie im Kriege oft 
zeritört wurde. Sie war die Vaterſtadt des Pa— 
troffo8 (Hom. Il. 2, 531. 18, 326. 23, 85); die 
Ruinen finden fich bei Talanti. Als ihre Hafen- 
ftadt wurde Kynos angelehen, wo man das Denf- 
mal Deufalions und der Pyrrha zeigte, die nad) 
der großen Flut hier gewohnt haben jollten; 
andere Küſtenſtädte waren Halai und Korjeai, 


m 


102 


Larymna (f. d.) ſchloß fich jpäter dem Boiotiichen 
Bunde an. Nahe der Küfte lag die Inſel Ata— 
lante, j. Talantonifi. Strab. 9, 425 ff. Vgl. Bur: 
fian, Geographie von Griechenland I ©. 143 ff. 
> 186 ff. — Die epizephyriſchen L., Aoxpol ’Emt- 
gepvenor, bildeten eine der älteften griechiichen Städte 
in Unteritalien, gegründet (nah Strabons aus: 
drüdlicher Behauptung) von den ozolifchen, nicht, 
wie andere meinten (Verg. A. 3, 399), von den 
opuntiichen Lokrern 683 v. C. jchon früh befannt 
durch die Geſetzgebung des Zaleulos (ſ. d.). Sie 
lag neben dem Worgebirge Yephyrion an der 
füdlichiten * der Bruttiſchen Halbinſel. Han— 
del und Begünſtigung des älteren Dionyſios hoben 
die Macht der Stadt, welche dann von dem jüngeren 
Dionyſios, von Pyrrhos und den Römern im 
zweiten puniſchen Kriege manches Ungemach litt. 
Liv. 29, 8. Obwohl die Römer der Stadt ihre 
Freiheit und die von Zaleukos gegebene Verfafjung 
liegen (Lir. 29, 21. Pol. 12, 16), ſank fie doch 
bald gänzlich. Vor der Stadt lag ein herrlicher 
Tempel der Verjephone. Liv. 29, 18. Einige Über: 
rejte finden fich noch bei ©. Ilario. Strab. 6, 259. 

Lollii, ein in den legten Zeiten der Republik 
oft genanntes plebejiiches Geſchlecht, wahrjcheinlich 
aus Samnium. Die bedeutendften Männer des 
Geichlechts find: 1) DO. Loll. jandte, nachdem er 
von des Berres Genoſſen Apronius viel zu leiden 
gehabt hatte, feinen jüngeren Sohn als Zeugen 
gegen Berres beim Prozeſſe desjelben. Cie. Verr. 
3,25. — 2) M. Loll. Balicanns. ein Ricenter, 
befleidete im Jahre 71 v. E. das Tribunat und 
juchte demjelben die von Sulla ihm entrifjene 
Macht wieder zu verichaffen, wobei ihn Rompejus 
unterftüßte. egen dieſer und anderer volfs- 
freundlichen Beftrebungen hafte ihm der Adel, fo 
daf er feine Bewerbung ums Konſulat verhinderte. 
Cic. Verr. 1,47. 2, 41. In betreff feiner Bered- 
jamfeit nannte ihn Salluft (Quint. 4,2, 2) loquax 
magis quam facundus, und Cicero (Brut. 62) 
aptıor auribus imperitorum. — 3) M. Koll. 
Raullinus, wurde, nachdem er im Jahre 21 v.€. 
Konjul gewejen war, im Jahre 16 als Legat des 
Statthalterd von Germanien von den bdeutichen 
Völkern am Rhein (Sugambrer, Tencterer und 
Ufiper) gänzlich geichlagen. Tac. ann. 1, 10. Vell. 
Pat. 2,97. Dio Cass. 54, 20. Im Jahre 1 ging 
er mit dem damals 18jährigen Gaius Cäſar auf 
Augufts Befehl als deflen Mentor nad Armenien, 
wo aber jein liftiger und verichlagener Charafter 
Urjache vieler Verdriehlichkeiten wurde. Vell. Pat. 
2,102. Er jtarb vielleicht an Gift. Die römischen 
Gejchichtichreiber (Vell. Pat. 2, 97; vgl. dagegen 
Hor. od. 4, 9 machen ihm Habſucht zum Vor: 
wurfe. Mit Horaz ftand er ohne Zweifel in 
innigerem Berhältniffe, da dieſer an des Lollius 
Sohn 2 Briefe (ep. 1, 2 und 18) richtete. — 
Seine Enkelin, 4) Yollia Baullina (vgl. Stamm: 
tafel unter Julii, 8.), zuerft mit Memmius Re: 
gulus verheiratet, dann Gemahlin des Kaligula, 
wurde jpäter von diejem verftoßen und von Agriv: 
pina ermordet, 49 n. C. Tac. ann. 12, 22. Dio 
Cass. 59, 12. 23. 60, 32. 

Londinium, j. London, Stadt im Gebiet der 
Trinobantes in Britannia an der Tamefis, 61 
n. €. zeritört, aber bald, obgleich weder Kolonie 
noch Municipium, wieder ein bedeutender Handels- 
platz und jpäter Stüßpunft der Römer bei ihren 


Lollii — Longobardi. 


Operationen. Tae. ann. 14, 33, Suet. Caes. 47. 
Amm. Marc. 27, 8. 28, 3. 

Longänos, Aoyyarös, nicht Aoıravög (Diod. 
Sie. 22, 15), Fluß an der Nordfüjte Siciliens, 
zwiſchen Mylai und Tyndaris mündend, befannt 
durch Hierons Sieg über die Mamertiner; j. St. 
Lucia. Pol. 1, 9, 7. 

Longinos, Aoyyivog, genannt Cajjins Yon: 
ginus mit dem Ehrennamen PRhilologos, in Athen 
um 213 n. E. geboren, machte jchon früh weite 
Reifen und lernte die ausgezeichnetiten Lehrer der 
Philojophie fennen; bejonders aber zog ihn Die 
platonifche Philojophie an Durch vielfache Ge: 
lehrſamkeit und grammatiſchen Scharffinn erlangte 
er in Athen bald großes Anjchen. Auf einer 
jpäteren Reife wurde er der geiftreichen Zenobia, 
der Königin von Palmyra, bekannt, welche ihn zu 
ihrem Ratgeber machte. Er vermochte diejelbe 
zum Widerjtande gegen die römische Herrichaft und 
büßte dafür nad) Befiegung der Zenobia 273 mit 
jeinem Leben auf Befehl des Kaiſers Aurelian — 
Bon feinen hiſtoriſchen, philojophiichen, gramma: 
tiichen und kritiſchen Schriften fennen wir mur die 
Titel und Bruchſtücke, bejonders das Bruchſtück 
einer Rhetorik (abgedrudt bei Spengel, Rhet. 
Graec. I p. 299 ff.). Die unter jeinem Namen 
uns erhaltene Schrift weel Upovg handelt nicht 
etwa von dem jogenannten erhabenen Stil, jon: 
dern beipricht alle Borzüge eines vollendeten Stils 
in praftiicher Weile und iſt bejonders wertvoll 
durch ihre — Citate aus klaſſiſchen Schrift⸗ 
ſtellern. Nach dem handſchriftlichen Titel AMorv- 
slow 7 Aoyyirov hat man fie dem Dionyſios von 
Halikarnaß oder einem andern Dionyfios, ſelbſt 
Plutarch (Baucher) zugeichrieben, während man 
jet einig ift, daß Long. nicht der Verfaſſer fein 
fann, und daß das Buch in eine frühere Zeit, 
etiwa die des Tiberius, gehört. — Ed. princeps 
von Fr. Robortelli (1524); fpätere Ausgg. von 
%. Toll (1694), Pearce (1724), Morus (1769), 
F. Toup (mit der Abhandlung von Ruhnken über 
das Leben und die Schriften des Longinos, 1776 
u. ö.), Weisfe (1809); forrefter Abdrud von Egger 
(1837); neuefte Ausgabe von DO. Jahn (neue Bear: 
beitung von Bahlen, 1887). 

Longinus j. Cassii, 2—12. 14. 

Longobardi oder Langobardi, griechiich Aoy- 
yißagdoı, Aayyößapdor, ein germanijcher Volks— 
ftamm, deſſen Name nicht von den langen Bärten 
oder den langen Streitärten (ahd. parta), jondern 
von jeinen urjprünglichen Sitzen in dem Barden- 
gau, der langen Börde (bei Bardanwic) am linten 
Ufer der unteren Elbe in der Altmark, Medlenburg 
und Lauenburg gegenüber bis Hamburg, abzuleiten 
ift. Sie erjheinen zuerjt bei dem Zuge des Tibe: 
rius 4 n. E. in jenen Giben, jpäter mit den 
Semnonen bei dem Marfomannenbunde. Das frei: 
heitliebende und wanderluftige Bolt trat aber bald 

\zum Gherujferbunde gegen Marbod und jchüste 
| jpäter den vertriebenen König Jtalicus mit bejtem 
Erfolg (Taec. ann. 2, 45. 11, 17), wie es auch jeine 
eigene Freiheit aufs befte wahrte und dadurch zu 
Macht und Anichen fam (Tac. Germ. 40); denn 
das Gebiet der Yangobarden ſcheint fi) vom Rhein 
öftlih über die Weſer faft bis zur Elbe erjtredt 
zu haben. Dann zeigte fich ein bedeutender Lango— 
bardenftamm an der Donau in Oberungarn, be— 
fiegte hier die Heruler und bejegte die Gegenden 


Longos — Lucanus. 703 


an der Theif, wo fie mit den Gepiden feindlich | apfelrunde Wurzel, und aus dem getrodneten Mart 
ujanmenftießen, Durch Kaiſer Juftinian aber Unter: | Brot gebaden. Eine andere Urt, zolaxocıov ge: 
Rübung an Yand und Geld erhielten und unter | nannt, hatte rote Blüten und enthielt in der Samen: 
Audoin ihre Gegner befiegten. Der folgende König ; fapfel (“ıBogıor) viele ehbare Bohnen (»uauoe). 
Alboin z0g, von Narjes gerufen, im Jahre 568 | Der Lotos, der übrigens heutzutage aus Unter: 
nah Italien und gründete das longobardiſche ägypten faft verſchwunden ift, war dem Dfiris und 
Reich, dem erjt Karl der Große ein Ende machte. | der is heilig und wurde wegen jeiner anmutigen 


Der Hauptſitz ihrer Macht führt noch jeßt den | 
Namen Lombardei. 

Longos, Aoyyog, wahrjcheinlih aus Leſbos, 
Berfafler eines Hirtenromans, lebte vielleicht im 
5. Jahrhundert n. C. Sein Werk, moıuerin« r& 
xar& JIcpvıv nal Alöonv in 4 Büchern, jchildert 
die Liebe eines Hirten Daphnis zu Chloe und 
enthält manche artige Schilderungen in reiner und 
ungefünjtelter Sprache. Diefer Roman ift der 
befte der ganzen antifen Romangattung und von 
Neueren, 3. B. Sal. Geßner, oft zum Worbilde 
genommen worden. — Der Zert vervollitändigt 
von Courier (1810); Ausgabe aus dem fFlorent. 
GEoder von Seiler (1842); neueſte Tertrec. in den 
Script. erot. von R. Hercher, Bd. 1. (1858). Vgl. 
E. Rohde, der griechiiche Roman und jeine Bor: 
läufer (1876), 

Longüla, Aoyydia, 1) eine zum Gebiet von 
Antium gehörige Stadt der Volſter in der Nähe 
von Corioli, frühzeitig von den Römern zerftört. 
Liv. 2, 33. 39. — 2) Stadt in Samnium von 
ungewifjer Lage, bei der %. Papirius Eurjor 309 
v. E. die Sammiter ſchlug. Liv. 9, 39. Dion. 
Hal. 8, 36. 

Lorica j. Waffen, 9. und Belagerung, 2. 

Lorum, der Riemen zum Binden, 3. B. der 
Schuhe, bei Pferdegejchirren die Zügel, auch als 
Büctigungsmittel der Knaben und Sklaven die— 
nend (Hor. sat. 1, 10, 5. ep. 1, 16, 46); davon 
hieß lorarius der, weldyer Fie Strafe vollitredte. 
Gell. 10, 3. 

Loryma, r& Achovucc, Hafenftadbt an der Süd— 
füfte Kariens, auf der Rhodiſchen Cherjonejos, 
dem 20 Millien entfernten Rhodos gegenüber. 
Liv. 37, 17. 45, 10. T’huc, 8, 43. Strab. 14, 652. 

Lotophägi, Awropayoı, Lotoseſſer, ein jchon 
von Homer (Od. 9, 82f. 23, 311) genanntes Volk 
an der Meinen Syrte auf der Inſel Meninx, die 
deshalb auch Lotophagitis hief. Bon ihnen 
führte eine durch die Natur bedingte, noch jept 
benugte Karawanenſtraße nad Agypten. Hat. 
4, 177. Strab, 17, 829. 834. Vgl. Odysseus. 

Lotos, Aorös, 1) bei Homer ein Kraut, Stein: 
Hee, in Sparta und um Troja in feuchten Niede— 
rungen wildwachſend, welches als Futter dient 
(N. 2, 776. Od. 4, 603), aber auch eine jehr 
ihöne Blume gehabt haben muß (nach /1. 14, 348, 
wo die Erde fie nebft Safran und Hyazinthe her- 
vortreibt). 2) der kyrenaiiſche ©, der ftadhlige 
Jujuben: oder Bruftbeerbaum, Khamnus lotus 
oder Zizyphus lotus, am jchönften in Afrika um 
die Syrten wachiend, auch in Jtalien jehr häufig, 
aber ausgeartet. Die Frucht glich einer Dlive 
oder Pflaume, war jafrangelb oder purpurrot in 
ihrer Reife, Mein von Kern, ſüß wie Feigen und 
Datteln, noch liebliher von Geruch. Es war die 
Speife der Lotophagen, in der heutigen Berberei 
Sidra genannt. Hdt. 2, 96. 4, 177. — 3) der 
änyptiie L., eine Wafjerpflanze, der Wafferlilie 
gleichend (Hdt. 2, 92), mit weißen oder blauen 
Blüten. Die Frucht wurde gegeflen, ebenjo die 


Form von der Kunft jehr häufig nachgebilbet. 

Lua, römiſche Sühngöttin, der nah der Schlacht 
zur Gühnung des vergofjenen Blutes erbeutete 
feindliche Waffen von dem Feldherrn verbrannt 
wurden. Liv. 8, 1. 45, 33. In den offiziellen 
römijchen Gebeten wurde fie Tochter Saturn 
(Lua Satumi) genannt. 

Luca, Aoöz«, j. Yucca, eine jeit Auguftus zu 
Etrurien gerechnete, früher liguriihe Stadt am 
Auſusfluß nordöftlich von Piſä, der äuferfte Punkt 
der Claudiſchen Straße, bald auch römiſches Mu- 
nicipium, hiſtoriſch befannt als der Ort, wo Gäjar, 
Bompejus und Erafjus 56 v. E. zufammentamen 
und ihren Geheimbund erneuerten. Noch heute 
findet fich in dem jebigen Yucca ein jehr volljtän- 
dig erhaltenes Amphitheater. Liv. 21, 59. 41, 13. 
Cie. ad fam. 13, 13. Suet. Caes, 24. Strab.5, 217. 
Plut. Pomp. 51. Caes. 21. 

Lucania, Asvxaria, die zwischen Apulia, Sam: 
nium und Gampania nördlich und Bruttii jüdlich 
gelegene Landſchaft Unteritaliend, vom Silarus: 
fluß bis zum Yaus am Tyrrheniichen Meere, am 
Eetentintihen Meerbujen von Metapontum bis 
Thurii. Mit Ausnahme einer Ebene am Taren- 
tinischen Meerbujen wird das Land von den Aus: 
läufern des Apennin durchzogen, weißen Kallſtein— 
höhen (daher der Name, von Asvxög), deren be: 
deutendfte der Alburnus (j. Alburno) bei Räftum 
ift. Zwiſchen Velia und Burentum ragt das Vor— 
gebirge Palinurus mit einem Hafen (j. Porto 
di Palinuro) weit ins Meer hinaus. Bon den 
Flüſſen münden an der Wejtjeite der Silarus 
(j. Sele), mit den Nebenflüffen Calor (Calore) und 
Zanager (Negro), der Hales (Salente) und der 
L aus (Laino); an der Djtjeite der Krathis (Erati), 
deſſen linfer Nebenfluß der Sybaris (Eojkcile) ift, 
Semnus (Sinno), Aciris (Agri), Bradanus 
(Bradano). Unter den Erzeugniſſen des Landes 
ift bejonders das Iucanijche Rindvieh hervorzu- 
heben; die Ebene am Tarentiniischen Meerbujen ift 
aber den fruchtbarften Teilen Italiens gleichzu- 
jtellen. Die Einwohner, Lucani, Asvaavoi, waren 
jammitischen Stammes und infolge eines ver sacrum 
jeit 420 v. E. eingewandert und hatten die vor: 
gefundenen Choner und Onotrer überwunden. An 
der Küfte wohnten viele Griechen in Pflanzitädten 
(j. Graecia Magna), die jeit Pyrrhos' Zeit 
entichieden die Gebieter waren. Außer den gries 
chiſchen Pflanzftädten Päſtum oder Bojeidonia, 
Belia (Elea), Burentum, Thurii, Serafleiopo: 
lis, Metapoutum waren die wichtigiten Städte 
im Innern Botentia, Grumentum, Acheron— 
tia, Blanda, Tegianum (j. Diano), Eburum 
(j. Ebolt) u. a. Strab. 6, 252 ff 

Lucänus, 1) M. Annäus Luc, geboren zu 
Eorduba in Hiipanien am 3. November 39 n. E. 
aus römischen Gejchlechte, Neffe des älteren Seneca, 
deſſen Empfehlung Nero, Senecas Schüler, bewog, 
den Lucan im Staatsdienfte zu verwenden. Dod) 
erfreute er fich der Gunft Neros nicht lange, der 
ihm, vielleicht aus Neid auf jeinen Dichterruhm, 


704 


Luceeii — Lucilü. 


nicht nur die fernere Vorleſung feiner Gedichte | die durch Tarquinius Prifeus Neubürger als Ram- 


unterjagte, fondern ihn auch als Teilnehmer an 
der Verſchwörung des Pijo zum Tode verdammte 
(30, April 65). Tae. ann. 15, 49. 56. 70. Bon 
jeinen zahlreichen Dichtungen (lliaca, Saturnalia, 
Silvae, Epigrammata u. a.) bejigen wir noch die 
(freilic) unvollendete) Pharsalia in 10 Büchern. 
Sie behandelt den Kampf zwijchen Gäjar und 
PBompejus bis zur Belagerung in Nlerandreia in 
chronologiſcher Folge und Hat geichichtlichen Wert. 
Der Dichter betrauert mit der ganzen Innigkeit 
der Jugend den Untergang der Freiheit, als deren 
Vertreter ihm Pompejus erjcheint, und wählte 
darum diejen Gegenftand, um jeinem Schmerze 
Worte zu verleihen. Eine rhetoriiche, oft über: 
treibende Sprache und pathetijche, nicht immer ges 
ſchmackvolle Schilderungen charakterifieren die Dich: 
tung. Quint. 10, 1, 90. — Ed. prince. Rom 1469; 
ipätere Ausgg. von Kortte (1726), F. Oudendorp 
(1728), B. Burman (1740) und E. %. Weber 
(1821 ff. in 3 Bdd.; 1828 f. in 2 Bbb.). — 2) j. 
Okellos, 

Lueesil. Aus dieſem plebejiihen Gejchlechte 
find zu nennen: 1) ein freund des Cicero (ad Att. 
5, 21, 18). — 2) 8. Lucc., ebenfall ein freund 
Eiceros, dem es micht gelang, ihn mit Atticus, 
von dem er jich jchwer beleidigt glaubte, auszu: 
jöhnen. Seine Bewerbung ums Konjulat mißlang 
dem reichen Lucc. im Jahre 61 v. E. troß Ciceros 
Unterftügung und Cäſars Empfehlung. Cie. ad 
Att.1,3,3. Suet. Caes. 19. Darauf bejchäftigte 
er fid) längere Zeit mit den Wiſſenſchaften, jchrieb 
eine Geichichte des Bundesgenoſſen- und des erften 
Bürgerfrieges und beabfichtigte auch eine Gejchichte 
der folgenden Zeiten zu liefern, wozu ihn Cicero 
dringend aufforderte (Cic. ad Att. 4, 6. 9. 11. ad 
fam. 5, 12), ja ihm wahrjcheinlid auch Materia: 
lien überfandte. Cicero hielt überhaupt viel auf 
ihn und rühmt feine NRechtlichfeit und Unbeſcholten— 
heit (Cael. 21). Beim Beginn des Bürgerfrieges 
zeigte ſich 2. als entichiedenen Anhänger des Pom— 
pejus. Nach deſſen Tode durfte er mit Cäſars 


Bewilligung in Rom bleiben und war auch ferner | 


Ciceros Freund, jcheint indes das von diejem be: 
gehrte und von ihm zugeiagte Werk nicht vollendet 
zu haben. Dagegen werden Reden gegen Catilina 
von ihm erwähnt. Er ftand auch mit Cicero in 
lebhaftem Briefwechjel (ad fam. 5. 12 ff.). 
3) DO. Luce, ein Geldwechsler zu Rhegium und 
Zeuge gegen Verres. Cie. Verr. 5, 64, 165. — 
4) Lucc. Albinus, unter Nero (58 n. E.) Statt: 
halter von Judäa, machte fich durch jeine Er: 
prefjungen bei den Juden verhaft und wurde 
wahricheinlich jpäter nad) Mauretanien verjegt. 
Bei den nachfolgenden Kämpfen um den Thron 
fam er in den Verdacht, jelbjt nach der höchiten 


Gewalt zu ftreben, weshalb ihn Bitellius hinrichten | 


ließ. Tac. hist. 2, 58. Jos. b. Jud. 2, 14. 


Curia und Gens), vielleicht nicht etruſkiſchen, 


jondern albanijchen Urjprungs. Unter Tarquinius 
ſchonungslos verfolgte. 


Prijeus wurde dieje Tribus den beiden erften in 


politiicher und religiöjer Berechtigung gleichgeftellt. 1, f. 





nes, Tities, Luceres secundi aufgenommen wur— 
den. In den Quellen (Liv. 1, 35. Dion. Hal. 
2, 36. 5, 13. Tac. ann. 11, 25. 4, 65 u. j. mw.) 
herrichen viele Widerjprüche. 

Luceria, Aovasei«, weniger richtig Nuceria, 
Novxsgiae, Stadt in der apuliichen Landichaft 
Daunia, weftlich von Arpi, auf fteiler Höhe, mit 
einem alten Minervatempel. In den Samniter: 
friegen wurde fie von den Samnitern, dann von 
den Römern erobert und von dieſen wegen eines 
Aufftandes der Bewohner zerftört, bald aber (316 
v. E.) als Kolonie wiederhergeftellt; j. Lucera. 
Liv. 9, 2. 26. Diod. Sic. 19, 72. Strab. 6, 284. 

Lucerna j. Beleuchtung. 

Lueifer j. Phosphoros. 

Lueilfi, 1) €. Lucilius, geboren im Jahre 
180 v. E. zu Suefja Aurunca im jüdlihen Latium 
(daher magnus Auruncae alumnus Jwv. 1, 20), 
ſtammte aus einer vornehmen und reichen Familie. 
Er jcheint ohne Teilnahme an den Staatsgejchäf: 
ten teils in Rom teils in der Nähe der Haupt: 
F ſeinen Studien gelebt zu haben. Von ſeiner 
Freundſchaft mit dem jüngeren Scipio und Lälius 
reden viele Zeugnifje; ein anjchauliches Bild diejes 
Verkehrs entwirft Horaz (sat. 2, 1, bejonders 62 ff.). 
Im Jahre 134 trat er der praetoria cohors des 
Scipio bei und beteiligte jih an dem numanti: 
niſchen Kriege; geſtorben iſt er im Jahre 103 in 
Neapel. — Seine Satiren, welche nach dem ein— 
ſtimmigen Zeugnis des Altertums zu den bedeu— 
tendſten Werken der älteren römiſchen Litteratur 
gehörten, waren etwa ſeit Sullas Zeit in 30 BB. 
geteilt, die zum Teil unter beſonderen Titeln 
(deorum concilium, fornix, Collyra) —— 
werden, zerfielen aber nach ſeiner eigenen Anord— 
nung in 2 Sammlungen, indem die eine, der Zeit 
nach ſpätere, B. 1—25, in Hexametern verfaßt 
war (nur B. 22 enthielt Diftichen), die andere, 
B. 26—29, aus den älteren iambiſch-trochäiſchen 
Maßen beitand. Das 30., wiederum in daftyli- 
ſchen Metren gejchriebene Bud) ſcheint unmittel: 
bar auf die erfte Sammlung gefolgt zu jein, die 
fi früher als die herametriichen aus dem Kreije 
der Bebildeten verlor. Bon dem Inhalt derjelben 
geben die Satiren des Horaz, der Lucilius aus: 
drüdlich als jein Vorbild in diefer Gattung der 
Poeſie bezeichnet (sat. 2, 1, 28. 34. 62), eine deut: 
lichere Borftellung, als die jehr zahlreichen, aber 
jehr kurzen Fragmente. X. jchilderte nicht allein 
die fittlichen Buflände feiner Zeit, in welcher mit 
der rajch aufblühenden Macht des Staates Luxus 
und Sittenverderbnis an die Stelle der alten Ein: 
fachheit trat, jondern zog auch Gegenftände der 
Litteratur und Geichichte in den Kreis jeiner Dich: 
tungen. Das dritte Buch enthielt eine Reiſe— 
bejchreibung ähnlich der des Horaz (sat. 1, 5), 
das neunte behandelte vorzugsweile grammmatijche 


Lucöres, die dritte patricifche Urtribus (j. | Stoffe. Bejonderd aber wird der jcharfe Spott 


| gerühmt, mit dem er im edlem Unmut über das 


Yafter Perſonen, die jeinem Tadel anheimfielen, 
Hor. sat. 1, 10, 11. 2, 
Pers. 1, 115. Juv. 1, 165. Außerdem 


Sowie die gentes diejer dritten Tribus gentes | traf jeine Satire die gleichzeitigen Dichter, welche 
minores im Gegenjaß zu den beiden andern tri- | durch Nachahmung griechiſcher Mufter der Poeſie 


bus hießen, jo gab es auch von da an patres eine mehr gelehrte Richtung gaben. 
maiorum und minorum gentium. Manche be: 1, 10, 55. 


ziehen die gentes minores auf alle 3 Urtribus, in 


Hor. sat. 
Ihnen gegenüber vertrat L., wie der 
Urjprung der Satire es mit ſich bradjte, die echt 


Lucina — Lucretii. 


römiſche Poeſie, ohne jid) jedoch der griechiichen | 
Bildung zu verſchließen. Er ſchrieb für das Volk 
(Cie. de or. 2, 6, 25. fin. 1, 3, 7), und vollstüm: 
licher Witz wird neben dem 'perfönlichen Spott als 
die hervoritechendfte Eigenjchaft feiner Gedichte be: 
zeichnet. Hor. sat. 1, 4, 7. Dieje Miſchung von 
Bitterfeit und heiterem Scherz machte ihn auf| 
lange Zeit zu einem jehr beliebten und viel ge: 
fejenen Dichter. Tac. dial. 23. Quint. 10, 1, 93. 
Horaz (sat. 1, 4, 12; vgl. 10, 20) nennt ihm mit 
Recht garrulus; wenn er aber die Nachläſſigkeit 
im Bersbau und die Flüchtigkeit tadelt, jo hat er 
vielleicht mit Rüdficht auf die blinden Verehrer 
des L. etwas übertrieben. Die von Horaz gerügte 
Einmiſchung griechiſcher Wörter zeigen auch die 
Fragmente. — Die Fragmente (über 800) haben 
geſammelt Douſa (1597 u. d.), Gerlach (1846), Luc. 
Müller (1872), Lachmann (1876) und Bährens, 
fragm. poet, Kom. p. 139 ff. Bol. L. Müller, 
Leben und Werfe des Gaius Yucilius (1876). 
2) E. Yucilius Hirrus, Volkstribun im Jahre 
53 v. C., juchte dem Pompejus zur Diktatur zu 
verhelfen. _ Plut. Pomp. 54. Seine Bewerbungen | 
um die Ädilität und andere Ämter mißglüdten | 
mehrere Male. Kicero macht ſich wegen feines | 
Stammelns über ihn Iuftig (ad fam. 2, 10,1). 
Er war Gegner Cäſars. Caes. b. e. 1, 15. Im 
Bürgerkriege (Cie. ad Att. 8, 11, A) führte er‘ 
dem Heere des Bompejus Truppen zu und ging | 
im Auftrage desjelben nad Afien zum Parther: 
fönige Orodes, um denjelben für PBompejus zu 
ewinnen. Claes. b. c. 3, 82. Nach dem Tode des 
Bompeins lebte er in Rom, mußte jedoch im Jahre 
43 zur Zeit der Proffriptionen fliehen, um fein 
Leben zu retten. Er entkam nach Bruttii, wo er 
Anhänger fammelte, mußte jedoc wieder fliehen 
und begab ſich zum jüngeren Pompejus nad ©i: 
cilien. App. b. e. 4, 43. 84. 3) Lucilius 
Junior, vielleicht aus Neapel, Freund des älteren | 
Seneca, der mehrere Schriften an ihn gerichtet 





| Liv. 29, 13. 





hat (Sen. quaest, nat. 3, 1), war Stoifer und be- 
ichäftigte fich eifrig mit "den Wiſſenſchaften, dejon: | 
ders mit der Dichtkunſt. Beigelegt wird ihm mit 
höchſter Wahrjcheinlichfeit ein Gedicht Aetna in 
645 Hegametern, welches die Ausbrüche dieſes Bul- 
fans vor dem großen Ausbruche im Jahre 79 n.E. 
ichildert und zwiichen den Jahren 65 und 79 ver 
faßt zu fein ſcheint. Ausgg. von Jacob (1828), 
Munro (1867), Haupt (im jeiner 2. Ausgabe des 


Vergil, 1875) und Bährens, poet. Lat, min. 
BD. II p. Ai — —— von Wagler (1884). 
Lucina j. Juno unter A 5. 


Lueretii, urſprünglich ein patrieiſches Ge⸗ 
ſchlecht; ſpäter finden wir auch plebejiſche Lucre- 
tier: 1) Sp. Luer. Tricipitinus, römischer , 
Senator und Stadtpräfeft unter Tarquinius Su: 
perbus (Liv. 1, 59), befleidete im Jahre 509 v. €. 
das Konſulat, ſtarb aber kurz nad) Antritt jeines 
Amtes. Lir.2, 8. — 2) Seine Tochter, Yucretia, 
Gemahlin des Tarquinius Eollatinus, erregte durch) 
ihre außerordentliche Schönheit die Begierde des 
Sertus Tarquinius, eines Sohnes des Tarquinius 
Superbus, der des Nachts in ihre Wohnung jchlich 
und fie nach langem Widerftreben durch Drohungen 
übermwältigte. Dem jofort am Morgen herbeige: | 
rufenen Vater und Gemahl erzählte fie die er: | 
fittene Schmad und forderte beide auf, diejelbe 
zu rächen. Darauf tötete fie fich ſelbſt. Zir. 1, 57. 


Reallerifon des Nafj. Altertums. 7. Aufl. 


‚er von Auguftus, der die Ehre für ſich 
lehnte, zum Konſul ernannt. Dio Cass. 54, 10. - 


705 


Der Sturz der Tarquinier war die nächite Folge 
diefer Schandthat. — 3) T. Lucx. Tricipiti: 
nus, befämpfte im Jahre 508 dv. E. die vor Rom 
lagernden Etrujfer und im Jahre 504 die Sabiner, 
beide Male ald Konjul. Liv. 2,8.16. — 4). 
Zuer. Tricip., brachte als Konful im Jahre 462 
v. E. den Boljtern eine Niederlage bei. Liv. 3, 8. 
Später (449) joll er die Abjchaffung des Decem- 
virats beantragt haben. — 5) 2. Lucr. Flavius 
Tricip., ſchlug im Jahre 393 v. E. als Konjul 
die Aquer, 391 als Konſulartribun die Volſinier 
in Etrurien (Liv. 5, 29. 32) und ftimmte gegen 
die Auswanderung nach Beji (390). Plut. Cam. 32. 
Das Konfulat befleidete er viermal. — 6) Sp. 
Luer, befehligte während des zweiten punijchen 
Krieges im oberen — 204 und 203 v. C. 
30, 1. — 7) €. Luer. Gallus, be: 
fehligte im Kriege gegen Berjeus die römijche 
Flotte. Liv. 42, 35. 48. Wegen feiner Erprefiungen 
verflagten ihn mehrere griechiſche Städte, worauf 
er mit einer großen Geldftrafe belegt wurde. Zir. 
43, 4. — 8) D. Luer. Dfella, verließ die 
Partei des Marius, um ſich auf Sullas Seite zu 
ichlagen, und belagerte auf .. desjelben (82 
v. E.) den jüngeren Marius in Pränefte. Mut. 
Sull, 29. Die Stadt mußte fich ergeben, nachdem 
Marins fich jelbft getötet hatte; viele gefangene 
Senatoren der Gegenpartei ließ Ofella töten. Als 
er fi im Jahr 31, noch nicht dazu berechtigt, 
um das Konjulat bewarb, wurde er auf Veran: 
laſſung des darüber aufgebrachten Sulla von L. 
Bellienus umgebradt. io Cass. 37, 10. Plut. 
Sull. 33. — 9 Q. Yucr., Senator umd Anhänger 
des Bompejus, gab ſich nad) der Einnahme der 
von ihm bejegten Stadt Sulmo durdy die Cäja- 
rianer im Jahre 49 v. E. jelbft den Tod. Caes. 
b. e 1,18. — 10) DO. Xucr. Bejpillo, zur Zeit 
Sullad, war nad) Cicero (Brut. 47, 178) ein 
rechtstundiger und beredter Mann. — 11) Sein 
Sohn, DO. Yucr. Bejpillo, wurde im Jahre 43 
v. E. nad Cäſars Tode geächtet, entging der Er: 
mordung aber, indem jeine rau und eine treue 
SHavin ihn in feinem eigenen Hauſe verbargen. 
Val. Max.6,7,2. Der Berwendung jeiner Freunde 
‚gelang e8, daß fein Name von der Lifte der Ge— 
‚ächteten geftrihen wurde. Im Jahre 19 wurde 
ch jelbit eb⸗ 


12) T. Luer. Carus, geboren im Jahre '98, ger 
ftorben 55 v. €, Verfaffer eines —— 
Lehrgedichts de rerum natura in 6 BB. 


Gedicht, an den Dichter Memmius gerichtet, ven 


die epifureiiche Lehre von der Entjtehung und 
‚Erhaltung der Welt mit dem entſchieden ausge: 
iprochenen Zwecke dar, die Menſchen durch Ver: 
achtung der Natur von eingebildeter Furcht zu 
befreien. 2. hat nicht allein die griechiichen Phi: 
lojophen, welche er zum Zeil ausführlid) befämpft, 
zum Zeil in begeifterten Lobſprüchen preift, gründ: 
lich ftudiert, jondern auch eigene Beobachtungen 
angeftellt und die daraus gewonnenen Anfichten 
zu einem jelbftändigen Syjtem verarbeitet. Als 
die Grundbeſtandteile, aus denen Alles geworden 
ift, nimmt er eine unendliche Menge von Atomen 
an, welche einfach und unvergänglich in dem un: 
begrenzten feeren Raume in fteter Bewegung be: 
griffen find und durch verjchiedene Zujammen- 
jegungen die einzelmen Dinge bilden. Auch die 


4 


706 


Seele bejteht aus joldyen Atomen und ift daher 
ihrer Natur nad) körperlich; fie entfteht und vergeht 
mit dem Körper. Die VBorftellungen und Empfin- 
dungen beruhen auf ſinnlichen ahrnehmungen, 
welche durch die Einwirkung von Bildern, die ſich 
unaufhörlich von den Dingen loslöſen, hervorge— 
bracht werden. In den beiden letzten Büchern 
wird eine Geſchichte der Welt nach ihren Entwicke— 
lungsjtufen und eine Erklärung von einzelnen 
Naturerjcheinungen gegeben. — So unpoetiſch diejer 
Stoff an fi ift, jo hat L. ihm doch mit großer 
Kunft zu behandeln und für eine dichteriiche Dar- 
ftellung geichidt zu machen gewußt, was jic nicht 
allein in einzelnen Schilderungen, unter denen die 
Beichreibung der Peſt am Schluß des Gedichts 
bejonders berühmt ift, jondern auch in der Auf: 
faſſung des ganzen Gegenftandes zeigt. Much auf 
die Sprache, über deren Armut und Unbildjamfeit 
er wiederholt Hagt, hat er große Sorgfalt ver: 
wendet; fie gewährt im ihrer Schärfe, gg se 
und 5— einen eigentümlichen Reiz. Der 
wiſſenſchaftliche Ernſt, mit dem er ſeine Lehrſätze 
entwickelt, ſchützt ihn vor dem Vorwurf der Leicht: 
fertigfeit, der ihm wegen ſeines Materialismus 
Kufe gemacht worden tft. — Bei dem Tode des 

ichterd war das Werk im einzelnen noch nicht 
ganz vollendet und wurde vor jeiner Herausgabe 
einer Redaktion von Cicero unterworfen. Ciec. ad 
Qu. fr. 2, 11. — Die ed. prine. erſchien 1475; 
jpätere Auägg. von D. Lambin (1564 u. Ö.), Th. 
Creech (1695 u. d.), Haverkamp (1725), Wafefield 
(2. Auflage 1813), bejonders von K. Lachmann 
(4. Ausg. 1871; 4. Ausg. des Kommentars 1882; 
Hauptausgabe); J. Bernays (1852) und Munro 
(4. Aufl. 1886). 

Lneretilis, ein —— 12608w hoher Berg 
im Sabinerlande, in der Nähe der Billa des Ho— 
ratius, der heutige Monte Gennaro. Hor. od. 
ı 37.4; 

Lucrinus lacus, Aorgirog 6 »olmog, j. Yago 
ucrino, ein fehr fiichreicher, auch Auſtern ent: 
haltender See in der Nähe von Bajä mit See- 
waffer, urjprünglich ein Zeil des Cumanijchen 
Meerbujens (daher die griechijche Benennung), 
dody durch einen 8 Stadien langen teils natür: 
lichen teils fünftlichen Damm davon geſchieden. 
Auguſtus lie den Damm durchſtechen, und jeßt 
ift feine Spur mehr von demjelben übrig. Verg. @. 
2, 161. Tac. ann. 14, 5. Hor. od. 2, 15, 3. epod. 
2,49. ep. 1,1,83. Strab. 5, 244 f. Dio Cass. 48, 50. 

Luetus. Die äußere Trauer über den Tod nahe: 
ftehender Verwandten war ſowohl uraltes Herkom— 
men als Gejeß, 3. B. Ichon von Numa Pompilius. 
Namentlich wurde auf die Trauer der Witwen 
ftreng gehalten, und die Trauerzeit dauerte 10 Mo: 
nate bei Strafe der infamia (f. Ignominia), 
Die Männer waren von jeher nicht zur Trauer 
gezwungen. Verboten war die Trauer um Die 
perdnellionis damnati, Feinde und die, welche 
als Angeklagte ſich entleibt hatten. Die Trauer 
beftand im Anlegen ſchwarzer oder dunfler (toga 
pulla, j. Kleidung, römijche, 9.), jpäter aud) 
weißer Kleider. Die frauen zerrifjen ihre Kleider 
und legten den Schmud ab, die Männer lichen 
Bart und Haare wachſen und hielten ſich von 
allen Gaftmählern und Feftlichfeiten fern. — Bei 
Unglüdsfällen, die den Staat betrafen, 5. B. großen 
Niederlagen, jpäter nach des Kaijers Tode, wurde 


Lueretilis — Lukianos. 


öffentliche Trauer angeordnet. Dann ruhten alle 
Öffentlichen und Privatgeihäfte (j. Justitium), 
die Tabernen waren gejchloflen, die Magiftrate 
und Senatoren legten ihre Infignien ab (mutatio 
vestis). Unter gewiffen Umpftänden konnte ſowohl 
die Öffentliche als die Privattrauer unterbrochen 
werden (minuitur), wenn Feitlichfeiten oder freudige 
häusliche Ereigniffe eintraten. 

Luecullus j. Lieinii, C. 

Lucämo, etrujtiich Lauchme, Name der zwölf 
etruffiichen Magnaten, welcdye an der Spite eines 
jeden Bundesjtaates ftanden. 

Lucus, ein öfter vorfommender Name von 
Städten, die meiſt wohl an heiligen Hainen 
lagen: 1) 2. Aſturum, im N. des tarraconen= 
ſiſchen Hüpanien, vielleicht das heutige Caſtandielo. 
— 2) 2. Auguſti, j. Lugo, Stadt der Artabrer 
im tarraconenfiichen Hilpanien am Minius. — 
3) 28. Auguſti, Stadt der VBocontier im narbo— 
nenfiichen Gallien, öftlih vom Rhodanus auf der 
Straße von Eburodunum nach Valentia, j. Yuc 
en Diois im Dauphind. Taec. hist. 1, 66. — HL. 
Bormani, Stadt an der liguriichen Küfte, ij. 
Oneglia. 

Ludi j. Spiele. 

Lugdünum, Aovydovror, ein öfter borfont: 
mender Name galliiher Städte (joll Rabenhügel 
bedeuten): 1) Stadt auf einem Hügel am Zuſam— 
menfluß des Arar (Saone) mit dem Rhodanus, 
Hauptitadt der Ambarri, eine jehr blühende Han: 
deisitadt, daher auch Hauptitadt des lugdunen— 
ſiſchen Galliens, obwohl ganz in der Ede der Pro— 
vinz gelegen. Seit 43 v. C. war %. römtiche 
Militärlolonie mit dem Beinamen Copia Claudia 
Augusta und vollem römiichen Bürgerrechte; hier 
befand fich ein faiferliher Palaft, in welchem 
Kaiſer Claudius geboren wurde, eine grohartige 
BWafjerleitung, ein Altar des Auguftus u. a. Baus 
ten, von denen noch viele Überrefte in dem heu— 
tigen Lyon fich finden. Unter Nero und unter 
Severus (197 n. E.) litt L. ſehr durch Brand. 
Strab. 4, 186. 192. — 2) 2. Conpvenarum, 
Hauptjtadt der aquitaniihen Convenä (j. Stadt 
Bertrand de Comminges mit vielen Aitertümern). 
— 3) 2, Cloatum im Gebiete der Nemer, ]. 
Yaon im Departement der Aisne. — 4) L. Ba— 
tavdorum (j. Leyden) am Rhenus umweit feiner 
Mündung, die bedeutendfte Stadt der zu den 
Batavern gehörigen Caninefaten. 

Lukiänos, Aovzıeros, aus Samojata in Syria 
Kommagene, geb. um 120 n. C. Wegen der Dürf- 
tigkeit ſeiner Familie zum Steinmeßen bejtimmt, 
entzog er ſich bald dem niederen Gejchäfte und 
widmete fich der Nhetorif. Zuerſt trat er als 
gerichtlicher Nedner auf, dann aber wendete er 
ſich zu der Glanz und Ruhm veriprechenden Lauf— 
bahn eines Sophiſten. Als folder fand er erfolg: 
reiche Beſchäftigung in Gallien, hielt ſich kurze 
Zeit in Rom auf und ging dann nach Griechen: 
land, um ſich dem Studium der Bhilojophie zu 
widmen. Athen jcheint vorzugsweije jein Aufent- 
haltsort gemwejen zu fein, wo er mit dem Kynilker 
Demonar verkehrte. Im jpäteren Alter nahm er 
noch ein Amt bei der Verwaltung Aguptens an. 
Er jcheint bis zur Regierung des Commodus ge- 
lebt zu haben. — Unter Lukians Namen jind 
s2 Schriften erhalten, die jedoch nicht alle echt 
find. Die Form der meiften it die dialogiiche. 


Luna — Lustratio. 


Sein nad) den beiten Muftern der Litteratur ges 
bildeter Stil ift für feine Zeit bewunderungs: 
würdig, gleich jchr durch Klarheit und Einfad)- 
heit, wie durch Wiß und ne ausgezeichnet. 
Er ſchließt uns in En Schriften das geitalter 
der Antonine mit allen feinen Entwidelungs: 
fämpfen und Sonderbarfeiten auf, eine Zeit, in 
welcher der antife Geift —— wieder gepflegt 
ward, dennoch aber in Auflöſung begriffen war. 
Er iſt eine im ganzen negative Natur und be— 
handelt mit Spott und Satire die meiſten Erſchei— 
nungen feiner Zeit. 
(Alex. 8), dab es Furcht und Hoffnung feien, 
welche die Menſchen in die Tempel führen, ver: 
jpottet er die Populärmythologie und den traditio- 
nellen Kultus (Dialogi Deoram); mit der größten 
Bitterfeit aber verfolgt er den zum Teil aus der 
Fremde eingeführten Aberglauben, die myſtiſche 
Schwärmerer und den damit verbundenen Betrug 
der Zeit (Alexander sive Pseudomantis, Pere- 
grinus Proteus, Philopseudes); auch das Chrijten: 
tum mußte ihm nad jeiner geringen Kenntnis 
davon als eine verfängliche Superftition erjchei: 
nen, doch kümmert er ſich nicht geflifientlich darum 
(Peregr. Pr. 11 ff. Alex. 25. 38). Während er vor 
den alten Philojophen feine Achtung "bezeugt, ſich 
aber bejonders der Schule der Epifureer anjchlieht, 
züchtigt er den ftarren Dogmatismus und noch 
mehr die Gemeinheit des Lebens der damaligen 
Philoſophen, bejonders der Stoifer und Kyniler 
(Vitarum auctio, Hermotimos, Symposion, Fu- 
gitivi, Charon, Jupiter tragocdus, Piscator). 
Obgleih 2. durch die Nedekunft Geld und Ehre 
erworben, fo erfannte er doch, daß die Rhetorik 
feiner Zeit hauptjählid auf Maulfertigfeit und 
Dreiftigleit beruhe, und machte fie zum Gegen: 
jtande jeiner Darjtellung (Khetorum praeceptor), 
jowie überhaupt die Ausartungen in der Yitteratur 
(Pseudosophistes, Quomodo historia sit seri- 
benda), das Sceinwejen und Berlchrte in der 
Erziehung (Anacharsis), der geiftigen Bildung 
(Nigrinus, de mercede conductis) und dem 
ganzen Sittenzuſtande. — Die ed. pr. erjchien 
1496; Ausgg- von Hemfterhuis und Reiz (1730 
bis 1745), Lehmann (mit der lateinischen Überf., 
1822 fj.), E. Jacobik (1836 ff., 4 Bdd.; Tertausg. 
1852 f. 3 Bdd.), Dindorf (1840, 2 Bdd.; 1858, 
3 Bdd.), I. Better (1853), Sommerbrodt (begon: 
nen 1886); fritijche Hauptausgabe von Frißſche 
(1860 ff., bis jegt 2 Bdd. und 3. Bd. 1. 2. Abt.). 
Auswahl von Fritzſche, Geiſt, Enfjel und Weis: 
mann, Jacobit, Sommerbrodt u. a. Berühmte 
Über. von Wieland (1788 ff.). — Bol. Jacob, 
Eharafterijtit Lucians (1832). NR. Förfter, Yucian 
in der Renaifjance (1386). 

Luna, 1) j. Selene. — 2) eine früher zu 
Ligurien gerechnete Stadt Etruriens im NW. des 
Landes am Macrafluß, römiſche Kolonie und 
jtrategijch wichtig als Stützpunkt der Operationen 
gegen Die Ligurer. In der Nähe waren bedeu— 
tende Marmorbrüche (j. von Garrara), vgl. Etru- 
ria; auch der dort bereitete Käſe war jchr beliebt. 
Strab. 5, 222. Liv. 41, 49. Der Lunae por- 
tus. Zeirjeng Munir, j. Golfo di Spezzia, wurde 
als Hafen der Stadt angeſehen. Strab. 5, 222, 
Liv. 34, 8. 

Lunüla j. Kleidung, 10. 

Lupercalia und Lupereus j. Faunus, 


Bon der Anficht ausgehend | Elb 


701 


Lupfae, Aovalaı, Stadt Calabriens zwiſchen 
Brundifium und Hydruntum, wohl das heutige 
Lecce, deren Hafen fih in dem jeßigen Hafen 
St. Eataldo findet. Strab. 6, 382. App. b. eiv. 
3, 10, 

Luppia, Lupia, 6 Aovziag, die heutige Lippe, 
ichiffbarer rechter Nebenfluß des Rhenus in Ger: 
manien, den Römern in feinem ganzen Laufe be- 
fannt. Tac. ann. 1, 60. 2, 7. hist, 5, 22, Strab, 
7, 291. — Einen nicht unbedentenden Ort diejes 
Namens nennt Ptolemaios zwijchen Weſer und 
e. 

‚Lupus, mit vollem Namen P. Rutilius Lu— 
pus, römischer Rhetor und Zeitgenofje des Seneca, 
verfahte ein Werk schemata lexeos in 2 Büchern, 
eine verkürzte Bearbeitung eines Werkes von Gor— 
gias (um 44 v. E.) über die Nedefiguren, wohl 
nicht volljtändig erhalten, doch wertvoll durd die 
Überjegung zahlreicher Beiſpiele aus griechifchen, 

um Teil verlorenen Rednern. Ausgaben von 
Ruhnken (1765; wiederholt von Frotſcher, 1831) 
und Jacob (1837); befter Tert in Halms Khe- 
tores latini minores (1863), p. 3 ff. 

Lurius, M. Lur. Vgrippa, wurde 40 v. E. 
als Statthalter Sardiniend gegen Sertus Pom— 
pejus gejchictt, aber von deſſen Flottenführer Me- 
nodoros geſchlagen. Er befehligte auch in der 
Schlacht bei Actium den rechten Flügel von Octa— 
vians Flotte. Dio Cass. 48, 30. Vell. Pat. 2, 85. 

Lusitanla j. Hispania. 

Lustratio, Die Reinigungen und Sühnungen, 
xadaguol, kyrısuol, ILaouol, reisrael, piacula, 
piamenta, cerimoniae, lustrationes, waren bei 
den Griechen und Nömern ein wichtiger Teil des 
religiöjen Kultus. Sie beruhten auf dem Bewußt— 
fein der Schuld und inneren Unreinigfeit und auf 
der Überzeugung, daß der Menjch nur bei innerer 
Neinheit fi mit den Göttern in Verkehr ſetzen 
dürfe. Die äußere Reinheit ift ein Symbol der 
inneren. Wenn man daher den Göttern nahte, 
war erjte und notwendigjte Bedingung Reinheit; 
daher wujch man ſich, bevor man ein Gebet oder 
Gelübde oder ein Opfer verrichtete, oder wenn 
man in ein Heiligtum eintrat. om. Od. 2, 261. 
12,336. 4, 759. ]1.1,449. Soph. O. C.460. Eur. 
Ion 9ıf. Am Eingange der Tempel ftanden 
daher Gefäße mit Sprengwafler (megidgarrijgıe). 
Womöglich bediente man fid) des fliegenden oder 
des Meerwaflers, das man auch durch mit Salz 
gemijchtes heißes Waſſer zu erſetzen ſuchte. Kur. 
kl. 799. Iph. T. 1161. Verg. A. 2, 719. 4, 635. 
Theoer. 24, 94. Bei der Bejprengung bediente 
man ji) oft eines Zweiges, befonders des Ol— 
zweiges, des Lorbeers; außerdem jchrieb man eine 
reinigende Kraft dem Rosmarin, Wacholder, der 
Muyrte u. a. zu. Solches Holzwerk wurde auch 
zur Näucherung benußt; denn neben dem Waſſer 
galt das Feuer, wobei auch der Schwefel jeine 
Rolle jpielte, für ein Hauptmittel der Reinigung. 
Or. fast. 4, 739 ff. — Die bisher erwähnten Rei: 
nigungen berubten bloß auf dem Glauben an den 
Gegenjaß des unreinen profanen Lebens gegen 
das heilige; es gab aber auch bejondere verun— 
reinigende Beranlaffungen, welche von dem Ber: 
fchr mit den Göttern ausſchloſſen und eine be: 
jondere Reinigung nötig machten. Sicher gehört 
Blutvergiehen, Wocenbett, Berührung mit Zoten 
und Begräbniffe. Verg. A. 6, 229. Bor der Thür 


45* 


708 


Lutatii. 


eines Trauerhaujes ftand ein Gefäß mit Wafjer, | Bor der Abfahrt einer Flotte wurden auf einem 


worin jeder Ausgehende ſich reinigen mußte, und 
nad) dem Begräbnis wurde mit allen Angehörigen 
noch eine bejondere Reinigung vorgenommen. Dre 
mußten ganze Städte, Völler, Heere, wenn jie 
wegen eines Vergehens der Gejamtheit oder eines 
einzelnen unter ihnen von den Göttern mit Seuchen 
und LZandplagen heimgeſucht wurden, entjündigt 
und gereinigt werden. Hieher gehört die Reini— 
gung Athens durch Epimenides nad) dem fylo: 
nischen Aufftande, in der Alias (1, 313) die 
Waſchung des Heeres nad) dem Vergehen des 
Agamemnon gegen Apollon. Damit hängt auch 
zuſammen die in Athen vor jeder Volksverſamm— 
lung vorgenommene Luſtration durch ein Opfer 
von kleinen Schweinen, mit deren Blut die Sitze 
beſprengt wurden, und durch Räucherung. Jeder 
Mord, der abſichtliche wie der unabſichtliche, be— 
durfte der Reinigung. Dabei iſt aber bei den 
Griechen eine doppelte Art der Gebräuche zu unter: 
icheiden, die hilaftiihen oder Sühnegebräuche, 
und die Fathartijchen oder Reinigungsgebräuche. 
Durd die Sühnung wurde die Seele des Ermor: 
deten, der jet ein unterirdiicher Dämon ift, und 
zugleich die chthonischen Mächte überhaupt (#eol 
roor«or, Avaıoı, KAaddgaıoı wie der unterirdijche 
Zeus werklyıog, Pbfiog, natdocıog) verjühnt Der 
Mörder muß die Schuld des Blutes und den Zorn 
des Erichlagenen und der Unterirdiichen eigentlich 
durch jein Yeben büßen; ftatt deſſen aber tritt 
ein Sühnopfer ei, indem vorzugsweife ein Widder 
zur Bezeichnung der Hingabe des eigenen Lebens 
gejchlachtet wird. Eine andere Buße war von ur: 
alter Zeit her Die eigene Hingabe des Mörders zur 
Knechtſchaft (Herafles, Apollon, Kadmos), welche 
dann mit Geld abgefauft werden fonnte. Dieje 
Abfindung mit den Verwandten des Erichlagenen 
durch den geflüchteten Mörder, indem er ein Wehr: 
geld (zoıwn) zahlt, ift bei Homer der einzige 
Gebraud (11. 9, 632. 18, 498); Sühnopfer und 
Neinigung fommen bei ihm in jolchen Fällen nicht 
vor. Die Neinigung des Mörders, wodurd er dem 
gewöhnlichen Verkehr mit Göttern und Menſchen 
wiedergegeben wird, der fathartiiche Gebrauch, be- 
ftand es in dem Schlachten eines jungen 
Scyweines, deſſen aus der Wunde fließendes Blut 
über die Hände des Mörders hinſpritzte. — Eine 
bejondere Rolle jpielten die Reinigungen bei den 
Mofterien. Diele myſtiſchen xudaguol und re- 
Asrai wurden beionders auf Orpheus als ihren 
Urheber zurüdgeführt, deswegen, weil die Selte 
der ſ. g. Orphiker, welche einen großen Einfluß 
auf die Myſterien übte, viele derartige Ceremonien 
aus fremdländijchen Kulten aufgebracht hatte. Sie 
gebrauchten ihre Neinigungsceremonten auch als 
Mittel der Heilung, der Weisjagung und Zauberei 
und dienten überhaupt durch allerlei Gaukelwerke 
vielfach dem Aberglauben. — Bei manchen römi- 
ichen Feſten, wie den Lupercalia, Ambarvalia, 
Cerealia, bildeten die Yuftrationen eine Haupt: 
jeite der Feier. Eine lustratio liberorum 
wurde mit neugeborenen Mädchen am achten, mit 
Knaben am neunten Tage nad) der Geburt vor: 
genommen, um jie gegen Berzauberung zu jchlügen, 
indem man fie durd) das Haus an den Hausaltar 
und jelbit durch Tempel trug. Dieje Tage hießen 
lustriei dies. Zu den öffentlichen Suffrationen 


im Wafler am Ufer errichteten Altar Opfertiere 
geichlachtet und dann unter Gebeten um die Flotte 
erumgefahren, die Hälfte ind Meer geworfen. 
Hnfice Eeremonien famen bei der lustratio 
exerceitus terrestris oder dem sacrificium 
lustrale vor, wenn ein Yandheer ins Feld oder 
zur Schlacht zog, jedoch auch nach der Schlacht. 
ie von Servius Tullius (Zir. 1, 44) eingejeßte 
lustratio populi Romani oder das Lu- 
strum, eine Sühnung des ganzen römijchen Vol: 
fes, wurde jedesmal nach Beendigung des Cenſus 
(eondere lustrum) auf dem Marsfelde vorgenom: 
men durch Opferung eines Schweines, Widders 
und Stiers (suovetaurilia). Der zuerjt gewählte 
oder eg Los bejtimmte Cenſor (früher der König 
und die Konfuln) leitete die Feierlichleit und ſprach 
dabei das Gebet: ut dii immortales populi Ro- 
mani res meliores amplioresque facerent, wo: 
für fpäter auflam: ut res Romanas perpetuo 
incolumes servarent. Val. Max. 4, 1, 10. Suet. 
Oct. 97. Liv. 38, 36. Da der Cenſus alle 5 Jahre 
vorgenommen wurde, fo erhielt lustrum die Be- 
deutung von tempus quinquennale. 

Lutatii (auch Luctatii), eine plebejiiche gens. 
Die bedeutendften Männer diejes Geſchlechts jind: 
1) C. Lut. Catulus, Konjul 242 v. E., beſiegte 
241 die Karthager bei den Agatiichen Inſeln und 
nötigte fie dadurch zu einem nachteiligen Frieden 
mit Rom. Pol.1,62f. Liv. 30, 44. Zonar. 8, 17. 
— 2) Sein Bruder, DO. Lut. Catulus Cerco, 
befleidete im J. 241 v. E. das Konfulat, befämpfte 
mit Glüd die Faliſker, leitete darauf die Einrich- 
tung der Inſel Sicilien und ftarb als Cenſor im 
%. 236. Eutr. 2, 28. Liv. ep. 19. Pol. 1, 65. — 
3) E. Lut Eat., kriegte als Konjul (220 v. €.) 
glüdlich gegen die Gallier in Oberitalien. Zonar. 
8, 20, Bahriceintic geriet er im nächſten Jahre 
in ihre Gefangenjchaft, in der er bis 203 blieb. 
Liv. 30, 19. — 4) OD. Lut. Cat., wurde im 
%. 102 v. E. Konjul mit dem Auftrage, den Ein: 
fall der Cimbern von Ftalien abzuhalten. Nach 
der Befiegung der Teutonen bei Aquae Sextiae- 
fam Marius ihm zu Hülfe (101), und Gatulus 
befehligte unter ihm als Profonjul. Beide jchlugen 
vereint die Cimbern auf den Raudiichen Feldern 
bei Bercellä, wo Gatulus die Schlacht entichied. 
Plut. Mar. 14. 237. Auch im Bundesgenofien- 
friege finden wir ihn thätig. Als Anhänger der 
Optimaten unterlag er mit ihnen im Kampfe gegen 
Marius im J. 87 und gab fich jelbft den Tod, 
um nicht in die Hände des Marius, der ihn wegen 
jeines Anteils an der Befiegung der Cimbern hafte 
zu fallen. Cie. de or. 3, 3. App.b.c.1, 74. Plut. 
Mar, 44. Die Alten rühmen jeine edle, durch 
eine angenehme Stimme gehobene Beredjamteit. 
Cie. Brut. 74, 259. de or. 3, 8, 29. Er war biel- 
jeitig gebildet und von mildem Charakter, aber 
ohne Energie (Cie. de or.2, 7,28. Plut. Mar. 237); 
bei jeinem großen Neichtume liebte er prächtige 
Bauten, womit er feine Vaterſtadt verichönerte. 
Bon feinen Schriften, von denen bejonders ein 
Wert de consulatu suo et de rebus gestis suis 
(Cie. Brut. 35, 132) genannt wird, hat fidy nichts 
erhalten. Ein Werf communes historiae ift wohl 
auf jeinen gelehrten Freigelaſſenen Lut. Daphnis 
als Berfafjer zurüdzuführen (vgl. Beter, hist. Kom. 


gehörte die lustratio classium,. ZLir. 36, 42. | fragm. p. 125 ff.). — 5) D. Lut. Cat. Capito: 


Lutetia Parisiorrum — Lydia. 


linus, Sohn des vorigen, ein Mann von großer 
Rechtſchaffenheit, gehörte zur Partei der Optimaten, 
obwohl er kein blinder Anhänger derjelben war. 
Cie. Sest. 57, 121. Dies bewies er namentlich in 
den Unruhen der Jahre 78 und 77 v. C., in 
welchen er neben Bompejus die Volkspartei unter 
Lepidus befämpfte und befiegte, aber jeinen Ein: 
fluß dazu verwendete, daß Pompejus von jeinem 
Siege mit Mäfigung Gebraud) machte. Plut. 
Pomp. 16. In der folgenden Zeit finden wir 
ihn ununterbrochen in Kom. wo er einer der 
Richter des Verres war (Cie. Verr. 3, 90, 210), 
den wieder aufgebauten capitoliniichen Tempel, 
den ein Brand (83) zerftört hatte, weihte (Tue. 
hist. 3, 72; daher jein Beiname), prächtige seite 
deshalb anftellte und bei dem Antrage, dem Pom— 
pejus den Oberbefehl gegen Mithridates zu geben, 
ſich gegen die maniliſche Bill erflärte (Cie. de imp. 
Cn. Pomp. 17, 51), woraus hervorgeht, daß ihm 
die immer mehr fteigende Macht des Bompejus 
bedenflih geworden war. Auch dem Cäſar, der 
ihm im Bontififat vorgezogen wurde (Sall. Cat. 49), 
zeigte er fi als Widerſacher. Hut. Caes. 6. Bei 
Verurteilung der catilinariichen Verſchworenen 
ftimmte er für deren Tod. Plut. Caes. 8. Er 
itarb im %. 61. Seinen Bater übertraf er an 
Energie des Charakters, glich ihm aber im übrigen 
jehr, namentlich in dem treiflichen Vortrage und 
in der reinen Yatinität feiner Neden; offenbar war 
des Vaters feine Bildung nicht ohne Einfluß auf 
die des Sohnes geblieben. Doc) ſchätzt Cicero fein 
Nednertalent nicht eben hoch. Cie. Brut. 35. 62. 
— 6) Luctatius Placidus, römischer Sram: 
matifer im 5. oder 6. Jahrhundert n. E. Seinen 
Namen tragen Scholien zu Statius’ (ſ. d.) The- 
bais, jowie Gloſſen zu Plautus, legtere wohl nicht 
das urfprüngliche Werk, jondern nur ein Auszug. 
Ausg. der Slofjen von Deuerling (1875). 

Lutetia Parisiörum, auf ihren Münzen Lu: 
fotitia, Hauptſtadt der galliichen Völkerſchaft der 
Barifier im lugdunenſiſchen Gallien auf einer Inſel 
der Sequana, wichtiger Handelsplatz, das heutige 
Paris. Caes. b. g. 6,3. 7,57 f. Amm. Marc. 15, 27. 
Strab. 4, 19. 

Lutorins Priseus, erwarb fih von Tiberius 
wegen eines Gedichtes auf den Tod des Germa: 
nicus eine Belohnung. Weniger glücklich bejang 
er im voraus den od des ſchwer erkrankten 
Drufus. Die Sahe wurde befannt, und der 
Senat ließ ihn 21 n. E. dafür hinrichten, ohne 
dem Tiberius die —— mitgeteilt zu haben. 
Tac. ann. 3, 49 ff. (wo der Name Clutorius Pris— 
cus lautet). Dio Cass. 57, 20. 

Lyaios j. Dionysos, 1. 

Lyehnidos, Avyrıdös, alte und fefte Stadt 
der Daffareten (j. d.) in Illyricum auf einer An- 
höhe an der Egnatiichen Heerftraße, den Römern 
ichon zur Zeit des Gentius unterwürfig; j. Ofhrida. 
Liv. 43, 9. 44, 21. In der Nähe waren filchreiche 
Seen. Strab. 7, 323. 

Auxvos |. Beleuchtung, 2. 

Lycöris, Geliebte des römischen Elegifers Cor: 
nelius Gallus, ſ. Gallus, 4. 

Lydda, r& Avdde, n Aöddn, Stadt in Pa: 
läftina an der Strafe von Jeruſalem nad Joppe, 
von den Römern im jüdischen Kriege zeritört, bald 
aber wiederhergejtellt unter dem Namen Diospolis; 
j. Yudd. Jos. b. Jud. 2, 10. 3,3. 4, 8. 


109 


Lydia, Avdie, die mittlere Landſchaft der Weit: 
füfte Kleinaſiens, zwiſchen Myfien im N., Phrygien 
im D., Karien im ©., dem Wigaiifchen Meere im 
W. Sie hieß, namentlich früher, auh Maionia 
(Mnovin, Mætovic), ein Name, der fi) aud 
jpäter im öÖftlihen Teile des Landes, am oberen 
Hermosfluß, erhielt. — Gebirge: im N. der Tem: 
nos (j. Demirdihi:dagh), die Grenzicheide gegen 
Moyfien; in der jüdlichen Hälfte des Landes der 
goldreiche, etwa 2000m hohe Tmölos (j. Bos— 
dagh), der fich gegen NW. im Olympos und Si— 
pylos (j. Mantja:dagh), gegen W. in den Höhen 
Drafon, Maftujia, Pagos und Korar fort: 
jegt; auf einer großen Halbinjel, Chios gegen: 
über, nördlich der Mimas mit dem Vorgebirge 
Melaina (j. Rarasburun), jüdlich der Koörykos 
mit den Borgebirgen Argennon Aſprokavo) 
und Korpfeion (j. Korafas); im ©., gegen Sta: 
rien hin, der 1400m hohe Mejiogis (j. Kaſtane— 
dagh), der jih im Paktyas, u (ij. Gümüſch⸗ 
dagh) und Mylale (ji. Samſun-dagh) bis zur 
Küfte Hinzieht und in dem Vorgebirge Mykale 
oder Trogilion (j. Kanapiga), Samos gegen: 
über, endet. Der Tmolos ſcheidet das eigentliche 
Lydien in 2 üppig fruchtbare Hauptthäler: nörd- 
lih die große Hermosebene, zur Seite das 
Hyrkaniſche Gefilde; jüdlich das Thal des Kay: 
ftros, oben die Kilbianijche Ebene (der Sitz des 
Stammes der Torrheber), unten das Kayſtriſche 
Gefilde (der Actos Asıum» Homers, Il. 2, 461) 
genannt. Während die Berge Herden von Roffen 
und Schafen nährten, waren die Thäler warın 
und reich, frühe dicht bevölfert Die höher ge: 
legene Maionia mit wenig Mderbau, aber ge: 
ſchätztem Wein hieß wegen der vulfanischen, ſchwärz— 
lihen Gefteinsart „das verbrannte Yand“ (n 
Karansnauuern). — Flüſſe: der Hermos ij. 
Bedis-tichai), der auf dem Dindymenifchen Gebirge 
in Phrygien entipringt, rechts den Hyllos und 
Lykos, linls den Kogamos und Paltolos auf: 
nimmt und fich in den Hermaiiſchen Meerbuſen 
ergieht; der Meles, ein Heiner Küſtenfluß bei 
Smyrna; der Hales oder Halejos, bei Kolophon 
miündend; der Kayſtros (j. Kütichüf:Menderes), 
der auf dem Tmolos entipringt und jich nad) 
einem jehr gewundenen Yauf bei Epheios in den 
Kayſtriſchen Buſen ergießt. Von Seen liegt der 
Gygaiiſche Sce oder Kolod (j. Mermere) nörd: 
lid) von Sardes, Sale oder Salod am Berge 
Sipylos an der Stelle der wahricheinlich durch ein 
Erdbeben untergegangenen alten Hauptftadt Tan- 
talos oder Sipylos, der Pegaſaiiſche Sce bei 
Ephejos und die 2 Belenntiinen Seen bei dem 


| dortigen Artemistempel. — Die Bewohner, Maio— 


nier (Mpovweg), jpäter Lyder (Avdof) genannt, 
waren Stammperwandte der Narer und Phrygier, 
wohl auch mit jemitiichen Elementen gemijcht, 
ſchon frühe im Beſitz einer ziemlich hohen Kultur, 
dabei tapfer, namentlich als treffliche Reiter be: 
fannt (Hom. Il. 10, 431. 18, 291). Unter den 
Heralleiden (etwa jeit 1190 v. E.) bejegten ioniſche 
Griechen die weftliche Küfte, weshalb diejer Strich 
von der Mündung des Hermos bis über die des 
Maiandros hinaus den Namen Jonia führte. Pie 
Mermnaden (686 — 546 vd CE) unterwarfen nicht 
bloß dieje blühenden Rilanzjtädte, jondern aud) 
ganz Weftfleinaften bis zum Halys, hoben Handel 
und Gewerbe und prägten die erften Münzen. 


710 


Mit dem jähen Sturz des Kroiſos verlor das Boll 
jeine Selbftändigfeit und zugleich jeine Friegeriiche 
Tüchtigfeit filr immer und fam nacheinander unter 
perſiſche, ſyriſche, pergamenijche und endlich römische 
Herrichaft, war aber immer wohlhabend. Die Gott: 
heiten: der Sonnengott (Apollon oder Herakles) 
und die Böttermutter Ma, der Attid (Ndonis) und 
die Blatta (Mylitta), erinnern vielfah an die 
ſyriſche Religion. Hat. ı, 6ff. 25 ff. Ti ff. 937. 
1541 ff. 171. — Städte (von N. nach ©., außer 
den ioniichen Kolonien): Thyateira, früher Be: 
lopia (ij. Akhiſſar); Apollonia;z Magnefia (i. 
Manifja) am Sipylos, befannt durch den Sieg 
des L. Scipio über Antiohos 111. (190 v. E.); 
Sardes (j. Cart, am goldführenden Paktolos (j. 
Sarabat), die blühende Hauptftadt; Philadel: 
pheia am Kogamosfluß, erbaut von Attalos II. 
154 dv. E.; Hypaipa (j. Dokboi), in der Kil— 
bianifchen Ebene. Strab. 12, 579. 13, 625 ff. Bal. 
Denke, Lydiaen (1843); Schubert, Geſchichte der 
Könige von Lydien (1854). 

Lydiädas, Avdıcdag, Tyranı von Megalo- 
polis 244 v. C. tapfer und thatlräftig, aber aud) 
ehrgeizig und herrſchſüchtig, gab feine Herrichaft 
auf, als er ſah, daß der ‚Führer des Achaiifchen 
Bundes, Aratos, alle Tyrannen im Peloponnes 
ftürzen wollte. Im Jahre 233 zum Strategen er- 
wählt, wurde er 226 auch aus diefer Stellung 
durch jeinen Nebenbuhler Aratos verdrängt. Als 
der jpartanische König Kleomenes in das Gebiet 
von Megalopolis einfiel, ohne daß Aratos fich zu 
gründlicher Abwehr anjchidte, drang %. mit der 
Neiterei auf den Feind ein und warf ihn zurüd, 
wurde aber bei der weiteren Berfolgung vom 
Feinde umzingelt und niedergehanen. Der Sieger 
Kleomenes ehrte ihn mit Burpur und Kranz auf 
edle Weile. Plut. Arat. 35f. Cleom. 6. Pol. 
2, 41 ff. 

Lydins, Avdd«s und Aovödag, Ludias, Fluß 
in Makedonien, der fi) in alter Zeit (Hat. 7, 127) 
fur; vor feiner Mündung mit dem Haliakmon (i. 
Viſtritza) vereinigte. — Später und auch jett hat 
jeder der Flüſſe jeine eigene Mündung, der Lydias 
(ij. Moglenitilos, türliſch Narasmaf) zunächit weit: 
lich vom Arios (Bardar). Strab. 7,.330. 

Lydus, Joannes Laurentius %., geboren 
zu Philadelpheia in Aydien um 400 n. E., fam 
im eimumdzwanzigiten Lebensjahre nad Konjtan: 
tinopel, wo er unter mehreren Kaiſern, befonders 
unter Anaftafius und Juftinian, hohe Amter be- 
fleidete, im J. 552 aber von letzterem entlafjen 
twurde. Nach diejer Zeit beginnt ganz beionders 
jeine wiflenichaftliche Thätigfeit, die freilich Mritif 
vermiffen läßt. Erhalten find von feinen Schrif- 
ten ein Werf meol doyar rijs "Ponelor molı- 
reiag, Über die römischen Magiftrate, nach zum 
Zeil verlorenen fchäßbaren Quellen (Nigidius und 
Yabeo) gearbeitet (herausgegeben von J. D. Fuß, 
1811); ferner eine Schrift reol dıoonusar, über die 
Auguralwiſſenſchaft, gleichfalls nach alten Quellen 
(herausgegeben von E. B. Safe, 1823, und €. 
Wachsmuth, 1863); in Auszügen fennen wir end: 
lih ein Werk meel unror, herausgegeben von 
N. Schow (1794) und bejonders von W. Nöther 
(1827). Gejamtausgabe von J. Belfer (1837). 

Lygdämis, Avydauıs, 1) Anführer der mit den 
Kimmeriern verbündeten thrafifchen Trerer, er: 
oberte Sardes um 650 v. E., wurde aber von 


Lydiadıs — Lykaonia. 


Epheſos zurüdgeichlagen und fand jeinen Unter: 
gang in Kilikien. Strab. 1, 61. Plut. Mar. 11. — 
2) Tyrann von Naros, ftellte fich troß jeiner vor: 
nehmen Herkunft an die Spike der Volkspartei 
und bahnte jich darauf den Weg zur Herricaft, 
indem er Beififtratos unterftüßte und dafitr fich 
defien Hülfe zur Erlangung der Tyrannis über 
Naros verichaffte (540 v. E.). Später ftürzten ihn 
die Spartaner (525). Hdt. 1, 61. 64. Aristot. 
pol. 5, 5. Polyaen. 1, 23, 2. 

Lygdämos, Avydauog, Lyglamus, Eflave der 
Cynthia, der Geliebten des Broperz. Prop. 3,6, 2. 
4, 7, 35 u. d. — In dem dritten Buche des Tibull 
behandeln 5 Elegien das Verhältnis zwiſchen einem 
gewiſſen Lygdamus und Neära, die weientlich von 
denen des Tibull verjchieden find. Ob Lygd. ein 
wirklicher oder ein angenommener Name ijt, läßt 
fich nicht ermitteln. Ja der Verfaſſer dem Kreiſe 
des Meſſala angehört hat, find feine Dichtungen 
unter die des Tibull gefommen, mit dem fie jedoch 
nichts gemein haben. 

Lygii j. Ligii. 

Lykabettos j. Attika, 

Lykaion ſ. Arkadia. 

Lykaios j. Zeus, 6. und Lykaon. 

Lykambes ſ. Tambographen, 2. 

Lykäon, Avxdor, 1) Sohn des Pelaſgos und 
der Dfeanine Meliboia oder der Kyllene, König 
der Arfadier, der erjte Kultivator Arkadiens, der 
auf dem Berge Lyfaion den Dienft des Zeus 
Lytkaios ftiftete und die Stadt Yyfofura gründete. 
Paus. 8, 2, 1. ber wegen des altarladiichen 
Brauches, dem Zeus Menichenopfer zu bringen, 
gab ihm die Sage den Charakter eines freveln: 
den Witterichs. Mit mehreren Frauen zeugte er 
50 Söhne (ſämtlich Perjonifitationen arkadiſcher 
Städte), die alle Menſchen an Übermut und Ruch— 
lofigfeit übertrafen. Um fie zu prüfen, fam Zeus 
u ihnen im dürftiger Geftalt; fie luden ihm zu 

iſche, jchlachteten einen Knaben, mifchten deſſen 
Eingeweide unter das heilige Opfer und ſetzten 
es auf den Nat des älteften, Mainalos, dem Zeus 
vor. Dieſer aber ftieß den Tiſch um und erjchlug 
Lylaon und feine Söhne mit dem Blig, mit Aus: 
nahme des Nyktimos, des jüngften. Dieſen rettete 
Ge, inden fie den erzürnten Zeus bei der Rechten 
ergriff. Unter Nyktimos' Regierung fam die deu- 
falionische Flut über das Yand, die nad) der Be: 
hauptung einiger in der Ruchlofigfeit der Söhne 
Lykaons ihren Grund hatte. Nach Dvid (met. 
1, 198 ff.) jebte Lylaon jelbft dem Zeus das Men: 
ichenfletjch vor und ward in einen Wolf (Auxor) 
verwandelt. — 2) Sohn des Priamos und der 
Yaothot, Bruder des Polydoros, von Achilleus 
getötet. Hom. IT. 21, 35 ff. 22, 46 ff. — 3) Vater 
des Pandaros, Herricher in Lylien (daſ. 2, 826). 

Lykaonla, Avxaovie, Yandichaft im mittleren 
Kleinaſien, zwiſchen Galatia, Kappadokia, Kilikia, 
Piſidia und Phrygiaz bei dem Zug des jüngeren 
Kyros zuerft genannt, mit oft wechielnden Grenzen. 
Im ©. liegt der Tauros, im NW. das Gebirge 
Baroreos. Der größere Teil des Landes, befonders 
im N., ift eine rauhe, holz: und waſſerarme, mır 
zur Schafzucht geeignete Steppe, bis zum großen 
Salzjee Tatta,j. Tus-tſchöllü, d. h. Salzjumpf. — 
Die Bewohner, Lykaones, durch die griechische 
Sage von Lylagon abgeleitet, mit den Pifidiern und 
Iſauriern nahe verwandt, lebten von Raub und 


“ 


Lykeion — Lykon. 


Krieg, behaupteten ihre Freiheit gegen die Perſer, 
wurden aber von den Makedoniern und Römern 
unterworfen. Das Yand wurde 36 v. C. mit dem 
Königreih, 25 v. E. mit der — Galatien 
vereinigt. Städte: Jtonion (ſ d.), die Haupt: 
ftadt in der Mitte; Yaodifeia (j. d.), eine jelen: 
fidiiche Gründung, und Tyriaeion im NW’, 
Lyſtra, Parlais (römiiche Anlage), Laranda 
(j. Karaman, wornach aud) die ganze Provinz be: 
nannt wird) und Derbe im ©. Xen. An. 1,2, 19. 
3, 2,23. Liv. 38, 30. Strab. 12, 568 f. 

Lykeion j. Aristoteles und Attika, 14. 

Avzeıog ſ. Apollon. 

LykYa, Avsce, halbinfelartige Landichaft Klein: 
afiens, im N. durch den Tauros von Kabalien 
und Bifidien, im NO. durd) das Solymagebirge 
von Pamphylien, im NW. durch das Daidala- 
gebirge und den Glaukosfluß (ij. Fluß von Matri) 
von Karien geichieden. Den ©., SD. und EM. 
beipült das Yyliiche Meer. Unter den, einft 
zum Teil vulkaniſchen Gebirgen, welche das Junere 
durchziehen, treten im W. der Kragos (3000 m 
hoch) und Antikragos (1800m hoch) zwiichen den 
Flüſſen Telmiijos und Zanthos (j. Eichen) bis 
dicht an das Meer. Zwiſchen dem leßteren und 
dem Limyros, in der Mitte des Landes, liegt 
das Gebirge Maſikytos (j. Afdagh). Im O. er: 
heben fi der Olympos oder PBhoinifüs, mit 
dem Borgebirge Hieron oder Ehelidonion (j. 
Khelidonia), und das Solymagebirge (2400m 
hoch) mit dem Paß Klimar. Das Meer bildet im 
W. den Meerbujen Glaufos (j. Golf von Matti), 
im DO. den Pamphyliſchen Bujen (j. B. von 
Adalia). Zu den Produkten des nicht unfrucht- 
baren Gebirgslandes gehörten bejonders vorzüg: 
lihes Bauholz Cedern u. a.), Wein, Getreide, 
Safran, Shwämme, Naphtha und trefflicher Wiar: 
mor. — Die urjprünglichen Bewohner waren Die 
Milyer und die (vielleicht phoinifiichen) Soly-: 
mer (Hom. Il. 6. 184. 204. Od 5, 283), Durd) 
die einwandernden eigentlichen Lykier, die fich 
ſelbſt Tramele (bei den Griechen Tremilen oder 
Termilen) nannten, ein fultiviertes Volk von indo— 
germaniicher Abſtammung, wurden die Milyer in 
das rauhe innere Hochland, das eben deshalb 
Milyas hieß, die Solymer in das öftliche Gebirge 
verdrängt (/1. 2, 876f. 10, 430. 12, 330. Hat. 
1, 173. 7, 921. Die Lulier erwehrten fich des 
Kroiſos, erlagen aber nad) hartnädigem Widerjtand 
(um 545 v. E.) dem Feldherrn des Kyros Dar: 
pagos (Ildt. 1, 28. 176). Doc bildeten fie einen 
ziemlich unabhängigen Bund von Stadtrepublifen 
(in fjpäterer Zeit 6 größeren und 17 Heineren), 
Avatar zb xomor oder to xoıwör Aualor Fhvog 
genannt, der auch unter ſyriſcher Oberhoheit, dann 
unter der Herrichaft von Rhodos (190— 168 v. E.) 
fortbeftand und nad) dem dritten mafedonijchen 
Kriege von den Römern für frei erklärt wurde 
(Liv. 45, 25), bis Claudius 43 n. E. Lykien mit 
Bamphylien zu einer römischen Provinz machte. 
— Bon jenen 6 größeren Städten liegen 4 im 
Thale des Kanthos: Batara (Mmliih Pttarazu), 
mit Tempel und Dratel des Apollon und mit 
Hafen; Kanthos (Iykiih Arina, j. Günik), die 
größte Stadt, Sik der Bundesverſammlung mit 
dem Lykiarchen an der Spite, von Harpagos und 
wieder von Brutus (42 v. E.) zerjtört, bekannt 
durd) Tempel des Sarpedon und des Iykiichen 


211 


Apollon jowie das Grab des Iykiichen Satrapen 
Perikles (um 360 v. E.), das jeßt ſ. g. Nereiden: 
denfmal (die Skulpturen im Britiſchen Mujeum 
zu London); Pinara (j. Minara), am Fuße des 
Kragos; Tlos (j. Düver), am Aufftieg zum Maſi— 
— ——— Sodann die beiden andern weiter 
öſtlich: Myra (j. Myri), 20 Stadien vom Meer, 
in der Kaiſerzeit Hauptjtadt, und Olympos, als 
Sceräuberfit von Servilius (78 v. E.) zerftört. 
Ferner: im W. Telmiſſos (j. Mafri) bei dem 
Borgebirge Telmiffis, und Sidyma, römische Ko- 
lonie; im ©. Phellos (j. Fellen), Antiphellos 
(j. Antiphilo) und die Inſelſtadt Je (j. d.); 
im DO. Bhajelis, rhodijche Kolonie, befannt durch 
jeine leichten Schiffe (pdondor), gleichfalls von 
Servilius zerftört, wie auch das benachbarte Kory— 
fos; im Innern Tryja (Tovaior 6 Snjuog) mit 
dem aus dem 4. Jahrhundert v. E. ſtammen— 
den Heroon (Grabmal) von Giölbaſchi (deſſen 
Stulpturen jeit 1882 in Wien find). Vgl. Strab. 
14, 664 ff. — Um die Topographie und Archäo- 
logie von Lyklien, bejonders um die Unterfuchung 
der zahlreichen YFeliengräber, Grabdentmäler und 
Stulpturen bis hinab zur römischen Zeit, haben 
ſich ſeit 1836 die englijchen Reiſenden Fellows, 
Spratt und Forbes und eine öſterreichiſche Expe— 
dition unter Führung von Benndorf (1882), um 
die Entzifferung der Inſchriften, die in eigen: 
tümlichem Alphabet eine indogermanische Sprache 
zeigen, die Deutihen Schönborn, Mor. Schmidt 
und Savelsberg verdient gemacht. Vgl. Bachofen, 
das lytiſche Volk (1862). Treuber, Gejchichte der 
Lykier (1887). Beiträge zur Gejchichte der Lykier 
(1888). Benndorf und Niemann, Reifen in Lytien 
und Karien mit Beilage von Kiepert (1854). 

Lykios j. Bildhauer, 6. 

Lykön, Avsoa, 1) Stadt in der arladiichen 
Landſchaft Mainalia nordweftlicd von Tegea, mit 
einem Heiligtum der Artemis Lyfoatis. Juus. 
8,3,4. 36,7. — 2). oder Lylaia, Avuade, 
arladiſche Ortichaft am a des Gebirges 
Lyfaion unweit Megalopolis. Pol. 16, 17. Paus. 
8, 27,4. 38,3. 9. 

Lykol&on, Avxoltov, ein Redner in Athen, 
Schüler des Iſokrates, lebte wahrjcheinlicdy um 
376 v. C. Seine Reden find mit Ausnahme einer 
(bie Kaßoelov) unbefannt. 

Lykomeödes, Avxoanjöns, 1) König der Doloper 
auf der Anjel Styros, Vater der Deidameia, 
Großvater des Neoptolemos, j. Achilleus, Ne- 
optolemos, Theseus, 5. — 2) aus Manti: 
neia, ausgezeichnet durch Reichtum ſowohl als 
durd Einficht und Unternehmungsgeift (Xen. Ilell. 
7, 1,23. 65), betrieb nad der Schlacht bei Leuftra 
die Vereinigung der Arkader und die Gründung 
von Megalopolis. Er ftrebte den Einfluß Spartas 
von Arkadien fern zu halten und das Selbftgefühl 
der Arkader zu heben, ebenjo aber jeit 369 v. E. 
Arkadien unabhängig von Theben zu machen und 
die Hegemonie im Peloponnes zu erringen. Zu 
dem Ende brachte er 366 einen Vertrag mit Athen 
zuftande; auf der Rückreiſe aber fiel er arfadijchen 
Verbannten in die Hände, die ihn ermordeten. 
Xen. Hell. 7, 1, 23f. 39, 4, 2f. Diod. Sie. 
15, 59. 

Lykon, Avxor, 1) Sohn des Hippofoon, Königs 
von Sparta, von Herafles getötet, - - 2) ein Troer, 
welchen Peneleos tötete (Zlom. Il. 16, 335); — 


112 


3) einer der Ankläger des Sofrates in Athen; 

4) ein Achaier, der jeine Landsleute zum 
Plündern und zu Gemaltthätigfeiten anreizte und 
dadurch eine Trennung des Heeres in 2 Karteien 
veranlaßte; — 5) ein Beripatetifer, über 40 Jahre 
das Haupt der peripatetiichen Schule. Er ftammte 
aus Troas in Aſien, war ein Sohn des Aftyanar 
und ftarb in feinem vierundfiebzigften Jahre. Durch 
einen ftarten Körper, aber auch durd feinen Geift, 
bejonders durch Anmut der Rede (daher auch TAv- 
xor, Aulciloquus genannt) ausgezeichnet, ftand er 


bei Antigonoß, Attalos und Eumenes in Gunft. 


Er joll Eharafterjchilderungen und ein Buch über 


das höchfte Gut und Übel geichrieben haben. Cie. 


fin. 5, 5, 13. 

Lyköphron, Avsöpgwr, 1) ein Sohn des 
Tyrannen Beriander ſ. d.). Hat. 3,50. — 
2) Tyrann von Pherai, ftrebte nach der Herrichaft 
über ganz Thefjalien und befiegte die Dynaſten 
von Larifja u. a. 404 v. C. Die Spartaner be: 
qünftigten ihn. Xen. Hell. 2, 3, 4. Diod. Sie. 
14, 82. — 3) einer der Schwäger und Mörder 
des Alerander von Pherai, der nach deflen Tode 
359 v. E. eine Zeitlang die Tyrannis inne hatte, 
bis ihn Philipp von Makedonien verdrängte. 
4) aus Chalfis in Euboia, Sohn des Lykos, ge: 
lehrter Grammatiker und Dichter, unter Ptolemaios 
Philadelphos zu Alerandreia blühend, wo ihm 
die Anordnung der Schriften komischer Dichter, die 
in der königlichen Bibliothek fich befanden, auf: 
getragen war. Er jchrieb ein Bud eol xwun- 
Ölas, eine große Zahl von Tragödien (Bruchjtüde 
bei Naud, trag. (iraec. fragm. p. 817 ff. der 
2, Aufl) und ein Gedicht Alsfirdo« oder Ku- 
scrög« in 1474 iambifchen Senaren, das noch 
erhalten ift und in ſehr dunkler Sprache (daher 
der Beiname 6 axorsınog) einen großen Reichtum 
von mythologiſchen, hiſtoriſchen und geographiichen 
Nachrichten enthält, in poetifcher Hinficht aber ge: 
ringen Wert hat. Es bietet im ununterbrochener 
Folge Weisfagungen der NKafjandra über das 
Schickſal Trojas und der Helden des trojaniichen 
Krieges, fortgeführt bis auf Alexander den Gr. 
und ift nicht frei von Jnterpolationen. -— Heraus: 
gegeben mit dem Kommentare des Tzetzes (ji. d.) 
von Bachmann (1830) und Scheer (1. Bd. 1881); 
Tertausgabe von Kinkel (1880). Bol. B. G. Nie: 
buhr in feinen kl. hiſtor. Schriften, 1 ©. 438 ff. 

Lyköreia, Avxchostce, die nordöftliche höchite 
Spige des Parnafjos, eine 2459 m hohe, ifolierte 
Bergppramide, noch j. Lykeri. Am * ſoll eine 
gleichnamige Stadt, der Sitz des Deukalion, ge— 
ſtanden haben, deren Lage aber nicht ermittelt iſt. 
Bol. Viſcher, Erinnerungen und Eindrücke aus 
Griechenland (1856), ©. 611 f. 

Lykortas, Avxooras, aus Megalopolis, Vater 
des Polnbios, ward nach PBhilopoimen 183 v. C. 
Strateg des Achaiiſchen Bundes, rächte defien Tod 
und zwang Meflenien und Sparta, fich dem Bunde 
wieder anzuſchließen (Just. 32, 1); doch konnte er 
Ordnung und Geſetz nicht aufrecht erhalten. Kalli- 
frate® und andere Verräter arbeiteten jeit 179 
am Berderben des Bundes, ftifteten Parteiungen, 
ſchwächten das Anſehen des Lykortas und anderer 
Batrioten und veranlaßten zulegt die Einmiſchung 
der Römer. 


Lykos, Avxog, A) Berjonenname: 1) Sohn des 


Lykophron — Lykurgos. 


Poſeidon und der Kelaino, von dem Vater auf die 
Inſel der Seligen verjegt. Apollod. 3, 10, 1. — 
2) Sohn des Hyrieus, ſ. Amphion. — 3) Tyrann 
von Theben, Sohn des Pojeidon oder des Lykos 
(Eur. Here. fur. 31), von SHerafles getötet, weil 
er in deſſen Abmwejenheit deſſen Schwiegervater 
Kreon erſchlagen und der Megara und deren Kin— 
dern nachgeftellt hatte. — 4) Sohn des Pandion, 
Bruder des Wigeus, Nijos, Pallas, atheniicher 
Heros und Stammvater der Lykomeden und Lylo— 
miden, eines Prieftergeichlechtes der attiichen Myſte— 
rien. Er jollte die Myfterien aus Attika nach 
\ Andania in Meflenien gebracht haben, oder er floh, 
von Aigeus vertrieben, zu Sarpedon in das Yand 
‚der Termilen, das nad) ihm Lylien genannt worden 
fein joll (j. Lykia). Hat. ı, 173. Bon ihm hatte 
das Lykleion in Athen jeinen Namen. Paus. 1,19, 3. 

B) ziemlich häufiger Name reifender Flüſſe: 
1) in Aſſyrien (Adiabene), Iınfer Nebenfluß des 
Tigris, zwiichen Gaugamela und Arbela (Curt. 
4, 16, 8), ſonſt Zabatus maior oder superior ge— 
nannt, afiyriih Zabu, j. Zab el-febir oder el-ala. 
Strab. 16, 737. Xen. An. 2, 5, 1. — 2) in Phoi— 
nifien, zwiſchen Berytos und Byblos mündend, 
j. Nahr el: Kelb (Hundsfluf). Strab. 16, 755, 
3) öftlicher Nebenfluß des Jris in Bontos, j. Ktelfit. 
Strab. 12, 547, 556. Plut. Lucull, 18. — 4) be: 
deutender Fluß Phrygiens, entipringt auf dem 
Kadmosgebirge, verliert fich bei Kolofjai in einem 
Erdichlunde (Hdt. 7, 30), taucht dann wieder her: 
vor und ergieht ſich, bei Laodikeia vorbeiſtrö— 
mend, in den Maiandros; j. Tichoruf:tichai. Strab. 
12, 578. Or. met. 15, 273 ff. 

Lykosüra, Avxocovee, Stadt im jüdlichen 
Arkadien (Landichaft Parrhafia), war nah Rau: 
fanias (8, 39) die Ältefte Stadt in ganz Griechen: 
land, gegründet von Sylaon, dem Sohn des Pe: 
lafgos. Sie lag am jüdlichen Abhang des Lyfaion 
am Flüßchen Platanifton, wurde aber durdy die 
‚ Erbauung von Megalopolis, wohin ihre Bewohner 
verpflangt wurden, verödet. Paus. 8, 2, 1 ff. 

'  Lyktos oder Lyttos, Avxros, Avrrog, eine 
| der älteften, ichon von Homer (TI. 2, 647. 17, 611) 
genannten Städte Kretas, die bedeutendite im 
öftlichen Teile der Inſel, auf einer Anhöhe des 
Berges Argaion, 40 Stadien von der Nordküfte 
(80 von der Südfüfte), ſüdöſtlich von Knoſos ge: 
legen. Sie galt für eine Kolonie der Spartaner 
und für die Mutter und Pflegerin der beiten 
Bürger. Jet Ruinen Xyda. Pol. 4, 54. Strab. 
10, 476, 

Lykurgos, Avxoüeyos, 1) Sohn des Dryas, 
. Dionysos, 3. - - 2) Sohn des Aleos und der 
Neaira, Bruder des Kepheus und der Auge, Vater 
des Ankaios, Epochos, Amphidamas und Jaſos, 
König in Arkadien. Er cerlegte den Areithoos 
(j. d.). Hom. Il. 7, 142. — 3) Sohn des Pronar, 
Schwager des Adraftos, Teilnehmer am erften 
thebantichen Krieg, wo er mit Amphiaraos in 
‚einen Nampf geriet, den Adraſtos und Tydeus 
trennten. Paus. 3, 18, 12. — 4) Sohn des Pheres, 
Bruder des Admetos, Gemahl der Eurydike oder 
Amphithea, König in der Gegend von Nemca, |. 
\Hypsipvle. — Unter den Trägern Diejes in 
Hellas oft vorlommenden Namens ift aber vor 
‚allen zu nennen 5) der jpartaniiche Geſetzgeber. 
Schon Plutarch ı Zye. 1) begann deſſen Lebensbe: 
| fchreibung mit den Worten: „Über den Gejeßgeber 











— 








— 


Lykurgos. 


2. läßt fich durchaus nichts behaupten, was fei: 
nem Zweifel unterworfen wäre; denn über feine 
Abftammung, über feine Reiſen und jein Ende, 
jowie über jein Wirfen als Geſetzgeber und Staats: 
mann find verjchiedene Berichte vorhanden.‘ Hier— 
nach ift es fein Wunder, daß wir zunächſt über 
die Yebenszeit des L. nicht zur Klarheit gelangen 
fönnen. Nach Herodot (1, 65; vgl. Xen. Lac. 
resp. 10, 8), der den ältejten Bericht bietet, lebte 
Lg. um die Zeit der Begründung des dorijchen 
Staates in Sparta. Dagegen fällt nach Thuky— 
dides (1, 18) die Einrichtung der ſpartaniſchen Ver: | 
fafjung (dur %.) etwas mehr als 400 J. vor dem | 
peloponnefischen Kriege, aljo um 820 v. E. Im 
Gegenſatz hierzu beredineten Kteſias, Eratofthenes 
und Apollodor den Beginn der Geſetzgebung des 
2. auf 884, und andere gelangten zu andern Re: 
jultaten. Ebenjowenig Übereinſtimmung und Klar: 
heit herricht in den Berichten über L.es Yeben und 
Thaten. Nach Herodot gehörte er zum Hauſe der 
Agiaden und entfaltete als Oheim und Vormund 
des Königs Labotas jeine gejeßgeberiiche Thätig: 
feit; die jpätere, verbreitere Überlieferung macht 
ihn zum Bormund des Königs Charillos oder 
Chartlaos, alio zu einem Eurppontiden. Ephor. 
bei Strab. 10, 481; vgl. Plut. Lye. 1. Während 
diejer Zeit joll er mit Iphitos den eleischen Gottes: 
frieden eingerichtet (Aristot. bei Plut. Lye. 1), ja 
jogar mit demjelben die erjte der gezählten Olym: 
piaden angeordnet haben. Ferner heißt es, daß 
Anfeindungen, auch von der Mutter des Charilaos, 
2. zu dem Beſchluſſe bewogen hätten, das Yand 
zu verlaflen und nicht cher heimzufehren, als bis 
der junge König erwacjen wäre. Auf jeinen 
Reiſen joll er nach Kreta, wo er den Sänger 
Thaletas kennen lernte (Plut. Lye. 4), Agupten 
und Chios gelommen fein. Bier foll er Homer 
perjönlich fennen gelernt haben, deſſen Gedichte 
er nach Griechenland verpflanzte. Sehnlichſt er: 
wartet fchrte er nach Sparta zurüd, wo er nad) 
den einen die königliche Gewalt geidiwäcdt (Plut. 
Lye. 3), nadı den andern in eine Tyrannis aus: 
geartet fand (Herakleides Lembos bei Müller, 
fragm. hist. Graee, 2, 210). Er begann nunmehr 
die Umgeftaltung der ſpartaniſchen Berfaffung. 
Leptere wird gewöhnlich als eine Nachahmung der 
fretifchen hingeftellt, doch hörte Herodot auch von 
einigen, jie jei von der Pythia jelbjt dem L. ein: 
gegeben worden. Hat. 1, 65. Um jeiner Ber: 
faflung eine möglichft lange Dauer zu fichern, 
nahm %., wie Plutarch (Lye. 20) erzählt, den 
Spartanern das eidliche Berjprechen ab, bis zu 
feiner Rückkehr aus Delphoi, wo er den Gott um 
Rat fragen mühte, die Berfaffung treu zu bewah— 
ren. Als die Pythia Sparta Ruhm und Größe 
verheißen hatte, folange es jeine Berfafjung be: 
obachten werde, ftarb er fern von der Heimat, 
nad den einen in Kirrha, nach andern in Elis, 
nach andern auf Kreta. Plut. Lyc. 31. Seine 
Aſche befahl er ins Meer zu treuen, damit die 
Spartaner durch Einholung derjelben ſich nicht 
ihres Eides für entbunden halten möchten. 


einem Heiligtum göttliche Ehre. Hat. 1, 66. So 
lauten die Nachrichten der Alten über .3 Leben. 
Sie ftimmen nur darin überein, da 2. Oheim 
und Bormund des Königs war, in deſſen Regie: 
rungszeit jeine Gejepgebung fiel. Da jie im übrigen 


A | 
“ 

Sparta erwies man ihm mach feinem Tode in | 
| Das Altertum beſaß 15 Reden von ihm; uns iſt 


713 


erheblich voneinander abweichen, da ferner in der 
griechifchen Überlieferung eine auffällige Ahnlidy: 
feit zwijchen dem Leben des Solon und dem des 
X. hervortritt, da endlich L. viel eher gelebt haben 
muß, als es eine Geichichtichreibung gab, jehr leicht 
alfo durch mündliche Lberlieferung die Spuren 
der Wirklichkeit völlig vermwijcht werden fonnten, iſt 
es erflärlich, daß verichiedene Forſcher der neueren 
Zeit (z. B. Gelzer, Gilbert und v. Wilamowiß: 
Möllendorff) die hiftorische Eriftenz des L. ge: 
leugnet und ihn für einen hiftorifchen Titel oder 
einen Apollon Lyfeios oder einen Zeus Lykaios 
erflärt haben. Dagegen hat zulegt Holm (Griech. 
Geſchichte I [1886], 212. 225 f.) betont, daß in 
Griechenland mehr als anderswo die Perjönlichkeit 
wirfte und daß nichts Zwingendes gegen die Per: 
lönlicjfeit des Geſetzgebers L. gejagt werden Fönne. 
Über 2.3 gejeßgeberijche Thätigfeit vgl. Sparta, 7. 
— 6) politiicher Gegner des Peififtratos, Anführer 
der Leute von der Ebene. Hat. 1, 59f. — 7) der 
Athener, einer der 10 attijchen Redner, war ein 
Sohn des Lyfophron aus dem alten Gejchlecht der 
Butaden und wahrjcheinlich um 396 v. E. geboren. 
Bon jeinem früheren Leben iſt jaft nichts bekannt. 
Erjt als durch die Ränke Philipps von Mafedo- 
nien zwiſchen den griechiichen Staaten die Zwie— 
tracht ausgebroden war, trat er wie Demojthenes 
und Hypereides tüchtig im vaterländiichen Intereſſe 
gegen die maletoniiche Vergewaltigung auf. Be— 
jonders widmete er fich den inneren Angelegen: 
heiten und juchte durch Ordnung in den Finanzen 
die für den Krieg nötigen Mittel zu beichaffen: 
12 Jahre, von 341— 329 oder von 338—326, 
führte er als Staatsſchatzmeiſter ö Iul ri dinı- 
anoeı Oder ramlag tig xowijg zgogddonv) Die 
Finanzverwaltung, davon 8 Jahre freilich nicht 
dem Namen nad), da man nur 4 Jahre lang dies 
Amt verwalten fonnte. Er ftellte die Kriegsſchiſſe 
wieder her und fügte zuerjt Tetreren und Ben: 
teren der Kriegsflotte zu, jorgte für Reparatur 
der remooıxo. in den 3 Kriegshäfen, vollendete 
wejentlich das Arjenal (snevodrzn), ſchmückte das 
große, erft damals vollendete, dionyfiiche Theater 
aus, baute das panathenatiiche Stadion und ver: 
ihönerte das Gymnaſium im Lyleion. Aber auch 
andere Bauten zum Schmude der Stadt werden 
erwähnt. Für jeine mannigfachen Berdienjte wurde 
auf Antrag des Stratofles (307) ein uns noch er: 
haltenes Ehrendetret für %. abgefaht (Plut. wit. 
X or. p. 851). Bruchftüde desjelben find jeit 
1860 im Athen gefunden und von C. Eurtius 


GPhilol. 24, 83. 261) erflärt; andere auf jeine Ver: 


waltung bezüglide Inichriften find von U. Köhler 
Hermes 1, 912. 2, 2. 5, 223) uud im Corpus 
Inseriptt. Att. Bd. II, 2, S. 98 ff.) bearbeitet. 
Überdies drüdte das Volk jeine Zufriedenheit 
noch durch mehrfache Bekränzungen aus. Geſtor— 
ben jcheint er 325— 324 zu jein; er ward auf 
Staatsloſten beerdigt am Wege, der zur Akademie 
führte. Ehrenhafte Gefinnung, Nechtlichkeit und 


Charafterfeftigfeit kennzeichnen den L. Obwohl 


häufig gerichtlich angegriffen, unterlag er nie, als 
Anfläger war er jehr gefürchtet. Cie. Brut. 34. — 


außer Fragmenten nur die gegen Yeofrates 
(eigayyelle mpodoolag nar& Aswngdrovg) erhal: 
ten, aus der hervorgeht, da er mehr Staatsmann 
als Redner war, und in der die Form hinter dem 


- 


714 


Gedanken zurüdjteht. „Seine Sprache ift rauh, 
der Ausdruck ungeglättet; der Darftellung fehlt es 
an Urbanität, an Leichtigkeit und Fluß, der tom: 
pofition an Glätte und Abrundung.“ — Ausgg., 
außer in den Sammlungen der Oratt, att. von 
Meiste, Belfer, Dobjon, Baiter und Sauppe, E. 
Müller, von Oſann (1821), Pinzger (1824), Blume 
(1828), Mätzner (1836), Scheibe (zulept 1871), 
A. Nicolai (2. Aufl. 1885), Nehdang (1876), Thal: 
heim (1880); Sammlung der Fragmente von Kieß— 
ling (1847). Gute Abhandlung von Dröge (1880). 

Lynkestis, Avyaneris, eine am Oberlaufe des 
Erigon gelegene Landichaft im SW. Makedoniens, 
deren Bewohner (Anyanorad) früher eigene Herr: 
icher aus dem Gejchlechte der Balchiaden hatten, 
bis eine Bereinigung mit Maledonien ftattfand. 
Thuc. 2, 99. 4, 83. Die Hauptftadt hieß Lynkos 
(Thue. 4, 83. 124 u. d. Liv. 26, 25. 31,33. 32, 13) 
oder Lykos (Liv. 32, 9. Plut. Flamin. 4). 

Lynkeus ſ. Danaos und Idas. 

Lyrische Poösie T) der Griechen. Unter 
Iyriicher Poeſie im weiteften Sinne verftehen wir 
alle Dicytungsarten, welche nicht zu Epos und 
Drama gehören, jo daß alſo auch die Elegie, die 
Jambenpoefie und dergleichen mit eingejchloffen 
find; im engeren Sinne jedoch — und dies ilt 
die gewöhnliche Bedeutung bei den Griechen jelbit 
— bezeichnet fie nur die Poeſie, welche eng mit 
mufitalifcher und orcheftiicher Darſtellung verbun- 
den ift, die melifche und chorijche, von denen 
jene vorzugsweiſe von den Mioliern, dieje von 
den Doriern ausgebildet worden ift, weshalb jene 
auch die aioliſche, diefe die doriſche Poeſie 
heißt. Nachdem die Jonier, durd die leichte Er: 
regbarfeit ihres Geiftes und ihre offene Empfäng: 
lichkeit für die Außenwelt den übrigen Stämmen 
vorauseilend, das Epos und die Elegie gejchaffen 
und gepflegt hatten, überfam der aioliiche Stamm, 
in Bezug auf Erregbarfeit des Sinnes den Jo— 
niern naheftehend, aber von größerer Kraft und 
Tiefe des Gefühls, die Aufgabe, die Roefie weiter 
zu bilden und eine nene Kunſtgattung zu Schaffen, 
die melijche Poeſie, in welcher zuerjt der Dichter 
feine individuellſten Gedanfen und Gefühle, wie 
fie durch jeine bejonderen Berhältniffe hervor: 
gerufen wurden, jeinen Zorn und feinen Haß, 
jeine Licbe und feine Freundſchaft, Freud’ und 
Schmerz offen und ohme Rückhalt ausſprach. Sol: 
chen wogenden Gefühlen entiprady nicht der ge: 
haltene, gemeffene Gang der Elegie, nicht der 
rhapfodijche Bortrag; jondern der Gejang und 
ein twechjelvolles, beiwegtes Metrum war ihr na- 
türlicher Ausdrud. Das aufgeregte Gemüt be: 
durfte zu beftimmten Zeiten eines Ruhepunktes, 
und jo entjtand die meliiche Strophe, weldye aus 
mehreren fich wiederholenden fürzeren Berjen be: 
fteht, denen ein oder zwei Schlufverje in etwas 
verändertem Metrum folgen (die japphiiche, Die 
alfaiijche Strophe u. f. w.). Der Geſang wurde 
begleitet von einem Saiteninftrument. Pie Ent: 
jtehung und Ausbildung dieſer aioliichen Poeſie 
fällt an das Ende des 7. und in die erjte Hälfte 
des 6. Jahrhunderts dv. E., in eine durch politische 
Kämpfe aufgeregte Zeit, in der die einzelne Per: 
lönlichkeit zu größerem Bewußtſein ihrer Selb: 
jtändigfeit fam und Gefühl und Yeidenjchaft eine 
erhöhte Stärke gewann. Das Yand, wo die me: 
liſche Poeſie erfunden und vorzugsweije geübt 


Lynkestis — Lyrische Poüsie. 


wurde, war die Inſel Leſbos; die Niolier dieier 
Inſel entwidelten mehr als alle andern ihres 
Stammes ein höheres geiftiges Leben, namentlich 
fand bei ihnen die Muſik eine bejondere Pilege. 
Die — dieſer Poeſie ſind der durch 
ſeine leidenſchaftliche Beteiligung an den inneren 
Kämpfen ſeines Vaterlandes in * Unruhe um 
a ee Alka ios von Moütilene (um 612 
dv. E.) und jeine jüngere Zeitgenoffin und Yands: 
männin Sappho nebft ihrer Schülerin Erinna. 
Als ein Ausläufer der aioliichen kann die Poeſie 
des Joniers Anafreon angejehen werden. — 


Einen von der meliihen Poeſie verjhiedenen Eha: : 


rafter hatte die horiiche oder doriſche Lyrik, 
in welcher die Lyrik überhaupt ihre höchfte Stufe 
erreichte. In ihr ſprach fich nicht das jubjektive 
Gefühl eines Einzelnen, des Dichters, aus, fon: 
dern das Gefühl und das innere Yeben der ganzen 
Gemeinde. Diefe Gejänge wurden nämlich bei 
Feſten der Götter von einem tanzenden Chor unter 
mufifaliicher Begleitung vor der verjammelten 
Gemeinde, die der Chor darftellte, vorgetragen. 
Für jolche öffentliche Aufführungen pahte nicht 
mehr die Heine, leichte aioliiche Strophe; die cho: 
riichen Strophen waren größere, funftvollere Ganze, 
entjprechend den Bewegungen des Tanzes. Auf 
die Strophe folgte gewöhnlich eine ihr metriſch 
volllommen entiprehende Gegenjtrophe und 
hierauf eine von beiden verichiedene Ep ode, welche 
jo vorgetragen wurden, daß während der Gegen: 
ftrophe die Tanzberwegungen, welche während der 
Strophe ausgeführt worden waren, wieder zu dem 
uriprünglichen Standorte zurüdführten, wo ale: 
dann die Epode abgejungen ward. Die Gejänge 
hatten je nach ihrer Beftimmung und ihren Inhalt 
verichiedene Namen. Der nad) dem Refrain be: 
nannte Paian ſchloß fich zunächit an den Kultus 
des Apollon an. Schon bei Homer finden wir 
ihn teils als verjöhnenden Geſang beim Opfer: 
mahle des Apollon (Hom. Il. 1, 472), teils als 
Siegestied (daſ. 22, 391). Aus der erften Art 
entwidelte fich, bejonders im Kulte des pythiſchen 
Apollon, durch dorischen Einfluß der Paian, wel- 
cher als Preis: und Dantlied oder auch als Hülfernf 
in der Not nicht bloß an die rettenden Götter 
Apollon und Artemis, jondern überhaupt an Schutz— 
qötter jeder Art gerichtet wurde; der Paian bei 
Gaſtmählern, zwijchen dem eigentlichen deixror 
und dem ovundcıor, ift hiervon cine bejondere 
Art. Aus dem Giegespaian entwidelte fich, be: 
jonders durd) Einfluß der Kreter, der Paian als 
Schlachtgefang beim Angriffe wie nach dem Siege. 
Als Gegenftüd des Paian kann das Hyporchema 
(Tanzlied) angejehen werden, ein Geſang an Apol: 
lon von heiteren, oft mutwilligem Charafter, bei 
welchem eigene Bantomimen, mythiſche Gegenjtände 
darjtellend, den Geſang des Chors mit Gebärden 
und Tanzbewegungen begleiteten. — Der Hym— 
nos war cin Xoblied auf Götter, das von einem 
vor dem Altar ftehenden Chor zur Kithara ge: 
fungen ward. Als die früheiten Begründer diejer 
chorischen Art von Hymmen find die apolliniichen 
Sänger Dien, Philammon u. a. zu betraditen; 
die homeriſchen Humnen (j. Homeros, 9.), die 
nicht für öffentliche Gottesverehrung beftimmt waren, 
fowie die im jpäterer Zeit entitandenen gelchrten 
Hymnen eines Nallimachos, Mejomedes, ſowie 
der orphiichen Hymnendichter jind von jenen dem 


-. 


— 


Lyrnessos — Lysandros. 


5 Kultus geweihten Hymnen völlig zu jcheiden. Über 
den Dithyrambos ſ. d. Die Projodia (Pro- 
elfionslieder) waren eine Abart der Hymnen oder 

aiane, Lieder, die der Chor unter Flötenbeglei— 
tung anftimmte, während er in feierlichem Feſtzuge 
fih zum Tempel begab; eine bejondere Art der: 
jelben waren die Barthenia, jo genannt, weil 
fie von Nungfrauenchören vorgetragen wurden. 
Das Enkomion war ein Preisgefang zur Ver: 
errlichung bejonderer Begebenheiten und einzelner 
Lerjonen, Fürften und ausgezeichneter Männer. 

amit verwandt ijt das Epinikion, ein Loblied 
anf den Sieger in Wettjpielen (ſ. Pindaros). 
Ferner gehören hieher die Paroinien, Wein- 
licder, von denen das Skolion ıj. d.) eine be— 
fondere Art war, und die Hochzeitslieder, Hyme— 
naien und Epithalamien, von denen dieje vor 
der Thüre des hochzeitlichen Gemaches, jene bei 
dem feftlichen Brautzuge durch Chöre von Jüng: 
lingen und Jungfrauen abgefungen wurden. Der 
Gebrauch, das hochzeitlihe Paar durch Chöre von 
Nungfrauen und Nünglingen unter Tanz und Ge: 
lang nad) Haufe zu geleiten und jcherzhafte Lieder 
beim Soczeitäfchraaufe und vor dem Brautgemache 
zu fingen, war uralt. Hom. 71.18, 492 ff. He- 
siod. scut. Here. 274 ff. Den fröhlichen Hochzeits— 
liedern entgegengejeht waren die Threnoi, mit 
der Flöte begleitete Trauergeſänge bei Leichenbe: 
gängniffen und Leichenmahlen. Wal. über dieſe 
verjchiedenen Klaffen des Melos Bernhardy, Grund: 
riß der griechischen Litteratur II, 2, ©. 624 ff. der 
; 3. Bearbeitung. — Die Chorpoejie, an den Kultus 
der Götter fi anſchließend, hatte ihre Anfänge 
in der älteften, vorhomeriſchen Zeit und wurde 
nachher bejonders von dem tief religiöfen Stanınte 
der Dorier, vornehmlich auf Kreta und in Sparta, 
weiter gebildet. Ihre künftleriiche Ausbildung aber 
erhielt fie erft nady größerer Vervolllommmung der 
Muſik ungefähr von der dreifigften Olympiade 
(660 v. on an durch Dichter, welche teils aus 
nicht-dorifchen, teils aus nicht rein-dorischen Staaten 
ftammten, dur Alkman aus Lydien (zwifchen 
DI. 27 und 42), Stejihoros aus Himera (DI. 
33, 4-55, 1., dv. E. 635—560) und Arion von 
Methymna (DI. 35—48, v. E. 628585). Obgleich 
dieje Dichter im allgemeinen den jittlich-relfigiöjen 
Grundcharafter der dorischen Chorpoeſie jeithielten, 
jo behandelten fie doch ihren Gegenftand mit mehr 
Freiheit und Selbſtändigkeit des Dichtergeiftes, 
als diejes bisher "bei dem am Altherkömmlichen 
ftreng feithaltenden dorischen Stamme mit feinen 
feftgeichlofjenen, alle Bejonderheit ausichliegenden 
Staatseinrichtungen der Fall geweſen war. Durch 
die ebengenannten Dichter ward die Chorpoefie 
ein Gemeingut aller Hellenen; zur höchften Blüte 
aber wurde Ddiejelbe am Ende des 6. und in der 
erften Hälfte des 5. Jahrhunderts v. E., kurz vor 
und während der Berjerfriege, gebracht durch Iby— 
fos von Nhegion (um 530 v. E.), Simonides 
von Keos (556-469 dv. E.) und Pindaros von 
Theben (521—441 dv, E.), denen fih Bakchyli— 
des, der Neffe des Simonides (um 473 v. E.), 
anichloß. Bei eg Dichtern ift der Chor nur 
noch das Organ für den im freier Begeifterung 
ſich ergebenden Dichtergeift. Als Lyriker find außer: 
dem zu nennen zunächit 3 rauen, Korinna aus 
Tanagra, Telejilla von Argos (um 500 v. E.) und 
PBrarilla von Sifyon (um 450 v. E.), jodann 


715 


Timofreon von Rhodos (zur Zeit der Perſer— 
kriege), berüchtigt durch jeine Heftigfeit und feinen 
beifenden Witz, Diagoras von Melos (um 470 
v. E.), Kerfidas von Megalopolis (um 350 v. E.), 
endlich die Dithyrambendichter Philorenos von 
Kuthera (um 400 v. E.), Timotheos von Milet 
(geftorben 357 v. E.), Polyeidos und Teleftes 
von Selinis (um 350 v. E.), Likymnios aus 
Ehios, Ariphron aus Rhegion u. a. Je agrob- 
artiger die Xeiftungen der Griechen im Melos 
waren, um fo tiefer ift es zu beflagen, daß aufer 
den Enfomien Bindars faft fein einziges vollftäns 
diges Igriiches Gedicht derjelben ſich erhalten hat. 
Ausgezeichnete Sammlung der Fragmente der 
—— Lyrilker (einschließlich Elegiler) von 
Theod. Bergk: Poetae Iyrici Graeei (4. Aufl. 
1878— 82, 3 Bbb.). Poetae Iyrici Graeci minores, 
ed. Pomtow (1885). Auswahl von Mehlhorn (1827), 
Schneidewin (1839), Stoll (2 Bdd. 5. Aufl. 1882 f.), 
Buchholz (2 Bdd. 1. Bd. 4. Aufl. 1886) und Bergf 
(3. Aufl. 1883). Vgl. lad), Gejchichte der gries 
chiſchen Lyrik (1883— 84. 2 Bdd.). — II) Ber den 
Nömern hat die lyriſche Poeſie zunächſt in dem 
Kultus ihre Anwendung gefunden. ‚Die Funft: 
mäßige Ausbildung erhielt fie in dem Epigranım, 
dem Jambus und bejonders der Elegie (j. Ele- 
gie). Erjt gegen das Ende der Nepublif, als die 
Belanntſchaft mit griechiicher Litteratur allgemeiner 
wurde, wurde auch das griechiiche Melos nad 
Rom verpflanzt. Catullus führt hier den Reigen; 
aber der Meifter ift Schon nach dem Urteil der Alten 
Horatius im feinen Oden, der von fich rühmen 
fonnte princeps Aeolium carmen ad Italos de- 
duxisse modos (od. 3, 30, 13 .). Zahlreiche Lyriker 
find ihm im den erſten chriftlichen Jahrhunderten 
gefolgt, Cäſius Baſſus, Salejus Bajjus, 
Beitricins Spurinna, Statius u. a., und 
auch die Ehriften (Brudentius u. a.) haben fich 
in dieſen Formen verjucht. 

Lyrnessos, Avgrnooos, Stadt im Innern 
Myſiens, jchon von Homer genannt (IT. 2, 690, 
19, 60. 20, 92), 2 Meilen don Adramyttion, aber 
jpäter verſchwunden. Sie war Sitz des Königs 
Mynes, des Gemahls der Brijeis. Sirab. 13, 583 f. 

Lysandros, Avbsardoos, Lysunder, laledai- 
monijcher Feldherr zur Zeit des peloponneftichen 
Krieges, aehörte dem Geſchlechte der Herakliden 
an, während ihn eine andere Nachricht zum Mo: 
thafen (Helotenkinde) macht. Aelian. v. h. 12, 43. 
Plut, Lys. 24. Er war das Mufterbild eines 
Alt-Spartaners und ftrebte darnach, Spartas Herr: 
ichaft in ganz Griechenland zu begründen, um 
dann jelbjt in Sparta zu en Mit bedeu: 
tendem Feldherrntalent vereinigte er den freien 
Blid des Staatsmannes, der Athens Stärke wohl 
zu würdigen wußte und deutlich erfannte, daß es 
nur mit feinen eigenen Waffen zu befiegen- jei. 
Er empfing den Oberbefehl über die lafedaimo- 
nische Flotte wahrjcheinlich im Herbſt 408 v. E., 
als die Sache der Athener infolge der Siege des 
Altibiades jehr günftig ftand. Zuvörderſt fuchte 
er von feinem Waffenplate Ephejos aus die Flotte 
zu vergrößern, wobei ihm die hohe Gunft, im 
welche er jich bei dem jüngeren Kyros zu jeßen 
wußte, jehr behülflih war. Plut. Lys. 3. Denn 
neben ftrengem Wefthalten an vaterländiicher Sitte 
und großer perjönlicher Einfachheit waren Schlau: 
heit, Berjchlagenheit und politiicher Scarfblid 


-’ 


716 


Hauptzüge feines Charakters: Kinder müfje man 
mit Würfeln, Männer mit Eiden betrügen; wo die 
Löwenhaut nicht ausreiche, müffe man den Fuchs: 
pelz annähen, jagte er. Plut. Lys. Tf. Cie. off. 
1,30. 2. ſuchte jo viel als möglich ein Zujam- 
mentreffen mit der feindlichen Flotte zu vermeiden, 


nachdem er derjelben in Abwejenheit des Alti: 


biades bei Notion (407, j. Diod. Sie. 13, 71) einen 
bedeutenden Verluſt zugefügt hatte, infolge defjen 
die Unzufriedenheit des Demos gegen Altibiades 
zum Ausbruch fam und 10 neue Heerführer an 
jeiner Stelle ernannt wurden. Dagegen juchte er 
in den Heinafiatiichen Städten Ummwälzungen her: 
beizuführen und oligardhiiche Regierungen einzu: 
jegen, zu welchem Zwecke er jelbft jeinem Nach— 
folger im Oberbefehl, Kallitratidas, alle möglichen 
Schwierigkeiten in den Weg legte. Plut. Lys. 6. 
Diod, Sie, 13, 104. Nachdem dieſer in der Schlacht 
bei den Arginuſiſchen Infeln gefallen war, erhielt 
L. wieder den Oberbefehl, wenn auch nicht unter 
dem Titel Nauarch (denn diefes Amt konnte in 
Sparta niemand zweimal befleiden), jo doch als 
Gehülfe (Epiftoleus, ſ. d.) des nur formell er- 
nannten Arakos. Plut. Lys. 7. Xen. Hell.2, 1,7. 
Durch Fluges Lauern gelang es ihm nun, im 


Sommer 405 an der Mündung des Migospotamos | 


die 180 Segel ſtarle athenische Flotte zu über: 
fallen und mit leichter Mühe ſich fast jämtlicher 


Lysanoridas — Lysias. 


Reife zum Tempel des Zeus Ammon, dem er ein 
Gelübde ſchuldig zu fein vorgab, weiteren perjön: 
lichen Berfenenpeiien. Als aber die Erhebung der 
Demokraten gegen die Dligarchie in Athen die 
Hülfe Spartas nötig machte, jchien er noch einmal 
einen Triumph über Athen feiern zu jollen; allein 
durch Baufanias, der zwijchen beiden Parteien zu 
vermitteln fuchte, wurde dies vereitelt. Nun lebte 
L. mehrere Jahre in Unthätigfeit, bis er 397 
nach dem Tode des Königs Agis dem Agejilaos 
in dem entftandenen Thronftreit zur Regierung 
verhalf. Als aber leßterer, den er nun auf dem 
Feldzuge nad Aſien begleitete, jeinem Auftreten 
in den dortigen Städten entgegentrat, ließ er ſich 
als Unterbefehlähaber im Hellespont beichäftigen 
und fehrte bald voll Erbitterung gegen Wgejilaos 
nach Sparta zurüd, feit entichloffen, das erbliche 
Königtum zu ftürzen und die Würde allen Hera— 
fliden uganglich zu machen. Plut. Lys. 24. Ages. 8. 
Nep. Lys. 3. Cie. div. 1, 43. Seine Anjchläge 
aber famen nicht zur Reife. Als im Herbite 395 
der Krieg zwifchen Theben und den Phofiern aus: 
brach, beichlofjen die Ephoren in Sparta jofort 
den Krieg gegen Theben. 2. jollte von Weiten, 
Pauſanias von Süden her in Boiotien einbrecdhen 
und beide jich bei Haliartos vereinigen. Der Plan 
mißlang; %. jelbjt fiel bei einem voreiligen An: 
griffe auf die Thebaner bei Haliartos. Er wurde 


Schiffe zu bemächtigen; 3000 Gefangene, unter | bei der Stadt Banopeus in Phokis bejtattet. Arm, 
ihnen den Strategen Philofles, ließ er hinrichten. | wie er gelebt, ftarb er. Plut. Lys. 30. Xen. Hell. 
Xen. Hell. 2, 1, 29. Plut. Lys. 11. Bevor er nad) 3, 5, 17 ff. Paus. 9, 32, 5. Abhandlung von Nigich 


Athen jegelte, um dieje Stadt zu belagern, befuchte 
er die den Athenern untergebenen thrakiſch-aſia— 
tiihen Städte und Inſeln und brachte durch die 
vorher angelnüpften Verbindungen überall oligar: 
chiſche Berfafjungen unter 10 Männern und einem 
ipartanifchen Harmoſten, und dadurd natürlich 
Abfall von Athen zuftande, welches bald nur noch 
Samos behielt. Nachdem X. darauf Athen einge: 
Ichlofjen und durch Hunger im April (16. Muny- 
ion) des Jahres 404 zur Übergabe 
hatte, jeßte er die Dreißig ein und lich die Mauern 
der Stadt jchleifen. Xen. Hell. 2, 2.3. Plut. Lys. 
15. Diod. Sie. 14, 3. Darauf jegelte er nad) 
Samos, um aud) hier die oligarchiiche Zehnherr: 
ichaft einzuführen. Sodann lich er durch Gylippos 
den Reſt der von Kyros ihm überwiejenen Gelder 
und andere Geſchenke — 470, nad andern gar 
1000 Talente — nah Sparta bringen und an 
den Staat ausliefern; ſich und jedem der Flotten— 
anführer errichtete er überdies eine eherne Statue 
zu Delphoi. Paus. 9, 32,10. Überall genoß er Ver: 
ehrung, Dichter wetteiferten, feine Thaten zu be: 
fingen, er war der erfte unter den Griechen, welchem 
Städte wie einem Gotte Altäre errichteten. Plut. 
Is. 18. Nach Beendigung des Krieges lebte er 
übrigens viel außerhalb Spartas, two er durch den 


Staatsorganismus in jeiner Willfür und Herrſch— 
Er bewirkte, daß den 


jucht mehr beichränft war. 


gezwungen | 


(1847). 
|  LysanorYdas, Avoavogidag, einer der 3 ſpar— 
| taniichen Befehlshaber, welche im Jahre 379 v. E. 
die Kadmeia übergaben; indes, weil er in der 
Nacht des Aufftandes abmwejend gewejen, ward er 
‚nicht mit dem Tode beftraft, jondern nur mit einer 
' großen Geldftrafe belegt, der er ſich durch frei: 
| willige Verbannung entzog. Plut. Pelop.13. Died. 
' Sie, 15, 27. Bgl. Xen. Hell. 5, 4, 13. 

Lysias, Avodas, nimmt, obwohl fein athenijcher 
Bürger, unter der Zchnzahl der attiichen Redner 
eine bedeutende Stelle ein. Sein Bater, der reiche 
Kephalos aus Syrafus, hatte ſich, vielleicht ver- 
'anlaft durd die politiichen Zuftände jeiner Vater: 
ſtadt, etwa im Jahre 447 v. C. auf Zureden feines 
Sajtireundes Berikles als Metoike in Athen nieder: 
gelaſſen: daß er ein Mann von Charakter und 
Geiſt war, beweist jchon jene Gajtfreundichaft mit 
' Berifles, jowie der Umftand, daß Platon ihn uns 
in den Büchern vom Staat in einer würdevollen 
Weife vorführt. Seinen Söhnen Bolemarchos, 
Lyſias und Euthydemos lieh er eine treffliche Bil: 
dung angedeihen. Lyſias war nad der gewöhn— 
lihen Annahme 459/58 v. E. zu Athen geboren; 
andere laſſen ihn erſt 445 in Syrakus geboren 
werden. Mit feinem älteften Bruder wanderte er, 
noch nicht 16 Jahre alt, nad Thurioi in Unter: 
italien und lebte hier angeblich 18 Jahre. Dort 





Dreißig zu Athen eine Bejabung gejfendet wurde, | befleidete er bürgerliche Amter und ſtand, auch 
wie fie es wünjchten (Xen. Hell. 2, 3, 13 f.), jowie | wegen feines bedeutenden Vermögens, in hohem 
er auch in Mjien den Intergang des von den | Anjehen. Unter Anleitung des Teifias aus Spra: 
Tyrannen gefürchteten Alkibiades veranlafte. Die | us, eines Schülers des Korax, bildete er fich 
Klagen über jeine Härte in Afien, bejonders die | hier in Funftmäßiger Beredjamleit, verbunden mit 
Beichtwerde des Satrapen Pharnabazos, deffen | politiichem Wiſſen nach Art der Sophijten: jcharf- 
Sebiet er geplündert hatte, bewirkten jeine Zurüd: | finnige Antithejen, genauer Rarallelismus der 
berufung; denn man wünjchte ihn zu demütigen. Ölieder, Gleichklang der Worte und bejonders der 
Plut. Lys. 20. Mit Mühe entging er durd eine | Ausgangsjilben jind das Eigentümliche dieſer Schule. 


Lysikles — Lysikrates. 


Seine politifche Überzeugung war entjchieden de: 
mofratiih. Als nach der Niederlage der Athener 
auf Sicilien der Einfluß derjelben auch in Thurioi 
ichwand, und die lafedaimonijche Partei die Ober: 
hand gewann, jah ſich 2. genötigt, infolge eines 
Aufftandes mit jeinem Bruder Polemarchos und 
300 Anhängern zu fliehen, und fehrte 442 nad 
Athen zurüd. Dort war die alte Demofratie ge: 
ftürzt, aber auch die oligardhiiche ——— der 
400 war von nicht langer Dauer. Die nun fol— 
gende gemäßigte Demokratie, en (8, 97) 
großes Lob erteilt, artete auch bald aus, wie ſich 
dies in der Berurteilung der Feldherren nach der 
Schlacht bei den Arginujen zeigte. 2. und jein 
Bruder lebten während dieſer Zeit als laorekeig 
zu Athen, hatten Grundbeſitz und betrieben mit 
120 Sflaven eine bedeutende Schildfabrif. Durch 
die Dreifig wurden fie aber nicht allein ihres 
Bermögens beraubt, jondern Polemarchos mußte 
auch ohne Prozeß den Schierlingsbecher trinken. 
2. entlam nad; Megara und trug von hier aus 
nicht wenig zur Seritellung der Demokratie mit 
den Weiten jeines Vermögens bei. Thraſybulos 
ftellte den Antrag, um dieſer Verdienſte willen 
dem 2. das Bürgerrecht zu erteilen, allein wegen 
eines Formfehlers blieb der Antrag erfolglos. 
Nod vor Beſchwörung der Amneſtie klagte X. 
darauf den Eratofthenes ala ee der Hinrich: 
tung feines Bruders an, und dieje Rede, in welcher 
er die ganze politiiche Gejchichte der letzten Zeit 
enthüllte, brachte ihm großen Ruf. Dies ift die 
ältefte der 31 (außer 3 unechten) uns erhaltenen 
Reden und die einzige, die er jelbft gehalten hat. 
Er jchrieb nun bejonders Prozeßreden für andere, 
als Aoyoygdpos, und da für diefen Zweck eine 
ichlichte, Funftlofe Weife die angemeflenjte war, 
bildete er das tenue dicendi genus immer mehr 
aus und galt als das volffommenfte Mufter des- 
jelben. An Fruchtbarkeit übertraf er alle andern 
Logographen; 425 Reden waren unter feinem 
Namen überliefert; das Altertum fannte 233 echte 
Reden des 2. Das Verdienſt diefer Reden befteht 
nicht allein in einer auferordentlichen Klarheit 
und Schärfe der Auffaffung, jondern auch in einer 
trefflihen Jndividualifierung deſſen, für den die 
Nede gejchrieben ift; ganz anders ift der Ton der 
Rede Hr den wohlhabenden Landmann, der ic) 
gegen die Bejchuldigung wegen des ausgethanen 
heiligen Olbaums verteidigt, als der heitere hu: 
morijtiiche Ton des Krüppels, der für den ferneren 
Bezug jeiner Öffentlichen Unterftügung kämpft und 
es rechtfertigt, daß er jich das Leben jo angenehm 
als möglich) macht. Darum lobten die Alten an 
Lyſias bejonders die Toroıda, die Gabe der 
Eharafterzeichnung, die Zrdeysız und dierdmwarg, 
die Leibhaftigkeit und lebensgetreue Darftellung. 
Eine treffliche Würdigung feiner Kunſt befigen wir 
noch) von Dionyſios von Halikarnaſſos. Lyſias 
joll bis 378 gelebt haben. Biographie von Pretid) 
(1881). — Ausgg., außer in den Oratt. attici von 
Neiste, J. Better, Dobjon, Baiter und Sauppe, 
C. Müller, von Förtſch (1829), Franz (1831), 
Weftermann (1854), Scheibe (2. Aufl. 1855), Cobet 
(1868), Frohberger (3 Bdod., 1866 ff. 1. Bd. 2. Aufl. 
von Gebauer 1880), Auswahl von Bremi (1826), 
Nauchenftein (9. Aufl. von 
berger (1875. 1. Bd. 2. Aufl. von Gebauer, 1882) 
und Kods (2 Bbd, 1885—87). 


117 


Lysikles, Avcınanjs, 1) Gatte der berühmten 
Aipafia nach dem Tode des Perifles, angeblich ur: 
ſprünglich Viehhändler, dann Redner und Dema- 
gog. Plut. Per. 24. Thuc. 3, 19. — 2) einer 
der athenifchen Feldherren in der Schladht bei 
Ehaironeia, der, vom Redner Lykurg deshalb an— 
er zum Tode verurteilt ward. Died. Sie. 
16, 85 ff. 

Lysikrätes, Avsızgdens, ein Athener, weihte 
335/34 v. E. ein choregiiches Dentmal, welches noch 
vorhanden if. Es hat damit folgende Bewandt— 
nis. Die von jeder Phyle zur Ausftattung der 


BAT TUI | Li 








 Eyfifratesdenfmal in Yißen. 

tragijchen und komiſchen Chöre ernannten Chore- 
gen (j. Leiturgia) wetteiferten mit einander um 
den Preis eines kunſtvoll gearbeiteten Dreifußes 


hr 1884 f.), Froh⸗ — zoenyırös reinovg —, der dann einer Gott: 


(ai geweiht oder auf einem eigens dazu aufge: 
hrten Gebäude aufgeftellt wurde: eine dom Pry: 


718 


taneion an der Dftjeite der Burg hinlaufende Strafe 
führte von den vielen dort aufgetellten Monu— 
menten daher den Namen Toimodss, Das uns 
erhaltene Monument des Lyſikrates beiteht aus 
einem quadratiichen Interbau aus Poros, auf dem 
jich 6 forinthijche Säulen aus pentelischem Marmor 
erheben, deren Zwijchenräume aber durch Platten 
aus demjelben Marmor ausgefüllt find; fie tragen 
einen Architrav mit der Weihinfchrift, darüber einen 
mit Reliefs geſchmückten Fries, der die Bejtrafung 
der tyrrheniichen Seeräuber durch Dionyſos dar: 
ftellt (j. Akoites und Dionysos, 3.), und über 
diejem eine flache Marmorfuppel aus Einem Steine, 
auf deren Mitte ſich ein blumenartiger Unterjaß 
befindet, der einjt den Dreifuß trug. Der Durch— 
meffer des inneren Raumes beträgt nur 6 Fuß, 
weshalb auch die Sage, daß Demofthenes hier in 
Einſamkeit ftudiert habe (wodurch der jegige Name 
des Gebäudes bei den Griechen — Laterne des D. 
— veranlaft ift), als gänzlich grundlos erſcheint. 

Lysimachia, Avsgayia, Avcıundysıo, 1) be: 
deutende und feſte Stadt des thrafijchen Cherſo— 
nes im NO. des Melasbujens, von Lyſimachos 
(j. Lysimachos, 1.) gegründet und mit den 
Bewohnern der zerjtörten Städte Kardia und Paktye 
bevölfert. Später wurde die Stadt von den Thra: 
fern zerftört und von Antiochos 196 v. E. wieder: 
hergefteilt, ohne jedoch wieder Bedeutung zu er- 
langen; j. Seyamili. Pol. 5, 34. Strab. 2, 134. 
Liv. 33, 38. — 2) Stadt’ im füdlichen Mitolien 
ſüdlich von einem bedeutenden See gleiches Namens, 
der jonft aud) Hyria heißt; gegründet von Lyſi— 
machos zwijchen 287 und 281 v. C. doch bereits 
zu Strabons Zeit wieder verſchwunden. Pol. 5,7. 
Strab. 10, 460. Liv. 36, 11. 

Lysimächos, Avsineyos, 1) Sohn des Aga- 
thofles, eines Theſſaliers, geboren zu Bella in 
Makedonien (Just. 15, 3. Arr. 6, 28) um 361 
v. C., begleitete Alerander den Gr. auf feinem 
Eroberungszuge gegen Berfien, trat aber erjt wäh: 
rend der indiſchen Feldzüge mehr in den Border: 
grund. Er wurde unter die Zahl der 8 Yeib- 
wächter des Nönigs aufgenommen, erhielt bei der 
Eroberung Saungalas eine Wunde (Arr. 5, 13.24) 
und zeigte fich als Mann von großem Mut ud 
hochherziger Geſinnung, weshalb Alexander, dem 
er ein treu ergebener Diener war, ihn immer mehr 
auszeicdynete. Nach feines Königs Tode (323) er: 
hielt %., der im Rufe eines ausgezeichneten Feld— 
herrn ſtand, von Perdikkas die Statthalterſchaft 
über Thrakien und die angrenzenden Landſchaften 
(Curt. 10, 30, 4. Diod. Sie. 18, 3), befiegte nad) 
jahrelangem Kampfe den König der Odryſen, Sen: 
thes (dat. 14), und jchloß ſich im Jahre 315, 
während er bis dahin an den Fehden unter Ale: 
randers Feldherren unbeteiligt geblieben war, gegen 
den herrichjüichtigen Antigonos an Ptolemaios und 
Seleutos au. Doch wurden ihm von Antigonos 
zahlreiche Feinde in den unruhigen thrafiichen und 
ſtythiſchen Völkerſchaften erweckt, welche er erſt 
nach langwierigen Kämpfen zur Ruhe brachte. Im 
Jahre 309 —— er in Thrakien die Stadt 
Lyſimachia. Wie viele Feldherren Alexanders, nahm 
auch er den Königstitel an. Endlich im Jahre 302 
begann der Kampf gegen Antigonos. X. ſetzte 
nach Aſien über, drang bis Phrygien vor, mußte 
fich jedoch vor der Übermacht feines Gegners zu: 
rüdziehen, gewann dann Serafleia am Pontos 


Lysimachia — Lysistratos. 


und damit die Hand der Beherricherin diejer Stadt, 


; der Amajtris, erlitt von Demetrios, des Antigonos 


Sohn, eine Niederlage bei Yampjafos, fiegte aber, 
vereint mit Seleutos, bei Ipſos in Phrygien (301) 
über Antigonos. Dadurch gewann %. einen Teil 
Vorderaſiens. Pol.5,67. Plut. Demetr. 31. Nach 
Trennung feiner Ehe mit Amaftris heiratete er 
des Ptolemaios Tochter Arjinod, Paus. 1, 10, 3. 
Als Demetrios Poliorfetes im Jahre 297 die 
Feindjeligfeiten erneuerte, nahm ihm L. Seine 
afiatifchen Befigungen weg, mußte ihn indes beim 
Frieden 294 als Beherrſcher von Makedonien an: 
erfennen und fuchte Erjat dafür durch Unterjochung 
der nordwärt® an der Donau twohnenden Geten, 
von denen er jedoch befiegt und gefangen genom— 
men wurde (etwa 291 90). Plut. Demetr. 52. 
Tod erhielt er durch den Edelmut des Geten— 
fünigs feine Freiheit wieder. Diod. Sie. 21, 12. 
Strab. 7, 302. Gegen dem ſtets unruhigen Deme: 
trios verband er ſich mit Seleukos und Btolemaios, 
vertrieb ihn nad) hartem Kampfe aus Mafedonien 
und überlich einen Teil des Landes dem Pyrrhos 
von Epeiros. Doch diejer erfreute fich des Beſitzes 
nicht lange. L., der von Pemetrios vorläufig 
nichts zu fürchten hatte, entriß ihm denſelben bald 
wieder, 286. Plut. Pyrrh.12. Als nun Demetrios, 
der von Seleufos gefangen gehalten wurde, im 
Jahre 282 oder 251 ftarb, befreite jein Tod den 
L. von fteter Beforgnis. Aber einen andern Geg: 
ner hatte jich derjelbe inzwijchen in dem Könige 
Btolemaios erwedt, deſſen flüchtigen Sohn, Ptole— 
maios Keraunos, er bei fich aufgenommen, obwohl 
fürs erjte der Friede gelichert blieb Paus. 1, 16,2. 
Als aber mit dem zunehmenden Alter des L. Miß— 
trauen und Granfanafeit, angefacht von feiner Ge: 
mahlin Arſinos, gegen die eigenen Rinder, nament: 
lich jeinen älteften Sohn von Yiner eriten Gemahlin, 
den Agathokles, jich fteigerte, und Agatholles auf 
des Vaters Geheiß im Nahre 284 ermordet wurde 
(Just. 17, 1), da wurde der zu jpät aufgeflärte 
Fürſt von feinen eigenen Berwandten und vielen 
bisher treuen Anhängern, welde nach Aſien zum 
Scleufos flohen, verlaſſen, Aſien war bald in 
vollem Aufftande, und L., der, den Aufſtand zu 
dämpfen, über den Hellespont gegangen war, wurde 
von dem beranzicehenden Seleutos bei Norupedion 
in Phrygien geſchlagen (281) und fiel jelbft in der 
Schlacht. Sein Sohn Alerandros brachte die faſt 
ihon in Verweſung übergegangene Xeiche nad) 
Lyſimachia und jeßte fie dort bei. Just. 17, 1. 
App. Syr. 625. — 2) Sein gleichnamiger Sohn, 
wurde von Ptolemaios Keraunos ermordet. 

Lysippos j. Bildbauer, 10. 

Lysis, Avcıs, 1) ein Athener und Schüler des 
Sofrates, nach welchem Platon einen feiner Dia: 
loge benannte. — 2) aus Tarent, Schüler des 
Pythagoras, ging nad) der Auflöſung des pytha— 
goreiihen Bundes nadı Theben und fand Auf: 
nahme im Hauſe des Epameinondas. Einige 
Schriften über Pythagoras und jein Yeben wur: 
den ihm zugejchrieben. Nep. Epam. 2. Cie. de 
or. 3, 34, 139. off. 1, 44, 155. 

Lysisträtos, Avc/sroarog, 1) ein wegen feiner 
Armut verjpotteter Athener (Arist. Eq. 1267. 
Acharn. 855. Lys. 1105), war in den Sermo: 
fopidenprozeh verwidelt; zum Tode verurteilt, jand 
er Gelegenheit, zu entfommen. Andoc. myst. 26. 28. 
— 2) ſ. Bildhauer, 11. 


Avrıxoi — Macro. 


Avrıxoi. Scon frühzeitig war es in den 
Kreijen gelehrter und gebildeter Griechen üblich, 
wijjenschaftliche Fragen (£nrijuare, mooßArjuere) 


119 


folcher gelehrten Probleme beichäftigten; die be- 
rühmteren unter ihnen find: Gratojthenes, Soji: 
bios, Kallijtratos. 





zur Behandlung und Beantwortung fich vorzu- Avreg«, das. Löjegeld für Kriegsgefangene, 
legen. Im alerandriniichen Zeitalter wurde die | verjchieden von der ron bei der Blutrache, ge: 
Sitte noch gewöhnlicher und übte auf Kritif und | wöhnlich von dem Sieger nad) Willkür bejtimmt, 
Erklärung der älteren Schriftjteller, bejonders der | bei gemeinen Kriegern 2—3 Minen, jpäter 3—5; 
Dichter, großen Einfluß. Spradliche und rheto: | vornehmere wurden nur für bedeutendere Summen 
riſche Gegenjtände wurden von den alerandrini= | losgegeben, 3. B. Platon für 20 oder 30 Minen; 
ſchen Gelehrten jchriftlich und mündlich verhandelt. | oft wurde es von Berwandten oder Freunden zu: 
Doch arteten dieje Beichäftigungen nad) und nad) | jammengebradt. Die Nüderjtattung war, zu Athen 
in Spikfindigfeiten und Spielereien aus. Avrıxor wenigſtens, heilige Pflicht, wenn der Gelöfte wicht 
nun hießen diejenigen, welche ſich mit der Löſung dem Gläubiger als Eigentum verfallen wollte. 


M. 


Maceius j. Plautus. Verde. In nacdhhomerischer Sage wird er von 


Maccus war eine ftehende Perſon in den tel: 
lanen (f. d.) der Römer, der Spaßmacher, Harlelin, 
Bulcinell. Eine lange Naje, weet Dumm— 
heit und luſtige Gefräßigleit waren ſeine charakte— 
riſtiſchen Merkmale. Er ſtammte aus dem oſtiſchen 
Luſtſpiele. 

Macellum (von pdxellor, Umzäunung), oft 
mit dem Zujaß Liviae, ein mit Buden und Hallen 
bejegter Marktplatz Noms, in der Nähe des Eſqui— 
liniſchen Thors und der Gärten des Mäcenas, wo 
einzelne Artikel wie Fleisch, Fiſche, Gemüſe feil- 
geboten wurden. Hor. sat. 2, 3, 229. ep. 1, 15, 31. 
Plaut. Aul. 2, 8, 4. Suet. Caes. 26. Tib. 34. 
Vesp. 19. 5 

Macer, 1) j. Lieinii, D. — 2) Amilius 
Macer, aus Berona, Zeitgenoffe und Freund des 
Bergil, Ovid u. a. Dichter, gejtorben 15 v. E., 
verfaßte nach dem Borbilde des Nikandros Lehr: 
gedichte naturwiflenjchaftlichen Inhalts, beionders 
eine Ornithogonia, von denen wenige Berje er- 
halten jind (gefammelt von Bährens, fragm. poet. 
Kom. p. 344 ff.). Or. trist. 4, 10, 435. Quint. 
10, 1, 56. 87. Abhandlung von Unger (1845). 

Machairüs, Meayeıpons, wichtige Grenzfejtung 
Beraias, öjtli vom Toten Meer, nördlich von dem 
Fluß Arnon; durch Herodes den Großen jehr ver: 
jtärft, von Jojephos in feinem „jüdiſchen Krieg“ 
öfters erwähnt, erjt 72 n. E. von den Römern 
erobert; j. Mlaur. Johannes der Täufer ſaß dort 
gefangen. Strab. 16, 763. 

Muchanidas, Mayaridas, ein vornehmer Spar: 
taner, warf fich nad) dem Tode des Königs Nico: 
menes Ill. zum Tyrannen von Sparta auf, wurde 
aber nach graujamer Herrichaft im Jahre 206 v. E. 
im Kriege gegen den Achaiiſchen Bund befiegt und 
getötet. Paus. 4, 29, 10. 8, 50, 2. Pol. 11, 11 ff. 
Plut. Philop. 10. 

Machäon, Meydo» (d. h. der Schneider mit 
dem Meier, der Wundarzt), Sohn des Aiflepios 
und der Epione, Bruder des Podaleirios, mit dem 
er in 30 Schiffen Scharen aus den thejjaliichen 
Städten Triffa, Jthome und Dichalia nach Troja 
führte. Beide Brüder find die Arzte der Griechen 
vor Ilios. Hom. 11.2, 729 ff. 4, 193. 11,512. 833. 
In der Schlacht von Paris durch einen Pfeil ver- 
wundet, wird Machaon durch Nejtor aus dem 
Kampfgewiühl gerettet (daj. 11, 505. 595). Nad) 
Bergil (A. 2, 263) befand er jich in dem hölzernen 


Eurypylos, dem Sohn des Telephos, getötet, und 
jein Yeichnam von Nejtor nad Meſſenien gebracht. 
Hier fand fih in Gerenia das Grabmal und ein 
Heiligtum des Machaon mit Sranfenheilungen. 
Slaufos, der Sohn des Aipytos, hatte ihm zuerjt 
als Heros geopfert. Sein Bruder Bodaleirios joll 
fi) auf der Nüdtehr von Jlios in Syros in Karien 
niedergelaffen haben. Paus. 3, 26, 9f. 

Macray, Mixe, ein aus den Apenninen dem 
Liquftiichen Meere zufließender Fluß, der Ligurien 
und Etrurien trennte und mit dem Rubico die 
Grenze von talien und Gallia cisalpina bildete; 
ji. Magra. Liv. 39, 32. 40, 41. Strab. 5, 222. 

Macriänus, einer der römiſchen Naifer aus 
der Zeit der Verwirrung in der Mitte des 3. Jahr- 
hundert n. C. Er z0g mit feinen Söhnen und 
einem ftarfen Heere gegen Gallienus, von dejien 
Feldherren er im Jahre 267 in Illyrien befiegt 
und getötet wurde. Treb. Poll. trig. tyr. 12. 

Macrinus, M. Opellius, urjprünglich Jurift, 
ipäter Soldat, ftammte aus Cäfarea in Mauretanien 
und veranlafte ald Befehlshaber der Garde den 
Tod des Garacalla, 217 n. E. Dio Cass. 78, 11. 
Capit. Macrin. 4. Doch verhehlte er den Soldaten 
jeine Teilnahme au der Ermordung des von ihnen 
geliebten Kaiſers und erlangte ihre Zuftimmung 
zur Thronbefteigung. Zum Mitregenten nahm er 
jeinen jungen Sohn M. Opellius Antoninus 
Diadumenianus an. Sein Feldzug gegen die 
Barther endete mit einem jchimpflichen Frieden, 
während er jelbjt jich einem weichlichen Leben er: 
gab, das Heer dagegen mit Strenge behandelte 
und fich bei demjelben dadurch verhaßt machte. 
Die Ungufriedenen riefen daher den Heliogabalus, 
einen Verwandten Garacallas, zum Naijer aus 
troß aller von Macrinus gemachten Verſprechungen. 
Dio Cass. 78, 31. Zonar. 12,13. MHerod. 5, 3,12. 
Als nun der neue Kaiſer ihn angriff, fiegte M. 
zuerft, wurde aber doc) ſchließlich noch geichlagen, 
am 8. Juni 218. In die Gewalt jeiner Gegner 
geraten, wurde er ſamt feinem Sohne hingerichtet. 
Dio Cass. 78,37 ff. Zonar. 11,13. Herod. 5,4, 11f. 

Macro, Nävius Sertorius, Befehlshaber 
der faiferlichen Yeibwache (praefectus praetorio) 
und Sünftling des Kaiſers Tiberius, jeitdem diejer 
durch ihn den bisherigen Liebling, den gefürd)- 
teten Sejan, und defjen Familie geftürzt und ins 
Berderben gebracht hatte (31 n. E.). Nachdem er 


120 


Maerobius — 


und feine Gemahlin Ennia mit dem Thronerben | 
Galigula zur Ermordung des Tiberius beigetragen | 


hatten, fielen jie jelbjt im Jahre 38 als Opfer 

ihres Ehrgeizes. Tac. ann. 6, 15, 23, 29. 45.48, 50. 

Dio Cass. 58, 9. 59, 10. 

- Macrobius, Ambrofius Theodojius, rö- 

nie Grammatiker aus der erfter Hälfte des 
Sahrhunderts n. C, unter Theodofius dem 

jüngeren, wahricheinlich der Geburt nach ein Grieche, 


veranftaltete Sammlungen aus den Schriften der | verteidigte, mit unterzeichnete. 


griechtichen Philoſophen, namentlich der Platoniker, 
nad dem Borgange der attifchen Nächte des Gel: 
lius (ji. d.). 
noch: Commentariorum in Somnium Scipionis 
libri duo, worin uns Ciceros Somnium Scipio- 
nis aus dem jechiten Buche de re publica erhalten 


ift, und: Saturnalium conviviorum libri septem. | fi 


Das lebtere, in dialogiſcher Form, enthält einen 
Schatz von hiftorifchen, antiquariichen und mytho— 
logiſchen Bemerkungen. 
Kommentar des Serpius zum Bergil, auch Seneca 


Maeotis Palus. 


436 v. C., verfolgte die Gegner des vorigen, nament: 
lich den Servilius Ahala und Minucius, von denen 
diejer den Mälius angellagt, jener ihn erichlagen 
hatte, und beantragte beim Bolte Einziehung der 
Güter des Servilius. Ziv. 4, 21; vgl. Cie. de 
dom. 32. — 3) D. Mäl,, nahm wahrſcheinlich am 
Kriege gegen Samnium im Jahre 321 v. C. teil, in 
welchem er den berüchtigten Vertrag nach der Ein- 
ſchließung bei Caudium, den er ſpäter in Rom 
Liv. 9, 8. Cie. off. 
3, 80. 

Maenia eolumna, ftand auf dem Forum Ro- 


Zwei Werke von ihm beſitzen wir manum, errichtet zu Ehren des C. Mänius, der 


338 dv. E. mit &. Furius Camillus fiegreich gegen 
die Latiner fämpfte. Liv. 8, 13. Der Bollswig 
bezog diefe Säule erſt wohl ſcherzhaft ſpäter ernſt⸗ 
ie auf den Berichwender Mänius zur Zeit des 
Lucilius, welcher fein Haus am Forum dem Genior 
Gato verkauft hatte (Liv. 39, 44) und fich eine 


Bejonders Gellius, der | Säule ausbedungen haben jollte, um den Gladia: 


torenjpielen zuſchauen zu fünnen. Cie. die. in 


und Plutarch find ftarf benutzt, ohne daß aber die | Caecil. 16, 50, Nest 58, 124. 


fompilierten Schriftfteller genannt werden. Cine 
dritte Nrbeit de differentiis et societatibus 
graeci latinique verbi bejigen wir nur in einem 
Auszuge des Johannes Scotus aus dem 9. Jahr: 
hundert (zuleßt abgedrudt bei Neil, Grammat. 
lat, Bd, V.). 
(1472); Ipätere Ausgg. 
1694), Zeune (1774), Re 
Eyſſenhardt (1868). 

Madytos, Meövros, eine Abydos gegenüber: 
liegende Hafenftadt des thrafiichen Cherjones, j. 
Maitos. AHdt. 7, 33. Xen. Hell. 1, 1,3. Liv. 
31, 16. 33, 38. 

Maeeönas |. Cilnius, 


von %. Gronov (1670. 


Maenii. Aus diejem plebejijchen Gejchlechte 
find hervorzuheben: 1) E. Mänius, ſuchte als 
Tribun, um eine Verteilung von Staatsländereien 
zu bewirken, die Konjuln an der Aushebung zu 
verhindern, 483 v. C. Dion. Hal. 8, 87. In 


— Die ed. pr. erjchien zu Venedig | gleicher Eigenschaft und Weiſe wirkte 2) M. Män. 


nach anderen Menenius) im Jahre 310 v. E,, 


!. von Jan (1848-52) und | konnte aber jein Adergejeh nicht durchführen, da 


die übrigen Tribunen fich ihm widerjeßten. Lir. 
4,53, — 3) C. Män, Kollege des Gamillus im 
Stonjulate 338 v. C., wahrjcheinlich Urheber ver 
lex Maenia (j. d.), fämpfte glüdlidy im Kriege 
gegen Latium (Ziv. 8, 13), bejonders gegen An- 
tium, weshalb ihm eine Ehrenfäufe, die columna 


Maecius, Sp. Mäc. Tarpa, fthetifer und | Maenia (Plin. 34, 5, 11), auf dem Forum errichtet 


Kritifer zur Zeit des Auguftus, 
pejus (55 v. E.) in Verbindung. 
7,1,1. Hor. sat. 1, 10, 38 
Maedi, Meaıidol, 
Bölferichaft am weftlichen Ufer des Strymon und 
am Südabhange des Stomios, welche das be: 


ſtand mit Pom— 
Cie. ad fam. 


eine bedeutende thrafische | Unterfuchungen anftellte, 


wurde. Diktator im "Jahre 320, befleidete er dies 
Amt 314 zum ztweitenmal, um eine Verſchwörung 
in Gapua zu unterjuchen, worauf er auch in Rom 
indes fein Amt nieder: 
legte, als die Adeligen diejelben Borwürfe gegen 
ihn erhoben, weldye er gegen fie erhoben hatte. 


nachbarte Makedonien oft beunrubigte, endlidy aber | Er ftellte ſich vor Gericht, wurde aber freigeiprochen. 


unterworfen und mit demielben vereinigt wurde. 
Thue. 2, 98. Plut. Alex. 9. Lir. 26, 25. 28, 5. 
Maelii, 1) Sp Mälius, ein reicher plebe: 
jiicher Ritter, der bei entitandener Getreidenot in 
Nom aus eigenen Mitteln mwohlfeile Zufuhr be: 
ſchaffte und dadurd) die Liebe des Volkes in einer 
für die herrichende Partei bedrohlichen Weile er: 
warb; man beichuldigte ihm fogar, er habe durch 
einen bewaffneten Aufftand fich das Königtum 
verichaffen wollen. Als er dem von dem Magifter 
Eauitum Servilius Ahala abgefendeten Diener 
vor das Gericht des Diktators & Quinctius Ein- 
einnatus nicht folgte und das Bolf zu feiner Ber: 
teidigung aufforderte, dDurchbohrte Ahala re mit 
dem Dolch (439 v. E.). Der mwohlfeile Berfauf 
des umter jeinem fonfiszierten Vermögen vorge: 
fundenen @etreidevorrats und die Genehmigung 
der Wahl von Konjulartribunen für das folgende 
Jahr beichtwichtigten die Menge über den Mord, 
den nur Hab gegen das Kömgtum und Partei— 
leidenſchaft für eine rühmliche That erflären fonn: 
ten. Vgl. die parteiiiche Darftellung bei Cie. Lael 
8,28. Liv. 4, 12 ff. Ge. r. p. 2, 27. Phil. 2, 44. 
Flor. 1, 26. — 2) Sp. Mäl., Tribun in Jahre 


Lie. 9, 26. Schon vorher war er Genjor und 
erbaute an den Häufern ums Forum herum, um 
mehr Plab für die Zuſchauer zu gewinnen, Bal: 
fone, weshalb nach ihm dieſe damit verjehenen 
Hänfer Maeniana hießen. Oic. acad. pr. 2,22, 70. 
4, 22. 70. -- 4) — Verſchwender, voffenreißer 
(Hor. sat. 1, 1, 101. 3, 21) zur Zeit des Dichters 
Lucilius, wozu auch — daß der Cenſor Cato 
ihm ein Haus am Forum abkaufte (ſ, Maenia 
columna). 

Maconia j. Lydia. 

Maeötis Palus, 7); Maiörıg oder Mæitis Adurı), 
der nad) dem anmwohnenden Bolle der Maiotai 
(oder Maitai) benannte, jehr flache Teil des Bontos 
Eureinos, welcher mit diefem durch den kimme— 
riihen Bosporos (Strafe von Jenikale) in Wer: 
bindung fteht, und in deifen mordöftlichen Wintel 
fi) der Tanais ergieht, alfo das heutige Aſowſche 
Meer. Im Altertum herrichten über die Mäotis 
irrtümliche Anfichten; erft Mleganders Züge be: 
jeitigten die Anficht, fie ſei ein Teil des großen 
nördlichen Dceans. Auch über die Größe waren 
die Vorftellungen jehr verwworren. Aesch. Prom.417. 
Strab. 7, 310. Pol. 4, 39. Plin. 4, 12, 24. 


Magaba — 


Mazäba, Berg Galatiens, wo En. Manlius die 
Zeltojagen 189 v. E. jchlug Jav. 38, 19. 

Magetobria j. Admagetobriga. 

Mägi, Mayoı, perfiih Magu, die Priefter der 
Meder und Perjer, die einen eigenen Stamm oder 
iedesfalls einen erblihen Stand bildeten. Sie 
waren die Inhaber des religiöien Wiſſens, die 
Verwalter der Gebräuche des Kultus, „die reinen 
Männer“, die ein einfaches Leben führen mußten, 
und übten auch einen politifchen Einfluß aus, | 
namentlich unter den Arjaliden und Gaflaniden 
Eicero (div. 1, 23) nennt fie genus sapientium 
et doctorum. Pythagoras, Empedofles und Blaton | 
werden als ihre Schüler bezeichnet. Hdt. 1, 101. 
132. 140. 7, 191. Xen. Cyr. 8, 3,11. Curt. 3, 7,9. 
6,3, 22. Strab. 11, 727. 7325. — In welchem | 
Verhältnis dieſe medifchen und perfiihen M. zu 
den babyloniſchen (Jerem. 39, 3. Ev. Matth. 2,1) 
ftanden, ob Wort und Amt aus Babylonien mit 
feinen Chaldaei (j. d.) ftammt oder nicht, ob aljo 
auch die erfteren (wie dt. 1, 108 jagt) oder nur 
die legteren „Magie trieben, fteht noch dahin. 

Magia ſ. Chaldaei, Divinatio und Zau- 
berei, 8. 

Magii, ein campanifches Gejchlecht, aus wel: 
chem folgende Männer zu nennen find: 1) D. 
Mag., ein angejehener Mann in Capua, war ein 
eifriger Freund der Nömer und mußte nach Er- 
oberung Capuas durch Hannibal von feinen Lands: 
leuten ausgeliefert werden, worauf Hannibal ihn 
nah Karthago jandte. Aber auf der Überfahrt 
dahin litt er Schiffhruch, gelangte nach Kyrene 
und von dort nach Aghpten, wo er längere Zeit 
lebte. Liv. 23, 7. 10. — Sein Entel, 2) Mina: 
tius Mag. Aculanenfis, Urgrofvater des Se: 
ſchichtſchreibers Vellejus Paterculus, erhielt von 
Rom zur Belohnung für feine im Bundesgenofjen: 
kriege bewiejene Treue (Vell. Pat. 2, 16, 2) das 
Bürgerrecht. — 3) 2. Mag., Anhänger des Marius 
im Deere des Fimbria in Ajien, ging zu Mithri- 
dates über und fuchte eine Verbindung zwiichen 
diejem und Sertorius zu ftande zu bringen. Später 
erhielt er Berzeihung, da er jich gegen Mithri: 
dates verräteriich zeigte. Cie. Verr. 1, 34. — 
4) Numerins Mag., praefeetus fabrum des 
Pompejus, geriet in Cäjars Gefangenichaft und 
wurde von diefem wie von Bompejus als Friedens— 
vermittler benußt, im Nahre 49 v. C. Caes. b. ce. 
1, 24. Cie. ad Att. 9, 13. — 5) Mag. Eeler 
Vellejanus, Bruder des Vellejus Paterculus, 
befehligte im Jahre 9 mn. E. unter Tiberius in 
Dalmatien und erlangte, als derjelbe die Negie: 
rung antrat, Ausficht auf die Prätur. Vell. Pat. 
2, 115. 124. 

Magister, j. v. a. Meifter (verwandt mit ulyasg, 
magnus, wagis), hieß Vorſteher, Aufjeher über: 
haupt: 1. Bezeichnung von Staatsämtern: | 

M. admissiönum, faijerlicher Ceremonienmeifter | 
(j. Admissio). 

M. aeris, ſ. v. a. rautionalis, Kaſſierer. 

M. census, Borjteher der ftädtiichen Genjuales, 
mit dem Steuer: und Schätzungsweſen beichäftigt. 

M. equitum, der ftehende Gehülfe und Stell: 
vertreter des Diktators (j. d.). Derjelbe hatte das 
Kommando der Reiterei und war dem Dittator | 
zum ftrengften Gehorjam verpflichtet, jo wie er, 
auch von demjelben gewählt wurde. Mit dem 
Diktator legte auch der magister equitum jein 


Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 














Magistratus. 721 
Amt nieder. Übrigens war derjelbe von hohem 
Rang, hatte die sella curulis, die praetexta und 
6 Liktoren zur Begleitung. Als erjter plebejiicher 
Magister equitum wird C. Licinius Calvus ge: 
nannt, 368 v. C. 

M. militum oder militiae, war jeit Eonftan- 
tin dem Großen ein Titel der faiferlichen Generale 
und Xegaten (conaulares und legati) mit der 
höchften militäriichen Macht innerhalb des ihnen 
übertragenen Bezirks. Conſtantin ernannte einen 


mag. equitum und einen mag. peditum als Chefs 


der ganzen Militärverwaltung. Im alle der 
Kriegführung wurden den zum Chef ernannten 
mag. beide Waffengattungen untergeordnet, wes— 
halb derjelbe auch mag. utrinsque militiae oder 
mag. armorum genannt wurde. Inter den ma- 
gistri ftanden die duces (35, von denen die 10 
höchjtgeftellten den Titel comit»s hatten). Im 
abendländifchen Neich ftieg die Zahl der magistri 
bis auf 3, im morgenländijchen bis auf 5, welche 
teils bei dem Kaiſer, teils in den Provinzen ver: 
weilten. 

M. morum, identiich mit censor. 

M. offleiörum, der Hofmarjchall oder Minifter 
des faiferlihen Hauſes, von Eonjtantin eingeführt. 
Er leitete die Audienzen und richtete über alle 
Berjonen des Hofſtaats. 

M. popüli, j. v. a. dictator (j. d.). 

M. scriniörum, der Chef aller kaiſerlichen 
Kanzleibureaus. Inter ihm ftanden die scrinia 
memoriae, epistularum, libellorum und dispo- 
sitionum, deren jedes einen Magijter an der 
Spitze hatte. 

Magister vestis lineae oder lintöae, Auf: 
jeher der faiferlihen Wäſch-Garderobe. 

Il. Name von Vorftehern und Beamten welt: 
licher und geiftlicher Korporationen: 

Mag. collegiorum, 3. B. der fabri tigvarii, 
fullones u. a., Borfteher der Sobdalität. 

Mag. munieipiorum, pagorum und vico- 
rum, Stommunalbeanıte. 

Mag. der priejterlichen Kollegien: augurum, 
decemvirorum sacrorum, fratrum Arvalium, 
Sıliorum, sacerdotum, welche den andern Mit: 
gliedern vorgejegt waren. 

Ill. Mag. aus dem Privatrecht und aus dem 
gemeinen Leben: 

M. auetiönis oder bonörum, der von den 
Gläubigern eines injolventen Schuldners aus ihrer 
Mitte gewählte Seichäftsführer, welcher das Ber: 
mögen des Schuldners verfaufte, j. Bonorum 
emtio. 

M. oder rex convivii j. Arbiter bibendi. 

M. navis, j. v. a. gubernator oder auch Schiffs: 
fapitän. Hor. od. 3, 6, 31. Liv. 29, 35. 

M. operum singulorum offleiorum, öfono- 
mijche Arbeitsaufieher. 

M. seriptürae oder societätis, Vorſteher einer 


— 


Steuerpachtgeſellſchaft, ſ. Publicani. 


Magisträtus bezeichnet ſowohl die obrigfeitliche 
Würde ald den Inhaber derjelben. A) In der 
Republik. Die ordentlichen und regelmäßigen 
Magiftrate waren die Konſuln, Genjoren, PBräto: 
ren, Adilen, Onäftoren, VBollstribunen, im Gegen: 
ja zu den außerordentlichen, welche nur unter 
bejonderen Umftänden erwählt wurden, wie die— 
tator, magister equitum, interrex, praefectns 
urbi, decemviri legibus scribundis u. a. Die 

46 


122 


Magiftrate waren curules oder non curules, je Kleidung, 11. 


Magistratus municipales — Magnum promunturium. 


Bejoldung befamen die mag. 


nachdem ihnen die Ehre der sella curulis zuftand | nicht, aber außer Rom volljtändige Equipierung, 
oder nicht; jene waren die Konfuln, Prätoren, | Geld, leider, Zelte, Schiffe ꝛc. — B) Unter den 


enrulischen Adilen, Diktator, Mag. eq. Die höheren 
(mag. maiores) waren alle patriciich, bis die 
Blebejer auch Zutritt erhielten, der Name aber 
blieb und umfaßte die Konfuln, Genforen, Prä— 
toren, Diktator. 





Diefe wurden mit Ausnahme | viele curatores (ſ. d.). 


Kaifern dauerten die meiften alten mag. fort, 
obwohl mit jehr bejchränfter Machtbefugnis. Dazu 
famen viele neue Amter, wie praefectus urbi, 
praef. praetorio, praef. annonae, praef, aerarii, 
Durch Diocletian und 


des Diktators in den Genturiatcomitien, die mag. | Conftantin wurde das Beamtenweſen gänzlid um: 
minores aber, wie Adilen, Quäftoren, Volkstri- | gejtaltet, und ein jcharf gegliedertes, wohl diſei— 
bunen, Viginti sex viri, III viri nocturni, die | pliniertes Beamtentum entftand, ſowohl im Sof: 
verjchiedenen curatores u. j. w., in den Tribut: | und Staats-, als im Civil: und Militärdienit. 


comitien gewählt. Die Rechte der mag. waren: 
das Volk zu einer contio zu berufen, Edikte und 
Defrete zu erlaffen, dem Senat Vorſchläge zu 
machen (referre ad sen.), Multen aufzulegen, 
Anfpicien anzuftellen. Die mag. maiores waren 
außerdem befugt, das Kommando im Kriege zu 
führen (durch eine lex curiata de imperio nad) 
Antritt ihres Amtes dazu berechtigt) und Gericht 
zu halten, den Senat zu berufen und Comitien 
zu halten. Die höheren mag. hatten den niederen 
zu befehlen. Beſchränkt war die Magiftratsgewalt 
durch den Senat, durch die Interceifion der gleichen 
und höheren Magiftrate, durch die Provolations— 
befugnis der Bürger und durch die nach dem 
Amtsjahr drohende Anklage, denn während des 
Amtes konnten die höheren mag. nicht belangt 
werden. Die Konjuln leifteten beim Antritt ihres 
Amtes einen Eid, die Gejege beobachten zu wollen, 
und bei der — ——— desſelben, nichts gegen 
die Geſetze gethan zu haben. — Um ein Amt zu 
erhalten, war notwendig: 1) perſönliche Meldung 
vor den Comitien, 2) das geſetzliche Alter. Dieſes 
beruhte auf Serlommen, bis die lex Villia 
annalis, 80 v. E., und jpäter die lex Cornelia 
des Sulla (de magistratibus) genauere Beſtim— 
mungen trafen. Eine andere lex annalis Pinaria 
(Cie, de or. 2, 65) ift der Zeit und dem Anhalt 
nad unbefannt. Zu Cicero Zeit mußten die 
Konſuln, 43 Jahre, die Prätoren 40, die curu— 
liichen Adilen 37, die Quäftoren 30 Jahre haben. 
Doc; wurden einzelne Kandidaten zumeilen von 
dem Bolte und dem Senat, jpäter von den Kaiſern 
von der Beitimmung der lex annalis dispenſiert, 
3. B. Scipio Amilianus (Liv. ep. 50), En. Pom— 
pejus, Octavianus. 3) Malelloſe Beichaffenheit 
des Körpers. 4) Die Amter mußten in einer ge— 
wiſſen Reihenfolge bekleidet werden: Quäſtur (AÄdi— 
lität), Prätur, Konſulat. Dieſe herkömmliche Folge 
machte Sulla zum Geſetz. 5) Zwiſchen den ein— 
zelnen Magiſtraturen war auch ein Zwiſchenraum 
der Zeit vorgeſchrieben. Ebenſo beſtimmte ein 
Plebiſeit von 412 v. E., daß man dasſelbe Amt 
erſt nach 10 Jahren zum zweitenmal übernehmen 
dürfe; doc alles mit Ausnahmen; in Verlegen— 
heiten des Staates dispenfierten Senat und Bolt, 
ipäter erfterer jichon allein. Die ordentlichen Ma: 
giftrate begannen jeit 153 v. E. ihr Amt am 
1. Januar, und das Amt dauerte Ein Jahr, außer 
wenn ſich die Ernennung von suflecti oder nad): 
gewählten nötig machte. Die Volkstribunen traten 
ihr Amt ſtets am 10. Dezember an. Über den 
Amtseid ſ. Eid, II, 3. Eine Abſetzung vor Ab: 
lauf des Jahres war früher unerhört, bis Ti. 
Gracchus jeinen Kollegen Octavius abjegen lieh, 
und dann geichah es mehrmals. UÜber die Inſig— 
nien j. Fasces, Lictor, Sella curulis und 


Zugleich gab es eine Menge Titularbeamten, |. g. 
honorarii. Die Gewalt war bejchränfter, als die 
der früheren mag., aber deſto glängender die 
Ehrenauszeihhnungen. Die zahlreiche Dienerichaft 
hatte einen militärischen Charakter und hie ofh- 
ciales. Die früheren Naturallieferungen (annona) 
für diejelben waren jetzt meijtens in Geld ver: 
wandelt. Bol. Mommſen, römijches Staatsrecht, 
Bd. 1 und 2. 

Magisträtus munieipäles, die ſtädtiſchen Be- 
amten in und außer Italien. Bor alters hießen 
die höchſten Magiftrate der Städte: dietator ſ. d.) 
und praetor; jpäter Ilviri (j. Duumviri) und 
lVviri iuri dicundo. In manden Städten ver: 
fahen die Aediles zugleidy die Stelle des höchiten 
Mag. (j. Aediles). Ein anderer Name für den 
höchſten Beamten ift praefectus, praef. muni- 
cipı oder praef. iuri dicundo, Selten ift der 
Titel magister. Außer diejen fommen nod als 
ftädtiiche Obrigleiten vor: Quinquennales, Quae- 
stores, Defensores, viele Curatores u. j. w. Ihre 
UAmtsbefugniffe wurden im Verlaufe der Zeit immer 
bejchränkter. Das Ant dauerte 1 Jahr, die In— 
fignien waren den römischen ähnlich, und an dem 
Dienerperjonal der lictores, apparitores u. j. w. 
fehlte es auch nicht. 

Magna mater j. Khea Kybele. 

Magnesia, Meyrnod«, 1) die öſtliche Halbinjel 
und Landichaft Thefaliens (j. d.), von den älteren 
griechiichen Geographen nicht zu diefem Lande ge: 
rechnet. — 2) M. am Sipylos (M. meüs Lı- 
zul), Stadt Lydiens am Nordweitabhange des 
Sipylos und am Hermosfluffe, bejonders befannt 
dur den Sieg, welchen 2. Scipio im Spätherbit 
190 v. E. hier über Antiochos III. von Syrien 
erfocht (Liv. 36, 43. 37, 10f. 37ff.). Unter Tiberius 
wurde fie durch das große Erdbeben hart mitge— 
nommen (Tac. ann. 2, 47); j. Manifja. Oſtuͤch 
von der Stadt liegt der berühmte Niobefelien, 
ſ. Niobe. Strab. 13, 621. — 3) WM. am Mai: 
andros (M. ij &mi oder meög Maudvögo), eine 
angeblich von theifaliichen Magneſiern und Kretern 
in Karien gegründete, von den Kimmeriern um 
650 dv. E. zerftörte und von den Milefiern wieder: 
hergejtellte Stadt am Zujammenfluß des Lethaios 
mit dem Maiandros, am Fuß des Thorar. Arta— 
rerres ſchenkte fie nebit Yampjalos und Myns dem 
ee, der ſich hier gewöhnlich aufbielt. 
Thue. 1, 138. Nep. . 10. Beſonders be: 
rühmt war fie durd ihren Tempel der Artemis 
Leufophryne, deifen Ruinen ſich noch bei dem 
heutigen Inekbazar finden. Hadt. 1, 161. Strab. 
14, 636. 647 ff. Liv. 37, 45. Tac. ann. 3, 62, 

Magnum promunturinm, Name mehrerer 
Borgebirge, deren eines das heutige Cabo da Roca 
in Bortungt, 5 Meilen jüdlih von der Mündung 


Magnus portus 


des Tago, iſt; ein anderes ufya dupwrrjgror lag 
im cäjarienfiihen Mauretanien an der Mündung 
des Fluſſes Siga, j. Kap Hone. 

Magnus portus, 1) Hafen an der Küſte Gal- 
fäciens in Hilpanien, j. Bufen von Corunna= | 
Ferrol. — 2) britiiche Hafenbucht der Inſel Bectis 
(Whigt) gegenüber, der j. Hafen von Portsmouth. 
— 3) Hafenſtadt im cälarienfiihen Mauretanien, 
j. Arzew, öftlih von dem heutigen Oran, deſſen 
Hafen noch Mars el Kibir (großer Hafen) heißt. | 





— Mahlzeiten. 123 


‚Staaten ift die Berfchiedenheit im Tafellurus. 


Während die Spartaner bei ihren Syſſitien nur 
die Stillung des förperlichen Bedürfniſſes bezived: 
ten, fand die finnliche, dabei feinerer geiftiger Bil: 
‚ dung abgewandte Natur des Boioters den höchiten 
Genuß in einer guten Mahlzeit, wogegen die 
—* Ausbildung der Tafelluxus bei den ſieili— 
chen Griechen erhielt. Die Zahl der täglichen 
Hauptmahlzeiten belief ſich bei den Griechen auf 3, 
1) das Frühſtück (Erpdrisue), bejtehend aus Brot, 
in ungemijchten Wein (&xgarog) getaucht, 2) das 


Mago, Mayor, Name berühmter Karthager. ü 
Die bedeutendften Männer diejes Namens find: | @gıorov, weldes in der Regel wahrjcheinlich in 
1) mit dem Beinamen der Große, legte den Grund | der Mittagsftunde eingenommen wurde, aus war- 
zu der Macht feiner Vaterftadt um 550 bis 500 | men Speijen bejtehend, und endlich 3) die Haupt: 


v. &. und iſt ebenjo jehr durch kriegeriſche Thaten | 
berühmt, als durch ein in puniſcher Sprache über 
den Aderbau geichriebenes Wert in 28 Büchern. | 
Auf Befehl des römiſchen Senats joll es jpäter 
ins Lateiniſche übertragen worden fein. Plin. 18,5. 
Eolumella (1, 1, 12 ff.) jpendet ihm Weßtncchieneh 
Lob, und Plinins jowie die Schriftiteller über 
Aderbau haben uns Bruchitüde aus dem Werke 
erhalten. Just. 19, 2. — 2) ein farthagijcher Feld— 
herr, welcher im Kriege mit Timoleon fich wegen 
bewiejener Feigheit jelbft den Tod gab, um nicht 
gefreuzigt zu werden. Plut. Timol. 17. 22. 
3) Ein anderer Mago befehligte, als die Römer 
mit Pyrrhos im Kriege waren, eine farthagische 
Flotte an der italiihen Küfte und bot dem rö- 
mijchen Senate Unterftügung an, wurde aber mit 
feinem Anerbieten zurüdgemwiejen. Just. 18, 2. — 
4) jüngfter Bruder des Hannibal, dem er in Italien 
ausgezeichnete Dienste leiftete, namentlich bei Cannä, 
von wo Hannibal ihn mit der Nachricht vom 
Siege nad) Karthago ſandte. Darauf jollte er 
feinem Bruder Hülfstruppen zuführen, 215 v. E., 
mußte aber zur Unterftügung Haſdrubals mit 
feinem Heere ſich nach Hiſpanien begeben (Liv. 
21, 47. 22, 46. 23, 11. 32 ff. Pol. 3, 114), wo er 
10 Jahre lang rühmlich fämpfte. Im Jahre 206 
erhielt er Befehl, mit einem Heere nach Italien 
zu gehen, landete dajelbjt im folgenden Jahre in 
Ligurien und eroberte Genua. Die Nömer jandten 
ihm 2 Heere entgegen. Er jeßte den Kampf in 
Korditalien bis 197 fort, fehrte dann nad) Karthago 
zurüd und fam 195 auf der Seereije von Afrika 
u Antiohos entweder durch Schiffbruch oder durch 

ord ums Leben. Bgl. Friedrich, Biographie des 
Barliden Mago (1880). — Außerdem 5) ein M., 
weldyer als Geſandter an den Verhandlungen 
zwijchen Hannibal und Philipp von Mafedonien | 
ſich beteiligte. Liv. 23, 34. 6) Ein anderer 
Mago verteidigte Neukarthago gegen Scipio (Liv. 
26, 44 ff.); 7) noch ein anderer befehligte in Han— 
nibals Heer eine Neiterabteilung und lodte auf 
Anftiften des Yucaners Flavius den Profonful 
Grachus im Jahre 212 v. E. in einen Hinterhalt. 
Live. 25, 16. 

Maharbal, ein Feldherr Hannibals, kämpfte 
unter diefem in Italien mit Auszeichnung. Er 
war es, welcher Hannibal gleich nadı dem Siege 
bei Cannä den Rat gab, jofort gegen Rom vor: 
zurüden, und joll, als diejer es ablehnte, Die 
\prirwörtlich gewordenen Worte gejagt haben: 
vincere scis, vicetoria uti nescis, Liv. 21, 12, 
22, 6. 61. Flor. 2,6, 19, 

Mahlzeiten 1 der Griechen. 
für den uͤmerch 





— — — — — — — — — 





Charalteriſtiſch 
ied der griechiſchen Stämme und | 


mahlzeit, das deimvor oder döpror, der römischen 


'coena entjprechend, die gegen Abend (die Stunde 


läßt fih nicht genau bejtimmen) eingenommen 
wurde. Diejelbe Anzahl der Mahlzeiten findet 
ſich ſchon jeit den älteften Zeiten, wenngleich bei 
Homer die Bezeichnung der Mahlzeiten (gıororv, 
deirvor, Öödoror) nicht mit der jpäteren überein: 
ftimmt und überhaupt wohl nicht jo genau zu 
nehmen: ift. 
war als Hauptmahlzeit (Öeixvror) der eigentliche 
Mittelpunkt der Gelelligteit, mochte es nun ein 
DOpfermahl jein (die öffentlichen Bolktsmahlzeiten 
waren Ö«ireg, bei denen ein jeder feine Portion, 
uegis, befam) oder wegen eines Familienfeſtes ver: 
anjtaltet (Geburtstag, Abreife oder Rückkehr eines 
Freundes u. ſ. w.), oder mochte e8 ein auf gemein- 
ichaftliche Koften, in Geld: oder Naturalbeiträgen 
(ovußokar), im Haufe eines der Teilnehmer oder 
eines Sreigelafjenen veranftaltetes Gelage, ein dei- 
zvov ano ovußora» (bei Homer Fgavog) jein; 
oder mochte endlich ein einzelner auf eigene Koſten 
andere bewirten. Die Einladungen gingen gewöhn— 
lich von dem Wirte jelbit am Tage der Mahlzeit 
aus, Auch ungeladene (ininror, ebröuero.) Säfte 
waren willfommen, wie 3. B. Sofrates den Ariſto— 
demos zum Gaftmahl des Agathon mitbringt, der 
den ungeladenen Gaſt aufs freundlichjte bewill- 
fommnet. Plat. symp. p. 174 E. Übrigens fam 
es auch vor, daß dieje Gaftfreiheit gemifbraucht 
wurde, namentlich von den j. g. PBarafiten (das 
Wort fommt aucd) in anderer Bedeutung vor, dgl. 
IIegacıras), die jid) förmlich ein Gewerbe dar: 
aus machten, an wohlbejegten Tafeln, bejonders 
junger Leute, zu erjcheinen, und die als Spaß—⸗ 
macher (yelororoıor), wie ſie die Gfäſte durch ihre 
Späße ergetzten, jelbft auch zur Hielicheibe des 
Witzes dienten, oder die fich als Schmeichler (xo- 
Aanss) wie der Artotrogus in Plautus’ Mıles 
gloriosus, oder endlich als Feoamevrino/, Durch 
allerlei Gefälligfeiten, unentbehrlich zu machen 
juchten. Die Sitte erforderte, wenn man, zum 


Gaſtmahl ging, auf Kleidung und das Außere 
Sorgfalt zu verwenden. — Man af zu Domers ! 


Zeit im Sigen, jpäter, mit Ausnahme der rauen 
und Kinder, die aber in der Regel von den Mahl: 
zeiten der Männer ausgejchloffen waren, im Liegen, 
gewöhnlich 2 Perjonen auf einer «Arn, jo daß 
man mit dem linfen Arm jich auf das im Rüden 
liegende Kiſſen (moogxepalaıor) fügte und jo 
den rechten Arm frei behielt. Gewöhnlich wies 


der Wirt die Bläße an; der Ehrenplag jcheint neben 


‚dem Wirte gewejen zu jein. Bor dem Eſſen nah: 
men die Sklaven die Sohlen ab (vmoiveır) und 
wuſchen die Fühe (drovigew), jodann wurde Waller 


46* 


Die Abendmahlzeit nun, das dögror, i 


[57 


= 


o 


tejler und Gabeln nicht ge- 





brauchte (von Gourmands, Öpopdyor, wird er: 
zählt, daß fie ihre Hände gegen Hitze abhärteten 
oder gar Handſchuhe trugen, um die Speifen recht 
hei genießen zu können); Löffel (uvorn, wo- 
sroo», -og) hatte man, meift von Metall. Tijch: 
tuch und Servietten hatte man nicht; die Hände 
reinigte man fich während des Eſſens mit ge- 
fneteten Brotfrumen (Lroueydalıcl, |. d.) Die 
Bedienung geichah durch Sflaven, oft bradjten auch 
die Gäfte ihre SHaven mit. Die Leitung und 
Beauffichtigung des Ganzen hatte ein eigener 
SHave, der roamekomorös. — Die Koft war in 
älterer Zeit einfach; ſpäter ftieg der Tafelluxus 
u einer größeren Höhe. Das Hauptgericht, be= 
—— r die ärmere Klaſſe, war eine Art Brei 
aus Gerjtengraupen (ud$e), ſodann Brot (&erog) 
und verjchiedene Gemüfe, als Malve (ualdyn), 
Salat (Holdat), Kohl (dayavog, nedußn), Boh— 
nen (vdauor), Linjen (parae), Zwiebeln (xe 
wa) u. |. w.; ſodann Fleiſchſpeiſen, Lämmer, 
iegen, Schweine, endlich Fiſche, das eigentliche 
Yov, mit denen viel Berjchwendung getrieben 
wurde. Auch Wild fommt vor. Bereitet wurde 
die tägliche Koft durch Sklavinnen unter Aufficht 
der Hausfrau. Bei Gaftmählern wurde oft ein 
Koch, achyttoos, angenommen; bejonders berühmt 
waren die ficiliichen Köche. — Im der Regel hatten 
je 2 Gäfte einen eigenen ie —— vor ſich. 
Nach dem Eſſen wurden die Tiſche weggenommen 
(aigeır, Araigeıw, kpaıgeiv, Baordfeıw tag rou- 
netag), der Fußboden gereinigt, das Waſchwaſſer 
nebjt dem ounjyue, einer Art Seife, oft auch 
Salben und Kränze, gereicht und hierauf das 


Tranfopfer (orovdai‘) aus ungemijchtem Wein mit 


der Formel dyadod Öaluovog oder Öyızlag ge: 
bracht. — Sodann wurde der Nachtiſch, devrepaı 
rodretar, aufgetragen, beftehend aus Früchten, 
Salz, Kies, wohl um zum Trinken zu reizen, in 
jpäterer Zeit mannigfache Näjchereien (rgayruare), 
namentlih auch Käſe, bejonders fictlifcher, und 
Kuchen, wovon man während bes Trinfgelages 
nad) Belieben al. — Mit dem Nachtiſch begann 
nun das Trinfgelage (svunöcıor, vgl. Convi- 
vium), gewürzt durch Scherz und Heiterkeit, Mufif 
und Tanz, mie auch durch geiftreiche Geſpräche, 
wovon namentlich das platoniiche Sympofion, 
wenngleich jchon der tiefe Inhalt und die voll— 
endete Form der Neden uns verbieten, dasſelbe 
ei eine naturgetreue Schilderung und Beſchrei— 
ung zu halten, den — Beweis gibt. 
Der Hauptzweck des 

Genuß des Weines. Zu den vorzüglichſten Wei— 
nen des weinreichen Hellas gehörten unter andern 


ympoſion war nur der 


Mahlzeiten. 


724 

— zum Händewaſchen (000 xuark yeıpög 
öödn), nebſt einem Handtuch (zeigöuexreor), 
was nach der ag = wiederholt wurde (dmovi- 
Yaodaı), da man 


der thafische, leſbiſche, naxiſche und vorzüglich der 
Ehierwein. Auch Mijchungen verichiedener Arten 
fommen vor. Zuweilen wurde der Wein mit frem- 
den Beftandteilen, 3. B. Gewürzen, Honig, ver— 
jegt. Allgemein wurde der Wein mit Waller ge: 
mischt getrunken, mit warmem oder eisfaltem, oft 
mit Schnee gefühltem (mösıg dız yıörog). Den 
Wein ungemiſcht (&xgeror) zu trinken, galt für 
barbarifch, Schon die Miſchung zu gleichen Teilen, 
isov iso, wurde für zu ſchwer gehalten. Übrigens 
war dad Mifchungsverhältnis u... gleich; 
am gewöhnlichiten waren 3 Teile Waffer auf 1 Teil 
Wein, höchftens 3 Teile Wafler und 2 Teile Wein. 
Die Miſchung geihah meift im Miſchgefäße (zoa- 
ze), aus dem dann mit der olvoyön der Wein 
in die Becher (dador) geichöpft wurde. — Die 
Leitung des Gelages übernahm ein von der Ge— 
jellichaft durch Wahl oder durchs Los beftimmter 
Vorſteher (koywr rg möoemg, owumool«oyos, 
En der das Mijchverhältnis beftimmmte, für 
ie Unterhaltung jorgte und Strafen auflegte, die 





—— darin beſtanden, daß ein Becher ohne 
bſetzen (&rerevorl) getrunken werben mußte. Zu 
den Unterhaltungen gehörten 3. B. ſcherzhafte 
Fragen und Nätjel (eiriyuere, yoipoı), Spiele, 
beſonders der jehr beliebte nörraßos, der, obgleich 
e3 verjchiedene Arten gab, im weſentlichen darin 
beftand, daß man aus feinem Becher (oder aud) 
aus dem Munde) den Reſt des Weines, Adraf, 
kardyn (daher Aaraysiv), in Meine Wagjchalen 
(mAdorıyyeg), die an einem Wagebalfen (L£uyor) 
über Heine Figuren von Erz (zuweilen über eine 
Figur, Manes genannt) befeftigt waren, ſpritzen 
mußte, jo daß die Schale ſich auf die eine Figur 
ſenkte und durch den Gegenftoß auf die andere 
Figur geworfen wurde, und jo abwechſelnd (xor- 
raßos »aranrög); oder dab man den Wein in 
fleine ſchwimmende Näpfchen oder Schalen j ripte 
jo daß dieje durch die hineinfallende Sa eit 
verjenft wurden („örraßog di’ dbvßdpmr). Bar. 
Robert, Jahrb. des Faijerl. deutichen archäolon. 
Inftituts II, 3 ©. 179 ff. Wer eine — Auf- 
gabe nicht Löfte, mußte in der Regel zur Strafe 
trinfen, und oft, wenn es auf ftarfes Trinfen 
(miveıv os Plav) abgejehen war, ein nicht ge: 
ringes Maß. Muc durch gegenfeitiges Zutrinken, 
zur Rechten herum (mi defıd), wurden die Gäfte 
zum Trinken genötigt. — Häufig wurde das Ber: 
gnügen noch durch das Erjcheinen von Flötenjpiele: 
rinnen (edinreideg) und mimiſche Darftellungen 
erhöht. Bol. Becker-Göll, Charifles II ©. 335 ff. 
Stoll, Bilder aus dem altgriechiichen Leben, ©. 48. 
61. 458 ff. — II) der Römer. Hier müflen vor 
allen Dingen die verjchiedenen en auseinander 
gehalten werden, da die Gewohnheit von der ge: 
nügjamften Einfachheit allmählich, befonders gegen 
das Ende der Republif, wo durch die Kriege in 
Griechenland und Aſien größere Uppigfeit auf: 
efommen war, und von two an man auch bejondere 

öche und Bäder hielt (j. Pistor und Coquus), 


= 


1 


Maia — 
zu der raffinierteften Berjchwendung de. In 
ältefter Zeit erjcheint ala allgemeine Speife ein 
Brei, puls, aus Dinkel, far, ador (vgl. Juv. 
14, 170 ff.), und blieb es auch wohl in jpäterer 
Zeit für den gemeinen Mann. Nebenher af man 
auch grüne Gemüſe, olera, und Hüljenfrüchte, 
legumma, aber wohl wenig Fleiſch. Für die 
jpätere Zeit müfjen die verichiedenen Mahlzeiten 
im Laufe eines Tages unterfchieden werden. Jen- 
taculum war das am Morgen eingenommene erjte 
Frühftüd, wofür wohl die Stunde nicht feititand, 
jondern nach Bedürfnis oder Wahl verichieden 
war; es war in der Negel Brot, mit Salz; oder 
anderm gewürzt, dazu getrodnete Weintrauben, 
Dliven, Käſe und dergl., oder auch Milch und 
Eier. Das Prandium war das zweite Frühſtück 
oder genau Mittagsmahl, das nur durch die Aus— 
fidyt auf die jpätere coena bejchränft ward; in der 
Regel wohl um die ſechſte Stunde, d. h. um 
Mittag, und bald in warmen Speifen, bald in 
falter Küche beftehend, wozu oft die Überrefte der 
legten coena dienen mochten. ALS man ſchwelge— 
riicher wurde, famen olera, Schaltiere, Fiſche, 
Eier u. a. dazu. Getrunfen wurde dabei Mulfum, 

ein und bejonders die belichte calda (j. d.). 

brigens ſcheint der jeltenere Ausdruf merenda 
dasjelbe zu bedeuten wie prandium. Die Haupt: 
mahlzeit nach vollendeter Tagesarbeit war Die 
Öcena, die lebte am Tage, zwiichen Mittag und 
Sonnenuntergang, nad) der verichiedenen Jahres: 
zeit alſo chieden, im Sommer etwa in der 
neunten, im Winter in der rg Stunde, nad) 
unferer Zeitbejtimmung zwiſchen 2 und 3 Uhr 
nachmittags. Die früher veranftalteten oder bis 
in die Nacht ausgedehnten hießen tempestivae, 
Im Winter verihob man fie wohl etwas weiter, 
um vorher alle Gejchäfte erledigen zu können. Sie 
war von ziemlich langer Dauer, da man fie zu: 
lei zur Erholung und mannigfaltigften Unter: 
—— benutzte; ſelbſt bei frugaleren Leuten ging 
ſie oft über 3 Stunden hinaus. Sie beſtand immer 
aus 3 Teilen: gustus oder gustatio, auch pro- 
mulsis genannt, fercula, in verjchiedenen Gängen 
beftehend, und Nachtiſch, mensae secundae oder 
tertiae. Das Vorefien, gustus, jollte den Appetit 
reizen und die Verdauung fördern, weshalb be: 
jonders lactuca genoffen ward, Schaltiere, leicht 
verdauliche Fiſche mit pifanten Saucen, zuerſt ge: 
mwöhnlich Eier, daher die jprihwörtlich gewordene 
Nedensart ab ovo usque ad mala (Üic. ad fam. 
9,20. Schol. zu Hor. sat. 1, 3, 6). Hierzu tranf 
man mulsum, eine Art Met, aus Moft oder Wein 
und Honig bereitet, woher auch das ganze Bor: 
efjen promulsis hieß. Die Gänge der eigentlichen 
Coena wurden al® prima, altera, tertia coena 
unterjchieden, früher meift nur 2. Der nie feh— 
lende Nachtisch beitand in Backwerk (bellaria), 
frijchem und getrodnetem Obſte und künſtlich be 
reiteten Schaugerichten (epideipnides). Urſprüng— 
lich jaß man, Mpäter lag man bei Tiſche (j. Trı- 
elinium). — Küchenzettel findet man unter 
andern bei Mart. 5, 78 ff. 10, 48 ff. Maerob. sat. 
2, 9. l. Becker-Göll, Gallus III ©. 311 ff. 
Marquardt, Privatleben der Römer 1, 7. Abſchn. 

Maia, Mei« oder Maıds, Maja, Tochter des 
Atlas und der Pleione, ältefte der Pleiaden, Mutter 
des Hermes (j. d.), im Sternbilde der Bleiaden. 


Cie. Arat. 270. Verg. G. 1, 225. — Mit diejer 


Maiestas. 125 


griechischen Göttin ward eine altitaliſche Frühlings: 

öttin Maja oder Majefta (ein Deus Maius zu 
Tufeutum) identifiziert, deren Verehrung mit dem 
Monat Mai — Am 1. Mai opferte 
ihr der flamen Vulcanalis ein trächtiges Schwein, 
Sie wurde für die Gemahlin des Vulcanus erflärt 
und ward außer mit der obengenannten Maia mit 
der Tellus, Bona Dea, Fauna, Ops identifiziert.. 

Maiandrios, Maidvögıog, 1) Geheimſchreiber 
des Bolykrates von Samos. Nady Ermordung des 
Bol. (524/39. E.) bemädhtigte er fich der Tyrannis 
von Samos, unterlag aber nach wenigen Jahren 
(516) dem mit perjischer Unterftügung zurückkehren— 
den Bruder des Polyfrates, dem Sylojon, und 
floh Hülfe ſuchend nad) Sparta; König Kleomenes 1. 
jedoch ließ ihn, da feine Anweſenheit nur Ber: 
legenheit bringen konnte, aus dem Peloponnes aus: 
weijen. Zldt. 3, 142 ff. — 2) ein Hiftorifer, wahr: 
icheinlich aus Milet; jonft nicht näher bekannt. 
Bol. Müller, fragm. hist. Graee, Il p. 334 ff. 

Maiandros, Meadavögos, Maeander, j. Men— 
derez, bekannter Fluß Kleinaſiens, entipringt ober- 
halb Kelainai in Bhrygien aus einem See, welchem 
auch der Marſyas entjtrömt, der ſich dann bei 
Apameia mit dem M. vereinigt. Xen. An. 1,2, 7. 
Strab. 12, 577 ff. In bear ug gewundenem, 
ſprichwörtlich gewordenem (Cic. Pis. 22. Ob. met. 
8, 162) Laufe römt er weſtwärts und tritt, nach— 
dem er unterhalb Laodifeia den Lykos aufgenom: 
men hat, in Karien ein, welches er, an der Süd— 
jeite des Mejogisgebirges Hinfließend, durchitrömt, 
von links ber u den Harpajos (Mktichai) und 
ben kariſchen Marſyas (Tichinatichai) vergrößert. 

wiichen Myis und Priene mündet er in das 

arijche Meer. Er war nicht breit, aber jehr tief 
und jchlammreich (deshalb hat fich die Küfte jetzt 
jehr verändert) und verurjachte oft Überſchwem— 
mungen. Hom. Il. 2, 869. Xen. An. 1, 2, 7f. 
Hdt. 7,26. 30. Thuc. 3, 19. Strab. 12, 577}. 
Liv. 38, 13. 

Maiestas ift ein Attribut derjenigen Perſonen 
und Gegenftände, denen die höchite Würde und 
Hoheit zulommt, 3. B. der Gottheit, des Volles, 
des Staates und des Kaiſers. Cic. de or. 2, 39. 
Wer die Majeftät des römischen Volles beein: 
trächtigte, beging ein Verbrechen, crimen mi- 
nutae maiestatis, Schon unter den Königen 
hieß ſolcher Hochverrat perduellio, die Strafe 
war Kreuzigung (Liv. 1, 26). Der Freiftaat nahın 
dieſes Hochverratsgejeß hinüber; früher ichüßte 
es den König, nun den Staat und feine republi- 
fanijche —— Daher war derjenige der per- 
duellio ſchuldig, der ſich micht den Gelepen fügte 
und nach Alleinherrichaft jtrebte. Allmählich wurde 
weiter und ftrenger definiert, zunächft nahm das 
crimen minutae maiestatis, das fich etwn jeit 
150 v. C. ausbildete, die minder wichtigen Fälle 
der perduellio in fi auf, in dem letzten Jahr: 
——— der Republik verdrängte es jedoch durch 

ets erweiterte Ausdehnung dieſelbe ganz; als 
Strafe trat Verbannung ein. Das erſte Geſetz 
de maiestate imminuta war die lex Apuleia, 
100 v. E., gegen —— der Tribunen und gegen 
Aufruhr gerichtet (die lex Mamilia 109 v. C. 
gegen Jugurthas Freunde nannte das Verbrechen 
wenigſtens nicht mai. immin.). Es folgte die lex 
Varia, 91 v. C., gegen die, quorum dolo malo 
socii ad arma ire coacti essent. Viel wichtiger 





126 


war die lex Cornelia, etwa 80 vd. E., welche 
Erregung eines Aufftandes, Störung eines Magi: 
ftrat3 in feinem Amte und die Handlungswerje 
des Magiftrats, welcher feine Amtsbefugnis über: 
trat oder die römiſche Hoheit bloßitellte, mit 
aquae et ignis interdietio bedrohte. In der jehr 
umfaffenden lex Julia 46 vd. E. wurden alle 
Perduellionshandlungen, welche noch nicht als mai. 
immin. galten, in das crim mai, hinübergenom— 
men. Sie betrafen A) Proditio, wirkliche Ber: 
räterei oder Verrat aus Feigheit oder Schwäche, 
Deiertion; B) ftaatsgefährlihe Handlungen (Bil: 
dung bon verbrecheriichen Klubs, Komplotte und 
Verjchwörungen, Aufruhr und Aufftand); C) Ge: 
fährdung der Staatähoheit durch Magiftrate. Tac. 
ann. 1, 72. Die lex Julia blieb unter den Kaiſern 
die Grundlage der ia diejes Verbrechens. 
Doc erweiterte man den Kreis der als mai. 
immin. zu beftrafenden Vergehen dahin, daß An: 
griffe auf des Kaiſers Perſon (Nachftellungen, In— 
jurien und Refpeftwidrigfeiten überhaupt), Mein: 
eid bei des Kaifers Namen, Anmaßung faiferlicher 
Ehren, Prägen von Goldmünzen u. ſ. w. unter 
diejen Begriff zufammengefaßt wurden. Es war 
natürlich, daß unter Tiberius, dem nicht, wie bei 
Augustus, die Liebe der Unterthanen zu ber er- 
lauchten Familie zur Geite ftand, der Kreis ber 
Majeftätsverbrechen noch weiter gezogen wurde; 
früher wurden nur hodhverräteriiche Thaten be: 
jtraft, jebt verfiel man auch den Majeftätsgejegen 
durch unlichiame Worte gegen den PBrinceps und 
defien Familienglieder; Befragung der Wahriager 
und Ehaldäer über das Schidjal des Kaiſers war 
verdächtig, überhaupt was fih nur als rejpeft- 
widrig gegen den Fürſten deuten lieh, verfiel der 
Klage des Hocverrats; über das einzelne j. Suet. 
Tib. 58. Dio Cass. 57, 24 und Zac. mehrfach. 
Freilich ſuchte Tiberius” fonjequent die Berurtei- 
lung zu bintertreiben, aber das Geſetz jelber wollte 
er nicht mifjen (Tuc. ann. 1, 72: exercendas esse 
leges), auch nicht die Wächter des Gleiches. Jeder, 
welches Standes, Geſchlechtes und Alters er war, 
durfte klagen und fi) den Lohn der Pelatores 
(f. d.) verdienen. Tiberius, darf man jagen, han- 
deite dabei nicht etwa, wie behauptet wird, aus 
Graufamkeit und Blutdurft, jondern vielmehr, er 
glaubte diejes Schutzes gegen die ihn zum Teil 
haſſenden ariftofratiichen Familien zu bedürfen, 
aber jein Fehler war die Eelbftüberihägung und 
das faljche und eitle Vertrauen auf bloße menſch— 
liche Willensfraft. Er unterlag allmählidy feiner 
Leidenschaft, bald auc dem Spielen mit den ent: 
feffelten Gewalten der Delatoren. Mochte er fie 
wiederholt beftrafen; da er weiter jpielte mit der 
Gefahr, ging er darüber unter, und schließlich 
waren Die 


—— — — — — — ——— — — — — —— —— — —— — — —— — 


ajeſtätsanklagen faſt alleinige Be: | 


ihäftigungen des Senats, indem fie zur Ergän- | 
jung jeder andern Klage, die nicht durch fich zum | unter Deufalion in Phthiotis wohnte und, von 


Intergange des Beklagten führen fonnte, 


Mainades — Makedonia. 


der jpäteren Kaifer änderten bei andern Zeiten an 
dem jchweren Drude der Majeftätsgejeße, andere, 
je nad) ihrem Naturell, arteten mehr oder weniger 
in bloße Willkür und Laune, auch Grauſamkeit 
aus. Vgl. Rein, riminalrecht der Römer ©. 494 fi. 

Mainädes j. Dionysos, b. 

Mainälos, 1) rö Maivalor ögog, ein zwiſchen 
Megalopolis und Tegea ſich hinziehendes Gebirge 
Arfadiens, der Lieblingsanfenthalt des Pan; j. 
Apanofhrega. Or. fast. 4, 650. Auch von einer 
Stadt Mainalon fanden ſich in ſpäterer Zeit noch 
Spuren, und ein Teil der Gegend, welche der 
Heliſſon durchſtrömt, hieß das Mainaliſche * 
filde. Strab. 8, 388. Theoer. 1, 124. Verg. E.8,2 
10, 55. — 2) j. Lykaon. 

Maion j. Tydeus. 

Maiötis j. —— Palus. 

Maira, Meige, 1) j. Ikarios. — 
bes Proitos, Gefährtin der Artemis, von dieſer 
etötet, weil fie mit Zeus den Yolros (der mit 

Imphion und Zethos Theben gründete) erzeugte. 
Hom. Od. 11, 326. — 3) Tochter des Atlas, Ge: 
mahlin des Tegeates, Sohnes des Lykaon, deren 
Grabmal zu Tegea und Mantineia war. — 4) Ne: 
reide. Hom. Il. 18, 48. 

Mazxeı, Macae, 1) Bolt im jüdöftlichen Arabien, 
vom Vorgebirge Didyma (j. Ras-el-Hadd) bis zu 
dem nach ihnen benannten Borgebirge Makita (j. 
Nas Mejandum) am Eingange des Perfishen Meer: 
bujens. Strab. 16, 765. Mela 3, 8. — 2) libyiche 
Bölferjchaft zwischen der großen und Heinen Syrte, 
öftlich von den Gindanen am Fluſſe Kinyps. Hat. 
4, 175. Diod. Sie. 3, 49. 

Makar, Makäreus, Madxag, -züs, 1) Sohn 
des Helios und der Rhodos, der nach der Ermor: 
dung jeines Bruders Tenages von Rhodos nach 
Leſbos flüchtete (Hom. Il, 24, 544), Vater der 
ja. Or. met. 6, 124. Diod. Sie. 5, 56 fi. 
2) Sohn des Aiolos, Bruder der Kanale; wegen 
ihrer verbrecheriichen Liebe zu einander töteten ſich 
beide, oder Kanale ward von ihrem Vater getötet. 
Platt. legg. 8 p. 838. Or. Ib. 564. her. 11. 
3) Gefährte des Odyſſeus. Or. met. 14, 159. 
4) ein Yapithe auf der Hochzeit des Peirithoos 
(daf. 12, 452) 

Makarja, Maxagia, eine ältere Benennung 
mancher nad) ihrer Fruchtbarkeit benannter Inſeln, 
z. DB. Leſbos, Kypros, Rhodos; auf Kypros wird 
auch eine Stadt gl. N. genannt. In Mefjenien 
hieß das Gefilde am Pamiſosfluſſe das Makariſche 
(Strab. 8, 361), und den Namen Mafaria führte 
auch eine Quelle im Gebiete von Marathon, zu 
Ehren der Heraklestochter Malaria, j. Hera- 
kles, 15. und Marathon. Paus. 1, 32, 6. 
Strab. 8, 377. 

Maxdgwv v00ı |. Fortunatae insulae. 

Maxedvor, To, ein doriicher Bolksftamm, der 


2) Tochter 


dienten | den Kadmeiern verjagt, fi) am Pindos niederlich. 


(addito muiertatis crimine, quod tum omnium | Hat. 1, 56. 8, 48. 


accusationum complementum erat, Tac. ann. 
3,38). Als Strafe des Majeftätsverbrechens trat | 
ſchon unter Tiberius ftatt der Verbannung bis: 
weilen das Tobdesurteil ein (Tac. ann. 6, 18), 


| 


Makedonia, Muxsdorie, Macedonia, ein erit 
jeit Herodot (5, 22 u. Ö.) vorfommender Name des 
nördlich von Theffalien gelegenen Landes, hatte 
zu verjchiedenen Zeiten eine verjchiedene Ausdeh: 


Konfiffation des Vermögens war ſtets mit der, nung. Vor den Zeiten König Philipps II. reichte das 


Verurteilung verbunden. 
wurden jelbjt die Kinder der Hochverräter getötet, 
3. B. die des Sejanus (Tac. ann, 5, 9). 


Dance 1 


| 


In ſchwereren Fällen fo benannte Land füdlic bis an den Olympos, 


im D. bis zum Fluſſe Steymon, der die Grenze 
gegen Thrakien bildete (T’huc. 2, 99); gegen Paio— 


Makedonia, 127 


nien im N. und Jllyrien im W. waren die Gren- | und mündet in den Thermaiichen Bujen, vbenjo 
gen unbeftimmt. Unter Philipp Fam um die Mitte | der Yudias oder Rhoidias, j. Moglenititos, tür: 
es 4. Jahrh. v. E. im „gang Paionien Hinzu, | filch Karasmalz Axios, j. Bardar, mit dem 
und nun bildeten die Gebirge Skardos und Orbe- Nebenflug Erigon, j. Ticherna, der Hauptjtrom 
los die Grenze gegen Möfien (die an der Grenze des Landes, entipringt auf dem Starbos in Dar: 
wohnenden Agrianer und Dardaner waren ziem: | dania und ergieht ch in füdöftlicher Richtung 
lich unabhängig); im D. wurde die Grenze bis | fließend weitlih von Theſſalonile in den Ther: 
zum Neſtosfluſſe ausgedehnt, im S. fam die Halb: | maifchen Meerbujen; der Echedoros, j. Gallikos, 
injel Chalkidike Hinzu, im W. ein Teil von Jlly: | mündet öftlih vom Axios; der Strymon, j. 
rien; der Flächeninhalt betrug in diejer Ausdeh: | Struma, entipringt auf dem Stomios in Thra— 
nung 1200 ) M. Das Land bildete eine von | fien, durchfliegt den See Praſias und mündet in 
3 Seiten von hohen Gebirgen umgebene, von den Strymoniſchen Bujen; endlich der Neitos, 
mehreren Hügelfetten — * fruchtbare Ebene, j. Meſta, der öſtliche Grenzfluß Makedoniens in 
die Berge waren reich an Mineralien, ſelbſt an deſſen weiterer Ausdehnung, kommt vom Rho— 
Gold, Silber und Edelſteinen (beſ. der Pangaios, dopegebirge und fließt Thaſos gegenüber ins Thra— 
Hadt. 7, 112), beherbergten aber auch — kiſche Meer. Bon Seen iſt außer der Praſias 
Tiere, ſelbſt Löwen (Hdt. 7, 125), die der treff- oder Kerkinitis, j. Butkovo, weſtlich davon die 
lichen Viehzucht oft Schaden thaten. Bon Ge- Bolbe zu merken, j. Beſchil; in Eordaia die 
birgen lagen der Sfardos oder Stordos (j. Begorritis, j. Oſtrovo. — Die Maledonier 
Tſchardagh) in NW. gegen Möfien und Jllyrien, |(Maxedövreg, Macedones) waren jehr gemijcht, 
der Stomios (j. CurbescasPlanina) im NO. gegen | barbarische, thrafiiche Paionen, Bryger, PBierier, 
Thrakien. Bon diejen Grenzgebirgen ftreichen in |; Bottiaier, Edonen, Mäder), illyrijhe Stänme, zu 
das Land hinein der Barnüs (j. Perifteri), in | denen jedoch ——— in den ſüdlicheren, ebenen 
der Nähe der Weſtgrenze zwiſchen dem See Lych- Strichen und an der Küſte ſich Hellenen geſellten. 
nitis und dem Erigonfluſſe, in ſüdlicher Richtung Thae. 3, 94. Pol. 17, 5. Als nach der Schlacht 
der Bermios (j. Dora) zwiſchen den Flüſſen bei Pydna 168 v. E. die Römer Herren des Lanz 
Ludias und Halialmon gegen den Olympos hin. | des wurden, teilten fie das Land in 4 Diitrifte, 
Zwiſchen den Flüffen Arios und Strymon liegt | regiones, ohne commercium und conubium (Liv. 
der Kerkine (j. Beleſch?) und deſſen füdöftliche | 45, 18): 1) das Land zwiſchen Strymon und Neftos 
Fortjegung Dyſoros mit Goldminen; noch weiter | nebft Bifaltia und Sintica weſtlich vom Strymon, 
jüdlich auf der Landipige Alte der 1935 m Hohe | mit der Hauptſtadt Amphipolis; 2) das übrige 
Athos (noch j. Athos oder Hagion DOros, Monte | Land zwiichen Strymon und Axios nebſt der Halb: 
Santo). Zwiſchen Strymon und Nejtos zieht fich | injel Chalkidife, mit der Hauptſtadt Theſſalonike; 
der Orbelos bin (j. Berim), und weiter der | 3) das Land zwiſchen Arios und Peneios, Haupt: 
1872 m hohe Pangaios (j. Pirnari) mit reichen | ftadt Pella; 4) das weftliche Gebirgsland, Haupte 
Gold: und Silbergruben, öftlih vom See Prafias | ftadt Pelagonia. Seit der Einverleibung in das 
eig men und dem Strymonijchen Meer: | römijche Neich, 146, wurde M. mit Syrien und 
uſen; an der Südgrenze endli der Olympos. | Thejjalien zu einer Provinz vereinigt. — Die 
— Mafedonien war, wie jeine ganze Geſtalt er: | einzelnen Landichaften Makedoniens waren fol: 
warten läßt, auch reich an Borgebirgen; Ddieje | gende: Baionia, die nordweitliche Yandichaft von 
find in der Richtung von Welten nah Dften: | der illyriichen Grenze bis zum Strymon, am oberen 
Aineion, j. Karaburun, die Weftipige der Halb: | Agios, deren öftlicher Teil Aftraia, der weitliche 
injel Chalkidike, Gigönis, j. Apanomi, auch an | Belagonia hieß, mit der jegt verichtwundenen Haupt: 
der Weſtſeite der Ibinjel, Bojeidonion, j. ſtadt Stoboi am Erigon; Lynkeſtis, jüdlich von 
Poſidi, an der Weſtſeite der Halbinjel Pallene, ir ge mit der Hauptſtadt Herafleia, j. 
deren Südoſtſpitze ea j. Baliuri, hieß; | Bitolia oder Monaftir; die frühere Hauptftabt war 
Derrhis, j. Drepanon, die Südojtipige der Halb: | Lynkos; jüdöftlich von der vorigen Eordaia; ſüd— 
injel Sithonia, ebendajelbit Ampelos, j. ebenfo, | weftlih an den Quellen des Haliafmon bis nad) 
und Nymphaion, die Südjpite der Alte und des | Epeiros hin Oreftis mit der Stadt Keletron, 
Berges Athos (j. Kap H. Georgios). Bon diejen | j. Kaftoria, jüdlich daran ſtoßend Elimaia. Eli: 
Halbinjeln und Borgebirgen werden folgende Meer: | maia, Lynfeftis und Oreftis behielten bis zu Ale— 
buſen eingejchloffen: der tiefeinjchneidende in ganders Zeit ihre Stammfürften, die jedod) jeit 
maijche oder Makedoniſche Meerbujen, weitlich | dem peloponneſiſchen —* die makedoniſche Ober: 
von Pallene und Chalfidife bis Thefialonife — hoheit anerkannten. Oſtlich von Lynkeſtis (ag das 
auf, j. Golf von Galonifi; der Toronaijche| vom Ludias durchitrömte Emathia, der Urjik 
Meerbujen zwiichen Ballene und Sithonia oder | des maledoniſchen Königtums, mit den Städten 
den Borgebirgen Kanaftraion und Derrhis, j. Golf | Beroia und Aigaiai oder Aigai; füdlicd davon 
von Kaflandra; der Singitiſche Meerbujen zwi: | Bottiaia mit der Stadt Bella, jpäterer Reſidenz 
ihen Sithonia und Alte oder den Borgebirgen | der Könige und Geburtsort Philipps IT. und Ale— 
Derrhis und Nymphaion, j. Golf von Hagion |randers (Ruinen bei Janiga); Pieria, der Sik 
Oros; der Strymonijche Meerbufen zwiſchen der des thratiichen Mufen: und Balchosdienftes am 
Oftküfte von Chalfidife und der Inſel Thajos, in | Olympos längs der Weftküfte des Thermaifchen 
welchen jich der Strymon ergießt, j. Golf von | Bufens, mit den Städten Methone, j. Elevthero- 
Eontefja. — Die Flüſſe jind von Weiten nach |; Khori, Pydna, j. Kitros, Dion (j. Malathria); 
Dften folgende: die Küſtenflüſſe Apilas (j. Plata | die Halbinjel Chalkidike, jenjeit des Agios, mit 
mina) bei Herafleion und Enipeus (j. Fluß von | den 3 Ausläufern Ballene, Sithonia, Alte, 
Litoforo) bei Dion; Halialmon, j. Viſtrißza, unter deren Städten bejonders Olynthos und 
entjpringt auf dem illyrijchen Grenzgebirge Tymphe | Potidaia wichtig find. Nordweſtlich von Chalki— 














128 


dife lag die Landichaft Mygdonia mit Therme, 
jpäter Thefialonife, j. Saloniti; öſtlich Bi: 
jaltia mit den Städten Argilos und Bromi: 
ſtos, erjt nach 479 dem Weiche einverleibt; Die 
Landſchaft Kreftonia enthielt bloß die Stadt 
Krefton am Fluß Echedoros; öſtlich von ihr und 
nördlidy von Bijaltia lag Sintite bis zum Stry: 
mon; öftlid von en A Edönis mit den 
Städten Amphipolis (f. d.) und dem durch feine 
Schlachten berühmten Philippoi, früher re: 
nides; nördlih Odomantife Die Yandichaften 
Dentheletife, nordöftlid don der vorigen, und 


Makella — Maler und Malerei. 


aber fpäter auf Sardinien eine Niederlage und 
wurde deshalb verbannt. Nachmals belagerte er, 
als jeine Bitten um Erlaubnis zur Nüdfehr un 
erhört blieben, jeine Baterftadt und ließ nach der 
Einnahme derjelben 10 ihm feindlich gefinnte 
Senatoren hinrichten. Nicht lange darnach jedoch 
twurde cr, da er nach der Alleinherrichaft trachtete, 
mit dem Tode beftraft. Just. 18, 7. — 2) ein 
König der Nabatäer in Nrabien und Bundes: 
genofje Cäfars im alerandrinifchen Kriege. Plut. 
Ant. 61. — 3) aus Philadelpheia in Syrien, 
ſchrieb Butarrıand, eine Geſchichte in 7 Büchern, 





Maidike, weitlich neben diefer, mit der Haupt: | die Ereignifie von 470--480 n. E. enthaltend. 


ftadt Jamphorunna (j. Ivorina), wurden jpäter 
wieder zu Thrafien geichlagen. Vgl. Strab.7, 329 ff. 
Mela 2, 3,1. Flathe, Geſchichte Macedoniens 
(2 Bbd., 1832— 34). O. Abel, Mafedonien vor 
König Philipp (1847). 

Makella, Manxelia, eine jüdlich von Egeſta 
auf Sicilien gelegene fefte Stadt. Liv. 26, 21. 
Pol. 1, 24. 

Makestos, 
Rhyndakos in Myſien, entjpringt auf dem Tem: 
nosgebirge bei Synaos und ergießt fich nach nord: 
öftlihem Laufe in den Hauptftrom bei Miletopolis; 
j. Sufurlu-tichai. Strab. 12, 576. 

Makistos, Mdxısrog oder -ov, 1) eine von 
den Kaulonen gegründete Stadt im triphuliichen 
Eis, jüdweitlih vom Berge Kotylos, aber zu 
Strabons Zeiten ſchon verddet. Hat. 4, 148. Xen. 
Hell. 3, 2, 30. Strab. 8, 349. WBielleicht war fie 
nicht verichieden von der Stadt Samos, jondern 
nur der auf die Burg und die Bewohner des von 
ihr beherrichten Gebietes übertragene Name des 
ganzen jebt Naipha genannten Bergzuges. — 
2) Maxiorov oxoral, die Warte des M. (Aesch. 
Agam. 289), ift wahrjcheinlich eine Höhe im nord: 
weftlihen Euboia, vielleicht der heutige, 1209 m 
hohe Kurublia. Nah PBlinius (5, 31, 39) hieß 
ein Berg auf Leſbos fo. 

Mexgoxtypas.oı, Macrocephäli, und Maxgw- 
veg. Macrönes, eine mächtige Völferichaft an der 
füdlichen Küfte des Bontos Eureinos im NO. von 
Pontos, Nachbarn der KRoldyer und Moſynöken. 
Strabon (12, 548) Hält fie für die jpäteren San: 
noi, die jonjt neben ihnen genannt werben. Sie 
waren roh, aber tapfer und fämpften mit Hölzer: 
nen Sturmhauben, geflochtenen Scyilden und kurzen 
Lanzen mit langen Spiten. Hdt. 7, 78. Xen. An. 
4,8, 3. 5, 5, 18. 7, 8, 26. 

Maktorion, Maxragıor, eine oberhalb Gelas 
gelegene Stadt im füdlichen Teile Siciliens, wohin 
ein Zeil der Bewohner von Bela bei Gelegenheit 
eined Aufruhrs flüchtete (Hdt. 7, 155); wahr: 
fcheinlich j. Mazzarino. 

Makynia, Maxvrie, eine am Fuß des Berges 
Taphiafjos im jüdlichen Nitolien nach der Rück— 
fehr der Herafliden gebaute Stadt in weinreicher 
Gegend, von manden zu Lokris gerechnet. Strab. 
10, 461. 460. Plinius (4, 2, 6) nennt auch einen 
Berg Macynium, der vielleicht mit dem Ta— 
phiaſſos identiſch ift. 

Maläka. Meicae, bedentende Handelsſtadt an 
der Südküſte von Hiſpania Bätica, j. Malaga. 
Strab. 3, 156. 

Malchus, Mcdiyos, d. h. König, Herr, hebräiſch 
>=, 1) ein farthagiicher Feldherr um 600-550 
v. E., kämpfte glüdlich gegen die Libyer, erlitt 





Miaxsorog, linter Nebenfluß des | 


Photios gibt einen Auszug daraus. Sammlung 
der Dee bei Müller, frag. hist. Graee, IV 
P. 111. 

Malea, Malta, 1) Borgebirge an der Südipige 

von Leſbos, j. Kap Zeitün. Xen. Hell. 1, 6, 27. 
 Thuc. 3, 4. 6. — 2) Maikaı oder Malfa, die 
Südoſtſpitze des Peloponnes, welche den Lakoniſchen 
Bujen an der Dftjeite jchlieft, j. Malen oder Kap 
St. Angelo. Malea, fteil zum Meere abjtürzend, 
war wegen der ſich hier begegnenden Winde jchwer 
zu umjchiffen (daher das Sprichwort: Maidug Ö: 
»dumpas ZmildHov rar oixade) und auch wegen 
der Seeräuber gefürchtet. Thuc. 4, 54. Very. A. 
5, 193. Liv. 34, 32. Hdt. 1, 82. Cie. ad fam. 
4, 12, 1. Strab. 2, 108. 8, 335. 378. 

Maler und Malerei. Die Kunft der Malerci 
blieb bei den SHellenen, bei denen fie in einem 
nahen Berwandtichaftsverhältnifie zur Skulptur 
ftand und mit diejer die Auffafjung einer idealen 
Welt gemein hatte, jehr lange in einem Zuftande 
der Kindheit, wenngleich jie jehr früh, ichon in 
der homerijchen Zeit, geübt worden ift (eine Wand: 
malerei ift durch Schliemanns Ausgrabungen in 
Tiryns zu Tage gelommen). Die Maler jcheinen 
fid) bis in die Zeit der erften Perſerlämpfe nur 
Einer farbe bedient zu haben, womit fie den 
Umriß ausfüllten und worin fie den Schatten durch 
Schraffierung bezeidyneten. Der ältefte Sig der 
Kunft im Griechenland war wohl der doriiche 
— — vorzüglich Korinth und Sikyon; der 
torinther Kleanthes ſoll zuerſt Schattenriſſe ge— 
zeichnet, Ardikes und Telephanes eine aus— 
gebildetere Linearzeichnuung, Kleophantos die 
einfarbige (monochrome) Malerei erfunden, Ki— 
mon von Kleonai (Plin. 35, 56) zuerſt wirkliche 
richtige Profilgeichnungen zu ftande gebracht, außer: 

dem Bewegung und Neigung in jeine Geftalten 
| gebracht und für den Faltenwurf Sorge getragen 
haben. Bis auf DI. 91, wo Apollodoros von 
| then den Gebraud) des Pinjels erfand, war alles 
Malen nur ein Zeichnen mit dem Griffel, mit 
dem man die Umriffe in die mit farben über: 
zogene Tafel eintrug; die Farben aber wurden in 
breiten Mafjen und ohne viele Verjchmelzung mit 
dem Schwamme aufgetragen. Aber auch in den 
polychromiſchen Gemälden der älteren Maler kom— 
men nur 4 Farben vor (Plin. 35, 7, 32): Die 
weiße und die ſchwarze, nelbe und rote; damit 
| begnügte jelbft ein Zeuxis fich, und wer mehr ge: 
brauchte, lief Gefahr, durch den Zuſatz des Neizes 
die Hoheit der Kunft zu verringern. Die Werte 
diejer Kunſt waren teils Wandgemälde (in der 
Negel Freitogemälde) teils gemalte Tafeln; jene 
auf Stud, diefe auf Holz ausgeführt und in die 
Wände, z. B. der Tempel, eingelafjen. Die Tafel- 





154 


Maler und Malerei. 


bilder waren vorzugsweiſe mit (durch leimartige 
Mittel verbundenen) Temperafarben ausgeführt ; 
die fpäteren enkauſtiſchen Gemälde beitanden aus 
Wachsfarben, welche mit trodenen Stiften ver: 
arbeitet und ſodann durch eine Wärmpfanne ein- 
geihmolzen wurden. — Die erfte Blüte der Kunſt 
und das erfte Schaffen größerer Gemälde fällt in 
die perikleiſche Zeit, alfo in die Mitte und zweite 
Hälfte des 5. Jahrh. v. E., unterftüßt durch das 
gleichzeitige Emporblühen aller edlen Künfte. In 
diejer Zeit gab es auch jchon nicht nur ganz aus: 
gemalte Hallen, jondern auch eigentliche Gemälde: 
jammlungen (Pinakotheken). Genannt werden zu— 
nächſt Panainos, ein naher Verwandter des 
Pheidias, und der Thafier Polygnotos (in Athen 
eingebürgert; jeine Blütezeit fällt zwiichen 475 und 
455 d. E.), als deren gemeinjames Werk ein Ge- 
mälde der marathoniichen Schlacht in der Poifile 
zu Athen erwähnt wird. Bon dem leßteren wird 
namentlich gerühmt, daß er weibliche Körper mit 
ducchichimmernden Gewändern gemalt, daß er der 
von den Agyptern überfommenen Steifheit der Ge— 
fichtsbildung durch eine leije Offnung des Mundes 
abgeholfen, daß er in feinen Gemälden wirkliche 
Porträts geliefert habe (auf einem derjelben war 
die Schweiter Kimons, Elpinife, nicht zu verken— 
nen) und über die Natur hinaus in das Ideale 
gegangen jei. Bon einem jeiner größten Gemälde, 
das, in der Lesche zu Delphoi befindlich, das er: 
oberte und rauchende Troja und die Griechen am 
Hellespont, wie fie, von Beute und Gefangenen 
umringt, zur Abfahrt fich rüfteten, darftellte, hat 
Paujanias (10, 25) uns eine etwas ausführlichere 
Beichreibung erhalten. „Sinnvoll hatte der Künſt— 
ler bier den gruppenreichen Vordergrund mit der 
Verödung von Troja fontraftiert, deifen verwüſtete 
Straßen durch die eingerifienen Mauern gejehen 
wurden. Des Menelaos Schiff jteht an dem Ufer 
zur Abfahrt bereit, und man erblidte in feiner 
Nähe die Helena, die Urjache des Kriegs, von 
vertwundeten Trojanern umringt; und in einer 
andern Gruppe griechiicher Fürjten die Kaflandra, 
die meiften in dumpfem Schweigen begriffen, den 
einzigen Neoptolemos ausgenommen, welcher noch 
einige Trojaner verfolgt und tötet. Auf einer 
andern Seite der Lesche war der Eingang der 
Unterwelt in bem Reiche der Nacht abgebildet mit 
Odyſſeus an dem Ufer des Acheron und dem Tar: 
taros voll graujfender Strafen und Elyſion mit 
jeligen Schatten angefüllt. Auf dem erjteren diejer 
beiden Gemälde waren über 100, auf dem andern 
über 80 Figuren vorgeftellt: jeder war nach altem 
Gebrauch der Name beigeichrieben.“ Außerdem 
waren auch Bolygnots Bater Aglaöphon und defjen 
gleichnamiger Enkel als Maler berühmt; nament- 
lich wurden dem Teßteren 2 Gemälde zugeichrie: 
ben, die den Alfibiades als Sieger in den Kampf: 
jpielen Ddarftellten. Vgl. im allgemeinen Cie. 
Brut. 18. de or. 3, 7. Quint. 12, 10. — ber im 
ganzen blieb die Malerei ein Anhang zur Bau— 
kunſt; ihre Erzeugniffe dienten weit weniger zur 
Verſchönerung von Privathäufern als von Hallen 
und Tempeln. Während daher die Plaſtik weit 
borauseilte, bewegte die Malerei ſich in langſamen 
Fortſchritten und erreichte erit dann den Gipfel 
ihrer Vollendung, als jene bereits ihre höchſte 
Blüte hinter fich hatte, bald nach dem peloponne— 
fiichen Kriege. An den Polygnotos jchloffen jich 


129 


als Zeitgenoffen und Nachfolger an: Mikon aus 
Aigina, von dem die berühmten Gemälde: Antinos, 
die Argonauten, Aiterope, Pelias, Thejeus, Akaſtos 
u. a. m. waren, der auch teilweije die Poikile in 
Athen gemalt hatte, wo der Amazonenfampf und 
die marathonische Schlacht dargeftellt waren, dem 
aber bejonders die Zeichnung von Pferden gelang; 
— ein Sohn desjelben —; — ferner Duatas 
von Aigina, Dionyjios von Kolophon; jelb: 
ftändig dagegen trat Agatharchos (j. d.) als 
Deforationsmaler, auch für den jchon beginnenden 
Yurus des Privatlebens, auf. Noch mehr aber 
glänzte in diefer Hinficht und war der erſte eigent- 
lihe Maler der fchon „genannte Apollodoros, 
der Stiagraph genannt, weil ihm die Erfindung 
des Pinjels, aber auch vorzugsweile die Ber: 
teilung des Lichtes und Schattens zugeichrieben 
wurde. Hic primus species exprimere instituit, 
jagt Plinius (35, 9, 36) von ihm, primusque 
gloriam — ——— iure contulit; neque ante 
eum tabula ullius ostenditur, quae teneat ocu- 
los, In feine Fußſtapfen trat, wenn auch einer 
andern Schule, nämlich im Gegenjage gegen. jene 
attijche der ionischen, zum Weichen und Uppi— 
gen hingeneigten, angehörend, fein größtenteils in 
Ephejos lebender Schüler Zeuris aus Herafleia, 
bis etwa 397 v. E., dem bejonders die ideale 
Bildung des weiblichen Körpers unübertrefflic 
gelang, wie er namentlich durch die im Auftrage 
der Krotoniaten verfertigte und in dem berühmten 
Tempel der Hera Lakinia aufgeftellte Helena die 
vollendete Schönheit in der Geſtalt eines irdiſchen 
Weibes bewies. Ebenfo verförperte er die höchſte 
Idee keuſcher Sittjamleit in der Geftalt einer 
Penelope. Grofartige epiihe Nompofitionen mie 
bei Bolygnot find bei ihm nicht zu finden; ebenjo 
ging ihm deffen Etho® ab; er war mehr auf das 
Maleriiche, auf die äußere Ericheinung der Dinge, 
auf Illuſion gerichtet. Doc kannte auch er, im 
Berhältnis zu der jpäteren Zeit, die Anwendung 
fünftlicher, vielfach zuſammengeſetzter Farbeſtoffe 
noch nicht. Uber feinen Nebenbuhler Parrha: 
ſios und feinen Wettjtreit mit dieſem ſ. d. Dieſer 
und Timanthes von Sikyon (oder Kythnos 
waren jeine Zeitgenoſſen; von den Gemälden des 
legteren, unter denen das Opfer der Fphigencia 
hervorragte, auf welchem er den Agamemmon zum 
Ausdrude jeiner großen Trauer mit verhülltem 
Antlitz dargeftellt hatte (j. Iphigenein), urteilte 
das Altertum, daß fie mehr erraten liefen als 
fie wirklich ausdrüdten, nicht bloß, weil fie nur 
Ideales darftellten, jondern auch, weil jo reiche 
Motive in ihnen niedergelegt waren. — Dagegen 
fand die Schule von Sifnon, die namentlich 
zwiichen dem Schlufje des peloponnefischen Krieges 
und Alerander dem Gr. blühte, ihr Hauptverdienft 
in wiflenjchaftlich ftrenger Durchführung und in 
höchiter Genauigkeit und Bollendung der Zeich— 
nung. Ihr Gründer war Eupompos von Sikyon, 
ihr vorzüglichiter Meifter Bamphilos (j. d.), der 
zuerst feine Kunſt methodiſch und mit theoretiicher 
Einficht Ichrte und das geometriſche Studium auf 
fie anwandte, auch die enfauftiiche Wachsmalerei 
wejentlich förderte, und defien Schüler Melan- 
thios wieder in der Anordnung der Gemälde der 
vollendetſte war und um das Kolorit fich jehr ver: 
dient machte, aucd zu den 4 Malern (Npelles, 
Echion, Nitomadyos) gezählt wird, die nur 4 Far— 


” 
ar 


130 


ben gebrauchten. Neben diejen dreien ift noch zu 
nennen Baufias von Sikyon, auch als Lehrer 
bedeutend, der die Felder der Zimmerdeden zuerjt 
mit Malereien, zumeijt mit Knabengeſtalten, auch 
Blumen und Arabeffen, geziert haben joll, womit 
auch jeine Meifterfchaft in Blumenſtücken (die jchöne 
Kranzwinderin Glyfera, mit der er darin wett: 
eiferte, Plin. 35, 40), jowie die an ihm gerühmte 
höhere Ausbildung der enkauſtiſchen Malerei zu: 
jammenbing. — Der thebanijch = attifchen Schule 
angehörig waren Euphranor, deſſen Ruhm im 
der feineren Durchhildung der Herven und Götter: 
geitalten bejtand, Ehion, von deſſen Werfen das 
Bild einer Neuvermählten (vielleicht frei nach: 
gebiltet in der j. g. aldobrandinijchen Hochzeit im 
vatifanischen Mujeum zu Rom) bejonders her: 
vorgehoben wird; ferner Arifteides von The: 
ben (um 370—330 v. E.), der ältejte diefer Schule 
und zu unterjcheiden von einem gleichnamigen 
Enkel, vorzüglich durch die Darftellung von Schlach— 
ten und Eroberungen und durch den ſeelenvol— 
len Ausdruck ſeiner Gemälde ausgezeichnet, wenn 
auch ſeine Farbengebung minder gefällig war. 
Ein Gemälde, das den Kampf der Makedonier mit 
den Beriern vorftellte, umfaßte über 100 Figuren | 
und joll 1000 Minen gefoftet haben; jein Meifter- 
ftüfd war aber die Trauerfcene einer eroberten | 
Stadt und die Hauptgruppe darauf eine fterbende 
Mutter, zu deren Bruft ein Kind riecht, das aber 
von ihr abgewehrt wird, damit es wicht Blut ftatt 
Milch trinke. — Jedoch den Gipfelpunft der griechi= 
ſchen Malerei bezeichnet Apelles aus Kolophon 
oder Ephejos, der Schüler des Pamphilos und be- 
rühmtejte Maler des ganzen Altertums (356308. 
bh. von Wuftmann, 1870). Derjelbe vereinigte 
die Vorzüge der verjchiedenen Schulen und be- 
mühte jich, tiefer in das wahre Wejen der Malerei 
einzudringen und feinen Werfen ein reicheres und 
mannigfaltigeres Leben einzuhauchen. Er verband 
die Naturwahrheit mit der höpferiichen Kraft und 
gewann dadurch bejonders die Gunſt Aleranders. 
Apelles ſelbſt jeßte feinen Hauptvorzug in Die 
Grazie, gdgıs; wie er denn überhaupt mehr durd) 
die höchſte Vollendung der Form als durch Idea— 
lität des Inhalts ausgezeichnet war. In der 
Technik, ſowohl in der Zeichnung als in der ar: | 
benwahl und der effeltvollen, anmutigen Behand: 
lung, war er aber Meijter. In dem Tempel der 
epheſiſchen Artemis zeigte man ein Bild Ale— 
xanders, wie er den Blib fchleuderte, wobei die 
hervortretende Hand und der wie außerhalb ber 
Fläche ericheinende Blib die größte Bewunderung 
erwedten. Auch die Feldherren desjelben hatte er 
in den verſchiedenſten Stellungen und Situationen, 
bald einzeln, bald in Gruppen, gemalt. Zu den 
Meifterwerken jeiner idealen PDarftellung gehörte 
eine Artemis, von einem Chore jchwärmender 
Nymphen umgeben, und die aus dem Meer auf: 
tauchende Aphrodite (Anadyomene), ein Meifter: 
ftüd derjenigen Eigenjchaft, in der das ganze 
Altertum ihm den Preis zuerfennt, nämlich der 
Grazie. Diejelbe Grazie zeigte fich in der Dar: 
jtellung einer der 3 Grazien und in einem zweiten 
Aphroditebilde. Leßteres blieb in jeinem unteren 
Teile unvollendet, der Tod überrafchte ihn bei der 
Arbeit, und fein Meifter wagte es weiter auszu— 
führen. Das Bild der Anadyomene ftand urſprüng— 
lich zu Kos im Aphrodite-Tempel, von wo Auguftus | 





Maler und Malerei. 


esnach Rom bringen und im Tempel des vergötter: 
ten Cäſar aufftellen lieh. — Hohen Ruhm erlangte 
um Diejelbe Zeit Protogenes aus Kaunos in 
Karien, der bis zu feinem fünfzigften Lebensjahre 
hin mit gemeiner Arbeit fich gegen die Armut 
ſchützen mußte. Als der edle Apelles dies erfuhr 
und den Wert jeiner Kunſt erkannte, faufte er, um 
ihn vor der Verlennung jeiner Mitbürger zu be: 
wahren, demjelben für eine ihm offerierte be- 
deutende Summe einige Gemälde ab und juchte 
den Verdacht zu ertweden, als wolle er fie für feine 
eigenen ausgeben. Dies half dem armen Mann 
einen Namen bei jeinen Yandsleuten erwerben. An 
jeinem berühmteften Gemälde, dem Jalyſos (j. d.), 
den er als Jäger, mit einem keuchenden Hunde 


| zur Seite, darftellte, hatte er 7 oder gar 11 Jahre 


gearbeitet. Als Demetrios Poliorfetes Rhodos be: 
lagerte, konnte er fich, heißt es, dod) nicht zu einem 
Angriffe auf der Seite entichlichen, wo, wie er 
wußte, jenes Gemälde fich befand, und verlor jo 
den Sieg. Ja, er jchüßte jogar den Künftler, der 
feine Werkſtatt außerhalb der Mauern auf einem 
großer Gefahr ausgejegten Punkte hatte, durch 


eine ihm gejandte Wache, bejuchte ihn auch jelbit. 


Das Bild ftand zu Plinius’ Zeit im Friedens: 
tempel in Rom, ward aber ſchon zu Plutardys 
Zeit vom Feuer zerftört. Sein „ruhender“ Satyr, 
den er an eine Säule geftellt Hatte, war unter 
dem Waffengeräujch jener Belagerung gearbeitet 
und galt gleichfalls für eins feiner Meifterwerte. 
Bei Brot. ift, wie bei Apelles, das Hauptverdienft 
nicht jowohl in dem geiftigen und poetiichen Ge— 
halte, als vielmehr in der vollendeten künſtleriſchen 
Durchführung zu juchen, in der die Jllufion auf 
die höchſte Spike getrieben war; nur daß bei 
Apelles mehr aus urjprüngliher Begabung ber: 
vorging, was Prot. durd die größte Ausdauer 
und den jorgfältigiten Fleiß zu erreichen bemüht 
war. Während der Fleiß und die Sorgfalt feiner 
Arbeiten vorzüglich gerühmt wird, ward an jeinem 
Beitgenoffen Nikomachos aus Theben, am Ende 
des 4. Jahrh. v. E., Sohn des Arifteides, die 
Schnelligfeit bewundert bei nicht geringerer Kunft. 
Bon ihm ftanden im Minervatempel auf dem römi: 
ſchen Capitol ein Raub der Projerpina, eine 
Siegesgöttin auf einem Biergeipann, und in dem 
Tempel des (Friedens eine Skylla. Weiter werden 
nod; der wegen Lebendigkeit der Phantaſie be: 
wunderte Theon von Samos, zur Zeit der Dia: 
dochen, der Scenen aus dem trojantschen Kriege, 
den wahnfinnigen Oreſtes und den Sitharöden 
Thamyris malte, Nikias von Athen (Tier: und 
Schlachtenmaler mit enfauftijchen Farben, an defien 
Gemälden, wovon mehrere vortrefflihe in Rom 
waren, am berühmtejten das Schattenreih nad 
Homer, Beleuchtung, Haltung, Rundung der Figu— 
ren, bejonders der weiblichen, gerühmt wurden), 
Antiphilos Knabe, der Feuer anbläft; Wert: 
ftatt für Wollarbeiten) und Kteſilochos (trave: 
jtierte Daritellung der Geburt des Dionyjos aus 
der Hüfte des Zeus) genannt. Wahrjcheinlich der: 
jelben Zeit gehört Aetion (Aerior) mit jeinem 
berühmten Gemälde der Vermählung Aleranders 
mit Rorane an (Cie. Brut. 18, wo freilich einige 
Echion lejen; Luc. de merc. cond. 42. imaggq. 7). 
— Bon da an verlor fich die Kunft ins Kleine 
und juchte mehr durch fleifige Sorgfalt als durch 
Schönheit und Erfindungsgabe zu gefallen. So 


— 


8 


9 


Maleventum 


bildete Beiraeifos die gemeine Natur, Wert: 
ftätten von Schuftern und Babdern, Küchen, Märkte 
nd dergl. mit vollendeter Kunft nad), was von 
n, weniger nach geiftreicher Kompoſition als nad) 
Regelmäßigleit und Fleiß trachtenden, Römern be: | 
fonders hoc geichägt ward, und wurde dadurch 
der vorzüglichite Meifter einer förmlichen Genre: 
malerei, Rhyparographie genannt. Andere 
Vertreter diejer Richtung waren Kallikles und 
Kalates. Unter den zahlreichen Malern der 
Diadochenzeit, die bejonders die Landſchafts 
malerei fultiviert zu haben ſcheinen, jcheint 
Timomadhos hohen Ruhm genofien zu haben, 
der auch die Leidenjchaft trefflich darzuftellen ver: 
mochte, 3. B. in feinen Gemälden der Medeia 
und des rajenden Miad. — Bei den Römern 
mangelte e8 überhaupt an Sinn für die jchöne 
Kunit, und ſelbſt die Einnahme von Korinth Tonnte 
noch nicht jofort eine heilfame Anderung bewir: 
fen; vielmehr ſah man noch nach derjelben Sol: 
daten und SHeerführer in roheſter Art die herr: 
lichiten Schäge der Malerei verwüften oder gering: 
ſchätzen. Mummins begriff nicht, wie Attalos von 
Pergamos ein Gemälde des Arifteides, das den 
Bakchos darftellte, jo teuer bezahlen könne, ver: 
mutete deshalb eine geheime Kraft darin, behielt 
es zurüd und weihte es in den Tempel der Geres. 
Bald genug aber zeigten die Römer auch hier das 
habjüchtige Syſtem folofjaler Anhäufung der frem: 
den Schäge und jchmüdten ihre Wohnzimmer, 
Speijejäle, Landhäufer u. j. f. mit den foftbarften 
Gemälden. Am ganzen treten daher auch nur 
einzelne Namen hervor, wie Yudius (oder Stu- 
dius oder ©. Tadius) unter Auguſtus, der nament: 
lich Wände mit Yandichaftsbildern ſchmückte. Von 
ihm rührt vielleicht ein im einer 1863 zu Nom 
ausgegrabenen Billa der Yivia erhaltenes Wand: 
gemälde, die Darjtellung eines üppigen Gartens, 
ber (Brunn). Allmählich ftrömten indeflen unter 
den Kaiſern viele griehiiche Maler nach Rom, 
deren Gejchmad und Talent in einer Art Ber: 
— die Bäder des Titus beurfunden. — 
uf dieſem Wege entwidelte jich, als eine Dienerin 
des Yurus, die Kunſt der Moſaik-Gemälde, 








— Malloia, 731 
pofitionen und die Nichtigkeit der Zeichnung aus; 
in der Anwendung der Perſpektive bei größeren 
Kompofitionen, in dem aus der Verſchmelzung der 
farben entipringenden Helldunkel, hauptſächlich 
aber au poetifcher Tiefe ftanden fie der neueren 
Kunft weit nach. -— Vgl. im allgemeinen die Kunſt— 
geichichten von Schnaaſe, Rugler, Lübke, Neber u. a.; 
bejonders aber Brunn, Gejchichte der griechiichen 
Künftler II ©. 3-— 8316, Wörmann, die Malerei des 


Altertums (in Woltmanns Gejchichte der Malerei, 


Bd. I, 1879, ©. 32-140), Mau, Gejichichte der 
dekorativen Wandmalerei in Bompeji (1881), und 


' Blümner, Technologie IV ©. 414 ff. 


Maleventum ſ. Beneventum. 

Maliäcns sinus, Melıarög oder Mnlıarög 
»olrog, Meerbujen an der Südküſte Theflaliens, 
der Nordweſtecke der Thermopylen, in den fich der 
Spercheios ergoß. Seinen Namen hatte er von 
den anwohnenden Maliern oder Meliern. Yu: 
weilen wurde er nach der Stadt Lamia auch der 
Lamifche genannt, und jo heißt er jetzt Meerbujen 
von Zeitun oder Jadin. Strab, 7, 330. Thuc. 8,3. 
Lir. 27, 30. 31, 46. 

Malienses, Malısig, MnAıeis, Völlerſchaft des 
jüdlichen Theffaliens an dem nad) ihr genannten 
Meerbufen, ein tapferes und friegserfahrenes, be: 
jonders im Schleudern und Speerwerfen geichidtes 
Bölthen. Sie zerfielen, gleid) ihren Nachbarn in 
Doris, in 3 Stämme, die nad ihren Wohnfigen 
Tegdkor, "Ieıjs und Toeaylrıoı hießen. Thuc. 
3, 92. Hdt. 7, 198, 

Malitiösa silva, N) 04n »alovuiern xanog- 
yog, ein wegen feiner Räubercien jo genannter 
Wald im Sabinergebict, wo Tullus Hoftilins mit 
den Sabinern fämpfte. Liv. 1, 30. 

Malli, Mailol, altindiſch Mälava, indische 
tapfere Völferichaft an den Ufern des Hydraotes 
(ij. Navi), eines öſtlichen Nebenfluffes des Indos. 
Ihre Hauptitadt war wahrjcheinlich das j. Multan. 
Arr. 5, 22, 2. 6, 4, 3 u. b. Strab. 15, 701. 

Mallius, römiſcher Eigenname, der oft mit 
Manlius und Manilius verwechjelt wird; wir 
erwähnen: 1) Mallius Glaucia, der aus Cicero 


worin zuerft Sojos von Pergamon genannt wird, | (Hose. Am. 7, 19) befannte nächtliche Eilbote, der 
der auf dem Fußboden eines Zimmers ein Beden | die Nachricht von der Ermordung des S. Rofcius 
mit Tauben darftellte; das Grofartigfte aber war | aus Ameria dem Feinde desjelben, T. Capito, 
die Darftellung der ganzen Ilias auf den Fuß: | Überbringt, homo tenuis, libertinus, cliens et 
böden in dem Prachtichiffe des K. Hieron II. von | familiarıs T. Roscii. — 2) C. Mall. (j. Manlii), 
Syrakus. — Die unferer Beurteilung ji) dar: | Anhänger der catilinariihen Verſchwörung. — 
bietenden Quellen und Gegenftände der antifen | 3) En. Mall. Marimus, ein wenig adıtbarer 
Malerei tommen äußerft jpärlich vor. Die neuer: | Charakter, dem Q. Catulus in der Bewerbung 
lich in der Nähe Athens entdedten Refte von |um das Konjulat für das Jahr 105 v. E. unter: 
Gemälden an griechijhen Grabpfeilern haben fei: | liegen mußte, kämpfte gegen die Cimbern unglüd- 
nen höheren Wert, zahlreiche Zeichnungen auf | lich (Sall. Jug 114. Oros. 5, 16). Später wurde 
griechiſchen Thongefäßen find nur Erzeugniffe eines | er wegen Zandesverrats verurteilt. — 4)L. Mal: 
untergeordneten Handwerfs, und die in Hercula: | lius (n. a. Manilius), Profonjul von Gallia 
neum und Pompeji, jowie einzelne in Rom auf: | ulterior, erlitt im jertorianijchen Kriege im Jahre 
gefundene Wandmalereien, find auch nur Kopien | 78 v. E. eine Niederlage. Cues. b. g. 3, 20. — ' 
von Bildern, deren Meifter an den Höfen der | 5) Flavius Mallius Theodorus, Konjul 399 
Diadochen lebten, gehören nicht mehr der Periode |n. E., jhrieb „nicht ohne Selbjtändigfeit“ eine 
der jelbftändigen Blüte der Kunft an (jämtlich mit | Heine Schrift de metris, am beiten herausgeg. 
Waſſerfarben auf den frijchen, noch feuchten Mauer: | von 9. Keil, gramm. Lat. VI p. 579 ff. 


bewurf [al fresco] gemalt) und dürfen nur als 
eine, mehr oder weniger leichte, Zimmerdeforation 
betrachtet werden. — Überhaupt zeichneten ſich die | 
Alten auch in diejer Kunjt durch die Wahl Ichöner | 
Geftalten, die Einfachheit der Scenen und Kom: | 


Malloia (Maloea), ein in der theffaliichen Land— 
ſchaft Heitiaiotis, wahricheinlih an einem Neben: 
fluß des Peneios, dem Europos oder Titarefios, 
gelegener feiter Platz. Menippos, der Feldherr 
des Antiochos, nahm ihn mit Gewalt, jpäter er: 


132 Mallos — Mandrokles. 
oberten und plünderten ihn die Römer. Liv. 31,41. | legte, alfo die (alerandriniiche) ſ. g. Ineruſtation 
36, 10. 13. 39, 25. 42, 67. in Rom einführte. Plin. 36, 48. Sein Verhältnis 

Mullos, MaAlos, 1) phoinikifche Kolonie im | zu Cäſar erregte großen Anftof- 

Kilifien, nahe der Mündung des Pyramosfluffes; | Manceps, 1) der Entrepreneur (conductor), 
ihr Hafen war der Flecken Magarjos. Arr. 2,5, 9. | weldyer die Fertigung einer Sache für einen be- 
6, 1. Curt. 3, 7. Strab. 14, 675. Sie war die  ftimmten Preis übernimmt; — 2) der bei Ber: 
Heimat des berühmten Grammatikers Krates (j. pachtung von Staatsgütern und Staatseinnahmen 
Krates, 2). — 2) Gebirge der indischen Maller. im Namen der pachtenden Publicani abjchließende 
Plin. 6, 17. 24. | Vertreter. 

Maluginensis j. Cornelii, 1.und Cossi,1.2.| Mancinus ſ. Hostilii. 

Mamaea, Julia M., oder Mammaea, Ge- Maneipatio (eigentlich Nehmen mit der Hand), 
mahlin des Syrers Geffins Marcianus und Mutter | ein im altrömiſchen Berfehr bei Übertragung einer 
des Kaiſers Alerander Severus, auf defien Regie: | Sache in den Beſitz eines anderen wichtiger Akt, 
rung fie wejentlichen Einfluß hatte. Im Jahre | weldyer in Gegenwart von 5 Zeugen (mündigen 
234 n. E begleitete fie ihren Sohn nad) Gallien Bürgern, jpäter auch Yatinern) und 1 Libripens 
und wurde zugleich mit ihm auf Anftiften des mit einer Wage von dem lbergebenden (qui man- 
Mariminus ermordet. Ilerodian. 5, 7 ff. 6, 1 ff. | cipio dat) und dem Empfangenden (qui maneipio 
Lamprid. Alex. Sev. 3. | aceipit) vorgenommen wurde. Der lehtere ergriff 

Mamereus, ein ojfijher Vorname, vorlommend , mit folennen Worten den Gegenftand, welchen er 
1) als mythiſcher Sohn des Mars und der Sylvia; | erwerben wollte, ſchlug mit einem Sefterz an die 
2) ald Tyrann von Katana in Sicilien, der, von Wage und gab ihn jodann gleichjam als Kauf: 
Timoleon gejchlagen, nadı Syrakus gebracht und preis an den Übertragenden. Am Schluß der 
dort auf Befehl des Volles hingerichtet wurde mancipatio wurde noch eine Perfon angerufen, 
(Plut. Timol. 31); 3) als Vorname mehrerer Römer, | die nötigenfalls die Ordnungsmäßigfeit des Attes 
3. B. des M. Amilius und des Mam. Amil. Scau: | bezeugen fonnte, antestatus genannt. Der ganze 
rus (j. Aemilii, VI). Alt war einem Berfauf nachgebildet und mag in 

Mamertini j. Messana. der vorhiſtoriſchen Zeit ein wirklicher Kauf mit 

Mamertinm, Meu£grior, Stadt in Bruttii | Abwägung des Naufpreijes geweien fein. 1) Am 
am Silawalde, gegründet von einem unter dem | häufigiten fommt mancipatio als ftreng römijche 
Schutze des Kriegsgottes Mamers ausgezogenen | Eigentumserwerbung vor, welche volles dominium 
Haufen Sabiner. Die Mamertiner überfielen kurz | verichafft, dody war dieje Form nur bei res man- 
vor dem erften puniſchen Kriege die ficiliiche Stadt | cipi (bei Grundſtücken in alien oder in den 
Meflana (ji. d.). Provinzen mit italijchem Recht, bei Sflaven, bei 

Mamilii (oder Mamulii), ein latinifches Ge: | Zug: und LYafttieren) anwendbar. — 2) Maänci- 
ichledyt aus Tufculum, defien bedentendfte Männer | patio diente zur Eingehung des Manusverhält: 
folgende find: 1) Octavius Mam. Tujceula: niſſes und Dich dann coömptio, ſ. Ehe, Il. — 
nus, Schwiegerjohn des legten Targuinius, wel- 3) Mane. bei Übertragung eines Gewaltrechts über 
chem er nach feiner Vertreibung aus Nom Hülfe | eine Perjon, nämlid a) bei Adoption (j. d.), b) bei 
leiftete. Liv. 2,15 ff. Er fiel in der Schlacht am See | Emancipation (f. d.), e) bei Übertragung des man- 
Regillus, 496 v. C. Ziv. 2,19. — 2) 2 Mami. | cipium (f. d.). — 4) Manc. im Erbrecht, j. Testa- 
Tuſc., Diktator von Tufculum (460 v. E.), wurde | mentum. — 5) Manec. im Obligationenredt, ſ. 
römijcher Bürger, da er den Römern im Kampfe Nexum. 
gegen Herdonius Beiltand geleiftet hatte. Liv.‘ Mancipium hieß 1) das durd den Mancipa- 
3, 18.29. — 3) DO. Mamil. Bitulus, eroberte tionsaft bewirkte abhängige Verhältnis freier Ber: 
als Konful im erften punischen Kriege (262 v. E.) ſonen, welche durch ihren Vater in die Gewalt 
Agrigent. Pol. 1, 17 ff. — 4) C. Mamil. Lime- einer andern Perjon gelommen find. Sie waren 
tanus, war im Jahre 110 v. E. Roltstribun |servi loco, aber feineswegs unfrei. — 2) Der 


und gab eine lex zur Beftrafung derer, welche fid) | 
von Jugurtha hatten beftechen laſſen. Sall. Jug. | 
40. 65. 

Mamurfus Veturfus, der im Salierliede als 
Verfertiger der Ancilia gefeierte (etruſtiſche) Erz: 
fünftler (j. Salii). Er follte auch das GErzbild | 
des Bertummus im tuſciſchen Vieus gefertigt haben. | 
Prop. 4 (5), 2,61. Man feßte ihn gewöhnlich in 
die Zeit des Numa (Ov. fast. 3, 260. 389), wogegen 
der Umſtand zu ftreiten fcheint, daß Götterbilder 
erft in der tarquinifchen Zeit zu Rom auftamen; 
“allein Mamurius ift nur ein mythiſcher Name, 
zufammenhängend mit Mars, Mamers, 

Mamurra, ein römischer Ritter aus Formiä, 
diente unter Cäſar in Gallien, wo er fich große | 
Reichtümer erwarb, welche er indes bald wieder | 
verjchwendete. Catull, 29, 3. 57, 2. Hor. sat, 
1,5, 37. Suet. Caes. 73. Er war der erfte, der 
in jeinem Haufe auf dem mons Caelius nur Mar: | 
morjänlen (Monolithe aus farnitiihem Marmor) 
hatte und ganze Wände mit Marmortafeln aus: 


Mancipationdaft und das römische Eigentum 
wurden vor alterd jo genannt; daher mancipia, 
Sklaven. 

Mandäne j. Kyros, 

Mandätum, 1) ein SKontraft, in welchem je: 
mand für eine andere Perſon ein Gejchäft ohne 
Vergeltung zu bejorgen verjpridht. Cie. Rose. 
Am. 38. Caec. 3. Der Beauftragte hieß man- 
datarius. — 2) ein faiferliches eich, in Form 
einer Inſtruktion erlaflen. 

Mandela j. Sabini. 

Mandonfus, Mavöörıos, ein Spanier, wider: 
jeßte fich mit feinem Bruder Indebilis dem röm. 
Feldherrn Scipio, ſchloß ſich ihm ſpäter an, fiel 
aber zu wiederholten Malen von ihm ab und wurde 
zuleßt getötet, im Jahre 206 v. E. Liv. 22, 21. 
27, 17. 28, 24 ff. 29, 3. Pol. 11, 29. 

Mandrökles, Marögorins, 1) ein griechijcher 
Baumeifter aus Samos, der dem Dareivs bei jeinem 
Zuge gegen die Skythen die hölzerne Brüde über 
den thrafiichen Bosporos baute und einen Teil 


Mandubii — Manilii. 733 


des dafür erhaltenen Lohnes zu einem Gemälde | Chronologie der Ägypter. J. (1849). Unger, Chro— 
verwandte, das den Übergang darſtellte. Zldt. 4, 87f. | nologie des M. (1867). — Das dem M. beigelegte 
— 2) ein Grieche aus Magnefia, der von Perfien | Gedicht Arorsissuerixa, über den Einfluß der 
zu Datames abficl. Nep. Dat. 5. Geſtirne auf die Schidjale der Menjchen, 5 Bücher, 
Mandubii, Mardovpıor, ein Feltisches Volk im iſt unecht (vielleicht aus dem 5. Jahrhundert n. E.). 
lugdunenſiſchen Gallien, nörblid) von den Aduern, | Ausgg. von Gronov (1698) und Köchly (1858). 
mit der Hauptſtadt Aleſia. Caes. b. g. 7, 68.78.| Mango, drögamodordnmnkog, der Stlavenhänd: 
Strab. 4, 191. ler, der ſonſt venalicius hieß, angeblich jo ge: 
Manduria, Mavövgıor, Mardörıor, j. Eajtel | nannt, weil er die zujammengefoppelten Sklaven 
Nuovo, eine in Galabrien gelegene Stadt der | an der Hand führte, manu agebat; er brachte fie 
Sallentiner an der Strafe von Tarent nad) Hy: | in ganzen Schiffsladungen, mußte fie nadt aus: 
druntum, an einem kleinen, ſtets vollen See (der | ftellen, ihnen eine Tafel umhängen, auf der eines 
noch jeht Andoria heiht). Bier wurde der Spar: | jeden lörperliche und fittlihe Mängel verzeichnet 
tanerlönig Archidamos von den Mefjapiern ge: | waren, im übrigen für nicht angegebene Mängel 
ichlagen. Plut. Ayis 3. Im zweiten punijchen | einftehen. Cie. off. 3, 17. Den SHaven, für die 
Kriege eroberte der Konſul D. Fabius die Stadt. | er nicht einjtehen wollte, jehte er einen Hut auf 
Liv. 27, 15. (pileati, Gell. 7, 4). Übrigens pries er feine 
Maneros, Mavsgus, Sohn des erften ägyptiichen | Waren mit großem Wortichwall aus. Hor. ep. 
Königs, der in der Blüte jeines Lebens ftarb und 2, 2, 4 ff. 
in Mlagegejängen gefeiert wurde, Hdt. 2,79. Er| Mania, 1) altitalische, wahricheinfich etrujfijche, 
ift eine ähnliche Berjonififation, wie Linos, Adonis, | furdhtbare Unterweltsgöttin, Mutter oder Groß: 
Hyakinthos u. a. und bezeichnet das in der Blüte | mutter der Zaren oder der Manen. Ahr und den 
dahinjterbende Naturleben. Zaren wurden in Nom die Compitalien, ein von 
Manes. die Guten (Gegenſatz immanes), euphe: | Tarquinius Superbus wiederhergeftelltes Sühnfeft, 
miftischer Ausdruck für die Seelen der Verftorbenen. | an welchem für das Wohl der Familien Knaben 
Diefe galten für vergöttert und hießen deswegen | geopfert wurden, gefeiert. Nach einem Orakel des 
Dii Manes. Daher findet ſich auf Grabfteinen | Upollon, man jolle Köpfe für Köpfe opfern, wurden 
die jtehende formel: D. M.S. d. i. Dis Manibus | von dem Konſul Junius Brutus die Menjchen: 
Sacrum. Sie wurden verehrt durch Spenden von | opfer abgeichafft und ftatt deren Mohn: und Knob— 
Waffer, Bein, Milch u. ſ. w. und am 21. Februar lauchköpfe dargebracdht. Bilder der Mania wurden 
durch das allgemeine Totenfejt Feralia (Or. fast. | zum Schu der Familien vor den Thüren auf: 
2, 569) gelühnt. u ältefter Zeit fielen ihnen | gehängt. Mit der Zeit wurde fie ein Popanz in 
Menjchenopfer. Der Wohnort der Manen ift die | der Boltsfomödie und den Kindermärchen. Wahr: 
Unterwelt. Der unterfte Teil de3 Mundus, ber | jcheinlich identijcd mit Mania ift die Mana Genita. 
tiefen Grube auf dem Palatinus, jpäter auch auf | Über die Maniae ſ. Larvae. — 2) Maria, Witwe 
dem römijchen Comitium, war den Manen ge: | des Yenis, perfiichen linterjtatthalters von Wiolis, 
weibht; er war mit dem ſ. g. Japis manalis bededt | von Pharnabazos als Nachfolgerin ihres Gatten 
und wurde nur dreimal des Jahres (24. Auguft, | anerlannt, von ihrem Schwiegerjohne Meidias er: 
5. Oltober, 8. November) geöffnet. Im Gegenjaß | mordet, 399 v. C. Xen. Hell. 3, 1, 10ff. 
zu den Lars und Larvac bezeichnen die Manes| Maviaı |. Erinyen. 
die Toten überhaupt, während Lares die quten,| Manicae, 1) Handſchuhe, j. Kleidung, 11.; 
l,arvae die böſen Geifter find, Bei den Dichtern | — 2) Handfeſſeln, j. Vincula, 
wird Mancs oft metonymijch für die Unterwelt ge) Manitii, ein plebejiiches Geſchlecht, deſſen Name 
braucht. Verg. @. 1, 243. 4A. 4, 387. häufig mit den Manliern verwechjelt wird. Die 
Manätho, Manethos, Mavedorv, Maredwos, | bedeutenditen Manlier find: 1) U. Man. nm. a. 
aus Sebennytos, Oberpriefter und Tempelfchreiber | Manlius), wurde ald Gejandter im Jahre 394 
(fegoyguuperevg) zu Thebai, verfahte unter Ptole- dv. E. abgeichidt (Liv. 5, 28), um dem delphiichen 
maios Philadelphos (253— 2476 dv. E.) neben ver: | Apollon Geſchenke zu überbringen. — 2) P. Man., 
ichiedenen verloren gegangenen Schriften (5. B. feg« | im Jahre 167 dv. E. einer der Ordner Illyriens 
(Blog, pucıar Erıroun) eine Äghptiiche Ges | (Zar. 45, 17). - 3) W. Man., erlitt im Jahre 
hichte iAlyunrıexc Umourrjuare) auf Grund der | 152 v. E. eine Niederlage in Lufitanien, wurde 
Urkunden in griechiicher Sprache, welche in3 Büchern | Konful im Jahre 149 und erhielt den Oberbefehl 
das alte, mittlere und neuere Reich darjtellte, | gegen Karthago, deilen Belagerung er begamı, 
Fragmente davon jind und mur aus zweiter oder | ohne etwas ausrichten zu fönnen. Er war ein 
dritter Hand erhalten, nämlich bei Joſephos (contra Freund bes Lälius und Seipio. Mehr als im 
Ap.) einige größere Bruchjtüde, bei Georgios | ftriege leijtete er in der Jurisprudenz, worin er 
Synkellos (aus Julius Africanus) und bei Eufer : eine Autorität war; auch als Schriftjteller that er 
bios das wertvolle Verzeichnis der 30 Dynaſtien ſich hervor, namentlich durch eine Zufammenftel: 
von Menes bis Wektanebos 11. (340 v. E.) und | lung der bei Kauftontraften üblichen Formeln (leges 
etwa ein Drittel der Königsnamen. Doc weichen | venalium vendendorum). (ie. de or. 3, 33, 138. 
diele beiden Liſten vielfach voneinander jelbjt und |ad fam. 7, 22. fin.1, 4, 12, r.p. 1, 12, 18. Brut. 
von den Dentmälern ab, die älteren Zahlen na: | 28, 108. Die Alten lobten feine Beicheidenheit 
mentlich find meiftens falſch; auch müffen nach dem | und Zuverläſſigkeit. Zonar, 9, 27. — 4)E. Man., 
Turiner Königspapyrus und nad den monumen= | Volkstribun für 66 v. C. jebte jofort nach feinem 
talen Königstafeln von Abydos, Karnak und Saffara | Amtsantritt (Ende Dezember 67) ein Geſetz über 
verſchiedene jener Dynaſtien nebeneinander regiert | die Libertinen durch, zog ſich aber den Unwillen 
aben. Ausg von Müller, fragm. hist, Graee. | des Volkes zu und ſchloß ji deshalb an Pompejus 
I p. 511 ff. Bol. Böckh, Manetho (1845). Lepfius, !an, worauf er durch eim anderes, von Cicero in 





— 











734 


der meifterhaften Nede de imperio Un. Pompei 
empfohlenes, Geſetz demjelben den unumijchräntten 
Oberbefehl gegen Mithridates verichaffte. Plut. 
Pomp. 30. Vell. Pat. 2,33. Dio Cass. 36, 25 f. 
Nach Niederlegung jeines Tribunats wurde er an: 
geflagt und von Cicero verteidigt. Doch ergab der 
Prozeß fein Refultat, da die Freunde des Manilius 
den Verlauf desfelben hinderten. Plut. Cie.9. Dio 
Cass, 36,27. — 5) Man. Untiochus, ein Sflave, 
trieb zuerjt zur Zeit des dritten puniſchen Krieges 
in Rom Witrologie. — 6) Sefretär des Avidius 
Caſſius, wurde nad) deffen Befiegung beitraft. Dio 
Cass. 72, 7. — 7) der unbefannte Verfafler eines 
Gedicht über Aitronomie, betitelt astronomicön 
libri V, lebte zur Zeit des Auguftus und Tiberius, 
mas durch zahlreidye Anfpielungen, z. B. auf die 
Schlacht im Teutoburger Walde (1, 898 ff.), be: 
wiejen wird. Durch Originalität, Energie gegen: 
über einem jpröden Stoffe, Ernft und Gedanken— 
gehalt, wie durch Ungleichheit und Schwerfälligfeit 
der Darftellung am meiften an Qucretius erinnernd, 
unterjcheidet er fich don diejem durch das Aber: 
gläubifche in der Durchführung feines Gegenftandes 
neben aller Bieljeitigfeit feiner Bildung und Un: 
abhängigfeit feiner Denkweiſe, zugleich aber auch 
durch vollendete Kunſt in allem Techniichen. Ausgg. 
von a (1579 u. d.), Bentley (1739), Stöber 
(1767) und Fr. Jacob (1846). Abhandlungen von 
Jacob (1832 ff.) und Freier (1880). 

Manipülus j. Acies. 

Manliäna, eine Stadt Etruriens auf der nad 
Gallien über die Meeralpen führenden Strafe, 
j. Magliana bei Siena. — Andere Städte d. N. 
lagen in Mauretanien ıj. Miliana) und Hifpanien; 
in der Nähe der Ichteren lag der Saltus Man- 
hanus, ein Teil des Ndubedagebirges am rechten 
Ufer des Jberus, wahricheinlich die heutige Sierra 
de Molina zwilchen Aragonien und Gaitilien. 
Liv. 40, 39. 

Manlii, ein angejehenes römijches Gejchlecht, 
zum Zeil plebejifch, führten nicht ſelten auch den 
Namen Malli: 1) U. Manl. Buljo, Konjul im 
Jahre 474 v. E., nötigte die Vejenter zu einem 
vierzigjährigen Waffenitillftand. Liv. 2, 54. — 
2) A. Manl. Buljo, wurde 451 dv. E. mit an— 
dern dom Senat nach Griechenland gejandt, um 
die dortigen Geſetze kennen zu lernen, als man 
in Nom die Zwölftafelgeſetzgebung beabjichtigte. 
Liv. 3,315. — 3) A. Manl. Vulſo Gapito: 
linus, KRonfulartribun 405 und 402 v. E.; im 
legteren Jahre unternahm er ohne Erfolg die Be: 
lagerung Bejis, mußte daher davon abftehen und 
jein Amt vor Ablauf desjelben niederlegen. Liv. 
5,8.9. — 4). Manl. Buljo Longus, Kol: 
fege des Megulus (256 v. E.) im Konfulate, ging 
mit ihm nad Afrifa hinüber, erfocht einen See: 
fieg und fehrte jpäter mit einem Teile des Heeres 
zurüd. In feinem zweiten Konſulate (250) be— 
lagerte er Lilybäum. Pol. 1, 26 ff. 39 ff. — 5) En. 
Manl. Bulfo, patriciihen Standes, Konful im 
%. 189 dv. C. erhielt als joldher den Auftrag, den 
Frieden mit Antiochos abzuſchließen. Er begann 
auf eigene Hand einen Krieg mit den Galatern, 
den Bundesgenofjen des Antiochos, welche den 


Manipulus 


J 


| 


— Manlii. 


Ehre des Triumphes. Doch wurde ihm Habfudht, 
welche ſeinem Gejchlechte eigentümlich war, und 
ichlaffe Kriegszucht nicht mit Unrecht vorgeworfen. 
Liv. 39, 6$. — 6) A. Manl. Vulſo, befannt 
durch einen unglüdlic geführten Krieg gegen 
Iſtrien. Lir. 41, 1 ff. — Ein anderer Zweig führte 
den Beinamen Capitolinus: 1)M. Manl.Cap., 
PBatricier, ein tüchtiger und tapferer Krieger, ſchlug 
im %. 392 v. E. als Konſul die Aquer und ver: 
teidigte dann beim Einfalle der Gallier nah Roms 
Berftörung das Gapitolium, welches er, gewedt 
durch) das Geſchnatter der Gänſe, rettete. Lir. 
5, 47. Plut. Cam. 27. — Später (384) trat er — 
vielleicht durch falſchen Ehrgeiz und Haß gegen 
Gamillus geleitet — für die bedrüdten Plebejer 
in die Schranfen gegen feine eigenen Standes- 
genofjen, indem er die ihm jelbjt gehörigen Güter 
zum Berfauf ausbot und erflärte, daß, folange 
er noch etwas bejiße, feiner wegen Schulden ins 
Gefängnis geführt werden jollte. Da erhoben ſich 
die Patricier gegen ihn und veranlaften jeinen 
Tod. Liv.6, 14 ff. Cie.r.p.2, 27, 49. de dom. 38. 
Plut. Cam. 36 (weldyer leßtere dem Camillus bie 
Schuld am Tode des Manlius zufchreibt). Sein 
Haus auf dem Capitol (daher der Beiname Capi— 
tolinns, d. 5. der auf dem Capitol wohnende, 
Liv. 6, 20) wurde niedergerifien. — 2) Sein Bru: 
der, A. Manl. Eap., war mehrere Male Konjular: 
tribun und jchüßte, als Camillus Diktator war, 
Rom duch ein vor der Stadt Tagerndes Heer. 
Liv. 6,2. — 3) P. Manl. Cap., Diktator im 
J. 368 dv. E., zeigte fich den Ticiniichen Geſetzen 
gegen aller Erwartung nicht abgeneigt. Liv. 6, 38f. 
— Andere Manlier gehören zur Familie der Im— 
perioji, führen aud den Beinamen Torauati: 
1) 2. Manl. Cap. Imperioſus, mißbrauchte 
die ihm im 9%. 363 v. C. übertragene Diktatur 
und entging einer Verurteilung nur durch die von 
jeinem Sohne gegen den Tribunen PBomponius 
ausgejprodyenen Drohungen. Seine Strenge ver: 
ſchaffte ihm feinen Beinamen. Liv. 7, 3—5. Val. 
Max. 5, 4, 3. — 2) Sein Sohn, En. Manl. 
Gap. Imperioſus, befleidete mehrere Male das 
Konſulat. — 3) Sein zweiter Sohn, T. Manl. 
Imp. Torgquatus, ein Mann von jehr ent: 
ſchloſſenem, aber rauhem und überaus ftrengem 
Charakter, jedoch ein tücdhtiger Feldherr, erichlug, 
als Rom um 360 v. E. in einen Krieg mit den 
Salliern verwidelt wurde, einen Gallier im Zwei— 
fampfe (von der erbeuteten Salsfette [torques] 
erhielt er den Beinamen Torquatus) und befleidete 
mehrere Male das Konſulat, zulegt im}. 340. Er 
befiegte die Latiner und Gampaner in der Ent: 
icheidungsichlacht bei Trifanum und ließ jpäter 
jeinen eigenen Sohn, welcher gegen das jtrenge 
Verbot des Vaters ſich in einen Kampf eingelaflen 
hatte, zur Sühnung der verlegten Disziplin hin: 
richten (Liv. 7, 4. 10. 27. 8, 3ff. Cie. off. 3, 31. 
Sall. Cat. 52, 30f.); daher imperia Manliana. — 
4) T. Manl. Torguatus, befiegte ald Konſul 
im J. 235 v. E. die Sarden und jchloß den Janus: 
tempel — zum zweitenmal in der römijchen Ge- 
ichichte (Zar. 1, 19. Plut. Num. 20. Vell. Pat. 
2,38). Zum zweitenmal im %. 224 Konſul, fämpjfte 


Halys überjchritten hatten, befiegte fie am Berge | er gegen die Gallier jenjeit des Badus. Im zweiten 


Olymp, machte große Beute und trieb fie über 
den Fluß in ihr eigenes Gebiet zurüd. Pol. 22,16 ff. 


| 


punischen Kriege (215) befiegte er die verbündeten 
Karthager und Sarden auf Sardinien. Pol. 2, 31. 


Liv. 38, 12—28. In Rom erhielt er jpäter die | Ziv. 23, 34. 40 5. — 5) T. Manl. Torgu., verftieh 


Manni — 


feinen der Beitehung angeflagten Sohn, dejien 
Beitrafung er jich ausbedungen hatte, im 3. 141 
v. C., worauf diejer ſich ſelbſt entleibte. Liv. 
ep. 54. Cie. fin. 1,7. — 6) &. Manl. Torg,, 
wäre als Konjul im J. 65 beinahe das Opfer der 
erſten catilinarischen Verſchwörung geworden, ver: 
waltete als Prokonſul Makedonien und trat gegen 
Eatilina auf, als dejjen Berjchwörung entdedt 
wurde. Mit den Rednern Hortenfius und Cicero, 
defien Verbannung er vergeblich zu verhindern fich 
bemühte, war er befreundet. Cie. Pis. 195. 31; 
vgl. ad Att. 12, 21. Brut. 68. — 7) Sein Sohn, 
2. Manl. Tora., ein nicht unbedentender Redner, 
trat mit jeinem Vater gegen P. Sulla als Kläger 
wegen Ambitus auf. Mit Cicero war er jehr 
befreundet, nicht minder mit Brutus (Cie. Brut. 
76. fin. 2, 19. Sull. 12). Beim Ausbruch des 
Bürgerkrieges trat er auf Pompejus’ Seite und 
wurde Prätor im %. 49. Caes. b. c. 1, 24. 48 ge— 
riet er in Cäſars Gefangenſchaft (Caes. b. c. 3,11), 
der ihn begnadigte. Trotzdem kämpfte er gegen 
Cäſar in Afrika, wo er im J. 46 fein Ende fand. 
Caes. b. Afr. 96. Cie. Brut. 76. — Wußerdem 
gibt e8 noch Manlier mit dem Beinamen Aeci— 
dinus; dahin gehören: 1) 2. Manl. Acidinus, 
fämpfte längere Zeit in Hifpanien gegen verjchie: 
dene Bölferichaften. Liv. 29, 2. — 2) 2. Manl. 
Heid. Fulvianus, ein Sohn des Fulvius Flaccus 
und Wdoptivjohn eines Manliers, kämpfte gleich: 
falls in Hiſpanien, wo er (186 v. E.) die Celti— 
berer — (Liv. 39, 21). Konſul war er 179. 
Seipio der ältere jchäßte jeine Bürgertugenden 
jehr. Cie. de or. 2, 64. — Ohne bejtimmten Fa— 
miliennamen find noc zu nennen: 1) 2. Mant,, 
fämpfte 218 v. E. unglüdlich mit den Galliern. 
Liv. 21, 25. — 2) P. Manl., fämpfte in Hiſpa— 
nien und Lufitanien mit abmwechjelndem Glücke. 
Liv. 39, 56. 40, 34. — 3) C. Manl. (gewöhnlich 
Mallius), erwarb fich in der jullaniichen Zeit große 
Schäße, welche er in kurzer Zeit wieder vergeudete. 
Nahmals war er ein Genofie Eatilinas (Plut. 
Cie, 14) und fiel in der Schlacht bei PBiftoria in 
Etrurien (Sall. Cat. 59 f.), wo er ein Heer geſam— 
melt * ein Lager bei Fäſulä aufgeſchlagen hatte, 
62 v. 6. 

Manni, eine Art Feiner galliicher Pferde, von 
den Römern als Kutjchpferde gebraucht; etwa wie 
unjere Belter. 

Mansiönes (von manere, übernachten, Suet. 
Caes. 39), teil überhaupt Abjteigequartiere, teils 
jpeziell in der Kriegsiprache die Stationsorte fir 
das Nachtlager der Soldaten (Suet. Tib. 10); bis- 
weilen find auch die an den Landſtraßen in paflen- 
den Entfernungen angelegten Nachtquartiere 
meint, die den Beamten und Bornehmen die 


Fa 


735 


Arjiffa oder Owrörız (dem jeigen Banjee), jondern 
vielmehr der jeßige See von Urmia oder Schahi 
in Wejtmedien, in der Landichaft, wo die Ma: 
tianer wohnten (j. Matiana), auh Spauta— 
oder richtiger Capautajee genannt. 
Mavrıxzn und Mdvraug |. Divinatio. 
Mantineia, Mavriver«, eine ſchon von Homer 
(Il. 2, 607) genannte jehr bedeutende Stadt (Pol. 
2, 56, 6) im öftlichen Arkadien am Flüßchen 
Dphis, jüdlih vom Gebirge Anchiſia und von 
Orchomenos, nördlich von Tegea in einer Ebene 
elegen (j. Arkadia), war bis zur Zeit der 
erjerfriege feine eigentliche Stadt, jondern beftand 
aus 5 in verichiedenen Teilen der Ebene gelegenen, 
durch ein politisches Band geeinigten Flecken, deren 
Bewohner aber bald nad) den Perjerfriegen auf 
Rat der Argiver an der tiefften Stelle der Ebene 
eine nene Stadt — und ſtark befeſtigten. 
m J. 485 v. C. durch König Ageſipolis von 
Sparta zerſtört, wurde die Stadt nach der Schlacht 
von Leuktra wieder aufgebaut. Ihre Lage mußte 
fie im Winter kalt, im Sommer drüdend heiß, zu 
allen Jahreszeiten ungejund — da Sümpfe 
ringsum in unmittelbarer Nähe der Stadt lagen. 
Man erkennt noch den Platz des Theaters, —* 
Ruine erhalten iſt, und die Richtung der Straßen 
(jegt unter dem Namen (Baleopoli). Später wurde 
M. nach dem Mafedonier Antigonos Antigoneia 
genannt; Hadrian gab ihr den alten Namen 
—— und ließ dort einen prächtigen Tempel des 
ntinoos erbauen. — Bekannt iſt M. durch den 
Sieg der Spartaner im J. 418 v. C. über die 
Argiver und die mit ihnen verbündeten Manti— 
neier (T’huc. 5, 72ff.), beſonders aber durch den 
Sieg und Tod des Epameinondas im %. 362 v. E., 
deſſen Denkmal nicht weit von der Stadt lag. 
Die Oberherrichaft über alle andern Städte Ar: 
fadiend wurde den Mantineiern durch die Spar: 
taner entriffen. Thuc. 5, 29. Xen. Hell. 5, 2. 
Zur Beit des Achaiiſchen Bundes (222 v. CE.) züc- 
tigte Aratos M. jehr hart, ja lieh jogar die vor- 
nehmften Bürger wegen —F Anhänglichkeit an 
| Spore binrichten oder verkaufen. Pol. 2, 57. 62. 
Plut. Arat. 45. 
Mantios j. Melampus. 
Manto j. Teiresias und Polyidos. 
Mantüa, Mdvrova, j. Mantova, eine auf einer 
Inſel des Fluſſes Mincius gelegene tuſeiſche Stadt 
des transpadamijchen Galliens, die ihren Ruf be— 
ſonders dem Dichter Bergilius verdanfte, welcher, 
‚in dem nahen Dorfe Andes geboren, jie als jeine 
Vaterſtadt betrachtete. Verg. G. 3, 12ff. Or. am, 
8, 15, 7. 
Manubiae, die Kriegsbeute oder der daran 
gelöfte Gewinn, bejonders der Beuteanteil des 


Manubiae. 


i 





auemlichkeit eines Nachtlagers und Fütterung für | Feldherrn, Gegenjag praeda, die Beute jelbit, aus 
ihr Vieh darboten. Auch die Kaifer benugten | Sklaven, Vieh, Sachen beftehend. Nach griechiicher 
diejelben. Suet. Tit. 10. Lampr. Alex. Sev. 45. | Auffaffung war von den ältejten Zeiten her jedes 


Daher auch übertragen der Raum einer Tagereife, | Gut des Feindes, bejonderd aljo jeine Rüftung, 


griechiſch araduög. 

Mantöle, 1) ein Handtuch oder Serviette, zum 
Abtrodnen der Hände, namentlich bei dem Eſſen; 
— 2) ein Tijchtuch, deſſen Gebrauch aber erſt zu 
Hadrians Zeit auffam, indem die Speijetijche vor: 
ber unbededt waren. 

Mantiäna (j Mavrievj, Strab. 11, 529) ober 
Matiana, d. i. blauer See, iſt nach Kiepert nicht 
identijch mit dem in Slleinarmenien liegenden See 


| ein Eigentum des Siegerd; dabei unterſchied man, 
ob jie dem jchon getöteten (orül«) oder dem noch 
lebenden Feinde (Adpvga) abgenommen wurde. 
Dft wird daher bei Homer aus diefem Grunde 
die „blutige“ Rüftung erwähnt. In jpäterer Zeit 
pflegte der Feldherr die gemeinjame Beute zu 
verteilen, doch vergaß man nicht, den Göttern 
zuvor einen Teil zu weihen und im Tempel auf: 
zuhängen, oder Öffentliche Gebäude damit zu 


736 Manumissio 
ichmücden, bisweilen aud) aus dem Ertrage zu er: 
bauen (die Verteilung der Beute von WPlataiai 
j. Hat. 9, 80f). Die Römer beftimmten einen 
Teil der Beute für die Staatsfafje, einen andern 
für den Feldherrn, das übrige ward unter dem 
Heere verteilt; die dem Feinde abgenommene 
Rüftung hieß spolia. 

ManumissTo, j. d. a. e manu missio. Die 
Freilaffung des Sklaven durd feinen Seren er: 
folgte entweder 1) auf feierliche Weile und zwar 
a) vindietä, berubend auf einer fingierten in 
libertatem vindicatio durd) einen assertor (j. d.) 
vor dem Magiftratus, worauf der Herr den Skla— 
ven losließ (Liv. 41, 9); b) censu, indem der 
Herr jeinen freizulaffenden Sklaven als Bürger in 
die Genfusliften eintragen ließ (Cie. de or. 1, 40); 
ec) testamento, indem die Freilaffung im Teſta— 
ment des Herrn ausgejprochen wurde; oder 2) un: 
feierlich, d. h. vermitteljt einer bloßen Privat: 
erflärung, daf der Sklave frei jein jolle, nämlich 
inter amicos, vor mehreren Freunden als Zeugen, 
oder per epistulam, durch jchriftliche Erklärung, 
oder per mensam, indem der Herr ben Sklaven 
u. jeinem Mahle zog, oder auf dem Sterbebette. 

azu fügte Kaijer Conftantin die Freilaflung in 
der Kirche vor der Gemeinde. Die feierlihen 
Formen gaben dem Sklaven jofort die Eivität, 
die unfeierlichen nur den faktiichen Zuſtand der 
Freiheit (in lıbertate morabantur, (ie. Mil. 12). 
Das Freilaſſungsrecht von jeiten des Herrn war 
urjprünglich unbeichräntt, allein der iüberhand- 
nehmende Mißbrauch der Freilaſſungen machte Be— 
ſchränkungen notwendig, welche in der lex Aelia 
Sentia und der lex Furia Caninia (beide unter 
Augustus 4 und 8(?) n. E., mit der Bejtimmung, 
daf eine iusta causa manumissionis nachgemiejen 
werden müſſe u. dgl. m.), darauf noch in der lex 
Junia Norbana (j. Latini Juniani) unter Ti: 
berius gegeben wurden. 

Manus, im weiteren Sinne f. v. a. potestas 
und mancipium, die Gewalt des Hausvaters über: 
haupt, im engeren Sinne aber die Gewalt des 
Mannes über feine Frau in der römischen Ehe, 
(j. Ehe, I). Das Richteramt des Mannes war 
nicht an die Manuschen gebunden, jondern fand 
auch bei den andern ftatt, |. Judicium 
domesticum unter Prozefs, B. 

Manus ferrea j. Belagerung, 16. Dr 

Manus inieetio. Das ältejte römifche et 
Erefutionsmittel war die legis actıo per |Wf 7 
manus iniectionem, welche der Kläger 
gegen den verurteilten Beklagten anwen— 
dete, um denjelben in Exekutionsknecht— 
ſchaft zu bringen und Dadurch zur Zahlung 
zu zwingen. Der Mläger führte nämlid) 
30 Tage nach der Verurteilung den Be— 
klagten vor den Brätor mit jolennen Wor— 
ten, worauf der Bellagte, wenn er nicht 
zahlte oder einen vindex ftellte, dem Klä— 
ger zugeiprochen wurde (addıetus, adiu- 
dieatus). Er folgte dann diefem in deſſen 
Haus, wo er gefeflelt wurde und nad 
60 Tagen in fremde SHaverei verkauft 
oder getötet werden durfte. Wenn mehrere 
Gläubiger waren, jo konnten fie den Beklagten in 
mehrere Stüde zerhauen. Gellius (20, 1) verfichert, 
daß dies nie ausgeführt worden. Cine nicht wört— 
lihe Deutung jener unmenjchliden Bejtimmung 





Ds nt 7 Ai 
= x — —— 


— Marathon. 


verſuchte nach andern Göttling (rdm. Staatsver— 
faſſung, ©. 323 ff.). Die manus in. fand ſtatt gegen 
den iudicatus oder den pro iudicato zu haltenden 
(confessus, indefensus), gegen den fur manifestus 
und gegen den, welchen man als Sklaven bean: 
ipruchte. Liv. 3, 44 ff. Mit Einführung des Formu— 
larprozefjes verſchwand die alte jolenne manus 
injectio, und der Brätor verhängte dann ohne vor— 
hergegangene legis actio die jofortige Berjonal- 
erefution (addictio), welche aber von der Realere- 
fution nach und nach verdrängt wurde. Die addıcti 
befanden ſich servi loco (ihre Kinder blieben frei), 
verloren aber urjprünglich ihr Vermögen nicht und 
traten durd) Bean ihrer Schuld wieder im die 
alten Berhältnijie ein. 

Mappa, ein Stüd Tud, namentlich von Lein: 
wand, zu verichiedenem Gebrauch, wie Serviette, 
Tiſchtuch, Vorhang u. ſ. w. 

Marakanda, Magdxavda, j. Samarland, die 
Hauptſtadt von Sogdiana in der fruchtbaren Ebene 
des Polytimetos; nach Curtius (7, 6, 10) 70 Sta: 
dien im Umfange. Arr. 3, 30, 6.4,3,6 u. ö. 
Strab. 11, 517. 

Maräthon, Magadur (das Fenchelfeld), ein 
zu der attiichen ZTetrapolis (außer M. noch Tri: 
forythos, Dinoe, Probalinthos) gehöriger Ort an 
der Oſtküſte Attifas, in einer 2 Stunden langen, 
1 bis 1'/, Stunde breiten, in ihrem nördlichen 
und jüdlichen Teile jumpfigen Thalebene, welche 
ein Heines Heer gegen ein großes begünftigte und 
der Schauplaß des von Miltiades über die Perſer 
erfochtenen Sieges war, 490 dv. C. Hat. 6, 107. 
108. 111, 117. Das Einzige, was in der jebt 
ganz baumlojen Ebene auf den erjten Blid dem 
Beſchauer in die Augen fällt, ift ein im jüdlichen 
Teile derjelben gelegener künſtlich aufgeichütteter 
Erdhügel von 36 Fuß Höhe und etwa 200 Schritt 
Umfang an der Bafis, noch jetzt vom Volke ö 
shpog (das Grab) genannt, früher für das Grab: 
mal der in dem Kampfe gefallenen Athener ge: 
halten, deren Namen durch auf dem Hügel aufge: 
jtellte Stelen dem Gedächtnis aufbewahrt wurden, 
während jet durch Nachgrabungen Schliemanns 
nachgewiejen ift, daß er einer mehrere Jahrhunderte 
älteren Periode angehört und niemals ein wirt: 


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—* 


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liches Grabmal gewejen ift. Ein anderer jedesfalls 
weit Meinerer Hügel, der die Gebeine der gefalle: 
nen PBlataier und Sklaven umſchloß, ift jetzt eben: 
falls fpurlos verihwunden. Einige Trümmerhaufen 


Marathos — Marcelli. 


neben einem vieredigen Unterbau aus großen 
Marmorblöden, einige hundert Schritte nordweſt— 
lid) von dem großen Hügel, bezeidinen wahr: 
icheinlih die Stelle des dem Miltiades auf dem 
Schauplatz feiner That errichteten Dentmals und 
aud des zum Andenken an dem Gieg erbauten 
Tropäons aus weißem Marmor. Paus. 1, 32,3 ff. 
Ob Marathon an der Stelle des j. Dorfes Mara: 
thona oder, wie Xeafe meint, jüdlicher bei j. 
Wrana lag, ift nicht ficher zu entjcheiden. 

Maräthos, Mdg«tos, alte, zuerft bedeutende 
Stadt in Norbphoinitien, der Inſelſtadt Arados 
ichräg gegenüber, j. Amrit, mit intereflanten Grä- 
ber: und Zempelruinen. Arr. 2, 13, 8. 15, 6. 
Strab. 16, 7583. 

Marcelli (Deminutivum von Marculus, Mar: 
cus, wie Lucullus von Lucius, Sabellus von 
Sabinus u. a.), urjprünglich Plebejer, ein Zweig 
des großen claudiichen Gejchlechts, erlangten in 
fpäterer Zeit das Batriciat: 1) M. Claudius 
Moarc., geboren um 270 v. E. (Liv. 27, 27), ein 
Sohn des M. Claudius, gehört zu den ausge: 
zeichnetiten Männern Noms im zweiten punijchen 
Kriege. Auf jein ganzes Wejen jcheint griechiiche 
Bildung eingewirkt zu haben; wenigjtens deuten 
fein ritterliches Benehmen, welches er bisweilen 
mitten im Toben der Kriegswut zeigte, feine Hoch— 
achtung gegen den berühmten Wrchimedes und 
andere Charafterzüge darauf hin. Plut. Mare. 1. 
Die erjten Lorbeern erwarb er auf Sicilien. Als 
Konjul leitete. er im J. 222 einen Krieg gegen 
die injubriihen Gallier, in welchem er u Er: 
legung des feindlichen Anführers Birdumarus in 
der Schladyt von Elaftidium (dritte spolia opima 
in der römijchen Geichichte) ſich den Ruf eines 
tapferen Soldaten erwarb. Plut. Marc. 6 ff. Pol. 
2,34. Cie. tusc. 4, 22. 49. Prop. 5, 10, 39 ff. 
Liv. ep. 20. Oros. 4, 13. Nach der Schlacht bei 
Gannä trat er aus längerer Zurückgezogenheit 
wieder hervor, traf Mafregeln zur Berteidigung 
Roms und jchühte von 216—215 Nola in Unter: 
italien. Wenn er fich auch feiner enticheibenden 
Kämpfe gegen Hannibal rühmen fonnte, jo mar 
er doch in vielen Heinen Unternehmungen glüd: 
lich, hob den tiefgejunfenen Mut der Römer und 
wurde daher von ihnen ihr „Schwert“, wie Fabius 
ihr „Schild“, genannt. Liv. 23, 14 ff. Plut. Mare. 
10. Eutr. 3, 12. Im %. 214 erhielt er mit dem 
dritten Konſulate den Befehl auf Sicilien, wo er 
im dritten Jahre der Belagerung (212) Syrafus 
eroberte und zugleich die Ruhe auf der Inſel 
wieberherftellte. Liv. 24, 34 ff. 25, 23—31. Plut. 
Mare. 13 ff. Fol. 8,5 ff. Flor. 2, 6. Eutr. 3, 14. 
Im nächſten Jahre kehrte er nah) Rom zurüd, 
erhielt aber keinen Triumph, jondern mur Die 
Ovatio (in monte Albano triumphavit, Liv. 
26, 21), Im %. 210 zum viertenmal Stonful, 
tämpfte er in dieſem wie in dem folgenden Jahre 
gegen Hannibal in den Gebirgen Mittelitaliens 
mit Glück. Auf Bitten der Syrakufaner übernahm 
er dann nach Bejeitigung einer Klage von dorther 
wegen der ihnen twiderfahrenen Behandlung, wobei 
er ſich edel und wohlwollend zeigte, das Patronat 
ihrer Stadt. Liv. 26, 22. 26. 29 ff. 27, 2.4. 12 ff. 
Zum fünftenmal Konjul, bewies er ſich in ver: 


137 


Tod, 208. Pol.10,32. Liv.27, 27. Plut. Marc. 29, 
App. Hann. 50. Gein ®Berluft erregte große 
Trauer, da Vorſicht, Geiftesgegenwart und per: 
jönliche Tapferkeit ji in dem Grade, wie bei ihm, 
bei wenigen römijchen Feldherren vereinigt fan— 
den. Nicht minder zeichneten ihn Umeigennüßigfeit, 
Srenndfichfeit gegen die Bejiegten, Gerechtigkeit 
aus, doch war er ftreng gegen die Soldaten, wo 
e3 nötig war, bisweilen auch wohl hart und grau— 
jam. Plut. Mare. 10f. 13. Auch jcheint er in der 
Wahl jeiner Mittel nicht immer bedenklich ge: 
weien zu fein. Liv. 23, 17. 24, 39. 25, 5—7. Er 
wurde nad) Einnahme von Syrakus Urheber der 
römijchen Sitte, aus eroberten Städten Kunſtwerke 
zur Berjhönerung nach Rom wegzuführen. Plut. 
Mare. 21. — 2) M. Elaud. Marc., des vorigen 
Sohn, fämpfte im zweiten puniichen Kriege meift _ 
an jeines Vaters Seite und entlam aus dem 
Hinterhalte, in welchem diefer fiel, mit ſchweren 
Wunden. Liv. 27, 265. Ale — ſchlug er im 
J. 196 v. C. die Gallier und zeichnete ſich in der 
Verwaltung der Cenſur (189) durch große Milde 
aus. Liv. 37, 58. — 3) M. Claud. Marc., ver: 
anlafte während feines Konfulates im %. 183 
v. E. den Abzug der in Ligurien eingewanderten 
Gallier. Liv. 39, 45. — 4) M. Elaud. Marc., 
ein Enfel von Nr. 1, war mehrere Male Konful 
und befiegte im zweiten Konfulate die Gallier und 
Ligurier, im dritten (153 v. €.) die Hiſpanier. 
Er. jtarb bei einem Schiffbruch, da er als Ge— 
jandter im Begriff war, fich zu Mafinifja zu be: 
geben. App. Hisp. 48 ff. Eutr. 4, 9. Cie. div. 
2,5. Liv. ep. 48. Cicero rühmt feinen Charakter 
(Pis. 19). — 5) M. Claud. Marc., Anhänger 
der Optimaten und Gegner Gäjars, dem er als 
Konful (51 dv. E.) ſich widerjegte. Den Pompejus, 
von dem er nicht viel erwartete, begleitete er auf 
jeiner Flucht aus Jtalien und hielt jich nach deſſen 
Befiegung auf Leſbos zu Mytilene auf, wo er ſich 
mit NRedeübungen und Philoſophie beichäftigte. 
Cie. ad fam. 4, 7. ad Att. 5, 11, 2. Plut. Oaes.29. 
Caes. b. e. 1, 2. Die Gnade Cäſars zu fuchen 
weigerte er ſich und begab ſich erft wieder nad 
Rom, als auf Bitten des von Cäſar jelbit dazu 
genötigten Senates der Diktator ihm Verzeihung 
gewährte. Cie. ad fam. 4, 4, 3. Er fand aber 
auf der Reife jchon in Athen durch Meuchelmord 
einen Tod im %. 45. Cie. ad fam. 4, 12. Auf 
ihn bezieht fi) Cicerod Rede pro Marcello, in 
welcher der Redner Cäſar für Begnadigung des 
Marc. dankt. M. war nicht ohne Beredjamteit 
(Cie. Brut. 71), aber auch nicht frei von Habſucht, 
jedoch ein Mann von feitem Charakter. — 6) E. 
Elaud. Marcellus, Konful im J. 500. E,, 
ein Gegner Cäjars, übertrug dem Pompejus den 
Schuß des Staates, ohne daf er jedoch im Bürger: 
friege bemjelben folgte, und blieb in Jtalien zurüd, 
als Bompejus im folgenden Jahre nach Griechen: 
land flüchtete. Cie. ad fam. 8, 9, 2. ad Att. 
10, 15, 2. Plut. Pomp. 58 f. Suet. Caes. 29 ff. — 
7) €. Claud. Marc., wie jo mande Mitglieder 
feiner Familie ein Feind Cäſars, verwaltete im 
%. 49 dv. C. das Konſulat und begleitete den Pom— 
pejus nach Griechenland, ſöhnte fich indes jpäter 
mit Cäſar aus und ftarb 43. Caes. b. g. 8, 50. 


ichiebenen Kämpfen gegen Hannibal tüchtig, erlitt | b. c. 3,5. Dio Cass. 40, 46. — 8) M. Claud. 
aber von demjelben eine Niederlage bei Benufia | Marc., ein Neffe und Adoptivjohn des Dctavianı 
und fand in einem ihm gelegten Hinterhalt feinen | (j. die Stammtafel unter Julii, 8.), Sohn von 


Realleriton des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl. 


47 


138 


defien Schweiter Octavia minor, jeit 25 v. C. 
Gemahl der Julia, der Tochter des Octavian, ein 
junger Mann, der durch ausgezeichnete Eigenjchaf: 
ten große Hoffnungen erregte. Auguſtus hatte 
ihn wahrſcheinlich zu jeinem Nachfolger beftimmt; 
er jtarb aber „> im %. 23. Dio Cass. 53, 28 ff. 
Tac. ann. 1, 3. hist. 1, 16. duet Oct. 63. Hor. 
od. 1,12, —9 "Plin. 19,3 24. — 9) Seine Schwefter, 
Marcella die ältere, war Gemahlin des be— 
rühmten rze darauf, nach Scheidung von 
ihm, mit Antonius, dem Sohne des Triumvirs, 
vermählt. Plut. Ant. 87. — Aus einer andern 
Linie ftammte 10) En. Cornelius Lentulus 
Marcellinus, ein Freund Eiceros, Zeuge gegen 
Verres in deflen Prozefie und Konſul im J. 56 
v. C. Als Freund Ciceros zog er ſich die Feind- 
ſchaft des berüchtigten Clodius zu. Er war ein 
"nicht unberedter Mann. Cie. ad fan. 1, 1, 2. 


Brut. 70. — Den Namen Marcellus trägt auch 


11) En. Marc. Empiricus, ex mag. officiorum 
unter Theodofius 1. und II., ein geborener Gallier, 
deſſen Werf, medicamentorum liber, noch vor- 
handen ift, herausg. von Cornarius (1536) jowie 
in den Sammlungen der Medici antiqui von 
Aldus (1547) und Stephanus (1567). 


Marcia aqua, eine im Gebiet von Tibur ge- 
—— Duelle, 4 durch eine vom Prätor D. 

reius Rer im 144 v. E. angelegte und von 
Agrippa 33 v. €. ee Waflerleitung Rom 
mit trefflihem Wafler verjah. Plin. 31, 3, 24. 36, 
15, 24. Strab. 11,515. Tibull. 3, 6, 58. 


Marciäna silva, ein im SW. Germaniend ge 
fegenes —— in der Nähe des Iſter, viel— 
leicht der heutige Schwarzwald. 


Marcianopölis, Moagxıarönolıs, eine von 
Trajan angelegte und zu Ehren feiner Schweiter 
Marcia benannte Stadt in Untermöfien, auf dem 
Wege von Eonftantinopel nad) der Donau, j. Pra- 
vadi in Bulgarien. 


Marciänus, Magxıevös, 1) ein Geograph aus 
Herafleia in Bithynien, lebte um 410 n. E. Mit 

enußung der beften Quellen von Hanno und 
Skylar bis Ptolemaios verfahte er einen wegiriovg 
rs Fin Paldoons in 2 BB., mit genauer An: 
gabe der Entfernung der Orte nad) Stadien. Ein 
anderes Werf, das eine Beichreibung der Küſten des 
Mittelmeers enthielt, ein Auszug aus Menippos von 
Bergamon, ift bis auf einige Bruchftüde verloren. 
Das erhaltene Werk iſt für die ältere Geographie 
bejonders wegen der Stadienbeftimmungen wichti “ 
und zeugt von des Berfafjers Fleiß und Gejchma 
Ausgabe im 1. Bande von Miüllerd Geographi 
Graeei minores (1855). — 2) ein römijcher Rechts⸗ 
gelehrter zu Garacallas Zeit (212 n. C). — 
3) Marc. (Martianus) Felix Capella, in der 
erjten Hälfte des 5. Jahrh. n. E. zu Madaura in 
Afrika geboren, ein in ——— Verhältniſſen 
lebender Sachwalter, ſchrieb ums J. 470 zu Rom 
ein Werk, teils in Proſa teils in "Berjen, Satira 
oder Satiricon betitelt in 9 BB., wovon die 2 
erften Bücher, de nuptiis philologiae et Mercu- 
rii, die Einleitung zu einem encyflopädijchen Werke 
über die befannten 7 Wiſſenſchaften oder Künſte 
enthalten; ein gelehrtes, aber nicht gehörig geord— 
netes, jchwerfällig und jchwälftig, nicht ohne Bar: 
barismen gejchriebenes Werk, welches im Mittel- 
alter eine Grundlage des höheren Schulunterrichts 





Marcia aqua — - Marecii. 


und der gelehrten Bildung abgab. Ausgg. von 
Kopp (1836) und Eyſſenhardt (1866). 
arcii (aud) Martii), ein plebejiiches Geſchlecht; 
als Batricier gelten jedoch in der Tradition: 
2 Numa Marcius, welder (Plut. Num. 5) den 
—— Numa von Eures nad; Rom begleitete, ihm 
ratend bei jeinen religiöjen Reformen zur Seite 
ftand und nach deſſen Tode jich jelbit der Tod 
ab. Plut. Num. 21. Liv. 1, 20. — 2) Des vorigen 
ohn, Numa Marc., Bater des Ancus Mar: 
cius. — 3) Ancus Marc., j. Ancus. Pie von 
dieſem hinterlafjenen Söhne wurden von dem 
ichlauen Tarquinius Priſeus um ihre Thronrechte 
—— weshalb ſie ihn nach langer Ruhe durch 
euchelmord beſeitigten, aber nur dem Servius 
Tullius den Weg zum Throne bahnten und in der 
Fremde eine Zuflucht ſuchen mußten. Liv. 1, 40f. 
4) En. Marc. Eoriolanus, erwarb, wie die 
Überlieferung meldet, feine erften 2orbeeren im 
Kampfe gegen die vertriebenen Tarquinier und 
wurde deshalb ausgezeichnet. Z’lut. Cor. 3. Doc) 
machte ihn jeine ftreng ariſtokratiſche Gefinnung 
ihon frühzeitig in Rom verhaßt. Im J. 493 v. €. 
fämpfte er mit Auszeichnung gegen die Volſtler⸗ 
ſtadt Corioli, trug hauptſächlich zur Eroberung 
derſelben bei und bekam deshalb den Ehrennamen 
Coriolanus. Ziv. 2, 33. Nach Dionys und Pin: 
tarch zeichnete er ſich noch in einer unmittelbar 
auf dieje Eroberung folgenden Schlacht gegen die 
Antiaten aus. Dion. Hal. 6, v1f Plut. Cor. 8. 
Alle Belohnungen joll er abgelehnt Haben. Als 
im J. 491 in Rom Getreideuot herrichte, bean- 
tragte er, erbittert wegen feiner mißlungenen Be: 
werbung um das Konſulat, nad den einen, die 
Getreideverfäufe aus den Staatsmagazinen einzu 
ftellen, bis das Volk auf das Tribunat verzichtete, 
nach den andern jogar, dem Bolt feine Tribunen 
zu nehmen, weshalb er von diejen vorgeladen nnd, 
als er nicht erichien, zum Exil verurteilt wurde. 
Plut. Cor. 16 ff. Liv. 2, 34. Dion. Hal. 7, 21 ff. 
Bei den Boljfern fand er eine Zuflucht, da er 
unter ihnen einen Saftfreund, Attius Tullus, hatte. 
Beide veranlaßten die Volſter, denen fid) die Hquer 
anfchloffen, zu einem Kriege gegen Rom und über: 
nahmen die Führung des voljfiichen Heeres. Lir. 
2, 35. Plut. Cor. 27. Nach Einnahme mehrerer 
Städte ſtand Mareius dor Rom (nad) Dionys 
und Plutarch machte er mehrere Streifzüge), plün- 
derte überall die Güter der Plebejer, verichonte 
dagegen die der “Patricier und jcheint dadurch 
Miptrauen in Nom erregt zu haben; denn wäh: 
rend der Senat ſich widerjeßte, beftand das Voll 
auf Frieden. Vom Cluiliſchen Graben aus ver: 
heerte M. das römische Gebiet. Es wurde eine 
römische Gejandtichaft ins volſtiſche Lager geſchickt; 
aber an des Marcius Yorberung, den Borftern die 
ihnen entrifjenen Gebiete zurüdzugeben, jcheiterten 
die Unterhandlungen (nad) andern bot man ihm 
die Aufhebung der Verbannung an, worauf er 
noch jene Bedingung ſtellte). Die Abjendung der 
Priefter hatte ebenjowenig Erfolg. Beſſer erging 
es der dritten Gejandtichaft, welche aus römischen 
Matronen beftand, und an deren Spibe des M. 
Gemahlin Bolummia nebjt ihren Kindern und feine 
Mutter Beturia ſich befanden. Anfangs wies er 
auch jie ab, lieh jich aber endlich, von der Macht 
ihrer Bitten ergriffen, zum Abzuge bewegen. Er 
zog Sich ins Gebiet der Boljfer zurüd, wurde aber 


| 
| 
| 








Mareii. 


daſelbſt auf Anftiften bes erbitterten Tullus er: 
ſchlagen. Nach einem der älteften Hiftorifer, dem 
Fabius Pictor, dagegen jtarb er freudblos im Exil. 
Liv. 2,39. Dion. Hal. 8, 1ff. Plut. Cor. 30— 
36. 39. Cie. Brut. 10. „Wie viel darin wahr ift, 
läßt ſich nicht entjcheiden; aber alt ift die Erzäh— 
lung, aus der die naive Impertinenz der römijchen 
Annaliften eine vaterländifche Glorie gemacht hat, 
und jie öffnet den Einblid in die tiefe jittliche und 
politiihe Schändlichkeit diejer ftändijchen Kämpfe‘ 
Mommijen). — Blebejer: DO. Marcius Rer, 
'onſul im J. 68 dv. E., ein Schwager des Clodius, 
welchem er während jeiner Verwaltung Kilikiens 
zur Zeit des mithridatifchen Krieges die Flotte 
übergab; infolge der lex Manilia mußte er 66 
Provinz und Heer an Pompejus abtreten. Er 
befehligte im J. 63 gegen den Manlius, den Feld— 
herrn des Eatilina. Sall. Cat. 30—40, Dio Cass. 
36, 14 ff. 26ff. Er ftarb vor Elodius. — Ferner 
die Cenjorini: 1) C. Marc. Rutilus, befeh: 
ligte als Konjul im 3. 357 v. E. gegen die Pri— 
vernaten in Yatium (Liv. 7, 16) und wurde 356 
der erjte plebejiiche Diktator (Liv. 7, 17) im Kriege 
gegen die Etrujfer, weiche er ſchlug. 352 erhielt 
er abermals das Konjulat und im folgenden Jahre 
uerjt unter den Plebejern die Genfur (Liv. 7, 22). 
Im vierten Konſulat (342) entdedte er im rö— 
mijchen SHeere, welches in Campanien lag, eine 
Berihwörung. Liv. 7, 38. — 2) Sein Sohn, E. 
Marc. Rutilus, kämpfte als Konful des Jahres 
310 v. C. gegen die Samniter. Liv. 9, 33. 38. — 
3) 8. Marc. Cenſorinus, unternahm als Konjul 
(149 v. E.) mit M'. Manilius die Belagerung 
ftarthagos, kehrte aber, ohne fie zu Ende zu führen, 
nad Rom zurüd. Zav. ep. 49. Hervorzuheben 
it an ihm * Liebe für griechiſche Wiſſenſchaft 
und Bildung. — Dasſelbe war der Fall mit 4) C. 
Marc. Cenjorinus, der auch als Redner von 
Cicero gerühmt wird. Im Kampfe zwifchen Ma: 
rius und Sulla hielt er es mit dem erfteren, erlitt 
im 3. 32 v. E. eine Niederlage durch Pompejus 
bei Sena und darauf bei dem von ihm verjuchten 
Entjage der Stadt Pränefte. Nicht befjer erging 
es ihm im Kampfe gegen Sulla auf dem Marjche 
gegen Rom. Schon am nädjten Tage fiel er in 
die Hände jeines Gegners, der ihn töten ließ. 
Cie. Brut. 67. 90. App. b. e. 1, 88. — 5). 
Marc. Cenforinus, ein Anhänger des Anto: 
nius, begleitete diejen nah Mutina und wurde 
Statthalter in Achaja. Plut. Ant. 24. — 6) C. 
Marc. Cenjorinus, wie es jcheint ein Mann 
von gelehrter Bildung, wenn er derjelbe ift, an 
den Horaz die achte Ode des vierten Buches rich: 
tete. Er war Konjul im J. 3 dv. E. und ftarb 
allgemein betrauert im J. ı n. E. in Aſien. Vell. 
Pat. 2, 102. — Aus einem andern Zweige, den 
Erijpi, jtammte DO. Marc. Erijpus, ein Freund 
Eiceros und des Caſſius, dem er im J. 43 v. E. 
die von ihm bisher befehligten ſyriſchen Legionen 
übergab. Brut. ep. ad Cic. 2, 5. Er war ein 
tapferer Soldat, der wahrſcheinlich unter Cäſar 
gedient hatte. Caes. b. Afr. 77. Cie. Pıs. 23,54. — 
ar Familie der Figuli gehören: 1) C. Mare. 
Figulus, befehligte (169 v. E.) im Striege gegen 
Berjeus die römische Flotte (Ziv. 43, 17. 44,17. 10) 
und wurde 162 zum Sonjul gewählt, legte aber 


| 


139 


156 befleidete er zum zweitenmal das Konjulat. 
Liv. ep. 47. — 2) E. Marc. Figulus, Konjul 
des J. 64 v. C., unterftüßte den Cicero bei Be- 
ftrafung Eatilinas und jeiner Anhänger. Cic. ad 
Att. 12, 21. — Ein anderer Zweig find die Phi- 
lippi: 1) DO. Marc. Philippus, Konful im 
%. 186 v. C. leitete im Auftrage des Senats die 
Unterfuchung wegen der Bacdjanalien, worüber 
das betreffende Dekret noch vorhanden iſt. Darauf 
führte er einen unglüdlichen Krieg gegen die Li: 
gurer, die ihn in eine Waldichlucht lodten; dieje 
befam nad ihm den Namen Marcıus saltus. Liv. 
39, 6 ff. 20. Im 9. 183 übertrug ihm der Senat 
die Ordnung der Angelegenheiten Adajas; einen 
gleihen Auftrag befam er 171, bearbeitete die 
Gemüter der Griechen zu Gunften Roms und hatte 
eine Zuſammenkunft mit dem Könige Perjeus, den 
er durch Liftige Überredung zu einem Waffenftill- 
ftande mit Rom bewog. Liv. 39, 48. 40, 2f. 
42, 37 ff. Abermals erhielt er das Konfulat im 
J. 169 und die Führung des Krieges gegen Ber: 
ſeus, den er in mehreren Treffen jchlug. Des 
Königs Mutlofigkeit erleichterte ihm die Einnahme 
einer Reihe von Städten, und der Senat ging 
bereitwillig auf die von Marcius den Achaiern ge: 
machten Zuficherungen ein. Liv.43, 13. 44,1. 7.16. 
Pol. 29, 10%. Doch mußte er im nächften Jahre 
dem Amilius Baullus die Beendigung des Krieges 
überlafjen. — 2) 2. Marc. Philippus, bekleidete 
im 5%. 104 v. E. das Volfstribunat, das Konjulat 
91, die Cenſur 86, war Gegner der Optimaten, 
verjöhnte ſich aber jpäter mit ihnen und trug zur 
Abſchaffung der Gejege des Livius Druſus wejent: 
li bei. Cie. legg. 2, 12, 31. Als der Kampf 
wiichen Sulla und Marius ausbrach, trat er auf 
Sullas Seite. Dem Bompejus zollte er große 
Anerkennung. Seine Beredjamfeit (Cie. Brut. 47), 
welche Eicero jehr rühmt, erlaubte ihm, frei und 
ohne Vorbereitung aufzutreten, dabei war er wigig 
und griechiſcher Wifjenjchaft fundig. Hor.ep.1,7,46. 
Cie, Brut. 47. de or. 2, 78. 3, 1. Bon jeinen 
Neden, deren mehrere genannt werden, bejigen wir 
nur einzelne Anführungen. — 3) X. Marc. Phi— 
lippus, des vorigen Sohn, Gemahl der Atia, 
einer Nichte des Diftators Eäfar, weiche ihm in 
dem Octavian einen Stiefjohn zubradhte. Befreundet 
mit Cicero und Gäjar, enthielt er fich der thätigen 
Zeilnahme am Bürgerfriege. (ic. ad Att. 10, 4,10. 
Die hochitrebenden Pläne des DOctavian erfüllten 
ihn mit Bejorgnifien. Vell. Pat. 2, 60, 1. 
Andere Marcier find: 1) L. Marc. Septimus, 
aus ritterlichem Geichlechte, zeichnete fich im zweiten 
punijchen Kriege nach dem Tode der beiden Sci: 
pionen in Spanien, deren Deere er vor gänzlichem 
Untergange bewahrte, als er von den Soldaten 
troß jeiner Jugend an die Spige geftellt wurde, 
im ehrenvollen Nampfe gegen die Karthager aus. 
Liv. 25, 37. Als jpäter der ältere Scipio den 
Befehl in Hiipanien erhielt, z0g er den Marcius 
an fi und übertrug ihm die Bezwingung meh: 
rerer feindlicher Städte, eine Mufgabe, welche er 
mit Ehren löſte. Die ihm aufgetragene Grobe: 
rung von Gades mihlang zwar, dagegen übergab 
fih ihm die Stadt nachmals freiwillig. Liv. 
28,23. 32,2. Bei Scipio ftand er in großem 
und wohlverdientem Anjehen. Zonaras und Ap— 


wegen eines Formfehlers bei der Wahl das Amt | pian erwähnen ihn nicht. -— 2) DO. Marc. Tre: 


nieder (Cie. div. 2, 35, nat. deor. 2, #). 


Im J. mulus, kämpfte im J. 306 v. E. fiegreidy mit 


47* 


740 Mareins mons 
den Hernifern und Samnitern. Ziv. 9, 42. — | 
3) Marcius, ein Weisjager (Liv. 25, 12) zur) 
Beit des zweiten punifchen Krieges (nach andern 
waren e8 2 Brüder). Cie. div. 1, 89, 115. 2, 113, 
Plin. 7, 119. Macrob. sat. 1, 17. — 4) Mare. 
Macer, ein Feldherr des Kaiſers Otho, kämpfte 
gegen defjen Gegner Bitellius. Tac. hist. 2, 23. — 
5) DO. Marc. Livianus Turbo, ein Günftling 
des Hadrian, dämpfte Aufftände in Judäag und 
Mauretanien und wurde vom Kaijer zum Befehls: 
haber der Prätorianer ernannt, zog fich aber nad): 
* des Herrſchers Feindſchaft zu. art. Hadr. | 
4f. 9. 15. 

Marcius mons, rö Mdgxıov Ögog, ein Berg 
im Lande der Voljfer in der Nähe Yannpiumes. | 
Plut. Camill. 33. Lir. 6, 2 (ad Marcium is locus 
dieitur, wo jedoch die Handichriften Mecium oder 
Mestium geben). 

Marcomanni, Magxoudrvor, d. h. Grenzman- 
nen, von Cäjar (b. g. 1, 51) mißverftändlich unter 
den Bölfern des Arioviftus genannt. Später er: 
icheinen fie (Tac. Germ. 32. Vell. Pat. 2, 108) 
unter Maroboduus (Marbod) in Böhmen (dem 
Lande der Bojer), wo fie fortan in Verbindung 
mit andern germanifchen Stämmen einen der 
großen deutjchen Völkerbünde bildeten. Da Mar- 
bod, ein Manı von unftreitig großen Gaben, aber 
wohl nicht geringerer Herrſchſucht, einſah, daß 
Deutichland bei den Berjuchen der vereinzelten 
Stämnte, fid) den Römern entgegenzuftellen, feine 
Freiheit nicht wahren würde, jo juchte er in jeder 
Weije, jelbft durch Aneignung römijcher Kriegs: 
zucht, jein Bolf zu ftärfen, geriet aber darüber 
mit den Cherujfern unter Arminius in einen hef— 
tigen Nampf, der nicht glüdlich für ihn ausſchlug. 
Tae. ann. 2, 45f. Nicht lange darnach wurde 
Marbod, defjen Herrichjucht feinem eignen Volle 
drüdend wurde, vertrieben und fand in Italien zu 
Ravenna eine Zufluchtsftätte. Aber feinen Sturz 
überdauerte doch die mehr monarchiſche Herrichaft 
bei den Martomannen, welche unter dem folgenden 
Kaijern mit Nom in Frieden lebten und erft mit 
Marc Aurel in einen lange dauernden Krieg ver: 
wickelt wurden, im welchem fich ihnen noch andere 
öſtliche deutſche Völfer anjchloffen. Diejer Marko: 
mannenfrieg begann im J. 166 n. C. Das wech: 
jelnde Kriegsglüd führte bald die Marfomannen 
bis an die Grenzen Italiens, bald den Kaijer 
über die Donau ım feiner Feinde Gebiet. Erft 
Commodus beendigte im J. 181 den Krieg durch 
einen Shimpflichen Frieden, der den Marfomannen 
freifih Mut genug einflößte, ihn im Laufe der 
nächſten Jahrhunderte oft zu brechen und die rö— 
miſchen Grenzprovinzen in verheerenden Überfälfen 
heimzufuchen. Capitol. Ant. Phil. 12 ff. Herod. 
1,1. Amm. Marc. 29, 6. Nach Aurelian werden 
fie faum mehr genannt; ihr Name erjcheint im 
Heere des Attila, und niemals treten fie als Hülfs: 
truppen der Römer auf. 

Mardi j. Amardi. 

Mardonios, Magöörıog, war ein Sohn des 
Gobryas, Schwager des Dareios I. und zugleich ver: 
mählt mit deſſen Tochter Artazoftra. Boll kecken 
Selbftvertrauens und Ehrgeiz ſtieß er in Mleinafien | 
die Anordnungen des Artaphernes um und ftellte de: 
mofratijche Berfafiungen her. Auf des Dareios 
Befehl zug er nad) Beendigung des ioniſchen Auf— 
ftandes 492 v. E. (ue Fagı) gegen Griechenland, 





— Margiana. 


welches er als Statthalter der Achämeniden zu be- 
herrichen hoffte. Hdt. 6, 43. Nachdem feine Pläne 
durch die Vernichtung der Flotte am Athos ge- 
fcheitert waren, und das Landheer nad) einem Yu: 
fammenftoß mit den thrafifchen Brygern umge: 
fehrt war, wurde er des Befehls enthoben (Hut. 
6, 43 ff. 94), und Dareios übertrug die Fortſetzung 
des Krieges andern Männern. Bei Kerres fanden 
indes feine Pläne wieder Eingang, und 480 war 
er unter den Hauptbefehlshabern des großen Kriegs: 
eeres (Hdt. 7, 5. 82). Als nad) der Schlacht bei 
Salamis Xerres nad) Afien zurüdfehrte, blieb Mar 
donios auf feinen Wunſch an der Spike von 
300 000 Mann zurüd, überwinterte in Theflalien 
(Hdt. 8, 113. Diod. Sie. 11, 19) und rüdte, nadı 
dem er vergebens den Mafedonier Alerander, um 
zu unterhandeln, nach Athen geichidt, im Frühiahr 
wieder vor; wahrjcheinlich in der zweiten Hälfte des 
Juni zerftörte er Athen zum zweitenmal. Jidt. 
9.3.13. Thue. 1,89. Zurückgekehrt nad) Boiotien, 
lagerte er fih am Aſopos und lieferte im Juli 
oder Auguft 479 die Schlacht bei Plataiai. Er 
jelbft wurde tapfer fämpfend in der Mitte einer 
auserwählten Schar von dem Epartaner Meimnejtos 
getötet (Hdt. », 63), fein Leichnam, wahricheinlich 
auf Beranftaltung jeines Sohnes Wrtontes, ins: 
geheim begraben. Hdt. 9, 84. Plut. Arist. 19. 
Just. 2, 137. 

Mareötis, 7; Magsörıg scil. Aurn, and) Mdosıe 
oder Magi« (Arr.%,1,5), Marva, j. Birfet Mariut, 
großer Strandjee bei Alerandreia, gegen 300 Sta 
dien lang, 150 Stadien breit, gebildet durch Seiten- 
fanäle des fanobifchen Nilarmes, benannt nach der 
Stadt und Landichaft Marea (Magen Hat. 2, 
18. 30; Magei« Thue. 1,104) an feinem Südufer, 
deren Palmen, Bapyros und ftarfer Wein einft 
berühmt waren. Jetzt ift der See faft troden, die 
Gegend wüſte. Sirab. 17, 789. 799. Verg. @. 
2, 91. Hor. od. 1, 37, 14. 

Margäla, n Moeydia, oder Margäna, rü& 
Meoyava, Stadt der eliſchen Landſchaft Piſatis 
in unbeftimmter Lage; die Einwohner Maoyarsis. 
Xen. Hell. 3, 2, 25. 4, 2,16 u. d. Strab. 8, 349 
Diod. Sie, 15, 77. 

Margaritae, ®erlen, in ihrer Echtheit ſchon 
früh ein Gegenftand des Luxus und auch bei 
Griechen und Nömern ein Lieblingsihmnd zum 
verjchiedenjten Gebrauche, als Ohrgehänge, Ge: 
ichenfe für die Sieger im Wagenrennen u. ſ. f. 
Am berühmteften ift die große und wertvolle Perle 
(1%, Mill. Marf) geworden, die Kleopatra bei 
einem Gaftmahl in Weinejfig aufgelöft und auf 
die Gejundheit des Antonius getrunfen haben joll. 
Plut. Ant. 28. 29. Eine ähnlidye Gejchichte er: 
zählen Horaz (sat. 2, 3, 239 ff.) und Plimius (9, 59) 
von einem Sohne des berühmten Schaujpielers 
Niopus. Die meiften und beften Perlen wurden 
bei den Inſeln des Perſiſchen Meerbuſens gefifcht; 
die an der britijchen Küfte waren trüb und blei« 
farbig (subfuscn ac liventia, Tac. Agr. 12). 

Margiäna, 7) Megyıarıj, altperfiih Marghu, 
Provinz des perjiichen Reiches zwiichen dem Oros 
im N., Baltriane im D., NAreia im S., Hyrlania 
im W.; eigentlih eine große, durch den Fluß 
Margos (j. Murghab) bewäſſerte und nach ihm 
auch benannte Daje, fruchtbar (namentlich tern: 
reich) und ſtark bevölkert, von Wüſten umgebeıt, 
in melden wilde Völker, wie die Barner, Daör 


Margites — Marii. 


und Derbifer, hauften. Der füdlihe Teil des 
Landes hie Nifaia. Die Hauptftadt wurde von 
Antiohos J. kolonifiert und Antioheia Mar: 
giane genannt, j. Merw. Den Römern wurde 
M. erit durch die aus der parthijchen Gefangen: 
ichaft Zurüdfehrenden (20 v. E.) etwas befannter. 
Strab. 11, 51ö6f. Plin. 6, 16, 46. Curt. 7, 10, 15, 
Just. 42, 5. 

Margites, Maoyelıns, Maeydens, Figur der 
griechiſchen Vollsjage, in der eine Dummheit dar: 
geftellt war, die fich jelbit für Hug hielt. Der 
Marg. bildet jomit ein Gegenftüd zu dem deutjchen 
Eulenjpiegel, dem Schlaufopf unter der Maste der 
Dummheit. Er war der Held eines jcherzhaften, 
dem Homer ſchon von Archilochos fälſchlich zu: 
geichriebenen Heinen Epos, das Ariſtoteles (poet. 4) 
als den Anfang der attifchen Komödie anfieht, 
während er Jlias und Odyſſee als Vorgängerin— 
nen der Tragödie betrachtet. Die Einjchiebung 
von iambijchen Verſen unter die Herameter diejes 


| 


141 


und Handhabung der Öffentlichen Sicherheit fei- 
nem Namen einen guten Ruf zu verichaffen. Plut. 
Mar. 5. Cie. off. 3, 20. Uber feiten Grund zu 
feinem kriegeriſchen Ruhme legte er erft im Kampfe 
egen Jugurtha, in welchem er als Legat dem 

etellus zur Seite ftand, die zerrüttete Difciplin 
herftellen half und zur Befiegung des feindlichen 
Königs mejentlich beitrug (109). Plut. Mar. 7. 
Sall, Jug. 46 ff. Er erbat jid von Metellus Ur: 
laub, erhielt gu aber erit nn langem Zögern 
und ging zur Konfulwahl nah Rom. Den Opti- 
maten war der rauhe, gerade, derbe Kriegsmann 
natürlich; ſehr unbequem; er hafte die damals 
üblich gewordene Beftechlichfeit der Vornehmen 
und war uneigennüßig und rechtlich, zu hofieren 
verftand er nicht, und doc bahnten jich damals 
die jungen Römer dadurd am fchnelliten den Weg 
ur Macht. Aber M. bejah die Gunft der Ple- 
ejer, deren Standesgenoffe er war, er beſaß die 
Liebe der Soldaten, mit denen er wie mit jeines- 


Epos wird dem Pigres, einem Sohn oder Bruder | gleichen verkehrte, ohne doc Zügellofigkeit zu 
der berühmten kariſchen Königin Artemifia zur dulden; er hatte fich als waderen Haudegen wie 


Beit des XZerres, zugeichrieben, der auch Penta— 
meter in die Ilias eingejchoben haben joll und von 
manchen für den Berfafler der — Token 
ER wurde. gl. Ktinfel, ep. Graec. fragm. | 
p. 64 ff. 

Marii, ein plebejiſches Geſchlecht, aus dem zu: 
erjt genannt wird: 1) E. Marius, der berühmte 
Befieger der Cimbern und Teutonen. Er ward im 
J. 156 v. E. in dem Dorfe Gereatä (daher Ce- 
reatae Marianae {päter genannt, j. Cajamare, 
d. h. Mariusheimat) bei Arpinum geboren (Plut. 
Mar. 3; vgl. Sall. Jug. 63), war von niederem 
Stande und erhielt eine dem angemefjene Er: 
ziehung. Indem er den Wifjenichaften fremd blieb, 
wuchs er im ftrenger, einfacher Zucht auf, die ſei— 
nen Körper ftählte und abhärtete, jo daf er Hunger 
und Durft, Hitze und Kälte in gleicher Weije er: 
trug. Er wurde mit ganzer Seele Soldat, er: 
lernte den Kriegsdienſt in Spanien und bildete 
ſich hier unter dem jüngeren Scipio, zugleich mit 
jeinem nachherigen Gegner Jugurtha, zum tüch: 
tigen Feldherrn aus. Cie. Font. 15,33. Vell. Pat. 
2, 9. Plut. Mar. 3. So hatte er die Bahn be: 
treten, welche allein es dem niedrig geborenen, aber 
ehrgeizigen Jüngling möglich machte, zu hohen 
Ehren emporzufteigen und die Batricier feine niedere 
Herkunft vergeffen zu laſſen. Dazu kam, daß auf 
den unter einem Baume jchlafenden Jüngling einft 
ein Wdlerneft mit 7 Jungen —— ſein 
ſollte, was die Weisſager auf eine große Zukunft 
und glänzendes Glück (die 7 Jungen auf die 
7 Konſulate) deuteten. Val. Max. 6, 9, 14. Im 
J. 119 wurde er Vollstribun, In diefem Amte, 
in welchem er ein Geſetz de suffragiis ferendis, 
zur Beichränfung der Beftechung bei den Wahlen, 
durchſetzte, zeigte fich das angeborene Ungeſtüm 
jeines Charakters und feine große Heftigkeit. Aber 
höhere Amter zu erlangen, mißlang ihm vor der 
Hand. Plut. Mar. 4. Erſt jeine Heirat mit der 
Aulia, einer Tante des Julius Cäſar, vermittelte 
dem mit einem der edeliten und älteften Adels— 
geichlehter Roms verbundenen M. im 9. 115 
(n. a. 116) den Zutritt zur Prätur und gab ihm 
als Statthalter Spaniens Gelegenheit, nicht nur 
jeine militärifchen Fähigleiten zu bewähren, Ton: 
dern aud durch redliche und feſte Verwaltung 


| 


als tüchtigen —— gezeigt, und man wagte es 
daher troß der Abneigung gegen den Emporkömm— 
ling nicht, feiner Bewerbung ernftlihe Hindernifje 
in 9 Weg zu legen. Sall. Jug. 73. Plut. Mar. 
8.9. Er wurde daher im J. 107 Konſul, und 
man befam an ihm einen befferen Feldherrn gegen 
Jugurtha, ald es die bisherigen zum Teil troß 
ihres adeligen Wejens und ihrer griechiichen Bil- 
dung gewejen waren. Mit dem Oberbefehl gegen 
Jugurtha ging er nad Afrika, wohin er zur Ver— 
ftärfung des Heeres Refruten aus den niedrigjten, 
meift befitlojen Schichten des Volles mitnahm. 
Dadurch gewann er zugleich für weitere Pläne 
treue Anhänger. Er erfocht nun bald glänzende 
Siege über den Gegner, der endlid durch Sullas 
Ränke und den Berrat feines Schtwiegervaters 
Bochus in die Gewalt der Römer geriet, im 
J. 106. Liv. ep. 66. Sall. Jug. 103 ff. Des M. 
Ruhm war jo groß, daß man ihn im J. 104 in 
feiner —— zum Konſul gegen die Rom 
und Stalien bedrohenden Cimbern und Teutonen 
erwählte und ihn aud in den 3 folgenden Jahren 
immer wieder wählte, ein Ereignis, jo unerhört 
in den Annalen Roms wie ungejeglih. Aber von 
ihm allein erwartete man Rettung. Liv. ep. 67. 
Plut. Mar. 12—14. 22. Oros. 5, 16. Nachdem er 
die entmutigten Römer in jeinem ftarf verſchanzten 
Lager an den Ufern des Ahodanus an den An— 
blid der wilden Feinde gewöhnt und fich ſelbſt in 
jeinem Wberglauben von einer — Rat 
geholt hatte (man denke an Wallenſtein), zog ex 
den Teutonen, als fie an jeinem Lager vorüber: 
zogen, um den Weg nah Italien einzufchlagen, 
nad und jchlug fie gänzlich bei Aquä Sertiä 
(Air), 102. Vell. Pat. 2, 12. Plut. Mar. 15 ff. 
Sturz nach der Schlacht erhielt er die Glückwünſche 
zum fünften Konfulate. Darauf z0g er nach Ober: 
italien (101) und bejiegte, nachdem er jich mit 
dem Heere des Prokonſuls Catulus, unter dem 
auch Sulla diente, vereinigt hatte, die Cimbern 
auf den Raudiſchen Feldern in der Nähe von Ver— 
cellä (j. Bercelli). Liv. ep. 68. Plut. Mar. 24 ff. 
Flor. 3, 3. Sie wurden gänzlic) vernichtet. Dem 
Retter Noms wurden die größten Ehren beim 
Triumphe zu teil; das Volt nannte ihm den zwei— 
ten Romulus, den zweiten Camillus; jelbjt die 


5) 


742 
Ariftofraten ftrenten ihm Weihraud. Kutr. 5, 1. 
Lir. a.a. ©. Plut. Mar. 27. Man wählte den 
ehrgeizigen Mann, dem alle Ehren und Schmeiche: 
leien den Kopf verwirren mußten, auch für das 
J. 100 zum Konſul. Vell. Pat. 2, 12. Oros. 5, 17. 
Nun aber jollte fich jeine Befähigung zum Staats: 
manne zeigen. Jedoch diefe äußerte jich in zwei: 
deutigen Ränken, namentlich darin, daß er feinen 
alten Gegner Metellus betrog. Der Volkstribun 
Saturninus hatte ein Adergejep eingebracht, mit 
dem Zulaß, daß nad) Annahme desfelben durch 
das Volf auch der Senat gehalten fein jolle, nach 
4 Tagen einen Eid auf Haltung des Geſetzes ab- 
zulegen; wer ſich weigere, jolle jeiner Senator: 
würde verluftig fein. Bei der Umfrage erflärte 
M. zuerft, er werde den Eid nicht leisten, worauf 
Metellus dasjelbe erflärte; bei der zweiten Um: 
frage jedoch ſchwur M., ihm folgte der Senat, 
nur Metellus beharrte bei jeiner Weigerung und 
mußte ins Eril wandern. App. b. e. 1,29. Cie. 
de dom. 31. Wie er ſich von Metellus befreit 
hatte, jo madıte er es jpäter auch mit feinem 
Helfershelfer Saturninus, gegen den er auf Ber- 
langen des Senats einjchreiten mußte, was ihm 
einen Teil der Plebejer zu Feinden machte. Da 
er fühlte, daß er nur durch Krieg fich unentbehr: 
lih machen könne, ging er nach Ablauf jeines 
Konfulats nad Afien und fuchte den Mithridates 
von Pontos zum Kriege aufzureizen. Bald brad) 
der marſiſche Krieg aus, veranlaft durch die Ge— 
jeßesvorjchläge des Drufus (j. Drusi, 2.), nament: 
li den, das Bürgerrecht allen Italikern zu ver: 
leihen. Als Drujus mit feinen Vorjchlägen große 
Bewegung hervorrief und von Mörderhand ge: 
troffen wurde, da erhoben fich (#0) die Jtaliker, 
um ſich Gleichheit mit Roms Bürgern zu er- 
fämpfen. M. diente in dem Kriege als Yegat; 
dann übernahm er nach dem Tode des —*8 
Rutilius Lupus bei der Niederlage am Fluſſe 
Tolenus den Befehl und ſchlug die Marſer in 
einer blutigen Schlacht in der Nähe des Fueiner 
Gerd. Doc zog er fich wegen Alters bald zurüd, 
trachtete aber, als der Krieg mit Mithridates aus: 
brach (88), wieder nad) dem Oberbefchl gegen den- 
jelben und nad dem fiebenten Konjulate, welches 
ihm ein Wahrjager prophezeit hatte. Diesmal 
gewann Sulla, welcher ſich jchon gegen Jugurtha 
und die Eimbern ausgezeichnet und, wie es jcheint, 
auch im Bundesgenofjenkriege den alternden M. 
zulegt überflügelt hatte, ihm den Vorſprung ab 
und erhielt für das Jahr 88 das Konjulat. Val. 
Max. 9, 7,1. Oros. 5, 18. Damit fam die ſchon 


lange verhaltene Feindſchaft zwiichen beiden nad) | 
der höchſten Gewalt ftrebenden Männern, die nach 


Charakter und Bildung jo grundverichieden waren, 
pr Ausbruch. M. verband fich im J. 88 mit 
em Tribunen Sulpicius Rufus, welcher den Vor: 
ichlag machte, die neuen Bürger durc alle Tribus 
zu verteilen, jo daß ihre größere Zahl die alten 
Bürger überjtimmt und die beabfichtigte Erhebung 
des M. zum Feldherrn gegen Mithridates bewirkt 
hätte. Liv. ep. 77. App. b. c. 1, 55. Nach ge: 
waltjamen Unruhen ging auch der Vorichlag durch. 
Als aber des M. Serfuche, Sullas Heer zu ge: 
winnen, fehlichlugen, und der leßtere fich gegen 
Rom in Mari jegte und die Stadt einnahm, 
mußte der alte M. nebit feinem Sohne fliehen. 
Er mußte von Ort zu Ort wandern, bald im 





Marii. 


Freien übernachten, bald fich dem unficheren Meere 
anvertrauen; zuletzt ſetzten ihn die fahrenden 
Schiffer ans Land, er fand bei einem Fiſcher in 
den Sümpfen bei Minturnä Schuß, wurde aber 
entdedt, nad der Stadt gebracht und zum Tode 
verdammt. Da ihn feiner hinrichten wollte, er: 
bielt ein gallifcher (oder cimbrijcher) Sflave den 
Befehl dazu, konnte aber, ergriffen von der drohen- 
den Stimme des furcdhtbaren Greijes („Du wagſt 
es, Menſch, den Marius zu morden?‘“ waren die 
Worte, die er ihm entgegenrief), die That nicht 
ausführen und ftürzte mit den Worten: „Ich kann 
den Marius nicht töten!“ aus dem Gefängniffe. 
Da retteten ihn, eingedenf feiner Thaten, die Ein: 
wohner von Minturnä und ließen ihn aus ihrer 
Stadt. Glücklich entlam er nach manchen Gefah— 
ren nach Afrifa und ftieg zu Karthago ans Land. 
Val. Max. 3, 8, 5. Plut. Mar. 35 ff. Sull. Of. 
App.b.e.1,57 ff. Vell. Pat. 2, 19. Cie. Plane. 10. 
Der dortige Befehlshaber befahl ihm, das Yand 
zu verlaffen, M. hieß aber den Abgejandten des- 
jelben feinem Herrn melden, er habe den Marius 
auf den Ruinen Karthagos als Flüchtling ſitzen 
jehen. Welch ergreifendes Bild der Bergänglic 
feit irdiicher Größe! Zu Karthago fam auch der 
jüngere Marius, der fich von ihm getrennt hatte, 
wieder zu ihm. Auf günftige Nachrichten aus Rom 
eilte er nach Jtalien, jammelte ein Heer, vereinigte 
fih mit Cinna und rüdte gegen Rom, wo der 
Senat in der größten Angft war und Unterhand: 
lungen anzufmüpfen ſuchte. Einna zog in Rom 
ein, M. erft nad Aufhebung jeiner Verbannung 
(87). Schon jein Einzug flößte Schreden ein. 
Der finftere, von bitterem Groll erfüllte Greis war 
von einer Schar bewaffneter Sklaven umgeben, 
die nur feines Winfes harrten, um über jeine 
Gegner herzufallen. Weſſen Gruß er unerwidert 
ließ, der war dem Tode geweiht. Das Blutbad, 
das nunmehr begann, richtete fich namentlich gegen 
die freunde Sullas; Mord und Plünderung herr 
ten überall, Sullas Güter wurden eingezogen, er 
felbft geächtet. Vell. Pat. 2,20 ff. Plut. Mar. 42f. 
App. b. c. 1,64 ff. Darauf übernahmen M. und 
Einna ohne weiteres das Konſulat, jener zum 
fiebentenmal, im J. 86. Doch jchon wenige Tage 
darnach ftarb er, 70 Jahr alt, am 13. Januar, 
aufgerieben durch die erjchütternden Ereignifle der 
legten Zeit feines fturmbewegten Lebens, gewiß 
lebensmüde und ruhebedürftig. Liv. ep. 80. App. 
b. c. 1,75. Plut. Mar. 45. Vell. Pat.2,23. Noch 
an jeiner Ajche übte fpäter Sulla Rache; er ließ 
fie in den Anio ftreuen. Die Schilderung feines 
Lebens ift zugleich ein Bild feines Charakters und 
jeiner Eigenichaften; über altrömijche Sittenftrenge 
und Nechtlichfeit, die er in feinen jüngeren Jahren 


\ zeigte, trugen jpäter Ehrgeiz und itelfeit den 


Sieg davon. Der tüchtige Feldherr ging in dem 
mittelmäßigen Staatsmanne unter. Den Batri: 
ciern jchon nad) feiner Abftammung Feind, juchte 
er fie zu demütigen, wo er mur fonnte; feinen 
plebejiichen Standesgenofjen war er dagegen mit 
Leib und Seele zugethan. — Sein Adoptiviohn, 
2) C. Marius, gewöhnlich der jüngere Marius 
genannt, geboren im %. 109 v. E., machte fich im 
J. 82 zum Konful. Ar Grauſamkeit des Gemüts 
glich er jeinem Water. Er begleitete denjelben auf 
der Flucht, wurde aber von ihm getrennt und 
traf erft in Afrila wieder mit ihm zufammen. 


Mariamme — Marmarica. 


Nach deffen Tode ftand er an der Spibe ber 
marianiihen Partei im Kampfe gegen Gulla, 
wurde in einer Schlacht von ihm geichlagen und 
von demjelben in dem feſten Pränefte belagert. 
Als die Übergabe der Stadt nicht mehr zu ver: 
meiden war, ſuchte er ſich durd die Flucht zu 
retten, fand aber entweder auf derjelben oder durch 
die Hand eines feiner Getreuen den Tod. App. 
b.c. 1, 87ff. Flor.3, 21. Vell. Pat.2, 26. Plut. 
Mar. 46. — 3) €. (M.) Mar. Gratidianus, 
aus Arpinum, fam durch Mdoption in die Familie 
des Marius und machte fih in Rom während 
jeiner Prätur durch ein Münzgejeß, welches er 
freilich gegen die Verabredung vorzeitig verfün- 
digen lieh, jehr beliebt. Cie. off. 3, 20. Sulla lieh 
ihn im %. 82 v. E. nad) feinem Einzuge in Rom 
durch Catilina auf graufame Weije umbringen. 
Flor. 3, 21. 26. Seine Beredjamfeit hatte ihm 
großen Einfluß verichafft. Cie. Brut. 62, 223, — 
4) M. Mar., ein Mann von wigigem Wejen, 
ſtand mit Cicero in innigem Verkehr, welchen beide 
von ihren bei Bontpeji gelegenen Landfigen aus 
eifrig pflegten. Ahr Briefiwechjel trägt die Zeichen 
diefer engen Freundichaft und ift im jehr humo— 
riftiicher Sprache gehalten. Cic. ad fam. 7,1 ff. 
Er lebte noch ums J. 46 v. C. — 5) E. Ama: 
tius, der falihde Marius, urjprünglih ein 
Augenarzt, hieß eigentlich Herophilus und nannte 
fi) römijch dafür Amatius. Er war von niederer 
Herkunft und hatte fich durd das Vorgeben, er 
jei ein Entel (oder Sohn) des älteren Marius, 
beim Bolte großen Anhang verſchafft. Bon Cäſar, 
defien Tante Julia Gemahlin des älteren Marius 
war, juchte er feine Anerfennung zu erwirfen, da 
Cicero und andere, deren Hülfe er in Anipruch 
nahm, ihn an denjelben verwiejen (Cie. ad Att. 
12, 49); dieſer wies ihn aber ab und verbannte 
ihn aus Stalien. Nah Cäſars Tode kehrte er 
—— und affeftierte große Verehrung für den 
Frmordeten, jowie Haß gegen die Mörder, worauf 
ihn Antonius hinrichten ließ. Val. Max. 9, 15,1. 
— 6) ©. Mar., ein geborener Hijpanier, fand 
durch den nach jeinen großen Reichtümern lüfter: 
nen Tiberius im J. 33 n. €. feinen Tod. Tac. 
ann. 6, 19. — 7) B. Mar. Celſus, thätig unter 
Nero und feinen Nachfolgern, befehligte im J. 63 
n. E. in Bannonien, diente dann dem Galba mit 
roßer Aufopferung und Treue, jpäter in gleicher 

eije dem Dtho, der ihn durch fein Vertrauen 
auszeichnete, und für den er gegen Bitellius 
fämpfte. Sein Anjehen jcheint jo groß geweſen 
zu jein, daß, jowie er mit Einficht und Glüd ſich 
unter den früheren Herrſchern möglid und unent— 
behrlich gemacht hatte, er auch unter dem Schwelger 
Vitellins ungefährbet blieb. Tac. hist. 1, 39. 90, 
2, 23. 60. — 8) Mar. Priſcus, wurde wegen 
Erprefjungen in Afrifa von den durch ihn be: 
drüdten Einwohnern der Provinz in Rom ver: 
Hagt, wo der Hiftorifer Tacitus und der jüngere 
Plinius die Klage gegen ihn führten. Plin. ep. 
2,11. Juve. 1,49 ff. — 9) 8. Mar. Marimus, 
lebte. zur Zeit des Alerander Severus, unter wel: 
chem er das zweite Konſulat (223 n. E.) befleidete, 
nachdem er zwijchen 217 und 222 das Profonfulat 
von Afrika verwaltet hatte, und ift wahrſchein— 
lich identiſch mit dem Gejchichtichreiber Marius 
Marimus, dem Fortſetzer der fuetonijchen Kaiſer— 
biographien für die Negenten von Nerva bis 


143 


Heliogabal, dejien Werk die Hauptquelle der ſ. 9. 
Scriptores historiae Augustae gebildet zu haben 
icheint, in großer Weitichweifigfeit, doch nicht ohne 
Sinn für Wahrheit. Vgl. über ihn 3. 3. Müller 
in Büdingers Unterfuchungen zur römiſchen Kaiſer— 
geichichte (1870), III. Abhandlungen von Plew 
(1878 und 1885). — 10) Mar: Bictor, drift: 
licher Dichter des 5. Jahrh., verfifizierte die Genejis 
in 3 BB. in untadeligem Versbau. Anziehender 
ift ein Brief an den Abt Salomo in 105 Hera: 
metern, eine jatiriiche Zeichnung der Sitten feiner 

eit. — 11) E. Mar. Bictorinus aus Afrika, 

hetor und Grammatifer im 4. Jahrh. n. E., ver: 
faßte philojophiiche und rhetoriſche Schriften ſowie 
eine Metrik in 4 BB. (mit einigen Heinen Schrif: 
ten eines angeblihen Marimus Bictorinus her: 
ausgegeben von Keil, gramm. Lat. VI p. 1ff.), 
jpäter, nachdem er Chrift geworden, Kommentare 
zu mehreren Briefen des Paulus und Gedichte 
biblijhen Inhalts, welche letztere jedoch vielleicht 


je andern Victorinus angehören. 


Mariamme, Magıduun, eine von Alexander 

m Gebiete von Arados geichlagene Stadt Koile— 
Foriens; j. Kalaat el-Hosn. Arr. 2, 13, 8. Plin. 
5, 23, 12. 

Mariäna, Magier), eine von C. Marius ge- 

rünbete Stadt Korſikas im nördlichen Teile der 

ftfüfte am Fluß Tavola (j. Ruinen gl. N.) — 
Eine andere Stadt Marianum lag an der Süd: 
füfte der Inſel (j. Bonifacio). 

Mariandjni, Magıavövroi, eine im nordweſt— 
lihen Teile Bithyniens mohnende Bölterjchaft, 
nit Eines Stammes mit den thrafijchen Thy: 
nern oder Bithymern. Hdt. 3, 90. Im perfiichen 
Heere kämpften fie zufammen mit den Paphlago: 
niern (Hdt. 7, 72. 75). Xen. An. 6, 2, 1. Strab. 
7, 295. 

Marlänus mons, rö Magıavöor Ögog, Gebirge 
in Hijpania Bätica nördlich des Bätis, j. Sierra 
Morena. 

Maricae lucus, Magixug &lcog, ein der alt: 
italifchen Nymphe Marica gemweihter Hain, zwi— 
ſchen Minturnä und dem acer, aus dem man 
| das einmal Hinzugetragene nicht wieder wegichaffen 
durfte. Liv. 27, 37. Plut. Mar. 39. Daneben lag 
die Palus Maricae, in welche ſich der Liris ergo. 
Hor. od. 3, 17, 7. Vell. Pat. 2, 19. 

Marikäs ſ. Eupolis. 

Marinos, Magivos, 1) aus Tyros, ein Geograph 
im 2. Jahrh. n. E., fur; vor Ptolemaios, von 
deſſen ebensverhãtniffen nichts weiter bekannt 
iſt. Die Geographie verdankt ihm die erſte Be 
ftimmung der Länder und Orte nad) feiten Graden 
der Länge und Breite, befonders hat er die Nord— 
füfte von Europa deutlicher als alle feine Bor: 
| gänger bejchrieben. Er war eine Hauptquelle für 
Btolemaios. — 2) ein berühmter Anatom um das 
%. 90 v. E., von Galenos der Wiederheriteller der 
Anatomie genannt. Bon jeinen Schriften hat fich 
nichts erhalten. 

Markiänos j. Marcianus, 


Marmarica, 7) Maguagırr), nordafrilanijche 
Landſchaft weitli von Agypten, in der Negel zu 
Kyrenaife gerechnet, erjtredte ji im Süden bis 
zur Daje des Zeus Ammon und umfaßte in diejem 
weiteren Sinne 2 Gebiete, den libyichen Nomos 
‚im D. und das eigentliche Marmarika im W. Jetzt 


f 


744 


eine Sandwüfte, war das Land im Altertum wohl 
fruchtbarer. Die Bewohner, Maguagidaı, lebten 
größtenteils al Nomaden; an der Küfte die Adyr— 
maciden und Giligammen, im Innern die Augilen 
und Najamonen. Hdt. 4, 168 f. 172. 182. Strab. 
17, 798. 838. Mela 1, 8. Plin. 5, 5. 

Marmor, der Darmor, jcheint jchon bei Homer 
in dem Ausdrucke udouepog vorzulommen, ob: 
wohl dies für einen weißen, glänzenden Kieſel— 
ftein genommen zu werden pflegt. Indeſſen war 
der Marmor dod) dem Homer vielleiht befannt, 
da in Kleinafien und auf den Kykladen Marmor: 
brüche vorfommen; nur hatte er Damals weder in 
der Architeltur noch in der Plaſtik eine befondere 
Bedeutung erlangt, was jpäter in Griechenland in 
ſehr umfafjendem Maße der Fall war. Bon den 
Griechen lernten erjt nad) Eroberung des Yandes 
die Römer die Anwendung desjelben beim Bauen. 
Metellus Macedonicus Tief zuerjt in Nom einen 
marmornen Tempel bauen: bald aber diente der 
Marmor als Schmud jelbft in den Privatwoh: 
nungen, teil® zu Fußböden, Zimmerdeden, Wän- 
den, teils zu Stulpturarbeiten. Viele der präch— 
tigften Arbeiten diejer Art waren aus Griechenland 
herübergeholt. — Der berühmtefte Marmor war 
der parijche, blendend wei und vom fjchönften 
Glanze; der penteliihe, in Athen bejonders be- 
liebt und zugänglich, und der des Taygetos waren 
fehr weiß und feſt, der hymettiſche graugeadert, 
der forinthifche bunt, meiſt gelb, der phrygiſche 
(ſynnadiſche) weiß mit purpurroten Fleden, der 
thefjalifche mit grünen, weißen und ſchwarzen 
Adern gemiſcht, der Farnftiiche (auf Euboia) teils 
grün, teils gemischt, der thafische weiß, der leſbiſche 
— der profonnefiiche (nicht weit dom 

orgebirge Sigeion — ſchön weiß mit 
ſchwarzen Adern; zu Niſa in Kleinaſien gleichfalls 
ein buntgeaderter Marmor. Außerdem famen noch 
viele Marmorarten von trefflicher Güte aus Aſien 
und Afrifa, bejonders der numidiſche (gelb mit 
purpurroten Flecken) und der arabijche, der mit 
dem ioniſchen wetterferte, ſowie der von der Inſel 
Phurne zwiſchen Samos und Ikaria, der z. B. 
das Material der Statue des ſ. g. fterbenden 
Fechters ift. Später fand man auch manche Sor: 
ten im weftlihen Europa, bejonders in Stalien 
im Berge Luna in Etrurien (j. Marmorbrüche von 
Earrara). Bol. Blümner, Technologie und Ter— 
minologie III ©. 26 ff. 

Maro j. Vergilii, 3. 

Marobodüus (Rofjegebieter), Marbod, König 
der Marlomannen, wurde am Hofe des Augustus 
erzogen, fehrte dann aber zu feinem Bolfe — 
und ſtiftete ein Völkerbündnis, welches die Eifer: 
ſucht der Römer erweckte. Mit einem auf römi— 
ſchem Fuß gebildeten Heere von 70000 Mann 
zu Fuß und 7000 zu Pferde trat er 12 unter 
Tiberius und C. Sentius Saturninus ausgeſandten 
Legionen entgegen (6 n. E.); doc nötigte Die 
Römer ein Aufjtand in Bannonien zu einem Ber: 
gleihe und die bald darauf erfolgte Niederlage 
des Barus zum Aufgeben fernerer Schritte. Vell. 
Pat. 2, 108. Aber in dem Cherufferfürften Ar: 
minius erhob ſich ein gefährlicher Gegner für ihn; 
M. wurde mehrmals geichlagen, auf Anftiften der 
Römer in feiner Burg von dem Goten Catualda 
überfallen (Tae. ann. 2, 62) und mußte zu den 





Marmor — Marsi. 


er noch 18 Jahre in ruhmloſer Stille. Tac. ann. 
2,45. 62f. gl. au Marcomanni. 

Maron, Mdgor, 1) Sohn des Euanthes, eines 
Sohnes des Dionyſos und der Nriadne, Priefter 
des Apollon zu Iſmaros (Maroneia) in Thrakien, 
wo er jelbjt ein Heiligtum hatte, bei Späteren 
Heros des fühen Weins. Hom. Od. 9, 197 ff. 
Prop. 2, 32, 14. Er heißt auch Sohn des Dino: 
pion oder des Seilenos oder des Dionyjos (Kur. 
Oyel. 114) und ward unter die Begleiter des Dio: 
nyſos gezählt. Merkwürdig ijt an diefem Heros 
die Vereinigung eines Apollonprieftertums mit 
jeiner dionvyfifchen Natur. — 2) Sohn des Orfi: 
phantos, Bruder des Alpheios, cin ſpartaniſcher, in 
den Thermopplen gefallener Held, der zu Eparta 
ein Heroon hatte. Hat. 7, 227. 

Maroneia, Magorsıa, Stadt an der Südküſte 
Thrafiens, nordweftlid von Mejambria am Ufer 
des Jimarosjees und am Fluß Sthenas — anfangs 
im Beſitz der Kikonen, dann von Chios aus folo: 
nifiert (Hdt. 7, 109), und bejonders durch ihren 
trefflihen Wein berühmt (Plin. 14, 4, 6), auf den 
ihon von Homer (Od. 9, 39) hingedeutet wird; 
jebt Maronia. 

Marpessa ſ. Idas. 


Marrucini, Maogovxivor, Maggovxıroi, eine 
Heine tapfere jabelliihe Wölterichaft im öftlichen 
Teile Mittelitaliens am rechten Ufer des Aternus, 
der fie von den Bejtinern trennte, während im ©. 
die Bäligner und Frentaner ihre Nachbarn waren. 
Die Hauptjtadt diejer nicht ganz 10 [ JM. großen 
Landichaft — des ager Marrucinus — war Teate 
(j. Ehieti); mit den Veſtinern gemeinjam bejaßen 
jie den Hafenort Aternum (j. Bescara) an der 
Mündung des Aternus. Ihre Geſchichte Fällt weient: 
lich mit der der Marjer zujammen. Ein 304 v. E. 
mit den Römern geichloffenes Bündnis (Liv. 9, 45. 
Diod. Sie. 19, 105. 20, 101) dauerte bis zum 
Bundesgenoffenfriege. Plin. 4, 15, 29. 

Mars j. Ares. 

Marsacli, eine in Gallia Belgica wohnende 
Völkerſchaft, auf einer der Inſeln ım Mündungs- 
gebiet des Rhenus, den Römern zuerft durch den 
Aufftand des Claudius Eivilis befannt geworden. 
Tac. hist. 4, 56. Eine genaue Beltimmung des 
Wohnplages ift nicht möglid). 

arsi, Mcdgooı, Magool, 1) alte Bölterichaft 
jabelliichen Stammes (Hor. epod. 17, 28) in Mittel: 
italien auf einer Hochebene der Apenninen, rings 
um den Lacus Fucinus (j. d.) herum, zwiichen den 
Flüffen Liris und Mternus. Mit den andern 
ſabelliſchen Völkerſchaften, Pälignern, Beftinern, 
Marrucinern u. ſ. w., ſtanden fe faft ftets gegen 
die Nömer für die Sammiter im Felde (Liv. 8, 29), 
bis fie 304 v. E. einen Bund mit Rom jchlofien. 
Pol. 3, 24, 12. Liv. 9, 45. Im 93. 91 vo. €. 
traten fie aber wieder an die Spike der Bundes: 
genofien gegen Rom (f. Marsicum bellum). 
Die Hauptftadt Marruvium (ji. San Benebetto) 
lag am öftlidyen Ufer des Fucinusjees. Die Marjer 
waren jchr tapfer, zugleich befannt als Kenner 
der heilfräftigen Kräuter ihrer Berge und als 
Schlangenzähmer; daher auch die ihnen beigelegte 
Abſtammung von der Kirfe oder ihre Belehrung 
durch die Medeia. — 2) Völkerichaft im NW. Ger: 


maniens zwijchen Wejer, Rhein, Lippe und Rubr, 
Römern feine Zuflucht nehmen. In Ravenna lebte 


nad) Tacitus (Ferm. 2) zu den Urftämmen (itä: 


Marsicum bellum. 


bonen) zu rechnen. Zum Bunde der Gherujfer 
ehörig, nahmen fie wejentlichen Anteil an der Be: 
jegung des Varus, weshalb ihnen aus der Beute 
auch ein römischer Adler zu teil wurde. Tac. ann. 
2, 25. Bor den Angriffen des Germanicus wichen 
fie ins Innere zurüd und verjchwinden dann aus 
der Geſchichte. Tac. ann. 1, 50. 51. 56. hist, 3, 59, 

Marsieum bellum,. Der Drud, melden der 
römijche Senat, vornehmlich nach dem dritten pu— 
niſchen Kriege, gegen die italiichen Bundesgenofien 
übte, deren Tapferkeit und Anftrengung Rom die 
Erreihung feines Zieles, der Herrſchaft über die 
Welt, verdankte, hatte in den Gemütern derjelben 
eine Bitterfeit zurüdgelaffen, welche die ſchlimmſten 
Folgen ahnen ließ. Man fühlte das in Nom aud) 
wohl, und mehrere Vorſchläge wurden gemacht, 
den Bundesgenofien das Bürgerrecht zu erteilen, 
namentlich von C. Grachus. Plut, CO, Grach, 13. 
Aber immer waren es mur die Wünfche einzelner, 
welche fich in folchen Borjchlägen kundgaben, das 
Volf im allgemeinen, nod zu ftolz auf jeinen 
Ruhm und jenen Namen, war dagegen und fonnte 
ſich noch nicht an den Gedanken gewöhnen, mit 
den Italern zu Einem Ganzen zu verjchmelzen; 
um jo mehr kann der fich äußernde Widerjtand des 
Senats als ein Ausdrud der Volksmeinung an: 
aejehen werden. Daher war der Unwille gegen 
Marius, als er nach Befiegung der Eimbern den 
an der Seite der Römer kämpfenden Camerinern 
das Bürgerrecht erteilt hatte, fo groß; nur feine 
großen Berdienfte jchügten ihn vor den Folgen 
diejer unberechtigten That. Plut. Mar. 28. Als 
num eine große Anzahl Italer aus Rom mit 
Strenge ausgewiejen wurde, umd der Gejehvor: 
ichlag des Tribunen Livius Drufus, den Latinern 
als einem Zeile der Bundesgenofjen das Bürger: 
recht zu erteilen, nicht durchging, da wurde die 
Gärung immer größer und nahm nod zu, als die 
Gewaltthätigfeit der Optimaten nach des Druſus 
Ermordung alle Freunde der Italer aus Rom 
trieb. Plut. Cat. min. 2. App. b. c. 1, 37. Es 
bildete fich, zuerft im Geheimen, ein großer Bund, 
welcher anfangs die Marjer, Päligner, Samniter, 
Lucaner und einige andere italijche Völkerſchaften 
umfaßte, die Stadt Lorfinium im Pälignerlande 
unter dem Namen Stalica zur Bundeshauptftadt 
erhob und fich eine der römijchen nachgebildete 
Berfaflung, mit einem Senat und Konfuln an der 
Spiße, gab. App. b. c. 1, 38. Der Marjer Bom- 
pädius Silo und der Samniter 2. Papius Mu- 
tilus waren die erften Konjuln. Sie waren die 
Grundlage des neuen Gebäudes. Doc hatte fich 
das Gerücht davon jchon verbreitet, und in Rom 
war man aufmerfam geworden. Eine Gewalt: 
that im Aſculum gegen Abgejandte des Senats, 
den Profonjul DO. Servikius und dejjen Legaten 
Fontejus, bejchleunigte den Ausbruch eines Kampfes, 
von weldhem wir bei der Mangelhaftigkeit der 
Quellen nur gg Umrifje zu geben vermögen. 
Vell. Pat. 2, 16. Flor. 3, 18. Pompädius ließ 
durch Abgejandte dem Senat die Bitten der Jtaler 
vorlegen, erhielt aber eine jtolze Antwort. Der 
Senat forderte IInterwerfung. Die erſte kriegeriſche 
Unternehmung der Römer war nun gegen Aſculum 
gerichtet. Als die Römer aber von den Einmwoh: 
nern befiegt wurden, erhob ſich faft ganz Mittel- 
italien, und ‚die Bundesgenofjen wandten ich 
(90 v. €.) zunächſt gegen die römijchen Kolonien 


145 


und verteilten zugleich unter ihre Konjuln Jtalien 
zur Vereinfachung der Operationen. Jedem wurden 
6 Prätoren aus den einzelnen Bölferjchaften unter: 
geben Inzwiſchen hatte ſich Rom gerüftet, und 
die Konjuln erhielten Befehl, das bedrohte ‚Cam: 
panien zu jchüßen. Die Hauptführer der Italer 
waren Pompädius, Mutilus und Bettius Cato. 
Mutilus jchlug den Konjul L. Julius Cäſar, ge: 
wann mehrere Städte und fand überall zahlreichen 
Zulauf. Eine Schlacht bei Acerrä in Gampanien 
brachte den Römern Berlufte, wenn jie gleich ihre 
Gegner zurüddrängten. Aber immer mehr Städte 
fielen den Bundesgenoffen zu; am Liris erlitt der 
andere Konjul Rutilius durch Bettius Cato eine 
Niederlage. Zwar gewannen darnadı die Römer 
einige Vorteile; aber bald folgte Schlag auf Schlag, 
und der Konſul Cäſar wurde abermals in der 
Nähe des Liris gänzlich befiegt. Sulla und 
Bompejus, die in diejem blutigen Kriege mit 
großer Auszeichnung fochten, bejiegten indes die 
Bicenter in einigen Treffen, wogegen dieſe in 
Gampanien wieder glüdlidy ftritten. App. b. ce. 
1, 39. Plut. Sert. 4. Immer weiter dehnte fich 
der Aufftand aus, Nom mußte durch Freigelaſſene 
jeine großen Berlufte erjegen und, um nur weiteren 
Abfall zu verhüten, den treu gebliebenen Bundes: 
genofjen durch die lex Julia und die lex Plautia 
et Papiria endlih das Bürgerrecht zugejtehen. 
Cie. Arch. 4. Sie bildeten nene Tribus. Uber 
die Bundesgenoffen, melde gegen Rom in den 
Waffen ftanden, hofften ohne Zweifel, nach jenem 
Ereignis für ſich ähnliche Vorteile zu erwerben, 
und verloren an Eifer, und da auch Sulla ganz 
bejonders glüdlidy kämpfte, jo erlitten fie, be: 
jonders bei Acerrä und bei einem Verſuche, Etru— 
rien in Aufftand zu bringen, erhebliche Verluſte 
(89). Marjer, Päligner und andere Bölfer mad): 
ten ihren Frieden mit Nom. Nicht minder glüd: 
lih waren die Römer in Campanien, wo fie 
Pompeji und andere Städte eroberten; die Bundes: 
genofjen erlitten, wie es jcheint in der Nähe von 
Nola, durch Sulla eine entjcheidende Niederlage 
und ungeheueren Berluft; er unterwarf die Hir: 
piner, drang in Sammium ein und rettete hier 
fein rings von Feinden eingejchloffenes Heer nur 
durch Lift und durch einen fühnen Marſch über 
die Berge. Aber nach der Niederlage des Marius 
Egnatius am Aufidus war eigentlich die Madıt 
der Bundesgenofjen gebrocdyen; doch hielt Pom— 
pädius ihre Sache noch aufrecht. Vergeblich war: 
teten die Bundesgenoffen (88) auf die erbetene 
Hülfe des Mithridates von Pontos (Diod. Sie. 
37, 2); ihr Feldherr Bompädius fiel in Apulien, 
an feine Stelle trat der Samniter Bontius Tele: 
finus, welcher, während in Rom ich die neuen 
Bürger mit den alten ftritten, anfangs glüdliche 
Fortichritte machte, darnach aber von Norbanus 
geichlagen wurde. Zwar war auch jeßt noch ein 
ſamnitiſch-lucaniſches Heer in den Waffen, indefien 
war der Krieg doch im wejentlichen beendigt. App. 
b.e. 1,53. Als darauf Sulla, welcher den Krieg 
gegen Mithridates geführt hatte, wieder aus Aſien 
zurüdfehrte und den Kampf gegen die Marianer 
egann (83), ſchloſſen fich die Bundesgenoſſen an 
dieje an. Sie fämpften zwar noch tapfer, aber 
nicht eben glüdlih, Sulla vernichtete den größeren 
Teil der Etruifer, Pontius jammelte alle Streit: 
fräfte der Bundesgenofjen zum Zuge gegen Rom, 


746 


während Sulla Pränefte einfchloß, und Rom jah, 
das erfte Mal jeit den Tagen Hannibals, wieder 
Feinde vor feinen Thoren. Aber Pontius, ftatt 
raſch anzugreifen, zögerte zu lange und ſchritt erft 
auf die Nachricht von Sullas Heranrüden zum 
Sturm. Ein wilder Kampf beginnt, es ift das 
legte Auflodern eines erbitterten Streites, der 
Rom und Ftalien in feinen Grundfeften erichüttert 
hatte. Da eilt Sulla heran, feine gefchlagenen 
und flichenden Krieger reißen ihn mit fort; er 
ordnet fie abermals, neuer Kampf entjpinnt fich, 
die erjchöpften Bundesgenofjen erliegen, Pontius 
Telefinus fällt, mit ihm noch andere Führer. Prä- 
nefte und Nola, die legten von den Bundesgenoffen 
behaupteten Bunkte, ergaben ſich; Sulla wütete mit 
Grauſamkeit gegen die Gefangenen. Liv. ep. 88. 
Plut. Sull. 20 ff. Vell. Pat. 2, 27. Die lebten 
umberftreifenden Haufen wurden vernichtet. So 


twar die Ruhe hergejtellt, die Ruhe des Grabes; 


Städte und Dörfer, Häufer und Tempel Tagen 
zerftört, befonders in Samnium, deifen Bevölle— 
rung zum größten Teil ausgerottet wurde; fulla- 
niſche Militärkolonien bildeten in dem verödeten 


Lande neue Niederlafiungen. Hunderttaujende waren | 


gefallen, Italien ein verheertes Land, und das 
fiegende Rom mußte den Befiegten (Latinern und 
Bundesgenofjen) Das gewähren, um was man fo 
erbittert geftritten, — römijches Bürgerrecht. Vgl. 
Kiene, der römische Bundesgenofienfrieg (1845). 
Marsyas, Maoovas, 1) Sohn des Dlympos 
oder des Hyagnis oder des Diagros, ein phry— 
iicher Seilenos, Perjonififation des phrygiſchen 
Flötenſpiels im Dienſte der Kybele, im Gegenſatz 
zu der apolliniſchen Kithariſtik der Griechen. Er 
jollte die Flöte, die Athena weggeworfen hatte, 
gefunden und ſich mit Apollon in einen muſika— 
liichen Wettjtreit eingelaffen haben, worin er be: 
fiegt ward. Apollon zog ihm die Haut ab und 
hängte fie in einer Höhle bei Kelainai in Phrygien 
auf, in welcher der Fluß Marſyas jeine Quellen 
hatte; man erzählte, die Haut bewege —— 
wenn fie Flötenmuſik höre. Hdt. 7, 26. Xen. An, 
1, 2, 8. Or. met. 6, 382. fast. 6, 703. Hygin. 





Marsyas — Martialis. 


Xenophon (An.1,2, 8) am Fuß eines Bergichlofies 
bei Kelainai entipringt (vgl. Hdt. 7, 26. Curt. 
3, 1, 2), nad Strabon (12, 577) und Plinius 
dagegen bei Apameia aus dem 10 Millien ent: 
fernten See NAulofrene ausfließt; vielleicht find 
beide Angaben durd die Annahme eines unter: 
irdischen Zaufes zu vereinigen. Schon bei Apa- 
meia mündet er in den Maiandros. — b) ein 
anderer Nebenfluß des Maiandros in Karien, der 
an Mlabanda vorüber bei Tralles ſich in den 
Hauptfluß ergoß, j. Tichina. Hdt. 5, 118, 
Martiälis, 1) M. Valerius Mart., geb. zu 
Bilbilis im nordöftlichen Hilpanien um 42 n. E., 
fand an der juriftiichen Bildung, bie er in feiner 
Heimat in Calagurris, der Baterftadbt feines 
Freundes Quintiltan, erhielt, fein Wohlgefallen 
und ging daher im zweiundzswanzigiten Xebens: 
jahre zu weiteren Studien nad Rom, wo er jeine 
meifte Zeit und feinen vorzüglichiten Fleiß auf 
die Poeſie verwandte und infolge deſſen bei Nero 
und den folgenden Kaijern große Gunft und Aus: 
zeichnung genof, von Domitian zum Tribun er: 
nannt, wie von Gönnern mit einem Yandgute 
bei Nomentum im Sabinerlande und einem Fleinen 
Haufe in Rom bejchenft ward. Dennoch wünſchte 
er, vielleicht infolge verminderter Gunft bei Trajan, 
nad Hiſpanien zurüdzufehren, und der jüngere 
Plinius war ihm zur Ausführung feines Wunſches 
behülflih. Plin. ep. 3, 21, 2. Hier erhielt er zwar 
durch die reiche Marcella ein Landgut, jehnte jich 
aber dennoch nad) Rom zurüd. Er ſtarb indeſſen 
bald, wahricheinlich im 3. 102. — Wartial iſt der 
Schöpfer des neueren Epigrammes und der vor: 
züglichfte Dichter diejer Gattung unter den Rö— 
mern; jein ſprachliches Vorbild war Catull. Wir 
befigen von ihm 14 Bücher Epigramme, denen 
ein libellus spectaculorum vorangeht; die beiden 
legten find Xenia und Apophoreta betitelt. Die 


‚Epigramme, im ganzen 1200, find meiftens in 


elegiſchem oder iambiſchem Versmaß (Diftichen 
oder Hendekaſyllaben) abgefaßt, voll Geiſt und 
Witz, in treffender Kürze, mit großer Lebendigkeit 
die Züge und Sitten der Zeit ſchildernd, wenn 


fab. 165 (vielleicht nach einem Drama des Euri- auch ohne tieferen Ernft der Gefinmung, bisweilen 


pides). — 


Der Wettitreit des Marſyas war ein ſogar jchlüpfrig und anſtößig, auc nicht immer 


häufiger Gegenftand der bildenden Kunft. ine | frei von niedriger Schmeichelei gegen die Mächtigen 
Statue des Mariyas ftand auf dem Forum in der Zeit,"bejonderd gegen Domitian, den er ala 
Rom als Sinnbild der ftädtiichen Freiheit (Hor. | den Ausbund aller Tugenden eines Menjchen und 


sat. 1, 6, 120), und Nachbildungen diefer Statue, 
das bevorzugte Stadtrecht bedeutend, waren in der 
jpäteren Ratjerzeit in Städten Mleinafiens und 
Afrifas aufgeftellt. Wie diefer Marſyas dazu ge: 
fommen, ein Sinnbild der Freiheit zu fein, iſt 
nicht nachzuweiſen; vielleicht Liegt der Deutung 
auf Freiheit ein Bollswig oder ein Mißverftändnis 
zu Grunde. — 2) Gefchichtichreiber aus Bella, ein 
Stiefbruder des Antigonos, zugleicd mit Alerander 
erzogen und ſpäter Feldherr des Demetrios Po: 
liorfetes, jchrieb 10 BB. Mansedorınd von, dem 
erjten Könige bis zu Aleranders Zug aus Agyp— 
ten nad) Syrien. Außerdem foll er über die Er: 
ziehung Alexanders gejchrieben haben; dagegen 
gehören die ihm beigelegten 12 BB. "Arrınd wahr: 
icheinlicy einem jüngeren Mariyas, Sohn des Kri— 
tophemos aus Philippoi, dem noch andere Schrif: 
ten beigelegt werden. Bol. Müller, fragm. script. 
Alex. m, p. 40, und Ritſchl, opuse. I p. 449 ff. 
— 3) Geographiſch: a) Fluß in Phrygien, der nad) 





Regenten bewundert. Manche Anjpielungen find 
für uns nicht mehr erklärlich und erjchweren daher 
das Verftändnis des von jeinen Zeitgenofien wohl 
ſehr fleißig gelejenen und oft abgeichriebenen, daher 
auch vielfach forrumpierten Dichterd. Nur wenige 
Epigramme tragen als kürzere Bejchreibungen oder 
Schilderungen noch das ältere Gepräge einer bloßen 
Aufſchrift; faft überall nehmen fie den eigentüm: 
lichen Charakter des Sinngedidhtes an, daß fie in 
eine Bointe auslaufen, indem bie Erwartung ge: 
ipannt und nad) dem Ende gedrängt und dann 
durch Aufſchluß oder Anwendung befriedigt wird. 
Gegenftand find die Erjcheinungen der Zeit, Er: 
eignifje und Perſonen, welche indes meijt mit er: 
dichtetem Namen vorgeführt werden. Mit beißen: 
dem Wit und Spott werden die Gebrechen und 
die damalige grenzenloje Sittenlofigfeit verfolgt, 
ohne daß jich jedody der Dichter mit fittlicher Ent: 
rüftung dem entgegenftellt. Obgleich jein Leben 
frei von den geichilderten Ausartungen jein mochte 


Marus — 


(1,5. Plin. ep. 3, 21), jo fteht er doch inmitten 
der geichilderten Zuftände, umd jelbft in den ſcham— 
loſeſten Außerungen der Berderbtheit wird nicht 
die Sache angegriffen, jondern nur die Sachlage 
veripottet. Die ed. princeps erjchien 1470; 
fpätere Ausgg. von Rader (1607 u. 6.), 2%. $. 
Gronov und Schrevel (1661), die bedeutendften 
von Schneidewin (1842) und L. Friedländer (1886). 
Tertausgg. von Schneidewin (1853) und Gilbert 
(1886). Ausg. des erften Buches mit Kommentar 
von Flach (1881); des libellus en bon 
Friedländer (1884). — 2) ſ. Gargilius Mar- 
tialis. 

Marus nennt Tacitus (ann. 2, 63) einen nörd— 
lichen Nebenfluß des Danuvius, zwijchen dem und 
dem Cuſus ein Marfomannenhaufe von den Rö— 
mern Wohnfige angewieien erhielt; j. March, wäh: 
rend Cuſus der heutigen Waag zu entiprechen 
ſcheint. 

Maruvium ſ. Marsi, 1. 

Masinissa, Mesavdeong, ein Sohn des oft: 
numidifchen Königs Gala, wurde zu Narthago er: 
zogen, wo der talentvolle Jüngling auch Gelegen: 
heit erhielt, mit der Yitteratur der Griechen und 
Römer befannt zu werden. App. Pun. 10. Liv. 
24, 49. Seine frühzeitige Verlobung mit der 
jchönen Sophonibe, einer Tochter des Haſdrubal 
Giſgon, fnüpfte den jungen Fürftenjohn noch fefter 
an eine Stadt, welcher er jchon feine Bildung 
und Erziehung verdantte. Liv. 30, 12. 28. Geine 
großen Gaben, jowie jeine Anhänglichleit an Kar: 
thago zeigte er jchon früh im Kampf gegen den 
mit Rom verbundenen Syphar, den König von 
Weftnumidien, welchen er mehrere Male bejiegte 
und zum Frieden nötigte. Darauf fämpfte er 
unter feinem künftigen Schwiegervater Haſdrubal 
gegen die Römer in Hijpanien und hatte an der 
Vernichtung der Scipionen und ihrer Heere den 
ehrenvolliten und thätigften Anteil, 212 v. C. Als 
aber darauf der damals noch junge Scipio den 
Oberbefehl in Hiipanien über die römischen Heere 
übernahm, glänzende Siege in rafhem Laufe 
erfocht und den gefangenen Neffen Mafinifjas, 
Maſſiva, edelmütig aus der Gefangenſchaft entlieh, 
war damit ber erfte Anfnüpfungspunkt zu der 
ipäter jo ua Berbindung beider jugendlichen 
und großen Männer gegeben. Die Befiegung der 
farthagiichen Heere und ihrer Feldherren in Hiſpa— 
nien nad) diejem Ereignis brachte Scipios Blan, 
eine Verbindung Roms mit den numidiſchen 
Königen herbeizuführen, zur Reife. Liv. 28, 35. 
Maf. nämlich, der während des ganzen Krieges 
Karthagos Zuſtände und Bolitif genau erwogen 
hatte, der den Drud feiner Herrichaft nicht weniger 
fühlte als die Völker Afrifas und aus den 
Siegen der Römer und den Fortichritten ihrer 
Politik einen Schluß auf den endlichen Ausgang 
des Krieges machen zu dürfen glaubte, lieh ſich, 

eleitet durch Fuge Berechnung der ihm aus einer 
Rerbinbung mit Rom erwachſenden Borteile, durch 
eine Unterredung mit einem Unterfeldherrn Sci: 
pios bewegen, Roms Pläne zu fördern, während 
Syphax noch ſchwankte und endlich durch die Zu: 
fage der Hand der leidenichaftlih von ihm ge: 
liebten Sophonibe für Karthago gewonnen wurde. 
Liv. 28, 16. 35. 42. App. Hisp. 37. Pun. 10, 
Der bitter getänjchte und tödlich beleidigte Mai. 
ichloß fi) um fo enger an Rom an, als er mun 


747 


um jo mehr Grund zur Nache gegen Karthago hatte. 
Nach jeines Vaters Tode und der Ermordung 
feines Vetters Capuſa durch Mezetulus geriet Mai. 
in Lebensgefahr, da aud-Syphar jich mit jenem 
gegen ihn verbunden hatte. Er mußte ſich, ver: 
folgt von feinen Feinden, erft auf einen Berg, 
darnach in eine Höhle flüchten; erft nach Heilung 
feiner im Nampfe erhaltenen Wunden fam er 
wieder zum Borjchein und jepte jich in Beſitz des 
väterlihen Reiches, kämpfte mit abwechſelndem 
Glücke und trat nach Scipios Landung in Afrika 
(204) mit demjelben in Verbindung, nachdem er 
fur; vorher die von Karthago und von Suphar ans 
gebotene Ausjöhnung jheinbar angenommen und 
fogar in ihrer (und Scipios) Nähe fich gelagert 
hatte. Liv. 29, 27 ff. App. Pun. 11 ff. Bald aber 
trat er offen auf römifche Seite und nahm an den 
friegerifchen Unternehmungen teil, während er zu: 
gleih das Bermittelungsgeichäft zwiichen Scipio 
und Syphax fortiegte, einen von leßterem gegen 
ihn geſchmiedeten Mordverſuch entdedte und darauf 
in Verbindung mit den Römern den auf Narthagos 
Seite gedrängten Enphar, jowie die mit ihm ver: 
einigten Karthager in einem nächtlichen Uberfalle 
(208) befiegte. Pol. 14, 1ff. Liv. 30,3 ff. Das: 
ſelbe Schidjal hatten diejelben in einer zweiten 
Schlacht, in welcher Syphax - gefangen wurde, 
worauf feine Hauptſtadt Eirta ſich ergeben mußte. 
Hier vermählte fi) Maf. mit der noch inmig von 
ihm geliebten Sophonibe, weldye er dadurd vor 
römischer Gefangenichaft zu retten hoffte, jedoch, 
von Scipio deshalb getadelt, durch Darreihung 
des Giftbechers vor Auslieferung an Rom be: 
wahrte. Nach Hannibals Rücklehr verheerte Ber: 
mina, des gefangenen Eyphar Sohn, das Reid) 
des Maſ., und nur die enticheidende Niederlage 
Hannibals bei Zama (202) that den Verwüſtungen 
Verminas Einhalt. Maſ. erhielt zur Belohnung 
für jeine den Römern bewiejene Treue zu dem 
jeinigen das Neich des Syphax. Das Verhältnis 
wiſchen ihm und dem jo tief, zum Teil durch 
Ei Hülfe, gedemütigten Karthago war begreif: 
licherweife ein ſehr feindliches, da die Beſtim— 
mungen bes Friedens jo ungewiß waren, daß 
Mas. nicht anftand, an Karthago mancherlei For— 
derungen zu ftellen und dasjelbe zu wiederholten 
Malen (jo in den Jahren 196, 172) zu Abtre— 
tungen zu nötigen, ohne daß die Nömer ſich der 
Klagen der zur en verurteilten War: 
thager annahmen. Pol. 32,2. Liv. 30, 37. 42,23 ff. 
Just. 33, 1. Zugleich juchte er durch Anfachung 
oder Nährung von Parteiftreitigkeiten in Karthago 
den unglüdlichen Staat dauernd zu jchwächen, wie 
er nicht minder fein Treiben in Rom zu ent: 
ichuldigen wußte, bejonders durch Anbringung 
unmürdiger Beihuldigungen gegen die Karthager. 
Liv. 43,3. Co verging unter jteten Pladereien 
ein halbes Jahrhundert; da griffen die verzwei— 
felnden KRarthager zu den Waffen (150), erlagen 
aber der Macht des zwar in hohem Alter ftehenden, 
aber doch noch jugendlich rüftigen Maj. Just. 38, 6. 
Das Ende des dritten punischen Krieges erlebte 
er nicht mehr. Ihn hatten die gerade herein: 
brechenden Ereignifje tief verftimmt, er mochte in 
der legten Stunde jeines ruhmgefrönten Lebens 
wohl den Fehler desjelben erfennen, das gedemü- 
tigte Karthago mit jeinem ganzen bitteren Haſſe 
zu unbarmherzig verfolgt zu haben, während ihm 


Masinisea. 


1748 Masistios 
nunmehr flar wurde, zu weflen Gewinn er ge: 
arbeitet. Daher die Mißſtimmung zwijchen ihm 
und den römischen Komjuln, welche im %. 149 
nad Afrifa hinübergingen, um das Schidjal tar: 
thagos zur Entiheidung zu bringen. Nur feine 
Hingebung für die Familie der Scipionen be: 
wahrte er treu bis zum legten Augenblid und 
gebot fterbend —* Kindern, mit dem jüngeren 
Seipio, der 3 a nad feinem Tode in der 
Hauptftadt Cirta anfam, die Neichsangelegenheiten 
zu beiprechen und jeinem Wusipruche Folge zu 
leiften. Er ftarb im J. 149, 90 Jahre alt, muß 
aljo im J. 238 geboren jein. Pol. 37, 3. Bal. 
App. Pun. 106. Eutr. 4, 11. Aber noch bis ins 
höchfte Alter blieb er der einfachen Weiſe jeines 
Bolfes, um welches er fi) durch Beförderung des 
Aderbaues unfterbliche Berdienfte erworben hatte, 
treu, bewahrte ſich auch eine jeltene Geiftesfrifche, 
bejaß aber auch die feinen Yandsleuten angebore: 
nen jchlimmen Eigenjchaften der Treulofigteit und 
Unzuverläffigfeit, während Herrich: und Gewinn— 
jucht neben berechnender Stiugheit ihn an Rom 
feflelte. Liv. 42, 29. Den Wiſſenſchaften Freund, 
ließ er auch feine eigenen Kinder und Kindesjöhne 
aufs forgfältigfte unterweilen und übte fie von 
früher Jugend an in ununterbrochener Arbeit und 
Thätigfeit. Doch verbitterten Argwohn gegen feine 
nächite Umgebung und wohl mehr noch die Sorge 
um Roms Pläne und Abfichten ihm die letzten 
Tage feines Lebens. 

- Masistios, Masisrıos, auch Mexiarıog, Führer 
der perfiichen Reiterei unter Mardonios im zwei: 
ten Perſerkriege, fiel in einem Gefechte unmittelbar 
vor der Schlacht bei Plataiai, 479 v. C. Hat. 
9,20 ff. Plut. Arist. 14. 

Masönes j. Papirii, 11, €. 

Mafs, uereov, ıhensura, ift entweder Längen: 
oder Flächen: oder Körpermaß, letzteres für trodene 
und flüſſige Gegenſtände; Maß und Gewicht find 
aber weder praftijch noch theoretijch in der älteften 
Zeit recht geichieden. Nach Boedh iſt das Ge: 
wichtsſyſtem, wie auch die Zeitrechnung, babylo= 
nischen Urfprungs. Die Babylonier gebraud): 
ten zur Meffung, namentlich der 12 Stunden der 
Naht, das Wafler. Das Hauptmaß wurde in 
12 Teile abgeteilt und auch Gefähe angefertigt, 
welche den zwölften Teil enthielten. Das Duo: 
deeimaliyftem hat auf die Ägupter und wahrjhein: 
lich jpäter auch auf die Römer Einfluß geübt. - 
Zuerſt find ohne Zweifel die räumlichen Ausdeh: 
nungen gemeſſen worden, und zwar bildete hier 
der menjchliche Körper ſeibſi die Grundlage. Die 
Handbreite, die Armlänge, die ausgebreiteten Arme, 
der Fuß, der Schritt ſind die Maße, auf welche 
die Natur ſelbſt hinweiſt, und die für die Be— 
dürfniffe des erften Kulturzuftandes ausreichen. 
100 Fuß lang trieb der Pflüger jeine Stiere und 
zog ſolcher Furchen jo viele nebeneinander, bis die 
Breite des beaderten Stüdes der Fänge gleich 
war. Dies Geviert der hundertfüßigen Furche iſt 
das urſprüngliche Flächenmaß bei Griechen und 
Italilern. Die Baukunſt läßt ſich ohne genau 
normierte künſtliche Maßſtäbe nicht denken, daher 
finden ſich bei den Agyptern, den älteften Baus 
meiftern der Erde, die älteften genau normierten 
Mahftäbe: die ägnptifche fönigliche Elle betrug 
28 Fingerbreiten und war 525 bis 527 Milli: 
meter lang; dieje meint auch Herodot (2, 168). - 


— Mals, 


J. Die große Mannigfaltigkeit der helleniſchen 
Landichaften hatte auf das Maß: und Gewichts: 
inftem geringeren Einfluß als man erwarten follte, 
weil das Bedürfnis der Einheit bei der weiten 
Ausdehnung des Handels eine annähernde Über: 
einftimmung mit dem Wuslande nötig, 3 ee 
aber auch der frühe Einfluß des babylonifchen 
ſyſtems, wahrjcheinlich infolge phoinikifcher * 
mittelung, fie möglich machte. Was die Längen— 
maße betrifft, jo betrug das olympiiche Stadion 
(oradıor, Plur. ora@dım und oradıo.) wie über: 
haupt das Stadion in ganz Griechenland 600 grie: 
chiſche Fuß (ü 0,3205; 625 römische Fuß nad 
dem Berhältnis von 24:25), ungefähr den achten 
Teil einer römischen Millie oder den vierzigiten 
einer geographiichen Meile = 192,27 m; diejes aber 
zerfiel in 6 Plethra zu 100, oder in 100 Klafter 
(deyruag) zu 6 Fuß, im ganzen aljo 600 griechiiche 
Fuß (modus), deren jeder danı wieder 5 Hand: 
breiten (mekaıordg oder doyuds) oder 16 Zolle, 
gleichwie die Elle (migvs) 6 Handbreiten oder 
2 Spannen (omıdauds) zu 12 Bollen (daxruloıg) 
hielt. Ein Ödxrvlog = 19,3 mm, ein nor — 
308,3 mm (genauer 0,3205 m) oder 11,79 pr. Zoll. 
Die eben erwähnte Länge des Stadions unterliegt 
aber faktisch mehrfacher Modififation, da an ein 
genanes Ausmefjen größerer Streden mit dem 
Maßſtabe nur in den jeltenjten Fällen zu denken 
ift, vielmehr gewöhnlich man fi) mit dem Aus: 
Ichreiten begnügte; ja man beftimmte die Länge 
eines zurüdgelegten Weges aud nad der Zeit 
und jegte eine Tagereije u. ſ. mw. in runder Zahl 
in Stadien an. Daß dabei Irrtümer unterlicfen, 
liegt auf der Hand. Das Stadion, welches Herodot 
feinen itinerarifchen Beftimmungen zu Grunde ‚legte, 
ift ebenjowenig das Bierhundertfacdhe feines urrguos 
ziyvs, als das Stadion Kenophons das Sechs— 
hundertfache des attiichen Fußes, jondern beide 
find Heiner. Wahrſcheinlich rechnete man das Jti: 
nerarftadium auf 200 Schritt = 500 pr. Fuß. 
— Die Flähenmahe begannen mit entiprechen: 
den Unterabteilungen bei dem Quadratplethron, 
das 0,372 Morgen oder 0,095 SHeltaren betrug; 
die kubiſchen Mafe aber werden am beiten auf: 
fteigend von der xorvAn an verfolgt, die ſowohl 
bei flüjfigen als feiten Gegenftänden gebräuchlich 
war, und deren dort 12 einen yodg, 144 einen 
werentns ausmachten (39,39 Liter), bier 4 auf 
einen zoivı&, 32 auf einen Exrevg, 198 auf einen 
wedıuvog (62,53 Liter) gerechnet wurden. Der du- 
Popküg uerontig hatte 864 xvador (bei fluſſigen 
Dingen), der uedıuvog 1152 auador (trodene). 

II. Bei den Römern, bei denen Mah und Ge: 
wicht zuerft von Servius Tullius geregelt ward, 
it die Bezeichnung der Längenmaße folgende: 
digitus, die Breite eines Fingers, pollex eines 
Daumens, Zoll, palmus einer Hand, gleich 4 digiti 
oder 3 Zoll, pes 1 Fuß oder 12 Zoll = 16 digiti, 
eubitus eine Elle, von der Spike des einwärts 
gebogenen Ellenbogens bis zur äußerſten Spitze 
des Mittelfingerd, 1, Fuß, passus ein Schritt 
oder 5 Fuß, von dem Plage, wo der Fuß auf: 
gehoben, bis dahin, wo er wieder niedergejeht 
wurde, das Doppelte eines gewöhnlichen Schrittes, 
gradus oder gressus. Eine 10 Fuß lange (de- 
cempeda) Stange hieß pertica, Rute. Der Fuß 
(pes) enthielt 4 palmi, 12 pollices, 16 digiti, 
wurde aber auch in 12 Teile geteilt, die nach den 


In 


Massaesyli — 


Teilen des römijchen as benannt waren. 625 Fuß, 
oder 125 passus machten ein stadium, 8 stadia 
eine Meile, mille oder milliarium, aus. Bon 
den Berjern rührt der Name Barajangen für | 
30 Stadien und Schoinos für das Doppelte her. 
As Flächenmaß enthielt das iugerum (j. d.) 
240 Fuß Yänge und 120 Fuß Breite; ein halbes | 
hieß actus quadratus,. — Die Mafe für flüffige 
Segenftände waren: der culeus = 527,27 Liter, | 
bat 20 amphorae, die amphora (j. d.), aud) qua- 
drantal oder cadus, enthält 2 urnae, 8 congii, 
48 sextarii und 96 heminae oder cotylae, | 
576 cyathi. Das größte Maß für trodene Gegen: 
ftände war der modius = 8,75 Liter; 6 modii 
waren ein medimnus. — Zur befjeren Berjinn= | 
lihung und leichteren Übertragung j. die tabel: 
larijhe Uberjiht im Anhange. Bal. Fr. 
Hultich, griechiiche und römiſche Metrologie (2. Be: | 
arbeitung 1882). 

Massaesyli (-Tl) ſ. Mauritania und Nu- 
midia. 

Massagötae, Mascayeraı, ein mächtiges und 
friegerijches Nomadenvolt im Oſten des Kajpijchen 
Meeres jenjeits des Jarartes (von Hdt. 1, 2015.) 
Arares gen.), aljo am Nraljee und in der Kirgiſen— | 
fteppe. Ihre Sitten werden uns als jehr roh und 
wild geicdhildert (Weibergemeinjchaft, Tötung und 
Verzehren der reife); fie verehrten die Sonne 
und opferten ihr Pferde. Doch waren fie wohl 
ariicher Abjtammung. Der Reichtum des Landes 
an Kupfer und Gold zeigte fih auch an der 
Rüftung und dem Schmud von Mann und Roß, 
während Eijen und Silber ihnen fehlten. Udt. 
1, 215. Strab. 11, 5125. In ihrem Lande fand 
nad) Herodot (1, 208 ff.) und Juſtin (1, 8) Kyros 
feinen Untergang. 

Massicus mons, j. M. Majfico, ein im NW. 
Campaniens gelegener Berg in der Nähe von 
Sinuefja, berühmt durch jeinen von den römischen 
Dichtern viel gepriefenen Wein. Hor. od.1,1, 19. 
2, 7,21, 3, 21,5. sat. 2,4, 51. Verg. @. 2, 143. 
Liv. 22, 14. Cie. leg. agr. 2, 25, 66. 

Massilin, Mascall« (d. h. Wohnung, Nieder: 
laſſung), jebt Marfeille, eine um 600 v. E. von 
flüchtigen Phokaiern gegründete Kolonie an der 
Küfte der Ligurier in Gallien am Galliſchen Meer: 
bujen, im Dften der 3 Rhodanusmündungen, deren 
dftlichfte die Maffaliotifche hieß, auf einer durch 
einen 1500 Schritt breiten Iſthmus mit dem Feſt— 
lande zujammenhängenden SHalbinjel mit einem 
trefflihen Hafen Yalydon und einer fejten Burg. 
M. war eine der bedeutendften Städte der alten 
Welt, die jelbit eine Anzahl Kolonien, 3. B. Em: 
porion, Rhode, Olbia, Antipolis, ausgejendet hat, 
und die wichtigite Stadt der römischen Provinz, 
jedoch dem römischen Statthalter nicht unterworfen. 
Der Einfluß, den griechiſche Verfaſſung, Sitte, 
Kunft und Wiſſenſchaft von hier aus verbreiteten, 
muß als jehr bedeutend betrachtet werden. In 
römischer Zeit war deshalb M. auch der Lieblings: 











Mathematica. 149 
den Hafen aufgenommen hatte, wurde fie nad) 
hartnädiger Gegenwehr, bejonders nad) 2 See: 
ſchlachten, im J. 49 durch Trebonius und D. 
Brutus eingenommen (Caes. b. c. 1, 36. 2, 1ff.), 
und Cäſar ließ ihr zwar die freiheit, legte ihr 
aber doc) viele Laften auf. Bon diejer Zeit an 
hört die politiiche Bedeutſamkeit Majfilias auf, 
während es noch unter den Kaiſern als Sig wiſſen— 
ichaftliher Studien Bedeutung hatte. Tac. ann. 


4, 44. Agr. 4. Unter den Gebäuden find nament: 


lich zu erwähnen die Tempel der ephejiichen Diana 
und des Apollon. Strab. 4, 179 ff. Abhandlungen 
von Brüdner (1826), Sonny (1887) und Wilsdorf 
(1889). 

Massiva, 1) Neffe des Mafiniffa, j. d. — 
2) Entel des Mafiniffa, Sohn des Gulufja, Königs 
von Numidien, nad) dem Tode des Adherbal und 
Hiempjal rechtmäßiger Thronerbe und deswegen 
im Auftrage Jugurthas (j. d.) durch deilen Diener 
Bomilfar in Rom ermordet (111 v. E.). Sall.Jug. 36. 

Massylia |. Numidia. 

Mastanäbal, Maoravaßeg, der jüngjte der 
3 Söhne des Mafiniffa, Vater des Jügurtha, 
teilte nad) des Baters Tode (140) infolge der 
Anordnungen desjelben mit den Brüdern die Lei: 
tung Numidiens, jo daß er, der in griechiicher 
Litteratur jorgfältig unterrichtet und gebildet war, 
die Rechtspflege zu leiten hatte. Seinen Sohn 
Jugurtha adoptierte jein Bruder Micipja nad) 
Maftanabals Tode. Liv. ep. 50. Sall. Jug. 9. 

Mastarna j. Servii, 1. 

Meaorı$, ein furzer Stab, an deſſen Ende 
eine Anzahl Peitſchenſchnüre befeftigt war. 

Mastusia, Maorovola äxpe, 1) die Südweit: 
ipige des thrafiichen Eherjonejes, Sigeion gegen: 
über, j. Elles:burun, ital. C. Greco. Plin.4, 11,10. 
Mela 2, 2. — 2) ein Berg Joniens, an deſſen 
Abhange Smyrna erbaut war. Plin. 5, 29, 31. 

Masurius Sabinas, ein römijcher Jurift und 
Gründer der nah ihm genannten Schule der Sa- 
binianer, lehrte unter Tiberius und den folgen: 
den Kaijern bis in die Regierung Neros. Pers. 
5, 90. Bon feinen vielen Schriften waren jeine 
tres libri iuris eivilis jpäter Gegenjtand umfaj: 
jender Kommentare (von Ulpian, Bomponius n. a.) 
und wurden jo für die Digeſten einflußreich; fie 
jelbft find micht auf uns gefommen. Bgl. Juris 
consulti. 

Mater familias heißt die rau, quae in ma- 
num mariti convenit, im &egenjaß zu uxor, 
Gattin überhaupt und einer rau ohne Mamus. 
©. Ehe, II. 

Mathematica, r& uaßnuarınd oder uahhj- 
para, gewijjermaßen die wiſſenſchaftlichen Kennt— 
niffe überhaupt, jpeziell diejenigen, ın denen zuerft 
die Form der iffenfchaft am beutlichften zum 
Borichein fam, die Mathematit. Auc fie erhielt 
dur die Griechen ihre erfte Ausbildung, nament- 
lich durd die ionijhen Philoſophen, nod) 
mehr durch die Bythagoreer. Biele Erfahrungs: 


aufenthalt gebildeter Römer, die im Eril lebten, |jäße, Aufgaben und Methoden waren freilich aus 
3: B. des T. Annius Milo. Das unter dem | dem Oriente, bejonders Ägypten und Babylonien, 
Schatten römischer Freundichaft mächtig wachjende | herübergelommen; aber die wiflenichaftliche Gejtalt 
M. konnte jich nicht frei halten von dem Partei: |verdanfte fie den Griechen. Um die Arithmetik 
tampf zwiichen Cäſar und Bompejus, die ihm | machten ſich bejonders Pythagoras und mac 
beide Wohlthaten erwiejen hatten. Anfangs wollte | ihm Archytas und Bhilolaos berühmt; die 
\ Geometrie bereicherte Pythagoras mit dem nad) 


deshalb die Stadt neutral bleiben, doch als die 
arijtofratiiche Partei eine Flotte des Bompejus in | ihm benannten wichtigen Lehrſatze; auch Anara- 


750 


goras (j. d.) und Hippofrates aus Chios (450 


Mathematiei — Mathematische Geographie. 


noch 2 Männer berühmtes Namens erwähnt, Dio— 


v. E.) bearbeiteten fie, zumal der leptere, welcher | phantos (zwifchen 160 und 360 n. E.), ber ich 


die Duadratur feiner lanula fand und das berühmt 
gewordene „delifhe Problem“ der Verboppe: 
lung des Würfeld zu löſen juchte, mit dem fich 
viele Gelehrten des Altertums beichäftigten. Ste: 
reometriiche Verhältniffe erörterte ſchon Archytas 
in feinen Vorträgen und namentlich die erſte Kurve 
doppelter Krümmung, und Platon führte in die 
Geometrie die analytische Methode jowie die Lehre 
von den Kegelichnitten und geometriſchen Ortern 
ein, wodurd er die mathematische Wiſſenſchaft jo 
bedeutend förderte, daß im Gegenjaß zur niederen 
Geometrie feine Schüler von einer tranjcendenten 
Geometrie ſprachen. Neben Platon und Archy— 
tas blühte etwa gleichzeitig Eudoros von Kni— 
003; Ariftaios, Menaihmos und jein Bruder 
Deinojtratos bildeten die Xehre von den Kegel: 
fchnitten weiter aus, und die ſ. g. Quadratrir des 
Deinoftratos, welche indeflen von dem gleich: 
zeitig lebenden Hippias entdedt wurde, ſucht 
das Problem der Dreiteilung eines. Winfels und 
die Duadratur des Kreiſes zu löſen. Was jo vor: 
bereitet war, erhielt durch Ariftoteles cine be- 
deutende Erweiterung an Umfang und Tiefe und 
vielfache Anwendung auf die Mechanik, und ſchließ— 
li durch die Bemühungen der alerandrinijchen 
Periode die dem Altertum erreichbare wiflenichaft: 
lihe Bollendung. Namentlich gelang die ſyſte— 
matifche und methodiiche Bearbeitung der Arith- 
metit dem Eufleides, und durh Arhimedes 
und Eratojthenes wurde dieſer Zweig bereichert. 
Vorzugsweiſe machte jich jedod) derjelbe Eufleides 
um die Geometrie verdient, dem feine berühmten 
„Elemente“ (oroıyeia) den Namen des „Baters 
der Geometrie‘ erworben haben. Mit ihm find 
Archimedes und Apollonios von Perga 
jowie ſpäter Diophantos die 4 Hauptgründer 
der Mathematif der Alten geworden. Archime: 
des löfte die Quadratur der Parabel, fand das 
Berhältnis zwijchen Umfang und Durchmefler des 
Kreifes, zwiichen dem Anhalt der Kugel und des 
ihr umfchriebenen Eylinders, beftinumte die Volu— 
mina der Sphäroide und erweiterte überhaupt die 
geometrijche Analyfis bedeutend. Apollonios 
unterfuchte die Eigenſchaften der Scnittfiguren 
am jcharfen Kegel und bradıte die Theorie der 
Kegelichnitte zu einem hohen Grade von Vollen- 
dung. Die Arbeiten diejer beiden genannten Ma: 
thematifer bezeichnen die glänzendite Epoche der 
alten Geometrie. — Eine geometrijche Löſung des 
deliichen Problems erhielten Menaihmos und 
Apollonios durd die Kegelichnitte, jpäter Ni: 
fomedes (vielleicht um 150 v. E.) durch die von 
ihm erfundene Conchoide, Diofles (vermutlich 
im 6. Jahrh. n. E.) durch die Eifjoide. Hip— 
parchos, der größte Aftronom des Wltertums, 
wurde der Begründer der für jeine aſtronomiſchen 
Berechnungen notwendigen ebenen und iphäriichen 
Trigonometrie, um deren weitere Entwidlung Ge— 
minos, Theodojios (vielleicht um 50 v. C.) 
und der Aftronom Menelaos (vielleicht um 100 
n. €.) bemüht waren. Die einzige Darftellung 
der ebenen und ſphäriſchen Trigonometrie aus 
dem Altertum ift von Klaudios Ptolemaios 
(um 150 n. E.), dem großen Aftronomen, —— 
in ſeiner uednuerun avvradıg. Bon Mathe— 
matikern des jpäteren Altertums jeien jchließlich 


vorzugsweiſe mit der ſ. g. unbejtimmten Analyſis 
beichäftigte, und Bappos am Ende des 4. Jahrh., 
deſſen „mathematiihe Sammlungen” (uednuarı- 
»al gvrayayal) die wichtigften Entdedungen der 
früheren Mathematifer zujammenftellen. — Die 
Mechanik wurde lange Zeit nur praftijch betrieben, 
bis nad) verjchiedenen vergeblihen Berjuchen an— 
derer Archimedes ihre theoretiichen Grundlagen 
fejtjtellte und mit den Gejegen der mechaniichen 
Potenzen (Hebel, Rolle u. j. w.) und des Schwer: 
punktes die Mechanik fejter Körper, mit der Auf: 
ftellung feines hydroftatiichen Prinzips die Mechanif 
der Flüffigkeiten begründete. Unter den übrigen 
Gelehrten ift hier nur Heron von Alerandreia 
(um 250 v. E.) bejonders zu nennen, der u. a. 
die nad) ihm benannten Apparate, den Herons— 
brunnen, Heronsball und die Holipile erfand. Nicht 
bloß in Alexandreia, fondern auch in Rhodos, 
Pergamos und bejonders in Syrafus blühte die 
Mechanik in ihrer praktischen Nusübung. — Weniger 
kennen wir die Tyortichritte in der Optik, da die 
darauf fich beziehenden Schriften teils verdächtig, 
teild verloren gegangen jind. Die Akuſtik warb 
zuerft von Pothagoras aufgewieſen, jpäter von 
Ariſtoteles bearbeitet. — Bei den Römern wurde 
die Mathematif nicht weiter gepflegt; empirijche 
"ertigfeit genügte ihnen zum Behufe der Yänderei: 
verteilungen und der Abſteckung eines Lagers. 
Einige dahin einichlagende Aufläge haben wir von 
Hyginus, außerdem traten Barro, Vitruv 
und Julius Frontinus als Schriftjteller in 
diefem Fade auf. Bol. Ideler, Handbuch der 
Chronologie (1825). Gantor, Borlejungen über 
Geſch. der Mathematif (1. Bd. 1380). Hankel, zur 
Geſch. der Mathematif im Altertum und Mittel: 
alter (1874). 

Mathematici, Madnuerıxoi, „Mathematiker, 
heißen bei Ariftoteles (p. 291 b 9. 297 a3. 298a 15) 
und andern (3.B. Plut. plac. phil. 2, 15,19, 31. 
Stob. ecl. phys. p. 516. 560) diejenigen Männer, 
zumal der platonijchen Schule, welche fich einer 
wiſſenſchaftlichen Erforſchung der Mathematif und 
Aitronomie widmen (vgl. den folg. Art... Als 
ipäter (j. Sext. Emp. adv. Math. V. init. p. 728 
Bekk.) die wifjenichaftliche „Aftrologie” zum Unter: 
ichiede von der Sterndenterei als „Altronomie‘ 
bezeichnet wurde, war der Name mathematici 
vielfach gleichbedeutend mit astrologi, Sterndeuter. 
Bgl. Chaldaei. R 

Mathematische Geographle. Über das Welt: 
all und die Erde in ihrer Beziehung zu den andern 
Weltlörpern waren die Begriffe der Alten dunkel 
und mehr oder weniger unrichtig. Nach der Bor: 
ftellung der Griechen und Römer war die (Erde 
aus einem ſchon vorhandenen Urjtoffe entitanden, 
entweder unter dem Einfluß einer Gottheit oder 
durch Zufall. Thales nahm als ſolchen Urſtoff 
das Wafler an, Anarimenes die Yuft, Herakleitos 
das Feuer, Empedolles und nad ihm Platon und 
Ariftoteles eine Miſchung diefer 3 Elemente; 
Anarimander dachte an eim unendliches Etwas 
(rd &rsıpgov), wieder andere an Atome u. ſ. w., 
und fo wie man fi auf dieje verichiedene Weije 
die Entftehung der Welt gedacht hatte, jo mußte 
natürlich die aljo entjtandene Welt auf analoge 
Weiſe ihr Ende finden können. Nur die eleatij 


Mathematische Geographie. 


751 


Philoſophenſchule (Kenophanes, Barmenides), welche | Ariftoteles erwarb fid) dadurch um die mathe: 
alles Seiende für ewig und unvergänglich hielt, | matifche Geographie ein großes Berdienft, daß er 
und jpätere Stoifer, wie Chryfippos und Pofei: | jene von den „Mathematifern‘ gewonnenen Kennt: 
donios, welche die Welt für ein lebendes, ver: niſſe zu jammeln, zu ordnen und zu vervollftän- 


nunftbegabtes Wejen hielten, nahmen eine ewige 
Dauer der Welt an. Auch über bie Zahl der 
Welten, ob eine oder mehrere, waren bei dunklen 
Vorftellungen die Anfichten verichieden. Die Ge: 
ftalt der Welt, zu welcher die Erde gehört, war 
nah den meiſten jphäriih, mac andern fegel- 
förmig oder eiförmig (Empedofles) — fait alle 
dadıten fie ſich aber auf irgend eine Weije ein- 
geichlojien, 3. B. entweder von einer Dauer oder 
einer erdigen Mafje (PBarmenides, Anarimenes) 
oder von einer Haut (Leufippos, Demofritos). 
Die Erde war nad der allgemeinen Anficht der 
feftftehende Mittelpunft des ganzen Weltalls, um 
den ſich die Sonne mit dem Monde und allen 
übrigen Planeten herumbewege. Nach den mythi— 
ſchen Anfchauungen des hellenifchen Bollsglaubens 
und der älteften Dichter war fie eine vom Okeanos 
(unter welchem man zuerft einen großen Strom, 
ſeit Herodot das Weltmeer verjtand) umfloſſene 
Sceibe, die bei Thales auf dem Urwaſſer ſchwimmt. 
Anarimander läht die Erdicheibe, deren Breite 
das Dreifache der Dide betragen joll, inmitten 
der Weltenhohltugel jchweben, bei Anarimenes 
fol fie von der im der einen Welthalbfugel zu: 
jammengepreften Yuft getragen werden, Xeno- 
phanes gibt ihr Wurzeln, die jih bis ins Un— 
endliche erftreden, während bei Barmenides, der 
die Erde vermutlicd; auch noch für jcheibenförmig 
hielt, fie inmitten eines Weltſyſtems ineinander 
gelagerter Kugeln ruht. Die übrigen Philojophen 
behalten in der Hegel die Scheibenform bei, nur 
Zeufippos erklärte, die Geſtalt der Erde jei die 
eines Tympanon, aljo die einer Keffelpaufe. Die 
Längenausdehnung der bewohnten Erde (n olxov- 
uern) jhäßt Herodot zu 37 000--40 000 Stadien. 
Nachdem noch Pythagoras die Scheibengeftalt 
und Mittelpunftjtellung der Erde ohne jede Be- 
wegung gelehrt, bildeten jeine Schüler allmählich 
das Syſtem zu der Lehre von der Kugelgeſtalt, 
ihrer ercentriihen Xage und der Kreisbewegung 
um das Gentralfeuer mit gleichzeitiger Achſen— 
drehung aus, und Bhilolaos machte dieje Lehre 
allgemeiner befannt, in der auch Sonne, Mond 
und Planeten Kreisbahnen um das Gentralfeuer 
als Weltenherd beichreiben. Später ftellten Hike— 
tas, Ekphantos, Herafleides aus Pontos 
die Vermutung auf, dab Himmel, Sonne, Mond 
und Sterne ſtill ftänden, die Erdfugel aber mit 
grober Geſchwindigleit um ihre Are fich drehe. 

cheibe ift die Erde noch bei Sofrates; aud 
Platon jpricht ihe nicht die Kugelform zu und 
läßt fie unbewegt in der Weltmitte ſchweben, wäh- 
rend jich um fie zumächit Mond und Sonne, dann 
5 Planetenſphären, und zwar die der Venus zuerft, 
dann die des Merkur, Mars, Jupiter und Saturn, 
bewegen. — Erft die Schüler des Sofrates und 
Blaton geben die jpelulativen Hypotheſen auf 
und wenden fich wirklicher aftronomijcher Forſchung 
zu, und dieſe „Mathematiker (Eudoros von 
Knidos, Heliton und Kallippos aus Kyzi— 
fos, Philippos aus Opus, Heralleides 
aus Herafleia in Bontos u. a.) erweijen die 
Kugelgeftalt der Erde und jchäßen, wie uns Ari— 
ftoteles mitteilt, ihren Umfang zu 400 000 Stadien. 


digen wußte und fie dann zu dem Aufbau jeines 
Weltſyſtems verwertete. Er bewies für die Die 
Vertiefungen ausfüllende Wafjermafje die Ktugel— 
oberjläche und ftellte die Erde ohne Arendrehung 
in die Weltmitte, während um fie 56 Stugelichalen, 
teils recht-, teils rüdläufig fich bewegend, die himm— 
liſchen Erſcheinungen bewirken jollten. — Nachdem 
zuerft Anarimander eine Erdfarte gezeichnet 
hatte, die Hekataios von Milet verbejierte, 
entwarf Dilaiarchos, der Schüler des Arijtote- 
les, ein Weltbild, in weldem er die bewohnte 
Erde, die er 1'",mal fo lang als breit erflärte, 
vermitteljt eines durch Rhodos gezogenen Parallels 
in 2 Hälften teilte, jo daß er alſo den erjten 
Barallelfreis fonftruierte. Eudemos ermittelte die 
Sciefe der Efliptit zu 24”, Pyiheas gab die 
erfte Meflung der Sonnenhöhe vermittelit des 
Gnomon, Ariftarhos von Samos bejtimmte 
den fcheinbaren Sonnendurchmefjer, juchte das Ver: 
hältuis der Abjtände der. Sonne und des Mondes 
von der Erde feftzuftellen und ſprach mit Be: 
ftimmtheit die Anficht aus, daß die Erde in einem 
ſchiefen Kreiſe um die Sonne ji) bewege und um 
die eigene Are fi drehe. Der legteren Behaup: 
tung joll aud; Seleulos aus Seleufeia am 
Tigris (um 150 y. €.) beigepflichtet haben. Da 
aber feine Beweiſe beigebradt werden fonnten, 
hielt man die ariftoteliidye Lehre feit, und Archi— 
medes fertigte ein vollftändiges Planetarium an, 
eine Heine Erdfugel in einer gläjernen Sphäre, 
umtreift von den Planeten in verichiedenen Ent: 
fernungen und mit verjchiedenen Geſchwindigkeiten. 
Andere Nachbildungen waren die Ningkugeln oder 
Armillariphären des Eratofthenes. — Nachdem 
neue Schätzungen, wie Archimedes mitteilt, den 
Erdumfang zu 300 000 Stadien angegeben hatten, 
unternahm Eratojthenes (276—196 v. E.) die 
erjte und einzige wirkliche Meflung der Erdgröße 
im Mltertum und ſchloß folgerichtig aus jeiner 
Grabmefjung, daß der Erdumfang 250 000 Stadien 
betrage, eine Zahl, die ſpäter willkürlich auf 
252 000 Stadien erhöht wurde, um genau 700 Stas 
dien auf Einen Grad rechnen zu fünnen. Durch 
dieje Erdmefjung, durch jeine verbejjerte Erdfarte, 
in der jchon mehrere Meridiane und PBaralleltreije 
geogen find, und endlich durch ein geographiiches 

ert (Tewygayına), das zum erjtenmal die Lchre 
von der Erde ſyſtematiſch behandelte, wurde er der 
Begründer der wiſſenſchaftlichen Seographie. Hip— 
parchos, der große Aftronom, jtellte behufs ge- 
nauerer Beitimmung der geographiichen Längen 
eine Finfternistabelle auf und entwarf ferner eine 
Breitentabelle, weldhe von Grad zu Grad fort: 
jchreitend die für einen jeden der 90 Parallelkreiſe 
der nördlichen Hemiſphäre berechneten Himmelser: 
jcheinungen und zn verzeichnete. Daraus 
ergab fid ihm eine Einteilung der nördlichen Erd: 
hälfte in jogenannte Klimata, Erdgürtel (Pto: 
lemaios gibt in jeiner Geographie Deren 21, im 
Almageſt 35 an), die nach beftimmten Tageslängen 
abgegrenzt wurden. Die Schiefe der Efliptit wurde 
in Übereinftimmung mit Eratofthenes genauer 
gemeflen, und durch jorgfältige Beobachtung ge: 
lang ihm fogar die Entdedung der Präzejlion der 


752 


Nachtgleihen und der ungleichen Geichwindigfeit 
der Sonne in ihrer Bahn, die ihn auf eine er- 
centrifche Stellung der Erde in dem Sonnenfreije 
und demnach auf die richtige Behauptung führte, 
daf die Sonne im Winter der Erde näher jei. 
Krates von Mallos verfertigte, abgejehen von 
der Heinen Erdfugel im Planetarium des Ardhi: 
medes, den erjten größeren Erdglobus, und Pojei- 
dDonios aus Apameia, der Freund Giceros, 
trug- durch Wort und Schrift zur Ausbreitung der 
Lehre von der Erde viel bei, wenn von ihm auch 
feine eigenen Entdedungen und Meflungen her: 
rühren. Er billigte unter den neueren Schäßungen 
diejenige, welche die Meinfte Erdgröße, nämlich 
180 000 Stadien, für den Erdumfang ergab (Strab. 
2, 9), und die fpäteren Seographen, zumal Ma: 
rinos und Ptolemaios (jelbit jogar Columbus), 
behielten diefe Zahl bei, jchäßten aljo die Erde 
zu Mein. Was die Vorgänger und namentlich 
auh Marinos von Tyros auf dem Gebiete 
der mathematijchen Geographie geleiftet, fahte 
Klaudios Ptolemaios in jeiner Madnuerenn 
ourrafıg (Almageft) zufammen, jchrieb auch eine 
Teoygapırı) öpiynsıs und entwarf ein Weltbild, 
das für länger als ein Jahrtaufend gültig blieb. 

- Die wiflenjchaftliche Geographie des Altertums 
nahm aljo die Erde ald Kugel in der Mitte der 
Weltiphäre an, zog feit Eudor 08 die am Himmel 
gedachten Kreiſe, den Aquator (lonuegıwög aurkog), 
die Wendelreile (Brgıwös und zeruegıwög rpomı- 
»ög), den Arctieus (dearixög nunkos, nicht unfern 
„Polarkreis“, fondern denjenigen Baralleltreis, 
welcher für jeden Ort die nicht unter den Hori- 
zont fintenden Sterne umſchließt, für Griechen: 
land ungefähr 36° vom Bol) und ihm entjprechend 
den Antarcticus, die Meridiane ( (weonußguvög aun).), 
die Koluren (#olovgor) der Nachtgleichen und 
Sonnenwenden, den Tierfreis (£odıwnag); teilte 
ſeit Hipparch die Kreiſe in 360° und rechnete 
1° — 700 Stadien, ſpäter ſeit Poſeidonios 
1° — 500 Stadien, fannte die Schiefe der Efliptif 
(Adkwsıg tod £udıaxon), das Vorrüden der Nqui: 
noftialpunfte uw. ſ. mw., erflärte richtig die Er- 
jcheinung der Sonnen: und Mondfinfternifie und be: 
ftimmte die Länge des Jahres jehr genau der Wahr: 
heit entiprechend. Vgl. Ottinger, die Borftellungen 
der alten Griechen und Römer über die Erde als 
Himmelstörper (1850), 9. W. Schäfer, Entwide- 
lung der Anfichten des Altertums über Geftalt und 
Größe der Erde (1868). Aſtronomiſche Geographie 
der riechen (1873). 

Matiäna, ı; Merievıj (Merıner; Hdt. 5, 52), 
auch Mantiäna, Landſchaft im nordweſtlichen Me: 
dien mit der Hauptitadt Gaza oder Gazaka, eine 
faft rings von mächtigen Gebirgen umſchloſſene 
Hochebene um den Mantianijchen Salziee her. Das 
Srenzgebirge gegen Armenien nennt Herodot (1,189) 
das Matienifche. Nachdem Alexander das Yand 
als Satrapie dem Achaimeniden Atropates ver: 
liehen hatte, erhielt e8 den Namen Atropatene, 
j. Ajerbeidichan. In römischer Zeit hieß es Klein: 
medien. Hdt. 3, 94. 7, 72. Strab. 11, 509. 523. 

Matieni, ı) P. Matienus, Nriegstribun unter 
dem älteren Scipio in Italien, wurde im Lager 
des Propätors Pleminius getötet. Jar. 29, 6.9. 

- 2), C. Mat., 
J. 1810 €. und unterdrüdte ihre Seeräubereien. 
Liv. 40, 236. — 3) M. Mat., 


Matiana — Matuta, 


Hilpaniern, welche er als Prätor (173 v. E.) durd) 
Härte und Habjucht bedrüdte, in Rom angellagt 
und ging, um ber Verurteilung fich zu — 
freiwillig ins Eril. Liv. 41, 28. 42, 1. 43, 
Matinus, ein Berg und Borgebirge in der 
Gruppe des Garganus in Apulien, nicht gar fern 
von Benufia gelegen, weshalb Horatius desjelben 


ve jeinen Gedichten öfters gedenft (od. 1, 28, 3. 





befehligte gegen die Ligurer im | 


wurde von den | Albunea vermengt. 


‚der Trreundichaft Cäjars, welche ihm die 


4, 2, 27. epod. 16, 28); j. Matinata. 

Matisco, Stadt der Aduer im lugdunenfijchen 
Gallien am Arar, j. Mäcon. Caes. b. g. 7, W. 

Matius, 1) Gaius, aus dem Slitteritande, 
geb. 84 dv. C., erhielt jeine Bildung zum Zeil in 
Sriechenland und erfreute fi des Schußes und 
!iebens- 
würdigfeit jeines Charakters und jeine tiefe Bil- 
dung erwarben. Cic. ad fam.7,15,2. Doch nahm 
er an den politiichen Ereignifjen, troß aller 
Freundſchaft für Gäjar, feinen Anteil (Cie. ad 
fam. 11, 28), ohne darum das Vertrauen Cäſars 
einzubüßen, der ihn oft um Rat fragte, und ohne 
jemals jein Jntereffe für dieſen zu verleugnen. 
Eicero liebte den ehrlichen, braven Mann nicht 
minder und erlangte durch ihn Cäſars Gunſt 
wieder (Cie. ad fam. 11, 27). Auch nah Cäjars 
Tode, der ihn im tiefe Trauer aud; Roms wegen 
verjegte, jprady er jeine Bewunderung über feinen 
ermordeten Freund unverhohlen aus und ſchloß 
ſich deſſen Partei, namentlich dem Octavian, an, 
weshalb ihn Cicero tadelte, jo daß ſich Matius 
mit Offenheit und Entſchiedenheit deswegen recht: 
Ya Cie, ad fam. 6, 12. 11, 28. Sein Tod 
ällt wahrjcheinlih bald nad der Schlacht bei 
Metium. — 2) Gnäus Matius, älterer Zeitge— 
nofje des Cicero und Gäjar, verfaßte mimiambi, 
d. h. Hinfjamben pofjenhaften Inhaltes (Fragm. 
herausg. von 2. Müller mit Catull), und über: 
jegte die Jlias, oft citiert von Gellius ald homo 
impense doctus u. dgl. (3.8. 7, 6, 5. 9, 14, 14 f.). 
Sammlung der wenigen Bruchſtücke der Ilias— 
überjegung von Bährens, fragm. poet. Kom. 
p. 2815. Mbhandlung von Aubert (1844). 

Matrimonium j. Ehe, 

Matröna ift der allgemeine Ausdrud für jede 
ehrbare verheiratete Frau, mit jittliher Neben: 
bedeutung, und vergegenmwärtigt die Achtung, 
welche man in Rom von jeher den Frauen zollte. 
Nur Matronen trugen die lange Stola, die 
vittae u. j. w. 

Matröna, j. Marne, Fluß Galliens, entjpringt 
bei Andematunum im Yande der Lingonen, um: 
weit der Mofa, und vereinigt fi nach nordiweit: 
lihem Laufe bei Lutetia mit der Sequana. Caes. 


b. 

Hatronalia ſ. Jung unter Hera, 5. 

Mattiäei, eine germanifche, zum Stamme der 
Ehatten gehörige, Bölferjchaft zwijchen Rhein, Main 
und Yahn, in deren Gebiet die Römer Feftungen 
und Silberbergwerte beſaßen (Tac. Germ. 29. 
ann. 11, 20); dort befanden ſich aud die berühm: 
ten heißen Quellen Aquae Matticae, das heutige 
Wiesbaden. Die von Tacitus (ann. 1, 56) ge 
nannte Hauptjtadt der Chatten Mattium (Marrıa- 
#6») ift wohl nicht das heutige Marburg, jondern 
das Dorf Maden an der Eder (Adrana). 

Matüta, Mater Matuta, altitalijche Göttin der 
Frühe, mit der griechiihen Leufothea und mit 
An ihrem Feſte zu Rom, 


Mavors — Maximimus. 


Matralia, am 11. Juni, nahmen die Mütter ihre 
Schweitertinder ftatt der eigenen auf den Arm, 
weil Ino Leufothea den Dionyſos, den Sohn ihrer 
Schwefter Semele, erzogen hatte, und begingen 
Geremonien, die fih auf die Leiden der Ano be: 
zogen. Ov. fast. 6, 475 ff. Ihr Tempel zu Rom 
wird erwähnt Liv. 5, 19. 23. 25, 7, der zu Satri— 
cum in Yatium Liv. 6, 33. 

Mavors j. Ares. 

Mauritania, 7) Mavgiravia, N Mavgovolor 
y7), Mavgovsia, das weitlichite Land ber Nord: 
küſte Afrikas (j. Fez und Marokko und das weit: 
liche Algerien), grenzte im O. an Numibdien (von 
dem es der Ampjaga, früher der Muluchafluß 
ichted), im S. an Gätulien, im W. an den Atlan- 
tijchen Ocean, im N. an das Mittelmeer. Früher 
unter einheimijchen Königen ftehend, die als Bun- 
deögenofjen der Nömer 104 und 46 dv. E. die weit: 
liche Hälfte von Numidien erhielten, unter Clau— 
dius dem römischen Reiche einverleibt, zerfiel es 
in die beiden Provinzen Maur. Caesariensis im 
Diten, mit der Hauptſtadt Cäſarea, und M. 
Tingitäna im ®W., mit Tingis; der Mulucha 
trennte beide, Die Gebirge des Landes gehören 
alle zum Atlasſyſtem: Buzara (j. Zittern), Phru— 
räfon, der Durdus und eigentlihe Atlas 
(Arkag ueito» Mtolem.), bei den Eingebornen 
Dyrim (j. Idrar-Uderen) genannt. Die bedeuten: 
deren Flüſſe waren von DO. nah W.: Ampjaga 
(1. Waͤd el:febir), Audus, Chinalaph (j. Schelif), 
Mulucha (j. Muluya). Ar der Weſtküſte: Subur 
(j. Sebu), Phut, mwahrjcheinlich nicht verichieden 
von dem Lirus (j. Elkus). — Die in uralter 
Zeit aus Aſien eingewwanderten Bewohner, Stamm: 
verwandte der Rumider, heißen Mauri oder Mau- 
rusli; unter den einzelnen zahlreichen Stämmen 
jind zu merken: die Maſſäſhli im wetlichen 
Zeile von M. Caesariensis, weiter öftlich die Mu: 
jones, Muſulani und Mazices; in M. Tin- 
gitana die Herpeditani am Muluca, die Ba: 
cuatä und Macanitä, Barbari genannt, aljo 
die heutigen Berbern, die Metagonitä. Die 
twichtigften Städte in M. Caesariensis find von 
D. nah W.: Igilgilis am Numidiſchen Meer: 
bujen, j. Dichidicheli, Saldae, j. Bougie am Kap 
Carbon, Jkoſium, Cäjarea, j. Scherichel, Car: 
tenna, j. Tenes, Sitifis, j. Setif. In M. 
Tinrgitana: Rujaddir, j. Melilla, mit gutem 
Hafen, Tingis, j. Tanger, Liros, j. el Ariſch 
oder Larache an der Weitküfte, Thymiaterion, 
die erjte von Hannon an der Hüfte angelegte Ko: 
fonie. Strab. 17, 825ff. Mela 1,5. Plin. 5, 1. 2. 

Mausoleum Augusti j. Roma, 18. 

Mansölos, Matowlog, Maxscwikos, 1) Vater 
bes Pirodaros von Kindys in Karien, Anführer der 
Karier in dem Aufitand gegen Dareios Hyſtaſpis. 
Haät. 5, 118. — 2) Auf Hekatomnos, Rajallen: 
fürften von Karien (etwa 387—3#5 v. E.), der in 
perfiichem Auftrag Euagoras von Kypros befriegte, 
doch zugleih in heimlichem Einverjtändnis mit 
ihm ftand, folgten nacheinander jeine 5 Kinder: 
Maujolos 375—351, jeine Schweiter und Gemah— 
lin Artemiſia 351 —349, Jdrieus 349-343, deifen 
Schweſter und Gemahlin Ada 343— 339, und Piro: 
daros 339—335. auſolos war ein fluger Po: 
litifer, der jeine Macht und NReichtümer auf jede 
Weile vergrößerte. Er verlegte die Reſidenz wieder 
von Mylaja nad) Halifarnafjos, machte ſich im 

Reallegilon des klaſſ. Altertums, 7. Aufl. 


153 


Bunde mit Agypten von der berfiichen Herrichaft 
unabhängig (362), reizte Chios, Rhodos und Kos 
zum Abfall von Athen und vernichtete jo deſſen 
Macht im Aigaiiſchen Meer durch den Bundes: 
genoflenfrieg (357—355). Zu jenem Andenken 
ließ Artemiſia in zärtlicher Liebe ein prächtiges Grab— 
dentmal, das Maujoleion bauen, deſſen Vollen: 
dung fie jedoch nicht mehr erlebte, und nach dem 
man jedes ftattlihe Grabmal Maujoleum, Mav- 
color, nannte. Diod. Sie, 16, 36. Strah. 
14, 656 f. Val. Max. 4, 6. Plin. 36, 4. ©. Ada, 
Artemisia und Halikarnassos, 

Maxentius,M. Nurelius Balerianus, Sohn 
des Marimianus Herculius, wurde von Galerius 
und Eonftantius Chlorus zum Auguſtus und Mit: 
regenten angenommen, 306 n. &., mußte aud) 
jeinem Bater Teilnahme an der Regierung ge: 
ftatten (307), entzweite fich aber bald mit ihm, 
befiegte darauf den Statthalter Alexander von 
Afrita und trat mit Marimus, einem der Cäſaren, 
in Berbindung. Seine Grauſamkeit aber machte 
ihn verhaft, Sonfantin zog gegen ihn, um ihn 
zu ftürgen, und befiegte ihn bei Turin, Marentins 
fand bei einem Ausfall aus Rom, wo ihn Con: 
jtantin belagert hielt, bei der Milviſchen Brüde 
ur: im Ziberfluffe, 28. Oktober 312. Zosim. 
2, 10f. 

Maximiänus, 1) M. Aurelius Balerins 
Mar. Herculius, geboren zu Sirmium, gehörte 
niederem Stande an, jchwang jich indes durch 
friegeriiche Thaten empor und empfing von Dio- 
clettan im J. 285 n. E. die Würde eines Gäjar. 
An Gallien bejiegte er die Bagauden (ſ. d.), dann 
die Burgunden und Alamannen, wurde 286 zum 
Auguftus ernannt, kämpfte 293 am Rhein, 297 
in Afrika, nahm dann jeinen Aufenthalt in ta: 
lien und wurde von Piocletian genötigt, am 1. Mai 
305 mit ihm jeine Würde niederzulegen. Eutr. 
9,20 ff. Aur. Viet. Caes. 39. Als aber im J. 306 
jein Sohn Maxentius (j. d.) zum Auguſtus aus: 
gerufen wurde, regte fih auch im Bater wieder 
die Luſt nach der Herrichaft, und er nahm jchon 
im folgenden Jahre an derjelben teil. Doch bald 
—— er ſich mit Maxentius und mußte Rom 
verlaſſen, worauf er zu Conſtantin, ſeinem Schwieger— 
ſohne, ſeine Zuflucht nahm; da er aber dieſem 
nach dem Leben trachtete, ließ ihn derſelbe 310 
töten. Kutr. 10,3. — 2) €. Galerius Vale— 
rins Mar., ftammte aus den Donaugegenden und 
wurde von Diocletian im %. 292 n. E. zum Cäſar 
ernannt, worauf er deilen Tochter heiratete. Im 
3. 296 wurde er von den Perjern gejchlagen und 
mußte wegen diejer Niederlage jeines Schwieger: 
vaters Unwillen fühlen. Er war bald darauf glüd: 
licher, indem er die Perjer gänzlich ſchlug und 
einen günjtigen Frieden ſchloß. Nach Diocletians 
Abdankung erhielt er die Würde eines Augujtus 
über den öftlichen Teil des Reiches, nahm aber 
2 Mitregenten (Cäjaren) an. Im 3. 307 ernannte 
er den Licinius zum Auguſtus. Seine Ehrijten: 
verfolgungen, zu denen er auch Divcletian veran- 
laft haben voll jtellte er erft 311 ein. Er ftarb 
bald nachher in demjelben Jahre. Eutr. 9, 24. 
10, 1. 2. 

Maximinus, 1) C. Julius Berus War., ein 
Thrafier, ein Dann von ungewöhnlicher Körper— 

röße, diente unter den Prätorianern, kam durch 
Wiegauber Severus in den Senat, focht mit Glück 
48 


754 


gegen Berjer und Mlamannen, wurde vom Heere, 
weldyes ihn liebte, nach des Severus Ermordung 
im Jahre 235 n. E. (19. März) zum Kaiſer aus- 
—— und nahm ſeinen Sonn 2. Jul. Verus 
Maximus zum Cäſar an. In Deutſchland fämpfte 
er mit Glück und Ruhm, erbitterte aber durch 
ſeine grauſame Härte und Wildheit Volk und 
Senat, welche ihn nur aus Furcht vor dem Heere 
anerkannt hatten, ſo daß der Senat ihn im J. 
238 bei der Empörung der Gordiane ächtete, die 
Provinzen fich empörten, und jelbft im Heere fich 
a gegen den Kaiſer zeigte. Als er mit 
bemjelben nadı Italien zog, mußte er das auf 
dem Wege dahin gelegene Aquileja —— die 
Soldaten empörten ſich und erſchlugen Vater und 
Sohn, 238. Capitol. Max. Herod. 6, 8 ff. 8, 1 ff. 
Zos. 1,13 ff. — 2) Galerius Balerius Mar. 
Daza, ein naher Anverwandter des Galerius 
Marimianus, wurde im %. 305 n. E. Cäſar für 
den Dften, nahm jpäter den Titel Auguftus aı, 
wurde darauf mit Licinius in Streit verwidelt, 
von demjelben im J. 313 bei Adrianopel gejchla- 
gen und gab ſich auf der Flucht zu Tarjos in 
Afien jelbjt den Tod. Eutr. 10, 3. 

Maximus. Diejen Namen führten 1) mehrere 
hervorragende Männer aus der gens Fabia als 
cognomen (j. Fabii). — II) Andere diejes Namens: 
1) M. Elodius Pupienus Mar., Wang were 
als Feldherr unter Caracalla und jeinen Nachfol- 
gern im rg er gegen die Germanen und Illyrer, 
genoß große Achtung und Liebe, bejonders beim 
Heere. Nach dem Tode der beiden älteren or: 
diane rief ihn der Senat im %. 238 n. E. mit 
Balbinus zum Kaifer aus, obgleich jeine Strenge 
ihn beim gemeinen Bolt in Nom, während er 
Stadtpräfeft war, verhaft gemacht hatte. Nach 
dem Tode des Marimin unterwarf fich auch defjen 
Heer. In Rom wurde er nad) jeiner Rücklehr 
aus dem Feldzuge gegen diefen mit Jubel aufge: 
nommen, wurde aber von den mit feiner Ernen— 
nung unzufriedenen Prätorianern nod im %. 238 
bei der feier der ludi Capitolini ermordet. Hero- 
dian. 8, 6. — 2) Marimus, gewann gegen den 
von ihm mit mißgünftigen Augen angejehenen 
Theodofins im %. 383 n. C. Gallien und Bri- 
tannien und wurde von Theodofius, der andermwei- 
tig beichäftigt war, als Mitregent und Beherricher 
des Weſtens jenſeits der Alpen anerfannt. Doch 
drang er bald darauf unter eitlen Vorwänden in 
Italien ein, wurde aber nad einer Niederlage 
jeiner Truppen gefangen, vor Theodoſius gebracht 
und hingerichtet, 388. Zos. 4, 35ff. — 3) Mari: 
mus, mahte fich unter Honorius die Herrichaft 
an, wurde jedoch rajch gejtürzt und jpäter gr 
einem abermaligen Verſuch, die Herrſchaft an fi 
zu reißen, dem Honorius überliefert. — 4) Betro: 
nins Mar., ein römijcher Senator, ftie im %. 
455 n. E. den Balentinian III, der jeine Frau 
verführt vom Thron, ermordete ihn und 
zwang deſſen Witwe Eudoria, ihn zu heiraten. 
Doch dieje rief, als fie erfuhr, Marımus habe ihren 
Semahl ermordet, den Bandalenfönig Geijerid) 
gegen ihn zu Hilfe Noch vor defjen Ankunft 
ergriff Marimus die Flucht und fand auf derielben 
durch das erbitterte Bol jeinen Tod. — 0) Mari: 
mos Tyrios, in Tyros geboren, ein Neuplato: 
nifer gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. C, lehrte 
unter den beiden Antoninen und Commobus teils 


| 


Maximus — Media. 


in Griechenland, teils in Rom Philojophie in Ber: 
bindung mit Rhetorik, weshalb er aud) ein Sophiſt 
er wird. Noch 41 ———— 

bhandlungen (diaktkeıg, Aoyoı) über verſchiedene 
Segenftände, „meijt abgedrojchene Themata“ (3. B. 
neol dpwrog, megl Tdorng, rl Telog Pılocopias), 
find von ihm vorhanden, welche ein jelbftändiges 
Urteil befunden, wenn er aud im ganzen den 
Grundiägen des Platon folgte. Seine Jdeen von 
einer Stufenleiter, mit der Gottheit beginnend und 
mit den Pflanzen jchließend, haben auch jpätere 
Philofophen benußt und angewendet. Die Schreibart 
des M. ift nicht mehr rein und einfach, jie leidet 
an Künftelei und ift oft geſchmacklos. erg bon 
H. Stephanus (1557), Heinfins (1607 —14), Davis 
(1703 und 1740), Reiske (1774), Diübner (mit 
Theophraft u. a. 1840). — 6) Marimos Ephe— 
ſios, neuplatoniſcher Philojoph im 4. Jahrhun: 
dert n. E., welcher teils in Ephejos, teils in Con: 
ftantinopel, vom Sailer Julian dahin berufen, 
lehrte. Er joll den Kaiſer zum Abfall vom Ehriften: 
tum bejtinnmt haben, weshalb er vom römiſchen 
Prokonſul Feftus zum Tode verurteilt wurde. Seine 
auf Aftrologie und Magie bezüglichen Schriften 
find verloren. Um die Philoſophie jcheint er fich 
wenig Berdienft erworben zu haben. — II) Bei: 
name einzelner Glieder der gens Valeria, j. Va- 
lerii, 12. 15. 36, 

Me&ves, nad Herodot (4, 191) eine libyſche 
Bölferfchaft weftlih von dem Tritonfluß, unweit 
der Fleinen Syrte; wohl die Maſchauaſpa, die in 
ef al na Inſchriften als Söldner genannt 
werden. 


Mazaios, Mafeaiog, perfiicher Statthalter von 
Kilifien unter Artarerres III (um 350 v. €E.), 
fonnte jpäter (Uuguft 331) den Übergang über den 
Euphrat gegen Alerander nicht deden, fämpfte aber 
bei Gaugamela jehr tapfer, zog ſich dann nadı 
Babylon zurüd, er ohne Schwerttreich über: 

ab, erhielt dafür die Satrapie Babylonien und 
—* 328. Diod. Sie. 16, 42. Arr.3, 7, 1f. Curt. 
4, 16, 1ff. 5, 1,17 ff. Plut. Alex. 32. 39. 

Mazära, Mdtaga, Stadt im Weften Siciliens, 
am Fluſſe Mazaros gelegen, 12 Millien öſtlich 
von Lilybaion, Handelsplat der Selinuntier, von 
den Römern im erften puniichen Kriege zeritört, 
aber jpäter wieberhergeftellt; j. Mazzara. Died. 
Sie. 11, 86. 18, 54. 

Mechanica j. Mathematica. 

Medanra, gewöhnlich Madaura, blühende Stadt 
an der Grenze Numidiens gegen Gätulien, Ge- 
burtsort des Apulejus. Apul. met. 11, 271. 

Medeia j. Argonauten, 5ff. 

Medöon, Meöthr, Medicr, 1) feite Stadt in 
Akarnanien füblih vom Ambrafiihen Meerbujen 
auf der Straße von Strato8 an der aitolischen 
Grenze nad Limnaia, in der Nähe des heutigen 
ftatuna. Thuc. 8, 106. Pol. 2, 3. Liv. 86, 11. — 
2) alte Stadt Boiotiens, am Fuße des Berges 
Phoinifüs. Hom. Il. 2, 501. — 3) Stadt an der 
phofischen Küſte bei Antikyra, im heiligen Kriege 
zeritört und nicht wiederhergeitellt. Strab. 9, 410. 
423. Paus. 10, 3, 2. 36, 6. 

Media, 7) Mnöi«, altperfiih Mada, wichtiges 
Land Inneraſiens geiiden Parthien im D., Perſis 
und Sufiana im S., Afiyrien ım W., Armenien 
und Hyrkanien, bezw. dem Kaſpiſchen Meer im 
N.; aljo das H. rat Adſchmi und Aſerbeidſchan, 


Mediastini — Megabates. 


bezw. Gilan. Wegen feiner Größe wurde das 
Land jchon unter den Achaimeniden in 2 Satrapien 
geteilt. Als jpäter der NW. ein eigenes Reich), 
Matiana (j. dr) oder Atropatene (db. h. vom 
euer bejchügt, wegen des alten Feuerdienſtes), 
bildete, hieß die Mitte und der Süden ald Provinz 
des ſyriſchen und parthijchen Reiches Großmedien. 
Jenes war ein Alpenland, diejes eine Hochebene, 
aber mit trefflidhen, zur Roſſezucht (Nısaioı Irmoı, 
Hdt. 7, 40. Arr. 7, 13, 1) geeigneten Weiden und 
fruchtbaren Thälern (Medica mala = Südfrüdhte). 
Sebirge: im W. Choathras und Parachoathras, 
BZagros (j. Zagrojch) mit einer alten Paßſtraße; 
in der Mitte, jüdlidh von Efbatana, der Orontes 
(ij. Eiwend); im NO. Koronos (j. Karun) und 
Jaſonion (j. Demawend), beide zufammen j. der 
Elburs, mit den Kaſpiſchen Päſſen (j. Girduni 
Sirdara). Flüffe: Amardos oder Mardos (j. 
Kiſil Uſen) im NO. Choajpes (j. d., j. Kerkha) 
im SW. — Die Meder werden als Mabdai jeit 
836 v. E. in den aſſyriſchen Inſchriften erwähnt, 
die herrjchenden Stämme nannten jich jelbft Arier 
(Hdt. 7, 62), die älteren Bewohner waren wohl 
andern Urjprungs. Sie waren tapfere Krieger, 
jpäter jedoch vermweichlicht. Sie verehrten die guten, 
wohlthätigen Gottheiten des Lichtes, an deren Spike 
ſeit Boroafters (j. d.) Reform Ahuramazda, der 
Gegner von Angramanju, ftand, jpäter auch die 
Sterne. Feuer, Waller, Erde, Luft waren ihnen 
ER Ihre Priefter hießen Magier (j. d.). — 

n Großmedien lagen die Städte: Ekbatana 
(j. d.), j. Hamadan, am Nordabhang des Drontes, 
in wald: und wajlerreicher Hauptjtadt jeit 
Deiofes; Rhagai ı(f. d.), j. Rai, nordweſtlich von 
den Kaſpiſchen Pforten, die älteſte Hauptitadt; un- 
weit davon Euröpos, von Seleufos 1. erbaut, 
unter dem Namen Arjafia (j. d.) Nefidenz der 
Arjafiden. In Mtropatene: Gaza (j. d.) oder 
Gazaka, am Südufer des Salzjees Kapaata. Der 
Strich am Kaipiichen Meer, bald zu Hyrlanien, 
bald zu Medien gerechnet, hatte feinen gemein: 
jamen Namen. Hat. i, 110. 131 ff. Pol. 5, 44: 
10, 27. Strab. 11, 514. 522 ff. 15, 732 ff. Diod. 
Sie. 17, 110. 19, 44. 

Mediastini j. Servi, 6. 


Medicus murus, ro Mndias vulovuevor 
reiyos, nad) Strabon (11, 529) don Sentiramig, 
in Wahrheit von Nebuladnezar zum Schuß Baby: 
loniens gegen mediſche Angriffe oberhalb von Sip— 
phara und Sittafe und dem nördlichiten, vom 
Euphrat zum Tigris führenden Kanal errichtet; 
20 PBarajangen (— 300 Stadien) lang, 100 Fuß 
hoch, 20 Fuß did; aus gebraunten Badjteinen 
aufgeführt, wie alle babyloniichen Bauten. Xen. 
An. 1, 7,16. 2,4, 12. 

Medici j. Arzte. 


Medimnos j. Malse. f 


Mediolanium (oder Mediolanum}, griechiſch 
meift Medıoldvıor, Name mehrerer feltijcher 
Städte: 1) Hauptjtadt der Inſubrer im cisalpi- 
niſchen Gallien jenjeit3 des Padus am Flüßchen 
Dlonna zwijchen Tieinus und Addua, der erjte 
von den unter Bellovejus eindringenden Galliern 
gegründete Ort (Liv. 5, 34), den die Mömer 222 
v. E. durd Belagerung einnahmen, ſpäter jtarf: 
befeftigtes Municipium (Tae. hist. 1, TU), auch 
Kolonie, mit dem Beinamen Aelia Augusta, im 


a 


Yb} 


4. Jahrh. kaijerliche Refidenz; j. Milano, Mailand. 
An diefem blühenden Sitz der Willenjchaften und 
Künfte (daher Neu-Athen genannt) vereinigten ſich 
mehrere Hauptitraßen, — in jpäterer Zeit war 
die Stadt Sit des Odoaker und der ojtgotijchen 
Könige. Pol.2, 17, 34. Strab. 5, 213. — 2) Stadt 
der Santones in Aquitanien nordöftlicd; vom Aus: 
fluß der Garumna, j. Saintes. Strab. 4, 190. 
Außerdem gab es 4 Städte d. N. in Gallien, 1 in 
Germanien und 1 in Britannien. 

Mediomatrices oder -ei, ein belgiiches Bolt 
Galliens, öftlih von den Remern, ſüdlich von den 
Trevirern, dicht an die Germanen grenzend, im 
Mojel: und Aheingebiet; mit der Hauptſtadt Divo- 
durum (jpäter Mettis, j. Metz). Caes. b. g.4, 10. 
7, 75. Tac. hist. 1, 63. 4, 70 4 

Mediterranöum mare j. Internum mare. 

Medius fidius j. Sancus und Quirinus, 

Medix tuticus (ojtijch meddis, von der Wurzel 
mederi; tuticus von off. touto, Volk, Stadt, 
lat. totus; aljo medix tuticus — curator totius), 
Name des höchjten Beamten bei den Campanern. 
Liv. 23, 35, 13. 26, 6, 13, 

Medoäcus, Meduacus, Meödaxog, Fluß in Ve— 
netia, entftanden aus der Vereinigung des Med. 
maior (j. Brenta) und minor (j. Bacdiglione), 
mündete ins Adriatiſche Meer bei Edro, dem Hafen 
von Patavium. Liv. 10, 2. Strab. 4, 213. Plin. 
3, 16, 20. 

Medon, Meödwor, 1) Serold im Hauſe des 
Odyffeus. Hom. Od. 4, 677. — 2) Sohn des 
Dileus, Bruder des feinen Aias, vor Troja 
Führer der Phthier, welche Phylale bewohnen, 
wohin er geflohen war, weil er einen Verwandten 
feiner Stiefmutter Eriopis erjchlagen hatte; von 
Yineias erlegt. Hom. 11. 13, 693. 15, 332. Im 
Sciffstatalog (2, 727) führt er, abweichend davon, 
die Mannjchaft des Philoftetes. — 3) Sohn des 
Kodros, erjter Archon zu Athen. — 4) Sohn des 
Pylades und der Eleltra. Paus. 2, 16, 7. 
5) Mndwr, Sohn des Keijos, Entel des Temenos, 
König von Argos. Paus. 2, 19, 2. — 6) Bildhauer 
aus Lakedaimon, von dem eine Ballas zu Olympia 
itand (Paus. 5, 17, 2), um 560 v. E. 

Medüli, eine aquitanijche Bölferichaft, jüdlic 
von der Garumna am Dcean, wo ſich, wie heute in 
Medor, treffliche Austern fanden. Plin. 32, 6, 21. 

Medulli, M&dovilo:, Meövklo:, wohnten an 
der Dftgrenze des narbonenfiichen Galliens in den 
Alpen zwiichen den Tricorern, Allobrogern und 
Taurinern im Quelllande der Druentia (Durance) 
und Duria (Doria Minor). Strab. 4, 203. 204. 

Medullia, albanifche Kolonie im Sabinerlande, 
deren Gebiet unter Tarquinius Prijeus zum rö— 
mijchen Staat gezogen wurde, zwiichen dem Tiber 
und Anio; vielleicht das heutige Monticelli. Liv. 
1, 33. 38, 

Medus j. Media. 

Medüsa j. Gorgo und Perseus. 

Mefitis, die Gottheit ungejunder Dünſte. Serv. 
zu Verg. A. 7, 84. Einen Tempel derjelben zu 
Eremona erwähnt Tacitus (hist. 3, 33). 

Megabätes, Meyaßdrns, Verwandter von Da: 
reios Hyſtaſpis, wurde neben Ariftagoras mit dem 
Buge gegen Naxos beauftragt, verriet aber zur 
Rache für eine von jenem erlittene Kränkung den 
Plan den Nariern und vereitelte jo die Eroberung 
Frühling 500 oder 499 v. E.). Hdt. 5, 32 ff. 

48* 


156 


Megabäzos, Meydßafos, 1) perfischer Feldherr, 
der don Dareios bei jeinem Rüdzug aus dem 
Skythenlande (513 v. E.) in Europa zurüdgelafien 
wurde und Thrafien unterwarf. Hdt. 4, 143f. 
5,15. — 2) Sohn des Megabates, Flottenanführer 
auf dem Zuge des Xerges. Hat. 7, 97. — 3) ein 
Perſer, der, weil die Athener den Jnaros in Ägyp— 
ten unterſtützten, als Gejandter nad Sparta ge= 
ſchickt wurde, um die Spartaner durch Geld zu 
einem Angriff auf Athen zu gewinnen (etwa 456 
v. E.). The. 1, 109. Diod. Sie. 11, 74. 

Megabyzos, Meydßv$os, 1) Sohn des Zopyros 
‘f. d.), Enfel des an der Ermordung des falichen 
Smerdis beteiligten Megabyzos, war einer der 
Anführer in Landheere des Kerzes, ſchon wegen 
der Berdienfte jeines Großvaters und Vaters hod): 
angejehen. Hdt.3,70.160.7,82, Später unter: 
warf er das aufgejtandene Babylon. Arr.7,17,2. 
Strab. 16,738. Als Statthalter von Syrien zog 
er gegen Inaros in Agupten, befiegte diehen 
jowie die * zu Hülfe gekommenen Athener nach 
langer Einſchließung auf der Nilinſel Proſopitis 
und unterwarf Ägypten wieder (455— 453 v. C.). 
Thuc. I, 100f. Dod. Sie. 11, 77. Unwillig dar: 
über, daß Inaros trotz den Kapitulationsbedin— 
gungen zu Suſa gekreuzigt worden war, unter— 
nahm er dann aber ſelbſt einen Aufſtand, der 
nur durch Unterhandlung beigelegt wurde (448 
bis 446): das erſte große Beiſpiel einer glück— 
lichen Satrapenempörung. Nach Kteſias fiel er 
ſpäter noch einmal in Ungnade, erlangte aber 
auf die Bitten ſeiner Schweſter, der Gemahlin des 
Artarerres J., wieder Berzeihung und jtarb in 
hohem Alter. — 2) perfiicher Name des Ober: 
priejters der epheſiſchen Artemis, ſonſt Zaorje (Bie- 
nenfönig) genannt. Xen. An.5,3,6. Strab. 14,641. 

Megaira j. Erinyen. 

Megäkles, Meyaxijs, ein in dem berühmten 


Bejchlechte der Altmaioniden häufig vorfommender 


Name: 1) das Oberhaupt derjelben, Sohn des 
Allmaion, Arhon in Athen zur Zeit des Auf: 
ftandes der eier Partei, deren Vernichtung 
ihm gelang (j.Kylon). Plut. Sol. 12. — 2) Entel 
des vorigen, durch feine Gemahlin Agarifte Schwie: 
gerjohn des Tyrannen Sleifthenes von Sikyon, 
jtand in den Parteikämpfen während Solons Ab— 
wejenheit an der Spitze der gemäßigten Paraler 


(Hdt. 1, 59. Plut. Sol. 13. 29), mußte 560 v. €. 
vor Peififtratos fliehen, aber zwang diejen durch 


jeine Verbindung mit der Partei des Lyfurg zu 


zweimaligem Eril. Als endlich Peififtratos dauernd 
ſich der Herrſchaft bemächtigte, entfſloh M. aus 


der Heimat. — 3) Enkel des vorigen (Sohn des 


Kleifthenes) und Großvater des Alkibiades von 


mütterlicher Seite, Sieger in den pythiſchen Spie: 


len, wurde zweimal durch den Dftrafiimos aus 
| 4) gleichfalls 
Enkel von 2), Bruder der Mutter des Perikles 


Athen entfernt. Hdt. 6, 131. — 
und Großvater der Gattin des Kimon. Plut. Cim.4. 
— 5) Vertrauter des Königs Pyrrhos von Epei- 
ros, der mit deſſen Rüftung in der Schlacht bei 
Herafleia (280 v. €.) kämpfte und fiel. 
Pyrrh. 16 f. 

Megalesia j. Rhea Kybele, 

Megalopölis, 7) Meydin mölıs, Meyakorokıg, 


die von Epameinondas 371 v. E. gegründete und 


mit den Bewohnern von 39 (44) nahe gelegenen 
Ortichaften bevölferte Hauptftadt Arkadiens in der 


Plut. | 


Megabazos — Megaris. 


Landſchaft Mainalia an dem reißenden Flufie 
Helifjon, der die Stadt in eine jüdliche und nörbd- 
liche Hälfte jchied (nördlich des j. Sinano). hr 
Umfang von 50 Stadien und ihre Lage in der 
Ebene, dem offenften Zugange von Lafonien aus, 
festen fie all dem Unglüd aus, das fie von Kleo— 
menes bald erfahren jollte. M. hatte 60—70 000 
Einwohner, darunter 15 000 waffenfähige Männer; 
unter den Gebäuden ift befonders ein großes ſchö— 
nes Theater zu nennen, eines der größten in 
Griechenland, von dem fich ziemlich anjehnliche 
Trümmer erhalten haben, jowie die zu Ehren 
Philipps von Makedonien errichtete prachtvolle 





Stoa und ein Tempel der Athena Polias. Nach 
Nleranders des Gr. Tode (M. hatte fich der make— 
donischen Herrichaft willig unterworfen) traten 
mehrere Tyrannen auf, deren leßter, Lydiades, die 
Stadt dem Acaiiichen Bunde zuführte.. Dadurd 
wurde ihr Unglüd herbeigeführt, denn Kleomenes III. 
von Sparta eroberte fie und zerftörte fie faſt ganz 


(Pol. 2,55. Paus. 8, 27, 15. Plut. Cleom. 25. 
Philop. 5), und obwohl Philopoimen (der, wie 
auch Polybios, hier geboren war) nad) der Schlacht 
bei Sellafia die vertriebenen Bewohner zurüdführte, 
jo verfiel jie doch immer mehr und war zu Stra: 
bons und Paufanias’ Zeit faft ganz verödet. Strab. 
8, 388. Paus. 8, 27. 30 ff. 

Megapenthes, 1) j. Perseus. — 2) j. Me- 
nelaos,. 

Megära, 1) j. Megaris. — 2) j. Hybla, 3. 
— 3) j. Herakles, 5. 

Megäreus j. Menoikeus. 

Megarici, eine philofophiihe Schule (Cie. de 
or. 3, 17, 62. acad. 2, 42, 129), nach dem Ge: 
burtsorte des Stifter Eufleides (j. d., 2.) benannt. 

Megäris, 7) Meyagis (Hat. 9, 14), Heine Yayd- 
ichaft (die zweitfleinfte Griechenlands) auf und 
am Korinthiihen Iſthmos, nur 4 (nad andern 
8) TIM. groß, grenzte im N. an Boiotien und 
den Korinthiichen Meerbujen, im NO. an Attila, 
im ©. an den Saroniſchen Meerbufen, im SW. 
an Korinthia und im W. an den Korinthiichen 
Meerbujen. Der jaft ganz von einem mächtigen 
Gebirgszuge bededte Boden ift feljig, rauh und 
unfruchtbar; von N. her reichen die Ausläufer des 


Megaris. 


Kithairon ins Land, über die ein beſchwerli 


757 
Injchrift: zdd’ Lori TlsAonövenoog, obr ’Iovle, 


Pat führt. Auf der attijchen Grenze erheben ſich nordwärts mit den Worten: r&ö’ obyl IIsAomor- 


die niedrigeren Kdoare, „Hörner“ (j. Kandili), jüd- 
mwärts hart an das Meer ſtoßend, - daß die nad 
Attila führende Straße hier in Felſen gehanen 
war; gegen Korinthia 7 T'egdveı« (Mafri Plagi), 
der Kranichäberg, 1370 m hoch. An der Dftjeite, 
wo die Felſen jchroff ins Meer fallen, befindet fich 
hart an der Küſte die im Altertume jo berüchtigte 
Skironiſche Strafe, 7 Zxıgwris, noch heute Ka— 


vn00g, &hk "Iovia. Strab. 9, 392. Plut. Thes. 25, 
In diefen Zeiten zerfiel Megaris in die 5 Gaue 
(nöucı) der "Howesig, Ilsıpaeis, Meyageis, Toımo- 
dıoraioı und Kvrocovgeis. Zur Zeit des Kodros 
(gejt. angeblich 1068 v. E.) ward das Land doriſch 
und von Korinth abhängig, bis es fich, freilich mit 
Berluft faſt der ganzen weftlichen Hälfte, losriß 
und, als einzig echt doriiche Republik außerhalb 


filfala, der jchlimme Paß, genannt (Hdt. 8, 71) des Peloponnes, jowie als einer der kleinſten 


(in nemefter Zeit freilich, jeit dem Bau der Eifen- 
bahn von Athen nach Korinth, ganz umgeftaltet); 
die Felſen jelbit hießen Zmiponideg merouı, Sci- 
ronia saxa (vgl. Or. met. 2, 145—149), und jollten 
aus den Knochen des von a ne erlegten Räubers 
Stiron entſtanden fein. Namentlich war einer 
derjelben berühmt, die MoAovolg werga, eine fteile 
Klippe, von welder fi Ino mit ihrem Sohne 
Melifertes, verfolgt von ihrem Gemahl Athamas, 


geftürzt haben jollte. J’aus. 1, 44, 7. Die Pelo- brochen von Heere 


Staaten überhaupt, nach kurzer Ölanzperiode unter 
ber haft der Orthagoriden, in welcher es 
Salamis beſaß und Kolonien jogar nad) dem thra— 


‚fiichen Bosporos und Pontos Eureinos jen 


— Chalkedon, Herakleia am Pontos, 
ara in Sicilien u. a.), bald zwiſchen den 
mächtigen Nachbarn eine fümmerliche Eriftenz be— 
hauptete. Die dadurch bedingte Politif und der 
Umftand, daß jeiner Lage nad) Meg. fast ununter— 
n durchzogen twurde, mußte ver: 


ponnejier verſchütteten dieſe Straße nach der Schlacht | derblich auf den Charakter des Volkes wirken, 





— 
* 


"in, —8 
*5 ——s * 
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bei den Thermopylen. Hat. 8, 71. 
Teil der 


Der weitliche 
eraneia hieß Alyimkayaros, der vom 
Meere geichlagene, auslaufend bei dem Heraion- 
borgebirge (j. Hagios Nifolaos), das einen Tempel 


trug. Bon Vorgebirgen ift außerden zu merfen 
das lang umd jchmal vorjpringende Kap Minoa, 
dicht bei der Hauptſtadt, mit einem Heinen Eilande 
gl. N. dabei (j. Paläokaſtro, mit dem Lande ver- 
unden). Das Meer bildet an der Nordweſtküſte 
die heutige Bai von Livadoftro, ehemals “AAnvorlg 
Pcharra, deren innerfter Bujen Auen Tooyazıs 
hieß. — Klima und Produkte waren faft wie in 
Attika; eigentümlich ijt der weiße Mujchelmarmor, 
fowie die onögad« (Zwiebeln), das Lieblingsge- 
richt der Megarenjer. — Die älteften Bewohner, 
welche ſich nachmweijen lafjen, waren die Karer, die, 
zu Schiffe von .. gefommen, ſich wahrjchein: 
lich zunächft auf der feinen Inſel Minoa, dann 
auf der öftlichen der beiden Afropolen von Megara 
niederließen; ſodann die Jonier. Das Land war 
damals mit Attifa verbunden und dehnte ſich gegen 
Korinthia bis nahe an den Iſthmos aus, da bei 
Krommpon eine Säule jtand, ſüdwärts mit der 


Weg nach der I 





welches den übrigen Hellenen bald als Zielicheibe 
des Wibes und der Verachtung galt; Meyageor 
&ıor nepldog war bei den übrigen Griechen ein 
ſprichwörtlicher Ausdrud für verächtliche Leute. 
— Die Hauptftadt Megara, r& Meyao«, jeht 
ein ärmliches Städtchen d. N., lag, ſtark befejtigt 
und reih an Prachtgebäuden, mit 2 AUfropolen, 
Kapia und Ainddovs, 8 Stadien (Thue. 4, 66) 
vom Saronifchen Meere in einer gegen 3 Stunden 
breiten, zum größten Teile mit etreidefeldern 
und Olbaumpflanzungen bededten Ebene, welche 
fi zwiſchen den Kerata und den öftlichen Ab— 
au der Geraneia hinzieht. Paus. 1, 40 ff. 

er befeftigte Hafen Niſaia, Niocac, war durch 
zwei 8 Stadien lange Mauern (oxdAn) mit der 
Stadt verbunden, welche die Aihener, als M. bald 
nad) dem Perjerkriege (461 v. E.) fein Bündnis 
mit Sparta gelöft und fich den Athenern ange: 
ichlofien hatte, nach dem Mufter ihres eigenen 
Stadt und Hafen miteinander verbindenden Be: 
feftigungsinftems bauten (460 bis 459) und jelbit 
bejeßt hielten, jo daß fie die Stadt von der See: 
jeite vollftändig in ihrer Gewalt hatten; den Ab— 


158 Megasthenes — Melampus. 


ichluß bildete ein Kaftell auf der durd eine Brücde | das dem Honige feinen Geruch und Gejchmad mit- 
mit dem Feitlande verbundenen Inſel Minoa. Im | teile (vgl. 3. 9. Voß zu Verg. @. 4, 1). Diejer 
achten Jahre des peloponneſiſchen Krieges vertrie: | Glaube beruht zum Teil auf Vermiſchungen mit 
ben die Megarenjer die athenische Bejapung und | der Thatjache, da im Driente in den Sommer: 
riffen die Mauern nieder; aber 84 Jahre jpäter, | monaten aus den Blättern mehrerer Bäume und 
als fie jelbjt wieder das Bündnis mit den Athenern | Sträudher eine Süßigkeit jchwigt, die im A. T. 
juchten, wurden die Mauern durch Phokion wieder | als wilder Honig bezeichnet wird. Bei Homer 
bergeftellt und beftanden noch zu Strabons Zeit; | (Od. 10, 234. 20, 69) wird der Honig mit Wein, 
PBaujanias erwähnt fie nicht mehr. Adt. 1, 59. Käſe und Gerftenmehl vermifcht gegeffen; mit 
Thue. 1, 103. Strab. 9, 390. Andere Ortichaften | Milch oder Waſſer vermiicht (usAdsenzov) tommt 
waren Tripodijfos, die Hafenftadt Pagai, | er als Opfer für die Schatten der Toten, die unter- 
Nigoithena (zeitweilig mit Boiotien verbunden), | irdijchen Götter, die Erinyen (ohne Wein) u. j. w. 
Beiraion, Aigeiros. Vgl. Reinganum, das |vor. Hom. Od. 10, 519. 11, 27. Soph. ©. C. 481. 
alte Megaris (1525). Burfian, Geographie von | Der Honig fpielte bei den Alten eine viel größere 
Griechenland I 366 ff. Rolle als bei uns, da er ihnen unjern Zuder er: 
Megasthönes, Meyacdzvns, 1) VBertrauter des | ſetzte. Man bereitete auch einen Wein daraus, 
ſyriſchen Königs Seleufos 1., u. a. als Gejandter | der bei den Römern jo geichäßt wurde, daß er bei 
bei dem indiichen König Sandrafottos um 300 | den rar song unter bie Sieger verteilt ward. 
v. C. verwendet. Arr. 5, 5, 1. 6,2. Bei diefer | Der bei Hybla auf Sicilien und der auf dem 
Gelegenheit fammelte er das Material zu jeiner, | Oymettos in Attifa gewonnene wurde am meiften 
in mehrere Bücher eingeteilten indiſchen Geſchichte geichäßt; der auf Gorfica (mel Corsicum) war 
Ulwdıxd), von welcher ſich neben allerlei Notizen | übel berüchtigt. Zu Sokrates’ Zeit Foftete feiner 
bei Strabon (15, 686 ff.), Arrian (Ind. 3 ff.) u. a. | Honig die Kotyle ('/, Liter) 5 Drachmen. 
auc einige Fragmente erhalten haben, gejammelt | Mela, mit vollem Namen Bomponius Mela, 
von Schwanbeck (1846) und Müller, fragm, hist. Verfaſſer eines in lateiniſcher Sprache geſchrie— 
Graec. II p. 397 ff. Nbhandl. von Schwanbed | benen geographiichen Abrifjes, de chorographia 
(1845). — 2) aus Chaltis, gründete mit Auswan= | (ehemals de situ orbis), in 3 Büchern, des erjten 
derern die Kolonieftadt Kyme (Cumae) in Cam: | Werkes diejer Art, das wir bejigen, ſtammte aus 
panien. Strab. 5, 243. Tingentera in Hijpanien und jcheint zur Zeit der 
Meges, Meyns, Sohn des Phyleus, König der | Kaijer Caligula und Claudius (37—54 n. E.) ge: 
Epeier in Elis, Kämpfer vor Ilion. Hom. Il.|jchrieben zu haben. Die ganze Darftellung ent- 
13, 692. 15, 519. Wbweichend davon heißt er im | behrt der willenfchaftlihen Bedeutung, denn fie 
Scifistatalog (11. 2, 625 ff.) Anführer der Scharen | beruht nicht auf Mutopfie, jondern Mela hat nur 
von Dulihion und den Echinaden. Der Katalog |au8 den beiten ihm zugänglichen Werfen, wie 
folgt der jpäteren Sage, daß Phyleus, der Vater | Hipparch, Hanno und Nepos, gejchöpft, mit einer 
des Meges, von feinem Vater Augeas vertrieben, | gewiflen Kritik. Sein Zwed N eint gewejen zu 
weil er für Herafles gegen jeinen Vater gezeugt Fein, in einem gefällig und mit lebhaften Farben 
hatte, nach Dulichion ausgewandert jei. ausgearbeiteten Kompendium das zu vereinigen, 
Megiste, Meyiorn, nad) Strabon (14, 666), | was allgemein wiffenswürdig und namentlich zum 
wie es jcheint, auch Arodern genannt, Inſel an | Verftändnis der Dichter und Mythographen ziwed: 
der mittleren Küfte von Lykien, mit einer gleich: | dienlich erjcheint. Sein Stil ijt der Sache nad) 
namigen Stadt und bedeutendem Hafen (Liv. | fur; und gedrängt, in einzelnen Schilderungen 
37,22); j. Meis oder Kaftel Nofjo. recht Tebendig und anmutig. Ausgg. von J. und 
Meidias j. Demosthenes. U. Gronov (1685 u. Ö.), Figude (7 Bdd. 1806, 
Meilanion j. Atalanta. die volljtändigite), Weichert (1816), G. Parthen 
Meilichios, Meiiyıog, der verjöhnliche, huld: | (1867) und C. Frick (1880). 
reiche, 1) Beiname des Zeus, Sühn-Feus, der mit| Melaina, Milcıwa, Borgebirge an der N®.: 
dem chthonifchen Zens oder Hades verwandt ift. | Seite der lydiſchen Halbinjel Joniens, der Aus: 
In Athen wurden ihm Schweine geopfert und | läufer des Mimasgebirges am Hermaiiſchen Busen, 
ganz verbrannt, wie dies bei dem Dienſt des | wo viele Mühlfteine gebrochen wurden; j. Kara 
unterirdifchen Zeus gebräuchlich war. An den Burun, das Schwarze Vorgebirge. Ildt. 14, 645. 
Diafien wurden ihm Kuchen geopfert. Thuc.1,126.| Melaunodia j. Hesıodos. 
— 2) Beiname des Dionyjos; — 3) der Tyche.| Melampüs, Meidurovs, ne de3 Amythaon, 
— 4) Die Feol ueıhlgıon, Sühngötter überhaupt, | Bruder des Bias, war der ältefte Seher, welcher 
unterirdiiche Götter, erhielten zur Nachtzeit ihre | durch geheime Opfer und Sühnungen die Heiltunft 
Opfer. übte; auch galt er für den Gründer des Dionyſos— 
Mekyberna, MnauBsor«, Stadt an der Oſt- | fultus in Griechenland. Hdt. 2, 49. Er lebte an: 
jeite der Landſchaft Sithonia in Makedonien am | fangs zu Pylos auf dem Lande: hier reinigten 
Toronaiiichen Meerbujen, deffen einer Teil auch | ihm einst Schlangen, toährend er jchlief, die Ohren, 
nach der früh erfolgten Zerftörung der Stadt den jo da er von der Zeit an die Stimmen der 
Namen sinus Mecybernaeus führte. Hdt. 7,122. | Bögel verftand und zufünftige Dinge vorausjagen 
Thuec. 5, 39. Strab. 7, 330. fonnte. Sein Bruder Bias freite um Pero, Tod: 
Mel, ueiı, Honig, galt bei den Alten für eine |ter des Neleus (Hom. Od. 11, 287 ff.). Dieſer 
Himmelsgabe (Verg. @. 4, 1: aörii mellis cae- verſprach bei der Menge der Freier dem die Toch— 
lestia dona; vgl. Or. fast. 3, 735 ff.), weil die ‚ter, welcher ihm die Rinder des Iphiklos aus 
Bienen ihn nicht aus Blumenfaft erft bereiten, | Phylake in Theffalien bringen würde. Da Bias 
jondern aus Morgentau nur einfammeln jollten | vergeblich verjucht hatte, die von einem Hunde 
(vgl. auch Melissa); aus Blumen werde Wachs, | ftreng bewachten Rinder wegzuftehlen, unternahm 


—— ————— — ———— — — —— — —— —— — —— — — — —— — — — —— — — — 


Milav — Meleagros. 


es Melampus, für ihn diejelben zu holen, obgleich | Od. 17, 212 ff. 21, 176. i 
5 er erſt nach einjährigem Ge: | — 2) Tragifer in Athen, Freund des Kimon, 


er vorausjah, da 
fängnis die Rinder in feine Gewalt befommen 
würde. Er wurde über dem Diebftahl ertappt und 
in Feffeln in einem Haufe bewacht. Durch Holz: 
würmer, welche das Gebälte des Haujes zernag: 
ten, belehrt, daß das Haus bald zujammenftürzen 
würde, bat er den Iphiklos, ihn in ein anderes 
Haus zu verjegen. Kaum war das gejchehen, jo 
ftürzte das Haus zuſammen. Dadurch erfannten 
Iphiklos und dejien Bater Phylafos die Seher: 
gabe des Melampus, und nachdem er ihnen ge: 
weisjagt hatte, wie der finderloje Jphiflos Kinder 
befommen könne, entließen fie ihn mit den Rindern. 
Er trieb fie nach Pylos und gewann jo jeinem 
Bruder die Pero. Er hielt fi) noch eine Zeit 
lang in Mefjene auf und begab ſich alddann nad) 
Argos, wo er von dem König Anaragoras mit 
Bias gleiche Teile der Herrſchaft erhielt, weil er 
die argiviichen Weiber von einer Najerei heilte; 
oder er heilte die Töchter des Proitos, Königs 
von Tiryns, welche, weil fie ji dem Dionyſos— 
dienjte widerjegt hatten, rajend geworden waren, 
und erhielt den dritten Teil des Königreichs und 
des Proitos Tochter Iphianaffa zur Gemahlin. 
Seine Söhne waren Mantios und Antiphates. 
Hdt. 9,34. Hom. Od. 15, 225 ff. Apollod. 1, 9,11. 
Antiphates zeugte den Dikles, diejer den Amphia— 
raos; Mantios’ Söhne find der von Eos geraubte 
Kleitos und Bolypheides, welchen Apollon nach des 
Amphiaraos Tod zum beften der Seher madıte. 

Meiav, eine Art Tinte zum Schreiben auf 
Pißlos, ein flüjfig gemachter Farbeſtoff. Das 
Tintenfaß h. mu&ig oder uelavodogov. Statt der 
Feder gebrauchte man eine Art Schilfrohr (ndi«- 
nos, yoapevs), zum Schreiben auf Wachstafeln 
einen jpigen Griffel (yo«peior). 

Melanchlaeni, Meidyykaıvoı, ein nad feiner 
dunklen Kleidung benanntes Volk nördlih von 
den föniglichen Skythen, am mittleren Lauf des 
Tanais, ım Norden von Sümpfen und Steppen be: 
grenzt; den Stythen in den Sitten ähnlich, aber wohl 
Hlawıjcher Abftammung. Hat. 4, 20. 100. 107. 125. 

Melanchros, Miia@yygos, Tyranı von Mytilene 
auf Leſbos, wurde von Pittakos (j. d.) im Verein 
mit den Brüdern des Dichters Allaios, Kiris und 
Antimenides, getötet, um 612 v. E. 

Melanippides j. Dithyrambos. 

Melanippos, Meldrınzos, 1) Sohn des The: 
baners Aitafos, verteidigte Theben mit Tapferkeit 
gegen die dem Polyneikes zu Hülfe gezogenen 
7 iriten, verwundete ben Tydeus tödlich, wurde 
aber von Amphiaraos erlegt (Aesch. Sept. 409); 
j. Tydeus. — 2) ein jchöner Jüngling zu Patrai 
in Adaia, der die Briefterin der Artemis Tri— 
Haria, Komaitho, liebte; die Göttin aber jandte 
zur Strafe dafür ihr den Tod und dem Lande 
Peſt und Mißwachs. Zur Sühne befahl das Drafel 
jährlich einen ſchönen Jüngling und eine jchöne 
Jungfrau zu opfern. Paus. 7, 19, 2ff. — 3) ein 
Sohn des Thejeus und der Perigune, Tochter des 
Einis. Plut. Thes. 8. — 4) 2 Troer, der eine 
von Antilochos, der andere von Teufros getötet. 
Hom. Il. 15, 546. 576. 8, 276. — 5). Chariton. 

Melanthios, Meldrtios, -eus, 1) Sohn des 
Dolios, des alten Sklaven der Penelope (Tom. 
Od. 4, 735), Ziegenhirt des Odyſſeus, auf der Seite 
der Freier, von Odyſſeus grauſam getötet. Hom. 


159 


on 
22 


ATA ff. Or. her. I, 95. 
Zeitgenoſſe des Sophokles und Ariſtophanes, von 
welchem letzteren er wegen ſeiner Feinſchmeckerei 
und Sinnlichleit vielfach verſpottet wird. Eine 
Tragödie Medeia wird von ihm erwähnt; erhalten 
ift ein einziger Vers. — 3) ein athenifcher Feld— 
herr, dem Ariſtagoras von Milet zur Hilfe ges 
jendet. Hdt. 5, 97. — 4) ein Hiftorifer aus um: 
befannter Zeit, angeblicher Verfaſſer einer Atthis 
und einer Schrift meel rar Lv "Elsvainı wuorn- 
eior. ©. Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 444. 
— 5) aus Rhodos, afademischer Philojoph, Schüler 
de3 Starneades, beliebt wegen feines angenehmen 
Vortrags. — 6) Maler aus Sikyon, j. Maler, 4. 

Melanthos, Mil«avdos, Sohn des Andropom: 
908, Vater des Kodros, aus dem Gejchlechte der 
Neleiden, König in Meflene, von wo er, durch die 
Herafliden vertrieben, nach Eleufis in Attila 309. 
Als hier der attiiche König, der Thejeide Thymoites, 
ji — mit dem boiotiſchen König Kanthos 
einen Wettlampf um den Belib von Dinod zu 
bejtehen, übernahm M. den Kampf, jiegte und 
ward König von Attila. Während des Kampfes 
erjchien Dionyjos in jchwarzem Ziegenfell hinter 
XZanthos, und als ihm M. vorwarf, daß er nicht 
allein jei, drehte er fih um und ward von M. 
erlegt. Zum Andenken an diejen täufchenden Sieg 
durch die Erjcheinung des Gottes wurde dem Dio- 
nyſos Melanaigis oder Melanthides ein Heiligtum 
errichtet, und dem Zeus Apaturios das Feſt der 
Apaturien (j. d.) geitiftet. 

Melas, Miiag, öfter vorfommender Name von 
Flüſſen, die ein dunfles Anjehen hatten, nament- 
ih: 1) Fluß in Boiotien zwiſchen Orchomenos 
und Mipledon; entipringt am nordöftlihen Fuße 
des AMlontiongebirges, ftrömt dann parallel mit 
dem Kephijos und verliert fich in den Sümpfen 
an der Kopais; j. Mavro Potamos. — 2) Fluß 
in der theſſaliſchen Yandichaft Malis bei Herafleia, 
ergoß ſich im Altertum, gleich dem Dyras parallel 
mit dem Spercheios fließend, in den Malifchen 
Meerbufen, während er jet, mit dem Dyras (j. 
GSurgopotamo) vereinigt, in den Spercheios mündet 
j. Thermopylai); j. Mavronero. Hdt.7, 198. 
Liv. 36, 22. — 3) Fluß in Thrafien, ergießt fid) 
in den Melasbufen, nördlich von Kardia (Ildt. 
6, 41. 7,198. Liv. 38, 40); j. Xeros. — 4) Fluß 
in Eicilien zwijchen Mylai und Meſſana; an jeinen 
Ufern läht die Sage die Weidepläge der Sonnen: 
rinder liegen. Op. fast. 4, 476. — 5) jchiffbarer 
Fluß im öftlihen Pamphylien, j. Menavgat. — 
Der Meerbufen Melas, Melas sinus, Melas 
xolrog, it ein Teil des Migaiiichen Meeres im 
NW. des thrakiſchen Cherjones, j. Meerbujen von 
Xeros. Ildt. 7, 58. Strab. 1, 28. 2, v2 u. ö. 

Meldi oder Meldae, M£löor, Milöc«ı, leltiſches 
Volt Galliens zwiſchen Meaux und Melun im 
Seine: und Marnegebiet, wo Cäſar für die bri— 
tannische Erpedition Schiffe bauen lich. Cues. b. «. 
5,5. Strab. 4, 194. 

Meleägros, Mel£ayoog, Meleager, 1) Sohn 
des Dineus und der Althaia, der Tochter des 
Theftios, Gemahl der Kleopatra Alkyone), der 
Tochter des Idas und der Marpeſſa, cin gewal— 
tiger Held aus Kalydon in Mitolien, berühmt 
als Speerwerfer, als Teilnchmer am Argonauten: 
zuge und an der falydonifchen Jagd. Sein Vater 


160 


Dineus hatte einft der Artemis zu opfern ver 
eflen, weshalb dieje einen gewaltigen Eber (den 
— Eber) in die Fluren von Kalydon 
ſandte, um fie zu verwüſten. Meleagros erlegte 
ihn in Gemeinthaft mit den tapferjten Helden 
jeiner Zeit; unter denfelben werden genannt: 
Admetos, Amphiaraos, Aſklepios, Jaſon, das, 
Lynkeus, Eurytos, Ktentos, Kaineus, Nejtor, Phoi: 
nir, Peleus, Thejeus, Peirithoos, Kaftor, Poly: 
deufes u. a. Artemis erregte über Kopf und Haut 
des erlegten Tieres, den Giegespreis der Jagd, 
einen blutigen Kampf zwiſchen den Nitolern (in 
Kalydon) und den Kureten (in dem benachbarten 
Pleuron), in dem die Witoler, jolange Meleagros 
mitfämpfte, die Oberhand behielten. Als aber 
Meleagros einen Bruder feiner Mutter im Kampfe 
erichlug, und dieſe den Fluch über ihn ausiprad, 
og fi) Meleagros grollend dom Kampfe zurüd, 
— daß die Aitoler in große Not kamen. Alle 
Bitten und Verſprechungen vermochten den zür— 
nenden Helden nicht zur Teilnahme am Kampfe 
u bewegen, bis endlich in der a Nor das 
lehen der jammernden Gattin ihn erweichte. Er 


Meles — Meletos. 


ift Atalante. — 2) einer der Führer der Phalanı 
bei Aleranders Tode, ſetzte es durch, Bern 
dem neugeborenen Sohne des Alerander deſſen 
eiftesihwacher Bruder Philipp Arrhidaios als 
önig, er jelbjt aber neben Perdikkas ald Regent 
anerfannt wurde. Perdiklas aber brachte den Arrhi— 
daios in jeine Gewalt; diefer willigte in den Unter: 
gang des Meleagros, und derielbe wurde am 
Itare eines Tempels, in den er geflohen war, 
ermordet, 323 v. E. Diod. Sie. 18, 2. 4. Ourt. 
10, 6, 20 ff. — 3) ein Sohn des Ptolemaios Lagi, 
herrichte nach dem Tode ſeines Bruders Ptole: 
maios Keraunos in Makedonien, 279 v. E., wurde 
aber jhon nad 2 Monaten wegen feiner Un— 
fähigkeit abgejegt. — 4) aus Gadara in Paläftina, 
ein geiftreicher Dichter im erotiichen —— 
um 60 dv. E., ſammelte zuerſt eine Anthologie 
von Epigrammen der älteren Zeit und der alexan— 
drinijchen Periode: Zrepavog Erıyoauudror, vgl. 
Anthologia graeca. Geine eigenen Epi- 


gramme (bejonders herausgegeben von Manio, 
1789, und Gräfe, 1811), 128 an Zahl, bewegen 
fi zwar in einem engen Jdeenkreije, zeugen aber 





ging in den Kampf, rettete die Aitoler, aber kehrte 
nicht wieder; die Erinys, welche den Fluch der 
Mutter auch in der Unterwelt gehört, ereilte ihn. 
. Hom. 11.9, 529 ff. 2, 641. 14, 115 ff. — Die fpätere 
Form der Sage ift folgende: Als Meleagros 7 Tage 
alt war, traten die Moiren Herzu und jagten, 
werde jterben, wann das auf dem Herde brennende 
dei verbrannt jei; deshalb riß Althaia das 
Sceit vom Herde weg und legte es im eimen 
Kaften. Als jpäter auf der Jagd des Ebers Ata— 
lante dem Tiere die erfte Wunde beigebracht, und 
M., der es erlegt hatte, der von ihm geliebten 
Jungfrau den Preis, die Haut des Tieres, über: 
geben hatte, —— ihr die Söhne des Theſtios 
das Fell, wofür M. ſie erſchlug. Althaia aber, 
erzürnt über den Tod ihrer Brüder, zündete jenes 
Sceit an, und M. ftarb auf der Stelle. Ov. met. 
8,270 ff. Nad) des M. Tod erhängten fih Althaia 
und Kleopatra, und feine Schweitern meinten bei 
feinem Tode jo jehr, daß Artemis fie aus Er: 
barmen in Perlhühner (ueAsayo/deg) verwandelte. 
Als Herafles in den Hades kam, flohen alle Schat: 
ten vor ihm, außer M. und Meduja. — Abbil— 
dung: Tod des Meleagros auf einem Relief der 
Billa Albani zu Rom. Die Jägerin zur Rechten 


von Geift und Phantafie; feine Diktion ift teil- 
weile dunkel und jchmwierig. 

eles, Meins, ein Küftenflüßchen bei Smüyrna, 
das in den Meirtov xdAmog ich ergoß. Hier in 
jeiner Heimat, an der Duelle des Flüßchens, joll 
Homer in einer Grotte jeine Gefänge gedichte 
haben; daher heift er ſelbſt Meinaıyeriis, jeine 
Werfe bei Tibull (4, 1, 200) Meletöae chartae. 
Strab. 12, 554. 

Melesias, Meinolas, 1) Sieger in den heiligen 
Spielen und Lehrer der Gymnaſtik auf Yigina, 
von Pindar bejungen (ol. 8, 71. nem. 4, 151). — 
2) Vater des Staatdmannes Thufydides, des Geg— 
ners des Berifles. — 3) Sohn desjelben Thukydides. 

Melöte j. Musae. 

Melötos, Meinros, 1) ein Athener, Anhänger 
der Dligarchie und in den Hermofopidenprozeh ver: 
widelt. Er hatte teil an der Gejandtichaft nach 
Sparta, um dort den Frieden zu vermitteln, 403 
v. C. Xen. Hell. 2, 4, 36. — 2) einer der 3 An: 
kläger des Sofrates und jchlechter Dichter, daher 
von Ariftophanes verjpottet. Er joll Tragddien, 
Stolien und erotifche Gedichte gejchrieben haben. 
Bald nach Sokrates’ Tode joll auch er zum Tode 
verurteilt worden jein. Diog. Laert. 2, 39. 43. 


Melia — MeAleloeves. 


Melfa, Meile, Nymphenname, 1) Tochter des 
Dfeanos, von Inachos Mutter des Phoroneus und 
Aigialeus oder Phegeus; — 2) von Bojeidon 
Mutter de3 Amykos; — 3) von Apollon geranbt 
und Mutter des Yimenios und des Schers Te: 
neros, im Iſmenion bei Theben verehrt. — 4) die 
Melia oder Mekrddes, Ejchennymphen, waren 
mit den Erinyen und Giganten aus den Bluts- 
tropfen des entmannten Uranos entjtanden, welche 
Ge aufgefangen hatte (Hesiod. theog. 187); fie 
heißen Ammen des Zeus. 

Meliböeus j. Germania. 

Meliboia, MeArßoıe, 1) Heine Küftenjtadt der 
theſſaliſchen Landichaft Magnefia, am Fuße des 
Oſſa (Hom. 11.2, 717. Hdt.7, 188. Strab. 9, 443. 
Liv. 44, 13), von den Römern unter En. Octa: 
vius geplündert. Zir. 44, 46. Bon ihr war ber 
treffliche meliboitihe Purpur benannt, deſſen Be: 
reitung einen bejonderen Anduftriezweig ihrer Be: 
wohner bildete. Luer. 2, 500. Verg. A. 5, 251. — 
2) J. Lykaon. 

MnAıeis ſ. Malienses. 

Melikertes ſ. Athamas. 

Melinno j. Erinna. 

Melissa, M£lısoe, 1) die Biene. Die Bienen, 
welche die jühe Nahrung aus den Blüten der Natur 
iehen, wurden zu den Nymphen, den nährenden 
Söttinnen des blühenden Naturlebens, in mannig: 
faltige Beziehung gefegt. Eine Nymphe Meliſſa 
(Bejänftigerin, von ueiloow, usıllsco) jollte den 
Genuß und Gebraud des Honigs erfunden haben, 
und darnach jollten die Bienen uelısocı ge— 
nannt worden fein. Meiıso«ı bedeuteten geradezu 
Nymphen, Nymphen wurden in Bienen verwandelt, 

- die Pflegerinnen de3 Zeus hiefen Melısoaı. — 
Milıooaı hießen auch Priefterinnen, namentlich 
der Demeter, der nährenden Getreidegöttin (demn 
der Honig und die Biene waren Symbol der Nah: 
rung), fowie der ephefifchen Artemis, deren Ober: 
prieiter Zoorjv — — wurde, wes⸗ 
halb eine Biene auf den Münzen von Epheſos 
erſcheint. Die Verbindung der Bienen mit De— 
meter kann auch darin ihren Grund haben, daß 
die in einem geordneten Staate lebenden Bienen 
Symbol des Staatslebens ſind, deſſen Schöpferin 
Demeter war. Ferner ſind die Bienen Symbol 
der Kolonienſendung und wegen der berauſchenden 
Kraft des Honigs Symbol der Begeifterung (daher 
heißt Pind. pyth. 4, 60 die Pythia die delphiſche 
Biene). — 2) Ort im öftlihen Teile Großphry: 
giens zwiſchen Synnada und Metropolis, mit dem 
Grabmale des Altibiades und einer Bildjäule des: 
jelben aus perfifchem Marmor. Ath. 13, 574 e. 

Melisseus j. Adrasteia. 

Melissos, Me£Aısaog, 1) Sohn des Telejindes 
aus Theben, Sieger in den nemeiſchen Spielen. 
— 2) Staatsmann und Whilofoph in Samos, 
Schüler des Parmenides und Anhänger der elca= 
tiichen Schule, lebte in der Mitte des 5. Jahrh. 
v. C. Durch Feldherrntalent ausgezeichnet, befeh— 
ligte er die Flotte der Samier gegen die Nthener 
unter Anführung des Perifles und ſchlug ihn 441. 
Plut. Per. 26. Seine Schrift weel roö ürros und 
mepl puotos ift verloren, nur einige Bruchſtücke 
(geſammelt von E. A. Brandis in den Commen- 
tationes Eleaticae und von Mullah im erjten 
Bande der Fragm. philos. Graec., 1860) find bei 
Ariftoteles und andern erhalten; er erflärt in der: 


— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — 


761 


ſelben das Entſtehen und Vergehen des Seienden, 
ſowie die Vielheit der Dinge für Sinnenſchein, 
nimmt ein unbewegliches, unveränderliches, ewiges, 
unbegrenztes All-Eins an, welches zugleich die 
Notwendigkeit iſt; doch ſcheint er ſich dabei auch 
auf eine — — einzelnen Elemente ein— 
elaſſen zu haben. Er folgte im weſentlichen der 
luffaſſung ſeines Lehrers. — 3) Gaius Me: 
liſſus, aus Spoletium, war als Kind ausgeſetzt 
worden, hatte eine gute Erziehung erhalten und 
kam nachher in das Haus des Mäcenas, der ihm 
die Freiheit ſchenkte. Er ſchrieb ſcherzhafte Sachen 
(Ineptiarum libellus). — 4) Älius Meliſſus, 
ein berühmter Grammatifer in Rom und Zeit: 
enofje des Gellius, Verfaſſer einer Schrift de 
oquendi proprietate. Gell. 18, 6, 1. 

Melita, Meilen, 1) eine Inſel im Mittellän: 
diihen Meere ungefähr in der Mitte zwiſchen 
Sicilien und Afrifa, durch einen ſchmalen Meeres: 
arm von dem Heinen Gaulos (Taülog) oder 
Gaudos (Tandog), j. Gozzo, getrennt, zuerft von 
Skylax genannt, j. Malta. Ihre älteften Bewoh— 
ner waren Phoiniker, welchen ſich in jpäterer Zeit 
Griechen beigejellten, bis ſie endlich unter die 
Herrichaft der Karthager fam. Dieje mußten fie 
im zweiten punifchen Kriege an Rom überlajien 
(Liv, 21, 51). Den urjprünglich felfigen Boden 
bauten die Phoinifer höchſt jorgfältig an und be: 
nußten die Inſel als Station für ihre Handels: 
ichiffe. Aus der Zeit der farthagischen Herrichaft, 
unter welcher die gleichnamige Hauptſtadt angelegt 
wurde, ftammen noch manche Ruinen. Die Römer 
befümmerten fi) wenig um Melite, und es wurde 
nad und nad ein Echlupfwinfel für Seeräuber. 
Die betriebjamen Einwohner trieben mit Honig 
und Baumtollenmwebereien einen lebhaften Handel. 
Cic. Verr. 4, 46. — ?) eine Heine Inſel an der 
illgrifchen Küfte, j. Meleda gegenüber der Halb: 
injel Hyllis, z0g eine große Anzahl Schoßhündchen 
auf, welche von den römischen rauen jehr ge: 
fucht waren (nad) Strab. 6, 277 vielmehr 1.). — 
3) ein attiicher Demos, den weſtlichen Teil der 
Stadt Athen bis zur Agora bildend, mit einem 
Tempel des Herakles und dem Haufe des The- 
miftofles. — 4) Tochter des Nereus und der Doris. 
Hom. I. 18, 42. 

Melitain, Meidr«ı« oder Meidreıe, eine aus: 
gedehnte und befeftigte thefjaliiche Stadt in Phthio: 
tis am Nordabhange des Othrys, einen ftarfen 
Nachtmarſch jüdlich von Lariſa. Auf ihrem Markt: 
plaß zeigte man das Denkmal des Hellen; Phi: 
lipp von Makedonien griff fie vergeblih an. Thuc. 
4, 78. Pol. 5, 97. Plin. 4, 9, 16. Ruinen beim 
jegigen Avaritza. 

Melitöne, Meiırnrrj, fruchtbare, bejonders an 
Wein reihe Landichaft in Kappadokien, zwijchen 
Kataonien und dem Euphrat, an deffen Nebenfluf 
Karnalas; in den affyriihen Infchriften als Milid 
jeit 1120 v. C. oft erwähnt, als römijche Grenz: 
provinz wichtig, jeit Diocletian Armenıa prima 
genannt. Die Hauptftadt gleiches Namens (j. 
Malatia) entjtand erſt nach Strabons Zeit, er: 
jcheint noch bei Tacitus (ann. 15, 26) als un: 
bedeutend, war aber jeit Trajan eine ftarfe nn 
feftung, Standquartier der zwölften Legion. Strab. 
12, 527. 535. 

Me}leigeves, die angehenden Yünglinge in 
Sparta vom achtzehnten bis zum zwanzigften Jahre, 


162 


die noch nicht in der Linie dienten, aber auch nicht 
mehr zu den Knabenabteilungen gehörten. 

Melodünum, urjprünglid; Metiosedum, Stadt 
in Gallia Lugdunenſis im Lande der Senones 
(Caes, b. g. 7, 58 ff.), auf einer Juſel der Sequana; 
j. Melun. 

Melon, Milo», ein reicher Thebaner, der nach 
Bejehung der Kadmeia durch die Lafedaimonier 
(um 382 v. E.) flüchten mußte, jpäter aber für 
die Befreiung Thebens ſehr thätig war und mit 
Pelopidas und ECharon zum Boiotarchen gewählt 
wurde. Xen. Hell.5,4,2ff. Plut. Pel. 8. 11 ff. 

Melos (u£log) und melische Poösie ſ. Ly- 
rische Poösie, 1. 

Melos, Mijkos, j. Milo, eine 3 IM. große 
Inſel des Aigaiiſchen Meeres mit gleichnamiger 
Hanptjtadt, die jüdweitlichjte von allen; wohl der 
jtehen gebliebene Rand eines gewaltigen Kraters; 
ein von Seewaſſer durchdrungener poröfer Fels, 
in dejjen weiten Höhlungen noch jet ewiges Feuer 
brennt. Daher bringt der warme Boden die herr: 
lichſten Früchte hervor; wichtiger noch find und 
waren die mineraliichen Brodufte: Alaun, Kochſalz, 
Schwefel, Thon, Gips, Porzellanerde, Bimsſtein 
u. ſ. w. Die von den Alten als rund (uNkor 
Apfel) bezeichnete Inſel hat heutzutage eine von 
NW. Scharf eingejchnittene Geftalt. Doc gibt 
e3 für den Ausdrud des Plinius (4, 12, 23) — 
rotundissima — auch eine andere Erflärung: 
die Inſel taucht auch jegt dem von W. kommen 
den a © in hochrunder Geftalt aus dem Meere 
auf. on der alten Hauptjtadt haben fich beim 
j. Plafa Trümmer erhalten; die Kraft der Schwiß- 
bäder in ihrer Nähe kannte jchon Hippofrates. 
Die doriſchen Bewohner (von Kreta aus), die früh 
die Phoinifer verdrängt hatten, waren im pelo: 
ponnefischen Kriege treue Anhänger der Spartaner; 
deshalb verwüſteten die Athener im Jahre 416 v. C. 
die Inſel, meßelten die Männer nieder, verkauften 
Kinder und Weiber und jchidten darauf eine Ko: 
Ionie hin. Hdt.s, 46. 48. Thuc.3, 91.5, 84—115. 
Später jammelten die Spartaner dort die Nefte 
der alten — aber die Blüte und politiſche 
Bedeutung der Inſel war für immer dahin. Xen. 
Hell. 2, 2,9. Plut. Lys. 14. 

Melpomö@ne ſ. Musae. 

Membräna j. Schreibmaterial. 

Memmii, ein plebejiiches Geſchlecht, aus wel: 
chem die herborragenditen Männer find: 1) C. 
Memmius, neben feinem Bruder YUucius als 
accusator acer atque acerbus von Cicero (Brut. 36) 
geichildert, Volkstribun im J. 111 v. E.; veran- 
lafte durch ei e Neden die Unterfuchung gpenen 
die großartige —— vieler vornehmer Römer 
durch Jugurtha und trieb damit zum Kriege gegen 
dieſen. Sall. Jug. 27. Im Jahre 104 war er 
Prätor. Er war ein heftiger Gegner der Opti— 
maten und namentlich des Amilins Scaurus, den 
er einft öffentlich verjpottete. Vgl. Sall. Jug. 30. 
Cie. de or. 2, 70, 283. Als er fih mit E. Ser: 
vilius Glancia für das J. 99 um das Konjulat 
bewarb, lieh ihm derjelbe vor den Augen des ver: 
jammelten Volles umbringen, um jich eines jolchen 
Nebenbuhlers zu entledigen. Cic. Cat. 4, 2, 4. 
Seine d4 enofien rühmten jeine Berebjamfeit. 

2) &. Memm., Bollstribun im J. 66 v. E,, 
Prätor 58 (Cie. ad Qu. fr. 1.2, 5. 16), griff als 
Anhänger des Bompejus die Konſulatsverwaltung 


“ 
— 2 


Melodunum — Memnon. 


Cäjars jehr feindjelig an. Doch änderte fich dies 
Verhältnis, und wir finden ihu in jpäterer Zeit 
auf der Geite Cäjard. Seine Bewerbung um das 
Konjulat im J. 54 zog ihm wegen dabei begange— 
ner Unredlichkeit jelbit von Gähır vielen Verdruß 
zu (Cie, ad Att. 4, 16); wegen Beſtechung verur— 
teilt, begab er fich nach Athen und Mytilene, von 
wo er mit Cicero fortwährend in bindung 
blieb. Cie. ad Ait. 6, 11, 6. App. b. ce. 2, 24. 
Ihm widmete Lucretius fein Lehrgedicht, da beide 
in ihren epikureiſchen Anfichten einander nahe 
ftanden; und als er im J. 57 als Proprätor nad) 
en ging, befand fich in feiner Begleitung 
der Dichter Catullus. Es fehlte * nicht au 
wifjenichaftlicher Bildung und an Mebnertalent. 
Cie. Brut. 70. — 3) C. Memm., im Jahre 54 
v. C. Volfstribun und Ankfläger des A. Gabinius 
wegen Erpreflungen. Cie. ad Qu. fr. 3, 1, 15. Nach 
deſſen Verurteilung erhob er eine Anklage gegen 
Nabirius Poſtumus. Cie. Rab. Post. 3, 7. Cicero 
nennt ihn (ad Qu. fr. 3, 3, 2) einen Stiefiohn 
Sullas. — 4) Memm. Regulus, trug zum Sturze 
des verhaßten Sejanus, des Sünftlings des Kaiſers 
Tiberius, nicht wenig bei, wurde im Jahre 33 
n. C. Statthalter von Möfien und ftarb unter der 
Regierung des Nero im Jahre 61. Zacitus 
(ann. 14, 47) jchäßte diejer Kaiſer ihn jehr hoch, 
jo daß er daran dachte, ihn zu feinem Nachfolger 
u ernennen. Dio Cass. 58, 9. 13. 25. 59, 12. 
ac, ann. 12, 22. 
Memnon, Miuror, 1) ein bejonders in der 
nachhomeriſchen Sage gepriejener Held. In der 
Ilias wird er nicht erwähnt, in der Odyſſee an 
2 Stellen: 11, 522, wo er ber jchönfte Krieger 
heißt, und 4, 188, wo er der Cohn der Eos ge: 
nannt wird, welcher den Antilochos erſchlug. 
Heſiod (theog. 984) nennt ihn Sohn des Tithonos 
(der ein Bruder des Priamos war) und der Eos, 
Bruder des Emathion, König der Withiopen (daher 
niger, Verg. A. 1, 489, obgleicd) er in Sage und 
Bild diejelbe Farbe hat wie die griechiichen Hel- 
den). In der Aithiopis des Arktinos von Milet 
ieht Memnon in einer von Hephaiftos gefertigten 
üjtung dem Priamos zu Hülfe, erlegt nach dem 
Tode des Patroklos und des Hektor den Antilochos, 
des Achilleus teuren Freund, und wird dafür von 
Achilleus erichlagen, wobei Zeus, von den Müttern 
beider Helden um Sieg angefleht, die Loſe auf der 
Wage wägt (Wvyooracie), worauf Eos für ihren 
Sohn von Zeus die Unfterblichkeit erfleht. Dieſer 
Mythenſtoff wurde häufig von den Tragitern (3.8. 
von Aiſchylos in der Yuyooracce)und von der bilden: 
den Kunſt behandelt. Die Griechen dachten fich 
unter dem von Memmnon beherrichten Aithiopien 
nicht das oberhalb Ägyptens liegende Land, jon: 
dern das homerijche, nad) dem Aufgange der Soune 
elegene Aithiopien (Hom. Od. 1, 24), und des 
ha machten fie ihn zu einem Sohne der Eos. 
ac) Diodor (2, y. wurde Memnon der Erbauer 
der Königsburg zu Suja im fernen Dften, die nach 
ihm Meurovıe hieß (Hat. 5, 53f. 7, 151), von 
dem aſſyriſchen Teutamos feinem a Pria⸗ 
mos mit einer Schar Aithiopen und Suſianer zu 
Hülfe geſchickt, und nach Pauſanias unterjochte er 
alle Völfer zwiſchen Suſa und Troja. Nach Agyp- 
ten fam der Mythus von Memnon erjt, als die 
Griechen das Aithiopien im oberen Nilthal fennen 
lernten und zugleich das ägyptiſche Wort Mennu 


Memphis — Menandros. 


(= Totentempel) hörten. Sie fnüpften nun die 
Sage an die nörbdlichere der beiden, jet noch 
15,6 m hohen, jigenden Kolofjalftatuen des Königs 
Amenophis III. (um 1500 v. E.) in der Weſtſtadt 
von Theben (j. Medinet Habu) an. Bon Ddiejer 
Statue war nämlich durch ein Erdbeben (27 v. E.) 
der obere Teil herabgeftürzt, und jeitdem zeigte 
fich bis zu der Nejtauration unter Septimius Se: 
verus die eigentümliche Naturerfcheinung, daß das 
Steinbild, don den Strahlen der aufgehenden 
Sonne getroffen, einen Ton von fich gab, ähnlich 
dem Klang einer zeripringenden Saite, Das war 
die Erwiderung Memnons auf den Gruß feiner 
Mutter, der Eos. Ohne Zweifel entjtand diejes 
Geräujh durch den rajchen Temperaturwechſel 
—— der Kälte der Nacht und der mächtigen 

irkung der erſten Sonnenſtrahlen, wie denn auch 
die Gelehrten der franzöſiſchen Expedition in den 
roßen ägyptiſchen Bauwerken morgens einen 
niſternden oder ſingenden Ton vernommen haben. 
Strabon, der zuerſt von dieſer Erſcheinung ſpricht, 
nennt den Koloß noch nicht Memnon, ſondern 
heißt nur die umliegenden Trümmer Meuroveior 
(17, 813. 817); wohl aber thun dies die Schrift- 
jteller der nächjtfolgenden Zeit (3. B. Tac. ann. 
2, 61), weldye nun den M. von Withiopien über 
gypten nad) Suja ziehen ließen. Memnonsgräber 
befanden ſich an verschiedenen Orten, am Fluſſe 
Aiſepos in Kleinafien, in Suſa, in Phoinifien und 
Syrien. — Die Gefährten des Memnon, welche 
feinen Leihnam in Troas beftatteten, wurden 
wegen allzugroßer Trauer in Vögel, Memnones 
oder Memnonides, verwandelt und verfammeln 
ſich jährlich an feinem Grabe und Flagen um ihren 
Herrn. — Memnon war urfprünglich ein afiatischer 
Lichtgott, der in VBorderafien einen weitverbreite- 
ten Kult hatte und namentlich an feinen Gräbern ver: 
ehrt wurde. In die griehijche Sage wurde er 
als früh verftorbener glänzender Held hineinge— 
zogen, wahricheinlih durch Vermittelung feines 
Grabes am Aiſepos, das nicht fern von Troja 
war. — 2) ein Rhodier, tüchtiger Feldherr, mußte 
mit feinem Schwager Artabazos, an deſſen Auf: 
ftand er teilgenommen, um 351 v. E. nach Mate: 
donien fliehen, durfte aber auf die Fürſprache 
jeines Bruders Mentor zurüdfehren und jtand 
beim Beginn des Krieges mit Alerander als einer 
der —— Heerführer in Kleinaſien. Vergeblich 
widerriet er die Schlacht am Granikos und ſchlug 
vor, ſich langſam zurückzuziehen und den Krieg 
im Rücken des Feindes nach Europa hinüberzu— 
ſpielen. Zum Oberbefehlshaber in Kleinaſien er— 
nannt, verteidigte er Halikarnaſſos hartnäckig, traf 
Vorbereitungen, mit ſeiner Flotte Alexander von 
Europa abzuſchneiden, und knüpfte zur Anfachung 
eines Aufſtandes in Hellas Verbindungen mit 
Sparta an, eroberte Chios, ſtarb aber während 
der Belagerung von Mytilene weg (333 v. E.). 
Seine Witwe Barfine (j. d. 2.) gebar dem Ale— 
rander den Herakles. Diod. Sie. 17, 7. 18ff. Arr. 
1, 12,9. 2,1, 1ff. Curt. 8, 1f. — 3) aus Sera: 
Heia in Pontos, Seichichtichreiber am Ende des 
1. oder Anfang des 2. nachchriftlichen Jahrhunderts, 
verfaßte eine Gejchichte jeiner Vaterftadt in minde: 
ftens 10 Büchern. Fragmente gefammelt von Orelli 
(1816) und Müller, fragım. hist. Graee. Ill 
p. 525 ff. 

Memphis, M&ugıs, ägyptiſch Mennofer („ſchöne 


163 


| use”), aſſyriſch Mimpi, im A. T. Moph oder 
Noph, die alte, große Hauptitadt Agyptens, links 
| vom Nil, zwiichen dem Hauptjtrom und dem Seiten: 
fanal Bahr Juſſuf, in beherrichender Lage unweit 
der Offnung des engen Thales zum Delta, gegen: 
über den Borftädten Troia (Tu-Roau) und Ba: 
bylon (j. d. 2.) Berühmt waren der mächtige 
| Tempel des Ptah, des Lofalgottes von M., mit 
dem Heiligtum des Apis, ferner der Nilmefjer und 
| die fejte Burg, Aevxor reiyog genannt. Bon Menes 
' gegründet, wurde M. allerdings von der jpäteren 
Hauptſtadt Thebai überflügelt, noch mehr von Ale: 
gandreia verdunfelt, und iſt Heutzutage bis auf 
wenige Refte bei dem Dorf Mit-Rahine verſchwun— 
den, Dagegen find von der großen Totenſtadt im 
Weiten noch zahlreiche Gräber (auch Apisgräber) 
und namentlich die verjchiedenen Pyramidengrup— 
pen vorhanden. Hdt. 2, 99. 3, 91. Died. Sic. 
1, 50f. Strab. 17, 8077. 

Menae, Mivaı, oder Menaenum, Meraıror, 
Bergftadt auf Sicilien jüdlih von Hybla am L.a- 
eus Palicorum, die Vaterjtadt und Reſidenz des 
Sifulerfürften Duketios, mit dejjen Fall die Blüte 
der Stadt ſchwand, deren Bewohner Cicero (Verr. 
3, 43) noch nennt; j. Mineo. Bei der in ber 
Nähe befindlichen Duelle Menais jchwuren die 
Bewohner. Diod. Sie. 11, 8. 78. 

Menaichmos, Mevaıyuog, 1) ein Bildhauer 
aus Naupaftos ums Jahr 490 v. E., verfertigte 
eine Statue der Artemis aus Elfenbein und Gold, 
aufgeftellt auf der Burg in Patrai. — 2) aus 
Sifyon, ebenfalls Bildhauer, lebte um 323 v. E. 
und bildete eine cherne Kuh, welche die Vorder: 
füße auf die Erde ftredte und den Kopf zurücdbog. 
Plin. 34, 80. Auch eine Gejchichte feiner Vater: 
jtadt, jowie Mleranders des Großen joll er ge: 
ichrieben haben. — 3) ein Mathematiter, von 
deſſen Schrift über Kegelichnitte ein Fragment er: 
halten ift. 

Menandros, Mev«vögog, Menander, 1) ein 
athenijcher ?yeldherr im peloponnefischen Striege, 
welcher an der Erpedition nach Sicilien teilnahm. 
Er jcheint dem Untergange auf Sicilien entgangen 
zu jein und ijt wahrjcheinlich derjelbe, welcher 
nod im Helfespont unter Alfibiades befehligte und 
bei Nigospotamoi einer der Anführer war. Plut. 
Ale. 36. Thuc. 7, 16. 43. 69. Xen. Hell. 1, 2,16. 
2,1, 16. 26. — 2) Sohn des Feldherrn Diopeithes, 
eb. 342 dv. C. der bedeutendfte Dichter der neuen 

omödie (j. Komoedia, 5.) Seine Blütezeit 
fällt gleich nad) Aleranders des Großen Tode; 
jein erſtes Stüd, die Epheboi, ift 322 geichrieben. 
Gute Erziehung, feine Bildung, günftige äußere 
Berhältniffe waren ihm zu teil geworden und ge: 
jtatteten ihm ein frohes, genußreiches und glän- 
zendes Leben. Mit Theophraft und Epikur hatte 
er näheren Umgang, und in jeiner Kunft joll er 
ih nach jeinem Oheim Alexis gebildet haben. 
Auch mit Demetrios Phalereus jtand er in enger 
Verbindung, und der König von Ägypten, Ptoie— 
maios Lagi, juchte ihn nach Alerandreia zu ziehen. 
Allein er blieb in Athen und ftarb, 52 Jahre alt, 
in einem Bade verunglüdt. M. ſoll über Hundert 
Komödien gejchrieben haben, erhielt aber nur 
achtmal den Sieg, Weg feine Stüde jehr gern 
gelejen wurden. Durch feinen, geiftreihen Witz 
und anmutige, gebildete Sprache hat fih M. um 
die Ausbildung und Bervolllommmung der neuen 


764 


Komödie entichiedene Verdienfte erworben. Leider | eines Nomos im mittleren Delta, wetlich von Tanis, 
hat fich fein einziges Stüd vollftändig erhalten, an dem Merdrjoıo» ordue des Nil, j. Tmaisel: 
nur zahlreiche Fragmente und die Titel von 73 | Amdid. Hat.2,17. Thuc. 1,110. Strab. 17, 802, 
Komödien, unter denen AdeApoi, Ardola, "Eavrör | Mendicus, rroyös, der Bettler, genießt jchon 
rıumgotusvog, Ebroözog wegen der von Teren: | bei Homer eines gewiſſen Schußes und gaftlichen 
tius gemachten und noch erhaltenen Tateinijchen | Rechtes, ohme jedoch in ein dauerndes Berhältnis 
Umbildungen die bemerlenswerteften find. Much | diefer Art zu treten; er fteht unter dem Schuße 
läßt ſich aus diefen Umbildungen im ganzen und | der Götter und hat, wenn er — wird, ſeine 
allgemeinen die von M. fultivierte Gattung der Erinys. Hom. Od. 17, 475. Der ar. nardnuog 
nenen griechiichen Komödie erkennen und beurtei: (Hom. Od. 18, 1) ift ein Bettler von Profejlion, 
len, wenn fie auch nicht die feinen Züge des | der im einem gewiſſen Bezirk ein Privilegium ges 
Driginals und die Kraft und Natürlichkeit desjel: | niet; er wird vor Kränfungen durch Götterſchutz 
ben erreichten. Über Menanders Vortrefflichkeit bewahrt. Inſofern ift auch Iros von Odyſſeus 


Menapii — Menekleidas. 


hat im Nltertume nur Eine Stimme geherrict. 
In Schärfe der Beobachtung, in Fülle der Erfin- 
dung, in Sicherheit der Charafteriftif galt er als 
Meier; dazu kam noch edle Haltung und Milde 
des Tons, Bündigfeit und praftiihe Wahrheit 
feiner, wenn auch nicht immer eleganten, doch faß— 
lien, Ausſprüche. Daher auch die Menge und 
das Übergewicht der Sentenzen in den erhaltenen 
Fragmenten, und die Blütenlejen, welche aus Me: 
nanders Sprüchen und Lebensregeln tompiliert 
und mit fremdartigen Elementen vermijcht wurden, 
wie in Hunderten alphabetisch geordneter Tyroucı 
novösrıyoı. Vgl. Quint. 10, 1,69. Or. trist. 2,369. 
Prop. 4, 21, 28. Sammlung der Fragmente von 
Meinete, fragm. com. Graec. Band IV. (Bd. II 
P. 867 ff. der Fleineren Ausg.), und od, com. Att. 
fragm. II p. 3ff. Aus der Zahl weniger 
bedeutender Männer d. N. jeien genannt: 3) ein 
Rhetor aus Laodikeia in der erften Hälfte des 3. Jahr: 
. n. C. — 4) aus Ephejos, Gejchichtichrei: 
er der griechiichen und nichtgriechiichen Könige, 
von dem Joſephos Bruchftücde mitteilt (gefammelt 
von Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 445). — 
5) ein kyniſcher Philofoph, Schüler des Diogenes 
und Bewunderer des Homer. — 6) ein Sophift 
aus Großphrugien, der einen Kommentar über 
Demofthenes jchrieb. 

‚Menapli, Mevdzuoı, belgiiches Bolt in Gallien, 
zwiichen Maas und Echelde, jüdlich von den Ba: 
tavern, in dichten Wäldern und Sümpfen. Aus 
den Rheingegenden waren fie durch die Ufipeter 
und Tencterer verdrängt worden (Cnes. b. q.4, 4); 
zum Aufſtande der gejamten Belgä jtellten fie 
25000 M. Caes. b. 9. 2, 4. Das Castellum 
Menapiorum ift das jetzige Caſſel — Roer⸗ 
monde und Venloo an der Maas. Caes. b. g. 2,4. 
3,9. 4,38. 6,2. 6. 

Mendai, Mivöcı, oder Mende, Mivön (Hat. 
7,123. Tue. 4, 121. 123. 124), 1) Kolonie der 
Eretrier am Thermaifchen Meerbujen auf der ma: 
fedonifchen Halbinjel Pallene, als Handelsplag 
nicht unbedeutend und von Thukydides bei der 
Erzählung der Unternehmung des Brafidas öfter 
erwähnt; j. Calandra. — 2) ionijche Kolonie in 
Thratien am Hebros, Geburtsort des bedeutenden 
Bildhauers Paionios (j. d.). 

Mendes, M£vöng, 1) ein ägyptiſcher Gott der 
zeugenden Naturfraft, nahe verwandt und fpäter 
oft verichmolzen mit dem Gott von Chemmis (j. d.), 
in Bodsgeftalt dargeftellt und deshalb von den 
Griechen mit dem Ban identifiziert. Sein Kultus 


verſchieden, der nur als gelegentlicher Bettler auf: 


tritt. In fpäterer Zeit übten die Kyniker grund: 
ſätzlich das bettelnde Gaftrecht; wirkliche Bettler 
waren um jo jeltener, al$ das wirkſamſte Gegen: 
mittel, die Arbeitjamfeit, jelbft geſetzlich gehand— 
habt wurde. Gegen Verarmung jchügte aud) die 
Ausjendung in’Kolonien. In der römischen Kaijer: 
zeit fing indeſſen das Betteln an ein Gewerbe zu 
werden, und man jcheute jchon damals jelbft die 
verworfenften Mittel körperlicher rg 
handlung und Gliederverrenfung der Kin für 
ſolche Zwecke nicht. Hor. a. p. 20 bezieht fich auf 
eine Sitte Schiffbrüchiger, die mit einer bildlichen 
Darftellung ihres Unglüds umhergingen und, 
bettelten. 

Mene |. Selene. 

Menedömos, Mevsönuos, 1) ein Philojoph 
und Gtifter der eretriichen Schule (’Epergiexoi, 
Eretrici), Sohn des Mleifthenes, von Eretria auf 
Euboia gebürtig, fing erft jpäter als Soldat in 
Megara an, ſich mit Philoſophie zu bejchäftigen, 
und ging deshalb nach Athen, wo er Platon, be: 
jonders aber Stilpon hörte. Dann lehrte er in 
Eretria und verwaltete dort auch bedeutende 
Staatsämter. Verdächtig aber, feine Vaterftadt an 
Antigonos Gonatas verraten zu wollen, mußte 
er flüchten, ging zu Antigonos und ftarb 74 Yahre 
alt. Er hat feine Schriften hinterlaffen, daher 
auch jeine Philojophie nicht näher bekannt iſt. 
Seine Lebensweife war einfach, er zeigte einen 
feften Charakter, milden Sinn, Freimütigfeit und 
Treue gegen feine freunde. Mit Homer, Niichylos 
und Sophoffes beichäftigte er fich fleißig, und mit 
Aratos, Lykophron, dem alerandrinifchen Gram— 
matiker und Dichter z. Z. des Ptolemaios Phila— 
delphos, und Antigonos Gonatas ſtand er in 
freundſchaftlicher Verbindung. — 2) ein fyniicher 
Bhilofoph aus Lampſakos, verjchieden von dem 
vorigen, der Diogenes’ und Antiſthenes' Grundſätze 
jehr übertrieb und die Fehler anderer faft wütend 
tadelte. — 3) ein Rhetor in Athen, ungefähr 94 
v. C. Cie. de or. 1, 19. — 4) aus Matedonien, 
Gaſtfreund des Julius Cäjar, von dem er das 
römijche Bürgerrecht erhielt. Caes. b. c. 3, 34. 
Cie. ad Att. 15, 2,2. Phil. 13, 16, 38. — 5) ein 
Feldherr Aleranders des Großen. Arr. 4, 3,7. 

Menekleidas, Mevexkeidag, ein ehrgeiziger, 
ränfefüchtiger Redner in Theben, welcher den 
Epameinondas heftig verfolgte, doch ohne daß dieſer 
den Oberbefehl über das Heer deshalb verlor. 
Nep. Epam. 5. Auch gegen Pelopidas intrigierte er, 


war urjprünglic auch nur lokal, verbreitete ſich doch feine Kabalen kamen ans Licht, und er wurde 
dann abersin ganz Agypten; der Bock galt nun | zu einer Geldftrafe verurteilt. Wahrjcheinlich fam 
als Inkarnation des Sonnengottes Dfiris. dt. | er bei einer von ihm angeftifteten Staatsummälzung 
2,42. 46. — 2) die Stadt des Gottes, Hauptftadt | ums Leben. Plut. Pelop. 25. 


Menekles — Menenii. 


165 


Menäkles, Mevexijs, 1) ein Bolfsrebner zu ; Sieg N, hätten ihm dem zuvor abge- 


Athen. Xen. Hell. 1, 7, 34. — 2) ein Nhetor 
aus Alabanda in Karien, nebit feinem Bruder 
Hierofles in Afien von hohem Rufe; Cicero hatte 
beide gehört. Cic. or. 69. de or. 2, 23. Brut. 95. 
Menekrätes, Mevsxgdrns, 1) ein athenijcher 
Archon; — 2) ein Dichter der neueren Komödie, 
von dem ſich nichts erhalten hat; — 3) ein Philo— 
ſoph der eleatiihen Schule, Zuhörer des Xeno- 
frates und Geograph; — 4) aus Ephejos, Verfafler 
eines Gedicht3 Über den Landbau; — 5) ein Arzt 
aus Syrakus, der fich teils in Griechenland, tei 
in Makedonien aufhielt. Er lebte zur Zeit Philipps 
und machte fich durch feinen Ehrgeiz und jeine 
Eiteffeit vielfach lächerlid. Er fleidete ſich in 
Burpur, trug eine goldene Krone auf dem Haupte 
und ein Scepter in der Hand; jo glaubte er den 
Zeus darzuftellen. Andere Anekdoten, welche jeinen 
lächerlichen gi und jeine Eitelfeit charakteri- 
fieren, j. bei Plutarch (Ages. 21). Wie Galenos 
bezeugt, joll er das Bleiglättepflafter erfunden 
— 6) ein anderer Arzt unter dem Kaijer 


Tiberius, Erfinder verjchiedener Arzneimittel. — | O 


7) ein Freigelafjener Bompejus des Großen, wel- 
chem dejjen Sohn, S. Bompejus, eine von ihm 
—— Flotte übergab und ihn im 

nteren Meere um Italien kreuzen ließ. Er ſtürzte 
einen andern Freigelaſſenen des Pompejus, Me— 
nodorus, der in gleicher Gunſt ftand. Menodorus 
ging zu Octavian über, erhielt ebenfalls einen 

berbefehl zur See, und bei Cumä fam es zwiſchen 
beiden flotten zum Kampfe. Das Schiff des 
Menekrates wurde erobert, uud er ſelbſt ftürzte 
fich ind Meer. Vell. Pat. 2,73. App. b. ce. 5,81 ff. 
Oros. 6, 18. — 8) ein Gänger (eitharoedus), vom 
Kaijer Nero geſchätzt und reich belohnt. Suet. 
Ner. 30. — 9) ein Bildhauer, Meijter des Apol: 
fonios und Taurijfos, welche die Gruppe des far: 
neſiſchen Stieres gebildet haben. — Über einige 
Hiftoriter dieſes Namens j. Müller, fragm. hist. 
Graec. II p. 343 ff. 

Menelaion, Mesveidiov, Berg in Lafonien, 
füdöftlih von Sparta bei Therapne, mit dem 
2 des Menelaos und der Helena, deflen 
Fundamente 1833/34 aufgededt worden find. Pol. 
5, 18ff. Paus. 8, 19,9. Liv. 34, 28. 

Meneläos, Mer£iaos, 1) Sohn des Atreus, 
jüngerer Bruder des Agamemnon (f. d.). Nach 
Ermordung des Atreus durch Aigiſthos (f. d.) 
flieht er mit Agamemnon nad Sparta und hei: 
ratet Helena, die Tochter des Königs Tyndareos, 
von welchem er die ichaft von Sparta erbt. 
Als Paris ihm die Gemahlin geraubt hatte, bot 
er mit Agamemnon die griechiichen Fürften zum 
se ug gegen Troja auf umd führte jelbjt auf 
60 dien die Scharen von Lafedaimon, Sparta, 
Amyklai, Helos u. |. w. dahin. Hom. 11. 2, 581 ff. 
Nachdem die —— gelandet und ihr Lager auf— 
eſchlagen, ging Menelaos mit Odyſſeus nach 

roja, um Helena zurüdzufordern, aber ohne Er: 
folg; ja Antimachos riet, die beiden Gejandten zu 
erſchlagen. II. 3, 205 ff. 11, 139 ff. Bor Jlion iſt 
er unter Heras und Athenes Schuß (Il. 4, 8. 129. 
5, 715) einer ber tapferjten Helden. Mit Freuden 
nimmt er die ger -an, die Baris an 
die Argiver erläßt (11. 3, 19 ff.), und er hätte den 
verhaften Feind erichlagen, wenn nicht Aphrodite 
ihn jeinen Händen entführt hätte. Da er den 














1 


ſchloſſenen Vertrage gemäß Helena und die ihm 
eraubten Schätze überliefert werden müſſen; aber 
PBandaros verlegt durch einen Pfeilſchuß, mit dem 
er den Menelaos leicht verwundet, das Bündnis 
(11. 4, 105 ff.), und es beginnen neue Kämpfe, in 
denen Menelaos ſich oft auszeichnet. Er erjchlägt 
viele Feinde (Il. 5, 50. 576. 13, 601 ff. 15, 541. 
16, 311. 17, 45. 575 ff.), jchirmt den Leichnam des 
rer und trägt ihn mit Merioned aus der 

lacht (IT. 17, 1 ff.); mit den andern Helden ift 
er in dem hölzernen Pferde. Hom. Od. 4, 280. 
Verg. A. 2, 264. Nah Trojad Fall und der 
Wiedergewinnung der Helena rät er in ber Ber: 
fammlung zu jchleuniger Abreiſe, wodurd er mit 
—— in Streit gerät (Od. 3, 141 ff.); am 
folgenden Morgen zieht er mit Neftor ab. Als 
er am Borgebirge Malen vorbeiftenern will, vers 
ichlägt ein Sturm einen Teil jeiner Schiffe nach 
Streta, 5 andere fommen mit ihm jelbft nach Ägyp— 
ten. Od. 3, 276 ff. 4, 81 ff. 8 Jahre lang irrt er, 
wie Odyſſeus im Wejten, bei den Völlern im 
umber und fehrt endlih, mit Geſchenken 
reich beladen, mit Helena an demjelben Tage, an 
welchem Oreſtes die Klytaimneſtra und den Aigi— 
ſthos beftattet (Od. 3, 311), in die Heimat zurüd, 
wo er eig und in Frieden feinen Neichtum ges 
nieht. Als Telemad ihn in Sparta befucht, feiert 
er eben die Hochzeit jeiner Tochter Hermione 
mit Neoptolemos und die jeines unehelichen Soh— 
nes Megapenthes mit der Tochter des Altor. 
Od. 4, 1. Als er auf der Inſel Pharos bei 
Ägypten den Proteus (j. d.) F zu weisſagen 
wang, offenbarte ihm dieſer, daß er nicht ſterben, 
—— lebendigen Leibes ins Elyſiſche Gefilde ein— 
gehen werde, weil er ein Eidam des Zeus ſei. 
Od. 4, 561 ff. Bei Homer erjcheint Menelaos von 
milderer Gejinnung als jein Bruder Agamemnon, 
dem er ſich gern unterorbnet (Il. 6, 51. 17, 30. 
10, 123); ftehend ragt er mit den breiten Schul: 
tern über Odyſſeus hervor, er ſpricht geläufig, 
wenig, dod) laut und treffend. IT. 3, 210. Zu 
Therapne e er einen Tempel, bei welchem ihm 
Spiele en wurden; auch zeigte man dort jein 
und der Helena Grab (j. Menelaion). Paus. 
3, 19, 9. — 2) ein unechter Sohn Amyntas’ II. 
von der Gygaia und Bruder Philipps von Make— 
donien. Just. 7, 4. — 3) ein Bruder des Ptole— 
maios Lagi, war Befehlshaber auf der Inſel 
Kypros, als Demetrios Poliorketes dieje angriff; 
er wurde geichlagen und in Salamis eingejchloffen. 
Nach längerer Belagerung, während welcher er mehr: 
fache Stürme tapfer zurüdichlug, und nachdem 
auch der mit einer bedeutenden Flotte und Land: 
macht zu Hilfe fommende Ptolemaios gejchlagen 
var, 306 v. E., wurde er mit jeinem ganzen Heere 
ig genommen und Kypros erobert, er jelbit 
aber bald wieder freigegeben. — 4) aus Marathos 
in Phoinikien, Lehrer der beiden Gracchen in der 
Beredjamfeit. Cie. Brut. 26. 

Menenii, ein patricijches Geſchlecht, von dei- 
2 Mitgliedern hier zu nennen find: 1) Agrippa 

en. Yanatus, Konjul im Jahre 505 v. C. 
führte n —— von Halikarnaß (5, 44 f.) 
einen glüdlichen Krieg gegen die Sabiner, nad) 
Livius (2, 16) dagegen fand der Krieg mit den 
Aurunkern ftatt. Im Jahre 494 vermittelte er 
(nach) Cie. Brut. 14 der Diktator M.' Balerius) 


766 


den Frieden mit der auf den Heiligen Berg gezo— 
genen Plebs (Liv. 2, 32f.), welche er durch die 
befannte Kabel von der Empörung der Glieder 
egen den Magen und durd paflende Anwendung 

rielben auf das Volk zur Rüdtehr bewog. Er 
ftarb in Armut (493) und wurde auf öffentliche 
‘ often beitattet. Dion. Hal. 6, 96. — 2) T. Men. 

Lanatus, Konjul 477 v. C. Der Untergang der 
Fabier an der Eremera wurde jeiner Unent‘ loſſen⸗ 
heit zur Laſt gelegt. Gegen die Etruſker kämpfte 
er unglücklich, weshalb er nach Ablauf ſeines Kon— 
ſulats angeklagt und mit einer Geldſtrafe belegt 
wurde. Aus Gram darüber tötete er ſich durch 
Hunger, vgl. Liv. 2, 51f. Diod. Sie. 11, 583. — 
3) T. Men. Lanatus, Konjul im Jahre 452 
v. C. fiel während jeiner Amtsführung in eine 
heftige Krankheit, dem Borgeben nach, weil ihn 
über den drohenden Untergang der Rechte des 
patriciichen Standes jchwerer Kummer ergriff. 
Dion. Hal. 10, 54. — 4) Ein M. ward von den 
Triumvirn geächtet und entfam nur durch die Auf: 
opferung eines Sflaven. App. b. c. 4, 44, 5. Bei 
Horaz (sat. 2, 3, 287) wird ein Menenius fprich: 
wörtlich ald Narr genannt: fecunda e gente 
Meneni. — Es gab übrigens auch plebejiiche 
Menenier; vgl. Maenii, 2. 

Menes, 1) Miiv, Mnvns, nad) der Überliefe- 
rung der ältejte König von Aghpten, der von jeiner 
Heimat This (bei Abydos) aus das obere und das 
untere Land zu Einem Reich vereinigte und die 
Hauptitadt Memphis gründete; nach) Manetho 5702, 
in Wirffichfeit um 3500 v. C. Aldt. 2, 4. 99. — 
2) Merns aus Bella, einer der Leibwächter Ale: 
randers, der ihm den Befehl gab, als Befchls- 
haber in Syrien, Bhoinikien und Kilikien die Ver: 
bindung zur See und mit Antipater aufrecht zu 
erhalten. Arr. 2, 12, 2. 3, 16, 9. Curt. 5, 6, 48. 

enesaichmos, Merfsaıyuog, ein Nebnet in 
Athen, heftiger Gegner des Redners Lykurgos, 
deſſen Kinder er jogar nad) des Vaters Tode ver- 
folgte, jowie des Demofthenes. 

Menestheus, Meveodevs, 1) Sohn des Peteos 
zu Athen, hatte den Theſeus mit Hülfe der Tyn— 
dariden aus der Herrichaft verdrängt und führte 
die Athener vor Troja an, wo er gefallen fein 
fol. Hom. Il. 2, 546 ff. 4, 327. — 2) Sohn des 
Klytios, Gefährte des Aineias. Verg. A. 10, 129. 
— 3) Sohn des Iphikrates, Schwiegerjohn des 
Timotheos, Feldherr der Athener. Dem. 17, 20. 

Menesthios, Mevicttos, 1) j. Areithoos. — 
2) Sohn des Stromgottes Spercheios und der 
Folydora, der Schweiter des Achilleus, war vor 
Troja ein führer im Heere des Achilleus. Zlom. 
II. 16, 173. 

Menesträtos, Mevzorgerog, 1) ein Athener, 
angeflagt als Teilnehmer einer Verſchwörung gegen 
die Dligarchen (404 v. E.), dann aber durch Ser 
mittelung des Kritias und Hagnodoros freigeipro- 
hen, als er jeine Genofjen genannt hatte. Nach 
Vertreibung der Oligarchen wurde er mit dem Tode 
beitraft. I,ys. Agor. 55 ff. — 2) Tyrann von Ere- 
tria. Dem. 23,124. — 3) griechiſcher Schriftiteller 
über den Landbau. — 4) Bildhauer, wahrſchein— 
lich zur Zeit Aleranders des Gr., fertigte die 
Statuen des Herafles und der Hekate für den 
Tempel der Artemis in Ephejos, welche durch den 
Glanz des Marmors ausgezeichnet waren. Plin. 
36, 5, 4. 


Menes — Menodoros. 


Menexönos, Mevd£erog, 1) Schüler des So— 
frates, nach weldhem Platon einen feiner Dialoge 
benannt hat. — 2) Sohn des Demophon und 
Schüler des Sophiften Ktefippos, fam am legten 
Tage zu Sofrates ins Gefängnis. — 3) Sohn 
des Sokrates. — 4) Sohn des Difaiogenes, fiel 
429 v. E. bei Spartolos als Phylarch. Thac. 2, 79. 

Menippe, Meviazn, 1) Nereide. Hesiod. 
theog. 260. — 2) Tochter des Orion, Schwejter der 
Metioche, gleich diejer von Aphrodite mit Schön: 
beit begabt, von Athene in der Webekunſt unter- 
richtet. Bei einer Belt, welche ganz Aonien (einen 
Teil Boiotiens) heimjuchte, weihten fie fich frei- 
willig zur Rettung des Landes den Unterirdijchen 
und durchftachen jich die Kehlen mit dem Weber: 
ſchiff. —*— und Hades verwandelten ſie in 
Kometen, die Aonen aber errichteten ihnen bei 
Orchomenos ein Heiligtum, wo ihnen jährlid ein 
Sühnopfer gebradht ward. Or. met. 13, 685 ff. 
Ovid (a. a. D.) verjept die Sage nad) Theben, 
andere nad) Tanagra. 

Menippos, M£rınzog, 1) ein Athener, Bater 
des Hippofled. Thuc. 8, 13. — 2) Tyrann im 
Oreos auf Euboia, begünftigte den Philipp gegen 
Wttifa. Dem. Phil. 3, 59. — 8) Feldherr des 
Königs Philipp V., fämpfte gegen die Römer. 
Liv. 27, 32. 28, 5. — 4) Geſandter des Königs 
Antiohos, der nach Rom fam und nachher die 
Aitoler gegen Rom —— — 5) aus Gadara, 
um 270 v. C., anfangs Sklave, ſpäter der kyni— 
ſchen Philoſophie zugewendet, aber ohne ihr Ehre 
zu machen. Er war dem niedrigſten Wucher er— 
geben und nahm ſich ſelbſt das Leben, als er 
einmal eine bedeutende Summe verloren hatte. 
Seine Satiren, in denen er als ein smovdoysiodog 
ernjthafte Gegenftände aus den praktiichen Ge: 
bieten der Bhilofophie in heiterem Ton abhandelte, 
ahmte M. Terentius Varro (j. Terentii, 4.) in 
feinen saturae Menippeae nad. Sie waren in 
Proſa mit eingeftreuten Verſen geichrieben und 
wurden von den Zeitgenofjen und Späteren, na— 
mentlich von dem Epigranmmatifer Melcagros und 
von Lukianos, mit großem Beifalle aufgenommen 
und nachgeahmt. Monogr. von F. Ley (1843) und 
Frz. Ohler (1844). A. Rieſe in N. Jahrb. für 

hilol., Bd. 95. — 6) griechiicher Redner aus 

tratonifeia, einige Jahre hindurch Ciceros Lehrer 
in Afien und Begleiter auf feinen Reifen in Aſien 
Cie. Brut. 91, 315. — 7) Geograph aus * 
mon zur Zeit des Auguſtus und Tiberius, ſchrieb 
eine Schrift: meolnkovg rg dvrög Yerareng in 
3 Büchern, die verloren ift, während ein Stüd 
vom Ddürftigen Auszuge des Markianos erhalten 
2 (herausgegeben von Hoffmann, 1841, und GC. 

üller, geogr. Graec. min, I p. 563 ff.). 

Menodöros, Mnvodwgos, 1) ein von En. Pom— 


«| pejus Magnus oder defjen Sohne Sertus frei 


gelaſſener Sklave, der jpäter bei diejem Flotten— 
bejehlshaber wurde und nach dem 40 v. C. zwiſchen 
Octavian und Antonius geichloffenen Frieden die 
Küften Norditaliens plinderte und Sardinien be 
ſetzte. Als er endlich bei Pompejus durch feine 
Gegner verdächtigt wurde, lieferte er Heer und 
Flotte an Octavtan aus und übergab ihm das 
bejegte Land, 38. Won diefem wurde er mit der 
Nitterrvürde beehrt und dem Flottenbefehlshaber 
Ealvifius als Legat beigegeben, kämpfte aber un: 
glüdlic) bei Cumä. Als jeine Auslieferung dem 


Menoikeus — Mentes. 


Pompejus nicht zugeftanden ward, machte diejer 
den bitterjten Feind desjelben, Menefrates (j. d., 7.), 
um Befehlshaber jeiner Flotte. Bald trafen die 
Findlichen Gejchwader bei Eumä heftig zuſammen; 
Menefrates, jchiver verwundet, ftürzte jich, um nicht 
in Gefangenjchaft zu geraten, ins Meer. Der 
eitle und wetterwendiihe Menodoros ging nun 
wieder zu Pompejus und dann, als er N in 
jeinen Hoffnungen getäufcht jah, von neuem zu 
Octavian über, der ihm zwar verzieh, im übrigen 
aber ihn wenig mehr beachtete. Bei der Belage: 
rung von Siſeia in Bannonien fand er in den 
Wellen des Savus jeinen Tod, 35. Vell. Pat. 
2, 73ff. App. b. c. 5, 70ff. 96ff. Dio Cass. 48, 30f. 
45 f. 48, 54. 49, 1. 37. Suet. Oct. 74. — 2) athe: 
nilcher Bildhauer im 1. Jahrh. n. E., berühmt 
durc eine Statue des Eros, eine Kopie nad) Pra— 
riteles. Paus. 9, 27, 4. 

Menoikeus, Mevoneig, 1) Thebaner, Entel 
des Bentheus, Bater des Kreon, der Hipponome 
und Yolafte. — 2) Sohn ‘des Kreon, Enkel des 
vorigen. Kur. Phoen. 768. Als die Sieben gegen 
Theben die Stadt bedrohten, opferte er ſich zur 
Rettung derjelben, indem er jih auf der Zinne 
der Burg erſtach und in die Kluft des Aresdrachen 
unterhalb der Burg ftürzte. Teirefias nämlich oder 
Apollon hatte geweisjagt, daß ein Sohn aus dem 
Gejchlechte der aus den Drachenzähnen erwachjenen 
Sparten zur Sühnung des über die Ermordung 
des Draden durch Kadmos erzürnten Ares ge: 
opfert werden müſſe. Sein Grabmal war vor dem 
Neitiihen Thore. Paus. 9, 25, 1. Bei Sophofles 
(Ant. 1303) heißt der fi) opfernde Sohn des 
Kreon Megareus. 

Menoitios, Mevolrog, 1) |. Japetos. — 
2) Sohn des Altor und der Aigina, Halbbruder 
des Aiakos, Vater des Patroflos, aus Opüs, Ur: 
gonaut; j. Achilleus. — 3) ſ. Herakles, 9. 
und Hades. : 

Menon, Mivor, 1) Dynaft von Pharjalos, 
herrſchte über eine große Zahl von Metoiten. Im 
peloponneſiſchen Kriege war er mit den Athenern 
befreundet und unterjtüßte fie in Thrafien. Z’hue. 
2,22. Dem. 18, 23. — 2) ein Thefjalier, der an 
der Spike von griechijchen Söldnern an dem Zuge 
des jüngeren Kyros gegen Artaxerxes teilnahm, 
nad) der Schlacht bei Kunara auf Verrat gegen 
feine Mitfeldherren ſann, indes mit denjelben von 
Zifjaphernes gefangen genommen wurde und, (eben: 
dig verjtümmelt, erjt nach einem Jahre ftarb. Xen. 
An. 1,2, 6. 20. 4, 13. 5, 11. 7,1f.2,1,5. 2,1. 
5, 28. 31.6, 215. Nah ihm ift ein platoniſcher 
Dialog benannt. — 3) M. von Pharjalos, 
durch jeine Tochter Phthia Großvater des Pyrrhos, 
Anführer der thejjaliichen Reiterei im lamiſchen 
Kriege. Diod. Sie. 18, 15 u. b. Plut. Phoc. 25. 

Menophänes, Mnvopdvrns, Feldherr des Mi: 
thridates, der im erjten mithrid. Kriege (88 —84 
v. E.) die Inſel Delos plünderte, die Männer 
niederhieb, die Weiber und Kinder in die Skla— 
verei führte, die Stadt zerftörte und ihres Tem: 
pelichages beraubte. Paus. 3, 23, 3. 

Mens, römijche Berjonififation des menjchlichen 
Berftandes, der Einficht und Bejonnenheit. Nach 
der Schladht am Trafimenischen See, welche durch 
tollkühnen Unverftand verloren gegangen war, 
wurde ihr ein Tempel gelobt und bald darauf 
auf dem Capitol erbaut. Liv. 22 


“u 


167 


fast. 6, 241. hr Feſt wurde am 8. Juni auf 
dem Capitol gefeiert. 

Mensa (über ro«res« vgl. Mahlzeiten, 4.), 
Tisch, Tafel, zu dem verjchiedenjten Gebrauch. Ber 
den Römern trieb man ungeheure Verſchwendung 
mit diefem Hausgeräte. Die foftbarften waren die 
abaeci (j. d.) und monopodia oder orbes, 
Säulentiſche mit maffiven runden Platten koſt— 
baren Holzes (namentlidy citrus aus Mauritanien), 
denen ald Fuß eine elfenbeinerne Säule diente. 
Delphica se. mensa war ein Tiſch aus Marmor 
oder Bronze, der als Seſſel diente und für einen 
wejentlichen Lugusartifel in den Häuſern der 
Reichen galt. Cie. Verr. 2, 4, 59. Mart. 12, 66. 
Mensa sacra, aus Marmor, Gold oder Silber, 
diente als Altar und wurde vor die Götterbilder 
ejtellt mit Wein, Obſt oder Fleiſch, welches den- 
* am Feſte des Lectifternium dargebracht 
wurde. Cie.n.d.3, 34. Verg. A. 2, 764. Die 
Preije klingen ganz fabelhaft; jo foftete ein Tiſch 
Eiceros 1 Million Sefterzien (175 413 Mark). Als 
Bededung brauchte man Tücher von gausape (j. d.). 
Die Armeren hatten Tiſche von Buchenholz oder 
Ahorn mit 3 (mensa tripes, Hor. sat. 1, 3, 13) 
oder 4 Füßen. — Marmorplatten waren nicht un: 
gewöhnlich. — Außer den Tijchen der Krämer ift 
zu nennen die mensa argentaria, der Tiſch oder 
das Comptoir des Geldwechslers, auf dem er die 
Summen in Bereitjchaft hatte. Diejer alten Sitte 
verdanfen auc die Namen „Bankier und „Ban- 
ferott“ ihre Eutftehung in neuerer Zeit. Konnte 
der Geldwechsler feinen Verpflichtungen nicht nach— 
fommen, fo wurde fein Tiſch (banco) in Stüde 
zerbrocdhen, und er jelbjt durfte jein Geſchäft nicht 
fortjegen. Ahnlich jagten die Griechen draoneva- 
few rıjv rodneser. 

Mensarius j. Wechsler. Mehrmals dienten 
außerordentlihe, vom Staate berufene mensarii 
(trıumviri u. ſ. w.) zur Regulierung der Schuld: 
angelegenheiten, indem fie aus der Staatsfajje 
das zur Dedung der Schulden nötige Geld vor: 
ftredten. Liv. 7, 21. 23, 21. 34, 35. Tac. ann. 
6, 17. — Mensularii wecdhjelten ausländische Mün— 
zen gegen römifches Geld ein; ebenjo hatten jie 
zu unterjuchen, ob Geld falſch jei. Tac. ann. 6, 17, 


Mensis, Monate und ihre Namen j. Jahr, II. 

Mensor oder metator: 1) f. dv. a. agrimensor, 
Feldmeſſer oder Geometer. In der actio finium 
regundorum entichieden jie als Richter, in den 
andern Prozeſſen über Grundftüde wurden fie als 
technijche Beiftände zugezogen. — 2) Mensores 
oder metatores castrorum heißen in älteren 
Zeiten die Tribunen und die Genturionen, welche 
urjprünglid; unter Aijiftenz eines Augurs das 
Lager abjtedten; jpäter hatte man dazu bejondere 
Techniker, die natürlich ebenjo genannt wurden. 
— 3) faiferlihe Ouartiermeifter, jeit Diocletian. 
— 4) M. frumentarii, ®etreidemefler, Unter: 
beamte des praefectus annonae. — 5) M. aedi- 
ficiorum, Architelten, welche nach einem bon 
einem Baumeifter entworfenen Plane Gebäude 
aufführten. ZPlin. ep. 10, 28. 29. . 

Mensularius j. Mensarius. 

Mensüra j. Malse. 

Mentes, Mevrns, 1) Führer der thrafiichen 
Kilonen im trojanischen Striege. Hom. Il. 17, 73. 


10, 23, 31. Op. | — 2) Sohn des Anchialos, König der Taphier, Gajt: 


768 Mentor — Mercatura. 


freund des Odyſſeus, unter deffen Geftalt Athene | moglov (f. Polizei). Während nun jo der See- 
den Telemachos beſucht. Hom. Od. 1, 105. 180. | handel die VBodenerzeugniffe und Rohſtoffe, Thon: 
Mentor, Mevrwg, 1) Sohn des Altimos (Hom.| und Metallarbeiten, auch feine Webereien u. a. aus 
Od. 22, 235), Ithalefier, Freund des Ddyfieus, | Griechenland ins Ausland führte und dagegen 
der ihm bei jeiner Abfahrt von Ithaka die | Lebensmittel, arabijche Spezereien, indiiches Elfen: 
Sorge für fein Haus übertrug; darum juchte er bein, Metalle, Schifjsbauholz zurüdbrachte, blieb 
dem Treiben der Freier zu fteuern. Hom. Od.| der Landhandel vorzugsweije auf den Bejuch der 
2,225. Athene nahm öfters feine Geftalt an, | zahlreichen großen seite, namentlich der großen 
jo, um Telemachos nad) Pylos zu begleiten, um | Nationalfefte beichränft, „deren Gottesfriede auch 
Odyſſeus im Kampfe gegen die freier zu ſchühen, faufmännischen Unternehmungen jicheres Geleite 
um ihn mit jeinem Volke zu verjöhnen. om. Od.| verlieh und dadurd jenen Feſten jelbft zugleich 
2,267 ff. 22, 205 ff. 24, 548. — 2) Vater des Im- | das Gepräge fürmlicher Handelämefjen mitteilte‘. 
brios aus Pedaion in Troas. Hom. Il. 13, 171.| — Wenngleidh zu Rom die Kaufleute jchon im 
— 3) ein Rhodier, wie jein Bruder Menmmon|Y. 494 v. E. eine eigene Zunft und Innung 
(j. d. 2) ein tüchtiger Feldherr, nahm zuerft aud) | (collegium mercatorum) errichteten (Liv. 2, 27), 
an der Empörung des Artabazos teil, flüchtete ſich und der Staat Handelsverträge wiederholt mit 
um 351 v. E. nad Agypten, wurde von Nelta: | Narthago 509 v. E. (Pol. 3, 22), 347 und 306 
nebos 11. mit 4000 griechiſchen Söldnern dem | (Liv. 7, 27. 9, 43), dann im %. 276 mit Agypten 
gleichfalls aufgeftandenen Eidon zu Hülfe gejandt, | abſchloß, war dennoch der friegerijche Sinn der 
verriet aber mit König Tennes die Stadt an Nömer nicht geeignet zur allgemeinen Betreibung 
| 





xerxes III. In dejjen Dienft zeichnete er fich bei | des Handels. So fam er denn in die Hände ein— 
der Wiederunterwerfung Agyptens aus, wurde | zelmer, die ſich den bedeutenden Vorteil desjelben 
Satrap über die Belttürte von Kleinafien und ein: | zu nuße machten. Nachdem die Handelsländer 
Hußreicher Günftling des Großkönigs. Er ftarb| Sicilien, Griechenland, Karthago und Agypten 
furz dor dem Angriff Mleranders. Diod. Sie. | römische Provinzen geworden, reijten auch römtjche 
16, 42 fi. Kaufleute „rüftig zu den äußerſten Indern“ (Hor. 

Menyllos, Mervilog, nadı dem unglüdlichen | ep. 1, 1, 45: impiger extremos curris mercator 
Ende des lamiſchen Krieges Befehlshaber der nad) | ad Indos), nad Nord und Süd, zu Lande und 
Munichia gelegten makedoniſchen Bejabung, ein | auf eigenen Handelsjchiffen zur See. Überall an 
gemäßigter Mann, der die Stadt nicht drüdte, | allen Handelsplägen des römischen Reichs lichen 
und Freund des Phokion. Plut. Phoc. 28. 30.| fic römische Handelsleute nieder, bisweilen jelbft 
Diod. Sie. 18, 18. in feindlichen Yändern ihr Vaterland über den 

Movvrge, cine Belohnung, die auf Wieder: | Gewinn vergefjend (Tuc. ann. 2, 62). Zu Betra 
verichaffung eines entlaufenen Sklaven, oder aud) |in Arabien wohnten jchon zu Strabons Zeiten 
vom Staate auf Anzeige eines jchweren Ber: | des Handels wegen viele Römer (Strab. 16, 779), 
brechens gejeßt wurde, jo bei Gelegenheit des Her: | zu Meros Zeit berichtet Plinius (37, 45) von 
her nie yo Vgal. Index. einem römischen Ritter, der bis zur Bernfteinküfte 

Mercatüra, Zurogda (j. "Eurzogog), ftand als | geflommen war (qui et commercia et littora 
Großhandel allgemein im Altertum in entjprechen: | peragravit). Daher Haben fih auch römiſche 
der Geltung und Wertihäßung, während aller: | Münzen in Indien und an der Dftjeefüfte gefun- 
dings der Klein- oder Zwijchenhandel, zarnıea, | den (Mommijen, Geich. des römischen Münzmwejens 
caupona, infolge der damit verbundenen Täu: | S. 725. 815. 818). Strabon (2, 118) erzählt, daß 
chungen und Übervorteilungen, wie durch die | jährlich wohl 120 Kauffahrteifchiife aus dem Ara: 
jonftige Sitte und Lebensftellung derer, die ihn | biichen Meerbujen nad) Indien jegelten, mit Bogen: 
betrieben, mehr ein Gegenftand der Verachtung ihügen gegen Seeräuber bemannt, der Gewinn 
war. Der Großhandel war in Griechenland erreichte 100 Prozent (Plin. 6, 23: quae apud 
natürlich meiftens ein überjeeiicher und daher mit | nos centuplicato veneant). Für den Kleinhandel 
Schiffahrt verbunden, in den ältejten Zeiten wohl | in Rom gab es beftimmte Orte nach den vericie: 
vorzugsmweife durch ausländiiche Kräfte vermittelt, | denen Gebrauchsgegenftänden des täglichen Lebens 
was man auch jpäter noch bisweilen aus politi- | (forum boarium, piscatoriıum, olitarium, pisto- 
ichen Gründen begünftigte, weil durch die Selb-|rium u. ſ. w.). Die Aufficht über diejen Ber: 
ftändigfeit des einheimischen Handelsverkehrs fich | fehrshandel in Bezug auf Güte und Gewicht der 
der Ariftofratie des Örundeigentums gegenüber eine | Waren führten die Mdilen. Die institores trugen 
neue Klaſſe von Befitenden oder auch die Elemente | allerlei Waren in die Häufer und waren bei den 
demofratiichen Lebens bildeten. An Mthen war | römijchen frauen (obwohl sordido loco orti, Lir. 
der Kaufmann wenigjtens von perjönlichen Kriegs: | 22, 25) beliebte ftußeriiche Galanteriehändler (Hor. 
dienten befreit, jeine Rechtshändel wurden je nad) | od. 3, 6, 25 ff.). Der Schußgott alles Handels 
den Intereſſen jeines Gejchäfts befriftet oder be | war Mercur; weshalb die mercatores auch Mer- 
ichleunigt, widerrechtlihe Hemmungen desjelben |; curiales hießen und das Feit des Gottes alljähr: 
mit außerordentlicher Strafe belegt, der fremde | lich am 15. Mai feierten (Ov. fast. 5, 669). Die 
Kaufmann aber in allen Rechtsfragen dem ein= | Stellung der Kaufleute in der allgemeinen Achtung 
geborenen ganz gleichgeftellt. Unterlag nun auch | bezeichnet Cicero (off. 1, 42), wonad die Groß: 
allerdings der Handel jtarfen Abgaben und Be: | händler (mercatores), vielfach Ritter, zwar nicht 
Ichränfungen, jo hatte er dafür auch wieder den ſo jehr zu tabeln (si mercatura magna non est 
Vorzug großer Seeftädte zu geniehen, Waren- | admodum vituperanda), dagegen die Kleinhänd— 
magazine und Lagerhallen, wie das deiyue im ler geradezu für ſchmutzige Leute erachtet wurden 
Peirateus, Die Aufficht über den Seehandel führ- | (sordidi putandi, qui mercantur a mercatori- 
ten 10 durchs Los erwählte dmıueintai tod LZu-| bus, quod statim vendant\. 


Mercennarii — Mesambria. 


Mercennarli, griechiſch wıo®wro/ oder wicho- 
pöoo:, hießen überhaupt alle um Lohn Dienenden, 
Tagelöhner, Feldarbeiter, Hirten. Früher, als es 


noch wenige Sklaven gab, beichäftigte man die | 
‚von Niebuhr, 1823, von J. Belfer, 1836). 


Tagelöhner auf dem Lande gegen einen Anteil an 
den Früchten, hernach mit der ungeheuren Zu— 
nahme der Sklaven mehrte fich die Zahl der brot: 
loſen Arbeiter in Bejorgnis erregender Weiſe. 
Plut. Tib. Graech. 8. Geſetze, die es zur Pflicht 
machten, eine bejtimmte Anzahl freier Yeute auf 
den Adern zu beichäftigen (von Cäſar der dritte 
Teil der Hirten, Swet. Caes. 42), famen in Ber: 
gefienheit. Vgl. Drumann, Arbeiter und Kommu: 





769 


Höheren Wert haben durd Korrektheit und eine 
gewiſſe Eleganz die durch Niebuhr im X. 1823 
entderften Überreite von Gedichten geſchichtlichen 
Inhalts, z.B. auf Nötius (heransgeg. mit Corippus 


Meröe, Megon, Merua, das Land oder nad) 
der Meinung der Alten die Inſel zwiichen Nil, 
Aftapos und Wjtaboras. Hier lag zwijchen dem 
fünften und jechiten Nataraft die gleichnamige, 
ſpätere Hauptjtadt der Withiopen, j. Schendi, mit 
Trümmern in ägyptifierendem Stil. König Erga— 
mened (um 270 dv. E.) ftürzte die Priefterjchaft 
und gründete ein größeres Neich, das bis in das 


niften im Griechenland und Rom (1860). In der) 3. Jahrhundert n. E. beftand, mitunter mit Na: 


Zeit der Bürgerfriege waren dieje Brot: und Be: 
figlojen eine ergiebige Quelle für die Parteihäupter. 
Daher hichen fpeziell mercennarii die Söldner im 
Kriege, mercede militantes, conducticiae cater- 
vae; j. darüber Exercitus, 5. 12, 

Merceurius f. Hermes, 5. 

Merenda wird erklärt al3 Veſperbrot, häufiger 
aber als prandium, welches zu unferer Mittags: 
zeit genofjen wurde; ſ. Mahlzeiten, 8. 

Meretrices wurden, wie die Hetären (j. d.) in 
Griechenland, in Rom geduldet, wenn fie ſich unter 
die polizeiliche Aufficht der Adilen geitellt hatten. 
Lir. 10, 31. 30, 9. Tac. ann. 2, 85. Jedoch 
wären fie mit infamia behaftet und durften vor 
Gericht fein Zeugnis ablegen. Sie unterjchieden 
ſich äußerlich von den ehrbaren Frauen durch ein 
bloßes furzes Kleid (tunica) ohne Oberfleid (stola), 
durch die Entblößung des Gefichts und Halſes, 
der Schultern und Arme; ihre Wohnungen hießen 
lupanaria, lustra, fornices. Später wurde eine 
Abgabe auf dies Gewerbe gelegt; in der befleren 
Zeit trieben es nur Sklavinnen und Freigelaſſene, 
ſpäter auch, troß ausgeſetzter Strafen und ber 
Schande, freigeborene Frauen. Suet. Tib. 35. 

—— Mahlzeiten, 2. 

Meridiäni sc. gladiatores, rechter, welche im 
römijchen Amphitheater während der Seit des 
prandium auftraten, wo viele Zuſchauer nad) 
Haufe gegangen waren. ©. Gladiatores. 

Meriönes, Mnowrns, Sohn des Molos (Hom. 
71. 13, 249. 10, 270), Freund und Waffengenofle 
des Idomeneus, einer der tapferften Kämpfer vor 
Troja, wohin er mit Idomeneus die Kreter in 
80 Schiffen führte (71. 2, 645 ff. 4, 254. 8, 263). 
Ausgezeichnet ift er befonders im Bogenſchießen 








pata (j. d.) als Refidenz. Strab. 
17, 786. 822 f. 

Meröpe, Megörn, 1) Okeanide, von Klymenos 
Mutter des Phaëthon (nah Hygin [fab. 154]; j. 
dagegen Helios). — 2) eine der Heliaden oder 
Schweſtern des Phasthon. — 3) Tochter des Atlas, 
eine Pleiade, Gemahlin des Siſyphos in Korinth, 
Mutter des Glaufos. Am Sternbilde der Pleiaden 
ift fie der fiebente, duntele Stern; fie verhüllt fich 
aus Scham, weil fie einem Sterblichen vermählt 
war. — 4) Tochter des arfadijchen Königs Kyp— 
jelos, Semahlin des Ktreiphontes (jpäter des Poly: 
phontes), Mutter des Aipytos. — 5) Gemahlin 
des Königs Polybos zu Korinth, Pflegemutter des 
Didipus. Soph. Oed. T. 775. 

Merops, Megoy, 1) König in Kos, Vater des 
Eumelos. Da feine Gemahlin, die Nymphe Eche: 
meia, durch Artemis plößlich ftarb, wollte er fich 
töten, wurde aber von Hera als Adler unter die 
Geſtirne verſetzt. — 2) Nithiopentönig, Gemahl 
der Klymene, mit der Helios den Phaëthon zeugte. 
Or. met. 1, 763. 2, 184. trist. 3, 4, 30. — 3) König 
am Rhyndakos, aus Perkote in Myſien, Scher, 
Vater der Kleite, Arijbe, des Amphios und Adra— 
ſtos. Hom. 11. 2, 830. 11, 329. — 4) Gefährte des 
Aineias, von Turnus getötet. Verg. A. 9, 702. 

Möros, Mnoös, der Götterberg der Inder fern 
im Norden, indiſch Meru, von den Griechen dort 
gejucht, wo der Jmaos (Himalaya) im NW. mit 
dem von W. nadı D, ftreichenden Parapaniſos 
(indiihen Kaufajos) ſich freuzt und zu Hohen 
Schneegipfeln erhebt. In den weinreichen Thälern, 
wo der Stammname Nilpada an Nyſa erinnerte, 
— Dionyſos geboren ſein. Strab. 15, 687. 711f. 
Arr. 5, 1, 6. 


Hat. 2, 29. 


und im Speerwurf (Il. 23, 860. 888). Nah| Merüla, ein plebejiidher Zweig des corneliichen 
fpäterer Sage wurde er auf der Heimfahrt von Geſchlechts (j. Cornelii): 1) 8 Corn. Mer, 
Ilion nad Sicilien verſchlagen, nach dem kreti- Konjul 193 v. E., lieferte den Bojern in der 
ſchen Engyon; ober er fehrte nad) Kreta zurüd,| Nähe von Mutina eine Schlacht, in welcher er 
wo er zu Knoſos ein Grabmal hatte und mit | faft 14000 Feinde tötete und 212 Striegszeichen 
Idomeneus Hervendienft genof. erbeutete. Liv. 35, 4f. Da indefien auch der 
Mermöros, Meguegos, 1) Sohn des Jaſon | römische Verluft SH war (5000 M.), bemilligte 
und der Medeia (auch Mafareus genannt), nebft | man ihm feinen Triumph. Liv. 35, 8. — 2). 
feinem Bruder Pheres von Medeia in Korinth Corn. Mer., Konjul 87 v. E. an Cinnas Statt, 
ermordet (f. Argonauten). — 2) Sohn des | erlebte im diefem Jahre die Belagerung Roms 
Pheres, Enfel des Jajon und der Medeia, im durch Einna und Marius und lieh fich, als jene 
theiprotifchen Ephyra, Vater des los, der Gift: | fiegten, die Adern öffnen, um einem graufamen 
bereitung fundig. Hom. Od. 1, 259. | Tode zu entgehen. Vell. Pat. 2, 20. 22. 
Mermnaden, Meguvadaı, j. Gyges und Mesambria, Meoaußeln, 1) Stadt in Thrafien 
Kroisos. am Aigaiiſchen Meer im Gebiet der Kikonen unfern 
Merobaudes, Flavius, chriftlicher Dichter des | vom Lifjosfluß. Hat. 7, 108. — 2) wichtige Stadt 
5. Jahrhunderts, auch als Rhetor und Krieger | am Bontos Eureinos in Thrafien au der Grenze 
tüchtig, aus Hijpanien, früher nur durch ein kurzes | von Möfien, eine dotijche, von gen“ air Byzan⸗ 
Gedicht de Christo (30 Hexameter) bekannt. tiern und Ehalkedoniern um 493 v. C. angelegte 


Realleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 49 


770 


Kolonie, meift Meonußol« genannt; j. Mifivri. 
Hdt. 4, 93. Strab. 7, 319. 
Meseinius, X. Meijc. Rufus, war als Quäftor 





Mescinius — Messenia. 


Himera als Kolonie gründen. Thuc. 6,5. Nach 
der Zerftörung von Miletos 494 kamen Milefier 
und Samier auf Einladung der Bewohner (Hdt. 


im 3. 51 v. E. mit Cicero in Kilifien, wo er ſich 6, 23), bemädhtigten jich aber auf Anraten des 
indes wegen jeiner Ausjchweifungen Giceros Bei: | Anarilas, Tyrannen von Rhegion, treulos der 


fall nicht erwarb (ad Att. 6, 3, 1.4, 1. 7, 2; vgl. 
jedoch ad fam. 13, 26. 28). Später ſchlug er fich 
auf Ciceros Veranlaſſung auf die Seite des Pom— 
pejus (ad fam. 5, 19 ff.). 

Mesochöros, uesöyogos, bei jpäteren Schrift: 
jtellern jo viel als “ogvpeiog, der mitten im 
Chore ftehend den übrigen den Taft oder Die 
Melodie angab. — In Rom hiehen die bezahlten 
Vorklatſcher im Theater und auf der Rednerbühne 
imesochori, welche das Signal zum Beifallklatichen 
dem übrigen Publikum gaben. 

Mesomedes, Mesounjöns, aus Kreta, ein Iyri: 
ſcher Dichter, Freigelafiener und Günftling des 
Kaiſers Hadrian, Berfafler einiger Epigramme, 
jowie eines Hymnos auf Nemeſis, zu dem aud) 
alte mufifaliiche Noten vorhanden find, herausgeg. 
von Bellermann (1840) und Weitphal, Anhang zur 
Metrit I ©. 54 ff. der 2. Aufl. 

Mesopotamia, Meoororauie, d. i. N ufon 
rar roranor, das Land zwiichen dem Euphrat 
und dem Tigris in ihrem Weittellauf, nach N. durch 
Armenien, nah ©. durch die mediiche Mauer be— 
grenzt; im A. T. Aram Naharaim (das Syrien 
der beiden Ströme), j. el Dſcheſireh (die Inſel) 
genannt. Der griechijiche Name fam erjt nach Ale: 
rander auf; früher wurde der nördliche Teil zu 
Syrien (Xen. An. 1,4, 19. Arr. 7, 7,3), der jüd: 
liche zu Arabien (Xen. An. 1, ö, 1) gerechnet. Der 
erjtere, der 165— 363 u. E. römijche Provinz war, 
erfällt, von W. nadı DO. gegangen, in die Land— 
Haften Ofroene mit den Städten Edeſſa, Carrhä 
und Nifephorion, Gauzanitis mit Nejaina 
und Singara, Mygdonia mit Nijibis. Das 
Yand ift hier im N. durch die Nebenflüfle des 
Euphrat, den Belihas (j. Belit) mit dem Skir— 
tos (j. Daijan) und den Dan (i. Ehabur) 
mit dem Mygdonios ij. Dichakdichala), bewäſſert 
und von alten Berfehrsitraßen durchzogen, Ge: 
birge: der Maſios (j. el-Tur), ein Anslänfer des 
Tauros, die Grenzicheide gegen Armenien, und der 
Singaras (j. Sindichar) jüdlih davon. Der 
jüdliche Teil von Mejopotamien iſt größtenteils 
waflerloje Steppe; Stadt Hatra. Strab. 16, 746 jf. 

Meorısa nennt Kenophon (An. 3, 4, 10 ff.) 
als eine Trümmerftadt in Aſſyrien, links vom 
Tigris, 4 Meilen nördlich von Yarifia (j. d. 7.), 
mit einer Mauer, 150 Fuß hoch, 50 Fuß breit 
und 4 Meilen im Umfang; offenbar Ninive (j. 
Ninos Il.), j. Kujundſchik gegenüber von Moful. 
Die Ableitung des Namens Mespila ift zweifelhaft. 

Messäla j. Valerii, 295. 33 ff. 

_ Messalina j. Valerii, 37. 

Messalini j. Valerii, 34. 35. 

Messäna, Mesodva, nad) dorijcher Ausſprache 
bei den Römern, bei den griechiichen Schriftitellern 

ewöhnlich Messern, eine jehr bedeutende Stadt 
Siciliens an der dieſe Inſel von Italien jcheiden: 
den Meerenge, in herrlicher Gegend, j. Meijina. 
Im J. 729 dv. C. ließen ſich euboitjche ng rn 
und Kymaier an diejer Stelle nieder, wo jie jchon 
eine Stadt der Sikuler Dankle oder Zankle 
(£eyrkow il. die Sichel) fanden, deren Namen fie 
beibehielten. Bald fonnte Zanlle, 648 v. E,, 


Stadt, die diejer bald jelbit bejegte und — er war 
von meſſeniſcher Abſtammung — Mefjana oder 
Mefiene nannte. Tue. 6, 5. Nach Vertreibung 
jeiner Söhne, 461, blühte die Stadt bedeutend 
empor, wurde aber 396 von den — zer⸗ 
ſtört. Dionyſios der Ältere baute ſie ſofort wieder 
auf und verſah ſie mit Bewohnern; 312 fiel ſie 
dann in des Agatholles Hände und 282 in die 
Gewalt entlaffener italijcher Söldner, der Mamer: 
tiner, welche die Männer meift ermordeten und 
ſich durd; die Unterjtügung der Römer im Belt 
dauernd behaupteten. Dieje Ereignifje gaben die 
äußere Veranlafjung zu dem erjten puniſchen 
Kriege. Die Civitas Mamertina hielt ftets treu 
zu den Römern. Dem Berres diente fie als Hehl: 
ort für jeine Räubereien. (ic. Verr. an vielen 
Orten, bei. B. 4. Noch zu Strabons Zeit war 
Meſſang ichr bedeutend. Strab. 6, 268. Der jchöne 
Hafen, gebildet durch eine fiheljörmige Erdzunge, 
faßt mehr als 600 Schiffe. Abhandlung von 
Siefert (1854). 

Messapia j. Calabria. 

Messapion j. Boiotia. x 

Messäpus, Micoanog, Sohn des Pojeidon, 
Rofjebändiger, König in Etrurien. Verg. A.7, 691 ff. 

Messöne, Meoonvn, 1) j. Messenia. — 2) j. 
Messana. 

Messenia, Messern oder, jeit Erbauung der 
Stadt diejedg Namens, and) Mesenvia, die ſüd— 
wejtlichite Yandichaft des Peloponnes, grenzte im 
N. an Elis und Arkadien, im D. an Lalonien, 
im ©. an das Mittelländijche, im W. an das 
Joniſche Meer. Die Oſtgrenze diejer unbedingt 
lieblichjten Yandichaft Griechenlands bildete in älte- 
rer Zeit der Heinere Pamiſos, die Waflericheide 
des Taygetos und Xodguog vdrn, eine Gebirge 
ſchlucht. Die Größe betrug 49 F IM. Bon La— 
fonien ftreichen die Abhänge des Taygetos in Das 
Land hinein; von N. Ausläufer des arfadiichen 
Lylaion, die Nomiagebirge mit dem tuotenpunft 
Eira j. Tetrafi oder Hagios Elias); daran jchlie- 
Ben fi) in der NW.-Ede die jetzt Kutra genannten 
Gebirge, jüdweftlich ein jept mit dem Geſamt— 
namen Kontovunia (die kurzen Berge) bezeichnetes 
Mittelgebirge, das zwei durch eine Einſattelung 
verbundene Gipfel Ithome und Eua (j. Wur: 
fano und Hagios Bajilios) gegen Siüdoften vor: 
ichiebt (j. den Plan). Ein Engpaß verbindet dieſe 
nördlichere, nach der alten Königsſtadt Steny: 
flaros benannte, Ebene (uripr. wohl ein Scebeden) 
mit einer zweiten, jener an Fruchtbarkeit micht 
nachſtehenden und deshalb Makaria genannten, 
die gegen Süden von dem Strome durchfloſſen 
wird, der nach Aufnahme eines bedeutenden Neben— 
fluſſes den Namen Bamijos empfängt. Weſtlich 
ſtößt die Makaria an die mit dem Akritasvorge— 
birge jchliehende Halbinjel, auf der ſich mäßige, 
anbaufähige Gebirge, bejonderd das etwa 950 = 
hohe Mathiagebirge (j. Lylodimos) und im ®. 
der Higaleos mit 3 Gipfeln finden. Auch die 
flache Kefttüfte ift im ganzen jehr fruchtbar, ob: 
— an einigen Stellen mit Homers (/1. 2. 77) 

usdrud IIvkog juadosıg Üübereinftimmend. Die 


Messenia. 171 


wichtigiten Vorgebirge find Platamodes und | Eleftra, Koios, Charadros, Amphitos, Leufafia 
Koryphaſion (nahe bei Pylos) am Joniſchen auf, jowie mäher an der Mündung den Aris 
Meere, Akritas (j. Gallo) gegen S. Bon den |(j. Fluß von Pidama). Das Meer bildet an der 
vielen Flüßchen find nur 2 unverfiegbar: Neda | Südfüfte den Meoenvırög aöAmog (Meerbufen von 
(i. Buzi), der Grenzjluß gegen das triphyliiche | Koron,, auch Koronaiischer oder Aſinaiiſcher Bujen 





Elis, und der größere Pamiſos (j. Pirnatza oder | genannt; an der Weſtküſte den berühmten Hafen 

Dipotamo), der breiteite Fluß des Peloponnes, | von Pylos (j. Reede von Navarino), deſſen mörd- 

obwohl nur 2'/, M. lang, entipringend aus einem | licher jchmaler } Kir: (Baflage von Sifia) durd) 

Sumpfjee. Er nimmt Bie Balyra (j. Mavro— | die vorliegende Inſel Sphafteria oder Sphagia 

zumenos) nebſt den in dieje fallenden Bächen | verengt ift. Etwas nördlicher liegt der Heine Hafen 
49* 


Digitized | (5008 e 


712 


Bovgpeds. 


Messenische Kriege. 


Thuc. 4, 118. — Das Klima ift im | über fie fich widerjprechen, und uns glaubmwürbige 


ganzen angenehm, bejonders im Gebirge; in den | Berichte fehlen. — Erjter mejjeniiher Krieg 


inneren Ebenen ift die Hitze oft drückend. 


Wenn | (nad) Baufanias 743— 724, nad) Dunder 735— 716). 


in Arkadien nod Winter, in Lakonien Frühling | Die jagenhafte Beranlafjung desjelben ift folgende: 
ift, hat Mefjenien ichon Sommer. Unter den Bro: | Spartanifche Jungfrauen waren zu einem ben 
duften des überaus fruchtbaren Landes war bejon: | Meifeniern und Xafedaimoniern gemeinjchaftlich 
ders der mefjeniiche Wein befannt. — Als ältefte | gehörenden Artemistempel gekommen, wurden aber 


Bewohner werden die Leleger genannt, mit denen | dort von mefjenijchen Jünglingen 
fich Argeier früh vermiichten. Dann kamen Aioler, | als der jpartanifche König Teleklos 
omers Zeiten | derte, wurde derſelbe von ihnen erjchlagen. 


endlih Dorer ins Land. Zu H 


eraubt, und 
fie zurüdfor: 
Es 


bildete die Weithälfte Neſtors Neich, die Ofthälfte | war aber derjelbe König, der Amyflai den Achaiern 


gehörte zu Lakonien. Die Kriege mit Sparta, 
bejonders der zweite (645—631 v. E.), ſchwächten 


| 


h 


abgenommen hatte und damit den Grund zu fer: 
neren Grenzſtreitigkeiten nach Mefjenien hin legte. 


das Land und brachten e3 unter Botmäßigleit der | Bald darauf wurden dem Mefjenier Polychares 
Lafedaimonier, welchen es erſt Epameinondas feit | jeine Herden veruntreut und jein bdiejelben be: 
der leuktriſchen Schlacht (371) wieder entriß. Das | wachender Sohn von dem Laledaimonier Euaiphnos 


Land blieb aber auch in der Folge nur dürftig 
bevölfert. — Ortſchaften 1) am Meflenischen Buſen: 
Abia, angeblich Homers Tomj oder 'Ien (TI. 9, 150), 
Bharai (Ruinen beim j. Dorfe Ghianiga bei 
Ntalamata) an der Mündung des Nedon, Koröne, 
j. Betalidi, am Fuße der Mathia, zugleich mit 
Meflene erbaut; Ajine, j. Koron, Kolonides. 
2) Am Joniſchen Meere: Phoinikus, mit gleich: 
namigem Hafen, Methone oder Mothone, j. 
Modon, Pylos, j. Paläokaftro, auf der ichroffen 
Höhe einer Halbinjel, die Stadt Neftors, im pelo: 
ponnefiichen Kriege (425) von den Athenern be— 
fejtigt, mit trefflichem, durch die vorliegende Inſel 
Sphafteria oder Sphagia gededtem Hafen; 
Kyparifſſia, j. Arkadia, mit der jchönen Duelle 
Dionyfias, am Meerbufen gleiches Namens; Aulon, 
Stadt und Thalſchlucht auf der eleijchen Grenze. 
3) Im Innern: Andania (j. Ruinen Sandani), 
Nefidenz der alten Lelegerfönige und Heimat des 
Ariftomenes; Stenyflaros, Nefidenz der dorischen 
Könige, in der Ebene gleiches Namens, jchon im 
erften mejjenischen Kriege untergegangen; Meſſene, 
die auf Epameinondas’ Betrieb 369 angelegte, 
ſtark befeftigte Hauptitadt am Südwejtabhange des 
Berges Jthome (j. d.), mit höchſt bedeutenden 
Ruinen der Stadtmauern, 47 Stadien im Umfang; 
auf dem Berge ftand die Feſte Jthome, nächſt 
Akrokorinth das zweite Horn (#Edgas) des Peloponnes, 
im erften meffenitchen Kriege von den Spartanern be: 
lagert ; Ampheia (j.d.); Limnai, fumpfige Gegend 
an den Quellen des Bamifos, auch Dentheleatis 
genannt, mit berühmtem Artemistempel; Eira, 
verjchieden von dem homeriihen Ira, in der 
NO.-Ede, im zweiten meflenischen Kriege zehn 
Jahre von den Spartanern belagert; Dichalia, 
in ungewiſſer Yage. Strab. 8, 358 ff. Paus. 1. 4. 
Bol. Eurtius, Peloponneſos Il ©. 121 ff. Burfian, 
Geographie von Griechenland II S. 155 ff. 
Messenische Kriege. llber die beiden erften 
mefjenifchen Kriege, welche weder Herodotos nod) 


| 





Thufydides erwähnen, deren vielmehr erſt Iſokra— 


tes (Archid.) gedenkt, berichtet am eingehenditen 
Paujanias (4, 4—13 über den erften, 14—24 über 
den zweiten). Weitere Nachrichten bieten Strabon 
(6, 257), Diodor (15, 66) und Auftin (3, 5). Für 
den eriten Krieg war Quelle der jpartanerfeindliche 
Projaifer Myron von Priene, für den zweiten der 
Epifer Rhianos von Bene auf Kreta. Da nie: 
mand Chronologie und Begebenheiten diejer Kriege 
zu einer Zeit aufgezeichnet hat, wo die Erinne- 
rung an fie noch ungetrübt war, jo ift es fein 
Wunder, dab die Nachrichten aus dem Wltertume 


ermordet; der Nat zu Sparta aber verweigerte 
die geforderte Genugthuung. Da nahm Polychares 
an allen Spartanern, die ihm aufftiehen, blutige 
Race; als aber dafür jeine Auslieferung gefordert 
ward, wurde diefe von den Mefjeniern verweigert. 
So begann denn der Krieg, indem die Spartaner 
plöglid in einer Nacht die Grenzftadt Ampheia 
überfielen, deren Einwohner größtenteils nieder: 
gemacht wurden. Die Mefjenier machten nun 
Streifzüge in das lakoniſche Gebiet und boten 
zulegt den Spartanern eine Feldſchlacht an, die 
aber unentjchieden blieb. Im ganzen jedod waren 
die Mefjenier im Nachteile; deshalb verließen fie 
ihre offenen Städte und befeftigten fi in Jthome 
(j. d.). Das delphifche Orakel, welches fie um den 
Ausgang befragten, verhieß den Sieg, wenn eine 
Jungfrau aus königlichem Gejchlechte geopfert 
würde. Zu diefem Bwede bot Ariftodemos 
(j. d., 2.) freiwillig feine eigene Tochter dar und 
tötete jie, als ihr Verlobter ſich widerjegten wollte, 
mit eigener Hand. Als er hierauf König gewor— 
den war, befiegte er mit Hülfe der Urgiver, Arka— 
dier und Sifyonier die Spartaner, die dadurch an— 
fänglich jehr entmutigt wurden. Dennoch unterlagen 
ſchließlich die Meffenier. Ihnen hatte nämlich 
der delphiſche Apollon verheißen, die Partei würde 
fiegen, welche zuerft 100 Dreifüße um den Altar 
des Zeus in Ithome aufftellte. Das hatte ein 
Spartaner in Erfahrung gebracht und jtellte ins: 
geheim 100 Heine thönerne Dreifüße dort auf. 
Als nun dem Ariftodemos aud im Traume jeine 
Tochter erjchien und ihm ein Leichenhemd über: 
warf, tötete er fich jelbit, und Ithome wurde von 
den Feinden erobert; aber viele Mefjenier enttamen 
nad) Argos und Wrfadien, die zurüdbleibenden 
wurden unterworfen und traten in das Perioiken— 
verhältnis, infolge defjen fie die Hälfte ihres jähr- 
lihen Ertrages abliefern mußten. Ein Teil ift 
vielleicht über das Meer hin ausgewandert; dod) 
ift die Erzählung von den jogenannten Partheniern 
oder Jungfernſöhnen, die einen Aufitand beabſich— 
tigten, aber verraten worden jein jollen und an: 
geblich Tarent gründeten, völlig romanhaft. In 
der Zwiſchenzeit vor dem Wiederausbruche des 
Kriegs fämpften die Spartaner nur noch mit Argos 
und Kynuria; im übrigen herrichte allgemeiner 
Friede im Peloponnes. — Der zweite mejje: 
niihe Krieg (nach Dunder 645 — 631). Der 
harte Drud der Friedensbedingungen und der fort: 
währenden Verachtung laftete jo jchwer auf den 
Mefjeniern, daß die neue Generation wieder zu 
den Waffen griff. Außer den alten Bundesge- 


Messii — Meta. 


nofien ftand jett auch Pantaleon von Pija ihnen 
bei, während die Spartaner nur auf die Eleer, 
Lepreaten und Sorinther rechnen fonnten und 
plöglih einen peloponnefifchen Krieg gegen ſich 
entzündet jahen. Im Nordoften des Landes aber, 
—J— Arkadien zu, hatte ſich ein meſſeniſcher Haufe 
— der als Hauptpunktte Andania und 

ichalia beſetzt hielt. Der Anführer der Haupt— 
maſſe war der jugendliche Heraflide Ariſtomenes 
aus dem Föniglichen Gejchlechte der Aipytiden (j. 
Aipytos), der jid; mit 300 Auserforenen in bie 
fteile und umfangreiche Bergfeftund Eira warf, 
von wo aus er oft glüdliche Einfälle in das jpar: 
tanifche Gebiet machte. Die Spartaner, deren 
Kraft ſowohl durch die Kriegsopfer und äußere 
Ereigniffe ald auch durd innere Mißverhältniſſe 
und Reibungen jehr geſchwächt war, wandten ſich 
in ihrer Not an den Staat, der, von der Erjchüt- 
terung der Wanderungen am freieften geblieben, 
im ftillen jeine Berhältniffe hatte ordnen können, 
nad Athen. Der von hier aus ihnen zugejandte 
Tyrtaios (j. d.) pries in jeinen Liedern die 
Ktriegerehre und die Treue gegen das angejtammte 
Serben, drang auf ftrenge Zucht und willige 
Unterordnung und mußte von dem ariftofra: 
tiihen Eigenfinn der Spartiaten die Aufnahme 
von Neubürgern zu erzwingen, wodurd der Staat 
die umentbehrlihen neuen Streitkräfte gewann. 
Und während die ziemlich zerftreut ftehenden Bun: 
desgenofien den Meffeniern nicht die erwünſchte 
Hülfe brachten, wurde der enge Bund zwijchen 
ihnen und den Arkadiern durdy den Verrat des 
beftochenen artadiihen Königs Nriftofrates ge- 
iprengt. Als das Heer, von weldhem 2 Dritteile 
die Truppen diejes Königs bildeten, an einem Kanale 
der Mefleniichen Ebene zur Schlacht bereit ftand, 
va er jein Bolf unter dem Vorwande ungünftiger 

pferzeichen ._ Der Sieg war enticheidend: 
alle Ebenen bis zur Weftfüfte hin, mit Ausnahme 
weier wichtiger Plätze, Methone und Pylos, 
ielen den Spartanern zu, und der Krieg konnte 
nur noch von den Gebirgen aus fortgejegt werden. 
Als aber die jahrelange Kriegsnot jelbit den Kern 
der tapferen Scharen aufzureiben begann, konnten 
fie auch diefe Plätze nicht mehr halten und mußten 
fich zuleßt auf arfadijches Gebiet begeben. — Das 
übrige Detail der Gejchichte Ddiejes Kriegs ift 
wiederum jagenhaft. Bei einem Ausfalle aus Eira 
joll Ariftomenes mit 50 Gefährten gefangen ge: 
nommen und in den Seadas geworfen, jedoch, 
einem Fuchſe folgend, glüdlich wieder enttommen 
fein. Als endlich Ariftomenes infolge einer em: 
pfangenen Wunde an der nötigen Wacdjamfeit 
behindert worden fei, habe ein jpartaniicher Über: 
läufer den Zugang zur Feſtung Eira verraten, 
und diefe jet in einer ftürmifchen Nacht erobert 
worden, während in der Stadt der Kampf noch 
3 Tage und 3 Nächte fortgedauert habe. Wrifto: 
menes (j. d.) ging nach Rhodos; die Mefjenier 
aus Methone und Pylos jchifften über das Meer 
nach Sicilien, wo ihr Geſchlecht in Rhegion und 
jpäter auch in Zankle zur Herrichaft fam. Die 


Spartaner aber jegten den Kampf wider die 2 metae, an jedem Ende der Spina eine. 
unter ihrem | Ba 


Bundesgenofjen der Meflenier fort; 
herrſchſüchtigen Könige Kleomenes 1. machten fie 
meift erfolgreiche Angriffe auf Arkadien, Argos, 
Sifyon und Nigina. — Dritter mejjenifher 
Krieg (464-455, ı. a. 464—462/1 v. E.). Der 





| 





173 


nie erlojchene alte Groll der Mefjenier fand erſt 
im %. 464 v. C., als ein furchtbares Erdbeben 
und die dadurch erwedte Not den SHeloten die 
Waffen zum Aufftande in die Hand gab, eine neue 
Gelegenheit zu jeiner Befriedigung. Sie befeftig- 
ten ſich in se alten Stadt Ithome, die von den 
Spartanern nur jchwac belagert ward. Diefe, 
gerade damals mit einem geheimen Anfchlage auf 
Athen beichäftigt, jcheuten fich dennoch nicht, bei 
diejem Staate Hülfe zu juchen, und die arijtofra- 
tiiche Partei daſelbſt verjchaffte ihnen dieſe unter 
ihrem Führer Kimon (ſ. d.). Da aber die Bela: 
gerung, troß ber Meifterjchaft der Athener darin, 
nur jehr geringe Fortſchritte machte, wurden die 
Spartaner jo argwöhniſch gegen jene, daß fie, 
während fie alle Verbündeten zurüdbehielten, die 
Athener allein unter dem Vorwande, ihrer nicht 
mehr zu bedürfen, entließen. Nach Tange fortge: 
ſetztem Kampfe wurden endlich den tapferen Ber: 
teidigern von Ithome ehrenvolle Bedingungen ge: 
jtellt. Sie erhielten mit ihren Familien freien 
Abzug aus dem Peloponnes, und die Athener 
gaben ihnen die erjt fürzlich erworbene Stadt 
Naupaktos. Thuc.1, 101 ff. Plut. Cim. 16 f. Diod. 
Sie. 11, 64. Paus. 4, 24, 7. 

Messii, ein plebejiiches Gejchlecht: 1) E. Meſ— 
jius, im J. 57 v. E. Volfstribun beförderte die 
Rückkehr Eiceros aus dem Eril (Cie. post red. in 
sen. 21) und unterftüßte den Pompejus, zu deſſen 
Gunften er einen Vorjchlag Hinfichtlich des Heeres 
und des Schaßes machte; doch mißlang jeine Be: 
mühung. Cie. ad Att. 4, 1, 7. Cicero verteidigte 
ihn im 3. 54 gegen eine Anklage. Cic. ad Att. 
4, 15,9. — 2) Meſſ. Marimus, ein Freund 
des jüngeren Plinius, der mit ihm in Briefmechiel 
ftand (ep. 3, 20. 4, 25) und ihm feine jchriftlichen 
Arbeiten zur Anficht mitteilte, während auch Mei: 
ſius Titterarifch thätig war. Ihm wurde eine 
Sendung nad Griechenland vom Kaifer Trajan 
übertragen. 

Messögis, Meoowyis, das jüdliche, bis zu 
1400m hohe Grenzgebirge Lydiens, das ſich nach 
W. im Paktyes, Salmiſſos und Thorar fortiegt 
und in das Gebirge Mylale (j. d.) ausläuft; j. 
Kaſtaneh-Dagh. Strab. 13, 629. 14, 636. 

Mestra, Mijoroc, oder Hypermestra, Tochter 
des von Hunger heimgejuchten Erpfichthon, der fie 
zuletzt nod) verfaufte, um für den Kaufpreis jei- 
nen Hunger zu Stillen. Um der Sklaverei zu ent: 
gehen, erhielt fie von dem fie liebenden Poſeidon 
die Gabe, ſich zu verwandeln, jo oft fie verkauft 
ward, wodurch jie ſtets wieder zu ihrem Vater 
zurüdfchrte. Op. met. 8, 846 ff. 

Möta, rioue, vocoe, überhaupt eine Figur in 
der Geſtalt eines Segel oder einer Pyramide; 
daher die folgenden Anwendungen: 1) das Biel in 
einer Rennbahn, um welches man umwenden mußte. 
Es beftand aus einer Gruppe von 3 fegelförmigen 
Steinen auf einer erhöhten Baſis und ftand an 
der Barriere (spina), um welde die Wagen wen: 
deten; jedes Nennen bejtand aus 7 Umläufen 
(Prop. 2, 25, 26. Suet. Dom. 4). Natürlich — 

er 

—— ließ beim Wenden die Meta ſtets zur 
Linken (interiore rota, Ov. am. 3, 2, 1. - 2) Der 
untere (innere) Stein der Kornmühle, ſ. Mola. 
— 3) Meta sudans, ein Springbrunnen in Rom 
beim Amphitheater des Flavius, der in Form eines 


774 MeraßAntın) — Meton. 


Kegels angelegt war, über den das Wafler aus der | lipp von Matedonien ein Auge. Thuc. 6,7. Strab. 
Höhe herabfiel. Trümmer diejer Fontaine fieht man | 7, 330. — 3) Stadt Theflaliens, jchon von Homer 
noch ziwiichen dem Eolofjeum und dem Triumph: | (Il. 2, 716 Mndarn) erwähnt, wahrjcheinlich 
bogen des Eonftantin; Abbildungen zeigen manche | Magnejia, im hiftorijcher Zeit nicht genannt. 
Medaillen. Strab. 9, 436. 

Meraßintıxn, im weiteiten Sinme der Umjat | Methydrion, Msdiögıor, Stadt Arfadiens auf 
der Waren, des Geldes und der Arbeit, Zurogde, | fteiler Höhe zwiichen den Flüſſen Maloitas und 


roxıonög, wodeori« in fich begreifend. Mylaon an der Straße von Orchomenos nach 
Metäbus ſ. Camilla. Olympia. Thuc. 5, 58. Strab. 8, 388. 
Meraysırmıav |. Jahr, 1. Methymna, Midvure, bei Stylax Medvure, 


Metagenes, Merayerns, 1) ein Dichter der/die mördlichite und mächit Mytilene bedentenbdite 
älteren attijhen Komödie zur Zeit des Arifto: | Stadt ber Aigen — d.), mit gutem Hafen 
phanes, von niederer Herkunft, noch einige Dra- und trefflichen Wein, aber jeit der Plünderung 
mentitel find befannt. Vgl. od, com. Att. fragm. durch die Spartaner (406 v. E.) fehr gefunfen, 
I p. 704 f. — 2) ein Baumeifter aus Knoſos auf | Raterftadt des Sängers Arion, j. Molivon. Zhue. 
Kreta, Sohn des Cherfiphron, war mit jeinem 3, 2. 18.6, 85. Xen. Hell. 1,6, 13. Liv. 45, 31. 
Vater Erfinder oder Verbefjerer der ionifhen Bau: | Strab. 13, 616 f. 
ordnung; auch war er beim Bau des ephejiihen | Metilii, 1) Sp. (oder M.) Metilius, Tolts- 
Artemistempels beteiligt. — 3) ein Banmeifter in | peißun 416 v. E., machte den Vorſchlag das den 
Athen aus dem Demos Xypete, welcher unter Bes | Feinden abgenommene Gebiet fopfiweile zu ver: 
riffes den von Noroibos begonnenen Weihetempel teilen, fonnte aber jeinen Plan wegen Wider- 
Eleufis nach defien Tode fortbaute. Plut. ſpruchs mehrerer Kollegen nicht — Lir. 
Per. 13. 4, 48. — 2) Statthalter von Judäa, mußte bei 


Metalla, 1) damnatio in metalla, war eine | giner GEmpi ——— 
F — pörung in Jeruſalem zum Judentume 
unter den Kaiſern jür personae humiles in Ge: ibertreten, um jein Leben zu retten. Joseph. b. 
braud) dere Strafe, welde mehrere Grade | zud 2. 17.10 

. 2, 18.30, 


tte; }. Servitus poenae. — 2) ufralle, Metiöche {. Memwippe 


—— — —— 4 Metion, Myriov, Sohn des Erechtheus und 


Metäpa, M£rarca, aitoliihe Stadt am nörd; der Prarithen, erzeugt mit Allippe den Taidalos 
fihen Ufer’ des Zrihanfsfees, wenlich von Zher, 11D Cupalamos (oder dieer it Vater des Pai- 
mon, von Philipp V. von Makedonien zerftört. dalos Nach ſitvoniſcher Sage ift Sikyon Sohn 
Pol. 5, 7. des Metion. Seine Söhne, bie Metioniden, 

Metapontium oder Metapontum, Meramorv- vertrieben den Pandion aus der Herrſchaft zu 
zıov, Merarong, j. Ruinen Torre-a-mare, grie- Athen, wurden aber von dejjen Söhnen wieder 
hiiche Stadt an der Oftfüfte Kucaniens, am Taren- | Vertrieben. . 
tinischen Meerbujen. Nach einigen hatte fie Neftor, Metiosödum j. Melod ununı, 
nad) andern Epeios, der Berfertiger des trojani- |  Metis, Mrs, Perjonififation der Klugheit, 
ſchen Pferdes, gebaut. Später joll die Stadt von | Tochter des Oleanos und der Tethys (Hesiod. 
den Lucanern zerftört, auf Antrieb der Sybariten | theog. 358), zwang durch ein Brechmittel den 
aber wieder aufgebaut worden jein. Zur Zeit des | Kronos, die verichlungenen Kinder wieder von ſich 
Pyrrhos mußte fie fi den Römern unterwerfen, | zu geben. Sie war die erjte Gemahlin des Zeus; 
fiel im zweiten puniſchen Kriege zu den Ntarthagern | da dieſem aber (durch Metis oder durch Uranos 
ab (Liv. 22, 61. 25, 15) und verjchtwindet rei Ge) die Weisjagung wurde, daß fie zuerſt 





aus der Geſchichte. Strab. 6, 264. eine Tochter, dann einen Sohn gebären würde, 
Metaurus, Mirevgog, 1) Fluß Umbriens, der | welchem die Herrichaft bejtimmt jet, jo verichlang 

zwiichen Fanum Fortunä und Sena ins Adria- er fie, worauf er aus jeinem Haupte die Athene 

tiiche Meer mündet, j. Metauro, berühmt durch | gebar. Zeus 1 jegt von Metis nichts mehr zu 
die Niederlage und den Tod Hafdrubals, 207 v. E. | befürchten; in jein Inneres aufgenommen, kündigt 

Pol. 11,1. Liv. 27,46 ff. App. Hann. 52. Hor.|fie ihm das Gute und das Böje an. Hesiod. 

od. 4, 4, 38ff. Strab. 4, 227. — 2) Fluß an der |theog. 886 ff. 

Weſtküſte von Bruttii unmeit Medama, j. Marro. Meroızos |. Zerog. 

Strab. 6, 256. Meton, Merwor, 1) Sohn des Pauſanias, Meß— 
Metelli j. Caeeilii. fünftler und Baufünftler, befonders aber als Aſtro— 
Methäna, Midar«, Midrvn (verwandt mit nom berühmt. Zur Beitimmung des jährlichen 

ucdo), Stadt in Argolis auf einer nördlich von | Sonnenlaufs jtellte er ein von ihm erfundenes 

Troizen Aigina gegenüber ins Meer ragenden Inſtrument (Heliotropion) auf der Pnyr auf und 

Halbinjel mit einem Kaſtell auf fteilem Berge, an | juchte dur einen Cyflus von 19 Nahren — 

defien Rufe die Stadt lag, j. Ruinen Megalo: 235 Monaten = 640 Tagen, gerechnet vom 

fhorion. Thuc. 4, 45. Strab. 8, 374. ‚13. Stfirophorion 432 d. E., eine Ausgleichung 

Methöne, Medorn, 1) Stadt an der Südweſt- zwiichen Sonnenjahr und Mondjahr zuftande zu 
jpibe von Meffenien, aud) Moßorr, genannt, wo: | bringen. Dieſe Enneafaidefaöteris wurde zwar als 
jelbft nach dem zweiten meſſeniſchen Kriege von | ein Fortſchritt in der Wiſſenſchaft angeſehen, doch 
den Epartanern Nauplienjer angefiedelt wurden, | im allgemeinen Gebrauch erhielt fich die ältere 
mit gutem Hafen; j. Modon. Strab. 8,350. Paus. | Oftaöteris. Diod. Sie. 12,36. Sprichwoͤrtlich: dre- 

4,3, 10. 35, 1. 24,4. — 2) Kolonie der Eretrier | BeAksotel rı elg or Merwvog driavror, etwas 

am Thermaischen Meerbujen in Makedonien, j. | weit hinausichieben. Vgl. Cie. ad Att. 12,8, 2. 

Elevtherofhori; bei ihrer Belagerung verlor Phi: |— 2) von Paros, ein pythagoreiicher Philoſoph. 





Metope — Mezetulus. 


175 


— 3) Bater des Philojophen Empedolles. — 4) ſ. (Liv. 1, 23f. 26), treulofen Verrat, wofür ihn der 


Baukünstler, 7. 

Metöpe, uerömn, j. Columna. 

Metrötes j. Malse. 

Metrodöros, Mnroddwgos, 1) ein berühmter 
Rhapjode, von Platon erwähnt. — 2) ein Phi— 
loſoph von Chios, ums J. 330 v. E., Anhänger 
der Bhilojophie des Demokrit und Lehrer der Ab: 
deriten Anararhos und Hippofrates. Sein Leben 
und feine Bhilofophie find nicht weiter bekannt. 
Cie, acad. 2, 23. Diog. Laert. 9, 58. — 3) ein 


Epifureer aus Athen (paene alter Epieurus, Cie. | 
fin. 2, 28), ſtarb furz vor Epikuros (277 v. E.). 


Eicero gedenft jeiner mehrmals (3. B. tuse. 2, 6, 17. 
fin. 2,3, 7. n. d. 1,40, 113), wirft ihn aber im 
Tadel gewöhnlih mit Epikur zujammen; jeine 
Schriften find verloren. — 4) aus Stepfis in 
Myſien, Afademiter, Rhetor und Staatdmanı im 
Dienfte des Königs Mithridates Eupator, lebte 
um 100 v. C. und bejah ein auferorbentliches 
Gedächtnis. Cic. de or. 2, 88. 90. 3, 20. tusc. 
1, 24, 59. Plin. 28, 7. 34,7. Als Gefandter an 
den König Tigranes gejchidt, wurde er dem Mi- 
thridates untren; von ——— urückgeſchickt, ſtarb 
er unterwegs. Strab. 13, 609 f. Begen feines tiefen 
Hafles gegen die Römer hieß er Miooewuuuog. 
Seine Schreibart war rhetoriich und originell. — 
5) aus Stratonifeia in Karien, Schüler des Kar: 
neades, zuerft epifureifcher, dann alademiſcher Phi: 
fofopb, um 110 v. €. Cie. de or. 1, 11, 45. acad. 
2,6, 16. Diog. Laert. 10,9. — 6) ein Maler, 
der fich auch mit Bhilojophie bejchäftigte, 168 v. C. 
Plin. 35, 11. — T) ein freigelafiener Eiceros und 
qebildeter Arzt. Cie, ad Att. 15, 1,B. ad fam. 
16, 20. — 8) ein griedhijcher Epigrammendichter, 
der auch über Geographie und Nitronomie fchrieb, 
wahricheinlich unter Conjtantin dem Gr. Wir be 
figen von ihm 30 arithmetijche Probleme in Epi- 
grammenform. 

Mergovöuor, 15, nach andern 10 an ber 
Zahl, eine durchs Los beftimmte Behörde in Athen, 
welche die Aufficht über Maße und Gewichte hatte. 

Mntgoor» hieß zu Athen der an dem Marfte 
—— m Tempel des Apollon Patroos und 

m Rathauſe gelegene Tempel der Göttermutter 
Rhea Kybele, in dem fich das Staatsarchiv fir 
die Geſetze und Beichlüffe (r& Önuocıe yoduuere) 
befand, zu dem der jedesmalige Zmisrärng den 
Schlüfiel führte. Lycurg. Leoer. 66. Dem. Aristog. 
1. 98 


Metropölis, Mnreömolıs, 1) Stadt in Groß— 
phrugien, an der Strafe von Apameia Kibotos 
nah Synnada. Strab. 12, 576. Liv. 38, 16. — 
2) Stadt in Lydien, zwiſchen Smyrna und Ephejos, 
am Nordrand der Kayſtriſchen Ebene. Strab. 14,632. 
— 3) Stadt in Thefialien links vom Peneios zwi: 
ſchen Gomphoi und Bharjalos. Strab. 9,437. — 
4) Stadt im jüdlichen Epeiros, unweit der Oſtküſte 
des Ambrafijchen Meerbufens, mit einer Eitadelle; 
j. Lylovitza. Thuc. 8, 107. 

Mettfi oder Metii, ein altes latiniſches Ge- 
ſchlecht: 1) Mettins Fuffetins, Diktator von 
Alba nach dem Tode des Königs Elnilius, ver: 
anlaßte zur Enticheidung des Streites um die Herr- 
Schaft zwiichen Alba und Rom den befannten wei⸗ 
fampf der Horatier und Curiatier. Nach dem Siege 
der Römer beabjichtigte er, ald Tullus Hoftilius 
ihn zur Teilnahme am Kriege gegen Veji entbot 


römijche König von Pferden zerreißen lieh. Liv. 
1,27f. Val. Max.7,4,1. — 2) M. Met., wurde 


‚von Cäſar im galliichen Kriege (58 v. E.) mit 


einem Auftrage an jeinen Gaftfreund Ariovift ge: 
jandt, von diefem aber gefangen gehalten und 
erlangte erft nach der Niederlage der Germanen 
feine Freiheit wieder. Caes. b. g. 1,47. 583. — 
3) Met. Pompuſianus, ließ —— Zeichen⸗ 
deuter bethören, daß er noch hohe Ausſichten habe. 
Der argwöhniſche Domitian befahl, weil Mettius 
eine Erdfarte an die Wand eines Zimmers hatte 
malen laffen und die Geſchichte des Livius eifrig 
ftudierte, ihn Hinzurichten. Suet. Dom. 10. Vesp. 14. 
Dio Cass. 67, 12. — 4) Met. Carus, gehörte 
zur Zahl der fo zahlreichen öffentlichen Ankläger 
unter Domitian. Tee. Agr. 45. Plin. ep. 1, 5,3. 
7, 19,5. — Wegen jeiner Abſtammung von den 
Gracchen verdient -_ 5) Met. Maruflus, 
Bater des älteften Gordianus, Erwähnung. 

Metullum, Meroölor, Mirtoviov, feite Stadt 
der Seren, an der Grenze Liburniens, auf 
jteilem Berge am Fluſſe Eolapis gelegen, j. Mött: 
ling au der Kulpa, ſlaviſch Metluta. Sie Be: 
wohner kämpften mit Verzweiflung gegen Octa— 
vian, jo daß diejer in Lebensgefahr geriet. Strab. 
4, 207. App. 3, 18. Dio Cass. 49, 85. 

Mevanla, Mnovavdc, alte feite Stadt Um— 
briens am Zuſammenfluß des Elitummus mit dem 
Tinia im fchöner fruchtbarer Gegend an der Straße 
von Rom nach Ancona; j. Bevagna. Sie war 
bejonders berühmt durch die Zucht ſchöner weißer 
Rinder. Liv.9, 41. Tae. hist. 3, 55. 59. Verg. @. 
2, 146. Strab. ö, 227. 

Mezentius, König von Cäre oder Agylla in 
Etrurien (Ziv. 1, 2) und zugleich Herricher über 
die den Etrujfern unterworfenen Rutuler. Nach 
Cato flüchtete Turnus, der Rutulerfürft, von 
Aineias befiegt, zu Mez., und beide lieferten nun 
dem Aineias ein Treffen, in welchem Turnus und 
Aineias fielen. Aſcanius, des Mineias Sohn, 
jeßte den Kampf mit Mez. fort und tötete ihn in 
einem Zweikampf. Bei Bergil wird Mez. wegen 
jeiner Grauſamkeit ans Cäre vertrieben und flüchtet 
zu Turnus, dem er gegen Aineias beifteht; Aineias 
verwundet ihn, aber er entlommt, von feinem 
Sohne Laufus gededt. Nach des Lauſus Falle 
fehrt er ins Treffen zurück und wird von Nineias 
getötet. Verg. A. 8, 481 ff. 10, 689 ff. 785. 800 ff. 
Dem Mez. hatte Turnus für feine Hilfe den Wein- 
ertrag des Jahres verjprochen, Aineias aber ge: 
lobt den Weinertrag Latiums dem Jupiter und 
fiegt dadurd. Or. fast. 4, 877 ff. Auf dieſe Sage 
bezog man jpäter Gebräuche der Vinalia, des 
Weinfeftes am 23. April, an welchen man neuen. 
Wein am Tempel der Venus ausgoß und dem 
Jupiter opferte. Nach einer andern Wendung der 
Sage forderte Mez., während er Lavinium be: 
lagerte, von den Latinern als Bedingung der 
Unterwerfung den Weinertrag von bejtimmten Jah: 
ren, worauf die Latiner dem Jupiter die Wein: 
ernte gelobten und unter Aſcanius fiegten. Es 
fam jeßt zwijchen Mez. und den Latinern zum 
Frieden; nach Livius (1, 3) wurde der Tiber als 
Grenze zwiſchen Latinern und Etruffern feſtgeſetzt. 

Mezetülus, ein Numidier aus vornehmem Ge: 
ichlechte, empörte ſich gegen Capuſa, König von 
Numtdien, und tötete ih, worauf er fich die Re— 


776 


— anmaßte. 
Nichte Hannibals ſuchte er ſich in derſelben zu 
behaupten, wurde aber von Maſiniſſa vertrieben 
und kehrte er auf deſſen Aufforderung in feine 
Heimat zurüd. Liv. 29, 29. 

Micipsa, Mıiriwus, "der ältefte Sohn des be- 
rühmten Numidierlönigs Mafinifja (fiehe die Ge: 
ichlechtstafel unter Jugurtha), wurde von diejem 
bei jeinem Tode zum Nachfolger ernannt, wozu 
er ſich jchon frühzeitig — hatte, mußte ſich 
jedoch nach dem letzten Willen des Vaters eine Art 
Mitregentſchaft ſeiner Brüder Guluſſa und Maſta— 
nabal gefallen laſſen, über welche er indes die 
Oberfoheit übte. App. Pun. 70.106. Die Brüder 
regierten in einträchtiger Gemeinjchaft und treu 
dem alten Bündnifje mit Rom, obgleich fie wäh: 
rend des dritten punijchen Krieges in der Unter: 
ftügung Roms mit bebächtiger Burüdhaftung ver: 
fuhren. Als aber, bald nachdem Karthago zerjtört 
war, Micipfa durch den Tod jeiner Brüder in 
den alleinigen Beſitz der Herrichaft —— ſchloß 
er ſich eng an Rom an (Sall. Jug. 5. 7) und 
jandte den Nömern unter feines Nef en Jugurtha 
Befehl im J. 134 dv. C. (ſowie er ‚on 141 ihnen 
Hülfe gegen den Viriathus in Hilpanien geleiftet 
hatte) „Zruppen i im Kampfe gegen Numantia. Vell. 
Pat. 2,9. Seine Anhänglichleit an die Scipionen 
war dazu hauptſächlichſter Grund. Bei ſeinem 
Tode ſetzte er ſeine 2 Söhne und den von ihm 
adoptierten Neffen yugurtha zu Herrſchern über 
Numidien ein (j. Jugurtha) und ermahnte fie 
zum Frieden und zur Eintradht. Sall. Jug. 10 
Er jtarb im J. 118. Micipja hatte von jeinem 
Vater eine gründliche Erziehung erhalten und war 
ein Freund griechijcher Wifjenjchaft, weshalb er 
in feiner Hauptftadt Eirta eine Kolonie von Grie— 
chen anfiedelte. Seine Erziehung und feine Bil: 
dung blieben nicht ohne Einfluß auf jeine Regie- 
rung, welche er mit großer Milde führte. 

idas, Midas, Sohn des Gordios, alter König 
der Briger (Bryger), der jein Bolt aus Maledo— 
wien nad Phrugien geführt haben yet wo es 
den Namen Phryger erhielt. Hat. 7, 73. 8, 138. 
Als er noch ein Kind war, trugen Im Ameifen 
Weizenkörner in den Mund, zum Zeichen, daß er 
einft mit Reichtum gejegnet werden würde. Cie. 
div. 1,36. Einſt verirrte fi auf dem Zuge des 
Dionyſos der trunfene Silenos in den Roſengär— 
ten des Midas (die gewöhnlich nadı Makedonien 
in die Nähe des Gebirges Bermios verlegt wer: 
den), wurde von Yandleuten gefangen, mit Krän — 
gebunden und vor den König Midas geführt, 
den weiſen Lehrer des Dionyſos gaſtlich Eee 
ſich mit ihm unterredete (Cie. tuse. 1,48) und ihn 
nad) 10 Tagen zu Dionyios zurüdführte, Der Gott 
geftattete ihm dr diefen Dienst fi eine Gnade 
auszubitten; Midas bat, daß fi - ch alles, was er 
berühre, in Gold verwandle. Als jih nun auch 
die Speijen, die Midas genießen wollte, in Gold 
vertvandelten, bat er den Gott, die Gnade wieder 
von ihm zu nehmen. Dionyjos befahl ihm, fich 
in der Quelle des Paktolos zu baden, worauf dieje 
goldreich ward. Or. met. 11, 90 ff. Nach anderer 
Sage fing Midas den Silenos oder den Satyros 
an der j. g. Midasquelle (bei der von Midas er: 
bauten Stadt Ankyra, Paus. 1, 4, 5, oder bei 
Thumbrion und Tyriaton, Xen. An. 1,2, 13, oder 
an der pannonischen Grenze, Bion bei Athen. 2, 


Micipsa — Miletos. 


Durch Vermählung mit einer|p. 45c), indem er —* durch den in die Quelle 


gemiſchten Wein trunken machte und einſchläferte. 
In dieſen Sagen erſcheint Midas als ein von 
Dionyſos mit Reichtum geſegneter König; ur— 
ſprünglich aber war er ein — giſcher, im Ge— 
folge des Dionyſos auftretender Silenos. Als die 
Spuren dieſer ſeiner urſprünglichen Natur ſind 
die Satyrohren oder Eſelsohren, mit denen er aus— 
gezeichnet war, zu betrachten. Er erhielt dieſe 
einſt nach der Sage bei einem muſilkaliſchen Wett: 
ftreite des Pan (oder Marjyas) und Apollon, bei 
welhem Tmolos (oder Midas jelbit) Schiedsrichter 
war. Obgleich) alle mit Tmolos dem Kitharjpiele 
des Apollon vor dem Flötenſpiele des Pan den 
Preis zuerlannten, jo tadelte doc; Midas das Ur— 
teil und erhielt Deswegen von Apollon Ejelsohren. 
Midas verbarg fie jorgfältig unter ſeiner phrygi— 
ſchen Mütze, aber jein Barbier entdedte fie, und 
da er das Geheimnis niemandem verraten durfte, 
aber doch nicht bei ſich behalten Fonnte, jo grub 
er ein Loch in die Erde und flüfterte im diejes: 
„König Midas hat Ejeldohren“. Aus der zu— 
geicharrten Grube aber wuchs albald Schilf auf, 
das jenes Geheimnis ausflüfterte, jo daß es aller 
Welt befannt ward. Or. met. 11, 146 ff. Diejer 
Midas mit Ejeldohren, der weichliche phrygiſche 
König und Beſchützer des Dionyjostultus, war 
häufiger Gegenſtand des attiſchen Satyrdramas. 
Es zeigt ſich in der letzteren Sage der Gegenſatz 
zwiichen dem beim Dionyjosfult herrichenden, phry— 
iſchen Flötenjpiel und den ruhigeren Tönen der 
Bellenifchen Mufif. — Die Nachfolger des Midas 
nannten fich nach den beiden Ahnen bald Gordios, 
bald Midas. Einer derjelben errichtete ihm ein 
noch vorhandenes Grabdenkmal. Der legte Midas 
gab fih um 700 v. C. bei dem Einfall der Kim: 
merier durch das Trinfen von Stierblut jelbjt den 
Tod, womit das phrygiſche Reich erloſch. Hdt. 1, 14. 

Midias (Meidias) f. Demosthenes, 2. 

Mikon, Mixorv, 1) f. Bildhauer, 3. und 
Maler, 3. — 2) ein Erzgießer in Syratus, ver: 
fertigte ums Jahr 215 v. C. 2 Statuen von 
Hieron Il. im Auftrage feiner Söhne, die eine zu 
Fuß, die andere zu Pferde. Paus. 6, 12, 4. 

Mikythos, Mixvtos, 1) j. Anaxilaos, 1. — 
2) ein thebaniicher Jüngling, der von dem per: 
jiihen Abgejandten Diomedon mit 5 Talenten be: 
ftochen wurde, um Epameinondas für jeine Pläne 
zu — Nep. Ep. 4. 

iletopölis ns Miletopolites lacus ſ. 

Mysia. 

Milötos, Minros, 1) Sohn des Apollon und 
der Areia (oder Deione) aus Kreta. Bon Minos, 
Sarpedon und Rhadamanthys zugleich geliebt, 
flieht er vor dem erjteren mit Sarpebon nad) 
Karien und baut dajelbit die Stadt Milet. Oder 
er flieht, weil der alte Minos argmwöhnt, er ftrebe 
nach jeinem Throne. Op. met. 9, 441 ff. An Ka— 
rien zeugt er mit Kyanea, der Tochter des Mai: 
andros, den Kaunos und die Byblis. — 2) be: 
deutendfte Stadt der Hellenen in Kleinafien, j. 
Palatia, jhon von Homer (Il. 2, 868) ald Stadt 
der Karer genannt, dann aber als ioniſche Kolonie 
bejonders hervorragend. Sie lag gegenüber der 
Mündung des Maiandros an einer boripringen: 
den Ede des Latmijchen Meerbujend. Bon bier 
gingen die bedeutendjten Kolonien (80), nament 
lid in den Pontos, aus: Kyzikos, Sinope, Aby: 


Milites — Milo. 


bos, Tomoi, Olbia u. j. w., ja jelbjt Naufratis 
in Agypten. Sie war ferner die Vaterſtadt der 
Vhilojophen Thales, Anarimander und Anaxi— 
menes, der Logographen Kadmos, Hekataios und 
Dionyfios. Aber als fie Ende Sommers 495 v. C. 
"in dem ionijchen Striege durch die Perſer ein— 
genommen und geplündert wurde (Hat. 5,30. 36. 
6, 18), ſank die blühende Stadt, noch mehr als 
fie 334 durch Alexander den Gr. ein gleiches 
Scidjal erlitt. Arr. 1, 18f. Zur Zeit ihrer Blüte 
beftand fie aus 2 Teilen, der äußeren und der inne: 
ren Stadt, welche letztere bejondere Feſtungswerke 
hatte, obwohl Eine Mauer aud) beide Teile um: 
ihloß. Ihre 4 Häfen waren befonders durch die 
vorliegenden Tragaſaiſchen Inſeln (Lade, Dro— 
miſtos, Perne) geſchützt. Jetzt iſt durch Alluvion 
das Ufer gänzlich verändert; von dem Latmiſchen 
Buſen iſt nur der innerſte Teil als Binnenſee 
übrig geblieben. — Die mileſiſche Wolle der Um— 
gegend war im Altertum ſehr berühmt (Verg. @. 
3, 306. 4, 334), auch Rojen und Meerichaum wer: 
den genannt. Südlich von M. — 80 Stadien — 
lag bei dem Orte Didyma der alte, jchon vor 
Gründung der Stadt erbaute Tempel des Apollon 
Didymeus mit einem Orakel, deſſen Verwaltung 
der Briejterfamilie der Brandiden erblid ob- 
lag; von Xerges zerftört, wurde diefer Tempel — 
von dem noch Ruinen * find — herrlich wieder: 
hergeſtellt. Plin. 5, 31. Strab, 14, 634 ff. Hdt. 
5, 36. 6,19. — 3) eine alte, von Homer (Il. 
2, 647) erwähnte Stadt an der djtlihen Nordküſte 
Kretas, ſchon zu Strabons Zeiten zeritört. Strab. 
10, 479. hr Name foll auf die berühmte ionijche 
Stadt übertragen fein. 

Milites, 1) Augustales, von Auguftus, jpäter 
Flaviales, von Veſpaſian den Legionen Hinzu: 
gefügt, in welcher Weije ift aus Veg. 2, 7 nicht 
weiter zu erjehen. — 2) Augustani oder Augu- 
stiani, eine Schar von 5000 aus der Plebs durch 
Nero auserwählter Fräftiger junger Männer, die 
von jungen Rittern (jpeziell Augustani genannt) 
bejehligt wurden. Ihre Beitimmung war, den 
Nero auf jeinen muſikaliſchen Kunſtreiſen zu be— 

leiten, ihm jeine Triumphe mit erfämpfen zu 
Betten und fein Spiel zu verherrlihen. Schau: 
ipielmäßig angefleidet, führten fie ftatt der Waffen 
Eithern und Pleltren. Sie waren in verichiedene 
Sruppen (factiones) geteilt und eingeübt, har: 
moniſch und gelangmäßig Beifall ihrem Herrn auf 
der Bühne zu fpenden, indem fie nach dem Tafte, 
aud wohl mit brüllendem Gejange (svedduws 
drßoär), in das Spiel mit eingriffen, namentlich 
auh die Pauſen durch Reſponſorien ausfüllten. 
Während nun das, ſolches Schaufpiels ungewohnte, 
Publikum der verjchiedenen Städte fich ebenfalls 
zur lauten Teilnahme hinreißen ließ, brachte es 
die funftgemäßen Augustani aus dem Terte und 
artete die ganze Unwürdigkeit oftmals in harte 
Thätlichkeiten aus. Auf die Idee joldher Augu- 
stani milites war Nero durch die Mlerandriner 
(modulatis Alexandrinorum laudationibus) ge: 
bracht worden. Suet. Ner. 20.25. Tac. ann. 14,15. 
16, 5. Dio Cass. 61, 20. 63, 8. — 3) diruti, die 
mit Berfürzung des Soldes Beitraften. — 4) du- 
plares oder duplicarii, die mit doppelter Ge— 
treideportion Belohnten. — 5) navales, die Ma: 
trojen und Sciffsjoldaten, zwiichen denen Hin: 


177 


6) subitarii oder tumultuarii, die plößlicd zum 
eiligen Kriegsdienft Einberufenen (Liv. 3, 4.40, 26). 
— 7) tunicati, diejenigen, welche zur Strafe in 
ber bloßen tunica vor dem Feldherrnzelte ftehen 
mußten. Suet. Oct. 24. 

Milliarium (miliarium), auch milliare, mille 
passuum (widov), die Meile, der römiſche Meilen: 
jtein, jonft auch lapis genannt, weil am Ende 
einer jeden Meile eine fteinerne Säule als Merf: 
mal ftand. Dieje waren gewöhnlich m. p. (mille 
pass. = 5000 römiiche Fuß = 8 Stadien = \, 
deutſche Meile) bezeichnet; fie jtanden durch ganz 
Falten hin und waren bisweilen mit dem Namen 
des Erbauers der Strafen oder des Aufſtellers der 
Meilenzeiger verfehen, ſpäter auch mit dem Nantert 
der Kaiſer, denen fie gewidmet waren. Der erite 
Meilenftein in Rom, von dem alle andern aus: 
gingen (dody wurde wohl von den Thoren an ge: 
rechnet), und bei dem alle Landſtraßen zujammen: 
liefen, ftand auf dem Forum beim Saturnustempel 
und war vergoldet (m. aureum), von Auguſt als 
curator viarum erbout (. Roma, 15.) Tae. 
hist. 1,27. Die Bafis diejes mill. aur. ift nahe 
beim Triumphbogen des Septimius Severus, in 
der Norboftede des Forums, in neuerer Zeit durch 
Ausgrabung — worden. — Die in Gallien 
aufgefundenen Meilenſteine enthalten die Angabe 
der Entfernungen nach leucae oder leugae (daher 
lienes) — 1500 passus. 

Milo, T. Unnius M. Papianus, Sohn des 
C. Papius Celſus aus Lannvium und der Annia, 
vom Bater jeiner Mutter, C. Annius, adoptiert. 
Voltstribun mit B. Seftius im J. 57 v. E., ver: 
feindete er fich mit Clodius, weil er auf des Pom— 
pejus Wunſch Eiceros Rückkehr aus der Verban— 
nung betrieb. Offene Feindjeligfeiten brachen zwi: 
ichen Milo und Elodius aus, da Elodius den M. 
anfangs ——— anfiel und M. mit vielen 
Wunden bedeckt wurde, der letztere darauf einen 
Haufen Gladiatoren zuſammenbrachte und den 
Vorſchlag zu Ciceros Zurückberufung gewaltſam 
durchſetzte. Liv. ep. 104. Plut. Cie. 33. Cic. Nest. 
33, 50, 69. Als Cicero fein Haus, deſſen Pla 
ihm zurüdgegeben war, wiederherjtellen wollte, 
juchte Elodius das zu hindern, M. aber vertrieb 
ihn mit Gewalt und vereitelte durch feine Scha— 
ren die Comitien, in welchen Clodius zum Adil 

ewählt A werden hoffte; doch erreichte derjelbe 
einen Wunſch im Anfang des Jahres 56 und 
Hagte nun den M. wegen geübter Gewalt an. Die 
Verhandlung, bei der M. ſelbſt erjchien, wurde 
durch rohe Gewalt unterbrochen, und Elodius jamt 
feinen Anhängern verjagt; die Anklage gegen M. 
wurde nicht weiter verfolgt. Cie. ad Qu. /r. 2, 3. 
Seine Ehe mit Sullas Tochter Faufta (55 v. E.) 
war nicht glüdlich. Cic. ad Att. 4, 13.5,8. Im 
folgenden Jahre 54 bewarb jih Milo um das 
Konſulat; da aber Bompejus gegen jein früheres 
Verſprechen ihn nicht unterftüßte, erhielt er es nicht. 
Auch Clodius mit jeinen Gladiatorenbanden übte 
offene Gewalt, lieferte dem M. ein Gefecht auf 
der Sacra via, verhinderte dann gewaltiam bie 
Eomitien und Hagte felbit den Cicero und M. an; 
legteren verteidigte der erftere. Im Jahre 52 (am 
18. Januar) wurde der erbitterte Kampf zwiichen 
M. und Elodins durch des legteren Tod entichie- 
den. Als M. nämlih mit einem Gefolge nad) 


ſichtlich ihrer Thätigfeit fein Unterfchied war. — | Lanuvium reiste, während Elodius gleizeitig, eben— 


178 Milon — Mimnermos. 


falls mit bewaffneten Gefolge, von jeinen Gütern [und Hinweifung auf feine Berdienfte und wurde 
nach Rom zurüdtehrte, fing ihr Gefolge gegenjeitig | freigejprochen. Hdt. 6, 104. Das Bolf wählte ihn 
Händel an, und ein Slave M.s verwundete | 490 unter die 10 Strategen für den Berjerfrieg. 
dem fich infolge des Zankes umfehenden Elodius, | Er hatte jchon perfische Kriegführung tennen ges 
toorauf der herbeieilende M. denſelben vollends | lernt und ſetzte es, nachdem er den Polemarchen 
tötete. Cie. Mil. 10. 17. Der Tod des Clodius Kallimachos für feine Anficht gewonnen, durch, 
Mr den römischen Pöbel, der nach Rom zu: | daß die Schlacht in offenem Felde beichloffen 
rüdgefehrte M. und der ihm befreumdete Tribun | wurde. Nachdem ihm die übrigen Strategen frei: 
E. Eölins entgingen faum dem Tode, viele ihrer | willig den Oberbefehl übertragen, gewann er durch 
Anhänger wurden erjchlagen. In diejer Verwir— ne —— der Ortlichleit und raſchen 
rung wurde Pompejus zum alleinigen Konſul er- Angriff die Schlacht bei Marathon (wohl Auguſt 
wählt; er ſuchte den ihm jetzt mißliebigen M. zu | 490). Hdt. 6, 103 ff. Plut. Arist. 5. Nep. Milt. 4. 
verbächtigen, ſetzte mehrere gegen dieſen zunädhft Just. 2,9. Cine hervorragende Stellung in dem 
gerichtete Gejehe gegen Gewaltthätigkeiten durch, | den Sieg feiernden Gemälde in der Stoa Poikile 
M. wurde angeflagt und troß Ciceros (ſ. d.) bes | war jein Lohn; fpäter wurden ihm auch andere 
fannter Verteidigung (Ascon. in Mil. p. 53) ver: | Denkmäler errichtet. Seinen Einfluß überichäßend, 
urteilt. Er mußte nad Mafjilia in die Verban: | verlangte er nach weiteren glänzenden Waffen: 
nung gehen, feine Güter wurden zur Dedung feiner | thaten und unternahm einen Strafzug gegen die 
Schulden verkauft. Cäſar rief ihn jpäter nicht zu: | Inſeln, die fich den Berjern angeichloffen, be 
rüd, weshalb er eigenmächtig nad Italien ging; | jonders Paros. Das Unternehmen mißlang jedoch; 
er —— in Campanien eine Schar Abenteurer, | er ſelbſt wurde durch einen all ſchwer verletzt 
fand aber wahrjcheinlich in Apulien den Tod. und mußte nah 26 Tagen nach Athen zurüd: 
Milon, Müor, Sohn des Diotimos, ein durch | kehren. Nun erhoben fich feine alten Gegner, be- 
feine Stärke und Virtuofität im Eſſen berühmter | jonders die Altmaioniden, gegen ihn; von Kan: 
Athlet aus Kroton, jechömal Sieger in Olympia. |thippos wurde er auf Tänichung des Bolfs und 
Ber den olympiichen Spielen trug er ein vier: | Mifbrauch des öffentlichen Bertranens angeflagt 
jähriges Rind über die Nennbahn und verzehrte | und zu einer Gelditrafe von 50 Talenten verurteilt. 
basjelbe an Einem Tage. In der Schlacht gegen | Als er dieſe nicht entrichten fonnte, wurde er ins 
die Sybariten, 510 v. E., wird erzählt, * er * Gefängnis geworfen und ſtarb dort nach kurzer 
nen Mitbürgern mit Keule und Löwenhaut vor: | Zeit, nach andern Nachrichten ſchon vor Boll: 
angejchritten. Die Abnahme jeiner Körperfräfte | ziehung der Strafe, an jeinen Wunden. Plat. 
im Alter erfüllte ihn mit großem Schmerze. Cie. (zorg. 516 D. Hat. 6,40. 104 ff. 132. Nep. Milt. 
Cat. m. 9, 27. Seinen Tod fand er, als er einen | Plut. Cim. 3. A. 
Baumſtamm, in dem Seile ftedten, mit den Hän-| Milvius pons j. Roma, 11. 
den auseinanderreißen wollte, aber, fejtgehalten| Milyas, 7 Murds, nad Herodot (1, 173) ur- 
im Spalt, von wilden Tieren zerrifien wurde. | fprünglich der alte Name Lyfiens, jpäter der Name 
Strab. 6, 263. des Berglandes zwijchen Lykien, Bamphulien und 
Miltiädes, Milridöng, 1) der ältere, aus dem | Phrugien, zur Seleufidenzeit des Striches zwi— 
Gejchlechte der Philaiden, Sohn des Kypſelos, Zeit: | ſchen den Städten Termeffos und Sagalafjos, defien 
genoſſe und Gegner des Peiſiſtratos, ging, von den | nordweitlicher Teil den Namen Kabalia (Haupt: 
thratischen Dolontern, die von benachbarten Stämmen ſtadt Kibyra) führte. Die Nömer jchenkten das 
bedrängt wurden, aufgefordert, ihr Oberhaupt zu | Land (das zwar rauh war, aber doch aud) mehrere 
werden, 559 v. C. nach dem thrafiichen Cherjones | fruchtbare Ebenen enthielt) nach Beliegung des 
und gründete dort eine eigene Herrichaft. Adt.| Antiohos dem Eumened. Die Bewohner hießen 
6,34 ff. Ihm folgten die Söhne feines von den | Milva. Hat. 7, 77. 
Peififtratiden getöteten KHalbbruders Kimon (des Mimallönes j. Dionysos, 5. 
Sohnes des Stejagoras), erſt Stejagoras, der die| Mimas, Miuas, 1) Gigant, von Ares oder von 
Kämpfe mit Lampſakos fortiegte, und 2) der be— Zeus erichlagen, unter der Inſel Prochyte bei 
rühmte Miltiades, 524 Archont in Athen, um, Sicilien begraben. — 2) Kentaur. — 3) Sohn 
518 nach dem Tode feines Bruders dorthin ge- des Aiolos, König von Aiolis. — 4) Sohn des 
fandt von den Reififtratiden. Er heiratete Hege: | Amyfos und der Theano, in Einer Nacht mit 
ſipyle, Tochter des thrafiichen Königs Dloros, er: Paris geboren, Begleiter des Aineias, von Me- 
oberte Lemnos und vertrieb don da die Pelajger | zentins getötet. Verg. A. 10, 702 Ai, — 5) Be 
(Hdt. 6, 140), mußte aber dem Dareios gegen die | bryfer, don Kaſtor auf dem Vrgomautenzuge 
Skythen folgen. Sein Vorjchlag, die Brüde über | erichlagen. — 6) ein noch jegt diefen Namen Hp: 
den Iſter abzubrechen und durch Vernichtung der | render Ausläufer des Tmolosgebirges in Klein: 
Perſer die Freiheit der ioniſchen Griechen herbeiz | afien, welcher weftlich, zwijchen Smyrna und Ko: 
zuführen, wurde vereitelt durch Hiftinios. Ale | lophon, dem Meere zu fich erftredt und, die der 
nach der Unterdrüdung des ioniſchen Aufftandes | Inſel Chios gegenüberliegende Halbinjel Joniens 
die phoinikiſchen Schie auch die Inſeln unters | füllend, die 3 Vorgebirge Korykeion (j. Korafas), 
warfen, tehrte M. nicht ohne Gefahr mach Athen | Urgennon (j. Aiprofavo) und Melaina (j. Kara 
zurüd, im %. 493; jein Sohn Metiochos wurde | Burum) bildet; den 7 Millien breiten Hals dieſer 
gefangen. Hdt. 6,41. In Athen wurde er von | Halbinfel befahl Alerander der Gr. zu durchitechen. 
den Feinden feines Hanfes, welche das Gejchlecht | Hom. Od. 3, 172. Thuc. 8, 34. Or. met 2, 222. 
der Philaiden nicht wieder auffommen laffen woll: | Strab. 14, 646. , 
ten, dor dem Volke zur Rechenichaft gezogen, weil| Mimiamben ſ. Tambische Poesie. 
er in Thrakien Tyrann geweien. Er redtfertinte| Mimnermos, Miuveguos, aus Kolophon, grie- 
ſich durch Schilderung der dortigen Verhältniſſe | chifcher Elegiendichter, zwiichen 630 und 600 v. E. 


Mimos. 


blühend, ein älterer Zeitgenofje des Colon. Er 
lebte in einer Zeit, wo jeine Vaterſtadt durch die 
Igdiichen Könige die Freiheit eingebüßt und jich 
einem weichlichen, jchtwelgerischen Leben hingegeben 
hatte. Diejes hatte Einfluß auf den Charakter 
jeiner Elegie; abweichend von jeinen Vorgängern 
* er ſich fern von allem politiſchen Leben und 

ſpricht bloß ſeine eigenen Intereſſen und Stim— 
mungen in weicher Sentimentafität, die nichts 
Höheres kennt als jinnlichen Lebensgenuf. Er hat 
zuerft und vornehmlich die erotiiche Elegie aus: 
gebildet, war daher der Liebling der alerandrini: 
ichen Elegifer und wird deshalb jogar der Er: 
finder der Elegie genannt. M. liebte eine Flöten— 
jvielerin Nano (Narro); da er aber ſchon dem 
Greiſenalter naheftand, jo war er, wie es fcheint, 
nicht glüdlich in jeiner Liebe und erging fich in 
weichen, tief gefühlten Klagen über die Kürze der 
Sugendblüte und das Unglück eines häßlichen und 
verſchmähten Alters. Nach dem Namen jeiner Ge: 
liebten benannte er eine geordnete Sammlung von 
Liebeselegien in 2 Büchern. Er jcheint übrigens 
doc noch Sinn für kriegeriſche Tapferkeit gehabt 
zu haben; denn er Ddichtete eine Elegie auf eine 
Schlacht der Smyrnaier gegen den Lyderkönig 
Gyges. Strabon (14, 643) nennt ihn einen abAn- 
rs Äua nal wonehs dheyelag; ob er aber jeine 
eigenen Elegien in Muſik geſetzt und auf (zu) der 
Flöte vorgetragen habe, ift wohl zweifelhait. Es 
jind nur noch wenige Fragmente von ihm vor— 
handen, die durch die Schönheit und den natürs 
lihen Reiz der Sprache feileln, geiammelt in 
Scdmeidewins Deleetus poöt. eleg., von N. Bad) 
(1826) und in Bergks poet. Iyr. Gr. Il p. 25 ff. 
der 4. Auflage. Abhandlungen von Schönemann 
(1823) und Marr (1831). 

Mimos, wiuog, mimus, eigentlich ein Nach— 
ahmer, beſonders ein mimijcher Schaufpieler,, der 
jeine pofienhafte Nachahmung beſtimmter Berjonen 
oder auch der Tierftimmen (Phaedr, 5, 5. Auson. 
epigr. 76) auf Straßen und Pläßen der umſtehen— 
den Menge zum beiten gab, auch wohl während 
ber Tafel vornehme Leute (Plut. Sull. 2. 36) er: 

este. Dieje Sitte wurde dann auch auf die Bühne 
elbjt verpflanzt und entwicelte ſich da aus einem 
einfachen Zwiegeipräc zu einem förmlichen Schau— 
jpiel. I. Der griechiſche Mimos entitand im 
Sicilien, und feine erjte Ausbildung knüpft ſich an 
den Namen Sophron (j. die Monogr. von Gry- 
far, 1838. Jahn, prolegg. ad Pers. p. 98 ff.). 
Heitere Laune, — Witz, feine Beobach— 
tungsgabe und Nachahmungstalent zeichneten die 
Griechen in Sieilien beſonders aus. Stoff zur 
Satire und zum Scerze boten nicht bloß die 


damaligen politiichen Berhältnifie, jondern ganz | 


bejonders auch die vielen ländlichen Feſte und 
Lujtbarfeiten, welche dort alljährlich, vorzugsweiſe 
für Demeter, angeitellt wırden. Sophrons Talent 
beitand nun vorzüglich im treuer Zeichnung der 
verjchiedenen Stände, ihrer Sitten und Lebens: 
verhältnifie. Und dieje Darjtellungen des ©. find 


779 


lohudfovoat, vuupordvog) dor, je nachdem fie 
männliche oder weibliche Charaktere vorführten. 
Biwar waren die Mimen des ©. feine neue litte- 
rariihe Schöpfung, da fie in den mimiſchen Spie- 
fen der Sitelioten überhaupt enthalten waren; 
allein die Kunft der Paritellung, die Treue und 
Originalität gaben ihnen, obgleich ſie in Proja 
abgefaßt waren, den Wert einer Dichtung. So 
ipricht fich ſchon Ariftoteles ans (poet. 1, 8). Da 
©. die Denk: und Redeweiſe der niederen Stände 
und ihre —— in ſeinen Bildern ſieili— 
ſchen Lebens auffaßte und darſtellte, ſo war natür— 
lich der Ausdrud und Ton etwas derb und ſtark, 
doch treffend und wißig und mit Spähen und 
Sprichwörtern des gemeinen Mannes durchflochten. 
Für Aufführungen auf der Bühne waren jie nicht 
beitimmt, wenn jie auch einen Teil mancher feſt— 
lichen Luftbarteit bildeten. Um es kurz zu jagen: 
©. hat durch feine Mimen das, womit man fich 
bei joldhen Gelegenheiten aus dem Stegreife be- 
Lufeigte, in die Litteratur eingeführt. (Sammlung 
der Bruchitüde von Bobon, 1867.) Blaton ver: 
pflanzte dieje Mimen nach Athen und benutzte jie 
für jeine Dialoge: Theokritos gab — Ton 
und Charakterzeichnung glücklich nachahmend, ein 
ſauberes und poetiſches Gewand, ſo daß daraus 
eine neue Gattung der Poeſie, das Idyll, ent: 
ftand. Auch auf den römischen Satirifer Perſius 
hat ©. einen unverfennbaren Einfluß ausgeübt, 
Auch jein Sohn Kenardhos wird als Mimen: 
dichter genannt. — II. In gleicher Weije, wie in 
Sieilien aus dem Bolfsleben und Volkswitze der 
griechiiche Mimos hervorging, entitand in Unter: 
italien der römische. Diejelben Umftände riefen 
auch hier mimiſche Darftellungen hervor, welche 
vieleicht jchon frühzeitig in 2 wejentlich ver: 
jchiedene Formen, in den mimiſchen Dialog und 
in den theatralijchen Mimus, übergingen. Der 
eritere, dem griechiichen Mimos vergleichbar, war 
ertemporiert, bot wetteifernd eine populäre, wißige 
Beredſamkeit auf nnd bezwedte Lachen. Der thea: 
traliihe Mimus dagegen gejellte fich gleich den 
Atellanen (j. Atellanae fabulae) als Nach— 
ipiel und Ergänzung zu den Tragödien unter dem 
Namen exodium (j. d.) und war eim echt römti: 
iches Produkt. Ziv. 7,2. Der Stoff der mimi 
war dem gemeinen 2eben entnommen, und wegen 
der komischen Nahahmungen aller Eigentümlich— 
feiten desjelben, bejonders bei der Darjtellung be: 
ftimmter volfstümlicher Charaktere (daher NdoAo- 
yot, 1j;#ororol, in quibus describuntur hominum 
mores, bgl. Cie. de or. 2, 59), mochte man diejem 
Spiele den Namen mimus gegeben haben. Da 
der Mimus lediglich auf die Lachluſt der Zuſchauer 
berechnet war, jo war er in jeiner Darftellung 
pofienhaft und derb, und Obicönitäten machten 
einen Sauptbeftandteil aus. Ein beftimmter, im 
voraus berechneter und ftreng durchgeführter, Plan 


war in den Mimen wohl faum zu finden, der 


Zuſammenhang jcheint locker und loje, das Ende 
nicht durch die Anlage, jondern von der Luft und 


die wiuor. Sie zerfielen in ernjte, welche einen | Laune der Spielenden bedingt und abhängt ge: 


ethiichen Zwed hatten (omovdaioı), und in ſpaß— 


hafte (yeAodoı), welche durch poffierliche Darftellung 
der verichiedenen Menſchenklaſſen und ihrer Eigen: 
tümlichfeiten Lachen erregen wollten. Auch kommt 
die Benennung wiwoı dvögeioı (4. B. yEoovreg, 
üyyekog, alıeig) nal yoraneioı (j. B. merdeod, 





twejen zu jein. Die niedergejchriebenen und jchrift- 
lich abgefaßten Mimen waren daher wohl auch 
nur Skizzen, welde ans einigen Hauptteilen be— 
ftanden, um die YAufeinanderfolge der einzelnen 
Situationen für den Darfteller zu beftimmen; beim 
Ergänzen des Zufammenhanges blieb immer noch 


180 


Raum für improvifierte Spähe und wibige Ein: 
älle. Die Sprache war gleichfalls dem gemeinen 
Zeben entlehnt, daher inforreft und derb. Der 
Hauptdarfteller hieß archimimus, dem als Deute: 
ragonift ein secundarius, actor secundarum par- 
bititn zur Seite ftand, der berufsmäßige Spaß— 
macher, daher (wie in den Atellanen) auch sannio 
genannt. Änner und Frauen traten im Mimus 
auf, und von beiden wurden Hauptrollen gejpielt; 
ihre Darftellungen und Vorträge wurden bon der 
Flöte begleitet; Masten wurden wicht gebraucht. 
Das gewöhnliche Koſtüm war ein buntes Röckchen; 
Tänzerinnen traten in furgen dünnen Untergewän— 
bertt (subueula) auf. Ferner trugen die Mimen 
dünne, kaum fichtbare Sohlen, jo daf fie barfuß 
erichienen, daher excalceati und planipedes ge: 
nannt (und fabula planipedaria = mimus). Das 
Mimenperjonal, bejonders der weibliche Teil, war 
in fittlicher Beziehung verrufen. Nichtsdeſtoweniger 
hatten fie Zutritt in die Häufer und Gejellichaft 
der römiichen Großen und Bornehmen, bejonders 
in der Katjerzeit. Die Mimen wurden, wie er: 
wähnt, als Nachſpiele zu den eigentlichen Dra— 
men auf dem vorderen Teile des Proſceniums im 
römischen Theater aufgeführt; der hintere Teil war 
durch einen bejonderen Vorhang, das Siparium, 
getrennt. Wann die Mimen als Nadjipiele auf: 
efommen find, läßt fich nicht mit Beſtimmtheit 
agen; fie hatten die Atellanen, welche ns ge: 
wöhnlich waren, verdrängt. Sie erhielten fich jeit 
Sullas Zeit zugleih mit den Pantomimen durch 
die ganze Kaiferzeit hindurch auf der römischen 
Bühne. Auch Cäſar veranlaßte im 9. 45 v. E. 
eine prachtvolle Aufführung (Cie. ad fam. 12, 18), 
bei der der römische Ritter Decimus Laberius 
mit dem Syrer Publilius Syrus um den Preis 
ringen mußte und von diejem befiegt wurde. Bal. 
Gryſar, der römische Mimus (1854) und Ribbed, 
Gejchichte der römischen Dichtung I ©. 217 ff. 
Sammlung der erhaltenen Überrette von Ribbeck 
in f — Roman. poes. reliquiae, Bd. II 
p. 277 1. 

Minaei, Mivaioı, mächtige und reiche Völker— 
Ichaft der mittleren Weftküfte des Glücklichen Ara: 
biens, die mit Weihraudy und Myrrhen einen jehr 
bedeutenden Handel trieb. Die Hauptitabt hieß 
Karna oder Karana. Strab. 16,768. Plin. 6,28, 32. 

Minagära, Mirdyaga, Hauptitadt des indo— 

ſtythiſchen, dann des indoparthiichen Reiches (161 
v. C. bis 79 n. E.) am unteren Jndos, unterhalb 
von Pattala gelegen, mit ftarfem Handel in Baum: 
wolle nach Barygaza, vielleicht das h. Tatta. 
. Minefus, Miyxıog, der öftlichite linke Zufluß 
des Padus im transpadaniichen Gallien, der in 
trägem, gekrümmtem Lauf aus Rätien herabfommt 
(Verg. @. 3, 14), den Lacus Benacus (j. Lago 
di Garda) bildet und fich unterhalb Mantua ın 
den Padus ergieht; j. Mincio. Verg. E. 7,12. 
Liv. 24, 10, 32, 30. Strab, 4, 209. 

Mindäros, Mivöagos, übernahm 411 v. C. nad) 
Aftyochos den Oberbefehl der peloponnefischen Flotte 
bei Milet. Er ging mit 73 Schiffen nach dem 


Hellespont, um ſich mit Bharnabazos zu vereinigen; | Kri 


doch Thraſybulos und Thraſyllos jegten ihm mit 
einem Teil der bei Samos liegenden Flotte nach 
und jchlugen ihn bei Abydos, Herbſt 411 (Thuc. 
8, 85. 104 ff.). Als bald darauf Alfibiades wieder 
an die Spike der Athener fam, erlitt M. eine 


Minaei — Minos. 


änzliche Niederlage zu Lande und zu Waſſer bei 
Kitas, er jelbit ward getötet, Februar 410. Xen. 

el. 1, 1, 14ff. Plut. Alcib. 27f. Diod. Sie. 
13, 38 


49 ff. 

Mind, 1) M. Mindins, aus der meſcini— 
sa Gens, kam durch Adoption in die Familie 

Mindier. Cie. ad fam. 13, 26. — 2) Wind. 
Marcellus, vielleicht derjelbe, der ein Anhänger 
des Auguftus war und von Menodorus als Unter: 
2. bei deſſen Ausjöhnung mit Auguſtus ge- 
raucht wurde, vgl. Cic. ad fam. 15, 17. App. 
b. ec. 5, 102, 

Minerva j. Pallas Athene, 5—7. 

Minervae Promunturium, ’4#nräs äxeor, 
fteiles, weit hinausragendes Borgebirge, etwas 
jüdlih von Surrentum in Campanien, der Inſel 
Capreä gegenüber, j. Punta della Campanella 
(oder Minerva). Es galt den Griechen als Norb- 
weitgrenze des alten Onotriens, und fie hatten 
dort (der Sage nach Odyſſeus) früh einen Athene: 
tempel gegründet. Eine Sage verlegte auch die 
Sirenen hieher. Liv. 40, 18. 42, 20. 

Minieli (auch Mincii), ein erjt im 1. Jahrh. 
des Kaiſerreichs bekannt gewordenes römiſches Ge- 
ſchlecht. Die bedeutendften aus demſelben find: 
1) €. Min. Fundanus, Konjul ſuffectus unter 
Claudius im J. 51 n. C. — 2) Sein Enkel, 2. 
Min. Fundanns, von Hadrian zum Statthalter 
von Wien ernannt, ein Freund des jüngeren ®Bli- 
nius (bei dem er auch Minucius heißt Plin. ep. 
1,9. 7,12. An ihn erließ Hadrian den Befehl, 
die Chriften nicht mehr zu verfolgen. 

Minio, ein bei Sutrium entjpringender Fleiner 
Fluß Etruriend, der zwijchen Graviſeä und Cen— 
tumcellä ins Turrbenitche eer fällt; j. Mignone. 
Verg. A. 10, 183. 

inTus, Mivios, j. Minho, bedeutender Fluß 
der hiſpaniſchen Halbinjel, entjpringt auf dem 
Cantabriſchen Gebirge und erreicht im lichen 
Laufe den Ocean. Nach Strabon (3, 153, der ihn 
irrig für den größten Fluß Yufitaniens hält; und 
Appian (6, 72) hieß er auch Baenis (Baövıs) und 
er ben Namen Minius von dem minium 
oder Mennig, den er mit gi führt. Just. 44, 3, 

Minöa, Mıivoa, 1) feine Inſel im Saronifchen 
Meerbujen an der megarijchen Küfte, mit der fie 
durch eine Brüde verbunden war und jo den 
* von Niſaia bildete. Thuc. 3, 51. 4, 67. 

. Megaris. — 2) feite Stabt in Lalonien am 
Argoliichen Meerbujen norböftlih von Epidauros 
Limera, an einem Borgebirge gl. N., das heutige 
Monemvafta. Strab. 8, 368. — 3) Stadt im NW. 
Kretas, am füdlichen Fuß des Vorgebirges Kya— 
mon; eine andere Stadt d. N. lag weiter öftlich 
an der jchmaljten Stelle der Jnjel. — 4) Stadt 
auf Sieilien, j. Herakleia, 10. 

Minöres heißen die Minderjährigen bis zum 
fünfundzwanzigften Lebensjahre, mit welchem fie 
maiores oder Volljährige wurden. Bal. Lex 
Plaetoria. 

Minos, Mivog, der alte mythiſche König von 
Kreta, angeblich 200 Jahre vor dem trojaniſchen 
ieg, auf den alles, was man von altkretifcher 
Geſchichte wußte: Seemacht, Gejehgebung, Kultus, 
urüdgeführt wurde; ber ——— der vor⸗ 
hen) en Beriode, der phoinikiſchen Kultur und 

errichaft auf der Inſel. Bei Homer ift er Sohn 
des Zeus und der Tochter des Phoinix (Europa), 


Minotauros 


Bruder des Rhadamanthys, Vater des Deufalion 
und der Ariadne, Großvater des Jdomeneus, König 
in Knojos, ein vertrauter Gejellichafter jeines Vaters 
Beus. Hom. Il. 13, 450. 14, 322. Od. 11, 321. 
568. 17,523.19, 178. Den Ausdrud (Od. 19, 179) 
!vviopos Baockeve (neunjährig) deutete man 
jpäter jo, als jei Minos 9 Jahre lang oder alle 
9 Jahre in die heilige Höhle des Zeus gegangen, 
um fich von Zeus in der Geſetzgebung unterrich— 
ten zu lajien, jo daß aljo jeine Geſetze als Auf: 
träge des Gottes erjchienen. Die jpätere Zeit 
nahm, um den auf Minos gehäuften mythologiichen 
Stoff gehörig verteilen zu fönnen, einen Minos 1. 
und II. an, jenen als einen Sohn des Zeus, der 
von Miterion, einem Sohne des aus Theflalien 
eingewanderten Teltamos (Sohnes des Doros), 
adoptiert ward, diejen, Minos II., als Entel des 
Minos J., Gemahl der PBajiphad (Tochter des 
Helios und der Berjeis), Bater des Deufalion u. j. w. 
Die Logographen gaben dem Minos noch einen 
Bruder Sarpedon und nannten als jeine und ber 
Bajiphae Kinder: Katreus, Deufalion, Glautos 
und Androgeos, Afalle, Zenodife, Ariadne und 
PBhaidra; außerdem zeugte er mit andern frauen 
noch mehrere Kinder. Nach dem kinderlojen Tode 
des Afterios (oder Afterion) wollte fi) Minos die 
Herrſchaft von Kreta zueignen und verficherte, die 
Götter hätten ihm diejelbe beftimmt; zum Zeichen 
dejlen würde jedes feiner Gebete Gewährung finden. 
Er bat darauf den Bojeidon, einen Stier aus den 
Fluten fteigen zu lafjen, den er ihm opfern wolle. 
Poſeidon ließ wirklich einen jchönen Stier er: 
iheinen, und Minos erhielt die Herrichaft, ſchickte 
aber den Stier zu feiner Herde und opferte einen 
minder prächtigen. Darüber erzürnt, machte Po— 
jeidon das Tier rajend und pflanzte der Königin 
Bafiphad Liebe zu demjelben ein. Die Frucht 
diejer unnatürlichen Liebe war Aſterion, Mino- 
tauros (j. d.) genannt. Als Androgeos (ſ. d.), 
der Sohn des Minos, in Athen ermordet worden 
war, unternahm Minos einen Rachezug gegen 
Athen und zwang die Stabt, alle 9 Jahre 7 Kna— 
ben und 7 Jungfrauen als Tribut nad) Kreta zu 
Ichiden zum Fraße für den-Minotauros (j. The- 
seus). Auf diejem Zuge eroberte er auch Me: 
gara (j. Nisos). Über die Meerherridaft (darao- 
sorngaria) des Minos fiche Hat. 3, 122. Thuc. 
1,4.8. Während die älteren Sagen ihn als ge— 
rechten und weijen König hinjtellen, ericheint er in 
jpäterer Zeit ald ungerechter, graufamer Tyrann. 
Dieje Ummwandlung verdanft Minos der atheni- 
ſchen Thejeusjage; auch das Beimort Ölodpgwr, 
der ſchlimme und hartjinnige (Hom. Od. 11, 322, 
eine von Attifern eingejchobene Stelle), hat darin 
feinen Grund. Seinen Tod fand Minos in Sici- 
lien bei der Verfolgung des Daidalos (ſ. d.) durch 
den König Kofalos, der ihn in einem heißen Bad 
erftidte, oder durch defien Töchter: ein Zug aus 
dem Mythus des Melfart, der in dem von ihm 
erwärmten Weftmeer zur Ruhe geht. Seine Be- 
gleiter begruben jeinen Leichnam auf Sicilien und 
gründeten die Stadt Minoa (j. Herakleia, 10.). 
Doch auch auf Kreta und zu Gades in Spanien 
wurde jein Grab gezeigt. Hat. 7, 169 ff. Diod. 
Sie. 4, 77 ff. Im der Unterwelt wird er nad) der 
ipäteren Sage mit Rhadamanthys und Aiakos 
Totenrichter. In der Odyſſee (11, 568 iſt erjt 
jpäter eingejchoben) erjcheint er noch nicht als 


781 


Totenrichter, jondern, wie er auf der Oberwelt 
ein dınaomölog Baoıksüg war, jo jeßt er auch in 
der Unterwelt als nichtiger Schatten das Königs: 
amt nahahmend fort. 

Minotauros, Mıir@ravoos, das fretiiche Un— 
geheuer mit menſchlichem Körper und Gtierfopf 
oder mit dem Leib eines Stierd und dem Kopfe 
eines Menjchen, die Frucht der unnatürlichen Liebe 
der Bafiphad und des von Poſeidon geſchickten 
Meeritiers (j. Minos). Minos verbarg es in dem 
fnofiihen Labyrinth und fütterte es mit Ber: 
bredern und auch mit den von Athen als Tribut 
geſchickten Jünglingen und YJungfrauen, bis The: 
jeus (j. d.) es erſchlug. Die Hiftoriihe Grundlage 
diejer Sage ift ohne Zweifel die Verehrung des 
in Stiergeitait dargeftellten, Menfchenopfer fordern: 
den phoinikiſchen Gottes Baal (Moloch, die aud) 
auf Kreta ftattfand, aber durch die helleniſchen 
Anſiedler dann ansgerottet wurde. iod. Sie. 
4, 60 f. 77. 

Minthe, Menthe, M/v®n, eine fofytiihe Nym: 
phe, Geliebte des Hades, von Demeter oder Per: 
jephone in die gleichnamige Pflanze verwandelt. 
Der Berg Minthe in Triphylien (j. Alvena), an 
dejien Fuß ein Tempel des Hades und ein Hain 
der Demeter lag, hatte von ihr den Namen. Ov. 
met. 10, 728. Strab. 8, 344. 

Minturnae, Mirroögvaı, Stadt in Latium 
an der campanilchen Grenze zu beiden Seiten des 
Lirisfluffes nahe jeiner Mündung, eine alte Be- 
figung der Aurunker, die fie den Römern über- 
gaben, worauf dieje 297 dv. E. fie folonifierten 
(Liv. 8, 11. 9, 25. 10, 21), durch ihren Seehafen 
und die Yage an der Appifchen Straße bedeutend 
und blühend. Die großen, durch das Austreten 
des Liris gebildeten Sümpfe — Paludes Min- 
turnenses —, bei denen ſich auch ein Hain und 
Heiligtum der Nymphe Marica befand, verbargen 
den Marius bekanntlich mehrere Tage. Vell. 
Pat. 2, 19. Cic. Planc. 10. Plut. Mar. 35. 
Die Ruinen befinden fi bei der heutigen Stadt 
Traetto. 

Minueiänus, 1) ein freund des jüngeren Pli— 
nius; — 2) ein griechiicher Rhetor unter bem 
Kaijer Gallienus, 262 n. C. Eine Heine Schrift 
über die Syllogijmen, eel Zmıyesipnudeor, iſt 
noch vorhanden, abgedrudt bei Walz, rhetor. 
Graec. 9 p. 597 ff. 

Minueii, ein altes römijches Gejchlecht, welches 
fih in 2 Zweige, einen patrieiichen und einen 
pfebejijchen, teilte. Zu dem patriciichen gehören: 
1) M. Min. Augurinus, Konjul im %. 497 
und 491 dv. E. nad Eoriolans Berbannung. Zir. 
2, 21. 34. — 2) 2, Min. Ejquilinus Auguri— 
nus, Konjul 458 v. C. focht unglüdlich im Kampfe 

egen die Mauer (Liv. 3, 25f.), welche ihn im 
—— Lager umringten, ſo daß er nur durch den 
Diktator Quinctius Cincinnatus gerettet wurde. 
Der letztere nötigte darauf, eine Zeitlang ſein 
Amt niederzulegen. Liv. 3, 29. Im J. 450 war 
er einer der Decempbirn und wurde von den Gas 
binern, gegen welche er gejandt wurde, abermals 
befiegt. Liv. 3, 35. 42. Er flagte im J. 439 den 
Sp. Mälius des Hochverrats an und veranlaßte 
feinen Tod (Liv. 4, 13), wofür ein anderer Sp. 
Mälius (j. Maelii) ihn 3 Jahre jpäter anllagte, 
aber ohne Erfolg. Dion. Hal. 10, 22. — 3) E. 
Min. Augurinus, zog als Bolfstribun (daher 


— Minucii. 


182 


er wohl zum plebejiihen Zweige der Minucier | 


gehört) den älteren Scipio Africanus (und vielleicht 


auch dejien Bruder Lucius) wegen angeblichen | 
Unterſchleiſs zur Rechenſchaft (187 v. E.i; doch 


wurde durch die Vermittelung des Ti. ——— Liv. 38, 42. — 11) M. Min. Felir, 


nius Gracchus, eines perjönlichen Freundes des 
Scipio (dafür erhielt er die berühmte Cornelia 


Minyai — Misericordia. 


im %. 43 v. C. durch die Hand jeiner Stlaven 
den Tod. App. b. ec. 3, 98. — 10) 2. Min. 
Myrtilus, wurde im J. 187 v. E. wegen Miß— 
handlung karthagiſcher Gejandten nach Karthago 


hriftlicher Apologet, vielleicht aus Afrila, um 180 


'n. E., Sadywalter in Rom, Berfaffer eines mit 


zur Gattin), die auferlegte Geldbuße erlafjen. | fprachlicher Gewandtheit geichriebenen Dialogs Oc- 


Gell, 7, 19. Bgl. Liv. 38, 55—-60. — Zum plebe: 
jiſchen Zweige gehören: 1) M. Min. Rufus, 
im J. 217 v. C. Magifter Equitum des D. Fabius 
Eunctator (Liv. 22, 8. Plut. Fab. 4), ein Mann 
bon heftigen, ungeitümem Charakter und ein Geg- 
ner der weiſen Zauderpolitik jeines Feldherrn, 
welche freilich jelbit in Rom Unzufriedenheit er: 
regte und die Römer veramlafte, dem Min. nacı 
einem in Abmwejenheit des Fabius von ihm er: 
fochtenen Siege gleichen Anteil am Nommando 
mit dieſem zuzugeftehen. Liv. 22, 24. 26. Plut. 
Fab. 8 ff. Aber Hannibal verlodte den unvorfich- 
tigen, higigen Din. zu einem Treffen, in welchem 
ihm nur Tabins Nettung brachte. Dies führte 
ihn zur Einficht in jein thörichtes Benehmen, und 
willig ordnete er ſich dem Fabius wieder unter. 
Liv. 22, 28 ff. Pol. 3, 101 ff. Plut. Fab. 11 ff. 
— 2)D. Min. Rufus, befehligte im J. 197 
v. E. als Konſul gegen die Ligurer und Bojer 
und gehörte in den Jahren 189 und 183 zu den 
nad) Aſien und Gallien abgeordneten Gejandten. 
Liv. 32, 27 ff. 37, 55. 39, 54. Sein Name fteht 
auch in dem SC. de Baccanalibus (seribendo 
adfuerunt). — 3) M. Min. Rufus, Konjul im 
3. 110 v. E., befiegte in diefem und dem folgen: 
den Jahre die Skordijfer in Thrafien und errich- 
tete die porticus Minucia. Liv. ep. 65. Vell. Pat. 
2,8. Flor. 3,4. — 4) ©. Min. (Rufus), einer 
der Zeugen gegen Berres, dejjen Verfahren er bei 
jeinen Dandelsgeichäften auf Sicilien kennen zu 
lernen Gelegenheit gehabt hatte. Cre. Verr. 427.31. 
— 5) Min. Rufus, befehligte im Nampfe gegen 
Eäjar eine Flotte des Rompejus (im J. 48 v. E.). 
Caes. b. ec. 3, 7. — 6) DO. Min. Thermus, Prä- 
tor im Jahre 196 v. E., kämpfte glüdlich gegen 
die ſpaniſchen Völfer und unterwarf während jeines 
Ktonjulats im Jahre 193 (und in dem folgenden 
Jahr) nad hartnädigem Widerftande die Ligurer. 
Liv. 33, 24. 26. 34, 51f. 35, 3. 205. Er fand 
im J. 189 umter dem Konjul Manlius Buljo in 
Alien im Kriege gegen die Galater jeinen Tod. 
Liv. 38, 41. — 7) M. Min. Thermus, unter 
welchen Gäjar jeine erften Kriegsdienite bei My- 
tilene leiftete, ald Thermus Prätor in Afien war 
(81-30 dv. E.). Suet. Caes. 2. — 8) DO. Min. 
Thermus, Bollstribun im J. 62 v. E,, verwal:- 
tete in den Jahren 51 und 50 ald Proprätor Aſien. 
Mit Cicero, von dem er nach Ajien zahlreiche Zu: 
ichriften empfing (Ce. ad /am. 13, 53 ff.), war 
er jehr befreundet. Am Beginn des Bürgerkrieges 
zwiichen Cäſar und Pompejus, in welchem er auf 
Seiten des leßteren war (Caes. b. ec. 1, 12), jtand 
er in Iguvium, mußte aber vor den heranrüden: 
den Bäjarianern die Stadt räumen (49). Er lebte 
noch im Jahre 43. — 9) 8 Min. Baſilus 
(eigentlih M. Satrius), ein Schweſterſohn des 
reihen C. Min. Bajilus, wurde von diejem 
an Kindesſtatt angenommen (Cie. off. 3, 18), diente 
unter Cäjar in Gallien, gehörte indes ſpäter zu 
Cäſars Mördern (Cie. ad fam. 6, 15) und fand 


tavius, in welchem die gegen das Chriftentum 
erhobenen Einwände Mar und bündig widerlegt 
werden, in einer einzigen Handſchrift erhalten, 
herausgeg. von Sabäus (1543), Balduin (1560), 
Muralt (1836), Obler (1845), Halm (1867, mit 
Firmicus Maternus), Cornelifjen (1882), Bährens 
(1886). Deutjche Überjegung von Dombart (2. Ausg. 
1881). 

Minyai ſ. Orchomenos. 

Minyas, Mirvas, mythiſcher Stammheros des 
Minyergeſchlechts, der reiche König von Orcho— 
menos in Boiotien, von jehr abweichender Genea- 
logie. Er heißt Sohn des Chryſes, des Ordho- 
menos, des Eteofles, des Poſeidon, Ares u. ſ. mw., 
Gemahl der Tritogeneia (Tochter des Niolos), der 
Klytodora, Vater des Orchomenos, Breibon, Atha- 
mas, Diochthondas und mehrerer Töchter. Seine 
Töchter, Altathoe (Altithor), Leukippe und Arfippe 
(die Minpaden), blieben bei ihren Webftühlen, 
während andere rauen das Dionyſosfeſt in den 
Gebirgen feierten. Da erjchten ihnen Dionyſos 
in Gejtalt einer Jungfrau und ermahnte fie, an 
den Mpjterien teilzunehmen; da ſie nicht folg: 
ten, verwandelte er ſich in einen Stier, Löwen 
und Panther und lie; Milch und Nektar aus den 
Webebäumen fließen. Nun loften fie erichredt, 
wer ſich an der Freier beteiligen jollte. Das Los 
traf Leukippe; fie zerriß in bafchantijher Wut 
ihren Sohn Hippajos. Die Schweſtern rajten nun 
zufammen, bis Hermes fie in eine Fledermaus, 
eine Eule und einen Schuhu verwandelte. Ant. 
Lib. 10. Or. met. 4, 1fj. 390 ff. Minyas joll das 
erſte Schatzhaus gebaut haben, deffen Ruinen noch 
erhalten find. Orchomenos undBaukunst1.\; 
jein Grab ward zu Orchomenos gezeigt. 

Misagönes, bei Val. Mar. 5, 1,1 Musochanes, 
ein illegitimer Sohn des Maſiniſſa, befehligte ein 
Heer, welches jein Vater den Römern gegen Ber: 
jeus von Makedonien zu Hülfe jandte. Gegen 
den auf der Rückkehr erkrankten Kürten benahmen 
ji) die Römer freigebig und ſorgſam. Zir. 42, 29. 
62 ff. 44, 4. 45, 14. 

Misenos, Mionros, Gefährte des Odyſſeus 
(Strab. 1, 26) oder Begleiter des Heltor, dann 
Sefährte und Trompeter oder Steuermann des 
Yineias, nach dem das Vorgebirge Miſenum den 
Namen hatte. Dion. Hal. 1, 53. Verg. A. 6, 
162 ff. 234. 

Misenum, Mıionvor, Vorgebirge Campaniens 
jüdlih von Cumä, jollte jeinen Namen von dem 
hier begrabenen Gefährten des Wineias (j. Mise- 
nos) erhalten haben. Verg. A. 6, 234. Strab. 
5, 245. Nachdem Auguftus hier den Stationsort 
für die römische Flotte des Tyrrheniſchen Meeres 
bejtimmt hatte, entjtand auch eine Stadt dajelbit, 
die jeßt wieder verichtwunden ijt, während das 
Vorgebirge noch jett Punta di Mijeno heißt. T'ac. 
ann. 4, 5. 6, 50. 15, 51. hist. 2, 9. 

Misericordia, auch Clementia, Perjonififation 
des Mitleids, vgl. "Eizo. 


Missilia — Mithridates. 183 


Missilia, 1) ij. Waffen, II. — 2) die von | vietus, der Führer der Seelen durch die Negionen 
dem SKaijer oder von den höheren Magiitraten | des Himmels zur Seligfeit. Gewöhnlich wird er 
an feitlihen Tagen von höher gelegenen Orten , dargejtellt als ein Nüngling in phrygiicher Tracht, 
(wie Eircus, Theater, beionderen Gerüjten) unter wie er in einer Höhle ein Stieropfer bringt, indem 
das Bolt geworjenen Gefchente. Schon früher | er den Kopf des Tieres emporreift und ihm einen 
warfen die Mdilen an den Floralien Bohnen, Dolch in den Hals ftöht. Bon zahlreichen Mithras- 
Erbjen, Lupinen unter das Volk, Agrippa aber | heiligtümern (Mithräen), meift in natürlichen oder 
nahm Anweiſungen auf ein Geldgeſchenk (tessera). | fünftlichen Höhlen, haben ſich Überrefte bis in den 
Der in dieſer Beziehung von den Magiftraten | äußerjten Weiten und Norden des römischen Reiches 
gemachte Yurus veranlapte mehrmals gejegliche | erhalten, namentlich in der Nähe von Standlagerır. 
Beichränfungen. Dio (ass. 49, 43. Suet. Cal. | Curt. 4, 48, 12. Strab. 15, 732. Vgl. Windijch- 
18. 37. Ner. 11. ‚ mann, Mithra (1857). 
MissTo, 1) die Entlajjung aus dem Kriegs— | Mithridätes, Miögiöcdrng oder (nad) gricd). 
diemjte: a) honesta, nad) abgelaufener gejeglicher | Inichriften und Münzen) Midgadarns (d. h. von 
Dienftzeit, fpäter auch durch failerlihe Gnade; | Mithras gegeben), ein im Orient häufiger, aus 
b) causaria, wegen Kränflichteit, förperlicher Ge:  Perfien herjtammender Name. So hieß der Hirte, 
breden u. j. w.; c) ignominiosa, wegen enteh: | welcher den Kyros erzog (Hat. 1, 110), der Perjer, 
render Bergehungen. In der Naijerzeit erwarb | welcher in der Schlacht bei Kunaxa den jüngeren 
die miss, honesta ein Geſchenk oder eine Penjion | Kyros tötete (Flut. Artax. 11), aber auch ein Anz 
(praemium), das Bürger: (civitas) und Eherecht hänger des jüngeren Kiyros (Aen. An. 2, 5,35 
(tus conubni); jie wurde in gie eingegraben u. ö.), der nach deſſen Tode zu Artarerres abjiel 
und öffentlich ausgeftellt. Qgl. Dimissio und und als Statthalter von Lykaonien und Kappa— 
Dilectus militum, 5. — 2) Pie Missio | dofien genannt wird (dai. 7, 8, 25). Ansbejondere 
gladiatorum erfolgte nach mehrfacher Bejie: | finden wir jpäter den Namen in Pontos. Wis 
ung der Gegner oder nad) Empfang gefährlicher , Gründer des pontiichen Reiches gelten aber erjt 
unden, entweder durch die Gunſt des Volks, Ariobarzanes (363—337 v. E.), der fein Gejchlecht 
wenn es nicht die Niederſtoßung befahl, oder zurüdführte auf einen der 7 Perſer, welche den 
infolge kontraftmäßiger Verpflichtung, jpäter auc | falihen Smerdis getötet hatten, und jein Sohn 
durch faijerliche Gnade. — 3) Missio in pos- , Mithr. 1. (Ariorng) (337— 302), ein durch Tapfer: 
sessionem oder in bona tft die von dem Prä- | feit ausgezeichneter Mann, der ſich erjt Alexander 
tor angeordnete Einweiſung in die Güter einer | unterwarf und jpäter von Antigonos getötet wurde. 
Perſon, wodurd der Eingewiejene den Beſitz er- | Mithr. Il. (302—266) behauptete jich gegen die 
hielt und auf dieſe Weiſe fein etwaiges Recht | Nachfolger Aleranders und erweiterte jein Neich 
gegen den Herrn der Güter ficher jtellte. Wenn | durch Eroberungen nah Kappadofien hin. Die 
legterer die Aniprüche des possessor wicht befrie | folgenden Könige Ariobarzanes (7), Mithr. III, 
digte, famı e$ zur bonorum venditio, j. Bono- | Mithr. IV. und Pharnales führten Kriege mit 
rum emtio, den Galatern und den Nachbarſtaaten; letzterer 
Mistarium, Gefäß zum Mijchen des Weines, | eroberte 183 Sinope und erhob es zur Haupt— 
aus welchem nach alter Sitte in die Becher ge: | jtadt des Reiches. Mithr. V. Euergetes (156 bis 
ichöpft wurde. Spezielle Namen dafür jind crater, | etiya 120) unterjtügte die Römer im dritten pu— 
sinus, lepasta, galeola. nifchen Kriege und gegen Ariftonilos von Perga- 
Mıo$wroi biegen Freie der ärmeren Klaſſe, mos und erhielt dafür Großphrygien. Just. 37,1. 





die für Lohn Dienfte verrichteten, oft jolcdhe, die |38, 5. Als er in Sinope gefallen war, folgte 2 


meijt Geichäft der Sklaven waren, z. B. Dienjte | Mithr. Vl.der Große, Eupator (aud) Dionyjos), 
im Haufe; auch zur Begleitung des Herrn beim |etwa 120—63 v. E., der erbittertite Feind der 
Ausgehen wurden zuweilen gemietete Diener ge: | Römer. Der 13jährige Nuabe wurde, wie es heißt, 
braudıt. aus Furcht vor der argliftigen Mutter und faljchen 

Mitgift ſ. Ehe, 3. 8. Verwandten von Getreuen in die Waldgebirge ge: 

Mithras, Midgas, ein perfiicher Gott, uriprüng: | rettet, wo er unter Gefahren und Entbehrungen 
lich den hellen Äther, den lichten Tag bezeichnend, | Stärfe und Gemwandtheit des Körpers gewann, 
jpäter mit der Sonne identifiziert. Wie im der zugleich aber jeine bedeutenden Geiftesgaben ent: 
perjifchen Religion alles Natürliche zugleich eine | widelte. Er war mit auferordentlihem Gedächt: 
fittliche Bedeutung hat, jo ift der alljehende Licht: | nisund Urteilsvermögen begabt, ſprach die Sprachen 
gott auch der Gott der Wahrheit und Reinheit. | von 22 ihm unterworjenen Bölfern (Geil. 17, 17), 
In der älteren Zeit gehörte D., wie Anaitis (ſ. d., | bejaß große Gewandtheit der Rede, jchrieb über 
nur zu den Gottheiten der Bolfsreligion; jeit Arta= | Natur: und Arzneiwijienjchaft u. ſ. w. Bor afia: 
xerxes Il. trat er ganz in den Vordergrund, als tiſchen Fürjten zeichnet ihn bejonders eine grenzen- 
der alles beherrſchende, fieghafte Nönig, der die loſe Rührigkeit aus; damit aber verband er alle 
ewige Weltordnung im Kampf gegen die Daivas Laſter eines orientaliihen Dejpoten, Sinnlichkeit 
(Diws), die böjen Geifter der Nacht und des und wüſten Aberglauben, jowie SHinterlift und 
Truges, aufrecht erhält. Zur römijchen Zeit, durch | Grauſamkeit und einen beftändigen Argwohn, der 
die von Pompejus gefangenen Seeräuber, ver: ihn Mord und Verrat bejonders von jeiner Um— 
breitete jich jein Kultus auch über das Abendland, | gebung fürchten ließ. Just. 37, 2. Nach 7 Jahren 
aber getrübt durch allerlei nicht iranische Elemente, | kehrte er zurüd, jtrafte mit biutiger Strenge Vor: 
verbunden mit Stier: und vielleicht jelbjt Menjchen: | münder, Mutter und andere Berwandte und begann 
opfern und mit qualvollen Myſterien, und wurde | dann jeine von hochitrebendem Ehrgeiz und glühen— 
die bedeutendfte der erlöfenden Geheimlchren des | dem Nömerhah eingegebenen Unternehmungen, 
finfenden Heidentums. M. war nun der sol in- ſtets gleichgültig in der Wahl der Mittel und 


— 


2 


184 


Menfchenleben nicht achtend. Er ſchuf Heer und 
Ktriegsflotte, demütigte die bisher unbezwungenen 
Skythen, 112—110, brachte durch Unterwerfung 


oder Bündnis die Völker am Pontos Eureinos | 


bis zur Cherjonefos Taurife auf jeine Seite (Just. 
37, 3), durchwanderte, um Bölfer und Länder 
fennen zu lernen, Kleinaſien, 110—108, zog den 
König von Großarmenien, Tigranes, durd Ber: 
mählung mit jeiner Tochter in fein Intereſſe, er: 
oberte im Bunde mit Nilomedes II. von Bithy— 
nien Baphlagonien, jpäter auch Kappadokien und, 
nad Nifomedes’ Tode, Bithynien, 92 oder 91. 
3 Die Römer wollten den Krieg nicht, doch Fam es 
zu mehrfachen Neibungen mit den römijchen Statt: 
haltern 2%. Sulla und 2. Caſſius; von den ver: 
triebenen Königen um Hülfe angerufen, jchidte 
der Senat den Konſular M’. Aquillius nach Aſien, 
um einzujchreiten. Yängere Zeit ftanden die Dinge 
zwiſchen Krieg und Frieden, bis Mithridates im 
I. 88 den Krieg (erjten mithridat. Krieg, 88 
— 54) damit begann, daß er den Oppius und M'. 
Aquillius, welche die beiden vertriebenen Könige 
von Kappadofien und Bithynien wieder einjeßen 
follten, zurüctrieb, mit leichter Mühe das ganze 
römische Nleinafien eroberte, die Gefangenen einem 
ihmählichen Tode preisgab und dann mit ebenjo: 
viel Arglift als Grauſamkeit an Einem Tage 
alle Römer in Kleinafien (80 000 oder gar 150 000) 
ermorden ließ. App. Mithr. 22f. Val. Mar. 
9,2,3. Plut. Sull, 24. Nachdem Alien von den 
Römern gereinigt und ungeheure Schäge zuſam— 
mengebracht waren, unterwarf er auch die benad): 
barten Inſeln außer Rhodos und rief durch jeinen 
Feldherrn Archelaos die Griechen zum Freiheits— 
fampfe auf. Sogleich traten auf feine Seite Athen, 
Achaia, Boiotien, Yafonien, die übrigen ſchwank— 
ten. Jetzt erft, nach Beendigung des Bundesge— 
nofjenfrieges, wurde der Krieg von den Römern 
fräftig aufgenommen und die — dem Sulla 
übertragen. Derſelbe wandte ſich zunächſt zur Be: 
fagerung Athens; dies wurde nach langer Bela- 
gerung erobert (1. März 86), der fönigliche Feld— 
herr Archelaos bei Chaironeia und Brhomenos 
beiiegt und Ajien bedroht. Plut. Sull. 14 ff. App. 
Mithr. 34 ff. Als auch Fimbria in Aſien fich gegen 
M. wandte, ſchloß diejer den Frieden, über den 
ihon Archelaos unterhandelt hatte, bei einer per: 





Mithridatis regio — Mitra. 


und die Bajtarner-Germanen auf. So gerüftet 5 
begann er den dritten mithridat. Krieg (74-64) 
mit der Bejegung Paphlagoniens und Bithyniens, 
defien König Nitomedes III. fein Reich den Rö- 
mern vermadt hatte. Müde der Pladereien, 
welche die Zöllner und Wucherer übten, huldigte 
ihm Kleinafien als Befreier. Er fchlug den Aure— 
lius Cotta bei Chalkedon; aber bei der Belage- 
rung von Kyzikos wurde er jelbit von Lucullus 
eingeichloffen und mit bedeutendem Berluft zu— 
rüdgetrieben (73). Nach mehreren Gefechten, na: 
mentlich bei Kabeira, wurde er auch aus Pontos 
verdrängt und genötigt, bei Tigranes Schuß zu 
juchen (72). Über der Eroberung der Feſtungen, 
beionders Amiſos und Serafleia, vergingen noch 
2 Jahre. Tigranes, anfangs wenig geneigt, ihn 
zu unterftügen, wurde bald durch die beleidigen: 
den Forderungen und das hochmütige Auftreten 
des Appius Claudius zur regeren Teilnahme ge: 
drängt. Yucullus drang, nachdem er die Verwal: 
tung Afiens gebeflert, auch gegen Armenien vor, 
fiegte bei Tigranoferta und Artarata und eroberte 
Nifibis, 69—68. Als aber die von den Feinden 
der durch Lucullus eingeführten Reformen genährte 
Widerjeglichleit der Soldaten offen ausbrach und 
alle Unternehmungen hemmte, fiegte M. über ein 
römijches Heer bei Bela und bejegte, die günftige 
Wendung benugend, mit einem armeniſchen Heer 
wieder Bontos und Kappadotien, 67. Der Nach 
folger des zurüdgerufenen Lucullus, M'. Acilius 
Glabrio, war ihm nicht gewachſen; da wurde 
durch die lex Manilia dem PBompejus der Ober: 
befehl übertragen, 66. Diejer bejiegte den M. im 6 
J. 66 (an der Stelle, wo er jpäter zum Andenfen 
diejes Sieges Nifopolis am Lykos erbaute), M. 
aber entjloh nach Kolchis und, als Pompejus nach 
der Befiegung des Tigranes in die Raufajosländer 
drang, nach der taurijchen Halbinjel. Noch hegte 
er große Pläne, er wollte, mit den Galliern ver- 
bunden, nach dem Frieden mit Tigranes den Krieg 
nach Stalien verjepen, doch jeine Graujamteit 
hatte ihm die Nächititehenden entfremdet; jein Sohn 
Pharnaktes fiel von ihm ab, und von feinen Sol: 


daten verlafjen, gab er fih in Pantikapaion ſelbſt 


jönlihen Zuſammenkunft mit Sulla zu Dardanos 
blieb das bosporanifche Reich, bis ihm Cäſar das- 


ab, 84. Beichränfung auf das eigentliche Pontos, 
Auslieferung von 80 Kriegsiciffen, Bahlung einer 
Kriegsbuße von 3000 Talenten waren Die Be: | 
Plut. Sull. 22. 24. 


dingungen. App. Mithr. 55. 


den Tod, im J. 63, indem er, von einem ſeiner 
untergeordneten Anführer unterſtützt, ſich in ſein 
eignes Schwert ſtürzte, nachdem er Gift anzu— 
wenden vergeblich verſucht hatte. Dem Pharnakes 


ſelbe nahm und dem getreuen Mithridates von 
‚ Bergamos übergab, im J. 47. Bgl. App. b. 
Mithr. Plut. Sulla. Frandfen, Geichiähte Mithr. 


Als bald darauf M. wieder anfing, Übergriffe zu | des Gr. (1. Buch. 1847). 


machen, erneuerte der Legat X. Murena, den Sulla 


| 


Mithridätis regio, Midgıödrov yupa, Gegend 


mit 2 Legionen in Aſien zurüctgelaffen hatte, den |in Sarmatien, wejtlih von dem Rha (Wolga), 
Krieg; doch ward durch die Sendung des Aulus wohin ſich Mithridates, König von Bosporos, 45 


Gabinius weiteren fyeindjeligfeiten vorgebeugt und In. C. vor den 
der Friede unter den früheren Bedingungen wieder | 15. 21. 


hergeftellt (zweiter mithridat. Krieg, 83— 81). | 


— Während der inneren Unruhen in Rom rüftete | 
fi) M. indes zur Erneuerung des Krieges, befeftigte 


das bosporantiche Reich, wo ſich die griechijchen 
Kolonien ihm, dem Halbgriechen, freiwillig unter: 
warfen, und übertrug dasjelbe jeinem Sohne 
Machares; er jchlo ein Bündnis mit feinem Eidam 
Tigranes, jowie mit Sertorins in Hijpanien, regte 
in Afien die Chalyber, Stythen, Taurier, in Europa 
die Sarmaten, Jazygen, die Thrafer am Iſter 





ömern flüchtete. 
Dio Cass. 60, 8. 

Mithrines, Mı®olvns, oder Mithrönes, Mı- 
Borens, perfischer Befehlshaber von Sardes, der 
nah der Schlaht am Granilos (334 v. €.) Die 
Burg mit dem reihen Schabe dem Sieger über: 
gab und dafür die Statthalterichaft von Armenien 
erhielt. Arr. 1, 17,3. 3, 16, 5. Curt. 3, 12, 6. 
5,1, 44. 8, 12. 

Mitra oder calantica, eine Frauenhaube, aus 
dichten Zeug gefertigt und wie ein Sad am Hinter: 
kopf herabhängend. 


Tac. ann. 12, 


Mitylene — Moira. 


Mitylöne ſ. Mytilene. 

Mnasalkas j. Anthologia graeca. 

Mnas&as, Mvaotas, aus Batrai, um 150 v. E., 
angeblid Schüler des Eratofthenes, jchrieb ein 
geographijches Werk (megıjymas oder weginlong | 
in mindeſtens 8 Büchern), worin einzelne Zeile | 
der Erde behandelt wurden. Er entbehrte der 
wahren Wiffenichaftlichfeit. Die erhaltenen Bruc): 
ftüce jind gejammelt von Mehler (1847) und von, 
Müller, fragm. histor. Graec. III p. 149 ff. 

Mnasippos, Mvdoınzos, ein Spartaner, wurde 
im 3. 373 v. C. mit einer Flotte nach Kerfyra | 
geſchickt, um die Ariftofraten zu unterftügen und 
die Inſel den NAthenern zu entreißen. Er ver: 
wüjtete die Inſel und belagerte die Stadt, die, 
ihon durch Hunger gedrängt, Hilfe von Athen 
verlangte. Dieſes jandte Beltaften unter Stefifles 
und rüftete eine Flotte; doch ehe dieje anfam, war 
Mnaſippos, der jchon die Stadt in jeiner Gewalt 
zu haben glaubte, aber durch VBorenthaltung des 
Soldes die Unzufriedenheit feiner Mietjoldaten 
erregte, bei einem Ausfall getötet worden. Xen. 
Hell. 6,2, 4 ff. Demosth. Timoer. 1186, 

Mneme j. Musae, 1. 

Mnemonik j. Simonides, 1. 

Mnemosfne j. Musae, 1. 

Mnesarchos, Mrrjoapyos, 1) aus Samos, 
Vater des Pythagoras. dt. 4, 95. — 2) Sohn 
des Pythagoras, Nachfolger des Ariſtaios in der 
pythagoreiichen Schule. — 3) Vater des Tragifers 
Euripides, auch Mnejarchides genannt, angeblich 
ein nennkog. — 4) Tyrann in Chalkis auf Euboia. 
— 5) Schüler des Panaitios, Führer der Stoa um 
110 v. E. und entichiedener Gegner der Rhetoren. 
Cie. de or. 1, 11, 45. 18, 83. acad. 2, 22, 69. 
fin. 1,2, 6. 

Myvnoıxazxeiv |. Aurnoria. 

Mnesikles, MynoAns, 1) ein Sykophant in 
Athen. Demosth. Boeot. 1010. — 2) berühmter 
Architekt, j. Baukünstler, 4. 

Mnesilöchos, Mvnoiloyos, 1) einer der 30 
Tyrannen in Athen. Xen. Hell. 2,3,2. — 2) Sohn 
des Tragifers Euripides, der Schaufpieler geweien | 
jein und den Bater bei Abfaffung jeiner Tragödien | 
unterjtügt haben joll. 





185 


gegenüber in den Nhenus; j. Main. Tac. Germ. 
28. Mela 3, 3, 3. 

Moeris, Moigıs, 1) gewöhnlich Arrıxotiig ge: 
nannt, ein griechiicher Grammatifer unter Hadrian 
um 130 n. C. Sein alphabetiiches Wörterbud) 
mäßigen Umfangs (Alta Arrızad) ftellt bejon- 
dere Ausdrücke und Formen attijcher Schriftfteller 
zufammen und erflärt fie durch die jpäter üblich 
gewordenen Ausdrüde; an Wert fteht es den gleich: 


artigen Schriften des Harpofration, Phrynichos 


und Julius Pollur nach. Zuweilen find Beweis: 
ftellen hinzugefügt. Ausgg. von Hudjon (1712), 
Silcher (1756), Pierſon (1759; wiederholt 1830), 
Koch (1830), J. Bekker (1833). — 2) nach der Über: 
fieferung ein ägyptiſcher König, welcher den be: 
fannten See in Mittelägypten, weſtlich vom Nil, 
zur Regulierung der Nilüberjchiwemmung anlegte. 
Hdt. 2, 13. 101. 149. Diod. Sie, 1, 51f. Strab. 
17, 809 ff. Tac. ann. 2, 61. Nach neueren Unter: 
juchungen war der See freilich zunächſt ein Werk 
der Natur, wie fein noch vorhandener weftlicher 
Teil, der Birket el Kerun, und wurde dann nur 
von Amenemha Il. (um 2150 v. E.), den die 
Griechen nach dem ägyptiſchen Wort mer (d. h. 
See) benannten, durch fünjtliche Anlagen für die 
Bewäſſerung des Thales noch weiter nußbar ge: 


macht. 

Moesia j. Thrakia. 

Mogontiäcum, aud; Magontiacum und Mo- 
guntia (wohl von Moginos, urjpr. Form — Mö- 
nus, abgeleitet), j. Mainz, Stadt im Gebiete der 
Bangionen im belgiſchen Gallien, der Mündung 
des Mönus (Main) in den Rhenus gegenüber von 
Kelten angelegt, von —— zu einem befeſtigten 
Standlager für die römiſchen Truppen gemacht, 
neben welchem die Stadt ſich erweiterte, von hier 
aus operierte Druſus gegen die Germanen, und 
hier wurde ihm ein mächtige Grabmal errichtet, 
wahricheinlich der heutige ſ. g. Eigelftein. In der 
Folge war die Stadt Hauptquartier der römijchen 
Truppen am Oberrhein oder, wie es jpäter hich, 
in Germania superior, und Ei des Oberinjpef: 
tors der Rheinfeſtungen; eine mächtige Brücde ver: 
band die Stadt mit dem rechten Rheinufer. Tue. 
| hist. 4, 15. 24. 33. 37. 61. 70. 


Mnesimächos, Monolueyos, ein Dichter der | Moira, Moio«. Tas Wort uoige bezeichnet 
neueren attischen Komödie, von dem 7 Stüde an- | urfprünglich den Teil (Hom. Od. 20, 171), daher 
geführt werden. Die Bruchftüde, gej. von Meineke | den beſchiedenen Teil des Lebens, die Lebensdauer 
im 3. Bande der fragm. com. Graec, (ll p. 787 ff. | (uoiga ıoroo, Hom. Tl. 4, 170), ferner das im 
der Heinen Ausg.) und Kock, com. Att. fragm. | Leben zugeteilte Gejchid, wie den dem Lebenden 
II, 1 p. 436 ff., verraten einen geiftreichen Dichter. | befchtedenen Tod. Jlom. Il. 3, 101. Od. 2, 100, 

Mnevis, Mveöıs, ein heiliger Stier der Agyp- | Diejer Begriff tritt nun bei den Pichtern zum 
ter, der in Heliopolis (Om) verehrt wurde, wie der | Teil unperjönlich auf, zum Teil erjcheint er als 
Apis in Memphis. Er war dem Sommengott | eine Gottheit, als ein perjönlich gedachtes Schich— 
Tum-Ra geweiht und ftand in einem Gemach von |jal. Bei Homer bezeichnet die Moira fein eifernes, 
defien Tempel. Doch wurde fein Dienft durdy dem | unumſchränkt waltendes Berhängnis, fondern Zeus 
des Apis verdunfelt. Diod. Sie. 1, 84. Strab. | und die übrigen Götter vermögen in das von ihr 
17, 805. ı Verhängte einzugreifen, es zu leiten und aufzu— 

Mvwirar oder uroraı (vielleicht von Minos halten (11. 16, 434 ff. 20, 115 ff.), und der Menjch 
abzuleiten) hiefen in Kreta die den jpartanischen | jelbft hat vermöge feiner Freiheit einen Einfluß 
Heloten entiprechenden Staatsſtlaven. Strab.12,542. auf fein Schidial (0a. 1,34 ff). Das Verhältnis 
Athen. 6, 267 c. | der Moira zu Zeus und den Göttern ift bei Homer 

Modestinus ſ. Herennii, 16. nicht genau bejtimmt. Zeus gilt auf der einen 


Modius j. Malse, 

Moenus oder Moenis, Strom Germaniens, 
entjpringt auf den Sudetiſchen Bergen, durchftrömt 
das Gebiet der Hermunduren und die agri decu- 
mates der Römer und mündet Mogontiacum 


Nealleriton des Mafj. Aitertums. 7. Aufl. 








Seite als der Gott, von dem die Bejchide aus: 
gehen, in defjen Hand das Gute und das Böje 
liegt (Od. 4, 236. Il. 24, 527); andererjeits jällt 
doc jein Wille nicht vollfommen mit dem der 
Schickſalsmacht zuſammen, unter dem Bilde des 


50 


[5 


= 


186 Moiro — Mola. 


Abwägens der Gejchide (IT. 8, 69. 22, 209) er: ! Schidjals, Atropos mit einer Wage, mit einer 
forjcht er den ihm fremden Willen der Moira, er Schere, mit der fie den Lebensfaden abichneidet, 
und die übrigen Götter find Bolljtreder und Werk: | mit einer Sonnenuhr, an der fie die Todesſtunde 
zeuge desjelben oder fümpfen demjelben entgegen. | zeigt u. j. w. Heiligtümer hatten fie zu Korinth, 
Somit find ng und die Götter bei Homer dem | Sparta, Olympia u. a. a. D. — Die Aija (Ace) 
dunfelen Weſen der Moira bald gleichgejegt, bald | ift ein mit Moira fast gleicher Begriff; fie bezeich- 


untergeordnet. Der Grieche glaubte an eine Viel- 
heit von mächtigen, in das Menjchenleben eingrei- 
fenden Göttern, die aber durch ihre Selbftändigfeit 
und freiheit fich gegenjeitig bejchränften, jo daß 
jelbft der höchjte und vollfommenfte Gott; Zeus, 
der über Götter und Menjchen berrichte, feine 
durchgreifende, unumfchränfte Macht behaupten 





| Od. 7, 197); aber fie ift 





net auch urjprünglich den Teil und jpinnt als 
Berjonifilation glei) Moira den Lebensfaden des 
Menſchen bei jeiner Geburt (Mom. Il. 20, 127. 
nody mehr als Moira 
eine blafje Abftraftion geblieben. -- Die römijchen 

arcen (Parcae) waren zur Zeit der römischen 
Litteratur ganz identisch mit den griechiichen Moiren; 


fonnte. Es drängte ji) daher dem Menjchen das | in älterer Zeit hatten die Römer wahricheinlich 
Bedürfnis auf, über dieſer vielfeitig beichränften | nur Eine Parca. Das Wort hängt mit pars 
Hötterwelt ſich noch eine Höhere, einheitliche Macht : zufammen und hat aljo gleiche Bedeutung mit 
zu denfen, die Alle umfaßte; aber der menſchliche Moige. — Unter Fatum veritand der Römer 
Geiſt vermochte diejer abftraften Macht feine leben- den von den Göttern, bejonders von Jupiter, aus: 


dige Perjönlichleit mehr zu geben, daß fie mit 


jelbftbewußten Willen den jchon eriftierenden gött: 
lichen Wejen energijch hätte entgegentreten und 
fie niederfämpfen fünnen. Jene Moira blieb eine 
dunfele, unbegreiflihe Macht ohne Leben, der 
Menſch fiel immer wieder zurüd zu feinen lebens: 
vollen Göttern und legte ihnen die Entſcheidung 
des Gejchides in die ae Diejer Widerſpruch, 
der ſich bei Homer findet, zieht fich durch das 
ganze griechijche Altertum hindurch und ift von 
dem Heidentum nie gelöft worden. Die Moira 
wurde bald als eine über Göttern und Menjchen 
unumjchränft waltende Macht, bald als abhängig 
von dem Willen der Götter aufgefaßt, bald als 
ein eijernes, unabwendbares, grauſames und nei: 
diſches Verhängnis, bald (wie bei den Tragifern) 
als mit einer höheren jittlihen Weltordnung zu: 
jammenfallend. — Bei Homer erjcheint die Moira 
gewöhnlich in der Einzahl; erſt jpät finden ſich 
die Moigaı in der Mehrheit genannt (Il.24, 49); 
fie ſpinnen den Menfchen den Yebensfaden zu (Il. 
24, 209) und heißen deshalb die Spinnerinnen, 
Kiödeg (Od. 7, 197). Ihre Perfjonififation ift 
aber noch nicht jo weit gediehen, daß ihre Zahl, 
ihre Namen, Attribute und Abjtammung bejtimmt 
würden. Erſt Heſiod (theog. 217. 904) nennt deren 
3: Klotho, die Spinnerin, Lacheſis, die das 
Los AZuteilende, Atropos, die Unabwendbare, 
Töchter der Nacht oder des Zeus und der Themis. 
In der Folge dachte man fie entweder als die 
jtrengen und erhabenen Göttinnen des Schidjals, 
die das Steuer der Notwendigkeit führen und den 
vergeltenden Erinyen ihr Amt verleihen, mit Scep— 
tern in der Hand, oder als die Göttinnen der 
menjchlichen Lebensdauer. 
Menichen den Zeitpunkt feiner Geburt und werden 
deshalb auc mit den Eileithyien zufammengeftellt, 
fie jpinnen er den Lebensfaden und fegen jein 
Ende feit. Als Todesgöttinnen fommen fie in 
Verbindung mit den Keren (Kress). Da fie die 
Scidjale des Lebens zuteilen, jo müſſen ie 
ihnen jchon im voraus befannt jein, jo daß fie 
diejelben zu weisjagen vermögen. Ov. met. 8, 452 ff. 
trist. 5, 3, 26. Hor.c.s.25. Plat.r.p. 10, p. 616. 
Die Dichter jchildern die Moiren bisweilen als 
alte, häßliche Frauen (Catull, 64, 306. Or. met. 
15, 781); die bildende Kunſt aber ftellt fie dar 
als ernjte Jungfranen, Klotho mit der Spindel, 
Lachefis mit einem Globus, an dem fie die Ge— 


ſchicke bezeichnet, oder mit einer Schriftrolle des 


Dieje beftimmen dem | unteren 


geiprochenen Götterwillen, ein feſtbeſtimmtes Ge: 
Ihid (fari, Hesparor), teils ein undermeidliches, 
unwiberrufliches Verhängnis, teil3 das qute, wie 
ſchlimme Lebenslos und das Yebensziel, den Tod. 
Im Plural bezeichnen Fata teils die Einzeljchid: 
jale des Menjchen, teils find fie gleich den Barcen 
die Schidjalsgottheiten, weldye die Lebensloſe der 
Menichen bei ihrer Geburt niederjchreiben; Dies 
find die Fata seribunda, welche nach der Ge— 
burt eines Kindes am letzten Tage der eriten 
Bode angerufen wurden. 

Moiro, Moıeo (nicht Mveew), griechiſche Dich- 
terin aus Byzanz, Mutter des alerandrinijchen 
Tragifers Homeros, Frau des Philologen Andro: 
machos, um 312 v. C. Es werden ihr epijche, 
elegiiche und Iyriiche Dichtungen beigelegt; 2 Epi: 
gramme von ihr find in der griechiichen Antholo— 
gie enthalten. 

Mola, ipätlat. molina, uvAn, allgemeiner Aus: 
druck für die Einrichtung zum Mahlen. M. ma- 
nualis oder trusatilis (zeugounin) ift eine Hand— 
mühle, welche aus einem oberen und aus einem 





Zeile zujammengejeßt war. Der obere 
‚Stein, örog oder 6. difrrs, catillus, in Form 
| einer Sanduhr oder eines Doppeltrichters, wurde 
‚über den unteren fegelförmigen (uvin, meta) ge: 
‚legt, ruhte auf einem an der Spige ‚des unteren 
‚ Steines befejtigten eifernen Zapfen und zermalmte 
| das Getreide, welches in den Durch die obere Hälfte 
des catillus gebildeten Rumpf geichüttet wurde 
und allmählich durch 4 Löcher, die in den Boden 
desjelben gebohrt waren, auf den feitjtchenden 
unteren Segel fiel, dort durch die Drehung des 
catiilus zermalmt wurde und jchliehlich in eine 
an der Bajis zu dieſem Zweck angebrachte Ver: 
tiefung fiel. Durch die in Pompeji gefundenen 
Mühlen find wir über die oben beichriebene Ein- 
rihtung genau unterrichtet. Die Stange zum 


. 


Molionen, Molioniden — Montani. 187 
Drehen hieß aan, mobile, welche nicht bloß von | Jagdhunde zu nennen. Hor. sat. 2, 6, 114. Vera. 
Sklaven, jondern auc von Ejeln und Pferden in, 7.3, 405. 

Bewegung gejeßt wurde, bei der Mola asinaria| Molykreia, MoAvxosıe, Molvxgia, Molv- 
oder jumentaria oder machinaria. — Seit der | zgeıor, Stadt in Aitolien am Eingange des Kto: 
Kaiferzeit kommen aud) Wafjermühlen vor, vöge- | rinthiichen Meerbuſens, ſüdweſtlich von Naupaftos, 
mit einem Hafen und Heiligtum des Poſeidon. 
‚Die Korinther hatten die Stadt nad) der Hera: 
‚ Hidenwanderung gegründet (Thuc. 3, 102); vor 
dem peloponneftichen Kriege nahmen fie die Athe- 
ner, jpäter die Mitolier in Beſitz. Das nahe Vor- 
gebirge Arriggior hat von ihr den Namen Pior 
' Molvxgınor oder Molvzgıov. 

ı Momos, Möuos, WBerjonififation der Tadel: 
ſucht, ein Sohn der Nacht. Hesiod. theog. 214. 
| Jueian. Hermot. 20. Er zerplaßte vor Ärger, 
weil er an Aphrodite nichts a fand. 

| Mona, Möve, nad) einigen die j. Infel Man 
N ge Großbritannien und Irland, nach andern 
die Inſel Anglejea. Am wahrjcheinlichiten iſt 
| c8, daß beide Inſeln diefen Namen führten; bei 
Cäſar (b. y. 5, 13) ift wohl die erftere, bei Tacitus 
l£raı, üöpouvio:, molae aquariae. — Wind: | (Agr. 14. 15. 18, jowie ann. 15, 29) entichieden 
mühlen und Sciffmühlen jind Erfindungen des | die zweite gemeint, welde eine tapfere Bevölle— 
Mittelalters. ı rung hatte und durch die auf ihr üblichen Menſchen— 








Molionen, Molioniden, MoAloves, Moltori | 
dar, Eurytos und Kteatos, Zwillingsjöhne des | 
Aktor (daher Altorionen, Altoriden), oder des 
Bojeidon und der Molione, Neffen des Epeier: | 
königs Augeias. Als Knaben nahmen fie teil an | 
einem Zuge der Epeier (in Elis) gegen Pylos. 
Hom. Il. 11, 709. 750. Über ihren Kampf mit 
SHeraffes und ihren Tod j. Herakles, 8. Ahr 
Grab war zu Kleonai in Argolis. Bei den Leichen: 
ſpielen des Amarynkeus befiegten fie den Nejtor 
im Wagenrennen. Hom. Il. 23, 638. Kteatos 
war Vater des Amphimachos, Eurytos Vater des 
Thalpios, der beiden Führer der Epeier vor 
Troja. Hom. Il. 2, 620. Bei Heſiod und Spä— 
teren ericheint das Brüderpaar zujammengewachien 
(dipveis). 

Molo j. Apnllonios, 5. . 

Molos j. Idomeneus und Meriones. 


Molossi, AMolocso!, -rroi, Bolf hellenifchen 
Stammes, das der Sage nad) von Pyrrhos, dem | 
Sohne des Achilleus, aus Thefialien nach Epeiros 
geführt, nach deſſen Sohn Molofjos benannt wurde 
und dort die Gegend von Dodona nördlich vom 
Ambratijchen Meerbujen einnahm. Plut. Pyrrh. 1. 
‚Just. 17,3. Liv. 8, 24. 45, 26. Die Molofier 
festen fich bald in den Beſitz des dodonaiischen 
Orakels und wurden das mächtigjte Volk des 
Landes (Hat. 6, 127); ein anderer Haufen hatte 
fih den nad Aſien auswandernden Yoniern an: | 

eichlofien (Hdt. 1, 146). Obwohl man die Ab— 

ammung der Moloſſer griechijcherjeits gelten lieh, 
jo jah man fie ihrer vielfältigen Vermiſchung mit 
barbariichen Völterjchaften wegen doch für halbe 
Barbaren an. Thuc. 2, 80, Die Könige aus dem 
Stamme der Aiakiden nannten ſich bald Könige 
von Epeiros und wurden jehr mächtig, ihre Haupt— 
ftadt war Bafjaron. Plut. Pyrrh.5. Liv. 45, 26. 
Nach dem peloponnefiichen Kriege eroberten jie 
Ambratia und machten diejes zur Hanptitadt. Nach 
dem Tode Pyrrhos' II. 192 v. E., zerfiel das 
Reich und wurde eine leichte Beute der Mafedo- 
nier und dann der Römer. Unter den Erzeug- 
nifjen des Landes jind bejonders die molojfiichen 





opfer, jowie als Hauptfiß der Druiden berühmt 
und berüchtigt war. 

Monaeses, von Horaz (od. 3, 6, 9) neben 
Pacorns als Befieger eines römischen Heeres ge: 
naunt, ſonſt nicht befannt, ift vielleicht identiſch 
mit dem Feldherrn Surenas, der im %. 53 v. €. 
den P. Craſſus befiegte und dann verräteriich 
töten ließ. Mut. Orass. 21 ff. 

Monarchie j. Staatsformen, 27. 

Monöta, 1) Beiname der Juno als der Vor: 
jteherin der Münze, welche fich in ihrem Tempel 
auf dem Gapitol befand. Zäv. 6, 20. 7,28. Or. 
/ast. 6, 183. Die Nömer leiteten den Namen von 
monere ab und erklärten fie für die Göttin, welche 
ihnen qute Ratjchläge gegeben hätte. Bei einem 
Erdbeben habe man aus dem oben erwähnten Tem: 
pel die Mahnung gehört, die Römer jollten der 
Juno ein trähtiges Schwein opfern (Cie. div. 
1, 45. 2, 32), oder im Kriege gegen Byrrhos habe 
uno bei Geldmangel auf Berragen geantwortet, 
fie jollten die Waffen mit Gerechtigkeit führen, 
jo werde ihnen das Geld nicht fehlen. Hieraus 
wird es erflärlich, warum die Münze, welche von 
Juno den Namen moneta erhielt, in ihren Tem— 
pel verlegt wurde. — 2) Mutter der Mujen, gleich 
Movrjun, Mvnuoovrn. ’ 

Monöta falsa.. Das Miünzfälichen war erit 
nah Einführung der Silbermünzen möglid und 
wurde von Sulla mit aquae et ignis interdietio 
bedroht, j. Falsum. Die Kaijer verhängten Todes- 
itrafe und Konfisfation über den Falſchmünzer. 

Monile, öguos, urodsgis, der Halsichmud der 
rauen (während der der Männer torques hieß); 
von den verichiedenften Geftalten, bald mit Per: 
fen, bald mit Edelfteinen bejebt, meijt übertommen 
von den Bölfern des Orients. — Bei Dichtern 
heißt auch der Halsichmud der Sinaben und der 
Pferde ebenio. 

Movoxirav, bei Homer (Od. 14, 488) oloyi- 
zo», ift der, welcher über dem Unterkleide oder 
Hemde fein Obergewand (meeıßoluıor) trägt. 

Monnumentum Ancyrännm j. Ancyra. 

Mons j. Montani. 

Montäni find die Bewohner der montes Roms. 


60* 


188 Mopsopia — Mosa 


Mons bezeichnete urjprünglich einen Stadtdiftrift, | lich — an die Dftfüfte. Die Gegend lieferte einen 
der zumächft nach einem Berne benannt war, aber | guten Wein. Strab. 6, 257. 
auch in der Ebene liegen konnte; dieje Einteilung | Morgetes, Mögynres, alte unteritaliiche Bölfer- 
Roms ging der in die tribus urbanae vorauf. |jchaft, in der Gegend von Rhegion, welche, von 
Es gab 7 Montes, zujammen Septimontium ge: | den Önotrern vertrieben, nadı Sicilien auswan— 
naunt: Germalus, Velia, Palatium, alle 3 fpäter | derte und Morgantion (j. d.) gegründet haben 
Palatinus M. genannt, Fagutal, Cispius, Oppius | joll; nad) andern ein Volt önotriſchen Stammes. 
($päter Esquilinus) und Subura, das zwijchen | Strab. 6, 257. 
Esquilinus und Palatinus liegende Thal. Dane: | Morini, Mogıvor, belgiſches Volk in Gallien, 
ben bildeten pagi das ftädtiihe Yandgebiet der | weitlich neben den Nerviern und Menapiern, zwi: 
Urzeit. Die Monianatie. Paganalia und das | jchen Schelde und Lys in der nördlichen Picardie. 
gemeinjame Septimontium waren die feierlichen | Das Land diejes tapfern und mächtigen Bolfes 
seite. In jpäterer Seit erhielten fi) wohl noch war mit Waldungen und Sümpfen bededt. Cäſar 
die Namen, doch nicht in ihrer alten Bedeutung. | befiegte jie nach langem, erbittertem Widerjtande 
Mopsopia, Moyorie«, nach Strabon (9, 397.443) | und untergab fie den Atrebaten. Caes. b. d. 3, 28. 
alter Name Attifad nad; einem Könige Mopſopos. 4, 76. 6, 5. Die bedeutendfte Stadt war Taru— 
Mopsos, Möyos, 1) Lapithe aus Dichalia oder |enna, j. Therouanne. Bon dem Gebiete der 
Titaron, Sohn des Ampyr oder Ampyfos und | Moriner aus war die Überfahrt nach Britannien 
der Nymphe EChloris, auch als Seher Sohn des am jchmalften. Caes. b. g. 5, 2. 
Apollon, falydonischer Jäger, Teilnehmer am Kampf | Morio, ein verwachſener Zwerg, cretinartig 
auf der Hochzeit des Peirithoos und an der Fahrt | geftaltet und geiftig ganz verwahrloft. In den 
der Argonauten, deren Seher er war. Pind. pyth. | vornehmen Häuſern der Nömer waren joldye Kleine 
4, 190. Ov. met. 8, 316. 12, 456. Auf der Argo: | Scheufale gleihwie Hofnarren; | Nanus, 
nautenfahrt ſtarb er in Libyen an einem Schlangen: | Morios, Mogıos, oder Molos, Mölos, ein 
biß und erhielt dajelbit Hervendienft und Orakel. | Meiner ſüdlicher Nebenfluß des boiotiſchen Kephi— 
— 2) Sohn der Manto und des Kreters Rhakios ſos, am Fuße des Berges Thurion bei Ehairo- 
oder des Mpollon, hatte in Kolophon und in neia entipringend. Plut. Sull. 17. 19. 
Mallos in Kilifien berühmte Orakel und Heroen-| Mormo und Mormolyke j. Empusa. 
dienft. Über feinen Wettjtreit mit Kalchas in Morpheus, Mooptös, Sohn und Diener des 
Kolophon j. Kalchas. Mallos hatte er mit | Schlafgottes, nebſt Eikelog (lcelus), Boßıjrwe 
Amphilochos, dem Sohn des Amphiaraos, gemein: | und Gavr«sos Bildner der Traumgeftalten. Or. 
ichaftlih nach der Rückkehr von Troja erbaut; in | met. 11, 633 ff. Er findet fich auf Reliefs und 
einen Zweitampf über den Beſitz aber töteten fie | gejchnittenen Steinen als geflügelter Greis dar- 
ſich gegenjeitig. geitellt. " 
Mopsuestia, Möyor Zari«, Stadt in Kilifia| Mors j. Thanatos. 
Pedias, in einer jchönen Ebene (ro ’AArjior mediov)| Morsimos, Möoctuos, Sohn des trag. Dich— 
zu beiden Geiten des Pyramosfluſſes gelegen, | ter3 Philofles aus Athen, Bruder des Melanthios 
Biichofsfig des nach ihr benannten gelehrten |(j. Melanthios, 2.), ein Arzt und Tragifer, den 
Kirchenvaters Theodoros (um 400 n. E.); 1. Miffis. | Ariftophanes wegen jeiner nüchternen Poejie und 
Cie. ad fam. 3, 8. Strab. 14, 676. jeines anftößigen Lebens ſcharf tadelt. Arist. par 
Mora, uöo«, |. Exercitus, 3. 797. ran. 151. equ. 403. Fragmente feiner Did: 
Morbus, 1) comitialis oder Epilepfie, unter: | tungen find nicht erhalten. 
brach die Comitien; — 2) sonticus, eine Krankheit Mortüum mare, vexgör miiayos, wörtog ve- 
der Parteien oder des Nichters, wegen welcher das | »eös, 1) dasör Nöliche Eismeer, auch Oceanus 
Gericht vertagt werden mußte. glacialis genannt (Jwv. 3, 1) und Mare pigrum 
Mores, wie consuetudo, das Gemwohnheits: | (Tac. Agr. 13. Germ. 45), 6 Pögsıog an. (Plut. 
recht, ius non scriptum (j. d.). Nach und nad | Cam. 15), nad) den an ihm wohnenden Völkern 
wurden einzelne Teile diejes Nechts zum ſchrift— auch das Hyperboreiſche Meer genannt. Barro 
lichen Geſetz erhoben, jo da das ius non serip- | ift der erſte Schriftfteller (r. r. 1, 2, 4), der die 
tum immer unbedeutender wurde. Natur desjelben ridytig befchreibt und die Kälte 
Morötum, 1) ein aus den verjchiedenartigften | als Grund der Umbefahrbarfeit angibt: Mare 
Beftandteilen gemijchtes, faltes, ändliches Gericht | congelatum. — 2) der Asphaltites Lacus, ſ. d. 
von ſüßem, würzigem Gejchmade. — 2) ein dem) Morjchos, Mögvyos, aus Athen, ein ſchlechter 
Vergil beigelegtes Meines Gedicht von 123 Hera= | Tragifer zur Zeit des Nriftophanes, von den 
metern, wenn nicht von Vergil jelbft, jo doch aus | Komikern teil wegen feiner mittelmäßigen Dra- 
jeiner Zeit herrührend und wahricheinlidy nach | men, teils wegen feines üppigen Lebens bitter 
einem griech. Gedichte des Barthenios (j. Par- | mitgenommen. Arist. Acharn. 885. vesp. 502 u. ö. 
thenios, 2.) gearbeitet, „voll anjchaulidher De:| Mösa, Maoas, Möscas, j. Maas, franz. Meuie, 
tailmalerei und liebenswürdiger Laune, jowie in | Fluß im belgischen Gallien, der amı Mons Vose- 
meifterhafter Form“ (Teuffel). gus im Gebiet der Lingones entipringt ((aes. b. 
Morgantium, Mogydrriov, Mogyartirn, oder |; g. 4, 10. 15), die Arduenna silva durdftrömt und 
Murgantia, eine bon den aus Italien vertriebenen |den Sabis (Sambre) aufnimmt. Caes. bg. 2,16. 27. 
Morgeten im Flußgebiet des Symaithos gegrün: Ein Arm desjelben vereint fich mit dem Vacalus 
dete Stadt im Innern Sieiliens, jüdöftlich von | oder Vahalis, einem Rheinarm; dieje Vereinigung 
Agyrion; jegt Nuinen Monte: Judica. Tue. |ift confluens Mosae et Rheni bei Cäjar (db. «a. 
4,65. Liv. 26,21. Cie. Verr.3, 18. Livius(24,27)|4, 15). Ein anderer Arm hat eine eigene große 
läßt dort eine römijche Flotte von 100 Schiffen | Mündung (Tac. ann. 2, 6). Unrichtig macht Cäſar 
jtationiert jein und rüdt fie dadurdy — irrtüm—⸗ |(b. g. 6, 33) auch den Scaldis (Schelde) zu einem 





Moschi — Mucii. 7189 


Nebenfluß der Moja, vielleicht durch Verwechslung 
mit dem Sabis, 

Moschi, Möoyoı, Bolt in den mittleren Partien 
des jüdlichen Kaufajos, die eben deshalb r& Mo- 
oyır«& ögn, Moschicus mons heißen, an ben 
Duellen des Phafis und des Kyros; als Musti 
ſchon im 12. Yahrh. v. E. in den afiyriichen An: | 
ichriften erwähnt, befannt durch Erzausfuhr und 
Stlavenhandel. Mdt. 3, 94. 7, 78. Strab, 1, 61.| 
11, 492. 497. Plut. Pomp. 34. Plin. 5, 27, 27. 

Moschion, Moszior, 1) ein Tragiter in Athen, 
etwas jünger als Euripides, als üppig und finn: 
li von den Komikern mitgenommen. Nur ein: 
e- Verje (am beiten bei Naud, trag. Graec. 
ragm. p. 812 ff. der 2. Aufl.) find von ihm übrig; 
fie zeichnen fich durch Glätte des Nusdruds und 
Sorgfalt des Bersbaues aus. Er jcheint in Sprache 
und Stil den Euripides nachgeahmt zu haben. — 
2) ein Arzt aus unbejtimmter Zeit, deſſen Galenos 
öfter gedenkt, ſchrieb weel rar yuaaınclor nadür. 
— 3) ein Bildhauer in Athen, welcher mit feinen 
Brüdern Adamas und Dionyſodoros eine Afis- 
ftatue verfertigte, wahrjcheinlich zur Zeit der Ein: 
nahme von Korinth. Die Bafis derjelben hat fich 
erhalten. 

Moschos j. Theokritos. 

Mosella, auch Mosula, j. Mojel, franzöfiich 
Mofelle, Nebenflug des Rhenus im belgischen 
Gallien, der vom Voſegus herab das Gebiet der 
Trevirer durchflieht, reizende Ufer hat, jehr fiſch— 
reih ift und bei Confluentes (Koblenz) in den 
Hauptitrom fällt. Aufonius (ſ. d.) hat die Mo- 
sella in einem eigenen Gedichte gefeiert; vgl. auch 
Tae. ann. 13, 53. 

Mosychlos j. Lemnos. 

_ Mosynoeei, Moovvorxo:, Vöolkerſchaft an der 
Küfte von Bontos, öftlich von den Tibarenern und 
Ehalybern, angeblich nad) ihren mehrjtodigen höl— 
zernen Häufern oder Türmen (usovres) benannt. 
Ihre rohen Sitten im häuslichen und öffentlichen 
Leben, ihre Bewaffnung und Kampfesweiſe be- 
ichreiben Hdt. 3, 94. 7, 78. Xen. An. 5, 4, 2. 
11 ff. 5, 1. Strab. 12, 549. 

Mosaxses, Mö®wrveg j. Helotes. 

Mothöne j. Methone, 1. 

Motya, Morvn, alte, früher jehr bedeutende 
Stadt an der Nordweſtküſte Siciliend auf einer 
fleinen, 6 Stadien von der Küfte entfernten Inſel 
(j. Iſola San PBantaleo), dur eine Brüde mit 
dent Feftlande verbunden. Phoinifer hatten fie 
nah Thufydides (6, 2) im Gebiete der Elymer 
gegründet. Den Karthagern wurde M. von Dio- 
nyſios entrifien (397 v. E.); Himilko eroberte fie 
ipäter wieder, verpflanzte aber die Bewohner nad) 
Lilybaion, worauf M. aus der Geichichte ver: 
jchwindet. Diod. Sie. 13, 54. 14, 48. 52. 22, 14, 

Mueiänus j. Lieinii, 19. 

Mueii, plebejiihen Urfprungs, ein altes und 
berühmtes Gejchlecht, welches jeiner VBaterjtadt Nom 
viele ausgezeichnete Yuriften gab: 1) E. Muc. 
Cordus, ein römijcher Jüngling, begab ſich mit 
Einwilligung des Senats während des Strieges 
mit dem Könige Borjena in das feindliche Lager, 
um durch die Ermordung des Königs Rom zu 
befreien, 508 v. C. Hier Nach er, da gerade Zah— 
(ungstag war, den Schreiber des Borfena nieder, 





Tode bedroht, hielt er nach alter Erzählung jeine 
rechte Hand über ein mahejtchendes Kohlenbeden, 
um dem zürnenden Könige zu zeigen, wie wenig 
er den Tod fürchte, und lieh fie röjten, ohne einen 
Laut des Schmerzes auszuſtoßen. Dem ftaunenden 
Könige erzählte er, es hätten jih 300 Jünglinge 
zu feiner Ermordung verichworen, und ihn habe 
uerjt das Los getroffen. Poriena geriet in Angit, 
08 Frieden mit den Romern und zog ab. Seit: 
dem hieh jener Scävola, d. h. Linkhand. Liv. 
2,12f. Val. Mar. 3,3,1. — 2) P. Muc., im 
Jahre 485 v. C. Bolfstribun, joll feine Kollegen 
wegen Friedensſtörung lebendig verbrannt haben, 
wogegen nad) andern (Fest. p. 174, 22) 9 Kriegs— 
tribunen, welche im Kampfe gegen die Volſter 
gefallen waren (487 v. E.), und unter denen ein 
Mucius genannt wird, öffentlich verbrannt wur— 
den; oder der eine übriggebliebene Mucius ver: 
brannte jeine gefallenen Kollegen. Val. Max.6,3,2. 
— 3) DO. Muc. Scävola, befam im Jahre 215 
v. E. Sardinien als Provinz, Fonnte aber wegen 
Krankheit, die ihn befiel, fein Amt nicht weiter 
verwalten. Liv. 23, 24. 30. 34. 40. — Deffen 
Sohn, 4 P. Muc. Scävola, war im Fahre 
175 v. E. Konful und führte einen glüdlichen 
Krieg gegen die Yigurer, über die er triumphierte. 
Liv. 41, 19. — 5) Ein anderer, DO. Muc. Scä-: 
vola, war Konjul im Jahre 174 v. E. und diente 
im Jahre 171 als Kriegstribun unter Craſſus im 
Kampfe gegen Perjeus. Liv. 43, 2. 42, 49. — 
6) P. Muc. Scävola, Sohn von Nr. 4., Konjul 
im Jahre 133 v. E., als Ti. Gracchus Bolfs: 
tribun war, galt für einen Beförderer der Pläne 
desjelben (Plut. Ti. Gracch. 9), trat aber nad) 
des Gracchus Ermordung auf die Seite der Opti— 
maten. Cie. Plane. 36, 88. Den Scipionen war 
er nicht fehr gewogen, weshalb ihn der Gatiren: 
dichter Lucilins in feinen Gedichten anfeindete. 
Jur. 1, 154. Wahrſcheinlich nahm er dem Bon: 
tifer Marimus, während er jelbjt dies Amt be: 
fleidete, das Recht, die Reichsannalen, welche nur 
bis zu ihm gingen, zu führen. Cie. de or. 2, 12. 
Seine ausgezeichnete Kenntnis des römischen Rechts, 
verbunden mit großer NRedegabe, verichaffte ihm 
unter den Juriſten feiner Zeit eine bedeutende 
Stellung. Cie. de or. 1, 36, 166. 37, 170.2, 70, 285. 
Er jelbjt Tegte auf Rechtskenntniſſe für einen Bon: 
tifex Marimus enticheidenden Wert. Cie. leng. 
2,19. 21. Ws gejchidten Ball- und Brettipieler 
(duodecim seriptis) lernen wir ihn aus Cie. de 
or. 1, 50, 217 kennen. — 7) DO. Muc. Scävola, 
Sohn von Nr. 5., mit dem Beinamen Augur, 
verwaltete um 120 v. E. Ajien und wurde von dem 
von ihm veripotteten Albucius wegen Erprefjungen 
angellagt. Cie. Brut. 26, 102. fin. 1,3,9. Er ver: 
teidigte ſich ſelbſt und bewirkte feine Freiſprechung. 
Im Jahre 117 erhielt er das Konjulat. An den 
bürgerlichen Streitigkeiten nahm er feinen thätigen 
Anteil und zeigte ſich ungerechten Gewaltthätig: 
feiten, namentlich gegen E. Grackhus, abhold. Cie. 
de or. 2, 67. Er wünjchte Sicherung und Wort: 
dauer der beftehenden Verhältniſſe. Die er jeinen 
Mut dem Sulla gegenüber zeigte, indem er fich 
im Senate weigerte, Marius, den Netter Roms, 
für einen Feind des Vaterlandes zu erklären, jo 
zeigte er in fchwierigen Lagen des Staates treue, 


welchen er mit dem ihm perjönlich nicht befann: | unverbrüchliche Anhänglichfeit an denjelden. Dazu 
ten Könige verwechſelte. Ergriffen und mit dem war er gegen Ratsbedürftige mitteilend, ja auf— 


190 


opfernd und verjagte feinem, der zu ihm Fam, | 


jeine Hülfe. Cie. de or. 1, 45. Seine = 


Mugillanus 


Stenntnis des römischen Rechts wurde allgemein 
geihägt, und bedeutende jüngere Männer, be: 
jonders Cicero und Atticus, waren ſtolz darauf, 
jeine Schüler zu fein. Er war freund und 
Schwiegerſohn des Lälius, durch dejien Vermitte: 
lung er auch ins Augurnfollegium aufgenommen 
ward, und Schwiegervater des Nedners L. Lici: 
nius Craſſus. Cie. Lael. 1, 1. Plut. Mar. 35. 
— Der Sohn feines Betterd (Nr. 6), 8) D. 
Muc. Scävola, gewöhnlih Pontifer Mari: 
mus zubenannt, verwaltete die meiften Staats: 
ämter gemeinjchaftlid mit dem Redner Eraj: 
jus, ausgenommen das Tribunat und die Cenſur, 
um welches letztere Amt ſich grundiäglich Fein 
Mucius bewarb. Cie. Brut. 43, 161. Als ein 
Mann von ftreng rechtlichem und uneigennüßi: 
gem Charakter behandelte er als Statthalter 
Aſiens die wucherijchen und betrügeriichen Zoll: 
pächter mit großer Strenge, weshalb die Provin— 
zialen ihn hoch verehrten und Cicero in jeiner 
Verwaltung Ajiens ſich fpäter den Mue. zum 
Mufter nahın. Die erzürnten Zollpächter rächten 
jih, da Muc. ihnen zu hoc) ftand, dafür an jei: 
nem Freunde Nutilius, welcher mit ihm in Aſien 
gewejen war, und klagten ihn an. Vol. Cie. de or. 
1,58. ad Att. 6, 1,15. Brut. 30. Muc. vertei- 
digte den Angellagten, aber ohne günftigen Er- 
folg. Im Jahre 95 v. E. erhielt er das Kon— 
julat und gab mit jeinem Kollegen Craſſus die 
lex Lieinia Mucia de ceivibus redigundis (ſ. d.). 
Als diejer aber im folgenden Jahre das dies— 
jeitige Gallien als Provinz erhielt, vereitelte er 
ibm aus umerbittlicher Nechtichaffenheit den ge: 
wünjchten Triumph. Bald darauf war er Gegner 
des Erafjus in dem Erbichaftäftreit zwiſchen M'. 
Eurius und M. Coponius; er verteidigte für 
Eoponius den geichriebenen Buchitaben, während 
Erafius mit treiflichem Wie den Gurius auf 
Grund des gejunden Menjchenverftandes (des ne- 
quum et bonum) glüdlich vertrat. Cie. de or. 1, 57, 
243. Brut. 39, 145. 52, 195. Im Jahre 82 fiel er, 
nachdem jchon Fimbria einen vergeblichen Mord- 
verjuch gemacht hatte, durch Meuchelmord auf Be: 
fehl des jüngeren Marius. Cie. ad Att. 9, 15, 2. 
Er hinterlich nicht nur den Ruf eines höchſt recht: 
lichen und vaterlandsliebenden Mannes daſ. 8,3, 6), 
jondern aud) den eines ausgezeichneten Auriften, 
bei dem ſich gediegene Kenntnifje mit großem Red: 
nertalente paarten. Cic. de or. 1, 39. 53. Brut. 39. 
off. 1,32. Um ihn ſammelten fich zahlreihe Schü— 
ler, darunter Sulpicius und nad) dem Tode des 
Mucius Augur auch Cicero (vgl. Brut. 89, 306). 
Seine Schriften, welche viel fommentiert wurden, 
werden in den Pandekten oft erwähnt. Gell.4,1,20. 
— 9) Seine Tochter, Mucia Tertia, dritte Ge— 
mahlin des großen Pompejus, wurde, weil fie mit 
Eäjar Ehebruch getrieben hatte, während ihr Ge: 
mahl (62 v. E.) fih in Ajien befand, von ihm 
veritoßen. Plut. Pomp. 42. Später heiratete jie 
den Amilius Scaurus und vermittelte im Bürger: 
friege zwijchen Auguſtus und ihrem Sohne ©. 
Rompejus. App. b. ce. 5, 695. — 10) DO. Muc. 
Scävola, Sohn des Augur Mucius (7.), war 
bei D. Cicero, mit deſſen Bruder Marcus er in 
freundichaftlichemm Verkehr ftand, im Jahre 50 v. C. 
in Wien. Im Jahre 54 war er Bolkstribun. Cie. 


— Multa. 


ad Qu. fr. 1, 2,13. Wie jo viele feiner Familie, 
icheint auch er Pontifer gewejen zu fein; wenig— 
ftens befragte ihn Cicero (ad Att. 9, 9) wegen 
einer Staatsangelegenheit. Cic. ad fam. 4, 9. 

Mugillänus j. Papirii, II, D. 

Muleiber j. Vulcanus unter Hephaistos. 

Muliöbris, Beiname der Fortuna, welcher zum 
danfbaren Gebächtniife der Veturia und Bolumnia, 
die durch ihre Bitten Rom von der Belagerung 
durch Coriolan befreiten, ein Tempel gegründet 
worden jein ſoll an der Stelle, wo Coriolan fich 
hatte erweichen laſſen. Liv. 2, 40. Val. Mar. 
1,8,4. 5, 2,1. 

Mulios, MovJıos, 1) Eidam des Augeias, 
Gemahl der Agamede, von Neftor erlegt. Tom. Il. 
11, 739, — 2) 2 Troer, der eine von Patroflos, 
der andere von Adhilleus erlegt. Hom. Il. 16, 696. 
20, 472. — 3) Herold des Sreiers Amphinomos 
aus Dulichion. Hom. Od. 18, 423. 

Mullöus, ein roter Schuh, welchen die curu: 
liihen Magiftrate getragen zu haben jcheinen. 

"est. I 241. 
Mullus, eine gejchägte Fiſchart, Barbe, Not: 
bart. Die römijchen Gourmands bezahlten dafür 
ungeheure Summen. 

Mulsum, nämlich vinum, Weinmet, aus Mojt 
und Honig bereitet; doc nahm man auch Wein 
dazu. Man tranf das mulsum meift bei dem 
prandium und dem gustus, 

Multa (nicht muleta), urjprünglich eine in Vieh 
zu erlegende Buße, fpäter eine befondere Art von 
Geldſtrafe. Dieje wurde entweder von Magiitra: 
ten vermöge ihres imperium, bezw. ihrer potestas 
verhängt oder durch ein Geſetz vorgeichrieben oder 
von dem Volk in den Comitien angeordnet. Ge: 
wöhnlich traf die Strafe Ungehorjame oder Ge: 
jeßesübertreter. Das Recht, eine Mult aufzulegen, 
— die Könige, darauf die Konſuln. Die Will— 

ür, mit der dieſelben ſolche Bußen auferlegten, 
war wohl ein Hauptgrund des Verlangens nad 
eijchriebenen Gejepen. Darum famen in rajcher 
Folge 3 leges de multis zuftande, über deren 
Verhältnis zu einander die Quellen verjchiedene 
Angaben enthalten. Nach Rein ift folgende An: 
nahme das Wahrjcheinlichite: Die lex Aternia 
Tarpeia, 454 v. E., dehnte dieje Befugnis auch 
auf die andern Magijtrate ans. Die Höhe der 
Mult wurde dahin beitimmt, daß der Magiftrat 
zuerit ein Schaf als Strafe auferlegte, und daß 
derielbe bei fortdauerndem Ungehorjam die Strafe 
allmählidy bis auf 2 Schafe und 30 Rinder (su- 
prema multa) fteigern durfte. Unbelaunt ift der 
Inhalt der A bezüglihen lex Menenia 
Sestia, 452 v. C. Durch die lex Julia Pa- 
piria 430 v. E. konnte das Vieh in Geld ab- 
gelöft werden, das Schaf mit 10 Aſſes, das Rind 
mit 100 Afjes, wodurch willtürlihe Taration ab 
geichnitten war. — Bon dem Multrecht machten 
die Magiftrate oft Gebrauch, 3. B. die Cenſoren, 
Prätoren, Ädilen (meift polizeilich) und vorzüglich 
die Vollstribunen, welche immer weiter um ſich 
griffen. Doc fonnten die mit einer die suprema 
multa überjchreitenden Mult Belegten an die 
Tribus provozieren, welche in einem ordentlichen 
GComitialgericht (muliae certalio) die Mult be: 
ftätigten oder nachließen (remittere). So 3. B. 
provozierten Feldherren, welche wegen jchlechter 
Kriegsführung oder wegen willtürlichen Regiments, 


Mulvius pons — Munatii. 791 
Bublicani, welche wegen Unterjchleifs Strafe be- | Yegat im achaitichen Kriege, zugleich mit ihm einer 
zahlen jollten, u. a. Auch die Municipalmagiftrate | der 10 Männer zu Ordnung der Provinz Achaia, 
und Provinzialftatthalter legten Multen auf. Won | jchilderte in jcherzhaften Berjen feine dortigen Er: 
gefeßlich vorgeichriebenen Multen ift zu erwähnen | lebniffe und wurde jo der Erfinder der poetijchen 
die der lex Licinia Sestia, wenn jemand mehr | Epiftel. Cie. ad Att. 13, 6, 4. Den jüngeren 
Land beſaß, als das Geſetz erlaubte (ſ. Agér Seipio, mit dem er jehr befreundet war, begleitete 
publicus), die der lex Duilin Maenia gegen |er im Jahre 132 nach Aſien. Klüger als fein 
Wucherer (j. Fenns) u. j. w. Bei diejen legalen | Bruder, war er aud) gebildeter. 

Multen trat ein Magiftratus als Ankläger gegen) Munatfi, ein erft in den legten Jahrhunderten 
die Übertreter auf (petere multam) oder auch ein | der Nepublif befannt gewordenes Geſchlecht pie: 
Privatmann. Am erfteren Fall entichied das Volk, bejiichen Standes, zu welchen folgende Mitglieder 
in dem zweiten der Prätor oder Recuperatoren. | gehören: 1) Legat des Sulla, befiegte im Jahre 
Wenn das Gericht die Mult beftätigte, jo erfolgte | 56 v. C Neoptolemos, einen Feldherrn des Mi: 
die Realerefution (durch Pfändung oder bonorum | thridates. App. Mithr. 34. Ein anderer Mun. 
venditio) oder auch Perjonalerefution. Die Mult- wurde von Gatilina bei deſſen Abgang zum Heere 
gelder wurden urjprünglich zu religiöjen Zwecken in der Stadt zurücdgelaffen; er war jehr unbedeu— 
verwendet, für Götterbilder, Weihgeichente, Feier |tend. Cie, Cat.2,2,4. — 2) 2. Mun. Plancus, 





von Spielen u. ſ. w.; jpäter flojjen fie in das | 
Ararium und zulegt in den FFriifus. 

Mulvius pons j. Roma, 11. 

Mulns, mula, Nuloros, Maulejel, Maultier, 
jehr beliebt bei den Alten wegen großer Arbeits: 
fraft (Hom. Il. 23, 654. 17, 742), bejonders zum 
Biehen, Zaftentragen und Weiten. Seit der den. 
zigften Olympiade fanden zu Olympia Wettrennen 
mit Manlejeln ftatt, doch nur für kurze Zeit, da 
fie feinen angenehmen Anblid gewährten, zu Rom 
desgleichen an den Gonfnalien. Wenngleih in 
manchen Stellen der Alten die Dummheit diejer 
Tiere erwähnt wird (3. 8. Plaut. Cistell. 4, 2, 12: 
mulo inscitior), jo waren fie doch in Italien 
und Griechenland keineswegs jo verachtet wie bei 
ung jeßt. 

Mumie |. Sarkophag. 

Mummisi, ein plebejifches Gejchlecht: 1) Q. und 
e. Mummii, Volkstribunen im Jahre 187 v. E,, 
twiderjtrebten anfangs vem älteren Gato, als dieſer 
die Familie der Scipionen mit feinem Haſſe ver- 
folgte. Zir. 38, 54. Lucius war jpäter Prätor 
auf Sardinien (177), wurde aber bald durch einen 
friegstüchtigeren Mann erjeßt. Liv. 41,8. — 2). 
Mumm., der Eroberer Klorinths, ein Mann von 
großer Gutmütigkeit, VBedächtigfeit und Redlichkeit, 
aber roh und ungebildet, der denjenigen, welche 
mit dem Transport der in Achaia erbeuteten Kunſt— 
jachen beauftragt waren, drohte, fie hätten fie 
wieder anfertigen zu laffen, wenn fie diejelben be: 
jchädigten. Nell. Pat. 1,13,4. Im Jahre 146 v. C. 
wurde er nämlich als Konjul nach Achaia gejandt, 
wo fein Vorgänger Metellus den Krieg faſt ſchon 
beendigt hatte. M., jelbit fein großer Kriegsheld, 
fiegte über die Achaier durch die Unfähigkeit ihres 
Treldherrn Diaios auf dem Iſthmos, rüdte vor 
Korinth, zug aber erft nach einigem Zögern in 
die offenen Thore der von ihren Berwohnern zum 
Zeil verlafjenen Stadt ein, ließ rauben und plün- 
dern, viele der zurüdgebliebenen Einwohner töten, 
andere in die Knechtſchaft verfaufen und die Stadt, 
die jchönfte Griechenlands, zeritören. Dafür erhielt 
er jpäter einen Triumph und den Beinamen 
Achaicus. Liv. ep. 52. Vell. Pat. 1, 13. Oros. 
5,3. Pol. 40,7. Paus. 7, 16. Flor. 2, 16. Am 
Jahre 142 wurde er Kollege des jüngeren Scipio 
in der Cenſur, konnte ſich aber, bei dem ganz ver: 
ſchiedenen Charalter beider und bei eigener Uns: 
behülflichkeit und Ungefügigfeit, nicht mit ihm ver: 
tragen. ie. off. 2, 22. Val. Max. 6, 4, 2. 


3) Sp. Mumm., des vorigen Bruder und fein | 


ein Anhänger und Bertrauter Cäſars, unter dem 
er ſchon 54 v. E. als Yegat in Gallien gedient 
hatte ((aes. b. 4. 5, 24), und dem er auch im 
Kriege gegen Pompejus treu blieb. Nach dem 
Tode feines Gönners zog er anfangs vor, den 
Parteien fern zu bleiben, wünſchte Berzeihung 
für die Mörder Cäfars, ſuchte dann gegen Eiceros 
Wunſch, mit dem er in ununterbrocenen Brief- 
wechjel ftand, eine Berftändigung zwiichen Brutus 
und den Triumvirn anzubahnen (Cie. ad fam. 
10,6) und lieh fich, durch Eiceros Yobjprüche und 
durch die Hoffnung, eine Rolle jpielen zu können, 
verlodt, für den Senat gewinnen. Mus feiner 
Provinz Gallien, welche ihm noch Cäſar anver: 
traut hatte, zog er gegen Mutina, blieb aber auf 
die Nachricht vom Entſatze der Stadt im füdlichen 
Gallien ftehen, troß der Aufforderungen Eiceros, 
den Antonius anzugreifen und zu vernichten. Cie. 
ad fam. 10, 13. Aber weder Ciceros Einwirkung, 
noch die Ermunterungen und Anerfennungen von 
jeiten des Senats vermochten ihn vorwärts zu 
bringen; feine Unentjchloffenheit, die Furcht vor 
der Unzuverläffigteit der mit jeinem Heere ver: 
einigten Soldaten des Lepidus (welche auch bald 
nachher mit Antonius fich vereinigten und vielleicht 
den llbertritt des Plancus vorbereiteten), feine noch 
nicht genug befriedigte Eitelkeit hielten ihn zurüd, 
und bald zeigte feine Vereinigung mit Antonius, 
welche Aſinius Pollio zuſtande gebradt hatte, 
den geringen Wert feines wirklichen Eifeıs für 
die Republik. Put. Ant. 18. App. b. c. 3, 97. 
Gr opferte jogar Gut und Leben eines feiner 
Brüder (Nr. 5.) auf und übernahm, wonach er jo 
lange getrachtet, zugleich mit Lepidus im Jahre 
42 das Konjulat. App. b. c. 4, 37. Vell. Pat. 
2,67. Nach dem perujiniichen Kriege flüchtete er 
aus Furcht vor der Rache Octavians nach Griechen: 
land, verwaltete (40) für Antonius Syrien, mo 
er ſich durch Habſucht und Erprefjungen verhaft 
machte und bei einem Einfall der Parther flüch— 
tete, und fand deshalb bei ihm in Alerandreia 
einen falten Empfang. Bor der Schlacht bei Ae— 
tium wechjelte er abermals die Farbe. Da Anto— 
nius ſich nicht entichließen konnte, Kleopatra fort: 
zuſchicken, jo verlieh Plancus ihn heimlich und 
machte mit Dctavian feinen Frieden. Plut. Ant. 58. 
Er war es, welder im 3. 27 für denjelben den 
Titel Auguſtus vorjhlug und nad jo vielfachen 
Wechiel in jeinen politischen Meinungen ihm fortan 
treu ergeben war. „Ihn leitete (jagt Drumann) 
nur die Nüdficht auf jeinen Borteil; er erregte 


192 


Erwartungen, welchen er nicht entſprach, und ent: 


deckte die Geheimniſſe feiner Freunde, damit ihr 


Gegner fie belohne. Uber jeinen Charalter j. 
Vell. Pat. 2, 83. So cdarafterlos er in jeinem 
politischen Yeben war, ebenjowenig ehrenmwert und 
ohne Mafel war fein Privatleben; er ftarb, wenig 
geachtet und jelbit von Beitgenofien verjpottet. 
Plin. 7, 10, 12. Cicero lobt an ihm jeine Neben 
und den Stil feiner Briefe (ad fam. 10, 3 und 16). 
Horaz hat an ihm die 7. Ode des 1. Buchs ge; 
richtet. — 3 2. Mun., ein Bompejaner, verjprad) 
im %. 45 dv. C. dem Gäjar zur Gewinnung der 
ſpaniſchen Stadt Mtegua behülflich zu jein. Caes. 
b. Hısp. 19. — NT. Mun. Plancus Burja, 
Bruder von Wr. 2., im Jahre 52 v. E. Bollstribun, 
war gegen Milo nach dem Tode des Clodius jehr 
thätig, weshalb er aud) Cicero, welcher jenen ver: 
teidigte, Davon abzuhalten inchte. Bompejus, in 
deilen Dienſten er jehr eifrig gewejen war, be: 
fümmerte jich nicht weiter um ihn, als er jeiner 
Dienfte nicht mehr bedurfte, und ließ die von 
Cicero gegen Blancus erhobene Anklage, ſowie 
die darauf folgende Verurteilung desjelben wegen 
der gegen Milo begangenen Unbilden geichehen. 
Cie. ad fam. 7, 2,2. Phil, 6, 4, 10. Käfar, dem 
er fich in die Arme warf, reititwierte ihn nachmals. 
Im Kriege um Mutina diente er unter Antonius. 
Cie. Phil. 10, 10, 22. 13, 2,2. — 5) En. Mun. 
PBlancus, jein Bruder, befam als defignierter 
Brätor von Cäſar den Auftrag, Die Angelegenheit 
der Buthrotier zu ordnen (44 v. E.), war Prätor im 
folgenden Jahre und focht jpäter unter feinem älte: 
ren Bruder (Nr. 2.) Yucins mit großem Eifer an 
der Spige der Neiterei, mußte aber Krankheit 
halber nach Nom zurüdichren. Cie. ad fam. 10,15 ff. 
—6) C Mun. Plancus durch Mdoption E. 
Plautius Plancus), Bruder der vorigen, fand zur 
Zeit der Projfriptionen des — auf der 
Flucht ſeinen Tod. Val. Mair. 6,8 — 7 T. 
Mun., ein von Cicero wegen — "prudentia 
et fides gerühmter Damm. Cie, ad fam.10, 12. — 
5) Munatia Blancina, Gemahlin des En. Piſo 
(. Calpurnii, 15.), joll um die angebliche Ver: 
aiftung des Germanicus (19 u. E.) gewußt haben. 
it einer Anklage bedroht, tötete fie ſich jelbit im 
Jahre 33. Tac. ann. 2, 71. 6,26. — 9) Wurm. 
Rufus, Freund des jüngeren Cato, mit dem er 
fih im Jahre 58 dv. E. entzweite, aber bald nad): 
her wieder ausjöhnte. Put. Cat, min. 36. 
Munda, 1) Stadt und römiſche Kolonie in 
Hispania Baetica, unfern von Eorduba, nicht das 
heutige Monda, jondern Montilla 35 km füdlich 
von Corduba, berühmt durch 2 Schlachten, den 
Sieg des En. Scipio über die Karthager, 214 v. C. 
(Lie. 24, 42), und den blutigen Kampf zwiſchen 
Cäſar und den Söhnen des En. Bompejus, 17. März 
45 vd. C. Caes. b. Hisp. 31. Strab. 3, 141. 160. 
— 2) Stadt der Geltiberer in Hispania Tarra- 
conensis, Liv. 40, 47. 3) Fluß in Lufitanien 
zwischen Tagus und Durius, ij. Mondego. 
Mundus j. Manes und Unterwelt. 


Municeps, der Bürger eines Municipiums (.d.). 
Eiymologiich ftammt das Wort von munin ce w- 
pere, d. h. Anteil nehmen an den Later. 

Munieiplum, einc von municipes bewohnte 
Stadt, eine Genoſſenſchaft von munieipes, 


 verjchieden waren. 


In 
J + 
der ältejten Zeit nannte man Munieipien diejenigen | 


Munda — Municipium. 


Städte, mweldje mit Rom durch das engjte Bundes: 
verhältnis verbunden waren, jo daß die Bewohner 
berielben, wenn fie nad) Rom zogen, dort conu- 
bium und commercium hatten, 3. B. Tujculum, 
Lanuvinm, Cumä, Formiä. Diejes Berhältnis 
hörte nach dem latiniſchen Kriege 338 v. C. auf, 
die Städte wurden durch die Kivität Rom ganz 
einverleibt, und der Name municipes bezeichnete 
nun römiiche Bürgergemeinden, deren Verhältniffe 
je nad der ihnen von Kom gegebenen Lage jehr 
Einige behielten ihr früheres 
Gemeinweſen (Eumä, Acerrä, Atella), andere wur: 
den desjelben beraubt (Cäre, Anagnia, Capua 
u. a.), einige hatten volles Bürgerredit (cum xuf- 
tragio), 3. B. Yanuvium, Aria, Nomentum, 
Bedum, Zujeulun u. a., audere ermangelten bes: 
jelben (sine suffragio), befamen aber auch im Ber: 


lauf der Zeit das Stimmrecht in Rom. Die 
Städte, deren Gemeinweien (Magiftrate, Senat 


u. j. w.) bewahrt wurde, durften ihr altes Lokal— 
recht beibehalten und fich Geſetze geben, iniofern 
fie nicht gegen die römischen Geſetze veritichen. 
Die Municipia aber, deren ftädbtiicher Verband 
aufgelöft war, wurden vollitändig römiſche Unter⸗ 
thanen und ſtanden nicht unter eigenen, ſondern 
unter römijchen Magiftraten {j. Praefectura). 
Sie verödeten ganz, und die Einwohner zogen 
auch eg ganz nad) Rom. Die mun. cum suf- 
fragio (fie mochten ein eigenes Gemeinmwejen be: 
halten haben oder nicht) hatten die Rechte der 
römijchen Bürger vollitändig. Sie gehörten zu 
einer Tribus, wurden in Rom cenjiert, dienten ın 
den römischen Legionen, genofien Stumm: und 
Ehrenrechte, jatralrechtlich aber bewahrten fie den 
alten Nationalfultus und ihre eigenen Prieſter— 
tiimer. — Durch die lex Julia, 90 v. E., wurden 
alle Städte Italiens (namentli die coloniae 
Latinae und die oppida foederata) zu Munici— 
pien mit vollem Bürgerrecht erhoben, und muni— 
ceipium im engeren Sinne heißt nun jede römtjche 
Landſtadt. Uneigentlich wurden jogar die frühe: 
ren römischen Kolonien jo genannt. Durd das 
juliſche Geieß verloren die Städte aber aud) die 
bisherige Unabbängigfeit, und um einige Einheit 
in die Organijation zu bringen, wurden beion: 
dere leges munieipales gegeben, namentlich die 
lex Julia munieipalis. Allenthalben zerfielen die 
Municipalbürger in 3 Klaſſen: decuriones (i. d. 
und Senatus municipalis), Augustales (die 
Stelle der römiſchen Ritter vertretend) und plebs 
oder populus. Sie wählten ihre eigenen Magi— 
ftrate, hatten Senate und Comitien, deren Befug— 
niffe freilich immer mehr auf die Senate über: 
gingen, und ihr eigenes aerarium, dem ein Quäſtor 
oder Ararius voritand. Der Erfolg zeigte die 
Trefflichfeit der römischen Ktommunalveriaffung, 
die Städte bildeten den wahren Kern des Reichs, 
und die quten Kaiſer thaten alles für eine freie 
und friiche Entwidelung der Municipien. Es er: 
hoben fich prachtvolle Bauten, und die Steuern 
waren jehr mäßig. Nad und nach wurde dieſes 
Verhältnis auch auf die Provinzen ausgedehnt, 
und viele Städte zu Municipien erhoben, nament: 
lih in den Weftprovinzen, bis Garacalla alle 
Städte des ganzen Reichs zu Municipien machte. 
Seitdem beginnt das Sinfen der Städte, der Wohl- 
ſtand erloich durch den Deipotismus und die Pracht: 
liebe der Ntaijer, bis das ganze Gemeinweſen in 


Munius — Münzen und Gewichte. 


Berarmung, Gleichgültigkeit und Zerrüttung verfiel. 
Bol. Höd, Röm. Geſch. I, 2 ©. 148 ff. 234 ff. 
Munfus (andere nennen ihn fäljchlich Mum— 
minus) YUupercus, diente 69 n. E. als Legat im 
Kriege gegen die Bataver unter Claudius Civilis, 
der ihn in einem Treffen befiegte, dann einſchloß 


und zur Ergebung nötigte, worauf Munius auf 


dem Wege zur Seherin Belleda, an welche Eivilis 
ihn al3 Gejchent jandte, getötet wurde, 70. Trac. 
hist. 4, 18. 22. 61. 

Munus j. Magistratus und Ludi. 

Munychia, 1) 7 Movrvyia, richtiger Movrıyia, 
j. Attika, 15. — 2) 1 Movrügie, richtiger 
Movrigıe, Feſt der Artemis Munichia, einer 
Mondgöttin (Hefate), zu Athen am 16. Munichion 
gefeiert. Die Bedeutung der Göttin als einer 
Mondgöttin wurde ſymboliſch durch Opferkuchen 
ausgedrüdt, die, mit Lichtern beftedt, Namen und 
Geſtalt des Bollmondes hatten (Augpıparress). Man 
feierte an diefem Feſte zugleich den Sieg bei Sa— 
lamis, weil die Göttin an dieſem Tage den Grie: 
chen mit ihrem vollen Lichte geleuchtet hatte. Val. 
Mommien, Heortologie ©. 410. 

Munychos, Movuvvyos, 1) Sohn des Bantafles, 
nad dem der Hügel Munychia (j. Attika, 15.) 
benannt fein jollte, Anführer der durd die Thrafer 
aus Orchomenos vertriebenen, nad dem Peiraieus 
gewanderten Minvyer. Oder er war ein einheimis 
ſcher attiſcher König (wahrjcheinlich gleich Nr. 2.), 
der den Minyern jene Stätte einräumte. — 2) Sohn 
des Thejeiden Akamas und der Priamostochter 
Laodike, von Aithra, des Thejeus Mutter in Troja 
erzogen, vgl. Laodike, 2. — 3) Sohn des 
Dryas, König der Moloffer, Gemahl der Lelante, 
ein frommer Scher, wurde, als er von Räubern 
mit jeinen Kindern in einem Kaſtell belagert 
— mit dieſen im Vögel verwandelt. Ant. 

ib. 14 


Münzen und &ewichte, I) griehiiche. Das 
Verhältnis der gangbarften Münzen und Wert: 
beitimmungen, bejonders der atheniſchen, zu un: 
jerent jeßigen Gelde ift, abgejehen von der größeren 
Wohffeilheit und dem höheren Zinsfuße, wodurd 
der wirkliche Wert einer Summe bei den Griechen 
bei weitem größer war als bei uns, nach den 
Unterjuhungen von Boeckh, Hultich und Mommſen 
im wejentlichen folgendes. Die gangbarfte Wert: 
bejtimmung, nach dem Gewichte, war das Talent. 
Das attitthe Talent betrug, wenn man, ab: 
aejehen von dem Kupferzujaß in unferen Münzen, 
Silberwert mit Silberwert vergleicht, 4715 .# 255; 
auf das Talent gingen 60 Minen (die Mine alio 
— 78H 60 5), auf die Mine 100 Drachmen, 
alijo die Drachme — 79 3%, auf die Dradme 
6 Obolen, aljo der Obolos = 13 3. Der Obolos 
enthielt 8 EChalfüs, der Chalfüs 7 Lepta. Bis zu 
’/, Obolos prägte man jpäter in der Negel das 





Tetradradimon von Athen. 


193 


| Gelb in Silber, das Dichalkon (alſo Y, Obolos) 
wurde in Silber oder Kupfer geprägt, geringere 
| Münzen nur in Kupfer, während in älterer Zeit 
alles Kleingeld, jelbjt '/, und "/,, Obolos, in 
Silber ausgeprägt worden war. Unter den größe: 








Tetradrachmon Mleranders des Or. 


ren Silbermüngen war das attijche Tetradrachmon 
oder der attiſche Stater (ungefähr 3 4) die ge: 
wöhnlichite, während man nad) Drachmen rechnete. 
Unter den Goldmünzen iſt befonders der Gold: 
ftater zu erwähnen, der zuerft von Kroiſos ge: 
prägt wurde. Dieje Iydiichen Sta: 
teren, wie die perſiſchen Dareifen 
(e3 gab aud) Silberdareifen, = '/,, 
de3 Golddareifos) von Darcios zu: 
erit geprägt, gingen vielfach in den 
griechiſchen Berfehr über. Ihr Ge— 
wicht betrug 2 Drachmen, und man 
rechnet den alten Kurswert etwa zu 
17 4, nad) dem heutigen Wert zu 
24 4. In Athen, wo au Goldmünzen geprägt 
wurden, hatten jie denjelben Wert. Außerden zu 
nennen find die phofaiichen Goldmünzen (es kom: 
men Doppelſta— 
teren dor), bie 
lampſakeniſchen 
und die kyzikeni— 
ſchen. Das ge— 
wöhnliche Ver: 
hältnis des Gol— 
de3 zum Cilber 
war 11'/,:1; doc 
fteigerten jich die 
Soldpreije bisweilen. — Bor Solon war das Gold 
ichwerer, jo daf 100 neue Drachmen = 72-—- 73 alten 
jind, die neue Mine verhält ſich alſo zu der alten 
wie 100:137. Das Handelsgewicht blieb auch jpäter 
größer als das Geldgewicht. — Noch zu erwäh: 
nen ift das aiginetijhe Talent, welches ſich 
zum attifchen verhielt wie 5:3 (zum attiichen 
Golde wie 25:18; die ſchwere aiginetische Drachme 
enthielt 10 Obolen); jodann das euboiiiche 
See dem vorjolonischen Soldtalent, jpäteren 





Verſiſcher 
Dareifos. 





Goldſtater 
Philipps IT. von Mafedonien. 


Handelstalent der Athener gleich, jo daß 100 eu: 
boiiſche Drachmen — 138”, jolonischen find. Bon 
Alerander dem Gr. auf jeine Neihsmünze über: 
tragen, hat es die aiginetiihe Währung ganz 
verdrängt und jeine weite Verbreitung über das 
Reich Aleranders gefunden. — II Römische, 
I) Kupfermünzen: As, von eig (ein Pfund, 
| weil das Geld uriprünglich gewogen wurde), doriich 
üg, aioliſch &g geiprochen, eine Einheit, die nad) 
‚dem Duodecimaliyiteme in 12 Teile (unciae) zer- 
legt ward. Dieſer As war ein römijches Pfund, 
libra, griechiſch Area, */, Bereinspfund ſchwer, 
as libralis, aes grave, ungeprägt (aes rude), bis 
König Servius Tullius Geld mit Bildnijjen von 





794 


Tieren (pecunia von pecus) ſchlagen Tief. Da 
das Effeltivgewicht des Libralaſſes nicht 12, fon: 
dern nur 10 Uneine betrug, ift der Wert auf 
47 4 anzuſetzen. Am Jahre 268 v. E. (wo aud) 
die Silberprägung zu Rom eingeführt wurde; Präg- 
ftätte im Tempel der Juno moneta) fand die 
Reduktion des Aſſes auf '/, (Trientalas) = 19 &, 
bald (217) auf ’/, (Sertantaras) ftatt = 9 3, fo 
dal; der Metall und Münzwert nahezu gleich 
waren, ungefähr 11 5. Als vom Jahre 194 au 
vom Staat das Silber als das alleinige Courant 
anerkannt wurde, ſank der Kupferfuß noch mehr, 
und zwar auf die Hälfte des uncialen Betrages, 
herab, und Ddiejer jemiunciale Fuß Wurde durd) 
das papirische Geſetz 89 definitiv feftgeftellt, fo 
daß die Geringfügigkeit der Münze ſprichwörtlich 
ward, wie unfer Heller (ad assem, bis auf den 
legten Seller, Hor.ep.2, 2, 27, und assis füacere, 
nicht einen Heller wert achten, Cutul“. 5,3). Diejes 
Verhältnis beftand noch in der Natjerzeit. Für 
die Einteilung des As in 12 unciae galten fol- 
gende Benennungen: uncia — '/,,, sextans — */,, 
= \,, quadrans = Y/, = "\\,‚ triens —¶ 4, = 
'/,, quincunx = °’/,, semis = ®,, ., se 
tunx = ., bes = % , = Y,, dodrans m ?/,, 
— %/, , dextans = 'Y, = °/,, deunx = '"/... 
Das Gepräge war in der republifanischen Zeit 
ein Schiffsichnabel (prora) auf der Rüdjeite; auf 
der Vorderjeite hatte der As das Haupt des Janns, 
der semis des Nupiter, der triens der Minerva, 
der quadrans des Hercules, der sextans des Mer: 
curins, die uncia der Noma. Eine entjprechende 
Bedentung gewannen diefe Teilbezeichnungen des 
As namentlich bei Erbichaften: heres ex asse, 
Univerjalerbe; heres ex dodrante, der °/,, heres 
ex besse, der */,, h. ex semisse, der die Hälfte, 
h. ex triente, der '/,, h. ex quadrante, der '/, 
der Erbichaft erhielt (j. das Teftament des Auguftus: 
Suet. Oct. 101). — 2) Eilbermüngen: Sester- 
tius, bisweilen auch vorzugsiveiie nur nummus 
genannt, die gangbarſte 
römische Silbermünze, 
welche bis zum ng 
217 27,3 oder '/, De: 
nar, jpäter aber 4 Aſſe 
galt. Das Wort ift aus 
semis tertius entjtan- 
den; die urjprüngliche Bezeichnung war LLS. d. h. 
libra libra semis, oder IIS., woraus zuleßt HS. 
entftand. Der Wert des Seſtertius = 17, (54) &, 
alſo der des Denars 70 3. Die älteren Sefter: 
tien zeigen ge: 
wöhnlich auf der 
einen Seite den 
Minervenkopf 
mit dem (Flügel: 
beim und da— 
neben das Zei: 
chen IIS., auf der 
andern die Dios- 
furen zu Pferde 
mit der Anjchrift KOMA. Wird ein Zahlwort mit 
sestertii (nom. plur.) verbunden, jo find jo viel 
Seftertien zu verftehen, als das Zahlwort bedeutet, 
3. B. centum sestertii — 100 Seftertien = 17 M 
54 3. Gteht sestertinum oder sestertia (nom. 
sine. und plur, neutr.), jo bezeichnet der Ein: 
gular 1000 Seſtertien, der Plural mit einem 





Seſtertius. 





Denarius des Julius Cälar. 


. Muraena — Musae. 


Zahlworte fo viel taufend Seftertien als das 
Zahlwort bejagt, 5. B. decem sestertia = decem 
milia sest. Cie. ad Att. 4, 5. ad Qu. fr. 2, 156. 
Sestertium mit einem Adverb. numerale bezeich: 
net jo vielmal 100 000 Eeftertien = 17511 MM, 
als das Adverb. angibt, 5. B. centies sestertium 
= centies centena milia sest. oder 10 000 000 
Seftertien = 1 751 100 #. Gteht über der mit 
Ziffern geichriebenen Seftertienfumme eine Linie, 
jo ift ebenfalls die Zahl centena milia unter HS. 
zu verftehen. Steht HS. oder sestertium nad 
dem Zahlworte, jo ift sestertium gen. plur. und 
bezeichnet jo viele sestertii als das Zahlwort 
angibt. 4 Seftertien bildeten einen Denarius, 
2 Seſtertien einen Oninar (Bictoriatus). 
3) Goldmünzen mwurden, nachdem Gold jchon 
lange in der Form von Barren cirkuliert hatte, 
zum erjtenmal 217 v. E. geprägt, und zwar Stüde 
von 20, 40 und 60 GSeftertien. Häufiger wurden 
Goldmünzen in den letzten Zeiten der Republif, 
jo namentlich Cäſars Aureus = ’/,, Boldpfund, 
= 100 Seiter: 
tien (auch aureus 


nummus und 
denarius aureus 
genannt), der 


unter den Kai— 
jern fortbeitand. 
Auguſt lieh auch 
einfache Stücke 
prägen (quaterniones); ſeltener waren halbe aurei. 
Das Gewicht des aureus ſank unter den jpäteren Kai: 
jern, unter Caracalla jogar auf ';, Pfund. — 
Bal. Boeckh, metrolog. Unterjuchungen (1838), 
Hultich, Metrologie (2. Bearb. 1882) und Momm: 
jen, Gejchichte des römiſchen Münzwejens (1860). 

Muraena, ein Fiſch, welcher von den Hömern 
als Ledterbiffen ſehr geichäßt und gut bezahlt wurde. 
Plin. 9, 55, 81. 

Muröna j. Licinii, E. 

Murex j. Purpura. 

Murja heißt teils Salzlafe ſchlechtweg, teils eine 
koſtbare, aus Seefiichen bereitete Sauce, verwandt 
dem garum (j. d.). Hor. sat. 1,4, 65f. 

Murrina vasa, fojtbare Gefäße aus murra 
oder murrha, einer Maſſe, die ſchon bei den Alten 
jehr beftritten war. Wahrjcheinlich muß man Fluß: 
jvat darunter verftehen, welcher weiß; und matt 
glänzend ift. Plin. 37, 2,7. Y’rop. 4, 5, 26. Wan 
bezahlte ungeheure Summen für ſolche Pokale, 
Schöpftellen u. j. w. Sie fommen wur als Luxus— 
artikel, nicht al8 Kunſtarbeiten in Betracht. 

Mus j. Decii, 1—3. 

Musa j. Antonii, 10. 

Musae, Moöo«ı, die Göttinnen des Gejanges, 
ipäter auch die Vorſteherinnen der verjchiedenen 
Dihtungsarten, der Künfte und Wiflenjchaften. 
Homer nennt bald Eine Muje, bald mehrere, doch 
ohne bejtimmte Zahl der Namen, nur (/d. 24, 60, 
an einer Stelle jüngeren Urjprungs fommt die 
Neunzahl vor. Hefiod zählt zuerft die d Muſen 
mit Namen auf (theog. 77): Kleio, die Berfün: 
derin des Ruhms, Euterpe, die Erfreuerin, Tha— 
leia (Thalia), die Blühende, Melpomene, die 
Sängerin, Terpiichore, die Tanzfrohe, Erato, 
die Lieblihe, Bolymnia, die Hymnenreiche, 
Urania, die Himmliſche, Kallidpe, die Schön: 
ftimmige; fie heifen bei ihm Töchter des Zeus 





Aurens des Mareus Aurclius 


— 


1m 


Musagetes 


und der Mnemoſyne, in Pierien am Olympos ge: 
zeugt. Sonft werden fie auch wohl Töchter des 
Uranos und der Ge genannt, des Pieros und einer 
pimpleiihen Nymphe u. j. w. Auch die Zahl der: 
jelben wird von manchen verjchieden angegeben: 
3, Melete (Sinnen), Mneme, (Gedächtnis), 
Aoide (Gefang), deren Dienft Dtos und Ephial: 
tes am Helifon eingejegt haben jollten. Die Neun: 
zahl des Hefiod, ſowie dejjen Namen und Abſtam— 
bleiben jedoch vorherrichend. Bei Homer 
find die Muſen bloß die Göttinnen des Gejanges, 
die den Dichter zum Gejange begeiftern und ihm 
die Lieder in die Seele legen; fie wohnen auf 
dem Olympos und erheitern die Mahle der Götter 
durch Geſänge. 71.2, 484. 1, 604. Den Sänger, 
der anerkennt, daß er nur durch ihre Macht etwas 
vermag, lieben und unterftügen fie, den Über: 
mütigen aber, der ſich vermißt, fie zu übertreffen, 
züchtigen fie; jo biendeten jie den Thampris 
(Thampyras), den thrafifchen Sänger, einen Sohn 
des Philammon und der Nymphe Argiope, und 
beraubten ihn des Gefanges, weil er jich über: 
mütig mit ihnen in einen Wettftreit eingelafien 
hatte. TI. 2, 595 ff. Bei Hefiod ftehen die Muſen 
auch ſchon in Beziehung zum Tanze, was der 
Name Terpfichore bezeugt. In jpäterer Zeit dehnte 
man ihre Wirkſamkeit auf alle Zweige der Kunſt 
und Wiſſenſchaft aus und teilte jeder einzelnen 
ihren bejtimmten Wirfungsfreis zu. Kalliope 
war die Göttin des epijchen Gelangs, fie hielt 
Wachstafeln und den Stilus in der Hand; Euterpe 
mit der Flöte war die Muſe des Inriichen Ge— 
jangs, Melpomene die der Tragödie, mit der 
tragiichen Maske in der Hand, Epheu ums Haupt 
u. ' w.; Erato war Muje der erotischen Poeſie 
und der Mimif, Polymnia oder Polyhymnia 
der Hymnen, Thaleia der heiteren und länd: 
lichen Dichtkunft, der Komödie u. ſ. w., mit der 
tomifchen Maske, dem Hirtenftab und Epheufranz; 
Terpiichore, Muſe des Tanzes, mit der Yyra; 
Kleio, mit der Papierrolle, Muſe der Gejchichte, 
Urania, mit dem Globus, Muſe der Sternfunde. 
Sämtlid wurden jie von der Kunft als jugendlich 
blühende Geftalten dargeftellt mit feinen, fin: 
vollen Gejichtern. — Die Verehrung der Mujen 
ftammte von dem alten Sängervolfe der Thraker, 
welche am Olympos in PBierien wohnten und von 
da nad Boiotien an den Helifon zogen. Diejer 
Berg, jowie der benachbarte Parnaſſos und Leibe: 
thron, die Hauptjtätten ihres Kultus, waren ihre 
Lieblingsfige; bier weilten jie gern in Grotten 
und Hainen und an den fühlen Quellen, wie fie 
denn urjprünglich begeifternde Nymphen der Quel- 
len waren. Bejonders wert waren ihnen Die 
Quellen Aganippe und Bippofrene am Helikon 
und Kajtalia am Fuße des Barnafjos zu Delphoi; 
auf dem Yeibethron war ihre heilige Grotte. Am 
Helikon, wo ihnen die Thejpier das große Feit 
Movosi« feierten, hatten jie Tempel und Bild: 
jäulen, ebenjo einen Tempel am Kaſtaliſchen Quell. 
Bon Boiotien aus hat fich allmählich der Kultus 
der Mujen über ganz Griechenland verbreitet ; fie 
hatten Heiligtümer und Altäre namentlich zu Athen, 
Olympia, Zroizen, Korinth u. j. wm. Nach den 
Hauptorten ihrer Verehrung und den Stellen, wo 
fie gern weilten, haben ihnen die Dichter eine 
Menge von Beinamen gegeben: 


195 


Staftalides, Nonides, Leibethriades, Hippofrenides 
u. ſ. w. — Die Mujen kommen als Gejangsgöt: 
tinnen in häufige Verbindung mit Apollou, dem 
freunde der Mufit und des Geſanges; er heit 
der Mujenführer, Movoayerns. Wegen diejer Vers 
bindung und wegen ihrer uriprünglichen Natur 
als begeifternde Quellnymphen erhalten fie auch 
die Gabe der Weisjagung. Durch die dramatische 
Dichtkunſt treten fie im Beziehung zu Dionyjos, 
an dejien Feſten die Produkte der dramatischen 
Poeſie aufgeführt wurden, fie werden feine Ammen 
und Begleiterinnen. — Die Camönae (alter: 
tümlich Casmenae) der Nömer wurden mit den 
griechiichen Mujen identifiziert. Ihr Name, viel: 
leicht mit cano verwandt, bezeichnet die Singenden, 
die Weisjfagenden; fie waren, wie die Mujen, ur: 
iprünglich begeifternde Quelluymphen, die aud) die 
Gabe der Weisjagung hatten. Der Name Uar- 
inenta, Carmentis ift gleich Camena. 
Musagötes j. Musae, 5. und Apollon, 3. 
Musaios, Movoe«iog, 1) ein mythiſcher Sänger 
(Eromorög), Seher und Priefter Attifas, der in 
vorhomerijcher Zeit priefterliche Poeſie in Attifa 
eingeführt und verbreitet haben joll. Er heißt 
Schüler des Orpheus, Sohn des Orpheus oder des 
Yinos, oder des Antiphemos (de3 Eumolpos und 
der Selene. Unter feinen Poeſien werden ange: 
führt Weihe: und Neinigungslieder (auch Schriften 
über Weihen und Reinigungen werden ihm zus 
geichrieben), Hymnen, Wielöhasunarn (Movoadov 
zonouol), |. Hdt. 7, 6. 8, 96. 9, 43. Plat r.p. 
2,7. Apol. p. 41 B. Ion p. 536 B. Dieje Weis: 
fagungen wurden jpäter von Onomafritos geordnet 
und verfälicht. Was nachher von ihm im Umlauf 
war, waren meiftens Machwerke des Onomatritos 
und anderer. Es werden als ſolche muſaiiſche 
Gedichte angeführt eine Ebuolnie, "Ebantorıg 
vroowor, eine Qsoyoria, Tıravoygayia u. ſ. w. 
Vol. Kinkel, fragm. ep. Graec,. I p. 218 ff. — 
2) Sohn des Thampris, Enkel des Philammon, 
uralter thebanijcher (oder atheniicher) Lyriker (we- 
Jororös). — 3) ein epiſcher Dichter aus Ephejos 
in der alerandriniichen Zeit, der eine Berjeis in 
10 Büchern und Gedichte auf Eumenes und Alta: 
los von Pergamon verfaßte — 4) Mujaios, 
genannt der Grammatiler, jpätejtens im Anfange 
des 6. Jahrhunderts n. E., vielleicht Eine Berjon 
mit dem gleichnamigen Freunde des Prokopios 
unter Auftinian und Chriſt, Verfaſſer des Heinen 
Epos r& nad” "How #al Atarögor in 340 Verſen, 
das außer jeiner Form und beredten Sprache durch 
lebhaftes Gefühl und geiftreichen Ton feſſelt und 
das anmutigſte Epos aus den Zeiten des Kaiſer— 
tums it, obgleich Nonnos fat ſtlaviſch nachge— 
ahmt ift, j. Epos, 6. Ausgg. von Paſſow (1810), 
Möbius (1814), Dilthey (1874), die neueſte von 
Schwabe in jeiner Schrift de Musaeo Nonni imi- 
tatore (1876). Überſetzung von Ulfchläger (1882). 
Muscülus j Belagerung, 10. 
Museion, Movseior, 1) j. Alexandria, ®, 
— 2) Felshügel bei Athen, j. Attika, 11. 
Musica (ars), uovor«r (tigen), bisweilen auch 1 
musica, -orum, r& uovsıxd, eigentlich die Muſen— 
funft überhaupt, hat einen viel weiteren Umfang 
als den der bloßen Tonkunſt. Sie umfaßt jede 
geiftige Bildung, aljo die mwiflenjchaftliche fo 


— Musica. 


Pierides, Pim- |qut wie die Fünftleriiche, vornehmlich daher die 


pleides, Heliloniades, Theſpiades, Barnajjides, | Bhilojophie, die Pocfie, die Mimik, Orcheſtik, ja 


= 


796 


jelbit die Mantik. Wegen diejer alten Verbindung 
der Weisheit mit der Muftt war unter den Göttern 
der die Leier lenfende Apoilon, unter den Heroen 
Orpheus zugleih der weijefte. Die Muſik galt 
als der zweite notwendige Teil einer freien Er: 
zichung, rawdel«, neben der Gymnaſtik; eine 
Trennung don der Poeſie erfolgte erjt zu der Zeit 
des Platon und wird von diejem nicht gebilligt. 
Ihre Geltung als fittenbildendes Mittel behielt 
fie jedoch immerfort. Pythagoras betrachtete fie 
als Yänterung und Beruhigung der Seele und als 
Arzneimittel bei förperlichen Leiden; auch dem 
Platon und Mrijtoteles galt fie als edles Erzie— 
hungsmittel. Aber zu derjelben Zeit fing man 
auch jchon an, über ihre Verweichlichung und ihren 
nachteiligen Einfluß auf die Bolfsfitten zu flagen. 
— Inwieweit die Schwachen Anfänge in der Mufil 
bei den Chineſen, Indern und Agyptern auf die 
Ausbildung bei den Griehen von Einfluß ge: 
weſen find, läßt fich nicht mehr beftimmen; jedes: 
falls fam es erft bei den Griechen zu einer wiſ— 
jenihaftlihen Behandlung, wenn auch gerade 
die Muſik, diefe Kunſt der Seele, der tieferen 
Innerlichleit des Menschen, bei dem auf die ſinn— 
liche Anjchauung und äußere Erjcheinung vorzugs: 
weije hingewiejenen Hellenen nicht zu derjelben 
Ausbildung gelangen fonnte, wie die Bildhauer: 
funjt und Malerei. Als Erfinder gilt im Mythos 
neben dem Apollon auch Hermes, der am Nil 
die 3: oder Trjaitige Lyra erfunden haben joll, 
oder Athene, der die Erfindung der einfachen 
Flöte, oder Ban, dem die vielleicht jchon ſieben— 
röhrige) Hirtenpfeife zugeichrieben wurde. Außer— 
dem erjcheinen Dionyjos und die Muſen, die 
Satyrn und Silenos mehr oder weniger als muſi— 
kaliſche Gottheiten. Gerade wegen ihrer nahen 
Beziehung zu dem inneren Wejen des Menſchen 
ichrieb man ihr ſtets den höheren Uriprung und 
eine göttliche, wunderbare Wirkung zu. Dies zeigt 
jih in den Mythen des Amphion und feines Bru: 
ders Zethos, des Orpheus, Yinos, des Kentauren 
Eheiron u. a. Eben deshalb 
Zeit, wo fie vorzugsweife das Volk durchdrungen 
und jelbft das öffentliche Yeben beherricht zu haben 
icheint; feine wichtige gemeinjame Handlung jchien 
ihrer entbehren zu können. Daber ift uns aud) 
eine micht Heine Anzahl Namen von Männern 
überliefert, die ald Sänger, doıdor, den Bortrag 
von Gedichten mit mufifaliicher Begleitung ver: 
einigt zu haben jcheinen. Es war ein Vortrag, 
der durch Muſik unterftügt, oder deſſen einfacher 
Rhythmus dadurch gehoben wurde; nicht jelten 
vereinigte jih aud) Tanz damit. Als ſolche Sänger 
werden ung Thampris, Demodotos, Phe— 
mios, Hyagnis, Dlen, Philammon, Pie: 
ros, Chryſothemis u. a. genannt. Die Heimat 
der früheften Ausbildung der Kunft jcheint in 
Lydien und Arkadien geweſen zu fein; dort 
joll Amphion feine Kunft erlernt haben, hier för: 
derte das SHirtenleben die Ausbildung der Flöte 
und der Hirtenpfeife. Die Tonarten (rouoı oder 
conorleı, lateiniſch modi), die man unterichied, 
gehören zum Teil Kleinafien an; die phrygiiche 
ward auf Mariyas, den angeblichen Erfinder der 
Doppelflöte, die dorifche auf den Thrafer Tha- 
mpris zurüdgeführt; dieſe war die tiefite, die 
Indiiche die höchſte, die phrygiſche zmwijchen 
beiden in der Mitte; dazu famen jpäter die aiv: 


ab es aud eine| — 


Musica. 


liſche und ioniſche. Später teilte man die 
Intervalle noch durch einen halben Ton, wodurd 
2 neue Tonarten entjtanden, deren Namen aus 
jenen 5 Grundarten zujammengejegt waren. — 
Die Mufit nahm einen bejonderen Aufichwung 
jeit Entftehung der lyriſchen Poeſie, welche ſowohl 
mit Gejang als mit Anftrumentalmufit (Flöte und 
Saiteninftrumenten) in engiter Verbindung ftand; 
und jo find auch die Inrifchen Dichter der Griechen 
zugleich Muſiker. Zur praftiichen Förderung der 
Muſik trugen bejonders die dyareg uonoızol bei 
den Öffentlichen Spielen, namentlich bei den pythi— 
jchen, jowie an den PBanathenaien in Athen bei. 
Der eigentlihe Schöpfer der griechiihen Mufit 
war Terpandros aus Lejbos, um 650 v. €. 
4. d.); ihm reihen fih an der etwas jüngere Vhry— 
gier Olympos ({. Olympos, 8.) und Thaletas 
aus Kreta, um 620 v. E. (ſ. d.); Klonas aus 
Theben oder Tegea, Hierar aus Argos, Xeno: 
fritos aus Lokri Epizephyrii, der Flötenſpieler 
Sakadas aus Argos, um 590 v. E. (j. d.). Dieſe 
Mufiter waren zugleich auch Dichter. Andere wer: 
den uns bloß ald Tonfünjtler genannt, wie Aga: 
thon, Ariftonitos, Ariftonymos, Kleon, Hippo— 
machos, Philotas, Stratonikos, Telephanes u. a. 
Das erſte theoretiſche Werk über Muſik ſoll 
der Lehrer Pindars, Laſos von Hermione, um 
546 v. C., geſchrieben haben. Pythagoras, Rbi- 
lolaos u. a. ftudierten die mathematiſchen Ver— 
hältnifje der Töne; dazu wurde das Monochord 
erfunden, das ſpäter der puthagoreiiche Kanon 
hieß, eine über einen Reſonanzboden gejpannte 
Saite mit einem verfchiebbaren Steg, durch den 
die Saite in verjchiedene Teile geteilt werden 
fonnte. Zur Beit des Platon und Nriftoteles 
wurde die Tonleiter jehr vermehrt, und Euklei— 
des um 277 v. E. behandelte zuerjt die mathe: 
matiſche Mlanglehre wiflenichaftlih. Außerdem 
jind noch Arijtorenos (j. d.), Plutardh, Nilo— 
machos, Klaudios Ptolemaios u. a. zu nennen. 
Bal. Weftphal, die Mufif des griech. Altertums (1883). 
Bei den Römern ftand die Mufif bei weiten 
nicht in jo hoher Achtung, fie galt eigentlich nur 
als Mittel, nicht als Zweck für fich; fie wurde 
daher auch meiftens nur von Fremden, Sklaven 
und Freigelaſſenen getrieben. Ihr Gebraud, war 
vornehmlich ein dreifacher, bei Opfern, auf der 
Bühne und im Kriege; außerdem auch bei 
Triumph: und Leichenzügen, Götterfeiten und Gajt: 
mählern. Die erfte befamen fie mit einem großen 
Teile des Kultus von den Etrujfern, die Inſtru— 
mentalmufit für die Bühne und den Felddienſt 
von den riechen; die Saiteninftrumente follen erit 
186 vd. E. nach Rom gelommen fein. Die Reci— 
tation unter Mufifbegleitung jcheint fich zum red: 
nerijchen Vortrag verhalten zu haben wie ber 
dichterische Rhythmus zum profaischen Numerus. 
Nedner und Schaufpieler ließen fich gern durch 
ein mufifalifches Vorjpiel den Ton angeben; eine 
immerwährende Begleitung fand vielleicht auch 
auf der Bühne nicht flatt, fie trat aber wohl 
allemal dann ein, wenn fie die Kraft und den 
Eindrud des Vortrags erhöhen jollte. Die Chöre 
wurden übrigens ohne Zweifel anders begleitet, 
nämlich von Flöten und andern Blasinftrumenten, 
auch Leiern und Cithern. Der Flöten, tibiae, 
gab es 2 Arten, dextrae und sinistrae (ſ. Tibia). 
In der Feldmufif gab es die beiden Gattungen 


[ 


[= 1) 


—X 


Musica. 


| 


der tibicines und tubicines; bei den Gaſt— 
mählern traten jpäter auch psaltriae' und sam- 


797 


testudo, die erjie aus der Schale der Schildkröte 
von Hermes verfertigte Yeier, 7) Auge, Iyra, eier, 


bueistriae (Xeier- und Sarfenjpielerinnen) auf, ſchon urjprünglih mit 7 Saiten verjehen oder 
meift Griechinnen und Libertinen, nicht immer | nach andern eine all: 


unbeicholtenen Rufs. Die Kaifer begünftigten die | mählicheBerbeflerung der 
Mufif, mit Ausnahme des Tiberius, der die Mu: | von Amphion oder Yinos 


fifer und Schanfpieler aus Nom vertrieb. Nero 
war in der Vorliebe dafür jo weit gegangen, dab 
nach jeinem Tode auf einmal 500 Sänger und 
Mujfiter verabjchiedet wurden. — Gegenftand litte- 
rarijcher Bearbeitung wurde die Mufit bei den 
Römern erjt jpät; Vitruvius, A. Gellins, Apule: 
jus, Genjorinus, Dtacrobius, Marcianus Capella 
u. a. traten als Schriftfteller darin auf. — Der 
Klang überhaupt hieß bei den Griechen Wogpog, 
lateinijch sonus, mit Rüdficht auf jeine Höhe oder 
Tiefe der unbejtimmte Klang porn, vox, der be: 
ftimmte PPoyyog, sonitus. Das ovornue, die 
Tonleiter, war anfangs Hein und erweiterte 
ſich erft nad) Erfindung der fiebenfaitigen Lyra 
durch Terpander, wozu Pythagoras nod einen 
achten Ton gefügt haben joll. Nach mannigfachen 
Erweiterungen bildete fi) das große und voll: 
fommene Spitem einer Tonreihe von 18 Tönen, 
die in 5 Tetracdhorde eingeteilt wurden. — Die 
Einteilung der Muſik war natürlich die in Vokal— 
und Inſtrumental-Muſik, wozu noch die orche: 
jtifche oder pantomimijche hinzulam; die erjte 
wurde die odiiche, Die ziveite die organische, die 
dritte die hypofritische genannt. Die Tonſetzung 
war von der Tonmejjung verichieden; jene 
jtellte die Töne nach Höhe und Tiefe auf eine für 
das Singen angemefiene Weije zufammen und 
hieß welonrorda; dieje beftimmte die Yeitdaner 
der einzelnen Töne und hieß dvdworode; fie fiel 
mit den metriichen Geſetzen der Dichtfunft, wonad) 
eine lange Silbe die doppelte Dauer (mora) einer 
furzen hatte, unmittelbar zujammen. Im Theater 


jtand mitten im der Orcejtra ein Zaftichläger | 


(modoyopog oder rodorrurog), der durch ſeine 
mit eijernen Sohlen (zoovrak«) verjehenen Füße 
den Takt angab. Anders wurde übrigens wahr: 
icheinlich das gewöhnliche Lied als die melifchen 
Zeile der griechiihen Dramen vorgetragen; der 
Vortrag der leßtern glich wohl mehr unjerem Re: 
citativ und geidhah unter Begleitung der Flöte 
und Kithara. -— Auch Noten haben die Alten 
jeit Terpander oder jeit Pythagoras gehabt, fie 
bedienten fich dazu der Buchjtaben, was große 
Unbequemlichkeit verurfachte und eine ſolche Menge 
von Tonzeichen gab, daß nach Platon zur bloßen 
Erlernung der ren 3 Nahre erforderlich 
jein fonnten. Auch gaben fie nur die Höhe und 
Tiefe der Töne an, während die Zeitdauer der- 
jelben vorausgejegt oder anderweitig bezeichnet 
wurde. Endlidy waren auch noch für manche Ton- 
veränderungen, 3. B. zur Erhöhung oder An: 
ſchwellung des Tons, Zrßolrj, proiectio, oder 
orovöc«ıeauos, zur Erniedrigung desſelben, !akvars, 
dissolutio, Andeutungen erforderlich. — Die mu: 
jifaliichen Inftrumente waren a) Blas-Inſtru 
mente: 6 «blög, tibia, die Flöte Fig. 1.) (die 
Querflöte, mAaylavkog, nicht beliebt), 7 calmıyE, 
tuba oder buceina, die Trompete (Fig. 2.), ro 
»Egas, cornu, das Horn (Fig. 3.), 6ootys. die 
Hirtenpfeife oder Banflöte, der Kindheit der Mufif 
angehörig und in der praftijchen Mujif der Alten 


ohne Bedeutung; b) Saiten: Injtrumente: 7) gekus, | 





Big. 1. 


erfundenen «dagıs, xıdaga, Cither, und Ber- 
mehrung ihrer 4 Saiten mit 3 neuen. Später 
joll Simonides noch die achte und Timotheos die 
neunte Saite der Kithara 
hinzugefügt haben; wahr: 
jcheinlicy aber jind bier 
mehrere verichiedene In— 
ftrumente unter Einem 
Namen verbunden. Die 
beiden gebogenen Enden 
der Lyra liefen unten zu: 
jammen (&y»@reg), waren 
aber oben wie Hörner (da= 
her x!gaera) auseinander: 
ebogen. Zwijchen den Griffen oder gebogenen 
nden (mijyvug) war das Duerholz (fuyor, iugum), 
unten der Steg (broiverov oder ueyas) mit einem 
Nejonanzboden, yeior; in dem Steg waren die 
Saiten befeftigt, dagegen in dem Seyo» um Wirbel 
(»öllaßor) gewunden; geipannt wurden fie mit 
einem Stimmfchlüffel (zogdorovor). Beim Spielen 
wurden die Saiten, gewöhnlich Darmjaiten, mit der 
rechten Hand mittelit eines Stäbchens von feinem 
Holz, Elfenbein oder Metall, mAnareov, plectrum, 
berührt. Die xıddo« joll der Thrafer Thamyris 
zuerft ohne, Amphion oder Linos mit Geſang— 
begleitung angewendet haben. (Der Spieler hieß 
xıdagıorrg, cıtharista, der dazu Singende nıda- 
ewöög, eitharoedus.) Andere Punkte jind dunfel 
oder jchon bei den Alten jelbjt bejtritten. Wis 
größere fiebenfaitige Leier eriheint aud) das von 
den römischen Dichtern oft genannte Barbiton (ro 
Pegßırov oder 7 und 6 Pdeßeros). Gleichfalls 
der Yeier ähnlich, wenn auch mehr unferer Harfe 
gleihend, war das ältefte griechiſche Saiteninjtru: 
ment, das uns erwähnt wird, die YopuwyE, be: 
fonders edel und dem Apoll beigelegt, auch mit 
Gold oder Elfenbein und andern Kojtbarfeiten 
und Bildwerfen bejebt (daudaifn, megınaling). 
Sie wurde beim Spielen an einem Bande über 
der Schulter getragen und hatte wohl einen weniger 
tiefen Schallboden als die Lyra, weshalb fie fait 
immer als Arysi« dem Tone nad) bezeichnet wird. 
Endlidy die oaußern, sambüca, eine Art Harfe, 
dreiedig (daher ro/ywror) und mit jehr jcharfen, 
ichneidenden Tönen. — ce) Schlag: Anftrumente: 
röuravor (von rörreır), tympanum, die Hand: 
paufe, mit hohlem, halbrundgewölbtem Schallboden, 
mit Pergament überzogen und bei den raufchen- 
den Feiern des Dionyjos und der Kybele bejon- 





dia. 3. 


198 


ders gebraucht; 
— »eorelor, erotalum, eine Klapper, Klingel 
oder Schelle, metallenes Beden mit laut gellendem 
Tone, ähnlich wie die heutigen Caſtagnetten und 
beim Tanze üblich. Streichinftrumente hatten die 
Alten nicht. — Die römischen Anftrumente find 
in Obigem faſt alle jchon angegeben; nur den 
lituus, die tibya und tuba bildeten fie weiter aus, 
j. darüber das Nähere unter diejen Artikeln. 

Musicäni, Bölferjchaft am unteren Indos, in 
ſehr fruchtbarer Gegend. Curt. 9, 31,8. 32, 16. 
Strab. 15, 604. 701. 

Musikänos, Movsızarös, ein indischer Fürſt, 
der ſich Mlerander dem Gr. unterwarf und über 
jein Land weiter herrſchen durfte, dann aber wäh- 
rend Aleranders Abwejenheit wieder abfiel, 
fangengenommen und gehängt wurde, 325 v. E. 
Arr. 6, 15,5 ff. 7, 1. 

Musivum, Mojait, aus fleinen, zum Teil koſt— 
baren Steinen oder Glasftiften zuſammengeſetzt, 
jo daß entweder geometrijche Figuren (tessellatum) 
oder wirkliche gemäldeähnliche Schöpfungen (das 
eigentlidie musivum) entitanden, wie das herr- 
liche Bild der Mleranderichlacht in Pompeji, wo 
man 150 Marmorftüdchen auf dem Raum eines 
Duadratzolls gezählt hat. Viele andere Moſaik— 
bilder zeigen großartige Kompoſition, lebendigen 
Ausdrud, ſchöne Färbung und die zierlichite 
Ausführung. Sie dienten faſt ausichliehlich zum 
Schmud des Fußbodens (pavimentum); erft gegen 
das Ende der Kaijerzeit wurden auch die Wände 
und jogar die Gewölbe damit bekleidet. 

Musönes j. Mauritania. 

Musonli, 1) C. Mujon. Rufus, Sohn eines 
römischen Nitters Capito aus Volfinii, blühte zur 
Zeit des Tiberius und Nero und beichäftigte ſich 
emfig mit der ftoiichen Philoſophie, in der er den 
Epiftet zum Schüler hatte. Seinen rechtichaffenen 
Charakter zeigte er bei der Anflage des Egnatius 
Geler. Tac. hist. 4, 10. Unter Nero (65 n. E.) 
wurde er, weil er fih an der Verſchwörung des 
Pijo beteiligt haben jollte, auf die wüſte Inſel 
Gyaros im Migaiischen Meer verbannt (Zac. ann. 
15, 71), wohin ihm viele Jünglinge folgten, um 
jeinen Lehren zu horchen. Als Beipafian zur Re: 
gierung fam, war er bereits wieder in Nom und 
blieb allein von der Ausweiſung, welche die dort 
lebenden Philojophen traf, ausgenommen. Tae. 
hist. 3, 81. Dio Cass. 66, 13. Von feinen, in 
griechiicher Sprache verfahten, Schriften, Reden 
und Briefen, ift wenig erhalten (gefammelt von 
Beerlfamp, 1822); was wir bejiben, zeigt, daß 
er der von FXenophon eingeichlagenen ſokratiſchen 
Weile folgte. Abhandlung von Balker (1871). — 
2) Muſonius Baſſus, wird von dem jüngeren 
Blinius in feinen Briefen (7, 31) mit Yob ge- 
nannt. 

Mustius, Gaius, cin römiſcher Nitter, pflog 
mit Cicero, der für ihn einen Prozeh, bei dem 
fein ganzes Vermögen auf dem Epiele jtand, er: 
—— geführt hatte, vertrauten Umgang. Cie. 

. 1,53, 139. Den Prozeß gegen Verres, den 
F u einem Streite dDesjelben mit P. Junius 
(dem Stieffohn des Muftius) wohl fannte, erlebte 
er nicht mehr. 

Musulamii, bei Tacitus (ann. 2, 52. 4, 24) 
eine mächtige numidiſche Völkerſchaft, wohl iden— 
tijch mit den Misulani des Ptolemaios, jüdlich 


der fie jchlug, hieß tympanista; | 





Musicani — Mykale. 


von dem Gebirge Auraſius (j. Aures). Am J. 1 
v. E. von Yentulus Coſſus unterworfen, fämpften 
fie unter Tacfarinas 17—24 n. E. tapfer gegen 
die Römer, und wurden dann unter Claudius 
nordweftlich von Theveite angejiedelt. 

Muthul, lub Numidiens, der nah Salluit 
(Jug. 48) die Gebiete des Iugurtha und Adherbal 
trennte, wahricheinlich ber heutige Wed Melleg, 
ein Nebenfluß des Bagradas. 

Mutilus j. Papii, 2. 

Mutina, Movrirn, j. Modena, Stadt des cis- 
padantichen Galliens im ehemaligen Gebiete der 
Bojer, an der von Mediolanium durch Italien 
führenden Straße, jeit 184 dv. E. römiſche Kolonie 
(Liv. 39, 55) und jehr blühend. Am Bürgerfriege 


ge: nach caſar⸗ Tode wurde D. Brutus dort 4 Mo: 


nate lang (44—43 v. E.) durch Antonius belagert; 
diefer Krieg führt daher den Namen des bellum 
Mutinense. Suet. Vet. 9. 84. Die Umgegend ” 
ihönen und wohlhabenden Stadt (Cie. Phil. 5 
produzierte die feinſte Schafwolle in ganz Stalien 
und guten Wein, außerdem waren die mutimen- 
jiichen Gefäße aus Thon ſehr geſchätzt. 

Mutinus, Mutünus j. Priapos. 

Mutüum hieß der Darlchnsfontraft zwiſchen 
ereditor und debitor., Außer Geld konnten die 
Objekte auch in Sachen beſtehen (guae pondere, 
numero, mensura constant); die geliehene Sache 
jelbit, entweder al® commodatum (j. d.) oder de- 
positum (j. d.), hieß ebenfalls mutuum, daher 
mutui datio. Die Zinienbezahlung liegt nicht in 
dem mutunm an fid), wurde aber regelmäßig mit 
ausgemacht, stipulatio de usuris. 

ygdon, Miydor, 1) König der Bebrnfer, 
Bruder des Amyfos, von Herafles auf dem Zuge 
zu den Amazonen erichlagen. — 2) Sohn des 
Amon, Vater des Koroibos, König der Phryger, 
die nach ihm Mygdonen genannt wurden. Daher 
campi Mygdonii Hor. od. 3, 16, 41; opes Myg- 
donine da. 2, 12, 22. Er fämpfte mit Otreus 
und Priamos gegen die Amazonen. Hom. Il. 
3, 186, 

Mygdünes, MvyÖoreg, 1) Bewohner der Yand- 
ihaft Myadonia in Mafedonien (Hdt. 7, 123. 
Thue. 2, 99. 100), thrafijchen Urjprungs; ſ. Ma- 
kedonia. — 2) aus Thrafien in Bithynien ein- 
gewanderte Völkerſchaft um den Berg Olympos 
und den Daſtylitisſee. Strab. 12, 564. 575. — 
3) Volk im nördlichen Mejopotamien, jüdlich vom 
Mafiosgebirge, mit der Stadt Wifibis. Strab. 
16, 747. 

Myia, Ave, 1) Tochter des Pothagoras und 
der Theano, Gattin des Athleten Milon aus Kro— 
ton. Ein noc vorhandener Brief an eine gewiſſe 


Phyllis wird ihr beigelegt, gehört aber einer jpä: 


teren Zeit an. -— 2) eine Dichterin, neben Korinna 
und © Sappho erwähnt, wahrſcheinlich jedoch nur ein 
Beiname der Korinna (ſowie Sappho Biene oder 
Movsor rirrı& genannt wurde), woraus dann 
jpäter eine eigene Dichterin ward. — 3) eine 
andere Dichterin aus Sparta, welche Hymnen auf 
Apollon und Artemis geichrieben haben joll. 
Mykäle, Mvxdin, der fteile, weſtliche Aus— 
läufer des Imdiichen Gebirges Meſſogis, mit dem 
Banionion, dem Bundesheiligtum der Jonier, und 
dem Borgebirge Trogilion (j. Kanapita), das 
durch eine 7 Stadien breite Meerenge von Samos 
getrennt iſt; j. Samjun:Dagh genannt. Hier be: 


Mykalessos — Mykonos. 


fiegten Herbſt 479 v. C. Leotychides und Kan: 
thippos ruhmvoll die perfische See- und Land— 
macht. Hdt. 1,148. 7, 80. 9, 6 ff. Hom. I1.2, 869. 
Thuc. 1, 89. 8, 79. Strab. 14, 636. 

Mykalessos, Moxrc«Ansoög, alte Stadt Boio: 
tiens (om. Il. 2, 498) im Gebiet von Tanagra, 
zwij Theben und Chalkis, weſtlich von Aulis, 
der Sage nach jo benannt von einer Kuh, die 
dem Kadmos den Weg wies und hier ein Gebrüll 
erhob. Seitdem ein Haufe thrafiicher Söldner der 
Athener unter Diitrephes im J. 413 v. C. die 
bedeutende Stadt überfallen und fait alle Be: 
wohner niedergemegelt hatte, verfiel ſie immer 
mehr und war jchon zur Zeit des Pauſanias zer: 
ftört. Thuc. 7,297. Paus. 1,23,3.9, 19,4. Nicht 
unbedeutende Ruinen jowohl der Akropolis als 
der Unterſtadt haben ſich erhalten. 

Mykenai, Muxijvei, auch Muxnen (Hom. N. 
4, 52), uralte, „wohlgebaute‘, „breitjtraßige “, 
„goldreidhe” Stadt in Argolis, Sitz der Nach— 
fommen des Danaos und dann der ‘Belopiden, 
unter denen fie zu hohem Anfchen und zu Macht 
gelangte. Später janf M. Da die Bewohner 
nach Thermopylai und Plataiai Kriegsvölker zur 
Abwehr der Perjer geichicdt hatten (//dt. 7, 202. 
9,27), wurden die Argiver, die im jchimpflicher 
Neutralität verharrt hatten, darüber zornig und 
griffen, wahrjcheinlich auch aufmerfiam gemacht 
auf die gefährliche Yage der Burg, die, ähnlid) 
wie Dekeleia, einem don Norden (z. B. vom 
Iſthmos) fommenden Feinde Leicht als Waffen: 
plag dienen konnte, mit den Bewohnern von 
Tegea und Kleonai jpäter, 463 v. E., diejelben 
an. Mangel an Lebensmitteln zwang die Be: 
wohner, die feſte Stadt zu verlajjen, worauf 
fie fich teils nach Keryneia in Achaia, teils zu 
Alerander von Makedonien begaben. Doch geht 
aus neugefundenen Juſchriften hervor, daß die 
Stadt jertdem nicht völlig verödet lag, jondern 
da; mwenigftens im 2. Jahrh. v. E. wiederum 
eine Gemeinde der Myfenaier eriftierte. Pauſa— 
nias (2, 16, 5ff.) an noch anjchnliche 
Überreſte der Stadt: kytlopiſche Ringmauern mit 
dem Löwenthor; die Schatzkammern des Atreus, 
die Gräber des Atreus und Agamemmon, nod) 
heute Ruinen, die ſich bei dem Dorfe Kharvati 
fast in demjelben Zuſtande vorfinden (j. die Abb, 
©. 800). Nachgrabungen Heinr. Schliemanns 
im I. 1876 haben hier höchſt interejlante Reſul— 
tate zu Tage gefördert, nicht nur ein neues ſ. g. 
Scaphaus ſ. baukunst, 1.) nnd Die Ruinen 
von 3 andern dergleichen, jondern auch inner: 
halb der Burg 25—35 Fuß tiefe Gräber aus 
vorhellenifcher Zeit mit teilweije mumifizierten 
Leichen, altertümliche Schmudjacdhen und Waffen 
aus Gold, Helme, Diademe, Gürtel, Spangen, 
Ringe, Gefichtsmasten u. |. w., wozu durch nod) 
neuere Ausgrabungen auf der Kuppe des Burg: 
feljens die Reſte des Atridenpalajtes gefommen 


find, Baumwerfe und Nunftgegenjtände, die zwar 
einheimischer Technik anzugehören, aber unter dem 
nfiedler entjtanden zu fein 


Einfluffe phoiniliſcher 
ſcheinen und erheblich älter find als die Zeit, wo 
die bomerischen Gedichte entjtanden find. Wal. 
Schliemann, Mykenä (1878). Furtwängler und 
Löſchcke, Myleniſche Thongefühe (18791. Steffen, 
Karten von Mylenai (188%). Stoll, Wanderungen 
durch Altgriechenland I ©. 57 ff. 





199 


Mykerinos, Muvxsoirog, Menkaura, ägypti cher 
König der vierten Dynaſtie, Nachfolger des Che: 
phren (j. d.), Erbauer der drittgrößten, nur 66m 
hohen, aber bejonders ſchön gearbeiteten Byramide 
von Gizeh, um 2960 v. C. Hat. 2, 127 ff. Died. 
Sic. 1, 64. 

Mykoi, Muxod, bei Herodot (3, 93. 7, 68) eine 
aſiatiſche Völkerſchaft, zur vierzehnten Satrapie ge: 
— alſo wohl öſtlich von Perſis. 

ykönos, Mönoros, von den Römern auch 
Mycone genannt, noch j. Myfonos, Feine felſige 








Kykladeninſel, ſüdöſtlich von Tenos und nördlich 


von Delos, etwa 2 TIM. groß. Die Sage 
verlegte die Gigantenfämpfe der mythiſchen Zeit 
hieher: alle von Herakles erjchlagenen Giganten 
jollten unter derjelben begraben liegen, daher das 
Sprichwort: mdrra«a dmo uier Munorov, jpäter 
Dr Bezeichnung verichiedenartiger Dinge, die unter 

ine Rubrik gebracht werden: „alles Ein Trödel”. 


— Die Imjel iſt trotz ihrer Kahlheit und des 


800 


Mangels au Bewäſſerung nicht ganz mufruchtbar 
und bringt ziemlich viel Feigen, Wein und Gerſte 
hervor; die Hauptbeichäftigung der Bewohner aber 
war und ijt die Schiffahrt. Sie waren wegen 
ihrer Kleinlichkeit und Habjucht verrufen (Muxo- 
rıog yılrav). Die Inſel enthielt 2 Städte. Hat. 
6, 118. Thuc. 3, 29. Strab. 10, 487. 

Mylai, Mölcı, 1) eine von Zankle (Meflana) 
auf Sicilien un 716 v. E. gegründete Kolonie 
auf einer Yandzunge an der Norbküfte der Inſel, 
mit einer Gitadelle (Thuc. 3, 90), im frudjtbarer 
Gegend, befannt durch den in der Nähe erfochtenen 
Seejieg des Duilius, 260 v. E,, int erſten puni— 
chen Kriege, jowie durch das Seetreffen, in dem 
Agrippa die Flotte des S. Pompejus im J. 36 
v. C. jchlug; j. Milazzo. Pol. 1, 10. App. b. c. 


Mylai — Myra. 


Hauptgöttin, eigentlicd; Belit genannt, d. h. die 
Herrin; die Gemahlin des Bel, des Herrn der 
Schöpfung; die Göttin der Lebens: und Zeugungs— 
kraft der Natur, der üppigen Luft und des wilden 
Schmerzes; von den Griechen mit ihrer Aphrodite 
identifiziert. Udt. 1, 131. 199. 

Myndos, Muvdos, feite gg in Karien, 
doriich-ionische Kolonie von Troizen, mweftlid von 
Halitarnaffos auf den Ende der Halbinjel zwi— 
ichen dem Jaſiſchen und dem Keramiichen Meer: 
bujen gelegen; j. Gümüfchlü-Liman. Arr. 1,20, 5. 
Strab. 14, 658. 

Myon, Mio» oder Muwvia, Stadt der ozoli— 
ichen Lokrer, 30 Stadien nördlid von Amphifia 
auf bedeutender Höhe, an dem beichwerlichiten der 
von Nitolien nad Lokris führenden Pälle. The. 




















Zas Löwenthor in Mylenai, 


5, 105 ff. Dio Cass. 49, 3. — 2) fefte Stadt in 3, 101. Dort war ein Hain mit einem Altar der 


der theſſaliſchen Provinz Heftiatotis, vielleicht in 

der Nähe von Kyretiai auf einer fteilen Anhöhe 

am rechten Uſer des Europos. Liv. 42, 54. 
Myläsa, z& Mulaca (bei Herodot und Polybios 


#eol uerkdyıon, denen nächtliche Opfer dargebracht 
wurden. Paus. 10, 38, 8 


Myonnösos, Mvorrnoos, Stadt am Meerbuien 


von Ephejos, zwiſchen Teos und Lebedos, auf 


Milasoe), die größte und jchönfte Stadt im In— dem Vorgebirge Makria, der Heinen Infel Aipis 
nern Kariens, 80 Stadien von der Küſte entfernt, | gegenüber gelegen, befannt durch den Seefieg der 
die Nefidenz der alten Könige bis auf Maufollos. | Römer über Antiochos III. (Herbft 190 v. E.). 
Tie Römer erklärten fie für frei; doc litt fie | Thuc. 3, 32. Strab. 14, 643. Liv. 37, 27. 
jpäter durch eine teilweie Yerftörung. Der teile | Myos Hormos, Mvög douos, d. h. Muſchel— 
Fels, an deſſen Fuße fie lag, lieferte den trefi: | hafen, bedeutende Hafenftadt am Arabijchen Meer: 
lichen weißen Marmor zu den vielen Gebäuden | bujen, von Btolemaios Philadelphos angelegt und 
der Stadt, bejonders zu dem weithin leuchtenden | durd eine Handelsftrahe mit Koptos am Nil ver: 
Tempel des Zeus Djogon. J. Milas, griechiicd | bunden; j. Abuſchar. Strab. 16, 769, 781 f. 
Melifjos mit Ruinen. Ahr Hafen hieß Phyſlos. Myra, r& Movg«, bedeutende Stadt Lnfiens, 
Iidt. 1, 171. Pol. 16, 24, 6. Strab. 14, 658 f. in byzantiniſcher Zeit die Hauptitadt, am Myros— 
Paus. 8, 10. Plin. 5, 29. Arr. 1, 20. fluß, 20 Stadien vom Meere, mit dem Hafen An— 
Mylitta, Mora, die babylonisch = afiyriiche |driafe <j. Andraki; act. ap. 27, 5); h. Mori, 


Myriandos 


türkiſch Dembre, mit mächtigen, zum Teil in den 
Felſen gehauenen Ruinen, namentlich von Gräbern. 
Strab. 14, 666. 

Myriandos, Movol/ardog, forrump. Movglav- 
öposg, bedeutende Handelsitadt in Syrien, am Meer- 
bujen von Iſſos (der bei Hdt. 4, 38 ö Movgier- 
Ögıxös nolmas heißt), eine Tagereife von den 
filikiich-igriichen Strandpäfien, Kolonie der Phoi- 
nifer. Strab. 14, 676. Xen. An. 1, 4, 6. Arr. 
2,6, 2. 

Myrina, n Mvoiv«, aiolishe Hafenjtadt an 
der Weſtküſte Myſiens, Geburtsort des Epigram- 
mendichters Agathias, unter Tiberius (Tac. ann. 
2, 47) und Trajan durch Erdbeben zerftört, doch 
wiederhergeitellt. Hdt.1, 149. Liv. 33, 30. Strab. 
13, 623. Die NefropoliS der Stabt, mehrere 
Zaujend Gräber enthaltend, ift in den legten Jahren 
bloßgelegt worden. 

Myrkinos, Mögxıvog, eine am Strymon nörd: 
lid von Amphipolis in Thrafien durch Hiftiaios 
gegründete Feſte, welche die Edoner eroberten und 
zu ihrer Hauptſtadt machten. Hdt. 5, 23. 124. 
Thuc. 4, 107. 5, 6. Bei einem Berjuch, fich wieder 
in ihren Befig zu jeßen, fand Ariftagoras jeinen 
Tod. Hdt. 5,97. Thuc. 4, 102. Nach dem pe- 
loponneſiſchen Kriege wird der Name nicht weiter 
genannt. 

Myrmidönes, MvowBöores, waren der gewöhn- 
lihen Sage nach mit Peleus von Aigina nad) 
Thefjalien ausgewandert, doch ift umgetehrt eine 
Kolonijation der Inſel von Thefjalien aus wahr: 
fcheinliher. Schon Homer (II. 2, 684. 16, 65. 
19, 278) kennt fie im jüdlichen Theffalien. Später 
werden fie in der Gejchichte nicht mehr genannt. 
Der Name wird von einigen von Myrmidon, dem 
Sohne des Zeus und der Eurymeduja, abgeleitet, 
die Zeus in Geftalt einer Ameiſe berüdte. Andere 
leiten den Namen von uveunf, die Ameije, des: 
halb her, weil nad einer Peſt auf die Bitte des 
Aiakos Zeus Ameifen in Menſchen verwandelt 
habe. Apollod. 3, 12, 6. Ov. met. 7, 520. 

Myro j. Moiro. 2 

Myron j. Bildhauer, 4. 

Myronides, Mvgwviöns, Sohn des Kallias, 
ichon bei Plataiai Mitfeldherr des Nrifteides, be- 
wundert von Zeitgenofjen und Nachwelt als mann: 
hafter Streiter, war mit Tolmidas Repräjentant 
einer zwijchen den Ertremen in der Mitte ftehen- 
den dritten Partei (um 460 v. E.), welche die ge: 
mäßigte Demokratie zu erhalten und Athen zu 
einer Landmacht zu erheben ftrebte. Nachdem er 
Gejandter in Sparta geweſen, trat er bedeutender 
zuerit in den Gtreitigteiten mit den doriſchen 
Staaten hervor, durch welche Megara und Aigina 
gewonnen wurden, 4658—57. Nach der Niederlage 
bei Tanagra fchlug er die Korinther bei Megara, 
—— den Sieg bei Dinophyta, 456, ſtellte in 


oiotien außer in Theben und Orchomenos die | 


Demofratie wieder her und verichaffte Athen das 
Übergewicht in Boiotien, Yokris und Photis Thuc. 
1, 105. 108). Er unternahm auch einen Kriegs— 
zug nad Theflalien, mußte indeflen zurüdtehren, 
ohne daß es ihm gelang, Pharjalos zu erobern. 
Diod. Sie. 11, 79#f. Thue. 1, 111. Wahrjchein- 
lich ift er nicht lange nachher geftorben. Arist. 
Eecles. 302. Bgl. Roh, de Myronide et Tol- 
mida (1841), 

Myrrha, Mögga,1)j.Adonis und Kinyras.— 

Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


801 


2) uvoeu, attiich aurer«, der Saft des Myrrhen— 
baums, der teils von jelbjt herauströpfelt (stacte, 
\oraurj), teild durch Anbohrung gewonnen wird 
und bald zu feiten Körnchen gerinnt. Der Baum 
wuchs bejonders gern in Arabien, bisweilen 5 Ellen 
hoch, und hatte einen harten Stamm und eine ° 
latte Rinde. Nach Plinius gab es 7 verjchiedene 
rten. Der Saft wurde ald Salbe, als Arznei: 
mittel und endlid ganz bejonderd im Weine ge: 
braudıt, um demjelben die beraufchende Kraft zu 
nehmen und einen milderen Gejchmad zu geben 
(uveoiuns olvog, vinum murrhinum). 

Myrsilos, Mugoikos, attiſch Muoridos, 1) der 
griechiiche Name des lydiſchen Königs Kandaules. 
Hdt. 1,7. — ?) Seichichtichreiber aus Methymna 
auf Leibos, wahricheinlich unter den erſten Btole- 
maiern, jchrieb Asoßıaxd« und iorogıza mapddoge. 
Die erhaltenen Bruchftüde find gejammelt von 
Müller, fragım. hist. Graec. IV p. 455 ff. — 
3) einer von den Athenern, welche den Frieden des 
Nikias beihworen. Thuc. 5, 19. 24. — 4) Tyrann 
don Motilene, vom Dichter Altaios (j. d.) vielfach 
| angegriffen. 

Myrtilos, Mveriios, 1) j. Pelops. — 2) j. 
Myrsilos. 

Myrtis, Mvoris, lyriſche Dichterin aus Anthe- 
don in Boiotien, genannt als or der Ko: 
rinna und des Pindaros, mit dem fie ſich in einen 
mufifalischen Wettftreit eingelaſſen haben joll, in 
den Iyriichen Kanon der Alerandriner aufgenom: 
men, bejang in der Weiſe des Steſichoros die Liebe 
der Ochma zu Eunoftos. Sie dichtete wahrichein: 
lich in aioliſchem Dialeft mit boiotijchen Eigen: 
tümlichkeiten. 

Myrtöum mare, rö Mvgroo» melayog, hieß 
der Teil des Aigaiiſchen Meeres, der die an der 
Südjpige von Euboia gelegene Inſel Myrtos 
umgab. Plin. 4, 11, 18. Über die Ausdehnung 
der Benennung waren die Alten jelbjt nicht einig: 
in weitejter Ausdehnung reichte es von Euboia 
bis zur Dftküfte Laloniens und bis Kreta. 

Myrtus, uögrog oder uvpeivn, der aus Grie- 

chenland nach Italien verpflanzte, in mehreren 
| Arten vorfommende, der Aphrodite geheiligte 
Myrtenbaum, deſſen Blätter und Zweige vorzüg: 
lich zu Kränzen gebraucht wurden, ſowohl um die 
‚ Sieger in den Wettlämpfen zu verherrlichen, als 
auch bei Gaftmählern, SHochzeitsfeiern u. dal. m. 
Aus den Blättern bereitete man auch eine Salbe 
und prefte aus den Beeren ein DI von dunkler 
Farbe; auch bereitete man ein nicht beraujchendes 
Getränk daraus (wuerirng olvos). Man jchrieb der 
Myrte eine reinigende Kraft zu und gebrauchte 
fie daher auch bei feierlichen Reinigungen oder 
Luſtrationen, ald Symbol der Ehe, ald Schmud 
‚der‘ Eingeweihten und der Toten u. ſ. f. In 
Athen gab es einen eigenen Myrtenmarft. 

Mys j. Bildhauer, 6. 

Mysia, 7; Mvol«, nordweftliche Provinz Klein: 
aſiens, nah Strabon jo genannt von ben vielen 
' Buchen, bejonders in der Gegend des Olympos, 
da uvoog bei den Lydern die Suche geheißen habe. 
Die Grenzen waren im N. die Propontis und 
‚der Hellespont, im W. das Migaiijche Meer, im 
©. Indien, im D. Phrygien und Bithynien (Fluß 
Rhyndakos und DOlymposberg). M. zerfiel in 5 
Zeile: 1) Kleinmyiien (M. n wma), aud) 
7 dp’ "Elinonövro Bovyia genannt, der nörd— 

öl 


— Mysia. 











802 Mystagogos — Mysteria. 


liche Teil längs der Propontis bis zum Olympos; | hängend mit urw (ich jchliege den Mund, das 
2) Großmyſien (M. N) ueya@ln), der füdliche | Auge u. j. w.), bezeichnet im Singular das Ge: 
Teil des inneren Landes; 3) Troas (7 Towds), heimnis, im Plural entweder den Geheimdienft 
der nördliche Teil der Weſtlüſte vom Borgebirge | jelbjt oder die in demielben vorfommenden ge: 
Sigeion bis zum Vorgebirge Lelton; 4) — heimnisvollen Gegenſtände; bei dem Namen öpyıa 
(77 Alokls), der jüdliche Teil der Weftfüfte am | dagegen tritt bejonders die Beltimmung einer 
Kaifos; 5) Teuthrania (n Tevdearde), der | enthufiaftiichen Gemütserregung hervor, während 
Landſtrich längs der Südgrenze (Strab. 13, 615). | reAerrj, weldes allerdings wie auch öeyıa in 
Unter der perjiichen Herrſchaft gehörte Myſien zur | allgemeiner Bedeutung jede myſtiſche Handlung 
zweiten Satrapie (Hat. 3, 90), begriff aber nur den | bezeichnen fann, die durch die Einführung im jene 
nordöftlichen Teil des eben bejchriebenen Ganzen. Kulte erreichte innere Weihe und Vollendung be- 
Zu den Gebirgen des Landes gehörte der Ada | deutet. Diejelbe Bedeutung liegt dem lateimichen 
(4. d.) mit den Spiken Gargaron und Kotylos, 
der Temnos (j. Demirdichi:Dagh) mit den ſüd— 
lichen Ausläufern Pindaſos und Sardene. Unter 
den Borgebirgen find zu merken: Rhoiteion 
(ij. Intepeh), Sigeion (j. Jeniſchehr), Lekton 
(j. 8. Baba oder S. Maria), Kane (j. Karadagh) 
u.a. An der Wejtküfte, jüdlich von Troas, lag 
der Adrampttiiche Meerbujen (j. Meerb. von | men werden, meift bei nmächtlicher eier unter 
Adrampti). Die Zahl der Flüſſe ift bedeutend, | yadelichein und beraujchender Mufif. Außerdem 


| 

I 

dienften vorlommenden Handlungen und Gebräuche, 
nicht aber ihre Größe. In die Propontis münden: | haben die M. ihre bejonderen Mythen (feeol Aöyaı), 


wie Reinigungen, Sühnungen und Bühungen, 
Opfer, Prozeifionen, Gejänge u. ſ. f., finden ſich 
auch bei dem Myſterienkulte; nur haben ſie bier 
einen ganz anderen Charakter, indem fie mit einer 
durchaus orgiajtiihen Gemütserregung vorgenom- 


der Rhyndakos (j. Adirnas) mit dem Mafejtos | die ſich von den gewöhnlichen Mythen durch das 
‘ij. Sujurli), Aiſepos, Granikos (j. Tichan); | VWorherrichen des Symboliſchen und Allegoriichen 
in den Sellespont: Paiſos (j. Beiramdere), Ber: | und den Mangel feiter und klarer Gejtaltung 
fotes, Simois (j. wahricheinlich Dumbref) und der | unterjcheiden; fie drehen fich meiftens um die Ge- 
Stamandros (jet Mendere-Su). An der Weit: ſchichte der gefeierten Gottheit, ihre Geburt, ihr 
füfte münden: Satnioeis (j. Tuzla), Euenos|Xeben und Sterben u. dgl. Gewöhnlich wurde 
ſj. Madara), Kailos (ij. Balyr-tichai) mit dem | dieje Geichichte der Gottheit mit großem Pomp 
Myſios (j. Vergama). An Seen finden fich: auf mimiſch-dramatiſche Weije aufgeführt, unter 
die Apolloniatis (j. Ulubad), am Fuß des | Ausrufungen, Gejängen und Tänzen, wunderbaren 
Olympos; Artynia oder See von Apollonia (j. | Ericheinungen, unter Borzeigen heiliger Symbole 
Abullonia) und Aphnitis (j. Manias). In Troas | (otußoi«), Merk: und Wahrzeichen der göttlichen 
wohnten in vorbiftorijcher Zeit die Troer; mehr | Gegenwart (auch drögenre, uvorrigia, Öpyır ge 
im Innern erhielten jich Reſte der ihnen nahe! nannt), die man anbetete, berührte, küßte, von 
verwandten Dardaner und Teufrer. In den Ge: | denen man genoß. Zu dieſen Symbolen gehörte 
birgen jaßen die räuberiichen und friegerifchen | die myſtiſche Lade, die Fackel, der Miichtranf 
Myſer, nad) Strabon aus Thrafien eingewandert, | (“vxeor) in den M. der Demeter, die Schlangen, 
nach Herodot (7, 74) &rornoe der Inder. — An das Rehfell, der Stier bei den Dionyfien, das 
Städten find zu nennen 1) in Kleinmyſien: Plafia, | Siftrum bei den M. der Iſis u. ſ. f. Alle dieje 
Kyzikos, Briapos, Parion, Lampſakos, Aby- | auf ftarfe Erregung des Gemüts berechneten Hand— 
dos an der Küſte, Apollonia, Miletopolis (j. | lungen und Bräuche wurden unter dem Ausdrud 
Muglitih?), Zeleia, Gergithes, Stepfis, Ber- | deıxviuer@ oder dpmuer« (ald dramatiiche Dar: 
fote im Innern. 2) In Troas: Dardanos, | ftellungen zu denken, 3. B. in den Eleufinijchen: 
Rhoiteion, Sigeion, Thymbra, Jlios, Ale: | Perjephones Entführung in die Unterwelt, De 
randreia Troas, Larifja, Hamaritos, Aſſos, meterd Umherirren nad) der verlorenen Tochter, 
Gargara, Adrampttion. 3) In Miolis bejon- | Plutons und Werjephones Hochzeit, Demeters 
ders die Bundesftädte (j. Aiolis); 4) und 5) in Rückkehr in den Olympos) und Aryöuere zujam: 
Großmyſien und Teuthrania: Pergamon, Par: 
thenion, Halijarna u. a. Das Genauere j. bei 
den einzelnen Artikeln. Strab. 12, 563 ff. 571 ff. 
Mela 1, 18. 


bedurfte es einer bejonderen Einweihung, die in 
verichiedenen Graden beftand. Der Aufzunehmende 
wurde allmählich durch den uvsrayoyög von einem 

Mystagögos und Mystes j. Mysteria, 3. | Alte zum andern bis zum höchſten Grade, bis zur völ- 
und Eleusinia, ligen Weihe —— Gewöhnlich unterſchei⸗ 

Mysteria, täæ Mvorsigıe, Geheimkulte, eine be- | det man uunoıs und Erorreia, vorbereitende Weihe 
jondere Art von Gottesverehrung, als deren cha- | und volle Anjchauung; doch öfter ſchickte man diejen 
rafteriftiihe Merkmale man außer dem Geheim: | beiden Akten noch die Reinigungen als eine Boritufe 
nisvollen und Verborgenen der rituellen Gebräuche | voraus. Über die 3 Stufen in den Eleufinien j. d. 
eine aufgeregte, enthufiaftiiche Gemiütsftimmung | Der vollendetite Grad ift die Zmonreia, das An- 
und eine bejondere, nur von ihnen erwartete re: | jchauen des Allerheiligften, was als ein Alt der 
ligiöfe Weihe und Erbauung anzufchen hat. Sie höchſten Beſeeligung angejehen ward. Die vor: 
gingen nicht aus Sucht nach dem Ausländiichen | läufig Eingeweihten hießen uvoraı, die völlig 
hervor, jondern aus dem einfachen Glauben, dah; | Schauenden Zrönruı. Kine abſtrakte dogmatijche 
in der Teilnahme an ihnen eine wejentlich be | Lehre fand bei den M. nicht ftatt; die dem Kultus 
glüdende, die Not des Lebens bejiegende Kraft | zu Grunde liegenden Ideen wurden, wie jchon 
liege. Dieſe Eigenichaften werden durch die Be: | vorher gejagt, auf ſymboliſche Art dargeitellt und 
nennungen der Nulte uversgie, Öpyıa@, reiste) von den einzelnen je nach ihrem Bildungsgrade 
ausgedrüdt. Movarrjgıo»r nämlich, zufammen- | aufgefaßt. Bejonders darf man nicht, wie dies 





initia zu Grunde. Die bei den jonftigen Gottes: ? 


mengefaßt. — Um zu den M. Zutritt zu erlangen, ° 


ws 


Mythologie. 


früher geichehen, annehmen, daß die Prieſter der 
M. im Bejip einer reineren und bejjeren Religion, 
als die*des Bolfes war, geweſen jeien und fie im 
verborgenen fortgepflanzt hätten. Den Teilneh- 
mern an den M. war jowohl während der Feier 
als auch bejonders nach derjelben ſtrenges Schwei- 
gen anbefohlen, damit das Geheimnisvolle und 
Heilige der Feier nicht durch Hinaustragen ins 





803 


wohl man wenig AZuverläfjiges von ihnen weiß 
(j. Kabeiren). Sie wurden wie die Eleuſinien 
von Staats wegen geübt und fanden bejonders 
bei den jeefahrenden Griechen der afiatiichen und 
thrafiichen Küfte Anerkennung. Auch die M. des 
fretiihen Zeus waren griechiichen Urjprungs, 


wiewohl ſich afiatiiche Elemente eingemijcht haben 


mögen. Man weiß von denjelben wenig. Wahr: 


profane Leben entweiht werde. An manden M. | jcheinlich feierte man im Frühling die Geburt des 
hatten alle ohne Unterjchied des Standes, des | Gottes in der idaiiſchen Grotte und auf den an— 
Geſchlechtes und Alters teil, manche wurden nur | ftoßenden Wiejen, im Herbfte jeinen Tod an jeinen 


von Frauen gefeiert, andere von eng geichlofjenen | 
Bereinen. — Die Anfänge der M. find in vor: 
homerijcher Zeit bei den Pelaſgern zu juchen, in 
dem alten Kultus geheimnisvoller Naturmächte, 
namentlich der chthonijchen Gottheiten. Diejer 
beruhte auf einer gewillen myjtiichen Empfindungs- 
und Anjchauungsweije, nach welcher das Göttliche 
dem Menichen unendlich fern jteht und als unbe: 
griffene Macht nicht far und plaftiich geitaltet 
werden kann. Weit entfernt von dieſem Myſticis— 
mus der alten Belajger war die homeriiche und 
echthellenische Zeit, in welcher der Grieche feinen 
Göttern nahe zu jtehen glaubte und fie in flaren 
Sejtalten fich vor Augen ftellte. Während diejer 
Beit wurden jene pelajgiichen Kulte zurüdgedrängt 
und bildeten ſich in ihrer Zurüdgezogenheit und | 
Abgeichiedenheit von dem helleniichen Leben völlig | 
zu Geheimfulten aus. Ws man ji aber von 
den zu jehr in die Außerlichleit gezogenen Gott: 
heiten des helleniichen Zeitalter nicht mehr be- 
friedigt fühlte, juchte man jein Heil wieder in 
jener zurücdgedrängten Seite der griech. Religion, 
in den Geheimkulten der chthonischen und der 
Naturgötter überhaupt, in deren Borftellungen von 
dem Wachen und Wellen der Pflanzenwelt, von 
dem Leben und Sterben der Natur die ahnende 
Seele ihre eigene Gejchichte, die Jdeen von dem 
Wechjel des Lebens und des Todes geheimnisvoll 
angedeutet jah. So blühten denn die M., indem 
man ihren alten Gebräuchen und Symbolen die 
neu entjtandenen Ideen der Unſterblichkeit und 
einer Vergeltung nach dem Tode unterlegte, neu 
auf, um jo mehr, je weniger das Diesjeits befrie: 
digte, je mehr der Grieche, durch vrientalijchen 
Einfluß dem Naturleben verfallen, aus demielben 
erlöjt zu werden verlangte. Dieje neue Blüte 


der Orphifer, die, ungefähr um 600 v. C. ent- 
jtanden, einen bedeutenden Einfluß auf die M. 
gewann und ihre zum Zeil aus dem Orient ge: 
holte theologiihe Spekulation in diejelben über: 
trug. Durch den Einfluß derjelben Sekte geichah 
es vornehmlich, daß ausländiſche Myſterienkulte 
nach Griechenland verpflanzt und die Myſterien 
der verſchiedenen Religionskreiſe miteinander ver— 
mengt wurden. — Als einheimiſche Myſterien 
Griechenlands aus alter pelaſgiſcher Zeit ſind die 
M. der Demeter anzuſehen, von denen die atti— 
jchen zu Eleujis bei weiten die berühmteiten ge- 
worden jind, in denen man nad Troft und Be— 
ruhigung in Bezug auf das Jenſeits juchte (j. 
Eleusinia). ferner die jamothrafijchen 
Weihen der Kabeiren, welche Herodot ebenfalls 
ein pelajgiiches Anftitut nennt. Sie gelten nadı | 


verdankten die M. zum großen Teil der 


Grabe. Bei dem Geburtsfejte führten bewaffnete 
Jünglinge, die Kureten (ſ. d.) darftellend, unter 
wilden Tänzen mit raujchender Muſik die Sage 
von der Geburt des Zeus auf. Als bejondere 
Eigentümlichteit wird angeführt, daß dieje Myſte— 
rien öÖffentlih unter freiem Himmel (pavegws), 
nicht, wie jonjt, im geheimen (uvorzwg) begangen 
worden jeien. Wusländiih waren die M. des 
Dionyjos, welche dem thrafiichen und phrygiſchen 
Dienfte des Dionyjos:Batchos, Zagreus, Sabazios 
entjtammten. Dieje wurden vorzugsweije mit einem 
wilden, rajenden Fanatismus gefeiert, der in Ber: 
ftümmelung des Leibes und häßliche Unfittlichleiten 
ausartete. Die gejitteten und befleren Griechen 
und Römer juchten jich dieſe Ausartung ajiatijcher 
Schwärmerei und Sinnentaumels fern zu halten. 
In ähnlichem wildem Fanatismus wurden die 
aſiatiſchen M. der Kybele gefeiert, die in jpäter 
griech. und röm. Zeit zu den verbreitetiten und 
ausgebildetiten gehörten. Schon jehr früh fand 
dieje Religion bei den aſiatiſchen Griechen Ein: 
gang (Fldt. 4, 74), jpäter auch zu Theben, Athen 
und im andern griechiichen Städten, ſowie auch 
in Rom. Ferner fannte man Weihen der Hekate, 
der Aphrodite, der Jiis, bes Mithras. Aus 
dem Kulte des thrafiihen Dionyſos entwidelten 
ſich durch Yuziehung des mannigfaltigjten Aber— 
glaubens die j. g. orphiihen Myſterien, die 
in Athen jchon zur Zeit des Beififtratos Eingang 
fanden. Sie jcheinen mit den Elenfinien mandjes 
gemein gehabt zu haben. Die Eingeweihten, denen 
das Studium der orphiſchen Schriften und eine 
jtrenge Aſteſe und Beobachtung myſtiſcher Ordene: 
regeln nach Art der ägyptiichen Priefterjchaft und 
des pythagoreiichen Bundes vorgejchrieben war, 
bildeten eine enggeichlojiene Korporation und be: 
wahrheiten dadurch ihren mweitverbreiteten Einfluf 
bis in jpäte Zeiten. Dieje ausländischen M. haben 
ji meift in verworrenen Zeiten des Öffentlichen 
Lebens, zu Athen bejonders während des pelo- 
ponnejiichen Srieges, zu Nom in der mittleren 
Kaiſerzeit eingeichlichen, und zwar zuerft nur bon 
jeparatiftiihen Vereinen geübt; allmählich aber 
verichafften fie fich, ohne vom Staate förmlich an: 
erfannt zu werden, ja oft von demjelben verfolgt, 
eine ſolche Verbreitung, daß fie die einheimischen 
Kulte verdunfelten und zu verdrängen drohten. 
Mytholögie, uvdoloyde, ijt die Lehre von den 
Mythen der alten heidnijchen Völker, namentlich 
der Griechen, bei denen fih der Mythos am 
freiejten und reichiten ausgebildet hat; oft jedod) 
veriteht man auch objektiv darunter die gejamte 
Maſſe der Mythen ſelbſt. MöBog bedeutete ur- 
iprünglidy bei den Griechen Rede, Erzählung 


den Eleufinien für die heiligiten in Griechenland | (Homer); jpäter jedod) gebrauchte man das Wort 

und jcheinen auch in ihrer inneren Ginrichtung | für Erzählungen, deren Inhalt in den Bereid) 

große Ahnlichkeit mit dieſen gehabt zu haben, wie: | der vorgeichichtlichen Zeit fällt. „Was die grie- 
51* 


er} 


7 


804 


chiſchen Gelehrten urdong nannten und in Samm— 
lungen wie Apollodors Bibliothek als einen gleich: 
artigen Stoff behandelten, bejteht in diner Maſſe 
Erzählungen von Handlungen und Schidjalen per: 
jönlicher Einzelweſen, welche nach ihrem Zuſam— 
menhange und ihrer Verflechtung insgejamt eine 
frühere, von der eigentlichen Gejchichte Griechen: 
lands ziemlich genau getrennte Zeit betreffen‘ 
(8. O. Müller). Der Anhalt diejer Mythen ift 
jehr verjchieden; man kann jagen, jene früheren | 
Menichen haben ihre ganze Weltanihauung, all 
ihr Wiffen und Denken in ihnen niedergelegt; doch 
fann man leicht 2 Hauptarten derjelben unter: 
icheiden, nämlich folche, die fich wejentlih um eine 
Gottheit drehen, und joldhe, deren Mittelpunft die 
älteften Menfchen, die Herven des Landes find; 
und darnad) teilen wir in neuerer Zeit den Mythos 
jo, daß wir die erjte Art Mythos, die ziveite 
Sage nennen. Beide haben das gemein, daß in 
ihnen Gejchehenes und Gedadhtes, Neales und 
Ideales eng verbunden und verjchmolzen find. 
In dem Mythos im engeren Sinn, namentlich in 
dem fojmogonischen und theogonijchen, waltet das 
Soeelle vor, er enthält meift in der Form von 
etwas Falktiſchem, Geichehenem Ideen aus dem 
Bereiche der phyſiſchen und moraliichen Welt, Ge— 
danfen über das Weſen und die Macht der Götter, 
über das Berhältnis der Götter zu einander und 
der Menjchen zu den Göttern u. j. mw. (3. B. Ge 
gebar den Uranos, Zeus erzeugte mit Themis die 
Horen, Zeus verſchlang die Metis, daß fie ihm 
in jeinem Innern Gutes und Böjes anzeige u. dgl.). 
Den Sagen dagegen liegt meist etwas wirklich 
Hiftoriiches zu Grunde, aber diejes ift vielfach) 
umgebildet und mit Gedachtem vermijcht. Sie 
jprechen von der Abſtammung und den Thaten der 
Landesheroen, von Wanderungen, Gründungen von 
Städten u. j. w.; das Gedachte aber, das hinein: 
gewebt ward, ift befonders das bejtändige Ein- 
wirfen der Götter, Ideen des Rechts und der Sitte 
u. ſ. w. So tritt denn vorzüglich die Religion 
in der Mythologie als ein Hauptelement hervor, 
jo daß man auch oft unter Müthologie den In— 
begriff der Religion überhaupt verjteht; allein 
Religion und Mythologie find feine ſich vollftän- 
dig deckenden Begriffe. — Die erſte Entitehung 
der Mythen iſt im der Urzeit des Volkes zu juchen; 
doch muß man bei dem Entftehen derjelben Re— 
ligion und Sprache jchon als in gewiſſem Grade 
vorhanden annehmen. Die Mythologie beruht 
weientlich auf dem bejonderen Charakter der Re: 
ligion als Naturreligion, welche die in der Natur 
als göttlid erfannten Mächte perjonifiziert und 
in menjchlicher Weiſe auftreten und handeln läßt. 
Die hierbei thätige Geiftestraft ift die Phantajie, 
welche aus jedem Wejen eine Perſon und aus 
jedem Verhältnis eine Handlung macht. Dieje 
ichöpferiiche Thätigkeit fam nicht bloß einzelnen 
geiftig hervorragenden Perjonen zu, jondern das 
ganze Volk beteiligte jich daran, und zwar auf 
unmittelbare Weije, ohne fich jelbit defjen bewußt 
zu jein und fich davon Nechenichaft zu geben. Es 
erfannte jeine eigenen Scöpfungen als etwas 
Wirfliches an und glaubte an fie und pflanzte fie 
in mündlicher Überlieferung von Gejchlecht zu Ge- 
jchlecht erweiternd, verbindend und umbildend Jahr— 
hunderte lang fort. Dieje Moythenbildung kann 
man eine unberwußte, natürliche Poefie nennen, , 











Mythologie. 


welche in einem gewiſſen Zeitalter in dem Wolfe 
bejonders rege und thätig gewejen fein muß. Und 
gerade das griechiiche Volk iſt vermögd jeiner 
glüdlichen Naturanlage, durch die günftigen Ber: 
hältniffe jeines Landes und die freie volfstümliche 
Entwidelung bierin vor allen andern ausgezeich— 
net geweſen und hat eine durch poetiihe Schön- 
heit und tiefe Bedentiamfeit wahrhaft vollendete 


Mythologie geichaffen, während bei den Drien- 


talen herrichende Briefterfaften wohl eine Art von 
mythologiſchem Syſtem konftruiert haben, das be- 
vormundete Bolt aber in feinem dumpfen Ge— 
fühlsleben und bei feiner ausjchweifenden Phantafie 
in feinen Religionen es zu feiner Haren Geftal: 
tung zu bringen vermochte. Die italiichen Bölter 
dagegen wendeten ihren Sinn mehr nadı der praf- 
tiihen Seite, auf das Geremonielle des Kultus, 
und haben darım ihre Mythologie wenig auäge 
bildet, zumal da ihre nationale Entwidelung durch 
gegenjeitige Unterdrüdung und durch Einwirkung 
ausländiicher gebildeterer Bölfer gehemmt und 
unterbrochen wurde. Der Grieche aber vermochte 
durch die ihm immohnende Kraft in jener alten 
Beit aud) das ihm von außen Zufommende um— 
zubilden und zu mationalifieren. — Der in der 
alten mythenbildenden Zeit in dem Bolfe entitan- 
dene große Mytheneyklus war nichts Abgeſchloſſenes 
und für alle Zeiten fertiges. Der Mythos hat 
von Natur eine große Bildjamfeit und vermag 
die verjchiedenften Anjchauungen und Stimmungen 
in fi) aufzunehmen. Namentlich hat die Dicht: 
kunſt jich des Mythos bemächtigt und ihn je nad 
den Anjchauungen der Zeit innerlich umgebildet. 
So hat Homer den überfommenen Mythenporrat 
nach der Anfchauungsweije feiner Zeit behandelt 
und manchen Mythen einen ganz andern Geift. 
als ihnen urſprünglich inmwohnte, eingehaudht. 
Homer ift für Mythologie und Religionsweien der 
Griedyen außerordentlich wichtig, nicht bloß, meil 
feine Werfe für die mythologiiche Forſchung die 
ältefte Quelle find, jondern auch, weil er, das 
Werk einer langen Reihe vorhergehender epiſchet 
Dichter fortiegend und abichließend, endlich die 
urjprünglich an die Natur gebundenen griedyiichen 
Gottheiten zu Haren und vollfommen ausgebilde: 
ten Berjönlichkeiten, zu fittlich freien Weſen ge 
formt, weil er überhaupt die mythologiſche umd 
religiöje Auffafjung jeiner Zeit als maßgebend 
für die nächſten Jahrhunderte der echthellenijchen 
Beit hingeftellt und, die bisherige Tandichaftliche 
Sejchiedenheit überwindend, eine nationale Einheit 
des religidöjen Bewußtſeins und der darauf be: 
ruhenden Mythenwelt herbeigeführt bat. Darum 
jagt Herodot (2, 53), Homer und Hefiod hätten 
den Hellenen ihre Mythologie und Theogonie ge: 
macht. Heſiod iſt für die Mythologie nicht minder 
wichtig als Homer. Während Homer die heroiiche 
Mythologie, in welche jedoch die Gottheiten des 
Kultus mannigfady verwebt find, repräjentiert, 
vertritt Hefiod die koſmogoniſche und theogoniſche 
Mythologie, indem er zeigt, wie das jetzt herr: 
ichende Göttergejchlecht dur; Zeugungen und Um— 
mwälzungen aus einem früheren, dem der Titanen, 
und wie dieſe aus dem Urmwejen der Natur ber: 
vorgegangen find. — Die Mythologie bleibt in 
der folgenden Zeit ftet3 ein hHauptfächliches Material 
für die dichtende und bildende Kunft, jomwie für 
die wiſſenſchaftliche Thätigfeit des griechiſchen 


Mythologie. 


Volkes. Das Epos nad) Homer und Hefiod be: | 
Ichäftigte fich meiftens damit, mythologiichen Stoff | 
zu jammeln und zu einzelnen Cyklen zujammen: 
zuſtellen. Die Lyrifer behandeln die mythiſchen 
Stoffe auf eine freiere Weife, indem jie diejelben 
nad) den religiöjen Vorftellungen ihrer Zeit, nad 
den Forderungen einer höheren Sittlichfeit und | 
nach den bejonderen Zweden ihrer Gedichte um- 
formen, zufügen und abjchneiden. Pindar 3. B. 
zweifelt zwar nicht an dem Thatſächlichen des | 
Mythos; wo ihm aber eine That mit der Sitt- 
lichkeit oder der Würde der Götter und Herven | 
zu ftreiten jcheint, da ändert er den Mythos in 
dem Glauben, daß Unverftand oder böjer Wille 
der Erzähler ihn entjtellt habe (ol. 1, 47). Much 
die Tragifer behandeln den Mythos auf eine 
freiere Heile; fie wählen und verändern ihm mit 
Rüdfiht auf ihr Publifum und auf die Forde⸗ 

| 





rungen der tragiihen Poejie, indem fie dem Na- 
tionalftolz der Attifer zu jchmeicheln juchen, den 
Stoff abrunden und in ihm die tragischen Momente | 
hervorfehren Aiſchylos, dem die Vorliebe für 
ipefulative und theologische Geſichtspunkte eigen: 
tümlich ift, und Sophofles, der dem Wirklichen 
und Gejchichtlichen zugewandt ift, halten fich weit 
treuer an die Überlieferung, als Euripides, der 
ihon in der Zeit der religidjen Aufklärung fteht 
und einem jchwanfenden und unentichiedenen Phi— 
lojophieren verfallen ift. Die alerandrinifchen und 
die damit zufammenhängenden römiichen Dichter 
juchten beſonders durch unbefannte, aus der ört— 
lihen Mythologie aufgejuchte Stoffe zu prunfen 
und zu fejleln. Der bildenden Kunft lieferte die 
Mythologie. einesteild den allgemeinen Stoff der 
Ausihmüdung und Charafteriftit an Gefäßen und 





Umfange, jo daß der ganze mythologiſche Stoff, 
der ſchon in der PVoeſie nach feinen poetischen 
Motiven durchgearbeitet war, nun auch zur plaſtiſch 
fünftlerifchen, räumlich körperlichen Auffaffung und 
Darftellung fam; andernteils bethätigte ſich die 
Kunft in der Tempelbildnerei als eine jchaffende 
Macht, welche die durch die Poeſie des Homer 
zuerft zu klarer geiftiger Anjchauung gebrachten 
Götterideale dem Volke körperlich ſinnlich vor 
Augen ftellte. — Unter den projaifchen Schrift: 
ftellern jeßten die Logographen und älteren Ge: 
ichichtichreiber das Werk der kykliſchen Epifer fort, 
indem fie die aus der Lofalmythologie und den 
epijchen Gedichten geichöpften Sagen in — — 
tem und geordnetem Zuſammenhang überlieferten, 
eine Thätigkeit, in welcher ſpäter die mythogra— 
phijchen Sammler (Apollodor), die Erflärer der Did): 
ter und die Beriegeten (Paujanias) folgten. Hero— 
dot und Thufydides behandeln gelegentlich mythiſche 
Erzählungen und ziehen aus ihnen gejchichtliche 
Ergebnifje, doch ohne eigentlih wifjenichaftliche 
Methode. Bei den folgenden Gejchichtichreibern, 
z. B. Ephoros und bejonders Euhemeros, woran 
ſich Diodor von Sicilien anſchließt, fam in der 
Mythenbehandlung der Pragmatiimus (d. h. das 
Streben, die Mythen zur Gejchichte zu machen) 
auf, defjen Anfänge fich ſchon bei einigen Logo: 
graphen vorfinden. Die Philojophie nahm von 
Anfang an eine doppelte Stellung zum Mythos 
ein; entweder verſuchte fie ihn allegorisch zu deuten 
und dadurch zu ftüben, oder ſie erklärte feinen 


Inhalt für Unwahrheit. Dieſe beiden Richtungen |und Göttergeftalten der griechiichen 


jonftigen Geräten und an Gebäuden im weitefte 


805 


gehen durch das ganze Altertum nebeneinander her, 
treten aber gegen das Ende des finfenden Heiden: 
tums ganz bejonders hervor; namentlich handhab- 
ten die Neuplatonifer und Gnoſtiker zur Stützung 
ihrer theologischen Lehrſätze die allegoriiche Mythen: 
deutung auf die willfürlichite Weile, mährend 
diejem geiftlofen und phantaſtiſchen Dogmatiimus 
gegenüber die Skepſis immer entjchiedener und 
durchgreifender ward. Dazu fam in diejer finfen: 
den Zeit auf dem Gebiete der Mythologie und 
de3 populären Glaubens durch allmählich einge: 
drungene ausländijche, namentlich orientalijche Kulte 
und Mythenſyſteme ein ſtets wachſender Aberglaube 
und ein verivorrener Synfretiimus, defjen unfaubere 
und bizarre Mythen den Vorkämpfern des Ehriften: 
tums Grund zu heftigen und erfolgreichen An— 
griffen boten. — Was die Wiffenjchaft der Miytho- 
logie in neuerer Zeit anlangt, jo hat man im 
17. und 18. Jahrhundert einerjeits die Mythen 
auf pragmatijche Weife wie Geſchichte behandelt, 
andererjeits beurteilte man die Religion der Alten 
von einjeitigen Vorurteilen aus und jah in der: 
jelben bald ein Vorſpiel, bald eine Berzerrung 
des Ghrijtentums. Seit Anfang unjeres Jahr: 
hunderts herrichte längere Zeit in der Mythologie 
durch den Einfluß einer beftimmten Nichtung der 
Philojophie die pa von einem Urvolfe im 
Driente (Indien, Agypten, Hochaſien u. j. tv.) vor, 
das eine reine Gotteserfenntnis gehabt habe. Bon 
da jei dann dieſe Urweisheit durch Priefter unter 
die rohen Völker der Erde und namentlich auch 
bei dem ungebildeten Griechenvolfe ausgebreitet 
worden, und ziwar wegen der unzulänglichen Bil: 
dung und Erfenntniskzaft der Bölfer in Form des 
Mythos auf allegoriiche Weife, alfo in abfichtlich 
erfundener Bilderjpracdhe, während die reine Re: 
ligion in abjtrafter Lehre eſoteriſch ſich in den 
Mpfterien erhalten habe. Zu den Vertretern diejer 
Richtung gehören Fr. Schlegel, Görres, Schelling, 
Creuzer und in gewifler Beziehung auch Henne, 
Creuzers Vorgänger. Denen läßt jid) eine andere 
Reihe von ungefähr gleichzeitigen Mythologen (Voß, 
Lobeck, &. Hermann, — Buttmann, Weider 
K. D. Müller) entgegenftellen, die unter fich 
wohl auch charafteriftiiche Unterſchiede * im 
ganzen aber darin übereinfommen, daß ſie der 
Gefahr unkritiſcher Methode und unhiſtoriſcher 
Vorausjegungen eine ftreng fichtende Gründlich— 
feit und bejonnene Forſchung entgegenjegten, daß 
fie ferner in das Wejen des Mythos, der nichts 
abfichtlich Erdichtetes ift und als die naturgemäße 
Ausdrudsweije eines gewiſſen Zeitalters betrachtet 
werden muß, tiefer eindrangen und zugleich den 
volfstümlihen Urjprung und die volfstümliche 
Entwidelung der griechiichen Religion zur Aner: 
fennung bradten. In dieſer Beziehung haben 
fih in den lebten Jahrzehnten die Arbeiten von 
C. Schwenck, Edermann, E. Braun, 3. F. Lauer, 
W. F. Nind, 2. Preller, E. Gerhard, %. A. Har: 
tung und %. ©. Welder neue Verdienfte um dieſe 
ſchwierige, aber bejonders wichtige Seite des Alter: 
tums erworben. Populäre Arbeiten find die von 
Heffter, Geppert, Jacobi, Stoll, Seemann und 
Kurt; Kupferwerke: Millins mythol. Gallerie, 
K. O. Müllers Denkmäler der alten Kunft, €. 
Brauns Vorſchule der Kunſtmythologie, 3. Over: 
bed3 Gallerie heroischer Bildwerfe, Conzes Heroen— 
Punft, und 


806 


Langls griech. Götter: und Heroengeftalten. — Die 
vergleichende Sprach-⸗ und Müythenforichung, ver: 
treten durch Kuhn, Mar Müller, Roſcher, Schwartz 
u. a., welche, bis in die Zeit der indogermaniichen 
Stammgenofjen zurüdgehend, dem Urjprung und 
dem Weſen der Mythen näher zu kommen jucht, 
vermag, wenn mit Bejonnenheit geübt, der grie- 
chiſchen Mpthologie Erläuterung, Ergänzung und 
Sicherung zu geben. Hauptwerk: Roſcher, aus: 
führliches Lexikon der griechiichen und römischen 
Mythologie (1884 ff.; noch unvollendet). 

ytilene, Moriren, richtiger als Mitylöne, 
Mirvirjen, die größte und wichtigſte Stadt der 
Inſel Leſbos an der Dftjeite, j. Mytilini, mit 
2 Häfen und ftarfen Befeftigungen aus den Beiten 
des peloponnefiichen Krieges (Thue. 3, 2), in rei: 
zender Gegend (Cie. leg. agr. 2, 16. ad fam. 4,7. 
Hor. od. 1, 7, 1. ep. 1, 11, 17) und durch ihre 
hohe Bildung und Förderugg von Kunft und Litte— 
ratur von alters her berühmt (Geburtsort von 
Pittakos, Altaios, Sappho, Hellanitos u. a.). Strab. 
13, 617. Nach dem Sturz des Kroifos unterwarf 
fih M. den Perjern. Dareios madıte den Koks 
zum Dank für die auf dem Skfythenzug geleifteten 
Dienfte zum Tyrannen der Stadt. Derjelbe wurde 
in dem tonischen Aufftand gefteinigt. Doc, kam 
Leibos 493 v. E. wieder unter berfitche Oberhoheit 
und mußte an dem Zug gegen Griechenland teil— 
nehmen, ſchloß ſich aber dann 479 an den Atti— 
ſchen Seebund an. Hdt. 1, 160. 4, M. 5, 11. 375. 
7, 95. 9, 106. Im peloponnefiihen Krieg jchlug 
jih das ariftofratiicd regierte M. 428 auf Die 
Seite der Spartaner, wurde aber nad) langtvie: 





Mytilene — Nabataei. 


riger Belagerung 427 von Paches wieder erobert, 
graufam bejtraft und feiner Mauern und Scemadht 
beraubt; das Gebiet wurde an atheniſche Kleruchen 
verteilt. Thue. 3, 2 ff. 26ff. Diod. Sie. 12, 55. 
Nach der Niederlage der Athener auf Sicilien 
fielen Mytilene und die andern leſbiſchen Städte 
abermals ab (Thuc. 8, 5 ff.), worauf mit wechjeln: 
dem Glück dort von den Mthenern und Lafedai- 
moniern gefämpft wurde. Die Schlacht bei den 
Arginujen rettete zwar die von Kallifratidas im 
Hafen von M. cingejchloffene atheniiche Flotte 
unter Konon, die Schladht von Aigospotamoi aber 
brach die Macht Athens, das indes nach der Schlacht 
bei Knidos wieder in den Beſitz der Stadt fam, 
die auch nach dem antalkidiichen Frieden wieder 
fich den Athenern anſchloß. Zur Zeit Aleranders 
litt die Stadt jehr infolge der Einnahme durch 
die Perſer und der fpäteren Eroberung durch die 
Matedonier. Arr. 2, 1, 1ff. 3, 2, 6. Doc erholte 
M. fi) von diefen und andern Schlägen immer 
ſchnell wieder. Die römischen Kaifer, beionders 
Tiberius und Nerva, begünftigten die Etadt. 

Myüs, Mvoös, Stadt in Karien am füdl. Ufer 
des Maiandros, zum Joniſchen Bunde gehörig, 
uriprünglich an der Mündung des Maiandros ge: 
fegen, aber jchon zu Strabons Zeiten infolge der 
ftarfen Anſchwemmungen 30 Stadien vom Meere 
entfernt, deshalb unbedentend und bald ganz ver: 
laſſen. M. gehörte zu den Städten, welche Arta: 
rerres dem Themiftofles jchentte. Strab. 14, 632]. 
Hat. 1, 142, 6,8. Thuc. 1,138. 3, 19. Diod. Sie. 
11, 57. Nep. Them. 10. Die Ruinen j. Aoichar 
falejii. 


N. 


Naar malcha, Naagudiyas, d. i. Königskanal, | fruchtbare Boden ihres Gebietes, noch mehr der 


deshalb mit 6 Baoi.eıog morauög, N) 


ß. dıögve, | lebhafte 


wiſchenhandel von Arabien und Andien 


regium flumen überjegt, der nördlichite und größte | nach Syrien und Ägypten verjchafiten ihnen Wohl- 


der 4 PVerbindungsfanäle zwiichen Euphrat und | ftand. 


Tigris, noch jegt Nahr al-Malk genannt. Er war 
von Nebufadnezar errichtet und floß der Mediſchen 
Mauer entlang und mitten durch die Stadt Sippar. 


Hadt. 1, 193. Strab. 16, 747. Pol. 5, 51, 6. Plin. 


6, 26. 30. 

Nabalia, ein Fluß im nördlichen Germanien, 
nur von Tacitus (hist. 5, 26) erwähnt, den einige 
für die Mſel oder Vechte, andere für den öftlichen 
Nheinarm halten, an deſſen Mündung das von 
Ptolemaios (2, 11, 28) genannte Kaftell Nave- 
ka lag. 

Nabataei, Naßareioı, das Hauptvolf in Ara- 
bia petraea, das um 650 v. E. in den aſſyriſchen 
Anichriften, doch damals wohl noch in mehr nord: 
öftlichen Wohnfigen erwähnt wird, feit etwa 300 
v. C. Idumaia (j. d.) einnahm, aber auch nad) 
S. und N. ſich ausdehnte. Ihre Hauptitadt, von 








Daneben verihmähten fie indes, ihrem 
Volfscharafter getreu, auch Raubzüge in die be: 
nachbarten Yänder feineswegs. Ihre Religion war 
der bis Muhammed in Arabien herrichende Ge: 
ftirndienft; befonders der Gott Dufares (Dionyſos 
und die Höttin Atar-fjamain (die Mitarte des Him— 
mels) wurden verehrt. Troß ihrer arabijchen Ab: 
ftammung fprachen fie einen aramäiichen Dia- 
let. — Schon in der Diadochenzeit werden die 
N. als ein friegeriiches Volk geſchildert, das An 
tigonos 310f. v. E. vergeblich befämpfte. Put. 
Demetr. 7. Bielmehr unterwarfen fie fich in den 
folgenden Jahrhunderten die Stämme am Arabi: 
ichen Meerbujen bis Leufe Kome und drangen 
noch mehr nach N. über Damaskos bis gegen den 
Euphrat vor. Won ihren Königen, die meistens 
Aretas (Harethath) oder Malchos (Malifu) heißen, 


wird zuerft ein Aretas um 170 v. C, genannt. 


der das Peträijche Arabien feinen Namen hat, war | Zu den Maftabäern ftanden fie bald in freund 


Petra, im A. T. Sela, in der Mitte zwijchen 
dem Toten Meer und dem Ailanitiſchen Meer: 
bujen gelegen, ein reicher und mächtiger Handels: 
platz mit weitausgedehnten, meist, in den Felſen 
gehauenen Pradıtbauten, von denen noch grof;: 
artige Ruinen vorhanden find. Ihre zahlreichen 


Schaf: und Kamelsherden, der zum Teil jehr, 





lichen, bald in feindlichen Beziehungen. Ein jolcher 
Konflift veranlafte den Pompejus zu einem Zug, 
auf dem er bis Petra gekommen jein joll, 63 v. ra 
Plut. Pomp. 41. Malchos 11. unterftügte den 
Cäſar in Agnpten, 47 (b. Aler. 1), wurde aber 
ipäter, weil er fich den Parthern angeichlofien 
hatte, von den Römern gezüchtigt, doch von Octa 


Nabis — Naerii. 


bian beftätigt. Plut. Ant. 61. Gegen das lm: 
fichgreifen von SHerodes dem Gr. erhob ſich Mal- 


cos, wie jein Nachfolger Obodas, der den Römern | 


auf ihrem Zug nad Südarabien (25/24 v. €.) 
Hülfe leiften mußte. Der Sohn des DObodas, 
wieder ein Aretas (feit 7 v. E.), bradhte zur Rache 
für die Verftoßung feiner Tochter dem Herodes 
Antipas 36 n. E. eine volljtändige Niederlage bei. 
Sein Nachfolger Malchos unterftüßte die Römer 
im jüdiichen Kriege fräftig. 106 n. E. lie Trajan 
durch Aulus Corn. Balma das nabatäifche Reich 
auflöjen und machte aus dem größeren Teil bes: 
jelben die Provinz Arabia, deren jpätere Haupt: 
ſtadt Boſtra (f. d.) war. Strab. 16, 760. 777. 
7797. 783 f. Dio Cass. 88, 14. Juv. 11, 126. Or. 
met. 1, 61. Tac. ann. 2, 57. Eutr. 8, 3. 

Nabis, Naßıs, bemächtigte jich bald, nachdem 
Machanidas (ſ. d.) von PBhilopoimen getötet war 
(206 v. E.), der Herrſchaft in Sparta. Er wurde 
als freund der Römer in den Frieden mit Phi: 
lipp von Makedonien aufgenommen, 205. Liv. 
29, 12. Er war habjüdhtig und graufam und 
ftüßte fih auf Söldner, mit denen er Raubzüge 
zu Lande und zu Waller machte: alttatonitches 





} 


| 


807 


Ennius und älterer Zeitgenoffe des Plautus. Aus 
Gampanien gebürtig, kam er frühzeitig nad Non 
und lebte fi in römijche Art und Weile völlig 
ein, jo daß er von Cicero (de or. 3, 12, 44) als 
ein Mufter der altertümlichen reinen Sprache be: 
zeichnet wird. Er nahm am erjten punijchen Kriege 
thätigen Anteil und führte im J. 233 v. C. ſein 
erſtes Stüd auf. N. war mit ganzer Seele Ple: 
bejer und griff nad der Weiſe der griechischen 
Dichter, wie Gellius (3, 3, 15) jagt, die erften 
Männer des Staats, die Meteller und Scipionen, 
mit rüdjichtslojem Freimute an. Metellus be: 


langte ihn, er wurde verurteilt und mit Gefängnis: 


itrafe belegt. Durch Hülfe der Volfstribunen be- 
freit, verfiel er bald wieder in jeinen alten Ton, 
wurde durch die Ariftofratie verbannt und jtarb 
zu Utifa um 199. Cie. Brut. 15, 60. Da er fein 
epiiches Gedicht über den puniichen Krieg erſt im 
höheren Alter verfaßt hat (Cie. Cat. m. 14, 50), 
jo muß er ziemlich bejahrt geftorben jein und ift 
daher mwahricheinlich zwiichen 274— 264 geboren. 
Seine dichterifche Thätigkeit gehörte größtenteils 
der Bühne an, obwohl er in der Tragödie 
weniger Bedeutendes geleiftet zu haben jcheint, jo 


Wejen bemühte er jich ganz auszurotten. Als daß jogar darüber Zweifel erhoben worden ift, ob 
Philipp wieder den Krieg anfing, gewann er Nabis | er überhaupt Tragödien gedichtet habe. Doc) Titel 
durch Abtretung von Argos zum Bundesgenojjen. | wie Andromacha, Iphigenia, Lycurgus, Equus 


Liv. 32, 38. Flamininus zog nad Bejiegung des 
Bhilipp und Berfündigung der Freiheit Griechen: 
lands gegen ihn und zwang ihn, alle auswärtigen 
Befißungen und die lakoniſchen Küſtenſtädte ab: 
zutreten, ließ ihm aber die Herrichaft in Sparta, 
195. Liv. 34, 22, Plut. Flam. 13. Bald darauf 
griff N. die jegt mit Rom verbündeten Achaier 
an. Nachdem er zuerft zur See gefiegt, ward er 
von Philopoimen bei Gytheion geichlagen und von 
Aleramenes, dem Führer der ihm zu Hülfe ge: 
ichidten Witoler, ermordet, 192. Pol. 7, 8. 17, 17. 
Liv. 36, 35. 

Nabonnassar, Nabonödus, Nabopolassar j. 
Nebukadnezar. 

NaenYa — richtiger Nenia — erflärt Feſtus 
(p. 161) durch carmen quod in funere laudandi 
gratia cantatur ad tibiam; ebenfo, nur mit der 
Beſchränkung auf honorati viri, Cicero (legg. 
2,24, 62. Quint. 8, 2, 8). 


Troianus, Aesiona müſſen auf Tragödien zurüd: 
zuführen jein; die praetexta (j. d.) jcheint er zu: 
erit gedichtet zu haben. Deſto fruchtbarer war er 
als Komiker. Bon römijchen Originalftüden (fa- 
bulae togatae) finden ſich nur wenige Spuren. 
Durch jolche Stüde aber jcheint er ſich hauptſäch— 
lich verfeindet zu haben, indem er ihnen häufige 
Ausfälle auf Perionen und Zuſtände jeiner Zeit 
beimijchte. Bon Komödien, griechiichen Originalen 
nachgebildet (fab. palliatae), jind ziemlich viele 
Titel und aud Fragmente erhalten. Sie waren 
der neueren griechiſchen Komödie nachgedidhtet, wo: 
her er die jtehenden Figuren und den allgemeinen 
Inhalt entlehnte, wobei er auch wohl 2 Stüde 
in eines zujammenjchmolz; und die j. g. contami- 
natio ausübte (Ter. Andr. prol. 7). N. war nicht 
bloßer Überjeger; er romanifierte den griechiichen 
Stoff, hauptſächlich dem Menander entlehnt, und, 


In der ältejten Zeit, gab ihm örtliche Färbung. Im Tone, in dem 


als die Geftorbenen noch im eigenen Hauſe bei: |fürnigen Ausdrude, volfstümlichen, Humor und 
gejegt wurden, jangen die einzelnen Gäfte beim | lebendigen Dialoge jcheint er viele Ahnlichkeit mit 
Leichenſchmauſe dieje Loblieder; als aber Beftat: | Plautus gehabt, fich aber aud von ihm durch eine 


tung außer dem Haufe ftattfand, wurden die Nä- 
nien entweder bei der Leichenprozeſſion oder an 


| 
| 


gewäfle politifche Richtung unterjchieden zu haben. 
doch in Ciceros Zeit gingen N.s Stüde über die 


der Begräbnisftätte gejungen, und zwar urjprüng: | Bühne. Das erwähnte Epos über den puniichen 
lih von den Hinterbliebenen und Verwandten. | Krieg, von dem Grammatifer C. Octavius Yam- 


Suet. Oct. 100. 
feicht die befannten Grabichriften auf die Scipio- 
nen. 
von bezahlten Klageweibern (praeficae) gejungen, 
an welche fie ipäter bei abnehmender Pietät ganz 
übergingen. Nach und nach erhielt das Wort einen 


Waren feine Verwandten da, jo wurden fie 


weiteren Sinn (Hor. od. 2, 1, 38), doch meift mit | 
einer geringichäßigen Nebenbedeutung. Auch wurde | 


Nänia perjonifiziert und hatte als Klagegöttin ein 


Heiligtum in Rom vor dem Viminaliichen Thore; | 


estattung, 11. 
aevli, Name einer plebejiichen gens, die ſich 
jchon frühzeitig in Nom angejiedelt hatte. Be: 


J 


vgl. 
N 


merfenswert daraus find: 1) En. Nävius, der, 
Nachfolger des Livius Andronitos, Vorgänger des 


‚zum eriten puniſchen Kriege über. 





Reſte ſolcher Nänien find viel: | padio in 7 Bücher abgeteilt, war im jaturniichen 


Versmaße abgejaht und enthielt in den beiden 
erften Büchern Noms und Karthagos mythiſche 
Urgeichichte, jprang aber im dritten Buche jogleich 
Durch diejes 
Gedicht ericheint N. als der erjte römijche Epifer, 
denn an der Odyſſee des Livius war nur Die 
Sprache, nicht aber Stoff und Behandlung rö- 
milch. Bol. über Nävius Cie. Brut. 19, 71. de or. 
2,65, 255. 3, 12, 44, Gell. 17, 21. 45. Nibbed, 
die römijche Tragödie, S. 44 f., und die Monogr. 
von Klußmann (1843) und Berchem (1861). Die 
Fragmente jeiner dramatiichen Werfe find gejam- 
melt in DO. Ribbeds scaenicae Romanorum poe- 
sis fragmenta und von Luc. Müller (zugleid; mit 


808 


denen des Livius Andronicus, 1885), die des Epos 
von J. Vahlen (1854) und in Luc. Müllers Samm- 
lung der Fragmente des Ennius (1884), ſowie in 
Bährens’ fragm. poet. Rom. p. 43 f — 2 D. 
Näv. Erifta, wurde im 3. 214 v. C. der Stadt 
Apollonia gegen die Mafedonier von dem Prätor 
M. Valerius zu Hülfe Ay: und vollführte jei: 
nen re hmlich. Liv. 24,40. — 3) M. Nä— 
vius, joll als Vollstribun (185 dv. E.) den älteren | 
Scipio, dem er Feind war, vor Gericht geladen | 
haben. Liv. 38, 56. — 4) DO. Näv. Matho, ver: 
waltete im %. 184 v. E. Sardinien ala Prätor. 
Liv. 39, 32. 38. — 5) ©. Nävius, ein Mann 
von geringer Bildung und niederem Stande, ver: 
ftand es, 5 bei den angeſeheneren Männern der 
ſullaniſchen Partei beliebt zu machen (Cie. Quinct. 
22, 70. 30, 93), und erwarb fidh ein beträchtliches 
Vermögen. Mit P. Quinctius geriet er in Streit, 
weil er gegen ihn von defien verjtorbenem Bruder 
Gaius her Ansprüche erhob, während Publius ein 
gleiches gegen Nävius that. Als beide nad einigem 
Zögern des N. endlich auf ihre Ansprüche ver: 
zichtet, und Publius fih nach Gallien begeben 
hatte, trat N. unerwartet gegen ihn auf und fand 
Unterftüßung beim Prätor Burrienus. Als nun 
Publius wieder nach Rom kam, wußte ihn N. mit 
Hülfe des Prätors Dolabella in eine jehr un: 

ünftige Lage zu bringen. Die Berteidigung des 
3 Quinetius übernahm Cicero 81 v. C. in der 
noch vorhandenen Rede pro Quinctio. Wie der 
Prozeß abgelaufen, wiſſen wir nicht. — 6) P. 
Näv. Turpio, ein Helfershelfer des Verres, wird 
von Cicero (Verr. 2, 8, 22. 5, 41, 108) ſcharf ge- 
geihelt. — T) Näv. Sertorins Macro, Nad): 
folger des Minifters Sejan im 3. 31 n. E. und 
Günftling des Tiberius, dem er zu jeder Unthat 
behülflich war. Als derjelbe aber dem Tode nahe 
war, ſchloß jih N. an Galigula an, um defien 
willen er den Tiberius aus dem Wege geräumt 
haben joll. Taec. ann. 6, 38. 46. 50. Suet. (Cal. 
12. 26. Caligula verbannte ihn jpäter und zwang 
ihn zum Selbftmorde. Dio Cass. 58, 9 ff. 24 ff. 
59, 10. 

Naharvali, eine zum Ingiichen Stamm gehörige 
‚Bölkerichaft im NO. Germaniens an den Ufern 
der Viſtula (Weichjel), in deren Gebiet (vielleicht 
bei dem heutigen Rawa) fich ein heiliger Hain 
befand, in dem die Doppelgottheit Alces (von 
Tac. Germ. 43 mit Kaftor und Pollux verglichen) 
von Prieftern in weiblicher Kleidung verehrt wurde. 

Naias oder Nais ſ. Nymphae, 3. 

Naidıe, auch Tese, eine Art Grabmäler in 


Form Heiner Tempel. Neben diejen tommen aufer | fi 


den bloßen, von Steinen oder Erde aufgeworfenen, 
Hügeln (gouare, nolaraı, röußor) noch vor Pfei— 
ler (orijaı), eine Art aufrechtftehender Steintafeln, 
auf denen fich ein giebelartiger oder gerundeter 
Aufjag (Fmidnue) befand; ferner eigentliche Säu— 
Ien (xdoves) und endlich liegende Grabfteine (re«- 
zetar). Der Aufwand, der bei den Athenern damit 
etrieben wurde, war jo groß, daß man für nötig 
and, ihn durch Geſetze zu beichränfen. Außer dem 
Namen des Verftorbenen enthielten die Denkmäler 
häufig Nachrichten über deſſen Leben, Lehren für 
die Hinterbliebenen, auch Berwünjhungen gegen | 
die, welche das Grabmal antaften ſollten. — Die 
Grabmäler waren Eigentum der familie, und nie: | 
mand durfte in denfelben beigejegt werden, der 


Naharvali — Napata. 


nicht zur Familie gehörte. —* das Hauptwerk: 
Stadelberg, die Gräber der Hellenen (1835). Per: 
vanoglu, die Srabjteine der alten Griechen (1863). 

Naisus, Neioös, Stadt in Obermöfien an einem 
öftlichen Nebenfluffe des Margus, j. Niih am Fluß 
Nifiawa, Geburtsort Conſtantins des Großen, 
der ſich dajelbjt öfter aufhielt und fie verjchönerte. 
——— zerſtört, wurde fie ſpäter wiederher— 
geſtellt. 

Namatiänus, Claudius Rutilius, ein rö— 
mijcher Dichter, ftammte aus Gallien, bekleidete 
in Rom die Amter eiues magister officiorum 
und praefectus urbi und begab jich beim Einfalle 
der Goten in Stalien von dort, als dasjelbe von 
jenen verwüftet wurde, nach Gallien zurüd, 416 
n. C. Hier fchrieb er in elegiichem Versmaß eine 
poetiſche Bejchreibung feiner Reife von Rom nad 
Gallien aus See, von der wir nod das erfte 
Buch und den Anfang des zweiten haben (de 
reditu suo). Das Gedicht wird auch Itinerarium 
betitelt, ift in der Form Fforreft und rein und 
enthält einige anmutige Schilderungen, wenn auch 
fein jonftiger nicht bedeutend iſt. Ausga. 
von Rapp (1786), Gruber (1804), U. W. Zumpt 
(1840), Luc. Müller (1870) und Bährens, poet. 
lat. min. V p. 1f.; deutjche Überjegung von Sta: 
jins Lemniacns (A. v. Reumont, 1872). 

Namnötai, -es, Naurnreı, feltiiche VBölterichaft 
Galliens am nördlichen Ufer des Liger mit der 
Hauptitadt Condivineum (j. Nantes). Sie waren 
Berbündete der Veneter. Caes. b. g. 3, 9. Strab. 
4, 190. 198, 

Nanno f. Mimnermos. 

Nantuätae, -es, Navroväraı, feltiiches Alpen: 
volt an der Grenze der Provinz (im j. Wallisı. 
Caes. b. 9. 3,1. ch Gäfar (b. g. 4, 10) durch: 
ftrömte enus — Rhodanus?) ihr 
Gebiet, was ſich freilich mit jener erſten Angabe 
nicht verträgt; doch iſt die ganze Beſchreibung des 
Laufs der Flüſſe an dieſer legten Stelle ungenan. 
Strab. 4, 204, 

Nanus oder Nannus, vdrog und vdrrog, auch 
pumilio, ein Zwerg. Zwerge waren als Selten: 
heiten in Rom beliebt und wurden 3. B. zu pau— 
tomimijchen Vorftellungen verwendet. Man hatte 
daher eigene Kaften (Zwergfutterale) erfunden, um 
das Wachstum von Kindern zu hemmen und fo 
fünftlihe Zwerge zu jchaffen. Der Zwerg der 
Julia, Conopas genannt, war nur 2'/, Fuß hoch. 
Noch beliebter ald dieſe nur feinen, aber regel: 
mäßig gebildeten, waren häßfliche, verwachiene, 
ſpitzköpfige, didnafige, langohrige Zwerge. Je blöd— 
inniger, cretinartiger foldye moriones waren, dejto 
befuftigender und wertvoller erichienen fie. Man 
lehrte jie tanzen und die Gaftagnetten dazu jchla- 

en; Domitian ließ fie jogar in Theatern mit 
eibern Kämpfe aufführen. Unter den hercula- 
nischen und pompejanifchen Bronzen finden fich 
viele jolcher Heinen Geftalten. — Verſchieden von 
dieſen waren die unausgewachjenen pueri minuti, 
delieiae, welche bei den Römern nadt im Hauſe 
herumliefen und fich durch körperliche Anmut umd 
ausgelafienen Wit bemerklich machten. 

Napaeae, Narxaiaı, ſ. Nympbae, 4. 

Napäta, Nararae, Stadt in Withiopien, am 
Berge Barkal, unterhalb des vierten Kataraktes ge: 
legen, in der Landesiprache auch Merna (daraus 
Meroe, j. d.) genannt, nod) j. Meraui; jeit 1550 v. €. 


Naphtha — Nasidii. 


in ägyptiſchem Befig, jeit 1000 Hauptitadt eines 
jelbftändigen Reiches, feit der Eroberung durch 


Kambyſes (524) zerfallen, doch in der Kaiferzeit | 


809 


(das auch das Fichtelgebirge mitbegreifende Voigt: 
land des Mittelalters hieß provincia Varisiorum). 
Ein Teil des Volles (3000 M.) wanderte unter 


wieder Relidenz der Königin Kandafe, 23 v. C. M. Aurelius Antoninus jüdlich in das römijche 


von E. Petronius vollends zerftört. 
790. 820 f. 

Naphtha, ö vdpdas und rö vdpte, ein noch 
denjelben Kamen tragendes, flüjjiges Bergharz, 
das nad) Plinius in Babylonien und Parthien 
gefunden ward, bejonders aber in der Gegend 
von Mennis, 4 Tagereijen jüdlih von Arbela, 
häufig war. Es wurde eine feinere und gröbere 
Art unterjchieden, jene war weih, dieje jchwarz. 
Im Kriege ward es auch, da es, entzündet, ſehr 
ſchwer zu löſchen ift, zur Berftörung von Bela— 
gerungswerlzeugen angewandt. 

Nar, Nce, j. Nera, linfer Nebenfluß des Tiber, 
der an der ummbriich:picenijchen Grenze auf dem 
M. Fiscellus entjpringt, den Velinus (j. Belino) 
und Tolenus (j. Turano) aufnimmt, bei Interamna 
vorbeijtrömt und zwiſchen Horta und Dericulum 
fi) in den Hauptjtrom ergießt. Bon feinen vielen 
Schwefelteilen hat er eine weißliche Farbe. Strab. 
5, 227. Verg. A. 7, 517. Cie. ad Att. 4, 16. Tac. 
ann. 1, 79. 3,9. 

Naraggära. Naodyape, bedeutende Stadt im 
Innern Numidiens, nicht weit von Zama, be: 
fannt durch die dort vorgefallene Unterredung 
zwiſchen Hannibal und Scipio vor der Schlacht 
bei Zama; j. Ruinen Kjiba Mraü. Liv. 30, 29, 

Narbo, 5 — — j. Narbonne, blühende 
Handelsftadt der Volcä Tectoſages in der römi- 
jchen Provinz Gallia Narbonensis am Fluß Atax. 
Seit 118 dv. E. war fie römische Kolonie mit dem 
Beinamen Martius, dann Hauptjtadt der Provinz. 
Cie. Font.1. Brut.46. Vell. Pat.1, 15, 5.2, 8,1. 
Caes. b. g. 3, 20. 8, 7. 

Narbonensis Gallia j. Gallia. 

Nareissi fons, Naexiscov znyn, Duelle zu 
Donafon bei Theipiai in Boiotien, wo jich noch 
jept zahlreiche Narzifjen finden. Or. met. 3, 407. 
Paus. 9, 31, 7. 

Nareissus, 1) ein Freigelaſſener und Günftling 
des Kaiſers Claudius, den er fait unumſchränkt 
beherrichte, 41— 54 n. E., benußte jeine einfluß- 
reiche Stellung (ab epistulis) zu feiner perſön— 
lihen Bereicherung wie zur Bedrüdung Roms, 
veranlafte den Sturz der Meflalina, zog ſich dar- 
nach indes, da er Claudius von ihr fernzuhalten 
juchte, den Hab der Mgrippina zu (Tue. ann. 
12, 57), die ihn, als jie den Claudius zu ermor: 
den beichlofien hatte, aus Rom entfernte und bald 
hernach gleichfalls umbringen ließ (dai. 13, 1), 
nachdem er zuvor feinen Briefwechiel mit Claudius 
vernichtet hatte, um nicht andern durch Auffindung 
desjelben zu jchaden. Dio Cass. 60, 34. — 2) ein 
Günjtling des Kaiſers Commodus, nahm teil an der 
Ermordung des Tyrannen und fand unter Septi- 
minus Severus jeinen Tod. Herod.1,17,11. Spart. 
Sept. Sev. 14,1. — 3) j. Echo. 

ardinum, Nardenöl oder Salbe, von einer 
vorzüglich in Arabien vorfommenden Pflanze (nar- 
dus) bereitet und in Nom jehr gejchäßt. 

Naristi (Taec. Germ. 42), richtiger Varisti (Ptol. 
Odagıoroli, eine tapfere germanische Bölferichaft 
ſueviſchen Stammes, zwiihen den Markomannen 
im D. und den Hermunduren im W., alio in 
der Gegend des Fichtelgebirges und der Oberpfalz 


Strab. 17, | Gebiet. 


Seit dem Martomannenfriege ſchwindet 
der Name ganz. Dio Cass. 71, 21. 

Narkissos ? Echo. 

Narnia, Stadt am jüdlichen Ufer des Nar in 
Umbrien, an der via Flaminia, auf jteilem Fels 
gelegen, j. Narni. Die Römer hatten fie 290 v. E. 
an der Stelle des alten Nequinum angelegt. Liv. 
10, 9. 27, 40. Tac. ann. 3, 9. 10. hist. 3, 50. 

Naröna, Stadt Dalmatiens, 20 Millien von 
der Mündung des Naroflufies, bedeutender Han- 
delsplag an der Straße von Salona nah Dur: 
rhachium; j. Ruinen Vido. Cie. ad fam. 5, 9. 10, 

Narthaklon, Nagddxıor, Berg (ij. Khaffidiari) 
und Stadt am Fuß desjelben in Thejlalien, ſüd— 
lid von Pharſalos und dem Apidanosfluß, genannt 
in den Kämpfen des Jahres 394 v. E. zwiichen 
dem aus Ajien zurüctchrenden Könige Agefilaos 
und den durch die Thebaner aufgereizten Theſſa— 
liern. Xen. Hell. 4, 3, 9; vgl. Ages. 2,5. Plut. 
Ages. 16. Strab. 9, 431. 

Nag9nS, 1) ferula (j. d.), eine hohe Dolden: 
pflanze, die bejonders in Griechenland, auf Kypros 
und Sicilien, jowie in Apulien viel wuchs und 
einen fnotigen, mit Mark gefüllten Stengel hatte, 
in welchem Prometheus dem Mythos nach euer 
vom Simmel holte. Hesiod. theog. 567. Der 
Stengel wurde von den Balchanten bei den Bal: 
chosfeiten gebraucht und diente auch als Stod zum 
Schlagen. — 2) Salben, Arznei», Schmint:Käftchen 
(veednE und vepdıjxıor). In einem kojtbaren 
Käſtchen diejer Art, welches unter der Beute des 
Perjerfönigs Dareios dem fiegenden Alerander bei 
Iſſos zufiel, ließ Er eine von Ariſtoteles be: 
jorgte Tertesrecenfion der Jlias aufbewahren (n 
da tod vogdnnog Indocıs). Plut. Alex. 8. 

Narfke, Nagien, Nügv&, Napixıor, Stadt 
der opuntiſchen Lokrer, vielleicht an der Stelle des 

. Zalanti, angeblich der Geburtsort des lofrijchen 
lias; jpäter Bapvyaı genannt. Diod. Sie. 14, 82. 
16, 38. Strab. 9, 425. Das von den Alten (vgl. 
Verg. @. 2, 438) erwähnte naryciſche Pech bezieht 
fi) auf Lofroi in Bruttii, weldyes auch als eine 
Niederlafjung der Xofrervon Naryke angeſehen wurde. 

Nasamönes, Naoauavss, rohes Boll an der 
Küfte der großen Syrte, jüdweftlic von Kyrenaite, 
wegen Strandraubs gefürchtet, unter Domitian bei 
einem Aufjtand fait aufgerieben. Jldt. 2, 32. 4, 
172. 190. Strab. 17, 838. 

Nasica j. Cornelii, 15—17, 

Nasidienus, cin vielleicht aus dem wirklichen 
umgebildeter Name einer von Horaz (sat. 2, 8) 
eingeführten Berjon; er erjcheint als ein aus der 
Gemeinheit emporgelommener Menjch, der, reid) 
geworden und Staatspächter, gern eine Wolle 
jpielen, Geichmad zeigen, ich Gunſt erwerben will 
und doch bei, allem Streben jeine Herkunft und 
Semeinheit nicht verleugnen kann. 

Nasidii, 1). Naj., ein römischer Ritter, wurde 
im J. 49 v. E. von Pompejus mit 16 Schiffen 
dem 2. Domitius und den Majjiliern zu Hülfe 
aeihidt, aber von Brutus bei Maifilia geichlagen. 
Caes. b.c. 2, 3. — 2) D. Naj., des vorigen 
Sohn, ein treuer Anhänger des jüngeren Pompe— 
jus, nad) deſſen Tode (35 v. E.) er fid) dem Anz 


810 Nasos — 
tonius anſchloß und als Befehlshaber einer Flotte 
desjelben von Agrippa bei Batrai geichlagen wurde. 
Dio Cass. 50, 13. 

Näsos, Nüoog, Nijeog, 1) Heine Inſel der 
Diniadai im Aceloos in Mlarnanien mit einem 
Kaftell, j. rd enod genannt. Liv. 26, 24. Pol. 9, 39. 

- 2) j. Syracusae. 

Natälis dies, sacra natalicia (vgl. Tevetlıog 


Yusee), der von den Alten feitlich, bejonders | 


mit einem Schmauſe für die Freunde (nataliciae 
dapes), gefeierte Geburtstag. Haus und Herd 
wurde befränzt, es wurde libiert und Weihrauch 
angezündet, womit zugleich der Genius, unter 
dejien Schuße das Geburtstagsgeftirn ftand (vgl. 
Hor. ep. 2, 2, 187. 210), 328* ward. Der 
Gefeierte erſchien im Feſtkleide (toga alba) und 
erhielt Glückwünſche und Geſchenke; ſelbſt die Ge— 
burtstage von Abweſenden und Verſtorbenen wur— 
den feſtlich begangen. Später waren die Geburts— 
tage des Cäſar, Auguſtus und der übrigen Kaiſer 


=. 


Gegenftand einer öffentlichen eier, die fich nicht 
auf Rom beichränfte. — Vgl. die Monographien 


von Schöne (1832) und Peterjen (1858). 
Natatio, das Schwimmen, war bei den Griechen 
namentlich für den Seedienft jo wichtig, dah man 
von einem ganz unwiſſenden Menjchen iprichwört: 
lich jagte: urjre veiv wire yoduuere. — Bei den 
Römern wurde es befonders als gummaftische Kunſt 
geübt, weil es im Kriege und jonft wichtig uud 
nüßlich war, und weil es der Gejundheit diente. 
Ein Teich in der zwölften Region (piscina pu- 
bliea) diente für die Anfänger, für die Geübteren 
eine Stelle im Tiberftrom beim Marsfelde. 
Hilfsmittel gegen das Unterſinken gebrauchte man 
ein Flechtwerk von Binfen oder Kork unter der 
Bruft. Später hielt man ſich eigene Teiche mit 
warmem und falten Wafler zu Schwimmübungen 
auf den Landfigen. Plin. ep. 2, 17. 5, 6. 
Navapyoı waren in Sparta Befehlshaber zur 
See, eingejegt, weil an mehreren Orten zu füh— 
rende Kriege den periönlichen Befehl der Könige 
oft unmöglich machten. Der erite uns befannte 
Nauarch war Eurpbiades (481); doc, beftand das 
Amt ficher jhon in alter Zeit. 
ftanden, oft wohl als eine 
hörde, die Zmioroleig (f. d.), jowie eine Anzahl 
von ovußovkoı (Thuc. 3, 76. 8, 39). Der Nauarch 


fonnte gejeglich nur einmal, und zwar für 1 Jahr, 


vom Bolfe gewählt werden (doch wurde dies öfter 
umgangen); der Amtsantritt erfolgte um das Herbſt— 
äquinoctium. — In Athen hatten die Strategen 
auch den Oberbefehl über die Flotte, wahrichein- 
lich ohne den Titel vadapyoı, obgleich Plut. Them. 
18 und andere jie jo nennen. 


Naukleidas, Navnicidas, ein ſpartaniſcher 


Ephor, der den Baujanias (403 v. E.) nad Attifa 
begleitete und mit ihm die Unterhandlungen mit 
dem wwiederbefreiten Athen begann (Xen. Hell. 


2, 4, 36); wahricheinlich derjelbe, der wegen jeiner | See dazu ausgra: 
Schwelgerei von Lyjander angeflagt und zur] ben, dann aber 


Rechenſchaft gezogen wurde. 


Navxgagia, eine jchon vor Solon beftehende | und ausfüllen und 


Einteilung des atheniichen Volkes, offenbar ad: 


miniftrativer Art und in die alte geichlechtliche | einen Tempel er: | 
Einteilung eingefügt, wohl zu einer Zeit, wo dieje | bauen. Suet. Caes. 


dadurch, daß fie im Yaufe der Zeit ihren zugleich 


lofalen Charakter verloren hatte, zur Handhabung | 23. 


einer kräftigen Verwaltung nicht mehr ausreichte. 


Als 


Ihnen zur Seite 
Art tonmrollierender Be: | 


Naumachia, 


Auf jeden Stamm famen 3 Trittyen und 12 Nau: 
frarien, auf den ganzen Staat aljo 48 Nau— 
frarien. Jede hatte 1 Schiff (daher der Name) 
und 2 Reiter zu ftellen. Die Vorfteher der R., 
die Naufraren, einer für jede Naufrarie, werden 
mit den jpäteren Demarchen verglichen. — An der 
Spige der Naufraren ftanden die meurdrsg tor 
vevapdgwr, olmeg Evsuor röre (zur Zeit der 
fylonischen Wirren) rüs Adrjvag (Hat. 5, 71), 
während doch nach Thufydides (1, 126) damals 
die 9 Archonten die höchſte Gewalt in Händen 
hatten. Die Prytanen der Naufr. hatten wohl 
in der Zeit nur in einem aufßerordentlichen Tralle 
als Staatsbehörde das Richteramt geübt; oder fie 
waren damals ein den Archonten beigeordneter 
Verwaltungsrat, den fpäter Solon durch den Rat 
‚der 400 erjegte. Die Naufraren müflen ein Kolle- 
gium gebildet haben, zu deſſen Geſchäftskreiſe na- 
mentlich wohl die auf das Finanz: und Striegs- 
weſen bezüglichen Angelegenheiten gehörten. Das 
ganze Kollegium verfammelte fich wohl nur in wich: 
tigen Fällen in der Stadt, während die laufenden 
Geſchäfte den in dem Prytaneion verjammelten 
Prytanen oblagen. Die Naufrarien dauerten auch 
noch nach Kleiſthenes fort, der jie, jedoch ohne 
politifche Bedeutung, die auf die Demen überging, 
als VBerwaltungsbehörde, und zwar aus jeder Phyle 
5, im ganzen 50, —— ließ, bis ſie auch in 
dieſer — durch die Einrichtung der Trie— 
rarchie (ygl. Leiturgia, 4.) erſetzt wurden. 

Naukrätes, Navrxodıns, 1) aus Sikyon, Vater 
des Damotimos. Thuc. 4, 119. — 2) Schüler des 
Rhetors Iſokrates, beftand mit Theopompos und 
Theodektes einen rhetoriichen Wettitreit zu Ehren 
des verftorbenen Königs Maujollos von Karien. 
Cie. de or. 2, 23. or. 51. Gell. 10, 18. 

Naukrätis, Navngarıs, Handelsitadt in Unter: 
ägypten, am rechten Ufer des fanobiihen Nilarms, 
einige Meilen weſtlich von Sais, j. Nebireh; von 
Amaſis um 550 v. E. den Hellenen, namentlich 
den Milefiern, als Niederlaflung angemwiejen, wegen 
ihres Handelsmonopols rajd) aufgeblüht, erjt von 
Alerandreia überflügelt, Baterftadt von Athenaios, 
Phylarchos und Julius Pollux. Mdt. 2, 178F. 
'Strab. 17, 801. 803. Plin. 5, 10, 11. Athen. 
13, 596, 15, 676, 

Naukfdes j. Bildhauer, 7. 

Nanlöchos, Narvkoyos, Ort und Hafenplag an 
der öftlichen Nordküfte Siciliens zwijchen Mylai 
‚und Beloris. Suet. Oct. 16. App. 5, 116 ff. 
| Naumachla, ravuayla, ein als Schaufpiel bei 
den Römern auf- = 
geführter Schiffs: 
fampf, üblich jeit 
Julius Cäſar. Die- 
ſer ließ nämlich zu 
erſt auf dem Cam- 
| pus Martius einen 














wieder ableiten 


darauf dem Mars 7 





44. Dio Cuss. 43, 
Auguſtus gab dem Volke dasjelbe Schanfpiel. 
| duet. Oct. 43. Jac. ann. 12, 56. Der dazu aus: 


Naumachios 


— Teich war 1200° breit und 1800 fang. 
laudius nahm den Fuciner:Sce zu einer Nau— 
machte und lieh rings umher Zuſchauerſitze errichten. 
Taec. a. a. D. Nero wählte dazu das Amphi— 
theater, lieh das Waſſer dann wieder ablaufen 
und an demjelben Orte ein Yandtreffen aufführen. 
Dio Cass. 61, 9. Noch großartigere Schiffskämpfe 
gab Domitian. Suet. Dom. 4. Tas Waſſer dazu 
wurde gewöhnlich aus dem Tiber abgeleitet. Die 
für dieje Kämpfe beftimmten Leute (naumachiarii) 
waren Gladiatoren, Gefangene oder zum Tode 
verurteilte Verbrecher. Erſt fpäter gab es frei- 
willige Kämpfer. Auch der Plab eines folchen 
Kampfes hieß naumachia. Pol. Friedländer, 
Sittengeſchichte Roms II, II, 2, e. 

NaumachlVos, Navudyıos, 1) ein jpäterer grie- 
chiſcher Dichter, von dem ſich bei Stobaios ein: 
zelne Hexameter eines gnomiſchen Gedichts er: 
halten haben, zufammen 73 Verſe, bezüglidy auf 
die Pflichten des Weibes, daher yauıza mag- 
eyyiluer« überjchrieben, herausg. von Brund 
(poet. gnom.) und Gaisford (poet. Gr. min.). 
2) ein Arzt aus Epeiros, Zeitgenoſſe des 
Galenos. 

Navazazxrıa, ra, Name eines epiſchen Ge: 
dichts aus unbeftimmter Zeit, das ähnlich den 
Evien Hefiods eine Reihe von Mythen berühmter 
Frauen, namentlich Licbesgeichichten von Heroinen 
(3. B. Medeia), behandelte. Als ihr VBerfaffer wurde 
der Milefier Kerkops oder der Naupaftier Karki— 
nos angejehen (Paus. 10, 38, 6). Die Bruchjtüde 
find gejammelt und herausg. von Mardicheffel 
(1840, mit Eumelos, Kinaithon und Aſios) und 
Kintel, ep. Graec. fragm. I p. 198 ff. 

Naupaktos, Navmaxros, feite Hafenftadt der 
ozoliichen Lokrer mit vortrefflichem, großem Hafen 
an der Nordjeite des Korinthiichen Meerbujens, 
an einem teilen Felſen öftlich vom Borgebirge 
Antirrhion. Tue. 1, 103. 3, 102, Liv. 36, 34. 
Caes. b.c.3,35. Angeblich erhielt fie ihren Namen 
von der Flotte, welche die Herafliden vor ihrem 
Übergange nad) dem Peloponnes hier bauten. Be: 
fonders aber fam fie empor durch die Anfiedlung 
der nach dem dritten meſſeniſchen Kriege ausge: 
wanderten Meffenier durch die Athener, welche 
bier eine Flottenftation und einen Waffenplag ein- 
richteten. Thuc. 2, 69. 91. Nah der Schlacht 
bei Aigospotamoi fam die Stadt in die Hände ber 
Lokrer, dann der Achaier, denen fie Epameinondas 
entriß. Nachdem Philipp von Makedonien N. zu 
Nitolien gejchlagen hatte, fam es unter der Römer: 
herrihaft wieder zu Lokris. Jetzt Epaftos, ital. 
Lepanto. Strab. 9, 426. 10, 450. 

Nauplfa, Navride, Stadt in Argolis, unfern 
von Tiryns am Argoliihen Meerbuien, mit treff: 
lihem Hafen, anfangs jelbftändig, dann von den 
Argivern erobert und Hafenftadt von Argos, doch 
nicht jehr bedeutend, da die Bewohner durch die 
Spartaner meift nad) Methone übergefiedelt wur: 
den, zu Pauſanias' Zeit ganz verödet; noch j. 
Navplia. Hldt. 6, 76. Strab. 8, 368. Paus. 4, 24, 
4. 2,38, 2. 

Nauplios, Navmiuos, 1) Sohn des Poſeidon 
und der Amymone, berühmter argiviicher See: 
mann, Gründer von Nauplia, Bater des Proitos 
und Damaftor. Apoll. Rhod.1, 136. — 2) ein Nach: 
fomme von ihm im fünften Gliede und Argonant, 
ein in der Echiffahrt und Sternfunde ſehr er: 


— Nausithoos. 


sit 


fahrener Heros. Apoll. Khod. 1, 134. — 3) König 
auf Euboia, Gemahl der Kiymene (j. Katreus) 
oder der Philyra oder der Heſione, Water des 
Balamedes, Diar und Naufimedon. Apollod. 2, 
1,5 a. €. (wo er Sohn des Pofeidon und der 
Amymone heift). Als jein Sohn Balamedes (ſ. d.) 
vor Troja ungerechterweije zum Tode verurteilt 
worden war, jchidte er, in der Abficht, ich zu 
rächen, jeine übrigen Söhne zu den Semahlinnen 
der vor Troja fümpfenden Helden, um fie durd) 
falſche Nachrichten zu beunruhigen, und zündete, 
als die Griechen, von Troja heimfehrend, in ftür- 
mifcher Nacht an Euboia vorbeifuhren, auf dem 
Kaphareiichen Felſen Fackeln (r@ Navrklov Ei- 
* rvorolnuere, Eur. Hel. 767) an, wodurch 
ie irregeführt wurden und Schiffbruch litten. Viele 
famen ‚in den Wellen um, andere wurden von 
Nauplios erichlagen. 

Nauportus, Navrogros, jchiffbarer Nebenfluß 
des Savus in Oberpannonien, j. Laybach. An 
ihm lag eine Stadt gleiches Namens, auch Nau- 

ortum gen., den Taurijfern gehörig und durd) 
ihren Handel mit Agquileja befannt umd bedeutend 
(municipii instar, Zac. ann 1, 20); j. Oberlay: 
bad. Der Name wird hergeleitet von der Sage, 
daß die Argonanten auf ihrer Rüdfahrt bis hieher 
geichifft wären und dann ihr Schiff auf den Schul: 
tern über die Alpen ans Adriatijche Meer getragen 
hätten. Strab. 4, 207. 

Nausikäa, Navomde, die ſchöne Tochter des 
Phaiafenkönigs Altinoos. Als fie in Ausſicht bal- 
— Hochzeit mit ihren Freundinnen an den 
Fluß in die rn des Meeres gefahren war, um 
die Wäfche zu bejorgen, ftellte fi ihr der au 
dieje Stelle verjchlagene, ſchiffbrüchige Odyſſeus 
dar, ward von ihr geffeidet und zur Burg ihres 
Vaters geleitet. Der jchöne Held machte einen jo 
tiefen Eindrud auf das reine Herz der Jungfrau, 
daß fie im ftillen ihm fich zum Gatten wünſchte. 
Als er fich zur Heimkehr rüftete, trat fie allein 
zu ihm und bat ihn jchamhaft, wenn er nun 
heimgefehrt jei zu den Seinen, bisweilen auch 
ihrer, die fie ihm das Leben gerettet, zu gedenfen. 
Hom. Od. 6, 15 ff. 8, 457 ff. Ihr Zulammentreffen 
mit Odyſſeus macht eine der ſchönſten Epiioden 
der Odyſſee aus und bot auch der dramatischen 
Poeſie Sophokles dichtete eine Navaında) und 
der bildenden Kunſt Stoffe dar. 

Nausikles, NavoınAjs, ein mächtiger Volks: 
führer in Athen zur Zeit Philipps von Mafedo: 
nien, führte 352 v. C. die Truppen, welche die 
Athener den Phokiern jandten. Er war früher 
ein Anhänger des Aijchines, ſchloß fich aber jpäter 
den Patrioten an und ward dafiir von jeinen 
Mitbürgern mit einem Kranze geehrt. Dem. de 
cor. p. 265. Plut. Demosth. 21. 

Nausiphänes, Navsıpdrns, aus Teos, ein 
riechiicher Philojoph aus der Schule des Demo: 
Fritos, von Diogenes Laörtios ein Schüler des 
Porrhon und der Sfeptifer genannt; auch Toll 
Epikur jein Schüler gewejen jein. Bon jeinen 
Schriften und Lehren ift nichts näher befannt. 
Cie, n. d. 1, 26, 73. 33, 98. Diog. Laert. 9, 69. 
102. 10, 7. 8. 14. 

Nausithdos, Naveidoos, 1) Sohn des Poſei— 
‚don und der Periboia, der Tochter des Giganten: 
| fönigs Eurymedon, Vater des Alkinoos und Rhe— 
|zenor, König der Phaiafen, die er aus Hypercia, 


812 


aus der Nähe der fie bedrängenden Kyklopen, nach 
Scheria führte. Hom. Od. 6, A4Aff. 7, 56ff. - 
2) Sohn des Odyſſeus und der Kalypjo, Bruder 


des Naufinoos. Hesiod. theog. 1017. — 3) Steuer: 


mann des Thejeus bei feiner Fahrt nad) Kreta. 
Plut. Thes. 17. 

Nautae j. Schiffahrt. : 

Nautfi, ein altes patricifches Geſchlecht, deſſen 
Abjtammung man wohl erjt in jpäterer Zeit auf 
einen Gefährten des Aineias zurüdführte, wäh: 
rend es eigentlich etruſtiſchen Urſprungs gewejen 
zu jein jcheint. Die bedeutendften Mitglieder des- 
jelben find: 1) Sp. Naut. Nutilus, einer der 
Abgeordneten des Senats an das auf den Heiligen 
Berg ausgezogene Volk, nachdem er die Zwiſtig— 


feiten unter den Vätern ſelbſt gejchlichtet hatte 


(493 vd. E.). Als Konſul des Jahres 488 gegen 
Eoriolan leiftete er nichts Bedeutendes. Lie. 2,39. 
Dion. Hal. 8, 16. — 2) C. Naut. Rutilus, be: 
fleidete im J. 475 v. E. das Konjulat und wurde 
egen die Volſker geſchickt. Liv. 2, 52f. Im 
x 458 war er abermals Konful und führte ein 
Heer gegen die Äquer und Sabiner, welche letztere 
er bei Eretum fchlug. Liv. 3, 25 ff. — 3) Spur. 
Naut., kämpfte unter dem Konſul Bapirius Eur: 
jor im J. 293 v. C. mit Auszeichnung gegen die 
Sammniter, welche er durch Täuſchung in Schreden 
jegte. Liv. 10, 40-44. 

Navrodixzar. eine ungewii ob durch Wahl 
oder durch das Los ernannte Behörde in Athen 
von unbekannter Zahl, die richterliche Befugnis 
in Handelsſachen (dia Zumögwr) und in den 
Prozefien Eeriag gegen diejenigen hatte, welche, 
ohne von bürgerlichen Eltern abzuſtammen, fich 
das Bürgerrecht anmaften, was gerade bei See: 
handelnden häufig vorgefommen jein mag. In 
der erjten Gattung von Sachen entichieden fie jelbit, 
in der andern waren fie bloß prozeheinleitende 
Behörde. Die Vorſtandſchaft in diefen Prozeſſen 
war zu Demofthenes’ Zeit auf die Thejmotheten 
übergegangen. 

Nava, j. Nahe, Nebenfluß des Rheins, mit dem 
er bei Bingium zuſammentrifft. Zee. hist. 2, 70. 


no j. Schiffahrt. 


Navis, Naves | 

Naxos, Nd&og, 1) die größte und bedeutendite 
aller Kykladeninjeln (8 TIM.), poetiih Dia uud 
Strongnle („die runde‘) genannt, öÖftlich von 
Paros und wie diejes zum großen Teil aus ſchönem 
weißem Marmor beftehend; j. Naria. Die Inſel 
war (und ift) jo fruchtbar, daß fie uıroc Liner 
genannt wurde. Bejonders zeichnete fie ſich durch 
ihren trefflihen Wein aus, daher audy die jo 
mannigfacd ausgebildeten Diomyjosjagen: von hier 
führte der Gott die von Theſeus zurüdgelafiene 
Ariadne mit fi) fort auf jeinen Zügen. Die ge: 
ſchichtliche Zeit fennt nad) den Karern und Kretern 
als Bewohner die aus Attika eingewanderten 
Jonier. Hdt. 8, 46. Um 536 v. E. befiegte Bei: 
jiftratos die Naxier und jegte Lygdamis als Ty— 
rannen ein, unter deſſen Herrſchaft die Inſel ihre 
größte Macht und Blüte erlangte. Zldt. 1, 64. 
Eine Untersehmung der Berjer, welche von den 
vertriebenen Dligarchen 500 zu Hülfe gerufen 
wurden, mißlang (Hdt. 5, 30—34), worauf 490 
die Inſel zur Strafe mit Feuer und Schwert von 
den erzürnten Perſern verwüſtet wurde. dt. 6,96. 
Dadurch litt die ſonſt jo blühende Juſel jehr, die 





Nautae — Neapolis. 


außer vielen Kriegsichiffen 8000 Hopliten ftellen 
fonnte, und von der Herodot (5, 28) jagt: 7) Ndfog 
ebdamorin tor vrjoov moocpege. An der Schlacht 
bei Salamis kämpften ihre 4 Schiffe, ald Kontin: 
gent für die Perjerflotte beftimmt, doch auf grie: 
chiicher Seite. Hat. 8, 46. Als ſpäter Naros 
jih als Mitglied des atheniichen Seebundes den 
Sewaltthätigfeiten der Athener widerjegte, wurde 
es nach längerer Belagerung 467 mit Gewalt be: 
zwungen und ging ber Freiheit verluftig, indem 
453 eine Anzahl athenifcher Kleruchen dort ange: 
jiedelt wurde. Thuc. 1, 98. 137. Plut. Per. 11. 
Diod. Sie. 11, 88. Bon da an bleibt Naros un— 
bedeutend. Am Jahr 376 erfoht Chabrias bei 
der Inſel einen großen Sieg über die jpartaniiche 
Flotte und zwang dadurd) die Narier, die 378 
dem Attiichen Seebunde nicht beigetreten waren, 
ſich den Athenern anzufchliehen. Nachdem die 
Inſel dann unter Philipp und Alexander den 
Mafedoniern, in der Diadocdhenzeit den Herrichern 
Agyptens unterthänig gewejen war, wurde fie 
durch Antonius den Rhodiern übergeben, aber 
durch die Römer bald wieder von dem drüdenden 
Joch derjelben befreit. App. b. c. 5, 7. Seitdem 
verichwindet fie vom Schauplatz der alten Ge: 
ſchichte. Die im Altertum gleich wie heute Naxos 
genannte Stadt liegt am nördlichen Teile der 
Weftfüfte. Abhandlungen von Grüter (1833), Engel 
(1835) und E. Gurtius (1846). — 2) Die erite 
griechifche Niederlaffung auf Sicilien, an der Dit: 
füfte jüdlich vom Berge Tauros von Ehallidiern 
735 v. E. gegründet. Thuc. 6, 3. Bald jendete 
fie ar Koloniften nad Leontinoi, Katana und 
vielleicht auch mit nach Zanfle. Nachdem fie eine 
Zeitlang dem Hieronymos von Gela unterworfen 
gewejen (Hat. 7, 154), kämpfte fie bei der eriten 
jteilifchen Unternehmung der Athener auf Seiten 
derjelben (Thuc. 4, 25), wurde aber 403 von 
Dionyjios eingenommen und zerjtört. Im J. 358 
wurden die Nejte der Bewohner von Andromadhos 
gelammelt und in der Nähe der früheren Stadt 
auf dem Berge Tauros angefiedelt. Die neue 
Stadt hieß Tauromenion (j. d.), j. Taormina. 
Diod. Sie. 14, 15. 87. 

Neaethus, Nfatog, Fluß in Bruttii, nörd— 
lih von Kroton mündend, wojelbft die gefangenen 
troischen Frauen die Schiffe der Griechen ange: 
zündet haben jollten, um der Gefangenſchaft zu 
entgehen; j.Neto. Or. met. 15, 51. Plin. 3, 11,15. 
Strab. 6, 262. 

Neaira j. Helios. 

Neanthes, Nedrdns, aus Kyzikos, Ahetor und 
Gejchichtichreiber aus der Zeit Attalos’ 1., alfo im 
3. Nahrh. v. C., Schüler des Philiffos aus Milet, 
Kertafer zahlreicher geachteter und von den Alten 
oft erwähnter Schriften hiftorischen Inhalts, 3. B. 
Ekhnvınd (mindejtens 6 Bücher), zegi Zrdofwr 
cvögör, ai negl "Arralor (reg. 241—197 dv. €.) 
iorogiar, mepi reierör. Die Fragmente find ge 
jammelt von Müller, fragm. hist. Graee. II 
. 21. 

Neapölis, Nedrolız. Die berühmtefte unter 
den zahlreichen Städten d. N. lag in Campanien 
am Weftabhange des Veſuvius und am Fluſſe 
Sebethus. Chalkidier aus Kyme hatten fie an 
der Stelle eines jchon vorhandenen Ortes, Par: 
thenope, gegründet. Nach Livius (8, 22) beſtand 
die Stadt aus 2 durch eine Mauer getrennten, 


Nearchos — Nebukadnezar. 


durch gemeinjames Recht aber verbundenen Teilen, 
BalaiapoliS und Neapolis. Im %. 327 v. 
bejegten die Samniter NeapolisS mit 6000 Mann 
(Liv. 8, 23), jpäter, 290, famen die Römer in 
den Befit der Stadt, welcher fie jedoch ihre grie- 
chiſche Verfaffung und Sitte liefen (Liv. 35, 16. 
Tae. ann. 15, 13), bis fie jpäter römijches Mu— 
nicipium ward, als welches fie neben Tarent die 
größte Seeſtadt Unteritaliens war. Cie. ad fam. 
13, 30. Balb. 14. Der Name Balaiapolis ſchwin— 
det ſeit der römiſchen Zeit; in der vereinigten 
Stadt erhielt fich aber griechiiche Sitte noch jehr 
u (nach Inſchriften bis ins 7. Jahrhundert 
n. &.), weshalb N. ein Lieblingsaufenthalt gebil- 
deter Römer war. Unter Titus wurde fie durch 
ein Erdbeben faft gänzlich zerjtört, aber in römi— 
ſchem Gefchmad wieder aufgebaut. Hier ftarb der 
abgeſetzte Kaiſer Romulus Augnftulus. In der 
Nähe befanden ſich warme 
Bäder, die berühmte Villa 
des Lueullus, in welcher Ti: 
berius jtarb (Suet. Tib. 73), 
wie die Billa Pauſilypi 
(Sanssouci), deren Name noch 
in der berühmten Grotte si | — \ 
Vofilippo zwischen Neapelund \p 4.7. 
Pozzuoli erhalten ift, mo man | = 
noch immer das angebliche 
Grabmal Vergils zeigt. Die 
alte Stadt jcheint zunächft um 
den Hafen des jeßigen Nea— 
pels von der Gegend des heu— 
tigen königlichen Schlofjes bis 
zum Kaſtell Vecchio gelegen zu haben. Strab. 5, 246. 
Bol. Beloh, Topographie, Gejchichte und Leben 
der Umgebung Neapels im Altertum (1879), 3. Buch. 
— Auch ein Teil von Syrakus ıj. d.) hie N. 
An Aſien lagen 9 Städte diejes Namens, in 
Afrika 3. 

Nearchos, Ne«gyog, 1) ein Athener, Sohn 
des GSofinomos, 340 v. E. Gejandter an König 
Philipp. Dem. de cor. p. 2833. — 2) Sohn des An- 
drotimos von Kreta, aber in Amphipolis anfällig, 
einer der Jugendfreunde Aleranders, von Philipp 
aus Makedonien verbannt, aber von Alexander 
gleich nach jeiner Thronbefteigung — 
ging mit dem jungen Könige nach Aſien (Plut. 
Alex. 10) und wurde Statthalter von Lyfien und 
dem angrenzenden Gebiete. Dann begleitete er 
Alerander auf feinem Feldzuge nach Indien, 327 
v. E. Er erhielt den Sberbeiept über die für die 
Fahrt auf dem Indos gebaute Flotte umd unter: 
nahın auf Alexanders Wunſch die Leitung der 
Rüdfahrt der Flotte von der Indosmündung an, 
um den Weg bis er Euphrat zu entdeden und 
Kunde über die Küjtenländer —— 325. 
Arr. 6, 19, 5. 28, 5. 7, 20, 9f. n über dieje 
Reife von ihm verfahten Bericht (Tagdmiovg) EAN 
Arrianos im Auszuge ge (Ind. 20 $.); 
auch Strabon bemugte jeine Nachrichten, deren 
Slanbwürdigkeit die neuere Forſchung in Schuß 
genommen hat. Alerander belohnte ihn, nament- 
lich bei der großen Hochzeit zu Sufa, reich und 
töniglich für jein Unternehmen und beauftragte 
ihn noch furz vor jeinem Tode mit einer Ent: 
dedungsreije an den Küften von Wrabien und 
Afrika, die aber wegen bes plößlichen Todes Ale— 
xanders unansgeführt blieb, Arr. 7, 19, 3 ji. 25, 4. 





813 
Plut. Alex. 75. Nearch behielt nach Alex.s Tode 


E. | wahrjcheinlich den Oberbefehl über die Flotte und 


ab jeine frühere Statthalterichaft —— an 
ntigonos ab. Zuletzt tritt er unter den Räten 
des jungen Demetrios auf. Plut. Eum.18. Diod. 
Sie. 19, 69. — 3) ein pythagoreiſcher Philojoph 
aus dem 3. Jahrh. v. E., welcher nach der Ein: 
nahme von Tarent mit dem älteren Gato eng 
verbunden und deſſen Lehrer in der Philofophie _ 
war. Oic. Cat. m. 12, 41. Plut. Cat. mai. 2. 
Nebrödes montes, rü Neve&dr den, der Ge: 
birgszug, * als Fortſetzung der Apenninen 
von nach W. die, ganze Inſel Sieilien durch— 
ieht. Außer dem Ätna, der eigentlich nicht 
2* Syſtem gehört, find einzelne Teile im - 


bei Meflana der Neptunius mons und im 
der Kratas. Strab. 6, 237. 
Nebukadnözar, Naßovxodgdcogog, Naßov- 





zoöor60ogos, babylon. Nabufudurriufur, der große 
König des neubabyloniſchen Reiches, 604— 561 oder 
(weil bie offizielle Zählung jedem Könige den Neft 
feines Antrittsjahres noch nicht, dagegen das Aus- 
angsjahr noch voll anrechnet) 605562 dv. E. — 
eit ca. 1700 dv. E. war ganz Babylonien unter 


den Königen von Babylon vereinigt. Diejes alt- 
babylonische Reich ftand zu dem benachbarten afiy- 
rischen Reich, das jich immer we emporarbeitete, 
jeit 1500 v. C. in —— ald freundlichen, 
bald feindlichen Beziehungen. Eine genaue Zeit— 
rechnung iſt uns ſeit Nabonaſſar (747—733 
v. E.) möglich, weil mit ihm, übrigens aus zu: 
älligen Gründen, im ptolemaiischen Kanon (j. Pto- 
emaios, 8.) die Aera Nabonassari (26. Febr. 747) 
beginnt. 731 wurde Babylonien von dem afiy: 
riſchen König Tiglath Pileſar I. (11.) unterworfen 
und blieb auch mit wenigen Unterbrechungen (z.B. 
Merodah Baladan 721—709 und wieder 704/83) 
jeinen Nachfolgern er deren jchwere Hand 
es bei Aufitänden wiederholt zu fühlen befam; jo 
zeritörte Sanherib Babylon 639 von Grund aus, 
das dann allerdings Aſarhaddon 680 wieder auf: 
baute. 626 machte ji Nabopolajjar unab— 
Hängin, zerftörte dann 606 im Bunde mit Kyaxares 
von Medien Ninive und erhielt bei der Teilung 
die Länder recht3 vom Tigris. Sein Sohn Nebu: 
fadbnezar erfocht noch ala Thronerbe 605_ den 
enticheidenden Sieg über Necho (j. d.) von Agyp— 
ten bei Karkemiſch, trat furz darauf die Regierung 
an und vollendete in weiteren Feldzügen die Er: 
oberung Syriens, wo er 587 dem jüdiſchen Neich 
ein Ende machte und 573 nad; 13jähriger Bela: 
gerung Tyros unterwarf. 568 demütigte er aud) 

gypten, das den Berluft Syriens nicht verjchmerzen 


814 Necessitas 


fonnte und immer wieder dort einzugreifen juchte. 
Mit gleicher Umficht und Thatkraft widmete ſich 
N. der inneren Organijation jeines Reiches. Die 
Hauptjtadt wurde bedeutend vergrößert, mit Tem: | 
veln und Baläjten reich geichmüdt und mit ge- 
waltigen Mauern neu befejtigt; zur Verteidigung 
des Yandes wurde im N. die mediiche Mauer (j.d.) 
aufgeführt. Ebenjo wurde im Intereſſe des Ader: 


baus und des Berfehrs das Netz der Kanäle und 
das ganze Bewäflerungsinftem wiederhergeftellt und | 


erweitert, der Handel zu Waller und zu Land 
emjig befördert. - 
zerjiel jedoch das Neich rajch wieder. Evilmero- 
dach (562— 560) wurde von jeinem Schwager Neri- 
alijjar(560—556) ermordet, dejlen Sohn Laboro— 
ſoarchad jhon nah 9 Monaten geftürzt (555), 
und dann durch eine Hofpartei Naboned (Nabu- 
naid, 6555639) auf den Thron erhoben. Diejer 
wurde Sommer 539 in Borjippa von Kyros ge: 
fangen genommen, nachdem jich Babylon ergeben 
hatte. Die Länder des Reiches wurden damit 
verjiiche Provinzen. — Herodot jchreibt die Bauten 
Nebuladnezars einer Königin Nitofris zu (1, 185 ff.), 
nennt jenen wie den Naboned Yabynctos (1,74. 
77. 188) und gibt über die Eroberung Babylons 
einen jagenhaften, durch die Inſchriften widerleg: 
ten Bericht (1, 188 ff.). 

Necessitas, Perjonififation der Notwendigfeit; 
fie geht nadı Horaz (od. 1, 35, 17) vor der Fortuna 
her, Baltennägel und Keile nebſt Klammern und 
geichmolzenem Blei in der Rechten tragend. 

Necho, Nexus, Sohn von Pjammetich 1., König 
von Ägypten 610—595 dv. E. Zur Beförderung 
des Handels begann er den Bau eines Kanals 
vom Nil zum Arabijchen Meerbujen, der indeflen 
erft von Dareios 1. vollendet wurde, lieh; durch 
eine phoinifiiche Flotte Afrila umſchiffen, die im 
dritten Jahr nach ihrer Abfahrt von Suez durch 
das Mittelmeer zurückkehrte, und trat auch zu den 
Griechen in lebhafte Beziehungen. Er juchte die 
Machtlofigkeit des aſſyriſchen Heeres zu Grobe: 
rungen in Syrien zu benugen, jchlug den jüdischen 
König Jofia bei Magdölos (Megiddo), 609, unter 
warf Judäa, Bhiliftäa (Addvrıg nicht — Jeruſa⸗ 


lem, ſondern — Gaza, ägyptiſch Kazatu, aſſyriſch 


Chaziti) und Phoinikien, überhaupt ganz Syrien, 
wurde aber beim Bordringen nach Mejopotamien 
von Nebufadnezar bei Karkemiſch ſ. d.) 605 ge: 
ichlagen und verlor dann alle jeine Eroberungen. 

Neda, Niöda, Fluß des Peloponnes, entipringt 
am Keranfion, einem Berge des Gebirges Lykaion, 
ftrömt dann in vielen Krümmungen nah W. und 
bildete die Grenze zwiichen Meſſenien einer- und 
Artadien und Elisandererjeits; j. Buzi. Strab.8, 348. 

Nefasti dies i. Dies, 3. 

Negotiätor, der Großhändler, Bantier, der in 
die Provinzen qing und dort Kapitalien gegen 
hohe Zinjen auslich oder Korn auffaufte; ent: 
weder Nitter oder wohlhabende Plebejer; vergl. 
Mercatura. 

Negotiörum gestio, die freiwillige Bejorgung 
fremder Geſchäfte. Der Beiorgende hieß procu- 
rator oder amicus voluntarius. (Cie. Brut. 5. 
Caec. 5. 

Nyjitaı avlaı |. Thebai. 

Neith, Nni®, Nniön, Nnod, eine ägyptiſche, 
bejonders zu Sais (Hdt. 2, 169. 175) verehrte 
Söttin, welche die Griechen mit ihrer Athene iden: 


Unter den ſchwachen Nachfolgern 


— Neleus. 


tifizierten, vielleicht wegen des Anflangs im Namen 
oder wegen ber Ähnlichteit des Lampenfeſtes zu 
Sais (Hdt. 2, 62) mit dem Fackellauf zu Ehren 
‚der Ballas in Athen. Sie ift eine Form der 
Himmelsgöttin Iſis, heißt deshalb „die Kuh, welche 
die Sonne gebar“, weil der Himmel weiblich ge: 
dacht als eine Kuh mit der Sonnenjcheibe zwiichen 
den Hörnern dargeftellt wurde. Sie iſt die Gattin 
des Chnum Kneph), der das Weltei bildet, „die 
große Mutter”, „die Mutter der Götter‘, aljo eine 
der Göttinnen der jchaffenden Naturfraft. Damit 
ftimmt die von Plutarch (/s. 9) überlieferte In— 
'ichrift von Sais: „Ich bin das All, was gemwejen 
it, was ift und was jein wird; mein Gewand 
hat noch fein Sterblicher aufgededt.‘ 
Nexgouavreia j. Divinatio, 6. 
Nektanäbis, Nexrdvaßıs, Nexrareßog L. folgte 
nach furzen Jnterregnen dem mit Euagoras |. von 
Kypros verbündeten Aloris (395 — 382 v. E.) als 
unabhängiger König von Agypten, gründete die 
dreißigſte, jebennptiiche Dynaſtie und behauptete ſich, 
‚don Chabrias unterftügt, 330— 362 gegen Pharna⸗ 
baz308 und Iphikrates. Diod. Sie. 15, 29. 41ff. 
Nep. Chabr. 25. Iphier. 2. Gegen jeinen Sohn 
und Nachfolger Tachos (362-360) erhob fich ein 
Berwandter, Neftanebos 1I., und verdrängte 
ihn jowie einen andern PBrätendenten mit Hülfe 
des zu ihm übergegangenen greiien Ageſilaos; 
aber nachdem er in 2 Kriegen gegen Artaxerxes II. 
glüdlidy gewejen war, unterlag er im dritten durch 
feine Unfähigkeit und entfloh mit jeinen Schäßen 
nach Nithiopien, um oder nach 350. Diod. Sie 
15, 90 ff. 16, 40f. 46 ff. Plut. Ages. 37 ff. 
Nektar j. Ambrosia. 
Nexvouurreie ſ. Divinatio, 6. 
Nexvoıe = Neulorıe, i; Genesia. 
Neleus, NnAsvs, 1) Sohn des Pojeidon und 
der Tyro, der Tochter des Salmoneus, Bruder 
des Pelias. Hom. Od. 11, 235 ff. Tyro jegte die 
Knaben aus und heiratete darnach den Kretheus, 
König von Jollos. Ihre beiden Söhne, welche 
von Pferdehirten gefunden und aufgezogen worden 
waren, gerieten nad) des Kretheus Tod in Streit 
über die Herrichaft von Jolkos, infolge deſſen 
Neleus mit Melampüs und Bias und einigen 
andern Achaiern, Phthioten und Miolern nach 
Meſſenien z0g, wo ihm jein Oheim Aphareus Polos 
überließ. Hier heiratete er Chloris, die Tochter 
des Amphion aus dem minyeiſchen Orchomenos 
(oder aus Theben), und zeugte mit ihr 12 Söhne 
(darunter den Neftor, Chromios, Berifiymenos) 
und eine Tochter, Pero. Hom. Od. 11, 281 ff. 
TI. 11, 692. ®Bero ward die Gemahlin des Bias 
(j. Melampus). Als einjt Herafles zu Neleus 
fam, um fich von dem Morde des Iphitos reinigen 
zu laflen, verweigerte dies Neleus, der mit des 
Sphitos Vater, Eurytos, befreundet war. Dafür 
zog Serafles jpäter gegen Pulos und erjchlug die 
Söhne des Neleus mit Ausnahme des Neftor. 
Durch dieje Niederlage geichwäct, erlitt Nelens 
von den Epeiern und ihrem König mancdherlei 
Unbilden. Unter andern raubte Augeias dem Ne: 
leus ein Biergejpann, das diejer nach Elis zum 
Wettrennen gejandt hatte. Neſtor raubte dafür 
den Epeiern Herden; und als dieje nun ins pulijche 
Land einfielen und Thryoefja am Alpheios belager: 
ten, wurden fie von Neſtor geſchlagen. Hom. 11. 
11, 6705. Nach Baujanias ftellte Neleus die 








Nemausus — Nemetes. 


olympiichen Spiele wieder her und ftarb in Korinth, 
wo er auf dem Iſthmos begraben ward (5, 8, 1. 
2, 2,2). Nach anderen wurde er mit feinen Söhnen 
von Herafles erichlagen. — 2) auch Nerlsug ge: 
nannt, Sohn des Kodros, des legten atheniſchen 
Königs, ein Nachlomme des vorigen (die Neleiden, 
aus Meflenien von den Serafleiden vertrieben, 


hatten jich größtenteils nadı Athen gewandt), zog, | h 


von jeinem Bruder Medon vertrieben, aus Attifa 
nach Jonien und gründete daſelbſt Milet, Erythrai 
u. a. Städte. Paus. 7, 2. Strab. 14, 633. 

Nemausus, N£uavoog, Hauptſtadt der Areco— 
mict und römische Kolonie im narbonenfiichen 
Gallien an der aus Italien nach Hijpanien füh- 
renden Straße am jüdlichen Abhange des Mons 
Cevenna. Sie, ſowie 24 zu ihr gehörige Flecken, 
hatten das latinische Recht, waren daher den Be- 
fehlen des römischen Statthalters nicht unterwor: 
fen. Das heutige Nimes zeigt in jeinem größten: 
teils erhaltenen Amphitheater, einer alten Wafler- 
leitung (j. Pont du Gard), einem don Auguftus 
zu Ehren jeiner Enfel Gaius und Lucius errich: 
teten Tempel (der jog. Maison quarree) u. j. w. 
noch bedeutende Reſte von der ehemaligen Größe. 
Strab. 4, 186. 

Nemea, Neuia, 1) Name eines zum Gebiete 
bon Kleonai gehörigen Hochthales zwiſchen diejem 
und Phlins in Argolis (”,, St. breit, 1 St. lang), 
von den Bergzügen Tritaranon im W. und Ape— 
ſas im D. eingefaßt; hier follte Argos die No 
bewacht, und Serafles (j. d.) den ee u Löwen 
— haben; 15 Stadien davon im Gebirge 

reto$ zeigte man die Höhle des Löwen. In 
einem Haine des Zeus Nemeios, dejjen Heiligtum 
(bedeutende Mefte eines in alerandriniicher Zeit 
erbauten Tempels im borijchen Stile haben fich 
erhalten) jich hier befand, wurden die nemeiſchen 
Spiele gefeiert (die Ortlichfeit bejchreibt an bielen 
Stellen dichterifch Pindar, z. B. mem. 2, 4 f. 3, 18. 
6, 45. ol. 9, 87), welche die Sieben auf ihrem 
Zuge gegen Theben dem Archemoros (j. Adrastos) 
zu Ehren eingeſetzt haben jollten. In hiftoriicher 
Beit treten als Nationalipiele zu Ehren des Zeus 
die Nemeen erft ziemlich ipät hervor; erſt mit der 
51. Olympiade (572 v. E.) jcheint die Zählung 
nach Nemeaden begonnen zu haben, und ihre Be- 
rühmtheit erlangten die Spiele wohl erſt 20 Olym- 
piaden jpäter. Die feier war eine triöterilche, 
fand in jedem dritten Jahre (im 2. oder 1. und 
4. Olympiadenjahr) ftatt, einmal im Sommer, ein: 
mal im Winter (vielleicht im Herbſt). Die Spiele 
umfaßten mufifalifche, gymniſche und ritterliche 
Wettlämpfe (iyar wovsındg, &. yuurındg, &, Im- 
zınög); Wettlauf, Ringen, Pentathlon, Panfra- 
tion werden unter ben aymnischen Kämpfen ge: 
nannt. Der Preis war ein Kranz, nad einigen 
aus Dlivenzweigen, nach andern aus Eppichzweigen 
geflochten. Der nemeiſche Gottesfriede jollte wie 
der olympiiche ftreng gehalten werden, doc ge- 
ichah es nicht immer, bejonders von den Lakedai— 
moniern. Die Leitung des Feſtes hatten anfangs 
die Kleonaier, jpäter die Argeier. — 2) Fluß an 
der Grenze zwijchen Sikyon und Korinthos, welcher 
im jüdlichen Teile des gleichnamigen Thales ober: 
halb Nemea entjprang und in dem Bujen von 
Lechaion mündete; j. Bach von Kutzomali. Xen. 
Hell. 4, 2, 15. Strab. 8, 382. Iav. 33, 15. 

Nemeischer Löwe j. Herukles, 6. 


815 


Nemesiänus, WM. Aurelius OlyumpiusXtem., 
römischer Dichter aus Karthago im 3. Jahrhundert 
n. €., wird als Verfaſſer mehrerer bdidaftijcher 
Gedichte, Halieutica, Cynegetiea und Nautica, 
genannt. Vorhanden ift nur ein Bruchſtück von 
425 Berjen aus den Cynegetica (während Stüde 
aus einem Gedichte de aucupio wohl umecht find), 
egeben von Stern (1882, mit Gratius 
Falifcus), M. Haupt (1838, mit Gratius, Dvids 
Halientica u. a.) und Bährens, poet. Lat. min. III 
p. 190 ff. Die Halieutica des Ovid werden ihm 
gewiß mit Unrecht, 4 Eflogen des Calpurnius(j.Cal- 
purnii, 18.) wohl mit Recht beigelegt; auch das 
unter den Werfen Claudians vorkommende Gedicht 
Laus Herculis dürfte vielleicht von ihm herrühren. 

Nemösis, Neuss. Bei Homer ift Nemefis 
noch nicht perfonifiziert; da8 Wort fommt bier 
—— in der Berbindung ob vewecıg ſes iſt 
ein Vorwurf, es iſt micht zu tadeln) vor. Bei 
Hefiod dagegen iſt N. eine Göttin, eine Tochter 
der Nacht (theog. 223). Das Wort viuscıg, bon 
veusıv, zuteilen, abgeleitet, bezeichnet urjprünglich 
das Yuteilen des Gebührenden ; die perjonifizierte 
Nemefis ift aljo die Göttin, welche dem Menſchen 
je nach Gebühr und Verdienſt jein Geſchick, Glück 
und Unglüd, zuteilt. Sie tritt daher den Schick— 
falögottheiten, den Moiren, nahe; doch ift jie 
dadurch von ihnen verichieden, dab, während die 
Moiren dem Menjchen jchon vor feiner Geburt 
ohne Bezug auf Verdienſt jein Schidjal zujpinnen, 
Nemejis nach dem fittlichen Nechtsgefühl für be: 
gangene Thaten Lohn oder Strafe verhängt. In 
der jpäteren Seit, bei Pindar, Herodot, den Tra- 
gifern, tritt an ihr bejonders die eine Seite einer 
Unheil bringenden Göttin hervor: fie rächt 
und jtraft die übermütigen Menjchen, beugt ihren 
Stolz, verhängt über den, dem das Schidjal allzu- 
viel Glück verlieh, Berlufte und Unglüd, damit das 
rechte Maß wieder hergeftellt und der Menſch 
feines menjchlichen Loſes inne werde. Soph. Phil. 
518. El. 792. Eur. Phoen. 183. Or. 1862. Neme— 
ſis fand an manchen Orten Griechenlands Ber: 
ehrung, bejonders in dem attiichen Flecken Rham— 
nüs, weshalb fie "Pauwrovoi« (Khamnusia virgo, 
Catull. 68, 77) bie. Nach Pauſanias (1, 33, 2) 
war die Bildjäule der rhammufischen Nemeſis von 
Pheidias aus einem pariichen Marmorblod ge: 
fertigt, welchen die übermütigen Perſer mit nad) 
Marathon gebracht hatten, um dort aus demielben 
ein Siegesdenfmal aufrichten zu laflen, vielleicht 
eine bloße Dichtung. Dieje rhammufijhe Nemeſis 
wurde mit Adraſteia (j. d.) identifiziert, obgleich 
fie urjprünglicdy eine von diejer ganz verjchiedene 
Gottheit gewejen zu jein jcheint. Vielleicht lag der 
Untnüpfungspuntt in dem Namen Wdrajteia, der, 
von dıöpcorw abgeleitet, die unentrinnbare be— 
zeichnen jollte. In Rom ftand ein Bild von ihr 
auf dem Capitol. — Nemefis wurde dargeftellt als 
jungfräuliche Göttin, in den älteren Kunſtwerken, 
wie e8 jcheint, der Aphrodite ähnlich (Plin. 36, 4, 4), 
jpäter ftreng und ernft, mit gebogenem Arm das 
Gewand vor der Bruft haltend (als Zeichen der 
Elle, des Mafhaltens), felbftprüfend in den Bujen 
ichauend, mit dem Zaum, dem Schwert, der Geißel 
in der Hand, geflügelt. — Bgl. auch Tibullus. 

Nemeötes, Nemötae, N£unres, eine wahrichein- 
lich mit Ariovift gefommene germaniſche Völler— 
ichaft in Belgica mit der Hanptitadt Noviomagus 


816 


(j. Speier) (Caes. b. g. 1,51. 6, 25), in Verbindung 
mit den Vangiones und 'Tribocei erwähnt. Tac. 
Germ. 28. ann. 12, 27. 

Nemetocenna, Nemetäcum, SHauptjtadt ber 
Atrebates im belgijchen Gallien, jpäter Atrebati, 
daher j. Arras im chemaligen Artois. Die alte 
nad der Colonia Agrippina führende Straße hat 
noch jegt den Namen Chaussee romaine. Cues. 
b. g. 8, 46. ; 

Nemorensis lacus j. Aricia. 

Nemossus, Nruwooos, Stadt der Arverner in 
Aquitania am Elaver, das heutige Elermont am 
Allier. Strab. 4, 191. 

Nenia j. Naenia. 

Neobüle j. Archilochos 
graphen. 

Neocaesaröa, Neoxamsdpsie, j. 
durch Größe und Schönheit berühmte, erit jpät 
gebaute (daher vor Plin. 6, 3, 3 nicht genannte) 
Hauptſtadt des Pontos Polemoniafos am Lykos— 
jluffe, wohl identiſch mit Kabeira. 

Neodauwdeıg find freigelajiene Heloten (von 
Staats wegen, da dem einzelnen die Freilaflung 
nicht zujtand), die zum Kriegsdienſt berechtigt 
und verpflichtet waren, das volle Bürgerrecht aber 
ichwerlich erhalten haben; vgl. Helotes. Athen. 
6, 102. Thuc. 7, 58. 

Neökles, Neoxkös, 1) Bater des Themiftofles. 
— 2) Vater des Philojophen Epifuros, der als 
Kolonift nad) Samos ging und dort eine Schule 
anlegte. Cic. n. d. 1, 26, 72. 

Newxogo: (Tempelwärter, Tempelauffeher, 
aeditui) waren Perjonen beiderlei Gejchlechts, 
unter deren Aufjicht und Sorge der Tempel nebſt 
feinem Zubehör ftand (vewxnöogog 6 rov var 
20040» wal capar nad) dem Etum. Magn.). Sie 
gehörten aljo urjprünglich zu dem niederen Dienjt: 
perjonal des Heiligtums und waren von den 
Prieftern verjchieden, wiewohl fie bisweilen auch 
tepeig und Legsan heißen und fogar unter Um: 
ftänden ein Opfer vollziehen konnten. In jpäterer 


unter lambo- 


Zeit wurde es ein wirkliches Ehrenamt und Gegen: | 


ſtand des Ehrgeizes; namentlich jegten in den ge: 
ſunkenen Zeiten der römijchen Kaiſer, bejonders 
feit Hadrian und den Antoninen, die Städte des 
Orients ihre höchſte Ehre darein, vewxdpo: eines 


Kaijers zu heißen, dem fie jchon zu Xebzeiten | 
Tempel bauten und göttliche Ehre erwiejen. Dieje 


Ehre der vewxoel« wurde dann auf Inſchriften 
und bejonders auf Münzen, deren noch viele vor: 


handen jind, durch das Prädikat vewxdgog zur 


allgemeinen Kenntnis gebracht. Vgl. die Abhand— 
lungen von Krauſe (1844) und Büchner (1888). 

Neön, Niwr, alte Stadt in Phokis am öft- 
fihen Fuße des zum Barnafjos gehörigen Berges 
Tithorea, wurde von den Perſern unter Xerres 
vernichtet (Hdt. 8. 32), jpäter, obwohl nicht ganz 
an der alten Stelle, unter dem Namen Tithorea 
hergeftellt und im heiligen Kriege abermals zer: 
jtört; doch nennt fie Plutarch (Sull. 15) noch ein 
peovgrov. Bedeutende Ruinen und zahlreiche In— 
jchriften beim j. Belita. 

N&ov reiyos, 1) aioliihe Stadt in Lydien 
am nördlichen Ufer des Hermos. Hat. 1, 149. — 
2) Kaftell Thrakiens an der Küfte in der Nähe 
des Cherſones. Xen. An.T, 5,8. 

Neöphron, Neöppor, aus Sifyon, ein grie— 
chiſcher Tragifer, von deijen 120 Dramen fich nur 


Nikfar, die 


erſchlagen worden jein. 


Nemetocenna — Neoptolemos. 


wenige Bruchjtüde erhalten haben (bei Naud, trag. 
Graec. fragm. p. 729}. der 2. Aufl... Weni 
wahricheinlich ift Die uns überlieferte Notiz, da 
Eiripides’ Medeia eine Nachahmung der Mijdsıx 
diejes unbedeutenden Dichters jei, um jo weniger, 
als nad) Suidas N. ein Zeitgenofje des Kalli- 
jthenes und Aleranders des Gr. war. 
Neoptölemos, Neorrölsuog (der junge Krie— 
ger), 1) auh Pyrrhos (der blonde) genannt, 
Sohn des Adilleus und der Deidameia, einer 
Tochter des Lykomedes, Königs der Doloper auf 
Styros (j. Achilleus). Hom. Od. 11, 492 ff. 
Er wurde auf Sfyros bei Lykomedes erzogen 
(Il. 19, 326) und nach des Adilleus Tode von 
Odyſſeus nah Troja geholt (Od. 11, 508), weil 
' geweisiagt war, daß ohne ihn Troja nicht erobert 
werden könne. Odyſſeus erzählt an der letzteren 
' Stelle dem Schatten des Achilleus in der Unter: 
| welt, wie jein Sohn fich bei jeder Gelegenheit, 
‚im Rate und in dem Kampfe, unter den Eriten 
gezeigt, wie er viele Feinde erichlagen habe, unter 
andern den Telephiden Eurppylos; in dem höl— 
zernen Pferde habe er ſich vor allen mutig und 
fampfbegierig bewiejen. Mit Odyſſeus war er 
auch nad Lemnos gejandt worden, um Philo— 
|ttetes nad Troja zu holen (Soph. Phal.). Bei 
der Einnahme Trojas tötete er den Priamos an 
dem Altar des Zeus Herfeios, nachdem er dejien 
Sohn Polites ſchon vor jeinen Augen erichlagen 
hatte. Verg. A. 2, 547 ff. Den jungen Sohn des 
Hektor und der Andromade, Aſtyanax, warf er 
vom Qurme herab, wie er denn überhaupt in der 
ipäteren Sage als hartherziger, wilder Krieger ge: 
ichildert wird, Die Bolyrena ppferte er auf dem 
Grabe jeines Vaters. Kur. Hec. 523. Bei ber 
Berteilung der Beute fällt ihm Andromade zu, 
mit der er den Moloſſos, Pielos, Pergamos und 
Ampfialos zeugt. Über feine Rückkehr find die 
Berichte verichieden. Nad) Homer (Od. 3, 189) 
fehrt er glüdlicy mit den Myrmidonen nah Phthia 
heim, wohin ihm Menelaos feine Tochter Hermione, 
die er ihm vor Troja verjprocden, als Gattin 
ichidte. Od. 4,5. Nach andern kommt er jelbft 
von Skyros aus nad) Sparta zur Hochzeit. Bon 
Homer abweichend erzählen Spätere, er jei, auf 
der Heimfahrt von Troja verjchlagen, oder mweil 
er nicht nach Theflalien habe zurüdfehren wollen, 
nach Epeiros gefommen und habe jich dajelbit 
niedergelaflen. Hier gebar ihm Andromache den 
Molofivs, von dem Molofjia den Namen hatte, 
und die aus dem Tempel zu Dodona entführte 
Lanaſſa, eine Entelin des Herakles, acht Kinder, 
von denen er die Töchter an benachbarte Könige 
| verheiratete. Später trat er Andromache und das 
Land in Epeiros dem Helenos, dem Sohne des 
‚Priamos, ab (Verg. A. 3, 293 ff.) und zog zu 
Lande nad) Phthia zurüd, wo er die jeinem Groß: 
vater Peleus von Afaftos geraubte Herrichaft wieder 
‚gewann. Bald nad jeiner Vermählung mit der: 
mione joll er fi nach Delphoi begeben haben (um 
dem Apollon Weihgejchente zu bringen, oder um 
wegen des Todes jeines Vaters, an dem Apollon 
ſchuld gemwejen, den Tempel zu plündern u. j. m.) 
und auf Befehl der Pythia oder auf Oreſts Antrieb, 
weil er diejem die Hermione (j. d.) entzogen, oder 
im Streit um das Opferfleiich von den Briejtern 
des Tempels oder von Macdaireus am Wltare 
Man erfaunte darin die 











Nepete — Nereus, 


Vergeltung dafür, daß er den Priamos am Al: 
tare des Zeus Herfeios ermordet hatte. Er wurde 
zuerjt unter der Schwelle des Tempels begraben, 
bis Menelaos jeine Gebeine im Tempelgebiete 
bejtatten ließ. Die Delphier verehrten ihn als 
Heros mit jährlichen Opfern, weil er den gegen 
Delphoi anrüdenden Galliern ſchützend entgegen: 
getreten fei. — 2) ein Sohn des Mlerander von 
Epeiros, der Aleranders des Gr. Schweiter Kleo— 
patra zur Gemahlin hatte und 3300. C. in Italien 
umlam (j. Alexander |, 3.), wurde 302, ala 
Pyrrhos unter Mitwirkung des Kafjander jeiner 
Herrichaft beraubt wurde, zum Könige von Epeiros 
gemacht. Als Pyrrhos mit Unterftüßung des Pto— 
lemaios Lagi zurüdfchrte, jchloß der wegen feiner 
Grauſamkeit verhaßte und von jeinen Unterthanen 
verlajjene Neopt. einen Vergleich mit ihm (296); 
aber bald, als er Pyrrhos nad) dem Leben trad: 
tete, wurde er von demjelben, der ihm zuvorfam, 
aus dem Wege geräumt, 295. Paus. 1, 11, 5. 
Plut. Pyrrh. 4. — 3) Sohn des Arrhabaios, 
ein Lynkeſtier, ſlſoh nach Philipps Ermordung, um 
weldye die Lynkeſtier gewußt zu haben bejchuldigt 
wurden, nad) Berfien und kam um bei Vertei— 
digung von Halifarnaf gegen Alerander, 334 v. E. 
Arr. 1, 20. 

Nepete, Stadt Etruriend in der Nähe des 
Eiminijchen Bergwaldes, eins der claustra Etru- 
rise (Liv. 6, 9). Früuhzeitig auf römische Seite 
getreten, ward fie jpäter römijche Kolonie und 
dann Municipium; j. Nepi mit alten Überreiten. 
Liv. 21, 10. 14. 27, 29. Vell. Pat. 1, 14. 

Nephele j. Athamas. 

Nepos, Cornelius, geboren in der Nähe des 
Badus (Plin. 3, 18, 127: accola Padi), hielt ſich 
lange Zeit in Rom auf, wo er mit Cicero, Ati: 
cus (F 32 v. E., den er überlebte), Catull und 
andern berühmten Männern befreundet war. Sein 
Geburts: und Todesjahr iſt unbefannt, doch fällt 
jeine Lebenszeit wohl zwijchen 94 und 24 v. E. 
Von den meijten feiner ya Werfe haben 
wir nur geringe Bruchjtüde, jo von jeinen Annalen. 
Außerdem jchrieb er Chronica, 5 libri exemplo- 
rum, libri de viris illustribus (in wenigſtens 
16 Büchern, enthaltend Biographien berühmter 
Männer, jein Hauptiverf), de historieis und jelbft 
erotiihe Poeſien, wie es jcheint. Das und aus 
dem Werf de viris ill. erhaltene Buch de excel- 
lentibus ducibus exterarum gentium und die 
Lebensbeſchreibungen des älteren Cato und des 
Atticus zeugen weder von geichichtlicher Kritik noch 
von ftiliftiicher VBollfommenheit, find aber bei dem 
Mangel bejjerer Quellen öfters von Wert. Lange 
Beit galt ein gewifjer Amilius Probus aus 
dem 4. Jahrhundert n. E. für den Verfaſſer der: 
felben; doch ſtammen jie nach Sprache und Dar: 
ftellung aus der befferen Zeit, und Probus hat, 
wenn eine dem Kaijer Theodojius gewidmete Dedi: 
fation echt ift, fie nur abgejchrieben. Neuere haben 
freilich) verſucht, dieſe Biographien dem Nepos 
bejtimmt abzujprechen, indes ohne Erfolg, obgleich 
augegeben werden fann, dab das urjprüngliche 

erf des Nepos, joweit es nun einmal vorliegt, 
von Probus bearbeitet und abgefürzt worden jei, 
mit alleiniger Ausnahme der vita des Atticus. 
Nach der neueſten jcharffinnigen Unterfuchung der 
Frage von ©. F. Unger (der ee Eornelius 
Nepos, 1881) ift Nepos nur der Berfafler der 


Reallegiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 


817 


vitae des Cato und Ntticus, der Verfaſſer des 
Feldherrenbuches dagegen ein Schriftjteller des erſten 
nachchriſtlichen Jahrhunderts, der nur aus jüngeren 
oder nichtrömischen Quellen jchöpfte und nur ein 
Schulbuch jchreiben wollte, ohne Fachgelehrter zu 
jein, vielleicht der Grammatiter Julius Hyginus 
(j. Hyginus, 1.), ein Polyhiſtor, dem hiſtoriſche 
und geographiiche Verſehen wohl zuzutrauen jeien. 
— Unter den zahllojen Ausgaben diejes zum 
Schulautor gewordenen Schriftitellers find etwa 
zu nennen die von Lambin (1569), van Staveren 
(zulegt 1820), J. M. Heufinger (1747), Bremi 
(zulegt 1827), Roth (1841), Sipverbep (2. Aufl. 
1879), Halm (1871) und Cobet (1881). Schul— 
ausgg. von Siebelis (11. Aufl. 1886), Nipperdey 
(9. Aufl. 1885), Hinzpeter, Horftig, Eichert, Engl: 
mann (1882), Gemf (1884), Martens (1886), Erbe 
(1886) u. a. Neuejte Tertausgg. von Andrejen 
(1884) und Fleckeiſen (1884). Musgg. mit Ver- 
befierung der ſachlichen und ſprachlichen Fehler 
von Völfer (3. Aufl. 1886), Vogel (3. Aufl. 1885), 
Ortmann (4. Aufl. 1886), Yattmann (7. Aufl. 1883), 
Weidner (2. Aufl. 1887). Vgl. Lupus, der Sprad): 
gebrauch des Cornelius Nepos (1876). 

Neptunius mons ſ. Nebrodes. 

Neptünus j. Poseidon. 

Neratii, ein plebejiiches, erſt in der Kaiſerzeit 
zu Anfehen gelangtes Gejchleht: 1) Neratius 
Brif cus, ein von Trajan und Hadrian jehr ge: 
achteter Mann, befleidete hohe Würden im Staate 
und gehörte zu den bedeutendften römijchen Ju— 
riften der Kaiſerzeit. Spart. Hadr. 4. 18. — 
2) Ner. Marcellus, verihaffte auf Plinius’ 
Wunſch (vgl. Plin. ep. 3, 8) dem Gefchichtichreiber 
Sueton eine Tribunenftelle. 

Nereides j. Nereus. 

Nereus, Nnosös, ein göttlicher Meergreis (yE- 
oo» UAtos, Hom. Il. 18, 141), nad) Hefiod (theog. 
233) Sohn des Pontos und der Gaia, welcher mit 
Doris die Nereiden erzeugte, mit dieſen feinen 
Töchtern die freundliche Seite des Meeres dar: 
ftellend. Im Aigaiiſchen Meere, deſſen Gott er 
vorzugsweije ift, hat er feine Behaufjung. Wie 
manche andere Meergottheiten hat er die Gabe der 
Weisjagung (vgl. Hor. od. 1, 15) und die Fähig— 
feit, ſich in beliebige Gejtalten zu verwandeln. 
So erſcheint er bejonders in der SHeraflesjage, 
wie Proteus in der Odyfjee, Glaufos in der Argo— 
nautenfage. Als Herafles die Hejperidenäpfel zu 
holen ausgezogen war, überfiel er den Nereus, 
feffelte ihn und zwang ihn, nachdem derjelbe fich in 
verichiedene Gejtalten verwandelt hatte, zu meis- 
jagen, wie er zu den Heiperiden gelangen könnte 
(Apollod. 2, 5, 11); vgl. Proteus. Wie bei ähn: 
lichen Meergöttern hat die Kunft bei den Dar- 
tellungen des Nereus an Augen, Kinn und Bruft 
sm der Haare Blätter einer Meerpflanze ange: 
deutet. — Die Nereiden, Nnenides, die jchönen 
Nymphen des Meeres, deren Hejiod (theog. 240 ff.) 50, 
Homer (II. 18, 37 ff.) 34 nennt, doch mit dem 
Bufage, daß e3 deren noch mehrere gebe, wohnen 
in der Tiefe des Meeres bei dem greifen Vater 
in filberglängender Grotte, mit goldenem Schmude, 
an goldenen Spindeln bejchäftigt. Pind. nem. 5,36; 
vgl. Op. met. 14, 264. Hilfreich geleiten fie den 
Schiffer durch die Flut, jo die Argonauten durch 
Stylla und Charybdis, die Flotte der Griechen 
nad) Troja (Eur. El. 434); darum wurden fie 


2 


818 


bejonders an Hafenorten verehrt. Die Kunſt ftellte 
fie als ſchöne, jchlanfe Jungfrauen dar, bald nadt, 
bald bekleidet, oft mit Meerungeheuern, beionders 
Delphinen, welche fie auf dem Rüden tragen, an 
mutig gruppiert, von Tritonen in Wagen gezogen, 
in batdiichen Ehören u. ſ. w. Die vorzüglichiten 
Nereiden find Amphitrite und Thetis (ſ. d.). 

Nerigos nennt Plinius (4, 16, 30) die größte 
der Inſeln des Germanijchen Meeres, wahrhheln: 
lich das heutige Norwegen (noch j. im Schwedilchen 
Norrige geheiken), defen jüdlicher Teil wohl für 
eine Inſel gehalten werden konnte. 

Nerij, ein in Rom erft in den legten Zeiten 
der Republik befannt geworbenes plebejiiches Ge: 
ſchlecht: 1) En. Nerius Pupinia, Hagte den 
P. Seftins im J. 56 dv. E. wegen Beitehung an. 
Cic. ad Qu. fratr. 2,3,5. — 2) ein anderer N. 
wird von Horaz (sat. 2, 3, 69) als fenerator 
genannt. 


Nerikon, Nrjeıxov (Hom. Od. 24, 377) oder 
Nijguxog ( Thue. 3, 7. Strab. 10, 452. 454), Stadt 
auf der früher mit dem Feſtlande Afarnaniens 
zulammenhängenden Inſel Leukas, die jpäter ver: 
ödete, als die Bewohner in die öftlicher gegrün— 
dete Stadt Leukas überfiedelten. 

Neritos j. Ithaka. 

Nero, ein Beiname der Claudier: 1) Nero 
Cäjar, geb. im $. 6 n. E., der ältefte Sohn des 
Germanicus, Gemahl der Julia, einer Entelin des 
Tiberius (vgl. die Gejchlechtätafel unter Julii 8.), 
wurde nach dem Tode des Drufus, des Sohnes 
des Tiberius, von leßterem (nebſt jeinem Bruder 
Drufjus) dem Senate als künftiger Naifer empfoh: 
len. Zac. ann. 4, 8f. 12. Suet. Tib. 54. ber 
Sejan, der allgewaltige Minijter des Tiberius, 
wußte bald des Kaiſers Miftrauen gegen N. jo 
zu weden, daß er ihn zumächit militäriich über: 
wachen lieh (Tac. ann. 4, 67) und fpäter (im %.29) 
beim Senate wegen angebliher Ausjchweifungen 
verflagte. Der Scnat erflärte den N. des God): 
verrats jchuldig (Suet. Cal. 7), und Tiberius ver: 
bannte ihn nach der Inſel Bontia, two er im J. 31 
dem abgeſchickten Henker durch freiwilligen Tod 
uvorfam. Suet. Tib. 54. nach des Tiberius 

ode brachte Caligula, des Nero Bruder, die Aiche 
des Toten nah Rom. — 2) Nero Claudius 
Cäjar Germanicus, römischer Kaiſer, urjprüng- 
lih 2. Domitins genannt, Sohn des En. Domi: 
tius Ahenobarbus (j. Domitii, l, 10.) und der 
j. Agrippina, der Tochter des Germanicus (j. die 
Geſchlechtstafel unter Julii, 8.), wurde am 15. De: 
zember 37 n. C. zu Antium geboren und wuchs 
nad des Baters frühem Tode unter fchlechter Auf: 
fiht und niedrigen Umgebungen auf, bis die 
Heirat feiner Mutter mit dem Kaiſer Claudius 
(25. Februar 50) jeine Adoption und feine allmäh: 
liche Erhebung zu den höchiten Würden im Staate 
> Folge hatte, und der Kaiſer ihn mit feiner 

ochter Octavia vermählte. Suet. Ner. 5 ff. Tac. 
ann. 12, 58. Zonar. 11, 11. Das Vol, welches 
in ihm den künftigen Herricher jah, überhäufte ihn 
mit Zeichen feiner Gunſt, zu deren Befeftigung 
die Bemühungen der Agrippina und die Reden 
Neros im Senate nicht wenig beitrugen. Als 
daher Elaudius (vielleicht an Gift) geftorben war, 
beitieg N., mit Hülfe der Prätorianer und an: 
erfannt vom Senate, am 13, Oftober 54, den 


Nerigos — Nero. 


Thron. Der Anfang feiner Regierung, in der ihm 
fein Lehrer, der weile Seneca, und der tüchtige 
Gardepräfekt Burrus zur Seite ftanden und ihn dem 
Einflufje jeiner herrichiüchtigen Mutter zu entziehen 
mußten, war durch treffliche Mafregeln bezeichnet 
Tae. ann. 13, 12. Suet. Ner. 10), durch welche 
N. nicht nur Beweiſe von gutem Willen, jondern 
auch von großer Milde gab. Als aber die Dro- 
hungen ber —— Mutter ihn im J. 55 
ur dee feines Adoptivbruders Britannicus 
Sortriffen (Tac. ann. 13, 15), da fam auch jeine 
eigentlihe Natur und fein Hang zu Ausſchwei— 
fungen zum Ausbruch, und er, der bald in nächt— 
lihem Unfug in den Strafen umbertobte, bald 
im Scaufpiel jeine Tiebfte Unterhaltung juchte, 
wurde durch die Buhlerin Poppäa Sabina jogar 
zur Ermordung feiner eigenen Mutter bewogen 
(Taec. ann. 14, 3 ff. Suet. Ner. 34. 39. Dio Cass. 
61, 12 ff.), im März des %. 59. Als er darauf 
von Neapel nad) Rom zurüdkehrte, wurde er, der 
wegen der Folgen der That nicht unbejorgt ge: 
weſen war, vom knechtiſchen Volke mit Jubel em: 
pfangen. Fortan gab er ſich ungeftört und unge: 
ſcheut jeinen Lüften und böſen Neigungen bin, und 
namentlich juchte er fich bei Öffentlichen Spielen 
und im Theater, bald als Wagenrenner, bald als 
Schauſpieler, vor dem Vollke hervorzuthun, bald 
las oder jang er jeine eigenen Boejien, deren nicht 
wenige genannt werben (Tac. ann. 13, 3. Suet. 
Ner. 21. Sen. quaest. nat. 1, 15,6; vgl. Tuc. ann. 
15, 34), öffentlih vor; vornehme Männer und 
rauen zwang er zu Öffentlichen Auftreten. Suet. 
Ner.11.25. Zac. ann. 15,33. Als Sänger jchente 
er ſich nicht, fi vom Bolfe den Preis erteilen 
u laffen. Zac. ann. 16, 4. 16. Nach Burrus’ 
Zode (62) nahm Senecas Einfluß immer mehr 
ab, N. heiratete ftatt der von ihm verjtoßenen 
Octavia, die erft nach der Anjel Bandataria ver: 
bannt und dann am 9. Juni 62 ermordet wurde, 
die Poppäa Sabina, führte einen ruhmlojen Krieg 
gegen Armenien, widmete faft jeine ganze Zeit den 
Öladiatoren und Gelagen, zündete angeblih Rom 
an (ein Vergehen, von dem er jedoch wahricheinlich 
freizufprechen ijt) und jchob, um des Bolfes Un: 
willen von jich abzufenfen (Tac. ann. 14, 60. 15, 18. 
Suet. Ner. 20. 38; vgl. Tac. ann. 15, 38 ff. 44), 
die Schuld auf die Ghriften, über welche eine 
—— Verfolgung verhängt wurde. Nach der 
ntdedung der Berkhioörung des Piſo lieh er 
Roms edelfte Männer, darunter den Dichter Lu— 
canus (j. d.) und feinen Lehrer Seneca, hinrichten 
(Suet. Ner. 36. Tac. ann. 15, 48—74. Dio ('ass. 
62, 24 ff), im Jahre darauf, 66, Thrajea Pätus 
und Barca Soranus. Teac. ann. 16, 21 ff. Troß 
wiederholter Verſchwörungen ward N. immer jorg: 
lojer und verworfener, heiratete nad) dem Tode der 
Boppäa Sabina die Statilia Mefjalina, verichwendete 
ungeheure Summen in Bauten, Feſtlichkeiten und 
Spielen, machte eine Reife nach Griechenland, wo 
er ald Schaujpieler auftrat (Suet. Ner. 22 5.), er: 
preßte von den Griechen bedeutende Summen und 
fehrte damit nad Rom zurüd. Aber überall brach 
nun der Unwille aus; die Provinzen empörten fich, 
alba, der zum Kaijer ausgerufen wurde, rüjtete 
fih zum Kampfe gegen Nero, und diejfer gab ſich, 
da er feine Rettung ſah, jelbit den Tod, 9. Juni 
68. Dio Cass. 63, 27 ff. Zonar. 11, 13. Suet, 
Ner. 48f. Eutr. 7, 15, Mehrere Pſeudo-Nerone 


Neronia — Neurospaston. 


erhielten nocd lange die Meinung, daß er gar 
nicht tot ſei. Der allgemeine Fluch folgte ihm 
nad. Bol. 9. Schiller, Geſchichte des römischen 
Kaijerreichs unter der Regierung des Nero (1872), 
und deſſen Gejchichte der römiſchen Kaijerzeit 1 
©. 344 ff. 


Neronia, 1) sc. solemnia, auch Neronöum cer- 
tamen, Spiele, welche Kaifer Nero im J. 60. n. E. 
fich jelbit zu Ehren eingeführt hatte. Sie waren 
fünfjährige und wurden mit mufiichen Wettfämpfen, 
Wettrennen und dergleichen gefeiert. Suet. Ner. 12. 
Tac. ann. 14, 20. 16, 2. 4. — 2) f. Artaxata. 

Nertobriga, Neerößgıya, Name zweier Städte 
Hijpaniens, deren eine in Bätica lag, das heutige 
Trrejenal de la Sierra, die andere im tarraconen: 
jiihen Hiſpanien zwiichen Emerita und Gäfar: 
augufta, j. Ruinen Galatorao. Plin. 3, 1, 3. 
Flor. 2, 17. 

Nerülum, Stadt der Lucaner im heutigen 
Ealabrien an der Popiliſchen Straße, j. Rotonda. 
Liv. 9, 20. 

Nerya, M. Eoccejus, als Kaiſer Impera— 
tor Nerva Eäjar Auguftus, aus Narnia in 
Umbrien, geb. im J. 32 n. C. aus ſenatoriſchem 
Bejchlechte, fam frühzeitig nad) Nom, erwarb ſich 
die Gunſt des Nero, befleidete mehrere Male das 
Konfulat und geriet unter Domitian, dem ein 
Wahrjager Nervas Thronbefteigung vorausgejagt 
hatte, in Lebensgefahr: Nach Domitiand Ermor: 
dung ging die Hropheeiung in Erfüllung, denn 
Nerva wurde jein Nachfolger, im J. 96. Eine 
Reihe nüglicher Gejege, befonders zur Erleichterung 
des jo läftigen cursus publicus und der großen 
Steuern, gewann ihm die Gunft der Römer, doch 
verurjachte jeine Kränklichkeit und ein zu nachgiebi: 
ger Charakter ihm viel Verdruß, weshalb er den 
Trajan adoptierte und zum Mitregenten annahm. 
Nicht lange darnach ftarb er nach noch nicht zwei: 
jähriger Regierung, den 27. Januar 98. Dio Cass. 


68, 1ff. Zonar. 11, 20. Eutr. 8, 1. Oros. 7, 11. 
Aur. Vict. ep. 24 f. Abhandlung don Giejen 


(1865). 

Nervii, Negovtor, friegeriiher Stamm der 
Belgen in Gallien, weftlid) von den Menapiern, 
von der Küſte jüdlich biß zur Arduenna silva, 
im heutigen Hennegau und Hamür, mit der Haupt: 
ftadt Bagacum (j. Bavan). Caes. b. q. 2, 4. 15. 
5, 89. 42. 51.6,2. Plut. Caes. 20. Sie konnten 
50000 Mann ins Feld ftellen, wurden von Cäſar 
aber nach verzweifeltem Kampfe fajt ganz ver: 
nichtet. Strab. 4, 191. Plut. Caes. 20. 

Nesactium oder Nesartium, Stadt der Iſtrier 
am Fluß Arfia, durch deren blutige Eroberung 
die Römer den Befib des Landes für fich ent: 
fchieden; j. Altura. Zir. 41, 11. 

Nesiötes, Nnsıwrng, atheniicher Bildhauer 
zwijchen DI. 70 und 80, aljo etwas älterer Zeit— 
genofje des Pheidias. Er erjeßte mit Kritios durch 
ein neues Werk die von Kerres aus Athen hinwegge— 
führten Statuen des Harmodios und Ariftogeiton. 
gl. aud) Bildhauer, 3. 

Nösis, Heine Infel an der Dftküfte des Puteo- 
lanerbujens, Miſenum gegenüber, äußerſt frucht: 
bar und angenehm, j. Niſida. Cic. ad Att.1,2,16. 

Nessönis f. Ihessalia, 

Nessos j. Herakles, 11f. 

Nestor, Nécroo, Sohn des Neleus und der 
Chloris (Hom. Od. 11, 281 ff.), Herricher im mefje: 


819 


nischen (oder, wie manche wollen, im triphyliſchen) 
Pylos. Sein Gebiet grenzte nach der einen Seite 
hin an Yafedaimon, nach der andern in der Ge: 
gend des Alpheios an Elis, wo die Epeier feine 
Nachbarn waren. Mit feiner Gemahlin Eurydike 
oder Anaribia zeugte er die Töchter Peiſidike und 
Polykaſte und die Söhne Perjeus, Stratios, Are: 
tos, Echephron, Beififtratos, Antilochos und Thra= 
ſymedes. Hom. Od. 3, 413. 451. 464. Als Hera- 
fles die Söhne des Neleus (j. d.) erichlug, befand 
fi Neftor bei den Gereniern und blieb daher am 
Leben. Hom. Il. 11, 692. Als Jüngling fämpfte 
er glüdlich gegen die Epeier (j. Neleus) und 
gegen die Arkadier (Il. 4, 319. 7, 133 ff.); auch 
nahm er als Freund der Lapithen teil an dem 
Kampfe gegen die Kentauren (IT. 1, 260 ff.), ferner 
an ber falydonischen Jagd und dem Argonauten: 
zuge. In hohem Alter, als er jchon über das 
dritte Geſchlecht herrichte (TI. 1, 250 ff. Od. 3, 245), 
og er mit 50 Schiffen gegen Ilios (/1. 2, 591 fj.). 

orher hatte er mit Odyſſeus den Achilleus und 
Batroflos zur Teilnahme am Zuge aufgefordert. 
11. 11, 767. Bor Troja iſt er einer der aus: 
gezeichnetften Helden, ein weiſer, gerechter (Od. 
3, 244) Greis, von deſſen Lippen die Rede jüher 
als Honig fließt (TI. 1, 247), zugleich aber ein 
tapferer und friegsfundiger Kämpfer. IT 2, 553 ff. 
Überall erteilt er dem jüngeren Gejchlechte, das 
aufmerkſam jeinen Erzählungen aus alter Helden: 
zeit horcht, aus dem reichen Schaße feiner Erfah: 
rung Hugen Nat, und jeder folgt ihm gern und 
ehret ihn. Homer hat den pyliichen Greis, den 
rüftigen Rofjetummler und eindringlichen Redner, 
der auch die Freuden des Bechers nicht verjchmäht 
(TI. 11, 632 ff. 14, 1), mit folcher Vorliebe behan— 
delt, daß ſpäter mandje angenommen haben, Homer 
jei ein Pylier geweſen. Nah Trojas Berftörung 
fehrte er nlücic in die Heimat zurüd (Od.3, 165 ff.), 
wo er noch viele Jahre lang im reife jeiner 
verftändigen Söhne ein ftilles, behagliches Alter 
verlebte (Od. 4, 209 ff.), wovon Telemach ſich bei 
feinem Befuche überzeugte (Od. 3, 68 ff.). In dem 
meſſeniſchen Pylos zeigte man noch zur Zeit des 
Pauſanias (4, 3, 7. 36, 2) jein Haus. Darjtellungen 
von ihm befanden fich zu Mefjene und in der Lesche 
zu Delphoi von Polygnotos. 

Nestos, N£orog oder N£scog, ein auf dem Ge: 
birge Rhodope entipringender Fluß Thrafiens 
(Thuc. 2, 96), bildete ſeit Philipp die jüdöftliche 
Grenze Makedoniens, fällt der Inſel Thajos ge— 
genüber ind Meer; j. Mefta, bei den Türken 
Karafu. Adt. 7, 109. Strab. 7, 323. 331. 

Netum, Nenrov, Stadt füdweftlih von Sy: 
rafus und zu deren Gebiete gehörend. Cie. Verr. 
4, 26. 5, 31. 

Neuri, Nevgod, Bolt von ſtythiſchen Sitten im 
europäiihen Sarmatien, das fih ein Menſchen— 
alter vor Dareios Hyſtaſpis im Lande der Budiner, 
nordwärts von den Quellen des Tyras (j. Dnieſtr), 
öftlich von den Agathyrſen, aljo im } Galizien 
und Volhynien, niedergelafien hatte. Hat. 4, 17. 
51. 105, 

Neurobätae, vevgoßaraı, Seiltänzer, gewöhn: 
fih Sklaven, welche auf einem dünnen Seile ihre 
Künfte zeigten, während die funambuli auf einem 
diden Taue tanzten. Das Seil hieß catadromus. 
Suet. Ner. 11. Galb. 6. - 

Neurospaston, vevgdozusrov, PEVHOOTLOTOV- 


62* 


820 


uevor, sigillarium, eine durch Fäden in Bewe— 
gung geſetzte Gliedergruppe, eine Marionette. Hor. 
sat. 2, 7, 52. Mit ſolchen Puppen, die nach He: 
rodot (2, 48) ſchon in Agypten befannt waren, 
zogen Leute herum und zeigten für Gelb ihre 
Poſſen. Xen. symp. 4. 55. 

Nexum, im mw. Sinne jedes feierliche per nes 
et libram (j. Mancipatio) in Gegenwart von 
Zeugen vollzogene Geichäft. Cie. de or. 3, 40. Im 
e. ©. war es eine stipulatio einer Geldanleihe 
unter den angegebenen Formalitäten. Hielt der 
Schuldner jeine Rüdzahlungsverpflictung nicht 
inne, jo verfiel feine Perjon ohne weiteres gericht: 
liches Urteil dem Gläubiger, der Schuldner ward 
nexus, nexu vinctus, Kam es dennoc irgendwie 
u einer gerichtlichen Klage, ſo bejtimmten die 
AI Zafeln, daß dem durch das nexum verpflich- 
teten Schuldner 30 Tage Frift zur Befriedigung 
jeines Gläubigerd bewilligt wurden. Nach ver: 
geblichem Ablauf diefer Zeit durfte der Gläubiger 
durd; manus iniectio jeinen Schuldner vor den 
Prätor führen. Falls fih nun feiner für ihn 
verbürgte, wurde er mit jeinem Leibe dem Gläu— 
biger Ir A er fam in Schuldknechtſchaft 
und durfte in Feſſeln gelegt werden. Gewöhnlich 
mußte er nun feine Schuld abarbeiten und ſich 
während Ddiejer Zeit der härtejten Behandlun 
fügen. Trotz jeiner faktiſchen Schutdtnehticaft 
behielt er dennoch rechtlich Freiheit und Givität. 
Quint. 7, 3. 5, 10. — Da das nexum für Die 
ärmere Klaſſe jehr gefährlich und nachteilig war, 
ſchaffte die lex Poetelia Papiria, 326 v. E., das 
nexum als Darlehnsfontraft ab, jo daß niemand 
mehr durch freiwilligen Vertrag in Schuldhaft 
geraten fonnte. Liv. 8, 28: velut aliud ınitium 
hibertatis plebi Romanae. Für andere Gejchäfte 
bejtand das nexum zwar fort, wurde aber immer 
jeltener angewandt und verichwand endlich ganz. 

Nicephorius, Fluß im nördlichen Mejopota- 
mien, der in den Chaboras mündet, aljo zum Ge: 
biet des Euphrat gehört; j. Zirgan. An ihm er: 
baute Tigranes Il. um 80 v. E. Tigranoferta. 
Tac. ann. 15, 4. 

Nicer, redjter Nebenfluß des Rhenus, der heu: 
tige Nedar, deſſen Lauf Kaiſer Valentinian 319 
n. C. mit großen Koften ändern lich. Amm. Marc. 
28, 2. Un feinen Ufern finden fich zahlreiche 
Reſte römischer Bauten. 

Niger 1) j. Pescennius. — 2) f. Nigritae. 

Nigidius, P. Nig. Figulus, geboren um 98 
v. C., Beitgenofje und Freund Eiceros. Mit einer 
ausgedehnten Gelehrjamtfeit, wegen deren man ihn 
dem Barro an die Seite jtellte (Gell. 4, 9, 1), 
verband er einen jeltiamen Hang zu ſpitzfindigen 
Srübeleien und allerhand entlegener und geheimer 
Weisheit, was jeiner ganzen wiljenichaftlichen Thä— 
tigfeit einen wunderlich myſtiſchen Charakter gab 
und feine Schriften früh in Vergefjenheit geraten 
ließ. Seine Liebhaberei für Geheimlehren führte 
ihn zu der pythagoreiichen Philojophie, al$ deren 
Wiederherjteller ihn Cicero (Tim. 1) rühmt. Dazu 
fam eine genaue Kenntnis der Ajtrologie und der 
gejamten Wahrjagerei, welche er jelbjt praktiſch 
übte. Dahin gehören feine Schriften de extis 
und de auguriıs,. Geine theologischen Unter— 
juchungen legte er in einem ausführlichen Werte 
de dis von mindejtens 19 Büchern nieder. Aber 
wie feine philojophiichen und religiöjen, jo fanden 


Nexum — Nikanor. 


auch feine grammatifchen Lehren troß der umfang: 
reihen und gelehrten commentarii gram- 
matici, einer Sammlung grammatiicher Objer- 
bationen ohne ſyſtematiſche Ordnung in wenigitens 
28 BB., wenig Eingang; ebenjo geringe Verbrei- 
tung jcheinen die aftronom. Schrift de sphaera 
und die Bücher de animalibus gefunden zu 
— — In der Staatsverwaltung gelangte er 
is zur Prätur, im J. 58. Cie. ad Qu. fr.1,2,5. 
In dem Kriege zwiichen Cäſar und Pompejus 
ſchloß er fich der Partei des lepteren an und wurde 
nach deſſen Beſiegung ins Eril geihidt (Cie. ad 
fam. 4, 13), wo er im J. 44 jtarb. — Sammlung 
der Bruchitüde feiner Werfe von Swoboda (1859); 
Monogr. von M. Herb (1845). 

Nigritae, Niyeiraı, Niyonres, aithiopiiche 
Völkerſchaft im Innern Afrikas, mit der Haupt: 
ftadt Nigira, an dem in jeinem Laufe den Alten 
nur dunfel befannten Fluß Niger oder Nigir 
(nicht dem heutigen Niger). Mela 1, 4, 3. 3, 10, 4. 
Plin. 5, 8, 8. Strab. 2, 131. 17, 828. 

Nikagöras, Nıixayögas, 1) ein Mefjenier und 
Verräter de3 Königs Nleomenes Ill. von Sparta. 
Pol. 5, 37. — 2) ein Sohn des Rhetors Mujaios 
in Athen, Sophijt und Freund des Philoftratos 
und Longinos, lebte im 3. Jahrhundert n. E. 

Nikaia, Nixua, Nicaea, Name mehrerer 
Städte: 1) in Bithynien an der Dftipige des Nifa- 
niichen Sees, ſchon von Antigonos unter dem 
Namen Antigoneia an der Stelle des kleinen Ortes 
Ankora angelegt, wurde, von Lyſimachos unter 
dem neuen Namen (nach ſ. Gemahlin) bedeutend 
vergrößert, eine blühende Handelsjtadt, eine Zeit 
lang jelbjt Refidenz der Könige; j. Isnik. Hier 
fanden 325 und 787 allgemeine Kirchenverjamm:- 
lungen ftatt. Strab. 12, 565. — 2) Stadt Indiens 
an der Grenze des Gebiets der Baropamijaden 
weitlih vom Fluß Kophen, j. viel. Dichelalpur. 
Arr. 4, 22, 6. — 3) Stadt am Hydaſpes, von 
Alerander zum Andenken feines Sieges über den 
Boros erbaut. Arr. 5, 19, 4. Curt. 9, 3,24. Just. 
12, 8. — 4) Veſte der epifnemidijchen Lokrer am 
Fuße des Dite, nahe am Thermopylenpafie, für 
defien Beherrſchung fie wichtig war; deshalb wird 
fie oft erwähnt. Ihr Beſitz entichied für Philipp 
den heiligen Krieg. Dem. Phil. 2, 7. Auch in den 
Nömerkriegen wird N. nod) erwähnt. Liv. 28, 5. 
32, 32 u. d. Strab. 9, 426. 428. — 5) Kolonie 
der Mafjalioten in Ligurien, j. Nizza. 

Nikandros j. Epos, 7. 

Nikänor, Nirdvog, 1) ein Sohn des Mate: 
donierd Barmenion, focht als Befehlshaber unter 
Nlerander dem Gr. in den Schlachten am Granitos, 
bei Iſſos und Gaugamela, verfolgte den Beflos 
und jtarb im J. 330 v. C. Curt. 4, 13. Arr. 
3,25, 4. — 2) ein anderer Feldherr Alexanders, 
befam bei der Teilung don Triparadeiſos (321 
v. E.) Kappadokien, kämpfte darauf unter Anti: 
gonos (Plut. Eum. 17) und mußte im %. 312 
vor Seleufos aus Medien fliehen. Diod. Sie. 
19, 92. 100. — 3) aus Stageira, Befehlshaber der 
Flotte Alexanders, nahm jpäter an den Kämpfen 
in Griechenland teil und wurde auf Kaflanders 
Befehl Hinterliftigerweife im J. 318 v. E. hin— 
gerichtet. Diod. Sie. 18, 64 ff. 75. — 4) Sohn des 
Hermias aus Alerandreia, griechiſcher Grammatiker 
unter Kaiſer Hadrian, beſchäftigte ſich vorzüglich 


Nikarchos — Nikias. 


mit der Lehre von der Interpunktion (orıyun) und 
ichrieb 2 Hauptwerke: megl orıyujs tg nadolov 
in 6 BB. und egl orıyujs rg ag’ "Ourjow, 
daher fcherzhaft Zriyuarlag (der Gebrandmarkte) 
genannt. on feßterem Werke find zahlreiche 
Stüde erhalten in den venetianischen Scholien 
zum Homer, die auf die Alias bezüglichen Kun 
melt von Friebländer (1850), die auf die Odyſſee 
— von Carnuth (1875). 
ikarchos, Nix«eyos, 1) ein griechiicher Epi— 

grammendichter im 1. Jahrhun— 
dert n. E., ausgezeichnet durch 
jeinen jcharfen jpottenden Ton; 
38 Epigramme werden ihm bei- \ 
gelegt. — 2) ein Feldherr Antio: N 
cho8’ des Gr. Pol. 5, 68 u. b. 

Nike, Ni«n, Victoria, 1) die 
Siegesgöttin, nach Hefiod (theog. 
383%) Tochter des Giganten Pal: 
las und der Styr, Schweiter des 
Zuhos (Wetteifer), Kodrog (Kraft) 
und der Bi« (Gewalt). Dieje Ge: 
ichwifter wohnen ftet3 bei Zeus im 
Olympos, weil fie auf jeinen Auf: 
ruf gum Titanenfampf zuerjt von 
den Göttern erjchienen waren. Sie 
ift aber nicht allein die Sieg im 
Kriege verleihende Göttin, jondern 
auch bei allen Wettfämpfen betei: 
ligt, ferner die Bringerin jedes 
Erfolgs im Leben, Helferin in der 
Not und bei jeder jchiwierigen Ar: 
beit. In den künjtleriichen Dar: 
ftellungen kommt fie häufig mit 
den Gottheiten, welche den Sieg 
verleihen, in Verbindung vor; jo 
trugen die Zeusftatue in Olympia 
und die Ballas Parthenos auf der 
atheniihen Burg eine Nife auf 
der einen Hand. Sie wurde ge- 
wöhnlich als fliegende Jungfrau 
dargeftellt, mit Palme und Kranz. 
Eine trefflihe Bildjäule der vom 
Himmel niederjchwebenden Nile, 
die auf einer Säule ftand, ein 
Wert des Paionios von Mende ZZ 
(erwähnt Paus. 5, 26, 1), ift bei - 
den Ausgrabungen in Olympia 
gefunden worden (f. die Abbildung). 
Die römiſche Victoria hatte 
einen alten Tempel auf dem Pa: 77 
latinus. Ein anderer war im 
Sammniterfriege 294 v. E. geweiht 7 
worden. Er ftand mwahrjcheinlih 
auf dem Capitol, wo mit der Zeit 
eine größere Zahl von Rictoria- 
bildjäulen aufgejtellt wurde. Die 
Vica Pota (mächtige Siegerin) jcheint mit Vic- 
toria identisch zu fein. — 2) Beiname der Athene 
(Soph. Phil. 133), welche als jolche auf den Bur— 
gen von Athen und Megara Tempel hatte, Die 

thene Nike zu Athen heift mißbräuchlich auch 
“Anrteoog Nian (j. Attika, 9.), indem man in der 
Bildſäule der Göttin, die in der rechten Hand einen 
Granatapfel, in der linfen einen Helm trug, ftatt 
Athene eine ungeflügelte Nite erblidte, ungeflü- 
gelt, damit fie Athen nicht entfliehen könne. Paus. 


3, 15, 





821 


Nikephorion, Nıxepögiov, Stadt in Djroöne, 
am Einfluß des Belichas in den Euphrat, von 
Alerander dem Gr. oder Seleufos I. gegründet, 
unter den Römern Grenzfeftung, zugleich mit be— 
deutendem Handel; j. Rafta. Nik. hieß auch Kal: 


linifos, in der Kaiſerzeit Konftantine oder Leon: 
topolis. Strab. 16, 747. 
Nikörätos, Nixrjoarog, 1) Vater des Nitias, 
. Nikias, 1. 
ias, 1, 


— 2) Sohn des Nikias, ſ. Ni- 


NikYas, Nixies, 1) Sohn des Niferatos, jchon 
bei Perikles' Lebzeiten angejehen und im Kriege 
bewährt, wurde nad) defien Tode von den Reichen 
und Bornehmen, überhaupt den Gutgefinnten dem 
Kleon entgegengeftellt. Plut. Nie. 2. Obgleich ihm 
indes das Volk durch wiederholte Wahl zum Stra: 
tegen fein Vertrauen bewies, Fonnte er doc dem 
Kleon als Demagogen wicht das Gleichgewicht hal: 
ten. Die Hauptitüge feines Anſehens war jein 
Neichtum, den er uneigennüßig verwandte, ohne 
die Begierden des Volkes aus der Staatslaſſe zu 


822 


befriedigen. Dabei war er bedächtig und zurüd: 
altend, ohne mit rajcher Entjchloffenheit den rechten 
(ugenblid zu benußen; er fürchtete mehr das 
Volk als dag er es beherrichte, und bei jeinem 
Mangel an Selbftvertrauen juchte er Rat bei den 
Manteis und war Ddiejen ganz ergeben. Arist. 
Equit. 1. Thuc. 7,50. Plut. Nie. 5. Er wünſchte 
Frieden mit den Spartanern, ohne daß dies feiner 
Heerführung und Tapferkeit Eintrag gethan hätte. 
Als nadı dem Falle von Mytilene die gemäßigte 
Partei an Einfluß gewonnen hatte, machte er einen 
glüdlichen Zug nad der Inſel Minoa (427 v. E.) 
und 426 nach Melos; als es ihm jedoch nicht ge: 
lang, dieje Injel zum Bunde mit Athen zu zwingen, 
landete er bei Oropos und befiegte die Tanagraier. 
Thue. 3, 51. 91. Seinem Feldherrnruhm aber 
ichadete es, daß infolge feiner Nachgiebigfeit Kleon 
an jeiner Statt als Feldherr gegen die auf Sphaf: 
teria eingejchlofjenen Spartaner ziehen mußte und 
dieje wider aller Erwarten zur Übergabe zwang. 
Plut. Nie. 7. 8. Nad) dem Tode des Kleon brachte 
er den nad ihm genannten Frieden zu ftande 
(April 421), deſſen Bedingungen indes bei der 
Eiferſucht der Mittelftaaten und den Ränken des 
Altibiades nicht vollftändig zur Ausführung ge: 
bracht werden konnten. Der Expedition nach Sici- 
lien widerjeßte er ich aus allen Kräften (Thuc. 
6, 9 5.); deflenungeachtet aber wurde er mit Alki— 
biades und Lamachos an die Spite derjelben ge: 
ftellt, 415. Die Verſchiedenheit der Anfichten Tähmte 
das Unternehmen. Plut. Ale. 18. Nikias bejiegte 
zwar nach der Abberufung des Alkibiades die Syra- 
fufier, doch ohne daraus bei jeiner Unentſchloſſen— 
heit bedeutenden Vorteil zu ziehen. Am Winter 
juchte er durch Unterhandlungen ſikuliſche und ita- 
liſche Städte auf feine Seite zu ziehen, rüdte im 
nächſten Frühjahr, nachdem Lamachos gefallen, 
gegen Syrakus, bejegte Epipolai und bedrängte 
die Stadt jo, daß fie jchon wegen der Übergabe 
unterhandelte (Thuc. 7, 2), als die Ankunft der 
Spartaner unter Gylippos alles änderte. Nikias, 
mutlos durch den Abfall der Bundesgenoffen, krank 
durch Sorgen und Anftrengungen, berichtete nad) 
Athen feine mißliche Yage und verlangte die Sen: 
dung eines neuen Heeres und feine eigene Ent: 
laffung. Plut. Nie. 19. Eurymedon und nachher 
Demofigenes famen mit Verſtärkung, als die Syra— 
fufier jchon im Begriff waren, die ganze Kriegs: 
macht der Athener zu vernichten, 413. T’huc. 7, 42. 
Nikias widerjegte fich jetzt dem Nüdzuge und dem 
Nufgeben der gemachten Eroberungen; als aber 
die Flotte in einer Schlacht, in welcher Eurymedon 
fiel, geichlagen und in einem zweiten Treffen faft 
vernichtet war (T’hue. 7, 52 ff.), mußte das 40 000 
Mann ftarle Heer der Athener, ermutigt durch 
Nikias, der unter der Schwere feines Ungtüds 
wunderbar groß und fejt erjcheint, den Rückzug 
zu Lande nach dem Gebiete der Sikuler antreten. 
Unter unſäglichen Widerwärtigfeiten, gequält von 
Hunger und Durft, trennten N bald die beiden 
Abteilungen. Demofthenes mußte fich den Feinden 
ergeben, einige Tage ſpäter Nikias am Aſinaros 
in einem jammervollen Zuftand, September 413. 
Thue. 7, 85. Die Überbleibjel des Heeres wurden 
in die Steinbrüche geworfen, die beiden Feldherren 
in Syrafus nach einem Vollsbeichluß hingerichtet. 
Thuc. 7, 86. Plut. Nie. 28. — Nikias hinterließ 
einen Sohn Nikeratos, der, ebenjo reich, wie 


Nikochares — Nikomachos. 


durch fein altberühmtes Geſchlecht angejehen, dabei 
durch Humanität und Freundlichkeit beliebt, unter 
den 30 Tyrannen hingerichtet wurde. Xen. Hell. 
2,3, 39. — 2) f. Maler, 8. — 3) ein Arzt des 
Königs Pyrrhos, welcher dem Fabricius anbot, 
den König für eine Summe Geldes töten zu 
wollen. — 4) ein Rhetor in Großgriechenland, 
Lehrer des Lyſias. — 5) Nic. Curtius, von der 
Anjel Kos, ein Grammatifer in Rom, Freund 
des Cicero und Pompejus und Ciceros Begleiter 
nach Kilikien. Cie. ad Att. 7, 3,10. 14,9, 3. — 
6) ein Arzt aus Milet, Freund des Theokritos 
und Epigrammendichter. — 7) ein gelehrter Arzt 
aus Nitopolis zu Plutarchs Zeit. 

Nikochäres, Nixoyaens, aus der att. Ortichaft 
Kydathenaion, Sohn des Komikers Philonides und 
Dichter der neueren attijchen Komödie, trat mit 
feiner Komödie Adnwres gegen Nriftophanes’ 
Plutos in die Schhranfen. Genannt werden die 
Titel von 8 Stüden. 

Nikodemos, Nıxoönuos, 
thene® ermordet, wobei eidiad eine Wolle 
pielte. Dem. in Mid. p. 548 ff. 

Nikökles, Nixoxinjs, 1) der Sohn und Nadı: 
folger des Euagoras 1. als Herr über Kypros 
374 v. EC. An ihn find 2 Reden des Iſokrates 
(mgög Nixorkta, über die Kunft zu regieren, und 
Nixoxdijs 7 Köngior, über die Pflichten gegen 
die Fürften) gerichtet. — 2) Herr von Paphos auf 
Kypros, ftarb mit feiner Familie eines gewalt: 
jamen Todes (310 v. E.), ald Ptolemaios Lagi 
egen ihn ein Heer jandte, weil er heimlich die 

artei des Antigonos ergriffen hatte. Diod. Sie. 
20, 21. Wahrjcheinlich ift er zu unterjcheiden von 
dem Nikokreon (auch Nifofles genannt) von Sala: 
mis, der dem Alexander glänzende Feite gab (Plut. 
Alex. 19). 

Nikoläos, Ninölaos, 1) Sohn des Bulis, der 
von den Spartanern mit Sperthiad zur Sühne 
des Grolles des Talthybios an den perfiichen Hof 
geichidt wurde. Hat. 7, 157. — 2) ein Dichter 
der neueren Komödie. — 3) ein Philoſoph der 
peripatetiijhen Schule. — 4) ein Geſchichtſchreiber 
aus Damaſtos zur Zeit des Auguftus und Be: 
fannter des jüdischen Königs Herodes, Erzieher 
der Kinder des Antonius und der Kleopatra, ver: 
[eßte außer fleineren Schriften, wie einer Biographie 

es Auguftus (Blog Kalsagog), einer Zdwör ovra- 

yayı) und einer Selbjtbiographie, als Hauptwerk eine 
bis auf feine Zeit reichende Univerjalgejchichte in 
vielleicht 144 Büchern, von der zahlreiche Bruch 
jtüce erhalten find, gefammelt von Drelli (1804, 
nebft Nachtrag 1811), Müller, fragm. hist. Graec. 
Il p. 343 ff., zulegt von Dindorf, histor. Graec. 
min. Bd. I (1870) p. 1—153. 

Nikomächos, Nixöuayos, 1) ein Sohn des 
Machaon und der Antilleia, der Tochter des Königs 
Diokles in dem mefjenischen Pherai. Nach Diokles’ 
Tode fam er mit jeinem Bruder Gorgajos in 
Pherai zur Regierung. Beide waren auch Arzte, 
und da fich ihre Heilfraft audy noch nach ihrem 
Tode fund gab, jo erhielten fie göttliche Verehrung 
und einen QTempel. Paus. 4, 30, 3. 3, 10. — 
2) Vater des Nriftoteles. — 3) ein Sohn des Ari: 
jtoteles. — 4) ein Tragifer und Zeitgenofie des 
Euripides, den er im tragiichen Wettftreite befiegt 
haben joll. — 5) ein Komiker der neuern Komöbdie. 
— 6) ein Maler, j. Maler, 8. — 7) ein Mathe 


ur Zeit des Demo: 


Nikomedeia — Nilns. 


matifer und Anhänger der neupythagoreischen Phi: 
lojophie, aus Gerafa in Mrabien gebürtig, um 


147 n. C. Wir bejiten von ihm eine Arithmetif | 


in 2 BB. (dodunrxı slsayaoyr)), herausgeg. von 
Hoche (1866), und ein Handbuch der Harmonik 
(Eyzsıpidıor “guorınjs), ebenfalls in 2 BB., ge: 
drudt im 1. Bande von Meiboms antiqu. mus, 
Seriptt. 

Nikomedeia. Nixounjdsıe, Stadt in Bithy: 
nien, welche Nitomedes I. etwas nördlich von der 
durch Lyſimachos zeritörten Stadt Aſtakos am 
nordöftlihen Winkel des Olbianiihen oder Aſta— 
fenijchen Meerbujens (j. Bujen von Ismid) er: 
baute und zur Hauptſtadt des Reichs erhob; dann 
römiſche Provinzialhauptitadt. Später wählten 
jelbft römijche Kaijer, wie Diocletian und Con: 
ftantin der Gr., dieje jchöne und große Stadt zum 
längeren Aufenthaltsort. Mehrmals durd) Erd: 
beben zerjtört, ward fie immer wieder hergeitellt; 
j. Isnikmid oder Ismid. Hier war der Hiſtoriker 
Arrianos geboren, und hier tötete ſich Hannibal 
durch Gift. Strab. 12, 563, 

Nikomedes, Nixourjöns, Name bithynifcher 
Könige: 1) Nik. I, Sohn eines Häuptlings Zi: 
poites (j. d.), bemädhtigte ſich mit Hülfe der aus 
Thrafien herbeigeführten Gallier, denen er Gala- 
tien abtrat, des ganzen Bithyniens und gründete 
Nitomedeia, 231—246 v. C. Es folgten Ziarlas 
um 240, Pruſias I. und lI., 228—149. Liv. 38, 16. 
— 2) Ni. 1. Epiphanes, ein graujfamer Fürit, 
der, wie jein Vater Prufias, jchon in Abhängig: 
keit von den Nömern regierte, ſich eine Zeit lang 
mit Mithridates verbündete, aber jpäter über den 
Beſitz von Paphlagonien mit ihm entzweite, ge: 
ftorben 91 0.C. App. Mithr. Aff. Just. 37,4.38,1. 
— 3) Nik. III Philopator, wurde als ab: 
hängiger Lehnsfürſt der Römer von Mithridates 
vertrieben. Ber feinem Tode vermachte er den 
Römern fein Land, 74 v. E. Just. 38, 3.5. App. 
Mithr. 10$f. 

Nikon, N%or, 1) ein Dichter der neueren 
Komödie. — 2) Lehrer des Sertus Fabius, Ver: 
fafjer einer Schrift weol rolugpaylag. — 8) ein 
Architelt und Geometer, Vater des berühmten 
Arztes Galenos, im 2. Jahrhundert n. C. — 4) ein 
junger Tarentiner, der mit mehreren Jugendge— 
nofjen dem Hannibal die Stadt Tarent 212 v. C. 
übergab und dann bei der Wiedereroberung durch 
die Römer im tapferen Kampfe das Leben ver: 
for, 209. Liv. 25, 8. 9. 26, 39. 27, 16, 

Nikophömos. Nixögpruos, aus Athen, Freund 
und Kampfgenoſſe Konons, der ihn 393 v. E. auf 
der Inſel Kythera als Harmoſten zurüdließ (Xen. 
Hell. 4, 8, 8), nachdem er ihm ſchon 2 Jahre 
früher den Oberbefehl über die Flotte mit dem 
Hieronymos während jeiner Abwejenheit beim 
Berjerlönige übertragen hatte. Ums %. 389 wurde 
N. nebit jeinem Sohne Artiftophanes ohne Verhör 
zum Tode verurteilt, wahrjcheinlich unter Anklage 
des Verrats. Vgl. Lys. pro Aristoph. 

Nikopölis, Nixomokıs, häufig vorlommender 
Städtename: 1) Stadt am Eingange des Ambra: 
filchen Meerbuſens, auch Actıa Nicopolis ge: 
nannt, an der Südweſt-Spitze von Epeiros, Nctium 

egenüber, von Auguftus zur Verherrlichung jeines 
Sieges über Antonius angelegt und mit herr: 
lichen Gebäuden ausgeftattet, bejonders einem 
Apollontempel, bei dem alle 4 Jahre zu Ehren des 


823 


Gottes feierliche Spiele gegeben wurden. Später 
wurde N. Hauptitadt des jüdlichen Epeiros und 
Alarnaniens und ceivitas libera; j. Ruinen Pa: 
leopreveja (türkiſch Viranſchehr d. h. Ruinenftadt). 
Strab. 7, 325. — 2) Stadt in Thrafien, nicht 
‚ weit von der Mündung des Neftos, j. Nevrekup. 
— 3) Stadt in Untermöjien, von Trajan ſüdlich 
des Danuvius gegründet; j. Ruinen Nikup. — 
4) Stadt in Bithynien an der engften Stelle des 
| Yoäporos. — 5) Stadt in Kleinarmenien an der 
Grenze von PBontos, am Lykos, einem Nebenfluffe 
des Iris, j. Enderes; von Bompejus zum Andenken 
an den erjten Sieg über Mithridates gegründet 
(j. Mithridates, 6). Strab. 12, 555. App. 
Mithr. 101. 105. — 6) Stadt in Paläſtina, ſ. 
Emmaus. — 7) Stadt in UInterägypten, weſtlich 
vom eigentlichen Delta an dem von Kanobos bis 
Alerandreia führenden Kanal, von Auguftus ge: 
gründet zum Andenken an jeinen legten Sieg über 
Antonius; j. ars. Strab. 17, 795. 800. 

Nikosträtos, Nixöorgaros, 1) athenijcher Feld: 
herr im peloponnefischen Kriege, zog der Volls— 
partei in Kerkyra von Naupaktos aus zu Hülfe 
und vereitelte einen Vergleich zwiichen den Par— 
teien. Thuc. 3, 75. Nach dem Frieden des Nikias 
führte er den von den Spartanern angegriffenen 
Urgivern mit Laches Hülfstruppen zu (Thuc. 4,119. 
5, 61). -— 2) Anführer einer im Solde des Arta— 
xerxes Ochos ftehenden argiviichen Schar. Died. 
Sie. 16, 44. 47 f. 

Nilus, ö Neilog, ägyptiſch Aur (d. h. der Fluß), 
hebräiich Jeor, aſſyriſch Jaru, der befannte ägyp— 
tiiche Fluß, vielleicht der längjte (900 M.), jedes: 
fall der merkwürdigſte Strom der Erde. Die 
Griechen nannten ihn zuerft Alyumrog (3.8. Hom. 
Od. 3, 300. 4, 477 u. ö.), wie das Land, das 
jeinem Fluß alles verdankt (Hdt. 2,5); oder Mekus, 
wegen des jchwarzen Schlammes bei jeinen Über: 
ſchwemmungen, wie denn auch der Name Nil von 
dem indijchen Rilas, der Schwarze, herfommen mag. — 
Die Nilquellen zu entdeden, war erjt unjerer Zeit 
vorbehalten. Die Agypter betrachteten die Ser: 
funft des von ihnen göttlich verehrten Fluſſes als 
ein heiliges, erft in der Unterwelt enthülltes Ge— 
heimnis. Die Griechen und Römer juchten feinen 
Urſprung zuerft weit im Weiten, in dem nur dunkel 
befannten Oberlauf des Niger, oder im fernen 
Dften, im Indos (Arr. 6, 1). Noch Horatius jagt 
(od.4, 14,45): fontium qui celat origines, Nilus. 
Später bildete ſich die richtige Anficht, da er aus 
2 Quellen im füdlichften Aithiopien entipringe 
und 2 große Sümpfe (Neilov Aluvag, Ptol.4,9, 3) 
bilde, welche die von Nero ausgejandten Gentu: 
rionen wirflid gefunden haben wollten. Ob in 
diejen Sümpfen eine dunfle Kunde von dem Uke— 
reweſee (Biltoria:-Nyanza) und dem Mwutanſee 
(Albert: Nyanza) zu juchen ift, muß dahingeftellt 
bleiben. Der aus beiden Seen hervorjtrömende 
weiße (d. h. Hare) Nil, Bahr el:Abiad, vergrößert 
ih noch in Aithiopien durch den Aſtapos, den 
blauen (d. h.) trüben Nil, j. Bahr el-Azrak, und 
den Witaböras, j. Takaze oder Atbara, welche 
Merod umgeben, bildet dann den »aragpdurng ö 
usitwv, auch r& zaradovr« (Hdt. 2, 17) genannt; 
bei dem j. Wadi-Halfa, und bei jeinem Eintritt 
in Agypten, jüdlich von Syene, den waragpdarng 
o Zarror, durchſtrömt nun Ägypten und teilt 
fi bei Kerfajöron, 22 Meilen oberhalb jeiner 


824 


Mündungen, in 2 Hauptarme, welche das jog. 
Delta bilden. Diejelben jchieden fih im Altertum 
(jet nicht mehr) in noch weitere Arme, jo daß 
man von O. nah W. folgende 7 Mündungen 
zählte: die pelujijche (rö IImlovaarov oröu«), 
die tanitiihe (rö Tavırınöv or.), die mende: 
ſiſche (rö Mewörjowor or.), die phatnitiiche (rö 
Dearrırızöv, bei Hdt. 2, 17 Bownokınör or.), die 
jebennytiiche (rö Leßervorinör or.), die bol: 
bitijche (rö BoAßırınöov ar.) und die kanobiſche 
(td Kavrwpıror or.) oder herafleotifche, auch mau: 
fratiiche Mündung. Außerdem war zur Beförde— 
rung des Handels und zur Regulierung der Über: 
ſchwemmungen ein Neg von Kanälen angelegt: 
jo der Jojephsfanal, j. Bahr Juſſuf, der von 
Diospolis minor in Oberägypten an bis Kerka— 
joron dem Strome parallel flo; der Btolemaios: 
oder Trajansfanal, der vom heut. Kairo aus 
nach Arfinod am Seroopolitiihen Bufen führte, 
von Necho begonnen, von Dareios 1. vollendet 
und von den WPtolemaiern (beſonders Ptol. 11.) 
und Römern mehrmals wiederhergeftellt wurde; 
der Kanobiſche Kanal, der Kanobos mit Ale— 
randreia und der Mareotis verband. — Der Nil 
war reih an Fiſchen, Schilf und Papyros, aber 
auch voll von Krofodilen; jein Wafler hatte einen 
angenehmen Geſchmack. Die wichtigjte Ericheinung 
an ihm war von jeher jein jährliches Anſchwellen 
und Austreten von Juli bis November, wodurch 
das regenarme Land jo außerordentlich fruchtbar 
wurde (Hdt. 3, 10. 2, 19 ff.). Als Grund vermu: 
teten jchon manche der Alten das Schmelzen des 
Schnees in Nithiopien. Strab. 17, 786 ff. 804 f. 

Ninive ſ. Ninos, Il. 

NinnTi, ein campaniiches Geſchlecht. Genannt 
wird Daraus vorzugsweiſe L. Ninnius Duadra- 
tus, ein Gegner des Tribunen Clodius, gegen 
welchen er als Bollstribun (58 v. E.) den Cicero 
unterftügte (Cie. ad Att. 3, 23, 4), wie er denn 
auch fpäter die Rückkehr Ciceros aus dem Eril 
beantragte und des Clodius Güter der Ceres weihte. 
Cie. de dom. 48. Am %. 49 war er bei Cicero 
in Gampanien, wohin er fich wahricheinlich wegen 
des Heranrüdens Cäſars zurüdgezogen hatte. Wei: 
ter iſt nichts über ihn befannt. 

Ninos, Nivog und Nivog, 1) 4 N., der König, 
der mit Semiramis (Leufpauıs) von der Sage, 
die uns namentlich Diodor aus Sicilien (2, 1 ff.) 
nach Ktefias erhalten hat, an die er des afiy- 
riichen Reiches gejtellt wird, das 1306 Jahre, 2189 
— 883 v. C., beitanden habe. Ninos unterwarf 
ſich, jo wird erzählt, in 17 Nahren alle Völker 
Aſiens mit Ausnahme der Baltrer und Ander, er: 
baute dann die große Stadt Ninive am Tigris 
und eroberte auch noch die Hauptitadt der Baltrer 
durch die Klugheit der Semiramis, die, einft ein 
wunderbar erhaltenes Findlingskind, nun die Frau 
des Statthalters Onnes war. Ninos erhob fie zu 
jeiner Gemahlin und hinterließ ihr nach 52jähriger 
Negierung die Herrichaft. Sie wollte den Ruhm 
des Ninos noch übertreffen, gründete Babylon und 
andere Städte, errichtete auch jonft merfwürdige 
Bauten, eroberte Agypten und einen großen Teil 


Ninive — Ninos. 


rafter diefer ganzen Überlieferung ergibt fich ſchon 
daraus, daß diejelbe in verichwenderiicher Weile 
jo ziemlich alle Werfe und Thaten der afiyriichen 
und babylonischen, mediichen und perfijchen Könige 
zum voraus auf die Geftalten des erjten Herricher: 
paares häuft, deſſen Nachfolger, die Derfetaden, 
dann ebenjo thatenlos find (Just. 1, 2). Ferner 
ift Ninos nur der Joos Irwrvuog don Ninive, 
und Gemiramis trägt in ihrer ausjchweifenden 
Liebesgier wie in ihrer zerftörenden Mordluft ganz 
die Doppelnatur ihrer Mutter, der Göttin Derfeto- 
Aftarte, am ſich. Wie es fich mit Herodots (1,184) 
Semiramis, einer babyloniichen Königin „5 Ge— 
ſchlechter“ vor Nitofris, verhält, ob fie eine hifto: 
riſche Berjönlichteit und dann mit Sammuramat, 
der Gemahlin oder cher Mutter des aſſyriſchen 
Königs Rammanznirari III. (811—783 d. E.), iden: 
tiſch iſt oder micht, fteht dahin. — II) 7) Nivos. 
aſſyriſch Ninua, gewöhnlich nach dem A. Teftament 
Ninivegenannt, die befannte Hauptftadt Aſſyriens, 
lint3 vom Tigris, dem h. Moſul gegenüber, in 
dem Winfel zwiichen dem Tigris und dem großen 
Babatos (Lykos) gelegen; der Sage nad) von Ninos 
erbaut, in den Inſchriften jeit 1760 v. E. oder 
früher genannt, dod) erſt jpäter an der Stelle von 
Aſſur (j. Kalat Spergat) Hauptftadt, 606 (oder 
607) durch Kyaxares von Medien und Nabopolaflar 
von Babylonien zerftört. Volk und Stadt wurden 
dann jo raſch vergeflen, daß Xenophon bei dem 
Vorbeimarih an den mächtigen Ruinen nur von 
einftigen Kämpfen zwiichen den Medern und Ber: 
fern hörte (An. 3, 4, 7ff.), und die Trümmer bei 
der in ihrer unmittelbaren Nähe gelieferten Schlacht 
von a pr gar nicht erwähnt werden. Stra: 
bon (j. o.) fpricht von N. als einer verihwundenen 
Stadt. Als eine alte Stadt erwähnen es Plinius 
(6, 13, 16), Tacitus (ann. 12, 13) und Ammianus 
Marcellinus (14, 8, 7). Much die arabijchen Geo: 
raphen des Mittelalter reden von den Ruinen. 
Ins find die Überrefte der einft jo ftolgen und 
mächtigen Stadt befannt geworden durch die dent: 
würdigen Ausgrabungen der lebten Yahrzehnte. 
Diejelben wurden 1843—45 — von dem 
frauzöſiſchen Konſul Botta zu Khorſabad, wo der 
Architekt Place 1851—55 noch eine reiche Nachleie 
hielt; dann fortgejeßt von dem Engländer Layard, 
zu Nimrud 1845—47, zu Kujundſchik 184951 
(an dem Ießteren Orte auch noch 1851—54 von 
jeinem Gehülfen Raffam); ſpäter wieder aufgenom- 
men von dem Engländer Smith 1873—76 und 
zulegt nochmals von Raſſam 1877—78. Die Er— 
gebnifje waren überrafchend reich. Wohl find bei 
der Zerftörung Ninives die Balken der Dächer ver- 
fohlt herabgeftürzt, ebenfo dann im Laufe der Zeit 
die oberen Schichten der Ziegelmauern herabgeipült 


‚worden. Aber eben damit hat ich über die unteren 


Teile der Gebäude, über die Fußböden und über 
die ald Wandverfleidung dienenden Alabafterplatten 
mit bemalten Relief3 und zahlreichen Inſchriften 
eine jchüßende Dede gebreiter, jo daß bei dem 
Aufräumen des Schutts die Thaten der Könige 
und die Geftalten der Götter, Jagdſeenen und 
Schlachtenbilder, Feſtzüge und Gaftmähler, über: 


von Libyen und Mithiopien und unternahm end- | haupt die ganze Kultur eines längft untergegangenen 


lih auch einen gewaltigen, freilich unglücklichen 
Kriegszug gegen Indien. Als fie nach 42jähriger 


Volles in lebendiger Friſche aus ihrem Grabe für 
uns neneritanden find, — Ninive beitand, wie wir 


Herrichaft ftarb, folgte ihr Sohn Ninyas (Nıvvag). nun wiflen, aus einem Nompler von 3 benadh: 
Strab. 2, 80. 84. 16, 737. — Der jagenhafte Cha: | barten, jedody ſchwerlich durch eine Mauer verbun— 


Ninyas — Niobe. 


denen Städten. 1) In der Mitte lag das eigent— 
lihe Ninive, das Meipila Xenophons, etwa 
10 km im rg Moful gerade gegenüber. 
Bei dem h. Dorfe Kujundichit wurden 2 Paläfte | 
von Sanherib und Ajurbanipal aufgededt und in 
beiden taujende von Thontafeln in bejonderen 
Räumen vorgefunden, die zu der großen Biblio: 
the des letztgenannten Königs gehörten. Der Hügel 
von Nebi-Junus enthält PBaläfte von Sanherib | 
und Ajarhaddon. 2) 28 km ſüdöſtlich davon lag 
Kalach, j. Nimrud, Zenophons Lariffa, um 1300 
v. E. von Salmanaflar I. gegründet. Neben einem 
Tempel von Ajurnafirpal erhob jid ein abgeftufter 
Tempelturm. In einem Palaft von Salmanaffar II. | 








—— — 


Niobe mit der jũngſten 


Tochter. 


entdechte man einen gegen 2 m hohen Obelisken 
aus ſchwarzem Bajalt mit 5 Neihen Reliefs, welche 
die Tributleiftungen verfchiedener Yänder, darımter 
Affen, Kamele, Löwen, einen Elefanten, ein Rhino— 
zeros, einen Budelochien, darftellen. Zwiſchen Ninive 
und Kalach wird 1. Moſ. 10, 12 noch ein Ort 
Reſen genannt, etiva bei dem h. Selamijeh. 3) 12 km 
nördlih von Ninive, bei dem h. Khorjabad, er: 
baute Sargon 712—706 eine Stadt jeines Namens, 
Dur:Sarrufin, ein Nechted von nahezu 7 km 
im Umfang. An der Nordweitjeite trat der jtatt: 
liche, von einer bejondern Mauer umgebene Balaft 
über die 24 w dide, mit 170 Türmen bewehrte 
Ringmauer hinaus. — Jedes Gebäude wurde auf 
einer Plattform von Ziegeln errichtet, die durch 
Erdpech verbunden und augen von Baujteinen ein— 


825 


gefaßt waren. Die Mauern des Baus jelbft be- 
ftanden wieder aus Ziegeln, weshalb jo oft Re— 
ftaurationen und Umbauten erwähnt werden, wobei 
auch wohl die Neliefplatten an der Wand einfad) 
—— und auf der andern Seite neu behauen 
wurden. Die einzelnen Räume (Sargons Palaſt 
zählt deren über 200) gruppieren ſich ohne Sym— 
metrie um Höfe und haben der Balkendecke wegen 
häufig eine unverhältnismäßig geringe Breite. Die 
Thore werden von koloſſalen Stieren oder Löwen mit 
Menſchenkopf und Slügeln bewacht. — Xitteratur 
j. Assyria; ferner: Yayard, Nin. u. j. Überreite. 


Überj. von Meiner (1850). Derſ., Nin. u. Ba: 
bylon. Überj. von Zenker (1856). 





Tochter der Niobe. 


Ninyas, Nivvag j. Ninos, 1. 

Niöbe, Niößn (viell. boiotische Kurzform für 
Neoßovin), 1) Tochter des Phoroneus und der 
Nymphe Laodike, oder Gemahlin des Inachos und 
Mutter des Phoroneus. — 2) j. Pelasgos, 1. — 
3) Tochter des Tantalos und der Pleiade Tangete, 
oder der Hyade Dione, Schweiter des Pelops, 
Gemahlin des Amphion, Königs in Theben, über: 
mütig wie ihr Vater. Stolz auf ihre zahlreiche 
Nachkommenſchaft, 6 Söhne und 6 Töchter (die 
Bahl wird verjchieden angegeben), vermaß ſie ſich, 
der Leto, die nur 2 Kinder geboren habe, ſich gleich: 
—— Darüber erzürnt, erſchoſſen Apollon und 

rtemis ſämtliche Kinder der Niobe. 9 Tage lagen 
ſie unbeſtattet in ihrem Blute, denn Zeus hatte 
die Völker in Steine verwandelt; am zehnten wur— 


8326 Niphates 


— Nireus, 


den fie von den Göttern begraben. Niobe erjtarrte I fianus befand, fo ift fie jedesfalld nad) dieſem 


durd) den ungeheuern Schmerz zu Stein und eh 
auf den Höhen des Sipylos, wo fie noch als Fels 
das Leid, das ihr die Götter zugefügt, fühlt. Hom. 
TI. 24, 602. Or. met. 6, 152}. Eine leben: 
dige Schilderung des Niobefelfens, des ſ. g. Taih 
Suret, öjtl. von Magnefia am Sipylos, giebt X. 
B. Stark in jeinen Reijeftudien „Nach dem Orient“ 
(1874), ©. 2435. Bei Homer fterben die Niobiden 
im Hauje der Mutter, bei Apollodor die Söhne 
auf der Jagd auf dem Berge Kithairon, die Töch— 
ter bei dem Königshauſe in Theben, bei Ovid die 
Söhne auf der Rennbahn vor Theben, die Töch— 


jehr häufig nachgeahmten Originale gearbeitet. — 
Die 4 beigefügten Abbildungen gehören dieſer 
Sruppe an: 1) Niobe mit der jüngjten, in ihren 
Schoß geflüchteten Tochter; 2) eine fliehende Tod): 
ter der Niobe; 3) ein in die Kniee gejunfener Nio: 
bide, von einem Pfeil in dem Rüden verwundet, 
gewöhnlich Narcifjus genannt; 4) ein flichender, 
nad dem Feinde zurüdichauender Niobide. Die 
Gruppe jchmüdte nach der gewöhnlichen, gegen: 
mwärtig viel beftrittenen Annahme urjprünglich das 
Giebelfeld eines griechiichen, danı eines römiſchen 
Apollotempels. Bgl. D. Jahn, aus der Altertums: 


ter bei der Leichenfeier der Brüder, nach andern wiſſenſchaft S. 185 ff. Stark, Niobe und die Nio— 





Sohn der Niobe. 


in dien. Niobe joll nach anderer * nach 
dem Tode ihrer Kinder von Theben nach Sipylos 
zu ihrem Vater Tantalos gegangen und dort von 
Zeus auf ihre eigenen Bitten in Stein verwan— 
delt worden fein, deſſen Thränen unaufhörlich 
fließen. Soph. Ant. 823 ff. Das Grab der Nio— 
biden war zu Theben. — Die Gejchichte der Niobe 
lieferte einen paſſenden Stoff für die Tragödie; 
Aiſchylos und Sophofles dichteten Stüde diejes 
Namens. Die bildende Kunft hat die Fabel häufig 
dargeftellt; am berühmteften iſt die Niobegruppe, 
welche im Jahr 1583 in Rom auf dem Ejanilin 
entdedt wurde und jett in Florenz fteht. Wenn 
diefe auch nicht das (von Stopas oder Prariteles 
gefertigte, Plin. 36, 4, 8) griechijche Original ift, 
welches fi) zu Nom im Tempel des Apollo So: 


Sohn der Niobe, 


biden (1863). Meyerhöfer, die florentinische Niobe- 
gruppe (1881). 

iphätes, ö Nipdrng, bedeutendes Gebirge in 
DOftarmenien, ſüdlich vom Ararat; j. Ala-Dagh. 
An feinem Fuße entipringt der jüddftl. Euphrat- 
arm, der Arſanias. Bei Ba (od. 2, 9, 20) wird 
der N. (rigidus) von einigen für einen Fluß an- 
gejehen, wie er es bei Lucan und Juvenal im der 
That ift. Strab. 11, 522. 529. 

Nireus, Nıgeös, Sohn des Charopos und der 
Aglaia, nad Achilleus der jchönfte Hellene vor 
Ylios, aus Syme (Inſel zwijchen Rhodos und 
Knidos), unfriegeriih und nur von 3 Schiffen 
nach Troja begleitet. Hom. Il. 2, 671 ff. Nach 
Divdor (5, 53) war er aud König von Knidos. 
Er wurde von Eurypylos oder Aineias erlegt. 


Nisaeus campus — Nomen. 


827 


Nisaens campus, ro Niswwo» oder Nrjoaıor | gegen bildete fich ein neuer erblicher Amts- oder 


redlor, Gefilde in Medien (wahrjcheinlich zwiſchen 
Eibatana und den Kaipiichen Pforten), das beſon— 
ders zur Pferdezucht geeignet war und die großen 
königlichen Stutereien enthielt. 
Pierde jollen hier wild umhergelaufen jein, von 
denen Alerander noch 50 000 vorfand. Hat. 3, 106. 
7, 40. 9, 20. Arr. 7, 13,1. Strab. 11, 526. 530. 

Nisala j. Megaris, 

Nisibis, Nioßıs, die große Hauptſtadt der 
Provinz Mogdonia in Mejopotamien, in jehr gün: 
jtiger Yage am Fluſſe Mygdonios (j. Dſchakh— 
dihafha), 37 Millien jüdöftlih von Tigranoferta 
(Tac. ann. 15, 5); j. Nejibin. Schon in aſſyriſcher 
Zeit bedeutend, hieß jie unter den Geleufiden 
Artiögeie 1) Moydorixn) (Plut. Luc. 32). 680. €. 
von Yucullus, 115 n. E. von Trajan erobert, ging 
N. den Römern beidemal wieder verloren, war 
aber dann jeit 195 die Hauptſtadt der Provinz 
Meiopotamia, bis e3 363 von Jovian an die Perjer 
abgetreten wurde. Strab. 16, 747. 

Nisos, Nioos, 1) Sohn des Pandion (oder des 
Ares), Bruder des Aigeus, Pallas und Lykos, 
König in Megara, der die Hafenjtadt von Megara, 
Nijaia, erbaut haben jollte. Als Minos auf jeınem 
Zuge gegen Athen auch Megara cinnahm und 
Nijaia, wohin ſich Nijos — hatte, belagerte, 
zog des Niſos Tochter, Stylla, die ſich in Minos 
verliebt hatte, ihrem Vater ein goldenes oder pur: 
purnes Haar, an dem jein Leben hing, aus, daf 
er ftarb und die Stadt erobert wurde. Sein Grab: 
mal war zu Athen Hinter dem Lykeion. Paus. 
1, 19, 4. Bur Strafe wird Skylla von Minos 
ans Schiffshinterteil gebunden und im Saroniſchen 
Meerbufen ertränft; oder fie jpringt, von Minos 
verlaſſen, ins Meer und wird, während ihr in 
einen Meeradler verwandelter Vater auf fie herab: 
kößt, in einen Fiſch oder Vogel, Eiris, verwan— 
delt. Or. met. 8, 6ff. Verg.G. 1,404 ff. E. 6, 74. 
Die Sage bildet den Stoff des pſeudo bergiliſchen 
Gedichts Ciris. — 2) Sohn des Hyrtakos, Begleiter 
des Aineias, befannt durd) feine Freundſchaft mit 
Euryalos, mit dem er bei einem nächtlichen Ein- 
fall in das Lager der Rutuler gemeinjchaftlich ftarb. 
Verg. A. 9, 176 ff. — 3) ein Edler aus Dulichion, 
Bater des Amphinomos, Freiers der Penelope. 
Hom. Od. 16, 395. 18, 126. 

Nisyros, Niovoog, noch j. Nifyros oder Nifari, 
Inſel im Karpathiſchen Meer nicht fern vom Bor: 
gebirge Triopion, zwiſchen Telos und Kos, rund, 
hoch, Felſig. Von der Akropolis der an der Nord— 
weſt⸗Seite gelegenen Hauptſtadt gleiches Namens 
finden ſich noch anſehnliche Reſte. Die Bewohner 
der Inſel waren doriſchen Stammes, zahlten aber 
als athenische Bundesgenofjen im peloponnefifchen 
Kriege 100 Drachmen monatlich. Strab. 10, 488. 

Nitiobriges, Nirößgeyes, oder vielleicht rich: 
tiger Nitiobröges, Völkerſchaft in Aquitanien an 
beiden Ufern des Dltis (Lot), mit der Hauptjtadt 
Aginum (j. Agen) an der Garumna. Sie konnten 
5000 Bewaffnete ftellen. Caes. b. g. 7, 7. 31. 46. 
Liv. ep. 65. 

Nitökris j. Nebukadnezar. 

Nobilior j. Fulvii, IV, 

Nobilis. Nachdem die Plebejer den Zutritt zu 
allen Ehrenämtern erlangt hatten, trat der Ge: 
burtsadel der Patricier, welche bisher die einzigen 
nobiles gewejen waren, immer mehr zurüd. Da: 


Mehr ald 150 000 | 


Berdienftadel, und nobilis hieß nun ein jeder, 
dejjen Vorfahren curuliiche Würden befleidet hatten. 
Das einzige — der Nobilität war das ius 
imagiuum, j. Imagines. — Unter den jpäteren 


Kaiſern galt nobilissimus als der höchite Titel, 


welchen nur die Mitregenten und Thronfolger 
führten. 

Noctüa. yladf, die Nachteule, in Athen be: 
jonders häufig umd geehrt, weil fie der Athene 
Polias, der Beſchützerin der Stadt, heilig war, 
daher Heil und Sieg verfündigend, was in dem 
Sprichworte: ylad& irraraı, noctua volat, aus: 
geiprochen lag. Bon ihrer Häufigkeit entitand das 
Sprihwort: ylaix xls Adnvas, Eulen nad Athen 
tragen (etwas UÜberflüſſiges thun). Auch fommt 
fie als Gepräge auf attiihen Münzen vor (j. die 
erjte Abbildung zu Münzen). Bei den Römern 
galt jie als Unheil bringend. 

Nodus, ein Knoten, im höchſten Altertume das 

einzige Mittel, etwas zu verſchließen. Hom. Od. 
10, 23. 8, 443 ff. Über den berühmten Knoten in 
Gordion ſ. Curt. 3,1. Plut. Alex. 18. Ein dop— 
pelt gezogener: Knoten hieß nodus Herculis und 
diente noch jpäter als Zauberfnoten. 
: Nola, Nösa, alte, von den Aujonern gegrüns 
dete Stadt Campaniens, nordöftlich des Veſuvs, 
die bald jehr bedeutend wurde. Liv. 8, 23. Bon 
den Römern zur Übergabe genötigt (Liv. 9, 28), 
hielt N., jelbft zur Zeit des Hannibal, ſteis treu 
u Rom (Liv. 24, 14. 16), weshalb die Bewohner 
ihre Freiheit behielten. In der Nähe fiegten die 
Römer zweimal über Hannibal. Der Kaiſer Augu— 
ſtus ftarb bier am 19. Auguft 14 m. C. Pompeji 
war ihr Hafenort. Seit Veipafian war Nola, das 
noch jegt jeinen Namen führt, römische Kolonie. 

Nomen. 1. Bei den Griehen gab es feine 
Familiene oder Gejchlehtsnamen. Dem neugebo- 
renen Rinde wurde nad) freier Wahl der Eltern 
jein Name gegeben, wie bei uns die Vornamen. 
Dies geſchah gewöhnlich am 5., 7. oder 10. Tage 
(. Amphidromıa), Nach "der ältejten Sitte 
gab man dem Sohne, bejonders dem älteften, den 
Namen des Grohvaters, häufig au den Namen 
des Vaters; auch bildete man ein Patronymilon 
(Doxior Baxov) oder eine dem Namen des 
Baters Ähnlihe Zufammenjegung (Oespgasrog 
Feodnpov), aud) einen Namen von gleicher Be: 
deutung mit dem Namen des Vaters (Lrdzus 
Eöinderov). Sämtlihe Namen wurden in oro- 
uara der und Beopöge eingeteilt. Die lepteren 
waren teil® einfache Götternamen, welche bejon: 
ders bei den Agyptern jehr gewöhnlich, doch aud) 
bei den Griechen nicht ohne Beiſpiel waren, 3.2. 
Leto, Hermes, Artemis u. dgl., teild Hervennamen, 
teils — und Dies waren die bei weitem häufigiten 
— Namen, welche mit einem Götternamen zu: 
jammengejegt oder davon abgeleitet waren, tie 
Iheodoros, Divdoros, Theodotos, Piodotos, He: 
ralleitos, Herodotos, Artemidoros, Iſidoros, Apol— 
lodoros, Diogenes, Diophanes, Demetrios, Apol— 
lonios u. a. Zuweilen wurde das Kind auch nach 
dem Feſte eines Gottes, an dem es geboren war, 
benannt, wie bei uns häufig nach den Kalender: 
tagen. — Die öröuar« üden find entweder einfache 
oder zufammengefeßte Namen. us diejer zahl: 
reihen Klaſſe wählte man gern Namen, welche für 
die Zukunft und Beftimmung der Kinder von guter 


828 


Rorbedeutung waren und micht felten mit den 
ipäteren Leiftungen derielben auch im beiten Ein- 
Hange ſich befanden, oft aber auch mit denſelben 
in einem jchneidenden, lächerlihen Kontrafte ſtan— 
den (3.8. Krates fonnte ein Schwädjling geworden 
fein). Bumeilen wurde auch der eigentlihe Name 
aus irgend einem Grunde jpäter mit einem andern 
vertauicht. So hie Platon urſprünglich Arijto: 
fles, erhielt aber den Namen Blaton von feiner 
breiten Stirn oder Bruft, wie Diogenes Yarrtios 
erzählt, Theophraft urſpr. Tyrtamos u. j. w. Die 
Griechen hatten in der Negel nur Einen Namen, 
dem dann der Name des Baters, um Verwechſe⸗ 
hung zu vermeiden, und namentlid immer im 
offiziellen Gebrauch beigefügt wurde. Dies nannte 
man marpöder Övouaker, Zrmovoudker. Im 
täglichen Leben erteilte der attiſche Volkswitz auch 
Spitznamen, förperlihen oder geiftigen Gebrechen, 
auffallenden Gewohnheiten und Handlungen ent: 
lehnt. So entftanden auch Namen, die von Tieren, 
von der Farbe der Haare oder des Geſichts her- 
genommen waren, 3. B. Alan, "Elagpos, "Inri- 
vos, Kanoos, Kögaf, Kagxirog, IIbooos, Zardog, 
M£lag u.a. Die Sklaven wurden gewöhnlich nadı 
ihrem Baterlande benannt (Evoog, Ilapkayar, 
gig), bald nach ihrem ÄAußern (IIvggias, Zar- 
Has), oder nach gewiſſen Eigenichaften (ISoouwr, 
TIegusvor). Auch Tiere erhielten Namen. Die 
Roſſe des Adhilleus heißen bei Homer (II. 19, 400) 
Zcdrdog und Bakıog (Fuchs und Schede). Für 
die Namen der Hunde empfiehlt Xenophon (cyn. 
7, 5) Kürze, damit man fie leicht ausſprechen 
könne, wie Pryr, Ovuög. Ebenſo waren wie in 
unjerer 22: die Schiffe nicht ohne Namen. — 
Il. Die Römer führten gewöhnlich 3 Namen, von 
denen der erfte, praenomen, z. B. Marcus, Gaius, 
Gnäus, Publius n. a., am neunten Tage nad) 
der Geburt (dies nominalis oder lustricus) den 
Söhnen beigelegt wurde. Der zweite Name ift der 
der gens (nomen, nomen gentilicium), wie Junius, 
Cornelius, Alius, Afranius, Cäcilius, Calpurnius, 
Gabinius, Licinius, Claudius u. ſ. w. Der dritte 
Name ift das cognomen, zur Unterſcheidung der 
in der gens enthaltenen stirps oder familıa, |. 
Familia. So gehörten zur gens Cornelia viele 
familiae, 3. B. die plebejtichen Dolabellae, Len- 
tuli, Cethegi, Cinnae, und die patricifchen Sci- 
piones, Sullae, Maluginenses, Rufini u. ſ. w. 
Außer diefen 3 Namen —— viele noch einen 
vierten (früher cogn. secundum, ſpäter agnomen), 
3. B. die Scipionen den Namen Aſiaticus, Afri— 
canus, Nafica, welcher Name teils zur Bezeichnung 
der engeren familie diente, teils die großen Thaten 
des Trägers verherrlichte. Die Mdoptierten erhiel- 
ten den vollftändigen Namen des Wdoptivvaters, 
führten aber ihren Familiennamen mit der Endung 
-inus fort, 3. B. P. Cornelius Scipio Africanus 
Amilianus, P. Licinius Craſſus Mucianus Dives, 
L. Galpurnius Piſo Licinianus u. ſ. mw. Dft 
wurden dieje vollen Namen abgekürzt, und man 
ließ jowohl das nomen gentilicium als das co- 
gnomen weg, 3. B. M. Ugrippa, E. Marius, E. 
Mummius u. ſ. w In der Kaiſerzeit wurden die 
Namen jehr vervielfacht und aufeinander gehäuft. 
— Die Töchter führten den Gejchlechtänamen, wie 
Tullia, Cornelia, Yivia, und unterjchieden fich durch 
Beiſetzung don maior und minor oder auch durch 


die Zahl. — Die Freigelaffenen machten ihren bis: | lungen übertragen. 


Nomenclator — Nouopvkanss. 


herigen Sflavennamen zum cognomen und nah: 
men praenomen und nomen gentilicium ihres 
Freilaſſers an, z. B. L. Cornelius Chryjogonus, 
der befannte —— ee des Sulla, M. Tullius 
Tiro u. ſ. w. Die Freigelaſſenen von Städten 
bildeten ji ein nomen gentilicium von dem 
Namen der Stadt, 3. B. P. Piſaurius Achilles 
(von Pijaurum in Umbrien freigelafien). Die Namen 
der Sflaven j. Servi. Vgl. Ellendt, de cogno- 
mine et agnomine Romano (1853). — In all: 
gemeinerer Bezichung wurde nomen auch gebraucht 
als der Schuldpojten, der in dem Hauptbuce 
von einem Schuldner auf den Namen eines andern, 
der die Schuld von da an übernahm (nomen fu- 
cere), eingetragen wurde, transscriptio a persona 
in personam. Golde Umwandlung der bisher 
bejtandenen Obligation in eine neue hieß nova- 
tio. Bonum nomen bezeichnete einen ficheren 
Gläubiger (Cie. ad fam. 5, 6), lenta nomina, non 
mala (Sen. de ben. 5, 22) einen jäumigen. — In 
—— Beziehung hieß nomen deferre eine 

nflage erheben, nachdem der quaesitor die Er: 
laubni® dazu gegeben (nomen recipere). die. 
Verr. 2, 28. 38. — Bei den militärischen Aushe— 
bungen war nomen dare gleich respondere, 
nachdem der Name des Betreffenden aufgerufen 
worden (citare). 

Nomenclätor (nomenculator und numuncla- 
tor) hieß der Sklave von ftarfem Gedächtnis und 

roßer Perjonentenntnis, welcher jeinem Herrn 
omohl bei dem Ausgehen als zu Haufe die Namen 
der Bürger angeben mußte. Bei Amtsbewerbungen 
war dieje Dienftleiftung jehr wichtig. Den Magi— 
jtraten ftand ein nomenclator zur Seite, und 
Kr im faijerlichen Haushalt fehlten ſolche Sflaven 
nicht. 

Nomentänus, 2. Caſſius, ein berüchtigter 
Schlemmer in Rom zur Zeit des Horaz (Hor. 
sat. 1, 8, 11. 2, 3, 226 ff.), dem Salluft feinen 
Kod um eine große Geldſumme abgefauft haben 
foll. — Ein anderer N. wird von Horaz in den 
Satiren (2, 8, 23. 60) gerühmt und der Beite zu: 
benannt. 

Nomentum, Nousrror, j. Mentana, eine ur: 
ſprünglich latinifche, dann aber jabiniiche Stadt, 
14 Mill. norböftlih von Rom, von weldyer die 
frühere via Ficulensis den Namen via Nomen- 
tana erhielt; auch ein Thor Roms hieß Porta 
Nomentana. Der Wein der Umgegend war jebr 
gut. Liv. 1, 38. 4, 22. 32, 8, 14. Verg. A.6, 773. 
7, 712. Strab, 5, 228. 238, 

Nominis delatio und receptYo j. Judicium 
publicum unter Prozefs, 27. 

Nouopvsaxes, Name einer Behörde mit ver: 
ichiedener Aufgabe in den verjchiedenen hellenischen 
Staaten: 1) in Sparta und andern doriſchen 
Staaten, 3. B. in Byzanz und Lofroi, Behörden, 
welche über die Aufrechterhaltung der Geſetze, be: 
fonders in den beratenden Berfjammlungen, wach— 
ten und den Einzelnen zur Beobachtung derfelben 
anzuhalten hatten. — 2) in Athen eine Behörde, 
aus 7 Männern beftehend, zur Zeit des Ephial: 
tes eingejeßt. ALS diejer dem Areopag das Über: 
auffichtsrecht über die Staatöverwaltung nahm, 
wurde den Nomophnlafes die Beauffichtigung und 
Kontrolle des Rats, der Bollsverfammlung und 
der Beamten zur Verhütung gejepwidriger Hand— 
Später, zur Zeit des Deme: 


Nöuos — 


trios Phalereus, jollen die Elfmänner vouopv- | 
Jansg genannt worden fein; oder Demetrios er 
neuerte jene bald wieder eingegangene Auffichts- 
behörde. Gute Abhandlung von Starker (1880), 
— 3) in Kerkyra Beamte, vor denen von verwal: 
teten Geldern Rechenſchaft abgelegt wurde, wie 
jonft vor Logiften und Euthynen. 

Nouos, 1) j. Gesetzgebung, I. — 2) j. 
Musica, 3. — 3) eine der älteften metrifchen 
Formen oder Weijen, Melodien, ein religiöjes Lied 
des dorijchen Stammes, meift zu Ehren des Apol: 
lon angeftimmt unter Begleitung der Flöte oder 
Kithara, ohne Gegenftrophe und Wiederholung in 
Einem Strome fortgehend. Ein jolcher war der 
Hauptteil des muſiſchen Agon an den Pythien. — 
4) Noudg, die Diftriftseinteilung Agyptens, einge: 
führt angeblid von Sejoftris, der die 3. Provinzen 
in 36 Nomen teilte, wobei auf Mittel-Agypten 1€, 
auf Ober: und Unter-Agypten je 10 famen. Doc) 
fand wohl namentlidh in der Zahl im Laufe der 
Beit manche Beränderung ſtatt. Die Beamten, 
welche den Diftrift verwalteten und die Abgaben 
für den König erhoben, hießen Nomarden. 

Nouo#£raı |. Erxinoie, 6. und Gesetz- 
gebung, 1. 

Nonae |. Jahr, II. 

Nonäkris, Narvangıs, uralter Ort im nörd— 
lichen Arkadien im NW. von Pheneos, in der Nähe 
der jeßigen Dörfer Beriftera und Meſorugi, bildete 
mit Kallia und Dipoina eine ſ. g. Tripolis, war 
aber jchon zu Paujanias’ Zeit faſt gänzlich ver: 
ſchwunden. Hdt. 6, 74. Paus. 8, 17,6. Nach ihm 
nennt Ovid (met. 2, 409) die Arfadierin Kallifto 
virgo Nonacrina, die Atalanta (met. 8, 426) No- 
nacria, den Evander (fast. 5, 97) Nonacrius heros, 

Nonii, ein plebejiiches Geſchlecht, deflen her- 
vorragendfte Mitglieder folgende find: 1) W. Wo: 
nius, im Jahre 101 v. C. Volkstribun, wurde 
in demjelben Jahre auf Antrieb des Saturninus 
ermordet. Plut. Mar. 29. — 2) eine Neffe Sullas, 
fiel bei der Bewerbung um ein Amt wegen der 
Abneigung des Volfes gegen Sulla durd, im 
Jahre 87 v. E. Plut. Sull. 10. — 3) Non. Su: 
fenas, im J. 56 v. C. Volkstribun, gehörte zur 
Partei des Pompejus, welchem er zur Erlangung 
des Konjulats behülflich war. Wegen der bei diejer 
Beranlafjung vorgefommenen Störung der Kon: 
jularcomitien wurde er jpäter vor Gericht gejtellt, 
aber durch den Einfluß des Pompejus ſamt dem 
auch dabei beteiligten Cato freigeiprochen. Cie. ad 
Att. 4, 15, 4. Plut. Cat. min. 41. — 4) Non. 
Aiprenas, diente ald Legat unter Cäſar in 
Afrika und Hifpanien. Caes. b. Hisp. 10.— 5) Non. 
Ajprenas, ein Freund des Auguſtus, wurde ber 
Vergiftung angellagt (Suwet. Oct. 56), indes freige: 
jprochen. Er war mit einer Schweiter des be: 
fannten Duinctilius Barus vermählt. — Sein 
Adoptivbruder war 6) Sext. Nonius, Konful 
unter Auguftus im Jahre 8 n. E. — Des Aſpre— 
nas Sohn war 7) C. Non. Aſprenas, welcher 
unter jeinem Oheim an der Schlacht im Teuto— 
burger Walde teil nahm, glüdlid entfam und 
jpäter (14 n. E.) Afrika verwaltete. Tac. ann. 1,53. 
— 5) Nonius Marcellus, römijcher Gramma- 
tifer, ſ. Grammatiker, 7 g. €. 

Nonnos j. Epos, 6. 

Nöra, 1) 7) Noge, jehr alte Stadt Sardiniens, 
von eingewanderten berern gegründet, an ber 


829 


Weſtſeite des Caralitanischen Buſens; an der Stelle 
des j. ©. Effiſio. Paus. 10, 17, 5.— 2)r& Nüga, 
ipäter Nngoaooos, Bergſchloß Kappadofiens am 
Fuß des Tauros, in welchem Mntigonos einen 
ganzen Winter hindurch den Eumenes vergebens 
belagerte. Plut. Eum. 10 ff. Nep. Eum. 5. Strab. 
12, 537. 

Norba, Nooße, Stadt in Yatium am Abhange 
der Boljferberge, zwijchen Sulmo und Cora, von 
jehr jejter Lage (Liv. 2, 34), weshalb die fartha- 
giichen Geijeln hier aufbewahrt wurden. Liv. 
32, 34. Im ſullaniſchen Bürgerfriege wurde N. 
zerftört. App. b. c. 1, 94. Bon ihren polygonen 
Mauern und Tempeln finden jich noch Refte bei 
dem Dorfe Norma. 

Norbäni (vielleicht ijt Vibius ihr Gentilname), 
ein altes Gejchlecht aus Latium. Dazu gehören: 
1) C. Norb. Bulbus, im Jahre 95 v. E. Bolfs: 
tribun, klagte den von den Gimbern im Jahre 105 
geichlagenen Servilius Cäpio an, der mancherlei 
Ungerechtigfeiten jich jchuldig gemacht hatte, und 
bewirkte deſſen Verurteilung. N. verfuhr aber 
bei jeiner Anflage jehr gewaltthätig (Cie. de or. 
2, 28, 124) und wurde deshalb nach Ablauf jeines 
Tribunats von P. Sulpicius Rufus angeklagt, 
jedoch infolge der trefflichen Verteidigung des Red— 
ners Antonius völlig freigejproden. Cie. de or. 
2, 49, 200 ff. Im J. 88 war er Prätor auf Si— 
eilien und verteidigte die Inſel gegen die Angriffe 
der italiichen Bundesgenojjen. Im Jahre 83 wurde 
er Konjul. Während der jullanijchen Unruhen 
wurde er von Sulla bei Capua (Plut. Sull, 27), 
ebenfo im Jahre 82 von Marcellus gejchlagen; 
nach der Niederlage jeiner Partei floh er nad) 
Rhodos, wo er jich jelbft tötete. App. b. c. 1, 91. 
— 2) €. Norb. Flaccus, war unter Antonius 
und Octavian im Jahre 42 v. E. Yegat, kämpfte 
mit ihnen gegen die republifaniiche Partei, erhielt 
im Jahre 38 das Konſulat und führte im Jahre 
34 gegen die aufrührerijchen Hilpanier einen glüd: 
lien Krieg. Dio Guss. 49, 22. — 3) X. Appius 
Norb. Marimus, verwaltete unter Domitian die 
Provinz Bithynien (Plin. et Trai. ep. 58), nahm 
an der Verſchwörung gegen das Leben des Kaijers 
teil, zeichnete jich im Feldzuge des Trajan gegen 
Decebalus (j. d.) aus und fiel im Striege gegen 
die Parther. Dio Cass. 67, 11. 68, 9. 30. 

Noreia, Nogrjie, alte Hauptjtadt der Tauriifer 
in Noricum, von der wohl die ganze Provinz 
ihren Namen hatte. Sie lag mitten im Lande 
am Flug Murius und ift bejonders befannt durch 
die Niederlage der Römer unter Bapirius Garbo 
durch die Eimbern (im Jahre 113 v. E.), ſowie 
durch die vergeblihe Belagerung der Bojer zu 
Cäjars Zeiten (Caes. b. g. 1, 5); j. Neumarkt ın 
Steiermarf. 

Noricum, rö Nwgıxor, Noricus ager (Taec. 
ann. 2, 63. hist. 1, 11. 70. Caes. b. g. 1, 5), 
römijches Süddonauland, wahrſcheinlich benannt 
von der Stadt Noreja, grenzte im W. an Rätien 
und Bindelicien (Unusfluß), im Norden au Ger: 
manien (Danupius), im D. an PBannonien (Mons 
Cetius), im S. an Bannonien und Stalien (Sa: 
vusfluß, Carnifche Alpen) — aljo das Heutige 
Ober: und Niederöfterreich, der größte Teil von 
Steiermart, Kärnten, rain, das bayriiche Jun— 
viertel, Pufterthal, Pinzgau, Salzburg. Faſt das 
ganze Land ift gebirgig: die Alpes Noricae durd): 


Noricum. 


830 


ziehen dasjelbe, und im NO. fiegt der Mons Ce- 
tius (j. Rahlenberg und Wienerwald), im ©. die 
Carniſchen und Benetijchen Alpen, jowie der M. 
Ocra (j. Birnbaumer Wald), Das Land hatte 
feinen Reichtum weniger in fruchtbaren Gefilden 
als in dem Metallreichtum feiner Berge; norifches 
Eijen und norifcher Stahl waren —* und 
wurden beſonders in der großen Waffenfabrik zu 
Lauriacum verarbeitet. Nächſtdem waren Viehzucht 
und Gewinnung des Salzes Quellen für den 
Erwerb der Bewohner. Der Name des keltiſchen 
Volksſtammes war Tauriſci, d. i. Bergbewohner 
(Tauern heißen noch jetzt die noriſchen Berghöhen); 
erſt die Nömer brachten von der Hauptſtadt Noreja 
den Namen Norici auf. Zu — kamen ſpäter 
die Bojer, welche aber zu der Zeit, als die 
Römer das Land eroberten, von den Geten ſchon 
vernichtet waren. Als einzelne Stämme werden 
genannt: die Sevaces zwiſchen Inn und Donau, 
die Halauni im Salzburgſchen, die Ambidravi an 
der Drau. — In Noricum bejtand lange Zeit jelb: 
ftändige Königsherrichaft (Cues. b. e. 1, 18), mit 
Rom fand Handelsverbindung bejonders über 
Aquileja ftatt. Nachdem Tiberius und Drufus 
aber Rätien unterworfen hatten, fam im Jahre 
15 dv. C. die Reihe auch an Noricum, welches 
übrigens länger als 100 Jahre nicht als eigent: 
liche Provinz, jondern als Krongut des Katjers 
verwaltet und erjt unter Marc Aurel (161—180 
n. €.) faiferlihe Provinz wurde und durch 3 
Donauflotten, Beſatzungen und zahlreiche Kolonien 
gefichert wurde. Unter den Städten find zu nennen 
an der längs des Danuvius von Augufta Binde: 
licorum nach Bindobona führenden Strafe: Jovia— 
cum, Ovilava (j. Wels), Yauriacum (j Ruinen 
Lord), Arlape, Namare, die Feitung Cetium. 
Weiter jüdlih: Bedajum und Juvavum (j. Salz: 
burg), endlid die Hauptitadt Noreja (j. Neu: 
markt), Teurnia (bei St. Peter im Holz) und 
Virunum (bei Maria-Saal nördlich von Klagen: 
furt), die bedeutendite Stadt des gejamten öftlichen 
Alpenlandes, von der anjehnlide Ruinen erhal: 
ten find. 
Nortia, etruffiihe Schidjalsgöttin, die den 
Hauptſitz ihrer Verehrung in Volfinii hatte, wo 


in ihrem Tempel calendarifche Nägel eingeichlagen | 3. B 


wurden. Liv. 7,3. Juv. 10, 74. 

Nossis, Noosis, eine Dichterin aus dem ita- 
tischen Lofris um 320—300 vd, E., in den Kanon 
der 9 lyriſchen Dichterinnen (der 9 Mufen) aufge: 
nommen. Wir beißen von ihr 12 Epigramme. 

Nooror |. Epos, 4. 

Nota censoria j. Censor. 

Notae, onueie, Abkürzungen, deren fich die 
Griechen und Römer beim Schreiben bedienten. 
Die griehifchen Abbreviaturen find nur aus 
Inſchriften und einigen Papyrosrollen bekannt, 
und jie verdanken, abgejehen vom ftenographijchen 
Zwecke, teils wirflihem Bedürfnifie, teils zufäl: 
ligen äußerlichen Umftänden und in ihrer verjchie- 
denartigen Form der Berjchiedenheit und Laune 
des Geſchmacks ihre Entitehung. Auf wirflichem 
Bedürfniffe beruhten ohne Zweifel die Zahl: 
zeichen. Die älteften Zahlen waren die ſoge— 
nannten numeri decadiei. / bedeutet die Einheit, 
aljo IT 2, IIT 3, IIII 4; ferner wurden die 
Anfangsbuchitaben der Zahlwörter mevre, Öfxe, 
Erarov (nad) der alten Schreibart HKATON), 


Nortia — Notae. 


zlhe, urgee für diefe Zahlen gebraucht, alfo IT 
oder M 5, J 10, H 100, X 1000, M 10000, 
Zu II wurden fo viele Einheiten geſetzt, als in 
der Zählung bis 10 erfordert wurden, III = 6, 
Mt = 7, NM = 8, IMIIII = 9. Die 
übrigen Zeichen wurden jo oft gejeßt, als die 
Summe es erforderte: JJ = %, 444 = 380, 
HH = 200, XX = 2000. Stieg aber die Zahl 
auf 50, 500, 5000, jo wurden die Bahlzeichen von 
10, 100, 1000 in ein IT gejegt, alſo P 50, r 
oder RM 500, P 5000. Durch zwei—-, drei:, vier: 
malige Zuſetzung der Zeichen I, 4, H, X konnten 
die Hahien und Summen aller beliebigen Gegen: 
ftände ausgedrüdt werden. Sehr gewöhnlich wur: 
den diefe numeri decadiei zu Geldberechnungen 
auf Inſchriften gebraucht. Auf den attiichen ift 
die De a Nechnung die nad Drachmen, 
und dieje find immer unter den einfachen Zeichen 
II, 4, X, M und den aus ihnen zujammengejeß: 
ten zu veritehen; / dagegen bezeichnet nicht die 
Dradime als Einheit, ac en Obolos, für 
die Drachme diente das Zeichen F. Ein Talent 
wurde durch 7 bezeichnet, Summen von 2—4 
Talenten wurden durch mehrmalige Wiederholung 
diejes Zeichens ausgedrüdt, TT = 2 Tal. u. ſ. w.; 
bei größeren wird das T mit den Bahlzeichen 
IT, 4, H monogrammatifch verbunden. — Neben 
diejen Zahlzeihen wurden aud) die 24 Buchſtaben 
des Alphabets gebraucht. Dieſes Syſtem war na: 
türlich nur für Heine Zahlen oder ein aus 24 
Teilen beftehendes Ganzes zu gebrauchen, wie die 
Ilias und Odyſſee, deren Gejänge darnach von 
den alerandriniichen Grammatifern bezeichnet wur: 
den. Man erfand daher ein anderes, mwodurd 
man jede beliebige Zahl leicht ausdrüden konnte. 
Man reihte das alte Digamma zur Bezeichnung 
der Zahl 6, das Koppa % für die Zahl 9u und . 
das jogenannte Zdum & ald 900 ein. Das 
legtere findet fich jedody nur auf PBapprosrollen. 
Nun zählte man Abi8 /=1 — 10 und von da 
immer von 10 zu 10 fortjchreitend X — P= 20 
—100, während die Einer wieder durch den 2 
ja aus der Reihe A — © gebildet wurden. Die 
Zaujende begannen wieder mit A und wurden 
durch einen Stridy zur Linken des Buchitabens, 
. B. B — 2000, von den einfachen Zahlen 
unterjchieden. — Die übrigen Abbreviaturen laffen 
fih auf folgende 4 Punkte zurüdführen: 1) auf 
eigentliche Abkürzungen, indem Worte um mehr 
oder weniger Buchitaben abgekürzt wurden, wobei 
das Maß der Abkürzung ag beliebig war, 5.8. 
Go, dog, Goyov, doyovr, für exovrog; — 2) auf 
Ligaturen, bejonders häufig bei Buchftaben von 
quadrater form, wo der Endftridy des einen zu: 
gleich den Anfangsftrich des andern bildet; & B. 
laſſen ſich in dem Worte MNHMH alle 5 Buch— 
ſtaben verbinden: VAHYH; — 3) auf monogram— 
matijche Verknüpfung einzelner Silben, indem 
dieje nicht nebeneinander ftehen, jondern entweder 
übereinander gejegt oder ineinander verichlumgen 
werden, am häufigiten bei Buchftaben von runder 
Form; — 4) eigentliche Monogramme, Verſchlin— 
gungen mehrerer Buchjtaben eines Wortes als * 
chen für das Wort. — Bei den Römern laſſen 
ſich 4 verichiedene Arten des Schreibens neben der 
ewöhnlichen Buchftabenjchrift annehmen: 1) Buch: 
tabenjchrift mit unveränderten oder nur wenig 
veränderten Schriftzügen, jedod; mit Abkürzungen; 


Notarius — Novus homo. 


2) Buchſtabenſchrift mit unveränderten Schrift: 
giaen, aber mit Veränderung der Bedeutung der 
uchjtaben (Geheimſchrift); 3) Buchftabenjchrift mit 
ganz veränderten Schriftzügen und Abkürzungen 
(notae Tironianae, ſ. Tullii, 12.); 4) ſymbo— 
liſche Zeichenschrift. Als Abkürzungen ftehen ftatt 
des vollftändig gejchriebenen Wortes ein oder auch 
* und drei Anfangsbuchſtaben, z. B. M. ſtatt 
areus, Ti. ſtatt Tiberius, Cos. ſtatt consul. Die 
Wiederholung desfelben Buchftaben bezeichnet bald 
den Plural, coss. — consules, oder bei einzelnen 
Buchftaben eine jo große Zahl der bezeichneten 
Berjonen, als der Buchftabe wiederholt if, MMM — 
Marci tres. Die gewöhnlichften Abkürzungen bei 
den Römern find 1) die der Vornamen, 2) der 
Heimat, 3) der Abftammung, 4) der Beitbejtim- 
ig 5) der bürgerlichen und militärischen Amter 
und Würden, und 6) einige Abkürzungen in Brie- 
fen. Eine Geheimichrift (notae) gebrauchte jchon 
Eicero in feinen vertrauten Briefen an Atticus, 
ebenfo Cäſar und Auguftus. Die notae Tironia- 
nae waren ftenographiiche Zeichen zum jchnellen 
Niederichreiben des Geſprochenen. Dieje Kunft des 
Schnellichreibens fam von den Griechen zu den 
Römern, doch bildete fie fich jelbitändig aus. 
Stenographen (rayvypayor, notarii) werden in 
Rom bejonders feit Auguftus’ Zeit erwähnt; die 
Kunft jelbjt war jchon früher vorhanden. — Die 
alerandrinijchen Grammatifer bedienten fich aud) 
fritiicher Beichen, von denen hier nur erwähnt 
werden mögen: 1) ößekög, eine wagerechte Linie 
—, um die Stelle eines Schriftwerts als unecht 
zu bezeichnen, der d. regıeoriyucvog — bezeichnete 
unnötige oder überflüffige Stellen; 2) &«orsoloxug 
> zur Bezeichnung beionders jchöner Stellen. 
Afteriffos und Obelos zuſammengeſetzt bezeichneten 
ichöne, aber nicht am rechten Orte befindliche Worte. 
— Bgl. Anleitung zur griechiichen, desgl. zur rö- 
mijchen Paläographie von W. Wattenbacdh. 

Notarius, ein Tachy- oder Stenograph, dem 
Sflavenftand oder dem der Freigelaſſenen ange: 
hörig. Zuletzt führten diefen Namen nur die faijer: 
lichen Geheimfchreiber, welche angejehene Perſonen 
waren, und Gonftantin begründete eine geheime 
Reichsfanzlei von Notaren, welche bei den mich: 
tigften Staatsangelegenheiten protofollierten. Die 
Stelle der früheren netarii verjahen nun j. g. ex- 
ceptores, 

No Sot, vöseıa j. Ehe, 2. 

Notion, Norior, 1) eine der 12 Heinen aioli- 
ichen Städte. Hat. 1, 149. — 2) Stadt in Xonien, 
an einem gleichnamigen Borgebirge, Hafen von 
Kolophon, durch Schutzmauern mit demjelben ver: 
bunden. Thuc. 3, 34. Xen, Hell. 1, 2,4. Liv. 
37, 26. 

Notitia dignitätum heißt das ung erhaltene, 
am Ende des 4. Jahrhunderts n. E. verfaßte „by: 
zantinifche Staatshandbuch“, ein offizielles Ber: 
zeichnis der Hof-, Eivil: und Militärämter des 
römischen Reiches, von Wichtigkeit für die Stati- 
ftit des jpäteren römischen Neiches. Ausgg. von 
Böding (1839 ff.) mit Inder(1853), don Seed (1876). 

Nötos j. Winde, 2. 

Novaria, Novagie, Stadt im transpadaniſchen 
Gallien im Gebiete der zu den Anjubrern gehö— 
rigen Bertacomagori; jpäter fejtes römifches Mu: 
nicipium, deſſen Wein gerühmt wird; j. Novara. 
Tac. hist, 1, 70. Flin. 17, 23, 35. 


831 


Novatio, Umtwandlung einer bisher beftandenen 
Obligation in eine neue, auf einen andern Namen 
lautende; j. Nomen, a. €. 

November j. Jahr, II. 

Novendiäle sacrum, 1) ein neuntägiges Feſt, 
vom römischen Staate gefeiert, wenn ein Prodi— 
gium, bejonders Steinregen, angezeigt worden war. 
Liv. 1, 31. 21, 62 u. ö, — 2) ein Privatopfer, 
dad man am neunten Tage nad der Beijekung 
einer Leiche brachte, in sep mit einem 
Schmaufe, coena novendialis oder feralis. 

NovensTles oder Novensides dij, eine Klaſſe 
von römijchen Göttern, über deren Bedeutung die 
Alten jelbit jchon im Dunkeln waren. Bei ihren 
Erflärungsverjuchen gehen fie auf novus oder auf 
novem zurüd. Manche halten jie für 9 Götter 
der Sabiner, andere für die 9 blißjendenden Götter 
der Etruffer, andere, und dies jcheint die richtige 
Erflärung zu jein, für die fremden, von den Rö— 
mern aufgenommenen neuen Gottheiten, nament- 
lih für die dem römischen Staate zugebradhten 
jabinischen Götter. Bei Livius (8, 9) in der dem 
Decins dorgeiprochenen Formel der Todesweihe 
werden die dir Novensiles unmittelbar vor den 
dii Indigetes genannt, die jenen „neuſäßigen“ 
Göttern gegenüber die einheimijchen find. 

Novesium (Novaesium), fejter Platz der bier 
im belgiſchen Gallien (Tac. hist. 4, 26. 35. 57. 62. 
5, 22), an der Straße von Colonia Agrippinenfis 
nad Betera, dejien Befeftigungen noch 359 ı. C. 
von Kaiſer Julian wiederhergeftellt wurden; j. 
Neuß im preußifchen Regierungsbezirt Düſſeldorf. 

Novii, ein altes italijches Geſchlecht. Zu nen: 
nen find: 1) Novius Galavius, einer der Ber: 
ſchworenen, welche im Jahre 314 v. E. Capua von 
Nom loszumachen juchten, tötete ſich wahrichein: 
fih jelbft, um der Verurteilung zu entgehen. 
Liv. 9, 26. — ?2) häufig mit Nävius verwechielt, 
um 90 v. E., Berfajjer zahlreicher Atellanen (j. 
Atellanae fabulae), die gleich denen des Pom— 
ponius reich an Boten waren. Einige 40 Titel 
werden uns genannt; von den meijten find Bruch: 
ftüde vorhanden (am beiten bei Ribbed, com. 
Rom. fragm, p. 254 ff.). — 3) 2 Brüder, welche 
als Wucherer berüchtigt waren. Hor. sat. 1, 6, 121. 
— 4) Nov. Prijeus, ein Freund des älteren 
Seneca, wurde im Jahre 65 n. E. von Nero zur 
Verbannung verurteilt. Tac. ann. 15, 71. 

Noviodünum, Nooviodovror, feltiicher Städte: 
name, benannt von der Lage auf einem Hügel 
(Dun), 1) Stadt der Bituriges Cubi in Aquita— 
nien, öſtlich von ihrer Hauptitabt ‚Avaricum (Caes. 
b. g. 7, 12). — 2) Stadt der Mduer am Liger 
(da. 7, 55), j. Nevers. — 3) Stadt der Sueſſio— 
nen in Belgica (daf. 2. 12), jpäter Augufta Suej: 
fionum genannt, jetzt Soiſſons an der Aisne. 

Noviomägus, Noviöueyos, Name feltifcher in 
der Ebene (Magh) gelegener Städte: 1) Stadt der 
Bituriged Viviſci in Aquitanien, j. Caftelnau de 
Medoc. — 2) Stadt der Leuci in Belgica zwi— 
ihen Matrona und Mojella, j. Neufchatenu an 
der Meufe. — 3) Hanptjtadt der Nemetes in Bel: 
gica, an der Strafe von Argentoratum nach Mo- 
guntiacum, j. Speier. 

Novus homo, der erfte aus einer plebejijchen 
Familie, welcher feiner Familie die Nobilität ver: 
ichaffte, indem er ein curuliiches Amt befleidete. 
Er war jelbft nicht eigentlich nobilis, da er noch 


832 


feine imagines (ſ. d.) aufzuweiſen hatte (princeps 
nobilitatis), fondern erſt jeine Nachkommen. 
Nox j. Nyx. 
Noxa (von nocere) hie der Schaden, ben man 
andern zufügt (daher auch Bergehen), oder den 


man dafür erleidet, alſo Strafe und Genugthuung, | Buente de 


endlich auch das, was Schaden zufügt (corpus 
quod nocuit). Eine Klage auf Erjegung bes er: 
littenen Schadens h. actıo noxalis. Deren exi— 
ftierten viele, 3. B. eine durch die lex Aquillia 
begründete (j. Damnum). 

Nuceria, Norzsgie, 1) Stadt im füdl. Cam: 
panien mit dem Beinamen Alfaterna (Liv. 9, 41) 
am Sarnus und an der Appiichen Strafe. Im 
Sammiterkriege zerftört (Liv. 7, 3), wurde fie jpäter 
wiederhergejtellt und nahm an Bedeutung zu; j. 
Nocera. Pompeji war ıhr Hafenort (Tac. ann. 
13, 31). — 2) Stadt Umbriens an der Flaminiſchen 
Strafe; j. Nocera. — 3) Stadt in Apulien, rich: 
tiger Luceria (j. d.). 

Nuithönes, eine nur von Tacitus (Germ. 40) 
genannte germanijche Bölferjchaft, ſüdweſtlich von 
den Sarones, nördlich von den Langobarden, am 
rechten Ufer des Albis, welche bald nach Med: 
lenburg, bald nach Holitein und Schleswig ver: 
ſetzt wird. 

Numa Pompilins, cin Sabiner aus Cures, 
der zweite König der Römer (715—672 v. E.), 
ausgezeichnet durch Weisheit, Frömmigkeit und 
Gerechtigkeit. Vielleicht deutet, nach alten Erklä— 
rern, darauf fein Name bin, den man von vouog 
ableitete, aljo „der Geſetzesmann, Ordner“. Seine 
Geſchichte wurde ſchon frühzeitig ſagenhaft ausge- 
ſchmückt. Von ihm rührte die Einrichtung gottes: 
dienftlicher Gebräuche, die Erbauung von Tempeln, 
die Errichtung der wichtigſten WPrieiterfollegien 
ber, wenn auch die Batrıcıer, denen Numa im 
Gegenſatze zu dem plebejiichen Servius angehörte, 
dadurch, daß fie den Numa als Urheber nannten, 
wohl dieſen religiöjen Anſtalten ein bejonderes 
Anfehen verichaffen wollten. Bon den Xatinern 
entnahm er die Beltalinnen, von den Sabinern 
die Salier, Fetialen und Augurn. Der Sage ge: 
hört wohl ganz die Erzählung von dem pontifi: 
ciſchen Schriften Numas an, welde man im 
Jahre 181 v. E. bei Mufgrabung des Sarges, in 
welchen Numas Leiche lag, in demjelben gefunden 
haben wollte. Im allgemeinen jchrieb man ihm 
alles zu, was auf den religidjen Kultus fich bezog, 
vgl. Liv40, 29. Sagenbaft ift ferner jein Um: 
gang mit der Camene Egeria, von der er Nat: 
ichläge empfangen haben foll, jehr zweifelhaft die 
Behauptung, er jei Nenner pythagoreijcher Lehre 
geweien, da Numa und Pythagoras der Zeit nadı 
nicht zujammenfallen. Er erjcheint, indem er den 
Kultus einrichtete und förderte, zugleich als Ver: 
breiter größerer Bildung unter dem damals noch 
rohen Römervolke, alſo ald Mann des Friedens, 
im Gegenjaße zu feinem Nachfolger, dem tür: 
milchen, wilden Tullus Hoftilius. Liv. 1, 17. 
Plut. Numa. Dion. Hal. 2, 575. Bgl. Reter, 
Geich. Roms I ©. 24 ff. der 3. Aufl. 

Numantia, Novuartia, die berühmteite Stadt 
in ganz Geltiberien (im Gebiete der Belendones 
im tarraconen). Hilpanien), auf hohem, faſt un: 
zugänglicdiem Felſen gebaut, am oberen Lanfe des 
Durius, jo feſt durch ihre Lage, daß jie bei einem 
Umfange von 24 Stadien keiner Mauern bedurfte. 





Nox — Numicius. 


Die Beichreibung ihrer denfwürdigen 15monat: 
lihen Belagerung und Eroberung durch Scipio 
im Jahre 133 dv. C. findet ſich bei Appian (db. Hisp. 
6, 48—98). Cic. off. 1, 11. Strab. 3, 162. 6, 287. 
Zu ihr gehören wahriheinlih die Ruinen bei 
on Guarray unweit Soria. 

Numatiänus j. Namatianus, 

Numenios, Novurjwıog, 1) ein Philojoph der 
neuplatoniſchen Schule aus Apameia in Syrien, 
um 150 n. C. Plotinos hat jeine Schriften jehr 
geihägt und benutzt. Seine Lebensverhältnifie 
jind nicht weiter befannt: mehrere intereflante 
Bruchſtücke hat Eujebios aufbewahrt, fie beziehen 
ſich auf Platon und jeine Lehren. — 2) Ale: 
rander Num, fol ein Zeitgenofje des vorigen 
und Berfafjer einer Schrift weei rür rijg dıevoias 
synucrwow gewejen fein. — 3) ein Schüler des 
Arztes Dieuches aus Herakleia, jchrieb über die 
Fiſche (Alısvrixög); vielleiht hat er auch Pn- 
grand verfaßt. — 4 ein Feldherr Antiochos’ des 
Gr. ſchlug um 220 v. E. die Perſer in einem Land— 
und Geetrefien. — 5) ein Bejandter der Ptole- 
maier Philometor und Phyilon an die Römer, 
167 v. C. Pol. 30, 11. — 6) 2 Sikuler, die 
als Zeugen gegen Berres auftraten. Cic. Verr. 
3, 23, 67. 4, 51, 118. 

Numerarii, jubalterne Nechnungsbeamte der 
ipäteren NKaijerzeit, namentlich bei dem Steuer: 
wejen angeitellt 

Numeriänus, M. Aurelius, jüngerer Bruder 
des Carinus und Sohn des Maijers Carus, der 
beide Söhne nach jeiner Thronbefteigung (2852 n. €.) 
zu Ditregenten ernannte, Fopisc. Car, 7. Aur. 
Vict. Caes. 38. ep. 38. Eutr. 9, 18. Oros. 7, 24. 
Zonar. 12, 30. Noch im J. 282 begleitete er 
feinen Vater auf einem Feldzuge nah Beriien, 
nahm (283), als dieler das Opfer einer Militär: 
verichwörung geworden (Vopise. Car. 8), den 
Auguftustitel an und führte das Heer zurüd, 
wurde aber durch jeinen eigenen Schwiegervater, 
den Bardepräfeften Arrius Aper, hierbei ermordet. 
Vopise. Numer. 12. Gleichzeitige Schriftiteller 
rühmen jeinen Charalter. 

Numerii, ein im älteren Italien weitverbrei— 

teter Name: 1) Num. Decimius, fümpfte an 
der Spitze einer jamnitiichen Schar unter Fabius 
gegen Hannibal. Liv. 22,24. — 2) ein Freund 
des Älteren Marius, war demielben zur Flucht 
behülflih. Plut. Mar. 35. — 3) DO. Num. Rufus, 
Boltstribun im Jahre 57 v. E., eiferte gegen 
die YZurüdberufung Giceros aus der Verbannung, 
wurde aber jpäter von denen, welde ihn dazu 
gedrängt hatten, im Stich gelaflen und kam jogar 
in große Gefahr. Cicero rächte jih an ihm durch 
Spott in der Rede für Seſtius (33, 72. 38, 82). 
— 4) Num. Atticus, römijcher Senator, ſchwur, 
wie einjt Julius Proculus nach Romulus’ Tode, 
er habe den Augujtus gen Himmel fteigen jehen. 
Suet. Vct. 100. 
_ Numicii, 1) 7. Num. Priſcus, kämpfte als 
Konful des Jahres 469 v. C. mit Auszeichnung 
gegen die Boljfer. Liv. 2, 63, — 2) Tı. Num., 
ım Jahre 321 v. E. Bollstribun, wurde mit an: 
dern, welche den caudinischen Frieden bejchworen 
hatten, an die Sammiter ausgeliefert. re. off. 
3, 30, 109, 

Numicius oder Numicus, Meiner Küjtenfluß 
Latiums, der bei Ardea mündete, und an welchem 


Numidia — Nundinae. 


fih das Heiligtum (Hain oder Tempel) eines ein: 
heimijchen Gottes (oder des vergötterten Aineias, 
der in oder nad) einer Schlaht in ihm den Tod 
gefunden haben jollte) befand; j. Numico oder Rio 
torto. Liv.1,2. Verg. A.7, 150. 242.797. Tibull. 
2,5,43. Dion. Hal. 1, 64. 

Numidia, Novudia, Nouadia, das heutige 
Algier, grenzte im Dften an das Gebiet von 
Karthago oder die römische Provinz Africa, bis 
zum Fluß Tujfa, gegen S. an Gätulien und das 
innere Libyen, gegen W. an Mauretanien (bis 
zum Fluß Ampjaga; früher bildete der Mulucha 
die Grenze), gegen N. an das Mittelländijche Meer. 
Das meiſt jehr fruchtbare Yand wurde von den 
Ausläufern des Atlas durchzogen, unter denen zu 
merfen der Thambas im 5 (j. Djebel Edough, 
nördlich von Bona), Auraſios (j. Djebel Aures) 
im SW. Unter den Vorgebirgen ſind die bedeu— 
tendſten Tretum, j. Sebba Rus, I/nrov äxoe, 
Proimunturium Hippi, j. Gap de Garda oder Nas 
el Hamrah. Flüffe: im O. der Grengnub Tuſca, 
der Armoniacus (j. Mafragg), Rubricatus 
(ji. Sebüs), Muthul (j. Wad Melleg), Nebenfluß 
des Bagradas (j. Medicherda), Ampjaga (ij. 
Wad el Kibbir), Grenzfluß im W. Das Land 
brachte Getreide, bejonders Weizen, Wein, Süd: 
früchte, treffliche Pferde, Schafe, Ziegen, Elefanten, 
Löwen und andere wilde Tiere hervor und war 
reih an Metallen und Steinarten; der Reichtum 
an Weidepläpen erflärt das unſtete Herumziehen 
der Bewohner und die jpäte Entjtehung von 
Städten. — Das Volk der Numider (den Agyptern 
ftammverwandt, zu dem nordafrifan. Zweig gehö- 
rig) zerfiel in die Hauptftämme der Maſſylii, 
öftlih vom Ampſaga im eigentlichen Numidien, 
und der Maſſäſylii, wejtlich von dieſem Fluſſe 
in dem jpäter zu Mauretanien gejchlagenen Teile 
des Yandes. Die Numider zeichneten fich im Kriege 
bejonders als Weiter aus; durch Julius Cäſar 
wurde ihr Land 46 dv. E. römiiche Provinz. Von 
Städten find bemerkenswert an der Küſte: Tabrafa 
am Tufca (j. Tabraca), Hippo Negius (j. Hip- 
pon, 1.), Ruſicada (j. Stora oder Bhilippeville), 
Collu (noch j. Eollo) mit großen Purpurfärbe- 
reien. Im Innern: Bulla Regia, Calama, 
nad einigen das Suthul des Salluft, Eirta (ij. 
Eonitantineh), auf fteilem Feljen, Lambeſa (ridy: 
tiger Lambaeſis, j. Lambeje), von 123 v. 
bis Diocletian Standlager der römiſchen Legion 
(ll Augusta), Sicca Beneria (j. eff), Zama 
(j. Jama), Schagfammer und gewöhnliche Refidenz 
des AYuba, Schlacht zwiichen Seipio und Hannibal, 
Theveſte (j. Thebejja), von Auguftus bis zur 
Beit der Flavier Standquartier der römifchen Le— 
gion, u.a. * 

Namidius, 1) richtiger wohl UmmidiusQua:= 
dratus (andere nennen ihn Tumidius oder 
Binibius), verwaltete unter Tiberius Lufitanien, 
unter Nero Syrien. — 2) Ein anderer Numi— 
dius oder Ummidius Duadratus zeichnete 
fi) durch feinen Reichtum aus. Plin. ep. 7, 24. 
— Sein Sohn ift wahrjcheinlih 3) Num. (Um— 
midius) QOuadratus, den Hadrian verfolgte, 
gleichfalls ein Mann von unermeßlichem Reich: 
tume, ein naher Anverwandter des Marc Aurel. 
Spart. Hadr. 15. 

Numisti (vielleicht j. v. a. Numicii und Nu: 
merii), 1) 2. Num., befehligte im 3. 340 v. E. 

Reallegiton bes Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


E.| jagt man nuncupare vota, d. h 


333 


die Boljfer und Latiner im Kampfe gegen Rom, 
fämpfte aber unglüdlich und erlitt eine Niederlage 
bei Trifanum. Liv. 8, 3. 11. — 2) Num. Lu: 
pus, kämpfte unter Nero und Galba in Möften 
und jchlug fich in den bald nachher ausbredhenden 
Bürgerkriegen auf Seite des Otho und Veſpaſian. 
Tac. hist. 1, 79. 3, 10. — 3) Num. Rufus, 
römijcher Legat am Rhein, kämpfte gegen Claus 
dius Givilis und wurde jpäter bei einem Aufftande 
in Gallien von den Empörern gefangen genommen 
und getötet. Tac. hist. 4, 59. 70. 

Numitor, Nourroo, Sohn des Procas, König 
von Alba, von jeinem jüngeren Bruder Amulius 
der Herrichaft beraubt, aber von feinen Enteln, 
Romulus und Remus, wieder eingejept. Liv. 
1, 3. 5. 6. Plut. Rom. 3. 7 ff. Dion. Hal. 1, 71. 
76. 78 ff. 

Numitorii, ein au& Etrurien jtammendes Ge: 
——— 1) P. Num., Bruder der Numitoria, der 

utter der von Appius Claudius verfolgten Vir— 
ginia, wurde nach dem Sturze der Decemvirn 
zum Bolfstribunen erwählt, im J. 449 v. E. Lir. 
3, 45. 54. — 2) DO. Num. Pullus, aus Fre: 
gellä, überlieferte verräterifcherweife feine Ge: 
burtsftadt den Römern, im J. 125 dv. E. Cie. fin. 
5, 22, 62. ine. 2, 34, 105. — 3) C. Num, von 
Cicero ald Zeuge gegen Verres genannt (Verr. 
5,63). 

Nummus j. Münzen, 

Numonfi, 1) Numonius Bala, befannt aus 
Horaz (ep. 1, 15), der ihn nach der Yage und 
dem Klima von Belia und Salernum befragt. — 
2) Numonius VBala, kämpfte unter Oninctilius 
Varus gegen die Germanen, ergriff mit der Rei: 
terei während der Schlacht die Flucht und fand 
auf derjelben feinen Tod. Well. Pat. 2, 119. 

Numpidius Sabinus ſ. Nymphidius Sa- 
binus, 

Nuncupatio (von nomen capere), eine vor 
Zeugen gegebene mündliche Erklärung, ein Akt, 
der bei Mancipationen jehr oft vorfam und Die 
näheren Beftimmungen des Gejchäfts enthielt, 
nämlich 1) bei nexum (j. d.), 2) bei Eigentums: 
übertragung mit Mancipatio, 3) bei Mancipations: 
teftamenten und jpäter bei allen mündlichen Tejta- 
menten. — Das in der nuncupatio Verſprochene 
mußte ftreng gehalten werden. — Sakralrechtlich 
. die vota laut 
und öffentlich ausjprechen, z. B. bei Einweihung 
eines Tempels, bei der Abreije der höheren Ma: 
giftrate u. ſ. w. 

Nundinae (aus novem dies) hieß der neunte 
Tag oder der römische Wochenabichnitt, indem 7 
Werktage zwijchen 2 Nundinen lagen. Im alten 
10monatlichen Jahr von 304 Tagen waren 38 
Nundinen und ebenjo viele Wochen. Im 12monat= 
fihen Jahr wurden die Nundinen vermehrt und 

ingen durch das ganze Jahr hindurch wie unjere 

ochen. Die Nundinen waren Nuhetage von der 
ländlichen Arbeit, und die Landbewohner kamen 
an diejen Tagen des Kaufs und Verlaufs und 
anderer Gejchäfte wegen zur Stadt. Urſprünglich 
galten fie im öffentlichen Leben als dies nefastı 
und feriae, weshalb Genturiatcomitien an ihnen 
nicht gehalten werden fonnten, jondern nur Tri— 
butcomitien. Much benußte man die Nundinen 
zur Ankündigung der Comitien und der darin zu 
verhandelnden Dinge. Die lex Hortensia (237 

53 


— 


te 


.. 
- 


334 


Nuntiatio — Nymphae. 


v. E.) machte die Nundinen zu dies fasti, jo daf | wurde fie gehoben (Plut. Rom. 15. Catull. 61, 166) 
nun an ihnen auch die rechtlichen Angelegenheiten | und trat dann auf ein ausgebreitetes Schaffell. 


abgemacht werden konnten. — Unter den Ktaijern 
fam nach und nad) die Ttägige Woche auf. 
Nuntiatio j. ÖObnuntiatio. 
Nuptiae, Hodhzeitögebräudye der Griechen, j. 
Ehe, 4, Beleuchtung, 2. und YUraxakv- 
zroıe,. Für die eier der Hochzeit erachtete man 
den Winter im allgemeinen als die geeignetite 
Beit, daher der Name des Monats Gamelion für 
unjern Januar. Bei den Spartanern blieb die 
alte Eitte, die Braut mit Einwilligung ihres 
Vaters gewaltiam zu entführen, beitehen. Der Mann 
trug fie aus dem reife ihrer Freundinnen weg 
und brachte jie in das Haus einer Berwandtin, 
die ald vovugeirgıe fie in Empfang nahm und 
das Brautgemach herrichtete. Nach kürzerer oder 
längerer Zeit des heimlichen Umgangs wurde die 
Heirat Öffentlich befannt gemacht und die Hochzeit 
gefeiert. — Die römiſchen Hochzeitsgebräuche 
hatten mit den griechiichen viel VBerwandtes und 
Gleiches, aber auch ihre Bejonderheiten. Zuvör— 
derjt wurde ein für die Hochzeit glüdlicher und 
günftiger Tag noch ängftlicher als bei den Griechen 
ewählt.e Als unglüdlich betrachtete man den 
onat Mai, die erite Hälfte des Juni, ferner alle 
Stalendä, Idus und Nonä und die dies nefasti, 
die Zeit der Parentalia, des mundus patens und 
anderer Feſte, auf welche jedoch Witwen feine 
Nückficht zu nehmen hatten. Als befonders günftig 
galt aber die zweite Hälfte des Juni. Die Förm— 
lichfeiten und Gebräuche waren jedoch verichieden, 
je nachdem man entweder eine ftrenge Ehe, wo— 
durch die Frau in die manus des Mannes über: 
ging und mater familias wurde, oder eine freie 
Ehe zu ſchließen beabfichtigte, wobei die Frau 
bloß uxor wurde nnd in der patria potestas oder 
sui juris blieb. Für dieſe Ehen waren bejondere 
Geremonien nicht mwejentlih und notwendig, nur 
die deductio in domum mariti mußte ftattfinden. 
Dagegen war die andere Art der Ehen voll ſym— 
boliſcher Gebräuche. Am Hochzeitstage jelbit legte 
die Braut die toga praetexta ab und weihte jie 
der Fortuna virginalis; fie trug einen aus Schaf: 
wolle gefnüpften Gürtel, über das Geficht einen 
Schleier (Hammeum), feuerfarben und citronen:- 
geb, ‚was die Feitfarbe geweien zu jein fcheint. 
er Übertritt in das Haus des Bräutigams er- 
folgte teils in der Form einer Entführung, teils 
in einem feierlichen Zuge, worauf fich die Aus- 
drüde uxorem ducere, abgefürzt aus uxorem 
domum ducere, vom Manne, und viro nubere 
von der rau beziehen. Diejer Zug — je zahl: 
reicher, defto glänzender, und nicht bloß von den 
beiderjeitigen Verwandten und Freunden, jondern 
auch vom neugierigen und müßigen Volle gebildet 
— fand gewöhnlich abends ftatt. Bon radeln 
begleitet und unter Flötenklang zog die Braut zu 
Fuß einher mit Spindel und Spinnroden in der 
Hand. 2 Knaben, deren Eltern beide nod am 
Leben waren — patrimi et matrimi — und ein 
Opferknabe begleiteten fie. Das Haus des Bräu- 
tigamıs war fertlich befrängt und geichmüdt. Ter. 
Adelyph. 5, 7, 6. Jun. 6, 51. ie Thürpfoſten 
umwand fie, um ihre Keuſchheit zu bezeugen, mit 
wollenen Binden, und um Bezauberungen abzu: 
wenden, beftridy fie _diejelben mit Schweinefett. 
Plin. 2,28. 9, 37. Über die Schwelle des Haujes 


Dabei ertönte der Ruf Talassio! Liv. 1, 9. Beim 
Eintritt in das Haus wurde fie gefragt, wer fie 
jei; fie antwortete: ubi tu Gaius, ibi ego Gaia; 


man übergab ihr die Schlüffel des Haufe. Es + 


folgte das vom Bräutigam veranitaltete Feſtmahl 
(coena nuptialis), von Mufit und Gejang be 
gleitet; vorzüglich ertönte unter Flötenbegleitung 
der Hochzeitögejang (epithalamium, hymenaeus). 
Für diejes Mahl geftatteten auch die Geſetze einen 
verhältnismäßig großen Aufwand. Unter die vor 
dem Haufe verjammelte Jugend hatte der junge 
Ehemann Nüſſe auszumwerfen. Catull. 61, 128. 
Verg. E. 8, 30. Nah dem Mahle brachte eine 
verheiratete Frau, gleihjam die Stellvertreterin 
der Juno pronuba, die junge rau ins Schlaf: 
gemach und legte fie in das mit der Toga be- 
dedte Brautbett (lecto collocare), und nun erit 
begab fich der Mann zu ihr ind Gemadh. Draußen 
jang man nicht bloß Hymenäen, jondern auch derbe 
Spottlieder. Am andern Tage gab der junge 
Mann no ein Mahl, repotia genannt (Hor. sat. 
2, 2, 60); die Bäfte und Verwandten bradıten dem 
jungen Paare Gejchente dar, und die junge rau 
errichtete ihr erjtes Opfer im neuen Haufe. Bal. 
Beder-Göll, Gallus IT S. 24 ff. Roßbach, römiſche 
Hochzeitö: und Ehedenkmäler (1871). 

Nursia, Novgoia, Stadt im hohen Sabiner- 
gebirge am obern Lauf des War, Geburtsftadt 
des Sertorius (Plut. Sert. 2) und der Mutter des 
Kaiſers Beipajianus (Suet. Vesp. 1); j. Norcia. 

Nutrix. Die römijchen Mütter ftillten vor 
alters ihre Kinder jelbit (doch vgl. Liv. 3, 44, wo 
die nutrix der Virginia erwähnt wird); jpäter 
wurden die Ammen jehr gewöhnlich, wenigitens 
bei den Vornehmen, ja jogar griechiijhe Ammen, 
überhaupt externae et barbarae nationis (Gell. 
12, 1). 

Nux, xagve, alle Baumfrüchte mit etwas rauber 
oder harter Schale, wie Kaftanien, Mandeln, 
Eicheln 2c., bejonders aber die Wallnuf, iuglans. 
Sie waren ein Hauptjpielwert der Kinder, daher 
nuces relinquere, das Spielen aufgeben, dem 
Ernite fi zuwenden. — Vgl. auch Ovidiusa. €. 

Nykteus j. Amphion. 

Nyktimos j. Lykaon. 

Nvuugpayayös |. Ehe, |, 4. 

Nymphae, Nvugaı, d. i. die verhüllten, alio 
jungfräulichen Göttinnen. Die Nymphen bilden 
eine zahlreiche Klaſſe untergeordneter Gottheiten, 
weldhe das lebendige Weben und Schaffen der 
Kräfte der Natur in allen Kreifen derjelben als 
perjönliche Weſen darftellen. Sie wohnen auf der 
Erde, auf Bergen und in Haineny an Quellen, 
Flüſſen und Strömen, in Thälern und Grotten, 
auf Wieje und Feld; aber bisweilen fommen jie 
auch hinauf auf den Olympos, um an dem allge: 
meinen Götterverjammlungen —— Hom. 
Il. 20,8 Wir müjjen von der Nymphenſchar im 
ganzen einzelne Berjönlichkeiten ausnchmen, die 
für ih bejonders ausgebildet jind und unter eigenen 
Namen vorfommen, wie die Nymphe Kalypſo, die 
Tochter des Atlas, Kirke, Phaethuſa und Yampetia, 
die Töchter des Helios. Die Nymphen im engeren 
Sinne, die Töchter des Zeus, haben bei Homer 
ihre Wohnorte auf Bergen, in Hainen, Wiejen 
und an Quellen (Il. 6, 420. 20,8. Od. 6, 123, 


- 


[57 


Nymphaion — Nysa. 


17, 240) und find die mwohlthätigen Geifter diejer 
Orte, ohne jedod eng mit denjelben verknüpft und 
mit ihrer Thätigfeit in einjeitig beichränkter Weife 
an die Naturgegenftände gebunden zu jein; fie 
leben frei und jelbftändig in der Natur, fie jagen 
das Wild, tanzen fröhliche Reigen, weben in fühlen 
Grotten, pflanzen Bäume und find auf die ver: 
ichiedenfte Weile den Menschen hülfreich. Oft find 
fie in der Umgebung höherer Gottheiten, wie na— 
mentlid) der Jägerin Artemis. Hom. Od. 6, 105. 
9, 154. 12, 318. 13, 107. In einer Stelle des 
Homer (Od. 10, 350), welche übrigens jüngeren 
Uriprungs ift, heißt es, daß die Nymphen aus 
Quellen und Flüffen und von Hainen entjtehen, 
während fie jonjt Töchter des Zeus heißen; darnad) 
wäre aljo ihre Erijtenz an die Naturgegenftände 
ebunden, fie entitänden und vergingen mit den 
aturericheinungen, im denen fie walten. Bon 
den Dryabden heißt es (Hom. hymn. in Ven. 259 ff.), 
fie zählten nicht zu den Sterblichen und nicht zu 
den Unjterblicen, fie lebten lange, äßen ambro- 
fiihe Speife und verkehrten mit den Göttern; 
„Hermes und die Silene pflegen mit ihnen der 
Liebe, und es entitehen hochwipflige Bäume, die 
lange ftehen, bis endlich das Todesgejhid ihnen 
erjcheint, und mit ihnen der Göttinnen Seele das 
Tageslicht verläßt.” — Nach den Naturgebieten, 
in denen die Nymphen walten, Laffen fich verjchie: 
dene Klaſſen derjelben unterjcheiden: 1) Nymphen 
der Gewäſſer, zu denen aud die Nereiden, 
die Nymphen des Meeres, zählen, jowie die Okea— 
ninen oder Okeaniden, die Töchter des Dleanos« 
ftromes. Dieje letzteren treten als die Nymphen 
der Landgewäſſer auf (j. ZT. 21, 196), die als joldye 
auh Najaden (Nniddeg, Nuldeg, Nuidöesg) 
heißen; fie zerfallen in Flußnymphen (Ilor«e- 
uniöes), die nad) den einzelnen Flüffen wieder ihre 
eigenen Namen haben (Aysiwldss, "lounwides 
u. ſ. w.), Quellnymphen (ÄKgnraicı, Ilmyaicı) 
und Nymphen der jtehenden Gewäſſer 
(Ektiovöuoı, Auuvanides, Aruvaöeg). Vermöge 
der nährenden Kraft des Waſſers find fie die wohl: 
thätigen Nährerinnen der Pflanzen und Früchte, 
der Herden und der Menjchen (xuerorgdgpo:, v6- 
war, almolınal, unklöss, xovgorgeögo:) Darum 
find fie auch zu Ammen und Erzieherinnen des 
Zeus und des Dionyjos, als dejjen Begleiterinnen 
jte häufig in Verbindung mit Pan und Silen und 
den Satyrn erjcheinen, gemacht worden. Da ferner 
das Waſſer heilende und begeifternde Kraft haben 
jollte, zog man auch bejonders Quellnymphen in 
den Kreis der Heilgötter, lieh ihnen die Kunſt der 
Beisjagung und machte fie zu Göttinnen des Ge: 
janges und der Dichtkunſt. Als ſolche heißen fie 
Erzieherinnen des Apollon und Mütter der Sänger 
und Seher. Vom Wahnjinn ergriffene, verzüdte 
Weisfager nannte man vvupöinzroı. — 2) Die 
Nymphen der Berge, Orcaden (Ogsıddss, 
Ogsoreiddeg, Ogodsurddss, Ureades), welche 
nach den einzelnen Bergen ihre bejonderen Namen 
erhalten haben, wie die Peliaden, Kithairo- 
niden, die diktaiiſchen Nymphen. Bu diejen 
gehörte auh Echo. Nahe jtehen ihnen — 3) die 
N. der Thäler und Wälder, jene Napaien| 
(Naraicı), diefe Aljeiden (Aonideg) genannt. 
— 4) Die Nymphen der Bäume, Dryaden 
(Sevadss), welche auch ihre Einzeinamen nad 
den verjchiedenen Arten der Bäume erhalten haben. 


835 


Homer fennt diefe Kaffe von Nymphen nicht, 
Heſiod (theog. 187) nennt als eine bejondere Art 
derjelben die meliichen, die Eſchennymphen, 
entjtanden aus den Blutstropfen des Uranos (aus 
Eichenholz wird der Schaft der blutigen Lanze 
gemacht). Wenn jedem Baume feine Dryas zuge: 
teilt gedacht wird, jo ift das Leben derjelben an 
das Leben des Baumes gefnüpft (Hom. hymn. in 
Ven.). Dieje Dryaden, heißen vorzugsweije Hama- 
dryaden (Auadpvddsg). — 5)N. einzgelnerüörter, 
wie die Nymphen von Dodona, von Nyja, Lemnos. 
Die Nymphen genofjen von alters her Verehrung. 
Hom. Od, 13, 350 ff. 17, 210. Ihre Heiligtümer 
befanden fich bejonders an Quellen und in waſſer— 
reichen Gegenden, in Hainen, Grotten u. j. w., in 
ipäterer Zeit auch in Städten, wo ihre prächtigen 
Heiligtümer (vdoupare oder ruupaia) zur Feier 
von Hochzeiten gebraucht wurden, Wan opferte 
ihnen Ziegen, Yämmer, Mild), DL, aber feinen 
Wein. Sie wurden von der Kunſt als reizende 
Mädchen dargejtellt, nadt oder halb bekleidet. 

Nymphaion, Nvupeiov, Nymphaeum, ein 
öfter vorfommender geographiicher Name; jo hieß 
bejonders 1) Berg und Flecken in Illyricum bei 
Apollonia am Fluſſe Abos (Liv. 42, 36. Plut. 
Sull. 27); — 2) Hafenort und Vorgebirge in 
Illyrieum, 3 Millien von Liffus, j. St. Juan de 
Medua in Albanien (Caes. b. c. 3, 26); — 3) Vor: 
gebirge der Halbinjel Chalfidife (Strab. 7, 330). 

Nymphöum, Nvugesior, den Wafjernymphen 
geweihter, jchön verzierter Springbrunnen, deren 
es in Rom 12 gab, wo ſich das Waſſer aus vielen 
Röhren zugleich ergoß, mit Säulengängen ‚und 
Sitzplätzen verjehen. 

Nymphidius (Numpidius) Sabinus, aus niedri: 
gem Stande, Sohn eines Freigelaſſenen, diente 
dem Nero als Angeber und jchwang ſich dadurd) 
zum Befehlshaber der Prätorianer empor. Tae. 
ann. 15, 72. Plut. Galb. 2. Bei Neros Sturze 
gewann er die Garden für Galba, tradhtete Be 
als diejer noch in Hiſpanien war, ſelbſt nach der * 
Herrichaft; die Prätorianer aber blieben Galba 
treu, und Nymphidius twurde von ihnen ermordet. 
Taec. hist. 1,5. 25.37. Suet. Galb. 11. Plut. Galb. 
8. 13 ff. 

Nymphis, Nougıs, aus Herafleia im Vontos, 
ein Bijtorifer zur Zeit des Btolemaios Euergetes, 
ichrieb: meoi AAsfavögov xal rar dindsrwr zul 
Inıyövor in 24 Büchern; meol "Howsisiag in 
13 Büchern und einen meornkovg Aclug. Nur 
wenige Fragmente jind erhalten, gejammelt von 
Müller, fragm. hist. Graec, Ill p. 12 ff. 

Nymphodöros, Nvuupoöwgos, 1) aus Amphi: 
polis, joll vouıue Bapßagınd gejchrieben haben. 
Seine Zeit ift unbefannt; — 2) ein Syrafufier 
zur Beit des Ptolemaiod Philadelphos, ſchrieb: 
zepinkovg und zepl rar £v Zixeile Banuuto- 
usvorvr. Sammlung der Fragmente von Müller, 
fragm. hist. Graec. II p. 375 ff. 

Nysa, Noösto)«, Nüca, nannte die Sage den 
Ort, wo Dionyjos (ſ. d.) erzogen wurde. Uriprüng- 
lih war der Name in Hellas (Boiotien, Guboia, 
Naros) oder Thrafien lofalifiert (Hom. Il. 2, 508. 
6, 133). Später wurde er auf allerlei Orte in 
fernen Ländern übertragen. So werden, Städte 
diejes Namens in Pilidien, Kappadotien, Agypten, 
Arabien, auf dem Kaukaſos, in Perſien und Bal- 
trien erwähnt. Bejonders aber find folgende zu 

65 * 


836 


nennen: 1) Stadt in Karien, am Südabhang des 
Meilogisgebirges, im Maiandrosthal; j. Ruinen 
Sultanhiſſar. Strab. 14, 649. — 2) Stadt und 
Landichaft in Indien, wahrjcheinlich am Unterlauf 
des Guraios (j. Bandichkora), eines nördlichen 
Nebenfluffes des Kophen. Arr. 5, 1f. 6,2, 3. 
Strab. 15, 687. — 3) Stadt in Withiopien, ober: 
halb Agyptens. Adt. 2, 146. 3, 97. 

Nyx, NoE, Nox, die Nadıt. Bei Homer (Il. 
14, 259 ff.) ericheint fie als eine mächtige, ſelbſt 
von Zeus geehrte Göttin. Sie heißt (mit Bezug 
auf den alles überwältigenden Schlaf) durjreıg« 
Hear xal dvögar; ald der Traumgott vor dem 
Zorne des Zeus re ichnellen Nacht floh, jcheute 
jih Ddiejer, die Chrwürdige zu betrüben. Bei 
Heſiod (theog. 123) ift fie eine der erften Roten: 
zen der Koſmogonie, eine Tochter des Chaos und 
die Schweiter des Erebos, mit dem fie den heiteren 
Ather und den Tag erzeugt, nach der Grund: 
vorjtellung der Griechen, dan das Licht aus dem 
Dunfel, der Tag aus der Nacht entiteht. Nach 
V. 211 ff. erzeugt fie als eine NvE ödorj aus 
ſich jelbjt die verderblichen Wejen der Finfternis: 
Mögos das unglüdliche Todesgeihid), Oavarog, 


Nyx — ’Oßeklonos. 


Krje, Müuog (Tadel), Orkis (Nammer), Neuscıg 
(ajua Henroisı Booroisı), Anden (Trug), Dılorns 
(Liebesberüdung), ITneas (Alter) und "Egıs; als 
eine freundliche Gottheit gebiert fie aber auch den 
Hypnos und das Heer der Träume. Auch die 
nah Weſten hin am Rande der Erde wohnenden 
Hejperiden heifen ihre Töchter. Im Weften find 
die Pforten, wo fie, in Dunkel gehüllt, den Schlaf 
und den Tod in den Armen, aus der Unterwelt, 
ihrem eigentlihen Siße, der Hemera begegnend, 
emporfteigt. Hesiod. theog. 748 ff. Bei den Dr: 
phifern it fie der Urgrund, aus dem alles he 
vorgeht. Die Tragiker und die Späteren fallen 
fie als Perſonifilation der Nachtzeit auf, bald 
geflügelt, bald mit einem von (2 oder 4) ſchwar— 
zen Serben gezogenen Wagen, in jchwarzem, mit 
Sternen bejäetem Gewande. Soph. Fl. 19. Eur. 
Ion 1150. Orest. 176. Theoer. 2, a. €. Vera. 
A. 5, 721. 8, 369. Am Bereich des Tempels 
der ephefiihen Artemis befand jih ein Stand- 
bild der Nur, ein Werk des Rhoikos. Auf dem 
Kaften des Kypſelos war fie Ddargeftellt, den 
Schlaf und den Tod in den Armen haltend. Paus. 
5, 18, 1. 


O. 


Oäros, Oxoos, nad) Herodot (4, 123) ein bei | jeltener aus Kalkſtein oder weißem Marmor, und 
den Thyſſageten entipringender, öftlich vom Ta: | zwar in der Negel aus Einem Stüd gearbeitet. 


nais fließender und in die Maiotis miündender 
Fluß, vielleicht der Opharus des Plinius (6, 7, 7), 
entweder ein Nebenfluß des Tanais oder wahr: 
icheinlicher die Wolga. 

Oäses, Odasıs, Abdasısg (von dem ägyptiſchen 
Uach — Niederlafjung), heißen die „gleich Inſeln“ 
aus dem Sandmeer der Libyſchen Wüſte, wejtlich 
von Agypten, auftauchenden, reichlid mit Quell: 
waſſer verjehenen und deshalb fruchtbaren Land: 
ftriche. Es werden davon hauptſächlich 3 erwähnt: 
1) die Fleine Daje, zu Mittelägppten gehörig, 
etwa 7 Tagereilen von der Stadt Oxyrynchos ent: 
fernt, j. el-Baharije; 2) die große Daje, zu 
DOberägypten gerechnet, gleichfalls 7 Tagereijen von 
Thebat, von Herodot (3, 26) vjcog Mardowr mit 
der molıs Oaoıg genannt, j. el-Charge; 3) das 
Ammonium (j.d.). Wegen ihrer tjolterten Lage 
und des ungejunden Klimas dienten die Dajen 
ſchon in alter Zeit und unter den Kaijern als Ber: 
bannungsorte. Die Bewohner waren Libyer, jpäter 
vermijcht mit Ägyptern und einigen Griechen; die 
ferner im Weften gelegenen, den Alten auch be- 
fannten Dajen (3. B. Augila, Phazania) kommen 
unter diejem Namen nicht vor. Strab. 2, 130. 
17, 791. 813. Monographien von Rohlfs (1875), 
Dümichen (1877) und Brugich (1878). 

Bei |. Dovin, 9. 

'OBe2ioxos, obeliscus, d. h. Spießchen, war 
der von dem Wit der alerandriniichen Griechen 
aufgebrachte Name für die hohen, jchlanten, mit 
ihren 4 Seiten nah oben fich verjüngenden und 
von einer pyramidenförmigen Spite gefrönten 
Säulen, wie fie in Agypten jeit dem 23. Jahrh. 
v. E. oder jchon früher vorfommen. Die meijten 
find aus dem harten, rötlihen Granit von Syene, 
wo man jegt wieder die Steinbrüche entdedt hat, 


Die vieredige, ausgehöhlte Bafis ijt meift etwas 
breiter als die Säule, aber niedriger. Die Höhe 
ſchwankt zwijchen 10 und 35 m. Gie find ent- 
weder ganz glatt oder mit Hieroglyphen verjchen, 
bald auf allen 4 Seiten, bald nur teilweije. Die 
Schriftzeichen waren öfter mit Gold, Elektron 
(Silbergold) oder doc mit vergoldeter Bronze aus- 
gelegt, die Spite wohl immer mit vergoldetem 
Kupfer befleidet. Unter den Alten berichten Hero— 
dot (2, 111. 170), Diodor (1, 46) und der ältere 
Plinius (36, 8, 14 ff.) über die Ob., deren eine 
große Zahl vorhanden gewejen jein muß, die 
ſchönſten ——— und Thebai. Sie wurden 
zu Ehren Ra-Harmachis (Ra:Horus) als Sinn— 
bilder der Sonnenſtrahlen errichtet und ſtanden, 
immer paarweiſe, vor den Thoren der Tempel. 
Jeder hatte jeinen eigenen Namen und Prieiter. 
Daneben mögen fie auch aſtronomiſchen Zweden, 
als Sonnenzeiger u. dgl., gedient haben. 2 ihrer 
Herbeiichaffung benußten die Agnpter außer der 
Kraft zahllojer Menjchenhände beſondere Schiffe 
und uns nicht näher befannte Fahr- und Werf: 
zeuge. Seit der perfiichen Herrichaft wurden feine 
neuen mehr errichtet; auch die Ptolemaier ſchmück— 
ten Alerandreia nur mit älteren. Seit der Kaiſer— 
zeit find 9 Ob. nad Rom gebradyt worden. Bon 
den beiden, weldhe Auguftus auf einem eigenen, 
lange in Oſtia aufbewahrten Fahrzeuge mit großen 
Koften aus Heliopolis holen ließ, ftand der eine 
auf dem Marsfelde und diente ald Gnomon oder 
Sonnenzeiger bei den in Auguftus’ Auftrag von 
Manilius getroffenen großen Beranftaltungen zur 
Errichtung einer Sonnenuhr, wurde aber im Mittel- 
alter (vielleicht durch die Normannen) umgeftürzt 
und erjt 1792 auf dem Monte Eitorio wieder her— 
geftellt; der andere wurde auf der Spina im 


Obelos — Ocha. 


Circus Maximus aufgeftellt (wahricheinlich 10n.E.), 
ebenfalls bei den Berheerungen zu Nom durch die 
Barbaren in Stüde zerbrodyen und im 16. Jahr: 
hundert unter Sirtus V. (1585— 90) auf der Piazza 
del Popolo wieder aufgerichtet; er hat auf jeder 
Seite des Schafts 3 Reihen Hieroglyphen. Ein 
dritter (der vatifanifche) wurde unter Caligula im 
Circus Vaticanus, im 16. Jahrhundert aber vor 
der Peterskirche aufgeftellt. Den größten und mit 
den jchönften Skulpturen verjehenen (vom König 
Ramſes) ließ Conftantius Il. im 3. 357 n. E. im 
Circus Maximus erridten, und nachdem derjelbe 
im 5. Jahrhundert von den Barbaren umgejtürzt 
war, wurde er 1588 auf dem Plate vor der No: 
hannistirche im Lateran wieder aufgejtellt und 
daher der Lateranijche genannt. — N neuefter 
Zeit ift ein ſchöner Obelift von Ramjes II. aus 
Luxor nach Europa gebradt und 1833 auf dem 
Eoncordienplage zu Paris aufgejtellt worden; er 
trägt die Namen des Ramſes und Sejoftris und 
ift mit einer dreifachen Reihe von Hieroglyphen 
bededt. — Endlich befanden fi auh nod ein 
Paar in Alerandreia in dem nördlichen Teile der 
alten Stadt, der eine mit jehr jchönen und gut 
erhaltenen Hieroglyphen, vom König Ramies, „Die 
Nadel der Kleopatra“ genannt, vor einigen Jahren 
nad) London gebradht und dort aufgeitellt; der 
andere nach den Verein. Staaten von Amerika 
gebracht und im Gentralpart von New-York auf: 
geſtellt. Vol. Har. 1, 111. 170. Plin. 36, 8, 14 ff. 

Obelos, ößerös, eigentlih ein Spieß, gram: 
matifcher Kunftausdrud zur Andeutung einer ver: 
dächtigen oder unechten Stelle, Verjes u. ſ. w. 
mitteljt einer liegenden Linie; ößeAdteıw, ößekı- 
cuög, notare locum, notatio loci spurii. 

otae. 

Obligatio, das Berhältnis zwiſchen 2 Perjo- 
nen, von denen die eine, ereditor, einen Rechts: 
— an die andere, debitor, hatte. Es gab 
obligationes civiles und naturales, jene von dem 
Eivilrecht (3. B. nexum, stipulatio), dieſe von 
dem ius gentium anerfannt und von den Bere: 
rinen angewandt, bis fie wegen der geringeren 
Formalitäten unter dem Schuße der Prätoren auch 
in das römische Leben übergingen. 

Obnuntiatio. Bei öffentlihen Staatshand- 
lungen, vornehmlich Wahl: und anderen Comitien, 
belfam der Augur von dem Magiftratus die Auf: 
forderung der spectio. Die Verkündigung desſel— 
ben, gleichviel ob die Götter das Vorhaben be- 

ünftigten oder nicht, hieß nuntiatio, ber leßtere 
Kan obnuntiatio mit den Worten: alio die. 
Cie. Phil. 2, 32. legg. 2, 12. Diejelbe Erflärung 
fonnten auc) die höheren Magiftrate und die Volks— 
tribunen abgeben und dadurdy Aufichub der Comi— 
tien bewirfen, j. Lex Aelia und Fufia. 

'0Bo2A0g |. Münzen, |. 

'OBoAög vexgoö |. Bestattung, 1. 

OBeruoxdären ij. Pallas Athene, 1. 

Obrimos, "Oßeıuos, 1) einer der 50 Söhne 
des Aigyptos. — 2) ein griechijcher Redner, ohne 

weifel aus jpäterer Zeit, aus deſſen Reden 
Stobaios einige Bruchitüde erhalten hat. 

Obrogatio, die Abänderung eines Geſetzes 
durd; ein anderes. Cic. r. p. 3, 22. Phil. 1,9. 

Obseeratio j. Supplicatio. 


837 


Berfaffer einer dürftigen Kompilation aus Livius 
über die Wundererjheinungen zu Rom, Prodi- 
giorum liber, wovon wir den Wbjchnitt von 
249—12 v. C. noch haben. — Ausgg. von Schef: 
fer (1679), Dudendorp (1720), Kapp (1772), die 
befte von D. Jahn (zugleich mit den Periochae 
des Livius, 1853). Abhandl. von H. Haupt (1881). 

Obsignat\o, die Ver: und Bejiegelung vermit: 
telit des in m. oder Thon (creta) abgedrüdten 
Siegelringes. Briefe und Urkunden wurden vor: 
her mit einem Faden (linum) umwunden. Recht: 
liche Anwendungen der obsignatio ſchriftlicher Ur: 
funden werben erwähnt bei den tabulae nuptia- 
les, Schuldjcheinen, Teftamenten und bei Zeugnifferr 
im Prozeß. 

0 ne a, OßovxoAe, oder Obulcula, Stadt 
in Hilpania Bätica auf der Strafe von Hiſpalis 
nad; Emerita oder Corduba. Ihre Lage ift nicht 
ſicher. Caes. b, Alex. 57. — Verſchieden davon ift 
Öbuleco, ’Oßolöxwv, ein römijches Municipium 
in demjelben Teile Hiipaniens, etwa 300 Stadien 
in öftlicher Richtung von Corduba entfernt, zu 
deſſen Gerichtöjprengel es gehörte; j. Porcuna. 
Strab. 3, 141. 160. 

Oceupatio, eine aus dem ius gentium ent: 
lehnte Eigentumserwerbung, das Ergreifen herren— 
lojer Sachen und Weien (Sklaven, Tiere). Auch 
das Beligergreifen der feindlihen Saden, na: 
mentlich der eroberten Ländereien (j. Ager publi- 
eus) hieß occupare. Die weitere Sriegsbeute 
(Menſchen und Sachen) gehörte nicht den einzelnen 
Soldaten, jondern mußte als Staatseigentum an 
den Feldherrn abgeliefert werden. Nachdem die 
Beute durch Auktion (ald Ganzes ſ. Sectio) in 


©.| Geld umgewandelt war, floß dasielbe in den 


Staatsſchatz (aerarium), doc durfte der Feldherr 
es auch unter jeine Soldaten verteilen, was na— 
mentlich nach — einer Stadt oder eines 
Lagers geſchah. Oftmals erhielten die Soldaten 
die Beutegegenſtände auch ſelber, doch nicht die 
Gefangenen, die immer verkauft wurden. Bei der 
Verteilung wurde auf den militäriſchen Rang, auch 
auf Verdienſte Rückſicht genommen. Ein Teil der 
Beute wurde immer vorab den Göttern dargebradht. 

Oceänus ſ. Okeanos. 

Ocellus Lueänus j. Okellos. 

Orölum, "Rxelov, Stadt der Grajoceli in den 
Grajiichen Alpen (Caes. b. g. 1, 10) an der Strafe 
von Auguſta Taurinorum nach dem jenfeitigen 
Gallien (Strab. 4, 179), nach Napoleon das j. Uffeau. 

Ocha, 'Oyn, Mafjengebirge im jüdlichiten Teile 
von Euboia, deſſen höchſter Gipfel (j. Hagios 






9-7 


4— 


Elias) 1404m hoch iſt, mit bedeutenden Marmor: 


Obsöqnens, Julius, wahrjcheinlich um die | brüchen. Strab. 10, 445. Auf einer Heinen Fläche 


Mitte des 4. nachchriſtlichen Jahrhunderts, iſt 


unweit des höchiten Gipfels fteht ein uralte, 


838 


Ochlokratie — ÜOctavianus. 


12,70m langes und 7,70m breites Gebäude, ein und um fih mit dem für den Partherfrieg be- 


fnflopiicher Bau, vermutlich ein Tempel der Sera, 
der die ältefte, einfachite Form des griech. Tempel: 
gebändes zeigt (j. die Abbildung). 

Ochlokratie j. Stantsformen, 2. 

Ochos, 2xos, ein Fluß in Inneraſien, jüdlic) 
vom Oxos (j. d.). Doc gehen die Angaben der 
Alten über ihn jo auseinander, daß fie ſich 
nicht wohl vereinigen laffen. Die einen verjegen 
ihn nach Baltrien (Margiana), in den Weften oder 
an die Weftgrenze des Yandes, jo daf er mit dem 
Margos ıj. Murgbab) oder mit dem Areios (j. 
Herirud), die fi) beide im Sande verlieren, iden: 
tiich wäre. Die andern laffen ihn in Hyrkanien, 
jei es für fich allein, fei es mit dem Oxos ver: 
einigt, in das Kajpiiche Meer münden. Strab. 
11, 509. 518. Ptol. 6, 11. 2. — 2) Berjonenname, 
bejonders Beiname des Königs Artarerres III. (ſ. d.). 

Venus, Sohn des Tiberis und der Manto, der 
Tochter des Teireſias, oder einer Tochter des He— 
ralfes, einer Seherin. Er ſoll Mantua erbaut 
und nach jeiner Mutter benannt haben. Verg. A. 
10, 198 und dazu Servius. Er wird auch Sohn 
oder Bruder des Auletes, des Gründers von Perufia, 
genannt und Gründer von Felſina, dem nad): 
maligen Bononia. 

Vereae, “rnuides, Beinichienen, Beinharnifche, 
von Yeder und Heinen Metallplatten oder aus halb- 
gebogenen dünnen, biegiamen Erz: oder Zinn- 
platten, die im Innern mit Leder gefüttert waren, 
das Schienbein bededend und hinten um die Wade 
zujammengejchnallt, gewöhnlich aber nur um das 
im Nampfe vorangeftellte Bein, bei den hastati 
und principes (Veg. 1, 20) um das rechte, da= 
gegen für die mit dem Wurfipieh Kämpfenden um 
das linke gelegt. Die unteren Riemen oder Schnal— 
len zur Befeftigung an den Knöcheln hiefen bei 
den Griechen Zmispverw; diejelben arbeiteten die 
Beinjchienen zuweilen auch aus edlen Metallen, 
weshalb die Achaier bei Homer immer Züxvrjudeg 
heihen. Bol. Waffen, 3. 9. 

Vecricälum, Oxgixioı, Oxelxoke, wohlhabendes 
Municipium in Umbrien, unweit der Mündung 
des Nar in den Tiber an leßterem Fluſſe, an der 
Flaminischen Strafe. Noch jet finden fid) 2 Millien 
vom heutigen Otricoli Ruinen von Tempeln, Am— 
phitheatern, Bädern und Wafferleitungen. Liv. 
9, 41. 22, 11. 30, 19. Bgl. Cie. Mil. 24. Plin. 
3,5,53. Tac. hist. 3, 78. 

Octaviänus, E. Julius Cäſar Dct. (vgl. die 
Stammtafel unter Julii, 8), war geboren am 
23. September 63 v. E. Vell. Pat. 2, 36. P’lut. 
Cie. 44. Seinen Bater E. Octavius verlor er 
wenig über 4 Jahre alt (Suet. Oct. 8) und wurde 
dann im Haufe jeiner Großmutter Julia erzogen, 
bis feine Mutter Atia ih mit dem L. Marcius 
PBhilippus wieder vermäblte. Sein finderlojer 
Grofoheim Cäſar nahm fich des Knaben eifrig 
an, der, 12 Jahr alt, feiner Großmutter eine 
Leichenrede hielt (Suet. Oct. 8) und am 18. Oftober 
48 die männliche Toga empfing, ſowie bald auch 
Bontifer wurde. Kränklichkeit verhinderte ihn an 
dem afrifanischen Kriege teilzunehmen, doch war 
Cäſar bemüht, ihn auf andere Weije, durch Be: 

nadigung vieler Pompejaner auf jeine Kürbitte, 

eliebt zu machen; ohne fein Wijjen adoptierte 
er ihn auch und fegte ihm zum Erben ein. In 
Apollonia, wo er ſich jeit d. %. 45 der Studien wegen 


timmten Heere befannt zu machen, aufhielt, traf 
ihn die Nachricht von Gälars Ermordung. Schnell 
eilte er nad Nom, nannte fih E. Julius Cäſar 
Octavianus und nahm die Erbſchaft des Cäſar in 
Anſpruch. Das Bolf, durdy Spiele und Gejchente 
gewonnen, nahm ihn freudig auf (Cie, ad Att. 
14, 12, 2), Antonius aber mit Kälte und faft mit 
Hohn, indem er behauptete, das nachgelafiene Ber: 
mögen Cäſars beftehe nur in Schulden, zu deren 
Dedung D. mitteljt feines eigenen Vermögens 
ſchritt. Schon jegt war troß fjcheinbarer Verſöh— 
nung ein Bruch mit Antonius unvermeidlih. DO. 
ichloß jih an den Senat an (obwohl diejer die 
Mörder Cäſars noch ſchützte), um jo im Berein 
mit den angejchenften Optimaten, unter andern 
auch Gicero, dem Antonius entgegenzutreten, der 
den Decimus Brutus aus Gallien zu verdrängen 
juchte und denjelben in Mutina belagerte. In 
dem Kriege (bellum Mutinense), 43, erhielt O. 
gleiche Macht mit den Konfuln Hirtius und Panſa, 
welche beide in dem fiegreichen Kampfe fielen. Als 
ihm nun der Triumph und das Konjulat vom 
Senat verweigert wurden, zog er mit jeinem Heere 
gegen Nom, bejegte die Stadt, bemächtigte fich des 

taatsichages und erzwang feine Wahl zum Konſul 
am 19. Augquft 43; mit ihm war O. Pedius Konful. 
Gegen die Mörder Cäjars wurde nun die Achtung 
und Einziehung ihrer Güter durchgeſetzt. Da ©. 
weder dem vereinigten Heere des Brutus und 
Caſſius, noch dem Antonius und Lepidus gewachſen 
war, jo jchloß er fich nach Huger Überlegung an 
Lepidus und Antonius an, nachdem deren Achtung 
aufgehoben war. Als triumviri rei publicae con- 
stituendae nahmen fie für 5 Jahre die höchite 
von Senat und Bollsverfammlung unabhängige 
Gewalt für ſich in Anſpruch. Durch Projfription 
der angejehenften Männer wurde diejer Bund be- 
fiegelt, es begann ein Blutbad und ein Gemetel, 
ärger als zu Sullas Zeit; die 3 Henfer gaben 
einander die eigenen Freunde und Berwandten 
preis: jo opferte D. den Cicero dem bitteren Haſſe 
des Antonius. Plut. Ant. 195. Als endlich das 
Blutbad aufhörte, und die zur Kriegführung nötis 
gen Summen erpreft twaren, begann der Zug gegen 
die Mörder Cäjars unter Anführung des Antonius 
und D. Schnell rüdten beide dem Brutus und 
Caſſius entgegen. Im Spätherbſte des Jahres 42 
trafen die Heere bei Philippi in Makedonien auf— 
einander. Brutus drang ſiegreich vor, Caſſinus 
aber, von den Truppen des Antonius (D. nahm 
wegen einer Krankheit nicht jelbft am Kampfe 
teil) zurüdgeworfen, gab fich im ungeitiger Ver— 
zweifelung den Tod. Ein Gleiches that Brutus 
nach einer 20 Tage fpäter für ihn unglüdlic aus- 
gefallenen Schlacht, gleichfalls bei Phılippi. Plut. 
Brut. 33—53. Suet. Oct. 8. Liv. ep. 124. Vell. 
Pat. 2, 69f. App. b. c. 4,87 ff. Mit der Schlacht 
bei Philippi war das Schidjal der Republif ent- 
ichieden; nur ob O. oder Antonius die Alleinherr- 
ichaft behaupten werde, war noch ungewiß. — 
Nach der Schlacht trennten fich die Sieger: An- 
tonius follte im Often das den Truppen ver- 
iprochene Geld erpreſſen, D. in Italien den Vetera— 
nen die verſprochenen Acer verteilen. O. erhielt 
von den Provinzen Hilpanien und Numidien, An: 
tonins das jenfeitige Gallien und Airifa. D. fand 
bedeutende Schwierigkeiten bei der Aderverteilung ; 


Octavianus. 


denn die alten Befiger verlangten Entichädigung, 
und die Veteranen waren mir dem Grhaltenen 
nicht zufrieden. Da nahmen Fulvia, des Anto— 
nius Gemahlin, und dejlen Bruder 2. Antonius, 
beide eiferjüchtig auf den wachſenden Einfluß D.S, 
fi der Beraubten an und veriprachen den Bete: 
ranen Entjchädigung in Geld. Dazu fam Hungers— 
not in Stalien, da S. Bompejus, welcher fich in 
Sicilien hielt, die Zufuhr abjchnitt. Die Veteranen 
war gewann D. durch geeignete Vorftellungen für 
I. allein die Beraubten und im ganzen 17 Xe: 
gionen ftanden den 10 des Octavian entgegen. 
Anfangs nahm nun 2. Antonius dem Xepidus 


allerdings Rom ab und erflärte zu allgemeiner | 


freude das Triumvirat für aufgelöft, allein bald 
ward er jehr bedrängt und gezwungen, ſich nad 
Berujia zu werfen (bellum Perusinum). Dort 
vom Ende des %. 41 bis zum Frühling 40 ein- 
geichloffen und durch jchredliche Hungersnot ge: 
zwungen, mußte L. Antonius die Stadt und fic) 
gegen freien Abzug ergeben; die Perufiner aber 
wurden meijt ermordet, und 300 der Bornehmiten ließ 
DO. falten Blutes an den Iden des März als Sühn: 
opfer am Altar des Cäſar töten. Suet. Oct. 18 ff. 
App. b.e.5,30ff. Dio Cass. 48, 13f. Vell. Pat. 
2, 74. Die Stadt wurde geplündert und ver: 
brannt. Dies war der legte Alt der Graujamteit 
O.s. — Dbwohl er nun im Beſitz Roms und ganz 
Italiens, jowie Herr über 40 Legionen war, 
machte der Mangel einer Flotte ihn doch bedenk— 
lich, als M. Antonius, der nad Italien zurüd: 
— war, ſich mit S. Pompejus, der — noch 

ardinien und Korſika erobert hatte, gegen ihn 
in Unterhandlungen einließ; doch der Tod der 
Fulvia beſchleunigte einen durch Vermittelung des 
Coccejus, Pollio und Mäcenas im J. 40 zu Brun— 
diſium geſchloſſenen Vergleich, wo man ſich Ver— 
geſſen alles Geſchehenen und Friede und Freund— 
ſchaft gelobte. App. b. c. 5, 59—64. Dio (ass. 
48, 28. Zur Befeſtigung der Freundſchaft ver— 
mählte ſich Antonius mit der edlen Octavia, der 
Schweiter des D. An Provinzen erhielt Antonius 
alle von Scodra in Illyrien öftlih, O. alle weftlich 
liegenden, während Italien gemeinſchaftlich blieb. 
Auch mit S. Pompejus, welcher in den Bertrag 
nicht mit eingejchlofien war, fam im %. 39 ein 
Friede zuftande, da die Abjchneidung der Zufuhr 
aus Sicilien in Rom Unruhen hervorrief. Bald 
jedoch brachen die Feindjeligfeiten wieder aus (bel- 
lum Sieulum), weil Rompejus die von jeinem 
Feldherrn Menodorus verräterijcherweije an D. 
ausgelieferten Provinzen Korjifa und Sardinien, 
wiewohl vergebens, zurüdforderte. Nachdem D. 
von Antonius, der fein Verfahren anfangs miß— 
billigte, gegen Überlafjung von 20 000 Dann Land: 
truppen 120 Schiffe erhalten hatte, gelang es der 
Umſicht und Energie jeines trefflichen Feldherrn 
M. Bipfanius Agrippa, bei Mylä an der Nord: 
füfte Siciliens einen enticheidenden Seeſieg zu er: 
fämpfen (Suet. Oct. 16. App. b. c. 5, 97); Bom: 
pejus floh nad Kleinafien und wurde zu Milet 
ermordet (35). Als Lepidus nun aus Afrika her- 


839 


Kampfe gegen den dritten. — Um feine unruhigen 
Legionen zu bejchäftigen, führte er fie in den 
Kampf gegen die Illyrier, Pannonier und Dal: 
watier, die den Tribut verweigert hatten, und 
eroberte Salona, wobei er jelbjt verwundet wurde 
(33). Unterdeflen führte Antonius ohne bedeu— 
tende Erfolge Krieg gegen die Parther, lebte zu 
Alerandreia in Uppigfeit mit Kleopatra, deren 
Sohn Cäſarion er für Cäſars rechtmäßigen Sohn 
erffärte, um die Anjprücde des Adoptivjohnes D. 
ungültig zu machen, verjchleuderte die römischen 
Provinzen und jchidte endlich im Jahre 32 der 
Octavia den Scheidebrief. Es fam zum legten 
Kampf: der Senat erflärte auf O.s Veranlaſſung 
zunächſt nicht dem Antonius, jondern der Kleo— 
patra den Krieg, die nun den Antonius in den 
Krieg begleitete; allein anjtatt rajch auf den noch 
nicht hinlänglih gerüfteten Gegner loszugehen, 
vergeudete Antonius die beite Zeit und wählte 
dann auf den Hat der Slleopatra den Seekrieg. 
In diefem gewann M. Agrippa für den DO. am 
2. September 31 die enticheidende Schlacht bei 
dem Vorgebirge Actium, aus welcher Kleopatra 
und Ant jchon vor der völligen Enticheidung nad 
Agypten flohen; ihre Flotte ward verbrannt, das 
Yandheer ergab ji dem Sieger. As D. nun 
von Syrien aus Agypten angriff, gab fich An- 
tonius auf —— he der Kleopatra den Tod: 
diefe war gezwungen, ein Gleiches zu thun, als 
es ihr nicht gelang, wie fie gehofft, den D. durch 
ihre Reize zu beftriden, und jie befürchten mußte, 
bejtimmt zu fein, den Triumph des Siegers zu 
ieren. Durch den Tod des Antonius war jeder 
ürgerfrieg beendigt, O. war thatjächlicher un: 
beftrittener Alleinherrjcher. Am 1. Januar 29 v. E. 
wurden jeine Verfügungen von Senat und Bolt 
durch einen Schwur beftätigt, und der Senat be= 
ſchloß, fein Name jolle unter die Götter ein- 
getragen, der Tag jeiner Rüdfehr ftets als Feſt— 
tag gefeiert werden. Bei jeiner Rüdfehr im Monat 
Sertilis feierte D. einen dreitägigen Triumph, 
wegen Dalmatien, Actium und Agypten, jeder 
Krieger erhielt 1000 Sefterze, die Offiziere nach 
Verhältnis mehr, er bezahlte alle feine Schulden 
und forderte das ihm Gejchuldete nicht ein. Spiele 
und FFeitlichkeiten folgten in reihem Maße: dann 
ichloß er zum Zeichen allgemeines Friedens den 
Janustempel. Er erhielt nun den bleibenden Titel 
Imperator, jowie cenjorijche Gewalt, welche 
legtere er benußte, um den Senat jowohl von den 
oppofitionellen als von den jchlechten Elementen 
zu jäubern. Überhaupt jah er ein, daß die ge: 
wonnene Herrichaft für die Dauer nicht auf dem 
Wege der Gewalt zu behaupten jei; jo juchte er 
alle die Befugniffe, welche er bereit3 als Impe— 
rator hatte, nach und nad dem Senate als jchein: 
bar freie Zugeftändnifje abzugewinnen, indem er 
jih alle höheren Staatsämter, jpäter fogar die 
geieboebende Gewalt, übertragen und fich von der 
indenden Kraft der Geſetze freifprechen ließ. Der 
Titel Mugujtus, der Ehrfurdtswürdige, oße- 
orog, welcher ihm am 17. Januar 27 auf Antrag 


„beieilte, um die Inſel für ſich in Vefig zu neh: | des Mumatius Plancus beigelegt wurde, ging auf 


men, gewann D. jeine Truppen, nahm ihm jeine 


Provinzen und die Würde eines Triumvir und | 


verwies ihn in die Stille von Circeji, wo er bis 
13 v. E. als Bontifer Marimus lebte. So ſtürzte 
D. 2 Nebenbuhler und erftarfte dadurd zum 


feine Nachfolger über. Zuerſt nahm er die ihm 
übertragene Macht jcheinbar mit Widerftreben auf 
10 Jahre an und lieh dann ebenjo die weitere 
Rerlängerung (decennalia) bejtehen. Nachdem er 


das Konjulat elfmal verwaltet hatte, legte er es 


840 


nieder, erhielt aber ftatt deflen die tribunicia 
potestas perpetua. Suet. Oct. 27. Yu der prae- 
fectura morum im J. 19 trat nad dem Tode 
des Yepidus im J. 13 noch die Würde des Pontifer 
Marimus. In allen Provinzen hatte er ferner pro: 
fonjularijche Gewalt. Den äußeren Formen nad) 
ließ er aber die in ihrem Wejen längft geichwun- 
dene Republit fortbeftehen; doc; waren die Würden, 
die er feinen Freunden überließ, Titel ohne Macht. 
In weiſer Klugheit vermied er ferner Herrſcher— 
gepränge, —— lebte er in der Einfachheit eines 
Privatmannes. In den Comitien ſtimmte er gleich 
dem geringſten ſeiner Tribusgenoſſen und ging bei 
Wahlen mit ſeinen Kandidaten herum, um Stim— 
men bittend; vor Gericht benahm er ſich als Zeuge 
und Patron wie jedermann. Seine vertrauteſten 
Hatgeber waren Agrippa und Mäcenas, deren Nat 
für öffentliches und Privatleben ihm jehr wichtig 
war. Die trefflichen Dienfte des erjteren im Kriege 
find jchon erwähnt worden: auf jeinen Rat wur: 
den zu Rom auc großartige Bauten ausgeführt, 
z. B. der Bau des Pantheon. Neben jenen beiden 
Männern ift noch Aſinius Pollio zu nennen. Außer 
diefen Männern ftand ihm ein aus 20 Senatoren 
bejtehender geheimer Nat (consistorium prineipis) 
ratend zur Seite: den Senat hatte er überhaupt 
auf 600 ergebene Mitglieder beichräntt. Das Volt 
war durch Spiele gewonnen, und jo hatte denn 
die eigentlich zwijchen dem Oberhaupt und dem 
Volke geteilte Macht ihren Sig namentlidy bei 
erjterem. — Eine bedeutende Umgejtaltung erfuhr 
das Militärweien durch Auguſtus. Zur Erhal: 
tung der Herrichaft wurde ein ftehendes Heer unter: 
halten, bejonders in den Grenzprovinzen, wo aus 
den Standlagern oft neue Städte le. Er 
jelbft umgab jich mit einer aus 10 Kohorten (zu 
1000 Mann) bejtehenden Leibwache, und zwar aus 
Germanen, die ihr Hauptquartier in Rom hatten 
(eastra praetoria): 2 praefeeti praetorio befeh- 
ligten jie. Zur Aufrechthaltung der Ordnung der 
Stadt Rom mit ihren 2 Millionen arbeitsicheuer 
und zuchtlofer Bewohner dienten die cohortes 
urbanae; an der Spige der Stadtverwaltung ftand 
der praefectus urbi. Die hierdurch ſowie durd) 
die nen eingeführte Bejoldung der Staatsämter 
nötig gewordene Vermehrung des Staatseintom: 
mens bewirkte er teils durch Erhöhung mancher 
Steuern, teils durch Vermehrung der Zölle, eifrige: 
ren Betrieb der Bergwerke und die beflere Regelung 
und Beauffichtigung der Kinanzverwaltung. Neben 
dem bisherigen Ararium jchuf er noch ein aera- 
rium militare und für jeine Eintünfte den Filfus. 
— Seine Kriege waren überwiegend auf Erhaltung 
und Befeftigung, nicht jowohl auf Eroberung ge: 
richtet. Seine Nämpfe mit den Parthern, Ger: 
manen, Pannoniern waren teils eine Erbichaft, 
der er fich nicht entzichen fonnte, teils durch die 
Sicherheit und Ehre des Staates geboten. Um 
Hiſpanien zu beruhigen, wurden die noch un: 
bezwungenen Cantabrer und Aiturier von Agrippa 
völlig unterworfen (19 v. E.). Dio Cass. 54, 11. 
Die Oſtgrenze des Reichs ward durch einen Feld: 
zug gegen die Parther gefichert, deren König 
Phraates auf die Nachricht von As Ankunft in 
Syrien (20 v. E.) die früher erbeuteten Feldzeichen 
und Gefangenen zurüdgab. Um Jtalien und Gallien 
gegen Einfälle der germanischen Völler zu jchüßen, 
unterwarfen Drujus” und Tiberius, feine Stief: 


Octavianus. 


jöhne, zuerft die Alpenvölfer in Rätien, Binde: 
licien und Noricum bis zur Donau (15 dv. E.) und 
legten Grenzfeitungen an, dann unternahm Druſus 
(12—9 v. E.) und nad deſſen Tode Tiberius 
Züge in das Innere Germaniens, und die Römer 
betrachteten das Land bis zur Elbe gewiſſermaßen 
al3 unterworfen, legten Kaftelle an und fjuchten 
ihre Sprache, Geſetze und Abgaben einzuführen. 
As ſich aber die germaniichen Stämme unter 
Arminius gegen die Römer erhoben, wurde ®. 
Quinetilius Varus im Herbft d. %. 9 n. E. im 
Teutoburger Walde in gewaltiger Schlacht befiegt, 
3 der beiten Legionen wurden vernichtet. Zwar 
rächten im folgenden Jahre Tiberius und des 
Drujus tapferer Sohn Germanicus die erlittene 
Schmad, allein an dauernde Eroberung war weder 
jeßt noch 5 Jahre jpäter zu denken. — Die Un: 
fälle in Deutjchland hatten den Auguftus jehr ge: 
beugt, mehr aber noch die widerwärtigen Schid: 
fale in jeiner eigenen Familie, bejonders die Aus: 
ichmweifungen jeiner Tochter Julia. Auguſtus' erſte 
Gemahlin war Elodia, Tochter des berüchtigten 
Elodius und der Fulvia (der jpäteren Gemahlin 
des Antonius); der zweiten Gemahlin Scribo: 
nia, einer Verwandten des Bompejus, gab er den 
Scheidebrief an dem Tage, als fie ihm die Julia 
gebar. Seine dritte Gemahlin Livia Drujilla 
entführte er ihrem Gatten Tiberius Nero; durd) 
fie wurden Tiberius Claudius Nero und Nero 
Claudius Druſus jeine Stiefjöhne, deren erjterem 
Livia die Nachfolge zu verichaffen- wußte. Auguſt 
aboptierte ihn und nahm ihn zum Mitregenten 
an. Julia wurde nad dem Tode ihres zweiten 
Semahls, des Agrippa (von ihren Söhnen Gaius 
und Lucius Cäſar jtarb erjterer 4, leßterer 2 n. E.), 
im 3. 11 v. E. mit Tiberius verheiratet (Swet. 
Tıb.7. Oct. 63. Vell. Pat 2,9%. Dio Cass. 54,35. 
Tac. ann. 6, 51), wurde aber nach der Auflöjung 
der Ehe 2 v. E. ihres ſchlechten Lebenswandels 
wegen (gleich wie jpäter ihre gleichnamige Tochter) 
auf die Inſel Bandataria verbannt, jpäter nad) 
Rhegion, wo fie jtarb (Taec. ann. 1,53), die jüngere 
Julia aber nad) der Inſel Trimerus bei Apulien. 
Tac. ann. 4, 71. Auf einer Reife nad) Neapolis 
ftarb Auguft zu Nola am 19, Muguft 14 n. C. 
im 76. Lebensjahre nach — Regierung. 
Suet. Oct. 98. Vell. Pat. 2, 123. Dio Cass. 56, 30. 
Zonar. 10,38. Mit auferordentlicher Pracht wurde 
er zu Nom beftattet, fein Leichnam verbrannt; der 
ſtlaviſche Senat erklärte ihn für einen Gott und 
ab ihm Priefter. Seine von ihm hochgeſchätzten 
Freunde Mäcenas und die Dichter Bergil und 
Horgz waren ihm lange im Tode vorangegangen. 
— Uber den Charafter des Auguſt haben die Ur: 
teile bis im die neueſte Zeit jehr verichieden, meift 
jedoch verdammend, gelautet. Die friegeriiche Bor- 
fiht Augufts wird häufig als Feigheit gedeutet; 
bei der Sründung des Principats wird alles Ber: 
dienjt lediglich dem Mäcenas und bejonders dem 
Agrippa beigelegt. Gegen den Vorwurf der Feig: 
heit ſchützt ihn ſein Benehmen bei der Erjtürmung 
von Metulum, jowie gegen die meuterijchen Le: 
gionen: ein großer Feldherr war er allerdings, 
nicht. Dagegen verftand er, ſich die tüchtigiten 
Kräfte in geeignetjter Weiſe dienftbar zu machen, 
wie dies feine ganze Regierung zeigt. Die jpätere 
Milde und das Hervortreten mancher Tugenden 
haben die Gegner aus einer plößlichen Umwand— 


Octavii. 841 


lung feines Innern erflären wollen. Deſſen bedarf | bis 1846). — Abbildung: Marmorftatue im Va— 
es nicht: die Verhältniffe, unter denen der Triumvir | tifan, 1863 in der Billa der Livia gefunden. 
zu handeln hatte, jind von denen des Kaiſers ſehr Oetavli, ein urſprünglich volſtiſches Ritter— 
verichieden — daraus erflärt fi alles. Scharfer geſchlecht, welches ſchon in der Königszeit nad) 
Verftand, jchlaue Bejonnenheit ‘ 
und ein brennender Ehrgeiz ; 
waren jeine natürliche Ausitat: x 
tung. Mit Marer Überlegung 
und feitem Willen unternahm 
er, der Erbe Cäſars, es, ſich die 
Alleinherrichaft zu erringen und 
zu ſichern. Der Maßſtab der 
hierfür einzujchlagenden Mittel 
und Wege war allein die Zwed: 
mäßigfeit, er bebte vor feinem 
Schritte zurüd; Täufchungen, Unredtichkeit, Verrat 
bezeichneten feine Handlungen. Rachſucht kaunte 
er wohl nicht, die Bolitit war die Quelle aller 
jeiner Handlungen, auch der bintigen Manregeln, 
die er nicht aus Freude am Morden, jondern der 
Zwedmäßigkeit wegen ergriff. Ohne Broifription 
der Reichen hatte er fein Heer, die Republik zu 
jtürzen, und ohne den Mord der angeſehenſten 
Nepublifaner jah er nicht die Möglichkeit ciner 
Aleinherrihaft. Nach Erringung derjeiben hatten | 
die nun nicht mehr nötigen Blutjcenen ein Ende, 
andere en waren nun förderlicher. Ber: 
jöhnlichkeit, Milde und Gerechtigkeit traten jcht 
hervor, find aber nicht Beweife ciner inneren 
Umwandlung, fjondern Folgen feiner veränderten 
Stellung zu den Römern, die jept veriöhnt und 
— werden mußten. Von allen gehäſſigen 
igenſchaften des Triumvirs blieb nur Verſtellung, 
weil er ſie für unentbehrlich hielt. Er erlannte 
wohl, was noch jpäter Balba ausſprach, daß Nom 
weder völlige Freiheit noch gänzliche Knechtſchaft 
ertragen könne. SHeuchelei war die ftete Genoſſin 
feiner Regierung und diente ihm dazu, die Wider: 
ſprüche zwiſchen der faiferlihen Gewalt und dem 
Schein der Republik zu heben. Das Reiumenſch 
liche tritt bei diefer vorwiegend politischen Rich: 
tung zu jehr zurüd, um ein ficheres Urteil zu ge: 
ftatten. Sein Herz war den Requngen heiterer 
Gemütlichkeit offen, bejonders im Kreiſe jeiner 
Entel, die er jogar jelbjt unterrichtete. Er war 
ein ebenjo beftändiger als nachjichtiger Freund 
und unbejangen vertraulich, bejonders im Haufe | Rom überjiedelte (Swet. Oct. 1), aber erjt jpät zu 
des Mäcenas, wo der Kaiſer verihwand und der | Anjehen gelangte. Zu diefem Geſchlechte gehören: 
Menſch vollgültig hervortrat. Seine eher Heine! 1) En. Oct., befehligte im Jahre 205 v. E. im 
als große Gejtalt zeigte feine jteif imponierende, | zweiten puniſchen Striege als Prätor auf Sardi- 
fondern eine wohlthuende Haltung. Sein heiterer, \nien, dann zur Sce (Liv. 29, 13), erlitt aber 
friedevoller Blid machte jelbft den Arm des Meu- | großen Verluſt durch einen heftigen Sturm und 
chelmörders erlahmen; fein großes Mares Auge | durch Wegnahme vieler Schiffe von jeiten der Kar— 
ofjenbarte die Schärfe durchdringenden Berftandes. | thager. Nah der Schlacht bei Naraggara (202) 
Eine gerechte Beurteilung muß das Verdammungs: | erhielt er Befehl Utica zu bejegen. Später wurde 
urteil über den Triumvir ausiprechen, aber auch | er vom Senate mit einer Sendung mach Griechen: 
das eifrige Streben des Herrſchers anertennen, | land beauftragt, two er dem Antiochos entgegen: 
dem Reiche Frieden, Ruhe, heiljame Gejepe und | arbeitete, 191. Liv. 36, 12. — 2) C. Oct., Ur: 
befjere Verwaltung zu geben. Dafür ward ihm | großvater des Auguſtus, war Nriegstribun im 
der laute Danf und das begeifterte Lob feiner | zweiten punifschen Kriege. — 3) Em. Det, Be: 
Zeitgenoſſen. — Octavian hat jeinen Hiftorifer | jehlshaber der Flotte im Kriege gegen Perſeus 
noch nicht gefunden; einftweilen vgl. Xöbell in\(168 v. C), nahm dem Perjeus auf Samothrafe 
F. von Raumers hiſtoriſchem Taſchenbuch (1834), gefangen (Liv. 45, 5ff.) und fehrte reih aus 
Höck, römische Gejchichte Teil 1. 2, Schiller, | aledonien heim. Er erbaute dann in Rom die 
Geſchichte der römischen Kaiſerzeit I ©. 1 ff. | porticus Vetavia, befleidete im Jahre 165 das 
und über feine fchriftitelleriiche Wirkſamkeit A. Konſulat und ging (162) nad) Alien, um in Syrien 
Weichert, de Caesaris Augusti scriptis (1835ff.), wie Agypten Roms Intereſſe wahrzunehmen und 
und Imp. Caes. Augusti operum reliquiae (1841 | die einheimijchen Fürjten zu überwachen und Strei: 






* 


\ 





N 


GER 














842 


tigfeiten zu jchlichten, vgl. Cie. Phil. 9, 2, 4. 


October 


von einem riechen Veptine3 zu Laodikeia um: 
gebradıt. App. Syr. 46. — 4) M. Dct., Kollege 
des Tiberius Gracchus im Volfstribunate, 133 v. E., 
unterjtüßte anfangs deſſen Agrargejep, ließ Tich 
aber von den MAdeligen ipäter beftimmen, dem: 
jelben ſich zu widerjeßen, jo ſehr ſich Gracchus 
auch bemühte, ihn von feinem Widerftande abzu— 
bringen. Trotzdem, daß Gracchus auf des Octavius 
Ausſtoßung ans dem Tribunate antrug und fie 
auch durchſetzte, jcheint die periönliche Freundichaft 
zwiſchen beiden nicht gelitten zu haben. Plut. 
Tıb. Gracch, 10-12. — 5) M. Det., Komjul im 
J. 87 v. E., zeichnete ſich während Sullas Ab— 
weſenheit als Haupt der Adelspartei durch Talent 
und Tüchtigkeit aus, war jedoch, als ſein von ihm 


vertriebener Kollege Cinna mit Hülfe der Marianer Cäſar, 


gegen Rom rüdte, nicht fräjtig genug (vir lenis- | 
sim animi, Vell. Tat. 2, 22), die Ruhe zu er: 
halten, und "wurde in einer öffentlichen Berlamms 
lung don Eenforinus ermordet. Cie. tusc.5, 19,55. 
— 6) M. Det., ſetzte während feines Volkstribu— 
nats eine Veränderung des von Sempronius ge: 
gebenen Getreidegejeßes durch. Cie. Brut. 62, 222. 
— 7) 2. Det, Konſul im 3. 75 v. E,, ftarb im 
folgenden Jahre als Brofoniul von Syrien. 
SM. Det, Ädil im 3. 50 v. C. fchlug ſich im 
aaa: auf die Seite des Senats, befchligte 
die Flotte des Pompejus, nahm den Antonius 
gefangen, mußte nach der Niederlage feiner Partei 
bei Pharſalos aus Jllyrien, wo er ſich vergebens 
zu behaupten juchte, fliehen, ging nach Afrita und 
Icheint ſpäter bei Aetium einen Teil der Flotte be- 
fehligt zu haben. Caes. b, ec. 3,5—10, b. Alex. 42 ff. 
— NE Oct., ein Mann von ausgezeichneter 
Gerechtigkeit und Herzensgüte, vernichtete im Jahre 
62 v. C. die fich in Italien umbertreibenden Reſte 
der Batilinarier und kämpfte mit Ruhm gegen die 
Thraker. Nach feiner Rücklehr aus feiner Provinz 
Makedonien ftarb er (58) plöglich zu Nola und 
hinterließ einen faum fünfjährigen Knaben, den 
nachmaligen Kaiſer an il. Octavianus) 
Cie. ad Qu. fr. 1, 1, 7. Vell. Pat, 2, 59. Buet. 
Oct. 94. 100. — 16) Seine 34 Octavia, 
auch minor zubenannt, zum Unterſchiede von 
einer gleichnamigen älteren Schweſter (Oet. maior), 
ſtammte aus der zweiten Ehe und war zuerſt Ge— 
mahlin des C. Marcellus, darnach des Triumvirs 
M. Antonius. Ihr edles Gemüt, ihre Freund— 
lichkeit und Milde gewannen ihr alle Herzen. Im 


€: | 
wurde, da er in Syrien zu rüdjichtslos verfuhr, | Unes. 27. Oct. 29. 61. 


Odeion. 


Anton. 37. 54. 57. 87. Vell. Pat. 78. Suet. 
— 11) Fulda, Tochter 


des Auguſtus von der Seribonia, zuerſt vermählt 


mit M. Marcellus, nach deſſen frühem Tode mit 





Agrippa, nach deſſen Tode mit dem nachmaligen 
Kaiſer Tiberius im J. 11 v. C., war eine geif: 
reiche und durch Schönheit ausgezeichnete frau, 
aber von leichtiinnigem Yebenswandel. Als fie 
nach Tiberius’ Entfernung aus Nom (6 vd. E.) alle 
Feſſeln der Schen abftreifte (Vell, Pat. 2, 100), 
verbannte der erzürnte Water fie auf die Anfel 
Bandataria, two fie mehrere Jahre zubringen mußte; 
nachdem fie jpäter mit des Auguftus Erlaubnis 
ſich nach Rhegion begeben hatte, blieb ihr do 
die Nüdkehr nach Nom verjagt. Sie ftarb im 
J. 14 n. C. Tae, ann. 1, 53. — 12) Ihre Söhne 
aus der Ehe mit Agrippa, E. Cäſar und 4. 
wurden von Auguſtus adoptiert, forg: 
fältig erzogen und vom Großvater auf alle mög: 
liche Weife dem Bolfe empfohlen und in deſſen 
Augen gehoben. Im J. 1 v. €. ſandte Anguitus 
den Gaius nach Alien, wo er, von tüchtigen Män- 
nern geleitet, friegeriichen Ruhm und Erfahrung 
in der Verwaltung fich verſchaffen jollte, aber bei 
der Belagerung einer Stadt verwundet, wurde er 
jchwermütig und ſtarb 4 n. E., nachdem jein 
Bruder Lucius ſchon 1", Jahre vorher (2 n. €.) 
gejtorben war. Dio Cass. 55, 10a. Zonar. 10, 36. 
Tac. ann. 1,3. 2,4. Vell. Pat. 2, 102. Suet. 
Oct. 65. 13) Octavia, Tochter des Kaiſers 
Claudius und der Meflalina (ſ. die Stammtafel 
unter Julii, 8.), vermäblte fih im 3. 52 m. €. 
mit Nero, wurde aber, nachdem er ihre Keuſch— 
heit vergebens zu verdächtigen geſucht hatte, von 
ihm veritoßen. Er mußte jie zwar, ald das Voll 
darüber unzufrieden war, wieder zurückrufen, lieh 
fie jedoch bald nachher umbringen. Tae. ann. 
12, 58. 13, 12. 14, 60. Ihr Schidjal bildet den 
Stoff einer fälfchlichermeite dem Seneca beigeleg: 
ten Tragödie Octavia — Andere Octavier: 14) 
Dctav. Yigur, wurde von Verres wegen einer 
Erbjchaft beunruhigt und trat nachmals in deſſen 
Prozeſſe ald Zeuge gegen denjelben auf. Cie. Verr. 
1,48. — 15) Oct. Marius, tötete ſich mit eigener 
Hand, als er in Yaodileia, wo er befehligte, über: 
fallen wurde (43 v. €.) Cie. Phil. 11, 2,4 — 
16) Oct. Sagitta, wurde wegen Ermordung der 
Pontia angellagt und von Nero (58 m. €.) ver. 
bannt. Teac. hist. 4, 44. ann. 13, 44. 

Octöber |. Jahr, 1, 

Octodürus, Stadt der Veragri im Lande der 


Jahre 37 ſuchte fie mit Erfolg die zwiſchen ihrem Helvetier, j."Martinad im Walliferlande, in einem 


Bruder und ihrem Gemahl ausgebrochene Uneinig: 
feit zu ſchlichten. 
zurüd, als er nach Aſien zog, ergab ſich dort den 
Berlodungen der Kleopatra und behandelte feine | 
Gattin jelbit aus der Ferne unfreundlich, jo muſter⸗ 
haft fie fich auch gegen ihn und feine Rinder be- 
nahm. 
icheiden ; gleichwohl fuhr fie fort, feine Kinder zu 
erziehen, und verleugnete ihr edles Herz nicht 
einen Augenblick. Wegen ihrer feltenen Tugenden, 
ihrer Treue und Schönheit hochgeehrt, ftarb fie, 
das Muſter einer römischen rau, tief betrauert 
im 3%. 11. v. C. „Bon ihrem erften Gemahl hatte 
jie einen Sohn, den hoffnungsvollen, mit Augustus’ 
Tochter Julia vermählten, M. Marcellus, der ſchon 
im %. 23 v. C. jtarb. MHor. od. 1, 12,46. Plut. 


Antonius aber lieh fie in Rom | einen 8 (j. Dranſe) in 2 


rings von Bergen eingejchlofienen Thale, durd 
? Hälften geteilt. Cars. 
b. 

— Stadt der Ilergeten im tarraconen- 
ſiſchen Hiſpanien am Einfluß des Sicoris in ben 
Iberus, nach Mannert j. Mequinenza, n. a. Flit 


Im Jahre 32 Tieh fich Antonius von ihr | am Ebro (fo am wahricheinlichiten) oder Ribarroja 


oder Niparroja oder Almatret in Katalonien. Unes. 
b. ec. 1,61. Liv. ep. 110, 

Ode, Hör, done, Ode, Lied, das Haupterzeug: 
nis der Inriichen Poeſie dar Griechen, zwiſchen dem 
Hymnos und dem eigentlichen Liede in der Mitte 
—— von den Römern carmen genannt; vgl. 
‚yrische Poösie. 

Odeion, odzrior, ein Konzerthaus, in Griechen: 
lands Blütezeit eigens für mufifaliiche Vorträge 


Odenatus — Odyssens, 


eingerichtet, defien Bau und Organismus dem 
Theater im Heineren Maßſtabe entſprach. Das D. 
war etwa nur dem vierten Teil jo groß als ein 
gewöhnliches Theater, aus afuftiichen Gründen mit 
einem Dache verjehen — die war der mwichtigite 
und hauptjächlichite Unterichied zwiichen beiden —, 
hatte gleichwie das Theater Sigreihen, in einem 
Halbfreife über einander erhöht, ferner ein Dr: 
chefter für den Chor und eine Bühne für die 
Mufiter; doch war dieje weniger tief als in dem 
Theater und die Nüdwand nicht mit wandelbarer 
Dekoration verjehen, jondern nur einfach verziert. 
Diefe Ähnlichkeit mit dem Theater iſt auch Ver: 
anlafjung geworden, daß das D. nicht jelten geradezu 
auch Theater genannt wird. Perifles hat das erte 
Odeion in Athen (j. Attika, 12.) erbauen laflen, 
befien ſpitzes Dach dem Zelte des Xerres gleichen 
jollte, und zwar zunächſt für die muſikaliſchen 
Wettlämpfe an den PBanathenaien. Plut. Per. 13. 
Doc diente e8 auch bald Pichtern und Mufifern 
als Ort der Proben für ihre poetijchen und muſi— 
faliichen Aufführungen, auch Philojophen für ihre 
Disputationen (Plut. de eril. p. 604); zuweilen 
auch als Gerichtsjaal. Neben diefem am Südoſt— 
abhange der Afropolis gelegenen Odeion des Pe— 
rifles, welches jpäter im Aufſtande der Athener 
gegen Sulla abbrannte und vom fappadotiichen 
Könige Ariobarzanes wiederhergeftellt wurde und 
allen jpäteren Bauten diejer Art gleichſam als 
Mufterbau diente, entjtand in Athen jpäterhin noch 
ein anderes, das größte und prächtigfte der alten 
Welt, erbaut von Herodes Attifos (j. Atticus, 2. 
a Ehren feiner 160 n. E. verftorbenen Gemahlin 

egilla, ſüdweſtlich von der Akropolis gelegen. 
Es fahte gesen 8000 Perionen und war in jeinem 
längften Durchmefjer 284 Fuß lang. Die Dede 
bejtand aus Cedernbalfen, mit jchönem Schnigwert 
verziert, während das fegelförmige Dad) des peri— 
kleiſchen Odeions aus den Maſten der erbeuteten 
perliihen Schiffe erbaut gewejen fein foll. Auch 
war Herodes’ Bau reich an allen Zierden der Ar: 
chiteftur, Malerei und Bildhauerfunft. — Außer 
Athen gab es ein Odeion in Korinth, gleichfalls 
von Herodes erbaut; in Patrai, das prächtigfte 
nad) dem athenijchen, mit einer berühmten Bild: 
fäule des Apollon; ferner in Smyrna, in Tralles 
und mehreren Heinafiatiihen Städten. In Rom 
erbaute das erfte Odeion Domitian, ein zweites 
Trajan. 

Odenätus j. Zenobin, 2, 

Odessos, Oönsoös, 1) griechische Stadt Thra— 
fiens am Pontos Eugeinos, nördlid) vom Haimos 
und 360 Stadien vom Fuß desjelben, Rolonie der 
Milefier mit lebhaftem Handel; j. Varna. Strab. 
7, 319. Ov. trist. 1, 9, 37. — 2) Hafenftadt an 
der Nordküfte des Bontos am Sangariſchen Meer: 
bujen, eigentlih Ogönsss genannt; fie lag weit: 
lic von Olbia und der Mündung des Borpithenes, 
iemlich weit nordöftlih vom heutigen, nach ihr 

nannten Odefja. Lin. 4, 12, 26. 

Odeum ſ. Odeion. 

Odios, Odlog und 'Odlos, 1) Führer der Hali- 
zonen vor Troja, von Agamemmon erlegt. Hom. 
TI. 5, 38. — 2) Herold im Lager der Hellenen 
vor Troja. Hom. Il. 9, 170. 

Odoäcer, ein NRugier, zog thatendurftig ſchon 
in jeiner Jugend aus dem damaligen Wohnfige 
feines Volles an der Donau und begab fich, an: 


845 


getrieben durch die Prophezeiung einer Wahr: 
jagerin von jeiner fünftigen Größe, nach Italien, 
wo er in der kaijerlichen Leibwache diente und fic) 
bei einer Empörung der im rön. Heere dienenden 
Söldner an ihre Spitze ftellte, den Nomulus Augu— 
ftulus vom Throne jtieh, nachdem er deſſen Vater 
Oreftes hatte töten lafjen, und auf den Trümmern 
des römischen Kaiſerreiches ein deutiches Königreich 
Italien (476 n. E.) gründete. Er lieh die alten 
Einrichtungen fortbeitchen, verteilte ein Drittteil 
des Landes unter jeine Krieger und unterwarf im 
Jahre 487 Noricum, unterlag aber der Macht 
des oftgotifchen Königs Theodorich, der ihn in 
3 Schlachten befiegte und ihn darauf 3 Jahre in 
Navenna belagerte. Im Jahre 493 mußte fich 
Odoacer dem Sieger ergeben und wurde anfangs 
freundlich von ihm behandelt, bald darauf aber 
unter dem Vorwande, er trachte wieder nad) dem 
Befige von Jtalien, ums Leben gebracht. Procop. 
bell. Goth. 1. 1. 

Odomanti, Odduerro:, Odourvres, thrafiiche 
Völkerſchaft im NO. Mafedoniens am Orbelos: 
gebirge, zwiichen den Flüffen Strymon und Neftos. 
Hdt. 7, 112. Thue. 2, 101. 5, 6. 

Vdrfsae, Odgvsaı, das mächtigſte Volk Thra— 
fiens, betwohnten nach Herodot (4, 92) die Ge: 
genden an beiden Ufern des Artijfos, welcher ſich 
in den Hebros ergießt; doch breiteten fie fich auch 
wohl weiter weftlich aus. Ausgezeichnet waren fie 
als Meiter durch ihre trefflihen Pferde. Thuc. 
2,96 ff. Pol. 24, 6. Liv. 44, 42. Sie waren nidht- 

riechifchen Stammes. Als Dareios gegen die 
Skythen z0g, fonnte er fie nicht unterwerfen, und 
bei der Schwäche der ummwohnenden Völker gelang 
es dem König Teres, der 92 Jahre alt wurde 
(Thue. 2, 29), diejelben zu —— und ſeine 
Herrſchaft bis zum Pontos auszubreiten, wo er 
indes durch die Thyner beſiegt wurde. Xen. An. 
7, 2, 12. Gein Sohn Sitalfes breitete feine 
Macht noch weiter aus. T’hue. 2, 96 ff. Xen. An. 
7,2,18. Im J. 431 v. E. gelang es den Athe— 
nern, mit Sitalfes ein Bündnis zu jchließen, der 
infolge deflen gegen Perdikkas von Makedonien 
ein großes Heer rüftete. Allein da die Athener 
die verjprochene Hülfe nicht jendeten, verjöhnte 
ji Sitalfes mit jeinem Gegner und löſte die Ber: 
bindung mit Athen. Auf Sit. folgte 424 Sen: 
thes |.,, Medofos und jein Bruder Meſades, 
deſſen Sohn Seuthes mit Hülfe der unter Xe: 
nophon zurüdkehrenden Griechen das verlorene 
Erbe jeines Vaters wiedererlangte. Durch Kotys 
(F 358) famen die Ddryjen in nähere Berührung 
mit Griechenland, nach jeinem Tode fam es aber 
zu Erbftreitigfeiten, welche den Wthenern und 
Philipp von Makedonien — erwünſcht waren. 
Letzterer brachte um 340 das Land in Abhängig— 
leit ohne äußerlich drückende Form. So abhängig, 
hielt ſich der Odryſenſtaat, und auch die Römer 
(jeit 133 dv. E.) vernichteten ihn nicht, ſondern be— 
mußten ihn zur Unterwerfung der umliegenden 
Völkerſchaften. Erft unter Veſpaſian wurden die 
Odryſen dem römischen Reich vollitändig einver: 
feibt. Über ihre Sitten und Einrichtungen ſ. Xen. 
An. 7, 2. 8. 

Odysseus, Odvoasds, Ulixes (fehlerhafte Schreib: 
art Ulysses), König von Ithaka. Sein Bater war 
Laörtes, der Sohn des Arkeifios, feine Mutter Anti 
Hein, die Tochter des Hugen* Autolylos, feine 


— 


844 


Gemahlin Penelope (Penelopeia), die Tochter des 
Ikarios und der Periboia oder Bolyfafte (j. Hippo- 
koon, 1.). Die nachhomeriſche Sage, welche die 
durch Verichmigtheit hervorragenden Perſonen der 
Vorzeit verwandtichaftlich zu verknüpfen juchte, 
machte ihm zu einem Sohn des Silyphos, den 
Antikleia in die Ehe mit Laërtes hinzugebradht 
habe. Soph. Phil. 417. Ov. met. 13, 32. Als der 
Kırabe eben geboren war, gab ihm Autolykos, der 
vom Parnaſſos nad) Ithaka zum Beſuche gekom— 
men war, den Namen Odyſſeus, der Zürnende; 
„vielen ja komm' ich ein Zürnender her in das 
Eiland“ (Hom. Od. 19, 406 ff.). Der Name hat 
wahrſcheinlich Beziehung auf den die Freier im 
Zorne Erichlagenden. Nach der Odyſſee (1, 60 ff.) 
wird der Name paſſiviſch gedeutet: „der vom Zorne 
der Götter Heimgejuchte”. Aus feinem Jünglings: 
alter erwähnt Homer einen Bejuch bei jeinem 
Großvater Autolykos, bei welcher Gelegenheit er 
auf der Jagd von einem Über verwundet ward 
(Od. 19, 413 ff.), ferner eine Neife nach Meſſene, 
wohin ihn Laertes jandte, um von meſſeniſchen 
Männern, die Schafe aus Ithaka geraubt hatten, 
Vergeltung zu fordern. Dort traf er den jeine 
Roſſe juchenden Iphitos, der ihm als Gaftgeichenf 
den gewaltigen Bogen feines Vaters Eurytos gegen 
ein Schwert und eine Lanze gab. Od. 21, 13 fj., 
vgl. ferner Od. 1, 2597. Die Penelope gewann 
er nad) jpäterer Sage durd) einen Wettlauf, oder 
Tyndareos warb um fie für Ddyffeus bei jeinem 
Bruder Ikarios, weil er ihm den Mugen Nat ge: 
geben hatte, die Freier der Helena jchwören zu 
lajien, daß fie dem erwählten Bräutigam gegen 
jede Kränkung beiftehen wollten. Telemachos, der 
Sohn des Odyſſeus und der Penelope, war noch 
ein Säugling, als Odyffeus, von Agamemnon mit 
Mühe zur Teilnahme bewogen, den Zug nad) 
Troja antrat. Od. 11,447. 24, 116. In 12 Schiffen 
führte er gen Troja die Kephallenen, „die durch 
Sthafa wohnten, um Neritons rauſchende Wälder, 
die Krokyleia bejtellt und Nigilips rauhe Gefilde, 
auch die Zakynthos gebaut und die tweitbevölferte 
Samos, auch die Epeiros gebaut und die Gegen: 
füfte beftellet“ (II. 2, 631). Bor Troja zeichnete 
er ſich aus durch Tapferkeit, kühne Beharrlichkeit 
(Il. 7, 168. 11, 396. 4, 494. 5, 677. 2, 173 ff.), 
durd; Mut, Beredjamfeit, Lift und Gewandtheit, 
und darım ift er zur Kundſchaft und Unterhanbd: 
lung trefflich geeignet. Beijpiele der Art ſ. ZI. 
1, 311. 9, 169. 225. 19, 154. 238 ff. 10, 254 ff. 
Od. 4, 242 ff. 262 ff. 11, 508. Nach des Achilleus 
Tode gewinnt er im Streit mit dem Telamonier 
Aias die Waffen des Helden (Od. 11, 546. Or. 
met. 13, 1.) und ift die Hauptperion im grie: 
chiſchen Lager, durch deſſen kluge Natichläge und 
a ga Wirken endlid Troja genommen wird {j. 
Trojanischer Krieg). Nach Trojas Zerſtö— 
rung mit den andern Griechen abgezogen (Od. 
3, 153 ff.), wird er nach Iſmaros, der Stadt der 
Kikonen an der thrafiichen Küſte, verichlagen und 
verliert hier nad) Verheerung der Stadt bei nächt: 
lichem Überfall 72 jeiner Gefährten. Od. 9, 39 ff. 
As er bei weiterer Fahrt um das Borgebirge 
Malca biegen will, wird er vom Sturme verjchla: 
gen und fommt nach 9 Tagen ans Land der 
Yotophagen an der libyichen Küſte (9, 82 ff.). 
3 feiner Gefährten, welche auf Kundſchaft ausge- 
ichidt waren, wurden von den Einwohnern mit 


Odysseus. 


jüßem Lotos bemwirtet und begehrten, durch die 
liebliche Speije verlodt, im Lande zu bleiben, jo 
daß Dd. fie durd Schläge zu den Schiffen zurüd- 
treiben mußte. Das Lotophagenland iſt bei den 
Irrfahrten des Odyſſeus der legte hiftoriiche Punft; 
die weitere Fahrt bewegt fich in einer nach Weiten 
gelegenen, phantaftiih ausgemalten Welt der 
Wunder, deren einzelne Punkte ſich geographiich 
nicht bejtimmen lafjen. Zunächt fommt Od. zum 
Lande der Kyklopen, wo er mit 12 Gefährten 
in die Höhle des riefigen Polyphemos tritt, 
eines Sohnes des Poſeidon und der Nymphe 
Thoofa. Nachdem Polyphem in der durch einen 
Felsblock verjchlofienen Höhle 6 feiner Gefährten 
verjchlungen hat, macht ihn Odyſſeus trunfen, 
biendet ihn und entkommt mit den 6 noch übrigen 
Gefährten aus der Höhle, indem fie ſich unter der 
enge Scyafherde verbergen. Der Kyklop 
eht um Nache zu jeinem Vater Pojeidon, der 
von jet an den irrenden Odyſſeus verfolgt und 
von feiner Heimat fernhält (Od. 9, 116 ff.). Darauf 
gelangt Od. zur Inſel des Aiolos (Od. 10,1 ff.), 
dann zu dem menjchenfrefienden Laiſtrygonen 
(j. d.), aus deren Lande er nur mit Einem Schiffe 
entlommt (10, 80 ff.). Auf der Inſel Aiaia ver: 
wandelt die Zauberin Kirke, Tochter des Helios 
und der Perſe, Schweiter des Mietes und der Hekate, 
einen Teil jeiner Gefährten in Schweine, wird 
aber durch Odyſſeus gezwungen, ihnen die menſch— 
liche Gejtalt wieder zu geben (10, 133 ff). Ein 
ganzes Jahr leben fie hier herrlich und in Freu— 
den, bis endlich die Gefährten des Odyſſeus zur 
Heimfahrt mahnen (10, 466 ff.). Kirke aber heißt 
den Helden zuerft nach dem äußerſten Weiten über 
den Dfeanos ftenern, um am jenjeitigen Ge— 
jtade desjelben bei den Hainen der Perjephone, 
im Borhofe der Unterwelt (j. Unterwelt), die 
Seele des Sehers Teireſias zu befragen, wie er 
in die Heimat gelangen könne. Dies geichieht 
(Od. 11). Ddyffeus bringt die von Kirke vorge: 
ichriebenen Totenopfer und Gelübde, worauf aus 
dem tieferen Duntel des Hades aufer Teirejias 
noch die Schatten vieler Helden und SHeldinnen, 
auch der feiner Mutter Antifleia, erjcheinen; Tei— 
refias verkündet ihm, daß der Zorn des Bojeidon 
ihm die Heimkehr erichwere, daß dieje jedoch ge: 
lingen werde, wenn fie die Herden des Helios auf 
Thrinakia jchonten. Nun fahren fie zur Inſel der 
Kirke zurüd, welche ihnen die fernere Reife und 
die Nettungsmittel verkündet und einen günftigen 
Wind nachjendet (12, 1 ff.). 
Infeln der Seirenen (j. d.) und den Plankten 
(Arrfeljen, ftillftehenden Felſen mit fiedender Bran- 
dung und Dampfe, von den Symplegaden ver: 
ichieden) vorbei (12, 166 ff.), zwiichen Skylla 
(1. d.) und Charybdis hindurch nach der Inſel 
Thrinafia, wo des Helios heilige Herden weiden 
(12, 260 ff.). Odyſſeus, von jeinen Gefährten zur 
Landung gezwungen, läßt ſich von ihnen jchwören, 
fein Stüd der Herden zu jchlachten. Uber vom 
Hunger gequält, jchlachten fie, während Odyſſeus 
ſchläft, die ſchönſten Rinder. Deswegen zerichmet: 
tert Zeus, auf Klage des Helios, als ſie wieder 
auf dem Meere find, ihr Schiff mit dem Blitzſtrahl 
und läßt alle umlommen bis auf Odyſſeus, der 
auf den Schiffstrümmern ſich nach Ogygia, der 
Injel der Nymphe Kalypſo, der Tochter des 
Atlas, rettet (12, 403 ff.). 7 Jahre verweilt 


Sie fommen an den ? 


— 


6 


- 


8 (Od. 17. 18). 


Oebalidae, Oebalii fratres — Officium. 


Odyſſeus bei der jchönen Nymphe, die ihn zum 
Satten begehrt und von der Heimkehr zurüdhalten 
will, indem jie ihm Unfterblichfeit und ewige Ju— 
gend verjpricht; allein ihre jchmeichelnden Worte 
fünnen in der Bruft des Helden die Sehnjucht 
nach dem Baterland und der teuren Gattin nicht 
auslöjchen. Endlich erbarmt ich jein Athene, jeine 
göttliche Beichügerin; fie bringt es, während Po— 
jeidon abweiend ijt, in der Berjammlung der Götter 
dahin, daß Zeus feine Rückkehr beichlieht und den 
Hermes an Kalypjo mit dem Befchle abichidt, den 
Odyſſeus zu entlaffen. Od. 1, 13.44 ff. 4, 555 ff. 
5, Uff. 7,244 ff. Auf jelbftgefertigtem Floſſe ge: 
langt er in 18 Tagen in die Nähe der Bhaia- 
feninjel Sceria (j. d.); da gewahrt ihn Po: 
feidon und zertrümmert jein Floß, aber no 
Leufothea rettet ihn an das Land des Schiffer: 
volfes der Phaiaken (5, 278 ff.). Er trifft an der 
Küſte mit der Königstochter Naufifaa zujammen 
und wird von ihr in die Stadt zu ihren Eltern, 
Alfinoos und Arete, geführt, die ihm gaftlich auf: 
nehmen (Od. 6). Reichlich beichenft, wird er end- 
lih von den Phaiafen in die Heimat entiendet 
(Od. 13); ſchlafend fommt er nach zwanzigjähriger 
Abwejenheit in die Heimat und wird mit jeinen 
Schäßen in der Phorkysbucht ans Land getragen. 
— In den legten 3 Jahren war jein Haus in 
großer Bedrängnis. Während der alte Yaörtes 
einfam auf dem Lande traurige Tage verlebte, 
umlagerten über 100 Edle von Ithaka, Same, 
Dulihion, Zatynthos als Freier des Odyſſeus 
ſchöne, Huge und treue Gattin Penelope und ver: 
ichwelgten jein Gut (1, 245. 13, 377). Penelope 
hatte die drängenden Bewerber durch Fuge Lift 
lange hinzuhalten gewußt. Sie hatte fie gebeten 
fo lange ihr Friſt zu gewähren, bis fie ein Leichen: 
tuch, das für ihren Schwiegervater bejtimmt jei, 
vollendet habe; was fie aber de3 Tages gewebt, 
das hatte jie des Nachts wieder aufgetrennt, bis 
im vierten Jahr eine der DPienerinnen es den 
Freiern verriet, und diefe fie zwangen, das Werk 
zu vollenden (2, 88 ff). So ward ie endlich zur 
enticheidenden Wahl gedrängt. Sie verjprady den 
zu erwählen, der bei einem Wettichiehen mit dem 
Bogen des Odyſſeus fiegen würde, in der Erwar— 
tung, daß feiner ihn zu jpannen vermöchte. Am 
Tage vor der Entjicheidung kommt Odyſſeus in fein 
Haus zurüd. Bon der Phorkysbucht aus hat er 
jih, von Athene in einen alten Bettler verwandelt, 
auf den Meierhof, den jein alter treuer Diener 
Eumaios (diog bpopßos) bewirtichaftet, begeben 
(Od. 14) und ift dort mit jeinem Sohne Tele: 
machos zujammengetroffen (Od. 16), der gerade 
von Pylos und Sparta, wo er nach jeinem Vater 
hat forjchen wollen, zurüdgefehrt und faum den 
Nachitellungen der Freier entgangen ift. Denn 
in der legten Zeit war er, in das Mannesalter 
eingetreten und von Athene mit Mut und Kraft 
bejeelt, dem Treiben der Freier Fräftig entgegen- 
getreten, weshalb dieje ihn aus dem Wege zu 
räumen bejchlojien hatten (Od. 1—4). Bater und 
Sohn beraten bei Eumaios das Werk der Rache, 
und Odyſſeus begibt fich in Bettlergeftalt in die 
Stadt, wo er im jeinem eigenen Sa als Bettler 
viel von dem Übermute der Freier zu dulden hat 
Als am folgenden Tage, einem 
Feſte des ftrafenden Bogenihüten Apollon, das 
Wettichießen mit dem Bogen des Odyſſeus, dem 


845 


Geichente des Iphitos, durch die Ohre von 12 
Arterfen veranftaltet wird, feiner aber der Freier 
den gewaltigen Bogen zu jpannen vermag, jpannt 
ihn zuletzt Odyſſeus, der Bettler, und nachdem er 
den Preisihuß gethan, richtet er feine Geſchoſſe 
gegen die Freier und tötet, unterjtügt von Athene, 
von Telemachos und einigen treuen Dienern, alle 
(Od. 21. 22). Darauf gibt er ſich jeiner Gemahlin 
zu erfennen und ſucht feinen alten Vater auf. 
Unterdeffen haben die Verwandten der Freier auf 
die Kunde von deren Ermordung die Waffen er: 
griffen, allein Athene, in Geftalt des Mentor, 
verjöhnt das Volk mit feinem Könige (Od. 23. 24). 
Über die Verteilung diejes Stoffes in der Odyſſee 
j. Homeros. Homer ftellt den Odyſſeus dar als 
gewandten, jchlauen und erfindungsreihen Mann, 
ausgezeichnet durch Beredjamfeit, Klugheit und 
Weisheit, als entjchloffenen, mutigen Kämpfer und 
fühn ausharrenden Dulder; in der fpäteren Sage 
dagegen erſcheint er oft als feig, falih und ränte- 
voll. Verg. A. 2, 164. Ov. met. 13, 6 ff. Über 
das Ende des Odyſſeus hatte Teircfiad (Od. 
11, 134 ff.) vorausgejagt, außer dem Meere (2E 
drög = FEw dAög) würde ihm der freundliche Tod 
fommen, der ihn, von behaglichem Alter aufge: 
Löft, in Frieden hinwegnehmen werde, während 
die Völker ringsum blühen und gedeihen. An das 
homeriiche 25 «Ads (aus dem Meere) anfnüpfend, 
dichtete die jpätere Sage: Telegon os, Sohn des 
Od. und der Kirfe, wurde von feiner Mutter aus- 
geichictt, den Vater zu juchen. Als er, vom Sturme 
nad Ithaka verichlagen, Lebensmittel plünderte, 
wurde er von Dd. und Telemachos angegriffen 
und tötete den Bater, —— Leichnam nach Aigia 
‚gebracht ward (daher Telegonus parricida, Hor. 
od. 3, 29, 8). Die tötende Lanze war mit dem 
Stachel eines Meerrochen verjehen, denn aus dem 
Meere jollte ihm der Tod fommen. Kirfe joll den 
Toten wieder erwedt haben, oder er gelangte nadı 
Torrhenien, wo er auf dem Berge Berge ver: 
brannt ward. Telegonos foll ſich mit Penelope, 
welche nebft Telemachos ihm und dem Leichnam 
des Odyſſeus nach Niata gefolgt war, vermählt 
und den Italos gezeugt haben; er galt für den 
Gründer von Tujculum und Pränefte. Or. /ast. 
3,92. Hor.a.a. DO. Telemachos aber vermählte 
ſich mit Kirke und zeugte mit ihr dem Yatinos; 
oder er heiratete die Kaſſiphone, Tochter der Kirke, 
erichlug die Kirfe und ward deswegen von Kaſſi— 
phone getötet. Auch eine Tochter Roma joll er 
gehabt haben, die ſich mit Nineias vermählte: mit 
Rolyfafte, der Tochter des Neftor, oder mit Nau— 
jifaa, der Tochter des Alkinoos, zeugte er den 
Perfeptolis. Nach Hejiod (theog. 1011 ff.) zeugte 
Odyſſeus mit Kirke außer Telegonos noch den 
Agrios und Latinos, mit Kalypſo den Naujithoos 
und Naufinoos. — Die Kunſt ftellte den Od. als 
einen bärtigen Mann in reifem Alter mit einem 
ipigen Filzhut auf dem Haupte dar, lebteres viel: 
leiht aus Mißverſtändnis von Hom. Il. 10, 265. 
Vebalidae, Oebalii fratres j. Vibalos. 
Oenotria (Oin.) j. Italia, 1. 9. 10, 
Offiefum war in der jpätern Kaiſerzeit der 
Name des gejamten Dienftperjonals der kaiſer— 
lichen Beamten, auch cohbors genannt. Die ein: 
zelnen hießen officiales und hatten einen militä- 
riſchen Charakter, während die Diener der noch 
fortbejtehenden republifaniichen Magiftrate(accensi, 


846 


apparitores) Nichtmilitärd waren. Der Urfprung 
der militärischen Diener ift bei den neuen faifer: 
lien Magiftraturen zu ſuchen, wie praefectus 
praetorio, praef, urbi, praef. vigilum, welche 
militärifhe Gchülfen befamen, aus denen im 
3. Jahrhundert die vollftändig entwidelten offieia 
hervorgingen. Gonftantin erweiterte diefe Orga— 
nilation dergeftalt, daß die meiſten oflicia einen 
princeps, einen cornicularius, adiutor, commen- 
tariensis u. |. w. zählten. — Auch die Verpflid)- 
tungen, die der gejellige Verkehr mit fich brachte, 
biegen officia. Nicht bloß die Klienten, ſondern 
auch Hochgejtellte, vom Konſul bis zum griechiichen 
Gelehrten herab, der ſich etwa um eine Vehrerftelle 
in dem vornehmen Haufe bewarb, machten ihre 
üblichen Bejuchsofficia. Außer diejen Höflichkeits: 
bejuchen war es auch officium, bei jedem feier: 
lihen Familienereignis zu erjcheinen. Die Zeit 
jolcher officia waren die beiden erften Morgen- 
ftunden. Suet. Oct. 77. ©. friedländer, Sitten: 
geichichte Roms |, 4. Abſchnitt. 

Omlii (Onllii). Zu nennen find nur: 1) U. 
Df., ein freund des Cäſar und tüchtiger Jurift, 
lebte zur Zeit des Cicero (ad Att. 13, 37. ad fam. 
7, 21). — 2) Ein anderer Ofilius diente im Kriege 
gegen ©. Pompejus unter Octavian (36 v. E.) 
und verichmähte alle Ehrenauszeichnungen als des 
Kriegers, den man nur mit Yand und Geld be: 
lohnen dürfe, unmwürdig. App. b. c. 5, 128. 

Ogulndi, Quintus und Gnäus, jegten als 
Boltstribunen cin Gejeß (lex Ogulnia) durch, nad) 
welchem auch PBlebejer, und zwar die Hälfte, in 
die Brieftertollegien jollten gewählt werden dürfen, 
300 dv. E. Liv. 10,6. Am J. 296 ſchmückten fie 
als Ädilen Nom mit mehreren Kunſtwerken. Quin— 
tus war im Jahre 291 einer der 10 nach Epi— 
dauros zur Herbeiholung der heiligen Schlange 
geſchickten Gelandten. Liv. 10, 23. 

Ogygia, Dyvyla, 1) Inſel der Kalypſo bei 
Homer (Od. 1, 85. 5, 244 u. Ö.), bildete den Nabel 
des Meeres (Od. 1, 50), in deſſen entfernteftem Teile, 
18 Tagereifen von der Phaiakeninjel, fie lag. — 
2). Ogygos. 

Ogygos, Ogyges, Qyvyos, Qyvoynse, boiotijcher 
Autochthon oder Sohn des Boiotos oder des Ro: 
jeidon, Nönig der Hektener, erjter Beherrſcher des 
thebantihen Yandes, das nad ihm Ogygia hieß. 
Paus. 9, 5,1. Zu jeiner Zeit überſchwemmte der 
Kopaisjee einen großen Teil Boiotiens, die ſ. g. 
ogygiſche Flut. Er erjcheint auch in den attijchen 
Sagen und ift bier Vater des Eleujis. Paus. 
1, 38, 7. 

Dia, Oic, Ort auf Nigina, 20 Stadien von der 
Hauptitadt der Anjel entfernt. Zldt. 5, 83. 

Viäzgros j. Orpheus. 

Oianthe, Oiantheia ſ. Lokris, 3. 

Oiax j. Palamedes. 

Vibalos, Oißeros, 1) Sohn des Kynortas, 
Gemahl der Gorgophone, Bater des Tyndareos, 
der Peirene und Arene, König von Sparta, wo 
er ein Heroon hatte (Paus. 3, 1, 4); oder Sohn 
des Perieres und Enfel des Kynortas; von der 
Nymphe Bateia Vater des Tyndareos, Hippokoon 
und Ikarios; daher Vebalidae und Vebalıi fra- 
tres = Tiosfuren und Oebalia pellex = Helena 
(Ov. rem. am. 468. Apollod. 3, 10,4). — 2) Sohn 
des Telon und einer Nymphe des Fluſſes Sebethus 
bei Neapel. Telon, König der Telebver, war von 


Oflüi — 


Oidipus. 


Taphos, einer der Edinaden, nad Capreä ge: 
zogen, Dibalos aber lich jih in Gampanien nieder. 
Verg. A. 7, 734. 

Vichalia, Olyakle, Name mehrerer alter Städte 
in Griechenland, die alle Sit des Eurytos ge: 
weſen zu jein behaupteten: 1) in Meſſenien an 
der arladiichen Grenze; -— 2) auf Euboia im 
Gebiet von Eretria (Soph. Trach. 74); — 3) in 
sg am Peneios zwiſchen Pelinna und Triffa 
(Hom. Il, 2, 596. 730. Od. 21, 13); — 4) im Ge— 
biet von Trachis; — 5) in Nitolien. Strab. 9, 438. 

Vidipus, Oldlzovs, Sohn des Thebanerkönigs 
Laios und der Epifafte. Er erjchlug jeinen Vater 
und vermählte ſich mit feiner Mutter, ohne beide zu 
fennen; als die Götter ſofort den Frevel ent: 
hüllten, erhängte ſich Epifafte, er aber herrichte 
noch gramvoll über Theben, gepeinigt von den 
Erinyen feiner Mutter. Hom. Od. 11, 271 ff. 
An feinem Grabe feierten die Thebaner Leichen: 
ipiele. Hom. 11. 23, 679. Dieſe bei Homer fich 
findenden Züge der Didipusjage, die wahrjchein- 
lih jchon von früheren Epikern behandelt worden 
war, find von den Tragifern vielfach erweitert 
und verändert worden. Sy er ftellt im Didi: 
pus Tyrannos die Sage folgendermaßen dar: 
Laios, Sohn des Labdakos (j. Amphion), Entel 
des Polydoros, Urentel des Kadmos, König in 
Theben, hatte von Apollon das Orakel erhalten, 
ihm jei durch einen Sohn zu fterben bejtimmt, 
den er mit feiner Gemahlin Jokaſte (bei Homer 
Epifafte), der Tochter des Menoifeus und Schweiter 
des Kreon, zeugen würde. Als ihm daher Jolaſte 
einen Sohn gebar, ließ er ihm jogleich nach der 
Geburt mit gebundenen und durchftochenen Füßen 
auf dem Kithairon, dem Berge der Erinyen, die 
den Didipus fein ganzes Leben lang verfolgten, 
durch einen Sklaven ausjegen. Dieter aber gab 
das Kind auf dem Kithairon einem forinthiichen 

irten, der es jeiner finderlofen Herrſchaft, dem 

önig Polybos und defjen Gemahlin Merope (oder 
Medufa, Periboia), überbrachte. Dieje gaben dem 
Knaben wegen der gejchtwollenen Füße den Namen 
Didipus (Schwellfuß) und zogen ihn als ihren 
Sohn auf. Als er zum Jüngling berangereift ift, 
wirft ihm beim Gelage ein Ktorinther vor, er jei 
jeinen Eltern untergeichoben. Deshalb geht er 
ohne Willen feiner Eltern nad) Delphoi, um nach 
jeiner Abkunft zu forjchen. Das Orakel jagt ihm, 
er werde jeine Mutter heiraten, ein den Menſchen 
graufes Gefchlecht erzeugen und jeines® Vaters 
Mörder werden. Darum bejchlicht er, nicht wieder 
zu jeinen Eltern nad) Korinth zurüdzufehren, und 
wendet jich gen Theben. Da, wo von dem Wege 
wiſchen Delphoi und Daulis fi die Strafe nach 
Theben abzweigt, in der ſ. g. Exuorn (f. Eyıorn 
dd05), begegnet ihm auf einem von einem Herolde 
gelenkten Wagen fein ihm unbefannter Vater Yaios, 
der nach dem delphiſchen Orakel reifen will. Als 
der Herold den D. mit Gewalt aus dem Wege 
drängen will, Schlägt ihn O., wofür ihm der Alte 
auf dem Wagen, als er cben vorbeigeht, einen 
Schlag über den Kopf verjegt. Da erichlägt ©. 
im Zorne den Yaios und feine Begleiter bis auf 
Einen, der entflicht. In der Nähe von Theben 
befreit er die Stadt von der Sphinx (j. d.), indem 
er ihr Rätſel löſt und fie dadurch zwingt, fich 
durch den Sturz von ihrem Felſen den Tod zu 
geben. Für dieje Wohlthat empfängt er von dem 


Oixtrue — Oinot, 


847 


die Regierung führenden Kreon und der danfbaren | Troja zurüdgefehrt, in Arfadien, two man fein 


Stadt die Herrihaft von Theben und die Hand 
der verwitweten Königin, jeiner eigenen Mutter. 
Er erzeugt mit ihr Eteofles, Bolyneites, Antigone 
und Iſmene. (Die altepiihe Sage kennt feine 
Nachkommenſchaft diejer Ehe; nach ihr hat D. die 
genannten Kinder mit Euryganeia erzeugt, der 
Tochter des Hyperphas, welche er nach Epikafte 
heiratete.) Nach langjährigem Wohlergehen wird 
endlid) das Glück des D. durch Mißwachs und 
eine furchtbare Pet gejtört, und das Drafel des 
Apollon erklärt, damit die Stadt gerettet werde, 
müfje der im Lande lebende Mörder des Laios 
verbannt oder getötet werden. In treuer Sorge 
um die Stadt ſucht D. den Verbrecher ausfindig 
zu machen, und als Nejultat feiner Forichung er: 
ibt fi, da er der Mörder des Kaios, feines 

ters, und der Gemahl feiner eigenen Mutter 
ift. Aus Verzweiflung erhängt ſich Jolafte, O. 
aber blendet jich jelbft. Damit endet des Sopho— 
les Drama. — Nach andern wurde D. auf dem 
Kithairon von Hirten gefunden und auferzogen, 
oder er wuchs in Sikyon, einem Hauptſitz des 
Erinyenfultus, auf; der Engpaß, wo er den Bater 
eriehlug, jollte in der Nähe von Potniai fein, wo 
ebenfalls die Erinyen verehrt wurden. — liber 
die legten Schidjale des D. find die Sagen ver: 
ſchieden. Nach den älteren Sagen herrichte er 
nach Entdedung feiner Greuelthaten in Theben 
fort und ſtarb dajelbft; er lag in Theben oder in 
dem Heiligtum der Demeter (Erinys) zu Eteonos 
begraben. Bei den Tragikern wird er entweder 
fogleidy von jeinen Söhnen und Kreon, der die 
Regierung übernommen hat, des Landes verwie— 
jen und von Antigone in die Verbannung be: 

leitet, oder er wird, damit die Schmach des 

uſes verborgen gehalten werde, von jeinen Söh— 
nen eingejperrt. Deswegen flucht er ihnen, und 
infolge dieſes Fluches geraten fie in_verderblichen 
Streit um die Herrichaft, in dem fie jich gegen: 
jeitig morden (j. Adrastos). In der kykliſchen 
Thebais war der Baterfluch dadurch motiviert, daß 
Bolyneiles einen filbernen Tiich des Kadmos und 
einen goldenen Becher dem Vater vorjegt und jomit 
Kleinodien anrührt, die den DO. an jeinen Vater: 
mord erinnern. Zum zweitenmal jlucht der leicht 
zu verlegende Alte den Söhnen, als jie ihm bei 
einem Familienopfer ftatt des Ehrenſtücks den 
Ichlechteften Teil des Opferfleiiches jchiden. Nach 
des Sophofles Didipus in Kolonos kommt 
lange nach Entdedung feiner Frevel aus Theben 
verbannt, geleitet von Antigone, nad Kolonos in 
Attila und findet dort in dem Heiligtume der nun 
verjöhnten Erinyen auf geheimnisvolle Weije den 
Tod und die endliche Ruhe. Die ſchweren Leiden 
haben ihn geheiligt, jein Grab ijt ein jchüßender 
Hort des attiihen Landes geworden. In Athen 
ſelbſt zwijchen Areopag und Alropolis befand ſich 
in einem Heiligtum der Eumeniden ein Grabmal 
des Didipus. — Bol. 8. %. Hermann, quaestio- 
num Öedipodearum capita III (1837). 

Oixtraı |. Joükos. 

Oizxia, olxog |. Haus, 1. 

Oikles, Oiklens, Oiins, Oinkevs, Sohn des 
Antiphates, Enkel des Sehers Melampüs, Vater 
des Sehers Amphiaraos aus Argos. Hom. Od. 
15, 241 ff. Er fiel vor Troja bei dem Zuge des 
Heralles gegen Yaomedon, oder er wohnte, von 


D., | römischen Heeritraße lag. 


Grab zeigte. Paus. 8, 36, 6. 

OixöorgıBes |. Joükos, 7. 

Oileus, Orleis, 1) Sohn des Hodoidokos, 
Enfel des Kynos, Urenfel des Opüs, König der 
Lokrer, Gemahl der Eriopis, Vater des Heinen 
Aias und des Medon (defien Mutter Rhene), Ar: 
gonaut. Hom. Il. 2, 527. 727. — 2) Wagenlenfer 
des Bianor, von Ngamenmon erlegt. Hom. I1.11,93. 

Oinson, Olveov, Stadt der ozoliihen Lofer, 
öftlich von Naupaktos, mit einem Hafen. Tue. 
3, 96. 102. Strab. 9, 427. 10, 450. Zu ihrem 
Gebiete gehörte ein Heiligtum des Zeus Nemeios, 
in welchem Hefiod von den Söhnen des Phegeus 
ermordet worden jein follte. Thuc. 3, 96. 

Oineus, Olveng, 1) König der Nitoler in Ka— 
don, der „Weinfönig“, der zuerſt die Berge 
Nitoliens mit Wein bepflanzt haben ſoll, Sohn 
des Portheus oder Porthaon, Bruder des Agrios 
und Melas, die in Pleuron hHerrichten, Gemahl 
der Althaia, Bater des Tydeus und Meleagros. 
Hom. Il. 5, 813. 9, 529 ff. 14, 115 ff. Als Ge— 
ichwifter werden noch genannt: Alfathoos, Yaokoon, 
Leufopeus, Sterope; ald Kinder: Toreus, Thyreus, 
Klymenos, Beriphas, Agelaos, Gorge (Gemahlin 
des Andraimon), Eurpmede, Melanippe, Mothone, 
Deiaueira. Apollod. 1, 7, 10. 8, 1. Apoll. Rhod. 
1,192. Zu feiner Zeit fand die berühmte Jagd des 
falydoniichen Ebers ftatt, j. Meleagros. Die 
Söhne des Agrios kerferten ihn ein und über: 
gaben ihrem Vater die Herrichaft; dafür wurden 
Agrios und feine Söhne von Diomedes, dem Enkel 
des Dineus, erichlagen, j. Diomedes. Zur Zeit 
des trojanijchen Krieges führte Thoas, Sohn des 
Andraimon, die Nitoler vor Jlion an. Hom. Il. 
2,658. — 2) Sohn des Pandion, attijcher 
Eponymos. 

Viniädai, Olvidaı, alte Küftenjtadt Afarna: 
niens recht38 an der Mündung des Acheloos, der 
fie im Winter ganz umftrömte und jo eine Be: 
lagerung unmöglich; machte. Thuc. 2, 102. Im 
peloponnefischen Kriege war fie anfangs Bundes: 
genofjin der Spartaner (T’huc. 2, 82. 114), wurde 
dann aber von den Athenern gezwungen, ſich 
—— anzuſchließen (Thuc. 4, 77), und blieb in 
ihrem Bejig, bis die Mitoler fie in der maledo— 
nischen Beit bejegten (Diod. Sie. 18, 8. Plut. 
Alex. 49). Philipp V. befeftigte Din. ftarl, dann 
aber verjchwand es, da e3 nicht an der großen 
Zu ihrem Gebiet ge: 
hörte die Gitadelle Nejos oder Najos. Pol. 
9,39. Liv. 26, 25. Bedeutende Ruinen, nament: 
lih der Mauern und des Theaters, haben ſich auf 
einer Höhe, Trifardofaftron genannt, erhalten und 
haben einen Umfang von 1", Stunden. 

Vinöe, Olvon, 1) attiicher Demos der hippo- 
thoontiichen Phyle bei Eleutherai, Grenzfeitung 
gegen Boiotien und im peloponnefiichen Kriege 
oft erwähnt. Thuc. 2, 18. 8, 98. Hat. 5, 74. 
Ein anderer Demos des N. in der aiantijchen 
Phyle lag bei Marathon. — 2) feite Stadt der 
Korinther am Korinthiihen Meerbujen unweit 
Pagai. Xen. Hell. 4, 5, 5. 19. — 3) Ort in 
Argolis am Fuß des Artemifion am rechten Ufer 
des Inachos, auch Olrn genannt, beim heutigen 
Katobeliffi. Paus. 1, 15, 1. 10, 10, 4. — 4) Ott: 
ichaft in Elis, 2 Stunden füdlich von Pylos am 
linten Ufer des Yadon. Strab. 8, 338. 


848 


Oinomäos j. Pelops. 

Oinöne ſ. Aigina und Paris. 

Oinophyta, Olvöpvre, Ortichaft im füdlichen 
Boiotien, wahrjcheinlich im Aſoposthale öftlih von 
Tanagra gelegen, berühmt durch den Sieg der 
Athener über die Boioter (456 v. E.); j. Inia. 
Thue. 1, 108, 4, 95. Plat. Mener. 242 B. 

Oinopion, Olvorxior (Weintrinfer), Sohn des 
Dionyios umd der Ariadne (oder des Nhadaman- 
thus und der Ariadne), Gemahl der Nymphe 
Helite, Vater des Talos, Euanthes, Melas, Sala: 
gos, Athamas und der Merope oder Hairo oder 
Aerope. Bon Kreta fiedelt er nach Chios über. 
Hier biendet er den Niejen Orion, der jeiner 
Tochter Gewalt angethan hat, und als Ddiejer 
ſpäter, von den Sonnenftrahlen wieder geheilt, 
Rache an ihm nehmen will, wird er von den Sei- 
nigen in einer Gifterne verborgen. Auf Chios 
zeigte man jein Grab. Paus. 7, 4, 8. 5, 13. 
Apollod. 1, 4, 3. 

Oivos ſ. Mahlzeiten und Vinum. 

Oinotria (Oen.) f. Italia, 1. 9f. 

Oinotröpei, Olvorgoro:, Weinverwandlerinnen, 
hießen die Töchter des Anios auf Delos, jo ge: 
nannt, weil jie Waſſer in Wein und alles, was 
jie wollten, in Getreide oder Dliven verwandeln 
fonnten. Als Agamemnon fie dem Bater entreifen 
will, werden fie durch Dionyjos in Tauben ver: 
wandelt. Ov. met. 13, 650 ff. 

Vinötros, Oivwrgog, jüngjter Sohn des Ly— 
faon, der aus Mrfadien nad Italien wanderte 
und jich in Dinotria niederließ. Nach Dionyſios 
von Halikarnaſſos (1, 11. 2, 1) begleitete ihn jein 
Bruder Peufetios, von dem die Yandichaft Beufetia 
den Namen hat. 

Oinüs, Olvoög, Fluß Lakoniens, entipringt im 
NO. an der argoliichen Grenze, ftrömt dann im 
jüdöftlichen Yaufe bei Sellafia vorüber zwijchen 
den Bergen Olympos und Enas durd und min: 
det oberhalb Sparta in den Eurotas; j. Nelephina. 
Pol. 2, 65. 66. Liv. 34, 28, 

Vinüssae, Olvoncc«, 1) 5 Inſeln zwiichen 
Ehios und dem Feitlande, j. Spalmadores. Hit. 
1,165. T’hue. 8, 24. — 2) Inſeln an der Süd— 
ſpitze Meffeniens, dem Hafen Bhoiniküs gegenüber. 
Die beiden größten heißen j. Sapienza und Skhiza 
oder Nabrera. Plin. 4, 12, 19. 

Vionos, Olovros, Sohn des Lilymmios, des 
Halbbruders der Allmene, aus Midea in Argolis, 
Gefährte des Herakles, erjter Sieger im Wettlauf 
in den olympijchen Spielen (Pind. ol. 11, 64), 
fam in Begleitung des Herakles nach Sparta, 
wurde dort aber von den Söhnen des Hippokoon 
überfallen und erichlagen, erhielt jedoch jpäter da— 
jelbft ein ale neben dem des Derafles. Paus. 
3, 16, 4f. 

Oisyme, Olsvun, Kolonie der Thajier in Thra— 
fien, ziwifchen den Flüſſen Strymon und Nejtos; 
j. Ruinen Levtherolimani. Thue. 4, 107. Plin. 
4, 11,18. Der Ort jcheint identisch mit Alavun 
bei Homer (TI. 8, 304). 

Oite, Oirm, Veta, Gebirgszug Nordgriechen: 
lands, der fi) vom Pindos oder defjen jüdlichem 
Teile Typhreſtos nad Oſten abzmweigt und, mit 
dem Othrys, von dem ihn das Thal des Sper: 
cheios trennt, parallel laufend, bis an den Maliſchen 
Meerbujen reicht, dort den Thermopylenpaß bil- 
det und im Kallidromos, Knemis u. ſ. w. ſich 


Oinomaos — Okeanos. 


füdöftlich längs der Hüfte fortjegt. Er ift rauf 
und erhebt fih im Nordoften zu einer gewaltigen 
Telstuppe von 2152", von den Alten, weil jich 
hier Serafles verbrannt haben jollte (j. Hera- 
kles, 12.), IIvg« oder Bovyla genannt. Liv. 
36, 30. Bon der Dite führte die umliegende 
Landichaft Theſſaliens den Namen Ditaia, die 
Bewohner Olraioı oder Olraeig. Hat. 7, 117. 
Thuc. 3, 92. 8, 3. Strab. 9, 430. Xeßtere bildeten 
einen Bund, xoıo», zu dem bejonders die Städte 
Herafleia, Antityra und Dryope gehörten, und an 
deſſen Spite 3 Borkapyoı ftanden. Die Verſamm— 
lung des xoıwov hieß wuiale. — Der Teil des 
Gebirges bei den Thermopylen heißt j. Patriotiko. 
Vitylos, Oirviog, Stadt in Lakonien am Meile: 
nischen Meerbujen mit einem Hafen und einem 
Serapistempel, ſchon von Homer (Il. 2, 585) ge- 
nannt. Paus. 3, 21, 7. 25, 10. %. Bitylos. 
Oiwvıorai, olwvonoskor j.Divinatio,ilf. 
Okalda, Qualen, -La, Flecken Boiotiens 
wiſchen Haliartos und Mlalfomenai, an einem 
Flüßchen gleiches Namens und am Berge Tilpho: 
jion, jhon von Homer (Il. 2, 501) erwähnt. 
Okeänos, Qxzavös, Oceanus, der große Welt: 
itrom (morauög Qu., Hom. Il. 14, 245), der die 
Erde und dad Meer rings umfließt. Aus ihm 
entjtrömten alle Fluten des Meeres, die Flüſſe und 
Quellen (Hom. Il. 21, 196); Sonne, Mond und 
Geftirne erheben fi) aus feinen Wogen und jenten 
ſich wieder in diejelben nieder. Hom. 11.7, 422. 
8, 485. 5,6. Obgleich er mit dem von ihm um: 
ichlofienen Meere zujammengrenzt, jo vermijchen 
fi doch jeine Wogen nicht mit ihm; ruhig und 
janft fließt der breite, tiefwirbelnde Strom dahin, 
der waſſerreichſte aller Ströme. An feinen Ufern, 
an den äußeriten Enden der Erde, wohnen glüd- 
lihe und gerechte, jowie in Nacht und Graus ge- 
hüllte Völker, wie die frommen Withiopen (Hom. 
11. 1, 423. 23, 205. Od. 1, 22), die Kimmerier 
jenjeits des Dfeanos im Weſten, unbejchienen von 
der Sonne. Hom. Od. 11, 14 ff. Denn jenjeits 
des Dfeanos im Weſten ift ewige Nacht; da find 
die Haine der Berjephone und der Eingang zu 
der Unterwelt (Od. 10, 508 ff.), während diesjeits 
das glüdliche Elyfion ift. Od. 4,568. Homer fennt 
feine Quellen und feinen Ausflug des Dfeanos; 
bei Hefiod dagegen hat er Quellen (theog. 282). 
Die Styr ijt ein Arm, der zehnte Teil des Stro- 
mes, die übrigen Teile fließen um Erde und 
Meer und fallen nach vollendetem Kreislauf in 
das leßtere (theog. 759 fi.). Bei Homer ift Ofeanos 
entjchieden perjonifiziert; er ift der Urvater aller 
Götter, der Titanen und der Olympier (Il. ı4, 
201. 246). Eltern hat er daher bei Homer nicht; 
bet Heſiod dagegen heißt er Sohn des Uranos und 
der Baia, der ältejte der Titanen, der mit feiner 
Gemahlin Tethys 3000 Ströme und 4000 Okea— 
ninen (Dfeaniden) erzeugt (theog. 133. 337 ff.). 
Er fteht an Rang feinem Gotte nad, außer dem 
Bens (Hom. Il. 14, 244); den regierenden Göttern 
ijt der ehrwürdige greije Vater ein Gegenftand der 
Fürſorge, obwohl er feinen Teil an der Regierung 
der Welt hat. Nach dem Sturze des Kronos hat 
er den neuen Herrichern jich unterworfen; aber er 
lebt abgeichieden und kommt zu feiner Götterver: 
jammlung. Hom. Il. 20, 7. — Die homeriſchen 
Borftellungen von Okeanos als Weltjtrom erhielten 
fi) nod) lange bei den fpäteren Dichtern; von den 


Okellos — ÖOliaros. 


Tragifern nennt ihn Euripides (Orest. 1376) zuerft 
ein Meer. Herodot (2, 23. 102. 3, 115. 4, 8. 13.45) 
ipricht gegen die Anficht von einem Weltſtrom 
als eine Erfindung der Dichter und nimmt den 
Okeanos als Weltmeer, und darin find ihm alle 
gefolgt, welche die Kugelgeftalt der Erde erfann- 
ten, wie Platon (im Timaios) und Mriftoteles (de 
coel. 2, 14). Seit Nriftoteles galt der Okeanos 
für das äußere große Weltmeer im Gegenſatz zu 
dem Mittelmeer. — m allgemeinen wurde der 
Dcean als jehr gefährlich zu befahren oder aud) 
als ganz unbefahrbar gejchildert, und die Sagen 
von Dunkelheit, Untiefen, beftändiger Windſtille 
erhielten fich bis ins Mittelmeer hinein. Aus dem 
Okeanos ftrömt im W. das Mittelmeer bei den 
Säulen des Heraffes, weshalb Mela (3, 9, 3) dieje 
Meerenge Oceani ostium nennt; in denjelben er: 
gießt fih im NO. das Kafpiiche Meer, obgleich 
Herodot (1, 208) es jchon als ringegeidhloffenen 
Landſee beichreibt. Später unterjchted man ver: 
ichiedene Teile des D., den aithiopiichen, ernthrai- 
iſchen, germanischen, buperboreifchen, galliichen 
u. j. w. Bei Eäjars unbeitimmten Angaben ift 
Vceanus bald das Atlantijcdye Meer (b. g. 3, 7), 
bald die Nordiee (4, 10 u. Ö.). 

Okellos, "Oxsellos ö Asunurös, Ocellus Lu- 
canus, ein pythagoreiſcher Philoſoph von unge: 
wiſſem Zeitalter, Berfaffer einer Schrift meet rs 
tod zarrög pboewg, hauptjächlih den Lehrſatz 
von der Ewigfeit der Welt behandelnd, aber in 
ihrer Echtheit vielfach angefochten, vielleicht im 
1. Jahrhundert v. E. abgefaft. Ausgg. von Ru: 
dolph (1801) und von Wullac) (1846). 

Oktaöteris j. Ennaöteris. 

Okypöte j. Harpyien, 

Olbia, Orßie, 1) fefte Seeftadt an der Weft- 
grenze von Bamphylien, nicht weit vom Katarrhaf: 
tesflufje. Strab. 14, 666. — 2) Stabt in Bithynien, 
an dem Dlbianiihen Meerbujen; auc Aſtakos, 
ipäter Nilomedein (j. d.) genannt. Ptol. 5, 1,3. 
— 3) Blühende Handelsftadt an dem Miündungs: 
bujen des Hypanis und Boryfthenes, auch Olbio— 
polis oder Boryſthenes genannt (die Einwohner 
Olßioroliraı und Bopvottevsira,, Kolonie der 
Milefier, um 650 v. E. gegründet, um 100 und 
wieder um 55 dv. E. von wilden Stämmen ver: 
wüjtet, dann teilweife wieder aufgebaut, von Trajan 
zur Freiſtadt erflärt, von Septimius Severus dem 
römischen Reiche einverleibt, aber um 236 n. €. 
von den Goten völlig zerftört. Ruinen j. bei 
Nitolajew. Strab. 7, 306. — 4) Kolonie von Maſſi— 
lid im narbonenfiihen Gallien, öftlich von Telo 
Martius (Toulon), am Berge Olbianus, j. Eoubes 
bei Hieres. Strab. 4, 180. 184. — 5) Stadt an 
der Dftfüfte von Sardinien mit gutem Hafen, wo 
gewöhnlich die Romer landeten (Cie. ad fam. 2,6, 8), 
j. Zerranova. 

Oleinium, illyriſche Küftenftadt, die fich beim 
Ausbruche des Krieges gegen K. Gentius 167 dv. E. 
für die Römer erflärte und deshalb von ihmen 
jelbftändige Verfaſſung und Abgabenfreiheit er: 
hielt; j. Ulfin, ſlaviſch Olkun, ital. Dulcigno. Liv. 
45, 26. 

Olda, Zicla, der Olbaum, wahricheinlich aus 
Syrien nad Griechenland und von da jpäter nad) 
Stalien verpflanzt, langjam wachjend, aber ein 
Hohes Alter (über 200 Jahre) erreihend. Er wurde 
wegen jeiner Früchte vorzüglich geihägt und war, 

Realleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 


849 


wie noch heute, ein Hauptproduft Wttifad. Er 
gedeiht nämlich bejonders im leichtem, trocdenem 
Boden, wie ihn Attila hatte, und in der Nähe des 
Meeres. Der Mythos läht Athene und Bojeidon 
um den Bejig Attikas ſtreiten, Athene aber fiegt 
durch das Geichent des Olbaums als des nützlich— 
ften und angemefienften für Wttifa. Hdt. 8, 55. 
Die Olbäume ftanden hier unter gejeglichem Schuß; 
ja gewifle von ihnen, jelbft auf Privatgrundftüden 
ftehende (uoglar), welche von dem von Athene auf 
der Burg geichaffenen heil. Olbaum abftammten, 
waren Eigentum der Athene und ftanden unter 
Aufficht des Areopag, der ihren Ertrag verpachten 
ließ. Wer einen folchen ausgrub, wurde mit Ber: 
bannung und Berluft des Bermögens geftrait. 
Bon feinen eigenen Ölbäumen durfte ein Athener 
in der Negel jährlich nur 2 ausgraben, bei Strafe 
von 200 Dradhmen für jeden Baum. — Die Zweige 
des Baumes wurden als Sinnbild des Friedens 
von den Schußflehenden, inera«ı, supplices, in 
Händen gehalten. — Auch in Ftalien wurde die 
Dlive ftarf gebaut, am beften in Unteritalien bei 
Benafrum und Tarent. Bergil unterjcheidet 3 Ur: 
ten: orehis, eirund, am ölreichften, radius (mie 
ein Weberjchiff), länglich, vorzugsweije eingemacht 
zu Speifen, und pausia, am fleiichigjten und daher 
auch unreif zum Einmachen genommen. Die Ol— 
feje dauerte von Ende Oktober bis zum Januar. 
Das Ol wurde an Speijen, bei Opfern, zum 
Brennen in Lampen, zum Salben im Bade und 
in der Baläftra gebraudt. Die reife Dlive war 
eine gewöhnliche Speije des armen Mannes und 
fehlte auch nicht auf dem Tiſche des Wohlhabenden. 
— Der wilde Olbaum, oleaster, dyoıslade, 
unterjcheidet fich durch niedrigeren Wuchs, edige, 
ftachlichte Zweige, fürzeres und härteres Yaub, 
Heinere und herbere Beeren. Sein Laub diente 
um Siegerkranz in den olympijchen Spielen. Vgl. 

artich, phyſiſche Geographie von Griechenland, 
©. 112 ff. 

Vlön, Rirjv, ein alter mythiicher Sänger, der 
im Zuſammenhang mit dem Apollonkult zu Delos, 
Delphoi und Kreta jteht, aus Lytien oder dem 
Hyperboreerlande entiproffen. Man hatte in De: 
los allerlei alte Hymmen von ihm (Hat. 4, 35), 
welche ——— mythologiſche Traditionen und 
bedeutungsvolle Benennungen von Göttern ent— 
hielten. Er galt für den erſten Hymnendichter 
und Propheten des Apollon und bei manchen für 
den Erfinder des Geſangs in epiſchem Versmaße. 

Vlennius, primipilaris unter Tiberius, ſollte 
den von Drufus den riefen auferlegten Tribut 
einfordern, fteigerte aber denjelben mit habſüch— 
tiger Härte jo jehr, daß fie jich empörten. Er 
jelbft flüchtete ji) mit genauer Not in das Kaftell 
Tlevum, 28 n. E. Jac. ann. 4, 72 ff. 

Olönos, Qacvos, 1) alte, aber bald von den 
Niolern zeritörte Stadt Witoliens, in der Nähe 
von Pleuron, Hauptjit des durch die Kureten mit- 
gebrachten fretiichen Zeustultus. Hom. Il. 2, 639. 
Strab. 10, 451. — 2) Stadt im wejtlichen Teile 
Achaias am Berrosfluffe zwiichen Dyme und Batrai, 
zu Strabons Zeit in Trümmern. Hadt. 1, 145. 
Strab. 8, 386. 

Olgassys j. Paphlagonia. 

Oliäros, Nırpös, Kylladeninjel, nicht weit 
weftlich von Paros, j. Antiparos (erg. A 3,126), 
folonifiert von Phoinilern. Die berühmte mit 

54 


— 


850 


Stalaktiten von mannigfachen Formen geſchmückte 


Grotte im nördlichen Teile der Inſel wird zwar 
im Altertum nicht erwähnt; doch beweiſen einige 
von neueren Reiſenden in der Vorhalle entdeckte 
Inſchriften, daß ſie auch im Altertum ſchon beſucht 
worden jein muß. Strab. 10, 485. 

VOligarchia j. Staatsformen, 2. 

Oligyrtos, Oidlyvorog, Berg und Feſte im NO. 
Arfadiens, zwiſchen Stymphalos und Kaphyai. 
Pol. 4, 11. Plut. Cleom. 26, 

Vlisipo, Olıc’zwv, Stadt Yufitaniens am rech— 
ten Ufer des Tagus, zur Zeit der Römer Muni- 
cipium mit dem Beinamen Felicitas Julia, be: 
rühmt durch ihre rajchen Pferde, j. Lisboa oder 
Liffabon, frauzöj. Yisbonne. Strab. 3, 101. 

Vlizon, OkLorv, Küftenftadt der theſſaliſchen 
Landichaft Magnefia, Artemifion auf Euboia ge: 
genüber, zu Strabons Zeit ein zu Demetrias ge- 
höriges Dorf. Hom. 11. 2, 717. Strab. 9, 436. 

Oikädes, Oixddes, Völkerſchaft im tarraconen 
fiichen Hifpanien, am oberen Yaufe des Anas; einen 
Zeil derjelben hatte Hannibal nach Afrika ver: 
pflanzt. Pol. 3, 14, 23. Liv. 25, 1. Erfterer nennt 
eine Stadt Althaia, leßterer Carteja, weldjes nicht 
mit dem berühmten E. in Bätica zu verwechſeln 
it. Vielleicht ift A. und E. diejelbe Stadt. 

Olla, 1) ein Kochtopf, ſ. Vasa, 4. — 2) der 
Aichenbehälter oder die Totenurne, welche in die 
Srablammer eingejeßt wurde, vgl. Bestattung, 7. 
und Sepulerum. 

Ollius, 1) Titus, Vater der berüchtigten Bop- 
päa Sabina, Freund des Sejan, bei deſſen Sturze 
er jeinen Untergang fand. Zac. ann. 13, 45. — 
2) linfer Nebenjluß des Padus, fließt durch den 
Sebinusjee (Lago d'Iſeo) und ergießt fich mweitlich 
von Mantua in den Hauptftrom; j. Oglio. Plin. 
3,19, 6. 

Olmiai j. Korinthia. 

Oloosson, Oloossor, Stadt der Berrhaiber in 
der thefjaliichen Landichaft Heftiaiotis, von Homer 
(Il. 2, 739) Asvxr) genannt, weil fich (nach Strab. 
9, 440) in der Umgegend viel weißer Thon fand. 
Der jegige Name iſt Elafjona. 

Vlophyxos, Olopv&os, Stadt am Berge Athos, 
die zu Thufydides’ Zeiten Thuc. 4, 109) eine aus 
Pelaſgern, Thrafern und Hellenen gemijchte Bevöl: 
ferung hatte. Hdt. 7, 22. Strab. 7, 331. 

Olpai, Olraı, dreimal Oi (Thuc. 1, 107. 
111. 113), Kaftell auf einer Anhöhe an der Djft: 
füfte des Ambrakiſchen Bujens, 25 Stadien vom 
amphilochijchen Argos entfernt, der gemeinjame 
Gerichtsort für die Afarnanen. Thuc. 3, 105 ff. 

Olüros, "Okovgos, 1) Bergfeite in Achaia im 
engen Thale des Sythas (der die Grenze zwijchen 
Achaia und Sikyonia bildete) nach Pellene hinauf. 
Xen. Hell. 7, 4, 17. — 2) Stadt Mefjeniens, auch 
Dluris und Dorion (Hom. Il. 2, 594) genannt, 
ſüdlich vom Nedaflufje. Strab. 8, 350. 

Olympia, n Olvunie, war urjprünglic ein 
Tempelbezirt vor den Thoren Bias in Elis, da, 
wo ſich der Kladeos (Kladaos, j. Lalailo oder Bad) 
von Stravofephali) rechts in den von Dft nach Weit 
ſtrömenden Alpheios ergieht. Nach der Zerftörung 
Pijas um 641 (oder erft 570) v. C. ließen die Eleier 
fein neues Piſa auffommen, auch feine neue Stadt: 
gemeinde zu Olympia jich bilden, welche ihrer Haupt: 
ſtadt jemals das wichtige Borrecht der Berwaltung des 


Öligarchia — Olympia. 


Für diefe Verwaltung wurde der blühenden Land: 
ichaft eine ewige Waffenruhe verliehen; teine be: 
waffnete Schar durfte ihre Grenzen überjchreiten, 
ganz Elis war ein dem olympijchen Gott geweihtes 
Yand. — Olympia, über welches die großartigen, 
in den Jahren 1875—1881 auf Koſten des deut- 
ichen Reiches unter der Oberleitung von €. Eur: 
tius veranftalteten, Ausgrabungen ein helles Licht 
verbreitet haben, lag am jüdlichen Fuße des 122 m 
hohen Kronionhügels, eines jüdlichen Ausläufers 
des eliihen Olympos, am rechten Ufer und 80 Sta: 
dien von der Mündung des Alpheios, 300 Stadien 
von der Hauptſtadt Elis, 1485 Stadien von Athen 
entfernt (Fldt. 2, 7). Es beftand aus 2 jcharf ge: 
jonderten Teilen innerhalb und außerhalb der 
Altis. In der etwa 200m langen und 175m brei- 
ten Altis (Alrıg, aioliih = &icog), d. bh. dem 
von einer Mauer umſchloſſenen Hain und Tempelhof 
des olympijchen Zeus, befand fich nur, was deu 
Göttern gehörte. Dieſe, der Sage nad) von Herakles 
gegründete, Mauer umſchloß einen etwa quabra- 
tiichen Raum und z0g jich auf der Abendjeite am 
linten Ufer des von Platanen beichatteten Kladeos 
bin, erjtredte fi) im Süden oberhalb des Alpheios: 
bettes, ſchloß ih im Dften an das Stadion an 
und lehnte fih im Norden an den Südabhang 
des Kronion. Sie hatte in älterer (vorrömiſcher 
Zeit verjchiedene Pforten, aber nur 1 auf der 
Weſtſeite befindliches Eingangsthor, deſſen jchim: 
mernde Säulenhalle die Stirnjeite der Altis be: 
zeichnete: nur hier durften die Feſtzüge den Boden 
der Wltis betreten. Innerhalb zur Nechten des 
hier Eintretenden, nicht weit vom Eingange und 
nahe dem Hinterhauie des Zeustempels, ſtand der 
heilige wilde Olbaum (xorıvog, Aula vakkı- 
srepavog), von defjen Zweigen ein Knabe, defien 
Eltern beide noch am Leben waren, mit goldenem 
Meſſer die Siegeskränze abichnitt; in feinem Ge: 
hege (wohl irrtümlich von Neueren Pantheion ge- 
nannt) befand fich ein Altar der tauipendenden 
Nymphen. 
auf mäcdtigem Unterbau, von einer ftatuenbefräng: 
ten Zar umgeben, der Tempel des olym-: 
piſchen Zeus, begonnen DL. 77 (472—469 v. €.) 
(nicht ſchon DI. 52) von dem eleiſchen Architekten 
Libon und um DI. 80 (etwa 460 vd €.) in der 


' Hauptfache vollendet; Fußboden, Säulen und Bild- 


werte jind an ihrem Orte wieder aufgefunden und 
jeit 1875 bloßgelegt worden. Es war ein toloj: 
jaler, 22 = hoher, über 27m breiter und etwas 
über 64m (200 olympilche Fuß) langer Hypäthral⸗ 
tempel (j."Traıt# E05), und zwar ein doriſcher Pe— 
ripteros (j. Templum, 3.) mit 6, etwa 2m Diden, 
Säulen auf der Breit: und 13 auf der Längen— 
jeite, aus einem mit feinem Stud überzogenen 
Kalt (Boros), der in der Nähe gebrochen wird, der 
Unterbau und die Cellawände ebenfalls aus Salt: 
jtein, die Dachziegel von penteliihem Marmor. 
In ihm ftand, etwa 20 Jahre nach Vollendung 
des Tempels aufgeitellt, das großartigfte und 
ihönfte Werk der helleniſchen Plaftif, der olym— 
piſche Zeus des Bheidias, aus Bold und Elien: 
bein, nach der Schilderung Homers (Il. ı, 528 ff.) 
gearbeitet. Ein mächtiges, 6,50m breites, 9,50 
tiefes und etwa 4m hohes Bojtament aus jchwar: 
zem Kalkſtein war mit den vergoldeten Geſtalten 
der olympijchen Götter gejchmüdt, eingefaht von 


dort befindlichen Heiligtums ftreitig machen könnte. | Helios und Selene. Auf diejem Bojtamente, dem 


Jenſeits des Kranzbaums erhob fich : 


S 


Olympia. 


Abbilde des Dlympos, ftand der Thronſeſſej, ein 
von Gold und Üdeliteinen, von Elfenbein und 
Ebenholz jchimmerndes Werk, mit mannigfachem 
Schmude bededt: auf dieſem Throne ſaß, etwa 
12m hoch, Zeus, im deſſen Antlig fich welter: 

— Macht und väterliche Milde paarten. 
In der Linken ruhte das Scepter mit dem Adler 
darauf; auf der ausgeitredten Rechten ftand die 
Siegesgöttin Nite, ebenfalls aus Gold und Elfen: 
bein, dem Gotte mit der Siegesbinde zujchwebend, 
feines Winfes gewärtig. Vgl. die nebenjtehende 
Abbildung einer Münze 
von Elis. Man begriff 
faum beim Anjchauen, 
wie der Tempel diejen 
Gott faſſen könne. Paus 
5,11, 1. Das öftliche 
Siebelfeld der Fronte 
des Tempels zeigte in 
plaftiiher Darftellung 
des PBaionios (f. d.) von 
Mende die Borbereitun- 

gen zum Bettlampfe zwiſchen Dinomaos und 
Belops (ſ. d.); das weitliche den Kampf ber 
Kentauren und Yapithen von Alkamenes von 
Athen (i. Bildhauer, 6.); die Metopen des 
inneren Frieſes zwifchen den Anten des Pronaos 
und denen des Opiſthodomos über den Tempel: 
thüren (die äußeren Metopen entbehrten des bild- 
haueriſchen Schmudes) die 12 Arbeiten des Herakles. 
Bon den, ihrem fünftleriichen Werte nad) jehr ver- 
ichiedenen, Figuren der Giebelfelder (teilweije jo 
wenig vollendet, daß einzelne Gelehrte das Zeug: 
nis des Baujanias, wonach Paionios und Alka— 
menes die Urheber derjelben waren, verwerfen zu 
müflen glauben) und der Metopen find bedeutende 
berrejte aufgefunden worden. Auf der Djtjeite 

des Tempels, mitten auf der zu ihm hinauf füh- 
renden Rampe, ftand ein Opferaltar. Oſtlich des 
Zeustempels lag das (nicht aufgefundene) Hippo— 
dameion, nördlich das 1879 aufgedeckte Heilig— 
tum des Pelops (Pelopion), noch weiter nörd— 
lich das der Hera Geraion), ein altertümlicher 
doriſcher Tempel mit umlaufender Säulenhalle, in | 
dem die denfwürdigiten Altertümer und foftbarften | 





851 


das ganze Bauwerk intereffant als der erfte uns 
befannt gewordene Rundbau griechiſchen (nicht 
römischen) Urſprungs. Endlich nördlich des Phi: 
lippeion lag das Prytameion, welches den nord- 
weftlichen Abichluß der Altis bildete, mit einem 
Speijejaale, in dem am fünften Tage des Feſtes 
ein von den Eleiern veranftaltetes Feſtmahl die 
Sieger vereinigte, und einem Heiligtum der 
Hejtia. Nordöftlich des Zeustempels befand fich 
der große, runde ZYeusaltar, der Mittelpunkt 
der Altis jowohl in räumlicher Beziehung als in 
Hinfiht auf jeine religiöfe Bedentung, errichtet 
auf einem fteinernen Unterbau von 125 Fuß Ilm: 
fang (der ſ. g. Prothyſis, auf welder die Opfer: 
tiere geichlachtet wurden) aus der mit Waller aus 
dem Alpheios vermijchten Aſche der verbrannten 
Schenkellnochen der Opfertiere. Auf ihm wurde 
jahraus jahrein täglih von den Eleiern ein 
offizielles Opfer dargebradyt. Zwiſchen ihm und 
dem Zeustempel jchüßten 4 Säulen mit einem 
Dache eine Holzjäule, den angeblichen Reſt von 
Haufe des Dinomaos. Im Norden der Altis, aljo : 
an dem vortretenden Fuße des Stronionbügels, 
ftanden, überragt von dem zwiſchen ihnen und der 
Spitze des Hügels erbauten Tempel der Eilei: 
thyia, auf einer Terraſſe in einer Reihe von W. 
nad) D. 13, meiftens vor den Perjerfriegen erbaute 
Schatzhäuſer verichiedener Städte (Bela, Sikyon, 
Megara, Selinus, Syrakus un. a.) in Form feiner 
Antentempel (j. Templum, 3.), deren Funda— 
mente 1878 bloßgelegt worden find, darunter be: 
jonders merfwürdig das in der zweiten Hälfte des 
6. Jahrh. dv. E. gebaute der Megareer mit einer 
einen Gigantenfampf darftellenden Giebelgruppe 
in altertümlihem Stile (zum großen Teile erhal: 
ten), wahrjcheinlih einem Werke des Dipoinos 
und Styllis oder ihres Schülers Dontas (j. Bild- 
hauer, 3.\, ihnen gegenüber die (16) Erzjtatuen 
des Zeus (Zäaveg), errichtet aus Strafgeldern der 
Athleten, deren Bajen 1878 aufgefunden worden 
find, und neben ihnen (weitlich) das Metroon, 
der Tempel der Göttermutter, ein feiner Peri— 
pteraltempel in doriſchem Stile, ebenfalls 1878 auf: 
gedeckt; endlich, zwiſchen dem wejtlichiten Schatzhauſe 
und dem Heraion, gleich jenen an den Bergabhang 





Geräte aufbewahrt wurden, 1877 aufgededt. Archi: | angelehnt, ein prächtiges Baumerf aus dem 2. Jahrh. 


trad, Triglyphen, Metopen, ſowie alles Gebält 
diejes ältejten aller Tempel Olympias und über: 
haupt Griechenlands waren anfänglih aus Holz 
(wie urſprünglich auch die Säulen) und wurden 
erſt mit der Zeit in Stein übertragen, die Wände 
der Cella aus Backſtein, der älteſte uns belannte 
Backſteinbau auf griechiſchem Boden. 15m weſtlich 
bes Heraion ſtand das ſ. g. Philippeion, nicht, 
wie Pauſanias (5, 20, 9) berichtet, von König 
Bhilippos nach jeinem Siege bei Ehaironeia, ſon— 
dern vielmehr von deſſen Sohne, dem großen 
Alerander, zum Andenken an den Vater errichtet, 
1878 in jeinen Fundamenten aufgefunden. Es 
war ein auf 3 Stufen fich erhebender Rundbau 
von gebrannten Ziegeln mit 18 ioniſchen Säulen 
teild aus Marmor, teild aus Poros, gefrönt mit | 
einem Meihgeident Dache, deflen inneres Kreis: 
—— ſchenke des Königs enthielt, nämlich 

hr Statuen feines Vaters Philipp, feines | 
Großvaters Amyntas, Wleranders jelbit, feiner | 
Mutter Olympias und feiner Großmutter Eurmdile, | 
von Leochares aus Gold und Elfenbein gearbeitet, 


n.&., ein als Architefturniiche durchgeführter Brun⸗ 
nen in römiſchem Stile, die |. g. Eredra des 
Herodes Atticus (j. Atticus, 2.) Sie war 
reich mit Figuren und Statuen geihmüdt; 2 runde 
Baldachine mit je 8 forinthiichen Säulen flanfierten 
das Balfin, welches, unmittelbar vor die Niſche 
elegt, aus marmornen Löwenköpfen in mächtigen 
Strome jein Waffer empfing, während auf der 
Mitte der Brüftung ein marmorner, nad Dften 
ſchauender Stier, das Sinnbild der Naturfraft, 
mit der Weihinfchrift ftand. Endlich den Oſtab— 
ſchluß der Altis bildete, an die Oftmauer gelehnt, 
die gegen 100m fange ioniihe Stoa der Echo, 
eine auf 3 Stufen ftehende, nach der Wltis hin 
geöffnete Wandelbahn, vor der die j.g. Proedrig, 
ein fünftleriich geichmüdter hoher Etandpiat für 
die mit der Feitleitung beauftragten Beamten, ſich 
erhob. Unbefannt ift die Lage des Theaters 
jowie die des Demetertempels, deſſen Briefterin, 
die einzige verheiratete Frau, das Ehrenrecht hatte, 
den Kampfrichtern gegenüber figend den Kämpfen 
zuzuſchauen. Von der Höhe des Kronion ſchaute 


4 * 





* 


852 


das Auge auf die Binnen der Tempel und Hallen, 
auf zahlreiche Altäre und auf die fait unzähligen 
Weihgeihenfe und Statuen drumten, bejonders 
Bildjäulen von Olympionifen und Dentmäler aller 
wichtigeren Ereignifle in Hellas: die Altis war 

leihjam ein Archiv der hellenischen Gejchichte in 

z und Marmor. — Aber auch der profane Raum 
außerhalb der Altis enthielt bedeutungsvolle Räum- 
lichkeiten und anjehnlicdye Gebäude: jo öftlich der 
Schatzhäuſer und der Zanes die parallel neben: 
einander liegenden beiden Kampfpläße, das 192,27 m 
(d. h. ein olympifches Stadion oder 600 olympijche 
Fuß) lange Stadion, dur einen geheimen, d.h. 
überdedten, gewölbten Eingang mit der Altis ver- 
bunden, und den mindeftens doppelt jo langen 
(leider jpurlos verjchwundenen) Hippodromos. 
Weftlich, zwischen Altismauer und Kladeos, an einer 
breiten, neben der Mauer hin laufenden und mit 
der Altis durch einige Pforten verbundenen Straße 
lagen, am weitejten nördlich: dad große Gym— 
nafjion, in der Form eines Tanggeftredten, auf 
3 Seiten von doriichen Säulenhallen eingefaßten 
Platzes zwiichen dem Weftabhange des Kronion 
und dem Kladeos, jüdlich davon und fich unmittel: 
bar anjchliegend die Palaiftra, der Übungsplatz 
für Ringer und Fauſtkämpfer, jüdlich von diejer 
der Theeloleön, d. h. die Wohnung der olym: 
pilchen Priefter (Paus. 5, 15, 8), und Daneben die 
Werfftätte des Pheidias, von der vielleicht 
Überrefte aufgefunden find (die Trümmer einer 
auf ihrem Grunde und aus ihrem Material er: 
bauten byzantinischen Kirche), endlich, der Südweſt— 
ecke der Altismauer vorgelagert, das Yeonidaion, 
erbaut (nach einer 1886 gefundenen Inſchrift) von 
Leonidas, des Leotas oder Leotes Sohne, in rö— 
mifcher Zeit umgebaut und zur Mufnahme römijcher 
rohen eingerichtet, ein Quadrat von etwa 80m 
Geitenlänge bildend, eingefaht von einer nad 
außen geöffneten ioniſchen Säulenhalle, im Innern 
einen von einer prächtigen doriſchen Berg 
eingefaßten Hof mit Balfin und zahlreiche Heine 
Nebenräume enthaltend. Endlich jüdlich der Süd: 
altismauer lag das Buleuterion (Rathaus) der 
Eleier, aus einem quadratijchen Mittelbau und 
2 Frlügelbauten in Rechtedform mit nach Weſten) 
daran gehängter halbrunder Apfis, 1879 bloßgelegt, 
vor dem ein Hofraum ſich befand, während im 
Süden eine von W. nach O. gerichtete Säulenhalle 
den Abichluß bildete. — Mit den alten pelaſgiſchen 


Bewohnern, deren König Dinomaos die * als 


Herrſcher von Piſa nennt, vereinigten ſich ſpäter 
achaiiſche Geſchlechter, welche ſich von Pelops her: 
leiteten: dem Pelops wurden nun Leichenſpiele an 
den Ufern des Alpheios gefeiert, neben der Ber: 


ehrung des pelaigiichen Zeus. Beides blieb, auch | 


als Herafles hinzutrat, deſſen Name der mythiiche 





Ausdrud für den Einfluß der dorischen Staaten ift. | 
ehernen Bildjäulen des Zeus. Der Sieger erhielt 
dom Obmanne der Kampfrichter (LHkod rs) einen 
pias, der Ermeuerer der Pelopsjpiele und der, 


Herakles, deſſen Thaten die Einrichtungen der 
Dorier darjtellen, ward nun der Feſtordner Olym- 


Gründer jener Sagungen, wodurdh Olympia der 


Mittelpunft des Peloponnes und von ganz Hellas | 


wurde. Die geichichtliche Zeit der Spiele beginnt, 
als Lykurgos von Sparta und Iphitos von Elis 


durch ein heiliges Bündnis, deſſen Urkunde noch 


200 n. E. auf einer metallenen Scheibe freisför: 
mig aufgeichrieben gezeigt wurde, den olympijchen 
Agon anordneten. Nun fing man bald an, die 


Olympia. 


Jahre nach den in jedem fünften Jahre wieder: 
fehrenden Spielen zu zählen (zuerft als Koroibos 
im Stadion fiegte, 776 Jahre v. E.), nach Stadien 
zu mefjen. Seit der 15. Ol. wurde die Teilnahme 
allgemeiner, erjtredte fich jeit der 30. Ol. über 
ganz Hellas, feit der 40. auf die Hellenen in Aſien, 
Sroßgriechenland und Sieilien. Die klaſſiſche Zeit 
eritredt ji) bis gegen die 90. DI. und weiter. 
Die Wirren des Achaiiſchen Bundes führten feine 
eigentliche Unterbrechung herbei, ebenjowenig die 
Herrichaft der Römer: Tiberius und Nero gewan- 
nen ſelbſt Siege in den Olympien. Während der 
Regierung Theodofius des Großen, 393 n. E., 
in der eriten Hälfte der 293. Olympiade jeit 
Koroibos, wurden die Olympien für alle Zeit 
eingeftellt. — In den erften Olympiaden bejtand 
der Kampf aus dem einfachen Wettlauf, jeit DI. 14 
(724 dv. E.) wurde der Doppellauf (dravlos) ein: 
geführt, DI. 15 der Dolichos, Dauerlauf, deſſen 
Länge verfchieden angegeben wird, T—24 Stadien, 
im leßteren Falle mehr als '/, deutiche Meile, 
DI. 18 Ringlampf und „Fünfkampf“, Bentathlon 
(Chu, Ölanog, Öpöuog, man, indrrisıs und jeit 
DI. 23 auch uyun). DI. 25 (680 v. E.) begann 
die erfte und für alle Folgezeit glanzvollite der 
ritterlichen Übungen, das Wagenrennen mit dem 
Biergejpann, DL. 33 das Meiterrennen (Pmzos 
#Eins) und der ſchwerſte der gymniſchen Kämpfe, 
das Pankration (Ringen und Fauſtkampf). DI. 37 
wurden auch Kämpfe für Knaben veranftaltet; 
DI. 65 kam noch der Waffenlauf hinzu, DI. 70 
das Wettrennen von Maulejeln, das bald wieder 
abgeichafit wurde, DI. 98 Wettrennen mit einem 
Zweigeſpann von Roffen, jpäter noch andere Wett: 
kämpfe. Seitdem die Zahl der Kämpfe ſich mehrte, 
füllte die geſamte Feſtfeier 5 Tage, vom elften bis 
zum fünfzehnten Tage des heiligen Monats zur 
Zeit der Sommerjonnenwende, und endigte mit 
dem Vollmond. Am allgemeinen wird man den 
1. Juli als den Anfang des Olympiadenjahres 
jepen fünnen. Die Reihenfolge der Wettfämpfe 
und Spiele ift nicht jicher befannt. Nach den Unter: 
juchungen von Holwerda (Ar. 3. 1880) fand 
am erjten der 5 Tage die Bovdvade, am zweiten 
der Wettfampf der Knaben, am dritten und vierten 
der der Männer, am fünften endlich die von den 
Siegern veranftalteten Opfer und das Feſtmahl im 
Protaneion ſtatt. — Nur freie Hellenen wurden 
zu den Kämpfen zugelaſſen, und von dieſen waren 
natürlich auch die arıuoı, &seßeig, lvaysıg aus: 
geichlofien. Die olympischen Kampfgeſetze enthiel: 
ten für alles genaue Beitimmungen. Das Richter: 
amt verjahen die "Eilavodi«aı (anfangs blof 1, 
dann 2, feit DI. 75 9, ſeit OL. 77 10, jeit DIL. 
103 12, feit DI. 104 8, ſchließlich feit OL. 108 10), 
durd) Purpurgewänder ausgezeichnet, auf einem 
Ehrenjig zur Seite des Stadions in der Nähe der 


Kranz vom heiligen Olbaum am letzten Tage 
der Feier, nachdem ihm vorher jchon, gleich nach 
Erringung des Sieges, ein Palmzweig gereicht 
worden war; und er gewann das Recht, eine 
Siegesjtatue in der Altis aufrichten zu laſſen; fein 
und feines Vaters und Baterlandes Name wurde 


feierlich ausgerufen. Bei den Feſtmahlen wurden 


dann Lieder (Fmivixıe) gefeierter Dichter gefungen. 
In der Baterftadt, in welche ein feierlicher Einzug 


6 


— 


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Iradjorjasugno, 'p'g uoa Fupıoa Iıediaaageqrasıdeya jpeisuymierdosg 











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Putter- Mauer 





Antike 





Olympias. 


ftattfand, wiederholten fich diejelben Ehren: die 
DOlympionften waren überall frei von öffentlichen 
Staatsleiftungen und hatten Ehrenfige bei Spielen 
und reiten. Seit DI. 80 etwa trat die Sitte ein, 
zu Olympia vor dem verjammelten Bolt Borträge, 
Schaureden (Lmiöderäeıg) zu halten und Dichterwerfe 
zu recitieren: Herodotos ſoll hier jeine Gejchichte 

r ‘Berjerfriege wenigſtens teilweije) vorgetragen 
haben. 


Verträge und Dofumente eingegraben. Tue. 5,18. 
Zuſchauer waren im allgemeinen nur Männer, 
wenigitens feine verheirateten Frauen: nad) Pau: 
janias durften Jungfrauen zuſchauen — ift dies 
richtig, wohl jedesfalls nur jpartaniiche oder nur 
eleiiſche. — An die Feſte knüpfte ſich dann auch 
ein Jahrmarkt, eine Meſſe. Von den Siegern gab 
es Berzeichnifle ; am häufigiten wird der Sieger im 
Stadion von den Schriftitellern (beionders Diodor) 
zur Bezeichnung der Olympiade beigefügt. — Die 
peloponnefiichen Olympien dienten jpäter, beſon— 
ders in der römischen Kaiſerzeit, den helleniſchen 
Städten, namentlih in Aſien, zum Vorbilde für 
ähnliche Spiele, die ung meijt nur durch Münzen 
und Steinjchriften befannt find — in 27 Städten. 
Schilderung von Olympia Strab. 8, 3535. Paus. 
5, 7 bis 6, 21. E. Eurtius, Olympia (1862); 
Beloponnejos Il ©. 52 ff. Burfian, Geographie 
von Griechenland II ©. 290ff. und das große 
Prachtwerk von E. Eurtius, Adler und Hirſchfeld: 
die Ausgrabungen zu Olympia (1877 ff., 5 Bbb.). 
Die Funde von Olympia (1882). Bötticher, Olym: 
pia, das Feſt und jeine Stätte (2. Aufl. 1385). 
Olympias, Olvunıdgs, 1) geboren um 380 v. C., 
als Kind Myrtale genannt (Just. 9, 7), war die 
Tochter des Neoptolemos von Epeiros. Frühzeitig 
verwaiſt, wurde jie erzogen von ihrem Onkel Aryb— 
bas (j. d.) und jpäteitens im Serbite des J. 357 
mit Philipp von Makedonien vermählt, welcher 
zugleich mit ihr auf Samothrafe in die Myſterien 
eingeweiht worden jein und hierbei Liebe zu ihr 
gefaßt haben ſoll. Plut. Alex. 2. Im J. 356 
gebar jie den Alerander und bald darauf die Kleo— 
patra und hat troß ihres leidenjchaftlichen, eifer: 
jüchtigen und phantaftiichen Weiens (Plut. Alex. 
2. 9) lange Jahre mit ihrem Gemahl in leiblichen, 
wo nicht gutem Einvernehmen gelebt, bis im 
Herbite 337 offene Entzweiung eintrat. Als Philipp 
nämlich zu dieſer Zeit die Mafedonierin leo: 
patra heiratete, und die neuen Verwandten des 
Königs darauf ausgingen, DO. mit ihren Kindern 
zu verdrängen, begab ſich diefe, von Alexander 
begleitet, nad) Epeiros, wo fie, jedem Verjöhnungs: 
verjuche Philipps unzugänglich, bis zu des legteren 
Tode (Herbit 336) verblieb, während Alerander, 
der weiter nad) Illyrien gegangen war, ſich zur 
Ausjöhnung mit feinem Bater und zur Rüdfehr 
bewegen lieh. Plut. Aler. 9. Just. 9, 7. Bei dem 
Tode — der das Opfer perſönlicher Rache 
des Pauſanias wurde (Ari⸗-tot. pol.5,10,1311b, 10, 
traf ſie der unbegründete Verdacht, den Mord an— 
geſtiftet zu haben. Leugnen läßt ſich jedoch nicht, 
daß ſie, um böſe ** unbekümmert, ihre 
Freude über dieſe Unthat in einer ihrem leiden— 
ſchaftlichen Charakter entiprechenden Weije bekun— 
dete und an Kleopatra und deren Kind Europa 


Außerdem wurden bier Belobungsdelrete, 
Ehrenbezengungen u. j. w. durch den Herold aus: 
gerufen und kamen jo jchnell zur Kunde von ganz | 
Hellas. Auf Säulen (orjAaı) wurden öffentliche | 





853 


raujame Rache übte. Plut. Alex. 10. Just. 9, 7. 
diod, Sie. 17, 2. Obgleich Alerander jie zärtlich 
liebte, verweigerte er ihr doch jtandhaft die ge: 


wünſchte Statthalterjchaft während jeiner Abweſen— 


heit; jie juchte fich indes wiederholt in die Staats: 
angelegenheiten zu mijchen (Plut. Alex. 39. Arr. 
7, 12) und ging, deöwegen mit Antipater zerfallen 
und von Alexander ernftlich zurecht gewiejen, nad) 
Epeiros, 330 (Plut. Alex. 39. Diod. Sie. 18, 49), 
wo fie Einfluß gewann und Wiakides, den Sohn 
ihres einft vertriebenen Oheims Arybbas, an der 
Herrichaft teilnehmen ließ. J’lut. Alex. 68. Paus. 
1, 11,3. Im J. 319 wurde fie von Polyiperchon 
aufgefordert, nach Makedonien zurüczufehren, fich 
an die Spige der Regierung zu ftellen und die 
Erziehung ihres Enfeld Alexander, des Sohnes 
der Roxane, zu übernehmen. Diod. Sie. 18, 49.57. 
Da fie fi gegen Kaffander und deſſen Partei 
nicht behaupten zu fünnen glaubte, blieb fie noch 
in Epeiros. Diod. Sie. 18, 58. Nep. Eum. 6. Im 
J. 317 aber fam ſie, voll leidenſchaftlicher Begierde 
jih an ihren Feinden zu rächen, mit einem mo: 
loſſiſchen Heere unter Aiafides nad) Makedonien 
und erlangte, von Polyiperhon unterftügt, die 
Serrichaft. Diod. Sie. 19, 11. Paus. 1, 11. Just. 
14, 5. Arrhidaios und Eurydike, die in ihre Gewalt 
gefallen waren, fanden ein jchredliches Ende (Diod, 
Sie. 19, 23. Ael.v. h. 13, 36. Paus. 8, 7. Just. 
a. a. O.), und an hundert edle Mafedonier von 
der Partei de3 Saflander wurden hingerichtet. 
Plut. Alex. 77. Just. 14, 6. Durch ſolche Grau: 
jamfeit machte jie ji) aber bei den Mafedoniern 
verhaßt; der aus dem Peloponnes herbeieilende 
Kaſſander ſchloß fie in Pydna ein, uud nach langer 
Belagerung und jchredlihem Mangel, der die Be: 
jagung faft aufrieb, ſowie nach einem vereitelten 
sluchtverfuche mußte fih D., der Sicherheit für 
ihre ‘Berjon zugejagt wurde, ergeben. Miod. Sie. 
19, 35.49. Just. 14, 6. Der wortbrüdige Kai: 
jander ließ indes die Verwandten der Ermordeten 
gegen fie als Anfläger auftreten; in einer Ber: 
lammlung wurde jie, in ihrer Abweſenheit und 
ohne voraufgegangene Verteidigung, verurteilt und 
von Häjchern des Kafjander, denen jie männlich 
und mutig entgegentrat, gefteinigt, im Jahre 316. 
Diod. Sie. 19, 51. Just.14, 6. Paus. 9, 7, 2. Ab⸗ 
handlung von Schneider (1885). — 2) eine Olym— 
piade, Zeitabjchnitt von 4 vollen Jahren, deren 
eriter Anfang, von PBetavius in das %. 777, von 
Gatterer und den meijten Neueren in das J. 776 
v. C. gelegt, vom Siege des Koroibos an gerech— 
net wird. Die große Wichtigkeit der olympiichen 
Spiele machte, dab diefe Zeitrechnung bei den 
Griechen die herrichende wurde. In den Sieger: 
verzeichnifien, welche im Staatsarchiv aufbewahrt 
wurden, ward dem Namen des jedesmaligen Sie: 
gers in Athen der des Arhon Eponymos, in 
Sparta des regierenden Ephoros, in Argos der 
Herapriefterin, in Delphoi der Pythia hinzugefügt. 
Die älteren Hiftorifer bedienen fich der Olympiaden 
bei Zeitrehnungen noch nicht ; der Sicilier Timaios, 
um 264 v. E., war angeblich der erſte, der regel: 
mäßigen Gebrauch davon machte, aber ihre An— 
wendung ift jchon für Philiftos (um 400 v. EC.) 
bezeugt; Polybios, Divdor von Sicilien, Dionys 
von Halikarnaß u. a. folgten nad. Da⸗die Zu— 
rüdführung auf die bei uns übliche Zeichrechnung 
mancherlei Schwierigkeiten bietet, jo ift im An: 


854 


nge eine chronologiſche Tabelle beigegeben worden. ' Olympia, der Ge 


a 

8* müſſen immer noch manche kleinere Aus— 
gleihungen ftattfinden; 3. B., da die olympijchen 
Spiele um die Mitte des Sommers gefeiert wurden, 


1} 


Ölympieion — Ölynthos. 


u Athen u. ſ. mw.,„aller den 
Dlympos bewohnenden Götter (Hom. II. 1, 399). 

Olympos, Olvunos, Olympus, 1) der ſüdöſt— 
liche Zweig des die Grenze zwiichen Makedonien 


und das attiiche Jahr ungefähr um diejelbe Zeit und Thefialien bildenden Gebirgsjugs (Hat. 7, 


beginnt, jo muß bei denjenigen Ereigniffen, die in 
die zweite Hälfte des attiichen Jahres fallen, von 
unferen Zeitrechnungsjahren 1 abgezogen werden. 
Sofrates wurde zum Tode verurteilt DI: 95, 1. 
— 400, er ftarb aber im 11. Monat des Jahres, 
Thargelion, aljo 399, u. dgl. m. 

Olympieion. Olvurisıor, Olvunısiov, eigent: 
lih ein Tempel des olympifchen Zeus (3. B. in 
Athen), fodann 1) ein Städtchen an der Oſtküſte 
Siciliens, 1500 Schritte von Syrakus entfernt, 
jüdlich neben der Mündung des Anapos. Bei der 
ſiciliſchen Erpedition der Athener wird es von 
Thukydides oft genannt (3. B. 6, 71. 7,5). Bei 
Livius (24, 33) heißt der Ort Olympium, bei Dio: 
dor (13, 6) Oivumıor. — 2) Ortichaft auf Delos. 

Olympiodöros, Olvumidwgos, 1) Sohn des 
Lampon, athenifcher Anführer im zweiten Perſer— 
friege. Hadt.9, 21. — 2) Yehrer des Epameinondas 
im Flötenſpiel. Nep. Epam. 2. — 3) atheniicher 
Feldherr im Kriege gegen Kaffander, 304 v. E., 
und gegen Demetrios Poliorfetes, 287 v. E.; auch 
Arhon in Athen. — 4) Philoſoph und Erflärer 
des Platon in Alerandreia unter Juſtinian. Was 
wir von feinen Schriften fennen und bejigen, bes 
zieht jich alles auf Erflärung des Platon; ob er 
jedoch jämtliche Schriften desjelben fommentiert 
hat, ift ungewiß. Wir haben von ihm Scholien 
= Borgias, Philebos, Phaidon und dem erjten 

Ikibiades, auch ein Leben Platons, eigentlich ein 
Stüd der Einleitung de Kommentars zum erften 
Alkibiades. Noch ift nicht alles gedrudt, was ſich 
von ihm in Handſchriften erhalten hat. Die ver: 
ichiedenen Kommentare fcheinen Reſte fchriftlicher 
Aufzeichnungen feiner mündlichen Vorträge durd 
feine Schüler zu fein. Sie find jelbftändige Aus- 
führungen im Sinne und Geifte der neuplatoni: 
ihen Lehre, zeigen dialeftiiche Schärfe und viele 
Belejenheit in der älteren griechiichen Litteratur 
und ein löbliches Streben nach Reinheit und Be: 
ftimmtheit des Ausdrudse. Für die Wortfritif 
bieten fie wenig Hülfe. — Ausgg. des Kommen: 
tars zum Phaidon von Findh (1847), zum Gorgias 
von Kahn (1848), zum Bhilebos von Stallbaum 
(Anhang zu defien Ausgabe des Vhilebos, 1826), 
zum Alkibiades von Ereuzer (1821). — 5) aleran: 
drinifcher Grammatiker und Erflärer des Ariſto— 
teles im 6. Jahrhundert m. C. Ubrig von ihm 
ift ein Kommentar zu Nriftoteles’ Meteorologifa, 
der in 51 rod£sıg eingeteilt ift. — 6) O. Onßeios, 
ein Gejchichtichreiber aus Theben in Agnpten, lebte 
in Byzanz und fchrieb als Fortſetzung des Euna: 
pios ein Werk in 22 Büchern - - forogınol Aöoyoı —, 
worin er die Geichichte des weſtrömiſchen Neichs 
von 407—425 n. E. behandelte, mehr eine Mate: 
rialienjammlung als ein eigentliches Geſchichtswerk. 
Photios hat uns einen Auszug daraus erhalten. 
Ums Nahr 412 war er mit einer Sendung an 
den Hunnenkönig nach Ungarn betraut. Sammlung 
der Fragmente von Müller, fragm. hist. Graee. IV 
p. 57 ff., und X. Dindorf, hist. Graee, minor, 1, 

'O3BA os, -te. Beiname verjchiedener Götter 
und Göttinnen, des Zeus (Tom. Il. ı, 353), des 
Herafles (Hat. 2, 44), der Hera, der Eileithyia zu 


Tr — — —— — — — — — —— ——— ne 


129. 172); am gewöhnlichſten wurde der Name 
beſchränkt auf den äußerften Teil des Gebirges, 
der fich parallel mit der Küfte Pieriad von der 
Stadt Dion bis zur Mündung des Peneios er: 
ftredt und durch das Tempethal vom Dfia ge: 
trennt wird. Hat. 1, 56. 7, 129. Thuc. 4, 78. Der 
Olymp erreicht eine Höhe von 2973" und ift mit 
ewigem Schnee bededt, unterhalb defien fich düftere 
Tannenwälder und meiter hinab reiche Laub: 
waldungen, hier und da durch fchroffe Felsipigen 
und jähe Abgründe unterbrochen, hinziehen. Xerres 
fonnte ihn von Therme in einer Entfernung von 
15 geogr. Meilen deutlich jehen (Hat. 7,8 128). 
Der jegige Name ift bei den Griechen noch Elym— 
pos, bei den Türken Semavat Evi, d. i. Siß der 
Himmlischen. Bon diejem berühmteften Götterberge 
ging der Name auch auf andere Berge über. — 
2) Gebirge in Myſien, an der sc gegen Bi: 
thunien und Phrygien; j. Keſchiſch-Dagh. Hat. 
1,36. 7, 74. Strab. 12, 574. Eine Fortſetzung 
desſelben nach Oſten iſt wohl der von Livius 
(38, 18 f.) genannie Olympos. — 3) Vulkan und 
Stadt im füdöftlichen Lyfkien. Strab. 14, 666. 
4) 2 Gebirge auf Kiypros, im NO. und im ©. der 
Inſel. Strab. 14, 682. — 5) Berg bei Sellafia 
in Lakonien. Pol. 2, 65. — 6) Berg in der Nähe 
von Olympia. — 7) mythiſcher Sänger und Mu: 
fifer, der, wie Marſyas und Hyagnis, dem phm- 
giichen Kultus der großen Göttermutter, der Kom: 
banten und ähnlicher Weien angehört und befonders 
das Flötenſpiel ausgebildet haben joll. Er war 
Liebling und Schüler des Marſyas. Ein Geſchlecht 
in Phrygien, das wahrſcheinlich bei den Feſten 
der großen Göttermutter die Flötenweiſen jpielte, 
leitete fi) von ihm ab, und % dieſem Geſchlechte 
gehörte — 8) der jüngere Olympos, eine hiſto— 
riſche Perſon, der unter den Griechen auftrat 
und Griechen zu Schülern hatte, auch bei ihnen 
der Flöte eine der Cither ebenbürtige Stellung 
verſchaffte und dadurch einen großen Einfluß auf 
die Entwickelung der griechiſchen Muſik übte (ogl. 
auch Musica, 4.). 

Olynthos, Olvr®os, bedeutende griechiiche Ko: 
lonie am innerften ®intel des Toronaiifchen Meer: 
buſens, 60 Stadien nördlich von Potidaia (Thu. 
1, 63) zwijchen den Halbinſeln Pallene und Si: 
thonia. Hdt. 7, 122, Xen. Hell. 5, 2, 12. Strab, 
7, 330. Bom Heere des Xerres wurde D. erobert 
und dann mit GChalfidiern aus der Gegend von 
Torone bevölkert (dt. 8, 127. Thuc. 4, 128); 
bejonders aber wuchs die Stadt, als zur Zeit des 
peloponnefischen Krieges viele Bewohner der klei— 
neren Städte dorthin überfiedelten. So gelangte 
DI. zu einer jelbftändigen Macht und Fonnte jich 
lange gegen die Athener, Spartaner, Mafedonier 
halten. Thuc. 1, 62. 2, 70. 79. 5, 18. 39. Xen. 
Ilell. 5, 2, 115. Als es jedoch viele challidiſche 
und thrafiiche Städte im Bunde mit fich vereinigte 
und auch andere dazu zwingen wollte, jchidten 
die Spartaner im Einverftändnig mit dem male: 
doniichen Könige Amyntas ein Heer dahin und 
nötigten die Stadt, ſich der jpartaniichen Sym— 
machie anzujchließen, 379 v. C. Xen. Hell.5, 8,26. 


Omina — ÖOnomarchos. 


Dennoch blieb fie lange die mächtigfte Stadt auf 
der Ehalfidiihen Halbinjel und wurde von Phi: 
lipp von Mafedonien noch durch den Befig von 
Potidaia verftärtt. Als aber derjelbe König zur 
Gründung einer Seemacht alle griech. Seettähte 
an der thrafijch:maledonijchen Küfte erobern wollte, 
leiftete DL. den hartnädigiten Widerjtand; es wurde 
aber, da die Athener troß der olynthiichen Reden 
des Demofthenes mit der Hülfe zögerten, im J. 
347. von Lafthenes und Euthnfrates verraten, er: 
obert und gänzlich zerjtört, ift auch nie wieder: 
hergeitellt worden. — Dlynth lag an der Stelle 
des heutigen Aio Mamas; die geringen Überreſte 
heißen j. Stylari. Abhandlung von Bömel (1827), 

Omina ſ. Divinatio, 13. 

Omphäle ſ. Herakles, 11. 

Oppe).ös, 1) lateiniſch umbo, Budel, hervor- 
ragende oder jpigige Erhöhung auf der Mitte des 
Schildes, Zroupakıor, teild um die Pfeile davon 
abgleiten zu laffen, teil$ um im Handgemenge 
niederzuftoßen. — 2) fpezielle Bezeichnung von 
Delphoi bei griechiſchen Dichtern, der „Nabel der 
Erde”, bafiert auf dem Mythos, Zeus habe zu 

leicher Zeit 2 Adler von Welten und Often aus: 
— laſſen, die in Delphoi zuſammengetroffen. 
Zum Andenken daran ſtanden im Tempel des 
pythiſchen Gottes, neben dem kegelförmigen Mar— 
morblode, der den Nabel der Erde vorſtellte, 2 gol: 
dene Adler, die jpäter der phokiſche Feldherr Phi— 
lomelos entfernte. Nachmals wurden aud andere 
Orte für den Mittelpunft der Erde angejchen, 
3. B. Enna auf Sicilien (Cie. Verr. 4, 48, 106). 
— 3) = umbilicns, Knopf an dem Stabe, um 
den die Bücher gerollt wurden, j. Bücher- 
wesen, 6. 

Onager, 1) eine Wurfmaſchine, j. Tormenta, 5. 
— 2) ein Tier, das bei den Venationen vorfommt 
(Cie, ad Att. 6, 1, 25. Mart. 13, 100), nicht das 
Zebra, jondern wohl entweder dad Dichiggetai 
(equus hemionus) oder Wildejel (Dio Cass. 76,1). 

Onätas, Ovaräg, f. Bildhauer, 3. und 
Maler, 3. 

Onehesmos, '"Oyrnouos, bei ſpäteren Schrift: 
jtelern Ayrlaouos, Hafenftadt der epeirotijchen 
Landſchaft Chaonia, Kerfyra gegenüber, mit einem 
Tempel der Aphrodite; nad ihr nennt Cicero 
(ad Att. 7, 2) den für die Fahrt von Epeiros 
nad Ftalien günftigen Wind Onchesmites. Strab. 
7, 324. 5%. Ruinen Hagii Saranta. 

Onchestos, Oyxnorös, 1) jehr alter, jchon dem 
Homer (11. 2, 506) befannter Ort in Boiotien im 
Gebiete von Haliartos an dem jübdöftlichen Ende 
des Ropaisjees, mit berühmtem Hain und Tempel 
des Poſeidon auf einem Hügel; Mittelpuntt einer 
alten Amphiltyonie und 1 länzender mit hippi= 
ichen Agonen verbundener 5 eipiete (Hom. hymn. 
ın Apoll. pyth. 52 ff.). — 2) Fluß in Theffalien, 
der durch das Schlachtfeld von Kynostephalai in 
den Boibeisjee floß (Liv. 33, 6. Pol. 18, 3, 5), 
wohl derjelbe Fluß, den Herodot (7, 129. 196) 
Oröywvog nennt. 

Oneia, Orvsıa öon, d. i. Ejeläberge, hieß Die 
etwa 600m hohe, jet kahle Berglette, die fich ſüdlich 
dem Yithmos gegenüber von Korinth nach Ken- 
chreai erjtredt, ald Zugang zu dem Peloponnes 
jehr wichtig und Gegenjtand gäufiger Kämpfe. Xen. 
Hell. 6, 5, 51. 7, 1,15. 41. Thuc. 4, 42. 44. 





855 


Pol. 2, Plut. Cleom. 20. Sie heißen jept 
Bergkette von Heramilia. 

Oneiros, "Ovsıgog, der Traum. Homer fennt 
feine Berjonifilation des Traumes, feinen Traum: 
gott (j. Divinatio, 4.). Die Vorftellung von dem 
Aufenthalte der Träume auf dem Wege zum 
Hades (Hom. Od. 24, 12) ift ein Ergebnis der 
Neflerion, jowie die, daf die täujchenden Träume 
durch eine elfenbeinerne, die wahrhaftigen durd) 
eine hörnerne Pforte hervorgehen. Hom. Od. 
19, 562. Man erkennt in der Stelle jelbit die 
etymologiſche Entjtehung. Bei Hefiod heißen die 
Träume Kinder der Nacht (theog. 212), bei Euris 
pide3 Söhne der Erde, jchmwarzgeflügelte Genien 
(Hec. 21); Ovid (met. 11, 633) nennt fie Kinder 
des Sclafgottes und führt aus der unendlichen 
Zahl die 3 vornehmften an: Morpheus, Icelus 
(Eixslog) und Phobetor. 

Onesikritos, Ovnsixgırog (auch Onesikräter, 
Ornsingdens), 1) aus Nigina oder Aſtypalaia, 
Schüler des Diogenes, doch erft im jpäteren Alter; 
dann Begleiter Aleranders des Gr. auf feinem 
Zuge nach Afien, der ihn mit einer Gejandtichaft 
an die Gymmojophiften in Indien beauftragte 
(Strab. 15, 714), dann unter Nearchos' Leitung 
zum Oberjteuermann der flotte machte, welche den 
Seeweg vom Indos zum Euphrat entdeden jollte. 
Arr. 6, 2,3. 7,5, 6. Er hinterließ eine weitſchich— 
tige Bejchreibung der Thaten Aleranders, deren 
hiſtoriſcher Wert jedoch gering anzuſchlagen iſt, da 
er überall als Lobredner Aleranders auftritt. Schon 
feine Zeitgenofjen, Alerander jelbft und Lyſimachos, 
waren von der Treue und Wahrheit jeiner Dar: 
jtellung wenig erbaut. Lac. hist. conser. 40. Plut. 
Alex. 46. Gell. 9, 4. Auch der Geograph Strabon 
hat ihn wegen jeiner indiſchen Wundergeichichten 
ſcharf mitgenommen (15, 689 ff.). Nur wenige 

agmente find erhalten, gejammelt von Müller, 

eript. hist. Alex. M. p. 47 (Anhang zu Dübners 
Ausgabe des Arrian). — 2) ein Lehrer des Com: 
modus im Griechiſchen. Lamprid. Comm. 1. 

Onka, Oyxa, Beiname der Athene in Boio— 
tien, von dem Flecken Onkai, wo jie ein Heilig: 
tum hatte. Das onlaiiſche Thor zu Theben hatte 
von ihr den Namen. Aesch. Sept. c. Th. 501. Der 
Kult diejer in Boiotien einheimijchen Göttin ſoll 
nach jpäterem Glauben von Kadmos aus Phoini— 
fien eingeführt worden jein. 

Onochönos |. Onchestos, 2. 

Onomakritos, Ovoudxgırog, ein Athener zur 
Beit des Beififtratos und feiner Söhne. PBeififtra: 
tos bediente jich jeiner zur Redaktion der home: 
riſchen Gedichte, wobei er fich nterpolationen 
erlaubt haben joll. Nach Herodot (7, 6) war er 
zenouoköyog und duatirng gonsuuv raw Mov- 
satov, er hat alſo Weisjagungen und Dralel: 
iprüche, die unter des Mujaios Namen umgingen, 
gejammelt und geordnet. Da er ji) aber hierbei 
Interpolationen zu jchulden fommen lich, jo ward 
er, von Laſos ertappt, von Hipparchos, defien 
Vertrauter er gewejen jein joll, aus Athen ver: 
bannt. Später mit den Beififtratiden ausgejöhnt, 

ing er mit diefen nach Suja und vermochte mit 
ihnen durch jeine Weisjagungen den XZerres zum 
Striege gegen Athen. Auch die orphiichen Weis- 
jagungen joll er gefälicht und vermehrt haben. 
Abhandlung von Ritſchl, opuse. Ip. 238 fl. 
Onomarchos, Oröugeyog, nad) Aristot. pol. 


52. 


856 


Onosandros — Opfer. 


5, 3. 4 Sohn des Euthufrates; nad Diod. Sie.\in 2 Hauptflaffen einteilen: blutige und un- 


16, 61 dagegen Bruder des Philomelos (j. d.), 
Anführer der Phokier im heiligen Kriege nad) 
dem Tode des Philomelos (354 v. E.), jammelte 
die zerftreuten Truppen, plünderte die noch übri- 
gen Tempelihäge zu Delphoi und verwandte jie 
zur Ergänzung und Ausrüftung feines Heeres. 
Er madıte Einfälle in Lolris, Doris und Boio- 
tien, befiegte, feinem Berbündeten Lyfophron von 
Pherai zu Hülfe ziehend, im 2 Schladhten den 
Philipp in Theſſalien, wandte ſich nad) Boiotien 
und eroberte Koroneia; als er aber zum zweiten: 
mal nach Theflalien zog, wurde er von Philipp 
eichlagen und, als er jich durch Flucht zu retten 
achte, von jeinen eigenen Leuten getötet, 352. 
Diod. Sie. 16, 31 f. 

Onosandros, Orooardpog, ein Blatonifer unter 
Nero, Verfaſſer einer Schrift über Kriegstunft und 
eines Kommentars zu Platons Republik. Erhalten 
ift fein orgarnyırog, Unterricht für einen Feld: 
herrn, gewidmet dem Beranius, der 49 n. C. Kon: 
jul war und 59 ftarb, eine Schrift, in der er fich 
vorzüglich den Zenophon zum Mufter nahm, wenn 
ne nicht erreichte. MAusgg. von Schwebel (1762), 
Korais (1822), zulegt von Köchly (1860). 

"Ovov yva®o; |. Lakonika, 2. 5. 

Onyx, övv£, ein von den Alten ſehr gejchägter 
Edelftein von der Farbe des Nagels (övv£, un- 
guis), gelb, braun oder rot, mit weißen Adern 
Tegelmäßig durchzogen, von den Alten zu Kameen, 
deren Schönheit noch jet bewundert wird, aber 
auch zu Heinen Salbenbüchschen benußt, mas das 
Wort daher bisweilen auch bedeutet. Berühmt ift 
in neuefter Zeit bejonders das fjogenannte mans 
tuaniiche Onyrgefäß, früher im Befiß des Herzogs 
von Braunjchweig. " 

Opérae, die Arbeit, der Dienft, weldyer Aus: 
drud in der Berbindung operarum locatio und 
conductio oft vorfam. Es pflegten nämlich Herren 
ihre Sflaven an Dritte zur Arbeit oder zu Gla— 
dDiatorenfpielen zu vermieten. Auch bermieteten 
freie Leute ihre operae, und dieje hießen dann 
operarii, mercennarii, Tagelöhner, Dienjtboten. 

Opfer. Am weiteften Sinne ift Opfer jede 
den Göttern dargebrachte Gabe zur Anerkennung 
der Abhängigkeit von denjelben, zur Bezeugung 
der Ehrfurcht und Dankbarkeit und zur Er angung 
der göttlihen Gnade (über die Sühnopfer ſ. Lu- 
stratio). Unter diefen Begriff jallen auch die 
Weihgeſchenke, die jich jedoch von dem Opfer im 
engeren Sinne dadurch unterjcheiden, daß fie die 
Beitimmung eines bleibenden Beſitzes für die 
Gottheit haben, während das eigentliche Opfer 
nur den augenblidlichen Genuß derjelben bezwedt. 
Es wurde daher in der Regel jogleich zerftört und 
mußte öfter wiederholt werden. Übrigens rechnet 
man zu den Opfern auch noch jolche Gegenjtände, 
die in Heiligtümern zwar nur niedergelegt oder 
aufgehängt wurden, aber ihrer Natur nach nicht von 
langer Dauer waren, wie die Erftlinge der Früchte, 
Blumen u. dgl. (dxgodirıe, primitiar) Bei den 
riechen und Hömern war das Opfer Haupt: 
bejtandteil des Kultus und Mittelpunft der meijten 
Feſte. Es wurde geopfert an Feſten und an ge 
wöhnlichen Tagen, jowohl von einzelnen Privaten, 
von Familien und Seichlechtern, wie vom Staate, 
bei allen bedeutenden Ereignifien im Leben der 
Einzelnen wie des Volles. Man kann die Opfer 


blutige. 1) Zu den unblutigen Opfern ge 
hören die Erftlinge des Treldes, welche als ältejte 
Art des Opfers einer einfachen, kindlichen Zeit 
bezeichnet werden (Plat. leg. 6, p. 782 C. Or. 
fast. 1, 337 ff.), Kuchen (reiaroı, placentae sa- 
erae), bejonders Honigkuchen und anderes Bad: 
wert. Diejes legtere hatte oft die Geftalt von aller: 
lei Tieren. Eine eigentümliche Sitte bei Griechen 
und Römern war es, daß man joldhe Figuren 
aus Teig oder Wachs, auch aus Holz, in Ermange: 
lung wirklicher Opfertiere ftatt derjelben darbrachte 
(hietae vietimae, sacra simulata. Hat. 2, 47. 
Plut. Lacull. 10). Zu den unblutigen Opfern 
gehören auch die Rauchopfer, die urjprünglid) 
aus einheimiichem Rauchwerk (Cedernholz, dor. 
beerblättern, Gummiharz u. dgl.), jpäter beronbert 
aus Weihrauch bejtanden und oft mit dem Tier: 
opfer und den Spenden verbunden waren. Hom. 
Il. 6, 270. 9, 499. Thuc. 1, 126. Das Tranl: 
opfer, Spende, orxordn, libatio, der Ausguß 
einer Flüffigkeit, namentlich Wein!, wurde ent: 
weder in Verbindung mit Brandopfern dargebracht 
in_der Abficht, der Gottheit neben dem Genuſſe 
der Speife auch den des Tranfes zu bieten, oder 
bildete ein jelbitändiges Opfer. Zranfopfer für 
ſich famen vor bei Gebeten um Gelingen eines 
Unternehmens (Hom. Il.9, 177. 16, 225. 24, 306), 
bei feierlichen Verträgen (Hom. Il. 3, 295), bei 
Totenopfern (yow, Hom. Od. 10, 518. +1, 26, 
inferiae, f. unten 10.) und namentlich auch bei 
dem eigenen Trunfe, indem man von der zu ge: 
nießenden Flüffigkeit die erjten Tropfen der Gott: 
heit ausgoß und dadurd den eigenen Trank 
Beiligte. Tom. Il. 7,480. Verg. A. 1, 736. 5, 77. 
Der zu fpendende Wein durfte bei Opferhand: 
lungen, aljo wenn es nicht eine einfache Libation 
bei Tifche galt, nicht mit Waſſer vermifcht fein 
(ausgenommen dem Hermes) und mußte, wie jedes 
Opfer, mit reinen Händen dargebradjt werden; 
außer dem Wein diente Honig, Mil, OT, teils 
einfach, teils gemifcht, zum Tranfopfer. Der Honig 
war neben dem Wein ein Hauptbeſtandteil der 
Totenipende. Manchen Gottheiten durften mur 
weinloje Spenden (vmpdlımı Bwolaı) dargebradt 
werden, wie den Mujen und Nymphen, dem He— 
lios, der Aphrodite Urania, den attijchen Eume— 
niden (Soph. O. C.). Beim Übergang vom dei- 
rrov zum ovumöcıor pflegten die Griechen ver: 
ichiedenen Göttern, namentlich dem dyados dai- 
ur und dem Zeig Lwrrje, zu libieren. Die 
Nömer gebrauchen libare aud dom PDarbringen 
trodener Gegenjtände, wie dapes (Liv. 39, 453), 
fruges (Cie. leag. 2, 8), tura (Ov. ex Pont. 4, 
8,39) u. a. — 2) Blutige Opfer. Das Tier: 
opfer war das hauptjächlichite und gewöhnlichſte 
u allen Zeiten des uns befannten Altertums. 
ie Wahl des Opfertieres war durch beftimmte 
Nüdfichten bedingt. Manchen Gottheiten durften 
gewiſſe Tiere nicht geopfert werden, toie der Athene 
die Ziege; andere dagegen verlangten wieder vor: 
Pi diejes oder jenes Tier, deſſen Opferung 
ihnen vor allen angenehm zu ſein jchien, ſei es, 
daß man ihnen ein bejonderes Wohlgefallen an 
demjelben zuichrieb, jei es, daß das Tier ihnen 
feindlich und verhaßt jchien. So erflärte man 
den Umſtand, dab der Demeter vorzugsweiſe 
Schweine, dem Dionyjos Börde geopfert wurden, 


2} 
- 


* 


— 


Opfer. 


daraus, daß das Schwein dem Aderfelde, der Bock 
der Rebe verderblich ift. Pojeidon liebte das Opfer | 
ſchwarzer Stiere (Hom. Od. 3, 6) und der Pferde; 
den Flußgöttern opferte man Pferde. Hom. n 
21, 132. Fiſche und Wildbret kommen ſelten als 
Opfer vor (Hirſche wurden der Jägerin Artemis 
garen, häufiger jhon Bögel (den Hahn erhielt 

jflepios, Plat. Phaed. p. 118 A., Tauben Aphro— 
dite, Wachteln Herafles). Die gewöhnlichſten Opfer: 
tiere jedoch waren Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine; 
die männlichen waren die koſtbarſten. Bisweilen 
vereinigte man 3 Tiere Ddiejer verichiedenen Gat: 
tungen, namentlih männliche, zu einem Opfer 
(reırrög, reırrua, suovetaurilia, solitaurilia), 
wie Hom. Od. 11, 131 Stier, Widder und Eber. 





Die Zahl der Opfertiere war bisweilen jehr be- 
trächtlich; fie ging, namentlich bei großen Feſten 
reiher Städte, oft in die Hunderte. Ju Rom 
wurde im zweiten puniſchen Kriege ein Opfer von 
300 Stieren gebracht. Liv. 22, 10. Auch Privat: 
leute machten darin zuweilen Aufwand. Hdt. 6,129, 
Eine volle Hekatombe (Fxaröußn) war eigentlich 
ein Opfer von 100 Stüd; doc nannte man auch 
jo jedes größere feierliche Opfer. Die zu jchlady: 
tenden Opfertiere mußten gejund und malellos 
jein (Ausnahme zu Sparta, Plat. Alcib.2,p.146 A.) 
und durften in den meijten Fällen noch nicht zu 
menſchlichem Dienfte verwendet worden fein; be: 
jonders war der Aderjtier von der Opferung aus- 
genommen. Auch eine gewiſſe Reife des Tieres 
war erforderlih. In Bezug auf das Geichlecht 
galt die Regel, daß männlichen Gottheiten männ— 
liche, weiblichen weiblihe Tiere geopfert wurden. 
Den oberen Gottheiten brachte man weiße, den 
unterirdijchen und aud) den Gottheiten des dunklen 
Meeres jolhe von dunkler Farbe dar. Hom. Il. 
3, 1083. Od. 3, 6. 11, 33. Dieje Beitimmungen 
En im ganzen bei Griechen wie bei Römern. 

ie legteren teilten die — in maiores 
und lactentes (Cie. legy. 2, 12, 29), in vietimae, 
d. i. Rinder, und hostiae, tielnere Tiere, bejon: 
ders Schafe (vietima maior est, hostia minor, 
5 Fronto). — Menſchenopfer waren dem älteften 
griechiichen Kulte, wie dem der meiften anderen 
Völker, nicht fremd. Bei manchen Kulten, wie 
bei dem des Inlaiischen Zeus in Arladien, mochte 
die rohe Auffaſſung obwalten, dab fich die Gott- 
heit jelbft an dem Genufje des Menichenfleiiches 
ergege; gewöhnlich aber lag der Grund der Ent— 
ftehung in dem Umſtande, daß das Volk, um den 
auf jeiner Gejamtheit ruhenden Zorn einer Gott: 
heit zu jühnen, einzelne aus jeiner Mitte preisgab. 
Solche Sühnopfer, die zum Teil aus dem Aus— 
lande nach Griechenland famen, wurden frühzeitig, 


857 


\jobald das Humanitätsgefühl des Griechenvoltes 
erftarft war, meijtens abgeichafit, indem man ſich 
mit ftellvertretenden Gegenſtänden begnügte, mit 
Tieren (Opferung der Iphigeneia, des Phrixos, 
j. Athamas), oder auch mit Jeblojen Dingen, 
oder, wo fie ſich erhielten, wurden ſie auf irgend 
eine Weiſe gemildert. So wählte man gemei— 
niglich zum Opfer Verbrecher, die doch dem Tode 
verfallen waren, und ſuchte die dem Tode Geweih— 
ten irgendwie zu retien, wie 3. B. bei dem Men— 
ichenopfer, das man jährlidy dem Apollon in Leukas 
von Felſen ſtürzte. Man geftattete dem Opfer 
die Flucht (ſ. Agrionia) oder begnügte ſich damit, 
dab Menjchenblut vergoffen ward (die Geißelung 
der jpartanijchen Knaben am Altar der Artemis 
Orthia; vgl. auch Kur. Iph. Taur. 1470). Die 
Menichenopfer bei Leichenbeftattungen (Hom. Il. 
21, 28) galten weniger den Göttern, als daß fie 
dazu dienten, den Schatten eines Berjtorbenen zu 
befriedigen und zugleich dem Zorn und Wache: 
gefühl der Hinterbliebenen genug zu thun. uch 
bei den Römern famen in alter Zeit Menjchen- 
opfer vor; namentlich wurden die unterirdiichen 
Gottheiten durch Menjchenblut gejühnt. Ubrigens 
wurde die graufame Gitte auch hier gemildert 
oder ganz abgeſchafft. Nach einem alten Geſetze 
des Romulus wurden gewiſſe Verbrecher (z. B. 
Verräter) den unterirdiſchen Göttern geweiht, ſo 
daß, wer ſie tötete, fein parricida war. Auch am 
Feſte des Jupiter Yatiaris wurde ein Verbrecher ge: 
opfert. An den Eompitalien, an denen urjprünglich 
der Mania, der Mutter der Yaren, Kinder geopfert 
wurden, opferte man jeit Junius Brutus Mohn: 
und SKnoblauchtöpfe, ut pro capitibus suppli- 
caretur (vgl. Argei). Erjt unter den Konjulat 
des En. Cornelius Lentulus und P. Licinius Erafjus 
(97 v. E.) wurden die Menichenopfer durd einen 
Senatsbeihluß aufgehoben. Plin. 30, 1,3. Doch 
famen ſolche noch jpäter bisweilen vor. Suet. Oet.15. 
— Die Opferhandlung und Opjergebräude 
bei den Griechen trugen wejentlid) das Gepräge 
eines Mahles, das der Menjch mit der Gottheit 
teilte, ohne deshalb der Heiligkeit des Anlafies zu 
vergeflen, die jelbit erjt jeinen außergewöhnlichen 
Genuß rechtfertigen mußte. Hauptſtellen für die 
griechifchen Opfergebräuche: om. Il. 1, 458 ff. 
Od. 3, 439 ff. 14, 414 ff. Kur. El. 792 ii Das 
Opfertier wurde, mit Kränzen und Binden ge: 
ihmüdt, aud) wohl mit vergoldeten Hörnern (Hom. 
Od. 3, 384; doch find bei Homer die Opfertiere 
noch nicht mit oreunuere geſchmückt), an den Altar 
geführt; folgte es gutwillig, jo war dies ein 
gutes Zeichen, auch wartete man mit der Schlach: 
tung, bis das Tier durdy ein Niden des Kopfes 
jelbjt gleihjam die Zuftimmung zu feiner Opfe: 
rung gegeben hatte. Nachdem alle Anwejenben ſich 
mit Waſſer, das durch das Eintauchen eines Opfer: 
brandes geweiht war, beiprengt hatten und zu 
heiliger Stille (evpnule, evpnueir) ermahnt wor: 
den waren, bejtreute man den Naden des Tieres 
mit geröjteten Gerftenlörnern, die die Stelle des 
Brotes vertreten jollten, jchnitt dem Tiere als 
Todesweihe einen Büſchel Haare von der Stirne 
und warf ihn ins Feuer und jchlug es alsdann 
mit einer Keule oder einem Beile zu Boden, worauf 
man ihm, damit man zur Beiprengung des Altars 
Blut gewinne, den Kopf zurüdbog und mit einem 
Opfermeſſer die Kehle akt. Bei Opfern für 


nn 


c 


* 
— 


10 


858 


unterirdiſche Gottheiten wurde der Kopf zur Erde 
niedergedrückt und das Blut in eine Grube ge— 
goſſen. Darauf häutete man das Tier ab, zer— 
legte es und verbrannte die den Göttern zukom— 
menden Stücke unter Libationen mit Räucherwerk 
und Opferkuchen auf dem Altare. Gewöhnlich be— 
ſtimmte man den Göttern das Fett, von jedem 
Gliede des Tieres etwas, oder beſondere Teile, 
namentlich die Schenkelknochen; das übrige ver— 
ehrten die Opferer teils ſogleich bei dem Opfer— 
—— teils wurde es, namentlich der Anteil 
der Prieſter, mit nach Hauſe genommen. Opfer, 
die ganz verbrannt wurden, waren ſelten. Von 
Totenopfern oder von ſolchen, die mit einem Fluche 
beladen waren, wurde nichts genoſſen, ſondern 
ſämtliches Fleiſch wurde vergraben oder ſonſt ver— 
nichtet. Zur Einleitung und zur Begleitung der 
Opferhandlung dienten Gebete, Muſik und Geſang 
und auch Tanz. — Die Opferhandlung der 
Römer hatte vieles mit der der Griechen gemein. 
Bei einem Staatsopfer zogen die Opfernden in 
ihrem Feſtſchmucke zu den im Freien errichteten, 
mit heiligen Kräutern und wollenen Binden um: 
wundenen Altären. Der Bräco forderte den Bon: 
tifer und den Magiftrat auf, die heilige Handlung 
mit aller Aufmerkſamkeit zu verrichten, und die 
Menge, fi ruhig zu verhalten (ut linguis fave- 
rent). Nachdem die befränzten Opfertiere bon 
den Opferdienern an einem jchlaffen Strid herbei- 
geführt, und die Unreinen weggewieſen worden 
waren, jprachen die Opfernden, den Altar anfafjend, 
ein von dem Pontifer vorgefprochenes Gebet, der 
Pontifex weihte das Opfertier mit einem Guß von 
Quellwaſſer und Wein, Opferjchrot (mola salsa: 
immolatio) und Weihrauch über den Kopf, koftete 
den Wein und gab ihn den Opfernden zu trinfen, 
Ichnitt einen Büſchel Haare von der Stirne des 
Tieres und warf ihn ins Feuer und fprach, nad): 
dem er, nad) Oſten gewandt, dem Tiere das Mefler 
ichräg von der Stirn zum Schweife gezogen: Das 
Tier ift geweiht (macta est — magis aucta). 
Der Opferdiener (vietimarius) fragte nun den 
Briefter: agone? Auf die Antwort: hoc age, 
ichlachtete er das Tier, das er, wenn das Opfer 
gut fein jollte, an der rechten Stelle treffen mußte. 
Dann durchichnitt der cultrarius dem Tier mit 
dem Meſſer die Kehle. (Bei Schweinen und Schafen 
bedurfte es des victimarius nicht, jondern bloß 
des cultrarius.) Das aufgefangene Blut wurde 
mit Weihrauch, Wein und Dpferfchrot auf den 
Altar gegoflen, dann nad einer Weinjpende das 
Tier auf dem Opfertiſch zerjchnitten, und die Ein: 
geweide mit Meſſern (mit den Händen durften fie 
nicht berührt werden) herausgenommen und von 
den Harufpices unterfucht (exta consulere). Waren 
die Eingemweide ungünftig, jo mußte ein zweites 
Opfer gebracht werden, und fo oft mehrere; war 
das Opfer unter günftigen Zeichen gebracht (lita- 
tum), jo folgte eine neue Spende und das Ver: 
brennen von Opferfladen (feretum, strues). Darauf 
wurden die exta dreimal um den Altar getragen 
und auf demjelben niedergelegt, dann die Götter 
eingeladen, die Gabe wohlmwollend anzunehmen 
(accipe, sume, cape libens, volens), die ihnen 
gebührenden Stüde mit Mehl, Wein und Weih: 
rauch überjtreut, in Körbe gelegt und auf dem 
Altar verbrannt. Nun folgte die adoratio, indem 
der Pontifex unter Kußhänden rechtwärts um den 


Ophelion — Opifices. 


Altar ging und mit erhobenen Händen zu ben 
betreffenden Göttern flehte; hierauf drehte er fich 
recht3 herum, brachte die Rechte zum Munde, indem 
er den Peigefinger auf den Daumen legte, und 
machte figend, während man bis dahin geftanden, 
die veneratio mit dem Bolfe. Nach nochmaliger 
Libation wurde das Volt mit den Worten: ilicet 
(ire licet) oder valete oder ex templo entlafjen. 
Die Priefter hielten hierauf ein prächtiges Feſt— 
mahl. Bei Brivatopfern veranftalteten die, welche 
das Opfer gebracht hatten, mit ihren Angehörigen 
und Freunden ein Mahl. Die den unterirdijchen 
Gottheiten dargebrachten Opfer biegen inferiae. 

Ophelion, Rpellor, 1) fomijcher Dichter in 
Athen, der neueren attiſchen Komödie angehörig. 
Einige Titel und Fragmente haben jich erhalten, 
gejammelt von Meinefe, fragm. com. Graec. Ill 
p. 380. (II p. 687 der H. Ausg.), und Koch, 
com. Att. fragm. II, 1, p. 293 f. — 2) Schrift: 
fteller über mediziniſche und naturhiftoriiche Gegen: 
ftände, von Plinius benugt. — 3) Sohn des Ari: 
ftonidas, um 160 dv. E., ein Bildhauer, von dem 
fih die Marmorftatue eines Römers im Youpvre 
zu Paris findet. Brunn, Gefch. der griech. Künjter 1 
©. 465. — 4) Maler aus unbelannter Zeit, der 
einen Ban und eine Nerope malte. 

Ophellas, 'Oge£ilas, ein Feldherr von Ptole: 
maios |, eroberte in deflen Auftrag Kyrene, 322 
v. E., und wurde Statthalter des Landes. Eine 
Empörung der Befiegten wurde 313 unterdrüdkt. 
312 machte er ſich Hnabhängig und ui 308 im 
Bunde mit Agathofles von Syrakus Anftalten zu 
einem Kriege gegen Karthago, wurde aber von 
jeinem Verbündeten hinterliftig getötet. Diod. Sie. 
18, 21. 20, 40 ff. 

Opheltes j. Adrastos. 

Ophion, Ogpior, 1) einer der älteften Titanen, 
mit feiner Gemahlin Eurpnome, einer Tochter des 
Okeanos, dor Kronos und Rhea herrichend, von 
diejen befiegt und in den Tartaros oder den Dfen- 
nos geftürzt. Apoll. Rhod. 1, 503. — ?) Gigant. 
— 3) Bater des Stentauren Amykos, der daher 
Ophionides heift (Or. met. 12, 245). 

Ophis, ’Ogıs, Fluß bei Mantineia in Arkadien, 
der in den Alpheios fiel. Xen. Heil. 5, 2,4. aus. 
8,847. 

'Ogtoöxos |. Sternbilder, 7. 

Ophryneion, Ogevreıor, Meine Stadt My— 
fiens in der Landichaft Troas in der Nähe des 
Pteleosjees zwiſchen Dardanos und Nhoiteion. 
Ein dort gelegener Hain war dem Heltor heilig. 
Hdt. 7,43. Xen. An. 7,8, 5. Strab. 13, 595. 

Opiei j. Italia, 7. 

Opiconsivia j. Ops. 

Opifices., Sandarbeiter, Önuoreyod, eine faſt 
im ganzen Wltertume gering geachtete Menſchen— 
klaſſe, jo daß im manchen Geſetzgebungen die 
Handwerker von ftaatsbürgerlichen Rechten ans- 
geichloffen wurden. Dies darf indefien teils des: 
halb weniger verwundern, weil die meiften Hand: 
werfe an das Hans feflelten, aljo vom Aufenthalte 
auf dem Marfte und in den Gumnafien aus- 
ſchloſſen und zu einer figenden Lebensart nötigten 
(daher Paravcog, zunächſt freilih von der als 
beionders aufreibend geltenden Lebensart der feuer: 
arbeiter); teil$ darum, weil auch die Schöpfer der 
edelften Kunftwerfe und die geiftiger Beichäftigung 
Obliegenden, wie jchon bei Homer die Arzte, 


Opilius — Oppii. 


Sänger, Wahrſager, ſich nicht durchaus größerer 
Geltung erfreuten. An Sparta lag aller Gewerb— 
fleiß ausjchließlich den Berioiten ob, in Athen 
ging derſelbe, ſoweit er nicht fabrifmäßig war, 
mehr und mehr aus den Händen der Bürger in 
die der Metoilfen über. Yunftzwang fand nicht 
ftatt. In Rom trieben das Handwerk meift Fremde 
und Sflaven (Cie. off. 1, 42: opifices omnes in 


sordida arte versantur, Sall. Cat. 49). Doch 
waren auch manche zugleich Bürger. Sie hatten 


ihre Zünfte (collegia) unter eigenen Vorſtehern 
(magistri); einige gelangten ſelbſt zu Ehrenftellen, 
wie M. Scaurus, En. Octavius u. a. Vgl. Dru- 
mann, Arbeiter und Commmuniften in Griechenland 
und Rom (1860), ©. 33 ff. 153 ff. 

Opilfus, Aurelius, ein Freigelafiener, Lehrer 
der Philoſophie und Grammatik ın Rom, um 90 
v. E., begab fich fpäter nach Smyrna. Seine 
Schriften, von denen die 9 Bücher Musae häufig 
eitiert werden, jind verloren gegangen. 

Opimii, ein plebejiiches Geſchlecht. Nennens- 
wert find: 1) 2. Op., eroberte und zerftörte im 
Jahre 125 v. E. ald Prätor die empörte Stadt 
Frregellä (Liv. ep. 60), wurde Konjul 121 und 
leitete den Kampf des Adels gegen C. Grackhus, 
gegen den er das bewaffnete Bolf führte und den 
er nebft einem Zeile ſeines Anhanges erjchlug 
(Cie, Cat. 1, 2, 4. Phil. 8,4, 14. Sall. Jug. 16. 
Plut. ©, Gracch. 13 f.); er zeigte fich jehr unebel 
gegen die Leiche und die Anhänger jeines Gegners. 

ach der Freiſprechung von einer wegen Mißhand— 
fung unschuldiger Bürger gegen ihn erhobenen 
Anklage (120) ging er als Gejandter an Jugurtha 
nach Afrika, ließ fich bon diejem beftechen und 
wurde nad feiner Rückkehr deshalb vom Volke 
zur Rechenſchaft gezogen und verurteilt; er ging 
in die Verbannung und jtarb verachtet und arm 
in Dyrrhahium. — 2) DO. Op., Gegner des von 
Sulla gegebenen Gejeges, welches die Tribunen 
von höheren Amtern ausschloß, wurde deswegen 
angeflagt und vom Gerichte, in welchem aud) 
Verres als Prätor fah (74 v. E.), in Strafe ver: 
urteilt, wodurch er fein WBermögen verlor. Cie. 
Verr. 1,60. — 3) M. Dp. diente im Heere des 
Bompejus und entrann in Mafedonien (48 dv. €.) 
ben Soldaten des Domitins durch Flucht. Caes. 
b. c. 3, 38, 

Opis. mis, aſſyriſch Upi, alte bedeutende 
Handelsftadt an der Grenze von Mfiyrien und 
Babylonien, am Einfluß des Phyſtos (j. Adhem) 
in den Tigris gelegen; j. Ruinen Mandichur. dt. 
1,189. Xen. An. 2, 4,25. Arr. 7, 7,6. Strab. 
16, 739 f. 

Opiterginm, Ortr£ioyıor, Stadt und römische 
Kolonie in Venetia am Fluß Yiquentia, an der 
Straße von Aquileja nach Berona (Tuc hist.3, 6); 
j. Oderzo. Die Montes Opitergini lagen nörd— 
lid) von der Stadt. 

Oppiänos. Orziarös, griechiſcher Dichter aus 
Korykos in Kilifien zur Zeit des Marcus Aure— 
fius und Commodus, Verfaſſer eines noch vorhan: 
denen didaftiichen Epos "Alrevrind in 5 Büchern 
über Aufenthalt, Eigenschaften, Lebensweiſe und 
Fang der Friiche, Das ſich durch gebildeten Stil 
und reinen und wohlflingenden Versbau auszeichnet, 
aber allzu wortreich ift. — Wohl zu untericheiden 
von diejem Opp., obwohl jchon früh mit ihm ver: 
wechfelt, ift ein anderer Opp, der Berfajler eines 


850 


— Kurnyerind, von der Yägerei, in 
4 Büchern, denn der Berfafler desjelben kündigt 
fih (2, 123. 156) als einen Syrer unter Cara: 
calla an, und jein Gedicht fteht an Wert in jeder 
Beziehung tief unter den "Alıevrıxd. Unter dem 
Namen des Oppian gab es auch ein Gedicht ’IEev- 
rınd, dom Vogelfang, von dem wir noch eine 
profaifche PBaraphrafe von Eutefnios haben. — 
Ausg. von Schneider (2. Ausg. 1813), befler die von 
F. ©. Lehrs (in Didots Ausg. der poetae bucolici 
et didactici, 1846). Abhandlungen von %. Peter 
(1840) und Miller (1885). 

Oppfi, ein plebejiiches Geichleht: 1) Sp. Op— 
pius Cornicen, einer der Decempirn pfebeji: 
ichen Standes (450 v. E.), behielt mit feinen 
Kollegen die ihm übertragene Gewalt länger, als 
das Geſetz erlaubte, wurde deshalb fpäter ange: 
klagt und entleibte jich felbit. Liv. 3, 35. 41. 58 
(ander8 Dion. Hal. 11, 46). — 2) M. Opp., 
wurde don den im Felde ftehenden Soldaten zum 
Anführer beim Zuge nach Rom gewählt (450 v. E.), 
ald die Schandthat des Appius Claudius gegen 
Virginia befannt geworden war. Liv. 3, 51. — 
3) Beftia Oppia, aus Vtella, eine eifrige An— 
hängerin der Römer, für deren Erfolge bei Be- 
lagerung des abtrünnigen Capua (212 v. E.) fie 
den Göttern täglich opferte. Liv. 26, 33. — 4) C. 
Oppius, Vollstribun 215 v. C. gab das erite 
Gejep gegen den Luxus der rauen (j. Sump- 
tus). — 5) DO. DO pp., Profonful im Jahre 88 
v. E., Fämpfte gegen Mithridates, geriet durch Die 
Bewohner Laodikeias in deffen Gewalt und erhielt 
erft durh Sulla feine Freiheit wieder. App. 
Mithr. 175. — 6) 2. Opp., ein Freund Eiceros 
(ad fam. 13, 43f.), römiſcher Ritter und Negotia- 
tor in Alien. — 7 E. Opp. Cornicinus, jcheint 
mit Cicero, für deſſen Rückkehr er faſt demütig 
bat, befreundet gemwejen zu fein. Cie. Sest. 34, 74. 
— 8) M. DOpp., wurde von den Triumpirn mit 
feinem Water auf die Projfriptionslifte geiebt 
(43 v. E.), durfte aber jpäter (39) wagen, nad) 
Rom zurüdzufehren, und wurde im Jahre 37 Adi. 
Das Boit, weldyes ihn gewählt hatte, um jeiner 
findlichen Liebe, mit der er den geächteten Water 
auf feinen Schultern aus der Stadt und weiter 
getragen hatte, jeine Anerfennung zu zollen, fteuerte 
gu dem Aufwande, den ihm fein neues Amt auf: 
egte, jo reichlich bei, daß er für die durch die 
Üchtung verlorenen Güter reichen Erjag befam. 
Dio Cass, 48, 53. — 9) €. Opp., ein Bertrauter 
Eäjars, der ihm die Beſorgung feiner Angelegen: 
heiten in Rom überließ, während er jelbft in 
Gallien war. Cie. ad Qu. fr. 1, 3.6. Als der 
Bürgerkrieg ausbrach, jpielte er den Vermittler 
(Cie. ad Att. 9, 7. 0); als das nicht gelang, und 
Cäſar nad Griechenland hinüberging, übte D. 
(und mit ihm Balbus, j. Balbi, 1., der in Rom 
geblieben war) einen großen Einfluß, weshalb 
jelbjt Eicero jeine Freundſchaft jehr emfig ſuchte 
und auch jpäter jeine Verwendung oft erbat, ſowohl 
für fich, als für andere (Cie. ad Att. 12,29. ad 
fam. 6, 19), während DO. und Balbus dem Cicero 
auch bei Cäſar nüplich zu werden juchten. Nach 
Cäſars Tode ſchloß fih DO. dem Octavian an. In 
jpäterer Zeit galt er manchen als Verfaſſer der Bücher 
über den alerandriniichen, hiſpaniſchen, afrifanifchen 
Krieg (Suet. Caes. 56); aber mit Unrecht, da die: 
jelben zu ungleidy in der Sprache find, um Einen 


860 


Verfaſſer haben zu können. — 10) Opp. Statia= 
nus, folgte dem Antonius als Xegat in den 
Krieg gegen die Barther (36 v. E.), in welchem 
er jeinen Tod fand. Plut. Anton. 38. — Bu er: 
wähnen ijt noch 11) Opp. Chares, ein Gram— 
matifer in Gallien, welcher bis in fein hohes Alter 
hinein lehrte. Suet. gramm. 3. 

Ops, die römiſche Göttin des reichen Getreide: 
jegens, Gemahlin und weiblihes Gegenbild von 
Saturnus, wegen ihrer Beziehung zur Saat Con- 
sivia genannt. Wer fie anrief, berührte den Erbd- 
boden. Ihre Verehrung war mit der des Satur- 
nus eng verbunden; fie hatte manche Heiligtümer 
und das Feſt der Saturnalien mit ihm gemein: 
ſchaftlich. Ein bejonderes Feſt wurde ihr unter 
dem Namen ÖOpeconsiva am 25. NAuguft gefeiert. 
Als Saturnus mit Kronos identifiziert war, er: 
Härte man Ops für Rhea und gab beiden den 
Eoelus (Uranos, zum Vater. Much mit den ita= 
liihen Göttinnen Fauna, Fatua und Maja ward 
fie identifiziert. 

Opsius, Marcus, gehörte zu denen, welche 
den Sabinus im Jahre 28 n. E. anflagten, um 
des Sejanus Gunst zu gewinnen. Tiberius lieh 
ihn hinrichten. Tae. ann. 4, 68 ff. 

"Owor (Öpaigıor, öyarıor, Öynuc, opsonium 
[obs.], pulmentarium), alles, was zum Brote ge: 
nojjen wurde, Zufoft, beitehend aus Salz, Oliven, 
Käſe, Kohl, Nüffen, Hüljenfrücten n. dgl, vor: 
züglich aber Fleiſch und Fiſchen. Später verjtand 
man darunter nur Fiſche, die Lieblingsipeije der 
Lüſtlinge. Auf Seefiſche und deren fünftliche Zu: 
bereitung wurde bejonderes Gewicht gelegt und 
ein ftarfer Handel nad) entfernten Gegenden damit 
getrieben. Die Athener gingen ſelbſt zu Markt 
(öpor, macellum), um einzufaufen (öworeiv, op- 
sonare), die Römer hielten zu dem Ende einen 
Sklaven (öparng, opsonator). Die Aufficht über 
den Speijemarft führten 2 öporduoı. — Bgl. auch 
Mahlzeiten, I 

Ortega |. Ehe, 5. 

Optimätes hieß die ariftofratiiche Partei, im 
Gegenfag der populares. Erſtere gehörten allen 
Ständen an und ftrebten nad) dem Beifall der 
Belten, letztere jchmeichelten dem großen Haufen, 
wie die Öracchen u. a. Jene find nad) Cicero die 
einzig gutgefinnten Bürger, die conservatores 
civitatis, defensores reipublicae. Seit den Grac= 
chen und noch mehr jeit Sulla und Marius tritt 
der Gegenſatz zwiſchen opt. und pop. ſcharf hervor. 
Cic. ad Att. 8,16. 9, 1. Nest. 45, 

Optio bieh ein untergeordnieter Offizier, und 
zwar in der älteren Zeit ein dem Centurio oder 
Decurio beigegebener, oder von diejem ſelber ge: 
wählter (daher der Name, ſ. Dux, 4.), in der 
Kaiferzeit auch ein mit untergeordneten Verrich— 
tungen jelbjtändig beauftragter Soldat, z. B. ein 
optio ab uctis, d. i. Legionsſchreiber, optio car- 
ceris, Aufſeher des Militärgefängnifjes, optio wera- 
rius, Bahlmeifter u. ſ. w. 

Opüs, Oroös, Hauptjtadt der nach ihr benann— 
ten opuntijchen Lokrer, nicht weit von der Küjte 
des Opuntiſchen Meerbujens, 60 Stadien von 
ihrem Hafen Kynos, am jüdlichen Ende einer 
fruchtbaren Strandebene. Sie bejaß eine feite 
Burg (Lie. 32, 32), von der ſich noch Trümmer 
auf einem jeljigen Hügel bei dem Dorfe Gardi— 
niga finden, und galt als Baterjtadt des Patro: 


Ops — VOoxnorixij. 


klos. Bei einem Altar des Wins, Dilens’ Sohn, 
wurden Kampfipiele, Nianteia, gefeiert; nad dem— 
jelben Aias waren wohl auc das reuevog Ald- 
verov und die xoren Alanig in der Stadt be- 
nannt. Hom. Il, 2, 532. 18, 326. 23, 85. Thuc. 
2, 32. 3, 89. Strab. 9, 425. 

Opus publieum hie jedes öffentliche, dem 
Staat oder einer Kommune angehörige Bauwerk 
oder fonftige Anlage, 3. B. Brunnen, Statuen ꝛc. 
Die Eenjoren und jpäter die Kaiſer beauftragten 
curatores operum publicorum damit, das Nötige 
mit den Bauunternehmern (redemptores) abzu: 
machen. 

Orakel j. Divinatio, 5ff, und Delphi- 
sches Orakel. 

Oratio, der Antrag des Kaiſers an den Senat, 
gewöhnlich von dem Duäftor vorgeleien (auch 
epistula und libellus genannt), worauf der Senat 
abjtimmte und das SCons. abfaßte. Da die kaiſer— 
lichen Vorſchläge in der a. angenommen wur— 
den, hieß oratio auch das SCons. jelbjt oder das 
von dem Sailer ausgefertigte Gejep. 

Orätor, vor alters jo viel wie fetialis und 
wie legatus überhaupt. 

Orbelos, Ooßnkos, Gebirge im Nordoften Mate: 
doniend an der Grenze von Thrafien, j. Argen— 
taro und Perim; zieht jich vom Rhodopegebirge 
am linken Ufer des Strymon hin. Hat. 5, 16. 
Strab. 7, 329. 

Orbilfus Pupillus, geb. zu Beneventum, war 
erft Schreiber, dann Soldat, lehrte darauf in jeiner 
Vaterftadt, fam (63 v. E.) nad) Rom, wo er zwar 
in hohem Anjehen jtand, aber troßdem in großer 
Dürftigfeit lebte, die ihm finfter und mißmuti 
machte. Diejer mißmutigen Stimmung, Die ka 
jeine Schüler hart traf, erinnerte ſich auch Horaz 
(ep. 2, 1, 70), der ihn in Rom hörte und pla- 
gosus nennt. Er ftarb im hundertjten Lebensjahre. 
Suet. gramm. 9. 

Orbir, eine Schlacdhtftellung, wie der Augenblid 
fie fügte, Mann gegen Mann mit dem Rücken 
zujammengeftellt, zur Berteidigung gegen einen 
überlegenen Feind. Nur in der äußerſten Not 
nahm man zu ſolcher Aufitellung jeine Zuflucht. 
Veg. 1,26. Gell. 10,9. Caes. b. g. 5, 33. Sall. 
Jug. 102. Liv. 4, 39. ®gl. aud) die acies ovalia 
unter Seekrieg, 3. 

Orbius, Publiug, tüchtiger Jurift, war im 
Jahre 65 v. C. Prätor und verwaltete Aiien. 
Gicero nennt feinen Namen mit Achtung (Flace. 
31, 76. Brut. 48, 179.) 

Orböna, römische Perjonififation der Kinder: 
lofigkeit und Berwaiftheit, die bei dem Tempel 
der Yaren zu Nom einen Altar hatte. Sie wurde 
von Eltern angerufen, die, ihrer Kinder beraubt, 
wieder Kinder zu erhalten wünſchten. Cic. n. d. 
3, 25, 68. 

Orea, ein Weinbehälter von langer Form, der 
amphora ähnlid. 

Örchämos, Ogzewos, König der Achaimenier, 
Gemahl der Eurynome und Bater der jchönen, von 
Apollon geliebten Leufothod, die der Vater des: 
halb lebendig begraben lieh, Apollon aber in eine 
Beihraudyftaude vertvaudelte. Op. met. 4, 208 fi. 

Ogxnortıxn, Öernoıs, Saltatio, homeriſch 
dernorvs und bei ihm mit Eitheripiel und Ge— 
fang eng verbunden (d., widagıs wel dodn, 11. 
13, 731; uolnn ift der gemeinjchaftlihe Name 


861 


dafür), indem meiftenteil3 auch Tänzer und Sänger | jonders die dionyfiichen Feſte und der Kultus des 
in Einer PBerjon vereinigt waren, und der Tanz | Apollon auf Delos verbunden, wie denn in Delos 
von der Flöte oder Either begleitet ward, wozu | jedes Opferjeft mit Gejang und Tanz verherrlicht 
in der Regel eine mimijche Darftellung hinzufam. | wurde. Dieje religiöjfen Chorreigen bejtanden, ab- 
Die Harmonische Durchbildung und Beredelung, | gejehen von den balchiſchen und korybantiſchen 
welche bei den Hellenen dem Körper zu teil | Tänzen, in einfach forticpreitenden Bewegungen 
wurde, zeigt ſich bejonders in ihrer Orcheftit oder | und rhythmiſchen Wendungen, wobei wenig leben 
Tanzkunſt, welche gleih anfangs hauptſächlich dige Mimik ftattfand. Ein jolcher Chortanz auf 
Mimik war, d. h. der Ausdrud einer Vorjtellung | Delos hie yfoaros, zuerjt aufgeführt von dem 
oder Empfindung, gegeben und ausgejprochen durch aus Kreta zurückkehrenden Thejeus um den xe- 


Ooynorian. 


den Körper. Ste war daher nur durch die Mittel 
ber Darftellung eine von der Poefie und Mufik 
verjchiedene Kunſt und gab mit beiden zujammen 
die Vollendung der Mujenfunft im hellenifchen 
Sinne. Im körperlicher Bewegung beftehend, hat 
fie zunächſt mit der Gymnaſtik einen und den: 
jelben Boden, unterjcheidet, fih aber von diejer 
dadurch, daß fie nicht bloß Übung und Steigerung 
der körperlichen Kraft und Gewandtheit bezweckt, 
fondern dieſe vorausjegt und der Anmut und 
Schönheit unterordnet und als Kunſt ihren Zweck 
in fich jelbit hat. Beſonders thätig waren bei 
der Orcheftil wie bei dem heutigen Ballett Hände 
und Füße, auch fand dabei regelmäßig mufifalische 
Begleitung ftatt. Die Orcheftit läßt fich als eine 
Eigentümlichkeit des hellenischen Volles bis in die 
frühejten Zeiten verfolgen, und bei Homer jpielt 
der Tanz befanntlich eine große Rolle. Od. 1, 152. 
17, 605. 6, 65. 8, 261 ff. II. 13, 637. 18, 569 ff. 
590 ff. Als Kunſt hat fich die Orcheftit im Laufe 
der Zeit mehr und mehr ausgebildet, wie Lukian 
(de salt. 25. 34) ausdrüdlid) jagt und näher an: 
gibt. Der Stoff der Darftellung war meiſt my: 
thologiich (daſ. 37—61. 63. 67. 80. 83). Unzählig 
waren die verjchiedenen Arten des Tanzes; Auf: 
zählungen gibt Pollux (4, 99-105). Ganz all: 
gemein eingeteilt waren fie in männliche oder 
weibliche, Friegeriiche oder friedliche; die größte 
Mannigfaltigfeit wurde durch landichaftliche und 
Örtliche VBerjchiedenheiten bewirkt. So nennt Ari: 
ftorenos bei Athenaios (1, p. 22b.) lakoniſche, 
troizeniſche, epizephyriſche, kretiſche, ioniſche, man: 
tineiiſche Tänze; natürlich kamen von allen dieſen 
wieder verſchiedene Arten vor. Nach der Art ſei— 
ner Anwendung kommt der Tanz vor 1) als Er— 
ziehungsmittel, namentlich bei den Spartanern, 
deren Epheben nach Lukian (de salt. 10) ob usior 
Öoyeiodaı 7) Ömlouayeiv uarddvova. 2) Im 
gejelligen Leben fam der Tanz bejonders bei Gaſt— 
mäbhlern vor, jedoch in der Art, daß man fich mit 
dem Zuſchauen der Leiftungen handwerlsmäßiger 
Zänzer unterhielt, nicht aber die Kunſt jelbit 
übte, da fich nach und nad) ein Vorurteil dagegen 
bildete. Much gehörte der Tanz nicht zu dem ge: 
wöhnlichen Boltsbelnftigungen. Adt. 6, 129. Xen. 
Hier. 6, 2. Tanzluftigfeit galt als ein Zeichen 
und als Beweis mangelnder Nüchternheit. Athen. 
4, p. 134a. Ein Zuſammentanzen beider Ge- 
ichlechter war unter Erwachſenen gar nicht Sitte 
und würde als höchſt unmännlich angejehen wor— 
den fein. Noch ftrenger urteilten über die An: 
wendung des Tanzes im geielligen Leben die 
Römer. Cic. Mur. 6. Deiot.9. Macrob. Sat. 2,10. 
Sall. Cat. 26. Corn. Nep. praef. Epam. 1. Da: 
gegen waren 3) an den Gottesdienft religiöfe, und 


odrivog Bwuös des Apollon, eine Nachahmung 
der Windungen des LYabyrinthe. Plut. Thes. 21. 
Lebendiger waren die Waffentänze in den dorijchen 
Staaten, namentlich in Sparta heimiſch und aus: 
gebildet und bejonders bei der Feier der Gymno— 
paidien aufgeführt. Einer der wichtigften Waffen: 
tänze war die zugedgn (j.d.). Auch andere Stänme 
hatten diejelben, jo die Thrafer, die Myſer, die 
Berjer, die Baphlagoner und bejonders die Theſſa— 
ler. Auch bei Saftmählern famen Waffentänge zur 
Unterhaltung der Gäſte vor. Xen. come. 2, 11. 
Mit dem Namen wugelyn bezeichnet Platon (legg. 
7, 816 B. ©.) alle friegerifhen Tanzweiſen, und 
die ganze Gattung friedlicher Tänze begreift er 
unter der Zuuelsıe. Dieje war unftreitig jehr 
vielfeitig und umfahte auch eine Anzahl theatra— 
liicher Tänze. Beſondere Arten berjelben werden 
von Bollur (4, 99. 105) und Athenaios (1, 20e. 
14, 631 a.) aufgezählt. Wal. darüber Hat. 6, 129. 
Inc. de salt. 22. 26. Athen. 14, 629 d. und 
Eunilsıe Außerdem gab es noch bei agrari— 
ichen Feſten verfchiedene ländliche Bollstänze, teils 
mimiſcher, teils rhnthmifcher Art. Der Zmurj- 
vıog war ei Keltertang, wobei alle bei der Wein: 
leje und dem Keltern vorfommenden Handlungen 
dargeitellt wurden. Ein gymnaitiicher Tanz war 
die Pißeoıs, wo Knaben und Mädchen in bie 
Höhe \prangen und fich hinten mit den Füßen 
ichlugen, wobei die Zuſchauer die Sprünge zu 
zählen pflegten. Bei den Kreistänzen (vguor, 
Halsichnüre) tanzten Knaben und Mädchen zu: 
glei} (wa3 bei den meilten Griechen nicht für 
pafjend galt), — Bei den Römern wird des 
Zanzes außer dem Theater wenig gedacht. Ein: 
fache, gemefjene Bewegungen um den Opferaltar, 
von Jungfrauen ausgeführt 209 v. C., erwähnt 
Livius (27, 37). Auch die Tänze der Salier kön— 
nen als Anfänge der saltatio hieher gezählt wer: 
den. Hor. od. 1,36, 1f. 4, 1,26. In der Zeit 
des Auguftus waren bei Jungfrauen ionijche Tänze 
mit weichlichen Geſten beliebt (daſ. 3, 6, 22), und 
in der Kaiferzeit machte die Tanzfunft überhaupt 
bedeutende Fortichritte durch die hinzugekommene 
Mimit. Vopise. Aurelian. 6. Aber ihre höchſte 
Ausbildung erhielt auch in Nom die Tanzkunft 
auf dem Theater, wo fie durchaus mimetifcher Art 
war. In der tragijchen Orcheftif, die natürlich 
ernjter, pathetifcher Art war, zeichnete fich be: 
fonders Pylades aus, in der heiteren, komiſchen 
dagegen war Bathyllos Meifter, beide zur Leit 
des Auguftus. Bildliche Darftellungen der ver- 
ichiedenften Tänze finden fich zahlreih auf Wand- 
gemälden. — Tanzfunft war außer Rom und 
Griechenland auch ın Hiſpanien und im Driente 
zu finden. Bon Gades famen funftfertige Tänzer 


an zahlloje Feſte religiöje und profane Tänze ge: ; rinnen nad) Rom und erregten durch ihre Vor— 


fmüpft. Mit religiöjen Tängen, einfachen, feier: 
lien Chorreigen um den Opferaltar, waren be: 


ftellungen großes Aufjehen (Mart. 14, 203. Juv. 
11, 162); und in den Orient war die griechiiche 


862 


Orcheſtik ſeit Alerander dem Gr. verpflanzt worden, 
denn gewiß hat fie in Syrien am Hofe der Se 


feufiden und in Ägypten unter den Ptolemaiern 346 v. 


nicht gefehlt. 

Orchestra j. Theatron, 6f. 

Orehivius, Gaius, war im J. 66 v. E. mit 
Cicero Prätor, als welcher er die Unterfuchungen 
wegen Unterſchleifs (peculatus) zu führen hatte. 
Nachmals wurde er jelbft angeflagt und von Cicero 
verteidigt. * Cluent. 53, 147. 34, 94. Q. Cie. 
pet. cons. 5, 

re Ogxousvög, I. Berjonenname: 
1) Sohn des Epfaon, Gründer des arfadijchen 
Orchomenos und Methydriond. — 2) Sohn des 
Athamas und der Themifto, j. Themisto, 2. 
— 3) Sohn des Zeus oder des Eteofles und ber 
Hefione, der Tochter des Danaos, König im boio— 
tiichen Orchomenos, Vater des Minyas. — 4) Sohn 


des Minyas, Bruder des Athamas und Diochthon: | Müller 


das, Enfel des vorigen. — 1. Städtename: ö 
und 7 Ogyowsrög (nach einheimischer, aioliſcher, 
beſonders auf Münzen erſcheinender Form Koxo- 
usros): 1) Stadt im djtlichen Arkadien, nördlich 
von Mantineia, von Homer (Il. 2, 605) zoldun- 
log, von Thutydides (5, 61) YMgnadınds genannt. 
Die Stadt, die an einem Bergesabhayıge lag, be: 
herrſchte nicht mur die nächite Umgebung, jondern | 3 
hatte ſich auch erobernd bis ins Herz von Arfadien 
hinein ausgedehnt; bei Thermopylar und Plataiai 
hatten ihre Bürger tapfer gegen die Perjer ge: 
ftritten. Paus. 8, 12 ff. Hdt. 7, 202. 9, 28. Nach 
manchen Wechielfällen in ber —— Zeit 
trat O. zum Achaiiſchen Bunde Lir. 32, 5), ſcheint 
aber dann in Berfall gefommen zu. fein. Doch 
entjtand unterhalb der alten Stadt eine neue, in 
welcher jehenswerte Heiligtümer des Poſeidon und 
der Aphrodite waren. Paus. 8, 18, 6. Überreſte 
ihrer Mauern haben fich erhalten. — 2) eine der 
ältejten und berühmtejten Städte Boiotiens, nach 
dem alten Könige Minyas und jeinem Sohne 
Orchomenos Opy. Mıivbeiog genannt. Hom. Il. 
2, 511. T’hue. 4, 76. Strab. 9, 415. Sie war bie 
Hanptftadt eines mächtigen, von eigenen Königen 
beherrichten Reiches, das vor den troijchen Zeiten 
die Gebiete von Koroneia, Haliartos, Lebadeia, 
Ehaironeia, furz das ganze weitliche Boiotien um: 
faßte, ipäter aber von den Thebanern bejiegt 
wurde und zur Zeit des troifchen Krieges ſchon 
zu ſinken a Doch ftellte O. noch 30 Schiffe 


gegen Troja (Hom. Il. 2, 511). Dr. lag ur: 


2 EZ 





iprünglich in einem fruchtbaren Thale am Einfluß 
des Kephiffos in die Kopais, wurde aber jpäter 
wegen Verſumpfung der Gegend weiter nordweſt— 
lich am Abhange des Bergzuges Akontion (j. Du: 
durwana) aufgebaut, auf 


Orchestra — Oreibasios. 


| Alropofis lag. Sie ericheint in der Folge als 
—— Bundesſtadt (Thuc. 4, 93), bis 368 und 
. bie Thebaner jie völlig vernichteten, die 
—55 töteten, Frauen und finder in die Sfla- 
| berei verfauften. Obwohl Philipp Il. oder Ale— 
| rander fie wiederherftellte, kam fie doch nicht wieder 
empor. In ihrer Nähe ichlug Sulla 85 v. E. den 
Archelaos, den Feldherrn des Mithridates. — Von 
einem merkwürdigen Gebäude von er 
licher $orm (j. Baukunst, 1.), dem j. q 
hauje des Minyas (j. die Beſchreibun 
9, 35), einem Kuppelgrabe, haben fi Trümmer 
erhalten, die H. Schliemann im November und 
Dezember 1880 bloßgelegt hat (j. deſſen Schrift: 
Orchomenos, 1881); auch von der Akropolis finden 
fich noch bedeutende Spuren bei dem Dorfe Stripu. 
Über die Geichichte von Orchomenos und dem 
Minyerreihe vgl. das berühmte Wert von D. 
: Orchomenos und die Minyer (2. Aufl. 
1844). 


Oreus j. Unterwelt, 6. 

Ordessos, Ogdncaös, Nebenfluß des Jitros im 
europätjchen Sarmatien, wahrjcheinlich der heutige 
Ardjiſch. Hdt. a, 148. 

Ordinarius, überhaupt der Gegenſatz von extra 
ordinem (j. d.), das Gejehliche und Regelmäßige, 

. ®. consul ordinarius, der für das Jahr ge 
wählte Konful, im Gegenjage zu_cons. suffectus 
(j. Consul, 2.). Militäriſch heißt ordinarius 
Unteranführer, auch Legionsjoldat. Veg. 2, 7 er 
Härt: qu® in proelio primos ordines ducunt, 
was mit Caes. b. e. 1, 3 übereinzuftimmen \cheint. 

ie Glofjatoren überjepen es durch rafiapru. 

ber servus ordinarius ſ. Servi, 4. 

Ordo, 1) jtaatsrechtliche Bezeichnung der 3 Haupt: 
ftände: Senatoren, Ritter und Plebejer, oder für 
Klaſſe und Abteilung der bürgerlichen Geſellſchaft 
überhaupt. — 2) ordo iudiciorum privatorum 
und publicorum iſt das regelmäßige alte Prozeß— 
verfahren im u zu der cognitio extra- 
ordinaria. — 3) Militärijh ift ordo eine Legions- 
abteilung, Heerhaufen oder Kolonne im weiteren 
Sinne (Liv. 8, 8); doch nie wird damit die Kohorte 
bezeichnet, wohl aber die Centurie im Gegemiag 
zum Manipel. Tac. ann. 2, 80. Bgl. Caes. b. 4. 
1, 40. 41. Tac. hist. 2, 22. ann. 1, 44 (retinebat 
ordines). Plin. ep. 6, 25. Suet. Caes. 75. Wud 
ift ordo ſ. v. a. Dienftgrad der Genturionen. Caes. 
b. E 5,30. 6,7.b.e.1,3. 

rdovices, Oodoninsg, eine britanniſche Bölfer- 
ſchaft in dem nördlichen Teile des heutigen Wales, 
der Injel Mona (Anglejen) gegenüber. Tac. ann. 
12, 33. Agr. 18. 

Oreaden i. Nymphae, 4. 

Oreibasios, Oesıßdsıog, ein gelehrter und be: 
rühmter Arzt aus Pergamon oder Sardes, Schüler 
bes Zenon von Kypros, Leibarzt des Kaiſers 
Julianus Apoſtata, der ſich — auch in andern 
Dingen als Ratgebers bediente. Dieſe innige Ber: 
bindung mit Julian zog ihm bei deſſen Nach: 
—— Valens und Valentinianus die Verban— 

unter die Barbaren zu, bei denen er ſich 

ſeine Kunſt großes Anſehen erwarb, bis die 
. dem allgemeinen Verlangen nachgebend 
ihn zurückriefen und ſogar für den erlittenen Ber 
luſt entſchädigten. Bon nun an lebte er unan- 
efochten und geachtet in feinem Baterlande. Er 


en Höhe die Meine | jcheint ein hohes Alter erreicht zu haben und erit 


Oreithyia — Orestes. 


im 5. Jahrh. geftorben zu jein. Im Auftrage 
Julians hatte er eine Sammlung von Auszügen 
aus den Schriften des Galenos und der übrigen 
— Ärzte in 72 Büchern, eine Art Ency— 
lopädie der Medizin, angelegt, woraus er dann 
ſpäter ſelbſt wieder einen Auszug (ovroyıs) in 
9 Büchern, Handbuch für reiſende Ärzte, für ſei— 
nen Sohn Euftathios anfertigte. Es find noch 
17 Bücher des, größeren Werkes in einer freien 
lateiniſchen Überjegung aus dem 5.6. Jahrh. 
vorhanden, welche zeigen, af D. durchaus fein geift: 
loſer Kompilator war (zuerft erjchienen 1557, durch 
Ang. Mai noch mit mehreren neuen Büchern be: 
reichert). Beſte Ausgabe (mit franzöfiicher Über: 
jeßung) von Buſſemaler und Daremberg (1851 ff.). 

Oreithyia j. Boreas und Winde, 2. 

Oröos, 'Nosös, Stadt im nördlichen Teile Eu: 
boias am Kallasfluf (j. Xerias) gelegen. Als nad 
ben Berierfriegen, 445 v. E., von Perifles im nörd— 
lihen Euboia 2000 Kleruchen (Thuc. 1,114. Plut. 
Per. 23) angefiedelt wurden, ward Oreos mit dem 
‚don jeinen Bewohnern verlaflenen Hiftiaia oder 
Heftiaia zu Einer Ortichaft vereinigt, die, im 
Volksmunde allgemein Oreos genannt, in ihren 
öffentlihen Urfunden und den Geprägen der Mün— 
zen den Namen Hiftiaia beibehielt. Die Reſte 
zweier Afropolen lafjen noch jet die Doppelnatur 
der Stadt erfennen. Dadurch hielten 411, als die 
übrigen Städte der Inſel abfielen, die Athener 
Oreos. Thue. 8, 96. Durch die Hegemonie der 
Spartaner befam Dr. oligardhiiche Berfafiung; erft 
377 fiel e8 von Sparta ab und trat dem Attijchen 





863 


abhängig, waren jie jpäter der mafedonijchen Herr: 
ichaft unterworfen, dann erklärten die Römer fie 
für frei. Oreſtes jollte nad) Ermordung jeiner 
Mutter dahin geflohen fein, daher der Name. 
Thuc. 2, 80. Liv. 27, 33. 33, 34. Curt. 4, 18, 28. 
Strab. 7, 326. 

Orestes, Oge£arns, 1) einziger Sohn und jüngjtes 
Kind des Agamemnon und der Klytaimneſtra. Hom. 
Il. 9, uf, Nach Ermordung jeines Vaters lief 
ihn feine Schwejter Elektra, damit er nicht auch 
von feiner Mutter und Aigiſthos getötet würde, 
nad) Phanote am Parnaß in Phofis zu dem König 
—— (Sohn des Kriſſos und der Antipha— 
teia), der mit Anaribia, Schweiter Agamemnons, 
vermählt war, in Sicherheit bringen. Im achten 
Jahre nad) dem Tode feines Baters fehrte er mit 
Pylades, dem Sohne des Strophios, mit dem er 
— und durch die innigſte Freundſchaft 
verbunden war, nach Mykenai zurüd und erichlug, 
um den Bater zu rächen, den Aigiſthos und feine 
Mutter Klytaimneftra. Hom. Od. 3, 306 ff. 1, 30. 
298. 4, 546. Aesch. Choöph. Soph. El. Eur. El, 
Apollon jelbft hatte ihn zur Rache des Vaters 
aufgefordert; allein indem er die Pflicht gegen 
den Bater übte, beging er das ſchwere Verbrechen 
des Muttermordes. Deshalb ergriff ihn nad) der 
That Rajerei, und die Erinyen feiner Mutter ver: 
folgten ihn. Nach langem Umberirren nahm er 
auf Apollons Rat jeine Zuflucht zu Athene in 
Athen. Dieje jegte auf dem Areopag ein Gericht 
nieder, vor welchem Apollon jeinen Schüßling ver: 
teidigte. Als die Richter ihre Stimmen abgegeben 








Seebunde bei. Xen. Hell. 5, 4, 56. In der Folge 
fam aud Philipp von Maledonien in den Beſitz 
der Stadt, die wegen ihrer geographiichen Lage 
und Feſtigkeit Gegenftand heftiger Kämpfe zwi— 
ſchen Antigonos und Kafjander war, ebenſo in 
den Römerzeiten, 207. Liv. 38, 6. Nachdem Or. 
mit den übrigen griechiihen Staaten durh T. 
— Flamininus die Freiheit erhalten hatte, 
anf es. 

Orestae, Ogforaı, Völlerſchaft in der epeiro: 
tischen Landichaft Moloffis, in dem nad ihr be: 
nannten Dijtrift Orejtis oder Oreftias, zwijchen 
den Flüſſen Aoos und Haliatmon. früher un: 





tten, warf Athene einen weißen, losjprechenden 
tein im die Urme; die Zahl der weißen und 


ihwarzen Steine war gleih, und Drejtes freis 
—— Aesch. Eum. Nach peloponneſiſcher 


age ſollte Oreſtes die Zeit ſeiner Flucht und 


Verbannung in Arkadien zugebracht haben; hier 
— man bei Megalopolis ein Heiligtum der 


nien, der raſenden und raſendmachenden Göttin— 


nen, der Erinyen, die den Oreſtes in Wahnſinn 
verſetzten, daß er ſich einen Finger abbiß. Nicht 
weit davon lag der Ort der Heilung (Arn), wo 
die Gottheiten ein Heiligtum als Eumeniden hatten 
und dem Oreftes weiß erichienen jein jollten. aus. 


8364 


8, 34, 1. Nach Euripides (Iph. Taur.) erhielt 
Oreftes von Apollon den Auftrag, damit er von 
feiner Rajerei befreit würde, nach dem taurijchen 
Cherſones zu gehen und von dort das Bild der 
Artemis nach Griechenland zu bringen. Als er 
mit Pylades nach Taurien kam, two damals Thoas, 
der Sohn des Borvithenes, herrichte, wurde er 
ergriffen und jollte nach Landesbrauch der Ar- 
temis geopfert werden. Seine Schwefter Iphige: 
neia, die den Dienft der Priefterin verjah und ihn 
opfern jollte, erfannte ihn und entfloh mit ihm 
und dem Götterbilde. Nach feiner Rückkehr nahm 
DOreftes die väterliche Herrichaft von Myfenai in 
Befiß, indem er Aletes, den Sohn des Wigiithos, 
erichlug, und erhielt außerdem die Herrichaft von 
Argos und Sparta. Er vermählte ſich mit Ser: 
mione, der Tochter des Menelaos, und zeugte mit 
ihr den Tijamenos, mit Erigone, der Tochter des 
Nigifthos und der Kiytaimneftra, den Penthilos, 
der eine Kolonie nach Leſbos 5 haben ſoll. 
Pylades vermählte ſich mit Elektra und zeugte 
mit ihr den Medon und Strophios. Aus Sparta 
führte Oreftes Kolonien nad) Niolis; auch jollen 
ihon unter feiner Herrſchaft die Dorier unter 
Hyllos nach dem Peloponnes gelommen fein. Er 
ftarb in Arfadien an einem Schlangenbif. Seine 
Gebeine wurden nach einem Orakelſpruch von ae 
nach Sparta gebradıt und dafelbft beftattet. Hat. 
1,67. — Die beigefügte Abbildung (ſ. ©. 863), ein 
Relief der Villa Albani zu Rom, zeigt Jpbigeneia 
im Begriff den Oreftes und Pylades zu opfern. — 
2) ein Grieche vor Troja, von Sektor erlegt. 
Hom, Il. 5, 705. — 3) ein Troer, von Leonteus 
vor Ilion getötet. Hom. Il. 12, 139. 193. — 
4) Sohn des Acheloos und der Berimede. — 
5) Herricher von Pharjalos, wurde vertrieben und 
ftarb in der Verbannung. Tue. 1, 111. 

Orestheion, Ogfoheıov oder Oefarsior (ur: 
ſprünglich Dochcotor), Stadt im füdlichen Ar: 
fadien jüdöftlich von Megalopolis in der Yand- 
ſchaft Mainalia. Hdt. 9, 11. Thue. 5, 64. Eur. 
Or. 1647. Am Fuße des Tzimbaruberges find 
noch einige Säulen des Tempel der Artemis 
Hiereia erhalten. Paus. 8, 23,7. 

Orestheus, Ogso#evis, 1) Sohn des Yyfaon, 
Erbauer von Orefthafion, das nachmals von Oreftes 
DOrefteion benannt worden jein jol. Faus. 8, 3, 1f. 
— 2) Sohn des Deufalion, König der an Nitolien 
grenzenden Lofrer und der Witolier, Vater des 
Bortheus, Großvater des Dineus. Sein Hund 
gebar einen Kloß, der, in die Erde vergraben, im 
Frühjahr einen Weinftod hervorſproſſen ließ, von 
deſſen Schofjen (öfo«) die Xofrer den Namen O%6- 
Accı erhielten. Paus. 10, 38, 1. Athen. 2, 356. 

Orestilla, Aurelia, eine mit Gatilina ver: 
bundene übel berüchtigte Nömerin, deren Tochter 
mit dem jungen Gornificius verlobt ward. Sall. 
Cat, 15. Cic. ad fam. 8, 7, 2. 9, 22, 4. 

Oretäni, Renraroi, mächtige Völlerſchaft im 
ſüdweſtlichen Teile des tarraconenfischen Hiſpaniens 
bis zum Bätis, mit der Hauptitadt Caftulo (j. 
Gazlona) am Anas. Sie bewohnte aljo die heutige 
Mancha und die dftlichen Teile von Granada, 
jowie die weftlichen Teile von Murcia. Liv. 21,11. 
35, 7. Pol. 10, 38. 11, 20. Strab. 3, 152. 

Ogyesovesg |. Dvin, 3. 

Orgetörix. ein angejehener Helvetier, veran- 
late im J. 61 v. C. die erſt im J. 59 ftatt: 


Orestheion 


— Örion. 


findende Auswanderung feines Volles und wollte, 
icheint es, dieſe Gelegenheit benugen, um fich 
jelbft den Weg zur Herrichaft zu bahnen. Als 
feine Pläne befannt wurden, und er merkte, daß 
jein Leben nicht zu retten jei, gab er ſich wahr: 
jcheinlich jelbft den Tod. Caes. b. g. 1,2 ff. 

Orgia |. Mysteria, 1f. 

Orichaleum, ögiyalrov, Bergerz, bezeichnet 
im gewöhnlichen Sinne das Meffingerz, Meſſing, 
galt aber bei den älteften römischen Schriftitellern, 
wie Blautus, ohne Zweifel durch Verwechſelung mit 
aurichalcum, für ein bejonders teures Metall. 

Origönes, Reıydrns, 1) nenplatoniicher Phi: 
loſoph im 83. Jahrh. n. E., Zeitgenofje des Plo— 
tinos und Lehrer des Longinos, lehrte zuerft in 
NAlerandreia, danı in Rom. Als Schriftiteller 
ſcheint er nicht eben Bedeutendes geleiftet zu haben; 
er jchrieb unter anderm einen Kommentar zum Ein: 
gang des Timaios von Platon. — 2) der große 

irchenvater, geboren 185 n. C. zu Alerandreia, 
Schüler des Clemens, aber auch des Neuplato: 
nikers Ammonios Salfas, ſeit 203 Borfteher der 
alerandrinijchen Katechetenichule, jeit 211 öfters 
auf wifjenichaftlichen Reifen (nach Arabien, Sprien, 
Griechenland), ſeit 231 Haupt einer blühenden 
theologischen Schule in Caesarea Palaestinae, 254 
zu Tyros geftorben; ein Mann von hochfliegendem 
Geiſt, eifernem Fleiß und großer Willensftärte. 
Die grammatifchen und philojophiichen Studien 
jeiner jüngeren Jahre trugen ihre Frucht in feiner 
Auslegung der heiligen Schrift und in feinem theo: 
logiſchen Syſtem. Bon feinen zahlreichen Echrif: 
ten, die uns größtenteils verloren gegangen oder 
doch mur in freier lateiniſcher Überſetzung durd) 
Nufinus und Hierorymus erhalten find, jeien 
folgende erwähnt: r& £fania, eine Zujammen: 
ftellung des Grundtertes und verichiedener Über: 
jeßungen des Alten Teftamentes; Scholien, Kom- 
mentare und Betrachtungen über die meijten 
bibliichen Bücher; xar& Kflsov, 1. VIII, eine 
reichhaltige Apologie des Ehriftentums gegen Die 
Angriffe des Eeljus (ſ. d.); weel deyür, 1. IV, 
die erſte wiſſenſchaftliche Zuſammenfaſſung der 
chriſtlichen Glaubenslehre mit vielen platoniſchen 
Gedanken. Geſamtausgaben ſeiner Werke von 
Erasmus (1536), Delarue (1733 ff.), Lommatzſch 
(1831 ff). Monogr. von Redepenning (1841 ff. 
2 Bdd.). 

Orikos, -on, Lotxös, -or, Oricum, bedeutende 
Seeſtadt der Landſchaft Amantia im griechischen 
Illyrien in der Nähe des Kerauniſchen Gebirges; 
j. Erifho in Albanien. Sie war feſt, ihr Hafen 
jedoch wenig ficher. Caes. b. c. 3,7. 11. 12 u. ö. 
Haät. 9, 92. Liv. 24, 40. Hor. od. 3, 7, 6. 

Orion, Reior, 1) ein Schöner Riefe und Jäger 
(Hom. Od. 11,310), Sohn des Hyrieus, aus Hyria 
in Boiotien, von den Boiotern auch Standaon 
genannt, oder Sohn des Poſeidon, oder Erd- 
geborener. Sein Weib heißt Side, jeine Töchter 
Menippe und Metioche. Eos hatte ſich ihn als 
Liebling erforen, worüber die Götter jo lange 
zürnen, bis ihn Artemis mit janftem Geichofe 
erlegt. Hom. Od. 5, 121. Über jein Abenteuer 
mit Dinopion j. d. Er fand auf Kreta oder De: 
los oder Chios jeinen Tod durch die Pfeile der 
Artemis, weil er ihr oder der Hyperboreerin Upis 
Gewalt anthun wollte, oder weil er fie zum Diſtos— 
werfen herausgefordert hatte, oder durch einen 


Oritao — ÖOropos. 


von Artemis gefandten ungeheuren Skorpion. Die | 
Pleiaden verfolgte er, bis jie in Geſtirne ver: 
wandelt wurden (Hor. od. 3, 4, 72; vgl. Or. fast. 
5, 493 fj.); er ſelbſt wurde ein Sternbild in der 


Nähe der Pleiaden, j. Sternbilder, 6. Schon 5 


bei Homer finden wir ihn als Sternbild. Hom. 
II. 18., 486 ff. Od. 5,274. Nach der eingejchobenen 
Stelle (Hom. Od. 11, 572) jagt fein Schatten in 
der Unterwelt. Sein Grab wurde zu Tanagra 
ezeigt. Aus der Erjcheinung des Sternbildes, 
in deſſen Nähe ſich der Hund befindet, jcheint die 
Idee eines gewaltigen Jägers, und zwar in Boio- 
tien, entjtanden zu fein. Vgl. O. Müller, Heine 
Schr. 11 ©. 113, 
— 2) aus Theben in Agypten, Verfaſſer eines 
nicht unmwichtigen Etymologiton (mepi Zrvuoloyınr, 
heraugg. von %. ®. Sturz, 1820. Monographie 
von F. Ritjichl, 1834, und im erften Bande der 
Opuscula) und einer Anthologie aus älteren grie: 
chiſchen Dichtungen. Er lebte wahricheinlih in 
der Mitte des 5. Jahrh. n. E., lehrte eine Zeit 
lang al3 Grammatiter in Alerandreia und ift wohl 
zu unterjcheiden von einem etwa gleichzeitigen 
Srammatifer Oros, der aus Milet ee mit 
dem ihn Sylburg zu identifizieren verfucht hat. Vgl. 
die oben genannte Abhandlung von Ritichl. 

Oritae, Rpriraı, auch Deireı, 1) Volk von 
indijcher Abkunft, Kleidung und Sitte im öftlichen 
Alien, in den an das Indosdelta grenzenden Thä- 
lern, Nachbarn der Arbiten, beide von Alerander 
unterworfen. Arr. 6, 21, 3. 25, 2, Curt. 9, 10, 6. 
Plut. Alex. 66. Strab. 15, 720. — 2) Name der 
Bewohner von Dreod. Arist. Pax 1125. Thuc. 
8, 95. Xen. Hell. 6, 4, 57. 

Ogxddss vijoot, Orcädes insulae, Gruppe 
von 30 bis 40 (genau 33) Heinen, zum Teil 
unbewohnten Inſeln vor der Nordipige von Bri- 
tannia Barbara, die heutigen Orkney- und Shet— 
landinjeln. Mela 3, 6, 7. Tac. Agr. 10. 

Ormönos, Loutros, 1) in des Kerkaphos, 
Enkel des Aiolos, Vater des Amyntor, Gründer 
von Ormenion (Armenion) in Theflalien. Hom. 
11.9, 448. Ormenis heißt bei Ovid (her. 9, 50) 
Aftydameia als Enkelin des Ormenos. — 2) zwei 
Troer, von Teufros und Bolypoites erlegt. Hom. 
11.8, 274. 12,187. — 3) Bater des Kteſios, Groß: 
vater des Sauhirten Eumaios. Hom. Od. 15,413. 

Ormuzd, Reoudins, Rpoudsdns, Ahuramajda, 
ber höchſte und eigentlich einzige Lichtgott der 
Iranier, namentlich der Perſer, der Schöpfer und 
Erhalter der Welt, der Urheber alles Lebens, der 
Gott der Wahrheit und Reinheit; ihm zur Seite 
eine Reihe von Genien, bejonders die 7 Ameſcha— 
ipenta, und die andern, erft feit dem 4. Jahrh. 
v. E. mehr hervortretenden Götter. In jcharfem 
Gegenjag zu ihm und feinem Lichtreicd) ſteht Ahri: 
man (Angrasmanju), der Herr der Finſternis und 
bes Truges, der Unfruchtbarkeit und des Todes, 
mit jeinen Daivas (Diws), den böfen Geijtern, die 
ihre Macht in allem Übel offenbaren. Die ganze 
Weltentwidlung verläuft nun in ftetem Kampf; 
in der irdiichen Sphäre hat der Menſch mitzu: 
ftreiten durch ftrenge Reinheit und Wahrheit, aber 
auch durch die Werke der Kultur. Am Ende wird 
das Gute jiegen, die Vergeltung folgen, eine voll: 
fommene Weltordnung eintreten. Plut. Is. 46. 
Alex. 30. 


Neallegifon des Hafj. Altertums. 7. Aufl, 





Grimm, D. Myth. II ©. 901.| 7A 


865 


Ornamenta triumphalia j. Dona mili- 
taria, 3, 

Ornöai, Ogrsai, 1) Stadt im nordweitlichen 
Argolis an der Grenze von Phliafia, gelegen am 
Fube des Lyrfeiongebirges, in der Nähe des 
jeßigen Paläo-Leonti, am Orneasbach. Die Mauer: 
refte führen den Namen Sampyrgo (vgl. Forch— 
hammer, Halfyonia ©. 8). Die Bewohner waren 
fynurischen Urjprunges. I/dt.8, 73. Im pelopon- 
nefiihen Kriege ftand D. im Bündnis mit Argos 
(Thuc. 5, 67), jpäter, 362 v. E., auf feiten der 
Megalopolitaner gegen Sparta. Dann wurden 
die Orneaten nach Argos übergejiedelt. Vgl. noch 
uc. 5, 72. 74. 6,7. — 2) Nach Strabon (8, 376. 
382. 13, 587) lag eine zweite Stadt d. N. zwi: 
ſchen Korinth und Silyon am Orneatesfluß. 

Ogvsäraı, d. h. Einwohner von Orneai, bei 
Thulydides (5, 67) ovumeyoı, bei Herodot (8, 73) 
neben den eglorxo: der Argiver genannt (Opreü- 
ra xcel meplornoe), Scheint allgemeiner Name für 
die argivischen Bundesgenofjen geworden zu jein. 

Orneios, "Ogreiog, Kentaur. Ov. met. 12, 302. 

Orneus, Ogvevs, Sohn des Erechtheus, Vater 
des Peteos, Großvater des Meneftheus, nad) dem 
das argivijche Orneai benannt war. Paus. 2, 25,5. 

Orobiai, Ogößıcı, oder Oröpe, Ogorn, Stadt 
an der Weftfüfte Euboias, unweit Nigai, mit einem 
Orakel des jelinuntischen Apollon, durch ein Erd: 
beben und eine Springflut 426 v. E. zum Teil 
zeritört. T’huc. 3, 89. Strab. 9, 405. Reſte finden 
jih noch in dem Dorfe Roviäs. 

Orödes j. Parthia, II. 

Orontes, Ogorrns, 1) Perfonenname: 1) ein 
Perſer aus königlichem Geſchlecht, den der jüngere 
Kyros wegen Verrats tötete. Xen. An. 1,6. — 
2) Schwiegerjohn Wrtarerres’ II., bei dem Zug 
der Behntaufend Satrap von Armenien, 386 f. 
Heerführer gegen Evagoras von Kypros, aber 
wegen Intriguen abgejegt. Xen. An. 2, 4, 8. 
3, 5, 17. Diod. Sie. 15, 2ff. 9ff. — Il) Geo: 
graphijcher Name: 1) Hauptfluß Syriens, der in 
dem Hochthal zwiſchen Libanon und Witilibanon 
unweit von Seliopolis entjpringt, an Emeja und 
Epiphaneia vorbeifließt, dann eine Zeit lang unter 
der Erde verjchwindet, bei Apameia von DO. den 
Marſyas aufnimmt und einen See bildet, bei 
Antiocheia feine nördliche Richtung in eine füd- 
weftliche ändert und fich als ſchiffbarer Strom 
zwiichen der Hafenſtadt Seleufeia PBieria im N. 
und dem Berg Kafios im ©. in das Phoinikiiche 
Meer ergießt; j. Nahr el:Aji. Strab. 6, 275. 
16, 750 ff. — 2) Gebirge, das Medien von SD. 
nah NW. durchzieht; j. Elwend. An feinem 
Nordabhang lag Elbatana. 

Orontobätes, Ogorroßdrns, Schwiegerjohn und 
Nachfolger des Pirodaros als Fürſt von Narien 
(jeit 335 v. C.), verteidigte Halifarnafjos gegen 
Alerander und dann die Burg gegen Ptolemaios, 
bis er fi) 333 an diejen ergeben mußte. Arr. 
1, 23, 28. 2,5, 7 

Oröpos, Rewrös, feite Hafenftadt am Euripos, 
60 Stadien von Eretria auf Euboia entfernt, j. 
das Dorf Oropo. Zhuc. 8,95. Die anfangs boio— 
tiiche, wahricheinlich zum Gebiete von Tanagra 
gehörige, Stadt wurde frühzeitig, wahricheinlich 
506 v. E., von den Athenern in Beſitz genommen 
(Hdt. 5, 77. 6, 100, Z’huc. 2, 23. 3, 91. 4, 96. 

55 


366 Oros — 
7,28. 8, 60) und war ein fteter Gegenftand des 
Streites zwijchen den Boiotern und Athenern, die 
fie zulegt behaupteten. Ahr Hafen Delphinion, 
von wo man nad Euboia überfuhr, lag an der 
Mündung des Ajopos. 1", Stunde füdöntich von 
Or. lag das SHauptheiligtum des Landes, der 
Tempel des Amphiaraos (f. d.), und ein Stadion, 
in welchem zu Ehren desjelben gymniſche und 
muſiſche Agone gefeiert wurden, beide nebjt einer 
geräumigen zweiichiffigen Halle und einem wohl- 
erhaltenen Theater in neuejter Zeit aufgededt. 
Paus. 1, 34, 1. 

Oros j. Urion, 2. 

Orosius, Paulus, geboren zu Braccara (j. 
Braga in Portugal), Preſbyter zu Tarraco (j. 
Tarragona in Katalonien), Zeitgenofje und Ans 
hänger des Nuguftinus, zu dem er 415 nad) Afrika 
reifte. Auf jeinen Antrieb ging er auch nad) 
Paläftina zu Hieronymos, hierauf zurüd nad 
Aria, wo er vor 420 jtarb. Er ſchrieb einen 
Abriß der Weltgejchichte von Adam bis 417 n. E., 
der unter dem Titel: Adversus paganos histo- 
riarum libri VII auf uns gekommen ijt. Dr. 
wollte darin zeigen, daß die Yeiden der Zeit und 
die bedrängte Yage des Neichs nicht dem Abfall 
vom alten Heidenglauben und der Einführung des 
Chriſtentums zuzuſchreiben jeien, vielmehr die 
Erde ftets eine Stätte der Verfehrtheit und des 
Laſters und deshalb aud des Jammers und des 





Unglüds und zwar in noch höherem Grade vor 


dem Ehriftentume gewejen jei. Als Hauptquellen 
benußte er die Chronif des Eujebios in der Bear: 
beitung des Hieronymus und den Auftinus, jeltener 
Livius, Suetonius, Cäſar, Tacitus, Florus und 
Eutrop; der Stil ift ungleich und meist ſchwülſtig. 
Ed. pr. von %. Schüßler (1471), fjpätere Aus: 
gaben von Fabricius (1561 u. d.), Haverkamp 
(1738 und 1761) und Zangemeijter (1882, Text: 


Orpheus. 


| andgabe 1889). Monographien von Bed (1832), 
von Mörner (1844), E. Mejean (1862). 
Orospeda (Ortosp.) j. Hispania, 1. 
Orpheus, Oggevs, ein Sängerheros der my: 
thiſchen Thrafer, die an der jüdlichen Küfte Thra- 
fiens, in Pierien am Olympos und in Pholis 
und Boiotien am Parnaß und Helifon wohnten 
und mit enthuiiaftiichen Gebräucden den Dionyios 
und die Muſen verehrten, der Nepräjentant der in 
diefen Kulten mwurzelnden Muſenkunſt, ein Sohn 
des Diagros und der Muje Kalliope, Gemahl der 
Nymphe Eurydike. Der uriprünglide Sig der 
Sagen über ihn war Pierien und das thrafijche 
Hebrosthal. Die Macht feines Gejanges war jo 
gewaltig, daß er jelbjit Bäume und Felſen be— 
wegte und wilde Tiere bezähmte. Aesch. Agam. 
1629. Eur. Bacch. 564. Iph. Aul. 1211. Als 
feine Gattin, auf der Flucht vor Ariftaiod von 
einer Schlange gebiſſen, ftarb, ftieg er in den 
Hades hinab, um die Geliebte wiederzuholen, und 
rührte durch feinen Gejang und fein Saitenjpiel 
die Königin der Schatten jo jehr, dab fie der 
Eurydike gejtattete, dem Gemahl zur Oberwelt zu 
ri unter der Bedingung, daß er nicht eher 
ih nad ihr umſehe, als bis ſie die Oberwelt 
erreicht hätten. Aber Or. jah ſich voreilig um, 
und Eurgdife mußte zur Unterwelt zurüdwandern. 
Verg. @. 4, 454 ff. Or. mit. 10, 1fff. Er joll auch 
die Argonauten begleitet und durch jeinen Gejang 
mannigfache Wunder zum Heil jeiner 
Genoſſen gethan haben. Seinen Tod 
fand er durch thrafiihe Weiber, die 
ihn zerrifien, weil er jich der Feier 
der Orgien wibderjeßte, oder weil er 
nad) Verluft jeiner Gattin alle Frauen 
hafte. Sein Haupt und feine eier 
warfen fie ind Meer; fie ſchwammen 
nach der Eängerinjel Leſbos hinüber. 
Or. met. 11, Uff. Nacd andern Be- 
richten erichlug ihn Zeus durch den 
Blitz; oder er gab fich jelbft den Tod. 
Sein Grab fjollte zu Dion in Pierien 
fein oder in Yeibethra in Makedonien. 
Paus. 9, 30, 3.7.9. Homer erwähnt 
den D. nicht, obgleich er den alten 
thrafiichen Sänger Thampris kennt 
(Hom. Il. 2, 595). — D. ift eine ähn- 
liche Geftalt wie Linos (ſ. d.). Wie 
diejer war cr urſprünglich ein zer: 
riffener, früh dem Tode verfallener 
ſchöner Yüngling, deſſen Tod beflagt 
wird; der in Geſängen Bellagte ward 
dann jelbft in der Boritellung der 
Menjchen ein berühmter Sänger. — 
In jpäterer Zeit, bejonders jeit Pei— 
jiftratos, bildete man D. zu einem 
Sühn: und Weihepriefter um, fo daß 
man diejen D. ganz von dem Sänger 
trennte. Er galt als das Haupt und 
der uralte Stifter einer jeit etwa 600 v. E. ent: 
itandenen myſtiſchen Selte, der Orphiler vgl. 
Mysteria,4.6.), deren Mittelpunkt der myſtiſche 
Kult des Dionyſos-Zagreus war, und die cine 
eigentümliche jvefulative Theologie und eine auf 
ajfetiichen Satzungen beruhende Yebensweije (Bios 
Oegınös) ausbildeten. Ihre Lehre ift gegen bie 
ge Theologie überhaupt und gegen die 
omerijche Vorftellung von dem Zuſtande der Seele 


Ooduxct — Osiris. 867 


nad) dem Tode bejonders gerichtet. Es macht fih | Osen, Oox«, bedeutende Stadt der Jlergeten 
eine pantheijtiiche Auffafjung geltend, die an dem | im tarraconenfiichen Hijpanien (j. Huesca in Ärra— 
der Volksreligion eingepflanzten Monotheismus | gonien), Hauptquartier des Sertorius, Plut. Sert. 
gen (f. Nägelsbach, nachhoni. Theol. S. 402f.).|14. Strab. 3, 161. Caes.b. c. 1, 60. 

ieſe Selte hrieb dem D. eine Menge von Sühnz | ’Roxopögra, balchiſches Erntefeſt, am 7. Pya— 
ebräuhen und Weihungen (Entjündigung und | nepfion (Oft. — Nov.) zu Athen gefeiert. Plut. 
eiligung war das Piel diefer Myſterien), allerlei | Thes. 225. MWeinranfen mit Trauben wurden 
myſtiſche Schriften, Orakel und dergl. zu, welche | von auserlejenen 20 Epheben aller Stämme (2 aus 
in ihrer Mitte, zum Teil ſehr ſpät, entftanden | jedem Stamme) im Wettlaufe aus dem Tempel 
waren. Bon diejem D. jagt Ariftoteles, daß er | des Dionyjos in Limnai in den der Athene Stiras 
nicht eriftiert habe. Cic. n. d. 1, 88, 107. — Ab: |im Phaleron gebracht. Die 10 Sieger erhielten 
bildung: Eurydife, von Orpheus aus der Unter: | jeder eine Schale mit einem aus ben 5 haupt: 
welt heraufgeholt, wird, da diejer ſich auf dem | jächlichften Jahresproduften (Wein, Honig, Käſe, 
Wege umgeihaut, von Hermes wieder hinab: | Mehl, DI) gemijchten Getränfe (merramioe) als 
geführt; Nelief in der Billa Albani zu Rom, Preis und einen Ehrenplaß in der nun folgenden 

Ogyıxd, Örphica, verſchiedene, fälſchlich des Prozeffion. Der Feſtzug (einem fingenden Chor 
Orpheus Namen tragende Gedichte in griechiichen | gingen 2 Jünglinge in Weiberfleidung voran) 
Herametern, bie von der Kritik im eim fpätes | ging von dem Oschophorion, einem Platze vor 
Beitalter verwiejen jind und fämtlich aus nach: | dem Tempel der Athene, nach dem des Dionyſos, 
hriftliher Zeit ftammen: 1) Apyovavrızd, ein | wo die Phytaliden ein Opfer brachten. Den Be: 
epiiches Gedicht von 1384 Hexametern über die ſchluß machte ein Opferihmaus. Die Athener 
Argonautenfahrt, nach G. Hermann und F. Jacobs | jeßten diejes Feſt in Zeichnung zu dem Zuge des 
zwiſchen dem 2. und 4. Jahrh. n. E. entjtanden i 


Thejeus nad) Kreta. Vgl. 
und von jehr mittelmäßigem ; 2) Suvor (re-| ©. 271 ff. 
Aral), 88 an Zahl, größtenteils an abjtrafte]| Osei j. Italia, 7. 
Weſen (4. B. Odvarog, Iınawooden, "Tyleıe) gee| Oselnes ſ. Divinatio, 19, 
richtet, nach Lobeck ans dem byzantinischen — Osi wird von Tacitus (Germ. 28. 43) eine 
alter, vielleicht auch von verjchiedenen Berfafiern, | Völlerſchaft Germaniens genannt, in einem wal- 
dürftig in ihrer Form und Mer inneren Gehalt; | digen Gebirgslande hinter den Quaden wohnen, 
3) Audınd in 768 Berjen, Gedicht von der magi: | denen fie tributpflichtig waren: jie hatten panno- 
ichen Kraft der Steine, nach Tyrwhitt aus der Kaifer: | nijche Sprache und Sitten. Sie wohnten wahr: 
zeit des Conſtantius und Balens, zeigt Geſchmack | jcheinlich zwijchen den oberen Läufen der Oder 
und formale Gewandtheit. Gejamtausgaben von | und der Weichſel. 
Eſchenbach (1689), Gesner (1764), ©. Hermann | Osiris, Ooıgıs, ein Ägyptifcher Gott, von ben 
(1805) und Abel (1885); Ausg. der Apyoravrınd | Griehen Dionyjos genannt, urjprünglich bejonders 
von Schneider (1808), der Adınd von Tyrwhitt zu Abydos in Oberägypten und zu Bufiris (= Haus 
(1781) und Abel (nad) einem neu gefundenen cod.| des Dj.) im Delta angebetet, dann aber infolge 
Ambrosianus, 1881). gl. Zobed, Aglaophamus | der Geheimlehre des Totendienftes mit jeiner Ge— 
(2 Bbb. 1829). mahlin Iſis und feinem Sohne Horos mehr als 
Orsilöchos j. Diokles, 1. irgend eine andere Gottheit verehrt (Hdt. 2, 42. 59). 
Orthagöras, Ogdayögas, ein Silyonier aus | Der Mythos von ihm lautet —— Plut. 
der ben 3 doriſchen Phylen (ſ, Bvirj, 9.) als | Is. 12 ff.): Als Herrſcher von Agypten verbreitete 
vierte hinzugefügten Phyle der Nigialeer (der | Dj. im ganzen Lande Aderbau, Gefittung und 
früheren ioniſchen Herren des Landes), der fich | Verehrung der Götter. Sein Bruder Typhon aber 
um 665 dv. C. an der Spike des Volks zum | brachte ihn durch Lift in eine Kite, vernagelte fie, 
Tyrannen von Sikyon erhob, die Herrichaft durch | goß heißes Blei hinein, und warf fie alddann in den 
Mäßigung und Klugheit behauptete und auf jeine | Nil. is juchte den Sarg, fand ihn endlich in 
Nachkommen vererbte. Arist. pol. 5, 9, p. 1315b. | Byblos, wo er ans Land getrieben worden war, 
Orthia, öo®ia, j. Artemis. brachte ihn zurüd und verbarg ihn. Typhon jedoch 
Orthros j. Herakles, 9. entdedte ihn und zerftüdelte den Körper in 14 
Ortöna, 'Opror, 1) Hafenjtadt der Frentaner | Teile, die er überallhin zerftreute. Iſis ſuchte die: 
in Mittelitalien, noch j. Ortona a Mare. Strab. | jelben wieder zufammen und errichtete dem DI. 
5, 242. — 2) Stadt der Hquer in Latium, viel- | an jedem der verjchiedenen Orte (zu Abydos, auf 
leicht j. Oritola. Liv. 2, 43. 3, 30. Philai u. f. f.) ein Grabmal. Horos aber rächte 
Urtygia, Ogrvyda, j. Delos, Ephesos und |den Tod jeines Vaters an Typhon, den er nad) 
Syracusae. längerem Kampfe wa Dj. lebt in der Unter: 
Ogrvyoxorxia, ögrvyouavia, Ögroyoßijgee, | welt fort und iſt der Nichter der Seelen, die fich, 
ögrvyorgögor |. Alerrovormr dyanves. wenn jie rein erfunden werden, mit der jeinigen 
Orxines, 'Og&ivns, ein perſiſcher Feldherr und verbinden dürfen. — Was diefer Sage zu Grunde 
Verwandter der föniglichen Familie, fämpfte gegen | liegt, ift die tägliche Bahn der Sonne, weiter der 
Alerander in der Schlacht bei Gaugamela (331 v. E.) | jährliche Kreislauf in der Natur, endlich das Schid- 
und bemächtigte fich während deſſen Abwejenheit |jal des menjchlichen Lebens: überall ein Wechjel 
in Indien der Satrapie von Perjis, wurde aber | von Aufgehen und Unterfinfen, aber dann aud) 
von dem Könige nad) feiner Rückkehr wegen ver: | ein Neuerftehen. Iſt Dj. das mwohlthätige Licht, 
übter Gewaltthätigteiten, Tempel: und Leichen: | das befruchtende Nilwafjer, die Quelle des gefunden 
raubes gehentt, 324. Arr. 6, 295. Curtius (4,12. | und geordneten Lebens, jo iſt Tuphon das uns 
10, 1) nennt ihn Orfines und gibt einen andern | heimliche Dunfel, das öde Salzmeer, die aus: 
Bericht über jeinen Tod, trodnende Glut, der Urheber von Krankheit und 
b5* 


Mommſen, Heortologie 





868 


Störung. — Dj. wird immer mit Menjchenhaupt 
dargeftellt, ald König mit Geißel und Krummftab 
in den Händen, als Herr der Unterwelt in Mumien: 
geitalt. Plut. Is. 32. 49 ff. 64 f. 

Osismi, Oolouıoı, Völkerſchaft in der Nord: 
weſtſpitze des feltiihen Galliens (Bretagne), zu 
den aremorijchen Staaten gehörig. Caes. b.g. 2,34. 
3,9. 7, 75. Strab. 4, 195. 

Osroöne j. Edessa und Mesopotamia. 

Ossa, Ooo«, 1) Perjonififation des jchweifen- 
den Gerüchts, eine Botin des Zeus (dıös Ayye- 
og, Eu Jos) genannt, doch ohne beitimmte Be— 
ftellung, wie $ri8 hat. Hom. Il. 2, 93. Od. 24, 
413. 1, 282. Bei Sophofles (Oed. T. 158) heißt 
fie unter dem Namen Pau Tochter der Hoff: 
* Bei den römiſchen Dichtern entſpricht ihr 
die Fama. Verg. A. 4, 173 ff. Ov. met. 9, 137. 
12, 43 ff. 15, 853. Stat. Theb. 3, 436. Val. 
Flace. 2, 116 ff. In Athen hatte fie einen Altar. 
— 2) Gebirge in der thefjaliichen Landichaft Magne: 
fia, durd) das Tempethal vom Olympos gejchieden 
und füdöftlich mit dem Pelion zufammenhängend, 
mit dem e3 den Dftrand des theflaliichen Beckens 
bildet, in jeinem höchſten Gipfel 1953 m hoch. Der 
Oſſa galt für die Heimat der Kentauren. Den 
jegigen Namen Kiffavos verdankt der Berg feinen 
zahlreichen Epheuranfen. Hom. Od. 11,315. Strab. 
9, 440f. 

Ostentum f. Divinatio, 13. 

Ostia, N Rorie oder r& Norıe, Hafenstadt 
Noms an der Mündung des Tiber links an dem 
linfen Flußarm, 16 Millien von der Stadt auf 
dem Landivege entfernt. Sie war angelegt von 
dem Könige Ancus Martins (Liv. 1, 33) und 
blühte bald außerordentlich empor. Nachdem Ma- 
rius fie zerftört hatte, wurde fie prächtiger wieder: 
hergeſtellt, ſank jedoch, nachdem Kaifer Claudius 
an dem rechten Tiberarm einen bejieren Hafen, 
Portus Romanus oder Augusti, angelegt hatte 
(Suet. Claud. 20), und verdankte ihr ed Pre 
nur noch den von Ancus angelegten Salinen. Die 
Ruinen, namentlich) eines großartigen Theaters, 
des Forums, des Emporiums und eines Bades, 
finden fich in der Nähe des Städtchens Ditia, 
welches aber wegen des angejchwemmten Uferjan- 
des etwa 1 Stunde von der Hüfte entfernt ift. 
Strab. 5, 219 ff. 

Ostiarius und Ostium j. Haus, 7. 

Ostordi. Zu nennen find: 1) P. Dftorius 
Scapula, Statthalter von Britannien jeit dem 
J. 47 n. E., führte glüdliche Kriege, namentlich 
gegen den Fürſten Caratacus, der in jeine Hände 
fiel, hatte aber in ſpäteren Feldzügen entjchiedenes 
Unglüd und ftarb aus Gram darüber, 51. Tae. 
ann. 12, 31 ff. Agr. 14. — 2) M. Oft. Scapula, 
Sohn des vorhergenannten, diente mit Ruhm 
unter jeinem Water. Er tötete ſich im J. 62 jelbft, 
um dem ihm von Nero zugedadhten Tode zu ent: 
gehen. Tac. ann. 12, 31. 16, 14f. — 3) Dft. 
Sabinus, Magte den Barca Soranus an und 
erhielt dafür die Duäftur und eine große Geld: 
jumme. Teac. ann. 16, 23 ff. 

Ostrakismos |. Exrrinole, 8. 

Oströa, die Aufter, eine jehr beliebte Delikateſſe, 
palma mensarum divitum bei Plinius genannt. 
Mit fteigendem Lurus holte man die Auftern aus 
Brundifium, QTarent, Kleinafien und Britannien, 
ja man mäjtete fie nadı dem Transport in dem 


Osismi — Ovidius, 


Lucrinerſee. Sie wurden ſowohl friich verjpeift 
(ostreae crudae), als zu Ragouts verwandelt. 

Otacilii, 1) M'. Otac. Craſſus, unterwarf 

als Konful im J. 263 dv. C. einen Teil Siciliens, 
belagerte Syrafus und nötigte den König Hieron 
um Abichluffe eines Bünbniftes mit Rom. Weniger 
edeutend war jein Konjulat im 3. 246, Pol. 
1,16 ff. Zonar. 8, 9. — 2) Sein Bruder, T. Dt. 
Craſſus, unterwarf im %. 261 während jeines 
Konfulats eine Anzahl ſiciliſcher Städte. Pol.1, 20. 
— 3)T. Dt. Erajjus, war im J. 217 v. €. 
Prätor, 216 Proprätor auf Sicilien und fämpfte in 
Berbindung mit Hieron unglüdlich gegen die Kar— 
thager. Im folgenden Jahre dagegen unternahm 
er einen Zug nad) Afrika, plünderte und raubte 
und fchlug eine farthagische Flottenabteilung. Liv. 
22, 56. 23, 32.41. Doc mißlang ihm jeine Be— 
werbung um das Konjulat des nächſten Jahres 
(Liv. 24, 7 ff), hauptfächlich durch das Entgegen- 
treten des Fabiud. Dafür wurde er abermals 
Prätor und erhielt Sicilien als Provinz, von wo 
aus er wiederholte Streifzüge nach der afrifa- 
nifchen Küfte machte. Liv. 25, 31. Bei einer 
nochmaligen Bewerbung ums Konſulat im J. 211 
fiel er wieder durch, ftarb aber auf Sicilien, che 
ihn noch die Nachricht davon erreichte. Liv. 26, 22. 
— 4) Dt. Erafius, diente dem Pompejus und 
ichändete feinen Namen durch die Ermordung einer 
Anzahl in feine Gewalt geratener Cäjarianer 
Caes. b. c. 3, 28. 

Otho ſ. Salvii, 3—6. 

Othryädes, -as, Odgvdöng, -ag, ein helden— 
miütiger Spartaner, blieb nad Herodots (1, 82 ff.) 
Erzählung von der auserwählten Zahl derjenigen, 
welche von jeiten feiner Landsleute den Streit 
mit den Argivern um das kynuriſche Grenzgebiet 
von Thyrea (546 dv. E.) enticheiden jollten, allein 
übrig, wie bon argivijcher Seite Chromios und 
Alkanor. Dieje eilten nach Haufe und verfündigten 
ihren Sieg, Othryades aber behauptete den Kampf: 
platz als —— und verließ ihn nicht. Da beide 
Teile über den Ausgang des Kampfes nicht einig 
werden konnten, kam es zu einer großen Schlacht, 
in der die Spartaner ſiegten, worauf fie die Thy— 
reatis behaupteten. 

Othryöneus, Odgvorsis, aus Kabeſos, Bundes: 
enofje des Priamos, Freier der Kaflandra, von 
domenens erlegt. Hom. Il. 13, 363. 

Othrys, 7 Odovs, wald: und wiejenreiches 
Gebirge Theflaliens in der Landſchaft Phthiotis, 
welches, die Wafjericheide zwiichen dem Peneios 
und Spercheios bildend, vom Typhreſtos aus in 
Öftlicher Richtung, nördlich vom Maliihen Meer: 
bujen, der Küfte zu fich erftredt und jeine nörd— 
lien Zweige bis in die Ebene von Pharjalos 
ausdehnt. Es erreicht in feinem höchſten öftlichen 
Teile eine Höhe von 1728 m und führt jegt in 
jeinen einzelnen Teilen verjchiedene Namen: Ba: 
ribovo, Goura, Jerako. Hdt. 7, 129. Verg. A. 
7, 675. 

Otos j. Aloaden. 

Otreus, Orotös, König von Phrygien, dem 
Priamos gegen die Amazonen zu Hülfe zog. Hom. 
Il. 3, 186. hymn. in Ven. 111, 

Ovatio j. Dona militaria, 3, 

Ovidius, Publius Ov. Nafo, ift nach feiner 
eigenen Ausſage (trist. 4, 10 [einer poet. Selbit: 
biographie], 5. 13), am zweiten Tage des ber 


Ovidius. 


- Minerva heiligen Feſtes Duinquatrus, d. h. am 
20. März, zu Sulmo (dem heutigen Solmona) 
im Bälignerlande (Paeligni ruris alumnus, am. 
3, 15, 3) 43 v. C. geboren. Sein Bater, ein jehr 
wohlhabender Mann (ein eques illustris, vgl. die 
Ausleger zu Tac. ann. 2, 59; daraus erflärt ſich 
Or. trist. 4, 10, 29. 35), wollte, was ihm jelbjt 
verjagt ivar, diefem und dem gerade um ein Jahr 
älteren Sohne Lucius durch jorgfältige Erziehung 
den Zutritt zu den Ehrenitellen de3 Staats er: 
möglichen. Für den erften Unterricht genügten 
die Anftalten in Sulmo, doch jehr bald zog der 
Bater der Söhne halber nah Rom und übergab 
diefelben den ausgezeichnetften Lehrern. Der ältere 
Sohn widmete ſich der Beredjamfeit, ftarb aber 
bereits im zwanzigften Lebensjahre. Auch Publius 
bejuchte nach dem Willen feines Vaters zunächſt 
die Schulen der berühmten Rhetoren Porcius Yatro 
und Arellius Fnjens (trist. 4, 10, 17. Sen. con- 
tror. 2, 10, 8 ff.), jo jehr auch fein Tebhafter Geiſt 
durch die Lektüre der Dichter bereits für die Poeſie 
gewonnen war. Des Baterd Strenge hielt ihn 
bei den rhetorijchen Übungen, unter denen ihm 
die Suaforien viel mehr als die für gereiftere 
Schüler bejtimmten Gontroverfien zujagten. Der 
Rhetor Seneca, der ihn bdeflamieren gehört hatte, 
nennt (a. a. D.) feine Reden carmina soluta und 
tadelt den Mangel an feiter Ordnung. Nach des 
Bruderd Tode mußte er die amtliche Laufbahn 
betreten und durch die Verwaltung untergeordneter 
Ämter den Weg zu den höheren Ehrenjtellen ſich 
bahnen. Er war einer der triumviri capitales, 
welche bie Gefängniffe zu beauffichtigen und die 
Strafen an gemeinen Berbredhern durch ihre Unter: 
bedienten vollziehen zu lafjen hatten; wahrichein: 
lich ſchon ein Jahr darauf decemvir stlitibus 
iudicandis, ferner Mitglied des Gentumviral: 
gerichts und Einzelrichter. Auch hatte ihm um 
diefelbe Zeit der Bater eine rau gegeben, die 
ihm aber Widerwillen einflößte. Die unterdrüdte 
Liebe zur Poefie erwachte mit neuer Kraft, und 
der Umgang mit befreundeten Dichtern beftimmte 
ihn, die Geihäftötarriere ganz aufzugeben und in 
der behaglichen Stellung, die ihm feine äußere 
Lage und der gejicherte Weiche unter dem Prinzi— 
pate des Auguftus gewährten, ganz feiner dichte: 
riihen Neigung zu leben. — I dem Umgange 
mit den Dichtern Amilius Macer, Propertius, 
Bonticus, Macer, Baſſus und andern Männern, 
die wenigjtens ein ficheres Urteil hatten, fand er 
Veranlaflung zu den erften dichteriichen Verjuchen 
in Liebesgedichten. Eine Reife nad Athen und 
durch Kleinafien, ein Winteraufenthalt in Sicilien 
hatten ihn in dieſer Richtung beftärkt; neue Ber: 
juche auf dem Gebiete der Epik wurden gemacht, 
bis er ſich in jeinem fiebenundzwanzigiten Lebens: 
jahre entihloß, zur Tragödie überzugehen und 
zugleich Briefe und Elegien zu Dichten. Seine 
tragijche Poefie ift für uns verloren; die Medea 
findet bei den Alten einftimmiges Lob (Zac. dial. 12. 
Quint. 10, 1, 98); von den Epistulae find we— 
nigftens 8 erhalten, und bie Elegien in ben 
Büchern Amores gejammelt. Nah Bollendun 
berjelben faßte er den Entichluß, eine Siebestunt 
(Ars amatoria) zu fchreiben, mit der er ſich bei 
der Schwierigfeit des Stoffes und bei der Eigentüm- 
lichkeit der Behandlung lange beichäftigte, weshalb 
er fie erft 2 oder 1 v. C. als ein gereiftes Kunſtwerk 


869 


ericheinen ließ. Bald darauf folgte das biejen 
Büchern entgegengejegte Buch von den Heilmitteln 
gegen die Liebe (Kemedia amoris), dejlen Her: 
ausgabe wohl noch in das Jahr 1 zu jegen jein 
wird. — In diejer Zeit hatte er fich von der 
erften Frau gejchieden und ebenjo eine zweite Ehe, 
aus der er, wie es jcheint, eine Tochter, Berilla, 
bie auch dichtete (trist. 3, 7, 11 ff.), hatte, auf: 
gelöft und eine junge, jchöne Witwe, Fabia, aus 
einem angejehenen, mit dem Haufe des Auguftus 
befreundeten Gejchlechte 5* wodurch viele 
ſchon beſtehende Verhältniſſe enger geknüpft und 
neue veranlaßt wurden. Dieſe Ehe ſcheint eine 
glückliche geweſen zu ſein und auf die ganze Rich— 
tung des Dichters großen Einfluß geübt zu haben. 
Ruhe und Beſonnenheit trat an die Stelle unge— 
ſtümer Begeiſterung, Ernſt und Würde an die 
Stelle der Leichtfertigleit, die ſeine früheren Werte 
vom ſittlichen Standpunkte aus verwerflich ge— 
macht hat. 2 umfangreiche Werle beſchäftigten 
ihn, die Fasti und Metamorphoses, und mehrere 
Jahre waren auf diefe Dichtungen bereits ver: 
wendet, ald im Spätherbjt des J. 8 n. E. ihn 
gerade im Vollgenuſſe der Ruhe und Sicherheit 
ein hartes Geichid traf, die Verbannung (relega- 
tio, ſ. d) nah Tomi am Schwarzen Meere (beim 
j. Köftendiche). Durch welches Vergehen Auguftus 
veranlaßt wurde, eine jo ſchwere Strafe über den 
Dichter zu verhängen, wird fich jchwerlich ermitteln 
lafien. Er ſelbſt jpricht fich natürlich darüber mit 
grober Burüdhaltung aus (3. B. trist. 2, 207). 
ie Abfaffung der Liebestunft kann nur in einem 
entfernteren hie mit der Berweijung 
geitanden haben, denn jenes Wert war jchon jeit 
10 Jahren vollendet. Ob das unzüchtige Leben 
der jüngeren Julia (j. Julii, 12.), die erhält: 
niſſe des Agrippa Boftumus, deren Beitrafung durd) 
ihren Großvater Auguftus in diejelbe Zeit fällt, 
damit in Berbindung gejegt werden müflen, das 
läßt jich nicht mehr ergründen. Auch andere Ber: . 
mutungen über einen Beſuch des Agrippa Poſt. 
auf PBlanajia oder in Bezug auf die Gemahlin 
des Princeps find gleich haltlos. Die Augen 
müſſen bei dem error im Spiele gewejen jein (cur 
aliquid vidi, cur noxia lumina feci? trist.2, 103. 
3, 5, 49); eine Verſchuldung (duo crimina, carmen 
et error) ftellt Ovid felbit nicht in Abrede (trüst. 
2, 122, 1383). ®Dieje Trennung von dem Boden, 
auf dem er fi jo wohl gefühlt hatte, der Ab— 
jchied von der Familie und den Freunden, jelbft 
die Berwirrung in allen jeinen Angelegenheiten 
und nun nad einer beichwerlichen Seereife ber 
Aufenthalt in einem Heinen Orte, unter Halb— 
barbaren, mußte auf den leicht erregbaren Mann 
ſchwer einwirken und jeine Kraft breden. Schon 
auf der Reije hatte er das erjte von den 5 Büchern 
der Tristia vollendet, die andern 4 folgten in den 
nächſten 3 Jahren. Die Epistulae ex Ponto 
ichloffen ji unmittelbar daran an; fleinere Ar: 
beiten, wie der Ibis und die Halieutica, ſowie 
eine Umarbeitung ber Fasti, fallen in gleiche Zeit. 
Seine Bitten und Klagen blieben aud) bei Tibe- 
rius ohne Erfolg, die Sehnſucht nad) der ewigen 
Stadt wurde nicht geftillt, Dvid ftarb in Tomi 
im J. 17. n. E. und ward dajelbft begraben. In 
Anadolfii bei Köftendiche will man im J. 1887 
jeinen Grabftein aufgefunden haben. — In feinem 
römischen Dichter ift der Trieb zur Poeſie jo mäch— 


870 


tig als ein Grundzug feines Weſens hervorgetre- 
ten wie in Ovid. Seine natürliche Anlage hatte 
fih unter den günftigften Umſtänden entwidelt. 
Die durch griechiſche Studien begründete Kunftform 
war ebenmäßig ausgeprägt, jeine älteren Zeitge— 
nofien, wie jie den Mujenhof des Auguftus bil: 
deten, hatten das Anſehen der neueren Schule ge- 
fihert, und Ovid tritt als der jüngſte Diefer 
Kımftdichter hinzu. Mit ihnen hatte er die ale: 
randriniichen Dichter ftudiert und Gelehrjamfeit aus 
ihnen geichöpft; durch die rhetoriichen Übungen 
war er in dialektiichen Kunftgriffen jicher und in 
feinem Ausdrude gewandter geworden. Seine ge: 
jelligen Beziehungen führten den feinen Weltmann 

einer anmutigen, heiteren Gejellihaftspoefie, wie 
de für die Unterhaltung der ——— gebildeten 
Welt ſich eignete, und wie fie von feinem andern 
mit größerer Meifterichaft geübt ift. Reiche Phan: 
tafie, Hare und fichere Anichauung aller Berhält- 
nifie, umverfiegbare Laune, Bing die äußere 
Lage nicht getrübt war, gewandter Wig und geift- 
reicher Ton verbinden fich mit einer feltenen Bollen: 
dung ber Form, die fich ebenjo jehr durch Fülle 
der Sprache als Leichtigkeit und Gewandtheit des 
Versbaues charakterifiert. Wenn er bei der Fülle 
feiner Produktionen ftrenge Kritik vermiſſen läßt, 
wenn er der Größe der republifaniichen Dichter 
ermangelt, jo wird man jenes aus der Richtung 
feines Talents, diejes aus der Umgeftaltung des 
Staats leicht erklären können. — Seine ung er: 
haltenen Werke find: 1) Epistulae oder Heroides, 
eine Sammlung fingierter Liebesbriefe, welche He- 
roinen an ihre entfernten Liebhaber jchreiben. Ovid 
hat zuerft dieje Dichtungsart aufgebracht, veranlaft 
durch die Charafteriftifen, welche einen Hauptteil 
der rhetorifchen Übungen ausmachten. ſelbſt 
hat (am. 2, 18, 21ff.) 9 Heroiden: 1. 2. 5. 11. 
12. 4. 10. 7. 15 aufgeführt, von denen auch 
nod eine (15) jchmwerlich echt ift. An einzelnen 
ſchönen Stellen fehlt es nicht, im ganzen aber 
fann man den Heroiden nur eine geringe Stelle 
unter Ovids Gedichten und in der Boefie überhaupt 
anweijen. Die jegige Sammlung ift auf 21 ge 
bradt. Karl Lachmann (Berliner Progr. 1848, 
Heine Schriften, 2. Bd.) hat die Heroiden 8. 9. 
14, 15. 16. 17. 19 aus metrifchen und profodiichen 
Gründen für unecht, andere, wie 3. 12. 13. 18. 20, 
für zweifelhaft erflärt. Dagegen hat Luc. Müller 
geiprochen, wie and) Eichenburg (Brogr. von Lübed, 
1886) geneigt ift, jämtliche Heroiden (mit Aus- 
nahme des Sapphobriefes, 15) dem Ovid zuzuweiſen 
und für die angezweifelten nur eine jpätere Ent: 
ftehungszeit anzunehmen, während wieder andere 
die 6 legten dem Ovid abjprechen; und Lehrs hat 
vielmehr zu dem Mittel der Annahme von Nuter- 
polationen feine Zuflucht genommen. Dem Schüler 
der Rhetoren, deren suasoriae er nachgebildet, wird 
man manches zu gute rechnen. — 2) Amorum 
libri Ill, aus urjprünglih 5 Büchern in dieſe 
3 aufommengegngen, in deren einzelnen Elegien 
der Dichter mit üppiger Phantafie die mannig: 
fahen Erlebnifje eines Liebhabers im Glück und 
Unglüd jchildert. Corinna, die den Mittelpunkt 
bildet, ift uns unbefannt, vielleicht eine fingierte 
Berjönlichkeit (‚kein Wejen von Fleisch und Blut“). 
Schwerlich ift alles jelbft erlebt, die Virtuofität 
des Dichters hat es gewiß an Bhantafieftüden 
nicht fehlen laſſen. Die Amoren „find ein witiges, 


Ovidius. 


oft mutwilliges Spiel, reih an Wendungen und 
Einfällen, zierlih und ebenmäßig in der Sprade 
und im Versbau“. — 3) Medicamina faciei oder 
formae, eine Anweijung zu dem Gebrauche von 
allerhand Schönheitsmitteln und Einführung in 
die tiefften Zoilettengeheimniffe. Das Gedicht ift 
in einer jehr verberbten, lüdenhaften und unvoll⸗ 
ftändigen Form (100 Berje) auf uns gefommen. 
— 4) Ars amatoria in 3 Büchern, des Dichters 
Hauptwert, in welchem er Anweiſung gibt, wie 
Liebesverhältnifie zwiichen den leichtfinnigen Mäd- 
chen, ben Libertinen, und den leichtjinnigen Jüng- 
lingen und Männern begründet und auf die Dauer 
erhalten werden fünnen. Das dritte Buch beion- 
ders unterrichtet die Mädchen, wie fie jih in ſolchen 
zu Rom allgemein verbreiteten und durch die Ge— 
ſetze nicht verpönten Berhältnifien zu benehmen 
aben. Dvid hat fih einen ganz beftimmten 

nitstil für dieſe Dichtungsart gebildet und dadurch 
das Werk zu einem wahrhaft originellen gemadıt. 
So wurde e3 ſchon von den Zeitgenofjen mit Bei- 
fall —— und hat ſelbſt im Mittelalter 
große breitung gefunden. — 5) Remediorum 
amoris liber unus, deijen Tendenz nicht darauf 
eht, gegen die Liebe überhaupt zu kämpfen, 
Baker nur denen, die ein unwürdiges Liebesjod 
tragen, zu helfen. In der Technif bewährt Ovid 
auch hier diejelbe Virtuofität wie in der Liebes: 
funft, nur daß die Kompojition des Ganzen weniger 
gelungen, Gedehntheit und hier und da Dürftigkeit 
u tadeln ift. — 6) Metamorphoseon libri Kr. 

it diefem Werke beginnt Ovid das epiiche Vers: 
mah zu gebrauchen; er hat in demielben einen 
Teil der Mythen, in denen Verwandlungen vor: 
fommen, vom Beginn der Welt an bis zu der 
Verwandlung des Julius Cäjar in einen Stem 
chronologijch zujammengeftellt. Dieje zahlreichen 
Mythen, entitanden 'aus dem innigeren chre 
der Menjchen mit der Natur, unter einem Rolte, 
das mit regjamer Rhantafie die Tiere zu Menjcher, 
die Erjcheinungen in der Natur zu lebendigen 
Wejen machte, bildeten einen Hauptteil der grie 
chiſchen Mythologie und waren bejonders im der 
alerandriniichen Zeit von Dichtern, wie Nilandros, 
Barthenios u. a., behandelt. Aber nicht bloß ans 
diejen, jondern aus der ganzen griechiichen Litte- 
ratur, bejonders den ZTragifern, hat er geichöpft, 
ohne daß wir imftande find, dies im einzelnen 
enau nachzumweiien. Die Mannigfaltigkeit umd 
!ebendigfeit in der Erzählung, die Kunjt in der 
Verbindung der einzelnen Sagen, der eigentüm: 
lihe Versbau geben den Metamorphojen einen 
eigenen Reiz und haben fie zu einem beliebten 
Fabelbuche gemacht. Sie find der erfie Roman 
unter den Römern, der von jeinem Erſcheinen 
an viel gelejen und jpäter ald eine Quelle zur 
Kenntnis der Mythologie betrachtet wurde. Daß 
Dvid bei jeiner Verweiſung nad) Tomi die Hand- 
jchrift des noch unvollendeten Gedichts verbrannt, 
dort aber nad) Abichriften es wi ergeitellt habe, 
erzählt er ſelbſt (trist. 1, 7, 13 } ie Alten 
haben weniger günftig über das geurteilt, 
. B. Quintilian (4, 1, 77. 10, 1, 88), der ihm 
ascivus, üppig und tändelnd nennt, aber dies 
doc —— — 7) Tristium libri V, wahr: 
ſcheinlich einzeln herausgegeben, Klagebriefe über 
jein Unglüd, von denen erite Buch die Ge 
fahren der Reife in glänzender Weife jchildert, 


Oxathres — Pacatus. 


das —— ein Schreiben an Auguſtus, die Unſchuld 
des Dichters darzulegen ſich bemüht und die Bitte 
um einen andern Aufenthaltsort enthält, die 3 
übrigen Klagen über das traurige Leben in Tomi, 
Aufforderungen an Freunde, ihm zu helfen, Bor: 
würfe gegen Untreue geben. Die 7 Briefe an feine 
Frau (1, 6.3, 3. 4, 3. 5, 2. 5. 11. 14) find bejon- 
ders jchön. — Ganz gleihen Inhalt wie die 
Trijtien haben 8) Epistularum ex Ponto libri IV, 
nur mit dem Ilnterjchiede, daß dieje den Namen 
des Freundes, dem jie geichidt werden, an. der 
Spitze tragen, wodurd Ton und Behandlung der 
Briefform ftrenger bedingt war. Das Bedürfnis 
zu dichten rief dieſes Werf hervor, auf das die 
traurige Stimmung und die Umgebung nicht vor: 
teilhaft einwirkten. Einen Rüdjchritt in Form 
und Ausdrud leugnet der Dichter ſelbſt nicht, das 
Einerlei des Stoffs mußte ermüden. — 9) Ibis, 
ein Schmähgedicht gegen einen Römer, der ben 
verbannten Ovid in Nom öffentlih mit Schmäh— 
reden verfolgte, feine Frau mit Anträgen quälte 
und die Überbleibjel jeines Vermögens an ſich zu 
bringen ftrebte. Nach dem Borbilde des Kalli— 
machos, der unter jenem Namen den Apollonios 
von Rhodos angegriffen, fchrieb er diefe Elegie in 
feinem vorgerüdten Alter mit großer Selchriamfeit 
und heftiger Bitterleit gegen einen Unbekannten, 
den als einen beftimmten Dichter zu deuten bis 
jegt vergebliche Verjuche gemacht find. — 10) Fasto- 
rum libri VI, von denen Buch 1 vielleicht in einer 
zweiten, in der Verbannung gefertigten, Bearbeitung 
erhalten ift. Der Dichter hat natürlich (trist. 2,549) 
12 Bücher diejes Feitfalenders, der Zahl der Monate 
entiprechend, beabfichtigt, aber die Vollendung ward 
durch die Verweifung unterbrochen und in Tomi 
durch den Mangel an erforderlichen Hülfsmitteln 
geitört. So find nur 6 eg in der Geftalt, in 
der wir jie haben, nad) des Dichters Tode heraus: 
gegeben. Die wichtigiten Erſcheinungen am Himmel 
werden darin angegeben, die Feſte verzeichnet und 
ihre m... aus dem reichen Mythenſchatze des 
römischen Bolfes (bejonders nach Barro) erflärt. 
Die elegijche Form will zu dem erzählenden Inhalte 
nicht recht paflen (fast. 2, 3, 125). — 11) Halieu- 
tica, ein Gedicht von den Fiſchen im Schwarzen 
Meere, von dem uns nur ein unbedeutendes Brud)- 
jtüd (130 Verſe) erhalten ift. Der Verſuch von 
Birt (de Halieuticis Ovidio poetae falso ad- 
scriptis. 1878), das Gedicht als nicht-ovidiſch nach: 
zuweiſen, ift nicht gelungen. — Bon andern Ge: 
dichten, die Ovid gejchrieben, finden fich bei ihm 
jelbft Nachrichten, jo auf die Hochzeit des Fabius 
Marimus (ex Pont. 1,2, 133), auf den Tod des 
Meſſala Eorvinus (daj. 1, 7, 27), auf den Triumph 
des Tiberius (daj. 2, 8, 27. 3, 4, 81), auf den 
Tod des Auguftus (daj. 4, 6, 17), auf Auguftus 
und jeine Familie in getiicher Sprache (ex Pont. 
4, 13, 19), von denen feine weitere Spur fich findet, 
und die daher früh verloren gegangen jein müfjen. 


871 


Manches Spätere (z. B. die Elegie Nux und die 
consolatio ad Liviam [j. Pedo Albinovanus)) 
trägt feinen Namen ohne Grund. — Gejamtausgg. 
von D. Heinfins (1629), N. Heinfius (1652 u. ö.), 
PB. Burman (1727), Jahn (1828 ff., undollendet); 
Tertausgg. von Mitjcherlich (2. Aufl. 1819), Baum: 
garten-Erufius (1824), Mertel (1853; 2. Aufl. be: 
gonnen 1875), Rieſe (1873 ff.), Sedlmayer, Bingerle 
u. Güthling (1883 f., noch nicht vollftändig). Ausgg. 
der Heroiden von van Lennep (2. Aufl. 1812), 
Terpftra (1829), Lörs (1829), Sedlmayer (1886); 
der Amatoria (Amores, Ars amatoria, Med. fucei 
und Remedia amoris) von Wernsdorf (1788), 
Jahn (1828), Luc. Müller (1861), der Medie. fac. 
von Kunz (1881); der Metamorphoses von Gierig 
(3. Ausg. von Kahn 1821 ff.), Bach (1881 ff.), 
Baumgarten:Erufius (1834), Lörd (1843, Schul: 
ausg. 1837), Korn (1880), M. Haupt (1. Bd. 
7. Aufl. 1886; 2. Bd. [von Korn] 2. Aufl. 1881), 
Magnus (1885 ff.); Auswahl von Giebelid und 
Rolle (1. Bd. 14. Aufl, 2. Bd. 12. Aufl. 1888), 
Eichert, Englmann, Meufer u. a.; der Tristia von 
Plaß (1825), Klein (1826), Lörs (1839), Merfel(1837, 
frit. Hauptausgabe) und Omen (1889); der Epist. 
ex Ponto von Korn (1868); der Fasti von Gierig 
(1812 ff.), Merfel (1841, frit. Hauptausgabe), Beter 
(3. Aufl. 1889); der Halieutica don M. Haupt (mit 
Gratius, Nemefianus u. a.); des Ibis von Ellis 
(1882). Ausgewählte Gedichte von Groß (1870), 
Sünther (1885), Sedlmayer (4. Aufl. 1889) u. a. 

Oxathres, O&cddens, Bruder des Dareios 
Kodomannes, kämpfte bei Iſſos (333 v. E.) rühm— 
lih gegen die Mafedonier, unterwarf ſich aber 
ipäter dem Alerander. Arrian nennt ihn Oxyartes 
(7, 4). Curt. 7, 5. 

Oxos, O&og oder Lkos, bedeutender Fluß; des 
inneren Wiens, der nach Arrian (3, 29, 2) auf 
dem indiichen Kaukaſos oder Parapanijos ent: 
ipringt, links parallel mit dem Jarartes in einer 
Breite von 6 bis 7 Stadien erjt gegen N. fließt, 
dann plößlich die Nordgrenze von Baltriana und 
Margiana gegen Sogdiana bildet und ſich nad) 
Aufnahme mehrerer Nebenflüffe (befonders links 
in den Araljee ergießt. Curt. 7, 10, 13, Es iſt 
der heutige Gihon oder Amu Darja. Daß ein 
Arm desjelben in das Kaſpiſche Meer gefloffen jei, 
hat 8. J. Neumann als eine Fabel nachgewiejen. 

Oxyartes, O&vagrns, 1) ein baktrifcher Fürit, 
der fi gegen Alexander empörte, aber nad) der 
Eroberung der Treljenburg, auf welche er die Sei: 
nigen geflüchtet hatte, ji) unterwarf und um feiner 
Tochter Rorane willen, mit welcher ſich Alerander 
vermählte, Berzeihung erhielt, 327 v. C. Er wurde 
dann zum Satrapen der Gegend am Parapanijos 
ernannt und behauptete jich dort jpäter als unab— 
hängiger Fürft. Arr. 4, 18 ff. 6, 15. Curt. 8,4. 
— 2) |. Oxathres. ” 

Oxylos ſ. Herakles, 16, 

Ozdlai j. Lokris. 


P. 


Pacätus, Drepanius Pac., römifcher Rhetor | Frijche der Darftellung hervorragende Lobrede auf 
in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. C. Kaiſer Theodofius den Gr. erhalten, die er im 
Landsmann und Freund des Anjonius. Von ihm | Fahre 389 zu Nom im Senate — hat, 


hat ſich eine durch Reichtum des Stoffes und | herausgegeben in den Reden der 


anegyrici 


812 


(. Haernyvgırög Aöyos), zuleht von Bährens 
(1874). 

Paceius, 1) ein angejehener Bruttier, leitete 
im J. 209 v. E. im zweiten punifchen Kriege mit 
feinem Bruder Vibius die Unterhandlungen mit 
Nom über den Wiederanjchluß der Bruttier an die 
Nömer, nachdem jene lange Zeit auf Hannibal 
Seite geftanden hatten. Liv. 27, 15. — 2) Bacc. 
DOrphitus, kämpfte unter dem römischen Feld— 
berrn Corbulo (58 n. E.) zur Zeit des Nero in 
Alten, wurbe in einem Treffen geichlagen und dafür 
ichwer gejtraft. Tac. ann. 13, 36; vgl. 15, 12. 

Paches, Il&yns, ein atheniicher Feldherr, wurde 
im SHerbit 428 v. E. gegen das abtrünnige My— 
tilene geſandt, ſchloß die Stadt ein und zwang 
fie 427, fi) auf Gnade und Ungnade zu ergeben. 
Darauf machte er einen Kriegszug an bie afia- 
tiiche Küſte, um ſich der ſpartaniſchen Flotte ent: 
gegenzuftellen, und bejegte durch Hinterlift Notion. 
Nach Leibos zurücdgelehrt, ſchidte er viele ge: 
fangene Mytilenaier nah Athen; der ihm gege: 
bene Befehl indes, alle Mytilengier hinzurichten, 
wurde zurücdgenommen. Zhuc. 3, 28ff. Später 
wegen Feines Verfahrens zur Verantwortung ge: 
zogen, tötete er ſich jelbft in dem Gerichte. Mut. 
Nie.6. Arist. 26. 

Pachjnum oder -us, TIdyvros, das jüdöftliche 
Vorgebirge Siciliens, neben Peloron und Lily: 
baion dasjenige, wodurch die dreiedige Geftalt der 
Inſel beftimmt wird (Or. met. 13, 725); j. Kap 
Paflaro. Die dabei liegende Bucht bot einen guten 
Hafen, Portus Pachyni (Cie. Verr. 5, 34), j. Borto 
di Palo. 

Paconli, 1) M. Paconius, römischer Legat 
in Wien, 22 n. E., jcheint jpäter auf des Tiberius 
Befehl getötet worden zu jein. Tac. ann. 3, 67; 
vgl. Suet. Tib. 61. — 2) Sein Sohn, Pac. Agrip: 
pinus, Teilnehmer an der Verſchwörung des 
Thrajea und Helvidius, wurde dafür von Nero 
verbannt, 66 n. E. Tae. ann. 16, 28. 33. — 
3) Sertus Paconianus, erlitt wegen eines 
Spottgedicht8 auf Tiberius einen gewaltiamen Tod, 
35 n. C. Tae. ann. 6, 3f. 39, 

Pactum heißt im weiteren Sinne jeder Ver: 
trag, im engeren Sinne ein Vertrag, welder nad) 
römiſchem Givilrecht in der Regel nicht Magbar ift. 

Pacuvius, ein ojfiicher Name. Ihn führten: 
1) Pac. Calavius, ein — Capuaner, 
der in der Zeit des zweiten puniſchen Krieges die 
oberſte Würde in ſeiner Vaterſtadt bekleidete und 
ſich auch geſchickt, ohne Waffen zu gebrauchen, in 
dieſer Alleinherrſchaft zu behaupten wußte. Liv. 
23,2 Nach der Schlacht bei Cannä wirkte er 
mit zu Capuas Abfall von Nom. Als Hannibal 
in Capua erichienen war, wurde er nebſt jeinem 
Sohne, der, ein Au änger der den Puniern feind- 
lichen Partei, der Gnade des Hannibal empfohlen 
war, von diefem zur Tafel gezogen. Liv. 23,8. 
Der Sohn erschien mit einem Dolce, um Hannibal 
zu ermorden, wurde aber von feinem Water be: 
wogen, von dieſem Vorhaben abzuftchen. Lir. 
23,8. — Verwandt mit diefem B. war vielleicht 
2) Bac. Ninnius Eeler, der mit feinem Bruder 
Sthenins Ninnius Celer den Hannibal be: 
wirtete. Liv. 28,8 — 3) M. Pac, um das J. 
220 v. E. in Brundifium geboren, ein Schwefter: 
john des Ennius und Freund des Yälius, war 
bi$ in fein hohes Alter in Nom als Tragödien- 


Paccius — Paeanius. 


dichter und zugleich als Maler (Plin. 35, 7) thätig. 
Gegen das Ende feines Lebens zog er ſich nad) 
Tarent zurüd, wo er noch mit dem um 50 Jahr 
jüngeren Accius (ſ. Atii, 5.) verkehrte (Cie. 
Brut. 64) und als neunzigjähriger Greis um 132 
ftarb. Im Vergleidy mit den andern gleichzeitigen 
Dichtern ift die poetiiche Thätigkeit des P. ſehr 
beichränft. Er war ausſchließlich Tragifer, und 
nur 12 (ober 13) Tragödien, die meiften nad 
Sophofles und Euripides, einige auch nad unbe: 
fannten griechiichen Vorbildern gedichtet, werden 
von ihm angeführt; Darunter Armorum indieium, 
Atalanta, Chryses, Teucer und die berühmteften 
Antiopa und Dulorestes. Außerdem fjchrieb er 
eine praetexta (j. d.): Paulus, deren Held ver- 
mutlich Amilius Paulus, der Sieger von Pydna, 
war. Durch das hohe Pathos, den vollen, mäch— 
tigen Fluß jeiner Rede und die bilderreiche und 
fräftige Sprache, welche die Aiten an = rühmen, 
und die noch jeßt zum Teil in ben Fragmenten 
zu erfennen ijt, wurde er für die Römer der 
Gründer des tragiichen Stild und galt neben Accius 
als der bedeutendfte der römifchen Tragifer. Cie. 
opt. gen. or.1,2. Hor.ep.2, 1,55. — Beſte Samm— 
lung der Fragmente von D. Ribbed in deſſen 
Scaen. Rom. poes. fragmenta, Bd. I p. 75 ff. 
Val. deffen römische Tragddie (1875), S. 216 ff. — 
4) Sertus Pac. Taurus, ein plebejifcher Adil, 
ließ ein Standbild der Sibylla bei den Roſtris 
aufftelen und beantragte, daß der Monat Sertilis 
den Namen Muguftus befäme Plin. 34, 5. — 
5) Legat des En. Sentius in Shrien nad) dem 
Tode des Germanicus, 19 n. E. Tac. ann. 2, 79. 
Sen. ep. 12,8. — 6) Bac. Hifter, ein Erbichleicher 
bei Juvenal (sat. 12, 111 ff. 125. 128). 

Padaei, Tladaioı, ein rohe Nomadenvolf im 
nordweftlichen Indien, das rohes Fleiſch af, ja 
jelbjt feine Greife und Kranken verzehrte. Hat. 
3, 98, 

Padus, IIdöos, j. Po, der Hauptftrom Italiens 
(rex fluviorum, Verg. (7. 1, 482), angeblich von 
den vielen Fichten an feinen Ufern benannt, die 
leltiſch padi Eh (25; in liguriicher Sprache Bo- 
dincus oder Bodencus (d. h. der grundlofe) ge: 
heißen. Pol. 2, 16, 12. Plin. 3, 122. Seit den 
galliichen Kriegen ward er den Römern erft be: 
fannt. Früher hielt man ihn für den fabelhaften 
Bernfteinflug Eridanos, den jedoch jchon Herodot 
(3, 115) für eine Erfindung der Dichter erflärte, 
die daher entitanden fein mochte, daß der auf dem 
Landwege hieher gelommene Bernitein an ber 
Padusmündung von phoiniliſchen Schiffen einge: 
nommen wurde. Der P. entjpringt auf den Alpen, 
nach Plinius (3, 16, 20) an dem Mons Vesulus 
(ji. Monte Viſo), ftrömt anfangs ſüdlich, dann 
öftlich durch das cisalpinische Gallien, von vielen 
Nebenflüffen vergrößert (f. Italia, 2... Er mar 
weit hinauf (bis zur Mündung des Ticinus) jchif: 
bar und nah dem Schmelzen des Alpenſchnees 
ſehr wajferreich, jo daß er jogar große Überſchwem— 
mungen anrichtete. Nach Polybios teilte er fich 
bei Trigaboli (beim heutigen Ferrara) in 2 Haupt: 
arme, den nörblicheren Badoa, den jüdlicheren 
Dfana oder Volanus. Plinius nennt jpäter 7 
Mündungen, zum Teil durh Kunſt gegrabene 
Kanäle. Pol. 2, 17, 34. 32,2. 3, 40,5. Cnes. 
b. gq. 5, 24. Hor. epod. 16, 28. Strab. 5, 212 ff. 

Paeanfus j. Paianios. 


Paeligni — Paian. 


Paeligni (Peligni), fabinifcher Volksſtamm in 
Mittelitalien, welcher jübweftlih an die Marier, 
nördlich an die Marruciner, füdlih an Samnium 
und die Frentaner (Fluß Sagrus), öjtlich gleich: 
falls an die Frentaner ftieh. Ahr Land, das 
heutige Thal von Sulmona, enthielt die Städte 
Bu lunm und Sulmo, die Baterftadt Ovids 
(Paeligni ruris alumnus, Or, am. 3, 15, 3); der 
Hafen Aternum gehörte ihnen gemeinjchaftlich 
mit den Beltinern und Marrucinern. Die B. waren 
ein tapferes Voll, das nach manchen Kämpfen mit 
den Römern (Liv. 9, 41) nebſt Marſern, Marru: 
einern, rentanern mit denjelben ein Bündnis 
ſchloß. Liv.9, 45. Später nahmen fie am Bundes: 
genofjenfriege teil, nad defien Beendigung fie 
wenig mehr genannt werden, z. B. bei Tacitus (hist. 
3, 59), wo jie für Veſpaſianus Partei nehmen. 

Paemäni, belgiihes Volk in Gallien, öftlich 
von der Maas, in der Gegend des heutigen Lüt— 
tih, das nah Cäſar (b. g. 2, 4) mit den Eon: 
drufen, Cäröſen und Eburonen 40 000 M. ftellte. 
Der Name ijt erhalten in der Landichaft Famene. 

Paenüla j. Kleidung, 10. 

Paestum, IIciorov, hieß nad) der Benennung 
der Yucaner die früher Poſeidonia genannte 
Stadt an der Weſtküſte Lucanıens, 5 Millten ſüd— 
lih von der Mündung des Silarus. Sie war eine 
Kolonie der Sybariten vom J. 524 v. E. Anfangs 
wenige Meilen von dem Borgebirge Pojeidion am 
Meerbujen gleihes Namens gelegen, ward fie 
ipäter wegen bes jdjlechten Wafjerd weiter ins 
Innere verjegt; ihre Bedeutung ftieg erft nach 
Zerſtörung der Mutterftabt, jpäter aber, zwiſchen 
438 und 424, verlor fie durch die Lucaner ihre 
Selbftändigfeit und ihren hellenijchen Charafter 
und Namen: ein jährliches Trauerfeſt erinnerte 
bie Bewohner daran. Athen. 14, 632. Schon vor 
Tarent geriet B. in die Gewalt der Römer, welche 
ed 274 v. C. durch die Latiner folonifierten, Der 
Tempel der argiviihen Hera lag 50 Stadien ſüd— 
li von der Stadt. Die nordweitlich von Capaccio 
in einer verjumpften Ebene liegenden, höchit be: 
deutenden Ruinen der 1 Stunde Umfang habenden 
Mauern, zweier prächtiger Tempel, deren größerer 
und jchönerer aus der Mitte des 6. Jahrhunderts 
v. E. zu ftammen jcheint, einer Doppeljtoa (Baji: 
lifa ?), des Theaters, eines Thores u. j. mw. find 
erft jeit 1750 genauer befannt geworden. Strab. 
6, 252. 

Paetus, ein —— Familien der Aelii, An- 
tonii, Caesennii, Fulvii, P’apirii u. f. w. beige: 
legter Beiname: 1) DO. Alius P., Konſul im J. 
167 v. E., durchzog verwüftend das liguriiche Ge: 
biet. Liv. 45, 14. 17. — 2) ©. Alius P. Catus, 
Konjul mit T. Quinetius Flamininus 198 v. C. 
(Liv. 32, 7. Plut. I’lam. 2), Genfor mit €. Cor: 
nelius Gethegus 194 v. E. (Liv. 34, 44. 35, 9), 
ein gründlicher Jurift und edler Menſch, der das 
erjte juriftiiche Buch unter dem Titel Tripertita, 
eine Auslegung der XII Tafeln, fpäter ius Aelia- 
num genannt, jchrieb und wegen feiner ausgezeich- 
neten Rechtstenntnis von Ennius den Beinamen 
catus re Cic. Brut. 20. tusc. 1, 9. Cat. m.9. 
— 3) Cäcina ®., Konfular, nahm unter dem 
Kaijer Claudius an einer Verſchwörung teil und 
wurde deshalb vor Gericht geftellt. Als feine 
Gemahlin Arria ſich mit den Worten: „Pätus, 
es jchmerzt nicht (Paete, non dolet)“, jelbit den 


873 


Dolh ins Herz ftieß und ihn dann dem Pätus 
hingab, tötete er fich mit demjelben Doldye. Plin. 
ep. 3, 16. Dio Cass. 60, 16. — 4) Thrajea 
Pätus, f. Thrasea. — 5) ſ. Papirii, Il, D, 3. 

Pagai, IIayal, IInyal, feſte Handelsftadt in 
Megaris am Halklyoniihen Buſen, an der Oſtſeite 
des Borgebirges Olmiai, 120 Stadien nordweit- 
lid von Megara, dem fie an Wichtigkeit im Lande 
zunädjt ftand. Thuc. 1, 103. 107. 111. 116. 4, 21. 
66, Plut. Arat. 44. Strab. 8, 380. 

Paganalia, ein altes, von Servius Tullius 
angeordnetes bewegliches Feſt der Römer, das nad) 
beendeter Saat die Genofjen eines Pagus (j. Pa- 
gani) an dem gemeinfamen religiöjen Mittel: 
punkte im Januar mit großer Heiterkeit feierten. 
Telus und Geres wurden dabei bejonders verehrt. 
Um die Zahl der Bevölkerung zu erfahren, hatte 
Servius Tullius verordnet, daß bei dieſem Feſte 
jede einzelne Perſon, auch Frauen und Kinder, ein 
Geldftüd bezahlte. Die Paganalien dauerten fort, 
auch als die Bedeutung der alten pagi ſich längft 
verloren hatte, behielten aber immer ihren urs 
fprünglichen plebejiſchen Charakter. Or. fast. 1, 
663 ff. Cic. de dom. 28. 

Pagäni, Pagus. Pagus hieß ein ländlicher 
Diftrift, eine Bauerngemeinde, im Gegenſatz zu 
vicus, dem einzelnen Bauerhof. Entweder gehörte 
der pagus (etwa unſer „Dorf“) zu einer größeren 
Stadt ald dem gemeinjamen Mittelpunkte, oder 
der pagus bildete eine jelbftändige Unterabteilung 
eines Landes, 3. B. die pagi der Marjer (ent— 
iprechend unferm Gau oder Bezirf). Die Bewohner 
eines pagus hiegen pagani und bildeten eine 
fleine res publica mit gemeinjamem Eigentum 
und gemeinjamen Heiligtümern. Die VBorfteher 
hießen magistri, welche Gemeindeverjammlungen 
beriefen, deren Beichlüffe ausführen und überhaupt 
die Angelegenheiten der Gejamtheit bejorgen muß: 
ten. ®enn in Rom von pagani die Rede ift, 
jo find micht Dorfbewohner gemeint, jondern 
Bürger, welche Stadtteile bewohnen, die in der 
Urzeit Roms pagi außerhalb der Stadt (melde 
die montes in ſich fahte) gewejen waren. Die 
Überrefte der alten Berbindung erhielten fich, 
obwohl die pagani endlich weiter nichts waren, 
als plebejiiche Korporationen, welche an dem alten 
religiöfen Mittelpunft sacra begingen (paga- 
nalia, j. d.) — Wegen des friedlichen Charak— 
terd der pagani braucht man dieſes Wort im 
Gegenjag zu milites. Veg. 2, 23. Suet. Oct. 27. 
Galb. 19. Tac. hist. 1, 53. 2, 14. In der jpäteren 
Kaijerzeit erhielt e3 die Bedeutung von Nichtchriften, 
weil dieje fich aus den Städten zurüdzogen. 

Pagäsai, Ilayacad, Küſtenſtadt der thefialiichen 
Landihaft Magnejia am Meerbujen gleiches Na: 
mens (j. Meerbujen von Bolo), Hafenplag von 
—— In Pagaſai ſollten die Argonauten ſich 
geſammelt und ihr Schiff gebaut haben, weshalb 
der Name von manchen von jyrvmı abgeleitet 
wurde. Hdt. 7, 193. Plut. Them. 20. Strab. 
9, 436, 

Paian, I/Ieıjor, IIcıov, Ilcıdv, der Heilende, 
1) bei Homer eine jelbftändige Berjon, der Arzt 
der olympifchen Götter. Hom. Il. 5, 401. 899. 
Später ift es Beiname verjchiedener, von Leiden 
befreiender und Genejung bringender Götter, wie 
des Apollon (Soph. ©. T. 164), des Aſklepios (Verg. 
A. 7, 769), des Dionyjos, des von den Leiden ber 


874 


Erde befreienden Thanatos (Kur. 
— 2) j. Lyrische Poesie, 3, 
PuianYa, IIcıavie, attifcher Demos, Geburtsort 
des Nednerd Demofthenes, ſ. Attika, 18. 
Paianios, IIcıdrıog, ein griechischer Sophiit, 
überjegte im J. 380 n. C. des Eutropius (j. d.) 
Breviarium in das Griechiſche (ueräpoaoig £lg 
rijiv tod Eihrgondov "Pouciane loroplar, hrsg. 
von Sylburg, 1590, fodann mit mehreren Aus: 
gaben des Eutrop und einzeln). 
Paidagögos, radayoyos, |. Erziehung, 5 
Tlaıwdeoaorie, die Knabenliebe, eine in ihrer 
Neinheit ebenjo lautere und fittliche, als in ihrer 
Entartung verworfene und unfittliche Erjcheinung, 
die im hellenifchen Leben nach der Stammeseigen: 
tümlichteit verjchieden jich ausprägte. Am urjprüng- 
lichften erjcheint fie in dem altdorifchen Weſen 
und ijt aus der fretifchen und lykurgiſchen Geſetz— 
ordnung am jicherften zu erfennen. Es war ein 
durchaus fittliches Verhältnis, das von den Grund: 
ſätzen der Erziehung empfohlen oder jelbjt geboten 
wurde. In Sparta hieß der Liebende elsavijkag 
und das Lieben von feiner Seite eismveiv (ein: 
hauchen), dagegen der Geliebte dirag (Hörer), jo 
daß ſchon im dieſen Bezeichnungen das geiftige 
Weſen ausgedrüdt lag. Jeder tadelloje Knabe 
hatte jeinen Liebhaber, jeder edelerzogene Mann 
mußte um einen Geliebten werben. Der Regel 
nad ging die Anfnüpfung des Verhältnifies von 
den Liebenden aus, bisweilen baten auch die 
Knaben freiwillig darum. Die gegenjeitige Be: 
jiehung war eine innige und vertraute und wurde 
im öffentlichen Leben vollitändig anerfannt. Der 
Mann war dem Knaben Mufter und Vorbild, in 
der Schladht hatte er ihm in feiner Nähe, in der 
Bollsverfammlung vertrat er ihm; die größte 
Treue und Anhänglichkeit zeigte fich oft bis zum 
Tode. — An Kreta, weldyes bisweilen die Mutter 
der Knabenliebe genannt wird, war es ein Schimpf 
für den wohlgebildeten Knaben, feinen Liebhaber 
zu haben; deshalb hieß der Geliebte «Asırog (der 
Geprieſene), der Liebende yılrjrwe. Wie die Bräute 
in Sparta, wurden hier die Knaben geraubt; 
den Angehörigen wurde dieje Abſicht 3 Tage vor: 
her befannt gemacht, aber ein erniter Widerjtand 
nur dann bewirkt, wenn der Naubende unwürdig 
ihien. Nach 2 Monaten, die meift unter gemein: 
ſchaftlichen Jagden vergingen, wurde der Knabe 
reich beſchenkt wieder entlafien. Wenn er fich dann 
von dem Liebhaber angezogen fühlte, trat er in 
das Verhältnis der Waffenfreundichaft zu ihm und 
fämpfte dann neben ihm in allen Schlachten. 
Taraus entwidelte ſich das edelite und jchönfte 
Verhältnis, das fih in manden rührenden Be— 
weilen fundgab. Es beruhte aber dieje Tebhafte 
Zuneigung der Männer zu Knaben allerdings nicht 
bloß auf geiftigen Vorzügen, jondern aud auf 
finnlihem Wohlgefallen an Jugendblüte, Schönheit 
und Leibesbildung. Einen Mihbraud des Ber: 
hältniſſes fonnte der Geliebte gerichtlich verfolgen, 
wo dann Atimie, Verbannung und jelbjt Todes: 
ftrafe darauf ſtand. In der hervorragenden 
Zeit der thebantichen Geſchichte jtand dieje Knaben— 
liebe wohl in naher Verbindung mit den politischen 
Genofienichaften oder Hetairien, wie dies auch aus 
den perjönlihen Beziehungen der heiligen Schar 
der 300, bei Chaironeia heldenmütig gefallenen, 
Thebaner hervorgeht. Dagegen jcheinen in dem 


Hippol. 1373). 


— 


Paiania — Pakoros. 


Leben der alten Achaier, wie wir es aus den ho: 
merijchen Gedichten erfennen, höchſtens vorberei— 
tende Spuren und Anfänge ſolcher innigen An— 
hänglichfeit und Waffenverbrüderung vorzufommen. 
Wohl aber galt es frühzeitig für einen anziehenden 
Stoff dichterifcher Behandlung, den die Lyriker im 
turoı zardıxol bearbeiteten. — Weſentlich ver: 
ihieden aber, nah K. D. Müllers ohne Zweifel 
richtiger Annahme, ift von diefer Knabenliebe die, 
uerft wohl von Lydien her eingewanderte, Knaben— 
händerei, welche auch ſchon frühzeitig mit jchweren 
Strafen, jelbjt bis zum Tode, belegt wurde. Wer 
ſich dazu gebrauchen ließ, war jpäter vom Zutritt 
zu Staats: und Ehrenämtern, zu Tempeln und 
religiöjen Feſten ausgeſchloſſen. Doch kam fie in 
der älteren Zeit wohl nur jelten vor, bis nadı 
den Zeiten des peloponnefiichen Kriegs und vollends 
in der mafedoniichen Periode der Damm der 
ben A Sitte gänzlich durchbrochen ward. — Bei 
den Römern fand die reine und edle Knabenliebe 
nie einen Boden, dagegen dieſe verworfene Un— 
zucht bejonders in der Kaiſerzeit die Ichändlichite 
Pflege. Vgl. bejonders fir. Cramers Gejchichte der 
Erziehung und des Unterrichts 1, 255 ff. 

Ilawdorvogos |. Bidcoı und Erziehung, 11. 

THawdorgißer {. Gymnasium. 

Heiyvıa. allgemein jeder jcherzhafte Gegen: 
ftand, im bejondern aber, auf die Dichtkunſt an: 
esse jede Poeſie jcherzbaften Inhalts (Plat. 
legg. 7, p. 816 E. von der Komödie), namentlich 
feine lyriſche Gedichte jcherzhafter Art zum Lobe 
des Weins und der Liebe. 

Paion j. Endymion. 
= ‚PaionYa, Palönes ſ. Makedonia und Thra- 

14, 

Paionios. Ilawwrıos, 1) ein Architekt aus 
Epheios, vollendete mit Demetrios den Tempel 
der Artemis (um 400 v. E.) und erbaute das Didy- 
maion zu Milet, 436 dv. C. — 2) ein Bildhauer 
aus Mende, einer ionischen Kolonie in Thrakien 
am Hebros, arbeitete (um 435 dv. E.?) an den 
Skulpturen des öſtlichen Giebels des Zeustempels 
zu Olympia. Paus. 5, 20, 6. Bon dieſen, ſowie 
von einer von ihm gearbeiteten Nike, welche die 
von den Athenern nad) Naupaktos verjegten Meile: 
nier, wahrjcheinlich zur Erinnerung an die Nieder: 
lage der Spartaner auf der Inſel Sphalteria im 
3. 424, nach Olympia weihten (Paus. 5, 26, 1), 
find bei den deutjchen Aufgrabungen in Olympia 
jeit Dezember 1875 anjchnliche, zum Teil wohl 
erhaltene Bruchjtüde von teilweile hohem fünft- 
lerifjchen Werte aufgefunden worden. Siehe die 
Abbildung zu Nike. 

MNertıxn bie eine von den JIaöroı bewohnte 
Landichaft des nördlichen Thratiens. Hdt. 7, 110. 
Arr. 1, 11, 4. 

Paköros, /Idxogog, Pacörus, parthiſcher Name 
in der Dynaſtie der Arjafiden, bejonders 1) ein 
Sohn des Orodes 1. (67—37 v. E.), älterer Bruder 
des Phraates IV. (37—2 v. E.), griechijch gebildet, 
ein tüchtiger Feldherr. Zum Thronfolger noch bei 
jeines Vaters Lebzeiten bejtimmt, eroberte er in 
Verbindung mit Du. Labienus 40 v. E. ganz 
Syrien und einen großen Teil von Kleinafien, 
wurde aber 39 von P. Bentidins Baſſus zurüd- 
gedrängt und verlor gegen diejen 9. Juni 38 bei 
Gindaros, nordöftlich von Antiocheia, Schlacht und 
Leben. Plut. Ant. 30 ff. Hor. od. 3, 6, vff. — 


Paktolos — Palaestina. 


875 


2) Sohn des Königs VBonones Il. (51—54 n. E.), | das Gebirge Gilead, im ©. der Pisga (ein Teil 
König von Atropatene, Bruder des Bologäjes 1. | des Gebirges Abarim) mit dem Nebo. Der Jor: 


von Barthien und des Ziridates von Armenien, | 


unterftüßte diefen gegen die Nömer, wurde 72 


durch die ſtythiſchen Alanen vertrieben. Zac. ann. | 
15, 2. 14. — 3) König von Parthien (78—110 | 
nn. E.), Vorgänger des Chosroös (ſ. d.), mit dem 
Daterkönig Detebalos gegen die Römer verbindet. | 

Paktölos, /Iaxrwlog, ein auf dem Tmolos in 


dan (j. eſch-Scheria) entipringt aus mehreren 
Quellen am Hermon, durchitrömt die Seen Merom 
oder Samacdonitis (j. Bahr Chule) und Gene: 
zareth oder Tiberias, auch Galiläiſches Meer ge: 
nannt (j. Bahr Tabarije), und mündet in das 
Tote Meer, den lacus Asphaltites (j. Bahr Lut), 
394m unter dem Meeresipiegel, 10 M. lang, über 


Lydien entfpringender Heiner Fluß, der bei Sar: |? M. breit, vergrößert durch die Überflutung des 


des vorbeifließt und fi) dann in den Hermos 
ergießt. Früher ſoll er viel Goldjand enthalten | 


haben (daher auch Chryſorrhoas genannt; zuyev- 
cog, Soph. Phil. 394), wovon aber jpäter nur 
noch geringe Spuren waren. Der jebige Sard iſt 
nur 10 Fuß breit und kaum einen Fuß tief. 
‚Hdt. 5, 101. Xen. Cyr. 6, 2, 11. Strab. 13, 625. 
Hor. epod. 15, 20. Verg. A. 10, 142. Or. met. 
11, 87. 

Paktye, IIaxrun, Stadt in dem thrakiſchen 
Cherjones an der Propontis, wohin fich Alkibiades 
408 vd. C. zurüdzog, als die Athener ihm aufs neue 
den Oberbefehl genommen hatten (Hdt. 6, 36. 
Diod. Sie. 13, 74. Nep. Ale. 7); j. ©t. Georg. 

Paktyes. IIaxrung, 1) ein Lyder, dem Kyros 
nach der Beliegung des Kroiſos die Aufiicht über 
den Schaß übertrug. Nachdem Kyros das Land 
verlaffen, erregte er einen Aufftand gegen den 
perjiihen Statthalter Tabalos, floh aber beim 
Serannahen eines perjiihen Heeres nad Kyme, 
von da nad Leſbos und dann nad Ehios; die 
Ehier lieferten ihn an die Perier aus. Hat. 
1, 158 ff. — 2) f. Lydia, 

HNaxrvixn, eine von Herodot (3. 102. 4, 44. 
7, 67) genannte Landſchaft des perjiichen Neichs, 
dem Indos und Kophen benachbart. Die Be: 
wohner, Tlexrves (noch j. Pakhtu), kleideten fich in 
Belze und führten eigentümliche Bogen und Dolce. 

Palaeste, IIalaworı), j. Palaja, die nördlichite 
Stadt der epeirotifchen Yandichaft Chaonia an der 
Küfte. Caes. b. c. 3, 6. App. b. c. 2, 54. 

Palaestina, n Ilaluserivn, 1) II. Zvgle, 
hebräiſch Peleſcheth, j. Filiftin, bezeichnete ur- 
fprüngli nur das Nüftengebiet der Philiſter, 
wurde aber ſchon von den Aſſyrern auc auf 
Judäa bezogen, von den Griechen ſodann mehr 
und mehr auf das ganze Land zwiichen Libanon, 
Mittelmeer, Arabia Petraea (Idumäa und Moa- 
bitis) und Jordan übertragen, noch fpäter aud) 
auf das Ditjiordanland ausgedehnt; ähnlich wie 
der alte jemitiihe Name Kanaan (d. i. Nieder: 
land) zuerjt nur von der phoinikiich : philiftäischen 
Küfte, dann aber vom ganzen Weſtjordanland ge: 
braucht wurde. In der Naijerzeit nannte man 
das Yand aud ’Tovdad« oder Ilaekauorivn "lov- 
dad. — Die Länge beträgt 30—35, die Breite 
bis zu 20 M., der Flächeninhalt etwa 530 M. 
Das Land wird durch jeinen Hauptfluß, den 
Jordan, in 2 Hälften geteilt. Die weitliche 
durchziehen als Ausläufer des Libanon die Ge— 
birge Naphtali, Karmel, Ephraim (mit dem Ebal 
und Garizim) und Juda (mit den Höhen von 
Jeruſalem); dazmwiichen, öftlih vom Karmel, liegt 
die Ebene Jejreel mit dem Berg Tabor. Gegen 
das Meer hin ſenkt ſich das Hochland in den 
Ebenen Saron und Sephela. Jenjeits des Jordan 
erhebt fi) im N. der Hermon, an der Oſtgrenze 
der Aljadamos (j. Dichebel Hauran), in der Mitte 


Thales Siddim. Er empfängt nur von links 
größere Zuflüſſe, nämlich den Hieromax (j. Sche: 
riat:el-Menadire) und den Jabbok (j. Zerla). In 
das Tote Meer münden öſtlich der Grenzfluß 
Arnon (j. Modichib), weſtlich der Kidron von 
Jeruſalem her. — Wie der Boden Paläftinas auf 
beichränftem Raume fajt alle Formationen Der 


' Erdoberfläche in Heinerem Maßſtab aufweiit, jo 


hat er auch im Klima alle Abftufungen von der 
tropischen Hitze des Jordanthales bis zu der fühlen 
Luft der Gebirgshöhen und dem entiprechend in 
der Vegetation die ganze Skala von den Süd: 
früchten und dem Baljam bis zu den Erzeugnifien 
der fälteren Gegenden. Das Yand war zum der: 
und Weinbau ebenio geeignet wie zur Viehzucht 
und hatte jchöne Wälder; heutzutage freilich Liegt 
es verwahrloft und verödet da. Doc; nicht bloß 
durch dieje natürliche Bejchaffenheit, ſondern aud) 
durch jeine Lage im Mittelpunkt der alten Welt 
und durch jeine mweltgejchichtliche Bedeutung, als 
Wiege des Monotheismus, ald Heimat des Juden: 
tums und des Ehriftentums, ift das Heine Yand 
merkwürdig und einzigartig. — Zu Chriſti Zeit 
unterichied man diesjeits3 des Jordan: Judäa, Sa: 
maria, Galiläa; jemjeits: Peräa, Galaaditis Gi— 
al Gaulonitis, Auranitis (j. Hauram), Batanda 
Baſan) und Trahonitis. Städte in Judäa: 
die Hauptitadt Jerujalem (j. Hierosolyma), 
Bethlehem, Hebron, Berjieba, Majada, 
Jericho, Archelais, Arimathia (Rama), Silo, 
Emmaus, Lydda, Joppe, Cäſarea (Sig der 
römiichen Profuratoren); in Philiſtäa: Azotos 
(Aſdod), Altalon, Gaza In Samaria: 
Samaria (Schomron), Neapolis (Sihem), 
Thirza. An Galiläa: Kapernaum, Tibe: 
rias, Kana, Nazareth, Legio (Megiddo), 
Eidraöla (Feireel). In Peräa (im weiteren 
Sinn): Heibon, Philadelphia (Rabbath: Am: 
mon), Geraja, Boſtra, Gadara, Nulias 
(Bethiaida), Cäjarea Paneas. — Die ältejten 
Bewohner des Yandes wurden von den Kanaa— 
nitern verdrängt, melde es in Mderbau, An: 
duftrie, Handel und Staatsleben jchon zu einer 
nicht unbedeutenden Kultur braten. Ein Haupt: 
ſtamm derielben waren die Hethiter, die aber von 
den im nördlichen Syrien mwohnenden Cheta der 
ägyptiſchen oder Chatti der aſſyriſchen Inſchriften 
wohl zu unterjcheiden find. llm 1300 v. E. wan— 
derten die Iſraeliten von Agnpten her ein und 
untertwarjen oder vertilgten die Nanaaniter. Weitere 
Hauptmomente der Geichichte: Königtum unter 
Saul um 1050, Blüte desjelben unter David 
Reich bis Thapjatos am Euphrat ausgedehnt) und 
Salomo 1030950; Teilung in die beiden Reiche 
Iſrael und Juda 950, 722 erftered durch den 
Aſſyrer Sargon, 588 leßteres durch Nebuladnezar 
vernichtet; Herftellung des jüdiichen Staates unter 
perfiicher Hoheit 536; Serrichaft der Ptolemaier 


876 


320 (301)— 176, der Seleufiden 176—168; Be: 
freiung durch die Maffabäer 168 ff.; Unterwerfung 
unter die Römer 63 v. E., Könige der idumäiſchen 
Dynaftie bis 100 n. E., Zerftörung Jeruſalems 
durch Titus 70, Judäa als römische Provinz mit 
Syrien vereinigt. — Strab. 16, 755 f. 758 ff. Plin. 
5, 12. Val. 8. v. Raumer, Paläftina (4. Aufl. 
1860). D. Strauß, die Länder und Stätten der 
h. Schrift (2. Aufl. 1877). Furrer, Wanderungen 
in Paläſtina (1865). Bädeker-Soein, Paläſtina 
und Syrien (2. Aufl. 1880). 

Palaiapölis j. Neapolis. 

Palaimon, IIalcluor, d. h. der Ringer, 1) ſ. 
Athamas. — 2) Sohn des Hephaiftos oder Wi: 
tolos oder Lernos, Argonaut. Apollod. 1, 9, 16. 
Apoll. Ithod. 1, 202 (Ilakaıuorıog). — 3) Sohn 
des Herafles und der Autonoẽ. Apollod. 2,7 a. E. — 
4) Sohn des Priamos. — 5) Beiname des Herafles. 

Palaiphätos, /Ialafparog, 1) aus Abydos, Ge- 
Ichichtjchreiber, vertrauter Freund des Ariftoteles, 
ichrieb Kvrgiand, Ankıand, Arrınd, Agapınd. 
Sammlung der Bruchſtücke bei Müller, fragm. 
hist. Graec, II p. 338. — 2) aus Paros oder 
Athen, Grammatiter zur Zeit des Ariftoteles, ver: 
fahte eine Alyuarıaaı) Beoloyla, uvdınav Pı- 
BAlor «', Avasıg to» uvdınüg elonufror, Umo- 
Beasıs Elg Ziumriönv und eine lorogla löle, 
vielleicht auch Tewix«. Diejer P. mag der Ber: 
fafier der noch vorhandenen, aber nicht ganz 
vollftändig und in ihrer urjprünglichen Geitalt, 
fondern ſtark verftümmelt und interpoliert auf ung 
gelommenen Schrift wegli dmilorwr fein. Dieſe 
Schrift, ehemals ein beliebtes Schulbuch, enthält 
eine zwar jchlicht und ohne Künſtelei geichriebene, 
aber planloje Zujammenftellung verichiedener alle: 
gorifch:Hiftoriicher Mythendentungen. Ausg. von 
Wejtermann in j. Mythographi (1848). 

Palairos. IIdlaıgog, auf Münzen IIdAsıpog, 
eine Küftenftadt Afarnaniens in der Nähe von 
Yenfas, deren Bewohner Thufydides (2, 30) nennt. 
Stattlihe Ruinen haben fich erhalten. Strab. 
10, 450. 459, 

Palamödes, /Ickaunjöns, Sohn des Nauplios 
(ſ. d.) und der Klymene, Tochter des Katreus, 
Bruder des Diar, Held des nachhomeriſchen, troi: 
ſchen Sagenfreijes, vor allen ausgezeichnet durch 
Einfihht und Weisheit. Aus Neid über feinen 
Ruhm veranlaften Odyſſeus, Diomedes und Aga- 
memnon feinen Tod, indem fie einen angeblic) 
bon Priamos gejchriebenen Brief und Gold in 
jeinem Zelte verbargen und ihn der Verräterei 
anklagten, jo daß, als Gold und Brief gefunden 
wurden, das Volk ihn fteinigte. Zum Tode ge: 
führt, ſprach Palamedes: „Ich beflage dich, 
Wahrheit, denn du ftarbft jchon vor mir.“ Ov. 
met, 13, 56 ff. Nach anderer Sage erfäuften ihn 
Ddyffeus und Diomedes beim Fiſchfang (Paus. 
10, 31, 2), oder jie ließen ihn in einen Brunnen 
fteigen, in dem fi ein Schaß befinden follte, und 
verichütteten ihn mit Steinen. Die Tragifer und 
Sophiften haben ihn zum erfindungsreichen Weiſen 
und Dichter gemacht, der unter andern die Kunſt 
des Seefahrend, die Leuchttürme, Maß und Ge- 
wicht, Würfel und Brettipiel, die Buchftaben n. ſ. w. 
erfunden haben jollte. An der aioliichen Küfte 
Kleinaſiens, Leſbos gegenüber, hatte er ein Hei— 
ligtum und Standbild. — Monographie von D. 
Jahn (1837). 


Palaiapolis — Palimpsestos. 


Palatinus mons j. Koma, 2. 19. 

Ilain, zalatouosurn, |. Gymnasium. 

Pale, II«in, gewöhnlich nach dem Namen ihrer 
Bewohner IIakeig, -ng genannt, eine der 4 Städte 
der Inſel Kephallenia auf einer Anhöhe nad 

alynthos zu, an der fchmalften Stelle der Inſel; 

berrefte haben ſich auf der Halbinjel Balifi in 
der Nähe von Liruri erhalten. Hdt. 9, 28. Thuc. 
1, 27. 30. Strab. 10, 455 f. 

Pales j. Palilia. 

Palibothra, IIaAßodg«, auch Palimbothra, 
TIaktußodga, eine große, ſtark befeftigte Stadt 
am unteren Ganges, 180 Stadien lang, doch nur 
15 breit; zuerft (jeit etwa 450 v. E.) die Haupt- 
ftabt der ?Fürften von Magadha, dann die des 
Sandrafottos (317—291) und feiner Nachfolger, 
der mächtigen, ganz Nordindien beherrichenden 
Könige der Prafier; noch im 7. Jahrh. n. E. reich 
und blühend, jet ein ungeheured Trümmerfeld 
etwas oberhalb von Patna. Arr. Ind. 10, 65. 
Strab. 15, 702. Diod. Sie. 2, 39. Plin. 6, 17, 21. 

Paliei, IIakıxod, hthoniihe Dämonen auf Si- 
cilien in der Nähe des Atna bei Palike zwifchen 
Henna und Syrakus verehrt, Zwillingsjöhne des 
Sr und der Nymphe Thaleia, der Tochter des 

ephaiftod. Vor ihrer Geburt mit der Mutter, 
die ſich vor Hera fürdhtete, in die Erde verjentt, 
famen fie bei ihrer Geburt aus der fich öffnenden 
Erde wieder hervor, daher IIakınol von aalır 
Intodeaı. Nicht weit don diefer Stelle waren 
2 Heine, tiefe Seen, aus denen beftändig mit ge: 
waltigem Geräufh und betäubendem Schwefel: 
geruch heißes Waſſer hervoriprubdelte, wegen diejes 
dämoniichen Wirkens Leıhol (SEANor), die ſchlim— 
men, genannt (j. Lago Naftia). Man jtellte bei 
ihnen Neinigungseide an, indem man den Eid 
auf ein Täfelchen jchrieb und in die Balitenquelle 
warf. Schwamm es auf der Oberflähe, jo war 
der Angellagte unichuldig, ſank es unter, jo galt 
der Eid für falih, und der Meineidige wurde in 
den Krater geworfen, wo er verbrannte, oder er 
erblindete augenblidlich (aljo eine Art der Orda— 
lien). Der Tempel der Balifen war ein Aſyl für 
flüchtige SHaven. Verg. A. 9, 585. Or. met. 5, 406. 
ex Pont. 2, 10, 25. Abhandlung von Michaelis 
(1856). 

Palilia (auch Parilia), [IaAddıc, ein ländliches 
Hirtenfeft der Römer, am 21. April gefeiert, an 
dem man die Gottheit Pales um Schuß und Ge: 
deihen der Herden anflehte und um Verzeihung 
für wumabjichtliche Verlegung und Verunreinigung 
der heiligen Haine und Quellen durch die Herden 
bat. Man reinigte ji) und das Vieh durch Stroh: 
feuer, über die man die Herden dreimal trieb 
und jelbft dreimal jprang. Es war ein Feſt aus- 
gelafiener freude und galt äugleich ala Stiftungs- 
tag Roms. Or. fast. 4, 721 ff. Tibull. 2, 5, 87. 
Prop. 4, 4, 73. Der Name Palatium, auf dem 
das ältefte Nom von Hirten erbaut ward, hängt 
mit Pales zufammen. Über das Wejen der Gott: 
heit Pales find die Römer ſelbſt im Unklaren; 
bald wird fie als weibliches Weſen geichildert und 
mit Vefta und der Mater Deum zujammengeftellt, 
bald für ein männlidhes Wejen erklärt. 

Palimpsestos, malluypnoros (ndlır und wen, 
wieder abglätten), heißt eine Handichrift, auf der 
der erite Tert mit möglichiter Sorgfalt ausgelöſcht 
worden ift, um einen neuen daranf zu jchreiben, 


IIelwöırde — Pallas Athene. 


er codex rescriptus. Wegen der Kojtbarfeit 
des Schreibmaterials that man das jchon im Alter- 
tume; im Mittelalter wurden bejonders die Terte 
kirchlicher Lehrichriften auf die, meiſt noch ſchwach 
durchichimmernden, der alten Klaſſiker geſetzt, was 
zur Anwendung fkünftlicher Mittel, um den ur: 
—— Text zu entziffern, und dadurch zur 

tdedung wichtiger Handſchriften, z. B. Cicero 
de re publica, Frontonis orationes et epistolae, 
Gai institutiones u. a. m. geführt hat. 

TIakıvdıxia |. Prozela, 14. 

Halıvodia, ein neues Lied, einem früheren 
Gedichte entgegengejegt und es widerrufend. Be— 
rühmt war bie Kalinodie des Steſichoros (j. d.), 
in welcher er ein früheres, die Helena beleidigendes 
Gedicht, wegen deſſen er mit Blindheit beitraft 
worden jein follte, widerrief, worauf er wieder 
jehend ward. Später ward alıradia und re- 
kAvodeiv von jedem, auch nicht poetischen, Wider- 
ruf gebraudht (Cic. ad Att. 2,9. 4,5). Hor. od. 
1, 16 wird, verglichen mit epod. 17, 42, al3 pa- 
linodia bezeichnet. 

Palinürum (jeltener -us), IIeklvovgog, TIakı- 
vovgıor, VBorgebirge an der Weſtküſte Qucaniens, 
follte jeinen Namen von dem Steuermann des 
Aineias, Palinurus, empfangen haben, der nad) 
der Sage hier ind Meer geftürzt und beim Ver: 
fuche, 6 ans Land zu retten, von den Ein— 
gebornen erſchlagen worden war. Das Vorgebirge 
heißt noch jetzt Kap Palinuro, ein Name, den 
auch der anliegende Hafen führt. Liv. 87, 11. 
Verg. A. 5, 835 ff. 6, 337 ff. Hor. od. 3, 4, 28. 

Palinürus j. Aineias und Palinurum. 

Palla j. Kleidung, 11. 

Palladion, Ialcdıor, 1) j. Eyiraı. — 
2) ein altes Schnigbild der Stadtichirmerin Pallas, 
auf der Burg zu Troja als Unterpfand der öffent: 
lichen Wohlfahrt — 3 Ellen hoch, mit 
eng aneinander geſchloſſenen Füßen; in der Rechten 
einen erhobenen Speer, in der Linken Spindel und 
Rocken (Apollod. 3, 12, 8), oder einen Schild (Sym— 
bole kriegerifcher Verteidigung und friedlicher, Wohl- 

and fördernder Thätigfeit), Zeus hatte es dem 

los, ald er Jlion gründete, al3 Heilspfand vom 
Himmel fallen lafien; Athene hatte es gefertigt 
zur Erinnerung an die vom ihr unvorjidhtig ge- 
tötete, geliebte Pallas, Tochter des Triton. Nach 
andern war das Bild ein Weihgeſchenk der Elektra, 
oder Dardanos erhielt e8 von Zend. Odyſſeus 
und Diomedes raubten e3 aus Troja, da die 
Stadt, jolange fie es beſaß, nicht erobert werden 
fonnte. Diomedes brachte e8 nach Argos. Nach 
attiiher Sage verlor Diomedes das P. bei der 
Landung in Attika an Demophon, König von 
Athen. Nach anderer Sage befanden fi 2 Bal- 
ladien in Troja, welche Chryſe dem Dardanos ala 
Mitgift zugebracht haben jollte, das eine raubte 
Odyſſeus, das andere brachte Aineias nad) Stalien, 
wo e3 ſich in Rom oder Lavinium, Yuceria u. j. w. 
befand; vgl. Ov. fast. 6, 421 ff. Dion. Hal. 1, 68. 
Auch andere Städte hatten jolche Palladien. Sie 
rende jich Häufig auf alten Kunftwerten als ftehende 

ilder mit emporgehobenem Schild oder Speer. 

Palladius, Rutilins Taurus Amilianus, 
ein römiſcher Schriftfteller, wahrjcheinlich um die 
Mitte des 4. Jahrh. n. E., von dem wir ein aus: 
— ——— im Mittelalter viel benutztes Werk über 

n Landbau in 14 Büchern beſitzen. Nach den 


877 


allgemeinften öfonomiichen Vorjchriften, welche das 
erjte Buch gibt, find in den 12 folgenden nad 
der Reihenfolge der Monate die ländlichen Arbeiten 
für das ganze Jahr behandelt; in dem vierzehnten, 
aus 85 elegiichen Diftichen beftehenden, an einen 
ewiſſen Paſiphilus gerichteten, poetiich wertlojen 
Buche find bejondere Regeln über das Pfropfen der 
Bäume hinzugefügt. Am ausführlichjten ift die 
Baumzucht und die Kultur der Gartengewächie be: 
handelt. eig rang Reis Sprache find jehr roh; 
doc hat das Werk Wert durch die Benugung der 
älteren, jowohl römijchen, als auch griechifchen, 
Schriftiteller über denjelben Gegenftand, aus denen 
es zum größten Teile gezogen ift. Herausgegeben 
in Gesners und Schneiders Scriptores rei rusti- 
cae; Ausg. des erjten Buches von J. C. Schmitt 
(1876), des vierzehnten von demſelben (1877). 

Ilaiiaxn |. khe, 2. 

Pallaköpas, II«Alaxöras, ein großer Kanal, 
der 800 Stadien füdlich von Babylon rechts von 
dem Euphrat auszing, ein weites Gebiet bewäjlerte, 
durch die chaldäiichen Seen führte und bei Te- 
redon in den Perſiſchen Meerbujen mündete. 
Arr. 7, 21. 

Pallantia, TIailarrie, 1) Tochter des Evander, 
begraben auf dem angeblid nad) ihr genannten 
Balatinijchen Hügel. — 2) bedeutende Stadt der 
Baccäer in Hijpanien an einem Nebenfluß des 
Durius; j. Balencia am Pijuerga. Strab. 3, 162. 
App. Hisp. 55. 80 

allantion, IleAidvrıov, uralte Stadt Arka— 
diend, weftlich von Tegea, von wo aus Evander 
Stalien folonifiert haben joll. Liv. 1, 5. Just. 
43, 1. Nachdem die Einwohner zur Gründung 
von Megalopolis mit ausgezogen waren, ſank die 
Stadt, aus deren Trümmern Tripolitia gebaut iſt. 
Xen. Hell.7,5,5. Paus. 8, 3,1.43, 1. Liv. 45, 28. 

Pallas, -antis, IIdiAug, -avrog, 1) Sohn des 
Krios und der Eurybia, Titane, Bruder des Aſtraios 
und Perjes, erzeugte mit der Styr Zijios und 
Nian (f. d.), Äodrog und Bia. Hesiod. theog. 
375. 383. — 2) Sohn des Megamedes(?), Vater 
der Selene. Hom. hymn. in Merc. 100. — 3) Gi— 
gant. — 4) j. Evander. — 5) Sohn des Pan— 
dion, Bruder des Aigeus, von Thejeus erichlagen. 
— 6) uriprünglic Sklave, jpäter Freigelaſſener 
der Antonia, der Mutter des Germantcus und 
Claudius. Leßterer vertraute ihm die Leitung des 
Finanzwejens an, und der jchlaue Pallas wußte 
ſich beim Kaifer bald in große Gunft zu jeßen. 
Suet. Claud. 28. Tac. ann. 13, 14. Er beredete 
den Kaijer, nach der Ermordung der Mejjalina 
jeine Nichte, die jüngere Agrippina, zu heiraten, 
jowie mit Zurückſetzung feines eigenen Sohnes 
Britannicus den Nero an Kindesitatt anzunehmen. 
Wie der Kaifer, jo überhäufte ihn auch der knech— 
tiiche Senat mit reihen Gunftbezeugungen (Suet. 
Vit.2. Tae. ann. 12, 53. Juv. 1, 108) und Ehren. 
Nach Neros Thronbefteigung verlor er feine ein— 
flußreihe Stellung und lebte lange Zeit in Zus 
rüdgezogenheit, bis er im J. 62 n. C., wie es 
fcheint, auf Geheiß Neros, der nad) feinen Schätzen 
lüftern war, umgebradht wurde. Tac. ann. 14, 65. 

Pallas Athöne, Ilailüs Adıjvn, Adnvaiı, 
Adnv&, die mutterloje Tochter des Zeus, das Kind 
eines jtarfen Vaters (Oßgıuoxdren, Hom. Od. 
1, 101), ward, wie Hejiod (theog. 886 ff. vgl. Hom. 
hymn. 28 eis 'Adnvar) erzählt, aus dem Haupte 


- 


ts 


878 


des Zeus geboren, nachdem er die Metis (Klug: 
heit), jeine erfte Gemahlin, auf den Rat der Gata 
verjchlungen. Nach jpäterer Ausihmüdung jpaltete 
Hephaiftos oder Prometheus das Haupt des Zeus 
mit einer Art, und Athene jprang gewappnet in 
voller Jugendfraft hervor. Pind. ol.7, 35 ff. Dar: 
nad it 9 thene Die perjonifizierte Klugheit Des 
Zeus; lugheit und Kraft find die Hauptjeiten 
ihres Wejens. Da fie ohne Mutter aus dem Haupte 
des Zeus geboren ward, und ihr Charakter von 
faft männlichem Ernjte ift, jo ift ihr vor allen 
Göttern eine ftrenge Jungfräulichkeit eigen (IIeg- 
Berog). Die gewaltige Jungfrau ift eine mächtige 
und kluge Lenkerin und Schirmerin der Städte 
und Staaten in Krieg und Frieden, geſchickt zu 
jeglicher männlichen wie weiblichen Thätigfeit; fie 
liebt und ſchützt alle die, welche fich als Huge und 
tapfere Männer, als verftändige und kunſtfertige 
Frauen erweifen. So iſt fie ın der Odyſſee vor 
allen eine Freundin und Selferin des Odyſſeus 
und jeines Hauſes, der funftjertigen Penelope und 
des verftändigen Telemachos. Auf ihre Veranlaſſung 
fann endlich Odyſſeus in die Heimat zurüdlehren; 
fie pflanzt dem jungen 
Telemachos Mut und 
männlichen Sinn ein 
und unterftügt Vater 
und Sohn in dem 
gefährliden Kampfe 
gegen die Freier. In 
der Odyſſee ift Athene 
mit Zeus ftets einig, 
er liebt fie wie eine 
verzogene Tochter; fie 
ift ja eine Berjonififa: 
tion feines eigenen 
Geiſtes. Da fie aber 
jelbjtändig als Berjon 
hingejtellt ift, jo tritt 
jie ihm auch anderer: 
jeitö in dem Streben, 
etwas für fich zu jein, 
feindlich entgegen. In 

: diejem Gegenjaß gegen 
Zeus ericheint fie oft in der Ilias, und Zeus 
läßt fie gewöhnlich bei jeiner Vorliebe für fie end- 
li gewähren. Hom.Il.s, 39. 22, 183 ff. — Die 
Stadtichirmerin Athene begünftigt alles, was zum 
Wohle der Bürger beiträgt, den Wderbau und 
die Gewerbe, ihr kluger Sinn hat mandyerlei nüß- 
liche Dinge erfunden, wie den Pflug, das Bügeln 
des Roſſes, den Wagen, die Schiffahrt, das Anz: 
zünden des Feuers u. j. w., fie übt und Ichrt jede 
weibliche Kunftfertigfeit; fie ift die Göttin aller 
Künjte und Gewerbe (Eeyarn), aller Weisheit 
und Wijlenichaft. Sie waltet über der Hand: 
habung des Nechts und des Gejehes, über Ge: 
richten und Boltsverjammlungen (Boviala, Ayo- 
gaia). Wegen ihres erfindjamen Scharfblides ift 
fie ausgezeichnet durch ein glänzendes Auge; ie 
heit O&vdrgars, die Scharfblidende, TAavaamıs, 
die Glanzäugige (Caesia). Auch gegen den Feind 
ihüßt fie den Staat, jie ift die Göttin kluger, 
geordneter Kriegführung , während Ares der Gott 
wilden, blutigen Kampfes ift. Mauern und Bur— 
gen und Häfen jtehen in ihrer Obhut. Daher 
heißt jie Aladrousrnis, die Abwehrerin, Hokıdg, 
JIokoöyog, Stadtidirmerin, Argela, "Angie, 


r 


Pr; 





Pallas Athene. 


Burggöttin, TIvlairıs, Kindoögos, Thorhüterin, 
Schlüfjelbewahrerin, IIgöuegos, Vorlämpferin, 
Aa00000g, die zum Kampf Antreibende, Arpv- 
rar, die Unbeziwungene, Nien, die Siegerin, 
Ayslela, Antris, Aapgla, die Beutemaderin, 
IIgouayögue, die Buchtenbejchügerin. Als Kriegs: 
göttin hat fie auch die Trompete und die Flöte 
erfunden; daher ihr Beiname Zaimıyd. hr 
ſtadtſchirmendes Bild Palladion (ſ. d.) fand ſich 
in vielen Städten. Auch eine Heilgöttin ("Tyieıe, 
IIawwrie) war die Helferin (LZorsıpa) Athene. — 
So, wie das Wejen der Athene bisher dargelegt 3 
worden ift, finden wir fie bei Homer und in der 
folgenden Zeit, wo ihr Dienft in ganz Griechen: 





ET ——— 
land verbreitet war. In der vorhomeriſchen Zeit 
aber war fie, wie die meiſten Götter, eine Natur: 
gottheit. Der ältejte Sib ihrer Verehrung war 
in Theijalien, in Athen und in Boiotien, hier 
bejonderd am Kopaiſchen See, da, wo der Fluß 
Triton fi in dieſen ergießt und vor alters eine 
von dem Eee verjchlungene Stadt Athen gejtanden 
haben jollte. Daher ihr Name Toro, Toeıraris, 
Terroyirsıa, Teorroyerng. Much wo jonjt der 
Name Triton ſich fand, war Athenekult. So auch 
in Libyen am See Tritonis Adt. 4, 180); bier 
war jedoch nicht, wie fäljchlich behauptet worden 
ift, die ältefte Rultusjtätte der Göttin, jondern 
Minyer hatten den Kultus aus Griedenland dort: 
hin gebradt. Am Tritonſee war Athene in Ber: 


— 


Pallene — Palliata. 


bindung mit PBojeidon, der jogar hier ihr Vater 
hieß und überhaupt an vielen Stellen Griechen: 
lands mit ihr vereinigt vorfam. Wthene jcheint 
daher von Urſprung an eine Naturgottheit ge: 
wejen zu jein, die zu dem Elemente des Waſſers 


in irgend einer Beziehung ftand. Auch in Athen, | 
dem Hauptiige des Athenekultus, ward die Göttin | 


in ältefter Zeit als Naturgottheit verehrt, welche 
das Wachstum der Pflanzenwelt und den der: 
bau beſchützte und förderte. Das attiiche Yand 
galt als ihr Eigentum, und alle Berhältnijie, 
Yandesfultur, Ctaatseinrichtungen, Mythologie, 
waren mit ihrem Kultus in enge Beziehung ge: 
bradt. Die Burg galt als ihr Bohn ; fie war 
die Pilegerin des Aderbaues und des Olbaumes, 
fie hatte das Zügeln des Pferdes (Immie) und 
das Anſchirren des Stieres gelehrt, hatte Gejek 
und Ordnung gejchaffen, den Areopag eingejeßt, 
fie jtand den Phratrien (Boarpia) und Geſchlech— 
tern vor, aus denen der. Kern der Bevölkerung 
beitand. Ahr zu Ehren wurden bie wichtigjten 
Feſte gefeiert, wie die großen und Heinen Pana— 
thenaien und die Errhephorien. Von Attika aus 
verbreitete fich der Athenchilt nad Jonien; nad 
Aiolis in Kleinafien fam er wahricheinlih aus 
Boiotien. Außerdem fand jich die Verehrung der 
Göttin an vielen Orten des Peloponnes, in Ar: 
olis, Achaia, in Lafedaimon u. ſ. w. Bei den 

oriern des Peloponnes trat bejonders der friege: 
rijche Charakter der Göttin hervor; jo wurden ıhr 
in Sparta neben dem Zeus Mgetor bei llber: 
ichreitung der Grenze die Opfer Jıaßerrjgıe dar: 
ebracht, fie galt als Erfinderin der friegeriichen 
Flöte und ftand in Verbindung mit den Helden: 
jünglingen Kaftor und Polydeufes. Als PRoliuchos 
hatte fie in Sparta einen reich mit Erz gejchmüd: 
ten und mit chernen Platten ausgejchlagenen 
Tempel, weshalb ihr Name Xarxloıxog, und eine 
eherne Bildſäule. An Korinth hatte fie den Bei: 
namen "Ellworis, "Elkwrde und ein Feſt "Ellnrıe, 
an dem ein Wettlauf mit Fackeln veranftaltet 
ward. Bon den jonftigen Beinamen der Göttin 
erwähnen wir noch: Aygavin oder "Aygavkog, die 
Ländliche, Ale, die Aiylgöttin (2), Oyne in Theben, 
IIgovai« und IIgovow in Delphoi, Teiyırda in 
Boiotien, Ace don der Stadt Aſia in Lakedai— 
mon, Taicis von Jlion, Yrorig oder ’Irwri« von 
Iton in Theflalien, Axel und Tlavayals. — 
Das großartigite Bild der Athene war das Stand: 
bild der Pallas Barthenos auf der Burg zu Athen 
von Pheidias (j. Attika, 10.). Das Gharalteri: 
ftiiche in der Darftellung der Göttin ift ruhiger 
Ernſt, jelbjtbewußte Kraft und Stiarheit des Geiſtes; 
Kopf und Blid find etwas gejenkt, wie bei einer 
Sinnenden, die Stirn ift rein und Far, die Lippen 
find ernft geichlofien; das Geſicht iſt jchmal, das 
Haar iſt funjtlos längs der Stirn zurüdgeftrichen 
und fällt frei über den Naden und Rüden. hr 
ganzer Körperbau trägt mehr einen männlichen 
als zartweiblichen Charafter. Auf dem Haupte 
trägt jie den Helm, um die Bruft die Migis (j. d.) 
mit Schlangen am Rand und dem Gorgonen: 
haupte in der Mitte. Sonitige Attribute find der 
runde Schild mit dem Meduſenhaupte in der Mitte, 
die Lanze, der Ölzweig, die Eule, die Schlange, 
der Hahn. — Der griechiichen Ballas Athene ent: 
jpricht die römijche Minerva, deren Name von 
dem mit mens und memini verwandten Worte 


879 


minervare abgeleitet wird, An diejer römijchen 
Minerva, einer Hugfinnenden Göttin, welche mit 
Jupiter und Juno einen ftabtichirmenden Drei- 
verein bildete und mit beiden in dem Tempel des 


Jupiter auf dem Capitol vereint verehrt wurde, 


treten bejonders die friedlichen Eigenichaften einer 
'Epydrn hervor. Sie ijt die Schüßerin aller Ge— 
werbe und Künfte, wie der Walter, Scuiter, 
Arte (Minerva medica), Lehrer, Bildhauer, Dich: 
ter und befonders auch der Mujifer, und die Bor: 
jteherin und Lehrerin aller weiblichen Arbeiten. 
Diefen Charakter der Göttin erfennt man beion- 
ders in ihrem SHauptfefte, Quinquatrus (Or. 
fast. 3, 809 ff.) oder Quinquatria, welches dom 
19. März an 5 Tage lang gefeiert wurde, und 
an welchem jich beionders die Handwerker und 
Künstler jeder Art, jowie die Schuljugend, die an 
diejen Tagen Ferien hatte und ihren Lehrern das 
Schulgeld (minerval) brachte, beteiligten. Am 
eriten Tage, welcher für den Geburtstag der 
Göttin galt, mwahricheinlich weil an diefem Tage 
der Tempel der nach der Eroberung von Falerii 
durh Gamillus nad) Rom gebrachten Minerva 
Capta auf dem Cäliichen Berge geweiht worden 
war, wurden der Göttin unblutige Opfer aus 
Kuchen von Korn, Ol und Honig dargebradht, und 
es herrichte Waffenruhe; am zweiten, dritten und 
vierten wurden Gladiatorenjpiele gehalten; am 
fünften Tage wurde im Scyufterjaale (atrium su- 
torıum) geopfert und Trompetenweihe (tubilu- 
strium) vorgenommen, denn die Trompete war 
ber Minerva geweiht, und die Jnnung der Trom: 
peter, welche bei verichiedenen religtöjen Hand: 
lungen, bei Opfern, Leichenzügen und dergl. un: 
entbehrlich waren, ftand unter ihrem beſonderen 
Schutz. Wie bei diejem Feite die Trompeter, jo 7 
jpielten bei den am 13. Juni gefeierten Quin- 
quatrus minores und minusculae, Die 
3 Tage dauerten, die Flötenbläſer eine Haupt— 
rolle (Or. fast. 6, 645 ff. Lie. 9, 30). Minerva 
atte übrigens auh in Rom Beziehung zum 
triege, worauf die Gladiatorenfämpfe am Quin— 
quatrusfeite zu deuten jcheinen. L. Amilius Paulus 
verbrannte nach Beſiegung Makedoniens einen 
großen Teil der Beute dem Mars, der Yua und 
der Minerva, und Pompejus baute ihr, als der 
Verleiherin des Sieges, im Jahre 61 v. E. nad) 
Abhaltung feines großen Triumphes auf dem 
Campus Martius einen Tempel, wie Auguftus 
nach dem Siege bei Netium. Wahrjcheinlich ift dieje 
Beziehung zu Krieg und Sieg eine Übertragung 
von der griechiichen Pallas, jowie auch die Ver: 
bindung von Neptunus und Minerva, denen nad 
dem Unglüd am Trajimenifchen See ein gemein: 
ſchaftliches Polfter gebreitet wurde (Zav. 22, 10), 
nad) Griechenland hinzuweiſen jcheint, wo Pojeidon 
und Ballas Athene als hippiiche Gottheiten oft 
miteinander zujammengejtellt wurden. — Abbils 
dungen: 1) Büſte der Athene mit ftrengem Aus: 
drud der Züge, aus der Billa Albani zu Rom; 
2) Statue der Athene von Belletri, im Louvre. 
Sie hielt in der Nechten die Lanze als Scepter, 
in der Linken wahricheinlich eine Opferichale. 
Pallöne j. Chalkidike und Makedonia. 
Palliäfa sc. fabula (j. Komoedia a. €. und 
Fabula). Die Balliatendichter Roms gehören 
fämtlih dem 6. Jahrhundert der Stadt au und 
jind der Neihe nach folgende: Livius Andronitos, 


880 


Nävius, Ennius, Plautus, Trabea, Atilius, Liei- 
nins Imbrex, Juventius, Cäcilius, Lufcius La— 
nuwinus und Terentius. Bei ihrer lberjeßung 
der griechiſchen Dramen verfuhren fie mit mehr 
oder weniger Freiheit, wie es entweder der Cha— 
rafter der einzelnen Dichter oder auch die Rück— 
fiht auf das Publifum veranlafte. Um ihren 
Stüden das ftofjliche Interefje, welches das Pu: 
biifum Lediglich in das Theater führte, zu geben, 
fügten fie entweder Zuthaten einer gröberen Komik 
hinzu oder wendeten auch die Contaminatio an, 
d. h. Verarbeitung zweier griechiichen Dramen zu 
Einem römiichen. Dabei wurde weniger auf jorg- 
fältige Okonomie und ftrenge Charakterzeichnung 
gejehen, als auf den Eindrud des Einzelnen. Segen 
Ende des 6. Jahrhunderts verlangte man von den 
Dichtern eine fast treue Überſetzung der griechischen 
Originale, welcher Forderung jich nur mittelmäßige 
Dichter fügen wollten. Die begabteren wendeten 
fih der fab, togata und Atellana zu. Doc) jchon 
u Anfang des 7. Jahrhunderts entitand eine 

eaktion, man begehrte wieder die älteren Balliaten 
zu jehen, die fi von nun am auf der römijchen 
Bühne erhielten und noch in den Zeiten der Kaiſer 
mit Beifall gejehen wurden. 

Pallium, iucrıov, päügos, ein aus Wollenftoff 
bereiteter, tief herabhängender (Quint. 11, 3, 143), 
von Farbe gewöhnlich weißer Mantel, der ähnlich 
wie die Toga umgejchlagen, vorzugsweije aber von 
den Philvjophen getragen wurde, während er jonft 
in den beiten Zeiten des helleniichen Lebens für 
ein Zeichen der Weichlichleit galt (daher auch in 
Rom von Buhlerinnen getragen). 

Pallor j. Ares. 

Palma, goirı&, die Palme, im Oriente als 
allgemein verbreitetes Nahrungsmittel, bisweilen 
auch in älterer Zeit ald Schreibmaterial dienend, 
zierte vor allen Dingen mit ihren jchönen Zwei— 
gen und Blättern die Sieger in den Wettfämpfen, 
weshalb jie auch oft metonymiſch für Sieg oder 
Siegespreis fteht. Cie. Kose. Am. 6, 35. Hor, od. 
1,1, 5. 4, 2,17. Verg. @. 3, 10. 

Palmjra, /Idiuvge, ſyriſch Thadmor (j. Tud— 
mur), eine Dajenjtadt in der Mitte zwiſchen Da: 
majfos und dem Euphrat. Durch ihre Lage auf 
der Kreuzung mehrerer Narawanenftraßen begün: 
ftigt, wird fie doch erft 41 v. E. genannt. Sie 
behielt unter römischer Hoheit ihre adminijtrative 
Selbftändigfeit. Ihre kurze Blütezeit fällt in das 
3. Yahrh. n. C. In den Wirren nach der Ge: 
fangennehmung des Kaiſers Walerianus wurde 
Odainathos, Erar von P., von Gallienus zum 
König der Stadt und ihres Gebietes und zum dux 
orientis ernannt (262) und eroberte unter diejem 
Titel Syrien, Arabien und Armenien. Ihm folgte 
feine Witwe Zenobia (267), eine MHuge Frau von 
männlicher Thatkraft und feiner Bildung; ihre 
Heere drangen bis Ägypten und Galatien vor. 
Aurelianus 309 272 gegen fie, jchlug fie bei Emija, 
nahm jie gefangen und zerjtörte RN Die Stadt 
erholte ji) von diejem Schlage nie wieder, wenn 
fie auch durch AJuftinian neu befeftigt wurde. 
Die 1678 entdedten Ruinen derjelben, namentlich 
die impojanten Reſte eines großen Sonnen=(Baals:) 
tempels und einer langen Säulenreihe, geben in 
ihrer Pracht und Ausdehnung Zeugnis von dem 
einftigen Glanze. 

Patudamentum j. Kleidung, 10, 


Pallium — Pamphylia 


Pambötis, TIaußörıs Adurn, See im mittle- 
ren Epeiros, an deſſen Geftaden jich Neoptolemos, 
der Sohn des Adhill, mit feinen theffaliichen Ge— 
fährten niedergelafien haben jollte, in der Nähe 
von Dodona; j. See von Janina. 

Pamisos, IIdutoog, 1) jüdlicher Nebenfluß des 
Beneios in Theflalien (Hat. 7, 129), j. Laparda. 
— 2) Fluß in Meffenien (j. d.), j. Mavrozumenos. 
— 3) Fluß in Lafonien, mündet bei Yeultra und 
bildete die alte Grenze zwiſchen Lafonien und 
Mefjenien, j. Bach von Milia. Strab. 8, 361. — 
4) Fluß in Elis bei Pylos. 

Pammenes, IIauufvns, ein edler Thebaner, 

jüngerer Zeitgenofje des Epameinondas, jcheint 
ſchon beteiligt gewejen zu fein bei der Errichtung 
der heiligen Schar (Plut. Pelop. 18), tritt indes 
öffentlich erft nach der Schlacht bei Leuktra auf, 
als er mit 1000 Mann abgejandt wurde, damit 
die Arkadier unter jeinem Schutze Megalopolis 
ründeten. In feinem Haufe ſoll fich der junge 
Ihilipp von Makedonien aufgehalten haben. Plut. 
Pel. 26. Beim zweiten Einfall der Thebaner in 
den Peloponnes eroberte er den Hafen von Si— 
yon; auch ein Feldzug nach Photis wird erwähnt. 
Er ift, joviel wir wiljen, der einzige unter den 
ausgezeichneten Männern Thebens, der die Schlacht 
bei Mantineia überlebte; er ward wieder nad) 
Megalopolis gejandt und 353 v. E. dem ab- 
gefallenen perſiſchen Statthalter Artabazos mit 
5000 Mann zu Hülfe gejchidt, befiegte die fönig: 
lichen Feldherren in 2 Schlachten und erwarb ſich 
großen Kriegsruhm. Diod. Sie. 16, 34. 

Pamphila, /laugpiln, aus Epidauros, eine ge: 
lehrte Frau unter Nero, verfahte ein litteraturge: 
ichichtliches Werft ovuuınra iorogın& brourrjuare 
in 33 Büchern. Vgl. Müller, fragm. hist. Graec. 
Ill p. 520 ff. 

Pamphilos, II&ugpıkog, 1) ein athenijcher Feld— 
herr, wurde im Jahre 388 v. E. gegen das abtrün: 
nige und von den Spartanern unterftügte Aigina 
ausgejhidt. Er belagerte zwar Migina; indes 
wurde die flotte bald vertrieben, und das Heer 
fonnte erjt nach 5 Monaten entjeßt werden. Xen. 
Hell. 5, 1, 1. — 2) Schüler des Platon und 
Lehrer des Epifur. Cie. n. d. 1,26, 70. — 3) Maler 
aus Amphipolis, Schüler des Eupompos, Lehrer 
des Apelles, begründete eine eigene Malerjchule 
in Silyon um 360 dv. E., deren Hauptvorzüge 
wifjenjchaftliche, bejonders mathemattiche Borbil: 
dung, künſtleriſches Bewußtſein und die höchſte 
Genauigkeit im Zeichnen waren. Die Zeichenkunſt 
gelangte durch ihn zur Aufnahme unter die libe: 
ralen Bildungsmittel. Plin. 35, 10, 36. Auch 
Schriften über Malerei und Grammatit wurden 
ihm beigelegt. 

Pamphös, /Taupös, ein alter mythiſcher Sän: 
ger, mit dem Kulte der Demeter und des Dionn: 
ſos in Verbindung ftehend und neben Orpheus, 
Linos, Mujaios genannt. Pauſanias (8, 37, 6. 
9, 27, 2) nennt ihn jünger als Dlen, älter als 
Homer. Als jein Aufenthaltsort ift Athen anzu— 
nehmen, da er für die Athener die älteften Hymnen 

edichtet haben jollte. Man jchrieb ihm einen 
Hymnos auf Demeter, auf Artemis, Bofeidon, an 
die Ehariten zu; auch joll er den älteften Klag— 
gejang an Linos’ Grab gejungen haben (Olroksvos). 

Pamphylia, 7) Ileupvide, früher Mopiopia, 

hieß urjprünglich der jchmale, bogenförmige, zum 


Pamphylium mare — Panaitios. 


881 


großen Teile wenig fruchtbare Küftenftrich Klein- und auf Piyttaleia bei Salamis waren dem Helfer 
ajiens zwiſchen Lytia und Kilikia, von erfterem in der Schlacht jeine Bilder umher aufgeitellt. 


durch das Klimargebirge geichieden; die nördliche 
Grenze bildete Piſidien mit dem Taurosgebirge, 
an der Sübjeite lag das Pamphyliſche Meer. 
Das bedeutendjte Borgebirge war Leukotheion 
ober Yeufolla, j. Karaburun, bei der Stadt Side 
im D. Flüſſe waren der Katarrhaftes, j. Du: 
denju, der mit mächtigem Fall und, nachdem er 
fi zweimal unter der Erde verborgen, öftlich von 
Attaleia mündete; ber Keſtros, j. Afju, der Eury— 
medon (j. d., 4.), i. —— der Melas, j. 
Menavbgat-ſu.- Die Bewohner, Pampheli, -ii(/Idu- 
Puvaoi, Aoi), waren ein Gemiſch von Urbewohnern 
tililiſchen Stammes, Phoinikern und Griechen und 
teilten bis zur Beſiegung des Antiochos das Schid: 
jal ihrer Nachbarn; jpäter fam Pamphylia zum 
pergamenijchen Reich, dann mit dieſem an die 
Römer. Schiffahrt und auch Seeräuberei war eine 
Hauptbejhäftigung der Bewohner. Städte waren 
an der Küfte von W. an: Korykos, Hafenftadt, 
ipäter Attaleia (j. d., j. Adalia); Perge am 
Keitros, mit berühmten Artemistempel; Aipen: 
dos auf fteilem Berge am Eurymedon, mit jtarlem 

Ibau, Sylleion auf einem Berge, 40 Stadien 
von der Küſte, ſtark befeftigt; Side, phoinifijche, 
dann aioliſche Kolonie und Hafenftadt, Hauptfig 
bes Pallaskultus, mit olympiichen Kampfipielen; 
Kibyra u. a. Strab. 14, 667. Mela 1, 14. 

Pamphylium mare, Ilaupölor milayos, 
hieß der bedeutende Meerbujen an den Küſten 
Lykliens, Pamphyliens und Kilikiens zwiſchen dem 
Chelidoniſchen oder Heiligen Vorgebirge im W. und 
dem Vorgebirge Anemurion im D., j. Meerbuſen 
von Adalia. Liv. 37, 23. Strab. 2, 121. 126. 

Ilaugvsoı |. Duln, 9. 

Pan, /Icv, Sohn des Hermes und einer Tod: 
ter des Dryops (Idom. khymn. 19, 34), oder des 
Beus und der arfadiichen Nymphe Kalliito, oder 
des Zeus (oder des Hermes) und der Penelope, 
vielleicht urjprünglich ein Lichtgott (= Pawv, daher 
ihm emwiges Feuer auf Altären brannte und Fackel— 
läufe gehalten wurben), ein arladiicher Wald: und 
Weidegott (jein Name vielleicht von md, ich weide, 
abzuleiten), von Geburt an gehörmt, bodsfühig, 
bärtig, frummmafig, behaart, gejchwänzt, jo daß 
feine Mutter ihn erjchredt verließ; aber Hermes 
trug ihn hinauf zum DOlympos, und alle Götter 
freuten ſich über den jeltjam geftalteten Gott, wes— 
halb jie ihn Pan nannten (irrige Ableitung von 
räg, Hom. hymn. 19, 47). Auf den Bergen und 
in den Wäldern umbherjchweifend, weidet, pflegt 
und jegnet er die Herden (Nöuiog) und das Wild, 
er jagt das Wild (Ayoers) und gibt das Glüd 
der Jagd, ſchützt Bienenzucht und Fiſchfang; er 
zieht umher mit den Nymphen, führt mit ihnen 

öhlihe Tänze auf und jpielt ihnen Lieder auf 

Spring, die er jelbit erfunden. Aber als Gott, 
der die Waldeinſamleit liebt, jagt er auch plötzlich 
Grauen und Schreden ein (panijcher Schreden); 
daher gilt er aud) mit jeiner furchtbaren Stimme 
als jiegreicher Bezwinger der Feinde. Die Athener 
glaubten in der Schlacht bei Marathon fich feines 
BVeiftandes erfreut zu haben, und darum ward er 
von der Zeit an in Athen in der am Burgfelien 
befindlichen Bansgrotte verehrt; man —— 
ihm jährlich einen Fackellauf. Hat. 6, 105. Auch 
bei Marathon ward ihm eine Grotte geheiligt, 

Reallexikon des Mafj. Altertums. 7. Aufl. 


| 


Wie andere Waldgötter verfteht auch er die Kunſt 
der Weisjagung, worin er jelbjt den Apollon unter: 
wiejen haben joll. Da er die Spring erfunden, 
jo dichtete man die Fabel, er habe die Nymphe 
Syrinx aus Liebe verfolgt bis zum Ladonfluß in 
Nrkadien, wo fie in Schilfrohr verwandelt wurde, 
aus dem der Gott fich die Pansflöte jchnitt. Oo. 
met. 1, 689 ff. Auch die Echo liebte er und zeugte 
mit ihr die Iynx. Als Freund des. Geſanges und 
Tanzes liebt er die Charis Peitho. — Erſt in 
jpäterer Zeit machte man den altartadijchen Weide- 
gott aus Mifverftand des Wortes Ban zum Symbol 
des Weltalls und erklärte den Ton feiner Syrinzr 
als die Harmonie der Sphären. Als Tärmlieben- 
der Naturgott trat er in das Gefolge des Dionyjos, 
wo er als munterer, poſſierlicher Springer und 
zudringlicher Liebhaber der Nymphen erjcheint. 
Seitdem erdichtete man auch Bane in der Mehr: 
zahl und Paniſten (Tævricuot, jüngere Pane). 
Heilig war ihm die Fichte, die Steineiche; geopfert 
wurden ihm Kühe, Böde, Lämmer, Mil, Honig, 
Moft. Nah Orten feiner Verehrung hat er die 
Beinamen Lycaeus, l’egeaeus, Maenalius. Be: 
ſonders in Arkadien hatte er viele Heiligtümer, 
ferner zu Troizen, Silyon, Oropos. — Die Rö— 
mer haben ihn mit ihrem Inuus und Faunus 
identifiziert. 

Panachalcum, /Iavay«inor Ögos, ſ. Achaia. 

Panainos j. Maler, 2. 

Panaitios, IIavelrıog, 1) des Nilagoras Sohn, 
aus Rhodos, geb. um 180 dv. E., erhielt feine 
philojophiiche Bildung in Athen von Diogenes 
Babylonios und deſſen Schüler Antipatros aus 
Tarjos. Hierauf begab er fi) nach Rom, wo er 
mit Lälius und dem jüngeren Africanus in nähere 
Verbindung trat und legteren auf jeiner Geſandt— 
ſchaftsreiſe durch Afien und nach Agypten zu Pto: 
lemaios Phyſton im Jahre 143 v. E. begleitete. 
Er hat ald Lehrer in Rom zur Verbreitung der 
ftoiichen Philojophie am meiften beigetragen und 
viele Schüler gebildet, unter denen C. Fannius, 
D. Mucius Scävola Augur, DO. Alius Qubero 
(Cie. de or. 3, 23. tuse. 4, 2), Rutilius Rufus 
(off. 3, 2), Vigellius (de or. 3, 21) die namhafteſten 
find. Später kehrte er nach Athen zurüd, wo er 
als der Nachfolger feines Lehrers Antipatros an 
die Spige der ftoifchen Schule trat und Apollo— 
boros aus Nyja in Karien, Mneſarchos, Helaton 
aus Rhodos, Bojeidonios aus Apameia in Syrien 
zu Schülern hatte. Er ftarb hochbejahrt zu Athen, 
wo zu feinem Gedächtnis die Tijchgejellichaft der 
Panaitiaften fortbeftand. Bon jeinen Schriften 
find nur unbedeutende Fragmente auf uns gekom— 
men; er hatte geichrieben: wepl alpeoswr, epl 
roovolag, epl sbdvuleg an Tubero (Cie. fin. 
4, 9: de dolore patiendo). Sein Hauptwerk aber 
war: sol rod xaßrmorrog in 3 Büchern (Cie. 
off. 2, 17. 3, 2. ad Att. 16, 11), welches Cicero 
den erften 2 Büchern jeiner Schrift de officiis 
zu Grunde gelegt hat, weil es fich durch jeine 
populäre Form empfahl. Blieb er auch den all» 
gemeinen Grundjägen jeiner Schule treu, jo hat 
er fi doch mancherlei Abweichungen und Milde: 
rungen des ftrengen Dogmas erlaubt und fich be: 
jonders der peripatetijchen Lehre genähert. Sogar 
an der Mantif hat er gezweifelt. Das Werk über 

56 


882 


die Pflichten war nur für die im Fortichritte zur 
Weisheit Begriffenen beftimmt. Cicero bezeichnet 
ihn überall als einen der angejehenften ftoiichen 
Lehrer. gl. Panaetii et Hecatonis fragmenta 
coll. Fowler (1885). Abhandlung von van Linden 
(1802). — 2) Mathematiker, ſchrieb wegl tür nar« 
yeouerglav al uovomv Adyav xal Öieorn- 
narov. — 3) Befehlähaber einer Triere, welche 
vor der Schlacht bei Salamis zu den Griechen 
überging. Hdt. 8, 82. Plut. Themist. 12. — 
4) Tyrann aus Leontinoi in Eicilien. 

Panaitolion j. Aitolia. 

Panakeia ſ. Asklepios. 

Panakton, /lavauror, Kaftell zwiichen Boio— 
tien und Attika, das nach mehrmaligem Wechiel 
jpäter zu Attifa gerechnet wurde. Thuc. 5, 3. 42. 
Hefte eines Turms finden fich oberhalb des Dorfes 
Derveno:Galefi auf einer Höhe. 

Panathenaia, /Iavadrjvae, das größte und 
wohl auch ältefte panegyriiche Feſt der Athener zu 
Ehren der Athene Boliad. Die Einfegung des: 
felben, nach dem älteren Namen Athenaia, wurde 
dem Erichthonios zugejchrieben. E3 war urjprüng: 
lih ein ländliches Exrntefeft; aber Thejeus joll es 
als Bundesfeit jämtlicher zu Einem Staate zus 
jammengezogenen Attiler für alle Zeiten eingejegt 
und ihm den Namen Panathenaia gegeben haben. 
Diefe Vereinigung jelbft wurde durch ein Ge: 
dädhtnisfeft, die Luvornıe oder Zvromdoe, am 
16. Helatombaion (Fuli—Auguft) gefeiert, doch ift 
es nicht durch Thejeus, fondern viel jpäter, viel: 
leicht erjt nach Beififtratos eingejekt. Unter dem 
Archon Hippolleides, 566 v. C. erhielt das Pana— 
thenaienfejt durch den Feſtordner Beififtratos eine 
glänzende Feier, indem zu den bisherigen ritter: 
lichen Wettlämpfen ein gumnijcher Agon hinzuge- 
fügt und dem Feſte eine pentadteriiche Beftimmung 
gegeben ward; es wurde in der Folge in jedem 
dritten Olympiadenjahre gefeiert. Durch Perikles 
fam (446 dv. E.) auch ein muſiſcher Agon hinzu, 
und jeitdem erftredte fich das Feſt auf mehrere 
Tage, vom 25. bis 28. oder vom 21. bis 29. Hela: 
tombaion (Juli), Am erjten Tage wurde der 
mufiiche Agon in dem am Südoſtfuße der Alto: 
polis gelegenen, von Perikles erbauten Odeion 
(Plut. Per. 18) vorgenommen, in welchem die Kitha= 
röden und Kitharijten, die Aulöden und Auleten 
und andere mufiiche Künſtler auftraten. Früher 
ſchon waren wenigitens eine Zeit lang durd eine 
Einrihtung Solons die homeriſchen Gejänge an 
den PBanathenaien rhapjodiert worden. Nach dem 
mufischen Wettfampf wurden die gymnijchen und 
ritterlichen Spiele aufgeführt. Auch orcheftiiche 
und Infliiche Chöre, Fadelläufer (Aauradndgouie) 
und Trieren wetteiferten um den Preis des Sieges. 
Die Kampfmeiſter («HRLodEraı) für jämtliche Wett: 
fämpfe wurden, 10 an der Zahl, aus den Phylen 
für jede freier bejonders auf die ganze Zeit der 
Bentaöteris gemählt. 


wenigjtens für die gymniſchen Wettfämpfe, in einem | 


Kranze von den Zweigen des geweihten Olbaums 
und in einem großen, jchönen, irdenen Gefäße, 
mit DL von den heiligen Olbäumen gefüllt. Pind. 
nem. 10, 34. Solcher panathenaiticher Preisvajen 
haben fidy etwa 100 erhalten, gefunden größten: 
teils in Italien, bejonders in den Gräbern von 
Bolci, die größten 62 bis 66 cm, eine jogar 74cm 
body. Bon dem übrigen Teile des fyeites, der im | 


Panaitolion — Pandareos. 


Gegenjage zu dem dyav Eoprn; heikt, war der 
Aufzug (zoumn) der glänzendite Akt der ganzen 
Feier, nämlich der große Bug, in welchem am 
achtundzwanzigiten Tage des Monats, dem Geburts: 
tage der Göttin, das reich mit Bildwerken durch: 
wirkte Safrangewand (merkogs), das attiſche Frauen 
(die ſ. g. Ergaftinen; den erjten Anfang machten 
2 von den Arrhephoren oder Erjephoren) in den 
legten 9 Monaten jedesmal neu zur Belleidung 
des altertümlichen Schnigbildes der Athene gemwebt 
hatten, in Form eines Segels an einem Rollichifie 
aufgehängt (wenigftens in jpäterer Zeit), vom äuße— 
ren Sterameifos aus nach dem Tempel auf der 
Burg, dem Erechtheion (ſ. d.), gebradht wurde. 
Edle Bürgerstöchter trugen Körbe mit Opferge: 
räten auf dem Haupte (wrnpögoı), ehrwürdige 
Greije folgten mit Olzweigen in den Händen 
(dallopopor, jie ftattlih auszurüften war eine 
Leiturgie), die rauen und Töchter der Freige— 
lafienen und Metoifen trugen teild Näpfe und 
Krüge zum Gebraude des Opfers (saaprpögoı, 
Dögı@pöpor), teild trugen fie den Frauen und 
Töchtern der Bürger Seſſel und Schirme nad 
(dıippopdpoı, arıadnpögo:). Es beteiligte fich am 
Zune die Bürgerjchaft unter ihren Vorjtehern, den 

emarchen, die junge Mannichaft im Waffenichmud 
u Roß und zu Fuß, die Sieger in den verjchie: 

nen KRampfarten der Banathenaien, endlich auch 
Feſtgeſandtſchaften anderer Staaten, namentlich der 
Kolonien Athens. Athen entfaltete bei dieſem 
Aufzug jeine ganze Madıt und Herrlichkeit. Ein: 
elne Zeile der panathenaiijchen Bompa waren in 
Hetiefs dargeitellt an dem Fried der Eella des 
Barthenon, von denen noch eine bedeutende Zahl 
von Platten erhalten ift (manche Gelehrte freilich 
ſehen in denjelben die Plynterien oder Arrhepho: 
rien dargeftellt),. Den Schluß der ganzen Feier: 
lichfeit machte das grobe Feftopfer einer Helatombe 
von Stieren und Rindern und die damit verbun: 
dene allgemeine Speifung (£sriasıg), worauf jeit 
den — als Nachſpiel noch ein Schiffs— 
wettſpiel im Peiraieus folgte. — Neben den großen 
Panathenaien wurben alljährlich die kleinen Pana— 
thenaien gefeiert, ein fürzeres und einfacheres Feſt 
ohne our), deſſen Hauptteil der dyar war. Wo 
Panathenaien ohne Attribut genannt werden, find 
die ueyale zu verftehen. In jpäterer Zeit wurde 
das Feſt in den Frühling verlegt, vielleicht infolge 
römischen Einflufjes, indem es jo den Ouinguatrus 
(j.d.) entjprechend wurde. Auch an andern Orten gab 
es PBanathenaien; jo zu Magnejia, von Themi— 
ſtokles eingejegt, zu Teos, zu Rhodos. — Bal. 
Müller, Panathenaica (1837). P. W. Forchham: 
mer, Ranathenätjche Feftrede (1841). A. Mommien, 
Heortologie ©. 116205. 

Panchaia, /Iayyai«, eine fabelhafte, der Küſte 
des glüdlichen Arabiens gegenüber im jübdlichen 
Deean gelegene Inſel mit herrlichem Klima und 


Die Kampfpreife beftanden, | Produkten, von der Diodor (5, 41 ff.) eine aus: 


führliche Schilderung nad) Euhemeros gibt. Am 
Altertum jchon waren die Meinungen über bie 
Wahrheit der Erzählung verſchieden; Diodor und 
die Dichter (3. B. Verg. @. 2, 139. 4, 379. Or. 
met. 10, 309 u. j. w.) halten jie für wahr. 
Pandaröos, /Iarddgeog, Sohn des Merops, 
ein Milefier, ftahl ans dem Tempel des Yeus in 
Kreta einen goldenen Hund und übergab ihn dem 
Tantalos zur Verwahrung; als aber Zeus ihm 


Pandaros — Panionia. 


zurüdforderte, floh er nach Athen, von da nach 
Sicilien, wo er mit feiner Frau Harmothoe um: 
fam. Über jeine Tochter Aedon j. d. Bon den 
beiden andern Töchtern besjelben (Merope und 
Kleothera, oder Kameiro und Klytia) erzählt Ho: 
mer, daß fie, ihrer Eltern früh beraubt, in den 
Gemächern zurüdblieben. Aphrodite, Hera, Arte: 
mis und Athene nahmen ſich ihrer an und gaben 
ihnen Schönheit und Nunjtfertigfeit; als aber 
Aphrodite von Zeus ihnen eben eine glückliche 
Ehe erbitten wollte, wurden fie von den Harpyien 
geraubt und als Dienerinnen ben Erinyen über: 
geben. Hom. Od. 20,66 ff. Eustath. zu Od. p. 1875, 
15. Paus. 10, 30, 1f. 

Pandäros, Ilcvöagog, 1) Sohn: des Lyfaon, 
der die troiſchen Lylier von Zeleia am Fuße des 
Ida im trojanischen Kriege anführte, ein geſchickter 
Bogenihüge; Apollon ſelbſt hatte ihm den Bogen 
geihentt. Er verwundete den Menelaos und brach 
dadurch das eben gejchlofjene Bündnis; in dem 
darauf folgenden Kampfe wurde er von Diomedes 


erlegt. Hom. Il. 2, 824. 4, 88. 5, 275ff. — 
2) Sohn des Alltanor, Zwillingsbruder des Bitias, 
Gefährte des Nineias, von Zurmus-erlegt. Verg. 


A. 9, 672. 755. 

Pandateria, IIavöcrapia, Inſel des Tyrrhe— 
nijchen Meeres vor der Küſte Campaniens (j. Ben: 
totene), als Berbannungsort bejonders der weib: 
lichen Mitglieder der faijerlihen Familie (3. B. ber 
Agrippina) benugt. Strab. 5, 233. Suet. Tib. 53. 
Tac. ann. 1, 53. 14, 63, 

Pandekten j. Juris consulti, €, 

Pandion, /Iavdiov, 1) ſ. Erechtheus. — 
2) Sohn des Kekrops und der Metiaduja, König 
von When, von den Metioniden nah Megara 
vertrieben, wo er die Tochter des Königs Pylas 
heiratete und die Herrichaft erhielt. Er war Vater 
des Aigeus, Pallas, Niſos, Lykos, Dineus und 
hatte Grab und Heroon in Megara. Sein Stand: 
bild war unter denen der Eponymen zu Athen 
und auf der Burg. — Seine Söhne, die Pandio— 
niden, zogen nad, feinem Tode nad; Athen und 
vertrieben die Metioniden; Aigeus erhielt die 
Dbergewalt, Lykos die öftliche, Pallas die jüdliche 
Küfte von Attila, Niſos Megaris. Apollod. 3, 15, 
5f. Paus. 1, 5, 3f. 10, 10, 1. 

Havdıorig j. Duln, 7. 

Tlavdoxeia |. Karayayıc. 

Pandöra j. Prometheus, 

Pandosia, /Iavöooie, 1) Stadt der Landſchaft 
Theiprotia in Epeiros am Acheron, durch Philipp 
von Makedonien der Herrichaft des Moloſſerkönigs 
Alerander unterworfen; j. Refte bei Kaftri. Liv. 
8, 28. Just. 12, 2. — 2) feſte Stadt in Bruttii 
an der Iucanischen Grenze, am Fluß Acheron (Liv. 
8, 24), merfwürdig durch das zweibdeutige, dem 
Alerander von Epeiros erteilte Dralel. Liv. a.a.D. 
Dies P. lag in der Gegend von Cojenza. Plutarch 
Pyrrh. 26) jegt P. zwiſchen Herafleia und den 
Fluß Siris, alſo nad) Lucanien; dieje Stadt iſt 
verſchieden von den genannten, ſie lag wohl beim 
heutigen Anglona. 

Pandrösos j. Kekrops, 

Ilavnyvgıxöos Aöyos, panegyricus, eine 
vor einer Feitverfammlung (marniyvgıg) gehaltene 
Rede, beitimmt, durd) ausgewählten Stoff, glän: 


883 


Stoff der Rede ftand gewöhnlich in Beziehung 
zum Feſte oder zum feitfeiernden Vollke, deſſen 
rühmliche Thaten und Beltrebungen jie feierte, 
um Batriotisnus und Nachahmung zu erweden. 
Später erhielten jolche Neden auch Beziehungen 
zu einzelnen Berjonen und dadurd den Charakter 
von Xobreden. Zu joldyen panegyriichen Reben 
zählt man den Olvummxosg und Ilvdınog des 
Gorgias, den Olvumıuxog und die Aoyoı zarı)- 
yvgıxol des Lyſias, von Jiofrates den Ilarnyv- 
gıxög, bon Arifteides den /lavadnvainos. — Von 
Griechenland lam dieje Redegattung auch nad) 
Rom. Hier ift das bedeutendjte und vorzüglichſte 
Werk der Panegyricus des jüngeren Plinius, eine 
Dank: und Lobrede auf den Mailer Trajan für 
die Übertragung des Konjulats, nicht ohne bilto: 
riihen Wert. Bei fpäteren Arbeiten diejer Art 
gebt die, übrigens durch eine gewiſſe Glätte und 

orrektheit ausgezeichnete, Darftellung nicht jelten 
in ungemefjenes und in niedrige Schmeichelei aus: 
artendes Lob über, wie in den 12 erhaltenen la— 
teinifchen Reden, die etwa 200 Jahre jpäter jallen 
und Danfadrefien galliicher Städte an die Kaijer 
find, auf Beitellung von den namhafteſten galli- 
ſchen Rhetoren, 3. B. Eumenius (j. d.), ausgear: 
beitet. Ausgg. der lateinijchen panegyriei von 
Gellarius (1703), Schwarz (1739 ff.), die neueſte 
von Bährens (1874). 

Panegyris, /lerjyvoıs, jede größere öffentliche 
Berjammlung, bejonders zur Begehung eines all: 
gemeinen Feſtes, ohne Rüdficht darauf, ob Die: 
jelbe zufällig oder periodiich, jährlich, trieteriſch, 
pentaöterifch u. j. w. war. Bejonders bildete der 
religidje Kultus mit jeinem Feſtopfer den Mittel: 
punft der Panegyris, weshalb ſich an jeden 
Haupttempel einer Gottheit eine jolche anknüpfte; 
namentlich war auch mit jeder Amphiktyonie, jowie 
mit den 4 großen Nationaljpielen, eine fejtliche 
Panegyris verbunden. Jeder größere Staat hatte 
jeine derartigen Berjammlungen, wie When an 
den Panathenaien, Sparta an den Hyakinthien 
und Karneien. Mit den panegyriichen Berjamm: 
lungen waren durch den Zujammenfluß von Käufern 
und Berkäufern Jahrmärfte verbunden. 

Paugaios j. Makedonia. 

Panhellenia j. Panhellenios. 

Panhellenion f. Panhellenios. 

Panhellenios, /Iavelirjvıog, der Gejamthelle: 
nilche, Beiname des dodonaiiſchen Zeus, dejjen 
Dienft mit den Hellenen aus Thefjalien nad) Aigina 
wanderte. Als nach Musdehnung des Namens 
Hellenen auch diejer Beiname jeine Bedeutung er: 
weiterte, wurde derjelbe auf die Sage von dem 
für alle Hellenen gemeinichaftlihen Sühnopfer 
zurüdgeführt, das Niafos zur Abwendung einer 
Hungersnot gebracht haben jollte. Run bezeichnete 
er den Zeus als helleniſchen Nationalgott, der 
auch der hellenifche hieß. Lind. nem. 5, 10. Hdt. 
9, 7. Bei dem von Aiakos gegründeten Heiligtum 
des Zeus Banhellenios aufAigina (IIavreiinvıor, 
Paus. 2, 30, 4) wurde das Feſt der Banhellenia 
gefeiert. — Denjelben Namen führte ein von 
Kaiſer Hadrian für die Griechen gejtiftetes, mit 
BWettlämpfen verbundenes Nationalfeit, das im J. 
129 n. E zum erftenmal in Athen gefeiert wurde. 

Panionia, /Iarıwrıe, ein panegyriiches Feſt 


ende Diltion und redneriſche Kunſt den Beifall |der 12 ioniſchen Bundesftädte auf der Weſtküſte 


r Menge zu gewinnen. Quint. 2, 10, 11. Der 


Klleinafiens bei dem Bundestempel Banionion 
06 * 


884 


am Nordabhange des Berges Mylale (Hat. 1, 148) 
zu Ehren des helifonijchen Pofeidon, nach Boechh 
in dem Jahre vor DI. 1 eingejeßt. Die Priefter 
des Gottes, die das Bundesopfer verrichteten, 
wurden aus den Bürgern von Priene, in defjen 
Gebiet das Panionion lag, gewählt und hießen 
Baoıheig. Mit der Feier waren auch Wettkämpfe 
verbunden. Strab. 8, 384. Diod. Sie. 15, 49. — 
Außer den großen Banionien werden auch Mleinere 
erwähnt, 3. B. zu Smyrna. Bgl. lonia. 
Pankrätes, /Iayxedrns, 1) ein Epigrammen: 
dichter in der griechiichen Anthologie; — 2) Ver: 
fafjer eine® Gedichts Alısorıxd und eines ele- 
giichen Gedichts Ouldasız Foya; — 3) ein ale: 
randrinifcher Dichter, welcher ſich durch ein Gedicht 
auf Hadrian und Antinous die Aufnahme in das 


alerandriniiche Dufeum erwarb; — 4) ein ymifcher | ( 


Philofoph; — 5) ein ägyptiicher Yauberer (Lucian. 
philopseud. 34), der Meifter des durch Goethe be= 
fannten Zauberlehrlings. 

Ileyxgatıov |. Gymnasium. 

Pannonfa, IIavvorie, an der unteren Donau 
gelegenes Land, bildete unter Auguftus die illy— 
riſchen Provinzen und wurde wohl mit Nori: 
cum und Rhätia erft jeit Kaiſer Claudius genauer 
geichieden und abgegrenzt. Im W. ſchied der 
Mons Cetius es von Noricum, im ©. der Savus— 
flug von Fllyricum, im ©. der Danuvius von 
Dacien, im N. derjelbe Strom von Großgermanien ; 
e3 umfaßte alfo den Öftlichen Teil von Dfterreich, 
Steiermarf und einen Teil von Krain, Ungarn, 
Slavonien und Bosnien. Durch eine vom Fluß 
Arrabo (j. Raab) bis zum Savus gezogene Linie 
zerfiel ®. feit Trajan in P. superior (meitlich) 
und inferior (Öftlih); ſeit Kaiſer Galerius (300) 
unterjhied man 4 Provinzen: Pannonia prima, 
P. secunda, Valeria und Savia. Das meift ebene 
Land ift nur im NW. und ©. von bedeutenden 
Gebirgen umfchlofjen und wird nur von den Aus: 
läufern der Alpen, Alpes Pannonicae (Tuc. hist. 
2, 98. 3, 1), durchzogen. Der M. Carvancas bil: 
dete das nördliche Grenzgebirge gegen Noricum, 
M. Cetius (j. Kahlenberg und Wienerwald) gegen 
Weiten, die Albii oder Albani montes (nod) j. 
Alben) ftreichen nah ©. und ſcheiden Kroatien 
und Bosnien von Dalmatien. Außer dem Grenz: 
from Danuvius gehören defien Nebenflüfle, der 
Dravus (j. Drave) und Savus (j. Save), hieher 
mit ihren Zuflüſſen; der Landſee Pelſo oder 
Peiſo (j. Balaton oder Plattenjee) lag zwiſchen 
Dravus, Arrabo und Danuvius. P. galt als 
rauh, falt, jteinig und wenig ergiebig; Holz; war 
ein Hauptproduft, den Metallreichtum des Landes 
finden wir bei den Alten micht rem — Die 
Bannonti, teils illyriſchen, teils keltiſchen Stam— 
mes, zeichneten fich durch ——— aus, ſtanden 
aber vor der römiſchen Herrſchaft auf niedriger 
Kulturſtufe. Auguſts Feldherr Vibius vollendete 
die von dieſem begonnene Unterwerfung; doch erſt 
Tiberius ſicherte nach der Erhebung Marbods den 
Beſitz des Landes als römiſche Provinz, worauf 
an der Donau eine Menge Kaſtelle, Kolonien und 
Municipien angelegt wurden, während Land- und 
Heerſtraßen das Land nach allen Richtungen durch— 

ogen. Als Völlerſchaften werden genannt die 

zali, Cytni, Boji, Latoviei, Coletiani, Scordiſei 
in P. superior; die Araviſci, Hercuniatä, An— 
diantes, Jaſſii, Amantes in P. inferior. Die wid: 


Pankrates — Panteus. 


tigften Städte waren: Vindobona (j. Wien), 
PBötovio (j. Petau an der Drau in Steiermarf), 
Emona oder Amöna (j. Laibach) Nauportus 
(j. Oberlaibadh), Sijca oder Gegeitica (j. Sifef), 
Sirmium (j. Ruinen bei Mitrovig in der Land— 
ihaft Syrmien), Taurunum (j. Semlin), Ci— 
balä am Sce Hiulced, Scarabantia (j. Oben: 
burg), Savaria (j. Stein am Anger), das bedeu- 
tende Carnuntum am Danupius (Ruinen bei 
Betronell), Bregetium oder Brigetio, desgl. 
(Ruinen gegenüber Komorn), Sopianä (tHünf- 
firhen), Aquincum (j. Alt-Buda (Ofen)), Murja 
(i. Eſſel). 

Panomphaios, ravoupadog, |. Zeus, 3. 

Panöpeus, JIavonsös, 1) j. Epeios. 
2) auch /Ievoreaı, alte, ſchon zu Homers Zeiten 
Hom. 11. 2, 520. 17, 807. Od. 11, 581) bebeu- 
tende Stadt in Pholi am Kephijos, dit an 
der boiotiichen Grenze, 20 Stadien weſtlich von 
Ehaironeia, ſpäter gewöhnlih Phanoteus ge- 
nannt, Heimat des Epeios. Strab. 9, 423. Als 
Srenzfeftung gegen Boiotien von großer Wichtig: 
feit, war fie jhon von dem Heere des Terxes in 
Brand geftedt worden (Hdt. 8, 35); dann wird 
fie mit ihrem Gebiet von Thufydides genannt 
(4, 76. 89), erlitt jpäter ftarfe Verwüftung im 
photiſchen Kriege und wurde, als fie fich wieder 
erholt hatte, im %. 86 v. E. dur die Soldaten 
des Tarilos, des Feldherrn des Mithridates, zer: 
ftört (Plut. Sull. 16). Pauſanias (10, 4, 1) fand 
nur noch einige Hütten, deren Bewohner den 
Namen und die Rechte der alten Stadt in Anipruch 
nahmen. Bedentende Ruinen der Mauern haben 
fih erhalten. 

Panopölis, IIavonolıs, Stadt in Oberäghpten, 
ſ. Chemmis. 

Panormos, -On, ober »us, »um, /ldvoguos, 
Name mehrerer durch trefflihe Häfen befannter 
Städte: 1) im weſtlichen Teile der Nordfüfte Si— 
ciliens an der Mündung des Fluſſes Orethos, von 
den Phoinifern gegründet, uralt und bedeutend, 
ij. Palermo. Thuc. 6, 2. Pol. 1, 38. Nachdem die 
Römer die Stadt 254 v. E. den Karthagern ent: 
riffen hatten, wurde fie jtenerfrei und jpäter Kolonie. 
Monographie von —— (1870). — 2) Hafen 
beim Borgebirge Rhion in Achaia, j. Tekieh. Thuce. 
2, 86. — 3) Haupthafen an der Dftküfte von Attifa 
in der Nähe von Praſiai, j. Porto Raphti. — 
4) großer und bequemer Hafen in Epeiros, jüd 
lid von Orikos, j. Palerimo. Strab. 7, 324. — 
5) Hafenſtadt von Ephejos. Hdt. 1, 157. — 6) Stadt 
auf Samos. Liv. 37, 10. — Andere Städte des- 
jelben Namens Ingen auf Kreta, Ehaltidite und 
in Marmarife (Libyen). 

Fantakyas, IIavraxvas, Fluß auf der Oftfüfte 
Siciliend unfern Syrakus (j. Porcaria). Thuc 
6, 4. Verg. A. 3, 689, Or. fast. 4, 471. 

Pantaleon, ITIavr«)£orv, machte ſich 644 v. C. 
zum Tprannen oder König im eleifhen Piſa und 
entriß den Eleiern die Anordnung der olympi: 
ſchen Spiele. Er regierte übermütig und frevel: 
haft. Seine Söhne PDamophon und Pyrrhos 
jeßten den Krieg gegen Elis fort, konnten indes 
jenen Erfolg nicht behaupten. Durch Spartas 
Unterftügung wurde 570 Piſa zerftört und die 
Bifaten wieder den Eleiern unterworfen. Paus. 
6, 21, 22, 

Panteus, /Iavreig, ein Spartaner, Freund 


Panthea — Paphlagonia. 


Kleomenes' UI., zeichnete ſich bei der Eroberung 
von Megalopolis 221 v. E. aus, begleitete nad 
der Schlacht bei Sellafia den König nach Ägypten 
und tötete fich ſelbſt als der legte Begleiter des— 
jelben, als der Verſuch, die Einwohner von Ale: 
zrandreia zum Aufjtand aufzurufen, mißlungen 
war. Ebenjo unerjchroden litt bald darauf feine 
junge und jchöne Gemahlin den Tod. Plut. Uleom. 
23. 37. 38, 

Panthöa j. Abradatas. 

Panthöon j. Roma, 18. x 

Panthdos, /lav®oog, IIdr#ovg, einer der Al: 
tejten Trojas, Gemahl der Phrontis, Vater des 
Euphorbos, Bolydamas und Hyperenor. Hom. Il. 
3, 146. 14, 450. 17, 24. 40. 81. Bei Bergil (A. 
2, 319) ift er Sohn des Othrys und Priefter des 
Apollon. 

Pantikapaion, Ilavrıxdaaıor, eine um DI. 60 
gegründete milefifche Kolonie auf der Dftipige der 
taurijchen Eherjonejos, am fimmerifchen Bosporos, 
70 Stadien von dem gegenüberliegenden Phana— 
goria (j. d.) entfernt, mit trefflichem Hafen, be: 
deutend durch Getreide: und Fiſchhandel; Haupt: 
ftadt bes bosporanifchen Reiches, daher jelbft 
Bosporos genannt; j. Kertich oder Boipor. Strab. 
7, 309 ff. 11, 494 f. 

Pantomimus, zavrouınog, mavröuınog deynors, 
auch bloß öprncıs. Die Pantomimil, db. h. die 
Kunft, durch Tanz, lebhafte Bewegung des Körpers 
und Gebärdenipiel ohne Worte eine Rolle oder 
auch ein ganzes Stüd auf dem Theater darzu: 
ftellen, wie es heutige Tages etwa im Ballett ge: 
ichieht, iſt römiſchen Uriprungs und nur in Rom 
heimisch. Dieje Kunft entftand nad und nad) aus 
der Bortragsweije des alten Canticum, wie fie 
Livius (7, 2) erzählt. Der ältere Mimus wurde 
in diefer Richtung hin nach und nad ein bloßes 
Gebärdenfpiel, daher auch der Musdrud saltare 
fabulam. Unter Yuguftus (jeit 22 v. E.) fam 
dieje Kunſt zu einer bedeutenden Höhe; Pylades, 
für tragiiche, und Bathyllos, für komische Sujets, 
waren die Meifter in Ddiefer Zeit. Die PBanto- 
mimen, ein Erjag für die abfterbende Tragödie, 
blieben bis in die jpätefte Kaiſerzeit beliebt; ja 
Nero war ein jo großer freund dieſer Kunſt— 
leiftungen, daß er ſelbſt ald Pantomime auftrat, 
während Auguftus und Ziberius Beichränfungen 
hatten eintreten lafjen. Suet. Oct. 46. Ner. 26. 
Tac. ann. 13, 24. 25. Plin. paneg. 46. Über 
einzelne Kunftleiftungen der Pantomimen j. Lu- 
cian. de salt. 64 ff. 81. Die berühmteiten Pan— 
tomimen waren, außer Pylades und Bathyllos, 
Hylas unter Auguftus, P. Mnefter unter Eali- 

ula, Paris unter Nero, Latinus unter Domitian. 
I jpätefter Zeit kommen auch Pantomimae vor. 
Arbronius Silo und Lucanus fomponierten in der 
Kaijerzeit Sujet3 für den Bantomimus. „Die Be: 
arbeitung war der Art, da die Hauptjituationen 
in eine Reihe von cantica zuſammengefaßt wurden, 
welche ſämtlich ein einziger Pantomimus darftellte, 
der aljo immer mehrere Rollen — hintereinander — 
geben mußte, während ein Chor das jedem diejer 
Soli entjprehende Canticum vortrug. Eine jolche 
Aufführung kann jchwerlich ohne einen verbinden: 
den Tert gedacht werben, etwa wie die erzählen: 
den Recitative unjerer Oratorien; diefer mag vom 
Chor gelungen worden ſein“ (Friedländer). Bgl. 
Hriedländer, Eittengeijhichte Roms II S. 430 ff. 


885 


der 3. Aufl Der. in Marquardt: Mommiens Hand: 
buch der röm. Wltert. VI ©. 551 ff. (2. Aufl.) 
Panyäsis, /Iavrvasıs, IIawveosıs, epiicher Dich: 
ter aus Halikarnaß (oder Samos), um 468 v. E., 
Oheim oder Better des Gejchichtichreibers Herodot, 
verlor durch den Tyrannen Lygdamis fein Leben. 
Bon feinen Gedichten werden genannt das Epos 
"Houxksıe, aus 14 Bücher beftehend, in das er 
des Kreophylos Olyaklag Ziwcıg verflochten haben 
joll, und Tovıxa, nad) dem Vorgange des XZeno: 
phanes, in elegiſchem Bersmaße verfaßt, 7000 Berfe, 
worin die Ereigniffe der ionischen Wanderung be: 
jungen wurden. ®. dichtete in einer Beit, die dem 
Epos nicht befonders günftig war, und fand daher 
bei jeinen Zeitgenoſſen geringe Teilnahme; die 
jpäteren Kritiler dagegen nahmen ihn in den epi— 
ſchen Kanon auf und ftellten ihn feinem poetischen 
Werte nad bald unmittelbar nad) Homer, bald 
nad) Hefiod und Antimachos. Er joll im poetischen 
Ausdrud die Vorzüge des Hefiod und Antimachos 
vereinigt haben, ohne jedoch beide zu erreichen; 
in Wahl und Behandlung des Stoffes joll er den 
Hefiod, in fünftlerifcher Anordnung den Antimachos 
übertroffen haben. Quint. 10, 1, 54. Die wenigen 
erhaltenen Bruchjtüde (gefammelt von Tzſchirner, 
1842, und Kinfel, ep. Graec. fragm. Bd. I p. 253 ff.) 
eichnen fi) durch Wohlflang und Schönheit des 
usdruds, durdy Anmut, feinen Ton und Wort: 
fülle aus. Wbhandlung von Funde (1837). 
Paphlagonla, TIapiayoria, Landichaft im D. 
Bithyniens, von dem es der Fluß Parthenios (ji. 
Bartin-tichai) trennte, während im ©. das Gebirge 
Orminion (1. vielleicht Fichit:dagh) gegen Ga- 
latien, im D. der Halys (j. Kiſil-Irmak) gegen 
Pontos die Grenze bildete. Im N. flutete der 
Pontos Eureinos in einer Länge von 42 Meilen. 
Das Land war nur in einigen Thalebenen frucht: 
bar, ſonſt gebirgig, doch reih an Schiffsbauholz 
und Kupfer. Der Olgajiys (j. Ilkas-dagh) zieht 
vom Halys aus ſüdweſtlich zum Orminton hin; 
als Ausläufer find zu nennen der Storöbas, 
unter Mithridated die Grenze des pontiſchen 
Reiches gegen Bithynien, und der Kytoros (j. Ki: 
dros) bei der Stadt gl. N. an der Nordweitküfte. 
Borgebirge: Karambis (j. Kerembe) und Syrias 
oder Lepte (j. Indiche-Burun), die nördlichite 
Spige Kleinaſiens. Außer den ſchon genannten 
Grenzflüſſen enthält das Land nur unbedeutende 
Küftenflüffe, wie den Amaftris und Zalekos. Im 
Innern floß noch ein bedeutender Nebenfluß des 
Halys, der Amnias (j. Gök-Irmak), an dem 
Mithridates 88 v. C. den Nifomedes III. von 
Bithynien jchlug, und Pompejus eine der Städte 
feines Namens gründete. -- Die Bewohner, Il«- 
playoveg, unter denen die Kaurmrsg und 
’Ervesrol ald Stämme genannt werden (Hom. Il. 
2, 851. 10, 429. Strab. 12, 542. 552), waren mit 
den Phrygern verwandt, werden aber von ben 
Griechen wegen der einjtigen aſſyriſchen Herrſchaft 
Syrer oder Leukoſyrer genannt (Adt. 2, 104). Sie 
zeichneten jich als Neiter aus, galten jedoch für 
einfältig, roh und abergläubiih. Sie gehörten 
zum Indifchen, dann zum perjiichen Reid, (Hat. 
1,28. 3, 90); doch beitand unter der fremden Ober: 
hoheit die einheimiihe Dynmaftie fort (Xen. An. 
5,5, 12. 6, 1,2). In der Diadochenzeit herrichte 
ein Zweig der Achaimeniden, der jpäter das König: 
reich Pontos gründete. 64 v. E. wurde das Küſten— 


886 


Paphos — Papirii. 


land, 7 v. E. auch das Innere römiich; von da |bade 212 ermorden und mit den übrigen ver: 
an gehörte PB. zu der Provinz Galatien oder Bi: | brennen ließ. Er gilt allgemein als der größte 


thynien. — An der Küfte, von W. ab, lagen bie 
griechiichen Kolonien Sejamos oder Amaftris (j. 
Amasra), Kromna, Kytoros (j. Kidros), Timo: 
laion, Abonuteichos (jpäter Jonopolis), Kinolis, 
Stephane (ij. Yitifan), befonders aber Sinöpe (ij. 
Sinob), reihe Handelsftadt, Heimat des Mithri: 
dates ſowie des Philojophen Diogenes, endlich 
Karufa (j. Gerzeh). Im Innern, welches in 9 Di: 
ſtrikte zerfiel: Bompejopolis (f. o.) und Gangra, 
die alte Hauptftadt, ſpäter Germanikopolis gen. (j. 
Kiantari). Strab. 12, 544 ff. 562 f. 

Paphos, IIdpos, hießen 2 nahe bei einander 
gelegene Städte auf der Südweſtküſte von Kypros, 
TTalalrapog und Ildpos via, letztere von den 
Proſaikern, erftere dagegen von den Dichtern mit 
dem einfachen Namen bezeichnet. Alt paphos lag 
10 Stadien von der Hüfte auf einer Höhe in der 
Nähe des Vorgebirges Zephyrion an der Mün— 
dung des Bofaros bei dem h. Kuflia. Es war 
eine phoinififche Kolonie und der Lieblingsaufent- 
halt der hier dem Meere entftiegenen Aphrodite, 
die hier hoch verehrt wurde (Hom. Od. 8, 362. 
Hor. od. 1, 30, 1. 3, 28, 14); mit dem dortigen 
jehr reichen Tempel, deffen Oberpriefter eine hie: 
rarchiiche Herrichaft über die Inſel ausübte, war 
ein Drafel verbunden. Tac. hist. 2, 25. Ofter von 
Erdbeben heimgejucht, wurde die alte Stadt unter 
Anguft durdy ein ſolches vernichtet, aber wieder: 
hergeftellt; daher jeit 15 v. E. Augusta, Zeßaorn 
genannt. Neupaphos lag 60 Stadien nordweſt— 
lich davon bei dem h. Bafa, eine blühende Han: 
delsftadt mit ſchönen Tempeln, eine griechische 
Kolonie, angeblich von dem Arkader Agapenor ge: 
gründet. Hom. Il. 2, 609. Strab. 14, 683. Bon 
beiden Städten finden fich noch Nefte, namentlich 
der Tempel. 

Papier j. Bi/ßlos. 

Papfii. Genannt werden: 1) Brutulus Pap., 
ein Samniter, der im zweiten ſamnitiſchen Kriege 
den Waffenftillftand mit Rom gebrochen hatte und, 
um nicht lebend von jeinen Sandstenten an die 
Nömer ausgeliefert zu werden, fich felbft tötete, 
322 v. E. Liv. 8,39. — 2) E. Bap. Mutilus, 
ein Feldherr der Sammniter im Bundesgenofien: 
friege, erlitt im J. 89 v. E. durch Sulla eine 
Niederlage. — 3) E. Bap. Eelius aus Lanu— 
pium, Bater des T. Annius Milo. — 4) C. 
Bap., gab im %. 65 v. E. als Volfstribun ein 
Geſetz Über das römiſche Bürgerrecht. Cie. off. 
3,11,47. — 5) M. Pap. Mutilus, gab als 
Konſul im J. 9 n. E, mit feinem Kollegen Pop: 
päus Sabinns die lex Julia et Papia Poppaea 
(ſ. d. unter Leges Juliae) und trat jpäter in 
den römiichen Senat. Dio Cass. 56, 10. Tae. 
ann. 2, 32. 

Papiniänus, Ämilius, um die Mitte des 
2. Jahrh. n. E. geboren, gelangte durch den ihm 
befreundeten Kaiſer Septimius Severus zu den 
Staatdämtern eine® magister libellorum und 
praefectus praetorio und machte als folcher den 
Feldzug nach Britannien mit. In den zwijchen 
den Söhnen des Severus ausgebrochenen Streitig- 
feiten juchte er zu vermitteln und Cintracht zu 


— — — — — — — — — —— —— —— — — —— —— — —— Te 


aller römiſchen Juriſten. Spartian nennt ihn 
iuris asylum et doctrinae legalis thesaurum, 
und der heilige Hieronymus ftellt ihn als Ber: 
treter des weltlichen Rechts dem Apoftel Paulus 
als dem des göttlichen Rechts gegenüber. Sein 
Hauptwerf waren Quaestiones (allgemeine Rechte: 
fragen) in 37 und Responsa (einzelne Rechtsfälle) 
in 19 Büchern, zu denen noch Heinere, wie defi- 
nitiones, de adulteriis und ein griechiiches über 
die Adilen unter dem Titel dorvronunög uoro- 
5638* kommen. Klarheit und Sicherheit der 

uffaſſung, namentlich aber die künſtleriſche Form 
des Stils, defien Kürze und Präzifion zeichneten 
dieje Werke aus. Sie find und alle verloren und 
nur noch in zahlreihen Stellen der Pandekten— 
Kompilation und einigen andern juriftiichen Schrif: 
ten (Vaticana fragm., breviarium Alarici u. a.) 
bruchftüdweife erhalten. 

PapinYus ſ. Statii, 7. 

Papirfi (Papisii), ein Geſchlecht plebejiichen 
Standes, fpäter zum Teil patriciich, zerfiel in 
mehrere Familien: I) Plebejer, die Familie der 
Garbones, zu der gehören: 1) E. Pap. Carbo, 
welcher ala Volfstribun im %. 131 v. E. mit 
C. Gracchus die Voltsrechte ſchützte, darüber mit 
Seipio in Streit geriet und an defien Tode viel: 
leicht nicht unbeteiligt war, vielleiht ihn felbit 
tötete. Im J. 120 zum Konjul erwählt, trat er 
auf die Seite der Optimaten, ohne jedoch deren 
Vertrauen ganz gewinnen zu können, denn er 
wurde 119 wegen Beteiligung an den Unruhen 
der Gracchen durch Craſſus (f. Licinii,B. 13.) an: 
geflagt und entging einer Verurteilung nur, wie 
es jcheint, durch freiwilligen Tod (anders Val. 
Max. 3, 7,6). Er war auch Redner und ein 
Mann von nicht geringer Beredjamfeit. Cic. Brut. 
25, 96. 43, 159. deor. 2,25. ad fam. 9, 21,3. 
Vell. Pat. 2,4. — Sein Bruder, 2) En. Pap. 
Garbo, mwurde während jeines Konjulats von 
den Eimbern und Teutonen bei Noreja in No: 
rieum gänzlich geichlagen (113 v. €.) Tae. 
Germ. 37. Flor. 3, 3. — 3) €. ®ap. Carbo 
Arvina, ſuchte feines Baters (Nr. 1) Anklage 
durch Craſſus zu rächen, ohne daß es ihm ge: 
lang. Später fiel er im Bürgerkriege als An: 
hänger Sullas auf Befehl des jüngeren Marius. 
Nach Cicero (Brut. 62, 221) war er nicht ohne 
Berediamtkeit. — 4) En. Bap. Carbo, Anhänger 
des Marius, diente unter Cinna im Kampfe vor 
Rom und erlangte durch deſſen Machtſpruch im 
%. 85 v. E. das Konjulat, welches er mit ihm 
aud) 84 befleidete. Beide beabfichtigten den Kampf 
gegen Sulla nad) Griechenland hinüberzuipielen; 
doch heftige Stürme und Cinnas Tod verhinderten 
die Ausführung des Planes, worauf Carbo, nun 
alleiniger —*8 in Ariminum Winterquartiere 
nahm (84). Durch feinen Einfluß wurden Sullas 
Vorſchläge zurüdgewiejen; als diejer darauf gegen 
Rom heranrüdte, während Carbo bei jeiner Be: 
werbung ums Konjulat 2 unbedeutenden Män: 
nern hatte weichen müſſen (83), ſchloß ſich Carbo 
den Konjuln an. Auf jeinen Antrag wurden alle 
Anhänger Sullas in die Acht erflärt. Nach meb- 


ftiften, weshalb Garacalla ihn nicht bloß von ſei- reren umentjchiedenen Treffen in Mittelitalien, 


ner Hofhaltung verbannte, jondern audh am Tage 
nad) Getas Ermordung bei dem allgemeinen Blut: 


welhe nur für furze Zeit Sullas Bordringen 
hinderten, mußte Carbo während jeines dritten 


Pappos — Paraitonion. 


887 


Konfulats nach Afrika flüchten, wo er in die] D. Andere Papirier find: 1) 2. Bap. Mugilla: 


Hände des Pompejus, der ihm einft die Rettung 
aus peluniärer Bedrängnis verdanfte, geriet und 
von ihm zu Lilybäum auf Sicilien dem Henker 
überliefert wurde (82). Plut. Pomp. 5 ff. Cic. ad 
fam. 9, 21. Flor. 3, 21. App. b.c.1,67fi. — 
Il) Batricier. A. Bapirii Erajji: 1) 2. Pap. 
Erafjjus, Konjul 436 v. C., fämpfte mit den 
Bejentern. Liv. 4, 21. — 2) M. Pap., fand bei 
der Berftörung Roms durch die Gallier jeinen 
Tod, indem er von einem berjelben, der ihn 
betaftete und dafür mit dem Elfenbeinjtab des 
Greijes einen Schlag aufs Haupt erhielt, getötet 
wurde. Liv. 5, 41. — 3) 2. Bap. Erafius, er: 
bielt im J. 340 v. C. die Diktatur, das Konjulat 
336 und abermals 330, in welchem Jahre er ein 
y- gegen Privermum im Boljterlande führte. 
iv. 8, 12. 16. 19. — Sein Bruder, 4) M. Bap. 
Erajjus, war gleihfalld Diktator im J. 332 v. C. 
im Kriege gegen die unruhigen Gallier. Liv. 8, 17. 
— B. Bapırii Eurfores: 1) 2. Bap. Eur: 
for, Cenjor im 3. 393 v. E., wählte, als fein 
Kollege im Amt ftarb, einen andern, jtatt jein 
Amt niederzulegen. Liv. 5, 31. — 2) 2. Bap. 
Eurfor, wurde, nachdem er ſchon vorher. das 
Konjulat verwaltet hatte, im 9. 325 v. E. zum 
Diktator gegen Samnium ernannt. Da er fi 
durch jeine rüdjichtsloje Strenge gegen den Ma: 
iſter Equitum DO. Fabius bei feinen Soldaten 
E verhaßt gemacht hatte, daß fie jogar in einer 
Schlacht von den Feinden abſichtlich fich über: 
winden ließen, jo mußte Pap. jich zu .einer rüd: 
ſichtsvolleren Behandlung derielben verftehen. Liv. 
8, 31ff. Um jo freudiger folgte ihm nun bas 
Heer in eine zweite Schlacht und gewann einen 
länzenden Sieg. Liv. 8, 35f. Nach der caudini— 
on Schmad, erhielt Pap. im J. 320 das Kon: 
fulat, ichlug die Samniter bei Xuceria, eroberte 
diefe Stadt und Fregellä und befreite die dort 
gefangen gehaltenen römischen Geifeln. Abermals 
zum Konfal erwäbhlt, 319, ſchlug er die Samniter 
wiederum. Liv. 9, 165. Als mehrere Jahre nad): 
her (309) die Samniter fih zu neuem Kampfe 
erhoben, wurde Bap. als Diktator gegen fie ge: 
ſandt und jchlug jie bei Longula. Liv. 9, 33. 40. 
Seine Strenge war faſt ſprichwörtlich, feine Tüch— 
tigfeit aber jehr groß. Den Beinamen Curjor 
erhielt er von feiner Schnelligkeit. Aur. Viet. 
vir. all. 31. — Sein Sohn, 3) X. Pap. Eurjor, 
ichlug im J. 293 v. E. ala Konful die Samniter 
in der entiheidenden Schladht bei Aquilonia, we 
fie gänzlich ſchwächte. Mit reicher Beute, welche 
er den Göttern weihte oder in den Staatsſchatz 
legte, fehrte er nah Rom zurüd. Im J. 272 
unterwarf er Die durch Pyurrhos' Tod entmutigten 
Samniter völlig und beendigte jo den langwierigen 
Kampf zwijchen beiden Völkern. Auch nötigte er 
die in Tarent rg gg Beſatzung des Por: 
rhos zum Abzuge. Liv. 10, 40 ff. Frontin. strat. 
3,3. — C. Bapirii Majones: 1) E. Pap. 
Maſo, befiegte in feinem Konfulate (231 v. E.) 
die Corjen, über welche er eigenmädtg einen 
Triumph auf dem Albanifchen Berge hielt. Plin. 
15, 38. Val. Max. 3, 6,5. — 2) Bepirie, des 
vorigen Tochter, Gemahlin des 2. Amilius Baullus 
Macedonicus und Mutter des jüngeren Scipio, 
der ihr, als fie jpäter von Baullus geichieden war, 
Unterftügung gewährte. Plut. Aem.- Paul. 5. — 


nus, erlangte in ungewöhnlicher Weije (444 v. E.), 
durch einen Interrex gewählt, das Konſulat, 
wurde 420 Anterrer und jchlichtete in dieſer Stel: 
lung die zwifchen den Patriciern und Tribunen 
ausgebrochenen Schwierigkeiten. Liv. 4, 7.43. — 
2) M. Bap. Mug., fämpfte im J. 418 v. C. als 
fonjularijcher Tribun ohne Glüd gegen die Aaquer. 
Liv. 4, 45. — 3) 8. Bap. Pätus, ein Mann 
von heiterem Sinne, ohne Neigung für die poli: 
tiichen Angelegenheiten und dem Cicero jehr be- 
freundet. Cic. ad fam. 9, 15. 

Pappos, IIdrzxos, ein Philojoph aus Alerau: 
dreia zur Zeit Theodoſius' des Älteren, 379—393 
n. C., jehrieb eine zweoyeapia olnovusrızı), einen 
Kommentar zu Ptolemaios’ ueya@ln ouvrakız, über 
die Flüffe Lydiens und övsıpongirind. Erhalten 
find von ihm 8 Bücher uardnuarınal aurayayei, 
Ercerpte aus vielen mathematischen Schriften, für 
die Gejchichte der Mathematit von Wichtigkeit. 
Treffliche Ausgabe von Hultſch (3 Bod. 1875— 78). 

Papposilenos j. Seilenos. 

Papjros j. Bißkos. 

Parabase j. Komoedia, 4. 

Hagaßolov |. Prozels, b. 

Hagaßvorov |. Jıraarngıor. 

Paracheloitis j. Acheloos und Aitoiia. 

Tlagadsı0os, paradisus, Name der großen 
Barks und Tiergärten der orientaliichen Fürften, 
bejonders der perjiihen Satrapen, reich an Jagd: 
tieren, verichiedenen Gattungen von Bäumen, 
durch zahlreiche Bäche bewäſſert und mit Wällen 
umgrenzt; oft erwähnt in Zenophons Kyrupaideia. 

IHagadosor heit in der ſioiſchen Philoſophie 
ein Saß, ber durch jeine pifante Faſſung bejonders 
für Laten auffallend, überraſchend, ja vielleicht 
dem gejunden Sinne jogar widerftreitend erjcheint, 
bei näherer Unterfuchung aber fich als wahr und 
mwohlbegründet zeigt. Cicero jchrieb unter dem 
Titel IIagdöofa, den er teild durdy Admirabilia 
(fin. 4, 27), teils durch Mirabilia (acad. 2, 44. 
Sen. ep. 81. Quint. 9, 2, 23) überjegt hat, eine 
rednerijche Ausführung von 6 ftoiichen Sätzen. — 
Seit der alerandrinijchen Zeit bezeichnet IIepd- 
dofa eine eigene Art Schriften: Exrcerpte aus 
älteren naturgejchichtlichen und hiftorijhen Werfen 
über merkwürdige Begebenheiten aller Art, nad 
ber Ahnlichteit des Inhalts zujammengeftellt. Ein 
derartiges Werk lieferte don Kallimahos; zu 
diejen Schriftitellern, [Iagudofoypdpo: genannt, 

ehörten auch Antigonos, Athenaios, yıfilos, 
yſimachos, Ariftoteles, Piellos u. a. Ausgaben 
der Paradorographen von Weitermann (1839) und 
D. Keller (rerum naturalium seriptores Graeci 
minores, vol. I. 1877). 

IIageygagn |. Prozels, 7. 

Paraibätes. /Iagußdrns, 1) ein griechijcher 
Philojoph aus der Schule der jüngeren Kyrenaller, 
welche von Antipater ausgegangen war. — 2) ein 
Spartaner, der in Sicilien im Kampfe mit den 
Einwohnern von Egeita jeinen Tod fand. Hdt.5, 46. 

Paraitaköne, /Iagaannen), von dem perfiichen 
parvatafa, d. h. gebirgig, Name ji Sebirgs: 
landichaften: 1) zwijchen Medien und Berfis. Adt. 
1,101. Arr. 3, 19, 2. Strab. 11, 522. 524 u. Ö.; 
— 2) zwijchen dem oberen Oros und Jaxartes, 
im öftlihen Baltrien und Sogdiana. Arr. 4, 217. 

Paraitonion, J/lag«ırörıor, oder Ammonıa, 


888 


n Auucovice, fefte und bedeutende Hafenftabt in 
Marmarife, unmeit der ägyptiſchen Grenze, weit: 
lih vom Catabathmus minor, 40 Stadien im 
Umfang; in der Kaiſerzeit zerfallen, von Juſtinian 
wiederhergeftellt; j. Kasr Medſched. Strab. 17, 799. 

Ilagazatraßorn |. Prozels, 5. 

Paralia, /Iagakde, ein Dijtrift in Attila, von 
Halai Aironides bis Prafiai an der Küfte jich er: 
jtredend, deilen Bewohner Tciochkot) neben den 
TIsdieior und Aicixotot zur Zeit des Peiſiſtratos 
eine der 3 politischen Parteien (j. Parteien) 
Attikas bildeten. Thuc. 2,58. 3,92. Vgl. Attika, 
6. 18, 

Tagdkıoı j. 1) Parteien. — 2) j. Para- 
los, 2. 

Parälos, IIdgakog, 1)j. Paralia. — 2) Küſten— 
ftrich der Malier in Thefjalien, deſſen Bewohner, 
IIegalıoı, Thufydides (3, 92) nennt. — 3) II. 
veög (auf Inſchriften ITegakle), ein zu den Ocw- 
olcı (j. d.) und andern gotteödienftlichen Sen: 
dungen verwendetes heiliges Schiff (Dreiruderer), 
wozu jpäter noch ein zweites hinzutam, das wie 
das erjte auch bei Staatöbotichaften und im Kriege 
als Feldherrnichiff diente. Dies letztere hie nad) 
jeinem Standort Salaminia, nad feiner Haupt: 
beftimmung Delia oder Theoris, das erjtere Bar: 
alos, weil es bei Sunion vor Anker lag. Neben 
ihnen werden die Inkıdg und in jpäterer Zeit 
noch die Ammonis, Untigonis und Demetrias ge: 
nannt. Die Mannſchaft (mdpaioı und mapeiireı) 
beitand aus athenifchen Bürgern und war jehr 
demofratiich gefinnt. Thuec. 8, 73. — 4) Jüngſter 
Sohn des Perikles. Plut. Per. 24. 36. 

a«gavoaov yoapn |. Ieapn, 4. 

TTegdvvugpos |. Ehe, 4. 

Parapotamioi j. Phokis, 3. 

Ilagangsoßeias yoapn dieß die Klage gegen 
Gejandte, welche als jolche ihr Amt verlegt, Alkhe 
Berichte eritattet, ſich hatten bejtechen laſſen u. j. w. 
Sie war ſchätzbar und wurde vor den Euthynen 
verhandelt. Belannt ift des Demofthenes Klage 
rapanpeoßelag gegen Wilchines und deſſen Ber: 
teidigungsrebe. 

Parasangen j. Malse. 

Parasitos, rapdoırog, conviva, Tijchgenofie, 
urjprünglich eine allgemeine Bezeichnung von Ge: 
hülfen der Beamten, welche wahrjcheinlich daher 
rührte, daß fie mit dieſen auf öffentliche Koften 
gejpeift wurden. Demnächſt fommen hier und da 
Barafiten als Gehülfen und Unterbeamte der 
Priefter (vgl. bei den Römern die septemviri 
epulones) vor, denen unter andern namentlich 
die Einfammlung der Getreidelieferungen, die den 
Tempeln entweder von den PBächtern ihrer Län— 
dereien oder jonft woher zufamen und in eigenen 
Gebäuden (magasirıe) aufbewahrt worden zu fein 
iheinen, die VBejorgung gewiſſer Opfer mit den 
Priejtern, die Ausrichtung von Feitichmäufen und 
dergleichen oblag. Gewählt wurden fie von ben 
Demen, welchen die Tempel angehörten; man ent- 


Ilagaxaraßoin — Paris. 


von Alexis (j. d.) und am vollftändigften von 
Diphilos (ſ. d.) ausgebildet worden ſein; nach— 
geahmt ift er im Curculio des Plautus und im 
Phormio des Terenz. Bon den beiden gewöhn— 
lichiten Gattungen der Parafiten, die für ein gutes 
Gericht und eine ledere Bewirtung (j. Mahlzei- 
ten, 2.) fi) zur Zielſcheibe des ausgelafjenften 
Spottes machen oder ji die jchmadvollite Be— 
handlung des Wirts umd feiner Gäfte gefallen und 
zu jedem Dienjte benugen ließen, ijt die der Wiß- 
bolde oder Hofnarren, ridiculi oder derisores, 
deren treffende Bemerkungen und artige Bonmots 
(drouvnuoveuuere, &ropdiyuere, yeLoia) ſelbſt 
aufbewahrt zu werben pflegten, noch zu unterjcheiden. 

Hagaoxyvıa |. Theatron, 8. 

Ilagaoras, ago60ras |. Haus, 3. 

Hegdorasız |. Prozels, 5. und Jıcı- 
tur. 

Parcae j. Moira, 4, 

ITagedgoı, Beifiger verjchiedener Behörden, 
z. B. der 3 oberen Archonten und der Euthunen. 
Hageyygarroı (Eindringlinge) j. Sywoı. 

Parentalia j. Feralia. 

Paries j. Haus, 10. 

Parilia j. Palilia. 

Parfon, Jldgıov, Stadt am sHellespont in 
Mojien norböftlih von Lampſakos, jeit Auguft 
römijche Kolonie, j. Kamarae. Als merkwürdig er: 
wähnt Strabon die Familie der ögıoyeveis, Die 
in Rapport mit den Schlangen jtanden und den 
Biß derielben durch bloße Berührung beilten. 
Hdt. 6, 117. Xen. An. 7, 2, 7. Strab. 13, 588. 

Paris oder Alexandros, IIdgıs, 'A1lEaröpos, 
—— Sohn des Priamos und der Helabe. Seiner 

utter hatte (nach der erjt bei den Tragikern fich 
findenden Sage) vor feiner Geburt geträumt, fie 
habe einen Feuerbrand geboren, der Flammen über 
ganz Troja verbreite. Da diefer Traum gedeutet 
wurde, ihr Sohn werde feiner Vaterſtadt den 
Untergang bereiten, jo wurde er nad jeiner Ge— 
burt von Priamos einem Hirten Agelos über: 
geben, um ihn auf dem Ida auszuſetzen; als diejer 
aber das Kind, das von einer Bärin gejäugt 
worden war, am fünften Tage wohlbehalten fand, 
erzog er es mit jeinem eigenen Kinde und nannte 
es Paris. Den Namen Alerandros (Männerabweh: 
rer) erhielt der Knabe, weil er, herangewadjen, 
Herden und Hirten tapfer verteidigte. Auf dem 
Ida vermäblte er fi mit Dinone, der Tochter 
bes Frlußgottes Kebren, einer — und ver⸗ 
lebte mit ihr in der Einſamkeit ſchöne Tage des 
Glücks. Als der jugendliche Hirt einſt einen Opfer— 
ſtier zu einem Opferfeſte nach Troja brachte, wurde 
er von ſeinen Eltern entdeckt und anerkannt und 
verblieb nun in Troja. Hygin. fab. 91. Nicht 
lange darauf wurde er durch den Raub der Selena 
die Veranlaffung zum trojaniichen Kriege. Als 
nämlich auf der Hochzeit des Welens und der 
Thetis die Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite 
ih um den Apfel der Eris und um die Ehre der 


zog Sich ſolchem Amte gern, da es mandhe Ve: höchſten Schönheit ſtritten, wurden fie auf Befehl 


ſchwerde mit ſich brachte, konnte aucd zu wieder: | 


des Zeus durch Hermes auf den Gargarod, einen 


holter Annahme nicht gezwungen werden. — Eine | Zeil des da, geführt, damit Paris, der damals 


ganz andere Bedeutung erhielt diejer Name durch 
den in der neueren attijchen Komödie ausgebildeten 
Charakter, ähnlic) dem des Schmeichlers, xöl«E, 
adulator, in der älteren Komödie. Er joll mit 
Zugrundelegung des jieiliihen Parafiten zuerft 





noch dort jeine Herden weidete, den Streit ent: 
icheide. Sera verſprach ihm Herrichaft und Reich: 
tum, Athene Weisheit und Ruhm, Aphrodite das 
ſchönſte Weib. Er jprach der Aphrodite den Apfel 
zu. Dadurch wurden Hera und Athene die er: 


Parium chronicon — Parmenion. 


bittertiten Feinde Trojas. Hom. Il. 24, 28. Eur. 
Iphig. Aul. 1289. Troad. 925. Andr. 284. Hel. 23. 
Mit Aphrodites Hülfe entführte nun Paris die 
Helena, das ihönfte Weib, die Gemahlin bes 
Menelaos, von dem er auf einer Neije nad 
Griechenland gaftlich aufgenommen worden tar, 
aus Sparta und brachte jie mit dem zugleich ge: 
raubten Schägen des Menelaos über Phoinikien 
nach Troja. Hom. Il. 6, 290. Nach jpäterer Dar: 
ftellung fam Helena gar nicht nad) Troja, jondern 
blieb bei Proteus in Ägypten, während Zeus oder 
Hera dem Baris ein der Helena ähnliches Trug: 
bild mitgab. Eur. El. 1280. Hel. 38. 243. 584. 
Hdt. 2, 118. 120. Bgl. hierüber Sengebujch, diss. 
Hom. I p. 149 ff. Im trojanijchen Kriege zeichnet 
fih Paris nicht befonders durch Tapferkeit aus; 
er ift wohl des Krieges fundig und ein guter 
Bogenſchütze, aber von unftetem Charakter, bald 
mutig und herausfordernd, bald feig und weich 
lich; Weiber und Saitenfpiel liegen ihm mehr am 
Herzen als das ernfte Werk des Krieges. Homer 
rühmt jeine Schönheit. Den Troern ift er ver- 
haft als der Urheber des Krieges. Hom. 11.3, 16 ff. 
6, 313 ff. 503 ff. 11, 369. 505. 581. Nachdent er 
mit Hülfe des Apollon den Achilleus (j. d.) ge: 
tötet, ward er felbit kurz vor der Eroberung von 
Troja von Philoftetes mit einem Pfeile des He: 
raffes verwundet. Soph. Phil. 1426. Er eilte zu 
feiner verlafienen erften Gattin Dinone, die iön 
früher vergebens von der Fahrt nach Sparta ab: 
zubalten gejucht hatte, auf den ba, meil dieje 
ihm einft verfprochen, ihn zu heilen, was fie allein 
vermöchte; da aber dieje, über feine Treulofigkeit 
erzürnt, die Heilung verjagte, ging er nad) Troja 
zurüd und ftarb. Dinone, ihre Härte bereuend, 
fommt zu fpät und erhängt fih. Mit Helena er: 
zeugte er den Bunilos, Korythos, Agauos, Idaios 
und eine Tochter, Helena. Korythos heißt auch 
&. der Dinone. — Paris wird dargeftellt als un- 
bärtiger Mann von jugendlich jchöner Geſtalt, mit 
der phrygiihen Mütze. 
Parium ehronicon s. marmor j. Paros. 
Parma, I/I«gue, 1) Stadt der Bojer im cis: 
padaniſchen Gallien zwiſchen Placentia und Mu- 
tina, j. Parma, wurde 183 v. E. zur römischen 
Kolonie erhoben (Liv. 39, 55), jeit welcher Zeit 
ihre Bedeutung ftien, gefördert durch die Yage an 
der Via Aemilia. In dem mutinenfiichen Kriege 
litt auch P. bedeutend. Cic. Phil. 14, 3, 9. ad 
fam. 10, 33,4. Die urjprünglid jumpfige Um: 
gegend trodnete der Konſul Amilius Scaurus 
aus; fie lieferte treffliche Wolle. Strab. 5, 216 f. 
P. war die Heimat des Dichters Caſſius Par: 
menfis, j. Cassii, 18. — 2) ſ. Waffen, 11. 
Parmenides, IIapneriöng, aus einem ans 
gejehenen und reichen Geichlechte zu Elea, blühend 
zur Zeit der Perjerfriege, Schüler und Freund 
des Zenophanes, nach einigen aud; Zuhörer des 
Anarimander, jcheint in Gemeinjchaft mit jeinem 
jüngeren Zeitgenofjen Zenon nad Athen gefom: 
men und dort mit Sokrates belannt geworden zu 
fein, der nicht bloß im Geſpräche mit ihm in dem 
„Barmenides‘ betitelten Dialoge des Platon ein: 
eführt, jondern auch von Sofrates „nad; homeri- 
cher Ausdrudsweije‘ als aldoidg re dua Özıvög TE 
bezeichnet wird. Jene Reife nach Athen muß 458 
v. C. angejeht werben; doch fehlt uns davon wie 


389 


Kunde. Bei jeinen Mitbürgern ſtand er in hoher 
Achtung, ihr Wohlftand wurde zu einem großen 
Zeile feinen Gejegen zugejchrieben. Sein Leben 
galt wegen erniter und ftrenger Sittlichleit als 
ein Mufter. Seine Philoſophie hat er poetiſch 
vorgetragen, Bruchitüde jind uns erhalten bei 
Sertus Empiricus und Simplikios: das eritere, 
größere unter denſelben ift ein allegoriicher Ein: 
gang zu einem Gedichte wegl Pücewg, in daktyliſchem 
Bersmaße, voll erhabenen Schwunges; das übrige 
jcheint ſchmuckloſer und einfacher gewejen zu fein 
(Cie. acad. pr. 23, 74 nennt jie minus bonos 
versus). Er unterichied ein doppeltes Willen, das 
des Dentens oder der Wahrheit, und das ber . 
menschlichen Meinung. Empfinden und Denten 
war ihm Eins, Erinnern und Bergefjen läßt er 
aus diejen durch Mifchung entjtehen. Vorzugs— 
weije beichäftigte er ſich mit dem Gegenjage von 
Sein und Nichtjein; ihm ericheint es als not: 
wendig, daß das Sagen und Denken das Seiende 
ift, denn das Sein ift, aber das Nichts ift gar 
nicht. Außer dem einen Sein ift nichts, es ift 
weder entjtanden noch vergänglich, unteilbar, im 
ſich abgeſchloſſen, feines andern bedürftig. Die 
Welt der Erjcheinungen ift unerlennbar; nur das 
auf das Sein gerichtete Denken hat Wahrheit, und 
dasjenige Sein, welches des Denlens nicht teil: 
haftig wird, fann nicht erfannt werden. „Eins 
it das Denfen und das, worauf der Gedanke ſich 
bezieht; denn nicht ohne das Seiende, in welchem 
es fih ausſpricht, wirft du das Denten finden, 
denn e3 ift nichts anderes und wird nichts anderes 
jein außer dem Geienden.” Toöröôr dorı voriv 
te anal obvener dorı vonun’ ob yüp Ävev roü 
Zövrog, dr & negarıoufrov Loriv, sbgrjarıs ro 
voeiv‘ obötr yao 7) Eorım 1) Eoraı Ällo mugik 
roũ Zorrog. Bon Zenon und den andern Eleaten 
find dieſe Beftimmungen weiter ausgebildet und 
fortgeführt worden. — Fragmente zugleich mit 
denen der übrigen Eleaten gefammelt von Braudis, 
commentatt. Kleat.p. 1 (1813), ©. Karften (1835) 
und Mullad) (1845). 

Parmenion, Ilagusrior, 1) Sohn des Phi: 
lotas, aus edlem makedoniſchem Geſchlecht, ſchon 
unter Philipp ein bewährter Feldherr, beſiegte 
356 v. C. die Dardaner, belagerte 347 Halos in 
Phthiotis, verhandelte mit den Athenern über den 
Frieden und beſetzte im J. 343 Euboia. Im 
J. 336 wurde er zugleich mit Attalos nach Aſien 
vorausgeſandt, um die griechiſchen Städte frei zu 
machen und den Krieg gegen Perſien vorzuberei— 
ten. Diod. Sie. 16, 91. 98. 17, 2. Arr. 2, 14. 
Just. 9,5. Als Alerander jelbft nach Ajien ge: 
fommen war, führte Barmenion das Fußvolf, jein 
Sohn Philotas die maledoniſche Reiterei. Er 
widerriet die Schlaht am Granilos, eroberte 
Phrygien und vereinigte ſich in Gordion wieder 
mit Alerander. Stets zur Borficht und Mäßigung 
ermahnend, warnte er den König vor dem Arzte 
Philippos und riet wiederholt, die frriedensaner: 
bietungen des Berjerfönigs anzunehmen. Plut. 
Alex. 29. 32. Bei Arbela riet er dem König zu 
einem Angriff bei Nacht; in der Schlacht führte 
er zwar wieder den linken Flügel, jcheint aber 
nicht ganz jeine Schuldigfeit gethban zu haben, 
weshalb ihm Alerander zwar das reiche 2 des 
Bagoas jchenfte, aber bei dem weiteren Zuge ihn 


von dem übrigen Leben des P. alle genauere jals Statthalter in Ekbatana zurüdlien. Plut. 


80 


Alex. 33. Zwar tadelte Parmenion den Stolz 
und den Hochmut feines Sohnes Philotas, doc 
teilte er ohne Zweifel mit den meiften vornehmen 
Makedoniern die Unzufriedenheit mit der Vorliebe 
Aleranders für morgenländijches Weſen. Als daher 
Philotas hingerichtet war, glaubte Alerander aud) 
dem Vater nicht mehr trauen zu können, und ließ 
ihn durch Vertraute aus dem Wege räumen, 330. 
Curt. 7,2. Diod. Sie, 17, 80, Just. 12, 5. Plut. 
Alex. 49. Arr. 3, 26. — 2) ein griechiicher Epi— 
grammendichter aus Makedonien, von defien Ge: 
dichten einige in der griechiichen Anthologie ſich 
vorfinden. lebte wahrjcheinlich unter Auguſtus. 
— 3) ein Arditeft, den Alerander der Gr. bei 
der Erbauung von Alerandreia gebraucht und der 
das Gerapeion erbaut haben joll. 

Parmeniskos, IIcgusvioxos, 1) ein Pytha— 
goreer aus Metapontum. — 2) ein Grammatiter 
und Erflärer des Homer, auch der Tragifer und des 
Nratos; neben Ariftophanes und Nriftarchos genannt 
und vermutlich des leßteren Zeitgenoſſe und Schüler. 

Parmenon, Ilagufror, 1) ein griech. Jamben: 
dichter, von deflen Gedichten uns ein Bruchitüd 
erhalten ift (abgedr. bei Meineke, poet. choliumb. 
p. 145 ff); — 2) aus Rhodos, Berfafler einer 
Kochkunft, uaysıgınn didaanakla, — 3) ein Gram— 
matiler, Verfaſſer einer Schrift msel dıaliuzov. 

Parnassides fi. Musae. 

Parnassos, IIagvasodg oder Ilapraoos, ion. 
Ilegrnoös, ein dem Mpollon, Dionyfos und den 
Muſen gehziligtes Gebirge, von den Dichtern als 
dupekög yüg (Pind. pyth. 4, 74. 6, 3) betrachtet, 
begreift im weiteren Sinne die durch Doris und 
Pholis vom Dite hinftreichende Gebirgstette, welche 
unter dem Namen Kirphis (j. Sumaliaes am 
Thal von Dhiftomo) zwiſchen Kirrha und Anti: 
firrha am Korinthiichen Meerbujen endigt. Im 
engeren Sinne bezeichnet ®. nur den höchſten 
Kamm (2460 m) des Gebirges mit den beiden Spigen 
Tıtogea (Hat. 8, 32) im NW. und Auxagsın 
oder "Tauein (Hdt. 8, 39) im SO. in der Nähe 
von Delphoi mit der Koryfiichen Höhle. Nach 
dieſen Spitzen heißt der ®. oft der zmweigipflige, 
zweilöpfige. Or. met. 1, 316. 2, 221. 228m ober: 
halb Delphoi und 572m über dem Meere liegen 
die Felſen Daudgırdörg, von wo die Gottesläfterer 
und Tempelräuber hinabgeftürzt wurden. Die 
Gipfel find fait ftet3 mit Schnee bededt, dann 
folgt reichlicher Kiefern und Tannenwald und am 
Kurbe Lorbeer, Myrten: und Olbäume. Der ®. 
hat viele Klüfte und Abgründe, in denjelben das 
delphiſche Dralel, die Kaftaliihe Duelle. Eine 
tiefe Thaljchlucht zwiſchen Parnaſſos und Kirphis 
durchftrömt der Pleiftos, und es führte dort Der 
Weg nad Daulis und Stiris. Durch das Zu— 
fanmentreffen dreier Straßen entjtand die syıorn 
ödös, wo Didipns feinen Vater Laios erjchlug. 
Soph. ©. T. 716. 800. Paus. 9, 2, 3. 10, 5, 2. 
Der Barn. führt noch jebt den alten Namen; ein 
Teil heißt Liakura. 

Parnös, ö und n Ildovng (Gen. -n®og), bis 
über 1410m auffteigendes waldiges Gebirge im 
nördlichen Teile Attilas, eine bis zur See bei 
Rhamnus fich hinziehende Fortſetzung des Kithai- 
ron, befonders wald: und wildreih. Über den 
weſtlichen Teil führte ein von Boiotien her Teicht 
zu erfteigender Vaß, von defien Befeftigungen fich 
nod Spuren finden. Auf dem Gipfel jtanden die 





re, ee — — — ——— — —— ——— — — — 


Parmeniskos — Paros. 


eherne Bildſäule des Zeus Parthenios und ein 
Altar des Zeus Inunlfog, an dem man das be: 
voritehende Wetter vorausjagen zu können meinte. 
Sept heißt der P. Ozea, Nozea. Strab. 9, 404. 
Paus. 1, 32, 1. gl. au Attika, 1. 

Parnön, IIceovorv, Gebirge jüdlih vom Par: 
theniosgebirge an der Vatonikh - Tipgentiichen und 
ber tegeatijchen Grenze, etwa 2000 hoch; j. Ma: 
levo. Sein jüdöftlichfter Ausläufer ift das be- 
rüchtigte Borgebirge Malen (j. d.). 

II@g0xos |. Ehe, 4. 

Parodia, TIagwdi«, Umdichtung allgemein be: 
fannter und berühmter Gedichte, a daß bei ge: 
ringer Veränderung der Worte doch ein ganz 
anderer Sinn, und zwar ftatt des erhabenen ein 
gemeiner und lächerlicher hervorgeht. Am meiiten 
wurden zu foldhen Verkehrungen ind Kleinliche 
und Niedrige die allbefannten homerijchen Ge— 
dichte verwendet. Das ältefte, wenigitens an die 
Parodie ftreifende Beifpiel der Art, das uns be- 
kannt ift, ift ein Fragment des Afios in elegiſchem 
Versmaße (Athen. 3, 125d); der eigentliche Be: 
gründer der Barodie aber ift Hipponar, bei dem 
wahricheinlich einzelne Barodien jelbftändige Ganze 
bildeten. Die Batrahomyomadjie, die ſich unter 
den homeriſchen Gedichten findet, fällt wahrichein: 
li ins 5. Jahrh. v. E. und hat nichts Satiriſches, 
wie die parodiichen Gedichte des Aſios und Hip- 
ponar. Die attiiche Komödie zog den ganzen Kreis 
der Poeſie zur Parodie heran, namentlidy finden 
fih bei Ariftophanes eine Menge von zum Teil 
föftlich parodierten Berjen des Euripides, Aiſchy— 
(08, der Dithyrambographen u. a. Die Überrefte 
der griech. Barodiendichter find gefammelt im Cor- 
pusculum poesis epicae graecae ludibundae, edd. 
Brandt et Wachsmuth (1885—88. 2 Bbb.). — 
Die römische Litteratur hat Weniges auf diejem 
Gebiete aufzuweiſen. 

ITdgodos |. Choros und Theatron, 7. 

Paropamisos, Ilagor&urcog, richtiger IIxge- 
rdvıcog, auch Caucasus Indious genannt, j. Hindu⸗ 
Kuſch, bedeutendes Gebirge ſüdlich von Baltrien, 
mit Gipfeln bis zu 7000m und mit den jüdlichen 
Oxosquellen. Die Landicdhaften auf beiden Ab: 
hängen bildeten in der Seleufidenzeit die Satrapie 
der Parapanijaden, mit der Hauptſtadt Orto— 
ipäna oder Klabura (j. Rabul) im oberen Thal 
des Kophen (j. Kabul). Arr. 4,22, 4. 6, 3, 2f. 5,3. 
Strab. 15, 723 ff. 

Paröpos, IIdewros, Stadt auf Sicilien, ſüd— 
lich von Banormos, wo Hamilfar im erſten puni— 
chen Kriege fiegreich die römischen Bundesgenofien 
überfiel und 4000 berielben tötete. Pol. 1, 24, 4. 

TNaoweeäreaı hießen die älteften Bewohner 
des ſüdlichſten Elis, zwiſchen Alpheios und Neda, 
welche von den Minyern, die jelbft von den Spar: 
tiaten bedrängt waren, vertrieben wurden. Hät. 
4, 148. Strab. 8, 336. 

Paroreia oder -&a, Ilapwerız, Ilapwepia, 
1) Ortichaft im füdlichen Arkadien, nach der Grün: 
dung von Megalopolis verjchtwunden. Paus. 8, 27,3. 
35, 6. — 2) bei Livius (39, 27 und 42, 51) ein 
Ort in Thrakien an der Grenze Makedoniens. 

Paros, IIdeos, nod) j. Baros, eine der größeren 
Kylladeninjeln zwiſchen Naros und Dliaros, Delos 
und Jos gelegen, etwa 5 IM. groß, mit ber 
Hauptſtadt gl. N. (j. Parilia), dem Sn n Aſo— 
908 und dem Berge Marpeija (j. St. Elias); 


Parrhbasia — Parteien. 


berühmt burch ihren weißen, trefflihen Marmor 
(Hor. od. 1, 19, 6) und ald Geburtsort des Jam: 
bendichterd Archilochos. Hor. ep. 1, 19, 23. Ans 
fangs von Aretern und Wrkadiern, dann von 
Joniern bewohnt, blühte P. rajch empor und ent: 
jendete Kolonien, wie nad) Thajos (Thuc. 4, 104), 
Parion und PBharos. Strab. 10, 487. Bur Beit 
des ioniſchen Aufftandes erjcheint P. unter der 


Hegemonie von Naros (Hdt. 5, 31), ward dann | 


aber wieder jelbftändig und verteidigte fich mit 
Erfolg gegen Miltiades. Hdt. 6,133. Nep. Milt. 7. 
Bald wurden indes die Parier zinspflichtige Bun- 
besgenofjen der Athener (nad der Schähung vor 
425 dv. E. zahlte die Inſel 30 Talente jährlich, 
ein Beweis von dem hohen Wohlitand) und ver: 
ihwinden jo allmählih aus der Geſchichte. Hat. 
8, 112. — Auch ift die Inſel merfwürdig durch 
eine 1627 hier entdedte Marmortafel, die ber 
englische Lord Thomas Arundel kaufte und in 
feinem Garten in England aufftellen lieh, bis, 
nachdem fie bejhädigt und ein Teil abhanden 
efommen war, fein Enfel Henry Howard 1667 
e an die Univerfität zu Oxford jchentte, wo jie 
fich noch befindet. Died chronicum oder mar- 
mor Parium (Marm. Arundelia, Oxoniensia) 
ift eine Marmortafel, jebt 2 Fuß 1 Boll breit, 
auf der linken Seite 3 Fuß 7 Zoll, auf der red: 
ten 2 Fuß 11 Boll hoch, und enthält in 93 teil- 
weiſe nicht vollftändigen Beilen in attijcher, felten 
ionischer Sprache die Hauptereigniffe der politischen 
und litterariichen Geichichte der Hellenen von Ke— 
frops bis auf den attifchen Archonten Diognetos 
(den pariſchen Archonten Aſtyanax oder Euryanar, 
263/2 v. E.), dazwiſchen liegen 1318 Jahre; das 
vorhandene Stüd reicht aber nur bis zum Jahre 
354. Troß des Fehlens mancher wichtigen Daten, 
Namen und Ereignifje, z. B. der Argonautenfahrt, 
des —— der meſſeniſchen, des peloponneſiſchen 
Krieges, des Pindaros u. ſ. w., iſt es wahrſchein— 
lich, daß dies Verzeichnis für Schulzwecke an— 
gelegt worden iſt. Die Zeitbeſtimmungen werden 
nicht nach Olympiaden, ſondern nach attiſchen 
Königen und Archonten angegeben. Die hiſtori— 
ihen Quellen find attiſche Echriftjteller und be- 
ſonders Timaios. Ungeachtet mancher Schwierig: 
keiten der Chronologie iſt an der Echtheit nicht 
a zweifeln und die Ehronif eine überaus wichtige 
rfunde für Chronologie und Geichichte des Alter: 
tums. Befte Ausgaben von Boedh, Corp. Inser, 
Graec. Il p. 293 fj., Müller, fragm. hist. Graec. | 
p. 533 ff., und lach (1884). Abh. von Dopp (1883). 
Parrhasia, /Iagpaole, bei Homer (Il.2, 608) 
eine Stadt, jpäter eine 8 Städte, namentlich Ly— 
fojura, das als die Ältefte Stadt der Erbe galt, 
umfafjende Landichaft des jüdlichen Arladiens. 
Thuc. 5, 33. Xen. Hell. 7, 1, 28. Strab. 8, 388. 
Paus. 8, 27, 4. Bon den Mantineiern unterwor: 
fen, erhielten die PBarrhajier durch die Lakedai— 
monier ihre Selbftändigfeit zurüd. Thuc. 5, 33. 
ParrhasYos, I/Iapgdoıog, einer der berühmte: 
ften Maler Griechenlands, Sohn des Euenor, aus 
Ephejos, Zeitgenofje und Nebenbuhler des Zeuris, 
wird von einigen zum Zeitgenofien des Pheidias 
gemacht, blühte aber wahrſcheinlich nach dem pelo: 
ponnejischen Kriege, 400— 380 v. E. Nach dem 
Zeugniffe des Plinius (35, 10, 36) zeichnete er fich 
durch große Bielfeitigleit und Erweiterung des Um— 
fangs der malerischen Darftellungen aus, brachte 





891 


zuerft Ebenmah in diejelben und mwuhte Lebhaf— 
tigfeit de3 Ausdruds und Anmut in dem Mienen: 
ſpiel und der Gefichtsbildung herborzurufen Auch 
bewunderte man an ihm feine genaue Beobachtung 
der zarteften Verhältniffe, die jaubere Ausführung 
aller Teile und die Schärfe und Richtigkeit der 
Umrifje; in der anatomischen Behandlung joll er 
dagegen weniger forgfältig gemwejen fein. Er war 
fehr übermütig und ftolz, trug einen Burpurmantel, 
eine Krone und einen goldverzierten Stab; be: 
fannt ift auch feine Außerung, als er im Wett: 
ftreit mit Timanthes aus Samos unterlag, in 
dem Gemälde, das den Aias im Kampfe mit 
Odyſſeus um Achilles’ Waffen darftellte („es thue 
ihm leid, daß Nias abermals von einem Unwür— 
digen befiegt jei“), jowie fein Wettftreit mit dem 
Beuris, deſſen gemalte Weintrauben die Bögel 
herbeilodten, den er aber wieder ſelbſt durch den 
gemalten Vorhang täuſchte. Das Altertum nannte 
eine Reihe der ſchätzbarſten Arbeiten von lei 
manche müjlen auch in Rom zur Zeit der Sailer: 
herrichaft fich befunden und als anregende Muſter 
für nacdeifernde Künſtler (Quint. 12, 10, 4) ge: 
dient rg Vol. über ihn Brunn, Geichichte der 
griechiichen Künftler II ©. 97 ff. 

Parrieidium. urjprünglich patrieidium, eigent: 
li) VBatermord, dann auch Mord der Mutter und 
ber nächſten Verwandten, in welchem weiteren 
Sinne die lex Pompeia das Wort nimmt. Die 
quaestores parricidii richteten über dieſes Ber: 
gehen, zuweilen auch über verwandte Verbrechen, 
welche —* an dieſen Gerichtshof gewieſen 
wurden. Seit Sulla war das parricidium an die 
quaestio übergegangen, welde über Mord (de 
sicariis) entichted. Die Strafe war Erfjäufen im 
einem ledernen Sad, in welchem außer dem er: 
brecher ein Hund, ein Hahn, ein Affe und eine 
Schlange eingenäht wurden. Dieje Strafe wurde 
nad) der lex Pompeia (55 vd. E.) für die Ermor: 
dung der Eltern und Großeltern beibehalten, für 
den Mord anderer Verwandten und des patronus 
ward die aquae et ignis interdietio beftimmt. 
So blieb es die Kaiferzeit hindurch, bis Eonftantin 
auch den Kindesmord mit der härteren Strafe be- 
legte. Hauptquelle ift Ciceros Rede für Sertus 
Rofcius von Ameria. 

arteien, I) in Athen. Die Zerrüttung der 
athenifchen Staatsverhältnifje, durch welche die 
drafoniiche Berfaffung hervorgerufen wurde, war 
dadurch bejonders nerährlich für das Beftehen der 
alten Berfaffung und der Staatseinheit geworden, 
daß die Parteien fich lokal gruppierten, indem die 
verſchiedenen Intereſſen der verichiedenen Bejchaffen- 
heit des Landes folgten. Es find dies die 3 Par- 
teien der Bediaier, auch wedıris, medıanoi (aus 
der fruchtbaren Ebene, medıds, vgl. über die Lo: 
falitäten Attika, 6.), welche an der oligarchiichen 
Verfaſſung fefthielten, der Paralier (magalia, 
der Küftenftrich zwijchen Athen und Sunton), die 
gemäßigte Partei, und der Diafrier ober Hy— 
verafrier (Bergland, der größte Teil der Oſtküſte), 
die eine demokratiſche Berfaffung erftrebten. Nach— 
dem der kyloniſche Aufftand den Leidenichaften auf 
einige Zeit, wie es fcheint, eine andere Richtung 
gegeben, brach der alte Parteikampf bald wieder 
mit jolcher Heftigfeit aus, da; man, um den Staat 
vor dem Untergange zu bewahren, die Rettung 
desjelben dem Solon anvertraute. Der nach Solong 


892 Partheni — 
Abreife von Athen erneute Kampf brachte endlich 
den Beififtratos, der fi) ganz auf die Demokratie 
ftüßte, an die Spike des Staats. Seinem fraft: 
vollen Regimente gelang es, die alten Parteien 
niederzubalten umd die Staatseinheit feit zu be- 
gründen. — Il) In Rom gab es urjprünglic 
feine Parteien; die patriciichen Familien bildeten 
den populus und den Staat; Klienten und Ple— 
bejer hatten freilich ftaatliche Pflichten, aber feine 
ftaatlichen Nechte. Selbſt, ald Servius Tullius 
die leßteren durch jeine Geſetzgebung als Staats: 
bürger hinftellte, wurde jolche Vergünftigung nur 
ſtillſchweigend von jeiten der Patricier ertragen, 
im übrigen von ihnen nicht anerfannt. Nach 
der Vertreibung der Könige waren fie jedoch, um 
ihrer Unterftügug ficher zu fein, gezwungen, die 
Plebejer in jtaatsrechtlicher Stellung anzuerkennen. 
Bald aber fingen WBarteibeftrebungen an, jene, 
möglichit viele Vorrechte für fich zu bewahren, 
dieje, diejelben zu bejeitigen und ftaatliche Gleich: 
jtellung beider Stände zu erjtreben. Nach einzel- 
nen Errungenichaften führten die leges Lieiniae 
Sestiae vom 9. 366 v. E. an joldye Rechtsgleich— 
ftellung herbei, einzelne noch zähe feitgehaltene 
Vorrechte der Patricier verfchwanden allmählich 
in notwendiger Folge. Von da au bildete ſich 
der Amtsadel (nobilitas, j. Nobiles), zugleich 
aber mehrte fi) die Mafle des Broletariats in 
immer mehr ftaatsgefährlicher Weile, der befitende 
Mittelftand (Bauern) war allmählich verichwunden. 
Nachdem die Gracchen 133—121 v. C. die feind: 
id gegenüberjtehenden Parteien der Reichen und 
Armen durch Wiederherftellung des Bauernftandes 
vergeblich auszugleichen unternommen hatten, und 
dic optimates ſich jchnöde ihres Sieges über: 
hoben, fehlten dem befiglojen Ptoletariat auch nicht 
die Führer. Doch unterlag die demokratiſche 
Partei (populares) des Marius und Cinna dem 
Verteidiger der Ariftolratie (optimates), Sulla, 
aber jchon Cäſar nahm den Kampf der Parteien 
wieder auf und bejiegte die letzte Kraft der Arijto- 
fratie unter Pompejus. Nun galt es den Kampf 
zwijchen den beiden Barteien der Republifaner 
und derjenigen, welde die Monarchie als ein: 
zige Rettung aus den Leiden der Bürgerfriege 
erachteten. Octavian und Antonius waren nicht 
mehr Führer ftaatlicyer Barteien, jondern kämpften 
beide für ihr perjönlicdyes Intereſſe; der eritere 
führte jchliehlich das Kaijerreich herbei, und wenn: 
gleich noch republikaniſche Ziele in einzelnen Män- 
nern hervortraten, handelte es fich doch im ganzen 
nach feiter Begründung der Monarchie durch das 
juliſch-claudiſche Geſchlecht nur um Barteinahme 
für die verſchiedenen Kronprätendenten. — Über 
die Parteien des Circus ſ. Factiones. 

Parthöni j. Parthini. 

Parthenia j. Lyrische Poesie, 5. 

Partheniai j. Messenische Kriege und 
Phalanthos. 

Parthenion, /Iag#irıor, 1) öfter vortommen- 
der Städtename; bejonders zu merfen ift die Stadt 
d. N. in Myſien, jüdöjtlih von Pergamon nad) 
Apollonia hin gelegen. Xen, An. 7, 8, 15. 21. 
— 2) Gebirge an der Grenze von Argolis und 
Arladien (ij. Roinos), wojelbit man das Heilig: 
tum des Ban zeigte, der kurz dor der Schlacht 
bei Marathon dem Boten der Athener, Pheidip- 
pides, hier erjhienen war. Hdt. 6, 105. 


Parthenopaios. 


Parthenios. /Iagterıog, 1) Fluß Paphlago— 
niens (j. Bartinstichai), der auf dem Dlaafins 
entiprang, gegen Bithynien die Grenze bildete 
und weſtlich von Amajtris ins Meer fiel. Hat. 
2, 104. Xen. An. 5, 6. 9. Strab. 12, 543. — 
2) Sohn des Herafleides und der Eudora aus 
Nilaia in Bithynien, fam, im mithridatiichen 
Kriege gefangen genommen, im J. 72 v. E. nad) 
Rom, erhielt aber feine Freiheit und lebte dann 
einige Zeit in Neapel, wo Bergil feinen Unter: 
richt im Griechifchen genoß, jpäter in Rom, mo 
er den Beifall des —5 — Tiberius fand (Suet. 
Tib. 70) und mit dem Elegifer Cornelius Gallus 
in ein freundichaftliches Verhältnis trat. Als 
dheyeıomordg xul uErgwr diapögwr moımnenig be: 
— ihn Suidas, und auf Elegien deuten auch 

ie Titel der unter ſeinem Namen angeführten 
Werke. So Aoijriye Zminrjdcıov (Arete war ſeine 
Gemahlin) in 3 Büchern, desgleichen ein Zmuxsj- 
derov eig Abkißenv und eins &lg "Aozelaide, 
Aypeoditn, Bias, Ankos, Kowraydpas, Aruınddını, 
Avdinnn, "Ipınkog, 'Hoankis, "Turog mooneurrı- 
»ög und ein Gedicht (Murrwrög), das Bergil bei 
der Abfafjung des Moretum vor Augen gehabt 
haben jol. Die Abfaffung von Merauoppassıs 
bleibt unfiher. Wohl aber ift unter Parthenios’ 
Namen ein Werk ’Epwrıxa (oder mepl dowrırwr 
zadnudror) auf und gelommen, weldes 36 pro- 
faiiche Erzählungen von Liebenden enthält, die ein 
unglüdliches Ende genommen haben (Husgg. von 
Heyne, 1798, Paſſow, 1824, U. Weftermann in 
jeinen Mythogr., 1843, und U. Meinefe in defien 
Analecta Alexandrina, 1843). Dem Cornelius 
Gallus wollte er damit Stoff zu epiichen Erzäh— 
lungen und zu Elegien darbieten. Da Parthenios 
jeine Gewährsmänner und die benugten Schriften 
bei den meiften Erzählungen genau anführt, io 
gibt er zur Kenntnis der alerandriniichen Dichter 
und Grammatifer einen jchäßbaren Beitrag und 
liefert wertvolle Fragmente. Dem Charakter jener 
Alerandriner gemäß, zu deren jüngften Repräſen— 
tanten er gehört, juchte er entlegene Mythen, die 
ihm Gelegenheit gaben, mit Gelehrjamkeit zu prun- 
fen. — 3) Einen Grammatiler dieſes Namens 
nennt Suidas Schüler des Dionyſios von Ale— 
randreia; er muß alfo im 1. Jahrh. u. E. gelebt 
haben. Eine Schrift megl rar raga roig oım- 
raig Atkewr Inrovuere führt Athenaios öfter an. 
— 4) Einen epiichen Dichter diejes Namens aus 
Chios nennt Suidas gar einen Nachkommen Homers 
und erzählt, er habe den Beinamen Chaos gehabt, 
wahricheinlich wegen jeiner verworrenen und un: 
Haren Darftellung. — 5) ein Höfling des Kaijers 
Domitian, genoß große Gunft beim Kaijer, nahm 
aber nichtsdeftomwiger teil an der Verſchwörung, 
welhe den Tod desſelben herbeiführte. Suet. 
Dom.16f. Er beförderte die Thronbejteigung des 
Nerva, fand aber bei einem Aufſtande der Sol: 
daten gegen die Mörder Domitians den Tod. 
Eutr. 8, 1. 

Parthönon j. Attika, 10. und Baukünst- 
ler, 6. 

Parthenopaios, IIag®evona«iog, einer der Sie: 
ben gegen Theben, vor Theben erichlagen durch 
Aiphodilos oder Amphiditos oder Perikiymenos. 
Er war Sohn des Ares oder des Meilanion oder 
des Meleagros und der Atalante, oder nad) älterer 
Sage des Talaos und der Lyfimache, aljo Bruder 





Partbenope 


des Abdraftod. Mit der Nymphe Klymene zeugte 
er den mit den Epigonen gegen Theben ziehenden 
Promad)os (oder Stratolaos). Apollod. 3, 6, 3. 8. 
7,2. Paus. 9, 18, 6. 

Parthenöpe ſ. Seirenen und Neapolis. 

Parthönos, Tlag®&vos, j. Pallas Athene, 1. 

ParthYa, /Iegdla, Ilag®vale, Ilagdvnvn, alt: 
perſiſch Parthava. I. Geographie. Parthien ift 
eine Landſchaft in Iran, die im D. an Margiana 
und Areia, im N. und ©. an Wüſten, im W. an 
Hyrlanien und Medien grenzt, aljo das h. Cho: 
raſau. Zu den 3 Gebieten: Barthyene (im engeren 
Sinn), Aftauene (im NW.) und Apauartifene (Pa— 
rautifene), famen jpäter von Medien noch Komijene 
(j. Kumis) und Choarene (j. Khuar) hinzu. Den 
nördlichen Teil des Landes durchziehen verichiebene 
Gebirge: der Jaſonios (j. Demamwend) gegen 
Hyrkanien, die Sariphiichen Berge in der Mitte, 
der Masdoranos (j. Musderan) gegen Mar: 
giana. Der Süden geht allmählich in die Steppe 
der Sagartier über. Im RD. floß der Ochos 
(j. d.), 1. Tedfchend. Bon den wenigen Städten 
lag die Hauptftadt Hekatompylos (f. d.) an der 
großen dHeerftraße, die den DO. und W. Frans ver: 
bindet; in Niſaia oder Parthaunija (j. Nijchapur) 
befand fi) das Erbbegräbnis der Könige. — Die 
Bewohner, Ilde®oı, IIapdvaioı, oder doc die 
dem herrichenden Stamm Angehörenden waren ein 
von R. eingewandertes, tapferes Reitervolk und 
führten in dem wenig ergiebigen, nur an Weiden 
reichen Lande größtenteils ihr Nomadenleben weiter, 
waren aber iranijcher, nicht turanischer Abkunft. 
In allen Kriegen bewährten fie ſich als tüchtige 
Reiter, die von Pfeil und Lanze vortrefflichen Ge: 
brauch zu machen verjtanden. Ein Schuppenpanzer 
bededte Roi und Mann. Sie nedten den Feind, 
lodten ihm durch verftellte Flucht in einen Hinter: 
halt und juchten ihn zu ermüden und dann zu 
vernichten. Ihre Könige genofjen zwar, wie die 
altperjiichen, faft göttlidye Berehrung, waren aber 
in ihrer Macht durch Adel und Prieſterſchaft jehr 
beſchränkt. Das Haupt des vornehmſten Adels— 
eichlechtes, Suren, Surenas, hatte den neuen 
lönig zu frönen. Tac. ann. 6, 42. Die Priefter 
hießen Magi (f. d.) und bildeten einen erblichen 
Stand mit bedeutenden Vorrechten; die Religion 
war die der Perjer (j. Ormuzd). Die Mafie der 
Bevölkerung beftand aus halb oder ganz unfreien 
Leuten, welche jedoch mit patriarchaliicher Milde 
behandelt wurden. Nach der Unterwerfung der 
Nachbarländer refidierten die Könige weiter im 
Weiten: im Sommer zu Efbatana oder Rhagai, 
im Winter zu Ktefiphon oder Babylon. Die Pro: 
vinzen ftanden nur in lojer Abhängigfeit unter 
Satrapen oder Teillönigen. Hof und Adel nah: 
men perjiihe Sitte und Tracht an, waren aber 
auch mit griechiicher Bildung und Sprache ziem: 
lih befannt, während das niedere Volk jeinen 
rohen nomadijchen Sitten, aber auch jeiner Mäßig— 
feit und Einfachheit treu blieb. Strab. 11, 614 f. 
Just. 41, 1ff. Plin. 6, 28. 12, 17. 34, 14. — 
1. Geſchichte. Die Parther gehörten zu dem 
medilchen, daun zu dem perfiichen Reihe und 
unterwarfen fich darauf der Herrichaft Alexanders. 
Hdt. 1, 102. 3, 93. 7, 66. Just. 12, 4, 12. Arr. 
3, 22, 1. In der Diadochenzeit hielten fie es 
anfangs mit Eumenes, dann mit Antigonos, bis 
fie unter das Regiment des Seleufos 1. famen, 


— Parthia. 893 


der auch in ihrem Gebiet Städte gründete. Als 
jedoch unter Antiochos II. Theos die Auflöjung 
des ſyriſchen Reiches begann, erhob ſich um 250 
v. C. Arſakes (L) in Aſtauene; er galt jpäter 
als der Gründer der Dynaftie, die ji von dem 
PBerjerfönig Artarerres II. ableitete, und nad ihm 
trugen alle jeine Nadyfolger den Haupt: oder Bei: 
namen Arſales. Sein Bruder Tiridates (248 
— 211) eroberte 241 Parthien an der Spike der 
zu den Daern gehörenden PBarner, gewann aud) 
Hyrkanien, verbündete fich mit Diodotos Il., König 
von Baltrien, ſchlug 238 Seleufos 11., organifierte 
das Heerwejen, befeftigte Städte und Burgen und 
erbaute die Stadt Dara oder Dareion; er nahm 
zuerjt den Königstitel an. Just. 41,4. Mithrie 
dates ]. (171--138), ein ebenjo gerechter ala 
tapferer Herrſcher, erhob durch; Eroberung von 
Areia, Medien, Babylonien und Sufiana das par: 
thiiche Reich zu einer Großmacht; er gebot vorüber: 
en bis an den Indos und nahm im %. 139 

emetrios 1]. von Syrien gefangen. Sein Sohn 
Phraates1i.(138—128) gewann noch Margiana, 
ihlug 129 Antiochos VII., fiel aber in einer 
Schlacht gegen die Skythen. Mithridates 11. 
der Gr. (123—88) wurde der Wiederheriteller des 
erjchütterten Reiches, machte den Euphrat für lange 
Zeit zur Weſtgrenze, jeßte den Tigranes Il. 94 in 
Armenien ein, das freilich bald der ftete Zankapfel 
zwiichen Rom und Barthien werden jollte, und trat 
in Beziehungen zu Sulla, wie dann PBhraates II. 
zu Yucullus und Bompejus. Bon da an wieder: 
— ſich die Wirren und Thronftreitigfeiten in 

arthien beftändig. Orödes (5787) allerdings 
führte glüdliche Kriege und brachte namentlich dem 
Erafjus (j. Lieinii, B. 16.) 53 die vernichtende 
Niederlage bei Carrhä bei — ein Ereignis, das 
Rom mit Schreden erfüllte, jedoch 33 von Venti— 
dius durch einen ebenjo glänzenden Sieg über den 
Mitregenten Balöros (j. d. 1.) gerächt wurde. 
Hor. od. 3, 5,4. Verg. A.T, 606. Just. 42, 4. 
Aber jhon 36 folgte wieder des Antonius Nieder: 
lage gegen Phraates IV. (837—2 v. E.), den 

t Auguftus 20 v. E. zur Auslieferung der dem 
Erafjus und Antonius abgenommenen Kriegsge— 
fangenen und Feldzeichen brachte. Artabanus lıl. 
(10—40 n. &.) verftändigte jich 19 friedlich mit 
Sermanicus, wurde 36 durch einen von Bitellius 
unterftügten Prätendenten verdrängt, fehrte aber 
mit Hülfe der Daer und Safen zurüd. Bola: 
gajes I. (52-—-78), der nach verichiedenen kurzen 
und unruhigen Regierungen auf den Thron ge: 
langte, ſchloß 63 mit den Römern einen Frieden, 
in weldem Armenien als arjafidiiche Sekundo— 
genitur, wenn auch zugleich als römiſches Lehen, 
anerfannt wurde. Zac. ann. 15, 25 ff. hist. 4, 51. 
Erſt Choſroes (110—130) fam wieder wegen 
Armeniend mit Trajan in einen Konflitt, wurde 
befiegt und jollte ganz der Krone verlujtig werden, 
als ihm der Tod Trajans die verlorenen Provin— 
zen Mejopotamien und Aſſyrien zurüdgab. Bola: 
gajes Ill. (149—191) begann nach längerer Frie— 
denszeit 162 den Krieg aufs neue, kämpfte zuerſt 
glüdlih in Armenien und Syrien, wurde aber 
dann von Avidius Cajfius und Martius Verus in 
Mejopotamien und Medien wiederholt geichlagen 
und mußte im Friedensſchluß 166 auf Osrhoene 
verzichten. Bolagajes IV. (191-209) unter: 
ftügte den Peſcennius Niger 193/194, wurde bes: 


894 


halb von Septimius Severus befämpft, mußte 

199 aus Ktejiphon fliehen und verlor das nörd— 
liche Mejopotamien bis zum Chaborad. Der fegte 
König des gealterten Reiches, Artabanos V. 
(213— 227), * 217 den Mavronus bei Niſibis, 
wurde aber 28. April 227 von Artaxerxes (Arda— 
ſchir), dem Stifter der Dynaftie der Safjaniden 
I d.), geſtürzt und getötet. 
die Barther (1874). 
Perſiens (1879). v. Gutſchmid, Geſchichte Frans 
(1888). 

Parthini, IIag®ıvod, aud) Parthöni, IIag®n- 
vol, Bolt Siyriens in der Gegend von Dyrrha— 
ion. Liv. 29, 12. 38, 34. 44, 80. Cie. Pıs. 40. 
Pol. 2, 11, 11. 

Paryädres, TTagvadons, Gebirge in Kleinafien, 
das am Phafis bei dem moschiichen Gebirge be» 
ginnt, in jüdmweftlicher Richtung den öftlichen Teil 
von Pontos umzieht und die Grenze zwiſchen 
diefem und Armenien bildet; j. Barkhal. Strab. 
11, 497. 527. 12, 63655 f. Plin. 5, 27, 27 u. ð. 

Parysätis, Ileovoarıs, die Stiefſchweſter und 
Gemahlin des Dareios Nothos, eine hinterliftige 
und berrichjüchtige rau, die auf ihren Mann und 
ebenjo auf ihren ſchwachen Sohn Artarerres 11. 
einen großen, aber unheilvollen Einfluß ausübte, 
während jie den jüngeren Bruder Kyros (ſ. Ky- 
ros, J. 2.) auf den Thron zu heben ſich bemühte. 
Mit raffinierter Grauſamkeit rächte fie feinen Tod 
an allen, die dabei beteiligt waren. Als fie auch 
die ihr verhafte Gemahlin des Artarerres, Stateira, 
mit Gift aus dem Wege räumte, mußte fie zwar 
eine Zeit lang den Hof verlaffen, kehrte aber 
bald zurüd und gewann ihren früheren Einfluß, 
indem fie alle Begierden des Königs unterſtützte. 
Xen. An. 1,1. Plut. Artax. 1 ff. 

Pasargädae, IIasapydöcı, 1} ol II., der edelfte 
perfiihe Stamm, zu dem auch die Familie der 
Adaimeniden — ſeine Wohnſitze hatte er im 
beſten Teil des Landes, ‚gegen Karmanien bin, in 
der Provinz und um bie Stadt jeines Namens, 
Hadt. 1, 125. — 2) «f II., die alte, von Kyros 
erbaute oder doch vergrößerte Hauptſtadt Perſiens, 
nördlich von Perſepolis (j. d.), im oberen Thal 
des Kyros oder Medos (j. Murghab), mo das 
Grabmal des großen Königs noch jebt erhalten 
ift (f. die Abbild. ©. 656), nach andern jüdöftlich 
von Berjepolis, bei dem h. Faſa, gelegen. Arr. 
3, 18, 10. 6, 29, 4. Curt. 5, 6, 10. 10,1, 5. Strab. 
15, 728 ff. 

Pascüa (loca), Weidepläge oder Triften. Die 
dem Staate gehörenden Triften (pascua publica) 
ſowohl in Ftalien als in den Provinzen wurden an 
publicani verpachtet; die Abgaben, welche dieje von 
den Viehhaltern (pecuarii) erhoben, hießen scrip- 
tura, davon ager scripturarius. 

Pasikrätes, IIasırgdrng, Herricher über Soloi 
auf Kypros, unterwarf ſich Alerander dem Gr. 
und wetteiferte mit Nifofreon von Salamis im 
feierlihen Empfange des von Agypten nad Phoi— 
nitien zurüdfehrenden Königs. Plut. Aler. 29. 

Pasion, Il«siov, ein bei den Nebnern oft ge: 
nannter atheniſcher Metoife und Geldwechsler, 
bewährt und befannt wegen jeiner Rechtlichleit 
durch ganz; Griechenland, erhielt wegen ſeiner 
Freigebigfeit gegen den Staat das Bürgerredht 
und ftarb im J. 370/69 v. E. 

Pasiphäö, /Taoıpdn, 1) ſ. Minos. — 2) 2a: 








Parthini — Patavium. 


koniſche Orafelgöttin zu Thalamai, in deren Tem: 
‚pel man Traumoralel befam. Cie. div. 1, 43. 
Diefelbe galt für eine Tochter des Atlas ober für 
identiijh mit Kaffandra oder mit Daphne, der 
‚ Tochter des Ampllas. Plut. Agis 9. 

Pasiteles j. Bildhauer, 16. 

Pasitelidas, IIaoırelidas, Sohn des Hege: 


Dal. Schneiderwirth, | jander, ſpartaniſcher Feldherr im peloponneſiſchen 
Juſti, Geichichte des alten | Kriege, geriet bei der Eroberung von Torone, wo 


er Harmoft war, in die Gefangenjchaft der Athe: 
ner, 422 v. C. Thuc. 4, 132. 5,3. 

Pasithea, IleoıdEa, 1) eine der Ehariten. 
Hom. Il. 14, 269. Catull. 63, 43. — 2) Tochter 
des Nereus und der Dori®. Hesiod. theog. 247. 

Pasitigris j. Tigris. 

Passärön, Ilaosagor, alte Haupt: und Krö— 
nungsitadt ber epeirotiichen Könige in der Land— 
ſchaft Moloffis, deren Lage nicht genau zu be: 
jtimmen if. Im %. 169 v. C. fam fie in die 
Gewalt der Römer. Liv. 40,26. 32. Plut. Pyrrh. 5. 

Passieni, 1) Paſſ. Erijpus, Sohn des Rhe— 
tors Paffienus, von jeinen Zeitgenofien als Redner 
gerühmt, war ein freund des Seneca und naher 
Verwandter des Nero (Quint. 6, 3, 74) als Ge: 
mahl der Domitia, einer Tante des Kaijers, von 
der er fich jcheiden lieh, um fi) dann mir Neros 
Mutter Agrippina zu vermählen, die ihn jeines 
Reichtums megen wirklich heiratete, aber nicht 
lange nad) der Hochzeit töten lich. Tac. ann. 6,20. 
— 10, 1, 24. — 2) des vorigen Vater, ein 

ann von Scharflinn und tüchtiger Rednergabe, die 
der Rhetor Seneca (contr.2, 13, 17. 3 praef.14 u. ö.) 
an ihm rühmt — 3) Vaſſ. Rufus, Konful im 
3. 4 v. E. und wahrſcheinlich nachmals Prokonſul 
in Afrifa, 2 n.E. Vell. Pat. 2, 116. — 4) Baii. 
Paulus, Nachkomme des Propertiug, Elegien: 
dichter, von Plinius (ep. 6, 15) mit Anerkennung 
erwähnt. 

Passus j. Mafse. : 

Haorag j. Ehe, 5. 

Ilaraızxoi, die Bilder der die Schiffahrt ſchützen— 
den Kabeiren (j. d.), melde die Phoiniker in 
zwergartiger und fraßenhafter Geftalt (zur Be: 
zeichnung ber übermenjchlichen Kraft) an dem 
Border: oder Hinterteil ıhrer Schiffe anbradhten. 
Haät. 3, 37. 

Patäla j. Pattalene. 

Patära, r& IIdrape, bedeutende Seeftadt Ly⸗ 
fiens an einer der ſüdlichſten Spigen des Landes, 
60 Stadien dftlih von der Mündung des Tan— 
thos, bejonders berühmt durch den Kult und das 
Orakel des Npollon Ieragevg. Lir. 87, 15. 17. 
Strab. 14, 666. Arr. 1, 24,4. Hor. od. 3, 4, 64. 
Ruinen beim j. Furnas. 

Patavium, /lareoviov, alte, ber Sage nad) 
von dem Trojaner Antenor angelegte Stabt der 
VBeneter am Medoacus minor (j. Brenta), an der 
Straße von Mutina nad) Altinum; j. Padova, 
Padua. Zir. 1,1. Strab. 5, 213. Ihr Gebiet reichte 
bis ans Meer, fie fonnte 20000 Mann ins Feld 
ftellen und mächtige Feinde zurückſchlagen. Lir. 
10, 2. Auch in römischer Zeit war P. bedeutend, 
im Beginn der Kaijerherrichaft nächſt Rom die 
reichjte Stadt Jtaliens, litt aber in der Folge jehr 
durch die Langobarden, deren König Agilolf fie 
erjtörte. P. ıft der Geburtsort des Gejchicht: 
Üreibers T. Livins, dem hier im 9. 1548 ein 
Manjoleum errichtet worden ift. 


Patera — Patres und patricii. 


Patera j. Trinkgefälse. 

Paterecülus ſ. Velleii, 4. 

Pater familias, eigentlih der Hausvater, 
welcher an der Spibe des fleinen Familienſtaates 
fteht und mit patriarchaliiher Gewalt gebietet. 
Im engeren juriftiichen Sinne wurde jeder pater 
fam. genannt, fobald er sui juris war, was durch 
ben Tod des Vaters oder durch Emancipation 
oder durd) die Wahl zum flamen dialis geichah. 
Er hie pat. fam., auch wenn er feine Kinder 
hatte (quamvis filium non habeat). Übrigens 
war der Sohn, auch wenn verheiratet, nicht pater 
familias, jolange jein Vater lebte. 

Pater putriae, ein ehrenvoller Titel, welchen 
ber Senat zuerft dem Camillus (ſ. Furii, 10.), 
ipäter dem Cicero erteilte. Den Kaijern wurde 
derjelbe regelmäßig verliehen (ſchon dem Cäſar), 
doc Ichnten manche ihn ab, 3. B. Tiberius. Suet. 
Tib. 26. Tac. ann. 1, 72. 

Pater paträtus j. Fetiales und Foedas. 

Paternus, Tarrunte nius, diente unter Marc 
Aurel gegen die Martomannen. Wahrſcheinlich an 
einer —— Verſchwörung wider das Leben 
des Kaiſers Commodus (183 n. C. beteiligt, wurde 
er von diejem feines Poſtens ald Gardepräfeft ent: 
hoben und bald darauf hingerichtet. Er war aud) 
angejehen als Juriſt und jchrieb über das Mili- 
tärredht. Dio Cass. 72, 5. Lamprid. Comm. 4. 

Haseiv n arxorica: |. Prozels, 15. 

Patibälum, 1) das Querholz des Kreuzes und 
das Kreuz ſelbſt; — 2) jo viel wie furca (Tae. 
ann. 14, 33); — endlich 3) der Galgen (jeit Con— 
ftantin); vgl. Crux und Furca. 

Patina ſ. Vasa, 4. 

Patiseus, ein römifcher Ritter, ftand mit 
Cicero und defien Freunde Cälius in Verbindung 
und lebte als Negotiator im J. 51 v. C. in Ki— 
litien, von wo aus er dem Curio 10 Panther für 
die Öffentlichen Spiele ſchickte. Später trat er auf 
die Seite von Cäſars Mördern und war Anführer 
einer flottenabteilung des Caſſius. Gic. ad fam. 
2,11, 2.8, 9, 3. 12, 18, 4. 

Patmos, /Idruog, Sporadeninjel ſüdlich von 
Samos und unweit der afiatiihen Küſte, mit 
Stadt und Hafen an der Dftjeite; j. Patinos. 
Noch zeigt man die Höhle, wo der verbannte 
Apoitel Johannes die Offenbarungen gehabt haben 
joll, die in der Apotalypie niedergelegt find. Strab. 
10, 488, Plin. 4, 12, 23. 

Patrai, Ildrgaı, -8is, j. Patras, eine der 
achaiiſchen Zwölfſtädte, die in der älteren Seit 
ben PBeloponnefiern einen Stüßpunft zu den Unter: 
nehmungen an der aitolijchen Küjte bot. T’huc. 2,83. 
6,53. Plut. Alcib. 15. Um die Zeit, als Pyrrhos 
nah Italien ging, ſchloß Patrai mit 3 andern 
Städten, Tritata, Pharai und Dyme, einen Ber: 
trag gegen die mafedonijche Serrichaft, der Die 
Grundlage zu dem jpäteren Achaiiſchen Bunde 
bildete. Als aber im Kriege der Achaier gegen 
Rom die ganze Mannichaft von Patrai auf dem 
Rüdzuge nach der Niederlage bei Skarpheia durd) 
Metellus aufgerieben wurde, verließen die Zurück— 

ebliebenen größtenteil® die Stadt und zeritreuten 
ich in den umliegenden Städten. Pol. 40, 3. 6. 
Doc jicherte Patrais Lage als Yandungsplak und 
Durchzugsort von Flotten und Heeren der Stadt 
auch jpäter eine gewiſſe Frequenz. Pol. 4. 6. 5,2. 
3. 28. Lir. 36, 21. Unter Auguftus erhob jich 


895 


bie Stadt ald Colonia Augusta Aro& Patrensis 
wieder durch vielfache Begünftigungen zu beträcht- 
liher Blüte; Zeuge derjelben find die in nenefter 
Beit ausgegrabenen liberrefte eines Theaters. 
Patres und patrieii. Patres hießen urjprüng: 
lih im engeren Sinne Senatoren (z. B. patres 
eonscripti) und patricii die Nadlommen der 
Senatoren. Im weiteren Sinne umfaht patres 
auch die Patricier, niemald aber fteht patrieii 
jtatt patres. Hier ift nur von den Patriciern 
die Mede. 1) Bis auf Servius Tullius waren 
die Batricier die einzigen Bürger, auch ingenui 
enannt, welche in 3 Tribus und 30 Curien zer 
Helen (j. Curia und Gens). Ihre Rechte waren 
mit denen der cives überhaupt identiih (j. Ci- 
vitas). — 2) Bon Servius Tullius bis auf Con: 
ftantin den Großen find die Batricier geborene 
Adlige im Gegenjag zu ben durch Servius Tullius 
zu wirklichen Bürgern erhobenen bürgerlichen Ple— 
bejern. Jene bezeichnet man als die Sejchlechter 
(Erbabel), dieje als die Gemeinen (Neubürger). 
Der Batricier bleibt Patricier, auch wenn er in 
der drüdendften Armut lebt, der Plebejer bleibt 
Blebejer troß des größten Neichtums oder der 
höchſten Ehrenftellen. Wohl aber konnte ein Pa— 
tricier durch Adoption von jeiten eines Plebejers 
oder durch Mißheirat Plebejer werden, der Ple— 
bejer konnte unter die patriciichen gentes durd) 
Senats: und Eurienbeichluß aufgenommen werden, 
was durch Brutus nad) der Könige Vertreibun 
geihah. Es fam aber jpäter jo Teiten vor, bak 
die patricifchen Geſchlechter jehr zujammenjchmol: 
zen. Am Ende der republilaniichen Periode gab 
es nur noch 50 gentes, welde einige Male durch 
die Kaiſer Zuwachs erhielten. — In betreff der 
patriciichen Berechtigungen ift je nach der Zeit 
ein großer Unterjchied. Privatrechtlich waren die 
Blebejer den Batriciern Schon von Servius Tullius 
gleichgeftellt worden, aber im öffentlichen Rechte 
behaupteten die Batricier mande Vorrechte, na— 
mentlich rückſichtlich des ius honoram, welches 
die Patricier allein befahen, aber in dem langen 
Kampfe gegen die Plebejer einbüßten. Zuerſt 
mußten fie den Plebejern den Zutritt zur Quäſtur 
eitatten, darauf zum Militärtribunat, zum Son: 
Aılat (ſ. Leges Liciniae Sestiae), zur Dif: 
tatur, zur Genjur und endlich jogar zum Augurat 
und Bontifitat ({. Lex Ogulnia). Nur das Amt 
de3 interrex blieb den Patriciern für immer, weil 
fie als die Urquelle der Aufpicien galten; dagegen 
in den Senat drangen auch die Plebejer, vermöge 
der von ihnen befleideten Ehrenftellen, ein, und 
demzufolge erhielten fie auch Richterftellen (vgl. 
Judex). Daß die Curiateomitien nur den Pa: 
triciern offen ‘standen, verfteht fich von felbit, aber 
diejes Recht verlor jehr bald jeine Bedeutung (i. 
Comitia). Über die Teilnahme der Watricier 
an den Zributcomitien j. ebend. Als Hauptmo: 
mente in den langjährigen Kämpfen beider Stände 
find die Errichtung des Volkstribunats, das Ge: 
je der XII Tafeln und die Lex Canuleia hervor: 
ubeben, jowie die leges, wie Liciniae Sestiae, 
)omitia u. a., welche die Wahl mehrerer ‘Brieiter: 
ihaften an die Tributcomitien übertrugen. Der 
einzige rechtlich anerkannte Borzug der Patricier 
vor den WPlebejern beftand auf immer — aufer 
dem Amt des interrex — darin, daß mehrere 
Priefterämter ſtets patriciich blieben und deshalb 


— 





896 Patria potestas — Patronus. 


nur don ihnen verwaltet werben ag nämlic) 
das des rex sacrificulus, mehrerer flamines und 
der Salii Palatini. Auch waren die Plebejer ftets 
von den patricijchen Gentiljacris ausgeichloffen. Die 
ludi Troiani (ludierum Troiae) waren urſprüng— 
lich auch patriciich, doch nahmen jpäter auch Söhne 
der Nitter und der nobiles daran teil. Tac. ann. 
11, 11. Sere. zu Verg. A. 5, 545 ff. — Daß die 
Batricier in der Benutzung des aget publicus 
einen Borzug, behaupteten, lag in ihrem größeren 
Reichtum. ußere Infignien hatten die Batricier 
nicht, nur daß ihre Schuhe ftatt der Schnallen 
mit einer Lunula gejchmüdt waren. — Unter den 
Kaijern erhielt der Erbadel von feinen verlorenen 
Rechten feines wieder und büßte endlich jeine Be— 
deutung ganz ein. Kaiſer Conftantinus machte 
das Patriciat zu einer perjönlichen Würde, welche 
den höchften Beamten verliehen wurde, aber nicht 
forterbte. 

Patria potestas, ein eigentümliches altita= 
liſches Anftitut, die Getwalt des Hausvaters über 
jeine Kinder, vermöge deren die Kinder fich, 
jolange der Vater lebte, in fteter Abhängigkeit 
befanden. Der Bater hatte nämlich das Recht über 
Leben und Freiheit des Kindes, welches Geſetz 
angeblih von Romulus herrührte und in feiner 
ganzen Härte in die XII Tafeln überging. Das Un: 
natürliche des Gejehes wurde einigermaßen dadurch 
gemildert, daß der Bater gewöhnlich das Fami— 
liengericht zuzog (iudieium domesticum, j. Pro- 
zels, 17.) In der Kaijerzeit wurde der Miß— 
brauch der patria potestas beftraft, und Tötung 
des Sohnes endlich als parricidium geahnt. Das 
Ansjegen neugeborner mißgeftalteter Kinder war 
jehr gewöhnlich), doch mußten 5 Nachbarn als 
Zeugen hinzugezogen werden. Erjt von den Kaiſern 
wurde Ausjegung mit Strafe bedroht. Bon dem 
ernftlichen Berfauf des Sohnes durch den Water 
ift ein Beiſpiel nicht vorhanden, wohl aber wurde 
der Verfauf ald Form angewendet, dem ar 
die freiheit zu geben (j. Emancipatio). Die 
Abdicatio fam erft in der Kaiſerzeit auf und 
bejtand in der Verbannung des Sohnes aus des 
Baters Hanje, gewöhnlich mit Enterbung verbun: 
den. Eigentum konnte der Sohn nicht bejigen oder 
erwerben, außer wenn der Vater dem Sohne ein 
bejonderes peculium (j. d.) geftattete. Die Kaijer 
verboten, Söhnen, die in der patria potestas 
ftanden, Geld zu leihen. Die patria potestas 
erlojch, wenn der Bater jelbft arrogiert wurde, 
ferner durch Adoption des Sohnes in eine andere 
gens, durch Emancipation und durch Verluft der 
Eivität von jeiten des Waters oder des Sohnes, 
außerdem wenn der Sohn Flamen dialis (Tac. 
ann. 4, 16) oder die Tochter Veſtalin wurde. 

Patrieii ſ. Patres, 

Patrii dii, 1) römiſche Schußgottheiten, iden— 
tiich mit den Penaten, oder alte Stamm- und 
Familiengottheiten, von denen jich die einzelnen 
vornehmen Familien herleiteten, die Acol margwor 
der Griechen (— yerstlıoı Feol); doch bezeichnen 
die margoor Feol bei den Griechen auch die von 
den Bätern ererbten Götter eines Volkes oder 
einer Familie, wie Apollon bei den Athenern (f. 
Tevedhıog). Bol. Herkberg, de diis Roma- 
norum patriis (1840). — 2) Nachegottheiten der 
Eltern (Cie. Verr. 2, 1,3), wie paterni dii bei 
Livius (40, 10), 


Patrimi matrimi, &ugıdales, unmündige 
freigeborne Kinder, deren Eltern noch am Leben 
find. Solche wurden von manden Prieftern ala 
regelmäßige Diener erwählt, z. B. von dem flamen 
Dialis (j. Camilli). Andere patrimi m. aſſi— 
ftierten bei religiöjen Handlungen ſowohl des Staats: 
als des Privatlebens, 3. B. bei Suppfifationen, 
„Jnaugurationen, bei Confarreatio u. a. Zu Veſta— 
linnen fonnten nur patrimae matrimae gewählt 
werden. 

Patrökles, /Iargoxiöis, Freund de3 Königs 
Seleufos I. und Befehlshaber der Flotte desjelben 
auf dem Kafpiichen Deere, fiel, nach deflen Tode 
von Antiochos 1. nad Vorderaſien gejchidt, im 
Kampfe gegen die Bithynier. In feiner Stellung 
er er jich mit den Berhältnifjen der zum ſyriſchen 

eiche gehörenden Länder wohl befannt gemacht, 
wodurdh er in den Stand gejeßt wurde, bedeu— 
tende Schriften über das mittlere Ajien zu ver- 
fafien. Plut. Demetr. 47. Strab. 2, 68 ff. 11, 509. 

Patröklos j. Achilleus. 

Patrönus, der Schußherr, I) gegemüber ben 
Elienten. Neben den Vollbürgern (patricii, j. d.) 
lebten in Rom Clienten (von eluere, »Avsır, d. h. 
Hörige), welche aus den alten italiichen, von 
ftärferen Einwanderern bejiegten Ureinwohnern 
hervorgegangen waren. Aus freien Eigentümern 
waren die Unterworfenen Hörige oder Hinterjafjen 
geworden, wie diejes überhaupt in Altitalien üblich 
—— zu ſein ſcheint, ein Verhältnis, das in 

om einen beſonderen religiöſen Charakter annahm. 
Der Client war verpflichtet, 1) mit und für den 
Patron die Waffen zu ergreifen (in der älteſten 
Zeit); — 2) denſelben vorkommenden Falls mit 
Geld zu unterſtützen, nämlich bei Ausſtattung der 
Töchter, bei öffentlichem Aufwand, bei Loskaufung 
des Patrons aus feindlicer Gefangenſchaft u. j. w. 
Der Patronus muhte dagegen dem Ülienten in 
allen Beziehungen jchügend und ratend zur Seite 
ftehen, 3. B. vor Gericht. Das Verbot, gegen 
einander zu Hagen und zu zeugen, galt für beide 
Parteien, und Verlegung diejes heiligen Verhält: 
nifjes wurde mit sacratio capitis beitraft. Durch 
Servius Tullins wurden die Elienten ebenjo Bür- 
ger, wie die Blebejer (neu eingewanderte Yatiner), 
Zingen aber lange Zeit mehr an ihren patricijchen 

chutzherren, als an ihren neuen Standesgenofien, 
bis jpäter das BPietätsverhältnis loderer wurde; 
und nun hielten es die Elienten mit den Plebejern. 
Endlich waren die Elienten nichts mehr als Arme 
und. Geringe im Gegenjaß zu den Neidhen; fie 
bildeten den Hofſtaat des Hatronus, indem fie 
demjelben früh ihre Aufwartung machten (salutare), 
ihn auf das Forum oder auf den campus Martius 
begleiteten und dafür Geld und Speije empfirgen 
(sportula), was noch unter den Kaiſern geichab. 
Berichieden war das Patronat des Freilafjers über 
den lıbertus, j. Libertinus. Bgl. Friedländer, 
Sittengeichichte Noms 1, 3. Abichnitt, 3. — 11) Das 
Patronat über Korporationen, Kommunen und 
ganze Länder bildete jih analog nach dem eben 
erwähnten auf einzelne bejchräntten Schutzver— 
hältnis. Beſiegte Städte und Provinzen begaben 
ji unter den Schuß einer mächtigen Familie in 
Rom, was diejer zur Ehre, jenen zum Nußen ge 
reichte. So waren die Marceller die Patrone Si— 
ciliens, wie Cicero (Verr.) mehrmals erwähnt; 
Eicero war Patron von Capua u. ſ. w. In ber 


IIaroooı ®eol -— Pausanias. 


Katjerzeit war das Patronat über Städte, colle- 
giales, sodalitates u. j. w. etwas jehr Gewöhn— 
liches. — III) Patronus, der gerichtliche Vertreter 


des Klägers oder Bellagten, oft bei Eicero und 


Duintilian, ſ. Advocatus. 

Ilarogooı »eoi |. Tevißkıog. 

Pattäla, Tlerrara (Ildeare), r& oder 7), Stadt 
an der Scheidung der beiden äußerſten Mündungs: 
arme des Indos auf der durch jene gebildeten 
Inſel Nerraie oder Ileralnvr, von Alerander be- 
feftigt und zu einem blühenden Handelsplatz erhoben. 
Arr. 5, 4, 1. 6, 17, 2.5.18, 1 ff. Strab. 15, 700 f. 

Patümos, Tcqdrovuos, nach Herodot (2, 158) 
eine Stadt in Arabien (d. h. an der ägyptiſchen 
Grenze gegen Arabien), an dem von Necho be- 

onnenen Ranal; ohne Zweifel das Pithom des 

. X., das Bistum der Inſchriften, alſo identijch 
mit Heroopolis (j. d.), oder doch in deſſen unmittel- 
barjter Nähe. 

. Paulli j. Aemilii. 

Paulus, Julius, berühmter römijcher Juriſt 
im Anfange des 3. Jahrhunderts n. E. Zeit und 
Ort jeiner Geburt find unbefannt, auch von jeinen 
Lebensverhältniffen wiſſen wir — Früher 
Sachwalter, wurde er von Heliogabal verbannt, 
aber von Nlerander Severus zurüdgerufen. Mit 
Papinian war er in dem Gonfilium des Septi— 
minus Severus, mit Ulpian praefeetus praetorio., 
Er ift derjenige unter den Juriſten, welcher das 
meiſte geichrieben hat. 40 verjchiedene Werte werben 
von ihm angeführt: 80 Bücher ad edietum (aljo 
über das prätorijche Recht) und 23 brevia ad 
edietum, welche Nachträge und Zuſätze dazu ent- 
hielten, 50 ad Sabinum (über das Eivilrecht), 
26 BB. quaestiones, 23 BB. responsa, 7 re- 
gulae, 5 sententiae, 3 decreta, 6 imperiales 
sententiae und eine Menge Kommentare zu ein: 
zelnen Gejegen und Senatsconjulten, Noten zu 
den Werten älterer Juriften, Abhandlungen über 
verſchiedene Nechtsmaterien. Alle dieje Schriften 
find in den vorjuftinianiichen Rechtsſammlungen 
ftarf benußt und auch in den Pandekten, von denen 
fie den fechften Teil des Umfangs bilden, vielfach 
angezogen. Die Sententiarum libri V (gewöhn- 
lid) sententiae receptae genannt) gelangten jeit 
dem 5. re als Kompendium zu großem 


Unjehn, daher fie in dem Breviarium Alarici viel- 
fach WUufnahme und fichere Erhaltung gefunden 
haben. Zu Rom ftudierte man feine Werle im 


vierten Stubdienjahre. Dem Bapinian und Ulpian 
jteht er in Bezug auf die Darftellung, Gewandtheit 
und Sorgfalt entichieden nad). 

Paupertas j. Penia. 

Pausanias, /Iavsavias, 1) der Spartaner, nach 
dem frühen Tode jeined Vaters Kleombrotos (480 
v. &.) Regent für Pleiftarchos, den unmündigen 
Sohn des Leonidas, öfter mit Unrecht auch König 
genannt. Im J. 479 zog er mit 10 000 Hopliten, 
worunter 5000 Spartiaten waren, 35 000 Heloten 
und den Bundestruppen zum ermeuerten Sriege 
gegen die Berjer aus und ftellte, nachdem fich auf 
dem Iſthmos die übrigen Beloponnefier, bei Eleufis 
die Athener mit ihm vereinigt hatten, fein Heer, 
beitehend aus 38 700 Schwerbewaffneten und 
69 500 Leichtbewaffneten, am Fuß des Kithairon 
auf. Hdt.9, 10 ff. Plut. Arist. 11. Nach längerem 
Hin: und ig: werte fam e3 zur Schlacht bei Pla: 
taiai, worin Mardonios getötet und das perftiche 

Realleriton bes Tlafi. Aitertums. 7. Aufl. 


i 


897 


Heer vernichtet ward, Juli oder Auguft 479. Der 
Hader der Verbündeten um die dorsreie wurde 
beigelegt durch Verleihung derjelben an die Pla: 
taier. Nachdem die Beute verteilt und auf dem 
Schlachtfelde ein Bund unter den Griechen zu 
Schuß und Trutz abgejchlofien war (Thuc. 2, 71. 
3, 68), wandte jih Pauſ. gegen Theben, das ſich 
nach vorausgegangener Verteidigung ergeben mußte, 
worauf die Urheber des Bündniſſes mit den Perſern 
ſich ſelbſt auslieferten und getötet wurden. Im 
folgenden Jahre zog er an der Spitze der helle- 
nischen Bundesflotte aus, um die Perſer gänzlich 
gu vertreiben, unterwarf Kypros (Thuc. 1, 94) und 

nn nach längerer Belagerung Byzanz, welches 
er zum Sitze einer eigenen 2 machte. Just. 
9, 1. Hier lernte er — Pracht und Wohl- 
feben fennen, und während er fich jelbft vom 
Kampfe fernhielt, machte er ſich durch gewalt- 
thätiges, aller griechiichen Sitte Hohn jprechendes 
Weſen jo verhakt, daß die Verbündeten die Athener 
baten, die Führung gegen Berfien zu übernehmen, 
477/6. Hdt. 8,8. Plut. Arist. 23. Schon damals 
hatte P. verräteriiche Verbindungen mit Berfien 
angefnüpft. Er ließ nicht nur Verwandte des 
Königs, die in Byzanz in feine Gewalt — 
frei, jondern trat auch durch einen Bertrauten, 
en Eretrier Gongylos, und dann durch Artabazos 
in Verbindung mit Xerreö, ja er reifte ſchon in 
der Weife eines orientaliihen Satrapen durch 
Thrafien, als er zurücdberufen wurde, um fich 
wegen verichiedener Anklagen zu verantworten. 
Thue. 1, 128. P. gehordhte dem Befehl. Er 
wurde wegen einiger perjönlichen Beleidigungen 
beftraft, von der Hanptanflage jedoch freigefprochen, 
aber nicht wieder in den Oberbefehl eingejekt, 
fehrte jedoch nach einiger Zeit auf eigene Hand 
nah Byzanz zurüd, um von da aus die Unter: 
handlungen mit dem Berjerfönig fortzujeßen. Bon 
den Athenern vertrieben, ging er nach Kolonai in 
Troas, von wo ihn die Ephoren wiederum durch 
einen Herold mit der Skytale nach Sparta entboten. 
Anfangs gefangen gejebt, wurde er doch wieder 
freigelaffen, obgleich unverfennbare Anzeichen von 
verräterijchen Plänen und — der Heloten 
vorlagen; jchließlich gelang es, durch Vermittelung 
eines früheren Vertrauten, eines Mannes aus Ar: 
gilos, Beweije der Schuld aus dem eigenen Munde 
des Pauſanias zu befommen. Als er nun ergriffen 
werden jollte, floh er, von einem der Ephoren 
rechtzeitig gewarnt, in den Tempel der Athene 
Ehaltioifos, wo er umnverleglich war; doch man 
dedte das Dad) ab, vermauerte die Thüren und 
ließ ihn Hungers fterben (wohl im Sommer 468). 
Das Drafel aber befahl jpäter, diefe Schuld zu 
fühnen. Dieje auf Thukydides beruhende Tradi- 
tion von einer hochverräterifchen Verbindung mit 
den Perjern und dem Plane des P. mit Hülfe 
jener Macht die jpartanijche Ariftofratie zu ftürzen 
und Griechenland zu erobern, ift jchon nach den 
Beugnifjen des Altertums (Hat. 5, 32. Arist. pol. 
5, 1.6. 7,.13) umficher und daher in neuerer Zeit 
mehrfach mit Mecht bezweifelt worden. Auffällig 
muß es vor allem erjcheinen, daß der —— 
Staat dem dreiſten und verräteriſchen Treiben des 
Pauſ. gegenüber ſich ſo lange Zeit ſchlaff gezeigt 

ben ar Die neuejte Annahme (j. Dunder, der 
rozeß des Pauſ. 1883) von einem jich neutrali: 
fierenden Gewichte ziveier Parteien in Sparta, 

67 


898 


Pausias — 


deren eine, bon 2 Ephoren vertreten, Baui. jo lange 
und länger als möglich dedte, hat die Schwierig: 
feiten nicht völlig beieitigt. — 2) der Entel des 
vorigen, erhielt die Königswürde noch unmündig 
an der Stelle jeines in der Verbannung lebenden 
Vaters Pleiftoanar (444-426 v. E.) und folgte 
nach deiien Tode (408— 394). Während veB Kampfes 
Thraſybuls gegen die 30 Tyrannen nach Athen 
geſchickt, um dieje zu unterjtüßen, bejiegte er zwar 
die Anhänger des Thraſybul im Peiraieus, be: 
willigte indes die Wiederherftelung der Demo: 
fratie entweder aus Neid gegen Lyſander oder aus 
liberaler Gefinnung. Xen. Hell. 2, 4, 29#. Schon 
damals vor Gericht geftellt, aber freigeiprochen 
(Paus. 3, 5, 2), wurde er, weil er durch zu jpätes 
Eintreffen die Niederlage und den Tod des Ly— 
jander bei Haliartos (395) verjchuldet zu haben 
ichien (Plut. Lus. 28 ff. Just. 6, 4. Xen. Hell. 
3, 5, 17), angellagt, wiederum die Intereſſen 
des Baterlandes vernachläffigt zu haben, und ent: 
zog ſich der Verurteilung durch Flucht nach Tegea, 
wo er aud ftarb. — 3) Aëropos' Sohn, ein Lyn— 
feftier, wurde 391 v. E. nadı Amyntas II. König 
von Makedonien; ihn bejeitigte 390 Amyntas III., 
des Arrhidaios Sohn (390—369). Diod. Sie. 14,89. 
— 4) erhob ſich gegen Ptolemaios Alorites (368 
— 365). Vielleicht iſt er derielbe ®., der Präten: 
dent gegen Philipp II. war. — 5) der Mörder 
Philipps 11. von Mafedonien, einer der Leib— 
wächter des Königs. Der Mord war ein Alt per: 
jönlicher Rache und ift Lediglich daraus zu erklären, 
dab Philipp den P. von Attalos (j. d. 1.) und 
deſſen Anhange hatte ungejtraft beleidigen lafien. 
Aristot. pol. 5, 10, p. 1311b,1. Die That erfolgte 
(Herbft 336 v. €.) am Eingange des Theaters zu Nigai, 
wo Philipp die VBermählung feiner Tochter Kleo- 
patra (J. d. 5.) mit Alexander von Epeiros (ſ. d. I, 3.) 
feierte. Der fliehende Mörder wurde noc einge: 
holt und von einigen Leibwächtern — 
Diod. Sie. 16, 91 ff. Just. 9, 6f. — 6) à nean- 
yneris, wahrjcheinlich aus Lydien (vielleicht Magne: 
fia am Sipylos), nicht Kappadofien, lebte unter 
Hadrian und den beiden Antoninen. Das von 
ihm erhaltene, in Rom verfahte Wert, wegırjynoıg 
rs 'EAAddog, umfaßt in 10 Büchern eine Reife: 


beichreibung der Landichaften Attifa nebit Megarıs, | Müller, fragm. hist. Graec. IV 


Korinth mit Sikyon, Phlius, Argolis, Aigina und 
der übrigen umliegenden Inſeln, Lakonien, Mefje: 
nien, Elis (2 Bücher), Achaia, Arkadien, Boiotien, 
Pholis mit dem ozolijchen Lokris. Die einzelnen 
Abteilungen der Beriegeje find in großen Zwiſchen— 
räumen Vogleich nach Bereifung der verichiedenen 
Landſchaften, nicht erft nach Bereiſung des gejam: 
ten Griechenlands, niedergeichrieben (3. N das 
erite Buch jogleich nach 160 oder 161, das fünfte 
Buch im J. 174). Den Inhalt bilden zunächſt 
und hauptſächlich die religiöjen und künſtleriſchen 
Merkwürdigkeiten der einzelnen Orte, denen geo: 
graphiiche, hiftorische, auch naturhiftorische Notizen 
beigegeben, aber untergeordnet find. Zuweilen 
werden auch derartige Merkwürdigfeiten aus an: 
dern Ländern zur Bergleichung mit den griedji: 
ſchen herbeigezogen. Das ganze Werk iſt vom 
Standpunkte eines Neilenden und für Reiſende 
geichrieben und beftimmt. Das Wichtigfte in dem- 
jelben jind, wie jchon bemerkt, die Religionstulte 


Pavimentum. 


wahl übrigens durd feine Norm, fondern nur 
dur augenblidliche Einfälle und bisweilen durch 
ganz entfernte Beziehungen beſtimmt ift, dient nur 
jubjidiarijch jeinen Nachrichten über Kunſtwerke 
und Neligionstulte, und unter diejen beiden ift 
| wieder die Kunft nur Unterlage für die Religion, 
die der höchſte Zwed und Geſichtspunkt der ganzen 
Periegeje it. Was die Glaubwürdigkeit feiner 
Beichreibungen und Angaben betrifft, fo iſt jein 
guter Wille und die redlichfte Abficht micht zu ver- 
fenunen; doc läßt er fich meift von dem jedes— 
maligen Eindrude beherrichen, daher manche hifto: 
riſche Widerjprüce und unmotivierte kritiſche Ur: 
teile. Die Mythen behandelt er in jeinem frommen 
Glauben an die alte Religion durchaus als Ge: 
ichichte; entftehen ihm Zweifel an der Wahrheit 
einer Tradition, jo gibt er zu veritehen, dab er 
den Glauben anderer berichte. Seiner Sprache fehlt 
forrefte Bejtimmtheit; jie hat etwas Mattes, Un: 
bedeutendes, ja zuweilen Unedles und geradezu 
Ungenießbares. Er gebraucht zu oft populäre 
Bezeichnungen und felten diejenigen Ausdrücke, 
weite einen Gedanken logiich genau umſchreiben 
oder von einem Bilde jcharfe Umriſſe und deut: 
liche Borftellungen geben. Bemerkenswert iſt noch 
die Ungleichheit der Bearbeitung in den einzelnen 
Teilen des Werks, welche in den erften Büchern, 
namentlich im der geradezu ungejchidten und un— 
beholfenen Bejchreibung von Attika, am meiften 
auffällt und erft weiterhin einer größern Leichtig- 
feit und Gelentigkeit weicht. — Ausgg. von Sie: 
belis (1822 f.), 3. Bekler (1826), Schubart und 
Walz; (Hanptausgabe,, 1838 f.), Dindorf (1845), 
Scubart (1853). Überfegungen von Wiedaſch 
(1826 ff.), Siebelis und Neichardt 1827 Fi.) und Schu: 
bart (1857 ff.). Unbillig urteilt Kalkmann, Baui. der 
Perieget. Unterfuchungen über jeine Schriftftellerei 
und feine Quellen (1886). Gurlitt, über Baujanias. 
Unterjuchungen (1889). — 7) aus Cäſarea in Kappa: 
bofien, Sophift aus dem 2. Jahrhundert n. E. 
und Schüler des Herodes Attilos, lehrte zuerjt in 
Athen, dann in Rom Rhetorik. Er jchrieb sol 
ovrrd£eog und meoßlruare. — 8) aus Damajfos, 
Verfaſſer eines Werks über Syrien, welches wenig: 
|ftens aus 6 Büchern beitand. Fragmente bei 
p. 467. — 9) aus 
Lakedaimon, ein Hiftorifer aus unbelfannter Zeit, 
verfahte Werke weel "Ellnonörrov, Aanwvınd u.a. 
— 10) ein Zerifograph, vielleicht identiich mit dem 
Syrier. Sein Wörterbuch zeichnete fich durch Boll: 
ftändigfeit des Wortichages aus. — 11) mit dem 
Beinamen "Hoarksırıorns, ein Kommentator Des 
Philoſophen Heralleitos. — 12) Erzgießer aus 
Apollonia, Zeitgenofje des Daidalos aus Sikyon, 
mit dem er mehrere Weihgejchente für die Tegen- 
ten nach Delphoi verfertigte. Paus. 10, 9, 6. 

Pausias j. Maler, 4. 

Pausilfpum, rö Ilaveilvxor, eine ihren Na- 
men (die gramftillende, Sans souci) rechtfertigende 
herrliche Billa in Gampanien bei Neapolis, welche 
Vedius Bollio dem Auguft vermachte. Strab. 5,246. 
Sen. ep. 57. Der Name ift jebt auf die prächtige, 
etwa 10 Minuten lange Grotte zwiichen Neapel 
und Bozzuoli übergegangen (Bofilippo), die Vipſa— 
nius Agrippa durch Eoccejus durch die Lengariſchen 
Hügel iprengen lieh. Am Eingange wird das an: 


mit den an fie gelnüpften Denkmälern; der geo: gebliche Grab Vergils gezeigt. 


graphijche und hiſtoriſche Beitandteil, deſſen Aus: 


Pavimentum j. Haus, 10. 


Pavo — Peducaei. 899 


Pavo, rang, der Pfau, der der Juno heilige !13, 6056. — 2) Stadt in Mefjenien (Hom. Il. 
(Ov. a. a. 1, 627) Vogel, der aus Aſien herüber: |9, 152), das jpätere Methone. 
gebracht und auf den Landgütern der römischen | Pediaier j. Parteien. 
Großen gehalten zu werden pflegte. Seit dem) Pediänus ſ. Asconius. 
Borgange des Nednerd Hortenjius fam er auch Pedii, blühten in den legten Leiten ber Ne: 
als LZederbifjen (den man mit 50 Denaren, 1 Ei |publif: 1) DO. Pedius, der Sohn einer Schweiter 
mit 5 Denaren bezahlte) auf die Tafel; jeine | Cäjars, nahm am galliichen Feldzuge teil, beflei- 


Schweiffedern dienten zu Fliegenwedeln. dete im J. 48 v. E. die Prätur (Caes. b. c. 3, 22) 
Pavor j. Ares. und war im %. 45 Legat Cäſars in Hilpanien. 
Pax f. Eirene, | Nach feines Oheims Tode, der 2 ein bedeuten: 
Paxi, Ilatol, 2 Heine Felſeninſeln zwifchen | des Erbe ausgejegt hatte, überließ er dasjelbe dem 


Kerkyra und LZeufas; j. Paro und Antiparo. Pol. | Octavian (Suet. Caes. 88. App. b. c. 3, 94) und 
2,10. Dio Cass. 50, 12. Plin. 4, 12, 52. wurde durch ihn und mit ihm nach dem Tode des 
Peculätus hie; das Unterjchlagen von Geld | Hirtius und Panja bei Mutina Konjul, 43. Tac. 
oder andern Sachen, die dem Staat oder den |dial. 17. Gegen Cäſars Mörder beantragte er 
Göttern gehörten, furtum pecuniae publiene, In ein ſtrenges Geſetz. Er vermittelte die Verhand- 
der alten Zeit der römijchen Republit fam diejes | lungen Setaviand mit Antonius und Lepidus und 
Berbrechen ſehr jelten vor (die Anflage des Ca: |jcheint auch an dem Abſchluſſe des Triumpirats 
millus, ſ. Furii, 10. und der beiden Scipionen, |(43 v. E.) nicht unbeteiligt geweſen zu fein. Er 
PB. und 2, ſ. Cornelii, 10. 11., find die be= | ftarb in demjelben Jahre plöglich. Dio Cass. 47,15. 
fannteften), jpäter aber öfter, ſo daß mehrere Gefege | — 2) Bed. Bläfus, verlor infolge einer Anklage 
dagegen erfchienen, und eine quaestio perpetua | der Kyrenaier wegen Unterfchleifs feinen Sig im 
de peculatu angeordnet wurde. Am wichtigjten | Senate durch Nero, erlangte ihn aber 10 Jahre 
war die lex Julia (von Cäſar oder Auguftus), | jpäter durch Otho wieder. Tac. ann. 14, 18. 
welche in der Kaijerzeit jehr erweitert wurde. Die | hist. 1, 77. 
Strafe war früher aquae et ignis -interdietio |] Pedo, Albinovanus, Zeitgenoffe und ver: 
und voller Erjag, jowie infamia, in der Kaiferzeit | trauter freund des Ovid, der an ihn den zehnten 
deportatio. Brief des vierten Buches der epistulae ex Ponto 
Peeulium (Deminutivum von pecus), jo viel |jchrieb und ihn (daf. 4, 16, 6) mit dem epiichen 
wie Vermögen, bedeutet im engeren Sinne das | Dichtern Marjus, Rabirius und Macer zujammen: 
Vermögen, weldes von dem pater familias dem | ftellt und als sidereus rühmt. Als Epifer nennt 
Sohne oder Sklaven zu eigener Verwaltung über: ihn Duintilian neben Rabirius (10, 1, 90) mit 
lafien worden war, aber von demfelben auch wieder | dem bejchränften Lobe: non indigni cognitione, 
zurüdgenommen werden konnte. Eine teftamen: |si vacet. Auf eine Thejeis läßt Ovid ſchließen, 
tariiche Dispofition ftand dem Inhaber desjelben | und aus einem epifchen Gedichte über die Thaten 
nicht zu, ebenjo wenig das Verſchenken einzelner | de3 Germanicus ift ein gutes Fragment de na- 
Teile, jo daf der Sohn z. B. nicht einmal einen | vigatione Germanici per Oceanum septemtrio- 
Sklaven manumittieren durfte. Das von den Haus: | nalem bei Seneca (swas. 1, 14) erhalten. Martial 
föhnen im Krieg (3. B. Sold, Beute) oder durch |jcheint auch Epigramme gelannt zu haben (5, 5. 
Erbichaft von Freunden im Felde erworbene oder | 2, 77), womit die Anekdote bei Duintilian (6,3, 61) 
das von Eltern und Vertvandten zum Kriegsdienfte | zu verbinden ift. — Seinen Pla unter den Ele: 
ihnen geichenfte Gut hieß peculium castrense |gifern verdankt Pedo allein der Vermutung Joſ. 
und galt ſchon vor alterd durch Hertommen als | Scaligerd (Catal. p. 94), daß die 3 Elegien de 
eine Art Eigentum des Sohnes (Jur. 16, 51 ff.).|obitu Maecenatis (richtiger Epicedion Maecena- 
Gejeplich wurde das Recht der teftamentarijchen |tis), de Maecenate moribundo und die conso- 
Verfügung über diejes pec. castrense von jeiten | latio ad Liviam Augustam de morte Drusi (Epi- 
des Sohnes erft durch Auguftus und wiederholt | cedion Drusi) von ihm herrühren. Während man 


dur; Nerva und Trajan ausgefprochen. bei den beiden erjten, die ziemlich dürftig find, 
Pedalion j. Idalion. längft eine jpätere Zeit der Abfafjung vermutet 
Pedanöus iudex j. Judex pedaneus. hat, blieb man bei der dritten Elegie feiter in der 


Pedanii, 1) T. Bedanius, zeichnete fich im |augufteiichen Zeit und dachte jogar an Ovid jelbit 
Kampfe gegen die Karthager bei Beneventum aus, als Berfafjer, in deſſen Werfe fie in der Regel 
212 dv. &. Liv. 25, 14. — 2) wurde vom Kaiſer | Aufnahme fand. Indeſſen ift neuerdings aus dem 
Auguftus beauftragt (4 v. E.), Mitglied de3 Ge: | Umftande, daß fie nur in ganz jungen Handſchrif— 
richtö zu jein, welches zu Berytos über die Söhne | ten überliefert ift, aus ihrer modernen Färbung 
des Herodes enticheiden follte. Jos. b. Jud. 1, 27. | und abweichenden Haltung von M. Haupt (opusc. I 
— 3) Bed. Secundus, praefectus urbi, wurde | p. 315 ff.) darzuthun verjucht worden, daf fie ein 
unter Nero von einem SHaven umgebracht (61 n.E.), | Machwerk des 15. Jahrhunderts ſei, während Hüb- 
weshalb jeine jämtlichen Sklaven nad) einem alten | ner (Hermes 13, 145 ff.) fie wiederum dem 2. Jahr: 
Gejege hingerichtet wurden. Tac. ann. 14, 42 ff. |hundert zu vindicieren verfucht hat, und Bährens 

Pedarii ſ. Senatus, 2. (poet. Lat. min. I p. 97 ff.) ihre Entftehung gar 

Pedäsa, IIjdace, alte lelegiihe Stadt Ka: in das Todesjahr des Drujus (9 d. C.) verlegt. 
riend zwiſchen Milet, Halilarnatjos und Strato: | Für —— Echtheit iſt auch Bücheler eingetreten. 
niteia Hdt. 5, 121. 6, 20), ſpäter den Halikar-⸗ Peducaei, plebejiſchen Standes. Dazu gehören: 
naffiern unterthan, in römiſcher Zeit verfallen. |1) Sertus Peducäus, beantragte als Volkstri— 
Strab. 13, 611. bun eine Unterfuchung gegen Bejtalinnen wegen 

Pedäsos, ITidaoos, 1) Stadt Myſiens am Inceſts, 113 v. E. Cie. n.d. 3, 30, 74. — 2) ©. 
Satnioeis. Hom. Il. 6, 34. 20, 92. 21, 87. Strab. | Bed., ein im Rufe großer Unbejcholtenheit und 


577 


900 


Gelehriamkeit ftehender Mann, der ſich bei der 
Verwaltung von Sicilien (76 und 75 v. E.) allge: 
meine Liebe erwarb und fein Freund des Berres 
war, daher auch eine jpäter gegen ihn erhobene 
Anklage feinen Erfolg hatte. Cie. Verr. 2, 56. 
3, 983. Er beftärfte den ihm befreundeten Cicero, 
der jein Quäftor auf Sicilien gewejen war, in 
feinem Verfahren gegen die Catilinarier. — 3) ©. 
Ped., des vorigen Sohn, jcheint ein gebildeter 
und mwohlunterrichteter Mann geweſen zu jein, da 
fein Freund Atticus fein Urteil jehr hoch hielt. 
Cie, ad Att.9, 7,2. 15,3, 3. Im Bürgerfriege 
finden wir ihn auf jeiten Gäjars, jpäter diente er 
dem DOctavian. Cie. ad Att. 16, 11, 1. 

Pedum, eine in der älteren Geichichte öfter ge- 
nannte, fpäter verfallene Stadt Latiums, 2 M. 
öftlih von Rom an der via Lavicana; vermut- 
fi j. Gallicano. Liv. 2, 39. 8, 12. 13. 14. Cie. 
ad Att. 9, 18. Hor. ep. 1, 4, 2. In der Nähe lag 
ein Landgut des Dichters Tibull. 

Pegäsos, IIryasog, Quellroß, ein geflügeltes 
No, das, zugleih mit Chryjaor don Poſeidon 
und der Gorgo Meduja an den Quellen des 
Dfeanos gezeugt, aus dem Rumpfe der Meduja 
hervorjprang, als Perſeus fie enthauptete. Es 
ſchwang fich zu den Unfterblichen empor und weilt 
nun in dem Palaſte des Zeus, dem es Donner 
und Blig trägt. Jlrsiod. theog. 278 ff. Or. met. 
4, 784. Hiernach ift P. das Donnerroß des Zeus. 
Bei Späteren gilt es ald Roß der Eos; auch ift 
es unter die Bejtirne verfegt. Bellerophontes (j. d.) 
fing das Roß, als e8 eben an der Quelle Peirene 
tranf (Pind. ol. 13, 63 ff.), oder er erhielt es ge: 
zähmt und gezäumt von Athene oder von Pojeidon 
und bejiegte mit feiner Hülfe die Chimaira, auch 
die Amazonen und Solymer. Hesiod. theog. 325. 
Pind. ol. 13, 86. ®. galt auch als Mujenrofi, 
injofern es den Helifon, welcher bei dem Gejange 
der Mufen vor Entzüden himmelan fich erhob, 
auf Poſeidons Rat durd einen Hufichlag am Auf: 
jteigen hemmte und fo die begeifternde Muſenquelle 
Hippofrene hervorſchlug. Or. met. 5, 256. Ant. 
Lib. 9. Ähnlich joll P. die Hippofrene zu Troizen 
und die Beirene zu Korinth hervorgerufen haben. 
Dichterroß, auf dem die Poeten ſich in Begeifte: 
rung emporichwingen, ift P. erft in neuerer Zeit 
durch Vermengung der Sagen von Bellerophon 
und Dippofrene geworden; den Griechen war dieſe 
Idee fremd. 

IInyouavreia |. Divinatio, 12. 

Peiraieus f. Attika, 15. 

Peiröne j. Korinthia, 3. und Pegasos. 

Peirithdos, IIsıod#oos, Sohn des Jrion oder 
des Zeus und der Dia, der Tochter des Deioneus, 
ein Xapithe. Hom. Il, 2, 741, 14, 317. Als er 
zu jeiner VBermählung mit Hippodameia (oder Dei: 
dameia), der Tochter des Lapithen Atrax, die 
Kentauren und viele helleniiche Helden geladen 
hatte, wollte der Kentaur Eurytion, vom Weine 
beraujcht, die Braut entführen; aber Thejeus oder 
Kaineus rettete fie. Da die andern Kentauren 
auf die andern Frauen ftürzen, entfteht ein furcht- 
barer Kampf der Kentauren mit den Lapithen und 
den hellenifchen Helden, in welchem die Kentauren 
endlich bejiegt werden. Or. met. 12, 210 ff. Hom. 
Od. 21, 295. 11,631. II. 1, 263 (. Theseus, 4.). 
Er ift Vater des Polypoites. om. Il. 2, 740. 

Peisandros, Ilsicavögos, 1) Sohn des Mai: 


Pedum — Peisistratos. 


malos, myrmidoniicher Krieger des Achilleus. Hom. 
Il. 16, 193. — 2) Sohn des Antimadhos, ein Troer, 
von Agamemnon erſchlagen. Hom. Il. 11, 122. 
13, 601. — 3) Sohn des Polyftor, Freier der 
Penelope. Hom. Ed. 18, 299. 22, 268. Or. her. 
1, 91. — 4) von Kameiros auf Rhodos, epiicher 
Dichter, um 645 v. E. blühend, Berfafler einer 
‘"Hodxksı@ in wahricheinlid 12 Büchern, welche 
bejonders deswegen von Bedeutung war, weil in 
ihr Herakles zuerſt nicht mehr als Vollbringer 
gewöhnlicher Heldenfämpfe mit den heroiichen 
Waffen, jondern als ein auf feine Körperfraft jich 
verlaffender Kämpfer und Beztwinger von Unge— 
—— und Rieſen mit der einfachſten Waffe, der 

eule, und, ftatt ſonſtiger Schugwaffen, nur mit 
der Löwenhaut bededt, auftrat, die Vorſtellung 
des Helden aljo völlig umgebildet ward. Wahr: 
icheinlich enthielt auch dieſe Herafleia zuerjt die 
Zwölfzahl der Kämpfe des Herafles. Wir bejigen 
von ihr mur äußerſt wenige Bruchjtüde (gejam: 
melt von Kinkel, ep. Graec. fragm. I p. 248 ff.). 
Die Alerandriner gaben dem Peilandros im epi— 
ſchen Kanon eine Stelle nadı Homer und Heſiod. 

- 5) aus Laranda in Lykaonien, ebenfalls epiicher 
Dichter unter Alexander Severus (222—235 n. E.). 
— 6) j. Vierhundert. — 7) jpartanifcher Nau— 
ach, dem jein Schwager Mgejilaos, als er nad 
Lyjanders Niederlage und Tod bei Haliartos in 
die Heimat gerufen wurde, die Flotte übergab. Er 
verlor gegen Konon (ſ. d.) bei Knidos im Jahre 
394 Schlacht und Leben. Xen. Hell. 3, 4, 29. 
4, 3, 10 ff. 

Peisisträtos, /Isısiorgaros, 1) Sohn des Neftor 
(ſ. d.); er empfängt den Telemadjos auf defien Er: 
fundigungsreije und geleitet ihn nach Sparta. Hom. 
Od. 3, 36. 400. 482 ff. — 2) Tyrann von then, 
Sohn des Hippofrates, aus dem altedeln attijchen 
Geſchlechte der Philaiden, von mütterlicher Seite 
her mit Solon verwandt, geboren etwa 605 v. E. 
Die Vorzüge, weldye ihm dieje Geburt und des 
Baterd Reichtum verichafiten, wurden frühzeitig 
durch eine jeltene Fallungsfraft, Maren Verſtand 
und ausgezeichnete Nedegabe erhöht. Aber ebenjo 
ſchnell entwidelte ſich jein herrichjüchtiger, empor: 
jtrebender Sinn. Seine Jugend fiel in die Zeit 
jener unruhigen Bewegungen, welche der Gejep- 
gebung des Solon voraufgingen; als Solon Athen 
verließ, nachdem er ein zehnjähriges treues Feſt— 
halten an der Verfaſſung hatte beſchwören laſſen, 
trat P. zum erftenmal öffentlich auf. Jetzt brachen 
nämlich die Feindieligfeiten und Parteikämpfe wie: 
der hervor; da ftellte fih P. an die Spige der 
Diakrier (Önperafrier), während als Vertreter des 
Adels (der Pediaier) Lykurgos, Sohn des Arifto: 
laides, und der Allmaionide Megafles (ſ. d.) als 
führer der Paralier auftrat. Indeſſen blicb bis 
zu Solons Rückkehr alles unverändert. Da zeigte 
jih, dab fein Anſehen erlojchen und jeine Kraft 
gebroden war; P. folgte ihm in der Bollsgunit 
und wußte jich in derjelben durch Freigebigkeit, 
Klugheit und Herablaſſung zu behaupten. Im 
Stillen eines mächtigen Anhangs fih verjichernd, 
hielt er jein Ziel unverrüdt im Auge und mußte 
u rechter Zeit hervorzutreten; als er die Um— 
ſtände günftig fand und wußte, daß jeder ihm die 
Kraft zuichrieb, Herr aller Bewegungen zu bleiben, 
fuhr er einft auf den Markt, wie vor jeinen Fein— 
den fliehend, jelbft mit Wunden bebedt, und auch 


Peitho — Pelion. 


die Maultiere von Blut triefend, und flehte ver: 
jtörten Angefichts das Volk um Beiftand an. Trotz 
aller Warnungen Solons ging das Voll in die 
falle: es bemilligte ihm eine Leibwacde von 
50 Keulenträgern und gejtattete ihm außerdem 
noch, diefe nadı Belieben zu vermehren. Auf dieſe 
Weiſe bemäcdhtigte er fich der Burg und damit der 
Tyrannis, 560. Plut. Sol.29f. Hdt.1,595f. Der 
greife Solon, welcher von P. gut behandelt wor: 
den jein fol, ftarb im zweiten Jahre der Herr: 
ichaft desjelben, und die Altmaioniden gingen aus 
der Stadt; aber fie unterhielten mit der Partei 
des Lykurgos ein heimliches Einverftändnis, um 
den PB. zu ftürzen. Der Plan gelang, P. mußte 
(etiva 556) weichen und blieb 5 Jahre in der Ber: 
bannung, feine Güter wurden fonfiiziert. Bald 
aber entzweiten fih die beiden Parteien, und 
Megatles, der ald der Schwächere feine bedrängte 
Lage fühlte, bot dem P. wieder die Hand, um 
zur Tyrannis zu gelangen, wenn er feine Tochter 
Koiſyra) heiraten wollte. So rüdte er denn im 
Feſtzuge wieder als Tyrann in die Stadt, ihm 
zur Seite eine fchöne Athenerin von ftolzer Hal: 
tung, Phye, die Athene darftellend (Hat. 1, 60); 
das getäujchte Volk betete das Weib an und nahm 
P. auf. Weil die finderloje Gattin jich über 
Mangel an Achtung beflagte, indem ®. fich ſehr 
zu den Söhnen erjter Ehe hingezogen fühlte, fing 
Megaklles neue Antriguen gegen ihn an, und P. 
mußte, diesmal auf 11 Jahre, nad) Eretria weichen 
(um 549). Endlich gelang es ihm mit Hülfe der 
Thebaner, Argiver und des Narierd Lygdamis, 
ſich wieder in der Herrichaft zu befeftigen, nach: 
dem er (um 538) bei Marathon gelandet war 
und die ihm entgegenziehenden Streitkräfte auf 
dem Wege nad) Athen bei Pallene bejiegt hatte. 
Sp war er in einem Beitraume von 33 Jahren, 
bis zu jeinem Tode, 527, 17 Jahre Tyrann, 
16 Jahre Verbannter. Wenn er auch während 
der dritten Periode die Zügel feiner Herrſchaft 
etwas ftraffer anzog und die aus den Bergwerken 
fließenden Staatsmittel zur Vermehrung jeiner 
Söldner ftärfer benußte, auch Geiſeln aus den 
angejehenjten Gejchlechtern nach Naxos jandte, das 
er erobert und dem Lygdamis übergeben hatte, 
ferner auch durch Beſetzung des den Mytilenaiern 
aehörenden Sigeion in Troas feine Tyrannen: 
macht zu verftärlen ftrebte: jo trug doc jein 
Regiment durchweg den Charakter der Milde und 
Verjöhnlichkeit, der Achtung vor dem Gejege und 
dem Kultus und der wohlwollenden Fürſorge für 
alle Bedürfnifie des Staats. Die foloniiche Ber: 
faſſung blieb im wejentlichen beftehen, nur Die 
Leitung der Angelegenheiten ging auf ihn allein 
über. Die Reichen beftenerte er nicht höher, als 
mit dem zwanzigjten Teile des Grundertrags, den 
Armeren widmete er forgfältige Rüdficht und ver: 
ichaffte ihnen durch die vielen und prachtvollen 
öffentlichen Bauten, durch Anbau von Kornfeldern 
und Dlivenpflanzungen Mittel zum Unterhalt. 
Kunft und Wiſſenſchaft fanden bei ihm eine eifrige 
Pflege; er legte das Olympieion, Pythion, viel: 
leicht auch das Lyfeion und den (undollendet ge: 
bliebenen) Barthenon an, wenn auch die Nach— 
richt, daß er den Onomafritos u. a. mit der 
Tertesrezenfion der homeriichen Gedichte beauf: | 
tragt habe, deshalb unglaublich ift, weil man in 
jener Zeit von derartigen philologiſchen Arbeiten | 


901 


noch feine Vorftellung haben konnte. — Seine 
Söhne erfter Ehe waren Hippias (j. d.), der ihm 
als der ältefte in der Herrſchaft nachfolgte, Hip: 
parchos und Theſſalos; aus der dritten Ehe mit 
der Argiverin Timonafja hatte er einen Sohn 
Hegefiftratos (Hdt. 5, 94). Bgl. die Abhandlungen 
von Häniſch (1862) und Bethe (1864). _ 

Peitho, Ilısdo, Berjonififation der Über— 
rebung, eine Begleiterin der Aphrodite, der Cha: 
riten, des Wohlredners Hermes. Zu Sikyon hatte 
fie einen Tempel auf dem Marfte. Paus. 2, 7,7. 
hr Name ift auch Beiname anderer Gottheiten, 
wie der Aphrodite und der Artemis (Paus.2,21,1). 
Bei Hermefianar hieß eine der Chariten Peitho. 
— Bei den Römern heißt die Göttin der Über— 
redung und Beredjamfeit Suada, Suadela. Hor. 
ep. 1, 6, 38. Cie. Brut. 15, 59. 

Peithon ſ. Pithon. 

Pelagönes, ITsAayorss, ein Volk pelajgiichen 
Stammes in Makedonien, das urjprünglich das 
Thal des Wrios bewohnte. Hom. Tl. 2, 154 ff. 
Später zogen fie weftlid zum Erigon, deſſen Ge: 
biet nun Ilelayovi« hieß, wodurd fie Nachbarn 
der Lynkeſtier wurden. Die Hauptitadt, ebenfalls 
Pelagonia geheißen, ift vielleicht das heutige Mo: 
naftir oder Bitolia. Liv. 45, 29. — Aus Livius 
(42, 53. 44, 2) ergibt fich übrigens, daß noch eine 
pelagonijche Tripolis (Azoron, Pythion, Doliche) 
weiter jüdlid an der Weftieite des Olympos im 
oberen Thale des Titarefios lag. 

Pelasgi j. Graecia, 9. 

Pelasgikon j. Attika, 9. 

Pelasgiötis j. Thessalia, 4. 

Pelasgos, IIeAaoyös, mythiſcher Stammherr 
der Pelajger: 1) Autochthon in Arkadien, oder 
Sohn des Zeus und der Niobe, Vater des Lykaon. 
Apollod. 3, 8, 1. — 2) Sohn des Areftor, Entel 
des Jaſos, Gründer des arfadiichen Parrhafia. — 
3) Sohn des Triopas und der Sois, Bruder des 
Jaſos, oder Sohn des Phoroneus, Gründer des 
peloponnefiihen Argos, wo auch jein Grab; er 
nahm Demeter auf ihren Irren in Argos auf 
und ward der erfte Verbreiter des Aderbaues. 
Paus.1, 14, 2. 2,22,1. — 4) Gründer bes thefla- 
liichen Argos, Sohn des Pojeidon oder des Hai: 
mon und ber Lariſſa, Bruder des Achaios und 
Phthios, oder Vater des Haimon, Großvater des 
Ehetfalos. — 5) f. Gelanor. 

Ilelarar |. Dvln, 4. 

Peleus j. Aiakos und Akastos. 

Pelias, IIs)dus, Sohn des Pojeidon oder des 
Kretheus und der Tyro, der Tochter des Salıno: 
neus, Bruder des Neleus, Mifon, Pheres und 
Ampthaon (Hom. Od. 11, 235 ff.), Herrſcher in 
Jolkos, Gemahl der Anaribia (der Tochter des 
Bias) oder der Philomache (Tochter des Amphion), 
Vater des Alaftos, der Peiſidike, Pelopeia, Hippo— 
thoẽ, Alfeftis. Apollod. 1, 9, 10. Das Weitere j. 
unter Argonauten. 

Peligni j. Paeligni. 

ITeiıyaiov og0g |. Chios. 

Pelinnaion, IIeAırraiov oder TIklıvve, fefte 
Stadt der theſſaliſchen Landichaft Heftiaiotis am 
Beneios öftlih von Triffa; j. Ruinen Kurbikhi. 
Liv. 36, 10. 14. Strab. 9, 437 f. 

Pelion, rö ITijkıor Ögog, j. Pleſidi, das jüd- 
öftlih vom Oſſa gelegene rauhe und waldige Ge: 
birge in der thefialiichen Landſchaft Magnefia 


* 


902 


zwifchen dem Boibeisjee und dem Pagaſaiiſchen 
Meerbufen, an dem es die beiden Vorgebirge Se: 
pias und Niantion bildet, mit zwei '1620m hoben 
Bipfeln, noch jett durch die Fülle und —— 
ſeiner Wälder und Obſtgärten ausgezeichnet. Die 
Giganten türmten entweder den Oſſa und den 
Olymp auf den Pelion, oder den Pelion und Oſſa 
auf den Olymp, um den Himmel zu erſtürmen. 
Hom. Od. 11, 314. Pind. pyth. 8, 15. Hor. od. 
3, 4,49. Ferner läßt die Sage hier den heil: 
fundigen Kentauren Cheiron wohnen, der nahe 
dem Gipfel des an Heilfräutern reichen Berges 
eine Höhle Hatte. Auf dem Gipfel befand Jich 
ein Heiligtum des Zeus Altaios. Strab. 9, 428 ff. 

Pella, Tl&ii«, 1) alte Stadt Maledoniens im 
Diftrift Bottiaia, 120 Stadien von der Mündung 
des Ludias an demjelben; j. Ruinen bei Jannita. 
Hdt. 8, 124. Mit Philipp von Makedonien, der 
hier geboren war und fie zur Nefidenz erhob, be: 
ginnt die Blüte der Stadt, die mun öfter genannt 
wird. Livius (44, 46) gibt über diejelbe die voll: 
ftändigften Nachrichten. — 2) eine der Städte der 
Defapolis im peraiiichen Paläftina, nördlich von 
Yabes, Sfythopolis gegenüber, früher Butis gen., 
j. Fahil. Hieher flüchteten fich die Ehriften 70 n. €. 
bei der Belagerung Jerufalems. 

Pelläna j. Lakonika, 7. 

Pellöne, IIeAlrjvn oder TIeilave, die Öftlichite 
unter den achaiiſchen Zwölfftädten auf befejtigter 
Höhe, 60 Stadien vom Meere, mit dem Hafenplaß 
Ariftonautai (richtiger wohl Argonautai, beim j. 
Xylofaftro). Hdt. 1, 145. Im peloponnefischen 
Kriege ftanden ihre Bewohner auf jeiten der Pe- 
loponnefier (Thue. 2, 9. 8, 3); im forinthiichen 
Kriege zeichnete fich bejonders ihr Bürger Pro: 
machos aus; in den Zeiten der adyaiiich-artolifchen 
Kriege erlitt die Stadt durch Angriffe und Ein- 
nahme manchen Schaden. Überreſte finden fich auf 
der Höhe von Zugra. Strab. 8, 385 f. 

Pelopidas, Ilslonidag, der Thebaner, Sohn 
des Hippoflos, aus einer edlen und reichen Fa— 
milie, durch innige Freundichaft mit Epamei- 
nondas verbunden, jchloß ſich der demokratiſch— 
nationalen Partei des Iſmenias an, mußte daher, 
ald die Dligarchen 383 oder 382 v. C. durch 
Spartas Hülfe fiegten, die Stadt verlaffen und 
fand mit etwa 400 Gefinnungsgenofier Aufnahme 
in Athen. Obgleich einer der Jüngſten, trat er 
doch nad) des Androfleidas Tode an die Spibe 
derjelben und jchlid, als die Vorbereitungen zu 
einer Ummwälzung in Theben gereift waren, mit 
12 Flüchtlingen in die Stadt; mit Hülfe ber 
dortigen Verſchworenen wurden die Dligardhen er: 
mordet, wobei Bel. eine Wunde empfing, und die 
Demofratie wiederhergeftellt, Dezember 379. Plut. 
Pelop. 8ff. Xen. Hell.ö, 4. Mit Charon und 
Melon wurde er zum Boiotarchen erwählt und 
befleidete von nun an jedes Jahr eines der höchſten 
Amter im Staate. Bei Ausbrucd des Krieges mit 
Sparta veranlaßte er den Spartaner Sphodrias 
zu einem Einfall in Attila und zur Beſetzung des 
Feiraieus und zog dadurch Athen auf die Seite 
der Thebaner. Während er thätig war, die übrigen 
boiotijchen Städte zum Eintritt in einen Bundes: 
ftaat unter Thebens Leitung zu nötigen, erwarb 
er ſich zuerft Kriegsruhm durch den glänzenden 
Sieg, den er über 2 aus Lokris Er Boiotien 
zurüdfehrende ſpartaniſche Moren bei Tegyra ge: 


EEE nn —— nn nn ——— — — 
— — — — — — — — — — — — 


Pella — Peloponnesischer Krieg. 


wann, 376 ober 375. Plut. Pelop. 16f. Bei 
Leuftra (371) befehligte er die heilige Schar, Die 
ihm bejonders ihre Organifation verdankte, rüdte 
mit Epameinondas in den Peloponnes ein (370— 
369), wurde nad der Rückkehr mit ihm wegen 
des 4 Monate zu lange befleideten Boiotarchats 
zur Verantwortung gezogen, aber ehrenvoll frei: 
eiprochen. Bon jeßt an (369) wandte er jeine 
hätigfeit mehr dem Norden zu. Die thejja: 
lichen Städte baten Theben um Hülfe gegen 
Alerander von Pherai. Er ging mit einem Heere 
dahin und zwang den Alexander zu einem Ver: 
gleich, deifen Bedingung ohne Zweifel die Auto— 
nomie der Städte war; ald Schiedsrichter nad) 
Makedonien berufen, entjchied er für Wlerander 
und nahm dejien Bruder Philipp als Geijel mit. 
Dod feine Einrichtungen bejtanden nicht lange. 
Die thefjaliichen Städte wurden wieder unterdrüdt, 
und Nlerander von Makedonien wurde von Pto— 
lemaios von Aloros ermordet. Pelopidas ging 
um zweitenmal nach Makedonien; da ihn aber 
eine Söldlinge verließen, jo mußte er einen Ber: 
gleich mit Btolemaios eingehen, wonad eine Tei— 
lung des Reiches zwiichen Ptolemaios und Ber: 
diffas eintrat (368). Als er dann nach Thefjalien 
mit Jimenias als Gejandter ging, wurde er von 
dem Tyrannen wider das Kir errecht gefangen 
genommen, beim Serannahen eines thebanifchen 
Heeres indes bald freigelaſſen. Gleich darauf be: 
gab er fich ald Gelandter nah Sufa und wurde 
ehrenvoll empfangen; doch gelang es nicht, die 
sriedensbedingungen des Perſerkönigs in Ausfüh: 
rung zu bringen, wenn auch der Friede des Au— 
talfıdas als Grundlage der griechiichen Berhältnifie 
von nun an bejeitigt wurde. Xen. Hell. 7,1. 
Im 3. 364 zog P. noch einmal den theſſaliſchen 
Städten zu Hülfe; eine Sonnenfinfternis (13. Juni 
364) veranlaßte das AZurüdbleiben des größten 
Teiles des Heeres, und nur mit 300 Neitern ging 
er weiter, im Vertrauen auf die Verwirrung in 
des Tyrannen eigenem Haufe. Bei Kynoskephalai 
machte er einen Angriff auf das überlegene Heer 
desjelben; während er aber auf Wlerander mit 
Ungeftüm eindrang, wurde er von deſſen Leibwache 
niedergemacht; die Thebaner indeflen, um jo er: 
bitterter fämpfend, errangen einen volljtändigen 
Sieg. Plut. Pelop. 31 ff. Diod. Sie. 15, 80, die 
Richtung Thebens nad) dem Norden war mit 
jeinem Falle zu Ende. Bol. Sievers, Gejchichte 
Griechenlands ©. 264 ff. 329 ff. Abhandlung von 
Qued (1875). 

Peloponnesischer Krieg (431—404 v. €.). 
Diejer Krieg ift feine aus zufälligen Umſtänden 
hervorgegangene Erjcheinung, jondern entftand mit 
Notwendigkeit aus der Entwidelung der griechi- 
ihen Staaten und Stämme. In den Perſerkriegen 
hatte freilich die gemeinjame Gefahr die meiſten 
griechiſchen Staaten zum Freiheitstampfe vereinigt; 
nachdem aber die defahr bejeitigt war, trat der 
Gegenjaß zwiichen der doriſchen und der ionijchen 
Volfsart, zwiſchen dem ariftofratiichen und demo: 
fratiihen Prinzip jchroff hervor und führte bald zu 
Streitigfeiten zwijchen den Hauptjtaaten, Sparta 
und Athen. then jtrebte unter Perifles’ Ver— 
waltung nad) der Vereinigung der Seeftaaten unter 
feiner Herrſchaft; die nicht unterworfenen, beſon— 
ders Korinth, blidten mit Eiferjucht und Beſorgnis 
auf Athens Machtſtellung (Thuc. 1, 44) und bil: 


ts 


= 


Peloponnesischer Krieg. 


beten, um die Selbftändigfeit zu behaupten, einen 
Doriſchen Bund mit dem Mittelpunfte Sparta, 
welches indes zu wenig regjam war, um die In— 
terefjen des Bundes gehörig zu vertreten. — Die 
bejondere Beranlafjung des Krieges fam aus der 
ferne. In Epidamnos (Dyrrhachium) vertrieb 
das Bolf die edlen Geichlechter (436). Die Ber: 
triebenen bedrängten im Bunde mit den benad): 
barten Taulantiern die Stadt, dieje wandte jich 
um Hülfe an die Mutterjtadt Kerfyra und, dort 
abgewiejen, an Korinth. Als dieſes eine flotte 
ichidte, griffen die Kerfyratier zu den Waffen, 
ichlugen die forinthiiche Flotte beim Borgebirge 
Aetium und eroberten an demjelben Tage Epi- 
damnos (435 oder im Frühling 434). Thuc.1,24 ff. 
Da Korinth in den nächſten Jahren größere 
Rüftungen machte und mehrere Glieder des Dori- 
ihen Bundes auf jeine Seite z0g, jo wendete fich 
Kerlyra an Athen, und die Athener beichlofien 
nad längerer Debatte in der Bollsverfammlung 
ein Bündnis mit Kerkyra. Als nun die Flotte 
Korinth3 einen neuen Angriff 4 die kerkyraiiſche 
machte, eilte die zu Hülfe geichidte atheniſche 
Flotte herbei, und Korinth blieb fieglos bei den 
Spbota-Anfeln, September 433 (Thuc. 1, 31 ff.). 
Sept aber beichuldigte Korinth die Athener des 
Trriedensbruchs, und als im Frühjahr des Jahres 
432 Potidaia mit den Bottiaiern und Chaltidiern 
von Athen abfiel, jäumte es nicht, denjelben Hülfe 
zu fenden. Thuc. 1, 56 ff. Plut. Per. 29. Es ver: 
anlafte außerdem eine Bundesverfammlung in 
Sparta, um gegen Athen zu Hagen, auf welcher 
auch die Megarer mit Beichwerden gegen Athen 
erichienen, jowie geheime Boten von Aigina (Thuec, 
1, 675.); bald folgte eine zweite Verſammlung. 
Thue. 1, 118. Der Krieg wurde, obgleich König 
Arhidamos vor UÜbereilung warnte, gegen Athen 
beichlofjen, wenn dasjelbe die geftellten Bedingun: 
gen, zuerjt: „Aigina und PBotidaia freizugeben und 
die Beichlüffe gegen Megara aufzuheben“, dann 
„die Freiheit und Umabhängigfeit aller griechiichen 
Staaten wiederherzuftellen“, nicht annähme. Be: 
riffes riet, die Gejandten abzuweijen, und jo 
war der Krieg entichieden, Anfang 431. Thue. 
1, 140— 145. Erjte Beriode: der archidamiſche 
oder zehnjährige (T’huc. 5, 25) Krieg (431—421). 
Athen begann denjelben in Verbindung mit einer 
großen Anzahl unterthäniger Bundesstaaten (Ari- 
stoph. Vesp. 707 gibt ihre Zahl, ohne Zweifel 
übertrieben, zu 1000 an), einigen freien, doch un: 
auflösbaren Verbündeten, Chios, Leſbos, Plataiai, 
Naupaktos, ug noch einige zweifelhafte famen: 
Berdiffas von Makedonien, ein thrafijcher Fürft 
Sitaltes, Kerfyra u. a. Es konnte gegen 30 000 
Hopliten und 300 Kriegsſchiffe aufjtellen, auf der 
Burg lagen 6000 Talente, und 1000 betrugen die 
jährlihen Einkünfte; die ſchwache Seite aber war 
die Unzuverläffigfeit der ſchwer bedrüdten Bundes: 
enofjen. Um Die Spartaner vereinigten ſich als 
eie Bundesgenofien faft der ganze Peloponnes, 
dann Megara, Boiotien, Lokris, Phokis; fie konn— 
ten 60 000 Schwerbewaffnete ausrüjten lafjen; es 
war aber eine jchtwerfällige, unbeholfene Macht, 
an Flotte und Geldmitteln ſchwach; und darauf 
rechnete bejonders Berifles. — Das Zeichen zum 
Kriege gaben die Thebaner durch den verunglüdten 
nächtlichen Angriff auf Plataiai, Frühling 431. 
Thuec. 2, 2. Im Juni fiel König Archidamos 





9085 


unter wilden Berheerungen in Attila ein, und 
jährlich (außer im dritten und jechjten Jahre) 
wurden dieje Züge wiederholt, doch die Athener 
iehen jih, wenn fie auch durch feite Punkte das 
Eh zu fichern juchen, in die Stadt zurüd, plün— 
dern dagegen mit der flotte die Küſten des Belo- 
ponnes, vertreiben die Nigineten, welde die Spar: 
taner in Thyrea aufnehmen, und räumen die Inſel 
athenijchen Kleruchen ein; fie beichließen, alle Schäße 
auf den Krieg zu verwenden und nur 1000 Talente 
für den äußerjten Notfall aufzuiparen; am Ende 
des Jahres hält Periffes die Leichenrede auf die 
Gefallenen. Thuc. 2, 10. Im %. 430 fehrten 
die Spartaner bald von ihrem Zuge nach Attika 
zurüd, aus Furcht vor der Peft, welche in Athen 
ausbrach und jchwere Bedrängnis über die Dicht: 
ehäufte Bevölferung brachte. Athen jchidt ſogar 
don Gejandte des Friedens wegen, die Spartaner 
aber, die ſchon jetzt Unterhandlungen mit den 
Berjern anfnüpfen, weiſen fie ab, Berifles er: 
mmtigt durch Nede und Beifpiel das Volk. Thuc. 
2, 46—70. Am Unfange von 429 fapituliert 
Botidaia, die Spartaner wenden fich gegen Pla: 
taiai, der Athener Phormion kämpft glüdlich in 
den wejtlichen Meeren, ein bleibendes Unglüd ift 
aber die in Athen forimwütende Belt, welche bie 
beiferen Bürger wegrafft, und mit dem Tode des 
Berifles (Ende Septembers 429) verihwinden Kraft 
und Bejonnenheit aus dem Staate. Plut. Per. 39. 
Thue. 3, 87. Diod. Sie. 12, 58. Es folgt ein 
entartetes Gejchlecht, geleitet von jelbftfüchtigen 
oder leichtjiinnigen Führern; nad) Eufrates und 
Lyſikles übernahm der Demagog Kleon die Xei- 
tung der Angelegenheiten, gegen welchen Nikias 
als Vertreter der wohlhabenden und gemäßigten 
Bürger nur zeitweilig Einfluß gewinnen fonnte. 
Thue. 2, 70— 100. Zu den gewöhnlichen Ver: 
heerungen fommt der Abfall von Leibos, die Stadt 
Methymna ausgenommen. then wird genötigt, 
eine Bermögensitener aufzulegen und die Bundes: 
genofjen ſchwerer zu — um neue Rüſtungen 
zu ermöglichen, 428. Thuc. 3, 1--19. Baches zwingt 
Mytilene, ſich auf Gnade und Ungnade zu ergeben 
427); die durch Kleon veranlaften blutigen Be- 
ichlüffe gegen die Moytilenaier werden zwar durch 
Diodotos gemildert, dennoch werden 1000 hin: 
gerichtet, die we zu zinsbaren Unterthanen 
gemacht, und das Gebiet unter Kleruchen verteilt. 
Gleiche Barbarei üben die Thebaner und Spar: 
taner gegen das endlich bezwungene Plataiai, und 
in Kerfyra mwüten (427 — 424) Demokraten und 
Ariftofraten gegeneinander; auch in die ficiliichen 
Angelegenheiten miichten fich die Athener, indem 
jie infolge der Gejandtichaft des Leontiners Gor— 
gias den ioniſchen Städten in Sicilien und Unter: 
italien eine Flotte zu Hülfe jchicdten unter Laches 
und Charoiades. Diejelben bejegten Rhegion und 
behaupteten dieje Stadt mehrere Jahre, 427. Thuc. 


3, 20—86. Diod. Sie. 12, 48 ff. Während die 3 


Spartaner durd; Erdbeben von den gewöhnlichen 
Einfällen abgehalten werden, gebt Demofthenes 
mit einer flotte in die weitlihen Meere, wird 
zwar von den Witolern geichlagen, entießt aber 
das bedrohte Naupaktos und erringt am Ambra— 
liſchen Meerbuſen einen Sieg über die Ambra: 
fioten und die peloponnefiihen Bundesgenofien 
unter Eurylochos u. a., 426. Thuc. 3, 87—114. 
Derielbe beiekt im folgenden Jahre auf einem 


— 


— 


904 


Zuge nad Sicilien und Kerkyra, ungeachtet des 
Wideripruchs jeiner Mitfeldherren, aber durch eine 
Windftille unterftübt, Polos und befeftigt es. Die 
Spartaner, das Gefährliche diejer Poſition erfen: 
nend, greifen Pylos zu Wafler und zu Lande an, 
werden aber geichlagen und auf Sphafteria ein: 
eichlofjen. Die zu ihrer Befreiung angelmüpften 
Sriedensunterhanblungen werden durch Kleon hin: 
tertrieben, und von dieſem und Demofthenes nach 
langer Einjchliegung die noch übrigen 292 Spar: 
taner zu Gefangenen gemadt. Athen läßt wieder 
die günftige Gelegenheit zum Frieden ungenüßt. 
Auf Kerkyra werden die gefangenen Dligarchen 
durch jchändlichen Verrat abgeichlachtet, 424. Thuc. 
4, 1—48. Plut. Nie. 7.8. Wifias erobert Kythera 
und Thyrea und verfucht durch Angriffe auf 
Megara und Boiotien den Dorifhen Bund zu 
jprengen, aber Brafidas vereitelt die Eroberung 
von Megara, und das athenijche Heer in Boiotien 
erleidet eine Niederlage bei Delion, 424. Die 
Spartaner erfennen endlich, daß Einfälle in Attifa 
zu feinem Refultate führen, und jchlagen den rich: 
tigen Weg ein, Athens ſchwache Seite zu treffen. 
Der edle und tapfere Brafidas eilt mit einem 
Heere nach Thrafien und tritt hier mit dem Ber: 
jprechen der Freiheit auf. Viele Städte werden 
bon ihm eingenommen, nur Eion von Thukydides 
gerettet, 423. Thuc. 4, 54—116. Sparta fchlieht 
aus Furcht vor Helotenaufftänden und aus Be- 
jorgnis für die in Athen gefangenen Bürger einen 
Waffenſtillſtand, nur in Thrafien dauert der Krie 

fort (Thuc. 4, 122); als aber bdajelbft (Herbit 
422) jowohl Kleon als auch der fiegreiche Brafidas 
in der Schlacht bei Amphipolis den Tod gefunden 
(Thuc. 5, 6ff.), fommt nad; längeren Berhanbd: 
lungen zwijchen Nilias und Pleiftoanar der j. g. 
Friede des Nikias zuftande (421), unter der Be- 
dingung, daß alle gegenjeitigen Eroberungen und 
Gefangenen zurüdgegeben werben; für die athe- 
nischen ———— bedingt Sparta, daß ſie 
wieder die von Ariſteides beſtimmten Beiträge be— 
zahlen, ſonſt frei ſein ſollen. Thuc. 5, 14 ff. — 
; Zweite Periode: die Zeit des faulen Friedens, 
421—413. Mit dem Frieden zerfiel der Doriſche 
Bund. Argos proflamierte ein neues Bündnis, 
dem fih Mantineia, Korinth, Elis anjchlofien. 
Thuc. 5, 27—29. Allein auch zwijchen Athen und 
Sparta dauerte die Spannung fort, und die Be: 
dingungen wurden nie vollftändig erfüllt. Alki- 
biades, der mittlerweile Einfluß gewonnen hatte, 
juchte durch Lift Argos, Elis und Mantineia auf 
Athens Seite zu ziehen, während Korinth fern 
blieb und Boiotien ſchon nad) eigener Selbftändig: 
feit ſtrebte; es fam zu einer bedeutenden Schlacht 
bei Mantineia zwijchen Sparta und feinen arkadi— 
ſchen Bundesgenofjen einerfeit3 und Argos, Athen, 
Mantineia andererjeit3 (418). Zwar En bier 
die Spartaner, aber fie konnten die Erneuerung 
des Bundes zwiſchen Athen und Argos nicht hin: 
dern. Doc erkannten die Beloponnejier bald, daß 
die Athener nicht ihre Freiheit wollten; der 
Doriihe Bund wurde wiederhergeftellt, und die 
Athener jahen ihre Anjchläge auf den Peloponnes 
ejcheitert; doch kehrte Argos nach Wiederher: 
Reifung der Demokratie zum Bunde mit Athen 
zurüd, welches im Jahre 416 durch Alkibiades 
die doriſche Inſel Melos eroberte und Ben 


Peloponnesischer Krieg. 


ein großartiges, aber jchwindelhaftes Unterneh: 
men, das große Hoffnungen auf Eroberung Sici— 
liens und Unteritaliens® und mittelbare Vernich— 
tung Spartas erwedte. Von Egefta um Hülfe 
gebeten gegen Selinus und Syrakus, jandte Athen 
(415) eine Flotte von 134 Schiffen und ein tüch— 
tiges Heer unter Altibiades, Nikias und Lamachos 
nah Sicilien (j. Alkibiades). Gie nahmen 
zwar Katäna ein, und Nikias fiegte unter den 
Mauern von Syrakus und brachte die Stadt fait 
zur Übergabe. Aber Gylippos (j. d.) erichien, von 
Sparta gejandt, mit forinthiichen Schiffen zur 
Unterftügung der bedrängten Stadt, und fajt alle 
griechischen Städte auf Sicilien traten auf die 
Seite der Syrafufier. Die Berftärfung, welche 
Nitias durch Eurymedon und Demofthenes erhielt, 
fonnte nicht mehr helfen. Die atheniſche Flotte 
ward bejiegt und in dem Hafen eingeichloflen, die 
Mannihaft, welche den Rüdzug zu Lande an: 
etreten, gefangen genommen, Nikias und Demo: 
Iihenes hingerichtet, die Gefangenen, etwa 7000, 
in die Steinbrüche geworfen oder als Sflaven ver: 
fauft. Die Niederlage war eine völlige, die Blüte 
der athenifchen Jugend war gefallen, durch un: 
gewöhnliche Mittel mußten dem Staate neue 
Bürger zugeführt werden. Im Herbſt 413 kam 
die Nachricht nach Athen; aber jhon vorher (Früh: 
ling 413) war in Griechenland der Krieg wieder 
ausgebrochen. T’huc. 6, 8ff. 7, 1ff. Nachdem ſchon 
414 atheniſche Schiffe auf lakoniſchem Gebiete 
elandet und die Felder geplündert waren, be: 
wem und befeftigten die Spartaner unter Agis II. 
auf Rat des zu ihnen geflüchteten Alfibiades (Früh: 
ling 413) das 23 Kilometer von Athen entfernte 
Defeleia (Thuc. 6, 93. 7, 18f.), und fo begann die 
dritte Periode des Krieges (befeleiicher Krieg), 
413—404. Die Spartaner bringen die aſiatiſchen 
Bundesgenofjen der Ft ee zum Abfall und 
ichließen Verträge mit Tifjaphernes, dem perſiſchen 
Satrapen in Sardes. Die Athener aber zeigen 
fi groß in ihrem Unglüd, beichränfen die De: 
mofratie (meößovio.), verwenden die legten 1000 
Talente zum Kriege und jchlagen eine Flotte des 
Doriſchen Bundes; bald muß auch Altibiades aus 
Sparta fliehen, geht zu Tifjaphernes, hält dieſen 
von fräftigerer Unterftüßung der Spartaner ab 
und Mmüpft Verbindungen mit den führern der 
athenifchen Flotte bei Samos an, 411. True. 
8, 1—58. In Athen wird durch einen Staats- 
ftreich der oligarchifchen Hetairien ein oligardhiicher 
Rat eingejeßt (der Rat der Vierhundert, Terg«- 
»öcıor), aber, da die Armee bei Samos fich da: 
egen erflärt, bald wieder aufgehoben; indes wird 
Ifibiades zurüdberufen und erhält mit Thraiv- 
bulos und Thrafyllos den Oberbefehl. Euboia 
geht für Athen verloren, aber die Athener fiegen 
bei Abydos (Thuc. 8, 81—109) und vernichten 
(410) die Flotte der Peloponnefier unter Mindaros 
zuerjt bei Dardanos, dann bei Kyzikos (Februar 
410). Xen. Hell.1,1,12ff. Plut. Aleib.28. Kleo: 
phon jedoch hintertreibt die Annahme der gemad): 
ten Friedensvorſchläge. Die Spartaner erobern 
zwar Pylos wieder, zu Wafler aber ift Altibiades 
glüdlih, erobert Chalfedon, Selybria, Byzanz, 
wird in Athen mit großen Ehren empfangen (Juni 
408) und zum Oberfeldherrn mit unumjchräntter 
Vollmacht ernannt, 409—407. Xen. Hell. 1, 2—4. 


21 


behandelte. Thuc. 5,43 ff. 105. Bald darauf folgte | Da (408) ſtellen die Spartaner in dem Lyſander9 


Peloponnesos 


einen den Berhältniffen gewachfenen Mann an die 
Spite der Kriegführung; fie erhalten fräftigere 
Unterftüßung von Perſien; Altibiades läuft zwar 
mit einer Flotte aus, aber die Parteien arbeiten 
ihon an feinem Fall, und nachdem in feiner Ab: 
wejenheit Antiochos eine Niederlage bei Notion 
erlitten, entzieht er jich der Gefahr einer neuen 
Verurteilung durd) die Flucht nach Thrakien (Som: 
mer 407). Xen. Hell. 1,5, Uff. Die 10 neu er: 
wählten Feldherren fiegen (September 406) noch 
einmal über den Nachfolger des Lyſander, den 
Kallitratidas, einen Mann von altipartaniicher 
Tugend, der aber nicht für die damaligen Zeit: 
umftände paßte, bei den Arginuſiſchen Inſeln; 
aber der von den Spartanern angebotene Friede 
wird abgemwiejen, und noch deutlicher zeigt fich der 
Leichtfinn und Übermut des von Sylophanten und 
Demagogen unterwühlten Staates in der Ber: 
urteilung der Feldherren, weil fie die Gefallenen 
nicht haben beftatten fönnen. Xen. Hell.1,7,34 ff. 
Lyſander, welcher als nächſtkommandierender Be: 
jehlshaber (Epiftoleus) dem Nauarchen Arafos zur 


Seite gejeßt war, ftellt die Flotte wieder her, er: 
obert Lampſakos und andere Küftenftädte, und 


endlich gelingt es ihm, troß Alkibiades’ War: 
nungen und Konons Anftrengungen, die athenijche 
Flotte bei Migospotamos zu überfallen und der: 
felben eine enticheidende Niederlage beizubringen, 
Herbft 405. Er läft 3000 Gefangene hinrichten 
und eilt dann mit der Flotte nach Athen, während 
Agis von Deleleia vorrüdt. Xen. Hell. 2, 2,9. 
Plut. Lys. 14. Nach viermonatlicher Belagerung 
wird Theramenes mit der Friedensunterhandlung 
beauftragt. Eine Kapitulation fommt zuftande 
unter Bedingungen, die noch nicht jo hart laute: 
ten, wie es die Korinther und Thebaner verlang: 
ten. Die langen Mauern jollen niedergerifien, 
die Schiffe bis auf 12 ausgeliefert, die vertriebenen 
Ariftofraten zurüdgerufen, und die —— ge: 
ändert werden; Athen joll allem Kolonialbeſitz 
entjagen und in Krieg und Frieden es mit ben 
Spartanern halten, April 404. Xen. Hell. 2, 3. 
Plut. Lys. 15. 

Peloponnösos ſ. Graecia, 

Pelops, TI&low, Entel des Zeus, Sohn des 
Tantalos (j. d.), des Königs in Sipylos in Klein- 
alien, und der Dione, der Tochter des Atlas. 
Sein Vater jchladhtete, zerftüdelte und kochte ihn 
als Knaben, um ihn den Göttern, die bei ihm 
Fr Mahle waren, vorzujegen. Die Götter, die 

n Trug merften, berührten das gräßliche Mahl 
nicht, mit Ausnahme der Demeter, welche, in 
Schmerz um ihre verlorene Tochter verjunfen, die 
eine Schulter verzehrte. Die Götter gaben dem 
Knaben durch Hermes, der die zertüdelten Glieder 
in einem Keſſel fochte, Geftalt und Leben wieder 
und jegten ihm ftatt des von Demeter verzehrten 
Stüdes eine elfenbeinerne Schulter ein. Dieſer 
Zug fam in die Sage, weil die Mitglieder des 
Pelopidengeſchlechts durch einen weißen led auf 
der Schulter ausgezeichnet geweien jein jollten. 
Ov. met. 6,4045}. Verg. @.3,7. Pind. ol.1,25#. 
Als Jüngling zog P. nah Pija in Elis, um 
Hippodameia, die Tochter des dortigen Königs 
Dinomaos (ded Sohnes des Ares und der Har: 
pinna, ber Tochter des Aſopos) und der Pleiade 
Sterope, zu werben. Da dem Dinomaos geweis: 
fagt worden war, er werde fterben, wenn jeine 


— Pelusion. 105 
Tochter fich vermähle, jo jeßte er den Freiern die 
Bedingung, ein Wettrennen mit ihm zu halten, 
von Sin bis zu dem Altar des Poſeidon auf 
dem Yithmos; wen er einholte, den durchbohrte 
er von hinten mit der Lanze. So waren jchon 
viele Fünglinge umgelommen; allein P. ein Lieb- 
ling des Sroffegottes Poſeidon, befiegte den Dino: 
maos, indem er deſſen Wagenlenfer Myrtilos, 
Sohn des Hermes, beſtach, daß er die Nägel an 
den Wagenrädern nicht einjehte, wodurch Din. 
ftürzte und umlam. Oder Dinomaos gab fich, 
bejiegt, jelbft den Tod. Nach PBindar (ol. 1, 87) 
fiegte Pelops nicht durch Betrug, jondern durch 
die Schnelligkeit feiner Roffe, die ihm Pojeidon 
ab. Dem Meyrtilos hatte P. die Hälfte des 
Reiches, das er mit Hippodameias Hand erhielt, 
verijprochen; aber er ftürzte ihn, um des Ber: 
iprechens ledig zu jein, ins Meer, und Miyrtilos 
fluchte ihm und feinem Geſchlechte. Diejer Fluch 
und der Zorn des Hermes bradıte viel Unheil in 
das Geſchlecht des PB. P. gewann zu Pija aud) 
noch Olympia, wo er die Spiele prächtiger er: 
neuerte; er wurde ein gewaltiger Herrſcher im 
Peloponnes, der nah ihm benannt ward. In 
Olympia ward er ald Heros und Kampfeshort 
mit Blutipenden an jeinem Grabe geehrt. Pınd. 
01.1, 90. Mit Hippodameia zeugte P. den Atreus, 
Thyeftes, Dias, Kynoſuros, Korinthios, Hippall— 
mos, Hippajos, Kleon, Argeios, Altathoos, Ailios, 
Bittheus, Troizen, die Nifippe und Lnfidile (Schol. 
u Eur. Or. 5); nad Pindar nur 6 Söhne. Mit 
rioche (oder Danais) zeugte er den Chrufippos, 
welchen die —— haßten, weil er von dem Vater 
vorgezogen ward, und Atreus und Thyeſtes auf 


Anſtiften der Hippodameia erſchlugen. Deshalb 
vertrieb P. ſeine Söhne aus dem Lande, die ſich 
in dem ganzen Peloponnes zerſtreuten. Atreus 


(j. d.) und Thyeſtes flohen nad) Midea in Argolis. 
Dahin flüchtete auch Hippodameia; nadı ihrem 
Tode wurden ihre Gebeine durch PB. nach Olympia 
gebradıt. 

Pelor ij. Kadmos. 

Pelöris, /TsAwgis (Cie. Verr. 5,3. Thuc. 4, 25), 
oder Pelorias, ITeAwpıdg, Pelorus, -um, die 
flache Nordoftipige Siciliens norböftlich von Meſſana 
an der Eiciliichen Meerenge, angeblid von dem 
Steuermann des Hannibal Pelorus jo genannt, 
den dieſer im Zorn hier getötet und begraben 
haben joll; richtiger wohl von meiwp, melmpıog 
abzuleiten. Auf der Landipise befand fich ein 
Tempel des Pojeidon und ein Yeuchtturm, an den 
noch der heutige Name Capo di Faro erinnert. 
Strab. 3, 171. Diod. Sie. 4, 83 ff. 

Pelta j. Waffen, 7. 

Peltai, Ileiraı, Stadt in Phrygien. Xen. An. 
1, 2, 10. Eutr. 4, 2. 

Pelusion, /Inkovoworv (von ankös, Moraft), 
ägypt. Am, im A. T. Sin (d. i. Schlamm), Stadt 
Unterägyptens an der öftlichften, nach ihr benann- 
ten Nilmündung, 20 Stadien vom Meer, mitten 
in Sümpfen und Moräften gelegen; j. et- Tine. 
Strab. 17, 802 ff. Sie war der Schlüfjel Agyptens 
von Dften her (Liv. 45, 11. Caes. b. Aler. 26), 
deshalb ſtark befeftigt, aber auch oft angegriffen. 
In der Nähe von $ mußte 701 v. E. Sanheribs 
Heer umtfehren (Hat. 2, 141); 525 ſchlug bier 
Kambyſes die Enticheidungsichlacht gegen Pſam— 
menit (Hdt. 3, 10f.); 374 wagten Biarnabozo8 


906 


und Iphikrates feinen Angriff auf die Stadt, die 
fih dagegen 350 an die Berjer übergab (Diod. 
Sic. 15, 42. 16, 49); 48 wurde Bompejus bei B. 
ermordet (Caes. b. e. 3, 1035.); 30 fiel e8 ohne 
Widerjtand in die Hände Octavians. 

Penätes, die Hausgötter der Römer, welche 
die Einheit und den Beſtand der Familie jchüßen. 
Der Name hängt zuſammen mit penus, penitus, 
penetralia, Wörtern, die alle den Begriff des 
Innerſten und Geheimjten ausdrüden. Ihre Bil- 
der jtanden in dem Raume des Hauſes, der pene- 
tralia hieß, in dem großen Saale, der der ge: 
wöhnliche Aufenthalt der Familie war und für 
den Mittelpunkt des Hauſes galt, und zwar in 
einem Schreine in der Nähe des Herdes, auf wel- 
chem ihnen eine immerwährende Flamme brannte, 
und wo die Mitglieder der Familie Schub und 
Zuflucht vor Verfolgungen fuchten. Sie nahmen 
jteten Anteil an dem Geichid der Familie und 
erhielten daher bei allen wichtigen Ereignifien bes 
Haujes ihre Opfergaben. Zahl, Namen und Ge- 
ſchlecht derjelben ıft ganz unbeftimmt; die ver: 
ichiedenften Gottheiten, die ald Schüßer des Hauſes 

elten fonnten, gehörten zu ihnen, wie Veſta, 
— upiter, die Yaren u. j. w. Die Römer nannten 
fie dii penetrales, domestici, familiares, patrii, 
die Griechen nargöoı, yeretlior, arıjoror, wözıor, 
Foxıoı. Auch der Staat ald eine große Familie 
hatte jeine Penaten, maiores, publici, im Gegen: 
jaß zu Dem minores, privati; fie jollten in einem 
geheimen Teile der_penetralia des Beftatempels 
verborgen jein. 

Peneios, IInvsrös, 1) Hauptitrom Theflaliens, 
j. Salamvrias, entjpringt auf dem Pindos Lakmon), 
ftrömt anfangs in engem Thale und in einem 
großen jüdlihen Bogen öſtlich, wendet fich dann 
nach Nordoften, veritärft fich durch viele Neben: 
flüffe (lints bejonders Lethaios und Titarefios, 
rechts Enipeus, j. Heiner Tſchanarlii) und drängt 
fih zwiichen Olumpos und Oſſa durch das enge, 
1'/, Stunden lange Thal Tempe (j. d.) durd), 
um ſich in den Thermaifchen Meerbujen zu ergießen. 
Er ift wegen des Tempethals und feines hellen, 
ihönen Waſſers oft von den Dichtern bejungen 
worden. Pind. pyth. 10, 56. Verg. @.4, 317. — 
2) Fluß in Eli, entipringt am jüdmejtlichen Fuße 
des Erymanthos, nimmt unweit Pylos den Ladon 
auf, durchitrömt die Stadt Elis und mündete im 
Altertume öftlich des Vorgebirges Chelonatas, wäh: 
rend ſich jeine heutige, infolge des flachen Allu: 
vialbodens veränderte, Mündung füdöftlich des 

enannten Vorgebirges befindet. Er heißt jekt 
Fluß von Gaftuni, im oberen Lauf auch Fluß von 
Berveni, nach der engen Schlucht, die er durchfließt. 
Strab, 8, 338, 

Penel&os, IInveiewog, Sohn des Hippaltmos 
und der Niterope, Bater des Opheltes, Argonaut, 
Führer der Boioter im trojanifchen Kriege. Nach— 
homerijcher Sage zufolge wurde er von Eurypylos, 
dem Sohne des Telephos, getötet. Hom. 11.2,494. 
14, 487. 16, 341. 17, 597. Paus. 9, 5, 15. 

Penelöpe j. Odysseus, 

Penestai j. Helotes. 

Penia, TIevi«, bei den Römern Paupertas, 
Berjonififation der Armut. In einem. platonifchen 
Mythos erzeugt fie am Geburtstage der Aphrodite 
mit Poros, dem Gotte des Überfluffes, einem 
Sohne der Metis, den Eros. Plat.symp. p.203 B. 


Penates — Peraia. 


Bei Ariftophanes (Plut. 415 ff.) ift jie Repräſen— 
tantin eines dürftigen, aber kräftigen Mittelftan- 
des. Sie galt als Erfinderin der Fünfte und Ge: 
werbe. Theocer. 21, 1. Plaut. Stich. 1, 3, 23, 

Penninae (Poeninae) Alpes j. Alpes. 

Pentaöteris ſ. Ennaöteris. 

Pentapölis, Teurcixolis, ein öfter vorfommen- 
der Name für Verbindungen von 5 Gtädten: 
1) in Kyrenaike (Libyen): Kiyrene, Apollonia, Pto— 
lemais, Arfinoe, Berenife; — 2) die 5 bedeutend: 
ken Städte im Lande der Philifter; — 3) die 5 
Städte am Jordan in Baläftina: Sodom, Gomorra, 
Adaim, Zeboim, Zoar im Thal Siddim, das bei 
der befannten Kataſtrophe (Tac. hist. 5, 7) größten: 
teild von dem Toten Meere überflutet wurde und 
jeitdem defjen jüdliche Bucht bildet. 

Ilevraxoocıouedıuvor |. Staatshaushalt, 
I, 11., und ®vin, 6. 

Pentäthlon ſ. Gymnasium. 

Penteleion, Ilevr&isıov, feiter Ort im nörd— 
lihen Arkadien in der Nähe von Pheneos, be= 
nannt nach dem Gebirgszuge Penteleia, ITer- 
reise, j. Durdovana, einer jüdlichen Fortſetzung 
des Mroaniosgebirges, an deren meftlichen Ab— 
hängen der Fluß Ladon entipringt. Plut. Cleom. 17. 
Arat. 39. 

ITevreiıxör 000g ſ. Attika, 2. 

Penthesileia, /lIevdsordlsıe, Tochter des Ares 
und der Dtrera, Amazonenfönigin, fam im troja= 
nifchen Kriege den Troern zu Hülfe und wurde 
von Achilleus erlegt, der, als er die junge, ſchöne 
Heldin ſterben ſah, von Liebe zu ihr ergriffen 
wurde. Quint. Smyrn. 1. Just. 2,4. Verg. A. 
1, 490, — Abbildung (ſ. S. 907): Achilleus, be: 
jtrebt die eben verwundete Benth. vom Boden empor: 
zuheben, Melief eines Sarfophags von Salonichi 
in Paris. 

Pentheus, Ilerdevs, Sohn des Echion und 
der Agaue, der Tochter des Kadmos, Nachfolger 
des Kadmos in der Herrichaft über Theben. Da 
er den Frauen des Landes die Verehrung des 
nach Theben gefommenen Dionyios verbieten wollte 
und die Balchantinnen in dem Gebirge aufjuchte, 
wurde er von feiner Mutter Agaue, die ihn in 
ihrer bakchantiſchen Wut für ein wildes Tier oder 
ein Hirjchfalb anjah, getötet und von ihr und den 
andern Balchantinnen, namentlich ihren Schweitern 
Ino und Autonod, zerriiien. Eur. Bacch. 1142. 
Or. met. 3, 513 ff. 

Penthilos ſ. Orestes. 

Pentri, ſamnitiſche Völkerſchaft mit der Haupt: 
ftadbt Bovianum, j. Bojano (Liv. 9, 31), die allein 
von den Samnitern nicht zu Hannibal abfiel. Lir. 
22, 61. 

Peparöthos, [lemden®os, ji. Stopelos, Kykla— 
deninjel an der theſſaliſchen Küfte öftlih von der 
Inſel Skiathos, mit einer gleichnamigen und 2 
andern Städten, Panormos und Selinüs, 
befannt durch ihren Weinbau. Als die Bewohner 
auf Beranlafjung der Athener Halonnejos angriffen, 
bermwüftete Philipp von Makedonien die Inſel im 
Jahre 342 v. E. Demosth. de cor. 248. 

A ange j. Gorgo. 

Ileniog |. Kleidung, 2. 

Peraia, IIeo«xi«, ift Name mehrerer jenjeit 
(zipar) eines Gewäſſers gelegener Landftriche: 
1) n megale ror "Podiwr, die jhon früh von 
den Rhodiern bejegte Südküſte Kariens ihrer Inſel 


Perdikkas. 


907 


gegenkber, in der Ausdehnung von 1500 Stadien | Philipps, regierte, nachdem er den Wloriten Pto— 


er Küftenfahrt. Strab. 14, 651. — 2) nm. Te- 

vedior, Küſtenſtrich Myſiens, Tenedos gegenüber, 
zwiſchen Sigeion und Alexandreia Troas. Strab. 
13, 604. — 3) Stadt der Mytilenaier an der 
myſiſchen Küfte bei Adrampttion. Liv. 37, 21. — 
4) das transjordaniiche Paläftina, beionders der 
Teil zwijchen dem Jordan im W., den Jabbok im 
N., eig ia und dem petraiiichen Arabien im 
D. und dem Arnon im ©. _ 

Perdikkas, /Iegöixxas, Name mehrerer Könige 
von Makedonien: 1) P. I., der Stifter des Reiches, 
welcher nad; Herodot (8, 137—139) aus dem argi: 
viſchen Gefchlecht der Temeniden entſtammte, mit 
2 Brüdern aus Jllyrien, wohin fie entflohen waren, 
nad Makedonien einwanderte und nach wechjeln: 
den Schichſalen daſelbſt zur Herrſchaft gelangte, 
etwa um 700 dv. E. Andere laffen ıhn erſt einen 





Nachfolger des Neichsftifterd Karanos jein. Just. 
7,2. — 2) ®. I, Sohn des Griechenfreundes 


a 4 — — 








lemaios ermordet hatte, 365—359 v. C. und fiel 
egen die Illyrier. Just. 7, 5. — 4) einer der 
tadocdhen, ftammte aus der Landſchaft Dreftis 
und war mit der Föniglichen Familie verwandt. 
Er zeichnete fi bei der Eroberung Thebens aus, 
war einer der Leibwächter Aleranders des Gr., 
nahm teil an den Schlachten am Granilos, bei 
los und bei gg are (Arr. 1, 14. 2,8. 3, 11. 
5, 11 ff. 6, 6 ff.), efehligte auf dem Zuge nad) 
Indien eine Abteilung der Phalanx und zeigte 
ebenfoviel Tapferkeit als Anhänglichkeit an Ale— 
rander, verbunden mit chrenhafter Gefinnung. 
Alerander übergab ihm fterbend jeinen Siegelrin 
ald Zeichen feines Bertrauend. Just. 12, 15 ff. 
Curt. 10, 45. Nachdem Streitigfeiten zwijchen der 
mafedonijchen Ritterjchaft und dem Fußvolf vorauf: 
gegangen, wurde beftimmt, dab Philipp Arrhidaios 
und der noch ungeborene Sohn Aleranders Könige 
jein, und ®. die Chifiarchie erhalten jollte. Arr. 


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Alexander ]., ruhte nad) dem Tode ſeines Vaters 
(etwa 450 vd. E.) nicht eher, als bis er feine älteren 
Brüder Amyntas, Philippos und Alletas beijeite 
eichoben hatte, und regierte bis 413. Mehrere 

onprätendenten und die Ausbreitung der Athener 
in ben Küftengegenden machten jeine Regierungs- 
zeit jehr jchwierig; durch Lift und wechjelndes Anz 
ichließen an die Parteien wußte er fich indes zu 
behaupten und jeine Herrichaft zu befejtigen. Obgleich 
man jeine liftige Hand bei dem Abfall Rotidaias 
von Athen erkennt, jo jchloß er doch notgedrungen 
mit den Athenern ein Bündnis. Thuc. 2, 26. 
Bald juchte er ihnen aber wieder zu fchaden und 
mußte aud den Thralier Sitalles von ihnen zu 
trennen (Thuc. 2, 95—100), und 424 erllärte er 
ſich offen für Sparta und unterftügte den Brajidas ; 
doc) war er auch für dieſe ein unzuverläffiger Bundes: 
genofje und wechjelte noch öfter in jeiner Partei- 
nahme. Thuc. 4, 78. 7, 9. Abhandlung von 
W. Viſcher (in deſſen Heinen Schriften, Bd. I). — 
3) ®. LI, Sohn Amyntas' III, älterer Bruder 


bei Phot. bibl. 1 ff. Diod. Sic. 18, 9 Just. 13, 4. 
Dieje Würde benutzte P. jchlau, um ſich feines 
Gegners Meleagros (j. d., 2.) durch Mord zu ent: 
ledigen. Bei der bald darauf vorgenommenen Tei: 
lung der Provinzen unter die Generale Aleranders 
gab er die Ehiliarchie auf und ward zum Reiche: 
berwejer ernannt. Als ſolcher follte er in der 
Nähe der „Könige bleiben, Oberbefehlshaber der 
Truppen jein und den Beamten im Heere wie in 
der Verwaltung Befehle erteilen. Mit aller Ener: 
gie juchte er von jet an die Rechte der ihm über: 
tragenen Gewalt zu handhaben. Die großen Pläne 
Aleranderd wurden aufgegeben; einen Aufſtand 
der griechiſchen Militärkolonien in Baltrien lieh er 
durch Peithon unterdrüden. Er heiratete die Toch: 
ter des Antipater, Nifaia, obgleich er ſchon auf 
eine ihm von Olympias angetragene Verbindung 
mit deren. Tochter Kleopatra jann, um jeine Herr: 
ſchaft zu befeftigen. Dieſe war keineswegs wohl 
begründet und wurde durch das Streben der Feld— 
herren nad Selbftändigfeit bald erjchüttert, nur 


908 


Eumenes hielt treu zu Berd. und dem Königshaufe. 
Antigonos, dem er befahl, für Eumenes hla⸗ 
gonien und Kappadokien zu erobern, verſagte ihm 
den Gchorfam; er mußte dies ſelbſt ausführen. 
Just. 13,6. Plut. Eum. 3. Ws nun Antigonos 
wegen feines Ungehorſams vor ein matedonijches 
Gericht geladen wurde, erjchien er nicht, jondern 
floh nach Europa und brachte mit Antipater und 
Krateros eine Verbindung gegen Berd. zuftande, 
der ſich auch Ptolemaios anſchloß. Jetzt jandte 
P. die Nikaia ihrem Vater zurück und ließ Kleo— 
patra, die ſich damals in Sardes aufhielt, mit— 
teilen, daß er bereit ſei, ihre Hand anzunehmen. 
Arr. a. a. O. 26. Den Krieg in Kleinaſien über: 
ließ er dem Eumenes und wandte ſich ſelbſt gegen 
Ptolemaios. Dieſer hatte ſich aber nicht bloß in 
Agypten durch Milde und Klu befeſtigt, ſon— 
dern beſaß auch im —— en Heere großen 
Anhang, während P. die Truppen durch Stolz 
und Strenge ſich entfremdete. Über Damaſtos 
ging er mit beiden Königen nach Agypten und 
bezog ein Lager bei Peluſion. Um den Übergang 
über den Peluſiſchen Strom zu ermöglichen, befahl 
er einen alten, verſandeten Kanal, der aus dem 
Nil abführte, auszuräumen, da man es aber hierbei 
an Vorſicht fehlen ließ, brach das Stromwaſſer 
mit Wucht herein, und es famen viele Leute um. 
Diod. Sie. 18, 33. Als auch weitere Berjuche des 
P. mit feinem Heere über den Strom zu gelangen, 
mißlangen, brady ein Aufftand unter den durd) 
die Berehwerden und Berlufte erbitterten Truppen 
aus, viele Führer, Peithon an der Spiße, fielen 
von ihm ab; einige der mwütenditen drangen in 
jein Belt und — ihn, 321. Diod. Sie. 18, 36. 
Corn. Nep. Eum. 5. Arr.a. a. D. 28. Just. 13,8. 
14, 4. Strab. 14, p. 794. Das Heer trat, nachdem 
PBtolemaios die ihm angebotene zn für 
jeine Perſon abgelehnt hatte, den Rüdzug nad 
Alien an. 

Perduellio (aus per, jehr, und duellis, Feind, 
alfo arge Feindichaft) bezeichnet die Feindſchaft 
des Bürgers gegen das Vaterland, welche fich ent: 
weder dadurd) zeigt, daß derjelbe gegen die Ver: 
aller Bea oder jich mit einem — Fed Feinde 
verbindet (Baterlandsverrat, proditio, wozu auch 
Deiertion, Uberlaufen und dal. gerechnet wurde). 
In der ältejten Zeit richtete der König über diejes 
Verbrechen oder Htatt jeiner die von ihm gewählten 
duumviri perduellionis oder capitales, von deren 
Entiheidung an das Bolt Berufung eingelegt 
werden fonnte, welches in den Euriatcomitien die 
Sache nochmals vornahm und entichied. Der Ver: 
urteilte wurde an der arbor infelix aufgehängt, 
nachdem er vorher verhüllten Hauptes gegeißelt 
worden war. Nach Livius (1, 26) hat Zullus 
Hoftilius in VBeranlaffung des Schweitermordes des 
Horatius zuerft die duumviri perduellionis ein: 
gejeßt (lex perduellionis). Horatius mahte ſich 
obrigfeitliche Gewalt an; obſchon feine Schweiter 
ichuldig war, durfte er nicht jelbit ftrafen (caedes 
civis indemnati). Nach der Vertreibung der Könige 
änderte ſich das Verbrechen der republikaniſchen 
Staatsform gemäß; die lex Valeria 509 v. 
bedrohte das Streben nach Alleinherrichaft (regnum 
uffectatum) mit sacratio capitis, Jar. 2, 8 
Außerdem wurde Anmahung von obrigkeitlicher 
Gewalt oder Mißbrauch derjelben (namentlich Hin- 
richtung eines Bürgers), Verletzung der Volle: 


Perduellio — Peregrinus Proteus. 


tribunen, Wahl eines Magiftrates, von deſſen Urteil 
man nicht an das Bolt — dürfe u. ſ. w. 
(j. Provocatio, lex Porcia und leges sa- 
cratae, lex Sempronia, 4.) alö perduellio 
beftraft. Die Centuriatcomitien richteten über die 
perduelles (jeit Servius Tullius), jelten die alten 
Duumbiri. Liv. 6, 20. Außer dem Aufhängen 
an der arbor infelix waren Serabjtürzen von 
dem Tarpejiichen Felſen und Enthauptung die ge- 
jeglichen Strafen, ftatt deren im Berlaufe der 
Zeit aquae et ignis interdietio auffam. Bald 
jedoch wurden Perduellionsvergehungen durch die 
Tribunen auch vor die Tributcomitien gezogen 
und milder bejtraft, wodurch man zu einer Sei 
dung der Verbrechen, welche gegen die Exiſtenz 
des Staates gerichtet waren, von denen, welche 
nur die Hoheit und Würde des Staates beein- 
trächtigten, gelangte. Allmählich gingen jene (per- 
duellio) ganz in diejen (crimen maiestatis) auf, 
und obgleich die Perbuellionsgejege nicht aufge— 
hoben waren, jo famen fie doc äußerft jelten zur. 
Anwendung, } . bei €. Rabirius (j. Eiceros 
Verteidigung desjelben). Mit der lex Julia de 
maiestate hört endlich perduellio ganz auf, ein 
bejonderes Verbrechen zu jein, und wenn das Wort 
perduellio in der Kaijerzeit vorkommt, jo bedeutet 
es nichts al3 die höheren Grade der minuta ma- 
iestas; vgl. Maiestas, 

Peregrinus. Nach der allgemeinen Rechtsan— 
ſchauung der alten Völfer wurden die Ausländer 
—— für frei angeſehen, aber man räumte ihnen 
einen Anſpruch auf die dem Bürger zuſtehenden 
Rechte ein. In Rom nannte man vor alters 
jeden Fremden hostis, bis dieſes Wort allmählich 
die Bedeutung des auswärtigen Feindes erhielt, 
und peregrinus der Name des Fremden wurde. 
Cie. off. 1,12. Da der fremde feinen Anjpruch 
auf rechtlichen Schuß hatte, außer wenn ein pa- 
tronus jich jeiner annahm, jo waren mandhe üble 
Folgen umausbleiblich, zu deren Bejeitigung foe- 
dera mit den benachbarten oder entfernteren Völ— 
fern (f. Foedus und Recuperatio) geſchloſſen 
und Necuperatorengerichte eingeführt wurden. Mit 
dem zunehmenden Verkehr Roms nad) außen und 
mit der wachjenden Zahl der Peregrinen in Rom 
fam man dahin, allen Fremden eine gewiſſe 
Nechtsfähigkeit zuzugeitehen und neue Formen für 
den rechtlichen Verkehr mit denjelben zu jchaffen. 
Diejes geichah auf nd des ius gentium (j. d.), 
nach welhem man natürliche Obligationen, Bere: 
grineneigentum u. a. Amftitute einführte. Won 
dem Staats-, Privat: und Safralrecht der Römer 
war der fremde aber ſtets ausgeſchloſſen. Doc 
juchten die peregrini immer wiederholt fich Bürger: 
rechte anzumaßen, weshalb fie mehrmals in Maſſe 
ans Rom gewiejen wurden (Plut. C. Gracch. 12); 
auch durch die Lex Junia 126 v. C., 1. Lieinia 
Mucia 95 v. E., 1. Papia 65 v. C. Swet. Oct. 42. 
ap Nein, römisches Krim.Recht, S. 172—178. 
Über die verjchiedenen Abftufungen der Fremden 
j. Deditieii, Latini und Socii, Nachdem 
Kaifer Caracalla alle freien im römiſchen Reiche 


* 
5 
= 


E. | wohnenden Perjonen zu Bürgern gemacht hatte, 


nahm die Zahl der Peregrini jehr ab. 
eregrinus, jpäter Proteus gen., [Isgeygivos 
Moorevs, ein kyniſcher Philofoph, zu Anfang des 
2. Jahrh. n. E. in Parion, einer myſiſchen Stadt 
am Eingange des Hellespont, geboren. Aus Wander: 


Perfectissimi — Pergamon. 909 
trieb und Wiſſensdrang durchzog er viele Länder jetzt durch treffliches Klima und feltene Wafjerfülle 
und gelangte jo auch nad) Paläjtina. Hier ſchloß | ausgezeichneter Gegend der Laudſchaft Teuthrania 
er fih den Ehriiten an, fam deshalb ins Ge: |nördlic vom Kaikos (Xen. An. 7, 8,8. Strab. 
fängnis, zerfiel aber wieder mit ihnen und wurde | 13, 623 ff. Zir. 37, 15), mit dem jich dort der 

nun Kyniler. 

Aufs neue be 
gann er fen nV 
Wanderleben. | 
Zu When ge ı 
hörte Aulus Gel- 
lius (12, 11) zu : 
feinen Zuhörern. 
In Elis ſuchter 
durch ngriffe © 

auf den verdien: | 
ten Herodes At- 
tifos die allge: 
meine Aufmert: 
jamfeit auf Üh 
zu richten. Aus 
theatraliicher x, 
Prahlerei fjaßte 
er auch den Ent: 
ſchluß, fih zu | 
Olympia nad — 
| 
| 





Beendigung der 
Feftipiele im 
Jahr 165 jelbit 
zu verbrennen, 
und kounte ſich * 
nach geſchehenet 
Ankuͤndigung 
der Ausführung | ; 
nicht mehr ent- I = 
ziehen. Son  .ı 
Lufianos (ee | 
morte Pere- —J 
grins), der aller» 
dings im einzel: | 
nem übertrieben Se 
haben mag, um 
die kyniſche Phi- | 
fofophie und 
wohl aud) das | 

Ehriftentum zu 
farifieren. Bol. | 
Bernays, Lucian 
und die Eynifer 
(1879). Erwähnt | 
wird noch eine 
Schrift: Lynch⸗ 
wo» Ilgwrewg ETE 
tod xvvrog. Dr 
PerfeetissTmi 
war der Name 
der vierten der 
von Conſtantin 
dem Ör.geihafle- | 
nen Rangklaſſen — 
(illustres, spec- | 
tabiles, claris- | 
simi, perfectis- 





simi, egregii).,. 
Nobilissimi 

biegen nur die Mitregenten und Thronfolger. ı Seltinüs und der Keteios vereinigen, auf fteiler 
Pergäma j. Troia. Höhe, mehr ald 300m über dem Meere, gelegen 


Pergämon, Il£oyauor, ‚oder Pergamos, „\ und wohl befejtigt; erjt in der römijchen Kaiſer— 
Tl£eyauos, 1) Stadt in Myfien in herrlicher, nod) | zeit wanderte die Stadt in das Thal hinab, wo 


Nach der Rekonſtrukttion von Frieder. Thierſch. 


Die Königsburg von Pergamon und ber Riejenaltar. 


910 


auch das heutige VBergama liegt. Die Pergamener 
hielten fich für arkadiſchen Stammes, jedesfalls 


| 


Pergamos — Periandros. 


Stadt Pamphyliens am rechten Ufer des Keſtros, 
60 Stadien von jeiner Mündung, aber wegen 


wohnten zu Zenophons Zeiten viele Griechen dort. ! der Schiffbarfeit doch Handelsftadt, Vaterſtadt des 


Bedeutend wurde P. erjt unter Lyſimachos und 
beionders unter Philetairos (f. d., 2.), dem Stifter 
eines eigenen pergamenijchen Reiches, das infolge 
Schenkung des größten Teils von Vorderajien an 
Eumenes II. (197—159 v. E.) dur die Römer 
fehr vergrößert wurde. Eumenes erweiterte die 
Stadt und gründete eine bedeutende Bibliothef da: 
jelbft; daneben entitand eine eigene Grammatifer: 
ſchule, deren Stifter der berühmte Krates von 
Mallos war (j. Krates, 2.) Much nad dem 
Übergange des pergamenijchen Reiches an Rom 
(133 v. €.) blieb ®. eine bedeutende Stadt, von 
deren Topographie und Reichtum an prächtigen 
Gebäuden uns die jeit dem J. 1878 auf Kojten 
der preußiichen Regierung unter der Leitung von 
Conze und Humann veranjtalteten Ausgrabungen 
ein deutliches Bild verſchafft haben. Auf der 
höchſten Spike des Berges ftand ein Tempel 
der Julia, der Tochter des Auguſtus, defien 
Werkſtücke fich erhalten haben, daneben der präd): 
tige Tempel des Trajan aus weißem Marmor, 
auf 3 Seiten von Hallen umgeben; tiefer das 
ältejte aller in Bergamon aufgefundenen Gebäude, 
der im 4. Jahrh. v. E. erbaute Tempel der 
Athene Polias (auch Nikephoros zubenannt ) 
auf etnem freien Plage, der auf den Nord: und 
Dftjeiten von 2 vo ei nach innen geöffneten 
Säulenhallen eingefaßt war. Unterhalb desjelben, 
am Wejtabhange des Berges, u fi) das 
Theater mit 80 durch 2 dıiafonare (j. Thea- 
tron, 4.) in 3 Gruppen geteilten Sitzreihen, 
während ein an die nördliche Säulenhalle des 
Athenetempels fih anfchliehendes Gebäude nad 
der geiftvollen Vermutung von Conze die be- 
berühmte pergamenijche Bibliothek enthielt. 
Südlich des Athenetempels, etwa 24m tiefer, lag 
die Agora der Stadt und auf derielben außer 
einem Heinem Tempel des Dionyſos die groß: 
artige, von Eumenes II. zur Erinnerung an jeine 
Siege über die Gallier errichtete, dem Zeus und 
der Athene geweihte, Tempelanlage in Form eines 
Altars [j. d. Abb. ©. 909] (Ampel. 8, 14), ge: 
ſchmückt mit einem 400 Fuß langen, 7 Fuß hohen, 
eine Gigantomachie darftellenden Frieſe, einem 
herrlichen Werfe der pergamenijchen Kunft, deſſen 
bedeutende Überrefte, feit 1875 ausgegraben, ſich 
jet im Berliner Muſeum befinden (j. Bild- 
hauer, 14.), und einem Meinen, Scenen aus 
der Telephosjage enthaltenden Frieſe (Überrefte 
ebenfalls in Berlin). In der Unterftadt fanden 
ein zweites Theater, eine Bafilifa, eine römische 
Waſſerleitung, ein Amphitheater, ein Stadion und 
ein Aiflepiostempel, Werfe, von denen, wie von 
den Bauwerken auf dem Berge, jich zum Teil be: 
trächtfiche Überrefte erhalten haben. Vgi. im allgem.: 
Eurtius, Beiträge zur Geich. und Topogr. Klein: 
afiens (1872), ©. 45 ff. Conze, Humann u. a., die 
Ergebnifje der Ausgrabungen zu Pergamon 1—3, 
vorläufiger Bericht (1880—1888) und das Pracht— 
wert: Wltertümer von Pergamon. 2. Bd. (1886). 
— 2) f. Troas. 


| 


großen Mathematiters Apollonios von Berge (j. 
Apollonios, 2.). Hier betrat der Apoftel Betrus 
zuerft die afiatijche Küfte. In der Nähe war ein 
berühmter Artemistempel. Die anjehnlihen Rui— 
nen liegen 3 M. nordöſtlich von Adalia. Strab. 
14, 607. 

Jlegiaxroı |. Theatron, 10, 

Periandros, /Ieglavdgog, Tyrann von Korinth, 
Sohn des Kypſelos aus dem Geichlechte der Hera: 
fiden, folgte jeinem Vater 627 v. E. und regierte 
40'/, Jahr lang, bis 586/55. Wie fein Vater, fo 
war auc er erfolgreich beftrebt, die Kultur zu 
I und ſtaatsmänniſche Tüchtigfeit zu beweiſen. 
Ihm gelang es Kerkyra, über welches er jeinen 
Sohn Lyfophron jeßte, zu unterwerfen. Ein 
anderer Sohn, Euagoras, wurde von ihm nad) 
der Ehaltidife (Pallene) gejchidt, wo er die Grün- 
dung der Pflanzitadt PBotidaia leitete, die bald 
eine große Bedeutung erlangen follte. Ferner 
unterwarf er, nah Tötung feiner Gattin Lyſide 
(von ihm Melifja genannt) mit feinem Schtwieger: 
vater Profles in Krieg verwidelt, das von biejem 
beherridhte Epidauros. Das alles verichaffte ſei— 
nem Namen weithin Bedeutung. Als daher die 
Athener Sigeion (am Hellespont) bejegt hatten, 
und die Mptilenäer fie von dort verjagen wollten 
und die Feſtung Achilleion anlegten, wurde ®. 
zum Schiedsrichter erjehen und beftimmte, daß 
den Athenern Sigeion, den Mytilenäern Adhilleion 
verbleiben jollte. P. war befreundet mit Thraſy— 
bulos (j. d., 1.), dem Tyrannen von Milet. Ja, 
bis nad) Ägypten haben feine Verbindungen ge: 
reicht, wie aus dem Umftande erhellt, daß jein 
Neffe Piammetichos hie. Er unterhielt ferner 
nahe Beziehungen zu Delphoi und Olympia und 
hat den Kultus des Dionyjos weſentlich befördert, 
wobei ihn Arion (j. d.) aus Methymna unter: 
ftügte. Much die Iſthmien fcheinen von ihm ein: 
geführt, oder wenigitens zu Feſtſpielen von pan— 
—— Bedeutung * worden zu jein. 
Mehr oder minder glaubhafte Anekdoten werden 
über die Art und Weiſe feiner Herrichaft über: 
liefert. Hinrihtungen, zahlreiche Leibwächter, Raub 
dee Schmudes der Weiber find hier zu erwähnen. 
Andere jtellen ihn uns als einen Herrſcher mit 
ftarf moraliſchen Grundfägen dar: er erhebt feine 
Steuern, läßt die Suppelfrauen in das Meer 
werfen, verbietet den Kauf von Sklaven und den 
Lurus, läßt die Bürger nicht in Müßiggang leben 
und erfinnt immer für fie neue Werte und neue 
Arbeit. Wieviel an dieſen einzelnen Angaben 
Wahres und Faliches ift, fteht dahin. Ebenjo 
ungewiß ift, ob er mit Recht unter die 7 Weiien 
(j. d.) gezählt wird; denn die Alten jelbft be: 
jtritten es jchon und nahmen zum Teil einen 
andern gleiches Namens dafür an. Das Ernit: 
afte, das an P. hervortritt, fteigert ſich in den 
Sagen über das Ende feines Lebens bis zum 
Trüben. Er tötete jein Weib Meliffa (f. o.). Deren 
Vater Profles teilte das feinen Enteln, dem 
ſchwachſinnigen Kypſelos und dem Lyfophron, mit. 


Pergämos, /Iioyanos, Stadt Kretas im W. Letzterer hegte jeitdem einen unbefiegbaren Groll 


der Inſel bei Kydonia, wo Lyfurgos aus Sparta 
jein Yeben endigte. Plut. Lye. 31. 
Perge oder -a, Ilfoyn, Perga, bedeutende 





‘ 


gegen den Bater, welcher zuerft ihn zornig ver: 
jtieß. Einem Irrfinnigen ähnlich trieb fich der’ 
Sohn in der Stadt umher. Das jammerte den 


Periboia — Perikles. 


Bater, er mollte dem Lykophron das PVaterhaus 
wieder Öffnen, dieſer aber meigerte fich heimzu— 
fehren. Da jchidte P. den Sohn nad) Iyra, 
aber es ward ihm daheim immer öder und un: 
heimlicher, und er jandte die Tochter aus, um 
den Bruder zur Rückkehr zu beiwegen. Als auch 
das nichts fruchtete, wollte P. jogar der Herrichaft 
zu Gunſten feines Sohnes entjagen. Da er: 
mordeten die Kerkyraier den Lyfophron; P. aber 
nahm Rache und lieh 300 Knaben aus den vor- 
nehmſten Gejchlechtern der Inſel gefangen nehmen, 
um fie dem Lyderfürſten Alyattes, angeblidy zur 
Verſchneidung, zu überjenden. Sie entgingen frei: 
lich diejem —2 und wurden nach ihrer Hei— 
mat zurückgebracht. Da auch die beiden andern 
Söhne des P., Euagoras und Gorgos, vor dem 
Vater geſtorben waren, mußte ſein Neffe Pſam— 
metichos die Herrſchaft, die er nur 3 Jahre inne 

tte, übernehmen. „Vereinſamung im eigenen 

auſe, Ungewißheit über den Erfolg des unter— 
nommenen Werkes, vielleicht Reue über manche 
nicht zu rechtfertigende That, das ſind die Züge, 
welche den Schlußalt des Lebens eines viel— 
beneideten Herrſchers charakteriſieren.“ (Holm.) 
— Hauptſtellen über ihn: dt. 3, 48 ff. 5, 92 ff. 
Ephor. bei Diog. Laert. 1, 7, 96. 98. Bgl. 
auch Bufolt, griechiiche Geſchichte (1885 ff.), J ©. 
462 ff 


Periboia, TIsgißoı«, 1)j. Aiakos. — 2) Tod; 
ter des Eurymedon, von Poſeidon Mutter des 
Naufithoos. Hom. Od. 7, 57 ff. — 3) Tochter des 
Afefianenos, von dem Stromgott Arios Mutter 
des Pelegon. Hom. 11.21, 142. — 4) ſ. Oidi- 
pus. — 5) ſ. Tydeus. — 6) ſ. Odysseus, 1. 

ITegidsırnvor, das von den Verwandten im 
Trauerhaufe gehaltene Totenmahl, j. Bestat- 
tung, 4. 

Ilsgıidtonuıe |. Jeopuıe. 

Periöres j. Aiolos, 1. 

Perikles, ITeoırins, Sohn des Xanthippos, 
des Siegers bei Mylale, und durch jeine Mutter 
Ngarifte zu dem Geſchlecht der Allmaioniden ge: 
hörend, geboren 493 v. E., genoß in jeiner Jugend 
die Lehre und die Freundſchaft des Eleaten — 
des ſikers Damon, welcher zugleich für den 
rößten politiſchen Theoretiler der Zeit galt, be— 
onders aber des Anaxagoras, der ihn von dem 
Aberglauben und den Vorurteilen des Volkes zu 
tieferer Erkenntnis der Dinge führte. Nachdem er 
ſich in mehreren Feldzügen ausgezeichnet, wandte 
er ſich im gereiften Alter, als Ariſteides geſtorben 
und Themiſtokles verbannt war, den Staatsge— 
ſchäften zu, um 466 v. C. Damals ſtand in Athen 
Kimon an der Spitze des Staates, bemüht im 
Kriege mit Perſien die Kriegsluſt abzuleiten und 
fo die Eintracht und den status quo in Griechen: 
land zu erhalten. Diejem trat P. gegenüber, indem 
er jih, obgleich er nach Geburt und Anlage eine 
durchaus ariftofratiiche Natur war und der Gabe 
des leichteren Verkehrs mit dem Volle entbehrte, 
doch auf die Seite der Neformpartei jchlug, welche 
fih durch Einführung der Diobolie bei den diony— 
fiihen Feſten und anderer Geldverteilungen Boden 
in der Anhänglichkeit des Volkes zu gewinnen und 
auch die Ärmeren zur Teilnahme am öffentlichen 
Leben heranzuziehen fuchte. Plut. Per. 7 ff. 
war einer der Anfläger des Kimon, als dieſer 
beſchuldigt wurde, bei der Eroberung von Thajos 


911 


vom König von Makedonien beftochen zu jein 
— Cim. 14), gewann aber einen vorwiegenden 
influß erft, nachdem das auf Kimons Rat, un- 
achtet des Widerſpruchs der Partei des P. den 
Spartanern gegen die Mejjenier zu Hülfe geiditte 
Heer unter nichtigem Vorwande zurüdgeichidt (463), 
und infolge dejien Kimon um 462 durch den Dftra: 
fiimos aus Athen entfernt und bald darauf, nad) 
dem nd des Ephialtes, die Macht des kon— 
ervativen Areopags gebrochen war. Thuc. 1, 102. 
on jegt an ftand er, gewaltig in Wort und That, 
bis zu jeinem Tode an der Spike der Angelegen: 
—* Kimon wandte nach ſeiner Zurückberufung 
eine Thätigleit mehr nach außen; an Thukydides 
fand die Ariſtokratie freilich noch einen würdigen 
und befähigten Führer, welcher aber um 445 durch 


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Ditrafiimos entfernt wurde. Im Einklang mit 
der im Volle herrichenden Stimmung war des P. 
Streben darauf gerichtet, jeinem Baterlande die 
Herrichaft in ganz Hellas zu verſchaffen. Gewöhn— 
lich unter die jährlichen Strategen gewählt, ftand 
er bei den meiften auswärtigen Angelegenheiten 
der Zeit an der Spike. Nachdem e3 ihm nicht ge: 
lungen war, die jämtlichen Griechen zu einem 
Bunde unter Athens Oberleitung zu vereinigen 
— ein Verſuch, der wahrfcheinlich bald nach dem 
Abſchluß des 30jährigen Friedens gemacht worden 
ift (Plut. Per. 17) —, ging fein Streben darauf 
hinaus, möglichjt viele Staaten durch Verträge 


Er | auf athenifche Seite zu ziehen, durch Unterftübung 


der Demokratie an Athen zu feſſeln, oder endlich) 
ganz zu unterwerfen; dabei mißbilligte er aber 


912 


ſtets übereilte und gar zu, entfernte Unterneh: 
mungen, wie den Zug nad) Ügnpten (459). Gleich 
nad) dem Bruch mit Sparta wurde ein Bündnis 
mit Argos und Theflalien geichlofien (Thue. 1, 102) 
und Megara zum Atheniſchen Bunde gezogen (Thuc. 
1, 103). Schon 458 fam es zum Kriege mit Sparta, 
als die Athener den Spartanern, welche unter Nifo: 
medes gegen die in Doris eingefallenen Phokier 
gezogen waren, den Rückzug abjchnitten. Die 
Schlacht bei Tanagra, worin P. mit dem größten 
perjönlichen Mute fämpfte, ging durd) Berrat (458) 
für die Mthener verloren; der weitere Verlauf 
des Krieges war indes glüdlicher für diejelben. 
Voiotien, Lokris, Phokis mußten jih an Athen 
anſchließen, Aigina nach Imonatlicher Belagerung 
fich ergeben; P. machte 453 einen glüdlichen Zu 
nad Afarnanien und Silyon, und 450 fam wech 
Kimon ein 5jähriger Waffenftillftand zuftande. 
Thue. 1, 112. Diod. Sie. 11, 86. then war jebt 
durch die Menge feiner Verbündeten auch die be- 
deutendite Landmacht in Griechenland geworden; 
indes behauptete es dieſe Stellung nicht lange. 
In Boiotien erhoben ſich die oligardhiichen Ber: 
bannten und ihre Partei zum Kampfe gegen die 
Demofratie und die atheniſche Herrichaft, und Tol+ 
midas wurde in der, wie es heißt gegen P.s 
dringende Borftellungen, voreilig unternommenen 
Schlacht bei Koroneia von ihnen total geichlagen 
und getötet (446). Da fielen außer Boiotien 
aud Phofis und Lokris ab, und jogar Megara 
und Eubvia; die Spartaner aber machten einen 
Einfall in Attika. Zwar brachte P. (angeblich 
durch Beftechung) den Pleiftoanar und Kleandridas 
dahin, aus Attifa wieder abzuziehen, Euboia wurde 
von ihm glüdlidy unterworfen; allein infolge des 
gegen Ende Winters 446/5 auf 30 Jahre ge: 
ichlofjenen Friedensvertrags mußte Athen alle Be: 
figungen im Beloponnes herausgeben; im übrigen 
jollten beide Staaten im Befige deſſen bleiben, 
was ihnen gehörte, und jede griechiiche Stadt, die 
noch feinem Bunde angehörte, jollte jelbjt die eine 
oder andere Symmachie wählen dürfen. T’hue.1, 35. 
4, 40. Diod. Sie. 12, 7. Die Pläne, Athen zur 
Landmacht zu erheben, waren geicheitert, es mußte 
ſich ftügen auf die Seemacht und die Seeftaaten, 
die P. immer feiter an Athen zu feileln ftrebte. 
Die Tyeuorda wurde unter Zeitung desjelben nad 
und nach zur dern (Thuc. 1, 97), die freien auu- 
nayoı wurden zu Unterthanen (bmmxooe), die Bei: 
träge zu den Striegsfoften zum Tribut. ®. ftellte 
geradezu die Anficht auf, Athen ſei den Bundes: 
genofien zu Schutz und Hülſe verpflichtet, dieſe 
dafür aber Gehorjam und Tribut ſchuldig. Dadurch, 
daß fie nur leere Schiffe und Geld zum Striege 
hergaben, wurden fie entwafinet bis auf Chios, 
Lejbos und Samos; der Bundesihag wurde auf 
Vorſchlag der Samier 454 nad) Athen gebracht 
und von jet an ganz als athenijches Eigentum, 
ja fogar gegen die Bundesgenofjen benugt (Plut. 
Per. 12), jedod im ganzen bis zum Anfang des 
peloponnejiichen Krieges der Tribut nicht bedeu- 
tend erhöht. Den meiften Städten wurde die höhere 
Gerichtsbarkeit genommen, und fie gezwungen, in 
Athen ihr Recht zu juchen; für das Innere jandte 
Athen bisweilen Aufjeher und heimliche Späher, 
die Abtrünnigen aber wurden mit Gewalt zum 
Gehorſam gebracht, wenn auch noch nicht mit ſolcher 
Grauſamkeit behandelt, wie ſpäter; jo Naxos, 


Perikles. 


Euboia, Aigina, Samos, welches PB. 439 nad Be: 
fiegung der ſamiſchen Flotte bei Tragia (einer 
Heinen Injel unweit Samos) und nad) 9monat: 
licher Belagerung wieder bezwang. Thuc. 1, 115 ff. 
Plut. Per. 25 ff. Als ein Mittel, die zweifelhaften 
und abgefallenen Staaten fefter an then zu 
fnüpfen, dienten bejonders die Kleruchien, wodurch 
zugleich eine Verjorgung von ärmeren Bürgern 
erreicht wurde. Im J. 447 ging P. jelbft mit 
1000 Kleruchen nach dem Gherjones (Plut. Per. 
11. 19. Diod. Sie, 11, 88); in demjelben Jahre 
führte Tolmidas 1000 attiiche Kleruchen nad) 
Euboia. Derjelbe gründete mit einer andern Schar 
von Koloniften eine Kleruchie auf Naros. 250 atti: 
ſche Koloniften wurden auf Andros angeliedelt, 
1000 gingen nad Thrafien. Die im 3. 445 nach 
Thurioi und 4376 nad Amphipolis geichidten 
Anfiedler waren in einer andern Lage, weil Grie— 
chen verichiedener Herkunft ſich an der Kolonijation 
beteiligten. Plut. Per. 11. Obgleich P. niemals 
erjter Archon war, jo hatte er doc als 15 Jahre 
hindurch regelmäßig wiedergewählter Stratege und 
als Borfteher der Finanzen und der Öffentlichen 
Bauten auch im allgemeinen die Leitung der 
inneren — in ſeiner Hand. Doch trat 
er ſelten ſelbſt auf, ſondern überließ die meiſten 
Sachen ſeinen politiſchen Freunden. Durch Würde 
des Charakters und Weisheit war er jedoch ſtets 
die Seele der Partei ſowie ihr eigentlicher Führer: 
nie lieh er ſich durch die Leidenſchaften des Bolfes 
fortreißen, ſondern leitete es durch politifche Ein: 
jicht, ohne ihm zu jchmeicheln; allgemein anertannt 
war aber auch jeine Umbeftechlichfeit und Redlich— 
feit in der Verwendung der öffentlichen Gelber. 
Thue. 2, 60.65. Aristoph. nub. 835. Er jtrebte 
darnach, allen Bürgern die Teilnahme an ben 
Staatsangelegenheiten zu verichaffen und dieſen 
dadurd; Kraft und Leben zu geben. Wenu er 
dabei aber den Herricheritolg des Volkes, die mate: 
riellen Intereffen und die Genußſucht auf gleiche 
Weiſe befriedigte, fonnte er ſich ſchwerlich verhehlen, 
daß er Kräfte entfeflelte, welche beim Mangel einer 
ftarfen und weijen Leitung verderblich werden 
fonnten. Alle öffentlichen Inſtitute wurden im 
bemofratiichen Geiſte modifiziert. Die Machtbe— 
fugnis des Mreopags wurde beichränft, die Richter: 
gewalt größtenteils Bolfsgerichten übertragen, die 
Laſten des Staates durch die Leiturgien faſt allein 
auf die Reichen gemwälzt; in wie weit andere Ein- 
richtungen, 3. B. die Einführung des Loſes anftatt 
der Wahl, die Nomotheten, Nomophylafes, die 
yoapı, nagavöunv — alles geſetzliche Schranfen 
gegen den vorwiegenden Einfluß oder das Uber: 
greifen einzelner Männer — in jeine Zeit fallen, 
iſt ai Um aber dem Volle die wirkliche 
Ausübung der ihm zuftehenden Rechte möglich zu 
machen, wurde eine Bezahlung für öffentliche 
Dienjte eingeführt, zuerjt das Schaufpielgeld (Dew- 
eıxör), dann der Nichterjold, wahrjcheinlich auch 
der Buleutenjold (miodog Povievrınog) und ber 
Kriegerſold, Wenn nun dur Sold und Kleruchien 
auc der Armſte zum Staatsleben herangezogen 
wurde, jo dienten andere Unternehmungen, um 
ſowohl durch Berdienft die materiellen Bedürfniſſe 
zu befriedigen, als auch der Genußſucht des Volkes 
eine Richtung auf das Höhere und Edlere zu geben 
und den Nationalftolz und das Gelbftgefühl zu 
fteigern. Nachdem er durd; Vollendung der von 


Pr 


Periklymenos — IIsgiorgmuere. 


’ 


Kimon angefangenen langen Mauern zur Berbin: 
dung mit dem Meere (458), denen Näter noch 
eine dritte zur Herſtellung einer ſicheren Verbin— 
dung zwiſchen Stadt und Peiraieus hinzugefügt 
wurde, für die vollſtändige Befeſtigung der Stadt 
geſorgt hatte (Thuc. 1, 89. Plut. Them. 19), be: 
mühte er ſich um die Ausihmüdung der Stadt 
durch Tempel, religiöfe Weihgaben, Kunftwerfe 
und Öffentliche Fefte. Der von Kimon begonnene 
Umbau des Parthenon wurde nad anderm Bau: 
plane 447 wieder aufgenommen und 438 beendet, 
das Odeion (447—445), die Propylaien gebaut, 
durch Pheidias u. a. die Akropolis mit Bildjäulen 
geihmüdt, und Athen zu einem Sammelplaß der 
Wiſſenſchaften und Künfte erhoben. — Auch als 
Redner war PB. groß, obgleich er jelten auftrat 
und meift furz redete; jeine Redekunſt beherrichte 
mit unmibderftehlicher Kraft Die Seibenfchaften des 
Volkes. Worzüglicher Beleg waren bie beiden 
Leichenreden nach dem famitchen Kriege und im 
erften Jahre des peloponneſiſchen Krieges. Wie 
er das Mufter eines untadelhaften Staatsmannes 
war, jo ſuchte er auch als guter Haushalter und 
durch Zauterfeit im Privatleben jeinen Mitbürgern 
ein Vorbild zu fein; wenn daher bei den Komilern 
u. a. manche feiner bebeutenditen Unternehmungen 
aus jelbftjüchtigen Motiven abgeleitet werden, jo 
beruht das nur auf Verleumdung der Gegenpartei 
und der Luft, das Edle und Erhabene herabzu: 


ziehen. Freilich verftieh er durch das Verhältnis 
zu der Milefierin Wipafia, welche er nad ber 
Trennung von jeiner erjten Gattin, die ihm 2 


Söhne, Zanthippos und Paralos, geboren, in jein 
Haus aufnahm, gegen altatheniihe Worurteile; 
allein mie dieſes Bündnis für ihm eine Quelle 
häuslichen Glückes war, jo zeigte es aud die An- 
erfennung feiner Sitte und geiltiger Bildung beim 
weiblichen Geichlechte. Seit dem J. 444, in dem 
er wohl auch, um Athens Geeherrichaft zu be: 
feftigen und zu erweitern, die erfolgreiche Expe— 
dition nach dem Pontos unternahm (Plut. Per. 20), 
ftand er ohne Rivalen an der Spige Athens, von 
jest an bemüht, die nötigen Mittel für den Ent- 
iheidungstampf in Hellas herbeizufchaffen, deſſen 
Kommen er vorausjah, aber doch möglichit lange 
aufzujchieben wünſchte, zu welchem Ende, jolange 
er an der Spike des Finanzweſens ftand, jährlich 
10 Talente nad Sparta gingen, um der dortigen 
Kriegspartei entgegenzuarbeiten. Als daher von 
Epidamnos aus der Streit begann, riet er zur 
mutigen Aufnahme des Krieges, den er In un: 
vermeidlich hielt. Thuc. 1, 140 ff. Es wurde aber 
in diefer Zeit die Feindichaft der Tafonijch-oligar: 
chiſchen Partei immer erbitterter. Man griff ihn 
an durch Anklagen gegen die ihm nahe ftehenden 
Anaragoras, Pheidias, Aipafia. Plut. Per. 32. Die 
legte verteidigte er jelbft mit Thränen und großer 
perjönlicher Aufregung. Doch behauptete er jeine 
Stellung und leitete mit Weisheit den Staat in 
den erjten Jahren des Srieges, mit ruhiger Ge- 
fafjenheit die Vorwürfe feiner Gegner ertragend 
und das Volk in der Bedrängnis der Zeit ermu— 
tigend. Erft als der Krieg und die Belt die Not 
und die Berzweiflung fteigerten, wagten feine 
Gegner gegen ihn ſelbſt eine Anklage wegen jchledh: 
ter Verwaltung der Staatögelder einzubringen 
(430); er wurde zu einer Geldftrafe verurteilt 
(Thue. 2, 65), doch fehrte das Vertrauen des Vol: 
Reallegiton des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


913 
fe3 bald zurüd; es erlaubte ihm nad dem Tode 
jeiner echten Söhne durch bejondern Beſchluß die 


Aufnahme des jüngeren Berifles in die Phratrie und 
Bürgerlifte (Plut. Per. 37). Aber jeine Kraft jchien 
gebrochen zu jein; er ftarb im folgenden Jahre 
429 an einem jchleichenden Fieber. Thuc. 2, 65. 
Plut. Per. 38. Bgl. Kutzen, Perikles als Staats: 
mann (1834). Onden, Athen und Hellas, II ©. ı 
— 200 (1866). Filleul, Zeitalter bes Perikles (deutjch 
von Döhler, 1874). Ad. Schmidt, Epochen und 
Kataftrophen (1874). Das perilleiihe Zeitalter 
(2 Bbd. 1877—79). vd. Pflugk-Harttung, Perikles 
als Feldherr (1884). Dunder, Gejchichte des Alter: 
tums, Bd. 9. 

Periklymönos, IIegıxkuusvog, 1) Sohn des 

Neleus und der Ehloris, Bruder des Neftor, Ar: 

onaut, von Herakles bei der Zerſtörung von 
los erihlagen, obgleich ihm Poſeidon große 
Stärke und die Gabe der Verwandlung verliehen 
hatte. Hom. Od. 11, 286. Ov. met. 12, 556 ff. 
— 2) Sohn des Poſeidon und der Chloris, der 
Tochter des Teireſias, Thebaner, der im erften 
thebanijchen Kriege den Parthenopaios erlegte und 
den Ampbhiaraos verfolgte, als diejer plöglich von 
der Erde verjchlungen ward. Eur. Phoen. 1157. 
Pind. nem. 9, 26. 

Perillos, II£gıllog (oder IIsglixo;), agrigen: 
tinifcher Erzarbeiter, jol dem Tyrannen Phalaris 
(j. d.) den ehernen Stier, in den ein Menſch ge: 
legt und durch untergelegtes Feuer unter ftierähn- 
fihem Gejchrei verbrannt werden konnte, gegen 
eine bedeutende Summe angeboten haben, aber 
jelbft das erfte Opfer geworden jein. Op. a. a. 
1, 658. Plin. 34, 89. Luc. Phal. 11. 12. 

Perinthos, 7) IIfgırdog, blühende ſamiſche 
Kolonie in Thrafien an der Propontis, am Ab: 
jange eined Berges und an einem Bujen gleiches 
Namens, bejonderd berühmt durch ihre hartnädige 
Verteidigung (341 dv. E.) gegen Philipp von 
Makedonien, der F— Wichtigkeit erlannte, ſeit 
tem 4. Jahrh. n. C. auch Herakleia genannt; j. 
Eregli. Plut. Phoc. 14. Diod. Sic. 16, 74 ff. 

Ilegiotxoı j. Helotes. 

Peripatetiei ſ. Aristoteles und Theo- 
phrastos, 

Periphas, IIsgipas, 1) Autochthon in Attika 
noch vor Kekrops' Zeit, ein Diener des Apollon, 
wegen feiner Tugend zum König ermwählt und 
dem Zeus gleich verehrt, weshalb dieſer ihn ver: 
nichten wollte; aber auf Apollons Bitte verwan- 
belte er ihn in einen Adler. Or. met. 7, 400. Ant. 
Lib. 6. — 2) ein Zapithe. Ov. met. 12, 449. — 
3) Sohn des Aitolers Ochefios, von Ares vor Ilion 
getötet. Hom. Il. 5, 842. — 4) Sohn des Epytos, 
Herold des Wineiad. Hom. Il. 17, 323. — 5) ein 
Örieche, der an der Eroberung von Jlion teilnahm. 
Verg. A. 2, 476. 

Periphötes j. Theseus. 

IlegiroRos ſ. Epyßos und Exercitus, 4. 

ITegı0xehis, periscelis (Hor. ep. 1, 17, 56), 
eine SKnöchelverzierung bei den Libertinen, deren 
Zunica nur über die Knie herabhing, ein koſt— 
bares Band, Kettchen oder Spange, zugleich zur 
Befeftigung der Sandalen. 

Ilsg:0reWuere, peristromata, foftbare Deden 
oder Matragen zum Überbreiten über Ruhebetten, 
Fußböden u. dgl., meiftenteil im Oriente, beſon— 
ders Indien und Ägyhpten, in jehr fünftlicher 

58 


914 


Weiſe gefertigt. Plaut. Pseud. 1, 2, 12. Cie. Phil. | 


2, 27, 67. 

—— j. Haus, 2. 

Periurfum, Zrıogx/a, der Meineid (Definition 
desjelben bei Cic. off. 3, 29), wurde weder in 
Griechenland noch in Rom mit bürgerlichen Stra: 
fen belegt, weil man den Göttern nicht vorgreifen 
wollte; in Rom jedoch mußte der Meineidb gefühnt 
werden (expiatio). Die Griechen waren wenigftens 
in der jpäteren Zeit wegen des Leichtfinn® berüch- 
tigt, mit dem fie Eide leifteten und brachen; die 
Athener freilich machten eine rühmliche Ausnahme 
Arrinij mlorıs, Suid.). — Die erften Kaiſer be- 
itraften den bei dem genius des Kaiſers oder per 
saluten: principis vor Gericht abgelegten Meineid 
als Majeftätöverbrechen; im übrigen wurde ber 
Meineidige der Strafe der Götter überlafien (Tae. 
ann. 1, 73: deorum iniurias dis curae). Die 
Kriftlichen Kaifer belegten Meineid überhaupt mit 
infamia. 

Perköte, /Isexorn, jehr alte Stadt in Myſien 
zwiſchen Abydos und Lampſakos, j. Bergas. Hom. 
fl. 2, 835. 11, 229. Hdt. 5, 117. Strab. 13, 
585 f. 590, 

Permessos, /Isgunsoög, auch Teeunssds, Fluß 
Boiotiens, entjpringt auf dem Helifon und ergieht 
fih nordöftlich von Haliartos in den Kopaisiee. 
Hesiod. theog. 5. Strab. 9, 407. 

Pero j. Melampus und Neleus. 

Peroratio, die ausführliche Sauptrede der 
Barteien, j. Prozels, 22. 

Perpernae oder Perpennae, wahricheinlich 
etrujfiichen Uriprungs: 1) M. Berp., wurde von 
dem illyrijchen Könige Gentius, an den er als 
Gejandter geichidt war, eingeferfert und erft von 
Anicius wieder befreit, 168 dvd. C. Liv. 44, 27 ff. 
— 2) M. VBerp., befiegte ala Konſul im J. 180 
v. E. den Nriftonifos. Er ftarb auf der Rückehr 
nad Jtalien bei Bergamon. Eutr. 4, 20. — 3) M. 
Berp., Konful 92 v. E., verwaltete im J. 86 die 
Genfur (Cie. Verr. 1, 55). — 4) M. Berp,, ein 
Mann von großem Hochmute, ftand im Kriege 
zwiichen Sulla und Marius auf des letzteren Seite 
und bejegte nach deſſen Befiegung Sicilien. Pom: 
pejus nötigte ihn im X. 82 v. E. die Inſel zu 
verlafien. Flut. Pomp. 10. Darauf führte er einen 
Teil des Heeres, welches der Konſul Ämilius Le: 
pidus im %. 78 zum Nufftande verleitet hatte, 
nach Hiſpanien und vereinigte fich hier, von jeinen 
Soldaten gezwungen, im J. 77 mit Gertorius. 
In den Kriegen desjelben zeichnete ſich B. gerade 
nicht bejonders aus. App. b. c. 1, 110. Als Ser: 
torins im J. 72 dur eine Verſchwörung, an der 
auch P. nebjt 10 anderen Führern teilgenommen 
hatte, feinen Tod fand, übernahm er den Ober: 
befehl über deflen Heer, erbitterte dasjelbe aber 
durch jeine Unfähigkeit und fiel bald nachher nad 
einer ihm von Pompejus beigebrachten Niederlage 
in dejjen Hände, worauf ihn derjelbe hinrichten 
ließ, ehe P. noch durch feine Ausſagen Zeit er: 
halten hatte, viele angejehene Römer als Teil: 
nehmer an den Plänen des Sertorius ind Unglüd 
zu bringen. Mut. Sert. 25 ff. 

Perranthes, fteiler Hügel des Kraneiagebirges 
in Epeiros, an defjen nördlichem Abhang Ambra— 
fia (das h. Arta) lag. Liv. 38, 4. 

Perrhaebi, /Isgig)aßol, d. i. meowioı, ein 
mächtiger, friegeriicher pelafgiicher Volksſtamm, 


IIegiorukıov — Persephone, 


ber die theſſaliſchen Landichaften Heftiaiotis und 
Pelajgiotis bewohnte und ihnen zum Teil ben 
Namen gab. Hom. 11.2, 749. Lar. 31, 43. 33, 15. 
Thue. 4, 78. In ihrem Gebiete lagen die Städte 
Kyretiai, Malloia, Bhalanna, Doliche, Azoros u.ſ. w. 
und bie Bergfeften Dloofjon, Kondylos, Gonnos 
am Dlympos und Peneios. Strab. 9, 440 f. 

Persaios, IIsecaios, 1) aus Kittion, Sohn des 
Demetrios, anfangs Sklave, dann Schüler des 
Zenon und ſtoiſcher Philojoph, lebte unter der 
Negierung des Antigonos Gonatas und ftarb 
wahrjcheinlih ums Jahr 243 v. C. Mit Aratos, 
Alerander Witolo8 und andern Gelehrten lebte 
er am Hofe des Antigonos, von dem er aud zum 
Treldherrn gemacht wurde. Cie. n. d. 1, 15, 38. 
Diog. Laert. 7, 6. 13 u. d. Plut. Arat. 18. 23. — 
2) j. Perses. 

Perse, II£oon, auch Ilsgonis, Tochter des 
Dfeanos, Gemahlin des Helios, Mutter des Nietes 
und der Kirfe (Hom. Od. 10, 139. Hesiod. theog. 
356. 956), der Pafiphad, des Perjes, Aloeus. 

Persephöne, Kora, /Iegoepörn, Ilegsepörsıe, 
Tlsgotpaoca, Depotpacoe, Köen, Proserpina, 
Tochter des Zeus und der Demeter (Hom. II. 
14, 326. Od. 11, 217), bei Homer die ehrwürdige 
Gemahlin des Hades, die jchredliche Beherricherin 
der Schatten, welche über die Seelen der Berftor: 
benen (Hom. Od. 11, 213 ff. 226. 385) und Die 
Ungeheuer der Unterwelt (Hom. Od. 11, 633) 
herricht und mit Hades die Verwünichungen der 
Menichen hört und vollitredt. Hom. Il. 9, 457. 569. 
Bei den römifchen Dichtern ſchneidet fie von den 
Häuptern der Sterblichen die Lode ab und weiht 
fie dem Tode. Verg. A. 4, 698. Auch in der nad): 
homerijchen Zeit ift Perſephone noch die Herricherin 

er Unterwelt neben ihrem finfteren ®emahl, aber 
es tritt bei ihr durch das enge Verhältnis zu ihrer 
Mutter Demeter ein milderer Charafter hervor. 
Als einft die jungfräuliche Periephone Kore, von 
der Mutter entfernt, auf der nyſiſchen Flur (mach 
ipäterer Sage bei Enna in Sicilien) mit ihren 
Beipielinnen Blumen pflüdte, ward fie von Hades 
auf feinem roffebeijpannten Wagen mit dem Willen 
ded Zeus in die Unterwelt entführt. Um den 
Born der Mutter, welche jie lange auf der ganzen 
Erde vergeblich gefucht hat, zu beichwichtigen, holt 
endlih Hermes auf des Zeus Befehl die Perſe— 
phone aus dem Hades der Mutter herauf; da ihr 
aber Hades, ehe er fie entließ, einen Granatfern 
(Symbol der Ehe) zu foften gegeben hat, jo be- 
ftimmt Zeus, daß Perfephone abwechſelnd 2 Teile 
des Jahres auf der Oberwelt bei der Mutter und 
den dritten Teil in der Unterwelt bei ihrem Gatten 
weilen jolle. Hom. hymn. in Cer. Or. fast. 4,419 ff. 
met. 5, 385 ff. Ihre Feſte Adpsıa und Kovgeıa, 
vgl. Plut. Dion 56. In diefem Mythos, von 
dem fich bei Homer feine Spur findet, iſt Perſe— 
phone das Symbol der Pflanzenwelt, die jährlich 
hervoriproßt und wieder in die Tiefe der Erde 
zurüdtritt, ded Samenkorns, das in das Dunfel 
der Erde gejentt wird und zu neuem Leben auf: 
blüht. So wird fie denn zugleih in den Myſte 
rien der Demeter das Symbol der Unfterblichteit 
der Seele. Die myſtiſche Berjephone trat in Ber: 
bindung mit dem myſtiſchen Jalchos, dem Sohne 
der Demeter und des Zens; fie war feine Schweiter 
und Braut, oder andy feine Mutter. Bei fpäte: 
ren Orphilern erjcheint fie als allwaltende Natur: 


Persepolis — Perserkriege. 


gottheit, die alles hervorbringt und vernichtet, 
und wird vermengt mit anderen myſtiſchen Gott: 
heiten, wie Hekate, Gaia, Rheia, Iſis. Den Bei: 
namen Jeorxowa, Herrin, Meydin Dec, hatte fie 
mit ihrer Mutter gemein, mit der fie auch viel: 
ja zujammen verehrt ward, bejonders in Boio: 
tien, in Eleufis, auf Sicilien. Dargeftellt ward 
fie entweder als ftrenge Gemahlin des Hades, 
ähnlich der Hera, oder als jugendliche Tochter 
der Demeter, oder als die myſtiſche Braut bes 
Jalchos, mit einem Epheufranz, mit Fackeln in 
der Hand u. j. w. — Bei den Römern heiht fie 
Proſerpina, wie ihr Gemahl Dis, Pluto, feine 
altitalijhe Gottheit, jondern mit römijch klingen— 
dem Namen von Griechenland herübergetragen. 

Persepölis, I/Isgoezolıs, d. i. Perjerftadt, die 
um 515 v. E. von Dareios I. gegründete Haupt: 
ftadt Perſiens; einheimiich wohl Parſa (wie das 
Land), jpäter Iſtakhr gen.; öftlih vom Medos 
(j. Bulvar) unmeit feiner Einmündung in den 
Araxes (j. Kum⸗i⸗Firuz), in der gefunden, einft 
ſehr fruchtbaren Ebene Merdaſcht gelegen. liber 
der Stadt erhob fich eine geräumige, durch eine 
dreifache Mauer gejchügte Terraſſe. Hier erbauten 
ſich Dareios J., Zerres und ihre Nachfolger präch— 
tige Baläfte, welche Alerander der Gr. 330 in 
Brand ftedte. Die Ruinen (j. Tichihil-Minare 
oder Tachti⸗Dſchemſchid gen.): mächtige Treppen, 
Propyläen, Säulenhallen und Säle mit vielen 
Reliefs und Inſchriften, gehören zu den groß: 
artigiten und interefiantejten Reſten des Altertums. 
In der Nähe befinden ſich auch 7, in ben Fels 
gehauene Königsgräber. Arr. 3,18, 1. 10f. 7,1,1. 
Curt. 5, 6 I Strab. 15, 728ff. Bal. das Pradıt: 
wer! von Stolz, Andreas und Nöldele, die Denf: 
mäler und Inſchriften von Berjepolis, Iſtakhr u. |. w. 
. (1882, 2 Bdd.). 

Perserkriege. Den in dem Allmachtsſchwindel 
der perfiichen Könige begründeten Verſuchen zur Er: 
oberung Griechenlands, des einzigen noch übrigen 
Gebietes, wohin fich ihre Weltherrichaft erweitern 
fonnte, ging der Aufftand der Konier 500-494 
v. E. vorauf. Während nämlich um dieje Zeit 
alle Bölfer von den Ufern des Indos bis an die 
Grenzen Theſſaliens dem perjiihen Scepter ge: 
horchten, genoſſen die griechiſchen Städte Klein: 
afiens eine milde Berwaltung und entiprechende 
Freiheit unter örtlichen Tyrannen mit verjchiede: 
nem perjönlicdhem Streben. Zum Lohne für die 
Erhaltung der Donanbrüde bei dem Skythenzuge 
des Dareiod ward der Tyrann von Milet Hi— 
ftiaios (j. d.) mit dem thrafiichen Orte Myr— 
finos (am unteren Strymon) belohnt, den er be: 
feftigte. Als aber der perjiihe Statthalter in 
Europa, Megabazos (j. d.), diefen Bau merkte, 
ftellte er ihn dem Könige als ein bedenkliches 
Beginnen bin, und dieſer berief den Hiſtiaios, 
angeblich als ihm unentbehrlich, an den Hof nad) 
Suja. Des Hiftiaios Schwiegerjohn und Nach— 
folger, Ariftagoras (f. d.), bereitete, als er 
wegen mißlungener Unternehmung gegen Naros 
den Berluft feiner Tyrannis befürchtete, im Ein: 
verftändnis mit Hiftiaios jenen Aufftand- vor, zu 
welchem er jedoch, da die Spartaner (j. Kleo- 
menes, 1.) ſich nicht beteiligten, nur von Athen 
und CEretria eine Heine Anzahl Schiffe erhielt. 
Sardes war leicht genommen, ging aber in Feuer 
auf; die Jonier wurden zu Lande von den Perſern 


915 


geichlagen, ihre Flotte bei der Milet gegenüber: 
liegenden Inſel Lade (ſ. d.) befiegt, into gedefien 
Milet zerftört und von den Bewohnern die Män: 
ner meist getötet, Weiber und Kinder aber nad) 
dem inneren Aſien verpflanzt. Bald begannen 
die Perjer den Krieg, der angeblid zur Beſtra— 
{en von Athen und Eretria, in Wirklichkeit zur 
usbreitung der perfiichen Macht überhaupt unter: 
nommen wurde Der Satrap von Sleinafien, 
Mardonios (ſ. d.), leitete diejes Unternehmen, 
fehrte aber bald nah Aſien zurüd; zwar hatte 
In Landheer die Mafedonier unterworfen und 
eine Flotte Thaſos erobert, aber jened warb in 
Thrafien geichlagen und dieſe jcheiterte am Athos. 
Den Dareios aber ſtachelten der aus Athen ge: 
flohene Hippias (ſ. d.) und der von Sleomenes 
und Leotychides geftürzte Spartanerfönig Dema- 
ratos (j. d.) an; er forderte von den griechiichen 
Städten Unterwerfung und jandte, als dies ver: 
— war, ſeine Streitkräfte unter Datis und 

rtaphernes (j. d.) zum zweiten Feldzuge gegen 
Griechenland. Nachdem fie mit großer Flotte auf 
Euboia gelandet und Eretria durch Berrat ge: 
nommen, führte Sippias fie auf die Ebene von 
Marathon, wo den an Zahl vielfach überlegenen 
Berjern ein aus Athenern und Plataiern beftehendes 
Heer entgegentrat (Sommer, wohl Auguft 490). 
Nach dem glänzenden Siege des Miltiades (f. d.) 
gelang die Wiederunterwerfung der von Athen ab: 
gefallenen Inſeln im Aigaiiten Meere, wenn 
auch nicht mit gleichem Glüde. Die fofortigen 
neuen Rüftungen des Perſerkönigs unterbradh fein 
Tod, 485; fein Nachfolger Zerres (ſ. d) aber 
mußte erft das inzwijchen aufgeftandene Agypten 
wieder unterwerfen (484), ehe er den Anreizungen 
des Marbonios und der griechifchen Flüchtlinge, 
der Peififtratiden und der thellaliichen Aleuaden, 
Gehör geben fonnte. Nach jorgfältiger Beratung 
mit den Großen des Reichs, unter denen Arta- 
banos in kräftiger Entjchiedenheit dem Plane 
widerjprady (Hdt. 7, 8— 18), fjammelte er die 
Kräfte feines ungeheuren Reichs. Im Frühlinge 
480 brach ein Heer, wie jedesfalld die damalige 
Welt noch keins gejehen (das Yandheer ungefähr 
800 000 Mann ftarf), von Sardes, die Flotte aber 
(1207 Trieren) von den Häfen Kyme und Pho— 
faia nach dem Hellespont auf, über deſſen 2 vor: 
her geichlagene Brüden man in 7 Tagen und 
7 Nächten ging. Unterdeflen war auf dem Iſth— 
mos ein Kongreß der „Eidgenofjen” (surouor«:) 
zujammengetreten, wo ein Bund gejchloffen wurde, 
defien Führung, mit Athens Zuftimmung, Sparta 
übernahm. Die Eingangspäffe Theſſaliens konnten 
mit 10 000 Hopliten unter dem Spartaner Euai- 
netos und dem Athener Themiftofles nicht be: 
hauptet werden, und jo wurden die Theſſalier 
Bundesgenofien der Perſer. Die Kreter, Kerky— 
raier, Argiver, Syrafufier verweigerten die Speer: 
genofienichaft oder leifteten die verſprochene Hülfe 
nicht. Während das nördliche Ufer von Euboia 
mit einem Zeile der Flotte von 271 Trieren 
(127 atheniichen) nebft 9 Bentefonteren unter dem 
Spartaner Eurybiades bewacht wurde, ftanden 
über 6000 Hopliten unter dem Befehl des Leo: 
nidas (j. d.) an den Thermopylen. Als diejes 
Heer von Hydarnes an der Spike der „Zehn: 
taujend“ umgangen wurde, harrten nur 700 Thej- 
vier bei Leonidas und den 300 Epartiaten aus 

b8* 


916 


und jtarben mit ihnen den Heldentod (Auguſt 480). 
Unterbefien hatten bei Artemijion wiederholt 
Seegefechte ftattgefunden, die ohne Enticheidung 
blieben. Ein Verſuch der Berjer, 200 Schiffe um 
Euboia herumzuichiden und dann die ganze gries 
chiſche Flotte einzujchließen, wurde durd den 
Sturm vereitelt, der die ausgejandte Flotte ver: 
nichtete. Da zogen fich die Griechen auf die Nach— 
richt vom Falle des Leonidas durd den Euripos 
urüd, und ihre Flotte jammelte fih, 378 Segel 
hart, bei Salamisd. Als aber das von den 
meiften Bewohnern verlaffene Athen dur Die 
Berjer genommen war, wollten die Griechen bei 
der Flotte die gefährliche Stellung bei Salamis 
aufgeben und nad dem Iſthmos jegeln, um den 
peloponnefiichen Landtruppen die Hand zu reichen. 
Themiftofles mußte daher zu dem äußerjten 
Mittel greifen, durch Meldung der beabfichtigten 
Flucht den Zerzes zur Einſchließung der griechijchen 
Slotte zu bewegen. Der Kampf, zu dem die 
riechen jich todesmutig rüfteten, endete mit der 
Flucht der feindlichen Flotte (27. oder 28. Sept. 
480). Hdt. 8, 83ff. Aesch. Pers. 376ff. Diod. Sie. 
11,17 ff. Bei der Verfolgung der Fliehenden zeid: 
neten ſich die Nigineten in gleihem Maße aus, 
wie die Athener in der Schlacht. Eine zweite Lift 
des Themiſtokles, der vorgebliche Abbruch der 
Brüde über den Sellespont, bewog den Xerres 
zur Rücklehr nach Aſien; er ließ den Mardonios 
mit 300000 Mann in Theflalien zurüd. Ein 
Zeil der Flotte bezog in Kyme, ein anderer in 
Samos Winterquartiere. Potidaia und Dlynth 
fielen von den Perjern ab, die die eritere Stadt 
nicht wieder gewinnen fonnten. In Griechenland 
wurden die Berdienfte des Themiftofles um die 
Rettung des gemeinjamen Baterlandes von bar: 
bariihem Deipotismus allenthalben, namentlich 
auch in Sparta, gebührend anerfannt; von der 
Beute wurden insbejondere dem bdelphiichen Apol: 
fon reihe Gaben geweiht. Im Frühling 479 
drang Mardonios wieder nad) Mittelgriechenland 
vor; die Athener mußten zum zmweitenmal ihre 
Stadt verlafien und fi auf die Schiffe und nach 
Salamis flüchten. Aber dennoch wurde der Helles: 
pontier Murychides mit Friedensvorſchlägen des 
Mardonios, gerade jowie vorher der Makedonier— 
fünig Alerandros von den Athenern zurüdgetvieien, 
und Lykides, der darauf einzugehen riet, gefteinigt. 
Die Spartaner hatten anfänglich die Perjer am 
Iſthmos erwarten wollen und hatten zu dieſem 
Zwecke die Befejtigung desjelben eifrig gefördert. 
Sept aber rüdten mn gedrängt von den aux 
unter Führung des Negenten Baujanias (j. d. 1.) 
aus, verftärkten ſich am Iſthmos durch einen großen 
Teil der Beloponnefier, zogen mit diejen nad 
Eleufis und vereinigten ſich hier mit den Athe— 
nern. Nun wendete man fich gemeinjam in die 
Gegend von Erpthrai und ftand Mardonios gegen: 
über, der nad Zerftörung Athens, um für feine 
Neiterei günftiges Terrain zu finden, ſich nad 
Boiotien zurüdgezogen und am Wjopos ein Lager 
aufgeihlagen hatte. Bei Plataiai trafen Die 
Heere zufammen: die Perjer 300 000 Mann ftarl, 
neben 50 000 Mann Bundesgenofien, die Griechen 
110 000 Mann, worunter 8000 atheniiche Hopli- 
ten unter Anführung des kurz vor der ſalamini— 
ihen Schlacht zurüdberufenen Arifteides. Nach— 
dem 11 Tage ohne ernftlichen Kampf vergangen 


Perserkriege. 


und die Stellungen mehrmals gewechſelt waren, 
fam 08 am zwölften Tage (Ende Juli oder An: 
fang Auguft 479) zur Schlacht. Marbonios wurde 
eichlagen und blieb mit einem großen Zeile 
Feines Heeres, das reiche perfiiche Lager ward ge: 
plündert und Theben belagert, worauf mehrere 
Häupter der mediichen Partei ſich jelbft ausliefer- 
ten und auf Pauſanias' Befehl in Korinth hin— 
gerichtet wurden. Nur 40 000 Berjer zogen jich 
in Ordnung unter Artabazos nach Norden zurüd. 
Hat. 9, 1ff. Plut. Arist. 11 ff. Der Sage nad 
war es an demielben Tage auch zu einer See: 
ſchlacht bei Mykale in Afien gelommen. Die 
griechiſche Flotte nämlidy war unter dem Spar: 
tanerfönig Yeotydides und dem Athener Kan: 
thippos bei Delos verjammelt, die perſiſche im 
Samos, und nahe bei ihr, beim Borgebirge My: 
tale, jtand ein 60000 Mann ſtarkes perfiiches 
Landheer. Cigentlidy wollten die Griechen die 
perſiſche Flotte gar nicht angreifen; als fie endlich 
durh die Samier ſich zum Angriffe bewegen 
ließen, flüchteten fi die Perſer jofort an das 
genannte Borgebirge unter den Schuß des Land— 
heered. Aber die Griechen gewannen den herr: 
lichjten Sieg. Hdt. 9, 90 ff. Das Lager und die 
Flotte der Perſer wurden zerjtört und jo der erite 
Schritt zum offenfiven Verfahren gethan, in das 
num der Krieg gegen die Perſer überging (j. Pau- 
sanias, 1. und Kimon). Samos, Chios, Leibos 
und Meinere Inſeln wurden in die griechifche 
Bundesgenofjenichaft aufgenommen. Der beabſich— 
tigten Zerftörung der Brüden über den Hellespont 
waren die Stürme jchon zuporgelommen. Leo— 
tychides ging mit den Seinigen nad Haufe; die 
Athener aber belagerten mit den Joniern und 
Hellespontiern die Stadt Seftos auf dem Über: 
jones und eroberten fie, nachdem die Perier jie 
geräumt hatten, Anfang des %. 478. — Gleich: 
zeitig mit den Kämpfen im Often hatten auf 
Sicilien Kämpfe der dortigen Griechen gegen bie 
Karthager jtattgefunden: Gelon von Syrafus hatte 
bei Himera ein großes farthagiiches Heer ge 
ſchlagen, nach der Überlieferung am Tage der 
Schlacht bei Salamis. Hdt. 7, 167. Diod. Sie. 
11, 20. — Die Eidgenofjenichaft der Hellenen 
hatte ihren Mittelpunkt auf dem ioniſchen Delos, 
in defien Apollonheiligtum die Bundeskriegskaſſe 
niedergelegt wurde, deren Berwaltung den Athe— 
nern oblag. Dieje jehten hierfür eine neue Be- 
örde, die 10 Hellenotamien, ein. Der Delifche 
und entwidelte ſich durch die glüdlichen Erpebi- 
tionen Kimons. Nach dem Falle von Eion am 
Strymon (476) wurden die Perjer aus Europa 
vertrieben, die Bundesflotte übte fräftige See- 
polizei im — Meere. Die Perſer wurden 
darauf von Kimon im eigenen Meere —** 
und ein Doppelſieg zu Waſſer und zu Lande am 
Eurymedon (an der Küſte von Pamphylien) 
errungen, im Herbſt 467. Thuc. 1, 100. Plut. 
Cim, 12f. Der Aufſtand des Inaros und dar: 
nach des Amprtaios in Ägypten gegen die perjiiche 
Herrichaft wurde von Athen und jeinen Bundes: 
genofjen unterftüßt, wobei jedoch die Athener ein: 
mal von Megabyzos (f. d. 1.) geichlagen wurden 
und, auf einer Inſel des Nils eingejchloffen, 
fapitulieren mußten. Den Schlußpunft der Berjer: 
friege bildet das %. 449, wo Kimon auf einem 
neuen Zuge vor der Stadt Mition auf Kypros 


Perses — Perseus. 917 


ftirbt. Nach jeinem Tode befiegte fein Heer nod) | dem Rumpfe der Meduja jprang das Roß Pe— 
bei dem fypriichen Salamis die Kilififch- phoini: | gajos und Chryſaor hervor. on den beiden 
liſche Seemaht und auf der Küſte das Pe ec Gorgonen verfolgt, Nic er, durch ben 
Sandheer. Thuc. 1, 112. Diod, Sie. 12,3. Der Helm des Hades geſchützt. Er fam au das Ufer 
Krieg hörte nunmehr auf, ohne daß ein fürm: | von Withiopien, wo er die Andromeda (j. d.) 
fi Friede — der j. g. fimonifche Friede — | rettete und heiratete. Mit ihr lehrte er nad) 
geichloffen wurde (j. Kimong. €). Thatfächlich | Seriphos zurüd und verfteinerte durch das Me: 
war aber im %. 449 das größte Ziel erreicht: | dufenhaupt den Polydeltes (Ov. met. 5, 242 ff.), 
die hellenifche Bildung war gegen die Barbarei der eben feine tter zur Ehe zwingen wollte. 
des Orients fichergeftellt. Darauf jeßte er den Diltys zum König der Anjel 

Perses, Il&gons, 1) Sohn des Krios und der ein und fchrte mit Danac und Andromeda nad) 
Eurpbia, zeugte mit Aiteria die Hekate (Hesiod. | Argos zurüd (j. Akrisios). Die Herrſchaft von 
theog. 377. 409); auch Berjaios genannt. — 2) ſ. Argos gab er an Megapenthes, den Sohn des 
Perse. — 3) Sohn des Berjeus und der An: | Proitos, eines Bruders des Alrifios, gegen Ti: 
dromeda, miythiicher Stammvater der Perjer. Hat. | ryıs ab und gründete Miden und Mykenai. Mit 
7,61. — 4) j. Hesiodos. — 5) j.-Perseus, 2. | Andromeda zeugte er Allaios (Vater des Amphi— 

Perseus, IIsgosis, 1) Sohn des Zeus und | tryon), Sthenelos (Bater des Euryſtheus), Heletos, 
der Danaë, Enkel des Alrifios, Urenfel des Abas | Meftor, Eleltryon (Bater der Altmene, |. Am- 
(daher Abantindes), 
j. Akrisios. Als 
Afrifios ihm mit ſei— 
ner Mutter in einer 
Kifte ind Meer ge: 
worfen hatte, wurde 
diefe an der Kylladen— 
Inſel Seriphos von 
Diftys ans Yand ge: 
zogen, und Danad 
nebft Perſeus zu Po: 
Indeltes, dem König 
der Inſel, dem Bru: 
der des Diltys, ge: 
bradt. Als Berjeus 
herangewachſen war, 
trug ihm WBolydeltes, 
damit er Danad um: 
geitört in feine Ge: 
walt befomme, auf, 
das Haupt der Gorgo 
Meduja zu Holen. Ber: 
jeus, von Hermes und 
Athene unterftüßt, ge: 
langte zu den Graien, 
die zu 3 nur Einen 
Zahn und Ein Auge 
gemeinſchaftlich hat: 
ten, und zwang fie 
durch Wegnahme des 
BZahnesund des Auges, 
daß fie ihm den Weg 
zu den Nymphen zeig: 
ten, die ihm Flügel: 
jchuhe, eine Tale 
und den unjichtbar 
machenden Helm des 
Hades gaben, wäh: 
rend er bon Hermes 
eine Sichel, von Ithene 
einen Spiegel erhielt. 





Mit diefer Rüftung F — Ah z * 

fam er zu den Gor · ? Aa — er 

onen bei TZartefjosam 28 — 4 > — 

cean. Er traf fie Pf mine —— — a 


J —— Pi eos = —8B ai Hal AgtEk: 
ne — — —— ra 





ſchlafend; da ihr An— 
blick verſteinerte, ſo 
ſchlug er der Meduſa den Kopf ab, indem er ihr 
Bild in dem Spiegel der Athene anſchaute, und 
verbarg ihn in der Tajche der Nymphen, Aus 


phitryon) und die Gorgophone. Hom. Il. 14,320. 
Hesiod. theog. 280. Soph. Ant. 944 ff. Apollod. 
2,4, 1ff. Ov. met. 4, 607 fje Perſeus hatte ein 





918 Persicus sinus. 

Heroon zwijchen Argos und Mylenai, in Seri: | Flotte von P. bei Oreos auf Euboia geichlagen 
phos, in Athen mit einem Altar des Dittys und | wurde (Liv. 43, 3), fie auch zu Lande infolge der 
der Klymene, die ihn gerettet. Die Römer er: | Unfähigfeit ihrer Feldherren mehrere Niederlagen 
zählten, Danad und Perſeus jeien in der Stifte | erlitten, worauf P. in Thefjalien eindrang, dann 
an das Ufer von Italien getrieben worden, two | die mit den Römern verbündeten Dardaner jchlug 
der König Pilummus fi mit Danat vermählte (Liv. 43, 4 ff. 9. 11) und größere Erfolge gewon: 
und Ardea gründete. Darnach wurbe die Ab: | nen haben würde, wenn nicht fein Geiz ihn ab— 
ftammung des Rutulerfürften Turnus von Afrifios | gehalten hätte, auf die Anwerbung von Söldnern 
abgeleitet. ke A. 7, 372. 410. — Abbildung , größere Summen zu verwenden. Im J. 169 
(j. ©. 917): Andromeda, durch Perjeus befreit, täujchten die Römer den P. und fielen in Mate: 
Relief des Eapitoliniihen Mujeums. — 2) P. oder donien ein, worüber er in den größten Schreden 
Berjes, König von Makedonien, Sohn Philipps V., geriet und faft alle Bejonnenheit verlor. Appian 
war im J. 212 v. C. von einer Nebengemahlin (Mac. 11) nennt ihn daher einen von den Göttern 
(Liv. 39, 53; vgl. 40, 6) oder von einer Sklavin , mit Blindheit Geichlagenen. Als aber die Römer 
geboren, aber von der Gemahlin Philipps unter: | bald darauf aus Makedonien fich zurüdzogen, folgte 
gejchoben. Plut. Arat.54. Schon in früher Jugend | er ihnen, ſchlug fie mehrere Male in Thefjalien (Ziv. 


ſandte jein Vater ihn unter Leitung bewährter 
Männer gegen die auf römijcher Seite ftehenden 


Illyrier im %. 201 (Lie. 31, 28), ſpäter mußte 


er jedod im Kriege der Mömer gegen Antiochos 
mit feinem Bater ald Bundesgenofje Roms gegen 
die Aitoler fämpfen. Liv. 38, 5ff. Mißhellig— 
keiten mit Rom veranlaßten darauf den Philipp, 
feinen Sohn Demetrios zur Beilegung derjelben 
nach Rom zu jenden. Es gelang dem Demetrios, 
der jchon früher als Geijel in Kom gewejen war 
und daſelbſt fich Freunde erworben hatte, die 
Römer zu Gunften feines Vaters zu ftimmen; dod) 
erregte er dadurd; und durch die ihm in Rom zu 
teil gewordene ehrenvolle Aufnahme des Baters 
Miftrauen ſowie des Perfeus Haß, der in ihm 
einen von Rom begünftigten Nebenbuhler fürchtete. 
Eiferſucht und Furcht trieb beide zur Ermordung 
des Demetrios im %. 181. Liv. 40, 24; vgl. 39, 35. 
40,5. Plut. Aemil. Paul. 8. Der von Summer 
darüber jomwie über des Perſeus fichtliches Streben 
nach der Herrichaft gebeugte Philipp ftarb im J. 
178, und Perjeus folgte ihm. Den Anfang feiner 
Negierung bezeichnete er durch; Mafregeln der 
Klugheit und Milde und Erleichterung der Steuer: 
laft. Bon Rom erbat fih P., der die Zeit noch 
nicht gefommen glaubte, um mit demjelben zu 
bredhen, Freundichaft und Bündnis und bemußte 
nun die folgenden Jahre, um fid) zu dem ihm 
bevorftehenden Kampfe mit dem verhaften Rom 
zu rüften, wozu jchon jein Vater durch Vergröße: 
rung des Heeres und der Bevölkerung, jowie durd) 


44, 15.) und erfreute fich zugleich der eifrigen 
Verwendung und Füriprache des Prufias, Eumenes 
und der Rhodier in Rom, jowie ®entius von 
Syrien fi offen mit ihm verband. Auch die 
Baftarner jandten Hülfstruppen, welche jedoch, da 
P. aus Geiz den bedungenen Gold nicht zahlen 
wollte, feine thätigen Dienfte leifteten. Zar 43, 15. 
17. 44, Uff. Im J. 168 erhielt den Oberbefehl 
gegen P. der Konjul 2. Ämilius Paullus, welcher 
die verfallene Kriegszucht im römijchen Heere 
wiederheritellte, B. nach Makedonien zurüddrängte 
und in der Schlacht bei Pydna am 22. Juni (jul. 
Kal., Lir. 45, 1 den 4. Septbr.) befiegte. Plut. 
Aemil. Paul. 18ff. Liv. 44, 40ff. Der geſchlagene 
König flüchtete mit feiner Familie und feinen 
Schäßen in den Tempel der Diosfuren auf Sa: 
mothrafe, wo er fi den nadhjeßenden Römern 
in unmännlicher Mutlofigfeit ergab; er wurde 
jedodh don dem Konsul achtungsvoll behandelt, 
jowenig auc fein unmürdiges Benehmen im Un- 
glüd, welches mit jeinem früheren Stolze in 
grellem Widerjpruche ftand, es verdiente. Mafe: 
doniens Unabhängigkeit war dahin. PB. mußte 
des Siegers Triumphzug jchmüden, wurde dar- 
nach in einen Kerfer zu Alba Fucentia geworfen 
und ftarb dajelbft 2 Jahre ſpäter, nachdem ihm 
noch durch jeines UÜberwinders Fürſprache ein 
milderes Los zu teil geworden war. Ihn über: 
lebte noch lange fein jüngfter Sohn Alerander als 
Schreiber zu Alba. Liv. 45, 42. — P. war ein 
tapferer Soldat auf dem Schladhtfelde, in jeiner 


reich gefüllte Getreidemagazine und einen vollen | Yebensweije einfah und enthaltfam und nicht ohne 


Schatz alle Vorkehrungen getroffen hatte. 
dem illyriichen Könige Gentius, dem thrafischen 
Fürften Kotys, den Baftarnern ſchloß er Bündnifie; 
in Boiotien und Mitolien bildete er fich eine Bartei, 
Syrien ſuchte er durd; Heirat zu gewinnen, wo— 
gegen es den Römern, als jie ihre Anftalten zum 
Kriege getroffen hatten, gelang, den Eumenes von 
Pergamos auf ihre Seite zu ziehen und mehrere 
Staaten Afrifas und Afiens zur Neutralität zu 
bewegen. Im J. 171 begann der Krieg. P. ne: 
wann mit jeinem geübten Heere über die ungeüb: 
ten römijchen Legionen einen Sieg in Theflalien; 
ftatt aber denjelben zu benußen, bat er um Frie— 
den, worauf ihm die demütigende Antwort zu 
teil wurde, er müſſe fidg auf Gnade und Ungnade 
ergeben. Liv. 42, 31 ff. Nach einem zweiten, un: 
entjchiedenen Treffen zog ſich P. nad Mafedo: 
nien zurüd, während die Römer Griechenland mit 
ichwerer Bedrüdung heimſuchten. Im J. 170 
waren die Römer ebenjowenig glüdlih, da ihre 


Mit | eine gewiſſe Stetigfeit und VBeharrlichkeit, ehe es 


um Handeln fam; indes wenn der enticheidende 
Augenblid heranrüdte, war alle Kraft dahin, und 
er verzehrte fih in ängftlicher Unentichlofienbeit, 
ohne das, was er oft jahrelang vorbereitet hatte, 
ausführen zu fünnen. Diejer Mangel an Rad 
haltigfeit des Charakters, gepaart mit ſchmutzigem 
Geize, ftürzte ihn von der Höhe des Thrones in 
den Kerker und ließ jeine Nachkommen in Ber: 
gefienheit hinfterben. Pol. 23. 26. 27. 29. 30. 

Persicus sinus, ö /legoımög xolmog, der noch 
jegt denjelben Namen führende Buſen des Em: 
thraiiichen Meeres, den Herodot noch micht nennt, 
und über defien Größe und Gejtalt die Alten jehr 
irrige Anfichten haben; z. B. Strabon ſchätzt ihn 
faft jo groß wie den Pontos Eureinos und gibt 
ıhm einen Umfang von 20000 Stadien, Plinius 
einen Längendurchichnitt von 1125 Millien, wäh— 
rend er doch (mwenigftens jet) nur 130 geogr. 
Meilen beträgt. Strab. 16, 765 f. 


Persii — Persis. 


Persti, 1) C. Berjius, befiegte im zweiten 
punischen Kriege (210 v. E.) die Tarentiner. Liv. 
26, 39. — 2) E. Perſ. ein durch jeine Gelehr: 
jamfeit ausgezeichneter Mann (Cic. Brut. 26, 99) 
und Zeitgenofje des Dichters Lucilius. Cie. de or. 
2,6,25. — 3) U. Verf. Flaccus, der Dichter, 
wurde am 4. Dezember 34 n. C. zu Bolaterrä 
in Etrurien von nn und angejehenen 
Eltern geboren. Er verlor jhon in feinem ſechſten 
Lebensjahre den Vater und blieb der Mutter Fuldia 
Sifennia überlaffen, welche zu einer zweiten Ehe 
mit einem römijchen Nitter Fufins jchritt. Bis 
zum zwölften Jahre wurde er in jeiner Baterjtadt 
unterrichtet, dann aber nad Rom gebradht, wo 
der Grammatifer Remmius Palämon und der 
Rhetor Berginius Flavus feine Lehrer wurden. 
Im jechzehnten Jahre fam er zu dem Stoifer 
Annäus Cornutus, dejien Freundichaft er erwarb, 
und der ihn im näheren Umgang mit 2 gelehrten 
Griechen, Claudius Agathemerus und Petronius 
Ariftofrates, jowie mit dem jungen Dichter Lu: 
canus brachte. Als vertraute Jugendfreunde werden 
die Lyriker Cäfius Baffus und ein Calpurnius 
Serranus (Sura? Statura?) genannt. Den Pätus 
Thrafea, Gatten jeiner Verwandten, der jüngeren 
Arria, den Servilius Nonianus und Plotius Ma: 
cerinus ehrte er mir kindlicher Liebe. Alle dieje 
günftigen Berhältnifie, der Unterricht ausgezeich— 
neter Lehrer, der lebendige Berfehr mit jtreb: 
jamen und durch treffliche Geſinnung hervorragen: 
den Männern, mußten den jungen P. alljeitig 
ausbilden und namentlih in der Anhänglichkeit 
an die ftoifche Lehre befräftigen. Auch für jeine 
dichteriichen Beftrebungen wurden diejelben maß: 
gebend. Bon feinen Erftlingsarbeiten wiſſen wir 
nur die Titel; es war ein Reiſegedicht (ödoımo- 
err«), ein Gedicht auf den heldenmütigen Tod 
der älteren Arria und eine fabula praetexta 
(Vescia geheißen ?). Nachher wendete er fich, durch 
Lucilius und Horatius angeregt, in jugendlicher 
Xeidenichaft der Satire zu. Allein ſchon im acht: 
undzwanzigjten Jahre, am 24. November 62, jtarb 
er an einem Magenübel auf jeinem Gute an der 
Apptichen Straße. Seinen Berwandten hinterließ 
er ein bedeutendes Vermögen, dem Cornutus jeine 
Bücher und ein anjehnliches Legat, defjen Annahme 
derjelbe ausſchlug. Seine Satıren blieben unvoll- 
endet; Cäfius übernahm die Herausgabe und ver: 
einigte die vorhandenen 6 in Einem Buche (liber 
satirarum). Sie wurden viel gelejen und bewun— 
dert (Quant. 10, 1, 94: Multum et verae gloriae 
quamvis uno libro Persius meruit, und ähnlich 
Mart. 4, 29, 7), jelbft von den chriftlichen Schrift- 
ftellern und durch das Mittelalter hindurd, das 
mehr den Moraliften als den Dichter im Auge 
hatte. Unter allen ragt die fünfte Satire, welche 
das Lob des Cornutus und einen Diskurs über 
die wahre freiheit enthält, hervor. Selbſt der 
Ton derjelben ift nicht der jarfaftijch:bittere, fon: 
dern ein milder und ruhiger; die jprachliche Dar: 
ftellung reiner und leichter als anderwärts. In 
der neueren Zeit gehen die Urteile über ®. jehr 
auseinander. Der Arger über die Schlechtigfeit 
jeiner Zeit hat den mit reinem, edlem Sinn be: 

abten und von fittlihem Ernſte tief dDurchdrungenen 
Sungling zu der Satire geführt, gr daß er das 
Leben jelbitändig kennen gelernt hatte und über 
die Ideale der ftoiichen Schule hinausgefommen 


919 


war. Horaz war fein Mufter, das er in der Form 
zu überbieten jucdhte; von außen her famen ihm 
die Grundjäge. Da er nun et raro et tarde 
scripsit, jo erflärt fi) der Mangel an Leichtigkeit 
und Freiheit der Bewegung. Talent zu mimijcher 
Darftellung, gebildet durd; das Studium feiner 
Vorgänger und der alten griechiſchen Komödie, ift 
ihm nicht abzufprehen und zeigt ſich bejonders 
in haratteriftilhen Zügen des alltäglichen Lebens, 
in der gejchidten Benußung der dialogiichen Form, 
in Bildern und Ausdrudsweijen, die dem Munde 
des Volls entlehnt jcheinen. Wird nun jo viel 
über jeine, bisweilen faſt unleidliche, Dunkelheit 
geklagt, die wenigftens für jeine Zeitgenoffen nicht 
vorhanden gewejen jein famı, jo muß man diejelbe 
aus dem verkehrten Streben jener Zeit nad) Neu: 
—— und aus der Kürze ſtoiſcher Schreibweiſe er— 
lären. — Dieje Schwierigkeit hat auch frühzei— 
tig das Bedürfnis nach Erklärung hervor an; 
Mittelalterliche Scholien, unter dem Titel Cornuti 
commentum, und mancherlei Exrcerpte daraus in 
Handichriften (glossae Pithoeanae) jind erhalten 
(am beiten abgedrudt in der Ausgabe von D. Jahn), 
und neuere Gelehrte Haben mit jeltener Erubition 
Caſaubonus) ihn erflärt. — Ausgg. von Caſau— 
bonus (1605, zuleßt bejonders von Dübner, 1833), 
Weber (1826), Blum (1827), D. Jahn (184%, 
Hauptausgabe), Heinrich) (1844); Textausgg. von 
K. F. Hermann (1854) und D. Jahn (1851 und 
nochmals mit Juvenal und Sulpicia 1868; 2. Aufl. 
1886). Bal. zur Charafteriftif des Dichters Teuffel, 
Studien und Eharafteriftiten, S. 520 ff. der 2. Aufl. 
(1889). 

Persis, 7) IIeoois, TIegoı“n, altperfiich Parſa, 
j. Farſiſtan, der jüdmeftliche Teil des Hoclandes 
von ran, die Haupt: und Stammprovin; des 
Perſerreiches. Sie grenzte im O. an Karmanien 
(das übrigens bis auf Dareios I. noch zu P. ge: 
rechnet wurde), im N. an Medien (Baraitafene), 
im ®. an Sufiana (Zagrosgebirge), im ©. an 
den Perſiſchen Meerbujen (von dem Oroatisfluß, 
j. Zore, im W. bis zum Borgebirge Tarjia, j. Nas 
Boitana, im D.). Nach Medien führte der fteile 
Paß 7 usyadln nAiuet, j. Durding; nad) Suſiana 
«di IIölaı al Ilegoiöes, j. Kelah:i:Sefid. Der größte 
Fluß des Landes ift der Araxes, j. Kumsi:Firuz, 
der von dem Einfluß des Medos ij. Murgbab, 
weiter unten Pulvar) an h. Bend:emir heift und 
in den Galzjee Bafhtegan mündet; außerdem eine 
Neihe von Küftenflüffen. P. zerfällt in 3 natür- 
lihe Zeile: die Küfte ift heiß und jandig und 
trägt nur Palmen; das Innere fteigt in Terrafien 
auf, zwiſchen denen wohlbewäflerte und jehr frucht- 
bare Thäler liegen, jo namentlich die Ebene Mer: 
dajcht an dem Medos; der Norden ift ein Fühles 
Hochland, doch mit guten Weiden. Die Bewohner, 
TIegoaı, führten uriprünglid ein jehr einfaches 
und abhärtendes Leben als Hirten und Jäger. 
Sie teilten fih in 3 Klaſſen, nämlich den kriege— 
riichen Adel: die Paſargadai (zu denen die Dynaftie 
der Achaimeniden gehörte), Maraphioi, Mafpioi; 
jodann die Aderbauer: die Banthialaioi, Derufiaiot 
und Germanioi (wahricheinlih die Rarmanier); 
endlich die Nomaden: Daoi, Mardoi, Dropiloi und 
Sagartivi. Dieje Nomadenftämme, die zum Teil 
aud in andern Gegenden genannt werden, waren 
wohl nicht Arier, wie die übrigen. Städte: Paſar— 
gadai (j. d.), Perjepolis (j. d.), Gabai, Tarfe 


920 


(nahe dem Küftenfluß Granis). Über die Geſchichte 
des Landes |. die Artt. Kyros, Dareios, Xer- 
xes, Artaxerxes, Perserkriege, Sassa- 
niden u. a.; vgl. Spiegel, eranifche Altertums— 
funde. Band II. III (1873— 78). Dunder, Geſch. 
des Altertums. Bd. IV (5. Aufl. 1880). Aufti, 
Geich. des alten Perfiens (1879). Nöldele, Aufſätze 
zur perfifchen Geſchichte 5 

Persöna, die Maſte, |. Schauspiele, 12. 

Pertinax, ®. Helvius, ein Ligurier, geboren 
1. Auguſt 126 n. C., war anfangs Lehrer der 
Grammatik, fpäter Soldat, zeichnete ſich nament— 
lih im Kriege gegen die Parther aus, Tämpfte 
im Jahre 186 fiegreich gegen die Britannier und 
Germanen, dann in Afrika, fiel darauf bei Com— 
modus in Ungnade und wurde verbannt, aber 
bald wieder nad) Rom zurüdgerufen. Im Jahre 
192 wurde er Konful und nad der am Ende bes 
Jahres erfolgten Ermordung des Commodus jein 
Nachfolger auf bem Throne, 31. Dezember. P. re: 

terte durchaus nad den Abſichten des Senats. 
Sichtbar war jein Streben, die Finanzen zu ordnen 
und durch Sparjamteit gu beffern, die Kriegszucht 
% kräftigen und Handel und Wandel zu fördern. 

ber der Gardepräfelt Lätus arbeitete an jeinem 
Sturze, und er fiel bei einer Meuterei der ftrenger 
Zucht abholden Garde, die mit den faijerlichen 
Bedienten Hand in Hand ging, 28. März 193. 
Capitol. Pert. Dio Cass. 73, 1 ff. Vgl: Krafauer, 
Commodus und Pertinar (1883), 

Pervigilium, im weiteren Sinne die Nadıt: 
wache, im engeren der nächtliche Gottesdienft, der 
bei den Griechen der Demeter und Berjephone, 
ſowie dem Dionyjos gefeiert wurde, bei den Rö— 
mern nur den verheirateten Frauen, mit Aus— 
ſchließung aller Männer (Eic. legg. 2, 9, 21; vgl. 
Claudiı, 20.), am Feſte der Bona Den geftattet 
war. In jpäterer Raiferzeit, wo beiden Geſchlech— 
tern ber =. dazu offen ftand, fam auch eine 
jährliche Nachtfeier der Venus Noctilüca oder 
Noctivigila auf, für melde ſich ein eigenes Ge— 
dicht, Pervigilium Veneris, in 98 trochätichen 
tatafektiichen Tetrametern erhalten hat mit dem 
Refrain: cras amet, qui numquam amavit, qui- 
que amavit, cras amet. Died Gedicht, das eine 
Frrühlingsfeier enthält und Venus als die belebende 
Macht des Als in rhetorifch belebter Darftellung 
verherrlicht, wurde früher dem Catull zugejchrieben, 
ftammt aber erft aus dem 2. oder 3. Jahrh. n. E. 
Befte Ausgabe von Bücheler (1859). 

erusYa, IIegovei«, alte Stadt Etruriens zwi- 
ſchen dem Trafimeniichen See und dem Tiberis, 
eine ber etruriichen Zwölfftädte, von nicht großem 
Umfange, aber von fefter Lage auf einem Berge. 
In römischer Zeit war fie ein Mumieipium mit 
den Rechten einer Kolonie. In dem Kampfe 
zwiichen Octavian und Antonius (bellum Peru- 
sinum) wurde die von 2. Antonius (j. Anto- 
nii, 6.) hartnädig verteidigte Stabt von erfterem 
erobert und niedergebrannt, ſpäter aber mit dem 
Beinamen Augusta wiederhergeſtellt und blieb 
auch in der Folgezeit wichtig; j. Perugia. Strab. 
b, 226. 47 b. c. 5, 32f. 

Pes j. Malse. 

Pescennius Niger, Gaius, aus Aquinum 
ftanımend, zeichnete fich in feiner Ingend im Kriegs— 
dienfte aus und ſchwang ſich rajch zum Feldherrn 
empor. Um 190 n. E. kämpfte er in Dacien mit 


Persona — Petillii. 


Auszeichnung und hielt bei feinem Heere ftrenge 
Mannszucht. 192 mußte er einen Aufftand Der 
Juden und Sarazenen nieberjchlagen. Beim Tode 
des Pertinax (März 193) Statthalter von Syrien, 
wurde er von feinen Soldaten zum Kaifer erhoben, 
unterlag aber und fiel im Kampfe gegen den gleich: 
falld al$ Thronbewerber aufgeftandenen Septimius 
Severus (Ende 194). Spart. Pescenn. Nig. 

Ileoosia oder aerreia ſ. Spiele, 7. 

Pessinüs, /ITeoowoög, fehr wichtige Stadt 
Galatiens am füdlichen Abhange des Dindymos: 

ebirges, berühmt als Hauptſitz des Kybeledienſtes. 

In dem reichen Tempel befand ſich ein unförm: 
licher heiliger Stein, welchen die Römer infolge 
eines Ausipruces der fibyllinischen Bücher im 
J. 204 dv. E. nad) Rom bringen ließen, weil fich 
das Schickſal Roms an den Beſitz desjelben knüpfen 
jollte. Jet Ruinen bei Bala-Hiſſar. Strab. 12, 567. 
Liv. 29, 10f. 

Heralıouos, von mirülor, Blatt, war die 
dem Oſtrakiſmos ähnliche, bei den Syrakuſiern in 
der Mitte des 5. Jahrhunderts dv. C. für kurze Zeit 
übliche Art der Aburteilung über die Verbannung 
eines Mitbürgers, die, wenn fie ausgeiprocen 
ward, für Jahre galt. Die Stimmen wurden auf 
Dlivenblätter geichrieben, dann in eine Urne ge: 
worfen und nacdhgezählt. Died. Sic. 11, 87. 

JllIer@aouare ij. Haus, 4. 

Ileraoog j. Kleidung, 5. 

Petaurista, ein Gaukler, abgeleitet von mE- 
ravpor, ein hölzernes Gerüft. Diejes Gerüft hat 
man fich als eine Art Schwungrad zu denfen, auf 
welches fich die Gaufler zu zweien r legten, daß 
ber eine es abwärts zu jchteben, der andere es 
oben zu erhalten fuchte. Siegte der erfte, jo wurde 
der andere in die Luft gejchleudert, wobei alferlei 
funftreihe Sprünge und Purzelbäume vorfamen. 
Juv. 14, 265. 

Petelia, IIernid«, jehr alte, der Sage nad) 
von Philoktetes gegründete griechiiche Stadt an 
der Dftküfte von Bruttii in Italien, auf fteiler 
Höhe, 3 Meilen nördlid von Kroton. Als bei 
der jehr hartnädigen Verteidigung gegen Han— 
nibal faft alle Bürger ihren Untergang gefunden 
hatten, bevölferte Hannibal die Stadt mit Brut: 
tiern, bis jpäter die Römer die Refte der Bürger 
ae Sept viell. Strongoli. Strab. 6, 254. 

ol. 7, 1,3. Liv. 23, 80. 27, 26, 

Pet&ön, IIsrewv, Ort des thebaniichen Gebiets 
in Boiotien bei Haltartos, öftlih vom See Hylite 
an der Straße zwijchen Theben und Anthedon. 
Hom. Il. 2, 500. Strab. 9, 410. 

Pet&ös, IIereas, Sohn des Orneus, Enfel des 
Erechtheus, Vater des Meneftheus, gründete, von 
Aigeus aus Athen vertrieben, Stiris in Phokis. 
Hom. Il. 2, 552. Paus. 2, 25, 6. 10, 35, 8. 

Petillfi, Petilii: 1) O. Bet. Spurinus, 
Stadtprätor im %. 181 v. E., als welder er bie 
Verbrennung ber miedergefundenen Bücher bes 
Numa veranlafte. Liv. 40,18.29. Plut. Num. 22. 
Als Konsul fiel er im J. 176 gegen die Ligurier. 
Liv. 41, 14 ff. — 2) D. Bet. Eerealis (Eeria- 
tis) Cäſius Rufus, war im J. 61 n. C. Legat 
der 9. Legion in Britannien, wo er von den 
Britanniern eine Niederlage erlitt. Tac.ann. 14,32. 
Bei der Thronbefteigung Beipafians, jeines An 
verwandten, förderte er deſſen Sache mit großem 
Eifer (Tac. hist. 3, 59) und erhielt von ihm im 


Petra — Petronii. 


J. 69 den DOberbefehl gegen die Bataver unter 
Claudius Eivilis, den er nach langem, hartnädigem 
Kampfe bei Betera unterwarf (70). Tue. hist. 
4, 71. Darnad) war er 71—72 mit großer 
Auszeihnung Statthalter in Britannien, wo er 
plötzlich ſtarb. Taec. Agr. 17. Wenngleich leicht: 
—— oft ſogar nachläſſig, erwarb er ſich doch 
den Ruhm eines ausgezeichneten Feldherrn. Tac. 
hist. 4, 78. 

Petra, /Iere«, 1) ein Ort an der Grenze von 
Argolis im korinthiſchen Gebiete, Heimat Eetions, 
des Baterd von Kypſelos. Hdt. 5, 92. — 2) ein 
Städtchen in der Nähe von Elis im Peloponnes. 
Paus. 6, 25, 4. — 3) auf Sicilien, j. Betralia, 
auch Peträn genannt. — 4) Stadt im Gebiete der 
Mäder in Thrafien, Liv. 40, 22. — 5) Küftenftabt 
in Illyrien. Caes. b. c. 3,42. — 6) P. in Sog: 
diana, die von Alexander dem Gr. 327 v. E. er: 
oberte Felſenburg des Oxyartes (j. d.). Ourt.7, 11. 
— 7) die Hauptjtadt der Idumäer, dann der Na— 
batäer; einheimiſch Sela (d. b. Fels) gen., von 
den Griechen mit Petra überjegt, woher dann auch 
für das Gebiet der Name Arabia Petraea fommt. 
Die Stadt lag in der Mitte der Einfenkung 
zwijchen dem Toten Meer und dem Wilanitischen 
Bujen, in einem wafjerreichen, von teilen Fels— 
wänden umſchloſſenen Gebirgsthal, das jebt wie 
die Ruinen Wadi Muſa (Mofesthal) heit. Ber: 
möge ihrer Lage bildete fie einen wichtigen Knoten— 
punkt für den Handel zwiichen Südarabien, Agypten 
und Syrien und wurde dadurch jehr reih. Die 
großartigen Ruinen von Wohnungen und Grab: 
fanmern, Tempeln und andern öffentlichen Ge: 
bäuden, die meiftens in den Felſen —— 
und mit prächtigen Faſſaden geichmüdt ſind, ſtam— 
men größtenteils erjt aus der Römerzeit (Anfang 
des 2. Jahrh. n. E.). Mit dem 4. Jahr. ift der 
Glanz von P. dahin. Strab. 16, 776. 779. 

Petreii. Der bedeutendfte ift M. Petr. Legat 
bes Profonjuls E. Antonius im 3. 62 v. E., ein 
tüchtiger Mann (Sall. Cat. 59), befiegte die Scharen 
Gatilinas bei Piſtoria unweit Fäſulä. Cic. Sest. 
5, 12. Unter Bompejus diente er in Hiſpanien 
von 54—49, wo er mit Afranius gegen bie 
Anhänger Cäſars focht, war anfangs ftegreich, 
wurde dann von Cäſar geichlagen und ſchloß eine 
Übereinkunft mit ihm ab. Caes.b. c. 1, 38 ff. 59 ff. 
Nach des Pompejus Tode ging er nah Afrifa, 
fammelte hier die Reſte jeiner Partei, erlitt bei 
Thapjus im %. 46 eine entjcheidende Niederlage 
und tötete fich ſelbſt oder lieh fich von Juba töten, 
als er in jener Schlacht alles verloren jah. App. 
b. c. 2, 100. Caes. b. Afr. 91 ff. 

PetrocorTfi, keltiſches Bolf in Aquitania am 
rechten Ufer der Garumna, im heutigen Berigord, 
wo ſich ergiebige Eiſenwerke fanden, mit der Haupt- 
ſtadt Veſunna (j. ‚Perigueug). Caes. b. g. 7, 75. 

Petronii, 1) &. Betr., gab feinem Freunde 
P. Eölius, der ihm die rönifche NRitterwürde ver: 
ichafft * dafür auf deſſen Bitte den Tod, als 
er von ſchwerem Unglück —— war. Val. Max. 
4, 7,5. — 2) diente unter Craſſus als Tribun 
gegen die Barther und verteidigte denſelben, als 
er bei ber Unterredung mit dem parthiſchen Feld— 
herrn treulojerweije umgebracht wurde. Plut. Orass. 
31. — 3) €. Petr. Statthalter von Ägypten im 
3. 24 v. C. befannt durch feinen Feldzug gegen 
die aithiopiiche Königin Kandafe, deren Hauptftadt 


921 


Napata er eroberte; aber erft in einem zweiten 
Feldzuge nötigte er fie zum Frieden, 22. Strab. 
17, 819 ff. Dio Cass. 54, 5. Um Agypten erwarb 
er ſich große Verdienfte durch Anlage zahlreicher 
Kanäle. Mit dem jüdiihen Könige Herodes war 
er befreundet. Einen Aufftand der empörungs— 
jüchtigen Alerandriner dämpfte er durd) feine Ent: 
ichlofjenheit. — 4) P. Betr., verwaltete unter 
Tiberius Stleinafien, ging auf Caligulas Befehl 
nad; Syrien, wo er ſich der Juden annahm, für 
die er jich jogar in Rom verwendete, und ftand 
nach feiner Rüdfehr bei Claudius, deſſen Tiſch— 
genofie er wurde, in großer Achtung. — 5) Betr. 

urpilianus, diente ald Feldherr unter Nero 
in Britannien im %. 61 n. E., wo er freilich ohne 
Ruhm zu ernten fich aufhielt. Tac. ann. 14, 39. 
Agr. 16. Unter Galba fand er feinen Tod im 
%. 68. Plut. Galb. 15. — 6) €. (nach Tacitus; 
nach Plinius in den Hdſchr. Titus) Betr. Arbiter, 
diente mit Auszeichnung unter Nero als Prokonſul 
in Bithynien, juchte aber feinen höchften Ruhm 
im Genuß und erfreute jid) der bedeutenden Gunft 
des Kaiſers, zu defien Bertrauten er gehörte ( T’ac. 
ann. 16, 17 ff.), ftatt jeine ausgezeichneten Gaben 
dem Staate zu widmen. Doch unterlag er den 
am Hofe gegen ihn gejchmiedeten Intriguen, die 
ihn bei Nero als Teilnehmer an der Verſchwörung 
des Piſo zu verbäcdhtigen wußten, und gab ſich 
auf einer Reife nach Gampanien mit eigener Hand 
den Tod, 66 n. C. Er gilt, wahrjcheinlich mit 
Recht, für den Berfaffer eines Sittenromans, Sa- 
tyricon (Satyrieön sc. libri), welcher urjprünglich 
aus einer größeren Anzahl von Büchern (etwa 20) 
beftand, aber nur in verfürzter Geftalt auf uns 
gelangt ift. Die Schrift jchildert in großer Boll: 
endung die fittlihen YZuftände jener Zeit und 
charakterifiert uns einzelne Gattungen von Menjchen 
in unübertrefflicher Weije, bald in Proſa, bald in 
dichterifcher Form (alſo in Form einer satira 
Menippea); dabei ift die Sprache dem jebesmaligen 
Charakter der auftretenden Perſonen entiprechend, 
niedrig bei dem reichen Emportömmling Trimalchio, 
feiner bei dem gebildeten Griechen Encolpius, voll 
Schwulſt in den Worten des gedenhaften Dichters 
Eumolpus. Die Spradye ift oft gemijcht mit Aus— 
drüden aus dem Griednichen und dem Volksdialekt. 
Nah allem muß der Berfaffer in der Zeit Neros 
gelebt haben (vgl. &. Studer, Rh. Muj. II ©. 50 
— 92), während Niebuhr und Lachmann ihn in 
das Zeitalter des Alerander Severus ſetzen, eine 


Anſicht, die nicht haltbar ift. Den Beinamen Ar— 


biter erhielt Petronius erjt in jpäterer Zeit, ob 
mit Rückſicht auf Tacitus, nad welchem Nero ihn 
arbiter elegantiae (maitre de plaisir) nannte 
(Tae. ann. 16, 18), ift ungewiß. — Ausgg. von 
%. Douja (1585, noch nicht vollftändig), P. Bur: 
man (1709, 1743), F. Bücheler (1862, Hauptaus: 
gabe; von demjelben eine Tertausgabe, 3. Aufl. 
1882) und Rieſe (Anthol. I p. 289 ff.). — 7) Betr. 
Priſeus, aus Anlaf der piſoniſchen Verſchwörung 
im %. 65 n. €. auf eine Inſel des Aigaiiſchen 
Meeres verwiejen. Tac. ann. 15, 71. — 8) Betr. 
Secundus, Gardepräfelt, nahm teil an der Er: 
mordung Domitiand und der Erhebung Nervas, 
wurde aber bald nachher von den wegen des Todes 
des Domitian erbitterten Prätorianern ermordet. 
Eutr. 8,1. — 9) Betr. Sura Mamertinus, 
war im Jahre 126 n. €. Präfelt von Ägypten 


922 Tlerısia — 
und machte nad) einer alten Inſchrift einen Zug 
durch die Libyſche Wüfte. Er war Freund bes 
Fronto (ep. ad am. 1, 11). — 10) Betr. Mamer: 
tinus, Schwiegerſohn des Marcus Nurelius, 
wurde auf Befehl feines Schwagers Commodus 
— Lamprid. Comm. 7. — 11) Betr. Didius 

everus, aus einem mailändiichen Gejchlechte, 
Bater des Kaijerd Didins Yulianus. 

Ilerreia oder ne0oeie |. Spiele, 7. 

Peuce, IIevxn, eine von den beiden jüdlichiten 
Donaumündungen gebildete, nach den vielen dort 


vorfommenden Fichten benannte Inſel in Unter: | 


möfien, von dreiediger Geftalt, wahrjcheinlich die 
heutige Inſel Piczina oder St. Georg, zwiichen 
Babadag und Ismail. Auch die eine der Mün- 
dungen des lepör ordue führte dieſen Namen. 
Strab. 7, 306. 

Peukestes, IIeux&orng, ein Leibwächter Aleran- 
ders des Gr., rettete in Indien dieſem das Leben 
(Plut. Alex. 63. Curt. 9, 5), wofür der dankbare 
König ihn zuerst zum Leibwädhter, dann zum 
Statthalter von Perfis ernannte. In diejer Stel: 
lung benahm er fich, wenngleich zum großen Ber: 
druffe der Maledonier, mit Fa pi Unnficht und 
Klugheit, indem er durch Erlermung der perſiſchen 
Spradye und Annahme perfiicher Sitte und Tracht 
die Gemüter der Unterworfenen vollftändig ge: 
wann. Arr. 6, 10. 30. 7, 6. Much nadı Aleran- 
ders Tode behielt er feine Statthalterjchait, fämpfte 
an des Eumenes Seite gegen Antigonos, zeigte 
jih aber anmaßend und eitel in feinem Streben 
nad) dem Oberbefehl, obwohl er fein großer Feld— 
herr war. In der Schlacht in Gabiene (316 v. €.) 
gegen Antigonos verjchuldete er die Niederlage 
der Neiterei und das Unglüd des Tages (Diod. 
Sic. 19, 40 ff. Polyaen. 4, 6. Plut. Eum. 17) und 
ging nach Eumenes’ Sturze zu Antigonos über, 
der ihm jeine Statthalterichaft aus Mißtrauen 
nahm und ihn im feiner Umgebung behielt. Diod. 
Sie. 19, 4 ff. 

Peuketia, Ilsımsria, hieß der von den Ilen- 
#£rıor (Peucetii) bewohnte Teil Apuliens an der 
Dftfüfte Italiens von Barium bis Brundiftum, 
mit den Orten Barium, Egnatia, Silvium, Rudiä, 
Butuntum (j. Butinto), Die Bewohner waren 
wahrſcheinlich aus Epeiros eingewandert; jpäter 
verichtwinden fie aus der Geſchichte. Strab. 5, 211. 
6, 277. 281 ff. 

Peuketios j. Oinotros. 

Pfündung |. Evsrvoao/« und Prozels, 16. 

Phaedrus (nicht Phaeder), der römische Fabel: 
dichter, gibt als feine Heimat die makedoniſche 
Landichaft Pierien an. Au feiner Jugend jcheint 
er als Sflave in die Familie des Auguftus ge: 
fommen zu fein und durch diejen jeine Freilaſſung 
erlangt zu haben (Phaedri Augusti liberti fa- 
bulae). Daß feine Jugend in jene Zeit gefallen, 
läßt ji) aus der Anführung 3, 10, 8 und 39 
folgern. Er blieb feinen Studien und der Fabel: 
Dichtung getren, obſchon er jich mit derjelben der 
Gunſt des Publikums aus übrigens unbelannten 
Sründen nicht zu erfreuen hatte. Möglich, daß 
man in der traurigen Zeit Tibers beftimmte Be: 
ziehungen auf hochgeftellte Perſonen vermutete und 
dies den allmäcdtigen Sejanus zur Verfolgung 
und Beftrafung bes Dichters veranlaßte. ies 
Unglück mag ihn gewißigt haben, denn während 
die beiden erften Bücher der Fabeln beftimmt unter 





— — — —— — — — —— —— — — —— —— — — 


Daudgiddes. 


ZTiberius gejchrieben find, mögen die übrigen 3, 
obgleich in einigen Kreiſen bekannt, erft jpäter zu 
allgemeiner Verbreitung gelangt jein. Erft unter 
Claudius erlangte er jeine perjönliche und jchrift: 
ftellerifche freiheit wieder. In den erhaltenen 
Fabeln will er mehr als eine Überſetzung der aiſo— 
piichen geben, wennjchon er jelbft jein eigentüm= 
liches Berdienft in der Eleganz der ſprachlichen 
Behandlung jeiner Stoffe ſucht. Dies Berdienft 
haben auch neuere Kunftrichter, wie Leſſing und 
Fr. Jacobs, nicht beftritten, dagegen aber Mangel: 
haftigfeit in ber Erfindung, verkehrte Ableitung 
der Moral in den Pro: und Epimythien mit Recht 
getadelt. Der Aufihluß, den uns die Kenntnis 
der deutſchen Litteratur über das Weſen der Tier: 
jage und Tierfabel gegeben hat, darf nicht zum 
Maßſtabe bei der Beurteilung diejes, wie über: 
haupt der Maffiichen Fabuliften genommen werden. 
Unter den Alten erwähnen ihn bloß Martial und 
Avian, aber troß dieſer glaubwürdigen Zeugnifie 
hat man an der Echtheit diejer Fabeln, wiewohl 
mit Unrecht, gezweifelt. Man jchrieb fie, jedoch 
mit Unrecht, dem Erzbiichof Nic. Perotti aus dem 
15. Jahrh. zu, dem vielleicht eine in einer nea— 
politaniichen und einer vatifanischen Handſchrift 
erhaltene Sammlung von 30 Fabeln (die joge: 
nannte Appendix) angehört. — Wusgg. von PB. 
Burman (1727 u. ö.), R. Bentley (erneuert von 
Pinzger, 1833), Schwabe (1779 ff. und 1806), 
Orelli (1831), Dreßler (1838), 2. Müller (1877); 
Schulausgg. von Bed, Hoffmann, Siebelis (6. Aufl. 
1889), Naud, Raſchig (3. Aufl. von R. Richter, 
1871) u.a.; Tertausgg. von Drefler (1866), Eyſſen— 
hardt (1867), 2. Müller (1868) und Rieje (1885). 

Phaönna j. Charis. 

Phaöthon . 

Phadthäus! J. Helios. 

Phaiäkes |. Scheria. 

Phaiax, ®adet, 1) Sohn des Erajiftratos, ein 
athenifcher Redner und Staatsmann, jüngerer 
Beitgenofie des Nifias und Gegner des Alkibiades. 
Plut. Aleib. 13. Geine Sendung nah Sicilien, 
um eine Gegenpartei gegen die Ariftofraten in 
Syrakus zu gewinnen, im %. 422 v. E., erwähnt 
Thukydides (5, 4). Nach jeiner Rückkehr griff er, 
mit Allibiades wieder vereinigt, gemeinjchaftlich 
mit diefem den Hyperbolos an, ein Angriff, der 
mit der Verweiſung des Hyperbolos endigte. Plut. 
Aleib. 18. Nie. 11. Bon jeinen Reben ift michts 
auf unfere Zeit gekommen. Als Redner charal: 
terifierte ihn Eupolis: Aukeiv ügıoros, kdvraro- 
rarog Akysır. — 2) Architekt, welcher die ftädtijchen 
Bauunternehmungen der Mgrigentiner nach der 
Schlacht bei Himera leitete. Miod. Sie. 11, 25. 

Phaidon, Paidor, aus Elis, in jeiner Jugend 
Sklave, dann mit Sokrates befannt und auf deilen 
Veranlaffung durch Kebes oder Alfibiades losge— 
fauft, war ein eifriger Schüler desielben bis zu 
deſſen Tode. Nachher jcheint er ſich in jeine * 
mat begeben und eine eigene Schule der ſokra— 
tiichen Philojophie gegründet zu haben. Er ift 
namentlich befannt durch Platons Dialog, welcher 
feinen Namen führt; die von ihm geichriebenen 
Dialoge (Eiuo» und Zuomvpog) nennt Gellius ad- 
modum elegantes. Diog. Laert. 2, 105. @ell. 
2,18. Vgl. Preller im Rhein. Muf. IV ©. 391 ff. 

Phaidra j. Thesenus. 

Pawdgiaädeg |. Phokis, 2. 3. 


Phaidros — Phalaris. 023 

Phaidros, Daidgos, 1) Sohn des Pythofles, | nach hinten hin, d. h. in der Tiefe. — Allmäh: 
nah Athenaios fein Schüler des Sokrates, wird | li ift die geichloffene Phalanr nicht mehr das 
als Liebling des Platon bezeichnet, obwohl diejer | bloße Erzeugnis der Notwendigkeit, jondern fie 
durch die Rede, welche er ihm in feinem Sym: | wird mit Bewußtſein geordnet und ift die Grund: 
pofion in den Mund Iegt, ihn als eimen meid): | lage der Schlacht. Über die Bewaffnung der Ein: 
lihen und gezierten Menthen und Nachahmer der | zelnen (Hopliten) vgl. Orkiraı. Die Tiefe der 
ſiciliſchen Rhetoren bezeichnet. Schriften von ihm 5 lang mochte zunächſt wohl je nach dem friege: 
find nicht befannt. — 2) das Haupt der epiku- rischen Sinne der einzelnen Völkerſchaften ver: 
reifhen Schule in Athen bis DI. 177, war mit ſchieden fein; in der Schladht bei Marathon waren 


Atticus und Cicero, der ihm in Athen hörte, bes, 
freundet und von leßterem hochgeſchätzt. Cie. ad 
fam. 13, 1. n. d. 1, 33. fin. 1, 5. 5, 1; vgl. ad 
Att. 13, 39. Bon der Schrift megi Bewr iſt ein 
Teil aus herceulaniichen Rollen wieder zu Tage 
gefördert worden ——— von Peterſen, 1833), 
woraus erjichtlich ift, daß dieſe Schrift eine Haupt: 
quelle für Ciceros Wert de natura deorum war, 
namentlich im 1. Buche. 

Paivırda |. Spiele, 9. 

Phainops, daivoy, Sohn des Aſios aus Aby: 
dos, Freund des Heftor, Vater des Phorkys, Kanthos 
und a. Hom, 11, 17, 582. 312. 5, 152, 

Phaistos, Baısros, 1) Stadt an der Südſeite 
der Inſel Kreta, 1'/, Meile von Gortys. Strab. 
10, 476. 479. — 2) Stadt in der thejjalijchen Land— 
ſchaft Thefialiotis! Liv. 36, 13. — 3) Stadt der 
ozoliichen Lokrer am Hafen des Apollon Phaiftios. 
Plin. 4, 3. 4. 

Phakion, Sciator, Bergfeite in der theſſaliſchen 
Landichaft Pelafgiotis, viel. am rechten Ufer des 
Peneios beim j. Dorfe Alifaga. Thuc. 4, 78. Liv. 
32, 13. 36, 13. 

Phalaikos, Pdiaıxos, Sohn des Onomarchos, 
trat im heiligen Kriege nach dem Tode des Phayl— 
los unter Bormundichaft des Mnaſeas an die Spike 
der Photier, 351 v. CE. Er ward in Boiotien ge— 
ichlagen, und Phofis von den Boiotern geplündert. 
Später (347) wurde er vom Oberbefehle entfernt, 
der 3 Männer übertragen wurde; doch hatte er, 
als Philipp Phofis unterwarf, wieder den Ober: 
befehl. Nach einem Vertrage verlieh er mit jeinen 
Söldnern das Land und ging zuerft nach dem Pelo— 
ponnes, jpäter nad) Kreta, wo er bei der Belagerun 
von Kydonia getötet wurde. Diod. Sie. 16, 38 ff. 

Phalanthos, Pddiardos, ein Spartaner, der 
mit der Schar der j. g. Partheniai (d. h. der 
während des erften mejjen. Krieges Geborenen, die 
aus Erbitterung darüber, daß jie nicht den Homoien 
gleichgeftellt wurden, eine Berichtwörung machten 
und deshalb Sparta verlafjen mußten) auswanderte 
und in Unteritalien Tarent gründete. Strab. 6, 278. 
Just. 3, 4,8. 12,18. Aristot. pol. 5, 71. Hor. od. 
2,6, 12. 

Phalanx (pdlay&, rd£ıs), Der Kampf der 
heroiſchen Zeit ift nur jcheinbar ein bloßer Kampf 
der Führer. Dieje haben ihre Mannen bei fi, 
die notwendig zu Zeiten — eingreifen mußten, 
ſei es zur Rettung ihres bedrängten oder gefalle— 
nen Führers, oder zur Erhaltung ihres eigenen 
Lebens und der Abwehr eigener Gefahr. Wenn 
der Führer an der Spige jeiner Leute die Schlacht 
begann, bedurfte es einer Ordnung in der Auf: 
ftelflung derjelben; die natürlichfte war die ber 
geichloffenen Linie, in mehreren Gliedern hinter: | 
einander, und das ilt die Phalanx. Völkerweiſe, 
nah Stämmen, Geſchlechtern und Familien, ftan: 
den die Kämpfer in der ffronte, nach dem Meute 
der Kraft und der Zuverläffigfeit reihen fie ich 


— — — — — — ii, — — — — 





ſelbſt die Phylen der Athener von ungleicher Tiefe. 
Udt. 6, 111. Allmählich ſetzte ſich die Zahl auf 
8 feſt. Bei geringer Anzahl der in das Feld 
ziehenden Bürger (Hopliten), namentlich bei den 
Spartanern, wurden die Sflaven (die Heloten) als 
Hintermänner ihrer im WBordergliede ftehenden 
Herren zur Berftärtung des Stoßes der Phalanr 


benußgt. Zu bejonderer Berühmtheit ift die durch 
Philipp meiter ausgebildete und in größerem 
Mafftabe angewandte makedoniſche Bhalanr 


gelangt, durch die derjelbe großenteils jeine Siege 
errang. Ihre Einrichtung |. Exercitus, 7. — 
Eäjar erwähnt auch bei den Galliern und Ger: 
manen eine denfelben eigentümliche (ex consue- 
tudine eorum) Angriffs: und aud) Berteidigungs: 
formation (b. g. 1, 24. 25. 52) unter der Benen- 
nung phalanx, deren erftes Glied die Schilde 
vor den Leib, die nachfolgenden fie Dachziegel: 
förmig über die Köpfe der Bormänner hielten (der 
römischen testudo ähnlich), jo daß es möglich war, 
daß die von den Römern auf fie entjandten pila 
(e loco superiore) je 2 Schilde durdbohren und 
mit umgebogener Spige zufammenheften konnten. 
In der Schlacht gegen Arioviſt jprangen ein: 
er Römer auf die Phalangen hinauf, rifjen 
ven Feinden die Schilde auf die Seite von den 
Köpfen weg und bradıten ihnen von oben herab 
Wunden bei. 

Phalarion, Daldgıov, ein von Phalaris ge: 
bautes und nad ihm genanntes Kaftell an der 
linfen Seite des Fluſſes Himera am j. Berge della 
Guarbia. Diod. Sie. 19, 118. 

Phaläris, Sdlagıs, Tyranı von Wgrigent, 
570-554 v. E., ftammte aus Aitypalaia bei — 
von wo verbannt er nach Agrigent überſiedelte 
und als reicher Mann zu den höchſten Stellen im 
Staate gelangte. Nach der Überlieferung (Aristot. 
pol. 5, 10, 4) machte er fich durch einen Staats— 
ftreihh zum Herrſcher, und zwar jcheint er als 
Borfteher beim Bau des Zeustempels auf der Burg 
eine bedeutende Menge Arbeiter bewaffnet und 
gegen den Staat verwandt zu haben. Polyaen. 
5, 1, 1. Wenig Zuverläffiges wiſſen wir über 
jeine Regierung. Vermutlich hat er dadurch eine 
bedeutende Stellung in Sicilien gewonnen, daß 
er in den Kämpfen der Phoiniker gegen helle: 
nijche KRolonifation nach Art der jpäteren Tyrannen 
fi die Führung der Eifelioten zu verſchaffen und 
ihre Streitkräfte zu vereinigen juchte. Erpreſſung 
und Luft am Morde und unmenjchliche Strafen 
wurden ihm (wohl nicht ohne Grund) vorgeworfen. 
Allgemein befannt war die Erzählung von dem 
durch Perillos (j. d.) gefertigten Stier; er war ohne 
Frage „eines jener Rulturbilder, wie fie im Heilig: 
tume des zum Zeus Tabor (Atabyrios) gewordenen 
Baal in Rhodos ftanden und im oder vor denen 
Menfchenopfer dargebracht wurden“ (Bujolt). Das 
Bildwerf, welches jpäter für den Stier des Pha— 
laris gehalten wurde, war wohl eine Darftellung 


924 
des Flußgottes Gelas. Nach 16 Jahren verlor Ph. 


Phalera — Pharmakausai, 


Phanodömos, Darsönuos, wahrjcheinlic; aus 


in einem allgemeinen Aufftande das Leben, und | Athen, ein Hiftorifer, deſſen Zeitalter fich nicht 


die Herrichaft ging über auf den Emmeniden Tele: 
machos. Cie. r. p. 3, 30, 42. Verr. 4, 33, 73. 
n. d. 3,33, 82. off. 3, 6, 20. Pis. 30, 73. Polyb. 
12, 25. Diod. Sie. 13, 90. — Die mit feinem 
Namen bezeichneten Briefe find ein jpätes Mach: 
werf, vielleicht im Zeitalter der Antonine entjtan: 
den. Bgl. die berühmte Abhandlung von Bentley: 
über die Briefe des Phalaris u. j. w. (deutich von 
Wold. Ribbed, 1857). 

Phalera (orum) und -ne (arum), r& pdkage, 
zunächft eine blanfe Verzierung des Helms zum 
Schutze der Wangen des Kriegers an dem be- 
ſchuppten, mit Metall belegten Riemen, übertragen 
(namentlich von römiſchen Schriftftellern) auf die 
mit Metallplatten verzierten Badenftüde der Roſſe 
und dann auf jeden Schmud von edlem Metall 
an Stirn oder Bruft derielben, weiter noch auf 
den ald Auszeichnung im Kriege verliehenen Bruft: 
ſchmuct der Reiter ({. Dona militaria, 5.); end: 
lih, wenn auch erft im fjpäterer Zeit, jogar auf 
den Redeihmud. 

Phalören j. Attika, 15. 

Phalinos, ®alivog, aus Zakynthos, hatte fich 
durch feine vorgebliche Kenntnis der Taktif und 
Fechtlunſt die Gunſt des perfiichen Satrapen Tiſſa— 
phernes erworben. Leßterer und der Großkönig 
benugten ihn nach der Schlacht bei Kunara zum 
Unterhändler mit den hellenifchen Söldnern des 
Kyros. Xen. An. 2, 1,7 ff.; vgl. Plut. Artax. 13. 

Phalkes, ®dluns, Sohn des Temenos, Vater 
des Rhegnidas, ein Heraflide, der fidy der Herr: 
ichaft von Sikyon bemädhtigte und daſelbſt den 
Tempel der Hera Prodromia gründete. Er tötete 
in Gemeinjchaft mit feinen Brüdern feinen Water 
und feine Schweiter Hyrnetho, die Gemahlin des 
Deiphontes, dem Temenos die Herrichaft von Argos 
— hatte. Paus. 2, 6, 7. 13, 1. 28, 3 ff. 

halöreia, Daisgeıa, feite Stadt Theffaliens, 
nördlich von Triffa, am rechten Ufer des Peneios, 
in Heſtiaiotis. Lie. 32, 15. 36, 13. 39, 25. 

Phanagoria, Davaydpsız und -gie, Kolonie 
von Teos, auf der aliatiichen Seite des Kimme— 
riichen Bosporos, Bantifapaion gegenüber, auf 
einer von dem See von Korofondäme, der Maiotis 
und dem Fluſſe Antifeites oder Hypanis (j. Kuban) 

ebildeten Inſel (j. Halbinjel Taman); ein Haupt: 
Rapelplah für den Handel in jenen Gegenden, 
ipäter abwechjelnd mit Pantikapaion Hauptftabt des 
bosporanischen Reiches. Strab. 7, 307. 310. 11,495. 
Phanlas oder Phainfas, Daviag oder Baı- 


tes, 1) aus Erkſos auf Leibos, ein Schüler des j ? . 
er ef 8 hüler nie bei den Drientalen an einem Gürtel 


Ariftoteles und Freund des Theophraftos, nad) 
Plutarch (Them. 13) ein &rne gYılöcopog xal 
yoauudrov oba &meıpog loropınav. Er war ein 
ſehr fruchtbarer Schriftfteller und verfaßte philo— 
ſophiſche, hiftortiche (5. B. weel mevrareor "Ege- 
oiwv, nepl ray Ev Zinshle rugavvor) und natur: 
wifienjchaftliche Werte. Nur Fragmente haben ſich 
erhalten, gei. bei Müller, fragm. hist. Graec. Il 
p. 293. — 2) ein Athener, Anführer einer Flotte. 
Xen. Hell. 5, 1, 26. — 3) aus Aphidnai in Attifa. 
Dem:: Mid. p. 544. — 4) Statthalter in Antio: 
cheia und Syrien unter der Regierung de3 An: 
tiochos, welcher die Bhilofophen aus jeinem Reiche 
vertrieb. — 5) Berfafler von 8 Epigrammen in 
der griechiichen Anthologie. 
® 


genau beftimmen läßt, vielleiht Zeitgenoſſe des 
Theopompos. Neben einer Lokalgeſchichte der Ky— 
kladeninſel Ikos jchrieb er ald Hauptwerk eine 
Ardig oder Arrınn) doyaıoloyie in 9 Büchern. 
| Die daraus erhaltenen Fragmente (gef. von Müller, 
| fragın, hist. (Graec. I p. 366 ff.) find unbedeutend 
und gehen nicht über die Zeit des Kimon hinaus. 
Bol. auch Artis. 

Phanökles, Garorins, griechiſcher Elegiler, 
wahricheinlich in die alerandrinifche Zeit fallend. 
Seine Liederfammlung, welche geliebte Knaben 
von den älteften Zeiten an in Ton und Sprache 
der Alerandriner befang, trug die Aufſchrift Koc- 
res 7) xalol. Dazu gehörte auch das größere 
Bruchftüd von 28 Verſen (Stob. floril. 64), das 
ſich neben einigen Heineren von ihm erhalten hat 
(herausgegeben don N. Bach mit Philetas und 
Hermefianar, 1829). Seine Sprache tft biähend, 
ber Vers harmoniſch. 

Phanöte, feſte Stadt in Epeiros in der Land— 
ichaft Ehaonia, nahe der illyriſchen Grenze; j. 
vielleicht Delvino. Ziv. 43, 23. 45, 26. 

Phanöteus, ®arorevs, ſ. Panopeus. 

Phaon j. Sappho. 

Pharai, ®apai, 1) Stadt im weftlichen Achaia 
am Beirosfluß (oder Pieros), 70 Stadien von der 
Küfte, 150 Stadien von PBatrai, mit altem Hermes: 
orafel, eines der älteften Mitglieder des Achaiiſchen 
Bundes 281 v. E.; die ei ot Dagasis. Pol. 
2, 41. Paus. 7, 22. — 2) Pneal (Hom. I1.5,543. 
9, 151. Od, 3, 488), die Einwohner Pagairaı, 
Stadt in Meffenien am Nedon, trat 180 v. E. 
zum Achaiiſchen Bunde; Ruinen beim j. Kala— 
mata. — 3) Stadt in Lafonien (auch Papa 
und Pägıs, die Einwohner Pagiraı), ſüdlich von 
Sparta, in den erften Zeiten nach der dorijchen 
Eroberung der Sitz eines der 5 Perioilenkönige, 
u Paujanias’ Zeit ganz verlaffen. Strab. 8, 363. 

aus. 4, 16, 8. 

Pharax, Pages, 1) ein Spartaner, der an 
dem Kampfe des Lyſandros in Afien teilnahm 
und von den Ephefiern dafür durch eine Bild: 
jäule im Tempel der Artemis geehrt wurde; er 
ericheint ferner al Nauarch, 397 v. E. (Xen. 
Hell. 3, 2, 12), und ala Gejandter in Athen, 370 
(daj. 6, 5, 33). — 2) ein anderer Spartaner, der 
die Intriguen des Herafleides gegen Dion unter: 
ftüßte, aber den Syrafufiern durch Übermut und 
Anmaßung verhaft ward. Plut. Timol. 11. 

Pharötra, pageroa, der bei den Griechen, nicht 


ur 
‚Seite, jondern auf dem Rüden an einem be 
hänge getragene, mit 15 bis 20 Pfeilen aus: 
geftattete Köcher. Völler, die diefe Schießwaffe 
| vorzugsweije gebrauchten, heißen dichteriich pha- 
retrati, wie die Geloni in Stythien. Hor. od. 
3, 4, 36. 

Pharmacopöla j. Ärzte. 

Pharmaküsai, (-ssai), Daguaxoüsse:ı, 1) zwei 
Heine Inſeln bei Salamis, j. Kyrades (j. Attika, 
19.). Strab. 9, 395. — 2) Pharmakuſa, Aniel, 
120 Stadien von Miletos entfernt, nordöſtlich 
von Leros, j. Vharmalonifi, wo Cäſar von See: 
'räubern gefangen genommen wurde. Plut. Caes. 1. 
Suet. Caes. 4. 





Pharnabazos — Phasis. 


Pharnabäzos, Bagvaßafos, perfiiher Satrap 


über das nordweſtliche Kleinafien (Satrapie Dajty: | Ha 


fitis), unterftüßte jeit 413 v. E. die Spartaner 
(Thuec. 8, 6ff. 39. 80), jchloß aber jchon 410 einen 
eigenen Frieden mit Alkibiades, Plut. Ale. 31. 
Obgleich dem König treu ergeben, blieb er wäh: 
rend der Oberftatthalterjchaft des Kyros in feiner 
Provinz. Xen. Hell. 3, 1, 9. In dem Sriege 
mit Berjien (jeit 399) wandten die Spartaner, 
von Tiſſaphernes durch einen Sondervertrag ge- 
wonnen, zuerjt unter Thibron und Derkyllidas, 
dann unter Agejilaos ihre Angriffe bejonders gegen 
des Pharnabazos Provinz. Xen. Hell. 8, 2, 4. 
Diejer ging bald darauf nad) Berfien, beſchuldigte 
den Tiflapbernes der Berräterei, veranlaßte defien 
Abberufung und jeßte es zugleich durch, daß eine 
Flotte ausgerüftet und Konon an die Spike der: 
jelben gejtellt wurde, 397. Den Wgefilaos aber 
beftimmte er durch Unterhandlungen, jeine Pro— 
vinz zu verlaſſen. Plut. Ages. 6. Xen. Hell.4, 3,11. 
Nah dem Siege Konons bei Knidos verkündete 
er den Geeftaaten die freiheit, vermwüftete im 
folgenden Jahre mit einer Flotte die Küften von 
Lakonika, fehrte indes bald zurüd. Xen. Hell. 
4,8. Bald nachher jcheint er vom König an den 
Hof gerufen zu jein, wurde dajelbft I ee 
und mit einer Tochter des Königs vermählt (Plut. 
Artax. 27); nad Kleinaſien fam er jedoch nicht 
wieder. In den Sriegen Perfiend mit Agypten 
erſcheint er hierauf noch zweimal thätig. /socr. 
paneg. 39. Plut. Artax. 24. 

Pharnäkes, Scorcianc, 1) perjiicher Satrap 
im weftlichen Kleinaſien, der den durch die Athener 
vertriebenen Deliern (422 v. E.) Wohnfige zu 
Adrampttion anwies. Thuc.2,67.5,1. — 2) König 
bon Pontos (184—156 dv. E.), Großvater Mithri: 
dates bes Gr., eroberte im J. 183 Sinope und 
machte es zur Reſidenz, führte aber dann einen 
unglüdlihen Krieg gegen die mit den Römern 
verbündeten Könige mene® von WPergamos, 
Ariarathes von Kappadofien und Pruſias von 
Bithynien. Pol. 24, 10. 26, 6. — 3) Urenfel des 
vorigen, ftand gegen jeinen Vater Mithridates 
den Gr. auf, trieb ihn dadurch zum Selbftmorb 
und wurde jo König des bosporaniichen Reiches 
(63—47 v. E.). Pompejus erfannte ihn als un- 
abhängig und als Bundesgenofien an, wofür er 
indes dem Pompejus in feiner jpäteren Bedrängnis 
feine Hülfe gegen Cäſar gewährte, jondern wäh: 
rend des Bürgerfrieges jein Reich im Norden und 
Süden vom Schwarzen Meer zu erweitern ftrebte, 
die in feine Hände geratenen römijchen Beamten 
jehr hart behandelte und Cäſars Statthalter Cal: 
vinus bei Nikopolis (Ende 48) bejiegte. Eine 
Empörung im Bosporos zu dämpfen, hinderte ihn 
Eäjars rajches Anrüden, der ihn bei Zela (47) 
ichnell befiegte und jeinen Sieg mit den bekannten 
Worten: veni, vidi, vici nad Rom meldete. Die 
Krone erhielt nun jein Halbbruder Mithridates. 
Caes. b. Alex. 34. 69 ff. Plut. Caes. 50ff. Pomp. 41. 
Cie. ad fam. 15, 15. Deiot. 5. 

Pharnakia, Gapvaxia, bedeutende Seeftabt 
im mittleren Pontos zwiichen Amijos und Tra— 
pezüs, milefiihe Kolonie, urjpr. Kerafjüs gen. 
(zu unterjcheiden von einem andern, 9 M. weiter 
öftlich gelegenen Keraſus), daher noch j. Kirefün 
oder Keraſonda, von Pharnakes (um 180 v. E.) 
nad jeinem Namen umgenannt, in den Römer: 


925 


friegen des Mithridates AZufluchtsftätte feines 
rems. Plut. Luc. 18. Strab. 12, 547 ff. 

Pharos, ®deos, 1) Heine Inſel an der Nord: 
wefttüfte Agyptens, nach Homers (Od. 4, 354 ff.) 
übertreibender Angabe eine Tagereije, in Wirklich— 
feit 7 Stadien vom Feſtlande entfernt; von le: 
gander durch einen Damm, der zur Verbindung 
wiichen den beiden Häfen an 2 Stellen durch— 
ei und überbrüdt war, mit Alerandreia ver: 
bunden. Auf Ph. joll die Überjegung der LXX 
unter Ptolemaios Il. angefertigt worden fein. Auf 
der Dftipipe der Inſel erhob jid) der berühmte, 
angeblid 180m hohe Leuchtturm. Strab. 17, 791 ff. 
Caes. b. c. 3, 112. b. Aler. 14 ff. — 2) Juſel an 
der dalmatijchen Küfte, 50 Mill. lang, 7—8 Mil. 
breit, deren gleichnamige Stadt die Römer unter 
Amilius Paullus zerftörten, j. Hvar, ital. Lefina. 
Pol. 3, 18. 19. Strab. 2, 124. 

Pharsälos, Ddecaiog, lat. auch Pharsalia, j. 
Pherjala mit Ruinen, namentlid eines Thejauros 
(j. Baukunst, 1.), bedeutende Stadt Theflaliens 
in Thejlaliotis am Fluß Apidanos und dem Nord: 
abhange de3 Narthafios, mit hoher und feiter 
Akropolis. Inſeit des Apidanos lag ein berühmtes 
Heiligtum der Thetis (Geridcıov). Plut. Pel. 32. 
Liv. 33, 6. Nachdem jchon im mafedonijchen 
Kriege (197 v. E.) in der Nähe gelämpft worden 
war (Liv. 33, 7 ff.), fiel hier am 9. Auguft (nach 
dem bericdhtigten Kalender am 6. Juni) 48 v. E. 
der Würfel zwifchen Cäjar und Pompejus (Caes. 
b. e. 3, 90—99). Die Bewohner der Stadt galten 
ald üppig und träge. Nac ihr hat der Dichter 
Zucanus (j. Lucanus, 1.) fein Epos, das ben 
Kampf zwiichen Cäſar und Pompejus behandelt, 

harsalıa genannt. 

Phaselis, Daonkis, Seeftadt Lykiens am Pam: 
phyliichen Bujen, Kolonie der Dorier (Hat. 2, 178) 
an einem Berge Bhajelos; j. Telirova. Mit 3 treff: 
lihen Häfen verjehen, wurde fie bald bedeutend, 
bildete einen Freiſtaat, zog ſich aber dann, weil 
fie ein Hauptjtapelplap der Seeräuber war, eine 
ernfte Strafe durd PB. Servilius Iſauricus zu, 
der jie im 3. 78 v. C. zerftörte. Cic. Verr. 4, 10. 
Liv. 37, 23. Bon da an blieb fie unbedeutend. 
Nach der gewöhnlichen Meinung wurden bier die 
pdonkor, Meine leichtjegelnde Schiffe erfunden, die 
nad) andern von ihrer, einer Schwertbohne (pha- 
selus) ähnlichen, Form ihren Namen haben jollen. 
Hor.0d.3,2,29. Cie. ad Att.1,13. Catull. 4, 1ff. 

Phaselos j. Phaselis. 

Pasıavoi, die Anwohner des Fluſſes Phafis 
(j. d.). Xen. An. 4, 6, 5. 7, 8, 26. Diod. Sic. 
14, 129. Strab. 11, 498. 

Phäsis, Päcıs, 1) Fluß Kleinafiens, der auf 
dem Kaufajos entipringt und ſich als jchifibarer 
Fluß in den Pontos einos an der öſtlichen 
Seite ergießt. Im ältefter Zeit wurde er als 
Grenziluß zwijchen Europa und Mfien, jpäter 
wenigjtend zwiſchen Kleinafien und Kolchis an: 
gejehen. Der jpäter allgemein unter dieſem Namen 
befannte Fluß ift unftreitig der jeßige Rion; doch 
icheint der Ph. des Aiichylos (frg. 177) der jpätere 
Hypanis oder der heutige Kuban, der von Xeno: 
phon (An. 4, 6, 2) genannte der Arares G. Aras) 
zu jein. Vgl. noch Hdt.4, 45.86. Strab. 11, 498. 500. 
— 2) Stadt unweit der Mündung des ebengenann: 
ten Fluſſes, eine Kolonie der Mileſier, 1. Poti. 
Ihr und des Fluffes Name hat fi in dem Namen 


926 


der Fajanen, Phasianae aves (Arist. Acharn. 726. 
Mart. 3, 57, 16. Suet. Vit. 18. Plin. 2, 33, 39. 
67, 44) erhalten. Strab. 11, 498. 

Daoıs, —— eines verborgenen Ver— 
gehens, eine öffentliche Klage, in Athen gegen den 
angeſtellt, der die Handeld- oder Bergwerksgeſetze 
verletzt, die Ein- und Ausfuhrverbote übertreten; 
der ſich Defraudationen hatte zu ſchulden kom— 
men laſſen; der ſich im widerrechtlichen Beſitze von 
Staatsgütern befand; der heilige Olbäume aus— 
gerodet; auch gegen Sytophanten und Vormünder, 
die das Vermögen ihrer Mündel gar nicht oder 
zu gering verpachtet hatten. Der Kläger (inſofern 
er nicht Fetbft der Verletzte war) erhielt einen Teil 
der Strafe als Belohnung. Die Klage war ſchätz— 
bar, das Forum nad den Gegenftänden der Klage 
verichieden. 

Phayllos, Gaöllos, Bruder der phokiſchen 
Feldherren Philomelos und Onomarchos, murde 
von Philipp in Theſſalien geiätagen und folgte 
(353 v. E.) dem On. als Führer der Phokier im 

eiligen Kriege. Er brachte, indem er alles zum 

iege verwandte und den Eold erhöhte, ein großes 
Heer zujammen, ward von den Athenern, Lake: 
daimoniern und den Achaiern unter Naufifles 
unterftüßt, rüdte in Boiotien ein, ward aber in 
mehreren Treffen geichlagen und wandte fich dann 
nad Lokris, wo er, nachdem er Naryfa erobert 
hatte, an einer Krankheit ftarb, 351. Diod. Sie. 
16, 35 ff. 

Phea, dia, Bed, Del, arg nördlich 
der Landzunge Ichthys in Eli$ am Jardanos— 
fluß. Hom. /1.7,135. Thuc. 2, 25. Pol. 4,9. 
Strab. 8,342. 

Phegeus, Bnyers, 1) Sohn des Alpheios, 
Bruder des Phoroneus, König zu Pſophis in Ar: 
fadien, Bater der Alphejiboia oder Arjinod, des 
Pronoos und Agenor, oder des Temenos und 
Arion, j. Alkmaion. Er und jeine Söhne 
wurden von den Söhnen des Allmaion ermordet. 
Apollod. 3,7,5ff. — 2) Sohn des Dares, Prieſter 
des Hephaiftos zu Troja, von Diomedes erlegt. 
Hom. 11. 6, 9fj. — 3) Gefährte des Mineias. 
Verg. A. 12, 371. 

Pheidias, Peidias, aus Athen, Sohn des 
Eharmides, Bruder oder Better des Malers Ba- 
nainos, Schüler der Bildhauer Ageladas von 
Argos und Hegias von Athen, müßte jchon vor 
500 v. E. geboren jein, wenn er wirklich aus dem 
Anteil der Athener an der Beute von Marathon 
ipäter die 60 Fuß hohe eherne Statue der Athene 
roöuryos verfertigte; wahrſcheinlich jedoch fällt 
jeine Geburt in jpätere Zeit (etwa 480). Er er: 
öffnete durch die Berbindung der Grazie mit der 
Erhabenheit in der Darftellung von Götteridealen 
eine neue Periode in der Kunſt; er jelbit arbeitete 
bejonderd® aus Gold und Elfenbein beftehende 
Kolofjalftatuen, zeichnete ſich aber als Architekt, 
Erzgieher, Bildhauer und Maler zugleich ans; 
auch beſchränkte fich jeine Kunftthätigfeit feines- 
wegs auf Athen. Er leitete von 450 an die Kunſt— 
unternehmungen des Berifles zur Verjchönerung 
der Stadt, und die bverichiedenartigften Künftler 
arbeiteten nad) feinen Feen. Plut. Per. 12. Aus 
Kabale gegen Perifles, heißt es, angeflagt, zuerft, 
bei der Berfertigung der Bildjäule der Athene im 
Barthenon von dem Golde etwas entwendet zu 
haben, dann, als die Unrichtigleit dieſer Beſchul— 


Dacıs — Pherai. 


digung erwiejen war, jich jelbit und Berifles auf 
dem Schilde der Göttin abgebildet zu haben, joll 
er ind Gefängnis geworfen und da an einer Krank— 
heit oder infolge von Gift geftorben jein, 431 
(Plut. Per. 31. Diod. Sie. 12, 1. 39 ff.), eine Er- 
zählung, die ebenjowenig Glauben verdient als 
die andere, wohl aus Philochoros geichöpfte (schol. 
ad Arist. Pac. v. 605), daß er, wegen Unter- 
ſchleifes verurteilt und flüchtig nad Elis gekom— 
men, dort die Zensitatue gefertigt habe und nach 
deren Bollendung von den Eleern getötet worden 
jei. Nur foviel fteht feit, daß wirklich ein Prozeß 
egen ihn in Mthen geführt worden ift. Uber 
Ko Stellung in der nftgejchichte j. Bild- 
hauer, 5. 

Pheidippides, Beiuödımniöng (bei Paus. 1, 28. 
8, 54 Bulımmlöns), der athenijche Eilbote, der, als 
die Perjer unter Datis und Artaphernes heranrüd- 
ten, um eilige Hülfe nad) Sparta gejandt ward und 
ben Weg bis dahin (etwa 30 deutiche M.) in 2 Tagen 
zurüdiegte. Hat. 6, 105f. vgl. Nep. Milt. 4. 

Pheidon, sido», Herricher von Argos in der 
erften Hälfte des 8. Jahrh. v. E., wird, obgleich 
er dem Königsgeſchlechte der Temeniden angehörte, 
oft ald Tyrann bezeichnet (Hat. 6, 127), weil er 
fowohl im Innern als auch nad) außen über bie 
traditionellen Schranfen der Königägemwalt hinaus: 
griff; er dehnte Argos’ Vorſtandſchaft mit Waffen: 
gewalt über Argolis und Migina, ja über bie 
ganze Halbinjel aus. Ein wohlthätige Folge jeiner 
Herrihaft war die Einführung von gleihem Maß 
und Gewicht im ganzen Peloponnes, wenn aud) 
die Nachricht, er habe die erjten Münzen prägen 
laſſen (Ephor. bei Strab. 8, 376) deshalb faljch 
ift, weil die erften Anfänge griechiiher Münz— 
prägung in ben Beginn des 7. Jahrh. fallen. 
Seinen Tod jcheint er auf einem Feldzuge gegen 
Korinth gefunden zu haben, wo jein Bundesgenojje, 
König Teleftes3, ermordet worden war (um 745 
v. E.). Bgl. Weifjenborn, Hellen S. 1—66. ©. 
F. Unger, Philologus 28 ©. 399 ff. 29 ©. 245 ff. 

$eidirie |. Syssitien. 

Pheka (Phaeca), Kaftell im thejlaliihen Gau 
Heftiatotis, wejtlich von Gomphoi. Liv. 31, 41. 
32, 14. 

Phemios, ®rjuos, 1) Sohn des Terpios, der 
Sänger, der den Freiern im Hauſe des Odyſſeus 
fang, aber von Odyſſeus begnadigt ward, weil er 
dies nur geziwungen gethan. Hom. Od. 1, 154. 
22, 330 ff. — 2) Vater des Nigeus, Großvater 
des Thejeus. 

Phemonöf, Bnuoron, Tochter des Apollon, 
erſte Priefterin desjelben zu Delphoi, angebliche Er: 
finderin des Herameterd; daher ihr Name für Pro: 
phetin überhaupt. Strab. 9,419. Paus. 10,5,4.6,3. 

Phenöos, Pevsös, Stadt im NO. Arkadiens, 
unterhalb des Kiyllenegebirges, in wilder, mwajler: 
reicher Gegend, welche oft durch Überſchwemmungen 
verwüjtet wurde, die zuleßt einen noch jetzt be- 
jtehenden See bildeten. Sie lag in der Nähe des i. 
Thonia. Hom. 11.2,605. Strab. 8,389. Paus.8, 14. 

Pherai, 1) Gro«/, Stadt„in der pelaſgiſchen 
Ebene Theflaliend, unweit der Stelle, wo der Be: 
lion mit dem Oſſa zufammenftößt, befeftigt, zu: 
gleidy aber von einer Menge von Gärten und 
Landhäuſern umgeben, j. Beleftino. Mitten in 
der Stadt befand fich die noch jekt reichlich jpru 
deinde Quelle Hupereia. Strab. 9, 439. Wichtig 


Pherekrates 


wurde Ph. bejonders, jeitdem der Tyrann Jaſon 
und feine Nachfolger eine mächtige Herrſchaft da= 
jelbft gründeten. Xen. Hell. 6, 1, 4. 20ff. Diejer 
Jajon war wahrſcheinlich ein Sohn des Lylo— 
phron, herrichte ſeit 378 v. E. und war durch 
Gewandtheit und Mäßigung ſchon 375 im Beſitz 
des größten Teils von : beffalien, bis auf Phar: 
jalod. Im Kriege zwiichen Sparta und Theben 
ftand er auf jeiten des lebteren, kam indes zu 
ſpät zur Schladht bei Leuttra. Er ftrebte ſich 
Eingang in Hellad zu verjchaffen, wurde aber 
durch einen gewaltjamen Tod aus großen Ent: 
würfen herausgerifien, 370. Xen. Hell. 6, 4, 31. 
Seine Brüder Polydoros und Polyphron folgten 
ihm für kurze Zeit in der Herrſchaft. — 2) j. 
Pharai, 2. 

Pherekrätes, dsosxedrns, Dichter der älteren 
attiichen Komödie, urjprünglich Schaufpieler, älter 
als Ariftophanes, jünger als rates und Kratinos, 
ein feiner, auch durch Eleganz bes Gtild aus: 
gezeichneter Dichter, deſſen Stärke in Erfindung 
und Olonomie lag. Er foll 16—18 Gtüde ge: 
Ichrieben haben, von denen nur noch einige Frag: 
mente übrig find. Seine Sprache war rein, an— 
mutig und gefällig; Athenaios nennt ihn drer- 
»orarog. Nach ihm ijt auch ein Versmaß benannt 
(metrum Pherecrateum), das er entweder ein: 
geführt oder doch häufig angewendet hatte. Die 
Bruchſtücke find gejammelt von Meinefe, com. 
Graec. fragm. Bd. II (Bd. I ©. 87 ff. der Heinen 
Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. Bd. 1 ©. 145 ff. 

Pherekjdes, Gegexvöng, 1) der Philoſoph, 
Sohn des Babys von der Inſel Gyros, daher 
ö Zugiog genannt, Zeitgenofje des Königs Alyattes 
und der 7 Weilen Griechenlands (nad Eicero, tuse. 
1, 16, 38, des Servius Tullius). Er ſoll feinen 
bejtimmten Lehrer gehabt, jondern ſich durch das 
Studium phoinitiiher Schriften gebildet haben, 
aber Lehrer des Pythagoras gewejen fein. Die 
weiteren Berichte über jein Xeben ftreifen ans 
Wunderbare. Ph. wird unter den erften profaijchen 
Schriftftellern genannt und jchrieb zuerft unter 
den Griechen über Naturwifjenjchaft und Theologie, 
zegl pVoeng nal Dear, eine fchon früh ver- 
ſchollene Schrift. — 2) der Hiftorifer von der 
Inſel Leros bei Karien, wahricheinlid in Athen 
als Bürger anfällig, daher gewöhnlich der Athener 
genannt, blühte um 450 v. C. Sein 10 Bücher 
umfafjfendes Hauptwerk wird als forogiaı, Beu- 
yovia, yevsakoyia, abröydoreg, doyaokoyla 
Arrınn angeführt; es behandelte die Abftammungen 
ber Götter und edlen Gejchlechter. Nur von diejem 
Werte haben ji Fragmente erhalten (gejammelt 
bon Sturz [1824] und Müller, fragm. hist. Graec. I 
p. 70 ff. IV p. 637 ff.); von den andern ihm bei- 
gelegten Schriften ift nichts übrig. 

Pherenikos, Gepevınog, Sohn des Kephiſo— 
dotos aus Theben. Diejer übte Gaftfreundichaft 
gegen mehrere während ber Herrichaft der Dreißig 
dorthin geflohene Athener, und deshalb fand aud 
der Sohn Vergeltung, ald er jelbjt vor der jpar: 
tanifchen Oligarchie in jeiner Vaterſtadt weichen 
mußte. Als die Tyrannei aber geftürzt ward, 
harrte er an der Grenze, um gleich zu Hülfe zu 
eilen. Plut. Pelop. 8. 

Dnees ſ. Kentauren. 

Pheres, ®£ons, 1) j. Aiolos, 1. — 21 j. 
Argonauten. 


— Philaios. 927 

Degvn |. Ehe, 3. 

Phigalia, Dıyalda, -Asıc, auch Didksın, Stadt 
im ſüdweſtlichen Wintel Arkadiens an der mefje- 
niſchen Grenze, auf fteiler Höhe über dem nörd- 
lichen Ufer der Neda, in welche ein nahe an der 
DOftjeite der Stadt fliehender Bach, der Lymax, 
einmündet, jetzt Pavlitza. Obwohl P. auch jonft 
mehrmals bei Kriegsunternehmungen genannt wird 
(Pol. 4, 3. 79. 80 u. b.), verdankt es ſeine Be— 
rühmtheit in jegiger Zeit doch bejonders dem in 
feinem Gebiete bei Baſſai, 2 Stunden norböftlich 
auf dem Berge Kotilion, gelegenen, wahricheinlich 
an Stelle eines älteren Heiligtums erbauten Tempel 
des Apollon Epifurios, einem Werf des Iltinos, 
des Beitgenoffen des Pheidias und Perikles, wel: 
hen Paujanias (8, 41, 8) nächſt dem Athenetempel 
zu Tegen an Schönheit des Steins wie der Ber: 
hältniſſe für den jchönften Tempel des Peloponnes 
erflätt. Den Namen Epikurios erhielt Apollon 
als Befreier von der Peit zur Beit des pelopon- 
nefiichen Krieges. Noch jept ftehen 35 Säulen 
des Tempels mit ihren Ardjitraven aufrecht; die 
Länge des Tempels (eined mit ber Front auf: 
fallenderweije nicht nad) Oſten, jondern nach Nor: 
den gerichteten doriſchen Peripteros Heraftylos mit 
6><15 Säulen) betrug nad neueren Mefjungen 
125 Fuß, die Breite 48 Fuß. Erft jeit dem legten 
Viertel des 18. Jahrh. find dieſe Reſte bekannt; 
1812 wurde durch Yufgrabungen ein großer Teil 
von dem prächtigen Fries der inneren Cella ent: 
bedt, 100 Fuß lang, welchen die britiiche Regie: 
rung anfaufte. Die Eingeborenen nennen den Drt 
’groug arulong oder xolörvaıg. Über den Tempel 
ſ. das Hauptwerk: der Apollotempel zu Baflä u. j. w. 
von D. M. Baron von Stadelberg (1826). 

Dixıov 0005 (j. 6 Bayüs), ein fteiler fahler 
Felsberg, 15 Stadien öſtlich von Oncheſtos in 
Boiotien, auf weldhem die Tradition die Sphinx 
(DiE aiol. Form für ZpiyE) haufen ließ. Paus. 
8, 26, 2. Apollod. 3, 5, 18. Hesiod. scut. 33. 

Phila, BA«, Schwefter deö Derdas und Ma: 
chatas, Nebenfrau Philipps 11. von Makedonien, 
ftammte aus dem fürftlichen Geichlechte von Ely— 
miotis. Satyr. bei Athen. 13, 5 p. 567. 

Philadelpheia, Suladeigpeswe, 1) Stadt im 
Öftlichen Lydien am Fuß des Tmolos, früher be- 
deutend, aber oft durch Erdbeben heimgejucht, 
z. B. zur Beit des Tiberius (Tac. ann. 2, 47); 
j. Ala:-Schehr. Strab. 13, 628. — 2) bedeutende 
Stadt im transjordbaniichen PBaläftina Peräa), 
5 Meilen vom Jordan, die alte Hauptitadt der 
Ammoniter, damals Rabbath Ammon genannt; j. 
Ruinen Amman. 

Philaenörum arae j. Arae Philaenorum. 

Philai, Bıual, Bicı, äghpt. Phalek, Feine, 
reizende Nilinfel an der äußerjten Südgrenze 
Agyptens, etwas oberhalb des erften Kataraftes 
gelegen, mit einer Stadt gleiche® Namens; der 
Iſis geweiht und durd das Grab des Dfiris be: 
rühmt; noch ieg mit ausgedehnten und meiftens 
wohlerhaltenen Tempelreften. Strab. 17, 803. 818. 

Philaios, ®ılaios, Sohn des Telamoniers Aias 
und ber Tekmeſſa, Bruder des Euryjafes, mit dem 
er bie ihnen von ihrem Großvater zugefallene 
Inſel Salamis den Athenern gegen das attische 
Bürgerredit abgetreten haben — Aus dem 
Geſchlechte der Philaiden ſtammte Miltiades. Hdt. 
6,35. Mut. Sol, 10. 


928 


Philammon, Oıulcduuor, altgriehiicher thra- 
kiſcher Sänger des apolliniichen Kreijes, der den 
Delphiern gegen die Bhlegyer zu Hülfe gefommen 
und im Kampfe gefallen fein joll, und dem bie 
Bildung der delphiſchen Jungfrauenchöre, welche 
die Geburt der Leto und ihrer Kinder beſangen, 
zugeſchrieben ward. Er wurde Sohn des Sängers 
Chryſothemis oder des Apollon und der Chione 
genannt, Vater des Thamyris und des Eumolpos. 

Phileas, Dıulfag, ein Geograph aus Athen, 
etwas älter als Thufydides und Zeitgenofje des 
Helfataios und Hellanilos, von Macrobius (saturn. 
5, 20) als vetus scriptor bezeichnet, jchrieb ein 
Werk: megim)oı oder yiis meglodog, nach Urt der 
älteren Beriegeten. Einige wenige Fragmente find 
erhalten. 

Philömon, SuUrjuwv, 1) ein armer, frommer 
Greis in Phrygien, der mit jeinem Weibe Bau: 
kis (Baucis) einjt den Zeus und Hermes freund: 
ichaftlich bewirtete, während alle andern Bewohner 
des Ortes jie don ihren Thüren weggewieſen 
hatten. Darum wurde der ganze Ort durd) eine 
Waſſerflut verichlungen, die Hütte Philemons aber 
in einen prächtigen Tempel verwandelt, deſſen Hüter 
er mit Baufis wurde. Sie endeten gleichzeitig ihr 
Leben, indem beide in Bäume verwandelt wurden. 
Or. met. 8, 621 ff. — 2) berühmter Dichter der 
neueren Komödie, Sohn des Daimon aus Syrakus 
(oder aus Soloi), fam frühzeitig nad) Athen und 
begann dort gegen das Ende der 112. DI. als 
fomijcher Dichter neben Menander und mit ihm 
wetteifernd aufzutreten; jein erſtes Stüd war "Tro- 
Pokuaiog. Wenn Ph. oft über Menander den 
Sieg davontrug, jo waren nicht Ränfe und Um— 
triebe daran jchuld, jondern der Umftand, daß 
Menander den Begriff der neueren Komödie viel 
ichärfer auffaßte und beftimmter fejthielt, als Ph., 
und jo erft allmählich jeiner neuen Gattung Anz: 
erfennung verſchaffte. Menander enthielt jich aller 
perjönlihen Satire und ſetzte jeine Dramen auf 
ein geringes Maf der Handlung, um mehr Raum 
für die Entwidelung der Charaktere zu gewinnen. 
In der Eharakterijtil ftand daher Ph. gegen Me: 
nander im Nachteil, Dagegen übertraf er ihn durch 
ein größeres Intereſſe der Handlung, welches er 
ihr durch das Spiel der Intriguen zu geben ver: 
ftand. Daher erteilten die Athener, noch gewöhnt 
an den Reichtum komiſcher Situationen und an 
das Gaufelipiel des Witzes und der Laune in ber 
älteren Komödie, anfangs meijt dem Ph. den Preis 
zu. Doch wurde er auch zumeilen bejiegt und 
verließ, entweder wegen einer jolchen Niederlage 
oder auf eine Einladung des Ptolemaios nad 
Alerandreia, Athen auf einige Jahre. Später 
fehrte er nach Athen zurüd, wo er bis zu feinem 
Tode (262 v. E.) blieb. Er erreichte ein jehr 
hohes Alter und verjchied mitten in feinem dichte: 
riichen Berufe. Bon 97 Dramen, die er gejchrieben 
haben joll, find noch 56 Titel befannt und rag: 
mente übrig. 2 Stüde find durch Nahbildungen 
des Plautus befannter, der "Eurogog, in dem 
Mercator, und Onc«vgös, im Trinummus nad): 
gebildet. Sein le gib gleichfalls Philemon, 
war ebenfalls fomijcher Dichter und führte 54 Dra- 
men auf, die aber wohl bald mit denen des Vaters 
vereinigt wurden. Sammlung der Bruchftüde von 
Meinefe: Menandri et Philemonis fragmenta 
(1823) und im IV. Band der fragm. com. Graec, 


Philammon — Philippides. 


(8b. II p. 821 ff. der Hein. Ausg.), und von Kod, 
com, Att. fragm. Il p. 478ff. — 3) Name mehrerer 
Grammatiter: a) Berfafier der Zuunixra el "Oun- 
eov, dem jeine Verdienſte um die homeriſche Kritik 
den Beinamen xgırıxög verichafften; b) ein attijcher 
Lexikograph; ec) Berfafjer eines Wörterbuchs Asdı- 
xo» reyrokLoyınov aus dem 5. Jahrh. n. C. oder 
noch jpäter (herausg. von Fr. Oſann, 1821). 

Philetairos, Gilfraipos, 1) ein Dichter ber 
neueren Komödie, Zeitgenofie des Hypereides. Bon 
den 21 ihm beigelegten Dramen find nod 14 Titel 
befannt und wenige Bruchitüde erhalten, aus 
denen man erjiehbt, daß er teild mythologiſche 
Stoffe, teild aber auch das Thun und Treiben 
gewiſſer Stände von der lächerlichen Geite dar— 
zuftellen pflegte. Sammlung der Fragmente von 
Meinefe, fragm. com. Graec. Bd. III (II p. 640 ff. 
der Klein. Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. II 
p. 230 ff. III p. 789. — 2) geb. zu Tieion oder 
Zion am Pontos, diente in jeiner Jugend einem 
Makedonier Dokimos, mwelder anfangs dem Ber: 
dilfas, dann dem Antigonos, zulegt dem Lyſi— 
machos anhing (Diod. Sie. 18, 45. 20, 107); diejer 
vertraute dem Ph. die Burg von Pergamon an 
famt der Bewachung der darin befindlichen Schäße. 
Im 3. 284 v. C. bemächtigte ſich Ph. der Stabt 
und ergab fich dem Seleufos. 280 verpflichtete er 
fich durch Überjendung der Aſche des don Ptole— 
maios Keraunos ermordeten Seleulos defien Sohn 
Antiochos Soter. Er ftarb im J. 263 ald Gründer 
des pergameniichen Staates, 80 Jahre alt. Sein 
Reich hinterließ er jeinem Brudersjohne Eumenes 1. 
Strab. 13, 623 f. 

Philötas, ®unräs, Grammatifer und Dichter 
aus Kos (oder Rhodos) zur Zeit Aleranderd von 
Makedonien und Ptolemaios 1,, Lehrer des Ptole- 
maios Philadelphos, des Theofrit und des Gram— 
matikers Zenodotos. Wegen jeines gebrechlichen 
Körpers fabelte man von ihm, er habe Blei in 
den Schuhen getragen, um nicht vom Winde um— 
geblaſen zu werden. Er war ausgezeichnet in der 
erotiſchen Elegie durch Einfachheit der Form und 
tiefe Empfindung und wurde in den Kanon der 
Elegiker aufgenommen. Sehr hoch wurde er von 
den römiſchen Elegikern gehalten. Prop. 2, 34, 27. 
3,1,1. 3,52. 4, 6,3. Ov.a. am. 3, 329. Wir 
bejigen nur wenige Bruchſtücke von ihm (gejam- 
melt von Kayſer, 1793, und N. Bach, 1829). 

Philinna, Pdırva, aus Larifja in Theflalien, 
Nebenfrau des maledoniſchen Königs Philippos 11. 
jeit etwa 367 v. E. Vor ihrer Verheiratung war 
jie Tänzerin und ein Weib von feineswegs tadel: 
lojer Führung. Sie war Mutter des Arrhidaios. 
Satyr. b. Athen. 13, 5 p. 557. Just. 9,8,2.18,2, 11. 
Athen. 13, 40 p. 578. Plut. Alex. 77. 

Philinos, ®ilivog, 1) ein attiicher Redner aus 
ber Zeit des Demofthenes. Bon feinen Reden find 
3 Titel und ein Fragment erhalten. — 2) Ge: 
ichichtichreiber aus Agrigent, beichrieb die puniſchen 
Kriege mit einer ebenjo großen Barteilichteit für 
die Karthager, wie Fabius für die Römer. Pol. 
1, 14. 15. 3, 26. Vgl. Müller, fragm. hist, 
Graec. Ill p. 17. — 3) ein Arzt, welcher über 
die Pflanzen und deren Heilkräfte fchrieb (Athen. 
15, 681 f.), gl. Empirici. 

Philippides, ®ruımmlöns, 1) ſ. Pheidippi- 
des. — 2) Sohn des Philofles, Dichter der neueren 
Komödie zwiſchen 308 und 298 v. E. Er ftand 


Philippoi — Philippos. 


bei dem Könige Lyſimachos in Gunft und Anjehen 
und wußte die Feinheit des Hofmanns mit edler 
Freimütigfeit zu verbinden. I’lut. Demetr. 12.26. 
Er ftarb aus hei über einen errungenen dra— 
mattjchen Sieg. Die Fragmente, welche etwa aus 
15 Stüden (man legte ihm 44 bei) ftammen, 
laffen jein dichterifches und ftiliftiiches Talent 
nicht hinreichend erfennen und beurteilen; fie jind 
gefammelt von Meinefe, fragm. com. Graec. 
Bd. IV (Bb. II p. 1116 ie der Hein. Ausg.), und 
Kod, com. Att. fragm, III p. 301 ff. 

Philippoi, ol Gllummoı, Stadt im Innern des 
mit Makedonien vereinigten Teils von Thrakien, 
der Landſchaft Edonis, von Philipp von Male: 
donien angelegt an der Stelle der früheren thafi= 
hen Kolonie Konvides; j. Ruinen Filibé oder 
Filibé djif. Sie lag auf fteiler Höhe am Gebirge 
Pangaios und am Fluſſe Gangas und war wichtig 
dur die Nähe der Goldbergwerfe (Hat. 5, 26. 
6, 46); hiftoriich denfwürdig ift fie als Ort der 
Schlacht gegen Brutus und Gafjius, 42 v. E. 
Auguft erhob fie zur Kolonie. Der Apojtel Paulus 
gründete im %. 53 n. C. hier eine der erften 
riftlichen Gemeinden. dt. 5, 23. 6, 46. Strab. 
7,331. - 

Philippopdlis, Sulımmörolız, feite Stadt in 
Thrakien auf einem dreigipfligen Berge (daher der 
lateinische Beiname Trimontium) in einer bedeu: 
tenden Ebene am jüdöftlihen Ufer des Hebros. 
Philipp II. von Makedonien erbaute fie an der 
Stelle der früheren Stadt Eumolpias. Später 
eroberten jie die Thrafer, dann wurde fie in 
römischer Zeit Hauptjtadbt von Thrafien. Pol. 
5, 100. Liv. 39, 53. Tac. ann, 3, 28. Auch das 
jegige Philippopoli (türkiſch Filibe) ift wie die 
alte Stadt jehr bedeutend. 

Philippos, Düunzos, Name mehrerer Könige 
von Makedonien. Der bedeutendfte ift 1) Phi: 
lippos 1I.*), der dritte Sohn des Amyntas 111. 
und der Eurydike, geboren 379 v. E., verbradte, 
wahrſcheinlich 369 oder 368 von Pelopidas als 
Geiſel nach Theben gebradht (Plut. Pel. 26), 





929 


mehrere Jahre im Hauje des Epameinondas oder 
Pammenes. Nachdem jein Bruder Perdikkas im 
Kampfe gegen die Jllyrier umgelommen (359), 
bemächtigte er ſich der Regierung, zuerft für deſſen 
minderjährigen Sohn Amyntas. Es war jedod) 
eine unfichere Herrihaft; einen Kronprätendenten 
Paufanias, den die Thraker unterftügten, bejeitigte 
er, indem er dieje befriedigte; für einen andern, 
Argaios, traten die Athener ein, er gewann fie 
dadurd), daf er verjprach, auf die Herrichaft über 
Amphipolis zu verzichten (Dem. Aristoer. p. 660); 
dann befämpfte er glüdlich die Jllyrier und Paio— 
nier und erweiterte das Neich im NW. bis zum 
See Lychnitis. Diod. Sie. 16, 2 ff. Nach ſolchen 
Verdienften trug die makedoniſche Ariftokratie Fein 
Bedenken, ihn als König anzuerkennen. Bon nun 
an fonnte er fich weiteren Plänen zuwenden, bie 
uerſt ausgingen auf Ausdehnung der maledoni: 
F Grenzen, dann auf die Hegemonie über die 
a Sri Staaten, wo eben Thebend Berjud, 
en Prinzipat zu erwerben, geicheitert war und 
Athen wieder am mächtigften — endlich auf 
Bekämpfung des perſiſchen Reiches. — Er führte 
nun eine neue Kriegsordnung nad; Art eines 
ftehenden Heeres ein, bejonders durch Einrichtung 
der Phalanx, die für ein gemifchtes Volk vorzüg- 
lich — war durch Verbindung der verjchiede: 
nen Efemente zu gemeinfamem Wirfen; eine weitere 
Stüße fand er in den um dieſe Beit eröffneten 
Bergwerken de3 PBangaios, die jährlich 1000 Ta: 
lente abwarfen. Vorzüglich jedoch wurden feine 
Pläne unterftügt durdy die politiiche und mora= 
liihe Zerrüttung Griechenlands, welche er mit 
überlegener Geiftesfraft zu feinem Vorteil zu be 
nußen verftand. Das Bild, welches Demofthenes 
von feinem Charalter entwirft, dürfen wir ſchwer— 
fich für volle Wahrheit halten; viel des Verwerf: 
fihen war allgemeiner Charakter der Zeit, er 
wußte aber jeine Thatkraft, feiner Berechnung 
unterzuordnnen, vermied alle Übereilung in jeinen 
Unternehmungen, wartete ab, bis die Frucht für 
ihn gereift war, verjtand Großes mit Fleinen 





*) Arrhibaios. 
Amtnta® III. 390-369 v. €. 
Gattin: Per 
— — 
Alerander II. Verdittas III. Bhilippos IL Eurudike. Gatte: Archelaos Arrhidaios. Menelaos 
Sta 3086. sg 365 369. Hg 359-316, Ptolemaios Alo⸗ 
rites, Uſurpator 
Amyntas 08— 365. 
Sattinnen und | Nebenfrauen: 
Aubata, Bhila, Nitefipolis, Philinna, Dlumpias, Meda, Sleopatra, Mate» 
Nlprierin, Matedonierin, aus Pherai aus Lariſſa in Tochter bes Tochter des bdonierin, vor ber 
in Makedonien Schweſter des in Theſſalien.  Theflalien. Molofierkönigs Getenfönigsg Verheiratung 
Eurydile genannt. ae u | | Reoptolemos. ſtothelas wohl Eurydite 
adyatas. ! | 
ſrynnane (Siunane, Thefjalonife. Arrhidaios — — —— Europe. 
seunna, Suna). Gatte: (Phifippos IIL) Alexander . Stleopatra. 
Gatte: Amontas, Saflander. Sig 323317. db. Gr. Sig Gatte: 
©. des Perdil⸗ Gattin: Aben 336— 323. Alexander, 
fas III. Eurydike), T. der 1. Gattin: König der 
l Stunmane. Rorane. Molofler. 
Adea, nad) der 2. Gattin: 
Berheiratung Stateira. 
Eurnbile. @atte: 3. Gattin: 
Pbilippos LIT. Barfine. 
Arrhidaios. | 
1. Alexander 
IV., Sa 323 
— 311. 
3. Heralles 
Reallexikon des Mafi. Mitertums. 7. Aufl. 59 


930 


Mitteln — Waffen, Geld oder Verſprechungen — 
erlangen und war bejonders bemüht, überall 


u 
Anhänger u werben und die einzelnen Staaten | 


auf jeine Seite zu ziehen oder unthätig zu er: 
halten, bis er ſich auch gegen fie wenden fonnte. 


Philippos. 


die Phokier nicht erwähnt wurden (Dem. de f. lea. 
p. 439); die nochmals an ihn abgeichidte Geſandt— 
ichaft wußte er trotz Demojthenes’ Mahnungen 
mehrere Monate hinzuhalten und zu —— (346). 
Während diejer Zeit unterwarf er den thrafifchen 


— Nachdem Philipp ſich im Lande befeftigt hatte, | Fürjten Kerjobleptes und mehrere thrakiſche Städte 


griff er Amphipolis an. Athen ward erft Iifti 
hingehalten, dann am entjchiedenen Auftreten va 


De Sic. 16, 71); Demofthenes enthüllte in 
then die Kurzlichtigleit oder Verräterei der Ge— 


den Bundesgenofjenfrieg gehindert, und nun wen: |jandten, doc ehe andere Gejandten abgehen konn— 


dete er fich gegen die atheniſchen Befigungen auf |ten, drang Ph. ungehindert durch die 


Chalkidike, eroberte Pydna und gewann die Olyn: 
thier, indem er ihnen Anthemüs überlieferte und 
für fie Potidaia eroberte, 358 — 356. em. Ol, 
2 p. 19. Cherson. p. 105. Halon. p. 83. Aristoer. 
p. 659. Diod. Sie. 16, 8. Dadurch, daß er um 
diejelbe Zeit von den Aleuaden gegen die wieder 
mächtig gewordenen Tyrannen von Bherai zu Hülfe 
gerufen ward, gewann er Einfluß in Theflalien 
und bahnte ſich den Weg nad dem eigentlichen 
Griechenland. Den Anlaß, ſich in die griechischen 
Angelegenheiten einzumijchen, gewährten die The: 
baner, als fie einen Bejchluß der ſonſt faum be- 
achteten Amphiftyonenverfammlung gegen Phofis 
wegen Belignahme eines Stüdes vom Tempel: 
(ande bei Kriffa in Ausführung bringen wollten, 
und infolge deffen der phokiſche oder heilige Krieg 
ausbrah, 355; die Phokier aber ftanden im 
Bunde mit den Tyranneh von Pherai. — Zunächſt 
benupte Philipp die Gelegenheit, um die griechi— 
ſchen Küftenftädte (Potidaia, Methone) zu unters 
werfen; aber 353 wurde er iwieder bon den Theſſa⸗ 
liern um Hülfe angegangen, kämpfte unglücklich 
gegen die Tyrannen und die en in 2 Schlad): 
ten, errang aber bald darauf einen großen Sieg 
gegen Onomarchos (Frühling 352). Diod. Sic. 
16, 35. Als er aber nun eine Wendung machte, 
als ob er in Phofis eindringen wollte, bejeßten 
die Athener die Thermopylen und jandten eine 
Flotte dahin. Dem. Phil. 1 p. 44. Just. 8 
Fbitipp jedody wandte ſich nach Befeftigung feines 
njehens in eflalien wieder nah Thrafien, 
— daſelbſt die atheniſchen Intereſſen und 
edrohte Dlynthos. Doch behielt er fortwährend 
die griechijchen Angelegenheiten im Auge und be: 
ann Umtriebe auf Euboia, und ungeachtet des 
Siege des Phofion bei Tamynai erhoben fich, 
von Philipp unterftügt, Dynaſten in Eretria und 


- 
* 


Oreos, und Euboia war ſeit 350 für Athen gen | 


verloren. Plut. Phoe. 12. Aeschin. Ütes. 85. 
Phil. 3 p. 125 f. 


gegen 


Im Peloponnes trat er als | Maß in feiner 


Thermo⸗ 
pylen. Ganz Phokis wurde unterworfen, die Städte 
der Mauern beraubt, das Land tler den 
ebanern die boiotiſchen Städte überlaffen, und 
PH. ließ jich an die Stelle der Phokier als Mit- 
Er in die delphiſche Amphiktyonie aufnehmen. 
it diefen Rejultaten zufrieden, wandte er fich, 
nachdem er Thefjalien (Dem. Phil.2 p. 71. 3 
b: 117) durch eine Teilung in 4 Bünde in größere 
bhängigfeit gebracht, wieder gegen Thrakien, 
Illyrien und die Triballer, vermehrte jeine Flotte 
und machte im Auftrag der Amphiktyonen einen 
Zug gegen Sparta; doch jeit 342 trat er wieder 
then auf durch Erregung von Unruhen auf 
Euboia und Angriff auf die Städte auf dem Cher- 
jones. Phokion unterwarf (340) wieder Euboia, 
auf dem u ri vertrat Diopeithes fräftig das 
Intereſſe der Athener, und als fi Philipp auch 
egen Perintho3 und Byzantion wendete, dem 
elbft der Arme DER ſchickte, jo erflärte 
Athen abermals den Krieg. Dem. Phil. 4. Plut. 
Phoe. 14. Diod. Sie. 16, 74 ff. Just. 9, 2. Dem. 
de cor. p. 254. Phofion rettete Byzantion, Phil, 
icheinbar die griechiſchen Angelegenheiten außer 
acht laſſend, —— die Skythen und Tri— 
baller (339). Die Entſcheidung brachte erſt ein 
neuer heiliger Krieg, offenbar durch erkaufte Ver— 
räter veranlaßt. Als Vollſtrecker Bundesbe⸗ 
ſchluſſes gegen das lokriſche Amphiſſa drang Ph. 
mit einem großen Heere in Hellas ein, nahm nach 
—— Vollendung der unbedeutenden Sache ſeine 
interquartiere in Lokris und beſetzte im Frühjahr 
338 Elateia auf der boiotiſchen Grenze. Dem 
Demoſthenes gelang es zwar jetzt, ein Bündnis 
mit den Thebanern zuſtande zu bringen, auch andere 
Staaten traten bei; der Anfang bes Krieges war 
für die Griechen nicht ungünftig, allein Anfang 
Septemberd 338 ward das vereinigte Heer der 
Athener und Thebaner nach tapferem Kampfe bei 
Chaironeia aan ejchlagen. Bh., nicht ohne 
iegesfreude, beftrafte Theben durch 


Beichüger der Freiheit auf, vertrieb (349) wieder | eine Beſatzung und behandelte Athen mit Milde. 


die Tyrannen aus 
fich gegen Olynthos, welches an der Spite eines 
Bundes von thrakifchschaltidiichen Griechenftädten 
fi) wieder an Athen angeichlofien hatte. Zwar 
ſchickte Athen auf Demofthenes’ dringendes Mahnen 
Hülfe, aber nicht gut lan und unter unfähigen 
Anführern, Olynt 


beffalien, und nun wandte er | Eine große 


erjammlung der Abgeordneten gric- 
chiſcher Stämme wurde jegt in Korinth gehalten, 
und ein Nationalkrieg gegen Berfien unter Ph 
Oberanführung beichloffen (Frühjahr 336). Daun 
fehrte er nach Makedonien zurüd, um den Krieg 
vorzubereiten; ein Heer wurde unter Attalos und 


fiel durch Verrat in Philipps | Barmenion nach Afien vorausgejandt, und umfonit 


Hände, die Stadt wurde zerftört, die Einwohner ſchickte der Perjerfönig Geld, um die griechijchen 


als Sflaven abgeführt (348). Dem. Phil. 3 p. 113. 
128. Ol.3 p. 30. de cor. p.241. Diod. Sie. 16, 53. 
Sept glaubte Ph. die Zeit gekommen, im die grie- 


Staaten gegen Ph. aufzureizen. So ftanden bie 
Saden, als Ph., der erſt kürzlich (Herbſt 337) die 


' Kleopatra, die Nichte des Attalos, geheiratet hatte, 


chiſchen Angelegenheiten thätig einzugreifen; aber | bei welcher Gelegenheit Olympias und Alegander, 


noch immer einen Kampf mit Athen jcheuend, 


wußte er durch jchlaue Borjpiegelungen, daß er | bei der Vermählung jeiner Tochter 


ji gegen die Thebaner wenden würde, jowie durch 
Beſtechung der Gejandten (Aifchines, Philofrates 
u. a.) einen Frieden zuftande zu bringen, worin 


von Attalos ſchwer beleidigt, den Hof verliehen, 
eopatra mit 
Alerander von Epeiros von Paufanias ermordet 
wurde, Herbſt 336. Diod. Sie. 16, 91 ff. Just. 


‚9, 6. Außer dem Alerander und der Kleopatra, 


Philippus Arabs — Philistides. 


welche ihm Olympias geboren hatte, hinterließ er 
mehrere finder von Nebenmeibern (j. die Geſchlechts— | 
tafel). Bgl. Brüdner, König Philipp und die 
helleniihen Staaten (1837). — 2) Phil. Ul. 
Arrhidaios ſ. Arrhidaios, 1. — 3) Phil. 1V., 
Rafjanders Sohn und Nachfolger in der Herrichaft 
über Maledonien, war krank und ftarb nach nur 
dreimonatlicher Regierung 297 0.6. Paus. 9, 7,3. 
— 4) Bhil. V., Sohn des Demetrios IV., folgte 
dem Antigonos Dojon (220 v. E.), als jchon die 
Griechen ſich wieder von der maledoniſchen Herr: 
ichaft frei zu machen juchten, und von Illyrien 
aus die Romer nahten. Im Bunde mit ben 
Achaiern begaun er Krieg mit den MWitolern, der 
indes (217) nad) unbedeutenden Begebenheiten bei: 
gelegt wurde. Wie er (213) feinen verwerflichen 
Charakter durd) die Vergiftung des Aratos (j. d.) 
zeigte, der ihn auf Die Berfehrtbeit jeines immer 
iyrannijcher werdenden Verfahrens aufmerkſam 
machte, jo bewies er feine Unfähigfeit, die Zeit: 
verhältnifje zu benutzen und zu beherrichen, als 
er im zweiten punijchen Kriege (215) ein Bündnis 
mit Hannibal ſchloß, ohne ihn kräftig zu unter: 
jtügen (Liv. 23, 33). Seine thätige Teilnahme 
wurde verhindert durdy die von M. Balerius Lä- 
vinus zuftande gebrachte Koalition jeiner Gegner 
(Liv. 26, 24 ff); die von den Römern aufgewie- 
gelten Witoler fingen wieder den Krieg an, der 
nach unbedeutenden Siegen der Maledonier durd 
einen Frieden beigelegt wurde, und gleich darauf 
ſchloſſen auch die Römer und Ph. zugleich mit 
den beiderjeitigen Bundesgenofjen Frieden, 200, 
Liv. 20, 12. Ohne die Gefahr zu würdigen, die 
ihm von den einmal gereizten Römern drohte, 
fing er in den nädjften Jahren in Verbindung 
mit Antiochos dem Gr. einen ——— Agypten an 
und beunruhigte Pergamos und Rhodos — beides 
Bundesgenofjen der Römer. Liv. 31, 145. Kaum 
hatten Dieje den zweiten punifchen Krieg been: | 
det, jo erklärte der römiſche Senat ihm den Krieg, | 
200, Die meiften griehiichen Staaten treun: | 





931 


lien Sohne Berjeus (f. d.) gelang es, den jüngeren, 
Demetrios, der nicht ohne Erfolg in Rom unter: 
handelte, als römiſch gefinnt zu verdächtigen, Ph. 
ließ ihn hinrichten, ſtarb aber bald darauf aus 
Neue und Kummer, 178. Liv. 40, 4 ff. 54 ff. 

Philippus Arabs, M. Julius, geb. zu Bojftra, 
einer röm. Kolonie in Arabien, Sohn eines Be: 
duinenhäuptlings, wurde von dem dritten Gordian 
um Gardepräfeft ernannt und beftieg, ald Gordian 
ın einem Soldatenaufjtande getötet war, mit Hülfe 
des Heeres den Thron, im g 244. Er ſchloß mit 
den PBerjern Frieden und jchlug ein germanijches 
Volk, die Goten, an der Donau (Zos. 1, 20); 
feinen fiebenjährigen Sohn M. Julius, den er 
ihon 244 zum Cäſar erhoben hatte, machte er 248 
zum Auguftus und beging die taufendjährige Freier 
der Gründung Noms mit großen Feſtlichkeiten. 
Mehrere gegen jeine Herrichaft gerichtete Aufftände 
unterdrüdte er glüdlich, unterlag aber im X. 249 
dem Decius, den die Donauarmee zum Kaijer aus: 
gerufen hatte, und fiel in der Schlacht bei Verona, 
jein Sohn aber ward zu Rom im Lager der Prä- 
torianer getötet. Phil. war ein freund der Ehrijten, 
jedoch ne riftlihe Schriftiteller mit Un: 
recht, daß er jelbit Ehrift geweien ſei. Capit. 
Gord, IIl. 28 fi. Eutr. 9, 2 ff. 

Philiskos, Gıldaros, 1) aus Abydos, wurde im 
%. 368 v. E. von dem perfijchen Satrapen Ario— 
barzanes nad) Griechenland gejendet, um wegen 
des Friedens zu unterhandeln; jeine Unterhand: 
lungen waren erfolglos. Er jammelte viele Miets: 
truppen zur Unterftüßung der Laledaimonier. Xen. 
Hell. 7, 1, 27. Diod, Sie. 15, 70. Auch den 
Athenern erwies er im Auftrage des Ariobarzanes 
Dienfte und erhielt von beiden Staaten das Bürger: 
recht. Wegen Mißbrauchs jeiner Gewalt als Statt: 
halter am Sellespont wurde er ermordet. Dem. 
Aristoer. p. 666. 668. — 2) Dichter der neueren 
attiichen Komödie um 370 v. C. 8 Dramentitel, 
die auf mythologiſche Stoffe hinweisen, find erhal: 
ten. — 3) Rhetor aus Miletos, Schüler des Iſo— 


ten ji vom Bunde mit Ph., und nachdem die | frates, jchrieb Reden und eine Rhetorif. Timaios 
Römer den Krieg 2 Jahre lang ohne Energie ge: | und Neanthes werden als jeine Schüler genannt. 
führt hatten, jchlug T. Duinctius lamininus den | — 4) Sophift aus Theffalien, im 3. Jahrh. n. C., 
König bei Kynoslephalai aufs Haupt, 197. Pol. | durch Reinheit und Gewandtheit des Ausdrucks 


18, Uff. Liv. 33, 7 ff. Im Frieden mußte er jeine | 
Beſatzungen aus den griechiichen Städten zurüd- 
ziehen, fein Heer bis auf 5000 M. vermeinbern, | 
jeine Flotte ausliefern, 1000 Talente bezahlen und | 
durfte ohne Einwilligung der Nömer feinen Krieg 
führen. Lie. 33, 30, Pol. 18, 27 ff. Plut. Flamin. 
10. Seine Kraft war gebrochen; vergebens juchten 
ihn nachher die Aitoler, Antiohos und Hannibal 
in den Bund gegen Rom hineinzuziehen; bie 





ausgezeichnet, aber anmaßend nad; Sophiftenart. 
Er jtarb in Athen, 67 Jahre alt. — 5) Tragiker 
unter Ptolemaios Philadelphos, 285—217 v. E,, 
aus Kerkyra jtammend, in die Pleias der Alexan— 
driner aufgenommen, joll 42 Tragödien gedichtet 
haben. — 6) aus Aigina, Schüler des Diogenes, 
joll Wlerander den Gr. unterrichtet und Dialoge 
ejchrieben haben. — 7) Epikureer, dejien Troll 
chreiben an Cicero in jeinem Eril Dio Eajfius 


Römer verjtanden ihn durch Zurüdjendung jeines | (38, 18) mitteilt. — 8) aus Thajos, ein Bienen» 
Sohnes Demetrios, der als Geifel nach Rom ge: | züchter und Schriftiteller injeinem Fach. Plin.11,9,9. 
fonımen war, und Gejtattung einiger Eroberungen | — 9) Maler aus unbejtimmter Zeit. Plin. 35, 11,40, 
in Griechenland und Thrafien zu firren (Liv. — 10) Bildhauer aus Rhodos. Plin. 36, 4, 10. 
36, 33. 39, 23); er jah müßig ihrem weiteren Vor⸗ Philistides, Puıoriöng, ein Führer der ma— 
dringen zu. Wis jie aber von anderer Seite die kedoniſchen Partei in Oreos auf Euboia, der mit 
Hände frei hatten, erfuhr er neue Kränfungen, | Hülfe der Mafedonier im J. 342 v. E. zur Allein- 
er mußte die gewonnenen Städte wieder heraus: | herrichaft gelangte; als er aber mit Athen in ein 
geben (Pol. 24, 1. 2), ſich vor römiſchen Richtern | näheres Verhältnis treten wollte, ward er nicht 
als Bellagter ftellen u. j. w. Liv. 39, 24 f. 53. | blof —— ſondern auf Demoſthenes' Antrag 
Jetzt durchſchaute er die Pläne der Römer, und wurde auch ein Heer unter Phokion dorthin ge— 
ſein Haß wuchs mit jedem Tage, aber zur That ſandt, die Stadt erobert und wieder frei gemacht, 
fam es nicht. Dazu famen bittere Erfahrungen : Ph. aber getötet, 341. Dem. Phil. 3, 119, 126, 
im häuslichen Leben; dem älteren, aber unche: de cor. 252. 


59 * 


932 Philistion — 


Philistion, ®suorlor, 1) ein griechischer Miz | 
mendichter aus Bithynien, lebte unter Auguſtus, 
nad) andern unter Tiberius. Er bejaf einen großen | 
Ruf als Dichter und mimijcher Spieler, wovon | 
manche Äußerung bei den Alten Bengnis gibt; 
Fragmente fehlen, und es kann nur die Frage 
entftehen, wie viel ihm von der moraliichen Antho: 
logie angehört, welche wir unter dem Titel Me- 
varögov xul Bulioriovog abyreısıg befigen. — 
2) ein gelehrter Arzt, Lehrer des Euboros von 
Knidos und des Chrufippos von Knidos; I 
einigen ein Sikuler, nach andern ein Lokrer. Na 
Salenos, der ihn mehrmals erwähnt, gehörte er 
zu den Empirifern und ſchrieb mehreres über 
Heilmittel. 

Philistos, BAusros, aus Syrakus, Sohn des 
Archomenides, geb. um 425 dv. C. Reich begütert, 
unterftüßte er die ring 1a feines Verwandten, 
des älteren Dionyfios, um 
rafus und ftand ihm auch während jeiner Herr: 
ichaft zur Seite bis 386, wo ihn derjelbe aus 
Argwohn verbannte. Nep. Dion 3. Er ging nad) | 
Epeiros ind Eril und blieb dort bis zum Tode 
des Dionyfios. Plut. Dion 11. Erft der jüngere 
Dionyfios rief ihn zurüd, um an ihm eine Unter: 
ftügung ge en Dion zu haben. Durch ihn jcheinen 
Dion und Platon aus Syrafus verbannt worden 
a jein. Plut. Dion 13f. Im Kampfe zwiſchen 

ion und Dionyſios verlor er 357 oder 356 als 
Befehlshaber der Flotte eine Seeichladht, wurde 
gefangen und vom Bolfe umgebracht oder entleibte 
jich jelbft. Plut. Dion 35. — In feiner Verban— 
nung jchrieb Ph. zu Hatria im — ſein 


Geſchichtswerk, Aus Auci, 11 Bücher in 2 Abtei- 
lungen. Die erfte Abteilung umfaßte die Gefchichte 
von Gicilien von den. erften Anfängen bis zur Ein: 
nahme von Agrigent im 3. 406 (7 Bücher), bie andere 
in 4 Büchern die Gejchichte des älteren Dionyſios 
bis zu deſſen Tode. Plut. Dion 11. Cie. ad Qu. 
fr. 2, 13,4. Als ein Supplement fügte er fpäter 
noch 2 Bücher Hinzu, die Thaten des jüngeren 
Dionyfios, obſchon nicht vollftändig, umfaſſend (366 
— 362). Die Alten bezeichnen ihn einftimmig als 
einen Nachahmer des Thufydides, doch blieb er 
weit hinter feinem Borbilde zurüd, daher auch von 
Cicero (a. a. D.) pusillus 'Thucydides benannt. 
Es fehlte ihm die nötige hiſtoriſche Gewifjenhaftig- 
feit und Unbefangenheit; er ftand einfeitig auf der 
Seite des Dionyſios und juchte deffen unrühmliche 
Thaten zu verdeden. Cic. de or. 2, 13, 57. Brut. 
17, 66. Doc gehört er 15 ungeachtet unter 
die bedeutenden griechiſchen Hiſtoriker. Cuint. 10, 
1, 74. Fragmente in F. Göllers Schrift de situ 
et origine Syracusarum (1818) und in Müllers 
fragm. hist. Graec. I p. 185 ff. IV p. 624. 

Philochäres, Druloydong, 1) der ältefte Bruder 
bes Redners Aiſchines. Aesch. de f. leg. 43. Dem. 
de f. leg. 69. — 2) ein Maler, von dem ein Ge: 
mälde in Rom bewundert wurde, einen Sohn dar: 
ftellend, der feinem alten Vater ſprechend ähnlich 
war. Plin. 35, 4, 10. 

Philochöros, ©Gıilöyogos, Sohn des Kyfıros 
von Athen, beichäftigte ſich neben feinen ſchrift— 
ftelleriichen Arbeiten auch mit Mantik und Beichen- 
deuterei, um auf die politijchen Ereigniffe feiner 
Zeit vom liberalen Standpunkte aus einzuwirken. 
Er gehörte zu den Gegnern des Demetrios Po: | 
liorfetes und jeines Sohnes Antigonos Gonatas, | 





Philoktetes. 


der ihn nad) der Beſetzung Athens töten lieh (261 
v. E.). Unter jeinen Schriften war das Geſchichts— 
werk Ardis, auch Arrıxal loropiaı genannt, Athens 
Geichichte von der älteften Zeit an bis 262 v. E. 
in 17 Büchern umfafjend, das bedeutendſte. Auch 
noch andere Schriften, meift hiftoriichen Inhalts, 
werden von ihm erwähnt, z. B. megl Eopram, 
regt TeRyadınr, wegl Husgav, Ankıena, Hrsıgw- 
rind. Die Zahl der Fragmente ift nicht gering, 
fie beträgt mehr ala 200 (heraudg. von Lenz und 
Siebelis, 1811, und von Müller, fragm. hist. 
Graeec. I p. 384 ff. IV p. 646 ff.) Er war ein 
grändlicher Foricher, Heipiger Sammler und viel- 
gelejener Schriftteller. Abhandlungen von Böckh 
— Schriften V ©. 397 ff.) und Strenge 
1868), 

Philodömos, DıAöönuos, 1) Vater des Philon, 
Schwiegervater des Redners Aiſchines. Aesch. de 
‚ leg. 150. — 2) aus Gadara in Baläftina, ein 


ie Herrihaft von Sy: f. leg 


berühmter Epifureer, Freund des L. Pifo, gegen 
den Eicero feine Rede hielt, wegen feiner Gelehr- 
jamfeit und Bildung und ala gelimadvoller Dich: 
ter von Cicero (Pis. 29. fin. 2, 35) jehr gerühmt. 
Noch über 30 Epigramme finden fi) von ihm in 
der griechiichen Anthologie, meift erotiſchen und 
ipielenden Inhalts (herausgeg. von Kaibel, 1885). 
Bon feinen proſaiſchen Schriften find aus den zu 
Herculaneum (j. d.) gefundenen Bücherrollen nicht 
unbedentende Fragmente uns zugeführt worden, 
de vitiis liber decimus (herausgeg. von 9. Sauppe, 
1853); außerdem von Th. Gomperz in den Ser: 
eulaniichen Studien, I. über SEELEN 
(1865), II. über $römmigfeit (1866), de ira liber 
1864); de musica von Kembke (1884); über ben 

od, vierte Buch, von Mefler (1886). 

Philökles, DuLoxins, 1) Sohn der Polypeitho 
oder Philopeitho, der Schweiter des Aiſchylos, 
ein Tragiker, dichtete in ber Weije des Aiſchylos 
Trilogien und ſuchte die Art des aiſchyleiſchen 
Dramas eine Zeit lang auf der Bühne zu erhal: 
ten. - Er trug über den König Didipus des Sopho- 
fle3 den Sieg davon, erfuhr aber den jcharfen 
Spott der Komiker, die ihn zoAr (Galle), auch 
Akulov (dev Meerjalzige) nannten, weil er, die 
Erhabenheit und teilweife Härte des Aiſchylos un» 
geihidt nahahmend, ins Herbe und Ungenießbare 
—— Von den 100 Dramen, die der unbedeu— 
tende Dichter —— haben ſoll, ſind nur wenige 
Titel befannt. Vgl. Nauck, trag. Graec. fragm. 
p. 5895. — 2) Anführer der atheniihen Flotte 
im peloponnefiichen Kriege, 405 v. E., durch defien 
Unflugheit die Schlacht bei Aigospotamos verloren 
ging. Er jelbft wurde gefangen genommen und 

ald nachher hingerichtet. Xen. Hell. 1, 7,1. 2, 
1, 80 ff. Plut. Lys. 13. 

Philokrätes, Diloxgarng, 1) Sohn des Ephial- 
tes aus Athen, Befehlshaber einer dem Euagoras 
bon Kypros (390) zu Hülfe gefandten, aber von 
den Spartanern aufgefangenen Flotte. Xen. Hell. 
4, 8, 24. — 2) aus Eleufis, einer der Ankläger 
des Demofthenes nach der Schlacht bei Chaironeta. 
— 5) Feldherr der Athener im peloponneftichen 
Kriege, in welchem er, 416 v. E., die Inſel Melos 
eroberte. T’huc. 5, 116. 

Philoktötes, Biloxriens, Sohn des Poias 
(eines Sohns des lee und der Demonaffa, 
ein berühmter Bogenſchütze des trojanifchen Sagen: 
freijes, der in 7 Schiffen die Krieger von Methone, 


Philolaos — Philon. 


Thaumalia, Meliboia und Dlizon in Theffalien | 
egen Troja führte, aber, weil er durch einen | 
Schlangenbiß an einer Wunde darniederlag, auf | 
der Fahrt in Lemnos zurüdgelaffen ward. Medon, | 
der Sohn des Dileus, führte ftatt feiner die Krieger 
nad Troja, „doc bald jollte das Heer bei den 
Schiffen des Philoftetes gedenken”. Nach dem 
Falle Trojas kehrte er .. in die Heimat 
urüd. Hom. 11. 2, 716. Od. 3, 190, 8, 219. Die 
Ihätere Sage hat dieje Züge der homeriſchen Dich- 
tung weiter ausgebildet. Bon Herakles in der | 
Kunjt des Bogenſchießens unterrichtet, erbte er 
(oder fein Vater Poias) nach defjen Erhebung zu | 
den Göttern jeinen Bogen mit den nie fehlenden | 


Pfeilen, weil er den Holzſtoß, auf dem fich Hera: | 
fles verbrennen wollte, angezündet hatte. Soph. 


Phil. 670. 801. Or. met. 9, 230. Er wurde auf 
der Inſel Chryſe (oder Lemnos, Jmbros, Tenedos), 
auf Beranlafjung der Hera wegen des dem Herafles 
geleifteten Dienjtes, von der Schlange gebifien, 
als die Griechen den von Jaſon errichteten Altar 
der Athene Chryje aufjuchten und Ph. fich zu ſehr 
der tempelhütenden Schlange näherte. Soph. Phil. 
1327. Da die Wunde einen unerträglichen Gerud) 
verbreitete und Ph. durch fein Wehllagen feine 
Gefährten beunruhigte, daß fie feine gottesdienft- 
lihe Handlung vornehmen konnten, wurde er auf 
Odyſſeus' Rat und der Atriden Befehl (Ov. met. 
13, 313) auf Lemnos ausgejegt, wo er frank ein 
elended Leben friftete, bi$ er im zehnten Jahre 
des Krieges, weil nad einem Orakel ohne jeine 
Pfeile Ilion nicht erobert werden fonnte, von 
Ddyffeus und Diomedes (nah Sophofles von 
Odyſſeus und Neoptolemos) zum Heere geholt 
wurde. Bon Machaon geheilt, erlegt er den Haris, 
und Jlion fällt. Soph. Phil. 1426. Pind. pyth. 
1, 52 ff. Auf der Heimfchr gelangte er nad) jpäterer 
Sage nad alien, wo er Petelia und Krimiſſa 
gründete. Sein Grab und jein Heiligtum, wo ihm 
Rinder geopfert wurden, wurden zu Mafalla gezeigt. 

Philoläos, @iloAaog, 1) eine Beiname des 
Ajllepios, unter welchem er einen Tempel bei 
Aſopos in Lalonien hatte. Paus. 3, 22, 9. — 
2) Sohn des Minos und der Nymphe Pareia auf 
Baros, von Herakles getötet. Apollod. 3, 1, 2. 
2,5, 9. — 3) ein Korinther, der nach Theben aus: 
wanderte und den Thebanern Geſetze gab, um 725 
v. C. Arist. pol. 2,9, 6. — 4) ein Pothagoreer, 
nach Platon (Phaedr. p. 61 D) ein Beitgenofje des 
Sofrates (um 430 v. E.). Seine Heimat war 








Kroton oder Tarent. In feiner Jugend war er 
noc ein Schüler des alten Pythagoras. Ph. war 
der erfte, welcher die bisher nur mündlich —— 
pflanzten Lehren des Pythagoras niederſchrieb. 
Sein Werk beſtand aus 3 Büchern, weel xdouor, 
zegl puoewg und regi Ypuyijg überſchrieben; nur 
wenige Bruchſtücke, in doriſcher Mundart geſchrie 
ben, Mind davon übrig, gejammelt von U. Bödh 
(Phil. des Pythagoreers Leben, 1819). 
Philomele, Dıoanjın, Tochter des athenijchen 
Königs Pandion und der Zeurippe, Schweiter der 
Profne und der Zwillingsbrüder Erechtheus und 
Butes. Profne ward an Tereus, den Thrafer: 
fönig in Daulis (Pholis), Sohn des Ares, ver: 
mählt, weil er dem Pandion in einem Kriege bei- 
geftanden, und gebar ihm den Itys (Jtylos). Tereus 
aber verbarg ie auf dem Lande, damit er ſich 
mit ihrer Schwefter Philomele verbinde, der er die 





933 


Zunge ausichnitt, und erklärte, Prokne fei tot. 
Philomele, welche die Wahrheit erfuhr, machte 
durch einige in ein Gewand gemebte Worte der 
Schweiter ihr Schidjal bekannt; dieſe fam daher 
zu ihr, tötete mit ihr den Itys und jegte ihn dem 
Tereus zum Mahle vor. Tereus verfolgte die 
fliehenden Schwejtern mit einem Beil; als er fie 
einholte, baten fie die Götter, fie in Vögel zu ver— 
wandeln. Profne ward eine Nachtigall, Philomele 
eine Schwalbe, Tereus ein Wiedehopf. Thuc. 2, 29, 
Apollod. 3,14,8. Paus. 10, 4, 7. Ov. met. 6,424 ff. 
Nach andern ward Profne eine Schwalbe, Phi: 
lomele eine Nachtigall, Tereus ein Habicht; vgl. 
Addon. 

Philomölos, ®ılöunkos, Sohn des Theotimos, 
aus der phofiichen Stadt Ledon, im heiligen Kriege 
Feldherr der Phofier, die er, als die Amphiktyonen 
jie mit dem Banne bedrohten, in Hoffnung auf 
den Beiftand der in gleicher Lage ſich befindenden 
Spartaner zum Widerftande ermunterte. Doc fand 
er weder bei den Spartanern noch bei den Athe: 
nern, obgleich fie auf der Seite der Pholier ftanden, 
Unterftügung; er war auf Söldner angemwiejen. 
Um dieje zu unterhalten, plünbderte er den Tempel 
zu Delphot, 356 v. E., tötete die Priefter und ver: 
nichtete die Säulen, = denen die Amphiktyonen: 
beichlüffe ftanden. Bald traten auch Athen und 
andere Staaten dem phofiihen Bunde bei, wäh: 
rend die Lofrer und Thebaner ihnen den Krieg 
erflärten und bei den Theflaliern und anderen, 
den Amphiktyonen ergebenen, Staaten Unterftügung 
fanden. Aber mit Hülfe der benußten delphiſchen 
Zempelihäge und zahlreicher, in Sold genomme: 
ner, Truppen fiegte er über die Lokrer, in deren 
Gebiet er jchon zuvor wiederholte Einfälle gemacht 
hatte, und über Abteilungen des thebanischen Heeres, 
bis die Hauptftärle desjelben heranrüdte und ihm 
eine enticheidende Niederlage beibracdhte. Auf einen 
abſchüſſigen Felſenvorſprung gedrängt, ftürzte er 
fi, um nicht in die Hände —— Feinde zu fallen, 
in den Abgrund, 354. Onomarchos (ſ. d.) folgte 
ihm im Oberbefehle. Diod. Sie. 16, 23 ff. Paus. 
10, 2, 2.4. 8,7. 33,2. Just. 8,1. 

Philon, ®4.or, 1) ein Athener, der unter den 


Dreißig die Stadt verlaffen mußte und dann in 
Dropos als Metoile fich niederlich, von wo er 
Räuberei in Attika betrieb. Als er jpäter Mit: 
glied des Rates zu Athen werden wollte, jchrieb 


Lyſias gegen ihn die (einumddreißigfte) Rede xar« 
PD. Öoxıuaciag. — 2) ein Amphipolitaner, den 
Philipp von Makedonien nad) der Eroberung von 


‚ Amphipolis aus der Stadt verbannte, 358 v. C. — 
3) Sohn des Philodemos, Schwager des Redners 


Aiſchines, Mitglied der Gejandtichaft, die 347 v. E. 
an Philipp von Makedonien ging. Aeschin. de f. 
leg. 150. — 4) Erzgieher, der fir Alerander den 


‚Gr. die Bildjäule Hephaiftions verfertigte. — 


5) Baufünftler, um das Jahr 300 v. E,, der ein 


‚für zahlreiche Schiffe geräumiges Arjenal im Bei: 


raieus gründete. Cic. de or. 1, 14, 62. Er war 
nicht bloß ein geichidter, praktischer Architekt, ſon— 
dern nach Bitruvius (7, praef. 12) auch Schrift: 
jteller auf dem ®ebiete feiner Kunft; vgl. Val. 
Max. 8, 12, 2. — 6) aus Byzanz, Schüler des 
Kteſibios, um die Mitte des 3. Jahrh. v. E., Ber: 
faſſer einer Schrift über Mechanit, wovon jedoc) 
nur das 4. Buch (vom Geſchützbau, griechiſch und 
deutſch herausgeg. von Köchly und Rüftorw, 1853), 


934 


eine Epitome des 5. (reıgomotınd, trefftich 
von Eh. Graur und de Rochas d'Aiglun, 


Philonides — Philopoimen. 


herausg. | alerandriniichen Juden an den Kaifer Caligula, 
tevue de | bei dem fie ſich über die Bedrüdungen befchweren 


phil, III p. 91 ff.) und ein Fragment der mrevune«- | jollten, die fie wegen ihrer Weigerung, das Stand: 
rıxd in einer latein, mittelalterlichen UÜberjegung | bild des vergötterten Kaifers in der Synagoge 


ſich erhalten 


rag — 7) ans Lariffa in Theſſa- | aufzuftellen, erlitten, aber jchnöde abgewieſen wur— 
lien, alademiſcher Philojoph, Schüler und Nach: | den. 


Seine Rechtfertigungsſchrift, die nach des 


folger des Kleitomahos, flüchtete während des | Kaiſers Tode im Senate vorgelejen wurde, zeugt 
mithridatifchen Krieges nach Rom, 88 v. E., wo er | von praftiichem Geſchick und großer Gelehrſamkeit. 
wegen feiner feinen Bildung und feines edlen | — Ausgg. von Th. Mangen (1742), U. F. Pfeiffer 


Gharafters Ki freundliche Aufnahme fand, und 
Cicero fich beionders an ihn anichloß. Cie. Brut. 
89. tusc. 2,3. acad’ 1,4. 


| 


| 


} 


(1820) und E. €. Richter (1828 ff.). Vgl. Dahl, 
chrestomathia Philoniana (1800). Gfrörer, Philo 


Er ertwarb fich Ber: und die alerandrin. Theojophie (2. Aufl. 1835). 


dienfte um bie genauere Abgrenzung der einzelnen  — 9) Grammatifer aus Byblos in Phoinikien 
Zweige der Philojophie und um methodiiche Be: | unter Nero und Beipafian, jchrieb die Regierungs: 
jtimmungen: auch fuchte er in einzelnen Punkten | geichichte des Iegteren, außerdem Epigramme, und 


die Übereinftimmung zwijchen der alten und neuen 
Akademie nachzumerjen. — Oft wird er auch als 
Stifter der ſ. * vierten Abteilung der Akademie 
bezeichnet. Vgl. K. F. Hermann, de Philone La- 
rissaeo (1851). — 8) gelehrter jüdischer Schrift: 
fteller aus Mlerandreia, geb. um 20 dv. E., "erhielt 
jeine Bildung in feiner Baterftadt, indem er auch 
die Schriften der verichiedenen philojophiichen Schu: 
fen ftudierte, aber doch vorzugsweiſe Platon jich 
zum. Mufter nahm und in der Ethif die Lehre 
der Stoa am meiften billigte. In religiöier Be: 
ziehung ftand er auf dem Boden feines Rolfes ; 
die Richtungen der Eſſäer und Therapeuten jcheinen 
großen Eindrud auf ihn gemacht zu haben, ohne 
daß er jedoch jelbft fich ihnen anſchloß. Seit der 
Beit der Ptolemaier war der Gebrauch der Alle: 
gorien auch in die jüdiſche Vorſtellungsweiſe ein: 
gedrungen; in jolcher Weife juchte man nun auch 
die moſaiſchen Schriften zu deuten. Es iſt leicht 
erflärlich, daß jo auch in die VBorftellungen Philons 
ein müftiich:allegoriicher GSeift fam, der die Grund: 
jäge der hauptſächlichſten philofophiichen Schulen 
der Griechen überall wieder zu finden bemüht war 


und fich durch eine gewiſſe Wärme und Begeifterung 


auszeichnete, wobei aber oft die Klarheit der Be: 
griffe und die Schärfe des Urteils vermißt ward. 

ie ſprachliche Form ift in manchen Beziehungen 
glänzend, doch zwiichen profaifcher und poetiicher 
Diktion eigentümlich gemijcht, daher bisweilen jehr 
bunt, der Beriodenban nicht jelten nachläffig. Seine 
noch erhaltenen Schriften zerfallen in 4 Klaſſen: 
jolche, welche ſich auf Partien der biblischen Ge: 
ichichte beziehen, Schriften ethiichen Inhalts (be: 
jonders eine Auslegung des Defalogs), hiſtoriſch— 
politiiche und alesertitseresdiiee. Die meiften 
ſcheint er erft im jpäteren Alter verfaßt zu haben. 
Er hält überall den Glauben an den Einen, per: 
fönlichen, lebendigen Gott feft; er’ unterjcheidet 
aber den verborgenen und den geoffenbarten, in 


innere Anſchauung gilt ihm als die wahre Duelle 
der Gotteserfenntnis. Durch immer tieferes Nach: 
benfen 
einer felig in Gott Tebenden und in die Tiefen 
des göttlichen Weſens eindringenden Seele. So 
fam er dem Ehriftentum nahe, blicb aber doc 
noch dur eine Kluft von demjelben getrennt; 
daher find auch die Nachrichten von feiner Bekeh— 
rung zum Chriftentume, von feinem Zuſammen— 
fe mit Petrus u. dgl. abzuweijen. In An: 
gelegenheiten jeines Volkes ſcheint er mehrfach 
thätig geweſen zu fein, insbefondere auleßt (39 n. €.) 


gelangte er allmählich) zu dem Frieden | 


überjette angeblich auch die phoinikiſchen Geſchich— 
ten des Sanchuniathon, 

Philonides, ®ıuoridns, 1) ein unbedeutender 
Dichter der alten attifchen Komödie, unter deſſen 


Namen jein jüngerer Zeitgenofje Ariftophanes feine 





Jawdakeig auf die Bühne brachte, da er jelbit 
‚noch nicht das gefegliche Alter hatte, um Stücke 


aufführen zu können. — 2) Buthagoreer aus Tarent. 
—. 3) Sciler des Zenon, Stoifer. — 4) Arzt 
und Naturforjcher, welder megl urewr xal ore- 
pdvor ſchrieb. 

Philopappos j. Attika, 11. 

Philopoimen, ®uUorolunv, geb. 253 dv. E., 
Feldherr des Achaiiſchen Bundes, wird zuerft er: 
wähnt, als Kleomenes Ill. von Sparta (222) feine 
Baterftadt Megalopolis eroberte, indem er jic, 
damals 30 Jahre alt, unter denen befand, welche 
nach der tapferften Berteidigung die Stadt ver: 
ließen; ganz bejonder® aber zeichnete er jich in 
der Schlacht bei Sellafia aus. Plut. Philop. 5 f. 
Cleom. 24. Pol. 2, 67. In feinen Hoffnungen 
über die hellenifche Freiheit getäufcht, fchlug er 
die Aufforderung des Antigonos, nach Makedonien 
mitzugehen, aus und wandte fih nach Kreta, in 


deſſen inneren Kriegen er feine militärijchen An: 








taniſchen Tyrannen Machanidas. 
Blick und fein taftifches Talent (Plut. Phil. 7\ 
ließen ihn bald als großen Feldherrn gelten. So 
der Welt und Menichheit wirffamen Gott; die 


lagen in den nächiten Jahren ausbildete. Nadı 
jeiner Rückkeht wurde er zum Hipparchen und 207 
zum Strategen des Achaiiſchen Bundes gemählt, 
ein Amt, das er noch fiebenmal befleidete. Mut 
Philop. 7. Paus. 8, 49, 7. Mehr Feldherr als 
Staatsmann, bemühte er fi) befonders um eine 
zeitgemäße Reform der Weiterei und dann des 
ganzen Heerwejens (Liv. 35, 28. Pol. 10, 24 f.), 
erfüllte den ganzen Bund mit nie gekanntem krie— 
geriichem Errhufiasmus und bewährte jeine Tüch— 
tigfeit durch einen ruhmvollen Sieg über den fpar: 
Sein jcharfer 


groß war von jegt an fein Ruf in ganz Griechen 
land, daß der Schreden jeines Namens hinreichte, 
um Mefjenien von Nabis, dem Tyrann von Sparta, 
zu befreien (206). Wahricheinlidy wegen Yurüd: 
Kbung ging er bald (nach 200) nach Kreta als 

nführer der bedrängten Gortynier; bei jeiner 
Nüdtehr (195) fand er die Achaier im Kriege mit 


Nabis, welchen T. Quinetius Klamininns zwar 


in feiner Herrichaft bejchränft, aber im ruhigen 
Beſitz von Sparta gelaffen hatte. Plut. Phil. 14 fi. 
Liv. 34, 35. Phil, wieder an die Spibe des 
Bundes berufen, verjuchte es, die Arkadier auch 
an dem Kampf auf dem Meere zu gewöhnen; er 


in eimer Gejandtichaft nad) Rom mit 4 andern | wurde indes in einer Seeſchlacht befiegt (Liv. 35, 25), 


Philostratos — Philotimos. 035 


ſchlug aber die Lakedaimonier zu Lande und zwang, | in 2 Büchern, Beichreibung einer Anzahl (34) von 
nachden Nabis von feinen eigenen Berbündeten | Gemälden aller Gattungen, hiſtoriſchen Bildern, 
bei einer Heerſchau ermordet war, Sparta, fich an | Landichaften, Jagd:, Frucht: und Blumenftüden, 
den Achatiichen Bund anzuichließen, 192. Plut.| Genrebildern u. ſ. w. Zweifelhaft ift e8, ob er 
Phil. 16. So hatte er den Bund auf feinen Höhe: | hier wirklich eine nach jeinem Borgeben in Nea— 
punkt gebracht; allein Roms Eiferfucht wurde mun | polis befindliche Gemäldeſammlung bejchrieb oder 
rege; die ungufriedenen Spartaner fielen ab, und | die Motive für rein rhetoriiche Zwecke jelbft erfand, 
nachdent er die Stadt derjelben erobert, die Mauern | obwohl fich die meiften Gelehrten (vor allen Brunn) 
niedergeriffen nnd die Infurgifchen Geſetze abge: | gegen letztere Annahme erflären. Nach Bergks 
ſchafft hatte (188), wandten fie fich an die Römer | Anficht gehören der "Howixös und die Elxoreg 
um Hilfe. Liv. 38, 30 ff. 39, 33. Pol. 23, 10f. dem jüngeren Philoftratos (j. 3.) an. Jedesfalls 
25, 9. Zwar griffen diejelben nicht unmittelbar | war es eine originelle und glüdliche Idee, die 
ein, aber gegen ihre Ränfe konnte er die Einheit | Sophiftit und ihre Probleme durch Fünftleriiche 
des Bundes nicht aufrecht erhalten. In Mefjene | Motive aufs neue zu beleben und zu erweitern. 
ſetzte Deinofrate® an der Spite einer von den | Bon feinen Epigrammen ift nur eim einziges, auf 
Römern unterftügten oligarhiichen Partei den | das Bild des verwundeten Telephos, erhalten. 
Abfall vom Bunde durch. Pol. 24, 5. Frl in Ausg. von Jacobs und Welder, 1825.) f) wegi 
feinem fiebzigften Jahre zum achtenmal Strateg | yuvuraorın)s oder yuuraorırög, früher nur in 
des Bundes, lag gerade frank in —* doch raffte Bruchſtücken vorhanden, 1844 von Minoides Minas 
er ſich auf, brachte in Megalopolis eine kleine aufgefunden, herausgegeben von demſelben (1858) 
Schar zujammten und jchlug am Sigel des Euandros | und von Daremberg (1858). — Geſamtausgg. (mit 
zuerſt den Deinofrates in die Flucht; allein von | Phil. dem jüngern und Kalliftratos) von G. Ole— 
einem hinzufommenden Saufen von 500 Meſſe- | arius (1709), Kayſer (1844 ff. 2. Aufl. 1853; Haupt: 
niern wurde er, ſchon durch einen Sturz mit dem | ausgabe), mit Borfjonades Eunapios und Dübners 
Pferde jchwer verlegt, gefangen und nach Meffene | Himerios von Weltermann (1849); Tertausgabe 
gebradht. Deinofrates, fürchtend, daf das Mitleid | von Kayfer (1870 F.). — 3) Phil. der jüngere, 
für ihn rege werden möchte, ließ ihn gleich in der | Sohn des Nerbianus und einer Tochter des äl: 
Nacht im Kerker durch Gift ermorden. Lykortas | teren Ph. geno den Unterricht feines Großvaters 
zog rächend nach Meflene, und im Trauerzuge | und des Sophijten Hippodromos und erlangte 
wurde die Aſchenurne des „legten der Hellenen“, jhon im vierundzwanzigiten Jahre, als Auszeich: 
von dem jungen Rolybios geragen, nah Mega: | nung für feine Leistungen, von Garacalla Abgaben: 
lopoli$ gebracht. Plut. Phil. 21. Arat. 24. Pol. | freiheit. Er beſuchte Rom, doc) lebte und Iehrte 
10, 24. 11, 24. 24, 9 ff. Just. 32, 1. Liv. 39, 49f. er in Athen und ftarb auf der Inſel Lemnos. 
— von Neumeyer (1879). Bon ſeinen Schriften find nur die Kinörss, jedoch 
hilosträtos, Beloorgarog, 1) Sohn des Be: | nicht vollftändig, vorhanden, ein Werk, welches 

rus, Sophift in Athen, lebte im 2. Jahrhundert | dem gleichnamigen feines Großvaters nachgebildet 
n. E. und hat neben vielen andern —— auch iſt, aber ihm an Reichtum der Erfindung, au Ge— 
an 43 Tragödien und 14 Komödien verfaßt. Von wandtheit der Ausführung und Lebendigkeit der 
ſeinen Schriften * ſich ein Dialog, Néoor, unter | Darſtellung weit nachſteht. Abhandlungen von 
den Schriften Lukians erhalten. — 2) Flavius Bergk. (5 Abhandl. S. 173 ff.). 
Phil. Sohn des vorigen, gleichfalls Sophift, zuerft | Philötas,. Gachres, 1) Sohn des Parmenion, 
in Athen, dann in Nom unter Septimius Severus —— ſich ſchon auf den erſten Kriegszügen 
bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts n. C. Die Alexanders des Gr. aus und befehligte im Kriege 
Gemahlin des Severus, Julia Domna, nahm ihn | gegen die Perjer die NRitterichaft der Hetairen. In 
in ihre gelehrte Umgebung auf, mit dem Sailer —— Stolze ſich dem Alexander gleichſtellend, 
Caracalla ging er nach Gallien; auch Antiocheia gehörte er zu den Makedoniern, welche mit Un 
in Syrien und andere Gegenden hat er befucht | willen das veränderte Weſen Aleranders betrad)- 
und ift im einen hohen Alter geftorben. Von | teten, und zog fich vor allem durch freimütigen 
jeinen Schriften ift der größere Teil noch übrig: | Tadel, der dem König hinterbracht wurde, deijen 
a) r& eig rov Tvarka Arollovıor in 8 Büchern, | Haß zu. Als ihm eine von Dimmnos angeftiftete 
eine romanartige Gejchichte, gefnüpft an die Per: | Verſchwörung gegen Alexanders Leben angezeigt, 
jönlichleit des Wundermannes Apollonios von | aber von ihm verheimlicht, danı aber auf andere 
Tyana und die Verherrlichung der pythagoreijchen  Weije entdedt war, wurde er als Mitjchuldiger 
Philojophie bezwedend, doch ohne eabjichtigte | vor ein Gericht der Makedonier geftellt und zum 
Polemik gegen das Ehriftentum; hat wenig ge: | Tode verurteilt, 330 v. C. Plut. Alex.48 ff. Arr.3,26. 
ichichtlihen Wert. b) Bio sogıorar in 2 Büchern, | Curt. 6, 7 ff. Diod. Sie. 17, 79f. — 2) Tariard) 
für die Geſchichte der griechiichen Bildung in der | Aleranders des Gr., erhielt nad) defien Tode (323 
römijchen Kaiſerzeit jehr wichtige, mit Sa fennt: |. E.) die Satrapie Kilikien. Dieſe ward ihm 
nis und Geichmad gejchriebene Lebensbeichreibungen | aber jchon 321 von Perdiffas wieder genommen, 
derer, welche der edehunft fi) bejonder8 widme- | er jelbft unter Eumenes’ Befehl gejtellt. Curt. 
ten (herausg. von Sayfer, 1838). c) newixög, | 10, 10. Jus’. 4,6. Mit andern Anhängern des 
wahrjcheinlich 211-217 in der Zeit des Caracalla | Berdiffas geriet er 317 in die Gewalt des Anti- 
geliehen, eine Charafteriftif und Erzählung der | gonos. Diod. Sic. 19, 16. 

haten der Heroen vor Troja, deren eigentliche Philotimos, BrAozıuos, 1) ein griechischer Arzt, 
und bejondere Tendenz in einer Wiederbelebung | nad Galenos Schüler des Praragoras und Zeit: 
und Kräftigung der gejunfenen Bolfsreligion be: | genofje des Erajiftratos, jchrieb über Anatomie, 
fteht (heransgeg. von Boiſſonade, 1806). d) Zrı- | Über die Nahrungsmittel u. dgl. — 2) Erzgieher 
orokei, 73, meift erotifche Spielereien. e) eluovzs, aus Aigina. 








936 


Philox@nos, ®BrAoferog, 1) von Kythera, be: 
rühmter Dithyrambendichter, geboren um 435 v. E., 
zuerft Slave, dann Schüler des Dithyramben: 
dichterd Melanippides, von Ariftophanes in feinen 
fpäteren Stüden, namentlich im Plutos, verjpottet, 
ftarb 380 zu Ephejos, nachdem er an verſchiede— 
nen Orten Griechenlands, Italiens, Siciliens und 
Kleinafiens umhergezogen war, um jeine Dich: 
tungen aufzuführen. Eine Zeit lang hatte er ſich 
bei dem Tyrannen Dionyfios I. aufgehalten; da 
er aber die ſchlechten Gedichte desſelben nicht hatte 
loben wollen, war er in die Latomien geworfen 
worden. Uber feine Stellung unter den Dithy: 
rambographen ſ. Dithyrambos. Seine 24 Di- 
thyramben, namentlich der Aurloy, ein die Ge: 
ihmadlofigkeit des Dionyfios in wißigjter Weiſe 
parodierende3 Schäferipiel, erlangten überall den 
öchften Ruhm. Fragmente gejammelt von G. 

ippart (1843) und erg, poet. Iyr. Graee, III 
p. 601 ff. der 4. Aufl.; Monographien von Berg: 
lein (1843) und Klingender (1845). — 2) unter 
Alerander dem Gr. Schapmeifter für die Provin- 
zen weftlih vom Tauros (331 dv. E.); ihm gelang 
es, den vertrauten Sklaven des flüchtigen Harpalos 
gefangen zu nehmen und über die von diejem 
genommenen Gelder genauere Auskunft zu erhalten 
(Paus. 2, 33, 4). Nachdem er noch fur; vor Ale— 
randers Tode aus Karien neue Truppen herange: 
führt hatte, erhielt er von Perdikkas die Satrapie 
Kilifien (321) an Stelle des Philotas (j. d., 2.), 
die er auch behielt, da er fich für den anrüdenden 
Antipater erllärte. Arr. 7, 23. Diod. Sie. 18, 39. 
— 3) Orammatifer in Alerandreia im 1. Jahrh. 
v. C., lehrte in Rom und war Berfafler vieler 
nicht mehr —— Schriften über Grammatik 
und über die kritiſchen Zeichen in der Ilias wie 
über homeriſche Gloſſen. — 4) Maler aus Eretria, 
Schüler des Nikomachos, um 315 v. C., befannt 
durch ein Gemälde, das eine Schlacht Aleranders 
mit Dareios darftellte, vielleicht das Driginal zu 
der auf einer pompejanijchen Moſaik dargeftellten 
Aleranderihladt. Plin. 35, 110. 

Philtron, pärgor, oder pocülum amatorium, 
Liebestranf und Liebeszauber. Das Anwenden 
jolcher Mittel wurde von den erften Kaijern zur 
Giftmiſcherei gerechnet. 

Philyra, Suvoe, Tochter des Okeanos, von 
Kronos Mutter des Kentauren Cheiron, weshalb 
diefer Bilvgidns heißt. Pind. nem. 3, 43. pyth. 
9, 30. Verg. G. 3, 92. 550. Ov. met. 2, 676. 
fast, 5, 383. 

Phineus, ®ivevs, 1) Sohn des Belos und der 
Anchinoe, Bruder des Nigyptos, Danaos und Ke— 
pheus, von Perjeus durd) das Medujenhaupt ver: 
fteinert. Apollod. 2, 1, 4. Ov. met. 5, 1ff. S. An- 
dromeda. — 2) Sohn des Agenor (oder des 
Phoinig und der Kaffiepeia, Enkel des Agenor), 
König im thrakiſchen Salmydefjos, zeugte mit Kleo— 
patra, der Tochter des Boreas und der Dreithyia, 
den Oryithos und Krambis, mit Jdaia, der Tod): 
ter des Dardanos, den Thynos und Maryanduynos. 
Er Hatte von Apollon die Gabe der Beisfagung, 
war aber blind durch den Zorn der Götter, weil 
er die Ratſchläge des Zeus unvorfichtig entdedt 
hatte, und wurde, da er, von jeiner zweiten Ge: 


Philoxenos 





mahlin verleitet, die Söhne erfter Ehe geblendet 
hatte (Soph. Ant. 970ff.), von den Harpyien ge: 
peinigt, die ihm die Speifen wegraubten und den 


— Phlius. 


Reſt mit Geſtank bejudelten, jo daß er von ftetem 
Hunger gequält ward. Als die Argonauten dort 
landeten, wurde er durch die Boreaden Zetes und 
Kalais von ihnen befreit, j. Argonauten und 
Harpyien. 

Phintias, Oırrias, und Damon, JScuwr, ein 
Freundespaar, deſſen Geichichte durh Schillers 
Ballade, „die Bürgichaft“, berühmt —— iſt, 
2 Pythagoreer in Syrakus zur Zeit des jüngeren 
Dionyjiod (nad Cicero, tusc. 5, 22, 63, des älte: 
ren). Die Darftellungen des Ariftorenos bei Jambli: 
chos (vit. Pyth. 253) und des Balerius Marimus 
(4, 7, ext. 1) weichen in Einzelheiten voneinander 
ab; andere nennen andere Namen, insbejondere 
nennt fie doginus (fab. 257) Mörus und Seli: 
nuntius Das Ganze jcheint auf einer Machi- 
nation der Höflinge gegen die Bythagoreer, deren 
fittlide Strenge in Bewahrung der Freundichaft 
fie verſpotten wollten, beruht zu Haben, und die 
Anklage gegen Phintias wegen Hocverrats cine 
lie gewejen zu jein. Die Anfläger, die beim 

usbleiben des Ph. ſchon triumphierten, wurden 
zu Schanden gemadt; die Bitte des Dionyfios aber 
um Aufnahme in den Freundſchaftsbund blieb un: 
erfüllt. Cie. off. 3, 10, 45. 

Phlegethon ſ. Unterwelt, 2. 

Phlegon, Dleyor, 1) Name eines Sonnen: 
rofjes bei Ovid (met. 2, 154). — 2) aus Tralles 
in Karien, ein Freigelaſſener des Kaiſers Hadrian 
und Berfaffer einiger ſowohl dem Inhalte als der 
Form nad unbedeutenden Schriften. Als das 
Hauptwerk des Phl. nennt Suidas die Olvamıd- 
des in 16 Büchern, von der 1. DI. bis auf Hadrian 
ar gehend, in der Darftellung mittelmäßig, dem 
Inhalte nach durch die zu vielen agomiftiichen Ein: 
zelheiten und bloßen Namensverzeichnifje lang: 
weilig. Erhalten haben ſich von feinen übrigen 
Schriften nur die beiden egi Pavuasiov und 
zeol uazgoßlor, die nur durch die darin enthal: 
tenen Angaben aus älteren Schriftftellern und einige 
größere Stüde aus den fibylliniichen Orafeln von 
einiger Bedeutung, jonft ziemlich wertlos jind 
(herausg. von Weltermann in j. Baradorographen, 
1839, und von D. Keller im 1. Bande der Rer. 
natur. scriptores Graeci minores). 

Phlegraei Campi, rediov Bleyowior, edle 
z& Dieygaıe, d. h. verbrannte Gefilde, bie die 
an der Küfte Campaniens zwifchen Cumä und 
Capua ſich Hinziehende Ebene, vulfanijchen Ur: 
ſprungs, das jetzige Thal Solfatara. Wahrichein: 
ih von der Fruchtbarleit des Bodens entnommen 
ift der andere Name diejer Gegend, Laboriae oder 
Laborinus campus, j. Terra di Yavoro. Strab. 
5, 243. 245. Plin. 3, 5,9. 

Phlegyai j. Phokis, 1. 

Phlegyas, Pleyvag, mythiſcher Stammmvater 
der minyſchen Phlegyer, Sohn des Ares und der 
Chryſe, der Tochter des Halmos, Nachfolger des 
finderlojen Eteofles in der Herrſchaft über die 
Gegend von Orchomenos, die nach ihm Phleghan— 
tis heißen jollte, Vater des Ixion und der Koronis, 
die von Apollon den Ajklepios gebar. Deswegen 
zündete er den Tempel des Apollon an, ward aber 
von dieſem erjchoffen und erhielt eine Strafe in 
der Unterwelt. Pind. pyth. 3, 8. Verg. A. 6, 618. 
Nach anderer Sage war er kinderlos und wurde 
von Lykos und Nyktens ermordet. 

Phliüs, Disoüg, PAroög, unabhängige Stadt 


Doßog — Doivixıov dgog. 


im NO. des Peloponnes, deren Gebiet, Phliafia, 
Plueole, in mythiſcher Zeit auch Apuudvoea, 
Agavria genannt, im W. an Arfadien, im N. an 
Sifyonia, im D. und ©. an Argolis grenzte und 
eine Gröhe von 2%, TIM. Hatte. Das Ländchen 
ift in der Hauptjache ein ringsum von hohen Ge: 
birgen umſchloſſenes Thal von der Form eines 
mit der Spiße nad) Norden gefehrten Dreieds, 
im ©. von Kelöjja und Karneates (j. Mega: 
lovuno), im D. vom Trilaranon (j. gl. NR.) eins 
geichloffen. Am Fuß des Karneates entipringt 
der einzige Fluß des Landes, Ajöpos (j. Fl. von 
Hagios Georgios). Unter den Produkten des Lan- 
des war bejonders der Wein berühmt. — Die 


urjprünglid aus Joniern, dann aus Doriern be: |und den Karmel. 





937 


roten (polviog) Farbe des Landes oder der Be— 
wohner oder ihrer Purpurfleider, oder nach dem 
ägyptiſchen Wort Fenchu für das Bolt benannt, 
war im engeren Sinne der mittlere Teil des Küſten— 
landes von Syrien, von Arados bis über den 
Berg Karmel hinaus, 36 Meilen lang, ,—3 M. 
breit, ſehr fruchtbar, befonders an Wein und DI, 
während das Gebirge Eifen, wohl auch Kupfer 
und namentlich gutes Bauholz lieferte. Ph. grenzte 
im N. und D. an Syrien, im S. an Baläftina, 
im ®. an das Mittelmeer (mare Phoenicium). 
Die Abhänge des Libanon durchziehen das Land 
und bilden die Borgebirge G600 nedcwnor (j. 
Nas Schaffa), das weile Vorgeb. (Nas:el:abyad) 
Die jämtlid auf dem Libanon 


jtehende Bevöfferung war verhältnismäßig zahl: | entipringenden, meift unbedeutenden Flüſſe find: 
reih. Die Berfaffung war mit furzen Unter: | Eleutheros (j. Nahr:el:Kebir); Sabbatifos (ij. 
bredjungen eine arijtofratijche, daher hielt Ph. bis | Fuwar ed-Dar), ein intermittierender Fluß, der an: 
nach dem peloponnefischen Kriege feit zu Sparta: geblich jeden fiebenten Tag waſſerlos war, daher 
200 Phliaſier kämpften unter Leonidas (Hat. | der Name Sabbatfluß; Adonis(j. Nahr-Ibrahim), 


7, 202), 1000 bei Plataiai (Hdt. 9, 28); im pelo: 
ponnefiichen Kriege gegen Argos verjammelten fich 
6000 Bürger auf dem Markte. Tec. 5, 57. 6, 105. 
Die um 394 v. E. vertriebenen Dligarchen wurden 
jedoch erjt fpäter von den Spartanern wieder ein: 
gejegt. Xen. Hell. 5, 2, 8. 3, 10. Rühmliche Be: 
weile ihrer Tapferkeit und Anhänglichkeit an Sparta 
erzählt Xenophon (Fell. 7, 2). Später nahm Ph. 
am Achaiifchen Bunde teil. Pol. 2, 14. Die Stadt 
Phlius, Heimat des Dichterd Pratinas und des 
—— Timon, war hart am Oſtrande der 
Ebene theatraliſch aufgebaut; j. unbedeutende Rui— 
nen bei Staphylile. Strab. 8, 382, Bei dem Flecken 
Keleai, eine Biertelftunde ſüdlich von der Stadt, 
befand fich ein Demeter-Heiligtum mit Myſterien, 
die alle 4 Fahre gun wurden. Vgl. Eurtius, 
Beloponnejos 11 ©. 470 ff. 

Doößog |. Area. 

Phoibe, ®oißn, 1) Tochter des Uranos und der 
Ge, eine Titanin, von Koios Mutter der Niteria 
und Leto. Hesiod. theog. 136. 404. Nah Themis 
und vor Apollon war fie Orakelgöttin von Delphoi. 
Aesch. Eum. 7. — 2) Beiname der Artemis, Luna. 
Verg. G. 1,431. A. 10, 215. — 3) f. Idas, 4. 


— 4) Tochter der Leda. Zur. Iph. Aul. 50. Or. | 
5) Hamadryade, Gemahlin des Da: | 


her. 8, 77. — 
naos. Apollod. 2, 1, 5. — 6) Amazone. Diod. 
Sie. 4, 16. 

Phoibidas, Soßidas, ein jpartanifcher Feld: 
herr, bejeßte 384 v. E. auf einem Zuge nach Olyn— 
thos, ohne Befehl feiner Regierung (nach Diod. 
Sie. 15, 20 mit Genehmigung derjelben), aufgefor: 
dert von den Dligarchen in Theben, die Kadmeia, 
wurde dafür zwar zurüdberufen und mit einer 
Gelditrafe belegt, lehrte aber bald wieder mit 
Ageſilaos nad Boiotien zurüd und wurde in einem 
Gefechte bei Theipiai getötet. Xen. Hell. 5, 2,25 ff. 
4,41ff. Plut. Pelop. 5f. Ages. 23 f. 

Phoibos ſ. Apollon und Helios. 

Phoinike, Golan, bedeutende Handelsſtadt 
in der Landichaft Chaonia (Epeiros), nördlich 
von Buthroton, jeit dem Berfalle des Molotter: 
reiches die reichite Stadt von Epeiros und Vorort 
eines Städtebundes; j. Ruinen Finiki. Liv. 29,12. 
Pol. 2,5, 8. 8, 4. 32, 24. 

Phoinikia, Phoinike, 7) Gouiun, entweder 
nad den PBalmbäumen (polvı&), oder nad) der 


der öfterd von dem Boden angeblid von dem 
Blut des Adonis rot gefärbt war; Lykos (j. Nahr: 
el⸗Kelb, d. i. Hundsfluß), mit ägpptiichen und aſſy— 
riichen Siegesreliefs, Magoras (j. Nahr Beirut); 
Zampras(j. Nahr-Damur); Boftrenos (j. Nahr: 
el:Aule); Lita, N, aber falſch Leontes 
gen. (j. Litani); Belos (j. Naaman); Kijon (j. 
Mufatta); Cherjeos (j. Nahr-Keradſchi), der ſüd— 
lihe Grenzfluß. — Die Bewohner, Phoenices, 
Doivırzg, nannten ſich ſelbſt Kanaaniter, jprachen 
aber einen femitischen, dem Hebräijchen jehr nahe 
verwandten Dialekt; es ijt daher noch nicht aus: 
gemadt, ob fie zu den Hamiten oder Semiten 
gehörten. Ihrer eigenen Angabe nad) jind fie zu 
Anfang des 3. Jahrtaufends vom Erythraiischen 
Meer her eingewandert (IIdt. 1, 1. 2, 44. 7, 89). 
In hiftorischer Zeit jind die Ph. ein äußerſt rüh— 
riges Handelsvolk, deſſen Schiffe bis Südarabien, 
Weftafrifa und Britannien gelangen, das den 
Bernftein der Nord: und Dftjee und die Produkte 
Indiens und Dftafrifas gegen jeine PBurpurftoffe, 
Gläſer und Metallarbeiten eintaufcht. Sie find 
für die europäiſchen Völker, insbejondere für die 
Sriechen, die Lehrmeifter in Schreib: und Rechen: 
funft, Sterntunde, Stein:, Berg: und Sciffsbau, 
Burpurfärberei, Glas: und Metallinduitrie gewor- 
den und galten deshalb auch als die Erfinder 
aller diejer Künſte, wiewohl fie vielfach darin nur 
die Schüler der Ngypter und Babylonier waren. 
— Städte (von N. nad) S.): Arados, Arvad (j. 
Ruad), auf einer Felſeninſel, mit der gegenüber: 


| liegenden eitlandsfolonie Antarados (j. Tar- 
tus); Marathos (j. Amrit), mit einer für die 








| Kunſtgeſchichte ſehr wichtigen Nefropole; Simyra, 


Zemar (j. Sumra); Arka, auch Caesarea ad Li- 
banum (j. Tell Arka); Tripolis (j. Tarabulus), 
als Bundesftadt von Arados, Sidon und Tyros 
erbaut; Botrys (j. Batrun); Byblos, Gebal 
(j. Dichebeil); Berytos «j. Beirut), mit gutem 
Hafen; Sidon (j. Saida), urſprünglich die mäch— 
tigfte Stadt, jpäter überflügelt von Tyros, Bor 
(ij. Sur); Ake, Alto, ſpäter Ptolemais (j. Alta); 
Dora, Dor (j. Tantura). Strab. 16, 753 ff. Mela 
1, 12. Plin. 5, 19, 17. Bgl. Movers, die Phöni— 
cier (3 Bdd. 1841 fj.). Perrot und Ehipiez, Geſch. 
der Kunft im Altertum. Bd. III (1885). Pietſch— 
mann, Geſchichte der Phönizier (1889). 
Poıwviztov 0g05, ein jchmaler Gebirgszug 


938 


Boiotiens zwijchen den Seen Kopais und Hylike. 
Strab. 9, 410. 

Phoinfküs, Poırixong, öfter vorkommender 
Städte: und Safenname: 1) Berg in Lnfien, iden- 
tifch mit dem Olympos (f. d.). Strab. 14, 666. — 
2) Hafen Lydiens (Koniens) am Fuße des Berges 
Mimas, wahricheinlih das j. Tichefme. True. 
8, 34. Lir. 36, 45. — 3) Hafen Meffeniens, weft: 
lid) vom Borgebirge Alritas. Paus. 4, 32, 12. — 
4) Bucht und Hafenort an der Dftküfte der Inſel 
Kythera, j. Bucht von Aplemona. Xen. Hell.4, 8,7. 

Phoiniküsa (-ssa) |. Aiolia. 

Phoinix, SodvıE, 1) mythiſcher Repräjentant 
der Phoinifer, Bater der Europe (Hom. Il. 14,321); 
nad; andern Bruder der Europe, Sohn des Agenor 
und der Argiope oder Telephaffa, der, nad) —— 
geraubten —*8 ausgeſandt, in Phoinikien 
Afrika, Hyg. ſab. 178) einem Volle ſeinen Namen 
Phoiniker gibt. Apollod. 3, 1, 1. Als ſeine Kinder 
werden genannt: Peiros, Aſtypale (Aſtypalaia), 
Europe, Phoinike, Adonis. — 2) ſ. Achilleus 
und Amyntor. — 3) ſ. Jambographen. — 
4) fabelhafter heiliger Vogel der’ Ägnpter, der nach 
Herodot (2, 73) alle 500 Jahre, wenn fein Vater 
geitorben war, ans jeiner Heimat Arabien nach 
Heliopolis in Agypten fam, um dort den Leichnam 
jeines Vaters, den er in ein Ei von Myrrhen ge: 
legt, im Tempel des Helios zu begraben. Er war 
in Adlergeftalt abgebildet mit rotem und goldenem 
Gefieder. Tacitus (ann. 6, 28) erzählt, wenn fein 
Ende herannahe, baue er in Arabien ein Meit, 
aus dem ein junger Phoinir hervorgehe, der, jobald 
er herangewachien, feinen Vater auf dem Altar des 
Helios verbrenne und dann begrabe. Nach andern 
verbrennt ſich der Phoinix, nachdem er ein hohes 
Alter (500, 1461, 7006 Jahre) erreicht, ſelbſt auf 
einem Scheiterhaufen von Gewürzen und fteigt 
aus jeiner Aiche verjüngt hervor. Plin. 10, 2. 
Ov. met. 15, 392. Dieje Sage fnüpfte ſich an eine 
Neiherart (ägypt. Bennu), die ſich immer vor der 
Nilichwelle zeigte. Der Ph. war das Symbol für 
das neue Leben, dem alles Geftorbene entgegengeht. 
©. aud) Lacetantius, 

Phokaia, Pon«ıe, eine blühende atheniſche 
Kolonie in Jonien, die nördlichfte der ioniſchen 
Städte, auf der den Elaitifchen und Hermaiiſchen 
Bufen jcheidenden Landipite, 200 Stadien von 
Smyrna. Bor den beiden Häfen Nauftathmos und 
Lampter lag die Heine Injel Baldhion (Liv. 37, 31). 
Die Bewohner, Poxe«eis, unternahmen zuerft von 
den Griechen weite Seereifen und gründeten Kolo- 
nien, bejonders Maflalia in Gallien. Strab.4, 179. 
14, 6325. Als Ph. nach dem Ende des Indischen 
Reis, um 545 dv. C., von Harpagos belagert 
wurde, wanderten alle Bewohner nad) Alalia (ipäter 
Aleria) auf Corjica aus, von wo fic 5 Jahre jpäter, 
durch Karthager und Etruffer vertrieben, nach Ita— 
lien famen und dort Belia gründeten, ein Zeil 
fehrte aber bald zurüd. Hdt. 1, 166. Strab. 6,252. 
Hr blieb bedeutend und gewährte den plündern— 
den Römern (190 v. €.) reiche 
Die Ruinen heißen noch jegt Fokia. 

Phokion, Poxdor, der Athener, aus geringem 
Bürgerftande herftammend, genoß den Unterricht 
Platons, war mit dem etwas jüngeren Xenofrates 
befreundet und bildete fich nach den beften Muftern, 
war im Privatleben Tiebreich und menjchenfreund: 
lich, aber herbe und ſchroff im öffentlichen. Er 


eute. Liv. 37, 32. 


Phoinikus — Phokion. 


| veradhtete den Reichtum und allen Lurus, zugleich 
aber auch das Volk feiner Zeit, das er für unfähig 
zur freiheit hielt. Fern von jedem idealen Schwung, 
einer bloßen Nüplichfeitstheorie huldigend, hielt 
er Zucht und Ordnung unter einen fräftigen Herr: 
cher für das damals Wünjchenswertefte, und fo 
wurde er troß feiner Vaterlandsliebe und Redlich— 
feit (zenorög wird er oft genannt, Plut. Phoc. 10) 
ein bejtändiger Gegner de3 Demofthenes und Be: 
förderer des maledoniſchen Einfluffes. Ausge— 
Eon als Feldherr — fünfundvierzigmal war er 
trategos — verband er damit die  ätigteit des 
Staatsmannes. Ohne eigentlich Redner zu jein, 
mar er Meifter eines fernigen Ausdruds und fuchte, 
abweichend von der gewöhnlichen Weife der dama— 
ligen Redner, ftets I rauhe Mahnungen dem 
Demos jeine Gebrechen zu vergegenwärtigen. Er 
ſchloß fich zuerft dem Chabrias an, nahm ala 
Führer des Tinfen Flügels thätigen Anteil am 
Siege bei Naros, 376 v. E., und erwarb fich den 
Ruhm der Rechtlichkeit beim Einfordern des Tribut 
von den Bundesgenofien. Plut. Phoc. 6 ff. Diod. 
Sic, 15, 34, Dann wird er erft wieder genannt, 
als er 351 von dem kariſchen Dynaften Idrieus 
ausgerüftete Hülfstruppen für Artaxerxes gegen 
Kypros führte. 350 wurde er nach Euboia geichidt, 
um makedoniſche Umtriebe zu unterdrüden und 
den Tyrannen PBlutarchos von Eretria zu unter: 
ftügen. Er fämpfte glüdlich bei Tamynai; Doch 
als ſich Pintarchos treulos zeigte, und die Bewoh- 
ner fich gegen die Athener wandten, da ging der 
Krieg unglüdliih, und Euboia war für Athen 
twieder verloren. Plut. Phoc.12. Dem. Mid.p. 567. 
Aeschin. Ütes. 26. Ob er auch an der Spitze einer 
jpäteren Erpedition nach Euboia ftand (343 oder 
341), durch welche die Tyrannen PBhiliftides und 
Kleitarchos vertrieben und Athens Einfluß wieder 
hergeftellt wurde, ift ungewiß; jedesfalls war er 
bei der Einnahme von Dreos und Cretria an: 
wejend. Plut. Demosth. 17. Dem. de cor. p. 252. 
Im 3. 339 rettete er Byzanz bon dem Angriffe 
Philipps (Plut. Phoc. 14) und bejchügte Megara 
gegen die Thebaner. Dabei mahnte er jedod 
immer zum Frieden mit Philipp, riet nach der 
Schlacht bei Chaironeia, die „sehr gemäßigten‘ 
Friedensbedingungen anzunehmen, bemühte fich 
nach deſſen Tode die Athener von einer voreiligen 
Erhebung abzuhalten, ftimmte ungeachtet des Un: 
willens der Vollsverſammlung für die von Ale— 
gander geforderte Vertreibung der Boltsredner, 
erwirfte denjelben dann aber, bis auf Charidemos, 
Verzeihung. Flut. Phoc. 17. Fortwährend wurde 
er nun von Alexander hochgeachtet, nahm aber, troß 
feiner Armut, weder Geld noch andere Gnaden— 
bezeugungen von ihm an. Auch nad dem Tode 
Aleranders widerjegte er fi) der Emeuerung des 
Krieges und ſprach bei jedem im lamijchen Kriege 
gewonnenen Siege jeine Beforgniffe aus. Plut. 
Phoe. 23. Als nun der Krieg einen unglüdlichen 
Ausgang genommen hatte, und Antipater gegen 
Athen rüdte, mußte das bedrängte Volk zu den 
Freunden Mafedoniens feine Zuflucht nehmen. 
Thofion ing, mit dem jeilen Demades als Unter: 
händler zu Antipater und mußte einen Frieden 
abichließen, der 12000 Bürger, namentlich die 
Kleinbürger, ihrer Rechte beraubte, die Malebonier 
in den Beſitz des Hafens von Munichia feßte und 
ı die edelften Bürger dem Feinde preisgab. Plut. 





1 


- den Korinthiichen Meerbujen. In früheren Zeiten 


Plokis, 


Phoe. 275f. Er ftand von jeht an als Etrateg 
an der Spitze des Staates und ſuchte, foweit er 
e3 vermochte, die Herbigkeit der Bedingungen in 
der Ausführung zu mildern. Als aber nad) Anti- 
paterd Tode (319) Polyiperchon, um Griechenland 
auf feine Seite zu ziehen, die Herjtellung der alten 
Verfafjungen verfprach, juchte Phofion in Berbin- 
dung mit Nitanor, einem Anhänger KRaflanders, 
die Ausführung zu hindern; darüber erhob fich 
gegen ihn der Unwille des Volkes, und ala Ale: 
rander, des Polyiperhon Sohn, mit einem Heere 
in Attifa anlangte, wurde er abgejegt und mit 
jeinen Freunden als Rerräter verfolgt. Sie be- 
gaben ſich zu Polyſperchon, der aber ſandte fie 
nad Athen zurüd, dem Bolfe die Enticheidung 
über fie überlaffend. Der Rhetor Agnonides trat 
als Kläger auf, und einftimmig verurteilte fie Die 
Vollsverfammlung wegen moodoot« zum Tode, 
Plut. Phoe. 29 f; 32. Diod. Sie. 18, 64f. 
Fhofion mußte, ſchon 80 Jahre alt, den Giftbecher 
trinfen, im J. 318; indes trat bald ein Umſchwung 
in der Stimmung ein, dem Phokion wurde eine 
Bildſäule geſetzt, Agnonides hingerichtet. „Er fiel, 
wie Sofrates, ald Opfer des langen, ein wejent: 
liches Element der griechiichen Geichichte bildenden 
Kampfes zwiſchen dem jelbftändigen Hochſinn philo: 
ſophiſcher Charaktere und der bald glatten, bald 
wilden Politik demokratiſcher Stadtgemeinden‘ 
(Bernays). S. die Lebensbejchreibungen des Ph. 
von Plutarch und Nepos und über jein politijches 
Verhalten und feine Beziehung zur Philojophie 
die Abhandlung von Bernays: Phokion und feine 
neueren Beitrteiler (1881). 

Phokis, Doxis, eine etwa 40 ) M. große Land: 


939 


überjchritten die Phokier dies Gebiet, indem fie ihr 
Gebiet im N. bis an das Euboiiſche Meer aus: 
dehnten und fi jo gewifjermaßen wie einen Keil 
zwiichen die epiknemidiſchen und opuntiichen Yofrer 
hineinfchoben, deren Landichaften das Gebiet der 
Hafenftadt Daphnüs, bis zum Ende des phokiſchen 
Krieges in den Händen der Phofier, trennte. Strab. 
9, 416. Die ganze Landichaft befteht aus? Teilen: 
a) dem breiten, fruchtbaren Flußthale des Kephi— 
08 (j. Mavronero), weldyes, vom Barnajjos im 
S., von dem Kallidromos und der Knemis 
im N. begrenzt, im SO. durch einen Engpaß ge- 
ichloffen wird, den bei Parapotamioi ein Vorberg 
des Parnaſſos (Prioßorwrög) mit dem “Aövlıor 
bildet; b) einer ſüdlich von dieſem Thale bis zum 
Korinthischen Meerbuſen fich erftredenden Gebirgs— 
landichaft, deren Kern und Mittelpunkt ein hohes 
und breites Maffengebirge, von 3 Seiten abge- 
ichloffen, DB eralien ($. d.), bildet. Jm Süden 
tremmt nur das jchmale Thal eines im Sommer 
völlig trodnen, daher j. Xeropotamos genannten 
Fluſſes, des Pleiſtos der Alten, den Barnafios 
von einem hohen bewaldeten Gebirgszuge, deſſen 
jüdlihe Ausläufer fi bis ans Meer erjtreden, 
der Kirphis. An dieſen ſchließt fih im D. ein 
rauher Gebirgszug an, der die Kirphis mit dem 
boiotiihen Heliton verbindet, aber im Altertum 
feinen gemeinschaftlihen Namen gehabt zu haben 
icheint. Weftlih von der Kirphis lag das Koro- 
saior nedlov eidcıuor. — Das Klima von Phokis 
ift wegen der Nähe des Parnafjos im ganzen naß 
und falt, doch gedieh Korn, DL, Wein und be- 
jonders der Nieswurz. Die fruchtbare Ebene von 
Kirrha durfte, als dem Gotte heilig, nicht bebaut 


ſchaft des mittleren Griechenlands, grenzte im W. | werden. — Die Eimwohner, Daxeis, Phocenses, 


an Doris und an das Land der ozoliſchen Lofrer, 
im N. an die epiknemidiſchen, gegen D. an die 
opuntiſchen Lolrer und an Boiotien, gegen ©. an 








‚ Tempel des Apollon. 
‚Grosser Altar. 
Thessuroi. 
Buleuterion. 
b. Stoa der Athener. 
. Grabm. d Neoptolemos. 
. Quell Kassotis und 
heiliger Lorbeer. 
‚ Lesche der Kuidier. 
9. Quell Deiphusa (Styz), 
B Quell Kastalia. 


waren aioliichen Stammes, doch Tebten unter ihnen 
auch Dorier; auch hatten Hyanten aus Boiotien, 
Argeier, Athener, Korinther, Aigineten, Arkader, 
die Dileyvaı, ein räuberijches Volt aus Thrafien, 


15 


* 
- 


940 Phokos — 
fih mit jenen in alter Zeit verfchinolzen. Die 
22 Heinen Städte des Landes (ohne Delphoi) bil: 
beten, vielleicht bis 146 v. E., einen Bund unter 
fi, xoıwov ovornu«@ rar PDoxewor, deſſen Organ 
eine in einem befonders dazu beftimmten, Doxınov 
genannten, Gebäude tagende Bundesverfammlung 
war (Paus. 10, 5, 1); indes hatten fie feine ges 
meinjamen Beamten, außer Strategen, deren es 
bis zum zweiten heiligen Krieg 2 und dann 3 gab. 
— Seinen Hauptruhm hatte Ph. durch das del— 
phiiche Dralel; doch gab dies zugleich die Veran- 
lafjung zum Untergange der Se bftändigteit des 
Landes. Delphoi mit ſeinem Tempel und Gebiet 
bildete einen eigenen Staat in Ph., mit einer 
eigenen Berfafjung, einer &yoga, einer Povi« und 
Beamten, von denen in den Inſchriften bejonders 
ein Leywv oder zovranıs, rawiaı und uxsreol 
erwähnt werden. Eine Plünderung der Tempel: 
ſchätze durch Phokier veranlaßte den — Krieg 
(356—346 v. C.), infolge deſſen durch Philipp von 
Makedonien die ſämtlichen altberühmten Städte 
mit unerhörter Grauſamkeit vernichtet wurden. — 
Die bedeutenderen Städte waren: Delphoi (JSei- 
poi), j. Ruinen bei Kaftri, dichterifih ITvdo und 
Ivdo», bei Homer (Il. 1, 519) nur ITvd@ ge: 
nannt, am ſüdweſtlichen Abhang des Parnafjos in 
einem halbkreisfjörmigen Thalgrunde hart an den 
Bhaidriadijchen Felſen, mit dem berühmteften 
Heiligtum des Apollon und untrüglicem Dratel 
(@yevdicrarov uarrsior). Der Ort galt bei den 
Hellenen als Mittelpunkt von ganz Griechenland, 
ja fogar der ganzen bewohnten Erde (öupakög 
zug yüs —— Das Anſehen des Orakels 
ſ. Delphisches Orakel) ward noch vermehrt 
durch das dabei errichtete Amphiktyonengericht (f. 
Amphiktyonen) und die pythijchen Spiele. 
Der ältefte Tempel bejtand nur aus einer Laub: 
hütte von Lorbeerbäumen, bald aber erhoben fich 
ftattliche Gebäude; mehrmals abgebranmt, wurbe 
er immer herrlicher wieder aufgebaut, zulegt von 
dem Korinther Spintharos. Die herrlihe Stütz— 
mauer desjelben, die mit zahlreihen Inſchriften 
bededt ift, ijt neuerdings freigelegt worden, ebenjo 
die Stoa der Athener. Schon zu Homers Zeiten 
war delphiſcher Reichtum jprichwörtlid, und troß 
der unzähligen Beraubungen, unter denen die der 
Phokier allein 18 Mill. Mark betrug, zählte man 


Phokylides. 


| Südabhange des Parnafjos; Lykoreia, j. Liakura, 

Silaia an den Quellen des Kephilos; Ledon 
(R. Paleo:Bifa) nahe am Kephiios, Vaterftadt des 
Anführerd im heiligen Kriege, Philomelos; Ela: 
teia (Elefta) am Rande des Kephiſosthales, nächft 
Delphoi die bedeutendfte Stadt des Landes, wegen 
ihrer Lage bei Kriegen wiederholt hart mitgenom— 
men; Abai mit berühmtem Mpollontempel und 
Orakel; davon unweit Hyampolis, deſſen Be— 
Bee mit den opuntiichen Lokrern oft um den 
Bejig der Stadt Daphnüs am Euboiiihen Meere 
ftritten; Barapotamioi, alte beträchtliche Stadt 
längs des Kephilos, von Ferxes vernichtet (doch 
finden fi) bedeutende Ruinen unweit Belei); 
Panopeus (oder Phanoteus), nahe am Kephiſos 
unweit der boiotiihen Grenze, wo ſich das Heer 
des XZerges beim Einfall in Griechenland trennte; 
Daulis, unweit Ranopeus, am Dftabhange des 
Parnafjos, theatraliich gebaut, mit einer Ayllo- 
piihen Burg, wohin die Sage den Mythos von 
Tereus, Prokne und Philomele verjegt; bei dieſer 
lag das oben erwähnte Doxızöv, das Berfamm: 
lungsgebäude für die phokiſchen Städte bei ihren 
Beratungen; Ambryjos (j. Dhiſtomo): da, wo 
ji auf dem Wege von Panopeus nah Delphoi 
die Straße nad) Ambryjos abzweigt, war die 
ogıorn, Ödög, bei den Tragifern auch rododog oder 
rozig aelevdor genannt, auf welcher Didipus jeinen 
Vater Laios erihlug. Nahe der Küjte, unweit der 
Mündung des Pleiftos, lag Kirrha im frucht: 
barer Ebene (j. Magula), näher nad Delphoi zu 
Kriſſa(ſ. d.); Antikirrha oder Antilyra, befannt 
durch feinen Nieswurz; Stiris; Bulis, forinth. 
Hafenfolonie hart an der boiotischen Grenze. Strab. 
9, 416 ff. Paus. 1.10. Vgl. Burfian, Geographie 
von Griechenland I ©. 156 ff. 

Phökos, Döxos, 1) Sohn de3 Ornyhtion oder 
des Pofeidon, der von Korinth auswanderte und 
der Gegend um Tithoreia und den Parnaß den 
Namen Phokis gab. Paus. 2, 4, 3. 29, 3. — 2). 
Aiakos. 

Phokylides, Boxvilöns, aus Milet, gewöhn— 
lich als Zeitgenofje de3 Theogni® um 530 v. E. 
bezeichnet, gnomifcher Dichter in Herametern und 
in elegiihem Bersmaße. Bon feinen Lebensver: 
hältnifjen weiß man nichts. Seine furzen, in 
wenigen Verſen zujammengefaßten Sittenfprüche, 


zu Plinius' Zeit mehr ald 3000 Statuen von |xepaiaıe betitelt, verraten einen ernten, biede— 
Gold, Silber, Erz und Marmor. Im J. 273 |ren, verftändigen Sinn und find in einfacher, an: 
v. E. plünderten die Gallier den Tempel, 86 v. E. | fpruchslojer Form, doch nicht ohne Selbftbewußt- 
Sulla, endlich die römischen und byzantinischen | jein hingeftellt. Die übliche (Formel des Eingangs 
Kaifer. Aus einer tiefen Schlucht, welche die | war: anal rode Danvildeo. Wir haben nur ge: 
Phaidriadifchen Feljen durchſchneidet, ftürzt fich in | ringe Bruchjtüde von ihm (herausg. von Schier, 
der Regenzeit ein Gießbach zum Pleiftos hinab. | 1751, dann von Brund, Schneidewin und Gais: 
Aus der öftlicheren Felswand Hyampeia (j. ford, zulegt von Bergk, poet. Iyr. Graec. Il 
Thlempufos) jprubelt aus dem zu einer großen | p. 68 ff. der 4. Aufl). — Das noch vorhandene, 


Wanne ausgehauenen Felfen die Quelle Kaſtalia 
hervor, vor dem Cingange des Peribolos des 
Tempels, zur Reinigung und Sühnung aller derer, 
die das Heiligtum betreten wollten. Die Quelle 
vereinigt ihr Wafler mit dem des Gießbachs. An 
der Weitjeite des Plateaus liegt mit 8 Fuß hohem 
Eingange, im Innern aber 100 F. hoch, 200 F. 
lang, die dem Pan und den Nymphen gemeihte 
Korykiſche Grotte (Kugixıor &vrgov) mit zahl: 
reichen Tropffteingebilden. Vgl. Bomtomw, Beiträge 
ur Topographie von Delphi (1889). — Andere 
Ortichaften: Anemorcia (j. viel. Arachova) am 


ihm zugeichriebene romue vovderıxor in 230 
Herametern ijt, wie die mangelhafte, unpoetiiche 
Spradje, bejonders aber der fichtlich aus dem Pen- 
tateuch und didaktiichen Büchern des Alten Tefta- 
ments geflofjene Anhalt beweift, ein ſpätes Mach— 
werf eines jener alerandrin. etwa jeit 150 v. C. 
auftretenden Reformjuden, welche die Lehren bes 
Judentums mit der griechiichen Philojophie ge: 
‚fällig verbanden, entftanden zwiichen dem 2. Jahr: 
hundert v. E. und dem Kalter Nero (mit Überſ. 
herausg. von J. Nidel, 1833, von Bergf, poet. 
Ilyr. Graec, Il p. 74 ff. der 4. Aufl.). I. Ber: 


Pholegandros 


nays, über das phofylibeifche Gedicht (1856; mie: | 
der abgedrudt in deſſen Gel. Abhandlungen I 
©. 192 ff.). 

Pholegandros, ®olfyarögos, j. Bolyfandros, 
Heine rauhe Kyfladeninjel, deshalb „die eiſerne“ 
genannt, zwiſchen Melos und Gifinos. Die Ein- 


wohner waren Dorier, gehörten aber dem athen. | f 


Seebunde an. Strab. 10, 484. 486. 

Pholö@, So)0n, eine Fortjegung des Ery— 
manthos, Grenzgebirge zwiichen Elis und Arka— 
dien, ein breites, noch jeßt reich bewaldetes Plateau. 
Strab. 8, 336 u. ö. 

Pholos j. Herakles, 7. 

Dovog, yovıza).Areiopagos und’Epiraı. 

Phorbas, ®öoßas, 1) Sohn des Lapithes und 
der Drfinome, Bruder des Periphas, von den 
Rhodiern nad einem Orakel in ihr Land gerufen, 
um es von Schlangen zu befreien, und als Heros 
verehrt; oder er fam aus Thejjalien nad Dlenos 
in Achaia, von da nad) Elis zu dem König Aleftor, 
dem er um einen Teil der Herrichaft gegen Pelops 
beiftand und feine Tochter Diogeneia zur Ehe 
gab; er dagegen heiratete Alektors Schwefter, 
Hyrmine, und zeugte mit ihr den Augeias und 
Aktor. Ein übermütiger Fauſtkämpfer, plünderte 
er mit den Phlegyern den Tempel zu Delphoi, 
ward aber von Apollon überwunden. Ov. met. 
11, 413, — 2) Sohn des Kriaſos und der Melantho, 
Bruder des Ereuthalion, Bater des Areftor. — 
3) Alarnanier, der mit Eumolpos gegen” Elenfis 
309. — 4) Leibier, Vater der Diomede. Hom. Il. 
9, 665. — 6) —— des Phineus, Sohn des 
Metion aus Syene. Or. met. 5, 74. — 6) Troja⸗ 
ner, Bater des Iſioneus. Hom. Il. 14, 490. Verg. 
A. 5, 842. 

Phorkys, Bögxvs, Bogxvv, Bogxos, Phorcus, 
d. h. der Graue, 1) ein Meergreis, Bater der 
Nymphe Thoofa. Hom. Od. 1, 71. 13, 96. Bei 
Hefiod (theog. 237) ift er Sohn des Pontos und 
der Gaia, Bruder des Nereus und Thaumas, der 
Keto und Eurpbia; mit Keto zengte er bie Graien 
und Gorgonen (Dopxiödes, Phorcydes, Phorcyni- 
des), den die Hefperidenäpfel bewachenden Drachen 
Ladon (Hesiod. theog. 270. 333) und die Heſpe— 
riden, mit Hekate die Stylla. — 2) Sohn des 
Phainops, Führer der Phryger aus Aſtkania, von 
Aias vor Troja erlegt. Flom. [l.2,862.17,218. 312. 

PoöguuyS |. Musica, 9. 

Phormion, ®ogulor, 1) bedeutender athen. 
Feldherr im peloponmefiichen Kriege, auch jchon | 
rüber im Kriege mit Samos, 432 v. E. bei der 

elagerung von Potidaia (Thuc. 1, 64. 65. 117) | 
thätig, kämpfte 431 gegen die haltibiihen Städte 
(Thue. 2, 29), dann gegen die Ambrafioten (daj. 
2, 68) und 429 fiegreich bei Naupaftos gegen die | 
überlegene peloponnefijhe Flotte (daf. 2, 80 ff.), | 
endlich wieder in Alarnanien. — 2) ein reicher | 
Großhändler in Athen, gegen den Demojthenes in | 


— — — — — — — — — — — —— — — — — — 


— MPocrogss. 941 


2, 1,1), auch des Kar. Er foll den Dienft der Hera 
zuerjt in Argos eingeführt, die zerftreuten Menſchen 
in gemeinjchaftlihen Wohnorten verfinigt und ihnen 
die erfte Kultur beigebracht haben, indem er ihnen 
das Feuer gab. Deshalb ward er in Argos als 
Landesheros verehrt, und man brachte ihm an 
einem Grabe Totenopfer. Die Argiver heißen 
als feine Nachtommen Bogwreidaı, Jo Dogwrig. 
Theocr. 25, 200. Ov. met. 1, 668. 

ögos |. Staatshausbalt, 7. 9. 

Phosphöros, ®wopögos, Basspögog, "Ews- 

ögog, Lucifer, Eous, Lichtbringer, 1) der Stern 
Benus als Morgenftern. Hom. Il. 23, 226. Verg. 
@. 1, 288. Ov. met. 2, 115, Als Abendftern heißt 
er Heſperos, Vesper, Vesperugo, Noctifer, 
Nocturnus. Hom. Il. 22, 318. Plin. 2, 8. Cie. 
n. d. 2,20. Er gilt ald Sohn des Nitraios und 
ber Eo3 (Hesiod. theog. 381), oder des Kephalos 
und der Eos, ald Bater de3 Keyr (Ov. met. 
11, 271), des Daidalion (Or. met. 11, 295), der He: 
iperiden. — 2) Beiname der fadeltragenden und 
ihtbringenden Göttinnen Artemis, Diana Luci- 
fera, Eos, Hefate, Juno Lucina. 

Photios, Schrios, lebte im 9. Jahrh. n. E. zu 
Konftantinopel, war zuerft Oberft der faiferlichen 
Leibwache, dann 858—869 und wieder 878—886 
Patriarch bafelbft und ftarb um 891; ein Mann, 
ebenjo bedeutend für die Kirche durch jeine Strei- 
tigfeiten mit den Päpften wie für die Wifjenichaft 
durch feine ausgebreitete Gelehrſamkeit und feinen 
richtigen Geſchmack. Er Hat fih um die Alter 
tumswiſſenſchaft namentlich durch 2 Werke verdient 
gemacht: 1) durd; feine Bıßlıodrjan, aud) Mugıo- 
Pıßlog genannt, einen Bericht über 280, für ung meift 
verloren gegangene Werke, die er auf einer Ge— 
ſandtſchaftsreiſe nah Afiyrien gelefen, und aus 
denen er nun teild mehr oder weniger ausführliche 
Auszüge, teild nur einzelne Notizen unter Bei: 
fügung zahlreicher ——— oder kritiſcher Be— 
merkungen mitteilt Ausgg. von D. Höſchel, 1601, 
J. Belter, 1824 f.); 2) durch ſeine avvayayrı A£Eswr, 
ein alphabetiſches Gloſſarium zu den griechiichen 
Nednern und Gejchichtichreibern, das aber mit 
ipäteren und fremden Zufägen und nicht ohne 
Lüden auf uns gelommen ift (herausg. von ©. 
Hermann in Tittmanns Ausgabe des BZonaras, 
B. 3, 1808, von Dobree, 1823, Porſon, 1822, und 


ı Naber, 1866). Vgl. Hergenröther, Bhotios ı3 Bdd. 


1867 ff.. 

Plhraätes j. Parthia, 

Phraortes, Peuögrns, altperfiich Pirruvartis, 
1) Bater des erjten mebijchen Königs Deiöfes (ſ. d.). 
Hdt. 1, 96. — 2) zweiter mediſcher König (647 — 
625 dv. E.), der feinem Vater Deiöfes folgte, die 
Perſer und andere Bölkerjchaften unterwarf, zuletzt 
aber im Kampf gegen die Aſſyrer unterlag. Hdt. 
1, 102. 

Phrataphernes, Poarapeorns, perſiſcher Sa: 


einer Rede auftrat. — 3) ein Beripatetifer, wel: |trap, befehligte bei Gaugamela die Parther und 
cher den Hannibal jhulmäßig über die Kriegs: | Hyrkanier, unterwarf fich 330 v. E. dem Alegander 
funft belehren wollte. Cic. de or. 2, 18, 75. Daher | und wurde von demjelben in feinen Gatrapien 
heißen Phormiones fprihwörtlich diejenigen, welche | Barthien und Hyrkanien beftätigt. Arr. 3, 8, 23. 
über Dinge reden, von denen fie nichts verftehen. | 28. 4, 18. Er blieb Alerander treu. Nach deſſen 
Cie. de or. 2, 19, 77. Tode (323) behielt er bei der Verteilung der 
Phoröneus, Bogwvers, Sohn de3 Inachos | Provinzen feine Statthalterichaften. Diod. Sie. 
und der Dfcanide Melia, Bruder des Wigialeus, | 18, 3. , 
Beherricher des Peloponnes, Gemahl der Nymphe | Doarogss (podreoss) und Poargiea j. Pulı, 
Teledife, Vater des Apis und der Niobe (Apollod. 2. 7. 


942 


bosarroi (dınaornero» dv) j. Epiraı 
und Attika, 15. 

Phrixos j. Athamas. 

PhrygYa, Sovyde, Landichaft Kleinafiens, um: 
faßte urjprünglich das ganze Innere der Weit: 
hälfte der rer außerdent die jpäter zu Myſia 
gerechnete Südküſte der Bropontis bis zum Helles: 
pont mit der Hauptſtadt Dajkyleion, welcher Strich 
daher Kleinphrygien oder Phrygien am Hel— 
lespontos hieß. Leßterer Name wurde indes in 
verfischer Zeit auch auf Zeile von Großphrygien 
bis zum Halys ausgedehnt (mit den Städten 
Dorylaion, Peſſinns, Gordion, Anfyra) und blieb 
jo, bis das Land 275 v. E. von den Galatern 
und Bithynern erobert wurde. Der jüdlichjte Teil 
wurde 190 dv. E. von den pergamenijchen Königen 
zurücerobert und hieß mun Phrygia Epiktetos 
(Do. Zriarnros). Zugleich fam das übrige ſüd— 
liche Phrygien, auf welches num der Name Groß— 
phrugien beichränft wurde, größtenteils vom 
ſyriſchen Reiche durch die Römer zum pergame: 
nischen und bildete auch fpäter unter den Römern 
in Ddiejer Ausdehnung einen Teil der Provinz 
Aſia. Bon den Grenzbezirten hieß jeitdem der 
füdöftlihe von der Nähe der nördlichen Tauros- 
fetten (da das übrige Phrygien faft ganz Hochebene 
it) Povyla 7) zagmeeıog (d. i. im Gebirge, 
mit den Städten Tyriaeion und Philomelion), der 
jüdlihe Phrygia Piſidike mit der Hauptftadt 
Artiögeie 7 agög Ilordia. — Die Gebirge des 
Landes waren Olympos (j. Keſchiſch Dagh) mit 
Dindymos, Tauros, Kadmos (j. Khonas Dagh); 
Flüſſe: Sangarios und Maiandros mit ihren 
Nebenflüffen. Im ©. des Landes fanden fich 
mehrere große Salzjeen, unter andern zwijchen 
Apameia und Koloſſai Aſtania (j. Alhietuge 
göli. — Die Bewohner, Bovyes, Phryges, auch 
Bodyes, hielten fich jelbit für Autochthonen, waren 
aber nach der allgemeinen Annahme des Alter: 
tums in uralter a eingewandert, vielleicht aus 
Armenien, mit deſſen Bewohnern (indogermaniſchen 
Urjprungs) fie ftammmverwandt waren. Zahlreic) 
und mächtig, verbreiteten fie fich über einen großen 
Teil der Halbinjel, jpäter wurde der Name auf 
die engeren Grenzen bejchränft. Sie waren fried: 
lic) und lebten von Aderbau, Viehzucht und Handel. 
Ihre Hauptgottheiten waren der Gott Manes, die 
Höttermutter Ma (Kybele) und der Gott der 
ruchtbarfeit Sabazios. Später verſchmolz fich mit 
ihrer Religion der unreine Naturdienit ———— 
nikiſcher Stämme, der Kult der Aſtarte und des 
Attes (Attis). Orgien mit Muſik und Tanz waren 
dabei in Ph. herrſchend. Eigentümlich iſt die Sitte 
der Phryger, Felſenwohnungen zu haben und ganze 
Städte aus Felſen auszuhöhlen. — Außer den 
ſchon genannten Städten ſind bedeutend: Kelai— 
nai im ©., alte Königsreſidenz und Na 


der großphrygiichen Satrapie unter den Perſern, 


an der Quelle des Maiandros; Nafoleia am 
oberen Sangarios mit merfwürdigen Felſengräbern, 
nantentlich dem des Midas; ee (Chonas), 


Kydrara, jpäter Hierapolis; Peltai, Kayjtrupedion; 


im R.: Dorylaion (j. Esti Schehr), Kotyaion (j. Kuta— 
hija). Unter der Herrichaft der Seleufiden famen 
hinzu Apameia Kibotos (j. Diner) in der Nähe 
des alten Kelainai, in römischer Zeit bedeutende 
Handelsitadt, Laodikeia, Apollonia, Selcufeia, 
Synnada (j. Tſchiful-Kaſſaba) mit berühmten Mar: 


Posarroi — Plhrynichos. 


| morbrüchen; unter den pergameniſchen Königen 
‚Eumeneia. Strab. 12, 571. Plin. 5, 32, 41. 

Phrjne, Dovrn (die Kröte, wegen der Bläfie), 
eine berühmte Hetaire (ſ. d.) aus Theipiai in 
Boiotien, hieß eigentlich Mnejarite 8 — — —— 
und war urſprünglich arm, gelangte aber zu außer: 
ordentlichen Neichtume. Sie diente nicht nur dem 
Prariteles als Borbild für jeine Aphrodite von 
Knidos, jondern aucd dem Apelles für jeine Ana— 
dyomene. Ihrem Reiz fonnte angeblih niemand 
wibderjtehen; nur der Philoſoph Zenokrates wurde 
nicht überwunden. Der von ihr beleidigte Redner 
Euthias Hagte fie dor der Heliaia der dospeı« 
an, ihr Freund Hypereides verteidigte fie, anfangs 
mit zweifelhaftem Erfolge, danı aber, als er die 
Neize ihrer Bruft enthüllte, fiegreih. Als Praxi— 
teles ihr nicht geftehen wollte, welches das jchönfte 
feiner Werfe jei, wandte fie eine Lift an und lief 
plöglich durdy einen Sklaven ihm melden, jein 
Haus ftche in Flammen. Da jprang der Künjtler 
auf: „Ich bin verloren, wenn das Ess meinen 
Eros und Satyros verzehrt,“ Sie wählte darauf 
den Eros aus penteliihem Marmor und weihte 
ihn dem Tempel des Eros ihrer Baterjtadt, aus 
welchem ihn Caligula und dann Nero entführten; 
der Künftler jegte aber noch eine Bildjäule der 
Phryne neben der Statue der Aphrodite in den: 
jelben Tempel. Paus. 1,20,1. Aelian. v. h. 9, 32. 
Schol. zu Hor. sat. 2, 3, 254. 

Phrynichos, GDouriyos, 1) aus Athen, Sohn 
des Polyphradmon, einer der älteften Tragifer 
nach Thejpis, als deſſen Schüler ihn Suidas be: 
zeichnet. Er war älter als Aiſchylos, denn jein 
erjter Sieg fällt in das Jahr 511 v. E.; er joll 
| leih wie Aiſchylos in Sicilien gejtorben jein. 
Im Jahre 476 war er noch auf der Bühne thätig. 
Plut, m. 5. Phr. begann durch Einjegung 
‚eines dom Chorführer gejonderten Schaujpiclers 
den eriten Dialog und beftimmte für biejen be- 
onders den trochäiſchen Tetrameter, etwa wie wir 
ihn in den PBerjern des Aiſchylos finden; auch joll 
er zuerjt weibliche —— auf die Bühne ge— 
bracht haben. Die Stoffe waren aus verſchiedenen 
Wythengebieten entlehnt, die Erzählung wurde 
aber bedeutend von der Lyrit und den Chorliedern 
überwogen, deren lieblich-ſüße Rhythmen man auch 
äter noch anerkannte und ſchätzte. Arist. Av. 705. 

esp. 220. 269. Dafür ſcheinen auch die Nach— 
richten über ſeine Dorwısoaı zu ſprechen, welche 
Themiſtokles als Denkmal ſeines Ruhmes in Scene 
ſetzte und Aiſchylos ſeinen Perſern zum Grunde 
‚legte. Berühmt durch Herodots Erzählung (6, 21) 
iſt auch das jchon früher aufgeführte Drama Mı- 
Arrov AUueosis, nicht ſowohl ein hiftoriiches Schau: 
ſpiel, ald vielmehr. eine Iyriiche Kantate. Vgl. 
auch Strab. 14, 635. Schwierig i die Unter: 
juchung über die Zahl und Beſchafſenheit jeiner 
Dramen. Im ganzen bringt man nicht mehr als 
9 oder 10 Stüde heraus. Ihrer Schönheit ge 
denkt rühmend Wriftophanes (T’hesm. 170). Einen 
zweiten Tragifer diejes Namens anzunehmen ift 
durchaus — Sammlung der wenigen Frag— 
mente bei Naud, trag. Graec. fragm. p. 720 ff. 
der 2. Aufl. — 2) des Chorofles Sohn, ein tra: 
giſcher Schaufpieler und Tänzer, mit dem Beinamen 
d Öeynodusvog, gegen den Ariſtophanes mehrere 
Ausfälle madt (Vesp. 1294. 1481. 1510). 
3) Dichter der älteren attijchen Komödie, ein Athe— 





ee ER 











Pbrynis — ®vA.. 


ner und Sohn des Eunomides, war oft Gegenftand 
des Spotted der andern Komiker. Gegen die 
Fröſche des Ariftophanes trat Phr. mit jeinen 
„Muſen“ im Jahre 405 v. E. in die Schranken. 
Er gehört zu der nicht geringen Zahl von Ko: 
milern, welche eigentliche Genialität und Erfin— 
dungsgabe durch formale Gewandtheit und guten 
Geſchmack zu erjegen juchten. So viel etwa laſſen 
die mäßigen, erhaltenen Fragmente aus 10 Stüden 
noch erfennen (gejfammelt von Meinefe, fragm. 
com. Graec. Bd. Ill; Bd. I p. 248 ff. der Mein. 
Ausg.; und Kod, com. Att. fragm. | p. 369 ff.). 
— 4) * des Stratonides, ein Athener von 
niederer Ablunft, zeigte ſich zur Zeit der ſiciliſchen 
Niederlage als Mann von Einſicht und Thatkraft, 
jedoch von — Geſinnung. Als perjönlicher 
Feind des Mllibiades arbeitete er, als er bei Samos 
ag im Jahre 412 v. E. deſſen Plänen für 
eine Nüdkehr durch Verrat an den Spartaner 
Aſtyochos entgegen, wußte aber der Rache des 
Altıbiades dadurd zuborzulommen, daß er die 
Athener num felbft vor dem von ihm angeftifteten 
Überfall der Spartaner warnte und Samos be- 
jeftigte (Thue. 8, 48. 50. 51ff.). Auf Veranlaſſung 

3 Beifandros ward 411 Ph. feines Feldherrn— 
amtes entjeßt (Thuc. 8, 54), trat danı aber, als 
Altibiades fich der Demokratie anjchloß, aus Furcht 
vor deſſen Rache zur oligarchifchen Partei der 400 
über, ald deren Gejandter er mit Antiphon nad) 
Sparta fi) begab. Bei jeiner Rüdfehr ward er 
jedoh von einem der megiroloı ermordet, wohl 
auc auf Antrieb des Kritias, und für einen Feind 
des Baterlandes erllärt. Thuc. 8, 92. Lys. Agor. 
705. Müller-Strübing 2” ihn für den Berfafjer 
der pfeudo:renophonteiihen Schrift de republica 
Atheniensium und jegt die Abfaſſung 417 —414 
v. E. — 5) Sophift aus Bithynien, lebte unter 
Marcus Aurelius und Commodus. Wir befigen 
von ihm nod) ’Erkoyn dnudrwov val Övoudror 
Arrızov, eine Zufammenjtellung von einzelnen 
attiichen und nicht:attifchen Ausdrüden, mit großer 
Strenge hinfichtlic) des wahrhaft Muftergültigen 
ausgearbeitet. Andere Schriften find verloren ge: 
gangen. Berühmte Ausgabe von E. A. Lobeck 
(1820); neue Ausgabe (mit engliichen Anmerkungen) 
von Nutherford (1881). 

Phrynis j. Dithyrambos, 

Phthas, D9a, Obcis, ägyptiicher Gott, bejon= 
ders in Memphis verehrt; der Schöpfer des Welteis, 
aus dem Himmel, Erde und Unterwelt hervor: 
gehen; der ältefte unter den Göttern, „ber, der 
durch fich ſelbſt bejteht‘‘; von den Griechen Hephai- 
ſtos genannt, alſo wohl auch ein Gott des Lichtes. 
Er a 


Anfangs aller Dinge. 


Hdt. 2, 99. 3, 37. Cie. n. d. 3, 22, 55. 
Phthiötis ſ. Thessalia. 


der attiichen Gerichtsfprache jede Anklage, weil der 


Bellagte in jedem peinlichen Prozeß das Recht 


hatte, ji) dem Endurteile durch freiwillige Ber: 
bannung zu entziehen. Der Kläger heißt 6 dınxwr. 

Phyläke, ®vic«n, 1) alte Stadt in der theſſa— 
fiichen Landichaft Phthiotis am nördlichen Ab— 


cheint in Mumiengeftalt, doc) die werkthätigen 
Hände frei; auch zwergartig, ald der Gott des 
Seine heiligen Tiere find | 
der Apis (ſ. d.) und der Starabäusfäfer, deſſen 
Kopf er mitunter ftatt eines Menjchenhauptes trägt. 








943 


hange des Othrys, Heimat des Protefilaos (ſ. d.). 
Tom. Il. 2, 695. Strab. 9, 435. — 2) Stadt in 
der a Landſchaft Molojfis in unbeſtimm— 
ter Lage. Liv. 45, 26. 

Phyläkos, Dölaxos, 1) Sohn des Deion, des 
Herrichers von Phokis, und der Diomede, Gemahl 
ber Klymene (Periklymene), der Tochter des Minyas, 
Vater des herdenreichen Iphiklos und der Alki— 
mede, Gründer von Phylafe.. Hom. Il. 2, 705. 
Apollod. 1,9, 4. ©. Melampus. — 2) Sohn 
des Iphiklos, Enfel des vorigen. — 3) Delphiſcher 
Heros, der zu Delphoi als Schüßer des Ortes ein 
Heiligtum hatte. 

Phylarchos, Dvlagyos, griechiſcher Geſchicht— 
ichreiber, aus Athen oder Silyon oder Naufratis 
ftammend, Zeitgenofie des Aratos von Sifyon, 
aljo um 210 v. C. Bon jeinem Leben ift nichts 
Näheres befannt. Neben einigen andern hijto: 
riſchen und mythiſchen Schriften eriftierte von ihm 
ein größeres Geſchichtswerk, forogiaı, in 28 Büchern, 
welches die 50 Jahre vom Einfalle des Pyrrhos 
in den Peloponnes bis zum Tode des Kleomencs, 
272—220 v. C. umfaßte und von Trogus Pom— 
pejus ſowie namentlid) von Plutardy viel benubt 
worden ift. Das harte Urteil, welches Polybios 
(2, 56—63) über Phylardyos als Hiftorifer fällt, 
ift einjeitig und unbegründet. Mag aud) die fajt 
ans Theatraliſche jtreifende Darftellung zuweilen 
das rechte Maß überjchritten haben, ein Vorwurf 
abjichtliher Täuſchung und Untreue trifft ihn nicht. 
Seine Werke find bis auf einige Bruchjtüde (ge: 
fammelt von LXucht, 1836, Brüdner, 1839, und 
Müller, fragm. bist. Graec. Ip. 334 ff. IV 645) 
untergegangen. 

Phylas, Dvrlas, 1) König der (theffaliichen) 
Dryoper, von Herakles erjchlagen, weil er fid) 
gegen das delphiſche Heiligtum vergangen, Vater 
der Mibeia, die dem SHerafles den Antiochos ge: 
bar. Diod. Sie. 4, 37. — 2) Sohn des genannten 
Antiochos, zeugte mit Yeipephile den Hippotas und 
die Thero. Paus. 9, 40,6. — 3) König von Ephyra 
am Selleeis in Elis, mit deſſen Tochter Aftyocheia 
Herafles den Tlepolemos zeugte. Hom. I1.2, 653 ff. 
Strab. 8, 338. 

Povin, der Stamm, Bezeihnung der Vollsab— 
teilungen bei den Griechen, ein Name, der offenbar 
aus dem Streben hervorgegangen ift, den einzelnen 
Teilen des Volkes wie dem Volle jelbft einen ge: 
nealogijchen Urjprung zu geben, jie auf beftimmte 
Stammpäter zurüdzuführen und jo den jtaatlichen 
Einrihtungen, indem fie an natürliche Berhält: 
niffe angelnüpft wurden, Dauer und Anjehen zu 
verleihen. 1) Attiſche Phylen. Der Mythos 
berichtet von mehreren uralten Stammeinteilungen, 
die auf die ältejten attiſchen Könige zurüdgeführt 
werden. So wird dem Kekrops eine Einteilung 
zugejchrieben (Kefropis, Autochthon, Altaia, Para: 
lia), dem Kranaos (Kranais, Atthis, Mejogaia, 
Diafris), dem Erichthonios (Dias, Athenais, Po: 


1 ' jeidonias, Hephaiftias), Namen, die teils mythiſcher 
Doyn bezeichnet, wie Yeöysıw, eigentlich Ber: | 
bannung oder Landesverweilung, dann aber in 


Natur find, teils, wie Aktaia, Paralia, Diatris, 
auf örtliche Unterjchiede deuten, die fpäter bedeu: 
tende politische Wichtigkeit gehabt haben. In der 
hiſtoriſchen Zeit find aber dieje Einterlungen ſowohl, 
wie die thejeifche in Eupatriden, Geomoren, De: 
minrgen (die offenbar auf Standesunterjchiede hin- 
weilt) a: 
bis auf Kleifthenes die auf Non zurüdgeführte 


Erhalten hat fih dagegcu ? 


IL 


ww 


oa 


944 


ioniſche —— 


leonten, Hopleten, Aigikoreer, Argadeer (TAcovtes, 


VAnteEs, Alyınogsis und Agyadeig), deren Bedeu— 


tung noch nicht überzeugend aufgeklärt if. Wie 
die obigen 3 thejeiihen Stände ſich zu den 3 
Phratrien, in melde jede Phyle wieder zerfiel, 
verhalten, läßt fich nicht genau entjcheiden. Jedes: 
fall3 ftand an der Spitze jeder Phyle ein Puio- 
Pasılees aus den Eupatriden; dieje waren aljo 
über alle Phylen verteilt. Die 4 Yuloßaoıleiz 
waren die Beifiker des koywv Baoıkevg, wenn er 
das Blutgericht hegte; vielleicht auch für die andern 
Arhonten, wenn im Prytaneion über peinliche 
Angelegenheiten entjdjieden wurde. Jede ber 12 
Phratrien zerfiel in 30 Geſchlechter (yErn), und 
jedes yErog hatte durchichnittlich 30 Familien. Die 
Mitglieder desjelben Gejchlechts find zum Teil 
durh Blutsverwandtichaft verbunden (duoydia- 
xtes), und dies wird denn der Adel wohl geweſen 
jein, zum Teil dem Gejchlechte durch Gemeinschaft 
der Opfer und Heiligtümer angehörig (deysürzs). 
— Dieje Organtjation war — ſehr feſt, ſo— 
lange die pern auch lokal geſchieden waren. Schö— 
mann vermutet, daß vorherrſchend die Phyle der 
Hopleten in der Tetrapolis, die der Aigikoreis 
vom Brileſſos und Parnes bis zum Kithairon, 
die der Argadeis in den Ebenen weſtlich und jüd- 
lih vom Brileffos, die Geleonten hauptſächlich in 
und um Athen gewohnt haben. Mit der Iofalen 
Vermiſchung mußte die Verfaffung für die Ver: 
waltung unbrauchbar werden; daher die Einrichtung 
der Naufrarien, die ausdrüdlih im Intereſſe der 
Verwaltung geſchaffen wurden (vgl. Navugaola). 
ok wurde die Gefahr des Staates durch die 
tiefe Verſchuldung der Armen, die teild aus Be- 
figern Pächter geworden waren (Fxrmuögıoı, auch 
Preg und meicdra, entweder die den ſechſten 
Teil des Einfommens an Pacht zahlten, mas Schb— 
mann und Bödh vermwerfen, oder die den jechiten 
Teil für ſich behielten), teil3 jogar in den Zuſtand 
der Sflaverei oder Leibeigenfchaft verfielen. Plut. 
Sol. 13. Diefe Verhältniffe machten eine gängliche 
Umgeftaltung de3 Staatswejend notwendig, die 
denn auch durch die folonische Verfaſſung Yet 
ah wurde. Buerft traf Solon, um einen Boden 
ür jeine Gefege zu gewinnen und das Voll zum 
Genuffe einer freien Bea fähig zu machen, 
vorbereitende Maßregeln, die Aufhebung der per: 
jönlichen Schuldhaft und Wiedereinſetzung derſelben 
in den vorigen Stand, und die —— 
(seıodydeia), entweder eine Verminderung des 
Schuldendruckes durch Herunterfegung des Münz— 


bezahlen hatte, oder ein völliger Schuldenerlaf 
(zesov &noxonn), tabulae novae), indem als ein 
Erjat der Verlufte für die reihen Kaufleute gleid): 
zeitig eine Müngzreform, nämlich) der Übergang 
vom aiginetijchen Münzſyſtem zum euboiiichen, ein: 
trat, wodurch ihnen der bey og De das chalkidiſch⸗ 
forinthiiche Handelsgebiet (der Weſten und Norden) 
eröffnet und damit die Gelegenheit geboten wurde, 
die erlittenen Berlufte ſchnell zu erjeßen. Bgl. 
U. Köhler, Mitteil. des deutichen archäol. Inftituts 
zu Athen, Bd. X ©. 151ff. Die ioniſche Vollks— 
einteilung ließ er zwar bejtehen, entzog ihr aber 


— — 


Dvin. 
in die 4 Stämme ber Ge: | durd Einführung bes timokratiſchen und zugleich 


demofratiihen Prinzips, indem er das Vermögen 
zum Maßſtab der politiihen Rechte nahm, die 
alte politische Bedeutung. Er teilte das Volk näm: 
lich in 4 ermögensflaffen (ruunuare, rein): Ilev- 
rarooou£dıuror, die 500 oder mehr Medimnen 
von trodenen, Metreten von nafjen Produkten 
ernteten, Inmijs*), die von 500—300, Zevyiraı, 
die von 300—150, Greg, die unter 150 Maß 
gewannen. Nach diefen Klaſſen regelte er Pflichten 
und Rechte der Bürger. Wie dies in Bezug auf 
die Steuern geichah, ift unter Staatshaushalt, 
I, 11. ausgeführt. In Bezug auf dem Kriegsdienft 
ift zu bemerken, daß die Theten nur als Leicht: 
bewaffnete und Seeleute, die 3 erften Steuerklaſſen 
als Hopliten dienten, aus den beiden erften Klafjen 
allein die Reiterei ausgehoben wurde (j. Exer- 
citus, 4.). Darnach waren auch die Rechte ver: 
ichieden. Der Zutritt zu Amtern (die damals noch 
durch Cheirotonie bejegt wurden), wahrſcheinlich 
einſchließlich der Buleutenwürde, ftand nur den 
3 höchſten Klaffen, der Zugang zum Archontate 
mir den Pentakofiomedimmen offen; die Theten 
hatten nur Zutritt zur Volksverſammlung und zu 
den Heliaftengerichten, deren Einfluß damals noch 
nicht jo bedeutend war wie fpäter, weil die Ar: 
chonten gewiß in vielen Fällen noch jelbftändige 
Richtergewalt hatten. (Vgl. über die oligarchiſchen 
Elemente in der ſoloniſchen Berfaffung auch noch 
Bov)n und Areiopagos, zu dem ebenfalls 
nur Pentafofiomedimnen gelangten; ſ. au ’EpE- 
rar.) — Much behielten die Bprateien und Ge— 
—— noch immer politiſche Bedeutung als 

ufſeher über die Echtheit der Abſtammung, als 
weſentliche Bedingung des Bürgerrechts. Die neu 
verehelichte Bürgerin wurde in die Phratrie des 
Mannes eingeführt, jedes neugeborene Kind in 
die Phratrie und das Geſchlecht des Vaters einge— 
tragen (eg geurglav oder &lg robs pocdtogcs 
elodyeıw, Eyygdpsıv eig Tb xoıwov Oder Yp«to- 
giröv youunearsiov). — Eine gänzliche Umgeftal- 
tung im demofratifchen Sinne fuhr die ſoloniſche 
Berfaffung nad; der Vertreibung der Beififtratiden 
durch Kleiſthenes. Diejer hob die ioniichen Phylen 
ganz auf; die Phratrien und Gefchlechter ließ er 
entweder nur noch wegen ber religiöjen Gebräuche, 
aber ohne alle politiiche Bedeutung, beftehen oder 
bildete nur Phratrien, deren Zahl jedoch nicht be: 
fannt ift. Dagegen teilte er das Land in 10 neue, 
örtlich gejchiedene Phylen: Erechtheis, Aigeis, 
Pandionis, Leontis, Alamantis, Dineis, Kekropis, 


Hippothontis, Aiantis, Antiochis. Der Zehnzahl 
fußes, in der Art, daß 100 neue Drachmen — 73 entſprechend wurden die Naufrarien auf 50, die 
alten Drachmen wurden, wer alſo 100 alte Drac): | Zahl der Buleuten auf 500 vermehrt. ber die 
men jchuldig war, diefe Summe in der neuen | mit den Phylen zujammenhängende Organifation 
Münze, aljo den Wert von 73 alten Drachmen, zu | des Rates vgl. BovArj. An der Spike der Phylen 


Die Phylen 
emen (dijuor) eingeteilt, deren Zahl 
mit der Zeit auf 174 ftieg. Das Nähere über 
Verwaltung und Befugniffe der Demen und über 
ihren Anteil am ie ij. Exercitus, 4, 
jowie über ihr Verhältnis zu den Gejchlechtern j. 
Iijwoı. — So war die Grundlage zur unbe: 
Ichränften Demokratie gelegt, die durch die Ein: 


ftanden — tür gQvlör, 
wurden in 


.  *) Der Name daber, weil fie außer einem Adergeipann 
ein Streitroß zu erhalten hatten, die Beugiten, bie ein Ader 
geſpann hielten, irmdde, Seuyiowr, Inrırdr riioz reieir. 


9 


Phyle — Picti. 


führung des. Oftrafiimos (Erxineola, 8.) und 
der Bejegung der meiften Staat3ämter durch das 
Los (nANoos) ftatt der Wahl weiter entwidelt 
wurde und endlich auf Mrifteides’ Veranlaſſung 
durch Eröffnung des Zugangs zu allen Staats- 
ämtern für alle Bürger, ohne Rückſicht auf den 
Genjus, ihre Bollendung erhielt. — Im Jahre 
307 v. E. wurden die Phylen, aus Schmeichelei 
gegen Demetrios Poliorketes, noch um 2 vermehrt, 
Antigonis und Demetrias, die nad) Demetrios' 
Sturze die Namen Ptolemais und Attalis erhiel: 
ten. — U. Dorifche Phnlen. Die Entftehung 
der dorifchen Stämme wirb von der Sage an den 
dorischen König Aigimios angefnüpft. Derjelbe 
trat ein Drittel feines Landes an Herafles ab für 
die gegen die Lapithen ihm geleiftete Hülfe. Hera— 
fles’ Sohn, Hullos, und Nigimios’ Söhne, Dyman 
und Pamphylos, jollen dann den Stämmen der 
Dorer (die dreigeteilten, rgızdines, nennt fie ſchon 
Homer, Od. 19, 177) ihre Namen gegeben haben: 
Hylleer, Dymanen, Bamphylen. Überall, wo Dorer 
find, finden fich auch dieje Stämme, die ausſchließ— 
fih aus Dorern beftehen, jo daß, wo Geſchlechter 
nichtdoriicher Abkunft in größerer Anzahl an der 
Staatsgewalt teilnahmen, dieje eine eigene Phyle 
neben den dorijchen bildeten, jo in Argos und 
Epidauros die Hyrnethia, in Sikyon die aigia- 
leiſche. So erſcheinen in Korinth 8, in Elis 12 
und fpäter 8 Phulen. In Sparta, wo der doriſche 
Stamm ausschließlich der herrichende war und den 
eigentlichen Staat bildete, finden fich daher auch 
nur die 3 doriſchen Phylen, geteilt jede in 10 Oben, 
Bel, auch Yo«rgım: genannt, von denen 2 Oben 
ber Hylleer die königlichen Oben waren. Ob die 
30 Geronten mit den 30 Oben in Berbindung 
ftehen (aus jeder Obe ein Geront), läßt fich nicht 
mit Gemwißheit behaupten, ift aber wahricheinlich. 
Die 5 xünaı, Pitana, Limnai, Meſſoa, Kynojura 
(den Namen der fünften kennen wir nicht; viell. 
hieß fie "EdwAog), Ortlichkeiten in Sparta oder defien 
nächjter Umgebung, werden nur mißbräuchlich als 
puial bezeichnet. Eine Örtlihe Trennung der 
Phylen und Oben ift mit großer Wahrjcheinlichfeit 
anzunehmen, obgleich das Berhältnis derjelben zu 
den 5 Komen unflar ift. 

Phyle, Gvirj, noch jegt rd DvAd, feſtes Grenz— 
faftell der Athener an der boiotifchen Grenze, 
100 Stadien von Athen, auf einer fteilen Fels— 
Inppe am füdmweftlichen Abhange des Parnes. Von 
hier aus unternahm Thrajybulos feinen Angriff 
auf die 30 Tyrannen. Xen. Hell. 2, 4, 2. Diod. 
Sie. 14, 32. Strab. 9, 396. 

PDvlerıza deiave |. Leiturgia. 

Phyleus, ®viets, Sohn des Augeias in Elis, 
bon diefem vertrieben, weil er gegen ihn für Se: 
raffes gezeugt hatte, Bater des Meges, ſoll jpäter 
durch Herafles wieder in den Befig feines väter: 
lichen Reichs gelommen fein, e8 aber dann feinem 
Bruder Agafthenes überlaflen haben, um nach 
Dulichion zurüdzufehren. Hom. II. 2, 625. 15, 530. 
Er erjcheint —J— als Teilnehmer der kalydoniſchen 
Jagd. Ov. met. 8, 308. 

Phylios j. Kyknos, 1. 

Phyliidas, Duilddas, bei Plutarch Berldldas, 
ein Thebaner, blieb, obgleich der demofratijchen 
Partei angehörend, 384 v. E. in Theben, wurde 
jogar Geheimſchreiber bei den Polemarchen, unter: 
ftügte als joldher das Unternehmen der Berbann: | 


Neallegifon des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl. 


945 


ten, juchte den Polemarchen allen Verdacht zu be: 
nehmen und veranftaltete in feinem Hauſe ein 
Felt, bei welchem 2 derjelben, Philippos und Ar- 
chias, von den Berjchiworenen ermordet wurden. 
Xen. Hell. 5, 4, 2ff. Plut. Pelop. 7.9. 

Phyllis j. Demophoon. 

Pvioßasıkleög |. Dulıj, 2. 

Physkön j. Ptolemaios, 7. 

Physkos, ®öoxog, 1) Stabt der ozoliſchen Lo— 
frer; — 2) Hafenftadt in Karien mit lebhaften 
Verkehr nach Rhodos; j. Marmaras. Strab. 14, 652; 
— 3) linker Nebenfluß des Tigris (Xen. An. 
2, 4, 25), j. Adhem; — 4) Berg bei Kroton in 
Bruttii, j. Pozzi. 

Phytälos, ®Buralog, ein Heros von Eleufis, 
der von Demeter für ve Aufnahme derjelben 
mit der Pflanze des Feigenbaumes bejchenft ward. 
Seine Nachkommen, die Phhtaliden, zogen dem 
Thejens entgegen und reinigten ihn von dem 
Morde, den er an mehreren Räubern vollzogen, 
in feierliher Sühne, jo daß er wieder an den 
Myſterien teilnehmen köonnte. Paus. 1, 37, 2. 
Plut. Thes. 12. 

Piaeälum j. Lustratio. 

Picentes (Piceni) j. Picenum. 

Pieönum, IIwerrivon, Ilmevis, Landſchaft 
Mittelitaliend, etwa 100 TJ Meilen groß, wurde 
im Norden durch den Ajisfluß (j. Efino) von Um: 
brien gejchieden, welches Land auch im Weiten 
nebjt dem Sabinerlande die Grenze war, während 
im Süden der Salinusfluß (j. Fiume fine) die 
Grenze gegen bie Veſtiner bildete; im Oſten lag 
das Mdriatiiche Meer. Bon ben ig der 
Apenninen, die das Land durchzogen, jtrömten 
außer den genannten noch folgende, unbedeutende 
Flüſſe herab: Miſcus (Mufon), Eluentus (j. 
Ehienti), Tinna (j. Tenna), Tejfinnus (j. Te- 
fino), Truentus (j. Tronto), Bomanus (j. Bo: 
mano). Boden und Klima glichen dem lmbriens. 
— Die Bewohner, Picentes, Picöni (zuweilen 
Picentini, IIıxevrivor; fo hieß jonft bejonders ein 
von hier nach Kampanien ausgewanderter Stamm 
am Päſtaniſchen Bufen mit den Städten Bicen: 
tia und Eburum, j. Eboli), waren ſabiniſchen 
Stammes und hatten den Umbrern und Wbori: 
ginern diejen Küftenftrich abgenommen. Nachdem 
die P. im Jahre 299 v. E. ein Bündnis mit den 
Römern geichloffen hatten (Zav. 10, 10), fielen fie 
269 ab und wurden in diefem und dem folgenden 
Fahre gänzlich untertworfen. — Die bedeutenbdften 
Städte waren Ancona (j. d., j. Ancona), die 
einzige griechiſche Stadt Mittelitaliend; Numana 
6. Umana); Firmum (j. Fermo), als römijche 

olonie zu Anfang des erften punifchen Krieges 
gegründet, mit einem eigenen Hafenort; Caftrum 
nobum (j. Giulia nuova); — ober Adria, 
Stammort der Familie des Kaiſers Habrianus (j. 
Ari); Murimum (j. Dfimo), in jpäterer Zeit 
die bedeutendfte Stadt des Landes; Urbs Salvia 
(Urbifaglia), Aſeulum (j. Uscoli), die alte, jehr 
fefte Hauptjtadt am Truentus; Interamnia (i. 
Teramo), hart an der Sabinergrenze, der Haupt: 
ort deö Meinen Volles der Prätutii; Cingu— 
lum (j. Eingoli). Strab. 5, 240. 

Piecti, bildeten in Verbindung mit den Scoti 
die Bevölferung des nördlihen Britanniens Hoch— 
ichottlands), wahricheinlich nach dem Bemalen der 
Leiber genannt. 

60 


946 


Pietönes, II’aroves, mächtiges Boll in Aqui— 
tanien, nördlich bis zum Xiger, im heutigen Poi— 
tou, mit den Städten Limonum (j. Poitiers) 
und Ratiatum. Caes. b. g. 3, 2. 7,4. 8, 6. Strab. 
4, 190 f. 

Pieumnus j. Pilumnus. 

Picus, römijcher Feld: und Waldgott ſowie Gott 
der Weisjagung, der in einem Hain am Aventini— 
ſchen Hügel wohnte, Sohn des Saturnus, Vater 
des Faunus. Er war auch der erjte König in 
Zatium und Gemahl der Pomona oder der Ca— 
nens; Kirfe verwandelte ihn in einen Specht, weil 
er ihre Liebe verjhmähte. Vera. A. 7, 48, 189, 
Or. met. 14, 320 ff. fast. 3, 291 ff. Er mwurbe 
dargeftellt ald Augur mit dem Wugurftab, auch 
als hölzerne Säule mit dem Specht, dem Weisjage- 
vogel des Mars, jpäter als Jüngling mit einem 
Specht auf dem Haupte. 

Pieria, /Iıeia, 1) Landſchaft Matedoniens 
(j. d.). — 2) Bieria am Bangaios, benannt nad 
den von den Mafeboniern vertriebenen Bieriern, 
die ji im 7. Jahrhundert öftlih vom Strymon 
am PBangaiongebirge anfiedelten und die Städte 
map und Bergamos gründeten. Hdt. 7, 112. 
Thue. 2, 99. — 3) Landſchaft an der nördlichen 
Küfte Syriend am rechten Ufer des Orontes, |. 
Syria, — 4) Stadt in Thefjalien von ungewiſſer 
tage. Liv. 32, 15. 36, 14 (a. L. Cieria). 

Piöris, Pierides j. Musae. 

Piöros, IIiegos, 1) Berg der maledoniſchen 
Landſchaft Pieria in der Nähe der Nordweitab- 
hänge des Olympos; j. vielleicht Ylamburo. Thuc. 
5, 13. — 2) Fluß in Achaia, auch IIeigog genannt, 
j. Kamenitza, bildete in der römischen Kaiſerzeit 
die Grenze der Gebiete von Dyme und Patrai. 
Paus. 7, 22,1. — 3) ſ. Musae. 

Piötas, römiſche Perſonifilation der find: 
lihen Liebe, der im Jahre 183 v. E. einer 
Legende zufolge auf dem forum olitorium (Liv, 
40, 34) ein Tempel geweiht wurde, als eine Toch— 
ter ihrer im Gefängnis zum Hungertode ver: 
urteilten Dutter (oder dem Vater) durd die Milch 
ihrer Bruft das Leben gefriftet hatte (Plin. 7, 36. 
Val. Max. 5, 4, 7; der leßtere erzählt dajelbit 
and ein griechiiches Beiſpiel von ähnlicher Er- 
rettung eined Vaters durch feine Tochter). Auf 
Münzen ift Pietas dargeftellt ald Matrone, Weib: 
rauch auf einen Altar ftreuend; ihre Attribute 
waren Kinder und der Stord). 

Pignus und pignöris capio. Pignus hieß 
jowohl das Fauſtpfand jelbit als audı der Pfand: 
vertrag. Bor alters wurde das Pfand als Eigen- 
tum an den Gläubiger übergeben, aber unter der 
Bedingung der Nüdgabe (j. Fiducia). Daneben 
wurde Übergabe des Pfandes nicht als Eigentum, 
jondern nur zum Beſitz des Gläubigers angeordnet, 
welches Inſtitut wahricheinlih dem alten Pfän— 
dungsrecht der ne gegen Ungehorjame nach— 
gebildet war. AZulegt wurde die hypotheca ein: 
geführt (ſ. d.). — Davon vericdhieden ift die alte 
legis actio per pignoris capionem, welche ur: 
ſprünglich (aud; durch die Zwölftafelgeſetzgebung 
erlaubt) nur dem Krieger gegen diejenigen zukam, 
welche ſäumig waren in der * obliegenden 
Herbeiſchaffung der zur militäriſchen Ausrüſtung 
nötigen Dinge. So hatte der Ritter ein Pfän— 
dungsrecht gegen die, welche das für den equus publi- 
cus Notwendige zu bejchaffen hatten. Liv. 1, 43, 


Pietones — Pincius. 


Pigres j. Margites. 

Pila, 1) in ber Architeltur ein Pfeiler (pila), 
ſowohl freiftehend als auch an die Wand gelehnt. 
— 2)im häuslichen Leben a) der Mörfer (die Keule 
hieß pilum); b) der Ball, j. Spiele, 9. 

Pilentum, ein vierrädriger Wagen, namentlich 
von rauen benußt, 

Pilöus j. Kleidung, 10. 

ITiRog \. Kleidung, 5. 

Pilum j. Waffen, 10, 

Pilumnus, 1) jchüßender Hausgott des alten, 
ländlihen Roms, der eine Keule (pilum) führte, 
mit der er das Getreide zermalmen lehrte, zu— 
gleich aber auch die Häufer, worin ein Neuge- 

orener lag, bejchüßte; vgl. Deverra. Sein Bru— 
der war Picumnus, der das Düngen der Felder 
erfunden hatte, weshalb er Sterquilinus (Sterqui- 
linius), Sterculus oder Stercutus (Stereutius) 
ieß. Beiden wurde im Atrium des Haujes ein 

ett aufgeftellt, folange das neugeborene Kind 
vom Vater noch nicht anerlannt war. — 2) j. 
Perseus, 1, 

Pimplöa und Pimpleis, Beiname der Mujen 
(Hor, od. 1, 26, 9, Mart. 12, 11), entweder von 
einer maledoniichen Stadt, wo Orpheus gewohnt 
haben jollte und der Mufendienft beimikh var, 
oder don einem gleichnamigen Orte am Heliton 
in Boiotien abgeleitet. 

Ilvaxosnxn, Pinacotheca, die Bildergalerie 
(j. Haus, 9.), im nörblichften Teile des Hauſes, 
um den Schaden des Sonnenlichts abzuwehren. 
In den Häufern der reihen Athener fanden jie 
ſich ohne Zweifel häufig; neben den Propylaien 
war auch eine öffentliche P. (j. Attika, 9.) In 
Rom findet fich dieje Sitte erft fpäter; war Die 
Sammlung bon größerem Umfange, jo hatte jie 
einen eigenen Aufjeher. Die Gemälde waren meijt 
auf Holz, tabulae, jeltener auf Leinwand gemalt, 
in textili; fie hingen an den Wänden oder wur: 
den in die Wand eingelafien. 

Pinarli, ein altes italijches Gejchlecht, dem 
zugleich mit den Botitiern der Dienft des Hercu— 
les (j. Herakles, 17.) au der ara maxima ob- 
lag (Liv. 1, 7; dgl. Cie. div. 2, 21, 47): 1) %. 
Pın. Mamercinus Rufus, befleidete im Jahre 
472 v. E. das Koniulat. — 2) 2. Pin Natta, 
Magifter Equitum im Jahre 363 v. E., erhielt 
ipäter als Prätor den Auftrag, die Küfte von 
Latium zu jchügen. Liv. 7, 3.25. — 3) 8. Bin, 
ließ als Befehlshaber zu Enna auf Sicilien im 
Jahre 214 v. E. einen Zeil der Einwohner nieder: 
hauen. Liv. 24, 37f. — 4) M. Pin Poſca, 
fämpfte als PBrätor im Jahre 181 v. E, mit Glüd 
gegen die Corjen und Sarden. Liv. 40, 18, 25. 34. 
— 5)8,(Bin.)Natta, Stiefjohn des Murena, lieh 
fih als Pontifex von feinem Schwager Clodius 
beitimmen, Cicero Haus den Göttern zu weihen. 
Cie. de dom. 45. 52. — 6) T. Pin. ein oft von 
Eicero genannter Freund desjelben. Cie. ad Att. 
6,1. 23. ad fam. 12, 24,3. — 7) L. Pin, An— 
verwandter Cäjars, erhielt von Antonius den Be: 
fehl über Afrika, ging aber ſpäter zu Octavian 
über. Dio (ass. 51, 5.9. 

Hlivas bat die verichiedenften Bebeutungen: 
hölzerner Teller, Schreibtafel, Rechentafel, Ge: 
mälde (vgl. Tabula), aud das Täfeldhen, das 
die Helioften erhielten, j. "Hiıada, 

Pincius j. Koma, 11, 


Pindaros — Pindos. 


Pindäros, /Iivdagos, der größte lyriſche Dichter 
der Griechen (Quint. 10, 1, 61), war DI. 64, 3, 
522 v. E., zu Theben, wahrſcheinlich in der Vor— 
ftabt — * geboren und ſtammte aus 
dem edlen Geſchlechte der Aigiden. Da in ſeiner 
Familie die Kunſt des Fldotenſpiels erblich war, 
ſo erhielt er wohl den erſten Unterricht in der 
Muſik in dem — Hauſe, ſpäter aber bildete 
er ſich weiter unter Leitung des berühmten Dich— 
ters und Muſikers Laſos von Hermione und im 
Verkehr mit den beiden boiotiſchen Sängerinnen 
Myrtis und Korinna, mit denen er auch in ber 
Poeſie wetteiferte. Sein erftes Siegeslied (pyth. 10) 
dichtete er als zwanzigjähriger Jüngling (502) auf 
einen thefjaliihen Knaben Hippolleas aus dem 
Haufe der Aleuaden. Bon diejer Zeit an übte er 
ohne Unterbredung jeine Kunſt bis ins höchite 
Alter; er ftarb, angeblich 80 Jahre alt, 442; wahr: 
icheinlich jedoch jchon 448. Sein Leben ift nicht 
reich an hervorftechenden Ereigniffen. Größtenteils 
lebte er in jeiner Baterftadt Theben, die er nur 
dann und wann verließ, um den Spielen in Olym⸗ 
pia, Delphoi u. j. w. beizumohnen und jeine Gaſt— 
freunde in Griechenland und Sicilien zu bejuchen. 
Denn wegen jeines frommen, —— Sinnes, 
feiner edlen und hohen Denktungsart war er überall 
geehrt und geliebt, bei den Bürgern freier Städte 
jowohl, wie bei Königen und Tyrannen. Go war 
er ein Freund des Hieron, Königs von Syrafus, 
des Theron, Tyrannen von Alragas, der Alenaden 
in Thejjalien. Die höchſte Ehre aber ward ihm 
in Delphoi zu teil, wo er auf Befehl der Pythia 
regelmäßig zu dem” Göttermahle der Theorenien 
eingeladen wurde, eine Ehre, die aud auf jeine 
Nachkommen übergegangen fein fol. — Außer 
Bruchftüden der verjchiedenartigjten Chorlieder, 
Hymnen, Entomien, Ditbyramben, Threnoi (Hor. 
od. 4,2, 5ff.), befißen wir von Pindar eine ziemlich 
große Anzahl von Epinifien oder Siegesliedern, 
und zivar 14 olympifche, 12 pythiſche, 11 nemeiſche, 
7 iſthmiſche. Soldye Epinifien waren Feſtlieder 
zur herrlichung eines bei den Kampfipielen, 
bejonders den 4 großen Nationalipielen der Grie- 
—— errungenen Sieges, welche teils ſogleich nach 

ngung des Sieges an Ort und Stelle, teils 
in der Heimat des Siegers bei einer Siegesfeier 
(bei einem Opfer, einem Zuge oder Feitmahle) 
von einem Ehore gejungen wurden. Die Sieges: 
lieder des Pindar find feine weitläufigen Beſchrei— 
bungen des gefeierten Sieges. Dieſer bildet aller: 
dings immer die Grundlage des Ganzen, aber er 
wird gewöhnlich nur furz berührt. Die Kompo— 
jition ift der Urt, daß irgend ein allgemeiner Ge: 
danke, der dem Siege und ben hältniffen des 
Siegerd entnommen ift, als Mitkelpunkt ae: 
ten und von ihm aus das ganze Leben des Siegers 
betrachtet und gedeutet wird, jo dab der Gieg 
ſelbſt ald das glorreiche Ergebnis feines Gejchides, 
jeines Charakters und feines Strebens erſcheint. 
Man hat früher geglaubt, Pindar überlaffe ſich in 
der Kompofition einem regellojen Fluge der Be: 
geifterung; aber eine tiefer —— achtung 
hat gezeigt, daß die einzelnen Teile ſeiner Gedichte 
mit bejonnener Überlegung und großer Kunſt zu 
einem jchönen, geordneten Ganzen verbunden find. 
Schwierig wird das Verſtändnis jeiner Gedichte 
durch die fünftlichen VBerichlingungen und die Fülle 
der Gedanken, welche plöglich und im jchnellem 


947 


Wechſel oft in feinem reichen Geifte auftauchen, 
aber in wohl beredhneter Folge dazu dienen, die 
Grundidee zur Anſchauung zu bringen, jowie durch 
eine Menge von Beziehungen auf Berhältnifie, 
bie uns nur zum Teil befannt find, Bor allen 
andern Lyrifern zeichnete ſich Pindar aus durch 
ichöpferiiche Kraft und Fülle des Geiftes, durch 
jittliche und religiöje Tiefe de3 Gemüts, durch 
Erhabenheit der Gedanken und Grofartigteit der 
Beltanjhauung. Diefe Kraft und diejer hohe 
Schwung feines Geiftes waren jedesfalls zum Zeil 
gewedt und getragen von dem großartigen Charak⸗ 
ter der damaligen Bit Denn während jein Jugenbd- 
alter noch in die Zeit vor den Perjerfriegen, wo 
die dorijch:aioliihe Bildung vorherrſchend war, 
hineinfiel, jo daß jeine Bildung noch ganz dieſer 
Periode — und ſeine Poeſie als der Ab— 
ſchluß und die höchſte Blüte der doriſch aioliſchen 
Periode gelten kann, nahm ſein Mannesalter, wo 
er in der Kraft ſeines dichteriſchen Wirkens ſtand, 
teil an der glorreichſten Erhebung ſeines Vater: 
landes: er durchlebte den weltgeichichtlichen Kampf 
Griechenlands gegen die —— Macht, der alle 
Kräfte des edlen Griechenvolts zur herrlichſten Blüte 
brachte. Die Sprache des Dichters entjpricht dem 
Neichtum und der Hoheit jeiner Gedanken, fie ift 
hodhtönend (usyalopmvöraror, Dion. Hal.) und 
mit überrajchenden Bildern reich geichmüdt, bald 
feierlich ernft, ftols und erhaben, bald mild nnd 
weich, heiter und ah Diejelbe eig tm 
tigfeit zeigt er in dem Rhythmus. Seinem 

fe te liegt der homerijche zu Grunde, doc ift er 
vielfah mit aiolifhen und bejonders doriſchen 
Formen untermijcht. — Vgl. über jein Leben und 
jeine Schriften Rauchenftein, Einleitung in Pindars 
Siegeslieder (1843). Schneidewin, de vita et 
scriptis Pindari brevis disputatio (vor jeiner 
röhern Ausgabe, p. LXVILF.), und Leop. Schmibt, 
Bindars Neben und Dichtung (1862). — Ausgg. 
von Heyne (zulegt 1817), Boeckh (3 Bdd. 1811 fi. 
noch immer Hauptausgabe), Thierſch (mit deutſcher 
Überjegung, 1820), Diſſen (1830; 2., unvoll. Ausg. 
von Schneidewin, 1845 ff.), Thcho Rommfen (1864), 
Bergf (in j. poet. Iyr. Graec., I p. 1ff. 4. Aufl. 
1878); Tertausg * Bocdh (1825), Schneide: 
win (1851), Tut Mommijen (1866) und Ehrift 
(1869). ee Kommentar von Mezger (1880). 
Rumpel, lexicon Pindaricum (1883). 

Pindärus Thebänus oder Homerus Latinus, 
willfürlich gewählter Name einer metriichen Bear: 
beitung des Inhaltes der Ilias in lateinifcher 
Sprache von einem unbelannten Dichter (nach Büdhe- 
lers jehr wahrjcheinlicher Annahme eine Jugend: 
arbeit des Silius Jtalicus), etwas über 1000 Hera: 
meter, wohl aus dem 1. Jahrh. u. E. ftammend 
und fr Schulzwede gefertigt, ohne dichteriſchen 
Bert, doch forreft im Bersbau. 2), Viren = 
Beylingh (1809), Luc. Müller (1857), Bä 

‚at. min. III iR 3ff.) und Pleſſis (Silii en 
lıci Ilias Latina, 1885). 

Pindenissos, IIvötrıacog, Stadt Stilifiens am 
Berge Amanos, die Cicero als —— bela⸗ 
gerte und einnahm. Cic, ad Ait. 5, 20. ad fam. 
2, 10. 15, 4. 

Pindos, IIivdog, 1) der jüdlich ftreihende mäd): 
tige, in jeinen höchften Gipfeln etwa 2700m hobe, 
zum Teil bewaldete Gebirgszug, welcher Theſſa— 
lien von Epeiros trennt; der Lakmon ift der nörd⸗ 


60 * 


948 Ilivavy — 
lihe Teil desjelben. Er enthielt die Quellen des 
Beneios, Acheloos, Arachthos (in Epeiros) u. j. w. 
Seht hat er feinen allgemeinen Namen: Kafhar: 
difta, Tzumerka, Karava, Agrafa find einzelne 
Teile. Hdt. 1, 56. 7, 129. — 2) Stadt in Doris, 
ſ. Doris, b, 1. 

Iliveır j. Mahlzeiten, . 6. 

Pinus, irvs, ſowohl die wilde oder Waldfichte, 
jonjt pinaster, ald auch der zahme, edle um 
oder die Pinie, eine Lieblingszierde der Gärten 
(Verg. E. 7, 65), jowohl wegen ihres jchlanfen 
Wuchſes, als auch wegen der jchmadhaften Frucht. 
Sie wuchs hoch (ingens, Hor. od. 2, 3, 9) und 
breitete vom Gipfel ihre mit feinen Nadeln be- 
hangenen Zweige aus. Sie war der Diana (Hor. 
od. 3, 22, 5) und der Kiybele heilig. Ein Pinien: 
franz wat der Schmud auf dem Haupte des Pan 
und der ältefte Siegespreis in den ifthmijchen 
Spielen; die Form von PBinienzapfen haben die 
altrepublifaniichen Grabfteine von Pränefte. 

Pirätae, Das Gewerbe der Seeräuberei im 
Mittelländiichen Meere war uralt und mwurbe am 
verwegenften von den Illyriern, Kilikiern und 
Iſauriern geübt. Wenn Piraten in die Hände 
der Römer fielen, jo wurden fie nad) der Willfür 
des Feldherrn oder Statthalters, gewöhnlich mit 
—— oder Kreuzigung, beſtraft. Cie. Verr. 
b, 27f. 

Pirustae, IIıgoüor«ı, räuberiiches Volt Ally: 
riens, von den Römern für fteuerfrei erflärt, weil 
es von Gentius jogleich zu ihnen übergetreten war. 
Caes. b. g. 5,1. Liv. 43, 30. 45, 26. 

Pisa j. Elis, 4. 

Pisae, /Iocı, j. Piſa, jehr alte und wichtige 
Stadt Etruriend am Zuſammenfluß des Aufer und 
Arnus, 20 Stadien von des letzteren Mündung, 
eine der 12 etrurijchen Bundesſtädte, jpäter rö- 
miſche Kolonie. Nördlic von der Stadt lagen 
heiße Mineralquellen, aquae Pisanae, jegt be: 
rühmter als im Altertum. Strab. 5, 222. 

Pisätis ſ. Elis, 4. 

Pisaurum, /lıo«ögor, alte Stadt Umbriens 
an der Mündung des Bilaurus zwiichen Arimi: 
num und Sena Gallica; jegt Peſaro. Caes. b. c. 
1,11. Liv. 39, 44. Oic. ad fam. 16, 12. 

Pisces j. Sternbilder, 4. 

Piscina, 1) Fiſchbehälter, welche die reichen 
Römer in dem größten Maßſtabe anlegten und mit 
ungeheurem Aufwande unterhielten. — 2) Waffer: 
baffin zum Baden und Schwimmen, oder auch 
Heine Wafjerbeden zu anderem Gebrauch. 

Pisidia, 7) Ilordınn, Landichaft Kleinafiens, 
jeit dem 2. Jahrh. v. E. ald Teil Bamphyliens 
betrachtet, grenzte gegen D. an Lyfaonien, Iſau— 
rien, Kilitien, gegen N. an Phrygien, gegen W. 
an Kabalia und Lyfien, gegen S. an Pamphylien. 
Die Gebirge des im ganzen rauhen und waſſer— 
armen Landes gehören zum Taurosſyſtem; zu 
nennen ijt der Sardbemijos. Die 3 Flüffe Ka- 
tarrhaftes, Keftros, Eurymedon durchſtrömen auch 
Pamphylien. — Die Piſidier, [Ioddaı, zuerft 
von Kenophon genannt, waren ein tapferes Berg: 
und Räubervolf, deffen vollftändige Bezwingun 
nicht einmal den Römern gelang, wahefcherntich 
einerlei Stammes mit den Jjauriern und den Be: 
mwohnern des rauhen Kilikiens. Die wichtigſten 
Städte waren: Sagalaſſos (j. Ruinen von Agla— 
jun) mit einer Citadelle; Kremna (j. Girme), 


Pitholeon. 


Pedneliſſos, Selge (j. Sirf) am Eurymedon, Ter: 
meſſos. Die Namen von mehr als 100 ihrer 
Lage nach unbefannten pifidiichen Ortichaften ent: 
halten neu aufgefundene Injchriften, mitgeteilt von 
dem Amerikaner Sitlington Sterret, Papers of 
the American School of Classical Studies at 
Athens, Bd. 3 (1888). Strab. 12, 570f. Plin. 
5, 27, 24. 

Piso j. Calpurnii. 

Pissuthnes, [Iıooou®rns, Sohn des Hyſtaſpes, 
ein Gegner Athens, gewährte ala lydiſcher Satrap 
im 9. 440 vd. E. den don then vertriebenen 
oligarchiich geiinnten Samiern Unterftüßung und 
cheint auch während des peloponnefiichen Krieges 
im $. 427 den Spartanern Hülfe geleiftet zu haben. 
Bei einer jpäteren Empörung gegen den Groß— 
fönig im J. 414 wurde er von Tiſſaphernes ge- 
fangen genommen und auf Befehl Dareios’ I1., troß 
ber erhaltenen Zuficherung jeines Lebens, getötet. 
Plut. Per. 25. Thue. 3, 31. 

Pistor, der Müller, jpäter auch der Bäder, da 
beide Gewerbe zujammen betrieben wurden. Ur— 
ſprünglich hatte man in Rom feine öffentlichen 
Bäder, jondern den Hausfrauen lag das Baden 
ob, und auch fpäter, ald es öffentliche Badhänjer 
ab, pflegten die großen Haushaltungen für fich 
—* aden, was gewöhnlich Sklaven beſorg— 
ten. Man unterſchied pistores siliginarii, Weiß— 
brotbäder, lactarii, Kuchenbäder, duleiarii, Kon: 
feftbäder u. j. w. Unter den jpäteren Kaijern 
waren die für das Öffentliche Getreideweſen be- 
ftimmten pistores publicae annonae von großer 
—— für die beiden Hauptſtädte. Über das 
Backen vgl. Blümner, Technologie und Termino— 
logie der Gewerbe und Künſte (1875), 1 ©. 49 ff. 

Pistoria, IIıorogia, Stadt Etruriend, zwiſchen 

Luca und Florentia, befannt durch die Niederlage 
und ben Tod Catilinas, 62 v. E.; j. Piftoja. 
Sall. Cat. 57. 
„ Pistrinum, der Ort, wo das Getreide (für die 
Urmeren far, Roggen, für die Reicheren triticum 
und siligo, Weizen) gemahlen wurde. Eine jolche 
Mühle war bei jedem Hauje der Reichen in der 
Nähe der Küche (derem Lage j. Haus, 9.), zu: 
gleich meiftens noch mit einem, dem unfrigen jehr 
ähnlichen, Badofen verbunden. In Pompeji hat 
man joldhes Piftrinum aufgefunden. Sflaven, 
welche megen ergehen hart gezüchtigt werben 
follten, wurden in die Mühle geichidt zum Ziehen 
und Treiben der Mühlräder. Dieje ſchwere Arbeit 
mußten fie in Feſſeln (Plin. 18, 2) und unter 
Schlägen thun (in pistrinum dari, oft bei Plaut. 
und Terent.). Auch Pferde und namentlich Ejel 
(mola asinaria) wurden zur Bewegung der Müb- 
len gebraudjt (f. Mola). 

Pitäna j. ®vin, 9. 

Pitäne, /Iırdrn, 1) j. Lakonika, 8. 
2) Hafenftadbt an der aioliihen Küfte Myſiens, 
Heimat des Philofophen Arkefilas, j. Tichandarlüf. 
Hat. 1, 149. Strab. 13, 607. 614. 

Pithecüsa j. Aenaria. 

I $oiyıa |. Dionysos, 8. 

Pithol&on, ein in Rom lebender Dichter aus 
Rhodos, der nach Horaz (sat. 1, 10, 22) Griechijch 
und Lateiniſch in jeinen Gedichten durcheinander 
mifchte und vielleicht mit Be dem Berfafler 
ichmähfüchtiger Gedichte auf Julius Cäſar, bei 
Sueton (Caes. 75) identiſch iſt. 


Pithon — Plancii. 


Pithon, audh Python, /I’#or, TIeldov oder 
IIötor, 1) Sohn des Kratenas, einer der Leib: 
wächter Aleranders (Arr. 6, 28), erhielt bei ber 
erften Teilung der Diadochen Medien. Diod. Sie. 
18, 3. Bon Berdiltas gejchidt, zog er gegen die 
aufrührerifhen Griechen in den oberen Eokayken 
und juchte diejelben durch Berjprechungen auf feine 
Seite zu ziehen, allein nad) dem Befehle des Ber: 
diffad wurden fie von ben Makedoniern hinter: 
liftig niedergehauen. Perjönlich zeigte er fich allent— 

Iben als fühnen und tapfern Feldherrn. Diod. 
Sie. 18, 4. 7. Dann zog er mit Perbilfas nad) 
Agypten, war aber einer der Hauptanftifter der 

euterei, die befjen Tod zur Folge hatte. Auf 
Ptolemaios' Vorſchlag wurde er 321 v. E. mit 
Arrhidaios zum Neichdverwefer ernannt, ohne daß 
fie indes dieler Stellung Geltung verjchaffen konn: 
ten, daher jie diejelbe bald dem Antipater über: 
laſſen mußten (321). Diod. Sic. 18, 36. 39. Nach— 
dem er zu feiner Satrapie Medien nod) die Würde 
eines Gtrategen der oberen Satrapien erhalten 
(Diod. Sie. 19, 14), ſuchte er in den öftfichen 
Ländern ein eigenes Reich zu gründen, wurde 
indes genötigt, mit Seleufo8 und Antigonos an 
der Belämpfung des Eumenes teilzunehmen, 317 
und 316. Diod. Sic. 19, 17—20. Als aber nad 
deſſen Befiegung und Tode Antigonos mit feinem 
Heere Winterquartiere in Medien nahm, ſuchte er 
wiederum im geheimen durch Verſprechungen fich 
im Heere eine Bartei u bilden, wurde jedoch von 
—— zu einer Unterredung nach Efbatana 
gelodt, zum Tode verurteilt und hingerichtet, 316. 
Diod. Sic. 19,46. — 2) Sohn de3 Agenor, Führer 
einer Abteilung des Fußvolles auf dem Zuge 
Aleranders nach Indien, wurde dajelbit als Be: 
fehlöhaber zurüdgelaffen und befriegte den Mufi: 
fanos (325 v. E.). Auch bei den Seiben Zeilungen 
323 und 321 wirb er als Statthalter der indiichen 
Provinzen genannt, nach der Flucht des Seleufos 
aber wurde ihm von Antigonos Babylon über: 
— Im J. 314 von Antigonos als Beirat des 

emetrios Poliorketes nach Syrien berufen, fiel 
er unter dieſem in der Schlacht bei Gaza, 312. 
Arr. G, 6. 16. Curt.9,8. Diod. Sic. 18, 39. 19, 56. 
69. 80. 82. 85. 

Pittäkos, IIırraxdg, einer der j. g. fieben Weijen 
Griechenlands, geb. zu Mytilene auf Leſbos um 
648 dv. C. befreite jeine Vaterſtadt mit Hülfe des 
Altaios (j. d.) von der Tyrannei des Melanchros, 
zerfiel dann aber mit jenem und wurde, als der 
vertriebene Allaio8 die Stadt belagern wollte, 
Ailymnetes (j. d.). Plut. Sol. 14. Er zeichnete ſich 
durh Mäßigung und Uneigennüßigfeit, weiſe Ge: 
jeßgebung und verftändige Verwaltung aus. Im 
figetiichen a trat er auch als Feldherr auf 
und überwand den athenijchen Anführer Phrynon 
durch Lift, indem er ıhm ein hinter dem Schilde 
verborgenes Netz über den Kopf warf. Er jcheint 
um 580 die Regierung freiwillig niedergelegt zu 
haben und ftarb im Privatleben in hohem Älter, 
nach —— über 70, nach andern 100 Jahre alt. 
Sein Lieblingsſpruch war: Erkenne die rechte Zeit! 
Die Gejchenfe des Kroifos wies er zurüd; er habe 
ichon doppelt joviel als er brauche. Seine Elegien 
und feine Schrift über die Geſetze haben fich nicht 
erhalten, wohl aber ein Feines Gedicht und ein 
Brief an Kroijos. Arist. pol.2,9,9. Strab. 13, 600. 
Plat. Prot. P: 443A. Paus. 10, 24, 1. 


949 


Pittheus j. Theseus. 

Pityokamptes j. Theseus. 

Pityüsae insülse, Ilırvoöca, d. i. Fichten— 
injeln, 2 Injeln an der Südoftküfte Hiſpaniens, 
jüdweftlich von den Balearen, eine Tagfahrt von 
der Küfte. Die größere hieß Ebujus (j. Yviza), 
die Heinere Ophiufja oder Eolubraria (j. For— 
mentera). Strab.2, 123. 3, 167. Diod. Sie. 5, 16. 

Placentia, [ILaxsvria, j. Biacenza, römiſche 
Kolonie im cisalpinishen Gallien am rechten Ufer 
des Badus, unweit des Einfluffes der Trebia, wurde 
19 Jahre nach ihrer —— im J. 200 v. C. 
von den Galliern erobert und verbrannt (Tav. 
31, 10), dann aber von den Römern als Duni: 
cipium wieberhergeftellt. Tac.hist.2,19. Cie. Pis.23. 
Ihre Bedeutung beruhte bejonders darauf, daf fie 
an der Straße von Mebiolanium nad Parma lag, 
und daß die Amiliiche Straße von hier nad) Ari: 
minum führte. Liv. 39, 2. 21, 57. 

Placidus j. Lutatii, 6. 

Plaetorii, 1) 264 v. E. Volfstribun, gab die 
lex Plaetoria, j. d. — 2) M. Plät., Ankläger des 
Fontejus im J. 690. €. Cie. Font. 12,26. Er war 
ein Freund des P. Cornelius Lentulus Spinther, 
des Konſuls 57 dv. E. Cie. ad fam. 1, 8. — ei C. 
Plät., war im J. 48 v. C. Quäſtor und erhielt 
Befehl, dem gegen Pharnakes kämpfenden Heere 
Verſtärkung zuzuführen. Caes. b. Aler. 34. 
4) Plät. Ruſtianus, begleitete den Metellus 
Scipio nach der Schlacht bei Thapſus auf deſſen 
Flucht und fand zugleich mit ihm ſeinen Tod. 
Caes. b. Afr. 96. — 5) Plät. (Platorius) Nepos, 
Freund des Kaijerd Hadrian, wurde von diejem zu: 
legt mit Argwohn verfolgt. Spart. Hadr. 4.15.23. 

Plagium, Menfchenraub, ſowohl eines Freien, 
als eines fremden Sklaven. Die lex Fabia in 
dem legten Nana een v. €. verordnete Gelb: 
ftrafe über die plagiarii, welche Strafe in der 
Kaijerzeit, da dieſes Verbrechen überhand nahm 
(Suet. Oct. 32), allmählich bis zur Hinrichtung ge: 
ichärft wurde. 

Plakos, IIA«xos, bewaldeter Berg in Myſien, 
an defien Fuße die Stadt Thebe, die Heimat der 
Andromadıe, gelegen haben joll (Hom. IT. 6, 396. 
435); ſchon Strabon (15, 614) wußte ihn nicht 
mehr aufzufinden. 

IIlaxoög (Kuchen) j. Ehe, 5. 

Planasia, /Iavaoie, Jnjel zwiichen den Inſeln 
Eorfica und Ilva, von Auguftus zum VBerbannungs: 
ort für feinen Enkel Agrippa Poſthumus bejtimmt 
(Tac. ann. 1, 3. 6. 2, 39); j. Pianoja. 

Plancii. Dahin gehören: 1) En. Planc., ein 
römifcher Ritter aus tina, vertrat, ald von den 
Nittern Pachtnachlaß verlangt wurde (59 v. E.), 
die Nechte jeiner Standesgenofjen mit großem 
Nahdrude. Er ſelbſt war auch Zollpächter und 
unterftüßte jpäter feinen Sohn, als derjelbe fich 
um die curulifche Moilität bewarb. Cie. Planc. 
9,24. 13, 32. — Diejer, 2) En. PBlanc., that 
unter Metellus Kriegsdienfte auf Kreta und er: 
langte jpäter (58 v. C.) die Duäftur in Make: 
donten, wo er dem Cicero, der damals im Eril 
lebte, große Dienfte leiftete (Cie. ad fam. 14, 1, 3). 
Dafür verteidigte ihn derjelbe, im J. 54, wie es 
icheint, mit Erfolg, als ‘Pl. von Juventius wegen 
Beſtechung an — wurde. Nach dem Tode des 

ompejus, deſſen Anhänger er war, lebte er auf 
Cie. ad fam. 4, 14. 15. 


ferfyra. 


950 


Planeina j. Munatii, 7. 

Planetae, /ILayaral (Hom. Od. 12, 61. 202. 
219), die Irrfelſen (von Adko), nicht als die 
Irrenden, jondern als die Berirrer (von Aay- 
“ris) zu faflen. Sie find oft, auch von jehr vielen 
Alten jelbjt zur Bertaufchung des Namens, mit 
den ——— zuſammenſchlagenden Symple— 
gaden am thrafiihen Bosporos für urſprünglich 
identiſch oder gleichartig ge worden; man 
—— Homer habe die Symplegaden aus alten 

rgonautenliedern in den Weſten verſetzt. Die 
Plankten aber find bei Homer ſtillſtehende, feuer: 
jpeiende Felſen, welche durch ihre fiedende Bran- 
dung und den umhüllenden Dampf, ſowie durch 
die unwiderſtehliche Strömung, melde zu ihnen 
hintreibt, dem Schiffer gefährlich werden. Selbſt 
die vorbeifliegenden Tauben, welche dem Zeus die 
Ambrojia zutragen, werden durd) ihre hereinziehen- 
den Feuerſtürme gefährdet, jo daß jedesmal eine 
derjelbe zu Grunde geht (j. Pleiades). Pic 
vn Erflärer fjuchten fie an der weftlichen 

finung der Siciliſchen Meerenge, da fie nad) 
Homer in der Nähe von Stylla und Charybdis 
liegen jollten; Neuere verftehen darunter die Aio— 
Küchen oder Lipariichen Inſeln (vgl. Odysseus, 5.). 
laneus j. Munatii, 

Planötae, zAarjreı, stellae errantes oder 
erraticae, diejenigen Himmelskörper, weldye in 
icheinbarer Bewegung ihren Stand am Himmel 


. — 3 A ‚Theb, ?. 
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und Heſiod nennen nur Abend» und Morgenſtern 
als 2 verichiedene, während Pythagoras fie ala 
Einen erkannte; Demokritos nahm jchon mehrere 
an, und Eudoros brachte die Kenntnis der 5 alten 


—— — 





periodiſch gegen die Fixſterne verändern. Homer 


Plancina — Plataia. 


Planeten (Mars, griech. Pyroeis; Merkur 
es oder Stilbon; Jupiter, gr. P 
nus, gr. Phosphoros; Saturn, gr. Phainon) 
von den Ägyptern zu den Griechen; jene hatten 
noch 2 mehr, die nachher auch bei den Griechen 
und Römern als Helios oder Sol und Gelene 
oder Luna Eingang fanden. Die fiebentägige 
Woche und die (anfänglich ichwantende) Benen- 
nung der Wochentage nach den 7 Planeten ftammt 
aus Babylonien, verbreitete fi) von da über 
Borderajien und fam durch die Juden und Syrer 
zu den Griechen und Römern; bei den letzteren 
tft jene Benennung feit der erften Kaiferzeit ⸗ 
weisbar. Die Planetenzeichen ſind wohl 
Schriftzüge aus den Anfangsbuchſtaben der Na— 
men, ſondern ſymboliſch: das Zeichen des Satur⸗ 
nus (6) die Hippe der Zeit, des Jupiter (2) der 
Blipftrahl, des Mars (2) Lanze und Schild, des 
Sol (©) die Sonnenjcheibe, der Yuna ()) der pe 
jene! 
ötter: 


J'ier- 
thon; 


nehmende Mond, der Venus (2) der 
Göttin, des Merkur (2) der Heroldsftab des 
boten. — Der Einfluß der Planeten auf die Witte: 
rung wurde von den Alten Doc angel en (Plin. 
11,39); über ihre aftrologiiche Benugung j.Astro- 
logia und Chaldaei. 

Plataia oder -ai ([Mdraıc, Hom. Il. 2, 504. 
Hdt. 8, 50 u. |. w., -a{, Thue. 1, 5. 3, 61), Stabt 
Boiotiens am Nordabhange des Kithairon, unfern 
der Wioposquellen; entweder genannt von Plataia, 

€ ter des Aſopos, 
oder nach Strabon (9, 406) 
von Aaen, das Ruder, 
weil die Kopais einft bis 
an ihre Mauern gereicht 
* fo daß Marausig 
„die dom: Ruderſchlag 
— 
(richtiger) wegen i 
Lage auf einer kleinen 
ochterraſſe. Obwohl in 

— i 
5 N — 
nern, e on 
1000 Mann (Hdt. 6, 108) 
und in ber vor ihren 
Mauern gejchlagenen denf- 
würdigen t 600. 
Hadt. 9, 29. Auf Betrieb 
der ya 
Rerxes die Stadt ( R 
3, 68. Hdt. 8, 50); das 


FL | icise Ehidjat txaf Bi. im 
JJ— 
chen Krieges ( 3, 


\ 
9 


—EE— — — — 


v. €.) durften bie Kinder ber Athen ge- 
flüchteten Blataier die Stadt ehren Mäter wieber- 
berftellen, die aber, nır dem Namen 
dig, in der That in einer drüdenden 
von Sparta fich befand. Nachdem bie 


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Platanistas 


Boiotien zu räumen gezwungen waren, mußte fich 
Pl. den Thebanern anjchliegen, und da es mit 
atheniicher Hülfe fich zu befreien fuchte, wurde es 
von den Thebanern erobert und aufs neue zer: 
ftört (376). Died. Sie. 16, 46. Die Bewohner 
fanden wieder in Athen Aufnahme. Nach der 
Schlacht bei Ehaironeia erhielten die Kinder das 
Gebiet zurüd, doch erjt mit Unterftüßung Ale— 
randerd wurde die Stadt wiederhergeftellt, deren 
Bewohner dann, nur von dem Ruhm der Bor: 
fahren zehrend, als eitle Prahler galten. Außer 
dem großen SHeratempel vor der Stadt bildete 
der infolge der Perſerkriege errichtete Tempel der 
Athene Areia mit einem Koloflalbilde von der 
Hand des Pheidiad und Wandgemälden von Po: 
lygnotos die Hauptzierde der Stadt, die hiſtoriſch 
interefiantefte Sehenswürdigkeit die unmittelbar vor 
der Dftmaner der Stadt gelegenen Grabmäler der 
in der Schlacht gegen die Perſer gefallenen zur 
nen — bejondere für die Athener und Lakedai— 
monier, ein gemeinfames für die übrigen Hellenen. 
— Noh im 2. Jahrh. n. E. wurden hier jährlich 
am fechzehnten Tage des attiichen Monatd Mai: 
mafterion feierliche Totenopfer gebradht. In der 
Nähe der Grabmäler ftand ein Altar und eine 
Statue des Zeus Eleutherios, bei melden zur 
Erinnerung an den Sieg Spiele gefeiert wurden. 
Strab. 9, 412. Den uplatz der berühmten 
Schlacht bildete das Terrain öftlich und nördlich 
der Stadt, deren etwa */, Meile lange Mauer ſich 
erhalten hat, bi8 zum Aſopos. Hat. 9, 13 ff. Plut. 
Arist. 11ff. Abhandlung von Münſcher, de rebus 
Plataeensium (1841). 

Platanistas j. Lakonika, 9. 

Platänos, rAdravog (von mAarvg, breit), die 
Platane oder der morgenlänbifche Ahorn, war 
im Altertume jehr beliebt wegen jeines ſchlanken 
Wuchjes und feiner jchattigen Zweige, daher auch 
dem Genius geweiht. Or. met. 10, 95. Bejonders 
berühmt war der —— nkaravov, in der 
Afademie zu Athen; überall aber, mo Tiebliche An— 
lagen zu machen waren, burfte er nicht fehlen. 
Eßbare Früchte trägt er nicht, daher sterilis 
(Verg. @. 2, 70); auch ließen fich feine Reben 
daran ziehen, daher caelebs (Hor. od. 2, 15, 4). 

Plat&a, /Rarex, Inſel vor der Dftfüfte von 
Kyrenaile, welche die zur Kolonijation nach Li: 
byen gejandten Theraier unter Battos zuerft ein: 
nahmen; j. Bomba. Hat. 4, 151 ff. 

Platon, I/Idrov, 1) Sohn des Ariſton und 
der Reriftione (oder Potone), aus edlem Geſchlechte, 
durch den Vater mit Kodros, durch die Mutter 
mit Solon verwandt, ward geboren zu Athen am 
7. Thargelion (Mai) 428 dv. CE. Da diefer Tag 

erade als Feſt der Geburt des Apollon in jenem 
Jahre —— ward, ſo ſchien er im voraus zu 
einem Sohne des Lichtes der Welt, zum „gött: 
lichen‘ bejtimmt zu fein. Much ſprach der Ann 
reiche Mythos von Bienen, die auf die Lippen 
des Kindes Honig getragen, und von einem jungen 
Schwan, der vom Altar des Eros aufflog und, da 
ihn die Kraft verlieh, fich in den Schoß des So— 
frates flüchtete, wo ihm die Schwingen fichtbar 
wuchſen, io J er ſich unter fröhlichem Flügel— 
ſchlage in den Ather erhob und durch ſeinen me— 
le Gejang Götter und Menſchen entzüdte. 
Er hieß angeblich urjprünglic nad jeinem Groß: 
vater Ariftofles, wırrde aber fpäter (von Sofrates) 


— Platon. 951 
entweder wegen jeiner breiten Bruft oder wegen 
des breiten Fluſſes jeiner Rede (nad den Neu— 
platonifern) Platon genannt. Aufgewachſen in 
der belebteften und umſchwungreichſten Zeit des 
athenifchen Lebens, in der Umgebung der bebeu: 
tendften Geifter, eines Thufydides und Kenophon, 
Sophokles und Euripides, Ariftophanes und Me: 
nander, Pheidias und Polyfleitos; begabt mit 
dichteriſchen Anlagen und in dichterijcher Lektüre 
früh verfehrend, unterwiefen von den beften Leh— 
rern feiner Zeit und mit allen Mitteln und Gaben 
eiftiger Bildung ausgerüftet, jchien er für bie 

öhe bes Lebens berufen zu fein. Noch ehe er 
den Sofrates jelbft kennen lernte, dem er in fei- 
nem zwanzigſten Vebensjahre näher trat, und mit 
dem er dann bald 10 Jahre lang bis an den Tod 
besjelben in an ei Verbindung blieb, ſcheint er 
ſchon mit jeiner L * befannt geworden, aber auch 
durch Kratylos in die Spekulation des Herafleitos 
eingeführt zu jein. Mochte diefelbe ihn auch leb— 
hafter befriedigen ald das voranfgegangene Stu: 
dium der Sophiften, er fonnte dennoch das Grund—⸗ 
prinzip, daß alles ſich in bejtändiger Bewegung 
befinde, mit einer wahrhaften Erkenntnis nicht in 
Einklang bringen. Dies führte ihn zu den Eleaten 
und den ioniſchen Philofophen, deren Hänpter in 
jener Zeit, Parmenides und Anaragoras, in vollem 
Anjehen ftanden. Die Lehre des erfteren, daß es 
eine doppelte Erkenntnis, eine finnliche (dofaornj) 
und eine geiftige (dıiavonrinn), gebe, wovon jene 
nur auf hricheinlichkeit, diefe auf Gewißheit 
Anſpruch machen künne, und daß in biejer das 
eine alles und alles eines fei (Mlleinslehre, Ban 
theismus), außer welchem nichts Weſen und Be- 
ag (obale) habe, befriedigte ihn im Gegenjage 
er an en jo weit, daß er die Trennung 
der Erkenntnis und ihren verjchiedenen Wert feft: 
hielt, dagegen die Anficht vom Weſen der Dinge 
völlig beftritt. Die Lehre des Anaragoras ſprach 
ihn bei mäherer Betrachtung darum weniger an, 
weil derjelbe den Elementen, anftatt fie auf ihre 
Urjachen zurüdzuführen, die Kräfte des wong jelbft 
beilegte. Bon — Spekulationen unbefriedigt, 
wandte ſich daher ſein Geiſt den praktiſchen Seiten 
der Philoſophie zu, wohin den Sokrates ein ähn— 
liches Bedürfnis geführt hatte, und worin derſelbe, 
zugleich ein unnachahmliches Vorbild im Leben, 
als ar Größe glänzte. Die innige, unverlöjch: 
fihe Anhänglichfeit an ihn und die Eindrüde, 
die jein legtes, um feiner Lehre willen erlittenes, 
Schidjal auf das tiefe Gemüt des Schillers mach: 
ten, riefen jene zahlreichen ſokratiſchen Schriften 
ind Leben, worin er die Grundſätze des Meifters 
in faft umunterjcheibbarer Miſchung mit den ſei— 
nigen vortrug. Much blieb er nicht zurüd mit den 
Außerungen Are Pietät; bei dem Prozefje gegen 
den Sokrates erbot er ſich zu einer Geldbuße für 
ihn. Nach deſſen Verurteilung aber verließ er, 
voll Unmut und Beſorgnis, mit mehreren andern 
Schülern Athen, gegen deſſen anardhifche Demo: 
fratie er ohmedies eine heftige Abneigung ver: 
jpürte, und wandte ſich zunächſt zu Eufleides nach 
Megara ; indeflen ließ die weſentliche Differenz 
beider in der obai« des Parmenides ihn nicht 
lange bei der eriftiichen ober megariſchen Schule 
verweilen, die gleichzeitig zu Angriffen auf den 
Kern feines eigenen Syſtems, die Jdeenlehre, ver: 
anlaßt ward. Sein reger Forjchungseifer führte 


952 


Platon. 


ihn auf Reiſen. Er ging nad) Jtalien, wo er den | jchwere Zeit jeines Lebens, vom peloponnefiichen 


Archytas von Tarent und den Eudoros von Knidos 
hörte, deren pythagoreiſche Lehren über Phyſik, 
Mathematit und Ethik, mit feinen eigenen Ge— 
danfen auf das engfte verihmolzen, in jeinen 
jpäteren Werten vorliegen. Bon da begab er ſich 
nach Kyrene, um den Theodoros in der Mathe: 
matik zu hören, und von hier nach dem Lande 
reiber Wunder und eigentümlicher Erkenntnis— 
quellen, Agypten, von wo er wohl nach Alien ge: 
gangen fein würde, wenn ihm nicht die Unruhen 
des von Artaxerxes gegen Ägypten beabfichtigten 
Kriegs gehindert hätten. So begab er fich denn 
nadı Stalien (Tarent, Cie. fin. 5, 29, 87) und 
Sicilien, wo Dions gaftlihe Aufnahme ihn in die 
Nähe des älteren Dionyfios brachte, deſſen Uns 
guade er fich jedoch bald durch freimütige Auße— 
rungen zuzog, jo daß er ihn zu Schiffe wegführen 
ließ, nicht ohne die Andentung, daß fein Tod dem 
Tyrannen willlommen fein würde. Indeſſen rettete 
er fein Leben und wurde nur ald SHave verfauft, 
aber dur die Vermittelung des Anniferis aus 
Kyrene (oder de3 Dion von Syrakus?) wieder 
ausgelöft. Zurüdgefehrt in jeine Baterjtadt, 388, 
lehrte er Hier mit dem größten Beifall in dem 
vor den Thoren Athens gelegenen, dem Heros 
Alademos geweihten Gymnafium (Alademie, f. d. 
und Attika, 14.), wurde bald das Haupt einer 
eigenen neuen Schule und verfaßte einen großen 
Teil feiner Schriften in dem nun folgenden Zeit- 
raume von mehr als 20 Jahren. Sa ward er 
nach der Thronbefteigung des jüngeren Dionnfios, 
auf den deilen Schwager und Ratgeber Dion 
damals noch den entjcheidenditen Einfluß übte, 
367 zum zweitenmal nad Sicilien berufen; er 
übergab fein Lehramt in der Afademie dem Hera— 
fleides von Pontos und wurde glänzend in Sici- 
lien empfangen, obwohl der baldige weitere Ber- 
lauf nicht diejem erften Anfange entiprah. Als 
die am Hofe geipielten Ränfe den Dion geftürgt 
hatten, den der Tyrann urplöglich und unerwartet 
zu Schiffe wegbringen lieh, wurde Platons Lage 
jofort eine andere; zuerft nach einer Kaferne in 
die Nähe roher Soldaten gebradht, erlangte er 
endlich jeine Abreife von dort, mit dem er: 
jprechen, nach der zugelagten Zurüdberufung Dions 
wiederzulommen, 865. Die Neue -ded3 Tyrannen 
zog ihn jedoch bald, 361, unter faljchen Bor: 
en zum brittenmal wieder hinüber, aber 
jeine und feiner Freunde Hoffnungen wurden nur 
zu bald getäufcht: nicht ohne Mühe und Opfer 
fonnte Die or Fürſprache des Archytas ihn 
der Härte des Tyrannen und den ihm drohenden 
Sefahren wieder entreißen, 360. Als Greis von 
70 Jahren widmete er jih nun dem Lehramte 
und dem praftiichen Leben, doch find die in leßterer 
Beziehung im Altertume verbreiteten Nachrichten, 
als ob er für Kyrene, Megalopolis, Theben, Kreta 
und andere Staaten Berl ber und Geſetze 
ausgearbeitet habe, wohl mit derjelben Vorſicht 
aufzunehmen, wie die uns vorzugsweije durd) 
Plutarch überlieferte, von andern Seiten her ver: 
dächtigte Kunde über jeinen mehrmaligen Aufent: 
halt auf Sicilien. In diejer fpäteiten Lebens: 
periode verfaßte er feine legten Werke, namentlich 
das über die Gejege, und entwarf Pläne zu neuen, 
bejonders zu einer Schrift über ein zn 
Verbeſſerungsſyſtem in der Politif. Die inhalt: 


Kriege an durch die furze, aber glänzende Blüte 
Thebens hin bis zu den Anfängen der maledo— 
niſchen Macht, war wohl geeignet, feine An: 
ſchauungen vom Staatsleben, die offenbar auf 
einer mehr objektiven, dem Doriſmus verwandten 
Grundlage ruhten, und jeine Hoffnungen auf bie 
Verwirklichung derſelben mächtig zu euttänjchen 
und ihm eine Iebhafte Sehnſucht nach befleren 
Buftänden einzuflößen. Während er jo neue Werke 
Ihuf und an den alten feilte, traf ihn der Tod, 
81 Jahre alt, 348/7. — Mit Liebe und Bewun- 
derung hingen jeine Schüler an ihm, zu melden 
auch Ehabrias, Phokion und Demofthenes gehör: 
ten; ſelbſt rauen jcheinen, an feinem Unterrichte 
teilgenommen zu haben. Überhaupt genoß er im 
Altertume ſchon die höchſte Achtung: Panaitios 
(Cie. tuse. 2, 32) nannte ihn den Homer der 
Philojophen, Cicero (n. d. 2, 12) philosophorum 
quasi deum, Longin Peiov. Seine zahlreichen 
Schüler breiteten jeine Lehre weit aus, und bie 
von —* geſtiftete Alademie hielt ſich ſehr lange, 
fortgeſetzt nach ſeinem Tode in der älteren A. 
des Speuſippos und Zenokrates, der mitt— 
leren des Arkeſilaos, der neuen des Kar— 
neades, zu denen noch eine vierte des Philon 
von Lariſſa und eine fünfte des Autiochos 
von Aſtalon — — Die Methode des 
Pl. war die ſokratiſche Geſprächsform, an deren 
Stelle nur bei den fortgejchritteneren Schülern 
fortlaufende akroamatiſche Vorträge traten, die in 
den &ygapa doyuara alsbald niedergeſchrieben 
wurden, ohne daß man bei ihnen irgendwie an 
Geheimlchren denten darf. Dagegen find die von 
ihm verfaßten Dialoge nicht wirklich in der Schule 
gehaltene Unterredungen, jondern dramatiiche Sce: 
nerien, in welchen die Philojophie dergeitalt ob- 
jettiv wird, daß Pl. jelbft nie eine mitredende 
Berjon ift. In ihnen ift ſowohl der innere ſpe— 
Iulative Gehalt ald die äußere Fünftleriihe Form 
in einer lebendigen und organijchen Fortbildung 
begriffen; man wird aljo nicht zu der Annahme 
enötigt fein, daß er völlig verichiedene Entwide: 
— der Spekulation durchlaufen habe und 
die einzelnen Elemente ſeines philoſophiſchen Sy— 
ſtems gewiſſermaßen ſtüchweiſe in ihn gelommen 
ſeien; vielmehr ſehen wir den Trieb einer plaſti— 
ichen Einheit lebendig in ihm wirken, jo daß auch 
das Entlegenfte und jcheinbar Widerjprechendfte, 
wie die abſtrakte Yosgerifjenheit des einzig wahren 
Seins der Ideen und die mathematische Ronftzut- 
tion der 4 Elemente neben der Verlörperung der 
Pſychologie und Ethik im Staate, fih) zu Einem 
gemeinjamen Ziele in wahrer Durchdringung em: 
borarbeitet. as die Form betrifft, jo verliert 
fi, je reicher der Inhalt in den jpäteren Schrif- 
ten ſich jelbjt geftaltet, die dialogiiche Form immer 
mehr und reduziert jich oftmals auf ein zu Zeiten 
eingeftreutes Ja oder Nein. Dagegen waltet überall 
neben der jehr ſcharf unterſcheidenden Dialektik 


die eigentümliche Macht einer den Pl. bisweilen 
| überwältigenden mythiſch-poetiſchen Haltung. — 


Was nun feine Lehre jelbft betrifft, jo führt ihn 
die parmenideijche Annahme einer ovol«, die einzi 
und allein Wahrheit habe, zu dem Gedanlen, da 
in der menschlichen Seele, ungeachtet alles Wechjels 
der Dinge, doc gewiffe ewige und unwanbelbare 
Begriffe (vorjuare) ih fänden; e3 müßten aljo 


Platon. 


ewige, einfache, jich jelbit gleiche Bilder (ouorwu«r«) 
vorhanden jein, wonach dieje in den vergänglichen 
Dingen abgeprägt wären. Dieſe Bilder, död«:, 
eftalten der allgemeinen ovole, haben nad BI. 
feine Verbindung mit der jinnlichen Welt und find 
auch keineswegs mit abftraften Begriffen zu ver: 
wechieln. Sie find vielmehr das allein Wahre 
und wirklich Seiende, r« örr«, örrug Örre, aus 
ihnen ftammen alle Begriffe des Schönen, Guten 
und Wahren her; ihre Menge ift unendlich, ihr 
Zuſammenhang unbegreiflic,, jie bilden Ein Ganzes, 
aber die umfaflenderen enthalten die andern wieder 
in fi, iv xl zoll« (legteres freifih auch bei 
ihm für die finnlihen Dinge), Die Seelen ber 
Menſchen nun find nicht immer an diejen Schwachen 
Leib gebannt gewejen; fie fonnten das ewige An: 
ſchauen der Urbilder genießen, aber ſich davon ab: 
wendend, wurden fie in die fterblichen Leiber ver- 
jentt, wo fie nun voll Sehnjucdht ſich der Urbilder 
erinnern (die dvdurneig), und zwar um jo heller, 
je wacher das geiftige Leben in dem einzelnen ift. 
Zwiſchen dem Mannigfaltigen (r& wolld) und den 
ewigen Urbildern besjelben jtehen die 3 len in 
der Mitte, ewig, aber wiederholbar. Dieje rund: 
lehre durchdrang jeine ganze Philojophie, deren 
Einteilung in Dialektif, Phyſik und Ethit er mehr 
vorbereitet ald ausgeführt zu haben fcheint, indem 
er die Zweige der Phyſik und Pſychologie, der 
Ethik und Bolitif von dem Gebiete der in den 
Dingen jelbit immanenten Dialettif (rjg dv roig 
Aöyoıs axndıpewg) unterfchied und jo auf den Unter: 
ſchied der analytischen und ſynthetiſchen Methode 
hinwies. Ewig find nach Pl. die Materie (rö 
@reıpov) und Gott (d voög). An jener liegt der 
rag Hang zur Unordnung und pn dien, 
diefer jchuf die ordirungsvolle Welt (Adcuos) dar: 
aus. In dieſem ift das göttlihe Wejen, der 
göttliche Verſtand mit den Ideen und die Welt- 
jeele zu eimer gewifjen Einheit verbunden. Die 
menichlie Seele hat Gott aus fich, ald einen 
Teil von ſich, unſterblich geichaffen, weil fie fich 
jelbft Urjache der Bewegung (abro davrö xırodr) 
ift, und weil dies als notwendiger Gegenjag aus 
dem Tode des Körpers hervorgeht. Die Seele hat 
2 Zeile (uFon), durch die fie mit dem Körper in 
Verbindung jteht;z während das Aoyıorınör rg 
pozüs oder der voög in dem Haupte jeinen Sik 

t, wohnt das Tierijche (TO «Aoyıorındv oder 
emıdvunzenorv) in dem Unterleibe, der Huuög aber 
oder das Bvuosidig in der Bruft. — Die Schrif: 
ten des Platon pflegten in neuerer Zeit meiſten— 
teil$ nach der Reihenfolge ihrer Abfafiung geordnet 
zu werben, wobei Tennemann und Socder vor: 
züglich den äußeren Lebensverhältnifien, Schleier: 
macher dagegen, welcher vorbereitende ober ele: 
mentarijche, indirekt darftellende und fonftruftiv 
darftellende Schriften unterichied, dem Inhalte und 
der philojophiichen Eutwidelung derjelben folgte. 
Noch andere, zu welchen Wit gehört, der nur 14 
als unzweifelhaft echt anerlennen wollte, nahmen 
im Gegenjage gegen Schleiermacder vorzugsweiſe 
auf die Einfleidung und philojophiiche Form Rüd- 
fiht. Im älterer Zeit teilte man jie entweder 
nad Zetralogien (9, jo die Aldina und Bajeler 
Ausgabe) oder Syzygien (6, jo die Stephan., Frankf. 
und Yweibr.) ein; 8. F. Hermann hat jie wiederum 
nah den Xetralogien des Thraſyllos geordnet. 
Mit möglichft alljeitiger Berüdfichtigung der in 


955 


Betracht kommenden Gefichtspunfte hat Stallbaum 
folgende Einteilung aufgeftellt: Die erſte Klafie 
befteht aus ſolchen Schriften, die bis zum Tode 
des Sokrates und etwas ſpäter geichrieben jind; 
n ber zweiten gehören die von jenen Reifen au 
is zur zweiten Reife nach Sicilien, aljo während 
feines Lehramts in der Mlademie gejchriebenen 
oder herausgegebenen; in die dritte endlich fommen 
die Erzeugnifje aus den lebten Lebensjahren des 
Philojophen (die Bücher von den Geſetzen). Bu 
der erften Klaſſe würden demnach gehören: Lyſis, 
von Aft und Socher für unecht erflärt, von Schleier: 
macher verteidigt; Laches, Hippias ber ältere, 
Hippias der jüngere, Jon, Eharmibdes, 
Menon, Altibiades I, Kratylos, Euthp: 
demos, Protagoras, Gorgiad, Euthy: 
phron (in der Zeit zwilchen der Anklage und 
dem Tode des Sofrates gejchrieben), Apologie 
des Sokrates, erft nad jeinem Tode nieder: 
geichrieben, Kriton. In der zweiten Klaſſe 
würden folgende Schriften aufzuzählen jein: The: 
aitetos, Sophiftes, Bolitifos (von Arifto: 
tele8 ohne Namen des Berfafierd erwähnt, von 
Socder für unecht erflärt), Barmenides, Sym- 
pojion, Menerenos (nad Schleiermader un: 
echt), BPhaidros, Phaidon, Philebos, Po: 
liteia, 10 Bücher, Timaios, Kritiad. Zur 
dritten Klafie gehören die 12 Bücher von den 
Gejegen, unvollendet hinterlafien, bereit3 von 
Ariſtoteles erwähnt, von Aft mit Unrecht für unecht 
erflärt. Dagegen beginnt in nenefter Zeit immer 
mehr die Anficht des engliichen Gelehrten Grote 
durchzuichlagen, dab feiner der Dialoge vor dem 
Tode des Sokrates (alſo vor 399) abgefaht jei. 
Als ältefte haben wohl zu gelten Apologie, Kri: 
ton und Phaidon. Bon den meiften Auslegern 
werden für unecht erklärt: Epinomis, Allibiades 1. 
und I. Theages, Anteraftai, Hipparchos, Minos, 
Kleitophon. Endtich find als entſchieden unecht 
anzujehen und jchon im Altertum als ſolche er: 
fannt worden: xias, Altyon, Siiyphos, Ario: 
chos, Demodofos, öpor, don der Lehrbarkeit der 
Tugend, vom Gerechten, welche Boedh mit andern 
ald oxvrıxoi didhoyor des Sokratikers Simon 
nachzuweiſen verjudht hat. Hingegen darf mit 
Wahrjcheinlichfeit angenommen werden, daß uns 
feine echte Schrift des Platon verloren gegangen 
ift. Bol. Sufemihl, die genet. Entwidelung der 
platon. PBhilojophie (1855 ff.) — Gefamtausgg. von 
Belter (1816 ff.), Aft (1819 ff.), Stallbaum (1821 ff., 
1850; mit ausführl. Kommentar 1833 ff., einzelne 
Zeile in 5. Aufl.), Baiter, Orelli und Windelmann 
1839 ff.), 8. F. Hermann (1851 ff.; 2. Aufl. von M. 

ohlrab, 1887 ff.), Hirichig, Schneider und Hun— 
zifer (1856 ff.), Schang (begonnen 1875). Anfang 
einer neuen erfl. Ausgabe von Wohlrab (1877). 
Ausgg. ausgewählter Dialoge von Fiſcher, Hein: 
dorf, Engelhardt, Bnttmann, Knebel, Dronfe, Held, 
Stallbaum, Eron und Deuſchle, Schmelzer, Ber: 
tram, Ed. Göbel, M. Schanz u. a.; zahlreiche Ausgg. 
einzelner Dialoge. UÜberjeßungen von Schleier: 
macher (3. Aufl. 1855—62, undollendet) und 9. 
Müller (1850 ff., mit treffl. Einleitungen von Stein: 
hart). Erläuterungsichriften: Aſt, Platons Leben 
und Schriften (1816), K. F. Hermann, Geſchichte 
und Syitem der platon. Philojophie (1. Bd. 1838, 
unvollendet), 9. von Stein, 7 Bücher zur Ge: 
ihichte des Platonismus (1862—64), GSteinhart, 


054 


Platon Leben (1873), Grote, Platon and the 
other companions of Socrates (1875 3 Bbb.); 
ft, lexicon Platonicum (1835 ff.), Mitchell, index 
graecitatis Platonicae (1832), Teuffel, Überj. der 
platonijchen Litteratur (1874). — 2) aus Athen, 
der Komiker, Dichter der älteren und neneren 
attiichen Komödie, Verfafjer von 28 Stüden, Feind 
des Ariftophanes, blühte zur Zeit von Sofrates’ 
Tode, geſchätzt und lange Zeit gelejen, daher zahl: 
reiche Fragmente (gef. von Meinefe, com. Graec., 
iragm. Bd. II [Bd. I p. 357 ff. der Mein. Ausg.), 
und Rod, com. Att. fragm, I p. 601ff.). Ab: 
handlung von Cobet (1840). 

Plautli, wriprünglid wohl Plotii, ein plebe- 
jtiches Geſchlecht, deſſen bedeutendfte Mitglieder 
find: 1) E. Plaut. Broculus, focht im J. 368 
v. E. als Konjul mit Ruhm gegen die Hernifer. 
Liv. 7, 15. — 2) €. PBlaut. Benno Hypſäus, 
führte als Konſul 341 v. E. einen Krieg gegen 
Brivernum und Antium. Liv. 8, 1.— 3). Blaut. 
Decianus, kämpfte als Konſul 329 v. C. gleich— 
falls mit den Privernaten, deren Stabt er einnahm, 
und erwirkte den Beſiegten eine milde Behand: 
lung. Lir. 8, 20. — 4) E. Plaut. Benor, 
ei mit Appius Claudius Cäcus, legte der ge: 
ſetzlichen Beitimmung gemäß nad) 18 Monaten jein 
Amt nieder, ohne daß Appius ein Gleiches that 
(312 v. E.). Liv. 9, 29. 33. — 5) E. Plant, 
fämpfte gegen die Hilpanier als Prätor im J. 148 
v. E., richtete indes wenig aus, wurde deshalb in 
Rom angellagt und ging freiwillig in die Ber: 
bannung. Liv. ep. 52. Diod. Sie. 38, 2. — 6)M. 
Plaut. Silvanus, veranlafte 89 v. E. als Volks⸗ 
tribun mehrere Geſetze, unter andern eins über 
die — des Bürgerrechts. Cic. Arch. 4. 
(vgl. lex Plautia Papiria). — 7) P. Plant. 
Hypſfäus, Quäftor unter Bompejus 66 v. E. im 
Kriege gegen Mithridates, bewarb ſich im 9. 58, 
im Bunde mit Elodius, unter Beftehungen und 
Gewaltthätigkeiten um das Konſulat, wurde aber 
deshalb im nächſten Jahre angellagt und verur: 
teilt. Im 9. 58 hatte er ſich des verbannten 
Cicero angenommen. Cic. Mil. 9, 25. Flace. 20. 
Plut. Pomp. 55. — 8) A. Plaut., focht gleichfalls 
unter Pompejus gegen Mithridates als Legat 
(66 v. E.) und bekleidete 10 Jahre jpäter das 
Bolkstribunat. Dio Cass. 39, 16. — 9) E. Plaut. 
Plancus, eigentlid C. Munatius Plancus, j. 
Munatii, 6. — 10) M. Blaut. Silvanus, 
Kollege des Auguftus im Konſulate 2 v. E., diente 
unter Tiberius in Bannonien und Dalmatien, 
7—9 n. E., wo er, namentlich in der leßten Zeit, 
jeine Aufgabe glücklich löſte. Dio Cass. 55, 35 f. 
56, 12. — 11) PBlaut. Silvanus, ein naher 
Anderwandter des vorigen, tötete fich durch Öffnung 
der Adern, ald er wegen Gewaltthat gegen feine 
Frau auf Befehl des Tiberius vor Gericht gezogen 
werden jollte. Tac. ann. 4, 22. — 12). Blaut,, 
war der erjte, der unter der Regierung des Clau— 
dius (43 n. €.) bleibende Pak are in Bri: 
tannien madte. Tac. Agr. 14. eine Gattin 
Pomponia wurde als Chriftin angellagt, aber 
von ihm, dem die Unterfuchung der Sache über: 
lafien wurde, freigeſprochen. Jac. ann. 13, 32. 
— 13) Blaut. Yateranus, wurde unter Nero 
in jeine früher verlorene jenatorijche Würde wieder 
eingeſetzt, nachmals aber wegen Teilnahme an 
der Verſchwörung des Pilo zum Tode verur: 


Plautii — Plautus. 


teilt, den er ftandhaft erlitt. 
15, 60. 

Plantus, T. Maccius (nicht M. Accius), aus 
ber Heinen Landſtadt Sarfina im nördlichen Ilm: 
brien, ein älterer Zeitgenofie des Emmius und 
neben biejem der bedeutendfte römijche Dichter 
während des 6. Jahrh. u. c., wurde um 254 v. €. 

eboren und jcheint früh nach Rom gekommen zu 
Kein, wo er anfangs einen niederen Dienft bei 
dem eben aufblühenden Theater verjah und nad 
mißlungenen Hanbelsunternehmungen, in bemen er 
jein ganzes Bermögen einbüßte, fogar zu gemeiner 
Handarbeit in einer Mühle feine Zuflucht nahm. 
. diefer bebrängten Lage ſchrieb er feine erften 
omödien, welche jeinen Ruhm als Dichter rajch 
begrünbeten, und von diefer Zeit an war er eine 
lange Neihe von Jahren hindurch ausſchließlich 
als Dichter von Komödien thätig. Er ftarb in 
hohem Alter im %. 184. Oic. Brut. 15. Cat. 
mai. 14. Bgl. Leiling, von dem Leben und ben 
Werten des Plautus (Bd. 3 der Lachmannſchen 
Ausg.). Die Zahl der Stüde, weldye das Altertum 
unter jeinem Namen fannte, und von denen uns 
20 erhalten find, war außerordentlich groß; Gellius 
gibt fie auf 130 an. Sie waren jämtlih nad) 
griechiſchen Originalen der neueren attijchen Ko: 
möbdie gearbeitet (fabulae palliatae). Aber wäh: 
rend jeine Borgänger Livius Andronikos und 
Nävius, die einzigen römischen Dichter vor ihm, 
noch jehr an ihren griechiichen Muftern hafteten, 
behandelte Plautus zuerft dieje Vorlagen mit jelb- 
ftändiger freiheit, indem er ben fremden Stoff 
den römiſchen Verhältniſſen anpaßte und durch 
eigene Erfindung erweiterte. Das hohe poetilche 
Talent, mit dem er die rohen Anfänge der römi— 
ſchen Komödie zu einer in ihrer Art vollendeten 
Kunftgattung ausbildete, verdient unjere ganze 
Bewunderung. Seine Meifterichaft Tiegt vorzugs- 
weile in der lebendigen Friſche, mit der die Hand— 
lung von Anfang bis zu Ende durch die verſchie— 
denjten Scenen und Bermwidelungen hindurchgeführt 
wird. Dabei jteht ihm ein unerjchöpflicher, oft 
berber Witz zu Gebote, der ebenjomohl in der 
Schilderung lomiſcher Perjonen und lächerlicher 
Situationen, als in den jchlagenden Entgegnungen 
des Dialogs hHervortritt. Diejelbe Friſche prägt 
jich auch in der raſch dDahineilenden feurigen Sprache 
und dem leichten, aber troß aller Freiheit nicht 
regellojen Bersbau aus. Nur wegen diejer großen 
Lebendigkeit vergleicht ihn Horatius (ep. 2, 1, 58) 
mit dem griechiichen Dichter Epidyarmos, mit dem 
der Anhalt feiner Stüde nichts — hat. Der 
natürliche Reiz ſeines kräftigen Witzes und ſeiner 
einfachen Ausdrucksweiſe erwarb ihm ſchon im 
Altertume viele Freunde. Cie. off. 1, 20. Quant. 
10, 1, 99. Seine Stüde wurden noch nach jeinem 
Tode häufig aufgeführt und bis in die jpäteften 
lei mit Vorliebe gelejen. Bereinzelt fteht das 
rteil des Horatius (a. p. 270 ff.), der in jeinem 
Kampf gegen die Anhänger der älteren Litteratur 
auch der Bewunderung des Plautus entgegentreten 
mußte. Für uns wird das Intereſſe an dem 
Dichter dadurdy noch erhöht, dab er der ältefte 
unter den römijchen Schriftitellern ift, von dem 
uns vollftändige Werte vorliegen, aus einer Zeit, 
aus der wir außerdem nur einzelne Bruchjtüde 
bejigen. — Unter den erhaltenen Komödien zeich: 
nen ſich Captivi, Trinunmus nnd Rudens durch 


Tac. ann. 13, 11. 


Plebiscitum — Plemmyrion. 


enaue Eharakterzeichnuugen, plaumäßige Kompo— 
tion und ein feines Mafhalten im der ganzen 
Darftellung, Miles gloriosus, Pseudulus und 
Epidicus durd heitere Laune und eine Fülle 
fomijcher Scenen aus. Die übrigen heißen: Am- 
pbitruo, Aulularia, Asinaria, Bacchides, Casina, 
Curculio, Cistellaria, Menaechmi, Mercator, 
Mostellaria, Persa, Poenulus (wichtig durch einige 
Partien in punifcher Sprache), Stichus und Tru- 
culentus. Der früher arg entjtellte Tert des Blau: 
tus ift erft in neuerer Zeit durch die Bearbeitung 
von Fr. Ritichl und feinen Schülern in jeiner un: 
verfäljchten Geftalt wiederhergejtellt worden. Erſte 
Gejamtausgabe von G. Merula (1472), andere 
von Lambin (1576), Taubmann (zulegt 1621), 
J. F. Gronov (wiederholt von J. A. eiti, 1760), 
Bothe (1809 ff. und 1821), Fledeiien (1859, une 
vollendet), Fr. Ritichl (erfte Fritiiche Ausgabe, 
1849 ff., leider, gleich der Tertausgabe, unvollenbet 
geblieben), F. A. Leo (1. Bd. 1885), Uffing (1876 
—86, 5 Bbd.). Anfänge neuer Ausgg. von Ritſchl 
(1871 ff., fortgejegt von Löwe, Götz und F. Schöll, 
bis jet 15 Stüde) und U. Spengel (1875). Aus: 
gewählte Stüde von Lindemann, Brir (1. Bd. 
4. Aufl. 1888) und Lorenz. Ausg. des Miles glo- 
riosus bon D. Ribbed (1881), der Menaechmi 
von Bahlen (1882). Überj. von Donner (1864 ff., 
3 Bdd.). — Vgl. Ritſchl, Opuscula, Bd. 11 (1868). 
Müller, Blautiniiche Brojodie (1869). 

Plebiseitum, ein Beſchluß der Tributcomitien, 
nad dem Untragfteller benannt, wogegen die se- 
natus consulta nad ihrem Inhalte bezeichnet 
wurden. Über ihre legislative Befugnis ſ. Co- 
mitia, 8. 

Plebs, die römijche Gemeinde, welche durch die 
unter Tullus Hoftilius und Ancus Martius nad 
Rom verpflanzten befiegten Latiner gebildet wurde. 
Erft Servius Tullius machte diejelben zu Bürgern 
und fuchte diefe Neubürger (Plebejer) mit den 
bisherigen einzigen Bürgern, den Patriciern oder 
Altbürgern, durch jeine neue Klaſſen- und Centu— 
rieneinteilung zu verjchmelzen, j. Centuria, Co- 
mitia und Patres. Nach der Könige Vertreibung 
begann der heiße Kampf zwiſchen beiden Ständen 
und endigte zuleßt damit, daß die Plebejer nad) 
langem Ringen in den Hauptſachen Gleichheit mit 
den Batrictern erhielten. Das Nähere j. Patres. 
Plebs mit populus verbunden ift Teilbegriff, in 
der Kaijerzeit bezeichnet es das niedrige Bolf. 

Pleiädes, IIlsıcdes, Illniadıg, ITelsıdösg, 
Pliades, die Pleiaden, Töchter des Atlas und ber 
Dfennine Pleione oder Aithra, Schweitern der 
Hyaden, das Siebengeftirn, die Sterne der 
Schiffahrt, mit deren Aufgang die der Schiffahrt 
günftige Jahreszeit, mit deren Untergang die Zeit 
der Stürme beginnt. 6 von dieſen Sternen jind 
fichtbar, der fiebente ijt dunfel (j. Merope, 3.). 
Aus Schmerz über den Tod ihrer Schweitern, der 
Hyaden, ober über das Geſchick ihres Baters töteten 
fie fich jelbft und wurden unter die Sterne verjept; 
oder: von dem riefigen Jäger Orion 5 Monate 
lang verfolgt, wurden fie auf ihr Flehen in Tauben 
melsıcdes) und darauf in Sterne verwandelt. 

as Sternbild Orion bewegt fih 5 Monate lang 
am Himmel neben den Pleiaden hin. Die dodo— 
naitiihe Sage (Hom. Od. 12, 59 ff.), daß Tauben 
dem Zeus Ambrofia bringen, daß aber, indem fie 
an den Planften, den Irrfelſen, vorbeiflögen, 


955 


immer eine getötet werde, die ftets von Zeus er: 
ſetzt werde, bezieht ſich auf das Pleiadengeftirn, 
das mit einem Fluge Tauben verglichen werden 
fann; zu Dodona hießen die Prieiterinnen Ils- 
Asıades, und Tauben waren dort Weisjagevögel. 
Die gewöhnlichiten Namen der Wleiaden find 
Eleltra, die glänzende, von Zeus Mutter des 
Dardanos und Eetion, Maia, von Zeus Mutter 
des Hermes, Taygete, von Zeus Mutter des 
Lafedaimon, Altyon e, Eisvogel, weil dieſer Vogel 
beim Aufgang der Pleiaden im —— brütet, 
von Bojeidon Mutter des Hyrieus, Merope, 
Menſchenkind, von Siiyphos Mutter des Glaufos, 
Kelaino, die dunkle, von Bojeidon Mutter des 
Lykos und Nylteus, Sterope, von Ares Mutter, 
nah andern Gemahlin des Oinomaos. — Das 
Stebengeftirn hieß bei den Römern Vergiliae 
(a verni temporis significatione, nad Servius 
zu Verg. @. 1, 138), weil bei ihnen jein Früh— 
—— in den Frühling, in die erſte Hälfte des 
ai, fiel. 

Plelas, Teicis, wurde im alexandriniſchen 
Beitalter eine Gruppe von 7 tragiſchen Dichtern 
genannt, deren Blüte in die Beit von Ptolemaios 
Philadelphos fällt. Uber den ſ. g. Kanon ber 
älteren Tragiter j. Alexandria, g. E. Die zur 
tragischen Neins gehörigen Dichter waren: Ho: 
meros, Sohn des Andromadhos und der Dichterin 
Myro, Berfafjer von 45 Tragödien, Soſitheos, 
Lytkophron, Alerander Nitolos, Philiſtos, 
Sojiphanes und Dionyfiades; vgl. über dieje 
die einzelnen Artikel. 

Pleistarchos, IIlstorugyos, Sohn des Leo— 
nidas, Agiade, Neffe und Mündel des Feldherrn 
Paufanias. Hdt. 9, 10. 

Pleisthönes j. Agamemnon und Atreus. 

Pleistoänax, /IAsiorodve& oder TMAsorüref, 
König von Sparta, ah des Paufanias, folgte 
noch als Kind dem Bleiftarchos, Sohn des Leoni— 
das, 458 v. E. Thuc. 1, 107. Als er, noch jung, 
mit feinem Ratgeber Kleandridas mit einem Deere 
in Attika einfiel, 445, und Berifles fie zum Rüd: 
zuge beftimmte, wurden fie beichuldigt, beftochen 
zu fein. Kleandridas wurde deshalb zur Konfis: 
ation des Vermögens verurteilt und geächtet, 
Bleiftoanar aber mit einer Geldtrafe belegt, verfiel 
in Atimie und floh nad Arkadien. Thuc. 2, 21. 
8, 26. Plut. Per. 22. Erſt nah 19 Jahren 
fehrte er nad) Sparta zurüd, bemühte fich um 
bie Beilegung des Krieges mit Athen und jchlof 
421 mit Nikias den Frieden ab. T’huc.5, 16f. Er 
ftarb 408. 

Pleistos j. Phokis, 1. 

Plektron j. Musica, 8. 

Pleminius, Quintus, eroberte im zweiten 
puniſchen Kriege als Legat des Scipio (205 v. €.) 
eine der Burgen der Stadt Loeri, über melde 
ihm der Konjul nad der gänzlihen Einnahme 
berjelben den Befehl gab. Aber wegen unglaub: 
liher Räubereien an Tempeln und Seikhandkung 
der Bewohner wurde er in Rom angellagt und 
ſtarb nach einigen noch vor der Verurteilung; nad) 
andern wurde er (194) hingerichtet, ald man ihn 
aus dem Kerker zu befreien ſuchte. Liv. 29, 6 fi. 
21.34.44. Val. Max. 1,1, 21. 

Plemmyrion, /Isuuvgıo» ängor, Vorgebirge 
Siciliens, füdlid von Syrakus, der Stadt Ba 
über, durch welches die Mündung des großen 


956 Ilnuoyon 
Hafens von Syrakus verengt wurde; deshalb be: 
jeftigte Nikias Plemmyrion (Thuc. 7, 4). ©. 
Syracusae, 

IIinuoxon ſ. Eleusinia, 3. 

Plethron j. Malse. 

Pleumoxti, Bölterichaft im belgischen Gallien, 
den Nerviern unterworfen; wahrjcheinlich im heu— 
tigen Weftflandern in der Gegend von Morhe an 
der Mehaigne. Caes. b. g. 5. 39. 

Pleuron, IIAeveor, alte, jhon von Homer (Il. 
2, 688. 13, 217. 23, 635) genannte, Stadt Aito— 
liens am jüdlichen Abhange des Arafynthos, nord: 
weftlih vom Euenosfluß, beſaß einen berühmten 
Athenatempel. Als Demetrios Il. von Makedonien, 
Enkel de& Poliorfetes, um 234 v. E. die Gegend 
vermwüftete, verliehen die Bewohner ihre Stadt und 
bauten etwas nördlicher Neu: Bleuron, welches noch 
PBtolemaios fennt. Die Ruinen der alten Stadt 
find beim heutigen Ghifto-faftro, die von Neu: 
Bleuron, welche zu den befterhaltenen Städterninen 
Griechenlands gehören (", Stunden lange Mauern 
mit 7 Thoren und etwa 30 Türmen, Theater 
u. j. w.), am Fuß des Zygos unter dem Namen 
zo xdorgov rüg nvelag Elerjvns. Thuc. 3, 102. 
Strab. 10, 451. 

Plexippos, /IAn&ırmog, 1) der von Meleagros 
(f. d.) getötete Mutterbruder, der an der kalydo— 
nischen Jagd Anteil nahm. — 2) Sohn des Phineus 
und der Stleopatra. 

Plinii, 1) C. Plinäus Secundus, zum 
Unterjchiede von jeinem Neffen maior genannt, 
ift zu Novum Comum (wahricheinlicher als zu 
Berona) im Jahre 23 n. E. geboren. Über feine 
Eltern und jeine Erziehung wiſſen wir nichts. 
Nachdem er jeine Jugend umter angeftrengten 
Studien, wie e3 fcheint, in Rom zugebradjt hatte, 
finden wir ihn ald Befehlshaber bei der Reiterei 
in Germanien (Plin. ep. 3, 5, 1ff. Plin. n. I. 
13, 26, 12), 52 wieder in Rom, 67 als Brofurator 
in Hipanien und dann in hoher Gunft bei Veſpa— 
fian. Zuletzt war er Befehlshaber der bei Miſe— 
num ftationierten Flotte (Plin. ep. 6, 16), wo er 
bei dem im %. 79 erfolgten Ausbruche des Veſuv 
feinen Tod fand. Die ausführliche Beichreibung 
von dieſem traurigen Ende liefert der Neffe (ep. 
6, 16). Ebenderjelbe gibt Zeugnis von feinem un: 
geheuren Fleiße und ber raftlojen Arbeitiamleit, 
mit der es ihm gelang, die vieljeitigften Studien 
zu machen und eine ausgebreitete, ſchriftſtelleriſche 
IThätigfeit zu entwideln. Der Ruf, den er bei 
den Zeitgenofjen hatte, sune aetatis doctissimus 
zu fein, wird durch die Mannigfaltigkeit und den 
Umfang jeiner Schriften beftätigt, von denen ber 
Neffe (ep. 3, 5) ein chronologiiches Verzeichnis ge: 
liefert hat. Kriegswiſſenſchaftlich ift de iacula- 
tione equestri liber unus, aus der Dienftzeit in 
Germanien ; hiſtoriſch de vita Pomponii Secundi 
libri duo (vgl. n. A. 16, 4), bellorum Germaniae 
libri XX, gleichfall® während der Dauer ber 
Dienftzeit in Germanien angefangen und von 
Tacitus (ann. 1, 69 und wohl aud in der Ger- 
mania) benußt, ebenſo wie das zweite größere 
Geichichtöwert: a fine Aufidii Bassi libri XXXI 
oder historia temporum meorum (n. h. praef. 20 
und 2, 85. 106. Tac. ann. 15, 53. hist. 3, 28), 
ein Werk, auf das die übereinftimmende Daritel- 
lung der Ereignifje der Jahre 68 und 69 n. E. 
bei Tacitus, Sueton und Plutarch (Leben des 


— Plinii. 


Galba und Otho) zurüdzuführen jein dürfte In 
das Gebiet der Rhetorik gehören: studiosi libri 
tres, in sex volumina propter amplitudinem 
divisi, quibus oratorem ab incunabulis instituit 
et perfecit, in das der Grammatik die in den 
legten — eig Tapas Neros verfaßten Dubii 
sermonis libri VIII, in denen er für den allge: 
meinen, wie den bejonderen Sprachgebrauch bedeu—⸗ 
tende Schriftiteller zur Feſtſetzung der ins Schwanten 
getommenen Sprache benußt zu haben jcheint. — 
Uns find bloß Naturalis historiae (ber Neffe 
ichreibt Naturae historiarum) libri XXXVII mit 
einer Widmung an Titus erhalten, die im Jahre 
77 dem Zitus überreicht, aber bis zu des Verfaſſers 
Tode fortwährend mit —— und Abãnderungen 
verſehen worden ſind, wie überhaupt im ganzen 
Werke Spuren ber Nichtvollendung zu finden find. 
Er jelbit bezeichnet das Werf als eine Enchflo: 
pädie und verjichert, den Anhalt aus mehr als 
2000 Bänben geichöpft zu haben. Das 1. Buch 
gibt den Inhalt des ganzen Werkes und ein Ber: 
zeichnis der benußten Schriftfteller; das 2. handelt 
von der Welt und von den Elementen und knüpft 
daran Witronomie und Phyſik; Buch 3—6 gibt 
eine, meift auf Namensangabe fi) bejchränfende 
Geographie; darauf folgt die eigentliche Naturge: 
ichidhte, und zwar im 7. Buche die Anthropologie, 
im 8—11. die Zoologie (8. Landtiere, 9. Wafler- 
tiere, 10. Bögel, 11. Inſekten, worauf noch einiges 
zur vergleihenden Anatomie Gehörige folgt), im 
12—19. die Botanik (12—17. Bäume, 18. Früchte, 
19. Gartenpflanzen). Mit dem 20. Buche beginnt 
die Materia medica, jomweit die Heilmittel aus 
dem Bilanzen: (B. 20—27.) und aus dem Tier: 
reiche (B. 28— 32.) genommen werben. Den Schluß 
madıt die Mineralogie, eigentlich Metallurgie und 
Lithurgie, aljo Angaben über die Heilfraft der 
Metalle (33. 34.), über die Farben und die Ma: 
lerei (85.), Skulptur (36.), in denen es nicht an 
intereffanten Mitteilungen über Künftler und deren 
Werke fehlt. Das Ganze joll kein Spftem jein, 
jondern bildet nur eine georbnete Notizenfamm: 
lung, angelegt nicht von einem gründlichen Kenner 
der verichiedenen Zweige des Wifjens, jondern von 
einem Dilettanten, dem in den meiften Fällen 
eigene Anichauung und Beobadhtung mangelt, und 
der noch dazu jeine Ercerptenarbeit raſch fördern 
muß, um mur jeine Aufgabe zu erfüllen. Es iſt 
nicht jchtver zu erfennen, daß eine Sichtung und 
Prüfung der Quellen von ihm nicht angeftellt ift, 
daß er ſelbſt aus den benußten Büchern mehr 
Seltenes und Auffallendes gewählt und dabei durch 
Mifverftändniffe der Quellen oder durch Fehler 
in den Handſchriften zu Irrtümern verleitet ift. 
Ein Wert, das jo aus Sammlungen und Ercerp: 
ten entftanden, fann im feiner Darftellung nicht 
gleihmäßig jein; fein Stil ift bei der gejuchten 
Gedrängtheit dunkel geworden, bald — in den 
Aufzählungen, bald lebendig und deklamatoriſch,— 
am beiten in den Einleitungen zu den einzelnen 
Büchern, die ftiliftiich jehr jorgiam behandelt find. 
Dies Werk hat fich großes Anjehens zu erfreuen 
gehabt; jchon im 3. Ye n. &. gab Solinus 
einen Auszug zur phyſiſchen Länderbejchreibung. 
Ganz bejonders aber ſtand es in Achtung wäh— 
rend des ganzen Mittelalters (mit Ausnahme des 
öben und traurigen 11. Jahrh.), deſſen Schrift: 
jteller e8 fleißig benutzten, auszogen und nachahmten. 


Plistia — Plotinos. 0957 


In der neueiten Zeit endlich ift durch Sillig, 
dv. Jan, Detlefien, Urlichs, Mayhoff u. a. die Kri: 
tif des Tertes jehr gefördert, der Plan aber, durch 
gemeinjames Wirken auch die Erklärung des Sad): 
inhalts weiter zu bringen, wie ihn die deutſchen 
Naturforicher gefaßt hatten, zurüdgeichoben. — 
Ausgaben: Ed. pr. Venedig 1469, J. F. Gronod 
(1669), 3. Harduin (zulegt 1778 ff), I. Sillig 
(1831--36; große frit. Ausg. 1851 ff.), L. v. Jan 
(1854 ff, 2. Aufl. von Mayhoff 1870 ff.), Detlefſen 
(1866 ff.). Befte Über. von Strad (1854 ff.). Ur: 
lichs, chrestom. Pliniana (1857). Joh. Müller, 
der Stil des älteren Plinius (1883). — 2) €. 
Blinius Cäeilius Secundus, ein Neffe und 
Adoptivfohn des älteren Plinius, wurde im J. 62 
n. &. in Novum Gomum im transpadaniichen 
Gallien geboren (Plin. ep. 6, 20, 5) und ftarb um 
das J. 114. Nach dem Tode jeines Vaters wurde 
er bon jeiner Mutter und feinem Wdoptibvater 
jehr forgfältig erzogen. Bon früher Jugend an 
zu wiflenfcharttichen Studien angeleitet und durch 
die berühmteften Lehrer der Zeit, in der Rhetorik 
durch Duintilian (Plin. ep. 2, 14, 9), gebildet, 
zeichnete er fich jehr bald ald Redner von Geift 
aus, nahm während der milden Regierung Trajans 
ebenjowohl an den Staatsgejhhäften, ſoweit bie 
Kaiferherrichaft eine Beteiligung an diefen noch 
zuließ, als an den gelehrten Beſtrebungen der 
damaligen Zeit einen lebendigen Anteil und ge 
langte rajch zu dem höchiten Würden und Amtern. 
Nachdem er im Jahre 100 das Konjulat bekleidet 

tte, verwaltete er von 111 (oder 112) an ala 
aijerlicher Legat die Provinz Bithynien. In jeinen 
Briefen, welche, offenbar von Anfang an für die 
Beröffentlihung gejchrieben, ung in einer Samm— 
lung von 9 Büchern erhalten find, tritt uns der 
milde, wohlwollende Charakter des Mannes, feine 
edle Begeiiterung für alles Gute und Schöne, 
daneben aber auch eine große Selbftgefälligfeit und 
ein Meinlicher Ehrgeiz entgegen. ftand nicht 
nur mit allen an J— ännern ſeiner Zeit 
in genauer Verbindung, ſondern genoß auch das 
beſondere Vertrauen des Kaiſers —— und be—⸗ 
nutzte den Einfluß, der ihm dadurch zu Gebote 
fand, ebenjo wie fein ſehr anfehnliches Vermögen 
mit großer Uneigennüßigleit zur Unterftügung 
jeiner Freunde umd zur Förderung litterariicher 
Intereſſen oder wohlthätiger Zwecke. Außer einigen 
poetiichen Berjuchen (ep. 4, 14, 2. 7, 4, 2) wandte 
er ſich mit großem Eifer zur Beredjamfeit, in ber 
er in der Nachahmung Eiceros feinen Ruhm fuchte. 
Dadurch gelang es ihm, troß feiner beichränften 
Anlagen, fih einen ag litterarifchen Ruhm zu 
erwerben und neben Zacitus allgemein als der 
bedeutendfte Gelehrte jeiner Zeit verehrt zu werden 
(ep. 7, 20. 9, 23). Die anichaulichften Schilde: 
rungen der gejelligen Berhältniffe, der Litteratur 
und des öffentlichen Lebens der Zeit, namentlich 
jeine ausführlichen Berichte über die Gerichtäver: 
handlungen, in denen er als Anwalt glänzte 
(2, 11. 3,4. 9. 4, 9. 5, 20), und über die öffent: 
lien Recitationen der Schriftiteller (1, 13. 2, 19. 
3, 18. 7, 17), ſowie aud die anmutige Beichrei- 
bung jeines freundlichen Verkehrs und feiner Stu: 
dien, welche er in behaglicher Mufe unter den 
—— Verhältniſſen betrieb, geben ſeinen 

riefen ein hohes Intereſſe. Beſonders leſenswert 
iſt die Schilderung von dem Ausbruche des Veſuvs 


(6, 16. 20) und die Beſchreibung ſeiner Landgüter 
(2, 17. 5, 6). Die von Mommſen (Hermes, Bd. 3 
©. 31.) aufgeftellte Behauptung, daß in den 
Briefen durchweg die chronologiiche Ordnung be: 
folgt jei (vom J. 97 an), fteht in Widerſpruch 
mit der Erflärung im erften Briefe: collegi non 
servato temporis ordine und läßt fich auch jonft 
durch Beiſpiele von Briefen miderlegen, die jene 
Anordnung nicht zeigen (Peter im Rhilologus, 
Bo. 32 ©. 698 ff.). Sein Stil ift nach den älteren 
Muftern, bejonderd Cicero, mit großer Sorgfalt 
gebildet. Vgl. Kraut, über Syntax und Stil des 
jüngeren ®linius (1872). Einen eigentümlichen 
Neiz hat die Sammlung der kurzen geichäftlichen 
Briefe, welche er während der Berwaltung ber 
aka Bithynien in den Jahren 111—113 an 

rajan richtete, nebft mehreren Antwortichreiben 
des Kaiſers. Weit weniger anziehend ift der Pa- 
negyricus auf Trajan, eine Dantrede für Ertei: 
fung des Konſulats, die er nach der Sitte ber 
Beit als Konful im Senate vortrug und nad): 
träglich umarbeitete, in einem gezierten, fünft: 
lihen Stil und voll übertriebener Schmeichelei, 
weldye nur in den allgemeinen re rege — 
einige Entfhuldigung findet. — Gejamtausgg.: Ed. 
pr. 1508, bon Gesner (1770; neue Ausg. von 
Schäfer, 1805), Gierig (1806), 9. Heil (1853; 

rößere Ausg. 1870, mit trefflicdem Inder von 

ommjen, Dauptausgabe). Ausgabe der Briefe 
von M. Döring (1843). 

Plistia, Ort in Samnium zwijchen den Bergen 
Tifata und Taburnus, j. Preſtia. Liv. 9, 21 f. 

Plotii (bei andern Plautii): 1) bejiegte im 
marfischen Kriege als Legat des Eato die Umbrer. 
Oros. 5, 8. — 2) 2. Plot. Gallus, errichtete in 
Eiceros Jugendzeit die erfte lateiniſche Rhetoren— 
ſchule zu dom Cie. Arch. 9. Quint. 2,4. — 
3) 9. Blot., beffeidete im Jahre 54 v. E. die 
Ädilität und war fpäter ftädtiiher Prätor. Cie. 
ad Att. 5, 15, 1. — 4) Blot. Tucca, ein Dichter 
und Freund des Horaz und Bergil, erhielt mit 
2. Barius ald Erbe des Bergil den Auftrag, die 
Aeneis nach deſſen Tode zu emendieren. Sichere 
Spuren ae redigierenden Thätigfeit find nicht 
nachzuweiſen. — 5) Plot. Griphus, gelangte 
durch Beipafian in den Senat, trug jpäter zum 
Sturze des Antonius Primus bei und wurde im 
Jahre 71 n. E. Prätor. Tae. hist. 3, 62. 4, 39. 
— 6) Marius Plot. Sacerdo3, ein lateinijcher 
Grammatiker unter Diocletian, von welchem wir 
eine wenig wertvolle ars grammatica in 3 Büchern 
bejigen, deren brittes®von der Metrif handelt 
(herausg. von 9. teil, gramm. Lat. Bd. VI 
p. 415 ff.). 

Plotina, Gemahlin Trajans, eine von röm. 
Schriftftellern gefeierte Fürftin (Plin. paneg. 38), 
ftand dem Sailer fräftig zur Seite und beftärfte 
ihn in guten Handlungen. Sie blieb ihrem bei 
der Thronbefteigung gefaßten edlen Vorjape treu. 
Dio Cass. 68, 5. hr verdanfte Hadrian feine 
Adoption durch Trajan, und jener ehrte deshalb 
in danfbarer Anerkennung ihr Andenfen noch nad) 
ihrem Tode (125 n. €.) und erbaute ihr einen 
Tempel. Dio Cass. 69, 10. 

. Plotinos, ITIorivog, geboren zu Lykopolis in 
Agypten 204 n. E., war von jeinem dreißigften 
bis vierzigften Lebensjahre begeifterter Schüler des 
Ammonios Saftas in Alerandreia, machte hierauf 


958 


Reifen durch Perfien und Jndien und lebte zu: 
leßt 26 Jahre in Rom. Hier trug er jeine neu: 
platonijche Lehre vor, eine myſtiſch-allegoriſche Ber: 
einigung griechiſcher Syſteme mit orientaliichen, 
ägyptifchen und jübijch= hriftlichen Vorſtellungen. 
Seine Begeifterung und jein ftreng jittliches Leben 
verihafften ihm viele Anhänger. Pl. war eine 
durchaus fontemplative Natur: er juchte das Ziel 
in der Vereinigung mit der Gottheit, dem inner: 
lichen Schauen mit geiftigem Auge, dem freilich 
ein ftrenges Leben entſprechen jollte, um die Seele 
aus ihrem gejunfenen Zuſtande zu befreien. Er 
fleidete jich wie ein alter Pythagoreer und wollte 
eine vermwüftete Stadt Campaniens wieder auf: 
bauen, um dort einen Staat nad platoniichen 
Ideen zu gründen. Der Kaifer Gallienus gab die 
Erlaubnis, aber die Minifter widerrieten es, und 
der Plan mißlang völlig. PL. ftarb auf dem Land— 
fige eines Freundes in Campanien, 269. — Seine 
tieffinnig ſchweren Schriften find von ſeinem Schüler 
und Biographen Borphyrios (f. d.) in 6 Enneaden 
eingeteilt, geordnet und verbeſſert — es ſind 
54 verſchiedene Abteilungen, z. B. zeol &geran, 
megl Öakentinüs, migl rod »alod, zive xcel 
nöder Tu nand, megl toü “oouov, egi einag- 
uEvns, r. ngovolag, . fowrog, m. Yuzüs, meüg 
tous I'vworıxodg u. |. w. — Ausgg. von Ereuzer 
(1825), Ereuzer und Mojer (1855, mit der Überj. 
des Marfilius Ficinus), Kirchhoff (1856), 9. 8. 


Müller (2 Bdd. 1878 f.) und N. Voltmann (2 Bdd. 
1883 f.). Deutfche Überj. von Müller (2 Bdd. 
1878 5). Vgl. Kirchner, Philofophie des Plotin 
(1854). 


Plutarchos, [Iovr«gyos, 1) Tyranı von Ere: 
tria auf Euboia zur Zeit des Pholion und De: 
mofthenes, bat die Athener um Hülfe gegen Klei— 
tarhos. Phokion führte ein Heer nach Euboia, 
ftellte jeine Herrſchaft wieder her, vertrieb ihn aber 
bald nachher, da er von den Athenern abfiel. 
Plut. Phoc. 12 f. Dem. de pace 5. 2) griechi⸗ 
ſcher —— war geboren in der Mitte des 
1, Jahrh. n. C. zu Chaironeia in Boiotien. In 
Athen hat er — eine Zeit lang ſtudiert; 
als ſeinen Lehrer bezeichnet er ſelbſt den Ammo— 
nios, deſſen Biographie er auch verfaßt hat. 
Größere Beifen und ein längerer Aufenthalt im 
Italien und Rom gehören ebenfalls in jeine 
Jugendzeit. In Rom wurde er mit E. Sofius 
Senecio (j. Sosii, 3.), der unter Trajan mehrmals 
Konjul war, befreundet; ihm hat er mehrere Bio- 
graphien gewidmet. Auch wurde er an den Hof 
gezogen und mit dem Unferricht des nachmaligen 
Kaijers Hadrian beauftragt. Nach Suidas erhielt 
BL. von Trajan die konſulariſche Würde; auch er: 
teilte diejer Kaiſer allen Behörden Juͤhriens die 
Weiſung, ſich nach deſſen Anſichten und Ermeſſen T 
zu richten. Hadrian machte ihn zum Prokurator 
von Griechenland, und in ſeiner Vaterſtadt ver— 
waltete er das Amt eines Archon und Oberprieſters 
des Apollon Pythios. Er ſtarb vermutlich in den 
erſten Regierungsjahren des Hadrian, um 120. 
Schriften (von denen uns unter dem Namen feines | 
Sohnes Lamprias eine Aufzählung, draygapı) 
röv IR. Bıßllov, überliefert ift): A) Biogra= 

phien (Bio aoalinkor), unter Trajans Regie: | 
rung Sera und in Ehaironeia geſam— 
melt oder herausgegeben, Lebensbejchreibungen 
ausgezeichneter Männer in Griechenland und Rom, 


Plutarchos. 


bon denen gewöhnlih 2, ein Grieche und ein 
Nömer, in der Weiſe miteinander verbunden und 
behandelt find, daß eine Vergleichung beider hinzu: 
gegeben wird. Wir befigen noch die Biographien 
von: Thefeus und Romulus (zulegt geichrieben‘, 
Lyfurgos und Numa Pompilius, Solon und 
Balertus Publicola, Themiftolles und Camillus, 
Perikles und Fabius Marimus, Alkibiades und 
Coriolanus, Timoleon und Paulus Amilius, Be: 
lopidas und Marcellus, Arifteides und Eato d. ä., 
Philopoimen und Flamininus, Pyrrhos und Ma: 
rius, Lyſander und Sulla, Kimon und Lucullus, 
Nikias und Craſſus, Eumenes und Sertorius, 
Ageſilaos und Pompejus, Alexander und Cäſar, 
Phokion und Cato d. j., Agis und Kleomenes und 
den beiden Gracchen, Demoſthenes und Cicero, 
Demetrios Poliorketes und Antonius, Dion und 
Brutus, zu denen noch die geſonderten und be— 
ſonders ausgearbeiteten Biographien des Arta— 
xerxes Mnemon, Aratos, Galba und Otho hinzu— 
tommen. Einigen Parallel-Biographien fehlt am 
Schluſſe die eigentliche Vergleichung, oryreusıs: 
andere Biographien, 3. B. die des Ammonios, 
bes älteren Scipio, des Epaminondas und des 
jüngeren Scipio, find verloren. Ju feinen Lebens: 
bejchreibungen wollte Pl. feine eigentlihe Ge— 
ichichte geben, fondern eine Darftellung des Cha- 
rafters und des inneren Menjchen, die zwar meift 
eine panegyrifche Färbung hat, aber bejonders für 
jugendlihe Gemüter um jo —— iſt, die 
ſich zu allen Zeiten durch i * Studium für das 
Große begeiftert haben. Wohlthuend ift auch des 
Verfaſſers ſittlicher Ernft, jein milder, menjchen: 
freundlicher Sinn, fein tiefes Gemüt, feine religiöfe 
Geſinnung und die Begeifterung für das von der 
edeljten Seite anfgefaßte Altertum. Um Wahrheit 
und Treue war es ihm überall zu thun, twie durch 
die bejonders in meuejter Zeit angeftellten zahl: 
reichen Unterfuchungen über jeine Quellen (von 
Heeren, 8. F. Hermann, Haug, Klapp, Thilo, 
Beter, Miüllemeifter, Wichmann, Bachof, Qued, 
Wetzel, Frid, Häbler, Buchholz, Gebhard, Schu: 
bert, ride, Vollgraff, Reuß, Klatt, Golg, Schulz 
u. a.) erwiejen ift. Die Sprache bewegt ſich noch 
im reinen Atticismus, der Satzbau ift aber etwas 
ichwerfällig dur die zu lang —— Sätze 
und gehäuften Bilder. — Ausgg. der Biographien 
von —** (1809 ff.), Schäfer (1825 ff.), Sintenis 
(1839 ff., frit. Hauptausgabe; TZertausgabe 1852 ff. 
und 1858 ff.), Döhner (mit latein. Überſ., 1847), 
J. Belfer (1855 ff.). Ausgg. eins. Biographien 
von Yördens, Leopold, Bredow, Schneider, Fabrici 
(RR. Reifig), Bähr, Baumgarten: Erufins, Bögelin, 
| veld, Sıntenis, Schömann, Kraner, Gottichid, 
Sie, Blaß, Büchjenjhüg, Herder, Graug. — 
berjegungen von Kaltwaſſer (1799 ff.) und Eyth 
(1864 ff.) — B) Moralia, "Höınd oder cvyyocu⸗· 
ucerce wintd, eine Sammlung von etwa 70 einzel- 
nen Aufjägen jehr verſchiedenen und mannigfachen 
Inhalts, der mit dem gemeinjamen Namen Mo- 
ralia mißbräuchlid) bezeichnet wird; manches davon 
iſt auch unecht und untergeichoben. Wir treffe: 
unter diejer großen Anzahl einzelner Aufjäge eine 
| Reihe geichichtlich-antiquarischer und litterariſch— 
hiſtoriſcher Abhandiungen; andere behandeln das 
Gebiet des Lebens und der Politik und haben 
eine populäre und praktiſche Richtung; andere be: 
| ziehen ſich auf religiöfe fragen und den Kultus; 


Pluteus — 


noch andere auf Philojophie und deren Gejchichte. 
In allen diejen Schriften, deren Titel einzeln hier 
nicht angegeben werden können, erjcheint der Ver: 
faſſer praftiih und popularifierend, aber aud) 
wieder weitichweifig und breit, überladen mit Bil: 
dern und gelehrten Citaten, bisweilen auch ins 
Triviale fallend. Die Perioden leiden auch hier 
an Schwerfälligfeit. — Hauptausg. der Moralia 
von D. Wyttenbach (17951800, wiederholt von 
Schäfer 1796 ff.), Anfang einer neuen Ausgabe 
von Herder (Bd. 1. 1872), von Bernardalis 
(Bd. 1. 1888, Bd. 2. 1889). Überſetzungen von 
Kaltwafjer und Bähr, Ausgg. einzelner Schriften: 
de Iside et Osiride von Parthey (1850); de 
liberis educandis von Henfinger (1749) und 
Schneider (1775); de sera numinis vindicta von 
Wyttenbach (1772); consolatio ad Apollonium 
von Uijteri (1830); de Auviis (unecht) von R. 
Herder (1851); de musica von R. Volkmann 
(1857); de proverbiis Alexandrinorum (bisher 
ungedrudt) von O. Erufius (1837) — Gefamt: 
ausgg. von H. Stephanus (1572), Reisle (1774— 
1782), Hutten (1791—1805), Dübner und Döhner 
(1841-55). — Monographie von Bollmann, Pl. 
Leben, a: und PBhilojophie (1869). 

Plutöus j. Belagerung, 10. 

Pluton j. Hades. 

Plutos, [Iloörog (auch IIlovrwr, Arist. Plut, 
727), PBerjonififation des Reichtums. Demeter 
aeuge ihn mit Jafion auf dreimal geadertem 

radhfeld in Kreta. Hesiod. theog. 969, vgl. Hom. 
Od. 5, 126. Da die Gaben des Reichtums ohne 
Rückſicht auf Berdienft verteilt find, jo Ddichtete 
man, er jei von Zeus geblendet worden. Arist. 
Plut. 90. Zu Theben ftand eine Statue der Tyche 
von Kenophon, den Plutos als Kind im Arme 
(Paus. 9, 16, 1), ebenjo zu Athen die Eirene, ein 
Meifterwerf des älteren Kephifodotos, zur Erinne: 
rung an bes Timotheos Sieg bei Leulas A 
geihaffen, wovon wir eine rmorlopie bejigen 
(j. die nebenftehende Abb.), zu Thejpiai jtand er 
neben Athene Ergane. Er jcheint. als 
Knabe mit dem Füllhorn dargeftellt zu ein. 

Biere: ein Trauerfeſt der Athene, zu 
Athen nad dem am 19. Thargelion (Mar— Juni) 
— Feſte Kallvrrrjigıw ein vder —— 

age be ge An den Kallynterien Ausfege— 
feft) wur Zempel der Pallas Polias, das 
Erechtheion, gereinigt; an den Plynterien war die 
Hauptceremonie die Reinigung des alten Holzbildes 
der Ballas Bolias, indem man dasjelbe in einer 
Berhüllung nad) dem Strande bei Phaleron brachte 
und dort im Meere wuſch. Das Geichäft wurde 
auf geheimnisvolle Weije von dem Geſchlechte der 
Prariergiden bejorgt, während die Stadt alle Ge: 
ſchäfte ruhen ließ, und ein Seil den Zutritt zum 
Tempel der Göttin wehrte, Siehe Mommien, 
Heortologie ©. 427 ff. 

vos |. Attika, 12, 

Pocülum j. Trinkgefülse. 

Podaleirios j. Machaon. 

Podarge j. Harpyien. 

Podarkes, Iloödexns, 1) j. Priamos und 
Herakles, 11. — 2) j. Protesiluos, 

Podium j. Theatron, 15, 

THodwxein j. Gymnasium, 5. 

Poena hieß urſprünglich das Löjegeld für eine 
Schuld, jpäter jede Strafe überhaupt, — Poena 


Tlok&uagyos. 959 


eapitalis im weiteren Sinne iſt eine Strafe, 
welche Leben, freiheit, Bürgerrecht und Ruf ver: 
nichtet, im engeren Sinne aber jgnominia nicht 
umfaßt. — Poenae irrogatio ift der Straf: 
antrag des Klägers bei dem Magiftratus. 

Pogon j. Argos, 7. 

Polas j. Philoktetes. 

Poikfle j. Attika, 12. 

Toıxiluara, aorxıkliaı |. Haus, 4. 


M 


ur 
) 





Pola, TIoia, eine an einem Buſen des Adria— 
tijchen Meeres gi. N. gelegene jehr alte Stadt 
im füdlichjten Zeile Iſtriens, neben dem Pola— 
tiſchen Vorgebirge (j. Punta di Promontore). Ihre 
Lage gab ihr eine große Wichtigkeit für den Handel 
mit Jllyrien u. ſ. w. Das heutige Pola zeigt noch 
bedeutende Ruinen von einem Amphitheater, einem 
Triumphbogen und mehreren Tempeln. Strab, 
5, 216. Mela 2, 3, 13. 

Tlostpagxos, Ilohtuaggos, 1) j. ders 
Aoyar, 4.6. — 2) in Sparta Anführer der 





960 


Mora, j. Exereitus, 3. — 3) im Witolifchen 
Bunde die Obrigfeiten der einzelnen Städte; ähn- 
fih wohl in den boiotifchen Städten, in Manti- 
neia, Phlius, Phigaleia, Eretria, ag u. ſ. mw. 

Polömon, /Iol£uwr, 1) Sohn des Andromenes, 
wurde mit jeinen Brüdern der Teilnahme an der 
Verſchwörung des Philotad gegen Alerander ver: 
dächtig und mußte fliehen; dod; nachdem ber 
Bruder Amyntas fich und feine Brüder gerecht: 
fertigt hatte, fehrte P. zurüd. Später gehörte er 
zur Partei des Perbiffas und geriet 320 v. €. 
in die Gefangenjchaft des Antigonos. Arr. 3, 27. 
— 2) Bon 2 andern Mafedoniern d. N. war der 
eine, des Theramenes Sohn, Nauarch Aleranders 
in Aghpten, der andere, Megakles’ Sohn, Befehls: 
haber der Beſatzung von Peluſion. Arr. 3, 5. — 
3) II. ö regınynens, geboren in Troas, in Athen 
eingebürgert, lebte zur Zeit des Ptolemaios Epi: 
phanes (um 200 v. E.) und war viel auf Reifen, 
um die öffentlichen Gebäude und Denkmäler gu 
jehen und zu bejchreiben, Inſchriften, Kunſtwerke, 
Rofalfagen u. ſ. mw. zu verzeichnen und mitzutei: 
len (megınyeicder, der eigentlihe Ausdrud für 
dieſes Beichreiben und Erklären, wie wir es na: 
mentlih aus Pauſanias' Werk fennen). Einen 
ganz bejonderen Eifer hat er im Kopieren, Sam: 
meln und Erklären von Anjchriften gezeigt, wes— 
halb er den Namen LErniooxöras erhielt. Ein 
Teil feiner Schriften, von denen nur noch Frag: 
mente (103) vorhanden find (gefammelt von Preller, 
1838), bejchrieb die Akropolis von Athen, die 
Propylaien, die Monumente an der Eleufinischen 
Straße, Delphoi, Olympia u. ſ. w.; in andern 
juchte er die Anfichten namhafter Männer zu be- 
richtigen und zu ergänzen; wieder andere find 
gelehrte Briefe über Gegenftände feines Fachs; 
noch andere Schriften behandelten vermiichte Gegen- 
ftände. Es ift natürlich, daß er von den nad): 
folgenden Schriftftellern eifrig benußt wurde, jo 
bejonders von Athenaiod. — 4) 2 Könige diejes 
Namens beherrichten das pontiihe und bospo— 
ranifche Rei. Für jeine dem Antonius geleifte- 
ten Dienfte empfing Bolemon 1. der ältere ein 
feines Reid; am Pontos — den Bontos Pole: 
menialtos —, welches ſich allmählich erweiterte. 
Nachdem er einen Wrätendenten des pontijchen 
Reichs auf Befehl des — geſchlagen hatte, 
erhielt er dieſes Reich ſelbſt, 37 v. C., im J. 33 
auch Kleinarmenien und endlich, 14, das bospo— 
raniſche Reich, bis er in einem Kampfe, 15 Jahre 
ſpäter, fiel. Seine Gemahlin Pythodoris folgte 
ihm bis 37 oder 38 n. C., dieſer des Kotys Sohn 
Bolemon II., ein jchwacher Meuſch, der unter 
Claudius (41 n. E.) erft den Bosporos, bald aud) 
Pontos abtreten mußte. Bon einem diejer Könige 
enthält die griehiiche Anthologie 3 Epigramme. 
— 5) Antonius Pol., der Sophift, geb. um 85, 
geft. um 153 n. C., wie jene Könige aus Laodi— 
feia, ftand als Rhetor in Smyrna unter Trajan 
und feinen Nachfolgern in großem Anſehen, welches 
er auf wiederholten Gejandtichaftsreijen nach Rom 
befejtigte. Bon Gicht geplagt, ließ er fi, 56 Jahre 
alt, lebendig begraben. Er war ein fenriger Redner, 
namentlich geihägt waren jeine Improvifationen. 
Erhalten find 2 Zmerdpor Aöyoı auf die Mara: 
thonfämpfer Kynegeiros und Kallimachos, herausg. 
von 9. Stephanus (1567), von Orelli (1819) und 
Sind (1873). — 6) der Bhnfiognomifer, von dem 


Polemon — Polizei. 


eine Schrift prooyrouınar Eyzsipidıor erhalten 
ift (abgedr. in franz, scriptt. physiogn. vett. 
1780), lebte wohl jpäter als der vorige, mit dem 
er nad der Anficht mancher Gelehrten identiſch 
ift. — T) der Philojoph, aus Athen, Schüler des 
Xenofrates, Lehrer ded Zenon. Bon einem aus- 
ichweifenden Leben wendete er ſich plöglich mit 
großem Ernite der Philojophie zu. or. sat. 
2, 3,253 ff. — Außerdem werden noch genannt 
8) ein jüngerer Bhilofoph d. N.; — 9) ein Gram— 
matifer, 10) ein Maler aus Alerandreia. Plin. 
35, 40, 43. 

PolemonYon, Tlolsumrıor, Stadt im Pontos, 
gebaut vom König Polemon (ſ, Polemon, 4.), 
dig Amiſos und Pharnafeia an der Stelle 
er früheren Stadt Side; jeht Buleman. Bon 
ihr hatte der ganze mittlere Teil von Pontos 
den Namen Pontos Bolemoniafos (j. Pole- 
mon, 4. und Pontos, 2.). Ptol. 5, 6, 4. 

IIointei |. Staatshaushalt, ], 7. 13. 

Polias j. Pallas und Attika, 10. 

Polichne, IIoAyvn, mehrfach vorkommender 
Städtename: 1) im norböftlihen Lafonien (Pol. 
4, 36); — 2) im nordmweftlichen Mefjenien, weſt— 
fi von Andania; — 3) auf Chios (Hdt. 6, 26); 
— 4) auf Kreta bei Rydonia (Hat. 7, 170. Thue. 
2, 85); — 5) in Jonien bei Hlazomenai (Thuc. 
8, 14. 28). 

Poliorkötes j. Demetrios, 1. 

IIolıreia |. Staatsformen. 

Polites, JToldrns, 1) Sohn des Priamos und 
der Helabe, ausgezeichnet durch die Schnelligkeit 
feines Laufes, rettete jeinen Bruder Deiphobos 
(Hom. Il. 18, 533) und erlegte den Echios (dai. 
15, 339). Bei der Eroberung von Troja wurde 
er vor den Augen feines Vaters von Neoptolemos 
getötet. Verg. A. 2, 526 ff. Er hinterließ einen 
Sohn, Namens Priamos. Verg. A. 5,564. — 
2) Gefährte des Odyſſeus, von Kirfe in ein Schwein 
verwandelt, aber durch Odyſſeus' Vermittlung mie: 
der Menſch geworden (Hom. Od. 10, 224 ff.); hauſte 
als böfer Dämon zu Temeſa in Bruttü (j. Eu- 
thymos). 

Polizei. TI) In Athen war, der Areopag eine 
Art von Oberpolizeibehörbe. Über die dorwwo- 
vor ſ. d. Wichtig waren auch die Zmiordreı tür 
vödror, denen die Benuffichtigung der Wafler: 
feitungen und deren Benugung oblag. Themiſto— 
kles verwaltete einmal dies Amt (Plut. Them. 31, 
vgl. Sol. 23). Unter der Aufſicht der 10 «yopa- 
voor (J. d.) ftand der geſamte Kleinhandel. Außer: 
dem werden noch (10 oder 15) Metronomen — 
Aichungsbeamte — erwähnt, desgleichen die Pro: 
metreten, Kornmefjer; der für Attifa jo wichtige 
Getreidehandel ftand speziell unter Mufficht der 
(10 oder 15) oıroprlaneg. Für Aufficht über den 
Seehandel waren die dmiusinral roü LZumopiov 
— 10 durchs Los gewählte Beamte — beftimmt, 
welche die Befolgung der beſtehenden Zoll: nnd 
Handelsgefepe zu überwachen hatten. Bei Ülber- 
—— der geſetzlichen Vorſchriften hatten alle 
dieſe Beamten die Vorſtandſchaft des betreffenden 
Gerichtes. Über die Polizeiſoldaten j. J00106, 6. 
und Staatshaushalt, I, 3. — II) In Rom 
war, wie im ganzen Altertum, der moderne Be: 
geif der Polizei als Staatdanftalt zwar um: 
efannt, dennoch erfannte man ſehr wohl, daß für 
die allgemeine Wohlfahrt des Staates wie der 


Pollentia — Pollux. 


einzelnen durch Vorbeugung und jofortiges Ein: 
ichreiten größere Sicherheit erzielt werde, als durch 
ſtets wiederlehrende Gerichtöunterjuchungen und 
Strafen, nachdem der Schaden einmal eingetreten 
war. Sn der republifaniichen Zeit, die in diejer 
Beziehung von den monarchiſchen Berhältnifien zu 
jcheiden ıft, indem Auguftus das ganze Polizei: 
wejen einer burchgreifenden Reform unterwarf, 
lagen jämtliche Polizeigejchäfte den Adilen ob. 
Als jeit 366 v. E. den 2 früheren plebejiichen 
Adilen 2 patriciihe aediles curules beigejellt 
wurden, übernahm jeder von ihnen den bejtimmten 
Teil der Stadt zur polizeilichen Beaufjichtigung, 
der ihm durchs Los zufiel: nediles — — ınter 
se paranto aut sortiunto, qua in parte urbis 
quisque eorum vias publicas in urbe Roma 
propiusve urbem Romam passus M reficiendas, 
sternendas curet eiusque vel procurationem 
habeat (j. Tabula Heracleensis),. Mande 
ihrer Obliegenheiten lagen in dem Gejchäftsbereich 
der Genjoren, 3. B. die Erhaltung der Tempel 
und der Öffentlichen Gebäude, die Aufficht über die 
ute Sitte, Waflerleitungen u. j. w., weshalb die 
dilen als Polizeichefs denjelben in. diejer Be- 
iehung untergeordnet waren; da jedoch dag Gen: 
—— nur 18 Monate dauerte, mußten bis zur 
nächſten Wahl derſelben jedesfalls die Ädilen ſelb— 
ſtändig die Polizeigeſchäfte verwalten. Über die 
einzelnen polizeilichen Branchen iſt unter Aedilis 
(ſ. d.) das Nähere aufgeführt. In allen einzel: 
nen Fällen, wo die Adilen nicht durch polizeiliche 
Mafregeln den vorfommenden libelitänden ab: 
helfen konnten, wurde ihnen durch Senatsbeichluß 
erweiterte Machtbefugnis übertragen (Liv. 4, 30), 
oder die Sadje einem höheren Magiftratus, 3. B. 
den Prätoren, in die Hand gegeben (Liv. 25, 1). 
— In den Provinzen lag die ganze Polizei in 
der Dberaufjiht des Statthalterde. — Mit der 
weiteren Ausbildung der Kaiſerherrſchaft wurde 
die ftädtiiche Polizei dem praefectus urbi (j. d.) 
übertragen, dem 3. T. noch der praefectus an- 
nonae gleichjtand, indem diejer das, früher aud) 
den Adilen obliegende, Getreidewejen mit allem 
polizeilichen Zubehör unter fich hatte. Dem praef. 
urbı als oberjtem Bolizeiherrn waren als dienſt— 
liche Polizeiorgane die Brätoren (als Oberaufjeher 
der regiones), Bollstribunen, Ädilen und vıci 
magistri untergeordnet; von leßteren erhielt jeder 
einen beftimmten Stadtbezirf (regio, vieus) zu: 
gewiejen, jpäter famen noch; beſondere curatores 
operum publicorum zur Leitung und Beaufſich— 
tigung öffentliher Bauten mit ihren Beamten 
(mensores Baumeijter zc., Plin. ep. 10, 28. 29) 
hinzu. Im allgemeinen waren alle jene Polizei: 
unterbeamte an ihre Inſtruktionen und die bezüg: 
lichen Gejege gebunden, aber doc trat im täglichen 
Leben eine Menge plöglicher und unvorhergejehener 
Fälle entgegen, wo raſches Eingreifen und jofor- 
tiges Beftimmen unerläßlich war, weshalb fie aud) 
unter vorausgeſetzter Nechenichaftsverpflichtung nach 
eigener Machtvollkommenheit einjtweilen anzuord— 
nen hatten. In andern Fällen hatten jie jofortige 
Anzeige zu machen, da mandıe kei 
unter der Monarchie, infofern fie unter den Be: 
griff der vis fielen oder die maiestas betrafen, 
vor das Forum der Civil: und Kriminalgerichte 
gehörten, 3. B. das Tragen und Anhänfen von 
Waffen, Yufammenrottungen, nächtliche Verſamm— 


Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 


961 


lungen u. j. w. Solange e3 feine ftändige Stadt: 
präfeftur gab, waren die Adilen auch‘ jept noch 
für die Aufrechterhaltung der polizeilichen Geſetze, 
wie in der Republik, verantwortlich, wenn ihnen 
nicht etwa in Fällen eines vergeblichen Kampfes 
gegen den veränderten Zeitgeift und bei eigenem 
Unvermögen, ausreichende Gegenmittel vorzuſchla— 
gen, ihre Sorge erlafjen wurde durch”Raijers: oder 
Senatsbeihluß. Tac. ann. 3,52. Was im ein- 
zelnen von polizeilihen Beftimmungen durd) die 
veränderten Zeitverhältniſſe hinzukam oder wieder 
auf alte, mit der Zeit vergefiene Geſetze zurüd- 
geführt wurde, war etwa folgendes: in Hinficht 
der Sittenpolizei vernotwendigten ſich wiederholt 
Beitimmungen und Berbote gegen das Zulam- 
menbaden beider Geſchlechter, ohne daß das Übel 
ganz ausgerottet wurde. Spart. Hadr. 18. Dio 
Cass. 69, 3. Gell. 10, 3. Lampr. Alex. Sever. 24. 
In Bezug auf die Sanitätspolizei erwähnt Ca— 
pitolinus (M. Anton. 13) leges sepeliendi se- 
pulcrorumque asperrimas; was die Baupolizei 
betraf, jo verordneten jchon die XII Tafeln eirfen 
Zwijchenraum der Häuſer von 2, Fuß (spatium 
legitimum), damit bei ausgebrochenem Feuer Teich: 
ter gelöjcht werden könnte. Auguftus gab dazu 
noch die Beitimmung, daß die Häufer nicht höher 
als 70 Fuß fein dürften. Strab. 5, 235. Suet. 
Oct. 89. Nero ſchärfte beide Beitimmungen von 
neuem ein. Tac. ann. 15, 43. Trajan erlaubte 
nur 60 Fuß Höhe Aur. Viet. Caes. 13. Unter 
Claudius wurde ein Senatsfonfult verfaßt gegen 
das Abbrechen der ftäbtiichen Häufer zwecks Ver: 
faufs, aud nicht einmal die architektoniſchen Ver: 
zierungen berjelben burften abgebrochen werden. 
Nacfolgende Kaiſer, Nero, Beipafian, Hadrian 
und Severus Alerander, fügten weitere Beſtim— 
mungen in betreff des aedıficia demoliri und 
de marmora detrahere hinzu. 

Pollentia, /lollerria, 1) Stadt in Picenum 
(Liv. 39, 44. Strab. 5, 241), wahrjcheinlich = Urbs 
Salrvia (ſ. d.). — 2)F Stadt der liguriſchen Statielli 
am Zujammenfluß der Stura und des Tanarus, 
römiſches Munieipium, defien Behörden Tiberius 
hart ftrafte (Swet. Tib. 37); j. Dorf Pollenza. 
Bier fand im %. 402 n. E. eine Schlacht zwifchen 
Stiliho und Alarich jtatt. Oros. 7, 37. 

Pollex, 1) ſ. Malse. — 2) f. Gladiato- 
res, 3, 

Pollinetor (a polline, quo mortuis os obline- 
bant, nad) Servius; pollen, feines Mehl), der: 
jenige Gehülfe des hbitinarius (f. d.), der die 
Toten zu waſchen und zu jalben, alſo vorzugs- 
weije für den Scheiterhaufen vorzubereiten hatte. 

Pollio j. Asinii, 1. 

Pollis, TIöAlıs, ein Spartaner, war (389 v. €.) 
Gejandter bei Dionyfios in Syrafus, wobei er 
Platon mitnahm und auf Nigina als Sklaven ver: 
faufte. Später befehligte er eine peloponnefische 
Flotte und wurde von Chabrias (376) bei Naros 
geihlagen. Er fam um beim Untergange von 
Helife in Achaia, 373. Plut. Dio 5. Diog. Laert. 
3, 14, 18. 20, 

Pollusca, volfciihe Stadt in Latium, zum 
Gebiet von Antium ehörig; j. Cajal della Man: 
dria, wo fich noch Reite alter Befeftigungen finden. 
Liv. 2, 33. 39. 

Pollux, Holvöböune, 1) ſ. Dioskuren. — 
2) Julins Bollur (MoAvdevang), aus Naufratis 

(1 


962 


in Ägypten, griechiicher Lerifograph und Rhetor, | 
erhielt vom Kaiſer Commodus ein öffentliches | 
Lehramt der Rhetorik in Athen, wo er auch ge: | 
jtorben ift. Er war fleißig, doch talentlos, daher | 
er von Lukianos in einigen feiner Schriften (Xeri: 
phanes, "Prröpwr duöddoxakog) zum Gegenitande 
jeines Spottes gemacht wurde. Bon feinen Werfen 
ift nur erhalten das Oroucorınor in 10 Büchern, 
nicht alphabetiich, jondern nach den Gegenftänden 
geordnet. Iſt dieſes Wert auch unkritiſch und 
nicht immer mit der gehörigen Sachkenntnis ver— 
faßt, jo ift es doch für die Kenntnis der griech: 
ihen Spradhe und Altertümer von hohem Werte. 
Das meijte Interefje bieten das vierte Buch (über 
Wiflenichaften und Künfte, Theater, Masten und 
mufifaliihe Inftrumente) und das achte, das die 
Behörden und die Gerichte Attifas aufzählt. 
Ausgaben: Aldina (1502), von T. Hemfterhuns | 
(1706), W. Dindorf (1824) und J. Beller (1846). 
Pölos, TIöiog, 1) aus Agrigentum, Sophijt 
und Schüler des Gorgiad, an welchem Platon 
den allzuvielen Schmud und die Verkünftelung 
der Nede tadelt (Phaedr. p. 267 B), ſchrieb eine 
teren, welde Platon gelannt zu haben ſcheint. 
Es hat ſich davon und von andern ihm beigelegten 
Schriften nichts erhalten. — 2) ein Pythagoreer, 
welcher eine Schrift über die Gerechtigfeit ver: 
faßte, aus der ein längeres Bruchjtüd erhalten ift 
(Stob. serm. 51). — 3) tragiicher Schaufpieler in 
Athen zur Zeit des Demofthenes. Plut. Dem. 28. 
Polyainos, /loAaırog, 1) aus Maledonien, 
Nhetor und Sachwalter in Rom unter M. Aure: 
lius und L. Verus, denen er jeine 8 Bücher 
‚„Kriegsliften” (orgarnyriuare oder orgarnynue- 
rıxd, strategicon libri octo) beim Beginne ihres 
Feldzuges gegen die Parther (162 — 165 n. €.) 
widmete. Dieje Schrift, deren Titel dem Inhalte 
| 


nicht ganz entipricht, gibt nicht bloß Beijpiele und 
Mufter der Kriegslift, jondern aud) der Klugheit, 
des Betrugs und allerlei Unredlichfeit aus dem 
bürgerlichen und politiichen Leben, zujammen etwa 
900, aus allen möglichen Schriftitellern (teils un: 
mittelbaren Quellen, namentlich Ephoros, teils 
ähnlichen, von andern verfahten Sammelwerten) 
mit großem Fleiße zujammengebraht und darum 
troß mancher Entftellungen, Irrtümer und Ber: 
fehrtheiten lehrreih. Das jechite Buch und ber 
Schluß des fiebenten find unvollftändig. Seine 
Schriften über Makledonien, über Theben und 
3 Bücher Taktik find verloren gegangen. — Aus— 
gaben von Gajaubonus (1589), Korais (1809), 
Wölfflin (2. Aufl. 1887); ; Überfegung von Blume 
(1834 ff.). Bol. Melber, über die Quellen und 
den Wert der Strategemenjammlung Bolyäns 
(1885), und Knott, de hde et fontibus Polyaeni 
(1885). — 2) Mathematiler aus Yampjalos, gab 
die Mathematik als trügliche Wiflenichaft ganz 
auf, nachdem er ein Freund und Schüler des Epi: 
furos geworden war. (ie. acad. 2, 33. fin. 1, 6. 
Polyanthes, IloAvavöns, ein Korinthier, "be: 
jebligte im 3. 413 v. C. eine forinthiiche Flotte, 
mit welcher er die Athener bei Erineos ehrenvoll 
befämpfte. Thuc. 7,34. Später war er das Haupt 
der Demokraten in Korinth. Xen. Hell. 3, 5,1. 
Polybiädes, /loAvßıdöng, von den Spartanern 
380 dv. E. als Feldherr gegen die Olynthier ge 
jendet, jchlug fie mehrere Male und mötigte fie 
zum Frieden mit Sparta. Xen. Hell, 5, 3, 20. 


Polos — Polybios. 


Polybios, TIoAußıos, 1) aus Megalopolis, Sohn 
des Strategen Lykortas, des vieljährigen Freundes 
von Philopoimen, geboren zwiſchen 212—204 v. E. 
Über jein Jugendleben find wir nicht näher unter: 
richtet. Sein ganzes Geſchichtswerk zeigt aber, 
dat er eine praftiiche Bildung durdgemacht hat, 
wozu ihm feine Zeit umd ihre politiichen Ber 
hältniffe, an denen er den unmittelbarjten und 
thätigften Anteil nahm, reiche Gelegenheit dar- 
boten. In der Schule Philopoimens und feines 
Baterd hat er fi) zum Staatsmann und Feld— 
—_— herangebildet und, mit dem in biejen 

mtern gewonnenen Erfahrungen und Einfichten 
bereichert, ſich dann erft der Geichichtichreibung 
zugewendet. Für die freiheit und Selbjtändigfeit 
des Achaiiſchen Bundes wirfend, riet er in dem 
striege der Römer mit PBerjeus zu einer ftrengen 
Neutralität, ahnte aber mit richtigem Gefühl die 
Gefahr einer fortgejepten Neutralität nach dem 
Falle des Perjeus; und dieje Anficht fand mehr 
und mehr Yuftimmung. In diejer Zeit wurde P. 
zum Hipparchen, der höchiten militärijchen Würde 
nad) der Strategie, erhoben. Als die römiſch— 
gefinnte Partei unter den Achaiern nach ber 
Niederlage des Perſeus die Oberhand befam, 
mußte fich P. zurüdziehen und befand ſich, bei 
den Römern verdächtigt. unter den 1000 vorneh— 
men Achaiern, welche im J. 166 nach Rom ge- 
bracht und als Geifeln 17 Jahre zurüdgebalten 
wurden. In Rom beganı eine neue Epoche jei: 
ned Lebens. Denn er lernte die römiſche Ber: 
fafjung kennen; die geordnete Staatsverjafj jung 
gegenüber dem WBarteitreiben in jeinem Vater— 
lande, der Umgang und die Freundſchaft mit den 
beften Römern jener Zeit, jein eigener praftijcher, 
mehr dem römijchen als dem griechiichen Volls— 
harafter verwandter, Sinn jühnten ihn ganz mit 
dem NRömertum aus. Im Haufe des L. Amilius 
Baullus, defien Söhne er wohl zunädjt zu er- 
ziehen hatte, fand er die befte Aufnahme und wurde 
bald Freund und Ratgeber des Scipio Amilianus. 
Auf deſſen Verwendung lehrte er auch im J. 150 
mit den wenigen noch übrigen Achaiern in jein 
Vaterland zurüd. Aber jhon im nächſten Jahre 
folgte er dem Scipio nad) Afrifa. Während diejer 
Karthago belagerte, unterfudhte B. auf einer See: 
reife die Nord: und Weſtküſte Afrifas und fehrte 
von dieſer Expedition noch vor Eroberung der 
Stadt Karthago zurüd, bei der er übrigens dem 
Scipio durd) jeinen Rat ſich nützlich gemacht haben 
joll. In dem Kriege der Achaier mit den Römern, 
der Korinths Zerftörung und jpäter Achaias Ber- 
wandlung in eine römiſche Provinz zur Folge 
hatte, eilte er aus Afrifa nach Griechenland, kam 
vor Korinth kurz nach deilen Zerjtörung an umd 
entwidelte hier die regite Thätigfeit, von jeinem 
Baterlande das jchlimmfte Unheil abzuwenden. 
Und es gelang ihm bier viel Gutes und Schönes, 
Mandye Städte hat er vor Plünderung, viele Be: 
wohner vor Sklaverei bewahrt, und Mummius 
lich fi durch ihn bewegen, die Bildjäulen des 
Aratos und Philopoimen, die jchon weggebracht 
waren, zurüdzugeben. Ein Harer Beweis für die 
Achtung und das Vertrauen der Römer ift der 
ihm daſelbſt gewordene Auftrag, die einzelnen 
Städte zu bereijen, die Streitigleiten zu ſchlichten 
und die Griechen an die neue Ordnung der Dinge 
zu gewöhnen, ein Auftrag, deſſen ſchwierige Boll: 


Polybios — 
ziehung die beiderjeitige Zufriedenheit, Ehren: 
bezeugungen und Bildjäulen in mehreren Städten 
lohnten (die Bafis einer ſolchen, ihm von ben 
Bewohnern von Elis in Olympia errichteten, 
Statue ift 1877 aufgefunden worden). Bon nun 
an jcheint fih P. hauptjächlih mit der Mus: 
arbeitung jeines Geſchichtswerles beichäftigt zu 
haben, wofür er auch öfter Neifen unternahm. 
Nach Bollendung desjelben fehrte er nach Griechen: 
land zurüd, wo er, 82 Jahre alt, infolge eines 
Sturzed vom Pferde, ftarb, 122. — Bon dem 
Geſchichtswerk des P., in 40 Büchern ab: 
gefaßt, find nur die erſten 5 vollitändig, Die 
übrigen in ſehr fragmentarischer Geſtalt erhalten. 
Es jollte eine Univerjalgejhichte (dorog/« xoıvn,, 
xadolınn) fein, jedody in dem Sinne, daß fie 
fi auf die olxovusrn, den orbis terrarum der 
Nömer, beichränfte. So gibt diejes Werf eine 
Geichichte des Wachſtums der römiſchen Macht 
während der 53 Jahre von 220—168 v. E., be: 
ginnend mit DI. 140, mit dem Bundesgenojjen: 
friege in Hellas, des cölefyrifchen in Aſien und 
des punifchen in Jtalien (1, 3) und bis zur Er- 
oberung Makedoniens (3, 1) hinabgehend. Seine 
Aufgabe ift die Erörterung der Frage, wie, warn 
und wodurd alle befannten Zeile der Erde unter 
die römische Weltherrichaft, die er mit 168 als 
gegründet annimmt, gelommen find. Das Ganze 
gliedert jih in 3 Teile: 1) B. 1—2, Anfänge der 
römischen Herrichaft, die moonaraoxeun; 2) B. 3 
— 30, wirkliche Gründung derjelben von 220-—168, 
die aaraonsun; 3) B. 31-40, Grundſätze Roms 
in der Handhabung jeiner Herrichaft und Neaftio- 
nen gegen dieſelbe und ihre Bejeitigung, 168— 146. 
Das Programm zum erjten Teile gibt ®. jelbft 
1, 13; von den beiden andern 3, 2. Die Me— 
thode jeiner Gejchichtichreibung ift die ſynchro— 
niſtiſche Erzählung; indem er aber aud die 
Urjahen und Folgen der einzelnen Handlungen 
genau darlegt, ftellt er zugleich das erſte Mufter 
einer pragmatifchen Gejdhichtichreibung auf. In 
diefer Beziehung nennt er jelbft fein Wert eine 
roa@yuarını), loropiae oder geradezu ronyuareia 
und ift damit der Urheber eines neuen Ausdrucks 
geworden, weil er die medäeıs raw drür xal 
nölwr “al Övraorar für den Staatsmann und 
Diplomaten darjtellt und ihm eine Einficht in die 
Entwidelung der Ereignifie eröffnet (die degn, 
alrie und meöpasıs). Er jchreibt zunächſt für 
feine Landsleute, um dieje mit ihrem traurigen 
Geſchick zu verjöhnen, aber auc die Römer jollen 
daraus ihre unmiderftehliche Größe erfennen. Wenn 
er von dem Hiftorifer Erfahrung in der Politik 
und Autopfie fordert, jo jtellt er doch auch die 
mit der nötigen Kritit zu handhabende Quellen- 
forichung jehr hoch. Was die Glaubwürdigkeit 
jeiner Gejchichte betrifft, jo fei hier nur darauf | 
hingewiejen, daß fie zwar reiche Erfahrung, ge: 
jundes Urteil und Wahrheitsliebe zeigt, aber von 
einem Manne gejchrieben ift, welcher ſtark in das 
Intereffe des römijchen Staats und der Scipionen 
verflochten war und fo eine eigentümliche Stellung 
wijchen Römern und Griechen einnahm; daß alio 
Fein Werk mit großer Vorſicht zu gebrauchen ift. 
Der Sprache des P. (vgl. die Abhandlungen von 
Lüttge, 1863, Gößeler, 1887, Stih, Kälfer und 
Krebs) fehlt e3 an Wohlflang und Harmonie, an 
Gefälligkeit und Leichtigkeit des Ausdruds. Nicht 


963 


unpafiend hat man jeinen oft rauhen und ein: 
förmigen Stil foldatiich genannt. — Ausgg.: Ed. 
princ. 1530, von Gajaubenus (1609), 3. Gens 
(1670; wiederh. von J. A. Ernefti, 1763), Schweig— 
häufer (1789), 3. Beller (1844), X. Dinborf 
(1866 ff.; 2. Aufl. von Büttner-Wobft, 1882 ff.) 
und Hultich (1867 ff., 2. Aufl. 1888 ff.). Überſ. 
von Beniden (1820) und Haafh (1858 ff.). Mo- 
nogr. von K. W. Nitzſch (1842), Brandftädter (1843), 
La Rode (1857), Markhauſer (1858), Valeton 
(1879) u. a. — 2) aus Megalopolis, Anführer 
der Achaier unter Philopoimen in der Schlacht 
bei Mantineia, 207 v. €. Pol. 11, 15. — 3) ein 
Freigelafjener des Auguftus, deſſen Teftament er 
im Senate vorlad. Suet. Oct. 101. — 4) ein Frei: 
gelafjener des Claudius, der mit ihm feine ge: 
lehrten Liebhabereien trieb. Suet. Claud. 28. Über 
jeine einflußreihe Stellung belehrt am beiten 
Senecas Consolatio ad Poiybium, 

Polybos, IIoAvußos, 1) König von Korinth, j. 
Oidipus. — 2) König zu Thebe in Agypten, 
Gemahl der Altandra, der den Menelaos auf jeiner 
Irrfahrt nach Trojas Fall gaftlid aufnahm und 
beichentte. Hom. Od. 4, 125 ff. — 3) ein Jtha: 
fefier, Water des Freiers Eurymachos, von Eu: 
maios erlegt. Hom. Od. 1,399. 22, 284. — 4) ein 
Troer, Sohn des Antenor. Hom. II. 11, 59. — 
5) ſ. Adrastos, 1. 

Polydämas, [loivödueg, 1) Sohn des Pan: 
thoo8 und der Phrontis, ein tapferer troijcher 
Held und zugleich Scher, der jich durch Bered- 
jamfeit und Klugheit auszeichnete, und defien Ur: 
teil jein Freund Hektor am meijten jcheute. Hom. 
Il. 16, 535. 18, 249 ff. 12, 60. 196, 22, 100. — 
2) ließ auf Befehl Aleranders des Gr. den greifen 
Barmenion ermorden, obgleid er deſſen Bertrauter 
war. (Curt. 7,2. Arr. 3, 26. 

Ilolvdsyuwr |. Hades. 

Polydektes, IloAvöfsrns, 1) Beiname des 
Hades, ſ. d. — 2) j. Perseus. 

Polydenkes, /loAvdsvung, 1) j. Dioskuren. 
— 2) j. Pollux, 2. 

Polydöra j. Protesilaos. 

Polydöros, /IoAudwpos, 1) Sohn des Kadmos 
und der Harmonia, König in Theben, zeugte mit 
Nykteis, der Tochter des Nylteus, den Labdatos. 
Apollod. 3, 5, 5. — 2) jüngfter Sohn des Pria- 
mos und der Laothod, von Achilleus getötet. Hom. 
Il. 20, 407 ff. 22, 46 ff. Bei den Tragifern ift er 
ein Sohn des Priamos und der Hekabe, welchen 
der Bater, als er den Fall Jlions vorausjah, jei: 
nem Gaftfreund Bolymeftor (Bolymneftor), König 
auf dem thrafiichen Eherjones, mit vielen Schäßen 
anvertraute, Bolymeftor aber nad) Trojas Zer— 
ftörung tötete, um fid) des Goldes zu bemächtigen. 
Helabe, den hier ans Land geftiegenen Griechen 
als Gefangene folgend, findet, als eben ihre Toch— 
ter Bolyrena dem Schatten des Adyilleus geopfert 
worden ijt, jeinen von Bolymeltor ins Meer ge: 
worfenen Leichnam am Ufer liegend, tötet aus 
Rache mit den gefangenen Troerinnen die beiden 
Kinder des Polymeſtor und biendet ihn jelbit. 
Eur. Hecuba. Verg. A. 3,49ff. Ov. met. 13, 432 ff. 
Oder: Ylione, Tochter des Briamos und Gemahlin 
bes Polymeſtor, erzieht den ihr anvertrauten Bru— 
der als ihren Sohn und gibt ihren wirklichen 
Sohn Deiphilos (Deipylos) für den Polydoros 
aus, Als nun die Griechen, um den Stamm des 

61* 


Polydoros.- 


964 


Priamos zu vertilgen, den Polymeſtor auffordern, ' 


gegen die Ehe mit Elektra und ein großes Geld- 
geichenf den Bolydorosezu töten, ermordet er ſei— 
nen eigenen Sohn; jpäter wird er auf Anftiften 
des Polydoros, der die Sache erfahren, von Ilione 
geblendet und getötet. Hor. sat. 2, 3, 61. Cie. 
acad. 2, 27. tusc. 1, 44 ) Sohn des Hippo- 
medon, einer der Epigonen. Paus. 2, 20, 4. 


Polyeuktos, IIolvsvrrog, 1) aus Sphettos in 


Attika, ein atheniſcher Staatsmann und Redner, 
Freund des Demoſthenes und, wie dieſer, Gegner 
der maledoniſchen Partei. Von ſeinen Reden 
haben ſich nur unbedeutende Reſte erhalten. Er 
war in den Prozeß des Harpalos verwickelt. 
Dem. Phil, 3, 72. Dinarch. in Demosth. 100. — 
2) athenifcher Demagog und Sykophant, nad 
Demofthenes’ Äußerung Parteigänger des Eu: 
bulos. Dem. Mid. p. 544 f. 

Polygnötos j. Maler, 2. 

Polyhymnia, Polymnia j. Musae. 

Polyidos, /Iolvidog und IloAveıdos, 1) Sohn 
des Koiranos, Enkel des Abas, Urentel des Me: 


lampus, Bater des Euchenor, der Aftyfrateia und | 


Manto, berühmter Seher in Korinth oder Argos. 
Hom. Il. 13, 663 ff. (. Glaukos, 4.). — 2) Sohn | 
des Troers Eurydamas, von Diomedes erlegt. 
Hom, Il. 5, 148. — 3) Dithyrambendichter, j. 
Dithyrambos. 

Polykleitos i. Bildhauer, 7. 

Polykles, TlolvxAns, 1) ein Athener, in der 
Nede des Demofthenes oög IloAvakf« von Apollo: 
doros verllagt (362 v. E.), weil durch jeine Schuld 
Ap. die Trierarhie 5 Monate über die gejegliche 
Zeit hatte beforgen müſſen. — 2) makedoniſcher 
Feldherr, fiel 321 v. E. gegen die Nitoler. Diod. 
Sic. 18, 38. — 3) Mafedonier, Vertrauter der 
Eurydife, wurde, als er mit diejer vor Olympias 
floh, verfolgt und eingeholt, 317 v. E. Diod. Sıc. 
19, 11. — 4) Name dreier athenijcher Bildhauer 
(ſ. d.), deren ältefter um DL. 102, der jüngfte DI. 
165 gelebt haben mag. Dem älteren wird eine | 
Statue des Altibiades zugejchrieben, dem jüngiten 
ein Hermaphrodit; der mittlere jchmücdte in Ber: 
bindung mit feinem Neffen Dionyfios die von 
Metellus Macedonicus (j. Caeeilii, 5.) erbauten 
Tempel des Jupiter Stator und der Juno zu 
Rom mit Götterbildern. 

Polykrätes, Iloivxgarns, machte ſich um 537 
v. E. nad) dem Sturze der ariſtokratiſchen Regie 
rung zum Tyrannen in Samos, zuerjt in Ber: 
bindung mit jeinen Brüdern Pantagnotos und 
Syloſon, die er indes bald bejeitigte. Er richtete 
einen glänzenden und durch wachſende Hülfsquellen 
reichen Hof ein, den er durd Gelehrte (Demo: 
fedes) und Dichter (Ibykos und Anafreon) jowie 
Luxus verjchönerte. Am Innern fjuchte er alles 
jeiner Willkür unterzuordnen ; er ftüßte ſich dabei 
ft eine Leibwache von geworbenen Söldnern, | 
ließ eine Flotte von 100 Yünfzigruderern er: 
bauen, unterwarf die meijten umbherliegenden In— 
jeln und viele Städte des Feſtlandes, erhob Samos 
zur bedeutenditen Seemacht im Aigaiiſchen Meere 
und fuchte fich zu, befeftigen durch Bündniffe, erft 
mit Amafis von Agypten, der ihm aus Miftrauen 
gegen jein fortwährendes Glüd die Freundichaft 
aufgefündigt haben joll (Hdt. 3, 40. Diod. Sie. 
1, 95), dann mit Kambpies; doch die diejem zu 
Hülfe geſchidte Flotte fiel ab und wandte ſich 


Polyeuktos — Polysperchon. 


gegen ihn. Aber er überwand jowohl die Auf: 
‚ftändifchen als die fie unterftüßenden Spartaner 
und Korinther. Sein Ende fand er durch eigene 
Thorheit: er ließ fih vom perjiihen Satrapen 
Droites, der ihm große Schäge in Ausficht ftellte, 
nad) Magnefia loden und wurde dort an das 
Kreuz geichlagen, 524 8. Hat. 3, 39 ff. 120ff. Diod. 
‚Sie. 10, 15. Aristot. pol. 5, 9, 4. 

Polykritos, Tlolvagırog, aus Mende auf der 
maledoniſchen Halbinjel Pallene, ein Arzt am Hofe 
des Artarerges (Plut. Art. 21), vielleicht derſelbe, 
welchem auch ein mehrere Bücher umfaijendes Ge- 
ſchichtswerk über Sicilien, das aber verloren ift, 
beigelegt wird. Bruchſtücke bei Müller, script. 
hist. Alex. p. 129 ff. 

Polymöle, Jlolvurjin, 1) Tochter des Peleus 
und als Gemahlin des Menoitios Mutter Des 
Patroklos. Apollod. 3, 13, 8. — 2) Tochter des 
Phylas, Gemahlin des Echelles, von Hermes Mutter 
des Eudoros. Hom. Il. 16, 179. — 3) Tochter 
de3 Wiolos. 

Poiymestor j. Polydoros, 

| Polymnestos, /IloAvurnsrog, 1) Bater bes 
Battos aus Thera, der Kyrene gründete. Pind. 
|puth. 4, 59. Hdt. 4, 155. — 2) ein wegen jeiner 
‚ obfeönen Gedichte verrufener Dichter aus Kolophon, 
daher r& ITolvurnioreie morsir — unzüchtige 
Lieder dichten (Arist. Equit. 1287). — 3) Botha: 
goreer aus Phlius. 

Polymnis, /Iöhvurıg, aus Theben, Bater des 
berühmten Epameinondas. Nep. Epam. 1. 

Polyneikes ſ. Oidipus und Adrastos, 

Polypheides j. Melampus. 

Polyph&mos, IloAdupnuos, 1) j. Odysseus, 3. 
und Galateia. — 2) Sohn des Elatos oder des 
Bojeidon und der Hippeia, Bruder des Kaineus, 
ein Yapithe aus Lariſſa, Gemahl der Laonome, 
der Schweiter des Herafles, Argonaut, ward, als 

er mit dem ihm befreundeten Herakles in Myſien 

| den Hylas juchte, von den Argonauten zurüdge: 
laſſen und gründete die Stadt Kios, das jpätere 
| Brufias. Er fiel gegen die Chalyber. Hom. 11. 
.l1, 264. Apollod. 1,9, 16. 19. Apoll. hod. 1241 ff. 
und Schol. zu 40. 

Polyphontes, IloAvpovrns, 1) Sohn des Auto: 
phonos aus Theben, von Tydeus erichlagen. Hom. 
Il. 4, 395. — 2) ein Heraklide, der den König 
Krejphontes von Mejjenien tötete und ſich durch 
die Ehe mit defien Gemahlin Merope des Reiches 
bemächtigte, jpäter aber von Aipytos, dem jüngiten 
Sohne des strejphontes, ericjlagen wurde. Apollod. 
2,8, 4. Pol. 4, 22. — 3) Wagenlenfer des Laios, 
den Didipus erichlug, Jonft auch PBolyphetes ge: 
nannt. Apollod. 3, 5, 

Polypoites j. —— 

Polysperchon, /IoAvon£eywr, einer ber älte— 

| ften Feldherren Philipps und Aleranders des Gr., 
ein biederer, aber in politiicher Beziehung kurz— 
| fichtiger Mann, nahm teil an den Schlachten bei 
Iſſos und Gaugamela (Arr. 3, 11), befehligte 
darauf in Baltrien und folgte Alerander nach In— 
dien. Arr. 5, 11. 6, 5. Nad des Königs Rüdtehr 
nad) Babylon erhielt er furz vor defjen Tode den 
Befehl, mit Krateros die —— nach Make— 
donien zurückzuführen, 324 v. C. Da ſich Anti— 
pater nach Alexanders Tode zu einem Zuge nach 
Aſien entſchloſſen hatte, befam Pol. in feiner Ab: 
weienheit den Befehl in Makedonien. Bor jeinem 


92 


Polyxena — Pompeian. 


Tode ernannte ig Antipater (319) zum Reichs— 
verwejer, wozu Pol., troß feines hohen Alters, 
wegen feines Anfchens und feiner militärischen 
Tüchtigfeit wohl geeignet ſchien (Piod. Sie. 18,48); 
jedoch entiprach er der von ihm gehegten Mei— 
nung nicht, da er nicht imftande war, die Ruhe 
zu erhalten, ja jogar den SKaflander, Antipaters 
Sohn, der mit dem ihm vom Bater gegebenen 
Kommando unzufrieden war, mit den Gegnern 
desjelben, Antigonos nnd Btolemaios, im Binde 
fehen mußte. Diod. Sie. 18, 49. 54. Als nun 
Kafjander auferdem in den wichtigiten Staaten 
Griechenlands die Dligarchen für jih gewann, 
juchte Bol. der ihm drohenden Gefahr dadurd zu 
begegnen, daß er die Freiheit der Griechen her: 
ftellte (Diod. Sie. 18, 55 f.), die Verteidigung der 
föniglihen Sache in Afien dem Eumenes anheim: 
aab (Diod. Sie. 18, 57. Plut. KEum. 13) und die 
Königin Olympias (f. d.) von Epeiros nach Mafe: 
donien berief, 319. Diod. Sie. 18, 49. Auf einem 
Zuge nad) Griechenland, wo infolge der Freiheits— 
erflärung Kämpfe ausgebroden waren, war er nicht 
lücklich: er mußte fich een wodurd er 
o an Anjchen verlor, daß ſich viele griechiiche 
Staaten auf Kaffanders Seite jchlugen. Diod. Sie. 
18, 69 ff. 74. Auch nad Makedonien konnte er 
nicht zurüdtehren, da dort Eurydike (j. d. 7.) ihm 
entgegenwirkfte und im Namen ihres Gatten den 
Kaſſander zum NReichsverwejer ernannt hatte. Pol. 
wandte fic deshalb an Aialides von Epeiros, der 
ſich mit ihm vereinigte und Olympias nach Male: 
donien zurüdführte, 317. Diod. Sic. 19, 11. Just. 
14,5. Als die letztere nach ihrem kurzen Schredens: 
regimente durch Kaſſander den Tod gefunden hatte, 
floh Pol. nach Nitolien. Er verband ſich jegt mit 
Antigonos, der ihn zum Strategen im Peloponnes 
ernannte. Diod. Sic. 19, 57 ff. Nachdem Kaſſander 
vergebens verjucht hatte, ihn zum Abfall von An: 
tigonos zu bringen, gedachte er ihn aus dem Pe— 
loponnes zu vertreiben, aber Bol., der die Gründung 
einer Gelßhändigen Herrſchaft im Peloponnes be: 
abfichtigt zu haben jcheint, hielt ſich mit zahlreichen 
Truppen in Sikyon und Korinth. Diod. Sie. 19, 74. 
Im J. 310 trat er auf, um Herakles, dem Sohne 
Aleranders und der Barfine, die Königsherrichaft 
zu verichaffen, gewann die Mitoler, jowie alle 
Feinde Kaſſanders und drang gegen Makedonien 
vor, lich fich jedoch von dem jchlauen Kaffander 
zu Unterhandlungen und zur Ermordung des He: 
rafles verloden, 309, Diod. Sie. 20, 28. Just. 
15, 2. Dadurd aber brachte er fid um alles Anz 
ſehen. Denn als er nach dem Peloponnes zurüd: 
fchren wollte, verjperrten ihm die Boiotier und 
Beloponnefier den Weg, jo dab er den Reſt des 
Winters 309 in Lokris verbringen mußte (Diod. 
Sie. 20, 28), und auch in der Folgezeit Teifteten 
ihm nur die Städte Gehorjam, die feine Beſatzungen 
nicht fern zu halten vermochten. Wann er ftarb, 
ift unbefannt, er lebte noch 303. Diod. Sic. 20, 103, 

Polyxena j. Achilles und Priamos. 

Polyx@nos, IloAöEevog, ein Syrafufier, dem 
Dionyfios der ältere jeine Schweiter Thefto ver: 
mählte. Bei einem Aufftande riet er dem Ty— 
rannen zur Flucht. Diejer jandte ihn im J. 387 
v. E. mit einer Flotte den Spartanern zu Hülfe. 
Später mit jenem verfeindet, entwich er aus Sy— 
rafus. Diod. Sie. 14, 8. 73. Plut. Dio 21. Xen. 
Hell. 5, 1, 26. 


965 


Pometia ſ. Suessa. 

Pomerium (zourjeıwor, nicht pomoerium) ift 
nach der gewöhnlichen Anficht der unbebaute, heilig 
gehaltene Raum auf beiden Seiten der Stadt: 
mauer, vorzüglid auf der äußeren Seite, der 
Zwinger (Zav. 1, 44), nah) Mommijen (Hermes, 

d. 10, ©. 40 ff.) dagegen „als Streifen gefaht, 
die hinter der Mauer — herumlaufende Straße, 
welche den Fuß der Mauer und den für Gebäude 
freigegebenen Raum voneinander trennt, als Linie 
gefaßt, die innere Grenze diefer Straße“. Die 
Grenzlinie, welche auch religiöje Bedeutung in 
Beziehung auf den Unterjchied der ftädtiichen und 
außerftädtifchen Auſpicien hatte, war durch cippi 
bezeichnet. Das alte römijche pomerium wurde 
mehrmals erweitert, zuerjt durch Servius Zullins 
(Liv. 1, 44), durd) Sulla (Teac. ann. 12, 23) und 
nachher durch mehrere Kaiſer. Den Anbegriff des 
von Romulus angelegten pomerium gibt Tae. 
ann. 12, 24 an. 

Pomöna, römijche Göttin der Baumfrüchte, 


‚die einen eigenen Flamen hatte, Fl. Pomonalis. 


Sie war Gemahlin des Bertummus und ward 
geliebt von den Feldgöttern Silvanus, Picus, 
Briapus, von Satyrn und Banen. Ov. met. 14,623}. 
Bon der Kunſt wurde fie einer Herbithore ähnlich) 
dargeftellt, mit Früchten. 

Pompa, our, feierlicher, Aufzug zur Ehre 
von Göttern und Menjchen. Uber die zounj an 
den PBanathenaien zu Athen j. Panathenaia, 
Bei den Römern wurde namentlich die pompa an 
den ludi Circenses feierli begangen, die uns 
Dionyfios von Halitarnaf (7, 72) genau bejchreibt. 
Sie ging von dem Capitol aus über das Forum 
nach dem Circus. Jünglinge zu Pferde und zu 
Fuß eröffneten fie in Zügen, ſodann folgten die 
bigae und quadrigae, die zum Wettlaufe beftimmt 
waren, und die Kämpfer in den Spielen, hernad) 
bewafinete Tänzer und die Ladii mit ‘Flöten: 
bläjern und Kithariften; darauf der DOpferzug; 
endlich die Magiftrate, wie Triumphatoren mit 
der toga palmata angethan und einen goldenen 
— auf dem Haupte. 

ompaedius (Pop.) Silo, ein Marſer, war 
im J. 91 v. C. einer der Konſuln der italiſchen 
Bundergenofien und riet jogleich auf Rom zu mar: 
ichieren, was indes nicht geſchah. Im Jahre 90 
befiegte er durch Lift dem römijchen Feldherrn 
Eäpio, fiel aber im folgenden Jahre. ©. Mar- 
sicum bellum. App. b. ce. 1,39 ff. 

Pompeiäni, 1). Betulenus EivicaPomp,, 
Konjul im I. 136 n. C., Oheim des Verus, den 
Hadrian adoptiert hatte. — 2) Ti. Claudius 
Bomp., aus ritterlichem Gejchlechte zu Antiocheia 
geboren, zweiter Gemahl der Yucilla, der Tochter 
des Marc Aurel, befehligte an den Grenzen Sta: 
liens gegen die Deutichen, wurde Konſul im J. 
173 n. E. und führte im Striege gegen die Mar: 
comannen ein Heer an. Inter Commodus, dem 
er den Abſchluß des Friedens widerriet, lebte er 
zurüdgezogen und trat erjt nach dejjen Tode wieder 
ins öffentliche Leben ein, da ihn Bertinar jehr 
auszeichnete. Die ihm von, diefem, und jpäter 
zum zweitenmal angebotene Übernahme der Regie: 
rung wies er zurüd. Dio Cass. 71, 3. 75, 3. 
Herod. 1, 6ff. Capitol. M. Anton. 20. Pert. 2. 
Spart. Jul. 8. — 3) Elaud. Bomp., ein Ans 


verwandter des vorigen, fiel infolge einer miß— 


966 


lungenen Verſchwörung gegen das Leben des 
Commodus. 

Pompeii, TIourrjioı, TTourai« (d. h. Kolonie), 
eine alte oſtiſche, im 6. Jahrhundert v. C. ge: 
gründete, dann (jeit dem 4. Jahrhundert) jamnitische 
Stadt Campaniens, jeit Sulla römijches Munici- 
pium und als ſolches Colonia Veneria Cornelia 
Pompeianorum genannt, auf einer Anhöhe unfern 
der Mündung des jchiffbaren Sarnus gelegen, 
Stapelplap für die 3 Städte Nuceria, Nola und 
Acerrä, jomwie felbft jehr wohlhabend. Strab. 5, 247. 
In der leten Zeit der Republit wohnten hier und 
in der Nähe oft vornehme Römer, um der jchönen 
Natur zu genießen: jo bejaß Cicero bier eine 
Villa (ad Att. 1, 17. ad fam. 7, 1); desgl. Kaiſer 
Claudius. Nachdem am 5. Februar 63 n. E. die 





Pompeii. 


” 


Ausnahme der Dächer und des Holzwerls das 
meifte erhalten ift, jo bietet das wicdererjtandene 
Pompeji mit feinen Straßen, Tempeln und öffent- 
lichen Pläpen dem Beſchauer und Wanderer das 
überrajhende Schaufpiel einer griechiich:italifchen 
Stadt. Weil der Wiſſenſchaft zunächſt diefe Ent- 
defungen nützen jollten, fo wurden alle Gerät— 
ichaften, Kunftgebilde u. ſ. w. in einem eigenen 
Mujeum (jeit 1758 im Portici, jeit dem Anfang 
diejes Jahrhunderts zu Neapel) überfichtlich ver: 
eint. — Das Dval der Stadt (3800 ſtarke Schritte 
im Umfange) wird von alten fyllopiihen Mauern 
umjchloffen, durch welche 8 Thore führen; erhalten 
ift namentlich das nordweitlice Herculanerthor, 
welches von der Vorſtadt durdy die jogenannte 
Gräberſtraße einführt. Eine zweite, feit 1885 


POMPEII. 


110000 


Plan von Pompeji mit dem Ergebnis der Ausgrabungen bis 1890. 


5. Tempel des Mercur. 
6. Bafilica. 
7. Thermae Stabianae. 


1. Tempel der Fortung, 
2. Thermae., 


3. Jupi s 
era 
Stadt durdy ein Erdbeben furchtbar gelitten hatte 
(Sen. quaest. nt. 6, 1; bereits im Jahre 62 nad) 
Tac. ann. 15, 22), wurde fie, faum jchöner wieder: 
bergeftellt, am 24. Auguſt 79 mit Stabiä, Hereu— 
laneum, Oplontis und Teglana von der Aſche und 
Lava des Veſuvius verjchüttet (lin. ep. 6, 16. 20. 
Dio Cass. 66, 21 ff.); dem größten Teile der Be— 
wohner gelang es, ſich zu retten; etwa 12—1500 
mögen umgefommen fein (nach Nijien). Die Lava 
jelbft hatte P. nicht erreicht, jondern nur eine 
14 Fuß hohe Schicht von Ajche, Sand und Bims: 
ftein diejelbe bededt. Nachdem man daher ſchon 
am Ende des 16. Yahrhundert® und wiederum 
1689 durch zufällige Grabungen auf Ruinen ge: 
ftoßen war, ift es (da feine überliegende Stadt 
wie bei Hereulaneum hindert) jeit dem Jahre 1748 
durch fortgejeßte Nachgrabungen gelungen, etwa 
/, der Stadt wieder aufzudeden; und da mit 


8. Tempel ber fie. 11. Gladiatoren Kaſerne 
9. Tempel des Äſculap. 12. Tempel ber les 
10. Theater. 15. Ampbitheater. 


aufgededte Gräberftraße lag vor dem nach Salerno 
führenden Thore. — P. enthielt 4 Marltpläge: 
das Forum civile, ein regelmäßiges Parallelo— 
— im Südweſt der Stadt, von Süden nach 

orden laufend, umgeben mit Hallen und öffent— 
lichen Gebäuden, z. B. dem herrlichen Jupiter— 
tempel im N., dem Hauſe der Decurionen, dem 
Tempel des Duirinus, dem Chalcidicum und dem 
Apollotempel (nicht VBenustempel); das jogenannte 
Forum triangulare jüdöftlich (richtiger wohl die 
arx), an welchem ein Tempel der Burggöttin der 
Stadt ftand, von einer Säulenporticus umgeben; 
den Gemüjemarft — Forum nundinarium — öſt— 
lich davon, an welchen fich nördlich das Theater 
und ein Odeion und weiter eine Schule und die 
j. 9. Tempel der Iſis und des Jupiter und ber 
Juno jchliefen; im DO. nahe dem Sarnusthor das 
'‘orum boarium und dabei dad große, mohl 


ie 


Pompeii. 


967 


30 000 Menichen faffende, Umphitheater. Außer: | Berbreunung der Leiche des Elodius ſich Gewalt: 


dem find eine Menge Privathäuſer aufgegraben, | thätigfeiten hatte 
welche, wie die Stuben, mannigfahe Namen er: |er (51 v. €.) in 
Bu haben, 3. B. das Haus des Panja, des’ oft dDrüdende Mot litt. M. Cälius, der feine Ver: 


Salluftius, de3 dramati— 
ſchen Dichters (wegen der 
PDarftellungen an den 
Wänden) u. j. w. Darin 
befteht auch der Haupt: 
gewinn der Entdedung, 
daß man eine Einficht in 
die Heinjten Berhältniffe 
des Privatlebens erhält: 
die Bewohner wurden ja 
bon dem Unglück über: 
rafcht, wie viele der ge: 
fundenen Gerippe (bis 
1878: 429) zeigen. Tem: 
pel und Theater find und 
audh an andern Orten 
erhalten; nirgend aber 
wie hier die Privatwoh: 
nungen mit ihrer ganzen 
Einrihtung. — Vgl. das 

Hauptwerf: Overbed, 
Pompeii (+. Aufl. 1884). 
H. Niſſen, Bompejantiche 
Studien zur Städtelunde 
des Altertums (1877). E. Brejuhn, Pompeji. Die 
neueften Ausgrabungen von 1874— 1880 (2. Aufl. 
1881). Aug. Mau, Gejch. der dekorativen Wand: 
malerei in Pompeji (1882). 

Pompeill, ein jehr angejchenes plebejiiches Ge— 
ſchlecht. Dahin gehören: 1) DQ. Bomp., Konjul 
141 v. C., befehligte gegen Numantia, ohne große 
Vorteile zu erringen, weshalb er als Profonful 
im nächiten Jahre durch eimen nicht ganz ehren: 
vollen Vertrag mit der Stadt Ruhm zu erwerben 
juchte. Der Senat aber mifbilligte denjelben, und 
nur Das Bolf rettete den mit der Auslieferung 
an Numantia Bedrohten. App. Hisp. 79. Cie. 
fin. 2, 17. of. 3, 30. Als Redner ftand er in 
qutem Rufe. Cic. Brut. 25. — 21 Sein Sohn, 
Q. Ponp., bezichtigte als Bolkstribun den Ti. 
Gracchus des Strebens nad) der Herrichaft. Plut. 
Ti. Gracch 14. — 3) DO. Bomp. Rufus, wirkte 
als Boltstribun 100 v. E. für die Zurüdberufung 
des Metellus Numidicus, welche jedoch Marius 
verhinderte. Oros. 5, 17. Val. Mar. 5, 2,5. Mit 
Sulla verwaltete er im Jahre 88 das Konjulat 
(Cie. Brut. 89. Lael. 1) und erhielt, während der- 
jelbe gegen Mithridates kämpfte, den Wuftrag, 
Italien zu beihügen, wurde aber auf VBeranlafjung 
de3 Pomp. Strabo von den Soldaten umgebracht. 
App. b. c. 1,57 ff. — 4) DO. Pomp. Rufus, des 
vorigen Sohn, Schtwiegerjohn Sullas, wurde, als 
er den Anträgen des ey Sulpicius entgegentrat, 
ermordet. Plut. Sull. 8. — 5) DO. Bomp. Bithy- 
nieus, ein inniger Freund Giceros, richtete 75 
v. C. Bithynien als Provinz ein umd ftarb im 
3. 48 an feines Berwandten, des großen Pom— 
pejus, Seite auf deſſen Flucht an der ägyptiſchen 
Küfte. Cie. Brut. 68. 90. Oros. 6, 15. — 6) D. 
Pomp. Rufus, Entel Sullas (vgl. 4.), ein eifriger 
Anhänger des Pomp. Magnus, weshalb ihn der 
Senat ind Gefängnis werfen ließ. Dio Cass.40, 45. 
Später ließ ihn Pompejus gerade wegen jeines 


ST, 
A 


E23 


7 
= 


32,1 
WIE 


1) nn, 


ii N 
HIN - 


4 
9 


* 











Graberſtra 


in ſchulden fommen laffen, mußte 
ie Verbannung gehen, in der er 








be in Pompeli nad 
urteilung veranlaßt Hatte, erwirfte ihm die Her— 
ausgabe feiner väterlichen Güter und linderte jo 
feine Not. Cic. ad fam. 8, 1,4. — 7) Seine 
Schwefter, Pompeja, war Cäſars dritte Gemahlin 
jeit 67 v. E., wurde aber 61 wegen chebrecherifchen 
Umgangs mit Clodius von ihm gejchieden. Suet. 
Caes. 6.74. Cie. ad Alt. 1,13, 3. Dio (ass. 87,45. 
— 8) A. Pomp. Bithynicus (Sohn von Nr. 5), 
ftarb auf Sicilien auf Befehl des Sert. Bontpejus. 
Dio Cass. 48, 17 ff. — Eine zweite Linie find 
die Magni und Strabones: 9) Sert. Bomp., ein 
Anhänger der Stoa, Bruder des Bomp. Strabo, 
beichäftigte fich, der Politik fernbleibend, mit juri: 
ftiichen und mathematischen Studien. Cic. Brut. 
47, 175. — 10) En. Bomp. Strabo, Pater bes 
Pomp. Magnus, war Prätor 94 v. E., verwaltete 
93 Eicilien und Fämpfte im J. 90 gegen die 
Bundesgenoffen (ſ, Marsicum bellum), ward 
89 Konſul und fiegte mehrmals. Da feine Be: 
figungen in PBicenum ihm dort Einfluß verichaff: 
ten, war er während des Strieges dajelbjt bejonders 
thätig. Als DO. Bomp. Rufus (Nr. 3), au den er 
(88) fein Heer abgeben jollte, von feinen Soldaten 
ermordet worden war, tadelte er diefe nur und 
behielt den Oberbefehl. Vell. Pat. 2, 20. App. b. 
e. 1, 63. Im Bürgerfriege nach Rom zur Be: 
Ihüßung der Stadt gegen Cinna und Marius im 
%. 87 gerufen, lieferte er eine Schlacht vor den 
Thoren der Stadt, die unentichieden blieb. Velt, 
Pat. 2, 21. Die Leiche des bald nachher vom 
Blitz getöteten Strabo mifjhandelte ein Schar 
Banditen, die von dem ihm zürnenden Adel ge— 
dungen war. Habſucht, Graujamkeit und Treu- 
lofigfeit wurden ihm nicht mit Unrecht vorgewor: 


fen. Plut. Pomp. 1. 4. 37. For. 3,18. — 11) Sein : 


Sohn, En. Bomp, Magnus (der zuert in feiner 
Familie diefen nach ihm erblih gewordenen Bei: 
namen trug), war am 30. Sept. 106 v. E., aljo 
im gleichen Jahr mit Cicero, zu Rom geboren, 


läftig gewordenen Eifers fallen, und als er bei | that unter des Vaters Befehl die erſten Kriegs: 






174 


2 


968 Pompeii. 


dienfie gegen die italiichen Bundesgenoffen und 
gleich darauf gegen die Marianer. Nach dem Siege 
derjelben hielt er fich gegen ihre Verfolgung ver: 
borgen, und als die dem Vater zur LZaft gelegte 
Veruntreuung der Beute von Ajculum auch ihm, 
als dem Erben, eine Anklage gugo ſchützte er ſich 
durch die Verheiratung mit der Tochter des P. 
Antiſtius, der die Unterſuchung des Prozeſſes zu 
führen hatte. Bei Sullas Rückkehr aus Allen (83) 
zeichnete fich der junge Bomp. durch großen Eifer 
für defien Sache und durch ungemeines Glüd in 
der Kriegführung gegen die marianifchen Feld— 
herren aus. Durd Siege bei Sena in Umbrien 
und Cluſium und durd die Einnahme von Prä: 
nefte (82) jäuberte er ganz Italien von ihnen. 
Schon damals belohnte ihn Sulla durdy die Ver: 
mählung mit feiner Stieftochter Amilia; Pomp. 
trennte ſich ohne Bedenken von der Antiftia, verlor 
aber auch feine zweite Gemahlin bald und ver: 
mählte fi) dann mit Mucia, der Tochter des D. 
Mucins Scävola, die die Mutter feiner beiden 
Söhne, des Gnäus und Sertus, ward, aber nad) 
dem mithridatiichen Kriege wegen ihrer Untreue von 
ihm verftoßen wurde. Bon heftiger Begierde nad 
Kriegsruhm getrieben, jegte er die Verfolgung der 
Segenpartei ın Sicilien und Afrika fort. Eicilien 
brachte er leicht in jeine Gewalt, nachdem er den 
En. Earbo in jeine Hände befommen und jcho: 
nungslos hatte hinrichten laſſen. Sodann ging er 
nach Afrifa gegen Einnas Schwiegerjohn, En. Do: 
mitins Ahenobarbus, der ſich mit dem numidiſchen 
Könige Hiarbas verbündet hatte; mit einem über: 
legenen Heere jchlug er die unvorjichtigen Feinde 
in der Nähe von Utifa und wurde, erft 25 Jahre 
alt, auf dem Schlacdhtfelde als Imperator begrüßt. 
Domitius fam um, Hiarbas wurde auf der Flucht 
ergriffen und hingerichtet, Hiempfal ihm zum Nach: 
folger gegeben (81). Gelbit Eulla wurde durd) 
des Pomp. ungewöhnliches Glüd bedenklich ge: 
macht und wollte feinem wachjenden Ruhme heil- 
jame Grenzen fteden; er jollte als Privatmann 
ohne Truppen und ohne Triumph nad Rom zurüd: 
fehren; allein der erjten Bejchränfung widerſetzte 
ſich das Heer jelbft, und da er an der Spike der 
Truppen vor Rom ftand, jegte er auch den Triumph 
durch, obgleih Sulla nur mit Widerftreben jeine 
Einwilligung gab. Sein Verhältnis zu Sulla war 
in deſſen legten Lebensjahren fein freundliches 
mehr; daher unterftüßte er auch gegen beflen 
Wunſch die Bewerbung des M. Amilius Lepidus 
ums Konfulat, 73. Als aber diejer gleich nach 
dem Tode des Diftatord mit jeinen Anjchlägen 
zum Umfturze der jullanifchen Geſetze hervortrat, 
wurde Bomp. mit dem andern Konſul, O. Yuta- 
tius Catulus, der Hauptverteidiger der Nobilität. 
Sie wiejen jeine von Etrurien aus verjuchten An: 
griffe auf die Stadt zurüd und nötigten ihn zur 
Flucht nad) Sardinien, wo er bald ftarb. Romp. 
befiegte in Oberitalien die Reſte der Partei und 
befam in Mutina den M. Junius Brutus in feine 
Gewalt, den er in Rhegium hinrichten lieh. Jetzt 
erjah jih Pomp. zum Schauplatz neuer Thaten 
den jertorianijchen Krieg in Hiſpanien, und auch hier 
blieb das ungewöhnliche Glück, das ihn bisher 
begleitet hatte, ihm treu. Seit 80 hatte fich der 
frühere Prätor des Marius, D. Sertorius (j.d.), nad): 
dem er bei den Luſitaniern Fräftige Unterſtützung 
gefunden, allmählich zum Seren von ganz Hiſpa— 


nien und zum legten Haltepunft der marianifchen 
Bartei gemadt. Eine Neihe römischer Feldherren, 
zulegt DO. Metellus Pius, boten vergeblid ihre 
Kräfte gegen ihn auf. Er ſetzte eine förmliche 
Staatäregierung auf römiihem Fuß in Hiſpanien 
ein, errichtete einen Senat von 300 Männern und 
juchte die Provinzialen auf alle Weije für die 
neuen Einrichtungen zu gewinnen. Seine Macht 
wuchs noch, als M. Perperna, der Yegat des 
Lepidus, nad deffen Tode zu ihm ſtieß. Einer 
jo drohenden Gefahr beſchloß endlich der Senat 
den jugendlichen Feldherrn entgegenzuftellen, der 
> noch feines der größeren Staatsämter be: 

eidet, aber durch Thaten jein ausgezeichnetes 
Talent bewährt hatte. Pomp. wurde fürs Jahr 
77 mit ausgedehnten Vollmachten als Protonjul 
nah Hiſpanien geihidt. Bei jeinem Erjcheinen 
erhob ſich auch Metellus zu neuen Anftrengungen: 
teils in abgejonderten, teil$ in gemeinfamen Ope— 
rationen gewannen fie in mehrjährigem Kampfe 
dem Sertorins mehr und mehr Boden ab. Die 
Nachricht, daß derjelbe mit Mithridates, der da: 
mals den Kampf mit Nom wieder erneuert hatte, 
in ein Bündnis getreten war, reizte die Erbitte: 
rung der Römer noch mehr; Sertorius jelbjt ward 
bei wachjender Bedrängnis mißtrauiſch und arg: 
wöhniſch gegen ſeine Umgebung. Die daraus ent— 
ſtehende Verſtimmung benutzte der neidiſche Per: 
perna, eine Verſchwörung zuſtande zu bringen, als 
deren Opfer Sertorius (72) fill. Mit ihm war 
die Seele aus dem großartigen Unternehmen ent: 
wichen. Berperna erleichterte durch jein Ungeichid 
den römischen Feldherren den Sieg und geriet in 
die Gefangenschaft des Pomp. der ihn bald darauf 
binrichten lieh. Metellus überließ nach beendig: 
tem Kampfe dem Bomp. die Aufgabe, Ruhe und 
Ordnung in der Provinz; wiederherzuftellen. Mit 
äußerfter Strenge unterdrüdte diejer die Nele des 
Aufftandes, tötete viele einzelne, die in jeine Ge: 
walt fielen, und zerftörte eine Menge Städte, die 
Widerjtand leifteten. Nachdem Pomp. am Fuße 
der Pyrenäen Trophäen von jeinen Siegen und 
Verdienften errichtet, kehrte er 71 durch Gallien 
nad Italien zurüd und hatte noch auf dem Mariche 
das Glüd, eine flüchtige Schar von 5000 Sklaven, 
die von Spartacus’ Banden ſich vor Craſſus' jieg: 
reihen Waffen zu retten juchte, mit leichter Mühe 
zu vernichten, um fich auch die Ehre beilegen zu 
fönnen, den Sflavenfrieg völlig beendet zu haben. 



























ihm die Auszeichnung zu teil, daß er mit Crafjus, 
ohne das nefeblidhe Iter erreicht oder die ord— 
nungsmäßig vorausgehenden Amter befleidet zu 
haben, zum Konjul erwählt wurde. Am Iebten 
Tage des J. 71 hielt er feinen Triumph über 
Hilpanien, und am 1. Januar 70 trat er das 
Konfulat an. Pomp., durdy die Gunſt der Opti— 
maten jo hoch geftiegen, täufchte als Konſul ihre 
Erwartungen aufs bitterfte, indem er die durch 
Sulla jehr geichmälerte tribunicische Gewalt wieder: 
beritellte und die Nogation des Prätors L. Aure— 
lius Gotta zur Teilung der Gerichte unter die 
Stände, nachdem fie durch die zehnjährige aus: 
ichließliche Verwaltung des Senats in ſchmachvollen 
Verfall geraten waren, mit Erfolg unterjtüßte. 
Ein jo erflärter Abfall von feiner Partei führte 
ihn allmählich in immer wachſende Abhängigkeit 
bon jeinem größeren Nebenbuhler, Cälar. Cein 


Außer dem Glanze jo vielfachen Ruhmes wurde : 


w' 


oz) 


Pompeii. 


Durft nad) neuem Kriegsruhm fand wieder Nah: 
rung in dem Kriege gegen die kilikiſchen Seeräuber, 
der ihm (67) übertragen wurde. Unter dieſem 
Namen begriff man ein Gemijch von verwegenem 
Raubgefindel, welches an der ſchwer zugänglichen 
Hüfte des jüdlichen Vorderaſiens jeit lange feine 
Wohnfige und Schlupfwintel hatte und, zu immer 
größerem Übermute gelangt, im erjten mithrida- 
tiichen Kriege durch ein förmliches Bündnis mit 
dem mächtigen König von Pontos zu einer poli- 
tischen Macht herangewachſen und der furcdhtbarfte 
Schreden des ganzen Mittelmeerd geworden war. 
Mehrere römische Feldherren hatten jich vergeblich 
gegen fie verjucht, Murena, Servilius Batia und 
M. Antonius Ereticus (j. d.) Die Küften von 
Stalien bis in die Nähe von Rom wurden von 
ihnen heimgefucht, und bei der Unficherheit bes 
Meeres fticg die Teuerung aller Lebensmittel aufs 
äufßerfte. Da jebte der Trıbun Gabinius (f. Gabi- 
nii, 4.) den Antrag durch, einem einzigen erfahrenen 
Freldherrn außerordentliche Mittel und Vollmachten 
zur Ansrottung des unerträglichen Übels zu über: 
tragen, und das Bolf nannte jogleich Pomp. als den 
Mann, der allein der Aufgabe gewachien jei. Troß 
des heftigften Widerftrebens der Optimaten wurde 
feine Ernennung durchgejeßt und ihm, noch über 
den urfjprünglichen Antrag hinaus, eine Kriegs: 
macht von 500 Schiffen, 120000 Mann Fußvolf, 
5000 Neitern und 24 fenatorifchen Legaten mit 
uneingejchränter Vollmacht bewilligt. Vomp. zeigte 
fi des auferordentlichen Vertrauens würdig, mit 
planvolfer Überlegung und rajcher Entſchloſſenheit 
vollzog er jeinen Auftrag. In 40 Tagen reinigte 
er erft durch die fombinterten Bewegungen feiner 
wohlverteilten Flotte das tweftliche Meer von Afrika 
und Hiſpanien bis Stalien und vernichtete dann 
die zufammengejagten Streitkräfte der Räuber teils 
in Kämpfen zur See, teil® durch Beritörung ihrer 
Raubnefter. Nachdem er den eigentlichen Kampf 
in 3 Monaten beendet, ſuchte er den friedlichen 
Bewohnern jener Gegenden durch zwedmäßige An— 
orbnungen eine geficherte Eriftenz zu ichaffen. Mit 
Recht gewann der Kilifiiche Seeräuberfrieg dem 
Bomp. den höchſten Ruhm und wurde ihm bie 
Brüde zur Führung des zweiten mithridatiichen 
Krieges, nad der fein Ehrgeiz jchon länger tradı: 
tete. war hatte Yucullus denjelben jeit 74 mit 
Auszeihnung und Erfolg geführt, aber er war 
durd; Meuterei unter jeinen eigenen Truppen an 
der Benutzung jeiner Siege gehindert und, als 
Mithridateds 67 wieder vorgedrungen war und 
dem Heere des Legaten Triarius eine ſchwere 
Niederlage beigebradht hatte, unter ungerechten Be: 
ichuldigungen abberufen worden. Sein Nachfolger, 
M’, Acilius Glabrio, hatte noch weniger ausführen 
fönnen: jo fam der Tribun C. Manilius nur der 
herrſchenden Stimme entgegen, ald er unmittelbar 
an das Volk den Antrag brachte, dem Bomp., der 
joeben die Republit von der Angft vor den See: 
räubern befreit, auch den Krieg gegen Mithridates 
mit gleichen Mitteln und Bollmachten zu über: 
tragen. Nur die Optimaten murrten und wider: 
jegten ji. Aber da Cäſar eifrig für die Rogation 
wirkte und Cicero fie in feiner berühmten Rede 
de imperio Cn. Pompei verteidigte, ging ber 


969 


die er durch die des Lucullus und Glabrio ver- 
ftärkte. Mit einer jo überlegenen Macht nötigte 
er den Mithridates, der ohnehin geihwädt war 
und nicht mehr auf die Hülfe feines Schwieger- 
johnes, Tigranes von Armenien, zählen konnte, 
weil diefer von Phraates, dem neuen Bartherlönige, 
angegriffen war, zum eiligen Rüdzuge in die Ge— 
birge von Klein-Armenien. Nah langer Berfol- 
gung in den jchiwierigen und unbefannten Gegen 
den gelang endlich ein nächtlicher Überfall in einem 
Paſſe unfern vom Euphrat: Mithridates verlor 
10 000 Mann auf dem Plate, mehr noch durch 
völlige Auflöfung; ex jelbit rettete jich mit einer 
Heinen Reiterjchar durch die Flucht. Pomp. über: 
ließ den geichlagenen Feind fürs erfte feinem 
Schickſale und wandte fi) zur Demütigung des 
Tigranes, der durch die Parther und Empörungen 
in feinem eigenen Haufe in große Bedrängnis 
verjegt war. Doch beſchloß Ponp., das Reich von 
Armenien noch als Vorhut gegen Barthien beſtehen 
zu laſſen; er zog vor Tigranes’ Hauptitadt Arta— 
rata, empfing den Fürften im jeinem Lager mit 
allen Zeichen der Unterwerfung und jepte ihm das 
freiwillig zu jeinen Füßen niedergelegte Diadem 
wieder aufs Haupt. Armenien wurde ihm gelaflen, 
aber er mußte alle Eroberungen abtreten. Das 
Jahr 65 verging über diefem Zuge und der Be- 
friegung der kaukaſiſchen Gebirgsvölter zwiſchen 
dem Schwarzen und dem Kajpijchen Meere, welche 
jih feinem Durchzuge wideriegten. Obgleich er 
fie befiegte und bis an den Phaſis vordrang, be— 
ſchloß er doch, vor der völligen Vernichtung des 
Mithridates fi nah Süden zu wenden und in 
den von Tigranes abgetretenen Gebieten die neue 
Ordnung zu befeftigen. Syrien erflärte Pomp. 
zur römischen Provinz und nahm es ohne Wider: 
ftand in Befig (64). Nur in PBaläftina erwar— 
tete ihn ein ernfter Kampf. Hier jtritten die 
entarteten Maftabäer, die Brüder Hyrlanos und 
Ariftobulos, um den Thron; jener war im Befit 
des größeren Teils des Landes, diejer behauptete 
fih in Serujalem. Pomp., der die Brüder vor 
jeinen Richterftuhl forderte, entichied ſich für Hyr— 
fanos und behielt den Ariftobulos in Haft. Da 
feine Anhänger die Burg und den Tempel von 
JFeruſalem nicht übergeben wollten, jo ließ Pomp. 
ihn nad dreimonatliher Belagerung erjtürmen; 
er betrat das Allerheiligite des Tempels, lieh aber 
font in der eroberten Stadt Schonung üben, 63. 
Hyrkanos wurde als Hohepriefter und weltlicher 
Regent, doch ohne Königstitel, eingeſetzt, Arifto- 
bulos gefangen nach Rom gebracht und jpäter im 
Triumph aufgeführt. Während diejer Borgänge 
hatte Mithridates fich in fein bosporanijches Neich 
zurüdgezogen und trug fich mit dem abenteuerlichen 
Plane, einen Zug gegen Italien jelbjt zu unter: 
nehmen. Allein der Argwohn, dem er fich gegen 
feine eigene Familie und feine Vertrauten überlieh, 
rief eine Verſchwörung hervor, an deren Spibe 
fein Sohn Pharnakes trat. Auf die Kunde davon 
wütete der Greis zuerſt gegen die nächiten Ber- 
wandten und ftürgte fi dann in der Burg zu 
Bantilapaion in fein eigenes Schwert, nachdem er 
vergeblich fich zu vergiften verjucht hatte, 63. 
Pomp. erhielt im Lager von Jericho dieje Nach— 


Beichluß durch. Pomp. empfing diefe Nachricht | richt und begab fich nad) Beendigung des jüdijchen 


noch im Silifien (66) und ging jogleich über den 
Zaurus an der Spitze jeiner ſiegreichen Truppen, 


Krieges nad) Pontos, wo er des Mithridates un: 
ermeßliche Schäge ausgeliefert erhielt, das Land 


-] 


x 


970 


Pompeii. 


jelbft zur römifchen Provinz einrichtete, den Phar: | 5 Jahre das cisalpinifche Gallien, in das er aber 


nafes aber ald König des bosporaniichen Heiches 
und Freund und Bundesgenofien des römischen 
Bolfes anerkannte. Bon diejer glänzenden Sieges: 
laufbahn fehrte Pomp. (62) nah Italien zurücd 
und hoffte in Rom ſich unbeftrittener Anerkennung 
und Dankbarkeit zu erfreuen. Aber die Optimaten 
jahen ihn mit Mißtrauen und Furcht zurückkehren, 
und die Bolfspartei, auf die er fich ftüßen mußte, 
betrachtete jchon Cäfar als ihren Führer. Selbft 
als Pomp. nach feiner Landung in Stalien feine 
Truppen entließ, wodurd alle Bejorgniffe, die 
die entgegengejepten Forderungen des Tribunen 
D. Metellus Nepos hervorgerufen hatten, bejeitigt 
wurden, erregte er mehr Bewunderung, als Ber: 
trauen. Bald zeigte es fich, da der Mann, welcher 
in einer faſt unumterbrochenen Reihe glüdlicher 
Kriege jo Außerordentliches geleiftet hatte, zur 
friedlichen Leitung des Staates nicht dasſelbe Ge: 
ſchick beſaß. Grollend zog er ſich auf jein Land— 
gut in der Nähe von Rom zurück, und ſtatt ſich 
durch ein thätiges und dic Eingreifen 
eine wirkliche Macht zu gründen, befriedigte er 
ſeinen Ehrgeiz durch das Gepränge ſeines dritten 
Triumphes, den er am 30. September 61, zwar 
ohne das Heer, aber in aller Herrlichleit ſeines 
Siegerglanzes, feierte. Große Tafeln verzeichneten 
feine Thaten und die beſiegten Völker, wobei ſeines 
Vorgängers nicht gedacht wurde. 324 vornehme 
Gefangene, darunter 5 Söhne und 2 Töchter des 
Mithridates, der jüngere Tigranes mit feiner Fa: 
milie, der jüdische Fürſt Ariftobulos mit jeinem 
Sohne Antigonos, wurden mit aufgeführt. Ge: 
mälde ftellten die umgefommenen Fürften, ſowie 
die Todesjcene des Mithridates dar. Ungeheure 
Schätze und die ansgezeichnetiten Kunftwerfe, u. a. 
die koftbare Daktyliothef des Mithridates (die Plin. 
37, 7 beichreibt), jchmücdten den Zug Romp. jelbit 
erſchien auf einem mit Edelfteinen verzierten Wagen, 
in einem Gewande, welches Alerander der Gr. 
getragen haben follte, ihm folgten jeine Legaten 
und Kriegstribunen. Bon der Beute erbaute Bomp. 
einen Tempel der Minerva mit einer Inſchrift 
von jeinen Thaten. Plin. 7, 26. Oros. 6, 6. Aber 
aller diefer Glanz gab feiner Stellung jo wenig 
eine fichere —— und beſiegte ſo wenig das 
Widerſtreben der Optimaten, daß im nächſten 
Jahre (60) der Konſul 2. Afranius, Pomp.s' 
früherer Legat, die Beſtätigung der acta Pompei, 
d. h. der von ihm in Aſien getroffenen Anord- 
nungen, und die feinen Soldaten verjprodhene 
Landausteilung im Senate durchzuſetzen nicht ver: 
mochte. Es war teils Catos furzfichtiger republi- 
fanifcher Eifer, teild der Berdruß der von ihm 
verbunfelten Feldherren, der diefen Widerftand 
leitete. Aber die natürliche Folge war, daß Pomp. 
in gefränftem Stolze fih an Cäſar, der damals 
von jeiner erften jelbftändigen Kriegführung aus 
Hifpanien zurüdgefehrt war, um jo enger anſchloß 
und, vom dieſem dazu überredet, ſich auch mit 
Craſſus verjöhnte. So kam das j. g. Triumvirat 
zu jtande, durch welches jeder der Teilnehmer mit 
Hülfe der andern jeine eigenen Zwede zu erreichen 
hoffte. Cäjar, deſſen Rontulat (59) auf diejer un: 
widerftehlichen Macht ruhte, jehte nunmehr außer 
andern, ihm jelbft förderlichen, Maßregeln die Be: 
ftätigung der acta Pompei durch. Dafür erlangte 
er felbft durch die Nogation des PB. Vatinius auf 


nicht eher abging (58 im April), als bis die läftigen 
Wächter der Republif, Cicero und Eato, aus der 
Stadt entfernt waren (vgl. hierüber und über alles 
Folgende Julii, 8.). Zwiſchen Cäſar und Pom— 
pejus knüpfte die Bermählung des lehteren mit 
des erfteren Tochter, Julia, noch ein näheres, per: 
fönliches Band; aber der notwendige Lauf Der 
Dinge trieb fie bald auseinander bis zum Kampf 
auf Leben und Tod. Während Cäjar ſich immer 
neue Lorbeeren gewann und für den Staat und 
fich felbft eine reiche Provinz eroberte, war Bomp. 
nicht imftande, im Innern des Etaates die Frech: 
heit der wildeiten Parteiführer zu zügeln. Gegen 
Elodins’ maßloſe Angriffe glaubte er jich zwar durch 
Eiceros Nüdtehr jchügen zu können. Allein, ob- 
gleich diejer ihm dazu behülflih war, daß ihm 
(57), aus Veranlafjung einer Teurung, die Ober: 
aufjicht über die gejamte Zufuhr der Lebensmittel 
übertragen wurde, verjagte ihm doch die Eiferjucht 
der Optimaten den gewünſchten Befehl über eine 
anjehnliche Truppenmacht, und wiederum wurden 
erjt durd; einen erneuten Vertrag mit Eäjar, in 
deſſen ne zu Luca die beiden andern 
Triumvirn ſich — (56), die Entwürfe für die 
Verteilung und Sicherung ihrer Macht gefaht. 
Mit roher Willfür wurde die Wahl des Pomp. und 
Erafins als Konſuln des Jahres 55 erzwungen, 
und Cäſars Schübling E. Trebonins jebte die 
Nogation durd), daß nach beendeter Amtsführung 
Pomp. beide Hilpanien, Craſſus Syrien erhalten, 
dem Prokonſul Cäfar aber jein Oberbefehl in Gal— 
lien (dem cid: und transalpiniichen) auf neue 
5 Jahre verlängert werden jollte. Bomp. bezeich- 
nete fein Konſulat noch durch die glanzvolle Ein- 
weihung des von ihm auf dem Marsfelde erbauten 
fteinernen Theaters, welches 40 000 Zujchauer faſſen 
fonnte und mit den herrlichiten Statuen und Ge— 
mälden gejchmücdt wurde. Aber für eine fräftigere 
Handhabung der Ordnung forgte Pomp. weder in 
jeinem Konjulate noch in den darauf folgenden 
Jahren, da er nad) Eraffus’ Abzug in die Provinz 
in der Nähe Noms blieb, während er feinen Le: 
gaten die Verwaltung der ihm bewilligten Pro— 
vinzen überließ. Offenbar lich er die Unruhen 
und den Unfug in der Stadt, der durch die Er- 
mordung des Clodius den höchjten Grad erreichte, 
abfichtlich ihren Gang gehen, um das Bebürfnis 
nach jeiner Diktatur zu erweden. Wirklich wurde 
er 52 zum Konſul abweiend und ohne Kollegen 
ernannt; um nun nicht Cäfar, mit dem durch den 
Tod der Julia (54) das letzte Band gelöft war, 
neben fi zur Gewalt gelangen laffen, nahm er 
fih den Metellus Seipio, mit deſſen Tochter er 
fi) wieder vermählt hatte, zum Kollegen. Bon 
nun an jchloß er jich aufs engfte wieder der op: 
timatiſchen Bartei an und bereitete fich durch offene 
und geheime Mittel zum Kampfe mit dem gefürdh: 
teten Nebenbuhler vor. Die wachſende Berfeindung 
zwijchen beiden, bis zum Nusbruche des Bürger: 
frieges, ift in ihren Hauptmomenten im Leben 
Cäfars dargeftellt (j. Julii, 8.). Die verblendete 
Nobilität drängte immer heftiger zu feindjeligen 
Beichlüffen gegen Cäſar; diejer erwiderte die For— 
derung des Senats, jeine Truppen zu entlafjen, 
und die Ausweiſung der ihm verbündeten Tribunen, 
Caſſius und Antonius, mit der Überjchreitung des 
Rubico. Darauf war Pomp. micht gefaßt: 


— 


om 11 


[23 


Pompeii. 971 


wurde jogleih und, als Domitins’ Widerſtands— 
veriuch bei Corfinium vergeblich war, auch Italien 
aufgegeben. Im März 49 ging Pomp. mit den 
tren aebliebenen Truppen und dem größten Teile 
des Senats von Brumdifium nah Dyrrhachium 
hinüber. Cäſar lieh ihm während feines hiſpani— 
ichen Feldzuges 9 Monate Zeit, neue Streitkräfte 
an fich zu ziehen, eine bedeutende Flotte zu ſam— 
meln und fich in der gewählten Stellung zu ver: 
ichanzen. Dennoch that er nichts, um Cäjars Über: 
gang, der zu Anfang 48 erfolgte, zu verhindern, 
und als diejer nach vergeblihen und verluftvollen 
Angriffen auf Dyrrhachium, um der dringenden 
Not feiner Trnppen abzuhelfen, fich in die Ebenen 
Theſſaliens zog, ging Pomp. jeine wohlbefeftigte 
Stellung anufgebend, ihm, wie er e8 gewünſcht, ins 
offene Feld nad. Seine ftolze und kurzſichtige 
Umgebung trieb ihn wider jeinen Wunjc zum 
enticheidenden Kampfe. Den 9. Auguſt 48 (nad) 
Damaligem Kalender, im Juni nach dem unjrigen) 
erlitt er nad) fumem Widerftande jeines überlege: 
nen Heeres auf dem Felde von Pharjalos Die 
völlige Niederlage, die ihm jede Belinnung und 
Faffung raubte. Während Cäſar viele der vor: 
nehmften feiner Anhänger durch großmütige Ai: 
erbietungen auf feine Seite zog, eilte Bomp., auf 
jede fernere Gegenwehr verzichtend, zuerft nach Myti— 
lene zn feiner Gemahlin, dann, fich auch dort nicht 
ficher fühlend, nach Ägypten, wo er bei dem Sohne 
des durch jeinen Einfluß (59) wiedereingejehten 
Ptolemaios Auletes auf Schuß rechnete. Aber der 
elende Feigling glaubte dadurch am ficherjten jeder 
Verantwortung zu entgehen, daß er dem fliehen: 
den ein Boot mit Mördern entaegenichidte, die 
ihn vor der Landung niederftießen. So ftarb 
Pomp. im achtundfünfzigften Jahre feines Lebens. 
Cäjar erwies feiner Leiche die höchften Ehren, und 
ipäter wurde feine Aſche anf feinem albanijchen 
Landgute beigefegt. — Pomp. beſaß ausgezeich: 
nete und achtungswerte Eigenichaften für cine 
zweite Stellung im Staate: eine für jene Beiten 
und unter jeinen Standesgenoflen ungewöhnliche 
Sittenreinheit und Umeigennüßigfeit, Ihätigfeit 
und Ausdauer, perjönliche Tapferkeit und Gewandt— 
heit in allen friegerifhen Übungen, Umſicht und 
Entichlofjenheit im Felde, aber für den erften Platz 
hatte er weder genug Freiheit und Größe des 
Geiftes, noch Schwung und Feſtigkeit der Gefin: 
nung. Daß er dennoch nach ihm trachtete und, 
durch die großen Erfolge feiner Feldzüge über fich 
ſelbſt getäuscht, fich auch auf andern Gebieten zu 
den höchiten Anſprüchen berechtigt glaubte, das 
hat ihm in den enticheidenden Momenten die fichere 
Haltung geraubt und ihn zum Spielball der Par- 
teien und —— Seifter gemacht. — Ausge⸗ 
zeichnete Geiftesbildung wird nicht von ihm ge: 
rühmt, fie war aber auch bei jeiner ununterbrochenen 
Ktriegführung von den früheften Nünglingsjahren 
bis zum reifen Mannesalter bei ihm micht zu er: 
warten; auch durch Beredfamfeit hat er nie großen 
Einfluß geübt. Vgl. Eiceros Rede de imperio 
Cn. Pompei, Plutarchs Biographie des Rompejus 
und Drumann, Geſchichte Roms, Bd. IV. — 
12) Sein älterer Sohn, Gnäns Bomp. Magnus, 
diente auf des Baters Flotte im Adriatiichen Meere 
im J. 49, begab ich nach der pharjaliichen Schlacht 
nad Afrika, erfuhr unterwegs des Vaters Ermor: 
dung, ſammelte dann ein Heer in SHifpanien, 


wurde von Cäjar (17. März 45) bei Munda ge: 
ſchlagen und nicht lange darnach auf der Flucht 
ermordet. Plut. Pomp. 62. Caes. b. Hisp. 39. 
Strab. 3, 141. — 13) Sertus Bonp. Magnus, 
der jüngere Bruder des vorigen, geb. 75, begleitete 
feinen Vater auf deflen Flucht nach Aanpten, 
rettete ſich nach deſſen Ermordung nach Kypros, 
diente jpäter winter feinem Bruder in Hifpanien, 
jammelte nad deſſen Tode ein Heer, ſetzte den 
Krieg fort und gebot nad Cäſars Ermordung 
über einen großen Teil Hifpaniens. Antonius 
verjöhnte ihn und erjegte ihm die verlorenen Güter, 
worauf der Senat ihm den Befehl über die Flotte 
übertrug, um ihn gegen die Triumdirn zu benußen. 
Anfangs benahm fich Pomp. ſehr zurüdhaltend, 
fammelte aber bald ein Heer, dem viele Geächtete 
zuſtrömten, ſetzte jich in den Befig Siciliens und Sar- 
diniens, brachte der Flotte Octavians an der Hüfte 
Siciliens bedeutende Berlufte bei (38 und 37), ber- 
for aber im folgenden Jahre bei Naulochos faft 
feine ganze Flotte, worauf fich das Landheer dem 
Oetavian ergab und Sicilien in deſſen Hände fiel. 
Nachdem Pomp. dann den Antonius durch trüge- 
riihe Verhandlungen vergebens zu täuſchen geincht 
hatte, mußte er im %. 35 nach Wfien entfliehen, 
fiel in die Hände des Antonius und wurde in 
Milet, ob auf Antonius’ Befehl ift ungewiß, ge— 
tötet. Vellejus jchildert ihn wohl mit Recht als 
„sermone barbarus, rudis studiis“. Stolz umd 
hochfahrender Sinn waren die hervorftechenden 
Züge feines Charakters und bewirlten, daß er bei 
Cicero und andern Freunden feines Baters mi: 
liebig war. Dio (ass. 43, 80. 45, dff. 48, 17. 
49, 11. App. b. c. 2, 105. 8, 4. 5, 142. Strab. 
3, 141. Oic. Phil. 5, 145. Vell. Pat. 2, 73. Val. 
Riſſe, de gestis S. Pompei (1882). — 14) Seine 
Schweſter, Bompeja, Gemahlin des Fauftus Sulla, 
wurde von Cäſar zur Gemahlin begehrt und lebte 
ipäter bei ihrem Bruder Sertus auf Sicilien. — 
15) Sertus Bomp., befleidete im %. 14 n. €. 
das Konjulat, verwaltete darnach Afien und mar 
mit Ovid, der ihm mehrere jeiner Briefe (er Pont. 
4, 1.4. 5. 15) widmete, und mit Balerins Marimus 
befreundet. — 16) En. Bomp. Magnus, Schwie: 
geriohn des Claudius, wurde auf Betrieb der 
Meflalina ermordet. Suet. Claud. 27 f.— 17)Bomp. 
(Barus, f. d. Schol. zu Hor, od. 2, 7), von Horaz 
als jein alter Kampfgenoſſe in der Schladht bei 
Philippoi genannt, der ſich jeitdem fortwährend 
im Kriege umhergetrieben habe und erft im 3. 30 
v. E. nach Italien zurüdgelehrt jei. — 18) Pomp. 
Groſphus, ein reicher ſiciliſcher Gutsbeſitzer, war 
gleichfalls ein Freund des Horaz. Hor. od. 2, 16, 
ep. 1, 12, 22. — 19) Bomp. Demetrius, ein 
Freigelafjener des großen Pomp., war berüchtigt 
durch jeine Raubſucht. Z’lut. Pomp. 2. — 20)Bomp. 
Trogus, von gallifcher Herkunft, deffen Groß— 
vater durch Bompejus Magnus mit dem römischen 
Bürgerrechte beichentt worden war (daher der 
Name), Zeitgenofje des Livius, ift Verfafler eines 
großen geichichtlichen; Wertes, welches Juftin (j. d.) 
in einen Auszug brachte. Das Werk, historiae 
Philippicae betitelt und in 44 Bücher geteilt, 
begann mit Ninus, reichte bis auf die Gegenwart 
und war mach griechiichen Quellen, beſonders 
Theopomp (dem er den Titel jeines Werts ent: 
lehnte), Theagenes, Timagenes und Kleitarchos, 
gearbeitet. Auch zoologiſche und botanifche Werke 


972 


hat er verfaßt. — — von Hallberg (1869). 
— 21) Grammatifer aus Mauritanien in ber 
zweiten Hälfte des 5. nachchriftl. Jahrh., verfaßte 
bei. nach Donat und dem Kommentar des Servius 
zu Donat ein grammatisches Lehrbuch für die Schule, 
das, im Mittelalter viel benußt, nicht ohne Wert 
ift, commentum artis Donati, herausgeg. von 
Keil (gramm. Lat. Bd. V p. 95 f.). 

Pompeiopölis j. Soloi. 

Pompilfi, ein nur wenig befanntes Gejchlecht. 

u nennen find: 1) Numa Bompilius, j. 

uma. — 2) ein römijcher Ritter und Genoſſe 
des Catilina. @. Cie. pet. cons. 3, 10. — 3) M. 
Pomp. Andronicus, ein Syrer von Geburt, 
lehrte Grammatif zu Rom, begab ſich von hier 
nad) Cumä, weil er fih in Rom vernachläſſigt 
ſah, und jchrieb ein Werk über die Annalen des 
Eunius, genannt elenchi. Er mußte dasjelbe aus 
Not vertaufen, Orbilius löſte es wieder ein und 
veröffentlichte e8. Suet. gramm. 8. 

Pomponii, ein plebejiiches Gejchlecht, deſſen be— 
deutendfte Männer folgende find: 1) O. Bomp,, 
395 und 394 v. C. Volkstribun, widerjeßte jich 
der Überfiedelung nad) Beji (Plut. Cam. 7. 9.11. 
Liv. 5, 24 ff.), wofür das Volt ihn jpäter mit 
einer Geldftrafe belegte. — 2) M. Bomp. Matho, 
führte als Konful 231 dv. E. Krieg auf Sardinien. 
Zonar. 8, 18. — 3) T. Bomp. Bejentanus, 
wurde 213 dv. E. vom Farthagiichen Feldherrn 
Hanno im Bruttifchen gejchlagen und gefangen ge: 
nommen. Liv.25, 1. — 4) M. Pomp. Matho, 
204 v. C. Prätor in Sicilien, erhielt die Leitung 
der Unterſuchung gegen Scipio und deffen Legaten 
Pleminius. Liv. 29, 11.13.20. — 5) M. Pomp., 
Freund des E. Grachus, juchte denjelben beim 
Aufftande zu verteidigen und fand dabei jeinen 
Tod. Val. Max. 4, 2,7. Plut. ©. (fracch. 16 f. 
— 6) 8. Pomp. Bononienjis, um 90 v. E., 
war der erjte, der jchriftliche Atellanenftüde (ſ. 
Atellanae fabulae), im Gegenjaß zu den 
bisher nur mündlich in den ftehenden und fomi: 
ſchen Rollen oſtiſcher Yandleute vorgetragenen, be: 
arbeitete, die einzelnen Scenen fo mehr zu einem 
Ganzen verknüpfte und es bejonders darauf ab- 
nejehen hatte, Durch die von ihm hingeſtellten 
Charaktere die verjchiedenen Stände der bürger: 
lichen Gejellichaft zu ichildern, jowie den Schau: 
plab auch auf Rom und andere Gegenden aus: 
zubehnen; doch =. er die ländlichen Rollen, 
jowie auch das üblich — Versmaß bei. 
Zugleich — in den Bereich der Atellanen my— 
thologiſche Stoffe hinein. Von ſeinen Atellanen 
kennen wir noch 65 Titel, meiſt nach einer der 
im Stüde auftretenden Hauptperjonen benannt. 
Sammlung der Brucdftüde von Munf, de fab. 
Atell. (1840) p. 134 ff., und Ribbed, com. Rom. 
reliqu. p. 225 ff, der 2. Aufl. Wbhandlung von 
Munt (1826). — 7) En. Bomp., einer der älteren 
römischen Redner, kam in den jullaniichen Un— 
ruhen um, 82 v. E. Cie. Brut. 57, 207. — 8) ent: 
zog fih, von den Triumvirn geächtet (43 v. E.), 
durch Liftige Flucht der Ermordung. App. b. ce. 
4,45. — 9) Pomp. Gräcinus, ein Freund des 
Dvid, von welchem er mehrere Male um feine Ber: 
wendung bei Auguftus gebeten wurde. Ov. ex 
Pont. 1, 6. 4, 9. — 10) &. Pomp. Flaccus, 
des Gräcinus Bruder, Konſul 17 n. E. und Statt: 
halter von Möfien (Tae. ann. 2, 66 f.) im 9. 19, 


Pompeiopolis 


— Pomptinus. 


wurde dann, ald Günftling des Tiberius, zum 
Statthalter von Syrien ernannt, wo er im J. 33 
ftarb. Tac. ann. 6, 27. Suet. Tib. 42.— 111Bom: 
ponia Öräcina, wurde von ihrem Gemahl Plan: 
tius (j. Plautii, 12.) als Chriſtin freigeiprochen, 
57 nu. C. Tac. ann. 13, 32. — 12) $ Bomp. 
Secundus, Anhänger des Minifters Sejan, ents 
ging mach deſſen Sturze (31 n. E.) der Todes: 
gefahr nur dadurch, daß jein Bruder ihn in Haft 
nahm. Tac. ann. 5, 8. ep, wien gab ihm im J. 
37 die Freiheit zurüd (Dio . 59, 6), unter ber 
Regierung des Claudius fämpfte er als Legat mit 
Auszeichnung gegen die Chatten in Deutichland. 
Tae, ann. 12,27. Der ältere Blinius, jein Freund, 
verfaßte jeine Zebensgejdhichte in 2 Büchern. Plin. 
ep. 3, 5. Er dichtete Tragödien (Tae. ann. 11, 13. 
5, 8. dial. 13), von denen uns noch einige Titel 
(4. B. Aeneas) erhalten find. Quint. 10, 1, 98. — 
13) Sein Bruder, DO. Pomp. Secundus, Konſul 
im J. 41 n. C., ſoll nad —— Ermordung 
im Senate für Herſtellung der Republik geſtimmt, 
ſich aber dadurch den Haß der Soldaten zugezogen 
haben. Nur der neue Kaiſer Claudius konnte ihn 
dagegen ſchützen. Dio Cass. 59,29. — 14) Bomp. 
Labeo, während der Zeit des Tiberius Gtatt- 
— von Möſien, gab ſich ſpäter (34 n. E.), in— 
olge einer Anklage, eigenhändig den Tod. Tae. 
ann. 4, 47. 6,29. — 15) T. Buns. Baſſſus, 
Freund des jüngeren Plinius, nach deſſen Äuße 
rung (ep. 4, 28) er in früheren Jahren unter Nerva 
und Trajan hohe Staatsämter befleidet hat. — 
16) Sert. Bomp., ein angejehener Rechtsgelehr- 
ter, aus deilen Schriften zahlreiche Ercerpte in die 
Pandekten übergegangen find, lebte unter der Re— 
gierung des Hadrian und Antoninus Pius. — 
17) (Bomp.) Bajjus, zur‘ Zeit Caracallas Legat 
in Möfien, als welcher er ſich eine Anklage zuzog. 
Dio Cass. 78, 21. — 18) Bomp. Borphprio, 
einer der ältejten Erklärer des Horaz, lebte zwi: 
ihen 200 und 250 n. E. und verdient das Lob 
großer Sorgfalt und emfigen Fleißes. Ausgabe 
der Bruchitüde jeines Kommentars von Meyer 
(1874). — 19) T. Bomp. Atticus, j. Atticus 1. 
— 20) Pomp. Mela, j. Mela. 

Pomptinae palüdes, /Iorriv« oder Tlourriw« 
rè An, IIorzivar Auraı, eine jumpfige, über 7 M. 
lange und an der jchmaljten Stelle 2 M. breite 
Gegend an der Küfte Latium zwiſchen Circeji 
und Tarracina, die, bevor durd) die Flüſſe Ajtura, 
Amaſenus und Ufens dieſe Werfumpfung eintrat, 
jehr fruchtbar war und 23 Städte enthalten haben 
joll, unter ihnen Bometia (Bomptia), wovon der 
Name. Die mehrfach von den Alten angeftellten 
Verſuche, diefe die Luft verpeftenden Stagnationen 
auszutrodnen, blieben fruchtlos; indes gelang es, 
312 v. C. die nat Campanien führende Appiſche 
Straße hindurdzuführen und durch Anlegung 
eines Kanals (unter Julius Cäjar und Auguft) 
wenigjtens einen Teil troden zu legen. Öuet. 
Caes, 44. Nachdem jeit dem 5. Jahrh. beide in 
Verfall geraten waren, ließ Papſt Pius VI. vomt 
Jahre 1778—88 beide wiederherftellen und er: 
reichte wiederum die teilweile Trodenlegung. Sie 
heißen noch jetzt Palude Pontine. 

Pomptinus, Gaius, war in Ciceros Konſulats— 
jahr (63 v. €.) Prätor (Sall. Cat. 45. Cic. Cat. 
3, 2), verwaltete als Proprätor (62—59) Das nar: 
bonenfische Gallien, fämpfte mit den Allobrogern 


Pons — 
(Cie. de prov. cons. 13) und erlangte nur mit 
großer Mühe einen Triumph, 54. Dio (ass. 87,47. 


Liv. ep. 103, Cie. ad Att. 4, 18,4. Mit Cicero 
ging er als deſſen Legat im J. 51 nach Kilitien 
(ad fam. 15, 4, 8). 

Pons war der Name vieler Stationdorte an 
Flußübergängen auf den römischen Straßen; für 
den vorliegenden Zweck ift aus der großen Im 
zu nennen Bons Kampanus, zwiſchen Sinuefla 
und Urbana am Savo, in Campanien (an Stelle 
des jeßigen Dorfes Ciambrijco). Hor. sat. 1, 45, 5. 
Alle übrigen Orte diejes Namens finden fich nur 
auf dem Itinerar. Anton. und der Peutingerjchen 
Tafel und bei jpäteren Geographen. 

Pontes. 1) Als bei den Abjtimmungen in den 
Eenturiatcomitien die Täfelhen (tabellae) ein: 
geführt wurden (j. Leges tabellariae), zeigte 
ſich auch eine größere Kontrolle über das Abgeben 
derjelben zur Verhütung von Unterſchleif als not: 
wendig. In diejer Beziehung find die Brüden 
befannt, über welche jede Genturie in die Septa 
oder das Uvile, einen von Schranten umſchloſſe— 
nen Pla, ging; beim Eingange erhielt jeder bie 
nötigen Stimmtäfelhen von einem Diribitor oder 
Divifor. Auf der andern Seite führten ebenſolche 
Brüden wieder aus dem Ovile hinaus. — 2) Die 
Brüden als Flußübergang waren bei geringem 
Wafjerftande bloße Bodbrüden (Caes. b. q. 8,27); 
es wurden hölzerne Böde (wie jeder fie beim 
Bretterfägen kennt) ins Waſſer geftellt, darüber 
Balken und Bohlen genagelt und mit Fajchinen 
und Erde bededt. Berühmt durch die That des 
Horatins Cocles ift die Sublicifche Brüde (pons 
sublicius) geworden, die den Janiculus mit der 
Stadt verband. Als Pfahlbrüde ift die von 
Cäjar in 10 Tagen über den Rhein gejchlagene 
die befanntejte (Cues. b. q. 4, 17). Um dieje Brüden 
gegen den Anprall von feindlihen Schiffen, Bran- 
dern oder auch ftarfen Baumftämmen, welche der 
Feind oberhalb ins Waſſer warf, zu ſichern, rammte 
man vor der Brüde Reihen von Wfählen ein 
(defensores), die mit unjeren gewöhnlichen Eis: 
brechern Ahnlichteit gehabt zu haben jcheinen. Bon 
den gewöhnlichiten Schiffbrüden hat Herodot 
(7, 35) diejenige bejchrieben, welche Xerres von 
dem thrafijchen Cherjones nad Abydos (auf der 
gegenüberliegenden aſiatiſchen Küfte) in einer Yänge 
von 7 Stadien (4116 Fuß), nach neueren Meſſun— 
gen 7141 Fuß, jchlagen ließ. Eine andere, in 
den Kämpfen des Otho und Vitellius über den 
Padus geichlagene, Brüde beſchreibt Tacitus (hist. 
2, 34). Zrajan erbaute im zweiten Kriege gegen 
Decebalus eine fteinerne Brüde über die Donau, 
deren Joche jedoch von Holz waren. Die Groß: 
artigfeit des Wertes jchildert Caſſius Dio (68, 13); 
außer andern erwähnt es Plinius (ep. 8, 4). Ein 
anichauliches Bild gibt die Trajansjäule. 

Pontia, /lovria, 1) Beiname der Thetis, der 
Nereiden, der Aphrodite, die als jolche einen Tempel 
mit folofjaler Bildjäule in Hermione hatte (Paus. 
2,34, 11), wie die Venus marina bei den Römern. 
Hor. od. 3, 26, 5. — 2) gut angebaute, doc; felfige 
Inſel, Formiä gegenüber, an der Küſte Latiums, 
250 Stadien don ihr entfernt, j. Bonza, 310 v. C. 
folonifiert, von den Kaiſern als VBerbannungsort 
benugt. Suet. Tib. 54. Calig. 15. Eigentlich ift 
BP. nur die größte Inſel einer Meinen Gruppe, der 
h. Pontiniſchen Injeln, Palmaria (Balmarola), 





Pontiſex. 973 


Ponza (Pandataria), Vandotena und Sinonia 


(Bannone). 

Ponticus, römijcher Dichter und Freund des 
Dvid und Properz, nahm teil an den damals 
beliebten Vorleſungen, recitationes, litterarijchen 


Mitteilungen an das Publilum. Ob jeine von 


Freunden angekündigte Thebais erjchienen, bleibt 
zweifelhaft. Ov. trist.4,10,47. Prop.1,7,1ff. 9,9 ff. 

Pontifex. Die PBontifices waren bei den Rö— 
mern ein Briefterfollegium, das die Aufjicht und 
Berwaltung des gejamten Religionswejens, öffent: 
lichen wie Privatgottesdienftes, hatte. Der Name 
wurde hergeleitet von pons und facere, weil 
die pontifices den pons sublicius (auf Pjählen, 
sublicae) erbaut und erhalten hätten, um auf 
beiden Ufern des Tiber zu opfern und auf der 
Brüde ſelbſt heilige Handlungen (j. Argei, 2.) 
vorzunehmen; nach andern von posse und facere 
(6fteıw, sacrificare, opfern). Numa foll zuerjt 
4 Bontifices aus den Ramnes und Tities erwählt 
haben, wozu als fünfter der pontifex maximus 
trat. Cie. r.p. 2,7. 14. Durd die lex Ogulnia 
(300 v. E.) famen noc 4 plebejiiche Pont. hinzu, 
Sulla vermehrte das Kollegium auf 15; unter den 
Kaifern ift die Zahl unbeftimmt, da der Kaiſer 
als pont. maximus fie nach Belieben vermehrte 
und verminderte. Die Pont. wurden urjprünglid) 
durch) cooptatio gewählt und zwar auf Lebens: 
zeit; feit der lex Bomitia (104 v. E.) wurde die 
Wahl auf die Tributcomitien übertragen; Gulla 
jtellte die Kooptation wieder her, die lex Atin 
(63 v. E.) ſchaffte fie auf Cäſars Betreiben wieder 
ab. In älterer Zeit war zur Wahlfähigfeit ein 
reiferes Alter nötig und Freijein von andern Am: 
tern; doch konnte der Bontifer noch andere geijt: 
liche Stellen ohne NRitualhandlungen befleiden. 
Die Pontifices minores waren Gehülfen des 
Kollegiums und fungierten als scribae; fie waren, 
wie es jcheint (Macrob. sat. i, 15), erjt jpäter in 
der Mehrzahl vorhanden und bildeten unter jich 
(3 an Zahl nach Cie. har. resp. 6) ein Kollegium, 
das an den Vergtungen und Funktionen des 
ganzen Kollegiums teilnahm. Der erfteingetretene - 
unter ihnen hieß maximus, der jüngfteingetretene 
minimus. Über die Gewalt und Ylmtöbefugnis 
der Bontifices ſ. bejonders Livius (1, 20) und 
Dionys von Halifarnaf (2, 78). Sie hatten 1) die 
Auffiht über alle Ritualhandlungen, indem jie 
dafür zu forgen hatten, daß diefelben nicht unter: 
gingen und in der einmal angeordneten Weije und 
zu der bejtimmten Zeit verrichtet wurden; 2) die 
Aufjicht über alle Priefter und deren Diener. Liv. 
2,2. 37,51. Cie. Phil. 11,8. Dabei hatten jie 
das Recht der Gelditrafen und ſelbſt der Hinrich: 
tung; doch konnte der Betroffene an das jouveräne 
Bolf Berufung einlegen und Erlaf der Strafe erhal: 
ten; 3) die Anordnung des Kalenderwejens, damit 
die sacra immer an den richtigen Tagen vorgenom— 
men und heilige Tage nicht durch weltliche Ge— 
ſchäfte profaniert wurden. Diejes Necht war auf 
das Gerichtsweſen von großem Einfluß, ſowie aud) 
4) das Recht der Enticheidungen und Gutachten 
(decreta) über alle ſakralrechtlichen Berhältnifie, 
3 B. über Gültigkeit von dargebradhten Opfern 
(Liv. 32, 1), über procuratio prodigiorum (Lir. 
1,20, j. Divinatio, 13.), über Weihung eines 
Zempels (Liv. 27, 25), über Eheangelegenheiten, 
Erbſchaften u. j. w. 5) Bei manchen VBerrichtungen 


974 


des Staats- und Privatlebens war Aſſiſtenz der 
Pontifices nötig, z. B. bei den comitiis calatis 
(doch gewöhnlich nicht bei den Euriat- und Gen: 
turiatcomitien), bei Weihungen von Tempeln, Al: 
tären u. j. w., bei ®elübden, Gebeten, der Todes- 
weihe, wo der Pont. die Formel vorſprach (praeire 
verba, Liv. 8, 9. 10, 28), bei der confarreatio 
und difarreatio. Auch Opfer: und Kultushand— 
lungen hatten die PBontifices bei gewiſſen sacris 
zu vollziehen, namentlich auch waren fie Stellver: 
treter eines famen, wenn bderjelbe durch Krant: 
heit oder ein Öffentliches Gejchäft verhindert war. 
Jae. ann. 3, 58. Die Oberaufjicht über die Bonti- 
fices hatte in manchen Beziehungen der Senat und 
borzugsweije das jouveräne Boll; der von dem 
Bolfstribun Cato 56 dv. E. an den Pontifices ver: 
übte Zwang (Dio Cass. 89, 15) war eine Gewalt: 
that. Über die Inſignien und Dotation der Pon: 
tifices j. Priester, 7. Wuc in den Municipien 
und Kolonien gab es Pontifices; auch wird ber 
Name öfter im weiteren Sinne für den sacerdos 
eines gewiſſen Gottes gebraucht. 

Pontifex maximus (bisweilen pontifex jchlecht: 
hin genannt, 3. B. Liv. 1, 32. 2, 2), der Präjident 
des Rollegiums der Pontifices. Seine Wahl ge: 
ihah ſchon früh durch die Tributcomitien, und 
zwar auf Lebenszeit; gewöhnlidy war es ein Mann, 
der jchon die höchjten curulifchen Würden befleidet 
hatte, jpäter audy wohl ein jüngerer Mann. Liv. 
25,5. Suet. Caes. 13. Seit Auguſtus war das 
Amt ftets ein Teil der Kaijerwürde, wurde aber 
gewöhnlich durch einen Senatsbeſchluß übertragen; 
auch mehrere chriftliche Kaijer, wie Gratian, führ: 
ten noch diejen Titel. In älterer Zeit durfte der 
Pont. max, fein weltlicyes Amt betleiden, durfte 
Italien nicht verlafjen, mußte eine unbejcholtene 
Frau haben, durfte feine zweite Ehe eingehen, 
teinen Yeichnam berühren u. j. w. Seine Amts— 
befugnis bejchränfte fich größtenteils darauf, daß 
er die Beichlüfje des Kollegiums ausführte (Ziv. 
4, 44. 34, 44); nur wenn ein Fall ſchon früher 
einmal vom Kollegium entjchieden war, oder wenn 
er auf gejeßlichen Bejtimmungen beruhte oder kei: 
nen Aufſchub erlitt, durfte er aus eigener Macht- 
vollkommenheit handeln. Biemlih unumſchränkt 
durfte er verfahren bei Beitrafung der Bejtalinnen 

und Ubfafjung der Annales maximi, j. Annales. 
Die Amtswohnung des Pont. max. war das alte 
Königshaus des Numa, Regia. 

Pontifichi libri, auch pontificum, pontificales 
libri, die Hauptquelle des ius sacrum und für 
die ältefte Beit auch des Privatredhts. Ihr Ur: 
iprung wurde auf Numa zurüdgeführt. Liv. 1, 20. 
Ein Zeil der Verordnungen Numas, die sacra 
publica betreffend, wurde unter Ancus Martius 
veröffentlicht (Liv. 1, 32), ein anderer Teil wurde 
dur) das ius Flavianum (j. d.) befannt, das 
übrige erjt gegen Ende des Freiſtaats. Ein Teil 
diejer J. pontif. hieß indigıtamenta (ein Ber- 
zeihnis der dii patrii mit der Anweifung zu 
ihrer Verehrung), ein anderer handelte von den 
heiligen Gebräuchen (libri caerimoniarum, Tae. 
ann. 3, 58), Opfern und Opferftätten, wieder ein 
anderer de sacerdotibus publicis. Die decreta 
und responsa pontificum waren wahrjcheinlich in 
den commentarii pontifieum enthalten, jpäteren 
Aufzeichnungen, welche Nechtsfälle und Erläute— 
rungen u. j. w. umfaßten. 


Pontifex maximus — Pontos. 


Pontii, 1) Pont. Cominius, ein junger 
Nömer, wagte nad) Eroberung Roms durd Die 
Gallier, im 3. 389 v. E., ſich unter großen Ge: 
fahren von Beji aufs Gapitol, von wo er die 
Erlaubnis des Senats zur Zurüdberufung des 
verbannten Camillus auswirkte. Liv. 5, 46. — 
2) E. Pont. Herennius, ein Samniter, riet 
die bei Kaudium gefangenen Römer zu töten oder 
jämtlich freizulafien. Zav. 9, 3. — 3) Sein Sohn, 
C. Bont., befehligte die Samniter bei Caudium 
(j. d.) und ftarb im %. 292 v. E., als er in einer 
unglüdlihen Schladht von den Römern gefangen 
genommen worden war, durch Henkershand zu 
Rom. Liv. 9, 1ff. — 4) Pont. Telejinus, be- 
deutender Feldherr der Samniter im marjijchen 
Kriege, verband fich jpäter mit den Marianern 
und fiel, als er ihnen zu Hülfe zog (Fell. Pat. 
2, 27), in ber Schlacht ı vor Roms Thoren gegen 
Sulla, 82 v. E. — 5) Sein Bruder, Bont. Te: 
leſinus, tötete fich ſelbſt in ara: 2 augleic) 
mit dem jüngeren Marius, 82 v. C. — 
Bont. Aquila, ein reicher, in —— Pe 
güterter Römer, dem Cicero wohl belannt (ad 
Att. 5, 3, 1), Volkstribun (45) und heftiger Feind 
Gäjars (Suet. Caes. 73), nahm an der Verſchwö— 
rung gegen Cäſar teil und fämpfte jpäter im 
mutinenfischen Striege, in welchem er bei Pollentia 
in Ligurien den Munatins Plancus überwand, 
aber bei Mutina jeinen Tod fand. Dio (ass. 
46, 38,40. — 7) Bont. Pilatus, der jechite röm. 
Profurator von Judäa, Richter Jeſu Ehrifti (Zac. 
ann. 15, 44), wurde im %. 36 jeiner Stelle ent- 
jet und soll jid) jpäter jelbjt den Tod gegeben 
haben (Euseb. hist. ecel. 2, 7). 

Pontos, Ilövrog, 1) das Urmeer, Sohn der 
Gaia und von Ddiejer wieder Bater des Nereus, 
Thaumas, Phortys, der Reto und Eurybia. Jie- 
siod. theog. 132. 235. Er heißt auch Sohn des 
Aither und der Baia. — 2) Pontus, nordöftlichite 
Landſchaft Kleinajiens, grenzte im Weiten an Ba: 
phlagonien (Halysfluß), im Norden an den Bon: 
to8 Eugeinos, gegen Dften an Groß: und Klein— 
Armenien und Koldis (Atampfisfluß), gegen Süden 
an Klein: Armenien, Kappadokien und Galatien 
(Antitauros, Paryadres); die Breite wechjelte zwi: 
ihen 5 und 25 M. Im Süden und DOften ge: 
birgig und raub, war P. in den SKüftenftrichen 
und den weſtlichen ebneren Teilen jehr fruchtbar 
und reich an Getreide, Dliven, Holz, Wild, Mi- 
neralien (Eijen, Stahl im Lande der Chalyber, 
wo jegt die Bergwerfe von Iſpir und Gümüſch— 
Ehane). Als Gebirge find zu nennen: Paryadres 
und Skoidiſes oder Stordiifos, welche die Ber: 
bindung bilden zwiichen dem Kaufajos und Tau— 
ros; einzelne nördliche Zweige waren Yithros 
und Ophlimos, welche nordweſtlich von Amaſeia 
die fruchtbare Ebene Phanaroia begrenzten, wozu 
noch an der Küſte kommt der Heilige Berg 
(r6 lego» Ögog, j. noch Yoros), der weſtlich von 
Kordyla ins Meer ausläuft; dazu fommt endlich 
der Theches (j. Tetieh), eine hohe Spige an der 
Grenze der Mafrones, jüdöftlih von Zrapezüs. 
Vorgebirge von Weiten an waren: SHerafleion (j. 
Ehalti-:Burnu), Jaſonion (j. Jaſun), Boön (1. 
Bona), Zephyrion (j. Zefreh), Koralla (j. Kereli). 
Dazwiichen lagen der Meerbujen von Amijos 
(id. Golf von Samjun), öftlich bis zum Jaſonion, 
und der Meerbnien von Kotyora (j. Golf von 


Pontos Euxeinos — Popillii. 


Vurlu) bis Koralla. Flüjfe von D. an: Afampiis 
(j. Tſcharuk, wohl der Harpajos bei Xen. An. 


975 


PBtolemaios gab dem weitlichen Teile des Pontos 
richtig eine mehr nördliche als weitliche Ausdeh— 


4, 8,2), Apſaros (j. Makryalos), Archabis (j. nung. Man glaubte, der Bontos jei urjprünglich 


Arkava), Rhizos, Hyſſos, Tripolis, Melanthios, 
Thermodon (j. Termeh), Iris (j. Jeichil Ir— 
maf), mit dem öftlihen Nebenflujjie Lykos ij. 
Kelfyt Irmak oder Germeil), Lykaſtos, Halys 
(j. Kifil Irmali. — Die Bewohner des Gebirgs: 
landes hatten feinen gemeinfamen Namen, jondern 
zerfielen in eine Menge von Bölferichaften: Cha- 
lyber, Tibarener, Moiynoifer, Matronen, Sanner, 
Sajpeirer. Die Fürften diefer Völter waren mehr 
dem Namen als der That nad dem Perſerkönige 
unterworfen. Unter Mrtarerres II., 363 v. €, 
gelang es deſſen Statthalter Ariobarzanes, ein 
mehr und mehr jelbjtändiges Heich zu gründen, 
das zunächſt über Baphlagonien jich erjtredte, jeit 
220 dv. E. aber auch Bontos umfaßte und unter 
Mithridates dem Gr. ſich noch weiter ausdehnte. 
Die Fürften nannten ji „Könige von Paphla— 
gonien und Bontos“ oder aud nur „von Pontos“. 
Nıhdem Mithridates 65 v. E. von Pompejus 
befiegt worden war, vereinigten die Mömer bie 
weitliche Hälfte jeines Reiches bis an und über 
den Halys mit der Provinz Bithynien und ver: 
ſchenlten die andere Hälfte an verichiedene Fürften. 
Das Land zwiſchen Halys und Jris erhielt Dejo— 
tarus von Galatien, daher hieß diefer Teil Pon- 
tus Galaticus; den Teil vom Jris bis Phar— 
nafia erhielt von Antonius Bolemon, ein Entfel 
des Mithridates, nach der Hauptitadt Bolemonion 
Pontus Poiemoniacus genannt (j. Polemon, 4.); 
den öjtlihen Teil bis zum Hyſſos erhielt Arche: 
laos von Sappadofien, daher P. Cappadocius. 
Aber 63 n. E. machte Nero Bontos zur römijchen 
Provinz. Vgl. E. Meyer, Geſchichte des König: 
reich Bontos (1879). — An der Küſlſe lagen viele 
griechiiche, bejonders milefiiche Kolonien: Amiſos 
(j. Samjun), Themijlyra (j. Terme), Bolemo: 
nion, vorher Side genannt (j. Buleman), Boon, 
Kotyora (j. Ordu), Zephyrion, Koralla, 2 Ke— 
rajüs (die wejtliche jpäter Pharnaleia genamit, 
j. Kerajonda), dazwiichen Tripolis (j. Tarabolus), 
Trapezüs (j. Zarabujun), Ophiüs, Athenai. 
Im Innern: Gazelon, Bhazemon, Amajera (ji. 
Amafia), von Mithridates Vi. zur Neichshauptitadt 
gemadht, Bela (j. Zileh), Gaziura, Komana 
Pontika (j. Gümenet), wie die gleichnamige fap: 
padofijche Stadt Sig eines gefeierten Tempels der 
Ma (Strab. 12, 557 ff), Kabeira (j. d.) oder 
NReolaijareia (j. Nikjar). Strab. 12, 540 ff. Mela 
1, 19. Plin. 6, 3. 4. 

Pontos Euxeinos, Jlovrog Eü&sırog, j. Schwar⸗ 
zes Meer, zwiſchen Stleinafien, Kolchis, Sarma: 
tien, Datien, Möjien und Thrafien, anfangs von 
räuberijchen, feindlichen Bölfern ummwohnt, daher 
von den riechen II. @Esıvog genannt (Lind. pyth. 
4, 362), bis jeit 660 v. E. zahlreiche, bejonders 
milejiiche Kolonien es zum „gaftlichen” machten. 
Die Vorftellungen der Alten von Größe und Ge— 
ftalt des Meeres waren nie ganz richtig. Bor 
Ptolemaios verglihd man die Is ng mit einem 
ifythifchen Bogen, an dem Sleinafien die Sehne, 
die tauriſche Halbinjel die Biegung in der Mitte 
jei. Durch die Vorgebirge Kriumetopon auf der 
thrafiichen Halbinjel und Karambis in PBaphlago: 
nien, 1500 Stadien voneinander entfernt, dachte 
man ſich das Ganze in 2 Baſſins geteilt. Erſt 








ein ganz geichlofjenes Meer geweſen, das fich erjt 
ipäter durch den Sellespont einen Ausgang ge: 
bahnt hätte; deshalb nahm man aucd nur eine 
Strömung nah W. an und nannte die Maiotis die 
Mutter, den thrafiihen Bosporos die Mündung 
des Bontos. Adt. 4, 86. 

Popa, ber priefterlihe Diener beim Opfern, 
verſchieden vom cultrarıus (j. Opfer), dem er 
gewiljermaßen vorarbeitete, indem er alles zum 
Opfer Nötige herbeizuichaffen, das Tier an den 
Altar zu führen und ihm mit dem malleus einen 
Schlag zu geben hatte. Der untere Teil feines 
Körperd war bei der Handlung mit einem Schurz 
(linus) befleidet, der obere nadt. 

Popillii (Popilii), plebejiiches Geſchlecht, 
wozu gehören: 1) M. Bop. Yänas, befleidete 
359 dv. E. das Konſulat, in welchem er einen Auf: 
ftand der Plebs gegen den Senat ftillte (Liv. 
7, 12), tämpfte gegen die Tiburter und fpäter in 
jeinem dritten Konſulate (350) gegen die Gallier 
glüdlidh. Cie. Brut. 14. Live. 7, 23f. — 2) M. 
Bop. Länas, kämpfte ald Konſul des J. 173 
v. E. glüdlich mit den Liguriern (Liv. 42, 1.7 ff.), 
welche er aber ungerecht behandelte, weshalb er 
angeflagt, indes vom Prätor Yicinius der Verur: 
teilung entzogen wurde. Liv. 42, 22, Im male: 
doniſchen Kriege diente er dem Konſul Marcius 
Philippus als Konfular. Lir. 44, 1. Sein 
Bruder, 3) E. Pop. Yänas, ging im %. 170 
v. E. als Gejandter nad Griechenland, kämpfte 
dann gegen Berjend (Liv. 43, 17) und wurde (168) 
vom Senat an Antiochos von Syrien gejandt, den 
er in Ägypten traf. Er vollzog den Befehl des 
Senats an den fich fträubenden König in jo herber 
Form, da er mit feinem Stab einen Kreis um 
ihn z0g und ihm denjelben zu verlaffen unterjagte, 
bis er jeinen Entichluß ausgejprocen haben würde. 
Liv. 45, 12. Cic. Phil. 8, 8,23. — 4) M. Bop. 
Yänas, ging im J. 139 v. ©. als Konful nad 
Hiſpanien, wo er gegen die Numantiner unglüd: 
lich fämpfte. App. Iber. 79. — 65) P. Pop. Länas, 
Sohn von Nr. 3, machte ſich durch feine ftrenge 
Unterfuchung gegen die Genoſſen des Ti. Grachus 
jehr verhaft, weshalb E. Grachus jeine Verban— 
nung im 3. 123 v. E. bewirkte (Cie. Lael. 11, 37. 
de dom. 31, 82. Plut.C. Gracch.4); er wurde 121 
durch die lex Calpurnia zurüdgerufen. — 6) C. 
Pop., wurde im Cimbernkriege als Legat von den 
helvetiichen Tigurinern (107 v. E.) eingeichlofien 
und lonnte fich nur durch jchimpfliche Bedingungen 
den Abzug erlaufen (Oros. 5, 15), weshalb er nad) 
jeiner Rückkehr nad Rom, von dem XTribunen 
Cälius, jeinem perjönlihen Feinde, angellagt, 
freiwillige Verbannung der Verurteilung vorzog. 
(Cornifie.) ad Herenn. 1, 15. 4, 24. — 7) Bopil: 
lia, Mutter des DO. Yutatius Gatulus, war die 
erjte Römerin, der eine öffentliche Lobrede gehal— 
ten wurde. Cie. de or. 2, 11, 44. — 8) ®. Bop,, 
der Sohn eines reigelafienen, wurde wegen Be: 
ſtechung verurteilt, nachdem ihn der Cenjor Len— 
tulus jchon früher gegen eine ſolche Anklage ge: 
ihüßt hatte, im J. 70 v. E. Cie. Cluent. 36, v8. 
47, 151. — 9) E. Pop. Yänas, gleichfalls aus 
dem Stande der Freigelaſſenen, der befannte 
Mörder des Cicero, der ihn früher gegen eine 


976 


Anklage mit Erfolg verteidigt hatte. Dio Cass. 
47, 11. 

Popinae, öffentliche Speifehäufer, die aber nur 
von den niedrigiten Vollsklaſſen und Sklaven be: 
ſucht zu werden pflegten, ipäter auch von vor: 
nehmen jungen Xeuten, die ein unordentliches 
Leben führten. Jur. 8, 159. Da die ganze Nacht 
hindurch hier Gejellichaft war, jo wurde auch zu 
trinfen verabreicht, was jonjt in den Weinhäujern 
(ganeae) gejhah. Seit Tiberius durften feine Ge- 
tränfe verkauft werden (Suet. Tib. 34); Nero ver: 
bot den Bertauf anderer Speijen als legumina 
oder olera. Suet. Ner. 16. Übrigens ftanden fie 
wegen der Berleitung zu Unordnung, Streit und 
Liederlichfeit unter der polizeilichen Aufficht der 
Adilen. Tac. ann. 3, 53 ff. 

Popliecöla oder Publicöla ſ. Valerii, 1.5.10. 

Poppaei, 1) E. Popp. Sabinus, im J. 9 
n. C. Konful, im 3. 11 und folgenden Jahren 
Statthalter in Möfien, jpäter aud) von Mafedo: 
nien und Achaia, bejiegte mehrere thrafijche Völ— 
ferichaften in legterem Yande (Tac. ann. 4, 46 ff.) 
und jtarb im %. 35. Tae. ann. 6, 39. — 2) AD. 
Popp. Sccundus, Bruder des vorigen, 19 n. C. 
Profonjul von Aſien, gab die belannte lex Julia 
et Papia Poppaea gegen die Ehelojigteit zugleich 
mit M. Papius Mutilus, 9 n.E. Dio Cass. 56, 10. 
— 3)Boppäa Sabina, Tochter des E. Roppäus, 
Gemahlin des T. Ollius (ſ. Ollius, 1.), eine 
wegen ihrer Schönheit ausgezeichnete Frau, gab 
fi, nachdem fie auf Anftiften der Meflalina 147 
n. E.) angeflagt worden war, mit eigener Hand 
ben Tod. Tac. ann. 11, 1 ff. 13, 43. 456. — Ihre 
Tochter, 4) Bopp. Sabina, zuerft mit dem Ritter 
Rufrius Erifpinus, dann mit dem nachmaligen 
Kaiſer Otho vermählt, zulegt Gemahlin Neros (j. 
Nero, 2.). Tac. ann. 13, 46 f. Plin. 11, 41. 

Populonia, -um, /lonkörıov, alte etrurijche 
Stadt auf der jteilen Höhe des Bopulonifchen Vor: 
gebirges, gehörte nicht zu den 12 VBundesftädten. 
Nachdem jie in dem Bürgerkriege zwijchen Marius 
und Sulla zerftört worden war, lag fie für die 
Zukunft darnieder (Ruinen beim j. Piombino); 
nur ihr Hafen (j. Porto Baratto) wurde von den 
Römern verbefjert und mit Arjenalen und Werften 
verjehen. Verg. A. 10, 162. Liv. 28, 45ff. Strab. 
db, 228. 

Popülus, die römijhe Bürgerſchaft, welche 
urjprünglih nur aus Patriciern beitand. Seit 
Servius Tullius umfaßte populus Batricier und 
Plebejer (populus Kom. Quiritium oder Quiri- 
tes). In jpäterer Zeit fteht populus zumeilen 
ftatt plebs. 

Poreli, ein in mehrere Zweige zerfallendes 
Geſchlecht zu Rom. I) Zu den Yicinern gehören: 
1) %. Porc. Lic, war 207 v. E. Prätor und 
nahm an der Schladht am Metaurus gegen Hafdrubal 
teil. Liv. 27, 36. 39. 46 ff. — 2) X. Bore. Lie, 
Sohn des vorigen, Prätor 193 v. E., führte 184 
als Konjul gegen die Ligurier Krieg. Liv. 39, 45. 
— 3) & Pore. Lic., befehligte 172 v. €. bie 
römiſche Flotte beim Ausbruche des Krieges gegen 
PBerjeus. Liv. 42, 27. — 11) Zu den Laecae ge: 
hört: 1) P. Borc. Yacca, 199 v. E. Bolkstribun, 
jpäter (195) Befehlshaber eines Heeres in Etrurien. 
Liv. 32, 7.42. — 2) M. Porec. Laeca, Mit: 
verjchtworener des Catilina. Sall. Cat. 17.27, Cie. 


Popinae — Poreii. 


Cat. 1, 4. 2, 6. — III) Zu den Catones gehören 
bejonders: 1) M. Borc. Eato, zubenannt der 
ältere (superior oder priscus, Val. Max. 3,2, 16. 
Hor. od. 3, 21, 11) oder Censorius (Tae. ann. 
3, 66), geb. 234 v. E. (Put. Cat. mai. 1), nad 
andern jchon 239, zu Tuſculum, kämpfte ſchon im 
fiebzehnten Lebensjahre gegen Hannibal, 214 unter 
Fabius Marimus in Campanien, 209 unter dent: 
jefben vor Tarent (Plut. Cat. mai. 2. Cie. Cat. 
mai. 4. Nep. Cat. 1), wie er auch an der Schlacht 
am Metaurus (207) teilnahm. Außerdem bejchäftigte 
er jich in feiner Jugendzeit auf den Gütern jeines 
Baters im Sabiniſchen mit der Landwirtſchaft und 
trat in Rom gleichfalls ſchon früh mit Verteidi- 
gungsreden für Angellagte auf. So hatte er ſich 
jeinen Weg zu Staatsämtern jelbjt gebahnt, ging 
204 mit Scipio ald Quäſtor nad Eicilien (Lir. 
29, 25), wurde Prätor mit der Provinz Sardinien 
198, Konſul im 3.195 und wirkte befonders ftreng 
gegen Lurus und Wucher. In feiner Provinz 
Hiſpanien kämpfte er glüdlich gegen die unbän— 
digen Einwohner (Liv. 32, 43. 34, 17 ff. Plut. 
Cat. 10), begab ſich nady Ablauf jeiner Amtszeit 
nah Rom, diente dann 191 im Striege gegen 
Antiochos von Syrien und fehrte mit der Nach: 
richt vom Siege bei Thermopylai nach Rom zurüd 
(Plut. Cat, 12. 14), wojelbft er fortan in gericht: 
lichen Verhandlungen und als Mitglied des Senats 
thätig war. Im J. 184 wurde er mit Balerius 
Flaecus zum Genjor erwählt und zeigte in diejem 
UAmte eine ungewöhnliche Strenge, bejonders gegen 
einige Senatoren, denen er periönlih nicht ge: 
wogen war, wirkte gegen Luxus, namentlich bei 
Frauen, hielt feine orationes censorias (Lir. 
39, 41f. Cie. de or. 2,64. Plut. Cat. 18 f.) und 
vertrat überall das Intereſſe des Staats gegen 
die Übergriffe der einzelnen. Jeden Wibderftand 
wußte er zu befiegen. Seine altrömiſche Sitten: 
ftrenge ftieß fich jogar an dem Erjcheinen einer 
atheniſchen Gejandtichaft unter dem Philojophen 
Karneades in Rom, da er fürdhtete, die alte Zucht 
möchte durd) Verbreitung neuer Lehren Schaden 
leiden. Nicht jo gewiflenhaft und bedenklich war 
er, und hierin zeigt ſich feine echtrömiſche Natur, 
in Bezug auf die Machterweiterung jeines Boltes. 
Deshalb war er auch eifrig bemüht, die Zerſtö— 
rung Karthagos herbeizuführen, ein Streben, wel: 
chem Scipio Najica entgegentrat. Liv. ep. 49. 
Plut. Cat. 26. Flor. 2, 16. Bis an jein Ende 
focht Cato unermüdlich und ftarrjinnig gegen das 
Eindringen neuer Gedanken und Verhältniſſe, ohne 
fie bei dem natürlichen Streben des Menſchen nach 
dem Neuen und Befjern abmwehren zu können; jein 
vergebliches Ringen entmutigte ihn, der in jeinem 
Kae. jogar in Stimme und Blid, die alte Zeit 
darjtellte, übrigens durchaus nicht. Plut. Cat. 24. 
Einfach in jeiner Lebensweiſe, ftreng gegen fich 
jelbft, ein Feind aller Pracht, wigig und jcharf in 
Worten (Plut. Cat. 8. Cie. off. 2, 25. Liv. 39, 40. 
Hor. sat. 1, 2, 32), ftreng gegen jein Gefinde, war 
er in allem ein echter Römer, aber dabei nicht 
frei von Fehlern, die mit jeinem Eifern und Reden 
oft in Widerjpruch ftanden. Freundlich gegen die 
Bürger, war er oft jcharf und bitter gegen den 
Adel. Seine litterarijche Thätigfeit war groß. 
Außer verloren gegangenen juriftiichen Werfen, 
Neden, von denen nocd einige Bruchftüde vor: 
handen find, didaktiichen, zur Unterweifung für 


Poreii. 


977 


feinen Sohn beftimmten, Schriften verfaßte er | enger anzuichließen. Cie. Mur. 14. Als nun Cäſar 


origines, eine Art Annalen von Gründung der 
Stadt (751 v. E. nad feiner Berechnung) an bis 
auf die Zeit ganz kurz vor feinem Tode in 7 Büchern, 
worin er die Entwidelungsepochen des römijchen 
Staates behandelt, denn das heift origines (Nep. 
Cat. 5. Cic. Brut. 23. de or. 2, 12. Liv. 45, 25), 
und ein Werk über den Aderbau, de re rustica 
(de agri cultara), welches, freilich in einer jpäteren 
Überarbeitung, noch vorhanden ift. Eato ftarb im 
J. 149 im fünfundacdhtzigften Lebensjahre. Samml. 
der Bruchftüde feiner Schriften von Lion (1826) 
und Jordan (1860), der Fragmente der origines 
von Wagener (1849), Bormann (1858) und Peter, 
hist. Rom. rel. I p. 51ff. fragm. p. 40ff. 
Ausgg. der res rustien in den Samml. der Sceriptt. 
rei rusticae von Gesner und Schneider, mit Var: 
108 res rusticae von H. Keil (1. Bd. 1882 ff.). 
— 2) Sein ältefter Sohn, M. Borc. Cato Li: 
cinianus, diente 173 v. E. in Ligurien, zeichnete 
fih 168 in der Schlacht bei Pydna aus (Plut. 
Cat. 20. Liv. 42, 1), war ein tüchtiger Jurift und 
verfahte juriftiiche Werfe. Gell. 13, 19, 9. Er 
ftarb jchon im I. 152. Plut. Cat. 24. — 3) Defien 
Sohn, M. Porc. Cato, befleidete 118 v. E. das 
Konfulat und ftarb auf einer Gefandtichaftsreiie 
in Wfrifa. Sall. Jug. df. — 4) Sein Bruder, E. 
Borc. Eato, —— Freund des Ti. Gracchus, 
war Konſul 114 v. E., fämpfte unglüdlic gegen 
die Skordiſter in Thrakien (FIor. 3, 4) und mußte, 
nachdem er ſchon vorher wegen Erpreflungen mit 
einer Geldftrafe belegt worden war (Vell. Pat. 
2, 8), in die Verbannung gehen, weil er fich von 
Jugurtha hatte beftechen lafien. Cie. Brut. 34. 
Sall. Jug. 40. — 5) 2%. Borc. Cato, befiegte als 
Prätor im marſiſchen Kriege die Etruffer, wurde 
89 v. E. Konſul und fiel in einer Schladht am 
Fuciner See. App. b. e. 1, 50. — 6) M. Vore. 
Cato, Bruder des vorigen, Vater des Cato Uti— 
cenfis, ftarb, al3 er fih um die Prätur bewarb. 
Plut. Cat. min. 1. — 7) €. Borc. Cato, Freund 
des P. Elodius und Gegner des Pompejus, mit 
welchem er ſich indes ausjühnte und dem er zur 
Erlangung des Koönſulats behülflich war, * 
Pompejus aus Erkenntlichkeit ſich feiner bei einer 
gegen ihn erhobenen Anklage annahm. Cie. ad 
Qu. fr. 2,1,2.6,4. ad Att. 4, 16, 3.— 8) Bor: 
cia, Tochter von Ar. 6, Gemahlin des Domitius 
Ahenobarbus, ftarb um 46 v. E. — Ahr Brubder, 
HM. Borc. Cato Uticenſis (Urenkel des älteren 
Eato), einer der edeljten und reinjten Charaftere 
der jinfenden römilchen Republit, wurde 95 v. C. 
geboren (Plut. Cat. min. 2. Sall. Cat. 54), fam 
nad) feines Vaters Tode zu feinem Oheim, verlor 
aber auch diefen bald. Seine eriten Kriegsthaten 
verrichtete er im %. 72 gegen Spartacus, dann 
in Makedonien, fehrte nad) Rom zurüd und be- 
faßte ſich nun mit Philoſophie, Gerichtsreden und 
praftiichen Studien. Ausgezeichnet war feine Ber: 
waltung der Ouäftur im J. 65. Nach einer Reife 
nad) Aſien bewarb er ſich mit D. Metellus um 
das Tribunat, wurde für das %. 62 gewählt und 
trug, unterftüßt vom Senate, zur Bejtrafung der 
Genofjen Catilinas bei (Sall. Cat. 52 ff.), zog fich 
dadurch aber auch die Feindſchaft Cäſars zu. Auch 
dem mit diefem verbündeten Pompejus trat er, 
indes erfolglos, entgegen; er zwang benielben viel: 
mehr durch jeine Feindichaft, Hi dem Eäjar immer 
Reallexikon des Mafl. Altertums. 7. Aufl. 


nad) Gallien abzugehen im Begriffe ftand, bewirkte 
er daher durh P. Glodius, daß dem Cato eine 
Geſandtſchaft nad) Kypros übertrager wurde. Plut. 
Cat. min. 34f. Nach jeiner Rüdfehr trat er mit 
Cicero als Sadywalter Milos auf (56), ſuchte ver: 
gebens Erafjus’ und Bompejus’ Wahl zum Kon: 
ſulat zu verhindern und bewarb jich erfolglos um 
die Prätur (Plut. Cat. 42. Cie. Vat. 16); erft im 
J. 54 erlangte er fie. Er blieb in Nom, trat 
gegen Beftechung umd Unordnung mit Eruft und 
Eifer auf (Plut. Cat. 45), bemühte fich vergeblich 
u der Freiiprehung Milos wegen Ermordung des 
lodius mitzuwirlen und bewarb fid) ums Mon: 
ſulat im %. 51, konnte aber nicht durchdringen, 
da er es verichmähte, in gewöhnlicher Weije um 
die Vollsgunſt zu buhlen. Plut. Cat. 495. Mit 
Eicero geriet er in Zwift, weldyer von Cäſar geför- 
dert ward. Cie. ad Att.7,1,4. 3,3,3. Da brad) 
der Bürgerkrieg aus. Cato floh vor Cäſar aus 
Nom, begab id) von Sicilien zu Pompejus (Caes. 
b.e.1, 30. 3, 4. Plut. Cat. 53) und ging dann 
nach Rhodos, da jein republifanischer Frreimut im 
ariftofratiichen Lager des Bompejus Anftoß erregte. 
Plut. Cat. 54. Sen. ep. 104. Geine Ratſchläge, 
milde zu verfahren und den Krieg in bie Länge 
zu ziehen, fanden fein Gehör. Plut. Cat. 53. Nach 
dem Treffen bei Dyrrhadium blieb er mit einer 
Bejagung in der Stadt, nach Pompejus’ Nieder: 
lage juchte er denjelben an allen Küſten des grie- 
chiſchen Meeres und begab ſich nad) deſſen Tode 
nach Kyrene (Plut. Cat. 56), von da nach Utika, 
wo er fich zur Verteidiguug riftete. Auf die Nach: 
riht von der Schladht bei Thapſus verjammelte 
er die in der Stadt anmwejenden Römer, und dieje 
entichloffen fich zu weiterer Gegenwehr; doch bald 
verloren fie den Mut umd jprachen von Ergebung. 
Eato, der fich der Gnade Cäſars (Plut. Cat. 64) 
nicht unterwerfen wollte, gab nun allen, die fich 
entfernen wollten, die Mittel zur Reife, nahm 
ruhig fein Mittagsmahl ein, las nad demfelben 
in Platond Phaidon, überließ ſich hierauf dem 
Schlafe bis Mitternacht und ftieh ſich dann, nach— 
dem er noch hatte nachjehen laſſen, ob auch alle 
Schiffe mit den Abreifenden fort jeien, das Schwert 
in die Bruft. Aber der Stoß war zu ſchwach, 
er ftürzte nieder und riß im Fallen einen Tiſch 
um. Muf das Geräuſch eilten die Seinen herbei, 
man verband ihn, er aber riß den Berband wieder 
ab und verblutete fich, im April 46. Plut. Cat. 66ff. 
Er wollte das Ende der Republik nicht überleben: 
hatte er doch jeit dem Tage, als Cäſar gegen 
Pompejus zog, Trauerfleider angelegt. In mans 
chen Stüden feinem Urgroßvater ähnlich, war er 
feiter und beharrlicher, ohme ſtarrſinnig zu jein, 
charakterfeſt, wie er jich jchon als Jüngling gegen 
Sulla gezeigt (Plut. Cat. 1 ff.), und ein Anhänger 
der Stoa. (ic. ad Att. 13, 19. Brut. 31. Sall, 
Cat. 54. Wir befißen von ihm noch einen Brief 
an Cicero (ad fam. 15, 5). Groß war die Trauer 
bei der Nadjricht von jeinem Tode. Abhandlungen 
von Hartmann (1859) und Gerlach (1866). — 
10) Seine Tochter (nicht Schwefter, wie Mommſen 
will), Borcia, zuerft Gemahlin des Ealpurnius 
Bibulus, nad) deſſen Tode des M. Brutus 45 v. E. 
(Plut. Brut, 2), war eine Frau von großer Sitten: 
reinheit, von männlichem Charakter und Repu: 
biifanerin mit Leib und Seele. Plut. Brut. 13, 


62 


978 


Cat. min. 73. — 11) Sein Sohn, M. Bore. 
Cato, befand fich jeit jeines Vaters Flucht aus 
Stalien bei demjelben und war Zeuge feines 
Todes, den er vergebens zu verhindern ſuchte. 
Plut, Cat. 52, 68 ff. 72. Cäſar verzieh ihm. Nach 
deſſen Tode begab er fich zu Brutus nach Mate: 
donien und fiel tapfer Fechtend bei Philippoi. Flut. 
Brut. 49. Er war wohl der legte feines Geichlechts. 
— 15) M. Porec. Yatro, Lehrer Dvids, Freund 
bes Rhetors Geneca, berühmt als Rhetor, ftarb 
4 v. C. Abhandlung von Lindner (1855). 
Jlogıorai |. Staatshaushalt |, 13. 
Pöros, TIogos, j. Penia. 
-Pöros, Tlögos, indiicher Fürſt über das Land 
zwiſchen Hydaſpes und AUlefines, von edler Geſtalt 
und Gejinnung. Wlerander befiegte ihn (Mai 326), 
ließ und vergrößerte ihm jein Reich, zu dem er 
>21 auch noch die Satrapie am unteren Indos 
erhielt, bis er (oder nach Droyjen jein Neffe glei: 
ches Namens) von Eudemos, dem Satrapen über 
das Fünfſtromland, Hinterliftig ermordet wurde. 
Arr.5,9ff. 6, 2, 1. Curt. 8, 13f, Plut. Alex. 
60ff. Diod. Sie. 19, 14. 
Porphyrio j. Pomponii, 
Porphyrion j. Giganten. 
Porphyrios, /Iogpvgıos, war geboren in Ty— 
ro8 233 n. C. Geinen eigentlichen phoinikiſchen 
Namen Malchos (d. h. König) überjegte Longinos, 
dejien Schüler in Grammatif und Rhetorik er in 
Athen war, in den griechiichen, den er fortan 
immer führte. Bon Plotinos, der damals in Rom 
lehrte, angezogen, ging er im dreißigſten Jahre 
nad Rom und hörte ihn 6 Jahre mit dem größ- 
ten Eifer. In Schwermut und Melancholie, viel: 
leidht infolge jeiner anhaltenden Studien, ver: 
fallen, ging er, um fich zu erholen und wieder zu 
fräftigen, nady Sicilien. Nach 5 Jahren kehrte er 
neu belebt und gejtärft nad) Rom zurüd, wo er 
nad) Plotins Tode in deſſen Geifte platonijche 
Bhilojophie lehrte und Platons und Ariftoteles' 
Schriften erklärte; auch jchrieb er eine Biographie 
des Plotinos. Sein bedeutenditer Schüler war 
Jamblidyos. Im höheren Alter verheiratete er fich 
noch mit Marcella, einer unbegüterten Witwe 
mit 7 Kindern, angezogen durd ihre Liebe zur 
Bhilofophie, und ftarb in Nom, etwa 70 Jahre 
alt. — Seine vieljeitige Gelehrjamfeit nicht nur 
in der Philoſophie, jondern auch in der Gram— 
matif, Rhetorik, Geometrie, Arithmetif und Mufik, 
die Klarheit und Korrektheit jeiner Schreibweije, 
jein redliches Streben und die Tiefe feiner Philo- 
jophie werden an ihm, dem Ehriftenfeinde, aud) 
von jeinen Gegnern, den chriftlichen Schrüftftellern, 
auerfannt und geihäßt, obwohl jeine Philojophie, 
ein Ausflug der platoniichen, der Originalität, 
feine Spracdye der markigen Kraft des Plotinos 
entbehrt. Won feinen vielen Schriften find die 
meiften und bedeutendften untergegangen; erhalten 
(und größtenteils mit verwandten Schriften zuſam— 
mengedrudt; 1., 4. und 6. herausgegeben von A. 
Naud, 1860, 2,, durch die —— neol tod £v 
Odvsotie N vupar &vrpov vermehrte, Husg. 1386) 
find: 1) ITvdeyogov PBiog, nicht ganz volljtändig; 
2) zegi Illorivov Plov al zig rabewg, rar 
Bıßkdor ———— von Müller, vor deſſen Überſ 
des Plotin, 1 Bd. 1878); 3) moög z@ vonr« 
Epogısuot, sententine ad intellegibilia ducen- 
tes; 4) wepl dnogig tor LZupeiyav, de absti- 


18. 


TTogıora — TVorticus. 


nentia ab esu animalium; 5) elsayoyı) und werd 
weucıv nal dmöngiıw, beide über die Kategorien 
des Ariftoteles; 6) meög Mugrillar yuralnı : 
7) Enrjuare Oungın« (herausgeg. von Kammer, 
1863, und 9. Schrader, 1880— 82 zur Jlias, 1890 
zur Odyfiee) und zegl roö dr Odvsosia« rar Nuu- 
par ärrgor, eine allegoriſche Deutung von Hom. 
Od. 13, 102—112; 8) Scholien zu Homer. Bon 
andern Schriften, 3 v. zegl Yours, mepi dyalıdror, 
reol ngocodlas, haben ſich nur Bruchftüde erhalten. 

Porrima j. Evander, 

Porsöna, /Iogorjvaeg, Porsina, bei Dichtern aud) 
Porsena, König (Zar) von Clufium in Etrurien, 
zog nah Livius (2, 9ff.) als Freund der ver- 
triebenen Tarquinier im zweiten Jahre der Me: 
publif gegen Rom, jchloß aber, durch die Groß: 
thaten des Horatius Cocles und Mucius Scävola 
bewogen, einen für die Römer ehrenvollen Frieden, 
indem er ihnen jogar die geitellten Geijeln heraus: 
gab. Vgl. Plut. Popl. 16 ff. Dion. Hal. 5, 21. 
Flor. 1,10. Eutr. 1,11. Daß aber die Römer 
das den Bejentern abgenommene Gebiet wieder 
abtreten mußten, wird auch von Livius gejagt, und 
aus andern Beugnifien (Tac, hist. 3, 72. Plin. 
34, 39. Oros. 2, 5) —— ſich mit größter Wahr: 
icheinlichfeit, daß jener Friede für die Römer nicht 
jo glimpflich ausfiel: fie mußten vielmehr die Stadt 
übergeben, ein Drittel des Gebiet3 abtreten und 
jollten nur zum Aderbau Eijen gebrauchen. Dies 
Verhältnis der Unterthänigleit gegen Porſena mag 
wieder gelöft worden jein, als Aruns, der Sohn 
des Porjena, durdy den Zyrannen von Cumä, 
Ariftodemus, von Aricia zurüdgeichlagen wurde; 
da mag auc Rom jeine etrujfijche Beſatzung ver- 
trieben und das abgetretene Gebiet wieder erhal: 
ten haben. 

Porta, das Thor, bon portare, tragen, weil 
nach etrujfiicher Sitte der Plug, mit welchem die 
Mauerfurce (sulcus primigenius) gezogen wurde, 
an der Stelle, wo das Thor ftehen Folte, aufge- 
hoben und getragen wurde. — Über die Thore 
Roms j. Roma, 5. 11. 

Portentum j. Divinatio, 13. 

Porthäon j. Oineus. 

Porthmos, /Tog#uög, 1) die Meerenge zwiſchen 
Italien und Sicilien, mit oder ohne den Zuſat 
Zrxslinög, j. Faro Di Meſſina. Thuc. 4, 25. — 
2) Dafenplag auf Euboia im Gebiet von Erefria, 
der attischen Küſte gegenüber, in der Nähe des j. 
Dorfes Aliweri, der troß der Zerftörung jeiner 
Mauern durdy Philipp von Makedonien (342 v. E.) 
bis in jpätejte Zeit fortbeftand. Dem. Phil. 3, 
p. 119. 125 u. d. Strab. 10, 447. 

Portieus (vgl. Aroch, eine Säulenhalle, ge: 
räumige Bogengänge, teils für ſich jelbftändige 
Bauten, teils an andern Öffentlichen oder privateu 
Gebäuden angebracht ; namentlich wurden die Martt- 
pläße von allen Seiten mit jolhen Gängen um: 
geben, nad) außen durch eine Wand geſchützt, die 
nur von Ddurchlaufenden Straßen unterbrochen 
wurde. Solche Wände dienten zur Anbringung 
von Gemälden. Dieje Säulenhallen wurden, außer 
von Spaziergängern bei großer Sonnenhiße oder 
bei Regen, audy zu wifjenichaftlichen Zujammen= 
fünften benugt; fie waren jehr foftbar eingerichtet 
und von bedeutender Länge. In Rom gab ces 
deren eine große Menge, in Athen ift namentlich 
die Zro@ romln bekannt. 


979 


Portitor ift jowohl der Hafenzollpachter (re- | 15, 187 ff.); er ift der dunfelgelodte (auavoyalıns), 
Aovrng, publicanus), als deflen Diener; auch der die Erde umſchließende und haltende (yaınjoyog) 
Fährmann.  Herricher des Meeres (Ava, sipungelwr, doyi- 

Portorium, Hafenzoll, bei Ein: und Ausfuhr | Halascog, zlrdiıog) und aller Meergötter, der 
vieler Waren zu erheben (Cie. Verr. 2, 72). In, feinen Palaft in den Tiefen des Meeres hat (bei 
Rom war derjelbe von Boplicola abgeichafft, jpäter | Aigai, Hom. Il. 13, 21. Od. 5, 381), von Zeus 
jedoch wieder eingeführt worden (Liv. 2,9. 40, 51), jelbjt anerkannt als wgeaßirarog Hal dgiorog 
darauf von Metellus (ſ. lex Caecilia) 60 v. E. | unter den Göttern (Hom. Od. 13, 142). Alle Er- 
für Italien wieder aufgehoben, von Gäjar wieder | jcheinungen des Meeres gehen von ihm aus: er 
eingeführt (Suet. Caes. 43), von Auguftus (Dio | jendet den Sturm und ebnet die Flut; wenn er 
Cas«. 47, 51) und Nero (Te. ann. 18, 50) bei 
behalten. In allen eroberten Städten und Pro— 
vinzen bejtand dieſe Abgabe bis in die jpäteften 
Beiten, wenn nicht bejondere Privilegien davon 
befreiten. Alle Waren waren dieſem Zoll unter: 
worjen, mit Ausnahme der eigenen Reijebedürfnifie 
jowie des dem Fiſtus und dem Heerweſen ge: 
hörenden Eigentums. Der Betrag war nad) Län: 
dern und Zeiten verichieden, der niedrigite ift 
2'/, Procent, quadragesima genannt, der höchite 
12", Procent, octava genannt; in Sicilien galt 
die vicesima, d. h. 5 Procent (Cie. Verr. 2, 75). 
Bol. Eilkıufvior. 

Portünus, Poriumnus, Poıtunnus, römischer 
Hafengott (wahricheinlich eine Nebenform des Ja- 
nas), mit dem griechijhen Palaimon, dem Sohn 
der Ino, identifiziert. Er hatte im Tiberhafen 
bei der Pfahlbrüde, von wo der Weg nad) der 
Hafenftadt hinabführte, einen Tempel, an dem ihm 
jährlih am 17. Auguft die Bortumnalia gefeiert 
wurden. Cie.n.d. 2,26. Verg. A. 5,241. Or. 
fast. 6, 547. Sein Bild trug einen Schlüffel in 
der Hand, weil portus — porta einen verſchließ— 
baren Ort bezeichnete. 

Poseidion, Jlossidıov, Posidium, h. mehrere 
dem Poſeidon geweihte Vorgebirge, 1) in Epeiros, 
Kterfyra gegenüber, neben dem Hafen Belodes. 
Strab. 7, 324. — 2) im phthiotiihen Thefjalien 
an der Weftipige des Bagajaiiihen Buſens, |. Kap 
Stavros. Strab. 7, 330. — 3) in Lucanien an der 
Südoftipike des Bujens von Päftum, j. Punta 
Licoja. Strab. 6, 252. Auch auf Samos, Chios, 
in Bithynien, Karien (Strab. 14, 668) und Kilifien 
lagen Borgebirge diejes Namens. 

Poseidippos, llossidırzog, 1) aus Kafjandreia 
in Maledonien, einer der beiten Dichter der neuen 
griehiichen Komödie, trat zuerit um 280 v. €. 
auf und fchrieb gegen 40 Stüde. Er wurde aud) | 
von den römijchen Komifern benupt und jcheint 
dem Plautus das Vorbild zu jeinen Stüden Me- 
naechmi und Aulularia gegeben zu haben. Die 
erhaltenen Bruchftüde (gei. von Meinefe, fragm, 
com. Graec. IV; II p. 1141 ff. der Hein. Ausg., 
und Kod, com. Att. fragm. Ill p. 335 ff.), unter 
denen ſich einige in der herfömmlichen Charafte: 
riftit der Köche bewegen, gehen auf 17 Titel zu— 
rüd. -— 2) ein griechiicher geiftreicher Epigram- | use 
mendichter der alerandrinijchen Zeit, um 260 v. C., 
wahrſcheinlich aus Sicilien: Epigramme von ihm | mit feinen erzhufigen, ftürmenden Roſſen über 
jtehen in der griechiichen Anthologie. Much ein | das Meer fährt, jo glättet fich dasjelbe zur ftillen 
Epos Acori« und Elegien desjelben werden er: Fläche, ftößt er aber zürnend mit dem Dreizad, 


Portitor — Poseidon. 











wähnt. 

Poseidon, /Iossıdür, Iloosddwr, der Sohn 
des Kronos und der Rhea, Bruder des Zeus 
(Hesiod. theog. 453), und zwar bei Heſiod der 
ältere, bei Homer der jüngere, erhielt nadı Be: 


| jeiner furcdhtbaren Waffe, in das Meer, jo erheben 
jich braufend die Wogen, daß fie die Schiffe ver: 
ichlingen, Länder überjchwenmen und Städte in 
ihrem Schoße begraben. — Der Erderichütterer 
Bojeidon (Lvvociyaog, dvocigdor, xırdarag 


fiegung der Titanen bei der Berteitung der Welt: |yadas) macht die Länder erbeben und zerbricht 
herrſchaft das Meer zu jeinem Teile (Hom. 11. \ mit feinem Dreizad die Felſen. So eröffnete er 
62* 


980 


mit dem Stoß des Preizads in Theflalien, als 
die Wafler des Peneios das Land überſchwemm— 
ten, das Thal Tempe, damit er dem Strome einen 
Abflug verſchaffte; daher hieß er in Theflalien 
zeroadog, der Felſenzertrümmerer. Ungeftüm wie 
jein Element ift der Sinn des Gottes ſelbſt. Mit 
heftigem Zorne verfolgt er diejenigen, die ihn 
beleidigt. So treibt er den Döyfieus, der ihm 
den Sohn Polyphemos, den Kyflopen , geblendet, 
auf dem Meere umber und hält ihn von der 
Heimat fern, bis Zeus, der lange auf feinen 
Zorn Rüdficht genommen hat, während jeiner Ab- 
wejenheit mit den übrigen Göttern die Rückkehr 
des unglüdlichen Helden bewerfitelligt. Hom. Od. 
1,115. 68. Gegen Troja Hatte Poſeidon feinen 
ganzen Born gefehrt, jeit der König Yaomedon, 
dem er mit Apollon die Mauern von Jlion ge: 
baut (Hom. Il. 7, 452. 21, 443), ihm ben ver: 
jprochenen Lohn verweigert hatte. Hor.od.3,3, 22. 
Er ſchickte zur Plage des Landes ein Seeungehener, 
dem die Tochter Laomedons, Hefione (j. d.), zum 
Fraße ausgejegt werden jollte, und unterftüßte bei 
der Belagerung 
der Gtadt Die 
griechijchen Hel— 
den auf alle 
Weile. Selbſt 
gegen Zeus, der 
die Obmadıt hat 
über ihn und 
alle Götter, und 
gegen den er ge: 
mwöhnlich als 
den älteren Brut: 
der ſich willfäh: 
rig und gefällig 
zeigt, wagt er es 
bisweilen ſich 
aufzulchnen. 
Hom. Il. 1, 400. 
15,185 ff. — In 
altpelajgiicher 
Beit war Poſ. 
nicht allein der 
Gott des Meeres, 
jondern der Gott 
alles um und durch die Erde verbreiteten Gewäſſers, 
von dem Quellen und Flüſſe und Seen kommen. 
Deswegen war er aud) ein Nährer und Befruchter 
der Pflanzenwelt (pur@lmog in Hermione) und 
ftand mit Demeter, der Mutter Erde, in enger 
Verbindung. Er wurde daher auch an vielen 
Orten, die nicht mit dem Meere in Berührung 
jtanden, verehrt; nachdem er aber ausſchließlich 
der Gott de3 Meeres geworden war, trat an jol: 
chen Orten jein Kultus zurüd, und die Verehrung 
anderer Gottheiten trat dafür ein. Daher wurde 
von jo vielen Länderftreitigfeiten, die er mit an: 
dern Göttern hatte, und von Bertaujchungen er: 
zählt; mit Athene ftritt er um den Beſitz von 
Yttifa (j. Kekrops) und von Troizen, mit Hera 
um Argolis, feinen Anteil an Delphoi trat er 
dem Apollon gegen Kalaureia ab. Die Beziehung 
zu dem Roſſe (II. Ermıog) hatte Poſ. auch wegen 
jeiner uralten Bedeutung eines Gottes aller Ge: 
wäſſer. Er jollte das Roß, das ſich auf feuchten, 
grasreichen Auen, an Quellen und Flüſſen nährt, 
geſchaffen und die Lenkung desfelben gelehrt haben 





Poseidon, 


und ward deshalb bei Wettrennen mit Roſſen 
als Kampfeshort angerufen und durch Opfer und 
Selübde verehrt. Diejer Pol. Armıog findet ſich 
häufig mit Athene inmi«, welche den Zügel des 
Rofjes erfunden haben jollte, zuiammen. Dody 
miſchte fich bei dem Roſſe-Poſ. noch eine andere 
Voritellung ein; die Wogen des Meeres tummeln 
jich gleich wild dahinjtürmenden Roſſen und wer- 
den von dem Meeresherricher gebändigt ; die Schiffe 
find Roſſe, die unter der Leitung des Poſ. durd) 
das Meer dahineilen. — Die Gemahlin des Bol. 
war Ampbitrite; doch kennt fie Homer als 
ſolche noch nicht, erſt Heſiod (theog. 930) läßt aus 
ihrer Ehe den Triton entitehen. Much mit vielen 
andern Geliebten zeugte er eine zahlreihe Nach— 
fommenjchaft, namentlid; Stammherven und Grün: 
der folder Stämme und Städte, welche ihn ver- 
ehrten. Der Dienft des Poſ. hatte in Griechen 
land allgemeine Verbreitung, vornehmlich aber 
wurde er im Kiüftenländern und auf Inſeln ver: 
ehrt; beionders reih an Nultusftätten war ber 
Peloponnes. Bei Homer iſt Polos, die Stadt 
des Neftor, der jein Geſchlecht von ihm ableitete 
(Od. 11, 264 ff.), ein Hauptort jeiner Verehrung; 
auf dem Iſthmos bei Korinth wurden ihm jedes 
dritte Jahr die iſthmiſchen Spiele gefeiert. Das 
Feſt des Poſ. zu Oncheftos in Boiotien wird auch 
ichon bei Homer genannt (71.2, 506). Der ionijche 
Stamm verehrte ihn als Nationalgott. Der in 
den Städten der Jonier an der Nordküſte des 
Peloponnes, namentlich in Helite und Aigai (Hom. 
Il. 8, 203), blühende Kultus blieb auch nad) der 
Auswanderung bderjelben dort bejtehen; als fie 
nach Kleinafien zogen, nahmen ſie den Kult des 
helitoniichen Poſ. mit hinüber und gründeten ihm 
auf dem Borgebirge Mytale jein Hauptheiligtum, 
bei dem jie ihr Nationalfeft, die Banionien, feier: 
ten. Hat. 1, 148. Herodot (2, 50. 4, 188) er: 
wähnt einen Kultus des Poſ. in Libyen und be- 
hauptet fälſchlich, daß der Gott von da zu ben 
Griechen gelommen jei. — Heilig ift dem Poſ. 
außer dem Roß der Delphin und unter den Bäu— 
men die Fichte wegen ihres dunklen Grüns, der 
farbe des Meeres, und weil aus ihr das Schiff 
gebaut wird. Geopfert wurden ihm Stiere, be: 
jonders ſchwarze, auch Eber und Widder; gezäumte 
Pferde wurden ihm in Argolis in die im Meere 
aufiprudelnde Duelle Dine geftürzt. Dargejtellt 
wurde er oft in Gruppen mit Ampphitrite und 
andern Meeresgortheiten und mit Delphinen; er 
ift zwar erhaben und gewaltig, aber es fehlt ihm 
die ruhige Majeftät des Zeus, mit dem er Fami— 
lienähnlichteit hat. Seinem Elemente entiprechend 
hat er etwas Unruhiges und Heftiges, einen ge: 
willen Trog und Unmut. Sein Körper ift ſchlanker 
als der des Zeus, doch von ſtärkerer Muskulatur; 
das Geſicht hat edigere Formen, weniger Klarheit 
und Ruhe in den Zügen, das Haar ijt mehr ge: 
fträubt und durcheinander geworfen oder fließend. 
In der Hand hält cr gewöhnlich den Dreizad, 
bisweilen auch das Scepter. — Die Römer iden: 
tifizierten ihren Meeresgott Neptunus mit dem 
——— Poſeidon. In älterer Zeit war der 

ienſt desſelben unbedeutend, da die Römer wenig 
mit dem Meere in Berührung famen. Als jpäter 
griechiiche Vorftellungen auf Neptunus übertragen 
wurden, trat bejonders die Beziehung zu dem 
Roſſe und dem Wettrennen mit den Roſſen an 


7) 


Poseidonia — Postumii, 


ihm hervor. Nach IT. inzıog heißt er Neptunus 
equester. Er hatte einen Altar im flaminijchen 
Circus und dabei einen Tempel; im Circus Mari: 
mus, wo er ebenfalls einen Altar hatte, wurden 
ihm als N. Consns jährlid) die angeblidy von 
Romulus eingejebten (Liv. 1, 9) Consualia mit 
Wettrennen gefeiert. Den Namen Consus erllärt 
man als Ratgeber; doc) jcheint Consus urſprüng— 
lich ein altitaliicher Gott der Erde und der Saaten 
gewejen zu fein. — Abbildungen: 1) Bildjäule 
des Poſ. im Antitentabinett zu Dresden; 2) Büſte 
in dem Wujeum Chiaramonti des Batilan. 

Poseidonla j. Paestum. 

Poseidonlas j. DBvin, 1. 

Poseidonion, [Iosedarıor (bei Liv. 44, 11 
Posidium), j. Kap Poſſidi, Borgebirge an der Weit: 
feite der makedoniſchen Halbinjel Ballene unfern 
Mende. Thuc. 4, 129. 

Poseidonios, /lossdariog, 1) ein ftoiicher 
Philofoph aus Alerandreia und Schüler des Zenon. 
— 2) aus Apameia in Syrien, gewöhnlich aber 
bon feinem Aufenthalte in Rhodos der Rhobdier 
genannt, gleichfalls ein Stoifer, war etwa 135 v. C. 
geboren, fan frühzeitig nach Athen und hörte dort 
den Stoiker Banattios. Nach deſſen Tode unter: 
nahm er eine Reife nad Stalien, Hiſpanien und 
andern Gegenden und begab jih dann nach Rho: 
dos, wo er die von PBanaitios gegründete ftoiiche 
Scyule leitete. Seine berühmteften Schüler waren 
hier Phanias, Ajklepiodotos und Jaſon. Hier hör: 
ten ihn auch Cicero, 78, und Bompejus (Cie. tuse. 
2,25. n.d.1,3. fin. 1,2. fat.3. ad Att. 2,1. 
Plut. Cie. 4); bejonders aber ſchähte jeinen Um: 
gang Bompejus. Plut. Pomp. 42. Wud) beteiligte 
jih P. an Staatsgefchäften, und feine Mitbürger 
erhoben ihn zur Würde eines Prytanen und jchid: 
ten ihn im x 86 als Gefandten nah Rom. — 
Bon jeinen zahlreichen Schriften, teils philojophi: 
ichen, teils geographiſch-hiſtoriſchen (darunter ein 
großes, von Cokteren vielfach benußtes, Geſchichts— 
werk, iorogiaı, in 52 Büchern, eine Fortjegung 
des Polybios, die wenigitens bis zum J. 86 reichte), 
auch mathematischen und grammatischen, find mur 
Fragmente übrig, geiammelt von J. Bale (1810). 
Sammlung der hiftorijchen Fragmente von Müller, 
fragm. hist. Graec. III p. 245. Wbhandlungen 
von Töpelmann (1867), Sepp und Arndt (1882). 
— 3) aus Dlbiopolis, Sophift und Hiftorifer aus 
dem 2. Jahrh. u. E., jchrieb einige hiftorische und 
geographiiche Schriften, die aber verloren find. — 
4) aus Ephejos, Toreut und Erzgieher aus der 
Zeit Bompejus’ des Gr. Plin. 33, 12, 55. 34, 8,19. 

Possessio, der faktiiche Bejig, im Gegenjak 
zu dem dominium, aljo das Necht der Benußung 
einer Sache ohne wirkliches Eigentumsredht. So 
z. B. war das Verhältnis des Inhabers zum ager 
publicus das der pos»essio. Zum Schuß ſolcher 
possessio waren interdieta (j. d.) eingeführt. 

Postliminium (aus post und limen) iſt das 
Necht, zufolge deſſen der in feindliche Gefangen: 
ſchaft gefallene Römer, mweldyer dadurch die ma- 
xima capitis deminutio erlitten hatte, nah Rom 
zurücfehrend in jeine frühere Stellung (3. B. ald 
Bater oder als filius familias) wieder eintrat, 
als wäre er niemals deminutus geweien. Beein: 
trächtigt wurde jedoch diejes Hecht, wenn der Ge: 
fangene von feinen freunden Losgefanft worden 


war, jo lange, bis er das Löſegeld erſetzt hatte. 


981 


Ebenfo fielen auch die unbeweglichen und einige 
bewegliche Sachen (wie Stlaven, Zugvieh, Schiffe) 
dem alten Herrn wieder zu, wenn ber Befit er: 
greifende Feind wieder abgezogen war. 
Postumii, ein patriciihes Geſchlecht, wahr: 
Icheinlich etruſtiſchen Urſprungs: 1) B. Poſt. Tu: 
bertus, kämpfte als Konſul mit Glück gegen die 
Sabiner am Anio, 505 v. E. Liv. 2, 10. Zn 
jeinem zweiten Konfulat, 2 Jahre fpäter, wurde 
er erſt von den Sabinern (oder Aurunkern) ge: 
ichlagen, brachte ihmen aber bald nachher eine 
bedeutende Niederlage bei. Liv. 2, 16. Dion. Hal, 
5,44f. — 2) Poſt. Cominius, Konful 601 
v. E., zum zweitenmal 493, ſchlug im Ießteren 
Jahre die Bolffer und Antiaten. Liv. 2, 18. 33, 
— 3) Poſt. Albus Regillensis, Konful im 
%. 496 dv. E. und in demjelben Jahre Diktator 
(nad andern 499), gewann die Schlacht am See 
Regillus über die mit den vertriebenen Targuiniern 
verbündeten Latiner (Liv. 2, 19 ff.), für deren 
milde Behandlung er jtimmte. Dion. Hal. 6, 13ff. 
Plut. Cor. 3. Cie. tuse. 1, 12, 28. — 4) Sp. 
Poſt. Albus Regillenfis, des vorigen Sohn, 
Konful 466 v. E., ging 454 nach Griechenland, 
um die dortigen Geſetze kennen zu lernen, und 
war 451 Decemvir. Liv. 3, 2.31.38. — 5) 9. 
Boft. Alb. Regillenjis, des ebengenannten 
Bruder, befiegte in feinem Konfulate (464 v. €.) 
eine ins römijche Gebiet eingedrungene Schar der 
Aquer. Liv. 3, 4f. — 6) A. Poft. Tubertus, 
ichlug als Diktator 431 v. E. die Aquer und 
Boljfer am Algidus und ftrafte feinen Sohn, der 
gegen des Vaters Gebot jeinen Platz in der Schlacht: 
reihe verlaflen hatte. Jar. 4, 26 ff. Gell. 17, 21. 
— TI) M. Poſt., wurde wegen einer von ben 
Berentern erlittenen Niederlage mit einer Geld: 
itrafe belegt. Liv. 4, 40 ff. — 8) 2. Poſt., er: 
regte als Kriegstribun mit konfulariicher Gewalt 
durd; Borenthaltung der im Kampfe mit den 
Aquern gewonnenen Beute und harte Worte einen 
Aufftand, in welchem die Soldaten ihn fteinigten, 
414 v. E. Lir. 4, 49. — 9) Sp. Poſt. Albinus 
Regillenſis, fchlug im J. 394 v. C. als Kon: 
julartribun die Mquer. Liv. 5, 28. — 10) Poſt. 
Livius, griff 380 v. E. als Diktator von Fidenä 
mit den Latinern das von den Galliern verwüſtete 
Rom an und gab dadurdh Anlaß zur eier des 
Feſtes Ponulifogin. Plut. Rom. 29. — 11) Sp. 
Poſt. Albinus, erlitt als Konjul bei Caudium 
im J. 321 v. C. eine ſchimpfliche Niederlage und 
mußte einen entehrenden Frieden eingehen. Er 
verlangte im nächſten Jahre ſelbſt, daß er als 
Sühnopfer an die Samniter ausgeliefert würde, 
wurde aber von diejen zurüdgemwieien. Liv. 9, 1ff. 
Cie. off. 3, 30. — 12) L. Boft. Megellus, ſchlug 
305 v. E. in feinem erften Konfulate die Sams 
niter (Lie. 9, 44), Desgleichen im zweiten (294) 
die Sammniter und Etrujfer. Liv. 10, 3ff. Er 
triumphierte ohne Erlaubnis des Genates und 
Boltes, weshalb er wahricheinlich von einem Tri: 
bunen angeflagt wurde und ins fonjularijche Lager 
flüchten mußte. Liv. 10, 46. Zum brittenmal 
Konſul (291), befiegte er die Sammiter abermals 
und nahm ihnen mehrere Städte; doch behandelte 
er jeinen plebejiichen Amtsgenofjen ftolz und über: 
mütig und triumphierte wiederum eigenmächtig, 
wofür er mit einer Geldbuße belegt wurde. — 
13) Sein Sohn, 2. Poſt. Megellus, eroberte 


982 


ala Konjul 262 dv. E., im erften puniſchen Kriege, 
die Stadt Mgrigentum. Pul. 1, 17. — 14) 8 
Poſt. Albinus, Konjul 234 v. E., befiegte die 
Liqurier, eroberte in feinem zweiten Konſulate 
(229) mit Fulvius faft ganz Illyrien und fand 
216 im Kampfe gegen die bojifhen Gallier den 
Tod. Pol. 2, 11. 3, 118. Liv. 23, 24. — 15) M. 
Voſt. Porgenfis, aus Pyrgi in Etrurien, wurde 
212 v. E. wegen Unterſchleifs zu einer Geldbuhe 
verdammt und, als er ſich noch obendrein gewalt: 
thätig und troßig zeigte, verbannt. Liv. 25, 3f. 
— 16) Sp. Poſt. Albinus, wurde ald Konful 
im %. 186 v. E. mit Unterfuchung der aus den 
Bacchanalien hervorgegangenen geheimen Verbin— 
dungen beauftragt. Liv. 39, 8 ff. — 17) U. Pott. 
Albinns, Konſul 180 v. E., kämpfte fiegreich 
gegen die Bergbewohner in Ligurien und zeigte 
als Genjor (174) Strenge und Thätigkeit. Lir. 
40, 41. 41, 27. — 18) 8, Poſt. Tympanus, 
verfuhr mit nachdrücklicher Strenge als Prätor 
185 v. C. gegen die räuberifchen Hirten in der 
Gegend von Tarent. Liv. 39, 23. 29. — 19) 2. 
Poſt. Albinus, verwaltete von 180--178 v. €. 
Spanien und bejiegte daſelbſt die kriegeriſchen 
Vaccäer und Lufitanier. Liv. 40, 356 ff. Im J. 
173 erhielt er das Konſulat (Liv. 41, 28), mußte 
aber zunächſt nah Campanien gehen, um die Staats: 
ländereien von den widerrechtlich vergrößerten Pri— 
vatbefigungen zu jcheiden (Liv. 42, 1). Auf der 
Neife dahın beftimmte er die Präneftiner, eine 
Herberge auf öffentliche Koften einzurichten, was 
Anlaß zu dem Anſpruche wurde, reijenden Staats: 
beamten Herberge auf Gemeindefoften zu geben. 
Liv. 42,1. ©. Postwesen. Im J. 168 befeh: 
ligte er in der Schladht bei Pydna das Centrum 
des römischen Heeres. Liv. 44, 41. — 20 A. Boft. 
Albinus, einer der 10 Gejandten, denen die 
Einrichtung Griechenlands als Provinz übertragen 
wurde (Cie. ad Att. 13, 30), 151 v. E. Konſul, 
war ein feingebildeter Mann und verfahte eine 
Geichichte Roms in griechiicher Sprache (Cie. Brut. 
21, 81. Gell. 11, 8, 2), in welcher er von jeinem 
eigenen Geſchlechte und deſſen Thaten zu viel 
Rühmens gemadjt zu haben jcheint. Pol. 39, 12. 
40, 6. — 21) Sp. Poft. Albinus, richtete im 
Kriege gegen Jugurtha (110 v. E.) nichts aus und 
ichadete jehr durch Schlaffheit in Handhabung 
der Difciplin. Sall. Jug. 35. 44. — 22) Sein 
Bruder, U. Poſt. Albinus, Konjul 110 v. E;, 
diente unter jenem als Legat und wurde im X. 
109 von Jugurtha geichlagen. Sall. Jug. 36ff. 
Im 3. 89 kämpfte er unter Sulla im marfiichen 
Kriege, war-aber bei jeinen Soldaten wenig be: 
liebt und wurde von ihnen gejteinigt. Oros. 5, 18. 
Er war ein tüchtigerer Redner als Feldherr. Cie. 
Brut. 35. — 23) Boftumia, Gemahlin des Sul: 
picius Rufus (j. Sulpieii, 12.), den fie nad 
Willkür zu gängeln wußte, ohne ihm treu zu fein. 
Cie, ad Att. 5, 21. 10, 9, 14. Suet. Caes. 50. — 
24) En. Poſt. unterftügte 63 v. E. die gegen 
Murena erhobene Anklage in Berbindung mit 
Gato. Cic. Mur. 26. 38. 

Postvorta j. Evander, 

Postwesen. Die ältefte, uns bekannte Ein: 
richtung ift die bei den Perſern durch Dareios 1. 
eingeführte Beförderung von königlichen Botjchaf: 
ten und von Dienftjachen der Satrapen durch rei: 
tende Eilboten, &yyagoı gei., welhe an den das 


Postvorta — Postwesen. 


ganze Neich durchziehenden Straßen auf Stationen 


. \aufgeitellt waren und bei Tag und bei Nacht zu 


rajcheftem Abgang ſich bereit halten mußten. Hat. 
5, 14. 52. 8,98. Xen. Cyr. 8, 6, 17. — Bei den 
Griechen faunte man eine ſolche Einrichtung nur 
injfofern, als Eilboten ausnahmsweiſe wichtige Er: 
eigniffe melden mußten, oder Sklaven zwiſchen 
einzelnen Familien etwa eine ähnliche Verbindung 
zu vermitteln hatten. — Um jo mehr entmwidelte 
ſich das Boftweien im römischen Reiche, bejon: 
ders während der Kaiſerherrſchaft. Uriprünglich 
waren Einrichtungen der Art nur für Beamte be: 
ftimmt, welche im Auftrage des Staates reiften. 
Dies ergibt fich jchon aus Liv. 42, 1 (vgl. 32, 27), 
als der Konſul Poſtumius (j. Postumii, 19.) 
aus perjönlihem Haß gegen die Pränejtiner von 
ihnen Lafttiere, Aufenthalt und dgl. verlangte und 
jo zu einer Sitte Anlaß gab, welche fi im Laufe 
der Zeit zur Pflicht ausbildete. Außer den Be: 
amten verlangten auch die Geſandten dasjelbe Recht. 
Die villae publicae wurden eingerichtet, in wel: 
chen fjolchen Reiſenden Obdach, Salz, Holz und 
Heu (vgl. Hor. sat. 1, 5, 46) durch die parochi, 
öffentliche Aufjeher, gereicht wurde. Eine weitere 
Entwidelung diejer Einrichtung fand in der Kaiſer— 
zeit ftatt. Namentlih war es Auguftus, welcher 
anfangs nach perſiſcher Weile junge Leute (angarii, 
nuegodgöuo:, vgl. Nep. Milt. 4, 3) längs den 
Heerſtraßen verteilte, fpäter auch Fuhrwerke, um 
von den Borfällen in den Provinzen ftet3 im 
Kenntnis erhalten zu werden. Swet. Oct. 49. Dieſe 
Bofteinrichtung, ———— die fahrende Poſt, wozu 
auch jpäter Reitpoſten kamen, hieß cursus publi- 
eus, auch cursus fiscalis oder einfach cursus, 
Auch er war eigentlich nur für Staatsbeamte oder 
andere öffentliche Perſonen beftimmt, welche zu 
dem Zwecke eine jchriftliche Verfügung, diploma 
(Suet. a. a.D. Plin. ep. 10, 121), ovrdnue, auch 
evectio oder tractoria genannt und auf den In— 
haber, die Dauer der Reife, die Stationen u. ſ. w. 
lautend, bei fich führten. Starb der Inhaber, jo 
wurde dieſe ag | ungültig, ebenjo nad) Ab: 
lauf der Zeit. Die Beamten in den Provinzen 
und jelbit angejchene Männer befamen wohl ein 
ſolches Diplom, welches urjprünglih vom Kaiſer 
jelbft, jpäter gewöhnlich vom praefectus praetorio 
ausgeftellt wurde, am häufigften die Statthalter 
in den Provinzen. Plin. ep. 10, 39. Sen. clem. 
1, 10. Auch entlafjene Soldaten (Amm. Mare. 
29, 8) wurden der Beförderung durch die Bolt 
teilhaftig. Am meiften machte fich der Kaiſer Ha: 
drian um das Poſtweſen verdient. Spart. Hadr. 7. 
Was die innere Einrichtung betrifft, jo waren 
an den Heerftraßen Stationen (mansiones, zum 
Übernachten, vgl. den Gebraud) von maänere, 
Hor. sat. 1, 5, 39), in der Entfernung einer Tage: 
reife doneinander, deren Anhaltepunkte größere 
DOrtichaften waren; auf dieſen Stationen wurden 
Pferde (veredi, Mart. 14, 68), Maulejel, Wagen 
(rhedae, carri, birotae oder vebicula im allge: 
meinen) bereitgehalten, alle mit verjchiedener Be— 
laftung u. j. w.; ferner der cursus clabularis 
für das Gepäd. Kuriere wechjelten auf jeder Sta: 
tion ihre Pferde und hatten hinter ſich auf den: 
felben ihre Wanteljäde. Auf Nebenſtraßen ſtan— 
den für aufßerordentlihe Reiſen Pferde bereit. 
Boftgeld wurde nicht bezahlt; die Provinzen und 
die Magiftrate oder die Eurialen der Städte 


Potamos — Praecones. 


mußten die Koften tragen. Doch nahmen die 
fpäteren Kaiſer von Hadrian an nicht felten den 
Provinzen die Koften ab und übertrugen je auf 
das Ärarium, obgleich dieje Übernahme nicht blei: 
bend war. Auf den einzelnen Stationen waren 
Boftbeamte, zu denen beſonders ansgediente Sol: 
daten genommen wurden, denen die Bejorgung 
der Stationsgeichäfte oblag. Sie ftanden wiederum 
unter der Aufficht von auferordentlichen Inſpel— 
toren. Doc blieb die ganze Einrichtung, bejon: 
ders im den jpäteren Jahrhunderten, troß zahl: 
reicher Geſetze und jcharfer Beanfjichtigung nicht 
frei von Mihbräuchen, wie die lauten und wieder— 
holten Klagen aller Schriftfteller bemweijen. Be: 
ftechungen fanden oft ftatt, und die Oberbehörden 
wußten manchen unerlaubten Vorteil aus der 
Pofteinrichtung zu ziehen. — Aber nicht nur zu 
Lande allein bejtanden WBoftverbindungen; auch 
zur Sce gab es ſolche. Beſtimmt wiffen wir das 
jegt von Dftia, wo ein faiferlicher Briefpoftmeifter 
(procurator pugillationis et [d. h. und zwar] 
ad naves vagas) angeftellt war. Von hier aus 
gingen Schiffe (naves vagae oder fugaces oder 
cursoriae) in verichiedenen Nichtungen nach den 
Injeln und Haupthäfen des Mittelmeered. Wahr: 
ſcheinlich war in Brundufinm ein zweiter Brief: 
poftmeifter der Art angeftellt. — Die Bofteinrich: 
tung überlebte den Untergang bes Römerreiches 
und pflanzte fich zuerft bei Dftgoten, Bandalen 
und Franken, dann durch das ganze Mittelalter 
hindurdy fort. Bol. E. Hartmann, Geichichte der 
Poſten von den älteften Zeiten bis zur Gegen- 
wart (1868). Hudemann, Geſchichte des römischen 
Boftwejens während der Kaijerzeit (1875; Nach— 
träge 1878). 

Potämos, Tlorauös und Ilorauod, Demos an 
der Sübdoftküfte Attifas, in eine obere und untere 
Ortichaft (IT. aaderepder und vmeiregder) ein: 
geteilt. Die Bewohner waren wegen ihres Leicht: 
ſinns bei der Aufnahme Fremder in das Bürger: 
recht berüchtigt. Strab. 9, 398. Paus. 1, 31, 3. 

Potentia, 1) Stadt in Picenum zwiichen Ans 
cona und Eaftellum Firmanum, unfern der Mün- 
dung am Fluß Floſis, römische Kolonie (Lie. 
39, 44); j. ©. Maria di Potenza. — 2) Stadt in 
Lucanien, nahe ter apuliichen Grenze, noch jetzt 
Potenza. 

Potestas, die mit dem Staatsamte verbundene 
geiegliche Amtsgewalt, im Gegenſatze zu der poten- 
tia, dem perjönlichen Einfluffe auf Staatsangele- 
genheiten. So 3. B. war die Decempirgewalt in den 
beiden erſten Jahren potestas, im dritten nur 
potentia, Das jouveräne Bolt, als beichliehendes, 
hatte potestas, der Senat als beratende Behörde 
auctoritas. Auch der pater familias hatte feiner 
Familie gegenüber potestas. 

Pothox j. Aphrodite und Eros. 

Potidala, Iloreidaw, Tloreidsıe, TToridaıe, 
Kolonie der Korinther an der Landenge, welche 
die mafedonijche Halbinjel Pallene mit dem Feſt— 
lande verbindet, ſtark befeftigt. Thuc. 1, 56. 63 f. 
4, 120. Nachdem fie fich früher gegen perfiiche 
Angriffe mit Erfolg verteidigt hatte, mußte fie 
fih im peloponnefiichen Kriege den Athenern er: 
geben, und die Bewohner wurden zur Auswan— 
derung, meift nach Dlynthos, gezwungen (Thuc. 
1, 56. 2, 58. 70. Hdt. 7, 123. 8, 126), worauf 
die Athener fie folonifierten. Zhuc.4, 120. 356v.E. 


1 





983 


wurde P. von Philipp 11. von Makedonien zer: 
ftört; indes die günftige Lage der Stadt veran— 
laßte doch eine Wiederherftellung durch Kaſſander 
unter dem Namen Kafiandreia (Dem. Phil. 2, 
p. 70), und die Stadt wurde bald die bedeutendfte 
in ganz Makedonien. Nach abermaliger Zerſtö— 
rung durch die Hunnen und Wicderherftellung 
durch Auftinian verjchwindet fie allmählich aus 
der Geſchichte. Strab. 7, 330. J. Ruinen Kaſſandra. 

Potidanfa, /Iorıdarie, Feſtung im jüdöftlichen 
Zeile Aitoliens, an der lofriichen Grenze im Thale 
des Hylaithos. Thuc. 3, 96. Liv. 28, 8. 

PotitTi, ein altes Prieftergeichlecdht, dem mit 
den Rinariern (j. Pinarii) der Dienſt des Her: 
cules an der ara maxima oblag, ftarb in kurzer 
Beit (Liv. 9, 29) aus, als es fich hatte verleiten 
lafjen, öffentlihe Eflaven im Hereuleskulte zu 
unterweijen (vgl. auch Herakles, 17.) 

Horvıaı, die chrwürdigen, Beiname der ’Egı- 
vurg, jowie der Demeter und Kora. 

Potniai, Tlorrıw, Tlorvıei, Heine Stadt in 
Boiotien am Aſopos, 10 Stadien von Theben, an 
der Strafe nadı Plataiai, in der Gegend beim 
heut. Dorfe Tachi, in defien Nähe mehrere reiche 
Quellen jprudeln, aus denen der Pirkebach ent: 
jteht. Ihren Namen erhielt fie wahrſcheinlich von 
dem Kult der Tlorvımı (Demeter und Nora), die 
bier einen heiligen Hain hatten. Xen. Hell, 
5,4, 51. Eur. Phoen. 1124. ®. wird von einigen 
für Hypothebai bei Homer (Il. 2, 505) gehalten. 
Paus. 9, 8, 1. 

Praecönes, Ausrufer in jeder Beziehung, 
namentlich jedoch bei Auktionen (//or. ep.1,7, 55. 
sat. 1, 6, 86. Juv. 3, 33. Mart. 1, 85). Obgleid) 
ihr Geſchäft wenig geachtet wurde (Jun. 7, 5), 
war es doc bei dem ungemein fchnellen Wechjel 
des Bejipes in Rom und den vielen Konkurjen 
um jo einträglicher, als neben altem Gerümpel 
auch unſchätzbare Koftbarkeiten durch ihre Hände 
gingen. Der Präco Nuruntius Euareftus hatte 
nad) Ealigulas Ermordung und noch jpäter den 
größten Einfluß in Rom (Joseph. ant. 19, 1, 18), 
und Väter zogen einen praeco ohne Befinnen 
jelbft einem Tribunen als Schwiegerjohn vor (Mart. 
6, 8). Daher wählte, wer jonft einen harten Kopf 
hatte, diejen Beruf, wenn er nur eine ausreichende 
Stimme bejaß (Cie. Quint. 3. Mart. 5, 56, 10). 
Ihr Gejchäftsfreis erweiterte fich auch zur Uber: 
nahme von allerlei Aufträgen, 3. B. Leichenbe: 
gängniflen, zugleich aber dienten fie ſelbſt als ge: 
wöhnliche Ausrufer auf der Straße, wenn jemand 
etwas verloren hatte u. j. w. (Plaut. Merc. 3,4, 78. 
Petron. 57, 97). — Auch gab es Staatsprä: 
conen, meiftens liberti und ebenfalls gut bejoldet. 
Ihre Aufgabe war, allenthalben, wo mündliche 
Belanntmadungen nötig waren, dieſe auszurufen. 
Sie bildeten mehrere Decurien, und zwar 3 für 
die höheren Magiftrate, und bejtanden bis in die 
jpäte Kaijerzeit (Dio Cass. 76, 10). Sie waren 
thätig nach Lambinus 1) bei den Eomitien, um 
das Bolf zu Verſammlungen einzuladen, zur Ab: 
ftimmung aufzurufen und das Ergebnis derjelben 
befannt zu machen; 2) bei Gerihtsjigungen 
riefen jie Ankläger, Angeflagte, Verteidiger und 
Zeugen auf und bezeidineten den Schluß jeder 
Rede durch dixit. Liv. 8,42. Cie. Verr. 2, 30. 40. 
Bei Kriminalerelutionen fündigten fie Die 
Gründe der Strafe an und riefen dem Strafvoll: 


984 


ftreder zu, jein Amt zu verrichten. 
natsjigungen fagten fie an; ebenjo luben fie 


Praediator — Praefectus. 


3) Die Ses | Oberrichter jener Städte, dem früheren Herfommen 


gemäß, noch praef. iur. die. genannt. — Im 


4) das Bolt zu den Spielen ein und riefen | Heere hießen die von jedem römiichen Konful (jeder 


während derjelben die Sieger aus. Nero hatte 
bei jeinen Schaufpielen jehr vornehme praecones, 
die ihn auffordern mußten, jeine Borfteiungen 
zu beginnen, Gallio und den Konſularen Eluvius 
Rufus (Dio Cass. 61, 20. 63, 14). Die Gieges- 
formel lautete: Negwv Kuaioap vınd rovöe tor 
dyava, xal orepavoi rov re rar "Poualor 
döjuor al rıv lölav olnovuernv. Bol. Plin. 
7,26. Philostr. soph. 2, 27. 5) Bei Auf: 
tionen im Namen des Staats waren fie ebenfo 
beichäftigt, wie die Privatausrufer bei Privat: 
auftionen. — Auch in den Municipien und Kto: 
lonien gab es öffentliche praecones, die aber nad) 
Cäjars Beitimmung (Cie. ad fam. 6, 18) nicht De: 
ceurionen oder Senatoren werden lonnten, wenn 
fie nicht zuvor ihr Amt niederlegten. 

Praediätor j. Praedium. 

Praedium, ein in ftädtijchem oder ländlichem 
Grundftüde und den dazu gehörigen Gebäuden 
bejtehendes Eigentum, das zugleich als reales Pfand 
und Bürgſchaft im öffentlichen Leben galt, jo daß 
dasjelbe ım Falle nicht erfolgter Steuerzahlungen 
von dem Staat ald Pfand und Bürgſchaft in 
Anſpruch genommen werden konnte. Ein jolcher 
öffentlicher Bürge hieß praes zum Unterſchiede 
von vas, dem —— überhaupt (vgl. die Formel: 
praedibus ac praediis cavere populo, Lav. 22, 60). 
— Mer mit joldyen Gütern Handel trieb, hieß 
praediator; folde Leute (Cie. Balb. 20. ad 
Att. 12, 14. 17) lernten den Wert derjelben genau 
fennen und fonnten über die dahin einjchlagenden 
Berhältniffe meift beifere Rechenjchaft geben, als 
jelbft die Rechtögelehrten. 

Praefeetüra hie jede Stadt Italiens, welche 
nicht eigene Gerichtsbarkeit beſaß, jondern einen 
praefectus iuri dicundo von Rom aus zugejandt 
erhielt. Das ftrengjte Verhältnis bejtand in Capua, 
welches wegen jeines Anſchluſſes an Hannibal 
211 v. E. zur Präfeltur erniedrigt wurde und 
jeine jämtlihen Magiftrate, feinen Senat und 
jede Korporation der Bürger verlor. Liv. 9, 20. 
Doch ſcheint dies nur ausnahmsweije verordnet 
zu jein, da in andern Präfekturen auch Magiftrate 
erwähnt werden. Hor. sat. 1, 5, 34. Nachdem 
aber 90 v. E. durch die lex Julia (j. d.) allen 
italiſchen Städten latiniſchen Rechts das volle 
Bürgerrecht verliehen war, mußten auch die prae- 


und wurden die betreffenden Städte nur noch her: 
tömmlicherweije jo genannt. — Als frühere Prä— 
fefturen werden erwähnt: Arpinum, Capua, Gaji: 
linum, Cäre, Cumä, Formiä, Fundi, Liternum, 
Suefjula, Bolturnum. 

Praefectus, im allgemeinen jeder Borfteher 


irgend einer Thätigfeit, eines Amtsfreijes_ oder 
eines Kollegiums, fer es im Staate, in einer Stadt, | 


oder auch im Hausweſen, praefectus Aegypti, 
aerarii, annonae und frumento dando, nament: 
li der von Rom aus in die Städte Italiens, 
welche praefecturae (j. d.) waren, gejandte Ber: 
walter des Rechts, mit vollftändigem Titel prae- 





2 Zegionen) ernannten 12 Anführer der Bundes: 
— (socii, ſ. d.), die den Kriegstribunen ber 
römiichen Legionen entſprachen, auch praefecti 
sociorum; ebenfalls ftand die römische Reiterei 
unter einem Bräfelten (j. Dux, 4.); auch der 
Anführer der Veteranen (evocati) hieß praefectus 
evocatorum. Cic. ad fam. 3, 6. Bei der Flotte 
hieß der Befehlshaber eines Schiffes praef. navis 
(Liv. 36, 44), der Vorſteher der Ruderer praef. 
remigum (Tae. ann. 13, 30), der Admiral der 
ganzen Flotte praefectus classis, entweder der 
eine Konjul, oder im Falle alle beide Landheere 
befehligten, ein Prätor. Über das Admiralichiff 
vgl. Schiffahrt, 8. In der Kaijerzeit ftanden 
die beiden Flotten zu Mijenum und Ravenna 
unter je Einem Präfelten. — Auch in dem Yand: 
heere wurde jeit Auguftus ein praef. castro- 
rum ermannt, der die Abitedung des Lagers zu 
bejorgen hatte und die Aufficht Über das Lazarett 
und die Wagen führte, auch in Abwejenheit oder 
Ermangelung eines bejonderen Anführers der Ye: 
ion (legatus legionis) interimijtijch eine Legion 
ommandierte (Tac. ann. 14, 37), daher praefec- 
tus legionis (Tac. hist. 1, 82. Veg. 1, 13), über: 
haupt nötigenfalls in die Aufrechterhaltung ber 
Dijciplin einzugreifen verpflichtet war (Zac. ann. 
1, 32). Der praef. fabrum hatte den Oberbefehl 
über die Majchinen und Wurfgeihofje (tormenta, 
Tac. ann. 2, 50. 15, 9), leitete die Arbeiten der 
eunicularii bei Belagerungen und erhielt die Orb: 
nung unter dem Troß (calones und lixae). Im 
übrigen hatten beide praefecti gleichen Rang mit 
den SKriegstribunen. Außerdem gab es einen 
praef. vigilum, ben Befehlähaber der von 
Auguftus errichteten Feuerwächter zu Rom; vgl. 


Disciplina militaris, 7. — Am widtigjten : 


jedody war das Amt des praefectus prae- 
torio und des praef. urbi. Der erjtere, praef, 
praet., war Anführer der Prätorianer (vgl. Co- 
hors), welde Auguſtus errichtete. Obwohl ur: 
ſprünglich 2 eingejeßt waren, ernannte doch ſchon 
Tiberius den Sejanus zum alleinigen Anführer 
diejer Ffaijerlichen Leibwadhe, wodurch der Ein: 
fluß diejes Amtes gewaltig wuchs; nad Tibe- 
rius waren wieder 2, jpäter 3 und durh Con: 
ftantin 4, je 2 zu Rom und zu Byzanz. Da 


dieſe Würde große militäriihe Macht in die Hand 
fecturae in ihrer ftaatlihen Bedeutung aufhören, | 


der Präfekten legte, jo hatte Auguſtus diejelben 
nicht aus dem Stande der chrgeizigen Senatoren, 
jondern aus dem beicheideneren der Nitter er: 
wählt; aber allmählih machten jie jih zu den 
eigentlichen Herren, welche die Sailer ab: und 
einjegten und oftmals, als die nächften, jelber den 
Thron beftiegen. — Der praef. urbi ftammte 
ihon aus der Zeit der Könige und vertrat bei 
Abwejenheit derjelben, jpäter der Konjuln, von 
denen er ernannt wurde, zu Rom deren Stelle 
und Hatte als jolcher während der Zeit jeiner 
Amtsführung außer den übrigen ftellvertretenden 


‚Rechten, namentlich der Pflicht der Gerichtöpflege, 
‚auch die Befugnis, den Senat zu berufen und 


fectus iuri dieundo. Doch audy nad der Vortrag zu halten. Als aber durd) die Einjeßung 


lex Julia, die allen Präfelturen durch Berleihun 
des vollen Bürgerrechts3 ein Ende machte, un 


eines eigenen Gerichtsherrn (Prätor) infolge der 
licinijchen Geſetze 366 dv. E. die Aurisdiktion 


jelbft in der Kaijerzeit wurden die jelbitgewählten . von dem Konſulamte abgetrennt wurde, blieb nur 


Praefica — Praetexta, 


in Erinnerung an frühere Verhältniffe (simula- 
crum, Tac. ann. 6, 11) ein praef. urbi während 
der Tage der feriae Latinae, weshalb auch die 
Bezeichnung praefectus feriarum Latinarum. 
Dieſe Stellvertretung der Konſuln war von jet 
an nur eine formelle, und wurden dazu alljährlich 
junge Leute aus. den edlen Geichlechtern genom: 
men, die noch nicht das jenatorifche Alter erreicht 
hatten. Die Konfuln waren nämlich während 
diejer Tage von Rom abweſend und bejorgten auf 
dem Wlbanerberge die herfümmlichen Opfer zur 
Erinnerungsfeier des Yatinerbundes. Gell. 14, 8. 
Dieje Sitte dauerte auch noch unter der Kaijer: 
herrichaft; im Jahre 25 n. E. war des Kaiſers 
Tiberius Sohn Drufus praef. feriaram Latina- 
rum. Tac. ann. 4, 36. Ein wirklicher praef. urbi 
wurde von Cäſar und Auguſtus nur dann einge: 
jept, wenn fie längere Zeit von Rom abweſend 
jein mußten. Uber auch dann pflegte Auguftus 
das Regiment der Stadt für gewöhnlich ohne den 
offiziellen Titel feinen ihm naheftehenden Freunden 
zu übertragen. Als jedoch Mäcenas den Nat gab, 
die praefectura urbis zu einem ftändigen Amte 
zu machen (Dio Cass. 52, 21), wurde Meffala 
Eorvinus im Jahre 25 v. E. zum praef. urbi er: 
nannt; doch legte derſelbe dieje Würde als eine 
fehr mißliebige nach wenigen Tagen wieder nieder. 
Tae. ann. 6, 11. Die Ausdrudsweife des Tacitus 
(tum) hat Borghefi (und mit ihm die Herausgeber) 
irrtümlich zu der Behauptung veranlaft, da 
Auguftus jofort nad der Amtsentſagung des 
Meſſala den Statilinus Taurus zum praef. urbi 
ernannt habe, doch geichah dieje erneute Einſetzung 
eines Stadtpräfelten erſt 9 Jahre fpäter, 16 v. E,, 
als Auguftus vorausfichtlich längere Zeit (3 Jahre, 
16—13) von Rom abmwejend jein mußte. Dio 
Cass. 54, 19. Somit ift des Mäcenad Rat einer 
ftändigen Stadtpräfeltur wenigftens damals nicht 
zur Ausführung gefommen, denn bei dem Tode 
des Auguftus hat es ficherlich feinen praef. urbi 
gegeben, ein ſolcher hätte jedesfalls neben dem 
praef. annonae und dem praef. praetoriarum 
cohortium (Tac. ann. 1, 7) den Eid für Tiberius 
leiften müffen. Aber auch bie jebt allgemein ver: 
breitete Behauptung, die Stadtpräfeltur jei unter 
Ziberins eigens zu einer ftändigen gemacht wor: 
ben, ift eine irrtümliche (ſ. Pfißner, die Annalen 
des Tacitus, S. 170—173). Thatſache ift, daß im 
Jahre 21 n. E., als Tiberius zur Stärfung feiner 
Gefundheit nach Campanien auf 1 Jahr reifte 
(Tae. ann. 3, 31), 2. Piſo als praef. urbi beftellt 
wurde. Defien Amt hörte mit der Rüdfehr des 
Tiberius wieder auf. Doc als diefer 26 n. E. 
auf immer aus Rom ging (Tac. ann. 4, 57), trat 
berjelbe Piſo jeine zweite und letzte (recens) Stadt: 
präfeftur an und verwaltete diejes Amt ununter- 
brochen (continuus) bis zu feinem Tode, 32. Tac. 
ann. 6, 11. hm folgte während der dauernden 
Abweienheit des Fürften als Stadtpräfeft Älius 
Lamia, und als diefer gegen Ende des folgenden 
Jahres ftarb (Tac. ann. 6, 27), Lentulus Coſſus 
(Sen. ep. 83, 13). Die Madıtbefugnis des jpäter 
ftändigen praef. urbi umfaßte die Amter der frühe: 
ren Prätoren und Adilen. Seine Macht reichte bis 
zum hundertiten Meilenfteine der Stadt. Er ver: 
fügte über die 3 cohortes urbanae, die urfprüng: 
lid Polizeifoldaten waren, doch jpäter auch wohl 
zum Kriege verwandt wurden (Tac. hist. 1, 89). 


985 


Praefica f. Bestattung, Il, 6. 

Praegustätor, rooysvorng. Die urjprünglich 
von den Perſern zu den Griechen und nach Ägyp— 
ten (am Hofe der Kleopatra, Plin. 21, 3, 9) ver: 
vflanzte Sitte, durch dazu angeftellte Sklaven den 
Wein und die vorgejegten Speijen vorher koften 
au laſſen, namentlih um ſich gegen Bergiftung 
fiher zu ftellen, wurde mit Eintritt der Kaiſer— 
herrichaft zu Rom aufgenommen und nie an ber 
faiferlichen Tafel unterlaflen. Tac. ann. 12, 66. 
13, 16. Suet. Claud. 44. Gie waren fo zahlreich, 
daß fie ein collegium mit einem procurator an 
der Spitze bildeten. 

Praeneste, 7) IIgwiveoros, rö Ilgwivsoror, 7) 
TIpuwesorivör nökıs, alte Stadt Latiums, 20 Mil: 
lien füdöftlih von Rom, mit dem fie durch die 
über Gabii führende Straße (via Prarnestina) 
verbunden war. Die heißen Tage de3 Sommers 
pflegten die Römer in dem fühlen (auf fteiler 
Höhe gelegenen und ſtark befeftigten) Pränefte — 
frigidum Praeneste (Hor. od. 3, 4, 23. Jur. 
3, 190) — zuzubringen. P. war fatinifche Bundes: 
ftadt und Freiftätte für entflohene oder vertriebene 
Nömer. Berühmt war ihr reicher Fortunatempel 
mit einem Dratel (Cie. div. 2, 41. Suet. Tib. 63), 
ſowie ein Junotempel. Strab. 5, 238f. Ov. fast. 
6, 62. Suet. Dom. 15. Bgl. noch Cie. Cat. 1,3. 
Liv. 3, 29. 7, 12. Tac. ann. 15, 46. Jetzt Pale: 
ftrina mit Mauerreften und Altertümern. 

Praerogativa hieß jeit der Verjchmelzung der 
Genturiat: und Tributcomitien diejenige Centurie 
der eriten Klaſſe, der das Los zufiel, in den 
Eomitien zuerft ihre Stimme abzugeben, was oft 
entjcheidend war, indem fich die anderen gern 
darnach zu richten pflegten. Cie. Mur. 18. div. 
1,45. Liv. 26, 22. 

Praes f. Praedium. 

Praesentölus, Bublius, bejiegte als Unter: 
feldherr des Bompädius Silo im marfischen Kriege 
den Berperna, 90 v. CE. App. b. c. 1, 41. 

Praeses und Pr, provinelae, allgemeine Be: 
zeichnung für Provinzialftatthalter (Set. Oct. 23, 
Tib. 32. 41); in der jpäteren Kaijerzeit Name von 
Beamten, die in den Provinzen, meift jedoch nur 
in den geringeren oder in einzelnen Teilen der 
größeren, die Truppen anführten und die Juſtiz 
verwalteten. Vopisc. Prob. 13. 

Praetexta j. Kleidung, 9. 

Praetexta ober Praetextäta, sc. fabula, 
heißt die römiiche Tragödie, die nicht griechifche 
Stoffe behandelt, jondern auch ihrem Inhalte nad) 
römiſch ift, welche gleihjam an ihrem Kleide (an 
dem ihrer Hauptperjon) den Ehrenftreif, das Zeichen 
der Würde und öffentlihen Funktion, trägt, oder 
welche mit der bejeßten Toga (praetextata) be- 
Heibet if. Den Ausdruck praetexta gebrauchen 
Eicero (ad fam. 10, 32), Horaz (a. p. 288) u. a.; 
den zweiten meift ipätere Grammatiter. Ungewiß 
ift der Erfinder der bejonders für Triumphaljpiele 
fiegreicher Feldherrn geeigneten Präterten. Die 
älteften Beiſpiele find des Näpius Clastidium (auf 
den Sieg des Marcellus über die Gallier, 222 v. E.) 
und Alimonium Romuli et Remi oder Romulus; 
dann folgen des Ennius Sabinae und Ambracia, 
der Paullus des Pacuvius, der den Sieg des L. 
Amilius Baulus bei Pydna verherrlichte, der Bru- 
tus und Decius (oder Aeneadae, den Sieg von 


| Sentinum verherrlichend) des Attius. Sonft find 


986 


Praetor. 


noch ſicher ein Brutus des Caſſius Parmenfis, ein | die Provinz (pro praetore); der Pr, urbanns und 


Domitius Nero und Cato von Enriatins Mater: 
nus. Bon allen diejen find nur fpärliche Bruch: 
ftüde (gefammelt von Neufirch, fab. tog. p. 71 ff., 
und Rıbbed im 1. Band der scaen. Rom. poes. 
fragm.) vorhanden. Bollftändig haben wir nod) 
die dem Seneca beigelegte Octavia, welche uns 
jedod) Fein Bild von der verlorenen Dramengattung 
zu geben vermag. 

Praetor (a praceundo, Cie. legq. 3, 3; qui 
praeiret iure et exercitu, Varr. 7. I, 5, 80), grie- 
chiſch argarnyog oder oalrwg, uriprünglich ein 
Titel, den die Konfuln, jowie der Diktator führ: 
ten (Pr. Maximus). Liv. 3, 55. 7,3. Geitdem 
aber im J. 366 v. C. das Konſulat den lebe: 
jern zugänglich geworden war, wurde zur Sand: 
habung der Gerichtsbarkeit in der Stadt, deren 
oberite Leitung bisher den Konjuln qehört hatte, 
ein eigener Magiftrat, als Kollege der Konſuln, 
ein PBrätor, ausſchließlich aus den Batriciern 
aewählt, die nach den obwaltenden Verhältniſſen 
ohnehin die meifte Rechtskunde hatten. Lie. 6,42. 
Er wurde in den Genturiatcomitien unter ben: 
felben Aufpicien, wie die Konfuln, und unter dem 
Vorſitze des einen don ihnen gewählt. Wegen 
Häufung der Gejchäfte und des Andrangs der 
fremden wurde im erften punischen Kriege (247 
v. €.) noch ein zweiter Brätor gewählt, qui inter 
eives Romanos et peregrinos ius diceret (Liv. 
ep. 19. 22, 35), für den in der ipäteren Kaiferzeit 
die Benennung praetor peregrinus vorkommt; 
der andere Prätor, qui ius inter civer dieit, 
wurde nun Pr. urbanus oder urbis genannt ı Liv. 
27, 23) und ftand dem Range nad) höher als jener, 
daher er auch Pr. maior, dichteriſch (4. B. Or. 
fast. 1, 52) auch honoratus heißt. Bereits jeit 
337 v. C. war übrigens die Prätur auch den Ple: 
bejern zugänglich. Nach der Wahl loften die beiden 
Prätoren über ihre Amtsthätigleit (sors urbana 
und peregrina). Bisweilen übernahm der ſtädtiſche 
Prätor (der eigentlich nie länger als 10 Tage aus 
der Stadt abwejend jein durfte) auch die Geſchäfte 
des Kollegen mit, wenn diefem ber Oberbefehl 
über ein Heer gegeben war (Lir. 24, 44. 25, 3), 
wie er denn auch in vielen Fällen die abweſenden 
Konſuln vertreten konnte, z. B. bei Berufung des 
Senats, Truppenaushebungen, Berufung der Co: 
mitien u. f. w. Geit der Eroberung Sarbdiniens 
(237 vd. €.) wurden noch 2 Prätoren gewählt, jo 
dak nun einer in Nom blieb, einer Sicilien, 
2 Sardinien und Corfifa verwalteten; jeit 197 
famen wegen des bdiesjeitigen und jenfeitigen 
Hiſpaniens noch 2 hinzu, im ganzen 6. Nach der 
lex Baebia 180 v. €. jollten 4 und 6 Prätoren 
alternieren, damit die Prätoren in Hiſpanien 2 
Jahre im Amte fein fönnten (Liv. 40, 44); doch 
icheint dies Geſetz gar nicht in Kraft getreten zu 
jein. — Eine wichtige Veränderung ging im Ans 
fange des 7. Jahrhunderts der Stadt (von 149 
v. E. an) durch die Einführung der quaestiones 
perpetuae vor. früher hatten die Prätoren nur 
die Gericht&barfeit in PBrivatiachen; öffentliche oder 
außerordentliche Vergehen entichied entweder das 
Bolt in den Centuriat: und Tributcomitien, oder 
es verordnete beiondere Kommiſſionen. Nun aber 
blieben jämtlihe 6 Prätoren zur Leitung diejer 
auaestiones während ihres Amtsjahres in der 
Stadt und zogen erjt nach Ablauf besjelben in 


| 


der peregrinus behielten ihren Amtskreis, die 
andern erhielten die Leitung beftimmter Inter: 
juchungen. Mit der Bahl diejer qnaestiones per- 
petuae wuchs auch die der Prätoren, unter Sulla 
gab es 8, Cäſar ließ nach Gutdünfen 10, 14, 
ja 16 wählen. Nach Tacitus (ann. 1, 14) lieh 
Anguſtus meift 12 wählen, Tiberius zwilchen 12 
und 16, jpäter ftieg die Zahl, 3. B. unter Nero, 
wahrjcheinficdh auf 18. Vgl. Teac. ann. 14, 28. — 
Nachdem der ftädtiiche Prätor fein Amt angetre: 
ten ımd die Geſetze beichworen hatte, beftieg er 
die Rednerbühne und machte jein Edietum be— 
fannt, d. h. die Bufammenftellung der Rechts- 
grundfäße, die ihm bei feinen Enticheidungen leiten 
jollten (Cie. fin. 2, 22); es hieß auch Formuln 
oder l,ex annua und mar auf eine weiße Wand, 
ſpäter auf eine übertünchte Holztafel (album mit 
großen roten umd ſchwarzen Buchftaben geſchrieben, 
unde de plano recte legi posset. Die andern 
Prätoren erließen ähnliche Ediklte. Dem ftädtiichen 
Prätor lag ferner die Anordnung und Leitung 
der apollinarijchen, circenfifchen und megalenftichen 
Spiele ob. Zar. 25, 12. 27, 23. Jur. 11, 192. In 
den Dahren, in welchen feine Genjoren waren, 
wurde ferner dem ftädtifchen Prätor vom Senate 
aufgetragen, für die Erhaltung der öffentlichen 
Gebäude zu jorgen (sarta tecta exigebat, Cie. 
Verr. 1, 50). Unter der Raiferherrichaft verblieb 
zunächſt den Prätoren (ebenſo wie den Konjuln) 
ihr früherer Geſchäftskreis, doch mußte die oberfte 
Inſtanz des Kaifers ſchon immerhin den Einfluß 
diejes Amtes darniederdrüden (weshalb Tac. ann. 
4, 6: sun praetoribus species); als jedoch all: 
mählich der praefectus praetorio und bald auch 
der praef. urbi die meiften Juftiziachen verwal— 
teten (ſ. Prozefs, 21.), befamen die Prätoren 
nur befondere Kommiffionen der Gerichtspflege 
und der Verwaltung (4. B. praetores aerarıi, 
Tac. ann. 13, 29). Fortan war im ganzen mur 
die Bejorgung der Spiele ihre Hauptaufgabe, die 
denn auch des Koftenpunftes wegen unter ihnen 
verteilt wurden. Tae. ann. 1, 15. — Das geſetz— 
liche Alter des Prätord war 40 Jahre, der Regel 
nach mußte er früher Quäftor geweien fein; doc 
fommen manche Ausnahmen vor. Die Wahl der 
Prätoren geichab in den Centuriatcomitien auf 
dem campus Martius, von Tiberius ward fie 
fofort auf den Senat übertragen. Der Amtsan— 
tritt war gleichzeitig mit dem der Konfuln, alſo 
ipäter regelmäßig an den Kalenden des Januar; 
nach Ende des Jahres legten die Prätoren ihr 
Amt nieder unter Ablegung eines Eides, daß fie 
ihr Amt recht verwaltet hätten. Als Infignien 
hatte der Prätor die Toga praetexta (Cie. 
Mur. 9) und die Sella curulis (Jar. 7, n, 
ferner Liktoren und FFafces, früher 6, ſpäter in der 
Stadt wahricheinlich 2, während in den Provinzen 
die 6 blieben. — Auch in manchen italiichen 
Städten werden in der Zeit ihrer Selbftänbigkeit 
Prätoren als höchite Magiftrate genannt (Lir. 
8, 3, 44: praetor Laviniensium), wie in andern 
Diktatoren. Einzelne Städte behielten auch in 
ipäterer Zeit der Abhängigkeit dieſe Benennung. 
An Kolonien findet fich dieje Benennung nicht. — 
Sorgfältiges Verzeichnis der römiſchen Prätoren 
von 166—44 v. E. von P. Wehrmann: fasti prae- 
torii ab a. u. DLXXXVIll ad a. u. DECX (1875); 


Praetoriani — Priamos. 


987 


der Prätoren von 67—44 v. E. von M. Hölzl:! Nah Suidas hat er zuerft Satyripiele gedichtet, 
fasti praetorii ab a. u. DCLXXXVII usque ad|d. h. die in feiner Heimat üblichen Satyrehöre 


a. DCCX (1876). 

Praetoriäni j. Cohors. 

Praetorfum j. Castra, 3f. 

Praevarieatio, die jchiefe (von varus, frumm), 
ungünftige oder jelbft pflichtwidrige Behandlung 
einer Nechtsfache von jeiten des Anflägers (bis- 
weilen auch des patronus zum Nachteile feines 
Klienten), indem er auf irgend eine Weiſe den 
Angeflagten begünftigte. War infolge davon der 
Angeflagte freigeiprochen, jo fonnte derjelbe zwar 
von einem zwerten Ankläger vor Gericht gezogen 
werden, doch erit nachdem der frühere Ankläger 
vor demielben Gericht belangt worben war. Wurde 
berjelbe der praevarieatio für jchuldig befunden, jo 
a ihn die Strafe der Infamie. Tac. ann. 14,41. 

ragmatYei, IIpayuerızoi, rechtstundige Män: 
ner, die insbejondere mit der Prozeßordnung und 
den Rechtsgründen genau vertraut waren und dic: 
felben den Rednern und Sachwaltern an die Hand 
neben fonnten (Cie. de or. 1, 59); fpäter daher 
überhaupt für Nedhtögelehrte. Quint. 12, 3, 4. 

Praktior, Tociattos, Fluß in der myſiſchen 
Yandichaft Troas, entipringt auf dem Ida und 
mündet zwiichen Abndos und Lampſakos in den 
Sellespont; j. Bergas. Hom. Il. 2, 835. Arr. 
1, 12, 6. Strab. 13, 590. 

IIgaxtoges j. Staatshanshalt, I, 18, 

Igdavsıos olvos. prammifcher Wein (Ham. 
TI. 11, 689. 07. 10, 235), ein ftarfer und berber, 
daher in Athen nicht beliebter, Rotwein, ungewiß 
von welcher Sorte; nach einigen von einem Berge 
Pramna bei Smyrna in Kleinafien oder auf der 
Inſel Ikaria, nach andern überhaupt nur ein mit 
Meerwailer vermifchter, oder ein lange fich hal: 
tender (von zapaufvew) Wein. 

Prandium j. Mahlzeiten, 7. 

Prasiai, IIpaoıi, 1) attiiher Demos au der 
DOftküfte, zur pandioniichen Phyle gehörig, mit 
einem Mpollontempel, dem Ausgangspunkte der 
heiligen Sendung nach Delos; j. Prafla an der 
Sübdjeite der Bucht Porto Raphti. Thauc. 8, 95. 
Strab. 9, 399. — 2) Stadt in Lalonien an der 
Dftküfte (auch Ipaal« und Bocarei genannt), im 
peloponnefiihen Kriege von den Mthenern ein: 
genommen; j. Ruinen Leonidi bei Dorf Prafto. 
Thuc. 2, 56. 6, 105. 7, 18. Pol, 4, 36. Strab. 
8, 368. 374. 

IIgasıas Alan. auch Kroxıviris genannt, 
bedeutender See in Makedonien (j. Butlovo), durch 
welchen der Strymon feinen Yauf nimmt, ober- 
halb Amphipolis. Hat. 5, 16. 

Prasli, Ilodowı, genauer TIpcıoı, indiſch 
Bratichija, ein mächtiges Bolt am unteren Ganges, 
mit der Hauptſtadt Balibothra (j. d.). Ahr König 
Sandrafottos zog gegen Seleufos 1. von Sprien 
mit einem Heer von angeblih 4—600 000 Krie— 
nern nebſt 9000 Elefanten ins Feld, um 305 v. C. 
Plin. 6, 17, 21. Strah. 15, 702. 724. 

Ilgäoıv aireiv |. Sonkog. 

Pratinas, IIgarivas, Sohn des Pyrrhonides, 
aus Phlins (daher 6 Blıcorog), einer der älteften 
griechiichen Zragifer, welcher um Ol. 70 mit 
Aiſchylos und Ehoirilos um den Preis ftritt und, 
als bei der Aufführung eines jeiner Dramen die 
Zuichauerfige zufammenbrachen, mittelbar die Ver: 
anlafjung zum Bau des fteinernen Theaters gab. 


dramatijch weiter ausgebildet, und zwar nicht 
weniger als 32. Auch als Dichter von Hyporche— 
men (j. ,yvrische Poesie, 4.) wird er genannt. 
Die Bruchftücde der letzteren |. bei Bergk, poet. 
Iyr. Graec. Ill p. 557 ff. der 4. Aufl. 

Praxagöras, IIpo«&ayöoang, 1) ein berühmter 
Arzt aus Ros in der Mitte des 4. Jahrhunderts 
v. E., nehörte der Schule des Hippofrates an und 
machte fich um die Anatomie und Pathologie ver: 
dient. Seine Schriften find untergegangen, und 
nur aus vielfahhen Eitaten bei Galenos und Cä— 
lius Murelianus ift jein Syſtem und feine Lehre 
einigermaßen zu erfennen. — 2) ein griechiicher 
Geſchichtſchreiber aus Athen unter Eonftantin dem 
Gr., Verfafler einer Gejchichte Alexanders des Gr, 
und der attiichen Könige. Nur wenige Auszüge 
daraus find bei Photios erhalten (abgedrudt bei 
Müller, seriptt. Alex. Magni fragın. in Dübners 
Ausgabe des Arrian, p. 125 ff.). 

Praxilla, TTod£ılla, griechiſche Dichterin aus 
Simon, um 475 v. E. blühend, gleichzeitig mit 
Telefilla, Balchylides und dem Komifer Krates, 
geihäpt wegen ihrer PBaroinien oder Stolien (1. 
‚vrische Poesie. 5.. Auch Hymnen und 
Dithyramben hatte fie nedichtet. Sammlung der 
geringen Überrefte von Neue (1844) und Beraf, 
poet. Iyr. Graeec. ll! p. 566 ff. der 4. Aufl. Sie 
zeigen einen heiteren Ton und lebendigen Ausdrud. 

Praxiphänes, [Iga&updens, ein peripatetiicher 
Philoſoph entweder aus Mytilene auf Leſbos oder 
aus Rhodos, lebte um 322 v. C. Er war Schüler 
bes Theophraftos und gründete jpäter jelbit eine 
Schule, welche Epikuros beiucht haben fol. Gram— 
matifche Studien waren feine hauptſächliche Be- 
ihäftigung, und er wird mit Ariftoteles zujammen 
als der Begründer der wifjenichaftlichen Grammatik 
bezeichnet. Unter feinen verlorenen Schriften ragen 
bejonders 2 Titel hervor: weol woınrar (moımud- 
tor) und wepi lsroplag. Abhandlung von Breller 
(1842). 

Praxitöles j. Bildhauer, 8. 

Preces ſ. Gebot. 

Precius (Praee.), Lucius, ein römischer 
Ritter und Großhändler, der zur Zeit des Verres 
fih zu Banormos aufhielt. Cie. Verr. 5, 62. 65. 
Vielleicht war es derjelbe Precius, der dem Cicero 
jein Vermögen vermachte. Cie. ad Att. 6, 9, 2. 
7, 1, 9. 

Prelius (Prilfus) Inens. See in Etrurien, 
unfern der Küfte, von dem Flüßchen Prifle (ij. 
Briunna) durchfloſſen; j. Lago di Eaftiglione. Er 
enthielt nach Eicero (Mil. 27) eine Kleine Anjel. 

rexaspes, Ilonädonng, war nadı der Erzäh— 
lung des Herodot (3, 30. 34f. 66. 74f.), von 
welcher indes der Bericht des Kteſias abweicht, 
ein Sünftling des Kambyſes, der durch ihn feinen 
ihm verdächtig gewordenen Bruder Smerdis töten 
ließ. Nach dem Tode des Kambyſes leugnete er 
diejen Mord, aber von dem Magier, der ſich der 
Herrichaft bemächtigt hatte, gedrängt, dies öffent: 
lich zu beftätigen, verlündete er von einem Turme 
die Wahrheit und ftürgte ſich dann ſelbſt herab. 

Priämos, I/Igiauos, 1) Sohn des Laomedon 
und der Strymo, König von Troja, früher Po: 
darfcs genannt; den Namen Priamos (von woi«- 
u) erhielt er, weil ihn feine Schweiter Heſione 


988 


aus der Gefangenjchaft des Herakles loskaufte (fi. 
Herakles, 11.. Während des trojanifchen 
Krieges, den jein Sohn Paris veranlaft hat, ift 
er ſchon hochbetagt, jo daß er an dem Kampfe fich 
nicht beteiligt. Hom. IT. 24, 487. Einmal fommt 
er auf das Schlachtfeld, um mit dem Griechen 
einen Bertrag wegen des Zweilampfes des Paris 
und des Menelaos zu jchließen. Hom. II. 3, 250 ff. 
Nach Hektors Tode geht er, von Hermes geleitet, 
in das Zelt des Achilleus, um die Auslieferun 
der Leiche des Sohnes fich zu erbitten. Hom. Il. 
24, 1715. Aus der Zeit vor dem Kriege er: 
wähnt Homer einen Zug des Priamos für die 
Phryger gegen die Amazonen. Hom. Il. 3, 184. 
Uber jeinen Tod finden wir bei Homer nichts. 
Als die Griechen in die Stadt gedrungen find, 
bewaffnet fich der Greis, um kämpfend zu fallen, 
aber Hefabe, feine Gemahlin, bewegt ihn, fich mit 
ihr und den Töchtern am Altare des Zeus Her: 
teios jchußflchend niederzulaſſen. Da ftöht Neo: 
ptolemos jeinen Sohn Rolites (ſ. d.) vor feinen 
Augen nieder; im Zorne entjendet Priamos mit 
ſchwachem Arme jein Geſchoß auf ihn und wird 
nun von ihm getötet. Verg. A. 2, 506 ff. Eur. 
Troad. 17. — Seine Gemahlin war Hekabe 
(Hecuba), die Tochter des Phrygiers Dymas 
(Hom. Il. 16, 718. 22, 234), oder Tochter des 
Kiffeus, des Sangarios; vorher war er mit Ariſbe, 
der Tochter des Merops, mit der er den Aiſakos 
zeugte, vermählt gewejen; er trat fie aber dem 
Hyrtakos ab. Helabes Traum, daß fie eine Fadel 
im Schoße trage, wurde auf den durch Paris über 
jein Baterland hingeichleuderten Feuerbrand ge: 
deutet (Verg. A. 7, 319. 10, 704 f.). Sie folgte 
nach Trojas Fall dem Odyſſeus als Sklavin. Als 
fie an der thrafiichen Küfte den Polymeſtor ge: 
blendet hatte (j. Polydoros, 2.), ward fie in 
eine Hündin verwandelt und ftürzte fich ind Meer; 
ihr Grab (nvrög ojue) ward den Sciffern ein 
Wahrzeichen. Eur. Hec. 1228 ff. Oo. met. 13,423 ff. 

Priamos hatte 50 Söhne, von denen 19 von 
Hekabe ftammten (Hom. 11.24, 495; vgl. Apollod. 
3, 12, 5), und die Sage fchrieb ihm ebenjo viele 
Töchter zu. Der ältefte und ausgezeichnetfte unter 
feinen und der Helabe Söhnen war Hektor, 
defien Wagenlenter jein Stiefbruder Kebriones 
ift (Hom. Il. 8, 318. 11, 521. 16, 738), der zweite 
Paris, auf diefen folgten Kreüja, die Gemahlin 
des Nineias, Laodike, Gemahlin des Helifaon 
(Hom. Il. 3, 123), Bolyrene (j. Achilleus), 
Kafjandra (f. d.), Deiphobos (ij. d.), Helenos, 
ein Vogeldeuter und Seher (Hom. Il. 6, 76.7, 44), 
der von den Griechen gefangen genommen wurde 
oder freiwillig zu ihnen überging und ihnen weis: 
fagte, daß Troja nur durd Hilfe des Neopto: 
lemos und Pbiloftetes genommen werden fünne; 
er ging mit Neoptolemos nad Epeiros, erhielt 
hier nad) deflen Tode einen Teil des Landes und 
vermählte jid) mit Andromade. Soph. Phil. 605. 
1338. Or. met. 13, 99. 723. 15, 488. Verg. A. 
3,294 ff. Troilos (Mom. Il. 24,257), ein jüngerer 
Sohn, fiel durch die Hand des Achilleus, oder diejer 
nahm ihn gefangen und lieh ihn erdroffeln, oder 
er floh vor Adyilleus in den Tempel des thym— 
braiiichen Apollon, wo ihn Achill niederftieh an 
derjelben Stelle, wo er jelbft fpäter fiel. Verg. A. 
1, 474, Hor. od. 2,9, 16. Cie. tusc. 1, 39. — 
2) f. Polites, 1. 


Priapeia — Priester. 


Priapeia heißen eine Anzahl (87) Gedichte auf 
Priapos, jcherzhaften und teilweije ſchmutzigen In— 
halts, in Igrijchen Formen, namentlich Jamben 
und Hendekaſyllaben, teild von Catull, Tibull u. a., 
teil3 don jpäteren Nachahmern derjelben. Aus— 

aben in Büchelerd Ausg. des Petronius (1871), 
3 Müllers Ausg. des Catull (1870) und Bährens’ 
poet. Lat. min. ®d. I p. 54 ff., jowie in den 
lateinijchen Anthologien. 

Priäpos, IIelaros, 1) Sohn des Dionyſos und 
der Aphrodite oder der Ehione oder einer Nais 
(auch Hermes, Pan, Adonis, ein Satyr werden 
als Vater angegeben), ein Gott der Fruchtbarkeit 
des Feldes und der Herden, in deſſen Schuß 
Ziegen: und Scafherden, Bienenzudt, Garten: 
und Weinbau und auch die Fiſcherei ftanden, und 
deſſen Bildniffe beſonders in Gärten und Wein: 
bergen aufgeftellt wurden. Man opferte ihm die 
Erftlinge des Feldes und des Gartens, Milch, 
Honig, Böde, Ejel u. j. f. Er wurde bejonders zu 
Lampſakos verehrt und kam erft jpät im übrigen 
Griechenland zur Anerkennung; Homer und den 
älteren Dichtern ift er unbelannt. Strab. 13, 587. 
Die Römer identifizierten mit ihm den italifchen 
Gott der Befruchtung Mutinus oder Mutunus. — 
2) Stadt in Myſien (j. Mvsia); j. Karabogha. 

Priöne. IIgınen, ioniſche Stadt in Karien am 
Flüßchen Gaifon oder Gaijos, früher unmittelbar 
am Latmiſchen Meerbujen, ipäter aber durch die 
Alluvionen des Maiandros mehr landeinwärts; fie 
lag am Abhange des fteilen Myfaleberges. Er., 
welches eine eigene Flotte beſaß (Hat. 6, 6), war 
Mitglied des Joniſchen Bundes und Geburtsort 
des PBhilojophen Bias. Bol. Thuc. 1, 115. Xen. 
Hell. 3, 2, 17. 4, 8, 17. Strab. 12, 577. 579. Ein 
ausgezeichneted® Baumwerf der Stadt war der im 
4. Jahrh. erbaute und von Alexander geweihte 
Tempel der Athene Polias im ionifchen Stil, von 
defien Skulpturen Überrefte in den letzten Jahren 
durch den Engländer Bullan aufgefunden worden 
find. Die Ruinen heißen Samjun. 

Priester. A. Bei den Griechen. Die Prie— 
fter waren die eigentlichen Organe des religiöien 
Kultus; fie leiteten und beforgten den Berlehr der 
Menjchen mit den Göttern, indem fie an heiligen 
Stätten, an Tempeln und Mltären die gottes: 
dienstlichen Gebräuche verrichteten, namentlich Gebet 
und Dpfer (denrie, legevs). Der priejterliche 
Kultus war weſentlich an beftimmte Heiligtümer 
gebunden; denn Gebet und Opfer und fjonftige 
religiöje Gebräuche konnten auch ohne Dazwiſchen— 
funft eines Prieſters von jedem einzelnen für fich 
jelbft, von dem Familienvater für die Familie, 
von dem Könige oder jonftigen Beamten für den 
Staat verrichtet werden, und glaubte einer für 
ſich zu einer religiöjen Handlung, bejonders zu 
einem Opfer, nicht die gehörige Kenntnis und 
Übung zu befiben, jo war es nicht nötig, daß er 
dasjelbe einem Priejter übertrug, jondern er fonnte 
fi) eines Privatopferers (Hwooncog) oder eines 
Wahrjagers bedienen. Die Wahrjager, welche eben: 
falls, da fie den Willen der Götter erkundeten, zur 
Bermittelung der Menjchen mit den Göttern dien— 
ten und in alter Zeit neben den Prieſtern eine 
bedeutende Stelle einnahmen, hatten zwar ur: 
iprünglich mit den gottesdienftlichen Gebräuchen 
nichts zu ſchaffen, wurden aber, namentlich in 
nachhomerifcher Zeit, um jo cher zur Vollziehung 


— 


14 


Priester. 


bon Opfern gebraucht, weil ohnehin bei dem Opfer 
in der Regel ein Wahrjager bei der Opferichau 
zugegen war. Auf der andern Geite übrigens 
bildete ſich, da bie Prieſter durch ihren teten Ver— 
fehr mit den Göttern als Freunde und Bertraute 
derjelben galten, eine priefterlihe Mantik aus; 
und in dem Mafe, in welchem im Laufe der Zeit 
das Prieftertum an Ausdehnung und Wichtigkeit 
für das Gemeinwejen gewann, bemädhtigte es ſich 
auch ſeinerſeits mehr und mehr der wichtigflen 
Außerungen der Weisjagung, zumal da dieje ſich 
immer mehr an bejtimmte Heiligtümer zu Imüpfen 
begann. Eine Prieſterkaſte gab es bei den Hellenen 
nicht. Wiewohl bei ihnen erbliche Prieftertümer 
vorfamen, jo haben die Priefter doc), da fie nicht die 
ausichließlichen Vermittler mit der Gottheit waren, 
jondern neben ihnen von ältejter Zeit her die 
Könige, Stammbhäupter und Familienväter priejter- 
lihe Berridtungen übten, nie eine bedeutende 
politiſche Macht bejeflen. Seitdem nach dem Er: 
löichen des heroiichen Königtums allmählich die 
Staatögewalt jih aller Verhältniſſe bemächtigte, 
traten vielfach von dem Staate eingejegte Prieiter- 
tümer an die Stelle der erblichen, und auch bie: 
jenigen erblichen Prieftertümer, die ſich noch als 
ſolche erhielten, wurden doch größtenteild durch 
den Schuß und die Mutorität des Staates öffent: 
lihe, der Gejamtheit dienende Amter. — Die 
Heiligkeit des Prieſters vermöge jeines öffentlichen 
Charakters und feines göttlihen Berufs bean: 
ipruchte gewiſſe perjönliche Erfordernifie. Wegen 
feiner öffentlihen Stellung mußte er ein ein: 
gebornes und vollberechtigtes Mitglied des Ge: 
meinmwejens jein, dem er diente, und zwar ge: 
wöhnli aus den höheren Ständen entiprofien; 
man verlangte jittlidhe Unbejcholtenheit und kör— 
perliche Matellofigfeit; auch mußte er ſonſt jeinem 
Außeren nach der Gottheit würdig und angenehm 
jein. Bei manden Kulten war ein blühendes 
Knaben: und Jünglingsalter erforberlih, oder 
Jungfräulichteit, während bei andern wieder fich 
fortwährend verheiratete Frauen finden. Die Wahl 
des Gejchlecdhtes hing bei den einzelnen Kulten 
bon feiten Bejtimmungen ab; doch kann man im 
ganzen ald Norm annehmen, daß männliche Gott: 
eiten männliche, weibliche weibliche Diener hatten. 
ber das Alter der Priefter und über die Dauer 
— Amtes gab es ebenfalls verſchiedene feſte 

eſtimmungen; in der Regel mag das Amt lebens: 
länglich gewejen jein. Die Bejegung geichah teils 
durch Wahl, teild durch Los; wo ein Priefteramt 
in einer familie erblidy war, entichied gewöhnlich 
die Erjtgeburt oder das Los, das auch ſonſt oft 
angewandt wurde, wenn mehrere Bewerber jic) 
entgegenftanden. Bisweilen entihied auch das 
Gericht. — Die Hauptgejchäfte der Priefter waren, 
wie jchon bemerkt, Gebet und Opfer; ba aber ihr 
Amt an beftimmte Tempel gefnüpft war, jo hatten 
fie, ald dem Gott geweihte Diener, in jeder Hin: 
fiht für die Heilighaltung derjelben Sorge zu 
tragen und je nad den örtlichen Eigentümlich: 
feiten des Kultus noch mancherlei Obliegenheiten 
und Berrichtungen, die zum Xeil durch ihren 
Namen bezeichnet wurden (jo die Aovrgopögos 
der Aphrodite in Sikyon). Andererſeits genofjen 
fie mancherlei Rechte und Auszeichnungen. Durch 
ihre Weihe zum Eigentum des Gottes erklärt, 
waren fie unverleglih und galten ald Bertreter 


989 


desjelben. Sie teilten mit ihm die Schäße und 
Einkünfte, die zur Bejtreitung des Gottesdienites 
beftimmt waren, und bisweilen auch die Wohnung. 
Außer dem Ertrage der Tempelgüter bezogen ſie 
noch einen bejtimmten Teil des Opferviehes nebit 
deſſen Häuten und jonftige Einnahmen, wie Samm- 
lungen und dergl. Zu den perjönlichen Auszeich— 
nungen gehörte ein Ehrenfig im Theater und in 
audern Verſammlungen. Ihre Kleidung entiprad) 
der Würde und Heiligkeit ihres Amtes; ſie trugen 
emeiniglich weiße, manche auch purpurne und 
——— Gewänder, Kränze und Binden um 
das lange Haupthaar. Manche Prieſter erſchienen 
auch bei feſtlichen Gelegenheiten in der typiſchen 
Tracht ihrer Gottheit, die ſie darſtellten, und deren 
Namen ſie ſogar öfter trugen. — Die Prieſter 
bedurften zur Ausübung des Kultus ihres Tempels 
noch mancherlei Gehülfen, und zwar zerfallen dieje 
in 2 Klafjen. Die einen übernahmen, ohne zu 
dem Kultus fonft in näherer Beziehung zu ftehen, 
ewifje vorübergehende Berrichtungen, wie die 
Eräger und Trägerinnen heiliger Gegenftände bei 
Aufzügen, die zu Chorreigen und ſonſtigen Dienſt⸗ 
leiftungen für die Gottheit gewählten Knaben und 
Mädchen. Man forderte von ihnen, ähnlich wie 
von den WPrieftern, angejehene Geburt, fittliche 
Unbejcholtenheit, Jungfräulichteit, Schönheit, ftatt- 
liches Ausjehen und dergl. Die zweite Klafje da= 
gegen, die ftändigen Tempeldiener, wurde wohl 
urjprünglid) aus den niederen, um Lohn dienenden 
Ständen genommen; da fie aber durch ihren gottes= 
dienftlihen Beruf ein höheres Anjehen erlangten, 
jo wurden jolche Amter, wenigftens in der römi- 
ſchen Kaijerzeit, zum Zeil ein Gegenjtand des 
Ehrgeizes. Zu diejen ftändigen Dienern find unter 
andern zu rechnen: die Neoforen oder Küfter (i. 
Nswxogoı), die Herolde und bejonders die 
Mufiter und Sänger, welche zum Vortrag der 
Hymnen und zur Begleitung des Opfers und der 
Chöre nötig waren. Diejes gejamte Tempelper: 
jonal jpeifte entweder beftändig oder dod an be: 
ftimmten Fefttagen mit den Brieftern im Tempel: 
raume zujammen. — B. Bei den Römern. Zu 
ben Sacerdotes im weiteren Sinne gehörten auch 
die Pontifices, welche über das gejamte Religions: 
weſen die Aufſicht hatten, und die Wahrjager: 
tollegien (Augurn, Sacerdotes Sibyllae); in engerer 
Bedeutung dagegen bezeichnet das Wort diejenigen 
Berjonen, welchen jpeziell die Beforgung bejonderer 
Gottesdienite und das Studium des betreffenden 
Kultus oblag. Dahin gehörten die Beftalinnen, 
Flamines, Euriones, Tribuni Celerum, Salier u. a. 
In der Pompa, wo die gejamte Priefterichaft mit 
den ihr vorausgehenden höheren und niederen 
Dienern die zwölfte Stelle unmittelbar vor den 
höchiten Magiftraten einnahm, folgten in der 
Kaijerzeit die einzelnen Priefterfollegien einander 
in diejer Rangordnung: 1) Bontifer Marimus und 
die 8 höheren Pontifices; 2) die Bontiff. minores, 
die 3 höheren Flamines und die 12 niederen; 
3) Rex jacrificeulus und Regina; 4) Augures; 
5) ſibylliniſche Priefter; 6) Vilviri Epulones; 
7) Veftales mit der veftaliihen Marima; 8) die 
30 Eurionen mit dem Curio Marimus; 9) bie 
12 palatinifchen Salier; 10) die jaltarijchen Jung: 
frauen; 11) die collinischen Salier; 12) Fetialen; 
13) Wrvalbrüder; 14) Sodales Titii; 15) die 
60 Sacerdotes publieiz 16) die Sodales Augu— 


— 


er 


-] 


990 


ftales des Auguſt und anderer Raijer; 17) bie 
Xuperci; 18) die griechiicdye Priefterin der Geres; 
19) die Galli; Zu) Priejter einzelner Götter (3. B. 
des Hercules, der Sonne); 21) die Tempelvoriteher; 
22) Haruſpices; 23) die Priefterinnen der Bona 
Dea. Nach der früheren Nangordnung hatten die 
Fetialen und Arvalbrüder, ſowie die Beftalinnen 
und der Wer jacrif. (j. d.) eine höhere Stelle. — 
Die Einjegung der meiften Priejtertollegien wird 
von den Römern dem Numa zugejchrieben. Liv.1,20, 
Als die Älteften jind die Pontifices, Flamines, 
Salier, Vejtalinnen, Arvalbrüder anzujehen; fie 
ftanımten von den Latinern, welche nebſt der jabi- 
niſchen Bevölferung Roms den Grund zu ber 
römischen Prieſterverfaſſung gelegt haben. Ur: 
iprünglich hatte der König die oberjte priefterliche 
Gewalt und viele priefterliche Verrichtungen ; jene 
ging erjt mit der Einjegung der Republik völlig 
an die Pontifices über, dieje an den Flamen 
Diali8 und den Rex jacrificulus. Der Bontifer 
Mar. wurde in den erjten Zeiten in den Tribut: 
comıtien, der Rex jacrif. in den Genturiatcomitien 
gewählt, die übrigen Sacerdotes wurden von ihren 
follegien fooptiert. Später nahmen die Kaijer 
das Hecht der Priejterwahlen in Anjpruch. — Die 
Erfordernijje zur Wahl eines Priefters waren (nach 
einem Gejeg des Nomulus) bei den Römern zum 
Teil Ddiejelben, wie bei den Griechen: edle Ge- 
burt, jittliche Unbejcholtenheit, fehlerlojer Leib, 
ausreichendes Bermögen, höheres Alter (50 Jahre; 
dody ging man jpäter davon ab). Bei den Wentil: 
jacris herrſchte die Erblichkeit; ſonſt wählten die 
Kollegien gern die Söhne der verjtorbenen Prieſter 
zu ihren Nachfolgern, doch mußte der Kandidat 
Jich einer Prüfung unterziehen. Die Neugewählten 
wurden, wenn die Auſpicien günftig waren, durch 
Pontifices und Augurn inauguriert und hatten 
bei dem Antritt ihres Amtes ihren Kollegen, den 
Augurn und Bontifices, ein foftbares Mahl zu 
geben. — Die Kleidung der Prieſter war ein 
weißes Gewand, das bei den Pontifices mit einer 
reinen, bei den Augurn, Flamines u. a. mit ge: 
mijchter Purpurverbrämung bejegt war, und eine 
wollene Mütze, apex. Die höheren Priefter hatten 
die Sella curulis und Liktoren, Ehrenfige im 
Theater und Senat, das Wagenredht in der Bompa. 
Alle Priefter waren frei von Kriegsdieniten und 
außerordentlichen Staatslaften und hatten eigene 
Amtswohnung. Ihre Einkünfte beitanden zumeijt 
in dem Ertrag bejtimmten Landbejiges. Bon den 
Opfertieren erhielten jie ihre Portionen Fleisch. 
In geiftlicden Angelegenheiten waren alle Prieſter 
den Pontifices untergeordnet, welche einerjeits in 
ſtaatsrechtlichen Berhältnifjen ihre Patrone waren, 
andererjeits Strafgewalt über fie hatten. Bürger: 
lien Behörden (mit Ausnahme des Kenjors) 
war fein Prieſter verantwortlich, auch konnten fie 
in der Kegel ihres Amtes nicht entſetzt werden. 
Übrigens unterzogen ſich die Prieſter willig ben 
Beichlüflen des Volls und Senats. In älterer 
Zeit durfte kein Prieſter zugleich irgend ein poli- 
tijches oder kriegeriſches Amt befleiden; ſpäterhin 
jedod) kam joldyes. häufig vor. — Zur Inter: 
ftügung bei ihren gottesdienftlihen Berrichtungen 
fonnten die Briejter ihre Frauen und Kinder zu- 
ziehen, auch hatten fie bei manchen Sacris noch 
yonjtige junge Leute und weibliche PBerjonen zu 
Gehülfen (Camilli, Camillae), — Die meiften 


Primicerias — Prineipes. 


römijchen Priefternamen finden fich auch in den 
Municipien und Provinzen. 

Primicerius, nahm unter den Hojbeamten des 
Kaiſers Eonftantin die zweite Stelle ein und war 
als jolcher wohl dem Kammerherrn, jraepositus 
sacrı eubieuh, dem höchiten Beamten, unter: 
geordnet, doch in Behinderungsfällen fein Stell: 
vertreter. 

Primipilus j. Dux, 3. 

Princeps, im allgemeinen derjenige, welcher 
an der Spitze, zu Anfang (princıpium), voran 
jteht, daher princeps rogationis derjenige, 
welcher den Antrag gemacht und fich bei jchrift- 
liher Belanntmachung zuerſt unterichrieben hat. 
Die übrigen Unterzeichner hießen adscriptores. 
Von vorzüglicher Geltung und hohem Anſehen 
war aber der princeps senatus, meil er bei 
der Abjtimmung im Senate von dem vortragenden 
Konjuln, im Falle noch feine defignierten Konjuln 
vorhanden waren (Sall. Cat. 50. well. 4, 10), ge: 
wöhnlich (doc öftere Ausnahmen, Cie. ad Att. 
1, 13) zuerft um jeine Meinung befragt wurde 
(die, quid censes) und durch jein Anjehen den 
Ausihlag zu geben vermochte. Dieje Ehre gab 
weder Alter, noch Geburt, noch irgendwelche 
politiihe Wuszeichnung, jondern fie war Die 
Anerlfennung eines außerordentlihen moraliichen 
Gewichts. Als prince, sen. wurde derjenige be— 
zeichnet, welden die Cenſoren als den eriten in 
der Liſte der Senatoren angeführt hatten, wes— 
halb dieje Ehre nady jedem Luſtrum auch wechjeln 
fonnte; meijtens aber wählten jie dazu den älte: 
iten im Amte von den gemwejenen Genjoren, ihren 
Vorgängern. Liv. 27, 11. Mit Eintritt der Mo: 
narchie ftand der Fürſt jelbftverftändlich als ber 
erfte auch des Senats da; deshalb führte Auguſtus, 
als er im Jahre 23 v. E. jeinen erften Cenſus 
hielt, fih ein als princeps senatus, Dio Cass. 
53, 1. Unter dem Namen Princeps übernahm er 
aber auch die Herrichaft des ganzen Reiches (Zac. 
ann. 11, 9), jo daß er nun nicht mehr der meo- 
“giros Tg yepovalag, jondern eöxgırus rür 
rdveov war. Auch jein Nachfolger Tiberius be— 
anügte ſich zunächſt mit diejem Titel, nur den 
Soldaten gegenüber wollte er imperator jein. 
Dio Cass. 57, 8. Darnad hieß der Inbegriff der 
faijerlichen Herrſchaft princpatus, aud prıncı- 
pıum. Nachdem jedoch die Benennung princeps 
als Bezeichnung des Staatsoberhauptes gegen die 
Bezeichnungen Caesar, imperator (aUronpdrwp) 
zurüdgetreten war, und die etwaigen Thronerben 
(Bringen) bezeichnete, war es auffallend, daß Ber: 
tinax 193 n. E. den alten Titel weöxpırog rüg 
yegovoiag wieder hervorholte. Dio Cuss. 73, 5. 
— Auch im Ritterjtande gab es principes, und 
jwar principes iuventutis genannt, ebenjalls 
diejenigen, welde in dem Verzeichnis der Ritter 
von den Genjoren zuerjt aufgeführt waren. Zur 
Ehre und zur Servorhebung des Witterftandes 
ließ Auguſtus jeine beiden Enkel Gaius und Lu— 
cins zu den eriten der Ritter, prıncipes iuventu- 
tis, ernennen, wie die auf dem Monum. Ancy- 
ranum hervorgehoben wird; Claudius gab feinem 
Stiefiohyn Nero diejen Titel (Tac. ann. 12, 41). 
—— Kaiſer nahmen ihn ſelber für ſich in An— 
pruch. 

Prineipes sc. milites, ihre Bewaffnung ſ. 
Waffen, 3., ihre Stellung im Heere ſ. Acies, 6. 


Priscianus — Probus. 


Prisciänus, aus Cäſarea in Mauretanien, be: 
rühmter römischer Grammatifer und Lehrer der 
Grammatik in Gonftantinopel im Anfang des 
6. Jahrh. u. E. Wir bejigen von ihm unter 
dem Titel institutiones grammaticae ein Wert 
über lateiniihe Grammatif in 18 BB., die aus- 
führlichite ſyſtematiſche Darftellung derjelben, die 
uns erhalten ift, reih an jchägbarem Material 
und fleißigen Sammlungen für die Formenlehre. 
Es hat im Mittelalter lange Zeit als das ge: 
wöhnlichte Schulbuch gegolten und den eriten 
neueren Darftellungen der Grammatik als Grund: 
lage gedient. Außerdem hat er einzelne Zeile 
der Grammatik in feinen Schriften, de accenti- 
bus, de metris comicis, de tiguris numerorum, 
behandelt. Die Schrift de XII versibus Aenei- 
dos enthält grammatische ragen über die An: 
fangsverje der einzelnen Bücher der Äneis, die 
praeexercitamenta rbetorices geben eine dürftige 
Anweiſung der Rhetorik. Ein geographiiches Ge— 
dicht unter dem Titel periegesis ift eine Uber: 
ſetzung und teilweije freie Bearbeitung des gleich: 
namigen griechiihen Gedicht? von Dionyſios; 
dichteriihe Form hat ein PBanegyricus auf den 
Kaiſer Anaftajius (zuerjt herausg. von Endlicher, 
1825). — Ausgg. von Krehl (1819) und beſon— 
ders Institutt. gramm, von M. Herk (1855—59, 
Bd. IL und Ul von Keils gramm. Lat.), opera 
minora von H. Keil (1860, in Bb. Il der gramm. 
Lat.); Wusgabe des panegyricus und der peri- 
egesis von Bährens, poet. lat. min. V p. 262ff. 

Priscus, 1) ein Thrafer, Sophift und Rhetor 
vermutlich in Konftantinopel, von Theodofius dem 
jüngeren als Gejandter zu Attila geichidt, ver: 
faßte ein Werk über die Kriege des Attila und 
eine Gejchichte des oftrömischen Reichs bis 474 
n. &., aus welchen noch Excerpte vorhanden find 
(herausg. mit Derippos u. a. von Bekler und Nie: 
bubr, 1829, und von Müller, fragm. hist. Graee 
IV p. 69 fj.). — 2) Attius Prijcus, ein Maler, 
malte im Wuftrage Bejpafiand den Tempel des 
Honos und der Virtus. Plin. 35, 10, 37, 

Privernum, Stadt in Latium, aber zum 
Boljferbunde gehörig, von den Römern früh ein- 
genonmen und folonijiert, lag am Fluß Amaje- 
uus und war durch Weinbau und Dandel bedeu— 
tend; j. Ruinen Pipernovechio. Zar. 7, 15, 8, 1. 
19. 21. In der Nähe hatte Cicero ein Landgut 
(Cie. Cluent. 51). j 

Privilögium (priva lex), 1) in der republi- 
fanischen Zeit ein bejonderes Geſetz oder Geſetz— 
vorjchlag, wodurch jemand ohne gerichtliche Unter: 
ſuchung zu einer außerordentlichen Strafe verur- 
teilt wurde, z. B. Cicero zur Verbannung durd) 
das Gejep des Elodius. In den Zwölftafeln waren 
ſolche privilegia verboten. — 2) in der Kaiſerzeit 
das vom Fürſten jpeziell zugeftandene Vorrecht 
gewifjer Stände oder Klaſſen, wie der Soldaten, 
Gläubiger, Waifen u. a. — 3) Augustum privile- 
gium, aud) lex regia oder imperi, hieß jeit 
Veipafian das Senatsdefret, wodurd den Kaiſern 
die höchſte Gewalt übertragen wurde. Teac. hist. 
4,3. ©. Lex regia. 

IIgoßaoxavıov, Amulett, Schugmittel gegen 
Baubereien, Figuren um den Hals der Kinder, 
Yinge mit geheimen Zeichen u. dgl. m. Bergl. 
Ephesiae literae. 

IIgoBoAn, eine Klageform, bei der der Kläger, 


991 


ehe er ſich an den Vorſtand des betreffenden Ge— 
richts wendet, ein Präjudiz des ſouveränen Volkes 
zu erlangen ſucht. Während bei der Eisangelie 
(1. d.) das Bolt jelbjt die Sache rechtsfräftig ent- 
icheiden konnte, fam bei der Probole die Sadıe, 
nach der beiftimmenden Erflärung des Volkes, 
jedesmal an die ordentlichen Richter. Der Zweck 
der Pr. war wohl, durch das Präjudiz des Volfes 
auf das Urteil der Richter einzumirten. Sie wurde 
angewendet gegen Behörden, gegen Sylophanten, 
gegen foldye, die Staatsgut unterjchlagen hatten, 
jowie gegen die Verleger der Heiligkeit gewiſſer 
Feſte. Eine ne. anftellen heißt: meoßdllsctai 
zıva; Präjudiz des Volles gegen den Beklagten: 
xarayeıporovia, für den Beklagten: droysıpo- 
rovie. Die Rectsjälle waren ſchätzbar (ruunroi, 
j. Ayo» rıunrös) und ohne Gefahr für den 
Kläger. 

lg0ßovioı, 1) die Zehnmänner, welche in 
Athen nad der Niederlage in Sicilien (413 v. E.) 
eingejegt wurden, um über die zur Erhaltung des 
Staates nötigen Mafregeln zu beraten. Zhuc. 
8,1. Die im J. 411 v. E. gewählten bahnten 
die oligarchiiche Ummälzung an, welche die 400 
zur Herrſchaft brachte Thuc. 8, 67, wo jie suyyo«- 
peig heißen). — 2) die Abgeordneten, welche die 
12 ioniihen Staaten in der Bundesverfammlung, 
dem PBanionion, vertraten. — 3) Bertrauensmän: 
ner zur Beratung gemeinjamer helleniicher An: 
gelegenheiten vder zur vorläufigen Beiprechung 
innerer Aufgaben der einzelnen Staaten mit dem 
Volle; vgl. Adt. 7, 172. 

Probus, 1) M. Balerius Probus, aus 
Berntos in Phoinikien, lebte unter Nero und war 
erft Soldat, legte ſich aber jpäter auf die Gram— 
matit und bejchäftigte ſich mit kritiſchen Studien. 
Namentlich; waren es die Dichter (Yucretius, Ber: 
gilins, Horatius, Berfius), die jeinen Fleiß in 
Anjpruch nahmen. Ohne Zweifel ift es derjelbe 
Probus, der nod als Berjaffer mehrerer gram: 
matiicher Schriften genannt wird. Won jeinen 
Werte de notis ift ein wertvoller Zeil, die jurifti: 
ihen Abkürzungen enthaltend, auf uns gekommen 
(herausg. von Mommſen im 4. Bande von Keils 
gramnı, Lat., p. 271 ff., und von Hufchke, iuris- 
prud. anteiust,, p. 129 ff.). Die Berühmtheit, zu 
welcher jein Name gelangte, bewirkte, dab ım 
jpäterer Zeit der in jeinen Schriften enthaltene 
grammatiiche Stoff, in die Form eines Lehrbuchs 
(Ars) gebradyt und in ausführlicheren oder kürzeren 
Bearbeitungen mit Zuthaten anderer Grammatiter 
vermehrt oder abgekürzt, lange Zeit hindurch in 
den Schulen fortgebraucht wurde. Das Altertum 
weiß nur von einem berühmten Grammatiker diejes 
Namens. ©. H. Keil, gramm. Lat. I p. LIt—LIV 
und IV p. Xvıll—XXXı. — 2) M. Nurelius 
Probus, in Sirmium geboren, von niederer Her: 
funft, zeichnete jid) in den Feldzügen der Kaiſer 
Balerian, Claudius und Aurelian aus und er: 
langte 276 n. E., nachdem jchon Tacitus an feine 
Erhebung auf den Thron gedacht hatte, die Kaiſer— 
würde, welche die Soldaten nach Ermordung des 
Florian ihm übertrugen. Den Senat gewarm er, 
indem er ſich von ihm bejtätigen ließ und ihm 
eine größere Machtbefugnis einräumte, wodurd er 
zugleidy ein heiljames Gegengewicht gegen das in 
den legten Jahrzehnten mehr und mehr erjitarfte 
Soldatenregiment herbeiführte. Dann ficherte er 


992 


Procas Silvius 


bie Grenzen des von allen Seiten angegriffenen | 


Neiches durch Befiegung der Alamannen, Goten, 
Bandalen und Sarmaten, jchüste Die Grenzen 
durch Befeftigungen, befiegte die räuberiichen Iſau— 
rier und fiedelte 100 000 Baftarner in Thrafien 
als Koloniften an. Mehrere Gegenlaijer, 3. B. 
Proculus (j. d., 2.) und Bonojus, wurden meijt 
ohne jein Einjchreiten befiegt. Als er aber nad 
Beendigung der vielen Kriege das Heer an ftrenge 
Dijeiplin zu gewöhnen und es für den Staat 
(3. B. durch Entwäfjerungen, Brüden- und Tempel: 
bauten, Betreibung des Weinbaues) auch im Frie— 
den nüglich zu machen ſuchte, empörten ſich die 
Soldaten und erjchlugen ihn, bei Sirmium, im 
Dftober 282. Er gehört zu den tüchtigften und 
gerechtejten Herrſchern des römijchen Kaijerreiches 
und wird mit Recht ald der Wiederheriteller des— 
jelben nad langen inneren Kämpfen angejehen. 
Vop. Probus. Zosim. 1,64 ff. Eutr. 9, 17. Zonar. 
12,29. Abhandlungen von Atorf (1866) und Böhm 
(1867)... 

Procas Silvius, ber zwölfte der Könige von 
Alba Longa nah dem Ylneaden Aicanius, der 
Bater des Numitor und Amulius. Liv. 1,3. 

Prochyta, I/Igoyven, Inſel an der campani: 
jhen Küſte zwiichen dem Borgebirge Mijenum 
(30 Stadien entfernt) und der Inſel Pithekuſa; 
durch einen Erdbrand, wie man glaubte, von 
legterer losgerifien; j. PBrocida. Plin. 2, 88f. 
Strab. 2, 123. 5, 247. 

Proconsul (auch pro consule), ber, welcher 
ftatt des Konjuls beauftragt wurde, und der ge: 
wöhnlich jchon Konſul gewejen war (doch auch 
Ausnahmen davon bei P. Cornelius Scipio, Bon: 
pejus und O. Metellus Eeler, der, 60 v. C. Konful, 
icon 2 Jahre vorher pro consule das cisalpinijche 
Gallien verwaltete), oder deſſen imperium con- 
sulare auf ein Jahr verlängert wurde. Als aber 
die Provinzen des römischen Staates fich gegen 
Ende der Republik jo mehrten, daß die zu Statt: 
baltern derjelben ernannten Prätoren nicht aus: 
reichten, übernahmen auch die abtretenden Konjuln 
unter der Bezeichnung proconsules Provinzen, 
doc jeit dem J. 58 v. E. durch einen Senats: 
beichluß (Dio Cass. 40, 30. 46. 56) erit 5 Jahre 
nad ihrem Konſulate. Da die Beitimmung, ob 
eine Provinz eine konſulariſche oder prätorijche 
jei, wechjelnd war und von der Enticheidung des 
Senats abhing, jo finden ſich oftmals bei den 
Sthriftjtellern Berwechjelungen zwijchen proconsul 
und propraetor. Überhaupt fam während ber 
legten republifaniichen Zeit der Name proconsul 
dem Statthalter jeder Provinz zu, er mochte vor: 
her Konjul oder Prätor — ſein, ſobald ihm 
nur vom Senate das imperium proconsulare 
verliehen worden war. Sobald der Prolonſul 
eine Provinz übertragen erhalten ober erloft hatte, 
mußte er nach Übertragung des imperium jofort 
fi wenigſtens aus der Stadt entfernen, weil durch 
einen Aufenthalt in Rom das imperium verloren 
ging. Cie. ad Att. 7, 1.7. Liv. 45, 35. Tae. ann. 
3,19. Dies geichah vom Capitol aus in feier: 
lihem Auszuge mit feinem ganzen, ihm vom 
Senate zuerteilten Gefolge (ornatus, ornare pro- 
vinciam), Die Injignien jeines Amtes waren 
12 Faſces; auf feiner ganzen Reiſe mußten ihm 
die Bewohner alles, was er bedurfte, ohme Ver: 
gütung liefern; ging er über See, jo wurden ihm 


— Proculeius. 


die Schiffe auf Staatsloften geftellt. Bon dem 
Tage jeiner Ankunft in der ihm bejtimmten Bro: 
vinz datierte jich jein Amtsjahr, fein Vorgänger 
mußte nad) der lex Cornelia de provinciis ordi- 
nandis alsdann binnen 30 Tagen abreien; er 
jelber durfte, ohne ſich der Klage des Majejtäts- 
verbrechens auszuſetzen, die Provinz nicht vor 
Ablauf feines Amtes, d. h. vor Ankunft feines 
Nachfolgers, verlafjen. Auf jeiner Rüdtehr zog 
er mit feinen Imjignien bis vor Rom, wo jein 
imperium aufhörte, und mußte hier innerhalb 
30 Tagen Rechnung über die Verwaltung jeiner 
Provinz ablegen. I der Provinz; war der Pro— 
tonjul gewifjermaßen jouverän, nur die dort leben- 
den römijchen Bürger konnten Recht in Nom ver: 
langen. Zur Abhaltung der Gerichte zog er in 
den einzelnen Städten umher (conventus), ge- 
mwöhnlih zur Winterdzeit, da der Sommer zu 
Kriegen verwandt wurde; feinen Entjcheidungen 
lag das don ihm gleich beim Antritt feines Amtes 
betannt gemachte edictum provinciale zu Grunde, 
das natürlich feinem römijchen Provinzialgejege 
widerjprechen durfte und zugleich Rüdficht nahm 
auf die einheimiichen Rechte der Provinzialen. 
Machten es die militäriichen Berhältniffe notwen— 
dig, jo konnte er unter den dort lebenden römi— 
ihen Bürgern Aushebungen zum Sriegsdienfte 
veranftalten und Hülfstruppen ben Provinzialen 
anbefehlen. Wenn er jich durch feine milde Ber: 
waltung den Dank jeiner bisherigen Unterthanen 
verdient hatte, wurden ihm dafür Bildjäulen er- 
richtet, wohl ſelbſt Tempel erbaut, bisweilen auch 
Danfadrefjen (laudationes) an den Senat geſandt. 
Doch wußten auch die jchlechtejten Statthalter 
allmählich jich dies, wenn nicht anders, mit ge: 
heimer Gewalt, zu verjchaffen. Machte der Pro: 
fonjul auf einen Triumph in Rom Anjpruch, jo 
pflegte er jchon im voraus dazu fich von den Pro: 
vinzialen das Geld liefern zu laſſen, was jedoch 
durch die lex Julia de repetundis verboten wurde. 
Im ganzen war die Lage der Provinzen immer 
eine traurige, da faft jeder Statthalter ſich auf 
ihre Koften has wollte, wie dies audy nad) 
echt römijchen Anjichten etwas ganz Billige war; 
daher famen die größten lbertreibungen vor, jo 
daß den Provinzialen erlaubt werden mußte, im 
Rom Klage wegen Erprefjungen (repetundarum) 
anzuftellen. — Zur Kaijerzeit hießen proconsules 
alle Statthalter von Senatsprovingen, fie mochten 
vorher das Konjulat verwaltet haben oder nicht, 
und wurden zunächſt wentgftend vom Senate er: 
nannt oder ausgeloft. Da in biejen Provinzen 
in der Regel keine Heere waren, jo beftand ihr 
Amt nur in der Verwaltung und der Rechtspflege, 
der nun auch die dort wohnenden römischen Bürger, 
allerdings mit Appellation an den Katjer, unter: 
worfen waren. Die früheren conventus hörten 
auf, und mußten die ftreitenden Barteien in ber 
Hanptftabt der Provinz ericheinen. Aber auch 
Mißbrauch der Stellung wurde jetzt ftreng ges 
ahndet (f. Kepetundarum crimen). Unter 
Nero wurden die oben erwähnten laudationes 
verboten. Tac. ann. 15, 21 ff. 

Proculeius, Gaius Proc. Barro Murena, 
ein römijcher Ritter, war mit Auguſtus befreundet 
und erhielt von ihm den Auftrag, Kleopatra ge 
fangen nad Rom zu bringen. Plut. Ant. 77 fi. 
Plin. 36, 24. Horaz lobt ihn wegen jeiner reis 


Proculi — ITgodooi«. 993 


gebigfeit gegen jeine Brüder (od. 2,2, 5ff.). Er Fabius Marimus zum Prodiktator wählte, 22, 8 
tötete fich durch Gift. fügt er bei: quod numquam ante eam diem 
Proeüli, 1) Sempronius Broc., ein römi: | factum erat. Ob es je wieder vorgelommen, wird 
cher Juriſt zur Zeit des Tiberius, nach welchem | wenigitens nirgends gelejen. 
die von Antiftius Labeo (j. Juris consulti) ge) AAgodızoı, die Bormünder der minorennen 
Rechtsichule die der Proculianer hieß, ver: | Könige in Sparta (der nächſte Agnat), die für ihre 
faßte viele Schriften (5. B. epistularum J. XI), Erziehung forgten und ald Reichsverweſer fönigliche 
aus denen in den Pandekten noch Ercerpte ſtehen. Gewalt hatten; fonft auch überhaupt für Rechts: 
— 2) (T. Alius?) Proc., von barbarischer Her: | verteidiger, Patron, Sachwalter gebraudt. Xen. 
funft aus dem Gebiete der Seealpen, hatte ſich Zell. 4,2,9. Plut. Iye. 3. 
im römischen Heere emporgeichtwungen und wurde Prodikos, /Igödıxog, ein gried. Sophift aus 
um 280 n. E. von der Bevölkerung in Lugdunum | Julis auf Keos, Zeitgenofje des Sokrates, fam 
zum Saifer (gegen Probus) erhoben. Zwar er: | im feiner Jugend in Angelegenheiten jeines Vater— 
fannten ihn Gallien, Britannien und Hilpanien | landes nach Athen, wo fein Auftreten Bewunde— 
an; auch fiegte er über die Mamannen, wurde | rung und Aufſehen erregte und ihn wohl auch 
aber doch mit Hülfe der Franken geftürzt und | zu weiteren redneriſchen Vorträgen und zur Er: 
getötet. Vopise. Prob. 18. Proc. 13. Eutr. 9, 17. | teilung von Unterricht in der Redekunf gegen 
Aur. Vict. ep. 37. Oros. 7, 24. Bezahlung beftimmte. Athen jcheint von nun an 
Proeuratio, die abwendende Fürſorge, bejon= | jein bleibender Aufenthalt geworben zu fein, wo 
ders durch Opfer und Sühnungen, zur Verhütung | er mit den bedeutendften Männern En Beit, 
unglüdlicher Ereignifle, die durch Prodigien und 


mit Sokrates, Xenophon, Damon, Kritias, Thu: 
Naturerjheinungen, Erdbeben, Blut» oder Stein: | fydides, Theramenes, Euripides, JIſokrates, in 
regen 2c. angefündigt waren. Cie. div. 1,45. Lir. 


nähere Verbindung fam. Mehrere diefer Männer 

7,6. — Bgl. auch Procurator. . werden geradezu jeine Schüler genannt, und un— 
Procurätor, 1) im ®rivatleben der Römer | leugbar ıft der große Einfluß, den er durch Unter: 
der ſ. g. Hausverwalter (Cie. ad fam. 1, 3. richt oder durd) Umgang auf jeine Umgebung 
de or. 1, 58. ad Att. 14, 16. Plin. ep. 3, 19), der | ausgeübt hat. Platon äußert fich ftet3 mit Be: 
die Ordnung des ganzen Haufes und unter den | wunderung über ihn. Bon ben Reden (Aöyo:) 
Sklaven aufrecht erhielt. — 2) im Gerichtsweſen des Prodifos haben wir weder genauere Nach: 
der Sachwalter, welcher für eine abwejende Partei, | richten noch Bruchſtücke. Nur Eine ift uns durch 
unter freien Formen, durch ein bloßes Mandat | Xenophons Mitteilung (mem. 2, 1, 21) wenigftens 
beftellt, die Sache führte, gewöhnlich auch alle An | ihrem Inhalte nach befannt, die in j. Buche Lock 
gelegenheiten eines länger Abweſenden zu Rom | enthaltene, durch ihre anmutige Form und ihren 
bejorgte. Cie. Caee. 20. — 3) Unter den Kaifern | jittlihen Gehalt gleich ausgezeichnete Allegorie 
ingen in die Failerlihen Provinzen ftatt der | von Herafles am Scheiderwege (Hercules Prodicius 
früheren Quäftoren ſ. g. procnratores, fpäter auch | genannt) im Kampfe zwiſchen der Tugend und 
rationales genannt und aus dem Ritterftande ge- dem XLafter, welche als 2 weibliche Weſen ihm 
nommen (Tac. Agr. 4), zur Erhebung der Einkünfte | entgegenfommen. Bon einem ähnlichen Geifte 
für die Privatfafie des Kaijers, fiscus. In den | zeugen aucd andere Vorträge, über welche Platon 
Senatöprovinzen, welche Einnahmen für den Fiffus | in jeinen Schriften berichtet. Günftig für ihn lautet 
lieferten, etwa durch faiferlihe Privatgüter 2c., | aud) das Spridhwort: soparepog IIpod/xov, ſowie 
war ebenfalls ein Profurator, wogegen die Ein: | die ihm erteilten Prädifate: 6 deırdg, 6 Gopog. 
nahmen für das rar, nach wie vor, hier von | Ohne der gorgianiichen Überſchwenglichkeit zu 
den Qnäftoren bejorgt wurden. Kleinere Provin- | verfallen, war jeine Sprache jchön, Ychmudreich, 
zen, als Zubehör einer größeren, wurden auch | im Ausdrud prächtig und fein unterjchieden, und 
bloß von Profuratoren verwaltet, die alsdann | jein Redetalent jchien die Rauheit jeines Organs 
Jurisdiktion beſaßen, auch wohl das imperium, | nicht zu behindern.” — Bol. F. G. Welder ın j. 
3. B. Pontius Pilatus in Judäa. — 4) Endlich kl. Schriften IT (1845), ©. 393 ff. 
gab es jehr verichiedene Profurationen zu Rom, | Prodigium ſ. Divinatio, 13, 17. 
die fih zum Teil auf das Finanzwejen bezogen, Prodigus, der Berfchwender, der wegen un: 
3. ®. procurator aerarii maioris, Finanzminiſter, mäßigen Hufwandes oder jchlechter Vermögens: 
proe. rei privatae, ®ertwalter bes Fltns, die | verwaltung nad einer Beftimmung der XII Tafeln 
beide wieder vielfach andere procuratores unter beim Wrätor von jeinen Berwandten verflagt 
fich hatten, je nad) den verjchiedenen Einnahme: werden fonnte, worauf derjelbe ſich der Verfügung 
quellen benannt, 3. B. proc. metallorum, zum über feine Güter begeben mußte (bonis interdicere 
Zeil nur das Amt bezeichneten, 3. B. proc. ludo- vom Prätor) und aus dem Kreiſe feiner Mgnaten 
rum, aquarum u. j. w. Much reiche (grauen hatten | einen curator erhielt. Cie. Cat. m. 7, 22. Hor.ep. 
ihre Geichäftsführer, procuratores, ergebene freunde 1, 1, 102 ff. 
und Diener, von denen Cicero (Caec. 5, 14) eine Proditio, nicht bloß eigentlicher Berrat am 
ergepliche Schilderung gibt. Vgl. Mart. 5, 61. Baterlande, fondern jede ftaatsgefährliche Hand- 
Sen. controv. 7, 20. lung überhaupt, jpäter übertragen auf die Berjon 

Proeyon j. Sternbilder, 5. des Fürſten, das Majeftätsverbrechen. Auch manche 

Pro dietatöre, prodietator, ein Stellvertreter Militärvergehen fielen unter diejen Begriff, |. 
bes Diktators. Livius (22, 31) erzählt, daß nah Disciplina militaris, 9. 10. 
der Schlaht am Trafimeniichen See 217 v. &, TlIgodouos ſ. Templum, 5. 
als der Konſul Flaminius gefallen und der andere ITgodosi«, Berrat, bezeichnet das Verbrechen, 
Konſul Servilius, der allein den Diktator hätte wenn jemand den Staat oder einen Teil desjelben, 
wählen fünnen, abwejend war, das Volk den D. 3. B. eine Feftung, ein Schiff u. ſ. w., einem 

Realleriton des Haff. Mitertums. 7. Aufl. 63 








994 


auswärtigen Feinde überliefert. AZumeilen wird 
aber auch das Berbrechen des Umfturzes der Ber: 
fafljung (xaraivag tod Öruov und rupannig), 
guch der Verſuch dazu, als meodosi« bezeichnet. | 
Über die gerichtliche Berfolgung des Verbrechens 
j. Eigayyskla. Strafe: Tod, Verſagung der 
Beftattung in Attika, Niederreifung der Häujer, 
Konfijlation des Vermögens, Wufzeichnung des 
Namens und der Nänfe der Verräter, Atimie, 
die noch auf die Nachkommen forterbte. — 
Theſmotheten. 

Prodrömi j. Winde, 1. 

IIgosdgi« nannte man in Athen das Ehren- 
recht, in den Scaufpielen den erften und vor- 
nehmijten Pla auf den erjten (unterjten) Bänten, 
zunächft der Orcheftra, einnehmen zu dürfen. Man 
ehrte auf dieſe Art Feldherren, Priefter, jrembe 
Gejandte, Bürger befreundeter Städte und alle 
die, welche der Staat für ihre Verdienfte bejon: | 
ders auszeichnen wollte. Auch die Waijen der im 
Kriege gefallenen Bürger hatten das Recht der 
Proödrie. — Allgemein bezeichnet das Wort Sik | 
und Würde des modsdpog, Vorjig im Senat und | 
bei Bollsverjammlungen. 

Ilgösdgoı j. Bovaij, 4. 

IIgosıgpog« |. Staatshaushalt, I, 12. 

Profänus, feßnkos, kuunrog, der vom Tem: 
pel (fanum) fern gehaltene, uneingeweihte, bejon: 
ders von den eleufinifchen Myſterien geltend. Bei 
der Aufnahme neuer Myſten bediente man ſich 
der ausſchließenden Formel für die andern: Euüs 
Sr procul este, profani, was dann auch, 
bejonders von Dichtern, auf andere Berhältniffe über: 
tragen ward; vgl. Verg. A. 6,258. Hor.od.3,1,1. 

Ilgoydusıc, agortisıa yduwv |. Ehe, 4. 

Progymnasmäta, zeoyvuraspar«, heißen teils 
die VBorübungen bei den Mthleten in den Gym: 
najien vor den Öffentlichen Wettlämpfen, bejonders 
vor den olympijchen, wo fie 30 Tage vorher in 
Elis zufammentommen mußten; teil® die Vor: 
übungen und fchriftlichen Anleitungen der Rhetoren 
zur Redefunft. Solche wurden unter andern be: 
arbeitet von Hermogenes (j. d.), Aphthonios (j. d.), | 
der Übungsbeifpiele, ueirreı, hinzufügte, und im 
Anſchluſſe an leteren von Doropater, Theon u. a. 

Proitos, /Igoirog, Sohn des Abas und der 
Dfaleia, Zwillingsbruder des Akriſios, von dem 
er im Kampfe um Argos vertrieben wurde. Er 
floh zu Jobates, König in Lykien, vermählte ſich 
mit deſſen Tochter Anteia (Stheneboia) und ward 
von ihm mit bewaffneter Hand nad) Argos zurüd: 
geführt. Afrifios behielt Argos und trat —— 

ruder Tiryns ab. Paus. 2, 16, 2. 25, 7. Seine 
Töchter, die Proitiden, waren Lyſippe, —2 
Iphianaſſa, welche als Jungfrauen wahnfinnig 
den Peloponnes durchirrten; der Wahnſinn ver— 
breitete ſich auf die übrigen argiviſchen Frauen, 
jo daß fie ihre Kinder mordeten. Der Grund des 
Wahnſinns war, weil fie den Dienft des Dionyjos 
veracdhtet, oder weil fie ſich für jchöner als Hera 
gehalten hatten. Der Seher Melampüs Heilte fie 
endlich und erhielt zum Lohne von Proitos ein 
Dritteil des Landes für ſich und ein Dritteil für | 
jeinen Bruder Bias. Beide vermählten fich mit 
Lyſippe und Iphianaſſa, die dritte, Jphinoe, war | 
bei ihrem Umbherjchweifen in Sifyon gejtorben. | 
Hdt. 9, 34. Apollod. 2,2, 2. Nad Ovid (met. 
5, 236 ff.) vertrieb B. den Afrijios aus Argos und 








Prodromi — Proklos. 


wurde deshalb von Perjeus durch das Medujen: 
haupt verjteinert. Ein Sohn des Proitos hieß 
Megapentües, j. Perseus, 1.; vgl. aud) Bel- 
lerophontes. 

IIgoiä |. Ehe, 3. 

Prokles, I/Igoxijs, 1) j. Herakles, 16. — 
2) Nachkomme des Jon, Sohn des Pityreus, führte 
Argeier aus Epidauria nah Jonien. Paus. 7, 4, 3. 

IIgoximoıs |. Prozels, 8. 

Proklos, IIpoxkog, mit dem Beinamen Dia- 
dochos, Jıddoyog, ein berühmter Neuplatonifer, 
geboren in Eonjtantinopel (411 n. E.) von Eltern 
aus Lykien, erzogen in XZanthos, widmete jich der 
Philojophie und der Mathematik unter dem Ari: 
ftotelifer Olympiodoros und dem Mathematiker 
Heron, ging dann nad Athen und hörte dort die 
beiden größten Platonifer jener Zeit, Syrianos 
und Plutarchos aus Athen. Als Nachfolger des 
legteren (daher der Beiname Diadochos) lehrte er 
bis an jeinen Tod platoniſche Philojophie. Bei 
einer mäßigen, ajfetiich-ftrengen Lebensweije ver: 
wandte er jein Vermögen zu reichlichen Wohlthaten, 
die er mit Berjtand und Auswahl jpendete. Er 


war ein ſchöner Mann, von durchaus würdiger 
‚und edler Haltung. 
‚damals in der weltlihen Macht jeine Stüge hatte, 


Je mehr das Chriſtentum 


dejto mehr war P. bemüht, das Heidentum jeiner: 
ſeits durch die jtrengfte Beobachtung alter und 
längft verjchollener Gebräuche bei dem Volle auf: 
recht zu erhalten und durd feine Philoſophie und 
Spekulation neu zu beleben. Er erreichte ein 
Alter von 73 Jahren und ftarb 485. — Wis 
Schriftfteller war P. faſt auf allen Gebieten 
des Wiſſens thätig. Als Dichter fennen wir ihn 
noch aus 2 Epigrammen und 6 Hymnen (herausg. 
mit den Orpbica von E. Wbel, 1885); fie jind 
einfach, fließend, in reiner Sprache geichrieben 
und ftehen weit über den vielleicht noch jpäteren 
orphilchen Hymnen. Bon den aftronomiidhen 
und mathbematijhen Schriften find noch vor- 
handen: a) eine kurze Darftellung der Hauptlehren 
des Hippardhos, Ariftarchos, Klaudios Ptolemaios 
u. a.; b) die Schrift Zpaiga oder von den Him— 
melsfreifen; c) magdpgasıg sig rıjv IIrolsundov 
rergaßıßkor; d) ein Kommentar zu Eufleides 
(nicht ganz vollftändig). Die Schrift de effectibus 
eclipsıum solis et lunae ift bis jeßt nur in einer 
lateinijchen A eg befannt. Bon jeinen gram- 
matijchen Schriften feien hier genannt: a) ein 
nicht ganz vollftändiger Kommentar zu Heſiods 
Werfen und Tagen, b) das von Suidas erwähnte 
Werk zepl zonsrouadtsiug, deſſen Zukoyal Photios 
vor ſich hatte. Die von Photios daraus mitge: 
teilten Excerpte find die vr. unjerer dürf: 
tigen Kenntnis der Kylliker. Da indes zur Zeit 
des Neuplatonikers Pr. der Kyflos —— 
längſt verloren war, jo haben Valeſius und Welder 
wohl mit Hecht angenommen, daf der Berfafjer der 
Ehreftomathie ein andrer, weit früherer (etwa dem 
2. oder 3. Jahrhundert augehörender) Proflos ge- 
wejen jei. Die philojophiidhen Schriften find 
teild Kommentare und Paraphraſen platonifcher 
Dialoge (zum Timaios, erften Alkibiades, Bar: 
menides), teils behandeln fie jelbftändig einzelne 
Zweige und Fragen der Bhilojophie. — Die Sprache 
des P. ift rein und Mar und mehr klaſſiſch als 
die der meiften jeiner Zeitgenoſſen, wenn aud) die 
Deutlichfeit zuweilen in Breite und Geſchwätzigkeit 


Prokne — 


ausläuft. Eine Gejamtausgabe jeiner Werte lieferte 
Bictor Eoujin (1820-25. 6 Bdd.), eine Ausgabe 
des Kommentars zu Platond PBarmenides Stall: 
baum (1839), zum Timaios Schneider (1847), zur 
Republik R. Schöll (1886); der Chreftomathie 
Gaisford (in jeiner Ausgabe des Hephaiftion, 
3. Aufl. 1856) und Weftphal (script. metrici 
Graeci, Bb. .- 

Prokne j. Philomele. 

Prokonn&sos, IIgoxorvneos, auch IIgoıxöv- 
vnj00g, nicht unbedeutende Jnjel in der Propontis 
(j. Marmara), nordweſtlich von der Halbinjel Ar: 
ftonnejos, auf welcher Kyzikos lag, befannt durch 
ihre Darmorbrüde. Eine Stadt gl. N., Kolonie 
von Milet, war vorhanden. Strab. 13, 588. Plin. 
5, 32, 44. 

ProkopVos, /Igoxörıos, aus Cäjarea in Phoi— 
nitien, Rhetor und Sophift, lebte in Conftantinopel 
im Unfange des 6. Jahrhunderts n. C. Im J. 
526 nahm ihn Belifar als Begleiter in den per: 
fiichen Krieg mit, wie er ihm auch faft bei allen 
jeinen jpäteren Zügen als Geheimjchreiber und 
Ratgeber zur Seite war. Später Senator, wurde 
er 562 bei Gelegenheit einer Verſchwörung feines 
Amtes als praefectus urbi entjegt und ftarb bald 
darauf eines plößlichen Todes. — Pr. ift einer 
der vorzüglichjten Gejchichtichreiber jener Zeit, 
deſſen Sprache ſich durch Friſche, Bierlichkeit und 
Einfachheit auszeichnet. Er ſchrieb a) ein Ge: 
ſchichtswerl in 8 Büchern über die unter Juftinian 
geführten Kämpfe mit den Perjern, Bandalen und 
Dftgoten; b) megl xrıoudrwv, eine Lobrede auf 
Auftinian, welde die unter diefjem Kaiſer aus 
öffentlichen Mitteln in allen Teilen des Reichs 
ausgeführten Bauten aufzählt; c) Arkxdora, hi- 
storıa arcana, jo benannt, weil die Schrift wegen 
ihres Inhalts erft nad) des Berfafjers Tode her- 
ausgegeben wurde, von einigen Gelehrten mit 
Unrecht ihm abgeſprochen. Pr. macht in derjelben 
feinem verhaltenen Groll über die Machthaber 
jeiner Zeit in einer bittern, maßlojen, nicht eben 
edlen Weiſe Yuft; doc; geftattet fie uns intereffante 
Blide in die innere Gejchichte der damaligen Zeit. 
— Ausg. der jämtlichen Werfe von Dindorf (1833 
— 38); der hist. are. von Drelli (1827); deutjche 
Überjegung des Gotentrieges von Coſte (1885). 
Bol. Dahn, Profopius von Cäſarea (1865), und 
Teuffel, PBrocopius, in deffen Studien und Eharal: 
teriftifen S. 248 ff. d. 2. Aufl. 

Prokris, IIgoxeıs, 1). Tochter des Theipios 
und durch Heralles Mutter der Zwillinge Anti: 
leon und Hippeus. — 2) Tochter des attiichen 


Königs Erechtheus, Gemahlin des Kephalos (j. d.). 


Ov. met. 7, 694 ff. 

Prokrustes j. Theseus. 

Proletarii j. Centuria, 

Prolögos ſ. Komoedia und Tragoedia, 

Promächos, IIgöuayos, 1) ein Epigone, |. 
Adrastos und Parthenopaios. — 2) Sohu 
des Alegenor, Boioter. Hom. Il. 14, 476, 503. 
3) Sohn des Nifon, — ſein Bruder Jaſon 
nach dem goldenen Vließe ausgeſandt war, von 
Pelias ſamt ſeinem Vater ermordet. — 4) Bei— 
name des Herafles in Theben und des Hermes in 
Tanagra. -— 5) Beiname der Athene, |. Pallas 
Athene, 2. 


Promötheus, ITgoun®svus (der Borbdentende, | 


Borbedadht), Sohn des Japetos (j. d.) und der 


995 


Klymene (oder der Afia, der Themis), Bruder des 
Atlas, Menoitios und Epimetheus (Nachbedadht), 
ein Titane. Hejiod erzählt in der Theogonie 
521 ff.): Als mad) — der Titanen die 

lympier unter Zeus in Mekone (Sikyon) mit 
den Menſchen rechteten, was die Menjchen den 
Göttern für Opfergaben darbringen follten, zer: 
legte Pr., ald Vertreter der Menſchen, in der db: 
ficht, Zeus zu täufchen und mit ihm in der Klug: 
heit zu wetteifern, einen Stier und barg das Fleiſch 
und die Eingemweide in die Haut des Tieres, 
worauf er alddann den Magen, das jchlechtefte 
Stüd, legte, während er die Knochen auf einen 
andern Haufen legte und mit Fett umhüllte. 
Darauf forderte er Zeus auf, zu wählen, und 
diejer wählte, obwohl die Lift des Gegners durd)- 
ihauend, den jchlechteren Teil, die Knochen. In 
jeinem Horn über diejen Trug nahm nun Zeus 
ı den Menjchen das Feuer; aber Pr. jtahl es wieder 
in einer Nartherftaude aus dem Olympos und 
brachte es den Menſchen zurüd. Zeus, hierüber 
‚noch mehr erzürnt, erjann nun jogleich ein Unheil 
\ für die Menihen: er lich den Sephaiftos aus 
Erde eine jchöne Jungfrau bilden, welche Pallas 
Athene reizend ausichmüdte, und den Menjchen 
uführen, ihnen zu großem Leid und Unglüd. Den 
Hr. aber fejlelte Zeus für jeinen Frevel und trieb 
ihm einen Pflod durch die Bruft und lieh ihm 
täglich dird einen großen Adler die Leber zer: 
fleiſchen, die jede Nacht friſch nachwuchs. Endlich 
erlegte Herafled den Adler und befreite den Pr. 
nad) dem Willen des Zeus; denn er wollte, daß 
jein Sohn durch diefe That noch mehr verherr: 
licht werde. In ben Werfen und Tagen (47 ff.) 
erzählt Hefiod denjelben Mythos, doch in einigem 
verichieden. Hephaijtos bildete das Weib aus Erde 
und Waffer und gab ihm menſchliche Stimme, 
Kraft und jchöne jungfräuliche Geftalt, Athene 
weiblihe Kunftfertigfeit, Aphrodite Anmut und 
Liebreiz, Hermes Dreiftigfeit und bethörende Schall: 
heit; darum, weil alle Götter fie begabt hatten, 
erhielt fie den Namen Bandora. Darauf führte 
fie Hermes dem Epimethens zu, der ſich, troß der 
Warnung feines Bruders Br., bethören lieh und 
fie annahm. Nun Hat das jelige Leben der 
Menſchen ein Ende; Pandora hob von dem Faſſe 
| der Übel den großen Dedel, und heraus flogen 
' alle Übel und verbreiteten fi unter den Menichen, 
nur die trügerifche Hoffnung blieb in dem Faſſe 
urüd, als ——— den Deckel ſchnell wieder ſchloß. 
* dieſem heſiodeiſchen Mythos iſt Pr. der Re— 
präſentant des denlenden Menſchengeiſtes; dieſer 
bringt mit dem Gebrauche des Feuers die Kultur 
und alle Leiden eines von dem unſchuldigen und 
friedlichen Naturzuſtande entfernten Lebens; durch 
das Weib kam das größte Unglück in die Welt, 
der Tod, denn durch die Fortpflanzung des Ge— 
ſchlechts wird das unſterbliche Leben des einzelnen 
unmöglich gemacht. Pr., der, die Schraufen der 


Prometheus. 





- | Menschlichkeit vergejjend, mit den Göttern wetteifern 


und anmaßend ihnen die gebührende Ehre ent: 
ziehen wollte, mußte, von Zeus gefefjelt, leiden 
und dulden, bis Serafles, der Menſch, welder 
durch Kampf und geduldige Unterwerfung unter 
den Willen des höchiten Gottes ſich die Unfterb: 
‚ lichkeit errang, den zerfleiichenden Adler tötete und 
ihn von feinen Leiden erlöfte. Aifchylos hat in 3 
aufeinander folgenden Tragödien, dem fenerbringen: 
63* 





996 Promunturium 
den, dem gefeflelten und dem befreiten Prometheus, 
von denen fich der gefejjelte Pr. erhalten hat, die 
Sage von Pr. behandelt und die Ideen, die fich 
bei Hefiod in dunfelen und verworrenen Zügen 
vorfinden, in großartigen Umriſſen weiter aus- 
gebildet. Als Zeus nad dem Siege über die 
Titanen, bei welhem Pr. auf Nat feiner Mutter 
Themis auf feiner Seite geftanden hatte, eine 
neue Ordnung einführen und auch das bisherige 
Menſchengeſchlecht, weil e8 roh und tieriich jet, 
ausrotten wollte, um ein beffere zu Schaffen, 
widerjegte fich ihm Pr., der freund der Menichen ; 
er bradıte * das dem Hephaiſtos entwendete 
Feuer und führte ſie durch mancherlei Künſte, die 
er fie lehrte ale Sternfunde, Schrift, Zah: 
len, Schiffahrt, Weisjagung, Heiltunde u. ſ. w.), 
zu höherer Bildung. Zeus läßt das Menſchen— 
A t beftehen, den Pr. aber beftraft er für 
eine 


iderſetzlichleit dadurch, daß er ihn durch 


Hephaiftos und jeine Diener Kratos und Bia 
(Stärfe und Gewalt) an einen Felfen im milden 
Skythenland anjchmieden läßt. Hier offenbart Pr. 
dem Dfeanos und den Dfeaniden, die heranfom- 
men und ihm die Unterwerfung unter die Obmacht 
des Zeus anraten, daß er allein durch Mitteilung 
eines Geheimniſſes einjt den Deut bon einer Ge: 
fahr, die jeiner Herrichaft drohe, retten fünne; er 
wußte nämlich, daß Zeus in einer Verbindung 
mit einer gewiffen Göttin (Thetis) einen Sohn 
zeugen werde, der ihn vom Throne ftoße. lm 
dies Geheimnis zu erfahren, jchidt Zeus den Her: 
mes an Pr. ab; da diejer es aber nicht offenbaren 
will, bis Zeus ihn von feinen Feſſeln gelöft und 
ihm für die angethane Schmach Genugthuung ge: 
geben habe, jo wird er, von dem Blitz des Zeus 
etroffen, mit dem Felſen in den Abgrund ge: 
ürzt. Hiermit endet die Tragödie. Der Inhalt 
des — Stückes, des befreiten Prometheus, 
war: Nach langer Zeit kommt Pr. an dem Felſen 
wieder ans Tageslicht und wird täglich von dem 


— Propertius. 


‚der er in mehrfache Verbindung gebracht wird, 
| und Hephaiftos verehrt; er hatte dort in der Mfa: 
demie ein Heiligtum, wo ihm ein Feſt, die Pro- 
metheen, r« TIgounjdeı«, mit Fackellauf gefeiert 
wurde. 

Promunturium ſ. unter den einzelnen Artikeln 
des Beiſatzes. 

Promulsis j. Mahlzeiten, 8. 

Prömus (von promere, hervorlangen), ber 
Ausgeber, raulag, der die Vorratskammer, cella 
penaria, öffnete und daraus die Vorräte ausgab, 
ſowie condus (von condere, verwahren), der fie 
wieder in die Kammer legte; meiſt bejorgte der: 
jelbe Save, procurator peni, beide Geichäfte. 

IIgoveia \. Pallas Athene, 4. 

ITgöoveog j. Templum, 5. 

Pronoi oder Pronnoi j. Kephallenia. 

IIgövor« |. Pallas Athene, 4. 

Pronüba, Eheftifterin, Beiname der Juno Ju- 
' galis, Hen Tlaunkıog. Verg. A. 4, 166. Or. her. 
6,43. — Pronubae hießen bei den Römern die 
' Hochzeitbejorgerinnen der Braut, unbeicholtene, in 
erfter Ehe lebende Frauen. Catull. 61, 186. 

'  Propertins, Sertus, wurde in Umbrien 
(1, 22, 9ff. 5, 1, 64) und zwar wahrjcheinlich in 


22 





ſiſium, dem heut. Aſſiſi, geboren (5, 1, 2 Das 
| Geburtsjahr ijt unbelannt und nur durch Schlüffe 


zu ermitteln; jedesfalld war Pr. jünger als Tibull 
und älter ald Ovid, muß aljo zwiichen 54 und 
43 v. C. geboren jein. Or. trist. 4, 10, 53f. 
2, 465 ff. Anderſeits führt Feine Beitanjpielung 
über 16 v. E. hinaus. Er ftanımte aus unbekann— 
ter Familie (3, 24, 37), verlor den Bater in früher 
Jugend (5, 1, 127), büßte bei der im J. 41 durch 
Oectavian beranftalteten Verteilung von Ländereien 
an die Veteranen fein väterliched Erbe ein (5, 1, 
127 ff.) und begab ſich frühzeitig nach Rom. Hier 
wurde er im J. 28 (5, 1,3. 3, 31), nach faum zurüd: 
gelegtem achtzehnten Lebensjahre, von Liebe zu der 
hönen und geiftreichen Hoftia ergriffen (3, 15), 





Adler zerfleifcht, bi8 der Kentaur Cheiron, der welche ihn zur Poeſie begeifterte und unter dem, 
durch einen giftigen Pfeil des Herafles an einer | nach der Sitte der Zeit erdichteten, Namen Cynthia 
unheilbaren Wunde leidet, freiwillig feiner Un! von ihm gefeiert wurde. Er wohnte auf dem 
fterblichkeit entjagt und für ihn in den Tod geht. Eſquilin (3, 23, 24), in der Nähe des Mäcenas, 
Nun en Heraffes mit dem Willen des Yeus | den er, wie die übrigen Dichter feiner Zeit, als 
den Adler und Iöft den Pr., der vor feiner Ent: | jeinen Gönner en (4, 9). Sonſt ſcheint er, 
— ———— Geheimnis offenbart. Dem höchſten, der Liebe und der Poeſie ergeben, übrigens kränk— 
weijen Weltregierer nd fteht hier Br. als troßiger | lich, im Kreiſe vertrauter Freunde jehr zurüdge- 
Beihüger der Menſchen mit weltlicher Klugheit | jogen gelebt zu haben; eine Reije nach Griechen: 
gegemüber; jeine Gaben, die er den Menjchen bietet, | land wird 4, 21 erwähnt. — Wir befigen von 
und bie er für die höchſten hält, find nur irbifche —* 5 (nah Lachmann), nach der älteren irrigen 
Güter, die auf irdiiches Wohlfein abzweden; die | Abteilung 4 Bücher Elegien. Der Inhalt derjelben 
höchſten, jittlichen Güter der Menjchheit, deren | ift zum größten Teile feinem Zuſammenleben mit 

ort Zeus jelbft ift, fennt er nicht und vermag | Cynthia entnommen und jchildert die mannigfal- 
ie nicht zu geben. Er will fich, im Vertrauen auf | tigen Wechjelfälle dieſes Verhältnifjes, welches nach 
die gewöhnliche Klugheit und Kraft des Menjchen: | einjähriger Trennung (4, 16, 9) 5 Jahre hindurch 
geiftes, dem höheren, göttlihen Willen des Zeus | dauerte (4, 25, 3). Pr. zeigt dabei eine feurige 


| 


nicht unterordnen und muß daher leiden, bis er 
von jeinem Trotze abläßt. — Br. joll aud die 
Menjchen gefhaffen haben aus Erde oder aus 
Waller und Erde, entweder uranfänglich (Or. met. 
1, 82), oder in Gemeinschaft mit Athene nach der 
deufalioniichen Flut. Seinem Sohne Deutalion, 
den er mit Hefione oder Mriothea oder Pandora 
oder Klymene zeugte (dt. 4, 45 nennt Aſia jeine 
Frau), ſoll er vor der Flut den Nat gegeben 
haben, zu feiner Rettung ſich eim Schiff zu er: 
bauen. Zu Mthen wurde Br. neben Athene, mit 


ı Natur, welche Freude und Schmerz mit der größten 
Leidenjchaft auffaßt, aber auch ein tiefes Gemüt 
und einen edlen Charakter. Die Zuneigung zu 
| jeiner Geliebten gründet fich nicht allein auf ihre 
‚ förperliche Schönheit, bon der er (2, 2) ein glän- 
— Bild entwirft, ſondern auch auf die geiſtige 
Anziehungskraft der mit allen Künſten der dama— 
ligen Bildung reich ausgeſtatteten Römerin (3, 13, 9). 
Obgleich ſie den Dichter durch Laune und Treu— 
loſigkeit oft verlegte und zuweilen einem reicheren 
Bewerber den Borzug gab, blieb er ihr dennoch 





997 


treu ergeben, und auch, nachdem er jich mit zer: | welcher als Statthalter in eine prätoriihe Pro— 
riffenem Herzen von ihr losgeſagt hatte (4, 25), | vinz (j. Provincia) ging. Amt und Rechte der 
bewahrte er ihr bis über das Grab hinaus (5, 7, 1ff.) Proprätoren waren bis auf die äußeren Ehren 
jeine Auhänglichleit. Dieje innige Liebe, von der | denen der Prokonſuln gleich, alſo beſaßen fie voll- 
jein ganzes Wejen durchdrungen ift, bezeichnet er | fländige Yurisdiftion und Verwaltung, im Not: 
ſelbſt wiederholt (am ausführlichiten 2, 1) als die | falle auch militärische Gewalt, doch hatten fie mur 
unerichöpfliche Quelle jeiner Boefie; und feiner 6 Liftoren, die Hälfte der den Prokonſuln zuge: 
unter den römijchen Dichtern hat bie Shut der ftandenen, und eine kleinere Kohorte; vgl. Cohors 
Leidenschaft mit jolcher Wahrheit gejchildert, wie praetoria. In der Kaiſerzeit heißen jämtliche 
Prop. Dadurch erhalten jeine Gedichte eine große | Statthalter der kaiſerlichen Srovinzen (mit Aus⸗ 
Lebendigkeit, welche freilich der Darftellung eine nahme von Agypten, das bejondere Stellung als 
Kürze gibt, die oft hart und abgerifjen erjcheint kaiſerliches Hausgut hatte, Tac. ann. 2, 59, und 
und die Auffafjung des Gedankenzufammenhangs | von römijchen Rittern verwaltet wurde, vrocura- 
erichwert. Trotzdem weiß er jeine Empfindungen  tores, Tac. ann. 12, 60. hist. 1, 11) im Gegenjaß 
mit überlegener Kraft zu en on und in wohl: zu den proconsules, Statthaltern der jenatorischen 
durchdachten, bis in die feinften Züge ausgemalten rovinzen, propraetores. Jaec. ann. 2, 66. 12,31. 
Schilderungen ——— Damit verbindet er Der vollftändige Titel war legatus Caesaris pro 
einen ausgedehnten Ge ag} entlegener Dnthen, | praetore consulari potestate. 

welche er bald in flüchtigen Andeutungen, bald in; Propugnacülum j. Belagerung, 9. 
weiterer Ausführung in jeine Darftellung verwebt,| Propylaia j. Attika, 9. und Baukünst- 
überall aber mit poetijchem Geifte Durchdringt. Er ler, 4. 

folgte darin dem Borgange der alerandriniichen Ele: Proquaestor (au pro quaestore) zur Beit 
giter, Kallimachos und Philetas, denen er, angezogen | der Republik Bezeichnung eines außerordentlichen 
durch ihre Formenbeherrichung, vorzugsweije nach: Quäſtors, der einen durch Tod oder jonft abge- 
eiferte (4, 1), und durfte bei jeinen Zeitgenoſſen gangenen Quäſtor erjeßt (Cie. Verr. 1, 4. 15, 36), 
ein allgemeines Berftändnis dieſes Schmudes, der | oder deſſen Quäſtur verlängert wurde (prorogare). 


Propoetides — Iloogxvveiv. 


ihm fpäter den Vorwurf überladener Gelehrjam- | 
feit und Dunkelheit zuzog, vorausjegen. Die 
Sprade ift nach griechiſchem Gejchmade jorgfältig 
— der Versbau kräftig und ſchwungvoll. — 
ie Gedichte des fünften Buches, welche teilweiſe der 
letzten Lebenszeit des Dichters angehören und viel— 
leicht aus dem Nachlaſſe desſelben von Freunden 
herausgegeben worden ſind, unterſcheiden ſich we— 
ſentlich von den früheren; ſie behandeln meiſt Stoffe 
aus der römiſchen Sage und Geſchichte und ver— 
raten eine edle —— — Begeiſterung. Das letzte 
Gedicht, deſſen Zeit nachzuweiſen iſt (5, 6), fällt 
in das J. 16 dv. C. — Ausgg. von Muret (1558), 
J. Scaliger (1582 ff.), Pafleratius (1608), Brouf: 
—* (1727), Vulpi (1755), Barth (1777), p. 
urman und Santen (1780), Kuinöl (1803), 
Lachmann (1816), Herkberg (1843—45, Haupt: 
ausgabe), Bährens (1880); Tertausgaben von Bal- 
damus (1827), Jacob (1827), Lachmann (1829), 
9. Keil (1850. 1857), Haupt (mit Catulf und Tibull, 
5. Aufl. 1885) und Luc. Müller(1870); Überjegungen 
von Hertzberg (1838) und F. Jacob (1860 ff.). 
Propoetides, Jungfrauen in Amathüs, welche 
zur Strafe, daß fie die Gottheit der Venus ge: | 
leugnet hatten, in Steine verwandelt wurden. 
met. 10, 221 ff. | 
Propontis, n IIoomovris (dad Vormeer, j. 
Marmarameer), das Eleine Meer, welches durch 
den Hellespont im W. und den thrafijchen Bospo— | 
ros im D. den Pontos Eugeinos mit dem Aigai— 
iichen Meer verbindet. Herodot (4, 85) gibt ziem: | 
lid) — die Länge auf 1400 Stadien, Be reite | 
auf 500 Stadien an. An der Südküſte liegen der 
Kianiſche (j. Imdichir-liman) und der Olbia: | 
nijche oder Aſtake uk Meerbujen (j. Meerb. | 
von Iſmid). Bedeutende Pilanzjtädte, 3. B. de | 
rafleia, Berinthos, zen Kies, lagen an 
ber Küfte; die Inſeln Ophiufa, Elaphonejos, Pro— 
konneſos, Bejbilos u. j. w. vor berjelben. Strab. | 
2, 124. 12, 541. 574. 
Propraetor (aud) pro praetore) hieß gegen 
das Ende der Republif der geweſene Prätor, 


I 








Cie. ad fam. 5, 6. 

Pröra j. Schiffahrt, 5. 

Prorogatio, die ag, er, eines Amts: 
jahrs (magistratus), eines Oberbefehl$ (imperii), 
einer Provinzverwaltung (provincine). 

Prorsa j. Evander. 

Proschion, IIgöoyıov, Stadt Witoliens, am 
jübwetlihen Abhange des Berges Arakynthos, 
nad Strabon (10, 451) ziemlih an der Stelle 
des homerischen Pylene Hom. Il. 2, 639). Thue. 
3, 102. 106, 

Proseriptio, die Achtserflärung vieler ange: 
fehenen und reihen Männer, zu durch Sulla 
eingeführt (40 Senatoren, 1000 Ritter), der ihr die 
Geſtalt eines Nechtsinftituts mit dauernden recht: 
lihen Folgen gab (novi generis edietum, For. 
3, 21); hernad dur die Triumdirn, Antonius, 
Dctavian und Lepidus, wiederholt (130—150 Se: 
natoren). Die Namen der Projfribierten wurden, 
auf Tafeln gejchrieben, öffentlich ausgeftellt, und 
war der aljo Geächtete vogelfrei, und jeine Kinder 


‚und Nachkommen aller Ehrenftellen und alles Ver— 


mögens verluftig; die Güter murden für den 
Staat (d. h. für die Gewalthaber und ihre Sol: 


. daten) eingezogen (bona publicare), Die Söhne 


der durch Sulla geächteten Senatoren mußten, 
troßdem ihnen Vermögen und Ehrenftellen ge: 
nommen waren, dennod die Laften ihres Standes 
— (Vell. Pat. 2, 28); Cãſar reſtituierte fie. 
Vell. Pat. 2, 43. 

IIgosti.nvor |. Arkadia. 

Proserpina j. Persephone. 

Ilgooxnvıor j. Theatron, 8. 

ITgosxepalhetor |. Mahlzeiten, 3. 

IIgöszinoıg |. Prozefs, 37. 

IIgosxvveiv (von xureiv, füflen, nicht von 
xvor), zunächſt und eigentlich die perjiiche Ber: 
ehrung gegen ihre Könige und andere Große, indem 
man 4 vor Hvcn niederwarf und mit dem Wir: 
gejicht die Erde berührte; bei den Griechen als 
entichiedenjtes Zeugnis der äußerſten Servilität 
angejehen und daher von Konon zurädgewiejen 


998 Prosodion — Provineia. 

und von Kallifthenes (j. d.) dem Mlerander ver: | König in Phylake in Thefjalien, warb unter allen 
weigert. — Bei den Griechen war die moogxurnoıg | Kriegern vor Troja zuerjt getötet, und zwar von 
vielmehr cine Verehrung der Götter durd Kuß— | Heftor (Ov. met. 12, 67), während er, der erfte 
hände, die jchon frühzeitig vorlommt. Die Römer | von allen, aus dem Schiff ans Land jprang. Hom. 
gaben das Wort durch adorare, venerari, weniger | IT. 2, 695 ff. Seine Scharen wurden darauf von 


adulari, wieder, j. Adoratio. 

Prosodion ſ. Lyrische Pcüsie, 4, 

ITgösodo: j. Staatshaushalt, I. | 

Prosopitis, /Teoswzirıs, Inſel in Agypten, 
die einen eigenen Nomos bildete, im W. von dem 
fanobijchen, im O. von dem jebennptiichen Niların, 
im N. von einem Kanal umfjchloffen, mit den 
Städten Projopis und Atarbechis(oder Aphro— 
ditopolis). Hdt 2, 41. 165. Thue. 1, 109. Strab. 
17, 802. 

IIgooratung |. Zivos, 1. 

Hgöstaßıs |. Arıuda. 

IIgöooroa |. Haus, 2. 

Protagöras, /Iporayöges, einer der berühm- 
teften griech. Sophiften, war in Abdera geboren. 
Sein Leben fällt in die Zeit von 480-410 vd. C., 
demnach war cr etwas älter als Gorgiad und 
Prodifos. Uber jeine Ausbildung und jeine Lehrer 
find nur wenige Nachrichten vorhanden. ine 
Erzählung, die ihm Demofritos zum Lehrer gibt, 


icheint eine Erdidhtung oder Namensverwechfelung | 


zu jein, denn Protagoras war 20 Jahre älter als 
Demofritos. Nur jo viel —53— feſtſtehen, daß 
Pr. die älteren ioniſchen Philoſophen, den Hera— 
kleitos und die Elcaten genau gekannt und ftudiert 
hat. Ehe er der Philojophie ſich ausichliehlich 
zumwendete, waren Grammatif und Rhetorik jeine 
Studien (detoimeıe, Plat. Phaedr. 267 C); fpäter 
umfahte er alle Gebiete des menschlichen Willens 
und wurde jo einer der gelehrteften Sophiften. 
Er jelbft nannte fich zuerſt einen Sophiften und 
nahm für einen Lehrlurſus 100 Minen. In 
hohem Anjehen ftand er bei Perikles, durch deflen 
Vermittlung er im $. 443 mit andern athenifchen 
Koloniften nach Thurioi gefandt wurde, um bie 
Geſetze diefer Stadt zu repidieren und den Zeit: 
verhältniffen anzupafien. Bon feinen Lehren find 
durch Platon und andere uns mehrere Säße er: 
halten und befannt geworden. So Ichrte er, daß 
alles jei, was nnd wie es einem jeden Menjchen 
erfcheine; er verſprach and) zu Ichren, eine ſchwächere 
und jchlechtere Sache zur ftärferen und befferen zu 
machen (röv Frrw Aöyor norirrw oreiv). Hieher 


—— auch die von ihm aufgebrachten Aoyor | 


erorıxol nach jeinem Saß dvo Aoyovg eivaı epl 


jeinem Bruder Podarkes geführt. Berühmt ift 
jeine und jeiner Gattin (Raodameia, der Tochter 
des Afaftos, oder Bolydora, Tochter des Melea— 
‚gros) gegenjeitige Liebe. Catull. 68, 81 ff. Als 
Laodameia den Tod ihres Gemahls erfuhr, ge— 
‚ währten ihr die Götter die Bitte, daß Protefilaos 
auf 8 Stunden in die Oberwelt zurüdfehre, und 
als num Pr. zum zweitenmal ftarb, ftarb fie mit 
'ihm. Hygin. fab. 103. Propert. 1, 19,7. Or. met. 
12, 67. her. 13. Luc. dial. mort. 23, 1. Sein 
Grab war zu Eleus auf dem thrafiichen Cherſo— 
‚nes, wo er auch einen reichen Tempel hatte. Hdt. 
7, 33. 9, 116. 120. Plin. 16, 99. Auch zu Phylake 
hatte er ein Heiligtum und geichenfpieie. 
Proteus, /Igorevs, cin weisjagender, dem Po— 
jeidon untergebener Meergreis, der die Robben 
der Amphitrite weidete und fich auf der Aniel 
Pharos bei Agypten aufhielt. Da er des Mittags 
gewöhnlich feine Herde ans Ufer trieb und mit 
ihr im Schatten der Felſen ruhte, überfiel ihn 
einft Menelaos, ald er auf feiner Heimfahrt von 
Troja längere Zeit durch widrige Winde auf der 
Inſel zurüdgehalten wurde, auf Rat der Eido— 
thea, der Tochter des Proteus, im Schlummer 
und nötigte ihn, obgleih er durch verjchiedene 
Berwandlungen fich hatte befreien wollen, ihm zu 
weisjagen, wie er nach Haufe ehren könne. Ho. 
Od. 4, 351 ff. Durch fpätere mythologiiche Deute: 
leien ward Pr. ein ägyptiſcher König auf Pharos, 
der bei den Agyptern Keten (Kerner) geheihen habe 
Diod. Sie. 1, 62), Sohn des Bojeidon, Gemahl der 
famathe (pchuetos, Sand), bei Euripides Bater 
des Theoflyinenos und der Theonoe. Nach Euri— 





Helena zu Pr., während dem Paris ein Schatten- 
bild der Helena folgte; jpäter erhielt Menelaos 
nach der Rückkehr von Troja die Gattin zurüd. 
Hadt. 2, 112-118. Pr. joll von Agypten ſich nach 
Thrafien gewendet und dort die Torone geheiratet 
haben; weil fi) aber feine Söhne Tmolos und 
Telegonos gemwaltthätig gegen Fremde benahmen 
(fie wurden von Serafles getötet), habe er fich 
durch Poſeidon wieder nad) Agypten verjegen laſſen. 
IIgo®eorg vexgoö |. Bestattung, 1. 
IIgo&eouie |. Prozefs, 6. 


— — — — — — — — — 


ravrög modyuarog kvrinsıufvoug aAlrjkorg, feine | Prötis, ITgörıs, aus Phokaia, Stammvater 
regen totoriudu und die Beozıs. In feiner Schrift | des Geſchlechts der Protiaden in Maffilia, welches 
ro Dev behauptete er, nicht zu wiffen, ob es er nach Juſtin (43, 3) um 600 v. E. gründete, 
Götter gebe oder nicht, und wie fie feien. Er nachdem er ſich mit Gyptis, der Tochter des der: 
galt daher in Athen als Atheift und wurde aus tigen Königs Nanus, vermählt hatte. Bgl. Put. 


der Stadt verbannt und feine Schriften öffentlich 
verbrannt. Er flüchtete auf einem Heinen Fahr— 
zeuge, um nach Sicilien zu gehen, foll aber unter: 
wegs in den Wellen jeinen Tod gefunden haben. 
Über jeine loci communes vgl. Cie. Brut. 12, 45; 
über jeine Lehrſätze beſonders Platons Protagoras, 
außerdem Flat. Theaet. p. 156. 152. 160. Cie, 
acad. 2, 46, 142. n. d. 1,2,12.29. Abhandlungen 
von Geift (1827), Vitringa (1852) u. a. 

Pröte, /Iesrn, Inſel nördlich unweit Pylos 
an der Weftfüfte Meffeniens. 7ruc. 4, 13. 

Protesiläos, IIgwreollung, ©. des Iphiklos 
und der Aftyoche, Enkel des Aioliden Phylakos, 


| Sol. 2. 

Protogönes j. Maler, 7. 

Protomächos, IIgwröuezos, 1) athenijcher 
Feldherr, der in der Schlacht bei den Arginufiichen 
Inſeln fiegreich den rechten Flügel führte. Dem 
darauf folgenden Prozeife gegen die Anführer in 
dieſer Schlaht entzog er ſich durch freimillige 
| Verbannung. Xen. Hell. 1, 5, 16. 6, 30, 33. 7, 1. 
— 2) Meiteranführer Alexanders des Großen. 
Arr. 2, 9, 2. 

Provincia heißt 1) im allgemeinen ein Ge— 
ichäftsfreis, Auftrag, 3. B. prov. urbana, 
prov, maritima, Anführung der Flotte. — 2) eine 





pides brachte Hermes die von Paris entführte - 


— 


2* 
-. 


Provincia. 999 


Provinz, d. h. jedes unterworfene Land aufer: | betrachteten und wünſchten. Daher war die Lage 
halb Ftaliens, das von Rom aus durd) Statthalter | der Provinzen eine jehr drüdende, und namentlich 
verwaltet wurde. Die von dem fiegreichen Feld- äußerte fich jolche Laft in den verjchiedenen Ge— 
herrn zunächſt vorläufig getroffenen Regierungs- | treidelieferungen (frumentatio, frumentum, ſ. d.). 
anorbnungen wurden herfömmlich durc; den Senat | Außerdem waren die freiwilligen Gejchenfe, die 
beftätigt und ihm darauf 10 Legaten (Senatoren) bei: | jedoch meiftens erzionngen waren, eine reiche Ein: 
geordnet, unter deren Mitwirkung die vollftändige | nahme für die Statthalter, dazu fam Beſtechlich— 
Einrichtung zur Provinz (in formam provinciae | feit beim Nechtfprechen u. |. w. Den PBrovinzialen 
redigere) geichah; dabei wurden ftreng alle Eigen: | ftand dagegen zu Rom bie — repetundarum, 
tümlichfeiten und die bisherige Berfafjung des | wegen Erprefjungen, offen, und wenngleich viel: 
Landes beibehalten, injoweit fte nicht dem römi- fach ſolche mit Erfolg angeftellt wurde, war es 
ichen Weſen und der allmählichen Einführung des: doch in den meiſten fällen aus vielen, zum Teil 
jelben geradezu hinderlid; waren (lex provinciae). | in der Zufammenjegung des Gerichtshofes, zum 
Die alljährlihe Ernennung des Statthalterd Tag | Teil in der Entfernung der Provinzen liegenden, 
in den Händen des Senats, bisweilen wurde Ber ' Gründen nicht möglich Durchzudringen. Daher fam 
wohl aus ftrategiihen Rückſichten dem früheren |e3, dat allmählich die Provinzen verarmten. — 
jein Imperium, auf Antrag des Senats durch ein | Überſicht der römijchen Provinzen bis zum : 
plebiseitum (Liv. 32, 28) oder durch den Senat  %. 117 n. C., nad) der Zeit ihrer Einrichtung. 
allein (daf. 10, 22) prorogiert. Diele Statthalter | A. Zur Zeit der Republik: Sicilien 241 v. C., 
befamen außer der Anführung des Heeres die Ge: | Sardinien und Corfica 238, Gallia cisalpina 222, 
richtöbarfeit und die Verwaltung der Provinz, doch Hiipania Tarraconenfis und H. Baetica 205, Illy— 
fonnten fie nicht über die vectigalia verfügen, | ricum (Dalmatien) 167, Makedonien 146, Afrika 
da diefe von den Cenjoren zu Rom an die Bubli: | 146, Achaja etwas jpäter, Afien 129, Gallia Nar- 
cani (j. d.) verpachtet wurden. Außerdem waren | bonenfis 120, Bithynien 74, Kyrene 74, Kreta 67, 
fie durch die für jede Provinz bejonders aus: | Pontus 65, Kilifien 64, Syrien 64. B. In der 
geftellte lex provinciae gebunden. Jedem Statt: Kaiſerzeit: Agypten 30 v. E., Aquitanien, Gallia 
halter wurde ein Quäftor beigegeben, der Zahl: | Lugdunenfis, Lufitanien, Belgica (unterworfen jeit 
meifter, welcher von Rom aus die für die Pro- | 50, eingerichtet 27), Germania superior und in- 
vinz nötigen Gelder erhielt, aber auch alle Ab: | ferior 27, Kypros 27, Galatien 25, Pamphylien 
gaben in der Provinz (mit Ausnahme der vecti- |25 (43 n. E. durch Lykien vergrößert), Rätien 15, 
galia) einzutreiben hatte. Er jollte nach urfprüng: | Noricum 15, Alpes maritimae 14, Pannonien 
lich römiſcher Anſchauung zu feinem Vorgeſetzten 9 n. E., Möfien ebenfalls 9 (nad Mommſen jchon 
in dem Pietätsverhältnife eines Sohnes zu feinem | 11 dv. E.), Kappadofien 17, Numidien 39, Mau: 
Bater ftehen und durfte deshalb auch niemals vor | retanien (Tingitana und Cäjarienfis) 42, Britan- 
Gericht gegen feinen Vorgeſetzten zeugen, konnte | nien 43, Thrafien 46, Pontus Polemoniacus 63, 
auch bei jchlechtem Betragen von dem Statthalter | Kommagene 73 (war von 17 bis 38 n. E. jchon 
entlaffen werden. Außerdem begleitete diejen die Broving) Arabien, 105, Dacien 107 (uach Momm— 
fogenannte Cohors praetoria (j. d.). Alljährlich |jens Berechnung), Armenien und Mejopotamien 
hatte er jeine Provinz zu durchreiſen, was wegen | nebjt Afiyrien 115. — Als Auguftus anerkannter : 
der Kriegführung während des Sommers meiftens | Fürft des römifchen Volt war, teilte er im J. 
im Winter geichah, zur Abhaltung der Gerichts: | 27 v. E. die damals vorhandenen Provinzen mit 
tage (vgl. Conventus). Wohin er nicht felber | dem Senate. Er übernahm die in irgend einer 
fommen fonnte, dorthin jchidte er jeine Legaten, | Weife jchwierigen, ſei es, daß die Einwohner noch 
doc war eine Berufung an ihn zuläſſig. Bei fei- nicht beruhigt waren, oder daß friegeriiche Nach— 
nen Enticheidungen mußte es verbleiben, es jei | barn mit Einfällen drohten; die übrigen fried: 
denn, daß in Kriminalfällen jemand fich ausdrücd- | lichen überließ er dem Senate. Scheinbar geftand 
lih auf fein römifches Bürgerrecht berief vers dem Senate die bejten, einträglichften zu, er 
3. B. der Apoftel Baulus), in welchem Falle ber: | jelber übernahm nur Sorge und Gefahr, in Wahr- 
jelbe verhaftet und nad) Rom gejandt wurde. Da | heit aber machte er den Senat waffenlos und be: 
aber dem Statthalter gar fein Gegengewicht, mie | hielt für fich allein das Heer; nur eine einzige 
zu Rom dur die Anterceifion, gegenüberjtand, | jenatorijche Provinz (Afrila) mußte ein Heer von 
jo waren die Provinzialen ganz dem guten oder 1 Legion erhalten, das auf wenige Jahre, 20 bis 
ichlechten Willen desjelben anheimgegeben. Dazu Anfang 24 n. E. (Tac. ann. 3,9. 4, 23), auf 
fam, daß derjelbe jich manche anderweitige Be: 2 Legionen erhöht werden mußte. Die Teilung 
drüdungen gegen jeine Untergebenen erlaubte. ergab für den Senat (Dio Cass. 53, 12): 1) Afrifa 
Freilich waren die Leiftungen der Provinzialen | mit Numidien, 2) Aſien, 3) Hellas mit Epirus 
jeftgejet durch die lex Julia de provinciis, 59 (Achaja, Dio Cass. 55, 26), 4) Dalmatien, 5) Ma: 
v. E., und jollten, da den GStatthaltern alles | fedonien, 6) Sicilien, 7) Kreta mit Kyrene, 8) Bi: 
Übrige von Rom aus gegeben twurde, nur in der thynien mit Bontus, 9) Sardinien und Corfica, 
Lieferung von Fourage für das Zugvieh und 10) das bätijche Hifpanien. Anguftus nahm für 
jonftigen Erforderniffen auf den Reiſen derjelben | ſich 1) das übrige Hiſpanien (Tarraconenfis), 
durch die Provinz, als in Quartier, Dot. Bug: | 2) Gallien (mit Einjchluß von Germania superior 
vieh u. ſ. w., beftehen; aber es fehlte bei der, umd inferior), 3) Syrien mit Phoinifien, 4) Kili— 
teilweife großen Entfernung von Rom an jeder | fien, 5) Kypros. Schon nach 5 Jahren, 22 n. €. 
Kontrolle, und es herrichte unter den römiichen | (Dio Cass. 53, 12. 54, 4. Suet. Oct. 47), tauſchte 
Nobiles in diefer Beziehung auch die größte Nach:  Auguftus Dalmatien für Kypros und das narbo— 
fit, da fie alle eine Statthalterichaft als voll— | nenfiihe Gallien ein, jo daß Strabon (17, 840) 
gültige Gelegenheit ihrer eigenen Bereicherung | mit diejer Abweichung diejelben Senatsprodinzen 











1000 


aufzählen konnte, wie fie Dio Caſſius angegeben. 
Bei diejer Anderung war übrigens Jllyricum (die 
frühere Provinz Cäjars, der ſchmale Landſtrich am 


Adriatiichen Meere), von Dalmatien abgenommen, 


dem Senate verblieben und mit Epirus (das jept 
von Achaja abgezweigt wurde) verbunden. Soldye 
Vertauſchungen ee übrigens jpäter mehrmals 
ftatt, wie überhaupt Auguftus und nachfolgende 
Kaifer ſich nicht der fpeziellen Sorge für die 
Senatsprovinzen überhoben hielten und öfter jelb- 
ftändia in die Ordnung und Verwaltung derjelben 
; eingriffen. Eine Provinz, Agypten, war nicht in 
die Teilung einbegriffen; fie war gewiffermaßen 
Hausgut des Fürften; aus politiichen Gründen 
hatte Auguftus diejelbe fich perjönlich vorbehalten. 
Agypten war nämlich die Kornlammer Roms, wer 
fie beherrichte, war Herr von Rom. Taec. ann. 
2,59. hist. 1, 11. ar hatte Auguſtus auch 
das —*9 gegeben, daß kein Senator oder er— 
lauchter Ritter ohne Erlaubnis des Fürſten dieſes 
Land betreten durfte. Tac. ann. 2, 59. Dort 
blieben unter Auguftus die jchon von Cäſar da- 
felbft ftationierten 3 3 Legionen Huet. Caes.76. Strab. 
17, 797: reda rdyuare), während Tacitus (ann. 
4,5) im J. 23 n. E. und fpäter nur 2 Legionen 
als Beſatzung angibt. Wahrjcheinlich hatte Ger: 
manicus im J. 19 n. C. die leg. XII von dort 
nach Syrien verlegt, wojelbit von da an 4 Le— 
gionen ftanden, Fi die urjprüngliche Bejagung 
nur 3 Legionen betrug. Die Verwaltung Äghptens 
war ebenfalls von der aller übrigen Provinzen 
verjchieden. Nur geringere und, weil weniger ehr— 
geizig, deshalb zuverläffigere Männer, d. i. aus 
dem Ritterftande, wurden dajelbft zu Statthaltern 
eingejegt. Tuc. ann. 12, 60. hist. 1, 11. Dio Cass. 
51, 17. — Die Statthalter der ſenatoriſchen Pro- 
vinzen zerfielen in 2 Kategorien. Afrika und Aſien 
erhielten nach Entjcheidung des Senats geweſene 
Konfuln zur Verwaltung, und zivar für gewöhn— 
lich alljährlich die beiden älteften Konſularen, 
e3 jei denn, daß namentlich Afrika ausnahms: 
weife wegen räuberiicher Angriffe der Nachbar: 
völter jpezielle Sorge und ausgezeichnetes Kriegs: 
talent verlangte. Tac. ann. 3, 35, Die übrigen 
Senatsprovinzen wurden prätorijchen Männern 
übergeben, doch ebenfalls mit dem Titel pro- 
consules (und den nfignien derjelben). Dio 


proconsulibus sortito permisit) bezieht. Da- 
gegen hießen die Statthalter der kaiferlichen Pro: 
pinzen, mochten fie immerhin auch ſchon Konjuln 
Son fein, propraetores, zur Bezeichnung, 
aß fie Heere befchligten (praeire). 

prätoren (legati Caesaris pro praetore consulari 


Dieje Pro: | 


1 








I 


Provocatio. 


2 Jahre dieje Erleichterung erhalten (Dio Cass. 
54, 30), ähnlich Sardinien 6 n. E. (Die Cass. 
55, 28). Die proconsules hatten 12 lietores 
(Öwdsnameltxeig), die propraetores 6 (dfumeid- 
xtis); jene begannen ihr Amt und nahmen infolge: 
deſſen die Inſignien desjelben ſogleich an, nach: 
dem fie Rom verlafjen hatten, und beendeten cs 
bei ihrer Nüdfchr erjt vor Rom, dieje mußten 
fih aller Amtshandlungen und Zeichen bis zur 
Ankunft in der Provinz enthalten; jene erhoben 
den Tribut von ihren Unterthanen, weshalb ihnen 
ein quaestor beigeordnet und untergeben war, 
diefe bedurften desjelben nicht, denn der Kaijer 
jandte noch bejondere procuratores in die laiſer— 
lihen Provinzen. Aber auch in den ſenatoriſchen 
Provinzen gab es Faijerlicdyes Gut, zu deſſen Ber: 
waltung und Berechnung neben dem proconsul 


‚und quaestor des Senats unabhängig ein faijer: 


lier procurator (j. d.) geichidt wurde, deſſen 
Macht für a. ſich allerdings nur über 
servitia et pecunias familiares (Tae. ann. 4, 15) 
erftredte, der jedoch unter bejonderen Umftänden 
auch wohl das ius praetoris, d. h. eigene Ge— 
richtsbarfeit und Verfügung über etwa vorhandene 
Militärmadht, erhielt und auch wohl praetor hieß 
und als joldher einen bejonderen quaestor unter 
ſich hatte (Tac. ann. 1, 74: praetorem Bithyniae, 
quaestor ipsius). Aber es gab auch kaiſerliche 
Provinzen mit dem ius praetoris (Tuc. ann. 2, 56), 
das find folche, die weder jo bedeutend waren, daß 
fie von bejonderen propraetores verwaltet werden 
mußten, noch jo geringfügig, daß zu ihrer Ver: 
waltung ein bloßer procurator (wie 3. B. Judäa 
unter Pontius Pilatus) genügte, z. B. ein prac- 
tor Hispaniae citerioris wird ausdrüdlih Tae. 
ann. 4, 45 erwähnt; auch Kommagene empfing im 
%. 18 n. E. den Quintus Serväus als praetor 
(Tac. ann. 2, 56). Namentlich gab es unter Nero 
mehrere ſolcher Provinzen unter praetores in 
Kleinafien (Tac. ann. 15, 25). Außerdem daß die 
Kaijer, bejonders Tibertus, mehr auf die Verwal: 
tung der Provinzen achteten und durch Einrich: 
tung eines Gehalts für die Statthalter ihnen 
manche Zweige der Bereicherung und Bedrüdung 
entnahmen, und überhaupt in den Prozeſſen wegen 
Erprejjungen jehr ftrenge Strafen verhängt wur: 


‚den, verbejlerte jich die Lage der Provinzialen 
Cass. 53, 13, worauf ſich Suet. Oct. 47 (ceteras 


namentlich durch die Verlängerung der Statthal: 
terichaft auf mehrere Jahre, % daß aljo die Inter: 
thanen, wie Tiberius fagte, wohl gejchoren, aber 
nicht gerupft werden follten. Im übrigen blieb 
die innere Verwaltung der Provinzen diejelbe, wie 
Feen und gab der Kaiſer den Statthaltern eine 
Inftruftion mit. Allmählich verjchwand auch der 


potestate) verwalteten abweichend von den re- | Unterjchied der jenatorifhen und faiferlichen Pro: 


publitanijchen Einrichtungen und auch im Unter: 
ichied von den fenatorischen Profonjuln in der 
Regel und im Prinzip länger als ein Jahr (jelten 
über 5 Nahre) ihr Amt, wodurd den Provinzialen 
eine große Erleichterung erwuchs, jo daß in Zeiten 
großer Gelderihöpfung auch wohl eine jenatorische 
Provinz vorübergehend vom Kaijer übernommen 
wurde, damit ſich dieje Provinz durch die dar— 


gebotene —— an Abgaben und Zahlungen | 


erholen konnte, 3. Achaja (Taec. ann. 1, 76. 
Dio Cass. 58, 25), 44 n. €. von Claudius dem 
Senate zurüdgegeben (Suet. Claud. 25. Dio Cass. 
60, 24); —* hatte ſchon 12 v. C. Aſien auf 


vinzen, und der Kaiſer regierte dem Weſen nach 
in allen. ©. Marquardt, römiſche Staatsberwal— 
tung, Band 1. 

Provocatio, 1) bei den Griechen, j. Pro- 
zels, 8. — 2) Bei den Römern War prov. in 
der Königs: und der republifanijchen Zeit die 
legte Zuflucht zum Bolfe mit dem Antrage, ein 
vom Könige oder dem Magiftratus gefälltes ri: 
minalftraferfenntnis aufzuheben; dies betraf unter 
den Königen (Cie. r. p. 2, 31) bis Servius Tullius 
die Euriat:, von da an die Eenturiatverjamm- 
lungen. Nachdem die Patricier nach Vertreibung 
ber Könige den Stand der Plebejer als wirkliches 


Iloogevi«a — Prozefs. 


Glied des populus anerkannt hatten, war das 
ejamte Bolt jouverän. Noch bejonders ausge: 
prochen wurde dies durch die lex Valeria 509 
v. C.: ne quis magistratus civem Romanum 
adversus provocationem necaret neve verbera- 
ret (Liv. 2, 8.30. Val. Mar. 4, 1,1), erneuert 
449 vd. E. durch die lex Valeria Horatia: ne quis 
ullum magistratum sine provocatione crearet, 
qui creasset, eum ius fasque esset occidi neve 
en caedes capitalis noxae haberetur (Liv. 3, 55), 
mit geringer Erweiterung in demjelben Jahre von 


Duilius wiederholt: qui plebem sine tribunis | 


reliquisset quique magistratus sine provoca- 
lione creasset, tergo ac capite puniretur, Beide 
legteren PBlebifeite waren durch die gemwaltthätigen 
Handlungen der Decemvirn hervorgerufen, die ur: 
—** allerdings mit der Beſtimmung einge— 
ſetzt waren, daß weder Tribunen gewählt werden, 


noch provocatio verſtattet ſein jollte (j. Decem- 
Auch in dem Begriffe der Diktatur lag 


vırı) 
es, daß von den Anordnungen und Enticheidungen 
des Diktators feine provocatio ad populum ftatt- 
haben konnte (Ziv. 2, 18, ſ. Dietator), obwohl 
thatſächlich ſpäter Ausnahmen vorlamen. Durch 
die leges Porciae wurde, etwa 195 v. E., die 
Brovofationsbefugnis über die Bannmeile hinaus 
erweitert. Nachdem jeit der Mitte des 2. Jahrh. 
v. C. allmählid die quaestiones perpetuae (j. d.) 
an die Stelle der Bollsgerichtsbarfeit getreten 
waren, lag gerade in diejer Stellvertretung des 
Bolfes die Aufhebung der provocatio an das 
Voll, und weder Sulla noch Cäſar hatten nötig, 
wie behauptet worden (Göttling, römiſche Staats: 
verfafjung, S. 464 ff.), die prov. aufzuheben. Fak— 
tiſch bejtanden ſowohl die betreffend 

provocatione ad populum, als auch in einzelnen 
Fällen die provocatio jelber noch fort, aber die 
leges Juliane des Cäſar (46 dv. E.) fahten das 
Berbrechen des Magiftratus, die provocatio nicht 
u achten, unter den Begriff der vis publica und 
I ten als Strafe die aquae et ignis interdictio 
Ich — liber den Unterjchied der provocatio von 
der appellatio, dem Zuhülferufen eines Magie: 
ftratus, damit diejer durch jein Veto einjchreite, 
j. Appellatio. — Unter den Kaifern, die fortan 
die Majeſtät des Volkes in ihrer Perjon vertraten, 
hörte natürlich die provocatio ad populum auf, 
nur der Kaijer konnte vor und nach ber Em 
jentenz Schuß und Gnade verleihen, daher waren 
nunmehr aud beide Ausdrüde provocatio und 
appellatio gleichbedeutend. Selbft in den Pro: 
vinzen fonnte ein römischer Bürger fich dem 
Statthalter gegenüber. auf den Kater berufen, 
in weldem Falle die perjönliche Überführung nad) 
Nom geichehen mußte. Bier entſchied der Kaiſer 


jelber mit jeinem Konftftorium, oder er übertrug 


die Sache dem praefectus praetorio, bezw. urbı, 
* dem Senate, ſowohl in Kriminal- als Cibil— 
ällen. 

Ilgosevia und IIgoßevos j. Zivos, 2. 

Proxenos, IIgö&svos, 1) 6 Boihrios, Schüler 
des Gorgias und Freund des Zenophon, mit dem 
er an dem Zuge der Zehntaujend teilnahm. Auf 
dem Rückzuge wurde er von Tiffaphernes ver: 
haftet, zu Artaxerxes geichleppt ımd hingerichtet. 
Xen. An. 1,1,11. 2,6, 16 (wo aud) jein Cha: 
rafter geichildert ift). 3, 1,4.5,3,5. — 2) aus 
Tegea, ſtand mit Kallibios an der Spibe der 





en Gejege de 








1001 


Gegner Spartas; er war cin bejonderer Förderer 
des Baues von Megalopolis, den er freilich nicht 
jelbft erlebte, da er in einem Kampfe der Bar: 
teien in feiner Baterftadt fiel. Xen. Hell. 6, 5, 6f. 
Paus. 8, 27,2. — 3) ein Athener aus Aphidna, 
Feldherr in den legten Jahren des heiligen Krieges 
(347 v. E.). Aeschin. fals. leg. 37. — 4) Anführer 
der thebanifchen Hülfstruppen der Amphiffaier gegen 
Philipp, 339 v. C. ließ fih von dem atheniſchen 
Feldherr Chares überliften. Polyaen. strat. 4, 2,8. 

Prozefs, A) attiſcher (vgl. Meier und Schb— 
mann, ber attiiche Prozeß, 1824. 2., von H. Lip: 
ſius bearb. Aufl. 1882-87. E. Platner, Beiträge 
= Kenntnis des attiichen Rechts, 1820, und: 

er Prozeß und die Klagen bei den Attikern, 
1824 f., ſowie die Lehrbb. der griechiichen Alter: 
tümer von 8. F. Hermann, Schömann und Thal: 
heim [griech. Rechtsaltertümer, 1884]). Die ein: 
zelnen Formen, Arten und Objekte der Klagen, 
die Borftände der Gerichte, die Gerichtshöfe jind 
in bejonderen Artifeln behandelt worden (vgl. ix n, 
Teapn, Elsayyskla, Anayoyı, Jıraotai, 
"Hıkıala). Hier find die Einbringung der Klage, 
die Einleitung des Prozefjes, das Verfahren vor 
dem Richter, die Rechtsmittel, kurz das ganze 
Prozehverfahren darzuftellen. — Es fragt ſich zu: 
nächſt, in wie mweit das Recht des Klagens bei 
allen oder gewiſſen Arten der Klagen durch gewiſſe 
natürliche und juriftiiche Eigenjchaften bedingt und 
beichränft war. Bei jeder Art der Klage ift not: 
wendig, dab der Kläger volljährig, männlichen 
Geſchlechts, jeiner Vernunft mächtig, dab er ferner 
frei und, wenn er Bürger ift, im Beſitze jeiner 
Rechte (Ereireuog) jei. Für Unmündige und Weiber 
hat in jolchen Fällen deren natürlicher Vertreter, 
xvgrog, aljo Bormund oder Ehegatte, einzutreten, 
für SHaven der Herr. Ausgenommen find hier: 
von nur ſolche Sklaven aus einem fremden Staate, 
die in Athen als Fremde ein jelbftändiges Ge— 
ichäft betrieben, und die als freie Schußgenofien 
behandelt wurden; dieje hatten auch das Hecht der 
Klage. Ob auch die Staatsjtlaven dasjelbe Recht 
bejaßen, ift ungewiß. Fremde hatten das Recht, 
Privatflagen anzuftellen, unbeſchränkt, öffentliche 
Klagen, jo weit fie jelbjt verlegt waren; ihr Bei: 
ftand war ihr Gaftfreund oder mooderog. Die 
Schupgenofjen bedurften zum Anbringen der Klage 
wahrjcheinlich des wgoorarns, wenn fie auch als: 
dann ihren Prozeß jelbftändig weiter führten. Die 
Iſotelen (dooreksis) hatten vollitändige Rechts: 
fähigfeit, alſo auch das Recht, Klagen anzuftellen 
(vgl. Zevog). — Dieje abjolut oder bejchränft 
rechtöfähigen Perjonen fonnten nun, unter den 
angegebenen Beichräntungen, in allen Fällen, wo 
der Staat unmittelbar, oder wo durch ein, einem 
Einzelnen zugefügtes, Verbrechen die allgemeine 
Sicherheit gefährdet und aljo der Staat mittelbar 
verlegt war, eine Klage (yeayrj) anftellen (klagen 
fonnte 6 Boviöpevog, ois Feorıv), während in 
rein privaten Streitigkeiten, dx, nur der Ber: 
legte Magen konnte (vgl. Deapn und Alan). 
Ein vollftändiger Verluſt des Klagerechtes trat 
durch die Eruuie tod ouuarog und roö omuarog 
nal tor yonudror, ein teilweifer durch die drunda 
xarc moograkes ein (dgl. Arında). — Daß mo: 
ralifche Berjonen, wie die Demen, Phratrien, die 
Egavoı (j. d.), Klagerecht hatten, ift gewiß. Für 
den Staat ſelbſt fonnte jeder (6 Povioneros) et: 


* 


= 


1002 


Prozels. 


treten, oder es fonnte für gewiffe Fälle das Recht fonnten in der Perſönlichkeit des Klägers liegen, 
zu Magen gewiſſen Beamten, auch zuweilen dem | wenn derſelbe nach feinen bürgerlichen oder na— 
Arcopag, oder bejonderen Unterfuhungsbeamten | türlihen Eigenfchaften überhaupt nicht zur Ein- 


(nenrai) aufgetragen werden, denen dann Etaatd: | ig 13 


anwälte (surjyogor und xurmyogoı) zur Bertre: | 
tung dor Gericht beigeorbnet wurden. 
Nechtshandel begann mit der medgxinsıs (sAijaıg), | 
d. h. derjenige, welcher einen andern verklagen 
wollte, forderte denjelben aufjerhalb feines Hauſes 
(denn für jeden war feine Wohnung unverleglicher | 
Bufluchtsort) in Gegenwart einiger Zeugen (wAnti)- | 
ges, nArjroges, Berbum: »Anreveıw und dunin- 
rede) auf (mgogzaleisheı, nahsisheı), an einem 
beftimmten Tage vor der Behörde zu erjcheinen, 
die in dem vorliegenden Falle die Hegemonie des 
Gerichtes hatte. r man nur perjönlid) verlept, 
jo verjuchte man vorher noch eine gütliche Bei: 
legung dadurch, daß man den Gegner unter Zu: 
zichung von Zeugen aufforderte (Lynaksiv), Die 
vorliegende Beſchwerde abzuitellen. 


diefer Verſuch einer gütlidhen Ausgleichung er: E 
jolglos blieb, betrat man nach der angegebenen Verhältnis wohl weiter), 


Weiſe den Nechtsweg. Ohne »Anrjees konnte, 
wenn der Borgeladene nicht erichien, gar nicht gegen 
ihn verfahren, aljo auch nidyt in contumaciam 
gegen ihn erfannt werden, 


— Der | »Anrjees Gejagte); 





ng der Klage befähigt war; oder in mangeln: 
orladung des Bellagten vgl. das über Die 
oder in mangelhafter Form 
der Klage, oder unrichtig gewählter Art derjelben ; 
‚oder darin, da in der Zeit der Anbringung über 
den vorliegenden Fall gar nicht entichteden werden 
fonnte (vgl. 3. B. "Euroeog); oder darin, daß 
die Behörde FR für nicht fompetent in der Sache 
hielt. Natürlidy hatte die Behörde für die Nicht: 
annahme die Verantwortlichteit und Fonnte durch 
eine reoßoirj oder nad) Ablauf des Jahres in 
ben sbdoraı zur Nechenichaft gezogen werden. 
— Sodann wurden in WPrivatjahen, die über 
100 Drachmen gejhäßt wurden, mit Ausnahme 
der öiun alnlag, von beiden Parteien Gerichts: 
gelder (rovraveia, daher movrarsia Heiraı, ver- 


der 


Erft wenn | Hagen) niedergelegt (von 100—1000 Drachmen 


r., von 1000—10 000 Dr. 30 Dr. und in dem 
die nach der Entichei- 


dung des Prozefies jedoch der Unterliegende dem 


fiegenden Gegner zu erjegen hatte. In öffent- 
lihen Sachen wurden, wenige Fälle ausgenommen, 


da das Hinzuziehen in denen der Anfläger neben dem Intereſſe des 


der Rletoren eben den Zweck hatte, die Vorladung | Staats zugleich aud für fid einen Vorteil ver: 


zu konftatieren. Gegen den, der fälſchlich behaup- 


folgte, feine Gerichtögelder erlegt, dagegen in 


tete, als Kletor Hinzugezogen zu jein, konnte eine | manchen Fällen die jogenannte nagdorasıs, wahr: 


yoapi Wwerdorknreias angeftellt werden. Ange- 


bracht werden konnte die Klage in den meiften | 


Fällen an allen Tagen, mit Ausnahme der fué— 
oxı dropgddess und der Feittage. Einzelne Kla— 
gen mußten an gewiſſen Monatstagen, einige, 

3. B. die dan dumoginei ({."Eumogog), in ge: 
—— ————— angebracht werden. — Die 
Vorladung erfolgte wahrjcheinlich in der Regel 
auf den fünften Een. Gegen Fremde entiprac die 
gögninsıg der römijchen in ius vocatio, d. h. 
der Borgeladene konnte gleich mit Güte oder Ge: 
walt veranlaft werden, vor dem Magiftrat zu er: 
ſcheinen. Bürger konuten weder verhaftet noch zur 
Bürgichaft gendtigt werden, außer in den Fällen 
der anaywyı), Epniyroıs, Zvörıkıs, eisayyella ({.d.), 
in denen der Vorgeladene ſich nur durch Bürg— 
ſchaftsſtellung augenblicklicher Haft entziehen konnte. 
(Über die Andıg bei der dundınacl® roü Aroov 
vgl. Erbrecht, 4.) 


icheinlich eine Drachme, vom Kläger, gleichſam als 
Symbol und Unterpfand der Anklage. Bon diejen 
Serichtögeldern verjchieden ift die magazaraßerr 
(bezeichnet zunächſt die Handlung des Niederlegens, 
jodann das niedergelegte Geld felbft), ein Sue: 
cumbenzgeld, welches vom Kläger, gewiſſermaßen 
als Kaution, daß er die Klage nicht Teichtfinnig 
angeftellt habe, niedergelegt wurde, und welches 
für den Fall, dafs der Kläger verlor, der Staats: 
fafje oder dem Gegner anheimfiel, dem obfiegen- 
den Kläger dagegen zurüderftattet wurde. 2 Fälle 
find befannt, in denen fie niedergelegt wurde: 
1) wenn man gegen den Staat wegen fonfifzierter 
Güter Magte, 2) wenn man auf eine einem andern 


‚ bereit$ gerichtlich zugeiprochene Erbichaft Anſprüche 
'erhob. Im erften Falle betrug fie den fünften, 


im zweiten den zehnten Teil des ſtreitigen Gegen: 


ſtandes. Bei Appellationen peotis) wurde ein 


Nach der Yadung wurde der 


Rechtshandel durch eine ſchriftlich abgefaßte Klage | 


(kikıs, Eyaimae, dafür werden aber bei öffent: 
lichen Sadıen faft immer die beftimmten Ausdrüde 
yeaprj, pda, elgayyehle, Evörıkıs, arayayı) 


gebraucht) ‚eröffnet (dıiddvaı, hayydrsır moög &g- 


yorr& rıwi rırog). Bei Privatflagen wird allge: 
mein An&ıs, bei perfönlichen Klagen auch Fyrinum 
gebraucht. 


handels, d. h. eines Verfahrens, durch das zwiſchen 
Kläger und Gegner Recht geſprochen werde. Alſo 
heißt Anjgım zig dlang morsiohe: oder dlanv Auzeiv 
eine Handlung anftellen, durch welche dieje Rechts: 
entjcheidung bemirft werde, das ift aber einen 
Frozeh anhängig machen. Der Behörde ftand es 
nun zu, die Klage anzunehmen und das weitere | 
Verfahren einzuleiten, oder fie erforderlichen Falles, 





| 


' Zeitangabe den Namen des Archon, den 


ragdßorov (megaßökıor) niedergelegt. — Darauf 
wurde die Klage, enthaltend im Eingange als 
onat 
und 209, den Namen des Klägers und Beflagten, 
jodann den Gegenftand der Klage, die Schätzung 
und die Namen der “Anrijess, Öffentlich auf einer 
Tafel (saevis, Asbrwue) in der Nähe des Yolals 


| der betreffenden Behörde ausgeftellt, und es begann 
Der Ausdrud Andıs heißt eigentlich | 
Erlangung, bejonders durchs Yos; Andıs rs dlans | 
ift aljo eigentlich die Erlangung eines Nechts: 


die eigentliche Inſtruktion (dvampıoız, caussae 
cognitio, &ranpiveır roig drridlros rw Ölane, 
dwargiveıw todg Arriöikong; von den Parteien 
cranpiveotar [Med.] tijj ddune; von der Pro: 
zehlache araneıdijver). Blieb bei derielben nad 
erfolgter Vorladung (waleir rıra eig dvrdagıcır) 
der Kläger aus, jo erledigte ſich die Klage damit 
von jelbit, und der Kläger verfiel bei einer öffent: 
lichen Klage außerdem noch in eine Geldbuße 
von 1000 Drachmen und eine rtuig nar& wods- 
radır, wonach er für die Zukunft das Recht verlor, 


wenn der Prozeh nicht eiseyhyınos war, ohne | Klagen diejer Art wieder “anzuftellen; der auäblei- 


weiteres abzumeijen. 


Gründe der Nichtannahme | bende Angeklagte wurde dagegen in contumaciam 


Prozels. 


verurteilt, vorausgejeßt, daß fein gültiges Frift: 
gejuch eingelegt war, worüber weiter unten das 
Nähere. Wollte der Kläger die Sache nicht erft 
von Piaiteten, jondern gleich von einem heliaftis 
ichen Gerichtshofe enticheiden laſſen, jo mußte zu: 
nächft der Kläger jeine Anklage, der Beflagte feine 
Einrede (drriypupr;; der Ausdrud wird zumeilen 
von Klage und Einrede gebraucht) beichwören 
(divuocie, drrouocle, erfterer Ausdrud eigent- 
lich beide Eide umfaflend, oft für einen derjelben 
gebraucht, letzterer auch vom Eide des Klägers; 
bei den Grammatitern fommen auch die Ausdrüde 
&upıiogria und kupwuosie« vor). Stellte der An— 
geflagte einfach die Behauptung des Klägers in 


brede, jo hieß der Prozeß, der dann jeinen re: 


gelmäfigen Verlauf hatte, eine eurdvdında (dom 
Angeklagten erdvwdında eigıevau, oder erw ebdeier 
eisıeven). Der Angeflagte konnte aber auch aus 
verjchiedenen Gründen die Zuläffigfeit der Klage 
beftreiten (rev d. wi sisaeyayınor elvaı), ent: 


weder, weil der Stläger zu irgend einer oder zu 


diefer Klage insbejondere nicht die Fähigkeit be- 


fige, oder weil gar fein Geſetz beftehe, nach dem | 


! 


| 





der Kläger hätte Magen können, oder weil durch | 
vorhergegangenen Bergleich der Kläger fein Klage: 


recht aufgegeben habe (kpsivaı zul drulldkaı), 
oder weil die Sache bereits durch einen Richter: 
jpruch entichieden, oder weil fie durch Verjährung 
erloſchen ſei (bei Vormundſchafts- und Schuld: 
Magen 3. B. beftand eine fünfjährige Friſt, meo- 
Peoula, nad) deren Ablauf das Klagrecht erlofch); 
oder weil die Art der Klage unſtatthaft, oder die 
Behörde, bei der die Sache anhängig gemacht, 
infompetent wäre. — Zur Behauptung der Un— 
zuläffigkeit der lage gab es 2 Rechtsmittel: 1) die 
diauagrvgia. Kläger und Angeflagter konnten 
nämlich durch Aufftelung von Zeugen (dieuup- 
rigeoden — Örauegrvpeiv, eigentlich vom Zeugen, 
doch auch von dem gebraucht, der den Zeugen 
aufftellt; die Auläffigfeit oder Unzuläſſigkeit 

Klage erhärten, der Angellagte nur dann, wenn 
der Kläger auf dies Recht verzichtete. Gegen die 
Beugen fonnte dann ein Prozeß wegen faljchen 
Zeugniffes angeftellt werden, während deſſen der 
Hauptprozeß natürlich ausgejeßt wurde, und defjen 
Berluft für den Kläger das Aufgeben des Haupt: 
prozeſſes zur Folge hatte, während, wenn die 
Zeugen des Angeflagten unterlagen oder die des 
Klägers obfiegten, der Prozeh einfach jeinen Fort: 
gang hatte. 2) die mapaypapı), die ſich von der 
dtauagrvple dadurch unterjchied, daß der Beklagte 
jeine Behauptung von der Unzuläſſigkeit der Klage 
nicht durch Zeugen erhärtet, jondern ſelbſt verficht. 
(Bei Erbſchaftsprozeſſen findet auch in diefem Falle 
die diauegrvpla ftatt, die fich alsdann von der 
rapayeayn nur dadurch unterjcheidet, daß gegen 
den Ercipienten perdou«grvgıöv gellagt werden 
fonnte.) Beruhigte ſich der Kläger nicht bei der 
Einrede des Angeflagten, jo wurde richterlich darüber 
entichieden, und der linterliegende, wenn er nicht 
wenigftens den fünften Teil der Stimmen hatte, 


mußte an den Gegner die Epobelie, d. h. den 


jechiten Zeil der Schätzung des Hauptprozefles, 
zahlen, und wenn der Unterliegende der läger 
des Hauptprozefied war, jo mußte diefer aufge: 
geben werden. Ein anderes Mittel, dem Angriffe 
des Gegners zu begegnen, war die drrıypapn) 





im engeren Sinne, Gegenklage (oben haben wir ! 


1003 


gefehen, daß der Ausdrud ganz allgemein von 
jeder Einrede des Bellagten gebraudt wurde), 
two jemand ben age wegen derjelben Sadıc, 
wegen welcher diejer klagbar geworden twar, ober 
wegen einer mit dieler zufammenhängenden Sache 
belangt (krrinpogxaleiohar, kvrilaeyydveır). Der 
Verluſt diejes zweiten Prozeſſes zog in Privat: 
jachen für den Unterliegenden ftets die Zahlung 
der Epobelie nach ſich. Beifpiele davon Dem. udr. 
Euerg. p. 1160, 3 ff.; adv. Boeot.; adv. Spud. — 
Sodann wurde in der drdzgucıg zur Aufnahme 
der Beweismittel gejchritten. Es find Dies Geſetze, 
Dokumente, Zeugenausjagen, Ausfagen von Skla— 
ven, Eide (vouoı, ucervges, avpdijnu, Pdoevor, 
dexo:, Arist. rhet. 1,44). Bon den Geſetzen mußten 
natürlich diejenigen, auf die man am @erichtätage 
fich berufen wollte, zu den Alten gebracht werden. 
Ebenjo ift es mit den Dokumenten, von denen in 
der angeführten Stelle eine Art, Verträge und 
Kontralte, genannt wird. Es gehören dahın aber 
auch noch Schuldverichreibungen (nuyygapal), Tefta: 
mente, Rechnungsbücher von Trapeziten u. a. m. 
Befanden ſich dergleihen Dolnmente im Beſitz 
eines dritten, jo wurde der Depofitor durch eine 
Provofation (meorincıs) veranlaßt, fie zur Ab: 
ichriftönahme vorzulegen. Die Verweigerung be: 
gründete eine dan xls dupavav nardorasır. 
Aud von dem Gegner konnte man auf diefe Art 
Dokumente zur Abjchriftsnahme fordern, ein Ber: 
langen, das diejer zwar nicht zu erfüllen brauchte, 
defien Ablehnung aber dazu benutzt wurde, jeine 
Sache von vornherein im eim fchlechtes Licht zu 
ftellen; weshalb diefe Provokation auch in Gegen: 
wart von Zeugen geihah, um vor Gericht ihrer 
Erwähnung thun zu können. — Bon bejonderer 
Wichtigkeit waren die Beugenausjagen, weshalb 
man auch bei der Ausübung einer or Pi ‚ die 
einen Prozeß herbeiführen Konnte (3. B. der Zuße- 
revang und Lfayoyıj, d. h. der Befikergreifung 
oder der Behauptung einer unbeweglichen Sache), 

eugen herzuzuziehen, oder auch, wie bei einer 

eleidigung, herbeizurufen pflegte (diruaervgr- 
oBeı, Fmiuuoprvgeoder). Dieje übernahmen, wenn 
fie der Aufforderung folgten, die Berpflichtung, 
vor Gericht Zeugnis abzulegen, und fonnten, 
wenn fie ſich dieſer Verpflichtung entzogen, durd) 
eine xAnrevoıs (eine feierliche Aufforderung, die 
für den, der ihr nicht Folge leiftete, eine Buße 
von 1000 Drachmen nach ſich zog) oder durch eine 
dien keınouagrvglov oder BAaßns belangt werden. 
Zeuge konnte jeder volljährige, freie Mann, auch 
ein fremder fein (ein Bürger mußte natürlich ein 
exitiuog fein, um ein Zeugnis ablegen zu können), 
der, ohne jelbft beteiligt zu fein, durch eigene 
Gegenwart von der Sache Kunde hatte (das Zeug- 
nis durch Hörenjagen, non» uegrugeiv, war nur 
ftattHaft, wenn die Verjonen, von Denen man 
etwas gehört haben wollte, verftorben waren). 
Bar der Zeuge durch Abweſenheit oder Krankheit 
an dem perjönlichen Erjcheinen gehindert, jo hatte 
jemand in Gegenwart zuverläffiger Perſonen jein 
Zeugnis (dxuuervgia, Eruagrvpeiv) ſchriftlich auf: 
zunehmen (dxuaprvgiev morioheı, oder dxueo- 
rvgeiohe: xoog rıra), und die bei der Aufnahme 
ihre hatten jodann das Zeugnis vor 
Gericht a onftatieren (uegrvgeiv re Ennaorv- 
ola»). ie Berantivortlichfeit hatte der Frmeg- 
voor oder, wenn er das Zeugnis ableugnete 


9 


10 


11 


1004 


(und nicht vom Gegenteil überführt werden Tonnte), | 
die dxuagrveponueron. Gegen beide Teile konnte 
aljo unter Umftänden eine dan Yerdouxprvgınr 
angejtellt werben. Jeder, der, zu einem Zeugnis 
aufgefordert, dasjelbe nicht ablegen wollte, hatte, 
bei Gefahr einer din BAdßns von jeiten des Pro— 
vocierenden (auf Schadeneriaß), dennocd vor Ge: 
richt zu erjcheinen und durch eine ZEwuooi« zu 
beichwören, daß er von der Sache nichts wife. 
Die Zeugniffe wurden jchriftlich abgelegt, in der 
Regel beſchworen (bei der drdxgıoıg, aber auch 
wohl zuweilen bei der Gerichtsverhandlung, bei | 
der die Zeugen bei Borlefung ihrer Zeugniſſe 
zugegen jein mußten) und für den Gerichtätag 
zu ben Ukten gelegt. — Sklaven konnten fein | 
Zeugnis ablegen, doch galten ihre durch die ol: | 
terung — Ausſagen meiſt für ein | 
ftärferes Beweismittel, als die oft wenig glaub: 
würdigen Zeugnifle der Freien (das Nähere hierüber 
j. unter Basavıarns). — Genügten die andern 
Beweismittel nicht, jo fonnte man den Eid an: 
bieten oder dem Gegner zujchieben (ögxor doü- 
ver; der Ausdrud bezeichnete auch: den, der fich 
zum Eide entbietet, jchwören laſſen; den zuge: 
ichobenen Eid annehmen: Soro» dekaodaı). Ein 
jolher Eid, feierlider als ein Zeugeneid, konnte 
vom Gegner nicht, wie eine Zeugenausjage, durd) 
eine d. Yevdoueprvgıör angefochten werden. Ein 
jolcher zugeichobener Eid mußte angenommen oder 
zurüdgejchoben werden; jonft galt jeine Ableh— 
nung als Eingeftändnis. Auch Weiber fonnten 
zu dieſem Eide zugelafien werden. Alle die an: 
geführten Beweismittel wurden nun in der drd- 
rgıcıs geſammelt, durch einen Öffentlichen Diener 
(Eummaeng) in eine Kapſel (Fyivog) gethan, ver: 
fiegelt und bis auf den Gerichtätag von der Be: 
hörde in Verwahrung genommen. Damit war 
die Inſtruktion des Prozefjes beendigt, und die 
Behörde hatte den Prozeß dem Gerichte zur Ent: 
ſcheidung zu übergeben (elsaysır eig rrv NAunder). 
Diejer Tag, 7 xvgie, war gewöhnlich der dreißigite 
nad) demjenigen, an mweldem die Klage einge: 
bracht war, ein Termin, der, von ganz unerwar— 
teten Hindernifjen abgejehen, bei den dixı Eu- 
anvor (vgl. Euunroı Öixaı) eingehalten wer: 
den mußte. Friſtgeſuche wurden gewöhnlich am 
Tage des Gerichts jelbjt von der nicht erjcheinen- 
den Partei durch einen Bevollmächtigten ange: | 
bradht. Der Grund des Nichterjcheinens (4. B. 
Krankheit, notwendige Abwejenheit außer Landes) 
mußte durch einen Eid (dnwuoci«) erhärtet wer: 
den, dem der Gegner eine Ardvunwuoci« ent: 
gegenjegen konnte, daß jene Entichuldigung un: | 
gegründet fei. Fanden die Richter die durch die 
ardurouooi« bekräftigte Behauptung begründet, | 
jo wurde in contumaciam verfahren, 5 daß, 
wenn der Beklagte ausgeblieben war, derſelbe ver— 
urteilt, wenn der Kläger, der Beklagte freige: 
iprochen wurde. Wurde der ae durch eine 














daher die Ausdrüde Zv zo Zus üdarı, 


Prozefs. 


oder, vor der Aufnahme aller Beweismittel, daß 
man die Enticheidung von einem gewifien Be— 
weismittel abhängig machte. Natürlich wurden 
in dieſen Fällen die Succumbenzgelder zurüdge- 
ahlt. Im öffentlichen Prozeſſen war dagegen das 

Henlafjen der Klage bei einer Geldbupe von 
1000 Drachmen und einer arında xarc mpögrabır, 
Klagen derjelben Art nämlich nicht wieder an- 
ftellen zu dürfen, unterjagt; ein Geſetz, welches 
indefjen in jpäterer Zeit nicht immer jtreng gehand- 
habt worden zu fein jcheint. — Nachdem nun, wwenu 
ein Bergleich nicht ftattgefunden hatte, am beftimmten 
Gerichtstage die Heliaften (j. 'Hiıala), die aus 
den 6000 für den Prozeß erloft waren, im Ge— 
richtslofal jich verjammelt hatten, und die Parteien 
vorgeladen waren, wurde zuerſt Klage: und Gegen: 
ichrift vom Schreiber verlefen. Kläger und Be: 
Hagter jahen jeder auf einer bejondern Bühne, 
von Beijtänden und Freunden umgeben. Sodann 
jprachen der Kläger und nad ihm der Bellagte, 
von ihren Sigen aufftchend, nicht jelten von 
andern ausgearbeitete Reden. Obgleih nad) dem 
Geſetze jeder jeine Sache jelbft führen jollte, jo 
bat man doch oft am Schluß der Rede die Kid): 
ter, noch von einem ovrrjyopog oder aurdınaogs 
einen Bortrag (surnyogde) halten laſſen zu dürfen, 
was denn auch gejtattet wurde und oft dahin aus: 
artete, daß der aurrjyogog (der übrigens bei Straic 
nicht für Geld gedungen jein durfte) jtatt eines 
bloßen Zriloyog die Hauptrede hielt. Auch kam 
es vor, da mehrere ovrnyogoı jpradhen (devre- 
eoloyia, reıroloyda). In manchen Fällen, bejon: 
ders in PBrivatjachen, fam es vor, dab nad) dem 
Bellagten der Kläger noch einmal ſprach (Aayoı 
zoörEp0L und Vorspoı), worauf dann der Beflagte 
natürlich wieder antworten durfte. — In vielen 
Prozeſſen war die Zeit zum Reben nach der Wafler: 
uhr (nAepido«) zugemeflen (da eos DöwE im 
Gegenjag zu den dinaı ürev oder zweis üderos; 
ai rtov 
Zuod Üdarog). In verichiedenen Prozeſſen war 
das Maß verichieden, z. B. in der yeapr) upu- 
recoßelag 11 Amphoren, in Erbichaftsitreitigfeiten 
1 Amphoreus und für die zweite Rede die Hälfte 
für jede Partei. (Die durdy einen Amphoreus be: 
ftimmte Zeitdauer ift nicht befannt.) Traten meb: 
rere Redner für diefelbe Sache — alſo als An: 
kläger oder Verteidiger — auf, jo hatten fie ſich 
in das für Anklage oder Verteidigung beftimmte 
Maß zu teilen (magadıdoraı ro töwp roig Alloız 
xarnyogporg, d. h. den andern Auklägern das Wort 
überlajjen). Wollte der Redner während der Rede 
Beugniffe oder andere Beweisjtüde (vgl. das über 
die Beweisftüde bei Behandlung der arangısıs 
[oben, 8.] Gejagte) vorlegen und durch den Schrei: 
ber vorleien laflen, ſo Eur er zu dem Ilnter: 
beamten, der damit beauftragt war (6 2’ üHdwe, 
durchs Los gewählt): Zmilaße ro vöwe, halte das 
Wafler an. — Unterbrechung des Redners von 


Hypomoſie aufgehoben, jo war es Sache des Klä- jeiten des Gegners war nicht erlaubt, der Gegner 
gerd, auf einen neuen Termin anzutragen. — | aber verpflichtet, auf die von jenem an ihn ge: 
Noch am Tage des Gericht? vor den Richtern, | richteten Fragen zu antworten. Die Richter durf: 


wie auch jchon vor oder während der Inftruftion, 
fonnte in Privatprozeilen ein Vergleich ftattfinden, 


ewöhnlich in der Art, daß man durch einen | 


ompromiß (Fmirgomrj) die Sache jelbftgewählten 
Schiedsrichtern überließ, von denen dann feine 
Appellation ftattfand (vgl. Jıaırneis, g. E.), 


ten dagegen den Redner bei Ungehörigfeiten unter: 
breden, ebenjo wenn ſie Auskunft über etwas 
verlangten oder etwas nicht verjtanden hatten, eine 
Gewalt, die jie zuweilen zum Nachteil des einen 
der Redner, troß des Richtereides, beiden Parteien 
gleiches Gehör zu jchenten, mißbraudten. Außer 


— 
2 


— 


14 


Prozefs. 


dent ftreng zum Gegenftande Gehörigen enthielten 
die Neben oft manches von demijelben Ablentende, 
auf Gefühl und Leidenschaft der Richter Berechnete 
(daher Fo rod modyuarog Afysır, was nur don 
dem Areopag nicht geduldet wurde), 3. B. Schmä«- 
hungen des Gegners, bejonders aber, namentlid) 
am Scluffe der Rede, flehende Bitten, die oft 
noch durch Weiber, Kinder, Verwandte und Freunde 
unterftügt wurden. Die jetzt folgende Abftimmung 
war heimlich (neißön» unpifeodu). Jeder Ric): 
ter erhielt 2 Steinchen (wijpo), einen weißen, 
losiprechenden, und einen jchwarzen, verurteilen: 
den; auch voller (mArjons) und durchlöcherter (rerov- 
znucen) Steine, Mujcheln, Bohnen, metallener 
Kügelhen (omövövlo:), voll oder durchlöchert, be: 
diente man fich zu dem Zwecke, die dem Richter 
zur Vermeidung jedes Betruges offen übergeben 
wurden. Bon Me Steindhen warf er das eine 
in die metallene Urne, welche die urteilabgeben- 
ben vjpo: aufnahm (nadloroz vUgıog), das andere 
in eine hölzerne Urne (x. &uvgos), jo daß nicht 
gejehen werden konnte, welchen Stein er in jede 
der beiden warf. Die wijpo: in dem . »Upuos 
wurden dann gezählt, und nad einfacher Stim: 
menmehrheit wurde dann das Urteil geiprocgen. 
Bei Stimmengleihheit war der Angeklagte frei: 
geiprocdhen. Eine andere Art der Abſtimmung 
war, daß nur Eine Urne aufgeftellt war, jeber 
Richter aljo einen Stein zurüdbehielt. — Wo es 
fi bei einer Sache um mehrere Parteien han- 
deite (z. B. wenn 3 Berfonen denjelben Beſitz, 
etwa eine Erbichaft, beanjpruchten), ftand für jede 
Partei ein xadiloxog da, in den die für fie ſtim— 
menden Richter die weißen Yipoı warfen. — 
War der Prozeh ein dyav ruunrös (j. d.), jo trat 
jegt die zweite Abſtimmung über die Schäßung 
ein, der wieder nad) der xArpödo« abgemeilene 
Verhandlungen vorhergingen. Eine in einzelnen 
Fällen ftatthafte Zuſatzſtrafe der Wichter heißt 
roosrlunue,. — Mit dem Ausſprechen des Urteils 
der Nichter durch den vorfigenden Magiftrat war 
der eigentliche Prozeß beendigt, und das Urteil 
fonnte vollftredt werden, wenn nicht die unter: 
liegende Partei fich in der Lage befand, die Rechts: 
fräftigfeit des Urteild durch Einlegung weiterer 
Rechtsmittel anzugreifen. war galt in Athen 
das Urteil eines Heliajtengerichtes im allgemeinen 
für unumftößlich; der durch ein jolches Urteil 
entſchiedene Prozeß war für immer beendigt (dan 
abroreAns), und eine erite, weitere Appellation 
(Fpesısi zulaflende, Inſtanz bildeten nur die Diai- 
teten, die aber jeder Kläger durch jofortige Anz 
bringung feiner Sache vor den ordentlichen Ge: 
ſchworenen umgehen konnte. Stand dies nun aud) 


als Rechtögrundfag feſt, jo fonnte doch der Fall 
eintreten, daß ein Urteil geiprochen wurde, ohne | 


daß die zum Fällen eines jolchen notwendigen ge: 
jeglichen Borausjehungen dazu vorhanden waren. 
Gegen ein joldhes Verfahren war dem Verurteil— 
ten das Nechtämittel der Nichtigfeits: oder Reſti— 
tutionsflage gegeben. Ein durch Appellation von 
den Diaiteten oder durch Anwendung der ange: 


denteten Nechtömittel von neuem zur Aburteilung | 
gebrachter Prozeh heißt eine Eradında (aud) walır- 


dınde, dies Rechtsmittel ergreifen: evadınadeodaı, 
makıwörneiv). Angewendet werden konnte dies 
Nechtämittel zunächſt, wenn der Beklagte erhärtete, 
daß widerrechtlih gegen ihn in contumaciam 


1005 


verfahren, d. 5. daß ein von ihm geſetzmäßig 
\ eingelegtes Friftgefuh (Hmouocie, |. oben, 10.) 
nicht berüdjichtigt, oder vielleicht auch ohne jeine 
Schuld nicht vorgelegt, oder daß er von jeinem 
Gegner gar nicht durch die meögxinsıs vorgeladen 
ſei. Dies Rechtömittel anwenden heißt: 7» fon- 
uor (scil. Ödanv) kvrilageiv, oder auch tiju di- 
an» Gvrilayeiv, dem he un odoa» drrilageiv 
von Diaiteten entiprechend (j. Jıaienrrjs). Auch 
bon dem Kläger fonnte es, wenn wegen jeines 
Ausbleibens der Beklagte freigejprochen war, an: 
ewenbet werden. Das Berfahren war jet offen: 
ar dasjelbe, wie bei der während des Prozefles 
angebrachten dmrwuocle, da ja der Gegner eine 
rdunouooie entgegenjegen konnte. Das Urteil 
blieb während diejes Berfahrens ſuſpendiert. Wurde 
die drwuoode für richtig befunden, jo blieb es 
natürlich aufrecht erhalten; im entgegengejegten 
Falle mußte eine neue gerichtliche Berhandlung 
über den Hauptprozeh ftattfinden (eben die din 
arddınog). Ob jept ein Vergleich zwiſchen ben 
Parteien ftattfinden durfte, läßt fich nicht ent: 
jcheiden. Ein anderer Grund zu einer Wichtig: 
feitöffage war die auf dem Dege einer ddan 
Yevdouagrug.av zu erweilende Behauptung, daß 
der Gegner den Bropef durch Stellung faljcher 
Zeugen gewonnen babe, in weldem ‘alle der 
Gegner zugleich auch durch eine ddan zaxorsyvıör 
verfolgt werden konnte, wahrjcheinlih ohne daß 
legtere notwendig eine Aufhebung des Urteils in 
ſich ſchloß. Bon diejer Art der dvadında wiſſen 
wir, daß fie ftattfinden konnte in der d. Eswias, 
Yevdou«grougıör, aArjgwr. — Eine Berufung an 
die Richter, die mit Niederlegung eines Succum- 
benzgeldes verbunden war, fand ftatt von dem 
Husipruche des Diaiteten (j. d. und "Egpesıg), 
ferner bei der Zmıßorr) (f. ’Erıßoin), ferner von 
den Demoten bei der diaurjpusg (j. Jjwoı) und 
endlich in den dam krd avußolov (j. "Erxin- 
rog rölıs). — Die Vollziehung des Urteils lag 
in allen öffentlichen Prozefien der Behörde ob. 
Das NWuferlegte war entweder ein Leiden oder 
Bahlen (madeiv 7 kroricaı, allgemeiner Ausdrud 
für die Buße: r& Zmırdum), oder beides zugleich. 
Die Strafen waren Tod, Gefängnis, Sflaverei, 
Verbannung, Atimie, Güterfonfiifation, Gelditra- 
fen; aud konnte auf verjchiedene Strafen zugleich 
erfannt werden. Für die Vollftredung der Todes: 
—* (durch Schierling, xnrsıov, oder durch Er— 
droſſelung, orgoyyvin, oder durch Hinabſtürzen 
in einen Abgrund, Baea«dgor, oder auch durch 
Prügel, drorvuranriker, Iys. 13, 56 u. f. mw.) 
und der Gefängnisftrafen hatten die Eilfmänner 
(Erösr«, |. d.) zu jorgen, denen daher der Ber: 
urteilte übergeben wurde (nagadodnvar, von den 
Eilfmännern magalapßeiv). — Der Verlauf in die 
Sklaverei (jeit Solon nur gegen fremde angewandte 
‚ Strafe) geſchah durch die Poleten (nwinrad). Die 
Strafe der Verbannung (keıpvyie), bie mit Ber: 
luft des Vermögens verbunden war, wurde dem 
Berurteilten einfach angezeigt. Verließ derjelbe 
das Land nicht oder kehrte er ohne Erlaubnis zurüd, 
jo verfiel er der Todesftrafe. Auch bei der Atimie 
bedurfte e8 nur der Bekanntmachung. (Über die 
Folgen, die es für den &rımog hatte, wenn er fich der 
Anmaßung bürgerlicher Rechte jchuldig machte, ſ. 
Arınos und "Erdsikıs.) — Zur Vollziehung 
der Süterfonfiftation wurde, gewöhnlich vom De: 





17 


1006 


marchen, ein Verzeichnis der Güter des Verur— 
teilten angefertigt und den Poleten übergeben, 
die alödann den Verlauf bejorgten, nachdem vor: 
her durch Borlejung des Verzeichniffes in der 
eriten ordentlichen Bollsverjammlung einem jeden, 
der Anſprüche auf eines der in dem Berzeichniffe 
angeführten Güter zu haben glaubte, Gelegenheit 
gegeben war, dieje Anjprüche geltend zu machen. 


6 — Geldftrafen, die dem Staate verfielen, hatten 


die modnroges, joldhe, die den heiligen Kaſſen der 
Götter oder Stammheroen verfielen, die rauiaı 
derjelben einzutreiben. Bis zur Bezahlung war 
der Staatsſchuldner &rıuog, eine Mtimie, die auch 
auf die Nachkommen übergehen konnte. Wurde 
ber Termin nicht eingehalten, jo wurde die Strafe 
verdoppelt, half auch dies nichts, jo wurde zur 
Bermögenstonfiifation gejchritten, aus der jedoch 
ber Überjchuß dem Berurteilten zurüdgegeben wurde. 
Für das etwa Fehlende blieb er aber Staats: 
ſchuldner. — In Privatprozeffen, die Fälle aus: 
genommen, in denen der Richter wie in der d. 
“Long außer dem Schadenerſatz noch auf eine 
Strafe erfennen fonnte, oder in denen Ddiejelbe 
Buhe, die dem Gegner zufiel, aud) an den Staat 
gezahlt werden mußte, oder in denen der Staat 
wegen bejonderer Beichaffenheit des Falles dem 
Sieger zu Hülfe fam (in den d. Zumogıxai, |. 
"Eurogos), hatte zunächſt allein der fiegreiche 
Kläger für die Bollftredung des Urteils zu jorgen. 
Dem Berurteilten wurde ein Termin (moodeoud«) 
qejebt, bis zu dem er zu bezahlen hatte. Der 
Termin fonnte auch durd; eine vor Zeugen vor: 
genommene bindende Berabredung zwijchen den 
Parteien weiter hinausgejchoben werden. Wurde 
der Berurteilte örsprjusgos, d. h. befriedigte er 
deu Kläger nicht an dem beſtimmten Termine, jo 
war das in der Regel zuerft angewendete Zwangs⸗ 
mittel die Pfändung (dveyvoasia, |. d.).. Wurde 
man an der Pfändung gehindert, jo jchritt man 
zur Ödan lfoving, deren man fich auch mit Um: 
gehung der Pfändung bedienen fonnte. Handelte 
es fi um eine große Summe, die dur das 
bewegliche Eigentum des Bellagten nicht gededt 
wurde, jo konnte man fich durch die Zußerei« in 
den Beſitz der Immobilien desſelben zu jeßen 
juchen und im alle der Hinderung die d. ZEoving 
anwenden. War dem Kläger ein Grundftüd zu: 
geiprochen, jo konnte, ftatt der Zveyvpaai« und 
/ußereia, auc die dan xagmoo oder Lvorxiov 
angewendet werden (j. unter Sian). — B) Römi: 
iher Prozeß (vgl. W. Rein, das Privatredht 
und der Givilprozeß der Römer. 2. Aufl. 1868. 
von Keller, der römische Eivilprozeh. 6. Aufl. 1883. 
Zumpt, das Kriminalrecht der römiſchen Republif. 
1865 — 1869. Der Kriminalprozeh der römijchen 
Nepubfif. 1871). 1) Judicium domesticum, 
das Haus: und Familiengericht, welches der Haus: 
vater aus Verwandten und freunden berief, wenn 
er ſchwere VBergehungen feiner Söhne und Töchter 
beitrafen wollte, wozu ihn nicht das Gejeh, ſon— 
dern die Sitte aufforderte. So erzählt Valerius 
Marimus (5, 8, 2) von der Tötung des Sp. Caſſius 
Bijcellinus durch jeinen Water: adhibito propin- 
quorum et amicorum eonsilio. Liv. 2, 41. Bei 
der eg der Gattin aber mußte der Mann 
gejeglich das Berwandtengericht zuziehen, und er 
fonnte feine Frau nicht verurteilen, wenn die Fa— 


Prozels. 


Cie. r.p. 4, 6. Dieſes priscum institutum (Tac. 
ann. 13, 32. Dion. Hal. 2, 25. Gell. 10, 23. 
Liv. 39, 18) bejtätigte Tiberius ausdrüdlich. Suet. 
7Tib. 35. Zötete der Batte feine Frau, ohne diejes 
Gericht befragt zu haben, jo wurde er ald Mörder 
beftraft. Plin. 14, 18, Ob die frau in manu 
mariti war oder nicht, hatte auf das Richteramt 
des Gatten feinen Einfluß. — ID Judieium 
populi. In den römiſchen Volksgerichten find 
3 Berioden zu unterfcheiden: A Beriode: Ge- 
richte der Euriatcomitien, von Romulus bis auf 
Servius Tullius, bejchränft auf Provokationsfälle 
der Patricier (als damals alleiniger Bürger) an 
den populus. Daß aud gegen die Enticheidung 
bes Königs provociert werden konnte, jagt aus: 
drüdlich Cicero (r. p. 2, 31. vgl. Liv. 1, 26). Die 
zweite Periode umfaht den Zeitraum, als die 
Gerichte der Eenturiatcomitien ald einziger Na— 
tionalverjanmlung in Gebraud waren. Servius 
Zullius verlieh dieſen Comitien die bisher den 
Eurien zuftehende höchſte Entſcheidung in Brovo: 
fationsfällen, jowie aud) die Gerichtäbarteit über 
alle Kapitalverbrechen, namentlich über perduellio. 
Cie. Sest. 30. Sp wurde Sp. Cajjius von den 
Genturien (nicht von den Eurien) verurteilt (Zir. 
2, 41). Dieje Periode jchlo mit dem J. 494 v. C. 
ab, als die beiden Bolfstribunen L. Junius Brutus 
und Sp. Jeilius das Geſetz gaben, daß die Ber: 
leger der Volkstribunen von den Tributcomitien 
zu jeder Strafe, jogar zur Todesjtrafe, verurteilt 
werden durften. Dadurth war der Grund gelegt 
zu immer weiter fi) ausdehnenden Befugniſſen 
der Tribusgerichte, neben denen zur Zeit mod 
immer die Genturiatgerichtsbarfeit beſtand, doch 
wegen ihrer größeren Unbequemlichleit immer mehr 
gegen Die bequemeren Tributcomitien zurüctrat 
(j. Comitia). Die Zeit des allmählichen Über: 
wiegend der Zribusgerichte umfaßt die dritte 
Periode, von 493 v. E. bis zum Ende der Re 
publit. Es gab allmählich außer der Befugnis, 
in ZTributcomitien gegen die Verleger der Tri: 
bunen zu verfahren, Tribusgerichte mit Kapital: 
ftrafe gegen Abmwejende, 3. B. über En. Marcius 
Goriolanus, weiter außerordentliche Kapitalgerichte 
im Wuftrage des Senats, z. B. über Manlius 
Eapitolinus, endlich jehr zahlreiche Tribusprozefie 
über allerlei Verbrechen, welche mit Geldftrafe be: 
legt wurden, 3. B. Perduellionsjachen, welche aber 
nicht als eigentliche perduellio bezeichnet und an: 
gellagt wurden (Zav. 2, 52. 54. 61. 3, 31. 4, 40f. 
u. j. w.), Bernadhläffigung der sacra, Saubere, 
Inceſt, Wucher, Peculat, Repetunden (Liv. 29, 16 ff. 
43, 7f.) u. a. — Durch diejes Umſichgreifen der 
Tribus wurden die Centuriatcomitien auf die rei- 
nen Rapitalfälle beichränft (Liv. 26, 3.43, 16. Cie. 
Rabır.) und famen endlich ganz ab. Weil die 
Vollsgerichte zu umftändlich und Tpwerfällig, auch 
nicht immer unparteiijch waren, wurden ftatt des 
Volkes nicht jelten jpezielle Kommifjäre mit dem 
Nichteramt beauftragt, bis biejes zur Bildung 
ftehender Kommijfionen führte, j. unten EV und 
Quaestio perpetua. — Das Berfahren in 
den Volksgerichten. Der Ankläger, welcher 
allemal ein Magiſtratus ſein mußte, nämlich Kon— 
ſuln und Prätoren bei den Genturiatcomitien, 
Tribunen, Adilen und Duäftoren bei den Tribut 
comitien, begann mit der diei dietio, db. h. 


milie die Schuld derjelben nicht anerkannt hatte. ı mit der Erflärung, an einem gewiffen Tage eine 


18 


9 


20 


Prozels. 1007 
der beiden Akte und das Inſtitut der iudicis 
Härung, zu welcher auch die anquisitio gehörte, | datio hieß ordo iudieiorum privatorum, welches 
d. h. derjenige Teil der Anklage, in welchem die ſich bis ins 3. Jahrh. n. E. erhielt, wo das Ver: 
beantragte Strafe genau bezeidynet wurde, mußte | fahren extra ordinem auffam, nad) weldem 
mehrmals während bejtimmter Friſten wiederholt | der Magiftratus die Sadje bis zu Ende behandelte 
werden, worüber noch manches unbeftimmt ift (Cie. | und das Urteil jelbjt ſprach. Die Urteilsfällung 
de dom. 17); der Angeflagte aber konnte bei diejer | erfolgte bis dahin von dem beftellten Einzelrichter 
Selegenheit um das Wort bitten und verjuchen, |(iudex) oder von den Arbitri und Becupera- 
fi vorläufig zu verteidigen oder den Anfläger | tores. Die Parteien, der Kläger (actor, petitor) 


beftimmte Perſon anflagen zu wollen. Dieje Er: 





um Burüdnahme jeiner Anklage zu bitten. Bis 


zum eigentlichen Gerichtstag mußte der Angellagte Prozeß jelbft, 


auf Verlangen des Anklägers Bürgen ftellen (j. 
Praedium) oder unter Umftänden dh jogar Ber: 
haftung gefallen laſſen (ſ, Carcer), Wenn der 
Prozeß nicht unterbrodyen oder ganz aufgehoben 
wurde (durch Entfernung des Angellagten, ſ. Ex- 
silium, durch Interceſſion eines Bolfstribung, 
durch Rüdtritt des Anklägers, j. Tergiver- 
satıo), legte der Angeklagte mit jeinen Angehö— 
rigen Trauerfleider an (j. Luctus) und ftellte 
ji au dem beftimmten Termine. War er vorher 
—— jo wurde ohne weiteres aquae et ignis 
interdietio über ihn ausgejprocdhen; wurde jeine 
Abweſenheit gehörig entichuldigt, jo jegte man 
einen jpäteren Termin an. Liv. 38, 62, An dem 
Termine, zu welchem das Boll ordnnungsmäßig 
berufen worden war, begann der Magijtratus mit 
der Anflagebill, rogatio, worauf der Angeflagte 
fich jelbft verteidigte oder durch patroni verteidigen 
ließ. Nun erjt erfolgte das zen wo⸗ 
bei die Zeugen und vorzulegende Urkunden eine 
Hauptrolle Feistten (über die Folter j. Tor- 
menta, 1.), und nad) Bollendbung der Reden und 
Beweiſe wurde die Abftimmung des Volles in 
der gewohnten Weile vorgenommen, urjprünglic 
mündlich, ſpäter jchriftlih (j. Leges tabella- 
riae unter Lex). Das Rejultat wurde jogleich 
befanut gemacht, und bei erfolgter Verurteilung 
wurde das Urteil zur beftimmten Zeit vollitredt, 
j. Poena. ber die vom Wolfe jpäter etwa 
ausgeſprochene Aurüduahme der Strafe j. Re— 
stitutio, — Es fonnte auch ein Prozeh ver: 
tagt werden wegen Kranfheit, fehlender Zeugen, 
mangelnder Beweiſe 2c., je nach dem Butbefinden 
des Richters; dies hieß im weiteſten Sinne di- 
latio, deren bejondere Arten die ampliatio (j. d.) 
und comperendinatio (f. d.) waren. — III. Ju- 
dieium privatum. ®Die Civilrechtöpflege ge: 
hörte zu dem imperium der höchſten Magiftrate, 
urjprünglich aljo des Königs, dann, der Konjuln 
und vorzüglich der Prätoren. Die Adilen hatten 
nur in Bolizeifachen AJurisdiltion. In den itali- 
ſchen Städten hielten die Duumviri, Quatuor- 
viri u. ſ. w. @erichte (j. Magistratus muni- 
cipales), in den Provinzen die Statthalter. In 
der Kaiſerzeit wurde der Kaiſer der höchſte Richter, 
welcher die Konjuln und PBrätoren mit jehr be: 
Ichränfter Wirffamfeit (j. Praetor) zwar fort: 
beftehen ließ, dagegen die praefecti praetorio 
und urbi zur legten Inſtanz machte, für die 
mittlere Suflanz der Statthalter bildeten die ſtädti— 
ſchen Richter die legte Iuſtanz. Nach alter Ein: 
richtung behandelte der Magiftratus die Prozejie 
nicht von Anfang bis zu Ende, fondern leitete 
den Prozeh bloß ein (das j. g. Berfahren in 
iure), die Unterfuchung und Enticheidung jtand 
dem von dem Magiftratus beftellten iudex zu 
(das Berfahren in indicio). Dieje Trennung 


und der Bellagte (reus), führten vor alters den 


is die Stellvertretung durch cogni- 
tores (j. d.) und procuratores eingeführt wurde. 
Oratores unb patroni waren jpeziell diejenigen, 
welche die Parteien unterftügten, jowie auch die 
advocati (j. d.). Das Verfahren ift nach den 
Zeiten jehr verjchieden, und man muß unterjchei: 
den 1) die A Beriode oder den Legisaltionen- 
prozeß (j. Legis actio) mit ftrengen formen, 
welche ängftlih gewahrt wurden; 2) die zweite 
Periode oder den Formularprozeß, j. g. von 
der formula oder Inſtruktion, vwele der Magi: 





itratus dem Richter erteilte (j. Formula); 3) die 
dritte Periode oder die des außerordentlichen 
Berfahrens, j. o. — Ort und Zeit. 
Ort, wo der Prätor Gericht hielt, hieß ius, es 
mochte nun pro tribunali, auf dem Gomitium, 
oder de plano (auf ebener Erde) und in transitu 
geichehen. Stet3 war das Verfahren öffentlich uud 
mündlich. Eigentliche Gerichtstage waren die dies 
\fasti (j. d. unter Dies); an den Tagen der Co: 
mitien, der Spiele und der feriae waren Ge: 
rihtsverhandlungen unftatthaft. In den Provinzen 
waren die Gerichtätage (conventus, ſ. d.) ge: 
wöhnlid im Winter oder wenn jonft die Waffen 
ruhten. Die Gerichtsfigungen begannen frühmor- 
gens und konnten bis zum Sonnenuntergang fort: 
gelegt werden. — Die einzelnen Alte des 
alten Legisaftionenprozejjes. Der Kläger 
mußte jeinen Bellagten vor Gericht bringen, was 
er vermittelft der perjönlichen in ius vocatio be: 
wirkte. Weigerte ſich diejer, jo rief der Kläger 
Zeugen auf (antestari, j. Antestatio) und 
führte den Bellagten gewaltiam vor den Prätor, 
wie die XII Tafeln beitimmten. Porph. zu Hor. 
sat. 1, 9, 76. Plaut. Pers. 4, 9, J er Be: 
| Hagte brauchte aber nicht zu folgen, wenn er ſich 
jogleich mit dem Kläger abland oder einen vindex 
welcher jtatt jeiner mit zu dem Prätor ging 
| index). Wenn beide Parteien vor dem 
Prätor erjchienen waren, jo begann das Verfahren 
‚in iure (zum Unterjchiede von dem iudicium) mit 
‚der Vollziehung der legis actio, d. h. die Bar: 
teien und der Prätor jpraden jolenne Worte 
‚aus, welche mit jymboliichen Handlungen ver: 
knüpft waren. Am gewöhnlichiten war die legis 
'actio sacramento, |. Legis actio. Darauf 
entichied der Magijtratus vor alters jelbjt, oder 
‚er gab einen Richter, was am gewöhnlichiten ward. 
Die Formalitäten der dinglichen Klage j. bei Vin- 
dieatio, Am Ende des Verfahrens in iure ftand 
die litis contestatio (j. d.). An dem teftgeießten 
Tage folgten die Verhandlungen in iudicio vor 
dem index, indem eine kurze Auseinanderjeßung 
der Sache vorausging (caussae coniectio oder 
eolleetio), an welche jid) die Hauptvorträge der 
Parteien fnüpften (continua oratio, peroratio). 
Mit diejen war das Vorbringen der Beweismittel, 
‚als Zeugen, Urkunden (instrumenta, tabulae) u. a. 


| jtellte, 
(di. V 





Der 22 


So 
—8 


1008 


argumenta, verbunden. Zuletzt erfolgte das richter- Ein außerordentliches Mittel war die in integrum 
liche Urteil, ſ. Sententia. Das Schlußverfahren | restitutio (ſ. d.). In der Kaiſerzeit jedoch bildete 
fonnte man vertagen (diffindere, vgl. oben 20.), | fih ein ordentlicher Anftanzenzug (j. o. 21.). — 
ſowohl in Krankheitsfällen, ald auch wenn eine| IV. Judicium publicum ieh 

der Parteien einen Termin mit einem ®Beregrin | fanifchen Zeit ein von den Bertretern des Volkes 
zu halten hatte (Gell. 20, 1), ampliatio, ehaltenes Striminalgeriht (qnaestio perpetua). 
Die einzelnen Alte des Formularpro- In der Kaiferzeit hieß iud. publ. allmählich jedes 
zeifes. Die Privatladung dur in ius vocatio | friminalgericht, im Gegenſatz zu den Eivilgerich: 
dauerte zwar fort, empfing aber mehrere Milde: |ten. Erſte Periode der römijchen Kriminal- 
rungen, und obrigfeitliche Ladungen entjtanben | gericht3barfeit: von Romulus bis zur Errichtung 
daneben (prensio und vocatio). Auch wurde diefer | der quaestiones perpetuae, 149 v. C. Bis auf 
Aft oft durch ein vadimonium erfeßt, d. h. durch | Servius Tullins richteten die Könige, aber ein- 


Prozefs. 





in der republi= : 


eine Stipulation, fih an dem beftimmten Tage 
in iure ftellen zu wollen (j. Vadimonium). Bor 
dem Prätor wurde zuerft von dem Kläger bie 
Klage angegeben (edere actionem) und die For: 
mel erbeten (postulare). Darauf erflärte fich der 
Beklagte und brachte Erceptionen vor (ſ. d.), welche 
der Prätor der formel einverleibte, nachdem auch 
die andere Partei gehört worden war und etwaige 
Anträge gejtellt hatte. Zuletzt fahte der Prätor 
die Formel (dat actionem und inudieium), be— 
ftellte den Richter (index, recuperatores, arbitri) 
und nahm die litis contestatio (f. d.) vor. Doc) 
wurde dieje zuweilen durch Geftändnis des Be- 
Magten u. j. w erſetzt, jo daß es zu feinem iu- | 
dietum fam. Das ındicium jelbft wurde damit 
eröffnet, da die Barteien dem Richter die Formel 
vorlegten, im welcher die beftimmte Anftruftion 
enthalten war, wie er unterfuchen und das Urteil 
fällen jollte; denn es hieß allemal: si paret, d. h. 
wenn es Mar ift, absolve, oder: si non paret, 
condemna. Nun folgten die Reden der Parteien 
und die Beweisführung (ſ. o.), bei welcher auch 
das Beichwören der Richtigfeit der Beweiſe vor: 
fam (j. Kid, II). Nac einer Refapitulation (al- 
tercatio) wurde der Urteiläjpruch gefällt, welcher | 
allemal auf eine beftinmte Geldſumme lautete (ſ. 
Litis aestimatio), dieſe aber erlitt zumeilen 
eine Minderung * compensatio (f. d.). Bor 
dem Urteil konnte Bertagung eintreten, ſ. Di- 
latio. Über das Verfahren, wenn eine Partei 
ausblieb, j. Contumacia. Pas Urteil, senten- 
tin, war unabänderlih als res iudicata, und 
wenn die verurteilte Bartei dasjelbe nicht erfüllte, 
verhängte der Magiftratus, welcher das Gericht 
beftellt hatte, obrigfeitlihe Grefution, welche | 
das Vermögen (ſ, Bonorum emtio) ober die 
Perſon des Berurteilten betraf, j. Manus in- 
jectio. — Die einzelnen Alte nah Ab: 
ihaffung des ordo iudie. priv. In der 
Kaiferzeit, ald die meiften Prozeffe extra ordi- 
nem, d. h. von dem Magiftratus, entichieden wur: 
den, famen auch andere Beränderungen auf. Der 
Prozeß wurde meift eingeleitet mit der denun- | 
tiatıo (f. d.), worauf der Bellagte von dem Ge: 
richt ſchriftlich vorgeladen wurde. Diejer mußte | 








iudicum 


geſchränkt durch die Provofation an die Euriat- 
comitien; daneben noch die duumviri perduel- 
lionis (f. Perduellio) und quaestores parrieidii 
(j. Quaestor, 1. und Parricidium). Dann 
richteten die Konſuln (aber nicht fapital) und vor: 
züglich die Comitien (j. oben 18f.), der Senat 
nur in Zeiten der Gefahr, außer wenn die Ber: 
brechen außerhalb Roms verübt worden waren, 


j. Senatus. — Bmeite Periode: die quae- : 


stiones perpetuae, Gtatt der Volksgerichte 
famen nad und mad) ftehende Gerichtähöfe auf, 
welche nunmehr das regelmäßige Kriminalverfahren 
(ordo iudieciorum publicorum) bildeten, das Bolt 
richtete nur noch de perduellione, wo e3 fih um 
Leben und Tod handelte. Die erfte quaestio perp. 
wurde 149 dv. E. durch die lex Calpurnia re- 
petundarum eingeführt, welcher mehrere andere 
nachfolgten. Sulla vermehrte die Zahl derjelben 
noch, und zu Ciceros Zeit gab es 8 quaest. perp. 
für Nepetunden, Majeftätöverbredhen, Peculatus, 
Ambitus (f. d.), Mord und Giftmijcherei (ſ. Si- 
earius und Veneficium), vis und falsum 
(j. d.). Jeder Gerichtähof hatte feinen Präfidenten, 
welcher entweder ein Prätor oder ein index quae- 
stionis war (f. o.), außerbem eine gewifle Anzahl 
von Richtern, deren Zahl in der fonftituierenden 
lex angegeben war, und welche aus dem album 
i enommen wurden (ſ. Judex), z. B. 


nach der lex Servilia für die quaestio repet. 


‚450 Richter. Auch die Zahl der bei jedem einzel- 


nen Prozeß thätigen Richter hing von der lex ab; 
fo waren in dem Prozeh gegen Piſo 75, gegen 
Scaurus und Gabinins 70 Richter u. ſ. w. 
Die einzelnen Alte des Duäftionenpro- 
geiles. uerft fam die postulatio, d. h. die 

itte des Anklägers an den Präfidenten des Ge— 
richt3hofes, eine gewifle Berjon anflagen zu dürfen. 
Benn mehrere anflagen wollten, jo wurde eine 
divinatio angeftellt (j. d.). Dann fam es zur 
nominis delatio, d. h. zur eigentlichen An— 
age, welche aber mit der postulatio allmählich 
zufammenjchmolz. Mit der nom. delatio war die 
interrogatio verbunden, d. h. Frageftellung 
des Anklägers an den Angeflagten, worauf die 
inseriptio und subseriptio folgte, d. h. 


eantio indicio sistı ftellen oder fi) in Gewahriam | Protofollierung der mündlid angebrachten Anklage 
halten laſſen. Darauf folgten die gerichtlichen Ber: | und Unterzeichnen des Anklägers, dem fich mehrere 
andlungen, cognitiones genannt, durch welche der | anjchließen konnten (j. Subsceriptio, 3.), zuleßt 
Rrosch 9 in die Länge gezogen werden fonnte, |die nominis receptio von ſeiten des Prätors, 
bis die sententia erteilt wurde. — Rechtsmittel. indem er den Namen de3 reus in die Lifte der 
In der republifanischen Zeit gab es feine Unter: | rei eintragen ließ und zugleich den Termin (am 
ordnungen der Inftanzen, und Revifion des Ur: zehnten, dreißigften, auch hundertiten Tage) be: 
teild war daher unmöglihd. Die einzige Hülfe mmte, wann das eigentliche indieium gehalten 
gegen Mißbrauch der richterlichen Gewalt beftand | werden follte. Diejed (cognitio genannt) wurde 
in der Anrufung der Magiftrate (appellatio, | mit dem Aufrufen der Parteien durch den Prätor 
j. d.), welche durch ihr Beto intercedieren follten. | eröffnet (eitatio), worauf die Richter gewählt (in- 


rs 


28 


Prudentius — Psamathe. 


dieium constitutum durch sortitio oder editio, 
J. Judex), aufgejchrieben (libelli nominum, ta- 
bulae) und vereidet wurden. Die Anklage trug 
ber Ankläger in zufammenhängender Rede vor 
(oratio perpetua), ebenfo auch Die subscriptores 
(f. Subseriptio, 3.), worauf der reus oder feine 
patroni antworteten. Die urfprünglich unbejchränfte 
Zeit der Reben wurde wegen des mit biejer Frei: 
heit getriebenen Mißbrauchs (diem eximere di- 
cendo) zuerft durch Bompejus bejchränft, und ein 
tempus legitimum oder iustum et debitum be: 
ftimmt. Nach Beendigung der beiderjeitigen Neden 
rief der praeco: dixerunt, und nun For te die 
altercatio, indem die Parteien in furzen fragen 
und Antworten einzelne Punkte näher beleuchteten. 
Dann erft fam das Bemweisverfahren (probatio), 
wo die Zeugenausſagen, Urkunden und Indicien 
wichtig waren. Endlidy folgte das Urteil (sen- 
tentia) nad) der Majorität der Richter. Oft wurde 
vorher eine zweite Actio angeſetzt, ſ. Compe- 
rendinatio und Dilatio. Das gefällte Urteil 
ftand feft, und Provofation dagegen war nicht 
uläjfig. Die Strafe (Eril oder Geldftrafe) wurde 
Fogtei vollzogen, und nur das Bolf konnte re- 
stitutio ausfprehen. — Neben den Quäftionen 
ftanden noch die Gerichte des Senats und die 
untergeordneten der Tresviri capitales (f. d.). In 
den italifchen Städten richteten die oberften Magi: 
ftrate und die Decurionen, in den Provinzen die 
Xofalmagiftrate und die Statthalter. — Dritte 
Periode: die Zeit der cognitio extra- 
ordinaria. In der Raiferzeit wurden bie quuest. 
perp. durch die faiferliche Obergericht3barteit und 
durch die dem Senat und dem Praefectus urbi 
eingeräumte Jurisdiltion immer mehr beſchränkt 
und endlich ganz verdrängt, was vermutlich fchon 
im 2. Jahrh. n. E. geihah. Der frühere Unter: 
ichied zwijchen dem Prätor und den Richter fiel 
nun weg, und der den Prozeß nftruierende war 
ugleich auch Richter, was man noch immer das 
erfahren extra ordinem nannte, obwohl es jetzt 
das regelmäßige geworden war. Die einzelnen 
Alte des Vorverfahrens wurden abgefürzt und zus 
jammengebrängt, die alte postulatio verſchwand 
und nominis delutio bildete den Anfang, an 
welche fich unmittelbar inscriptio und subseriptio 
nebft der nominis receptio reihte. Bis zum Haupt: 
verfahren wurde ber Angeflagte in Haft gehalten, 
oder er gab durd; vadimonium Sicherheit. Im 
Hauptverfahren folgten nach der eitatio die Reden 
und das emeitderlahten. Nach dem Urteil konnte 
in vielen Fällen Berufung eingelegt werden, und 
zwar an den Kaifer oder an die von ihm delegier: 
ten Richter. Begnadigung (indulgentia) und Re- 
ftitution konnte jegt nur vom Kaiſer erteilt werden. 
— In der Kaijerzeit entwidelte ſich auch neben 
dem bisher herrichenden Anklageprozeß das In— 
quifitiondverfahren, indem die höheren Magiftrate 
und Statthalter gegen gewifle Verbrechen ex offi- 
cio einjchreiten durften, ohne eine Anklage ab: 
—— z. B. gegen Diebſtahl, Raub, sacri- 
egium u. ſ. w. — Y) Judicium de moribus 
entichied darüber, ob eine Ehefcheidung durch Ber: 
ſchulden des Mannes oder der Frau herbeigeführt 
jet, und wie es demzufolge mit der dos gehalten 
werden müfle (j. d.). Benn Scheidung wegen 
Ehebruchs der rau erfolgte, jo jcheint der Gatte 


die ganze dos behalten zu haben, bis die lex 


Neallerifon des Mlafj. Aitertums. 7. Aufl. 


1009 
Papia Poppaea einige Milderung ſchuf. Über 
die andern Fälle ſ. Dos. 

Prudentius, Aurelius Prud. Elemens, 
einer der bedeutendften chriftlichen Dichter, geboren 
348 in Hifpanien, widmete ſich anfangs der Juris: 
prudenz und verwaltete Staatsämter, zog fich aber 
ipäter zu ajfetifchen Übungen zurüd und ftarb 
gegen 410. Seine Gedichte find dreierlei Art: 
1) lyriſche: liber cathemerinön (12 Gebetähymmen 
für die einzelnen Tagesftunden) und wegl are- 
yavov (14 Hymnen auf chriftlihe Märtyrer); 
2) didaltiſch⸗polemiſche: Apotheosis Christi, Ha- 
martigenia (Rechtfertigung der biblijchen Erzäh: 
lung vom Sündenfall) und contra Symmachum 
(gegen die Wieberherftellung des Seidentums ) 
lib. II; 3) allegorijhe: Psychomachia (Kampf 
der Tugenden und Laſter im Menichen) u. a. 
Kühner Schwung und feurige Begeifterung zeich: 
nen ihn ebenjojehr aus wie fließende Sprache und 
trefflicher Beröbau. — Wusgaben von Gellarius 
(1708), Arevalus (1788), Obbarius (1845), Drefjel 
(1860). Monogr. von El. Brodhaus (1872) und 
G. Sirt. 

Prusa, /Igoöc«, Stadt im weſtlichen Bithy: 
nien, von Prufias II. auf Hannibal® Nat in 
pradhtvoller Yage am Nordabhange des myſiſchen 
Dlympos erbaut; j. Bruffa. Strab. 12, 564. 

PrusTas, IIgovoieg, 1) Pruſias I., König 
von Bithynien, folgte um 236 v. E. noch jung 
feinem Vater. Große Bebrängniffe erſchwerten die 
erften Zeiten feiner haft, fiegreich überwand 
er fie und befreite fi von feinen Hauptfeinden, 
ben Galatern, jeit 213 durch glüdliche Kämpfe. 
Ein thätiger und fräftiger Fürſt, verichaffte er 
feinem Heinen Reiche bald Anjehen (Pol. 4, 50. 
5, 90. 111. 8, 17), erweiterte dasjelbe und unter: 
warf fi die Stadt Herafleia und deren Gebiet 
und andere Städte im Bunde mit Philipp V. 
von Makedonien. Beim Beginn des Krieges der 
Römer mit Antiochos von Syrien ſchlug er ſich 
notgedrungen auf Roms Seite (190), ohne von 
diejem Schritte Gewinn zu haben (Zar. 37, 26. 


Pol. 21, 9. 22, 27), und nahm aus Race den 
flüchtigen Hannibal bei fih auf. Er ftarb um 
186. ‚Just. 32, 4. Nep. Hann. 10. — Ihm folgte 


2) fein Sohn, Pruſias II., ein fraftlojer Fürſt, 
welcher infolge römijcher Drohungen den Hannibal 
preisgab, in völliger Abhängigkeit von Rom re: 
gierte und jeine Königswürde durch feige Nach— 
giebigfeit entehrte. Liv. 37, 25. Pol, 24, 1. 3. 
29, 3. 30, 16. 32,35. Im J. 149 v. C. ließ ihn 
jein Sohn Nikomedes ermorden. Pol. 37, 2. Just. 
32, 4. 34, 4. 39, 46. 51. 45, 44. 

IIevraveia |. Bovin, 4. 

IIgvraveia |. Prozels, 5. 

IIgvrareiov |. Attika, 13. und BovAnj, 4. 
Iınaorıjgıor ?v novravslo |. Epfiraı. 

HNgvravıg bezeichnet ganz allgemein den Bor: 
fteher, namentlich den Borfteher eines Kollegiums; 
in manden Staaten Name der oberften Regie: 
rungsgewalt, nad) Abjchaffung des Königtums, 
den athenijchen Archonten (bie dor Solon wahr: 
ſcheinlich auch movraneıs hießen) vergleichbar. Über 
die Protanen des athenifchen Rates j. Bovin. 

ber die movrdrsg av vavnpdgwv |. Nav- 
noagle. 

Psamäthe, Paudn, 1) Tochter des Nereus 
und der Doris, von Aiakos Mutter des Phofos. 

64 


1010 


Hesiod.theog.260. 1004. Ov. met. 11, 381.398. — 
2) Tochter des Krotopos, Königs in Argos, von 
Apollon Mutter des Linos (ſ. d.) — 3). Protens. 

Psanmmäthüs, Peuuatoös, Stadt und Hafen 
Laloniens, nahe bei Tainaron, j. Porto Duaglio. 
Strab. 8, 363. 

Psammenitos, Vauurvırog, Sohn des Amafis, 
legter König von Agypten, der nach jechsmonat: | 
licher Regierung (525 v. E.) ſich dem Kambyſes, 
nach tapferem Widerftande an der Dftgrenze des 
Neiches, jamt feiner Hauptftadt Memphis ergeben 
mußte. Nachdem der Eroberer des Pſammenitos 
Sohn hatte hinrichten lafjen, wollte er den Vater 
zum Statthalter Ägyptens machen; doch als nad) 
einiger Zeit, wie es jcheint auf Bi.$’ Betrieb, ein 
Aufitand ausbrady, mußte er ſich in Stierblut den 
Tod trinten. Hdt. 3, 10 ff. 

Psammetichos, Fauurnrıyos, ägypt. Piamtif, 
Name mehrerer Könige von Agypten: 1) Bi. 1. 
(655 — 610), Gründer der jechsundzwanzigften Dy: 
naftie, unter welcher das alte Agypten noch einmal | 
eine freilich künstliche Blüte erlebte. 672 war der 
legte der 3 aithiopiichen Könige, welche jeit 728 
errichten (j. Sabakon), von dem Aſſyrerkönig 
jarhaddon vertrieben, und das Land an 20 ein: 
heimische Vafallenfürften übergeben worden (dies 
ift der Hiftorische Kern von Herodots Dodelardie). 
Der mächtigſte derjelben war Necho, Statthalter 
von Memphis und Sais, wohl ein Nachkomme 
der vierundzwanzigften Dynaftie. Ihm folgte 66% 
jein Sohn Pjammetichos, der aber um 655 mit 
Hülfe der ihm durch Gyges von Lydien gejandten 
ionijchen und farijchen Söldner der Fremdherr— 


Psammathus 








ſchaft ein Ende machte und zugleich das ganze 
Yand unter jeinem Scepter vereinigte. eine 
Negierung trägt das Gepräge der Heftauration 


des altmationalen Wejens, kann aber doch in 
allerlei Neuerungen ihren Urjprung nicht verleugs 
nen. Pi. behielt Sais als Hauptitadt bei, öffnete 
Agypten dem Handel der Griechen und ſtützte ſich 
hauptjächlich auf jene Soldtruppen, welde an der 
am meijten gefährdeten Dftgrenze, zwiſchen Pe— 
lufion und Bubaftis, in ftehende Lager gelegt 
wurden; erbittert darüber jollen 240 000 Mann 
der einheimifchen Kriegerkaſte nach Aithiopien aus: 
gewandert jein. Bj. fjuchte in rag Erobe⸗ 
rungen zu machen, mußte aber Asdod angeblich 
29 Jahre lang belagern, fonnte jedoch den Ein: 
fall der Stythen durch Geſchente und Bitten glüd: 
li abwenden. Hdt. 1, 106. 2, 30. 147 ff. 157. 
Diod. Sie. 1,66 ff. Strab, 17, 786.801. — 2) Bi. IL., 
bei Herodot (2, 161) Pauuıs, Sohn Nechos, regierte 


nur kurz (595—589) und zog gegen Aithiopien zu | 
i Etrab. 13, 688. 17, 838), berühmt als Schlangen: 


Felde. — 3) PM. II.,j. Psammenitos. — 4) Neffe 





und Nachfolger des Periander (j. d.) in der Herrichaft 
von Korinth, 585/6 dv. E., wurde nad) nur dreijährt- 
ger Regierung von einigen Korinthern ermordet. 


Ingpiseoyar bezeichnet, im Gegenjage gegen | 


die Abſtimmung durch Aufheben der Hände, zeı- 
oororeiv (j. Xeıgororia und Exxinole, 5.), 
die Abftimmung durch Steinen (yipo«), die in 
die Stimmurne (bded«) geworfen wurden. 
werben bei Gelegenheit der Abftimmung über die 
Feldherren nach der Schlacht bei den Arginuſen 
2 Stimmurnen erwähnt, eine für die losiprechen: 
den, die andere für die verurteilenden Stimmen. 


Aud) | 





Xen. Hell. 1, 7,9. Dies kann aber im der Regel 
nicht der Fall geweſen fein, da die Abſtimmung 


— IIrapuos. 


nicht heimlich war. Die Abjtimmung durch Yyrpoı 
wurde bejonders da angewendet, wo man bie Frei— 
heit derjelben durch Heimlichkeit ſichern mollte, 
und wo es auf genaue Zählung der Stimmen an 
fam, wie bei Privilegien, 3. B. Erteilung des 
Bürgerrecht, Antrag für einen arımos, mit dem 
Volke zu verhandeln u. j. w. Denn zur Gültig: 
feit eines ſolchen Gejegantrags bedurfte e3 wenig: 
ftens einer Zahl von 6000 Stimmen. Sonft wurde 
meift die bequemere und raſchere Art der Ab: 
jftimmung durch Handaufheben angewendet, 3. B. 
bei der Wahl der Obrigfeiten, die nicht durchs 
Los beitimmt wurden. Übrigens find die Alten 
im Gebrauche der beiden Ausdrüde nicht genau; 
häufig wird unpiseodter in der Bedeutung von 
zeıporoveiv gebraucht, ganz allgemein jede Art 
der Abftimmung bezeichnend. Mit einem Accuſativ 
deſſen, was man bejchließt, wird nur unpifechus 
verbunden, 3. B. Bortsar. — Bon gerichtlichen 
Abjtimmungen nur pyrpifesdar, von Wahlen nur 
eıgoToVeiv. 

Yıpıouea \. Erninole, 5. 6. 

Myos |. Zypouyis. 

Yevdouaprvgio» dien j.Prozels, 9.10, 

Yıkoi |. Exercitus, 2. 

Psöphis, Pogis, 1) Stadt im NW. Arkadiens, 
angeblich gegründet von einem gleichnamigen Enkel 
ober einer Enfelin des Erymanthos (Paus.8,24, 1), 
im oberen Thale des Erymanthos in feſter Lage, 
daher im aitolisch-adhaiiichen Kriege wichtiger Stütz— 
punkt der Nitoler, der aber jpäter (219 v. E.) von 
den Maledoniern erobert wurde, wichtig aud als 
Kuotenpunkt mehrerer großen Verlehrsitraßen. In 
Bi., von dejien Mauern ſich bedeutende Trümmer 
erhalten haben, befand ſich ein Seiligtum der 
Aphrodite Eryfine und das Grabmal des All⸗ 
maion. Pol. 4, 70 ff. — 2) Tochter des Ernr auf 
Sicilien, von Heralles geliebt und Mutter des 
Edjephron und Promachos. Paus. 8, 24, 1. 

Yoyaywyos, Wvxorzounög j. Hermes, 3. 

Psyche, #vyr, (j. Eros), in der bildenden 
Kunft dargejtellt als zartefte Jungfrau mit Schmet: 
terlingsflügeln oder als Schmetterling. 

Yovyonavrsiop oder Wugonomaeior, ein 
Traum= oder Totenorafel (j. Divinatio, 6.), 
auch ein Ort, wo man durch den Yuyouarrıg bie 
Geiſter der Verftorbenen heraujbeihwor, um jie 
zu befragen; häufig in Griechenland, in Italien 
um den Averner:See in Campanien. 

Psylli, Pollor, Bolf im Innern von Kyre— 
naife, welches nach Herodot (4, 173) völlig vom 
Sande der Wüjte begraben wurde, von andern 
Schriftitellen aber jpäter noch erwähnt wird 


beſchwörer. 

Psyra, z& Poga, j. Pſara oder Ipſara, Inſel 
50 Stadien nordweſtlich von Chios, mit einer 
Stadt gl. N. und einem berühmten Bakchostempel. 
Strab. 14, 645. 

Psyttaleia j. Attika, 19. 

IIta«guo;, sternutatio oder sternutamentum, 
das Niejen, zu den omina bei den Alten gerechnet 
({. Divinatio, 11. 20.), vielleicht weil es einen 
ihädlichen Stoff aus dem Körper zu entfernen 
ichien; frühzeitig jchon rief man den Niejenden 
zu: Zeo owcor. Früh morgens und jehr laut 
galt es für unglüdlich; mittags für glüdlih. Links 
gehört, war es ein widerratendes, rechts ein er- 


Pteleon 


mutigendes Zeichen. Selbft bei den Göttern galt | Hinjcheiben jprach der fräftige, 3 


es als Zeichen der Zuftimmung. 


— Ptolemaios. 


1011 


um Herrſcher ge: 


borene Feldherr anfangs gegen Aleranders Kinder 


Ptel&on, IIrsisov (Hom. Il. 2, 697), Hafen- | von perfiichen Frauen, gab jedoch nach und jehte 


ftabt in der theflalifchen Landſchaft Phthiotis, am 
ſüdweſtlichen Ende des Meerbujend von Pagajai, 
die Mutterftadt von Pteleon in Triphylien ( Hom. 


21. 2, 594); 171 v. E. von den Römern zerftört | 


(Liv. 42, 67); j. Ftelio. Auch auf dem thrafifchen 


Eherjones lag eine Stadt d. N. (Dem. Halonn. 39). 


Welche Städte d. N. bei Thukydides (5, 18) im 
Lafonien (?) und (8, 24. 31) bei Erythrai in Jo: 
nien (7) gemeint find, ift nicht ficher. 

Ptereläos j. Amphitryon. 

Pteria, IIreoia, feſte Stadt im nördlichen 
Kappadokien (Hdt. ı, 76), jpäter zum öftlichen 
Galatien gerechnet; j. Boghazlöi mit intereffanten 
Selfenrelief3 in eigentümlichem Stil. 

IItwgxos |. Mendicus. 

Ptolemaios, IIrolsuaiog, Ptolemaeus, Ptolo- 
maeus, d. h. Strieger, ein bei Mafedoniern und 
Griechen, namentlich der jpäteren Beit, oft vor: 
fommender Name. A) Hiftorifch bebeutiam find 
I)inMafedonien: 1) Pt. Alorites, Schwieger: 
john des Amyntas III. (ſ. d., 1.), Königs von Ma- 
fedonien, geriet nach deffen Tode in Thronftreit 
mit Wlegander II. (j. d. II, 6.) Die ebaner 
unter Belopidas jchlichteten zwar den Streit, doc 
368 v. C. bahnte fich Pt. durch Ermordung Ale: 
randers den Weg zum Throne, den er bis zum 
J. 365 behauptete, in dem er ſelbſt von Perdiklas I11. 
(j. d.) ermordet wurde. Plut. Pel. 26. Diod. Sic. 
15, 71 ff. Just. 7, 4f. — 2) Sohn des Philipp, 
fämpfte in der Schlacht am Granikos und unter: 
warf nachher Karien. — 3) Sohn des Seleufos, 
fiel in der Schlacht bei Iſſos. — 4) Neffe des 
Antigonos, unterjtügte defien Pläne in Afien und 
Griechenland mit Erfolg, knüpfte ſpäter jeboch 
treulojerweife Verbindungen, mit KRaflander und 
dann mit Ptolemaios von Agypten an, der ihn 
vergiftete, 309 dv. C. — 5) empörte ſich gegen 


dafür die Verteilung der Provinzen durch, von 
welchen ihm das reiche, mwohlgelegene Agypten zu 
teil wurde, deſſen Bewohner er in kurzem durch 
MHuge Behandlung glüdlihh gewann und wohin er 
zahlreiche griechijche Einwanderer zog. Durch Er: 
oberung Kyrenes 18* er ſeine Macht, knüpfte 
Verbindungen mit Antipater an, bemächtigte ſich 
der Leiche Alexanders, welche auf dem Wege 


nad) Makedonien war, brachte fie nach Alexan— 


dreia, um durch ihren Beſitz den Glauben an ſeine 


Macht zu ſtärken, und wehrte 321 v. C. den An— 





griff des Perdikkas mutig und entichloffen ab. 
Zugleich acdjtete er die Gewohnheiten, Denkmäler 
und religiöfen Einrichtungen der Ägypter und trug 
dadurch nicht wenig zur Befeftigung feiner Herr: 
Ichaft bei. Die Teilung zu Triparadeijos beftätigte 
ihn im Befige feiner Provinz. Darauf richtete er 
jein Augenmerk auf das benachbarte Syrien, be: 
jegte das Land und z0g zahlreiche Anſiedler, be- 
jonders Juden, nad) Agypten. Darnach unterjtüßte 
er jeinen Schwager Kaſſander mit einer Flotte und 
ichloß fi dem Bunde des Antigonos, Seleufos 
und anderer gegen Eumenes an, der nad mehr: 
jährigem Kampfe im J. 316 den Tod fand. Dem 
Kampfe gegen Eumenes folgte (315) ein Krieg 
mit dem übermächtigen Antigonos, in welchem 
Pt. zwar Kypros gewann, aber Syrien und Phoi: 
nifien einbüßte. Mehrere Aufftände unterbrüdte 
er (313), gewann 312 einen großen Sieg bei 
Gaza über Demetrios, Sohn des Antigonos, unter: 
warf Phoinifien, mußte fich aber vor dem an: 
dringenden Antigonos nad) Agypten zurüdziehen. 
Bald hernach wurde zwiſchen den Feldherren ein 
Friede geichlofjen, der indes nur kurze Zeit dauerte, 
jo daß es 309 abermals zum Kriege fam. Wenn: 
gleich Demetrios die Agypter in VBorderafien jchlug, 
jo machte Pt. doch bald auf den griechiichen Inſeln 


Philipp V., um den Aratos zu ftürzen, verlor | große Fortichritte und unterwarf die Küftenländer 
aber nad dem Mißlingen des Planes da3 Leben. | in Aſien. Aber bei Kypros geichlagen, mußte er 
— 1) in Thrafien: Sohn des Lyſimachos, ſich nad Ügypten zurüdziehen (306). Als Anti: 
kämpfte um die Herrſchaft über Thrafien und Ma: | gonos nad) diejem Siege den Königstitel annahm, 
fedonien mit Ptolemaios Keraunos. Just. 24, 2. folgten Pt. und die übrigen Feldherren jeinem 


— I) in Epeiros: Sohn des Pyrrhos, ver- 
waltete während des Zuges jeined Vaters nad 
Stalien das Reich, gewann einen glänzenden See: 
fieg bei Kerkyra und infolgedejlen dieſe Inſel, 


Beripiele. Den Angriff des Antigonos auf Agyp— 
ten ſchlug Pt. kühn und glüdlidy ab (305), worauf 


‚er die don Demetriod hart bedrängten Rhodier 


274 dv. E., befiegte dann das Heer des Antigonos | 


Sonatas und fand auf des Vaters Zuge nach dem 
Peloponnes jeinen Tod, im J. 272. Ju 
25, 3f. Plut. Pyrrh. 28. — IV) in Agypten: 
1) Pt. I., Soter, Sohn des Lagos, aus niederem 
Stande, einer der berühmteften und glücklichſten 
Heerführer Aleranderd des Gr. Nachdem er als 
Anhänger des jungen Alerander por König Phi: 
lipp hatte flüchten müffen, nahm ihn nad Phi: 
lipps Tode der junge König unter die Leibwächter 
auf. Seit der Schlacht bei Iſſos, an der er teil: 
nahm, wurde jein Name jtet3 mit Auszeichnung 
genannt. Er bezwang den Bejjos, unterwarf das 
Sebirgsland Sogdiana, kämpfte rühmlich in In— 
dien gegen Poros und ſpäter gegen die Koffaier 
und wurde vom Könige, der dem ftaatöflugen, 
wegen jeiner Gewandtheit und Milde allgemein 
beliebten Feldherrn großes Vertrauen ſchenkte, 
mit Ehren überhäuft. Nach Nleranders frühem 


Just. 18, 1. 





befreite und daher den Ehrennamen Soter empfing. 
Demetrios und Antigonos wendeten jich nun gegen 
Kafjander von Makedonien, um ihre ehrgeizigen 
Pläne zur Erneuerung eines makedoniſchen Welt: 
reiches hier durchzujegen, riefen indes eine aber: 
malige Verbindung des Bt., Seleulos und Kafjander 
ind Heben, worauf Antigonos bei Ipſos in Phry: 
gien 301 geichlagen wurde und fiel. Neue Ber: 
indungen ergaben fich aus dieſem Ereigniffe. An: 
fangs wurden Pt. und Seleufos, der der mächtigite 
an Land war, einander entfremdet, verjöhnten fich 
jedoch wieder, und jelbjt Demetrios, dem Pt. eine 
jeiner Töchter verlobte, ſchloß fich ihnen an. Doc) 
von ehrgeizigen Plänen getrieben, geriet Deme: 
trios mit jeinem künftigen Schwiegervater in Streit, 
und bald waren ®Bt., Seleufos und Yyfimachos 
gegen ihn vereinigt. Demetrios unterlag und wurde 
ein Gefangener des Seleukos (286). Groß, wie 
im Kriege, war Pt. auch im Frieden und in 


weiſer Verwaltung jeines Reichs. Eine mächtige 


64 * 


1012 


Flotte und ein ftarfes und tüchtiges Sölbnerheer 
ftügten jeine Herrichaft, deren gewöhnlicher Sig 
die Schöpfung Alexanders, Alerandreia, war. Dieje 
Stadt blühte durch ausgezeichneten Seehandel und 
wurde von Pt. durch prachtvolle Bauten geſchmückt. 
Mit großer Klugheit verband Pt. das griechifche 
Weſen und jeine Elafticität mit dem ernten Cha: 
rafter der Eingeborenen, juchte übrigens griechiiche 
Spradye und Bildung durch Herbeiziehung zahl- 
reicher Koloniften und dur Gründung griechiicher 
Städte allgemein zu verbreiten, jo daß, wenn aud) 
die Mehrzahl der Bevöllerung ägyptiſchen Ur: 
jprungs war, das ganze Reich äußerlich in Litte— 
ratur und Bildung ein griechiſches Gepräge trug. 
t. ging mit jeinem Betjpiele voran, da er jelbit 
——— war. So ſchrieb er, bereits König, 
ein 
ausführlich und im ganzen glaubwürdig geweſen 
ſein muß, und welches Arrian mit Vorliebe be— 
nutzt hat. (Die Fragmente hat Hullemann [1844] 
herausgegeben.) Das berühmte alerandrinijche 
oo. und die dortige große Bibliothek ver- 
banken der legten F ſeiner Regierung ihre 
Gründung. Die Überjegung der Septuaginta fällt 
wohl in biejelbe Zeit. Die erften Dichter und 
Gelehrten jeiner Zeit lebten zu Alerandreia, 3. B. 
Philetad von Kos, Zenodotos, Helataios, Eu: 
Heides. Wie die Gelehrjamfeit, jo acdhtete und 
förderte der weile König auch die jchönen Künfte 
mit Erfolg und lieh jich zum Danf dafür von 
ihnen feiern. ®Bt. ftarb im J. 283, 84 3*8 alt, 
gefeiert von feinen Zeitgenoſſen und gepriefen von 
der Nachwelt. Ihm folgte jein Lieblingsjohn von 
der Berenife, jeiner vierten Gemahlin, 2) Pt. II, 
Bhiladelphos. Geboren 309 v. E. auf der Inſel 
Kos während eines Kriegszuges ſeines Waters, 
unterrichtet von Straton, Zenodot und Philetas, 
von jeinem Fugen Bater ın die Staatsgeſchäfte 
eingeführt, war er ein vieljeitig gebildeter Fürſt, 
deſſen Regierungsantritt jeine Unterthanen mit 
Vertrauen begrüßten, jedoch nicht frei von ben 
Laftern der Sinnlichteit und Ausſchweifung, welche 
in feinen Nachkommen bis zur Entartung fort: 
wucherten. Den Günftling feines Waters, den 
Demetrios Phalereus, behandelte er mit unebler 
Härte. Dann vermählte er ſich, wahrjcheinfich auf 
ein altperfiiches Königsprivilegium gejtügt (Hat. 
3, 31. Just. 28, 1), mit jeiner leiblichen — 
Arfinoe, nach Verſtoßung ſeiner Gemahlin Arfinos, 
einer Tochter des Lyſimachos von Thrakien, wäh— 
rend er, trotz ſeines Beinamens Philadelphos, 
ſeine Brüder nichts weniger als brüderlich be— 
handelte. Mit einem derſelben, Magas von Ky— 
rene, fam ed zum Kriege (um 270), der unent— 
ſchieden blieb, jo da5 Magas Kyrene behielt. Dann 
griff er Syrien an, um fi im Bejig von Phoi: 
nifien, Koileigrien und Paläftina zu behaupten. 
Ein zweiter Krieg von 258—248 führte zur Er: 
oberung der afiatiichen Geftadeländer durch bie 
ägyptijche Flotte, wo er zahlreiche Stäbte —— 
ie in Vorderaſien, ſuchte er auch in Griechen— 
land und Makedonien ſeinen Einfluß geltend zu 
machen, wobei er die Kykladiſchen Inſeln in ſei— 


elanntes Werk über Alexanders Thaten, das 


- Ptolemaios. 


men jo verberblich werben jollten. Wie nad Sy- 
rien, Griechenland, Ftalien und bejonders nad) 
Syrafus, richtete er jeine Blide auch nad Aithio— 
pien und ermunterte jeine Unterthanen zum Handel 
nad biejen reichen Gegenden. Theoer. 15. 
jelbft unternahm einen Zug dahin, jandte ferner 
Erpeditionen nach Indien und beförderte aus 
Neigung zur Naturgejchichte Handels: und wiſſen— 
| Ichaftliche Unternehmungen nad) ben entfernten 
Rändern im Süden. Diod. Sie. 1, 37. 3, 38. 42. 
Plin. 6, 17. 29. Er beförderte Künfte und Wiflen: 
ichaften, bejonders Dichtkunft und Gejchichte, welche 
oftmals jein zum Trübſinn geneigtes Gemüt auf: 
heiterten, belohnte die größeren Dichter, den Kalli— 
machos, Philetas u. a., unterjtügte das Mujeum, 
vergrößerte die prachtvolle Bibltothef, an deren 
Spige nacheinander Zenodotos, Kallimachos, Era: 
tojthenes, Apollonios, Wriftophanes von Byzanz 
und Ariftarchos ſtanden, durch zahlreiche Ankäufe 
und Abjchriften guter Handichriften, ſchmückte Ale: 
gandreia durd glänzende Paläfte, Tempel und 
Denkmäler und erweiterte die Handelsbezichungen 
ſeines Landes bedeutend. Seine legten Jahre ver: 
fümmerte der Tod jeiner Gemahlin Arfinoe, feiner 
Lieblingstochter Berenike, die er dem zweiten An: 
tiochos von Syrien zu — Unglücke vermählte, 
und körperliche Leiden aller Art, die er ſich durch 
Ausſchweifungen zugezogen hatte. Er ſtarb im 
J. 247,46. — Ihm folgte 3) Pt. IUl., Ener: 
etes. Er begann ſeine Regierung mit einem 
1* gegen Syrien, in welchem er mit Glück 
und Energie Vorderaſien und die Euphratländer 
eroberte, bis zum Indos vordrang und aus welchem 
er mit großer Beute beladen heimkehrte, 243 v. C. 
Divd. Sie. 1,46. 55. Just. 27,1. Aus Dank— 
barkeit für die Jurüdführung der einjt von den 
Perſern geraubten Götterbilder gaben die Agypter 
ihm den Namen Euergetes (Wohlthäter). Zahl: 
reihe Denkmäler erinnerten noch lange an jeinen 
Siegeszug. Ein Aufftand in Agypten unterbrach 
denjelben, wurde jedoch unterbrüdt. Der im J. 239 
zuftande gefommene Friede gab dem Könige Teile 
von Syrien und die Hleinafiatijhen und thrakiſch— 
malkedoniſchen Küftenftrihe. Schon um 243 war 
Euergetes auf Aratos’ Betrieb von den Achaiern 
‚zum Oberfeldherrn beftellt worden; daher ent: 
—— Kämpfe mit Makedonien und Antigonos 
Doſon, der die ägyptiſchen Städte in Karien weg: 
nahm. Als aber Aratos um feinen Einfluß fan, 
‚und Kleomenes von Sparta gegen Mafedonien in 
‚die Schranten trat, unterjtüßte Euergetes ihn an: 
fangs, Tief ihn aber bald in Stich, um fich mit 
Antigonos Dojon auszuföhnen, 221. Den flüd- 
tigen Kleomenes ver er in Mlerandreia freund: 
we auf und wurde jo jehr von ihm eingenommen, 
dab er beichloß, denjelben Hätig zu unterftügen 
und ihn mit einem Deere nad Europa zurüdzu: 
ichiden, wurde jedoch durch den Tod daran ge: 
hindert. In Mithiopien gründete Energetes zahl: 
‚reiche Kolonien zur Erweiterung des Handels und 
Verlehrs Dadurch namentlich ſteigerte er die Ein— 
fünfte Agyptens bedeutend, wobei freilich nicht 
| jelten Mafregeln der Härte und Strenge getroffen 














nen Beſitz brachte, jedod vom mafedonifchen Könige wurden. So war es ihm möglich, nicht nur eine 
Antigonos bei Kos in einer Seeſchlacht geichlagen starke Flotte und ein großes Heer zu erhalten, 
wurde, 266. Im ganzen gelangen feine Pläne in jondern aud Künfte und Wifjenichaften gleich fei: 
Bezug auf Griechenland micht. Dafür nüpfte er nen Vorgängern und namentlic) geographiiche und 
Verbindungen mit Nom an, die feinen Nachtom: | naturwifjenfchaftliche Unternehmungen zu beför: 


Ptolemaios. 


dern. 
Hiftorifer und andere Dichter und Gelehrte er- 
freuten fich feiner Huld. Für die große Biblio: 
thet ließ er wertvolle Anläufe machen. Much die 
religiöfe Anjchauung der Agypter — und ſchonte 
er. Die Juden begünſtigte er ſehr und erteilte 
ihnen das helleniſche Bürgerrecht, einem Juden 





1013 


Eratoſthenes, Apollonios, Phylarchos der | 181 ſtarb. — Ihm folgte ſein Sohn, 6) Pt. VI., 


Bhilometor, beim Tode des Baters etwa 6 Jahre 
alt, unter Vormundſchaft der Mutter. Koilejyrien, 
Phoinifien und Judaia gingen wieder an Syrien 
verloren, Eunuchen rifjen nad der Mutter Tode 
die Gewalt an jich und wollten die verloren ge: 
angenen Länder wiedererobern. Da drang der 


Joſephos verpachtete er zum großen Vorteil des | ſyriſche König Antiochos IV. in Agppten ein, 


Schaßes, aber zum Kummer feiner gedrüdten Unter: 
thanen jogar die Öffentlichen Gefälle. Euergetes 
ftarb im %. 221. Mit ihm fchließt die Reihe der 
bejieren PBtolemaier. — 4) Sein Sohn, Pt. IV., 
Bhilopator oder Tryphon (der Uppige), be: 
feitigte gleich anfangs nahe Angehörige und gab 
ſich ungejcheut jeinen Lüften hin. Den Kleomenes 
von Sparta ließ er auf eine Denunciation bin 
verhaften; zwar entkam dieſer, wurde aber bei 
dem Aufſtande, den er nun erregte, von den 
Ügyptern nicht unterftügt und tötete ſich ſelbſt 
(220). Nicht ungebildet, dichtete der König jelbit 
eine Tragödie Adonis, ehrte den Homer und er: 
baute Tempel, aber jeine geiftige Trägheit führte 
ihn zum Trunfe und zu Ausjchweifungen anderer 
Urt, während er die Regierung jchlechten Rat: 
gebern überließ, beſonders dem Agathokles und 
Sofibios. Seine Thatenlofigkeit benugte Antiochos 
von Syrien zu einem, obwohl vergeblichen, An: 
griff auf Koilefgrien, den er im %. 219 mit glüd: 
lihem Erfolge wiederholte, und nur mit Hülfe 
griechischer und anderer Söldner gelang es dem 
Pt. 217, über die Syrer den großen Sieg bei 
Raphia in PBaläftina zu gewinnen. Ein Waffen: 
jtillftand ficherte dem ägyptiſchen ag den Beſitz 
des angrenzenden Teiles von Syrien. Dafür mußte 
aber em Aufſtand der jchwer gedrüdten Agypter 
mit Strenge gedämpft werden. Dazu fam eine 
graufame Unduldſamkeit gegen die von feinen Bor: 
gängern jo begünftigten Juden, jo daß Antiochos 
Judaia den Agyptern entreißen konnte, 208. Mit 
Rom beftand ein freundichaftliches Verhältnis, doch 
juchte man durch Verbindung mit Makedonien der 
Vergrößerung Roms entgegenzumwirten. Er ftarb 
204. — 5) Sein Nachfolger, Bt. V., Epiphanes 


(der Erlauchte), war erſt 4 Jahre alt und dem 
Schuß der Römer anempfohlen. Nah dem vom 


Volke längſt gewünichten Sturze des Minifters 
Sofibios brachte ein rajcher Wechſel der Minifter 
und Bormünder die Gewalt in die Hände des 
Ariftomenes aus Alarnanien, welcher milde regierte 
und von dem jungen König anfangs innig geliebt, 
indes ſpäter auf deſſen Befehl vergiftet wurde. 
Ihm folgte als Minifter Bolyfrates, welcher in 
Verbindung mit dem tichtigen Ariſtonikos den 
ſchwachen, willenlojen König lenkte. Agypten verlor 
Phoinifien an Syrien, 199 v. E,, und Epiphanes 


hätte noch größere Verlufte erlitten, wenn nicht 
die Mömer ſich jeiner angenommen hätten. Ein 
Ihon lange dauernder Aufſtand der Eingeborenen 


wurde 196 unterbrüdt. Der junge König wurde 
mit Antiochos ded Gr. Tochter, Kleopatra, ver: 





wurde aber, ala er fich jelbft die Krone aufs 
ar jegen wollte, von den Agyptern aus dem 

ande getrieben, 171—170 v. E., und der jüngere 
Bruder des PBhilometor, P. Energetes II. Phy— 
iton, - Mitregenten angenommen. Ein neuer 
Einfall des Antiochos brachte Agypten in große 
ei und nur das fräftige Einfchreiten des 
römischen Gejandten Popillius Länas rettete das 
Land, 168. Liv. 45, 10 ff. Dagegen zerrütteten 
Streitigkeiten zwiichen den königlichen Brüdern, 
von denen der ältere zwar ſchwelgeriſch, aber auch 
milde und feft, der jüngere dagegen graujam war, 
Agypten immer mehr. Philometor mußte vor dem 
Bruder nah Rom flüchten, wurde indes vom 
Senate wieder eingejeßt. Er verzieh dem Bruder 
und herrichte (von 164 an) wieder allein über 
Agypten. Die Römer indes nährten, um Aghpten 
zu jhwächen, den Bruderzwift, in welchem Phi: 
lometor Taft und Feitigfeit bewies und jelbft den 
Römern gegenüber die Würde jeiner Herrichaft 
wahrte. In einem Kriege mit Syrien fand er 146 
jeinen Tod in einer Schlacht unmeit Antiocheia. 
Unter den Gelehrten, die damals in Wlerandreia 
blühten, find zu nennen der Dichter Moschos und 
der Grammatifer Ariftarchos. — Som folgte fein 
Bruber, 7) Bt. VII., Euergetes II., Phyſton 
(Schmerbaud), der jeined Bruders Sohn töten und 
unter den von ihm gehaften Alerandrinern ein 
ichredliches Blutbad anrichten ließ. Bor der Wut 
der durd) feine Lüfte und Grauſamkeit erbitterten 
NAlerandriner mußte Phyſton nad Kypros fliehen, 
fam aber zurüd und züdhtigte jeine Gegner. Er 
beichäftigte fi) im übrigen gern mit gelehrten 
Studien, bejonderd mit Verbeſſerung des Homer 
und mit Abfaffung von Denktwürdigfeiten zur 
Länder: und Völkerkunde, und ftarb 117 v. C. — 
Ihm folgte nad) jeiner Verfügung jeine Gemahlin 
Kleopatra, die noch zu Lebzeiten des Baters den 
älteren Sohn, 8) Bt. VIII, Soter Il., Zathuros 
nach Kypros hatte entfernen laſſen und jofort den 
jüngeren Sohn, 9) Bt. IX., Mlerander J., zum 
Mitregenten annahm, indes auf Verlangen des 
Bolfes den Soter zurüdrufen mußte und 10 Jahre 
lang mit ihm einträchtig herrichte. In neuem 
Zwift mit ihm zwang jie ihn dann zur Flucht 
nad Kypros, worauf fie ihren Lieblingsjohn Ale: 
gander zum Mitregenten berief. Auch aus Kypros 
berbrängt, ſuchte Ich Soter zunäcft ohne Erfolg 
in den iyrifch-paläftinenfiichen Wirren (108 v. C.) die 
Rücklehr nach Agypten zu erfämpfen. Er wurbe 
zurüdgerufen, als Wlerander, mit der herrſchſüch— 
tigen und unverträglichen Mutter zerfallen, der: 


mählt, die äguptiichen Briefter durch Gejchenfe und | jelben den Untergang bereitete und vor dem öffent: 
Erlaß von Abgaben gewonnen, Verbindungen mit | lichen Haſſe fliehen mußte (89). Zwar empörte 
den Nömern gegen die Mitolier und Antiochos, | fih Theben gegen Soter, doch gang es ihm, 
deiien Tochter Kleopatra treu zu ihrem neuen den Wufftand zu bewältigen. Das Verlangen der 
Baterlande Agupten hielt, eingegangen, mehrere | Römer, ihnen die ägyptiſche Flotte zum Kriege 
Empörungen graujam geftraft, und em Krieg gegen | gegen Mithridates zu ftellen, lehnte er ab, 85. 
Syrien vorbereitet, jomwie ein Bund mit dem & ftarb im J. 81. — Ihm folgte jeine Tochter 
Achaiern angeftrebt (Pol. 25, 7,, als Epiphanes | Berenite, auf Sullas Betrieb mit 10) Pt. X., 


-D, ‘), 


1014 Ptolemaios. 


Alerander II., ihrem GStiefjohne, vermählt, der | hiftorijch bebeutfam find: 1) Pt. I., Soter, 
auf der Inſel Kos herangewachſen und erzogen | ſ. oben A) IV, ı 9. € — 2) Pt. IV., Philo: 
war. Ihren Tod führte Mlerander nach kurzer pator, ſ. oben A) IV, 4. — 3) Sohn des Age: 
Ehe mit ihr herbei, worauf er ſelbſt gleich nad): | ſarchos, aus Megalopolis, vermutlich Zeitgenofie 
her ein Opfer der Vollswut in Alerandreia wurde. | des Pt. Philopator, defjen Geſchichte er in Drei 
— Nun folgten einige unebenbürtige Sprößlinge | Büchern ſchrieb. Fragmente bei Müller, fragm. 
des mit Alerander ausgeftorbenen echten Ptole- hist. Graec. III p. 66 ff. — 4) Pt. VII, Euer: 
maierftammes, zunädft 11) Pt. XI., Nothos,|getes II, j. oben A) IV, 7. — 5) aus Mendes 
Bater der berühmten Sleopatra, befannt unter | im Nildelta, Briefter und Verfaſſer einer ägypti— 
dem Beinamen Auletes, wegen feiner Liebe zum ſchen Gejchichte unter dem Titel XKoovo«, von chrift: 
Flötenjpiel. Ein Gegenftand des Hafjes für feine | lichen Schriftftellern mehrfach citiert. — 6) mit 
Unterthanen, war er ein Spielball römifcher Po: | dem Beinamen Xerrog, aus NAlerandreia, ein 
Litit, welche jhon damals Agypten ausfog, während | Grammatifer in der Zeit von Nero bis Nerva, 
Auletes e3 nicht beffer machte. Mehrere Empd: | jchrieb unter andern Werfen auch weel rs Eis 
rungen wurden mit Mühe unterdrücdt, die Römer | moAvuadlar “arg laropiag in 7 BB., woraus 
traten immer unverhohlener mit ihrer Nbficht, Photios Ercerpte erhalten hat, eine Sammlung 
Agnpten an fich zu bringen, hervor. Ein Bruder | von allerlei teild mythiſchen teils hiftorischen 
des Auletes wurde von ihnen (58 v. E.) der Inſel Sagen. — 7) mit dem Beinamen Marathon, ein 
Kupros beraubt und gab ſich jelbft den Tod, um | Sophift des 2. Nahrh. n. E. und Verfaſſer von 
jeine Demütigung nicht zu überleben. Das dar: | Deklamationen, in denen mit Vorliebe der Kämpfer 
über gegen Rom erbitterte äguptiiche Volt empörte | von Marathon gedacht wurde, und mit denen er 
fih. Der feige Auletes, der fidy weigerte, an die | von Stadt zu Stadt umberzog. Er ftarb hoch⸗ 
Spitze des Aufſtandes zu treten, ergriff die Flucht, bejahrt. — 8) mit dem Beinamen FEridterne. 
und das Bolt rief feine Tochter Berenike zur | Grammatiker aus Ariſtarchs Schule; jchrieb weei 
Königin aus. Nah 3 Jahren wurde Auletes | zur map’ Ourjew wAnyar und einen Kommentar 
indes durch den römijchen Profonjul Gabinius | zur Odyſſee. — 9) mit dem Beinamen Pindarion, 
wiedereingejegt, und der graujame Fürft ließ feine | Sohn des Oroandros, gleichfalls Grammatiter aus 
eigene Tochter umbringen, im J. 55. Auletes | Ariftarchs Schule, verfahte Oungına vmodsiyuare. 
ftarb 4 Jahre jpäter. Ihm folgte feine jüngere | — 10) Grammatifer aus der alerandrinifchen 
Tochter, die berühmte Kleopatra (j. d., 7.), und | Schule, bald Vater, bald Sohn des Ariftonilos 
jeine Söhne 12) Pt. XII. und 13) Pt. XIII. Strab. | genannt, lehrte in Rom und wird als Berfafler 
17, 795 ff. — 14) Pt. Keraunos, ältefter Sohn | von folgenden Schriften angeführt: r@ öwodos 
des Ptol. I. von der verftoßenen Gemahlin des: | elonuere rois rgayınois; 50 Bücher über Homer; 
jelben, der Eurydike, flüchtete, mit dem Bater|r& meel Movoar xal Nnonldwr u. a. Sämt— 
entzweit, nach Thrakien zu Lyſimachos. Hier er: liche Schriften find verloren. — 11) Klaudios 
mordete er im %. 280 v. E. den auf einem Zuge | Pt., TIrolsuniog 6 Kiavdıog, ein bedeutender 
nah Makedonien begriffenen Geleutos, der ihm | Geograph, Mathematiter und Aftronom, wahr: 
zur Wiedererlangung Agyptens nad) des Vaters | icheinlich aus Ptolemais Hermeiu in Oberägnpten, 
Tode hatte behülflich fein wollen, gewann das | Beitgenofje des Antoninus Pius. Nm Serapeion 
Heer des Ermordeten durch fein rajches Handeln zu NAlerandreia hielt er fich bleibend auf, jtellte 
(daher fein Beiname) und bahnte fi den Weg | dort feine aftronomifchen Beobachtungen an und 
zur Gewinnung Makedoniens, welches er nad) | jchrieb feine zahlreichen Werke, daher er bei Sui- 
glüdlichem Kampfe mit feinem Gegner behauptete. | das ein Alerandriner heißt. Seine mathematijchen 
Indes nad einer Regierung von nicht einem vollen | Kenntniſſe unterftüßten ihn weſentlich bei feinen 
Jahre fand er im Kriege mit den in Makedonien | aftronomijchen und geographiichen Studien, jo daß 
einfallenden Galliern den Tod. Just. 17,2.24, Iff. | er als ein Reformator diejer beiden Wiſſenſchaften 
— 15) Bt. Bhiladelphos, ein Sohn der Keo- | gelten darf (. Geographia, 7. und Mathe- 
patra und des Antonius, erhielt vom Vater Syrien | matische Geographie). Geine nod erhalte: 
und Vorderafien zum Gejchent und erlangte nad | nen Werke find folgende: a) Tewypayınn) vpi- 
defien Sturze von Octavian Berzeihung. — V. Noch | ynoıs, 8 Bücher, von den Arabern in ihre Sprache 
andere Ptolemaier von hiſtoriſcher Bedeutung | überjegt (neuere Ausgg. von Wilberg und Gras: 
find: 1) Pt. Mennaios, ein Syrer, führte mit off, 1838 ff., unvollenbet, Nobbe, 1843 ff., und 
dem König der Nabatäer (im D. Arabiens), Are: | E. Müller [begonnen 1888]; Überf. von 2. Georgii, 
tas, Krieg und erhielt von Pompejus gegen eine | 1839 ff.). Der Hauptinhalt ijt mathematijche Geo— 
Summe Geldes Berzeihung für feine Räubereien. gapbir; fie bildet die vornehmſte Quelle zur 

- 2) König von Mauritanien, Sohn Jubas II. | Kenntnis der alten Geographie; geometriiche Be: 
und der Kleopatra, einer Tochter der ägyptiſchen gründung ift vorherrichend, und die Aufzählung 
Kleopatra und des M. Antonius, wurde, als feine von Namen und Zahlen überwiegend. b) Meyalı 
Unterthanen fih am Aufſtande de3 Numidiers obvrafıs rg Gdorporoulag, 13 BB., des Ber: 
Tacfarinas (j. d.) wider die Römer beteiligten, von | fafiers aftronomisches Hauptwerk, die Lehren von 
diefen gezwungen, den Aufitand in Verbindung | der Bewegung der Geftirne und der ganzen Him: 
mit den Römern zu dämpfen. Als er von diejen melskugel enthaltend. Sein Syſtem, nad welchem 
dafür große Ehrenbezeugungen empfing und, von | die Erde der Mittelpunkt des Univerfums ift, ge: 
Caligula eingeladen, nah Rom kam, aber die | wann dauernden Beifall und wurde von Bappos 
Aufmerkjamfeit des Volkes und dadurd das Miß- | und Theon in noch vorhandenen Kommentaren 
trauen des Kaiſers erregte, ließ dieſer ihn töten. | erläutert. Das Werk jelbft ift durch eine arabiſche 
Tac. ann. 4, 23. 26. Suet. Cal. 26. 35. Dio Cass. | Überjeßung (befannt unter dem Namen Almageſt 
53, 26. 59, 25. Plut. Ant. 87. — B) Litterars | zuerft bekannt geworden (Ausgg. Bajel, 1538, und 





Ptolemais — Publieola 


bon Halma, 1813). ec) Tergdßıßlos ourrafıs 


1015 


(21, 63) galt für Senatoren jedes auf Gewinn ge: 


ucdnuerxn, Quadripartitam, ajtrofogiichen An: | richtete Geſchäft für nicht anftändig, und jo waren 


halt3 (Ausgg. von Camerarius, 1535, und von 


Melandthon, 1553); d) Kapmös, Refultate aus 


jeinen Werfen, 100 aftrologijche Sätze, deswegen 


and) Centiloqguium genannt; e) Podosıg dmia- 


vor doriowv xal ovrayaoyı) Erionuacıdr, ein 
Verzeichnis der Auf: und Niedergänge der Gejtirne 
mit Witterungsbeobadhtungen (vielleicht unecht) ; 
fi 'Tmodeorg xal miarautvor doyal; g) Tlegi 
eveinuueros, über die Sonnenuhren; h) Ariwaıg 
Iriparveslag opaipas, Planisphaerium, nur latei- 
nisch nach einer arabischen Überjegung vorhanden; 
i) Aguorınd in 3 BB., ein wertvolles Werk über 
Muſik (hHeransg. von Wallis, 1862); k) meoi »oı- 
rrieiov al nyeuovınod, de iudicandi facultate 
et de animi principatu (herausg. von Hanow, 
1871); 1) moöyeıpoı xarövss, aftronomische Hand: 
tafeln; darumter bejonderd wichtig der zarwr Pa- 
oılzov oder Basar, ein Verzeichnis der Könige 
von Babplonien, Perfien, Agypten und der römi: 
ſchen Kaiſer, je mit Angabe der Regierungsjahre, 
von Nabonaflar (747 v. E.) bis Diocletian. Weil 
dieje Lifte aſtronomiſch fontrolliert ift, fo bildet 
jie „eines der allerwichtigften chronologiſchen Denk— 
mäler des Altertums“ (Ausg. von Halma 1819). 

Ptolemais, IIroksueig. Unter den zahlreichen 
Städten d. N., befonders in Ägypten — Anlagen 
ber Btolemaier — find hier zu nennen: 1) Stadt 
Phoinifiens, früher Ale, 30 Millien ſüdlich von 
Tyros am Meere, jeit Claudius römijche Kolonie, 
wichtig durch Lage und Handel, befonders in den 
Kreuzzügen; j. Alla oder St. Jean d’Ucre. Atrab. 
16, 758. — 2) Stadt Aguptens in Thebais am 
linfen Nikufer, mit dem Beinamen Germeiu, wahr: 
icheinlich" Vaterſtadt des berühmten Geographen 
Klaudios Ptolemaios; j. Ruinen bei Menichije. — 
3) Stadt an der Oſtküſte Aithiopiens niit dem 
, Beinamen ®nonn, j. Ras:ed:Debir. — Siche auch 
Dein, 8. 

Ptöon, Ilröor, Gebirge Boivtiens mit drei 
Sipfeln, welches vom jüdöftlichen Ufer des Kopais— 
jees jüdlich nad der Küfte Hinzieht und dem 


Apollon geweiht war; j. Sfroponeri. Hdt. 8, 135. 


Strab. 9, 413. 
PtychYa, IIrvyie, Heine Inſel zwiſchen dem 


epeirotiichen Feſtlande und Kerfyra, im Altertum, 


befeftigt und den nördlichen der 3 Häfen der Stadt 
Kerkyra ſchützend; j. Vido. Thuc. 4, 46. 
Pubertas, die Miündigteit, Gegenſatz impu- 
bertas, früher von dem Eintritt der Geſchlechts— 
reife an gerechnet, von den Juriſten der Mailer: 
zeit verſchieden beftimmt, indem die Proculianer 
das vierzehnte LXebensjahr als Übergang annahmen, 
die Sabinianer dagegen die alte Beſtimmung auf: 
recht erhielten. Ber den Mädchen galt immer das 
dreizehnte Lebensjahr als Anfang der Mündigkeit. 
Publicäni, in Athen reröraı, die Pächter der 
öffentlichen Einnahmen, waren ihres Geichäftes 
wegen, das nur auf Gewinn und Gelderwerb hin: 
ausging, jehr drüdend und verhaßt, in Athen 
jogar mißachtet und verhöhnt, doc in Rom eine 
ehr einflußreihe Klafie, da wegen der großen 
Barauslagen nur die Reichen ſich der Pachtung 
der Staatseinnahmen : unterziehen fonnten Se 


nachdem fie Aderländereien oder Zehnten oder | 


Staatötriften in Pacht nahmen, hießen fie arato- 
res oder decumani oder pecuarli. 


Nach Livius 


die publicani nur Ritter, welche die indirekten 
Steuern der Provinzen öffentlich von den Cenſo— 
ren pachteten. Weil das Vermögen der Einzelnen 
zu ſo großen Pachtungen nicht ausreichte, ſo tra— 
‚ten fie in societates zuſammen und bildeten eine 
mächtige Geldariftofratie, befonders jeitdem C. 
Gracchus die Gerichte in die Hand der Ritter legte. 
Dadurch war der Statthalter in der Provinz, 
wenn er Erprefiung halber zu Rom angeflagt 
wurde, ihrer Enticheidung größtenteil3 mit an: 
| heimgegeben. Anderſeits war der Statthalter die 
einzige Hülfe der Provinzialen gegen die viel: 
fachen Scherereien und Bedrüdungen der publi- 
can, und nicht jelten juchten fich dieſe ihrerjeits 
'an ftrengen Beamten durch Beranftaltung von 
‚ Anklagen zu rächen. Bei habfüchtigen Statthal: 
tern Fam es öfter vor, daf fie und die publicani 
‚ beide in llbereinftimmung die Provinzen aus: 
fogen, um dadurch fich gegenfeitig vor Anflagen 
zu jchügen. Auch in Stalien übernahmen fie von 
den Cenſoren die Ausführung Öffentlicher Anlagen, 
Bauten u. j. w. Der Teilnehmer diefer Genoſſen— 
ſchaften, der die Pachtung beforgte, und an deſſen 
Bürgſchaft ſich der Staat in nötigen Fällen hielt, 
hieß manceps oder anctor, der Vorfteher magister; 
außerdem gab es eine Menge Untergebener und 
‚ Kommifjäre, deren jeder noch überdies auf Koften 
der Provinzialen für fich verdienen wollte. Über— 
‚haupt waren wegen aller diejer Berhältnifie die 
publicani in den Provinzen ungemein verhaft; 
| jo durfte Livius (45, 17) * Übertreibung jagen: 
ubi publicantus esset, ibi aut ius publicum 
vanum aut libertateın sociis nullam. Unter der 
Kaiſerherrſchaft gab es zwar mehr Schuß für die 
| Brovinzialen, aber die publicani erfanden immer 
neue Arten von Ehicanen (Tac. Agr. 19). 

Publieatio, Einziehung des Bermögens für 
‚die Staatskaſſe, ſpäter confiscatio genannt, die 
allmählich als jelbjtverftändliche Folge aller Kapi— 
talſtrafen eintrat. Als eigene Strafe war fie an— 
gedroht für falſche Ankläger, für Freigelaſſene, die 
jih höheren Rang anmaßten (Suet. Claud. 25), 
und für die wegen Anceft und Stuprum Berur: 
teilten. 

Publiefi, ein latinijches, nach Rom übergeſie— 
deltes Gejchlecht, zu dem gehörten: 1) 2 Brüder, 
2. und M. uhr. Malleolns, belegten als 
' Adilen, um den Florafultus zu fördern, die Vieh: 
züchter ınit einer Geldſtrafe. Op. fast. 5, 287 ff. 
Tue. ann. 2, 49, — 2) E. Bubl. Bibulus, 
Boltötribun im J. 209 v. C, Gegner der Batricier. 
Liv. 27, gi — 3) Publ. Malleolus, ermor: 
dete jeine Mutter und war der erſte, an welchem 
die Strafe der Verwandtenmörder Einſäcken und 
Erjänfen, j. Parrieidium) vollsogen wurde, 
101 v. C. Oros. 5, 16. — 4) €. (Bubl.) Mal: 
leolus, erwarb ſich 80 v. E. als Quäftor in Ki— 
fifien ein großes Vermögen, wenngleich auf die 
unrehtmäßtigfte Weile. Er ftarb daſelbſt eines 
plöglichen Todes. Cie. Verr. 1, 15.36. — 5) Publ. 
Gertus, ehemaliger Prätor, war dem Domitian 
behülflich bei dem an Helvidius Prijceus verübten 
Morde und ftarb nad) des Kaiſers Tode (96 n. E.) 
nach einer vom jüngeren Plinius gegen ihn er: 
hobenen Anklage. Plin. ep. 9, 13. 

Publicöla ji. Valeriı, 1. 5. 9, 10, 





1016 


Publilii, plebejiiches und patricifches Geſchlecht: 
1) Bolero PBubl., verweigerte im 3. 473 v. €. 
den Kriegsdienft als gemeiner Soldat, weshalb er 
Streit mit den Konſuln befam, und bracdte 472 
als Bollstribun ein Gejeh ein, ut plebeii magi- 
stratus tributis comitiis fierent, weldyes 471 
durchging. Doch brachte nicht er, jondern fein 
Kollege Vatorius das Geſetz durch. Liv. 2, 55 f. | 
— 2) D. Publil. Philo, befiegte 339 v. €. als | 
Konful die Latiner, wurde in demjelben Jahre 
Diktator und 337 der erjte plebejifche Prätor. 
327 und 326 belagerte er das von Samnitern 
unterftüßte Palaiopolis, deifen Einwohner zuleßt 
mit ihm Verbindungen anknüpften, um ſich von 
jenen zu befreien, worauf ſich die Stadt unter: 
warf. Liv. 8, 12. 15. 22 ff. Im J. 320 joll er 
ruhmvoll in Samnium und Apulien gelämpft 
haben. 314 war er einer Anklage ausgejegt, wurde 
aber freigejprochen. Liv. 9, 13 ff. 26. — 3) Bubli- | 
lia, die zweite Gemahlin Ciceros, welche viel 
jünger war, lebte nicht glüdlich mit ihm, jo daß 
eine Scheidung ftattfand, 45 v. C. Put. Cie. 41. 
Dio Cass. 46, 18. — 4) Ihr Bruder, Bublilius, 
leitete mit Atticus, Ciceros Freunde, die darauf 
bezüglihen Berhandlungen. Cic. ad Att. 13, 34. 
16, 2. — 5) Bubl. Porfirius Optatianus, 
um 330 n. E., ein hriftliher Dichter, überjandte 
Eonftantin dem Großen feine Gedichte, die von 
„aberwißiger Künftlichkeit“ find (fo daß z. B. je 
20 bis 40 aufeinander folgende Hexameter gleich 
viel Buchſtaben zählen), und erhielt dafür von 
ihm die Erlaubnis, aus der Verbannung zurüd: 
zulehren. 

Publilfus (nicht Publius) Syrus, ein gebore: 
ner Syrer, vielleicht aus Antiocheia, Sklave, dar: 
nad Frreigelaffener, zugleich Schaufpieler und Im— 
probifator, verfaßte Mimen und brachte fie in 
Rom zur Aufführung, weshalb ihn Cäſar ſehr hoch 
ihäßte. Cie. ad fam. 12, 18. Sen. ep 94. Auch 
nad) Cäſars Tode behauptete er fih auf der Bühne; 
jein Todesjahr ift unbefannt. Aus feinen jen 
— Stücken beſitzen wir eine im 1. Jahrh. 
n. &., wahrjcheinlich für —— angefertigte, 
vielleicht von Seneca, der den Syrus mit Vorliebe 
citiert, oder aus ſeinem Kreiſe herrührende, im 
Mittelalter aber mit Sentenzen aus andern Quel— 
len verjegte Sammlung von etwa 700 Sprüchen, 
zu denen man in neuerer Zeit noch manche biäher 
unbelannte entbedt * Der Titel der urſprüng— 
lihen jcheint: Publilit Syri mimi sententine ge: | 
weſen zu fein. Musgg. von Ribbeck in j. Scaen. 
Kom. poes. fragm., ®b. II p. 307 ff, Wölfflin 
(1869), U. Spengel (1874), W. Meyer (1880) und 
Friedrich (1880). Mbhandlung von W. Meyer 
(1877; darin 16 neugefundene Berfe). | 

Pudieitia, römijche Berjonififation der Scham: | 
haftigfeit, wurde von den patriciichen Frauen im | 
einem bejonderen Heiligtum auf dem Rindermarkt 
als P. Patricia verehrt. Als aber 297 v. E. die 
Patricierin Virginia durch die patricifchen Frauen 
von dem Dienfte ausgejchloffen ward, weil fie 
einen Plebejer geheiratet hatte, errichtete fie der 
P. Plebeia ein bejonderes Heiligtum für die ple- 
—— Matronen. Liv. 10,23. In ſpäterer, ver: 
borbener Zeit verlor der Kult der P. feine KT Pi 
und Heiligkeit. — Ihr entipricht die griechiiche 
Alöbs, die zu Athen einen Altar hatte. 








Publili — Pupii. 


welcher mit ben Fäuſten (pugnus, u£) fämpft. 
Die Kunft des Fauftlampfes (pugilatio, wuyurj) 
ift ſehr alt; Griechen und Etrujfer übten fie früh, 
und bei ben Römern ftand fie fowohl in den 
Beiten der Republif als des Kaiſerreichs in hohem 
Anſehen. Liv. 1,35. Cie. tusc. 2,17. Suet. Oct. 45. 
Um dem Stoße oder Schlage mehr Wucht zu geben, 
hatten die Fauſtkämpfer den unteren Teil des 
Armes und die Fauſt mit einem Lederriemen um: 
wunden (fudvres, Apoll. Rhod, 2, 51 ff.), an wel: 
chem in jpäterer Zeit Blei oder Eijen befeitigt 
war; neıkigar find die weicheren Riemen älterer 
Form, Paus. 8, 40, 3 (f. Caestus). Bgl. aud) 
Gymnasium. 

Pugilläres (libri, tabulae), Heine (fauftgroße, 
von pugillus) Schreibtäfelchen, die man als Tajchen= 
buch bei ſich trug, und die aus mehreren mit Wachs 
überzogenen Blättchen beftanden. Sie wurden aud) 
zu Liebesbotjchaften gebraucht, wie ein Gemälde 
a Bompeji es zeigt, wo Cupido einen jolchen 

iebesbrief von PBolyphemos der Galateia über: 
bringt. Dazu gehörte der stylus, graphium (yew- 
peior, yAvpeior), an einem Ende jpig zum Ein: 
ichreiben (exarare literas), an dem andern breit 
zur neuen Glättung (litura) des Wachies. 

Pugio (von pungere), furze Stichwaffe, Dolch 
(Suet. Caes. 82. Val. Max. 3, 5, 3); bei den Kai- 
jern ein kurzer Degen, den fie al$ Zeichen ihrer 
Gewalt über Leben und Tod trugen; jpäter auch 
militärijches Ehrenzeichen, namentlich für den prae- 
fectus praetorio. 

Pugna navälis j. Seekrieg. 

Pulio, Titus, diente im Heere Cäſars in 
Gallien als Centurio, ging aber jpäter zu den 
Pompejanern über, nahdem er das Heer des Le— 
gaten Cäſars, Antonius, verraten hatte. Caes. b. g. 
5, 44. b. c. 8, 67. 

Pullus, &. Junius, Konſul 249 v. E., An: 
führer im erften punifchen Kriege, entzog fich, nad _ 
dem Schiffbruche der Flotte bei Camarina und 
andern unglüdlihen Ereigniſſen angeflagt, die 
Aufpicien verachtet d haben, dem Urteil durd 
freiwilligen Tod. Vorher hatte er durch Verrat 
die Bergfefte Eryr eingenommen, fie aber bald 
wieder an die Punier verloren. Cie. n.d. 2, 3. 
Pol. 1, 53 ff. 

Pulpitum j. Theatron, 15. 

Puls ſ. Mahlzeiten, 7. 

Pulvinar, eigentlich ®ötterpolfter (j. Leeti- 
sternium), wurde dann auch auf Menjchen über: 
tragen, wie Romulus (Ov. met. 14, 827), Julius 
Eäjar (Cie. Phil. 2, 43), auf die Lageritätte der 
Raijerinnen (Ov. ex Pont. 2, 2, 71. Juv. 6, 31), 
— den kaiſerlichen Sitz im Circus (spectabat ex 
pulvinari, Suet. Oct. 45) u. a. Bisweilen ſteht 
das Wort auch für den Ort, wo die Götterpoliter 
fih befanden, wie in der Wendung: supplicatio 


ad omnia pulvinaria (Cic. Cat. 3, 10, 23. Teac. 
ann. 14, 12). 

Punische Kriege j. Karthago, 

Pupiönus ſ. Maximus, II, 1. 

Pupfi, ein plebejiiches Geichleht. Zu nennen 


find: 1) Urheber der nad ihm benannten lex 
Pupia (f. d.). — 2) &. Pup., 185 v. C. HDil, 
Brätor im J. 183, verwaltete Apulien. Liv. 34, 45. 
— 3) ein römijcher Tragifer, deſſen Tragödien 
Horaz tadelt, wenn er (ep. 1, 1, 67) fie lacrımosa 


Pugil, »uxrns, der Yauftlämpfer, d. 5. einer, |poömata nennt. 


Pupillus — Pydna. 


Pupillus ſ. Orbilius. 

Pura, J/Ioög«, allgemeiner indijcher Name für 
Stadt; die jpeziell jo genannte Hanptftadt der per: 
ſiſchen Provinz Gedrofien Heißt noch jeßt Pura. 
Arr. 6, 24,1. 

Purpüra. Die Kunſt, Gemwänder zu färben, 
muß jehr alt jein, denn ſchon in dem homeriſchen 
Sedichten werden wogpuga oder polvık als Färbe— 
itoffe, leßteres für Elfenbein, genannt. Der natür- 
liche Burpur wurde gewonnen aus der Trompeter: 
ichnede (xrjov&, murex, buccinum) und der Pur: 
purjchnede (rogptge, purpura, pelagia) in eigenen 
Dffizinen der Burpurfärber. Der Saft der echten 
Burpurjchnede hatte 4 Farben: jchwarz, blau: 
ihwarz, violett, rot. Bald bereitete man aber 
außerdem mehrere fünftliche Burpurfarben, zu denen 
befonders der tyriiche doppelt gefärbte und der 
lafonifche Burpur gehörte. Hor. epod. 12. 21. 
Unter den Stoffen, die gefärbt wurden, blieb Wolle 
der vorzüglichite, obwohl in jpäterer Zeit aud) 
Seide und Leinwand vorkommen; die Färbun 
aeihah aber fhon in dem rohen Stoff, und ertt 
nachher wurde derfelbe gejponnen und gewebt 
(Hom. Od. 6, 306: Nldxare orpwpüe ulımöp- 
pvga). Dbgleich die Phoinifer die Färberei am 
beften verftanden, wie ihnen denn auch die Erfin: 
dung zugefchrieben wird, jo finden wir ſie Doch, 
wie die Purpurfchnede, faft an allen Küjten des 
Mittelmeered. Die bedeutenditen Färbereien lagen 
am Meere, & B. in Tyros, Kos, Salona, Liſſa, 
Tarentum, Ancona, Ariminum, Syrafus u. j. w. 
Die römiihen Kaifer juchten bald den Purpur 
für fich allein zu behaupten, ald Zeichen der kaiſer⸗ 
lihen Würde, wodurch dem gemwinnreichen Handel 
mit Burpur großer Abbruch geſchah. Purpurne 
Gewänder waren jchon früh die Abzeichen der 
Herricher, 3. B. der griehiihen Tyrannen (pur- 
purei tyranni, Hor. od. 1, 35, 12). Auch die 
attiichen Archonten trugen in ihrem Amte Burpur- 
mäntel; die weiteſte Verbreitung fand der Purpur 
an dem latus und angustus celavus der römischen 
tunica und der toga praetexta; die triumphie: 
renden Feldherren trugen eine toga picta pur- 
purea; zu Catos Zeiten bedienten fich auch jchon 
die Matronen des Purpurs. Die Kaijer hatten 
gewöhnlich Burpurmäntel, außerdem reich gejtidte, 
aus Purpurftoff gearbeitete Togen, weshalb pur- 
puram sumere jo viel hieß al® Imperium sumere, 
— Naſidienus bei Horaz (sat. 2, 8, 11) lann 
jeinen Reichtum nicht befier zeigen, als daß er den 
Tiſch mit Purpurlappen abwiſchen läßt. Vgl. über 
die Burpurfärberei A. Schmidt, Griechiſche Papy— 
rusurfunden ©. 96 ff. Blümner, Technologie und 
Terminologie 1 ©. 224 ff. 

Purpurariae insülae j. Fortunatae in- 
sulae. 

Puteal j. Jupiter unter Zeus, 9. 

Puteolänum j. Puteoli. 

Puteöli, TIovr£oioı, Tovriolot, eine durch die 
Kymaier 521 v. E. auf einer Landſpitze am Bu: 
teolaniſchen Meerbufen unter dem Namen Jı- 
nueoria gegründete Seeſtadt Eampaniens (j. 
Neapolis), die ihren jpäteren Namen nad) der 
rn durch die Römer im zweiten punijchen 
Kriege (Liv. 24, 7. 13) erhielt, entweder u 
ihrer vielen Brunnen, oder ug wegen Des 
üblen Geruch der benachbarten Mineralquellen. 
Ihr ichöner Hafeniwar noch durch einen aus 


1017 


Pozzuolanerbe gebauten (zum Teil mod) jebt er- 
haltenen; Damm gefichert; in demjelben lonzen— 
trierte fich fajt der gejamte alerandriniihe und 
hiipaniihe Handel mit Italien. Die 194 v. E. 
geihehene Kolonijation ward jpäter mehrmals 
wiederholt, z. B. unter Auguſtus und unter Nero, 
von dem fie den amtlichen Namen Colonia Cluu- 
dıa Neronensis Puteolana erhielt (Tac. «ann. 
14, 27), und fpäter. Durch Alarich (410), Geiſerich 
(455), Totilas (545) ward P. zerjtört, aber bald 
wieder nah are Eicero bejaß in der Nähe ein 
Yandgut, Puteolanum, wo er die Quaestiones 
academicae ſchrieb (ad Att 14, 7), und der Kaiſer 
Hadrian begraben wurde (Spart, Hadr, 25); Lu— 
cullus Hatte dort gleichfalls eine prächtige Billa; 
Caligula ließ P. und Bajä durch eine Schifibrüde 
verbinden, und Nero hatte bejondere Vorliebe für 
ben Drt. Das heutige Pozzuoli bietet noch viele 
Altertümer, namentlih Trümmer eines Serapis: 
tempels, in dem noch jet eine Heilquelle jprudelt, 
und eines großartigen, 25 000 Sippläße bietenden 
Amphitheaters. Strab. 5, 245. 

Pyanepsia, r& Ilvavspıe, ein am fiebenten 
Pyanepſion (gegen Ende Dftobers) in joloniicher 
Zeit dem Apollon und der Athene Stiras zu Athen 
gefeiertes Feſt; leßtere galt als Geberin der nun— 
mehr beginnenden Oliwenernte, Apollon nahm mit 
dem Herbſte Abſchied. Seit Kimons Zeit erhielt 
das Feſt durch Bezug auf die Theiensjage, unter 
Dinzuziehung des Baldhos, jeine weitere Ausbil: 
dung. Der Charakter der Feier ift ein gemilchter: 
Siegesjubel und Klage um die Toten der Vorzeit 
und ber Gegenwart wechieln. Das Sommerleben 
endet, Apollon zieht anderdwohin, man bringt 
ihm Eirefionen zum Abſchied; die Natur ift nicht 
mehr jo fröhlich, und der Menſch, wie jehr ihn 
aud; die Gaben des Herbſtes erfreuen, > ſich 
auch den Empfindungen entgegengeſetzter Art hin. 
Das Kochen des Bohnen: oder Hüljenfrüchtegerichtes 
(Eunos or Öoxplior oder nuaror) jollte er: 
innern an das Kochen der Reſte der Schiffsloſt bei 
der Nüdfehr des Thejeus von Kreta. Die. zige- 
ohrn, ein mit Wolle (£euov) ummundener Olzweig 
oder Kranz von Olzweigen (jonft auch ein Kenn: 
zeichen für Herolde und Schutzflehende), wurde 
mit allerlei Erzeugniffen des Herbſtes behangen, 
unter Begleitung vollsmähiger Lieder von Knaben 
umbergetragen und jowohl vor dem Tempel bes 
Feſtgottes (Apollon) als vor den eigenen Häuſern 
aufgehängt. Auch das dabei abgejungene Lied 
hieß zlgesıorn, und da es von ſolchen gejungen 
wurde, die Damit um mildthätige Gaben anſprachen, 
jo erhielt es die Bedeutung eines Bettlerliedes. 
Eine ſolche, dem Homer zugejchriebene, Eirefione 
ift noch vorhanden. Plut. Thes. 22. Bgl Noyo- 
pögıa und Mommſen, Heortologie ©. 56. 270f. 

Ilvavswıar ſ. Jahr, 1, 

Pydna, /Iööve, eine in der maledoniſchen Yand: 
ſchaft Pieria zwijchen Methone und Dion gele: 
gene, von Griechen gegründete Stadt am Fuße 
des Berges Dlofros, nicht fern vom Thermaiſchen 
Meerbujen. Sie war jchon früh den Maledoniern 
‚unterworfen (Thuc. 1, 61. 137); Philipp von 
 Maledonien vergrößerte und verjchönerte fie und 
‚ machte fie zu einer ftarfen Feſtung. Bejonders 
' berühmt ift P. geworden durch den Sieg bes X. 
Amilius Paulus über Perſeus im J. 168 dv. E,, 
dem die Unterwerfung Maledoniens folgte. Liv. 


— — — — — — — — — — — — — —— — — — — — — 


1018 


45, 42. Plut. Acmil. Paul. 16. Nach Strabon 


(7, 330) änderte die allmählidy gejunfene Stadt | 


ihren Namen in der Folge in KArrgor, Citrum. 
Nah Stephanos von Byzanz und Mela hieß fie 
anch früher Avdva. Jet find feine Spuren mehr 
von ihr vorhanden. 

Pygela, IToysla« oder Doyeka, Heiner Küſten— 


ort jüdweftlih von Ephejos, der Sage nad) von 


Agamemnon angelegt, mit einem Tempel der Ar: 
temis Munichia. Xen. Hell. 1,2,2. Strab. 14,639. 

Pygmaei, Ilvyuaioı, Fauſtlinge (wie der deut⸗ 
ſche Däumling), eine uyaj (Längenmaß vom 
Ellenbogen bis zur Fauſt) lang, ein fabelhaftes 
Zwergvolk an den Ufern des jüblichen Dfeanos, 
gegen welches im Herbft die nach Süden ziehen: 
den Kraniche zum Kriege ausrüden. Hom. Il. 3, 3ff. 
Später verfegte man jie an die Quellen des Nil, 
woraus man geichloffen hat, es folle ſymboliſch 
das Steigen und Fallen des Nils durch jenen 


Kampf angedeutet werden. Arist. hist. an. 8, 12. 
Plin. 6, 36. 7, 2. Hefataios nannte fie ein Acker— 


bau treibendes Volt, welches die Kraniche von 
jeinen Saaten zu verjcheuchen juchte; Kteſias ver: 
jegte fie in das allgemeine Wunderland Indien, 
andere nach Norden in die Gegend von Thule 
(Plin. 4, 18. Juv. 13, 167), noch andere nach Ka— 
rien (Plin, 5, 29); Apollodoros leugnete ihre Eri- 
ftenz; ganz. Die Kunft bradjte die Pygmäen gern 
in komiſchen Gegenja zu Serafles; andere be- 
ziehen die Sage auf den Kampf der Kraniche mit 
den Fröſchen. Bol. Ov. fast. 6, 176. met. 6, 90. 
Neuere Reifende, wie Schweinfurth u. a., glauben 
die P. in dem Heingewachienen Volle der Alfa 
auf dem afrifan. Hochlande in der Nähe des Aqua: 
tors wiebderentdedt zu haben. 
Pygmalion, Ilvyualklor, 1) ſ. Dido. 
2) König von Kypros, Vater der Metharme, ver: 
liebte fi in ein von ihm jelbft gefertigtes elfen- 
beinernes Bild einer Jungfrau (der Aphrodite), 
bat Aphrodite, es zu befeben, und vermählte ſich 


mit der belebten. Er zeugte mit ihr den Paphos. 


Or. met. 10, 243 ff. 

Ioyan, rvyadyoı, avS, aUxtae |. Gy- 
mnasıum. 

Pylädes j. Orestes. 

Ilvlayöogar j. Amphiktyonen. 

Pylai j. Thermopylai wm unter den hin: 
zugefügten Eigennamen. 

Pylaimenes, IIvlauerns, nah Homer (Il. 
2, 851. 5, 576; vgl. Ziv. 1,1) Führer der Raphla- 
gonen, ein Eneter, Bundesgenofie des Priamos, 
wurde von Menelaos getötet. Da Il. 13, 643— 


Pygela — Pyramides. 


7,4, 16. 26. Strab. 8, 339, 2) II. 0 Topr- 
kıanös, Asmgearınös, in Triphylien am Mamaos: 
fluß im der Gegend des jeßigen Pisfini, ſchon 
früh von den Lepreaten zerftört, die die Bewohner 
zur Überfiedlung nad) Zepreon nötigten, und jeit- 
dem verödet. Strab. 8, 337. 344 n. d. — 9) Stadt 
im füdmweftlichen Meffenien auf dem Borgebirge 
Korpphafion, beherrichte einen der ſchönſten Häfen, 
der durch die vorlie- 
gende Inſel Spha: 
| fteria gededt iſt; j. 
Paläa Navarino. 
Nachdem ſich Die 
Athener unter De— 
moſthenes 425 v. C. 
des wichtigen, aber 
längſt verödeten 
Platzes bemächtigt 
hatten, behaupteten 
fie ihn 15 Jahre, 
ungeachtet die Ans- | 
lieferung in dem 
Frieden 422 ausbe— 
dungen war (Thuc. 
4, 3ff. 5, 35); wichtig 
blieb P. auch noch 
ipäter. Liv. 27, 830. 
In der am nmörd- | 
lichen Abhange des 
Burgberges befinde 
fihen Zropfftein: 
öhle (vom Volle j. 
oidolilia genannt) 
hat man die Grotte 
wieder erfannt, in 
der nah der alten 
pyliſchen Sage Her: 
mes die dem Apollon geraubten Rinder verftedt 
und 2 derjelben gejchlachtet hatte. Hom. huymm. 
in Mercur. 108 ff. 399 ff. — Unter den genann- 
ten Städten ift mit größter Wahricheinlichkeit 
(nach Pherekydes, Hellanifos, Pauſanias, Man- 
nert, Eidler, Nitzſch, Forbiger, Viſcher, Burfian 
das meſſeniſche die Stadt des Neſtor Hom. 
Il.2, 77. 9, 158); Strabon (8, 336. 339. 350 ff.) 
| und nad ihm Otfr. Müller halten die triphyliſche 
' Stadt dafür. 
Pyrakmon ſ. Kyklopen. 
Pyramides, /Tvgauides (von dem ägypt. Pi: 
Rama, d. h. der Berg), die befannten ägyptiſchen 
| Bauten, deren Grundfläche auadratijch ıft, deren 
Seiten, genan nach dem Himmelsgegenden orien— 











— 3) SKollopiice 
— 5) Hermes: Grotte 


1) Aropolis; 

Mauerreite: 

— A) Tumulns; — 5) Lager dei 

athenifchen Kaſtells im peloponnefi 
ſchen Kriege. 





658 P. als Begleiter der Leiche feines von Me: | tiert, fid) mehr oder weniger fteil nach oben zu: 
riones getöteten Sohnes Harpalion ericheint, wäh: | jpigen. Doc fommen auch Stufen- oder Terrafien: 
rend er doch (nach 5, 576) ſchon ſelbſt gefallen | pyramiden mit verjchiedenen Unregelmäßigfeiten 
ift, haben neuere Kritiker hierin einen Grund vor. Mehr als 80 P. find uns ganz oder in 
für die Zufammenjegung der Jliade aus mehreren | Trümmern erhalten. Die bedeutenditen davon er: 
Stüden zu entnehmen gejucht; andere nehmen aber | heben ſich am Rande des libyſchen Wüſtenplateaus 


2 Bol. an. 
IIvidgrns |. Hades. 
Pylöne ſ. Proschion. 


‚ weftlich von Memphis, als deſſen Totenftadt, auf 
‚einer GStrede von 5 Meilen, und zerfallen von N. 
nad) ©. in die 6 Gruppen von Abu:Roafch, Gizeh, 


Pylos, Hödos, Name dreier Städte im Pelo: | Zaviet-el:Arian, Abufir, Saflara und Dahfchur. 
ponnes: 1) II. 6 ’Hisıiaxog, im nördlichen Elis Die ältefte ift die fogen. Knidpyramide von Dab: 
am BPeneios, auf dem Wege von Olympia nad) ſchur, merkwitrdig durch ihre gebrochene Seiten: 
Eis, nie bedeutend, doch ftrategifch wichtig, weil fläche, erbaut von Enofru, dem erften König der 
es die durch das Thal des Ladon, der bei Pyl. | vierten Diynaftie (um 3070 v. E.), dem Water 
in den ®eneios mündete, führende Hauptſtraße des Cheops, zugleich das ältefte Denfmal eines 
aus Elis nad Arkadien beherrihte. Xen. Hell. Königs überhaupt. Am befaunteften find die P. 


Pyramos —- 


bes Cheops, Ehephren und Mykerinos (ſ. dieje 
Artt., um 3050— 2950 v. E.) zu Gizeh; die beiden 
erften find die größten untes allen vorhandenen. 
Die jpäteren find Heiner und aus Ziegeln, ftatt 
aus Stein, errichtet. Die legten ftammen von 
Königen aus der zwölften Dynaftie (um 2300— 
2100). — Belleidet waren die P. mit geichliffenen, 
horizontal gelegten Sandfteinguadern, teilweiſe auch 
mit Granit. Der wohlverjchloffene Eingang befand 


fih auf der Nordfeite und führte durch niedere | eine 


1019 


S. Palais) unweit des Cantabrifchen Meeres, die 
noch jet gangbare Straße über die Bidaſſoa bei 
Fuenterabia; eine mittlere von Cäfaraugufta nad 
Beneharnum (j. Orthez en Bearn); die ſüdlichſte, 
in alter und neuer Zeit am häufigften benußte, 
nahe der Küfte des Meittelmeeres bei Yuncaria (ij. 
Junquera). 

Pyrgos, Tooyos oder , 1) die ſüdlichſte Stadt 
Triphyliens (Elis) nahe der meſſeniſchen Grenze, 
olonie der Minyer. Hdt. 4, 148. Pol. 4, 77. 


Pyrrhon. 


und enge Gänge 'auf- und abwärts zu der Grab: | Strab. 8, 348. Liv. 27, 32. — 2) Pyrgi, Hafen: 


fammer mit dem Sarkophag in der Mitte der P. 
Die ganze Anlage, die ſchlichte Größe bei impo- 


nierenden Mafverhältnifjen, der fichere Ausdrud | jegt S. Severa. 


| 


ftadt von Cäre in Etrurien, ein jehr reicher Ort, 
den Dionyfios von Syrafus 384 dv. E. plünberte; 
Von den kyklopiſchen Mauern, 


jolidefter Treftigkeit, Die genaue Berechnung der | dem Tempel der Eileithyia u. j. w. finden ſich 
Proportionen, iſt ebenjo bewunderungswürdig, wie noch bedeutende Nefte. Strab. 5, 225. Cic. de or. 


die Ausführung im einzelnen, 3. B. die Zuſam— 
menfügung der Steine auf der Fußenfeite und in 
den Innenräumen. Die Anfiht von Lepfius, daß 
jede ®. urjprünglich Hein angefangen und dann 
von ihrem Erbauer im Verlauf jeiner Regierung 
durch weiter umgelegte Steinmäntel vergrößert 
worden jei, wird neuerdings beftritten. Uber die 
ee 3 der ®., in denen man früher alles 
mögliche, Tempel oder GSternwarten (Platon), 
Leuchttürme oder Kornfpeicher, ertennen wollte, 
fann kein Bweifel mehr beftehen: es jind bie 
Srabdentmäler der Könige des alten Reiches. Hat. 
2,124 ff. 134. Diod. Sic. 1,63. Strab. 17, 808. 
Taec. ann. 2, 61. Bgl. PBerrot und Chipiez, Geſch. 
der Kunft im Altert. I. Über. von Pietichmann 
(1884). Maspero, ägypt. Kunſtgeſchichte, über). 
von Steindorff (1889). — Die Pyramiden in Aithio— 
pien, bei Begeranie (Meroe) und Meraui (Napata), 
noch mehr die in Griechenland, bei Kenchreai 
zwilchen Argos und Tegea (vgl. Roß, Reifen im 
Beloponnes ©. 142 ff.), oder in Rom (j.o. ©. 258) 
find nur ſchwache Nachbildungen. 

Pyrämos, IIvgauog, 1) j. Thisbe, 2. — 2) be: 
deutenber Fluß Kilikiens, j. Dichihan, der, in der 
fappabofiichen Landſchaft Rataonia entipringend, 
den Tauros in enger Schlucht durchdringt und bei 
Mallos die See erreiht. Er war durchſchnittlich 
ein Stadion breit. Xen. An. 1,4, 1. Strab. 12, 536. 
Arr. 2, 5, 8. 

Pyräsos, TIvg«oog, eine zu Strabons (9, 435) 
Zeit jchon zeritörte Stadt der theflaliichen Land: 
jchaft Phthiotis, mit einem Heiligtum der De: 
meter. Hom. 11.2, 695. Ihren Namen follte fie 
der weizenreichen lImgegend verbanteıt. 

Pyreikos, richtiger Peiraeikos, |. Maler, 8. 

Pyrenaei montes j. Pyrene., 

Pyrenaei portus, oder Veneris p., am Bor: 
gebirge Pyrene oder Veneris, der ſüdöſtlichen 
Spitze der —— (j. Cabo Creus), gelegner 
Hafen im Gebiete der Indigetes im tarraconen— 
ſiſchen Hijpanien; j. Bort de Bendre. Liv. 34, 8, 

Pyröne, IIverjvn, das hohe Grenzgebirge 
zwiſchen Silpanien und Gallien, von dem jchon 





2, 71. Liv. 36, 3. Nuet. Ner. 5. 

Pyrgoteles j. Gemma. 

Pyriphlegöthon j. Unterwelt, 2. 

Ilvgouavrrela j. Divinatio, 12. 

Pyrrha, Tlögo«, 1){. Deukalion. — 2) Stadt 
im weftlichen Teile von Leibos, im Innern des 
nad) ihr genannten pyrrhaiſchen Euripos; j. Ruinen 
Bira. Thue. 3, 18. 25. 35. 8, 28. Strab. 13, 617. 

Pyrrhi castra, IIöooov zde«k, fefter Ort im 
nördlichen Epeiros (Molottis), wo einft Pyrrhos 
fein Lager aufgejchlagen hatte. Pol. 5, 19. Liv. 
35, 27. 

IIvgeign sc. Öeynoıs, ein zur Flöte aufge: 
führter Waffentanz, als deſſen ältefte Form der 
Kuretentanz gelten darf, wie auch die Hureten die 
Erfinder desjelben genannt werden. Andere führen 
jeinen Urſprung auf Kaftor oder die Dioskuren, 
noch andere auf Dionyſos oder Athene zurüd. 
Aus den mythiichen Nadrichten über die Erfinder 
ergibt ſich jo viel ziemlich beftimmt, daß berjelbe 
Kreta und Sparta hauptjächlich angehörte. Platon 
(leyg. 7, p. 815 A) bejchreibt ihn als ein mimiſch— 
friegerifches Rampfipiel, wobei man durch körper: 
liche Bewegungen die Art und Weije ausdrüdte, 
wie man im Kampfe den feindlichen Angriffen 
auswich oder den Angriff gegen den Feind nach: 
ahmte. Athenaios (14, 631 a) nennt die Pyrrhiche 
ber Spartaner ein mooyVurasux rod molfuon 
(vgl. 629 0. 630 d. e). Abbildungen des Tanzes 
zeigen 2 Reihen bewafineter Männer mit ae: 
nen Schritten und rhythmiſchen Berwequngen gegen: 
einander anrüdend, bald vordringend, bald zurück— 
weichend. Die wvop/yn war ein hauptfächlicher 
Beitanbteil der Feier der Gymnopaidien in Sparta, 
ebenjo wurde fie in Athen von den Epheben an 
den großen und Meinen Panathenaien aufgeführt, 
ihre Einübung und Wusftattung gehörte zu den 
Leiftungen der Choregie. Zenophon (An. 5, 9,5 ff.) 
beichreibt Waffentänge verfchiedener Völler und er: 
wähnt zugleih auch eine Tänzerin, welche die 
Porrhiche aufführt. Diejer Waffentanz war auch 
in Aſien heimijch, und felbft in Nom wurde er 
von Knaben unter Ealigula, Nero und in der 


Herodot dunkle Kunde hat, indem er eine keltiiche | jpäteren Kaiferzeit dargeftellt und ging ſogar auf 


Stadt Pyrene nennt, bei der der Iſtros entipringe | ritterliche 


Übungen über. Suet. Caes. 39. Ner. 12. 


(2, 33). Auf der galliſchen Seite ift es fteil, auf | In Hellas wurde er fpäter mehr theatralifch als 
der hiſpaniſchen janft abgedacht, dicht bewaldet friegeriihmimifch und ftellte die Thaten und 
und von herrlichen Thälern durchichnitten. Die | Schidjale des Dionyfos dar. 


weſtliche ir Hifpanien hieß Saltus 
. 1 


Vasconum, 


Pyrrhon, IItegwrv, 1) aus Elis, Sohn des 


ndius. Der Metallreichtum | Bleiftarchos, Stifter der ſteptiſchen Schule, Zeit: 


galt als jehr groß. Die Römer faunten 3 über genoſſe des Wriftoteles, fol anfangs Maler ge: 
die Pyrenäen führende Straßen: bei Caraja (j. weſen jein, hörte aber dann die Vorträge meh: 


1020 


rerer bedeutender Philojophen und bejuchte auch 
die Gymnojophiften Indiens und die Magier. 
Nachher nahm er in Elis jeinen bleibenden Wohnſitz 
und erreichte, hochgeehrt von jeinen Mitbürgern, 
ein Alter von beinahe 90 Jahren. B. hinterlief 
nichts Schriftliches, jondern übertrug die Mufzeich- 
nung feiner Schriften jeinen Scülern Timon, 
Nınefidemos, Numenios, —— und an— 
dern, doch wird ein an Alexander den Gr. ge— 
richtetes und von ihm reich belohntes Gedicht 
erwähnt. Das Syſtem ſeiner Philoſophie läßt ſich 


zu ihm —— 
e 





nur aus Andeutungen entnehmen. Daraus erſieht 
man, daß ihm die Tugend als Hauptzweck und 
alleiniges Ziel des menfchlichen Strebens galt; 
dagegen verwarf er die Möglichkeit einer Erkennt: 
nis der Dinge nad, ihrem wirklichen Sein und | 
jomit die Wahrheit jelbft, welche uns weder die 
Sinne noch unjere Meinungen verichaffen können. 
Zwar geraten auf ſolchem Wege auch die jittlichen 
Begriffe ins Schwanten, doch war der allgemeine 
Zweifel an der Wahrheit mehr gegen wiflenichaft: 
liche Forichungen gerichtet. Die Anhänger feiner 
Lehre werben Ilvggwveıoı, Erropnrıxod, oxemtıxoi, 
Enenrixol genannt, im Gegenjaß zu ben doyue- 
rınoi. — 2) ein Pythagoreer aus Metapont. 
Pyrrhos, IIveeos, 1) Sohn des Adhilleus, ſ. 
Neoptolemos. — 2) König von Epeiros, führte 
jeinen Stammbaum auf Aiakos und Achillens 
zurüd, indem er fein Gejchlecht von des letzteren 
Sohne Neoptolemos ableitete. Seine Eltern waren 
Aiakides und Phthia. Nach der Vertreibung jeines 
Vaters wurde der zweijährige Knabe mit Mühe 
durch treue Diener gerettet, worauf Glaufias, der 
Fürſt der (illyriihen) Taulantier, ſich mit liebe: 
voller Treue jeiner annahm. Nach jeines Waters 
Tode (818 v. E.) fiel Epeiros in andere Hände; 
erft im J. 307 gelang es Glaufias, dem heran: 
wachienden P. jein Batererbe zu fichern. Just. 
17, 3, Dod wurde B. 5 Jahre jpäter po hen 
eines Beſuches bei Glaukias durch einen Aufruhr 
der Molofjer vertrieben und begab ſich zu De: 
metrios Poliorketes, focht tapfer in der Schlacht 
bei Ipſos (301, Plut. Pyrrh. 4), ging nach der— 
jelben nach Griechenland und von hier nach le: 
randreia, wo er eine Stieftochter Ptolemaios' 1. 
heiratete und Geld und Truppen von dieſem be- 
fam. Nach Epeiros zurüdgefehrt, erhielt er vom | 
Thronräuber Neoptolemos einen Teil desjelben 
zurüd und wurde nach deſſen gemwaltfamen Ende 
wieder Herr des ganzen Landes (295; nad) anderer 
Annahme bereit3? 297 oder 298). Darauf juchte 
er mit Erfolg jeine Herrichaft über die Nachbar: 
länder auszudehnen, geriet in Krieg mit Demetrios, 
welcher König von Makledonien geworden mar, 
ſchlug nach wechſelndem Glüde einen der Feld— 
dh desielben (Plut. Pyrrh. 7) und erhielt von 
einen Landsleuten den Ehrennamen derdg, Adler, 
während jein Mut, jein Feuereifer, jein ritterliches 
Weien, ja feine ganze Erſcheinung die Mafedonier 
lebhaft an Alerander den Gr, erinnerten. J’lut. | 
Pyrrh. 8. 10, Demeir. 41. Darauf eroberte P. 
das verlorene Kerfyra wieder und drang in Mafe- 
donien ein, wurde aber geichlagen. Ein Friede 
zwiichen ihm und Demetrios war von kurzer Dauer, 
und aus Furcht vor dem unrubigen, jtets mit 
neuen Plänen umgebenden Geifte desjelben luden 
Ptolemaios, Seleufos und Lyſimachos den P. zum 


Bündnis gegen jenen ein, worauf B. in MWafedo: | 








Pyrrhos. 


nien einfiel, e8 bejepte und des Demetriod Heer 
Anftatt des durch eigene Thor- 
heit geftürzten Demetrios trugen ihm die Male: 
bonier Die Krone an, 287. Plut. Pyrrh. 11. Just. 
16,2. Aber er verlor fie bald wieder an Lyſi— 
machos, gegen den er jogar Epeiros mit Mühe 
verteidigte. Doc jagte das thatenloje Leben eines 
Königs von Epeiros ihm nicht zu, und bereitwillig 
leiftete er im J. 281 einer Aufforderung der Ta: 
rentiner Folge, ihnen gegen die Römer zu Hülfe 
zu fommen. An Italien hoffte ser Erjag für das 
verlorene Makedonien zu finden und das ausführen 
zu können, was früher fein Verwandter Alerander 
(j. Alexander I, 3.) vergebens verjucht hatte, 
wie er auch wohl als Nachkomme bes Achilleus 
und der Aialiden fich zum Kriege gegen die Nach: 
fommen der Trojaner berufen gefühlt haben mag. 
Plut. Pyrrh. 135. Just. 18, 1. Paus. 1, 12, 1. 
Unterjtüßt von den um Makedoniens Beji ringen: 
den Prätendenten Btolemaios Keraunos und An: 
tigonos Gonatas, jowie Antiochos, dem Sohne des 
Seleutos (Plut. Pyrrh. 15), ‚enfite er im Frühjahr 
280 mit mehr ald 25000 M. und 20 Elefanten 
nach Italien und landete nach Uberitehung eines 
heitigen Sturmes in Tarent, wohin ihm fein 
Mintfter Kineas mit 3000 Epeiroten unter Milon 
ſchon vorausgegangen war. Gegen die verweich— 
lichten Tarentiner, welche wohl für ſich jtreiten 
lafien, aber nicht jelbft mitftreiten wollten, trat 
er allmählih mit größerer Strenge auf, zwang 
ihre waffenfähige Jugend zum Sriegsdienfte und 
rüdte nach vergeblichen Verhandlungen mit Rom 
ins Feld. Plut. Pyrrh. 16. Zonar. 8,2. Er ſchlug 
die Römer darauf in der Schlacht bei Herafleia 
am Siris (280, wohl im September), bejonders 
durch feine Elefanten, erlitt aber jelbjt bedeutende 
Berlufte und befam von der Tapferkeit und Kriegs: 
zucht der Römer bald andere Begriffe, als er mit: 
gebracht hatte; ja er bewunderte an ihren Toten 
die ehrenvollen Wunden am Körper, lich fie mit 
Achtung beftatten und wurde von großem Erftaunen 
ergriffen, als die Gefangenen den Eintritt im fein 
Heer verweigerten. Plut. Pyrrh. 16 fj. Dion. Hal. 
18, 1ff. Flor. 1, 18. Pol. 18, 11. Nach dem 
Siege ftrömten Scharen von Samnitern und Xu: 
canern unter feine Fahnen, die griechiſchen Städte 
in Unteritalien jchloffen ſich ihm au; er rüdte 
dann in Gampanien ein und auf Nom los, zog 
fih aber bei der feindlichen Haltung der latini: 
jchen Städte und den gewaltigen Rüftungen Roms 
wieder zurüd und ſandte gleichzeitig den berebten 
Kineas nach Rom zum Unterhandeln. So zeigte 
ſich P. troß jeiner glänzenden Feldherrneigenichai: 
ten jeiner Aufgabe, den gewonnenen Sieg durch 
raſche Schläge zu bemugen, nicht gewachſen; ihm 
fehlten die ſtaatsmänniſchen Eigenichaften und das 
Organijationstalent Aleranderd des Gr., dem er 
in Gründung eines griechiich-italifchen Reiches jo 
ern nachgeftrebt hätte. Darum blieb er bei halben 

aßregeln ftehen und juchte durch beredte Worte 
jeiner Gejandten zu erlangen, was er durch Siege 
auf dem Schlachtfelde nicht zu gewinnen vermochte. 
Bald zeigte fich die Erfolslofgfeit der Sendung 


des Kineas: deflen Borjchläge wurden im römi: 


ſchen Senate, diejer VBerfammlung von „Königen‘, 
zurüdgewiejen, der Verſuch, den Römer Fabricius 
u gewinnen, jchlug gleichfalls fehl, Der Römer 
—8 ſeitdem entſcheidend gewordenes Wort: 


Pythagoras. 


„Rom unterhandle nicht, jolange feindliche Trup: 
pen auf italijhem Boden ſtänden“, überließ die 
Entiheidung den Waffen. Bei Aufjculum in 
Apulien jiegte P. abermals (279, nach anderer An— 
nahme 278), gelangte aber nad) dem Berlufte feiner 
tapferften Krieger zu der Einficht, daß feine Mittel 
und Gtreitfräfte gegen Rom nicht ausreichten: 
er jehnte fich nad) einem andern Schauplape feiner 
Thaten. Als nun die Römer durch ein mit ar: | 
thago gefchlofienes Bündnis die Ausficht auf Hülfe | 
durch eine Flotte erlangten und P. richtig er: | 
fannte, daß beide Staaten es befonders darauf | 
abgejehen hatten, jeine Pläne auf Sicilien zu ver: | 
eiteln, da ging er, troß der Bitten ber Staler, | 
indem er die Tarentiner fich jelbft überließ, nad) | 
Sicilien hinüber, wo die Syrakuſier von den 
Karthagern bedrängt wurden (Plut. Pyrrh. 22. Pol. 
3, 25), und ließ mur in Tarent und einigen andern 
Städten Beſatzungen zurüd, im Sommer 278. 
Plut. Pyrrh. 22. Just. 18,2. So hatte der unftete 
Beift.des B. Italien vorläufig aufgegeben ; er, der 
Anverwandte des Agathoflfes, wollte jeine hoch— 
jtrebenden Pläne in Sicilien verwirflichen. Im | 
Katana und andern Städten wurde er mit Jubel 
empfangen, nötigte die Karthager zur Aufhebung | 
der Be ar von Syrakus und beichränfte fie 
auf den eng von Lilybaion auf der Weſtſpitze 
der Inſel. Plut. Pyurrh. 22f. Dion. Hal, 19, 6. 
Sein Heer verftärfte er von allen Seiten. Als nun 





' Teil des Landes in feine Gewalt zu bringen ( 


1021 


Elefanten zu jchreden) — von ihm beſiegt 
und entfam nur mit Mühe, von einer geringen 
Bahl Reiter begleitet, dem Blutbade. Bergeblich 
wendete er jich nach Aſien und Mafedonien um 
Unterftügung; erbittert darüber und entmutigt, 
ſammelte er, alö er alle jeine Anftrengungen ver: 
eitelt jah, die Nefte feines Heeres und kehrte 
(Plut. Pyrrh. 26. Just. 25, 3) im Anfange 274 
nad) Epeiros zurüd; den Tarentinern lieh er nur 
— Beſatzung unter Milon, welche erſt im J. 272 
ie Burg räumte. — Statt nun in Frieden ſein 
Königreich zu beherrſchen, wurde P. von ſeinem 
unruhigen Geiſte raſtlos zu neuen Kriegen ge— 
trieben, und immer abenteuerlicher wurde feine 
Laufbahn. Zunächſt z0g er gegen Antigonos von 
Makedonien, und es gelang ihm, einen großen 
ut. 
Pyrrh. 26. Just. 25, 3); aber ftatt fich damit zu 
begnügen und fich das Errungene zu fichern, zog 
er zur Eroberung des Peloponnes aus, 272. Der 


' Spartaner Kleonymos rief ihn gegen feine Vater: 


ftabt Sparta herbei (Plut. h.27. Paus. 1,13); 
ftatt aber jofort die überrafchte Stadt anzugreifen, 
zögerte er, jo daß die Einwohner Anftalten zur 
Gegenwehr treffen fonnten und ihn durch hefden- 
mütige Verteidigung zum Abzuge nötigten. Auf 
bem Rückzuge traf P. den Antigonos Gonatas 
in der Ebene von Argos. B. verjuchte Argos 
zu bejegen; da drangen die Mafedonier und die 


die Karthager unter der Bedingung, daß ihnen | ur Hülfe heranrüdenden Spartaner gleichfalls in 
Lilybaion verbliebe, fich zum Frieden bereit er: | die Stadt ein, es entjtand ein heftiger Kampf in 
Märten, da wurde von ihnen auch die Räumung | den Straßen; P. jelbft, von einem Argiver ver: 
diejes wichtigen Platzes gefordert. Darauf wollten | wundet, wollte diefen gerade niederſtoßen, als des 
fie indes nicht eingehen, weil Lilybaion ihnen | Bedrohten Mutter auf den König einen Dachziegel 
ftets der Stützpunkt fein mußte, um unter günftis | herabichleuberte, jo daß er niederftürzte. Bon einem 


geren Umftänden weiter fejten Fuß auf der Inſel 
zu faſſen. P. rüſtete daher eine Flotte, um die 
ſtarke Feſtung zur See und zu Lande einzuſchließen. 
Ein Sturm wurde Re ring die Karthager | 
verteidigten jich tapfer, und auf die wantelmütigen | 
Sitelioten machte das Scheitern des Unternehmens | 
einen ſolchen Eindrud, daß fie fich den fonft fo | 
gehaßten Puniern wieder zuneigten. Plut. Pyrrh. | 
23. Dion. Hal. 19, 7f. Als 8 daher Karthago | 
durch eine Landung in Afrika zum Nachgeben zu 
nötigen wünfchte, zugleich auch durch manche harte | 
Maßregeln die Gemüter der Sicilier fich entfrembet | 
atte, erhob ſich ein Aufftand gegen ihn; viele 
Städte vereinigten ficy mit den Harthagern. Zwar 
fiegte P. in einer Schlacht, aber er jah ein, auf 
wie jchwachen Füßen feine Herrichaft ruhte. Dies 
beftinnmte jeinen Entſchluß. Keine jener eifernen 
Naturen, welche energiſche Mittel Tieben, verlieh 
er Sicilten, als die Tarentiner ihm einen glüd: 
lihen Ausweg aus der jchwierigen Lage boten, 
in ber er jich befand. Bon neuem von den Nö: 
mern bedrängt, baten jie ihn dringend um Hülfe, 
und er fam nad dem Scheitern feiner ehrgeizigen 
Pläne auf Sicilien gern, um noch einmal jein 
Heil in Unteritalien zu verjuchen und jeine Ruhm— 
ſucht zu befriedigen, 276. Plut. Pyrrh. 23. Just. 
23, 3. Nachdem feine Flotte * einen Angriff 
der karthagiſchen bedeutend gelitten hatte, landete 
er bei Xocri, zog nach Tarent, verftärkte jein Heer 
dajelbft und rüdte danı dem Konſul M'. Eurius 
Dentatus, der ſich bei Beneventum gelagert 
hatte, entgegen, wurde aber (275) in einer blu: 
tigen Schlacht (die Römer hatten es gelernt, die 


der Leute des Antigonos wurde er dann vollends 
etötet, 272. Plut. Pyrrh. 31. Paus. 1, 13, 7f. 

hrſcheinlicher freilich ift die Nachricht (Just. 
25, 5), daß ®. beim Sturme auf die Mauern fein 
Ende gefunden hat. Des Gefallenen Leiche lieh 
Antigonos ehrenvoll beftatten. Erwähnt wird noch, 
daß B. mehrere ſehr geichägte Schriften über 
Kriegskunſt verfaßt habe. Plut. Pyrrh. 8. Liv. 
35, 14. Cie. ad fam. 9, 25. Bol. Kißling, König 
P. in feiner Stellung zu Rom und Karthago 
(1884 f.). 

Pythagöras, IIvdayopas, 1) der berühmte 
Philofoph, mit deffen Geſchichte fich freilich jehr 
früh die Sage verbunden hat, in einer Weile, die 
es ſchwer macht, beides ficher zu ſcheiden. P. 
ftammte ſehr wahricheinlich aus Samos, wo er 
etwa zwilchen 580 und 568 v. E. geboren jein foll. 
Seine Lehrer jollen Thales, Bias, Anarimander 
gewejen jein, ebenſo Pherefydes; dann werden jeine 
Reifen und bejonders eine nach Ägypten erwähnt 
(Hdt. 2, 81. 123); die Neuplatoniter laſſen ihn 


ſeine Weisheit aus den Kulten und Geheimlehren 


des Orients entnehmen. In feinem vierzigften 
Jahre foll er fi) nad) ei agree und be: 
jonder8 nach Kroton begeben und dort gelebt 
haben. Mit vielem Wiffen, befonderd auch in 


' Mathematik und Muſik, ausgeftattet, ftiftete er dort 


eine Geſellſchaft, die fich noch bei jeinen Lebzeiten 
über die bedeutendften der großgriechiichen Städte 
verbreitete. Spätere (neuplatoniſche) Berichte ver: 
binden hiermit Wunderbares aus jeinem früheren 
Leben, feine Abkunft, Verkehr mit Göttern, Er- 
innerung an die frühere eigene Präcriftenz. Nach 


1022 


diejen Berichten war die Gejellichaft der Puthago: ' 
reer feftgegliedert nad) der Art einesgeheimen Ordens, 
mit vielen Weihen und Gebräuchen. Nach ftrenger 
zwei: bis fünfjähriger Prüfung im Schweigen 
wurden die Mitglieder aufgenommen und zerfielen 
in Eroterifer oder Alujmatifer und Eſoteriker 
oder Mathematiker, Sebajtifer. Die eigentlichen | 
Pythagoreer lebten in Gütergemeinichaft, hatten 
ſtrenge Lebensregeln, enthielten fi 3. B. des 
Tleifchgenufjes und der Bohnen, ließen ſich nicht 
in wollenen Kleidern begraben u. ſ. w. Soviel 
ſcheint feitzuftehen, daß dieſe Geſellſchaft eine fitt: 
lid):religiöje Reform des griechiichen Lebens be- 
zwedte und durch eine der doriichen Ariſtokratie 
zugeneigte Bolitit fi Einfluß zu verichaffen wußte. 
Über das Ende des P. wird verjchieden berichtet: 
nach einigen joll er bei einem Aufruhr der demo- 
fratifchen Partei zu Kroton mit 300 jeiner An: 
hänger umgelommen jein; nad) andern nadı Meta= 
pont geflohen und dort achtzig: oder neunzigjährig 
geftorben jein. — Die Lehre und der Einfluß bes 
P. machten fih in den großgriedhiichen Städten 
noch lange geltend, zulegt unter Archytas zu 
Tarent. Was Spätere über des P. frau und 
Schülerin Theano, jeine Tochter Damo und jeinen 
Sohn Telauges erzählen, verdient feinen Glauben. 
Bedeutend unter den Bythagoreern jind Empe- 
dofles und Philolaos, jowie Kleinias, Eu: 
rytos und Archytas, Platons Zeitgenofle. Die 
einzig zuverläjjigen Reſte pythagoreiicher Schriften 
find die Fragmente des Philolaos; der legög Aöyog, 
die yovoa Frn, 71 Hegameter, „trodne Verje, die 
fi ohne Zujammenhang und Vorzüge der Form 
mechanifch aneinander reihen‘ (aufgenommen in 
Brunds, Orellis u. a. Sammlungen) u. a., jind 
entichieden unecht. Es ift ſchwer, bei dem Schleier, 
weldyen die Sage um den Meijter gelegt bat, zu 
entjcheiden, weldye Anfichten der jpäteren Anhänger 
ihm jelbjt angehören; doch iſt es unzweifelhaft, 
daß nicht er bereits die fojmifchen Lehren aus: 
gelproden hat, welche Philolaos veröffentlichte. 

ie Rugelgeftalt der Erde hat er nicht gelehrt, 
vielmehr dürfen wir annehmen, dab er die Erbe 
noch in UÜbereinftimmung mit den ionijchen Phy— 
jifern als Scheibe in der Mitte des fugelförmigen 
Weltalls ruhen ließ. Das Weltivftem des P. iſt 
geocentrijch, die Erde tönt in der berühmten Sphä- 
renharmonie nicht mit, jondern ruht unbewegt in 
der Mitte der fie umtreijenden 7 PBlanetenjphären. 
Die früher nicht jelten wiederholte Behauptung, 
P. habe die Bewegung der Erde um die Sonne 
gelehrt, aljo ein heliocentriiches Syſtem aufgeitellt, 
ift demnach unrichtig, und die copernicanifche Welt: 
lehre war durchaus feine „falsa doctrina Pytha- 
gorica“, wie das päpftliche Verbot fie am 5. März 
1616 bezeichnete. Die Hauptquelle für die Kennt: 
uis der pythagoreiihen Philojophie find die Frag— 
mente und die Schriften des Wriftoteles. Der 
Hauptſatz dieſes Philojophen lautete: Alles ift 
Zahl, d. h. die Dinge find nicht bloß nach Zahlen 
geordnet, jondern bejtehen aud) aus Zahlen ihrem 
jubjtantiellen Wejen nad. Als Beltandteile der 
Bahl werden nachgewieſen das Gerade und das 
Ungerade, das Unbegrenzte (kmsıgov) und Be: 
grenzte (r@ megaivorre, ro epag). Hiedurch 
nahmen jie einen durch alles fich Hinziehenden 
Dualismus an, im Verfolg aber knüpfte man ihre 
Gedanken an ein feſtes Schema und die heilige 











‚eine Berfnüpfun 
Baht und Maß. Für die weitere Anwendung ihrer 
a 


Pytlıeas. 


Zehnzahl an, indem jenen beiden Begrifidpaaren 
noch 8 weitere (Einheit — Wielheit, Rechts — 
Links, Männlich — Weiblih, Ruhend — Bewegt, 
Gerade — Krumm, Licht — Finfternis, Gut — 
Böje, Duadrat — Oblongum) beigefügt wurden. 
Die Zahl ift Harmonie als Einheit Entgegengeſetz— 
ter, daher es auch heißt: alles ift eine Harmonie, 
von Entgegengejegtem durch 


hientheorie wandten ſich die Pythagoreer der 
Konftruftion des Weltgebäudes zu, indem fie Zahl 
und Abftände der Himmelslörper nach dem defa- 
diſchen Syftem bejtimmten. In der Mitte des 
fugelförmigen Weltgebäudes nahmen fie das Gen= 
tralfeuer an, den Hauptfig der das Ganze durch— 
ftrömenden göttlichen Yebensfraft. Um das irdijche 
Leben befümmerten ſich die Pythagoreer weniger. 
Mittelft der 5 regelmäßigen Körper (Byramiden, 
Dftaöder, Jlojaöder, Würfel, Dodefadder) juchten 
fie die Elemente (Feuer, Wafler, Yuft, Erde, Ather) 
u bejtimmen. Auch für die Seele und dig ver- 
—J Stufen des Erdenlebens wußten ſie 
mathematiſche Ausdrücke zu finden. Die Seelen, 
himmliſchen Urſprungs, waren in den Körper, als 
einen Strafort, heruntergeſunken, die Seelenwan: 
derung war Läuterung für heilbare, die Beitrafung 
im Tartaros für unheilbare Sünder. Die göttliche 
Gerechtigkeit verlangt für jede Verſchuldung an— 
gemefjene Strafe; daran knüpft fih der Dämonen: 
glaube und ihre Ethik. In der Anwendung auf 
Einzelnes in dieſer Hinficht find die uns erhalte: 
nen Lehren jehr aphoriftiih. — Nachdem 2—300 
Jahre das pythagoreiiche Syftem verſchwunden 
ichien, tauchte es im 1. Jahrhundert v. E. wieder 
auf. Die befaunteften der Neopythagoreer find: 
Apollonios von Tyäna in Kappadolien, Modera— 
tus aus Gades, Nikomachos aus Gerafa in Arabien 
u. j. w. — 2) B. von Zalynthos, ein Mufifer, der 
das pythagoreiiche wörög Eye zuerft ſprichwörtlich 
angewendet haben joll. Cie. n. d. 1, 5. Quint. 
11, 1, 27. — 3) ein lakedaimoniſcher Frlottenbefehls- 
haber. Xen. An. 1, 4, 2. — 4) Befehlshaber zu 
Miletos. Hat. 5, 126. — 5) berühmter Bildhauer, 
ſ. Bildhauer, 4. 

Pythöas, /Ivdfag, 1) ein Redner und Volls— 
führer in Athen zur Zeit Philipps von Maledo: 
nien, Gegner des Demofthenes. Im dritten Briefe 
des Demofthenes wird er als ein fremder geichil: 
dert, der jich nicht gerade durch die beften Mittel 
zu Reichtum und Anſehn emporgebradt und das 
Bürgerredht in then erlangt hatte. Er redete 
ungebildet, wuhte aber das Volt durch natürlichen 
Witz zu feileln. Im lamifchen Kriege wurde er 
geftürzt und floh zu Antipater. Plut. Phoc. 21. 
Demosth. 8. 20. 27. Gegen ihn hatte der Redner 
Deinarchos 2 Reden gerichtet. — 2) aus Majjilia, 
Beitgenofje des Wriftoteles, ein Fühner Seefahrer 
und Geograph. Er umfuhr die Küften des meit- 
lichen und nördlichen Europa von Gades an bis 
Thule (i. d.) und machte die Refultate diefer Fahrt 
in einer oder mehreren Schriften (r« weel uxsaren, 
yiis neglodog, wepimlovg) befannt. Seine Berichte 
fanden bei den Alten zum Zeil Glauben, zum 
Teil aber auch ftarfen Widerſpruch. Da uns die 
Fragmente (gefammelt von Arwedſon, 1824, und 
Schmedel, 1848) nur bei jeinen Gegnern erhalten 
find, ift ein ficheres Urteil über feine Zuverläffig: 
feit faum möglid. In dem erften der genannten 


Pythia — Quadruplator. 


1023 


Werte (vgl. Beflel, über Pytheas von Maſſ., 1858, ! die zugleich die delphiſchen Monatsnamen völlig 


©. 25) hat er auch Fragen der ajtronomijchen 
Geographie vielfach angeregt und Beobachtungen 
mitgeteilt, deren namentlidy Hipparchos mit Aner⸗ 
fennung gedenkt. Pytheas ftellte zuerjt die Lage 
des Weltpoles zu den benachbarten Sternen ge: 
nauer fejt und ıft der erjte Grieche, welcher eine 
Meſſung der Sonnenhöhe ausgeführt hat, indem 
er das erhättnis des Gnomons zu jeiner Schatten 
länge zur Zeit der Sommerjonnenwende in jeiner 
Baterjtadbt beobachtete. Daß B. die Erdgeftalt 
richtig erkannte, ijt anzunehmen: daß er den Erd— 
umfang jchon bejtimmte, iſt nicht mit Sicherheit 
a ihließen. Bgl. Ziegler, die Reife des P. nach 

hule (1861), 

Pythia, 1) r«& Jude, nad den Dlympien das 
größte Nationalfeft der Hellenen, wurden zu Ehren 
des pythiſchen Apollon in und bei Delphoi am 
jüdweftlichen Fuße des Barnaf in der Gegend des 
zeritörten Kriſſa gefeiert. Apollon hatte, jo be— 
richtet die Sage, nad) der Erlegung des (Drachen) 
Python das Gen mit den Spielen eingerichtet 
(Op. met. 1, 445 ff.), Das anfangs jedes neunte 
Jahr gefeiert wurde. Urſprünglich war der Agon 
ein mujifaliicher, dem Charakter des Apollon Mu— 
jagetes, Kitharödos gemäß; ein Hymnos auf den 
jiegenden Gott (der pythiiche Nomos) wurde von 
den Wettfämpfern gejungen. Die gejchichtliche Zeit 
beginnt mit 586 v. E., wo die Amphiktyonen nad) 
Beendigung des kriſſaiiſchen Krieges fid der Spiele 
annahmen; hier begann die erſte Pythiade. Der 
muſiſche Agon, in dem Theater zu Delphoi unfern 
des Upollontempels abgehalten, umfahte nun Kämpfe 
der Stitharöden, Aulöden und Auleten; dazu traten, 
nach dem Mufter der olympilchen Spiele, die 


fejtgejtellt werden. Demnad wurden die Bythien 
in der Regel in der erjten Hälfte des attijchen 
Metageitnion (entjprechend dem delphiſchen Bu— 
fatios), aljo etwa Mitte Auguſt, gefeiert. Kampf— 
richter waren früher die Bewohner von Delphoi 
ge, jeit 586 waren e3 die Amphiktyonen. 

ie Zahl der Zuſchauer war ſtets jehr groß — 
das Feſt galt ja dem pythiichen Bott. Eingejftellt 
wirden die Pythien wahrjcheinlih um dieſelbe 
Beit wie die Olympien, etwa 394 n. C. — Außer 
diejen großen Pythien feierten jährlich die Del: 
pbier jowie viele andere Städte Heinere Pythien. 
Aus Jnſchriften namentlich fennen wir 24 Städte, 
die dies thaten, meift in Ajien gelegen. — 2) 7 
IIv&ia, j. Delphisches Orakel. 

Pythios, Tödios, Sohn des Atys von Se: 
lainai, ein Lyder, der reichjte Mann jeiner Zeit, 
joll jeine Schäge durch harte Arbeit feiner Unter: 
—— aus Bergwerken gewonnen haben. Er 
ewirtete das Heer des Terxes und bot dieſem 
jeine Schäge au. Terxes lieh aber, als er einen 
jeiner 5 Söhne vom Kriegsdienfte losbat, diejen 
in Stüde hauen. Hdt.7, 21.38. Sen, de ir. 3, 17. 

Pytho j. Delphoi unter Phokis. 

Pythodöros, IIusodwgog, 1) des Iſolochos 
Sohn, ein athenijcher Heerführer im peloponnes 
fiihen Kriege, bewies als Nachfolger des Laches 
auf Sicilien (425 v. E.) große Ungeſchicklichkeit. 
Thue. 8, 116. 4,2. Als durch die Bereinigung 
der jtreitenden Parteien auf Sicilien die Athener 
zum Abzug gezwungen wurden, ward P. des Lan— 
des verwiejen. Thuc. 4, 65. Im J. 414 erjcheint 
wieder ein P. ald Anführer des Heeres an ber 
latonischen Küfte. Thuc. 6, 105. — 2) ®. oder 


en (im Stadion, nordweitlic von Delphoi | Bythi os, berühmter Architelt zur Zeit Aleganders 
u 


am Fuße der Phaidriaden) und die ritterlichen 


‚des Großen, erbaute den Tempel der Athene zu 


Kämpfe (im Hippodromos auf dem jüdlichen Teil | Briene und jchrieb nicht nur über denjelben, ſon— 
der kriſſaiiſchen Ebene nicht weit von der Mün-⸗ | dern au über das Maujoleion zu Halilarnaß. 
dung des Pleiftos, Paus. 10, 37, 4), und ftatt des! Vgl. über ihn Brunn, Geich. der griech. Künftler IL 
Wertpreiſes (kywr zenuarieng) wurde Pyth. 2. S. 376 ff. — 3) 2 Bildhauer, die im 1. Jahrh. 
ein Lorbeerkranz (&. orepaviıng) eingeführt. Wie|n. E. den faijerlichen Palajt auf dem Palatin mit 


in den Olympien wurde die Zahl der Kämpfe all: 
mählich maunigfaltiger. Die Pythien fielen ſeit 
586 jedesmal in das dritte Jahr der Olympiaden 


— aljo waren fie pentadteriih. Die Unficherheit | tion hingerichtet. 


der Jahreszeit der Feſtfeier ift durch kürzlich zu 
Delphoi gejammelte Juſchriften gehoben, durch 


Bildwerlen zierten, 
Pythökles, IIv&oxins, Sohn des Pythodoros, 
ein Athener, maledoniic) —— wurde mit Pho⸗ 
Plut. Moc. 35. 
Python, 1) j. Apollon, 2. — 2) j. Pithon. 
Pyxüs j. Buxentum. 


Q. 


Quadi, Kovadoı, ein ſueviſcher Volksſtamm, 
dejien Wohnfige im jüdöjtlichen Deutſchland, im 
Norden der Donau, in einem Teile des heutigen 
Böhmens und Mährens, lagen, und der gewöhnlich 
in Verbindung mit den Markomannen genannt 
wird. Ein Teil von ihnen jchloß ſich dem aus 
jeinem Lande verjagten Marbod an (Tac. ann. 
2, 63), empfing von den Römern einen eigenen 
König, den Quaden Bannius, und ftand mit Rom 
in freundjchaftlihem Verkehr. Als aber unter 
Marc Aurel im J. 167 n. E. der große, bis zu 
deſſen Tode dauernde, Krieg mit den Markoman— 
nen ausbrad, ichlofjen fie jich diejen wieder an 
und fügten den Römern großen Nachteil zu. 


Doch ſchloß der Kaijer jpäter mit ihnen Frieden, 
vermochte aber ihren Freiheitsſinn nicht durch 
Feſtungen zu bändigen. Dio Cass. 71,8. 11.13.20, 
Nod unter den jpäteren Kaifern beunruhigten 
fie Roms Grengprovinzen. Eutr. 10, 9. Vopise. 
Aurel. 18. Amm. Marc. 17, 12. 29, 6. Zur Seit 
des Theodojius verjchwindet ihr Name gänzlich. 
Sie jcheinen ein tüchtiges Reitervolk, vielleicht 
jarmatiicher Abkunft, gewejen zu jein. 

uadrans j. Münzen, II, 

undrigae j. Wagen. 

uadrigarius j. Claudii, 31. 

uadringenti j. Vierhundert. 

Quadruplätor, cin öffentlicher Ankläger, dem 


* 


1024 


ſchon zur Zeit der Republik der vierte Teil des 
eingezogenen Vermögens nach den Geſetzen — 
diete Belohnung wurde durch die lex Julia de 
maiestate auch unter den Kaiſern beibehalten, ob- 
ihon der davon hergenommene Name gegen ac- 
eusator und delator zurüdtrat. Tac. ann. 4, 20. 

uaesitor j. Proze[s, 26—28. 

unestiönes perpetüne ſ. Prozels, 26—28. 

naestor, unjtreitig aà quaerendo genannt, 
alfo — quaesitor, war urfprünglich nichts anderes 
als Kriminalrichter, unter den Königen für das 
parrieidium, Durch die lex Valeria, welche den 
Genturiatcömitien die Kriminalgerichtsbarfeit über: 
trug, verloren die Quäſtoren indes ihre eigentliche 
Bedeutung und wurden nun Finanzbeamte; doc 
auch als Ankläger traten fie wohl noch auf, qnae- 
stores parrieidii. — An den Zeiten der Republik 
unterjchted man quaestores aerarii oder urbani 
von den militärifchen oder Provinzialquäftoren. 
Schon unter Romulns und Numa gab es 2 Quä— 
ftoren, und Tacitus (ann. 11, 22) jagt, daß bie 
Quäftoren aus dem Königtum in die Republif 
hinübergenommen wurden; 421 vd. E. kamen, zu 
den 2 Quäftoren noch 2, fo daß num 2 das Ara— 
rium bejorgten, quaestores urbani, 2 zur Be: 
gleitung der Konfuln in den Krieg gingen, ad 
ministeria belli (Liv. 4, 483. Taec. ann. 11, 22); 
267 v. E. ftieg die Zahl auf 8, Sulla vermehrte 
die Zahl auf 20, Cäſar machte (44 dv. €.) ſogar 
40 Quäftoren, fpäter war die Zahl willtürlich — 
Sogleich nad) dem Amtsantritte (an den Nonen 
des Dezember) wurden die provinciae quaestorine 
verloft; 2 Duäftoren blieben als urbani in Rom, 
die andern bejorgten Tinanzgeichäfte in und 
außer Italien nach dem Loſe. In Italien richtete 
Auguftus mehrere Quäfturen ein (Dio Cass. 55, 4), 
doc) find uns nur 3 befannt. Die eine, zu Dftia, 
hatte ſchon ne Beftand (Cie. Mur. 8: nego- 
tiosa et molesta), höchft wichtig wegen der Ge: 
treidezufuhr und bes übrigen Geehandels; eine 
zweite wird namentlich genannt Suet. Claud. 24 
im eisalpiniſchen Gallien, eine dritte erwähnt Ta- 
citus (ann. 4, 27): quaestor, cui provincia vetere 
ex more calles evenerant, d. ı. ein Berechner 
und Verwalter der Wälder und Gebirgstriften in 
Apulien und Uucanien (Suet. Caes. 19: silvae 
eallesque). Eine etwaige Duäftur zu Cales, 
einer Binnenftadt in Campanien, die vielfach an 
genommen wird, verdanft — Urſprung einer 
Vermutung des Lipſius zu Zac. a. a. D., der die 
handichriftliche Lesart calles in Cales änderte. 
©. darüber die Erflärer. Eine vierte Quäftur in 
alien ift vielleiht Plin. pan. 70 bezeichnet. 
Claudius hob diefe Quäfturen in Stalien auf. 
Dio Cass. 60, 24. Suet. Claud, 24. Über die Ber: 
teilung der Quäſturen enthielt die nur bei Cicero 
‘Mur. 8) erwähnte lex Titia nähere Beftimmungen. 
Die quaestores urbani oder aerarii ftanden dem 
mit dem Tempel des Saturn verbundenen Ararium 
vor und hatten die geiamte Einnahme und Aus: 
gabe unter fih. Sie forgten für die richtige Ein: | 
lteferung aller ins Arar zu zahlenden Gelder (Tri | 
butum, Stipendium der Unterthanen, Ertrag der 
verfauften Acker), andererfeits hatten fie auf An— 
weifung des Senats die nötigen Zahlungen zu 
leiften. Sie bejorgten die Verdingung der Arbeiten 
bei Errichtung Öffentlicher Denfmäler, die Ber: 
pflegung der Gejandten, worüber fie natürlich | 


Quaesitor — Quaestor. 


Rechnung ablegen mußten; auch die im Ärar be- 
findlichen militärischen Feldzeichen hatten fie in 
Gemwahrjam. — Die quaestores provinciales be: 
gleiteten nach dem Loſe die Konjuln u. ſ. w. ir 
die Provinzen; jeder Statthalter hatte 1 Onäfter, 
nur auf Sicilien waren 2, in Lilybaion und Syra= 
fus. Cie. Verr. 2, 4. Ihre Thätigleit war beſon— 
ders finanzieller Art, fie beforgten die öffentliche 
Kaffe (pecuniam pnblicam tractare), und zahlten 
die für Heer, Statthalter und Gefolge nötigen 
Gelder aus derjelben. Die Duäft. mußten natür- 
li genaue Rechnung führen und ablegen (ratio- 
nem referre) in ihrem und des Statthalterd Ra: 
men; der Überjhuß wurde nach Rom abgeliefert. 
Zwiſchen Quäſtor und Statthalter beſtand ein noch 
über die Dauer des Amtsjahres hinausgehendes 
Pietätsverhältnis (Cie. div. in Caee. 14. 18ff. Verr. 
1,4). Übrigens wurden dem Quäft. von dem Statt: 
halter oft auch andere wichtige Geſchäfte anver— 
traut, 3. B. das Amt eines Legionslegaten. — 
Seit 421 v. C. hatten auch Plebejer Anrecht an 
die Quäſtur, melde fie indes erft 12 Jahre jpäter 
wirflich erhielten. Liv. 4,48. 54. Das geiegmäßige 
Alter war da ſiebenundzwanzigſte Jahr (fo Rein), 
nach Beder das dreißigfte. Die Onäftoren wurden 
wahrfcheinlich jeit 447 v. C. in den Tributcomitien 
gewählt (Orc. ad fam. 7, 30. Tac. ann. 11, 22 ift 
der Ausdrud populus wohl ungenau). Mit Ab: 
lauf des Jahres legten fie ihr nt nieder. Die 
Infignien der höheren Magiftrate hatten fie nicht, 
doc; nennt Tacitus (ann. 11, 38. 16, 33) insignia 
quaestoria. Während ihres Amtsjahres hatten 
fie Autritt in den Senat, und die — pfleg⸗ 
ten bei der lectio die geweſenen Quäſtoren in 
den Senat aufzunehmen. Liv. 33, 23. — Auch 
unter den Kaifern dauerte die Quäſtur fort, als 
unterfte Magiftratur (Tac. ann. 13, 29), aber die 
Dberaufficht des Ärars ging an ben praefectus 
aerarii über; die Duäftoren hatten die Senats: 
beihlüffe zu bewahren und die Aufficht über den 
Straßenbau. Auch wurde ihnen aufgetragen, ber: 
vorragenden Männern das Tobdesurteil zu ver- 
fündigen. Tac. ann. 16, 34. Dio Cass. 58, 4. Die 
Provinzialguäftoren blieben in dem früheren Ber: 

Itniffe zu ihren Prokonſuln als Finanzbeamte 
eftehen. Die Verwalter der kaiferlihen Provinzen 
hatten procuratores als Berechner der kaiſerlichen 
Güter unter fih (ſ. Procurator). Kleinere Pro: 
vinzen des Kaiſers wurden jogar von einem bloßen 
procurator verwaltet, und jelbft in dem Falle, daß 
derjelbe den höheren Titel praetor (j. Provin- 
cia) führte, mußte er jelber das Finanzweſen be: 
jorgen, *. B. in Hispania citerior (Tac. ann. 
4 45). Wenn aber in den Senatsprovinzen die 
Amtserhöhung des procurator (f. d. und Pro- 
vinecia, 8.) zu einem praetor notwendig wurde, 
3.8. in —*— (Tae. ann. 1, 74), jo ſcheint 
es, daß demſelben nicht ein procurator (der er 
jelber an fidy war, nur mit höherem Titel und 
ausgedehnterer Machtbefugnis), jondern ein quar- 
stor untergeordnet wurde. — Zugleich aber ent: 
ftand eine neue Art von Quäftoren, die quaestores: 
Caesaris, principis (Tae. ann. 16, 27), vom Saijer 
gewählt, gewiſſermaßen mit Ausſicht auf höhere 
Würden, eg auc der Name candidati prin- 
cipis deutet. Sie hatten die Verordnungen bes 
Kaifers im Senat vorzulefen. Swet. Oct.65. Tib. 6. 
Ner. 15. Tac. ann. 16, 27. Aus ihnen ging unter 


— 


— 


1025 


Eonftantin der quaestor sacri Palatii hervor, der | fällen u. j. w. außer ben verordneten supplicatio- 
Reichslanzler, durch deifen Hände die ganze Ge: | nes dem Jupiter Spiele zu geloben. Beranlaßt zu 
jeßgebung und alle Geſuche gingen. — Quaestor joldem Gelöbnis wurden die betreffenden Magi— 
parricidii hieß in der Königszeit der über par- | ftrate (Diktator, Konful, Prätor) durd den Senat 
ricidium, fowie über jeden andern Mord ent: | (Liv. 5,19). Gewöhnlich nennt Living ludi magni, 


Quaestorium — Quinquennales. 


icheidende Richter, aljo der ältefte Blutrichter, ſo— 
lange das Bolt noch nicht richtete. In den Beiten 
der Republik, wo das Bolf richtete, waren fie be- 
jonders Ankläger ftatt Richter. Später entjtanden 
Daraus die quaestores urbani oder aerarli. 

uaestorlum j. Castra, 3. 

uasillarfa, von quasillum, Deminutivum 
von qualus (Wolltörbchen), die Spinnerin, der die 
tägliche Arbeit, die fie ald Sklavin zu verrichten 
hatte (pensum), von der Spinn-Aufſeherin (lani- 
pendia) bei dem geringften Anlaffe jchwerer und 
größer gemacht ward. Cic. Phil. 3, 4, 10. Tibull: 
4, 10, 3. Prop. 4, 7, 37. 

Quatuorviri, 1) neben den duumviri die höch— 
ften Magiftrate in den Municipien und Kolonien. 
— 2) eine aus 4 Männern ernannte Wege-Kom— 
mijjion (viarum curandarum) in Nom. 

Queröla inofficiosi testamenti war üblich, 
wenn ein Teſtament, in welchem. der Xeftator 
nicht alle diejenigen, die ihm jehr nahe ftanden, 
mit einer Erbichaft bedacht hatte, von den ausge: 
ichloffenen nächften Angehörigen angegriffen wurde, 
indem fie den Einwand erhoben, der Teftator habe 
leidenſchaftlich — lin. pan. 43. Gewöhn— 
lich hatte das Centumviralgericht die Sache zu 
prüfen, und die Klage mußte in beſtimmter Friſt, 
ſpäter in 5 Jahren, vorgebracht werden. Plin. ep. 
5,1. Allmählich bildete fich das Recht dahin aus, 
daß die vom ZTeftamente Ausgeichloffenen einen 
Pflichtteil (quarta) fordern durften. 

Quies, römijche Berjonififation der Ruhe, 
welche an der Lavicaniſchen Strafe vor Rom ein 
Heiligtum hatte. Liv. 4, 41. 

uinctii ſ. Quintii. 

uinetiliänus ſ. Quintilianus. 

uinetilis j. Jahr, II 

uincunx, rerr@yxıov, bezeichnet urſprünglich 
ein Maß von 5 cyathi und eine Münze von 
5 unciae, °/,, Pfund (Hor. a. p. 327 ff.), mes: 
halb jie auf der einen Seite, neben den Diosku— 
ren zu Pferde, mit 5 Punkten in folgender Ge: 
ftalt '-. bezeichnet war. Dieje Figur und der Name | 
wurde auf Baumpflanzungen (Cie. Cat. m. 17, 59) 
und auf die Aufitellung der römifchen Schlacht: 
ordnung (j. Acies, 5 ff.) übertragen. 

Quindeeimviri, 1) sacrorum oder sacris 
faciundis, f. Divinatio, 15.; — 2) agris 
dividundis oder dandis, Kommifjäre, melde 


mit Berteilung der Ländereien infolge eines agra— | 


riihen Geſetzes oder bei Abführung einer Kolonie 
nad; einem beftimmten Orte beauftragt wurden. 

uinquätrus, (-ia) j. Minerva unter Pallas 
Athene, 6 


Quinquennäles, 1) in den Municipien (Spart. | 


Hadr. 19) die Genforen, wie fie auch in einigen | 


Städten genannt wurden (Plin. ep. 10, 88. 113), | dreizehnjährige Tiberius den Vorſih 


die außer Abhaltung des Cenſus auch noch die 
Auffiht über die Öffentlichen Gebäude führten 
und ihren Namen von der alle 5 Jahre wieder: 
ie Wahl hatten. — 2) ludi quinquennales 
nevraernoldeg), Schon früh war es bei den 


' Liv. 1, 36. 











Römern religiöfe Sitte, bei bevorftehenden ſchwie— 
rigen Staatsunternehmungen, bei großen Unglüds: 


Reallexikon des Mafj. Aitertums. 7. Aufl. 


die jedoch nicht ge verwechieln find mit den feft- 
ftehenden ludi Magni, ſ. d. unter Spiele, vgl. 
Der Pontifer Marimus ſprach die 
Formel, wie fie Liv. 36, 2 verzeichnet ift, dem 
Magiftratus vor, Su ngefügt war jedesmal die 
Bedingung, dab 5 Jahre hindurch der Staat feine 
Einbube erleide (Liv. 30, 2. 27). Solche quin- 
quennalia vota wurden erft im fünften Jahre 
nad) dem Gelöbnis auf Staatsfoften ausgeführt, 
denn auf eine etwaige Hinweiſung auf die im be- 
vorstehenden Kriege zu erhoffende Beute lieh der 
Bontif. Mar. fi) ald auf ein unficheres Kapital 
nicht ein (Liv. 31, 9). Gelobten Feldherren im 
Felde für fich ſolche Spiele, jo wurden auch dieſe 
vom Staate übernommen (Liv. 31,49), doch unter 
Umftänden auch die Staatsgelder verweigert (Liv. 
36, 36). Alle jolhe ludi magni waren nur für 
einmal auf das fünfte Jahr gelobt, doch unter 
befonders freubigen Verhältniffen verordnete der 
Borfigende die Wiederho ung derjelben nad aber: 
mals einem Luſtrum, ja jelbft noch zum dritten: 
mal (Liv. 27, 33). Dieſe ludi quinquennales 
waren eine rein römifhe Einrichtung, begründet 
in der ganzen religiöjen Richtung des Rolls: 
charakters und in der Fün = enjenigen Spielen 
nachgebildet, welche die Genjoren nach jedem Lu: 
ftrum abzuhalten pflegten, und bie irrtümlich von 
den Erflärern oftmald mit den bezeichneten ludi 
quinquennales verwechjelt —— Nachdem 
man aber mit dem griechiſchen Leben näher be— 
kannt geworden, wurden auch die griechiſchen Spiele 
(ebenfalls quinquennalia certamina) mit ihren 
abwechſelnden Wettkämpfen (musicum, gymnicum, 
equestre) von den Römern gern geſchaut (Tac. 
ann. 14, 21) und in modifizierter Weiſe jchon von 
Mummius nah Rom übertragen. Auch Julius 
Cäjar erhielt für feine Verdienfte um den Staat, 
gleihjam ein Heros, bejondere quinquennalia 
(Dio Cass. 44, 6). Auguſtus gründete zur Feier 
des Sieges bei Actium in der neuerbauten Stadt 
Nitopolis, in Anfnüpfung an die alten dem 
Apollo gefeierten Spiele, quinquennales ludi 
(Suet. Oct. 18. Tac. ann. 15, 23). Zu Ehren des 
Auguftus richteten viele Städte in den Provinzen 
quinquennalia certamina ein (Swet. Oct. 59), vor 
allen Neapolis (Suet. Oct. 98. Claud. 11. Vell. 
Pat. 2, 123. Dio Cass. 56, 29), auch der jübifche 
König Herodes in Jernfalem (Joseph. ant. Jud. 
15, 8, 1) und zu Cäjarea (Joseph. 16, 5, 1). Im 
%. 30 v. E. beichloß der Senat jogar actiſche 
Spiele in Rom, ebenfalld quinquennales (Dio 
Cass. 51, 19), die dann 28 v. E. zum erftenmal 
gefeiert wurden (Dio Cass. 53, 1); dabei traten 
auch Athleten auf. In diefer Spielen führte neben 
Agrippa ftatt des erkrankten Auguſtus auch der 
82 7Tib. 6). 
Nach einer Verordnung des Auguſtus (Suet. Oet.414) 
wurden die Frauen von dem Anſchauen der Ath— 
letenlämpfe ferngehalten. Doch ſcheinen die mehr 
oder weniger griechiich gefärbten Spiele der römi— 
ihen Weiſe nicht recht entiprochen zu 
waren nicht von langem Bejtande, 


aben, fie 
ihre vierte 
Feier, 16 v. C., wird noch erwähnt (Dio Cass. 


65 


1026 


54, 19). Caligula hob die actiſchen Spiele im Er erhielt den Befehl gegen Philipp von Male: 
ganzen Reiche auf (Suet. Cal. 23), doch wurde ein- donien, welchen er im 3. 197 im der Schladht bei 
malig nah ihrem Mufter von Nero bei einem | Kynostephalai (j. Philippos, 4.) bejiegte (Zir. 
glüdlichen Tyamilienereignifje ein certamen (ad 33, 7 ff.), überwinterte in Athen und erhielt dann 


Quinquertium — Quintilianus. 


exempla Actiacae religionis) 63 n. E. beſchloſſen 
(Tac. ann. 16, 23). 
uinquertium, zivr«ö%4or, j. Gymnasium. 
———— mit einer ſpezielleren Bezeich⸗ 
nung, 3. B. agris dandis, muris — 
reficiendis, eine a beftimmten Zweden ernannte 
außerordentliche Magiftratur von 5 Männern. | 
uintäna j. Castra, 4. 
uintil (Quinetüi), ein patricijches Geſchlecht, 
welches in mehrere Zweige zerfiel: A) Capito- 
lini: T. Quint. Cap. Febr war jechs- | 
mal Konjul und befiegte im erften Konſulate 471 | 
v. E. die Äquer, im zweiten 468 Aquer und Boliter, 
im vierten 446 die benachbarten Gebirgsbemwohner. 
Liv. 2, 56 ff. 60. 64f. 3, 2.66 ff. Sein Auftreten 
gegen feinen Kollegen im erften Konſulate zeigt | 
ihn aß Mann von billiger Dentungsart. — 
B) Cincinnati (die gekräuſelten) und Crispini 
(die fraujen): 1) X. int. Eine, Konſul 460 
v. E., PDiltator 458. Die an ihn abgejchidten 
Gejandten, welche ihm die leßtere Wahl anzeigen 
jollten, trafen ihn bei der Bearbeitung feines Flei- 
nen Aders. Liv. 3, 19 f. 26. Cie. Cat. m. 16, 56. 
Flor. 1, 11. Er übernahm das ihm bejtimmte 
Amt, jchlug die Feinde und legte dann die Dil: 
tatur nieder. Liv! 3, 27 ff. Wegen der mäliichen 
Unruhen (j. Maelii, 1.) wurde er im J. 439 
als Greis abermals zum Diktator gewählt und 
trat nad) kräftiger Unterdrüdung der Unruhen von 
jeinem Amte jofort zurüd. Liv. 4, 13. Er ge: 
I zu den Hauptvertretern altrömijcher Einfach: 
eit und Gittenftrenge. — 2) Sein Sohn, Käjo 
Duint., ein Yüngling von jelbftbewuhtem und 
trogigem Wefen, durch welches er fih Hab beim 
Volle und eine Anklage ded Tribunen Verginius 
zuzog (461 dv. CE.) Mit Mühe der Unterjuchungs: 
haft entgangen, begab er ſich nad Etrurien im 
die Verbannung; jein Vater aber mußte die dem 
Sohne auferlegte Strafjumme bezahlen. Liv.3, 11 fi. 
Dion. Hal, 10, 1ff. — 3) T. Quint. Cine., 
aud mit dem Beinamen Bennus, Konful im 
J. 431 v. E., zum zweitenmal 428. Liv. 4, 20. 
26, 31. — 4) T. Quint. Einc. Eapitolinus, 
Ktriegstribun 388 und 384 dv. E., erhielt im J. 380 
die Diktatur, befiegte die Präneftiner und eroberte 
ihre Stadt, worauf er jein Amt bald niederlegte. 
Lic. 6,4. 18. 285. — 5) 7. Quint. Pennus 
Gapitol. Erijpinus, fämpfte im 3. 361 v. C. 
als Diktator gegen die Gallier. Liv. 7, 9. Eutr. 
2,2. — 6) T. Duint. (Benn. Cap.) Erijpi: 
uns, diente im J. 214 dv. E. unter Marcellus 
auf Sicilien, dann mit Auszeichnung 212 vor 
Capua, wo er im J. 209 Prätor wurde. Wis‘ 
Konjul des 9. 208 wurde er von Hannibal in, 
einen Hinterhalt gelodt und jtarb nicht Tange 
nadıher an den empfangenen Wunden. Liv. 24,39. 
25, 18. 27, 22. 27. 33. Pol. 10, 32. — 7). 
Duint. Erijpinus, erhielt im 3. 184 v. E.| 
wegen feiner in Hiſpanien erfochtenen Siege die | 
Ehre des Triumphes. Liv. 39, 305.42. — C) Fla- 
minini: 1) 7. Ouint. $lam., that jeine erſten 
Kriegsdienfte unter Marcellus 208 v. C. befehligte 
dann in Tarent und gelangte, noch nicht 30 Jahre 
alt, zum Wonfulat, 198. Plut. Flam. 2. Tiv. 32,7. | 


nen 





den Auftrag, die griechiichen Angelegenheiten zu 
ordnen. Dazu war er um fo geeigneter, als er, 
fern von der altväterijchen Weiſe, früh mit griedi: 
icher Bildung fich vertraut gemacht hatte umd bie 
riechen liebte. Zugleich war er nicht nur ein ge: 
ichidter General, jondern auch ein ausgezeichneter 
Staatsmann. So benahm er fich mit großer Um: 
ſicht, erflärte (196) bei den iſthmiſchen Epieien die 
Griechen unter lautem Boltsjubel für frei (Zar. 
33, 32. Plut. Flam. 10) und wand fich geichidt 
zwiſchen den Parteien hindurh. Mit Berlänge: 
rung feines Oberbefehls erhielt er den Auftrag, 
den Tyrannen Nabis von Sparta zu demütigen, 
und kehrte nad) Beruhigung Griechenlands im 
J. 194 nah Rom zurüd, wo ein gläuzender 
Triumph jeiner harrte. Liv. 34, 22 ff. 48. 52. Plut. 
Flam. 13f. Aber jhon 2 Jahre jpäter ging er 
wieder nach Griechenland als Gejandter, um die 
noch jchwebenden Verhandlungen mit Philipp unt 
den riechen zu leiten. Liv. 35,23. liberall zeigte 
er fi als Freund der Griechen, juchte fie von 
einer Berbindung mit Antiocho8 von Syrien fern 
u halten (Plut. Flam. 15 ff.) und fehrte erft im 
J. 190 nad) Rom zurüd, worauf er im nächſten 
Jahre die Genfur verwaltete. Plut. Flam. 18. Lir. 
37,58. Im J. 183 ſandte ihn der Senat an 
König Prufias von Bithynien, um Hannibals Aus: 
lieferung zu fordern. Liv. 39,51. Seine fjpäteren 
Jahre verlebte er in ſtiller Zurüdgezogenheit. Ab: 
ae von Gerlach (1871). — 2) Sein Bruder, 
!. Quint. Flam., Prätor 199 v. E., folgte ſei— 
nem Bruder im folgenden Jahre ald Legat nad) 
Griechenland (Liv. 33, 17) und bejehligte die Flotte. 
Für die Verdienfte, die er fich dort erworben, be: 
fam er 192 (Liv. 35, 10) das Konfulat und hierauf 
Gallien ald Provinz. Im J. 184 ftieh ihm ber 
Eenjor Cato wegen eines dort begangenen Ber: 
brechens aus dem Senat, doch begnadigte ihn das 
Boll. Liv. 39, 425. Plut. Flam.18f. Cie. Cat. m. 
12, 42. — D) Dazu kommen noch folgende Duin: 
tier, deren Familienzweige plebejiich waren: 1) P. 
Duimt., von Cicero im J. 81 v. E. im einer 
causa privata verteidigt. Cie. Quint. 31. — 2) X. 
Duint., Vollstribun 74 v. E. und Gegner bes 
Lucullus in deſſen Konjulate. Cic. Brut. 62. Plut. 
Luc. 5. Gegen GEicero trat er in dem Prozeſſe 
des Eluentius auf, da er den Dppianicus ver: 
teidigte. Cie. Cluent. 27, 74. — 3) T. Duint. 
Scapula, erregte in Hijpanien den Krieg gegen 
Cäſar. Cie. ad fam. 9, 13. — 4) Duint. Hir— 
pinus, ein Freund des Horaz, an den der Dichter 
eine Ode (2, 11) richtete. — 5) Duint. Atticus, 
befleidete unter Bitellius (69 n. E.) das Konſulat 
und trat jpäter auf die Seite des Beipafian. Tac. 
hist. 3, 73. 75. — 6) X. Quint. Ntta j. Atta. 

————— M. Fabius Quint. ſdem jo 
wird der Name richtiger geſchrieben, als in der 
mehr —— und durchaus nicht genũgend 
beglaubigten andern Form Quinetilianus), ein 
Schriftſteller aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrh. 
u. C., über deſſen Lebensverhältniſſe uns mur 
wenige Zeugniffe erhalten find. Daß Calagurrıs 
in ——— und nicht Rom ſein Geburtsort geweſen, 
iſt wohl nicht zu bezweifeln; weniger ſicher iſt die 


Qnintilianus, 


Angabe jeines Geburtsjahres. Früher hat man 
das Jahr 42 angenommen, es ift indeilen beſon— 
ders aus seinen eigenen Erwähnungen des im 
J. 59 verftorbenen Domitius Afer waährſcheinlich, 
daß diefe Zeit um einige Jahre zu ſpät ıft, und 
daß das Jahr 35 als das wahrjcheinliche Geburts: 
jahr gelten fan. Seines Vaters gedentt er (9, 3, 73), 
woraus hervorgeht, daß derjelbe ein Rhetor ge: 
wejen ift. Wenn er auch bisweilen jeinen Jugend: 
unterricht erwähnt (1, 2, 23. 2, 4, 26), jo macht 
er doch feine Lehrer nirgend namhaft; nur die 
ausgezeichneten Redner nennt er, die zu hören 
er Gelegenheit gehabt hat, wie Julius Africanus 
(10,1,118.12,11,3), Servilius Novianus/10, 1,102), 
Galerius Trachalus, Vibius Erifpus, Julius Se: 
cundus (12, 9, 11). Nachdem er um das %. 59 
nad) Hiſpanien zurüdgefehrt war, hielt er ſich 
dajelbit bis zum J. 68 auf, in welchem ihn Galba 
twieder nach Rom mit jich zurüdnahm. Seit diejer 
Beit begann er in Rom teils ald Sachwalter auf: 
zutreten, teils rhetoriichen Unterricht zu erteilen. 
Daß er auf dem Forum in Prozeßſachen geredet, 
fagt er 4, 2, 86, und an einer andern Gtelle 
(7, 2, 24) beflagt er fi über Nachläffigteit der 
Stenographen, welche feine Reden in ganz ver: 
fälichter Form unter das Bublifum gebradt hatten. 
Bon ihm jelbft war nur eine Mede in causa 
Naevii Arpiojani veröffentlicht, wa3 er ductus 
iuvenili cupiditate gloriae gethan hatte. Anderer 
Prozeßreden, wie pro regina Berenice (4, 1, 19) 
und einer Erbichaftöflage (9, 2, 78), gedenkt er 
beiläufig. Als Lehrer der Beredſamkeit dagegen 
gelangte er zu hohem Anfehen (Mart. 2,90, 1 ff.), 
jo daß fein Name ſprichwörtlich gebraucht wurde. | 
Jwv. 6, 75. 280. 7, 186. 189. Und als Beipafian | 
Gehalte für die Lehrer aus dem Fiſtus anwies 
(Suet. Vesp. 18), neben welchen natürlich das Ho— 
norar der Schüler beftehen blieb, hat Duintilian 
einen joldhen zuerft empfangen (Hieron.: primus | 
Romae publicam scholam aperuit et — 
e fisco accepit et claruit). Unter feinen Schülern 
find die berühmteften der jüngere Plinius (ep. 
2, 14, 10. 6, 6, 3) und die Enkel der Schweiter 
Domitiansd, Domitilla, welche mit Clemens ver: 
heiratet war (4, prooem. 3), vielleicht auch Tacitus. 
Aus diefem Unterrichte find die libri duo artis 
rhetoricae (prooem. 1, 7), vielleicht auch die wider 
jeinen Willen befannt gemachten Sermones (3,6, 68) 
hervorgegangen; eine Frucht jeiner Studien war | 
auch die Schrift de caussis corruptae eloquen- 
tiae (6, prooem. 3, 2, 4, 42. 10, 3. 5, 12, 23. 
8, 6, 76), welche man irrigerweije in dem Dialoge 
des Tacitus de oratoribus wieder zu erfennen 
vermeint hat. Nach zwanzigjährigem öffentlichem 
Lehramte trat er von demſelben zurüd (prooem. 
1, 1), etwa um 91, und erhielt bald darauf durch 
Domitian consularia ornamenta, In diejer Zeit 
begann er, von vielen Seiten aufgefordert, die 
Abfaſſung des umfaffenden Werkes de institutione 
oratoria, das innerhalb zweier Jahre vollendet, 
dann aber einer wiederholten Teile und Durch— 
ficht unterworfen wurde. Jedesfalls ift es vor 
dem Tode Domitians, der 96 erfolgte, vollendet, 
denn nur jo laffen fich die auffallenden Schmei- 
cheleien gegen diejen Kaiſer (4, 1, 2. 10, 1, 91) 
und das bereitwillige Eingehen an die Verdäch— 
tigung der Philoſophie, welche gerade unter diejer 
Regierung den heftigften Berfolgungen ausgejet 








1027 


war, erflären, wenn auch nicht entjchulbigen. Dem 
Werke geht eine kurze Zujchrift an den berühmten 
und — Schriftſteller befreundeten Buchhänd— 
ler Trypho voraus, auf welche die Dedilation an 
den Rhetor Marcellus Bictorius folgt, dejien Sohn 
Duintilian unterrichtet hatte (1, prooem. 6. 4, 
prooem. 1). Bon feiner Gattin, die ihm im noch 
nicht vollendeten neungzehnten Lebensjahre durd) 
ben Tod entrifjen wurde, hatte er 2 Söhne, von 
denen der eine im fünften, der andere im zehnten 
Lebensjahre ftarb, worüber er feinen tiefen Schmerz 
im prooemium im fechften Buche ausipricht. Sein 
eigenes Todesjahr läßt fich nicht nachweiſen; 118 
n. C. erſcheint als viel zu jpät. — Den Inhalt der 
12 Bücher de institutione oratoria gibt Quin— 
tilian (1, prooem. 21) aljo an: liber primus ea 
quae sunt ante oflicium rhetoris continebit. 
Secundo prima apud rhetorem elementa et 
quae de ipsa rhetorices substantia quaeruntur 
tractabimus, Quinque deinceps inventioni, nam 
huie et dispositio subiungitur, quattuor elo- 
cutioni, in cuius partem memoria ac pronun- 
tiatio veniunt, dabuntur. Unus accedet, in quo 
nobis orator ipse informandus est, ut, qui 
mores eius, quae in suscipiendis,' discendis, 
agendis caussis ratio, quod eloquentiae genus, 
quis agendi debeat esse finis, quae post finem 
studia, quantum nostra valebit infirmitas, dis- 
seramus. Alſo ein vollftändiges Lehrbuch der 
Rhetorif, das von dem erjten Jugendunterrichte an 
bis au dem Auftreten des ausgebildeten Redners 
encytklopädiſch alles umfaflen jollte, was auch in 
einer der Öffentlichen Beredſamkeit nicht jehr ge- 
neigten Zeit erforberlih war. Iſt ihm die de 
veblamteit auch im weiteften Sinne die scientin 
bene dicendi, jo ftellt er doc; auch an den Redner, 
den vir bonus dicendi peritus, höhere fittliche 
Anſprüche und baut auf jittliche Grundjäge fein 
Syitem des gejamten rhetorischen Wiſſens. Er hat 
weniger die zahlreichen Werte griechiicher Autoren 
benußt, als vielmehr fich feinem großen Meifter 
und Borbilde Cicero angeſchloſſen (dissentire vix 
audeo a Cicerone, 7, 3, 8). Daher find die Be- 
iehungen auf griechiiche Duellen (Dionyfios don 
— und Cäcilius) im ganzen ſelten, und 
ſelbſt da iſt nicht immer ſicher, ob er auch wirk— 
lich aus den Originalen geſchöpft hat; wenigſtens 
laſſen ſich ſo die Ungenauigkeiten erflären. Dagegen 
ſind überall zahlreiche Belege für ein eindringen— 
des Studium eiceronianiſcher Schriften vorhanden, 
das auch auf die Meinheit und Sauberleit der 
Darftellung den beiten Erfolg geübt hat. So ift 
es nicht zu verwundern, daß Dies reichhaltige Lehr: 
buch zu allen Zeiten großes Anjehen genoffen hat 
und ſelbſt im Mittelalter vielfach benußt worden 
ift. Seitdem Poggi zu den Zeiten bes Conftanzer 
Eonciliums in St. Gallen eine vollftändige Hand- 
ichrift aufgefunden hatte, ift das Werk häufig ge— 
drudt, jedoch erſt im neueſter Zeit mit fchärferer 
Abwägung des Wertes handichriftlicher Hülfsmittel, 
unter denen zunächſt ein Ambrosianus aus dem 
11. Jahrhundert, jodann ein Turicensis, Floren- 
tinus, Bernensis und Bambergensis die beiten 
find, fritiich behandelt worden. Ausgg. von P. 
Burman (1720), Gesner (1738), Spalding (1798 — 
1816; dazu 5. Bd. von Zumpt, 1829, 6. Bb., 
lexicon Quintilianeum, von Bonnell, 1834; Haupt: 
ausgabe), Wolff (1816 —20), Gernhard (1830), 
65* 


1028 


Zumpt (1831), 9. Meyer (Bd. 1. 1831, unvoll: 
endet), Bonnell (1854), C. Halm (1868 f., frit. 
Hauptansgabe), F. Meifter (2 Bbd. 1886). Dem 
zehnten Buche hat man wegen der Beurteilung 
der dem Rebner empfohlenen Schriftiteller größere 
Sorgfalt in der Erflärung gewidmet als den übrigen 
(Ausgg. von Frotſcher, 1826, Herzog, 1833, Bon: 
nel, 5. Aufl. 1882, Krüger, 3. Aufl. 1888, und 
Halm, 1869). — Unter Quintilians Namen befigen 
wir 2 Sammlungen von Deflamationen, von denen 
die eine, mit 19 längeren Proben diejer Schul: 
übungen, fi) mit erdichteten, auf ganz andere 
Beiten und Berhältniffe paffenden Aufgaben be: 
ichäftigt, die andere, 145 enthaltend, nur Exrcerpte 
einer größeren Sammlung darbietet. Bei feiner 
von beiden läßt fi Quintilians Autorſchaft ficher 
nachweiſen; die größere haben einige Gelehrte einem 
andern Duintiltan, einem Oheim oder gar dem 
Vater, beigelegt. Bgl. die nenefte Unterfuchung von 
Eonft. Ritter (die quintilian. Deflamationen, 1881), 
nad) welchem die 145 Heineren Deflamationen von 
Quint. herrühren, d. h. nach feinen Vorträgen von 
Schülern nachgejchrieben und vermutlich vor dem 
Erjcheinen der institutio orat. veröffentlicht wor: 
den find. Ausg. der declamationes von Ritter 
(1884). Yedesfall3 haben beide Sammlungen feinen 
andern Wert, ald uns über die abgejchmadte 
Praris der Rhetorenſchulen zu unterrichten, deren 
Verfahren unjer Duintilian (2, 10, 6) entichieden 
mißbilligt. 

Quintilii (Quinet.), ein altes patricisches Ge— 
ichlecht, welches mit den Fabiern jchon zur Zeit 
der Gründung Roms den Dienft bei den Luper— 
calien geübt haben joll. Dahin gehören: 1) P. 
Duint. Varus, fämpfte 203 v. C. als Prätor 
fiegreich gegen den Bruder Hannibald, Mago, im 
Lande der Anjubrer. Liv. 30, 1. 18. — ?2) 
Duimt., römijcher Jurift nad) Cic. Quint. 17, 54. 
— 3) Sertus Duint. Barus, kämpfte mit 
Domitius Ahenobarbus gegen Cäjar, der ihn, als 
er bei Corfinium in Gefangenjchaft geraten mar, 
frei ließ. Cues. b. c. 1, 23. Nach der Schlacht bei 
Philippi gab er fich jelbft den Tod. Well. Pat. 
2, 71. — 4) Sein Sohn, P. Duint. Varus, 
Konjul 13 v. E,, war dann (wohl vom I. 7 v. €. 
an) Statthalter in Syrien, wo er fi durch Hab- 
jucht und Erprefjungen verhaßt machte, und ging 
(daburch empfohlen, daß er durch feine Gemahlin 
Claudia Buldyra, eine Nichte des Auguftus, mit 
der faiferlichen Familie verwandt war) um 6 n. €. 
als Statthalter nad) Germanien. Aber einem der: 
artigen Amte war der weichliche und jelbft körper: 
lih unbeholfene Mann nicht gewachien. Seine 
NRüdfichtslofigteit bei Einführung römischer Sitte 
und Sprache, ſowie jeine Habſucht, die er auch in 
dem armen Germanien befriedigen wollte, veran- 
laßte den Aufitand der germanifchen Stämme unter 
Arminius (ſ. d.), welcher in der blutigen Schlacht 
im Teutoburger Walde das römiſche Heer ver: 
nichtete. Varus ſtürzte fi aus Verzweiflung in 
jein eigenes Schwert (September oder Dftober 
9m. ©). Tae. hist. 5, 9. Vell. Pat. 2, 117 ff. 


R. | hist. 4, 58. — Auch) 


Quintilii — Qnuirites. 


Flor. 4, 12. Dio Cass. 56, 18 ff. — 5) Onint. 
(Barus), Freund des Bergil und Horaz (od. 1,18. 
a. p. 438), ftarb im J. 23 v. E. — 6) Sert. 
Duint. Condianus und 7) Sertus Quint. 
Marimus, 2 durd Eintracht ausgezeichnete Brü= 
der, Konjuln zufammen 151 n. C., verwalteten 
| gemeinjchaftlih unter Marc Aurel um 173 Grie: 
henland und fämpften 178 zufammen gegen bie 
Germanen. Unter Commodus fanden beibe ihren 
Tod. Dio Cass. 72, 5f. 

Quintus Smyrnaens ſ. Epos, 6. 

Quirinalfa j. Quirinus. 

Quirinälis, 1) j. Flamen. — 2) j. Roma, 2. 


Quirinus, Adjektivum, gewöhnlich abgeleitet 
von dem jabinifchen Worte curis, —* quiris, 
die Lanze, oder von der Sabinerftadt Cures, ein 
jabiniicher Beiname des Mars als lanzenſchwingen— 
den (Lyyionaiog) Kriegdgotted. Der Name hat 
ſich aber früh verjelbftändigt, und zwar, ehe er 
bon den Sabinern nad Rom gebradjt wurde, wo 
Quirinus als eigene Perjon dem Mars an die Seite 
trat. Den Sabinern galt Duirinus als Vater ihres 
Ahnherrn Modins Fabidius (Medius fidius), des 
Gründers von Eures; die Römer hielten den Gott für 
ihren vergötterten Ahnherrn Romulus, den Sohn des 
Wars. Dion. Hal. 2,48. Verg. A. 1,292. Or. fast. 
2, 475 ff. 4, 56.808. Er hatte zu Rom einen eigenen 
Flamen Quirinalis (Zir. 1, 20. Ov. fast. 4, 910) 
und feine Opferftätten auf dem mons Quirinalis 
oder an der porta Collina (jpäter Quirinalis). 
Dem Duirinus wurde zu Rom am 17. Februar 
das Feſt der Quirinalia (Or. fast. 2, 475 ff.) 
gefeiert, an weldem ihm von feinem Flamen 

eopfert und feine Waffen gejalbt wurden. Numa 
Pollte das Feſt eingejegt haben. Tac- ann. 4, 38. 
nus (Suet. Oct. 22) und 
Auguftus (Verg. @. 3, 27) hatten den Beinamen 
Quirinus. 

—— (vgl. Quirinus), urſprünglich Be: 
zeichnung der Sabiner; jpäter, nach der Bereini- 
gung berjelben mit den Römern, bezeichnete es 
diejelben zwar als Krieger, fofern fie nad alter 
Volksſitte ſtets Waffen trugen, zugleich aber auch 
als ſolche Bürger, welche dieje Waffen jelbft unter 
den Arbeiten des Friedens trugen, daher die Rö— 
mer bejonders im Gegenjag zum Soldaten Qui- 
rites genannt wurden. In diplomatifcher Form 
erhielt fich die Spur der Vereinigung in der Ber 
gelhmung populus Romanus Quirıtium, oder 

isweilen aud) populus Romanus Quirites. Lir. 
1, 32. 8, 6, 22, 10. 26, 2; vgl. 5, 41. Medner 
und Geichichtichreiber gebrauchen den Ausdruck 

ern und häufig in erhabener Weije als Anrede. 

n der Verbindung obiger Formel liegt daher 

nicht nur die Bedentung der römischen Bürger in 

\ihren inneren politiihen Beziehungen, während 
ı Romani fie im Berhältnis zum Anslande bezeich- 
net, jondern auch die Bezeichnung des —— 
und des friedlichen Bürgers, wie denn auch dem 
Worte Quirites oft milites geradezu entgegenge: 
jeßt wird. Suwet. Caes. 70. Tac. ann. 1, 42. 


Rabirii — Ramses. 


1029 


R. 


Rabirfi, 1) C. Rab., ein wegen ee pi 
Gewaltthaten unter den apuliichen Grumdbejigern 
verrufener röm. Senator, wurde im J. 63 v. E. 
als Greis von Cicero und Hortenſius gegen die 
vom ZTribunen Labienus auf Cäſars Beranlaffung 
wider ihn erhobene Anflage (perduellionis’, Staats- 
elder unterjchlagen, heilige Orte entweiht, an der 
Ermordung des Zribunen Satuminus teilgenom= 
men und andere Schandthaten verübt zu haben 
(Cie. Rab. 2f. Aur. Viet. vir. ill. 73), verteidigt. 
Ihn rettete zugleich die Nobilität unter Führung 
des Metellus Seler, und die jpätere Wiederauf: 
nahme der Anklage unterblieb. — 2) €. Rab. 
Poſtumus, des vorigen Adoptivjohn, eigentlich 
Sohn des E. Eurtius (Cie. Rab. Post. 17), wurde 
bei dem Prozeſſe des Gabinius 54 v. E. wegen 
Erpreffungen gleichfall® angellagt und von Cicero, | 
für deſſen Zurüdberufung aus ber Berbanuung | 
er thätig gewejen war, verteidigt. Rab. hatte als 
Gehülfe des Gabinius (55 v. C.) in — den 
König Ptolemaios Auletes und das Volk durch 
Erpreſſungen und Wucher ſo ausgeſogen, daß er 
vor der Wut der Alexandriner flüchten mußte. 
Cie. Rab. Post. 14. Er ſollte daher den Schaden, 
den er angerichtet, zum Zeil mit erjeßen. Die 
Verteidigung Eiceros hatte feinen Erfolg, wie es 
icheint. Rab. ging in die Verbannung, kehrte unter 
Cäſars Diktatur zurüd (Suet. Caes. 12) und diente 
46 vd. E. unter ihm. Caes. b. Afr.8. — 3) €. 
Rab., ein epiicher Dichter, den die Alten jehr 
hoch jtellten. Well. Pat. 2,36. Ov. ex Pont. 4, 16,5. 
Quint. 10, 1,9%. Ein in Herculaneum aufgefun: 
denes Bruchftüd eines Gedichts über den actijchen 
Krieg und den Tod der Kleopatra (67 zum Zeil 
jehr verftümmelte Herameter) wird ihm nicht ohne 
— ——— beigelegt (neueſte Ausgg. in 
Rieſes Anthologia lat. p. 3ff. und Bährens' 
poet. Lat. min. Bd. I p. 212 ff.). „Der Stil ift, 
jomweit man ihn beurteilen fann, Har, aber glanz— 
los, ohne erheblichen Aufwand von Rhetorik“ 
Ribbech). 

Rabonlus, vom Prätor Verres 74 v. C. arg 
gequälter Vormund des P. Junius. Cic. Verr. 
1, 50. 

Rabulöius, 1) Gaius, befleidete 486 v. E. 
das Bolkstribunat und —— ſich dem vom 
Konſul Spurius Caſſius (ſ. Cassii, 1.) vorge: 
ſchlagenen Geſetze über die Verteilung des Ge— 
meindelandes. Dion. Hal. 8, 75. — 2) Marcus, 
aus Brundifium, Decemvir 451 vd. E. Liv. 3, 36. 

Racilius, Lucius, 57 v. E. Bollstribun, ver: 
teidigte den Cicero gegen Elodius (Cie. ad Qu. 
fr. 2, 1, 2f. ad fam. 1, 7, 2); vielleicht derjelbe 
2. Racilius, der im J. 48 im Hiſpanien jeinen 
Tod fand. (aes. b. Alex. 52 ff. 

Raecius, Marcus, erhielt 208 v. E. den 
Auftrag, in Maſſilia über den Zug des punijchen 
Feldherrn Hafdrubal genaue Kunde einzuziehen. 
Liv. 27, 36. j 

Raetia (befier ald Rhaetia), 'Paıria, das weft: 
lichfte der Süddonauländer, grenzte im N. an 
Bindelicien (melcdyes jeit dem Ende des 1. Jahr: 
hunderts n. C. mit R. vereinigt war), im W. an 
das Land der Helvetier, im ©. an die Alpen (vom 


nn nn — — — — — 


M. Adula — St. Gotthard — bis zum M. Ocra 
— Terglou) und dadurch an das cisalpiniſche 
Gallien, im O. an das Gebiet ber Veneter und 
Noricum — alſo das heutige Graubünden, Tirol 
und ein Teil der Lombardei. Das Land wurde 
von einem Zweige der Alpen, den Rätiſchen, durch— 
zogen. Unter den Flüſſen find zu nennen: Licus 
(Reh), Jſara (Kar), Anus (mm), der öftliche 
Grenzfluß, Athe ſis (Etich) und die von den Alpen 
herablommenden Zuflüfle des Padus: Ticinus, 
Addua, Sarius, Dllius, Mincius u. j. w. 
Das Land war mehr zu Viehzucht ala zum Ader: 
bau geeignet, gab aber auch trefflichen Wein. — 
Die —— Raeti, FPcitot, d. h. wohl Ge— 
birgsbewohner (von dem keltiſchen rait?), ſcheinen 
urſprünglich Stammesgenoſſen der wahrſcheinlich 
von hier nach Italien gewanderten Raſener oder 
Etruſter geweſen zu jein (Ziv. 5, 33. Plin. 3, 133. 
Just. 20, 5, 9); in ber Zeit, wo wir biejelben 
fennen lernen, waren indes teilweiſe feltifche 
Stämme in Befig des Landes gelommen. Im J. 
15 v. E. wurden fie zugleich mit den Bindeliciern 
von Auguſts Stiefiöhnen Ziberius und Drujus 
in hartnädigen Kämpfen unterworfen. Vell. Pat. 
2,95. Strab. 4, 206. Hor. od. 4, 4, 18. 14,7 ff. 
Unter den einzelnen Bölferichaften find zu merken: 


die keltiſchen Lepontii, am füdlichen Abhange 
des St. Gotthard, die Mefiates, Bennönes, Sarı: 


netes, Brirentes, Gerauni, Tridentini (bei Trient 
an der Etich) und die alträtiichen Euganei (zwi: 
ſchen Patavium und Verona), die Camunni (Bal 
Gamonica) und Trumplini (Val Trompia). Städte 
gab es wenige; die bedeutendfte war Tridentum 
(j. Trient); andere waren Curia (Ehur), Elavenma 
(Ehiavenna), Bauzanum (Bogen) u. a. m. Strab. 
4, 206. Ptol. 2, 12. Bgl. Planta, das alte Rätien 
(1872). 

RammYus, Lucius, aus Brundifiunm, ein vor: 
nehmer Mann, der fremde Gejandte und römische 
Heerführer gaftlich bewirtete. Perſeus juchte ihn 
zur ordung römischer VBornehmen zu benugen 
und fandte ihm deshalb Gift; A. zeigte dies aber 
den Römern an, 172 v. &. Liv. 42, 17. 

Ramnes j. Tribus, 1. 

Ramphias, "Peugplag, unterhandelte mit Athen 
als einer der ſpartaniſchen Gejandten vor dem 
Beginn des peloponneſiſchen Krieges und befeh— 
ligte 422 v. E. ein Heer im trachiniſchen Herakleia 
und in Theflalien. Z’hue. 1, 139. 5, 12f. 

Rampsinitos j. Rhampsinitor. 

Ramses, der Ör., König von Agypten. Unter 
den Königen ber achtzehnten und neungehnten Dy— 
naftie (um 1600—1800 v. C.), welche Agupten auf 
den Gipfel der Macht und des Ganzes hoben, 
wird einer befonders hervorgehoben, den die Alten 
Zioworgis oder LZsadwcıg, aber auch richtiger 
Ramses (Tuc. ann. 2, 60) oder 'Paufseng nennen. 
Es ift dies Ramſes oder Rameffu II., der in jechs: 
undiechzigiähriger Regierung (etwa 14001354) 
allerdings Bedeutendes Leiftete. Ihm werben, über: 
dies mit ftarfen Übertreibungen, die Thaten diejer 
ganzen Periode zugeichrieben: Die Eroberungen 
in Aſien und Afrika, die großen Bauten in Mem— 
phis und Theben, die Dämme und Kanäle, eine 


1030 


Befeftigungsmaner von Pelufion bis Seliopolis. 
Hdt. 2, 102 ff. Diod. Sie. 1, 53 ff. Strab. 15, 686. 
16, 769. 17, 804. 

Raphia, 'Pepsıe oder -ia, Stadt an der Küſte 
Paläftinas, jübweftlih von Gaza, mit wenig be: 
juchtem Hafen, noch j. Repha. Hier wurde An: 
tiochos der Gr. 217 v. E. von Ptolemaios IV. (f. d.) 
befiegt. Pol. 5, 80. Strab. 16, 759. Liv. 35, 18. 

Rapina, Raub, uriprünglich als Diebftahl (fur- 
tum) beftraft, erhielt durd; den Prätor M. Lu: 
cullus zur Zeit der Bürgerfriege eine eigene An: 
fage wegen der vielfachen unrechtmäßigen Ans 
eignung fremder Güter und konnte unter erſchwe— 
renden Umftänden als crimen publicum beftraft 
werben. 

Rat |. Bovinj, T'egovo/« und Senatus, 

Rationarium imperli hieß das Verzeichnis, 
in welchem bie Berechnung der Einnahmen und 
Ausgaben der Staatskaſſe, zur Zeit des römischen 
Kaijerreichs, enthalten war. 

Ratomägus, "Paröuayog, oder Rotomagus, 
Hauptftadt der galliichen Völkerſchaft der Bello: 
cafjes an der Sequana; j. Rouen. 

Raudii campi ſ. Campi Raudii. 

Raurfei, 'Pavgıxod, nicht Rauräci, Bolt im 
teltiichen Gallien, nördlich von den Selvetiern, 
zwifchen biefen, den Sequanern, Triboccern und 
dem Nhenus — von der Marmündung bis nad) 
Bajel, jpäter bis nach Breiſach. 23000 Mann 
derjelben zogen mit den Helvetiern aus. Caes. b. 
9. 1, 5. 29. 7, 75. Unter ihren Städten war 
Augufta Rauricorum, j. Augft öftlih von 
Baiel, bedeutend. 

Ravenna, ‘Paoderva oder “Paßevve, uralte 
Stadt im cispadaniihen Gallien, am Flüßchen 
Bedefis, eine Meile vom Adriatiſchen Meere ent- 
fernt, feft durch ihre „age zwiichen Sümpfen und 
Moräften. Griechiiche Koloniften aus Theflalien 
follen fie gegründet haben (Strab. 5, 213); fie blieb 
bis Yagufs ziemlich unbedeutend. Diejer wählte 
fie zum Aufenthalte eine Teiles der römischen 
Flotte, weshalb er an der benachbarten Küfte einen 

roßen Hafen anlegen Tief. So gelangte die 
Stadt in furzem zu großer Blüte (Suet. Oct. 49. 
Tac. ann. 4, 5) und nahm bedeutend an Umfang 
zu. Natur und Kunft machten fie zu einer ftarfen, 
faft uneinnehmbaren Feftung, und fie galt für die 
Vormauer Italiens. Bon Kanälen durdichnitten, 
fann fie das Venedig der römijchen Kaijerzeit ge: 
nannt werden. Hier befand ſich eine berühmte 
Fechterſchule. Der deutiche Held Armin wurde 
bier erzogen, die römischen Kaiſer von Honorius 
an wählten fie zu ihrem Sitze, und Theodorich ber 
Gr. madte fie nach dem Sturze Odoakers 
Hauptftadt feines neuen Reichs. Seit 539 war fie 
die Hauptſtadt des griechiichen Exarchats. 

Rea Silvia (Rea, die Angeklagte, beffere Schreib: 
art als Rhea), auch Ilia genannt, die Mutter des 
Romulus und Remus. Liv. 1, 3f. Plut. Romul, 3, 
Just. 43,2. Nad denen, welde die Gründung 
Roms kurze Zeit nad) Aineias anſetzten, war jie 
die Tochter des Mineias, body nur unter dem 
Namen Ilia, und Romulus alfo ein Enfel des 
Aineias; nach der gewöhnlichen, jpäter gangbaren 
Sage iſt fie die Tochter des von Aineias ftam: 
menden Albanerfönigs Numitor, der von feinem 
Bruder Amulius vom Throne geftoßen ward. Um 
defien Tochter der Hoffnung auf Nachkommenſchaft 


Raphia — 


zur 


Recuperatio. 


zu berauben, machte fie Amulius zur Bejtalin; 
aber die Beftalin gebar von Mars die Zwillinge 
Romulus und Remus und wurde infolgedeflen 
von Amulius ins Gefängnis geworfen und getötet, 
oder nach deſſen Sturz wieder befreit. Ber Dich— 
tern findet fich die Sage, fie fei in den Tiber 

eworfen worden oder habe fich jelbft hineingeftürzt, 
I aber von dem Flußgotte gerettet und zu feiner 
Gattin gemacht worden. Hor. od. 1, 2, 17 ff. Or. 





fast. 2, 598. 3, 1 ff. 

Reäte, "Pfarog, "Pearior, j. Rieti, uralte Stadt 
der Aboriginer oder Belaiger, jpäter von den Sa— 
binern erobert, in Mittelitalien an dem Belinus- 
jee und der Salarijhen Strafe, Hauptverjamnt= 
fungsort der Sabiner, dann römiiche Bräfeltur 
und endlih Municipium, Baterftadt des großen 
Gelehrten M. Terentius Barro. Cic. Cat. 3, 2. 5. 
div. 2,2. Suet. Vesp. 1. Die Gegend war herr: 
lich, mit einem Tempel (Cie. ad Att. 4, 15) und 
einem prächtigen, durch einen Bergdurchſtich des 
M'. Eurius Dentatus entjtandenen Wafleriall. Bal. 
noch Liv. 25, 7.26, 11.23.28, 45. Tac. ann. 1,79. 

Reecitatiönes, Vorleſungen von schriftlichen 
Werfen vor der Herausgabe. Dieje Sitte fam 
namentlich im Anfange der Kaiferzeit auf (Gell. 
13, 2) und wurde durd Auguſtus jehr gefördert 
(Suet. Oct. 89. Sere. zu Verg. A. 6, 86), anfangs 
wohl nur in kleinerem Kreiſe, bald jedoch vor großen 
Berjammlungen im Theater, auf dem Forum, im 
Tempeln, Gärten und Bädern. Zuerſt beabfichtigte 
man wohl, Nußen aus der Kritif der Zuhörer 
für die nachfolgende Herausgabe zu ziehen (Plin. 
ep. 5, 3. 7, 17), bald jedoch geſchah es aus Eitel- 
feit und Ehrgeiz. Allmählich konnte fich Fein 
Schriftfteller diejer Sitte oder Unſitte entziehen, 
obichon die Beranftaltung der Borlefung dem Autor 
vielfache Koſten (Mietung und Einrichtung des 
Lokals) verurjachte. Die Einladung dazu gejchah 
durch eigene Schriften oder durch öffentliche An- 
ichläge und Zeitungdannoncen. Bgl. Herwig, de 
recitatione poetarum apud Romanos (1864). 
Friedländer, Sittengejhichte Roms III ©. 316 ff. 

Recuperatio (vielleicht richtiger nach beiten 
Handfchriften reciperatio zu jchreiben), ein in 
Necdhtsiachen über das Bermögen oder die Er: 
ftattung desjelben zwijchen Beregrinen und Römern 
enticheidendes Gericht, defien Richter recuperato- 
res hießen und wahrſcheinlich aus beiden Völkern 
gewählt wurden; allmählich aber änderte fich dies 
dahin, daß man fich dort die Richter gefallen lieh, 
wo ber Kauf oder Kontrakt geichlofien war und 
die Klage bei Nichtinnehaltung der eingegangenen 
Verpflichtung vorgebradht wurde. Namentlich wur: 
den die Klagen der Brovinzialen, wegen Erprefiung 
der Statthalter, in Rom Recuperatoren überwiejen, 
verft 173 dv. C. (Liv. 43, 2), was noch unter den 

aifern vorfam ( Tac. ann. 1, 74), objchon inzwischen 
auch für diefe Klage ein eigener Gerichtshof (j. Pro- 
zels, 6.) eingejegt war. Der . des Recu: 
peratorengerichtö war rajch: innerhalb 10 Tagen 
mußte die Entjcheidung erfolgen; daher trachteten 
auch die Römer, jelbjt wenn fie untereinander 
ftritten, nach ſolchem Gerichte, und wurden die 
elben jeit 77 v. E. oftmals auf rein römiſche 

erhältnifje angewandt und erhielten unter ben 
Kaiſern immer weitere Ausdehnung (Suet. Ner. 17. 
| Vesp. 3. Domit. 8), bis fie fpäter, als alle Pro: 
'vinzialen römijche Bürger wurden, von jelber 


Redemptor 


aufhörten. Da der Name dieſer Nichter nicht in 
der einfachen Zahl vorlommt, müſſen fie follegia- 
liich verfahren fein, ihre Zahl war 3 oder 5, und 
fie wurden von dem Prätor ohne Rüchſicht auf 
den Stand ernannt. Bol. Sell, die Recuperatio 
der Römer (1837). 

Redemptor hieß 1) derjenige, welcher die Aus: 
führung beftimmter Arbeiten für eine beftimmte 
Summe bei öÖfjentliher Berdingung übernahm 
(Cie, Phil. 9, 7); — 2) derjenige, welcher öffent: 


1031 


in Latium, öftlih von Nom, zwiſchen Gabii und 
Labicum; doch weiß man ihn jeßt nicht genau zu 
| beftimmen. Einige finden ihn in dem Yago della 
Cava am Algidus, andere im Lago della Doga: 
nella; am richtigften hält man ihn wohl für das 
jetzt troden liegende Thal von Iſidoro. Seine 
Berühmtheit hat er erlangt durd die dort geſchla— 


| gene Schlacht mit den Latinern, 496 v. €. Liv. 


— Religion. 


Regina, 1) ſ. Juno unterHera. — 2) j. Rex 


liche Gefälle für eine gewiſſe Steuerſumme pachtete, | sacrificulus. 

j. Manceps.  Regium Lepidi oder Lepidum, "Prjiyıov AE- 
Redieülus (Deus et) Tutänus, d. i. der mıdov, Drt der Bojer zwiſchen Mutina und Ta: 

durch Rückkehr jchügende Gott, der einen Tempel | netum im cispadaniichen Gallien, ſpäter wahr: 

vor dem Gapenijchen Thore hatte und feinen Na: jcheinlicy durch den Konjul M. Amilius Lepidus 

men daher befommen haben jollte, daß er den | zur Kolonie erhoben; j. Reggio d'Emilia. Cie. ad 


Hannibal durch Gefichte vor diefem Thore zur 
Nüdfehr bewogen habe. Fest. p. 138. Plin. 
10, 43, 60. 

Redner j. Rhetores. 

Redönes, "Pridoves, bedeutendes Volk im weit: 
lichen Gallien, zu Aremorica gehörig, mit der 


Hauptjtadt Condate id. h. Zufammenfluß), j. Renz | 


nes, Caes. b. g. 2, 34. 

Regaliänus, ein Dacier, wurde von Valerian 
ausgezeichnet und unter Gallienus von den Sol: 
daten in Möfien zum Kaiſer ausgerufen, kämpfte 
fiegreich gegen die Sarmaten, wurde aber um 263 
n. C. aus Furcht vor Gallienus’ Race auf Un: 


ftiften der Roxolanen und unter Zuftimmung der 
Provinzialen und Soldaten umgebradt. Treb. 


Poll, trig. tyr. 10. Gall. 8f. Aur. Viet. Caes. 32. 
ep. 32, 

Regina hieß zunächit der Königsfig des Numa 
am Forum und der Sacra via neben dem Beta: 
tempel und dem Fornix Fabianus. Plut. Kom. 18. 


Num. 14. Cie. Mil. 14. In dieſem alten Mittel: | 
punlt des römischen Kultus wurden die heiligen | 
Lanzen des Mars aufbewahrt; ob auch die Anz 


cilia, ift unfiher. Hier wurden mande Opfer 
dargebradjt, 3.8. die des Bontifer Marimus, der 
hier jeine Amtswohnung hatte; hier wurden auch die 
arvaliihen Brüder gewählt und inauguriert. — 
Außerdem gab es noch mehrere Regiae, z. B. die 
des Tullus Hoftilius, Aneus Martius, Tarquinius. 
Liv. 1, 41. 

Regifugium, eine alte, aus der Königszeit 
ftammende Geremonie zu Rom am 24. Tyebruar, 
bei welcher der Rex sucrifieulus auf dem Comi: 
tium opferte, nah dem Opfer aber eilig floh. 


Man hat darin ein Andenken an die Flucht des 


Tarquinius Superbus, die am 24. Februar 509 
v. E. jtattgefunden haben joll, finden wollen. Ov. 


fast. 2, 685 ff. Was die eigentliche Bedeutung der 


Geremonie war, willen wir jo wenig wie die ſpä— 
teren Römer. Wahrſcheinlich war es ein Sühn- 
opfer. Schon zur Zeit des Auguſtus verwechſelte 
man biejen Ritus mit einem andern am 24. März 
und 24. Mai, bei weldiem der Rex sacrificnlus 
aud auf dem Comitium opferte und dann eiligft 
nah Hauſe ging, weil, jolange er auf dem Co— 
mitium verweilte, feine politiichen und rechtlichen 
Verhandlungen auf demjelben a: Aare werden 
durften. eide Tage waren dies intercisi (j. 
Dies, 3.), in den Kalendarien bezeichnet mit Q. 
a F.,d. h. quando rex comitiuvit, fas. Varro 
L% 31; 

Begillus lacus, 7) 'PnydAn Aurn, Heiner See 


fam. 11, 9. 12, 5. Tac. hist. 2, 50. 

Regülus j. Atilii, 2—6. 

Relegatio. Nach römiſcher Sitte hatte der 
| Familienvater das Recht, jeine Kinder und Sta: 
ven auf das Land zu verbannen, woſelbſt ihrer. 
härtere Arbeit und Behandlung wartete. Liv. 7,4. 
Suet. Oct. 65. — Als Staatsftrafe fommt die 
‚ Nelegation während der Republik nicht vor, doch 
ftand es dem Senat und den höheren Magijtraten 
frei, durch ein Edift die Entfernung ftaatsgefähr: 
liher Individuen aus der Stadt zu verfügen. 
Liv. 2, 2. 40, 41. Cie. Sest. 12f. ad fam. 11, 16. 
12, 29. Auguftus wandte fie zuerft al3 eine mil: 
dere Form der Verbannung (aquae et ignis in- 
terdictio, deportatio) an (3. B. gegen den Dichter 
Ovidius), die nicht infamierend war und das Ver— 
| mögen des Berurteilten für gewöhnlich nicht an: 
griff, auch feine Givität ihm nicht ſchmälerte. Die 
nachfolgenden Kaiſer verhängten oftmals die Strafe 
namentlich wegen adulterium, stuprum, calum- 
nia, repetundarum u. f. w. Verſchieden war 
davon die interdietio certorum locorum, nach 
der einzelne Orte oder Provinzen dem Berurteil: 
ten verboten waren. Tac. ann. 2, 50. 6,49. 12, 8. 
14, 28 u. ö. 

Religion. I. Die Religion der Griechen war 
in ältejter Zeit, im j. g. pelaigiichen Zeitalter, 
eine Naturreligion; nicht aber wurden die Gegen: 
ftände .dver Natur felbft, wie fie in die Sinne 
fallen, als göttliche Wejen betrachtet und verehrt, 
jondern die in denjelben lebendig wirkenden Kräfte 
traten den Menichen ala etwas Göttliches entgegen, 
wurden als geiftige Mächte gedacht und zu per: 
jönlichen Wejen erhoben. Der Menſch ſchuf fich 
jeine Götter nad) feinem eigenen Bilde, und indem 
er fie nach menjchlicher Weiſe denken und handeln 
lief, faßte er mit feiner lebhaften Phantafie, die 
in den erjten Stadien der Entwidelung bei ein: 
zelnen Menjchen und bei Völkern vorzugsweije 
thätig ift, alle Verhältniſſe und Ereigniſſe in 
der ihn umgebenden ®elt ald Handlungen feiner 
Götter auf. So entjtanden die zahlreichen reli- 
gidjen Mythen der Griechen. Dieje, die Natur: 
mächte repräjentierenden, Götter löften ſich all: 
mählich, ſowie das Wolf ſich zu einem höheren, 
geiltigeren Leben erhob, immer mehr von der 
Natur los und wurden Repräjentanten fittlicher 
Mächte, geiftig freie, fittliche Wejen, die nicht bloß 
Ordnung und Gejeb in der Natur jchaffen und 
erhalten, jondern auch im Menfchenleben ordnend 
walten. So wurde 3. B. Demeter, die Mutter 
Erde, welche den Gewächſeſegen hervorruft und 





2,19. 3, 20. 6,2. Cie, div. 2,2. Dion. Hal. 6,3. 


-_ 


ts 


1032 


den Menichen das Getreide jchafft, allmählich ala 
Erfinderin und Schüßerin des Aderbaues eine 
Begründerin fefter Wohnfige, der Ehe, des Staats 
und der Gefittung. Dieje allmähliche Umbildung 
der religiöjen Borftellungen, die gewiß Jahrhun: 
derte ausfüllt, fällt zufammen mit der Zeit, wo 
durch das Erwachen eines friegeriichen Helden: 
geiftes infolge von Wanderungen und Kämpfen 
aus den patriarchaliichen gg des pelaigi- 
ichen oder altgriedhiichen Lebens das echtgriechiſche, 
helleniſche Leben ſich entwidelte. Zur Beit der 
doriſchen Wanderung ift dieje Umwandlung durd): | 





gerührt, und man kann jie im der griechiichen 
Neligionsgejhichte ald die Grenze zwiichen dem 
pelaſgiſchen und hellenifchen Beitalter anjehen. Bei 
Homer, der, im Anfang des helleniichen Zeitalters 
itehend, ohne Bmweifel mehr er als alle jeine 
Vorgänger in der Poeſie bildend und jchaffend 
Einfluß auf die religidien Borftellungen geübt hat, 
treten uns die Gottheiten als Hare, vollkommen 
ausgebildete Berjönlichkeiten, als fittlich freie Wejen 
entgegen; nur bier und da finden wir bei einzel: 
nen Gottheiten noch Anklänge an die alte Natur: 
iymbolif. *— iſt wie in manchen andern Be— 
ziehungen, ſo auch beſonders in religiöſer Hinſicht 
die Grundlage der helleniſchen Bildung; ſeine 
religiöſe Auffaſſung iſt im allgemeinen und weſent— 
lichen während der folgenden echtgriechiſchen Zeit 
geblieben, wenn auch hier und da ſich der Cha— 
rakter eines Gottes in etwas geändert hat, oder 
ältere Vorſtellungen lokaler Kulte ſich erhalten 
haben. Durch Homer und die von ihm abhängigen 
ſpäteren Dichter, unter denen Heſiod namentlich 
hervorzuheben ift, hat fich in einem gewifjen Gegen: 
jap gegen die Eigentümlichfeiten örtlicher Kulte 
eine einheitliche, nationale Religion und Mytho— 
logie ausgebildet. Denn wenn auch die Grundlage 
für die griechiiche Religion im allgemeinen diefelbe 
war, jo war doch auf diefem allgemeinen Boden 
je nad) den Eigentümlichkeiten ber Stämme und 
der verichiedenen Beichaffenheit der Landichaften 
urjprünglic) eine große Mannigfaltigfeit vonein: 
ander getrennter Sötterfulte erwachſen, jo daß an 
dem einem Orte dieſe, an dem andern jene als 
Hauptgottheiten verehrt wurden und eine aus- 
gleihende, einheitlihe Verbindung nicht vorhan- 
den war. Cine irrige Borftellung aber iſt es 
jedesfalls, anzunehmen, daß urjprünglich in den 
verjchiedenen Landichaften je nur Ein Gott ver: 
ehrt worden, und daß erft jpäter durch allmäh- 
lihe Bereinigung der Lokalkulte ein Polytheis— 
mus entftanden Fe. Der Bolytheismus liegt in 
der Natur der heidnijchen Religionen begründet, 
welche ihre Wurzel im Kultus der Natur haben. 
Die Anficht, daß die Griechen ihre Götter und ihr 
ganzes Religionsweien von außen, von aſiatiſchen 
Völkern oder den Agyptern erhalten hätten, ift 
von der Hand zu hu. tag wiewohl eine Berbin- 
dung der Griechen in alter Zeit mit ihren öftlichen 
Nachbarn nicht geleugnet werden darf, und manche 
religiöfe Borftellung als mit diejen Bölfern ges 
meinſam anzujehen ıft. Einzelne Gottheiten, z. B. 
Aphrodite, find auch wirklich in alter Zeit von 
Alien zu den Griechen gelommen, aber der grie: 
chriche Geift hat das Fremde national umzubil- 





den vermodht, jo daß dieje Gottheiten doch als 
griechifche Nationalgötter — ſind. 


der ſinlenden Zeit des griechiſchen Altertums aller: 


Sn} 
ſentiert eine Haupteigenſchaft 


Religion. 


dings fanden jolche Umbildungen bei den aus der 
Fremde eindringenden Göttern nicht mehr ftatt. 
— Die Griechen haben den Gegenjag zwiſchen den 
älteren Naturgottheiten und ben Göttern der helle: 
nischen Zeit mythiſch dargeftellt in dem Titanen— 
fampf; jie glaubten, daß vor den von ihnen ver: 
ehrten Göttern andere geherrſcht haben, Kronos 
und die wilden Titanen, die Bertreter der rohen, 
orbnungslojen Naturgewalten, daß dieje aber den 
Dlympiern, Zeus und ben Seinen, den Göttern 
der Ordnung, bes Rechts und Geſetzes, im Kampf 
um die Herrichaft erlegen jeien. Nach dem Siege 
teilte Zeus mit feinen beiden Brüdern, Poſeidon 
und Hades, die Herrichaft der Welt, die Titanen 
aber wurden zum Teil gefeffelt in den Tartaros 
geworfen, zum Teil fügten fie jih dem Zeus und 
dienten von nun an der neuen Ordnung der Dinge. 
In diefem neuen Götterftaate bleiben die Natur: 
ottheiten, die an phyſiſche Eriftenzen gebunden 
And und ihren Charakter nicht ändern können 
(Fuß: und Meergötter u. j. w.), in ihrer ur: 
iprünglichen Beziehung zu der Natur, doc find 
jie unter eine höhere Ordnung geftellt, unter das 
Gejep des Zeus. Bei Homer ift dieſer olympijche 
Götterftaat ganz nad) dem Mufter des damaligen 
irdiſchen Staates eingerichtet und gegliedert, ſo 
daß an der Spite als König der Wötter Zeus, 
ihm zur Seite aber eine Bovin aus den übrigen 
höchſten Göttern fteht, deren Rechte von dem Herr: 
iher anerfannt und berüdfichtigt werden; dieſe 
find außer dem im Meere mwohnenden Bofeidon 
die eigentlichen, im Olymp bei Zeus wohnenden, 
olympiichen Götter: Apollon, Ares, Hephaiſtos, 
Hermes, Hera, Athene, Artemis, Aphrodite. Bis: 
weilen beruft aud Zeus eine Agora (Hom. I. 
20, 4 ff.), zu der alle Götter bis zu den Fluß: 
— und Nymphen herab geladen werben. — 
ie Bmwölfzahl der olympijchen Götter, wie fie 
Ennius mit lateiniſchen Namen angibt (Juno, 
Vesta, Ceres, Diana, Minerva, Venus, Mars, 
Mercurius, Jovi’, Neptunus, Vulcanus, Apollo), 
ift ziemlich jpät ujammengefeßt. Die beiden Brü: 
der des Zeus, Pofeidon und Hades, find im ihren 
Reichen, dem Meer und ber linterwelt, die Ab- 
bilder des Zeus: fie find dort die Herricher, wie 
Zeus im Olympos, dod) jo, daf fie des mächtigeren 
und (bei Homer) älteren Bruders Obmacht aner: 
fennen. Nach der Dreiteilung der Welt unter die 
3 Brüder fann man die ganze Götterwelt in 
3 Klaſſen teilen: 1) Götter des Olympos (Reich 
des Zeus), 2) Götter der Gewäſſer (Reich des 
Pofeidon), 3) Götter der Unterwelt (Reich des 
Hades). Zu diejer legten Klaſſe, den chthoniſchen 
Göttern, rechnen wir aud diejenigen, welche zu 
dem Erdboden und ber Vegetation in Beziehung 
ftehen, da jie mit der linterwelt zufammenhängen. 
Zu den olympiichen Göttern ftehen die chthoniſchen 
in jchroffem Gegenjaß; jene find dem Licht und 
Leben, dieje dem Dunkel und dem Tode und der 
Erde ald dem Sitze des Dunkels zugefehrt, und 
diejer aigegengejehte Charakter zeigt ſich auch in 
ihrem Kulte. ie erwähnten 3 Hauptklaſſen von 
Göttern kann man wieder teilen in Hauptgötter 
und ſolche von niederem Wang. Die legteren 
repräjentieren größtenteils einzelne Seiten der 
auptgötter, wie 3. B. Moira, Tyche, Dife, Horen 
Seiten des Zeus, Nike der e Au Hebe reprä- 
ämtlicher Götter. 


= 


2 


t 


jez} 


Religion. 


Zum Teil find dieſe untergeordneten Gottheiten 
wirklich individualifierte, in fich beruhende Weſen, 
die gleich den Hauptgöttern von alterö her einen 
Kult Hatten (Horen, Chariten), zum Teil bloße 
Perjonififationen ohne Kult. In fpäterer * 
jedoch wurde auch dieſen Perſonifikationen hier 
und da ein Kult zu teil, doch nie in dem Maße, 
wie bei den Römern. Die Götter bes Homer 
waren die in Griechenland allgemein anerfannten 
und verehrten; doch hatten die einzelnen größere 
oder geringere Verbreitung ihres Kultes, je nach: 
dem ein Gott von alter her hier oder da bei 
dieſen oder jenen Stämmen verehrt worden tar. 
Gewöhnlich hatte ein Ort einen Hauptfult, der 
vor den übrigen eine bejondere Pflege genoß (zu 
Athen Athene, zu Delphoi Apollon, zu Argos 
Hera u. f. f.). — Im Fortichritt der Zeit famen 
die Mängel in den Borftellungen der Gottheiten 
der griechiichen Volksreligion allmählich zu Tage; 
fie waren zu jehr vermenjchlicht und in die Außer— 
lichkeit getreten, jo daß fie einesteild dem prüfen: 
den Beritande, andernteild den Bedürfniffen eines 
tieferen religiöjen Gefühls nicht genügten. Nament» 
lich wurde die beftehende Religion von der Phi: 
loſophie angegriffen, welche jeit ungefähr 600 v.E. 
in den Kolonien erwachte. An dem Mutterlande 
jedoch und überhaupt bei der Mehrzahl des Volta 
wurde die Religion durch die Philojophie jo bafd 
noch nicht gefährdet; man verehrte noch während 
der Berjerfriege und der darauf folgenden glor: 
reichen Zeit mit unerjchüttertem Ölauben die 
Götter, welche durch die Rettung des Baterlandes 
von der Gefahr fremder Knechtſchaft ihre Macht 
jo wunderbar bethätigt hatten. Seit dem pelo— 
ponnefiichen Kriege aber, der auch den Grund 
zum politifchen Ruin Griechenlands gelegt bat, 
trat ein allgemeiner Verfall der Religion und der 
Sitten ein. Die Zweifel der Philojophie gingen 
in das Volk über und erzeugten Unglauben und 
Jrreligiofität; neben dem Unglauben aber ging 
jein fteter Sefährte, der Aberglaube, her, der be: 
ſonders genährt wurde durch die moftijche Sekte 
der Orphiler und die Myſterien (ſ, Mysteria). 
Bal. ferner Mythologie. — IM) Die Religion 
der Römer ftand in urjprünglicher Verwandt: 
ichaft mit der griechifchen, wweahaib auch in jpäterer 
Zeit die Verjchmelzung beider Religionen jo leicht 
von ftatten ging. Die älteften Bewohner Roms, 
Latiner und Sabiner, waren wie die Griechen 
pelaigiihen Uriprungs. Bon ihnen jtammen die 
meiften römiſchen Sottheiten; die Etrujfer dagegen 
icheinen vorzüglich einen äußerlichen Einfluß auf 
die römische Neligion geübt zu haben durch Aus: 
bildung des religiöjen Ceremoniendienfted. Die 
italifchen, mit den Griechen verwandten Bölter: 
ichaften haben auf dem italifchen Boden ihre Ne: 
ligion auf eigentümliche, felbftändige Weije aus: 
gebildet, namentlich haben fie und bejonders auch 
die Römer wegen Mangels an jchöpferifcher Phan— 
tafie nicht den Reichtum von Mythen, den die 
Griechen von ihren Göttern beſaßen, geichaffen, 
aber deswegen auch nicht ihre Götter jo in die 
Beichränttheit und Schwächen des menjchlichen 
Dajeins ——— Ihr mehr auf das Prak— 
tifche und Außere gerichteter Sinn hat vorzugs: 
weile die praftiiche Seite der Religion fultiviert; 
die ehrwürdigen, ernften Götter wurden mit der 
größten Gewiffenhaftigfeit und Genauigkeit, bie 


1033 


in Wort und That aud das Geringfte nicht ver: 
fah, verehrt. — Die Bewohner Latiums, aus denen 
die römiiche Bevölkerung erwuchs, waren Hirten 
und Landbauer von einfachem patriarchaliſchem 
Sinn; ihre Religion trug daher aud den Cha: 
rafter der Ländlichleit und Häuslichleit an ſich, 
fie verehrten vorzüglich Götter der Natur, des 
Treldes und des Waldes, die den Herden und 
Früchten Gedeihen jchaffen (wie Faunus, Ber: 
tumnus, Satumus, Ops), und Gottheiten des 
Haufes und der Familie Laren, Penaten). 
Kulte diejer Götter wurden von Anfang an nach 
Rom verpflanzt und erhielten fich bei dem Sinn 
der Römer für Haus und Familie und für das 
Landleben während der ganzen römiichen Zeit 
in manchen ländlichen und häuslichen Feſten mit 
altertümlichen Gebräuchen, wie den Saturnalien, 
upercalien u. j. m. Neben den Gottheiten des 
Feldbaues, der ur und des Hauſes wurden 
von Anfang an in Rom auch Schußgottheiten bes 
Staates verehrt, und diefe traten mit der Zeit in 
den Vordergrund. Jupiter, der Gründer und Er: 
halter des römischen Staats, fteht an der Spiße 
der Göttermwelt, ihm zur Seite als höchfte Staats: 
ichirmer Mars, der Vater des Nomulus und des 
römischen Volkes, und Quirinus, der vergötterte 
Nomulus. Einen zweiten ftaatsichirmenden Drei: 
verein bildete Jupiter mit feiner Gemahlin Juno 
und feiner Tochter Minerva. Daneben wurde * 
verehrt Veſta, die Göttin des häuslichen Herdes, 
der Grundlage des Staates. Der Kultus der bis- 
her erwähnten Gottheiten, namentlich der Schuß: 
gottheiten des Staates, bildete den Hauptteil der 
römischen Staatsreligion, als deren Begründer und 
Ordner der König Numa angejehen wurde. In 
eringerem Maße hing mit dem öffentlichen Weſen 
ie Verehrung abffratter, bejonders fittlicher Be— 
griffe als göttlicher Wejen (Virtus, Fides, Pietas) 
zufammen; fie entjprang mehr aus dem Ermeflen 
und Gutdünfen einzelner, und man ging in Ber: 
götterung folcher Abftraftionen jo weit, daß man 
allen möglichen Eigenjchaften, den gewöhnlichften 
Dingen und Thätigfeiten und zufälligen Berhält- 
niffen eine göttliche Wefenheit unterlegte und reli- 
giöfe Verehrung zollte (Orbona, Abwehr der Ber: 
mwaifung und Troft in derjelben, Fessonia, Schuß 
egen die Ermüdung, Quies [f. d.], Febris u. a.). — 


ie erwähnten 3 Elemente, das natürliche, ftaat: , 


liche und fittliche, waren die Hauptbeftandteile der 
römischen Religion und bildeten während der Blüte: 
eit ein feites, von dem Staate vor fremden Ein: 
Hüften geihügtes Ganze. Seit aber die Römer 
bei Ausbreitung ihrer Herrichaft in Unteritalien 
mit den Griehen und deren Religion befannt 
wurden, führten fie auch griechiiche Kulte bei fich 
ein. So erfannten fie jchon früh den Orakelgott 
Apollon in Delphoi an und bauten ihm in Rom 
ala einem Belt abwehrenden Gotte Tempel (den 
erften 432 v. E.); den Dioskuren wurde 304 v. C. 
ein Tempel erbaut; den Aiculapius holte man von 
Epidauros 291 v. C. Dieje fremden Kulte, vom 
Staate eingeführt und anerkannt, blieben, folange 
die Bildung der Römer eine nationale war, von 
der altrömiſchen Staatsreligion abgeſchieden, jo 
daß fie alio feinen zerftörenden za zerjependen 
Einfluß auf diejelbe ausüben konnten. Seit dem 
zweiten punifchen Kriege aber, der einen Wende: 
punkt in der römischen Bildungs: und Sitten: 


Die 7 


1034 Religiosi dies — Res. 

geſchichte macht, infofern von da an in außer: (j. Ehalons jur Marne) die bedeutenditen. Strab 
ordentlich Furzer Zeit die griechifche Bildung und |4, 194. 

Sitte in das römiſche Volk eindrang, fanden die) Remus j. Romulus. 

religiöjen Borftellungen der Griechen in Rom vollen | Renuntiatio, 1) Nuflündigung irgend eines 
Eingang. Zwar blieben größtenteils die römischen | eingegangenen Berhältnifies, namentlidy der Ehe, 
Namen der Gottheiten und die Gebräuche des | mit der Formel: tuas res tibi habeto. Vergl. 
Kultus; allein den römischen Namen und Geremo: | Kepudium. — 2) die Belanntmadhung der zu 
nien jchoben ſich griechiſche Vorſtellungen unter; einem Amte gewählten Kandidaten, ohne welche 
namentlich erhielt auch die Litteratur in Bezug niemand eine Magiftratur rechtmäßig antreten 
auf Religion und Mythos griechiſches Gepräge. | konnte. Der deu Gomitien vorjigende Magiftra- 
Ein Unglüd für Rom war es, daß es griechifche | tus verweigerte bisweilen die Annahme ihm nicht 


Sitte und Religion zu einer Zeit in fi aufnahm, | 
wo Griechenland jchon dem jittlihen und reli- 
giöjen Berfall anheimgegeben war. Dadurch über: 
fam es den Unglauben und die Frivolität der 
damaligen Griechen und die fremdländiichen, jchon 


angenehmer Bewerber (Liv. 8, 15. 9, 46), auch 
im voraus die renuntiatio des etwa gewählten 
(Vell. Pat. 2, 92. Val. Ma. 3, 8, 3), nicht immer 
ohne Erfolg. . 

Repetundärnm (-c. pecuniarum) crimen, 





von den Griechen, angenommenen, miyfteriöjen } eigentlich) das Verbrechen des Beamten, der gegen 
Kulte Aſiens und Agyptens mit ihren abergläus römiſche Unterthanen und Socii ſich Gelderprej: 
biſchen und zum Zeil ſittenloſen Gebräuchen, welche jungen erlaubt, deren Rückforderung zu erwarten 
der Staat, der wenigftens äußerlich die alte Re: ſtand (res repetere); in der Kaijerzeit hieß jo das 
ligion der Bäter halten wollte, vergebens zu ver: | Verbrechen jchlechter Amtsverwaltung überhaupt. 
bannen jtrebte. Auguftus juchte die jinfende Ne: | Tac. ann. 6, 29. Troß ber lex Porcıa (etwa 195 
ligion zu jtügen durch Wiederherftellung mancher | v. E.), welche die Leijtungen an die Statthalter 
alter Gebräuche und Feſte, durch Erbauung neuer | beftimmte, famen doc häufige Beichwerbden wegen 
prächtiger Tempel und Entfernung fremder Kulte: | Übergriffen vor, die dann dem Senat vorgetragen 
aber Keligion und Sittlichkeit fehrten weder durch wurden, der entweder jelbft die Unterfuchung führte, 


fein noch durch mancher jpäteren Kaiſer Beitreben 
in das zerfallende Nom zurüd. 

Religiösi dies, bedenkliche Tage, an denen 
weder privatim noch Öffentlich etwas von Wid): 
tigkeit vorgenommen wurde, quibus nisi quod 
necesse est nefas habetur facere (Fest. s. v.); 
religiosi dies dieuntur tristi omine infames 
impeditique (Cie. ad Att. 9, 5). Dahin gehören 
1) folgende Trauerfefte: die 3 Tage, wo nad) 
dem Glauben der Römer der Mundus, die Unter: 
welt, offenftcht, und die Toten auf die Oberwelt 
fommen, d. i. 24. Auguft (Tag nach den Vol: 
canalien), 4. (5.7) Oftober und 8. (11.) November; 
ferner 9., 11. und 13. Mai, an welchen die Spuk— 
geifter, Lemures, umberjchweifen, dann die 2 Tage 
nach den feriae latinae (Cie. ad Qu. fr. 2, 4) 
und die Larentalien, 23. Dezember; außerdem die 
Tage, wo die Salier durch die Stadt zogen, und 
die Veſtalien. — 2) die Tage unglüdlidyer Schladh: 
ten und Unternehmungen, wie die Tage der Schlacht 


an der Allia und Eremera und, weil dieje au und, 


unmittelbar nad) den Idus vorfielen, jeder Tag 
nad den dus, ferner auch die Tage unmittelbar 
nad) den Kalenden und Nonen. Diele Tage heißen 
postriduani und wegen des Unglüds atri (albi 
jind ®lüdstage, Hor. sat. 2, 3, 246), Die re- 
ligiosi dies gehören zu den nefasti, |. Dies, 3. 

Remaneipatio. Die durch coömptio (ſ. Ehe, 8.) 
geichlofiene Ehe fonnte zwar durch einjeitige Auf: 


fündigung (Cie. ad fam. 8, 7) getrennt werden, | 


aber zur Aufhebung der in der Ehe ftattgefunde: 
nen manus war nod) ein bejonderer Alt nötig, 
d. i. remancipatio, 

Remi, "Piuor, eine der mächtigsten belgischen 
Bölkerichaften, an der Matrona; an ihrer Nord: 
gr jloß die Arona (j. Aisne). Caes. b.g. 2,3.5. 

ie waren Nachbarn der Nervier, Veromanduer, 
Sueſſiones und Bellovacer (b. g. 7,90) und Klien— 
ten der Carnutes (daj. 6, 40); wegen ihrer jchmellen 
Unterwerfung wurden fie von Cäſar begünitigt. 
Unter den Städten waren Durocortorum (ij. 
Rheims mit virlen Ruinen) und Durocatalauni 


| oder durch eine Kommiſſion führen ließ, bis eine 
eigene quaestio perpetua dafür eingejeßt wurde 
durch die lex Calpurnia des 2. Calpurnius Bijo 
Frugi, 149 v. €. Cie. off. 2, 21. Cluent. 53. In 
ihr waren die verbotenen Handlungen, die pro- 
zeffualiichen Bejtimmungen und die Strafbeftim: 
m. enthalten, wahrjcheinlich ergänzt durch Die 
lex Junia bald nad) dem dritten puniichen Kriege. 
Anderweitige Beſtimmungen gaben die lex Acilia 
|aoı v. E.) und lex Servilia (100 v. C.). Nach 
ı dem Bundesgenofienfriege ward die Yage der Pro: 
|vinzen immer übler, darum gab 81 dv. E. der 
Diktator Sulla die jchärfende lex Cornelia. Die 
Verderbtheit der Zeit und der Statthalter machte 
ein Gejeg nötig, welches alle Bedrüdungen jpeziell 
aufzählte und mit Strafe bedrohte; ein Polches war 
die lex Julia, 59 v. E. (acerrima, Cic. Vat. 12; 
optima, Sest. 64; iustissima, Pis. 16, 37), an 
welche fich alle jpäteren kaiſerlichen Verordnungen 
anichlofien. Gewöhnlich wurde vierfaher Erjag 
des Geraubten beftimmt, zugleich traf den Ber- 
urteilten ein gewiſſer Grad der infamia, 3. B. 
durfte er nicht zeugen, wurde aus dem Senat 
geſtoßen, ja ſelbſt verbannt. 
| Repndiom, die einſeitige —— der 
Ehe (im Gegenſatz von divortium von beiden 
Seiten). Uriprünglich konnte nur der Mann die 
Ehe einfeitig löſen, jpäter aud die Frau. Selbit 
die Auflöjung der Verlobung hieß repudium. 
Res bezeichnet in der römiſchen Rechtsſprache 
allgemein jedes Nechtsobjelt, dem gegenüber der 
Menſch als Rechtsſubjekt tritt; im engeren Sinne 
aber verjteht man darunter die äußerlich ficht- 
baren, körperlichen Nechtsobjefte, alfo feine Rechte, 
Handlungen u. ſ. w. Die Einteilung der res ilt 
‚eine verjchiedene, entweder res divini juris und 
| res humani iuris (die leßteren wieder publicae 
oder privatae nad) Gaius); oder res privatae 
'(quae in nostro patrimonio sunt) und res quae 
' extra patrimonium sunt (nad Juftinian), Teßtere 
‚wieder res divini juris und res communes om- 
| nium (3. B. Luft, Waffer u. j. w.), res publicae 








Rescriptum — Rex. 1035 
(Sachen eines Staats, 5. B. ager publicus), res | in einem Kriminalfall gegen jemand erhoben war, 
universitatis (Sachen einer Korporation). Die | legte diejer, wie jeine Freunde und Klienten, 
Saden find corporales und incorporales, d. h. Trauerfleider (vestis sordida) an (Liv. 2, 61. 
res, quae sunt und quae intelliguntur, zu wel: | 3, 58 u. ö. Cie. Verr. 1, 58 u. ſ. tw.), aud) noch in 
chen Tegteren alle Rechte, Servituten u. ſ. w. ge: | der Kaijerzeit. Tac. ann. 2, 29. Nicht verflagbar 
hören; eine andere Einteilung zerlegt fie in mobi- | waren: 1) die höheren Magiftrate während ihrer 
les und immobiles. Amtszeit; 2) Diejenigen, qui rei publicae causa 

Rescriptum, ein faiferliches Antwortichreiben | absunt (andere Abwejende durften angeflagt wer- 
auf gejchehene Anfragen von Privaten, Beamten | den, wenn eine Citation voraufgegangen war); 
(vgl. den Briefwechjel zwiſchen Plinius und Tra- | 3) Geftorbene; nur bei dem crimen muiestatıs 
jan, Plin. ep. I. 10) und ganzen Magiftraten über und repetundarum hatte bei Lebzeiten anhängig 


jtreitige Nechtsfälle. Waren diejelben weiter auss 
geführt, jo hiefen ſie epistulae, die an ganze 
Rollegien gerichteten hießen pragmaticae sanc- 
tiones. Später fertigte der quaestor sacri pala- 
tii fie aus, und der Kaijer unterjchrieb mit Pur: 
purtinte. 

Rescriptus codex j. Palimpsestos, 

Residüne, sc. pecuniae, waren die zurück— 
behaltnen Gelder, welche nicht abgeliefert worden 


waren. Wenn daher ein Beamter aus einer öffent: | 


lihen Kafle Geld für ſich behielt oder verwendete, 
jo wurde eine Klage gegen ihn erhoben, crimen 
de residuis. Die lex Julia de peculatu jeßte 
Strafen dafür feit, welche nicht nur in Erjeßung 
des Zurüdbehaltenen beftanden, jondern auch in 
Erlegung einer Geldbuße, die dem dritten Zeil 
der unterjchlagenen Geldſumme gleidy fam. 
Restitutlo (in integrum rest.), die Wieder: 
einjeßung in den vorigen Stand, fand durd den 
Prätor jtatt, wenn Billigkeitsgründe vorlagen, um 
gewiſſe Nachteile zu bejeitigen, welche das Geſetz 
über jemand verhängte. Daher konnte durd; die 
Neftitutio ein richterlicher Ausſpruch aufgehoben 
werden. In der älteſten Zeit ging fie in krimi— 
nalrechtlicher Beziehung vom Bolle aus, wenn 
einem, dem Wafler und Feuer verjagt war, feine 
früheren Rechte wiedergegeben werden jollten, 
3. B. dem Camillus (Liv. 5, 46). In den bürger: 
lichen Unruhen maßten ſich die jedesmaligen Macht: 
haber in diejer Beziehung die Rechte des Volkes 
an (jo Eäjar, Caes. b. c. 3, 1. Cic. ad Att. 10, 4. 
14, 13); und bejonders die aus dem Eril Zurüd: 
berufenen erhielten alle früher verlornen Rechte 
vollftändig wieder. Unter der Monarchie ging das 


Necht der Rejtitutio auf die Kaijer über und wurde 


leihbedeutend mit Begnadigung, die jedoch oft 
in beichränkterem Umfange ohne Zurückgabe aller 
Rechte, namentlich des früheren Vermögens, erteilt 
wurde. Tac. hist. 1, 90. — Gründe für eine Re— 


ftitutio waren unverjchuldete Abwejenheit, Minder: 
jährigfeit, Zwang und Furdt und andere befon« 


dere Gründe. 

Retiarius j. Gladiatores, 7. 

Reticülum, ein Ne, welches von den Frauen 
auf dem Kopfe getragen wurde, jo dab es Die 
Haare bededte. 

Reudigni, Bolt im nördlichen Germanien, 
nördlich von den Langobarden, am rechten Ufer 
des Albis, Ihr Name Hängt nach einigen mit 
Ried, Sumpfgras, zulammen; andere erklären ihn 
aus dem gotijchen riuds, gariuds (veuvög), aljo 
die Ehrwürdigen. Ihre Wohnfige verlegt man in 
die jüdlichen Zeile Holfteins und Medlenburgs 
bis zur Havel. Tac. Germ. 40. . 

Rens heißt der eined Verbrechens Angeklagte, 
im Givilprozeh hießen in der älteren Zeit beide 
Teile rei. Cie. de or. 2, 29. Sobald die Anklage 


‚gemachte Klage Fortgang. Tac. ann. 2, 31. Bei 
Sklaven fonnte natürlich nicht auf Geld: und Frei: 
heitsjtrafen erfannt werden, für jie warb auf eine 
außerordentliche Strafe erfannt. ber die Perſon 
‚des Anklägers jei bemerkt, daß Frauen, Unmün— 
‚ dige, Sklaven, Ehrloje (infames) und folde, die 
in einem Pietätsverhältniſſe ftanden, nicht Hagen 
fonnten, aljo 3. B. nicht Eltern gegen Kinder, 
Patrone gegen Klienten und umgefehrt. 

Rex. I) Die Bedeutung des griechiſchen 
Königtums erhellt aus den Worten Homers: 
eig nolgavog Forw, eig Bacıkeig, worin im Gegen: 
jap zur Vielherrihaft das monarchiſche Prinzip 
Har ausgejprodyen iſt (Hom. Il. 2, 204), Damit 
hängt der göttliche Urjprung der Töniglichen Ge— 
walt (und die Abftammung der Slönige von den 
‚ Göttern jelbft) zuſammen (Mom. Il. 9, 38), welche 
vom Bater auf den Sohn oder nächſten Anver: 
wandten überging (Hom. Il. 20, 178 ff. Od. 1,386), 
nach dem echte der Erftgeburt; waren feine Söhne 
‚oder männliche Anverwandten vorhanden, jo ging 
| die Herrſchaft auch wohl auf die weibliche Linie 
über (Paus. 2, 18, 6). Dagegen war Berteilung 
' des väterlichen Erbes unter die Söhne jelten. Die 
Könige führten als Zeichen ihrer Würde das 
Scepter (swjmrgorv, Hom. Il. 1, 101 ff.), übten 
eine durch bie öffentliche Meinung und das Her: 
fommen bejchränfte Macht und zeichneten fich nicht 
ſowohl durch äußere Ehren und Würden, als durch 
förperliche und geiftige Vorzüge vor ihren Unter— 
thanen aus (Paus. 7, 2, 1), melde — die 
Mittel zum anſtändigen Auftreten und Leben reich— 
lich gewährten, teils eine Einnahme aus liegen— 
den Gründen, téusros (Od. 6, 293), teils außer: 
ordentliche Gaben, Ehrengeichente, düg« (Hom. Il. 
‚8, 162. 12, 311. Od. 4, 66). Der König war zu: 

leich Oberpriefter, Richter und Feldherr. Ange: 
Fach Männer jeines Volkes ftanden ihm mit 
ihrem Rate zur Seite. Hom. Il. 3, 149. Od. 2, 14. 
Der König und feine Edlen (auch oft Baouleg, 
yeoovreg genannt) bildeten den Hauptbeftandteil 
des Staates, während dem eigentlichen Bolfe oft 
nur geringe Rechte zuftanden, j.Staatsformen, 3. 
— 1) In Rom wurden die in der erjten Periode 
der Stadt herrichenden Könige gewählt, urjprüng- 
lich aus den Stämmen der Tities und Ramues, 
‚zu denen jpäter noch die Luceres famen. Bon 
dem Tode des vorhergehenden Königs bis zur 
Neuwahl regierten interreges (ſ. d.) welche aus 
den Senatoren genommen wurden. Der vom Senat 
Erforene mußte in den Guriatcomitien beftätigt 
werden. Cie. r.p. 2, 12,17. Dion. Hal. 2, 58. 
Der Augur mußte dann unter Beobachtung der 
Wahrzeichen (Liv. 1, 18. Plut. Num. 7) den Neu: 
erwählten die Weihe geben (ihn inaugurieren), 
jo daß er dadurch auch als ein von dem Göttern 
Anerfannter erichien. Darnach wurde ihm in neuen 











1036 


Euriatcomitien das imperium verliehen. Der König | 
ichlug die Gefege vor und war Vollzieher der im 
Senat und in den Comitien befchlofjenen Geſetze, 
führte im Senat, jowie auch in den Bollsverfamm: 
lungen den Borfiß, hatte die Anführung im Kriege 
und jchloß in Verbindung mit dem Senate Frieden. 
Auch richtete er in geringfügigen Sachen, ohne, 
das Voll zu fragen, und führte im allgemeinen | 
im Gerichte den Vorſitz. Beachtenswert ift neben 
manchen andern Ähnlichkeiten der Königsgemwalt 
bei Griechen und Römern die Übereinftimmung 
hinsichtlich der ihr zufommenden oberprieiterlichen 
Gewalt, welche aud in Rom die Könige mit den 
Söttern und dem ganzen Kultus in Berührung 
brachte. Liv. 1, 20. 2, 2. Dem Könige gingen 
12 Liftoren mit den Faſees voran als Zeichen 
föniglicher Würde (Cie. r. p. 2, 17); dazu famen 
die sella curulis und die toga praetexta, wäh— 
rend Krone und Scepter anfänglich nicht dazu ge: 
hörten. Die Einkünfte der Könige wurden aus 
beftimmten Staatsländereien gewonnen; daneben 
befaßen fie te Liv. 2, 5. 


Rex convivii 





Rex convivii j. Convivium. 

Rex nemorensis j. Artemis, 

Rex sacrillcülus, saeriffeus oder ruhe 
rum, eine Priefterrürde, die bei den Römern 
fogleih nach Vertreibung der Könige eingeſetzt 
wurde zur Bejorgung derjenigen sacra, welche 
früher dem Könige obgelegen hatten. Liv. 2, 2. 
3,39. Auf ähnliche Weife behielten hier und da 
die Griechen nach Abſchaffung der Königswürde 
den Titel eines Baoıkevg für einen —* n ber: 
tretenden Priefter bei. Die Gattin des Rex sacr., | 
welche auch priefterliche Funktionen hatte, hieß 
Regina sacrorum. Die Wahl deö Rex sacr, 
wurde von dem Pontifex maximus unter Bei: 
ftand des ganzen SKollegiums und der Mugures | 
vorgenommen, und zwar bloß aus dem Stande | 
der Batricier. Er hatte fein Amt lebenslänglich | 
und war äußerlich von jehr hohem Rang; er 
ftand in diefer Beziehung jogar über dem Pon- | 
tifex max., war diefem jedoch in Bezug auf feine 
Amtsthätigfeit untergeben. Er fonnte neben feiner 
Würde fein weltliches Amt befleiden. Liv. 40, 42. 
Diefes Amt beftand fort bis in die fpäte Kaiſerzeit. 

Rha, 'P&, Strom im afiatiihen Sarmatien, 
ber im Lande der Hyperboreer aus 2 Quellen ent: 
ipringt und nad; Vereinigung beider Arme (jept 
Wolga und Kama), die Richtung feines Laufes 
mehrmal3 wechſelnd, in das Kaſpiſche Meer min: 
det; j. Wolga. 

Rhadamanthys, 'Padduardvs, Sohn des Zeus 





und der Europa, Bruder des Minos (Hom. Il. 


14, 322), floh vor diefem aus Kreta nad Okalea 


in Boiotien und vermählte fich dort mit Altmene. 


Nach Homer (Od. 4, 564) wohnt er, ald bevor: 
ugter Sohn des Zeus, nad) dem irdifchen Leben 
im elvfifchen ®efilde, wohin Zeus einige vorzüg— 
lic) — Heroen feiner Verwandtſchaft leben: 
digen Leibes gelangen ließ. Später galt er wegen 
ſeiner Gerechtigkeit für einen Richter auf den In— 
ſeln der Seligen (Pind. ol. 2, 75) oder im Hades. 
Ihm wird das ältefte Geſetz der Blutrache zuge: 
ichrieben. — Od. 7, 323 berührt Homer eine Sage 
von Rhadamanthys, von der wir nichts Näheres 
wiſſen. 
haetYa ſ. Raetia. 
Rhagai, 'Paya, 'Payaı, perſiſch Ragha, j. Rai, 


war ein Werk des Ngorafritos, na 


— Rhamses. 


die ältefte Hauptftadt von Medien, in fruchtbarer 
Gegend am Südfuß des Elburs etwas weftlich von 
Arjafia (f. d.) oder Europos. Arr. 3, 20, 2. Strab. 
11, 514. 524 f. 

Rhakios ſ. Divinatio, 7. 

Rhakötis, 'Paxörıg ober -ns, Stabt in Unter: 
ägypten, an der Stelle von Alerandreia (f. d., 10.), 
dann der weftliche Teil von diefem. Tac. hist. 4, 84. 
Strab. 17, 792, 

Rhambakia, ‘Paußaxia, Ortichaft der Driten 
an der Küfte von Gedroſien, wo Wlerander eine 
Kolonie anlegte. Arr. 6, 21, 5. 

Rhamnüs, ‘Pauvoös, Demos in Attika am 
Euripos, 60 Stadien von Marathon, mit einem 
Kaftell ſowie mit einem berühmten, wahrſcheinlich 


von den Perjern zerjtörten Themistempel, in deſſen 
‚ Nähe jpäter ein Tempel der Nemefis (daher "Pa- 


uvovole, 1) &v'Peuwoövrı Pecd, Rhamnusia virgo) 
gebaut wurde, doch unvollendet blieb. Das in 
ihm stehende koloſſale Kultbild, in der Rechten eine 
Schale, in der Linken einen Apfelzweig haltend, 
Fi andern des 
Pheidias. Bon beiden Tempeln haben ſich anſehn— 
lie Trümmer erhalten. Paus. 1, 33, 2 ff. Strab. 
9, 396. 399. Plut. Phoc. 25. Demetr. 33. Or. 
trist. 5, 8, 9. met. 3, 406. 
Rhamnusia j. Nemesis und Rhamnus. 
Rhampsinitos, ‘Pawwpdvırog, ein reicher my— 
thiijcher König von Agypten, Sohn des Protens, 
von deſſen Schaphaus Herodot (2, 121) eine ähn— 
liche Geſchichte erzählt, wie die von dem Schatz— 


 diebftahl des Trophonios und Agamedes ſ. Aga- 


medes), ein Märchen, das aus der Erinnerung 
an den Reichtum Ramſes' III. (um 1260 v. E.), 
des bedeutendften Königs der zwanzigften Dynaftie, 
eutftanden fein * Ferner erzählt Herodot (2, 122), 
Rhampfinit fei lebendig in die Unterwelt gejtiegen 
und habe mit Demeter gewürfelt, bald verloren, 
bald gewonnen, und jei zuleßt, von der Göttin 
mit einem goldenen Handtuch beichenft, auf die 
Oberwelt zurüdgetehrt. Davon leiteten die Agyp— 
ter folgendes Feſt her: die Priefter webten an 
‚einem Zage ein Gewand und führten mit biejem 
Gewande, einen aus ihrer Mitte mit verbundenen 
Augen auf den Weg zum Heiligtum der Demeter, 
in welches er von 2 Wölfen hinein und heraus 
| gefüprt wurde. Urjprünglich Tiegen diejem Mythos 
| Vorftellungen, die fih auf den Ackerban beziehen, 
‚zu Grunde. Das Würfeln mit Demeter bezieht 
I auf den Wechiel der Gunſt oder Ungunft der 
Saatgöttin, das goldene Tuch erinnert an die bild: 
liche VBorftellung, wonach die Beitellung der Saat 
durch den furchenziehenden Pflug ein Weben heift. 
Die Vorftellungen von dem Steigen in die Unter: 
welt und der Nüdtehr aus berjelben, von dem 
Wechſel der Saat, erweiterten ſich in die Vorſtel— 
\ ungen von dem Wechjel des Lichts und der Finfter: 
nis, de3 Sommers und Winters; deshalb galt 
| nach Herodot Nhampfinit auch für dem Gtifter 
zweier Kolofje am Phthas- (Hephaiftos-)Tempel, 
| don denen der eine, nad Süden jhauend, Sommer 
genannt und als wohlthätiges Wejen verehrt ward, 
| der andere Winter hieß und für unfreundlich ge: 
| halten wurde. Hieran knüpften fich dann weiter 
dem Ägypter die Feen von dem Wechſel des 
Todes und des Lebens jowie von der Wanderung 
‚der Seelen. 

|  Rhamses j.. Ramses. 





Rhapsoden — 


Rhapsöden, daymdor, Sänger, welche epiiche 
Stoffe, gleichviel ob eigene oder fremde, auf epiſch 
recitierende ife vortrugen. Der Namte ift wahr: 
fcheinlich abzuleiten von ganzer dowsnv, von 
dem Zufammenfügen epijcher Gefänge, und bezieht 
fi bloß auf die befondere Art des epifchen Bor: 
trags; derjelbe war gejfangartig, aber ohne muſi— 
faliiche Begleitung, und konnte angewendet werden 
auf jedes Gedicht im epiſchem Tome, aud auf 
folche, die nicht im heroifchen Herameter abgefaht 
waren, wenn fih nur im Gegenſatz zur Iyrijchen 
Poeſie nach Art des Herameters in demielben ein 
und derjelbe Bers gleichmäßig wiederholte. So 
wurden die Jamben des Archilochos und Simo- 
nides rhapfodiert. Die älteren Rhapjoden haben 
fi vorzugsweile um die Verbreitung der home: 
riihen Gefänge unter den Griechen verdient ge: 
macht, j. Homeros, 5. Sie bildeten eine zahl: 
reiche und geachtete Zunft, die aber mit der Zeit 
im Anſehen ſank. Plat. Ion 530C. u. d. Xen. 
mem. 4,2, 10. sympos. 6,6. Cie hatten eine feier: 
liche Kleidung, in jpäterer Zeit bei Necitation der 
Jlias einen roten, bei der der Odyſſee einen meer: 
farbigen (oder violetten) Mantel, und hielten wäh: 
rend des Vortrags einen Stab in den Händen, 
weshalb man ihren Namen fäljchlich von Gdßdos, 
Stab (aljo Stabfänger), ableiten wollte. In ſpä— 
terer Zeit emtwidelte ſich aus der lebhaften De: 
flamation ein geregeltes dramatiſches Gebärdenſpiel, 
jo daß die Rhapſodik zu einem Zeil der Hroxgı- 


rınn ausgebildet ward. 

“Pagıov xedior hieß der weſtliche Teil der 
eleufinifchen Ebene in Attila, während der öftliche 
Opıisıor medilor hieß; auf jenem ward nad) Aus: 
fage der Eleufinier von Demeter (daher 7) "Pagıdg 
genannt) jelbit das erſte Getreide gebaut. Der 
gegen Megaris belegene Teil durfte als Heiligtum 
der Göttin gar nicht benußt werden und hieß 
daher yi) leo« oder öpyds. Paus. 1, 38, 6. 

Rhea, Kyböle, ‘Pia, 'Peiu, Kußein, Cybele, 
Rhea, die Tochter des Uranos und der Gaia, 
Schwefter des Dfeanos, Koios, Kreios, Hyperion, 
Japetos, Kronos, der Theia, Themis und Mne— 
mofyne, Gemahlin des Kronos, war die große 
Göttermutter (Mrirne, Meydin Ded, Magna ma- 
ter), die Mutter der olympifchen Götterfamilie, 
des Zeus, Hades, Pojeidon, der Heftia, Demeter, 
Hera, und bloß in diejer Beziehung wird fie bei 
Homer (Tl. 14, 203. 15, 187) und Heſiod (theog. 
4537.) erwähnt. Auch fand fie in Griechenland 
nur untergeordnete Verehrung, ſtets in Verbin— 
dung mit ihren Kindern. In Kreta joll fie den 
Zeus auf dem Berge Dilte oder auf dem ba, 
oder (nad) Hefiod) in Lyktos geboren und vor den 
Nachftellungen des Kronos verborgen haben (ſ. 
Zeus, 5.), und hier in Kreta hatte die griechiſche 
Rhea wohl eine Er älteften Kultusftätten. Da 
fid) aber auf diejer Inſel jehr früh aftatiicher 
Kult mit griechiichem vermijchte, jo floß hier die 
griechijche vielzeugende Göttermutter mit der afia= 
tiichen Kybele oder Kybebe, Kvßnjßn, der großen 
Mutter Ma oder Ammas, die an vielen Stellen 
Kleinafiens auf orgiaftiiche Weije verehrt ward, 
zufammen, jo daß fie in diefer Vorftellung ganz 
aufging und eine myſtiſche allerzeugende Erdgott: 


heit, eine große, lebenverbreitende Göttin der Natur | 


ward, deren Rult nun in Griechenland an allen 
Orten mehr oder minder afiatiiche Färbung erhielt. 


1037 


Allmählih ward fie aud mit andern Göttinnen 
ähnlicher Art vermifcht, mit Sata Demeter (Eur. 
Hel. 1301 ff.), mit der thrafifchen Kotys oder 
Bendis, jogar mit der äpptüfigen is. — Haupt: 
orte ihrer Verehrung. Die afiatiiche Kybele hatte 
in Kleinafien beiondere anne in Galatien, 
namentlich in der Stadt Peſſinus, wo fich ein 
uraltes Heiligtum derjelben befand und ein vom 
Himmel gefallener Stein aufbewahrt wurde. Sie 
hatte hier den Namen Agdiftis oder Angdiftis 
(Ayydıorız). Diefer wurde in den Sagen ein 
riejiges, —— 1 Wejen Mgdiftes oder Ang— 
biftes entgegengeftellt, das ihr den Beſitz des ge- 
liebten Atys (Attis, Attin, Attes) ftreitig machte. 
Diefer Atys, von Nana, einer Tochter des Fluß: 
gotted Sangarios geboren, war ein ſchöner Jüng— 
ling und Geliebter und Priefter der Kybele. Er 
fam auf eine graufame Weile um (vgl. Uv. fast. 
4, 221 ff), und fein Tod wurde in wildem Schmerz 
betrauert. Man feierte ihm und der Kybele im 
srühlingsanfang ein mehrtägiges Feſt, wobei man 
jih unter rauſchender Mufif rajendem Schmerze 
und maßlojer Freude ergab und ſich blutig ver: 
ftümmelte. An andern ten vertrat die Stelle 
des Atys der mit Dionyjos identifizierte Saba - 
3108. Die entmannten ®Briefter hießen Galli 
und übten eine gewiſſe Herrſchaft über das Land. 
Über dem Tempel außerhalb der Stadt erhob ſich 
der Berg Dindymos, wovon die peffinuntiiche 
Söttin den Namen Dindymene trug. In Phry— 
gen war die mit raufchender Feftlichkeit verehrte 

Öttin von den Korybanten umgeben, melde, 
glei ihren Prieftern,. die ebenfalls Korybanten 
hießen, mit orgiaftiichen Tänzen unter wildem 
Geſchrei und lärmender Mufif von Bauten, Eym: 
bein, Hörnern und Pfeifen die Göttin durch Wald 
und Gebirge begleiten jollten. In Troas, wo fie 
als idaiische Mutter am Berge Ida verehrt wurde, 
| waren ihre Begleiter die idaitihen Daktylen (j. d.). 
Hauptorte ihrer Verehrung waren in Kleinafien 
noch Kyzikos, der Berg Sipylos, Sardes (Hat. 
5, 102), Komana in Pontos und in der fappa- 
| dofiichen Landichaft Kataonien, wo fie ald ’Ervo 
auftritt. In Griechenland war Kreta ein Hauptſitz 
des Rheakultus. Ihr Gefolge waren dort die 
Kureten, die jpäter mit den afiatifchen Kory— 
banten vermengt worden find; Rhea joll ihnen 
ihr Kind Zeus zur Bewahung und Ernährung 
übergeben haben. Damit Kronos das Gejchrei 
‚des ın der idaiiſchen Grotte verborgenen Knaben 
nicht vernehme, machten fie ein Waffengetöfe, 
indem fie mit den Speeren auf die Schilde ſchlu— 
Igen. Die Priefter der Rhea und des idatifchen 
eus Miepen ebenfall® Kureten und führten zu 
hren der Göttin und ihres Sohnes den lärmen- 
den Waffentanz oulıs, wvgolın auf. Bon den 
Orten Griechenlands, in welchen Rhea Kybele ver: 
ehrt ward, führen wir noch auf: Theben, wo Pindar 
ihr ein Heiligtum errichtete, Athen, Arkadien, 
Elis (Olympia), Sparta. — Bei den Thrafern 
hatte der Rheakult früh Eingang gefunden; durch 
ihre Einwirkung fam ein dionyſiſches Element in 
den Dienft der afiatiichen Göttin. — Nah Rom 
gelangte der Kultus der Kybele zur Zeit des Han- 
nibal, im J. 204 v. E.; damals holte man das 
Bild der Göttin, einen rohen Stein, aus Peſſinns 
und baute ihr einen Tempel auf dem palatinijchen 
Berge. Liv. 29, 11.14. Op. fast. 4, 246. Ihr 


Rhea, Kybele. 








1038 Rhea Silvia — Rhetores. 


Feſt, Megalesia (von weydin wrjene), wurde | oder von regium „die königliche“ ab; wahrjcein: 
im Monat April einige Tage vor den Gerealien | li ift der Name einheimifchen Urjprungs und 
auf ähnliche Weije wie dieje gefeiert, und zwar | nicht verjchieden vom galliihen Regium (j. Re- 
von den patrieischen Frauen, während die Cerealien gium Lepidi). Strab. 6, 257 ff. Abhandlung 
den plebejiichen Frauen angehörten. Der orgia= | von Urt (1887). 
ftiiche afiatische Dienft blieb aber in Rom immer| ‘Peiror, 'Perroi |. Attika, 4. 
ein ausländijcher, zu dem man phrugiiche Galli Rheneia j. Delos. 
als Priefter nahm. Die Galli zogen mit raufchen: | Rhönus, "Pijvos, j. Rhein, der Grenzfluß zii: 
der phrugiicher Muſik jingend durch die Straßen | jhen Gallien und Germanien, hatte nad Cäjar 
Noms und bettelten für ihre Göttin. Die Tauro- G. g. 4, 10) jeine Quelle auf den Lepontijchen 
bolia (Stieropfer), mit Widder: und Ziegenopfern | Alpen, nach Tacitus (Germ. 1) auf den Rätiſchen, 
der Kybele und dem Atys dargebracht, wobei der | genauer auf dem Berge Adula. Nachdem er gegen 
Priefter fein Gewand mit dem Blute des geopfer- iR. den Lacus Benetus oder Brigantinus (j. Boden: 
ten Stieres tränfte, entjtanden in Rom etwa zur | fee) durchftrömt, wendete er ſich gegen Norden 
Beit der Antonine. Die Weihen diejed Kultus | (Tae. a. a. ©.) und nahm eine Menge von Neben: 
durch das Blut des Opfertiered waren der Taufe | flüffen auf, unter welchen lint® Mojella und 
nachgebildet und hatten die Bedeutung einer Wieder: | Moja, rechts Nicer, Mönus und Luppia Die 
geburt. Auch in Griechenland fanden die orgias | bedeutendften waren. Die an jeinen Ufern woh- 
ftiichen Ausartungen des Kybeledienſtes mit feinen | nenden Völkerſchaften in Gallien nenut Cäſar (b.g. 
verichiedenartigiten Gaufeleien, die von den Bettel- | 4, 10); im Dften waren es die Räti, Vindelici, 
prieftern der Göttin, den unrgaydora, geübt | Mattiaci, Sugambri, Tencteri, Ufipetes, Bructeri, 
wurden, ihren Kreis mur unter den unterjten | Frifi. Vor dem Anfange des bataviichen Gebiets 
Klaffen der Bevölkerung. — Rhea Kybele hatte | trennte der Rhein fi in 2 Hauptarme (Verg. A. 
eine Menge von Beinamen, bejonderd nad den 8, 724: Khenus bicornis, bei der ſ. g. Schenten- 
Orten ihrer Verehrung. Ju Kreta hie fie /Tev- | jchanz), von denen der weitlide Bacalus, Vaha— 
dchoc, ferner hieß ſie Dovyia Bed, Phrygia |lis (j. Waal) ji) mit der Maas vereinigte (bei 
mater (Verg. A. 7, 139), de 'Iöade, alma pa- | Worfum) und die Bataverinjel bildete. Die Angabe 
rens Idaea deim (Verg. A. 10, 252), mater Cäſars (b. g. 4, 10): multis capitibus in Ocea- 
Idaea (Liv. 29, 10), Berecynthia (Verg. A.6,784. | num intluit, wurde jchon im Altertum als falſch 
v, 82), Kuuale, Ilesowovreie, Zinvinen u. j. w. bezeichnet (Strab, 4, 193). Der öftliche Arm be: 
— Heilig war der Göttin der Löwe (Löwen ziehen | hielt den Namen Ahenus. Nachdem Drujus in 
den Wagen der durch die Gebirge fahrenden Götter: | den 9. 10 und 9 v. E. Kanäle hatte graben lafien, 
mutter, oder fie reitet auf einem Löwen), die |um die durch Seen und Sümpfe erjchwerte Ein- 
Eiche, die Pinie. — Dargeftellt wurde fie gewöhn- | fahrt in Die See zu erleihtern (Tac. ann. 1, 60. 
lich thronend als Matrone und Herrſcherin, eine | 63. 70. 2,6. 13, 54. Germ. 34), ift von 3 Min: 
Mauerkrone auf dem Haupte (turrigera, Ov. fast.| dungen die Rede, jpäter wieder nur von 2. — 
4, 224; turrita, Verg. A. 6, 785), unter welcher  Cäjar war der erfte Römer, der den Rhein mit 
ein Schleier hervorwallt, in der Hand ein Tympa= | einem Heere überſchritt, wahricheinlich zwiichen 
non, Löwen zu beiden Seiten ihres Thrones. | Neuwied und Coblenz; nah v. Göler das erite 
Pheidias hatte das deal der Rhea aufgeftellt | Mal bei Urmiß, in der Nähe von Engers (b. q. 
(Paus. 1, 3, 4). 4, 17 ff.), das zweite Mal näher bei Coblenz, bei 
Rhea Silvia j. Rea Silvia, der Injel Niederwerth (db. g. 6, Aff). Doch find 
Rhegium, Pijyror, j. Neggio, bedeutende Stadt | die Anfichten hierüber verjchieden. 
an der Küfte von Bruttii und an der Siciliſchen Rhesos, "Pijoog, 1) Flußgott in Bithynien, 
Meerenge (Hat. 1, 176), gegründet etwa 725 v. E.| Sohn des Dfeanod und der Tethys. Hesiod. 
von Ehalfidiern aus Euboia und Mefjeniern el a 340. Hom. Il. 12, 20. — 2) Sohn des 
dem Peloponnes unter Anführung des Antimneftos | Eionens (oder des Flußgottes Strymon und ber 
aus Zankle. Die mefjenijche Bevölkerung hatte | Muje Euterpe oder Nalliope), König von Thrafe, 
lange Zeit die Übermacht, ein Oberhaupt aus ihrer | fam ald Bundesgenofje der Troer, mit jchnellen, 
Mitte ftand an der Spitze, bis 461 v. E. die | blendend weißen Rofjen, von denen das Schidjal 
Söhne des lebten Herrſchers Anaxilas vertrieben | Trojad abhing. Wenn ſie nämlich trojaniiches 
wurden. Diod. Sie. 11, 76. Durch Handel und | Futter genofjen oder aus dem Zanthos vor Troja 
Lage wurde die Stadt bald jehr bedeutend, wes- tranken, jo war die Stadt nicht zu nehmen. Des: 
halb Dionyſios 1. ſie 387 dv. E. angriff und nad) | halb wurde Rhejos gleich in der erften Nacht, die er 
elfmonatliher Belagerung nahm (Pol. 1, 6), jeit |vor Troja zubrachte, von Diomedes und Odyſſeus 
welcher Zeit jie ihre alte Blüte nicht wieder er: | überfallen; während Diomedes den Rheſos mit 
langte. Im 3. 279 ſetzten Gampaner, die ald 12 andern Thrafern ermordete, trieb Odyſſeus die 
römische Bejagung da lagen, jich in Befig der | Roffe fort. Hom. Il. 10, 434ff. (Eur.) Mhesus. 
Stadt unter Raub, Mord und Plünderung der Be- | Verg. A. 1, 469 fi. 
wohner, bis die Römer die Meuterer blutig be-| Bhetöres, orjroges, wurden bei den Griechen 
jtraften. Pol. 1, 65. 3, 26, 6. Erdbeben und der | jowohl die eigentlichen Redner als auch die Lehrer 
römische Bürgerkrieg hatten die Zahl der Be: der Beredjamfeit, bei den Römern dagegen nur 
wohner jo geihwächt, daß Auguft fie durch aus letztere, wicht die praktijchen Redner (oratores), 
erlejene Seejoldaten ergänzte. Bon Rhegion oder | genannt. Ausnahmen von diefem Sprachgebrauche 
eigentlich der etwas nördlicher gelegenen "Pryyivo» | fommen in Rom erft in der Kaijerzeit vor, wo die 
ornkig überichiffte man die Meerenge von Mefjana. | Redetunft und Beredjamteit meift nur Sache der 
Den Namen leitete man entweder von drjyrumı | Schulen, nicht mehr der Offentlichfeit war. Daher 
(wegen des hier erfolgten Durchbruchs des Meeres), | fam es, daß der Redner eben aud Rhetor zu: 











“Pijtoaa — Rhion. 


gleich war, und das Wort, wie bei den Griechen, 
beides in fich vereinigte, den Lehrer der Rede: 
hunft und den Redner. Indeſſen geſchah es, daß 
in den jpäteren Zeiten auch die Lehrer der Be— 
redjamfeit oratores, und die Gerichtsanmwälte in 
den griechiſch abgefahten Konftitutionen drjroges 
genannt werden, was in fpäteren Zeiten gleich: 
bedeutend mit oopısral war. — Die Redekunſt 
wurde bei den Griechen vorzüglich in Athen 
gepflegt und ausgebildet. Die Sophijten ſchufen 
dafür eine vollftändige Theorie. Alle diejenigen, 
welche zu politiichem Anjehn, Einfluß und Ehre 
zu gelangen wünſchten, beichäftigten ſich mit Rhe— 
torif. Neben Attifa waren einige Städte in Afien 
und einige Inſeln, bejonders Rhodos, durch Rhe— 
torenjchulen befannt. Die Prunkreden diejer hießen 
dmiöeikeıg oder Zmideriarıxol Aoyor: jie waren 
nicht für eine wirkliche Staatd: oder Rechtsſache 
bejtimmt, jondern follten die Gewandtheit und 
Begabung der Nedenden nad) Stil und Bortrag zum 
Gegenjtande der Bewunderung machen. Außerdem 
fommt freilich der Ausdrud Zmideıtig auch von 
dem Bortrage oder der Recitation, Borlejung, 
drdyvacız, vor, wie fie bei den Feſten und Zu: 
jammentünften der Griechen von Geſchichtſchrei— 
bern, Dichtern ꝛc. gehalten zu werden pilegten, 
um dadurch ihre Werfe rafcher befannt zu machen. 
Später belam von den 3 Gattungen ıyden) ber 
Beredjamfeit neben dem ovußovisvrınöv, deli- 
berativum, und dem dıxarınör, iudiciale, bie 
dritte hiervon den Namen Zmiöcıxrınöv, demon- 
strativum, für melde Gattung Cicero (or. 11. 
13, 61) den iofrates und Theopompos als Mufter 
bezeichnet. — Nah Rom kam die Nedefunft erjt 
nad) 155 v. €. durch die befannte atheniiche Ge— 
ſandtſchaft, beftehend aus dem Beripatetifer Sri: 
tolaos, dem Stoiker Diogenes und dem Yfade- 
mifer Karneades. ic. de or. 2, 37, 165. tuse. 
4,8,5. Anfangs galten die griechiichen Redner 
für gefährlihe Leute, die man aus der Stadt 
verbannte. Doch die eimmal befannt gewordene 
Kunft lieh fich nicht mehr ganz verbannen und 
fern halten, denn vornehme Römer gingen bald 
nad Athen, Afien und Rhodos, um die Kunſt 
methodiich zu erlernen. Der erfte, welcher feine 
Reden kunſtgemäß anlegte, war Serv. Sulpicius 
Galba (Konjul 144 v. E.), und jchon den jüngeren 
Grachus machte die Verbindung von Begabun 

und Kunft zu einem bedeutenden Redner. Au 

übte man de in Rom fleißig unter Anleitung 
eigener Lehrer (declamatores) im alten von 
Vorträgen (declamare); dieſe Schülerübungen, wie 
die vom lehrer gegebenen Mufterftüde, hießen 
declamationes, wie wir deren noch unter dem 
Namen des Quintilian und vom Rhetor Seneca 
haben. Die Themata waren meijt caussae fictae 
aus der Staats: und Rechtswiflenichaft (vgl. Quint. 
2, 10, 12. 4, 2, 29). Die vorzüglichiten rhetori: 
ichen Schriften bei den Griechen haben verfaßt 
Ariftoteles, Dionyfios von Halilarnafjos, Aphtho— 
nios, Hermogenes, Sopater, Demetrios, Arifteides 
u. a.; bei den Römern nehmen Ciceros Schriften 
de inventione, de oratore, Brutus und orator 
den erjten ar ein. — Sammlung der rhetores 
Graeci von Walz (1832—36, 9 Bdd.) und von 
Spengel (1853—56, 3 Bbb.); der rhetores Latini 
minores von Halm (1863). Bgl. R. Vollmann, die 
Nihetorif der Griechen und Römer (2. Aufl. 1885). 


nn. — — — — 


1039 


"Pirgeı hießen die Grundgeſetze des Lykurgos 
in Sparta als unmittelbare Ausflüſſe des Orakels 
in Delphoi. Ihre Zahl war jehr gering. Bon 
dreien jpricht Plutarch wiederholt, dazu fam noch 
eine vierte, das eigentliche Berfafjungsgejeg. Plut. 
Iye. 6. 13. Ages. 26. Daß Lykurgos dieſe Geſetze 
und Sprüde in Proja aus Delphoi erhalten, jagt 
ebenfalls Plutarch ausdrücklich. Eine metrijche 
Faſſung dieſer Rhetren als die urſprüngliche an— 
zunehmen iſt daher ſehr unwahrjcheinlich und 
zweifelhaft. 

Rhiänos, "Pıavög, aus Bene auf fereta, Freund 
und Studiengenofje des Eratoſthenes, epiſcher 
Dichter und Grammatiker, um 276—195 v. C. in 
jüngeren Jahren Sklave und Wächter einer Ring: 
ihule. Bon jeinen Epen werden erwähnt eine 
"Hodxksın, "Ayaind, Osooalınd, 'Hiıaxd und vor 
allen Mesonrıiaxd in 6 BB., die namentlich die 
Geichichte des zweiten meſſeniſchen Krieges (f. d.) 
behandelten, und aus denen bejonders Baujanias, 
der uns eine Hauptquelle für die Geſchichte diejes 
Krieges ift, ſchöpfte. Wir haben noch ein größeres 
Brucftüd von ihm (Stob. floril. 4, 34) und 11 
Epigramme in der griechiſchen Anthologie (herausg. 
von Saal, 1831). Er dichtete in alerandriniicher 
Manier. Als Grammatifer lieferte er eine Rezen— 
fion der homerifchen Gedichte (Abhandlung von 
Mayhoff, 1870). Hauptichrift über ihn: Meineke, 
analecta Alexandrina (1843), ©. 171 ff. 

Rhinokolüra, r& 'Pıvoxölovga, 7) "Pivono- 
eovo«, Stadt an der Küfte ded Mittelmeeres, bald 
zu Agypten, bald zu Syrien gerechnet, der wich: 
tigfte Ort an der ſandigen Küfte, weil Stapelplaß 
für den arabijchen Handel ; j. el-⸗Ariſch. Liv. 45, 11. 
Strab. 16, 741. 759. : 

Rhinthon, 'Pivdor, der Erfinder der j. g. Hi- 
larotragoedia, wird von einigen ein Syrafufier, 
von andern ein Tarentiner genannt. Bon jeinen 
Llebensumftänden ift nur befannt, daß er der Sohn 
eines Töpferd war und der Zeit des erjten Pto— 
lemaios angehört (320—805 v. E.). r jchrieb 
38 tragiſch-komiſche Dramen, deren Stoffe er aus 
den attiſchen Zragifern nahm; doch die Art der 
Behandlung und den Ton fennen wir nicht. Es 
läßt fi) nur vermuten, daß er die Geichichten und 
die form der parodierten Tragödie zum Rahmen, 
die Scenen aber und die Dialoge aus dem ge: 
wöhnlichen Leben zu nehmen und auf bieje Art 
ein buntes, aus lächerlichen und ernjten Beſtand— 
teilen gemijchtes Spiel der Phantaſie zu jchaffen 
pflegte. Witz und gute Laune lafjen die wenigen 
uns erhaltenen Fragmente noch erfennen. "Augı- 
zoVo» war, wie man glaubt, Vorbild für das 
gleichnamige Stüd des Plautus. Bon jeinen 
Stüden find nur 8 mythologiſche Titel (4. B. 
"Howxkijs, Ogeorng, ’Ipıyeveıe, Trjkepog) und we: 
nige Verje übrig. Der regelmäßige Berd war der 
iambiſche Trimeter. 

Rhion, 'Piov oder "Piov ro "Axainov, Vor: 
gebirge Achaias, dad mit dem an der gegenüber: 
liegenden lofrijchen Küſte befindlichen "Piov ro 
MoAvagınov oder Avrigpiov den Eingang zum 
Korinthiihen Meerbujen bildete. Die Entfernung 
betrug 7 Stadien, nah Plinius 1 römische Meile 
(genau 2 km); j. die Heinen Dardanellen. Bal. 
über die ganze, durch die Seeſchlacht 429 v. C. 
berühmt gewordene, Lokalität Zhuc. 2, 84 ff. 
5, 52. Auf beiden Vorgebirgen befanden ſich ‘Po: 


— 


1040 


ſeidontempel. Thuc. 2, 84. Strab. 8, 386. Paus. 
7, 22, 10. 

Rhipaei montes, ra "Pırai« öen, "Pina, 
Gebirge im Norden der Erde, von welchem bie 
Vorftellungen bei den Alten jehr verfchieden find ; 
der Name weniger wahricheinlid; von dem Wehen 
(Öirreıv) des Norbwindes, ald vom tatarijchen 
rifaet (hoch). Aiſchylos jucht dort bie Quellen 
des Iſtros, jeht es aljo in den NW., die meiften 
jegen es in den hohen Norden. Soph. O. C. 1248. 
Verg. G. 1, 240. Einige identifizieren es jogar 
mit den Alpen. Unter den Rhipäen der jpäteren 
Seographen hat man ſich wohl die weftlichen Aus— 
läufer des Ural zu denfen. Strab. 7, 295. 299. 

Rhizon, 'Pifov, feite Stadt Dalmatiens im 
Innern eines nach ihr genannten Meerbufens (des 
j. Golfs von Cattaro), j. Riſano. Liv. 45, 28. 
Pol. 2,11. Strab. 7, 316. 

Rhoda, 'Pödn, griechiicher Hafenplag im Lande 
der Indigetes im tarraconenfiichen Hiſpanien, j. 
Roſas. Liv. 34, 8, 

Rhodänus, ö 'Podavös, j. Nobden oder Nhöne, 
Hauptftrom Galliend, entipringt auf den Benni: 
niſchen Alpen, durchſtrömt im weſtlichen Laufe 
den Lacus Lemanus, fließt dann im jüdlichen 
Laufe (von Lugdunum, j. Lyon, ab), verjtärft 
links namentlich durch ‚die Iſara (ji. Jiere) und 
Druentia (j. Durance), rechts durdy den Arar 
(j. Saone), ind Tyrrhen. oder Sardiniſche Meer. 
Liv. 21, 26. Die Alten fennen 1, 2, 3, ja 7 
Miündungen, Abweichungen, welche darin ihren 
Grund haben, daß fich der Yauf durch den Unge— 
ftüm des Fluſſes oft verändert hat. An der dft: 
lihen Mündung erwähnen die Alten nocd die 
Fossae Marianae (Magıaral pöccaı), von Ma: 
rius während des cimbrijchen Krieges angelegt. 
Plut. Mar. 15. Strab. 4, 183. Der Rhodanus, 
weit hinauf jchiffbar, bildete zugleich die Grenze 
zwiichen Gallia Provincia und den Selvetiern. 
Strab. 4, 188, 189. 204. 

Rhodios, "Pödıog, Fluß in der myſiſchen Land: 
ihaft Troas, entipringt auf dem Jda und mündet 
zwiichen Abydos und Dardanos in den Hellespont; 
der heutige Kodichastichai. Hom. 11.12, 20. Hesiod. 
theog. 311. Strab. 13, 595. 603. 

Rhodöpe, 1)‘ Podörn, j. Deipoto Blanina, 2300 m 
hohes Gebirge Thrafiens, das im weftlichen Teile 
des Landes (öftlich vom Fluſſe Neftos) ſich von 
Norden nah Süden erftredte, nad) dem Haimos 
zu den bedeutenditen Gebirgen des Landes gehörte 
und von Bakchantinnen durdichwärmt wurde. Hdt. 
6,49. Thuc. 2, 96. Strab. 7, 319. Hor. od. 
3, 25, 12. 

Rhodos, 'Pödos, auch Ophiüfa, Stadia, Aſteria, 
Trinafria, Korgmbia u. a. genannt, j. Rhodos, 


eine 26 (Meilen große Inſel an der Küfte von 


Rhipaei montes — Rhodos. 


außerdem war allgemein ber Kultus des Zeus 
Atabyrios, jowie der Heroen Herafles und Tiepo- 
femod. Im Mythos werden als die älteften Be- 
wohner die Telchinen genannt, db. h. die Phoiniker, 
die um 1200 v. E. die ganze Inſel befonders Ja- 
lyſos und Kameiros, bejegten und ihre Induſtrie 
und Götterfulte einführten. Um 850 wurde die 
Inſel von den Doriern eingenommen, welche unter 
Althaimened aus Argos nad Kreta wanderten. 
Die * aber ſtellte an die Spitze der Nieder: 
lafjung den Herafliden Tlepolemos und jehte die 
Gründung der 3 Städte Lindos, Jalyjos, Ka— 
— * vor den trojaniſchen Krieg. Hom. 
11. 2, 663. — Die meiften der übrigen doriſchen 
Städte auf den naheliegenden Infeln und der Küfte 
bes Feſtlandes jcheinen Töchterftädte von Rhodos 
eweien zu jein; fie bildeten mit Rhodos einen 

nd von 6 Städten (bie doriſche Herapolis), für 
welche der Tempel des triopiichen Apollon einen 
Mittelpunkt bildete (Hat. 1, 144). Durch Handel, 
Schiffahrt und Metallinduftrie blühte Rh. auf; 
von feinen Kolonien war Gela, 690 v. E. von 
Antiphemos gegründet, die wichtigfte. Hdt. 7, 158. 
Im Innern war die Familie der Eratiden mächtig, 
der Diagoras angehörte. In den Perjerfriegen 
ſchloß fich Rhodos der —— Partei an umd 
gehörte ſpäter zur atheniſchen Symmachie. 411 v. C. 
erhoben ſich die Ariſtolraten und riefen die pelo— 
ponnefiiche Flotte herbei; der edle Doriens, Sohn 
des Diagoras, den die Athener vertrieben, wurde 
zurüdberufen und bradıte 408 die Vereinigung der 
3 Gtädte in die Eine Stadt Rhodos zuftande, 
die am Nordoftende der Inſel an einem guten 
Hafen amphitheatralifdy erbaut wurde. Kämpfe 
zwifchen der Ariftofratie und dem Demos brachen 
bald wieder aus. Xen. Hell. 4, 8, 20ff. Später 
aber verjchafite die Demokratie durch Mäßigung 
dem Staate Achtung. Rhodos fehrte zum Bunde 
mit Athen zurüd; als aber nachher wieder Athen 
die bedungenen Schranken überjchritt, erfolgte im 
Bundesgenoffenfriege der entichiedene Abfall von 
demijelben, 358—356. Mit Hülfe der fariichen 
Deipoten herrichte jegt eine übermächtige Oligarchie 
(Demosth. de lib. Rhod.), und balb fam die Inſel 
in Abhängigkeit von Fdrieus, Herricher von Hali— 
farnaf. Yu Mleranders Zeit erhielt fie eine male 
doniſche Beſatzung, gewann aber nad) jeinem Tode 
die Freiheit wieder, und jetzt erft gelangte die 
Inſel zu ihrer höchiten Blüte. Glücklich verteidig: 
ten die Rhodier ihre Stadt gegen Demetrios Po— 
liortetes, 304 v. E., erwarben fich Befigungen an 
der farijchen Küſte, unterftügten die Heinafiatiichen 
Städte in der Erhaltung ihrer freiheit, behaup: 
teten aber von nun an die Neutralität zwiſchen 
den ftreitenden Großmächten und begründeten zuerft 
ein allgemein gültiges Handels: und Seerecht. 


KRarien, durch eine 2", Meilen breite Meerenge | Eine Anerkennung ber Wichtigfeit ihrer Stadt er- 
vom Feitlande getrennt; ein Gebirge durchzieht fie, | hielten fie in den großartigen Geſchenken, welche 
auf weldhem der Atabyrios (j. Atairo) hervor: | die verjchiedenen Fürften zur Wiederherftellung 
trat. Die Küfte hatte mehrere günftige Häfen; &e: | derjelben darbrachten nach dem Erdbeben im J. 
jundheit des Klimas und ein freundlicher Himmel | 223, welches auch die folofjale Bildjäule des 
zeichneten fie aus; fein Tag verging, am welchem | Sonnengottes (j. Bildhauer, 12.) umgeworfen 
die Sonne nicht die Inſel beftrahtte (Plin. 2, 87. | hatte. it den Römern im Bunde kämpften die 
Suet. Tib. 11). Sie war reih an Produften: | Rhodier gegen Antiochos und Prufias und erbiel: 
Marmor, einer Art feiner Kreide, Schiffbauholz, ten vom ihmen die Herrſchaft über Karien und 
Bein, ſchwarzen Feigen und feinfchmedenden Fiſchen Eyfien; als fie aber 168, troßig im Glauben, die 
(hop). Die ganze Inſel war dem Helios heilig, | Enticheidung ftehe bei ihnen, einen hochfahrenden 
der mit feiner Tochter Eleftryone verehrt wurde, | Boten nach Rom jchidten, büßten fie die Anmaßung 


tö 


Rhoikos — Robur. 


mit dem Verluſt der Beligungen auf dem Feſt— 
lande und bedeutender Bejchränfung der bisher 
enoflenen Handelsvorrechte. Ziv. 44, 14. Gegen 

ithridates behaupteten fie fi), die Bürgerfriege 
nad Cäſars Tode vernichteten ihre Blüte. Doc 
behielten jie noch einen Schein ber Freiheit, die, 
nachdem fie mehrmals genommen und wieder ge- 
geben war, Beipafian * gänzlich entzog. Suet. 
Vesp. 8. Ner. 7. Tae. ann. 12, 58. Dio Cass. 
60, 24. Die territoriale Einteilung de3 Landes 
bildeten dnuoı, innerhalb deren Gemeinſchaften 
fafraler und gentilicijcher Natur, xroivaı genannt, 
beftanden (dem attiſchen Phratrien entiprechend), 
deren Unterabteilungen argaı hießen und den 
attifchen yern entipradhen (f. Dvin, 2.). — Rho: 
dos war eine Pflegeftätte der Wiſſenſchaften und 
Künfte. Aiſchines, aus Athen verbannt, gründete 
dafelbft eine eigene Rednerſchule, die noch lange 
nad) dem politijchen Verfall blühte (Cie. Brut. 13); 
die rhodiiche Beredſamkeit war prunfvoll, der afia: 
tiichen verwandt. Bebeutende Bertreter derjelben 
waren der Dichter Apollonios Rhodios und Apol: 
lonios Molon (f. Apollonios,1. und 5.). Ebenjo 
gab es eine rhodiſche Kunftichule, die von Sikyon 
ausging. Als ihr Gründer gilt Chares von Lin: 
dos, und ihr gehören u. a. Agejandros, Polydoros 
und Wthenodoros, die Verfertiger der Laokoon— 
gruppe, ſowie Apollonios und Tauriſkos von Tralles, 
die Urheber des j. g. farnefiichen Stieres, an, |. 
Bildhauer, 12. 13. Strab. 14, 652. al. 
Schneiderwirth, eich. der Inſel Rhodos (1868). 
Abhandlung von Schumacher (1886). 

Khoikos, 'Poixos, 1) Sentaur, der mit dem 
Kentauren Hylaios in Arkadien der Atalante nad): 
ftellte, aber von deren Geſchoß erlegt wurde. 
Apollod. 8, 9, 2. — 2) ſ. Bildhauer, 3. 

Rhoiteion, rö 'Pofrsiov äxgov, ro ‘Poirior, 
Rhoeteum, felfiger Kiüftenpunft mit mehreren 
Spigen am jüdlichen Eingang des Hellesponts, in 
der Nähe von Mianteion. Ein Ort gl. R. lag auf 
einem Hügel. Es ift das j. Kap In-Tepe. Hat, 
7,43. Strab. 13, 6595. Thuc. 4, 52. 8, 101 

Rhoitos, Poctos, 1) bei lateinischen Dichtern 
ein Kentaur, der vielleicht dem bei griechiichen 
Dichtern vorlommenden Rhoikos (ſ. d.) entiprad. 
Auf der Hochzeit des Peirithoos wurde er don 
Dryas verwundet und floh. Op. met. 12, 300. 
Verg. @. 2, 456. — 2) Gigant, von Balchos ge: 
tötet (Hor. od. 2, 19, 23), jonft Eurytos genannt. 
Apollod. 1, 6, 2. — 3) Genoſſe des Phineus, von 
Berjeus getötet. Op. met. 5, 38. — 4) König der 
Marrubier in Stalien; jein Sohn Anchemolus floh 
vor ihm zu Daunus, dem Vater des Turnus, weil 
er fich gegen jeine Stiefmutter Eafperia vergangen 
hatte. Yerg. A. 10, 388 und dazu Serv. 

Rhus, Poös, Stadt in Megaris unmittelbar 
nördlich von Megara, vielleicht benannt von dem 
Baume Hods, Sumach, mit mehreren Tempeln und 
Heroengräbern. Plut. Thes. 27. Paus. 1, 41, 2. 

Rlyudäkos, 'Purdanos umd "Puwdands, Fluß 
Kleinafiens, entipringt auf dem Olympos in Bhry: 

ien und mündet, durch den See von Apollonia 
Hiehend, in die Propontis; er bildete die Grenze 
zwiichen Myfien und Bithynien. Strab. 12, 576. 
Jetzt heißt er Adirnas und, nachdem er den Mafe- 
ftos (j. Sufjurlu) aufgenommen, Muhalitih. An 
jeinem Ufer bejiegte Yucullus im J. 73 v. E. eine 
Heeredabteilung des Mithridates. Plut. Luc. 11. 
Reallexiton des Hafj. Altertums. 7. Aufl. 


1041 


Rhyparogräphie j. Maler, 8. 

Rhypes, 'Pöres, alte achaiiſche Bundesftadt 
zwiſchen Wigion und Patrai (Hdt. 1, 145); in 
ihrem Gebiete lagen Erineos (Thuc. 7, 34) und 
Leuftron. Rh., ſchon früh infolge teils verheeren: 
der Naturereigniffe teils feiner ungünftigen Lage 
in Berfall geraten, wurde durch Auguſtus zerjtört, 
feine Bewohner nad Patrai verpflanzt. Strab. 
8, 887. Paus. 7, 18,7. 

Rhytion, ‘Pörov, Stadt im füdl. ireta (Hom. 
TI. 2, 648), von den Gortyniern ihrem Gebiete 
einverleibt. Strab. 10, 479. 

Richter j. 'Hiıada und Prozefs. 

Richtersold j. Jıraorınö». 

Rigodülum, Ort im belgijchen Gallien im Ge: 
biete der Trevirer, j. Reol an der Mojel, nördlich 
von Trier. Tae. hist. 4, 71. 

Rigomägus, Stadt der UÜbier in Untergerma- 
nien, j. Remagen. Amm. Marc. 16, 2. 

Ringe j. Zpowyds. 

Ritus, mos comprobatus in administrandis 
sacrificiis, aber auch überhaupt mos institutus 
religiosis ceremoniis consecratus, isque vel pri- 
vatus vel publicus (vgl. Fest. ». v. mos), alſo 
alle Gebräuche, die der Nömer nicht bloß im re: 
ligiöjen Kultus, namentlich bei den Opfern, jon- 
dern auch im politiichen und jogar im häuslichen 
Leben einzuhalten hatte, injofern fie eine religidje 
Beziehung und Weihe hatten. Die Borfchriften 
über diefe Gebräuche und die Beftinnmungen, welche 
Gottheiten bei beitimmten ®elegenheiten el ja 
jeien, waren enthalten in den libri rıtuales der 
Salier, Beitalinnen, Flamines, Bontifices, Mugurn 
u j. w. und waren außerordentlich zahlreich; denn 
der Römer hatte in religiöjen Dingen eine aud) aufs 
Kleinfte ahtende Angftlichkeit und Gewiſſenhaftigkeit. 

Robigus, Brandgott, der das Getreide vor dem 
Brande (robigo ; robus — rufus) jchüßte. Zugleich 
mit der Göttin Robigo wurde ihm am 25. April 
das von Numa eingelegte Feit der Robigalia 
gefeiert. Ov. fast. 4, 905 ff. Plin. 18,29. Man zog 
in weihen Kleidern nadı dem Haine der beiden 
Götter auf dem Collis hortulorum am Wege nadı 
Nomentum, wo ihnen der Flamen Quirinalis ein 
Opfer von Weihrauch, Wein, jäugenden roten 
Hunden, einem Milchlalbe oder auh Schaf und 
Widder darbradhte. Bisweilen wurden aud) 3 rote 
Mutterjchweine geopfert. Das Feit ftand mit dem 
Nufgang des Sirius in Berbindung. 

Kobur, Der j. g. Carcer Mamertinus, das 
nach umverbürgter Angabe jchon unter den mitt: 


a eur ee 











feren Königen erbaute Staatsgefängnis zu Rom 
am Abhang des capitolinijchen Felſens, zerfiel ın 
. 66 


1 


1042 


Rogatio — Roma, 


mehrere Abteilungen. Das unterirdiihe Tullia: | gutal und dem von allen 6 eingeichlofjenen Thale 


num (tullius joviel als Quelle oder Bad), in 
welchem die Catilinarier hingerichtet wurden (be: 
ichrieben Sall, Cat. 55), wird als bejonders jchred: 
lich gejchildert; dort war urſprünglich ein Brunnen 
haus, über welchem alsbald das unterirdijche Ber: 


ließ hergeftellt wurde (neuere Nachgrabungen haben | 7 montes durch 


dies beftätigt). Das höher gelegene Robur hatte 
jeinen Namen von den Eichenplanfen, mit denen 
es gefichert war. 

Rogatio, der Gejeßesvorjchlag, der erjt durch 
Billigung des Volles zur lex erhoben wurde, 
bisweilen auch mißbräuchli von dem wirklichen 
Geſetze gebraucht. Cie. Sest. 10, 29. ad Att. 3,20. 
Unter den Kaijern, welche vermöge —— tribu- 
nicia potestas das Recht hatten, im Senate Anu— 
träge (rogationes) zu machen, geichah dies jchrift: 
lih, und wurden fie von einem der Quäftoren 
vorgelejen. Suet. Oct. 65. Tac. ann. 16, 27. 

Kogätor, 1) der, welcher einen Gejeßesvorjchlag 
machte und zur Abftimmung brachte; — 2) der, 
welcher bei der Abſtimmung über Geſetzesvorſchläge 
oder bei Wahlen die Stimmen und Namen ver: 
—— oder bei ſchriftlicher Abſtimmung die 

timmen in einem Käſtchen einſammelte. Bei den 
Wahlen machte der Rogator auf ſeiner tabula bei 
den Namen der einzelnen Kandidaten Punkte. 
Cie. Plane. 22. n.d. 2,4. Pis. 15. 

Rögus j. Bestattung, II. und Sepulerum. 

Roma. 'Poun, j. Roma, Rom, die Hauptitabt 
des römischen Reiches zu beiden Seiten (befonders 
an der linten) des Tiberis in Latium, 16 Mill. 
vom Meere. Die Gegend, in welcher Rom ent: 
ftand und liegt, jüdfich von der Mündung des 
Anio in den Hauptftrom, ijt hügelig; urſprünglich 
jumpfig und wohl auch nicht ganz gejund, wurde 
fie durch Anbau und ein er Drainage: 
ſyſtem frühzeitig troden gelegt; Überjhwernmungen 
des Fluſſes fehlten aber aud) dann nicht (Liv. 35, 9. 
Tac. ann. 1, 76. Hor. od. 1,2, 13). Die Lage 
war vortrefflid gewählt, indem jie den Verkehr 
des Binnenlandes mit dem Meere vermittelte, „ber 
Tiber wurde zum Ausgangspunkt von Roms Macht.“ 
Liv. 5, 54. Cie. r.p. 2.3. — Eine Topographie 
Roms ift notwendig eine Geſchichte der Stadt, 
wobei ſich am beften 3 Perioden unterjcheiden 
lafjen: Rom unter den Königen, Rom zur Zeit der 
Republik, Rom unter den Raijern. — 1. Das 
königliche Rom. Die ältefte Beit ift ganz in 
das Dunkel der Sage gehüllt, das Gemeinwejen 
entftand angeblich aus der Bereinigung einer ſabi— 
nijchen Niederlaffung mit der dvesRomulus. 3 Grün: 
dungsphafen laſſen fich unterjcheiden: Die erfte 
dem Romulus zugejchriebene Niederlafjung auf 
dem mons Palatinus, oder dem Palatium, die 
Roma quadrata, das ältefte Pomerium, deſſen 
Grenzen bis auf die jpätefte Zeit beftimmbar waren 
(Tac. ann. 12, 24). Die Weftjeite des Palatiums, 
wo die Zwillinge der Sage nach angetrieben und 
von der Wölfin im Qupercal (mit einer dem 
Ban heiligen Grotte und dem heiligen Feigenbaum) 





der Subura. Die Zufammenfafjung diejer 7 Lolale 
(montes) ift ald der zweite Aft der Stabtent: 
widelung anzufehen, als die Borftufe der Bier: 
regionenjtadt der legten Königszeit- und der Re— 
publit. Dieje Bierregionenftadt entjtand aus den 
Hinzuziehung des Caelius, der 
mit der Subura die erfte Region bildete, und durch 
Dinzufügung einer vierten, des angeblich ſabiniſchen 
Quirinalis und Viminalis. Die Erweiterung 
des Pomeriums und Befeftigung diejes Stadtlom- 
plexes weift die Tradition dem König Servius 
Zullius (Ziv. 1, 44), den inneren Yusbau den 
einzelnen Königen nah NRomulus zu. Zunächſt 
warb öjtlih vom Capitolinus das Comitium 
angelegt, jowie die vom Capitol jüdöftlich führende 
Sacra via. Numa galt als Gründer der Regia, 
des Beftatempels und des Janustempels 
an der tiefften Stelle der Strafe Argiletum 
(j. oben), nörblidy vom Forum. Unter Tullus Ho- 
jtilius fam auf dem GComitium die Curia Ho- 
stilia (Liv. 1, 30) hinzu. Auch die Velia wurde 
bald mit Gebäuden bejegt, dort lag das Haus des 
Balerius (Liv. 2, 7). Früh wurde auch der 
Eälius, ſüdöſtlich vom Palatinus, von albanijchen 
Gejchlechtern eingenommen (Liv. 1, 33). Unter 
Ancus Martius Fllen Bewohner unterworfener 
latinifcher Städte den jüdtweftlih vom Palatin und 
Eälius gelegenen mons Aventinus, nebjt der 
Vallis Murcia zwiſchen Aventin und Balatin 
in Befit genommen haben (womit freilid) in Wider: 
ſpruch fteht, daß der Aventin erſt jpät bewohnt 
ewejen ift); dieſer König überbrüdte auch den 
iber (pons sublieius), befeftigte das Jani- 
culum jemjeit des Fluffes und legte Oftia an der 
Flußmündung an (Liv. 1, 83). — Die bedeutend- 
jten Fortichritte im Ausbau und der Vereinigung 
bis dahin getrennter Teile a unter Tarqui⸗ 
nius Priſeus und Servius Tullius (Liv. 1, 35. 
86. 38. 42. 44). Erfterer legte die jumpfigen Teile 
wiſchen Eapitolinus, Balatinus und Tiber (forum 

manum, Boarium, Velabrum) durd) einen groß: 
artigen Kloafenbau troden und übergab fie dem 
Anbau. Die nady ihm vollendete, noch heute erhal: 
tene Cloaca Maxima, in der Neuzeit wiederum 
praftiich verwertet, machte die Gegend gejünder. 
Auf der jüdweftlihen Höhe des capitolin. Hügels 
begann er den Bau des Capitolium, d. b. 
des Tempels des Jupiter O. M., der Juno und 
Minerva; in der vallis Murcia (j. o. 2) erric: 
tete er den Circus Maximus und fing den 
Bau einer Stadtmauer an. In den Bereich der 
erweiterten Stadt wurden nun von Servius Tul: 
lius Capitolinus und Aventinus mit hineingezogen 
und mit einer für ihre Zeit großartigen Mauer 
umgeben, indem der von Tarquinius begonnene 
Bau vollendet und dur einen Wall auf der Dft- 
jeite verftärkt wurde; von dieſer Befejtigung haben 
ſich noch heute Reſte erhalten, unmeit des Bahn: 
hofes und am Aventin. Der lebte König konnte 
nur manches Angefangene, bejonders den capitolin. 


gejäugt waren, hieß Cermälus, die nad Norden | Tempelbau, vollenden. — Vom Forum der Königs: 


vorgelagerte Anichwellung, heute vom Titusbogen 
gefrönt, die Velia. In unbeftimmbarer Zeit, aber 
jedesfalls nach der älteften Gründung, jchließen 
die 3 montes Palatini enge Gemeinjchaft mit den 
Nachbarhügeln des Esquilinus, Oppius und 
Cispius, mit der beide trennenden Thalmulde Fa- 


zeit wiflen wir wenig, Comitium, Regia und 
Beftatempel ftanden, Ancus Martius joll am Nord- 
oftabhange des Eapitols den Carcer, das Staats- 
efängnis, errichtet haben. Zu beiden Seiten bes 
Forums lagen Beufladen, angeblich von Tarqui- 
nius Prifeus (Liv. 1, 35) errichtet. Dieje Tabernen 


sw 


4 


or 


‚beim heutigen Kirchlein S. Teo- 


Roma. 


hießen ſpäter auf der Südſeite sub veteribus 
(sc. tabernis), auf der Norbjeite, wo fie 210 v. C. 
abgebrannt neu gebaut waren, sub novis. Die 
Servianifhe Mauer umfahte nun zwar die ganze 
Siebenhügelftadt (Roma Septicollis), indes das 
Bomerium, der geweihte Stadtbezirk, beichränfte 
fi auf die 5 Hügel Palatinus, Esquilinus, Cälius, 
Biminali und Uuirinalis. Diejer Bezirk zerfiel 
in die $ 2 —— 4 Regionen und blieb ſo 
bis zum Ende Republik. Dieſelben heißen 
kegio Suburana, 2)R. Palatina, 3) R. 
Esquilina, 4 R. Collina. Der capitoliniſche 
Berg als gemeinſames Heiligtum und der Aventin 
lagen extra pomerium, das Janiculum auch außer: 
halb der Mauer. Die Stadt des Romulus hatte 
3 Thore: porta Mugionis oder Mugonia, von 
der Velia her, p. Roma- 
nula von der nova via (etwa 






doro) und einen Stufenmweg 
von der Sübdfeite (vielleicht die 


Scalae Caci). Die Thore der Rrgionce Urkenar | a \W —A — 
Serviauiſcheũ Mauer find man: | dm | S Neertes u), 
chem Zweifel unterworfen, fiher | \ "&, zn 5 \= Mlortonuu er F Cellina 
ſop: ie porta Carmenta- | \umpu AD EEE PT 

is, ſüdlich beim Capitol, p. Väticanu u A ae 
Trigeminaan ber Nerdivelt- N * —E 


ecle des Aventin (zwiſchen beiden 
der pons sublicius); zwiſchen 
Aventin und Cälius war das 
Hauptthor, die p. Capena, 
welches auf die —* und 
Latiniſche Straße führte. An 
der öſtlichen, am meiſten zu— 
änglichen Seite wurde die 
tadt durch den agger Ser- 
vii Tullii, einen on defen 





Wallbau, geſchützt, an deſſen 
ſüdlichem Endpunkte die p. Es- 
quilina (an der Kreuzung 
der via Tiburtina und Labi- 
cana, noch heute durch den 

Gallienusbogen bezeichnet), 
während am nördlichen (nach 
via Nomentana) die p. Col- 
lina lag; zwijchen beiden be— 
—* ſich * Viminalis. Die 
ogen. p. Triumphalis war 
feın Stadtthor, ſondern ein 
zwiſchen Circus Flaminius 
und dem Marsfelde ſtehen— 
der Bogen, bei dem der Triumphzug begann, 
nachdem er ſich zuvor auf dem Marsjelde ge: 
ordnet hatte. nter den Straßen bes könig— 
lihen Rom merfe man außer der Sacra via Die 
nova via (fo genannt, weil die ältefte nach der 
sacra) auf der Weft: und Nordjeite des Palatin; 
den clivus Capitolinus vom Forum nad dem 
Capitol, den vicus Tuscus von jenem nad) dem 
Tiber (heute via S. Teodoro), den v. Jugarius 
von porta Carmentalis nad; dem Forum. Auch 
das Argiletum norböftlicd vom Forum gehörte 
u den älteften Straßen. Servius Zullius joll 
iv. 1, 48) auf dem summus Cuprius vicus 
(der v. Cuprius des faiferlihen Rom führte von 
der Sacra via zwijchen dem Hadrianijchen Doppel: 






+ 6. Germalum. 





— 


tempel und dem Colofjeum nad) der Subura) er: | alten Bomerium vornahm (Geil. 13,14). In 


ROM zur Zeit der REPUBLIK. 







. TM. Tempi, Matr. Magn. 


1 

2 

3, FB. Forum Bosrium. 
4. FO. Forum Olitorium, 


1043 


oder Urbius (nicht Virbius) nad) rechts abbog; 
des Königs Tochter foll hier über des Vaters Seid) 
nam — ſein, ſeit dieſer Zeit ſei der v. Cu— 
rius auch v. sceleratus genannt worden. — 
l. Das republifanifjhe Rom. Nad dem 6 
galliichen Brande joll die Stadt zwar etwas beſſer, 
aber noch immer jehr unregelmäßig wiederherge: 
ftellt worden fein. Die Mauer umgab einen Raum, 
der anfangs nur ſchwach bevölfert war, während 
außerhalb jener jhon frühzeitig eine dichte Vor— 
————— ſich ausbreitete. Als nun ſeit 
em zweiten puniſchen Kriege die Bevölkerung 
unaufhaltfam wuchs, und mit der Beendigung der 
matedonifchen Kriege viel Geld in die Stadt flofi, 
ejellte jich zu ausgedehnterer Bauthätigkeit ein 
Priicherer Zug in der ftädtiichen Verwaltung (Liv. 





















5. A. T. Acsculapii. 

6, M. Porticus Metelli. 
7. Ph. Portieus Philippi 
8. HC. T. Herculis Custodis. 


10. IR. T. Junomis Regina,. 
11, L. T. Libertatis. 





40, 51.41, 27. F O. Richter, „Rom“ in Baumeiſters 
Denkmälern, Bd. Ill ©. 1449), endlich ſeit der de 
ftörung Korinths auch eine gejhmadvollere Bau— 
weiſe nach griehiichen Muftern. Die Anfiedelungen 
außerhalb der Mauer wurden zu neuen Stadt: 
teilen, die allmählich die Altftadt verdunfelten und 
die Servianiſchen Mauern um ihre Bedeutung 
brachten, jo „daß zur Zeit Sullas der Umfreis der: 
jelben völlig bebaut war. Seit jener Zeit jtrebt 
die Stadt nach allen Seiten über die Mauer hin- 
aus, und dieſe jelbft beginnt allmählich in den 
an fie ſich anlehnenden Häufern zu verſchwinden; 
gr Beit des Horaz (Sat. 1, 8, 15) war der agger 
errıi Tullii am Esquilin —— geworden.“ 

Sulla war der erſte, der eine rg 
ieſer 


mordet worden fein, wo der clivus Orbius! Zeit wetteiferten Ädilen und Cenſoren in gemein: 


66* 


-1 


1044 Roma. , 


nützigen Bauten, 3. B. M. Porcius Cato, und die Urſprünglich Verkaufsmarkt, diente es bald nur für 
öffentliche Baukunſt jchlug überhaupt jene groß: Staatszwecke und öffentliches Leben bis auf bie 
artige Richtung ein, weldhe in Strabons Augen | erwähnten Kaufhallen sub veteribus und sub novis. 
Rom vor allen griechiſchen Städten auszeichnete. | An der Nordweitede, dem Capitol zu, lag das Co— 
Zu den Gegenden, die ſich eines bejonderen Auf: mitium, im engeren Sinne der Ort für Volks— 
ſchwunges erfreuten, gehörten die verfehrsreichen | verfjammlungen, daneben auf der Grenze zwiſchen 
Tiberufer, wo im Jahre 199 v. E. von den Ädilen | Contitium und Forum die uriprüngliche Redner: 
M. Ämilius Lepidus und L. Amilius Paulus das | bühne, Rostra vetera, ein gemauerter Aufbau 
Emporium (bie heutige Marmorata) angelegt mit doppelter Front, die im Jahre 338 dv. €. 
und eine Porticus von porta Trigemina bis an, EC. Mänius, der Befieger der Antiaten, mit den 
diejelbe geführt ward, die porticus Aemilia; das | Schnäbeln eroberter antiatiiher Schiffe ſchmücken 
Marsfeld und die Vorftadt vor porta Carmen- ließ, woher der Name. Hier befanden ſich auch 
talis, wo im Jahre 221 E. Flaminius den Circus |dieColumna rostrata, die mit Schtffsichnäbeln 
Flaminius baute. ®or porta Capena gründete gezierte Ehrenſäule des C. Duilius, ſowie Statuen be: 
Marcellus die Tempel des Honos und der | rühmter Männer, 3. B. des Camillus. Der Stadt: 
Virtus, welde die Kunftihäge des von ihm teil nordweſtlich (um die Ede) vom Forum hieß 
bezwungenen Syrafus bargen. Auf dem Janiculum | in alten Zeiten in lautumiis, hier baute Cato 
war ein fort angelegt, außerdem ward bei der der Altere 185 dv. E. die BasilicaPorcia, Daun 
Unzulänglichkeit des hölzernen pons sublieius der folgten im Jahre 180 Fulvius Nobilior mit ber 
Tiberftrom durch den Kae pons Aemilius, | Basilica Fulvia etAemilia hinter den novae 
neben pons sublicius, überjpannt (heute Ponte | tabernae, deren Lage unter modernen Häuſern heute 
rotto). Auch die Holzbrüden, welche die Tiber: | ganz ſicher bejtimmt ift, endlich 170 Sempronius 
infel mit beiden Ufern verbanden (mit dem linken Gracchus auf der Südſeite mit der B. Sempronia., 
ſchon jeit 292 v. E.), wurden jpäter durch fteinerne | In der Mitte des eigentlichen Forums lag das 
erjeßt; 62 v. C. die linke (p. Fabricius), | Puteal, ber lacus Curtius, nach der bekann— 
etwas fpäter die rechte (p. Cestius). — Bon ten Sage; in der Nähe ftand der heilige Feigen: 
Wohnftätten befannter Größen merke man die des |; baum (nach Jordan I, 2 ©. 263 vor der Enrie, 
Ennius auf dem Aventin, des Pompejus und D. | meben der Statue ded Augur Attus Navius), ein 
Cicero auf dem Efquilin, des M. Tullius Cicero, | Olbaum und ein Weinftodt — Wahrzeichen für 
des Craſſus, Hortenfius, Catilina und Clodius | die Aderbauer. Das Tribunal des praetor 
auf dem Palatin. — Dies raſche Emporblühen der | urbanus befand fi urjpränglih auf dem Co: 
Stadt, welches in der reihen Bauthätigteit Cäjars | mitium, im 2. Jahrh. v. C. ift es aber in die 
die größte Steigerung erfuhr, vermochten weder | Nähe des Puteal Libonis beim Beftatempel 
die wiederholten Uberſchwemmungen, noch die häu- | auf die Oſtſeite verlegt worden; an derjelben Stelle 
figen Brände (Jordan, Topographie Roms |, 1) befand ſich auch die Bildfäule des Marjyas, das 
©. 482 zählt 7 große Brände vor Auguftus) zu | Sinnbild der ftädtiichen Freiheit. Die nördliche 
hemmen, jelbjt die Bürgerfriege veranlaßten feine | Seite des Forum war durch die Sacra via be: 
dauernde Störung, wohl aber haben die Feuers- grenzt, hier lagen in größeren Zwifchenräumen 
brünfte und Berftörungen der Kaijerzeit die meiften | Thorbogen, die Jani des Forums; etwa dem 
Dentmäler aus der Heit der Republif hinwegge- Vicus Tuscus gegenüber der Janus medins, der 
räumt. Wichtig für diefe Zeit ift befonders eine | nicht bloß zur Pafjage diente, fondern als Mittel- 
genauere Betrachtung des forums und des Capi- punft des Geldwechjelverfehrs die Börſe Roms 
toliumd. — Das Forum, der Mittelpunkt des | repräjentierte (Hor. ep. 1, 1, 54. Sat. 2, 3, 18. 
ſtädtiſchen und politifhen Verkehrs, Tag zwiichen | vgl. Richter ©. 1469. Jordan I, 2 ©. 216 — 218). 
Gapitol und PBalatin, oder genauer der Belia, von | An der Sacra via fagen öffentliche Gebäude, am 8 
der die Sacra via nad) dem Capitol führte. Jetzt Weftende auf dem Comitium dieCuria (Hostilia), 
ift das Forum ein öder Pla mit Trümmern; die | das berühmte Sitzungshaus des Genates, zu ber 
hohe, mit dichter Begetation bededte Schuttdede, | vom Comitium eine ziemlich hohe Treppe hinauf: 
die fi über dieſe Trümmer Jahrhunderte lang | führte (Liv. 5,7). Unmittelbar über dem Comitium 
breitete, war zum Campo vaccino (Kuhplatz, weil | befand ſich die Graecostasis, eine offene Halle 
die Bauern dort ihr Vich raften liefen) getvorden. * die griechiſchen, überhaupt die fremden Ge— 
Über denſelben lief ſpäter eine ſchnurgerade Ulmen- | jandten, in der fie ihre Einführung in den Senat 
alfee, diejelbe fiel, al mit dem Jahre 1870 Rom | erwarteten. Der höher wie Comitium und Forum 
in eine neue Entwidelungsphafe trat; feit diefer | gelegene Siüdoftabhang des Capitol hieß area Vol- 
Sr werben auch die in der erften Hälfte des | canı oder Volcanal (von einem sacellum Volcani), 
Jahrhunderts begonnenen Musgrabungen (Basilica | hier lag noch in hiftoriicher Zeit dad Senacu- 
Julia 1835— 1848) unter Zeitung von Pietro Rofa |lum, ein übrigens wenig befannter Sammelplak 
ſyſtematiſch weiterbetrieben und haben den urfprüng: | des Senates. Camillus foll hier den Tempel der 
lichen, 9 m tiefer Tiegenden Boden bloßgelegt. | Concordia gegründet haben, C. Opi mius baute 
Außerordentlich wichtig für die Topographie des | denjelben 121 dv. E. bedeutender wieder auf und 
Forums find die im Jahre 1872 (in der Nähe | errichtete daneben eine Baſilica, die R. — — 
der Phokasſäule) gefundenen Marmorſchranlen, Auf der Südoſtecke des Forums lag die Regia, 
fie zeigen auf ihren Außenjeiten das Forum zur | die Amtswohnung des pontifex naximus. Danchen 
Beit Trajans, doch find die meiften Gebäude darauf | der Tempel der Beta, in deſſen mittlerer runder 
ihon aus republifan. Zeit. — Das Forum mar | Kapelle fi) der Altar mit ber ewigen Flamme 
ein längliches Viered, 630° lang, unter dem Ca: | befand, und das in den legten Jahren bloßgelegte 
pitol 190°, am entgegengejegten Ende nur 110° /atrium Vestae, das Wohnhaus der Beftalinnen 
breit in der Richtung von WNW. nad) OſO. (ſ. Jordan, der Tempel der Veſta und das Haus 














| 
I, Porta Capena | 
Caelimontium | 
Isis et Serapis | | 
Templum Pacis | 
Esquiline 
Vi. Alta Semila | 
ars — Vu. Vialata | 
, VIEL Forom Romamım 

| X, Cirens Flamintus 

| X. Palatiam 
XI, Circus Maximus 
XN. Piscina Pablica 






ABER 













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eckenatis. = Sp, 3 


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mit Genchmigungggkne,, 
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. 
— 


Roma. 


der Bejtalinnen, 1886). In der Nähe lag (bei 
S. Maria Liberatrice) der Jacns Juturnae, in 
dem die Diosfuren nach der Siegesbotichaft vom 
Regillus ihre eg getränft haben follen. Bor 
een ftand zum Andenken an denjelben Sieg ge: 
baut der Kaftortempel, in dem auch oft Senats: 
figungen abgehalten wurden. Bor diejen Gebäuden 
lagen die alten Kaufhallen. Bei der immer zu: 
nehmenden Ausdehnung des Öffentlichen Lebens 
war die Beengung des Forums allerdings jehr | 
fühlbar. Da die religidje Scheu der Römer, einmal | 
geweihte Räume zu vergrößern, eine Erweiterung | 
des Forums hinderte, jo half man ſich durd die 
fogen. Bafilifen, offene Säulenhallen, anfangs be= 
jonders für den Handelsverlehr, dann, als andere 
Verfaufspläße bei der Erweiterung der Stadt ent: 
ftanden, hauptiählich für Gerichtsfigungen. Der 
Lage der älteften Bafıliten, der Poreia, Fulvia 
et Aemilia, Sempronia, Opimia ift bereits ge- 
dacht worden, nur möge nod erwähnt werben, 
daf die alte Fulvia et Aemilia im Jahre 54 v. C. 
durh 2. Amilius Paulus umgebaut wurde, ſeit 
diejer Zeit hieß fie Aemilia. Neben dem Comi— 
tium an der. alten Straße Argiletum ($ 5) ftand 
der alte Janustempel, hinter demjelben und der 
B. Porein lag der Fiichmarft (Forum Pisca- 
torium). — Das Capitolium der Nepubflif. 
Der länglich gefrümmte capitolinifche Berg (durch 
eine Einjenkung in der Mitte in 2 von einander 
— Spitzen geteilt) trug auf ſeiner nörd— 
ichen Spitze einen Tempel der Concordia 
und den der Juno Moneta {der Schubgöttin 
des Geldes); die ganze Höhe hieh die Burg (Arx), 
dort befand fich das Auguracnlum (der heilige 
Stein, von dem der Mugur den Vogelflug beobach— 
tete). Auf der Arx fteht —— die Kirche 
S. Maria in Nra Eeli. ie jüdliche Höhe 
des Berges, etwas nad) SW. gewendet, trug das 
Gapitolium, an der Stätte des 1578 erbauten 
Palazzo Caffarelli, der heutigen deutschen Botichaft. 
Als Zarquinius (Liv. 1, 55) beim Bau des Tem: 
pels die Gottheiten der dort jchon befindlichen 
Heiligtümer zum Verlaſſen derjelben zu bewegen 
juchte, gaben alle nad, nur nicht der Grenzgott 
Terminus, er behielt feine Stätte. Der alte, 
von tuffiichen Meiftern erbaute Tempel ruhte auf 
einem Unterbau, er halte vorn 3 Reihen von je 
6 Säulen doriiher Ordnung. Im Innern war 
er durch parallele Wände in 3 Cellen geteilt, die 
mittlere gehörte dem Jupiter, die zur Rechten der 
Minerva, zur Linken der Juno; Jupiter war fißend 
abgebildet, jein Bild eine etruriiche Töpferarbeit. 
Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Weihge: 
ichenfe hier aufgeftellt, darunter die goldene Vicko— 
rin des Hiero und eine Statue des Jupiter Im: 
perator, Auf dem einen Giebel ftand ein thönernes 
Viergejpann, auf dem andern ein ehernes mit der 
Geftalt des Jupiter. 179 v. E. war der Tempel 
renoviert worden, verharrte aber in der alten Form 
bis 83 v. C. In diefem Jahre brannte er ganz 
ab, Sulla begann den ——— ſtarb aber 
darüber, ſo daß der Tempel erſt im Jahre 69 
durch DO. Lutatius Catulus dediciert werden fonnte; 
er unterfchied ji) vom abgebrannten nur durch 
die Pracht der Nusführung, die Säulen waren 
wiederum doriich. An Stelle des thönernen Jupiter 
trat eine chryjelephantine Arbeit. Diejer Tempel, 
durch Auguftus renoviert, ging im Jahre 69 n. €. 





1045 


beim Sturme der Bitellianer wiederum in Flam— 
men auf, ward von Veipafian und Titus in forin- 
ri Ordnung neu aufgebaut, brannte aber 80 
n. &. zum drittenmal ab, bi dann Domitiarı 
jenen fojtbaren Bau in forinthiicher Ordnung aus 
penteliihem Marmor vollendete, der das Altertum 
überdauert hat. — Die Lage der andern auf dem 
Capitol befindlichen Heiligtümer, der Tempel des 
Jupiter Tonans (Suet. Oct. 29), der Fides, 
der Venus und der Dps, läßt ſich micht mehr 
bejtimmen. Hier lag aud die Curia calahra, 
von der an den Kalenden jedes Monats der Ein— 
tritt der Nonen verfündigt wurde. Ihr Vorplatz 
vor dem Tempel, die aren Capitolina, wurde 
umeilen zu -Bolfsverjammlungen gebraudt. Die 
Pdöftliche (nicht jüdweftliche!) fteile Felswand 
führte den Namen Saxnm Tarpeinm, Rupes 
Tarpeia. — In der Einfattelung zwiichen Arx 
und Gapitolium lag das templum Veiovis 
mit der Freiſtätte (Asylum) zwifchen 2 Hainen, 
Bor demjelben, mit der Front nad) dem Forum, 
ftand das Tabularium (Staatsardhiv) des D. 
Yutatius Catulus (errichtet zwifchen 78 und 60 
v. E.), auf defjen Erdgeſchoß ſich —* der Sena⸗ 
torenpalaſt erhebt. Rechts von demſelben (die Area 
Voleani jüdlich abfchliegend) ftand der ) Satur— 
nustempel (die Ruinen einer ziemlich jpäten 
Reftauration angehörig); angebaut an den clivus 
Capitolinus die modern wieder aufgeridhtete *por- 
ticus Deorum consentium (fäljchlich Schola 
Xantha genannt) aus jehr fpäter Kaiferzeit. (Con: 
cordiatempel in area Volcani $ 8.) Dem mei 
Forum SHinabfteigenden links Tagen die Scalae 
Gemoniae, Stufen, auf denen die getöteten 
Verbrecher hinabgeichleift wurden, und der Carcer 
Tullianus, das Kriminalgefängnis (ſ, Robur). 
— Bon der Saera via links zog fih am Fuße 
de3 Eapitolinus der einzige Fahrweg auf denjelben 
hinauf, der clivus Capitolinus; ein anderer Fuß: 
weg eig Ne Berg waren die centum gradus vom 
forum Boarinm her. — Bu Cäjard Zeit erlitt 
bejonders das Forum große Veränderungen. Im 
Jahre 52 v. E. braumte bei der Leichenfeier des 
Clodius die von Sulla erweiterte Hoftiliiche Curie 
nieder, Cäjar lich an ihrer Stelle erft einen Tem- 
pel der Felicitas bauen, begann aber auf dem 
alten Flede kurz vor feinem Tode den von Auguftus 
vollendeten Neubau der Eurie. Diejelbe h die 
heutige Kirche S. Adriano an der Nordweitede 
des Forums; fie fteht etwas jüdlicher als die ab» 
ebrannte. Hiermit geht die Verlegung der Redner: 
ühne Hand in Hand, fie fam auf die Weft: 
feite des Forums vor den Concordiatempel, dort 
haben fich auch Überrefte der *neuen rostra ge: 
funden. Auf der Dftfeite des Forums endlich 
erbaute Auguftus zu Ehren Cäſars die *Aedes 
Divi Juli, dor der die rostra Julia lagen. 
An Stelle der alten Basilica Sempronia und der 
Tabernen an der Südſeite baute Cäſar die von 
August verichönerte und erweiterte *B. Julia, 
die bis an den vicus Tuscus reichte. — III. Rom 
unter den Kaiſern. Eine neue Ara a die 
Verſchönerung der Stadt fing mit der Kaiferherr: 
ſchaft an, und ſchon Auguft erwarb fich in dieſer 
Hinficht die größten Berdienfte. Er teilte fie zu 





...*) Die mit * bezeichneten Gebäude find gegenwärtig in 
Überreften noch vorhanden. 


1046 


befferer Handhabung des Polizeidienftes in 14 Ne: 
gionen (auf welche 7 cohortes vigilum famen); 
er durfte fic) jagen: marmoream se relinquere, 
quam latericiam accepisset (Suet. Oct. 28). 
Bruchftücde einer aus dem Anfange des 3. Jahr: 
hunderts n. E. ftammenden Marmorkopie des ur: 
———— offiziellen Planes der Regionen im 

aßſtabe von 1:800 find noch heute im capito— 


liniſchen Muſeum erhalten (erfte Ausgabe von | 


Bellori oral, neuefte und befte von Jordan 
[Forma Urbis, 1874]). Unter den folgenden Raifern 


Roma. 


Die folgende Überficht der Gebäude läht ſich am 
beften nach der Einteilung in 14 Regionen geben: 
I. Porta Capena (val. $ 5) im ©. zu beiden 
Seiten der Apptichen und Ratinifchen Straße. Unweit 
p. Appia(vor p.S.Sebastiano) lag der*Triumpb: 
bogen des Drufus, in derjelben Region ein 
arcus Traiani ($ 13) und a. Veri. Auf beiden 
Seiten der Straße erhoben ſich zahlreiche antike 
Grabdentmäler, Cicero (tuse. 1, 7, 13) nennt die 


| Grüfte des Calatinus, der Seipionen, Servilier und 
 Meteller. Heute noch zeigt man die*Grabmäler 


trugen bejonders Nero (nad) dem großen Brande | der Scipionen, weiterhin in der Campagna an der 


im Jahre 64 n. C., in dem nur 4 Regionen ganz 
unverjehrt geblieben, 3 aber ganz abgebrannt jein 
folfen. Tac. ann. 15, 38—40), die Flavier, Nerva, 
Trajan, Hadrian, Septimius Severus, Caracalla, 
Dioeletian, Aurelian, Conftantin zur Verſchönerung 
bei. Aurelianus umſchloß (271) die ganzen 14 Re: 
gionen mit einer Mauer, deren Umfang (Bopijcus 
gibt 50 Millien an) nad Jordans Rechnung etwa 
12 Millien betrug. Bollendet ward diejelbe unter 
Probus. Die Mauer begriff im Weften das Ja: 
niculum, den Campus Martius, im Norden den 
Collis Hortorum oder Pincius, nördlidy vom 
Duirinalis. Nur der auch ſchon bebaute Vati- 
canus nordweftlich vom Janiculum jenjeits des 
Tiber blieb ausgejchloffen und wurde erjt durch 
Papſt Leo IV. ın den Bereich der Mauer mit 
hineingezogen (daher civitas Leonina). Beide 
Tiberufer waren in der Richtung von ©. nad N. 
durch folgende Brüden miteinander verbunden (ab: 
gefehen vom hölzernen pons sublicius): p. Probi, 
p. Aemilius (p. rotto, neuerdings abgebrochen), 
*n. Cestius, *p. Fabrieius (p. S. Burtolomeo, 
dei quattro capi), *p. Aurelius (p. Sisto), p. 
Neronianus oder Vaticanus, *p, Aelius. Es hat 
aber auch einen pons Agrippae gegeben, 160m 
nördlich von p. Aurelius, Spuren davon hat man 
1887 gefunden. Außerhalb der Mauer, nördlich von 
der Stadt, lag der * pons Mulvius oder Milvius (p. 
Molle). Die Tiberinfel, welche im Mittelalter aus 
unbefannten Gründen den Namen insula Lyca- 
onia führte und jetzt nach der auf ihr ftehenden 
Kirche den Namen Isola di San Bartolomeo führt, 
verdanft der Sage nad) ihre Entftehung dem Um— 
ftande, daß nach der Vertreibung der Tarquinier das 
diejen gehörige, von dem Volle in den Fluß gewor: 
fene Getreide fich dort feftießte (Liv. 2,5). Auf der 
Stelle der jegigen Kirche ftand ein Äſculaptempel, 
291 v. E. infolge einer Seuche errichtet. Schon in 
alter Zeit (vielleicht zum Andenken an die Legende 
von der Fahrt nad) Epidaurus, Or. met. 15, 622 ff. 
Liv. ep. 11) erhielt die Inſel Schiffsgeftalt, an 
der Sübdjeite —* man noch den Schlangenſtab und 
das Reliefbild des Gottes, nebſt einem Stierkopf 
aus Travertin. Außerdem ſtanden auf der Inſel noch 
ein Tempel des Jupiter (vollendet 194 v. E.) und 
des Taunus (195 v. E.). Die Thore der Aure— 
lianijchen Mauer waren: * Porta Flaminia (heute 
del popolo), p. Pinciana (gejchloffen), * porta Sa- 
laria, p. Nomentana (dafür jeit 1564 p. Pia 
durch Pius IV.), *p. Tiburtina (S. Lorenzo), *p. 
Praenestina (p. Maggiore), *p. Asinaria (ge- 
ichloffen, dafür jet p. S. Giovanni), p. Metrovia, 
p. Latina, *p. Appia(p.S. Sebastiano),*p. Ostien- 
sis, (p. 8. Paolo), p. Portuensis, *p. Aurelia 
(S. Pancrazio), p.Septimiana. Die jegigen Mauern 
entiprechen faft gänzlich diefen Aurelianiſchen. — 


linten Seite der Straße das *Grabmalder Cäci— 
lia Metella. Außerhalb der Mauer Aurelians be- 
fand fih dastemplum Martis, innerhalb derjel- 
ben ein Tempel der Minerva und der tempesta- 
tes; ferner das Heiligtum der@amenen, dicht 
dabei das Thal der Egeriaz; nördlich Davon bei der 
alten p.Capena erhob fich der von Marcellus gebaute, 
nach dem neronifchen Brande von Beipajian wieder: 
hergejtellte Tempel des Hon os und der Birtus 
(8 6). Die v. Appia war die lebhaftejte Heer- 
ftraße Roms, daher gab es in biefem Stadtteile 
eine Area carruces ald Standort für die Reife: 
wagen. — II. R. Caelimontium, norböftlich 
von der vorigen, den M. Caelius und feine öjt: 
lichften Abhänge begreifend. Hauptaufgang zu 
diefem Berge war der clivus Scauri (von der 
heutigen via 8. Gregorio zwijchen Balatin und 
Cälius), eine andere Hauptftraße dieſer Region 
ieß caput Africae (nah der gleichnamigen 
tziehungsanftalt für Faijerliche Pagen). Auf der 
Höhe lagen die castra peregrina (Kajerne für 
fremde Hülfstruppen), darinnen ein Tempel des 
Jupiter Redux. Mehr nad) Norden zu war 
dad templum Divi Claudii errichtet (von 
Nero weggeriffen beim Bau feiner Wafferleitung), 
nicht weit davon der ludus magnus für ln. 
diatorenfämpfe. In diefer — 5* lag auch die 
große Speiſemarkthalle, Macellum magnum, 
weiter öftlih der Campus Martialis, wo bie 
Equiria (Spiele zu Rob) gehalten wurden, wenn 
der Campus Martius überjhwemmt war (Rich: 
ter ©. 1526). In der Kaijerzeit war der Cälius 
bei der Nähe des PBalatium ein belichter Wohnort 
der Vornehmen: berühmt waren das üppige Haus 
des Mamurra, die Domus Vectiliana und 
die *domus Lateranorum (im äußerften 
Dften), urfprünglih Eigentum der Plautii Late- 
rani, durch Conftantin den Gr. in eine Kirche 
(S. Giovanni in Laterano) umgewandelt. Dicht 
Daneben (iuxta aedes Laterani) ward M. Aure— 
lius geboren, daher ward feine Reiterftatne vor 
dem Lateran errichtet und ftand dort, bis fie 1538 
durch Michel Angelo auf den Capitolplag verjeßt 
ward. — Dicht beim Lateran hat man in neuefter 
Beit die Kaſerne der equites singulares der 
fatferlihen Leibwache) wieder aufgefunden. 
III. R. Isis et Serapis, nördl. und nordweftl. 
von der vorigen, die ſüdöſtliche Fortſetzung der 
Velia (Sacra via) und der öftliche Teil des Süd— 
abhanges des Esquilin, Carinae genannt (die 
Umgebung von S. Pietro in Vincoli). Der Tem: 
pel der Aha und des Serapis, der dem Biertel 
den Namen gegeben, ift heute nicht mehr aufzu— 
finden, die fatferlihe Münze, Moneta, hat (Rid: 
ter ©. 1534) bei der Kirhe S. Elemente geftan: 
ben. In dieſer Region baute Nero nad dem 


12 


— 
.. 
5 


14 


Roma. 


Brande die domus aurea, don der Wir nur 
wiffen, daß im Beftibulum der Colossus Ne- 
ronis, des Kaiſers Koloſſalbildſäule, ftand; auf 
ben Fundamenten diejes Palaftes errichtete —— 
das *Amphitheatrum Flavium (il Colosseo, 
ſ. Theatron, 18.) — bis zum 6. Jahrh. fanden 
bier Tiergefechte ftatt. Dahinter, weiter norböftlich 
lagen die ungeheuren — des Titus 
(in deren Bereich die Laofoongruppe ſtand und 
efunden wurde), daneben die Thermen des 
Era jan. Südlich neben dem Coloſſeum fieht 
man eine Badfteinrnine, Überbleibfel eines großen 
Springbrunnens, der *meta sudans (amtlid) 
zur folgenden Region gehörig); einige Schritte 
davon, am Eingange der heutigen viaS. Gregorio, 
der wohlerhaltene *Eonftantinbogen, geſchmückt 
mit den Reliefs des alten Trajansbogens (vgl. $ 12). 
— IV, R, templum Paeis (nad dem gleich: 
namigen Tempel Beipafians, früher Sacra via 
genannt). Die Wefthälfte der Carinen enthielt die 
Wohnungen der Reihen, während die durdy den 
viens Cuprius davon getrennte Subura eine eigent- 
liche Gewerlögegend war. Südweſtlich reichte dieje 
Region bis por need deſſen nördliche (n.=d.) Seite 
der Tempel des *Untoninus und der Fau— 
ftina (heute ift die Kirche S. Lorenzo in Miranda 
bineingebaut) und die beim Forum (8$ 7. 8.) ge: 
nannten Gebäude einnahmen. Das templum Paeis 
gründete Beipafian nad; dem Siege über die Juden 
und vollendete e3 im Jahre 75 (hier befand fich 
die jüdijche Beute). Am J. 191 brannte es ab, 
nad dem Neubau hieß der Pla forum Vespa- 
siani. Außerdem lagen in bicler Region der 
*Bogen des Titus an der öſtlichen Fortſetzung 
der Sacra via, in summa Velia (j. Arcus), der 
herrliche Doppeltempel 83* der *Ve— 
nus und Roma (heute bei S. Francesca Romana 
noch die beiden Apſiden erhalten), die riefige 
*Basilica Maxentii(von Eonftantin dediciert), 
der Tempel der Tellus, des Jupiter Stator 
($ 19) und an der Süboftede des Friedenstempels 
dad templum sacrae urbis (heute S. S. Co- 
sına e Damiano; an der Norbwand dieje® Tem: 
pels war der capitolinijche Stadtplan [$ 11] an- 
gebracht) mit dem *Rundtempel bes Romulus 
(eined Sohnes des Kaiſers Marentius). — lm 
nun den lebhaften Berkehr zwijchen Forum Ro: 
manum und den Saijerforis ($ 16) bequemer zu 
geftalten (die Strafe Wrgiletum war beim Bau 
der leßteren gefallen), baute Domitian ein forum 
transitorium, welches Nerva vollendete; diejes f. 
Nervae ähnelte den großartigen Pafjagen mo: 
derner Weltftädte und ward nah N. abgeichloffen 
durch den Tempel der Minerva; davor erhob 
fi ein Janus quadrifrons; die Seitenwände 
der Paſſage waren reich dekoriert mit forinthijchen 
Säulen. Tempel und Forum haben ſich das ganze 
Mittelalter hindurch erhalten, 1615 lieh es Paul V. 
demolieren und die Steine zur Fafjade der Aqua 
Paola auf dem Janiculum verwenden. — V, R. 
Esquilina, nordöftl. von IV., nördl. von III. 
Sie war * groß, umfaßte faſt ganz den Eſqui— 
linus und Viminalis. In neueſter Zeit ſind hier 
wichtige Gräberfunde gemacht worden, denn das 
Gelände jenſeit des alten Serviuswalles war in 
früher Zeit von Grabſtätten bedeckt. Noch aus 
republitkaniſcher Zeit ftammt das *®rabmal des 
Bäders Euryjaces vor p. Praenestina. Dieſe 


1047 


| groben Begräbnispläße verwendete man in der 


aiferzeit zu Gartenanlagen, hier befanden ſich die 
Gärten des Mäcenas, des Lamia, des Pal: 
las (eines Freigelaſſenen des Elaudius). In diefer 
Negion lag auf der Grenze der vorigen (auf der 
Höhe des Eifpius) der Tempel der Juno Lucina, 
der lacus Orphei auf ber Höhe der Subura 
er mit einer Orpheusftatue geſchmückter Wafler: 
ehälter), dad macellum Liviae, der von Auguft 
errichtete große Markthallenbau. Die Stelle der 
p. Esquilina der Gerbiusmauer bezeichnete der 
*Gallienusbogen, dabei die Ruine der*Trofei 
di Mario (in Niſchen derjelben ftanden die ſog. 
Trophäen des Marius, die feit 1585 die Brüftung 
bes Eapitolplages ſchmücken). Im ſogen. Tempel 
ber *Minerva medica hat man wahrjcheinlic 
das *Nymphaeum Alexandri Severi zu 
fuchen, während die jebt diefen Namen führende 
Ruine öftlich von via Merulana, nad) den dajelbft 
efundenen Weihgeichenten (Menichenglieder aus 
erracotta), ald t. Minervae in Wahrheit zu be: 
trachten ift. In der jüdöftlichften Ede der Region 
lag ein —— das *A. castrense; die 
ſchönſte Straße derſelben war der vicus Patri- 
eius (von der Subura nach p. Viminalis), — 
VI. R. Alta Semita, nordweftl. von V., genannt 
nach der gleichnamigen Straße, die über den Rüden 
des Quirinal lief (etwa die heutige via del Qui- 
rinale). Dort befand fid) die aus den Mauern 
eraustretende, in der Kaiferzeit oft genannte 
aferne der Prätorianer, die *castra praeto- 
ria (heute Campo Militare di Maccao). Die 
wichtigften Anlagen diejer Region waren die riefigen 
Thermen *des Diocletian und des Conftan- 
tin auf dem Quirinal und Viminal. Die erfteren 
liegen ganz in der Nähe des heutigen Bahnhufes, 
bei ihrem Bau jollen Maffen von Chriſtenſtlaven 
thätig gewejen jein (bedeutende Refte find noch 
davon vorhanden, den herrlichften Raum verwan— 
delte Michel Angelo in die Kirche S. Maria degli 
Angeli). Bor den Eonftantinthermen (deren Reſte 
famen beim Bau der via Nazionale zum Bor: 
ſchein, um für immer zu verjchwinden) ftanden die 
beiden jetzt auf dem Quirinalplatz befindlichen 
Roffebändiger. Bon Tempeln diejer Negion merke 
man den des jabiniihen Semo Sancus (Dius 
Fidius), der Flora, des Duirinus (293 v. €. 
von 2. Papirius Eurfor errichtet), der Salus 
(den der Ahnherr des Annaliften DO. Fabius Pietor 
304 v. E. mit Gemälden jchmüdte), endlich das 
fog. Capitolium vetus. Das Thal zwiſchen 
Quirimal und collis hortorum (Pincius) füllten 
die riefigen, teilweife zur nächſten Region ge: 
örigen Gärten des Salluft (darin das von 

omitian erbaute Denfmalder Flavier). Nörd— 
li, in der Ede der alten Serviusmauer, lag der 
campus sceleratus, wo die Reftalinnen, 
welche das Gelübde der Keujchheit verlegt hatten, 
lebendig begraben wurden. — VII. R.ViaLata, 
weſtlich von Vl. bis zur Via Flaminia (ber 
heutigen via del Corso) reichend, die, in ihrem 
unteren, bebauten Teile via lata genannt, dem 
Viertel den Namen gab. Hier lag der campus 
Agrippae, ein von Gäulenhallen umgebener 
freier Pla mit den porticus Gypsiani und 
Constantini. Auf oder an demjelben errichtete 
YAurelian feinen berühmten Sonnentempel, der 
bis zum 6. Jahrh. ftand (ob derjelbe am Abhange 


16 


1048 


des Duirinal gelegen, ift ungewiß). In früherer 
Zeit befand fi hier dad forum Suarıum 
(Schweinemarft) in dem Teile zwiſchen Quirinal 
und Bincius. Auf legterem, dem Liebligsaufent: 
halte reicher Leute mit gejunder Yuft und herrlicher 
Lage, zogen ſich prächtige Gartenanlagen bin, 
als die erjten diejer Art, die des Lucullus, dann 
die des Pompejus. Über der via lata waren 
4 Bogen errichtet: 1) ganz am Eingang beim alten 
jervianijchen Stadtthor (p. Ratumenn?) ein Bogen 
des Domitian; 2) der arcus novus des Dio— 
cletian bei S. Maria in via lata, 1485 durch Inno— 
cenz VIII. zerjtört; 3) der Bogen des M. Aure: 
lius an der Mündung der via delle vite, von 
Ulerander VII. 1662 abgebrochen, „damit er den 
Perderennen nicht hinderlich ſei!“ (Reliefs im 
Eonjervatorenpalaft); 4) der arcus Claudii (bei 
Piazza Sciarra). Im ©. ftieh diefe Region an 
Vi. R. Forum Romanum, den wichtigiten 
Stadtteil, den Capitolinus und das Thal bis zum 
Balatinus umfafjend. Die meiften Gebäude auf 
dem %. find jchon erwähnt. Neben dem Goncor: 
diatempel erhob fid) der Tempel des *Veſpa— 
jianus und Titus, bier ftand das Millia- 
rium aureum des Auguft, ein mächtig großer 
Meilenftein mit vergoldeten Bronzeplatten, von 
dem alle Reichsftraßen ausgingen und die Ent- 
fernungen im römijchen Neiche gemefjen wurden. 
Seitenftüd * war der in den Fundamenten er— 
haltene, von Conſtantin errichtete * Umbilicu- 
urbis Romae an der Nordecke der rostra. Bor 
der Front der Rednerbühne erhob ſich jeit 608 
n. E. einem oftrömijchen Kaiſer Phokas zu Ehren 
die *»Phokasſäule. Bogen fanden 3_auf dem 
Forum: 1) am Dftende der yabierbogen, 2) au 
der Nordwejtede vor dem Goncordiatempel der 
wohlerhaltene * Severusbogen, 3) als Seiten: 
ftüd der Tiberiusbogen vor dem Saturnus: 
tempel. — Die Haijerfora: Wie oben gezeigt, 
fuchte man bei der Enge des Forums die Erledi— 
gung der dort vorzunchmenden Staats: und Rechts: 
geihäfte durch den Bau von Bajiliten zu fördern, 
für die Weltjtadt erwiejen fich bald auch dieje zu 
Hein; das bejtimmte die erften Kaifer zum Bau 
eigener, neuer Fora in der bewährten Geſchäfts— 
lage des alten Marktes. Natürlih konnte nur 
deſſen Nordſeite in Betracht kommen, hier wohnte 
auf engen Strafen eine dichte EL der 
öffentlichen Anlagen waren nur wenige, das forum 
—— das atrium libertatis(?), die basi- 
ica argentaria; durchzogen wurde das Biertel 
vom Argiletum, nach der Eapitoljeite bildete die 
Grenze der elivus argentarius, der Stieg 
vom Forum nach dem Marsfelde (via di Mar- 
forio). Diejes ganze Terrain ward zu enormen 
Preiſen aufgelfauft und durch den Bau der Kaiſer— 
fora gänzlich umgeftaltet; den frönenden Abſchluß 
dieſer Bauten bildete der Durchbruch nach dem 
Maröfelde durch das forum Traiani. 1) forum 
Julium ward von Cäſar 54 begonnen, 46 dedi- 
ciert, don Auguſtus ausgebaut. Der Kaufpreis 
für den Grund und Boden betrug 100 Mill. Sejter: 
zien; um mehr Raum zu gewinnen, ward die 
Curie weiter nad Süden gerüdt ($ 10 a.€.). Die 
Mitte des rechtedigen Platzes nahm der von Cäſar 
in der Schlacht bei Pharjalos gelobte Tempel 
der Venus Genetrix ein, ! 
nordöſtlich vom vorigen, aber genau wie diejes 


Roma, 


orientiert, hauptſächlich für Gerichtsfißungen. Der 
Tempel, zu deſſen Seiten es ſich halbfreisförmig 
ertveiterte, war der des * Mars Ultor, von Auguft 
in der Schlacht bei Philippi geweiht, aber erft 
2 v. E. vollendet. Derjelbe muß nad) der herr: 
lien Arbeit der fümmerlichen Refte zu den jchön: 
ten Roms gehört haben. Yu beiden Seiten des: 
jelben ließ  Tiberius 2 Triumphbogen des 
Drujus und Germanicus erridten (Tae. ann. 
2,64). — An Diejes F. ſtieß ſüdöſtlich 3) das f. 
transitorium Nervae ($ 18), 4) f. Verpa- 
siani ($ 13). Den großartigen Abſchluß nach 
MW. bildete (in gleicher Orientierung mit allen 
vorigen) 5) f, Traiani. Die Anlage desjelben 
bezwedte zugleich den Durchbruch nach dem Mars: 
felde, deshalb ließ der Kaiſer den nordweſtlich vom 
Cäſar⸗ und Auguftusf. zum Gapitol jich erftreden: 
den Ausläufer des Quirinal abtragen. Der Er: 
bauer des Forum war Apollodorus von Damaskus. 
Das Ganze umfahte 5 Teile: a) Atrium fori 
cum area (das F. im engeren Sinne), auf beiden 
Seiten mit halblreisförmigen Aubauten umgeben, 
mit einem Triumphbogen vom Auguftusforum her 
als Eingang und der Kaijerftatue Trajans in der 
Mitte. Darauf trat man b) in die fünfichiffige 
*Basilica Ulpia; aus diefer fam man e) auf 
einen freien Raum, in welchem die 117 Fuß hobe, 
mit Meliefs aus den daciſchen Kriegen gezierte 
* Trajansjänle ftand, obenauf befand 4 die 
Bildfäule des Kaiſers, ſeit Sirtus V. die des 
Apoftels Petrus. Daneben lag d) die Biblio- 
theca Ulpia, zerfallend in eine b. Graeca und 
b. Latina. Endlich betrat man e) die fünfte 
Abteilung mit dem templum Traiani, geweiht 
von Hadrian. — Die Veränderungen auf dem Ga: 
pitol $ 9. — IX. R. Cireus Flaminius, die 
größte von allen, umfaßte den campus Martius 
und einen Teil des Pincius, nordiweftlich von VIL., 
wejtlih neben VII, genannt nad) dem Circus 
Flaminius ($ 6), in dem die ludi plebei gefeiert, 
aber auch vielfach Volksverſammlungen abgehalten 
wurden; vor demjelben lagen die Tempel der 
Bellona und des Hercules Custos. Nördlich 
vom Circus erfiredte jich bis zum Tiber das Mars: 
jeld, Jahrhunderte lang Ort für Volksverſamm— 
lungen (comitia centuriata) und Leibesübungen. 
Hier lag dicht an der Nordjeite des Circus die 
Villa publica, der Aufenthaltsort für die Be: 
amten während des Cenjus, bei Berjammlungen 
und Truppenaushebungen, bier —— ſich die 
balneae Pallacinae, in deren Nähe S. Roſcius 
aus Ameria (j. Roscii, 1.) ermordet murde (Cie. 
Rosc. Am. 7, 18). Aın wejtlichen Fuße des Capitol 
erbaute Auguftus feinem geliebten, früh verftorbe: 
nen Schwiegerjohn zum Andenten das *theatrum 
Marcelli (20500 Zuſchauer fafjend), das nur 
für dramatische Aufführungen beftimmt war. Nörd— 
lic) davon lag der 431 d. E. geweihte Tempel 
des Apollo (der einzige diejes Gottes in Kom 
bis auf den palatinijchen Tempelbau des Auguftus); 
daneben die Porticus des Metellus, jpäter von 
Auguft umgebaut und jeiner Schweiter zu Ehren 
*Porticus Octaviae genannt. Unmittelbar 
hinter dieſer erhob fih die porticus Philippi 
(früher Aedes Herculis Musarum genannt) und 
das theatrum Balbi mit der Crypta Balbi; 


2) f. Augusti, es branute unter Titus ab bei dem Brande, der 


dieje Gegenden bejonders verheerte. Das erjte 


— 


18 


19 


Roma. 


1049 


fteinerne Theater für dramatiihe Zwecke war | jchilfbedachte casa Romuli au der Südſeite des 


das 55 v. E. errichtete theatrum Pompei 
(40 000 Zufchauer tafiend), verbunden war mit dieſem 
Theater die porticus Pompei; in einer Eredra 
derjelben ftand die Bildſäule des Pompejus, dies 
ift Die curiaPompei, wo Gäjar ermordet wurde. 
zu dieſen Bauten gehörte auch ein Tempel der 
'enus Vietrix, — Um für die Vollsverſamm— 
lungen ein würdiges Yolal zu jchaffen, ließ Cäſar 
an der Südweſtſeite der via lata die großen 
Saepta Julia bauen, wo die Tributcomitien 
abgehalten wurden; die urjprünglich hölzernen 
Schranlen (saepta) begann er durch fteinerne zu 
erjepen; wejtlid) daneben das Diribitorium, 
ein ungeheurer, bededter Saal, defien Bedachung 
der großen Spannung wegen allgemein bewundert 
ward. Urjprünglich hielten ſich hier die diribi- 
tores (j. d.) auf, jpäter wurde cd zu andern 
Zweden gebraucht, bis es unter Titus abbrannte. 
Weiter weftlich, nördl. vom Pompejustheater, lagen 
die Thermen des Agrippa mit dem noch jeßt 
als Kirche benußten, von ihm zu Ehren des Ju— 
liſchen Gejchlehts erbauten * Pantheon, einem 
großartigen Rundbau mit vorgebauter dreireihiger 
forinthiicher Säulenhalle; daneben ftand ein Iſis— 
und Serapistempel, die Porticus der Europa, die 
*Basilica Neptuni des Agrippa (nörblid von 
den saepta, an der heutigen piazza Pietra, Die 
11 Kolojjaljäulen unter Junocenz XIl. 1695 in 
die Front des modernen Gebäudes gemauert), re: 
ftauriert von Hadrian; endlich neben dem Pantheon 
ein Minervatempel (vielleiht Domitians Tem: 
pel der Minerva Ehalcidica), auf deſſen Stätte 
ſich heute S. Maria sopra Minerva erhebt. Weſt— 
lidy neben dem Pantheon lagen die auch zu Leibes— 
übungen benugten * Thermen des Nero, von 
Alerander Severus umgebaut und daher th. Ale- 
xandrinae genannt. Das * Werk Domi— 
tians in dieſer Region war die Anlage des Sta— 
diums mit Odeum. Seine Stätte iſt die heutige 
piazza Navona, welche noch jetzt die Form eines 
antifen Stadiums zeigt. Wo das Amphitheater 
des Statilius Taurus geftanden, iſt unbekannt. 
Am Tiberfluffe befanden fich die Werfte, navalia, 
weiter nördlich (an der heutigen Nipetta) das 
*Maujoleum des Augujtus und jeiner Familie 
mit einem Hain und 2 Obelisten (jet vor dem 
Quirinal und hinter S. Maria Maggiore), deſſen 
fümmerliche Reſte heute dur ein eingebautes 
modernes Theater völlig unfenntlich geworden find. 
An der Via lata (deren Bogen $ 15) lagen bie 
Bauten der. Antonine; auf der heutigen pinzza 
Colonna ftand inmitten eines von Portiken um: 
gebenen Hofes der Tempel Marc Aurels, im 
Hintergrunde die * Säule desjelben, feit Sirtus V. 
trägt je die Statue des Apofteld Paulus. Auf 
via lata hatte Auguftus einen Obelisken als 
Sonnenzeiger * (solari um) errichten laſſen; heute 
fteht derjelbe vor monte Citorio — N. R, Pala- 
tina, jüdöftlich von der vorigen, durch VIII. davon 
getrennt, umfaßte den mons Palatinus (die Bau: 
lichkeiten in der Nordoftede bei der Kapelle der 
Zaren: Conjtantinbogen, meta sudans, Koloß des 
Nero j. $ 15. Ebendaſelbſt nach dem Cälius zu 
lagen die curiae veteres). Auf diefem Berge 
atten die älteften Heiligtümer der Stadt ihren 
laß: da$ Lupercal ($ 2) am Südweſthange 


Germalus ($ 2) nach dem Eircusthale zu bei den 
scalae Caci ($ 5). Nicht nachweisbar ijt die 
Lage der euria Saliorum, Unter den Tempeln 
des Palatin gehören in die ältefte Zeit der Tem: 
pel der Victoria idefien Lage nicht ſicher ift) 
und der Tempel des Jupiter Stator, in dem 
Cicero die erfte Nede gegen Catilina hielt. Ihn 
juchte man bisher füdlich von porta Mugionis 
auf der Höhe des Berges, am Hauptaufgang rechter 
Hand, Richter jedoch verlegt ihn neben den Titus: 
bogen an den Abhang des Palatin, an die Süd— 
grenze der IV, Region, die entlang der nova via 
gelaufen jei, weshalb ihn die Negionsbeichreibung 
auch in diefer Negion mit aufführe ($ 13). An 
demjelben Abhang des Berges ſucht Richter auch 
den Tempelder magna mater, Auf der Süd: 
weitjeite lag der * Tempel des Jupiter Vic- 
tor, 295 v. E. von Fabius Marimus in der 
Schlacht bei Sentinuum geweiht. Der von Tiberius 
erbaute Tempel des Auguftus befand fich mög: 
liherweife am Wefthange dem Capitol gegenüber. 
— Sn republilan. Zeit war der Berg ein belichter 
Wohnort begüterter Leute (8 6), noch ift aus dem 
Ausgang derjelben ein vollitändig ausgegrabenes 
Privathaus erhalten (das einzige in Rom), man 
nennt es gewöhnlih *Haus des Vaters des 
Tiberius, oder Haus der Livia (in der Gegend 
der heutigen Farneſiſchen Gärten). Unter den Rai: 
jern ward der ganze Berg faijerliches Befigtum, 
ihn bededten die Prachtbauten der Cäſaren. Den 
Anfang machte Auguftus mit feinem Palafte, der 
domus Augustana (wohl auf der Südhälfte 
des Berges) und dem berühmten Apollotempel 
mit reichen Kunftwerfen und 2 Bibliothelen (Trüm: 
mer unter Billa Mills); ihm folgte Tiberius 
mit jeinem Palajte (auf der Weftjeite bei den ar: 
neſiſchen Gärten). Während nun Ealigulas Bauten 
wohl nur Subjtruftionszweden dienten, Nero mehr 
den Ejquilin und die Belia bevorzugte, haben 
die Flavier jene koloſſalen Balaftbauten gegründet, 
deren Refte als *Ruinen des Balatiums nod) 
heute Bewunderung erregen. Wllen voran an 
Prachtentfaltung ging Domitian, der auch das 
*palatinijche ee anlegte. Bon deu 
ipäteren Kaifern verjchönerte bejonders Septimius 
Severus das Palatium, jeine Bauten lagen au 
der Südoftjeite. An der Ede ſchloß diefelben der 
Prachtbau des Septizoniums ab, eines mächtigen 
dreiftödigen Hallenbaues, der mit der Front nad) 
der via Appia gerichtet war, nach dem Willen des 
aus Afrika ftammenden Herrſchers: „ut ex Africa 
venientibus suum opus oceurreret“ (die Reſte 
der großartigen Ruine lieh Sixtus V. abbrechen). 
— XI, R. Circus maximus, jüdlid von X., 
begriff das Circusthal und das Velabrum dem 
Fluſſe zu. Den Namen gab der Circus in der 
vallis Murcia ($ 2) dem Thal, das die Natur 
felbft zur Rennbahn beftimmt hatte. Koftbare 
Bauten wurden hier erjt ſeit Auguſtus errichtet. 
Er wurde mit Schranfen, den jog. carceres, ver: 
ichen, die zugleich an der einen Seite den Anfang 
der Yaufbahn bezeichneten, wie calx oder creta, 
eine weiße Linie oder mit Kalf gefüllte Furche 
das Ende derjelben. Am Palatin baute der Kaiſer 
das *Pulvinar ad Circum maximum und 
ließ auf der Spina des Circus einen *ägypti— 


an der nova via, die bis zu Conſtantins Zeit ſchen Obelisken errichten (jegt auf piazza del 


20 


21 


1050 


popolo). Die folgenden Kaiſer trugen zur Ber: 
Ichönerung des Baues und zur Vermehrung der 
Sitpläße wefentlich bei, jo daß der Circus 485 000(?) 
Zuſchauer gefaßt haben joll. Eonftantin ließ noch 
einen *zweiten Obelisken auf der Spina er- 
richten, der jebt vor dem Lateran fteht. An der 
Südſeite des Circus lag die ara Consi, über 
demjelben am Apentinhange der Tempel des 
Mercur. — Außer dem Circus gehörten zu diejer 
Region noch die 3 Marktplätze ın der Nähe des 
Tiberufers: Velabrum, forum boarium, f. 
holitorium. Auf der Grenze zwijchen ben beiden 
erfteren lag ein *Bogen des Sceptimius Se— 
verus, den die argentarii und negotiantes des 
f, boarium dem Kaifer gejept hatten, dicht daneben 
fteht heute noch wohlerhalten der*Janusquadri- 
frons Eonftantind. Das Belabrum diente den 
mannigfachiten Zweigen des Kleinhandels, ebenſo 
der nördlich davor gelegene Vicus Tuscus (hier 
die Buchhandlung der Sosii, Hor. ep. 1, 20, 2). 
Das f. boarium hatte als Wahrzeichen den 'chernen 
Stier, der gegen Ende des 3. Jahrh. v. E. von 
Aigina nah Rom gebracht worden war, an feiner 
Cüdoftede ftand beim Eingang in den Circus die 
ara maxima des Hercules, unmittelbar daneben 
die Tempel des Hercules Victor, der Ceres, 
des Liber und der Libera. An der Norbjeite 
bes Forums lagen nahe am Flußufer die noch heute 
erhaltenen Tempel der * Fortuna, der *mater 
Matuta (gewöhnlich Beftatempel genannt), ſowie 
des Portunus; auf dem f. holitorium endlich, 
dem Gemüfjemarft (heute piazza Montanara), die 
3 Tempel der Spes, der Pietas und der Juno 
Sospita, an ihrer Stelle jebt die Kirche 8. 
Nicola inCarcere. — XII. R. Piscina publica, 
füdlich von der vorigen, gmüicen C. maximus und 
p. Ostiensis, einer der kleinſten, aber volkreichſten 
Diſtrikte, da ſich hier nur — öffentliche Gebäude 
befanden. Die piscina publica, nach der die 
Region genannt ift, war ein Teih zum Wajchen 
und andern Berrichtungen; auf dieſer Stelle er- 
hoben fich jpäter die ioloffalen Anlagen der von 
Caracalla erbauten * Thermae Antonianae, 
deren Reſte zu den gewaltigften Ruinen Roms 
ehören (Fundftätten des Farneſ. Herkules und des 
—— Stieres). Zu dieſer Region gehörte auch 
der öſtliche Teil des Aventin (bis zum clivus 
Delphini), auf welchem der Tempel der Bona 
Dea Subsaxana (frevel des Elodius) Tag. — 
XII. R. Aventina, nordweftlid von der vorigen, 
umſchloß die weſtliche, größere Hälfte des Aventin. 
An der Grenze der vorigen Region, hart au p. 
Östiensis, lag, von der Mauer umicloffen, das 
*Sepulerum oder die Pyramide des Ce— 
ftins (. d.) heute daneben der protejtant. ? — 
Die Höhe des Berges, über den der clivus 
blieius als Hauptitraße führte, war eingenommen 
von mehreren Tempeln: zunächft der Diana (etwa 
auf der Stätte von 8. Prisca), den nach der Sage 
Servius Tullins als Bundesheiligtum des Latini- 
ſchen Städtebundes erbaute, ferner der Juno Re- 
gina,der Minerva,de3 JupiterLiberator, 
des Jup. Dolichenus (Doliche in Syrien) und 
der Libertas. Hier lag das Geburtshaus Tra- 
jans und feines Freundes Licinius Sura, des 
Gründers der balneae Surae, neben denen 
fi} die thermae Decianae befanden. An der 
Nordweftjeite, am Flußufer waren die Abladeftellen 


Roma. 


für die zu Schiffe anlangenden Waren; von den 
Niederlagen der Holzhändler umgeben lag dort 
die porticus Aemilia und unweit Davon dad 
*Emporium, auf dem ſich große Padhöfe und 
Speicher, die horreaAniciana und Galbiana 
befanden (8 6. In der — Stadt gab es über— 
haupt 17 — = xiv R. trans Tiberim 
(Trastevere): die einzige Region auf dem rechten 
Flußufer. Dafelbft befanden fich die Gärten des 
Eäjar, die er dem Volle teftamentarifch hinterlich; 
Au uftus baute darin die Naumachia {f. d.), ein 
Barfın für Schiffäfampfipiele. Im übrigen wurde 
diejer Stadtteil von Handwerkern (namentlich 
Töpfern, wie noch heute) bewohnt. 
felde gegenüber, doch nicht von den Mauern um: 
ichloffen und zu Feiner Region gehörig, lag der 
campus Vaticanus ($ 11). Hier befanden 
fih im 1. Jahrh. n. E. am Platze der jeßigen 
Beteräfirche die Gärten der — EN ee welche 
Nero erbte, famt dem Circus des Nero (deflen 
Spina derjelbe Obelisk zierte, der heute auf dem 
Petersplaße fteht), wo er feine Triumphe feierte, 
aber auch die Graufamleiten gegen die Chriften 
ftattfanden, die der Brandftiftung bejchuldigt waren. 
Am pons Aelius lag die moles oder das *Mau- 
soleum Hadriani (die jeßige Engelsburg). 
Zwiſchen diefem Maufoleum und dem Circus Ner. 
ziehen fich jeht die mächtigen päpftlichen Gebäude 
hin, weldye ſich an den Ralaft des Batifan und 
die Peterslirche anfchließen. — Die Straßen Roms 
waren entweder Viae, d. h. große und breite 
Hauptftraßen, 5. B. V. sacra (IV. Region), V. 
nova (X.), V. lata (VII), Alta Semita (VI.), 
oder Clivi, db. h. gepflafterte, an den Hügeln 
hinaufführende d Hauptitraßen, % B. cl. Capitoli- 
nus (VIII), Publieius (XIII.), Scauri (II.), Urbius 
(IV.), oder Vici, fleinere Berbindungsftraken, 3-2. 
v. iugarius (VILL.), Tuscus (VIII), Cuprius und 
sceleratus (IV.), patricius (V.), oder Angipor- 
tus, Heine Sadgafjen. Die Kreuzungen der Straßen 
gichen Compita. — Bu bemerfen find noch die 
afferleitungen, Aquaeductus (f.d.). — Littera- 
tur: Platner, Bunfen, Gerhard, Röftell und Urlichs, 
Beſchreibung der Stadt Rom (1830-1845). Aus: 
zug von Platner und Urlich® (1845). W. U. Beders 
Handb. der röm. Altertümer, Bd. 1 (1843). Reber, 
die Ruinen Roms (2. Aufl. 1878). Bender, Rom 
und römijches Leben (1880) S. 30-92. Nic: 
ter, Artifel „Nom“ in Baumeifters Dentmälern 
des klaſſ. Altert. Bd. III ©. 1486-1534, und 
Topographie von Rom in Iw. Müllers Handbud) 
der klaſſ. Altertumswiffenichaft III S. 723 ff. Nor: 
dan, Topographie der Stadt Rom im Altertum 
(1871— 85). Ziegler, das alte Rom (Schulausgabe 
1882), ee Geſchichte Roms im Mittel: 
alter Bd. 1. PVisconti-Lanciani, Guida del Pa- 
latino. Lanciani, Ancient Rome in the light 
of recent discoveries (1888). — Als Berfonifi: 
fation der weltbeherrſchenden Stadt erhielt Roma 
zuerft bei den Griechen und befonders in Klein— 
afien ihre Verehrung und Tempel. Smyrna rühmte 
fi, 195 v. C. der Roma den erjten Tempel ge: 
baut zu haben. Tac. ann. 4, 56, vgl. Liv. 43, 6. 
Seit Gem Kriege gegen PBerjens wurbe die Vver 
Ötterung Roms in Wfien immer gewöhnlicher; 
fit Auguftus erhielt die Göttin Roma zufammen 
mit dem Divus Julius oder mit Muguftus in den 
hellenifchen Städten Tempel und Bilder, Spiele 


Dem Mars: : 


ts 


Romanus 


und Feſte. Das Bild der Roma, wie es ſich auf 
den afiatijhen Münzen zeigt, hatte die Geſtalt 
einer perjonifizierten Tyche von Rom, trug eine 
Mauerkrone, ein Füllhorn und andere Attribute 
des Segens und Heils, eine . u. ſ. w. In 
Rom ſelbſt, namentlich auf den Münzen, erſcheint 
Roma immer als eine kriegeriſche Heroine, bald 
mehr der Minerva, bald einer Amazone ähnlich, 
ſtehend auf einen Schild geſtützt, auf Waffen ſitzend, 
die Siegesgöttin auf ihrer Rechten, auf ihrer Schul: 
ter. n. ſ. w. Einen prächtigen Tempel erhielt fie 
zu Rom unter Hadrian zufammen mit Venus. 

Romänns, Beiname mehrerer Männer aus 
niedrigem Stande: 1) ServiusRom., ein Sflave, 
der zum Lohn für den Verrat der Burg Artena 
an die Römer (404 v. E.) die Freiheit und feinen 
Namen erhielt. Liv. 4, 61. — 2) Hiſpo Rom, 
ein Angeber unter Ziberius, fuchte jpäter Seneca 
bejonders durch Angeberei zu jchaden. Tac. ann. 
1, 74. 14, 65. Nach dem Rhetor Seneca (controv. 
17. 26) fcheint er auch Rhetor gewefen zu fein. — 
3) unter Jovian und dem erjten Valentinian Statt» 
halter von Afrika, wo er fich durch Erpreflungen 
verhaßt machte und den Abfall der Provinz ver: 
anlaßte. Amm. Marc. 28, 6; vgl. 27,9. 

Romilii, 1) T. Rom. Rocus Baticanus, 
Konjul 455 v. E., bejiegte die Aquer, wurde nad) 
jeiner Rüdtehr jamt jeinem Kollegen wegen Ber: 
faufs der Beute, und weil jie den Siccius Denta— 
tus und jein Heer in Gefahr gebracht hatten, an: 
geflagt und mit einer Geldftrafe belegt. Liv. 3, 31. 
Dion. Hal. 10, 43 ff. Durch jeinen Eifer für Ab— 
fafiung neuer Geſetze erwarb er ſich die Vollsgunſt 
und wurde 451 in das Kollegium der Decemvirn 
gewählt. Dion. Hal. 10,50. Jiv. 3, 33. — 2) Rom. 
Marcellus, röm. Eenturio, wurde 69 n. C. wegen 
jeiner Anhänglichleit an Galba getötet. Tac. hist. 
1, 56. 59. 

Romüla oder Romulea, alte Bergftadt ber 
Hirpiner in Samnium, zwifchen Aclanum und 
Bons Aufidi, an der von Beneventum nach Tarent 
führenden Straße; von den Römern im dritten 
Samniterkriege geplündert und zerftört; j. Bifaccia. 
Liv. 10, 47. 

Romülus, ‘'Pouvkog, 1) Gründer Roms und 
erjter römijcher König 753—716 v. E., Sohn der 
Rea Eilvia (j. d.) und Enkel des Numitor. Nach 
ber Sage befahl König Amulius, die von Jlia, 
der Todter des früheren Königs Numitor, aus der 
Umarmung des Gottes Mars geborenen Zwillinge 
in den Tiber zu werfen. Die Diener trugen die 
Kinder von Alba bis an den Tiber, fanden aber 
den Fluß ausgetreten. Daher jchoben fie die Wanne 
mit den Kindern in das flache Uferwafler. Das 
Waſſer trat bald zurüd, die Wanne ftieh gegen 
einen Stein, fiel um, und die Kinder lagen im 
Schlamme. Zu den jchreienden Kindern fam eine 
Wölfin, reichte ihnen die Ziten und leckte fie mit 
der Zunge rein. Auch ein Specht hütete die 
Kinder und trug ihnen Speife zu. Das fah einer 
der löniglichen Hirten, der feine Genoffen herbei: 
rief. Sie bradjten die Knaben dem oberften der 
Schweinehirten des Königs, dem Fauftulus, und 
deflen Frau Acca Larentia nährte die Zwillinge, 
die Romulus und Nemus genannt wurden. Die 
Knaben wuchſen unter den Hirten zu rüftigen 
Jünglingen auf. Als fie einft mit Numitors Hirten 
in Streit geraten waren, brachten diefe den Remus 


— Rosa. 1051 
efangen vor ihren Serrn, der, als auf feinen 
efehl auch Fauftulus mit Romulus vor ihm er: 

ſchienen war, aus den Erzählungen der Hirten und 

den Gefichtszügen der Jünglinge in ihnen feine 

Entel erfannte. Bald darauf erjchlugen fie den 

Amulius und jeßten den Großvater wieder auf 

den Thron, worauf derjelbe ihnen geftattete, an 

der Stelle, wo ihre Ausjehung ftattgefunden hatte, 
eine Stadt zu gründen. Beide Brüder hatten 
ihren Anhang, die Genoffen des Romulus hieken 

Uuninctilier, die des Nemus Fabier. Der ftärtere 

Anhang jenes verichaffte ihm die Ehre der Grün: 
dung. Als Remus über die eilig aufgeführten 
niedrigen Mauern fpottete, ward er von feinem 

Bruder erjchlagen, die That aber in dem Feſte 

der Lemurien gejühnt. Romulus eröffnete eine 

Freiftatt, aber die Nachbarvölfer wollten das ius 

eonubii nicht gewähren; das verjagte verichafite 

er fih an dem Neptunäfefte der Consualia mit 

Gewalt (Raub der Sabinerinnen). Der König 

Heron von Cänina (f. d.), der diefen Frevel rächen 

wollte, ward befiegt und feine Rüſtung (spolia 
opima) im Tempel bes Jupiter Feretrius auf: 

gehängt. Ebenjo ging es mit Antemnä (f. d.) und 
ruftumerium (j. d.). Nur der König von Eures, 

Titus Tatius (ſ. d.), war glüdlich, und die Nömer 

mußten fliehen, die Burg des Mons Capitolinus, 

auf welchem die Sabiner ſich fpäter niederliehen, 
fiel durd; Verrat (Tarpeja) in die Hände bes 

Feindes, aber die geranbten Frauen vermittelten 

den Frieden, und beide Könige vereinigten fich zu 
reg Ye Herrihaft. Nach dem Tode des 

Titus Tatins führte Romulus diejelbe allein fort, 
befriegte glüdlih die Fidenaten und Bejenter, 
ward aber bei einer auf dem Marsfelde gehalte: 
nen Mufterung und einer während derjelben ein: 
getretenen GSonnenfinfternis plößli der Erbe 
entrüdt und follte mun nad der Erflärung des 
Senators Julius Proculus als Gott Quirinus 
verehrt werben. (Die Erzählung von dem Kriege 
mit Fidenä kehrt faft ebenjo im J. 424 wieder, 
und der Kampf mit Beji ift durch die von No: 
mulus erlegten 8000 Etrujfer etwas wunderbar.) 

2) der letzte römijche Kaifer (475-—476 n. E.), 
nach feiner Thronentjegung auch Auguſtulus 
zubenannt, ein Sohn des Pannonierd Dreftes, 
welcher in Attilas Dienften ftand, von diefem ala 

Sejandter nad) Eonftantinopel geihidt worden war 
und fpäter den mweftrömifchen KRaifern diente. Er 
wurde römiſcher Patricius und Befehlshaber in 
Gallien, 475, und rüdte von da aus nad) Stalien, 
wo er feinen faum fechzehnjährigen Sohn Ro: 

mulus auf den Thron erhob, jedoch für ihn als 

Patricius die Negierung führte. Aber fchon im 

nächſten Jahre ftürzte der Rugier Odoaker das 

ſchwache Römerreih, um an deſſen Stelle ein Kö: 
nigreich Jtalien zu errichten, ſchenkte jedoch dem 
jungen Fürſten das Leben und verlieh ihm ein 

Jahrgeld, das er in Campanien verzehren follte. 
Procop. b. g. 1, 1. Jord. r. Get. 45. 

Rorarii j. Acies. 

Rösa, griechiſch Södor, die Roſe, ſchon bei den 
Alten jehr beliebte Blume, bejonders zum Schmude 
der Gaftmähler, ald Kranz auf dem Haupte der 
Trinfenden (daher potare oder iacere in rosa, redi- 
mitus rosa u. dgl. m.), aber auch zum Zeichen ber 
Liebe und Erinnerung auf den Gräbern, Münzen ꝛc. 
Hor. od. 1, 36, 15. 2, 11,14 u.ö. Prop. 1,17, 22. 


1052 


Boscli, 1) Sert. Nojc., ein wohlhabender und 
augejchener Bürger aus dem Municipium Ameria 
in Umbrien, wurde zu Nom bei den Rallacinischen 
Bädern (j. d.) einige Monate nach den jullani: 
ichen Brojfriptionen ermordet. Cie. Rose. Am. 7, 18. 
— 2) Sert. Nojc., der Sohn desjelben. Als fein 
Vater ermordet und dejjen Güter eingezogen waren, 
faufte leßtere um einen Spottpreis der Freige— 
lajjene und Günftling Sullas Chryſogonus und 
teilte die Beute mit 2 Nojciern, T. Roſe. Capito 
und T. Roſe. Magnus, den mutmaßlichen Urhebern 
der Mordthat. Cie. Rose. Am. 30, 83 ff. 35. 98 ff. 
Bon Haus und Hof vertrieben, wurde Nofc. der 
Sohn hierauf dur E. Erucius jelbjt des Vater: 
mordes angeflagt, aber von Cicero mit großem 
Talente und Erfolge — 80 v. C. Plut. 
Cie. 8. Cic. off. 2, 14, 51. Gell. 15, 28. — 3) einer 
der berühmtejten und gefeiertſten Schauſpieler in 
Rom, ein geborner Sklave, ſtammte aus dem 
Dörfhen Selonium bei Lanuvium, erkaufte ſich 
aber ſpäter die Freiheit und führte den Namen 
D. Roſcius Gallus. Bon Natur mit einem 
wohlgebauten, biegjamen Körper ausgejtattet, wußte 
er durch jorgfältiges Studium der Mimil, bejon- 
ders dadurch, daß er den Äußeren Vortrag der be: 
deutendften Nedner auf dem Forum beobachtete, 
diejer Naturgabe eine jolche Zierlichkeit und Armut 
u verleihen, daß jeine venustas allgemein aner: 
annt und gerühmt wurde. Als Schaufpieler jegte 
er dieje Studien unabläffig fort, jo daß von ihm 
berichtet wird, er habe ar der Bühne feinen ein: 
zigen Geſtus gemacht, den er nicht vorher zu Haufe 

berdacht uud einftudiert habe. Cie. de or. 1, 59. 
Arch. 8. Auch theoretiich bejchäftigte er ich mit 
jeiner Kunft und jchrieb eine Vergleichung zwijchen 
der Rede: und Schauſpielkunſt, daher von Hora 
(ep. 2, 1, 82) doctus Roscius genannt (vgl. au 
Aesopus). Er war ber gefeiertjte Liebling des 
römiſchen Publikums, und die größten Staats: 
männer, wie Sulla und Cicero, waren ihm be: 
freundet, zumal da er auch als Menich hoch und 
groß daſtand. Er hatte auch eine Thenterjchule, 
die für jeden jungen Schauipieler, der ſich darin 
gebildet Hatte, eine große Empfehlung war. Cie. 
Kose. Com. 105. NR. trat, wie es fchon fein Bei: 
name Comoedus bejagt, meift in Komödien und 
zwar gegen die Sitte der damaligen Schaufpieler 
meift ohne Maste auf und war ausgezeichnet in 
der Darjtellung der Leidenschaften und ſolcher 
Rollen, die ein lebendiges Gebärdenſpiel verlang: 
ten. Cie. de or. 2, 57. 3,26. Für feine Leiftungen 
empfing er ein jehr bedeutendes Honorar. Plin. 
7, 40. Erſt kurz dor jeinem Tode jcheint er die 
Bühne verlafjen zu haben. Er ftarb etwa 62 v. E. 
Cicero verteidigte ihn (76, nach Drumann erft 72) 
gegen cine Anklage des C. Fannius Chärea wegen 
eines ihm übergebenen Sflaven (Banurgus), den 
er in der Schaufpielfunft unter der Bedingung 
unterrichten fjollte, daß Herz und Lehrer ſich in 
den Gewinn teilen follten, den einft die Kunſt des 
Sflaven eintrüge. Inzwiſchen war der Sflave 
von einem gewiſſen Flavius ermordet worden. In 
dem Prozefie handelte es fih um die Teilung des 
Erjages, den Flavius zuerjt dem Roſeius, dann 
dem Fannius geleiftet hatte. — A). NR oje. (Otho), 
Voltstribun 67 ». E., gab ein Geſetz über die 
Schanfpiele. Jur. 3, 153. — 5) 2. Roſe. Faba: 
tus, ein Anhänger Cäſars, fiel wahriheinlid in 


2a. 


| 


Roscii — Rubellii. 


der Schladht bei Mutina, 43 dv. E. Cie. ad fam. 
10, 33, 

Rostra, 1) ZußoA«, 2 ftarfe hervorragende, mit 
eijernen Spigen verjehene Balken, am Vorderteile 
der Kriegsichiffe dicht unter dem Waflerjpiegel be— 
feftigt und Schnäbel genannt. Mit denjelben 
juchte man die feindlichen Schiffe von der Seite 
u faflen und in den Grund zu bohren. Bgl.See- 
rieg, 4. Die den Antiaten 338 v. E. abge: 
uommenen Roftra wurden als Siegestrophäen auf 
dem Forum zu Kom aufgehangen, und jeitdem 
bezeichneten rostra 2) die Hednerbühne und den ſie 
umgebenden Raum des Forum (j. Roma, 15.). 

Rotomägus j. Ratomagus. 

Roxäne, 'Po&dvn, Tochter des Oxyartes, eines 
baftrifchen Fürften, wurde nad) der Einnahme der 
feften Felſenburg, im der ihr Vater jich verteidigte, 
von Alerander dem Gr. gefangen genommen und 
ihrer ausgezeichneten Schönheit wegen zu feiner 
Gemahlin erhoben, 327 v. E. Curt. 8,4. Nach 
jeinem Tode ließ R. aus Eiferfucht die Stateira, 
der fich der König in Suſa vermählt hatte, im 
Einverftändnis mit Perdiffas töten und gebar einen 
Knaben, den König Wlerander IV., 323. Plut. 
Alex. 70. 77. Bgl. die Gejchlechtstafel unter Phi- 
lippos, 1. Mutter und ind wurden nach ber 
Teilung von Triparadeiſos (321) von Antipater 
mit nad) Mafedonien genommen (Diod. Sic. 18,39. 
Strab. 17, 794) und nad) des leßteren Tode (319) 
von Polyſperchon, ſowie von Olmmpias begünftigt 
und bejchüßt. Plut. Fum. 13. Als dieje jich vor 
Kaffanders Rache nad) Pydna flüchtete, hatte fie 
Rorane und Alerander bei ſich Diod. Sie. 19,35, 
Just. 14, 6); aud) fie gerieten bei Einnahme der 
Stadt in Kaffanderd Gewalt, der fie in Haft be= 
hielt und heimlich töten Tieß, 8311. Diod. Sie. 
19, 105. Just. 15, 2. 

Roxoläni, 'Po&olavoi, ein mächtiges ſarmati— 
iches Volt an dem Maiotisfee, zwiichen dem Bo: 
rhithenes und Tanais. Sie waren jo mächtig, daß 
ein Heer derjelben von 50 000 M. gegen Mithri: 
dates Eupator fämpfte. Nachmals wurden fie den 
römischen Donauprovinzen jo gefährlich, daß Ha— 
drian ihnen einen jährlichen Tribut zahlte; noch 
fpäter dagegen erjcheinen fie als römiſche Hülfs— 
truppen. Ihre Stürfe beftand in ihrer Reıiterei. 
Tac. hist. 1, 79. Strab. 7, 306. 312. 

Rubellii. 1) (E.) Rub., Blandus, trug 20 
n. E. darauf an, daß der Ämilia Lepida, welche 
die Wahrjager über die Yamilje Cäjars befragt 
—— ſollte, Waſſer und Feuer unterſagt würde. 

ac. ann. 3, 23. 51. Er ſtand bei Tiberius jo 
hoch angejchrieben, daß ihm derjelbe mit feiner 
Enfelin Julia, der Witwe des Nero, vermählte. 
Tac. ann. 6,27. S. die Stammtafel unter Juliı, 8. 
— 2) Rub. Plautus, des vorigen Eohn, den 
Agrippina zum Herrſcher an ihres Sohnes Nero 
Stelle und zum eigenen Gatten auserjchen haben 
jollte. Tac. ann. 13, 19. Diejfer Umftand und 
andere Zeichen, welche Nero auf ihn deutete, zogen 
ihm die Verweifung nach Afien zu (Tae. ann. 
14, 22), wo er, ald Neros Miftrauen durch ee 
linus’ Aufreizungen gefteigert war, auf des Th— 
rannen Befehl umgebracht ward (62 n. E.). Tac. 
14, 57 ff. Rub. war Anhänger der ftoiichen Phi: 
5 und ein Mann von ſtrengem Weſen. — 
3) deflen Sohn, Nub. Blandus, wird von Ju: 


Rubi — Rugü. 


1053 


venal (8, 397f.) als eitler und auf jein vorncehmes ten (rude donati) Rudiarii, über die zu ver: 


Geſchlecht pochender Mann geichildert. 
Rubi, Heine Stadt der Peucetier in Apulien, 


| 


gleichen Gladiatores, 2. 
Rufinus, 1) ein Gallier von großem Talent, 


nad einigen 23, nad andern 30 röm. Millien | trat unter Theodofius dem Gr. in römische Dienfte, 
| wurde Befehlshaber der Leibwache und erhielt die 
Rubico, ö "Povßixov, Grenzflüßchen zwifchen | Verwaltung des Oftens, 394 n. E., während des 


von Canufium; j. Ruvo. Hor. sat. 1, 5, 94. 


bem eigentlichen Italien (Umbrien) und dem cis: | Kampfes des Theodofius gegen Eugenius. 


Nach 


alpiniſchen Gallien, mündet ins Adriatiſche Meer, Theobofius’ Tode (395) führte er die Regierung 
j. Bijatello, n. a. Rugone. Merfwürdig ift er in als Minifter des unmilndigen Arcadius, herrichtr 
Cäſars Geſchichte durch deffen Übergang. Cie. Phil. | aber mit ſolcher Härte und Graufamfeit, überließ 


6, 3. Suet. Caes. 31. 
Rubra Saxa, Felſen in Etrurien beim Flüß- 
chen Eremera an der Flaminiſchen Strafe. Cic. 


Phil. 2,31. Liv. 2,49. Tae. hist. 3, 79. Dort | lung gebahnt 
befiegte 312 n. E. Eonftantin d. Gr. den Marentius. | ratung feiner 


| 


fi) jo jehr jeinem Geize und feiner Habjucht, daß 
er ſich den öffentlichen Haß zuzog. Wie er fid) 
durch Intriguen den Weg zu feiner hohen Stel: 
* ſuchte er num durch Verhei— 

ochter an den willenloſen Kaiſer 


Rubricätus, ‘Povßgixaros, 1) Fluß im nord: dieſelbe zu befeſtigen; indes eine Reiſe nad) dem 
öftlichen Teile des tarraconenfishen Hifpaniens, | Orient wurde von Eutropius benußt, die Heirat 


mündet unterhalb Barcino; j. Llobregat. Mela 
2,6,5.— 2) Fluß in Numidien, entipringt auf dem 
. Thambes und mündet bei Hippo Regius; 
auch Ubus genannt; j. Wed Sebus. 

Kubrii, 1) Bolfötribun mit C. Gracchus, ber: 
anlaßte ein nach ihm benanntes Geſetz zur An— 
legung einer Kolonie auf der Stätte des zerftörten 
Karthago, im %. 122 vu. €. Plut. ©. Gracch. 10. 
— 2) Helfershelfer und Genofle des berüchtigten 
Verres. Cic. Verr. 1, 25. — 3) D. Rubr,, ein 
braver Mann, welchen Verres bejchenfte. Cie. Verr. 
3,80. — 4) 2. Rubr., römischer Senator und An: 
hänger des Bompejus, wurde von Eäjar in Eorfi- 
nium gefangen genommen und in Freiheit gejeßt, 
49 v. C. Caes.b. c. 1,23. — 5) M. Rubr., ge: 
nannt als Stellvertreter des jüngeren Cato zu Utica, 
46 dv. E. Plut. Cat. min. 62. — 6) wurde wegen 
Entmweihung des Namens des Auguftus angeflagt 
(15 n. E.), bon Tiberius aber unbeftraft gelaffen. 
Tae. ann. 1, 73. — 7) Rubr. Fabatus, ent- 
ging 32 n. E. ald Anhänger Sejans der Beſtra— 
fing wegen Teilnahme an einer Verſchwörung 
gegen Tiberius. Tac. ann. 6, 14. — 8) Rubr. 
Gallus, römifcher Feldherr unter Nero, ging 
jpäter zu Otho über und arbeitete auf Antrieb des 
Sabinns gegen Bitellius zu Gunſten des Veſpaſian. 
Unter legterem fämpfte er mit Auszeichnung gegen 
die Sarmaten. Er Tebte noch unter Domitian. 
Dio Cass. 63, 27. Taec. hist. 2, 51. 99. Joseph. b. 
J.7,4,3. — 9) Rubr. Gallus, vielleicht des 
vorigen Sohn, veranlaßte einen Senatsbeihluf, 
weldyer den Freigelaſſenen auch gegen den Willen 
der Erben des Teftators die Freiheit jicherte. 

Rubrum mare |. Erythraeum mare. 

Rudiae, "Povöi«, j. Nugge, Stadt in Apulien 
per: Venufia nnd Brunduſium, Baterftadt des 

ichterd Ennius. Diefer Teil des Landes, das 
Gebiet der Peucetier, wurde jpäter zu Calabrien 
geredjnet, woher es kommt, daß Ennius ein Ca— 
labrier genannt wird (Calabrae Pierides, Hor. 
od. 4, 8, 20). Magnus Auruncae alumnus nennt 
ihn Juvenal (1, 20). 

Rudis, eine Art Rappier, mit dem die zu den 
Fechterfpielen einzuübenden Tirones zunächft gegen 
einen fingierten Feind (einen Pfahl), dann paar: 
weile fämpften. Namentlich bezeichnete es aber 
einen Stab, durch defien Verleihung die Gladia— 
toren ihre Befreiung erlangten. Er wurde ihnen 
oft auf Verlangen des Volles für bewiejene Tapfer- 
feit von dem lanista oder dem Beranftalter des 
Spieles verliehen, und hießen die Damit Beſchenk— 





zu hintertreiben. Rufinns knüpfte nun Verbin: 
dungen mit den Hunnen an und ließ auch die 
Provinzen don gotischen Söldnern ausplündernt. 
Als aber Stilicho (j. d.), welcher zum Vormund 
der beiden Söhne des Theodofius ernannt zu fein 
behauptete, mit den Truppen, die Theodojius gegen 
Eugenius verwendet hatte, ſowie mit denen des 
feßteren, welche fi dem Theodoſius ergeben hatten, 
heranrüdte, und Arcadius die Truppen des Dftens 
— gehorchte Stilicho, gab aber dem Goten 
Yainas, unter deſſen Befehl die Truppen geſtellt wur: 
den, den Auftrag, Rufinus zu ermorden. Diejer Auf: 
trag wurde vor den Augen des Arcadius vollzogen, 
Ende 395. Zos. 4, 51 ff. 5, 1ff. — 2) Gramma: 
tifer aus Antiocheia, Verfaſſer eines commentarius 
in metra Terentiana und einer Abhandlung über 
die Metra der Redner, herausgegeben von Keil, 
gramm. Lat. VI p. 547 ff. 

Rufius j. Avienus. 

Rufrium, Stadt der Hirpiner in Samnium, 
ij. Ruvo (Liv. 8, 25), nicht zu vermwechieln mit 
Rufrae, Stadt in Campanien, j. ©. Felice a 
Ruvo. Verg. A. 7, 739. 

Rufus, 1) ein Arzt aus Ephejos im 1. bis 2. 
Jahrh. n. E., hat uns außer mehreren anderen 
für die Geichichte der Medizin im Altertum wid): 
tigen Schriften ein Werf anatomiſchen Inhalts 
hinterlafien. — 2) ein Echriftiteller, an den Pli— 
nius mehrere Briefe richtete (vgl. Plin. ep. 5, 21. 
9, 389). — 3) Sert. Rufus (richtiger Rufus 
Feftns), zur Beit des Kaiſers Balens, um 369 
n. E., verfaßte einen Abrif der römischen Geſchichte 
(breriarium rerum gestarum populi Romani 
genannt, vielleicht zum Schulbuch bejtimmt), wel— 
her weder nach feinem Inhalte, noch nach feiner 
Sprache bedeutend ijt. Seine Hauptanellen waren 
für die ältere Din eine Epitome des Livius umd 
Eutropius; für jeine Zeit benußte er vermutlich offi- 
ielle Nachrichten, Zeitungen und Kriegsberichte. 

usgg. von Verheyk (1762), Tzichude (1793), Wend. 
Förfter (1874) und Wagener (1886). Abhandlung 
von Jacobi (1874). — Außerdem ijt Rufus häu— 
figed cognomen, namentlich in den familien der 
Eäeilii, Mirmeit und Pompeji (j. ®.). 

Rugfi, bedeutende Völkerſchaft an ber Küſte 
des nördlichen Germaniens, zwiſchen Viadrus und 
Viftula, wo fie fi noch in ben Namen Rügen, 
Rügenwalde, Rega erhalten hat, jowie in Regen: 
walde, ‘Posyıor, der Stadt des Wolfes. Tue. 
Germ. 43. Nad) längerem Verſchwinden ericheinen 
die Rugier aud im Zuge des Attila. 


1054 Rumina — Sabaei. 


Rumina (Rumia), römiſche Göttin der jäugen- 
den — die auch den Kindern die Nahrung | T 
der Mutterbruft verihafft (an dem ficus Kumi- 
nalis wurden Romulus und Remus von der Wölfin 
gejäugt). Als Hirtengottheit erhielt fie im Lupercal 
Opfer von Mil; ihre Kapelle ftand neben dem 
Ficus Ruminalis am Qupercal. Nicht weit davon, 
auf dem Velabrum am Forum boarium, war aud) 
eine Kapelle der Laren und das Grab der Acca 
Larentia, die in jpäterer Zeit mit Rumina iden— 
tifiziert wurde. — Ruminus war ein Beiname 
des Jupiter. 

Rupilii, 1) P. Rup., urjprünglid) gewöhn 
licher Arbeiter, brachte es, mit Hülfe des ihm 
befreundeten fängeren Scipio, 132 v. E. bis zum 
Konjulate. Cie 1. 20, 73. Gegen die Anhänger 
des älteren Gracchus verfuhr er mit großer Strenge. 
Hierauf ging er in feine Provinz Sicilien und 
brachte hier ben —— des Eunus (j. d.) 
u einem glüdlichen Ende m Giciliend innere 

erhältnifte und Verwaltung erwarb er ſich große 
Berdienfte (ſ. Leges Rupiliae). . Max. | ®egner des Saturninus, "ging mit dem Bontifer 
2, 7,3. Oros. 5, 9. — 2) Sein Bruder, g, Rup., ., | Scävola im J. 100 oder 99 nad Ajien, verwaltete 


Rutöni, ‘Povrnvod, galliiche Bölferihaft, zum 
bewarb fich, obgleich ale. von Scipio unter: | daran ie Provinz, wie es jcheint, —— 


eil in Aquitanien (Arverner), zum Teil in der 
Provincia. Ihre Hauptſtadt war Segodunum (ji. 
Rhodez) am Veronius (Aveyron). Caes. b. g. 1, 46. 
7, 7. 75. Strab. 4, 191. 

Rutilii, ein aus einem patriciichen und einem 
plebejiihen Zweige —— Geſchlecht: 1) P. 
Rut. Volkstribun und Gegner der Cenſoren €. 
Claudius und Ti. Grachus 169 dv. E., welch letz⸗ 
terer ihm unter die Ararier verjepte. Liv. 43, 18. 
44, 16. — 2) P. Rut. Rufus, ein Zögling des 
_ | Banaitios, von welchem er in ben Lehren der 
Stoa — wurde, jowie Freund des Lälins 
und Scipio (Cie. off. 8, 2, 10. Lael. 27, 101), 
diente im Kriege gegen Numantia als Tribun, 
unter Metellus als Legat gegen Jugurtha, im J. 
109 v. C. (Sall. Jug. 50), unterlag 108 bei jeiner 
Bewerbung um das Konjulat, wurde aber auf das 
J. 105 gewählt und gende fih durh Hand: 
habung zweckmäßiger trenge gegen die Soldaten 
aus, Front. strat. 4, 1,12. 2, 2. Er war ein 


fügt, erfolglos ums Konfulat. Cie. Lael. 20, 73. |und that fi) auch hier durch * gerechte um 
tusc. 4, 17. — 3) P. Rup. Rer, aus Bränefte, ftrenge Verwaltung hervor, welde die Zollpächter 
flüchtete, bon Octavian 43 v. E. — zu Bru⸗ veranlaßte, ihn anzuklagen. Er wurde verurteilt 
tus und verfeindete ſich in deſſen Lager mit Horaz, (92) und verlebte den Reſt ſeines Lebens unter 
wiſſ enſchaftlichen Beſchäftigungen zu Myutilene, 
ſpäter zu Smyrna. Cic. Brut. 22, 85. Rab. Post. 
10, 27. fin. 1,3, 7. Ausgezeichnet war er als 
Nedner, und er erregte noch in jpäterer Zeit durch 
feine Reden Bewunderung. Suet. Oct. 89. In 
Smyrna jcheint er eine Schrift über die Ereignifie 
jeines Lebens (de vita sun) abgejaßt zu haben 
(Tae. Agr. 1); in griechiſcher Sprache ſchrieb er 
eine römiſche Geſchichte; auch juriftiiche Schriften 
werden ihm beigelegt. Bol. Peter, hist. Rom. 
rel. I p. 187 ff. — 3) ®. Rut. Yupus, verlor 
als Konjul des 3. 90 v. C. Schlaht und Leben 
gegen die —— en unter Vettius Cato 
App. b. c. 1, 40 ff. — 4) P. Rut. Lupus, Bolts- 
tribun 56 v. C., — des Pompeius, floh 
vor Cãſar aus Stalien und verivaltete 48 im Auf: 
trage des Pompejus die Provinz Achaja. Caes. 
b.c. 3,55. Cic. ad Att. 9, 1,2. ad fam. 1,2, 2. 
Rusticus, ein römijcher Beiname, der fi) bald | — 5) P Rut. Lupus, ein "römischer Rhetor, j. 
bei Fabiern, bald und vorzüglid bei Juniern | Lupus. — 6) Claudius Nut. Namatianus, 
findet. Der bedeutendfte ift 1) der Stoilfer Ju- ſ. Namatianus. 
nius Nufticus, der Führer und freund des; Rutüli, ‘Povroväos, italiſche Bölferjchaft im 
Marc Murel, von dem er mehrere Male zum Kon: | nachherigen Latium, mit der Hauptjtadt Ardea, 
julate defigniert wurde. Auch das Amt des Stadt: | von den Römern unterworfen; feitdem verjchtwindet 
präfeften befleidete Ruſtieus. — 2) f. Junii, II, ihr Name aus der gg Liv. 1,57. Verg. 4. 
c, 7. — 3) f. Fabii, 27, 17, 409. 791. 10, 108 u. 6. Strab. 5, 228 f. 231. 


der fich dafür . eine luftige Satire (1, 7) ge- 
rächt haben joll. 

Ruscino, ö ‘Povoxivor, Fluß im narbonen- 
fiihen Gallien, entjpringt auf den Pyrenäen und 
fließt öftlich in den Galliihen Buſen. Er hieß 
auch Telis, daher der j. Name Tet. Eine Stadt 
Ruſcino lag an demjelben, j. Eaftel Rouffillon. 
Liv. 21, 24. Strab. 4, 182, 

Rusellae, “Povsiklaı, früher nicht unbedeu- 
tende Stadt Etruriens, eine der 12 Bundesjtädte, 
auf einer Höhe an der Aureliſchen Straße öſtlich 
von Lacus Prelius gelegen, wurde von den Rö— 
mern erobert und — ohne doch bedeutend 
zu werden. Liv. 10, 4. 37. 28, 45. Noch jept find 
die folofjalen, aus unregelmäßigen Duadern be: 
—— Mauern beim Dorfe Moſeone in der 
tähe von Rojelle, im Umfange von 10 000 Fuß, 
jaft ganz erhalten. 


S. 


Saba, Ziße, Zißer, Hauptjtadt der Sabäer| Sabaei, Zapaioı, ein bedeutendes Volt im CR. 
im glüdlihen Arabien, auf einem waldigen Berge; | des glüdlihen Arabiens, im Heut. Jemen, nörb: 
jpäter Mariaba, j. Marib gen. Bis hieher drang | lid) von den jpäter mehr genannten Homertai. 

lius Gallus bei feiner Unternehmung (24 v. E.)| Ihr Land ift an der Küfte glühend heiß und öde, 
vor, konnte aber gegen die mächtigen Mauern mit | war aber im Innern gut bewäfjert und reich an 
jeinem jehr geichwächten Heere nichts ausrichten | Edelfteinen, Zimt, Myrrhe, Baljam und bejonders 
und mußte den Rüdzug antreten. Diod. Sie. 3,47.|an Weihraud. Mit yelen Produkten trieben ſie 
Strab. 16, 778, 780 ff. lebhaften Handel nach Agypten, Syrien und Meſo— 


— 


Sabakon — Sabini. 


potamien, wie nach Dftafrifa und Indien, und 
galten für das üppigfte Bolt der Erde. Wenn 
auch die Schilderungen der Alten (Diod. Sie. 3, 46 f.) 
übertrieben fein mögen, fo geben doch die erheb— 
lihen Refte von Mauern und Türmen, Tempeln 
und Wafjerbauten nocd heute redendes Zeugnis 
von der einftigen Pracht. Strab. 16, 768, 778, 780. 
Hor. od. 1, 29, 3. 

Sabäkon, Sabäkos, Zaßaxor, -wg, ift bei 
Herodot (2, 137 ff. 152) und Diodor (1, 65) der 
Nepräfentant der 3 Könige des aithiopiichen Reiches 
von Napata, welche 723—672 v. E. auch Agypten 
beherrijhten und dadurch mit der bordringenden 
Macht der Afiyrer in Berührung famen. Bon 
andern Schriftftellern werden bdiejelben richtiger 
jo unterfhieden: 1) Sabakos (Sabala) 728— 
716, der 720 bei Raphia von Sargon geichlagen 
wurde; 2) Sebichos (Sabatafa, der So oder rich— 
tiger Seve des A. T.) 716—704, der 711 bei 
demjelben um Frieden nachſuchte; 3) Tarakos 
(Zaharfa, im U. T. Tirhafa) 704—672, der 701 
bei Altafu gegen Sanherib kämpfte und jo zu 
deſſen Rückzug beitrug (vgl. Hdt. 2, 141), aber 
672 vor Niarhaddon das Land räumen und fich 
nad Withiopien zurüdziehen mußte. 

Sabatini, campanijche VBölterjchaft an dem Fluß 
Sabatus, j. Sabbato, einem Nebenfluffe des in den 
Volturnus fallenden Calor. Liv. 26, 33. 34. 

Sabatinus lacus, feiner See in Etrurien nahe 
ber Straße von Coſa nad) Rom; j. Lago di Brac: 
ciano. Strab. 5, 226. Colum. 8, 16. Frontin, 
aquaed. 71. 

h — ſ. Dionysos, 5. und Rhea Ky- 
ele. 

Sabbäta, Zußßera, oder Savo, Stadt an der 
liguriſchen Küfte, weitlih von Genua, galt als 
Grenze der Meeralpen und des Apennin; j. Sa: 
vona. Strab, 4, 201. Liv. 28, 46. Eine geogra: 
phiiche Meile füdwejtlich davon lag der Hafenort 
Vada Sabbatia, noch jeßt Porto di Bado. Strab. 
4, 202, Cicero (ad Brut. 2, 10) hat nur Vada. 
. Sabelli j. Sabini. 

Sabi, Zaußov Baoıleda, ein Meines, nad) ſei— 
nem SHerricher benanntes Reich auf dem Wejtufer 
de3 unteren Jndos. Curt. 9, 8, 13. 17. Die Haupt: 
ftadt hieß nad) Arr. 6, 16, 4 Sindimana. 

Sabina, 1) Gemahlin des Kaiſers Hadrian, ſ. 
Hadrianus. — 2) j. Poppaei, 3. 4. 

Sabini, Zaßivor, gehörten zur Urbevölferung 
Mittelitaliens und bildeten einen Zweig bes ita= 
liihen Stammes der Jndogermanen, zu welchem 
einerjeits die Latiner, andererjeit3 die Umbrer 
und die Samniter mit verwandten Völlern ge: 
hörten. ihre ältefte befannte Heimat lag in den 
Hocthälern der höchſten Apenninen, am Aternus 
bei Amiternum, von wo aus jie nach Picenum, 
Reate u. ſ. w. wanderten, über das Belinusthal 
bis zum Tiber und Anio, gegen Südoften (zwijchen 
die Latiner, quer, Boljfer ſich eindrängend) bis 
um Liris, wo der Stamm der Herniler von 
ihnen abgeleitet wird. Zu dem Stamme der Sa: 
biner gehörten die Heinen Bölferfchaften der Marier, 
Marruciner, Päligner, Beftiner, die unter dem 
Namen der Sabelli begriffen werden. Die eigent- 
lihen Sabiner verbreiteten fich jeit 450 v. E. 
unter dem Namen der Samniter (Lavvira — 
Sabinitae, auf ojfijhen Münzen Safıineis —Sabini) 
erobernd über das ojfiihe Süditalien, mo fie die 


1055 


oſtiſche Sprache annahmen und fich mit den Be- 
wohnern verbanden. ag ſüdlichen Pflanzvölfer 
gaben ſich fjpäter auch den Namen Gabelli, 
welcher Name daher von den Neueren zwedmäßig 
auf den ganzen Stamm ausgedehnt wird, für 
welchen der hiftorifch enger begrenzte Name der 
Sabiner weniger paßt. Troß der mannigfachen 
Wanderungen haben ſich doch gewiffe allgemeine 
Grundzüge des Bollscharafters erhalten. Die ©. 
waren ein kräftiges, mit vielem Fleiße Aderbau 
treibendes Volk, das ſich durch die mühevolle An— 
ftrengung des Feldbaues aud) zum Kriege abhärtete, 
jo daß Cicero (Lig. 11, 32) ſie fortissimos viros, 
florem Italiae ac robur reipublicae nennt; vgl. 
Hor. od. 3, 6, 38. Damit hing zufammen Ein- 
fachheit der Lebensweije, verbunden mit religiöjem 
Sinne (Hor. od. 3, 6, 73. ep. 2, 1, 25); befannt 
waren die jabelliihen Wahrjagerinnen (Sabella 
anus, Hor. sat. 1, 9, 29. epod. 17, 28). — Mit 
ber Wanderung des Bolles hing die Sitte des 
ver sacrum d.) zufammen. Nur im Felde 
lee das freiheitliebende Vol einen allgemeinen 
Führer (Embratur). Der daraus entipringende 
Mangel an ftaatliher Einheit madhte den Römern 
den Kampf gegen diefen Stamm weit leichter, als 
es fonft bei der Tüchtigfeit des Volkes der Fall 
eiwejen fein würde. Nachdem jchon zu Romulus' 
dei (Raub der Sabinerinnen) Teile des Volkes 
ih mit den Römern verbunden hatten (Liv. 1, 9), 
wurden die übrigen Sabiner, minder kriegeriſch 
al die Sabeller und Samniten, nad einigen 
Kämpfen ſchon 448 v. E. für lange Zeit (158 Jahre) 
befiegt und dann 290 v. E. von M'. Eurius Den: 
tatus unterworfen (Liv. 1, 30. 2, 16. 31. 53.3, 26, 
epit. 11) und erhielten im J. 268 das volle Bür— 
errecht. Auch die andern jabelliihen Stämme 
chloſſen bald Bündnifje mit Rom, dem fie erft im 
Bundesgenoffenkriege (91—88 v. EC.) wieder un: 
etreu wurden, ber mit Unterwerfung der jabelli: 
chen Stämme und Erteilung des Bürgerrechts 
endete. Nur die Samniten hatten den Krieg faft 
ununterbrochen fortgejegt (Liv. im 7. 8. 9. Buch), 
bis —— nach 24 Triumphen Sulla 82 v. C. 
vor den Mauern Roms durch Beſiegung des Pon— 
tius Teleſinus ihre Freiheit für immer vernichtete; 
die verödeten Ortſchaften wurden mit römiſchen 
Freigelaſſenen bevöllert. Zu Strabons Zeiten war 
der Fame der Sabiner und Samniten jchon faſt 
gänzlich) verſchollen. Strab. 5, 249. — Das von 
ihnen bewohnte Land führte eigentlich nie einen 
gemeinjamen Namen, denn Samnium (Liv. 
7, 32. 34), Samnis (Liv. 24, 20; Zavvirıg, Pol. 
3, 90) bezeichnete eigentlich doch nur einzelne 
Diftrifte, befonders den ſüdweſtlichen Teil vom 
Sagrus und Liris abwärts; Sabina (1 Zupivn) 
ben Teil im NW. zwijchen Latium und Umbrien bis 
zur Örenze der Beftiner. Das Land war rauh und 
ebirgig durch den Apenninus und wurde Durch: 
trömt von den bei Jtalien (j. d.) genannten Flüſſen. 
Das Ih bevölterte Land hatte nur wenige Städte, 
meift offene Flecken. In dem eigentlichen Sabiner: 
lande lagen die Städte Amiternum, Baterjtadt 
des Salluft, Reate, Heimat des Varro, Nurfia, 
Eutiliä, Eures, Eretum, Nomentum, a: 
lacrina, leteres Baterftadt des Beipafianus. In 
Samnium wohnten im N. die Saricini ober 
Garaceni mit den Städten Bovianum vetus G. 
Bietrabbondante, der Mittelpunkt des ganzen Stam: 


154 


1056 


Sabini — Sacra. 


me3), Aufidena und Aquilonia; die Pentri mit 3) Mafurius Sab., aus Verona, Schüler des 
fernia, Venafrum, Bovianum Undecimanorum | Eapito (j. Ateii, 2. und Juris consulti), lebte 
(j. Bojano), Tifernum; die Caudini mit Cau- | unter Tiberius und Nero, verfaßte zahlreiche juri: 


dium, Allifä, Telefia, Maleventum (Beneventum); 
die Hirpini mit Equus Tuticus, Mclanum, Aqui- 
lonia, Compſa. ©. d. einz. Art. 

Sabini wird ald Landgut des Horaz nur Hor. 
od.2, 18, 14. 3, 4, 21 mit Namen genannt, und 
zwar in der Pluralform (vgl. Tuscı, das Land— 
gut des jüngern Plinius, Pin. ep. 7, 6), wogegen 
die herkömmliche Form Sabinum feine Belegftelle 
aufzuweifen hat. Das horazifche Sabini war ein 
Geſchenk des Mäcenas, es lag im Sabinerlande 
nördlih von Tibur. Horaz bejchreibt e8 ep. 1, 
16, 1—14; er 2 dajelbft einen Verwalter nebft 
8 Sklaven zur Hgg des Aders, sat. 2, 7,218. 
Außerdem gehörten zu dem Gute noch 5 Bauern: 
höfe (coloni, ep. 1, 14, clientes, od. 2, 18, 24). 
Sie wohnten in einem Dorfe (pagus, od. 3, 18,9), 
das am Abhange des Digentiathaled lag und den 
Namen Ustica hatte (od. 1, 17, 9). Ein Wald 
(Haedilia, od. 1, 17, 9) gehörte zu dem Landgute 
(od. 1, 22, 9). In der Nähe der Rilke (sat. 2, 6,2) 
entiprang ein Marer, kühler Quell (ep. 1, 16, 12) 
(jet fonte bello), der mit andern Meineren ben 
Bad, Digentia (j. Licenza) bildete (ep. 1, 18, 104), 
an beffen Ufern bei feinem Austritt aus dem 
Thale das Meine Dorf Mandela (jet Bandela 
oder Bardela) lag (ep. 1, 18, 105). Dieſer Quell 
joll nach dem Scholiaften des Eruquius der Ge— 
genftand ber lieblichen Ode 3, 18 (fons Bandu- 
sine) jein; weil jedoch aus einer Urkunde des 
Jahres 1103 erhellt, daß eine fo benannte Quelle 
in der Nähe des Geburtsortes des Dichters Ve— 
nufia entiprang, jo haben neuere Erklärer ge: 
mutmaßt, Horaz habe den Namen auf jeine 
Duelle übertragen. Die nahen Berge, namentlich 
Lucretilis, machten Sabini zu einem erfrifchenden 
Sommteraufenthalt (ep. 1, 10, 15. 16, 8. od. 1,17). 

Sabiniäni j. Sabinus, 3. 

Sabinus, der Name mehrerer römischer Schrift: 
fteller, unter denen 1) Sab. als Zeitgenoffe des 
Dichters Ovidius uns aus 2 Stellen desjelben be- 
fannt ift. Aus am. 2, 18, 27 erhellt, daß fich 
Sabinus, durch das Beifpiel feines Freundes an- 
geregt, mit der Abfafiung von Antworten auf bie 
von jenem gedichteten Heroiden beichäftigt und 
folche geliefert hat, daher man ihn fonjt wohl für 
den Verfaffer der legten 6 ovidischen Briefe ge: 
halten hat. Nach Ovid (er Pont. 4, 16, 13 ff.) bat 
man ihm auch ein Gedicht Troezen (Heimat des 
Thejens und des Hippolyt) und ein opus dierum, 
etwa wie die "Epya des Hefiod oder die Georgica 
des Vergil, zugeichrieben. Erjteres ift freilich un- 
jiher, da Troezena a. a. D. nur eine Konjektur 


von Heinfins für das handſchriftliche — ne 
it; bei dem zweiten ift vielmehr an eine Fort: | und der Se 


Bilde und antiquarifhe Schriften und gab der 
echtsfchule der Sabinianer den Namen, von 
Plinius unter den Quellen des fünfzehnten Buches 
der nat, hist. und von Gellius an unzähligen 
Stellen der noctes Atticae erwähnt. — Außerdem 
ift zu nennen 4) Julius Sabinus, ſ. Julii, 18, 
— 5) Nymphi ius Sabinus, |. d. 

Sabis, Zcßıs, j. Sambre, linker Nebenfluß der 
Mofa (j. Maas) im Gebiete der Ambiani in Gal: 
lien. Caes. b. g. 2, 16. 18. 

Sabräta, Zaßgare, Gründung der Phoinifer 
in der Regio Syrtica, 49 römiſche Meilen weft: 
lich von Da (dem heutigen Tripoli), bildete mit 
Da und Leptis Magna die Negio Tripolitana; j. 
Zoara, italienisch Tripoli Vecchia. Suet. Vesp. 3. 

Sabrina, Fluß an der Weſtküſte Britanniens, 
ij. Severn. Tac. ann. 12, 31. 

Saccus heißt im allgemeinen ein Sad von 
Leinewand zur Aufnahme von Getreide oder Mehl, 
auch ein großer Geldjad, durch weldyen Ausdruch 
dann ungeheurer Reichtum angedeutet wird (Hor. 
sat. 2, 3, 149. 1, 1, 70), während sacculus dann 
ben Begriff des geringen Vermögens in fich ſchließt 
(Catull. 13, 7. Juv. 14, 138). Saccus vinarius 
war ein Worb, Sieb oder Durdichlag von Binjen 
oder Ruten in Form eines umgefehrten Kegels, 
zum Filtrieren des Weins; dazu diente auch das 
colum (ſ. d.). Saccus nivarius war ein Stüd 
grobes Zeug, das von den Ärmeren anftatt des 
colum nivariam gebraucht wurde; man legte das 
Beug mit einem Schneeflumpen über das Gefäß 
und goß dann den Wein auf den Schnee, der jo 
durch das Zeug in das Gefäß filtriert wurde. 
Mart. 14, 104. 

Sacellum, ein Heiner eingeichloffener, aber un- 
bededter, einer Gottheit geweihter und mit einem 
Altar verjehener Ort 

Sacerdos f. Licinii, G. 

Sacerdötes ſ. Priester. 

Sacer mons, einzeln ftehender Hügel am rech— 
ten Ufer des Anio vor feiner ———— mit 
dem Tiberis, 3 Mill. von Ron an der Nomenta— 
niichen Straße, berühmt durch die Seceijionen der 
römischen Plebs, 494 und 449 v. C. (. Secessio). 
Liv. 2, 32. 3, 52, Dion. Hal, 6, 45, App. b. ce. 
1, 1. Jetzt führt der Berg feinen Namen, doc) 
BR auf feiner Spite der Torre di Specchio; er 
ft nad) dem Fluffe zu ſteil. 

Sacra, gottesdienftlihe Handlungen, Ceremo: 
nien, befonders Opfer (sacrificia), an bejtimmten 
Seiten und bei bejtimmten Heiligtümern. Die Auf: 
fiht über diefelben, über ihren Fortbeſtand, ihre 
und Abftellung, hatten die Pontifices 
nat. Sie zerfielen in sacra publica 


ſetzung der ovidiſchen Fasti zu denfen, die aber /und s. privata. Die s. publica waren folce, 


nicht zur Vollendung gediehen ift. Geftorben i 
er in noch Fräftigem Alter, nach dem J. 11 v. E. 
Während man ihm früher 3 noch vorhandene 
Briefe in elegiſchem Versmaße zugejchrieben hat, 
die in der ed. prince. des Ovid zuerſt erfchienen 


| 





welche für das ganze römische Wolf von den 
Priejtern, Magiftraten, Senat und ®olf, oder 
wenigſtens einem Zeile des Volles begangen und 
unmittelbar von den Bontificed geleitet wurden, 
und deren Aufwand der Staat beitritt. Zu diejen 


find, ift jeßt fein Zweifel mehr, daß diejelben von | gehörten die sacra der Enrien, und zwar die in 
Angelus Quirinus Sabinus, einem Gelehrten in | den Eurien und durch die Eurionen gefeierten, 
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, um 1467, die Fornacalia, Ouirinalia, Argeen, ferner die der 
verfaßt find. — 2) Julius Sab., Rhetor und | Tribns, nämlich die Compitalia und PBaganalia 


Zeitgenoſſe des älteren Seneca (contror. 4, 27). — 


- 


und das Feſt Septimontium. Diejenigen sacra 


Sacra via — Sagittarii. 


publica, welche durch das ganze Volt, nicht bloß 
von einem Zeile desjelben für das Volk begangen 
wurden, hießen sacra popularia. — Die sacra 
rivata, bejonderen Brivatgenofjenichaften eigene 
—* und Heiligtümer, wurden nicht aus öffent: 
lichen Kaſſen beftritten, und ihre ÖOpferftätten 
waren vix sneri (sacer, unter Öffentlicher Aufto: 
rität den Göttern geweiht), aber vor den Ponti- 
fices gelobt und von ihnen anerfannt. Yu ihnen 
gehörten: 1) bie sacra gentilieia, ſolche, die 
von einer ganzen gens beftritten und gefeiert 
wurden. Die Bontifices hatten dafür zu jorgen, 
daß fie nicht vernachläffigt wurden oder ganz ein: 
ingen, weshalb, wenn eine gens ausftarb, eine 
rrogation vor den Eurien unter Buziehung der 
Pontifices oder eine Adoption vor dem Prätor 
ftattfand, wodurch der Adoptierte mit dem Gentils 
namen zugleih die sacra gentilicia annahm. 
Diefe von den Gentilen ſelbſt bejorgten saera be: 
jtanden in jährlich an bejtimmten Tagen und an 
beftimmten Orten zu feiernden Opfern und Feſten, 
an denen alle Gentilen teilzunehmen verpflichtet 
waren. Die Beiträge zu folchen sacra und zur 
Erhaltung der heiligen Gebäude konnten die gen: 
tiliciſchen sacra foftjpielig machen, weshalb man 
ſich ihrer in jpäterer, irreligiöfer Zeit auf ver: 
ichiedene Weije zu entledigen fuchte, 5. B. durch 
Manumiffion und Adoption von Sklaven, durch 
Coemptio, Scheinverfauf und Erbſchaft an Greije, 
beionderd aber durch die detestatio sacrorum, 
indem Einer durch Wrrogatio aus jeiner bishe: 
rigen gens ausſchied und damit von deren sacra 
entbundeft wurde. Die s. gentil, wurden zum 
Teil auch s. gentil. publica, wenn der Staat 


1057 


| überhaupt, namentlich —* des Kaiſers, 
Störung des Kultus u. ſ. w. In der älteſten Zeit 
wurde saerilegium von dem Parricidialgericht ab⸗ 
geurteilt. Cic. legg. 2,9. Die lex Julia de pe- 
culatu bedrohte das sacrilegium wie Peculat mit 
aquae et ignis interdictio, welche bald in depor- 
tatio überging. Unter den Kaiſern wurden man: 
gi Ion andere Strafen verhängt. 

portus, Ort in Latium in unbeftimmter 
Sage, wo der jüngere Marius eine Niederlage 
erlitt. Vell. Pat. 2,26. Flor.3, 21. App. b. e.1,87. 

Saerovir, Yulius, ein gallifcher Häuptling, 
j. Julii, 16. 

Saerum Promunturium, ro ice» dxpworij- 
e:0v, Name mehrerer TE 1) die Sübmweft: 
ipige von Hiſpanien, &t. Bineent. Strab. 
8,148. — 2) Südoftfpipe von Hibernia, j. Garn: 
iore. — 3) Nordoſtſpitze von Eorfica, j. x Eorio. 
— 4) Weitipite des Stragos in Lylien, zwiichen 
Zantho8 und Telmifjos, j. 8. Iria oder Jedi 
Burun. — 5) Borgebirge an ber Süboftipige von 
—— den Chelidoniſchen y. gegenüber (Sie: 
ron oder Chelibonion) j. Khelidoni. ab 
14, 666. — 6) Borgeb. in Pontos zwiſchen Sera: 
ins und Hermonafja, j. 8. Yoros. 

Sadökos, Zadoxog, Sohn des thraliichen Königs 
Sitalfes, wurde mit dem athenij Bürgerredhte 
beichentt, weil er ein Bünbnis Athens mit jeinem 
Bater vermittelte, 431 v. C. Als im folgenden 
Jahre die Korinther den Verſuch machten, diejes 
Bündnis aufzulöjen, überlieferte er die Gejandten 
ben Athenern. Thuc. 2, 29. 67. 

Sadyattes, Zaövareng, Sohn des Ardys, König 
bon Lydien, nach Herodot 629—617, wahrjcheinlic) 





die sacra einer gens jelbft übernahm, ihr aber jedoch 615—610 v. E., hatte. mit den Kimmeriern 
das Priejteramt derjelben überließ. Ein foldes zu lämpfen und verfuchte Milet zu unterwerfen, 
Prieftertum war alfo ein erbliches sacerdotium | hinterließ aber feinem Sohne Alyattes beide Auf: 


publicum; jo hatte die gens Aurelia das öffent: 
liche Briejtertum des Sol, die Nautier das ber 
Minerva, die Yulier das des Apollo. — 2) sacra 
familiarum, beftehend in dem Dienfte der Yaren, 
Benaten, Manen, Senien, oder durch Gelübde ent: 
ftanden, bie gm Wohl der Familie gethan waren. 
Die nächte Aufficht darüber hatte der Familien: 
vater. — 3) sacra singulorum hominum, 


die ſich auf beſondere Ereignifje Einzelner oder der 


Familie bezogen, wie Geburtstage, VBermählung, | 
Begräbnis, die Tage der Saat und der Ernte 
u. dgl. Nach der Zeit ihrer Abhaltung waren bie: 
sacra entweder annua oder menstrua, stativa, 
non stata oder indictiva (conceptiva, impera- 
tiva), repentina u. j. w. 

Sacra via j. Roma, 2. 

Sacramentum, 1) der Soldateneid, j. Dilec-| 
tus militum, 9. — 2) die von den Barteien 
bei der legis actio sacramenti vorweg nicderzu: 


fegende Geldjumme, welche dem Gemwinnenden zu: | 


rüdgegeben wurde; die urjprü 
Zweden beftimmte Summe des 
ipäter dem Ararium überwiejen. 

Sacrarium, dic Kapelle, Hausfapelle (aud) la- 
rium genannt) ‚und im weiteren Sinne das Heilig: 
tum überhaupt. 

Sacrificia |. Opfer. 

Sacrifleülus ij. Rex sacrificulus, 

Saerilegium (von sacra und lezere, d. i. fu- 
rari), eigentl. Tempeltanb; aber in ber Raijerzeit | 
belanı das Wort eine weitere Bedeutung alt Frevel 


Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl. 


gi zu religiöien 
erlierenden wurde 


gaben noch ungelöft. Hat. 1, 16 ff. 

Saeculäres Indi j. Spiele, 5. 

Saepinum, Zalzıvov, ober Sepinum, Stadt 
‚in Samnium, nörblih von Beneventum, noch j. 
| Sepino, nahe dem Fluß Tamaro. Liv. 10, 44. 
| Snetäbis, Zuraßis, 1) Fluß im tarraconen: 
—* Hiſpanien, weſtlich vom Sucro, wahrſchein⸗ 
lich der jetzige Alcoy, nach a. Mijares oder Cenia. 
— 2) Stadt der Eonteftaner im tarraconenfichen 
Hijpanien, jüblih vom Sucro, römiſches Muni- 
cipium und durch Flachsbau und Webereien be: 
fannt; j. Jativa. Catull. 12, 14. 20, 44. Strab. 
3, 160. 

Sugalassos, Zuyalaooog, bedeutende Stadt 
Pifidiend, eine Tagereiſe jüdlih von Apameia, 
deren Einwohner als die tapferften bes Landes 
befannt waren. Ruinen am Abhange eines Berges 
eg ev bei Agblafun. Liv. 38, 15. Strab. 
12, 

— perſiſch Aſagartija, wildes No: 
madenvoll iraniſcher Abkunft in dem waſſerarmen, 
ſteinichten Gebirgsland ſüdlich von Parthyaia, doch 
von Herodot auch als ein Stamm in Perſis ge— 
nannt. Hadt. 1, 126. 8, 98. 7, 85. 

Sagitta, ötarog, 1) i. Waffen, 11. 
Sternbilder, 5. 

Sagittarii, roßsree, 1) eine Abteilung von 
Leichtbewaffneien, welche Bogen und Pfeile führ: 
ten. Sie finden fi ſowohl bei den afiatijchen 
Völkern, al® bei den Griechen und Römern; vgl. 
| Waffen, 11. — 2) j. Sternbilder, 8. 


67 


— 9) f. 





1058 


Sagmina j. Verbena. 
Sagra, Zdyeas (j. Mlaro ?), Küftenfluß in Bruttii, 


| 


Sagmina — Salapia. 


volk im öftlichen Skythien, in der Steppe und ben 
Gebirgen am oberen Jarartes, jüdöftlich von dem 


der zwijchen Lofroi und Raulon ins Jonische Meer ; Mafjageten, wahricheinlich von iranijcher Abkunft; 


fällt, berühmt durch das Treffen, in dem 120 000 
Krotoniaten von 10000 Lokrern geichlagen wur: 
den. Daher entjtand ein Spridywort, deſſen Cicero 
(n. d. 8, 5) gedentt. Vgl. daſ. 2, 2. Just. 20, 3. 
Strab. 6, 261. 

Sagrus, Zdyoos, Fluß in Mittelitalien, der 
das Gebiet der Trentaner und Päligner trennte, 
j. Sangro. Strab. 5, 242. 

Sagum, der lange, wollene Soldatenmantel, 
welcher den Gegenjag zu der friedlichen Toga 
bildete (daher sagati und togati). gl. Klei- 
dung, 10, 

Saguntia, Zayovrzi«, auch Segontia, 1) Stabt 
im wejtlichen Zeile von Hijpania Bätica, füdlich 
vom Bätis, j. Zigonza. Lav. 84, 19. — 2) Stadt 
der Arevaci im tarraeonenfischen Hiſpanien, fd: 
öftlih von Clunia am Mons Solarius; j. Si— 
guenza am Henaresfluß. App. b. c. 1, 110. 

Saguntum, Zdyovvrov, oder “DS, Stabt ber 
Sebetaner im tarraconenfischen Hifpanien, am Fluß 
Ballantias (j. Palancia), nördlih von Balencia, 
nicht fern (7 Stadien) von der Oftküfte, durch ihren 
Land: und Seehandel, wie durd die fruchtbare 
Umgegend wichtig und bedeutend, galt als eine 
Gründung der Griechen von Zalynthos, zu denen 
ſich ſpäter Rutuler aus Ardea ** hätten. Strab. 
3,159. Die in dem römischefarthagiichen Friedens: 
ichlufie von Rom beihüßte Stadt (Pol. 3, 30) 
wurde, nachdem fie ſchon jeit Herbſt 219 von den 
Turdetanern befriegt worden mar, von Hannibal 
angegriffen und nad heldenmüti iger Berteidigung 
(wahrjcheinlich im Sant 218 v. E.) erobert (Pol. 
3, 295. Zar. 21, 6—15) und meiſt zerftört. Dies 
gab den Grumd zum zweiten punijchen Sriege. 

wurde bald den Karthagern von den Nömern 
wieder entrifjen und glänzend wiederhergeſtellt, 
jowie zur Kolonie erhoben. Liv. 24, 42. 28, 39, 
Belannt waren die dafelbft verfertigten zierlichen 
Becher und die Feigen der Umgegend. Ruinen 
finden fich. bei dem heutigen Murviedro (offiziell 
Sagunto). 

Sals, Zdig, bedeutende Stadt in Unterägypten 
am rechten Ufer des bolbitiichen Nilarmes, nord: 
öftlich von. Nanfratis; j. Sa el:Hager. Said war 
mehrmals die Hauptitadt des ganzen Landes, na: 
mentli unter der ſechsundzwanzigſten Dynaftie 
(Plammetichos, Neo, Amaſis), welche ſich — 
ihre Burg und ihre Gräber errichtete und 
Tempel der Neith, der Lolalgöttin von ©., durch 
Prachtbauten. har ee Auch das Grab des 


Oſiris wurde in ©. gezeigt. Ferner war die Stabt 
eine von den Griechen, wie Solon und Herodot, 
vielbejuchte Stätte der Pricfterweisheit. Bon S. 


läßt die Sage den Kekrops, ben Gründer von 
Athen, ausgehen. Hdt.2, 59. 62.169 f. 175. 3, 16. 
Strab. 17, 802. 

Sakädas, Zaxddas, aus Argos, berühmter 
Muſiker in der erften Hälfte des 6. vorchriftlichen 
Jahrhunderts (f. Musica, 4.), fiegte dreimal in 
den Pothien und .. elegiſche Poeſien ſowie 
wein, darunter den berühmten auletiſche 
Ilvdındg, der den Kampf des Apollon mit dem 


Drachen Python —— Von ſeinen Dichtungen 
en 


hat ſich nichts erhalten. 
Sakal, Zchace, mächtiges, aber rohes Nomaden: 


m wönog | 





zu demjelben gehörten auch die Stoloten, welche 
um 620 v. C. Borderafien überjchwenmten (Hde. 
1,103 ff. 4, 1). Die Berjer bezeichneten übrigens 
mit „Saka“, wie die Griechen mit „Stothen“, alle 
Wanderjtämme des Nordens, auch die Völler nörb- 
lih vom Bontos. Die Salen hatten eigene Könige, 
ftanden aber unter perfiicher Oberhoheit, waren 
gut bewaffnet und bejonders ausgezeichnete Reiter 
und Bogenjhügen. Um 165 v. C. eroberten jie 
Baltrien; um 130 * ten ſie Drangiane, das 
von da an Sakaſtane (j. Sedſchiſtan) hieß; dan 
drangen fie auch an ben Indos vor und gründeten 

dort 78 n. E. ein Reich, das bis ind 3. Jahrh. 
beftand. Hadt. 3, 93. 7, 64. 9, 71. Arr. 3, 8,3. 
11, 4. Strab. 11, 511 ff. 

Sala, Zdias, 1) Fluß Germaniens, bie jegige 
ſächſiſche Saale, welche der Elbe —— zwi⸗ 
ſchen ihr und dem us fand Druſus ſeinen 
Tod. Strab. 7, 291. Dio Cass. 55, 1. — 2) Bei 
Tacitus (ann. 18, 57) ift der nicht genannte Fluß 
flumen gignendo sali fecundum, der die Grenze 
wilchen Hermunduren und Chatten bildete, bie 
Pantiice Saale. — 3) —— Flüfie in 
Mauritania Tingitana an der Weftküfte, die in 
den Atlantiichen Ocean fallen, der eine diesſeits 
des Atlas mündend, j. Wed Bu Regreg, der andere 
jenjeits, j. Beni Tamer. Nahe der Mündung des 
erjteren Iag eine Stadt gl. N., in der Nähe bes 
j. Sella, die ſüdlichſte Grenzftabt der Römer. — 
4) Fluß in Hiſpania * zwiſchen dem Bar: 
beſula und dem Fluß bei Malaca. — 5) Stadt 
—— pe n Seria und Nertobriga, j. 

Setida. — Außerdem lagen nod Städte d. N. in 
Bannonien und Bhrugien 

Salacia, römijche Göttin ber Salzflut, 

ohen Meeres (von salum — As), von rn 

tter des Triton. Andererjeit3 gilt dieſer Name 
für einen Beinamen der Benus, als der aus dem 
Meeresihaum entftandenen. 

Salämis, — 1) nfel bei Attifa { d., 19.). 
— 2) die wichti größte und feftefte Stadt auf 
Kypros, in ber Ah ber Dftküfte am Flug Be 
diaios, angeblich) gegründet von Teukros, Tela— 
mond Sohn, u und nad der heimijchen Juſei und 
Stadt genannt (Hor.od. 1,7,29. Tac. ann. 3, 62), 
befannt durch den Sieg der Flotte des Kimon über 
die Perjer, 449 v. E. Die durch ein Erdbeben 
unter Eonjtantin dem Gr. größtenteild vermichtete 
Stadt wurde wieder von diejem Herricher aufge: 
baut und unter dem Namen Conjtantia Haupt: 
ſtadt der Inſel. ng geräumiger Hafen fahte eine 
ganze Flotte. Strab. 14, 682. Thuc. 1,112. Died. 
dic. * 4 Bgl. Tesnoia Salaminia (2. Aufl. 
1884 

Salapfa, Zxlawie, jehr alte Stadt der ap: 
liſchen Landichaft Daunia, nördlih von Gannä, 
nad einer Sage von Diomedes, nach einer andern 


vom Rhodier Elpias gegründet, übergab fich und 


—— puniſche — im zweiten puniſchen Kriege 

den Römern. Liv. 24, 20. Nachdem fie im Bundes: 
—— niedergebrannt war (App. b. c.1, 52), 
lieb fie unbedeutend, wozu nicht wenig ihre un: 
gejunde Lage in fumpfiger Gegend beitrug, welche 
die Bewohner jogar bewog, ihre Stadt zeitweilig 
zu verlaflen (Cie. leg. agr. 2, 27). Ruinen beim 


Salarium — Salinae. 


j. Dorfe Salpi. — In ihrer Nähe lag ein bebeu: 
tender See, palus Salapina, den M. Hoftilius 
dur einen Durchſtich mit dem Adriatiſchen Meere 
in Berbindung jegen und ſo zum Hafen der Stadt 
machen ließ; 1. Lago di Salpi. Strab. 6, 284. 

Salarium, eigentl. das Salzdeputat der Sol: 
daten und Beamten, urjprünglic in Natur, dar: 
auf in Geld gegeben, im weiteren Sinne jo viel 
als stipendium und Bejoldung (Salair) der Statt: 
halter und Arzte u. j. w. 

Salassi, Zalacooi, ein keftiichsliguriicher Stamm 
an der Duria im transpadaniſchen Gallien, der 
jeine gebizgige Heimat jo hartnädig verteidigte, 
daß endlich Auguftus ihn gang vermicdhtete, indem 
er die Einzelnen entweder ald Sklaven verlaufte 


(angeblid) 36 000, darunter 8000 ftreitbare Märmer) 


oder in andere Gegenden verjeßte. Das Gebiet 
enthielt ergiebige Goldgruben. Liv. 21, 28. epit.53. 
Strab. 4, 203 ff. 208. 

Saldae, Zdiödeı, bedeutende Küftenftadt in Mans 
ritania, einst öftliche Grenzftabt des Reiches des 
Bochus und Juba, jpäter die weftlichite Grenz— 
ftadt der Provinz Sitifenfis, von Anguftus zur 
Kolonie erhoben, das heutige Bougie am K. Gar: 
bon. Strab. 17, 831. 

Sale, Zain, thrafiihe Stadt an der Küfte in 
ber Nähe von Doriflos. Hat. 7, 59. 

Salentini (ober Sall.), Zulsrrivor, Völlerſchaft 
auf der Südipige Calabriens, um das Borgebirge 
Japygium her, welches auch 7 Zulsrrivov änpe 
hieß. Cic. Rose. Am. 46. Mit der Bezwingung 
der ©. (266 v. E.) war die Unterwerfung von 
ganz Italien dur) die Römer vollendet. Dtrab. 
6, 277. 381. 

Salernum, Zdisovor, Stadt im jüdlichen Teile 
Campaniens, am Päſtaniſchen Bufen; auf der Höhe, 
an deren Fuß fie gebaut mar, lag ein Kaftell, 
eastrum Salerni. Liv. 82, 29. Im 5. 194 v. €. 
wurde ©. römijche Kolonie (Liv. 34, 45), verfiel 
aber bann, bis es im Mittelalter (jeit dem 8. Jahr.) 
zu hoher Blüte ftieg; noch jetzt Salerno. (Cor- 
nifie.) ad Herenn. 4, 51. Hor.ep.1, 15,1. Strab. 
5, 251. 

Salgäneus, Zalyavevg, ober Salgända, be: 
feitigter Flecken in Boiotien, jüddftlih von An— 
thebon, auf einer Anhöhe am nördlichen Abhange 
des Mefjapios und hart an der Küfte. Liv. 85, 37. 
51. Strab. 9, 400.403. Die Stätte heit j. Soros. 

Salli, 1) Tänzer, römijches Prieſterkollegium 
bes Mars Grabivus, zerfielen in 2 Kollegien von 
je 12 Berjonen. Die älteren, die von Numa ein: 
geſetzt jein jollten N} Ancile; vgl. Or. fast. 


latinus, die jüngeren, von Tullus Hoftilius ge: 


1059 


unter Geſang und Tanz das aneile in der Linfen 
ichlugen. Liv. 1, 20. Diefe Umzüge mit den An— 
cilien, zu Ehren des jtadtichirmenden kriegeriſchen 
Gottes (j. Ares), wurden im Monat an ge: 
halten. Am 1. März opferte der Pontifex Maxi- 
mus dem Mars in der Regia, wo die heiligen 
Langen und Ancilien fich befanden, und an den 
—— Tagen ging der Zug über das Forum, 

omitium und andere Öffentliche Plätze zum Ca— 
pitol; alle Altäre und Tempel wurden umwan— 
delt, und bie ftabtichirmenden Götter an ihren 
Plätzen angerufen und durch Opfer geehrt. Jeder 
Tag wurde Durch ein reiches Mahl (Saliares — 
Hor.od. 1,a7, ↄff.) geiehtofien. Am 14. oder 15. März 
waren die I. g. amuralien zu Ehren des 
Mamurins, der die Ancilien gefertigt haben follte. 
Sein Name ift verwandt mit Mar, Marmar, 
Mamertiner. Sein Bildnis wurde an diefem Tage 


‚der Prozeſſion vorgetragen und mit langen Stäben 


eichlagen, er aber zuglei in Liedern gepriejen. 
Hm 19. März, den feriae fortis Deae (Minerva 
ober Neriene), wurde ber erg ber Göttin mit 
Mars auf dem Eomitium mit Gefang und Waffen: 
tanz gefeiert. In den Liedern, welche bei den 
Prozeſſionen gejungen wurden (axamenta), ward 
befonderd Mars angerufen und — aber auch 
Janus, Jupiter Lucetius, Apollo, Juno, Minerva, 
ercules, Mania u. a. Sie waren im ſaturniſchen 
ersmaße abgefaßt und wurden von den älteren 
Saliern gefungen, während die jüngeren den Tanz 


anfführten. Verg. A.8, 285ff. Sie waren ihrer 
Altertümlichleit wegen ſchon der eiceroniſchen Zeit 
unverftändlid; und wurden ba fommentiert, 


B. von Mius Stilo (Varr. 1.1.7, 2). Neuefte 
usgabe der Überrefte von Zander (1888). — 
Die j. g. virgines Saline bildeten fein eigenes 
Kollegium; fie waren conductitiae und wurden 
zu manchen religiöjen Berrichtungen der Salier 
angegogen. — 2) ein Zweig der germanischen Völ— 
erichaft der Franken, den wir zuerft auf der Ba— 
taverinjel bei der Stadt Torandria finden, wo fie 
Julian fchlug; ſpäter erjcheinen fie an der Maas, 
bei den Chamaven. 

Salinae. 1) Die Alten gewannen ihr Kochſalz 
entweder aus Salzgruben, Salzbergwerfen (sali- 
nae sc. fodinae, auch salifodinae), oder aus jal- 
iger Flüffigfeit, aus dem Meere, Salzjeen und 
—9* Quellen. Aus Flüſſigkeiten wurde das 
Salz entweder durch Verbunftung, namentlich durch 
die Sonnenhitze (“lomrjyıor, &lg mwenrrög), oder 
and durch Abkochung gewonnen. Plin. 31, 7, 39. 


' Die Gallier, Germanen und Hijpanier pflegten das 
3, 259 ff.), hießen Palatini, weil fie auf dem Pa⸗ 


Waſſer der Salzaquellen über brennende Holzhaufen 
zu gießen und berbampfen zu laflen, wodurch das 


ftifteten, Agonales oder Collini, weil fie bei der | gewormene Salz freilich ſchwarz wurde. Tac. ann. 
porta Collina auf dem Quirinalis ihre Opfer: | 18, 57. Vearr. r.r. 1,6. Plin.a.a. D. Die Athe- 
jtätte hatten. Liv. 1, 20. 27. Un der Spitze des | ner hatten, obgleich —* ihre Seeherrſchaft Ge⸗ 


Kollegiums ſtand ein magister, dem der praesul 
(Bortänzer) und vates oder praecentor an Würde 


zunäcft ftanden. Die Salier wurden bloß aus nahe am M 


den Batrieiern gewählt und hatten ein hohes An: 
jehen. Sie trugen ein halb priefterliches halb 
kriegeriſches Koftüm, eine geftidte Tunica und 
darüber einen nen Bruftharniich, die toga 
praetexta gabiniſch gejchürgt (j. Gabinus cinc- 
tus), auf dem Haupte den apex (f. d.), ein Schwert, 


legenheit gab, das Salz leicht einzuführen, eigene 
Salzquellen und Salzwerfe jenjeits bes Ktephijos, 
eereöufer. Bei den Römern Tegte 
Ancus Martius das erfte Salzwerk in der Gegend 
von Dftia anf den Salzwiejen neben dem Tiber 
an. Lie. 1, 38. Plin, 81,7. Der Verkauf wurde 
verpachtet, dadurch ging der Preis dieſes notwen: 
digen Lebensbedürfniffes zu ſehr im die Höhe. 
Deshalb konnte der Senat nach Abzug des Por— 


einen Spieß, in der Rechten ein ehernes Stäbchen, | jenna von Rom das Volt dadurd für ſich gewin— 
mit dem fie bei ihren Umzügen durch die Stadt nen, daß der Verkauf des Salzes zu billigen Preije 
67* 


1060 


vom Staate übernommen (Zar. 2, 9) wurde. Im 
I. 206 v. E. wurde eine Salzſteuer — 
von der jedoch Rom frei blieb. Liv. 29, 37. Die 


Salzwerfe in ben — * ven — 
erpachtung utende 


tum und gaben durch 
Einnahmen. Wenn einzelnen der Betrieb der auf 


ihrem. Grund und Boden liegenden Salzwerke 
gegen eine Abgabe (wahricheinlich den Zehnten des 


Ertrages) bewilligt wurde, jo durften fie doch nicht 


durch niedrigeren Preis das Intereſſe der Staats- | 
pächter beeinträchtigen. — 2) Snlinae (Zaliva) 


findet ſich auch als Eigenname mehrerer Städte, 
in deren Nähe fich Salzquellen befanden: a) Stadt 
füdlich auf der Dftfüfte des römischen Britanniens ; 
b) Stadt der Suetrii auf den Seealpen in Gallia 
Narbonenfis; c) Ort an der Küfte von Apulien 
zwiichen Sipuntum und Yufidena in der Nähe 


der Salapina Palus (j. Salapia), j. Torra della 


Salina; d) in Picenum am Fluß Saunus (gewiß 
richtiger Salinus, j. Salino); e) in Dacien, das 
heutige Torde; f) Salinae Herculeae, bei Hereu— 
laneum in Campanien. Colum. 10, 135. 

Salinätor j. Livii, 6. 7, 

Salinum, das Salzfäßchen, concha salis bei 
Horaz (od. 2, 16, 14). 

Sallustii (nicht Salustii), ein plebejiiches Ge- 
ichlecht, wozu gehören: 1) C. all. Erijpus, 
der berühmte Hiftoriler (reram Romannrum flo- 
rentissimus auctor, Tac. ann. 3, 30), aus Amis 
ternum im Sabinerlande, geb. den 1. Oft. 86 v. C. 
verlebte jeine Jugend in jorglojen Lüſten und gab 
fich großer Verjchwendung und jogar groben Aus: 
ſchweifungen hin. Gell. 17, 18. Im J. 52 wurde 
er Bolfstribun und griff im diejer Stellung ben 
Milo, weldher wegen verübter Gewalt angeflagt 
war, und deſſen Verteidiger Cicero offen an. 
Genjor Appius Claudius Pulcher ſtieß ihn aus 
dem Senat, im J. 50, angeblich wegen Sitten: 
lofigfeit, in Wahrheit wohl aus politiichen Grün- 
den (Dio Cass. 40, 63), weil ©. es mit Cäſar hielt, 
welcher ihn im 3. 49 zum Duäftor machte und 
ihm jeine fenatorijche Würde zurüdgab. Dio Cass. 
42, 52, Auch vertraute er ihm nad der Schlacht 
bei Pharjalos ein Kommando in Illyricum an, 
wo er indes eine Niederlage erlitt (Oros. 6, 15); 
ipäter (47) war er als Proprätor in Afrifa glüd- 
licher -und wurde von Cäſar zum Prolonſul ge: 





Salinator — Sallustii, 


erſte und ältefte ift fein Catilina oder de bello 


Catilinse (weniger richtig de coniuratione Cati- 
linae), nad Cäſars Tode befannt gemadht, im 
weichem er, wohl gang bejonders neben Benußung 
von verjchiedenen Werfen, das mitteilt, was er 
als Beitgenofie erlebt hat, obwohl die Schrift micht 
alle nötigen Mitteilungen enthält und die Abjicht, 
Eäjar von dem Berdachte der Teilnahme an ber 
Verſchwörung zu reinigen, deutlich hervortritt. Die 
Sprache ift voll ferniger Gedanken, aber oft uneben 
und nicht frei bon Berftößen gegen bie logijche 
oder jprachliche Korrektheit. Mehr Rundung und 
Vollendung, fowie größere Anziehungsfraft in 
Form und Darftellung bietet des ©. zweites Wert, 
jein Jugurtha oder bellum Jugurthinum, in wel: 
chem er nicht nur die Ereigniffe des Jugurthini- 
ſchen Krieges teild aus eigener Kunde, teils mit 
jorgfältiger Benußung- älterer Quellen (4. B. der 
Memoiren des Sulla, Scaurus und Rutilius 
ſchildert, jondern uns auch einen tiefen Blick in 
dad Leben der römiichen Welt und ber hervor: 
ragenden Führer mit jcharfer, aber nicht unge: 
rechter, oft meifterhafter Zeichnung eröffnet. Daran 
ichließt jich jein drittes, reifites Werft, Historiae 
in 5 Büchern, von Sullas Tode 78 v. E. bis 
wahrſcheinlich zum Jahre 67 fort eführt, zugleich 
eine Fortiegung von Sijennas Geſchichte Roms. 
Außer mehreren bedeutenden Reden und Briefen 
befigen wir von dieſem Werle leider nur nod 
zahlreiche Bruchftüde. Abhandlung von Schnorr 
v. Carolsfeld (1888). — Andere dem ©. beigelegte 
Schriften find umecht, beſonders duae orationes 
ad Caesarem de republica ordinanda, ohue Zwei: 
fel Übungsftüde eines Rhetors, doch jpäteftens 
aus dem 2. Jahrhundert, „beide unpraktiſch und 
die Redeweiſe Sallufts nahahmend, zudem in 
übertreibend arcjaiftiicher Orthographie”; ebenjo 
die declamatio in Ciceronem, furz und rob, von 
Duintilian gelannt und für echt gehalten, mebi 
Ciceros angeblicher, ebenjo wenig echter Antwort. 
— An ©. ift im ganzen die Treue und Wahr: 
beitöfiebe zu rühmen, mit der er fich jeiner Auf⸗ 
gabe unterzogen Kant was er jelbjt denkt, wie er 
gefinnt ift, das jpricht er mehr in Neben aus, 
welche, ge dem Charakter der Redenben, 
von ihm Darftellung eingewebt find. Mehr 
bezwedt ©. damit aber aud nicht, er beabfichtigt 


macht mit der Provinz Numidien (Oaes. b. Afr. | nicht, fie für wirklich von den Redenden geſprochen 


8. 34. 97), wo ©. freilich arge Erprefiungen ver: 
übte, um jeine Bermögensverhältnifje zu verbeflern, 


jo daß er einer Anklage darüber nur durch Cäſars 10, 1, 101, Vell. 


‚auszugeben. Bisweilen häuft er fie zu jehr. Muſter 


in ber re ihm Thulydides (Quint. 
t. 2,86), welchen er micht obne 


Hülfe entging. Dio Cass. 43, 9; vgl. 48,21. Bon | Glüd, jelbft im —55* Ausdrucke, nachgeahmt 


dem gewonnenen Ertrage legte er auf dem Quirinal 
die horti Sallustiani an und faufte Cäjard Landhaus 
bei Tibur. Nach —* Tode gab ſich S. ganz litte— 
rariſchen Studien hin, in völliger Zurüdgezugen: 
heit von Staatsgejhäften lebend, und jtarb am 
13. Mai 35 (nad) einer andern Angabe 34) v. E. 
— Die Alten werfen ihm vor, daß jein Leben 
nicht mit den in feinen Schriften ausgeiprochenen 


Geſinnungen im Einflange ftehe, und urteilen jehr 


hart über ihn. Nach dem, wie er ſich in feinen 
Schriften gibt, jheint jein Lebenswandel in jpäterer 
Beit ein befjerer geweſen zu jein, und jo erflärt 
fich jein Eifer gegen die Schlechtigfeit der Großen 
(namentlich des Bommpeins) und eine gemwifle Nei- 
gung, alles im ſchlimmſten Lichte zu betrachten. 
— Wir befigen von ihm mehrere Schriften. Die 


‚ einen altertämli 
‚ Ausdrüden und men, der namentlih an Gate 





hat. Seine Sprache iſt fräftig und hat nicht jelten 
n Anſtrich (Sen. ep. 1, 114) in 


erinnert und ber Darftellung eine gewifje Freier: 


‚lichkeit verleihen joll; er ift oft büfter und jchwer, 
'entiprechend den von ihm gejchilderten Ereigmifien 


der ihrem Untergange ſich nähernden Republil, 
wie auch dem jeiner eigenen Anfchaunng. Cie 
fand deshalb, jowie ur = mancher Neuerungen, 
ihon bei den Alten ( u bei Suet. Oct. 8. 
gramm. 10) mannigjachen Tadel; doch ift ihm auch 
von Alten wie Neuen hohe Anerkennung geworden, 
und ſ. Schriften, namentlich die Historiae, wurden 


‚von Livius, Valerius Maximus, Plutarch und 


Caſſius Dio fleißig benutzt. ©. auch Exuperan- 


tius. — Ausgg. von Kortte (17243 Abdrud 


— 


1061 


1825 ff.), Havercanıp (1742; Abdruck 1828 f.), Ger: | machte wiederholte Feldzüge nad Syrien, nahm 
lady (1823-—-1841, 3 Bdd., und mehrere Feinere | den König Hojea von Iſrael gefangen und begann 
Husoe.) Kritz (1828, 1834, 1856, 3 Bdod. mit | die Belagerung von Tyros und von Samaria, 
treffl. Kommentar; kleinere Ausg. 1856), Dietich | erlebte aber bei feiner von beiden mehr das Ende. 
(1843, 1846; frit. Ausgabe 1859), Fabri (2. Aufl. | Samaria wurde genommen und das Reich Iſrael 
1846); Schulandgg. von Jacobs (9. Aufl., von H. aufgelöft, auch Tyros unterworfen von Sargon 
Wirz, 1886), Hinzpeter (1867), Kappes (1885) u. a. ; (Sarukin, im: Ptol. Kanon Agncavos, dgl. Jesuja 
Zertandgg. von Bojejen (2. Aufl. 1862), Linker | 20, 1; 722—705), der aus einer Geitenlinie des 
(2. Aufl. 1888), Gerlach (1856), Dietich (4. Anfl. | alten Königsgeichlechtes ſtammte und Aſſyrien auf 
1882), Jordan (3. Aufl. 1887, der beite Text), | den Gipfel Ei Macht erhob. Er ſtieß zum erften: 
Scheindler (1883), Prammer (1886), Eußner (1887), | mal mit Ägypten, mit den Königen Sabaton (}. d.) 
Kappes (1887) u. a. Ausgg. des Catilina von und Sebichos zujammen, führte ebenjo glückliche 
Herzog (1828), Dietich (1864), Schmalz (3. Aufl. | Kriege mit Armenien und Medien (Deioles, unter: 
1889); des Jugurtha von Herzog (1840), Schmalz warf 710 Babylonien, das ſeit 721 wieder unab« 
(2. Aufl. 1836). Gute deutjche Überjegung von hängig gewejen war, und empfing 709 die Hul- 
Eleh (1866 ff. — 2) En. Sall., ein Freund digung der Könige von Kypros. Gleich tüdhtig 
Eicerod, mit dem er in die Verbannung ging | war er ald Staatsmann und juchte das Reich durch 
(Cie. ad fam. 14, 4, 6), war auch jpäter wicht | Einverleibung der eroberten Länder und Berpflan: 


Salmakis — Salmydessös. 





ohne Einfluß anf ihn (Cie. ad Qu. fr. 3, 4, 2f. ad 
Att. 1, 11. 11, 11. 17. die. 1, 28, 59) und Sana | 
ihn, die Bücher de re publica zu jchreiben ei 
ad Qu. fr. ö, 1). — 3) Sall. Erijpus, Entel 
einer Schwefter des Geſchichtſchreibers und von | 
ihm adoptiert, aus dem Ritterſtande, in jeiner 
Jugend durch Verſchwendung und Umgang mit 
Libertinen berüchtigt. Hor. od. 2, 2. sat. 1, 2,48. 
Reich durch die Erträgnifie aus Bergwerken und 
herrlichen Gütern, zeichnete er fich jpäter aus durch 
Geſchäftstüchtigkeit, Fyreigebigfeit und Prachtliebe; 
jowohl bei Auguftus ald Ziberius ftand er in 
enfehen, Er ftarb 20 n.E. Tac. ann. 1, 6. 2, 40. 
3, 30. — 4) Erzieher des Kaijerd Julian, wurde 
361 n. C. Befehlshaber der Leibwache und 363 
Konful. Amm. Marc. 21, 8. 23, 1. — 5) Satur: 
ninus Sall. Secundus, begleitete den Kaiſer 
Julian auf jeinem perfiihen Feldzuge als prae- 
fectus praet. orientis und jchlug nad) deſſen Tode 
für fi, jowie nah Jovians Tode für fich und 
jeinen Sohn den Kaijerthron aus. Obgleich er jelbft 
nicht zum Ghriftentum übertrat, joll er doch dem 
Julian die Verfolgung der Ehriften widerraten 
haben. Später war er eine Hauptſtütze Balenti- 
nians. — 6) ein Philofoph um die Mitte des 
4. Jahrh. n. E,, lebte in Athen und Alerandreia 
und verfaßte eine uns erhaltene Schrift meel Hear 
rel adauov in 21 Kapiteln, worin er die Un: 
fterblichteit der Seele und die Ewigkeit der Welt 
gegen die Epikureer zu beweiſen jucht (herausg. 
von Drelli, 1821). 

Salmäkis, Zeiuenig, 1) j. Halikarnassos. 
— 2) ſ. Hermaphroditos. 

Salmanassar, Zeluaveodons, König von Ally: 
rien. Das afiyriiche Reich, das jeit 1500 v. €, 
neben und oft auch gegen Babylonien fich empor: 
gearbeitet hatte, unter Salmanaflar J. (um 1330) 
und Tiglath Bilefar I. (um 1120) eroßernd auf: 
getreten und unter Miurnafirpal (884—-860), Sal⸗ 
manafjar II. (86024) und Rammanesnirari 111. 
(811-—783) jchon zu bedeutender Macht gelangt 
war, nahm unter Tiglath Pileſar III. (jeither 
irrtümlich Il. gen.) oder Phul (745—727) einen 
noch größeren Aufihwung. Er eroberte Syrien, 
unterwarf Babylonien — vollſtändig und hinter⸗ 
ließ ein Reich, „das alle ſemitiſchen Kulturländer 
und dazu die Ränder des lleinaſiatiſch-armeniſchen 
amd des mebiichen Hochlandes umfaßte“. Sal: 
manajjar IV. (727— 722), im Btolemaiiichen 
Kanon (j. Ptolemaios, B, 11.) Ylulaios gen., 


jung widerjpenftiger Völker feiter zu organifieren. 
it der Gründer der Norditadt von Ninive, 
Dur:Sarufin (j.Ninos, IL). Schon unter San: 
herib —— 705—681) ann wieder 
das Sinken der Macht: er erbaute in Ninive 2 
große Baläfte und umgab bie Stadt mit gewal: 
tigen Mauern, hatte aber mit Babylonien und 
Elymais viel zu, fämpfen, konnte 701 auf einem 
Feldzug gegen Äghpten nichts ausrichten (j. Sa- 
bakon) und wurde zuleßt von einem oder ziveien 
jeiner Söhne ermordet. Eim anderer von ihnen, 
Wiarhaddon (Acagddıwog im Ptol. Kanon, 680 
—668), folgte; er bante das von jeinem Bater 
, Drei Babylon wieder auf und eroberte 671 
gupten. Unter Yiurbanipal (Eepdaraneilos 
(i d.], 668 626), einem prachtliebenden Deipoten, 
och auch eifrigen Sammler der Literatur, er: 
jchütterte ein von Babylon ausgehender Aufjtand 
ſeines Bruders Samas-ſumukin (Zuosdovzıvog im 
Btol. Kanon) das Reich in feinen Grundfeſten, das 
dann durch den Skytheneinfall (um 620) vollends 
aus den Fugen ging und dem legten Stoß, dem 
vereinigten Angriff des Kyaxares von Mebien 
und des Nabopolafiar von Babylonien, 606 erlag. 


Salmantiea, Stadt der VBettones in Lufitanien; 
j. Salamanca mit zahlreichen Reſten des Altertums. 


Salmöne, Zeiubvn, alte Stadt der pelopon— 
nefiihen Landſchaft Piſatis an der Duelle des 
Fluſſes Enipeus unweit Herafleia. Strab. 8,356. 

Salmöneus, Zulumwveig, Sohn des Wiolos 
(j. d.), Gemahl der Altidife, dann der Sidero, aus 
erfter Ehe Vater der Toro (Hom. Od. 11, 235), 
wanderte von Thejlalien nach Elis und baute dort 
Salmone. Da er jich dem Zeus gleich zu ftelfen 
wagte und deflen Donner mit Fellen und Keſſeln 
ober mit jeinem Wagen, und den Blitz durch Fackeln 
nachzuahmen juchte, wurde er von Zeus mit dem 
Blitz erichlagen und in der. Unterwelt beſtraft, 
feine Stadt aber. zeritört. Verg. A. 6, 585 ff. 
Apollod. 1, 9, 7.8. Diod. Sie. 4, 68. 

Salmonion (oder Samonlon), Zuklubrıor, das 
öſtlichſte Vorgebirge Kretas, j. K. Siberos. Strab, 
2, 106. 10,472. AT4f. 

Salmydessos, Zaluvdnosös (auch Aluvd. mit 
der Ableitung von &ig), hieß eigentlich. der ganze 
Küftenftrih Thraliens am Pontos Euyeinos von 
der Landipige Thynias bis zum thrakiſchen Bos— 
poros, wo die räubertichen Thrafer das Strand: 
recht übten, begünftigt durch Sandbänfe und Un: 





1062 Salonai — Samarobriva. 


tiefen (Xen. An. 7, 5,8. 12. Hdt. 4, 93. Strab. 
7, 319); jpäter wird hier eine Stadt ©. erwähnt, 
die man für das heutige Midia hält. Schon Aiſchy— 
los (Prom. 725) nennt es (freilich fäljchlich beim 
Thermodon am Pontos) Frdedserog varrwıoı; 
vgl. aud) Soph. Ant. 969. 

Salönai oder -na, Zelavaı, Zdiov, Haupt: 
ſtadt Dalmatiens, an dem noch jetzt jo genannten 
Meerbujen von Salona, ein wegen jeiner ftrate: 

iihen Lage und megen feines Hafens für die 
Römer ungemein wichtiger Punkt, reichte mit 
feinen Vorftädten bis zum Bergpaß Klijfura, 
durch den von der Landjeite ber einzige Zugang 
führte. Die Stadt ift der Geburtsort des Kaiſers 
Diocletian; 3 Millien ſüdlich Tag deſſen prachtvolle 
Billa, von der noch bebentende Refte vorhanden 
find. Nachdem die Goten ©. zerftört hatten, fiedel: 
ten fich die Bewohner zu Spalatum an. Caes.b.e. 
3, 8. 9. Strab. 7, 315. Kutr. 9, 27, 16. 

Salonii, 1) P. Salonius, nahm 342 v. E. 
als Kriegdtribun an dem Aufftande des vor Capıta 
lagernden Heeres teil. Liv. 7,41. — 2) Salo— 
nta, Tochter eines Schreiberd, war die zweite 
Gemahlin des älteren Cato und Mutter des Cato 
Salonianns. Plut. Cat. mai. 24. Plin. 7, 12, 14. 

Saltatio ſ. Ogrynorıxn. 

Salus, —56 Perſonifilation der Geſundheit 
und der Wohlfahrt, entſprechend der griechiſchen 
Hygieia. Sie bezeichnete entweder die Geſundheit, 
namentlich die Gejundheit des römischen Volkes, 
als welcher man ihr 180 v. E., als eine Seuche 
die Stabt Heimfuchte, nebft dem Apollon und dem 
Aſeulapius Geſchenke und goldene Statuen ge: 
lobte (Liv. 40, 37), oder die Öffentliche Wohlfahrt 
bes Staates. Dieſe Salus publica erhielt 302 v. E. 
einen Tempel auf dem Uuirinalis. Liv. 9, 43. 
10, 1. In älterer Zeit wurde ihr rg | unge: 
fähr um die Zeit des Amtsantritts der Konſuln 

augurium salutis veranftaltet, worin bie 
Götter befragt wurden, ob man das Heil des 
Staates von ihnen erflehen dürfe. Dasſelbe wurde 
von Auguſtus erneuert und erhielt fich ſeitdem 
noch Jahrhunderte. — Salus wurde dargejtellt wie 
Fortuna mit dem Steuerruder, eine Kugel zu 
ihren Füßen, mit einer Opferſchale in der Rechten, 
die Libation auf einen Altar gießend, an dem fich 
eine Schlange hinaufwindet. 

Salutatio, die regelmäßige Morgenbegrüßung 
oder Aufwartung, welche die Klienten in dem zwei 
erften Frühftunden ihrem Patrone zu machen pfleg: 
ten, worauf fie ihn beim Ausgehen begleiteten. 
Überhaupt empfingen angefehene Männer jeden 
Morgen zahlreiche Beſuche von ihren Freunden 
und Berehrern, welche ihre Hochachtung bezeugen 
wollten. Sie verfammelten fi im vestibulum, 
wann es noch dunkel war, und nachdem fie dem 
Patron im atrium ihren Morgengruß ave gebracht, 
ward ihnen eine Erfriihung in Körbchen (spor- 
tulae, j. d.) gereicht, die allmählich zu warmen 
Gerichten und endlich zu einer Geldansteilung ftieg. 

ber den Biurgenencpiang der Kaiſer vgl. Fried: 
länder, —— Rome I ©. 120ff. Beder: | 
Göll, Gallus 1 ©. 194 ff. 

Salvidiöni, 1) O. Salvid. Rufus, aus nie: 
berem Stande, begleitete als inniger Freund des 
Dctavian denjelben in feiner Jugend nach Apol: 
lonia, verjagte im Bürgerfriege als Legat ben 
jüngeren Pompejus von der Küſte Jtaliens, focht | 


41 v. €. gegen ebendenjelben in Hiſpanien und 
nahm rühmlichen Anteil an dem Kampfe um Be: 
rufia. App. b. c. 4, 85. 5, 31ff. Vell. Pat. 2, 76. 
Dctavian defignierte > darauf zum Konſul (Suet. 
Oct. 66), hieß ihn aber nachmals, weil er von 
Gallien aus, wo er ein Heer befehligte, geheime 
Berbindungen mit Antonius angefnüpft hatte, vor 
das Gericht des Senats ftellen und hinrichten 
(Dio Cass. 48, 33). Nach anderer Nachricht (Lir. 
ep. 127) gab er jich jelbft den Tod. — 2) Sal: 
vid. Orfitus, hatte das Konſulat bekleidet und 
wurde auf Domitians Befehl hingerichtet. Set. 
Dom. 10. 

Salvii. Zu nennen find: 1) legte 43 v. €. 
als Bolkstribun jein Veto ein gegen die Achtung 
des Antonius durch den Senat und fand jpäter 
bei den Brojfriptionen jeinen Tod. App. b. c. 
83, 50 ff. 4, 17. — 2) Borlefer und Bibliothekar 
des Attieus. Cic. ad Att. 13, 44. 16, 2. — 3) M. 
Salv. DOtho, Großvater des Kaijerd Otho, aus 
einer vornehmen Familie zu Ferentinum in Etru: 
rien, gelangte durch den Einfluß der Livia in den 
Senat. Suet. Oth. 1. — 4) Sein Sohn, 2. Salt. 
Dtho, Günftling des Tiberins, ein Mann von 
großer —— beſonders gegen die Soldaten, 
war 33 n. C. Konful, nachher Statthalter in Afrika 
und entdedte eine gegen das Leben des Kaiſers 
Elaudins gerichtete Berkömwörung. Suet. Galb. 6. 
Oth. 1. 5) Defjen älterer Sohn, 2. Salv. Otho 
Titianus, war zweimal Konjul (52 und 69 n. €.), 
erlitt im Kampfe gegen Bitellins im Jahre 69 
die Niederlage bei Bedriacum (f. d.), nach welcher 
er vom Feinde gefangen genommen, aber verjchont 
wurde. Suet. Oth. 1. Plut. Oth. 13. Tae. hist. 
1, 75. 77. 90. 2, 23, 33. 39. 60. — 6) M. Salp. 
Dtho, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 28. April 
32 n. E., teilte die Lüfte des Nero, mit welchem 
er in feiner Jugend oft zuſammen war (Tae. ann. 
13, 12), wurde von ihm als Statthalter nach Lu: 
fitanien gejchict, das er 10 Jahre lang gut und 
pflichtmäßig verwaltete, trat bei Galbas Erhebung 
anfangs auf deſſen Seite, veranlaßte deſſen Er: 
mordung (15. Januar 69) und beftieg für eine 
kurze —* den Kaiſerthron, den er nach der Nieder: 
lage einer Truppen bei Bedriacum bereitwillig 
opferte, indem er fich mit Schigfeit den Tod gab, 
15. April 69. Suet. Otho. . Otho. Tac. hist. 
1.1 und 2. Juv.2,99ff. Dio Cass. 64, Tff. — 
7) €. Salv. Liberalis, ein von Plinius (ep. 
2, 11. 3, 9) jehr gefeierter Redner. 

Salyes, Zalves, ober Salyi und Salluvii, 
hieß der mächtigfte der ligurijchen Stämme; er 
war mit feltiichen Elementen vermischt und wohnte 
in dem ganzen Landſtriche zwilchen Rhodanus 
und Meeralpen, jo daß Maifilia, Arelate und 
andere bebeutende Städte in ihrem Gebiete lagen. 
Nach einem langen und blutigen Kriege wurde 
das im verjchiedene u (4.8. Commoni, 
Avatici, Deſuviates, Albienſes u. f. m.) fich tei- 
lende Bolt 123 v. E. durch E. Sertins beſiegt 
und den Römern unterworfen, die nun Aquä 
Sertiä dort gründeten. Bgl. Zir. 31, 10. Strab. 
4, 178. 1805. 

Samareia j. Palaestina. 

Samarobriva, Zauagoßplove, d. i. Samara: 
brüde, ipäter Ambiani, die Hauptſtadt der Am: 
biani in Gallia Belgica an der Samara (j. Somme), 
das heutige Amiens, von andern weniger richtig 











Sambuca — 


für ©t. Quentin oder St. Bray jur Somme-ge- 
halten. Caes. b. 9. 5, 24. 46. 53. (ic. ad fam. 
7. 11.38, 38, 

Sambüca, 1) j. Belagerung, 14. 
Musica, 9. 

Same j. Kephallenia. 

Sammoniens j. Serenus, 1. 

Samnfum |. Sabini. 

Samos, Zduog, 1) j. Samos, Infel an der 
Küfte von Lydien, durch eine 7 Stadien breite 
Meerenge von dem Borgebirge Miyfale getrennt, 
bon dem eine Fortſetzung unter dem Namen 
Aumerog bie Inſel durchzieht. Samos hat 600 
Stadien im Umfang; 
furchtbare Ktlippen geſchützt, einen natürlichen Hafen 
hat es im NW., eine Reede im SW., die einft 
durch einen Steindamm gejhügt war. Die Inſel 
hatte im Altertume leinen guten Wein, wie man 
nach dem Namen des Gebirges erwarten ſollte, 
war aber fonft reich au Produlten; beſonders be— 
rühmt waren ihre ZTöpferarbeiten und die j. g. 
jamijchen Steine, die zum Polieren dienten. 
Hauptgöttin war Gera, welcher die "Howıx gefeiert 
wurden, und beren Tempel noch zur Römerzeit 
—* eilig eig wurde. Cic. Verr. 2, 1. 19. 

tabt Samos war ber eingige e Ort von Be- 
—— Sie lag an der Südo füfte, war durch 


— 2) 5. 


Feftungswerfe und die Burg Aſtypalaia geichügt 


und ausgezeichnet durch großartige Hafenbauten, 
— herrliche Tempel (darunter das von 
oifos erbaute prächtige Heraion) und eine von 
—*8* (3, 60) als ein Wunderwerk beſchriebene 
Waſſerleitung von Eupalinos, die in neueſter Zeit 
vollſtändig aufgedeckt worden iſt. — Zuerſt wohn⸗ 
ten hier —* er unter den Nachkommen des An— 
faios, dann beſetzten die Jonier unter dem Epi— 
daurier Brofles die Inſel, welche frühzeitig umter 
den ioniichen Städten durd Seefahrt, Handel und 
Gewerbe [x bebentenber Blüte gelangte. Hat. 
4, 152. e Samier fliehen fih um 704 v. €. 
zuerſt Trieren bauen und erfanden eine neue 
Art von Kauffahrern. Thuc. 1, 18. Nach des 
Alleinherrſchers Demoteles Ermordung herrichten 
die Geomoren, doch in Zwietracht mit dem De— 
mos, bis Polyfrates ich zum Tyrannen machte, 
um 537 v. E., und jeine Herrſchaft auch über die 
Kylladen ausdehnte. Eine Zeit lang nad) feinem 
Tode wurde die Injel nad graufamer Verwüſtung 
feinem Bruber Sylofon von Dareios Hyſtaſpis, 
unter perfijcher Hoheit, übergeben. Hdt. 3, 139 ff. 
Am ioniſchen Aufftande nahmen die Samier teil, 
aber in der Schlacht bei der Inſel Lade (Milet 
gegenüber) gingen fie zu den Feinden über, be⸗ 
ftimmt dazu von Aiales, Sohn des Sylofon; viele 
aber verließen die Inſel. Hat. 6, 8ff. 479 v. E. 
beriefen Samier die griechiiche Flotte ur Belän- 
pfung ber Perſer an bie tleinafiatiichen Küften. 
Hdt. 9, 90. As Bundesgenofjen der Athener be— 
haupteten die Samier ihre Selbftändigfeit, bis fie 
440 v. C., als bei einem Streite mit Milet über 
die Stadt” Priene Athen gebietend dazwiſchen ge= 
treten war, die Fahne der Freiheit erhoben; unter 
des Philojophen Melijjos Anführung tämpften jie 
up gewannen auch einen Seefieg; doch unter: 
ee Bang | 439 die Stabt der überlegenen Macht 
bes Berifles Feldherrnlunſt nach neunmonat⸗ 


ficher Amen und ihre Ketten wurden feiter | pel 


geichmiebet, bejonders durch Kleruchien. Tihue. 


an der Weftjeite ijt es durch 


1063 


1, 115. Plut. Per. 26. Doc) blieben die &eomoren 
noch immer mächtig, bis ein Verſuch derſelben, 
die Dligardhie einzuführen, 411 v. C. zu gänglicher 
Ausichliefung von aller Teilnahme am Staate 
und zur völligen ſchaft de3 Demos führte. 
Thuc. 8, 63. 73. — Athens Eroberung 
bezwang Lyſander auch Samos (Xen. Hell. 2, 8, 6), 
vertrieb die (athenifchen) Einwohner und bildete 
eine neue Bür aperihaft aus oligardhiichen Flücht⸗ 
lingen. Plut. Lys. 14. Später, 365 v. E., wurde 
die Inſel durch Zimotheos gezwungen fich wieder 
dem atheniichen Seebunde anzuichließen; Athen 
überjchritt jedoch bald die Schranken, die Kleruchen 
fehrten zurüd, mußten aber nach dem lamijchen 
Kriege die Inſel verlaffen, welche den Joniern 
—— von Polyſperchon jedoch wieder den 
thenern —— wurde. Durch den mithri⸗ 
datifchen und Seeräuberkrieg fam die Inſel jehr 
herunter, die Hauptftabt war nur ein unbedeuten: 
des Städtchen, hatte indes noch lange dem Namen 
nach die Freiheit. — Für die Entwidlung helle: 
niſcher Kunſt und Wifjenichaft war Samos von 
nicht geringer Bedeutung: Rhoilos und Theodoros, 
auch ald Baumeifter bedeutend, gründeten hier eine 
Schule für Erzgieherei und Thonbildnerei (j. Bild- 
hauer, 3.); der kykliſche Dichter Kreophylos, der 
Bhilojoph Pythagoras, der Epifer Choirilos find 
dajelbft geboren, Anakreon lebte am Hofe des Po— 
Iyfrates. Strab. 14, 637 5. gl. die en 
von PBanofla, res Samiorum (1822) rtius 
Urkunden zur Geſchichte von Samos (1873). Aut 
ſchriften dem). — 2) Stadt in Friphplien, ſ. 
Makistos. 
Samosäta, r& Zauöcere, feſte Hauptſtadt der 
—3— en Provinz Kommagene, am weltlichen Ufer 
uphrat, mit Eitadelle. Früher war fie Nefi- 
denz der Stönige des Landes, dann Standquartier 
einer römischen Legion. Hier war Lukianos ge: 
boren. Unbebeutende Refte finden fich bei dem h. 
Trleden Samfat. Strab. 14, 664. 16, 749. 
Samothräke, Zupodgcen, Zeiuog ‚Benixin, 
i. Samathrafi, türkiſch Semendref, Inſel im Aigai— 
iſchen Meere, 5'/, Meilen von der thrakiſchen Küſte, 
der Mündung des Hebros gegenüber. Ein 1600 m 
hoher Berg hieß Zamen. Die Bewohner galten 
bei — für Autochthonen, nach Herodot (2,51) 
waren ſie Pelaiger, nad) anderer Sage Dardaner 
und Arlabier oder Troer. Der Name wird jehr 
verichieden abgeleitet, entweder weil Samier und 
Thrafer fich dort niedergelaffen, oder weil bie 
Amazonenkönigin Myrine auf ihrem Zuge dorthin 


Samothrake, 











gefommen und die Inſel feierlich) der Göttermutter 
ht worden jei (aljo — fsen vnaog). Be: 
— Berühmtheit erlangte S. durch den Ge— 
eimdienſt der chthoniſchen Götter, der ſ. g. Ka— 
eiren; die Myſterien wurden den elen inifchen 
gi geachtet, jelbjt Philipp von Makedonien und 
Iymptas, jowie einige Ptolemaier ‚ließen fich ein: 
weihen. Plut. Alex. 2. Curt. 8, 1, 26. In politis 
ſcher Beziehung war die öbe und” hafenloſe — 
nicht hervortretend. Bei Salamis ſtanden die 
Samothrakier auf perſiſcher Seite (Hat. 8, 90); 
damals gehörten ihmen auf dem Feſtlande Sale, 
Bercheion, Mejambria (Hat. 7, 59. 108) und 
Tempyra. Zu Sullas Zeiten plünderten Piraten 
die Inſel und den an Weihgeichenfen reichen Tem- 
. Plut. Marc. 30. Pomp. 24. Über bie vor: 
handenen Refte des Altertums, namentlich das |. g. 


1064 


Arfinoeion, einen von Arfinoe, T. Ptolemaios’ 1. ! 
und Gemahlin Btolemaios’ 11., im. Unfange des | 
3. Jahrhunderts v. E. geftifteten zierlichen Rund: 
bau aus weißem Marmor, und den dorijchen Mar: 
mortempel der jamothrafiichen Gottheiten vgl. das 
Prachtwerk: Eonze, Haufer und Niemann, ardhäo: , 
logiſche Unterjuchungen auf Samothrate. Mit 72 
Taff. (1875). Neue archäol. Unterfuchungen. Mit | 
76 Taff. (1880). Bgl. and Löher, griech. Küften: 
fahrten (1876), ©. 115 ff. 


Zapgogag und Korrxaries. zwei jehr ge | H 


ſchätzte Pferderafien, die ihren Namen von dem 
am Sinterichenfel aufgebrannten Zeichen des San 
und Koppa hatten. Arist. nub. 23. 122. Much noch 
andere derartige Raflezeihen (zeedyuare, xav- 
srrigie) gab es; jo joll aud) der Name Bufephalos 
von einem ſolchen Zeichen herrühren. — Bejon: 
ders unter den jüngeren reichen Männern in 
Griechenland wurde die Pferdezucht mit großer | 
Vorliebe betrieben, und die Liebhaberei der Hippo: | 
trophen für jchöne Pferde artete oft in die = 
finnigfte Verſchwendung (uavızal Inmaremı) aus. 
Die Preiſe waren —* — Auch auf die Hunde 
erſtreckte ji die Tierliebhaberei, und Jagdlieb⸗ 
haber hielten jehr auf Erhaltung guter Raſſen. 
Am berühmteften waren die lafonijchen, moloſſiſchen, 
thrafifchen. Die Melıraia nuridıa (von der Inſel 
Melite an der illyrijchen Küfte) waren Schoßhünd— 
chen, die man zum Bergnügen hielt. 
Sanchuniäthon, Zayzoıwmıdador, Zayywrıd- 
dor, d. h. Saftun (ein Gott) hat gegeben, angeb- 
lid ein Phoinifer aus Berytos (oder Tyros oder 
Sidon) vor der Zeit des trojanischen Krieges, joll 
eine „phoiniliſche Geſchichte“ verfaßt haben, welche 
der Grammatifer Philon (j. d. 9.) von Byblos 
um 80 n. C. wieder ans Licht gezogen und im 
das Griechiſche überjeht haben will, Auszüge und 
Bruchſtücke aus defien Werk, das in 8 oder 9 Bücher 
zerfiel, find und namentlich bei Eujebios (praep. 
ev. 1,9. 4, 16) erhalten und von Müller, fragın. | 
hist. Graec III p. 560 f., gefammelt. Wenn in- 
defien ſchon die Perjönlichfeit ded Sand), noch 
mehr die Eriftenz feiner Schrift zweifelhaft ift, 
jo weijen auch in den Philoniſchen Fragmenten jelbft 
der platte Euhemerismus und verworrene Synkre⸗ 
tismus auf jpäteren Urjprung, ebenjo die Wider: | 
iprüche in der Darftellung auf eine Mehrheit von 
Quellen unverfennbar hin. Mögen auch phoiniz | 
fiiche Originalwerke bei der Kompilation verwertet | 
fein, jo if doc jedesfalls die alte religiöje Anz 
ihanung mit ägyptiſchen und griechiichen, vielleicht 
auch ijraelitifchen Elementen willkürlich durchſetzt. 
Die vollftändige Sand.:Uusgabe von Fr. Wagen: | 
feld (1837), melde auf einem Fund in einem 
portugiefiihen Klofter beruhen ſollte, hat jich als 
ein grober Betrug herausgeitellt. Sp: bie Monogr. 
von Matter (1848), Ewald (1851) und Renan (1858). | 
Sancus, Semo Sancus (von saneire), ein nad) 
Rom gewanderter jabinijcher Gott oder Halbgott, 
der urſprünglich den Himmel bezeichnen jollte, mit 
Dius Fidius (Zeug mioreog) identifiziert, als Gott 
der Bündniffe und der Ehe. Später ward er mit 
Hercules verglichen und vereinigt. Als Sancus, 
Sanchus, Sangus, Sanctus wurde er auf der, 
Tiberinjel verehrt und hatte auch auf dem Duiris | 
nalig ein von Titus Tatius geftiftetes Heiligtum. 
Die Nonen de3 Junius waren ihm heilig. Or. 
fast. 6, 218, Liv. 8, 20. 32, 1. Prop. 4, 9, 71. 








Zaupögas uud Konrariag — Sappho. 


Sandalion f. Kleidung, 6. 
Sandon j. Herakles, 17. 


Sane, Zavn, 1) Stadt an der MWejtfüfte ber 


mafedoniichen Halbinjel Ballene, jüdlih von Poti- 
daia, eine Kolonie der Andrier. Hdt.7, 123. Thue. 
4, 109. 5, 118. — 2) Stadt der mafedon. Halb- 
injel Alte, an der jchmalften Stelle, wo Xerres 
diejelbe durchftechen und für die Flotte einen Kanal 
heritellen ließ. Hdt. 7, 22. 

Sangarios, Zayyeerog, j. Salarja, nächſt dem 
alys der bedeutendite Fluß Rleinafiens, entjpringt 
in Phrygien, Durchfließt in jehr gewundenem Laufe 
Galatien und Bithynien und mündet zwiſchen 
Herafleia und Kalpe in den Pontos Eureinos; er 
war jehr filchreih. Ein linfer Nebenfluß war der 
Tymbros, j. Burjat. Hom. Il. 3, 187. 16, 719. 
Strab. 12, 543. 

Sanhörib j. Salmanassar. 

Sanquindi, 1) Sanqu. Marimus, erlangte 
das Konjulat 39 n. C., wurde jpäter Statthalter 
im unteren Germanien und ftarb im J. 47. Tiae. 
ann. 6, 4. 11, 18. Dio Cass. 59, 13. — 2) einer 
der Aufläger des Arruntius, weshalb er nach dem 
Sturze des Sejan zur Nechenichaft gezogen wurde. 
Tac. ann, 6, 7. 

Santönes, · ni, Zdrroveg, -wreg, -roı, mäch— 
tiges und zahlreiches Volk im aquitaniichen Gallien, 
bis zu der Mündung der Garumma und zum At- 


lantiſchen Dcean, nördlid) diejes Fluſſes zwiſchen 


den Pictones und Bituriges Viviſei, mit der 
Hauptjtadt Mediolanum; j. Sainted. Caes. b. q. 
1,10. 8,11. 7, 75. 

Santra, ein alter oft genannter römijcher Gram: 
matifer, verfaßte mehrere Schriften, namentlich 
eine de verborum antiquitate, andere biftoriichen 


und antiquariichen Inhalts, und erflärte ältere 


römische Dichter. Quint. 12, 10, 16. Geil. 7, 15. 
Suet. gramm. 14. Er ſcheint ein Beitgenofje des 


Varro und Cornelius Nepos geweſen zu fein. 


Sapael, Zareioı, thratiihes Volt am Gebirge 
Bangaios, zwiſchen dem See Biftonis und der 
Küfte, bei den Sapaiiſchen Päſſen über das Gebirge. 
Hdt. 7, 110. Strab. 10, 457. 12, 549, 

Sapientes septem j. Sieben Weisen. 

Sappho, Zarpa, mundartlich Pirpo und 
VPearpe, die größte Dichterin der Griechen, 


eb. 
1% Motilene auf Leſbos oder in der kleinen Ib 


chen Stadt Erefios, lebte zwiſchen 628 und 568 
v. E. Bon ihren XLebensverhältnifien ift wenig 
befannt. Unficher ift die Annahme, dab fie mit 
einem reichen Manne aus Andros verheiratet ge: 
wejen und ihm eine Tochter, Namens Kleis, geboren 
habe. Eine Zeit fang lebte fie, von Lejbos flüchtig 
(etwa 592), in Sicilien; in ihren jpäteren Jahren 
in Mptilene, umgeben von einem Sreife junger 
befreundeter Mädchen, die fie in Muſik und Poeſie 
unterwied. Nach den Grundjägen, bie jie in ihren 
Gedichten ausgejprochen, jowie nach den glaub: 
würdigſten — des Altertums war ſie eine 
ehrwürdige Frau von reinem und ſtrengem Lebens: 
wandel; erit die jpätere Zeit hat es micht umter: 
lafien, ihren Ruf herabzuziehen und namentlich 


‚ihr Verhältnis zu jüngeren Freundinnen zu mih- 


deuten. Auch dichtete man ihr an, fie habe einen 
Jüngling, Namens Phaon, unzüchtig geliebt und, 
da jie von bemielben verichmäht und verlaflen 
worden, fih and Verzweiflung vom Leuladiſchen 
Feljen ins Meer geftürzt. Sole Berleumdungen 





Saraceni — Sardinia. 


1065 


find zum großen Teil vom den attischen Komifern | mifchen Reiche große Verbreitung. Plut, Is. 27 ff. 
ausgegangen und hatten ihren Grund im ihren| Tac. hist. 4, 81 jf. Diod. Sic. 1, 25. 


Gedichten, die fich vorzugsweile um die Liebe 


Sardanapäl, Zegdardnaklog, auch Kovosxoy- 


drehten; fie find jiegreich widerlegt von Welder, | xsAogos genannt, nach Kteſias der letzte aſſyriſche 
Sappho, von einem herrſchenden Vorurteile befreit | König, der dreigigfte jeit Ninos, der ein weibiſches 


(RL. Schriften II ©. 80ff.). — Unter ihren ero— 
tilchen Gedichten waren bejonders die Epithalamien 


ausgezeichnet; auch dichtete jie Hymmen auf die 


Götter und, wenn man der Angabe des Suidas 
tranen darf, Epigramme, Elegien, Monodien und 
Samben. Die Echtheit der 3, unter ihrem Namen 
erhaltenen, Epigramme wird bezweifelt. Bon ihren 
lyriſchen Gedichten, die in aiolifchem Dialekt und 


zum großen Zeile in dem nach ihr benannten, 


wiewohl nicht von ihr erfundenen, ſapphiſchen 


Bersmahe verfaßt waren, find außer einer Anzahl 


fleinerer Bruchftüde leider nur noch 2 vollftändige 
Oden erhalten. In diejen geringen Überreften 
erfennen wir noch heute die an ihr gerühmten 
Borzüge, Tiefe und Innigkeit des Gefühle, Zart- 
heit und Grazie, mit der fie bei größter Offen: 
heit und Naivetät die glühenden Empfindungen 
ihred Herzens anspricht, eine blühende, wohllau- 
tende Sprache und gejällige Weichheit der Rhyth— 
men. Unter den Römern hat fie Catull mit Glüd 
nachgeahmt. — Fragmente gejammelt von Volger 
(1810) und Neue (1827), am beiten von Bergf, 
poet, Iyr. Graec. Ill p. 82 ff. der 4. Aufl. — Bgl. 
Th. Kod, Altäos und Sappho (1862). U. Schöne, 
Unterjuchungen über das Leben der Sappho, Sym- 
bola philol. Bonn. 2 p. 731 ff. 

Saracöni, Zagaxnvol, ein von Ptolemaios, 
Ammian u. a. erwähntes Volt im N. des glüd: 
lichen Mrabiens. Der Name, urſprünglich ein herum: 
ziehendes Räuber: und Nomadenvolt bezeichnend, 
wurde dann auch in weiterem Sinne gebrauch. 

Sarangae, Zugdyyaı, die Bewohner der Land: 
ſchaft Drangiana (f. d.\. Hat. 3, 98. 117. 7, 67. 

Sarapeion, Zugdrxeıor, Zagazeior, Serapeum, 
Tempel des Sarapis (j. d.), wie es deren viele 
gab. Der berühmtefte war der zu Aleranbreia, 
im Stadtteil Rhakotis auf einem Hügel gelegen: 
ein Prachtbau mit vielen Säulenhallen, Brunnen, 


unterirdiichen Räumen, Zellen für Büßer u. j. w.; 


auc mit veridiedenen Nebengebäuben, z. B. einer 
Bibliothef von angeblich 300 000 Schriftrollen, die 
der Sammelplag der Gelehrten war. 1851 ff. ijt 


das Sarapeion don Memphis mit den Apisgrüften 


bei dem heutigen Salfara aufgededt worden. Auch 
in Athen, Korinth, Rom und vielen andern Orten 
gab es jolche Sarapistempel. Strab. 17, 795. 801, 
807. Paus. 1, 18,4. 3, 4,6 u. ö. 


Saräpis, Zdganıs, Seräpis, d. h. Ofiris : Apis 


(ägypt. Djar-Hapi), aljo der wiederauflebende Apis, 


ein Äguptijcher Gott, der in der alten Zeit wenig 


—— wurde, aber, ſeitdem Ptolemaios I. zur 
Berſchmelzung des ägyptiſchen und griechiſ 

Kultus ſein Bild von Sinope hatte holen laſſen, 
allmählich ganz an die Stelle des Dfiris, ja an 
die Spitze des Bantheons trat. Zunächſt der Gott 
der Unterwelt, wurde er auch als der Alles regie- 
rende Sonnengott angerufen; weil die Kranken 
ern in feinen Xempeln jchliefen, um in gottge- 








hin erjtreden und in 


——— Traume das Heilmittel zu er fo | 


ibentifigierten ihm die Griechen oft mit Ajftepios, 
Sein Dienft ging mit dem der Iſis auch nad 
Griechenland und Rom über und gewann im rd: 


I 


| 


Leben voll Üppigfeit und Wolluft führte, aber dann 
doch dem Angriff des Arbafes von Medien und 
des Beleſys von Babylonien tapfer jtandhielt und 
endlich nach zweijähriger Belagerung Ninives ſich 
jelbft verbrannte (883 v. E.) — aljo ein männ: 
liches Gegenftüd von Semiramis (j. d.), welche die 
aſſyriſche cherreihe eröffnet und gleichfalls männ- 
lichen Mut und ausſchweifende Liebesluft in ſich ver: 
einigt. Wie Semiramis in diefem Doppelweien die 
Büge der Göttin Jftar oder Derfeto an fich trägt, 
jo Cart. die des Gottes Baal:Mellart. Doc; liegen 
der jagenhaft ausgejhmücdten Erzählung and ge: 
ſchichtliche Elemente zu Grunde: einerſeits das 
üppige SHofleben Ajurbanipals, des letzten bedeu— 
tenden Königs von Aſſyrien, deſſen Name wegen 
jeiner Berünmtheit gewählt wurde; andererjeits 
der tragiiche —— ſeines zweiten oder dritten 
Nachfolgers Sarakos (Aſuritililiani) bei dem jähen 
Sturz des Reiches. Hiod. Sie. 2, 23 ff. Strab. 
14, 671$. Arr. 2,5,2 ff. Cie. tuse. 5, 36. fin. 2, 32. 
Lacian, dial. mort. 2. Or. Ib. 312. 

Sardes, «li Zdodeıs (Edopdusg, Zdodıg), in alter 
Beit angeblih "Tdn genannt (Hom. Il. 20, 385), 
die alte reiche Hauptitabt Lydiens (zjuerft erwähnt 
Aesch. Pers. 46. Hdt. 1, 84) und Reſidenz ber 
Könige, wie jpäter der perfiichen und jelenfidiichen 
Satrapen, am nördlichen Abhange des Tmolos 
und an den Ufern des Paktolos. Die leichte Bauart 
und die Strohbedachung jegten die Stadt mehr: 
mal3 bedeutenden Feuersbrünſten aus, jo im ion. 
Aufftand (Hdt. 5, 101) und durch Antiochos den 
Gr. (Pol. 7, 15 ff.), bis endblih im J. 1402 Ta- 
merlan fie gänzlich zerjtörte. Zur Zeit des Tiberius 
verlor die von den Römern bevorzugte Stadt, der 
Sig eines großen, ganz Lydien umfaflenden Ge: 
richtöfprengels, durch ein Erdbeben ihre meijten 
Häufer. Tac. ann. 2, 47. Sehr feft war die Burg, 
welche auch die Schaplammer enthielt; jonftige 
Merkwürdigkeiten waren das Grabmal des Alyattes 
(Hdt. 1, 93) und ein alter Tempel der Sybele. 

dt. 5,102, Strab. 1, 61. 13, 625 ff. Bol. E. Eur: 
tius, Beiträge zur Geichichte und Topographie 
Kleinaſiens (1872), ©. 84 ff. 

Sardinia, Zapdo oder Zagdar, nächſt Sicilien 
die größte, 484 [Meilen Flächeninhalt zählende, 
Injel des Mittelländiichen Meeres (bei einigen 
Alten galt fie jogar für größer, Hdt. 5, 106), ob: 
glei die Angaben über ihre Größe (nad) Strab. 
5, 223 Hatte fie 4000 Stadien im Umfange, nach 
Plin. 3, 7, 13 etwa 565 Millien) jehr verichieden 
waren, wurde bon Norden nad Süden von den 
montes insani (Liv. 30, 39), r& uawöuere öon 
(j. ohne allgemeinen Namen, doch wurde mejent- 
lich der nordweſtlichſte Teil, jebt Monte janto und 
Monleone, darunter verftanden), durchzogen, von 
weldyen aus mehrere Zweige ji nad der Küſte 
orgebirge endigen, 3. B. 
Promunt. Urſi (j. Eapo del Orſo), im NO. 
an dem fFretum rdpgos, fosen, auch fretum Gal- 
licum (Plin. 3, 88), der Sardinien von Corſica 


' trennenden Meerenge, mwejtlich daneben Erreban: 


tium (j. Punta ©. Neparata), Gorditanum (j. 
K. Falcone), die NW.-Spibe; die Südſpitze hieß 





1066 


Cherſoneſus (j. 8. Teulada). Die mwichtigften, 
freilih nur Heinen Flüffe waren der Temus (ij. 
Temo), der Säprus (j. Flumendoſa) und der 
Tyrjus (ij. Tirjo). — Das Land war ungejund, 
aber fruchtbar (Mela 2, 123) und rei an Ge- 
treide, beſonders Weizen, Südfrüchten (Cie. de imp. 
Pomp. 12), einer Art Schafen, die den Ziegen in 
mancher Hinficht gli, an Salz, Schwefel, Silber, 


Sardoum mare — Sarmatia. 


jeltener aus Bajalt oder Marmor bejtehend, ge- 
wöhnlich mit Hieroglyphen und religiöjen Dar: 
jtellungen in bemaltem Flachrelief verziert. Die 
größten und jchönften beftehen aus rotem oder 
Ihwärzlihem Granit, worin Könige, Priefter und 
hohe Beamte beigejeßt waren. In Attila hat man 
häufig in Felſen gehanene Särge mit einem Stein: 
bedel gefunden, auch irdene Biegelfärge, in Etru: 





Eijen und Mineralquellen; das Meer bot unter | 
den Fiichen befonders Thunfifche, deren Fang noch 
heutzutage an den Küften betrieben wird. Der | 
ſardiniſche Honig Hatte einen bitteren Beigeichmad, 
daher amarıor melle Sardo (Hor.a.p. 376). Ein 
dort wachſendes Kraut, eine Eppichart, follte die 
Eigenjhaft haben, den Mund beim Lachen zur 
Verzerrung zu bringen (Verg. E. 7,41), daher 
vielleicht das jarbonische Lachen (risus Sardonicus, 
Cie. ad fam. 7,25). — Die Einwohner, Sardi, 
Zapdörıoı, Earpdnor, ägyptiſch Schardana, waren 
nach einigen aus Afrika eingewandert, nah an: 
dern ein Gemiih von Tyrrhenern, Phoinikern, 
Iberiern, Puniern und Griechen, zu denen nad) 
den punijchen Kriegen noch römiſche Koloniften 
famen. Vgl. Just. 18, 7. Hdt. 1, 170. Gie zer: 
fielen noch in jpäterer Zeit in verichiedene Stämme 
und galten für treulos, boshaft und träge, jo daß 
fie jelbft als Sklaven bei den Römern in jchled): 
tem Rufe ftanden, daher Sardi venales alius alio 
nequior (Liv. 41, 28. vgl. Hor. sat. 1, 3, 3), für 
die man nicht viel bieten wollte. Sie lebten in 
großer Roheit, kleideten fich in Felle, beichäftig: 
ten fich mehr mit Viehzucht als mit Aderbau, ver- 
teidigten aber ihre Unabhängigkeit gegen die Kar: 
thager, unter deren Herrichaft fe bis um 239 v. €. 
jtanden, jowie gegen die römiſche Übermacht mit 
großer Tapferkeit und Ausdauer (Liv. 23, 40. 41, 21. 
Tac. ann. 2, 85), und nur über die Küftengegenden 
waren die Römer volllommen die Herren. Gar: 
dinien bildete mit Eorfica eine Provinz, deren Ber: 
waltung zur Kaiferzeit wiederholt zwiichen dem 
Kaijer und dem Senat wechjelte; jeit Diocletian 
gehörte e3 gleich Sicilien und Corjica zu dem er: 
weiterten Stalien. Um 450 n. C. wurde die Inſel 
den Bandalen überlaffen. — Die wichtigften Städte, 
welche freilich nie zu bedeutender Blüte gelangten, 
waren im Süden Carälis, j. Ca 
namigen Meerbujen, Sulci, au 
weiten vorliegenden Meinen Inſel, jowie Turris 
Libijonis, 1. Borto Torres; im Norden Olbia, 
im Innern Forum Trajani, Cornus, Othoca 
u. Tharros. Strab. 5, 224. Mela 2,7, 19. 

Sardöum, Sardonicum mare, Zagdsor, 
Zupdörıov relayos, hieß das die Inſel Sarbi- 
nien umgebende Meer, das für den tiefften Teil 
des Mittelmeers galt. Hat. 1, 166. Strab. 2, 166. 

Sarepta, Zcpanre, Stadt Phoinitiens, be: 
rühmt durch ihren Wein, zwiſchen Sidon und 
Tyros, jetzt Sarafend. Plin. 5, 19, 17. 

Sargon ij. Salmanassar. 

Sarkophägos, oapxopdyog, 1) ein Stein, 
Alaunſchiefer, welcher bei Afjos in Myſien ge: 
graben oder gebrochen wurde und die Eigenichaft 
haben follte, Die Verweſung zu bejchleunigen, daher 
man mit ihm die Särge anslegte. Plin. 2, 98. 





1} 


liari, am gleich: | 
" einer im Süd⸗ 


rien aber bejonderd lange Särge von gebrannter 
Erde mit der ganzen auf dem Dedel ausgejtredten 
Figur des Begrabenen. Oft find Urnen dabei. — 
Die römischen Sartophage waren vieredige Kiften 
mit Relief? und ftanden auf den Gräbern. Die 
Kunft Hat dieſe Steinjärge zu ben verſchieden 
artigften Darftellungen aus der Religion, Mytho— 
logie und Heroenſage benußt, bejonders häufig 
find Darftellungen aus den Mythenkreiſen des Dio: 
nyſos und Prometheus; Jagden, Kämpfe, Schladh- 
ten, Triumphzüge und andere Scenen find gleich 
falls häufig. — Die ägyptiſche Mumie jedoch 
ruhte nicht unmittelbar im Sarkophage, jondern 
war in eine Kifte von Sylomoren: (Maulbeerfeigen- 
olz oder in eine Urt Futteral aus geleimter 
Leinewand gelegt. Diefe Behälter waren dem 
Körper genau angepaßt; das auf dem Dedel ans: 
geichnigte Geficht des Toten war oft mit Grün, 
der das Leben bedeutenden Farbe des Dfiris, be: 
malt. Auch wurden dieje Kiften mit Gips über: 
zogen und innen und außen mit Farben übermalt 
und mit Hieroglyphen oder hieratijcher Schrift be- 
bedt. Die Malereien bezogen fich gewöhnlich auf 
den Totendienft und die großen Götter der Unter: 
welt; bejonders prächtig war der Hals: und Bruft- 
ihmud in verichiedenen Farben; unter demjelben 
bis an die Füße, welche mit bunten Binden und 
Sandalen verjehen jind, befinden fid Figuren und 
Hieroglyphen. Oft ift eine ſolche Totenkifte in 
eine zweite und dritte eingeichloffen, alle aber find 
innen und außen mit —* ligen Figuren, Ju: 
jchriften, Blumen und andern, in den reichiten 
Farben ausgeführten, Verzierungen überbedt. 
Sarmatla, Zaopnerie, hieß jeit Mela (3,0 
das Land von der Weichjel und der Dftice im 
Weften bis zum Tanais, Tängs des Iſter; bei 
Ptolemaios das Land von der Weichjel bis zur 
Wolga, welches durch den Tanais getrennt war in: 
1) Sarmatia Europaea (N &r Ebearn Zupuarie) 
begrenzt im W. von der Biftula Weichſel), im € 
durch das Geb. Karpates, den Fl. Tyras (Drieftr) 
und den Maiotifchen See, im N. durch den Ocean 


’ 


und das unbefannte Land. Gebirge dieſes Land: 


ftriche8 waren der Berg Beute, das Geh. Ama: 
dofa (Hügelfette von Charkow und Kiew), Alan: 
non oder Wlanon, ro Bodırör Ögos (Walkai), 
die Benedici und Rhipät Montes. Nach der 
Meinung der älteften Griechen machten leßtere die 
Nordgrenze der befammten Erbe, wurden daher 
immer weiter nach N. gerüdt, je mehr fich die 
geographiichen Kenntniſſe erweiterten; bei Ptole— 
maios find fie ſüdlich und weftlich vom heuti 

Moskau zu juchen. Bon den zahlreichen Hat. 
4, 47. 82) Flüffen fallen in den Bontos Eureinos: 
ber Boryſthenes (Dniepr) mit dem Hypanis 
(Bug) und der Tyras (Dnieftr); in die Palus 
Maiotis: der Tanais (Don) mit jeinen Meben: 





36, 17. Dergleichen Särge finden ſich noch viele 
bei Aſſos. — 2) in übertragener Bedeutung jeder 
andere Steinjarg. Die älteiten Steinfärge oder 
Sarktophage find die ägyptiſchen, aus Kaltitein, 


flüſſen: Hyrgis und Gerrhus, Lykus (Berda) u. j.w.; 
in den Sarmatifchen Ocean: Biftnla, Gattalns 
! (Bregel?), Chronus (Niemen), Rhubon (Düna). 





Sarmaticae Portae — Sassaniden. 


— Die Bewohner (Scevooucirei, Zvpudrar, jpäter 
Zexpudra:, Sarmatae), die nad) Herodot (4, 21) 
am Unterlaufe des Tanais und Rha wohnten, —* 
fielen nach Ptolemaios in die Venedai (am Ve— 
ned. Buſen, von der Weichſel bis zur Memel), 
Beucini, Baftarnae, Jazyges, Rorolani 
(an der Nordjeite der Maiotis), Alaumi oder 
Alani (bi zum Kaufajos). Zwiſchen diejen gro— 
hen Böltern lebten mehrere Heinere, 3. B. die 
Gothones, Finni, Burgundiones u. ſ. w. Mit 
Ausnahme der füdlichen Strihe war das Yand 
rauh und winterlich, von der Natur wenig zum 
Aderbau, zur Viehzucht jedoch jehr gut geeignet. 
— 2) Sarmatia Asiatica (N &r Acie Z&.), reichte 
vom Tanais bis zur Mündung des Rhaflufjes 
(Wolga), vom Kaufafos bis in die nördlichen un: 
befannten Gegenden. Süböftlich vom Tanais mün— 
beten der Marabios, Theophanios, Attilites und 
Hypanis (j. Kuban); der Aha fällt ins Kaſpiſche 
Meer. Die Hauptgebirge waren die Hippici und 
Kerauni Montes, die Korariichen und Heniochiichen 
Berge. Am Uriprung ber Wolga wohnten die 
Bacıkıoraioı; Modalen, Hippophagen; Ba: 
katen, Suardenen am weſtlichen Ufer ber 
Wolga. Strab. 7, 302. 305 f. 311f. 

Sarmatlicae Portae, «li Zapuarınat mükeı, 
Paß im mittleren Kaufafos, ber einzige Zugang 
von Sarmatien nach Iberien, auch Portae Cau- 
casiae genannt (Plin. 6, 12. 13), doch nicht mit 
den albanischen oder kaſpiſchen Pforten zu ver: 
wechjeln (j. Pforten von Derbent). Suwet. Ner. 19. 
Tae. hist. 1, 6. 

Sarmaticum mare, Zupuarınög wnzurdg, 
Meer im Norden Europas, die heutige Ditjee. 
Tac. Germ. 45. Dichter, 3. B. Ovid (ex Pont. 
4, 11, 38), bezeichnen auch das Schwarze Meer 
mit diefem Namen. 

Sarmizegethüsa, bedeutende Stadt und Refi- 
benz der Könige Dakiens, jpäter römijche Kolonie 
unter dem Namen Col. Ulpia Traiana Augusta 
und Hauptftabt der Provinz, jowie Quartier der 
13. Legion. ——— Ruinen finden ſich beim 
heutigen Varhelhy. Abhandlung von Zink (1880). 

Sarnus, Zdevos, Fluß in Campanien, mündete 
bei Bompeji in den Eumanischen Meerb. (Golf von 
Neapel). Der heutige Sarno hat durch den Bejup: 
ausbruch 79 n. C. einen andern Lauf befonmen. 
An ihm wohnten die Sarrastes, Verg. A. 7, 738, 
Strab. 5, 247. 

Saronieus sinus, Zugwrırög »ölmog, j. Golf 
von Agina, der zwiſchen den Küften von Attifa, 
Megarıs, Korinthia, Epidauria, Troizenia lie 
gende Teil des Migaiiichen Meeres, umſchließt 
außer Heineren Inſeln bei. Salamis und Yigina. 
Der Name wird abgeleitet entweder von einem 
auf der Hirſchjagd ertrunfenen König Saron 
(Paus. 2, 30, 7), oder von dem troizeniichen Bad) 
Saron, oder von aagwwig = Eiche. Aesch. Agam. 
291. Strab. 8, 835. 369. 

Saros, ö Zdoos, Fluß in Kappadokien und 
Kilikien, j. im Oberlauf Saris-ſu, im Unterlauf 
Sihan, entipringt auf dem Antitauros, fließt an 
Komana vorbei, durchbricht den Tauros und mün— 
bet unterhalb von Adana und durch das AArjtor 
zeölor, jüdlih von Tarſos. Xen. An. 1,4,1 
(hier Pdpog genannt). Liv. 33, 41. Strab. 12, 535. 

Sarpödon, Zxorndar, 1) Sohn des Jens und 


der Europa, Bruder des Minos und Rhadamanz 





1067 


thys. Mit Minos geriet er in Streit (f. Miletos) 
und entwich zu Kilir, dem er gegen die Lykier 
beiftand; infolge davon ward er König der Ipfier. 
Zeus gewährte ihm die Gnade, drei Menjchen- 
alter zu leben. Apollod. 8, 1,2. Hdt. 1, 173. — 
En des Zeus und der Laodameia, Enfel des 

ellerophon, Better des Glaufos, Fürft der Lykier, 
tapferer Bundesgenofje der Troer (Hom. Il. 2, 876. 
5, 479 ff. 6,199. 12, 292 ff.), wurde von Batroflos 
erlegt. Hom. Il. 16, 480 ff. Zeus ließ den Leid)- 
nam jeine® Sohnes dur den Schlaf und den 
Tod zu ehrenvoller erg nach Lykien bringen. 
— 3) Sohn des Pojeidon, Bruder des Boltys in 
Thrafien, von Heralles getötet. Apollod. 2, 5, 9. 
— 4) Borgebirge in Kilifien, ſüdweſtl. der Mün— 
bung des Kalylabnos; j. Liſan-el-Kahbe. Strab. 
14, 670. Liv. 38, 38. 

Zagrndovin &xoa, thratiiches Borgebirge 

wilden den Mündungen der Flüffe Melas und 

ginos, ber Inſel Imbros gegenüber, jegt Gre— 
mia. Hat. 7, 58. 

Sarrastes j. Sarnus. 

Sarsina oder Sassina, 7 Zdpowe. alte Stadt 
Umbriens am Sapisfluß, Geburtsort des Komödien: 
dichter Plautus; noch j. gl. N. Strab. 5, 227. 

Sarte, Zdorn, Stadt Mafedoniens an der Süd: 
ipige der Halbinjel Sithonia, jetzt Sylia. Hadt. 
7, 121. 

Saso, Zuoo, Zdoov, Heine felfige Inſel, dem 
Alrokerauniſchen Borgebirge gegenüber und viel: 
feicht einft mit ihm zufammenhängend, Landungs: 
plag für Seeräuber; j. Sajeno. Pol. 5, 110. 

Zdonsıges, Zineıges, Boll im nördlichen 
Urmenien am Alampfisflu (ji. Dicherofh), zur 
achtzehnten perjiihen Satrapie gehörig, nad He— 
rodot im Befi des ganzen Landes zwiſchen Kol: 
his und Medien. Hat. 1, 104. 3, 94. 4,40. 7,79. 
Strab. 11, 529. 

Sassaniden, Könige der Neuperjer. Nachdem 
in ben langen —— gegen die Römer die 
Kräfte des Parthervolkes erſchöpft waren, erhob 
ſich im eigentlichen Perſien, wo ſich wegen der 
alten Erinnerungen die nationalen Gefühle am 
tärfften ausipradyen, eine Revolution. Ardaſchir 

abefan (Artaxerxes) aus der fürftlichen Familie 
Safjan, welche ſich von den alten Herrichern Ber: 
fiens ableitete, bemädhtigte ji) 212 — 224 der 

rrihaft über Perfis und beganı dann den 

damp & en den König Artabanus I11.; in ber 

dritten Schlacht (28. April 227) wurde der letzte 
Partherkönig gefangen genommen und getötet und 
das Reich der Barther vernichter; nur in Armenien 
und Baktrien beftanden Nebenlinien der Arſakiden 
fort; doch wurden auch die übrigen Teile des 
Reiches erjt nach langen Kämpfen bezwungen. Dit 
der —— der Herrſchaft der Saſſaniden trat 
zugleich eine Realtion gegen alles Ausländiſche ein 
und eine möglichſt vollſtändige Wiederherſtellung 


des alt-perſiſchen Weſens; beſonders wurde bie 


Religion des Zoroaſter neu belebt: in einer großen 
Berjammlung der Magier, die im neuperſiſchen 
Reiche einen mächtigen Stand bildeten, wurde die 
Lehre feitgeitellt. Den Römern wurden die Safja- 
niden bald ebenjo gefährliche Nachbarn, als bie 
Arjakiden gewejen. Schon Alerander Severus 
hatte mit ihnen zu kämpfen, dann Balerian um 
260 gegen Sapores J., Galerins 297 gegen Naries, 
Eonftantins und Julian 837 — 363 gegen Sa: 





1068 


pores Il. Im Jahre 651 fand die Herrichait 
Saflaniden mit dem —— des — — ** 
ihr Ende durch die Ara 

Agath. 2, 26 #. Amm. Marc. 23, 6. Bgl. — 
ichte (1887 , ©. 86 fi. Zufti, 


Sassüla, Stadt in Latium im Gebiet von Ti- 
bur, zu der wahricheinlid bie Reſte kyllopiſcher 
re am Flufſe Arci bei Siciglano gehören. 

ie. 7, 19. 

Satieüla, Zarınöia, Stadt auf einem Berge. 
in gr an ber campanifcen Grenze, ſeit 
313 v. E. römiſche Kolonie; j. S. Agate. 
. 9, 21. 23, 14. 27, 10. Verg. A.T, 729. 
"Satira, altertümlich satura, . lanx, bezeid;- 


net eigentlich eine Sch üfiel, welche referta va- und 


riis multisque primitiis sacris Cereris infereba- 
tur (Diomedes), 
die aus verichiedenen Ingredienzien nud Beitand- 
teilen zufammengejegt find, jo u. Lieder man: , 
nigfaltigen, ungeordneten Inhalts. Der Name ift 
daher eigentlich nur der älteren Gejtalt und Be: , 
ſchaffenheit der Satire angemefien. Die ältejte ie 
ich beftand aus Iuftigen Aufführungen 
der latiniichen Jugend, fomijchen Erzählungen und | 
Liedern, die zur Flöte und unter ee Bu: 
Tanze vorgetragen wurden; jo bildete fie, 
dramatijh, zunächit die Übergangsform von en 
alten feicennimiichen Voſſen (carmına Fescennina, | 
von dem jüb-etrujfijchen Ort Fejcennium nad Rom | 
verpflanzt, und be: | 
ftehend, weiche die römische Jugend, von Luft und 
Bein beraufcht, in elverien gegeneinander 
ausitieh, zwar rhythmiich, aber en beftimmtes 
Metrum, ſ. Hor. ep. 2,1, 145 ff. und dazu die 
Ausleger) zu den regelmäfjigen Dramen, wie 
Livius Andronitos fie ſchuf und einführte: dieſe 
dramatiſchen Satiren waren Improviſationen ohne 
Einheit des Juhalts, Planes und Geda 
menhanges. Als ſich nun das Drama immer jelb- 
—— und kunſtmäßiger entwickelte, ging die 
Vollsdramatik teil in die Atellanen über, teils 
beitanden die alten Boltspofien (saturae) noch fort 
und mögen mit der Zeit gleichfalls eine jchrift- 
liche Aufzeichnung und eine gewifle Ausbildung 
erhalten haben. Daher werden der Atellanendichter 
Bomponius und die Dramatifer Nävius und Pa— 
cuvius als Berfafler von saturae genannt. Nach 
und nad) jedoch geftaltete fi) das urjprüngliche 
Weſen der satura bedeutend um. Eunius nahm 
uerft ihre weitere lmgeftaltung in die Hand; 
Feine undramatijchen, für Lejer berechneten Satiren 
hatten mit den alten saturae nur die Mannig: | 


= 


faltigfeit des Inhalts, der Form und des Metrums | des 


emein, unterjchieden fich aber durch größeren Ernft. 
o bezeichnet ihn Horaz mit Recht als inventor 
ber Satire (sat. 1, 10,48), als Graecis intacti 
carminis auctor (def. 66). Den Übergang aber 
von ber alten satura zur neuen bidaltiichen satira 
bildeten die Dichtungen des Lucilius, melde 
zwar noch immer ein Allerlei in Form und Stoff, 
doch ſchon kritifierende Darftellungen aus dem 
Leben der Gegenwart gaben und jo eine Richtung 
einjchlugen, welche den gewordenen Zeitverhält- 
niffen vollfommen entiprad), auch von andern, 
z. B. P. Barro Atacinus, verfolgt (Hor. sat. 
1, 10,47) und von Hor az E einer 1 25 
erhoben wurde. Seinem Borgange folgten danı | 





Lie. des Emmi 


dann aber auch andere Dinge, Sati 


Sassula — Zäroar. 


nannt, 
vereinzelt; die Satire blieb der von Lucilins be- 
— und von Horaz vollendeten Bahn getreu. 
e Hauptichriftfteller diejer neueren Richtung 
neben Horaz vielleiht Julius Florus, — 
ſchen Perſius und Juvenal fiehen der Zeit nad) 
in der Mitte Turnus und Sulpicia, gleich— 
zeitig mit Juvenal lebte Julius Rufus. 
werden noch genannt Rabirius, Silius, Ga: 
bins Baſſus, Manilins Bopiiens, Decins 
Albinus, Rufticus Helpidius, Euderia. 
Hieher gehören in gewifiem Sinne aud die Me- 
tamorphojen des 2. ——— Tertullians 
Schrift de pallio, Werk des Marcianus 
Capella, Claudians Gedi in Eutropium und 
in Rufinum. Mit Recht jagt Quintilian (10, 1, 93) 
von der Satire: satira quidem tota nostra est. 
Denn die ganze Dichtun ift den en fremd 
und ein *. römiſches Erzeugnis I. Frigiche, 
db. Sermonen —— S. J 
a Sehr alt war der 
—— in verſchiedenen Pro 5* * 
tionen gegeneinander zu ſtellen. Na— 
mentlich dann war eine ſolche Sicherheit not⸗ 
wendig, wenn ſich eine von beiden ne dur 
einen andern vertreten ließ und nun 
geleiftet werden mußte, entiveder ratam rem ee. 
minum habiturum oder iudicatum solvi. Auch 
bei perfönlichen Klagen wurde zuweilen satisdatio 
iudicatum solvi gejtellt, z. B. wenn die Perſon 
BVerflagten eines bevoritehenden Konkuries 
verdächtig war. Cie. Quint. 8, 13f. Bei ding- 
lihen Klagen machte ſich satisdatio von jeiten des 
gten notwendig, damit ber a Garantie 
befam für die nach Beendigung des Prozeſſes zu 
bewirfende Herausgabe ber Sage (lis) und der 
—— — Nutzungen (vindiciae). Cie. 
Verr.1, 
Satnidels, Zerriösıg, - am Ada in Troas 
entfpringendes {ylühchen, das, weftlich ftrömend, 
ſchen Hamarito® und Lariſſa mündet; jeßt 
Fergae, ihratiie Bälericeft — 
Zadroae, thr 
und Strymon auf dem Gebirge Pangaios, tapfer 
und freiheitsliebend. In — Gebiete " pefand 


BigR: 


hin 





Satrapa — Satyrdrama. 


1069 


ſich ein Oralel des Dionyjos, deſſen Vorfteher die | Pat. 2, 12. — 2) 2.App. Sat., befehligte vom 


Beſſoi waren. Hat. 7, 1107. 

Saträpa, oarpdangs, altperſiſch Khſchathrapavan 
d. h. Landbeherrſcher, perfiiche Benenmung für die 
nn as ggg welche die römischen Schrift- 
fteller durch praetor (Cie. fin. 5, 30) oder prae- 
fectus (Nep. Dat. 2. Just. 5, 1) überjegen. Den 
Satrapen lag die Fürforge für die Mechtspflege, 
die Verwaltung der Steuern, Straßen u. a. und 
das Kriegsweſen im ihrer Provinz ob. Xen. Cyr. 
8, 6,1. 9. Hdt. 3, 89 ff. 128. 

Satrieum, latinijche Stadt bei Antium. Beim 
heutigen Eonca finden fich noch Refte alter Mauern. 
Liv. 2, 39. 6, 8. 38. 7,27 u. d. Cie. ad Qu. fr. 


3,1. 

Satrii, 1) Satr. Secundus, verriet ben 
Sejan, bei welchem er in großer Gunft ftand. 
Tae. ann. 6, 47. — 2) Satr. Rufus, ein Red— 
ner zur Beil des arg on Blinins, lebte noch unter 
der Negierung des Nerva. Plin. ep. 1,5. 9, 13. 

Satüra j. Satira. 

Satürae palus, Sumpffee in Latium, ſüdlich 
neben den Pomptiniſchen Sümpfen, j. Lago bi 
Paola. Verg. A. 7, 801. 

Saturöium ſ. Saturum. 

Saturfus, Bublius, Patron des 2. Fannius 
Chãrea gegen Roſeius Comödus. Cie. Rose, com. 
1, 4. 6, 18. 8, 22. 

Saturnalia j. Kronos. 

Saturnia, 1) Name Italiens bei Dichtern (3. B. 
Verg. @.2,173. A. 1,569. 8, 329. Ov. fast. 1, 238). 
— 2) alte, früher Aurinia genannte Stadt Etru— 
riens, an der Straße nad) Eofa, 185 v. E. römijche 
Kolonie; bedeutende Ruinen finden fich beim Dorfe 
Eapallio in der Maremma di Sovana. Liv. 28, 45, 
— 3) Beiname der Juno ald einer Tochter des 
Saturnus (Verg. A. 1,23) und der Befta (Or. fast. 


"Satarninus, ein römifches Eognomen: 1) 2. 


Appuleius Sat., juchte ald BVolkstribun (das |! 


erite Mal 108 v. E.) durch jeine lex agraria den 
marianischen Soldaten Ländereien in Gallien zu 
verihaffen. Das vorgejchlagene Geſetz jollte in 
5 Tagen vom Senat beftätigt werben, was von 
nun an Regel wurde. Dadurch wurde das An- 
jehen des Senats in den Tributeomitien gebrochen; 
daher wurde ©. nad Ablauf feines Tribunats 
vom Cenſor Metellus Numidicus aus dem Se: 
nate geftoßen, weshalb er, zum zweitenmal 
um ZTribunen gewählt, 100 v. E. den Metellus 
in die Verbannung zu gehen nötigte. Nun er: 
neuerte er bie Gejeße ber 
an welchen er jich eng anichloß (Cie. Rab. 7, 20. 
de or. 2, 49, 201), wie von jeinem Kollegen E. 
Gracchus (Cie. Sest. 47, 101), ber ſich für einen 
Sohn bes Ti. Gracchus ansgab, unterftügt. Flor. 
3,16. Ihn joll eine frühere von der Nobilität 
erlittene Beleidigung (er verlor durch einen Se— 
natsbejchluß die Getreideverwaltung) auf die Seite 
des Volles getrieben Haben. ic. Sest. 17, 89. 
45, 96. Aber die von ihm umb jeinen Genoflen 
verübte Ermordung des Memmius, welcher ſich 
um das Konjulat bewarb, erbitterte jogar das 
Boll; vom Senat zum Tode verurteilt, von Ma- 
rius en: mußten fie fich auf dem Capitol, 


wohin fie fich geflüchtet hatten, ergeben und wur⸗ 


den vom erbitterten Volle ermordet. App. b. ce. 
1, 325. Cie. Brut. 62, 224, Cat. 1,2,4. Vell. 


rachhen, von Marius, 


ſich von 





J. 69 v. C. an unter Metellus auf Kreta und ver: 
waltete 58 Makedonien. Cie. Plane. 11, 27 ff. — 
8) Sein Sohn, En. Sat., ein Anhäuger des An— 
tonius, wurde wohl deshalb 50 v. C. angellagt. 
Cie, ad fam. 8, 14. — 4) Hlius Sat., wurde, 
weil er Spottgedichte auf den Kaiſer Tiberius ge: 
macht, vom Gapitol herabgeftürzt. Dio Cass. 57, 22. 
— 5) Aponius Sat., befiegte unter Dtho die 
Norolanen an der Maiotid, diente dann unter 
Beipafian und entging jpäter dem Tode durd) die 
empörten Soldaten nur mit in Tae. hist. 1,79. 
8, 11. 5, 26. — 6) Amilins (Avulnius) Sat., 
ein Feldherr des Valerian, jpäter des Gallienus, 
nahm von den empörten Soldaten die Herrſchaft 
an, wurde aber nicht lange darnach (um 260 n. E.) 
von ihnen umgebradit. — 7) aus Gallien, zeich 
nete ſich unter Aurelian als ra rad aus und 
wurde von Probus jehr geehrt. egen jeinen 
Willen wurde er vom Pöbel in Alerandreia zum 
Kaiſer erhoben, doch nach kurzer Herrichaft von 
Probus’ Truppen befiegt und getötet. Vopise. 
Sat. 7. ©. auch Sentii, 2—b. 

Saturnius, d. h. Sohn des Saturnus, Bei: 
name 1) des Juppiter (3. B. Verg. A. 4, 371); 
2) des Neptunus (daj. 5, 799). 

Saturnus j. Kronos, 

Satürum (Servo. zu Verg. @. 2,197 und 4, 335), 
Zarögıov (Steph. Byz.), Zarögeor (Strab. 6, 279), 
Stadt und Gegend ın der Nähe Tarents mit vor: 
züglicher Pferdezucht ; daher Satureianus caballus 
(Hor. sat. 1, 6, 59, wonach der Name auch Satu- 
reium lauten würde); j. Torre di Saturo. 

Satyrdrama, do@ux sarugıxöv, odrugo:, fa- 
bula satyrica. Die Satyrdramen oder Satyr— 
ipiele find die dritte Gattung des attischen Dramas, 
welche neben der Tragödie und Komödie beſtanden 
umd jeit Wijchylos’ Zeit in Verbindung mit drei 
Tragödien, gleichjam als deren Nachipiel, vor: 
ommen, aber wohl zu unterſcheiden find von 
jenen Satyripielen oder Satyrdithyramben, welche 
durch Arion eine gerifie Form und Geftaltung 
erhielten und als die Uranfänge der dramatijchen 
eg überhaupt zu betrachten find (j. Tragoe- 

ia). Die Erfindung und erjte Ausbildung der 
Satyrdramen ift an den Namen Pratinas ge 
fnüpft. Diejer wird mit Beftimmtheit den tra: 
giſchen Dichtern beigezählt und ift mit Aiſchylos 
und Choirilos um DI. 70 in einem tragiichen 
Wettlampfe aufgetreten. Das Satyrdrama jcheint 
entftanden, nachdem die Tragödie, worauf e3 eine 
beftimmte Beziehung hat, in Athen ihren eigen: 
tümlichen Charakter bereit? angenommen hatte, 
und der Angabe, daß Pratinas zuerft Satyrn ge 
jchrieben, d. h. gedichtet habe, fteht eigentlich nichts 
entgegen. In Phlins nämlich, woher Pratinas 
ftammte, waren noch die Satyrdithyramben, wie 
fie zuerjt Arion geichaffen hatte, dithyrambiſche 
Chöre, denen Satyrn beigegeben waren, ohne 
wejentliche Veränderung geblieben, während jie 
in Athen ‚bereits eine dramatijche Form erhalten 
und fich der nachmaligen Tragödie jchon mehr 
oder weniger genähert hatten. Pratinas begab 
hlins nach Athen und lernte hier die 
aus den Dithyramben hervorgegangene junge Tra= 
gödie kennen, die eben in ihrer bramatiichen Ans: 
bildung begriffen war. Der glüdliche Erfolg diejer 
Umbildung wedte in ihm den Gedanken, mit den 


1070 


in Attila vielleicht ganz unbelannten oder durch 
die neue Tragödie mehr und mehr verdrängten 
Satyripielen jeiner Heimat eine gleiche Umgeſtal— 
tung und dramatifche Fortbildung, wie fie Theipis 
mit den Dithyramben vorgenommen hatte, zu ber: 
fuchen. Möglich, daß ihn eine gewiffe Unzufrie: 
denheit des Bolfes mit dem ernithaften Charakter 
der neuen Tragödie, wie fie das befannte Spridy: 
wort obötr mpög tor Jıuovvoov anzudeuten jcheint, 
in feinem Vorſatze und Verſuche beftärkte. So 
nahmen aljo unter PBratinas die phliafiichen Sa— 
tyrchöre die formelle Ausbildung der dithyrambiſchen 
Ehöre an, ohne darum ihre Luftigfeit, ihr eigent- 
liches Wejen und ihren bejonderen Charalter auf: 
zugeben. Bratinas’ Erfindung jcheint in Athen 
bald Beifall gefunden zu haben, jedesfalls hatte 
er an Ehoirilos und Aiſchylos 2 eifrige Mitar: 
beiter auf dieſem neuen Gebiete der Dichtung; 
man gejellte dad muntere Spiel ber ernfteren 
Tragödie in berjelben Mbficht hinzu, in welcher 
früher Arion die Satyrn mit dem dithyrambijchen 
Chore vereinigt hatte, um der zur Tragödie er- 
hobenen Dichtung etwas von der alten Yuftigkeit 
der Dionyjosfeier zu erhalten oder wiederzugeben. 
Als Dichter des Satyrdramas find außer Bratinas 
etwa noch folgende zu nennen: Phrynichos, 
Ariftias, Ehoirilos, Aiſchylos, Sophofles, 
Euripides, Jophon, Achaios aus Eretria, 
Jon aus Chios, Xenotles, Aſtydamas d. j., 
Chairemon, Timeſitheos. Bon den Satyr— 
dramen aller dieſer Dichter iſt und nur 1 voll- 
ftändiges Stüd übrig, der inflops des Euripides; 
außer diefem nur Titel und unbebentende Bruch: 
ftüde. Eine Charafteriftif diejes Spiel fann 
daher nur jehr unbejtimmt, dürftig und einfeitig 
ausfallen. Im allgemeinen hatte die Handlung 
die Farbe der Tragödie, aber die Perjonen er: 
jchienen in die Einfamfeit waldiger Landichaft 
verjeßt, umgeben von ae den beftändigen 
Begleitern des Dionyjos. 8 Wohlgefallen an 
diejem ftchenden Satyrnchore beruhte hauptſächlich 
auf der Art, wie dieſe Satyrn ſich bei oder zu 
der beſonderen Handlung ſtellten, wie das dämo— 
niſche Gefolge des Gottes unter den Perſonen in 
der Mitte der Begebenheiten ſich ausnahm. Die 
Perſonen der Sage, die Heroen, welche die Thaten 
ausübten oder zwiſchen Göttern und Unholden ſich 
bewegten, blieben dieſelben im Satyrſpiel, welche 
ſie im Epos oder in der Tragödie waren, nur 
wurde der Anſtrich von Würde und Feierlichkeit 
mehr oder weniger gemildert; die Heroen ſtimm— 
ten ſich gleichſam zu dem Silen und den Satyrn 
herab, deren närriſche Äußerungen auch ihnen 
manches Wort abnötigten, das nur aus dieſem 
Verhältniſſe, nicht aus ihrem eigenen Charakter 
entiprang. Das Epos wurde jo mit Scherzen 
durchflochten, welche vom Chore ausgingen; bie 
Herven jelbft aber in Spafmacher und Iuftige Ber: 
fonen zu verwandeln, war keineswegs Zweck diejes 
Spiels. Ein guter Teil der Gejchichten, welche 
fir diejed Drama benußt wurden, war an ſich 
heiterer Natur, wie die Mythen des Dionyjos und 
die Liebesabenteuer der Götter und Heroen: auch 
Märchen und märchenhafte Vollsſagen, einheimische 
und ausländiiche, waren der Anhalt vieler Satyr- 
dramen. Bon der Komödie unterfcheidet ſich das 
Satyripiel dadurch, daß e3 durchgängig naiv ift. 
Die Satyrn wiffen von nichts anderem als was 


Satyri — Satyrn. 


fie ausſprechen; wie fie urteilen, fo find fie jelbit; 
fie machen nicht Scherz über die Perſonen, jondern 
wie fie die Dinge ihrer Natur gemäß anjehen und 
empfinden, jo jprechen fie ji) aus. Die Komödie 
geht immer von einer Auftigfeit und einem Scherze 
aus, der mit arglojem Bewußtjein alles ins Lau— 
nige und Drollige ummwandelt und verkehrt, und 


zwar um zu befjern oder zu belehren, während 
dem Satyripiel ein jolcher Aid ganz fern Tiegt. 
Bergl. Hor. a. p. 220ff. Dem Ehore des Sa: 


tyrjpiels fehlt alles Pathetiſche und alle Teilnahme, 
weil davon in den Sathrn felbft feine Spur vor: 
handen ift. Nicht die Handlung wirkt durch den 
Chor auf den AZufchauer, fondern der Zuſchauer 
fieht nur bie Wirkung derjelben auf den Sinn und 
Buftand der Satyrn. Mit dem Ehore der Tragödie 
jtimmen wir im ganzen überein, mit den Satyru 
dagegen fann und joll eine ſolche Sympathie nicht 
ftattfinden. Über die äußere Eriheinung des 
Satyrchores ift und nur wenig überliefert; jelbit 
über die Berjonenzahl fehlt ein beſtimmtes Zeug: 
nis, es ift aber wahrjcheinlich, daß gleichviel Ber: 
ſonen wie in der Tragödie den Chor gebildet 
haben, aljo früher 12, jpäter 15. Das Koftüm 
der Satyrn und des Gilen behielt alle äußeren 
Abzeichen ihrer Natur bei. Die Satyrn ericheinen 
bi8 auf ein umgeworfenes Bodsfell nadt; auch 
eine Rehhaut oder ein Pantherfell diente ihmen 
ald Belleidung. Ferner hatten die Choreuten, 
um den Böden ähnlicher zu jein, emporftehendes 
Haupthaar (Hor. a. p. 220), fie waren haßlich, 
der Trunkenheit ergeben, üppig und lafciv, ſtets 
Hüpfer und Springer, übermütig und frech, eben 
jo feige wie die Heroen tapfer waren, unzuver⸗ 
läjftg, ohne Grundſätze und Sittlichkeit, ja geradezu 
niederträchtig. Bgl. Eur. Cyel. 268. 271. Der 
Tanz des Satyrdramas heißt Silinnis, arxırrız, 
darnach die Satyrn aud Sikinniften (omırrıorei) 
heißen. Er war jehr rajch, tummleriich, ſcherzhaft, 
üppig und ohne Pathos. Bgl. noch Tetralogia, 
über die Scene Theatron. In der metrijchen 
Behandlung der Verſe des Satyrdramas haben ſich 
die Dichter größere Freiheit ald in der Tragödie 
gejtattet, jedoch, jcheint es, nur in den Teilen, die 
den Satyrn oder dem Gilen gehörten. Samm: 
lung der Brucdhftüde der Satyr en (mit Aus 
ſchluß des Niichylos, Sophofles und Euripides 
bon Friebel (1837). Bgl. Welder, über das Satyr⸗ 
jpiel (in ſ. Nachtrag zur äſchyl. Tragödie, 1826). 
F. Wiejeler, das Satyripiel (1847). Fritzſche, de 
scriptoribus satyricis (5 Abhandlungen, 1863 ff.). 
— Die Römer haben in ihrer dramatijchen Litte— 
ratur ein Satyripiel nicht gehabt, obſchon dies 
mehrfach behauptet worden iſt. Die dafür aufge: 
ftellten Gründe verſchwinden bei näherer Prüfung. 

Satyri, ein fabelhaftes Volk im Innern Afrikas, 
das außer dem Geficht nichts Menjchliches hatte, 
alfo wahricheinlich eine Affenart. Mela 1, 4, 4. 
Plin. 5, 8, 30. 

Satyrn, Zervpo:, Begleiter des Dionyjos, Re: 
präfentanten des Ippigen und ausgelafjenen Natur: 
lebens im balchiſchen Kreije; in niederer, reinfinn: 
licher Geſtalt ftellen fie basjelbe dar, was wir in 
edler, geiftig verflärter Form in Dionyjos ſelbſt 
erfennen. —* Geſtalt iſt die zur menſchlichen 
erhobene Bodögeftalt; fie haben ſtruppiges Haar 
(in der jpäteren Kunſt auch Hörner), ftumpfe, auf: 
geworfene Najen, zugeipigte, ziegenartige Ohren, 





Satyros — Saxones. 1071 


mitunter auch Knollen (prjge«) am Halfe und ein | Geftalten, die eine anmutige Bildung und liebens— 
Ziegenſchwänzchen oder einen Pferdeſchweif; ihre | würdige Schalkheit zeigen, bejonders in der neueren 
üge tragen den Charakter mutwilliger Robeit. | attifchen Schule. — Abbildung: ausruhender Satyr, 
Homer erwähnt die Satyen nicht; Hefiod (fragm. 13. | Statue des Capitols, wahrſcheinlich eine Nach— 
bei Strab. 10, 471) bezeichnet fie ala ein yerog | bildung des berühmten Satyrs des Pragiteles, 
obrıdarar Zarigor nal dungavoseyar, als nicht: | der, Schön und jung, mit der Flöte in der Hand 
würdige, leichtfertige Geſellen. Träge und * und ſchallhaft ſinnend vor ſich hinblickend, an einen 
Luſt und Anſtelligkeit zur Arbeit, ergetzen ſie ſich Baumſtamm lehnte. 
an Tanz und Spiel; Hut, Liebe und Wein find | Satfros, Zcrvgog, 1) aus dem attiſchen Demos 
ihre freude. Sie lieben die Gejellichaft der Nym: | Kephifia, ein oligarchiich gefinntes Ratsmitglied 
phen, mit denen fie in den Wäldern umberjchweis | zur Zeit der Schlacht bei Aigos Potamoi. Einfluß: 
fen und Inftige Reigen aufführen, die fie aber auch | reich, frech und unverjchämt, gehörte er unter den 
mit ihrer zudringlichen Liebe verfolgen. Wie jonft | Dreifig zu den Elfmännern. Nach der Hinrich: 
die Götter der geheimnisvollen Natur, deren Nähe | tung des Theramenes jcheint er felbft unter die 
man in der Waldeinfamfeit plößlich mit Grauen | Dreifig aufgenommen worden zu jein. Xen. Hell. 
2, 8, 64 ff. — 2) Sat. 1, König des bospora- 
ER niſchen Reiches, von 407—398 dv. E., ftand mit 
h y den Athenern in enger freundichaftlicher Verbin: 
dung und fand bei der Belagerung von Theodofia 
jeinen Tod. Diod. Sie. 14, 93. Demosth. Lept. 
5,33. — 3) Satyros II, fiel nad furzer Res 
ierung um 810 v. €. im Kriege gegen jeinen 
Bruder, Diod. Sie. 20, 22 ff. — 4) ein griechiicher 
Dichter, der als Berfafler mehrerer Epigramme in 
der griech. Anthologie gilt. Vieleicht gehören auch 
die dem Einen Dichter beigelegten Epigramme zwei 
verichiedenen Berfafjern an. — 5)ein Schaujpieler, 
Belannter des Demojthenes. Plut. Demosth.7. — 
6) ein gelehrter Arzt, Lehrer des Galenos und 
Berfafjer von Kommentarien zu den Schriften des 
—— — ) Pexipatetiler im 2. Jahrh. v. C. 
erfaſſer mehrerer Schriften, namentlich eines 
größeren Wertes, Bor, d. h. Lebensbeſchreibungen 
politiſch und wiſſenſchaftlich bedeutender Männer, 
.B. des Pythagoras, Sophokles, Allibiades, 
ßhp II. von ledonien u.a. Vgl. Müller, 
fragm. hist. Graec. IIl p. 159 ff. 

Saucöna j. Arar. 

Saufsii, 1) C. Sanf., verwaltete 100 v. C. 
bie Duäftur und fand mit Saturninus, deſſen 
Pläne er unterftügte, jeinen Tod. Cie. Rab. perd. 7. 
App. b. c. 1,32. — 2) 2. Gauf., Freund des 
gelehrten Atticus, durch deſſen Fürfprache er feine 
bon ben XTriumvirn verfauften Güter zurüd er: 
hielt. Nep. Att. 12. Cie. ad Att. 7, 1. 15, 4. 

Sauromätae j..Sarmatia, 

Savo, ein träge fließender Flug Campaniens, 
der 7 Mill. jüdlih von Sinueſſa zwiſchen dem 
Volturmus und Liris mündere; j. Savone. Plin. 
8, 5,9. 

Savıs, Zdos, Zcdovog, 1) rechter Nebenfluß des 
: Danuvius, der auf den Carniſchen Alpen entipringt 
empfand, waren auch die Satyrn Schreden und und parallel mit dem Dravus ftrömt. Er bildete‘ 
Grauen erregend für den Menjchen. Ihre Attribute | im oberen Laufe die Grenze zwiſchen Noricum und 
find der Thyrſosſtab, Flöten, Syringen und jon: | Italien, dann zwijchen Jllyrien und Pannonien; 

ige mufitaliiche Inftrumente, Beinthläudhe und j. Save oder Sau. Strab. 4, 207. 7, 314. Plin. 

rintgefähe. In Uungen kommen jie |3, 18,22. — 2) Fluß gl. N., flieht an der Hüfte 
oft vor ala Gefährten des Dionyſos in bakchiſchem von Mauritania Cäſarienſis; j. Wed: Arajdı. 
Taumel, als Kelterer, —— mit Nymphen Saxa j. Decidii. 
tanzend, unter Anführung ihres Gottes mit den Saxa rubra j. Rübra saxa. 
feindlichen Torrhenern fämpfend u. j. iv. Jüngere | Saxönes, Zdfoveg, ein am Ende bes 3. nach— 
Satyrn heißen Zarvoloxoı. In ipäterer Zeit, | chriftlichen Kahrhunderts zuerft in der Geſchichte 
bejonbers auch bei den römiſchen Dichtern, werden | hervortretender Vollsſtamm, den Tacitus wohl 
die Unterjchiede zwischen Satyen, Banen und Faunen | unter den Cimbri ag benannt vielleicht 
verwiſcht. Die Schredgeftalten und Karikaturen |von einer Waffe (Sax, Schlachtmefjer), oder von 
des bärtigen Dionyjos werben von der vollende: | Seax (Sit, Erde), aljo die Anſäſſigen, im Gegen- 
teren Kunſt noch eine Zeit lang im veredelter Weije | jate der Franken (Freien). Später bildeten fie 
beibehalten; dann folgen die zarteren, jugendlichen | einen Bund, der mehrere Völlerſchaften umfaßte. 








1072 


Scabellum und Scamnım — Schauspiele. 


Scabellum und Scamnum, jenes die Heinere, ' Brofonjul Eicero in einem Handel, den Brutus 


biejes die größere Banf, Am öffentlichen Leben 
(vor Gericht, in den großen Bädern) brauchte man 
die scamna vielfah, im häuslichen Leben dagegen 
die Fußbänkchen, deren Form und Stoff jehr ver: 
Ichieden waren. 

Seaena |. Theatron, 

Sceaeva, 1) ein römiſcher Eenturio, welcher im 
Bürgerkriege bei Dyrrhadyium mit großer Tapfer: 
feit ein Kartell verteidigte, nachdem er schon früher 
unter Eäjar in Britannien mit Auszeichnung ge: 
fümpft hatte. Caes. b. c. 3, 53, Lacan. 6, 140 ff. 
Plut. Caes. 16. — ein Verſchwender, welcher 
jeine alte Mutter vergiftete. Hor. sat. 2, 1, 53 ff. 

Senevöla ſ. Mucil, 3—8. 10. 

Scalae. Die Treppen in den römijchen Häu— 
fern waren unanjehnli und jpielten überhaupt 
eine Nebenrolle, da man meift bloß das untere 
Stockwerk bewohnte. Die oberen Räume dienten 
zu Borratd: und zu Sclaffammern. So wenig: 
jtens bei den Bornehmen und Weichen, die mit 
ihrer Familie ein ganzes Haus bewohnten. Der 
weniger Bemittelte mietete fich eine Abteilung in 
einer größeren insula (j. d.), der ärmere ein — 

er 


o 


2) 


coenaculum in einem oberen Stodwerte. 


Dichter Martialis wohnte 3 Treppen hoch (Mart.|i. d 


1,118, 7; vgl. 7, 20, 20). Dft gingen die Treppen 
zu den einzelnen Abteilungen eines Hauſes von ber 
Straße hinauf. Liv. 39, 14. 

Scaldis, j. Schelde, franz. Ejcaut, der bedeutenbjte 
Fluß des belgischen Gallien, den Cäſar (b. g. 6, 38) 
irrtümlich auf der Arduenna silva entipringen und 
in die Moja fallen läßt. Ptolemaios nennt den 
Fluß Taßovilag; noch im Mittelalter hieß er Tabul. 

Scamunm j. Scabellum. 

Scandia, Scandinavia, Skatinavla, Zxar- 
Öle, hieß bei den Alten die Skandinaviſche Halb: 
injel, von der fie jedoch nur unvolllommene Kunde 
hatten; fie glaubten, es jeten mehrere große, zu 
Germanien gehörige Anjeln dort im nördlichen 
Dcean. PBtolemaios fennt 4 Zuardiaı vijao:, drei 
fleinere und eine größere, die befonders dieſen 
Namen führte; die andern waren Nerigos (Nor: 
wegen ?), Bergi (Bergen in Norwegen?) und Dumna 
(Injel Dunnden?). Auf der größeren Inſel lag 
das Gebirge Sevo (d. h. das Grenzgebirge zwiichen 
Schweden und Norwegen, ber Kiölen, deſſen ſüdl. 
Zweig noch jetzt Seve-Ryggen heift). Völlkerſchaf— 
ten waren die Kuudervol im W., Toüraı (derem 
Name im h. Gothland fortlebt) und Savndoreg 
im ©., Davoraı und PDipaico: im D. umd bie 
Asvoroı im Junern. Indes nennen jpätere Schrift: 
fteller ganz andere Völkerſchaften; Plinins z. B. 
die Hilleviones, d. h. Fellenbewohner, von 
Hella, Feld. Unter ber Inſel ift ohne Zweifel 
Schweden zu verſtehen, deſſen füdlicher injelartiger 
Teil noch jetzt Scania, Stone (Schonen) heißt. 
Plin. 4, 96. 104. Mela 3, 31, 54. 

Scantia silva, Wald in. Gampanien, wo fic) 
die aquae Scantinae befanden, neben welchen 
Flammen aus der Erde emporjchlugen. Cie. de leg. 
agr.1,1. 8,4. Plin. 2, 107. 111. 


Seaptiüi, 1) P. Scapt., verleitete 446 v. €. 


die Römer, einen jtreitigen Landſtrich, über wel- 
chen das römiſche Volk zwijchen Ardea und Aricia 


entſcheiden jollte, ſelbſt in Beſitz zu nehmen, weil | 


die Römer ihm jchon früher erobert hätten. Liv. 
3, 71f. — 2) M. Scapt, beredete 50 v. E. den 


16,1. 








mit den Einwohnern von Salamis auf Aupros 
— die Sache aufzuſchieben, ſo daß ſie deſſen 

achfolger eutſcheiden ſollte. Cicero hatte gegen 
Brutus entſcheiden wollen. (ie. ad Att. 5, 21. 
Eine von ihm gewünſchte Präfektur ver- 
weigerte Cicero. 

Scapülae, 1)B. Quinctius Scap, Gläubiger 
des E. Duinctins. Cie. Quint. 4, 17. — 2) T. 


Quinetius Scap,, erregte den Krieg gegen Cä— 
ſar in Hiſpanien. Cie. ad fam. 9, 13. 
Schlacht bei Munda lieh er ſich —* Corduba von 


Nach der 


einem Sklaven töten. Üaes. b. Hisp. 33. Cie. ad 
Att. 12, 38, 4. 40, 4. — 3) j. Ostorii, 1 und 2. 
Scardöna, Zudedor, die Hauptitabt Liburniens 


in Illyrien am rechten Ufer des Titius, durch einen 


See mit dem Meere in Verbindung; noch j. Scar: 
dona. Auch eine Inſel vor der liburniſchen Küfte 
hieß jo; j. Arbe. Plin. 8, 21; 25. Strab. 7, 315. 
Scarus, oxdgos, ein teurer, uns micht genau 
befannter Fiſch, vielleicht Lippfiih oder Meer- 
brafien (Hor. sat. 2, 2, 22. epod. 2, 50), jedesfalls 
eine der größten Ledereien bei den Römern. 
Scauri, Beiname mehrerer römiſchen srentes, 
1) N (j. d. 11.); — 2) der Aemilii, 


Scena j. Theatron. 

Schatz und Schatzmeister, Schatzung, |. 
Staatshaushalt, I. 

Schauspiele, Schauspieler, Schanspiel- ı 
wesen, Die Aufführung bon Schaufpielen war 
im Altertum, in Athen wie in Rom, nicht eine 
Privatjache, jondern eine Sache des Staats, wenn 
auch die Ausführung des Einzelnen Privatperfonen 
überlaffen wurde. In Athen bildeten die Auf: 
führungen von Tragddien und Komödien einen 
Hauptteil der religiöjen Feier, womit man die 
Feſte des Dionyjos beging. Die Tragödie, das 
Satyripiel und die Komödie waren aus der Feier 
der Dionyjosfefte hervorgegangen (ſ. Tragoedia, 
Komoedia, Satyrdrama', und ihre Auffüb- 
rung blieb daher für alle Zeiten ein Beftandteil 
biejer Feier. Die Theatertage waren daher in 
Athen nur die im Jahre vorlommenden Piony- 
fosfefte, nämlich die ländlichen oder Heinen Dio— 
nyſien, die Lenaien, die WUnthefterien und die 
großen oder, ſtädtiſchen Dionyſien. Die letzteren 
waren auch für die dramatifchen Aufführungen 
das Hauptfeft (j. Dionysos, 8.). Die Behörde, 
welche die Aufführung der Schaufpiele zu leiten 
und zu beauffichtigen hatte, war der Archon Ba: 
fileus für die Lenaien, der erjte Arhon (Eponymos) 
für die großen Dionyſien. An dieſen hatte jich ein 
Dichter, welcher jeine Dichtung zur Aufführung 
bringen wollte, zu wenden und um einen Chor 
nachzufuchen (Joobu «lreiv). Der Archon unter: 
warf die Stüde, die vermutlich im Manuftript 
eingereicht twurben, einer Prüfung und bewilligte 
den Dichtern, deren Stüde gefielen, einen Chor 
(zogöv dıdövar); die Ausrüftung des Chors über: 
nahm aber derjenige, welchem die Choregie ob- 
lag. Über dieſe öffentliche Leiftung ſ. Leitur- 
gina. — Der gange theatraliiche Apparat, melden 2 
ber Ehoreg dem Chore zu geben hatte, hieß zoerj- 
yıor. Ferner erhielten die Dichter, wenn ihre 
Stüde angenommen wurden, aus der Staatslaſſe 
ein Honorar; doch mußten fie es fich auch gefallen 
fafien, daß ihre Stüde ohne weiteres zurüäd: 


* 


Schauspiele. 


gewiejen wurden. Die Zulafjung der Komödien 
zur Aufführung war noch überdies an ein geſetz— 
lich bejtimmtes Alter ihrer Berfajjer geknüpft; 
man nimmt gewöhnlich ein Alter von 30 Jahren 
an. Auch jorgte der Staat für die Aufrechterhal- 
tung der Ruhe und Ordnung während der Spiele 
und für eine gerechte Verteilung der Kampf: 
preije, indem er Polizeibeamte und Kampfrichter 
ernannte, Nampfrichter waren die Ngonotheten, 
unter ihnen jtanden die Majftigophoren, eine 
Art Liktoren, welche die Ruheftörer zurechtwieien 
und auch wohl entfernten. Die Kampfrichter, die 
erit am Ende der Aufführung aus den auf der 
Bühne aufgeftellten verjiegelten Urnen, in welchen 
die Namen der vom Nate der 500 Vorgewählten 
lagen, vom Archon förmlich ausgelojt und ver- 
eidet wurden, hatten am Schlujje der Darftellungen 
über die Leiftungen der Choregen, des Dichters 
und der Schaufpieler zu urteilen. Ihre Zahl 
jteht nicht ganz feitz man nimmt für die Tragödie 
wie für die Komödie gewöhnlich fünf an. Fiel 
der Nichterjpruch für den Dichter günftig aus, jo 
erhielt er auf der Bühne vor dem ganzen Pu— 
blifum einen Kranz. Dies war die höchſte Ehre, 
welche einem Dramatiker in Athen zu teil werden 
fonnte. Der Choreg wurde gleichfalls mit einem 
Kranze belohnt, auch wurde ihm gejtattet, dem 
Dionyjos in Bezug auf jeinen —* ein Weih— 
geihent machen zu dürfen. Die Choregen der 
tragijchen Chöre pflegten einen Dreifuß zu mweihen, 
der dann im Theater, oder im Tempel des Dio- 
nyſos, oder auch in der Straße der Dreifühe 
öffentlich aufgeftellt wurde ſ. Lysikrates). Pie 
Choregen der fomijchen Chöre weihten Tänien, 
Thyriosftäbe u. dgl. Gemeinjame Denkmäler aber 
für beide Leitungen jcheinen die Inſchriften ge: 
wejen zu fein, auf denen der Name des Archon, 
des Choregen und des Pichterd verzeichnet war. 
Das ältejte Dokument diejer Art f. Plut. Them. 5; 
vgl. Plut. Arist. 1. Aus diejen Verzeichnifjen find 
die jpäteren Didaffaliichen Werke hervorgegangen, 
j. Jıöaozadla. Für die Schaujpieler endlich 
waren außer dem bedungenen Honorar auch yon 
Geldpreiſe ausgeſetzt, diejelben erhielten aber au 
für jchlechtes Spiel Geihelhiebe im Angefichte des 
gejamten Bublifums, Welchen Wert man übrigens 
auf einen Sieg an den dionyfiichen Feſten nicht 
allein von feiten des Dichters, jondern auch des 
Ehoregen und der Enke, die er vertrat, zu legen 
pflegte, zeigt nicht bloß der ungemeine Aufwand, 
womit fich die Chorausitatter gegenjeitig zu über: 
bieten juchten, jondern auch der Umitand, daß 
man zur Beſtechung des Archon und der Kampf: 
richter zuweilen feine Zuflucht nahm, wie das Bei- 
jpiel des Meidias zeigt. Demosth. Mid. 516. 519. 
520. — Auch bei den Römern war die Bejor- 
gung der Theaterjpiele nicht Privatjache, jondern 
injofern Angelegenheit des Staats, als von dem— 
—— eine Behörde dazu angehalten war. In 
ieſer Beziehung gebrauchen griechiſche Schrift— 
ſteller von dieſem Amte auch die Ausdrücke zoen- 
yia oder zgoonyeisdar: freilich war es der Sache 
nah don der griechiichen Choregie gänzlich ver: 
ſchieden. In Rom hatte der Beamte, welcher als 
dator muneris oder ludi auftrat, für alles zu 
Jorgen, was zu dem apparatus scaenicus gehörte, 
. b. für die Ausihmüdung der Bühne, für das 
Gerät und die Majchinen, die zur Aufführung ge 


Meallegiton des tlaſſ. Aitertums. 7. Aufl. 


1073 


braucht wurden, und für das Koſtüm der Schau— 
ipieler. Die meifte Berüdjichtigung wurde gewöhn- 
lich der Bühne zu teil. Bgl. Theatron. Auch 
bezahlte der römische Beamte den Dichtern das 
Honorar für ihre neuen Stüde, bejoldete die Schau- 
ipieler, die noch bejondere Preiſe und Gejchenfe 
erhielten, und hatte alle zur Aufführung der Stüde 
rg Vorbereitungen, die Probevorjtellungen, 
die Ankündigungen der Spiele, zu beauffichtigen 
und zu bejorgen. Während der Aufführung war 
feine Aufmerkſamkeit auf die Zuichauer und Schaus 
ipieler gerichtet. Unterſtützt wurde er hierbei durch 
Unterbeamte. Erſtens durch die desi gnatores, 
welche, durch die verjchiedenen Abteilungen der 
Sitzplätze zerſtreut, darauf jahen, daß jeder Zu— 
ſchauer in der für ihn beſtimmten Abteilung Platz 
nahm und befam: fie 
nungen unter den Zuichauern zu verhüten und 
bedienten sich dabei wohl aud der Hülfe der 
Liktoren. Sodann durd die conquisitores, 
welche Parteiungen unter dem Publikum zu ver: 
hindern und diejenigen aufzufinden juchten, welche 
zum Beifallflatichen bejtellt waren. Wuch war noch 
ein praeco da, welcher Stille und Aufmerkſamleit 
ebot. Unter den Kaiſern wurde die Zahl der 
heaterbeamten noch vermehrt. Die Verpflichtung, 
fcenische Spiele zu geben, lag den curulichen 
Adilen und dem praetor urbanus ob, die in der 
—— der Koſten vom Staate nicht unterſtützt 
wurden. Der Prätor fonnte ſich auch mit feinem 
Amtsgenojjen in die Geichäfte und Auslagen 
teilen, die beiden Adilen dagegen bejorgten die 
Spiele bald gemeinjchaftlich), bald auch jeder für 
fih. — Bei der Aufführung der Schaujpiele 
kommen zumächit zwei Dinge in Betracht, der Ort 
und das aufführende PBerjonal. Über den 
Ort der Aufführung, die Bühne und deren Be— 
ichaffenheit j. Theatron. Das aufführende 
und darjtellende Berjonal ift in den griechischen 
Tragddien und Komödien in den Chor und in 
die Schauspieler (drongırai) geteilt. Über den 
Chor und feine Verfajjung j. Choros. Es bleiben 
daher hier mur die Schaufpieler näher zu be= 
trachten übrig. Die ſeeniſche Daritellung der 
Tragödien und Komödien durch die Schaujpieler 
unterjcheidet ich von der heutigen Weiſe zumächit 
hauptjächlid dadurch, daß alle Nollen, auch die 
weiblichen, von Männern und zwar nur von drei 
Schaufpielern gegeben wurden. Die Beichränfung 
der Schaufpieler auf das männliche Geichledht 
hatte ihren Grund darin, daß bei den dionyſiſchen 
Feſtchören (Dithyramben), aus denen das ganze 
Schaufpielwejen — — war, die Frauen 
nie eine Rolle geſpielt hatten. So war von ſelbſt 
die Schauſpiellunſt in die Hände der Männer ge— 
fommen. Die Beichräufung der Schauipieler auf 
eine beſtimmte Zahl wurde aber durch den Um— 
ftand geboten, daß die Dramen im einem Wett— 
fampf aufgeführt wurden. Dieje Einrichtung machte 
die möglichite Gleichheit der Mittel notwendig. 
Der Staat mufte, um gerecht zu jein und nicht 
einen der Dichter vor dem andern durch reichlichere 
Austattung zu bevorzugen, und um den Preis- 
richtern eine beſtimmte Enticheidung zu gejtatten, 
leihmäßige Mittel verwilligen und eine be 
—— Schauſpielerzahl fejtiegen. Aiſchylos und 
ſeine Zeitgenoſſen hatten anfangs nur zwei Schau— 
ipieler, den dritten, deſſen ſich dann auch Aiſchylos 
68 


or 


atten überhaupt Unord⸗ 


© 


-! 


oo 


1074 


bediente, führte Sophofles ein, eine weitere Ber: | 


mehrung der Schaufpielerzahl finden wir aber 
nirgends erwähnt. Dieje drei Schauspieler, welche 
die jämtlichen Rollen eines Stüds zu übernehmen 
und durchzuführen hatten, hießen teils in Be: 
iehung auf den Wettlampf, der auch zwiſchen 
ihnen ftattfand, teil® nach der poetischen Bedeut- 
jamfeit und dem Umfange der übernommenen 
Nollen: rewraywrıorı;, actor primarum par- 
tium, devregaywrıorıis, actor secundarum par- 
tium, und roıreywrıorıig, actor tertiarum par- 
tium. Die Hauptrolfe gehörte dem Protagoniften; 
er ftellte die Handlungen und Gejchide der Haupt- 
perjon dar, in welder der Grundgedanfe des 
— Dramas am beſtimmteſten hervortrat. Ihm 
zunächſt entwickelte der Deuteragonift diejenigen 
Gegenjäge, welche den Charakter der Hauptfigur 
bedingten oder en er übernahm die Rollen 
weiten Ranges und diente in vielen Fällen dem 
rotagoniften als Folie, 3. B. Jimene der Anti- 
gone, Chryſothemis der Elektra. Die poetiiche Be- 
deutung jeiner Rollen und feine mimijche Ge— 
wandtheit mochten vielfach gegen den Protagonijten 
nicht eben jehr zurüdtehen; doch war ihm ein ge: 
ringerer Schwung der Darftellung geboten, jo daf 
die Kraft feiner Stimme und feine höheren Gaben 
a Bunften der Hauptperjon etwas zurüdtraten. 

em Tritagoniften jcheinen wejentlic die Rollen 
zugefallen zu jein, durch welche der Kampf des 
Brotagoniften, jein mdhog, veranlaft wurde. 
Welches Prinzip übrigens und welche Gejege die 
Dichter bei der Nollenverteilung durchaus be: 
folgten, läßt ſich nicht mit Sicherheit angeben. 
So viel dürfte aber feftftehen, daß die Dichter 
möglichjt darauf jahen, daß der Schaujpieler einer 
bedeutenden Rolle nicht durch Übernahme Heinerer 
Bwilchenrollen entfremdet, und diejelbe Rolle von 
demjelben Darfteller geiprochen wurde; daß ferner 
die verjchiedenen Rollen eines Schaufpielers in 
einer gewifjen gegenjeitigen Beziehung, ihrem In— 
halte und ihrer Tendenz nad, miteinander ent- 
weder im Einffange o auch im Gegenjape 
ftanden. Die Nachricht des Pollux, daß der Prota: 
gonift aus der mittleren Thür der Scenenwand, 
der Deuteragonift aus der rechten, und aus der 
linfen der Tritagonift auf die Bühne getreten jei, 
befagt nicht, daß diejes Auftreten feſtes Geſetz und 
ftehende Regel gewejen jei; es lonnte natürlich 
nur da gejchehen, wo der Anhalt des Stüds und 
die Rolle des Schaufpielerd es geftattete. Bis: 
weilen fam es aber doch vor, daß man nicht mit 
drei Schaujpielern ausreichte, um ein Stüd voll: 
ändig in Scene zu feßen. Die Ofonomie des— 
Iben verlangte hier und da noch eine befondere 
Anshülfe. In jolchen Fällen war der Ehoraus: 
ftatter gehalten, einen vierten, bezw. fünften zu 
ftellen, der dann eintrat und eine Nebenrolle 
übernahm, two die vom Staate verwilligte Drei- 
zahl nicht genügte 6 B. in Sophofles’ Didipus 
in Kolonos). Dieje Aushülfe hieß magegopiynur, 
weil der Choreg auch diefe Perjon zu jtellen und 
mit der nötigen Garderobe zu verjehen hatte. Bon 
der Anwendung diejer vierten Perſon find mur 
wenige Beiſpiele vorhanden, ein Beweis, daß fie 
nur jelten vorgelommen fein mag. Neben den 
eigentlichen Schaufpielern des Stüds erjchien auf 
der Bühne noch eine Anzahl ftummer Berjonen, 
“uop& nobguna, nerü moögome. Könige und Hel— 


Schauspiele. 


den traten immer von mehreren Dienern begleitet 
auf, weibliche Perſonen mit weiblichem Gefolge. 
Diejes Gefolge hieß Hegdzorres oder Pegdrauırai, 
und injofern es aus Trabanten und bewaffneten 
Leuten beitand, dogupogo: vder doprpogrum. 
Diejes Gefolge hatte der Choreg gleichfalls zu 
ftellen, und es mag zuweilen jehr zahlreich und 
prächtig ausgeftattet gewejen jein. — Weſentlich 
umgejtaltet wurde das Schaufpielweien im der 
päteren Beit, als teils ne Aufhörens de 
Chores die Aufführung von Dramen erleichtert, 
teils aud an andern Feſten als denen des Die 
nyjo® Dramen aufgeführt wurden. Es bildeten 
fi nämlich Vereine von Schaufpielern, Dramen: 
dichtern, Mufifern u. j. w., die fih dionyſiſche 
Künftler, Juowvowxoi reyriraı, nannten, in 
größeren Städten ihren Sit hatten und, im flei- 
nere Abteilungen geteilt, in den Heineren Städten 
und in den Provinzen an den Feiten Dramen 
aufführten (vgl. Lüders, die dionyſiſchen Künſtler, 
1873). — Das in der That merkwürdige umd 
fremdartige Koftüm der griech. Tragödie und Ko 
mödie fteht in engem Zujammenhange mit dem 
Urjprunge und dem Zwecke des gejamten Schau: 
jpielwejens in Athen. Der eigentümliche Zujchnitt 
und das muntere Kolorit machten die : 
garderobe mehr zu dionyſiſchen Feſtkleidern als zu 
Theatergewändern. Um nun von der Belleidung 
der tragiichen Schauſpieler zunächſt zu reden, je 
bejtand dieje für Männer von höherem Range aus 
einem bunten, gewirkten Leibrode mit Armeln, 
bei älteren Perjonen wahrjcheinlich bis auf die 
Füße (zeewr rodnens), bei jüngeren bis an bie 
Kniee reichend. Ein grünfarbiger Talar oder ein 
langer, bis auf die Füße herabgehender Füriten: 
mantel, foftbar durch Purpur und einen gold 
eftidten Saum, diente als Überwurf. Andere 
erjonen, die nicht gerade Könige waren, trugen 
einen kürzeren roten, goldgeftidten Mantel umd 
als teilweife Bedeckung desjelben einen reichgeitid- 
ten, hochfigenden Gurt (uaoyalıorrje). Wahrjager 
—— über dem Leibrocke ein wollenes netzattiges 
ewand. ber den Leibrock wurde noch eint 
Bruſtbedeckung, eine Art Wams (nslrwue), ge5% 
gen. Sp erſchienen Könige, wie Atreus, Aga— 
memnon und andere. Dionyſos trug einen pur: 
purnen Leibrod, der nadjläffig an einem bumten 
Achſelbande Hing, darüber war ein dünnes, jafran- 
farbiges Florkleid gezogen; in der Hand trug er 
einen Thyrſosſtab. Die Kleidung einer Königin 
war ein purpurnes Schleppfleid (deu) umd ein 
weißes Armtuch, in der Trauer aber ein ſchwatzes 
Schleppkleid und ein blauer oder dunfelgelber Um: 
wurf. Unglüdlicye, bejonders Flüchtlinge, waren 
mit ſchmutzigweißen, dunfelgrauen, ſchwarzen Klei⸗ 
dern angethan. Dazu kamen noch Schwerter, 
Scepter, Lanzen, Bogen, Köcher, SHeroldsitäße, 
Keulen, Doldye, deren Spike in den Griff zurüd: 
ging, und andere der Ausftattung tragijcher Helden 
und Perſonen notwendige oder angemefjene Ge 
—— Allerlei Felle von Hirſchen, Ziegen 
öden, ng = und farbige Unterkleider werden als 
Tracht der Satyrn und Silene angeführt. And u 
wurde die Geftalt der tragijchen Schaufpieler durch 
den Kothurn (f. Kösogrog) und durch eimen 
Haaraufſatz oder Toupet (öyrog), nach Alter und 
Rollen verjchieden und bejonders abgeſtuft, bedeu- 
tend erhöht und durch Wattieren und Auspolftern 


—— 


-. 


1 


— 


tv 


Schauspiele. 


ſowie durch eine Art Handſchuhe (zeioldeg) an Bruft 
und Gliedern verftärft und verlängert. — In der 
älteren Komödie war das Koftüm jo viel ald mög: 
lich dem wirflihen Leben nachgebildet, in der 
neueren dagegen gab es gleichfalls beftimmte und 
jeftjtehende Kleidung. Männer trugen einen weißen 
Leibrod, Jünglinge einen purpurnen, Sflaven 
einen bunten und darüber einen gleichfarbigen 
Mantel, die Köche einen ungewalkten Doppelmantel, 
die Bauern einen Pelz oder pie Rock nebft 
einem Ranzen, Rod und Knittel, die Kuppler einen 
gefärbten Leibrod nebjt buntem Mantel. Die 
alten Frauen trugen ein himmelblaues oder dun— 
felgelbes Kleid, Priefterinnen und Jungfrauen ein 
weißes Gewand; die Mütter der Hetairen und 
die Kupplerinnen trugen eine Purpurbinde um 
den Kopf u. j. wm. — Bu es tragischen und 
fomijchen Koftüm gehörte noch die Maske, meös- 
orov, persona (jpäter zum Ausdrude der darin 
dargeftellten Eharakterrolle geworden). Ihr Sinn 
und Urjprung geht ebenfall3 auf die dionyſiſchen 
Feſte zurüd. An diefen Feſten hatte man zuerft 
als eine Art Vermummung das Gejicht mit Bein- 
ns jpäter etwas tunfigerechter mit Mennig 
gefärbt oder aud mit Blättern und Masken von 
Baumrinde bededt; nad und mach führte das 
Bedürfnis und die fortichreitende Kunft zur Er: 
findung und charafteriftiichen Bemalung leinener 
Masten. Freilich entbehrte die griechiiche Schau— 
ipielfunft durch ihren Gebrauch den feinen Aus- 
drud des Gefühle und das lebendige, beredte 
Mienenpiel; allein wenn man den großen Raum 
der griechiichen Theater berüdfichtigt, welcher wohl 
ein vernehmliches Hören, gewiß aber fein deut- 
liches Schauen geftattete, jo überzeugt man fich, 
daß die Masfe der mimiichen Kunft und ihrer 
Ausbildung eben feinen großen Schaden bringen 
fonnte. Ob die Masken, wie die Alten angeben, 
die Stimme der Schaujpieler zu verftärfen ge- 
eignet waren, mag bier umbeſprochen bleiben. 
Bon der griechiichen Bühne ging die Maske auch 
auf die römijche über. Die kunftvollere Theater: 
masfe hatte Aiſchylos feinen Schaujpielern ge— 
geben. Sie bededte nicht nur das Antlig, jondern 
den ganzen Kopf. — Auch die Farbe des Haupt: 
haars hatte ihre feftftehenden Unterſchiede. Junge 
Perſonen und Göttinnen hatten blondes Haar und 
blaue Augen; das reifere Alter und Götter ſchwarz— 
braunes Haar, das Greijenalter bleiches, die Götter 
ber Unterwelt jchwarzes Haar. Auf der Stirn der 
Perſonen, welche mit Würde angethan erjcheinen 
follten, erhob ſich das Haar und fiel dann zu 
beiden Seiten in Loden über den Naden herab. 
Der Bart war dicht und breit geformt. Die Bil- 
dung der Masten und des Haars für die Choreu- 
ten war der gewöhnlichen Natur und Sitte nad 
ebildet; im Satyripiele trug der Chor Satyr- und 
ilenmasfen. Die Masten der älteren Komödie 
ftellten die PBerfonen nach dem wirklichen Leben 
dar, nur waren diejelben, ſowie das ganze Koftüm, 
ins Lächerliche gezogen. Wenn der Chor eine 
Schar von Männern oder rauen vorftellte, jo 
trug er natürlich Masten von menfjchlicher Ge: 
fihtsbildung, wenn auch mit komiſcher Übertrei— 
bung und Überladung. Aber auch da, wo bie 
Komödie einen Ehor von Tieren vorführte, mußte 


ſie an ihm die menjchliche Geftalt beibehalten; die 


Koftiimierung konnte fich meift nur auf die Maske 


1075 


erftreden. So hatte der Chor der Fröſche bei 
Ariftophanes enge frojchfarbige Kleider, weiche die 
menschliche Geftalt gar nicht verbargen, und nur 
eine Masfe mit einem weit aufgeiperrten Maule. 


n den Bögeln waren die Masten mit großen- 


I 
Schnäbeln, mit Federbüjchen, Kämmen und Kinn— 
lappen, eine jede nach des Vogels Art, verjehen. 
Die neuere Komödie dagegen, welche das Privat: 
leben parodierte, hatte eine ganze Reihe von Cha- 
raftermasten. Die Masten waren, wie bereits er- 
wähnt worben iſt, von der griechiichen Bühne auf 
die römifche übergegangen. Bei Plautus finden 
fih noch feine Masten erwähnt, erjt bei Terenz 
fommen fie vor als eine Nachahmung der griechi- 
ſchen Sitte, und fie erhielten fih auf der römijchen 
Bühne bis in die jpäteften Zeiten. Den Nachteil, 
welchen die Maste der Mimif brachte, jcheinen 
die Römer wohl erfannt zu haben, daher fie ihre 
Schauſpieler zuweilen nötigten, um das Mienen- 
ipiel bejjer beobachten zu fönnen, die Masken ab- 
zulegen. — Der griechiiche Schaufpieler mußte in 
Geſang und richtiger Deflamation eine gute Bor: 
bildung haben, ehe er daran denfen durfte, mit 
—* die Bühne zu betreten. Auf Deutlichkeit 
und Richtigkeit des ganzen Vortrags, beſonders 
der Deklamation, wurde ſehr geſehen, hierauf ver— 
wendete er denn auch vieles Studium. Dies ergibt 
ſich aus allen Nachrichten und Andeutungen über 
künſtleriſche Diſeiplin und Schulzeit der Schauſpieler 
und aus der Thatſache, daß Redner, wie Demoſthe— 
nes, bei Schauſpielern in die Schule gingen. Auch 
bedurften dieſe eine nicht gewöhnliche Kraft und 
Treue des Gedächtniſſes, welches ſie in einen voll— 
fommenen Beſitz der tragiſchen Litteratur ſetzte. 
In der früheren Zeit traten die Dichter ſelbſt als 
Schauſpieler in ihren Stücken auf. Mit Sophokles 
aber, der noch einige Male in ſeinen Stücken ge— 
ſpielt haben ſoll, hörte dieſe Sitte auf, und die 
Dichter erhielten nun 3 Schauſpieler, die durch 
das Los gewählt und geprüft wurden, ob ſie 
die erforderlichen Talente, namentlich die nötige 
Stärke der Stimme, beſäßen. Ein Schauſpieler, 
welcher gefallen hatte, wurde keiner zweiten Prü— 
fung unterworfen, ſondern fonnte ohne weiteres 
von den Dichtern zur Aufführung ihrer Stüde 
en werden. Daher fam es, daß die meiften 
ichter ihre beftimmten Hauptichaufpieler — 
denen ſie die erſten und vorzüglichſten Rollen in 
ihren Stücken zuteilten und auf deren Talente ſie 
wohl auch ſchon bei Ausarbeitung der Stücke Rück— 
ſicht nahmen. Der Stand der Schauſpieler war in 
Athen und Griechenland geachtet; nicht ſelten ehrte 
man ihre Leiſtungen durch Denkmäler und In— 
ſchriften und gebrauchte ſie ſelbſt zu nicht unwich— 
tigen Staatsgeſchäften. — Bei den Römern waren 
die Schaufpieler (histriones, auch tragoedi und 
comoerli, actores, artifices und mit einem weniger 
ehrenvollen Namen ludii und ludiones genannt) 
gewöhnlich in eine Truppe (grex, caterva) ver: 
einigt, welche der actor primaram partium, der 
Hauptichaufpieler, ald dominus gregis leitete. 
Die untergeordneten Schaufpieler hießen gregales, 
auch wurden fie nad ihrem Direktor benamıt, 
3. B. grex Roscianus. Mit dem Direktor ſchloß 
der curator ludorum einen Vertrag, welcher die 
Zeit und das Honorar des Spiels beſtimmte. 
Waren die Schaufpieler Sklaven, jo erhielt ihr 
Herr das Geld; waren es freie Leute, jo befamen 
68* 


— 


— 


3 


4 


1076 


fie e8. Zu dem beftimmten Honorar famen noch 
außerordentliche Geſchenke (corollaria, donationes). 
Die —— der Rollen beſorgte entweder der 
Dichter oder der Direktor nach den Fähigkeiten 
eines jeden einzelnen. Weibliche Rollen wurden 
auf dem römiſchen Theater gleichfalls von Män— 
nern gejpielt, erſt unter den Kaijern traten Frauen 
auf; die Zahl der auftretenden Schauſpieler richtete 
fih nad dem Inhalte des Stüds. Ihr Koftüm 
war, je nachdem der Stoff ein römijcher oder ein 
griechiicher war, entweder der römijchen oder der 
griechiichen Sitte nachgebildet. Um die Ausbildung 
der Schaufpielfunft zu fördern, hielten Meifter der 
Kunft, die in Eiceros Zeit ihre höchſte Blüte ge- 
abt zu haben jcheint, befondere Schulen. Die 
Schaulpieler waren meiſt Sklaven oder Frei— 
gelaſſene. Ihr Stand war eben nicht geachtet, 
und ihre Sitten werden gewöhnlich als locker und 
feichtfertig geichildert. Über die Schaufpieler der 
Utellanen j. Atellanae fabulae. Über das 
Theaterpublilum in Athen und Rom j. Thea- 
tron am Schluſſe, über das griechische Theaterweſen 
im allgemeinen vgl. Bernhardy, Grundriß der griech. 
Zitteratur 11,2 ©. 81 ff. und Alb. Müller, Lehrbuch 
der griech. Bühnenaltertümer (1886); über das röm. 
Friedländer in Marquardt u. Mommijen, Handbuch 
der röm. Altertümer. Bd. VII. Opis, Schaufpiel 
und Theaterwejen der Griedyen und Römer (1889). 

Schedios. Ziyediog, . Sohn des Jphitos aus 
Panopeus, König und Anführer der Pholier vor 
Troja (Hom, 11,2, 517), von Hektor erlegt (daſ. 
17, 306 ff). Seine Gebeine wurden nad Antikyra 
in Phofis gebracht. Paus. 10, 36, 10. — 2) Sohn 
des Perime 
Il. 15, 515. 

Scheidung j. Arom£ursıv u. Divortium. 

Scherfa, Zxso/«, das Land der Phaiaken, 
nördlich von Ithaka, in der Nähe ter Theiproten 
gelegen, wird von den Alten übereinftimmend für 
terfyra gehalten. T’huc. 1, 25. 8, 70. Bei dem 
Verſuche, die homerischen Angaben von der Inſel 
mit der ipäteren Geographie in Übereinftimmung 
au bringen, ſtößt man auf unlösbare Schwierig- 
eiten. Die Inſel hatte nach Homer nur Eine 
Stadt und 2 gute Häfen; auch war fie fruchtbar, 
namentlidy hatte der Garten des Königs Alkinoos 
die jchönften und edeljten Fruchtbäume aufzu: 
weijen. Zu diefer Inſel und ihren Bewohnern, 
den Phaiakes, gelangte Odyſſeus auf feinen Irr— 
fahrten. Die Phaiafen waren don den Göttern 
geliebt und mit allen Gütern des Lebens gejegnet, 
wie ihre Fahrzeuge gelent, behend und gewandt, 
geübt in den Künjten der Orcheftif und Gymmaftif. 
Früher hatten fie der Dichtung nach ihre Sibe 
in Hypereia, in der Nähe der Kyflopen; da jie 
aber von diejen gewaltthätigen Nachbarn beein- 
trächtigt wurden, führte fie der göttergleiche Nau— 
jithoos, ein Spröfling Pofeidons, nad der Inſel 
Scheria, wo er eine Stadt gründete, den Göttern 
Tempel erbaute und das Land unter jeine Leute 
verteilte. Nach N.s Tode herrichte jein Sohn, der 
weije Alkinoos, als Odyſſeus nach langer Irrfahrt 
als nackter Schiffbrüchiger von den Wogen an 
dieſe Inſel geworfen wurde. Der Herrſcher der 
Inſel, heißt es, wohnt in einem prächtigen Hauſe, 
in welchem ſich die Vornehmſten der Phaiaken 
zum gaſtlichen Mahle zu verſammeln pflegen. Sein 
Hof iſt mit einem Luxus ausgeſtattet, deſſen Be— 


„Phokier, von Heltor erlegt. Hom. frü 


Schedios — Schiffahrt. 


ſchreibung zeigt, daß der Dichter ein durch Handel 
und Schiffahrt reich gervordenes Völlchen vor Augen 
hatte. Die Beichäftigung der Ph. beſteht aus: 
ſchließlich in der Schiffahrt; fie find Die ſchnellſten 
Segler, denn ihnen vor allen ijt Poſeidon hol. 
Die Berfaffung des Heinen ifolierten Staates bat 
ein ariftofratiiches Gepräge. Alkinoos tritt als 
König (Bafileus) auf, um den die VBornehmiten 
einen Rat bilden, doch jo, daß fie als Freunde 
des Königs ericheinen, jeinen Wünſchen willig bei- 
ftimmen und fröhlich ſchmauſend und trinkend gem 
bei ihm verweilen. Odyſſeus erfährt dieje Gait- 
lichkeit im vollften Mafe. Nachdem er der lieb 
reichiten, vorjorglichiten Behandlung gewürdigt 
worden, wird er zuletzt auf einem phaiakiſchen 
Schiffe glüdlich nach feiner Heimat gebracht. Der 
Kult der Ph. jcheint dem der Hellenen ganz ähm: 
lih: Zeus, Poſeidon, Athene, Hermes jind ihnen 
hochverehrte Gottheiten, und die hellenischen Mythen 
find auch bei ihnen einheimiih. Meben ihrer 
Schiffahrt zeichnen fie ſich durch eine vielfache in- 
dujtrielle Thätigkeit aus; namentlich verfertigen ſie 
alle zur Schiffahrt gehörigen Gegenstände ſelbſt; 
ihre Frauen zeichnen fich in weiblichen Arbeiten 
aus, im Spinnen und Weben, und bereiten föt- 
lihe Gemwänder. Dies find die Hauptzüge der 
dichterischen Darftellung, wonach man jich die 
Phaiafen als ein heiteres, gemußliebendes, aber 
doch im Genuffe maßhaltendes, für alles Schöne 
und Angenehme empfängliches Böltchen zu deuten 
hat. gl. Hom. Od. 6.7.8. „Beranlafjung zur 
Lofalifierung dieſes Utopiens auf Kerkyra gab 
wohl teils die Fruchtbarkeit des Landes, teils der 
ühe Ruhm feiner Bewohner als trefflicher Ser 
fahrer” (Burfian). 

Schiedsrichter j. Jıırnrıjs. 

Schiffahrt ,„ navigatio, vavrıkda, Sie er | 
icheint bei den Griechen, die von der Natur auf 
das Element des Meeres angewieſen waren, jchon 
frühzeitig in einer gewifien Volllommenheit. Das 
homeriſche Schiff (vgl. Autenrieth, homer. Bör: 
terbuch, und Friedreich, hom. Nealien, S. 325 fi.) 
war nach Rumpf und WUuftalelung etwa jo be 
ihaffen. Der ganzen Schiffslänge nach Liegt unten 
zuerſt der Stiel oder Schiffsboden, redmıs, carına, 
und über demjelben ein zweiter Ballen, der ſich 
vorn auffriimmt, der Kielbalten, ersien. uf 
find die Rippen (devoyo«) errichtet, welche, nad 
der Rundung des Schiffs gefrümmt, bis zum 
oberen Rande gehen und am Border- und Hinter: 
teil länger, in der Mitte kürzer 2. Quer über 
diejelben laufen die Bordbalten, Zummyaerides; der 
Bord des Schiffes wird durch ein Weidengeflect 
gebildet. Die gejamte Bekleidung, Sa 
heit roiyos; auf den gleich ſtarken Ban der beiden 
Seiten wurde bejonders gejehen, und dies daher 
auch (dupıslısca) ald lobendes Prädifat oft ber 
vorgehoben. Die Spannung der Rippen wird 
durch Balten bewirkt. Quer über dem Kielballen 
faq da, wo der Maftbaum ftand, ein Maftichub 
(Köſcher“), aesodun, in welchen jener mit jenem 
unteren Ende eingelafien wird; höher himauf ein 
mehr breiter Balten, iororddn, durch weichen der 
Maftbaum hindurchgeht, und über diefem zwiſchen 
jeder Schiffsrippe ein Querballen, Seyor, mobut 
in dem mittleren, weniger hohen, Teile zugleih 
die Nuderbänfe gebildet werden. Im Border ? 
und Hinterteile liegen auch die Seitenballen, ziem⸗ 








= 


Schiffahrt. 


1077 


lich gegen das Ende der Nippen, die nach oben und durch welches das Segel an der Nahe gedreht 


getrümmten Balken, die die Bretter (vanddeg) des 
Berdeds (ga) tragen. Der innere Schiffsraum 
heißt arrlog, das BVorderteil woher, jpik zu— 
laufend, damit das 
Schiff die Wellen 
defto leichter durch— 
ſchneiden fan, meiſt 
rot angeſtrichen (das 
her uArordenos, rot: 
wangig, vom Schiffe). 
Das Hinterteil, mev- 
urn, war runder und 
2 als das Border: 
teil, mit gefrümmter, 
meiſt verzierter Spitze, 
der Platz des Steuer: 
ruders und feines Len⸗ 
fers; das ganze Schiff 
glid) jo dem Monde 
im legten Viertel, da— 
ber die Beimörter „ge: 
krümmt“ und „Hoch: 
geſchnäbelt“ (xogw- 
vis). Die Mitte des 
Schiffes mußte ohne 
Verded fein, für die 





Borderteil 
(geipa) des Schiffes. 





——— und Ru⸗ 
derer. Der unterſte 
Hinterteil Schiffsraum wurde 

* de € i . : 5 i 
laoouun) des Schiffes mit Ballaft, vn, meift 


Steinen oder Holz, ausgefüllt. Vielleicht war das 
ganze Schiff mit Pech angeftrichen, und daher das 
Beiwort „ichwarz” (nvarorpmpog, uelaıre). — 
Zur Auftatelung gehörte folgendes: der Maſt— 
baum, iorös, malus, als groß und gewaltig be: 
zeichnet, Rent mit dem Balfen, worin das unterfte 
Ende desjelben befeitigt ift, loromeön, in einer 
Höhlung zwiſchen unten im Schiffe befindlichen 
Querbalken, uscodun, und erhebt jich am Ende 
des Vorderdecks über das Schiff hinaus. Beim 
Yanden wurde der Maftbaum herabgelafjen und 
auf die Majtgabel (forodonn) am Hinterdeck ge: 
legt, bei der Abfahrt wieder aufgezogen. Oben 
am Maftbaum war quer die Nahe, Segelftange, 


mengerolit. 


six waren die Ankerjeile, mit welchen das Schiff 
hinten befeftigt nnd an der Küfte angebunden 
wurde, und die bei der Abfahrt wieder 
wurden; zoorovoı hießen die beiden großen 
weldye von der Spite des Maſtes nach beiden 
Seiten gingen, um den Maftbaum zu halten und 
ihn auf und nieder zu laflen, Zmirovog das Rahe— 
jeil, womit die Segelftange an den Majtbaum be: 


Ruder mwaren einer Wurfichaufel ähnlich, aus 
Erlagıor, wmittelft eines Taues aus Stierhant oder | Tannenftämmen verfertigt und mit Niemen an 
Byblos befeftigt, woran das Segeltuch, lerdor, | einen Pflock feftgebunden, oder ein ringförmiger 
auch oreigor, von „weiß ichimmernder” Lein- Niemen (resmog), der um das Ruder lag, war 
wand jich befand. Das Schiff hatte offenbar nur | über den Pflod (vAnis, orakuds) gehängt. Ein- 
Ein Segel, diejes wurde bei günftigem Winde | mal bei Homer (Od. 9, 322) kommt ein zwanzig: 
aufgezogen und bei ungünftigem twieder zujam: | rudriges Schiff vor. Der Schiffsjtafen, womit die 
Taue halten das Schiff, den Maft: | Schiffe vom Ufer abgeſtoßen werden, hieß xovros; 
baum und das Segel; allgemein heißen fie Öle, Anker gab es noch nicht, wohl aber ehvei, Steine, 
zum Fejthalten des Schiffes weisuara; wgvurj- | die man vom mit Tanen in die Tiefe hinablie. 
Das Material des Schiffes beftand meift aus 
Fichten, feltener Pappeln oder Erlen; als Wert- 
elöft | zeuge bei der Bearbeitung dienten die Art, me- 
Pe Lenvs, das Handbeil, onemeoror, der Bohrer, 
regergor, zum BZulammenfügen der Balfen die 
Schnur, or@dun, zur Befeftigung die Holznägel, 

yöugpoı (Hom. Od. 5, 234 ff.). — Wir gehen zur 5 


— — — — — —— — — — nn nn nn — — — 








feſtigt wird; außerdem zur Befeſtigung und Leis | 


tung des Segels »dios oder Bosvs, am Ende der 
Nahe befeftigt und von da durch eine am Maſt— 
baum befindliche Rolle nach dem Berded hinunter: 
gehend, Ördorn das Rahetau, welches von den Enden 
der Rahe unmittelbar nach dem Schiffsborde geht, 


werden kann, mödeg die Taue an den unteren 
Enden des Segel, am Borde des Schiffes be: 
feftigt, durch welche das Segel jo gedreht werden 
fann, daß es ſich mehr dem Winde darbietet. 


Das Steuerruder hieß wnddlıor oder oljior, 4 


auch oia& (vielleicht das ältere Wort), jeltener 
!pöixcıov, lat. gubernaculum. Es befand ſich 
an dem Hinterteile (puppis, zevurn), jpäter an der 
jet üblichen Stelle, 
früher jedoch zur Seite 
des Hinterteils, und 
war bei größeren 
Schiffen zu beiden 
Seiten je eins, mes: 
halb auch gewöhnlich 
gubernacula in der 
Mehrzahl gebraucht 
wird. Der obere Teil, 
die Handhabe (ansa, 
olaE), ragte über den 
Bord(re@pns,margo) 
ein wenig empor, der 
untere, breite Teil (pinnae, raggol) durchſchnitt 
das Waſſer. Vitr. 10,8. Der Standpunkt des 
Steuermanns (xußegrrjeng, gubernator) auf dem 
Hinterteil war mit einem bretternen Boden über: 
dacht. Er Hatte bisweilen noch einen Gehülfen 
auf dem Borderteile des Schiffes, der von der 
Bezeichnung desjelben (prora) mgwedrng, proreta 
hieß. Or. met, 3, 617. Plaut. Rud. 4, 3, 75. Der 
Steuermann bejorgte überhaupt die Leitung des 
Schiffes, durch Ruder und Segel (incumbere re- 
mis, inbibere remos), daher mußte er die Hüften, 
Meere, Sterne, Winde u. ſ. w. kennen. Unter 
jeinem Befehle ftand ein »elsvorns, hortator oder 
pausarius, der entweder mit der Stimme den 
Gleichſchlag der Ruderer befehligte oder durch einen 
Hammer ıportisculus), woher er jelber auch por- 
tiscalus hieß. Bisweilen wurde auch nach der 
Flöte gerudert, auch wohl nach dem Gejange der 
Ruderer jelber (cantus nantieus). — Das Ruder, 
diefer „Flügel des Schiffes“, hieß Zosrusg (oder 
-6r), der Griff daran zndor oder mnödg. Die 





Beichreibung eines vollftändigen Kriegsſchif— 
fes über; dasjelbe beftand aus einem order: 
(meng«, prora) und einem Hinterteil (reburn, 
puppis); auf leßterem, das fich zu einer mit 
Schnitzwerk verzierten, bald in die Form einer ein— 
fachen Volute, bald in ein Blatt: oder Federorna— 
ment auslaufenden Spite (dplaoror, aplustre) 


= 


1078 


erhob, waren als Verzierungen Götter: und Herven: 
bilder angebracht, die dem Schiffe den Namen 
gaben und zugleich eine Bezeichnung der Heimat 
enthielten, während das in Doll eichnigte Sinn- 
bild, mapdenuor, in der Rege 4 am Border: 
teil befand. Der mit Bildwerken verzierte maſſive 
Knauf des Vorderteils hieß dngosroiıe, aud) 








xnviorog, weil er nicht jelten die Form eines 
Gänſehalſes hatte, was auch öfter beim Hinter: 
teile vorfam. Uber Vorder: und SHinterteil und 
den Bauch (»Urog, testado) des Schiffes hin ging 
das Verded, zardorgwue, tabulatum. Das Schiff 
hatte aufer dem Rumpfe einen metallenen Schna: 
bei, Fußoios, rostrum, darüber den hölzernen 
Teil, moosußolıor, die Augen, Löcher an beiden 
Seiten des Vorderteils, öptaiuol (wie aud) bis: 
weilen die Nuderlöcher, rerjuare, rovrmiuare, 
hießen), den Bord oder die oberſte Einfaſſung, 
re@gpnt, die Ruderbänke, Edo« zurör, den Kuhn 
boden des Verdecks, ixoıa; an feiten Geräten, 
oreun Eulıra Lvrei), das ganze Ruderwerf, rao- 
oög oder ragpaög, 2 Steuerruder, amnddkın, 2 Lei: 
tern, »Auanldeg, kroßddow, mehrere Stafen 
zum Fortſtoßen oder Abſchieben des Schiffes und 
um Prüfen der Tiefe, »owrod, Stüßen zur Be: 
tigung des Maſtes, rageordreı, den Mait, 
forog, nebſt der Spike, xugzrisıor (Top), und 
die Segelftangen, »egaieı, antennae; zum hän— 
genden Geräte die auswendig vom Vorderteil bis 
zum Sinterteil herumlanfenden Taue, brofouare, 
tormenta, die Segel, lorie, die Heineren und 
größeren Taue der Takelage, romsi« oder syoıria, 
die an ber —— xsgodyor, Seitenüberzüge 
des Verdecks zum Schutze gegen Geſchoſſe oder 
Wellen, ragagerucre, endlich den Anker, ynvoα, 
ancora. Die Kriegsſchiffe hatten bald 10, bald 
15 Ruderer auf jeder Seite; die gewöhnlichſten 
waren in früherer Zeit die werrnxorrogoı, jpäter 
die reujetis, triremes (Fig. 1-8); jchon vor der 


Schiffahrt. 


Salaminifchen Seeichlacht fing man an, mehrere 
Reihen von Ruderbänten,, Edwlır, fori transtra, 
2,3, 4 und 5, zu bauen, wobei dann die höberen 
Neihen längere und jchwerere Ruder gehabt haben 
müſſen. Die gewöhnlichften blieben jedoch die Drei: 
ruderer, roeıjgeıg, triremes (dad untenftebende 
Bild ift die einfache — einer biremis 
die größeren mit 4 und 5 Reihen bauten die Kar— 
thager, die ſiciliſchen Tyrannen und die Römer. 
Nach Polybios hatten die Penteren derjelben im 
‚ erften punifchen Kriege 300 Ruderer und 120 See— 
ſoldaten, unter Caligula finden wir 400 Ruderer 
darauf, ja der König Lufimachos hatte eine Oftere 
mit 1600, Nlerander der Gr. zwölfruderige, Te: 
metrios Poliorketes funfzehnruderige, Ptolemaios 
Philadelphos dreifigruderige, Ptolemaios Phile 
pator jogar eine Tefjarafontere mit 4000 Nude: 
rern, wenn anders eine joldhe Erhöhung der Ruder: 
bänke glaublich ift, ein Prachtſchiff, das für den 
Krieg nicht wohl zu brauchen war. — Die 
mannung der Kriegsichiffe beitand aus Matrojen 
(vradraı, vmengeraı) und Seejoldaten (Lmußaru, 
classiarii, socii navales, f. d.); an der pipe 
jeder Nuderreihe ftand ein werrnxörr@pyos, der 
Takt (»Elevoue) für den Ruderichlag wurde vom 
»elevorig, pausarius, hortator, mit der Stimme, 
vom reıngading mit der Flöte angegeben. Tie 
niedrigfte Reihe der Ruderer hieß Baiauos, dahet 
der Name Salauiraı oder Halduıor, die mittlere 
fvyd, daher £uyıor oder fuyiraı, die oberjte Hec- 
vos, daher Heariraı. Am Hinterteile des Schiffes 
erhob ſich der Sig des Steuermanns (xvßeorn- 
zn), der mit 2 großen Schaufelrudern den Lau 
des Ganzen lenkte, während jein nächiter Unter: 











. 


— — 


Naris Mremis. 


— — 


A. Ilgeioe, prora. K. "Iorös, malus. 
B. Op9aluöz. oculus. L. 'Iorior, velum. 
©. "Eußoioz, rostrum. m. Keveia, antenna 
D. Xriaxoz. N. "Argorigeaı, cormua 
E. Hoöun, puppis. 0. Kıpoüyon. 
F. "Apiaotor, aplustre. P. Kapyıaor. 
g. Towpng 0. Külot, zalmdıe. 
H. Köraı, remi. R Nosroros. 
L IIndultor, gubernacu- S. HWödes, pedes. 
lum. T."Yrregaı, opifera. 


gebener (mewgevs) vom Vorderteile aus Himmel 
und Wellen beobachtete, und unter diejem wieder 
andere die Thätigkeit der Mannjchaften überwad- 
ten und durch Signale leiteten. Der Befchlähaber, 
oft auc Admiral, hie ravapyog oder arölagzos: 


= 


Zuorm Ödog — 


mitunter auch orgarnyog, bei den Röntern ma- 
gister navis oder trierarchus. — Die Kriegs— 
ichiffe der Römer, die erjt während des zweiten 
ſamnitiſchen Krieges die Wichtigkeit derjelben er: 
fannten, 311 v. C., als jie ſich veranlaft jahen, 
duumviri navales zu ernennen, waren im weſent— 
lichen ebenjo eingerichtet; naves longae, jeltener 
militares, mloi« ue@ngd, waren lang und zugeipitt 
ein Dreiruderer 3. B. 46,76m fang und 4,59 m 
reit, ein Fünfruderer 52,72 m [ang und 5,65m 
breit), um deſto leichter jegeln zu können; fie 
wurden hauptiächlich von Nudern getrieben, doc 
bediente man fich auch der Segel. Die naves 
actuariae waren leichtere Schiffe zu rajchen 
Unternehmungen, Refognojeierungen und dergl., 
auch wurden Soldaten auf ihnen (srewrıhrıdeg, 
örkreyoyol) oder Bierde (inmemyol, innayoyol) 
befördert. Dazu gehörten — die ſchnellen 
Liburner Jachten, naves Liburnicae (ſ. Li- 
burnae). Ob damit im allgemeinen die naves 
rostratae identiich find, muß wohl dahingejtellt 
bleiben. Naves praetoriae hießen die Admi— 
ralichiffe, die gewöhnlich als Abzeichen (insigne) 
eine purpurrote Flagge (vexillum purpureum), 
nachts auch 3 Laternen (Liv. 29, 26. 37, 29. Tac. 
hist. 5, 22) hatten. N. speculatoriae, loi« 
»urcorore, 5. Wacht: und Spionierſchiffe, um 





die Bewegungen 

BT des Feindes oder 
AS die Küften des 

2 J /) (> Landes zu beob- 
—— 9 —2 achten. Fracht⸗, 
— $ Kauffahrtei⸗ und 
AST ug Getreideihiffe hie: 






Benn.onerariap 
(Fogrınd, Yogrn- 
yo/), mercato- 
rise (öAnddes), 
fajt rund, mit wei: 
tem, geräumigem Bauche (orgoyyiluı, Aoia 
sreoyyvla), und frumentariae. N. orariae 
(Plin. ep. 10, 26) waren die Küftenichiffe, mit 
denen man nicht auf die hohe See fuhr; n. ta- 
bellariae, mit feinem Segel oben am Maſt, 
Paket: und Poftihiife zur Beförderung von Nadı- 
richten (j. Postwesen). Die leichteren Vergnü⸗ 
gungsfahrzeuge waren neinres, Exdrıe, ondpn, 
celoces (celer), lembi, phaseli (j. Phaselis), 
Mit Verdeck verjehene Schiffe hießen zardpgenror, 
constratae , ohne ein ſolches Äpganroı, apertae. 
— Die Fahrzeuge in der Kindheit ihres Baues 
werden mit naves sutiles, mioi« gunrd, be: 
zeichnet; fie waren aus Flechtwerk von ſchlanken 
Stäben zujammengejeßt und mit Häuten über: 
zogen; jo bei den Britanniern (Plin. 24, 9, 40; 
vgl. Verg. A. 6, 414 vom Kahn des Charon). 
— Die Schiffswerften hießen reogıe, navalia 
castra); fie zerfielen wieder im die eigentliche 
auftätte, vauaıjyıor, und die Schiifsdods, vev- 
sraduoı oder vencomo. In Rom waren 2, 
vetera und nova, beide jchon frühzeitig für den 
Schiffsbau angelegt. — Vgl. Grajer, de veterum 
re navali (1864), und Unterfuchungen über das 
Seewejen des Altertums Nase gg 3. Supple: 
mentband. 2. Heft. 1865), jowie A. Breufing, die 
Nautikf der Alten (1886, Hauptwerk). Lübed, das 
Seewejen der Griechen und Römer (1890). 
Zxıorn odos, die von Delphoi über den Ab: 


\altrereg 





u 
Navis oneraria, tiolor, 


Schreibmaterial. 1079 


\ hang des Parnaſſos nach Daulis und weiter nörd— 


lich führende Straße, jo genannt, weil fie mit 
einer fich trennenden Bergichlucht anfing und dann 
2 M. öſtlich von Delphoi in 2 Arme fich teilte 
(daher resig xdlevdor, j. r@ Zrevn), deren einer 
nach Dauli$, der andere über Ambryfios nad) 
Lebadeia und Stiris in Boiotien führte. Auf 
legterem Wege jendeten die Athener ihre jähr: 
lihen Gejchenfe zum delphiſchen Orakel. Das 
Grabmal des dort von Didipus ermordeten Laios 
befand fich im Centrum der 3 Wege. Der Kreuz: 
weg jelbit heißt jet rö oravgodgou: rg Mrag- 
ödvag oder rod Meya (nadı dem tapferen, im 
Kampfe mit Räubern 1856 hier gefallenen Joannes 
Megas). Soph. O. T. 738. 1411. Eur. Phoen. 38. 
Paus. 10,5,3. ®gl. Phokis. 

Schoineus j. Atalanta. 

Schoinüs, Zyorroög, 1) Hafen der Korinthier 
am engften Teile des Iſthmos, nördlich von Ken: 
chreai, j. Hafen von Kalamali. Strab. 8, 369. 380. 
— 2) Ort im mittleren Arfadien bei Methydrion, 
Paus. 8, 35, 10. — 3) Stadt Boiotiens an einem 
Fluſſe gl. N. (welcher wahrjcheinlich der heutige 
Kanavari ift), auch Zyoivog, an der Ditjeite des 
Sees Hylike. Hom. Il. 2, 497. Strab. 9, 408. 

Schola j. Schulwesen. 

Scholfon, oyölıor, scholium, heißt eine Fri: 
tiiche oder erflärende Raudbemerkung in griechi- 
ſchen und lateinischen Handjchriften, welche aus 
größeren Werfen entnommen und aus dem jedes: 
maligen Bedürfnis des Schreibenden hervorge: 
gangen war und deshalb aud von andern Be: 
jigern der Handichriften vermehrt und verändert 
werden fonnte. Zuerſt wird das Wort erwähnt 
bei Cicero (ad Att. 16. 7); die Sache jelbit kam 
im Beitalter des Auguftus zunächſt mit Didymos 
auf und nahm in den folgenden Jahrhunderten 
immer mehr zu, je mehr man die größeren friti- 
ichen und eregetiichen Werke der alexandriniichen 
Gelehrten zu —— unterließ und ſich nur an 
die daraus entlehnten Scholien hielt. Die Ab— 
—5 von Scholien geht bis ins 15. Jahrh. 
Die Berfafler der noch vorhandenen Scholien, 
namentlich der griechiichen, find jo gut wie uns 
befannt, und ihre Abfaſſung gehört den jpäteren 
chriftlichen Jahrhunderten und der byzantinischen 
Beit an. Am wichtigften und bedeutendften find 
die Scholien zu Homer, Heſiod, Pindar, Sopho- 
fles, Ariſtophanes, Apollonios von Rhodos, Ara- 
tos, Nifandros und Theokrit; unter den römischen 
Schriftjtellern zu Plautus, Terenz, Horaz, Perfius, 

uvenal, Die wichtigiten lateiniichen Scholiaften 
ind Donatus (Terenz), Porphyrio (Horaz), 

robus und Servius (Bergil), Minder be: 
deutend find die Scholien zu Aiſchylos, Euripides, 
zur griechiichen Anthologie, zu Kallimachos, Bla: 
ton, Thufydides, Demofthenes und Aiſchines. Es 
ift eine wichtige Aufgabe der Kritik, die Beftandteile 
der Scholien nad) ihrem Alter und Wert zu jondern. 

Schreibmaterial. Das Bapier oder der Stoff, 
auf dem man jchrieb, iſt in der Regel der feine 
Baſt (liber; die einzelnen Lagen heißen philyrae, 


‚vgl. Hor. od. 1, 38, 2) des ägyptiſchen Papyrus, 


der durch ablutio, d. h. Zurichtung und Bleiche, 
in der Zeit des Kaiſers Auguſtus jo vervoll: 
fommmet twurbe, daß der vorzüglichite der früheren 
Zeit (hieratica) nur den dritten Rang noch ein- 
nahm. Die jhmalen Streifen diejes Papiers, die 


157 


1080 Schule — 
an den hereulanenſiſchen Rollen fich etwa in der 
Breite von 6 Fingern befinden, wurden zuſam— 
mengeleimt (paginae, schedae). Die Breite und 
Yänge der Rollen war verichieden. Außerdem 
war das üblichjte Material das Pergament, mem- 
brana (Pergamena), jeit der Erfindung des Eu: 
menes von Pergamos (j. Bücherwesen, 1.); 
gewiß aber war die Benutzung desjelben viel koſt— 
barer. Die Blätter waren meiſt jo groß, daß 
die Schrift bequem in Kolumnen zerlegt werden 
fonnte; zwiſchen denjelben waren in der Regel 
wohl Linien mit roter Farbe (minium) gezogen. 
Meiſtenteils wurde aber nur eine Seite der charta 
oder membrana bejchrieben. Man jchrieb darauf 
mit dem Nohr, calamus, zdAauos, Öuref, ayoi- 
vog, auch arundo und canna genannt, das am 
beiten aus Agupten, Knidos und vom Anaitiichen 


See geliefert wurde, und das den Alten ganz wie 
uns die Feder diente. Plin. 16, 36, 64. Nament: 


lich bediente man jich desjelben, weun der Griffel 
zu Scharf oder jchneidend war, der auf der cigent: 
lihen Tafel von Wachs ꝛc. gebraucht wurde, alio 
namentlich auf dem ägyptischen Papiere, Perga: 
ment :c., daher calamus scriptorius; war es nen 
geichärft und gejpist, hieß c3 c. temperatus. Cie. 
ad (u. fr. 2, 15. 6, 1. Zugeſchnitten wurde es 
mit dem zakauoyirpog, senlprum librarium,. — 
Die Tinte, mit der man jchrieb, war eine Art 
Tuiche, die aus Ruf und Gummi bereitet wurde, 
uehar yoagpıxor, atramentum librarium, al. 
über Fabrikation des Papiers und Schreibmate: 
rials Blümner, Technologie und Terminologie der 
Gewerbe und Künfte bei Griechen und Römern 
Br. 1 ©. 308 ff. 

Schuhe j. Kleidung, 6. 10. 

Schulwesen, A. bei den Griechen. Hierüber 
Genaueres mitzuteilen, iſt allerdings jchwierig, 
weil es einmal, dem öffentlichen Yeben fich meiftens 
entzichend, dem Haufe und der Familie angehörte, 
fürs andere, weil es bei diefem Wolfe der Frei— 
heit und Humanität mit der Erziehung (j. d.) auf 
das engite verbunden war. Indeſſen scheint, je 
weiter wir zurüdgehen, deſto mehr auch der Unter: 
richt, wie das ganze Leben, öffentlich geweſen zu 
fein. Ein Unterſchied fand in Griechenland aud) 
ftatt zwiſchen den doriſchen und ioniſchen Staaten, 
zwiichen der Periode vor und nach Sofrated. Die 
Heiftesbildung der Spartaner 3. B. war auf Mufik 
im engeren Sinne und auf Schärfung des Ver: 
ftandes und Urteils beichränft; nur wenige fonn- 
ten leſen und jchreiben. Zu Athen dagegen bezog 


Schulwesen. 


überwiegend bildende Kraft der Poeſie auch in 
den Grundſätzen der Bhilojophie richtig in Anſchlag 
gebracht. Außerdem jcheinen für das reifere Kna— 
benalter die Fabeln des Aifop, befonders aber für 
den mit friegeriihem Mut und Sinn zu erfüllen: 
den Yüngling der Dichter Simonides benugt worden 
au fein. In der großen Wendezeit des helleniichen 
Lebens, die mit dem peloponneſiſchen Kriege zu— 
jammenhängt, wurde der etwas jententidöje und 
liberaliftiiche Enripides der allgemeine Liebling. 
Von dem Schreiben, das zu den Elementen oder 
yoduuere gehörte, war die Graphik oder Zeichen 
funft wohl zu untericheiden, die erit zur Zeit des 
Nriftoteles ein Zweig des Nugendunterrichts wurde. 
Auf die Muſik im weiteren Sinne ſ. Musica) 
folgte im Jugendunterrichte die Gymmaftik (j. d.). 
Für den Unterricht in beiden wurde ein Schul= : 
geld bezahlt, entweder von dem ganzen Stamme, 
deſſen Jugend gemeiniam unterwiejen wurde, oder 
von den einzelnen, die am zweiten Tage der An— 
thefterien, im Monate Antbefterion, in welchem 
die meiften Feſte und alſo auch die meiften Ferien 
waren, zu zahlen pflegten. Grit ipäter erhielten 
die Lehrer der Weisheit und Beredſamkeit vom 
Staate Gehalt; bis dahin wurde der Unterricht 
bei ihnen daher ziemlich teuer bezahlt. Während 
des peloponmefischen Krieges wurden die Schulen 
der Sophiften und Nhetoren eröffnet, die auf den 
Gang der hellenifchen Bildung, ja jelbjt auf die 
Entwidelung des jittlichen Lebens einen jo ent: 
jcheidenden Einfluß übten. Die ganze ‚Bildung 
nahm eine fait ausſchließlich formale Richtung; 
das Streben diente zugleich der Gewinnjucht, indem 
die Lehrer, nachdem zuerſt Protagoras Geld ge: 
nommen hatte, fich gewöhnli ein jehr großes 
Honorar zahlen ließen, Protagoras 3. B. für die 
volltonmene Ausbildung 100 Minen (8000 Marf). 
Dod machten einzelne, wie Jjofrates (10 Minen — 
800 Marl), in dieien Bezichungen eine rühmliche 
Ausnahme. — B. Bei den Römern. Mehr iſt 
allerdings hier von dem eigentlichen Unterrichts- 
twejen zu jagen, beſonders weil es fich hier, nadı 
dem auf Nüßlichleit und Zweckmäßigkeit gerichte: 
ten Wejen der römischen Bildung, von der Er: 
ziehung ftärfer trennte. Schon früh gab es Schulen, 
und cher als in Rom werden fie in Tuſeulum, 
Gabii und andern Tatinifchen Städten erwähnt; 
man nannte fie scholae, oyol«d, gewiflermaßen 
Erholungen von dem anftrengenden öffentlichen 
Leben, oder ludi, Spiele, nämlich des Geiftes, 
injfofern alle Thätigfeiten desjelben zumächit ihren 


fid) der Unterricht auf eine Mannigfaltigkeit von | Endzwed in fich jelber tragen; die Lehrer hießen 


Hegenjtänden und verlangte meiftens eine größere 
Zahl von Lehrern, deren jeder in feinem Face 
unterrichtete. Die Kinder lernten, nach dem Be: 
richte des Dionys don Halikarnaß, durch die 
Spllabier:Methode (avAAapßrseır) zugleich leſen und 
ichreiben. Beim Leſen wurde die Hebung und 
Sentung der Silben durch den bald mehr, bald 
weniger gehobenen Ton bemerflidh gemacht. Dies 
geihah ohne Zweifel von mehreren zugleich und 
war gewiß eine qute mufifalifche Borübung. Großer 


Wert wurde alsdann auf das Auswendiglernen. 


gelegt; hierbei ftanden, aud) bei den Spartanern, 
die Gedichte des Homer obenan. Er galt als 
Mufter der Weisheit in ganz Griechenland, jo daß 
die Vertrautheit mit ihm höher geachtet ward als 
die genaue Hunde der Geſetze. Dabei wurde die 


ludi magistri. Das erjte Beifpiel einer öffent 
lichen Schule finden wir 449 v. E. in der Gejchichte 
der vom Pecemvir Appius Claudius verfolgten 
Virginia, die alfo als erwachſenes Mädchen diejelbe 
bejuchte. Dieje Schulen wurden auf dem Markte 
in Buden gehalten; die Kinder wurden aber auch 
auf offener Strafe, in triviis, unterrichtet, woher 
die gewöhnliche Schulfenntnis jchon bei Quinti— 
lian trivialis (das überhaupt in dem Sinne „ge: 
wöhnlich“ vorfommt, 3.B. Quint. 1,4, 27) scientia 
heißt. Wahrjcheinlich gehörten aucd damals ſchon 
Grammatik, Dialettif und Rhetorik zum trivium, 
wie jpäter im Mittelalter, wo Writhmetif, Geo- 
metrie, Aftronomie und Mufif das quadrivium 
bildeten. Wergütet wurde der Unterricht durch 
freiwillige Gejchenfe, erft um die Zeit des zweiten 


Schutzverwandte — Seribae. 


punischen Krieges durch Geld; erjt viel Später wurde 
von Staats wegen ein Gehalt ausgeſetzt. Als Ge: 
genftände des Unterrichts traten, ganz verichieden 
von den riechen, gerade die praftifchen Richtungen 
ein, jo daß jelbft in der Mathematik die Arith: 
metif vor der Geometrie den Vorzug hatte. Cie. 
tusc. 1,2. Hor. sat. 1, 6, 75. a. p. 325. Die 
Kinder wurden frühzeitig und gleich, während fie 
lejen und fchreiben lernten, im Rechnen unter: 
richtet; die übliche Rechnungsweiſe dabei war mit 
den Fingern, wie bei den Griechen. Die Yeibes: 
übungen aber beitanden bloß in einer Vorübung 
zum Kriege; die heiteren Spiele wichen hier dem 
ernfteren Leben. Tanzen und Singen wurden 
frühzeitig geübt, auferden auch das Schwimmen 
mit Vorliebe betrieben. Was die übrigen Unter: 
richtögegenftände betrifft, jo fehlte eine Einführung 
in die Geſchichte der Vorzeit und in das Verſtänd— 
nis der Mythen wohl nicht; die geographiichen 
Kenntniffe dagegen wurden wohl weniger als bei 
den Griechen gepflegt. Biel Eifer aber ward auf 
die Leſung und das Studium der Pichter ver: 
wandt. as Merfwürdigite jedoch iſt, daß die 
Römer das erſte Volt find, von dem fremde Sprachen 
als ein eigentümlicher Bildungszweig getrieben 
wurden. Das Griechiiche war neben dem Latei— 
nischen ein Hauptbildungsmittel der jpäteren Zeiten. 
Die Dichter Livius Andronikos und Ennius er: 
Härten auch griechiiche Schriftiteller, da die römische 
Litteratur ja noch jo wenig eigene Erzeugniffe 
darbot. rates von Mallos in Kilifien aber (i. 
Grammatiker, 2.) führte zuerft 165 v. E. das 
grammatische Studium in Rom ein, alfo in einem 
Zeitalter, in dem die Litteratur im ihrer erjten 
Entwidelung ftand, während die Grammatif bei 

den Griechen erft Eingang fand, als das wahre 

Leben im Kunſt und Wiffenichaft ſchon unterge: 
> gangen war (j. Erziehung, 20.) — Die lite- 
ratores nun waren die Grammatifer, welche im 
Leſen und Schreiben unterrichteten; die literati 
dagegen die höhere Klaſſe derjelben, welche in der 
Auslegung der Dichter übten und dabei praktische 
Übungen in schriftlicher Darftellung und in Schär: 
fung der Urteilsfraft anftellten. In dem vor dem 
fiebenten Lebensjahre angefangenen, zweimal täg: 
lich — Unterrichte im Leſen war auch bei 
den Römern die Syllabiermethode üblich; auf eine 
klare, deutliche und richtige Ausſprache wurde be— 
ſonderes Gewicht gelegt. Von Wörtern ging man 
zu Sätzen und Verſen über: die Erwachſenen ſag— 
ten vor, die Jüngeren ſprachen nach. Auswendig 
gelernt wurde viel, wozu auch ſchon der Mangel 
an Exemplaren nötigte; die längeren Stücke wur— 
den zu dem Ende diktiert, wozu man den Stoff 
aus der älteren römiſchen Litteratur nahm. So 
wählte ihn Orbilius aus den Dramen des Livius, 
andere aus Ennius; feiner aber wurde jo fleißig 
benußt (was das ganze Mittelalter hindurch dauerte) 
als Bergil, Mit dem Leſen wurde die Einübung 
der grammatiichen Formen und das Schreiben 
verbunden, wobei mehr auf Richtigkeit und auf 
Schönheit, als auf Schnelligkeit geſehen wurde. 
Man jchrieb mit dem stilus (ſ. d.) oder graphium, 
graphiolum, Griffel, auf Wachstafeln, tabulae 
ceratae (vgl. Pugillares), und übertrug dann, 
was bleiben jollte, auf eine charta (Papier) oder 
membrana (Pergament, nur inmwendig bejchrieben, 


7 j.Schreibmaterial). Die Schüler wurden nad) | 


Tr — — — ne 


1081 


ihren Leiſtungen geordnet, und die Grammatiker 
hatten noch außerdem Unterlehrer, hypodidascali, 
subdoctores, proscholi. Die Zucht war jehr Itreng; 
bei Vergehungen wurden die Kinder mit der ferula 
auf die Hände geichlagen (Hagellum für ftärfere 
Vergehen und meiſt nur bei Sklaven). Einige, wie 
Orbilius (i. d.), waren als befonders jchlagfertig 
(plagosi) berühmt. Für mande war das Schule: 
halten ſehr einträglih; dem L. Appuleius joll cs 
jährlich 400 000 Sejtertien (über 60000 Marf) 
eingebracht haben. Ferien waren an den Satur: 
nalten (erſt 1, ſpäter 4 und jogar 7 Tage), an 
den Quinguatrien und in der Obft- und Weinernte. 
Auf der höheren Unterrichtsſtufe der literati wur: 
den die Dichter (zuerft Homer und Bergil) erflärt 
und die AZuftände der Vorzeit vorgeführt. Auf 
den Unterricht im Griechiichen wurde hier bejon: 
ders mit großem Nachdruck gedrungen. Die rheto- 
rischen Übungen waren zwiefach, für die Jüngeren 
(pueri) und bie Älteren (adulescentuli), für jene 
beratende, suasoriae, für dieſe Streitreden, con- 
troversiae. In der Raijerzeit nahmen dieje über: 
hand und bewirkten jogar einen jehr nachteiligen 
Einfluß auf die Entwidelung faft der ganzen Bil- 
dung, nur micht auf die der Nechtögelehrten, deren 
Blüte vielmehr in dieje Zeit zu jegen ift (ſ. Ju- 
risconsulti). 

Schutzrerwandte j. Zirog. 

Seipiönes ſ. Cornelii, 5—17. 

Seissor hieß der bei Tafel trgndyierende Shave, 
wie carptor und diribitor. Petron. sat. 36. 

Scobis, Sägeipäne, zum Kehren der Zimmer 
angewendet. Zu diejem Zwede hatte man jogar 
bunte und wohlriechende. Hor. sat. 2, 4, 81. 

Scodra, Fxödee, -«ı, j. Schkodra, ital. Scu: 
tari, ſlaviſch Sfadar, eine der bedeutenderen Städte 
des römischen Jllyriens, vorher Hauptitadt des 
Gentins, am linten Ufer der Barbäna (j. Bojana), 
an der Südoftipige des Yacus Labeatis. ©. war 
ſehr feft und hatte viele römische Bewohner. Liv. 
43, 20. 44, 31. 32, 

Scöpae, Bejen aus Reiſern der Tamarijfe oder 
wilden Myrte, jeltener aus Palmzmeigen, zum 
Kehren der Zimmer und Häujer. Hor. sat. 2,4, 83. 

Scordisei, Fxrogdlcro:, Volt in Oberpanno: 
nien, feltiicher Abitammung, an der Mur und 
Drau, von den Römern befämpft und von T. 
Didius (j. Didii, 1.) bejiegt. Strab. 7, 293, 318. 

Scoti, werden erft bei jpäteren Schriftitellern 
neben den Picti als Hauptitamm der Caledonier 
im jüdlichen Teile von Schottland und Irland ge: 
nanıt. Amm. Marc. 27, 8. 26, 4. 

Seribae, 1) Privatichreiber, teild Lohn 
jchreiber, welche jedem Dienfte thaten, der fie be: 
zahlte, teils Sklaven und FFreigelaffene, die nur 
für ihre Herren fchrieben. Sie biegen ab epistu- 

is, wenn fie die Korreſpondenz des Herrn be: 
jorgten, a studiis, wenn fie bei dem Studieren 
halfen, a bibliotheca und notarii (f. d.), 
wenn fie Stenographie übten. — 2) Staats: 
Ichreiber, dienten den Magiftraten, und zwar 
in doppelter Art. Entweder wurden fie von dem 
Staate den Magiftraten beigegeben, als scribae 
quaestorii, aedilieii und tribunieii, und zerfielen 
in mehrere deeuriae (in die fie id beim Beginn 
ihrer Laufbahn einkaufen mußten), oder es waren 
Schreiber, welche die Magiftrate nad) Belieben 
anftellten. Diejes thaten die Konſuln, Prätoren, 


1082 


Genjoren und Diltatoren, welche, wenn fie Schrei- 
ber brauchten, jolche aus ihrem eigenen Haushalt 
wählten oder servi publici und Lohnſchreiber an: 
nahmen. Die öffentlichen Schreiber waren Bürger, 
die fi gewiffermaßen zu dem Stande der Nitter 
rechneten, wenn auch einzelne Freigelaſſene ſich 
unter ihnen fanden; daher ordo honestus. Nament- 
lih waren jie durch ihre vieljährige Geſchäfts— 
fenntnis den Magiftraten jehr nüglich, befleideten 
auch wohl nad) Shen ihres Screiberamtes 
(tabulam ponere) höhere Staatsämter (Flavius 
aedilis eurulis, Liv. 9, 46). Im übrigen ver: 
blieben jie eg in ihrer Beichäftigung, und 
es zog die direfte —— (in älterer Zeit ſtets 
merces genannt, unter den Kaiſern salarium), die 
fie für ihre Dienfte empfingen, eine jcharfe Grenz: 
linie zwiſchen ihnen und denjenigen Beamten, die 
höchſtens Diäten und Ghratififationen — *—— 
(Suet. Vesp. 3. Nep. Eumen. 1). Aber fie ſtanden 
ſich gut, namentlich auch in den Provinzen (Cie. 
Verr. 3, 78 f). Die Schreiber des Staatsichages 
(quaestorii) waren die angejehenften, und ihre 
Wirkſamkeit die bedeutendite. Suet. vit. Hor. Sie 
machten die Rechnungen und beiorgten das Staats: 
ardiv. Die Schreiber der höheren Magiftrate 
führten im Senat die Protokolle, laſen vor Gericht 
die Zeugniffe und jonftigen Dokumente vor u. j. w. 
Seribonii, ein biebejifches Geſchlecht: 1) 8. 
Scrib. Libo, Volkstribun 216 und Prätor 204 
v. C. Live. 23, 21, 29, 11. 13. Hor. sat. 2, 6, 35. 
— HE. Scrib. Turio, Äüdil 196 v. E., erbaute 
als jolcher einen Tempel des Kaunus. Liv. 33, 42. 
3) 2. Scrib. Libo, 149 v. E. Bolfstribun, 
drang, von Cato unterftüßt, auf Beltrafung des 
Sulpicius Galba, der den Yufitaniern jein Wort 
— hatte. Cie. Brut. 23,89. — C. Scrib. 
urio, einer der bedeutenditen Redner feiner Zeit. 
Cie. de or. 2, 23, 98. — 5) Sein Sohn, E. Scrib. 
Eurio, war 90 v. E. Boltstribun, that Kriegs— 
dienfte im Deere des Sulla gegen den Mithrida- 
tes, 84, belleidete im 9. 76 das Konjulat und 
gewann als Profonjul von Matedonien (7T5— 73) 
einen Triumph über die Thrafer und Dardaner. 
Flor. 3, 4. Eutr. 6, 2. gl. Cie. Brut. 60, 2177. 
Er war Förderer der maniliihen Bill. Cie. de 
imp. Un. Pomp. 23, 68. Während der catilina= 
riichen Verſchwörung war er als Anhänger der 
Optimaten auf Ciceros Seite, für den er aud 
ipäter im J. 58 gegen Elodius bei der dem Cicero 
drohenden Verbannung ſprach. Cie. ad Att. 1, 16. 
Dio Cass. 38, 16. Später trat er gegen Cäjar 
als entichiedener Gegner auf (Cie. Brut. a. a. O. 
Suet. Caes. 49), farb aber jhon im J. 53. Cie. 
ad jam, 2,2. Er war cin Freund altehriwürdiger 
Nömerfitte und wirkte auch als Redner, ohne fich indes 
über die Mittelmäßigfeit zu erheben. (ic. Brut. 
59, 213. or. 37, 129. — 6) Sein Sohn, E. Scrib. 
Eurio, anfangs Republifaner, jeit feinem Tri: 
bunate 50 v. C. Anhänger Cäſars, nad einigen 
von letzterem durch Beitehung gewonnen (Plut. 
Caes. 29. Suet. Caes. 29. App. b. c. 2, 26), trug 
durch jeine heftigen Anftachelungen wejentlich zum 
Ausbruche des Bürgerkriegs zwiichen Cäſar und 
Pompejus bei. Er diente dem Cäſar in Afrika, 
wo er durd; Juba von Numidien feinen Tod fand. 
Seine Beredjamteit war jehr bedeutend (Cie. Brut. 
81, 280), nicht geringer aber auch jeine Verjchwen: 
dung und Schwelgerei. Plin. 36, 16. Er liebte 


Seribonii — Seriptores bistoriae Augustae. 


es, den vornehmen und genialen Mann zu jpielen. 
— TIL. Scrib. Libo, ein Freund des Pompe— 
jus, deſſen Sohne Sertus er jeine Tochter als 
Gattin gegeben hatte (Cie. ad fam.1,1,3. ad Att. 
16, 4), kämpfte 49 v. E. gegen Cäſars Feldherrn 
Dolabella in Dalmatien als Befehlshaber der Flotte 
und vermittelte die Ausjöhnung des Sert. Pom— 
pejus mit den Triumvirn, 39 v. C. App. b. c. 
5,52. Im %. 34 war er Konſul. Er war ein 
in den Wifjenichaften wohl bewanderter Mann 
und mit Cicero befreundet. Cic. acad. 1, 1,3. — 
8) Seine Schweiter, Scribonia, zweite Gemahlin 
des Dctavian, Mutter der Julia (ſ. die Stamm— 
tafel unter Julii, 8.), nach deren Geburt fie den 
Scheidebrief erhielt; in zweiter Ehe vermählt mit 
P. Cornelius Scipio Nafıca und von diefem Mutter 
der mit 2, Lepidus, dem Bruder des Triumpirn, 
vermählten Cornelia, auf deren frühen Tod fich 
Propert. 5, 11 („die Königin der Elegien“ bezicht. 
— MAL Scrib. Libo Drujus, wurde von 
Tiberius, welcher in ihm einen Nebenbuhler arg: 
wöhnte, vor das Senatsgericht gezogen, unter dem 
Vorwande, daß er mit Wahrjagern und Zeichen: 
deutern in Verbindung — worauf Scrib. 
fich ſelbſt entleibte, 13. September 16 n. E. Tae. 
ann. 2, 27. Suet. Tib. 25. Dio Cass. 57, 15. — 
10) Scribonia, Gemahlin des M. (Licinius) 
Craſſus und Mutter eines En. Bompejus ſ. Pom- 
peii, 16.), fand mit diejem durch Kaijer Claudius 
ihren Tod, 47 n. C. — 11) Scrib. Proculus, 
römischer Senator, wurde unter Caligula im Se: 
nate getötet. Suet. Cal. 28, — 12) Zwei Brüder, 
Scrib. Proculus und Rufus, Statthalter von 
Germanien, wurden duch Nero 67 n. E. zum 
Selbftmord gezwungen. Tae. ann. 13, 49. hist. 
4, 41. Dio Cass. 63, 17. — 13) Scrib. Yargus 
(Defignatianus), Verfaſſer einer nicht unver: 
ftändigen und leidlich ftilifierten Schrift de com- 
positione medicamentorum (herausg. von Helm: 
reich, 1887), begleitete 43 n. E. den Claudius als 
Arzt auf einem Zuge nach Britannien. 

Serinfum, 1) ein zur Bewahrung von Büchern 
und Rollen dienender rundgeformter Kajten, den 
man auch auf Reifen mitnehmen konnte. Min. 
16, 43. Val. Max. 6, 5, 6. — ?) In der Kaiſer— 
zeit hieß scrinium faiferlihe Kanzlei oder Burcau, 
deren es 4 gab, scrinium memoriae, epistula- 
rum, libellorum und dispositionis. Scrinia- 
rius hieß jeit diejer Zeit ein Rechnungsbeamter, 
während diejes Wort früher den scrini custos, 
d. h. den Sflaven bezeichnet hatte, welcher die 
serinia jeines Herrn bejorgte. 

Seriptöres historfae Augusiae heißen die 
Verfaffer einer Anzahl von Lebensbejchreibungen 
der röm. Kaifer von Hadrian an bis Numerianus, 
aljo von 117 bis 283 n. E.; nur die der Jahre 244 
— 253 find nicht in eigener Bearbeitung auf uns 
gefommen. Es werden 6 — Alius Spar— 
tianus, Vulcatius Gallicanus und Tre: 
bellius Pollio unter Piocletian, Flavius 
Bopijcus, der bejte von allen, Alius Lam: 
pridius und Aulius Gapitolinus uuter 
Eonftantin; obwohl manche die von Bulcatius Gal- 
licanus und Capitolinus verfaßten Biographien 
dem Spartianus — Sie ſind, wenngleich 
wegen ihrer unklafjiichen Sprade von geringem 
Werte, troß ihrer Geiftesarmut und Unfähigkeit 
dod) wegen ihrer Nachrichten ſehr ſchätzbar. Die 


Scriptura — Secundus. 


Sammlung ift in der Geftalt, wie fie uns vor: 


liegt, wahrſcheinlich erft in fpäterer Zeit zuſam-⸗ 


1083 


Sebasteia, Zeßaorsıa, Stadt in Pontos un: 
weit der Halysquellen. Bon Pompejus war ein 


mengejegt worden, um die zahlreichen Kaiſerbio- ſchon vorhandener Ort unter dem Namen Megalo: 
graphien in eine mehr überfichtliche Darjtellung | polis zur Stadt erhoben worden. Strab. 12, 560. 


zu bringen. — Ausgg. von Gajaubonus (1603 
und 1620), Jordan und Eyſſenhardt (1864), H. 
Peter (2. Aufl. 1884. 2 Bdd.). Bol. H. Peter, 
historia critica scriptorum historiae Augustae 
(1860), 

Seriptüra, die Hut: und Triftabgabe, j. Pa- 
scua. 

Sculptüra (Bildhauer- und Bildjchneide: 
tunſt) ſ. Bildhauer. 


des Padus, der auf dem Apennin entſpringt, bei 
Mutina vorüberfließt und öſtlich von Sernium 


Panaro. Liv. 41, 12. 18. Strab. 6, 218, 

Scurra (derisor), der Luſtigmacher oder Poſſen— 
reißer, wozu ſich gewöhnlich die Parafiten hergaben. 
In den Zeiten der eingeriffenen Sittenverderbnis 
hatte man bei Tiſche bejondere scurrae, ebenſo 
wie Seiltänzer und Jongleurs. 

Seutum j. Waffen. 

Seylacfum, Zuvidxıor, Stadt an der Oſtküſte 
von Bruttii auf 2 Hügeln, 1 St. von der See 
und vom Borgebirge Styllaion, der Sage nad) 
von den Athenern gegründet, j. Squillace. 
fangs gehörte fie zu Kroton, wurde dann von 
dem älteren Diomyfios den Lokrern gejchenkt und 
endlih von den Römern in Beſitz genommen. 
Von ihr hatte der sinus Scylacius (Lxvilnrınög 
xoArog) jeinen Namen, der mit dem an der Weit: 
jeite liegenden Hipponiatiihen Meerbujen die 
ſchmalſte Stelle des Yandes einſchloß. Strab. 6, 261. 
Verg. A. 3, 558. 

Seylla oder Seyllacum Promunturium, 
Zrvilaıor Ärgor, ein hoher, fteiler, ins Meer 
hinausragender Felſen an der bruttichen Küſte 
bei der Stadt Scyllaeum (Styllaion), an welchen 
man den homerijhen Mythos des den Sciffen 
Berderben drohenden Seeungeheuers Skylla fnüpfte. 
Hom. Od. 12, 73 ff. 223 ni Or. met. 13, 730. 

"erg. A. 8, 424. Die Gefahr malte ich die Phan— 
tajie des Dichters bei der mangelhaften Schiffahrts- 
funde jener Zeit aus, jegt kann von derjelben 
nicht die Rede jein, jo wenig als man jegt von 
der nad) Homer (Od. 12, 101) nur einen Pfeil: 
ſchuß entfernten Charybdis etwas zu jagen weiß. 
Das Vorgebirge heißt jegt Sciglio. Strab. 6, 256. 

Seyllaeum, Zxviicıor, 1)j.Scylla.— 2)Stadt 
an dem PVorgebirge gl. N. in Bruttii, zwiſchen 
Medama und Rhegion, wo Anarilad von Rhegion 
einen befejtigten Hafen gegen Seeräuber anlegte; 
Ruinen einer Burg finden jich bei dem heutigen 
Sciglio. Strab. 6, 257. — 3) öſtliches Vorgebirge 
des Peloponnes an der troizenischen Küfte, j. Styli, 
das mit Sunion die beiden Endpunfte des Ein: 
gangs des Saroniſchen Meerbuſens bezeichnet. 
Thue. 5, 53. Strab. 8, 368. 373. 

Seyphus, oxögpos, j. Trinkgeschirre. 

Sebaste, Zeßaorj, Stadt auf einer der Küſte 
Kilifiens ganz nahen Inſel, Elenſa, von dem 
Könige Archelaos von Kappadolien, dem die Römer 
die Herrihaft über das rauhe Kilitien gegeben 
hatten, zu Ehren des Muguftus angelegt und ges 
nannt. Strab, 14, 671. — Andere Städte —8 
Namens lagen in Phrygien und Samaria. 





Anz | 3 


Später wuchs ihre Größe und ihr Anſehen, jo daß 
fie unter dem Namen Sebafteia Hauptitadt von 
Armenia prima wurde. Ruinen bei Sivas. — 
Fe Zeßaorörodıg hießen mande Städte jpäterer 

eit. 

Sebennytos, Zsßerruros, Ägyptische Nomos— 
hauptftadt im mittleren Delta, an dem nad) ihr 
benannten Nilarm, früher nicht unbedeutend, dann 


, ' gejunfen; j. Semmenud. Hdt.2, 166. Strab. 17,802. 
Sceultenna, Zxovirdvras, jüdlicher Nebenfluß | P 


lin. 5, 9, 11. 
Seböthus, fleiner Fluß Campaniens, der ober: 


halb Nola und Abella entiprang und, um den 
mündet; j. im Oberlauf Scoltenna, im Unterlauf | H Iprang 


Veſuvius herumfliehend, öftlih von Neapolis in 
den Puteolaniſchen Meerbujen mündete; j. Fiume 
della Maddalena. Verg. A. 7, 734. 

Sebinus lacus, See im cisalpin. Gallien, zwi: 
ichen den Seen Larius (2. di Como) und Bena- 
cus (2. di Garda), gebildet vom Olliusfluß, jetzt 
Lago d’Ijeo. Plin. 3, 19, 23. 

Secessio, Trennung der aufftändiichen Plebs 
von der Stadt. Die erfte secessio, genannt in 
montem sacrum, fand 494 v. E. ftatt und gab 
zur Errichtung des Bolfstribunats Veranlaſſung, 
indem die Plebejer nur unter diejer. Bedingung 
nad Rom zurüdtehren wollten. Liv. 2, 3277. 
Einflußreich war aud die zweite secessio, 449 
v. E., durch welche die Decemviri ihr Amt ver: 
loren. Liv. 3, 50 ff. 

Seetätor. So bezeichnete man die Klienten, 
welche den Patron bei deſſen Ausgängen, nament: 
lidy wenn derjelbe als Kandidat auftrat, begleiteten. 
Die lex Fabia (j. d. und Ambitus) beichränfte 
die Zahl ſolcher Begleiter. 

Sectio (von secare), die Zerftüdelung der auf 
Staatsauftionen als Ganzes (universitas bono- 
rum) erjtandenen Güter durch den Käufer (sector). 
Der Ausdrud wurde jodann auf den Verkaufsakt 
übertragen, ja jelbft auf die Berfaufsgegenftände 
(Caes. b.g.2, 33: sectionem universam vendere). 
Die durch Beute, Projfriptionen oder Konfifkatio: 
nen für den Staat erworbenen Güter, jpäter auch 
die dem fiscus zugefallenen Erbſchaften, wurden 
dem Duäjtor übergeben, der jie ald Ganzes an 
einen oder mehrere gemeinjchaftlihe Käufer in 
einer öffentlich angeftellten Auktion (und zwar 
sub hasta) verfaufte. Der sector trat ganz an 
die Stelle des früheren Herrn, indem er mit dem 
erftandenen Vermögen auch die darauf haftenden 
Schulden übernahm und darnach allerdings fein 
Gebot bemaß. Darauf ftellte er eine Privatauktion 
an, in der er jedes einzelne oder Teile des Ganzen 
auf den Bot bradte. Bei Privatfonfurs trat 
Privatverfteigerung ein (ſ. Bonorum emtio und 
Auctio), wo das Verfahren ein ähnliches war 
(aber nicht sub hasta). 

Seeundus, ein oft vorfommender römijcher 
Beiname. Zu nennen ift: 1) Julius Gec., von 
Duintilian als ausgezeichneter Redner gerühmt. 
Er ftarb jehr jung in Rom 88 n. C. In dem 
taciteiichen Dialog über die Redner ift er eine 
der jprechenden Perjonen. Quint. 10, 1, 120. — 
2) Sec. Carrinas, ein Ahetor, den Caligula 
aus Rom verbannte, worauf er zu Athen freiwillig 


— 


2 wie bei Artemiſion und Salamis. 


1084 
aus Not an Bift geitorben zu jein jcheint. Jur. 
7, 204 ff. Dio Cass. 59, 0. 

Seeüris. Das aus den fasces (j. d.) hervor: 
ragende Yiltorenbeil diente vor alters zur Ent: 
hauptung verurteilter Bürger. Später trat das 
Schwert, gladius (f. d.), dafür ein. 

Securitas, römische Perfonififation der Eicher: 
heit de3 Einzelnen jowohl wie de3 Staats; daher 
die Beinamen publica, reipublicae, orbis et 
populi R., perpetua, esgmationie. hr Name 
ericheint oft auf Grabdenfmälern und Münzen. 
Seit Auguſtus kommt ſie häufig vor mit Bezug 
auf die von diefem geichaffene Ruhe und Sicher: 
heit. Dargeftellt ward jie als Matrone, figend 
mit übereinander geichlagenen Beinen oder an eine 
Säule gelehnt, die rechte Hand über den Kopf ge: 
legt, ruhig vor ſich hinblidend. Attribute: Scepter, 
Lorbeer, Füllhorn, Olzweig. 

Seeütor j. Gladiatores, 7. 

Sedigitus j. Volcatii, 2 

Seditio, Spaltun iR Groegung von Bolfsauf: 
ftand, wurde als perduellio, ipäter als maiestas 
und vis (j. d.) beitraft. 

Sedulius, Cälius, riftlicher lateinischer Dich: 
ter um 430, ſonſt nicht weiter bekannt, verfaßte 
ein Carmen paschale s. de Christi miraculis 
in 5 Büchern Hexameter (Ausgg. von Cellarius 
U Arevalo [1794] u. a.), eine Elegia mit 

arallelen zwiichen dem A. und N. Teft. und ein 
Keihnachtslied (Gymnus auf Ehriftum) in iambi— 
ichen Dimetern, teilweiſe gereimt. Seine Sprache 
iſt lebendig und anmutig, der Versbau im ganzen 
forrelt. Vgl. die Monogr. von Hümer (1878) und 
Leimbach (1879). 

Sedüni, Bölferihaft am oberen Rhodanus, 
öftlich von den Verägri, im j. Wallis und der 
Gegend von Sion oder Sitten. Caes b. g. 3,1. 

Sedusji, germauiſche Völkerſchaft, die im Heere 
des Arioviſt focht und weiter nicht vorkommt; 
ihre * laſſen ſich daher nicht beſtimmen. Caes. 


b. « 31. 37. 51. 

eekrieg. Vor Beginn der Seeſchlacht war 
e3 zunächit nötig, daß der Anführer der Flotte 
die Beichaffenheit des Meeres in allen Beziehungen 
jo genau wie möglich kannte; zugleich mußte er 
aus den natürlichen Anzeichen den richtigen Schluß 
auf das bevorjtehende Wetter zu em wiſſen. 
Windſtille war vor allem erwünſcht, denn Segel 
galten in der Schlacht nichts, die Kunſt der Ru— 
derer und die Tapferkeit der Soldaten alles, und 
wogendes Meer hinderte die unbedingte Gewalt 
über das Schiff. Aber da ſelten volle Windſtille 
eintrat, ſo war es doch geboten, dem Feinde den 
Wind abzugewinnen. Liv. 25, 27. Das hohe 
Meer war der günſtigſte Boden für die Seeſchlacht, 
daher war es befonderes Streben, den Feind ans 
Ufer zu drängen. Wer mit den Wogen vom hohen 
Meere aus den Feind angriff, verftärkte den Stoß 
des rostrum (j. d.), dagegen die Nähe des Ufers 
henmte die volle und freie Bewegung der Schiffe. 
Überdies iſt die Tapferkeit der Soldaten auch eine 
geringere, wenn fie das vaterländijche Ufer hinter 
jih haben und leicht von den Schiffen ſich auf 
dasjelbe zurüczichen fünnen. Unter Umſtänden 
jedoch, namentlich wenn Umzingelung durch eine 
überlegene Anzahl der feindlichen flotte unver: 
meidlich jchten, wurden gerade Die Engen geſucht, 


Securis — Seekrieg. 


Schlacht bevor, jo wurden die Schiffe durch Ent: 
fernung alles deijen, was die Yaft vergrößerte und 
doch nicht unmittelbar zum Kampfe diente, 3. B. 
des Getreides, erleichtert. Die Segel wurden ein: 
gezogen, denn bloßes Rudern gab die fidherjten 
und genaueiten Wendungen, der Maft wurde nieder: 
gelegt. Das jchien dem Feinde den unzweifel: 
haften Entichluß des Gegners zur Schlacht zu be: 
funden, wurde jedoch aud wohl als Mittel zu 
täuschen benußt, um, während der Feind diejelben 
Vorbereitungen machte, durch plögliche Wiederauf- 
richtung des Maftes und Aufziehung der Segel 
unverfolgt zu entfliehen. Inzwiſchen wurden die 
Reihen (ordines) der Schiffe geordnet. Die Römer 
übertrugen zuerit die Aufftellung ihrer Landheere 
auf die Seeſchlacht und nannten auch hier die 
legte Reihe der Schiffe triarii. Gewöhnlich ftanden 
die beiten Ecyiffe in der eriten Neihe. Doc ichidte 
Timotheos gegen die Lafedaimonier die jchwächeren 
zuerſt ins Treffen, um die Gegner zu ermüden, 
bis er dann mit dem Kerne jeiner Seemacht den 
Sieg errang. Wenn die Anzahl der Schiffe zur 
Aufftellung von nur Einer Reihe zwang, oder man 
den Gegner überflügeln wollte, jo waren auf den 
beiden Flügeln Rn ſtärkſten und beften aufgeftellt, 
in der Mitte die ——— Bei Salamis ſtan— 
den auf dem linken Flügel die Athener den Schif— 
fen der tapfern Phoiniker gegenüber), auf dem 
rechten Flügel kämpfte die Hauptmacht des pelo- 
ponneſiſchen Bundes (Xafedaimonier, Nigineten, 
Korinther und Megareer, die, wie Diodor er: 
zählt, nad den Athenern am meijten auf den 
Seefrieg geübt waren), in der Mitte die übrigen 
Griechen. — Die Schladytlinie (acies) hatte je : 
nad ihrer Geftalt verſchiedene Namen. Bildete 
das Bordertreffen eine gerade Linie (aequali, 
aequa fronte, öpdlors reynası), jo tonnte es 
eine acies simplex, duplex, triplex fein, doc 
beziehen dieie Ausdrüde ſich nicht auf die ordines. 
Die acies simplex fonnte immerhin mehrere 
Reihen von Schiffen hintereinander haben, handelte 
aber in der Schlacht als Ein Ganzes, 3. B. jegelte 
Phormion dem Feinde, der 50 Schiffe hatte, 
mit 30 Schiffen entgegen und ftellte fih aequa 
fronte dergeftalt auf, dab je 6 Schiffe in der 
Länge 5 Neihen hintereinander ftanden. „Dagegen 
teilte Polnrenidas ‘Lie. 36, 44) jeine Flotte in 
2 Flügel, jeden unter bejonderem Kommando und 
mit verjchiedener Beftimmung, obſchon fie aequa 
— angriffen. Ebenſo befehligte Hannibal (Liv. 

23) den linken, Apollonios den rechten Flü— 
— es waren beidemal 2 abgejonderte Flotten— 
abteilungen, deren Altion zwar ineinander griff, 
aber doc) auch bejondere Ziele verfolgte. E3 waren 
acies duplices. Dabei konnte es auch wohl ge: 
jchehen, daß beide Abteilungen auseinander famen 
und an verjchiedenen Orten 2 verjchiedene See: 
ſchlachten kämpften. Bei der triplex acies fommt 
zu den beiden Flügelabteilungen noch als dritte 
die der Mitte hinzu, ebenfalls unter bejonderem 
Anführer; in diefem Falle wird auch der Aus: 
drud phalanx von der ganzen Schladtlinie ge: 
braucht, fie war pe ae die gewöhnlichere An— 
ordnung. Die acies lunata, halbfreisförmig —, 
erleichterte die Umgehung des Feindes und ver: 
hinderte durch die beiden hervorragenden Flügel 
den Verſuch der Feinde, die Mitte zu durchbrechen. 


— Stand die | Seltener ift die Aufftellung der Schiffe in der 


— 


Seokrieg. 


1085 


Geſtalt eines Wau, V, forceps, oder eines Tri: | mit ſolcher Gewalt aufeinander, daß das ſchwächere 
angels, A, cuneus, deſſen Bafis die triaris |zerbarjt oder beide in allen ihren Zeilen erzitter: 
bildeten; leßterer bedienten fich die Konjuln Negu- | ten und manche Soldaten, die an der Brüftung 


lus und Manlius bei Elnomos, an der Spike 
ftanden die beiden Admiralſchiffe (naves praeto- 
riae). Die acies ovalis O war anwendbar, 
wenn eine Flotte von überlegenem Feinde auf 
offener See umzingelt wurde; die Laſtſchiffe wurden 
alsdann in die Mitte genommen und die Kriege: 
ſchiffe ftellten fich, mit dem Vorderteil dem Feinde 
zugewandt, im Kreiſe herum auf. Doch war dieje 
Aufſtellung nur bei ruhiger See von Erfolg, wo— 
gendes Meer und Sturm bradjten die Schiffe bald 
auseinander, verftatteten dem Feinde das Ein- 
dringen im den Kreis und gaben die ganze Flotte 
in die Gewalt desjelben. Eine jelten angewandte 
Schlachtordnung war die acies incurva O(um— 
gefehrt von der lunata); fie diente namentlich zu 
geordnetem NRüdzuge. — Während fich die Flotte 
zur Schlacht ordnete, jtellte der Feldherr die Opfer 
an. Waren diejelben günftig, jo wurde auf dem 
Admiralichiife (navis praetoria) dur das Auf: 
ziehen einer purpurroten Fahne das Zeichen zur 
Schlacht gegeben; diejelbe blieb während des ganzen 
Kampfes und diente durch verichiedene Stellungen 
(bald höher, bald niedriger, bald zur rechten, bald 
zur linfen Seite geneigt 2c.) zur Erteilung von 
Befehlen für die ganze Flotte. Mit dem Aufziehen 
der Fahne erhob jich der clamor militum und 
concentus tubarum,. Nun galt es zumächit die 
Geſchicklichkeit der Ruderer zu entfalten. Man 
juchte die Seite des gegenüberftchenden Schiffes 
zu gewinnen, indem man es umfreijte; Huber: 
kunſt zu zeigen und den Feind zu verwirren war 
doppeltes Ziel; wie der Reiter das Pferd in voller 
Gewalt hat und Ein Wille Pferd und Weiter zu 
beherrichen jcheint, jo ſtand, jo bewegte fich das 
Schiff bald in langjamerem, bald in rajcherem 
Tempo, immer den Gegner bedrohend und ihn 
zu den entiprechenden Wendungen zwingend und 
ihu dadurch ermüdend, noch ehe der eigentliche 
Angriff erfolgte. Nach ſolchen Vorſpielen jtrebte 
der Feldherr die feindlihe Schlachtordnung ent: 
weder zu überjlügeln oder zu durchbrechen (megi- 
mhovg, dıuiunrkong, |. Acies). Dabei juchte man 
das feindlihde Schiff auf der Geite zu ftreifen 
und dejien Ruder abzubrechen, wodurd) dasjelbe 
fampfunfähig wurde (dranxonrer wurag, dvd- 
zkovg moreiv). Liv. 36, 44. 37, 24. Der cigent: 
liche Angriff konnte vorn (in proram), hinten 
(in puppim) oder an den Seiten (in latera) er: 
folgen. Diejer leptere war, wenn er gelang, der 
verderblichjte, denn oftmals löſte Ein jolcher 
Anprall die ſämtlichen Fugen des getroffenen 
Schiffes; auch fonnte hier das rostrum am meijten 
und beiten wirfen. Darum ftrebte das angegriffene 
Schiff auch ſtets mit dem Vorderteile den Gegner 
zu empfangen. Bei größerer eg we der 
Schiffe waren die Seiten denn aud zur Borjorge 
mit Eijen beichlagen, auch wohl durch doppelte 
Planken gejichert, jo daß nach Durdhbohrung der 
äußeren Holzlage durch das rostrum die hinteren 
Bretter doch das Eindringen des Wajjers verhin— 
berten. Dies war bei den Schiffen des Antonius 
in der Schladht bei Actium der Fall. Der Angriff 
auf das Borderteil war im ganzen nicht geiucht, 
aber bei gleiher Runft und llbung des Gegners 
nicht zu umgehen. Da rannten denn die Schiffe 


entlang aufgejtellt waren, ins Meer hinabgejtürzt 
wurden. Die Narthager vermieden im Kampfe 
mit den Römern überdies diejen Angriff, weil die 
römischen Schiffe auf dem Borderteile ihre corvi 
(j. u.) hatten und in dieſem Falle leichter entern 
founten. Sicherer war der Angriff auf das Hinter: 
teil, der namentlich dem Steuerruder galt, deſſen 
Taue überdies auch erfahrene und mutige Sol- 
daten oder Schiffer mitten in dem Tumult von 
fleineren Kähnen aus durch die zweiichneidige Art 
(bipennis) zu durchhauen fuchten. Fiel Das Steuer: 
ruder, jo war das Schiff natürlich wehrlos und 
jofortige Beute des Gegners. — Aber aud) der 
Kampf der Soldaten war längjt aus der Ferne 
entbrannt. Schleuderer und Bogenjchügen hatten 
gegenfeitige Verwüſtung unter der feindlichen Be- 
jagung begonnen, und die ſchweren Geſchütze (tor- 
menta) entjandten ihre gewaltigen Geſchoſſe, Pfeile, 
Balken und Steine, gegen Schiff und Mannſchaft. 
Bei genügender Nähe wurde im Vorbeifahren der 
asser (j. d.) in Bewegung geießt und fuhr, wie 
der aries gegen die Mauer, jo gegen die erkrachen— 
den Seiten des feindlichen Schiffes oder durd die 
Neihen der Soldaten und Ruderer bindurd, in 
allen Fällen verderbenbringend. YZugleich wurden 
von den Türmen (j. Turris) herab mit gewal: 
tiger Wucht Yanzen und Steine auf die Feinde 
verheerend geworfen. Aber am jchredlichiten wütete 
der Nahlampf, Mann gegen Mann. Diejen ber: 
beizuführen und zu ermöglichen, dienten die corvi 
(»ogansg), eine Erfindung des Duilius, auch) manus 
ferreae, zeiges uöngei, genannt. Front 2,3, 24. 
Flor. 2, 2. VBerjchieden von dieſen waren die 
harpagones, Feuerhaken ähnlich, jchon früher 
bei den Griechen zu gleichem Zwecke in Gebraud, 
bei jpäteren Autoren bisweilen mit den manus 
ferrene in gleicher Bedeutung. Curt. 4,2. War 
das Schiff geentert, jo wurden bereitgehalteue 
Brüden hinübergelegt. Nun ruhte die Kunſt der 
Ruderer, das Schwert der Soldaten brachte Die 
Enticheidung und das Schidjal des Schiffes, wie 
den Ausfall der Schlacht. Hier war der Römer 
Sieger, während die farthagiichen Schiffe durch 
überlegene Übung und Geichidlichkeit der Bewe— 
gungen vorher des Mutes und der Tapjerfeit 
geipottet hatten. Flor. 2, 2. In der Schlacht 
bei Actium wollte Octavian der auf den feind— 
lihen Schiffen zu erhoffenden Beute jchonen, aber 
da er ihnen nichts anhaben fonnte, befahl er fie 
in Brand zu ſchießen, und die Balliften entjandten 
ihre feueriprühenden Bieile und mit Pech und 
Kohlen gefüllten Gefäße (ollulae); brennende Fadeln 
wurden mit der Hand geworfen. Der Brand wütete 
um jo zerjtörender, als die Soldaten des Anto— 
nius nach Erſchöpfung des etwa nod) vorhandenen 
Trinfwajiers das ‚Feuer mit Meerwaſſer zu dämpfen 
juchten, das mehr zur Nahrung desjelben als zur 
Löſchung diente. Dio Cass. 50, 35. Die Füllung 
jolcher Töpfe mit lebenden Schlangen, durch die 
Hannibal die Schiffe des Eumenes zum Rüdzug 
zwang (Nep. Hann. 11), ijt eine einzelnftehende 
Kriegstiit. Überhaupt geboten neue Berhältnijie 
und ungewohnte Umftände die Anwendung bejon: 
derer Mittel; jo errang Cäjar gegen die ungemein 
hohen Schiffe der Veneter den Sieg nur durch 


or 


— 
2* 


> 


1086 


Anwendung der falces praeacutae, die, an langen 
Stangen befeftigt, die Stride der Segel durch: 
ichnitten und bei eingetretener Windftille die ganze 
feindliche Flotte in die Hände der Römer gaben. 
Caes. b. g. 3, 14. 15. Weder rostrum nod) die 
errichteten turres hatten den Sieg über die Schiffe 
ber Barbaren erzwingen fönnen. 

Seezins (roxnog vravrınögı |. "Eumogos. 

Segesta oder Egesta, Zeyeor«, "Ey. oder 
Alysore, Stadt nicht fern von der Norbfüfte Si— 
ciliens zwiſchen Panormos und Drepanon, nad 
gewöhnlicher Sage von Troern gegründet, wes— 
halb 2 nahe Flüfle auch den Namen Simoeis und 
Stamandros erhielten; die Nömer machten fie zu 
einer Anlage des Mineias (Verg. A. 5, 718. 705 # 
Acesta. Cie. Verr. 4, 33). Nur Strabon läßt fie 
von riechen, Gefährten des Philoktetes, gegrün: 
det werden. Das nichtgriechiiche ©. (Thuc. 7,57) 
war in ftetem Kampf mit den griechiichen Nach: 
barftädten, bejonders Selinns, und gab dadurch 
Beranlafjung zu der unglüdlichen Unternehmung 
der Athener. Thuc. 6,6. Kurze Beit hieß Die 
Stadt Dilaiopolis, nachdem Agathofles fie er: 
obert hatte (306). Die Römer betradhten S. als 
ftammverwandt. Durch feinen 2 Meilen entfern: 
ten Safenplaß (j. Eaftellamare) unterhielt e8 einen 
lebhaften Handel; auch Mineralquellen (aquae | 7 
Segestanae) fanden fi in der Nähe. Trümmer, 
namentlich eines Tempels und eines Theaters (j. 
Theatron, 8.), liegen jet bei Ealatafimi 2 Meilen 
wejtlich von Alcamo,. — Zwei Städte d. N. lagen 
noch, die eine in Ligurien zwischen Yuna und Por— 
tus Veneris, j. Seftri Yevante, die andere in Carnia. 

Segestes, ein vornehmer Cheruifer, Vater der 
Thufnelda, die ihm Arminius entführt hatte, trat 
aus Rache gegen denjelben auf die Seite der 
Römer und verriet ihnen die Pläne jeines Schwie— 
gerjohnes, beteiligte fi aber nachher am Kampfe 
gegen Rom und behielt eine Neihe von Jahren 
die röm. Gefangenen und Feldzeichen. Als er fich 
im Rampfe gegen feine Landsleute (15 n. E.) auf 
fremde Hülfe angewieſen jah, mendete er fih an 
Sermanicus, der ihn befreite und ihm einen Wohn: 
fit auf dem linken Rheinufer anwies. Taec. ann. 
1,55 ff. Vell. Pat. 2, 118. Flor. 4, 12. 

Segestos = Akestes, w. ſ. 

Segetia j. Seia. 

Segimerus, Inydungos und Zeylungos, 1) Vater 
des Arminius, war mit dieſem Leiter der Ber: 
ihmwörung gegen Varus. Vell. Pat. 2, 118. Dio 
Cass. 56, 19. — 2) Bruder des Segeſtes, unter- 
warf ſich 15 n. E. den Römern unter Germanicus, 
Tac. ann. 1, 71. 

Segimundus, Zeyıuoörrog, ©. des Segeſtes, 
Bruder der Thujnelda, war von den Römern zum 
Priefter an dem Heiligtum (wahrjcheinlich des 
Auguftus) bei der ara Übiorum (j. Köln) ernannt 
worden, entfloh jedoch mit Aufgabe jeines römischen 
Dienites zu feinen Landslenten. Im J. 151. C. aber 
lieh er fich von jeinem, dem Arminius zürnenden, 
Vater als Gejandten an Germanicus abjenden, 
deſſen Verzeihung er erbat und erhielt. Taec. ann. 
1,57. Im J. 17 ſchmückte er den Triumphzug 
des Germanicus. Strab. 7, 291. 

Segni, germanijche Völterfchaft im belgiſchen 
Gallien beim j. Eigney, zwiſchen ben Trevirern, 
mit denen fie in einem nahen Berhältniffe ftanden, 
und den Eburonen. Caes. b. g. 6, 32. 


Seezins — Seiani. 


Segobriga, Znyößeıya, 1) Hauptſtadt der 
Geltiberer in Hiſpanien, ſüdweſtlich von Cäſar— 
augufta; in der Gegend von Pennaescoite find 
noch bedeutende Ruinen. Es fand ſich dort treff= 
lies Marienglas. Strab. 3, 162. Plin. 3, 3, 4. 
36, 22, 45. — 2) Stadt der Edetaner an der Dit: 
tüfte Hifpaniens, j. Segorbe. 

Segodünum, Zeyöodovror, 1) Kauptitadt der 
Ruteni in Mquitania, j. Rodez. — 2) Stadt im 
füdlichen Germanien bei den Hermunduren. 

Segontiäci, nad Cäſar (b. g. 5, 21) Bolf im 
füdlichiten Teile Britanniens, deren Hauptſtadt 
wohl Segontium war. Ruinen bei Caernarvon 
am Fluſſe Segont. 

Segovia, Zeyovßiae, Stadt der Arevafer im 
tarraconenſiſchen Hiſpanien, zwiichen Emerita und 
Eäjaraugufta; führt noch j. denjelben Namen. — 
Auch ein Ort in Bätica am flumen Silicense hieß 
fo. Caes. b. Alex. 57. 

Segusiävi (weniger richtig Segusiani), Zeyov- 
cıavod, bedeutende Völkerſchaft im lugdunenſiſchen 
Gallien, von den Allobrogern durdy den Rhoda— 
nus getrennt, zwiichen den Sequanern, Aduern 
und Arvernern, im heutigen Lyonnais und Forez. 
Zu Cäſars Zeiten waren fie von den Aduern 
720, jpäter jelbjtändig. Caes. b. g. 1, 10. 

64 


"Sein, 1) altrömiſche Saatgöttin, wie aud Se- 
gesta, Segetia und Semonia, deren Namen nicht 
unter dem Dache genannt werden durften. Seia 
(oder Semonia) jollte das Getreide in ihrer Obhut 
haben, jolange es unter der Erde war, Segetia 
(oder Segesta), wenn es herborgeijproßt war. — 
2) Beiname der Fortuna, deren Tempel, jhon von 
Servius Tullins gemeiht, Nero mit jeinem gol: 
denen Hauſe umſchloß. 

Seiäni, 1) 2. Alius Sej., Sohn des Sejus 
Strabo, wurde durch Adoption in die gens Aelia 
aufgenommen. Schon als Nüngling ftand er im 
Rufe großer Unfittlichleit. Zac. ann. 4, 1. Unter 
Tiberius gewann Sej. bald das unbegrenzte Ver— 
trauen desielben. Mit Drufus, dem Sohne des 
Tiberius, wurde er nad Bannonien zur Unter: 
drüdung eines Aufſtandes der dort ftehenden Le— 
gionen geſchickt. Tac. ann. 1, 6ff. Darauf wurde 
er praefectus praetorio und vereinigte als ſolcher 
um das %. 18 n. E. die bis dahin zerjtreuten Co— 
horten der eg AM in einem feiten Lager vor 
dem Biminalijchen Tac. ann. 4,2. Dio 
Cass. 59, 19, 5f. Aber * dieſer Mach nicht 
zufrieden, trachtete er nach Höherem und ſuchte 
durch Gewaltthaten und Liſt ſeine Pläne durchzu— 
führen. Nachdem er des Druſus Gemahlin Livia 
durch Verführungskünſte für ſich gewonnen, ließ er 
in Verbindung mit ihr jenem Gift reichen, 23 n. C. 
(j. Drusi,4.). Nunmehr jtrebte er nad) der Heirat 
mit Livia, doch wurde ein dahingehendes Gejuc 
vom Kaiſer abgeichlagen. Dafür bot fid dem Sei. 
injofern erwünjchte Ausſicht auf ein Gelingen 
jeiner hochjliegenden Pläne, als Tiberius den Ge— 
danken hegte, Rom zu verlaffen und in der reizen- 
den Gegend der Inſel Capreä fortan zu leben. Des 
Kaijers Gedanke wurde durch Sej. zum feiten Ent- 
ichluffe (Taec. ann. 4, 39 ff.): Tiberius verlieh Rom 
(26) und ift nie wieder in die Stadt zurüdgelehrt. 
Dai. 4, 57. 67. Als des Kaiſers Stellvertreter, 
durch deſſen Hände der jchriftliche Berfehr ging, 
und ohne deſſen Bermittelung perjönlicher Bertehr 


Seii — Seirenes, 


unmöglich war, jchaltete nun 
Belieben: Agrippina (j. d. 1.) und ihre © 
Druſus (ſ,. Drusi, 5.) und Nero (ſ. d. 1.) wurden 
Opfer feiner Ränte. Als er ſich aber gar durch eine 
Verſchwörung gegen Tiberius die Krone verichaffen 
wollte, und Tiberius dies erfuhr, beſchloß letzterer, 


gegen ihn, wenn auch anfangs mit Vorſicht und 


ft, vorzugehen. Es gelang, ihn im Senate durch 
den Präfeften der cohortes urbanae, Nävius Ser: 
torius Macro, verhaften und dann hinrichten zu 
lafjen (18. Oftober 31); gleiches Schidjal hatten 
des Ermordeten Kinder, Verwandte und viele An: 
hänger, im Jahre 31. Ein Charafteriftif von ihm 
gibt Tacitus (ann. 4, 1). Monographie von Jülg 
(1882). — 2) L. Sej., vielleicht ein Freigelaſſener 
des vorigen, verjpottete einft an einem Feſte den 
Tiberius, wurde aber nad dem Sturze Sejand 
doch nicht von ihm beftraft. Dio Cass. 58, 19. 
Sell. Dazu gehören: 1) M. Sej., Hdil 74 
v. E., als welcher er bei einer Teurung dem Volke 
wohlfeiles Getreide lieferte (Cie. off. 2, 17. Plane. 
5, 12), mit Eicero und Atticus befreundet. — 2) M. 
Sei., trat 52 v. E. gegen Saufejus, den Genofjen 
des Milo, ald Ankläger auf und war mit D. Bru— 
tus befreundet. Cic. ad fam. I1, 17. 3) O. 
Sej. Poſtumus, wurde von Clodius vergiftet, 
weil er ihm ſein Haus abzutreten ſich weigerte. 
Cie. de dom. 44. — 4) En. Sej., auf Befehl des 
M. Antonius (44 dv. E.) getötet, bejah ein Pferd, 
das von den Pferden des Diomedes abjtammen 
follte. Da alle die, welche nah ihm Herren des 
Pferdes wurden, ebenfalls einen elenden Tod fan- 
den, jo entitand das Sprichwort (de hominibus 
calamitosis): ille homo habet equum Seianum, 
Gell.3, 9. — 5) Sej. Tubero, diente unter 
—— als Legat, wurde 24 n. E. wegen 
egung von Unruhen angeklagt, aber freige— 
—* en. Tac. ann. 4, 29. 
Seilönos, Zsilnvög, Zılnvös, Silenus, 1) Sohn 
des Hermes und einer Nymphe, oder des Ban, 


ein fteter Begleiter, Lehrer und Erzieher des 


Bakchos. Er tft die beiondere Geftalt eines älte: 
ren Satyrs, ein ſtets trunfener, heiterer und ges 
mütlicher Alter mit einer Glaße und jtumpfer 
Naie, fett und rund wie ein Weinichlaudh. Vom 
Weinſchlauch ift er ungertrennlih. Die eigenen 
Füße vermögen ihn jelten zu tragen, er reitet ge: 
mwöhnlich auf einem Ejel (Or. fast. 1, 399. 3, 749) 
oder wird von Satyrn geführt und gejtügt. Außer 
dem Wein ift Mufif und Gefang feine Freude. 
Am Gegenfaß zu feiner äußeren Geftalt erjcheint 
er oft als ein das gewöhnliche Treiben der Welt 
und die Güter des irdiichen Lebens verachtender 
Weijer, in welcher Beziehung Sofrates ihm ver: 
glihen wird (Xen. symp. 5, 7. Plat. symp. 32), 
und als ein begeifterter Scher. Man band ihn 
wohl, wenn man ihn irgendwo in trunfenem 
Schlafe fand, mit Blumentetten und zwang ihn 
zu weisjagen und zu er Verg. E. 6, 19 ff. 
Op. met. 11, 91 (j. Midas). Geine Attribute 
waren außer dem Weinfchlauch der Ejel, der Thor: 
ſos, der Kantharos (Becher), ein Epheufranz, aud) 
zuweilen ein Panther. Einen Tempel hatte Silen 
nur zu Elis; Methe (die Trunfenheit) reichte ihm 
den Becher dar (Paus. 6, 24, 6). Wie man Pane 


und Faunen in der Mehrzahl hatte, jo nahm man | Götterwejen 


jpäter auch mehrere Silene an. Als Vater der | 
Silene galt nun ein alter Silen, Namens Pappo— 


Sej. nach freiem | 
öhne | 


1087 
ſilenos, der noch tieriicher als der gewöhn nliche 
Silen und oft ganz behaart dargejtellt wurde 
Abbildung: Seilenos, das ihm eben zur Pilege 
übergebene Batdostind im Arme haltend und ben 
zukünftigen Begründer eines höheren Kulturzu— 


ſtandes, an welchem auch er nach einem Leben 








gewöhnlichen Sinnengenuffes ſich beteiligen wird, 
mit freudigem Ahnen betrachtend ; Marmorgruppe 
aus Billa Borgheje im Loupre. — 2) ©. aus 
Kalakte, Begleiter Hannibals, verfaßte in griech. 
Sprade eine von 2. Cälius Antipater viel benußte 
Geſchichte des zweiten punischen Krieges (Nep. 
Hann. 13. Cie. div. 1, 24. Jav. 26, 49) und 
Zınslind. 

Seirönes, Zsıpijwsg, Sirenes, Jungfrauen auf 
einer Inſel im weſtlichen Meere, zwiichen der 
Kirfeinjel und der Skylla, welche durch ihren 
lieblichen Gejang die VBorüberfahrenden herbeiloden 
und ins Berderben ziehen. Sie fiben auf blumiger 
Wieje, und um fie herum liegt ein Haufen bis 
auf die Knochen verwejender Männer, deren Haut 
ringsum eingejhrumpft. Die Todesgejahr liegt 
nur mittelbar in ihrem Gejange, indem diejer die 

Schiffer and verderbenbringende Ufer zieht. Hom. 
Od. 12,39. Man erblidte in ihnen bald ver- 
lodende Mujen der See, bald durd; magiſche Kraft 
des Gejanges wirkende Bauberinnen, oder aud) 
ein einfaches Schiffermärchen, oder einen ethiichen 
Begriff (Welder, griech. Götterl. IIT S. 164), feſſelnde 
— endlich Dämonen der Verwejung. 
Der Name Hingt an Zeigrog, den Bringer der 
Hitze, an, beide führen auf Einen Begriff, den des 


1088 


Leuchtens jowie des Brennens; fie find die Bren— 
nenden, die Ausdörrrenden. Aber nicht die all: 
jährlich wiederkehrende Schwüle, wie fie Sirius 
bedeutet, jondern die erjchlaffende, alles friſche 
Leben tötende, als Ausgeburt der Erde gefafte 
Schwüle (Scirocco). Die Wirkung derjelben iſt 
das Verſtummen des Windes, Die modernden 
Häute. Kultus derjelben war in der Nähe von 
Surrentum, in Nitolien (mo Acheloos ihr Vater 
genannt wird); jie begleiten Berjephone vor ihrem 
Raube in Sicilien, Ihre ältefte Geſtalt iſt Die 
eines großen jchwerfälligen Vogels mit weiblichen 
Haupte — daher der Gejang und das Wijien. 
Als fingende Weſen ichon bei Allman, dann der 
Hagende Charakter ihres Gejanges und deshalb 
als Totenklage (P#enrog) auf den Gräbern. Pla— 
ton jeßt fie in Verbindung mit der Harmonie der 
Sphären. Seit den Alegandrinern erfcheint Ache— 
1008 regelmäßig als ihr Vater, bei den älteren 
Dichtern Phortos. Bei Homer find ihrer zwei, 
jpätere nennen gewöhnlich drei; ihre Namen find 
Barthenope, Leukoſia und Ligen, auch wohl Thelxi— 
epeia, Molpe, Aglaopheme. Zuletzt kommt der 
Begriff der Verlockung und Verführung bei den 
Nömern (improba Sıren desidia, Hor. sat. 2, 
3, 14). Als Odyſſeus an ihnen vorüberfuhr, ver: 
flebte er feinen ren die Ohren mit Wachs, 
er jelbjt aber lief fi mit offenen Ohren an den 
Maftbaum fejtbinden. Hom. Od. 12, 158 ff. Als 
die Argonauten vorbeifamen, fang Orpheus einen 
Gegengejang. Da fie, einer Weisjagung zufolge, 
nur *jo un leben jollten, bis einer underlodt 
von ihrem Gejange vorübergeichifft jei, jo ftürzten 
fie fi wegen des Orpheus oder wegen des Odyſ— 
ſeus ind Meer und murden zu Klippen. Die 
jpätere Sage dachte fie oberhalb als Jungfrauen, 
unten als Bögel. Bogelgeitalt erhielten fie, um 
Perjephone zu juchen. Op. met. 5, 552. Man 
verjegte fie ipäter ans Vorgebirge Peloron oder 
auf die j. g. Seirenufjen am Bujen von Poſeido— 
nia oder nach Capreä. Tempel der Seirenen bei 
Surrent, Grabmal der S. Parthenope bei Nea— 
polis, bei welchem jährlich ein Fackellauf verau- 
ftaltet wurde. — In der Kunst find fie erjt Vögel 
mit weiblichem Haupte, dann weibliche Geftalten 
mit den Beinen eines Vogels, weibliche Geſtalten 
in langen Gewändern. Biele ſtatuariſche und 
een enge finden ſich auf Gräbern, nicht 
bloß als #eijvog repräjentierend, jondern auch, 
wie auf den Gräbern des Sophofles und Iſokrates, 
als Symbole des Zaubers der Poeſie und der 
Wohlredenheit. Als begeifternde Wejen werden 
fie mit Lyra und Flöte dargeftellt. Vgl. Schrader, 
die Sirenen nach ihrer Bedeutung und künſtleriſchen 
Darftellung (1868). . 

Zeienvyoübceı, Sirenum scopuli, petrae, 3 
Heine, unbewohnte Injeln am Borgebirge Miſenum 
vor der Küſte Campaniens, der Sage nad) einjt 
Siß der Seirenen (j. d.); j. Licofa, ©. Pietro, la 
Galetta. Verg. A. d, 864. 

Zeigrosg, Sirius, j. Sternbilder, 5. 

Zeioayheıa |. Bol, d. 

Selöne, Zeirjvn, Mijvn, Luna, die Mond— 
göttin, Tochter des Shperion und der Theia 
(Hesiod. theog. 371), Schweiter des Helios und 
der Eos, ein Titanentind (Tirmwis, Titania), 
auch als Schweſter des Sonnengottet Phoibos 
Phoibe genannt (Ferg. A. 10, 216). Bei Homer 


Zeipmvodcer — Seleukeia. 


fommt fie nicht als Göttin vor; ein homerijcher 
Hymnos (3. in Merc. 99) nennt fie Tochter des 
Pallas, und der homerische Hymnos auf Selene 
ichildert fie als eine ſchöne weiharmige Göttin 
mit langen Flügeln und goldenem Diadem. Sie 
fährt auf einem Wagen am Himmel bin, um den 
Menſchen ihr freundliches Licht zu bringen. Im 
Gegenjaß zu ihrem Bruder Helios, der in jtolzem 
Slanze mit jeinem Biergeipann dahinftürmt, iſt 
fie eine milde, bejcheidene Erjheinung; ihr Wagen 
it mit weißen Roſſen, oder mit Maultieren, oder 
mit Kühen, die duch ihre Hörner Symbol des 
Halbmondes find, beipannt. In Elis hatte fie 
ein Standbild mit Hörnern. Später wurde jie 
mit Artemis Hekate und Perjephone) vermengt; 
von Artemis ift jie in ihren Kunſtbildungen nur 
durch ein volleres Geficht, durch vollftändigere 
Kleidung und ein bogenförmiges Scleiergewand 
über dem Haupte unterjchieden. Ob jie ald Mond- 
göttin in Griechenland einen Kultus gehabt, iſt 
ungewiß; in Rom hatte Luna Tempel auf dem 
Aventinus (Liv. 40, 2. Or. fast. 3, 884), auf dem 
Capitol und als Noctiluca auf dem Palatium. 
Nach attiiher Sage gebar Selene dem Zeus die 
Pandeia (Hom. hymn. 32), d. h. nach einer be 
ftimmten Zahl von Monaten kehrte das atheniiche 
Beusfeit Bandia wieder; nad) derjelben — 
gebar ſie die 50 Töchter des Endymion (j. 

dem Zeus die Nemen. 

Seleukeia, Zeisvxeie, Seleucia, Name meh— 
rerer, meijt von Seleufos I. gegründeter Städte: 
1) S. am Tigris, an der Einmündung des Naar 
malcha (j. d.), der einen Teil des Euphrat im den 
Tigris ableitete. Dieje Lage brachte ©. mit den 
wichtigften Handelsſtraßen in Verbindung, wo— 
durch die Blüte der Stadt hervorgerufen wurde. 
©. war mit Mauern verjehen, in Form eines die 
Flügel ausbreitenden Adlers gebaut und jo jeit, 
dab es ben Parthern 7 Jahre lang Widerjtand 
leiften fonnte. Die Bevöllerung, gemiicht dus 
Babyloniern, Juden, Griechen und Mafedoniern, 
zählte in Titus’ Tagen 600 000 Köpfe. Wie der 
Handel, ift auch Kunft und Wiſſenſchaft in ©. jebr 

epflegt worden. 164 n. E. wurde die Stadt von 

idius —— Feldherrn des L. Verus, nieder: 
gebrannt. Doch erhob ſie ſich wieder zu einer ge 
wiſſen Blüte, ift dann aber gänzlich gejunten. 
Strab. 16, 7385. Abhandlungen von Fabian, de 
Selencia Babylonia (1869), und Schneiderwirth 
(1879). — 2) ©. Pieria oder am Meere, in 
Syrien, eine Meile nördlid von der Mündung 
des Drontes, war duch ihre Lage, auf dem jüd- 
lichen Ausläufer des Bieriosberges, eine für Waffen: 
ewalt uneinnehmbare Feſte; ihr Hafen war jehr 
icher und geräumig, ihre Lage für den Handel 
ungemein günftig. Bei Kabufi finden fich noch 
jeßt gewaltige Ruinen, bejonders von den Hafen: 
molen, und eine in den Felſen gehauene Nefro: 
pole. Strab. 16, 749 ff. — 3) ©. meüg Bijim, 
am Fluſſe Belos, wejtlich von Apameia in Syrien, 
vielleicht bei dem Schlofje Sehjun. — 4) ©. öft: 
lid) von dem nordpaläftiniihen See Samachonitis 
— 5) ©. an der Nordgrenze Pifidiens (N udnes, 
„die eiferne“), vermutlich in der Nähe von Eijen- 
bergwerfen. — 6) ©. in Pamphylien zwiſchen 
Side und der Mündung des Eurymedon. — 7) ©. 
am Kalykadnos, oder ©. Tradeia im rauhen 
Kilitien, jegt Selefke, ziemlich bedeutend, Geburts: 


.) umd 





Seleukis — Seleukos. 


ort des Grammatikers Athenaios und des Per | 
patetikers Xenardhos (ſ. d., 3.). Hier fand Kaiſer 
Friedrich Barbarofia im J. 1190 in den Fluten 
des Seleph jeinen Tod. Strab. 14, 670. — 8) be- 
deutende Stadt in der perfiichen Provinz Margiana. 
Bon Alerander dem Gr. wegen der anımutigen 
Gegend unter dem Namen Alerandreia erbaut, 
wurde fie von den Barbaren zerftört, jpäter aber 
unter dem Namen Antiocheia Margiane von An— 
tiocho8 1. wiederhergeftellt. Hier wurden die bei 
ber Niederlage des Craſſus gefangenen Römer feit: 
gehalten. Strab. 11, 516. 

Seleukis, Zelevais, fruchtbare und reiche Land- 
Ihaft Syriens, mit den 4 Städten Antiocheia, 
Seleufeia, Laodifein und Apameia, daher, auch 
Tetrapolis genannt. Strab. 16, 749. 

Seleukos, Zilsvuxog, 1) Set. I. Nikator (der 
Sieger), Sohn des Antiochos und der Laodike, 
geb. 367 oder 356 (Just. 17, 1,10) oder 358 v. C. 
(App. Syr. 63), einer der Feldherrn Alexanders 
des Gr., zeichnete fih, faum 30 Jahre alt, in 
Indien aus, trat aber bejonders nach dem. Tode 
des großen Königs mehr und mehr in den Vorder: 
grund. Perdikkas übertrug ihm die Hipparchie der 
Eraigoı, Diod. Sie. 18, 3. Erft bei der zweiten 
Teilung der Provinzen zu Triparadeijos (321) er: 
hielt er die Statthalteridhaft von Babylon. Diod. 
Die. 18,89. Damit beginnt die Zeit jeines Ruhmes. 
Während Eumenes für das königliche Haus ftritt, 
befeftigte Sel. (8318) feine Herrihaft und erhielt 
im I. 317 von Antigonos Sufiana, verlor es aber 
wieder nach Eumenes’ Befiegung durch Antigonos, 
316. Diod. Sie. 19, 12. Ws Antigonos auf 
jeinem Rüdmarjche nad) Babylon kam, empfing 
in Sel. zwar in feiner Hauptftadt und bemirtete 
ihm königlich, weigerte ſich aber, Rechenſchaft von 
feinen Einkünften abzulegen, und entfloh, darüber 
mit jenem entzweit, vor der Übermacht nach Agyp⸗ 
ten zu Ptolemaios, mit dem er Freundſchaft und 
Bündnis ſchloß (Diod. Sie. 19, 55f.). Nah dem 
Siege bei Gaza, 312, wagte er ed, mit geringer 
Mannichaft zurüdzufehren, nahm Babylon wieder 
ein, bejiegte den mit Antigonos verbündeten Sa: 
trapen Nilanor von Medien, unterwarf deſſen 
Land und Sufiana und gewann die Einwohner 
durch jein Teutjeliges Weſen. Diod. Sie. 19, 80 ff. 
90ff. Plut. Demetr.5f. Die Kämpfe der nächften 
Beit, in der er fich glüdlich gegen Antigonos be: 
hauptete und in 5 Fahren bas ganze obere Afien 
unterwarf, jowie im Kampfe gegen den mächtigen 
indijchen König Sandrafottos, der die griechijchen 
Kolonien am Indos erobert hatte, weiter als 
jelbft Alexander (bi8 an den Ganges) vordrang, 
Ichmüdten ihn mit neuem -Ruhme und erwarben 
ihm den Beinamen Nixdrog. . Syr. 55. 
Schon vorher von den Barbaren König genannt 
und als ſolcher —— trug er ſeit 306 auch bei 
Griechen oder Makedoniern erteilten Audienzen 
das Diadem (Plut. Demetr. 18), die Jahre feiner 
Herrichaft aber datierte er von der Zeit an, wo 
er Babylon wiedergewonnen hatte (1. Oftober 312). 
Er hatte erreicht, was einft die Chaldäer gemweis- | 
jagt, eine glänzende Königskrone und ein mädh: 
tiges Reich (Died. Sie. 19, 55); er zeigte fich aber 
auch des Errungenen würdig. Im Bunde mit 
Ptolemaios und Lyſimachos gegen den herrſch— 
füchtigen Antigonos gab Sel. in der Schlacht bei 
Ipſos (301) in Phrygien durch die Zahl feiner | 

Nealleriton des Naſſ. Altertums, 7. Aufl, 





1089 


Elefanten den Nusichlag und fügte Syrien, Me: 
fopotamien, Armenien und das jübliche Klein— 
afien feinem Reiche Hinzu. Just. 15, 4. Plut. 
Demetr. 28f. Später jchloß er dur feine Ber- 
mählung mit Stratonife eine Berbindung mit 
Demetrios Poliorketes; dieſer gefährdete jedoch 
durch ehrgeizige Pläne des Sel. Beſitzungen und 
nötigte dieſen dadurch, ihn bis zu ſeinem Tode 
gefangen zu halten. Endlich führte noch Zwie— 
tracht im Hauſe des Lyſimachos zum Kriege mit 
demſelben, und durch des Sel. Sieg bei Korupedion, 
281, kam zu dem ſyriſchen Reiche noch Vorder— 
aſien. So regierte Sel. vom Indos bis zum 
Mittelmeer und gebot über den größten Teil der 
Eroberungen Alexanders; dies weite Reich teilte 
er in 72 Satrapien, gr um größten Teil 
durch griechiiche Namen he enifiert wurden; aber 
fein von allen feinen Nachfolgern befolgtes Re- 
gen Sinftem legte jchon den Grund zum baldigen 

erfalle des Reiches. Er wollte feine Verjchmel- 
zung mit den DOrientalen, wie Alexander, jondern 
eine Beherrijchung der Barbaren durch Mafedonier 
und Griechen. App. Syr.57f. Dieje wurden * 
reich nach Aſien verpflanzt und hatten ihren Bohn b 
bejonders in den vielen, ‚bis in den entlegenften 
Dften neubegründeten Städten; am Hofe herrichte 
ausſchließlich griechtiche Sprache und a > &o 
ſtützte ſich aud das Herrichergeichlecht der Seleu- 
fiden von feinem Gründer an auf ein griechiiches 
Heer und hielt damit, ftatt ihnen gleiche Berech— 
tigung mit den Giegern zu gewähren, die zum 
Teil Fräftigeren und zu Aufftänden — unter⸗ 
worfenen Völler in Gehorſam. Doch verbreitete 
trotzdem die herrſchende Kaſte griechiſche Kultur 
bis an die fernen Ufer des Indos, welche ſich 
auch unter ungünſtigen Verhältniſſen bis in die 
Zeit der Kalifen erhielt. Amm. Marc. 14,8. Das 
Verdienſt davon gebührt dem Sel., der den Grund 
dazu legte, wenngleich nicht alle Teile des Meiches 
gleich tief davon durchdrungen wurden. Gel. ver- 
legte den Mittelpunkt des Neiches von Seleukeia 
am Tigris nad) Antiocheia am Orontes, wodurch 
die öſtlichen Provinzen dem jeßt fyrifchen Reiche 
allmählid; entfremdet wurden. 73 oder 77 Jahre 
alt, übergab er jeinem Sohne Antiochos, dem er 
ihon früher die Länder des Dftens und jeine 
jugendliche Gemahlin Stratonite überlaffen hatte, 
im J. 281 die Herrichaft von ganz Aſien, um 
auch das ſeit jeiner Jugend von ihm nicht wieder: 
gejehene Heimatland Maledonien in jeine Gewalt 
u bringen. Er wurde aber fait an der Schwelle 

r Heimat von jeinem Schüßling Ptolemaios 
Keraunos (281) ermordet. Just. 17, 1. Die Alten 
preifen den Sel. als den Föniglichften unter Ale— 
randers Feldherrn. Er war ein ebenjo ausgezeich: 
neter Staatömann, als großer und bejonnener 
Heerführer. Aber aud den Künften und Wiſſen— 
Ichaften war er nicht abhold, und Heſiodos' Ge— 
dichte waren feine fteten Begleiter. Das von ihm und 
Alexander zuerft wieder betretene Wunderland In— 
dien erichloß er den Griechen und lieh die Ganges: 
länder im Intereſſe des Handels, der Erdkunde 
und der Naturwifjenichaften von jeinem Vertrauten 
Megafthenes und dem Admiral Patrokles durch: 
wandern und erforihen. — 2) Set. II. Kalli- 
nifos, 246226 v. C., hatte fortwährende Kriege 
zur Verteidigung des ſchon geichwächten Reiches zu 
führen, Pol. 2, 71. Ptolemaios Euergetes drang, 

69 


1090 


um jeine Schweiter Berenife (j. Antiochos II.) 
zu rächen, erobernd bis nad Suja vor und be- 
hielt im Frieden, 239, Bhoinitien, Baläftina, 
Koilefyrien; des Sel. jüngerer Bruder, Antiochos 
Hierag, welcher ſich in Kleinaſien zum König hatte 
ausrufen laffen, wurde erſt nad mehrjährigem 
Kampfe bezwungen; die Oftprovinzen gingen ganz 
verloren, indem in Baltrien der Statthalter Theo- 
dotos jid) frei machte, Arſales aber während des 
a. mit Agypten ein eigenes parthiiches Reid) 
gründete, welches von dem Siege über Sel., 238, 
jeine eigentlihe Entjtehung datierte. Dieje Wir- 
ren benubte Attalos, um in Kleinafien das per: 
amenijche Reich zu befeftigen und zu erweitern. 
Sel. jtarb auf der Flucht nach einer durch Attalos 
erlittenen Niederlage im Jahre 226 infolge eines 
Sturzes mit dem Pferde. Just. 27, 3. — 3) Sel. Ill. 
Keraunos, 226— 222 v. C., wurde auf einem 
Zuge gegen den König Attalos meuchleriſch ge— 
tötet. — 4) Sel. IV, Bhilopator, 187— 176 
v. C., führte aus Schwäche eine friedliche Regie: 
rung, in Abhängigkeit von den Römern, welchen 
er den jeinem Vater auferlegten Fribut entrichten 
mußte. Liv. 42,6. — 5) Sel. V., Sohn des 
Demetrios Nikator, wurde von feiner eigenen 
Mutter Kleopatra ermordet, 123. Liv. ep. 60. 
Just. 89, 1. — 6) ©el. VI. Epiphanes, Sohn 
Antiochos des VIII. (95—98 v. C.), lämpfte mit 
feinem Vatersbruder, dem er jeinen Anteil am 
Reiche entriß, und mit jeinen Brüdern um die 
Herrihaft und ftarb nach einer Niederlage in 
Mopjueitia in Kilifien. App. Syr. 69. Seine Brü- 
der und Bettern jegten den Streit fort, bis die 
Syrer, der Thronftreitigfeiten müde, den Tigranes 
zur Herrichaft über die Reſte des Neiches der Se- 
leufiden beriefen (83). — 7) alerandriniicher Gram⸗ 
matifer, um 100 v. C., nad andern Beitgenoffe 
bes Tiberius, erflärte außer dem Hefiodos, Ariſto— 
phanes und den —— ganz beſonders den 
Homer in —— chriften und mit der 
beſten Handſchriften und erwarb ſich dadurch den 
Beinamen 6 Ounoixòs. Auch Pdoı werden ihm 
beigelegt. 

Selge, Zeiyn, bedeutende Stadt in Pifidien, 
in der Verglandichaft am jüdlichen Abhang bes 
Tauros, weftlih vom Eurymedon, der hier zum 
Pamphyliſchen Meere durchbricht. Auf der Akro— 
polis Kejbedion befand ſich ein Tempel der Hera. 
Die friegeriichen Bewohner, Zeiysis, zur Beit der 
höchſten Blüte 20000 an der Zahl, galten für 
Nachkommen der Lafedaimonier und wußten jich 
ſtets unabhängig zu erhalten. Prachtvolle Ruinen, 
j. Sirg genannt. Strab. 12, 570 f. Arr. 1, 28, 1. 
Pol. 5, 76, 2. 

Zelıvor (Eppidh) j. Bestattung, I. und 
Isthmia. 

Selinüs, Zelıroüs, Name mehrerer Flüſſe und 
Städte, wörtlich „Eppichfluß, Eppichſtadt“: 1) Fluß 
in Zriphylien bei Skillus, mündete weſtlich von 
Olympia in den Alpheios; j. Fluß von Keſtrena. 
Xen. An. 5,3, 8. — 2) Fluß in Achaia, j. Fluß 
von Boftizza, entipringt auf dem Erymanthos und 
mündet zwijchen Migion und Helife, Strab, 8, 387. 
— 3) Nebenfluß des Kaikos in Myſien, mündet 
bei der Stabt Pergamon; j. Boklukdie. — 4) be 
deutende Pflanzftadt der Dorer aus Megara, um 
628 v. C. auf einem zwiſchen 2 eindringenden 
Meerbnjen weit vorgejchobenen Felſen, an der 


Selge — 








Sellasia. 


hafenreichften Stelle der unwirtlichen Südfüfte ©i- 
ciliens, gebaut. Die 4 Häfen erleichterten einen 
ausgebreiteten Handelsverfehr, bejonderd mit Klar 
thago. So entitand neben der Akropolis eine 
zweite Stadt, 2 Vorftädte und eine Neapolis. Die 
bald zu hoher Blüte gelangte Stadt wurde 409 
v, E. von den Karthagern erobert, geplündert und 
größtenteils zerjtört (Diod. Sic. 13, 56), jedoch ned 
in demjelben Jahre fait gänzlich wiederhergeftellt, 
jo daß fie ald mäßige Stadt nody 160 Jahre unter 
tarthagijcher Herrichaft fortbeftand, bis jie 249 v. €. 
vollends vernichtet und die Bewohner nadı Lily 
baion verpflanzt wurden, Cine dritte Zerjtörung 
durch die Saracenen, 827 n. E., weijt auf eme 
abermalige Wiederherftellung hin. Die Umgegend 
lieferte trefflichen Weizen, eine als Arzneimittel 
— Erdart und gute Kreide. In der Nähe 
efanden fich auch jalzige Mineralquellen, r« Zr 
kvovdrrie böara, jpäter Aquae Labodae, Labodes 
gen., j. Duelle von Sciacca. Bon der Stadt ſelbſt 
(über deren erfte Zeiten j. Hdt. 5,46. Tue. 6, 6. 
7,57. 8, 26) finden fich großartige Refte bei Caſtel 
vetrano, zu den bedeutenditen bes Witertums ge 
hörend. Bejonders find die Reſte von 6 mäch 
tigen Tempeln altdoriicher Bauart (darunter ein 
bei der Zerftörung der Stadt noch umdollendeter 
Apollotempel von 113’, m Länge und 53", " 
Breite), namentlich Metopen mit eigentümlichen 
Reliefs (um 600 v. E. gearbeitet) bemerkenswert. 
Hauptwerk: Benndorf, die Metopen von Sel. Wi 
Unterfucdungen über die Geſchichte, die Topogra— 
phie und die Tempel von Sel. (1873). Abhand- 
lung von Scubring (1865). — 5) Seeſtadt im 
weitlichen Kilikien auf fteilem Fels, auch Traja- 
nopolis genannt, weil bier 117 n. C. der failer 
Trajanus eines plöglichen Todes farb. Jetzt Se— 
lindi. Strab. 14, 669. 

Sella, die allgemeine Bezeichnung für alle Gat- 
tungen der Stühle, deren Verjchiedenheit in Stoff 
und Form bis ins Un: 
endliche ging, wie bie 
antiten Wandgemälde 
eigen; oft waren fie 
der fojtbar, wie bie 
thronartigen solia (f. d.) 
und die bequemen ca- 
th&drae ; Sefjel für zwei 
Berjonen, bisellium, oft 
als öffentliche Auszeich- 
nung und Ehrenjejjel, während der niedrige di- 
pgos jägebodartig geitellte (zum Zujammentiappen, 
Fig. a—c) oder jenkrechte (Fig. d) Beine hatte. 

Sella eurälis, ein Inſigne der curuliichen 
— war der Form nad) ganz einfach, denn 





fie hatte feine Lehne, jondern nur 4 gekrümmte, 
tre iſe gejtellte Füße, beftand aber uripräng: 
lic aus Elfenbein, jpäter aus Marmor und Metall 
und hatte oft kunſtreiche Zieraten. Die curuli- 
ſchen Magiftrate jahen bei allen ‚öffentlichen Hand 
lungen auf diejer sella und nahmen fie auch in 
den Krieg mit. Cäjar erhielt vom Senate einen 
—— Stuhl. Suet. Caes. 70. Dio Cass. 44, 6. 

ie sella imperatoria der Kaiſer war die alte 
eurulis, obgleich die Form nicht mehr an ben 
alten Typus gebunden tar. 

Sellasia, Zellascia, Zelte, jtark befeitigie 
Stabt nördlich von Lakedaimon, am Dinhs, eimem 
linten Nebenfluß des Eurotas, da, wo die Straßen 


Seleeis — 


bon Tegea und von Argos ſich vereinigten. Durch 
die Schlacht, welche Kleomenes II. von Sparta 
gegen —— Doſon verlor (221 v. C.), worauf 
Untigonos die Stadt zerjtörte, wurde das Schidjal 
Spartas entidhieden. Pol. 2, 65. Plut. Oleom. 27. 


Philop. 6. 

Sellöeis, Zeilmeıs, 1) linker Nebenjluß des 
Peneios in Elis, auch Ladon genannt, entiprang 
auf dem Gebirge PBholoe; an ihm lag das ho- 
merijche —* (Il. 2, 659). Strab. 8, 339, — 
2) Fluß in Siktyonia. — 3) Fluß in Troas, bei 
Ariſbe. Hom. Il. 2, 839. 12, 97. Strab. 18, 590, 

Sellisternium j. Lectisternium., 

Selloi, Zeiloi, j. Zeus, 4. 

Selymbria oder Selybria, ZnAvußola, In- 
Außoie, bedeutende Stadt Thrafiend an der Pro- 


1091 


Flotte des Antonius, wurde 34 dv. E. Konſul, ver- 
lie jedoch die Partei des Antonius und tötete, 
hochbejahrt, ſich jelbit aus Lebensüberdruß. Dio 
Cass. 49,39. — B) Sophi: 4) P. Sempr. Soph,, 
fämpfte als Konſul 304 v. E. glüdlich gegen Sam: 
niter und ÄAquer (Liv. 9, 45) und veranlaßte auch 
andere Völker zum Frieden. Als Cenſor (299) 
ründete er 2 neue Tribus. — 5) P. Sempr. 
Soph,, befiegte 268 v. E. als Konſul die Picenter 
und zeigte ſich 252 als Cenſor jehr jtreng gegen 
15 Senatoren. Flor.1,19. Liv. ep. 18. — C) Tu- 
ditani: 6) B. Sempr. Tubd., entlam als Kriegs: 
tribun mit einer Schar Römer unter tapferem 
Kampfe glücklich aus der Schladyt bei Cannä nad 
Ganufium (Liv. 22, 50), befehligte 213 v. C. als 
Prätor zu Ariminum, ernannte ald Cenſor 209 


Sempronii. 





pontis, öjtlih von Herafleia Perinthos, 42 Mill. | den Fabius Eunctator zum princeps senatus, gin 
weitlich von Byzantion, Kolonie der Megarer. Sie | als Prokonſul (205) nad Griechenland und hlop 
hatte ihren Namen wohl von ihrem Stifter Selys | Frieden mit Philipp von Makedonien. Liv. 29, 12. 
und dem thrafiichen Worte Bria — Stadt. Strab. | Jm J. 204 wurde er Konjul und fämpfte fieg: 
7, 301. Nachdem fie mit den umwohnenden Thra= | reich gegen Hannibal bei Kroton in Unteritalien. 
fern und den Mafedoniern viele Kämpfe beftanden | Liv. 29, 11. 13, 36. — 7) €. Sempr. Tud., 
hatte, fiel fie König Philipp in die Hände und | ging 197 v. C. als Prätor nad Hilpanien, wo 
blieb nun unbedeutend; j. Silivri. Xen. An.7,2,15.|er eine Niederlage erlitt (Ziv. 33, 25) und furz 
28. 5, 17. Hell. ı, 1, 21. Hat. 6, 33. darauf an den in der Schlacht empfangenen Wun— 

Semöle j. Dionysos, 2. ınd Kadmos, 2. den ftarb. — 8) M. Sempr. Tud., Konful 185 

Sementinae, Sementivae, römiſches Saatfeit, | v. E., fiegte über die Ligurer und ftarb 174. Liv. 
nad) vollendeter Saat der Ceres und Tellus, oder | 39, 32. 41, 21. Als Vollstribun gab er 193 ein 
am eriten Tage der Ceres als Tellus und 7 Tage | Gejeh gegen den Wucher. Liv. 35,7. — 9) €. 
jpäter der Projerpina gefeiert. Die Göttirinen wur: | Sempr. ud. diente unter Mummius 146 v. E. 
den um Gedeihen der Saat angerufen; die Pflug: | in Griechenland (Cie. ad Att. 18, 33), jollte als 
ftiere wurden befränzt, der Pflug zur Ruhe auf: | Konful (129) in den GStreitigfeiten um des Ti. 


* t, und Geſinde und Haustiere reichlich 
g heil. Das Felt gehörte zu den feriae con- 
ceptivae. Or. fast. 1, 657fj. ©. Gaia. 

Semirämis j. Ninos, 1. 

Semis j. Münzen, 

Semnönes, Ziuvorsg, Zfuvovsg, oder Sen- 
nönes (Vell. Pat. 2, 106), das mächtigfte germa- 
nische Volk ſueviſchen Stammes, öſtlich neben den 
Eheruflern zwiichen Oder und Elbe, vom Rieſen— 
gebirge bis in die Gegend von Frankfurt a. d. O. 
und Potsdam ſeßhaft. In einem heiligen Haine 
ihres Gebietes fanden feierliche Zuſammenkünfte 
der Abgeordneten jämtliher Suevenftämme ftatt. 
Tac. Germ. 39, ann. 2, 45. Strab. 7, 200. 

Semönes, d. h. semihomones == s. homines, 
d. i. Halbgötter. Semones dii fuerunt dieti, 
quos nec coelo adscribebant ob meriti panper- 
tatem, sieut sunt Priapus, Hippona, Vertum- 
nus; nec terrenos eos deputare volebant pro 
gratiae veneratione. So erflärt Fulgentius (ew- 
pos. serm. p. 561) fälihlih. Der Name Semo 
hängt vielmehr wahrjcheinlich mit serere, semen 
zujammen und ift basjelbe mit genius, welches 
von genere = gignere ftammt. 

Sempronfi, ein erjt patricijches, ſpäter plebe- 
jiſches Geſchlecht: A) Atratini: 1) WU. Sempr. 
Atr., befleibete mehrere Male das Konfulat und 
übte jeinen vermittelnden Einfluß zur Beit des 
eaſſiſchen Adergejepes mit Erfolg aus. Liv. 2,21. 34. 
Dion. Hal. 8, 74 


. — 2) E. Sempr. tr, 
führte gegen bie 
v. E., wurde beshalb im nächften Jahre von einem 
Bollstribunen angeflagt, aber freigejprochen, jedoch 
ipäter abermals angeflagt und verurteilt, Liv. 
4, 377. 44. — 3) &. Sempr. Atr., Gegner des 
Eölins (Cie, Coel, 1, 2), jpäter Befehlshaber der 


olſter unglüdlich Krieg, 423 | 


Gracchus Adergejeh Schiedsrichter jein, wußte fich 
indes dem Auftrage zu entziehen und ging in 
demjelben Jahre nah Yllyrien, wo er anfangs 
unglüdlich focht, jpäter aber einen Sieg errang. 
App.b.e.1,19. Liv. ep. 59. Er war ausgezeichnet 
durch Beredſamleit (Cie. Brut. 25, 95) und verfaßte 
wicht nur ein hiftoriiches Werk, jondern aud) libri 
magistratuum (mindejtens 3 Bücher). Dion. Hal. 
1,11 rechnet ihn unter die Aoyınrazoı rar "Pouei- 
xov ovyygapior. Die wenigen Überrefte ſ. bei 
Beter, hist. Kom. reliqu. Ip. 142 ff. fragm. p. 89 ff. 
— D) Blaesi: 10) C. Sempr. Bläſus, Konſul 
253 v. E., griff mit einer Flotte das Gebiet Kar: 
thagos au und verheerte die Küftengegenden, vers 
for aber auf der Rüdfahrt durch Sturm einen großen 
Teil feiner Schiffe. Pol. 1, 89. — E) Gracchi: 
11) Ti. Sempr. Grachus, fämpfte 238 v. C. 
in Ligurien als Konſul und bejegte Sardinien. 
Pol. 1,88. — 12) Ti. Sempr. Gracd., des 
vorigen Sohn, Konjul 215 v. E. (Liv. 28, 24), 
ichlug die Campaner, kämpfte ald Brofonjul 214 

egen Hannibal und gewann mit jeinem Sklaven: 
* dem im Falle des Sieges die Freiheit ver— 
ſprochen war, über deſſen Feldherrn Hanno einen 
Sieg bei Beneventum. Liv. 24, 14 ff. Im J. 212 
‚fand er in einem von Mago gelegten Hinterhalte 
jeinen Tod. Liv. 25, 15 ff. — 13) Ti. Sempr. 
Gracch., Augur 204 v. C. (admodum adulescens, 
Liv. 29, 38), Bollstribun 187, verteidigte den P. 
und 2. Scipio, welche nad) dem ſyriſchen Striege an— 
gellagt waren (Oic. prov, cons. 8), erhielt des 
älteren P. Scipio Africanus Tochter zur Gemahlin, 
ging 185 als Sejandter nad; Makedonien und ver: 
waltete von 180178 das diesjeitige Hiſpanien, 
wo er die Eeltiberer mit Glück befämpfte, zahl: 
reiche Städte eroberte und die Ruhe ficherte. Zav 


c9* 








1092 


40, 47 ff. Nach feiner Nüdfehr feierte er einen 
glänzenden Triumph. Liv. 41, 7. Ebenſo fieg: 
reich fämpfte er als Konjul 177 gegen die Sarden 
(Liv. 41, 8 ff.) und brachte jo zahlreiche Gefangene 
zum Berfaufe, daß daher der jprichwörtliche Aus- 
druck Sardi venales entftanden fein ſoll. Aur. 
Viet. vir. ill. 57. Darauf wurde er Cenſor, 169, 
und gewann in diefem Amte allgemeine Achtung. 
Im & 165 (und zum zweitenmal 161) ging er 
als Gejandter * Aſien und beſuchte die ver— 
ſchiedenen dortigen Fürſten und Rhodos. Pol. 
31, 5ff. 23. 32, 3f. Zum zweitenmal Konſul war 
er 163 (Cie. n. d. 2, 4); wann er geſtorben, ift 
nicht befannt. Seine Gemahlin Cornelia, die 
Tochter Sceipios, liebte und ehrte er jehr. Bon 
den 12 Kindern, die fie ihm gebar, verlor fie 9 
und erzog die übrigen in einer ausgezeichneten 
Weile (Cie. Brut. 27, 104. 
der Name der Mutter ber 
Adhtung in Rom genannt wurbe, wozu ihre ca 
römische Denkweije und ihr männlicher Sinn nicht 
wenig beitrugen. Auch das Schidjal ihrer beiden 
Söhne ertrug fie in ihrer Aurüdgezogenheit mit 
ftandhaftem Sinne. An dem Tode ihres Schwieger- 
johnes, des jüngeren Scipio, der auf der Geite 
der Optimaten ftand, joll fie nicht unbeteiligt ge- 
weſen jein. Ihr Gemahl Graechus war übrigens 
ein ſehr gebildeter Mann und der griechiſchen 
Sprache, in welcher er zu Rhodos ſogar eine Rede 
hielt, mächtig. — Von Cornelia haben ſich in den 
Handſchriften des Cornelius Nepos 2 größere 
Bruchſtücke eines Briefes an ihren Sohn Gaius 
erhalten, deren Echtheit mit Unrecht beſtritten 
worden iſt. Vgl. über ſie die Abhandlungen von 
Mercklin (1845) und Sörgel (1869). — 14) Des 
vorigen Sohn, Ti. Sempr. Gracch., welcher 
durch feine Mutter eine vortreffliche Erziehung er- 
halten hatte, diente im %. 146 v. E. unter feinem 
Schwager Scipio in Afrika und ſchloß 137 als 
Duäftor jenen fchimpflidhen Vertrag im Namen 
bes Konſuls Mancinus, welchen der Senat ver- 
warf. Plut. Tib. Gracch. 5. Der feingebildete 
Jüngling mit jeinem ruhigen Charakter und ſanf— 
ten Bi e trat im J. 133, zum Bollstribunen 
gewählt, als Reformator für die verarmten unteren 
Klaſſen in die Schranken. Zu diefem kühnen 
Schritte trieb ihn nicht nur das Bewußtſein, unter 
verwandten und gleichgefinnten Adelsgejchlechtern 
(den Scipionen, Glaudiern, Metellern) auf Zu: 
ftimmung rechnen zu können, jondern auch ein 
bittere Gefühl gegen den Senat, dieje Verkörpe— 
rung der damaligen Ariftofratie, welcher ihn durch 
Aufhebung des numantinifchen Vertrages tief ver: 
legt hatte. Mit dem 10. Dezember 134 begann 
feine Wirfjamfeit. Er hatte bei feinem Zuge nad) 
Numantia große Streden des einft jo blühenden 
Etruriend unangebaut und auf den bebauten Fremde 
und Barbaren gejehen (Plut. Tib. Graech. 8). Hier: 
dur) war er zuerft auf den jet von ihm ver: 
wirflichten Gedanten gekommen, ein Gejeß über 
eine neue Wderverteilung zu beantragen, nad 
welchem niemand mehr als 500 Morgen vom 
Staatslande behalten jollte; hatte jemand mehr 
in Befi genommen, jo jollte e8 zurüdgegeben und 
in Loſen (von 30 Morgen) an Bürger und ital. 
Bundesgenofjen als unveräuferliche Erbpacht ver: 
teilt werden. Dagegen erhob fich fein Kollege 
Octavius (j. Octavii, 4.) Nach vergeblichen 


int. 1,1, 6), jo daß | 
racchen mit größter 





Sempronii. 


Berhandfungen mit dem Senat bewirkte Gracchus 
die Abſetzung des Octavius, wobei er freilich eimen 
Grundpfeiler römijcher Staatdeinrichtung, die Un- 
abjegbarfeit der Tribunen, verlegte. Nun jebte 
er fein Gejeg durch. Um fich gegen die Wut der 
Nriftofraten zu jchügen, jchmeichelte er dem Bolfe, 


schlug vor, die vom König Attalos ererbten Schätze 


zur Einrichtung von Aderwirtichaften auf den an- 
zuweiſenden Staatsländereien unter das Bolf zu 
verteilen, und juchte die Macht des Senates zu 
brechen. Bei Ablauf jeines Tribunats bewarb ſich 
Grachus gegen die Sitte von neuem. Am Tage 
ber Wahl famen indes nur wenige aus dem Bolte, 
und durch den Einfluß der Gegenpartei wurde 
die Entjheidung auf den folgenden Tag verlegt, 


welcher auch nur wenig günftigen Erfolg verſprach 


Grachus erichien mit jeinen Anhängern, während 
fi der Senat im Tempel der Fides nahe beim 
Jupitertempel verjammelte. Als Grachus die Hand 
nad) der Stirn bewegte, zum Beichen für das Boll, 
fein Kopf jei in Gefahr, meldete man dem Senate, 
Grachus trachte nach der Königäfrone. Unter 
Führung des Bontifer Scipio Nafica, eines leiden- 
ſchaftlichen Mannes, drangen die mit Stuhlbeinen 
und Knitteln bewaffneten Senatoren, vom Bolte 
ehrfurchtsvoll angeftaunt und durchgelaffen, auf 
das Capitol, wo des Gracchus Anhänger verjam: 
melt waren; viele der Iehteren flohen, gegen 300 
wurden mit zerbrochenen Bänken und Knitteln er: 
lagen, Gracchus jelbft fiel am Abhange des 

itol® vor den Thüren des Tempels. Sn der 
—— Nacht warf man ſeine Leiche in den 
Tiber. Plut. Tib. Graech. 1ff. App. b. e. 1,9. 
Liv. ep. 58. Vell. Pat. 2, 2f. Flor. 3, 14. Wis 
Redner rühmt ihn Eicero (Brut. 27, 103). — 15) €. 
Sempr. Gracd., des vorigen Bruber, geb. 153 
v. C. war 9 Fahre jünger. Er übertraf jeinen Bruder 
an Geift und Beredjamkeit und imponierte durd 
die Gewalt und Kraft feiner Rebe. Mit jeimem 
Schwager Scipio, unter welchem er vor Nunmantia 
gedient hatte, lebte er in Feindſchaft. Wie in 
guten Eigenjchaften, übertraf er den der auch 
an Leidenichaft. Aber er bezwang zunächſt mod 
fein infolge der Ermordung des geliebten Bruders 
von Erbitterung gegen die Nriftofraten erfülltes 
Gemüt und ftählte fo jeine eigene Kraft zum bevor: 
ftehenden Kampfe, jo daß er jpäter mit der Sicher: 
heit und Feftigfeit eines echten Staatämannes 
auftrat. Noch ehr jung trat er im J. 133 als 
Triumvir in die Kommiffion zur Verteilung der 
Ländereien und blieb aud in den nächſten Jahren 
Mitglied elben. Später (von 126 an) war er 
DOnäftor in Sardinien und fehrte von ba, wo er 
fi) große Achtung erworben hatte, 124 nach Rom 
urüd, jo gern ihn auch der Senat noch länger 
u gehalten hätte, Plut. ©, Gracch. 1f. Im 
J. 123 wurde er Bollstribun, troß des Wider- 
ftandes ber enpartei, nahm de3 Bruders Pläne 
wieder auf und trat num mit manchen Borjchlägen 
hervor. Das Bauweſen, bie Getreideverteilung und 
anderes reformierte er, was jonft zum Teil Sache 
de3 Senates gewejen war. Dadurd gewann er 
noch größeren Anhang. Dann dachte er daran, 
die Ariftofratie zu ftürzen, bes Senates Macht zu 
brechen, ihm die Gerichtäbarkeit zu nehmen, ihn 
aber auch durch 300 neue Mitglieder zu veritär- 
fen und dieje durch die Comitien aus den Nittern 
wählen zu lafjen. Die Zahl feiner Feinde wurde 


Sena — Senatus. 1093 


x ; . €, de, als er die Schuldner gegen 
-_ nr —— F Bürger: | de Gläubiger chüpte, von ben (teren geiiet, 
ap gewaltſam - * — H) Rufi: 28) C. Sempr. 
vecht, ben * pn — — a — J. 51 v. C. angeklagt und zog 
u geben vorſchlug (122 in Zeil Ä * durch, dafs er den Prozeh zu hintertreiben 
bunate), a Te Be En I Po en ne * i uszuichieben fuchte, Spott und Schande 
des Bolfes entgegen. Alles diefes jchadete dem | oder a. 8 “ eg rn 
Abjichten des Grachus, der nun bei ber en zu. —— 34) Sempr. Deufus, fand bei ber 
Bewerbung wicht wieder zum Tribunen gewählt | tik zu n Verteidigung des Kaiſers Galba oder des 
wurde, nachdem der Senat zur Berhinderung der | mutigen gung Tac. hist. 1,48) feinen Tod. 
' : i 5 trieb | Piſo (Plut. Galb. 26. Tac. hist. 1, Bee 
Baht ben Stalitere. dur bie auf Genaitbe Sö 1) Zen, Zijve, bei jpäteren Schrift: 
vom XTribunen Livius Druſus gemachten Vor: öna, en, Zijv FERN gg en. 
i ellern auch mit dem Beiſatz Ica, gallıa, 
ſchläge andere Vorteile geboten Hatte. Ja, man | ft 5 Sinigaglia, eine von den gallifchen 
q : : bunen be: | daher jet Sinigaglia, h } 
ging noch weiter. Einer der neuen Tri Senones an ver Mündung des Gena {us Mbria- 
Sing Ahern dere am ver re tüüche M egründete Stadt Umbriens; jeit 283 
Die Abftimmung follte auf dem Capitol ſtatt- tiſche Meer geg je; berühmt dur) den Sieg 
i ächſten v. C. römiſche Kolonie; be id dei 
finden, doc fam es nicht dazu. Als am näd der Römer über Hafbrubel, richtiger Gieg am 
Morgen der Konful Opimins Senat und Ritter | der a t. 207 u. @, Strab. 8.237. 
Grachus | Metaurus (j. d.) genannt, C. .* 
gu ben Waffen gerufen hatte, begab fid —2)6 ia, Zaire, jpätere römiſche Ko— 
ei ger hr ri green — ——— 38* und Cluſium 
rt, nad) vergebli - . ia Senicensis, Tac. hist. 4, 45), j. Siena. 
Ibit ein Ende | (colonia Senicensis, ‚ 
nn iner | — 3) Inſel des Utlantiihen Dceans, vor der 
zu machen, nad dem Hain der Furina in einer Küfte der Ofismii in der Rorbweitipige Galliens, 
Vorſtadt am rechten Tiberufer. Hier fand man |2 er ;üfte der Bretagne. Dem dortigen 
jeine und feines Sklaven Leiche; *8 — — > —— * die für Baude: 
paibe Der Fenitse CR Teimen .. rn i in B rinnen galten. Mela 3, 6, 3. 
I ee er Mint oh 328 eg Besnchlum, 1) Plag am Comitium neben = 
bie Gegner ihre _. _61. Vell. Pat. | &rä wo die Senatoren in der älteften 
Eee Wo ie Bewccn Wok dei gewshi verweilen, ipfin Degliiete sn. 
2,6. . 5, 12, her : : lungsjaal des Senats, deren 
der Beredjamfeit, deren zündende Energie uns in | den Verſamm — Huler a ee han 
* wenige gen k — —— —— ent pre ad Portam —— 
rut, 33, . . IreW. 10, OU. 0. * — 2) Senaculum 
. ; h Tempel der Bellona. ) 
die Graechen und ihre nächſten Vorgänger (1847) un ‚am Wactenualuabert tar Hanse anf bein 
eg er gr Per Jersräeer) Berge et Deliogabal; die rauen 
— ——— Died en dot ——— Gehe ah —— hinſichtlich 
(1818). — 16 ——E — dnungen u. ſ. w. 
Fr TR TA 
mahls, ung 7 Tr: dinderrepublifanijchen Zeit. 
10. 47) 8. Cauitius, aus Peenum, gab | us Km Stamme der Rarınes wählte Romafıs 
Fa Ynfifien —— "Saturninus | 100 Familienhäupter in den Senat, erg in 10 
h : i waren. 
MR 101 | Decurien von je 10 Senatoren eingeteilt ware 
ME einen Bob bei eg ———— Aus jeder Decurie wurde dann wieder ein Se— 
v. E.), wurde aber, weil Sempronia ihn ver: | Aus jeder imi), welche ihre Stimme 
; i tor gewählt (decem primi), yo 
leugnete, eingelerfert, jedoch) vom Bolfe befreit | na Goaten. Tas Gabiner tee 
und zum Tribunen gewählt, aber an dem Tage zuerſt abgaben. eig rule a u con 
; ; 327. Aur.|ten 100 andere aus dem Stam 
jeines Antritted umgebracht. App. b. c. 1, 32f. Dazu famen noch 100 Luceres, wahr: 
Viet. vir. ill. 73. — 18) Ti. Sempr. Gracd., | hinzu. Dazu 208 —— — 
pr N ; lich durch Tarquinius Prifeus, un 
wahriepeiutäch berieibe, Den Duib (ex Font. 4, 16,31) | er 300 blieb für lange Zeit die normale. 
ald Teagiler erwähnt, wurbe von Angufind wegen | Dahl von ie nach dem dom legten Könige 
——— auf Befegi ven ———— | Herböigeführten Berfalle bes Senats von a 
ann age eidg ; iv. 2,1. er 
: 19) Ti. In wiederhergeftellt. Liv. 2, 
y14n.6. Zas,amn 1,58. — P) Longi: 19) &1 Tune G us vermehrte den Senat durch eine 
Sempr. Long., Konſul im J. 218 v. C., er⸗ jüngere Gracch —— 
oberte von Sicilien aus Melita (j. Malta) und lex Sempronia vo 00 t). Auch 
—— mania u 00a bs fair Zi On ai Ta m. DS 
Niederlage der Nömer a 83 — i d zu 
die Zahl von 600 hinaus, und 3 
wurde. Liv. 21, 6. 51. In Oberitalien erlitt er | nicht über — 500 Sena- 
—* — t waren es ſchwerlich über ena 
die Niederlage an der Trebia. Liv. 21, 53 ff. Im —— auf 900 und 
* ⸗ Cäãſar aber brachte dieſe Zahl auf 
Verlaufe des Krieges ſchlug er (215) den Kar: | toren. (he Auguftus auf 
: i i Liv. | Antonius jogar auf 1000, welde Aug 
thager Hanno bei Örumentum in Lucanien. beichränfte. —— Die Mahl (ectio senatus) 
23, 37. Ex ftarb 210. — 20) Ti. Sempr. Long., | 600 bejdhräntte. emeinfame Thätigfeit der 
2.0.0 Man Kay Fe 1 aha ee 
um . 6., ‚ h Dei iciniae Sestiae) wähl- 
; kom Bas of : S bald nach den leges Liciniae ) 
bie Bojer in einer bintigen Schlacht (Iso. 34,4671.), | Beit ( Magiftrate nad) eignem Ermefjen, nämlich) 
diente als Legat im ſyriſchen Kriege (Liv. 36, 22) | ten die Magiftrate nad nd darauf 
i f uln, dann die Konfulartribunen un 
und ftarb an der Peit im J 174. Liv. 41, 21. | die Konſuln, dann dis 2 Ovbain Tekmente. — 
ee I A —— * ee ben * 
Asellio, — 22) A. Sempr. Aſ., Prätor im | Aufnahme i 








-_ 


ts 


1094 


4 Königen patricifche Geburt, aber Servius Tul- 
lius und die erften Konfuln nahmen auch tüchtige 
Plebejer, namentlich Ritter, auf, welche couscripti 
und adlecti hießen, die Gejamtheit aber patres 
(et) conscripti. Ein anderer Genjus, als der der 
Nitter, war zur Aufnahme nicht nötig, und bei 
denen, welche infolge der von * bekleideten 
mter in den Senat kamen, war Cenſus ganz 
unweſentlich. Erſt Auguſtus beſtimmte einen be— 
ſonderen ſenatoriſchen Cenſus, nämlich 800 000 Se— 
ſterzien und ſpäter eine Million (nad) Suet. Oct. 41 
noch höher). Ein beſtimmtes Alter forderte wohl 
die lex Villia annalis (80 v. E.), nämlich die 
aetas quaestoria oder das fiebenundzwanzigite 
Jahr. Feigheit, infamia u. ſ. w. jchloffen von der 
Berechtigung zum Senate aus. — Bon den eigent: 
fihen Senatoren find die zu unterfcheiden, quibus 
in senatu sententiam dicere licet, d. h. die 
Magiftrate des laufenden Jahres und die curu= 
liſchen Ermagiftrate, welche bis zur nächiten leetio 
senatus im Senate bleiben durften, während die 
nichteuruliichen nach Vollendung ihres Amtsjahres 
jogleih die Teilnahme an den Senatsfigungen 
verloren. Erſt Sulla geftattete auch den legteren 
Zutritt bis zum nächſten Luftrum. Die Ritter, 
welche, ohne ein Amt geführt zu haben, in ben 
Senat gewählt worden waren, hießen pedarii 
und ftanden den andern nach. Der erite im Senate, 
unter den Königen der erfte ber decem primi oder 
deni principes, der princeps senatus, wurde jpäter 
bon dem Cenſor bezeichnet (ſ, Princeps). — 
Die Zuſammenberufung (vocare, convocare, 
cogere) ftand den Königen, dann den Konjuln 
oder Konjulartribunen und in deren Abweienheit 
von Rom den Prätoren, fpäter auch den Volks: 
tribunen und natürlich den anferordentlichen Ma— 
giftraten zu, wie dem Diktator, dem magister 
equitum, den nterregen, dem praefectus urbi 
und den decemviri. Die Ladung erfolgte durch 
den praeco oder durch öffentlichen Anſchlag (edic- 
tum). Eigentlich mußte jeder fich einfinden, aber 
man er es nicht immer genau. Zur Zeit wich: 
tiger Gejchäfte durfte fein Senator aus Rom gehen, 
und um Italien verlaffen zu dürfen, war Urlaub 
notwendig. Der Berjammlungsort war ein tem- 
plum, d. h. ein von den Augurn geweihter Platz, 
in der älteften Zeit gewöhnlich die curia Hostilia, 
ipäter die curia Julia umd viele Tempel, wie der 
der Concordia, des Caſtor, des Jupiter (db. h. die 
Säulenhalle des Pronaos) u. a. Lagen Gründe 
vor, den Senat ‚außerhalb de Pomerium zu 
halten, 3. B. wenn fremde Gejandte zu hören 
waren, denen man den Eintritt in die Stadt nicht 
eftatten wollte, oder bei Verhandlungen mit einem 
Feibheren, der noch das imperium hatte, jo ver— 
jammelte man ſich in dem Tempel des Apollo 
oder der Bellona auf dem Campus Martius. Zu 
Sitzungstagen nahm man am Liebften die Kalender, 
Nonen, Idus und Feittage; Opfer und Auſpieien 
gingen voraus. Weder vor Sonnenaufgang noch 
nach Sonnenuntergang konnte ein gültiger Beſchluß 
gefaßt werden; jedoch fommen Sitzungen bis in 
ie Nacht hinein vor (Cic. ad fam. 1, 2, 7: usque 
ad noctem). Die Sitzungen waren nur injofern 
öffentlich, als fie bei offenen Thüren ftattfanden, 
jo daß die Verhandlungen dem vor der Curie ver: 
jammelten Bolfe bekaunt wurden. Die über 12 
Jahr alten Söhne der Senatoren wurden in älterer 


Senatus. 


Seit (vor dem zweiten punifchen Kriege) mit in 
den Senat genommen; durch Auguftus wurde dieie 
Sitte ipäter wieder erneuert. Natürlich waren 
die nötigen Diener zugegen, wie scribae, lietores 
und viatores. — Die 
der vorfigende Magiftrat (Konful, Prätor, Tribun 
mit einem Bortrage über die Veranlaffung der 
heutigen Situng (referre ad senatum), indem er 
entweder bloß objektiv die Sache berichtete oder 
auch jeine eigene Anficht äußerte. Nach der relatio 
folgte die rogatio (sententiam rogare, senatum 
consulere), und die Stimmberechtigten wurden in 
ftrenger Reihenfolge aufgerufen (quid censes?). 
Der —— ſtand auf und ſprach ſich ans (sen- 
tentiam dicere), wobei derſelbe nach Belieben 
von dem vorliegenden Gegenftande abſchweifen 
und andere Sachen vorbringen durfte (egredi re- 
lationem, Tae. ann. 2, 38. 18, 49); zumeile 
diente dieje Freiheit nur dazu, einen Beſchluß auf: 
zufchieben (dieendo diem eximere oder consu- 
mere). Auch konnte der Gefragte kurz erklären, 
da er fein bejonderes Botum gebe, jondern daß 
er fich einem andern anſchließe. Im bejonder: 
wichtigen Fällen mußten die Senatoren über den 
vorliegenden Fall ihre Anfichten iurati abgeben, 
um jede Parteilichfeit zu vermeiden (Liv. 30, 40. 
Dieje Sitte dauerte noch unter der Kaiſerherrſchaft 
fort (Tac. ann. 4, 21. 1, 74; vgl. Plin. ep. 5, 14). 
Nach der rogatio ftellte der Vorfißende die ein: 
Inen vota zufammen und brachte fie einzeln zur 
bitimmung (discessionem facere), worauf die 
Senatoren aufftanden und fich auf die Seite deſſen 
jtellten, welchem fie beiftimmten (pedibus in sen- 
tentiam ire). In der Raiferzeit jcheint auch Ab 
ftimmung duch Handaufheben ftattgefunden zu 
* Tac. hist. 4, 4. Sen. ep. 8, 6). In zweiſel 
ften Fällen wurde eine numeratio vorgenom— 
men. Nach gefaßtem Beſchluß entließ der vor 
figende Magiftratus den Senat mit den Worten: 
nihil vos moramur, patres conscripti. — Die ! 
Macht des Senat? war unter den Königen be 
ſchränkt. Nach eingetretenem Tode des Könige 
übernahmen die je decem primi der Decurien als 
interreges abwechjelnd die Leitung der Geſchäfte 
bis zur Ernennung des Nachfolgers, die fie mit 
dem Senate ins Werk zu ſetzen hatten. Nach dem 
Aufhören der Königsherricaft war der Senat die 
Seele und der Mittelpunft des ganzen Staatei 
(princeps salutis mentisque publieae, Cie. har. 
resp. 27; vgl. Sest. 65. Mil. 33), doch die maie- 
stas war bei dem Volle. Gegen das Ende dieſet 
Zeit ſank das Anjehen des Senats ſowohl dur 
die Angriffe der Gracchen und anderer Vollstti— 
bunen, als durch die . Schuld der Senatoren, 
von denen ein großer Teil der zunehmenden al: 
gemeinen Entfjittlichung nicht fern blieb. — I) Unter 
den Verwaltungsgegenftänden im weiteren 
Simme hatte der Senat die Aufficht: 1) über das 
ganze Religionswejen (Erhaltung des römiſchen 
Kultus, Anordnung von Spielen, , dies re- 
ligiosi u. j. w. Weihe neuer Tempel und Altär); 
2) über die gejamten Finanzen. Die Verwendung 
der Staatseinfünfte hing ganz von dem Semate 
ab, 3. B. die Berwilligungen für die vom den 
Genjoren zu bejorgenden Banten, für das Krieg* 
wejen, für die Spiele u. j. w.; 3) die Ordnung 
und Leitung der Probinzialverhältnifie, z.B. Aut 
rüftung der Statthalter (ornare provinciam), 


erhandlungen eröffnete 3 





or 


= 


Senatus consultum. 


Unterfuchung der Provinzialbeichwerben :c., ftand | 
dem Senat ebenjo zu als 4) die Aufficht über alle 
Magiftrate, welche dem Senat zu gehorchen und 
die von demjelben gefaßten Beichtüfe auszuführen | 
hatten. Dazu kam 1) die Leitung der aus— 
wärtigen Berhältnifje: 1) in Nüdficht auf 
die Führung der Kriege (wichtiger Einfluß des 
Senats bei Kriegserflärung und Ernennung der 
Feldherren, Verlängerung des imperium, Beſtim— 
mung der Truppenaushebung und der Striegsitener, | 
Belohnung des Feldherrn, Friedensſchlußz 2) in 
Rückſicht auf die Beziehungen zu andern Böltern. 
Das ganze Gejandtichaftsweien gehörte dem Se: 
nate an, desgleichen die Verleihung von Auszeich- 
nungen (wie der Titel ald amici und socii) an 
fremde Könige u. ſ. w, Ill) Die friminal: 
richterlihe Befugnis des Senats erftredte | 
fih auf die Beftrafung der Magiftrate, der socii 
und Fremden, ſowie römischen Bürger, aber 
nur in dem alle, wenn Verſchwörungen und Gift: 
mord vorlagen. Hier ift auch in Anſchlag zu 
bringen, daß alle iudices überhaupt bis zur lex 
Sempronia (j. Judex 2.) dem Senatorenftande 
angehörten. IV) Legislation ftand dem Senate 
zwar nicht zu, aber er * einen bedeutenden 
Einfluß auf dieſelbe. Nichts konnte den Comitien 
vorgelegt werben ohne des Senats auctoritas, 
und ebenjo war eine Beftätigung des in den Co: 
mitien gefaßten Beichluffes zu deſſen Gültigfeit 
notwendig (vgl. Comitia). Bollziehende Gewalt 
fam dem Senate nicht zu, nur in hoher Gefahr 
durfte er den Konjuln unumichräntte Gewalt ver: 
leihen, mit der formel: videant consules, ne 
quid res publica detrimenti capiat (f.Consul, 1.). 
— Groß war das Anſehen des Senats, ſowie der 
einzelnen Senatoren in und außer Italien. Als 
Anfignien hatten fie vor alters den goldenen Ring 
(1. Annulus), den latus clavus an der Tunica 
(). Clavus), eigentümfliche Schuhe mit der lunula 
(j. Kleidung, 10.) und im Theater einen Ehren: 
plag (senatoria subsellia), Vgl. Hofmann, der 
röm. Senat zur Zeit der Republik (1847). Lange, 
röm. Wltertümer II, 6. Abjchnitt. Willems, le 
senat de la republique romaine (1883 — 85, 
3 Bdd., 1. Bd. in 2. Auflage). — B) In der 
Kaijerzeit blieb die Zahl von 600 Senatoren 
ftehend; die Wahl derfelben hing lediglich von den 
Kaiſern ab, welche das Geichäft bald mit größe: 
rer, bald mit minderer Gewiſſenhaftigkeit beſorg— 
ten. Princeps senatus war regelmäßig der Kaiſer. 
Diejer bejtimmte die Sitzungen, welche teils regel: | 











1095 


und deſſen Vorſchläge berüdfichtigen wollte. Unter 
den guten Kaifern beftand die Selbftändigteit des 
Senats, wenn auch nur zum Schein, fort, unter 
deſpotiſchen Negenten war der Senat ein ſtlaviſches 

zeug der Tyrannei. Die Einführung des 
faiferlichen Konfiftoriums und der serinia (f.Seri- 
nium, 2.) fonnte nur nachteilig wirten, am 
alfernachteiligften aber die von Diocletian und 
Eonftantin organifierte Bureaufratie. Die Aufjicht 
über das Religionsweien blieb dem Senat, die 
Leitung der Finanzen aber erftredte ſich nur auf 
das Ararium und hörte ganz auf, als das Ararium 
mit dem Fiſeus zuſammenſchmolz. In Rüdficht 
auf Provinzialverwaltung hatte der Senat jeine 
Provinzen frei zu vergeben (j. Provincia, 7.); 
auf die auswärtigen Berhältniffe hatte er feinen 
Einfluß an den Kaijer abtreten müſſen. Die Kri— 
minaljurisdiftion über alle Majeftätsverbrechen 
und Repetunden wurde dem Senate zugewieien, 
ging aber allmählich auf den praefectus urbi und 
an die faiferlichen Gerichte über. Wichtiger war 
die Kompetenz des Senats in der Gejebgebung, 
weiche von den Comitien allmählich auf den Senat 
überging, indem bderjelbe die in der faiferlichen 
oratıo gemachten Vorſchläge zu Geſetzen erhob; 
auch die Wahl der höheren Magiftrate lag jeit 
Tiberius in der Hand des Senates, mit größerer 
oder geringerer Abhängigkeit von den Kaiſern. 
Endlich durfte der Senat, wenn ber Kaifer ohne 
Beftellung eines Nachfolgers geftorben war, diejen 
wählen, worauf jedoch das Heer bedeutenden Ein— 
fInß hatte; der neue Kaiſer empfing feit Veſpaſian 
regelmäßig von dem Senat feine Beſtätigung (j. 
Lex regia). Das Recht, Ehren und Inſignien 
zu verleihen, 3. B. die Upotheoje, Statuen, Triums 
phalinfignien u. ſ. w., verblieb dem Senate. — 
Eonftantin errichtete einen zweiten Senat in Con: 
ftantinopel, welcher ig wie der römiiche 
politiiche Macht Hatte. Die Wirkjamteit wurde 
immer geringer, und zulegt blieb den Senatoren 
nur noch die pruntvolle Tracht als einziger Erfah 
der ehemaligen Hoheit. 

Senätus consultum ift ein vollgültiger Se- 
natsbeihluß; auctoritas senatus iſt ebenfalls 
ein Senatsbeichluß, aber nicht vollgültig. So z. B. 
wird eine auctoritas abgefaßt, wenn ein senatus 
cons, durch Interceffion unmöglich geworden war, 
oder wenn micht die erforderliche Anzahl von 
Senatoren zugegen war (infrequentia senatus), 
Dieje erforderliche Anzahl betrug nriprünglich 
100, dann 150, endlich 200. Liv. 39, 8. 42, 28. 


mäßige (senatus legitimus), teild außerordentliche | Deeretum senatus ift ein allgemeiner Name, 
(sen, indietus) waren, und ftrafte die Säumigen. |den Beichluß als folchen bezeichnend. Die Se: 
Den Borjig in den regelmäßigen Situngen führte | natsconjulte faßte der Präjes, mit Hülfe einiger 
der Konful, in den anferordentlichen der Magi: | Senatoren (auctoritates, (ic. ad fam. 8, 8, 12), 
ftratus, welcher die Verſammlung berufen hatte. | nach geichloffener Situng ab, indem er das Pro- 
Der Borfigende hielt den Vortrag (relatio), doch | tofofl zu Grunde legte. Der Tag war darin ans 
fonnte auch der Kaijer in jeder Sigung eine (Dio | gegeben, gewöhnlich auch der Ort der Zufammen: 
Cass. 53, 32) und jpäter mehrere relationes machen. | funft, und der Beichluß hatte die Formel: senatui 
Der Kaijer referierte mündlich oder Tieß feinen | placere oder videri, senatam velle, existimare, 
Bortrag durch den Quäſtor vorlefen (oratio, epi- |arbitrari und dergl. Das auf Stein oder Erz 
stula prineipis). An die relatio ſchloß fich die | eingegrabene SCons. wurde in dem Staatsarchiv 





rogatio, wie früher, und zulegt die discessio, 
Die Macht des Senats erlitt durch die Umtwand- 
lung des Staats in eine Monarchie einen gewal— 
tigen Stoß. Der Kaiſer bildete den Mittelpunkt 


(im Saturnustempel am Capitolin. Berge) auf- 
bewahrt. Manche haben fich erhalten, 3. B. das 
berühmte SCons. de Bacanalibus, 186 v. €. (ſ. 
Dionysos, 10.), SCons. de Asclepiade Clazo- 


des Ganzen, und von feiner Perjönlichfeit hing | menio, 78 v. E., welches den Griechen volle Im— 


e3 ab, inwieweit er den Senat zu Mate ziehen | 


munität und den Titel amici pop. Rom. verlieh, 


-1 


1096 


u.a. Die Municipaljenatsdefrete, welche auf unjere | 
Zeiten gekommen find, enthalten meijtens Ehren— 
bezeugungen für verdiente Männer. Andere legis: 
fative SCons. werden in deu Rechtsquellen erwähnt | 
und rühren aus den erjten beiden Jahrhunderten 
der Kaijerzeit her. Sie find teils friminalrecht: 
lihen Inhalts und geben Ergänzungen zu bis: 
herigen Strafgeiegen, wie zu den leges Corneliae 
und Juliae, teils find fie privatrechtlich, 3 B. 
über das Erbrecht, über Freilaſſung der Sklaven 
u. ſ. w. Die Namen der berühmteſten ſind: SCons. 
Acilianum (über Baupolizei), Libanianum (über 
die Zegate), Neronianum (deögleichen), Plancia- 
num (über die Fideilommiſſe), Turpilianum (gegen 











calumnia) und viele andere. In weiterem Sinne 
ſcheint auctoritas senatus jede Willensäußerung 
des Senats (aljo auch die Senatsconjulte) bezeich- 
net zu haben. Eicero (legg. 4, 15) nennt ben Be: 
ſchluß über die Bacchanalien auctoritas de Bac- 
chanalibus, während Livius wiederholt (39, 14 ff.) 
ihn als senatus consultum bezeichnet. 

Senätus municipälis., In den meiften itali- 
ichen Städten waren jeit alter ir Senate, welche 
den heimijchen Diktatoren oder Prätoren zur Seite 
ftanden, ganz wie in Rom. Dieje Einrichtung 
dauerte auch unter der römiſchen Herrſchaft fort 
und begegnet uns jowohl in den Municipien, Ro: 
lonien und Präfefturen, al® in den Provinzial: 
ftädten des Orients und Decidents, Der gewöhn— 
lie Name. war ordo decurionum (häufiger als 
senatus), ordo und zuleßt curia, die Einzelnen 
hießen decuriones, jpäter euriales. Ihre Zahl 
war verjchieden, und die Erforderniffe zur Wahl 
waren denen in Nom ziemlich ähnlich, ebenjo wie 
das Außere der Verhandlungen. Die Kompetenz 
hing urjprünglid) von der Stellung der Stadt zu 
Rom ab und wurde - in der Kaiſerzeit immer 
gleihmäßiger. So 3. B. erhielten alle die Wahl 
der Magiftrate und Briefter und die ganze ng 
Adminikration, immer jedoch unter Aufjicht der 
römijchen Statthalter und der Kaijer jelbit. Die 
Deeurionen unterlagen aber perjönlich jo harten 
Laften, daß die Würde jchon unter den mittleren 
Kaijern mehr für eine Bürde als für eine Ehre 
galt. Bol. Marquardt, röm. Staatverwaltung I 
©. 501 ff. 

Seneca, 1) Annäus Seneca (Vorname ift 
nicht befannt), der Rhetor, aus Corduba in Spa- 
nien (etwa von 54 dv. E. bis 39 n. E.), hörte mit 
jeinem Freunde Porcius LYatro in Rom, wo er 
fich zweimal längere Zeit aufhielt, die berühmteften 


Redner und lebte noch unter Tiberius in Spanien, | 


wo er auch jein Leben beſchloß. Ein Mann von 
altrömischer Strenge und Derbheit, vereinigte er 
mit der Bewunderung Ciceros Nüchternheit des 
Urteils, die gi vor den Übertreibungen der Rhe— 
toren feiner Zeit bewahrte. Außer einem (verlore- 
nen) Geſchichtswerke verfaßte er in jeinen jpäteren 
Jahren: oratoram et rhetorum sententiae, divi- 
siones, colores, d. h. 10 Bücher controversiae 
und suasoriae, eine Überſicht der damals üblichen 
Schulthemen, die, leider nur lüdenhaft erhalten, 
für die Gejchichte der röm. Rhetorit von hohem 
Werte find. Ausgg. von Burfian (1857), Kießling 
(1872) und 9. ki Müller (1887, beite Nusg.). 
Sander, der Sprachgebrauch des Rhetors Annäus 
Seneca (1877. 1880), — 2) Sein Sohn, L. An: 
näus Seneca, der Philoſoph, um 4 v. E. zu 


Senatus munieipalis — Seneca. 


Eorduba in Spanien geboren, fam früßgeitig von 
dort nach Rom und entging nur mit Mübe dem 
Tode, den Galigula ihm jchon zugedacht Hatte. 
Nachdem er bejonders philofophiiche und rheto— 
riiche Studien gemacht hatte, trat er in den Senat 
ein, wurde aber im eriten Jahre der Regierung 
des K. Claudius durch deffen berüchtigte Gemahlin 
Meflalina in einen Prozeß verwidelt und mußte 
infolge besjelben in die Verbannung nah Eorfica 
ehen (Die Cass. 60, 8), von wo er erſt 8 Jahre 
jpäter zurüdgerufen wurbe. Tac. ann. 12, 8. Jetzt 
vertraute ihm Agrippina die Erziehung ihres 
Sohnes Nero an, woburd er aucd in äußerlichen 
Ehren ftieg, jo daß er Prätor wurde und im J. 
57 das Konjulat befleidete. Indes war er troß 
jeiner Feftigfeit und ſonſtigen ausgezeichneten Bor: 


züge nicht glüdlich im feiner Aufgabe, und das 
anfängliche Vertrauen des Fürften verwandelte ſich 
almägtich in Abneigung und Haß. Eitelleit und 


Ruhmſucht find ihm ohne Grund vorgeworfen 
worden; weniger ift er vielleicht von dem Stre— 
ben nad Reichtümern freizufprehen. Er wurde 
der Teilnahme an der Verſchwörung des Piſo be- 
ichuldigt und zum Tode verurteilt; da ihm die 
Todesart freigelaffen ward, ftarb er durch Öffnung 
der Adern und Berblutilng (im 9. 65). Tac. ann. 
15, 60ff. Seine zweite Gattin, Bompeja Paullina, 
die mit ihm zu Herben wünjchte und jich gleich: 
falls die Adern öffnen ließ, ftarb wenige Jahre 
ipäter. Tac. ann. 15,64. Obgleich er ein männ: 
licher, fejter Charakter war, entging er doch einer 
vielfachen Berleumdung nicht, und es muß daher 
bei jeiner Beurteilung die äußerfte Vorficht ange: 
wendet werden. In feiner philojophiichen Auf: 
faffung folgte S. meiftens der ftoijchen- Lehre, mit 
der er bisweilen jedoch epifureiiche Anfichten ver: 
binden zu wollen jcheint; bewahrte aber die Eelb- 
ftändigfeit jeines Urteild durch viele ebenſo tief 
geichöpfte, ald Har und jcharf ausgeprägte Ge: 
danten und Sätze. In dieſen ift beſonders ber 
fittlihe Emft und die entjagungsvolle Strenge 
unverfennbar, mit welcher er die Verpflichtungen 
des Menſchen auffaht. Dies hat offenbar zu der 
vielfachen Vergleihung mit dem Ehriftentume (aud 
in neuefter Zeit find mehrere Beiträge zu jeiner 
Charakteriftit geliefert worden) und zu der angeb: 
lihen Korreipondenz mit dem Apoſtel Paulns 
Veranlaſſung gegeben, obwohl in allem Wejent: 
lichen mehr Gegenjag als Verwandtichaft da ift. 
Sen. jehrieb (von vielem Untergejchobenen abge- 
jehen) 3 Bücher de ira, 3 verjchiedene Troftichreiben 
(de consolatione) an feine Mutter Helvia, an den 
Bolybius und an Marcia, —5—* de providentia, 
de animi tranquillitate, de constantia sapien- 
tis, de clementia ad Neronem Caesarem libri, 
de brevitate vitae ad Paulinum, de vita beata 
ad Gallionem, de otio aut secessu sapientis, 
7 Bücher de beneficiis, 124 epistulae ad Luci- 
lium, freie Mitteilungen über philojopbiiche Ge: 
enftände verichiedener Art enthaltend, in denen 
eine Eigentümlichkeit am beften hervortritt, aufer: 
dem eine bittere Satire auf den Kaijer Elaudins 
in Form einer parodierten Apotheoſe (Apocolo- 
cyntosis s. ludus de morte Caesarıs ; Bergötte: 
rung durch ein Pilzgericht, weil EI. durch den 
Genuß vergifteter Pilze ftarb), die aber jehr Lüden- 
haft überliefert ift und ihm vielfach (jedoch mit 
Unrecht) abgejprochen wird (am beſten heransg, 


Senecio — Septa, 


1097 


bon Bücheler, symbola philol. Bonnens. p. 31 und das Urteil war res iudieata, d. h. eine 


und in |. Ausg. des Petronius, 


1871); endlich | abgeurteilte, umabänderliche, über die fein neuer 


7 Bücher quaestionum naturalium an den jüngeren | Prozeß entjtehen Tonnte, bis in der Kaiferzeit 
Lucilius, das einzige von der Phyſik der Römer | Appellation an eine höhere Inftanz eingeführt 


ung übrig gebliebene Wert, ohne Zweifel das 
erfte in der römijchen Literatur, wenigjtens von 
jolhem Umfange, worin der Verfaſſer entjchieden 
mehr Sachkenntnis und Urteil verrät, als ipäter 
der ältere Plinius, — Ausgg. von % F. Gronov 
(1672), Kustopi run su, —8 — 
Hauptausg.), Haaſe (1852 f). Neue Aus — 
Dialoge (philoſ. Schriften) 8 Koch und ahfen 
(1879), von Gerk (1886, befter Text). De bene- 


ficiis und de clementia von Gerk (1877). — 


In gebundener Form haben wir von Seneca teils 
Epigramme (9, von denen indes nur Pr. 1, 2 


und 7 echt zu ſein jcheinen), die ſich auf jeine 


Berbannung beziehen, teild 8 Tragödien: Hercules 
furens, Thyestes, Phaedra, Oedipus, Troades 








wurde. — b) Im Kriminalprozeß. Bei den Volls⸗ 
erichten wurde die sententia nach erfolgter Ab- 
immung von dem borfigenden a —— be: 
fannt gemacht, renuntiatio (j. Prozels, 27.). In 
den quaestiones perpetuae ftimmten bie Higher 
ſchon frühzeitig Kahriftfi mit Wacstäfelhen, auf 
denen fie A. (d. 5. absolvo), C. (condemno) oder 
N. L. (non liquet, die Sadıe ift noch nicht Far) 
bemerften. Bei Stimmengleichheit wurde freiges 
iprochen, —* entſchied die Majorität, und wenn 
die meiften N. L. geſtimmt hatten, jo trat am- 
pliatio ein. Die —— des Urteils (meiſt 
mit der Formel fecisse videtur oder non fecisse 
videtur, Cie. Verr. 2, 38. 41) erfolgte durd den 
enden Prätor oder iudex quaestionis. Gegen 


vorji 
(oder Hecuba), Medea, Agamemno, Hereules | das —* war Appellation unmöglich, doch in 
Oetaeus, ſowie 2 Scenen bon einer Thebais, diejintegrum restitutio (f. d.) möglich; erft in der 


ſich verteilen auf einen Odipus auf Kolonos und 
Phöniſſen. Während ein neuntes Stüd, die fab. 
praetexta Octavia, entſchieden einer ipäteren Beit 


| 


Kaiſerzeit geftattete der neue Inſtanzenzug eine 
' Abänderung des Urteils 


Sentil. Zu nennen find: 1) E. Sent., Prätor 


angehört, ift an der Echtheit der 8 andern Tra⸗ 89 v. C., führte in feiner Provinz Makedonien 


gödien wicht F weifeln. Sie ſind Nachahmunge 
riechiſcher F und beweiſen ar grobe 


n | einen unglüdlichen Krieg 
es | fiegte fie aber jpäter. Cie. 
Formtalent, Fruchtbarkeit und Lebhaftigtent der | Liv. ep. 70. 


egen die Thrafer, be: 
34,84. Oros. 5, 18. 
2) Sent. ee ein 


Rhantafic, jowie Schärfe der piychologiichen Bes | Freund des Sertus Pompejus, blieb auch noch 
obachtung, aber gu leid; wuchert die rhetorifche | nach 39 v. E., als er ſchon nach Jtalien fommen 


Phraſe in oft widerliher Weile, und zur Charal- 
terzeichnung fommt es troß aller Weitjchweifigkeit 
nicht. Der Versbau ift ſtreug regelmäßig und 
jorgiam, ermüdet aber durch Eintönigfeit. Ausgg. 
der Tragödien von J. F. Gronov (1661. 1681), 
Schröder (1728), Bothe (1819 und 1822), Peiper 
und Richter (1867) und Leo (2 Bdd. 1878 [.). 

Senecio j. Herennii, 15. 

Senectus, römijche Berjonififation bes Greiſen⸗ 
alters, als Tochter der Nacht und des Erebos 
(Cie. n. d. 3, 17) zu den Höllengeiftern gezählt. 
Bei Vergil (A. 6, 275) fommt fie mit andern ver: 
wandten Wejen, die dem Tode nahe ftehen oder 
ihn herbeiführen, im Borhofe der Unterwelt vor. 

Senönes, Zrvores und Zivoves, mächtiges 
Volk im —— Gallien, zwiſchen den 
Pariſii im 9. 6, 3), den, Carnutes 
im W. (Caes. b. g. 5, 54. 6, 2), den Üduern im 
©. und * —*8— und Mandubii im O. (Caes, 
b. g. 7, 68), aljo in Isle de France und Cham: 
pagne. Ihre Hauptftadt war Agedincum oder 
Civitas Senonum (j. Send); andere Orte waren: 
Condate (j. Montereau jur Yonne), Bellauno: 
dunum (j. Beaune), Melodunum (j. Melun), Ariaca 
(j. Arcis jur Aube), Eorabilium (j. Corbeil), Au⸗ 
tiſſiodorum (j. Auxerre), Aquä Segefte (j. Fon— 
tainebleau). Aus dieſen Sitzen zog um 400 v. E. 
ein Teil des Volkes nad; Oberitalien (Liv. 5, 36), 
wo fie fich zwilchen Ravenna und Ancona nieder: 
liefen und Sena gründeten. Nachdem fie dann 
feit 390 v. E. lange mit den Römern heftig ge: 
fämpft hatten, wurden fie 283 vom Konſul Hola. 
_ völlig geichlagen und faſt ganz vernichtet. 

ol. 2, 20 


Sententia, das richterliche Urteil, a) im Civil: 
prozeß. Stets wurde die sententia mündlich aus: 
geiprochen gr obwohl fie vorher jchrift: 
lich abgefaht war. Die Sache war nun zu Ende, 





durfte, wie es jcheint, bei ihm und ſchloß ſich erft 
im I. 35 dem Antonius an. App. b. c. 5, 139. 
— 3) €. Sent. Saturninus, 19 v. C. Konful, 
zeigte, als Auguftus im Morgenlande war, eine 
au en. Strenge gegen unwürdige Bewer: 
ber um ein Amt, gegen Betrug und Erprefjungen 
und erhielt um 10 v. C. Syrien zur Provinz, 
welches er längere Zeit verwaltete. In I. 4 und 
5 n. E. nahm er an den Feldzügen unter Tibe- 
rius in Deutjchland teil. Vell. Pat. 2, 92. 105 ff. 
Dio Cass. 54, 10. 55, 28. — 4) En. Sent. Sa: 
turninus, Legat in Syrien geaen Piſo nach dem 
Tode des Germanicus, 19 n. E. Tae. ann. 2, 74 ff. 
— 5) En. Gent. Saturninus, empfahl nad) 
Ealigulas Tode die Wiedergerftellung der Republif. 
Joseph. ant. Jud. 19, Dio Cass. 60, 1. 
6) Sent. Augurinus, ein Freund des jüngeren 

linius, der von jeinen Gedichten ein Bruchjtüd 
aufbewahrt hat (ep. 4, 27). 

Sentinum, Zevsivor, fefte Stadt Umbriens, 
unweit des Flujſes Aſis, befannt durch die große 
Niederlage der Samniter und die Todesweihe des 
jüngeren P. Decius Mus, 295 v. C. im Bürger: 
kriege durch Octavianus belagert; j. Sentino. Pol. 
2,19, Liv. 10, 27. 30, Strab. 5, 227. 

Seplas, Enaudg, Vorgebirge in der theſſa— 
liihen Landichaft Magnefia, der Inſel Stiathos 
gegenüber, berühmt durch die Vernichtung der 
perjiichen Flotte im J. 480 v. E.; j. Kavo Ha: 

io8 Dimitrios. Hdt. 7, 183. 188. Strab. 9, 443. 

ieje Küftenjtrede war der Thetis und den Ne: 
reiden geweiht und jcheint nad) den hier jehr 
häufig vorfommenden Zintenfiihen (armımı) be: 


nannt zu fein. 

Septa (vor alters hieß das für Die 
Eomitien urfprünglic aus Brettern errichtete Ge- 
hege, welches nad) der Berfammlung immer wieder 


abgebrochen wurde. Cäſar baute auf dem cam- 


1098 


pus Martius großartige septa marmorea für die 
Genturiat: und Tribut-Comitien und daneben das 
diribitorium (f. Diribitor), 

Septem Aquae, ‘Err& Üdare, Ort im Lande 
der Sabiner, in der Nähe von Reate und den Roſea 
Rura. Die,.7 Wafler waren jchon in frühefter 

eit eine Naturmerfwirdigfeit. Cic. ad Att. 4, 15. 

ion. Ilal. 1, 14. 

Septem marla, Kark weldyn, hießen die an 
der Mündung des Padus durch Austreten und 
Uberſchwemmungen gebildeten Seen und Lagen. 
In ihnen entftand jpäter, nach Zerſtörung von 
Altinum durch die Summen, das heutige Venedig. 
Plin. 3, 16, 20. Tae. hist. 3, 9. Herod. 8, 7. 

Septemviri epulönes, Priefter — anfangs 3, 
dann 7 —, hatten ſeit 198 v. E. die Sorge für 
die heiligen Göttermahle, welche bei verichiedenen 
Gelegenheiten den 3 capitolinischen Gottheiten ge= 
feiert wurden. Sie gehörten zu den vornehmften 
Priefterfollegien und trugen die toga praetexta. 
Vgl. Epulae umd Priester, 5, 

SeptimYi, 1) ®. Sept. Scävola, römiſcher 
Senator, wurde wegen Erpreffungen verurteilt, 
710. C. Cie. Verr. 1, 13. — 2) C. Sept., ver: 
waltete 57 v. E. die Prätur und beförderte die 
Zurüdbernfung Eiceros aus der Verbannung. Cie. 
post red. in sen. 9. — 3) 2. Sept., diente unter 
Pompejus im Kriege gegen die Seeräuber, fam 
mit Gabinius nad) Ägypten und blieb dajelbft, um 
den wiedereingejegten König Ptolemaios Auletes 
zu beichügen. Er war Mörder des Pompejus. 
Caes.b.e.3,103f. Plut. Pomp. 78. Dio Cuss. 42,3. 
— 4) f. Severi, 3. — 5) ein freund des Horaz 
(ep. 1, 9. od. 2, 6), oft fäljchlich mit dem Titius 
verwechjelt. — 6) U. Sept. Serenus, aus dem 
5. Jahrh. n. E., jchrieb ein ländliches Gedicht 
(Opuscula ruralia), von welchem ein Fragment 
vorhanden ift (ſ. 2, Müllers Ausg. des Rutilius 
Namatianus, ©. 44 ff). Er bildete in geichidter 
und aumutiger Weije viele Metra der Griechen nad. 

Septimuleins, Lucius, ein Freund des €. 


Gracchus, Tief fich beiwegen, der Leiche des Gracchus 


— 


den Kopf abzuſchlagen und dafür eine Geldſumme 
in Empfang zu nehmen. Der Prätor Mucius Scä- 
vola jchlug ihm ſpäter feine Bitte ab, ihn mit fich 
nach Aſien zu nehmen, als jener dadurch der ihn 
drüdenden Schmad) zu entgehen hoffte. Plin. 33,3. 
Cie. de or. 2, 67. Plut. ©. Graceh. 17. 

Septitii, 1) DO. Sept., ein Gutsbeſitzer auf 
Sicilien, widerjeßte ſich den ungerechten Anjprüchen 
des Zollpächters Apronius, weshalb Verres dieſem 
Beiſtand leiſtete. Cie. Verr. 3, 14. — 2) Sept. 
Glarus, dem jüngeren Plinius befreundet, unter 
Hadrian Befehlshaber der Leibwache, bald darauf 
aber entjegt, 121 m. C. Plin. ep. 7, 28. Spart. 
Hadr. 11. 

Septizonium ſ. Roma, 19. 

Sepulerum, Sepultüra. Geliebten Angehö— 
rigen nad ihrem Hinjcheiden ein wilrdiges, 1 
volles Begräbnis zu gewähren und die Grabjtätte 
jelbft fort und fort in Ehren zu halten, war auch 
bei den Griechen und Römern eine heilige, uner— 
u Pietätspflicht. Wer diefe Pflicht vernach— 
läffigte, zog fid) den Zorn der Götter zu (FHom. 
Od. 11, 72. Hor. od. 1, 28, 30), der Gedanke an 
die Erfüllung dieſer Pflicht verfühte dem Sterben: 
den den Tod. — An der heroijchen Zeit der 


ſchluß der Leichenfeier machte ein Mahl. 


Septem Aquae — Sepulcrum, Sepultura. 


ehre etwa in folgender Weije vorgenommen und ge 
handhabt. Dem Geftorbenen drüdten die nächften 
Berwandten und Freunde die Augen und den 
Mund zu, der Körper wurde gewaihen, geialbt, 
in Linnen und in einen Teppich gehüllt, und die 
Totenklage erhoben, wobei fi der Schmerz oft 
in der heftigften Weije zu erfennen gab. Mehrere 
Tage blieb der Leichnam ausgeftellt, mit den Füßen 
J der Thür gekehrt; dann wurde er von rem: 
den auf den Scheiterhaufen getragen und zugleich 
mit allem, was dem Toten im Leben lieb und 
wert geweien, Waffen, Kleidern, Tieren, verbrannt. 
Nachdem der Scheiterhaufen mit Wein beiprengt 
worden war, ſammelte man die Gebeine im eine 
Urne oder Kifte, überjchüttete diefe mit Erde und 
errichtete einen Grabhügel. Heltors Wichentifte 
wurde in ein Grab gejenkt, mit dichtgeichlofienen 
Steinen überdedt, und darüber der hochragende 
Srabhügel aufgehäuft. Auf dem Grabhügel wurde 
oft noch eine Säule (orjin) errichtet. Den er 
1 
Königen und Fürſten wurden noch Leichenſpiele 
hinzugefügt. — Es herrſchte bei den Griechen der? 
allgemeine Glaube, daß die Seele eines unbe— 
ftatteten Toten an den Ufern der Styr umher— 
irren müſſe und nicht in die Gefilde Elyſions 
elangen fünne. Man hielt es daher für heilige 
flicht, die Beftattung jedem Toten zu gewähren, 
die man im Notfalle auch als vollzogen eradhtete, 
wenn man mur etwas Erde oder Sand auf dei 
Leichnam ftrente, Nur arge Verbrecher, Verräter 
und Treinde des Baterlandes wurden unbeftattet 
elafien, den wilden Tieren und Bögeln zum 
Frabe. In Athen wurden in der älteren Zeit die 
Toten begraben und das Grab mit Getreide bejäet. 
Cie. legg. 2,25, 63. Darauf hielt man ein Toten: 
mahl und unterhielt fich über die Tugenden des 
Verftorbenen. Später wurde das Begräbnis prunt: 
voller und Foftipieliger. Die dabei ftattfindenden 
Gebräuche find unter Bestattung, J. zujam: 
mengeftellt. Für die Gräber find einfache Erdanf- 
ihüttungen und Hügel die uriprünglichite form. 
Sp wurden die bei Marathon Gefallenen beigeieht. 
Zu unterirdiichen Felfengräbern gaben nicht bloh 
natürliche Grotten, jondern auch fünftliche Stein: 
brüche die Veranlaffung. (Berühmt find die Ka: 
tafomben von Syrakus.) Einzelne Felfengräber, 
uweilen mit fumftreich verzierten hölzernen oder 
einernen Façaden, finden fich namentlich auf den 
griechiichen Inſeln und in Lykien. Ber Kyrene 
waren die Felienfammern auf dem geebneten Pla 
teau durchtweg mit Säulenvorhallen verjehen. In 
ſolchen Feljengräbern finden ſich öfter Altäre, in 
einfacher runder Form, oder mit Neliefdarftellungen 
verjehen, um den Toten daranf zu opfern; aud 
Stelen, flache und jchmale Steinpfatten in auf 
rechter Form mit dem Namen des Berftorbenet, 
oder fapellenartig, mit den Abbildungen der Ge 
ftorbenen in erhabener Arbeit; endlich auch frei 
aus Stein gearbeitete Särge und Sarfophagt. 
Bon freiftehenden Grabdentmälern find, abgeſehen 
von den bloßen Stelen oder Steinmonumenten, 
die einfachften die Steinbauten, vieredig oder rumd, 
weiche eine Grabkammer einjchließen. Es wurden 
aber auch Heroa von jehr foftbarer und prächtiger 
Form erbaut, auf einem Unterbau eines Peri , 
im Fries und Giebel mit Reliefs verziert. Da? 


zı 


Griechen wurde das Begräbnis und die Toten: ı bewundernswürdigſte diejer Art war wohl das 


Sepulerum, Sepultura. 1099 


Mauſoleum in Halitarnaffos (f. d.), an dem nament: 
4 lich auch Stopas gearbeitet hatte. Die Grabftätten, 
weldye entweder Särge (bei den Armeren) oder in 
irdenen oder ehernen Urnen die verbrannten Ge: 
beine (bei Reicheren) enthielten, waren in Athen 
außerhalb der Stadt, an den Strafen — die an: 


ihrem Namen. Lautes Wehllagen fand nicht ftatt. 
Die Trauer währte nur 11 age: — Über die 
Begräbnisfeierlichkeiten bei den Römern ſ. Be- 
stattung, II. und Luctus, fowie Marquardt, 
Privatleben der Römer I ©. 330 ff. und Becker-Göll, 
Gallus 111 S. 481 ff. Die Vegräbnisftätten galten 


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geſeheneren am Kerameikos oder bei der Alademie bei ihnen für heilig und unverletzlich. Urſprüng— 


(j. Attika, 14.) — oder auf den Feldern und in 
Gärten. Sie wurden ſorgſam gepflegt und erhal: 
ten. — Gewöhnlich ftand an den Grabmonumenten 
der Name des BVerftorbenen, zuweilen auch die 
wichtigjten Ereignifje aus feinem Leben, ein Nach— 
ruf, eine Mahnun an die 

interbliebenen, meiſt in poe: 
tiicher Form. Mitgegeben in 
das Grab wurde eine Lampe, 
ein Spiegel, Schmudjacden, 
Salbeng he und — 
mit Eßwaren. Nach der Be— 
ſtattung ge das Leichen: 
mahl, die Lei tragenden nah: 
men jet wieder Speije zu 
fih. Am dritten Tage nad) 
der Beltattung brachte man 
die re (reir«), denen 
nah 6 Tagen das Haupt: 
opfermaßl folgte (Frara). Mit 
dem dreißigiten Tage war in 
Athen die Trauer beendigt. Die 
Trauerfleider waren ſchwarz; 
Frauen jchoren ſich auch das 
Haupthaar. Den im Kriege 
gefallenen Bürgern wurde eur 
feierliche Beſtattung zu teil. 
Nach Veendigung derſelben 
wurde eine Leichenrede (Aöyos 
exitcipios) gehalten. Ruhten 
ihre oder anderer berühmter und verdienter Män- 
ner Gebeine im Auslande, jo wurden jie dennoch 
als — — betrachtet. und öffentlich beflagt. 
In Sparta wurden die Toten innerhalb des Wohn: 
ortes prunflos begraben. Nur die im Kampfe fürs 
Baterland Gefallenen erhielten einen Denkftein mit 


lih fand die Beerdigung, ſpäter erft die Ver: 
brennung ftatt. Die Srabftätten waren entweder 
eigentliche Gräber oder Grabdenkmäler. Lebtere 
waren nicht jelten anfehnliche, in die Augen 
fallende Denkmäler, tegelförmig oder turmähnlich, 





mit Infchriften und Skulpturarbeit verjehen; oft 
waren es Ehrengrabmäler ohne Leichnam, »ero- 
rdpıe, xerijgie, cenotaphia, wenn man die 
Gebeine des Verftorbenen nicht hatte erlangen 
fönnen, oder wenn die Vaterftadt einen berühmten, 
in der Fremde geftorbenen Toten ehren wollte 


je) 


1100 


(ebenfo die Griechen). 
denfmäler waren Pfeiler oder Säulen (cippi, co- 
lumellae). Die Juſchriften gaben den Rang, den 
Stand, das Geſchlecht, auch Darftellungen aus dem 


er und Wirken des Berftorbenen (j. Abb, a 
| — 2) ftoiicher Philojoph aus Hierapolis. Sen. ep. 


©. 1099); auch ganze Scenen, Jagden, Kämpfe, 
Aufzüge waren zu Geben. 

denfmäler waren natürlich die Maufoleen; 3. B. 
das des Auguſtus auf dem Marsfelde, das des 
Hadrianus ri Roma, 22.) u. a. Größere Grab- 
gemölbe ir Aufn nahme ganzer Familien waren 


mit Relief3 und Malereien verziert. Ganze K Kor: |? 
porationen und mehrere familien, z. B. die Sci- 
pionen, ließen ſich gemeinfchafttiche Begräbnids 


jtätten (communia sepulera) erbauen. Ju den 
ältejten Zeiten Roms wurden die Leichen inner: 
halb der Stadt begraben, doch erfolgte bald ein 
geiegliches Verbot. Cie. legg. 2, 23, 58. Gewöhn— 
lich befanden ſich die Gräber an den Landitraßen, 
bejonders an der via Appia (j. Abb. der Gräber: 
ftraße in Pompeji S. 967); aber aud auf den 
Landgütern oder an einem bejonders dazu ein- 
gerichteten Platz. Allgemeine —— gab 
es eigentlich nur für Arme. Die Gräber waren 
oft mit Bildſäulen, Altären, Gartenanlagen, ſtei— 
nernen Sitzen verſehen; auch Wohnungen waren 
daran angebaut für Sklaven und Freigelaſſene, 
welche die Gräber zu bewachen, reinlich zu er: 
halten oder die Lampen in den Grabgemölben 
anzuzünden hatten. Die sepulera, oder vielmehr 
der innere Raum derjelben, heißen auch ossuaria, 
eineraria und columbaria, legtere jo genanut von 
ben Heinen, den Neftern eines ae gie ähn⸗ 
lichen Niſchen für die Urnen (ſ. U 

Sequäna, Zinxodvas, Enxovanos, ein nach ben 
Anfichten der Alten auf den Alpen, in der That 
aber auf dem Plateau von Langres entſpringen⸗ 
der Fluß Galliens, der dasſelbe in nordweſtlicher 
Richtung durchflieht, rechts die Matrona (j. Marne) 
und ara oder Efia (j. Dije) mit der Axona (j. 
Aisne), links den Jcannus (j. Yonne) aufnimmt, 
bei Kutetia vorüberftrömt und nicht weit von 
Eaftra Eonftantia, Britannien gegenüber, in den 
Atlantiſchen Deean fällt; j. Seine. Caes. b. g. 1,1. 
Strab. 4, 192 ff. 

Sequäni, Enrovarod, mächtiges keltiſches Volt 
im belgijchen Gallien, durd den Jura von den 
Helvetiern, durch den Ararfluf von den Äbuern, 
durch den Rhodanus vom narbonenſiſchen Gallien 
geidieden, im N. an die Lingones grenzend (ſüdl. 

aß, Franche Comte, Bourgogne). Der Arar 
(j. Saone) und Dubis (ij. Doubs) durchitrömten 
das Gebiet, die Sequana entiprang nur an der 
Nordweitgrenge (Ches. b. g. 1, 31) desfelben. Die 
Hauptjtadt war Veſontio (j. Bejangon), außer: 
dem Epamantodurum (j. Mandeure), Admageto: 
briga u.a. Als Todfeinde der Aduer unter eigenen 
Königen jchloffen fie fih an die Germanen an. 
Caes. b 3. 31. Strab. 4, 192. 

Sequester, 1) unterjchieden von divisor und 
interpres, die Mittelöperjon bei Beftechungen des 
Volkes oder der Richter. Bei demjelben wurde 
das verjprochene Geld deponiert, und jo diente ber 
sequester beiden Parteien zur größeren Sicher: 
heit. Sequester hieß auch der von den Parteien 
erwählte Schiedsrichter (arbiter), bei dem die 


ſtreitige Sache deponiert wurde, um fie nad) aus ſich 


Die Heinfte Art der Grab: | 


Die großartigften Grab: | 
empirischen Schule in der Medizin. — 4) rg 





Sequana — Sergii, 


Wahrſcheinlich ftammt sequester von secus, nicht 
von sequi. — 2) f. Vibii, 13, 

Serapeion |. Sarapeion. 

Serapion, Zeorrior, 1) ein griedhiicher Tragi: 
fer, von dem Stobaios einige Verje erhalten hat. 
40, 2. — 3) Arzt. aus Alerandreia, Gründer der 
aus Antiocheia, wahrjcheinlich aus ‚ber Beit bes 
Eratofthenes (ſ. Cie. ad Att. 6, 1. 2, 4, 1), von 
Plinius benußt. — 5) ——— Nhelor im 

Jahrh. n. C., von dem Suidas einige rhete: 
rifche Schriften aufzählt. 

Seräpis j. Sarapis. 

Serdiea oder Sardieca, Zeodınj, Zaxodıri), 
Name einer früher zu Thrafien, Pi bem 3. Jahrh. 
n. C. zu Dacia inferior gerechneten Stadt, der 
— Hauptſtadt Obermöſiens in fruchtbarer 
Gegend, an den Quellen des Dfcus (j. Islker, 
an der Heeritrafe von Naijus nad) Philippopolis, 
benannt nad) der thrafifchen Völterichaft der Ser: 
der. Später führte fie den Beinamen Ulpia; in 
der Nähe war der Kaifer Mariminianus geboren. 
Von Attila zerftört, wurde S. unter dem Namen 
Triaditza turederhergeftellt: j. Ruinen bei Sofia 
(bulgariſch Srebep). 

Serönus, 1) j. Septimii, 6.— 2) Annäus 
Serenus, praefectus vigilum unter Kaijer Nero, 
Freund des Philojophen Seneca, der die Schriften 
de tranquillitate animi und nec iniuriam nec 
contumeliam accipere sapientem an ihn ge 
richtet Hat. Tac. ann. 13, 13. Sen. ep. 63, 12. 
Plin. 22, 23, 96. — 3) DO. Serenus Sammo: 
nicus, berühmter Arzt zur Zeit des Caracalla 
und auf deſſen Befehl getötet, 212 n. E. Spart. 
Carac. 4. Er ober fein gleihnamiger Sohn ift 
Verfaſſer eines Lehrgedichtes de medicina prae- 
cepta in 1115 Serametern, welches im Mittel: 
alter Häufig gelejen und kommentiert wurde und 
zwar ngen poetiichen Wert hat, aber in der 
metrif orm korrekt iſt. Ausgg. von Keuchen 
(1706), Adermann (1786) und Bährens, poet. 
Lat. min. II p. 103. — 4) Mathematiter aus 
Antiffa (vermutlich im 1. Jahrhundert n. E.), von 
welhem 2 Bücher von den Eylinder: und Kegel: 
Ichnitten auf uns gefommen find. 

Seres j. Serien. 

Sergestor j. Aineias, 

Sergii, ein patricijches Gejchlecht: 1) 2. Serg. 
Fidenas, Konjul 437 v. E., befiegte Die Side: 
naten und Bejenter. Liv. 4, 17 f. — 2) M. Serg. 
Fidenas, verlor 402 v. 6. ala Kriegätribun das 
römijche Lager vor Beji an Etruſter und wurde 
deshalb mit jeinem Kollegen zu_einer Geldftrafe 
verurteilt. Liv 5, 8ff. — 3) M. Sergius, wurde 
205 dv. E. von Pleminius zu Rhegion wegen einer 
Umiftigteit zu Tode gequält. Div. 29, 6fi 

M. Serg. Silus (d. h. Stülpnafe), * 
des Catilina, zeichnete ſich im zweiten pun. 
Kriege durch verwegene Thaten aus. Für die 
verlorene rechte Hand ließ er fich eine eiſerne 
machen. Plin. 7, 29. 197 wurde er Prätor. Liv. 

32, 27. — 5) Sein Sohn, M. Serg. Eilus, 
diente als Legat unter 2. AÄmilins Paullus gegen 
Perjeus. Liv. 44, 40. — 6) C. Serg. Drata, 
ein Lebemann, der im Schlemmen und Feinschmeden 
hervorthat. Plin. 9, 79. Cie. fin. 2, 22, 70. 


gemachter Sache dem fiegenden Teil zu übergeben. | — 7) Bruder des Catilina, fand durch die Hand 


' Sergüi. | 1101 


desjelben feinen Tod. Plut. Sull. 32. — 8) 2. | feine ehrgeigigen Pläne und eine neue Bewerbung 
Serg. Eatilina, geb. um 108 v. E., gab fich jchon | um das Konjulat nötigenfalls auf dem Wege der 
in früher Jugend allen möglichen Baftern und | Revolution durchzufegen. Wenn je, jo boten damals 
Ausichweifungen hin, welche zwar nicht feinen fern= | die Berhältwiffe des Staat? Ausfiht auf einen 
gejunden Körper ſchwächten, aber jein fittliches | ihm günftigen Erfolg: Pompejus war im DOften 
Gefühl völlig abftumpften und ihn bei feiner An- | bejchäftigt, fein Heer jtand auf italiichem Boden, 
lage zur Herrichfucht mehr und mehr auf die Bahn | der Senat krankte an Ohnmacht und Energielofig- 
des Verbrechens führten. Sall. Cat. 15. Cie. Cat.| keit, alle Klafjen der Gejellihaft an Genußſucht 
1, 6. Wozu er fähig war, bewies er zur Peit der | und fittlicher erworfenheit, der fich ne. in Rom 
ſullaniſchen Brofkriptionen, in der er jeinen Bruder | mehrende Pöbel an Arbeitsſcheu und Frechheit. 
ermorbete und aus Furcht vor gerichtlicher Strafe | Unter ſolchen Umftänden ftand ©. bald an der 
es bewirkte, daß der Name des Gentordeten noch | Spibe einer Verſchwörung, die jich jchnell bis in 
nachträglich auf die Lifte der Geächteten gejegt | die entferntejten Teile Italiens verzweigte. Cie. 
wurde. Plut. Cie, 10. An der Spipe galliicher | Cat. 2, 45. Ihren engeren Kreis bildete eine Schar 
Krieger erichlug er eine Menge römiſcher Ritter | völlig heruntergefommener römijcher Ariftofraten 
und marterte den M. Marius Gratidianus grau: | (Sall. Cat. 17. Flor. 2, 12), die bei einem Umfturz 
ſam zu Tode. @. Cie. pet. cons. 2f. Nachdem er | der bejtehenden Berhältnifje nicht? zu verlieren 
Duäftor gewejen, wurde er Legat. Im Jahre 73 | hatten, aber viel gewinnen fonnten, der weitere 
machte er jic der Unzucht mit einer Veſtalin jchul: is beitand aus Genußſüchtigen, Armen, Ber: 
dig, wurde aber, bejonders auf die Verwendung | brechern, aus den Veteranen Sullas, die ihre 
des Lutatius Catulus, freigeiprochen. Oros. 6, 3. | jchnell erworbenen Reichtümer aufgebraucht hatten 
Prätor war er im J. 68 und verwaltete 67—66 | und nun nad) neuer Beute lüftern waren, nament- 
die Provinz Afrifa, wo er fich die jhändlichiten | lich aber aus dem ranb- und morbdluftigen Pöbel 
Erpreffungen erlaubte. Als er daher (66) nach | der Hauptftabt. Die Mitglieder der Verſchwörung 
Rom zurüdkehrte, um als Kandidat Konjulats | wurden zunächſt beordert, mit allen Sräften auf 
(für 65) aufzutreten, drohte ihm eine Anklage | E.3 Wahl zum Konſul für das J. 62 hinzuwirlen. 
wegen —— was ihn veranlaßte, von War dieſe erreicht, ſo hoffte C. leicht den einen, 
feiner Bewerbung zurückzutreten. Ascon. ad or. ebenfalls verſchuldeten, Konſul, Antonius, am 
in tog. cand. p. 79 ed. Kiessl. et Schöll. Um | Gängelbande führen, den andern, Cicero, aus dem 
jo geneigter war er zur Teilnahme an einem An: | Wege räumen zu können. Letzterer verftand es 
ichlage, der in der Regel als erjte catifinarifche | jedoch, durch Umficht und Wachſamkeit feinen Plä- 
Berihwörung bezeichnet wird. Zu Genofien * nen entgegenzuarbeiten. Sall. Cat. 26. Er hatte 
er die für 65 gewählten, aber wegen Erfaufung | nicht nur durch Abtretung der reichen Provinz 
der Wahlftimmen noch vor ihrem Amtsantritte | Makedonien Antonius von der Berbindung mit 
abgejegten Konjuln P. Autronius Pätus und BP. | E. abgezogen, jondern er erfuhr auch durch Fulvia, 
Eornelius Sulla, jowie den jungen patriciichen | die Geliebte des D. Eurius, den ganzen Ber- 
Wüftling En. Calpurnius Pilo. Sall. Cat. 18. | jchwörungsplan und dedte im Senate das ſchänd— 
Ase. a. a. O. 82. Cie. Cat. 1, 6. Dio Cass. 36, 27. | liche Vorhaben auf. Cic. Mur. 25. Um Tage der 
Ihr ruchlofer Plan war, am 1. Jan. 65 die nen: | fonjulariichen Comitien, auf welche C. jeine ganze 
— Konſuln L. Aurelius Cotta und L. | Hoffnung geſetzt hatte, erſchien Cicero den bewaff— 

anlius Torquatus zu töten, die konſulariſche Ge-⸗ neten V —— egenüber ſelbſt bewaffnet 
walt den abgeſetzten Konſuln zu übertragen und | mit einer Schar entſchloſſener Männer (Cie. Cat. 
Piſo mit Heeresmacht nad Spanien zu entjenden,| 1,5. Mur. 26), €. fiel abermals bei der Wahl 
um dieſe Provinz in der Gemalt zu haben. Der durch, feine Anhänger wagten feinen Angriff. 
Mordanichlag mißlang, ebenjo ein zweiter (am | Jet bereitete C. offene Revolution vor: er ver: 
5. Febr.), weil €. zu früh das Zeichen gab. Asc.a. a. | mehrte die Zahl feiner Genoſſen in und außer: 
O. 82 f. Nach Suetonius (Caes. 8) freilich waren die er der Stadt, häufte an verjchiedenen Orten 
eigentlichen Anftifter und Leiter der Verſchwörung ffenvorräte auf und ließ geborgte Gelder nad) 
Craſſus und Cäſar? Läßt fich hierüber auch nicht | Fäjulä in Etrurien zu E. Manlius bringen, dem 
Klarheit erlangen, jo fteht doch feit, daß niemand | er die militärifche Zeitung der Revolution über: 
die Verbrecher vor Gericht zu ziehen wagte, und | tragen hatte. ieſer jollte amı 27. DOftober in 
dab E. noch in demjelben 3. 65 eine Anflage des | Etrurien zu den Waffen greifen, einen Tag ſpäter 
Elodins wegen feiner in Afrifa verübten Erpreſ- jollten in Rom Cicero und die bedeutenditen Op: 
fingen durch Beftechung feiner Gegner zu befeis | timaten bejeitigt werden. Cic. Cat. 1,3. SJebt 
tigen wußte. Asc. a. a. D. 78. 80. Im %. 64 | endlich fahte der (am 21. Oktober) von Cicero be: 
ftellte er fich wieder ald Bewerber um das Konjulat | rufene Senat einen mannhaften Entſchluß und er: 
(Cie. ad Att. 1, 2), wozu ihn außer jeinem Ehrgeiz | teilte den Konjuln unbeichränfte Vollmacht. Sall. 
feine vielen Schulden trieben. —* hoffte er, | Cat. 29. Dio Cass. 87, 21. Da €. fich durch Ei- 
im Beſitze der höchſten Gewalt, durd Akte der cero in der Stabt überall beobachtet jah, beichlof 
Willfür mindern oder ganz tilgen, vor allem aber | er jelbjt die Führung des Heeres in Etrurien zu 
für das folgende Jahr eine fette Provinz erlangen | übernehmen und ehebaldigft einen enticheidenden 
u können, die ihm Gelegenheit zur Berg Kampf zu wagen, doch wollte er noch vor feiner 
Feiner ſchrankenloſen Habjucht bieten konnte. Cäfar | Abreije Eicero aus dem Wege räumen. Deshalb 
und Erafjus begünftigten jeine und des Antonius | verjammelte ex in der Nacht vom 6—7. November 
Bewerbung, doch wurden der Teßtere und Eicero | jeine Genofjen bei Porcius Läca und verteilte die 
gewählt. Asc. a. a. D. 84. Wiederum in feiner | Rollen. Der Ritter Cornelius und der Senator 
Hoffnung getäufcht und gedrüdt durch die Laſt Varguntejus erboten fi), bei Tagesanbrud den 
jeiner Schulden, faßte E. nunmehr den Entfchluß, | Komful in jeinem Hauſe zu töten, aber Cicero 


1102 


wurde gewarnt, lie die Mörder abweijen, ver- 
ftärkte die Wachen der Stadt und verjammelte am 
8. November den Senat im Tempel des Jupiter 
Stator, wo er jeine erſte catil. Rebe hielt. 
war jo dreift, in dieſer Verſammlung zu ericheinen, 
und wollte jchmähend auf die von Cicero gemach— 
ten Enthüllungen antworten, aber von der Wucht 
der gegen ihn vorgebradhten Beweiſe niederge: 
donnert, mußte er den Senat und Rom verlafien 
und reifte noch in derjelben Nacht ins Lager des 
Manlius ab. Sall. Cat. 32. m feiner zweiten, 
am 9. November gehaltenen Rede klärte Cicero 
das Volt über die ganze Sadjlage auf. Als wenige 
Tage jpäter in Nom befannt wurde, da E. mit 
den Fasced und andern Abzeichen de Imperium 
fi) nad) dem Lager des Manlius begeben habe, 
wurben er und Manlins geächtet (Dio Cuss. 37, 32. 
Cie. Cat. 2, 6. Sall. Cat. 36), die Konſuln beauf- 
tragt, jchleunigft Truppen auszuheben, Cicero mit 
der Sorge für die Sicherheit der Stadt betraut. 
Inzwiſchen mehrten fi) im Lager des E. die 
Scharen durch Zuzug aus allen Gegenden, und 
aud die in Rom verbliebenen Leiter der Ber: 
ſchwörung, der Prätor Lentulus und der Senator 
Gethegu3, ſetzten ihre Umtriebe und Rüſtungen 
ungeſcheut fort. Sall. Cat. 39. Sobald €. mit 
feinen Truppen in das Gebiet von Fäſulä gekom⸗ 
men wäre, beabſichtigte man durch einen Tribunen 
in der Volksverſammlung die Verantwortung für 
den drohenden Krieg Cicero zuzuſchieben. In der 
folgenden Nacht ſollten dann Statilius und Gabi— 
mins mit ihren Banden die Stabt gleichzeitig an 
12 Punkten anzünden, Cethegus den Cicero und 
andere Vornehme töten, und die Verſchworenen 
jollten hierauf bei der allgemeinen Verwirrung einen 
Durchbruch zu E. veriuchen. Sall. Cat. 43. Plut. 
Cie. 18. Da aber Cethegus zur Eile drängte, 
beſchloß man am Feſte der Saturnalien (19. De: 
zember) loszujchlagen. Cic. Cat. 8, 4. Wieder er: 
hielt Cicero von dem ruchloſen Plane rechtzeitig 


Kunde, doch er er nicht eher einzufchreiten, als | S 


bis er untrüglice Beweiſe der Schuld hatte. Cie. 
Cat. 3,2. Ein glüdliher Zufall jpielte ihm dieje 
in die Hände. Lentulus hatte in Rom anweſende 
Gejandte der Allobroger ind Geheimnis gezogen, 
das teilten diejelben ihrem Patron DO. Fabius 
Sanga mit, leßterer entdedte e3 dem Cicero. Als 
die Gejandten in der Nacht vom 2. zum 3. De: 
zember mit Briefen von den Häuptern der Ber: 
Ihwörung und mit einem Verſchworenen, Boltur: 
cius, abreiften, wurden fie bei der Mulviichen 
Brüde feitgehalten und zurüdgeführt. Sall. Cat. 44. 
Cie, Cat. 3, 2. Noch während der Nacht ließ 
Cicero den Lentulus, Cethegus, Statilius und Ga: 
binius fejtnehmen (Sall. Cat. 46) und berief hierauf 
(3. Dezember) den Senat in den Tempel der Eon: 
cordia, wo die Feftgenommenen verhört und über: 
führt wurden. Salt. Cat. 47. Cie. Cat. 3, 3f. Der 
Senat beſchloß, daß die Hochverräter Senatoren 
zur Bewachung übergeben würben. rt feiner 
dritten catil. Rede gab Cicero noch am Wbend 
des 3. Dezember dem Bolfe iiber die Borgänge 
Auskunft. Plut. Cie. 19. Da man aber gewalt- 
jamen Ausbruch der Gefangenen fürchtete (Sall. 
Cat. 50. Cie. Cat. 4, 8. Dio Cass. 37, 85), berief 
er am 5. Dezember wieder den Senat in den 
Tempel der Concordia. Silanus ftimmte für die 
äußerſte Strafe, Cäſar dagegen bezeichnete die 


Serica und Sinae, 


Mahregel der Hinrichtung als eine ungejeßliche 
und ftimmte für lebenslängliches Gefängnis nebſt 
Gütereinziehung (Sall. Cat. 51), Cicero aber (in 


E. | jeiner vierten catil. Rede) und Cato (Sall. Cat. 


52.) drangen mit der Tobdesftrafe durch. Die 
Verſchworenen (außerdem noch Geparius) wurden 
noch vor Einbruch der Naht durch Henfershand 
im Tullianum erdroffelt. Sall. Cat. 55. Das Bolf 
begrüßte jubelnd Cicero als den Netter der Stabt 
und begleitete ihn im Triumphzuge durch bie 
Stadt. Plut. Cie, 22. Vell. Pat. 2, 35. Die an 
verichiedenen Bunkten Jtaliens ausgebrochenen Auf: 
ftände wurden leicht unterbrüdt, viele jeiner An- 
hänger fielen von €. ab, mit dem zum Teil aus 
entlaufenen Sklaven bejtehenden Hefte judhte er 
nach Gallien zu entfommen, fand aber die Apen— 
ninenpäfle durch Metellus Celer verlegt; bei Bijto- 
ria ftieß er auf den Legaten des Konfjuls Antonius, 
ben tapfern Petrejus (Anfang 62). Man focht 
mit äußerfter Erbitterung; als aber C. alles ver: 
loren job, ftürzte er fich mitten unter die Feinde 
und fand feinen Tod. Sall. Cat. 67 ff. Flor. 
2, 12. Bgl. Hagen, Catilina (1854). John, die 
—— chichte der catilin. Verſchwörung 
(1876). 


Serica, Zingıxr, und Sinae, Zivaı. Die Nach— 
richten von dem uralten Volt der Sinejen (be 
nannt nah ber mächtigen Dynaftie Zfin, jeit 
etwa 250 dv. E.) oder Ehinejen beruhten bei den 
Alten auf den Angaben der SHandelsvölfer von 
Inneraſien und waren daher jehr mangelhaft. Das 
Land Serifa, das man zuerft an den Grenzen des 
baktrijchen Reiches juchte, dann aber immer weiter 
nad) Oſten verlegte, grenzte in diejem jpäteren 
Sinn im N. an unbelanntes Land, im W. an 
Seythia extra Imaum, im ©. au Indien und 
das Land der Sinä, umfaßte aljo das mittlere 
China. Gebirge: im N. die Aſmiräiſchen (j. Ja: 
blonoigebirge?), Annibifchen (j. Sajanijches Ge- 
birge?) und Anzariihen (j. Altai?) Berge; im 
>. ber Emödus Sericus (j. Bajan-fara). 
Flüſſe: Kottiaris (Jangtiefiang?), Bautijos 
(Hoangho?) und Dihardes (Selenga?). Das 
Hauptprobuft des Landes war die Seide, angıxor, 
sericum, ein einheimijches Wort, aus dem man 
erft den Namen des Landes (Eingexj) und Volles 
(Ziness), jowie der Hauptjtadt Moc (wohl Singan, 
n. a. Peking) abftrahierte. Die Seres werben 
als ein janftes, gutmütiges Volk geſchildert, das 
Ruhe und Gemächlichkeit Tiebe, große und reiche 
Städte bejite, aber fich völlig iſoliere. Die Chine— 
ſiſche Mauer erwähnt Ammian (23, 6). — Das 
Land der Sinä (Zivar), das feinen bejonderen 
Namen führt, grenzt im NR. an Serika, im O. an 
den Öftlihen Ocean, im ©. an den »olmog ueyas 
(fübchinefiiches Meer), im SW. an India trans 
Gangem; ijt aljo das jüdliche China. Ptolemaios 
nennt ben Zirar noimog (j. Golf von Kanton 
oder Mafao) und den Oneuwöns x. (j. Strafe 
von Fukian). Flüſſe: Aspithras (ji. Songta) 
und Ambaftus (j. Sitiang). Die Hafenjtadt Kat: 
tigara ijt wohl das h. Hangtſcheu, die Haupt: 
ſtadt Thinä Khaifung. An der Küfte nennen die 
Alten Aithiopen; es waren dies die dunkelfarbigen 
Ureinwohner. Die Sinä wie die Seres zerfielen 
in viele, von Ptolemaios aufgeführte Völler— 
ſchaften. Chinefiiche Berichte erzählen von xö- 
miſchen Gejandtichaften im 2. und 3. Jahrhun: 


Seriphos — Sertorius. 


dert n. C. 3. B. 166 unter M. Aurelius Antoni- 
nus (Antun). 

Seriphos, Zigıpos, j. Serphos oder Serphanto, 
Kyfladeninjel zwiichen Kythnos und Siphnos, etwa 
3 Stunden lang und ebenjo breit, mit Stadt und 
Hafen, arın an Getreide, aber reidy an Eijen und 
Magnet. Dort ließ die Sage die Danad und 
den Perjeus, welche Akrijios verftoßen hatte, in 
einem Kaften landen; Berjeus verwandelte dann 
mitteld des Gorgonenhauptes die Bewohner in 
Stein. Pind. pyth. 10, 46 ff. Apollod. 2, 4, 1 ff. 
Strab, 10, 487. Die ältejten Einwohner waren 
wohl theſſaliſche Miolier; jpäter lamen ioniſche Ko— 
loniſten von Athen aus. Hdt. 8, 48. Im Perſer— 
friege verweigerten die Seriphier, nebjt den Siph— 
niern und Meliern, den Tribut. Hdt. 8,46. Am 
allgemeinen waren fie wegen ihrer Bedeutungs— 
fofigfeit und Armut ſtets Zielſcheibe des Spottes. 
Plut. Them. 18. Cie. Cat. m. 3. n.d. 1, 81. Spü- 
ter diente die AInjel den Römern zum Verban— 
nungsort. Tac. ann. 2, 85. 4, 21 (saxum Seriphos). 
As Naturmerkwürdigkeit werden von Nriftoteles 
fiumme Fröjche erwähnt, 

Sermyle, Zspouöiln, Stadt an dem Halje der 
challidiſchen Landſpitze Sithonia; j. Ormylia. Hadt. 
7,122. Thue. 1, 65, 5, 18. 

Serränus, 1) j. Atilii, 7—9.; — 2) ein armer 
epijcher Dichter bei Juvenal (7, 80). 

Serrheion, Ziopsıor, thrafiiches Vorgebirge 
und Kaftell, der Injel Samothrafe gegenüber, wahr: 
icheinlich j. Mafrya. Hdt. 7, 59. Iav. 31, 16. 

Sertorius, Quintus, aus Nurfia im Sa: 
binerlande, anfangs Rechtsgelehrter und Redner 
(Plut. Sert. 2), widmete ſich jpäter dem Kriegs: 
dienjte und begründete in den Kämpfen unter Cäpio 
und Marius gegen die Cimbern und Teutonen 
(105 und 102 dv. E.) und in Hiſpanien (97) als 
Kriegätribun (Plut. Sert, 3) feinen kriegeriſchen 
Ruhm. Darauf wurde er Duäftor (91) im cis- 
alpinijchen Ballien und nahm am Bundesgenofen- 
friege rühmlichen Anteil. Nicht glüdlich in jeiner 
Bewerbung ums Tribunat, fam er in ein jeind- 
liches Verhältnis zur Partei Sullas, jo daf er ſich 
mit Marius und &inna verband, = des eriteren 
rachſüchtige Mafregeln gut zu heißen. Als nad 
dent Tode beider des Sert. Ratjchläge bei den 
übrigen Marianern unbeachtet blieben, begab 
er ſich 32 im die ihm beftimmte Provinz Hijpa- 
nien, wohin ihm zahlreiche Anhänger folgten, ge 
wann hier in jeltenem Grabe durch freundliche 
und gerechte Behandlung die Gemüter der Ein- 
geborenen, welche ihn den neuen Hannibal nanı- 
ten, jammelte ein Heer und eine Flotte und begann 
einen Krieg, der durch jeine Bejonnenheit, Tapfer: 
feit und Gejchwindigfeit für Rom jehr verderblich 
wurde. Plut. Sert. Aff. Flor. 3, 21. Vell. Pat. 
2,26. App. b. c. 1, 6öff. 86f. Anfangs mußte 
er nach der Niederlage eines ſeiner Unterbefehls— 
haber vor Sullas Scharen, welche über die Pyrenäen 
hereinbrachen,, nad Afrika entweichen (81) und 
befagerte und eroberte hier Tingis, nachdem er, 
durch manche Mifgeichide veranlaft, bereits den 
Plan gefaßt hatte, die an Afrifas Weftlüfte gele- 
genen Inſeln der Seligen zu bejegen und dorthin 
römiſche Freiheit zu verpflanzen. Doc lehrte er, 
von jeinen Anhängern getrieben und gerufen von 
den kühnen und friegeriihen Lufitaniern, nach 
Spanien zurüd und jammelte in kurzem aus den 


1103 


ihm zahlreich zuftwömenden Eingeborenen ein Heer, 
welches er nad römiicher Weiſe bewaffnen und 
üben lieh (80). Plut. Sert. 10 ff. Aber nicht bloß 
durch kriegeriſche Mittel wollte er fiegen; auch 
durch Schlauheit und Benutzung des Aberglanbens 
(eine zahme Hindin begleitete ihn und joll ihm 
nach der jtaunenden Erzählung ber Eingeborenen 
Dffenbarungen gebradht haben) wußte er jeine 
Macht zu erweitern, nahm, urjpränglich mit ge: 
ringer Schar gegen einen übermächtigen Feind 
kämpfend, den größten Teil der Halbinjel ein und 
ichlug zahlreihe römiſche Heere und Feldherren, 
80—77. Plut. Sert. 12ff. Pomp. 17. Dio Cass. 
36, 8. 10. App. b. e. 1, 97. 107 ff. Um die Gunft 
der Einwohner zu gewinnen und Geijeln für ihre 
Treue zu haben, gründete er zur Erlernung der 
fateinifhen und griechiihen Sprache eine jtarf 
beiuchte Anftalt zu Oſca (j. Huesca); außerdem 
umgab er fich mit einer jpaniichen Leibwache und 
einem Senat von 300 Männern, wie er denn überall 
römiiche Einrichtungen nachzuahmen und: jo ein 
Gegengewicht gegen die Sullaner zu bilden ſuchte. 
Cie. Brut. 48. Gell. 15, 22, So erſchien er den 
Spaniern zugleic als Statthalter Roms, nur mit 
dem Unterjchiede, daß er es verftand, durch Liebe 
die nn für fih und für Rom zu ge 
winnen. Schon war zu befürdten, daß ©. gegen 
Dtalien ziehen würde, als der Senat (77) beſchloß, 
den jungen Pompejus ald Prokonſul mit einem 
Heere von 30 000 Mann zu Fuß und 1000 Reitern 
gegen ihn zu jenden. Nunmehr wurde der Kampf 
—— als zuvor; dem kühnen, gewandten 
5. ſtand außer dem jugendlichen Pompejus noch 
der tapfere, aber bejahrte Metellus gegenüber. 
Plut. Sert. 16 ff. Pomp. 19. Nach Niederlagen 
erhob ſich ©. immer mächtiger und gefürdhteter. 
Als jeine Unterfeldherren Berperna (j. Perper- 
nae, 4.) und Herennius von Pompejus geichlagen 
worden waren (Sall. hist. 2, 96, 6. 2, 1,8D, Plut. 
Pomp. 18), brachte er leßterem jelbjt bei Lauron 
bebentende Berlufte bei (App. b. c. 1, 109. Plut. 
Sert. 18. Pomp. 18); bafür ſiegte Metellus über 
des ©. Quäſtor Hirtulejus bei Jtalica, 76. Liv. 
ep. 91, Sall. 2,17 D. Im folgenden Jahre wurde 
—2— in dem Kampfe bei Sucro von neuem 
von ©. geichlagen (Plut. Sert.19. Pomp. 19. App. 
b.e. 1, 110), und obwohl darauf Pompejus und 
Metellus vereinigt dem ©. bei Sagunt eine Nieder: 
lage beigebracht hatten (App. a. a. ©. Plut. 
Sert. 21), war doc) ©. im ganzen im Vorteile, 
und Pompejus jah jich genötigt, vom Senate die 
Mittel zu kräftiger Fortführung des Krieges zu 
fordern und ſogar zu drohen den Krieg nach Italien 
u ziehen, wenn man ihm nicht Geld und Ber: 
— ung ſchicke. Sall. hist. 2, 96, 10D. Pilut. 
Sert. 21. Pomp. 20. Da man in Rom die Lait 
diejes furdhtbaren Krieges jehr drüdend empfand 
und wohl wußte, dab König Mithridates von 
Pontos mit S. ein Bündnis zu gegenfeitiger 
Unterftügung geichlofien hatte (Plut. Sert. 23 j. 
Lac. 8. 12, App. Mithr. 68. 112), jo jchidte man 
dem Pompejus die verlangte Verſtärkung. Diejer 
war nunmehr (74 und 73) dem S. gegenüber im 
ganzen glüdlich (Liv. ep. 94. App. b. e. 1, 112), 
und auch Metellus machte troß feiner Neigung 
zur Ruhe und Schwelgerei Fortſchritte. Immer— 
bin aber wäre vorausjichtlich der Krieg noch lange 
nicht beendet worden, wenn micht im eigenen 


1104 


Heere de3 S. Unzufriedenheit mit ihm entftanden 
wäre. Geitdem Bompejus einen Preis auf ſeinen 
Kopf geiet hatte, war S. mißtrauiich und grau: 
ſam geworden (Liv. ep. 92%. App. b. c. 1, 112f. 
Plut. Sert. 22. 25) und hatte die Sympathien 
mancher jeiner Anhänger verloren. Hierzu fam, 
daß die römischen Flüchtlinge in feinem Heere fich 
ihm nur mwiderwillig unterordneten und Komplotte 
gegen ihn zu jchmieden begannen. Die Unzufrie- 
denheit wuchs, als feine Unternehmungen manchmal 
mißlangen, und infolge deſſen ein günftiger Aus: 
gang des ganzen Krieges in unabjehbare ferne 
gerüdt jchien. So fam es, daß ©., deſſen ſpaniſche 
Truppen ebenfalld immer unzuverläffiger wurden, 
endlich der Verräterei erlag (72), indem er von 
Verſchworenen, deren Haupt der ehrgeizige Berperna 
war, zu Oſca bei einem Feſtmahle durch Meuchel: 
mord getötet wurde. App. b.c. 1, 113. Hisp. 101. 
Plut. Sert. 26. Pomp. 20. In ihm ftarb einer 
der ebelften unb größten Männer, die Rom je 
hervorgebracht hat. Perperna hatte nach 5.8’ Tode 
ſich nur mit Mühe den Oberbefehl über dad meu— 
teriiche Heer verſchaffen können; beim erften Zu— 
janmenftoße mit Bompejus murbe er geichlagen, 
gefangen genommen und getötet, Spanien mußte 
jih den Römern unterwerfen. 

Servi, der allgemeine Name der römijchen 
SHaven; ald Diener hießen fie famuli (daher 
bildeten die zu Einem Haufe gehörenden eine 
familia), im häuslichen Leben pueri, als jachliches 
Eigentum mancipium. Die Sflaverei entftand 
1) durd; Geburt von einer SHavin, 2) durch Ber: 
luft der früheren freiheit, a) durch Kriegsgefangen: 
ichaft, denn die Gefangenen wurden von Staats 
wegen sub hasta oder sub corona (mit einem 
Kranz auf dem Kopfe) verfauft, b) durd Verkauf 
beflen, der fich dem Cenſus (incensus, ſ. d.) oder 
dem Kriegsdienſt entzog, c) durch Berfauf bes 
addietus von jeiten des Gläubigers (j. Manus 
iniectio), d) durch Berurteilung zum Xobe, 
denn vor der Hinrichtung wurde jeder Freie Sklave. 
Die SHaverei hörte auf durch mannmissio (f. d.) 
und durd; die Staatsbehörden, z. B. zur Beloh: 
nung für die Anzeige eines Verbrechens u. ſ. w. 
— der Herr, welchem der SHave durch die Geburt 
angehörte, oder welcher dbenjelben durch Kauf er- 
worben hatte (von Sllavenhändlern, mangones), 
hatte über ihn Eigentumsrecht, wie über eine 
Sache (daher mancipium), und fonnte den Sklaven 
willtürlich verfaufen, martern, töten, bis die lex 
Petronia, 61 n. C. (f. d.) und mehrere Gefe 
des Antoninus Pius ſowie einige SConss. die 
Willkür des Herrn beichräntten, jo daß er wegen 
Tötung des Sklaven zur Strafe gezogen wurde. 
Was der Sklave erwarb, gehörte feinem Herrn, 
mit Ausnahme bes peculium (f. d.), feine Ber: 
gehungen richtete urfprüngfich der Herr (die Strafen 
waren Verweifung auf das Land in das ergastu- 
lum, Arbeit in dem pistrinum, Schläge mit Ruten 
oder Riemen, — — Kreuzigung und 
grauſame Mißhandlungen), die größeren ſpäter 
die Obrigkeit ausſchließlich. Die Lage des Sklaven 
war ſonach jehr nr doch wurde fie in der älteren 
Beit durch die Sitte gemildert, und der Cenjor 
beftrafte jchlechte Behandlung der Sklaven. — 
3 Der Name der servi war oft ihrer Heimat ent— 
lehnt, 3. B. Phryx, Cappadox, Syrus, oder von 
alten Helden, Achilles, Priamus, PBollur u. dgl., 


Semi. 


von Pflanzen und Steinen, wie Amiantus, Sar— 
donyr genommen. Bor alters nannte man mandhe 
nach dem Seren, 3. B. Gaipor, d. h. Gai puer, 
Lueipor n. ſ. w. Die meiften ftammten aus Gal: 
lien, Hiipanien, Griechenland, Afien; die Aethio- 
pes waren jehr begehrt. — Bor alters aßen fie 
mit dem Herrn gemeinschaftlich, ſpäter befamen 
fie monatli oder täglih ein gewiſſes Deputat 
an Getreide, Feigen, Dliven, Wein und Eſſig 
(demensum). Die Kleidung war von ber ber 
armen Bürger nicht verjchieden und beftand in einer 
groben, dunfelfarbigen Tunica. Die alte Anhäng- 
lichfeit und Treue, welche die Sklaven in den 
meiften Familien mit dem Herrn verbunden hatte, 
wurde in ben Zeiten des wachſenden Sittenver- 
derbnifjes immer jeltener, die Sflaven waren gegen 
die Herren erbittert und erregten daher mehrmals 
Aufftände und Empdrungen. War der Herr von 
einem Sflaven ermordet worden, jo wurden nad) 
alter Sitte (oder Senatsconfult) ſämtliche SHaven, 
die zur Zeit der That unter demjelben Dache ge: 
wejen, mit dem Tode beftraft (Teac. ann. 13, 32. 
14, 42f., vgl. Cie. ad fam. 4, 12). — Die ver: 
ihiedenen Klaſſen der Sklaven. Während 
in ber alten Zeit die Sklavenfamilie Fein geweſen 
war, hatte man jpäter in den vornehmen Häuſern 
ganze Scharen, greges ancillarum, legiones man. 
cipiorum, jo daß fie in decuriae eingeteilt wur: 
ben und nomenclatores nicht entbehrt werden 
fonnten. In Rüdficht auf den Aufenthalt in der 
Stadt ober auf den Villen und Latifundien zerfiel 
die Sflavenfamilie in eine urbana und rustica, 
nach Rang und Beichäftigung aber gab es 3 Klaſſen: 
1) Ordinarii, die honestiores, mit dem er: 
trauen bed Herrn beehrt und mit der Aufficht 
über das Hausweien, Kaffe u. j. w. beauftragt. 
Diefe hielten ſich auch vicarii, d. h. eigene Sfla- 
ven zu ihrer Unterftüßung. Unter den Ordinarien 
fteht oben an der procurator (Berwalter des 
Vermögens, der Güter), dann der actor (j.v. a. 
villicus, Aufjeher und Verwalter der Billa), dis- 
pensator (Kaffeführer, ſ. Dispensator), atri- 
ensis, welcher vor alter3 mit dem procurator unb 
dispensator identijch war, ſ. Atriensis. Hieher 
gehören auch ber cellarius oder Propiantmeifter, 
die negotiatores, welche fiir den Herrn Geſchäfte 
in der Provinz machten, die insularii, welche den 
Mietzins in den großen Mietshäufern (j. Insula) 
einnahmen, endlich die wiſſenſchaftlich oder künſt— 
lerijch gebildeten SHaven, nämlich die für Ban 
und Schmud des Haufes jorgten (fabri, tectoren, 
pietores, caelatores, statuarii, pavimentarii, 
topiarii, viridarii, aquarii, sculptores u. a.), 
die über die Bibliothek und die Kunftjachen geſetzt 
waren und die Korrefpondenz des Herrn bejorg- 
ten (a bibliotheca, a statuis, literati, anagno- 
stae, amanuenses, notarii, librarii, ab epistulis), 
die Erzieher und Begleiter der Kinder (paeda- 
gogi) und die Hausärzte (medici). Tiefer ftanden 
jedesfalls die nur zur Beluftigung dienenden SHa- 
ven, wie die symphoniaci, die Gladiatoren, Mimen, 
Schaufpieler, Seiltänzer (petauristae, funambuli, 
schoenobatae) und die mißgeftalteten moriones 
(j. d.) und nani (f. d). — 2) Die Vulgares 
verrichteten gemeine Dienfte in und außer dem 
Haufe, wie der ianitor oder ostiarius (f. Haus, 7.), 
die cubicularii (welche die Gäfte anmeldeten), die 
zahlreihen SHaven, welche dem Herrn bei dem 


[4] 


Servi publiei — Servii. 


Ausgehen folgten (pedisequi), 5. B. anteambu- 
lones, lecticarii oder Sänftenträger, cursores 
(Zäufer), Vorreiter auf Reifen. Im Hauje malte: 
ten die für den Tiſch jorgenden pistores, coqui, 
fartores, opsonatores, structores, scissores, po- 
eillatores und die, denen die Garderobe, Schmud 
und Pflege des Herrn überhaupt oblag, wie tex- 
tores, vestiarii, vestifici, lanificae, a veste, cu- 
stodes auri, ornatrices, tonsores, ciniflones oder 
einerarii, unctores, unguentarii, balneatores. — 
3) Mediastini jcheinen die niedrigften vulgares 
gewejen zu fein, welche kehrten, jcheuerten u. dgl. 
Auch die pollinctores (ſ. d.) der libitinarii und 
die balneatores in den Öffentlichen Bädern mögen 
in dieſelbe Kategorie fallen. Vgl. Becker-Göͤll, 
Gallus II S. 115 ff. 

Servi publiei jind die dem römischen Staate 
oder einer Gemeinde (Kolonie, Municipium) ge: 
hörigen Sklaven, welde die Kommune gefauft 
hatte. Auch wurden die Kriegägefangenen, welche 
der Staat nicht verlaufte, jondern für öffentliche 
Dienfte behielt, servi publici. Im Verhältnis 
zu den Privatſtlaven war die Lage der öffent: 
lichen viel günftiger, da jie fich ——— 
peculium erwerben durften. Nahrung und Woh— 
nung erhielten ſie natürlich von der Kommune. 
Ihre Dienſte waren ſehr verſchieden: a) manche 
halfen den accensi und apparitores der höheren 
Magiſtrate oder füllten deren Stelle ſelbſt aus; 
b) viele waren Tempeldiener und ſtanden den 
Opferern bei (Liv. 9, 29); c) manche beſorgten 
für den Staat allerlei Geſchäfte, wie bei der Kaſſe 
(servus aerarius) oder bei den Bauten u. a. Ans 
lagen, 3. ®. als aquarii, j. Aquac ductus. 
Die bei Bergwerfen, Steinbrühen u. dgl. Ange: 
ftellten befanden fidy am ſchlechteſten. Daß servi 
publici die Freiheit zur Belohnung erhielten, kam 
öfter8 vor. 

“ Servii, 1) Serv. Tullius, jechiter römifcher 
König von 578—534 dv. C. der Sage nad) Sohn 
einer Stlavin, auf den der König Tarquinius 
Prifeus und feine Gemahlin Tanagquil, als einft 
ein Glorienjchein des fchlafenden Knaben Stirn 
umflofjen, aufmerkſam wurden; fie nahmen. jich 
feiner an und entichloffen fih, aus dem Sohne 
der Dienenden einen ve zu machen; daher 
auch wohl der Name Servius. Später findet ſich 
eine andere Spur von jeiner Herkunft in einer 
Nede des Kaiſers Claudius, daß unter Tarquinius 
Priſcus, vielleicht Durch deſſen etrujfiiche Gemahlin 
Tanaquil veranlaft, ein Etrufler Maftarna (d.h. 
wohl Marcus Tarena [Targuinius]) mit einer 
Schar jeiner Landsleute nah Rom gekommen und 
auf dem Eöliichen Berge fich niedergelafien habe. 
Darnad) jei er König von Rom geworden. Bol. 
über diefe durch Anichriften und Bilder, die in 
dem Familiengrabe der Tarquinier zu Tarquinii 
aufgefunden worden find, betätigte Erzählung die 
Schrift von Gardthaufen: Maſtarna oder Servius 
Zullins (1882), Serv. Tullins bewog die lati: 
nijchen Edlen, an deren Spitze jeit der Zerftörung 
von Alba Longa Rom ftand, einen Bundestempel 
der Diana auf dem Aventinus anzulegen, erweiterte 
die Stadt durch Hinzuziehung des 
Ejquilinus und umso 
Ringmauer nebft Wal und Graben. 
erjcheint er als der eigentliche Urheber der, Jahr« 
hunderte überdauernden, Steuerverfafjung, der Een: 


Neallegifon des Nail. Altertums. 7. Aufl. 


1105 


turien und der Tribus, woran ſich zugleich auch 
die Militäreinrichtung in Geftalt einer allgemeinen 
Voltsbewaffnung je nad der Höhe der Steuer- 
anſätze in den verjchiedenen Klaſſen, fnüpfte. Die 
Hauptjtellen über dieſe jervianiihe Staats- 
verfaffung find Ziv. 1, 42—44. Dion. Hal. 
4, 13—26. Cie. r.p. 2, 22. Sie weichen in mans 
cher Beziehung voneinander ab, das, was ſich für 
die Schule feſtgeſetzt hat, ift folgendes: Bis zu 
Serd. Tull. bildeten die PBatricier allein den po- 
pulus, die daneben in Rom anſäſſigen Blebejer 
hatten zwar Landbeſitz und waren zum Kriegsdienfte 
verpflichtet, doch nicht in den Legionen; außerdem 
entbehrten fie jegliches Anteil3 an der Regierung. 
Um revolutionären Beſtrebungen diejer zahlreichen 
und kräftigen plebs vorzubeugen, ordnete Servius 
eine neue Einteilung aller vorhandenen Staats- 
ne en an auf dem Grund ihres Vermögens 
und ın Bezug auf ihre Verpflichtung zum Kriegs— 
dienfte, nach dem —— die durch Kriegs— 
dienſt und Steuern am meiſten Belaſteten ſollten 
auch durch ihre suffragia in der Verſammlung ber 
Bürger den meiften Einfluß auf den Staat aus: 
üben in Hinficht auf Wahlen und Gejeggebung. 
Sp wurden denn zunächſt die Plebejer zu emer 
vollgültigen Gemeinde erhoben und fortan in ben 
Begriff de3 populus Romanus mit eingejchlofjen. 
Wie die Patricier in 30 Eurien zerfielen, jo 
wurden die Plebejer in 30 tribus nah ihren 
Wohnfigen geteilt, 4 urbanae und 26 rusticae. 
Jede tribus hatte ihre bejonderen Vorſteher und 
sacra, ebenjo wie die Eurien der Batricier. Der 
nunmehr gejamte populus zerfiel nad) dem Ber: 
mögen eines jeden (census) in 5 Klaſſen, beren 
erite 100 000 asses, d. zweite 75 000, d, dritte 
50 000, d. vierte 25 000, d. fünfte 12500 (nach 
andern Angaben 11000) al3 Minimum des Ber- 
mögens bejaß. Wer dieje legte Summe nicht er: 
reichte, gehörte nicht mehr zu den classes, jondern 
fie bildeten alle zujammen nur 1 Genturie, doch 
wieder mit Unterjchied. Diejenigen, welche noch 
über 1500 (bi 11000) asses bejaßen, wurden 
noch zu den Begüterten (locupletes, assidui) ge: 
rechnet und hießen accensi (j. d.); die, welche über 
375 asses hatten, hießen proletarii, die, welche 
noch weniger bejaßen, waren capite censi ober 
aerarji db). Die Mitglieder diejer 3 Abteilungen 
der nicht in die 5 classes eingeichägten Bürger 
wurden nicht zu dem eigentlichen Kriegsdienſte her: 
angezogen, fonnten jedocd ihr Bürgerrecht in der 
Bollsverfammlung als 1 Centurie mit 1 suflra- 
gium ausüben, indefien da es nad Livius faft 
niemals zur Abgabe ihrer Stimme gelommen  ift, 
jo jagte man auch wohl, fie Hätten gar fein Stimm: 
recht beſeſſen. — Alle Bürger, welche in die 6 
classes eingejchägt waren, bildeten die Vollsver— 
fammlung (comitia centuriata) mit dem Rechte 
der Wahl, der Gejehgebung uud des Gerichtes 
über Staatsverbrechen, auch der Enticheidung über 
Krieg und Frieden. Die Abftimmung geſchah nad) 
Genturien, deren ed im ganzen 193 gab (nad) 
Cicero 195, nach Livius 194). Bon diejen fielen 
80 centuriae auf die erjte Klaſſe, 20 nebit 2 cen- 


iminali8 und |turiae fabrum auf die zweite, ebenfalls 20 auf 
alle 7 Hügel mit einer | die dritte und wiederum 20 mit je einer centuria 
Außerdem | cornicinum und liticinum auf die vierte, und 30 


auf die fünfte. Die erfte Klaffe hatte ſchon die 
Majorität bei Einftimmigfeit,‘ weil zu ihren 80 
70 


1106 


centuriae noch 18 centuriae equitum (6 frühere 
der Patricier und 12 neue der Plebejer) hinzu: 
famen, aljo 98 centuriae, während alle übrigen 
Klaffen zufammen nur 94 centuriae aufwieſen, 
wozu als jünfundneunzigite die Eine centuria der 
gar nicht eingejchägten Bürger fam, die mißbräuch— 
lih von einigen als eine ſechſte Klaſſe angegeben 
wird. Dieje neue Verfaflung war demnach ebenjo 
wie die jolonijche eine timofratifche, in der die 
Ariftofratie der Begütertſten die Entſcheidung in 
ihren Händen hatte (98 gegen 95 suffragia), darum 
jagt Cicero: Servius Tullius curavit, quod sem- 
per in ‘republica tenendum est, ne plurimwi 
valeant plurimum. — Dieſe Einteilung bildete 
zugleich auch die Seeresverfaflung, weshalb das 
in den comitiis centuriatis verjammelte Bolt auch 
exercitue hieß und durch Aufftelung eines roten 
vexillum und durd; Hörner auf den campus Mar- 
tius zufammengerufen war. Außer den 4 Hand: 
werfercenturien waren die übrigen in die cen- 
turiae iuniorum (17—45 Jahren) und seniorum 
(46—60 Jahren) geteilt; die erjteren zogen ins 
Feld, die legteren bewachten die Stadt. Die 4 
eriten Klaſſen dienten mit verjchiedener Bewaff— 
nung in der Legio, die fünfte Klaſſe als Leicht: 
bewaffnete, die accensi wurden nur zum Erjaße 
der Gefallenen und Berwundeten in dringenden 
Fällen, im übrigen nur mit der Schleuder bewaff: 
net ins Feld geführt, bis im zweiten punifchen 
Kriege die velites (ſ. Legio) an ihre Stelle traten. 
— Alle 5 Jahre geichah eine neue Schäbung des 
Vermögens (census), mit der ein feierliches Rei— 
nigungsopfer verbunden war, lustrum (j. d.). All— 
maͤhlich ſchrieb man dem Servius Tullius alle 
ipäter weiter ausgebildeten Grundlagen der römi— 
ſchen Stantöverfaffung zu. Nacd einer langen, 
gefegneten Regierung wurde er von jeinem Schwies 
geriohn 2. Tarquinius Superbus ermordet. Liv. 
1,39ff. Dion. Hal. 4, 1ff. — 2) Serv. Clo— 
dius, ein römifcher Ritter, war ein jehr gelehrter 
Mann, weldyer eine bedeutende Bibliothek hinter: 
ließ, die fein Verwandter Pätus dem Kicero 
ichenfte. Cie. ad Att. 1, 20, 7. Suet. gramm. 2. — 
3) Serv. Claudius (Elodius) (vielleicht mit 2) 
identisch), Schwiegerjohn des Alius Stilo, begrün: 
dete mit demjelben gemeinjchaftlich das Studium 
der Grammatif in Rom und bejchäftigte fich mit 
den römischen Dichtern, bejonders mit Plautus. 
Gell. 3,3,1. Cie. ad fam.9, 16. Suet. gramm. 27. 
— 4) Serv. Maurus Honoratus, um 390 
n. C., 2chrer der Grammatif und Rhetorik zu 
Rom, iſt Verfafler eines durch feine Fülle gejchicht: 
licher, mythologiſcher und antiquariicher Notizen 
ausgezeichneten Kommentars zu Bergil, in welchem 
zugleich zahlreiche Bruchjtüde verloren gegangener 
Schriftiteller der früheren Zeit enthalten find, und 
welcher im Mittelalter viel benupt wurde. Daß 
der Kommentar nicht im feiner urjprünglichen 
Gejtalt überliefert ift, zeigen deutlich Stellen, wo 
Servius jelber citiert wird. Ausgg. von P. Da: 
niel (1600), P. Burman (1746), Lion (1826); 
neuefte und bejte Ausgabe von Thilo und Hagen 
(3 Bdd. 1878 ff.). 

Servilfi, ein altes albanijches Adelsgejchlecht 
(vgl. Liv. 1, 30. Plin. 34, 13, 58), defien jüngere 
Zweige (die Eafcä, Rulli u. a.) teilweiſe pleberiich 
find. Dazu gehören: 1) P. Serpil. Priſeus 
Structus, 4% v. E. Konſul, bewog durch Auf: 


Servilii. 


ihub der Schuldenzahlung das Volt, fih zum 
Kriegsdienfte zu ftellen, vermochte aber nicht zwi— 
ichen den römijchen Parteien fich geltend zu machen. 
Liv.2,21.27:— 2) D. Serv. Priſc. Structus, 
befiegte als Diktator 435 dv. E die Etrujfer, er: 
oberte Fidenä (woher der Beiname Fidenas ihm 
zu teil wurde) und jchlug, abermals Diktator, 418 
die Mauer gänzlih. Zav. 4, 21. 46f. — 3) ©. 
Serv. (Struct.) Arilla, war mehrere Male (419, 
418 und 417 v. E.) Kriegstribun mit konſulari— 
icher Gewalt. Liv. 4, 45. 47. — 4) C. Serv. 
Struct. Ahala, war ebenfalls mehrmals Kriegs: 
tribun mit fonfulariicher Gewalt und ein Ber: 
teidiger der Mechte des Senats und des Adels 
den Bolfstribunen gegenüber. Liv. 4, 56 f. 5, 51. 
— 5) D. Serv. Ahala, Diktator 360 v. E., 
bejiegte die bis vor Rom gedrungenen Gallier. 
Liv. 7, 11. — 6) P. Serv. Geminus, kämpfte 
252 und 248 v. E. als Konſul glüdlih gegen dic 
Karthager auf Sicilien. Zonar. 8, 14.16. — T) E. 
Serv., geriet 219 v. E. bei Gründung einer 
Kolonie in Oberitalien in die Gefangenſchaft der 
Bojer, in der er 15 Nahre blieb. Ziv.21,25.30, 19. 
— 8) En. Serv. Geminus, 217 v. E. Konjul, 
jandte jeinem Kollegen Ylaminius fur; vor der 
trafimenischen Schlaht Hülfe. Fabius übertrug 
ihm die Bewachung der Meerestüften, worauf er 
mit feiner Flotte glüdliche Streifzüge unternahm. 
Er fiel 216 in der Schlacht bei Cannä. Pol. 3, 75. 
106. 114, 116. Lir. 21, 15. 57. 22, 31. 49. — 
9 C. Serv. Geminus, war Konjul 203 v. E. 
und befreite jeinen Vater (7.) aus jeiner langjäb- 
rigen Gefangenschaft unter den Bojern in Gallien. 
Liv. 30, 1. 19. — 10) M. Serv. Puler Gemi- 
nus, befchligte 202 — 201 dv. C. in Etrurien, 
fämpfte 181 gegen die Ligurier und zeigte jich 
im Gefecht wie in der Rede als ichlagfertig und 
voll Geiltesgegenwart. Zir. 30, 26. 41. 40, 27. 
45, 36. 39. — 11) D. Serv. Cäpio, Konſul mit 
E. Lälius Sapiens 140 v. C., brady das Bündnis 
mit den Lufitaniern und lich den tapferen Biria- 
thus meuchelmörberijch töten. Val. Mar. 9, 6, 4. 
App. Iber. 6, 70ff. — 12) En. Serv. Cäpio, 
Konjul 141 und Genjor 125 v. C. — 13) Q. 
Serv. Eäpio, beraubte als Statthalter Spaniens 
den Tempel zu Toloja (Just. 32, 3. Cie. n. d. 3, 30) 
und gab als Konſul, 106 dv. E., die lex iudiciaria 
(Cie. inv. 1,49, 92), nach der die Richter zu gleichen 
Zeilen aus dem Senat und dem Xitterjtande ge: 
wählt werden follten (eine andere Auffaflung ſ. 
Judex, 2.) Im %. 105 in Gallien von den 
Eimbern an der Rhone geichlagen (Sall. Jug. 114. 
Plut. Luc. 27. Vell. Pat. 2, 12), wurde er jeines 
Imperiums für verluftig erflärt (Lir. ep. 67) und 
noch 10 Nahre jpäter (95) wegen der Blünderung 
bes Tempelichages zu Toloſa verurteilt. Er ging 
in bie Verbannung nad Smyrna. Cie. tusc.5,5, 14. 
Balb. 11. Val. Max. 4,7,3. — 14) DO. Serv. 
Eäpio, Gegner des Saturninus, erwehrte fich 
einer deshalb gegen ihn erhobenen Anklage alüd: 
lid). Cie. Brut. 46, 169. Als Verteidiger der Rechte 
des Nitterftandes geriet er 91 v. C. mit dem Volks— 
tribunen Livius, jeinem Schwager, nachher mit dem 
Amilius Scaurus in bittere Yeindichaft, jo daß 
er jogar des Mordes an Livius bezichtigt wurde. 
Cie. de dom. 46. Scaur. 1 ff. Im Bundesgenofjen: 
friege fand er um das %. 90 in einem ihm bon 
Pompädius gelegten Hinterhalte jeinen Tod. App. 


Servitus poenae — Sestii. 


b.e. 1,40. 44f. 
2. 2. 8). — 15) DO. Serv. Cäpio, des vorigen 
Sohn, diente gegen Spartacus (72 v. E.) und 
ftarb auf einer Reife nach Aſien. Plut. Cat. min. 
8.11. — 16) P. Serv. Batia, Gegner des Tri— 
bunen Saturninus, kämpfte 78—76 dv. E. gegen 
die Seeräuber, insbejondere gegen die Saurier 
in Vorderaſien, eroberte viele Städte, unterwarf 
Iſaurien und erhielt wegen feiner Fräftigen und 
nlüdlichen Sriegführung den Beinamen Iſau— 
ricus. Darnad) finden wir ihn als Förderer der 
maniliihen Bill; er ftimmte für Ciceros Rückkehr 
aus dem Eril und war aud dem Cäſar (im J. 54) 
wohlgeneigt. Er jtarb im %. 44 in hohem Ylter. 
Cie. Verr. 1, 21. 5, 26. de imp. Un. Pomp. 23, 68. 
Phil. 2, 5. Sest. 62. — 17) ®. Serv. PBatia 
Jlauricus, des vorigen Sohn, bildete jich nad) 
dem Mufter des jüngeren Cato (Cic. ad Att.2,1,10), 
war 54 v. C. Brätor, 48 Kollege Cäjars im Kon: 
julate, war aucd mit diefem eng verbunden und 
ſchloß ſich 43 dem Cicero gegen Antonius an, 
obgleih Servilius jenem zu milde war. ber 
auch ſonſt berrichte zwifchen ihm und Cicero nicht 
jelten verichiedene Anjicht, namentlih im J. 43, 


als er gegen den Frieden mit Antonius drach. to 


wo Cicero ihm nicht beiftimmte. Caes. b. c. 3, 1. 
Vell. Pat. 2, 53. Cie. Phil. 18, 21. — 18) 
Serv. Eajcat Voltstribun 43 v. E., beteiligte 
jih an der Veiſchworung gegen Cäſar, "führte den 
erften Stoß und wurde von Cäſar dafür mit einem 
Griffel verlegt, worauf er entfloh. Bei Philippi 
ftimmte er im Sriegsrate dafür, daß die Ge: 
fangenen als Opfer für Caſſius getötet würden; 
er jcheint nicht viel jpäter gefallen zu jein. Ag 
Caes. 66. Brut. 45. Suet. Caes. 82. — 19) € 
Serv. Eajca, Bruder des vorigen, einer der 
Mitverſchworenen gegen Cäſar und römiſcher Se: 
nator, nahm an dem Morde jelbit weniger teil. 
Plut. Caes. 66. — 20) &. Serv. Glaucia, Brä- 
tor 100 v. E., vorher wahricheinlich Bolkstribun, 
ein verjchlagener, jchlechter Menjch, beförberte mit 
Saturninus die Pläne des Marius, welcher jpäter, 
als er jie gebraudt hatte, fie fallen lieh. Er 
wurde mit Saturninus getötet. Cic. de or. 2, 61. 
3,41. App. b.c.1,32f. Vell. Pat. 2, 12. Cie. 
Brut. 62. — 21) P. Serv. Rullus, Vollstribun 
63 dv. E., beantragte ein Ackergeſetz, gegen welches 
Gicero in 3 Reden ſprach. App. b. e. 5, 58. Dio 
Cass. 48, 28. — 22) E. Serv., gehörte mit zu 
der Gejandtihaft, welche 195 v. C. in Karthago 
den Stur 2 Dannibals bewirlen jollte. Liv. 33, 47. 
— 23) Serv., belleidete 3 n. E. das Kon— 
julat und befam von Tiberius im J. 17 eine 
große Erbſchaft zugewieſen. Tac. ann. 2,48. — 
24) M. Serv. Nonianus, Konful 35 n. 6,, 
gejtorben 59, jchrieb eine Beichichte der eriten 
römischen Kaiſer, vielleicht bis zum Tode des 
Claudius. Tac. ann. 6, 31. 14, 19, Plin.ep. 1,13. 
Suet. Tib. 61. 

Servitus poenae iſt eine in der Kaiſerzeit für 
ersonae humiles aufgefommene Strafe, welche 
ihren Namen von der damit verbundenen maxima 
capitis deminutio erhalten hat, aber eigentlich 
in der Verurteilung zu öffentlicher Arbeit (opus 
publieum) bejtand, nämlich 1) condemnatio ad 
metalla, d. h. Bergwerte, Steinbrüce, Schweiel: 
gruben; 2) Berurteilung zu öffentlichen Spielen, 
entweder zu dem Gladiatorenjpiel oder ad bestias, 


Cicero ſchätzte ihm jehr (fin. | d. h. zu Tierfänpfen. 


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3) Am mildeften war cond. 
ad opus publicum im e. ©., Hülfearbeit bei Berg: 
werfen und Bauten. 

Servitütes. Servitus hieß eine Beſchränkung 
in der freien Benutzung des Eigentums, inſofern 
ein anderer das Recht hatte, Einfprüche zu er: 
heben oder Leitungen zu verlangen. Der Eigen: 
tümer hatte alio nicht ausichließliche Verfügung 
über die Sache, jondern er war durch einen andern 
in der Benugung derjelben bejchräntt. Die Sache 
hieß serviens, während jie, wenn fie von jeder 
Belaftung frei war, res optima oder optimo iure 
hieß. Auch das Einmiihungsrecht des andern 
wurde mit servitus bezeichnet. I. Servitutes 
praediorum, dingliche oder Prädialjervituten, 
welche mit einem Grundftüd eng zufammenhingen, 
deſſen Beſitzer Rechte gegen ein anderes Grundſtück 
— a)serv. praediorum urbanorum (vom 

usgrundftüden), 3 B. ius tigni immittendi 
has echt, Ballen in die nachbarliche Wand ein: 
zulegen), proiciendi (in den Luftraum des Nach: 
bars hinüber; ubanen), s. stillieidii und flu- 
minis.(das Recht, die Dachtraufe oder Rinne auf 
des Nachbars Grundftüd laufen zu laflen, Cie. 
.4), s». luminum und ne luminibus ofti- 
ciatur (daß Licht und Ausſicht vom Nachbar 


B. | nicht beichränft werden durfte, Cic. de or. 1, 39); — 


b) serv. praediorum rusticorum, für die 
Feldgrundjtüde jehr wichtig, vorzüglich s. viae, 
actus, itineris, oder Fahrwegsgerechti feit 
(via), das Recht über des Nahbars Yand Vieh 
zu treiben und durchzufahren (actus) oder darüber 
zu gehen (iter). Bei via war ein bejonderer Weg 
notwendig, bei actus und iter nicht. Cie. Caec. 26, 
Jus aquaeductus war die Waflerleitungsge: 
rechtigfeit u. a. — II) Serv. personarum, 
ftehen nur einer bejtinnmten Berjon zu: usus 
fructus (j. d.), usus (j, d.), habitatio, das 
Wohnungsrecht in einem fremden Haufe, operae 
servi oder animalis, die Befugnis, die Dienfte 
eines fremden Stlaven oder Tieres zu benußen. 

Sesämos j. Amastris. 

Sesostris j. Aigyptos und Ramses. 

Sestertius j. Münzen, II. 

Sestii, 1) P. Seit. Kapitolinus Batica- 
nus, Kollege des Menenius Agrippa im Konſu— 
late, 452 0.6. Liv. 3,32. — 2) P. Seft., Quäftor 
63 v. E., befreite Campanien von den "Senoffen 
Eatilinas, drängte den Antonins zur Schlacht gegen 
Gatilina (Cie. Sest. 4, 9. 5, 12), bemühte ſich um 
Cãſars Einſchreiten in dem Kampfe zwiſchen Cicero 
und Clodius (Cie. Sest. 33, 71) und ſchloß ſich als 
Bolkstribun ganz an Cicero an, befriedigte den 
leßteren indes nicht durch den Wortlaut jeines, 
die BZurüdberufung Ciceros aus dem Exil be: 
treffenden, Antrages. Cie. ad Att. 3, 20. 23. Wis 
fi) Elodius um die Ädilität (für das 3. 56) be: 
warb, trat er ihm entichieden entgegen und wurde 
dafür von defien Anhängern arg gemißhandelt. 
Cie. Sest. 39, 85; vgl. 58, 124. Gegen eine bald 
darauf durch. Glodius veranlafte Anklage wegen 
Amtserſchleichung und Gewalt verteidigten ihn 
Cicero und andere mit Erfolg, und Sejtius wurde 
freigejprochen, 56. Cic. ad Qu. fr. 2, 3,5.4,1. In 
jpäterer Zeit wird er, namentlih in Beziehung 
zu Gäjar, öfter genannt (Cie. ad Att. 11, 7,1 
13, 2,2. 14, 1,2. ad /am. 13, 8, 1), bis zum 3. 
44 hin. Als Urheber ſchlechter und froftiger Witze 

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(daher ſprichwörtlich dieta Sestiana) wird er öfter 
genannt, 3. B. Cie. ad fam. 7, 32, 1. ad Att. 
7, 17,2. — 3) Sein Sohn, 2. Seft. (Cie. ad fam. 
13, 8, 1), jchlug ſich 44 v. E. auf die Seite der 
Mörder Cäſars, diente unter Brutus in Mafedo: 
nien, wurde defjen ungeachtet aber von Auguftus 
mit bem Konjulate im 9. 23 beehrt. * Cass. 
53, 30. 32, 

Sestos, Lnorös, Stadt in Thratien an der 
engſten Stelle des Hellespont, der Stadt Abydos 
in Myſien gegenüber, nach gewöhnlicher Angabe 
7 Stadien von ihr entfernt (Adt. 7, 34); der ge: 
wöhnliche Überfahrtsort über die Meerenge. In 
der Nähe ſchlug TZerxes ſeine Schiffbrücke. Hier 
war auch der — — der von den Dichtern 
(Muſaios; Op. her. 18. 19) verherrlichten Liebe des 
Leander und der Hero. Die Athener koloniſierten 
die Stadt, über welche vgl. Hdt. 4, 142. 9, 133. 
Thue. 1, 89. 8, 62. Xen. Hell. 1, 1, 7. Strab. 
13, 581. 584. Seht nimmt das Dorf Boghaly 
ihre Stelle ein. 

Setia, Znria, Erjrov. Außer Städten d. N. 
im tarraconenfiihen und bätiſchen Hiſpanien ift 
zu nennen eine Stadt in Latium, füdöftlich von 
Sueſſa Pometia, —— dieſer Stadt und Pri— 
vernum. Dem Volſeiſchen Bunde entriſſen ſie die 
Römer und benutzten fie ſpäter zum Aufbewah— 
rungsort für die rn Gefangenen. Be: 
deutend war ihr Weinhandel. Jebt Sesze oder Seſſe 
mit Neften quadrat. Mauern. Liv. 6, 30. 7, 42. 
26, 8. 27, 9. 32, 26. 

Setius mons, ro Zrrior Ögog, die heutige 
Landipige von Cette, an der Südküſte des nar: 
bonenſiſchen Galliens in der Nähe der Inſel Bla: 
feon, j. Brescon. Strab. 4, 181. 

Seuthes, Zeudns, Name zweier Könige der 
Odryſen in Thrafien. Der ältere folgte jeinem 
Oheim Sitalfes 424 v. E. (Thuc. 4, 101); ein 
jüngerer unterhandelte mit Xenophon bei deſſen 
NRüdfehr mit den Behntaufend. Xen. An. 7, 1,5. 

Severl, 1) Cornelius Gev., Freund des 
Dvid, der an ihn mehrere feiner Briefe aus dem 
Bontus gerichtet Hat, und epifcher Dichter, nad 

uintilian (10, 1, 89) versificator quam poöta 
melior, dichtete ein bellum Siculum (Krieg gegen 
©. Bompejus, 38 ff. v. E.). Wir befiben daraus 
ein Fragment, das den Tod Eiceros erzählt (Sen. 
suas. 7); eine ihm beigelegte Schilderung eines 
Ausbruchs des Veſuvius (Sen. ep. 79) jcheint eine 
Epijode desjelben Gedichtes gebildet zu haben. — 
2) Julius Sev., war unter Hadrian Befehls: 
haber gegen die aufrührerifchen Juden, beendete 
(134 n. €.) den Krieg ziemlich jchnell und wurde 
dann zum Statthalter von Syrien ernannt. 
3) £. Septimius Gev,, Rail von 193—211 
n. E., aus einer in Afrika (Groß: Leptis) anjäjligen, 
tomanifierten Familie, deren Glieder zum eil 
Senatoren und Konjuln gewejen waren, geboren 
11. April 146 zu Leptis, begab ſich nad) Rom, 
um dajelbft feine Studien zu maden, und kam 
durch Marc Aurel in den Senat, verwaltete dann 
nacdjeinander Gallien, Bannonien und Sicilien und 
erhielt von Commodus den Oberbefehl in Ger: 
manien an der Donau. Dio Cass. 73, 14. Da 
wurde er zu Carnuntum in Oberpannonien als 
Rächer des ermordeten PBertinar von den Soldaten 
zum Kaifer ausgerufen, vom Senate anerkannt, 
befiegte jeinen Nebenbuhler, den Peſcennius Niger, 


Sestos — Sereri. 


im Morgenlande, eroberte Byzanz nach hartnädiger 
Gegenwehr, jchlug danı den zweiten Rivalen Clo— 
dius Albinus (197) in der großen Ebene nördlich 
don Lyon, jäuberte nach feiner Rüdtehr den Senat, 
errichtete eine neue Leibwache und gründete eine 
wahre Militärherricait. — Sev.5. Herod.3,1ff. 
Dio Cass. 74, 6 ff. 75, Darauf jchlug er die 
Barther und eroberte "bie Hauptitadt Ktefiphon 
(Ende 197 oder Anfang 198). Nach feiner Rüd: 
fehr verweilte er längere Beit in Rom und be- 
ftrafte hier im 9. 205 feinen bisherigen Günftling 
PBlautianus, deſſen Greuelthaten und Schamlofig: 
feiten alles Maß überftiegen hatten, mit dem Tode. 
Wiſſenſchaftlich gebildet, jchmüdte er Rom durch 
prachtvolle Gebäude und gab vortreffliche Geſetze, 
namentlich zu Gunſten der Sflaven, wodurch er 
jein früheres hartes Auftreten zum Zeil wieder 
gut machte und die Abneigung gegen ſich zu ver: 
wiichen ſuchte. Im 9. 208 zog er mit jeinen 
Söhnen M. Aurelius Antoninus (Caracalla) und 
Geta nach Britannien, konnte zwar im Guerilla: 
frieg mit den Galeboniern feine großen Erfolge 
—— ſtellte aber den Hadrianswall von Tunno: 
celum bis Segedunum wieder her und ſtarb, ſchon 
lange Zeit von ——* heimgeſucht, 211 zu Ebu—⸗ 
zacum (Vorf). Spart. Sev. 18f. Dio Cass. 76, 15. 
Zonar. 12, 10. Herod. 8, 15. Er gab durch die 
Aufnahme "zahlreicher Barbaren in feine neue Leib: 
wache den nächſten Anlaß zum Sinken römiſcher 
Kriegszucht. Vgl. Höfner, Unterſuchungen zur Ge— 
ſchichte des Kaiſers X. Septimius Severus (1872 ff.), 
die Monogr. von Duruy (1878) und Fuchs (1884) 
und das Hauptwerf: de Geuleneer, essaı sur la 
vie et le rögne de Septime Severe (1880). — 
4) Alerander Gep., mit vollem Namen M. 
Aurelius Severus Nlerander, aus Phoinikien, 
Sohn der Julia Mamäa, Neffe des Septimius 
Severus, geboren 208 n. G., wurde von jeinem 
Better Heliogabal zum Gäjar ernannt, zog ſich 
indes bald des Tyrannen Haß und Miftrauen 
a weil er von ben Soldaten geliebt wurde. 

ehrere Verſuche des wahnfinnigen Seliogabal, 
Alegander zu ermorden, jcheiterten und endigten 
Dr mit jeinem gewaltiamen Tode, 222, worauf 
lerander vom Senat, Volk und Heer mit großem 
Jubel zum Kaiſer ausgerufen wurde. Lampr. Al. 
Sev. 1. Dio Cass. 78, 30. Sorgfältig unterrichtet 
und verftändig, überließ er fich bei jeiner Jugend 
der Leitung feiner Mugen Mutter, jowie der er: 
fahrenften Männer, unter welchen der berühmte 
Juriſt Ulpian fi befand, der zugleich das Amt 
eines Gardepräfelten bekleidete. Während Ale: 
rander den größten Teil des Tages Staatdange: 
Fe widmete, las er in Mußeftunden die 
Schriften der Philojophen und Dichter, bejonders 
des Cicero und Horaz; außerdem unterbrüdte er 
den ausjchweifenden ſyriſchen Gottesdienit, den jein 
Vorgänger eingeführt hatte, verehrte aber neben 
jeinen väterlihen Göttern aud Abraham umd 
Ehriftus als Heroen, übte ftrenge Gerechtigkeit und 
Ordnung und juchte eine jchärfere Mannszucht 
u handhaben, worüber erbittert die Prätorianer 
—9 iniſter Ulpian vor ſeinen Augen um— 
brachten (228). Lampr. Al. Sev. 29. Herod. 6, 1. 
Bon 232— 234 führte er einen Krieg gegen die 
Neuperjer; darnad) z0g er nad Germanien, um 
die Grenzen zu fichern, wurde aber hier mit feiner 
Mutter von den mit feiner ftrengen Kriegszucht un: 


Severus mons — Sibylla. 


zufriedenen Soldaten ermordet, März 234. Herod. 
6,8. Eutr. 8, 23. Oros. 7, 18. Zonar. 12, 15. 
Aur. Viet. Caes. 24. ep. 24. — 5) Flavius Va— 
lerius Sev., ein Jllyrier, von Galerius 305 n. €. 
zum Cäſar ernannt, 309 306 gegen Marentius ins 
Feld, wurde von jeinen Soldaten verlafien’ und 
zu Ravenna 307 ermordet. — 6) Sulpicius 
Sev., um 400 n. E,, ein chriftlicher Nechtägelehr: 
ter, Verfaſſer einer historia sacra (Chronicorum 
libri duo) von ru ber Welt bis zu feiner 
Zeit, die gejchichtlichen Sinn beweift und in einem 
gebildeten, den beften Muftern nachitrebenden Stile 
geichrieben ift. Ausgabe von Halm (1866). Bgl. 
Bernays, über die Chronif des Sulp. Severus 
(1861). 

Sevörus mons, ein von Bergil (A. 7, 713) 
genannter Felſen im Sabinerlande an der Grenze 
von Picenum, wohl zu dem Mons Fiscellus (j. 
Gran Saſſo?) gehörig. 

Servo mons j. Scandia., 

Sexagenarlus. Bon dem jechzigften Lebens: 
jahre an rechneten die Römer der früheren Zeit den 
Beginn des Greifenalterd, und nad einer alten 
Sage wären die sexagenarii von dem pons sub- 
lieius in den Tiber geworfen worden (davon 
depontani genannt). Später deuteten manche 
dieje Notiz dahin, daß die sexagenarii von den 
Stimmbrüden der Comitien hinabgeftoßen worden 
jeien und an den Volfsverfammlungen feinen An: 
teil hätten nehmen dürfen. Cie. Rosc. Am. 35. 

Sex suffragia, entweder die 6 patriciichen 
älteren Nittercenturien im Gegenſatz zu den 12 
von Gervius Tullius hinzugefügten plebejijchen 
Nittercenturien (ſ, Equites), oder Titularritter, 
welche den ritterlichen Cenſus hatten, aber nod) 
nicht in die Reihen der wirklichen equites equo 
publico aufgenommen worden waren. Eine Ent: 
ſcheidung über dieje Streitfrage ift höchſt ſchwierig. 
Cie. r. p. 2, 22. 4, 2. Liv. 43, 16, 

Sextans j. Münzen, II. 

Sextli. Zu biejem plebejiichen Geichlechte ge: 
hören: 1) 2. Sert. Lateranns, Vollstribun mit 
E. Licinius Stolo von 376—367 v. E., eroberte 
durch jeine Vorſchläge, welche als leges Liciniae 
Sextiae befannt find, den Plebejern die Bahn 
zum Konſulate und wurde jelbft erjter plebejiicher 
Konſul, 366. Liv. 6, 345. 7,1. — 2) P. Sert. 
Baculus, Primipilaris Cäjard im —— 
Kriege, ein ſehr tapferer Mann, der in der Ner— 
vierſchlacht ſchwer verwundet wurde. Caes. b. q. 
2,25. Mit dem Legaten Servius Galba in 
Octodurus (im heutigen Walliſer Lande) von den 
Galliern eingefchloffen, gab er den Nat, einen 
Ausfall zu machen, und führte dadurch die Rettung 
der Römer und Niederlage der Feinde herbei, 57 
v. C. Daſ. 3, 5f. Während des Krieges gegen 
die Eburonen im J. 53 krank im Lager des D. 
Cicero zurüdgeblieben, fuchte er die anjtürmenden 
Sugambern fernzuhalten, trug dabei aber wieder 
ichwere Wunden davon. Daſ. 6, 38. — 3) T 
Sert., diente unter Cäjar in Gallien als Legat, 
jpäter unter dem Triumvirat, nad deſſen ib. 
ſchluß er als Statthalter von Afrika im Namen 
Octavians von Cornificius die Abtretung von Alt: 
afrifa verlangte, in die Provinz einfiel und den 
Eornificius befiegte. Nad der Schlacht bei’ Bhi- 
lippi mußte er bei einer Teilung der Provinzen 
Numidien dem Octavian übergeben, eroberte es 


1109 


aber nach dem perufinischen Kriege wieder. Später 
überließ er die Provinz und die dort fichenden 
Truppen dem Lepidus. App. b. c. 3, 85.4, 54ff. — 
4) D. Sert., aus angejehenem Stande, gründete 
im Anfange der Kaiferzeit eine ſtoiſche Schule zu 
Rom, bie ein Sohn fortpflanzte. Quint.10,1,124. 

Sextilii, 1) Bublius Sert, wies als Pro: 
prätor den in Afrifa gelandeten flüchtigen Marius 
aus feiner Provinz, 88 v. E. Plut. Mar. 40. — 
2) wurde auf einer amtlichen Reife von See: 
räubern gefangen genommen und verjpottet. Plut. 
Pomp. 24. — 3) C. Sert. Rufus, befehligte im 
Bürgerfriege (43 v. E.) die Flotte des Caſſius. 
Cie, ad fam. 12, 13, 4. — 4) Gertilia, die 
Mutter des Kaifers Vitellius, war eine Frau von 
altrömiſcher Sittenftrenge, wenig erfreut über ihres 
Sohnes Thronbefteigung. Tac. hist. 2, 64.89. Sie 
ftarb 69 n. E. Tac. hust. 3, 67. 

Sextilis j. Jahr, II. 

Sextus, 1) ein Neffe Plutarchs, Lehrer des 
Kaiferd Antoninus Pius, verfaßte philoſophiſche 
Schriften. — 2) f. Skeptiker. 

ibuzätes, Bolt in Aquitanien, an den Pure: 
nden, deſſen Name im j. Sobuffe oder Saubufie 
bei zu: ſich erhalten hat. Caes. b. g. 3, 27. 

Sibylla, Zißviie. Diejen Namen trugen weis: 
jagende, gottbegeifterte rauen, welche verjchie: 
denen Zeiten und Völkern zugeteilt wurden. Über 
ihre Zahl, ihren Namen, ihr Vaterland herricht 
in den alten Zeugniffen weder Sicherheit noch 
Übereinftimmung. Platon kennt nur Eine Sibylla, 
Ariftoteles, Ariſtophanes wiſſen von mehreren; 
u Barros Zeit unterjchied man deren 10. Nach 
Euftathios ſoll die erſte Sibylla, von welcher die 
übrigen den Namen erhalten, eine Tochter des 
Dardanos und der > emwejen jein. Nach Plus 
tar) (Pyth. or. 9) un gaufanias (10, 12,1) war 
die erjte Sibylla eine Tochter des Zeus und ber 
Lamia, einer Tochter des Rofeidon, die auf einem 
Feljen bei Delphoi weisjagte; die zweite und vor: 
nehmfte war die erythraiiſche, Herophile, als deren 
Geburtsort verjchiedene Städte angegeben werden; 
fie jelbft nannte ſich Herophile und Artemis, eine 
Schweiter und Tochter oder Gattin Apollons, und 
ſoll vor dem trojanischen Kriege gelebt haben. 
Paus. 10, 12,2. Sie ift identiih mit der far: 
dianischen, troischen, der ſamiſchen, deiphiichen und 
fomaiiichen Sibylla und wird aud Demo, Dei: 
phobe, Demophile, Amaltheia genannt. Bon Troas 
aus ſoll fie, unftät wie alle Sibyllen, nach Klaros 
bei Kolophon, dann nad Samos, Delos, Delphoi 
— und ſpäter wieder in den Hain des 

pollon Smintheus in Troas zurüdgefehrt fein. 
Paus. 10, 12,5. Bon Kyme oder Erythrai aus 
ſoll fie nah Cumä in Italien gewandert fein, 
wo jie dem Aineias meisjagte, bevor er in die 
Unterwelt ging (Verg. A.6, 10 ff. Ov. met. 14,104 ff.). 
Sie ftand im Rufe großer Bejahrtheit (Op. met. 
14, 130 ff. fast. 4, 875), weshalb man fich in Rom 


.|am Feſte der Anna Perenna gegenjeitig die Jahre 


der Sibylla wünjchte (Op. fast. 3, 534). Bon ihr 
jollte eine Sammlung von Weisfagungen in grie- 
chiſchen Verſen herrühren, die einft Tarquinius 
Superbus von einer unbefannten Alten um un: 
geheuren Preis anfaufte. Die griechifchen 
Sibyllen ftehen in enger Berbindung mit dem 
Weisjagegott Apollon und jollen bejonders an 
ſolchen Orten ſich aufgehalten haben, wo ſich Orafel 


1110 


diejes Gottes befanden; jobald aber die Dralel: 
ftätten fich ausbildeten, verichwanden die Sibyllen. 


Sie mweisjagten entweder ohne äußere Erregung, | 


nur von dem Geifte des Gottes getrieben, oder 


durch das Trinken von Quellwaſſer in Efftaje ver: | 


jet. Römiſche Sibyllen waren, neben der cumäi- 
ſchen, die Garmentis (j. Evander), die Quer- 


quetulanae virae (virgines) und bie Mefitis, | 


ferner Albunen (Hor, od. 1, 7, 12) im tiburtini: 
ſchen Haine (die tiburtinifche Sibylla). Die Alten 
iprechen auch von einer hebräiſchen vorchriftlichen 
Sibylla Namens Sabba oder Sambethe, melde 
mit einer babylonischen (chaldäiichen), auch ägypti— 
ichen, identifiziert ward. — Die jeßt noch vor: 
handenen 12 Bücher fibylfiniiher Orakel in 
griechifcher Spradye (zensuol LZıßvikıenor), von 
jehr verjchiedenartigem Anhalt, ftammen aus ver: 
ichiedenen Zeiten und enthalten eine Mifchung 
chriftlicher, jüdischer und heidniſcher Anfchanungen ; 


| 





jie beftehen größtenteild aus einer ind Gewand | 


der Prophetie gehüllten Erzählung hiſtoriſcher 
Dinge, Weisfagungen über Tempel, Städte, Böl- 
fer und Reiche, abwechſelnd mit Sittenjprüchen 
und Borichriften und poetiichen Schilderungen. 
Der Sammler, defjen Name unbekannt ift, lebte 
jedesfalls nach Yactantius, vielleicht unter Juftinian. 
Ausgg. von Friedlieb (1852) und Alerandre (2. Aufl. 
1869). Vgl. Ewald, —* der ſibyllin. Bücher 
(1858). Badt, de orac. Sibyllinis I. (1869). 

Sibyllinische Bücher j. Divinatio, 15. 

Sibyrtios, Zıßvgreog, bewahrte ſich nach Ale: 
randers des Gr. Tode die ihm von diejem übertrage: 
nen Provinzen Arachofien und Gedrofien, ſchloß jich 
jpäter dem Eumenes an, mußte ſich aber, weil er 
gegen denjelben intrigierte, flüchten und erhielt 
dafür nad) defien Tode von Antigonos nicht nur 
jeine Statthalterichaft wieder, jondern wurde aud) 
von ihm großen Vertrauens gewürdigt. Died. Sie. 
18, 3. 19, 14. 23, 68. Arr. 5, 6. 6, 27. 

Sicarius (von sica, frummer Dolch), der 
Meuchelmörder oder Bandit, in der Kaiſerzeit 
Mörder überhaupt. Quint. 10, 1, 12. In der 
älteften Zeit wurde jeder abfichtliche Mord vor 
den quaestores parricidii abgeurteilt, jeit den 
XIL Tafeln oder ſchon vorher richtete das Boll, 
wenn es nicht Kommiljare ernannte. Erſt Sulla 
errichtete eine quaestio perpetua inter sicarios, 
aljo einen ftehenden Kriminalgerichtshof über Mord, 
durch die lex Cornelia de sicariis. Als Strafe 
wurde für Freie aquae et ignis interdictio bes 
ftimmt; SHaven und Beregrinen wurden hinge— 
richtet. Cie. Cluent. 53$. 71. Cäſar fügte noch 
die Strafe der Konfiſlation des (halben) Vermögens 
hinzu (Suet. Caes. 42. Cie. Caee.); in der Kater: 
zeit erhielt die lex Cornelia eine Menge von 
Nachträgen und Erweiterungen. So jollte Strafen: 
raub in diejelbe Kategorie fallen, die Strafe wurde 
nun Deportation; geringere Perſonen erlitten die 
Todesitrafe. — Ganz zufälliger Morb war jtets 
ftraflos und wurde in alter Zeit durch Opfer ge: 
jühnt, doch war eine Eivilflage auf Schadenerjat 
nach der lex Aquilia (j. Damnum) zuläflig; 
culpojer Mord (d. h. im Affelt, wenn auch un: 
abjichtlich verübt) zog erſt in der Kaiſerzeit Strafe 
nach jich. 

Sicea oder Niea, ein Freund Ciceros, bot 
demjelben bei jeiner Flucht vor Clodius gaftliche 


Sibyllinische Bücher — Sieilia. 


Aufnahme (Cie. ad Att. 3, 2), 58 v. C. Auch 
jpäter bewies er fich dem großen Redner als 
Freund (ad Att. 16, 6, 1). Aus Plutarchs An: 
gabe (Cie. 32), daß ein Sicilier Bibius den Cicero 
aufgenommen habe, wollen mande ſchließen, daß 
Vibins der eigentliche Name geweien und aus 
Sicca mißverftändlih ein Sicilier von Plutarch 
gemacht ei. 

Sicea VenerYa, Zi»x«, jept wahricheinlich Kef, 
bedeutende Stadt Numidiens, öftlih von dem 
Muthul, j. Wed Mella, einem Nebenfluß des Ba- 
aradas auf einemHügel; römische Kolonie, uriprüng: 
lid aber phoinifiiche Anlage mit dem Kult der 
Aftarte. Sall. Jug. 56. Pol. 1, 66. 67. 

Sichaeus j. Dido. 

Sicilia, 7 Zıxeile, auch Sicania, Eımarie, 
wegen der 3 Vorgebirge, welche eine Dreiecksgeſtalt 
bilden, Teıvaxgle (= dem homerischen Pgıraxin ?) 
und bei römijchen Dichtern (Hor. sat. 2, 6, 55) 
Triquetra genannt, die größte und bedeutendite 
Anfel des Mittelmeeres (532 7) M. groß), weitlich 
von Unteritalien, von welchem fie durch eine an - 
der ſchmalſten Stelle nur 12 Stadien breite Meer: 
enge, Fretum Sieulum (Fr. Siciliense, Cie. n. d. 
3, 10, 24), Einelınög Tlopduög (j. Faro di Mei: 
fina), getrennt ift, jei es, daf die Trennung durch 
ein Erdbeben entitanden, oder das Yand durch 
vulkaniſche Ihätigfeit aus dem Meere gehoben 
worden tft. Bei einer Länge von 4 geographi- 
ſchen Meilen erweitert, jich die Breite der Meer: 
enge zu 2 Meilen. Über die Größe der Inſel 
waren die Meinungen jehr geteilt. Nach Epho: 
ros gebraucht man zur Umjchiffung 5 Tage und 
5 Nächte, nach Thufydides (6, 1) 8 Tage; Poſei— 
donios bei Strabon (6, 266) gibt den Umfang 
auf 4400 Stadien (= 550 Mill.), Plinius (3, 8, 14) 
auf 618 Millien an. Das die Inſel umgebende Meer 
hieß, wenigitens im Norden und Dften der Aniel, 
Mare Siculum, rö Zinelınö» meiayog, db Kinelınös 
zörrog, in alerandriniicher Zeit auch ro Abaavıor 
relcyog, mare Ausonium benannt, welches im wei: 
teren Sinne big Kreta reichte, nach Plinius aber mur 
ein Zeil des Konifchen Meeres war. Das Haupt: 
gebirge der durchaus gebirgigen Inſel jind die 
tebrodijhen Berge (Nevgmön Öen, j. ohne 
Gelamtnamen), im ihrem höchiten Gipfel 1975" 
hoch, in —— und ſüdlicher Richtung den 
Apennin fortſetzend. Nahe dem Oſtrande der Inſel 
liegt der 3310 m Hohe Vulkan Atna (Arten, j. 
Ana oder Monte Gibello), im äuferften Weiten 
der Eryr ("Eev£, jetzt S. Giuliano), im Süden 
die Heräifchen Berge (r« "Howie den, j. Monti 
Sort). Andere Namen find Neptunius bei Wei: 
jene, Maro, Kratas, Gemelli Eolles weiter der 
Mitte zu. Vorgebirge an der Dftküfte: die flache 
Nordoft:Spike Belsror oder Peloris (j. Capo 
di Faro), Drepanon (wohl Kapo di ©. Aleffto), 
Argennon (j. Taormina oder St. Angelo), Plem— 
myrion, jüdlich neben Syrafus (j. Punta di Gi— 

anta), die Südoſtſpitze Pachynon (j. Capo 
Baflaroı; dann an der Sübdmweitieite: Odyſſeion 
(Bunta di Eircia), Bufra (j. Butera), Lilybaion, 
das weftliche Vorgebirge (j. E. Boeo oder di Mar: 
jala); an der Nordküſte: Aigithallon (Capo ©. 
Teodoro), Phalafrion (E. Rafoculmo). — Die 
Flüſſe find nicht jehr groß, aber im Frühling oft 
jehr angejchwollen und reigend. An der Dftküfte: 
Alejines oder Ajines (j. Finme di Alcantara), 


Sieinii. 


miündete zwilchen Tauromenion und Naxos, Sy: 
maithos (j. Simeto oder Giaretta), der größte 
Fluß der Inſel, mündete etwas nordöftlich von 
Leontinoi, Mylas j. Marcellino oder S. Ginliano), 
in den Golf von Megara mündend; Anapos (j. 
Anapo) bei Syrakufat, Heloros (j. Tellaro) bei 
der Stadt gl. N, Aſſinaros (ij. Fiume Falconara 
oder Fiume di Nolo), an dem ſich Nikias mit dem 
Reſte des atheniichen Heeres den verfolgenden Sy: 
rafufiern ergeben u (Thue. 7, 85). Un der 
Südweftlüfte: Gela (ij. Fiume Dliva), Himera 
(ji. Fiume Saljo), zwiichen Gela und Akragas, 
Halykos (j. Platani) bei Herafleia Minoa, Hypſas 
(1. Belice) bei Selinus. An der Nordlüſte floß 
ein zweiter Himera (j. S. Lionardo oder Fiume 
Grande) und der Krimijjos (ij. d.). Bon Seen 
enthielt S. den vom Anaposjluß gebildeten Ly— 
jimeleia (j. Bantanella) bei Syrakufai, Syrato, 
ebendajelbit, die Kanapivn Adurn bei der Stadt 
d. N. (noch jegt Camarina), den Yacus Bergos 
(j. Berguja oder Yarghitello) jüdwejtlich von Enna, 
den Lacus Palicörum, n rör Ilalınar Aurn 
(1. Paliei), einen vulfanijchen See bei der Stadt 
Menä. Bon Quellen jind die Arethuja zu Sy: 
rafus und Kyana ji. Eiana, oder Pisma) ganz 
in der Nähe zu merfen. — liber die ungemeine 
Fruchtbarkeit der Inſel ift nur Eine Stimme: fie 
galt für die Kornlammer Staliens, cella penaria 
rei publicae, nutrix plebis Romanae (Üic. Verr. 
2,2. de imp. Cn. Pomp. 12. Liv. 26, 40. Strab. 
6, 273); deshalb war fie der Ceres heilig und 
galt für ihren Lieblingsaufenthalt; der jebige Zu: 
jtand der Inſel ift teilweije infolge der Schlaffheit 
und Trägheit der Bewohner ein ganz anderer. 
Während in den jüdlichen Teilen ſich bei den 
Broduften ſchon eine Verwandtichait mit Afrika 
zeigt, herricht in den übrigen die mit Jtalien vor. 
Weizen, Südfrüchte, Wein, Balmen, treffliche Roſſe 
u. j. w. werden genannt. — Weil man die Ky— 
flopen und Laiftrygonen des Homer nicht 
anders unterzubringen wußte, verſetzte man jie nad) 
S.; die Gejchichte fennt aber als die älteften Be: 
wohner die aus Italien eingewanderten Sicani 
(Zinavol, Thuec. 6, 2) oder Sicüli (Cie. Verr. 
2,2. Zinelod, Thuc. 6, 1), denn beide Namen jind 
identijch, wenn man aucd eine doppelte Einmwan: 
derung annehmen zu müſſen jcheint. Lixeliwrau 
Dagegen hießen die auf S. wohnenden Griechen. 
Zu den Sicanern und Siculern famen dann auf 
der Weftjeite der Sage nad) Kreter und Elymer, 
ein Haufe flüchtiger Troer, in Wahrheit wohl 
Ligurier, Die aber mit ihmen verichmolzen zu 
jein jcheinen. Des Handels wegen jiedelten fich, 
namentlich in den nördlichen und nordweitlichen 
Strichen, Phoiniker an, welche aber durd die 
jeit 736 v. E. zu Naxos zuerft angefiedelten Hel— 
lenen jehr beichränft wurden. Bol. Thuc. 6, 3. 
Die Hellenen gründeten eine Menge blühender 
Kolonien, von denen jhon früh Unter-Kolonien 
ausgejandt wurden. Syralus gründete Alrai und 
folonijierte Enna, dann Kaſmenai und Kamarina. 
Bon Gela ging 581 dv. C. Alragas aus, welches 
ipäter Syralus an Macht und Reichtum den Rang 
ftreitig machen jollte; die Bewohner von Megara 
men Selinis. Auch die haltidifchen Städte 
eteiligten ji) an der weiteren Koloniſation, denn 
von Zankle ging Himera aus. Die Parteifämpfe 
am Ende des 6. und Anfang des 5. Jahrhunderts 


1111 


v. E. führten zur Tyrannis, durch welche beſon— 
ders Alragas und Gela große politiihe Macht 
gewannen. Gelon erkannte, daß Syrakus die 
Hauptftadt eines geeinigten Siciliens fein müſſe, 
und dieje Hegemonie wurde durch den glüdlichen 
Kampf gegen die Karthager um 480 v. E. völlig 
entichieden. Sein Nachfolger Hieron (478-466) 
ließ in diefem Streben nicht nad. Die Vertreis 
bung der Tyrannen führte zur Demokratie und 
zu inneren Parteilämpfen, welche die Macht der 
einzelnen Städte jchwächten, in denen bald Oli— 
garchen herrichten, bald die Ochlofratie die Ober: 
hand befam. Deshalb hatten auc die Kriege 
mit den Karthagern am Ende des 5. Jahrhunderts 
einen unglüdlichen Ausgang. Der Krieg wurde 
397 v. E. erneuert und jicherte wieder auf einige 
Beit den SHellenen das Übergewicht, indem 392 
die Karthager auf ihr altes Gebiet im Nordweiten 
beichränft wurden und Dionyſios die Herrichait 
von Syrakus ficherte. Auch Timoleons und Aga— 
thofles’ fiegreiche Feldzüge hemmten Die Fort— 
jchritte der Karthager, bis endlich durch den eriten 
puniſchen Krieg die Römer ſich in den Bejig der 
Inſel jeßten und aus ihr die erfte provincia 
machten: jo famen nocd die Römer zu den ſieu— 
liichen und helleniichen Bewohnern hinzu. Val. 
das Hauptwerf: Holm, Gejdhichte Siciliens ım 
Altertum (2 Bob. 1870 und 1873). — An der 
Pilege der Künfte und Wiffenichaften haben die 
fieiliichen Griechen lebhaften Anteil genommen. 
Fi ihnen gehören die Dichter Steſichoros, Epi— 

arınos, Theofritos, Moschos u. a., die Hiftoriker 
Philiftos, Timaios, Diodoros, die Philojophen 
Empedofles und Dikaiarchos, der Redner Gorgias, 
der Mathematiler Archimedes u. j. w. — Die 
bedeutenditen, jchon zu Strabons Zeit teilweije 
verihmwundenen oder herabgelommtenen, Städte (das 
Genauere j. bei den einz. Art.) waren an der 
Dftküfte: Zankle, jpäter Meſſana (j. Meifina), 
Naros, in deiien Nähe ſpäter Tauromenion 
(j. Taormina), Katana (j. Catania), Leontinoi 
(1. Lentini), Megara mit dem Beinamen Hybläa 
(verichwunden), Syrafufat (j. Siragoja). An der 
Südweſtküſte Kamarina (Ruinen bei Torre di 
Bamarana), Gela (in Trümmern), Phintias (j. 
Licata), Akragas, röm. Agrigentum (j. Girgentt), 
Herafleia Minoa (Trümmer bei Torre di Capo 
Bianco), Selinüs (Tr. bei Laftelvetrano); an 
der Weftküfte: Lilybaion (j. Marjala), Eryrx 
und Drepaunon (j. Trapani). An der Nordküjte: 
Segefta, Banormos (j. Balermo), Himera, 
ipäter Thermai (j. Termini), Mylai (ij. Wilazzo), 
Agathyrna. Im Innern: Kenturipai (j. Gen: 
torbi), Hybla Major (j. Baterno), Enna (j. Caftro 
Giovanni), Agyrion (j. Argiro), Adranon (ji. 
Aderno), Aſſoros (j. Ajaro) u. a. Strab. 6, 266 ff. 
Mela 2, 7, 14 ff. Plin. 3, 86 ff. 

Sieinli, 1) T. Sic. Sabinus, Konjul 487 
v. &., befiegte die Boliter. Liv. 2, 40. Dion. Hal, 
8, 67. — 2) C. Sic. Bellutus, führte die Plebs 
auf den heiligen Berg und war 493 v. C. einer 
der erjten Volkstribunen. Ziv. 2, 32. Dion. Hal, 
6,89. Er Hagte den Eoriolan an. Plut. Cor. 18. 
— 3) €, &ic, trat 470 v. E. als Rollstribun 
mit einer Anklage gegen den Appius Claudius 
wegen Unruheftiftung auf. Liv. 2,58. 61. — HL. 
Sie. Dentatus, cin durch kühne Thaten aus: 
gezeichneter Nömer, den jeine Landsleute mit Achill 


1112 


verglichen, foll (455 v. €.) gegen die Aquer ge: 
tämpft haben und, von den Decemvirn angefeindet, 
in einem, ihm von dieſen gelegten, Sinterhalte 
gefallen jein. Plin. 7, 27. Dion. Hal. 10, 36 f. 
43 ff. 49. 11, 25 ff. — 5) En. Sic, Prätor 183 
v. E., wurde 172 beim Ausbruche des Krieges 
gegen Perſeus mit Flotte und Heer nah Male: 
donien gejandt. Liv. 39, 45. 42, 9f. 22. 27. — 
6) E. Sic., wird von Cicero (Brut. 76, 263) als 
tüchtiger Redner gerühmt. — 7) En. Sic., Volks— 
tribun 76 v. E., fand, als er nad Sullas Tobe 
auf die Erneuerung der Rechte des Tribunats 
drang, durch die rachjüchtige Verfolgung jeiner 
Gegner den Tod. Cic. Brut. 60. Sall. hist. 3, 22. 

Sicöris, Zixogıs, j. Segre, linfer Nebenfluß des 
Iberus (Ebro) im tarraconenfischen Hifpanien, der 
bei Ilerda vorüberftrömte und oberhalb DOctogeja 
mündete. Caes. b. c. 1, 49. 61. Dio Cass. 41, 20, 

Sieäli j. Sicilia. 

Siecülum fretum j. Sicilia. 

Side, Ziön, 1) früh verfallener Hafenort an 
der öſtlichen Landſpitze Laloniens, jüdlih von 
Epidauros Limera. Paus. 3, 22, 11. — 2) Küjten: 
ftadt im mittleren Pamphylien, aioliſche Kolonie 
von Kyme und Hauptfig des Athenekults. Auinen 
bei Esti Adalia. Liv. 35, 13. 37, 23. Strab. 
14, 664. 667. 

Zıdsövar |. Erziehung, 14. 

Sidieini, aufoniiche Völkerſchaft im nördlichen 
Campanien, am Berg Majficus und an der Grenze 
von Sammium, mit der Hauptftabt Teanım (1. 
Teano). Cie. Phil. 2, 41. Liv. 7, 29. 8, 2. 15. 
Verg. A. 7, 727. 

Sidon, Zıöar, alte Stadt Phoinifiens in einer 
faum meilenbreiten Küftenebene, 5 M. nördlich 
von Tyros und ebenjoviel jüdlih von Berytos 
gelegen; mit doppeltem Hafen und ftarf befeftigt, 
aber jeit der Zerjtörung durch Artaxerxes III. (um 
350 v. €.) für jeden Feind leicht zu nehmen. Arr. 
2, 15, 6. Sidon war jchon zu Homers Beiten (Il. 
6, 290. 23, 743. Od. 15, 115. 425) durch feinen 
Handel und Kunftfleiß berühmt, ftand um 1600— 
1100 an der Spige der phoinifischen Städte, grün- 
dete verichiedene Kolonien, wurde aber dann von 
Tyros überflügelt. Seine Schiffe waren die beften 
Segler. Hat. 7, 99. 128. ©. hatte, wie alle phoi: 
nikiſchen Hauptftädte, erbliche —— die freilich 
jeit dem 8. et immer unter fremder Oberhoheit 
ftanden. Das h. Saida iſt Meiner als die alte 
Stadt. Strab. 16, 756 ff. 

SidonYus, &. Sollius Apollinaris Mode: 
ftus Sid, um 428 n. C. zu Lugdunum geboren, 
Biſchof von Clermont in Gallien, geitorben um 
488, Verfaſſer dreier Xobgedichte und ziweier Epi: 
thalamien, außerdem mehrerer Heinerer Gedichte 
und einer Brieffammlung in 9 Büchern, in einem 
ſchwülſtigen und oft ſchwer verjtändlichen Stil. 
Wichtig Mind jeine Werfe als Beitrag zu der Ge: 
ihichte und dem Leben jeiner Zeit. 
Yuetjohann (1887). 
(1864). 

Sidüs, Zidoös, feiter Plab in Megaris, nahe 
der Grenze don Korinthia, an der Bucht von 
Kenchreai, zwiichen dem Iſthmos und Krommpon, 
berühmt durch jeine Apfel. Xen. Hell. 4, 4, 13. 
5, 19. 

Sidüssa, Zidovose, Ort in Lydien, gehörte 
zum Gebiet von Erythrai in Jonien. Thuc. 8, 24. | 


Ausg. von 
Abhandlung von Kaufmann 


Siecoris — Sigeum Promunturium, 


Sieben gegen Theben ſ. Adrastos. 

Sieben Weisen, Sapientes septem, ol fnr« 
copoi, Männer, welche nicht bloß durch hervor: 
ragende rg Kraft und tiefe Lebenserfahrung, 
jondern auch durch Schärfe des Geiftes und Klar: 
heit der Einficht die beionderen Wohlthäter ihrer 
rg mwurben. Cie. de or. 3, 34. So fommt 
es, daß bald ihre politifche, bald ihre dichteriiche 
Thätigfeit vorzüglich hervorgehoben wird. Pitta— 
fos von Moütilene auf Leſbos, Solon, Kleo: 
bulos von Lindos auf Rhodos und Beriandros 
von Korinth waren entweder Gejeggeber und 
Heerführer oder Vorfteher und Beherricher ihrer 
Baterftädte; Cheilon, ebenjo jehr wegen jeiner 
politischen Schergabe als wegen der nach ihm 
benannten Ausdrudsweife bewundert, wird als 
Ephoros zu Sparta genannt; Thales von Milet 
und Bias von Priene in Karien erjcheinen als 
Ratgeber von Königen und Bölfern. rfterer 
veranlaßte die Jonier zur Stiftung ihres großen 
Bundes mit dem Mittelpunfte des gemeinjamen 
Rates in Teos; auch begleitete er den Kroijos 
auf dem Zuge wider die Perjer und führte fein 
Heer troden durch den von ihm abgeleiteten Halys; 
Bias aber hielt denjelben König von einem Sce: 
friege wider die griechiſchen Inſeln zurüd und 
riet den Joniern bei den Einfällen der Perſer, 
ihre Städte in Aſien zu verlaffen und nad Sar: 
dinien zu ziehen. Hdt. 1, 27. 170. — Einige 
ftreihen Periandros (j. d.) und nennen dafür ent: 
weder einen andern Gleichnamiger oder den My: 
jon. — Umverfennbar hängt das Weſen diejer 
Männer, die einem und demfelben Zeitalter an: 
gehören, mit dem Charakter des doriſchen Stam— 
mes zufammen, und Platon nennt fie daher wohl 
mit Recht Nacheiferer, Liebhaber und Schüler der 
lafedaimonischen Difeiplin und findet UÜberein: 
ftimmung zwiichen ihrer gnomijchen und der lato: 
niſchen Redeweiſe; 4 von ihnen waren aud do: 
riihen Stammes, der fünfte ein Spartiate. Nicht 
immer werden denſelben diejelben Sprüche zuge: 
ichrieben: Pittakos xuıpor yrohı, wohl erwäge 
die Zeit; Solon undtr äyar, Kleobulos uergov 
&oıorov, Periander uelden zo wär, jegliches vor: 
bedadıt; Eheilon yradı oeavror (auch dem Solon 
zugeichrieben, wofür dann rflog ögür uuxgoo 
Blov); Thales Eyyda, aidga 5° Ärn, Bürgichaft 
bringet dir Leid; Bias oi wielovg xanoi, mehrere 
machen es jchlimm. Ihre kurzen Sprüche tragen 
nicht ſowohl das Gepräge tiefer Gedanfen und 
einer das gewöhnliche Ma überragenden Weis: 
heit, als vielmehr einer wie mit Blitzeskraft ein: 
leuchtenden und jchlagenden Wahrheit und einer 
tüchtigen, der eigenen Grundjäße bewußten Ge— 
finnung (vgl. Gnomische Poäsie). Daher 
ftanden fie auch unter bejonderem Schutze des 
pythiſchen Apollon, deſſen ſententiöſe Orafeliprüche 
mit ihrer apophthegmatiſchen Weisheit eine ge— 
wiſſe innere Verwandtſchaft hatten. 

Sigambri j. Sygambri. 

Sigeum Promunturium, ro Ziysıov, Borge- 
birge in Troas, die Nordiveit: Spige von ganz 
Alien am Eingange des Hellespontos, der Stadt 
Elainſa an der Südſpitze des thrafiichen Cherſones 
gegenüber; j. Jeniſcheher. An dem Borgebirge lag 
die gleichnamige Stadt mit einem Hafen, der 
ipäter zu Nen:Jlion gehörte. Sie gab Beran- 
laffung zu einem Kriege zwiichen Mytilene und 


* 


Sigilla — Sikyonia, 


Athen und war dann Aufenthaltsort der aus Athen 
vertriebenen Beififtratiden. dt. 5, 65. 94. Strab. 
13, 595 ff. Berühmt ift nody die ſigeiſche In— 
ſchrift an einer hermenartigen Säule ohne Kopf, 
die von Sherard dor der Kirche eines Dorfes ent: 
dedt und durch Lord Elgin kopiert und jelbft nad 
England gebracht wurde. Sie ift Boverpopndor 
geichrieben und wurde ald Schugmittel gegen meh: 
rere Krankheiten angeſehen, weshalb ſich viele 
Kranke darauf jepten und legten. 

Sigilla, Heine Bildiäulen und Bilder, nament: 
lich Reliefplatten (j. v. a. emblemata, j. d.) oder 
die geichnittenen Steine des Siegelringes u. dergl. 

SigillarYa, ein römijches Bilder: oder Buppen= 
feit, Fortiegung und Schluß der Saturnalien und 
gefeiert am 21. und 22. Dezember. Es war be: 
nannt nach den Heinen thönernen Menfchenfiguren, 
welhe Numa als Symbol von Menichenopfern 
ftatt lebender Kinder dem Saturnus dargebradht 
haben jol. Später wurden Heine Götterbilder 
aus Terracotta, Erz, ja nody jpäter aus Silber 
und Gold geichentt, bejonders Kindern. Auch 
wurden bunt bemalte Wacdslichter, Badwerk aus 
Weizenmehl, Anis und Donig, verichiedenartig ge: 
formt, als Gejchente verteilt. Suet. Claud.5. Man 
faufte dieſe Sigilla, neben welchen auch die ver: 
ichiedenartigiten Kunft: und Yuruswaren verſchenkt 
wurden, teils in der Sigillarftrahe (Suet. Ner. 28), 
teils auf den Sigillarienmärften des Campus Mar- 
tius und Mons Esquilinus, wo fie in Buben 
aufgeftellt und feilgeboten wurden. Damit beichent: 
ten Eltern ihre Kınder und befreundete Familien 
ſich gegenjeitig. Martial. 7. 14. 

Signa, 1) die Signale, d. h. militärifche Be: 
fehle, jowohl auf dem Mariche, ald aud in der 
Schlacht und im Lager gegeben, zerfielen in signa 
vocalia, semivocalıa und muta, die beiden eriten 
dem Ohre, die legten nur dem Auge mwahrnehm: 
bar. Zu den signa vocalia gehörte die Zojung 
. (signum), die in der Schlacht den Tribunen münd: 
lih von dem Feldherrn gegeben und von diejen 
weiter von Mund zu Mund getragen murbe. 
Dagegen wurde die Bat (tessera) im Lager, 
von den Tribunen auf einem Täßfelchen geichrie: 
ben, auf die unter Disciplina militaris, 8. 
angegebene Weije befannt gemadt. Die signa 
semivocalia wurden durch die militärischen Blas— 
inftrumente gegeben (tuba, cornu, bucina). Zu 
den signa muta gehörte das auf dem Feldherrn— 
zelte zur Andeutung des Beginnend der Schlacht 
—— vexillum, ſowie auch alle vorherigen 
Verabredungen während der Schlacht, z. B. eine 
Handbewegung, Abnahme der Kopfbedeckung u. ſ. w.; 
endlich auch eine Art telegraphiſcher Signale na— 
mentlich bei Nacht durch Feuer. Bei Tage wurden 
Signale an entfernte Heeresabteilungen durch Bal— 
ken gegeben, die an hohen Türmen befeſtigt waren 
und die man je nach der Verabredung hob oder 
ſenkte. — Endlich gehören zu den signa muta 
noch 2) die Feldzeihen, Adler und Fahnen. 
Uber die erfteren vgl. Aquila. In den früheren 
Beiten (die Manipelaufftellung j. unter Acies) 
war das Teldzeichen der Manipeln das Bild eines 
Tieres, namentlich eines Adlers, Ebers, Roſſes 
u. ſ. mw. Seit Marius wurde aber der Adler aus- 
ichließliches signum der Legion; doc hatten noch 
in den fpäteften Kaiferzeiten einzelne Legionen 
ganz beftimmte eigentümliche Tierbilder, z. B. die 


1113 


leg. XX. Valeria Vietrix (jeit Claudius in Bri— 
tannien, vorher in Bannonien und Germanien) 
den Eber. Daneben behielten die Manipeln ihre 
bejonderen signa, die nunmehr aber gewöhnlich 
aus einer Hand beftanden, oder aus einem Kranze, 
unter denjelben die Bilder von Göttern, ſpäter 
aud; der Sailer, ja unter Ziberius jelbit des 
Günftlings Sejanus. Suet. Tib. 48. Tac. ann. 
4, 2. Seit vom hörten die Manipeln ganz 
auf, dafür befamen die Cohorten bejondere signa, 
die gewöhnlich aus einem Drachen bejtanden, wes— 

Ib die Fahnenträger auch draconarii hießen. 

m Lager wurden bie signa mit dem Adler neben 
dem Prätorium aufgejtellt, die für die fleineren 
Abteilungen blieben bei den einzelnen Manipeln. 
Bol. Domaszewsti, die Fahnen im röm. Heere 
(1885). 

Signia, 7 Eiyria, 1) Stadt in Latium an der 
Dftjeite des gi von Tarquinius Su: 
perbus gegründet und befannt durch einen Tempel 
des Jupiter Urios, ihren herben als Arznei ge: 
brauchten Wein, ihre Birnen und durd das Opus 
Signinum, eine Art Kitt oder Mörtel, der als 
Eitrih zu Pavimenten gebraudyt wurde. In dem 
jeßigen Segni ift der alte Jupitertempel als Kirche 
erhalten. Liv. 1, 56. 2, 21. 8,3. Strab. 5, 287, 
— 2) Berg in Großphrogien, an deſſen Fuß 
Apamein Kıbotos lag. Plin. 5, 29, 29. 

Signifer, der —— trug das signum 
in der rechten Hand, in der linken den Speer. 
Der Träger des Adlers hieß gewöhnlicher aqui- 
lifer, der Träger der jpätern Cohortenfahne, eines 
Drachen, draconarius (vgl. Signa). Der ag rin 
träger war verpflichtet, für die Soldaten jeiner 
Fahne die Hälfte des donativum, jowie auch an: 
derer Einnahmen, z. B. wenn fie überflüffige 
Lebensmittel an die Marletender verkauften, ın 
Empfang zu negmen, darüber Rechnung zu führen 
und es ihnen bei ihrer Entlaflung wieder aus: 
zuzahlen. 

igynnal, Ziybovar, oder Siginni, Ziyırvor, 
ein Volt, deſſen Wohnfige bald am Kaſpiſchen 
Meere, bald am Iſtros gejucht werden. Wie He— 
rodot (5, 9) berichtet, jtammten fie ihrer Angabe 
nad aus Medien und hatten mediiche Sitten. Sie 
hatten Feine, zottige, nur zum Fahren tüchtige 
Pferde; die befte Wagenlenterin konnte ſich ihren 
Mann wählen. Man glaubt in ihnen die älteften 
Spuren der Zigeuner zu finden. Strab. 11, 520. 

Sikänos, Zixavös, 1) Sohn des Exekeſtos, 
Strateg zu Syrakus zur Zeit der atheniichen Er: 
pebition, befehligte einen Flügel der Flotte. Alra- 
gas juchte er vergeblich zu gewinnen. Thuc. 6, 73. 
7, 46. 50. 70. — 2) Fluß in Iberien, das Thu— 
fybides (6, 2) bis an den Rhodanos reichen läht; 
aljo wahricheinli die Sequana, j. Seine (nad) 
Grotefend und Forbiger). 

Sikinnis ſ. Satyrdrama,g. €. 

Sikinos, Zixıvros, j. Silinos, Kyfladeniniel 
zwiichen Pholegandros und os, darauf eine 
Stadt gl. N., mit bebeutendem Weinbau, daher 
früher Dinoe. Nachdem Sit. in den Perſerkriegen 
ji dem Zerxes angejchloflen hatte, trat es jpäter 
in die Reihe der tributpflichtigen Bundesgenofien 
der Athener. Unter den Baureften zeichnet fich 
ein Tempel des pythiſchen Apollon aus, der in 
eine chriftliche Kirche verwandelt ift. Strab. 10, 484. 

Sikyonla, Zırvovi« (d. h. Gurlenland, wegen 


1114 


Sila — Silü. 


des Gemüjebaues), in mythiſcher Zeit auch Mn- | demofratijche Negierung eingeführt hatte, unter- 


orn (Mohiuftadt), Alyıdlcıe und Teiyırda ge: 
nannt, Yandichaft im nördlichen Belopouncs, grenzte 
nördlich an den Korinthijchen Meerbuien, ım W. 
an Achaia und Arkadien, im ©. an Kleonai und 
Phliaſia, im DO. an Korinthia und war etwa 
5 IM. groß. Der Boden ift jehr gebirgig, im 
Südwejten erhebt fich Hufeijenförmig 2400 m das 
Gebirge Kyllene (j. Zyria), meift mit Schnee be: 
dedt und durch Erdbeben in wunderbare Formen 
geriffen, weiter öftlih Apeauros (Gavrias Oros) 
oder Apelauros 1400 m, 
Gebirge reichen bis in die Nähe des Meeres, nur 
durch eine fruchtbare Ebene davon geichieden (j. 
Ebene von Vokha). Unter den Gewäſſern bildete 
der Sys oder Sythas (ji. Fluß von Xylofaftro) 
die Grenze gegen Adaia, der Nemea (Fluß von 
Kutzomali) gegen Korinthia; zwiſchen beiden fließen 
der Ajopos (Fluß von Hagios Georgios) und 
Heliſſon. Durch dieje Bergſtröme wird von den 
Gebirgen noch mehr Fruchtland herabgeführt und 
die Fruchtbarkeit der Ebene erhöht. Das Klima 
ift reiner und gejünder als_in dem benachbarten 
Korinth; an Getreide und DL war die Ebene un: 
erichöpflich, die Berge reich an Holz; daher ziem- 
lich dichte Bevölterung (etwa 40—50 000 Seelen). 
Die Hauptitadt Sifyon (Linear, auf Münzen 
auch Fexvor), früher Wigialeia, beim j. Vaſilika, 
Geburtsort des berühmten Bildhauers Lyſippos, 
zwiſchen Aſopos und Seliffon, bildete in jeder Be— 
ziehung das Centrum des Landes und hatte 20— 
25000 Einwohner. Die alte Stadt lag teils in 
der Ebene, 12 Stadien vom Meere, teild auf einer 
breiten, terrajienförmigen Hochfläche oberhalb der: 
jelben; Demetrios Boltorfetes aber (nach dem die 
Stadt eine Zeit lang Demetrias hieß) zwang 
die Bewohner der Unterftadt, diejelbe zu räumen 
und jich ebenfalls auf der Hochfläche anzufiedeln, 
und von dieſer neuangelegten, regelmäßig gebauten 
Stadt haben ſich anjehnliche Ruinen (des Theaters, 
Stadions, einer Wafjerleitung u. ſ. w.) erhalten. 
Strab. 8, 382. Paus. 2, 7 ff. Sif. war der frühejte 
Sitz der Malerei, jowie die Mutterjtadt aller Me— 
tallfabrifen (Kupfergruben im Wjoposthale), und 
verdiente daher bei ihrer außerdem fejten, ge— 
funden und malerischen Lage mit Hecht das Lob 
der Alten, fie jei eine Luft im Frieden und ein 
Schuß im Kriege. Südlich lag Titane, mit einem 
Ajklepiostempel; Gonuſſa öftlih. Derai, Epieikia 
und Thyamia waren Naftelle, deren Lage nicht 
jiher nachzuweiſen ift. — Als ältefte Bewohner 
werden die Konier genannt, danı die Ychaier, 
endlich die Dorer, deren Fürſt Phalkes fich durch 
nächtlichen Überfall Sikyons bemächtigte. Eine 
hervorragende Rolle hat Sif. in der Gejchichte nie 
geipielt; es Ichnte fich jtets an Argos oder Sparta 
an. So jtand es im erften meſſen. Kriege mit 
Argos auf jeiten der Mefjenier. Zur Zeit des 
zweiten mefjen. Krieges erfolgte die milde Tyran— 
nis der Drthagoriden (Hdt. 6, 126), unter denen 
ſich der legte, Kleifthenes, Schwiegervater des 
Atheners Megakles, auszeichnete (Hdt.6,126—131), 
596— 565 v. E. In den Perierkriegen ftellten die 
Sikyonier 12 und 15 Schiffe (Hat. 8,1. 43), im 
peloponnefiihen Kriege ftanden fie auf jeiten der 
Spartaner und ftellten Schiffe (Thue. 2,9. 80.83), 
waren auch ſonſt thätig. Thuc. 4, 70. 101. 5, 52, 
Als aber Sit. fih von Sparta abgewandt und 


Die Ausläufer Diejer | 


warfen die Spartaner es aufs neue (Thuc. 5, 82) 
und zwangen es zur Teilnahme an der ficiliichen 
Erpedition (daj. 7, 58). Später finden wir meh: 
rere Tyrannen in Sit. An dem lamijchen Kriege 
323 v. C. ſchloſſen ſich die Sikyonier dem allge: 
meinen Aufſtande gegen die Makedonier an. Nach— 
dem daun Ptolemaios und nad ihm Demetrios 
Poliorketes (308) Sik. beſetzt hatten, folgte wieder 
eine Reihe von Tyrannen, von deren Joche Sit. 
endlich 251 durch Aratod befreit wurde, der die 
Verhältniffe ordnete. Der Anſchluß an den Achaii— 
ichen Bund führte aber mancherlei Drangjale her— 
bei, die auch in den makedoniſch-römiſchen Zeiten 
fortdauerten. Nach der Zerftörung Korinths janf 
auch Sif. und wird jelten mehr erwähnt. Bal. 
die Monographien von Gompf (1832) und Bobrif 
(1839), jowie Burfian, Geogr. von Griechenland II 
S. 23 ff. Curtius, Peloponnejos II S. 482 ff. 

Sila, Zire, 1) Waldgebirge in Bruttii, noch 
jest Sila oder Aipromonte, das ſich von Eonientia 
(j. Eoienza) bis zur Siciliſchen Meerenge hinzog 
und vorzüglich durch das Bauholz und das Pech 
berühmt war, welches es lieferte. Cie. Brut. 
22, 85. Strab. 6, 261. Dion. Hal. 20, 15. — 
2) Stadt Italiend am Ndriatiichen Meere. Pol. 
34, 11. 

Siläni, 1) j. Junii, II, b. — 2) T. Turpi: 
lius Sit, ſ. Turpilii, 2. 

Silanion ſ. Bildhauer, 8. 

Silärus, EiRagos, Eiiegıs, 1) Ort und Fluß 
im cispadanischen Gallien, weitlihd von Forum 
Eornelii; der Fluß nod jet Sillaro, der Ort 
Eaftel ©. Pietro. — 2) Grenzfluß zwiichen Yuca: 
nien und Campanien, noch j. Silaro oder Sele, 
entjpringt auf dem Apenmin, nimmt von links den 
Tanager (j. Negro) und Calor ıj. Calore) auf und 
mündet dann beim Berge Alburnus, nördlich von 
Päſtum, in den Päftanifchen Bujen. Sein Wafier 
joll die Kraft gehabt haben und noch jetzt befiken, 
Pflanzen zu verfteinern (infruftieren). Am ©. be: 
fiegte Tı v. E. der Prätor Craſſus den Sparta— 
cus. Verg. G. 3,146. Strab. 5, 251. App. b. ce. 
1, 118 ff. 

Silönos ſ. Seilenos. 

Silicense Flumen, Fluß in Hiſpania Bätica, 
in der Nähe von Corduba, wahrjcheinlich der Kenil 
oder ein Nebenfluß desjelben. Caes. b. Hisp. 57. 

Siliclus, P. Sil. Coronas, römijcher Se- 
nator und Mitglied des Gerichts, welches im J. 
43 dv. E. von Dctavian niedergejegt wurde, um 
die Mörder Cäjars zu richten, war der einzige, 
welcher öffentlich für die Freiſprechung Des M. 
Brutus ſprach, wofür ihn Dctavian nicht lange 


darnach auf die Projfriptionslifte brachte. Plut. 
Brut. 27. App. b. c. 4, 27. 
Silil, ein plebejiiches Geſchlecht. Nennenswert 


find: 1) T. Sil, diente unter Cäſar in Gallien 
und wurde bier auf einer Sendung zu den Be- 
netern 56 v. E. gefangen genommen. Caes. b. q. 
3,7. — 2) P. Sil. Nerva, war 51 v. E. Pro: 
prätor in Bithynien und dem Cicero wohl be: 
fannt. Cie. ad fam. 13, 47. 61—65. Im J. 44 
machte er eine große Erbidhaft (dai. 7, 21). — 
3) U. Sil,, dem Cicero und Wtticus befreundet. 
Cie. ad Att. 12, 22.29.31. — 4 P. Sil. Nerva, 
Konſul 20 v. E., befiegte im 3. 16 die Alpenvölter: 


Sılıs — Simmias. 


ichaften der Cammunier und Benier ſowie die lange ihre Unabhängigfeit. 


1115 


Tac. ann. 12, 2. 31. 


Noriter und PBannonier und war dann Statthalter | Agr. 17. 


von Hiſpanien. Vell. Pat.2,90. Dio Cass.54, 7.20. 


Silränus, latiniicher Gott, jeinem Namen nad) 


— 5) Sein Sohn, A. Licinius Nerva Si: | Waldgott, zugleid) aber auch Gott des Feldes und 
lianus, von Licinius Nerva adoptiert, war 7 des Anbanes und, da die Herden bejonders in 
n. C. Konſul. Vell. Pat. 2, 116. Dio Cass. 55, 30.| den Wäldern weiden, auch Gott der Herden. Die 
— 6) €. Sil., Konſul 13 n. C. befehligte bis 20 | Bäume des Waldes und des Feldes, alles Wachs: 
in Germanien, wo er einen Aufftand in feinem | tum in Flur und Gärten ift feiner Obhut anver: 


Heere unterdrüdte, an den Zügen des Germanicus | traut. 
teilnahm und mit den Chatten wiederholte Kämpfe | 


beitand. Tuc. ann. 1, 31. 2, 6f. 25. 4, 18. Im 
%. 21 dämpfte er den Aufftand der Gallier und 
Belgier unter Sacrovir und Florus (Tae. ann. 
3,42f. 45 f. 4, 18). Doc rettete ihn dies nicht 
vor dem Verdachte des Tiberius, deſſen Argwohn 
er auch durch feine Verbindungen mit Germanicus 
erregt hatte; er wurde der Erprefjung beichuldigt 
und tötete fich jelbft vor der Verurteilung im J. 
24. Taec. ann. 4, 18 ff. — 7) E. Sil., des vorigen 
Sohn, murde von dem Kaiſer Claudius wegen 
eines Berhältniffes mit der Kaiſerin Meflalına 
zum Tode verurteilt und hingerichtet, 48 n. €. 
Suet. Claud. 26.29. Tae. ann. 11, 12.26 ff. 13, 19. 
Dio Cass. 60, 31. — 8) (Titus Catius) Silius 
Italicus, aus angejehenem Geſchlechte (von 25 
— 101 n. ©.), vielleicht zu Italica in Hijpania 
Bätica geboren, verwaltete im J. 68 das Konſulat 
und darauf die Provinz Ajien, Freund des Bitel: 
lius (Tac. hist. 3, 65), lebte ſpäter den willen: 
ichaftlihen Studien bis an feinen freiwilligen Tod, 
im %. 101, auf feinen Yandgütern. Plin. ep. 8,7. 
Sorgfältig gebildet, ahmte er den Bergil, freilich 
vedantiich, nach und widmete jeine Muße der Ab: 
faffung von Gedichten, von welchen jein Epos 


Punica, in 17 Büchern, von feinen Zeitgenoffen 


eifrig gelejen wurde, jpäter aber um jo geringere 
Beachtung fand, jo daß erit im J. 1415 zu St. 
Gallen die erſte Handichrift desjelben aufgefunden 
wurde. Das Gedicht jchildert, bejonders nad) Livius, 
den zweiten puniichen Krieg und hat bei allem 
Fleiße mehr hiftorischen als dichteriichen Wert. — 
Ausgg. von D. Heinfins (1600), Dratenbord (1717), 
J. C. Th. Ernefti (1797), Ruperti (1795— 98) und 
Bauer (1. Bd. 1890). — Eine Jugendarbeit des 
Dichters ift nach Büchelers ſcharfſinnig begründeter 
Anficht der j. q. Pindarus Thebanus, ſ. d. 

Silis, Zidıg, der bedeutendite Fluß in Venetia, 
fiel bei Altinum ind Adriatiihe Meer; j. Sil. 
Plin. 3, 8, 22. 

Zillor, ein eigener Zweig der griechiichen 
Poeſie, Spottgedichte, welche mit der tambijchen 
Poeſie des Archilochos und anderer zwar eine ge: 
wife innere Bermandtichaft, aber feinen _geichidht: 
lihen Zuſammenhang haben. Bon den Sillen des 
Timon von Phlins um 280 v. E. (3 Bücher) 
find noch wenige Fragmente übrig, die jcharfen 
Verftand und Beobadhtungsgabe verraten, aber in 
ihrem Tone jchroff, bitter und ungemütlich find. 
Bergl. die Hauptichrift von E. Wachsmuth, de 
Timone Phliasio ceterisque sillographis Graeeis 
(1859). Sammlung der Fragmente der Sillogra- 
phen von demielben (1885). 

Silüres, Zilvoss, mädtige und ftreitbare Völ— 
ferichaft im Südweſten Britanniens, der die be: 
deutenden Städte Jjca (j. Caer-Leon) und Benta 
(i. Caer⸗Gwent) gehörten. Obwohl von den Römern 
unterworfen, blieben fie doch immter furchtbar, und 
auch den Sachſen gegenüber behaupteten fie jpäter 


Darum betradytete ihn der Yandmann als 
feinen bejonderen Beichüger, und zwar für fein 
Haus ſowohl wie für feine Felder. Der Gott 
hatte 3 Standbilder, eins an dem Hauſe, ein 
zweites mitten in der Flur und das dritte an ber 
Grenze der Beſitzung. Somit galt er auch als 
Grenzgott. Hor. epod. 2, 22. Man feierte ihm 
im Herbfte ein Erntefeft und opferte ihm die Erſt— 
linge der Baumfrüchte, Trauben und Ahren, auch 
Mil. Tibull, 1, 5, 27. Hor. ep. 2, 1, 143. Wis 
Herdengott wehrt er den Wolf ab und gibt den 
Rindern Gedeihen. Wie andere Wald: und Her: 
dengötter ift er mufifaliich, und die Syrinx ift 
ihm geweiht (Tibull. 2, 5, 3), aber er erregt aud) 
gleich Ban in der Einjamfeit des Waldes Schreden 
und Grauen. Im geheimnisvollen Didicht haus 
jend, läßt er bisweilen des Nachts feine furdht: 
bare Stimme ertönen. Später wurde er mit Pan, 
Faunus, Inuuns, Agipan identifiziert, und man 
nahm Silvani in der Mehrheit an. Die Pichter 
ftellen den Silvanıs dar als heiteren reis, in 
Bomona verliebt. Very. @. 2, 494. Hor. epod, 
2,21. Or. met. 14, 639. — Gilvanıs war aud) 
ein Beiname des Mars, und es iſt wahrjcheinlich, 
daß der Gott nur eine Verjelbitändigung einer 
Eigenichaft des Mars ift, der ja aud im alter 
Zeit ein Schüger der Pflanzenwelt und der Her: 
den war. 

Silvius, Ziloveog, nad) Dionyſios von Hali: 
farnaf (1, 70) Sohn des Aineias und der Lavinia, 
Stiefbruder des Aicanins (Sohnes der Kreuſa), 
nach deflen Tode er die Herrihaft von Alba er: 
hielt (während Julus, dem Sohn des Wicanius, 
die höchſte Gewalt in geiftlihen Dingen über: 
tragen ward), und Stammwater des albanijchen 
Königsgeichlechtes, der Silvier, wurde. Nach Li— 
vius (1, 3) iſt Silvius ein Sohn des Aſcanius. 

Simbruini colles, benannt nad der Stadt 
Simbruvium, Hügel in Latium zwiichen Subla: 
queum (ji. Subiaco) und Treba (j. Trevi); an 
ihnen lagen die Simbruina stagna, eine Ver: 
einigung mehrerer Quellen in einige Bajlins, die 
von Kater Claudius als Wajlerleitungen zur Ber: 
ftärfung der Aqua Marcia und von Nero zur 
Bewäfjerung und Verſchönerung jeiner Villa Sub- 
laquensis verwendet wurden. Tac. ann. 11, 13. 
14, 22, Plin. 3, 12, 109. 

Simmias, Zıundas, oder Simias, Files, 1) aus 
Theben, Freund und Zuhörer des Sokrates, von 
Platon mehrmals erwähnt, hielt fich einige Zeit 
in Agypten auf und verfaßte 23 moraliiche Dia: 
loge. Diog. Laert. 2,124. — 2) aus Spyrafus, 
Anhänger der megariichen Schule. Diog. Laert. 
2,113. — 3) Vater des Polyiperdhon (ſ. d.) — 
4) Sohn des Andromenes, Anführer der Phalanr 
unter Alerander dem Gr., war mit feinen Brüdern 
in den Brozeh des Bhilotas verwidelt. Arr.3,11,9. 
14, 4. — 5) aus Rhodos, Örammatifer in Ale: 
randreia um 300 v. E., dichtete außer einem Epos 
Anölkor 4 Bücher "Egwroraryrıe, erotiiche Elegien 


1116 


heiteren Charakters. Erhalten haben ſich einige 
——— in der griechiſchen Anthologie. 

Simdeis, Auötis, Simöis, Flüßchen in der 
Ebene von Troja, entſprang am Ida (TI. 12, 22) 
und vereinigte ſich unterhalb Jlion mit dem Ska— 
mandros (Il. 5, 774); j. Dümbrek-ſu, während 
- andere den Dümbrek-ſu für den Stamander, den 
in ihn mündenden Erenkjoibach für den Simoeis 
halten, und wieder andere den Simoeis in dem 
Bah von Bunarbaſchi erkennen. Strab. 13, 595. 
597 ff. IL. 12, 18 ff. jcheint der Simoeis als Fluß 
mit jelbftändiger Mündung gedadht. — Nach Strabon 
(13, 608) hieß ein Fluß bei Segefta auf Sicilien 
und nach Bergil (A. 3, 303) einer in Epeiros jo. 
Der troiſche Simoeid hat Flares Wafler. Bal. 
Skamandros, 

Simon, Ziuo», der Sokratiker, ſ. Platon, 1€. 

Simonides, Zuorlöng, 1) von Keos, oͤ Keiog, 
einer der größten griechiichen Lyriker, geb. 556 v. C. 
in Aulis auf Keos, geitorben im neunundachtzigften 
Lebensjahre, 468, zu Syrakus oder Afragas. Bon 
jeinen LXebensverhältnifjen wiflen wir wenig. Er 
verlieh früh feine Heimat und lebte an verſchiede— 
nen Orten Griechenlands. Von Hippardhos, dem 
Sohn des Peififtratos, wurde er nach Athen ges 
zogen, wo er die Dichter Anafreon und Laſos 
fennen lernte, Nach den Tode des Hipparch begab 
er ji nach Theffalien an den Hof der Aleuaden 
und Sfopaden. Cic. de or. 2,86. Plat. Protag. 
p. 339 B. Nach der Schladht bei Marathon war 
er wieder in Athen; dort trug er mit einer Elegie 
auf die bei Marathon Gefallenen in einem Wett: 
fampfe der berühmtesten Dichter, unter denen auch 
Aiſchylos, den Preis davon. Die legten 10 Jahre 
feines Lebens verweilte er, zugleich mit manden 
andern ausgezeichneten Dichtern, in Syrafus am 
Hofe des Hieron und zum Teil vielleicht auch in 
Akragas an dem Hofe des Theron. — Sim. fällt 
in die Blütezeit des griechiichen Lebens; zur Zeit 
der Perjerfriege ftand er auf dem Gipfel feines 
Ruhmes. Die größten Männer dieſer Periode, 
wie z. B. Themiftofles und Pauſanias, waren 
jeine Freunde. Man macht es ihm zum Bor: 
wurfe, daß er jich zu ſehr um die Gunſt der 
Reichen und Mächtigen bemüht und aus Streben 
nad irdiſchem Beſitze jeine Muje oft ohne Rück— 
ficht auf Berdienft für Geld verlichen habe. — 
Sim. war einer der vieljeitigjten Lyriker und über: 
haupt der fruchtbarfte griehiihe Dichter. Als 
Epigrammendichter hat er das Höchite erreicht; er 
ift der eigentliche Begründer und zugleich auch der 
Vollender diejer Dichtungsgattung. Seine Epi: 
gramme, deren wir noch eine bedeutende Anzahl 
befigen, find umübertrefflich in ihrer Schärfe des 
Gedankens und großartigen Einfachheit. Nament: 
lich hat er in denjelben die tapferen Kämpfer der 
PBerjerfriege verherrlicht. Auch in der Elegie war 
er ausgezeichnet, man rühmte in diejer Gattung 
jeine Weichheit und Zartheit. Wir haben von 
jeinen Elegien, ſowie auch von feinen choriichen 
Poejien (Epinitien, Hymnen, Dithyramben, Par: 
thenien, Hyporchemen und bejonders Threnen) nur 
Bruchftüde. In der Chorpoejie ging ihm zwar 
die Gedankentiefe und der hohe Flug des Pindar 
ab, dagegen war er ausgezeichnet durch die Sorg: 
falt und Bierlichleit in Ausbildung der Gedanken 
ſowie durch große Gemwandtheit und Bieljeitigkeit. 
Er gilt aud) für den Erfinder der Mnemonit (Cie. 


Simoeis — Sintica. 


de or. 2, 74. 86. Quint. 11, 2, 11); wie er jelbjt 
in einem Epigramme jagt, hatte er noch im achtzig— 
ſten Jahre ein ungeichwächtes Gedächtnis. Samm— 
lung der Bruchftüde von Schneidewin (1835) und 
Bergf, poet. Iyr. Graec. III p. 382 ff. der 4. Aufl. 
— 2) von Amorgos, j. Jlambographen. 

Sinae j. Serica. 

Sinda, Zivda. Außer einer Stadt diejes N. 
im afiatiihen Sarmatien und einer andern in 
Indien wird von Livius (35, 13. 38, 15) eine joldhe 
erwähnt in Kabalia, öſtlich von Kibyra, in der Nähe 
des Fluſſes Kaularis. Strab. 13, 630. 

Sindi, Zirdol, Zivdor, 1) Volk im afiatischen 
Sarmatien, an der Dftküfte des Pontos Eureinos 
und am Fuße des Kaufajos (Hat. 4, 28), ſüdlich 
vom Hypanis (j. Kuban), mit der Stadt Sinda. 
Strab. 11,495. — 2) Volk an der Oſtküſte im 
India extra Gangem mit einer Stadt Sinda. 

Sindos, Zivdos, Stadt der makedoniſchen Land: 
ſchaft Mygdonia am Thermaiſchen Meerbujen und 
der Mündung bes Echedoros. Hat. 7, 123. 

Singära, r« Ziyyapa, Stadt im nordöftlichen 
Mejopotamien in einer fruchtbaren Dafe am Süd: 
fuß des Singarasgebirges gelegen; in der Kaijer: 
zeit ftarfe Grenzfeftung der Römer, doc 348 und 
360 von Sapores II. erobert, 363 von Jovian 
abgetreten; j. Sindichar. Dio Cass. 68, 22. Eutr. 
10, 10. Set. Ruf. 27. 

Singos, Ziyyos, Stadt an ber Dftküfte der 
challidiſchen Halbinjel Sithonia, am heutigen Kap 
Sykia. Hdt. 7, 122. Nad ihr hatte der zwiſchen 
den Halbinjeln Sithonia und Alte liegende Meer: 
bujen den Namen des Singitiichen. 

Sinis j. Theseus. 

SinnTus Capito, ein gelehrter römijcher ram: 
matifer zur Zeit des Barro (vir doctissimus, Gell, 
5, 21, 9), ftellte ſcharfſinnige Unterfuchungen über 
Grammatif an, woran fich Forichungen antiquari: 
ſchen Inhaltes ſchloſſen. Unter mehreren Werten 
desjelben werben hauptjächlic Briefe, in welchen 
er die Ergebnifje jeiner Studien ntederlegte, ge: 
nannt. ZTrefflihe Monographie von Herb (1845). 

Sinon ſ. Trojanischer Krieg, 8. 

Sinöpe, Zıworn, j. Sinöb, die bedeutendite 
Küftenftadt Paphlagoniens, 80 Stadien öftlich von 
dem Vorgebirge Lepte, auf dem Hals einer Halb: 
injel gelegen, deshalb mit 2 Häfen ;ichon um 7800. €. 
Traktorei der Milefier, dann, nach der Zerftörung 
durch die Kimmerier, 630 eigentliche Kolonie. Hdt. 
4, 12. Durd die günftige Yage erwuchs S. bald 
zu einer blühenden Handelsſtadt, die ihr Gebiet 
bis zum Halys ausdehnte und jelbft wieder Kolo— 
nien gründete. Seit 183 v. E. war es die Reſidenz 
der Könige von Bontos, wurde von Mithridates VI. 
als fein Geburtsort vergrößert, von Lucullus 70 
v. E. nad langer Belagerung erobert und ge: 
plündert, doch audy wieder begünftigt und für eıne 
Freiſtadt erflärt, und war noch zu Strabons 
Beit bedeutend. S. war die Heimat des ſeynikers 
Diogenes und des Komilers Diphilos. Strab. 
12, 545. Monogr. von Sengebuich (1846) und 
Streuber (1855). 

Sintica, 7 Zwrirn, ein von den thrakiſchen 
Sintoi bewohnter Gau Makedoniens, öftli von 
Kreftonia und nördlih von Bijaltia bis zu dem 
Strymon und dem See Praſias, mit der Stadt 
Heraffeia Sintife. Liv. 42, 51.456,29. T’huc. 2, 98. 
Strabon (7, 331) bringt diefe Lirrod mit den 


Sinuessa — Sisyphos, 


Zivries bei Homer (ZI. 1, 594) auf Samothrafe 
und Leibos in Verbindung. 

Sinnessa, Zivoveooe, jüdlichite Stadt Latiums 
in Latium adjectum, an der Appiichen Straße in 
frucdhtbarer, weinreicher Gegend (Hor. ep. 1, 5, 5), 
am Berge Mafficus, wurde zugleich mit Minturnä 
von den Römern kolonifiert, 295 vd. C. Ziv. 10,21. 
In der Nähe befanden fi die Aquae Sinuessa- 
nae, berühmte Heilquellen. Tac. hist. 1, 72. ann. 
12, 66. edeutend war ihr Handel, bejonders 
mit den Weinen der Umgegend, dem Maifiter und 


Falerner. Ruinen weftlid von Caftel Rocca bi 
Mondragone. Bol. Strab. 5, 219. 231. 233. Liv. 
8, 11. 36, 3. 


Siphai, Zipaı oder Ti/pa, Flecken an der füd- 
lichen Küfte Boiotiens in der Nähe von Kreufis, 
der Hafenftabt von Thejpiai, wo bei einem Sera: 
Hestempel jährliche Spiele gefeiert wurden. Hier 
jollte Tiphys, der Steuermann der Argo, geboren 
und die Argo nad der Rüdfehr von Kolchis ge: 
landet fein. Thuc. 4, 76. Paus. 9, 32, 3. 

Siphnos, Zipvog, j. Siphenos, italieniſch Si— 
fanto, Kykladeninſel, jüddftlich von Seriphos, etwa 
1Y, Meilen groß, reih an edlen Metallen, deren 
Gewinnung die Bewohner einen bedeutenden Wohl: 
ftand verdantten. Bon dem Behnten der jährlichen 
Ausbeute errichteten fie zu Delphoi ein Schatzhaus 
(Hdt. 3, 57); und jelbft als (wegen unterlafjener 
Sendungen an den pythiſchen Gott) durch eine 
Überjhwemmung die am Meere gelegenen Gruben 
meift verborben waren, erhielt fich der Wohlftand 
der Bewohner, welche als athenijche Bundesgenofien 
3600 Drachmen jährlich zahlten. Auch durch Töpfer: 
arbeit zeichneten fie fih, wie noch jetzt die Ein: 
wohner, aus, Mit Seriphos und Melos verivei- 
gerten fie aud) dem Zerres den Tribut. Hdt. 
8,46.48. Die mit ftattlichen Gebäuden geſchmückte 
Stadt Siphnos lag auf einem fteilen Borfprung 
der Dftfüfte; andere Ortichaften waren Minoa 
und Apollonia. 

Sipontum oder Sipuntum, Ziroös, Stadt in 
Apulien (Daunien), am Fuße des Garganus, jpäter 
von den Römern folonifiert (Liv. 34, 45. 39, 28) 
und wichtig als Hafen: und Handelsplatz. Jetzt 
unbedeutende Ruinen beim Dorfe S. Waria di 
Siponto füdlid von Manfredonia. Strab. 6, 284. 

Sipylos, Zirvios, j. Maniſa⸗Dagh, Zweig des 
Tmolosgebirges in Lydien, der ſich längs des Her: 
mosflufjes nach Magnefia hinzieht, bis zu 2000m 
erhebt und mehrfach ohne alle Borberge faſt 850m 
zum Hermos abftürzt. Die Zerflüftungen deuten 
auf vulfaniiche Thätigkeit hin, wie denn auch an 
dem Fluſſe die alte Hauptftadt von Maionia, Tan- 
talis, durd ein Erdbeben vernichtet, und an ihre 
Stelle der See Ala getreten fein joll. Hom. 11. 
24, 615. Strab. 12, 579. gl. auch Niobe. 

Zießwrig oder Zepßwrig (N Aluvn), auch 
Zioßwr, See in Unterägypten, der öftlih von 
Gerrha bis gegen Rhinofolura Hin, 400 Stadien 
weit, längs des Mittelmeerd fich erſtreckte und durch 
einen Ausfluß (Fxonyua) mit diefem in Berbin- 
dung ftand. Er enthielt gefährliche Tiefen. Auf 
der Yandenge, über melde die Hauptitraße von 
Afien her führte, lag der Berg Kafion mit einem 
berühmten Zeustempel. Heutzutage ift der See faft 
ganz verjandet und heißt Schehat-Barbuil. Hat. 
2, 6.3, 5. Diod. Sic. 1, 30, Strab. 1, 50. 16, 760. 

Sirönes |. Seirenes, 


1117 


Siris, Zigis, Fluß in Qucanien, an defjen 
Mündung in den Tarentinischen Meerbujen etwa 
jeit 700 v. E. eine griechiiche Stadt gl. N. lag 
(j. an der Stelle Torre di Senna), die zwiſchen 
540 und 510 dv. C. von den verbündeten achaii- 
ſchen Städten zerftört und nach der Gründung 
des nahen Herafleia (j, Herakleia, 9.) zwar 
wiederaufgebaut wurde, aber nur Hafenſtadt blieb. 
Am Siris (j. Sinno) erfocht Pyrrhos (j. d., 2.) jei: 
nen erften Sieg über die Römer. Strab. 6, 264. 
Plut. Pyrrh. 16. — Eine gleichnamige Stadt 
Baioniend erwähnt Herodot (8, 115), die Ein: 
wohner EZipomelorveg (5, 15). 

Sirius f. Sternbilder, 5. 

Sirmium, Zigu:ov, alte, von ben Taurijfern 
am Savus gegründete, Stadt in Unterpannonien, 
in den Daferfriegen Hauptfriegsdepot der Römer 
und Dadurch jehr wichtig. Auch enthielt fie be: 
beutende Waffenfabrifen und war das Hauptquar- 
tier des Admirals der erften flavifchen Donau: 
flotte; Kaifer Probus war hier geboren. et 
weitlänfige Ruinen bei Mitroviga. Herod. 7, 2. 
Vopise. Prob. 3. 

isäpon, Zioaror, wichtige Stadt in Hilpania 
Bätica, nördlich von Corduba, berühmt durch ihre 
Silberbergwerte und Binnobergruben; j. Almaden 
in der Sierra Morena. Cie. Phil. 2, 19. Strab. 
3, 149, 

Siscia, Zioxi«, oder Segesta, Segestica, Stadt 
im füdöftlichen Teile von Oberpannonien auf einer 
von den Flüſſen Savus, Kolapis und Odra ge: 
bildeten Inſei zwiſchen Amona und Sirmium, 
ſehr feft, bedeutende Handelsſtadt und der Mittel: 
punkt aller Unternehmungen des Auguftus und 
Tiberius gegen Bannonien und Jllyrien. Sie war 
zugleih Münzftätte und Gtationsort der Flotte 
9— dem Savus. In dem j. Siſſek finden ſich 
noch manche Altertümer. Dio Cass. 49, 37. Strab. 
7, 314. 

Sisenna, 2. Cornelius, geboren um 119 v. C., 
78 Prätor, 70 einer von Verres' Verteidigern, ge: 
ftorben 67 auf Kreta als Legat des Bompejus im 
Seeräuberfriege, erwarb fich einen Namen als Hifto- 
rifer durch feine Historiae (wenigſtens 12 BB.), 
die namentlich die Zeit Sullas behandelt zu haben 
jheinen. Außerdem überjegte er die mileſiſchen 
Geſchichten des Arifteides (Or. trist. 2,443). Mit 
Anerfennung gedenft feiner Cicero mehrfach (Brut. 
64, 228. legg. 1, 2, 7); anders Salluft (Jug. 95). 
Die Fragmente (gefammelt von Peter, hist. Rom. 
rel. 1 p. 277 ff., fragm. p. 175 ff.) verraten einen 
geichraubt archaifierenden Stil. Monographie von 
Roth (1834). 

Sistrum, oeiorgov, eine Klapper, welche beim 
Iſisdienſt gebraudht wurde: mehrere Metallftäbchen, 
mit beiden Enden in einem dünnen ovalen Metalls 
rahmen ftedend, der unten mit einem Griff ver: 
fehen war. Plut. Is. et Or. 68. Ov. met. 9, 693. 
778. Mart. 14, 54. Juv. 13, 98. 

Sisygambis, Ziovyanpßıs, Mutter des Dareios 
Kodomannos, wurde in der Schlacht bei Iſſos von 
Alerander gefangen genommen, aber jehr rid: 
fihtsvoll behandelt. Auf die Nachricht von Ale— 
rander8 Tod ftarb fie einen freiwilligen Hunger: 
tod. Curt. 3, 12. 10, 5. Diod. Sie. 17, 67. 118. 
Just. 13, 1. 

Sisyphos, Z/ovpog (von copös, der Schlau- 
topf), Sohn des Wiolos (j. d.) und der Enarete, 





1118 Ziovge — Zxarrn, Öin. 


Gemahl der Pleiade Merope, Bater des Glaukos, 
Großvater des Bellerophontes, Erbauer und König 
von Ephyra (Korinth). Korinth war ſchon in 
ältefter Zeit eine Schiffahrt und Handel treibende 
Stadt ; halb heißt Siiyphos bei Homer der 
gewinnjüchtigfte der Menſchen und gilt überhaupt 
als —— und ſchlecht. Hom. 11.6, 153. Theogn. 
702ff. Or. her. 12,204. Hor.sat.2,3,21. Wegen 
feiner Schlechtigleit wurde er in der Unterwelt 
bejtraft, indem er ewig einen Felsblod einen hohen 
Berg hinaufwälzen mußte, der ftets, jobald er ihn 
auf die Höhe gebracht, wieder hinabrolite. Hom. 
Od. ı1, 593. Verg. @. 3, 39. Ov. met. 4, 460. 
Cie, tuse. 1,5. Die Urſache diejer Strafe, welche 
Homer nicht nennt, wird von Späteren verſchieden 
angegeben. Er joll die Pläne der Götter ver: 
raten, Reiſende räuberijch überfallen, den Zeus 
an Aſopos verraten haben, als derjelbe des Aſopos 
Tochter, Nigina, entführt hatte u. j. w. Als ihn 
5, um ihm zu bejtrafen, durch den Tod in den 
ades wollte holen laſſen, feſſelte Sif. den Tod 
auf Liftige Weile, jo daß nun niemand mehr ftarb, 
bis Ares den Tod löſte. Auch wird erzählt, Sij. 
habe vor jeinem Tode jeinem Weibe befohlen, ihn 
nicht zu beftatten, und darauf den Hades gebeten, 
ihn nur für kurze Zeit zur Oberwelt zu entlafien, 
damit er jein Weib bejtrafen fönne; auf der Ober: 
welt angelangt, wollte er nicht wieder jeinem Ber: 
iprechen gemäß in die Unterwelt zurüd und mußte 
von Hermes hinabgeholt werden. Auch dies wird 
als Grund feiner Beitrafung angegeben. Das Grab 
des Siſ. war auf dem ah mos (Paus. 2, 2, 2), 
wo er dem Melifertes (j. Athamas a. E.), deſſen 
Leichnam er am Meeresufer gefunden hatte, die 
iſthmiſchen Spiele geſtiftet haben ſoll. 

Zıovee |. Kleidung, 5. 

Sitäke, Zirdan, Zirraun, bevölferte, aber 
wenig genannte Stadt im nördlichen Babylonien, 
rechts vom Tigris, etwas unterhalb der Mündung 
des Phyſtos, Hauptitadt der Landſchaft Sitafene, 
in der Nähe des h. Baghdad. Xen. An. 2, 4, 13. 
Strab. 16, 744. 

Sitella, ein vajenartiges Gefäß, welches bei 
Abftimmungen der Comitien die Stimmtäfelchen 
aufnahm. 

Zırng£cıor, das Verpflegungsgeld der athe: 
niſchen Krieger, das jie aufer dem Solde von zwei 
und mehr Obolen täglid) erhielten, betrug für den 
gemeinen Fußfoldaten ebenjoviel, für den Locha- 
908 wahrjcheinlich das Doppelte, für den Stra: 
tegen das Vierfache. 

Zirnoıs, Belöftigung auf Staatsfoften, wurde 
vielen, wenn nicht allen fungierenden Beamten 
und den ihnen zugeordneten Gehülfen (ſj. Bowin, 4. 
und Aelsıro.) in ihren Amtslofalen zu teil. 
Im Protaneion ſpeiſten aucd fremde Gejandte, 

erolde und athenische Bürger, denen man ihrer 

dienfte wegen eine Ehre erweijen wollte. Aus 
demjelben Grunde wurde auch Staatsmännern und 
ſonſt ausgezeichneten Berjonen eine lebenslängliche 
Speifung — die — ſelbſt noch auf 
deren Nacdylommen forterbte. Dieſe Speiſung im 
Prytaneion (sfrmaıs 2v Ilpvraveio) galt in der 
Blütezeit des atheniichen Staates als eine große 
Ehre; nad) dem peloponneſiſchen Kriege, als dieje 
Ehre aud minder Würdigen zu teil geworben 
war, hatte fie jehr an Wert verloren. Außer dem 
Protaneion wurden aud in dem Geouodeisıor 


und in der O6Log Männer wegen ihrer Stellung 
oder perjönlichen Berdienjte öffentlich beföftigt. 

Sithonla, Zıdord«, die mittlere Landzunge 
der chalkidiſchen Halbinjel Mafedoniens, mit wenig 
hohen Bergen, aber trefflichen Häfen. Sie lag 
zwijchen dem Toronaiihen und dem Zingitiichen 
Meerbujen und enthielt die Städte Sermyle, T o- 
rone, Galepjos und Singo®. Hat. 7, 123. 

Sitones heift bei Tacitus (Germ. 15) eine zum 
ſueviſchen Stamme der Germanen gehörige Bölfer- 
ſchaft Skandinaviens, die unter Weiberherrichaft 
ftand. Sie wohnten neben den Suionen, vielleicht 
an der Südjeite des Mälariees, in der Gegeno 
ber im J. 1008 zerftörten Stadt Situnga. 

Zıropüsiaxes, wahricheinlih 15 jährlich ge: 
wählte Beamte zu Athen, 10 für die Stadt, 5 für 
den Peiraieus, hatten die bejonders gegen die Ge— 
treidewucherer — Aufſicht über Handel 
mit Getreide, Mehl und Brot. 

Sittius, Publius, aus Nuceria, Freund des 
P. Sulla, begab jich vor dem Ausbruch der cati- 
linarijhen Verſchwörung (Cic. Sull. 20, 56) nad 
Hiſpanien und wurde nad) jeiner Rücklehr nad 
Rom, richeinlich wegen Teilnahme an den lm: 
trieben Gatilinad, angellagt, entjloh aber nad 
Afrika und diente ald Söldnerführer dem dortigen 
Fürſten in ihren Kriegen untereinander mit q 
Auszeichnung. Sall. Cat. 21. App.b. e.4,45. Im 
3.46 v. €. —* er ſich auf Cäjars Seite, wendete 
jich mit Bocchus gegen Juba, ſchlug deſſen Heer 
und bejiegte die Reſte der nad) der Sliever lage bei 
Thapjus flüchtigen Bompejaner gänzlich (Caes. b. 
Afr. 25. 36. 48. 93 ff. Dio Cass. 43, 3 jj.). GCäjar 
übergab ihm die Verwaltung über den größten 
Zeil Numidiens, wo er nach dejien Tode ermordet 
wurde. App. b. c. 4, 54. 

Skamandrios j. Hektor. 

Skamandros, Zuduerögos, 1) Fluß im der 
troijchen Ebene, der wegen der gelben Farbe 
feines Waſſers au den Namen Zartog führte 
(I. 6, 4. 20, 74. 21, 8); jelbft die Wolle der dar: 
aus trinfenden Schafe wurde gefärbt (Arist. hist. 
an. 3, 12). Nach Homer hatte er 2 Quellen, eine 
falte und eine warme (Il. 22, 147), am Fuße bes 
Ida. Nach Strabon (13, 602) war leßtere ver- 
fiegt, und die wirkliche Duelle lag auf den Höhen 
des da, auf dem e Kotylos. In ihn Hof 
nördlich) von Ilion der Simoeis, und beide mün— 
beten dann zuſammen zwijchen den Vorgebirgen 
RhHoiteion und Sigeion. Strab. 13, 595. Ey bat 
jich durch die Ablagerungen beider Flüſſe die Küſte 
jeitvem bei dem h. Kum-ſtale ins Meer vorge- 
ichoben, jo daß der Simoveis für fih mündet. Die 
Alten machen richtig den St. zum Hauptjluß: es 
ift der h. Menderes:Su, der weſtliche Fluß; der 
Simoeis ber öftlihe, j. Dümbrei:Su (j. jedoch 
Simoeis) Der Sf. umflieft an 3 Seiten ben 
Pergamosfeljen und bietet jo ein paflendes ter- 
tium comparationis für Aſtyanax, den Sohn des 
Hektor, „Stamandrios‘ (Il. 6, 402); Heltor und 
der Strom ſchützen die Stadt. Vgl. Hat. 5, 65. 
— 2) Fluß auf Sieilien, der fich bei Segeita ins 
Meer ergof. Diod. Sie. 20, 71. Strab. 13, 608. 

Zxanın van (Scaptensüla, Luer. 6. 810), 
Stadt in dem öftlihen Makedonien zwiichen Stru— 
mon und Neftos am PBangaiosgebirge, wo die Be- 
wohner der nahen Inſel Thajos ihre, 80 Talente 
jährlichen Ertrages liefernden, Goldminen hatten 


Exdodov doog — Skiathos. 


(Hdt. 6, 46), welche jpäter die Athener bejebten. 
Hier joll der Geichichtichreiber Thukydides fich ver: 
heiratet und feine Geichichte gejchrieben haben, hier 
ſoll er audy ermordet worden jein. Plut. Cim. 4. 

Exdgdor 0005, Gebirge an der Grenze von 
Möfien und Makedonien in Illyrien, Öftliche Fort: 
jeßung der Bebiichen Berge; j. Schar-Dagh. Pol. 
28, 8, 

Skarpheia, Zsdegysıe, im Schiffskatalog (Il. 
2,532) Sudoypn, Stadt der epiknemidiſchen Lokrer, 
10 Stadien von der Hüfte, mit einem Hafen an 
ber Mündung des Boagrios, 427 v. E. durch ein 
Erdbeben zeritört, doch bald wieder aufgebaut. 
Bei S. vereinigten fich die nach den Thermopylen 
führenden Wege. Nur wenige Refte finden ich 
von der durch UÜberſchwemmung zerjtörten Stadt. 
Strab. 9, 426. Paus. 7, 15, 3. Liv. 33, 3. 

Zxnvn \. Theatron, 8, 

Zxnviraı, Scenitae, hießen allgemein bie 


| 


1119 


to8, Sertus und Saturnius. Gertus ift 
unter ihnen der wichtigite. Er war Arzt, führte 
nach jeiner Barteiftellung den Beinamen "Eumer- 
erxög und lebte 200-250 n. C. Unter jeinen 
Schriften jind die Bücher adrersus Mathematicos 
(gegen die Dogmatifer) am bedentenditer. Much 
dieje jüngeren Steptifer behaupteten die Unmög— 
lichteit einer objektiven Erkenntnis und gaben in 
theoretiichen Fragen ein bejtimmtes Urteil nicht 
ab, gingen aber in der Belämpfung älterer und 
neuerer Philoſophenſchulen, namentlich der Stoiter, 
noch weiter und juchten = Gründe gegen die 
Möglichkeit eines ficheren Wiſſens auf beitimmte 
Bemweisformen (reöroı) zurüdzuführen. 
ZxıRTEoP, sceptrum (von outer, fügen, 
verwandt mit dem entjprechenden lateinischen Worte 
scipio), ein lanzenartiger Stab (daher dogv), jedoch 
ohne Metallipige (hasta pura, j. Hasta), mit gol- 
denen Stiften verziert, daher gevcsıor, Abzeichen 


nomadiſchen, unter Zelten lebenden Stämme der | der Herricher: und Treldherenmacht, jelbjt über- 
Wüſte, befonders in Arabien; oft genannt bei | tragen auf Zeus; doch treten bei Homer, wahr- 


Strabon. 
Skeptiker, oxerrıxo/, sceptici, heißen im 


allgemeinen diejenigen Philojophen, welche nicht | 


beſtimmte und fefte Behauptungen, jondern mur 
mit einem gewiſſen Bedenken und Zweifel ihre 
Anfichten äußerten, im engeren Sinne aber die 
Philojophen der alerandrinischen Periode, melde 
Anhänger des Pyrrhon aus Elis waren und 
nur jubjeftive Überzeugungen, aber feine allgemein 
gültigen Wahrheiten anerfannten. Zwar haben 
dieje jpäteren Skeptiker nicht unterlaflen, die 
Zweifel des Parmenides und Zenon, des Sera: 
Heitos, Demofritos, Empebofles, Anaragoras an 
der Wahrheit der Sinnenerkenntnis als Vorgänge 
und Anfänge in der Slepſis für fich anzuführen, 
aber weder diefe noch auc die Sophiften können 
mit Recht Steptifer genannt werden, da fie zwar 
bie jinnlichen Wahrnehmungen für trügeriich er: 
Härten, aber der Vernunftertenntnis volle Wahr: 
heit zujprachen. Auf Pyrrhons, des erften Stepti: 
ters, Anſichten jollen die Lehren des’ Demofritos 
und des Anararchos großen Einfluß gehabt haben. 
Er jelbit hat jeine Lehren nicht in Schriften Hinter: 
laſſen, jie find nur durch feine Schüler fortgepflanzt 
worden, unter benen Timon aus Phlius der be— 
fanntejte ift. Diejer war zugleich ein frucdhtbarer 
Dichter, dem 60 Tragödien und 30 Komödien zu: 
geichrieben werden, außer diefen auch 3 Bücher 
Sillen (j. ZilRoı), worin er alle Bhilojophen 
mit Ausnahme feines Lehrers mit beigendem 
Spott verfolgte. Seine und jeines Lehrers Phi: 
lojophie, der er fih ganz anſchloß, beruhte auf 
2 Sätzen: 1) daf fein objektives Wiffen möglich 
jei, und daß eben deshalb 2) die wahre Weisheit 
nur in einem beftimmten praftiichen erhalten, 
einer Gleichgültigfeit gegen alles Außere, bejtehen 
fünne. Aus diejer Anficht (dem nil admirari des 
Horaz, ep. 1, 6) jollte als Gewinn fürs Leben 
die unerjchütterliche Gemütsruhe hervorgehen, in 
welcher die Glückſeligkeit beftehe. An die Stelle 





icheinlich als Beauftragte einer höheren Macht, 
auch jelbft Briefter, Herolde und Redner, nachmals 
auch die Gyummafiarhen und Kampfrichter damit 
auf. — Zu den Römern fam das Scepter vielleicht 
zunächſt von den Etrujfern und war ein Abzeichen 
der Könige, das von da auf die Konſuln überging, 
die wenigftens in dem ältejten Zeiten einen ähn- 
lihen Stab (scipio eburneus) trugen, wenn fie 
in die Eurie gingen, der jpäter mit einem scep- 
trum als Amtszeihen vertauſcht wurde. Auch ar 
auswärtige verbündete Könige wurde ein jolcher 
Stab ald Ehrenzeichen verliehen. 

EZxrevodnen iſt ein Zeughaus, welches zur 
Aufbewahrung des Schiffsgerätes der außer Dienft 
geftellten und eben deshalb abgetafelten Fahrzeuge 
dient. Im Hafen von Athen wurde jpeziell das 

ängende Gerät, xgeuaor« oxern, in der St. auf: 
wahrt, während Ruder, Mafte, Rahen zc., die 
oxsun Evlıve, in den Schiffshäufern (vewcoıno«) 
bei den Schiffen jelbit lagen. Unter axeun xee- 
ueord begreifen die Urkunden des attijchen See— 
wejens die vrofopeare, ſtarle Taue, welche in 
ungefähr wagerechter Richtung rund um den Rumpf 
bes Schiffes gelegt wurden, die loria, Segel, von 
denen fpeziell das große Segel des Hauptmafter 
zu dem vom Staate gelieferten und deshalb in 
der Sf. aufzubewahrenden Gerät einer Triere. ger 
hörte, die apappvuere, härene (reizıva) und 
leinene (Asvxd) Zenge, die ald Schußwehr an den 
Seiten des Verdecks angebradht wurden, ſowie 
ichlieglih das ganze Takelwerf. Bal. Fabricius, 
die St. des Philon (Hermes Bd. 17 ©. 561). 

Exrıadeıor, Sonnenihirm, welchen den atti- 
ihen Frauen beim Wusgehen Sklavinnen, bei 
feftlihen Aufzügen die Töchter der Metoilen nad): 
trugen, in der Urt, wie unjere Schirme, mit be: 
weglichen Stäben zum Auf: und Zuflappen; von 
Männern nur ausnahmsweiſe aus Berweichlichung 

etragen. Später trugen die Frauen ftatt des 
onnenſchirms auch ein mit unjeren Strohhüten 


der eigentlichen Pyrrhoneer jcheint in Eiceros Zeit | vergleihbares Gefleht (Bola) auf dem Kopfe. 


die neuere Afademie getreten, dagegen im 
fange der chriftlichen Zeitrechnung wieder die ältere 


An: | Theocr. 15, 39. 


Skiäthos, Zxiados, noch j. Sktiathos, Inſel 


Stepfis hervorgetreten zu fein. Einer der erften | des Aigaitfchen Meeres, nördlich von Euboia und 
und befanntejten war Ainejidemos (j. d.); etwas öſtlich unweit der magnejischen Hüfte Theflaliens 
jpätere Steptifer find: Zenurippos, Zeuris, |(Hat. 7, 179. 183), mit einer Stadt gl. N., joll 
Antiohos, Menodotos, Theodas, Herodo: ihre Bevöllerung aus Thratien durch Pelasger, 


1120 


fpäter aus Chalkidile erhalten haben. In den 
Berjerfriegen war die Gegend von ©. der Schau: 
plaß mehrerer Seegefechte. Hdt.7,179.8,7. Dar: 
auf ſchloß fich die Injel an die Athener an, ward 
mit 200 Drachmen jährlich befteuert und blieb in 
dieſem Zuftande, bis Athen die Hegemonie verlor. 
Im J. 200 dv. E. wurde die Stadt von den Ma: 
fedoniern ört (Liv. 31, 28. 45); in den mithri- 
datijchen Kriegen war die Inſel Schlupfwintel für 
GSeeräuber. Antonius jchenfte fie den Athenern, in 
deren Beſitz fie noch unter Kaiſer Hadrian war; 
jpäter, zur Zeit des Septimins Severus, muß fie 
aber wieder jelbjtändig geweſen jein. Geſchätzt 
war der Wein der Inſel und ein dort gefundener 
Fiſch (neorgevg). Athen. 1, 4 c. 305. 

Skillüs, Zxulloös, Stadt in der eliichen Land⸗ 
ſchaft Triphylia, an dem dem Alpheios zufließen- 
den Bache Selinüd. In dem Kriege der Piſaten 
unter Pyrrhos gegen die Eleier ftanden die Be: 
wohner von ©. auf ſeiten der erfteren, wurden 
aber bejiegt. Später riffen die Laledaimonier ©. 
von Elis los und jchenkten ein Landgut in dem 
Gebiete der Stadt dem aus jeinem Baterlande 
verbannten Kenophon, welcher hier die legten Jahre 
feines Lebens zubrachte und ein Heiligtum der 
Artemis, eine Nachbildung des ephejiichen Tempels 
im Kleinen, errichtete. Vgl. die anmutige Schil- 
derung Zenophons (An. 5,3, 7ff. Hell. 6, 5, 2). 

Zxiaxovg ober dondvens, aud) “gdPßerog, 
eine ärmliche Art der «Alen (wie das Bett bei 
gerk obwohl noch beſſer ald die yausven, 
. Bett, 1. 

Skiöne, Zxıarn, die bebeutendite Stadt ber 
makedoniſchen Halbinjel Pallene an der Wefttüfte, 
öftlich vom Vorgebirge Bofidion. Die Stadt leitete 
ihren Urſprung von Bellene in Achaia her und 
jollte von einigen aus Troja zurüdfehrenden Grie- 
chen gegründet jein. Bedeutend war ihr Handel. 
Thuc, 4, 120. 133. 5, 32, Hdt. 7, 123. 8, 128. 
Strab. 7, 330. 

Skiritis, Zxıpirıs, rauhes und fahles Hochland 
im nordweſtlichen Lakonien, an die arkadiſchen 
Landichaften Mainalia und Parrhafia grenzend. 
Die friegeriichen Bewohner, Stiritai (Lxıpirau), 
bildeten eine eigene, leichtbewaffnete Wbteilung 
bes jpartanischen Heeres, welche in der Schlacht 
ſtets auf dem linfen Flügel ftand, auf dem Marſche 
voranzog und im Lager auf dem äußerjten Ende 
lag, überhaupt aber gewöhnlich auf die gefähr: 
lichſten Punkte geftellt und zum eriten Angriff ver: 
wendet wurde. Die einzige uns dem Namen nad) 
befannte Ortichaft der Skiritis war das, wahr: 
ſcheinlich 5— von den Spartanern angelegte, Kaſtell 
Dion, 2 Stunden nördlich von Sellaſia. Bgl. 
Thuc. 5, 33. 67. 68, Xen. Hell. 5, 2, 24. 6, 5, 24. 
7,4, 21. Diod. Sie. 15, 32. 

Skiron, Zul/eor, Zxsigwv, 1) j. Theseus. 
— 2) Sohn des Pylas, Urenkel des Leler, Gemahl 
einer Tochter des Bandion, weshalb er dem Sohne 
des Bandion, Nijos, die Herrichaft von Megara 

reitig machte. Aiakos, ald Schiedsrichter, erfannte 

em Niſos die Negierung, dem Skiron die An: 

führung im Kriege zu. Nach andern ift er Ge- 
mahl der Chariflo, der Tochter des Kychreus, 
Bater der Endeis, ber Gemahlin des Aiakos. 
Paus. 1, 39, 5. Plut. Thes. 10. — 8) Zxifoor, ſ. 
Exıgopögpıu. 

Skironides, 1) Zxıgwrläns, atheniicher Feld: 


Skillus — Skolion. 


herr im peloponnefifchen Kriege, kämpfte 412 v. €. 
im Bunde mit den Argivern bei Milet gegen die 
Beloponnefier und Milefier. Als die Athener fieg- 
reich bis unter die Mauern Milets gerüdt, bie 
Argiver aber geichlagen worden waren, warb er 
von Peilandros angeflagt und feines Oberbefehls 
entjeßt. Thuc. 8, 25.54. — 2) Zxipwridss, Exıpa- 
Ösg rerpaı, Scironia Saxa, der ſchroffe, nad 
Süden abjallende öftliche Teil des den Iſthmos 
von Korinthos durchziehenden Geraneiagebirges. 
Dort befindet fich die jchon im Altertum berüd- 
tigte Stironiſche Straße (N Zxıgoris), noch jetzt 
Kaliſtala, „der jchlimme Paß“, genannt. Skiron 
foll ihn erft für Fußgänger gebahnt, Hadrian aber 
für 2 Wagen erweitert haben. Nach der Sage 
waren die Felſen aus den Knochen des von The: 
ſeus erlegten Räubers Skiron entitanden (Ov. met. 
2, 145 ff.), woher fie auch Zvaysis, berwünichte, 
waren. Bon einem derjelben, der jteil überhängen- 
den Mokoveig nerex, joll fih Ino mit ihrem 
Sohne Melitertes, verfolgt von ihrem Gemahl, 
dem thebaniſchen König Athamas, ind Meer ge 
ftürzt haben. Hdt. 8, 71. Strab. 9, 391. 393. 

Zxıgopögıe (veridieden von Zxion, einem 
Alte des Theimophorienfeftes), ein Feſt der Athene 
Zxıpds, der Schüßerin der Oliven, zu Athen am 
12. des nach dem Feſte benannten Monats S firo- 
phorion (Jumi—Juli) gefeiert. Das Feſt hatte 
feinen Namen von dem Brauche, daf; bei einer Pro- 
aeikon von der Burg nach dem, angeblich nach einem 

eher Stiros aus Dodona benammten, Orte 
Stiron bei Athen an der Strafe nach Eleufis, 
die Briefterin der Athene und die Prieſter des 
Poſeidon⸗Erechtheus und des Helios mit der ganzen 
Familie der Eteobutaden, alle unter großen weißen 
Schirmen, dahinzogen. Der Schirm (sxigor) war 
das Symbol des Schu gegen die nahe bevor: 
ftehende große Sonnenhige, welchen man für den 
Olbaum und die Saatfelder erflehte. Auch trug 
man babei zur Abwehr des Götterzornes, der durch 
die Glut der Sonne die Felder verderben Tann, 
das Diosfodion, das Fell eines dem Zeus Mei: 
lichios geopferten Sühnwidbders. 

Skirtonion, Zixierarior, Stadt im jüblichen 
Arkadien, eine von den Städten, welche bei der 
Gründung von Megalopolis von ihren Bewohnern 
verlafien wurden. Paus. 8, 27, 4. 

Skirtos, Zxlorog, öſtlicher Nebenfluß des Be 
lihas (j. Belit) in Mejopotamien, der bei Edeſſa 
und Karrhä vorbeiflog und mit jenem das Land 
bewäflerte. Der jeßige Name Daijan ift, gleich 
bedeutend mit dem alten, von dem hüpfenden Laufe 
hergenommen. 

Sklaven j. Joölog und Servi. 

Sklavenkrieg j. Spartacus. 

Skolion, oxölıor, orolıa nein, auch wagor- 
vır, eine bejondere Klaſſe von Tiſchliedern bei 
den Griehen. Der Name fommt von dem Ad— 
jettivum oxoAcög, krumm, verdreht, verbogen. 
Einige erklären ihn von der Art und Weije, wie 
jolhe Lieder bei Gaftmählern gejungen wurden. 
Nachdem nämlich die gewöhnlichen Gejänge ge: 
meinjchaftlich und in der Reihe herum abgejungen 
waren, wurden einzelne in der Gejellichaft auf: 

eforbert, ein Feines Lied aus dem Stegreif zu 
ingen; dieje reichten alddann die Lyra oder einen 
Morten: oder Lorbeerzweig, den man während 
des Gejanges in der Hand hielt, einander über 


Skollis — Skylax. 


den Tifch hin zu, jo daf der Zweig oder die Lyra 
unregelmäßige Sprünge um die Tafel machte. 
Wahrjcheinlich aber kommt der Name frummes, 
ebogenes Lied von den Freiheiten, die man 
He bei ſolchen ertemporierten Gedichten in der 
Melodie erlaubte, ober von dem verichlungenen 
Gange des Rhythmus diejer Lieder. Der Inhalt 
des Stoliond war meiftens eine einfache Lehre 
des praltiſchen Lebens, teils erniter, teils heiterer 
Art, finnreiche, wigige Sprüche, Anrufungen von 
Göttern u. dgl. Seine künftleriihe Ausbildung 
erhielt das Skolion zuerft du 

Sänger, deren Poeſie e3 nahe fteht. Als Meiſter 
des Skolions werden genannt Alfaios, Sappho, 
Anakreon, BPrarila. Die Skolien des Pindar 
waren in funftreicher, chorijcher Form gedichtet. 
Bon den meilten der uns erhaltenen Skolien 
fannte das jpätere Altertum die Berfafjer nicht; 
der Nugenblid hatte fie in heiterer Gejellichaft 
geboren. Namentlic) war das geiftreiche, gejellige 
Athen eine fruchtbare Stätte für die Stolienpoefie. 
Berühmt ift das Sfolion des Atheners Kalliftra: 


die aioliſchen 





to8 auf Harmodios und Wriftogeiton, von den 


Alten Aguodiov welog genannt, bei Athen. 
15, 695 A, — Ausgaben der Skolien von lgen 


(1798), in Schneidewins Delectus und bei Bergf, 


poet. Iyr. Graee. III p. 643 ff. der 4. Aufl. Ab: | I 


handlung von Engelbredht (1882). 

Skollis, Zxöllıs, zb Zndllıor, Gebirgszug 
bes nördlichen Elis, der die Grenze gegen Achaia 
bildete, weitliche Fortſetzung des Erymanthos, j. 
Mavri und Santameri genannt. Strab. 8, 341. 387. 

Skölos, Zxölos, 1) alter Flecken Boiotiens 
auf dem rechten Ufer des Ajopos und am Ab— 
hange bes Kithairon, auf rauher Höhe gelegen, 
woher das Sprichwort: eis Zxilov une’ abrög 
iusv, ut &llo Erneoder. Dort hatten der Sage 
nad) die Mainaden den Pentheus zerrifien. ‚Hom. 
Il. 2, 47. 496. Strab. 9, 408 f. — 2) Fleden Ma- 
fedoniens in der Nähe von Olynthos. Thuc. 5, 18. 
Strab. 9, 408. 

Zxönıov 6008, Gebirge Makedoniens, das 
von Süden nad) Norden zum Haimos ſich hin- 
zieht, öftlih vom Skardon; j. Kurbetska-Planina. 
Thuc. 2, 96. 

Skopaden, Zxorad«ı, ein theſſaliſches Dynaſten⸗ 
geichleht in Krannon. Schon ums J. 600 v. E. 
wird ein Sfopade Diaktorides unter den Freiern 
der Agarifte, der Tochter des Kleiſthenes von 
Sikyon, genannt (Hat. 6, 127); ein Stopas, bald 
nad; 500 v. E., ift berühmt durd; jeinen Reich— 
tum und dur Aufnahme des Simonides, ber 
auf ihn ein Gedicht machte und beim Einfturz der 
Zimmerdecke während eines Gaftmahls auf wunder: 
bare Weije gerettet wurde. Quint. 11, 2, 11. — 
Ein jüngerer Skopas lebte zur Zeit des velo- 
—— Krieges, war mit dem jüngeren Kyros 
befreundet und bot dem Sokrates eine Zufluchts— 
ftätte an. Um diefe Zeit wurden die inneren 
Berhältniffe des Landes umgeftaltet durch den Sieg 
des Lykophron von Pherai, 405 v. E., der Demos 
wurde widerjeglich, und die Macht der Dynaften 
gebrochen. Plut. Cim. 10. Cie. de or. 2, 86. Xen. 
Hell. 6, 1, 19. 

Skopas, Zuoras, aus Paros, berühmter Bild: 
bauer und Architelt, war bei dem Bau des präd- 
tigen marmornen Tempels der Athene Alea in 
Tegea (defien Überrefte 1879 ausgegraben worden 

Reallexiton bes klaſſ. Altertums, 7. Aufl. 


1121 


find) und in höherem Aiter bei dem des Mauſo— 
leion (j. Halikarnassos) beichäftigt, blühte alfo 
in der erften Hälfte des 4. Jahrhunderts v. C. Zu 
feinen berühmteften Werfen gehörten ein Apollon 
Kitharödos, eine rajende Bachantin, eine, wahr: 
icheinlich für einen Tempel Bojeidons in Bithynien 
beftimmte, Statuengruppe, die die — 
der von Hephaiſtos geſchmiedeten Waffen an Achi 

darſtellte, u. a.; ob die Niobegruppe ihm oder 
Prariteles beizulegen fei, fonnte ſchon das Alter: 
tum nicht enticheiden (Plin. 36, 28). gl. Ur: 
lichs, Stopas’ Leben und Werke (1863), und Bild- 
hauer, 8. 

Skopölos, Zxörelos, Name mehrerer Heiner 
Felsinſeln, 3. B. unweit der theſſaliſchen Küfte bei 
Stiathos, in der Propontis, an der ionischen Küfte, 
im Joniſchen Meere zwiichen SKephallenia und 
Balynthos. 

Skordiskos, Zxogdionog, auch Zrvdiong und 
Zuodlong genannt, Gebirge im kappadokiſchen 
Bontos, ſüdweſtlicher Zweig des Paryabres, der 
füdlich mit dem Antitauros zufammenhängt. Strab. 
11, 497. 12, 548. 

Skorpios ſ. Sternbilder, 8. 

Skotitas, Zxoriras, Waldbezirf Lakoniens an 
der tegeatiichsthyrentifchen Grenze mit einem Hei— 
igtum des Zeus Skotitas. Paus. 3, 10, 6. Pol. 


16, 37. 
Skotussa, Zxoroösce, 1) bedeutende Stadt der 
theflaliichen Landſchaft Belaigiotis, an den Quellen 


bes Dncheftos und den norbweitlichen Abhängen 
bes Heinen Chalkedonios und nicht weit ſüdlich 
bon den Hügeln Kynoskephalai gelegen. Hier fiegte 
364 v. C. Belopidas über Wlerander von Pherai, 
der mehrere Jahre darauf die Stadt während des 
Baffenftillftandes überfiel, die Männer niederhauen 
und Frauen und Kinder in die Sflaverei verkaufen 
ließ (Paus. 6, 5, 2. .Diod. Sie. 15, 75), und erfocht 
Ylamininus 197 v. E. einen großen Gieg über 
Philipp V. von Makedonien. Pol. 18,3 ff. Plut. 
am.”7. Liv. 36, 4. — 2) Stadt in der male: 
donijchen Landichaft Sintife am Strymon. 
Skylax, Zsöla&, aus Karyanda in Karien, 
einer der Seefahrer, welche Dareios Hyitafpis 
(621—485 dv. €.) ausichidte, die Küften Aſiens 
bon der Mündung des Indos bis ind Innere des 
Arabiichen Meerbujens zu unterfuchen. Adt. 4, 44. 
— Guidas erwähnt einen Mathematiker und Mu— 
ſiker dieſes Namens, gleichfalld aus Karyanda, und 
gibt ihm folgende Schriften: wegimioug rar Evrög 
tor 'Hoanklovg ornlöv, r& war& row "Hoankel- 
önv tor Movlaocchrv BaoılEa, yiig mweplodog, dv- 
tıygagpn meög ev ITloAußiov —— Suidas 
hat hier verſchiedene Perſonen miteinander ver— 
wechſelt und zu Einer verſchmolzen, denn die 
zweite und vierte der genannten Schriften gehören 
einem ſpäteren Skylar an, wahrſcheinlich dem Aſtro— 
nomen aus Halikarnaſſos, dem Zeitgenoſſen des 
Panaitios (Orc. div. 2, 42), die andern aber einem 
—— Man möchte daher noch einen dritten 
Stylax annehmen, der, gleichfalls aus Karyanda 
ftammend, in unbefannter Zeit, aber vor Ariſto— 
teles, einen Periplus des inneren und äußeren 
Meeres jchrieb. Noch verwidelter wird die frage 
durch das unter dem Namen des Skylar aus Ka— 
ryanda erhaltene Werk meptwloug rjs Beakdoans 
zig olwovusrng Ebehnng nal ’Aclag nal Außöns, 
Beichreibung einer Fahrt, welche, bei ber nörd— 
71 


1122 


lichen Säule des Herafles beginnend, zuerft die Verfaſſer einer wegıjynoıs, welche nach den 3 Erd⸗ 
europäiichen Hüften des Mittelmeeres entlang, durdy teilen vermutlich in 3 SHauptabichnitte, Ereumr, 
den Hellespont und Bosporos, hierauf rings um | Hole und Außen, und wieder in Bücher eingeteilt 


Skylla — Zurvbaı. 


den Bontos Eureinos und denjelben Weg zurüd 
an der afiatiichen Küfte hinab, dann an der afri- 
fantfchen hin bis zur füdlichen Säule des Herafles 
und über dieje hinaus bis nad) Kerne geht, woran 
fih noch einige Angaben über die Größe und, 
Entfernung der wichtigſten Inſeln ſchließen. Sehr 
verſchieden find die Anfichten über die Entftehung | 
diejer Schrift. Nicht unmwahrjcheinlich ift es, dab 
das Ganze in feiner jegigen Geftalt ein in der 
byzantiniichen Zeit fompilierter und zum Schul: 
gebrauch gemachter geographifcher Abriß der das 
Mittelmeer umgebenden Küftenländer ift, während | 
andere (3. B. Burfian und A. Schäfer) die Schrift 
für das Originalwerk eines Praktikers aus der 
Mitte des 4. Jahrh. v. E. (nach Unger 356, nad 
Kiepert zwijchen 400 und 360) halten, das freilich 
von fpäteren Abjchreibern vielfach verkürzt und ſonſt 
verberbt worden jei. — Ausgg. von Klauſen (mit 
den Fragmenten des Sefataios, 1831) und B. 
Fabricius (2. Aufl. 1878), jowie von E. Müller 


war. Ganz ohne Grund wurde demielben aud 
eine nach dem Borgange des Atheners Apollodoros 
in iambijchen Trimetern geichriebene Periegeſe bei: 
gelegt, eine Beichreibung der Küften Europas von 
den Säulen des Herafles bis zum pontiichen Apol: 
fonia, die auf uns gefommen ift, gewidmet dem 
König Nitomedes von Bithynien (ob Nilomedes 11. 
Epiphanes (f. d.), oder Nifom. 111. Philopator (j. d.), 
ift zweifelhaft), ftiliftiich ohne Wert, dem Inhalte 
nicht unwichtig, vermutlich ein Auszug aus 
den geographiichen Abjchnitten der "Torogiaı des 
Ephoros (j.d.). Audgg. von B. Fabricius (1848), 
Meinete (mit Dionyſios, 1846) und E. Müller, 
geogr. Graec. min. | p. 196 ff. — 2) Toreut umd 
Erzgieher, Schüler des Kritias, um 430 v. €. 
Skyros, Zxöoos, noch j. Styros, Bajaltiniel 
im Thrafifchen Meere (einem Teile des Aigaiiſchen 
nordöftlih von Euboia, etwa 3 Quadratmeilen 
groß, felfig, reich an ggiegen und buntem Marmor, 
mit einer Stadt gl. N. und einem Flufie Kephiſos 





in defien geogr. Graec. min. I p. 15 ff. 

Skylla, Zuölla, 1) Tochter der Kratais oder 
Kratatis, ein fürdhterliches bellendes Ungeheuer 
mit 12 Füßen und 6 langen Hälfen und Rachen, 
jeder mit 3 Reihen furdtbarer Zähne. Sie lag 
in einer dunfeln Höhle, die fi in ber Mitte 
eines am Meere gelegenen, glatten, unerfteigbaren, 
mit jeiner bunfelummölften Spike gen Simmel 
ragenden Felſen befand. Gegenüber, einen Bogen: 
ſchuß meit, lag ein niedrigerer Feld mit einem 
mächtigen Feigenbaume, unter dem die Charyb- 
dis drohte, die in furdhtbarem Schlunde dreimal 
täglich die Gewäfler hervoriprudelte, dreimal hin- 
abſchlang. Als das Schiff des Odyſſeus zwiſchen 
beiden Uintenskätenmm, und deſſen Gefährten 
voll Angft nach der tobenden Charybdis blidten, 
raubte von der andern Seite Skhlla, der fie ſich 
allzujehr genähert, 6 Gefährten und verichlang fie. 
Hom. Od. 12, 73 ff. 235 ff. — In fpäterer Zeit 
verlegte man Stylla und Charybdis, deren Lage 
Homer ganz unbeftimmt läßt, in die fichlif 
Meerenge, und zwar die Skylla auf bie italische 
Seite, und machte die Sfylla zu einer Tochter des 
Phorkys oder Phorbas und der Hekate Srataiis 
(Hom. Od. 12, 125 ift jpäteres Einjchiebfel), oder 
der Yamia, des Triton, des Pofeidon u. ſ. w. 
Man gab ihr 3 oder 6 Köpfe von verjchiedenen 
Tieren. Sie war früher eine jhöne Meernymphe, 
wurde aber von Kirke oder Amphitrite aus Eifer: 
fucht verwandelt, jo daf fie oben Jungfrau blieb, 
nad) unten aber in einen mit fcheußlichen Hunden 
umgürteten Fiſchſchweif auslief. Verg. A. 3, 426. 
Ov. met. 18, 732 ff. 900 f 14, 40 f vg 
(Verg.)  Ciris 56 ff. b die Eharybdis von 
Homer wie die Stylla als leibhaftiges Schenjal 
gedacht jei, war dem Alten nicht Mar. Später er: 
Härte man fie für die Tochter des Pofeidon und 
der Erbe, für ein gefräßiges Weib, das dem He— 
rafles Rinder raubte und deshalb von dem Bli 
des Zeus ind Meer geichleudert warb. — 2) H 

Skyllaion j. Scyllaeum, 8. 

Skyllis j. Bildhauer, 3. 
Skymnos, Zxöuvog, 1) aus Chios, ein Geo— 


Nisos. 
graph aus unbelannter Zeit (viell. 2. Jahrh. v. E.), 


yg. fab. 199. | der Feldh 


Ihre älteften Bewohner heißen die Pelasger, Ka: 
rer, Doloper. Thuc. 1, 98. Auf Styros joll nad 
jpäterer Sage Achilleus durch jeine tter Thetis 
die ihn dem vor Troja jeiner harrenden Geichid 
entziehen wollte, in Frauenfleidern verborgen wor: 
‚den fein. Dort erzeugte er auch mit Deibameia, 
‚der Tochter feines mütterlichen Oheims Lykomedes 
—* Pyrrhos oder Neoptolemos. Hom. Tl. 19, 326. 
Od. 11, 508. Einer anderen Überlieferung gehört 
die Eroberung von ©. durch Adilleus an (Hom. 
11. 9, 688), welche die attiiche Sage wieder mit 
Thejeus in Verbindung bringt. Als nämlich The 
jeus, aus Athen vertrieben, nach S. getommen 
und dort meuchleriih von Lykomedes ermordet 
worden war (Plut. Thes. 35), ſchickte Pelens den 
Achilleus zur Rache hin, der dann, nach erfolgter 
Nechtfertigung, die Deidameia heiratete. Erſt 
468 dv. &. wurden infolge eines Drateliprucds 
die Gebeine des Thejeus durch Kimon nach Er- 
oberung der Inſel nach Athen gebradt und im 
Thefeion beigejegt. Plut. .36. Cim.8. Thue. 
1, 98. Seitdem galt ©. nebſt Jmbros und Lemnos 
als athenijche figung, welche ihnen auch im 
antaltidiichen Frieden gefichert blieb (Xen. Hell. 
4, 8, 15. 5, 1, 31); erft in der makedoniſchen Beit 
(342) ging die Injel den Athenern verloren (Strab. 
9, 437), die fie jedoch 196 dv. E. durch die Römer 
wieder erhielten. Liv. 38, 30. 

Zxvrdin, ein Briefftab, defien man fich vor: 
nehmlih in Sparta zu geheimen auswärtigen 
Sendungen bediente; dann auch die Botjchaft umd 
der Brief jelbft. Jeder Staatsbeamte, bejonders 
err, wenn er im öffentlichen Dienfte 
auswärt® ging, nahın einen joldhen Stab mit fich, 
während die Ephoren in der Stadt einen zweiten 
ganz gleichen hatten. Eine Botichaft an den aus 
wärtigen Beamten wurde mun jo erlaflen, dab 
man um diejen Stab einen jchmalen weißen Rie 
men, eng und genau jchließend, wand, diejen Rie— 
men in der Quere beichrieb und dann, vom Stabe 
wieder losgelöft, fortichidte. Der, welcher dieſen 
Riemen erhielt, wand ihn in — Weiſe um 
feinen Stab und konnte jo die Schrift leſen. Mit 
‚Ages. 10. 15. Nep. J’aus, 3. 

Zxudaı |. Joülog, 6. 





Skytbia — Smerdis. 


Skythia, Iruhie. 
des und jeiner Bewohner war vor Herodot jehr 
lüdenhaft; von letzterem aber erhalten wir im 
vierten Buche eine anjchauliche Schilderung, von 
der wir viele Züge in der Geographie des ruſſi— 
ſchen Reichs wiederfinden. Nach Herodot find die 
Grengen: im ©. ber untere Lauf des Iſtros und 
das Land der Agathyrſen (Siebenbit aa) in N. 
das Land der Neuren, Androphagen, Melanchlänen 
und die unbefannte Wiüfte (etwa die Gonverne- 
ments Mohilew, Tſchernigow, Orel, Kursf), im ©. 
der Tanais und die Maiotis, im ©. der Pontos 
Eureinos, alſo das ganze jüdliche Rußland (bis 
Bolhynien und PBodolien, bis Rumänien, bis zur 
Krim und zum Don). Die fpäteren Schriftfteller 
beichränten den Namen ©. nicht mehr auf jo be- 
jftimmte Grenzen, jondern lajjen die Skythen noch 
viel weiter gegen N. und D., über das —— 
tige Turkeſtan und Sibirien hin, wohnen. ela 
nennt einen Zeil des alten S. Sarmatia, und Pto- 
femaios fennt nur ein afiatifsches S. — Topogra- 
age nach Herodot: Das tauriſche Gebirge lag 
im ©.; ein anderes ungenanntes weiſt durch feinen 
Metallreichtum auf den Ural hin. Flüſſe: der 
Iſtros mit den Nebenflüffen Tiarantos (ij. Aluta), 
Ordeſſos (j. Arbichiich), Naparis (j. Jalowika), 
Araros - Jeraſos (j. Sereth), m. 
(j. Pruth), Tyras (fpäter Danaftros, j. Dnieftr), 
Hypanis (j. Bug), Boryſthenes ((päter Dana: 
pris, j. Duiepr) mit dem Pantikapes, Hypatyris; 
der Grenzfluß war der Tanais (j. Don) mit dem 
Hyrgis (j. Donez). Außerdem gedenkt Herobot 
mehrerer Landſeen. Unweit der Hüfte des Bontos 
erwähnt er eine große Waldgegend (Hylaia), durch 
weiche der Bantifapes in den Boryſthenes flieft. 
Das Land hatte ein kaltes Klima und lange Winter. 
Hußer dem Getreide, das an den Mündungen ber 
Flüſſe gebaut wurde, wuchs treffliches, doch etwas 
bitteres Gras; das Tierreich brachte ſchuelle, aber 
ng Pferde ſowie Rinder ohne Hörner. 
e Bewohner, nach einigen turaniſchen, nach 
— ariſchen Urſprungs, hießen früher Lodoroi, 
und erſt die Griechen nannten ſie Zxodeı, wäh— 
rend ſie bei den Perſern Saker hießen. Sie zer— 
fielen (Hat. 4, 17 ff.) in fo ende Stänmme: 1) Kai- 
Aımildeı, nördlich von Olbia und der Mündung 
des Hypanis; 2) Alukörsg, nördlich von Kalli— 
pidai; 3) x. deornezrs, aderbautreibende St. am 
mittleren Hypanis und Tyras; 4) Ir. yenepyol 
oder Bopvodsverre: am unteren Borpfthenes; 5) Zx. 
Buoıknjtor, der zahlreichite, tapferite, vornehmfte 
Stamm der Skythen, welder die übrigen wie feine | na 
Knechte auſah, an der Küſte zwiſchen Boryſthenes 
und Tanais; 6) Zu. Nouddss, in dem Binnen— 
land Wwiſchen beiden Flüſſen. — Die Sitten und 
Bildung laſſen E als tapfer und kriegeriſch, aber 
and; als roh erjcheinen: der weile Anacharfis und 
der König Skfyles muhten ihren Verſuch, helle 
niihe Sitte einzuführen, mit dem Leben bien. 
Haät. 4, 76 ff. Städte und Feſtungen hatten die 
Skythen nicht (Hdt. 4, 46), ihre wandernden Woh- 
nungen waren ihre Wagen (auräößıoı) — ganz 
nach Weiſe der Steppenvölfer. — ſämi 
Stythen herrſchte Ein König (Hat. 1, 108.4, 68. 71), 
deu ein zahlreicher Hofitaat umgab: Das Land 
zerfiel in Gaue, jeder mit einem Beratungsplag 
und einem Heiligtume des Kriegsgottes; ihre Re: 
ligion war ein grober Bolytheismus. Die Skythen 


Die Kenntnis diefes Lanz ' 


1123 


verbreiteten fich im 8. Jahrhundert v. E. über den 


ı Nordoften Europas, wo fie die am Pontos wohne: 


Less 


den Kimmerier untertwarfen oder verjagten; jpäter, 
um 624, fielen fie in Medien ein und durchzogen 
einen großen Teil von Borberafien. Nach 28 Jah: 
ren wurden fie wieder von Kyarares verdrängt. 
513 unternahm Dareios einen Zug gegen diejelben, 
auf welchem er zwar tief in das Land eindrang, 
aber die flüchtigen SE. nicht zur Schlacht bringen 
fonnte, jo daß er ſich zur Rückkehr gezwungen jah. 
Bon da an erfährt man von ihmen ey Jahr⸗ 
hunderte faſt gar nichts weiter, ſo daß ſich auch 
die Belanntichaft der Griechen und Römer nicht 
eben erweitern fonnte. Erſt Mithridates den Gr. 
finden wir im Kampfe mit den Skythen, die er 
aus der Tauriſchen Halbinjel verdrängte. Später 
wurden, bejonders jeitdem Trajan Dacien unter: 
worfen hatte, aud) die Römer mit a befannt. 
Nun aber iſt plößlih der Name der Sf. ver: 
ſchwunden und hat dem der Sarmaten (j. Sar- 
matia) Platz gemacht, deren Land Btolemaios 
enau bejchreibt, und die als ein den Gkythen 
mmberwanbtes, öftlih von ihnen mwohnendes 
Bolt anzujehen find, das bald nach Aleranders 
Zeit das Reich der Stythen ſtürzte und fi in 
deren Gebiet anfiedelte. Seitdem heißt das ganze 
ebene Ofjt-Europa Sarmatia; der Name Skythia 
aber ift nach Aſien himübergewandert und umfaßt 
den Landftrich zwijchen dem aſiatiſchen Sarmatien 
im W. (Maiotis und Rha), dem unbelannten Lande 
im N., Serica im D. und Indien im ©. (der 
Fluß Oxos, die Gebirge Imaos und Emtodos). 
Das ganze Land jheidet Ptolemaios in 2 Zeile: 
Seythia intra und extra Imaum (2x. 1 drrög 
xcel 7) Zurög "Iudor), d. h. Skythia weiktich und 
öftlich von bien Gebirge, dem die Alten eine 
jehr große Ausdehnung nad N. geben. Als Ge: 
birge nennt er im Nordweiten die Rhymmijchen, 
Alaniſchen, Tapuriichen Berge, Teile des Ural, im 
D. die Annibiſchen (j. Sajaniſches Geb.) und Aura: 
fiichen Berge (j. Altai), im S. die Orijchen und 
Sogbijchen Berge (j. Al: und Kara-Dagh). Bon 
den Flüffen fielen nach feiner Angabe ins. nörd— 
lihe Meer der Baropamijos (mahrjcheinlich der 
heutige Obi), Rhymnos (j. Uzen), Daix (j. Jait 
oder Ural); Jarartes (j. Sir Darja oder Sihon) 
und Oros (j. Amu Darja oder Gihon) mündeten 
ins Kaſpiſche (?) Meer. Als Völferjchaften nennt er 
in Seythia intra Imaum: Rhymmioi, Aorjoi, 
Ariakai, Majjagetai, Satai, Argippaioi, 
an! agstai; in af er extra Imaum von N. 
S.: Arim „Aupakitai, Iſſedones, 
Namen, „die bei gi völligen Abweichung der 
chineſiſchen Nomenklatur in diefen Gegenden kei: 
nerlei Identifilation erlanben’” (Kiepert). Strab. 
7, 300 ff. 11, 507. 5105. Vgl. Neumann, bie Hel: 
lenen im Skythenlande (1855). 

Skythinei, Sxvöurod, Völterjchaft an der nord: 
weftlichen Grenze Armeniens, zwiſchen dem Fluß 
Harpajos (Akampſis) und dem Gebirge Baryadres, 
in deren Gebiet die Zehntauſend unter Kenophon 
ge: Tage he aufhielten. Xen. An. 4, 7, 18. Diod. 


Smerdis, Zutoöis, in den Inſchriften Bar— 
bija, bei Ktefins ag rarfes (wohl ein Beiname), 
der jüngere Bruder Kambyjes. Sein Bater 
Kyros hatte ihm die oberen Provinzen, d. 5. 
Baktrien, Chorasmien, Parthien und Rarmanien, 


71° 


1124 


zur Verwaltung übergeben. Kambyſes aber lieh 
ihn vor jeinem Bug gegen Agypten (nad dem 
authentijchen Bericht der Behiftaninjchrift, gegen 
Hdt. 3, 30) aus Argwohn oder Eiferfucht um— 
bringen. Ein medijher Magier Gaumata (bei 
Juftin 1, 9 richtig Gometes) benügte die Geheim- 
haltung des Todes und jeine Ahnlichkeit mit dem 
Ermordeten, um fich für denjelben auszugeben und 
gegen Kambyjes aufzulehnen (Sommer 522). „Das 
ganze Neich wurde aufrührerijch; es trat zu jenem 
über, jowohl Berfien ald Medien und die übrigen 
Provinzen‘ (Behiftaninjchrift), bis er durch bie 
fühne That des Dareios in einer medijchen Burg 
jamt jeinen Anhängern niedergemadt wurbe. Hat. 


3, 617. 
Smilis j. Bildhauer, 1. 


‚dung, leicht und niedrig, we 


Smilis — Soeii navales. 


Soceus, urjprünglich eine griechiſche Fußbeflei- 
Ihe auch jpäter von 

den Römern angenommen ward, aber für weich— 
lih galt. Später aber wurde viel Luxus, durch 
Bejegen mit Edelfteinen, damit getrieben. Auch 
war der Soceus eine charakterijtiihe Fußtracht 
der Komödie, wie der Kothurn der Tragödie. 
Hor. ep. 2, 1, 174. a. p. 80. 90. 

Soeiäle bellum j. ———— bellum. 

Socti, Bundesgenofjen, 1) ſtaatsrechtlich. Rom 
a: a) Socii aequo foedere (j. Foedus); 

) Socii non aequo foedere, Pie fremden 
Könige ftrebten eifrig nadı dem Titel eines socius 
et amicus populi Komani und braten 





roße Opfer. Staatsrechtlich waren dieje Könige 
Frei, aber nur jcheinbar, denn in Wahrheit kann 


Smintheus, Zurdevg, Beiname des Apollon | man fie als Vajallen und Unterthanen bezeichnen, 
(Hom. Il. 1, 39), unter dem er in Chryje (wo im | welche den römiichen Befehlen pünktlich gehorchen 
jeinem Tempel jein Standbild war mit einer | mußten. Cie. Deiot.5. Auch lagen auf ihnen große 
Maus unter dem Fuße, ein Wert des Stopas) | Laften, wie Tributzahlung, Stellung von Hülfs- 


und andern Städten und Inſeln Kleinafiens (Te— 
nebos, Lindos auf Rhodos, Hamaritos in Wiolis, 
Kreta) verehrt ward. Man leitete den Namen ab 
von der Stadt Sminthe in Troad oder von oudv- 
»os, Maus, welche ald Symbol der Weisjagung 
galt. Als Mäufetöter bezeichnet ihn die Sage, 
wonach er einft die von Mäufen geplagte Land— 
ichaft Troas oder einen feiner Priejter von dieſen 
befreite; nad) einer andern Sage erhielt er von 
den aus Kreta unter Stamandros ausgewanderten 
Tenfrern den Namen, als dieje bei ihrer Landung 
in Troas des Morgens ihre Schilde "und Bogen— 
jehnen von Mäuſen benagt fanden und nun ben 
Sinn des Drafeld des Gottes erfannten, daß fie 
da ſich niederlaſſen jollten, wo Erdgeborene fie be— 
läftigen würden. Strab. 13, 604. 605. 613. 
Sınyrna, Zuvgvre, 1) eine der berühmteften 
und blühenbften Städte Kleinafiens, in jehr früher 
Beit, angeblih von Niolern aus Kyme, in dem 
norböftlichen Winkel des jpäter nach ihr benannten 
Smyrnaiiihen Meerbujens am Fuße des Sipylos 
in Lydien gegründet. Nachdem fie von Anfang 
an zum Aioliſchen Bund gehört hatte, wurde fie 
um 700 dv. C. von Joniern aus Kolophon bejeßt. 
Hdt. 1, 149, Nach ihrer Zerftörung durch ben 
Iydiihen König Alyattes um 600 (Hdt. 1, 16) 
lag fie faft wütte da, bis fie nad; Aleranders Tode 
von Antigonos 20 Stadien weiter füdlich, an dem 
Berge Pagos und dem Flüßchen Dieles, neu auf: 
gebaut wurde. Bon Lyſimachos noch weiter ge- 
hoben, wurde fie durch ihre günftige Lage der 
erfte Handelsplatz Sleinafiens und blieb auch in 
römijcher Zeit, wo fie Sig eines conventus iuri- 
dieus war, eine der —* und bedeutendſten 
Städte. 178 n. E. wurde ſie durch ein furchtbares 
Erdbeben hart mitgenommen, doch von M. Aure— 
lius Antoninus wiederhergeſtellt. S. rühmte ſich, 
die Geburtsſtadt des Homeros zu ſein, deſſen 
Bildſäule in einem herrlichen Gebäude (Homereion) 


aufgeſtellt war. Außerdem wird ein Tempel der 


Kybele bejonders gerühmt. Das h. Smyrna oder 
Iſmir ift noch eine der wichtigften Handelsſtädte 
des Orients, Strab. 14, 633. 646. gl. Lane, 
Sımyrnaeorum res gestae et antiquitates (1851); 
Mylonas, de Smyrnaeorum rebus gestis (1866); 
€. Eurtius, Beitr. zur Geſchichte und Topographie 
Kleinafiens (Abhandl. der Berl. Alad. 1872). — 
2) j. Kinyras, 


truppen u. ſ. w. c) Socii Latini (j. Latium, 
6 f.), waren eine privilegierte Klafje von Berbün- 
deten. d) Dediticii ri b.), jind nicht eigentlich 
socii zu nennen, da fie ganz abhängig find. — 
2) Militäriich gab es socii nur jo lange, als bie 
italiihen Bölferjchaften noch nicht das römische 
Bürgerrecht erhalten hatten, und traten von ba 
an die auxilia an ihre Stelle. Wenn jpäter noch 
von socii die Rebe ift (Tac. ann. 4, 78. hist. 5, 1), 
jo konnte dies nur der uneigentliche Ausbrud für 
die auxilia, Hülfstruppen, jein. Das bundesge- 
nöffische Heer war der römijchen Legion in ber 
Bewaffnung gleich, an Zahl aber größer, nament⸗ 
li war die Reiterei gewöhnlich zweimal jo ftarf 
als die römische. Das Fußvolk zerfiel ebenfalls 
in 10 Eohorten (alariae genannt zum Unterjchiede 
bon den cohortes legionariae), die Neiterei in 
10 turmae, jede zu 40 Mann. Die Aushebung 
geide) auf Gebot deö römischen Senats von jedem 

unbesftaate jelber, und mußte jeder berjelben 
für Sold und Kleidung jorgen; dagegen übernahm 
Rom die Verpflegung, jobald die Truppen an dem 
bezeichneten Orte angelommen waren. Die 12 prae- 
fecti sociorum (mit den 12 Tribunen ber beiden 
konſulariſchen Zegionen gleichitehend), für gemöhn- 
lich Römer, wählte der Konjul. Dieje jonderten 
von jämtlichen gegenwärtigen Bundesgenofjen den 
ı fünften Teil des Fußvolls und den dritten Zeil 
der Neiterei aus, die j. g. extraordinarii (j. Le- 
giound Castra,5.). Aus dieſen wurde wiederum 
die unmittelbare Leibwache des Konſuls (evocati 
und ablecti, j. d. und Dilectus militum, 4.) 
auserwählt. Das übrige Bundesgenofjenheer wurde 
den Legionen in 2 Flügeln (alae) zugeteilt, deren 
einer dextra, ber andere sinistra war. Ebenſo 
waren im Lager ihre Zelte audy getrennt (j. Ca- 
stra), lediglih aus dem Grunde, damit fie ſich 
nicht in ihrer abhängigen und gebrüdten Stellung 
empören jollten. 

Socii naväles, Die Bemannung der römijchen 
Flotten wurde aus den ärmſten Bürgern und ben 
| an genommen, Später fiel die Stellung 
der Ruderer und Matrofen, jowie die ganze Aus- 
‚rüftung (armamenta) und Berprobiantierung (fru- 
 mentum) der flotten den Bundeögenofien zur 
Zaft, und da biejelben ihre Freigelaſſenen (socii 
navales libertini, Ziv. 36, 2. 40,18) dazu ftellten, 
ſo ftand die Bemannung der Kriegsichiffe im jehr 








* 








Socius — 


ſchlechtem Anjehen und Rufe. Hor. sat. 1, 5, 4. 
Daher war ftets ihr Wunſch, zu dem viel höher 
ftehenden Landbienfte überzugehen, wo ihnen nach 
bewiejener Tapferkeit auch Feb das römiſche Bür- 
gerrecht — werben konnte. Tac. hist. 1, 6. 
31. 87. Dio Cass. 64, 3. 

Soe Jus in privatrechtlicher Beziehung. Der Ge- 
jellichaftävertrag oder societas verband mehrere 
Perſonen (socii) zur Erreichung gemeinjamer Zwede 
und verpflichtete diejelben zu gewiſſen Leiftungen. 
Die socii hatten zu ihrem Schutze gegeneinander 
die actio pro socio. Cie. Rose. com. 12. 17. 
Neben den zahliojen Privatjocietäten (3. B. Kom: 
pagnien im Handel) ſtanden die ald Korporationen 
vom Staate anerkaunten Pachtgeſellſchaften der 
publicani (j. d.). 

Sodalitas j. v. a. collegium, j. d. 

Sodalitium (sodalic.), eigentlich jo viel als 
sodalitas, bezeichnet jpäter faft nur verbotene 
Gejellichaften, vorzüglich eine Art des ambitus, 
wenn fich mehrere sodales vereinigten, gewiſſe 
Wahlen durchzufepen, au welchem Zwede jie die 
Tribus unter jich verteilten, dergejtalt, daß jeder 
sodalis für Eine Tribus haften mußte, weldhe er 
zu gewinnen verſprach. Gegen dieje Beitechungs- 
affociationen erihien 55 v. E. die lex Licina, 
welche die sodales mit aquae et ignis interdictio 
bedrohte. — Der Staat genehmigte die ald uns 
ſchädlich oder als nüglich erkannten Gejellichaften 
ſtillſchweigend oder gejeglich, die gefährlichen da— 

egen verbot er und löfte fie auf, 3. B. politische 

— und demagogiſche Klubs. Cie. Phil. 1,9. 
Mehrere ſolcher Klubs wurden durch ein SCons, 
68 v. €. aufge oben, 10 Jahre darauf aber von 
Elodius wie —28 und noch ea Cie. 
Sest. 25. Eine lex Julia beftimmte, daß für jedes 
Kollegium die jpezielle Sanktion durch ein SCons, 
nötig jei. 

Sogdiäna, Zoydıavr), Zovydıarıj, altperfiich 
Sughuda, Sughda, Landichaft im äußerſten Nord: 
often des Perſerreichs zwijchen den Flüſſen Oros 
und Jaxartes, das heutige Bolhara, noch im 
Mittelalter Soghd, d. i. das reine, genannt. Ge— 
birge: die Oxiſchen Berge im N., die montes 
Comedarum (j. Alai-Dagh) im D., die Sog: 
diſchen Berge (j. Karastau) in der Mitte. Bon 
Flüffen find außer Oros und Jarartes der Demos 
oder Dymos (j. Marghilan) und der Steppenfluß 
Bolytimitos (j. Seraf:Schan) zu nennen. — 
Die Sogdii oder Sogdiani, Zoydor, Zoydıavol, 
ein teilweile etwas ** doch iraniſches und in 
feinen Sitten von den Baltriern wenig verſchie— 
denes Volk, zerfielen in mehrere Stämme: Paſtai, 
Drybaktai, Orydranlai, Jatioi, Tahöroi, Drei: 
anoi u. a, Unter den Städten find bemerfens- 
wert: die alte Hauptitadt Maralanda (j. Sa: 
martand) in dem fruchtbaren Thal des Polytimetos, 
Die Grenzfeftungen Kyreschata (f. d.) und Aleran- 
dreia eschata (j. Alexandreia, 8.), Trybaftra, 
Nautala (j. Karfchi), nicht weit davon die Stadt 
der Brandiden (rd rou Boayzıdar &orv), Mar- 
ginia. Strab.11,517f. Arr. 3, 28, 9. 30, 6.4, 16,3. 
18, 4. Plin. 6, 16, 18, 

Sokrätes, Zwxgdrns, 1) aus then. Über 
das äußere Leben diejer für die griechifche Kultur: 
und Sittengeſchichte jo Prag jönlichkeit find 
und nur wenige und zum Zeil jehr zweifelhafte 
Nachrichten erhalten. 


| 
| 
| 


— ———— 





Als ſeine Eltern werden 


Sokrates. 1125 


der Bildhauer Sophroniſtos und Phainarete ge- 
nannt; er war geboren 469 v. C. Anfangs joll er 
feines Vaters Kunſt getrieben und die befleideten 
Ehariten auf der Atropolis gearbeitet Haben, von 
denen ſich Bruchftüce erhalten haben. Paus. 1,22, 8. 
9, 35, 2. Daß er Sklavendienſte oder unedles 
Handwerk verrichtet, ift gewiß Verleumdung. Bon 
feinen Lehrern wird allerlei berichtet, woraus jich 
über feine Bildungsgeichichte nur joviel etwa mit 
Beitimmtheit —— läßt, daß er die Hülfs— 
mittel ſeiner Vaterſtadt eifrig benutzte, daß er von 
den Gebildeten und Einſichtsvollen durch perſön— 
lichen Verlehr zu lernen ſuchte, daß er die Schrif— 
ten der Philoſophen und Dichter für dieſen Zweck 
nicht verihmähte und in der Geometrie nicht ge: 
ar Kenntniffe beſaß. In jeinen jpäteren 
Jahren erſcheint ©. als ein Mufter von Frömmig— 
feit, Selbftbeherrichung, —— Freundes· und 
Überzeugungstreue, Vaterlandsliebe und Charakter: 
feftigfeit, und dieſer innere Gehalt lieh jeine * 
genoſſen ſein unſchönes, ja ſogar häßliches Auhere, 
das er mit vielem ——————— ſchildert, ganz 
gewiß überſehen. Er lebte arm, aber bedürfnislos; 
die Heftigfeit jeiner Frau Kanthippe (derem Bant: 
jucht fprichwörtlich geworden ijt) wußte er mit 
dem größten Gleichmute zu ertragen, wenn er auch 
jelbft nicht immer ein zärtlicher Ehemann gewejen 
jein fol. Zu politifcher Thätigkeit hat ©. feinen 
Beruf gefühlt, doch mahnt er andere, ſich dei 
Staatögejchäften zu widmen, und befämpft ihren 
jelbftfüchtigen Kojmopolitismus, und als Bürger 
feiner Vaterſtadt erfüllte er jeine Pflicht im Kriege 
wie im Frieden. Er fümpfte z. B. bei Botidaia, 
Delion und Amphipolis, widerjtand allein dem 
Unredt bei dem Arginufenprogeß, ebenjo den 
Dreißig. Aber als ſeine eigentliche Aufgabe be: 
trachtete er die Menichenbildung, die fittliche und 
wiſſenſchaftliche Einwirkung auf andere. Dabei 
war er im höchjten Grade uneigennüßig, er lieh 
jeden ohne Bezahlung zu feinem Unterrichte zu. 
Sein ganzes Wejen trägt überhaupt den echt grie: 
chiſchen Typus an ſich. Er war mäßig, ohne ajfe- 
tijch zu fein, fein Umgang mit Jünglingen — in 
fittlicher Beziehung nur durch jpätere Verleumdung 
a. — hat die griechiſche Form der Knaben: 
liebe an fich, und fein Urteil über einen freieren 
Verlehr der Geſchlechter ift der hellenifchen Dentart 
gemäß; ferner fennt er feine höhere Sittlichkeit, 
als den Gehorſam gegen die Staatägejege, und 
dabei verehrt er die Bollsgötter. Eigentümlic war 
fein Glaube an ein Daimonion, ein inneres Orakel, 
welches ihn vom Unrecht abmahnte und zum 
Guten hintrieb. Seine Lehren und Meinungen 
hat S. ſelbſt micht aufgezeichnet, wir kennen fie 
nur durch Platon, Zenophon und zum Teil durch 
Ariftoteles; am —— mag ihn Xenophon ge: 
ichildert haben. Das Prinzip der jofratifchen Phi: 
lojophie ift das Streben nad dem begrifflichen 
Bien oder der Grundſatz, dab alles Urteilen und 
— von dem richtig erkannten Begriffe der 

che ausgehen müſſe. Den Inhalt ſeiner Philo— 
ſophie beſchränkt er auf die Ethik und befaßt ſich 


‚nur inſofern mit naturphiloſophiſchen und theo— 


logiſchen Unterſuchungen, als ſie mit dieſer in 
Verbindung ſtehen. Auch in der Ethik ſind es 
nur wenige Grundbeſtimmungen, welche er philo— 
ſophiſch feſtſtellt: ſein allgemeinſter Grundſatz iſt 
der, daß alle Tugend im Wiſſen beſtehe, und die 


1126 Sol — 
ſittliche Unwiſſenheit der größte Fehler fei. Es 
liegt am Tage, daß ©. nicht nur durch die Ne: 
fultate, fondern mehr noch durch die Art feines 
en erens, durch den Eifer, mit welchem er 
id) der Menjcenprüfung widmete und die Falſch— 
heit des vermeintlichen Wiſſens aufdedte, vielfachen 
Anftoß erregen mußte. Wie bald er ſchon das 
Mißtrauen einer nicht unbedentenden Gegenpartei 
auf fich zog, zeigen die Wollen des Nriftophanes, 
welche 424 dv. E. zum erftenmal aufg wurden. 
24 Jahre jpäter unterlag er dem Haß jeiner 
Gegner. Bon dem Dichter Melötos, als Haupt: 
fläger, dem Staatdmanne Anytos und dem Rhetor 
Lykon des Abfalld von der Öffentlichen Religion 
und der Einführung neuer Götter, jowie der Ver: 
führung der Jugend zum Ungehorfam gegen Eltern 
und Staatögejehe angeflagt, wurde er zum Tode 
verurteilt (399) und tranf, da er die Gelegenheit 
zur Flucht zurüdtwies, den Giftbecher mit beiſpiel— 
lofer Ruhe und Heiterkeit, welche Platon und Xe= 
nophon ergreifend ſchön dargeftellt haben. Der 
Grund feiner Verurteilung ift in dem Haſſe und 
der Verfolgung der Sophilten wie der Demokraten 
zu juchen, die in ihm den gefährlichften Gegner 
ihrer zum Teil unvernünftigen Beftrebungen fürd- 
ten mußten, obgleich fie ihre Hauptanflage gegen 
—* als einen Jugendlehrer richteten, welcher die 
Religion und Sittlichkeit gefährde. Das Maß 
ſeiner Verſchuldung iſt vor einigen Jahrzehnten 
Gegenſtand einer polemiſchen Erörterung (zwiſchen 
Forchhammer und Bendixen, 1887—39) geworden, 
ohne daß ein unbeſtrittenes Ergebnis daraus her— 
vorgegangen iſt. So viel bleibt gewiß, daß ©., 
einem inneren Berufe folgend, über feine Zeit hin: 
ausgegangen war und ihre Schranfen durchbrochen 
—— Der Adel ſeiner Seele und die Reinheit 
eines Strebens bleiben unantaftbar, und die lei— 
tenden Grundgedanken haben ihre Wahrheit and 
fpäter noch in veränderter Form bewährt. — 
2) Soft. oder Sofilrates aus Argos, Schrift: | 
fteller aus unbekannter Beit und Berfaffer einer | 
regynoıg Aoyors und einer Schrift, welche my: 
thiiche Gegenftände behandelte, woos Klöster. | 
— 3) aus Kos, Verfafler einer Schrift Zmunij- | 
os Deov in mindeitens 12 BB. — 4) aus Rho— 
dos, jchrieb eine Gefchichte der römtichen Bür— 
gerfriege. Bol. Müller, fragm, bist. Graee, IV! 
p: 496 ff. | 
Sol j. Helios. | 
Solarium, 1) Sonnenuhr, Horologium. Der 
Gebrauch derjelben in Griechenland läßt fich anf 
Anarimander oder Anarimenes, 500 dv. E., zurüd: | 
führen, nad Rom aber fam diejer Zeitmeſſer erft 
200 Jahre fpäter. Der (inomon oder Zeiger 
ftand fenfrecht auf einer ebenen oder 
halbfugelförmigen Fläche von Marmor 
oder und zeigte durch feinen 
Schatten die Stimden an, welche in’ 
der Fläche eingehauen waren. nz | 
fünglih maß man mit diefem (yao- 
uov, Nkorgomıor, Mad) nur 
die verjchiedene Länge des Mittags: | 
Ichattens oder beftimmte die Zeit der Sonnenmwen- 
den und Taggleichen, nachher aber fuchte man auch 
durch Hülfe gewifler Stifte und des Chattens, | 
den fie von Fi warfen, die Tage im gleiche Teile | 
abzuteilen. Übrigens wurde der Ausdruck auch | 
allgemein gebraudyt für Zeitmeſſer, wie Cicero 








Soloi. 


(n. d. 2, 34) thut, indem er solarium descriptum 
für Sonnenuhr, solarium ex aqua für Waflernhr 
ebraucht. Eine ſolche errichtete 149 v. E. Scipio 
afica zu Rom auf dem Forum, deren Etandort 
(ad solarium) ein Sammelplag für die feine Welt 
wurde. Cie. Quint. 59. — 2) der Söller, Terrafie 
auf dem flachen Dach, mit Sträuchern und Blumen 
geihmüdt. Um die Sommenftrahlen abzuhalten, 
wurde oben anch wohl ein dh angebracht, io 
daß die friiche Luft nur zur Seite durchſtri 
„ Grundfteuer, welche von dem auf öffentlichem 
oden (solum) errichteten Hauſe gegeben wurde 

Soldurfi (wohl ein keltiſches Wort) neunt 
Eäfar (b. g. 3, 22) eine auserwählte Schar von 
600 M., welche fid den aqnitanischen Fürften zu 
Treue auf Leben und Tod verpflichtet hatte (de- 
voti). ähnliche Sitte bei den Germanen 
vgl. Tac. Germ. 14, bei den Eeltiberern Val. Mar 
2, 6, 11. 

Solöae j. Kleidung, 10. 

Solinus, €. Julius, im 3. Jahrhundert n. C. 
verfahte in geichmadlojer Darftelung einen Ans 
ug aus einer nach des Plinius natur. hist. um 

ela gemachten Bearbeitung der Geographie, Cal- 
lectanea rerum memorabilium, in einer jpäter 
veranftalteten Bearbeitung Polyhistor betitelt, ge: 
widmet dem DOclatinius Mdventus, Konful 218 u. C. 
(nady Ufener). — Ausg. von Salmafins, ermeuert 
von Götz (1777); neuefte treffliche Bearbeitung von 
Theod. Mommſen (1864). 

Solis fons, 'Hilov xerjvn, Quelle in der Daie 
Ammonium (j. d.) in der Libyjchen Wüfte, deren 
Wafler am Mittag am Fältefien, um Mitternadt 
fiedend heiß war. gl. Aesch. Prom. 808 und 
bejonders Hat. 4, 181. Diod. Sic. 17, 50. Ourt. 
4, 7, 22. 

Solis Jacus, Alurn Héldioto, heißt bei Homer 
pen 3, 1) der Teich, aus welchem jich an jedem 

orgen die Sonne erhebt, um ihren Lauf am 
Hummel zu beginnen. 

Solitaurilia (Suovei.) j. Opfer, 4. 

Sollum, ein Thron, vgl. Sella. Iu der Kaiſer 
jeit bezeichnete das Wort auch den Sarg (arca, 
oeulus, capulus). 

Solöeis, Zoldsıs, weit hervortretendes bemal: 
detes Vorgebirge an der Weſtküſte Mauritanien 
mit einem Altar des Pofeidon, wahricheinlic i 
Kap Eantin, arabiich Ras el-Hudil. Hat. 2, 32 
4, 48. 

Soloi, ZöAoı, Soli, 1) bedeutende Stadt Mil: 
fiens, zwiichen den Flüffen Lamos und Kydno— 
Kolonie der Phoinifer und dann der Lindier am 
Rhodos, ſehr reich und blühend. Tigranes zerftöne 
©. und ——— die Bewohner nach Tigrano 
terta, um 80 v. E., d ompejus ftellte es wieder 
her und bevölferte es mit den Reſten der Ser. 
räuber, jeit welcher Zeit der Name [louxntovzs- 
Us auflam. Bon diefer neuen Stadt finden fid 
bedeutende Ruinen bei Mejetlü. ©. war die Water 
ftabt des Stoikers Chryfippos, des Komikers Phi- 
lemon und des Mathematiterd und Aſtronomen 
ser — u a im a ver mit den 

ngeborenen ſich einen jchlechten Dialekt ange 
mwöhnt hätten, hieh es, jei von ihnen der Ansdrud 
voLomıouös, Solöeismus, hergeleitet. Strab. 14, 
669. 671. Plut. Pomp. 28. — Andere beziehen 
ihn auf 2) Hafenſtadt am weſtlichen Xeile der 


m 
w 


Solon. 


Nordküſte der Inſel Kypros. Nach Plutard) (Sol. 26) 
war fie von einem einheimijchen Fürften auf den 
Rat Solons gebaut (vgl. Hat. 5, 113), nad) andern 
eine Kolonie der Athener. J. Ruinen Paläochora 
bei Levla. 

Solon, Zölwor, der Gejeßgeber der Athener, 


Sohn des Erefeftides, aus dem vornehmen Ge: 


ichlechte der Kodriden, geboren nicht lange nad) 
640 v. E., begründete (um 600) jeinen Ruhm durch 
die politiſche Rolle, die er bei der Eroberung von 
Salamis übernahm. Dieje für den attijchen See— 
verfehr jo wichtige Inſel hatten Die Athener in 
einem Kriege mit Megara, der die Folge der 


Unterdrüdung des kyloniſchen Aufftandes war, ver: 


foren, und nach vergeblichen Verſuchen, Salamis 
wiederzugewinnen, hatten die Leiter der athenijchen 
Politik bei Todesitrafe verboten, daß jemand den 
Vorſchlag made, die Inſel wieder zu erobern. 
Aber S., der den Verluſt von Salamis nicht ver: 
ichmerzen fonnte, erjchien eines Tages in der Vollks— 
verjammlung, das Haupt mit dem Hute bedeckt, 
als kehre er eben von einer Reiſe zurüd, und trug 
eine Elegie Salamis (ſ. u. 6) vor, in welcher er 
die Athener ald Herold von Salamis zu jchleuniger 
Eroberung der Inſel antrieb. Es hi, er habe 
fih, um nicht die feſtgeſetzte Strafe leiden zu 
müjjen, wahnfinnig gejtellt. Jedesfalls erreichte 


er jeinen Zwed: Salamis wurde von den Athenern | 


wiedergewonnen. Nah Wilamowitz-Möllendorff 
freilich hat ©. weder Salamis erobert noch deſſen 
feften Befig erlebt.) Hierauf bewog ©., da die 
durch die Ermordung der Kyloneier (j. Kylon) 
zn. eführte Blutſchuld auf der Stadt laſtete, 
en 
ji) anzuerfennen. Nun traf die am Frevel Betei: 
ligten, bejonders die Altmaioniden, die Strafe 
der Verbannung, und es wurde die Befledung der 
Heiligtümer und des ganzen Landes, wie es heißt, 
durch den aus Kreta herbeigerufenen Epimenides 
(j. d.) gefühnt. Einen größeren und dauerhafteren 
Ruhm aber erwarb ſich ©. durch das unfterbliche 
Werk feiner Gejehgebung. Große und berechtigte 
Unzufriedenheit hatte fic der niederen Stände be- 


mächtigt, denn fie waren mehr und mehr verarmt | 


und durch die Reichen und Vornehmen, welche 
das harte Schuldrecht erbarmungslos handhabten, 
in die mißlichiten Berhältniffe gebracht worden. 


Machten fie notgedrungen Anleihen, jo fiel e8|j 


ihnen jchwer das Kapital zurüdzuzahlen, ja aud) 
nur die Zinjen (die mindeftens 10 Prozent bes 
trugen) aufzubringen. So kam es leicht zu Ber: 
pfändung und Berluft der Güter, ja jogar der 
perjönlichen Freiheit, denn die nicht zahlungsfähigen 
Schuldner konnten von den Gläubigern zu Skla— 
venarbeit benußt oder ind Ausland verfauft wer- 
den. Solchen Zuftänden ein Ende zu machen, war 


2 S.s ernftliher Wunſch. Hochangeſehen durch jeine 


Abſtammung und doch nicht allzureich, durch Han— 
delsreiſen gebildet, durchaus über den Parteien 
ſtehend und durch Billigkeit und Mäßigleit ein 
Manu des allgemeinften Vertrauens, wurde er 
mehrfady und auch von dem delphiſchen Drafel 
aufgefordert, fich der Herrichaft des Staates zu 
bemädhtigen, er zog es aber vor, als erfter Archon 
für das J. 594/3 die Rolle des Gefehgebers und 
Vermittler zu übernehmen. — Das Werft der 
ftaatlihen Umgeftaltung begann er zunächſt mit 
der Hebung augenblidlicher Übelſtände, bejonders 


egafles, 300 Vornehme ald Richter über 


1127 


| der Berjchulbung der Armen und der Folgen davon. 
| Dazu diente die auusdyheie (f. Dvin, 5.); außer: 
| dem ward eine Amneftie für die durch das Schuld: 
recht in Atimie verfallenen Bürger erlafien und 
das Pjändungsrecht eingejchräuft; es durfte fortan 
nicht mehr auf die Perſon des Schuldners und 
feine Familie ausgedehnt werden. Nach diejen 
zum Zeil vorübergehenden Beftimmungen ichritt 
er dann zur Feſtſtellung der Rechte und Pflichten 
der Bürger nad dem Einfommen aus dem Lande, 
jo daß der Grundbefiß die Bedingung des poli- 
tiichen Einfluffes war, nad) dem Grundjag: „für 
volle Leiftung volles Recht“. So brady er die 
geſetzlichen Schranfen der alten Wriftofratie, indem 
\er den Maßſtab der Geburt durch den der Begü— 
terung erjegte. Er teilte nämlich die gejamte 
ı Bürgerjchaft in 4 Schätzun stlaſſen (ſ. Bvin, 6.); 
darnach wurde auch die Kriegspflichtigkeit und 
Waffengattung beſtimmt, ſowie ihr Beitrag zu 
öffentlichen Zaften (vgl. Staatshaushalt, l, 11.), 
jo jedoch, daß nad) Böckhs höchſt wahricheinlicher 
Vermutung in den unteren Klaſſen nicht das ganze 
Vermögen beſteuert, ſondern nur eine Quote als 
Steuerkapital (riunge) angenommen wurde. Wäh— 
rend aljo die erite Klafje von dem Ganzen fteuerte 
(1 Talent), fteuerte die zweite von °/, (3000 Drad): 
men), die dritte von °,, (1000 Dr.), die vierte 
war jteuerfrei. Dadurch war aber auch die poli- 
tiſche —— bedingt, inſofern die unterſte 
Klaſſe von allen Amtern ausgeſchloſſen war, die 
erfte im ausjchließlichen —* des Archontats 
(j.d.) und des Rats auf dem Areopag (j. d.) blieb. 
Durch dieſe Beſtimmungen blieben die bisherigen 
Inhaber, als zugleich auch die reichiten, für dem 
Augenblid im Bejige der Gewalt, doch wurden 
die Schranfen niebergerifjen, und auch den niederen 
Ständen der Zugang zu den meiften Würden er: 
möglicht. Dann wurden die Athener zu freien 
Eigentümern ihres Landes und Vermögens ge: 
macht, ohne durch Familienrechte gebunden zu jein, 
die Hausmacht des Vaters beicräntt: ebenfalls 
wurden bie Rechte und Bflichten der Metoifen 
feftgeftellt, und jelbjt die Sflaven blieben gejeglichen 
Schutzes nicht unteilhaftig. — Der dritte Teil der 
Gejeßgebung war dann die Feſtſtellung der ein: 
elnen Staatsgewalten. Der richterlihen Willfür 
r einzelnen Beamten wurde Maß und Ziel ge: 
etzt durdy eine Neihe Geſetze, die fih auf alle 
Verhältniſſe des öffentlichen und Brivatlebens er: 
jtredten (&&oves, j. d.); es wurde Beſchwerde und 
Berufung an die alle Bürger umfafjende Volks: 
verjammlung geftattet, welche durch einen Aus— 
ihuß von 4000(?), nike, die Gerichtsbarkeit in 
höchjter Inſtanz ausübte, ſowie die oberfte Kon: 
trolfe über die Beamten. Die höchſte verwaltende 
Behörde war ein Nat (Bovin, j. d.), von Solon 
auf 400 Mitglieder erhöht, 100 aus jeder der 
4 ioniſchen Phylen. Diejer wurde jährlich neu 
erwählt und bildete in jeinen Abteilungen (Pry— 
tanien) eine ftändige Behörde. — Dieje Gejep- 
ebung trug den Keim fernerer Entwidelung in 
ſich und lieh der Zukunft einen freien, doch ge— 
jeglichen Spielraum; ob ©. indes zum — der 
Reviſion ſchon das Inſtitut der Nomotheten (}. d.) 
eingeführt hat, iſt zweifelhaft. Er begnügte ſich 
aber nicht mit der Feſtſtellung bloß rechtlicher Ord— 
nungen; er ſtrebte auch darnach, eine lebendige, 
beftändige Teilnahme am öffentlichen Leben her: 











Ds 


4 


a 


— 


1128 


beizuführen, mit dem Geſetzlichen bewußte Sittlich— 
keit und allgemeine Humanität zu vereinigen, ſowie 
die geiſtige Bildung zu fördern. Hierfür zeugen 
das Verbot, bei inneren Streitigkeiten neutral zu 
bleiben, die Beſtimmungen über den Unterricht, 
der den Anſpruch auf Pietät begründen ſollte, die 
Sorge für den reinen und unverfälſchten Vortrag 
der homerijchen Gedichte, während dagegen die 
Darftellung von Theſpis' Tragddien verboten fein 
follte u. a. dgl. — Indeſſen hatten Solons Ein— 
richtungen, zum Teil gerade ihrer Mäßigung wegen, 
für den Augenblid nicht den Erfolg, Ruhe und 
Eintracht herbeizuführen und zu erhalten; wohl 
um dem Gärungsftoffe Zeit zu laſſen, fich zu jegen, 
begab er fi) auf längere Reifen in die Ferne, 
nachdem noch vorher (um 591) auf jeinen Antrag 
von den Amphilktyonen der Krieg gegen die Kriffaier 
beichloffen worden war, die lange Zeit Ungebühr 
gegen das delphiſche Drafel verübt hatten. In 
feiner Abmwejenheit entbrannten von neuem Die 
Barteifämpfe; — rt fand er den Peiſiſtra— 
tos auf dem Wege zur Tyrannis; vergebens trat 
er demjelben mutig, Fine hohen Alter vertrauend, 
entgegen; doch blieben jeine Gejeke größtenteils 
in Kraft. Er ftarb 559 oder ſchon 561 in Athen 
oder nach andern auf Kypros, wo er auf den 
König Philofypros ehrenvollen Einfluß übte; feine 
legten Lebensereignifie find indes ungewiß und 
durch Erzählungen ausgeihmüdt, worunter auch 
jein Beſuch beim König Kroifos gehört, der ſchon 
durch chronologiiche Schwierigkeiten unwahrſchein— 
lich wird. — Solon war nit nur Staatsmann, 
fondern ftand Hoch in allgemeiner geiftiger Bil: 
dung, gi an ihm bejonderd der Name des 
Weiſen baftete; die finnvollen Anekdoten über 
einen anmutigen Berfehr mit den übrigen ſ. g. 
Weiſen find freilich ohne Hiftorifche Gewähr. Der 
Sprud) undtv üyar war der Ausdruck feiner 
Lebensweisheit (der ihm auch beigelegte yradı 
seruröv wird von andern dem Eheilon zugejchrie: 
ben). — Endlid nahm er auch als Dichter eine 
bedeutende Stellung ein. Er dichtete Elegien (an— 
geblich 5000 Berje), die, wenngleich aus verein: 
zelten Stüden zufammengejegt, eine fortlaufende 
Sammlung —— haben, deren Beſtandteile 
durch anerkannte Titel unterſchieden wurden. Am 
häufigſten genannt wird die patriotiſche Elegie 
Salamis; erhalten ſind ziemlich viele Fragmente, 
teils in elegiſcher Form, teils in fließenden trochäi— 
ſchen Tetrametern und Jamben abgefaft, größten: 
teil3 indes nur in Fürzeren Gnomen beftehend, 
teils politischen, teils betrachtenden, philofophifchen 
Inhalts. ie bewähren den geläuterten Sinn 
der Humanität, das feine ſittliche Maß und die 


Fülle der Erfahrung, wie es ſich in ſeinem ganzen | 


Weſen zeigt. Ausgg. der Bruchftiide von Bad 
(1825) und Bergf, poet. lyr. Graec. II p. 34 ff. 
und 520f. der 4. Aufl. 

Solstitium, gewöhnlich das Sommerfolftitium, 
der längfte Tag, nach dem 21. — (nad Plin. 
18, 58 der 24. Juni), im Gegenjat zum Winter: 
folftitium oder dem fürzeften Tage (bruma), 
23. Dezember (nad Barro quod sol eo die 
sistere videbatur). Die Sonne erreicht bei ihrer 
nördlichen Abweichung vom Aquator einen Punkt, 
wo fie am entfernteften von legterem abfteht und 
gleichjam ftill zu ftehen ſcheint und dann wieder 
zurücklehrt, um zum Winterjolftitium zu gelangen. 


Solstitium — Zogısoral. 


Und diefen Punkt des jcheinbaren Stillftandes be- 
zeichnet das Wort. 

Solüs, Zoloös, Soluntum, fefte Stadt an ber 
Nordküſte Siciliens, in der Mitte zwiſchen Panor: 
mos und Thermai, mit gutem Hafen, eine Meile 
öftlich von der Mündung des Eleutheros; j. Rui— 
nen Solanto. Thue. 6, 2. Cie. Verr. 3, 48. 

Solygeia, Zolöysıe, Drt auf dem Hügel So: 
lygeios im Gebiete von Korinth, jüblih von Ken— 
chreai, 60 Stadien von Korinth, beim heutigen 
Galataki. Thue. 4, 42 f. 

Solymoi j. Lykia. 

Somnfum j. Oneiros. 

Somnus f. Hypnos. 

Sonnenschirm ſ. Zxrıadeıor. 

Sonnenuhr j. Solarium, 1. 

Sontius, j. Iſonzo, Fluß in Venetia, entiprang 
auf den Carniſchen Alpen und mündete öftlich von 
Nquileja in den Tergeftiniichen Meerbujen. 

Sopätros, Zorergos, Sopater, 1) ein itali- 
icher Phlyatograph, d. h. Verfaſſer dramatijcher 
Poſſen, lebte unter Alerander dem Gr. und Ptole— 
maios Philadelphos. Bon feinen Dramen haben 
fich noch einige Titel und fein ftilifierte Fragmente 
erhalten, aus denen fi aber bei der jonftigen 
Unbelanntichaft mit der ganzen Gattung nichts er- 
jehen läßt, als daß der iambijche Trimeter darin 
borherrjchend war. Vgl. Sommerbrodt, de phlya- 
cographia Graecorum (1875). — 2) aus Wpas- 
meia in Syrien, ein Philojoph im 4. Jahrh. n. E., 
Schüler des Jamblihos, auf Eonftantins Befehl 
als Anhänger des Heidentums hingerichtet. — 
3) ein Rhetor aus Apameia oder Alerandreia im 
6. Jahrh. n. E., welcher in Athen lehrte. Bon 
feinen Schriften haben fih Scholien zu den ord- 
ses des Hermogened erhalten. — 4) ebenfalls 
aus Apameia, Ahetor im 6. Jahrh. n. C., von 
dem fich einige Schriften erhalten haben (abage- 
druct bei Walz, Rhet. Graee., Bd. 4, 5 und 8). 

Sophainötos, Zogpaiverog, Verfaffer einer 
Kboov draßeoıg, vielleicht identiich mit S. and 
Stymphalos, welcher dem jüngeren Kyros 1000 
Schwerbewafinete zuführte und den von Zenophon 
beichriebenen Zug nad Afien mitmadte; oft von 
Xenophon erwähnt (An.1,1,11.2,33.2,5,37 u. Ö.). 

Sophöne, Zopnrr, Landichaft im ſüdweſtlichen 
Srofarmenien, durch den Euphrat von Melitene 

eichieden, mit den Städten Amida (j. Diarbetr), 
Feſtung am Tigris, und Arſamoſata, an dem 
‚ über den Tauros führenden Paß. Strab. 11, 521 f. 
|527f. 12, 585. Plut. Lueull. 24. 

Sophilos, Zagılos, 1) aus Sikyon oder The: 
ben, Dichter der neueren attiſchen Komödie, um 
340 dv. C. Einige feiner Stüde nennen Suidas 
und Athenaios. Bruchftüde bei Meinefe, fragm. 
com, Graee. III p. 581 ff. (II p. 794 ff. der lei: 
nen Ausgabe), und Kod, com. Att. fragm. III 
p. 444 ff. — 2) Bater des Rhetord Antiphon. 

Zopıoreai, Sophiften, zunächſt gleichbedeutend 
mit copol, bezeidynete jeit der Zeit des Sokrates 
ausſchließlich jene Klaſſe von Philojophen, welche 
ben Unterricht in der Philoſophie nicht als Lieb: 
haberei und Sache der freien Mitteilung behan- 
beiten, fjondern, von Ort zu Ort umberziehend, 
für Geld und Bezahlung erteilten. Der gemein: 
jame Charakter der Sophiften, welchen die Alten 
mit einer gewiffen Einjeitigfeit meift in eime 
Scheinweisheit oder in den Gelderwerb durch 


ee 





Sophokles. 


Sceinweisheit 8 ſetzen pflegen, beſtand darin, 
daß ſie die philoſophiſche Forſchung, vorher auf 
Forſchung der Wahrheit als ſolche gerichtet, in 
den Dienſt des praktiſchen Lebens, der allgemei— 
nen —— und Aufklärung zogen. Sie wollten 
Lehrer der Tugend, vor allen Dingen der politi— 
ſchen Tüchtigkeit und Redekunſt ſein. So durch— 
zogen ſie die griechiſchen Städte, deren Jugend 
Ka) um fie —— und deren vorzüglichere Gei— 
ſter (3. B. Perikles, Sokrates, Euripides) ihren 
Umgang nicht verſchmähten. Sie fanden aber bei 
den Freunden und Vertretern der älteren Sitte 
und Bildungsart (Ariſtophanes) vielfachen Wider: 
ſpruch, noch mehr aber Wibderftand durch Sokra— 
tes und jeine Schule. Ihr Auftreten fällt in die 
periffeifche Zeit, in jene Zeit des geiftigen und 
politifhen Umſchwungs, durch welchen Athen von 
der ftrengeren alten Sitte und Denkungsart zu 
jener Freiheit und Leichtfertigfeit überging, welche 
die Jahre des peloponnefiichen Krieges —— 


ſieren. erſte Sophiſt wird Protagoras 
von Abdera genannt; neben ihm iſt der bedeu— 
tendſte der Leontiner Gorgias. Zeitgenoſſen 


dieſer beiden ſind Hippias aus Elis und Pro— 
dikos aus Keos. Einer zweiten Generation ges 
hören an: Euthydemos, Divnyjodoros (von 
Platon als jeurrile Mlopffechter aufgeführt), 3. 
los, der Schüler des Gorgias, —— os 
und einige andere. — Die Sophiſten beſchäftig— 
ten ſich nicht mit theoretiſchen Wiſſenſchaften als 
ſolchen, ſondern benutzten ihre Kenntnis nur als 
Stoff zu Schaureden und als allgemeines Bil— 
dungsmittel und ſtützten ſich dabei auf eine ſtep— 
tiſche Anſicht vom Wiſſen überhaupt. Mit der 
Beſeitigung einer objektiven Wahrheit war auch 
eine Geringſchätzung der ſittlichen Geſetze und des 
Götterglaubens verbunden, und es handelte ſich bei 
ihnen nicht ſowohl um Denk- als um Redeübung. 
So wurden die Sophiſten von ſelbſt Lehrer der 
Rhetorik, und viele von ihnen widmeten ſich auch 
ausſchließlich dieſem Berufe, wobei ſie ihr Ziel 
durch Mitteilung rhetoriſcher Kunſtgriffe zu er— 
reichen ſuchten und gewöhnlich ihren höchſten 
Triumph darin fanden, für und wider jeden be— 
liebigen Gegenſtand ſprechen zu können. Je mehr 
aber die Sophiſtit dieſe Richtung verfolgte, um 
fo mehr wurde ihr Weſen gehaltlos, eitel und ge— 
winnjüchtig; und während.die Sophiften der erften 
Generation, —— Gorgias u. a., bei aller 
Einſeitigkeit und dem Gefährlichen —— Grund⸗ 
ſätze, doch um die Bildung und Sprache des 
griechiſchen Volkes ſich unleugbare Verdienſte er— 
worben und weithin anregend gewirkt hatten, bie: 
ten fchon ihre nächiten Nachfolger das Bild eines 
tiefen mwifjenfchaftlichen und moralijchen Verfalles | 
dar. Die erhaltenen Deflamationen und Frag: | 
mente der Sophiften find abgedrudt in den Sammı: | 
{ungen der attiichen Medner, die philofophifden | 
Fragmente bei Mullach, fragm. philos. Graee. Il | 


p. 180 ff. | 
Sophökles, Zopoxing, 1) der Tragifer, ein 
Athener, geboren in dem Gau Kolonos bei Athen, 
wahrſcheinlich 497 (nicht erft 495) v. C. Sein 
Bater hieß ag = br oder richtiger Sophillos, war | 
Befiger einer Waffenfabrif, die er durch Sklaven | 


1129 


‚ war darin fein Lehrer — und in den 


ymnaſtiſchen Künften. In jenem fiebzehnten Jahre 


oll ©. unter den athenischen Jünglingen geweſen 
fein, welche den Siegesreigen und den Seftgefang 
nach der geivonnenen Seeichlaht auf der Inſel 
Salamis aufführten (während Aiſchylos unter den 
kämpfenden Männern fich befand und Euripides 
am Tage der Schladht geboren wurde; in Wahr: 
heit freilich jcheint Euripides jchon 485 geboren 
u fein). Bon S.s Lebensumftänden und von 
En weiteren —— iſt uns von jetzt an 
bis zu ſeinem Auftreten als Tragifer nichts über— 
liefert. Die kurze Notiz eines ſpäteren Lebens— 
beſchreibers, welche ſagt, er habe von Aiſchylos 
die Tragödie gelernt, hat wohl keinen andern 
Sinn, als daß S. zu ſeinem Vorgänger im Ver— 
hältniſſe eines Schülers geſtanden, da jener ihm 
ohne Zweifel die Wege gebahnt und die Kunſt— 
mittel zu einem vollkommenen Drama überliefert 
hatte. Gegen diejen jeinen Vorgänger joll ©. im 
engen oe Jahre mit feiner erften Auf: 
führung oder Didaffalia in die Schranfen getreten 
jein und unter denkwürdigen Umftänden feinen 
erften Sieg davon getragen haben; Aifchylos aber 
joll, re über feine Niederlage und Zurück⸗ 
jegung, ih icilien gegangen fein (Plut. Cim. 8). 
Zu dieſer Didajfalia joll Triptolemos, eine 
verlorene Tragödie, gehört haben. Allein die ganze 
Erzählung leidet an derartigen chronologiſchen 
Berftößen und foldher inneren Unwahricheinlichkeit, 
daß ihr wahrjcheinlich fein hiſtoriſcher Wert bei: 
umeflen if. ©. ftand ohne Zweifel bei jeinen 

itbürgern in großem Anſehen und hoher Gunft; 
feine Poeſie galt ficher als der reinfte und lauterjte 
Ausdrud der attiichen Bildung. Dafür jpricht aud) 
der Umftand, daß er in feinem vierundfünfzigften 
Lebensjahre (DI. 84, 3), angeblich nad früh. 
rung feiner Antigone, zugleich mit Berifles als 
Strateg für das nächſte Jahr gegen die Samier 
gewählt wurde und einige Jahre jpäter das Amt 
eines Borfigenden der "Ellnvoraulaı, d. h. der Ver: 
walter des Bundesſchatzes, befleidete (nad) andern 
bereit vor der ſamiſchen Strategie), Auch über 
die jpäteren Lebensjahre fehlt e8 und an Nach— 
richten; nur ein Zug aus jeinem häuslichen Leben 
ift überliefert. Den Tebensfuftigen S. habe bie 
Liebe zur Hetaire Theoris gefellelt. Ihr Sohn 
Arifton war der Vater eines jüngeren Sophofles, 
der jich mit jeinen eigenen und jpäter durch Auf: 
führung der Dramen unjeres Sophofles Ruhm 
erwarb. Unſer Dichter fol diefem größere Gunft 
als jeinem rechtmäßigen Sohne, dem weniger ge: 
ſchätzten Dichter Jophon, zugewendet haben und 
darım mit Jophon in einen Prozeß geraten fein, 
den dieſer wegen privatrechtlicher Anſprüche vor 
die Phratoren brachte. Die Anklage lautete auf 
Geiſtesſchwäche auf Unfähigkeit zu eigener Ber: 
waltung des Hauswejens und auf Heransgabe des 
Bermögend. S. habe aber den Nichtern feinen 
Didipus auf Kolonos oder das auf Athen bezüg- 
liche Ehorlied daraus vorgelefen und dadurd nicht 
bloß feine vollftändige Freiiprechung von der Ans 
klage, jondern obendrein noch eine Ehrenbezeugung 
von jeiten der Richter erlangt. Obmohl mehrere 
Schriftſteller, darunter auch ——— (Cat. maı. 7), 


betreiben Tieß, und dabei mwohlhabend und be- | die Sache erzählen, jo ift doch an der Wahrheit 
gütert. Dem Sohne gab er eine forgfältige Er- derjelben zu zweifeln und das Ganze vielmehr als 
ztehung in der Muſik — Lampros, ein berühmter der Iuftige Einfall eines Komiters zu betrachten, 


1130 


der in diefem auf die Bühne gebradhten Prozefie 
den falten und langweiligen Jophon foppen wollte. 
Überdies ift infchriftlich bezeugt, daß der jüngere 
Sophofles ein Sohn des Jophon war. ©. ftarb 
furz vor dem Ende des peloponnefiichen Krieges 
DI. 93, 3. im Jahre 406 oder Anfang 405 v. C., 
bald nad) dem Tode des Euripides, über 90 Jahre 


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MR — — 


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Afıı del.se. 

alt. Über jeine Todesart gibt es verſchiedene An: 
gaben. Er joll nad der einen vor Freude über 
einen tragischen Sieg (jehr unmwahricheinlich), nach 
einer an beim Vorleſen der Antigone, en 
lich auc an einer. Weinbeere gejtorben fein. Die 
Athener widmeten dem Tragifer nad) jeinem Tode 
einen heroischen Kultus. Sie errichteten ihm als 





Heros unter dem Namen Derion, weil er den 


| dafür fpricht auch die 


d» | der durch den Gegen 
Beine des ur n Gegenſa 


Sophokles. 


Bott Aiklepios zu fich in fein Haus aufgenommen 
hatte, ein Heiligtum und beichloffen, ihm ein 
jährliches Opfer darzubringen. Eine jhöne Mythe, 
welche freilich gegen die Zeitrechnung veritößt, hat 
ſich ipäter über jeine Beltattung verbreitet. Auf 
jeinem Grabe ſtand cine Sirene oder eine Schwalbe, 
Sinnbilder des Zaubers der Poeſie; und jein Sohn 
Jophon joll ihm eine Statue ri: haben. Später 
bewirkte der Redner Lykurgos, daß die Bi 
3 Tragifer, des Aiſchylos, S. und Euripides, auf 
Staatskoften im Theater zu Athen aufgeitellt, und 
von ihren hinterlafjenen Tragödien jorgfältige Ab— 
ichriften öffentlich aufbewahrt wurden. Noch find 
2 Büften von ©., jowie eine vortrefflide Mar: 
morftatue (vielleicht eine Kopie jener im Theater zu 
Athen aufgeftellten [j. die Abbildung) vorhanden; 
Sinngedichte auf ihn ftehen in der Anthologie. — 
©. gilt allgemein, ſowohl im Altertum als aud 
in der neueren Zeit, als Vollender der attischen 
Tragödie. Die Urteile der Alten über ihn drüden 
die größte Bewunderung und Berehrung aus; 
rfach überlieferte Nach: 
richt, daß er mit jeinen Tragödien oft (zwanzig: 
mal, nad) andern vierundzwanzigmal) den erjten 
Preis davongetragen, oft auch den zweiten, nie— 
mals aber den dritten erhalten habe. Der Did: 
ter fteht im jeinen Dichtungen gauz auf dem 
plaftiichen Standpuntte feiner —— welche 
ſowohl in bildneriſcher als in ſtaatsmäuniſcher 
Kunſt von der ſchroffen, aber durch Altertümlich 
feit geheiligten Symmetrie und maſſenhaften Breite 
zur abgerundeten Eleganz, zur jchönen Gruppie- 
rung und gefälligen Würde übergingen. Die Kunft 
und der TFortichritt des ©. beiteht im leid; 
mit Aiſchylos tjächlich in einer organiſchen 
Entfaltung der dramatiſchen Handlung, und zwar 
dergeftalt, da dabei die inneren Motive der han: 
deinden Berjonen deutlih und bejtimmt hervor: 
treten. Dadurch ift ihm die Charakteriftif von 
Individuen gelungen. Statt der epiihen Anlage 
des Aiſchylos trat bei ihm ein ftrenger dramatı: 
icher Plan ein; die Thatkräfte und geiltigen Trieb: 
federn greifen mehr ineinander, die handelnden 
Berjonen jpielen rajcher zujammen und bewegen 
fih nad; einem bejtimmten Ziele hin, während 
Aiſchylos von der epifchen ie und von ber 
altertümlichen Charakteriftif nicht — — und das 
Innere der geiſtigen Welt in ihren Willenskräften, 
Widerſprüchen und in den Reibungen der Cha— 
raftere hervorzulehren ihm nicht Bedürfnis war. 
Diejem neuen, mehr dramatijchen Prinzip des ©. 
fam natürlich die Einführung eines dritten Schau: 
jpielerd, welche von ihm ausgegangen war, jehr 
zu jtatten, ja fie war vielleicht aus der Wahrneh- 
mung und Erkenntnis der neuen, vor ihm um: 
betretenen Bahn hervorgegangen, |. Tragoedia. 
Durdy Aumwendung diejes dritten Schaufpielers ift 
©. in der Charafterzeichnung viel reicher und dar: 
ftellender geworden, als Aiſchyſos es war. Wir 
finden bei ihm jcharf ausgeprägte Judividualitäten, 
die er durch wohlberechnete Gegenjäge noch zu 
ben weiß. Perſonen, wie Chryſothemis neben 
lettra, Jimene neben Antigone, welche die Stärfe 
—— janften 
eben, fonnten in der That erjt nad) 
Einführung eines Tritagoniften hervortreten. ©.# 
Charaktere jtimmen im allgemeinen mit den aildın- 
leiichen in dem gemeinjamen Begriffe der Jdealität 








Sophonibe 


überein, während Euripides befanntlich darin von 
ihnen abweicht; allein feine Charaktere haben noch 
einen individuellen, aus vieljeitiger Erfahrung ge: 
Ihöpften Gehalt, und wenn fie auch bei ihm noch 
immer Symbole von Tugendbegriffen, ohne ſub— 
jettive Bertiefung, bleiben, jo beleben fie doc 
mannigjaltige, ins Feine gemalte Züge, und die 


Geg e, welche fie aus erzeugen und gegen: 
einander fehren, erfüllen jie mit Blut und aller 
Schärfe der Perſönlichkeit. Auch die Handlung 


in jeinen Tragödien it nicht nur überhaupt künft- 
lerijcher ausgejponunen und die SKataftrophe f 

—— vorbereitet als in irgend einer Tragödie 
des Aiſchylos; er weiß auch den ſchrecklichen Aus— 
gang durch eine längere Vorbereitung und mans 
nigfaltige Beripetien erträglicher zu machen. Den 
Ehor hat ©. von der dramatiſchen Maſſe völlig 
ausgejchieden und ihn, von ben Gegenjägen der 
Handlung unberührt, in eine möglichſt unparteiiſche 
Mitte geitellt, jo daß er als ein abjtraftes Bild 
der Gemeinde und de3 im Volle vorhandenen ſitt— 
lichen Bewußtſeins dafteht, welches mitten durch 
alle Widerjprüche hindurch jein Gleichgewicht er: 
hält. Seiner Sprache und Rede gab S. Aumut 
und Feinheit, indem er vor allen Dingen die 
Schwere und die damit verbundene Duntelheit der 
aiſchyleiſchen Redeweiſe vermied und die innere 
Beziehung der Gedanken zu einander, ihre Ab: 
hängigfeitöverhältnifje jchärfer auffaßte und durch 
die Äyntaktiichen Verbindungen bezeichnete. Über 
eine Neuerung und Abänderung der bisherigen 
Aufführungsweije, welche ihm Suidas beilegt, und 
wornach er einführte dezue mgös dpäuu dyani- 
keotar, dAic u) rergaloyler, ſ. Tetralogia. 
— &. war einer der fruchtbarften Tragiker. Nach 
glaubhaften Berichten hatte er 123 oder gar 
130 Stüde hinterlaſſen; jicher bekannt nad) ihren 
Titeln find uns mindeftens 70-72 Tragddien 
und daneben etwa 18 Satyripiele. Außer diejen 
Dramen werden noch einige kleinere Gedichte, 
Paiane (von dem Paian auf Aiflepios ijt neuer: 
dings ein Bruchjtüd auf einer Inſchrift zu Athen 
aufgefunden worden) und eine Schrift ın Proja 
über den Chor, gegen Theſpis und Choirilos ge: 
richtet, angeführt. Es find uns aber im ganzen 
nur 7 vollſtändige Tragödien (Avrıyorn, Olöi- 
zovg rögarvog, Hifarge, Toaylvuı, Alag, Bı- 
Aonenens und Olöinovg dl Kolworo) und von 
den übrigen eine ziemliche Anzahl Fragmente (am 
beiten bei Naud, trag. Graev. fragm.) erhalten. 
Die Stoffe zu feinen Tragödien nahm er meift | 
aus dem epithen Kyflos, den argivijchen Mythen, 
der Heroenjage, insbejondere der Argonautenfabel, | 
bisweilen hat er auch aus patriotiicher Neigung | 
ben attijchen Sagenfreis benutzt. — Die ältefte | 
der erhaltenen Tragödien jcheint der Aias zu jein; 
ſicher befannt ift uns die Aufführungszeit nur von 
2 Stüden: Antigone, DI. 84, 3. oder 442 v. C. 
und Philoltetes, DI. 92, 3. oder 409 v. C. auf | 
die Bühne gebracht. Die befte, wenn auch viel: 
fach verderbte, Handſchrift des Dichters ift eine 
Florentiner, Laurentianus A, aus dem 10. oder 
11. Jahrhundert. — Ausgg.: Ed. prince, 1502; von 
Brund (1786; 1786-89), Erfurdt (vollendet von 
Heller und Döbderlein, 7 Bdd. —— Bothe 
(1806), Erfurdt und G. Hermann (7 . zuerft 
1807 ff., teifweife 3. Aufl.), Elmsley (1826; Leip: | 
ziger Abdruck 1827), Wunder (zuerft 1831 ff.,; 


1131 


7 Bdch, teilweije 5. Aufl.), Neue (1831), Schneide: 
win 1849 ff.; nen bearbeitet von Naud, 
7 Bdch. teilweife 9. Aufl), U. Witzſchel (1847 ff.), 
W. Dindorf (3. Aufl. 1860), &. Wolff (zuerjt 
1858 ff., neu bearbeitet und fortgefeßt von X. 
Bellermann, bis jept 5 Stüde, teilweije 4. Aufl.), 
Bedlein (1874 ff., 7 Bdch., 2. Aufl. begonnen 
1885. 1. Boch. 3. Aufl. 1890), E. Schmelzer (1885 
—1888, 7 Bdch.), Blaydes (2 Bd. 1885). Text: 
ausge. von Matthiä (1825), Wunder (1825), W. 
Dindorf (6. Aufl. 1885, bearbeitet von S. Mel: 
ler), Bergt (1858), Naud (1867), Schubert (1883 
— 1886). Ausgg. der Antigone von Wer (1829 ff.), 
Böckh (1843; neue verm. Ausg. 1884), A. Jacob 
(1849), Meinefe (1861), M. Senffert (1865), Mor, 
Schmidt (1880), G. Kern (2. Aufl. 1889), Rappold 
(1890); des Didipus Tyrannos von Fr. Bellermann 
(1857), van SDerwerden (1867), Ritter (1870), 
Mor. Schmidt (1871), Brandicheid (1882), ©. 
Kern (1884), Holub (1887); der Elektra von D. 
Jahn (3. Aufl. 1882, von A. Michaelis), Blaydes 
(1873), ©. 9. Müller (1885); des Aias von 
Lobeck (3. Aufl. 1866, berühmte Ausgabe), M. 
Seyffert (1866), Blaydes (1875), Pähler (1889); des 
Didipus in Kolonos von Reifig (1820), Meinete 
(1868), Sartorius (1888), Holub (1888); des Phi: 
loftetes von Buttmann (1822), M. Seyffert (1867), 
Blaydes (1872), Cavallin (1875), ©. H. Müller 
a): der Tradinierinnen von Apik (1833), 

laydes (1872), Subkoff (1879). Deutiche Über: 
jegungen von Solger (3. Aufl. 1837), Thudichum 
(8. Aufl. 1875), Donner (11. Aufl. 1889), Jordan 
(1862), Bruch (1879), Wendt (1884), Türkheim 
(1887), Stäger, Hartung, Bichoff, Mindwig, 
Schöll u. a. Treffliches lexicon Sophocleum von 
Ellendt (2. Aufl., vom Genthe, 1872); außerdem 
W. Dindorf, lexieon Sophocleum (1870) und 
Ebeling, griechiſch-deutſches Wörterbuch zu ©. 
(1869). Ausgg. der Scholien von Dindorf (1825 
— 1852) und pageorgios (1888). — 2) der 
jüngere ©., Entel von 1), joll jeit dem Jahre 
395 v. E. 10 Tetralogien zur Aufführung ge: 
bracht und fiebenmal gefiegt haben, auch als 
Elegiendichter — ſein. — 3) atheniſcher 
Feldherr, 425 v. &. mit Eurymedon Anführer der 
athenifchen Flotte, half in Korkyra den Sieg der 
demofratiihen Bartei vollenden (Zhue. 4, 3. 46), 
jpäter des Landes verwiejen (daj. 4, 65). Diod. 
Sie. 12, ö4. 

Sophonibe j. Musinissa und Syphax. 

Sophron, Zugpgwor, ein Mimograph aus Sy- 
rafus, Sohn des Ugatholles und ein Yeitgenofje 
des Euripides. Uber feine Mimen j. Mimos, 

Zogpgeorıorei, Aufieher der Jünglinge in den 
Gymnafien zu Athen, 10 der Zahl nad, welde 
jährlich durch CHeirotonie gewählt und mit einer 
Drachme täglich bejoldet wurden; oder Leute, die 
zur Handhabung der Polizei bei Feſtverſammlun— 
gen der Demoten ernannt warden. Böckh, Corp. 
Inser. In. 214. 

Sopor, der perjonifizierte Schlummer (vgl, IH y- 
pnos), Bruder des Todes (consanguineus Leti, 
Verg. A. 6, 278), führt bei Statius (Theb. 2, 59) 
die Roſſe der Nacht. 

Söra, 7) Zöga, Stadt der Volffer in Latium 
am Liris, nördlich von Arpinum, mit jeher feiter 
Eitadefle. Bei dem iehigen Sora finden ſich noch 
Refte ſtarker Mauern. Da fie fi mit den Sam- 


— Sora. 


1132 


nitern verband, wurde fie von den Römern * 


Soraete — 


obert und koloniſiert. Als dann die Bewohner 
die römischen Koloniften getötet hatten (Liv. 7, 28. 
9, 23. 10, 1), wurden neue hingeſchickt. Strab. 
5, 238. 

Soraete, j. Monte di St. Orefte, ein 681m 
hoher vereinzelter Bergrüden in Etrurien, öftlich 
in der Nähe des Tiberis und 5 Mill. nördlich 
von Rom. Auf feiner oft mit Schnee bededten 
Spite (Hor. od. 1, 9, 1.) ftand ein berühmter 
Tempel des Apollon, dem der ganze Berg ge 
heiligt war, und dem daſelbſt Feſte ſeltſamer Art 
gefeiert wurden. Verg. A. 11, 785. 

Soränus, 1) ein auf dem Berge Soracte ver: 
ehrter altitaliicher Gott, gewöhnlich mit Apollon 
identifiziert. Verg. A. 11,785 und daf. Serv. Seine | 
Priefter, Hirpi (jabinijch = lupi) Sorani genannt, 
gingen, die Opfereingeweide in den Händen, im 
Bertrauen auf des Gottes Schuß mit bloßen Füßen 
über glühende Kohlen. Urjprünglid war dieſer 
Gott der Unterweltsgott Dis; er wurde aber mit 
Apollon identifiziert, weil beide Gottheiten Seuchen 
ſchicken und abwenden. — 2 Barea Soranus. 

Sordiece, ein durch den Fluß Sordus gebildeter 
See im narbonenfiihen Gallien, am Fube der 
Pyrenäen, wahrjcheinlich der auch von Strabon 
(5, 182) angedeutete See in der Nähe des Fluſſes 
Ruſeino, der mit einer 2—5 Fuß diden Schlamm: 
und Erdfrufte bededt war, jo daß man Fiſche aus 
ihm herausgraben konnte. Liv. 42,2. Der heutige 
Etang de Leucate joll diefelbe Erjcheinung zeigen. 

Sordidäti, die mit einem Trauergewand Be: 
Heideten, ſowohl bei Privattrauer, als bei öffent: 
lichen Anklagen, wo der Angeflagte in Begleitung 
feiner Angehörigen sordida veste erſchien, um das 
Mitleid der Richter zu erregen, ſ. Keus. 

Soron, Zögor, ein im nördlichen Arkadien in 
der Nähe von Kleitor gelegener, an Schweinen, 
Bären und Schildkröten reicher Wald. Paus.8, 23,8. 

Sortes j. Divinatio, 14. 

Soslas. Zwolas, aus Syrakus, Anführer gries 
chiſcher Mietötruppen, melde mit Kyros dem 
jüngeren nad) Junerafien zogen. Xen. An. 1.2, 9. 

Sosibios, Zweißrog, 1) aus Lakedaimon, Hifto- 
rifer und Chronograph zur Zeit des Ptolemaios 
Philadelphos, Verfaſſer einer zeovo» dvaygapı) 
und einer Schrift weol rör dr Aunsdaluorı Bv- 
sv, die für Pauſanias im dritten Buche Haupt: 
quelle gewejen fein mag. Er ſetzte Trojas Ber: 
ftörung in das Jahr 1171 v. E. Bol. Müller, 
fragm. hist. Graee. II p. 625. — 2) Lehrer des 
Britannicus, des Sohnes des Claudius, wurde 
(47 n. E.) von Mefjalina zu einer Aufhegung des 
Claudius gegen einen angejehenen Römer benugt, 
bald aber (50) auf Betrieb der Agrippina getötet. 
Tac. ann. 11, 1. Dio Cass. 60, 32. 

Sosirönes, Zworyerns, aus Agypten, Erflärer 
von Mriftoteles’ Schrift über den Himmel, von 





Sositheos. 


41. 50, 14. 51, 2. Plut. Anton. 34. 36. 55. 65. 
Vell. Pat. 2, 85. — 2) Sojia Galla, Freundin 
ber Wgrippina, wurde nach dem Tode bed C. 
Silius, ihres Gemahls, an defien Erprefiungen fie 
Anteil genommen, in die Verbannung geichidt. 
Tac. ann. 4, 19f. — 3) €. Soſ. Senecio, vier 
mal Konful unter Trajan, war dem jüngeren 
Plinius befreundet und begünftigte den Plutardh, 
welcher ihm mehrere feiner en widmete. 
Plin. ep. 1, 13. 4,4. — 4) D. Soſ. Falco, 
trachtete nach dem Tode des Commodus (192 n. €.) 
und der Erhebung des Bertinar jelbjt nach der 
Krone, oder war von ben Prätorianern zum 
Nachfolger des Pertinag erforen; er hätte fterben 
müſſen, wenn der leßtere ihm nicht das eben 
gerettet hätte. Capit. Pert. 10. Dio Cass. 73, 8. 
— 5) Außerdem werben Hor. ep. 1, 20, 2 und 
a. p. 345 Sosii als Buchhändler erwähnt; vgl 
Bücherwesen, 5. 

Sosikrätes, Zooımgpdrns, 1) ein Dichter der 
neueren attifchen Komödie, von dem 2 Titel be: 
fannt find. — 2) aus Rhodos, etwa im 1. Yahrh. 
n. C., ſchrieb dıadoral der Philojophenichulen, 
vielfach von Diogenes aus Laörte benutzt; ferner 
eine Gejchichte der römischen Bürgerfriege. — 3) ein 
Redner aus unbelannter Zeit, von weichem nod 
einige Fragmente erhalten find. — 4) ſ. Sokra- 
tes, 2. 

SosTlos, Zooılos, aus Lafedaimon, Lehrer, 
Begleiter und Gejchichtichreiber des Hannibal, deſſen 
Thaten er in 7 Büchern, aber, wie Bolybios meint, 
weder unparteiiich noch würdig beichrieb. Nep. 
Hann. 13. Pol. 3, 20. 

Sasipätros, Zwoixargos, Sosipater, ein Did: 
ter der neueren attijchen Komödie. Ein großes 
Fragment feiner Komödie Karaypevööusros bat 
Athenaios (9, 377.) erhalten (abgedrudt bei 
Meinele, com. Graec. fragm. IV p. 482 ff.; II 
p. 1126 ff. der Heinen Ausg., und Kod, com. Att. 
f . I p. 314 ff.). 

Sosiphänes, Zocıparns, aus Syrakus, Tre: 
gifer, der alerandrinijichen Pleias angehörig, lebte 
nah Suidas unter Philipp oder Alexander von 
Makedonien. Er foll 73 Stüde aufgeführt und 
7 Siege gewonnen haben. Fragmente jind noch er: 
halten (gefammelt von Naud, trag. Graec. fragm.). 

Sosisträtos, Zoolorearog, 1) aus Euboia, An: 
hänger des Königs Philipp von Makedonien. De- 
mosth. de cor. p. 324. — 2) aus Syrafus, Haupt 
der Dligarhen nad dem Tode des Timoleon, 
lebte jeit feiner Verbannung in Wgrigent umd 
wurde vom Spartaner Afrotatos getötet. Diod. 
Sie. 19, 3.71. — 3) Tyranı von Agrigent, ber, 
ald er auch ben Thoinon (vgl. Hiketas) aus 
Syrafus verdrängen wollte, die Einmiſchung der 
Ktarthager veranlafte. Gegen diefe wurde Por: 
rhos zu Hülfe 78* der den ar als Ber: 
räter hinrichten ließ, während Sof. fich durd; die 


Julius Cäjar bei der Berbefferung des Kalenders | Flucht rettete. Plut. Pyrrh. 23. 


zugezogen, jchrieb reol öyewng und weol rar dve- 
kırrovsav. Dio Cass. 43, 26, 

Sosii, 1) €. Soſ., 49 v. E. Prätor, kämpfte 
38—37 in Syrien und Kilikien, eroberte Jerujalem 
und ließ den Antigonos hinrichten. Konjul im 
%. 32, ging er zu Antonius über, verlor (31) ein 
Seetreffen, rettete fih ans der Niederlage bei 
Actium und erhielt darnach von Dctavian Ber: 
zeihung. Cie. ad Att. 8, 6, 1. Dio Cass. 49, 22. 


Sosith&os. Zwol®eog, Tragifer, zur alegandri- 
nischen Pleias gehörig, ftammte aus Aleyandreia 
in Troas, fam nach Athen und auch nad; Aleran- 
dreia in Ägypten, wo er als —— des Tra⸗ 
giklers Homeros auftrat. Seine Blüte fällt um 
280 v. E. "Seine Grabſchrift von Dioſtorides fteht 
in der Anthologie, wo er ald Wiederherfteller des 
Satyripield gepriefen wird. Aus einem Satur- 
ipiel Japrıg 7 Avrıegang ift ein längeres Frag: 


Sosos — Sparta. 


ment erhalten (abgedrudt bei Naud, trag, Graec. 
fragm.). 

Sosos j. Maler, 9. 

Sospita j. Soter. 

Sosthönes, Zwodsrns, ein bornehmer Male 
bonier, zwang 280 v. C. den jchwachen König 
Antipater abzudanfen, vertrieb die räuberijchen 
Gallier aus dem Lande, wies den Königstitel 
zurüd, blieb aber als Feldherr an der Spitze ber 
Maledonier. Im J. 279 fiel er bei einem aber- 
maligen Einfalle der Gallier unter Brennus. Just, 

Zo6rga = Mijvvroau, |. d 

Sosträtos, Zioorgarog, 1) ein Seeräuber, wel- 
cher fich der den Athenern gehörigen Injel Halo- 
neſos bemäcdhtigte, aber von Philipp = afe- 
donien wieder vertrieben wurde. — 2) Sohn des 
Amyntas von Tymphaia, mit Hermolaos gegen 
Ulerander ben Gr. verſchworen. — 8) Ferner fom= 
men unter diejem Namen eine Anzahl Schriften | 2 
vor, ohne daß man über die Perjönlichfeit ihrer 
Berfafler im Haren ift. Die bebeutenbiten diejer 
Schriften find: meel Saw ober megl pücsms 
fowr, negl Äpxrov, zepl Pimav N sansrr, 
avd une lstogiag svrayayı), »vrnyseind, Togen- 
vırd, megl moranar, Opaxınd. 

Sotädes, Zordöng, Ay aus Athen, Dichter der 
neueren Komödie. Bekannt find von ihm nod) 
die Titel von 2 Stüden, jowie ein längeres Bruch— 
ftüd bei Athen. 7, 293 a (abgedrudt bei Meinele, 
com. Graec, fragm. I p. 426, und Rod, com. 
Att. fragm. Il p. 447f.). — 2) aus Maroneia 
in Thrafien, der erjte und hauptſächlichſte Dichter, 
welcher objcöne Gegenftände behandelte. Dieje 
Gattung von Gedichten (Aöyog wıvaudolöyos oder 
—— hieß nach ihm die ſotadiſche. Der 

Stoff war meiſt mythologiſch, die Behandlung 
ſinnlich derb, auf mündlichen Vortrag berechnet, 
der Rhythmus — bejonderd lonici a minore — 
abfichtlich lahm und ohne Würde. Er lebte unter 
Ptolemaios Philadelphos und foll von dieſem 
wegen des Spottes auf deſſen Ehe 
Schweſter Arſinoẽ zur 
Kiſte ind Meer verjentt worden ſein. 
14, 620 f. 
G. "Hermann, Elem. doetr. metr. p. 445 

Suter, Zurrje, Zawrns, der Erretter, Be hüßer, 
Servator, Beiname aller Land und Stadt ſchützen— 
den, ſowie das Leben und die Geſundheit der Ein- 
zelnen erhaltenden und fürbernden Götter, wie des 
Zeus, dem als joldhem nad) dem Mahle ber erite 
Becher geweiht war, des Poſeidon, ald Netter in 
Sturmesnot, ebenjo der Diosfuren, des Dionyſos 
als —— des Aſklepios, des Herakles, des 
Apollon u. a. — LAbretoc, Bospita, war ebenſo 
Beiname me Göttinnen, wie der Artemis 
(j. d.), Sera (j. d.), Perſephone, —* Athene. 
Zorngıa hießen die dem Zeus LTorijo dar⸗ 

gebrachten Opfer, dann die Dankopfer überhaupt, 
tpeiche für die Errettung eines Feldherrn und 
jeines Heeres, für Errettung eines Vaters oder 


mit feiner | unter den doriſchen Staaten hervor. 
trafe in za bleiernen | 1a es im Kampfe mit ben benachbarten argivis 
Athen. | ſchen und arfadiichen Städten, und im Innern 
Die Fragmente find gejammelt vom | entbrannte immer von neuem der Hader der dori- 


| 


eines andern Familiengliedes aus Krankheit darz 


gebracht wurden. 

Sotiätes (nicht Sontintes), Zorıdraı, Völler⸗ 
Ichaft im aquitanischen Gallien, in der Nähe der 
Bocated und Taruſates, an der Grenze von ©. 
Narbonenfis, treffliche Reiter und Bergleute. Caes. 
b. 9. 3, 20f. 


1133 


Sotion, Zwrior, 1) peripatetiicher Philojoph 
im 1. Jahrh. n. E., aus WUlerandreia, Lehrer des 
| Seneca und Berfafler eines Sammelwerles (Low 
Aucittelog), worin wahrſcheinlich fabelhafte Nach: 
richten über Indien ſtanden. — 2) ein anderer 
Er aus Alerandreia, im 2. Jahrh. n. C., 

Verfaſſer einer viel gebrauchten und im einen 
Auszug gebraten Schrift dıedozui (raw Yılo- 
sopwr). Noch wird von ihm erwähnt eine zweite 
Schrift — — und eine fdritte xcol 
röv Tiumvog olll 

Spalätum, Feden in Dalmatien auf einer 
| Landzunge, in der Nähe von Salona; j. Spalatro. 
Nicht weit davon befand fi) eine prächtige Villa 
des Diocletian, in der diefer Kaijer als Privat: 
manı den Reft feiner Tage verlebte, von der ſich 
bedeutende Überrefte erhalten haben. Eutr. 9,27, 6. 
Abhandlung von Hauſer (1885). 

Ne arta, 1) Topographie, j. Lakonika. — 

eichichte. In der Landichaft Lakonien wohn: 

tem urjprünglich Leleger, dann famen Achaier aus 
einem den Perſeiden verwandten Serricherhauie, 
an deſſen Stelle jpäter die Pelopiden traten. Bei 
ber —— des Peloponnes durch die Dorier 
fiel Lakonien, die unfruchtbarſte und unbedeutendſte 
Landſchaft, durch Betrug beim Loſen den un— 
mündigen Söhnen des Ariſtodemos, Euryſthenes 
und Prokles, zu, deren Nachlommen die neben— 
einander regierenden Königsfamilien der Agiaden 
— Agis, dem Sohne des Euryſthenes) und 
urypontiden (nach Eurypon, dem Enfel des Pro— 
les) genannt wurden. Hauptſtadt wurde bald 
Sparta, in der Nähe des alten Amyklai, welches, 
wie die übrigen Achaierſtädte, jeine politiichen 
Rechte verlor. Neben den herrichenden Dorern oder 
Spartiaten beitand die Bevölkerung des Landes 
aus den im Bejiß perjönlicher Freiheit und Grund» 
eigentums, aber ohne politiiche Rechte verbliebenen 
Achaiern, egloıxoı, und den mit Berluft ihrer 
Feldmark beftraften und zu Leibeigenen gemachten 
Heloten. Lange Zeit ragte Sparta keineswegs 
! Nach außen 


ſchen Ariſtokratie mit dem Königtum. Erſt mit 
und nach Lykurgos trat ein Aufſchwung ein. Wie 
feine Seſebe auf den natürlichen Vorausſetzu ngen 
de3 Stammcharafterd beruhten, jo warb Sparta 
von nun an die hauptjäcdlichite Vertreterin des 
Doriſmus, als deſſen beſſere Grundzüge bejonders 
De ee die innere Tiefe, aus der die Fräftige 

at hervorbricht, das ruhige Beharren bei fejten 
—— der Sinn für überlieferte Zucht und 

itte, Der neuerwachte Geift äußerte ſich zumächit 
in gänglicher Beamwingung aller Refte achaiiſcher 
Einwohner durch die Könige Charilaos, Teleflos, 
Allamenes, dann im Kampfe gegen das Bruder: 
land Meffenien, welcher, wie es ſcheint, urjprüng- 
lich hervorging aus einem Streit um das Grenz: 
land. Nach 2 Kriegen (angeblih 743—723 und 
685—668 v. E.) gelang die gänzliche Unterwerfung 
des Landes, worauf die alten Bewohner ihres 
Grundbefites beraubt und in den Selotenitand 
verjegt wurden. Daß aud im Innern während 
biejer Zeit feine Ruhe herrichte, zeigt der gewalt: 
jame Zod des Königs Polydoros, die Ausbildung 
des Ephorats als Schranke der föniglihen Macht 


— 


157 








z. 


— 


1134 


und die Auswanderung der Parthenier, welche 
unter Phalanthos (ſ. d.) Tarent 705/4 gründeten. 
Als aber Sparta nad jchweren Kämpfen die Ar: 
fadier befiegt und namentlich Tegen bald nach 660 
zur Anerfennung der Priorität und durch einen 
Bertrag, der auf einer am Alpheios aufgeftellten 
Säule aufbewahrt war, zum ehrenvollen Waffen: 
bunde genötigt hatte, da galt es aud) in den Augen 
auswärtiger Bölfer für den erften Staat Griechen: 
lands, "Ellddog meoordrng (Hat. 1, 66. 69). 
Diejes Übergewicht bewährten die Spartaner be- 
fonders bei ihren Bemühungen zum Sturze der 
Zyrannen, welche fich jeit dem 7. Jahrh. v. C. 
faft in allen griechiichen Staaten erhoben. Hat. 
5, 92. Thuc. 1, 18. Sie halfen die Kypſeliden in 
Korinth und die Peififtratiden in Athen vertrei- 
ben, befreiten Sikyon, Phokis und mehrere Inſeln 
des Nigaiifhen Meeres von ihren 
und traten dem mächtigen Polykrates von Samos 
entgegen; in den einzelnen Staaten erwarben fie 
ſich dadurch eine Bartei danfbarer und angejehener 
Anhänger. Am längften wetteiferte Argos um den 
Vorrang mit Sparta. Als aber die Spartaner 
um 550 die Lange beftrittene Grenzlandichaft Ky— 
nuria mit der Stadt Thyrea erobert, und König 
Kleomenes (um 520) den Argivern eime ſchwere 
Niederlage bei Tiryns beigebradht hatte, da hielt 
fi) Argos von allen Unternehmungen fern, bei 
denen Sparta die Leitung hatte. Zuerſt jcheinen 
die Spartaner mit Elis und dann mit Tegea eine 
Symmachie geichlofien zu haben, und nad und 
nach haben jie auch die übrigen peloponnefischen 
Staaten durch Verträge an ſich gefellelt. Dieje 
suuuayle aber beftand darin, daß Sparta den 
Oberbefehl im Kriege führte und der Mittelpunkt 
für Zuſammenkünfte und Beratungen war, ohne 
dadurd; der Unabhängigkeit der einzelnen Staaten 
Eintrag zu thum. Denn ausdrüdlich wird die 
Autonomie der verbündeten Staaten ng weni 
(Thue. 5, 74); auch entrichteten diefelben feinen 
pögog an Sparta, hatten feinen ftändigen Bundes: 
rat, jondern wurden nad) Bedürfnig nad) Sparta 
berufen (magaxeleiv). Diefe Macht über den Pelo— 
ponnes hinaus auszudehnen, lag nicht in Spartas 


Abficht (Hat. 6, 108), die gemeinjame Gefahr in! 


den Perſerkriegen aber brachte jämtliche Staaten 
außer Argos unter Spartas Führung. Nach Ab: 
wendung der nächjten Gefahr erfannten die Spar- 
taner, wie wenig fie der Aufgabe, den Krieg 


gegen die PBerjer in der Fremde fortzujeßen, ges 


wachjen wären, und nachdem Pauſanias und Leo— 
tychides dem jpartanischen Namen Schande gemacht 
hatten, liegen fie e8 zu, daß Nthen die weitere 
Leitung des Krieges übernahm, indem fie fich auf 
den Peloponnes beichränften. Doc fonnte e8 an 
Eiferjucht und Reibungen zwijchen Sparta und 
Athen von nun am micht fehlen. Nach innerem 
Unglüd durch Erdbeben und Aufftand der Heloten 
und Meflenier (464) fam es zum Bruche, und 457 
erichien ein fpartaniiches Heer in Hellas, dem 
Vorgeben nah, um Doris gegen die Phokier zu 
ſchüßzen, im Grunde aber, um das Vorſchreiten 
der Athener zu hindern. Durch die Waffenftill- 
ftände von 451 und 445 wurde zwar ber Streit 
vorläufig beigelegt; da aber Athen jeine Arme 
immer weiter ausjtredte, jo war der letzte Waffen: 
——— nur halb verſtrichen, als im peloponne: 
schen Krieg der Entſcheidungskampf ausbrach, 


——— | 


Sparta, 


431, welder Athens Macht gänzlich brach und 
‚die Hegemonie wieder an Sparta bradite. Bier 
‚aber waren um dieje Zeit die feiten formen der 
lykurgiſchen Berfaffung bejonders durh Lyſander 
und Epitadeus (j. d.) gebrochen; aus der Unzu- 
friedenheit der Ärmeren mit ihrer Lage ging der 
ei des Kinadon hervor, 397, der freilich 
mißlang. Ageſilaos ſuchte die in Griechenland 
befejtigte Macht auch über Kleinafien auszubehnen 
und fämpfte mit Glüd gegen die Perjer, bis 
perſiſches Geld den Fforinthiichen Krieg erregte, 
395. Nach mehreren Unglüdsfällen, bejonders der 
Niederlage zur See bei Knidos (394), überlieh 
Sparta, um feinen Gegnern die Früchte bes 
| gampieh zu entreißen, im Frieden des Antalfidas 
(j. d.) 387 dem Groffönige Kleinafien (nebjt y- 
pros), verlangte dagegen, daß die griechiichen 
| Staaten des europäiſchen Feitlandes und der In— 
jeln (biß auf Lemnos, Jmbros und Skyros, welche 
den Athenern verblieben) unabhängig jein jollten. 
Nur Theben fügte fich nicht den Bedingungen und 
entriß Sparta die Vorteile des jchimpflichen Frie- 
dens; Athen fammelte fjeit dem Siege bei Naros 
(376) eine neue Bundesgenoffenichaft, und Sparta 
trat 372 die Hegemonie förmlich ab. Noch größeres 
Unglüd erfuhr es im fortwährenden Kriege mit 
Theben. Die Spartaner jahen die Feinde vor 
der Stadt, ja jogar auf ber Agora, und wenn 
diefelben auch bald wieder abziehen mußten, io 
verjeßte doch Epameinondas der Stadt einen blei— 
benden Stoß dur die Wiederheritellung von 
Mefjenien (369) und die Gründung von Megalo— 
polis, und 365 mußten fie ihren Berbündeten 
den Abſchluß eines Separatfriedens mit Theben 
geftatten. Bon nun an nahm der Verfall im 
— und Außern raſch zu, die Verarmung und 
berihuldung der Bürger machte die Gejege zu 
leeren Formen. Das Bündnis mit den Phofiern, 
denen die Spartaner Hülfe jandten, ohme fie ent- 
ichieden zu unterftügen, machte Philipp von Ma: 
fedonien zu ihrem Feinde, welcher 344 im Pe 
loponnes erſchien und die Unabhängigkeit von 
Mefienien, Argos und Arkadien feititellte, dagegen 
das Nichtbeichiden der Verſammlung in Korinth 





randerd juchte König Agis II., von Dareios mit 
Geld unterftüßf, Makedonien zu ftürzen und Grie: 
‚ chenland frei zu machen, wurde aber bei Megalo- 
polis von Antipater geichlagen und getötet, 330. 
Daß nad) und nach auch der Friegeriiche Geift 
ewichen jein muß, zeigt die Befeftigung der Stadt 

i den Angriffen des Demetrios (296) nnd Por: 
rho8 (272). Agis II. Verſuch (242), nach Ber: 
nichtung der Schuldbüicher das Grundeigentum aufs 
neue zu verteilen und die Zahl der Bürger, die 
auf 700 —— zu vermehren, ſcheiterte 
am Eigennuß der Reichen, und Sleomenes Ill. 
gelang ſolches 226 mur nad gewaltiamer Ber: 
nichtung des Ephorats. Eine neue Blütezeit Spar: 
tas jchien zu beginnen, Kleomenes war nahe daran, 
die Herrichaft über den Peloponnes zu erringen, 
als ein Bündnis der Achaier mit Makedonien den 
Antigonos Dofon nad) dem Peloponnes führte, und 
die Niederlage bei Sellafia, 221, und bald darauf 
der Tod des Slleomenes in Agupten dem Reiche 
der Herafliden ein Ende machte. Antigonos lieh 
zwar edelmütig den Spartanern die Unabhängig: 
| feitz nach unbedentenden Herrſchern erhoben ſich 





[+7 


unbeachtet ließ. Während der Abwejenheit Ale: 6 


1135 


die berüchtigten Tyrannen Machanidas, 211 —206, | Metoifen vgl. Helotes; über die Stammes: und 
und Nabis, 206—192. Beide unterlagen dem Landeseinteilung j. Bvirj, 9.; über die Kriegs— 
Bhilopoimen, welcher 192 Sparta für den Achaii- einrichtungen ſ. Exercitus, 1—3. Im allgemei- 
ihen Bund gewann, es aber 188 mach einer | nen vergl. Manfo, Sparta (1800 ff.). K. F. Her: 
Empörung ftrenge ehe und die Infurgiichen | mann, antiquitatum Laconicarum libelli IV 
Einrichtungen durch achatiiche erjeßte. Die Unter: | (1841). O. Müller, die Dorier (2. Aufl. 1844). 
drüdten fanden Gehör für ihre Beſchwerden bei | Gilbert, Handbuch der griech. Staatsaltertümer, 
den Römern, welche lange Zeit die gegenjeitigen | Bd. I ©. 3—97. 

Reibungen begünftigten, bis fie Griechenland reif | Spartäcus, Zrdgraxog, ein Thraker, war erjt 
zur Unterwerfung fanden, 146 dv. C. Die Spar: | Goldat, dann Räuber und wurde, als er dabei 
taner behielten indes foviel Freiheit, ald ein grie- |in Gefangenjchaft geriet, zum Gladiator be: 
hiicher Staat unter Noms DOberhoheit genießen ftimmt. Bon Capua entfloh er aus einer Fechter: 
fonnte (j. EAevsegoldawrv eg); Iykurgiiche Ein= | jchule mit etwa 70 Genofjen 73 v. C. nach dem 
richtungen erhielten fich jogar bis ins 5. San. Veſuv, wo er zahlreiche Scharen von entlaufenen 
n. C. — 3) Verfaſſung. Die vielfache Über: | Gladiatoren und SHaven jammelte, unter Beiftand 
einjtimmung der jpartanifchen Verfaſſung mit der | von 2 andern früheren Sklaven, den Kelten Erirus 
tretiichen wird durch den beiden Staaten gemein: und Onomaus. Die zur Unterbrüdung des Auf- 
ichaftlichen doriichen Uriprung und Charakter und | ftandes gejandten Truppen der Prätoren Claudius 
aus dem Umjtande erklärt, daß die wichtigjten | und Barinius jchlug er, brachte bald größere Ord— 


Spartacus — Specularia. 





Städte Kretas Kolonien Spartad® waren, jo daß 
es nicht jehr wejentlich ift, zu unterjuchen, wie 
viel Wahricheinlichkeit die Sage hat, daß Lykurgos 
einen Teil jeiner Geſetze (djrgmı) aus Kreta ge: 
holt habe. Neuerdings hat man jogar für manche 
Einrichtungen phoinififhen Urſprung vermutet. 
Die Bevölkerung zerfiel in 3 Klaſſen: 1) die fieg- 
reihen Spartiaten, die eigentlichen Bollbürger; 
2) die perjönlich freien Perioiken; 3) die gefned): 
teten Heloten (das Nähere |. unter ’Erxinole, 
Helotes, Ouoıo.). Wie unter den Spartiaten 
allmählich der Unterjchied "Ouorı und "Trouslo- 
veg entftand, darüber vol. Ouoıoı. — Das Biel 
der Iyfurgiichen Verfaſſung war nun, die Bürger 
unbedingt an die Gejamtheit zu jelein, fie vor⸗ 
zugsweije zu friegeriicher Tüchtigfeit zu erziehen 
und jede Veränderung der alten Einrichtungen zu 
erſchweren. Daher die Teilung des Landes in 
unteilbare und unveräußerliche Loſe, 9000 für die 
Spartiaten, 30 000 kleinere für die Perioifen, da— 
her die Einrichtung der gemeinjamen Erziehung 
(j. d.), die Syſſitien (f. d.), das Neifeverbot, die 
Zenelafie, die Beichränfung der individuellen Frei— 
heit und Thätigfeit (Gewerbe und Handel konn— 
ten nur bon Perioiken betrieben werden; eble 
Metalle als Taujchmittel waren verboten), Unter: 
ordnung der Bürger, unter die Obrigleit, ber 
Jüngeren unter die Älteren, erleichtert durch die 
Ausjicht, durch unbedingtes Gehorchen fich einft 
das Hecht des Gebietens zu erwerben; allgemeine 
Verachtung der Feigheit, wie auch der Ehelofig- 
feit (denn der Staat hatte das Recht, von jedem 
die Fortpflanzung des Gejchlechtes zu fordern). 
Die Verfaſſung war aus monardjiichen, arifto- 
fratijchen und demofratijchen Formen gemijcht. 
Das monarchiſche Prinzip vertraten die beiden 
Könige, deren Ehren, die dem heroijchen König: 
tum entiprachen, größer waren als ihre Macht; 
ihr Hauptrecht war der Oberbefehl im Sriege, 
jpäter bejchränft durch die von den Ephoren ge: 
ftellten Beigeordneten (j. "Epogoı). Das arijto: 
fratijche Element ift in der Gerujia (j. d.) ver- 
treten, lange Zeit hindurch der mächtigſten Behörde 
Spartad. Die Demokratie hatte ihren Sig in 
der Zuninsle (j. d.), ihre Hauptvertretung in den 
Ephoren, deren wachjende Macht auf die Könige 
und die ariftofratijche Gerufia drüdte und das 
Bunehmen und Wachſen des demofratifchen Ele: 
mentes bezeichnet (vgl. "Epogas). — liber die 


nung in feine Scharen und verjtärfte fie bis auf 
70 000 Mann. Durch die Niederlage, weldye der 
Duäftor C. Thoranius jpäter erlitt, fam fajt das 
anze jübliche Italien in die Hände der befreiten 
Stlaven, die jelbft Nola und Nuceria in Cam: 
panien, Metapontum und Thurii in Lucanien er- 
oberten und plünderten. Wegen ber Größe ber 
Gefahr wurden die beiden Konjuln d. J. 72, 2. 
Gellius Poplicola und En. Cornelius Lentulus 
Elodianus, ins Feld gejendet. Sp. hatte die Ab- 
ficht, mit den Seinen nach dem Norden zu ziehen; 
aber Erirus (Önomaus war früher gefallen) trennte 
fih von ihm und wurde am Berge Garganus von 
dem Prätor Q. Arrius gefchlagen. Dafür bejiegte 
Sp. jelbft die beiden konſulariſchen Heere, 308 
nad Oberitalien, —— die Schlacht bei Mutina 
und zog nun, freilich eigentlich gegen ſeinen Willen, 
durch die Seinen bewogen, unter ſtetem Zulaufe 
mit 120 000 Mann zurück gegen Rom, ohne es 
jedoch gg Feen Erafius aber, welcher ben 
Oberbefehl übernommen hatte, nötigte ihn, fich 
nach Bruttii zurüdzuziehen; ein Verſuch des Sp., 
nad Sicilien hinüberzugehen, wurde vereitelt, fein 
Heer zum Zeil vernichtet, 71 v. C. Noch einmal 
jiegte Sp. über die römifche gg bei Petelia, 
aber jeine Scharen zwangen ihn, fie nach Apulien 
zu führen. Nach rühmlıchem Kampfe fiel er mit 
den beften jeiner Genojjen. Einen Haufen unter 
einem gewiflen Bublipor rieb Bompeius, der gerade 
aus Spanien zurüdtehrte, am Fuße der Alpen 
auf und maßte jich dafür den Ruhm an, den Krieg 
beendigt zu haben: durch jeine Intrigen brachte 
er es dahin, daß ihm der Triumph, dem Erafjus 
nur eine Ovatio zuerfannt wurbe. Plut. Orass. 8 ff. 
App. b.e.1,116ff. Cie. de imp. Un. Pomp. 11. 
Flor. 3, 20. Oros. 5, 24. 

Spartöcus, Zrderoxog, nicht Spartacus, Name 
mehrerer bosporanifcher Könige. Der erfte, Stifter 
der zweiten Herricherfamilie, regierte von 438 bis 
431 v. C. Er, wie jeine Nachfolger ftanden in 
freundichaftlihem Verkehr mit Athen, bejonders 
der vierte und vorlegte diejes Namens (304284 

v. €.). Diod. Sie. 12, 31. 20, 100. 
| 8partoi j. Kadmos. 

Spartölos, Zrdorwlos, Stadt auf der male: 
doniſchen Halbinfel Chalkidike, nördlich von Olyn- 
tho8. Thuc. 2, 79. Xen. Hell. 6, 8, 6. 

Spauta j. Media und Matiana. 

Speeularia, enfterjcheiben aus Marienglas 


1136 


(lapis specularis) und aus gewöhnlichem Glaſe, 
dergleichen es jchon unter dem erften röm. Kaifern 
gab. Der Glajer und Spiegelmacher hieß specu- 


larius (fiehe auch Vitrum). Auch zur Bedeckung 


der Miftbeete dienten die Glasſcheiben jchon. 

Speculätor, 1) der Spion im Kriege (Liv. 
30, 29. Caes. b. g. 2, 11), verjchieden von den ex- 
ploratores, die in größerer Zahl auf Recognofcie- 
rung ausgefandt wurden (Ziv. 21, 26). Bei Ent: 
dedung büßten die Spione mit fofortigem Tode 
(Caes. b. Hisp. 18) oder mit Berftümmelung (Zar. 
22, 33). Über naves speculatoriae ſ. Schif- 
fahrt, 8. — 2) Unter der Kaiferherrichaft waren 
epeculatores eine Clitetruppe der Prätprianer 
(Tae. hist. 2, 11: lecta corpora specul.), beftimmt 
zum Dienfte um die Berjon des Kaiſers (Suet. 
Claud. 85. Galb. 18). Ihre Bewaffnung war die 
lancea, daher die griech. Schriftfteller ſie Aoyzgo- 
pöpoı, dogvpögpo: (Joseph. b. Jud. 3, 6) nennen. 
Dieje Einrichtung ſcheint Schon von Auguftus ge 
macht zu jein (duet. Oct. 74. Tac. ann. 4, 41). 
Im Felde dienten fie ald Orbonnanzjoldaten und 
Treldjäger (Suet. Cal. 44. Tac. hist. 2, 73). Man 
hat fie früher für Reiter gehalten, doch (wenn 
auch nicht Tae. hist. 2, 33, wie Lange behauptet) 
widerjpricht Suet. Cal. 44, auch Galb. 18. Nach 
Sen. de ir. 1, 16, 15 wurden fie auch zur Boll: 
ftredung von Hinrichtungen verwandt. 

Specülum, Spiegel, jowohl Heine Handipiegel 
(für die Damentoilette, meift oval und rund) als 
auch große Wand: und Standipiegel, welche man 
hin= und herjhob. Der Stoff war ftet3 Metall, 
eine Miſchung von Kupfer und Zinn. 

Speluncae hießen große Felshöhlen in Latium 
nordweitlic; von Cajeta und öftlih vom Fundanis 
ihen See in der Nähe von Formiä. Mehrere 
derjelben waren zu Sommerwohnungen eingerich- 
tet; in einer berjelben fam Tiberius durd Eins 
fturz des Eingangs in Lebensgefahr. Tac. ann. 
4, 59. Suet. Tıb. 39. Ein Dorf in der Nähe heißt 
noc) jeßt Sperlunga. Strab. 5, 233. 

Spercheios, Zirsozsıös, j. Hellada und Ala— 
mana, nächjt dem Peneios der bebentendite Fluß 
Thefjaliens, entipringt auf dem Tymphreſtos und 
erreicht in öftlichem Laufe den Maliſchen Meer: 
bujen. Die Nebenflüfle Inachos (j. Viſtritza), 
Dyras (j. Gurgo), Melas (j. Mavroneria), Aſo— 
po3 (j. Karbunaria) find unbedeutend. Durd die 
miteinander fämpfenden Strömungen des Bujens 
und des Fluſſes Hat ſich das Terrain jetzt jehr 
verändert (j. Thermopylai). Hom. Il. 16, 174. 
Hdt. 7, 198. 228. Liv. 36, 14. 37, 4. Die Stadt 
Sperdiä bei Livius (32, 13) lag vielleicht an den 
Quellen des Flufies. 

Spes, ’Eixis, Berjonifilation der Hoffnung, bei 
den Römern bejonderd mit Bezug auf die Hoff: 
nung des Jahres und in der Katjerzeit mit Bezug 
auf den gehofften Ehejegen. Sie hatte in Rom 
mehrere Tempel. Liv. 2, 51. 21, 62. 24, 47. 25,7. 
40,51. Tac. ann.2,49. Der Tag ihres Opfers (am 
Forum olitoriam) war der 1. Anguft. Bei ben 
Griechen kommt fie bloß als dichterijche Figur vor 
(f. Prometheus), Soph.O.T.158. T'heoer. 4,42. 
Dargeitellt wurde fie als jugendliche, ſchlanke, leicht 
fchreitende Geftalt mit langem Gemwande, in ber 
Nechten eine fich eben erjchließende Blume ober 
eine Kornähre, Mohntöpfe oder eine Schale,: mit 





Speculator — Sphinx. 
‚ der Linken das Gewand etwas lüpfend. Der Anter 


ift ein modernes Attribut der Hoffnung. 
ZErevoirior j. Joülos, 6. 


Speusippos, Zrsucırmos, der Sohn des Eurt- 
medon in Athen und der Potone, einer Schweiter 
bes Platon, geb. um 395 v. C. Für jeine &- 
ziehung jorgte Platon, fein Obeim; er fcheint die 
Schule des Iſokrates bejucht zu haben. Biel und 
gern beichäftigte er fich mit der Schule der Pr- 
thagoreer, deren nähere Belanntichaft er nament- 
lid ald Teilnehmer an Platons dritter Reife nad 
Ein Brief: 
wechjel mit Dionyjio® von Syrafus und Philipp 
Nah Platon! 
Tode, dem er ſchon in feinem Alter eine Stüe 
gemwejen jein mag, wurde er deſſen Nachfolger in 
der Alademie, konnte aber nur kurze Zeit wegen 
' Körperjchwäche ald Lehrer wirken und überlieh dem 
KZenofrates jeinen gr 339. Aus Leben: 

einem Leben jelbft ein 
Ende. Diogenes von Laerte jhildert den Charakter 
bes Sp. als leidenichaftlih und jähzornig. Seine 
zahlreichen Schriften, welche Ariftotele®s um 3 Za- 
lente kaufte, werben als drourniuar« und Dialoge 
bezeichnet, 3. B. über den Reichtum, über die Luft, 
über Gerechtigkeit, über die Geele, über die Freund 
ihaft n.j.w. Ferner Dıldoopog, Kepalos, Kieı- 


Sicilien gemadt zu haben ſcheint. 


bon Makedonien wird erwähnt. 


überdruß machte er 334 


vöuegog 7) Avolag, TIollens, Madnuerıxög u. j. m. 
Ein Diftihon des Sp. auf Platon 
griechiichen Anthologie. Abhandlung von FFilcher 
(1845). 

ZpaıpıorniptLov, spaıpiorex, sphaeristerium, 
das Ballhaus oder der Balljaal, ein Raum oder 
Bimmer zum Ballipielen oder zu anderen gym— 
naftiichen Spielen, zunähft in den Gymnagſien, 
namentlich der jpäteren Beit, j. Gymnasium. 
Solche Lokale durften aber auch in den Öffentlichen 
Bädern ebenjowenig fehlen wie in den Häuſern 
und Billen der Reichen. 

Zpaıgpıorıxa |. Spiele, 9. 

Sphakteria, Zpaxrned« oder Epayia,i. Sfagia, 
eine jchmale, 15 Stadien lange waldige Inſel vor 
der Rhede von Pylos, von N. nad ©. ſich er: 
ftredend, berühmt durdy die Belagerung der 420 
Spartiaten im J. 425 v. E. (Thuc. 4, 8ff.). Val 
Messenia und Pylos. 

Sphendäle, Zypevödin, attiihe Grenzitadt 
gegen Boiotien zwijchen Defeleia und ZTanagra, 
am Norbabhange des Barnes. Hat.9, 15. Lycurg. 
Leoer. 24. 


ZEpyevdorn |. Eppuyis. 

EZysvdorntaı j.Funditoresm. Waffen, 5. 

Sphettos, Zipnrrög, alter, etwas landeinmwärts 
gelegener Ort im Süden Attikas, durch welchen 
die Sphettiihe Straße von Athen nach Sumion 
führte, mit einem Tempel des Aſtlepios, etwa 
an der Stelle des jeßigen Keratia. Paus. 2, 30,9. 

Sphinx, Zypiy&, ©, d. h. die Würgerm, ein 
Ungehener, beftehend aus einem geflügelten Löwen: 
rumpf mit Kopf und Bruft einer Sungfrau (Schweif 
einer Schlange, Hundeleib u. dgl.), das auf einem 
Feljen bei Theben en und ir Leid über 
die Stadt brachte. Sie gab ein Rätjel auf: „mas 
hat eine Stimme, ift am Morgen vierfüßig, am 
Mittag zweifüßig, am Abend ger Menich) 
und tötete jeden, ber es wicht löfte. Die Thebaner 
jeßten ald Preis der Löſung bie Herri über 
die Stadt und die Hand der verwitweten Königin 


fteht im ber 


— —— — — — 


— 


157 


Sphodrias 


Sofafte aus. Didipus erriet das Rätjel und zwang 
dadurch die Sphinx, fi durch den Sturz von 
dem Felſen den Tod zu geben, j. Oidipus (Bild: 
werfe zeigen auch den Did., wie er die Sphinx 
mit dem Schwerte tötet). Sie ftammte von ber 
Ehimaira und dem Orthros (Hesiod. theug. 326), 
oder von Typhon und Echidna, und jollte aus 
Withiopien gelommen fein; fie war gejandt von 
der dem Laios zürmenden Sera oder bon res 
wegen der Ermordung des Aresdrachen durch Kad— 
mos. Uriprünglich jcheint fie die würgende Peſt, 
weiche das Thebanerland jo häufig heimfuchte, be: 
zeichnet zu haben oder allgemeiner „ein Bild des 
graujamen Gejchides zu jein, welches das Leben 
in feiner jchönften Blüte zerftört”. — Die ägyp: 
tiſche Sphinzgeftalt, das Mufter für die griechiiche, 
zeigt einen liegenden Löwenrumpf mit dem Kopf 
eine® Mannes, der die Königsbinde trägt, oder 
mit dem eines Widder, meift 1,25—3,60 m fang. 
Erft in Syrien, Kleinaſien und Affyrien erhält die 
Figur einen weiblichen Kopf und Flügel. Die 
Sphinre, das Symbol des Gottes Horos (Kar: 
machis) in jeinem Sieg über den Typhon, waren 
häufig in langen Neiben zu beiden Seiten der 
Tempelſtraßen als „Wächter“, wie fie die Agypter 
nannten, aufgejtellt. Der mächtige, aus dem Felſen 
gehauene Sphing von Gizeh, in jechsunddreißig- 
facher Lebensgröfe, ftammt wohl aus derjelben 
Beit wie die 3 großen Pyramiden. Hdt. 2, 175. 
Strab. 17, 805. Plut. Is.9. Bgl. Jeep, die gried). 
Sphing (1854). 

Sphodrias, Zpodgdag, 1) Feldherr der Spar: 
taner, der 378 v. C. Theipiai beſetzt hielt und 
von da aus, wiewohl vergeblich, den Beiraiens 
zu überrumpeln fuchte. Deshalb in Sparta ange: 
Hagt, wurde er freigeiprochen; er fiel bei Leuftra, 
371. Xen. Hell. 5, 4, 15. 20. 24. 33 f. 63. 6, 4, 14. 
ri) fynischer Philofoph, der eine regen dowrını) 

eb. 


Zpeayis, der Siegelring, in Athen von allen 
Freien, die nicht zur ärmften Klaſſe gehörten, ala 
Betichaft getragen, zum Zwecke des Siegelnsd. Um 
Fälſchungen in Dokumenten u. ſ. w. zu verhüten, 
da das Siegel zur ge der Handichrift 
diente, hatte jchon Solon ein Geje gegeben, daß 
es dem Steinjchneider nicht erlaubt fein jollte, von 
den erfauften Ringe einen Abdrud zurüdzube- 
halten. Gewöhnlich trug man den Ring am 
vierten Finger, mepduesos. Später wurden die 
Ringe, majfiv oder hohl (xsvod), auch zum Schmude 
getragen, und manche beiuben die Singer förmlich 
mit Ringen, ein Tadel, der auch den Demofthenes 
und den Wriftoteles trifft. Der hohe Wert der 
Ringe, bejonders in jpäteren Zeiten, lag bejonders 
in der kunſtvollen Arbeit des Steinfchneiders, auch 
in der künſtlichen Wrbeit des goldenen Reifen, 
sperdörn. Einfache goldene Ringe ohne Stein 
(opgayis, Yiipos) hiehen &ympoı. ©. 
Man trug auch 
Gefahr. B 

Spiele, 1. Offentliche. A) Bei den Grie— 
hen (kyüvss), ſ. Olympia, Pythia, Nemen, 
Isthmıa. — B) Bei ben Römern (ludi). Die 
öffentlichen Schau: und Feftipiele, ihrem oberften 
Zwede nach Dankfefte, zur Ehre einzelner Götter 
aufgeführt, ftanden mit der Religion und Götter: 
verehrung auch bei den Römern in enger Be 
ziehung und Verbindung. Und wenn auch jpäter: 

Realleriton des Hafl. Altertums. 7. Aufl. 


nnulus, 
Bauberringe zur Abwehr jeder 


1137 


hin, jchon mit dem Ende der Republit, die Reli: 
ion mehr und mehr in Verfall geriet, fo erhielten 
— doch dieſe Spiele, wie überhaupt die äußere 
Seite und Form der Religion ſtehen blieb, nicht 
nur fort und fort bis in die ſpäteſte Kaiſerzeit, 
ſondern ſie wurden auch mit immer ſteigender 
Pracht und Herrlichkeit gefeiert. Dieſe ladi publiei 
waren entweder ludi stati, fejtitehende und feit 
beftimmte, oder ludi votivi, bei bejonderen Ber: 
anlafjungen bejonders gelobte, oder ludi extra- 
ordinariı, außerordentliche Spiele. Rad ihrem 
Inhalte und dem Orte der Aufführung waren fie 
in circenses, gladiatorii und scaenici eingeteilt. 
Die erfteren, von dem Circas, ihrem Aufführungs- 
orte, jo benannt, leitete man ſchon von Romulus 
ber, welcher dem Neptun zu Ehren die consualia 
dort veranftaltet hatte. Jav. 1, 9. Sie wurden 
von den Ädilen mit immer größerer Pracht bejorgt, 
am glänzendften waren fie unter den Kaiſern. Sie 
wurden mit einer feierlichen Pompa eröffnet, wobei 
die Götterftatuen vorausgetragen wurden, dann 
—— die Magiſtrate, Senatoren, Ritter, Prieſter⸗ 
tollegien u. ſ. w. Im Cireus ſelbſt ging der Zug 
um die Spina herum, und Opfer wurden darge— 
bracht. Alsdann begab man ſich auf die Zuſchauer— 
plãtze, und die Spiele begannen: cursus, certamen 
gymnicum, ludus Troiae, venatio, pugna pede- 
stris und equestris, naumachia, Die gladiatorii 
wurden im Amphitheater gehalten, die ludi scae- 
niei im Theater (vgl. über dieje Einteilung der 
Spiele Cie. legg. 2,15). Die —— der römi⸗ 
ſchen ludi —— 1)L. Apollinares, im: 
weiten punifchen Kriege (212 v. €.) zu —— des 
Apollo entftanden, damit er weiteres Ungliüd vom 
Staate fernhalte (Liv. 25, 12. 26, 23. Macrob. 
Sat. 1, 17); fie dauerten bis in die Kaijerzeit. Es 
fanden dabei auch ludi seaenici ftatt, die Zeit 
der feier war der 5. Juli, der Ort der Circus 
maximus. Liv. 27, 11. 30, 38. Cie. Brut. 20. ad 
Att. 2, 19. — 2) L. Capitolini, nad ®er- 
treibung der Gallier zu Ehren des Jupiter ans 
eftellt. Liv. 5, 50. Es famen dabei gymniſch— 
cenijche und mufifaliiche Spiele vor. Herod.1,9,2. 
Später wirb noch ein agon Capitolinus, certamen 
Capitolmum erwähnt. Swet. Dom. 18. — 3) L. 
Florales, auch Floralia, ein Frühlingsfeft, an 
den legten Tagen des April oder den erften des 
Mai zu Ehren der Flora veranftaltet, zuerft 238 
v. €. gefeiert. Ov. fast. 5, 185. Plin. 18, 29, 69. 
In jpäterer Zeit fam viel Ausgelafjenheit dabei 
vor. — 4) L. Magni oder Maximi, von Living 
(2, 36) zuerft 491 v. C. erwähnt und zwar ex in- 
stauratione,’ weil bei einer bereit3 begangenen 
Feier eine ——n ftattgehabt hatte. Diejer 
Umjtand fam bei den römiſchen Spielen öfter vor, 
daher auch jolche wiedererneuerte Spiele ludi in- 
staurativi hiepen. Cie. div. 1, 26, 55. Dbichon 
Livius der ludi magni öfter gedenft, jo gibt er 
doc feine nähere Bejchreibung davon, Dionyjios 
von Halikarnaſſos dagegen (1, 66) einen ziemlich 
ausführlichen Bericht, bei dem er darauf ausgeht, 
in dieſen Spielen überall griechiſche Einrichtung 
nachzumweijen. Nach jeinem Berichte wurden, we— 
nigftens bis zum Beginn der punifchen Striege, 
jährlid 500 Weinen Silber verwendet. Sie gingen 
im Circus Marimus vor fi) und beftanden ur— 
fprünglich nur in Wagenrennen, wozu dann jpäter 
athletiiche Wettlämpfe und Ziergefechte famen. — 
72 


— Spiele. 


1138 


4 5) L. Megalenses, aud Megalesia, Megnlen- 
aia genannt, wurden zu Ehren der magna mater, 


usydın Deög, begangen, deren Symbol als ein 


vom Himmel gefallener Stein nad) Rom gebracht 


worden war, 204 v. C. Es wurde ihr ein Tempel 


errichtet, und bald darauf auch Spiele eingejegt. 
Tv. 29, 14. Anfangs waren fie circenses; als 
ladi scaeniei haben jie zuerſt Die curuliſchen 
Adilen U. Atilius Serranıd und 2. Seribomius 
Libo aufgeführt. Liv. 34, 54. Eine den Charak— 
ter und Seit diejer Spiele bezeichnende Stelle ift 
bei Cicero (harusp. resp. 12). 
als der Iſisdienſt allgemein verbreitet war, jcheinen 
miöjfteriöje Geremonien bei diefen Spielen Eingang 
gefunden zu haben. — 6) L. Plebeii, entweder 


nad) Vertreibung der Könige oder nad) Heritellung | 


der Eintracht zwiſchen den Patriciern und den 
Blebejern — t, wurden im Cireus Flaminius 
im Anfange des November und öfters ex instau- 


ratione begangen und mochten ihrem Hauptbeſtand⸗ 
teile nach gleichfalld eircenses jein; ein epulum | 


icheint häufig damit verbunden geweſen zu fein. 
Sie waren ludi stati. Liv. 23, 10. 27, 21. 31, 4. 
— 7) L Romani, bei Livius gewöhnlich neben 
den ludi plebeiı genannt, waren gleichjam bie 
patrieiſche Feier, während jene den Plebejern ge: 
hörten. Ludi scaeniei waren hinzugetreten, und 
jpäter jcheinen fie hauptſächlich in theatraliichen 
Spielen beftanden zu haben. Nach Eicero (Verr. 
1, 10, 31) dauerten fie 15 Tage und waren dem 
Jupiter, der Juno und Minerva heilig. Mit dem 
Feſte war ein epulum Jovis verbunden. — 8) L. 
Saeculares, wurden vom Konjul 2. Balerius 
Boplicola eingejeßt, waren aber urſprünglich von 
den fibyllinischen Büchern anbefohlen worden. Man 
meinte, durch ihre Feier der beftändigen Herrichaft 
über Italien und der damit verbundenen Vorteile 
teilhaftig zu werden. Über das Jahr ihrer erften 
Feier waren ſchon die Alten nicht einig; die jedes— 
malige ftattgehabte feier wurde in die Commen: 
tarit der ſibylliniſchen Ouindeeimpirn eingetragen, 
zu deren Funktion, wenigftens in der Kaiferzeit, 
auch die Bejorgung diejer Spiele gehörte; früher 
mochte ihre Anordnung den Decempirn gehört 
haben. Sie wurden regelmäßig nad) 100 Jahren 
gefeiert, und wenn ein Zwiſchenraum von 110 Jah: 
ren eintrat, jo mochte dies in befonderen Zeitum- 
ftänden feinen Grund haben. Die Feier dauerte 
3 Tage und 3 Nächte; Die nächtlichen Feſtlichleiten 
waren oft mit unfittlihem Treiben verbunden, 
daher Auguftus, unter dem fie 17 v. C. gefeiert 
wurden, den Jünglingen und Jungfrauen die Teil: 
nahme an denjelben nur unter der Obhut älterer 
Verwandten gejtattete. Bor dem Beginn der Feier 
wurden lustralia verteilt, Fadeln, Schwefel und 
Erdpech, auch Weizen, Gerjte und Bohnen. Dann 
forderte ein Herold das Bolt auf, ſich zu den 
Spielen einzufinden, quos nunquam quisquam 
speetasset nec spectaturus esset; dann wurden 
große Opferichmäufe, leetisternia, mit feierlichen 
Hebeten an Juno gehalten. Die Treitlichkeiten 
begannen mit einer Pompa, hierauf folgten die 
Spiele im Circus, der Hauptteil der Spiele, zu 
diefen trat auch das ludierum Troiae (Tac. ann. 
11, 11); auch ludi gladiatorii waren damit ver: 
bunden, denen die Kaiſer noch Foftjpielige Tier: 
gefechte (venationes) hinzufügten. Ihre Feier war 
in der Kaiſerzeit nicht immer ganz regelmäßig. 


o 


= 


In der Saiferzeit, 


‚ein lectisternium bereitet. 





‚ Amitern. fteht neben 5. 





Spiele. 


Anfangs wurden fie dem Pluto und der Brojerpina 
zu Ehren gefeiert, jpäter mehreren Gottheiten, 
bejonders aber (jeit Anguftus) dem Apollo und der 
Diana. Zur Zeit ihrer feier befahlen die Kon: 
juln, nachher die Kaijer den Decemvirn ober 
DOuindecimpirn, die fibyllinifchen Bücher zu be: 
fragen, dann wurden Ausrufer durch ganz Italien 
geſchickt, das große Feſt zu verlündigen. Dark 
Gebete, Opfer, Belränzen der Wltäre bereitete 
man ſich mehrere Tage zum Feſte vor; zuerit 
opferte man bei Nacht den unterirdijchen Göttern, 
den Bargen, ben geburtöhelfenden Göttinnen, der 
Zellus, dann auf dem Gapitolium dem Jupiter, 
Apollo und der Diana, und andern Göttern wurde 
Die Nächte brachte 
man mit Tanz und Abſingen Iuftiger Lieder zu; 
ulegt wurde im Tempel des Apollo auf dem 
Bafatinifgpen Berge der große Feitgejang (carmen 
saeculare) von 27 Knaben und ebenjo vielen 
Mädchen abgejungen. Damit hatten die eigent- 
lihen Feierlichkeiten ihr Ende, doch dauerten Die 
Ergeplichleiten noch fort. Die spectacula noe- 
turoa, von Sueton (Oel. 31) erwähnt, jcheimen 
in theatraliichen Borftellungen beftanden zu haben. 
— 9) L. Augustales. Drei fefte, zu Ehren 
des Auguſtus eingerichtet, müſſen unterjchieden 
werden. a) Die Feier ſeines Geburtstags 
(23. September) geſchah während jeiner Regierung, 
wenn auch nicht gejeßlich, doch herfümmlich (Do 
Cass. 54, 26. 34. 55, 6. Suet. Oct. 57). In den 
alten Kalendarien jteht neben dieſem Datum: 
Augusti natalis. Ludı Circenses. b) Nach jeiner 
glüdlichen Rücklehr aus dem Drient, 18 v. €, 
wurde der Tag jeines Einzugs in Rom (12. Dt 
tober) für einen reg; wiederfehrenden Feſttag 
erllärt und Augustalia genannt (Dio Cass. 
54, 10). Erſt 8 Jahre jpäter, 10 v. C., jcheint 
der Senat fefte Beftimmungen über die Art und 
Weiſe der Feier getroffen zu haben (röre mewror 
du Ööyuerog, Dio Cass. 54,34). Ju dem Calend. 
Maff. jteht neben 12. Oftober Augustalia. c) Die 
wirflihen ludi Augustales wurden nad dem 
Tode des Auguftus zu Ehren bes dirus Augustus 
von Tiberius geftiftet (Tac. ann. 1, 15), 14 n. €, 
und zum erjtenmal in demſelben Jahre (Tae. 
ann. 1, 54) vom 5—11. Oltober gefeiert unter 
Borfih der Zribunen. Dann erjt wurden dieſe 
ludi Augustales für ein jährlich wiederfehrendes 
Feſt erflärt, und die Abhaltung der Spiele dem 
Prätor peregrinus übertragen (Tac. 1, 15). Im 
dem nad dem Tode des Auguftus verfaßten Calend. 
ftober Ludi divo Au- 
gusto et fort. reduci commit., neben 6—11. Dt: 
tober Ludi; außerdem blieb die feier der Augru- 
stalia weiter von Beitand am 12. Oktober, neben 
weldyem angegeben wird: Ludi in eirc. fer. ex 
8. C.Q. E. D. imp. Caes. Aug. ex transmarinis 
provine. urbem intravit araq. fort. reduci con- 
stit. Caſſius Dio (56, 46. 47) kennt die von 
Tacitus erwähnte Senatsfigung, in der über die 
l. Augustales gejprodhen und vorläufiger Beſchluß 
gefaßt wurde, doch ift er offenbar (er nennt bie 


1. Augustales ſtets Augustalia) in dem Irrtume 


befangen, daß jener Beſchluß die weitere Fortdauer 
der Augustalia (Rüdtehröfeft) auch nach dem 
Tode des Auguſtus betraf, weshalb denn auch 
wohl jeine Notiz (ö4, 34: & xul vi» äyerar) ſich 
auf die ludi Augustales bezieht, die dann bis in 





-1 


* 


Spina. 1139 


bie ſpäte Kaiſerzeit gefeiert wurden. — 10) Ludi Ballſpiel, opaıpıorınn, jo alt wie die ho— 
Tarentini |. Tarentini ludi. — 11) Ludi meriſche Schilderung der Nanjifaa. Es wurde vou 
Taurii.f. Taurii ludi. — 12) L. Seaeniei den griechijchen Arzten jehr empfohlen und von 
j.Schauspiele. gl. Friedländer in Marquardt | Jung und Mlt mit großer Vorliebe geübt. In 
und Mommifen, Handbuch der röm. Wltertümer, den Gymnaſien war ein —— Bimmer dafür 
VI. 8b. — II. Gejellige Spiele bei Griechen | hergerichtet, in welchem ein er, Gpaıpıorındg, 
und Römern. Zur ————— werden bei den | Unterricht darin erteilte. Der Ball (opaig«, apai- 
Griechen jehr viele und mannigfaltige erwähnt, | gxov) war von Leder, mit leichtem Stoff gefüllt. 
bejonders bei Gaftmählern (j. Mahlzeiten, 6.). | Die «mröpgadıg wurde von zweien mit einem Heinen 
Bollur (9, 7) zählt wohl ein halbes Hundert (meift | Ball geipielt. Man jchleuberte dieſen in jchräger 
Kinderipiele) auf, unter denen zum Zeil die mod) | Richtung gegen den Boden, dag er mehrere 
rn ganz gewöhnlichen zu finden find, wie die | Sprünge machte, je mehr, defto befjer, und der 
uppen aus Thon geformt und bemalt (xögee, | Mitipieler mußte ihn dann an jeinem Platze mit 
von den xoponidto: der xogorlderaı auf dem | der flachen Hand auffangen und auf dieje Weile 
Markte verkauft, auch vougpeı, Figuren aller Art, | zurüdwerfen. — Bei der odgan.« jchleuderte man 
auch mythologiſche), der Reifen (reoyös), der Kreifel | den Ball jo weit wie möglid in die Höhe, und 
(söußos, argoßılog), die Blindefuh (zaAxi) mwi«), | der Mitjpieler mußte ihn fangen. — Bei ber 
das Stedenpferd (Plut. Ages. 25) u. a. — Die ge: | Zmisuvpog oder Zpnßınrj, deren eigentliche Heimat 
wöhnlichiten Spiele der Erwachienen find: 1) das | Sparta war, teilte jich die Gejellichaft in 2 gleiche 
Würfeljpiel, alea, mit Knöcheln oder Steinchen, | Bartien, durch einen Strich, onügor, getrennt. 
tali, &orgayaloı, korgayakıonög, oder tesserne, — jeder Reihe der Mitſpielenden deutete ein 
»bßor, geſpielt. Die talı hatten 4 ebene Flächen, Strich die Grenze an, bis zu welcher ſie beim 
welche mit Punkten oder Stridyen die Zahlen 1 | Auffangen des Balls zurücdweichen durften. Der 
und 6, 3 und 4 zeigten, 2 und 5 fehlten gänzlich. | Ball wurde num auf das onögo» gelegt, von einem 
Man nahm 4 ſolche Würfel, jchüttelte fie in einem | der Spielendben ergriffen und der Gegenpartei zu: 
Becher (pyrgus, turricula, phimus, fritillus) und | geworfen, welche denjelben innerhalb der vorge: 
warf fie dann anf eine Tafel (alveus, alveolus, | jchriebenen Grenzen aufzufangen und zurüdzu- 
abaecus), Der befte Wurf hieß Venus, wenn näm- | jchlendern hatte. Das iel endete, jobald die 
lich alle 4 Würfel verjchiedene Zahlen zeigten | eine Partei hinter die Grenzlinie zurüdgetrieben 
(Hor. od. 2, 7, 25); der jchlechtefte Hieh canis, | war. — Die pawlvda wurde, wie es jdheint, 
wenn alle Würfel ı hatten. Bei einem biejer | mit hohlen Bällen geipielt, und zwar jo, daß ber 
Spiele fam es darauf an, 5 Nftragalen, die man | Werfende den Ball einem Spielgenofjen jcheinbar 
in die innere Fläche der Hand legte, in die Höhe | zuichleuberte, in Wirflichfeit aber ihm eine andere 
zu werfen und mit der äußeren Fläche wieder Richtung - — Endlich bei der er 
aufzufangen. — Die te:serae hatten wie unſere Ks von Dede des Zimmers, bis zur Bauch— 
Würfel 6 Seiten, mit 1-6 bezeichnet. Mit beiden | höhe der Spielenden, ein mit leichten Stoffen ge: 
Arten von Würfeln jpielte man Sazardipiele, | füllter Ballon herab. Die Aufgabe war, diejen 
welche ftreng verboten waren (vetita legibus alea, | mit der Bruft oder den Händen in immer jchnellere 
Hor. od. 3, 24, 58), ober brauchte fie zu Wahlen | Bewegung zu jegen. — Die Römer unterichieden 
n. ſ. mw. Das eigentliche Würfelſpiel, —* wurde | von der pila den follis, einen großen mit Luft 
meift um Geld geipielt; man verjammelte fich dazu | gefüllten Ballon, und die paganica, die mit Federn 
an Orten, die »vßei« oder oxıpapei« genannt gefüllt war. Geipielt wurde entweder datatim, 
wurden. — 2) Zu den Spielen, die Aufmerkfam: | indem der Ball mit den Händen aufgefangen und 
feit und Berftand erforderten, gehörte das Brett= | zurüdgeworfen wurbe, oder expulsim, indem man 
jpiel (werreiae oder nsooele), das mit Steinchen - aus der Höhe fallenden Ball einem andern 
(rsrrol, weocol) geipielt wurde. Die eine Art des | mit dem Unterarm wieder zujchleuderte; zu dem 
Spiels, mölız genannt, jcheint mit unferm Schach: | Zwecke war der Unterarm mit einem Holzring be- 
und Dantenfpiel einige Ähnfichkeit —— zu haben. | wehrt. Bei dem trigon (Hor. sat. 1, 6, 126) waren 
Die einzelnen Felder (zögaı) der Spieltafel hießen 3 Teilnehmer, welche die Bälle mit der linfen 
dabei wölcız, das Ziehen der Steine Hide rijv | Hand warfen und aufzufangen hatten. Bei dem 
YHpor, dad Burüdnehmen eines Zuges drask- |harpastum (nad) Athenaios früher paırivda ge: 
oder. Es fam dabei darauf an, die Steine des | naunt) wurden ein oder mehrere Bälle ziemlich 
Gegners fejtzufegen oder abzufperren. Der Stein, | gerade in die Höhe geworfen, und eine Reihe von 
der zwijchen 2 Kinblichen zu ftehen fam, wurde | Mitjpielern juchte ihn zu fangen. (Nad) Guhl und 
geichlagen. Als Erfinder der mscco/ wird Pala- Koner.) — 5) Ob der zorraßog (j. Mahlzei- 
medes genannt. Brettipiele waren in Nom 2,|ten, 6.) bei den Römern Eingang fand, ift un— 
ludi latrunculorum und duodecim scrip- | gewiß. — Über die gefelligen Spiele bei den Grie: 
torum. Das erfte war unjerm Schach ähnlich | hen und Römern vgl. befonders Beder:Söll, Cha: 
oder eine Art Belagerungsipiel, in welchem man | rifies I ©. 38ff. 362. Gallus II ©. 79Ff. 
die Steine des Gegners ſchlagen oder feftjegen | III ©. 454 ff. Grasberger, Erziehung und Unter: 
(ligare, alligare) mußte. Das zweite (Cie. de or. | richt im klaſſ. Altertum. 1. Teil (1864). Ohlert, 
1, 50, 217), unjerem Buff ähnlich, war mehr ein Rätſel und Gejellichaftsjpiele der alten Griechen 
Glücksſpiel, und das Borrüden der Steine auf den | (1886). W. Nichter, die Spiele der Griechen und 
12 Linien der Tafel hing von den Wiürfeln ab. | Römer (1887). 
— 3) Ludere par impar, &erıd£eıw, var ein Spina, eine Mauer, welche mitten burd) das 
Hazardipiel, wo man den Gegner raten fie, ob | Stadium im Circus erbaut war, mit Meinen Al— 
man eine gerade oder ungerade Zahl Geldſtücke | tären, Statuen und Türmchen verziert, um deren 


9 oder andere Dinge in der Hand halte. — 4) Das | beide, mit 7 Delphinen und 7 Kugeln (ova) ver 


72° 


— 


0 


1140 


jehene, Enden die Wettfahrten herumgingen. Nach , Brivatrecht begegnet uns die Sponfionsform_bei 
jedem Nennen wurde ein Delphin auf die von | Berlobungen, Bürgichaften (j.Intercessio), Sti: 
der Säule getragene Kugel geftellt, jo daß man | pulationen (j. d.) und als vorzüglich wichtig im 
daran die Zahl der Nennen jehen konnte. Prozeß. Hier war »ponsio ſ. dv. a. Wette, melde 

Spino, feines Flüßchen bei Nom, das nebit —— beiden Parteien dahin abgeſchloſſen wurde, 
dem Alıno, Tiberinus, Nodinus in dem uralten | daß der linterliegende eine gewiſſe Summe be- 
Gebete der Augurn (Cie. n. d. 3, 20, 52) ange: | zahlen jolle, und dieſe Wette diente als Einleitung 
rufen wurde, weil man bei feierlicher Handlung | des Prozefjes, welcher über die Wahrheit der von 
feinen Fluß, da jeder einer Gottheit geweiht war | den Parteien aufgeftellten Behauptungen geführt 
(Tae. ann. 1, 79), überjchreiten durfte, ohne dafür | wurde. Es gab eine sponsio praeiudicialis, 
ein Auſpieium angeftellt zu haben. two der ganze Prozeh don ber Enticheidung über 


Spino — Staatsformen. 


Spinther j. Lentuli, 7. 

Spithridätes, Zmidowödrng, auch Spithrada- 
tes, perſiſcher Satrap über Jonien und Lydien, 
als Alerander den Perjerzug begann, wurde in 
der Schlaht am Granikos bei einem perjönlichen 
Eindringen auf den König, dem er von hinten 
den Kopf jpalten wollte, von Kleitos getötet. Plut. 
Alex. 16. Arr. 1, 15. Diod. Sie. 17, 19 f. 

Spoletium, Zrolrjrıor, bedeutende Stadt Um— 
briens, 242 v. E. ald römische Kolonie gegründet 
und mit den Rechten eines nieipiums beichentt, 
an der Flaminiichen Straße, nördlich von Inter: 
amna. In den jullanifchen Bürgerkriegen, jowie 
jpäter durch die Goten litt fie, hat ſich aber bis 
jet unter dem Namen Spoleto erhalten. Strab. 
6, 227. Vell. Pat. 1, 14. 

Spolia, die Beute, welche der römische Krieger 
dem Feinde in der Schlacht entrif, namentlich die 
Waffen. — Die von dem Feldherrn dem feindlichen 
—— im Zweikampf — Beuteſtücke 
hießen spolia opima. Liv. 1,10.4,20. Propert. 
5, 10. Der Feldherr Jing fie in den Tempeln 
oder an jeinem eigenen Beftibulum auf (Liv. 1, 10. 
10, 7. 46. 22, 23), wo biejelben verblieben, auch 
wenn das Haus —— wurde. 

Sponda, die Totenbahre, wie feretrum und 
sandapila. 

Zxovdai, 1) Verträge, 3. B. Waffenftillftand 
zwischen friegführenden Staaten; j. auch ’Exe- 
zeıola und Tspounvia. — 2% Trankopfer, j. 
Mahlzeiten und Opfer. 

Sponsalia, das Eheverlöbnis, welches von der 
dabei üblichen Stipulationsform: spondesne? 
(Frage des Bräutigams), spondeo (Antwort des 
Baters) jeinen Namen erhielt. Die Braut befam 
gewöhnlich vom Bräutigam einen Ring und gab 
jenem ein anderes Geſchenk. Ein Bruch der Ber: 
lobung war nicht Magbar, jondern der Rücktritt 
ftand jedem frei (repudium renuntiare oder re- 
mittere). Die dabei gebräuchlichen Worte waren: 
condicione tua non utar. Die Berlobte hieß 
sponsa, pacta, sperata, destinata; der Verlobte 
sponsus. — Sponsalia hieß auch das Verlobungs: 
mahl. Cie. ad Qu. fr. 2, 6. 

Sponsio, ein feierliches Verjprechen, jo genannt 
von der dabei üblichen Frage und Antwort (j. 
Sponsalia). 1) Staatsredtlid ift sponsio 
nicht ein unter öffentlicher Auktorität (foedus), 
jondern nur von einem Magijtratus jelbjtändig 
abgeichlofjener Staatövertrag (Lav. 9, 5), vgl. Foe- 
dus. Senat und Volk waren durch denjelben 
nicht verpflichtet, jondern fonnten ihre Zuftimmung 
ebenjo gut geben als verweigern, 3. B. bei der 
sponsio Caudina. In lehterem alle wurde ber 
betreffende Magiftratus dem fremden Staate aus: 
geliefert (deditio\, damit dieſer mit demjelben nach 
Belieben verfahre. Vell. Pat. 2, 1. — 


2) Im ı Willtür folgen, jondern fie ift an 


die sponsio abhing. Wer die sponsio verlor, 
bezahlte die Heine Sponfionsjumme nicht, jondern 
verlor den ganzen Prozeh. Cie. Quint. 8. 27. 
Caec. 8. Die sponsio poenalis bezweckte die 
Bezahlung der Prozeßwette ald Strafe Unter: 
liegenden und war bei dem Interdiktenverfahren 
jehr gewöhnlich. Cie. Caee. 8. Tull.$ 53. 

Sporädes, Zropddss, hießen im Gegenjaß zu 
ben in einem Sreife um Delos herumliegenden 
Kunlddeg die im Aigaiiſchen, Kretiichen, Karpa— 
thiichen Meere zerftreut liegenden Inſeln, haupt⸗ 
ſächlich die an der afiatiichen Küfte, j. Kyklades. 

Sportüla, eigentlich ein Körbchen mit Speiſen, 
dann ein Geldgeichen!, endlich eine Geldabgabe 
überhaupt, j.Salutatio. In jpäterer Zeit hießen 
alle Austeilungen überhaupt sportulae, und weiter: 
hin gab man den Eintrittögeldern der Decurionen 
(in den Municipaljenaten) und den Gerichtäge: 
bühren denjelben Namen. 

Zxovddpxat, srovdapzıörreg, Loyargssıd- 
Sovreg, in then die Bewerber um ein Staats: 
antt, wie in Nom die candidati, gewöhnlich mit 
dem Nebenbegriffe eifrigen Zudrängens. 

Spurina (Spurinna), eine etrujfijche Familie: 
1) ein Sarufper, weisjagte dem Cäſar bei einem 
Opfer aus dem Fehlen des Herzens ein Unglück 
(Cie, div. 1, 52, 119); nach andern joll er Eäjar 
vor den ben des März —— haben. Mut. 
Caes. 63. Suet. (aes. 81. Dio Cass. 44, 18. Vell. 
Pat. 2, 57. — 2) Beftricins Spur. |. Vestri- 
cıu8, 

Staatsformen. Ariſtoteles (bejonders pol. 3,5, 1 
1—4), der große griechiiche Staatslehrer, der am 
Harften das Weſen des griechijchen Staats, wie 
es durch Jahrhunderte beitanden, aufgefait und 
am jchärfften und beftimmteften dasjelbe dargelegt 
hat, geht bei der Definition des Staats davon 
aus, daß derjelbe jeinem Weſen nad vor: 
—— ſei als die Familie und der Einzelne. 

aber kann der Einzelne feinen Zwed erjt inner: 
halb des Staats erreichen. Der Staat ift die Ge— 
meinjchaft der freien (xoıwaria rür dlevdigwr); 
er allein ift fich jelbft zuge Kg und bietet 
feinen Teilnehmern die Mittel zu einem jelbit- 
genügjamen Leben. Wie aber dem Staate der Ein: 
zelne feine ganze rechtliche und bürgerliche Eriftenz 
verdankt, jo ift er auch dem Staate zu jeglichen 
Opfer verpflichtet, das dieſer auferlegt. hört 
= fich jelbft Zweck zu fein, geht in dem Staat 
auf, der jomit die ganze Thätigfeit des ihm an- 
gehörenden Individuums für jeine eigenen Zwede 
in ho nimmt. Die Strenge diejes ftaat- 
lichen Abjolutismus wird indejlen zuerſt dadurch 
bei den Griechen gemildert, daß die Einzelnen, aus 
denen der Staat befteht, als thätige Glieder au 
der Ausübung ihrer —— nicht ihrer 

eftimmungen 


m. rn? 


[33 


= 


Staatsformen. 


1141 


gebunden, die von ihrem Willen nicht abhängig, | mit dem höchiten Gotte wohnt ihnen die Kenntnis 
jondern vielmehr für fie eine Schrante find. Dies | des Rechtes bei. Diefe kypamra ndopali; Ysor 


ift das Geſetz (vonos, vgl. Aygaupoı vounı und 
Nowo#erng). Iſt nun aud in den verjchiedenen 
Staaten die Feitigfeit und Unveränderlichkeit des 
Geſetzes verichieden, jo fteht doch jo viel feft, daß 
der bloße Wille der Herrichergewalt, mag dieje in 
den Händen eines Einzigen, Weniger oder des 
ganzen Volkes u. nicht berechtigt ift, das Geſetz 
zu verändern. o die SHerrichergewalt fich dies 
Recht aumaßt, Hört nad) den Begriffen der Griechen 
der wahre Staat auf, und ein ſolcher Zuſtand 
wird, ohne Rückſicht auf den Si der Herricher: 
gewalt, ald Entartung einer an ſich gejeglichen 
Staatsform angejehen. — Die SHerrihergewalt 
(Souveränetät) geht in verichiedene Zweige der 
Thätigfeit auseinander, deren Sit und Abgrenzung 
gegeneinander die bedeutendften Unterjchiede im 
Weſen des Staats hervorbringt. Es ift dies bie 
beratende, die verwaltende oder regierende und 
die richterliche Thätigkeit. Diejenige Staatsform 
nun, in der die ſouveräne Gewalt, wenn auch be— 
ſchränkt durch eine beratichlagende Körperichaft, 
jih in den Händen Eines Archon befindet, ijt die 
Monarhie (Pasıkeie), Die Unterdrüdung des 
Königtums (wir können die Begriffsbeftimmung 
an den hiftoriihen Gang der Berfafjungsentwide- 
lung in den meiften griechiichen Staaten anſchließen) 
durch die der beratenden ana angehörigen 
Geichlechter bringt die Ariſtokratie (dgroroxgari«) 
hervor, aus der dann durch Unterdrüdung des 
arijtofratijhen Nated und Verlegung der Souve- 
ränetät in die gejamte Bolfögemeinde die Demo: 
fratie (nuoxocerice) fich entwidelt hat. In welches 
Berhältnis in diefen 3 Staatsformen die verichie- 
denen Seiten der Sonveränetät getreten find, und 
welche Entartungen aus diejen 3 Grundformen 
des Staats (die rugarvig ans der uovapyia, die 
ölıyapyla aus der deısrongari« und die örko- 
»oarie aus der Önuorgaria«) hervorgegangen find, 
wird fich bei der Betrachtung der einzelnen Staats: 
formen ergeben. Hierbei ijt nicht aus den Augen 
& jegen, daß in der Wirflichfeit die einzelnen 
Formen nicht immer volllommen rein und unge: 
mijcht beftanden haben, jondern daß nicht jelten 
Übergänge der einen Form zur andern fich finden, 





| 





| 


was um jo leichter eintreten konnte, da eine ab: | 
ſolute Staatsform, in der die herrichende Staats: | 


— feine Schranke neben ſich hatte, bei den 
Iten fat durchgehend für fehlerhaft und für die 
Entartung einer an jich berechtigten Staatsform 
galt. — In dem Gange der neihichttichen Ent: 
widelung nimmt nun bei den Griechen das König: 
tum, Basıkeia, die erfte Stelle ein, während bie 
Eutartung desjelben, die Tyrannis, einer ſpäteren 
Entwidelungsperiode angehört und nicht den Über: 
gang von der Monarchie zur Ariftofratie, ſondern 
in allgemeinen den von der Ariftofratie zur De: 
motratie bezeichnet. — Das althellenifche heroijche 
Königtum, die margınai Bacıkeiaı (auf den noch 
früheren Zuftand einer wahrſcheinlich faftenartigen 
Drganijation des Bolfed können wir feine NRüd- 
ficht nehmen), wie es in den homerischen Gejängen 

cheint, vereinigt in ſich die Hauptbefugnifie der 
Staatsgewalt, wie fie für die damaligen einfachen 
Berhältnifie notwendig waren. Die Könige find 
göttlichen Gejchlechts (£u Yıös, dioyerkıg, dıo- 
reepirg, dio). Vermöge diejer Verwandtſchaft 





vom (Soph. Ant. 464) find die Schraufen ihrer 
Madıt, die daher von orientaliihem Dejpotismus 
in jener Zeit jchon fern ift, wenn auch an eine 
ſcharf präcifierte Beſchränkung der königlichen Ge: 
walt durch nebenftehende Gewalten noch nicht zu 
denen ift. Der König ift Nichter (das Symbol 
ber Richtergewalt, dad onjmrgor, ift von Zeus 
auf ihn vererbt), Heerführer und Oberpriefter, d. h. 
der Bertreter des Volles bei der Gottheit. Lei— 
ftungen des Volfes find vertragsmäßig, onr« yEo« 
(Thuc. 1, 18), oder freiwillige Gaben (dwriveı, 
dapa); dazu fommen noch die föniglichen Lände— 
reien (reuern). Umgeben ift er von Picnern 
(#egdzovreg), deren vornehmſte die xnjeunes find 
(f. Kreovb). Die Berjammlungen des Volks 
(eyogal') haben feine beftimmten Befugniffe, hören 
mehr, als daß jie beichliegen. Doch war es nicht 
ohne Beijpiel, daß in Fällen der Härte und Un— 
gerechtigkeit gewaltfame Ausbrüche des Volksun— 
willens vorfamen (vgl. Hom. Od. 16, 424). Nur 
die Edlen, die Ayıjroges nö: uedorreg, die yigor- 
reg, hatten das Necht, dem Könige zu raten. — 
In die Hände der Edlen geht dann zunächit, nach 
dem Berfalle oder dem Wusfterben der Königs: 
Ken: die Herrichaft ganz natürlich über. 

ie Königsgewalt wird beſchränkt, geteilt, e3 wird 
von der regelmäßigen Erbfolge abgewichen, der 
Name Paoıleos abgeihafft (dafür &eyor oder 
zoUrenrıg), bis mit Einführung der Berantwort: 
lichkeit die Wriftofratie vollendet ift, indem die 
Gorovrss Beamte der herrichenden Gefchlechter 
werden. Ein bezeichnendes Beiſpiel diejes Über: 
ganges bildet die Abichaffung des Königtums und 
die Einführung und allmähliche —— des 
Archontats in Athen (j. 40 xij, 3). Da die Edlen 
aber zugleich die Begüterten und Kriegsgeübten, 
namentlich im Reiterdienſt, waren, ſo —* wir 
auch hier die Elemente der Ariſtokratie, die der— 
jelben zu allen Zeiten die größte Geſchloſſenheit 
und Dauer gegeben haben, die Begüterung und 
die mit dem Sriegsdienft verbundene Vorjtellung 
der perjönlichen Tüchtigkeit, der desrj. Sie find 
die &gıoroı, zugleich die sbysveig (1) yap ehyersıd 
orıv koyalog mAodrog nal dgerj, Arist. pol. 
4, 6, 5), die xalol nüyadol, die yrogınor 1. |. w., 
Tugend und Bildung (maıdele) werden, wie äußere 
Eigenichaften, im Geſchlechte fortgeerbt. So ſtan— 
den fie, unter fich einig {demm die Einigfeit war 
die Bedingung ihres Beitehens, da Gefahr von 
unten, wie auch bon einzelnen Serborragenden 
drohte), unter fich gleichberechtigt und im fich ab: 
eichlofien, der Maſſe des Volkes gegenüber, als 
erren des gejamten Staatsorganidınus, mochten 
fie num als in fich gegliederte Maſſe gegen Maſſe 
jtehen, mochten fie, wie dies für Athen wahrjchein- 
li ift (vgl. Drakonische Verfassung und 
Navxoapie), als bag or und jomit Beherricher 
der alten gejchlechtlichen Bollsorganifation daftehen. 
Im Iegteren Falle bezeichnet die Zerrüttung der 
alten Organijation und die Bildung eines Önuog 
als jelbftändiger Bollsmafje den Anfang des Ge: 
enjages und der inneren Auflöfung. Die Arifto: 
ratie wird zur Gewaltherrichaft, zur Dligarchie, 
der Kampf mit der Demokratie beginnt, und nicht 
jelten führt der Ehrzeiz Einzelner aus der Ariſto— 
fratie den Sieg des huos herbei. Bon vorn: 


— 


5 


= 


-] 


1142 


- Staatsformen. 


herein bedenflich war das Berhältnis, wenn bie | jeßten jo auf gewaltjame Weife der Zerrüttung 


Ariftofratie nicht aus dem alten Königtum, fon: 


dern durch Einwanderung und Unterjochung ent: 


ftanden war, in weldhem Falle von Anfang an 
die Mafle auf die Maſſe drüdte. Die Sieger 
bilden, wie in Sparta, den eigentlichen Staat, die 
Befiegten (megloıxoı) werden tributär und von 


der Teilnahme am Staate ausgeſchloſſen, ja fie | 


werben zum Teil Leibeigene, wie die Heloten in 
Sparta, die Klaroten oder Aphamioten in Kreta 
w. f. w. (ſ. Helotes). Und der Drud wurde 
um jo mehr empfunden, weil ihm in den Augen 
der Unterworfenen die Weihe altherfömmlicher Be: 
rechtigung fehlte. Gefährlich wurde der Gegen: 


drud bejonders, two der Boden für Mderbau und | 


Pferdezudt ungünftig war, und wo die Notwen— 
digkeit des Seehanbels einen ouvoıxıouög in einer 
größeren, bejonders für den Handel günftig ge: 
legenen Stadt bewirkte, wo die Einzelnen nicht 
an der Scholle (xar« anuag, xoundor) gehalten 
werben konnten. Schon Ariftoteles fpricht es aus, 
wie ein für Aderbau geeignetes Land, das Rei: 
terei und Schwerbewaffnete ftellen könne, für die 
Oligarchie günftig jei, während leichtes Fuhvolt 
und Scemacht einen demokratiſchen Charakter habe. 
— u dem jegt eintretenden Kampfe zwijchen 
Dligarchie und Demokratie bildete nun die Tyran— 
nis in ihrer älteren Erjcheinung (die fpätere j. g. 
Tyrannis, die aus dem fittlichen und politischen 
Berjall aller Verhältniſſe hier und dort auftauchte, 
gehört nicht hieher) ein wichtiges Meittelglied. 
Gleichviel, welches die nächte Beranlafjung zum 
Ausbruch des Kampfes war, — ſei e3 Uneinigkeit 
unter den Bornehmen jelbft, jo daß einzelne den 
Önuog ald Waffe gegen ihre Standesgenofien ge: 
brauchen wollten, jet e3, daß die Unerträglichkeit 
des Drudes raſch einen gemwaltjamen Ausbruch 
ber Bollswut herbeiführte —, fajt überall finden 
wir einen Edlen an der Spite des Volles als 
Barteiführer. Der Sieg des Demos wird dann 
zunächſt durch materielle Berbeflerungen feines 
Zuftandes, Aderverteilung und Schuldenerlaß (yis 
eradroudg, zoo» droxonn), bezeichnet, wie ja 
and) in Athen Solons erfte vorbereitende Mafregel 
zur Einführung feiner Berfaffung die Seijachthie 
war (j. Dvin, 5.) Dazu pflegt dann noch Epi- 
gamie und Rechtsgleichheit (j. unten, 9.) zu fom: 
men. Die eigentlich politiichen Rechte find dem 
Demos, bejonders in Aderbau treibenden Gegenden, 
noch Nebenjache, und nicht jelten wird erſt jpäter 
in dem Volke durch Demagogen das Berlangen 
nach politischer Herrichaft erwedt. Für den Augen: 
blid bleibt die Herrichaft nach Gewährung der 
oben erwähnten Rechte entweder in den Händen 
der Dligarchie, oder es gelingt dem Führer des 
Demos oder einem andern chrgeizigen Adligen, 
fich des Demos zur Erlangung der Tyrannis zu 
bedienen. — So 
7. und 6. Jahrh. v. C. eine ganze Kette von 
Tyrannenherrichaften, vielfach untereinander ver: 
ſchwägert und verfippt, über einen großen Teil von 
Griechenland verbreitet. Ju Samos herrichte Po— 
Iyfrates, in Sikyon die Orthagoriden, in Korinth 
die Kypſeliden, in Athen die Peififtratiden u. ſ. w. 
Umgeben von Leibwachen (ſ, Jogvp6oo:), die 
fie aus dem Schaße bejoldeten, beherrichten fie den 


finden wir um die Zeit des 








des Staats durch Parteifämpfe ein Ziel. Nicht 
in Abrede fann geftellt werden, da viele Tyrannen 
auf edle Weiſe ihre Serrihaft zum Wohle des 
Staat3 benugten. Die Wiſſenſchaften wurden ge: 
pflegt (man denke an Beififtratos), große Bauwerke 
entftanden (deren Errichtung ebenjo der Maſſe 
Beichäftigung gewährte, wie fie die Reichen durch 
schwere Steuerlaft drüdte),, Der wüſte und ver: 
wilderte Buftand, der dem beroiihen Zeitalter 
gefoigt war, klärte fich ab, und eine neue geiftige 
Itur nahm unter der Ruhe ihrer Herrichaft den 
Anfang. Selten war die Entwidelung eine fried- 
liche, in der Art, daß man freiwillig einem Aijym: 
neten auf gewilje Zeit die höchſte Gewalt zur 
—— geordneter Zuſtände anvertraute (vgl. 
isymnetes). — Ein Bild der Entwickelungs 
gibt die athenifche Geſchichte. Der innere Berfal 
des Staatdorganismus führt zu dem Werjuche, 
durch äußerſte Strenge die alten Bande zu erhal: 
ten (dratoniiche Berfafjung). Schon erwachjen auf 
dem geloderten Boden des geichlechtlichen Staats: 
verbandes Einrichtungen, die, ihrem Weſen nad 
mit diejem in Widerjpruch ftehend, notwendig find, 
um den Verfall aufzuhalten (Raufrarien, ſ. d.\ 
Die Mafjen konzentrieren und regen ſich, Kulon 
jucht fie zur Erreichung ehrgeiziger Zwede zu be— 
nutzen, —8* aber an dem Widerſtande der 
Altmaioniden, die Damals als Vertreter der ftrengen 
Ariftofratie erfchienen. Die Fortdauer der lim: 
ruhen nötigt die Ariftofratie, ſich dem Wunſche 
bes Bolles zu fügen und einem beim Bolte be: 
liebten Mann aus ihrer Mitte den Auftrag zu 
eben, durch neue Einrichtungen und Gejege den 
Frieden im Gtaate  wieberherzuftellen. Solon, 
defjen Stellung viel Ahnliches mit der Aifymnetie 
hat, eröffnet jeine Wermittlerrolle mit der vorbe— 
reitenden Mafregel der Seiſachthie. Durch Ein- 
führung der Vermögensklaſſen (rıurjuere) unter: 
gräbt er das geichlechtliche Prinzip und bahnt 
Damit die reine Demokratie an. Dem Beififtratos 
gelingt es, nad) einer Reihe von Kämpfen am der 
pitze der Volkspartei die entgegenftehenden Bar- 
teien zu unterdrüden, aber nur, um fih an bie 
Spitze des Staats zu ftellen. Seine und jeiner 
Söhne im ganzen milde und gemäßigte Tyrannis 
leijtet durch Unterdrückung der oligarchiichen Bar: 
teien dem Auftommen der Demokratie den größten 
Vorſchub und wird zugleid; durch Beförderung 
geiftiger Kultur eine Lehrerin und Erzieherin des 
Volles. So wächſt unter der Hand der demokra— 
tiiche Geift. Die mächtigen Altmaioniden, Klei- 
jthenes® an der Spitze, die dem Weififtratos als 
Führer der Mittelpartei gegenübergeftanden hatten, 
benngen den Augenblick: Kleiſthenes kehrt mit 
Hülfe Spartas aus der Berbannung zurüd, ftürzt 
al® Führer der demofratiichen Partei den Hip 
pias und weiß fich gegen feine, jet von Spartas 
mächtigem Einfluffe unterftügten, Gegner zu be: 
haupten. Die alten Phylen (ſ. Pvirj, 7.) werden 
aufgelöft, 10 neue örtlich getrennte Phylen ein: 
geführt und damit der Triumph der Demokratie 
begründet. — Aber auch dieſe Entwidelungsitufe 9 
at verichiebene Phaſen zu durchlaufen. Die gleiche 
erechtigung aller zur Teilnahme an der Staats: 
gewalt (loomolırsla, Loryogl« und doovoni«, 


Staat nad) eigner Willfür, ohne Verantwortlich: | gleichbedeutend mit Önuoxgarie) war das unter: 


feit, bebrüdten oder vertrieben die Neichen und | Icheidende Merkmal der Demokratie. 


Die Gleich: 


— 


1 


S 


Staatshaushalt. 


1143 


heit kann aber entweder zur der fein, d. h. in erträgliche Drud zur Reaktion führte. Die Reichen 


der Berhältnismäßigfeit der Rechte und Leiftungen 
beftehen, jo daß 3. 
welches größere Bllichten auferlegt, und von dem 
der Staat größere Leiftungen fordert, auch größere 
Rechte gibt, ald ein gen Beſitz. Dieje 
durch das oligarchiiche oder, wenn der Unterſchied 
der Berechtigung bejonders in Bermögensunter: 


ſchieden Liegt, durch das timokratiiche Prinzip ge: | 


mäßigte Demokratie wird wolırei« genannt, jo 
daß die Begriffe der Politie und Timofratie nahe 


verwandt find. Eine derartige Timokratie hatte 


Solon dur ES rıunjuere einge: 
richtet (ſ. Dvinj, 6.). ift aber nicht zu ver: 
fennen, daß von diejer günftigen Verfaſſungsform 
der Übergang zur ungemijchten Demokratie, in 
der das deıdus isor herrichte, d. h. in der alle, 
ohne Berüdjichtigung der Geburt oder des Beſitzes 
oder perjönlicher Vorzüge, volllommen gleich bes 
rechtigt find, jehr leicht ift. Denn der Unterſchied 
zwiſchen der Timokratie und Demokratie ift im 


Grunde nur ein quantitativer, während zwiichen 


Ariftolratie und jeder andern Verfaſſungsform ein 
meer Unterjchied bejteht, daher auch ber 
bergang von der ftrengen Wriftofratie zur Ti— 


mofratie jtet3 gewaltjam ift und die Berftörung | 


einer ftaatlihen Organijation erfordert. — Bes 
trachten wir nun die reine Demokratie, wie jie 
in Athen von SKleifthenes begründet, durch Ari— 
fteides weiter entwidelt, durch Perifles’ Maß— 
regeln, bejonders die Schwächung des Wreopags, 
von jeder Schranfe befreit war, J läßt ſich nicht 
verfennen, daß fie den Staat zu einer außer: 
ordentlichen Kraftentwidelun 
aber en der Schranfenlojigkeit der von dem 
ganzen 
einem rajchen und unaufhaltiamen Verderben ent- 
er Im ar ber ſchrankenloſen 

ewalt vergab das Bolf, daß in der Demokratie 
ihrer Idee nad) das Geſetz der Herrſcher jein follte. 
Es ſetzte fich durch Piephiimen bald über die Ge- 
jeße hinweg. Es benugte feine Gewalt zur Unter: 
drüdung der Reichen oder irgendwie Herborragen: 
den (Oſtraliſmos; über die Bedrüdung der Reichen 


befähigte, zugleich | 
olfe ausgeübten jouveränen Staatsgemwalt 


B. ein größeres Vermögen, | 
'edaı), die nur auf die Gelegenheit warteten, um, 





' Teil die Beute 


t 





ı Mittel gewonnen. 


vereinigten ji in Geheimbünden oder Coterien, 
Synomofien oder SHetairien genannt (j. "Eraı- 


bejonderd in Hoffnung auf jpartanijche Unter: 
ftügung, graufame Race zu üben. Auch ſie fielen 
infolge des durch die ruchloje Leidenjchaftlichkeit 
ihrer Herrjchaft gegen fie erregten Hafles, wie die 
Dreißig in Athen. Die innere Verderbnis brach 
aber nad) ihrefl Falle bald von neuem wieder 
ein; und jelbjt der Einfluß des gewaltigen De- 
mojthenes war nicht nachhaltig genug, um das 
Volk auf die Dauer aus der Schwäche und Ber: 
worfenheit zu fräftigem und patriotiihem Han: 
deln aufzurütteln. So wurden die Staaten zum 
raujamer Tyrannen, zum Teil 
dauerte die franfende Freiheit fort, bis fie alle 
ber Serrichaft des maledoniſchen Eroberers ver: 


fielen. 
Staatshaushalt, |) der RE l. Böchh, 
Staatshaushaltung der Athener. 3. Aufl. 1886). 


Die Aufſtellung eines regelmäßigen Finanzetats, 
wie in den neueren Staaten, mit Borheranjchlagung 
der Ausgaben und der Einkünfte, welche die Aus: 
aben zu deden haben, hat mwahrjcheinlich weder 
in Athen noch in irgend einem andern griechiichen 
Staate jemals jtattgefunden. Doc wurde durch 
Bergleihung der Rechnungen, die regelmäßig uud 
jorgfältig geführt wurden, ein genauer Einblid in 
die Bedürfniffe des Staates und in die Zuläng- 
lichfeit der zur Dedung derjelben vorhandenen 
Ergab ſich ein Mißverhältnis 
zwiichen Ausgaben und Einnahmen, jo mußten 
entweder die erfteren vermindert, oder die legteren in 
Zukunft durch Eröffnung neuer Quellen vermehrt 
werden. Bur —— augenblidlicher Bedürfniſſe 
wurden auch die Mittel des Staatsſchatzes zu 
Hülfe genommen, nach deſſen Erſchöpfung, bei dem 
Mangel eines regelmäßigen Etats, oft Verlegen— 
heiten der ernſteſten Art eintraten, die den Staat 
erade in entſcheidenden Zeitpunkten an freier 

ewegung und raſcher Entwickelung ausreichender 


Kräfte hinderten und ſo das meiſte zu dem Ver— 


durch Staatslaſten ſ. Leiturgia); die Demo: | 


fratie wurde zur Odjlofratie, 
Armen über die Reihen. Die Macht der Magis: 
ftrate wurde bejchränft, weil das Volk in feinen 
Berjammlungen (j. ’Errxinst«) möglichit viel 
jelbjt regieren wollte; ftatt der Wahl trat das 


demofratijche Los ein, die Zahl der Magiftrate ' 


wurde vermehrt, um möglichit viele daran teils 
nehmen zu lajjen; der Rat wurde zu einem Aus: 
ſchuß der Vollsgemeinde herabgedrüdt, die Leitung 
des Volkes ging von den 


Reduer über, die das Volk für ji zu gewinnen 


ur Herrſchaft der ' 
Dieſer Boten war jehr bedeutend, da es nicht 





2 auf bie‘ 


wuhten, und ein gewandter Demagoge wie Kleon, 


ber den Vollsleidenſchaften zu jchmeicheln verftand, 


falle des — Staates nach innen und außen 
beitrugen. — Ausgaben: A) Ordentliche: 1) Her: 
jtellung und Erhaltung der Öffentlichen Bauwerke. 


allein auf die Befriedigung der Öffentlichen Be: 


dürfniſſe des Staates im großartigiten Maßſtabe 


abgejehen war, jondern da auc die Madıt und 
der Glanz des Staates in der Herſtellung der 
herrlichſten Werke aus allen Zweigen der bildenden 
Kunft einen ihrer würdigen Ausdrud finden jollten. 
Zu den Bauwerken der erjten Art gehören die 
Dafenanlagen, dad Seezeughaus (sxevodrjan), die 
gewaltigen Befeftigungswerle; zu denen der zwei: 
ten Art die zahlreichen Tempel und andere Bracht: 
bauten, die der Verherrlichung des Kultus dienten, 


übte eine ebenjo jchrantenloje Herrichaft aus, als | die Bildjäulen, die Hallen, vor allen die Bauten 


wenige Jahre vor ihm der große Perifles, in dem auf der Burg. 


(Die Propylaien hatten allein 


alles Herrliche im Volksgeiſte ſich — hatte. ' einen Aufwand von 2012 Talenten, mehr als 


Da aber die Unterdrückung der 


eihen Durch 9 Millionen Mark, in Anfpruc genommen.) Für 


Vollsbeſchlüſſe noch nicht genügte, jo fanden fich die öffentlichen Werke gab es eigene zahlreiche 


in den Gerichten, die nichts anders waren als 


Behörden, imiordraı rar Inuociov Feywor (j. d.). 


Ausſchüſſe — —— die Sykophanten ein, Die Behörden übergaben den Neubau ſowohl wie 
e 


denen durch die Beſtechlichkeit und 


der Richter ein leichtes Spiel gegeben war (vgl. 


en Parteigeift | die Ausbefferung meiſt Unternehmern (doyokaßor, 


oyavar, wodwrei) zur Ausführung. Die Ober: 


11 Zuxogpdvrreng). — Natürlich war, daß der un: .aufficht führten durch Cheirotonie erwählte, ben 


— 


[54 


= 


— 


1144 


Epiftaten beigegebene Staatsarchitelten. 
dingung geſchah durch die Poleten. Bisweilen lie— 


Die Ver⸗ — 


| 


Staatshaushalt. 


7) der regelmäßige Aufwand für Heer umb > 
Flotte. Dahin gehört zunädft die Anjchaffung 


ferte der Staat einen Teil des Materiald. Die | von Rüftungen für die Armeren und Sklaven, 
Ausgaben für diefen Poften waren natürlich nach | (die Wohlhabenden bewaffneten fich felbit), die Be- 


den Bebürfniffen und den vorhandenen Mitteln 
verijchieden; wo die Einkünfte nicht ausreichten, 
nahm man aud die großen Mittel des Schaßes 
in Anspruch. — 2) die Boligei (über Straßen und 
Marktpolizei vgl. Ayogarsuoı und Aorvrvo- 
aoe), die fich namentlich auch auf die Beauffich- 
tigung der Fremden erftredte. Zur Handhabung 
der Öffentlichen Sicherheit diente die jpäter 1200 
Mann ftarke, aus Öffentlichen SHaven (Önusero:) 
beftehende Schar der roforaı (au Skythen ge 
nannt), unter Anführung von Torarchen (rö&aeyoı). 
Der Aufwand für diefe belief fich auf jährlich un- 
gefähr 36 Talente. — 3) die freier der Feſte, die 
aunäch der Berherrlichung des Kultus, ſpäter der 
Scyauluft des Volfes diente und ungeheure Sum— 
men verſchlang. Zur Beftreitung des Aufwandes 
diente zunächſt das Theorifon (dewgınor), gebildet 
aus den früher für die Kriegslaſſen beftimmten 
Überjhüffen der Verwaltung und dazu beftimmt, 
dem Volle das Eintrittsgeld zum Theater und 
zu den Spielen zu erftatten, Speifungen zu ver: 
anftalten u. dgl., eine perifleische Einrichtung, die 
mehr als alles Andere zum Verfall des Staates 
beigetragen hat. Die Verwaltung des Theorifons 
hatten eigene Beamten (iegorregs tür Hewgınar, 
auch unter andern Namen vorlommend). Der 
deshalb gefeierte Demagog Eubulos jehte jogar 
einen, Boltsbeihluß durch, nach dem der Antrag, 
die Überſchüſſe der Verwaltung wieder für die 
Kriegskaſſe zu verwenden, mit dem Tode beftraft 
werden jollte, aufgehoben im %. 339 v. E. auf 
Demofthenes’ Antrieb. Ferner dienten zur Dedung 
des Aufwandes verjchiedene Leiturgien, wie die 
Gymnaſiarchie, die Choregie u. a. (vgl. Leitur- 
gia) Die Verwaltung hatten unter fich ver: 
ſchie dene Zmıueintai, legonooi, Bonraı u. a. Be: 
hörden. — 4) Spenden an das Voll (diavouei, 
diaddceıg), z. B. Kleruchie (vgl. Kingovyia), 
Getreibeverteilungen und vor allem die jchon 
erwähnten berüchtigten, von Perikles eingeführten 
Theorifengelder. — 5) der Gold für die Buleuten 
(etwa 25 Talente), Richter (vielleicht 100 Talente 
und mehr) und die Volfsverjammlung (etwa 30 bis 
35 Talente jährlih; |. auch Bovin, Jınaarı- 
0» und ’Exrxinsıaorınor), ferner für die 
bejoldeten Behörden (öffentlihe Sachwalter und 
Neduer, jedesmal wenn fie für den Staat ſprachen, 
eine Dradyme), Gefandten, die ein Reiſegeld em- 
pfingen (Zpödıor, mogeiov), zu Ariftophanes’ Zeit 
2 oder 3 Drachmen täglih. Am Orte ihrer Be: 
ftimmung lebten fie als Gaftfreunde auf Koften des 
Staates oder Königs, an den fie gefandt waren; 
ferner für die 10 Sophroniften und die dmiono- 
or, auch wohl die Nomotheten; ferner für alle 
Diener der Behörden; dazu fommt noch der Sold 
für die @dvreror (f. d., etwa 5—10 Talente). — 
6) Öffentliche Belohnungen und Ehrenbezeugungen, 
3. B. arrmoıg Ev novraveio, Erteilung des golde- 
nen Kranzes an den Nat, an fremde Staaten, an 
Privatperjonen, Errichtung von ehernen Bildfäulen 
(Auszeichnungen, die erft fpäter häufiger vorkom— 
men; Demetrios, der Phalereer, erhielt in Einem 
Sahre 360 Bildjäulen), zuweilen Geldbelohnungen, 





Ihaffung der zahlreichen Bedürfnifie für die Flotte. 
Unter andern follten nach einem Gejeße bes The: 
miftofles jährlich 20 neue Trieren gebaut werden 
(über die Ausrüftung derjelben vgl. Leiturgiaı 
Ferner ift zu nennen der Sold, der im Frieden 
an einige 100 Matrojen, die Bemannung der Pa: 
ralos und der jalaminifchen Triere, fowie an die 
Neiterei, wenigftens gewiß an einen Teil derjelben, 
zur Verpflegung (siros Frmiog) gegeben wurde, 
wozu im Kriege noch der eigentlihe Sold kam 
Das Berpflegungsgeld betrug für den Weiter im 
Kriege wie im Frieden täglich wahricheinlich eine 
Drachme, im ganzen jährlih an 40 Talente; dazu 
fam noch die narderasıs, ein Zuſchuß zur Aus: 
rüftung der Reiterei. Die Unterhaltung der Bogen 
ichüßen zu Fuß und zu Pferde mag auch etiva 
15 Talente getoftet haben. — Nach der geringiten 
Schäßung muß man die Geſamtſumme der ordent 
lihen Ausgaben auf 400 Talente annehmen (an 
1 800 000 Marf, und bei dem höheren Silberwert 
wenigftens dreimal joviel wert, als eine gleiche 
Summe bei uns); diefelbe mochte aber gewiß oft 
bis auf 1000 Talente (etwa 4500 000 Marfı 
fteigen, eine für eine Bevölferung von 500 000 
Seelen jehr bedeutende Summe, deren Aufbringung 
notwendig zur Bedrückung der Reichen führen und 
bie Kräfte des Volles ausjaugen mußte. Bgl 
Böckh, Staatsh. 1 S. 280—355. — B) Außer: i 
ordentliche Ausgaben in Kriegszeiten. Dieje be: 
ftanden in den Koften für die Ausrüftung der 
ärmeren Bürger, für die Ausftattung der Flotte 
und für Bejoldung und Verpflegung der Truppen. 
Sie fielen, objhon man feine ftehenden Heere 
hatte, ſchwer ins Gewicht und wurden zu einer 
faft beftändigen Laft, da die Kriege beinahe immer 
—— Auch war die Zahl der Truppen im 
erhältnis zu der der Bürger ungeheuer. Die 
Macht der Athener muß fi, die Seemacht, in der 
fi) viele Metoiten und Sflaven befanden, ein: 
gerechnet, manchmal auf 90000 Mann belaufen 
haben (vgl. über die Art der Bewaffnung Exer- 
citus). Bei der Höhe des Soldes (vgl. Sti- 
pendium) waren die Koften außerordentlich. So 
laſſen jich 3. B. die Koften für die Beſoldung der 
90 000 Mann, die Athen im ficilifchen Kriege auf: 
jtellte, auf 3600 Talente (an 16 200 000 Mart, 
nach unjerem Geldwerte wenigftens 48 Millionen 
Mark) anichlagen. Was die Ausrüftung der Flotte 
betrifft, jo wurde zwar, wie wir oben ſahen, auch 
in Friedenszeiten der Bau von Schiffen nicht ver: 
nachläſſigt; natürlid; aber mußte, wenn ein Krieg 
u befürchten war, die Anzahl vermehrt werden, 
—* auch an der Ausrüftung noch immer manches 
zu vervollftändigen blieb. Zum größten Teile 
wurden die Koften der Ausrüftung durch die Trier: 
archie gededt (j. Leiturgia). — Zu allem dem 
famen nun noch die koſtſpieligen Feſtungs⸗ und 
Belagerungsarbeiten und Majchinen. Die zwei: 
jährige Belagerung von Botidaia foftete allein 
2000, nad einer andern Angabe 2400 Talente. 
Bol. Bodh, Staatsh. 1 ©. 355-406. — Ein: 7 
fünfte: Sie betrugen im J. 422 dv. E. im ganzen 
2000 Talente (etiwa 9 000 000 Marl). Zu Anfang 


wie die arjvurgw« für Entdedung von Verbrechen. des peloponnejiichen Krieges waren 6000 Talente, 


je 


Staatshaushalt. 
nad) dem Frieden des Nifiad 7000 im Schafe | 


angejammelt, unter Lykurg betrugen die jährlichen 
Einkünfte wieder 1200 Talente. A) Ordentliche. 
Eine Berjonenfteuer widerjprad den atheniſchen 


Grundjägen; auch die Vermögensfteuer kommt Zwecke gemeinjamer 


felten vor und gehört unter die außerordentlichen 
Einkünfte. Die ordentlichen Einkünfte laſſen ſich 
auf 4 Hauptklaſſen zurüdführen: 1) Gefälle (zEin); 
— 2) Strafgelder (ruurjuere) und konfiizierte Gü- 
ter (Önwörgara), j. Prozels, 15.; — 8) Tri- 
bute (pögor) und 4) die ordentlichen Leiftungen 
(Asırovgylar Lyabakıoı). 1) Zu den Gefällen ge: 
hören de Einkünfte aus den Staatögütern, den 
Böllen, der Perjonen- und Gewerbeſteuer (jo weit 
fie vorfommt). Die Domänen (audy die Gemein: 
den und Tempel hatten Grundbeſitz) beftanden in 
Triften, Forften (HAogod, Forftaufieher), Adern, 
Hänfern, Salzwerten, Bergwerten u. j. w. Die 
Häuſer wurden an Unternehmer (vadxingor) ver: 
pachtet, die fie dann im einzelnen wieder ver: 
mieteten. Die Pacht zahlten fie prytanienweiſe. 
Ähnlich bei andern Grundftüden; auch Theater 
waren verpacdhtet. — Die einheimijchen Bergwerke 
(ufral)a) waren die Silbergruben von Laurion. 
Dieſe waren fämtlih an Brivatperjonen in Erb: 
pacht gegeben worden und founten durch Erbichaft, 
Berfauf u. j. w. in andere Hände übergehen. Die 
Verwaltung aller öffentlihen Pachtungen aber 
hatten die Poleten unter Anfficht des Rats. Für 
das Recht zu bauen wurbe ein Kaufpreis und 
jährlich der vierundzwanzigfte Teil des Ertrages 
als Abgabe gezahlt. Zur Erbpadht waren nur 
Bürger und Jfotelen berechtigt. Außerdem hatten 
die Athener (durch Kimon, 463 v. E.) in Thrakien 
Bergwerfe erworben, darımter die reichen Gold: 
bergwerte in Skapte Hyle, die wahrſcheinlich in 
derjelben Art verwertet wurden wie die einhei- 
mijchen. — ber die Zölle ſ. Ayood und Ayo- 
oar6uoı, Senden, Elxoorn, ’Ellıulvıo». 
Bon den Gewerbeſteuern find mir micht weiter 
unterrichtet. — Über das Schußgeld der anfäfligen 
Fremden (uerodxıor) |. Ferog. — Noch wird eine 
Sflavenftener erwähnt, 3 Obolen auf den Kopf. 
Diejes reımßolor mußte auch der Freigelaſſene 
noch außer dem Schußgelde entrichten. Die Päch— 
ter aller diejer Einkünfte hießen reAaru. Gie 
hatten bei der Pacht Bürgen (Zyyvor, Zyyunzad) 
zu ftellen und hielten ſich, wenn fie micht ſelbſt 
die Einnahme beforgten, Einnehmer (dukoyeis, 
hıuevisrai, deraernköyor u. |. w.). Übernahmen 
Sejellichaften eine Pachtung, jo ftand an ihrer 
Spiße ein deghrns oder reAwrdoyns. Die Bat: 
zahlung (naraßoir relovug, naraßdlisır, nurı- 
Peivaı, dıahöcaı, krodoivar, xaraßallsr rüg 
naraßoids) geichah auf dem Rathauſe (zum Teil 
wohl jehon beim Antritt der Pachtung, meoxere- 
— Ging die Pacht nicht zur rechten Zeit ein, 
o wurde Friſt gegeben bis zur neunten Prytanie; 
nach Ablauf dieſes Termins verdoppelte ſich die 
Schuld; trat jetzt nicht ſofortige Bezahlung ein, 
ſo verfiel das Vermögen des Schuldners dem 
Staate. Auch konnte der ſäumige Pächter ohne 
weiteres Rechtsverfahren jofort gebunden und ins 
Gefängnis geworfen werden. — 2) Bon ben Ge— 
richtögeldern gehören Be: die Paraftafis, die 
Protanien, die Strafgelder, die mitunter recht be- 
deutend waren, und in gewiſſen Fällen die Pa— 


9 rafatabole (j. Prozels, 5.). — 3) Die Tribute 


1145 


(pögoı) der Bundesgenofien, eingeführt im Be- 
trage von 460 Talenten (durch Arifteides um 476 
v. E.), zumächft unter gemeinjamer, von Athen 
durch Hellenotamien geleiteter Verwaltung, zum 
erteidigung. Um 460 v. €. 
von Delos nad Athen verlegt (das Nähere j. unter 
Zvuuazxle), ging der Schatz ganz in die Hände 
der Athener über und wurde von ihnen, bejonders 
durch Perikles, zu ihren eigenen Zweden, nament- 
fich zur Berfchönerung der Stadt, angewendet. Die 
Summe der Tribute belief fich zu —— des 
peloponneſiſchen Kriegs auf 600 Talente. Durch 
Hinzukommen neuer und größere Belaſtung der 
alten Bundesgenoſſen wurde der Tribut nach und 
nach bis auf 1300 Talente erhöht. Denn die Zah— 
lungen wurden gewöhnlich alle 5 Jahre neu ge- 
ordnet. Bei der neuen Gründung der Symmachie 
nach der Anarchie (377 v. €.) erhielten die Bei: 
träge, um das verhaßte Wort Pogos zu vermeiden, 
den Namen ovrrdisıs (vgl. Zvunaygla). Ein 
rang der Tribute floh als draeyij in den 
ag der Athene. Die Einzahlung derjelben ge: 
ſchah regelmäßig im Frühling zur Seit der große 
Dionyfien. — 4) Leiturgien j. d. — Über deu Ge— 
winn des Staates aus den Kleruchien ſ. Aln- 
govzia. — Der Schaß, der aus den Überjchüfen 
gebildet und der Göttin geweiht war, wurde im 
ömıoHödouog ihres Tempels, des Parthenon auf 
der Burg, niedergelegt. (Auch andere Götter hatten 
einen Schaß, der von 10 aus den Bentafofiome- 
dimmen erlojten rawlaı verwaltet wurde.) Bgl. 
Böckh, Staatsh. I S. 407—596. — B) Außer: 
ordentliche Einfünfte. Dieje beftanden in der außer: 
ordentlichen Bermögensftener (eispoed) und ber 
außerordentlichen Leiturgie, der Trierarchie (i. 
Leiturgia). Was die Vermögensfteuer betrifft, 
fo wurde diejelbe in auferordentlichen Fällen zur 
Deckung der Kriegsbedürfnifie erhoben. Sie galt 
nicht als Perſonenſteuer, jondern wurde recht eigent: 
lich als eine Beiftener vom Vermögen angejehen, 
fo daf auch den, der fie jchuldig blieb, wohl Güter: 
konfiſtation, nicht aber die bei andern Gtants- 
ſchulden gejeßliche Atimie traf. Das erfte Bei- 
jpiel einer s/spogd, im Betrage von 200 Talenten, 
findet fih 428 v. C., wo die Belagerung von 
Mytilene die Kräfte des Staates —* angegriffen 
hatte TT’hue. 3, 19). Doch war ſchon die ſolo— 
nische Klafjeneinteilung auf die Ermöglichung dieſer 
Steuer berechnet. Nach 428 v. E. wiederholte fich 
diefe Steuer öfters. Befreiungen einzelner Bürger 
von diejer Steuer waren nicht ftatthaft; jelbit von 
dem Bermögen der Waiſen, die von den Leitur: 
gien befreit waren, war jie zu zahlen. — Die 
Grundlage für die Erhebung derjelben bildeten die 
ſoloniſchen Vermögensklaſſen (ruurjuar«) der Ben: 
tafofiomebimnen, Hippeis, Zeugiten, Theten, die 
legteren fteuerfrei (j. DBuvinj, 6.) Das Einfom: 
men der erften Klaſſe (wenigſtens 500 Medimnen, 
in Geldwert = 500 Prachmen) vertrat ein Kapital 
bon 6000 Dracdhmen, das der Ritter (300 Dr.) 
von 3600 Drachmen, das der Zeugiten (150 Dr.) 
von 1800 Dradmen. Bon diefen Vermögens: 
anjchlägen find nun die Schägungsanfchläge oder 
Stenerfapitale (auch rıurjuere) verſchieden. Solon 
beabfidjtigte nämlich eine progreifive Steuer, zu 
der das größere Vermögen verhältnismäßig ftärter 
als das geringere, deſſen Ertrag nad Behreitung 
der notiwendigen Lebensbedürfniſſe einen geringeren 


— 


— 


0 


1 


[57 


2* 


Cheirotonie erwählte gg war der öffentlichen | zu 
mueÄneng Tg xorwijg | vermehrter Streitkräfte eine enorme 


1146 


Uberſchuß gewährte, herangezogen wurde. Das 
Mittel, das er zur Erreichung dieſes Zwedes an: 
wendete, war nicht, da er von den Gejamt: 
fapitalien in den verichiedenen Klaſſen verjchiedene 
Prozentanjäge für die Steuern beftinmte, jondern 
daß er im dem unteren Klafjen nur von einem 
Teile des Kapitales, dem Steuerfapitale (riunue, 








zu rejp. 6000, 3000 und 1000 Drachmen), von 


allen Steuerfapitalien aber nad) gleichem Prozent: 
anfage die Abgaben erhob. — Zu ſchätzen hatte 


jeder fich ſelbſt, obgleich aud eine Nahihägung | 


(dmoriungıg) eintreten konnte. Zur Erleichterung 
der Erhebung wurde ein Grundfatafter, d. h. ein 


Verzeichnis der liegenden Gründe, angelegt, der 
jpäter in einen Bermögenstatafter verwandelt wurde. ' 


— Eine Veränderung der folonischen Einrichtung 
trat bei der Schägung unter dem Archon Naufi- 
nifos (377 v. €.) ein. Bei diejer galt in der 
höchſten Steuerflaffe der fünfte Teil des Ber: 
mögens (obsie) als Steuerkapital (rlunue), in den 
audern Klaſſen geringere Quoten des Gejamtver- 
mögens, aljo wurde doch das jolonifche Prinzip 
beibehalten. Die Summe von 5750 Talenten, die 
als Schätzung des Naufinitos angegeben wird, ift 
nicht das Gejamtvermögen (obei«), ebenjowenig 
die Gejamtjumme der elispop«, ſondern das ri- 
unue (jo daß alio das Geſamtvermögen des Lan- 
des auf mehr als 30 000 Talente geſchätzt werden 
muß). — Behufs diefer Beftenerung wurden nun, 
ähnlich wie es jpäter bei der Trierarchie geichah 
(j. Leiturgia), Symmorien eingerichtet, d. h. 
Abteilungen von ungleich Begüterten, die gleiche 
Steuern aufzubringen hatten, im ganzen 20, in- 
dem je 120 der Neichiten in einer Phyle 2 Sym- 
morien bildeten. In jeder Symmorie waren wieder 
15 der Reichften zu dem Steuervorihuß (meosıs- 
Pog«) verpflichtet. Auch alle übrigen nicht ſteuer⸗ 
freien Bürger wurden irgend einer Symmorie 
beigegeben, und den eigentlihen Symmoriten 
fam es zu, jeden nach jeinem Vermögen heran: 
äuziehen. Jede Symmorie hatte ihre Borfteher 
(nyeusveg), Kuratoren (meinte) und Reparti: 
toren (dieygapeis oder dmıypapeis). Obrigkeit: 
liche Behörde waren die Strategen. Der Antra 

auf Vermögensumtauſch war geftattet. Vgl. Bödh 

©. 618— 693. — Finanzverwaltung. Die 
Oberaufſicht über die gejamte Finanzverwältung 
hatte der Rat (j. Bovirj), natürlich unter Ver: 
antwortlichkeit. Namentlich ſtand ihm die Ber: 
pachtung der jämtlichen ordentlichen Einkünfte (j. 
oben 7 ff.) zu. Unter dem Rate ftanden die gm 
Boleten (zwinrai'), welche Berpacdhtungen und Ber: 
fäufe infolge von Konfiftationen zu bejorgen hatten. 
Strafgelder wurden von den Braftoren (modxro- 
oss) eingetrieben. Zuweilen wurden zu dieſem 
Zwecke auferordentlihe Kommiſſarien (imented, 
svAkoysig) ernannt. Der Schaf der Athene, ſowie 
der der andern Götter, wurde jeder von 10 durchs 
Los ans den Höchftbeitenerten gewählten Schap: 
meistern (rapie) verwaltet; DI. v4, 2 bis DI. 98, 4 
jedoch war die Verwaltung beider Schäße dem: 
jelben Kollegium von 10 Männern übertragen. — 


Die wichtigſte Finanzbehörde war (wenigftens jeit | 


der Mitte des 4. Yahrh.) der auf 4 Jahre durch 


Einkünfte (ranlag oder 
moos6dov oder 6 dni rg dorxnioeoug), eine Art 
Finanzminifter, der die ganze Verwendung der 








Staatshaushalt. 


Einkünfte zu leiten hatte. Zur Beihaffung außer: 
ordentlicher Geldmittel dienten die Poriften (me- 
esta). — Mit der Berwaltung der Gerichts: 
gelber, namentlich für die Speifung im Prytaneion 
und die Zahlung des Nichterjoldes, waren jeit 
Kleiſthenes die Kolakreten (xwiarpiraı, eine jehr 
alte Behörde, urjprünglich xolaygeraı, Sammler 
von Opferftüden) beauftragt. — Alle andern Ein: 
nahmen gingen den Apodelten (dmodexrar) zu, 
von denen fie dann den Verwaltern (rauiaı) Der 
einzelnen Kaflen zugeteilt wurden. Dazu kommen 


endlich noch die ſchon erwähnten verihiedenen Epi- 


ftaten, Epimeleten, Ergolaben u. j. w., jowie Die 


Beanıten des Theorifon. Bol. Bödh 
— 251. — II) der Römer. 


äußerſte zerrüttet und erichöpft waren. 


ten in Anſpruch 


pita, wodurch außerordentliche Ausgaben 


die indes, nach den Bebürfniffen der Staatsver- 
hältniffe öfter wiederlehrend und dadurd an ſich 
ſchon drüdend, in Zeiten der Not noch durch ein 
tributum temerarium (Cie. off. 2, 21) ver: 
mehrt wurde. Vebtered wurde auch jpäter mod 
nach Umftänden erhoben, doch verjtand ſich' der 
Staat zur Zurüdzahlung desjelben, im Falle die 
etwa gewonnene Beute es ermöglichte (Liv. 39,7. 
Dion. Hal. 5, 47). #eitweilig wurde von Zar: 
quinius Superbus mit Umgehung der jervianijchen 
Berfafjung das tributum in capita wieder cin: 
geführt (Dion. Hal. 4,43). Als indirekte Steuern 
(vectigalia) ftammten ſchon aus der früheren Kö— 
nigszeit die Hafenzölle (portoria), nachdem 
Ancus Martins die Hafenjtadt Dftia angelegt, jo: 
wie die Salzfteuer, welde an Privatleute ver: 
pachtet wurde. Mit Beginn der Republif über: 
nahm der Staat den Salzverfauf, mwodurd ſich 
denn der Preis billiger ftellte und namentlich die 
Armeren eine Erleichterung befamen. Außerdem 
wurde die Plebs noch weiter durch die pi un 
von den Safenzöllen, jowie von dem tributum 
den Batriciern günftig geitimmt (Liv. 2, 2). — 
In den erften Jahrhunderten der Republit mehr: 
ten fi) die Staatsausgaben mit der räumlichen 
Ausdehnung des Staates über Jtalien, dazu kam 
die — des Soldes (j. Stipendium), der 

Zeiten durch die Aufftellung und Poren 

a 
erreichte. Dem gegenüber ftanden eigentlich nur 
zufällige Einnahmen, wenn nicht etwa, wie 


1 ©. 207 
Bon den Anfängen 
eines geordneten Staatöhaushaltes kann erft im 
der letzten Zeit des römijchen Freiſtaats (durch 
Eäfar) die Rede fein, nachdem die Finanzen Roms 
durch die unaufhörlichen VBürgerfriege auf das 
Mit Be: 
ginn der Monarchie trat jedoch durch Auguſtus 
eine vollftändige Etatsaufnahme ein, wie er fie 
jelber in dem verloren gegangenen Breviarium 
imperii (Tae. ann. 1, 11. Suet. Oct. 28.101) auf- 
gezeichnet hatte. — Unter den Königen bis Ser- 
vius Tullius waren die Staatsausgaben großen- 
teils durch das Königsgut gededt, zumal periönliche 
Dienfte und Hülfe der Bürger bei öffentlihen Bau- 
genommen und geleiftet wurde. 
Außerdem zahlte jeder Familienvater eine Kopf— 
fteuer (viritim, Ziv. 1, 42), tributum in ca- 
gedeckt 
wurden. Dieje Kopfſteuer (über die vielfache Klagen 
laut geworden waren, Dion. Hal. 4, 43) hörte mit 
dem Genjus des Servius Tullius auf, und e8 wurde 
dafür eine mehr gleichmäßig verteilte Steuer nad 
dem Vermögen (tributum ex censu) erhoben, 


— 


—32 


16 


1 


1 


Staatshaushalt. 


Liv. 2, 9 angibt, der Baterlandsfinn der Batricier | 


den Ausfall der portoria und tributa durch Opfer: 
willigfeit dedte (ut divites conferrent, qui oneri 
ferendo essent). Bald aber eröffnete der bereits 
erworbene ager publicus eine reiche Duelle des 
Staatseinfommend (j. Ager publicus), und 
weiter mußte jedes neu unterworfene Volk die 
Koften der Unterwerfung zahlen; und was aufer- 
dem an Kriegsbeute, wozu auch die Menjchen 


- (ald Sklaven verkauft) gerechnet wurden, in reich: 


lichen Mafe in die Staatslafje flog, reichte zur 
vorläufigen Koftendedung weiterer Unternehmungen 
aus. Schon damald muß der ager publicus jo 
viel eingebracht haben, daß man zur Dedung des 
Soldes auf diejen fructus —* lonnte (Liv. 
4, 36. 69. Außerdem mußte allmählich ganz Ita— 
tien für Roms Erhaltung jorgen. Wille Unter: 
worfenen wurden tributpflichtig, "und die ihnen 
abgenommenen Acker, jowie die ausgedehnteften 
Weiden (pascus, saltus, silvae) lieferten den 
Zehnten (decuma) und das Weidegeld (scrip- 
tura), beide an publicani verpachtet. Dieje letztere 
Marge muß jchon in älterer Zeit nach Min. 
18, 3 jehr bedeutend gewejen jein (quia din hoe 
solum vectigal fuerat). — Als Roms Befig über 
Italien hinausging, mehrten ſich die Ausgaben 
dem entiprechend: e3 mußten militärische Verbin— 
dungsitraßen in entfernte Gegenden angelegt wer- 
den, Roms äußerer Glanz mußte dargeftellt, der 
Dank gegen die Glücksgötter dur) Tempel und 
öffentliche foftbare Spiele bethätigt, auch die aus: 
— Führer und Soldaten belohnt, und 
endlich noch der Hunger der zu unglaublicher Höhe 
herangewachjenen armen Bürgerbevölferung durch 
unentgeltliche oder billige Getreideverteilung ges 
ftilt werben. Die Getreidemittel konnte Stalten 
nicht mehr leisten, aber Sicilien und Afrifa mußten 
ausheljen, wie überhaupt nunmehr die Provinzen 
an die Stelle der früheren italiichen socii traten, 
namentlich jeitdem diejen Teßteren das römische 
Bürgerrecht erteilt werden mußte. Doc war, 
was den Provinzialen an direkten und indirekten 
Steuern auferlegt wurde, meiftens weniger, als 
was jie früher ihren Königen hatten zahlen müflen, 
darnach keineswegs an ji drüdend; nur durch 
die Sitte der Verpachtung diefer Abgaben an die 
publicani und durch deren nie ganz zu hinter: 
treibende Ausjaugung, ſowie durch die auf Geld- 
erwerb hinauslanfenden Chifanen der Statthalter 
und des gejamten Unterperjonals gingen die Pro- 
vinzen allmählich vollftändigem Ruin entgegen. 
Auch die Bergwerfe (metalla), joweit fie früher 
den Königen gehört hatten, wurden eine reichliche 
Einnahmequelle des römiichen Staates. — Dod) 
famen bei all diefem Überfluß dennoch Zeiten der 
Finanznot, wenn, wie im zweiten puniſchen Kriege 
durd Hannibal, die räumlichen Grenzen des rö- 
miſchen Gebietes beſchränkt und damit auch die 
Einnahmen gemindert wurden. Und dod mußten 
21 Legionen im Felde erhalten werden. 
wurde nad) der Schlacht bei Cannä ein doppel— 
tes tributum ausgejchrieben (Liv. 23, 31), 
außerdem noch außerordentliche Steuern für 
bie Flotte erhoben (Liv. 24, 11); ja ſelbſt Staats: 
anleihen mußten gemacht werden, als fich zu 
leicher Zeit in Philipp von Matedonien ein neuer 
‚Feind erhob (Liv. 31,13). Als Pfand der Staats: 
gläubiger wurde ein Teil der Staatsländereien 


ai 


1147 


verwandt. ber der glüdlihe Ausgang diejer 
Kriege brachte eine jolche unendliche Beute in die 
Staatsfafje, daß nicht bloß die Staatsichuld und 
jämtliche Kriegsfoften gededt wurden, jondern nad) 
der Befiegung des Berjeus (168 v. E.) das tri- 
butum, die Grumdftener, der römischen Bürger 
ganz aufgehoben werden fonnte (Cie. off. 2, 22. 
Av. 45, 39. 40. Plut. Aem. Paul. 38), und dieje 
Stenerfreiheit hat bis zum J. 293 n. E. gedauert. 
Durch die lex Thoria (ſ. Ager publicus, 4.) 
wurde 107 dv. E. der Zehnte des ager publicus 
abgeichafit (Cie. Brut. 36), zwar nicht aus pefu- 
niärem Überfluß, jondern in patriciſchem Jutereſſe; 
61 v. E. fonnten für Italien durch Metellus die 
portoria aufhören (Cie. ad Att. 2,16. Dio Cass. 
37, 51), während fie für die Provinzen von Be- 
ſtand blieben (Liv. 40, 51). Eine indisefte Ab- 
gabe, die vicesima manumissionum (über 
deren Urſprung j. Liv. 7, 16), deren Ertrag in 
ein bejondere3 aerarium sanctius zu bejonderen 
Bebürfnifien in Zeiten der Not floß und, weil 
jpäter in Gold bezahlt, aud) aurum vicesimarium 
hieß (Liv. 27, 10), blieb für immer. — In ben 
Zeiten der Republif lag die Finanzgemwalt in 
den Händen des Senats, welder die gejamten 
Staatseinnahmen verwaltete; die Cenſoren ent- 
warfen nur das Budget, und die Quäſtoren führ: 
ten die Kaſſe, beide aber hingen vom Senate ab. 
— Erjt unter der Kailerherrichaft gab es eine 
enaue Berechnung der Einnahmen und Ausgaben, 
owie eine richtige Ausgleihung derjelben. Die 
Brovinzialabgaben waren allmählich jchon in der 
lehten Zeit der Republik dur Eäjar geregelt und 
gegen die hergebrachten Betrügereien der Statt: 
halter und publicani möglichft ficher geitellt. 
Augustus ſchuf vollftändige Ordnung. Es wurden 
von den Brovinzialen in der Regel 2 direkte 
Abgaben erhoben, eine Kopfjteuer "und eine 
Grundſteuer. Die erjtere beruhte auf einer all- 
gemeinen Volkszählung und einem bejtimmt durch— 
geführten Ceuſus, der leßteren lag eine Kataftrie- 
rung aller Grundftüde (kultivierte) zu Grunde; 
diejelbe wurde ſelbſt dann erhoben, wenn der 
Beſitz in die Hände eines römischen Bürgers über: 
ging. Die Art der Erhebung war in den ver: 
ſchiedenen Brovinzen verichieden; entweder lieferten 
jie den Zehnten vom Getreide und ein Fünf: 
teil von andern Früchten, deren Eintreibung die 
publicani bejorgten, nachdem fie in Rom auf ein 
Luftrum eine beftimmte Summe an den Staat 
bezahlt hatten, oder die Gemeinden verjtanden ſich 
zu Ddirefter Geldzahlung au römijche Quäftoren, 
die auch zugleich die Kopfftener, tributum in 
capita, erhoben. Die Naturallieferung hieß vecti- 
gal incertum, da fie ji mad der jedesmaligen 
‚Ernte bemaß, die Geldabgabe vectigal certum, 
auch stipendiarium. Allmählich ging aud) die 
 Naturallieferung in Geld über, nur Afrika und 
Agypten mußten Getreide liefern, doch von da an 
nach einem bejtimmten unveränderlichen Kanon. 
Das Simplum der Grundſteuer mag nach Niebuhr 
und Savigny 1 pro Mille des Kapitalwertes einer 
Steuerhufe (caput, iugum) oder 2 Prozent des 
Ertrages a 5 Prozent betragen haben; Bejpafian 
erhöhte e3, in einigen Provinzen jogar um das 
Doppelte (Swet. Vesp. 16. Dio Cass. 66, 8). Im 
übrigen unterfagte Auguſtus jede ungerechtfertigte 
Bedrüdung der Provinzen und führte deshalb die 


| 








— 


8 


19 


20 


1148 Staalshaushalt. 


Zahlung eines beftimmten Gehaltes an die, Nerva änderte an diejer vices. hered. zu Gunften 
Statthalter und fonftigen Unterprovinzialbeamten | der Töchter und Mütter (Plin. pan. 37. 38), 
ein, allerdings, aber auch nur in etwas, eine Er: | Trajan erweiterte dieje Bergünftigung noch mehr. 
feichterung der Provinzen. — Eine weitere Ein: | Die Einziehung diejer Erbichaftsitener war, viel: 
nahme floß aus den Provinzen durd die Berg: | leicht in jedem einzelnen Falle, ebenfalls an pu- 
werte (metalla, aufer Metallen auch Marmor, | blicani verpachtet, die ſich dann mit dem Erben 
Kreide, Salpeter, Schwefel, Steinfalz u. |. w. ums | auseinanderjegten. Die aus diefem Modus nicht 
fafjend), die zunächſt freilich zum Teil auch noch | zu hintertreibenden Unzuträglidjleiten (Dio Cass. 
jept im Privatbefig ihrer bisherigen Herren blie: ‚69, 8. Spart. Hadr. 7) führten hernach (jeit Trajan 
ben, jedoch immer Sn in den Bereich des Staats: oder Hadrian) zu unmittelbarer Empfangnahme 
gutes gezogen wurden (Suet. Tib. 49. Tac. ann. durch faiferliche Beamte, stationes XX heredi- 
6, 19. Strab. 3, 148. 4, 208). Dieje öffentlichen tatum, welchen procuratores vorftanden. Ferner 
Bergiwerte wurden für’ eine bejtimmte Summe verordnete Auguftus die centesima rerum 
verpachtet (Plin. 83, 7); beifpielshalber brachten venalium (Tae. ann. 1, 78), eine Abgabe von 
die Silbergruben von Neufarthago nad) Poly: | allen in Rom und Stalien zu Berfauf geftellter 
bios (Strab. 3, 148) täglid 25 000 Dradymen — | Gegenftänden; Tiberius jeßte fie, als fich bie 
16 500 Mart ein, die afturifchen , galiziichen und | Staatseinnahmen durch die neue Provinz; Kappa— 
Infitanifchen Wäfchereien und Grube en gewährten | dofien mehrten, auf ', Prozent herab (Tae. ann. 
jährlich zwifchen 15 bis 18 Millionen Markt | 2, 42), erhöhte fie jedoch jpäter wieder (Die Cass 
Bruttoertrag an Gold (Plin. 33, 4, 78). Der 58, 16); dieſe, jowie Die vorige vices. h red. 
Berjuch, Soldaten zum Bergbau zu benugen (Tae. | et legat., dienten zur Dedung der Militärktoften 
ann. 11, 30), fteht nur einzeln da, mißriet auch | (aerarium militare), Swet. Oet. 49: vectigalia 
vollftändi Vergl. Binder, die Vergwerke im rö- | nova. Bei Verkauf von Sklaven wurden jedes 
mischen Ernte haushalt (1880 und 1888). — | don Auguftus 2 Prozent von dem Werte derſelben, 
Unter den nblreklen Staatdeinnahmen (vec- | ja jpäter jogar 4 Prozent, vectigal quintae 
tıgalia) Tieferten die Zölle (allgemein portoria | et vicesimae venalium maneipiorum, 
enannt, nicht bloß Eingangszölle in die Häfen, | erhoben, vom Käufer zu erlegen (Dio Cass. 55,31), 
bo ndern auch im Innern des Landes an den | nach Neros Beitimmung vom Berfäufer ( "Tae. 
Thoren der Städte erhoben, Wege: und Brüden: | ann. 13, 31). — Bon aufßerordentlichen Ein: 
gelder) eine bedeutende Summe. Zu Grunde ge: | nahmen, vorübergehende abgerechnet, waren bi: 
legt war ein Eingangszoll von 2", Prozent, die | wichtigften erftens die dem Kaiſer durch Teftamente 
Luxuswaren Indiens zahlten 25 Prozent. In den | ausgejepten Erbſchaften und Legate (vgl. oben;, 
Provinzen waren dieje Zölle wiederum an "publi- | _ eine Ehre, hernach eine Forderung der Kaiſer, 
eani verpachtet, deren unverjchämtes Ausjauges | und zweitens die Strafgelder und Güterkon— 
inftem (immodestia) zur Zeit Neros jo ſchwere fijfatiomen, bejonders infolge der Majeftätsver- 
Klagen laut werben ließ, daß bderielbe ernftlich | brechen ; tyranniſche Kaijer fteigerten diefe außer 
damit umging, jämtliche Zölle im ganzen Reiche | ordentlichen Einnahmen durch den gröblichiten 
aufzuheben, und nur durch die ernfteiten Bor: | Mißbrauch, wie Caligula. Außer den nach der 
ftellungen des Senates davon zurüdgehalten werden lex Papia Poppaea wegen Kinderlofigteit an den 
fonnte; doch die ärgſten Übervorteilungen (quadra- | Staat fallenden Erbihaften (Tac. ann. 3, 28) 
gesima quinquagesimaque, 2", und 2 Brozent, | wären noch zu erwähnen das bei Triumphen der 
vielleicht die Cie. Verr. 3, 78, 181 aufgeführten | Kaifer gewöhnliche Ehrengejhent zur Anfer: 
Sporteln der publicani) fielen fortan (Tae. ann. | tigung goldener Kronen und die Neujahrsge 
13, 50. 51). Die portoria waren auch für me. für den Sailer (Suet. Oct. 57. Tib. 34. 
Stalien wieder durch Cäſar eingeführt (Suet. | Calig. 42. Dio Cass. 54, 35. 57, 9. 60, 6). — Die * 
Caes. 43), und die Monardie, welche überhaupt —244 Staatsausgaben in ihren verſchiede 
feinen Unterſchied zwiſchen Italikern und Pro: nen Branchen find wir nicht imſtande auch mur 
vinzialen anerfannte, behielt diejelben bei, fügte | annäherungsweije zu beftimmen. u. ift vom 
jogar noch weitere Abgaben, die namentlich Rom Verſchiedenen nad zum Teil vagen Angaben der 
und Italien trafen, hinzu (Ddio Cass. 47,16. 48,34. | Quellen verfucht worden. Den Militäretat unter 
App. b. e. 4, 5. 5, 67), nachdem jelbft das tri- | Auguftus berechnet Hocd (röm. Geſch. 1, 2 ©. 296) 
butum ex censu jeit 43 v. C. wieder in Ita— 7 etwas über 31 Millionen Mart jährlich, und 
lien erhoben wurde. Mit Beibehaltung der vi- | die Getreideſpenden etwa regelmähig 6 Millio- 
cesima manumissionum, Die jeßt weniger nen Mark (wahricheinlich viel höher. Was aber 
einbrachte, als jonft, weil die Freilaffungen jeltener | weiter insbejondere die Gchalte für die —— 
wurden, führte Auguſtus 6 n. C. die vicesima | Beamten und die Provinzialbehörden koſteten, 
hereditatum et legatorum ein, eine Erb- | nicht zu berechnen, ebenfowenig die Ausgaben * 
ſchaftsſteuer, die von allen Hinterlaſſenſchaften, | die Marine, die ftäbtiiche Polizei und perſönliche 
namentlich von folchen, welche nicht an Bluts: | Sicherheit des Kailers, die Summen für die Be- 
verwandte fielen, zu entrichten war (Dio Cass. Tuftigungen des Bolfes, für die großartigen Bauten 
55,25. Suet. Oct. 49). Bei der allgemeinen römi- | der Hauptftadt, für die Heeritraßen und das ganze 
ichen Sitte der Reichen, ihre Freunde durch Legate | Poftwejen. .r famen noch die vielen, oftmals 
zu bedenfen, war diefe Steuer von hohem Ertrage, | wiederholt verliehenen Unterftügungen vornehmer 
wie 3. B. ſolche von den 225 Millionen Mark | verarmter Familien zur Yu tung ihres 
Legaten, die en laut jeines Teftamentes | Standes, jowie die Vorſchüſſe bei allgemeinen 
während feiner Regierung empfangen zu haben | Geldfrifen, wie fie namentlich Tiberius wieder: 
verficherte, allein zwifchen 11 und 12 Millionen | holt aus dem von ihm erjparten Staatsjchag von 
Mark betragen haben würde (Suet. Vet. 101). | 375 Millionen Mark (Suet. Calig. 37. Dio Cass. 














Staatspächter — Statii. 


59, 2, leßterer etwas abweichend) zinjenlos vor— 
ftredte. 
famtjumme der notwendigen Staatsausgaben 
hat uns Sueton (Vesp. 16) von Veſpaſian über: 


liefert: quadringenties milies (40 000 Millionen | 


Sefterzen = 6600 Millionen Marf) opus esse, 
ut respublica stare posset; indes dieſe Summe 
wird wohl mit Recht als eine unerſchwingliche an- 
gezweifelt, aber doch ift die Mutmaßung: qua- 


dragies milies (660 Millionen Mark) zu unficher, 


als daß darauf hin überzeugende Berechnungen 
angeftellt werden dürften. — Über die verjchiebenen | 
Finanzlaffen j. Aerarium. Eine Zuſammen— 
jtellung ſämtlicher indirefter Steuern ſ. Vecti- 
galia, der direften j. Tributum, 
außer Hoed noch Huſchle, Cenſus der Steuer-Berf. 
der fr. römijchen Kaiſerzeit; v. Savigny, römische 
Steuerverfafjung, Verm. Schriften I ©. 67—215; 
vor allen Marquardt, römijche Staatöverwaltung, 
Bo. li. Seances et travaux de l’Acad&mie des 
seiences morales et politiques, T. XXII p. 779 
und XXIII p. 465 ff. (1885). 

Staatspächter |. Staatshaushalt |, 8, 
II, 15. 16. 

R Staatsschreiber j. T’gauuersvg und Scri- 

ae, 2. 

Staatsschuldner j. Arıuda. 

Staberii. ®enannt werben nur: 1) 2. Stab,, 
Anhänger bed Pompejus und Befehlähaber des— 
jelben zu Apollonia, welches er bei Cäſars An— 
näherung 48 vd. C. verließ. Caes. b. e. 3, 12. 
2) ein reiher Mann bei Horaz (sat. 2, 3, 84). 

Stabiae, Stadt Campaniens, en Bom- 
peji und Currentum, am Mons Lactarius nahe 
der Küfte (j. Neapolis). Nachdem fie jchon von 
Sulla im Bundesgenofjenfriege fait gang zeritört 
war, wurde fie 79 u. C. durch den Ausbruch 
des Veſuvius verjchüttet. Or. met. 15, 711. Plin, 
31,2, 5. 32, 2, 8. Plin. ep. 6, 16, 12. Jetzt liegt 
dort die Feſtung Eajtellamare. 

Stadium j. Gymnasium und Malse, 

Stageiros, Zrdyeıpos oder 7; .- LIrdysıpa, 
Stadt der mafedonijchen Halbinfel € altidike, zwi: 
ſchen dem See Bolbe und dem Steymonijchen 
Bujen, nad) Thufydides (4, 88) eine Kolonie der 
Andrier; berühmt bejonders als Geburtsort des 
Philojophen Ariftoteles (6 Zraeysıgdrns), durch den 
die Wiederherjtellung der von Philipp zerftörten 
Stadt veranlaßt wurde (Plut. Alex. 7); j. Ruinen 
bei Nizvoro. 

Staiönus, jabellijcher — hatte ſich wills 
fürlih den Namen C. Alius Pätus u 
aljo in die gens Aelia eingedrängt, in die er 
nur durch Adoption hätte kommen können. In 
Rom befleidete er (wohl im 3. 77 v. E.) Die 
Onäftur, in welcher er einen Aufftand unter dem 
Heere anftiftete. Im J. 76 vertrat er die Sache 
in betrefi der Güter ſeines Mündels, wobei er 
eine bedeutende Summe unterichlug, und 74 lieh 
der bei jeiner Verſchwendung ſtets in Not befind- 
liche Stajenus (j. Statii, 1.) fich in einem Pro: 
zejle als Richter von Oppianicus beftechen, eigent- 


Nur Eine direlte Angabe über die Ge— 





| 
| 


1149 


Argonaut, von Chryſothemis Vater der Rhoio, 
Molpadia und Varthenos. Uber Rhoio j. Anios. 
Ihre Schweftern jollten den Wein ihres Baters 
bewachen, jchliefen aber dabei ein. Inzwiſchen 
famen Schweine und verjchütteten und verdarben 
ben Wein. Deshalb flohen fie und ftürzten fich 
von einem Felſen hinab; aber Apollon rettete fie 
und verjebte die Parthenos nad) Bubaftos im 
Cherſones, wo fie ein Heiligtum erhielt. Molpadia 
wurde unter dem Namen Hemithen nach Kaſtabos 
im Cherjones gebracht, wo man jie als Heilgöttin 
verehrte und ihr ftatt mit Wein mit Honigwafler 
| fibierte, Diod. Sie. 5, 62. 

Stasänor, Zensdvog, ein Kyprier aus Soloi, 


— Bol. | erhielt, von Alexander dem Gr. in die Schar der 


Edelfnaben aufgenommen, die Statthalterjchaft von 
Ariana und Drangiana und bei der Teilung von 
Triparadeijos dafür Baltrien und Sogdiana, wo 
er ſich auch nadı Eumenes’ Tode, auf deſſen Seite er 
geftanden, gegen Antigonos ————— Arr. 3,29. 
4, 18.6,27.29. Diod. Sie. 17, 81. 18,3. 39.19, 48. 

Stasdas, Zraofas, aus Neapel, ein Peripate— 
tifer, der längere Zeit in Rom verweilte und mit 
M. Piſo und Eicero befreundet war. Cie. de or. » 
1, 22, 104. fin. 5, 3, 25, 75. 


Stasinos j. Epos, 4. 
Stataria (comoedia). Nad der größeren oder 
eringeren Zeibenjchaftlichkeit der auftretenden Ber 
—— haben Donatus und Calpurnius die römi— 
ſchen Komödien in motoriae, statariae und mixtae 
eingeteilt. Die Stüde des Plautus find darnach 
meift motoriae (Captivi und Trinummus stata- 
riae), die des Terenz mixtae; der Phormio jedoch 
eine motoria, der Heautontimorumenos eine sta- 
taria, Darnad) wurden auc die Schaufpieler und 
ipäter die Redner in statarii und motorii eins 
geteilt. Quint. 11, 3, 178, Cie. Brut. 116, 239. 

Stateira, Zrdirsıgn, 1) Gemahlin Artagerres’ II. 
Mnemon, erregte den Haß und die Eiferſucht ſeiner 
herrſchſüchtigen Mutter Paryſatis und wurde von 
derjelben vergiftet. Plut. Art. 5. 18. — 2) Ge: 
mahlin des Dareiod Kodomannos, wurbe in der 
Schlacht bei Iſſos gefangen und ftarb bald nach— 
er. Plut. Alex. 30, — 3) Tochter des Dareios 

Lodomannos, wurde von Alexander bei der großen 
Hochzeitäfeier zu Suſa (324) zu feiner Gemahlin 
erhoben, aber nach jeinem Tode von der Norane 
im Einverftändnis mit Perdiklas aus dem Wege 
geräumt. Just. 12, 10. Plut. Alex. 70. 77. Died. 
Sie. 17, 107. Curt. 4, 5. 

Statör j. Münzen. 

Statielli, -ellätes, -ellenses, Heine liguriſche 
Bölferidhaft, füdlich vom Padus, in der Gegend 
des h. Polenza und des Badeortes Acqui um 
Bormio, den man ſchon im Altertum als Aquae 
Statiellae fannte. Liv. 42,8. Cie. ad fam. 11, 11, 
Plin. 3, 5, 7. Strab. 5, 217. 

Statii, ein jabelliiches Geſchlecht. Dazu ge 
hören: 1) Stat. Albius Oppianicus, römis 
jcher Ritter, ermordete jeinen Schwager Aurius in 
jeiner ra Larinum, kehrte nach dem Siege 
Sullas, in defien Lager er fich geflüchtet, zurüd 


lih um andern Richtern davon abzugeben, behielt | und zwang, nachdem er 2 jeiner eigenen Söhne 
aber die ganze Summe für fich, die er fpäter, | umgebracht, feine Schwägerin Saffia, ihn zu ehe: 


jelbft angeklagt, zurüdgeben mußte. 

25, 68. 28, 78. 36, 99. Verr. 2, 32, 78. 
Staphylos, Zrdgväog (Traubenmann), Sohn 

des Dionyjos (oder Thejeus) und der Wriadne, | 





Cie. Ciuent. | lichen. Auf ihren Sohn A. Eluentius machte er 


einen Mordverjuch, um defjen Vermögen in jeine 
Hände zu bringen, worauf Cluentius den Stief— 
vater 74 v. E. anflagte, welcher, nachdem er ver: 


1150 


Statilii — Statua. 


geblich verjucht Hatte, durch Beſtechung der Richter Müller (1. Bd. 1870) umd Kohlmann (1879 — 84); 
({. Staienus) ſich zu retten, der Strafe ber Ber: | der Silvae von Marfland (1727; nener Abbrud 


bannung anheimfiel und im Erile (72) ftarb. Cie. 
Cluent. 9. 16. 28. 62. — 2) Sein Sohn, (Stat. 
Alb.) Oppian., Hagte, von jeiner 
beredet, 
und Bergiftung des Stiefvaterd an. Cic. Cluent. 
4.30.60. — 3) ein Sflave des D. Cicero, des 
jüngeren Bruders des Redners, wurde 59 v. E. 


Stiefmutter 
66 dv. E. den Eluentius der Beftechung | 


freigelaffen und erwarb fich großen Einfluß auf 


jeinen Patron, zum Ürger des Marcus Cicero. 


Er jcheint an der Trübung des Berhältnifies des 
Quintus zu feiner Gattin Bomponia, der Schtweiter | 
des Attieus, die mit Trenmung endete, nicht wenig | 


jchuld gewejen zu fein. Cie. ad Qu. fr. 1,1,1. 
2,2,3. ad Att.6,1,3. 15,16A,. — 4) Stat. 


Nachbar Eiceros auf dem Formianum. Cie. ad 
Att. 2, 14,2. 15,3. — 5) 2. Stat. Murcus, 
diente 48 v. E. unter Eäjar in Dricum, dann (46) 
in Afrifa (Cie. ad Att. 12, 2, 1), hierauf im J. 
44 in Syrien gegen Cäcilius Re bon welchem 
er geichlagen wurde. App. b. e. 3, 77.4, 58. Als 
aber der Prokonſul Caſſius — unterwarfen ſich 
ihm beide, 43. Cie. Phil. 11, 12, 30. Murcus, 
der fi den Mördern Cäjars angeichloffen, erhielt 
den Oberbefehl über die Flotte, jchlug die des 
Dolabella und die der Rhodier nacdeinander, 
wendete ſich gegen Brundifium, erjchwerte den 
nad) Makedonien hinübergegangenen Triumvirn 
Octavian und Antonius die Yufuhr, befiegte den 
Domitins Calvinus am Tage der erften Schlacht 
bei Philippi, 42, umd flüchtete nach der Nieder: 
lage ber Republifaner mit jeiner Flotte zum 
jüngeren Bompejus nad Sicilien, auf deſſen An: 
ftiften er micht lange nachher umgebracht wurde. 
Vell. Pat.2, 70.77. Dio Cass. 47,28. 30.33. 36, 47. 
48,19. App.b.c.4,82. 86. 100. 108. 115f. 5,2.70. 
— 6) M. Stat. Prijcus, ein Feldherr des 8. 
Verne, führte 159 n. E. den Krieg gegen Arme: 
nien und eroberte Artarata. — 7) P. Bapinius 
Stat., Sohn des gleichnamigen Lehrers des Do- 
mitian, geboren zu Neapel um 45 n. E., fam, 


nachdem er in Rom unterrichtet worden, frühzeitig 


bei Domitian in Gunft, wofür er in jeinen Ge— 
zn. durch Lobpreifungen ſich dankbar erweilt. 
Von Rom, wo er in mehreren Wettlämpfen den 
Sieg gevanın, begab er ſich nach Neapel zurücd 
und ftarb daſelbſt um das J. 96. Geime noch 
vorhandenen Gedichte find: 1) Thebais, an ber 
er 12 Jahre arbeitete (12, 811), ein epifches Ge: 
dicht in 12 Gejängen, worin er den Kampf der 
Söhne des Didipus vor Theben jchildert , ftofflich 
vielleicht eine Nachahmung der Thebais des Anti— 
machos (j. d.). 2) Achilleis, in 2 Büchern, aber un: 
vollendet und nicht einmal das zweite Buch be— 
endigt, Geichichte des Achilles. 3) Silvae, im 
5 Büchern, 32 Gedichte, das Beſte feiner Poefie, 
Ergüſſe augenbliclicher Eingebungen, meift in 
Diftihen. Seine Gedichte find freilich mach dem 
Charakter jeiner Zeit oft jchmwülftig und etwas 
getünftelt, auch im rhetoriihen Zone abgefaht 
und bisweilen ſchwer verftändlich, jedod wicht | 
ohne lebhafte und anziehende Schilderungen, in | 
denen des Dichters Gewandtheit und Bhantafie 
rühmlich hervortritt. — Ausgg. vom Lindenbrog | 


(1600), 3. Gronov (1653), Dübmer (1885) und | erfteren. 


Qued (1864); der Thebais und Adilleis von O. 


bals Seite traten. Plut. Fab 


1827), Sand (1817, unvollendet) und Bährens 
(1876). — 8) Statius Eäcilius, ſ. Caeei- 
lii, 24. 

Statilfi, 1) ein tapferer Marjer, wurbe bon 
Fabius Marimus hoch geehrt und blieb den Rö- 
mern treu, während jeine Landsleute auf Hanmi— 

.20. — 2)2. Stat., 
ein Genofje des Eatilina, weldhem die Aufgabe zu 
teil geworden, Rom in Brand zu ſtecken. Sail. 
Cat. 43. 55. — 3) ein Begleiter des Eato von 
Utica, dem er in den Tod gefolgt wäre, went 
nicht jeine Freunde es verhindert hätten, . 
darauf unter Brutus bei Philippi und fiel nad 


‚der Schlacht in die Hände der Feinde, Die ihn 
Seboſus, ein Freund des Catulus und läftiger 


| 





töteten. Plut. Cat. min. 65f. 73. Brut. 51. — 
4) T. Stat. Taurus, Unterbejehlshaber Orte: 
vians im Kriege gegen S. Pompejus 36 v. €. 
(App. b. e.5, 97 ff), nahm nach 2epidus’ Ab- 
jegung Sicilien und Afrifa in Beſitz, erhielt dann 
von Octavian 34 den Dberbefehl gegen die Dal- 
matier, two er fich jo anszeichnete, da er 31 das 
Landheer gegen Antonius befehligte, den er in 
einem MWeitertreffen befiegte. Dio. Cass. 50, 13. 
Vell. Pat. 2, 85. Nach der actiſchen Schlacht er: 
baute er in Rom auf Wunſch des Auguftus ein 
großes Amphitheater. Tac. ann. 3,72. Im J. 29 
gi er nach Hifpanien, bejiegte die friegeriichen 

ntabrer und andere Zölfer und wurde im S- 
26 Konjul mit Auguftus. Er genoß des Kaiſers 
ganzes Vertrauen. Dio Cass. 51, 20. 53, 28. 54, 19. 
— 5) T. Stat. Taurus Corvinus, ein reicher 
Mann, durch feine Mutter ein Anverwandter des 
Meſſala Corvinus, Konful 44 n. E., dann Statt: 
halter von Afrifa, wurde wegen jeiner Güter 
unter dem Borwande des Hochverrats und der Zau- 
berei auf Anlaß der jüngeren Agrippina vor Gericht 
gefordert, entzog fich aber dem Urteile durch Seibit- 
entleibung, 53 n. &. Tac. ann. 12, 59. 14, 46. 
Suet. Olaud. 13. — 6) Seine Tochter, Statilia 
Mejjalina, wurde nad Ermordung ihres Gatten 
Veſtinus Atticns die Gemahlin Neros und verfobte 
fi) nachmals dem Otho, nach defien Tode fie ihr 
Leben in einjamer Stille Fr ui haben ſoll 
Tac. ann! 15, 68. Suet. Ot 

Statio, 1) —— * —— — 2) mili: 
täriſcher Wachtplag und Poſten (in statione esse, 
stationem habere), ſ. Disciplina militaris, 7. 
— 3) Anhaltepunft der römtjchen Stantspoften, i. 
Mansio und Postwesen. — 4) ©iß einer 
Fiſtalbehörde, um die Einnahmen für den faiier: 
lichen Fiſtus zu bejorgen. 

Stationarins (miles). Erft in ber mittleren 
Kaijerzeit hatte man Polizeifoldaten, welche auf 
den Straßen Aufficht führten, Verbrechen nach— 
jpürten u. ſ. w., stationarii und curiosi genannt. 

Stator j. ro unter Zeus, 10. 

Statorli, 1) Q. Stat., diente unter den Sci: 
| pionen 213 v. E. in Spanien als Centurio und 
| übernahm eine Sendung an dem numidiſchen König 
Syphar zur Einübung feines Heeres. Liv. 24, 48. 
— 2). Stat., begleitete 203 dv. €. den Lälins 
zu Syphar, wobei er, um von leßterem wicht er- 
fannt zu werden, von Lälius ald SHave behan— 
belt wurde. Wahrideinfich war er ein Sohn bei 
Frontin. strateg. 1, 1, 8. 


Statüa, griechiich äyaaue, dvögıig, heißt ein 





Statuaria — Stereulius. 


jedes Standbild, mag es einen Gott oder Heros 
oder Menjchen darftellen, und mag es aus Metall, 
Stein, Elfenbein oder Holz gefertigt fein. Dieſe 


Statuen waren in Griechenland, Kleinafien und 
Italien jehr zahlreich: öffentliche Pläge, Straßen 
und Banwerfe waren vielfah mit benjelben ge— 





ziert. Die Figuren waren gewöhnlich nadt dar: 

eftellt, doch gab es auch befleidete, bejonders in 
Rom. Ihrer Größe nad; waren st. colosseae, 
in übermenfchlicher Größe, oder st. iconiene, in 
gewöhnlicher Größe, oder signa, fleine Stand: 
bilder unter der gewöhnlichen Größe. 

Statnaria, sc. ars, heißt vorzugsweiſe die 
Kunſt des Metallgufjes, welche bejonders in peter | 
chenland zu einer hohen Vollendung gelangte. 
Das Material dafür war meiſtens Erz, welches | 
man bejonders in Delos, Nigina und Korinthut | 
für diefen Zweck zu mijchen verftand. Eine diefer 
3 Miſchungen wurde gewöhnlich in den beiten | 
Beiten der Kunft zu Gußarbeiten verwendet. Doc | 
dieje Kunſt der Mifchung ging verloren, und man 
wußte fie jpäterhin nach Alerander dem Gr. nicht 
mehr nachzumachen. Auch Eijen, ſowie edle Die: | 
talle, Gold und Silber, wurden zu Bildiverfen 
verwendet, doc jagten Gußarbeiten von edlem 
Metalle mehr dem aftatischen als dem griechiichen 
Geſchmacke zu. Eiferne Bildfänlen goß jchon Theo: 
doros von Samos. Für die edleren Metalle war 
das Treiben mit dem Hammer die bei weiten ge— 
wöhnlichere Behandlung. Die Erfindung des Me- 
tallgufies wird dem Rhoikos und Theodoros aus 
Samos, um DI. 35 (f. Bildhauer 3.), beigelegt. 
Bei der Anfertigung des Kolofjes von Rhodos 
machte man zuerft ein thönernes Modell von ber 
Statue, zerlegte dieſes Thongebilde in mehrere 
Teile und go dieje einzeln. Für die Mugen der 
Statuen wurden immer Offnungen — in 
welche daun Augen ans anderem Metall a 
wurden. Außerdem war e3 gewöhnlich, die Attri: 
bute aus edleren Metallen anzujegen. So hat die 
Nite von Brejcia eine Kopfbinde von Silber. 

Status j. Capitis deminutio. 

Steiria j. Attika, 18. 

Steiris, Zreigis, Stadt in Phofis jüböftl. von 
Ambryjos, mit einem Tempel des Aſklepios, im 
zweiten phofifchen Kriege zerftört, dody wieder auf- 
gebaut. Paus. 10, 35, 9, 

Ernie, in Athen von Staats wegen errichtete 
Säulen, auf welche Gejege, Verordnungen, Rats: 
und Vollsbeſchlüſſe geichrieben waren, bejonders 
Schandjäulen, auf denen Strafurteile gegen Ab— 
wejende verzeichnet und Öffentlich ausgejtellt wur: 
den. Dies hie ornlırsvsche. Über den Ge: 
braud) der Stelen auf Gräbern j. Bestattung, 
Sepulerum und Columna. 


Stemmäta hießen bei den Römern die langen, 
mit Guirlanden verzierten PBergamentrollen, wor: 
auf im großen Zügen der Stammbaum der Fa— 
milie jtand, und die man an den Büften der Ahnen 
aufzuhängen pflegte, welche rings um das Atrium 
in ihren Nifchen (wediculae) ftanden. Plin. 35, 2. 
Übertragen hieß aucd der Stammbaum jelbit jo 
(Sen. ep. 44. Juv. 8, 1. Suet. Ner. 37. Galb. 2). 

Stentor, Zrerrwp, ein Grieche vor Troja von 
jo gewaltiger Stimme, daß jein Ruf lant tönte, 
wie der von 50 andern Männern. Hom. Il.5, 785, 
Er joll ein Thrafer oder Arkadier gewejen fein, 








1151 


der, mit Hermes in lautem Rufen wetteifernd, 
feinen Tod gefunden habe. 

Erevrogig Alzvn, ein durch den Fluß Hebros 
ebildeter See in der Nähe der thrafiihen Stadt 

inos, der mit dem Meere in Verbindung ftand. 
Hdt. 7, 58. 

Stenykläros j. Messenia. 

Stephänos, Zripavos, 1) Sohn des Thuky— 
bides aus Athen. — 2) Sohn des Menelles, aus 
dem attiſchen Demos Adarnai, gegen den Demo: 
fthenes jeine fünfundvierzigfte und jechsundvier- 
zigfte Rede hielt. — 3) Sohn des Antiphanes, 
ein Dichter der neueren Komödie, welcher in jeinem 
Drama Diloldaor die Sucdt der Athener, die 

partaner in ihren Äußerlichkeiten nachzuahmen, 
veripottete. Athen. 11, 469a. — 4) Rhetor und 
Verfaſſer eines Kommentars zu Wriftoteles’ Rhe— 
torif und Ethil, gehört ins Zeitalter der Byzan— 
tiner. — 5) Nechtsgelehrter, welcher dem Tribo— 
nianns bei Bearbeitung der Bandekten zur Seite 
ftand und eine griechiiche Paraphraje dazu lieferte. 
6) aus Byzantion, der legte Vertreter der 
aleranbriniichen Mathematik und Ajtronomie, lehrte 
unter 8. Heraklius (jeit 610 n. E.) in Byzanz. Er 
verfaßte außer einem, noch nicht ‚herausgegebenen, 
Handbuche der Aſtronomie vielleicht ein geogra- 
phiſches Werk in lerilaliicher Form, ’Edrind be- 
titelt. Das aus 60 Büchern beftehende Werk, von 
dem mur die Artikel Avun bis Aarıov in der voll: 
ftändigen Fafjung erhalten jind, war eine Kompi— 
lation ans vielen Werfen; einen furzen, dürftigen 
Auszug aus demielben, der noch vorhanden iſt, 
fertigte um das Jahr 700 der Grammatifer Her: 
molaos. Ausgg. von W. Dindorf (1825), Weiter: 
mann (1839) und Meinele (1. Bb. 1849). Ab— 
handlungen von Nieje (1873) und Uſener (1880). 

Zripevos, corona, ein Kranz, inde von 
natürlichen oder künſtlichen Blumen, die man als 
Scmud, in der Regel auf dem Kopfe, trug. Man 
hatte jehr verſchiedene Kränze, die ſich nach Stoff 
und Form unterjchieden; am beliebteften waren 
bei den Griechen die Myrtenkränze, in die man 
häufig Roſen, Beilhen, Oyakinthos u. a. Blumen 
einwand. Deshalb hie in Athen der Teil des 
Marktes, wo Kränze verkauft wurden, jchlechthin 
al wöggiwar. Ihr Verbraud war bei den Grie- 
chen jehr groß; fie fehlten bei feinem wichtigen 
Familienereignis, bei der Geburt der Kinder (war 
ein Knabe geboren, jo hängte man in Athen Oliven: 
fränze an die Thürpfoiten), bei Hochzeiten; dem 
Toten jeßte man einen ar. auf; man trug 
Kränze während der Feite und beim Opfer; bei 
Trinfgelagen hatte man wohl and) ar und 
Blumengewinde um Hals und Bruſt. Ahnliche 
Sitten waren bei den Römern. — In Athen war 
ferner der Kranz Zeichen der öffentlichen Thätig- 
feit und der Unverleplichkeit; Myrtenfränze trugen 
im Amte die Archonten, Ratsherren, die Redner 
in der Volktsverjammlung. Goldene Kränze wur: 
den vom Staate als Auszeichnung gegeben für 
bejondere Verdienſte an einzelne Bürger jowie an 
fremde Staaten. In Athen erhielt einen ſolchen 
der Rat nad) befriedigender Amtsführung. ©. 
BoviAnj,2.und Demosthenes. Über Ehrenfränze 
und Ehrenfronen zu Rom j. Dona militaria, 4. 

Stereulius, auch Sterculus, Sterculinius, 
Stercutius u. j. mw. genannt, der Düngergott der 
Nömer. Urfjprünglich war es ein Beiname bes 


— 


12 


1152 


Saturnus, aber er galt aud) als bejonderer Gott, | 
Sohn des Faunus, ald Picummus (ſ. Pilumnus), | 
Sohn des Picus. Das Dingen der Felder hatte 
ihn Herakles gelehrt, der e8 von Augeias gelernt | 
haben jollte. 

Sternbilder, signa, sidera, &orga, fodır, 
orjucre. Die Alten haben den Firfternhimmel 
nach Bildern eingeteilt, indem fie einzelne Grup- 
pen von Sternen mit Menfchen: und Tiergeftal- 
ten, zum Zeil auch mit Figuren von Werkzeugen 
und Gerätichaften umſchrieben. Dieje Methode 
der Einteilung des Himmels ift uralt und ftammt 
fiherlich aus dem Orient. Schon bei Homer fin: 
den wir die Namen einiger Sternbilder: die Plei- 
aden, Hyaden, ben Jäger Orion mit jeinem Hunde 
Seirios, Arktos, die Bärin, und Bootes oder 
Arktophylar. Bon einzelnen Sternen nennt er 
noch den Heiperos, ſ. Phosphoros. An jpäterer 
Beit zählte man gewöhnlich 48 Sternbilder, und 
zwar 12 im Xierfreis, 21 am nörblihen und 15 
am ſüdlichen Himmel. Die Sternbilder des Tier: 
freijes find: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, 
Jungfrau, Wage, Skorpion, Schüße, Steinbod, 
BWaflermann, Fiſche. Die nördlichen: der große 
und der Heine Bär, Drade, Kepheus, Kafjiopeia, 
Andromeda, Perjeus, Pegajos, das Heine Pferd, 
Triangel, Fuhrmann, Bootes, die nördliche Krone, 
Scylangenträger, Schlange, Hercules, Adler, Pfeil, 
Lyra, Schwan, Delphin. Die füdlichen: Orion, 
Walfiſch, Eridanos, Haje, der Heine und der grobe 
Hund, Hydra, Becher, Rabe, Sentaur, Wolf, 
Altar, der jüdlihe Fiſch, Urgo, die füdliche Krone. 
Über den Urjprung der Sternbilder befigen wir 
wenige Nachrichten; verjchiedene, namentlich der 
Tierfreis, ftammen wohl von den Babyloniern, 
In betreff ihrer Zahl, Namen und Geftalt finden 
ſich manche Schwankungen. Die Dichter haben 
ihre Namen und Entftehung mythiſch zu erklären 
geſucht; wir laffen die bedeutendften mit Rückſicht 
auf die Mythologie in alphabetifcher Ordnung nad) 
den deutihen Namen folgen. Adler, Aquila, 
Aerög, ein fliegender Adler, an der öftlichen Grenze 
der Milchſtraße, nad) DOften fliegend, mit einem 
Pfeile abgebildet (Cie. Arat. 372. Plin. 18, 27), 
entweder der Adler des Zeus (Ov. fast. 6, 196) 
oder der Adler, in den Hera den Merops, König 
von Kos, verwandelte. — Andromeda, eine 
liegende Jungfrau mit ausgebreiteten Armen, jüd: 
lid) unter der Kaſſiopeia, ſ. Andromeda. — 
Bär, a) der große, Ursa, Arctus maior, Yoxrog 
peydin, plaustrum, currus maior, Septentrio 
maior, äuade, auch Helike; die verwandelte Kal: 
lifto (j. d.), oder Megifto, oder Themifto, Tochter 
des Keteus, oder Helike, die Tochter des Lykaon 
oder des Dienos; jchon dem Homer befannt (II. 
18, 487. Od. 5, 273). Die Beinamen Parrbasis, 
Maenalia, Erymanthis (Or. trist. 1, 11,15. 8,11, 8. 
fast. 2, 192) find von den Bergen und .— 
Arladiens, der Heimat der Kallifto, entlehnt. b) der 
fleine Bär, Ursa, Arctus minor, Aonrog uıxgd, 
in der Nähe des großen, wie diefer aus 7 Sternen 
bejtehend, von denen der äußerjte im Schwanze, 
ber Bolarftern, Kynosura heißt. Kynosura h. 
eine idatische Nymphe und Amme des Zeus, von 
diejem als Bärin unter die Sterne verjeßt, oder 
eine Nymphe Phoinike, Geliebte des Zeus, von 
Artemis in eine Bärin verwandelt und von Zeus 
an den Simmel verjeßt. Die Namen Wagen und 


Sternbilder. 


Septentriones find von dem großen auf den klei— 
nen Bären übertragen. Beide zujammen heißen 
&uefeı, currus, plaustra, Septentriones, ursae, 
ferae. Sie waren für die Schiffahrt von der 
größten Wichtigfeit, weil fie nie untergehen. — 
Berenite, Haar der ®B., Coma, crinis, crines 
Berenices, IIAöxauoı Begeriung Ebepy£rıöog, 
in der Nähe des Löwen, zu Ehren der Schweiter 
und Gemahlin des Btolemaios Energetes von dem 
Mathematiter Konon jo genannt (Catull. 66, 1 ff.), 
von andern auch Haar der Ariadne. — Boötes, 
Boweng, der Dchjentreiber, der Führer des Wa— 
ens (Hom. Od. 5, 272. Ov. fast. 3, 405), auch 
Aextoügog, Arcturus, Agxropvilaf, Arcto- 
phylax, d. i. Hüter des großen Bären, genannt 
(Hesiod. opp. et d. 566. Or. fast. 2, 153; jpäter 
unterihied man Arcturus und Arctophylax jo, 
daß biejer das ganze Sternbild, jener den gr 
Stern Ddesielben bezeichnete), in der Nähe des 
roßen Bären, ein Mann, an der einen Sand 
Sagd unde (Ajterion und Chara), in der andern 
eine Keule haltend. Es ift ber verwandelte Arkas 
(Sohn der Kallifto), oder Lykaon, oder Jlarios, 
det Bater der Erigone. Or. fast. 6, 235. — Del: 
phin, JSeilpis, in der Nähe der Milchſtraße, der 
Delphin des Poſeidon, der die Amphitrite fand 
(. Amphitrite), oder einer der von Pionyjos 
(j. d.) verwandelten Tyrrhener, oder der Delphin 
des Arion. Ov. fast. 2, 113 ff. — Drade, JSec- 
»ov, Draco, auch anguis, serpens gemannt. 
Verg. @. 1, 244. Ov. met. 2, 138. 173. Der Kopf 
bes Drachen ift unter den Füßen des Serafles; 
e3 ift der Drache, der die Hejperidenäpfel bemwadhte, 
von Herakles erjchlagen und von Hera verftirmt 
wurde, oder der von Kadmos erlegte, oder Python. 
— Fiſche, gemiai pisces, ’/ydves, Sternbild des 
Zierfreijes, 2 durch ein Band vereinigte Fiſche 
— und Eros ſprangen einſt, von Typhou 
verfolgt, in den Euphrat und verwandelten ſich in 
Fiſche; zum Gedächtnis dieſer Begebenheit ent: 
ſtand ein Sternbild. Der ſüdliche Fiſch, piscis 
notius, austrinus, australis, unter dem Waſſer⸗ 
mann und Steinbod, joll die ins Meer gefallene 
Iſis oder Derketo gerettet haben und deshalb ver: 
ftirnt worden fein. — Fuhrmann, Auriga, auri- 
gator, "Hvloyog, ein fnieender Mann; in der einen 
Hand Steigbügel und Zaum, auf der linken Schul 
ter eine alte, an der linfen Hand 2 junge Biegen 
(haedi, Zgıpoı), zum Teil in der Milchſtraße 
wijchen Pleiaden und dem großen Bär. Es iſt 
Frichthonios (f. Erechtheus), oder Drfilochos, 
oder Myrtilos, oder Bellerophontes, oder Trochi— 
los, oder Hellas, der Wagenlenter des Belops. 
Die alte Biege, Capella, capra, Al, ift die 
Ziege der Nymphe Amaltheia, die auch jelbk 
Amaltheia heißt (j. Amalthea); fie heißt Olenia 
nach ihrem Vater Dlenos, oder nad) ihrer Heimat. 
dem achaiiſchen Dlenos, oder weil fie dwi rüs 
hltvns getragen wird. Sie ift ein sidus pluviale 
(Ov. met. 3, 594. fast. 5, 113), weil ihr Untergang 
in der Morgendämmerung für Griechen und Römer 


in einer ſtürmiſchen Jahreszeit erfolgte. — Her: 3 


cules, ein Inieender Mann (daher Er yörasır, 
Nixus, Nisus, Geniculatus, Ingenienlatus ge: 
nannt), mit ausgeftredten Armen, in der einen 
Hand eine Keule, in der andern eine Löwenhaut 
haltend, zwijchen Krone, Schlange, Ophiuchos, 
Leier, Drachen. Nach andern iſt es Keteus, Sohn 


&s 


2* 


Sternbilder. 


des Lykaon, oder Thejeus, oder Thamyris, Dr- 
pheus, Ixion, Bromethens. — Der Pfeil, sagitta, 
entweder der Pfeil, mit dem Serafles den Adler 
erlegte, der die Leber des Prometheus fraß, oder 
der Pfeil, mit dem Apollon die Kyflopen erſchoß. 
— Hund, Hundsftern, Sirius, a) der große H., 
Canıs, Canicula maior, Zeigiog, “dor, dereo- 


«bov (Hom. Il. 22, 29), ein fitrender Hund, öftlich 


unter Drion. Es ift der Wächter der Europa, 


von Minos oder Artemis der Profris, von dieſer 


dem Kephalos 


eſchenlt, von Zeus verftirnt, oder 
der Hund des 


tion, oder der des Ikarios, Maira 


(canıs Icarius, Ov. fast. 4, 939). Der Hundsjtern | 


Sirius, der hellſte Firftern am Himmel, bringt 
mit jeinem Frühanfgange die heißefte Jahreszeit, 
die Hundstage, mit fih. Um die verberblichen 
Wirkungen der Gluthige des Sirius abzuwenden, 
Berjengung des Landes, Krankheit und Tod von 
Menſchen und Vieh, ftiftete man an verfchiedenen 
Orten Griechenlands religiöfe Sühngebräude (i. 
Linos und Aktaion). — b) der Heine Hund, 
Canis minor, antecanis, /Igoxdor, ein —— 
Hund, ſüdlich unter den Zwillingen; bie Sagen 
vom großen Hund find auf ihn übertragen. — 
Date, Anguis, Serpens aquaticus, eine große 

lange, deren Kopf öftlich beim Heinen Hund 
über dem Aquator fteht. Sie wurde zugleich mit 
dem Raben (Corvus) und dem Becher (Crater) 
verftirnt; ſ. die Geſchichte Ov. fast. 2, 243 ff. — 
Jungfrau, Virgo, Ileg®irog, im Tierkreis, 
geflügelte Jungfrau. Sie ift Dile oder Aſtraia 
(j. Dike), oder Demeter mit der Ahre, Iſis, Tyche 
u. ſ. w. — Kajjiopeia, Kassıdzsız, Cassiopea, 
eine figende Frau in ber Milchſtraße zwijchen 
Kepheus und Andromeda. — Krebs, Cancer, 
Kuaenivog, Sternbild im Tierfreis, der Krebs, 
welcher den Herakles, als er die lernaiiſche Schlange 
befämpfte, angriff und beshalb von Hera unter 
die Sterne * ward. In ſein Sternbild ſind 
auch die Eſel und die Krippe (Aselli et: prae- 
sepe, Ovoı x«l Pdern) aufgenommen. — Krone, 
Corona, Zripavog, a) nördl. Kr., or. Pöpsıog, 
eine Krone mit Edelfteinen (Gemma), öftlich von 
Booted, Krone der Ariadne (Gnossis, Gmossia, 
Verg. @. 1, 222. Ov. fast. 3, 459), von Dionyſos 
bei jeiner Bermählung mit Ariadne verjtirnt; 
b) jüdlihestr., or. vorıog, am Beine des Schügen, 
die Krone des Schüßen, oder das Rad des Arion. 
— Löwe, Leo, Aw», im Tierfreis, der nemeifche 
Löwe, von Zeus verftirnt. — Orion, ein gemal- 
tiger Mann mit Gürtel, Schwert, Keule und Löwen: 
haut, zwijchen den Zwillingen und Eridanos, j. 
Orion. — Begajos, Equus, "Immog, nördlid) 
vom Wafjermann und von den Filchen, der Border: 
teil eines Pferdes. Es gilt auch für Melanippe, 
die Tochter des Eheiron. — Das Feine Pferd, 
Equuleus, yllaros genannt, ein Bferdelopf (Frmov 
ooroun), zwiichen Delphin und Begajod. — 
Berjeus, das Haupt der Medufa im der einen 
und die Sichel (falx, gen) in der andern Hand 
haltend, in der Milchſtraße, zwiſchen Andromeda 
und dem Fuhrmann. — Schlangenträger, Ogı- 
oöyog, Serpentarius, Anguifer, uitenens, ein 
aufrecht ftehender Mann, mit dem einen Fuße au 


dem Storpton, mit dem andern zwijchen Skorpion 


m Xierfreis, der vordere Teil ein Steinbod, der 


1153 


ı der Wage, weftlich vom Adler, nörblich vom Skor— 
| pion. wird gedeutet als Aſtlepios, der, von 
' Zeus mit dem Blig getötet, unter die Sterne ver: 
ſetzt ward, oder als Karnabon, König der Geten, 
‚der von Demeter geftraft ward, weil er den Tripto- 
lemos, der auf einem von Schlangen gezogenen 
Wagen zu ihm kam, feindjelig behandelt hatte, 
oder als Herafles, der am bithyniſchen Fluſſe 
Sangarios eine gefährliche Schlange tötete, oder 
als Triopas, König der Theffaler, der einen Tempel 
ber Demeter zerftörte, oder ald Phorbas, der Rho— 
dos von einer Schlange befreite u. j. w. Daher 
hieß Ophiuchos auch Ajklepios, Karnabon, 
Herakles, Triopas, Phorbas, Kadmos, 
Jaſon, Laokoon u. ſ. w. — Schütze, Sagit- 
tarius, Areitonens, To&örns, Sternbild im Tier: 
frei, ein Kentaur (Cheiron, Krotos), der den 
Bogen fpannt. Der Kentaur, ein ſüdliches Stern- 
bild, gilt auch für Cheiron oder für Pholos. — 
Schwan, Cygnus, Olor, Ales, Volueris, Ogviz, 
Köxvos, ein fliegender Schwan in der Milchftraße, 
der verwandelte Zeus, welcher die Nemeſis oder 
die Leda berüdte, oder der nach feinem Tode in 
einen Schwan verwandelte Orpheus. — Skor— 
pion, Scorpios, Zxopxiog, Nepa, im Xierfreis, 
der Skorpion, der ben Orion J Chios tötete. — 





Steinbod, Capricornus, caper, Alyönegws, IIdv, 


—— ein Fiſchſchwanz; er ſoll von Aigipan 
ammen, der mit Zeus am Ida erzogen ward 
und für ihn gegen die Titanen ſtritt. — Stier, 
Taurus, T«ögos, im Tierkreis, der vordere Teil 
eines Stier, der Stier der Europa (daher Age- 


Or. 
fast. 4, 717 ff.), oder ber Stier, den Poſeidon = 
Minos jchentte. An jeinem Rüden‘ ftehen die 
Pleiaden, am Kopfe die Hyaden. — Wage, Libra, 
Chelae, Jugum, Zouyös, Xnlaf, im Tierfreis, die 
Wage des Mochos, der Wage und Gewicht erfun: 
ben, oder der Dike. — Walfijch, Anros, Cetus, 
füdlih unter dem Widder, Egg born 
mit Füßen, hinten Fiſch, geiendet, um Andromeda 
zu verichlingen. — ajjermann, Aquarius, 
Tögoxoog, im Tierfreife, zwijchen dem Steinbod 
und den Fiſchen, ein knieender Mann, der einen 
Waſſerkrug ausgießt, mythologiſch vielfach auf 
Ganymedes oder Deukalion, der zur Zeit der 

| großen Waflerflut lebte, oder Kelrops, zu beifen 
Zeit man noch nicht Wein, jondern bloß Wajler 
bei den Opfern gebrauchte, zurückgeführt, wahr: 
ſcheinlich aus einfacher Bezeichnung des Regen: 
monats entftanden. Arat. phaen. 282 ff. Cie. n. d. 
12,44, 112. Hor. sat. 1, 1, 36. Ov. fast. 1, 652. 
2, 457. — Widder, Aries, Corniger, Laniger, 
Koıös, im Tierkreis, der Widder des Phrixos 
(Phrixea ovis, Ov. fast. 3, 852, pecus Athaman- 
tidos Helles, Or. fast”4, 903). — Zwillinge, 
Gemini, Ilövnoı, im Tierfreis, 2 ſich umfafjende 
Jünglinge, die Diosfuren, oder Herakles und 
—* on, oder Triptolemos und Jaſion. — Die 

ilchſtraße, Circulus lacteus, zbnLog yalaklaz 
(dia, molı6v ydıa), der weißliche breite Streifen, 
der ſich um die Himmelskugel zieht, den Äquator 


noreus, Tyrius, Ov. fast. 6, 712), oder Io 








fund die Effiptit durchichneidet und durch viele 


| Sternbilder geht, foll emtitanden jein durch die 


und Schügen ftehend und eine Schlange, die | ausftrömende Milch der Hera, als fie einft den 

ihm zwiſchen den Beinen liegt, in ben Händen | jungen Herafles, den Hermes ihr an die Bruft 

haltend, jüdlih unter dem Hercules, öſtlich von | gelegt, vom fich ftieß. Theophraft hielt fie für eine 
Realleriton des tlaſſ. Altertums. 7. Aufl. 73 


2 


1154 


Fuge, wo 2 Teile der Himmelskugel aneinander (daranf beruht das jchöne Drama bed Euripides, 
jtiegen, Pojeibonios für einen Erguß himmlijcher | Helena), und jo erhielt er jein Augenlicht wieder. 
Wärme, Demokrit ganz richtig für eine Aufhäufung | Nah Suidas erichlug ihn ein Räuber Hifanor; 
unzähliger, jehr nahe ftehender Sterne; Diobor | ein Grabmal hatte er vor dem ſteſichoriſchen Thore 


Sterope — Sthennis. 


lagt, daß e3 Feuer von feiter und Dichter Beſchaf— 
fenheit jei. | 

Steröpe, Zrspörn (Blitz, Glanz), 1) j. Plei- 
ades. — 2) Tochter des Afaftos. Apollod.3, 13, 3. | 
— 3) Tochter des Kepheus, Königs in Tegea. 
Als Kepheus fi) weigerte, mit Herafles gegen 
Lafedaimon zu ziehen, weil er einen Angriff ber 
Argiver auf Tegen befürchtete, gab Herafles der 
Sterope eine er ar die er von Athene 
in einer Urne erhalten hatte, mit der Beſtimmung, 
wenn die Argiver heranrüdten, die Lode dreimal 
über die Mauer in die Höhe zu halten. Dadurch 
ward Kepheus bewogen mitzuziehen und fand den 
Tod. Apollod. 2, 7, 8. — 4) Tochter des Pleuron. 
Apollod. 1, 7, 7. — 5) Tochter des Porthaon, 
von Acheloos Mutter der Seirenen. Apollod. 
1, 7, 10, 

Steröpes j. Kyklopen. 

Stertinii, 1) 2. Stert., verwaltete 199— 196 
v. €. das jenfeitige zes und ging dann als 
Gejandter nad) Makedonien, um den Frieden mit 
dem König Philipp abzujchließen. Ziv. 31, 50. 
33, 27 ff. — 2) Stoifer, befehrte den Damafippus 
und wird von Horaz (sat. 2, 3, 296) jcherzhaft der 
achte Weile (sapientum oetavus) genannt. — 
3) D. Stert., einer der bebeutendften Ärzte und 
Zeibarzt mehrerer Raijer. Plin. 29,1. — 4) Gaius 
St., Kein ruder, Arzt des Kaiſers Claudius, 
hinterließ ein großes Vermögen, ſ. Xenophon, 3. 
— 5) 2. Stert., ſchlug 15 n. €. die Bructerer, 
im 9. 16 die Angrivarier und nahm teil an ber 
Schlacht bei Idiſiaviſo. Tac. ann. 1, 60. 71. 2, 8. 
17.22. — 6) 2. Stert. Apitus, Konjul 92 n. C. 
römiſcher Dichter der Kaiferzeit und Freund des 
Martial (Mart. 9, 1, 1: sublimi pecetore vates). 

Stesagdras, Anoceyooces, Verwandter des äls 
teren Miltiades, beherrichte nad) defien Tode den 
Eherjones und wurde um 520 v. C. von einem 
Lampſakener ermordet. Hdt. 6, 38. 

Stesichöros, Zirneiyogos, aus Himera in Gi: 
eifien, berühmter griechiſcher Lyriker, zwiichen 
650— 550 v. E., jüngerer Zeitgenofje des Allman. 
Seine Familie ftammte aus der lokriſchen Kolonie 
Matauros in Unteritalien und leitete fi von 
Heſiod ab. Er joll urfprünglich Teiſias geheißen 
haben und erhielt den Namen Stefihoros, Chor: 
auffteller, von jeinem Gejchäfte, Chöre anzuordnen | 
und einzuüben, ein Amt, das jeinen Nachtommen | 
in Himera verblieben zu fein jcheint; denn ri 
werden noch 2 jüngere Dichter gleiches Namens 


au Katana, nach andern auch zu Himera. — Die 
horpoefie des Stefihoros ſchloß ſich noch eng an 
das Epos an; „ed war die epiſche Lyrik, alſo 
— das griechiſche Surrogat der germaniſchen 
allade“ (Sittl). Er wählte faſt durchgängig my: 
thifche und epiiche Stoffe (AP Zr Tlelle, 'INdov 
neooıs, Ogkorsın, Zxvlke, "Egipiie u. ſ. w.), an 
denen er fich jedoch nach jeinen Igriichen Zwecken 
manche Anderung erlaubte. Auch jeine Versmaße 
ftehen dem epiſchen Herameter nahe; ebenjo ift im 
jeiner Sprache der epische Dialekt nur mit wenigen 
Doriſmen untermiſcht. Stefichoros machte in der 
funftmäßigen Ausbildung der Chöre dadurch Epoche, 
daß er der Strophe und Antiftrophe die Epode 
zufügte. Bon den Gedichten dieſes größten Dich- 
ters Siciliens, der in ganz Griechenland, nament- 
lich aud in Athen, viel gelejen und bewundert 
wurde und den Ruf eines meliichen Homer er- 
langte, haben wir leider nur Bruchftüde (gefam- 
melt von Kleine, 1828, und Bergk, poet. Iyr. 
Graec. III p. 205 ff. der 4. Auft.). 
Stesimbrötos, Zrnolußgoros, aus Thaſos, 
Sophift in Athen zur Zeit des Kimon und Pe 
rifles, bejchäftigte Fin vorzüglich mit der Erflä- 
rung der homeriſchen Gedichte. Er jchrieb auch 
eine Schrift über das Privatleben des Themiftotles, 
Thufydides und Perikles, die, obwohl angelegt, 
weniger das Berbienft diefer Männer zu würdigen 
als allerlei Klatjchereien über biefelben zu ver: 
breiten, doch von Späteren (namentlih Plutardh), 
ja jelbft von Thufydides, benutzt worden zu fein 
icheint. Plut. .2. 24. Cim. 4.14.16. Periel. 
8. 10. 13. 26. 86. Die wenigen erhaltenen Brud- 
ftüde find gejammelt von Müller, fragm. hist. 
Graec. II p. 52ff. Bol. Mb. Schmidt, Perikles 
und fein Zeitalter, Bb. 1 ©. 183 ff. Bd. 2 ©. ıff. 
v. Te im Hermes, Bd. Xil 
361 ff. 


©. 

Stheino oder Stheno j. Gorgo. 

Stheneboia, Zdsveßora, Tochter des Jobates, 
in der Sage von Bellerophontes (f. d.) von den 
Tragifern an die Stelle der Anteia ‚gie Aus 
Liebe zu Bellerophontes gab fie fich jelbft den Tod. 

Sthenelos, Z9&vslos, 1) ſ. Perseus und 
Herakles, 2. — 2) j. Adrastos und Dio- 
medes. — 3) Sohn des Andbrogeos, Entel des 
Minos, Bruder des Alfaiod, den SHerafles auf 
feinem Auge gegen die Amazonen von Baros 
mitnahm und nebſt jeinem Bruder zum SHerricher 
von Thaſos machte. Apollod. 2, 5, 9. — 4) Sohn 


aus Himera erwähnt, der eine um 485 v. C., der | des Altor, Begleiter des Herafles gegen die Ama— 
andere 370 v. C. Die Nachrichten über das Leben | zonen, in Baphlagonien begraben, wo er den Xr- 
des älteren Stefichoros gen zum Xeil einen | gonanten erjchien. Apoll. . 2, 911. — 5) Vater 
fabelhaften Charakter. Seine Mitbürger joll er |des Kyfnos, der in einen Schwan verwandelt 
durch Erzählen einer Fabel vom Pferd und Hirfch | wurde. Or. met. 2, 367. — 6) Sohn des Melas, 
vor den ehrgeizigen Plänen des Tyrannen Phala- des Bruders des Dineus, von Tybens erjchlagen, 
ris gewarnt haben (Arist. rhet. 2,20). Die Helena | weil er mit feinen Brüdern fih gegen Oineus 
hatte er in einem jeiner Gedichte ala Urheberin | empört hatte. — 7) Tragifer in Athen, von Ari: 
ber Leiden des trojanijchen Krieges geläftert und ftophanes (Vesp. 1813) und andern Komilern 
wurde deswegen bon derjelben des Geſichts beraubt; ; öfters veripottet. Ariftoteles (poet. 22) nennt feine 
durch eine Traumerjcheinung der Heroine auf’jeine Dichtung ramsır). Db er noch anderes als Tragd- 
Läfterung aufmerkſam gemacht, jang er darauf | dien gedichtet, ift ungewiß. Athen. 9, 367 b. 

eine Balinodie, worin er erflärte, ein bloßes Trug: | Sthennis, Zddvrıs, ein Erzgieher aus Oln⸗ 
bild der Helena jei nah Troja entführt worden thos, Zeitgenoſſe des Lyſippos und Leochares. 








1155 


Plin. 34, 8,19. Paus. 6, 16,7. 17,3. Eines feiner : feiner Zeit waren ihm befreundet, und der Dich 
vortrefflihiten Werte war die wahrſcheinlich in ter Lucilius widmete ihm ein Buch jeiner Satiren 
Gemeinjchaft mit Leochares gearbeitete Statue des (Cornif. ad Her. 4, 12); andere, wie Barro und 
Autolylos, welche Lucullus von Sinope nad) Rom Cicero, vechnete er zu jeinen Schülern. Das Stu: 


Stichus — Stipendium. 


brachte. Plut. Luc. 23. Strab. 12, 546. 


Stichus, Sflavenname, nad) welchem ein Luft: 


jpiel des Plautus benannt ift. 

Stigma, das Brandmarkungszeihen auf der 
Stirne. Man brauchte die Brandmarkung fowohl 
zur Strafe (für calumniatores nad) der lex Rem- 
mia, ſ. Calumnia) als zur warnenden Der | 
mung, P B. F Sklaven, vorzüglich für die fugı- 
tivi (F), und für die ad metalla Berurteilten. 
Auch dieje legteren wurden im Geficht gezeichnet, 
erft jpät an den Händen und Ohren, Nach Bes 
getius (1, 8.2, 5) wurden in jpäterer Zeit auch 
die Refruten mit Punkten in der Haut bezeichnet, 
bevor fie den Militäreid ablegten. | 

Stiliche (Stilico), ftammte ohne — von 
einem der ſchon unter Conſtantin dem Gr. ins Reich 
aufgenommenen Vandalen und wurde wahrſchein— 
lih 35% n. €. geboren, vgl. Oros. 7, 38. Seiner 
Bildung nad ganz und gar Römer, trat er früh 
in Kriegsdienſte und gelangte unter Theodofius 
dem Gr. zu hohen Würden und großem Anſehen, 
jo daß er mit des Kaiſers Nichte Serena vermählt 
wurde (388), während der jpätere Kaiſer Honorius 
des Stiliho älteſte Tochter Maria und nad) deren 
Tode die jüngjte —— Außerdem hatte Theo⸗ 
doſius die Gemahlin Stilichos adoptiert. Bei 
ſeinem Tode, 395, übertrug ihm der Kaiſer bie 
Bormundichaft über den unerfahrenen Honorius, 
worauf Stilicho zunähft die Grenze gegen die 
Germanen ficherte, dann nach Dften 08 und ben 
Bormund des Arcadius, des älteren Bruders des 
Honorius, den elenden, jedoch verjchlagenen Rufi— 
nus, durch den Goten Gainad aus dem 
räumte, hierauf mit dem Weſtgotenkönig Alarich, 
welcher Griechenland mit jeinen Scharen über: 
ſchwemmt hatte, nad) jeiner Landung in Epeiros 


los, kämpfte (infol 
mijchen Minifters 
gejandten 
Gebirgen 


e 
J welcher die von ihm 
lfstruppen zurückrief) und den in den 


Weg | von Botidaia befam jeder Hoplit tägli 


am Pindos umd im Peloponnes, wenn auch erfolg: | fojtete. 


dium der Grammatik in Rom verdankt ihm, dem 
erjten römischen Vhilologen, jeine Blüte, wie er 
ſelbſt in den Wifjegichaften feines eigenen Volls 
wie der Hellenen wohl bewandert war. Cic. Brut. 
56, 205. Suet. gramm. 2. Die von ihm verfaß: 
ten Neben waren meift für hochitehende Trreunde 
beſtimmt; jeine jonftige jchriftjtelleriiche Thätigfeit 
erjtredte fi auf die Älteften Denkmäler römijcher 
Sprade, die Zwölftafelgejege und die Lieder der 
Salier, zu welchen er Kommentare verfaßte, ſowie 
auf die omdbien des Plautus. Monographie von 
van Heufde (1839). Mommfen, röm. Geſchichte II 
©. 425. 456 der 6. Aufl. 

Stilpon, Zrörov, aus Megara, Schüler des 
Euffeides, einer ber berühmteften Megarifer, Ber: 
fafier von 9 oder gar 20 Dialogen.’ Diog. Laert. 
2, 120. 

Stilus j. Pugillares. 

Stimüla, Name der Semele nach römijcher Aus: 
iprache (Simila vielleicht bei Ziv. 39, 12). Unter 
ihrem Einfluß wurden die dem befreienden Liber 

eweihten Bacchanalien kl denn Semele— 

one entfejjelt die weibliche Leidenſchaft. Einen 
Hain Hatte fie außerhalb der Stadt am Tiber. 
Or. fast. 6, 503 ff. 

Stipendium, von stips (Geldmünze) und pen- 
dere, hieß: 1) der militäriiche Sold (nıads). 
Die Athener bejoldeten ihre Heere jeit ber Beit 
des Perifles, und zwar mit 4 Obolen bis zu 2 
Drachmen (Reiter) für den Mann täglih. Der 
monatliche Sold für 1 Triere belief Ra auf 4000 
Drachmen bis 1 Talent. Bei der Belagerung 
1 Drachme 
für fi und 1 für feinen Diener, jo da allein der 
Sold während diejer Belagerung den Athenern 
für 6000 Manı und 27 Monate 810 Talente 
Nach dem peloponnefiichen Kriege bildes 


der Treuloſigleit des oftrö- | tem fich bei der großen Zahl von heimatlojen Ver- 


ü 
— eingeſchloſſenen Alarich ent: tus, 6ff. — 


bannten ſehr leicht größere Söldnerſcharen, die 
lediglich um Geld dienten, ſ. darüber Exerei- 
In Rom gab den Gold in der 


fommen lafjien mußte (Claudian. bell. Get. 517 ff. | älteften Zeit die Tribus, da dieje ihr Kontingent 


de IV. consul. Honor. 478 ff... 398 dämpfte er 
den Aufftand der Mauren unter Gilde. Um 400 
wurden jeine Zalente auf die höchſte Probe ge— 
ftellt, als Alarich und fait ee das Bar: 
barenheer unter Rhadagais in Italien einfielen. 
Unter heftigen Kämpfen juchte Alarich nah) Rom 
vorzudringen, wurde aber wiederholt, zulegt in 
der enticheidenden Schlacht bei Bollentia und Verona, 
geichlagen (402), während Nhadagais, ins Arno— 
thal gelodt, umzingelt und (405) mit einem großen 
Haufen Barbaren getötet wurde. Hatte auch Sti- 
licho jich den Dank des Kaiſers verdient, jo erlag 
er, gleich groß als Staatsmann wie als Feldherr 
und eine der legten Stüben des zertrümmerten 
Nömerreiches, doch den Intrigen jeiner Feinde 
am Hofe. Er wurde am 23. Auguſt 408 im Balafte 
feines Schwiegerjohnes zu Ravenna auf deſſen 
Befehl ermordet. 

Stilo, 2. Alius Bräconinus St, aus La- 
nuvium, geboren um 154 v. E., erlebte noch das 
Auftreten Eiceros. Mit Metellus Numidieus ging 
er 100 v. C. ins Exil. Die gelehrteften Männer 


unterhalten mußte. Ein Berge Sold (de pu- 
blico) wurde erjt jeit 406 v. C. in dem Kriege 
gegen Veji durch Senatsbeſchluß eingeführt, zus 
nächſt nicht auf den Tag oder monatlich, jondern 
| für den ganzen Feldzug, weshalb stipendia aud) 
| die einzelnen Feldzüge bedeutet (Tac. ann.1,17.35). 
Später berechnete man den Sold nach Tagen, auf 
'den Mann täglich 5 leichte Aſſes (Pol. 6, 39). 
Cäſar führte das Doppelte ein, 10 Afjes für den 
Legionar (Suet. Caes, 36; der Denarius hatte 
damals 16 Aſſes). So blieb es für die Folgezeit, 
nur für die Prätorianer beftimmte Augu wei 
Denare täglich (Tac. ann. 1, 17), nach Dio Cass. 
53, 11 urjprünglich nur 20 Afjes. Erſt Domitian 
erhöhte wieder den Sold der Legionare (Suet. 
Domit. 7), wahrjcheinfich auf 12 Afjes. — 2) Ber: 
mögensjteuer, und zwar zuerjt nur Kriegskontri— 
bution der bejiegten Völler, welche die Kriegs— 
foften, namentlich den Sold, erjegen mußten, wovon 
die Abgabe ihren Namen empfing. Liv. 2,18 u. , 
Dann nannte man auch die den Provinzen. auf: 
‚ erlegten. regelmäßigen Steuern stipendium (Cie, 
73* 








1156 
Verr. 3, 6), und die Zahlungspflichtigen hießen 


stipendiarii. 

Stipulatio, etymologiſch ein über Geld ge- 
ichloffener Vertrag, juriftiich ein durch Frage und, 
Antwort in Sponjtonsform (d. h. uriprün lic, 
denn fpäter waren bie Formen freier) geihlo ener | 
Vertrag. Der Fragende hieß stipulator, ber, 
Antwortende promissor, jener ftipulierte ſich 
etwas, diefer verſprach etwas. Derjenige, welcher 
einen ſolchen zwiſchen 2 Perſonen geichlofienen 
Vertrag auf ſich übertragen und ſich dasjelbe Ver: 
iprechen geben ließ, um im Notfall des Beteilig: 
ten Rechte wahrzunehmen, hieß astipulator. 
Häufig folgte nad der stipulatio eine restipula- 
tio, im welcher beide die Rollen wechſelten, und 


nun war es ber frühere stipulator, welcher etwas | 


verjprechen mußte. Cie. Rose. com. 13. Die auf 
Anordnung der Magiftrate oder Richter geichloj- 
jenen stip. Kan praetoriae, iudicjales, oft aud | 
eantiones (j. d.); die freiwillig eingegangenen 
nannte man conventionales, Der Urjprung der 
stip. ift wie der des nexum in der älteften Zeit | 
Roms zu ſuchen. 

Zrieyyig, strigilis, das Schabeifen, womit 





nach dem Ringkampf die Glieder von DI und 
Staub, nad jedem Bade von Schmuß gereinigt 
wurden. Es war ein löffelartig ausgehöhltes In— 
firument, aus Metall, Knochen oder Rohr, mit 
einem Griff verjehen. 

Stoa, orod, 1) die Säulenhalle. 
ed im Innern und Außern der Tempel; ebenjo 
umſchloſſen fie die Anlage des Wohnhaujes, das 
zen des Gymnaſiums, der Marftpläße der 

täbte. 
indem das Dad) von einer Wand auf der einen, 
von einer Säulenreihe auf der andern Seite ge 
tragen wurde. Die Hinterwand folder Säulen: 
gänge bot für bilbliche Verzierungen und Male: 
reien den paflendften Naum, 3. B. Darftellungen 


Deren gab| 


Sie wurden aber auch für fich gebaut, | ( 





aus der Geſchichte des Thejeus, des trojanischen 
Krieges, der 
Die orod heißt dımln, wenn auf beiden Seiten 
der Mauer eine Säulenreihe ftand; im Peiraiens | 
war eine oro& uexgd mit 5 Sänlengängen. Die 
oroc Baaileıog am Markt zu Athen war wahr: 
ſcheinlich durch 2 Säulenreihen in 3 Schiffe ge- 
teilt, von denen das mittlere einen halbfreis: 
fürmigen Abſchluß (dıypis, apsis) erhielt. Denn 
hiervon werden die Baſiliken der Römer abge: 
leitet, bei denen dergleichen Gebäude mit dem 
Forum unzertrennlich verbunden waren. Die erfte 
Bafilifa erbaute der Cenſor M. Borcius Cato 
184 dv. C. in Rom. Diefe Gebäude waren über: 


lacht von Marathon von Bolygnot. | 5 Juſeln vor der Süd 





dedt und meift nur nad) ber Seite des Marktes 
zum Teil offen. Sie dienten jowohl für den 
Berfehr der Bürger und Kaufleute in ungünftiger 
a als auch für Gerichtsverhandlungen. 
Für ribunal verlangt Vitruv die Form eines 
Segments. 
er zu '/, bis '/, der Länge. Die beiden Seiten: 
ichiffe werden als porticus bezeichnet und jollen 
'/, der Breite des Mittelichiffs haben. Dieſer 
Breite gleich joll die Höhe der Säulen fein. Über 
der unteren Borticus befindet ER eine zweite, deren 
Säulen um ’/, niedriger jein jollen. Den ſchmalen 
Seiten der Bafiliten wurden häufig noch Säle 
(Ehaltidifa) Hinzugefügt. Alle Räume waren mit 
Baltenlage oder Tonnengewölbe überdedt. Es 


Stipulatio — Stoiker. 


finden fi aber auch einichiffige und fünfichiffige 
Bafilifen mit anderer Konftruftion. Es haben fich 
aus diejen Gebäuden feit dem 4. Jahrhundert die 
riftlichen Kirchen entwidelt. Vgl. Basilika. — 
2) |. Stoiker. 

Stobaios, ’Judvrns Zroßaios, aus Stoboi in 
Makedonien, lebte wahrſcheinlich zwiſchen 450— 
500 n. E. Die Früchte jeiner umfangreichen Let: 
türe find in einer Ercerpten-Sammlung, Antho- 
logia, enthalten, welche er für jeinen Sohn Sep: 
timius beftimmt hatte. Das erfte Buch enthielt 
in 50 Wbjchnitten Auszüge phufiihen Inhalts; 
das zweite in 46 Abjchnitten zuerft Logiſches, dann 
Eihilches, ebenjo das dritte (42 Abichnitte) umd 
vierte (58 Abſchnitte). Uns fehlt der Anfang, und 
vom zweiten Buche find nur die erften 9 Abjchnitte 
erhalten. In den Handſchriften ift das Ganze in 
2 befondere Werte eingeteilt, von denen das eine 
in 2 Büchern „phyſiſche, dialektifche und ethiſche 
Eflogen“, das andere „Sermonen“ genannt ift. 
Jeder Abſchnitt führt eine bejondere Aufichrift, 
3. B. megl dgerüg, mepl naxlag u. ſ. w. Die Aus: 
—* find aus mehr als 500 grieifen Schrift: 


ellern entnommen, und ber diefer Samm:- 


lung befteht hauptjächlich in den zum Zeil jonft 


nicht mehr Itenen Bruchftüden, befonders von 


dramatiſchen Dichtern. Die Sermonen find eine 
Spruchſammlun 


daher vorzugsweiſe Anthologie 
(Artolöyıor) oder Florilegium betitelt. Ausgg. 
des Floril. von Schow(1791), Th. Gaisford (18247 ), 
U. Meinete (1855 ff.), der Eclogae von n 
(1792 ff.) und A. Meineke (1860 ff.) Treffliche 
Geſamtausgabe von C. Wachsmuth und O. Henſe 
1. und 2. Band, bearb. von Wachsmuth, 1884). 

Stoboi, Zrößor, die bedeutendfte Stadt der 
maledoniſchen Landichaft Paionia, am Erigon, zer: 
ftört im 4. Jahrh. n. E. von den Goten. 
Ruinen bei Gradsko. Liv. 33, 19. 39, 59. 40, 21, 
Strab. 8, 389. 

Stoechädes insülae, Zrorydöss vijooı, hiehen 

füfte Galliens, öftlich von 
Maffilia, deffen Bewohner fie bejegt hielten; es 
find die jegigen Hyeriſchen Infeln. Strab. 4, 184. 
Mela 2, 7, 20. Tac. hist. 3, 43. 

Stoiker, Zrwixoi, auch ol dx rg oroä&g Yuls- 
copo: genannt, hießen die Anhänger der Philo- 
ſophenſchule, welde Zenon von Kittion um 300 
v. C. in einer Säulenhalle (mon orod) zu 
Athen gegründet hatte. Die Tendenz ihrer Phi: 
lojophie war praftiih. Zwar haben die jpäteren 


Stoiler mandes Neue in die —— des 


Zenon aufgenommen, jedoch die Grundzüge und 
das Wejentliche des ganzen Syſtems ſtammt von 
ihrem Gründer. Am meiften hat zur Fortbildung 
und Bervollftändigung der ſtoiſchen Philoſophie 
Chryſippos aus Soloi in Kilifien beigetragen. 
‚Die Vruchftüde der ftoifhen Philojophie, welche 
‚fi bejonders bei Sertus Empiricus, Stobaios 


Die Breite des Gebäudes beftimmt | Plutardh, Cicero, Seneca vorfinden, find meift aus 


Chryſippos' Schriften genommen. Die Stoiler 
‚gaben in ihren Lehren und Borichriften micht jo: 
wohl Neues, jondern waren mehr darauf bedacht, 
das bereits in früheren Lehren und Syftemen Bor: 
handene für die Praxis nubbar zu machen. Na— 
mentlich benußten fie für diejen Zweck die jofra- 
tiiche Ethil. Sittlicher Heroismus, der vielfach im 
Rigorismus überging, ift der hervorftechende Cha: 
'rafter ihrer Philojophie. Sie teilten diejelbe nad 


Stola — Strabon. 1157 


dem Vorgange des Kenofrates ein: 1) in Dialektik Studium nur aus Liebhaberei und fuchten für Die 
(Rogif und Rhetorik); 2) in Phyſik (Biychologie römijche Rechtsfenntnis Gewinn daraus zu ziehen. 
und Theologie); 3) in Ethik (Moral und Politik). Auch bejchäftigten fie fich neben der ftoijchen Phi: 
Zur Dialektit gehörte bei ihnen auch Poetik und loſophie noch mit dem Studium anderer philo— 
Mufit; die Logik war eine unentbehrlihe Wiſſen- | jophiicher Syfteme, z. B. Eicero. Namhafte Stoifer 
ichaft, da von ihr richtiges Denken und gutes | unter den Römern waren in jpäterer Zeit Seneca, 
Reden mejentlih abhing. Sie ging von einer ı Lucanus, Cornutus, Perſius, Thrajea Pätus, 
Theorie der Vorjtellungen aus, welcher Chryjippos | Marcus Aurelius Antoninus. Unter den ſpäteren 
eine Zehre von der Bezeichnung der Vorftellungen Griechen find zu nennen Epiltetos, Arrianos und 
vorausgeſchidt zu haben jcheint. Ju der Phyſik Sertus aus — 

und Phyſiologie lehrten fie, daß alles dasjenige Stola |. Kleidung, 11. 

ein Körper ſei, was wirklich ift, wirkt oder leidet. Stelo j. Lieinii, 4. 5. 

Die Körper find dichte und undichte. Borfteluung, | Sträben, 1) Zredßor, bedeutender geogra= 
Raum und Zeit find unkörperliche Dinge. phiſcher Schriftiteller, ftammte aus eier mohl: 
gibt von allen Dingen 2 Prinzipe (egal): 1) ein | habenden griechiſchen Familie, die in Pontos ans 
leidendes, die beftimmungslofe Materie (dAn), 2) ein | gefiedelt und mütterlicherſeits mit den pontifchen 
thätiges, Gott, von weldhem alle Thätigfeit, Form | Königen verwandt war. Er war geboren um 65 
und Zwedmäßigkeit in der Welt ausgeht. Gott | v. E. zu Amajeia in Pontos und jtarb 24 n. E. 
ſelbſt ift ein lebendiges, nicht gemöhnliches Feuer, | Nachdem er durch den Grammatiker Tyrannion 
auch Ather genannt, welches nach Vernunftgejegen | von Amifos, durch Wriftodemos von Nyja und 
alles erzeugt, bildet und durchdringt, die allge: | Xenarchos von Seleufeia in der ariftoteliichen und 
meine a welche in der Natur wirkt, das | dann in ftoiicher Philofophie gebildet war, wid: 
Gejeh der ganzen Natur. Er ift daher in, nicht | mete er fich gefchichtlichen Studien, namentlich aber 
außer der Welt. Wie aber die Welt durch Feuer | der Erdkunde. Zu diefem Zweck unternahm er be: 
entftanden ift, jo wird fie auch wieder durch Feuer | deutende Reifen, welche fich wejtlich bis nach Sar: 
untergehen. Einige Stoifer aber vermarfen die | dinien, ſüdlich bis an bie —— Aithiopiens 
Anſicht von der Weltverbrennung. Nach der Piy: erſtreckten; Kleinaſien und einen Teil von Hellas 
chologie der Stoifer ift die Seele oder Lebens: | durchreifte er in verjchiedenen Richtungen, kam 
fraft der Menichen eine fenrige Luft und ein|29 v. E. nach Italien und hielt fich befonders zu 
Teilhen der Gottheit, aber vergänglid. Sie be: | Rom auf; 24 finden wir ihn in Hgypten, das er 
fteht aus 8 Kräften. Die oberfte und beherrichende | mit Älius Gallus bis in feinen jüdlichen Grenz— 
ift der Verftand; von ihm gehen die übrigen aus, | punkten durchzog. — Mit Strabond Werft über 
die 5 Sinne, das Sprechvermögen und die Zen: | die alte Erdkunde, Tewygapınd in 17 Büchern, 
gungsfraft. Ans der Denkkraft entjpringen auch deſſen Abfafjung in die Zeit der Regierung des 
die ütsbewegungen oder Affelte (m«dn): Furcht, | Tiberiuns fällt, beginnt eine ganz neue Ara für 
Begierde, finnliches Begehren, Traurigkeit, rende. | die alte Geographie. Da er alle jeine Vorgänger, 
Die Ethik der Stoiter juchte die Eigentümlich- | namentlich den Eratofthenes, mit Kritil benußte, 
feiten der menjchlichen Natur, Vernunft und Frei: | jo läßt ſich aus demſelben der Zuſtand der geo: 
heit, jchärfer als bisher zu entwideln und mit der graphiichen Kenntniffe am beften beurteilen; neben 
Natur zu verbinden. Gott war ihnen die höchite | dem Werk des Ptolemaios ift Strabons Werk die 
gejetgebende Vernunft, und das Naturgejeg das | Hauptquelle der alten Geographie. Das Kleine 
Geſetz Gottes. Als oberfter Grundſatz für ihr | und Unbedeutende übergeht Str. abjichtlih, um 
fittliches Handeln galt ihnene der Natur gemäß | für das Große und Wichtige Raum zu gewinnen, 
zu leben. Dies war der höchſte Zweck, welchen | namentlich auch für Darftellung von Sitten und 
der Menſch im Leben zu verfolgen hatte. So viele | Gebräuchen, der Geſchichte, Verfaſſung u. ſ. w. 
Mängel auch die ftoiiche Ethik gehabt hat, jo ent: | Große, bisweilen abergläubiihe Berüdfichtigung 
hielt fie dod) aud) große Vorzüge, edle Keime von !| findet befonders Homer. „Str. hat übrigens das 
trefflihen Lehren und Grundſätzen. Die Stoifer | Werk vielleicht nicht jelbit herausgegeben, und der 
bewährten einen unbefiegbaren Mut in den jchwie: | Mann, der fi) nad) jeinem Hingange die Aufgabe 
rigften Lagen und Berhältniffen des Lebens, na: | geftellt hat, dasjelbe fertig zu ftellen und zu ver: 
mentlich gegen den Deipotismus. Darum fand | öffentlichen, hat auf weitere Umarbeitung verzichtet 
diefe Philoſophie aucd unter den Römern gegen und ſich damit begnügt, die Randnoten nad) eigenen: 
das Ende der römijchen Republit und in der | Gutdünken in den Tert aufzunehmen”; daher Irr— 
Kaiferzeit jo viel Freunde und Anhänger, wie Cato | tümer und Widerfprüche. — Bon den 17 Büchern, 
von Utica, Eicero, Seneca u. a. Der edelfte und |die nicht ohne Lücken auf uns —— ſind, 
treueſte Freund dieſer Philoſophie war der Kaiſer geben die beiden erſten eine Art Einleitung über 
Marcus Aurelius Antoninus, mit dem Beinamen Begriff der Erdkunde, die Fehler des Eratojthenes 
Philosophus. Zuerſt wurden die Römer mit ihr | und mathematijche Geographie, 3—10. behandeln 
befaunt 155 v. E. dur den Stoiler Diogenes | Europa (Iberia 3., Gallia 4., Italia 5. 6., Nor: 
von Babylon, Schüler des Ehryfippos, der in der | den und Often 7., Hellas 8. 9. 10.), 11—16. Aſien, 
berühmten athenijchen Gejandtichaft mit dem Peri- | 17. endlich Afrifa. — Der Himmel eh ſich nach 
patetiter Kritolaos und dem Akademiker Karneades | Strabon von Oſten nad) Weiten um die ftillftehende 
nach Rom fam. Etwas jpäter fam Panaitios, Erde, wodurch auf letzterer gewiſſe Kreife bejchrie- 
der Freund des jüngeren Scipio Africanus und | ben werden, Yquator, die beiden Wendekreiſe und 
des Lälius; ihm folgten Pojeidonios, Athenodoros, | die 2 Polarkreiſe, nad) welchen die Erde in 5 
Antipater von Tyros. Die Römer, welche fich | Zonen zerfällt: der Aquator teilt die heiße Zone 
mit ſtoiſcher Philojophie beichäftigten, waren nicht | wie die ganze Erde in 2 gleiche Hälften. Die 
eigentlihe Philoſophen, ſondern betrieben diejes Länge der bewohnten Erdinjel (70 000 Stadien) 





1158 Stragula — Strenae, 


beträgt mehr als das Doppelte der Breite (29 300 | fang feines Wiſſens, jowie durch Selbftändigfeit 
Stad.). Die Kenntnis des W. und N. von Europa | und Schärfe des Geiftes. Seine zahlreichen Schrif: 
wurde durch Str. jehr erweitert. Die Topographie | ten erſtreckten fih auf alle Teile der Philojopbie, 
ift, da er nur das Wichtigere und Intereſſantere befonders auf die Naturwiflenichaften, weshalb er 
ausmwählt, nicht jo vollftändig wie bei Ptolemaios. | auch der Phyfiter genannt wurde. Diog. Laert. 
Der große, die Erdinjel umgebende, Dcean bildet | 5, 58f. Cie. acad. 1,9, 34. 2,38, 121. fin.d, 5, 13. 
nach ihm 4 große Bufen, das Mittelländifche Meer, |». d. 1, 13, 36. 
den eg ka und Berfiichen Meerbujen und das) Stratonike j. Seleukos, 1. 
Kaſpiſche Meer, das er noch mit dem nördlichen! Stratonikela, Ergaroviasıe, Stratonicka, St. 
Dcean in Verbindung ſetzt. — Die bedeutendften | in Karien nicht fern vom Marſyasfluß, öftlich von 
Ausgaben find die von Siebenkees und Tzſchucke Mylafa, urſprünglich Idrias genannt, von Antio- 
(1796— 1818), &. Kramer (1844 ff., Heinere Aus: chos Soter zu Ehren feiner Gemahlin neu ange 
abe 1852), Meinefe (1851 f.). Überjegungen von | legt und benannt. Bei derjelben befand ſich der 
ärcher, Groskurd, Forbiger. — Außerdem ver: | Zeustempel, bei dem bie Karier ihre Bunbesver: 
faßte Strabon ein, von Joſephos und Plutarch jammlungen hielten. Ruinen bei dem heutigen 
mehrfach benußtes, Hiftorisches Werf, "Trourrj- | Esti-Hiffar. Ziv. 33, 18. Strab. 14, 660. 
ver« lorogıx« in mindeftens 6 Büchern, eine) Stratonikos, Zrgarövınog, 1) aus Athen, oft 
Fortſetzung des Polybios, von dem nur wenige |von Athenaios genannt, ein Kitharoide und Did; 
Bruchftüde erhalten find (gefammelt von Müller, | ter, berühmt durch jeine muſikaliſchen Leiftungen 
fragm. histor. Graec. Ill p. 490 ff.). Monogr. und durch die Zahl feiner Schüler, ſowie durd 
von P. Meyer (1879 und 1890). — 2) j. Pom- | jeine wigigen Einfälle, wegen deren er beim kupri— 
peii, 10, ‘ ichen König Nikofles in Ungnade fiel und getötet 
Stragüla (von sterno), das Darübergebreitete, | wurde. — 2) aus Kyzikos, Erzgießer und Forent 
allgemeiner Ausdrud für alles, was als Dede aus: | um 270 v. E., gehörte zu den Künftlern, bie bie 
gebreitet wird, um fich darauf zu legen, nament: | Schlachten des Attalos und Eumenes gan bie 
lih von den Lafen gebraudıt, welche über die | Gallier darftellten. Plin. 34, 9,19. ©. Bild- 
Matrape ins Bett gelegt werden (Cie. tusc. 5,21), |hauer, 14. 
ober aber eine Totenbahre (Petr. 78,1); dann | Stratos, Zredrog, 1) die feftefte und größte 
auch die Neitdede, beftehend meift aus der Haut | Stadt der Afarnanen (Xen. Hell. 4, 6, 4. Thue. 
eines wilden Tieres (Verg. A. 8, 558). Man | 2, 80) im Innern, 10 Stadien vom rechten Ufer 
brauchte ſolche Deden ferner bei den Sofas, | des Acheloos, in der afarnanijchen Ebene. Dort 
auch um die Wände der Säle und Zimmer zu | wurden gewöhnlich die Voltsverjammlungen bes 
ichmiüden. Die reichen Römer hatten purpurfar: | Bundes der alarnaniſchen Städte, das ſ. g. zoırör 
bige, goldgefticte oder jonft jchön gewebte stragulae. | rar Arapvavor, gehalten. Als eine jehr wichtige 
Strafsen j. Via. Pofition wurde ©. früh von den Witoliern er- 
Zrgarnyög |. Exercitus, 4. 6. obert, weshalb Livius es auch für die feftefte Stadt 
Stratökles, Zroaroxiijs, 1) aus Amphipolis | der Aitolier erflärt (43, 21). Anjehnliche Ruinen, 
ebürtig, forderte die Athener auf, feine vom König | namentlicdy von Mauern und Türmen, bei dem Dorie 
hilipp bedrohte Baterftadt zu bejegen, ohne jedod) | Suromwigli. — 2) Stadt im weſtlichen Artadien 
Gehör zu finden. Philipp verbannte ihn nach Er: |im Gebiet von Thelpuia, dad mit Elis darüber 
oberung der Stadt. Demosth. Ol. 1 p. 11. — im Streit war; angeblich Homers (/T. 2, 606) 
2) ein athenifcher Feldherr, der gegen die Male: | Exrgpierin. Pol. 4, 73. — 8) Stadt in Adhaia, jpäter 
donier ins Feld z0g. Aeschin. Ctes. 44. — 3) ein | mit 5 andern Städten in dem neu gegründeten 
griechiicher Rhetor und Gefchichtjchreiber, dem Red: | Dyme aufgegangen. Strab. 8, 387. 
ner Lykurgos ergeben, dagegen dem Demofthenes | Strattis, Zrodrris, 1) Tyrann von Chios zur 
feindlich gefinnt. — 4) Anführer der kretiſchen Zeit des Dareios und Xerges. Hdt. 4, 138. 8, 132. 
Schleuderer unter den Mietötruppen des jüngeren | — 2) Dichter der älteren attifchen Komödie, deſſen 
Kyros. Xen. An. 4, 2, 29. Blütezeit etwa zwiichen Df. 92—99 fällt, Ber: 
Straton, Zrgaro», Öfterd vortommender Name | fafler von 16 Komödien; von 15 führt Suidas 
phoinikiſcher Fürften, vielleicht eine Gräcifierung | die Titel an. Sammlung der Fragmente bei 
des phoinikiichen Namens Aſtartos: 1) ein Tyrier, | Meinefe, fragm. com. Graec. I p. 221 ff., und 
wurde bei einem Aufftande der Sfaven in Tyros | Kod, com. Att. fragm. I p. Ti11ff. — 3) aus 
von einem treuen Sflaven gerettet und nachher | Olynthos, Gejchichtichreiber, jchrieb 5 Bücher meel 
zum König erhoben. Sein Gefchlecht beftand bis | rar ’AlsEdvögov Zpnusgi/dor und Schriften über 
u Aleranders Zeit, wurde bei der Eroberung ver: | Flüſſe, Quellen, Seen, jowie über Aleranders Tod. 
ont und erhielt wieder die Königswürde. Just. | Vgl. Müller, fragm. script. Alex. M. p. 111 fi 
18, 3. — 2) Sohn des Geroftratos, Fürften von | Strenae, Geſchenke, womit man fi im Rom 
Arados, übergab Alerander dem Gr. das Gebiet | zum neuen Jahr boni ominis caussa gegenjeitig 
feines Vaters, zu dem auch Marathos und andere deichentte, benannt nach einer jabiniichen Segens: 
Städte gehörten. Arr. 2,13. Curt. 4, 1. — 3)Röni göttin Strenia. Die ältefte Erwähnung diejer Sitte 
von Sidon, befannt wegen feiner Weichlichkeit ua findet fi bei Plautus (Stich. 3, 2, 6. 5, 2, 24). 
Schmwelgerei, fand jeinen Tod durd; die Hand feiner | Den Zweck dieſer ar ar » nfe erflärt aud 
Gattin. Aelian. v. h. 7,2. — 4) aus Lampſakos, Ovid (fast. 1, 187). Die Geichente jelbft waren 
Schüler Theophrafts, folgte diefem in der Leitung | anfangs einfah: Backwerk und Früchte (Ovid. 
der peripatetijhen Schule und nahm dieje Stel: | a. a. 8 Mart. 8, 33. 13, 37. Sen. ep. 87); bie 
lung 18 Jahre bis zu feinem Tode ein. Er foll | feßteren wurden, wie bei und, mit Goldſchaum 
auch der Lehrer des Ptolemaios Philadelphos ge: | überzogen. Doc; blieb es bei dieſer Einfachheit 


J 


weſen ſein. Ausgezeichnet war er durch den Um- nicht. Geld trat an die Stelle der Früchte, und 














Strepsiades — Subseriptio. 


Auguſtus jelbft empfing vom römischen Volle oder 
Senate derartige Geldgeſchenle zum neuen Jahre. 
Dies jcheint jeitdem Sitte gewejen zu jein, eine 
Sitte, die noch zur Zeit des Arcadius und Hono— 
rius beftand, wenn fie auch zuweilen durch ben 
einen oder andern a aufgehoben worden war. 
Daneben beftanden dieje Gejchente unter Freunden 
und Bekannten gleichfalls fort, jo daß ſich jetzt 
noch Spuren und Überrefte diejer Sitte in Jtalien 
erhalten haben. Bgl. Suet. Oct. 57. Tib. 34. 
Cal. 42, 

Strepsiädes, Zrgewidöns, Sieger in ben 
iftpmifchen Spielen, von Bindar im fiebenten 
iſthmiſchen Siegesliede beiungen. 

Zrewuarodesuog, jpäter auch orgouerevs, 
der Behälter für dad Gepäd, namentlich für die 
Deden zum Lager (sreauere), die auf Heilen die 
Sklaven den Herren nadtrugen. — Lrenueare 
oder orgmueareis ift auch Name einer berühmten 
Schrift des Clemens von Wleranbreia, j. Cle- 
mens, 2. 

Strongfle, Zrgoyyvin, 1) ſ. Aiolia. — 2)alter 
Name von Naros. Diod. Sic, 5, 50. 

Strongylion, Zreoyyvilor, Bildhauer und 
Erzgießer, ohne Zweifel aus Athen, Berfertiger 
des dovpıog Irmog, eined das trojaniiche Pferd 
darftellenden, um 415 am Eingang der Afropolis 
aufgeftellten Bronzedentmals, wovon Paus.1,32,10 
fpricht, und deſſen Baſis mit Infchrift (j. Corp. 
inser. Att. I 406) im Jahre 1840 aufgefunden 
worden ift, jowie zweier Artemisftatuen. Paus. 
1, 40, 2.3.44, 4. Seine Blütezeit war wohl um 
Dt. 91. Bon einer Mufengruppe auf dem Helikon, 
wovon DOlympiojthenes und Kephijodotos je 3 ge- 
macht hatten, hatte Str. die 3 übrigen gefertigt. 
Paus. 9, 30,1. gl. daf. 1, 40, 2, wo ihm eine be: 
fondere Gejchidlichkeit in der Bildung von Pferden 
und Stieren zuerlannt wird. Er gehörte aljo zu 
den —— des Myron, ſ. Bildhauer, 4. 

Strophädes, 








Lroopdöss, auch IMwral ge: | alles außer dem 


1159 


vater oder, wenn die Ädilen eine Anklage erhoben 
hatten, das Volt. Die lex Julia de adulterıis be: 
ftrafte Stuprum mit Konfiffation des halben Ber: 
mögens; für geringe Berjonen trat körperliche 
Züchtigung und Exil ein. 

Stura, 2 Nebenflüfle des Badus, der eine links, 
der andere rechts, beide noch j. Stura. Der letztere 
ällt zufammen mit dem Tanarus in den Haupt- 

om. Plin. 3, 16, 20. 

Stymphalides j. Herakles, 7. und Argo- 
nauten. 

Stymphälos, Zröuparos, Zröupnkos, Stadt 
und Landſchaft im Nordoften Arkadiens an einem 

leichnamigen See (j. See von Barala) und Berge. 

n dem See finden ſich noch Spuren eines Dam: 
mes, der die von Hadrian nad) Korinthos geführte 
Waflerleitung trug. Bon den Gewäflern des durch 
Katabothra abfließenden, im Altertum weit Hei: 
neren Sees meinte man, fie fämen jenjeit des 
Urtemifionberges bei Dinod in Argos als Fluß 
Erafinos wieder zum Vorſchein. Hdt. 6, 76. Hier 
ſoll Herafles die Aumphaliicien Bögel erlegt haben. 
Bedeutende Ruinen der Stadt Stymphalos finden 
fih bei Kionia. 

Styra, r& Zrvew, j. Dorf Stura, Stadt auf 
Euboia an der Südweſtſeite unfern Karyftos, von 
Dryopern beivohnt. Hat. 8,46. Die Bewohner 
nahmen Anteil an den Kämpfen von Salamis, 
Artemifion, Plataiai (Hdt. 8, 1. 46. 9, 28); jpäter 
mußten fie als atheniihe Bundesgenofien 1200 
Drachmen zahlen. Thuc. 7, 57. Im lamiſchen 
Kriege wurde Styra zerftört, dann wieder auf: 
gebaut und dem Gebiet von Eretria einverleibt. 
Strab. 10, 446. Paus. 4, 34, 11. 

Styx, Zeig, 1) ſ. Unterwelt. — 2) jept 
Mavronero, Gewäfler im nördlichen Arkadien, das 
in einjamer Wildnis hoch von einer jenfrechten 
Bergwand in ein tiefes Felſenbaſſin herabftürzt 
und durch jeine (wie die Alten berichten) giftige, 
Hufe des Pferdes zerfrefjende, 


nannt (weil fie bereits im tieferen Meere liegen), | Beichaffenheit Beranlaffung zu dem gleichnamigen 


j. Strivali, 2 Inſeln, Hein aber weinreich, im 


Fluſſe der Unterwelt wurde. Bei Nonakris fiel 


Joniſchen Meere, 6 M. ſüdlich von Zakynthos, die Styr in den achaiiſchen Fluß Krathis (j. 


den Kypariſſiern in Meflenien gehörig. Ihren 
Namen erhielten fie, weil Kalais und Deich, die 
Söhne des Boreas, dort von der Verfolgung der 
Harpyien umfehrten (ore&po). Very. A. 3,210 ff. 
Strab. 8, 359. Apollod. 1, 9, 21. 

Strophion, ®iürtel, j. Kleidung, 2. 

Strophios, Zreöpıos, 1) Vater des Staman- 
drios. Hom. Il. 5, 49. — 2) und 3) j. Orestes, 

Structor, 1) der Baumeijter, auch der Maurer 
und Dachdeder; — 2) der Sklave, der die Speijen 
und Schüſſeln auf der Tafel ordnete; zumeilen 
aud zugleich Vorjchneider, seissor. 

Strymou, Zrovumv, j. Struma, türkiſch Ka— 
rafu, bis zu Philipps Zeit der Grenzfluß Mate: 
doniens im D., entipringt auf dem Stombros bei 
Bantalia (Thuc. 2, 96), durchfließt den See —— 
ſias oder Kerkinitis und mündet ſüdlich von Am— 
phipolis in den nach ihm genannten Strymoni— 
ſchen Buſen (j. B. von Rendina). Wegen der 
Lage von Amphipolis wird er von den Alten oft 
genannt. 

Stuprum. Unſittlichlkeit überhaupt, im e. ©. 
unſittliches Handeln gegen anftändige Mädchen 
und frauen, das ftreng verpönt war. Vorzüglich 


richtete vor alters über jolches Vergehen der Haus: 


Akrata). Hdt. 6, 74. Die Styr der Unterwelt 
wurde bald gedacht als ein bie ganze Unterwelt 
Aatheaber Bier bald als ein ftehender Sumpf. 
Die Götter jchwören bei der Styr den unverbrüch: 
lichſten Schwur. Hom. Od. 5, 185 f. 


Suada j. Peitho. J 
Sublaynöum, Stadt der Aquer am Anio, j. 
Subiaco, wo fi die pradhtvolle Villa des Elau- 


dius und des Nero befand. Tac. ann. 14, 22. 
Subrii. Dahin gehören: 1) Subr. Flavius, 
Tribun im der faijerlichen Leibwache, war einer 
der Teilnehmer an der Verſchwörung des Piſo 
gegen Nero und zeichnete fi vor Gericht durch 
jeinen Freimut aus, 65 n. C. Tac. ann. 15, 49. 
58. 65. 67. Dio Cass. 62, 24. — 2) Subr. Der: 
ter, gleichfall3 Tribun in der Leibwache, bemühte 
fich J olg die Soldaten im Gehorſam gegen 
Galba zu erhalten, 69 n. C. Tac. hist. 1, 31. 
Subseriptio, 1) j. d. a. nota censoria. — 
2) die Unterjchrift unter der Anklage und Die 
jhriftliche Anklage jelbft. — 3) Im e. ©. nennt 
man subscriptio die Unterjchrift des Mitanklägers 
(subseriptor), der ſich dem eigentlichen Ankläger 
anjchließt. Cie. Cluent. 47. div. in Caec. 15 ff. 
Tac. ann. 1, 74. Ein jolcher trat auf, wenn der 


1160 


Hauptanfläger jeine Rede gejchlofien_ hatte, und | 
pflegte dad von demjelben etwa lbergangene 
nachzutragen u. j. w. 

Subsellfum, die geradfüßige Banf, vorzüglich 
die im Öffentlichen Leben gebräuchliche, während 
die Bank im Haufe scamnom hieß. Die niederen 
Magiftrate, wie VBoltstribunen, Quäſtoren, Üdilen, | 
auch die Richter und Senatoren, ſaßen öffentlich 
auf Subjellien, die letzteren auf fangen Bänten 
(daher das Witzwort des Pompejus: iudicatio 
longi subsellii, Cie. ad fam. 3, 9); die höheren 
Magiftrate atten die sella curulis. 

Substitutio herädis ſ. Testamentum. 

Subucäla, die untere Tunifa der rauen, tu- 
nica interior, f. Kleidung, 8 

Subüra, eine in Rom zwijchen den 6 montes 
(j. Roma, 2.; vgl. aud) 14.) befindliche Niede— 
rung, durch die eine lebhafte mit vielen Tabernen 


bejegte Straße führte. 
Suceinetus |. Kleidung, 11. 
Suceinum ( Bernftein) |. Elektron. 


Suero, oov, Fluß im tarraconenfiichen 
Hilpanien, der im Lande ber Eeltiberer auf den 
Borbergen des Idubeda entjprang und ſich im 
öftlichen Laufe jüdlich von Valentia in den Sinus 
Sucronenfis ergoß; j. Jucar. An ihm Tag im 
Gebiete der Edetaner eine gleichnamige Stadt, 
vielfeicht das heutige Eullera. Strab. 3, 158. Plut. 
Sert. 19. Pomp. 19. Liv. 28, 24. 

er das heifefte Badezimmer oder Schwitz⸗ 
bad 

Sudes, Piähle, zur Befeftigung ber Wälle an: 
ae Auch brauchte man fie als grobe Wurf: 
e 
e — Sudeti montes, r« Zovönr« den, 
Germaniens, entweder das heutige Erz- 

irge und Zaufiger Gebirge oder der Thüringer 
Kan j. Germanin. 


Sübrang ı. Lustratio. 

Suessa, 1) S. Aurunca, j. Seffa, Stadt La: 
tiums zwifchen Minturnä u. Teanum in dem 
fieblihen Vescinus ager, am Weftabhange des 
Maſſicus, Geburtsort des Dichters Lucilius, rö— 
miſche Kolonie und ſpäter Municipium. Cie. Phil. 
13, 8. Liv. 8, 15. 9, 28. Vell. Pat. 1,14. — 2) 8. 
Pömötia (Zoveoo« Ilouerior, TTouerriarn] ), 
Voljkerftadt in Latium, wurde jchon unter Tar: 
quinius Superbus von den Römern erobert und 
jpäter noch einmal vom Konful Servilius erobert 
und verheert. Zav. 1,41. 53. 2, 25. Tae. hist. 
3, 72. Strab. 6, 231. Nach ihr follten die Pom— 

ptinifchen Sümpfe benannt fein. 

Snessetäni werden von Livins (25, 34. 28, 24. 
34, 20. 39, 42) in Verbindung mit den Sedeta- 
nern als Völterichaft im tarraconenfilhen Hiſpa— 
nien genannt. Sie wohnten wohl nicht weit von 
der Oſtküſte. 

Suessiönes oder Suessönes, Zovsocionsg, 
mächtige Bölferjchaft im belgiſchen Gallien zwi: 
De atrona und Iſara, die über 50 000 Krieger 
tellen konnte und nächſt den Bellovafern als die 
tapferfte in Belgieum galt. Ihr König Divitiacus 
beherrſchte nicht nur einen großen Teil Galliens, 
jondern auch Teile Britanniens. Ihre Hanptftadt 
war Noviodunum an der Axona (Misne), jpäter 
Augusta Sue-sonum, j. Soiſſons. Caes. b. 9. 
2,3. 13. 8,6. Strab. 4, 195. 

Suessüla, Stadt in Samnium, am Abhange 


von Bremi (1800. 1820); Ausgabe der 





Subsellium — Suervi. 


bes Berges Tifata, befannt durch die Schlacht im 
erften Sammniterfriege, 342 dv. C. Neue Ausgra- 
bungen beim j. Cancello haben zahlreiche Gräber 
ans Licht gebracht. Liv. 8, 14.23, 14. Strab. 5, 249. 
Suetonii, 1) €. Suet. Baullinus, einer ber 
berühmteften Feldherren der römischen Kaiferzeit, 
fämpfte in Mauritanien und drang 42 n. E. bis 
in das Innere Afrifas vor. Dio Cass. 60, 8. Plin. 
5,1. Im J. 59 erhielt er Britannien als Pro- 
binz und erwarb ſich durch feine Verwaltung und 
Kriegführung großen Ruhm. Er eroberte die Inſel 
Mona, j. Anglejen (Taac. ann. 14, 30), wo er den 
Druidenfultus vernichtete, und übertwand im 3. 61 
die empörten Britten, die unter Anführung “ihrer 
friegerifchen Königin” Boudicca (ſ. d.) mutigen 
Widerftand leifteten (Tuc. ann. 14, 31 ff. Agr. 1ar), 


‚wurde aber bald darauf bei Nero verleumdet und 


abberufen. Nach Neros Tode kämpfte er für Otho, 
hatte jeboc die frühere Friſche infolge des zu: 
nehmenden Alters verloren (Plut. Oth. 7F.) und 
unterwarf ſich nad) defien Tode dem fiegreichen 
Bitellius in wenig ehrenvoller Weile. Tac. hist. 
2, 31 ff. 60. — 2) E. Suet. Tranguillus, zur 
Reit bed Domitian, Trajan und Hadrian (etwa 
bon 75-—160 n. E.), ftand mit dem jüngeren Pli⸗ 
nins, der ihm durch jein Anjehen bei Zrajan 
mehrere \ Ämter verjchafite, in vielfacher Berbin- 
dung. Bei Hadrian, defien Geheimfelretär, epi- 
stularum magister, er eine Zeit lang war, fiel 


er in Ungnabde. Plin. ep. 3, 8. 10, 9%. Spart. 
Hadr. 11. Seine Zurückgez ogenheit benußte er 
zur Abfafjung mehrerer = Boran fichen 


12 Biographien Kl vitae imperatorum ober 
de vita — römiſcher Kaiſer, die in ein— 
facher, klarer Sprache uns über den Zeitraum 
von Cäſar bis zum Tode Domitians reiche und 
treue Mitteilungen, ſelbſt aus dem Privatleben 
der Kaijer, geben und in fpäterer Zeit noch viel 
Kunde im Mittelalter oft nacdhgeahmt wurden. 
feiner Schriften find ein Wert de illu- 
bus grammatieis, urſprünglich unfangreicher, 
* es auf uns gekommen (es ſoll noch im 
15. Jahrhundert vorhanden geweſen fein), ferner 
de claris rhetoribus, dazu nod eine vita Te- 
rentii, vita Horatii, Persii, Lucani, Juvenalis, 
Plinii; mehrere andere ( „(prata, de regibus n. a.) 
find verloren. — Die Ed. pr. erſchien zu Rom, 
1470, eine andere zu Venedig, 1471. Ausgg. von 
Gafaubonus (1596 und 1610, wiederholt von F 
A. Wolf, 1802), Gräpius (1672 ff.), Oudendorp 
(1751), Ernefti (1748 ff.) Baumgarten = Erufins 
(1816; Heine Ausg. 1820), Haſe (1828), 8. £. 
Noth (1858). Schulausg. der gg rasen 
eineren 

‚ Schriften von Reiffericheid (1860). 

Suöri, Zovijßor, Zonßor, hieß eine Maſſe ger: 
manifcher Bölferjchaften von unjteter Lebensweiſe 
und häufigem Wechſel des Befiges; fie mögen zum 
Teil mit fremden Elementen vermilct g en ſein 
Den Römern ſchon früh (123 v. belannt, 

alten fie für den mächtigſten und Se 

tamm ber Germanen. Caes. b. g. 1, 7.4, 1. 
Nach Tacitus (Germ. 2. 45) bewohnten fie das 

nze öftliche Germanien von der Donau bis zur 
Dfitee, Eäjar (b. g. 6, 10) ſcheint fie am Rhein 
zu fuchen. Sie wohnten nach ihm (b. g. 4, 3. 19) 
öftlih don den Sugambrern und Ubiern, durd 
den Bergwald Bacenis von den öſtlicher wohnen: 


Suevicum mare — Sullae. 


den Cheruſtern getrennt (b. 9. 6, 10). Ahr Land 
ige in 100 Gaue und enthielt mehrere Städte. 

ie einzelnen Völferjchaften |. Germania. Über 
ihre eigentümlichen Sitten vgl. Caes. b. q. 4, 1-3. 
Tac. Germ. 38, 41. 48. 45. Die den Maroboduns 
und bald hernad den Catualda bei ihrem Über: 
tritt auf römiſches Gebiet begleitenden Barbaren 
(Sueven) 19 n. E. (Tuc. ann. 2, 63. 12, 29) wur: 
den jenjeit der Donan zwiſchen den Flüffen March 
und Eujus angefiedelt, und find fpäter die Kriege 
gegen die Sueven (Germanien) und die gegen bie 
Sarmaten und Sueven (Nachbarn von Bannonien) 
wohl auseinanderzuhalten, in Bezug auf jene 
bellum Suevicum, auf dieſe Sarmaticum et 
Suericum bellum, 

Suevicum mare heift bei Tacitus (Germ. 45) 
die fonft Sarmaticum mare genannte Dftjee. 

Suffeetus hie die nachgewählte Magiftrats: 
perjon, wenn ein Amt vor Ablauf des Jahres 
zur Erledigung gelommen war, j. Consul, 2. 

Suffeten ſ. Karthago. 

Suffragätor hieß ſowohl ſchlechtweg der Ab: 
ftimmende, als derjenige, der für einen Kandidaten 
auftritt und demfelben Stimmen zu gewinnen 
fucht. Daher ift suffragatio ſ. v. a. Empfehlung. 
Liv. 7, 22. 8, 15 u. ð. 

SuffragYum, die Stimme und das Stimmrecht. 
Über die Abftimmung in den römiſchen Comitien 
f. Comitia, Septa. 

Sugambri j. Sygambri. 

Suggestus, jede Erhöhung, namentlich aber die 
erhöhte kg bare auf der die Redner ftanden, 
um zu der Menge zu jprechen (Cie. tuse. 5, 20), 
oder die Beamten ſaßen, um fich NRechtsfälle vor: 
tragen zu laſſen (Liv. 31, 29). Im Lager be- 
zeichnete sugg. das tribunal (j. Castra, g. €.), 
von wo die Feldherren (pro suggestu, Caes. b. g. 
6, 3) zu den Soldaten ſprachen. i 

Suggrunda, ein überhängendes Wetterbach, wie 
protectum, proiectum. Ein ſolches Dach um: 
rn die Eavädien (j. Haus, 5.), und an dieſer 

telle pflegte man die Kinder zu begraben, dic 
vor dem Bahnen ftarben, da es nicht Sitte var, 
Leichen von jo zartem Alter zu verbrennen. Plin. 
7, 15. Juv. 15, 139. 

Suidas, Zovidag, 1) ein Geichichtichreiber, älter 
als Strabon, Verfaſſer von thefjaliichen Gejchichten, 
einem Werte, das wenigftens aus 2 Büchern be- 
ftand, und von yerealoylaı; ferner mit Ariſto— 
teles einer der megi Eößolag nerpayuersvuevor. 
Wenige Fragmente j. bei Müller, fragm. hist. 
Graec. Il p. 464. — 2) ein Lerilograph, deſſen 
Perſon und Zeit umbefannt find, der aber wenig- 
ftens vor Euftathios, um 960 n. E., gelebt haben 
muß. Das erhaltene Leriton des Suidas iſt aus 
älteren Wörterbüchern, Scholien und grammatischen 
Schriften zufammengetragen und gibt neben Wort: 
erflärungen auch ſachliche, bejonders biographifche 


Notizen über die alten Schriftfteller. Freilich ver: 


mißt man Sorgfalt und Kritik, da Verſchieden— 
artiges vermengt, durcheinander geworfen und an 
faljcher Stelle eingejchaltet ift; für uns aber ift das 
Werk dennod; eine wahre Fundgrube und ein großer 
Schaf. Ausgaben von Küfter (1705), 
(1834) und 
Tertausgabe von Befter (1854). 





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1161 


wegen Beitechung verbannt (Tac. ann. 4, 31) und 
fehrte unter Claudius nach Rom zurüd, wo er 
einflußreich, aber ebenfo beſtechlich war und des 
Kaifers Gunft nie zum Guten benußte. Namentlich 
bereitete er als grauſamer Anfläger angejehenen 
Römern Berberben. Nero indes ftellte ihn, be: 
jonders auf Senecas Betreiben, unter Auflage, 
uerft, weil er bei einer früheren Berwaltung 
fiens ſich Plünderung und Unterſchlagung hätte 
zu jchulden kommen laffen, dann wegen der vielen 
von ihm in Rom begangenen Verbrechen (Tue. 
ann. 13, 425.), zog einen Zeil jeines Vermögens 
ein und ſchickte ihn in die —— nach den 
Baleariſchen Inſeln, 58. — 2) Sein Sohn, M. 
Suill. Rerulinus, beffeidete 50 n. E. das Kon— 
julat und wurde (58) nach der Verbannung des 
Baterd, teild aus Haß gegen biejen, teils weil 
auch er von Erprefiungen jich nicht freigehalten, 
angeklagt; Nero jelbjt jedoch befreite ihn von 
weiterer Verfolgung. Tuc. ann. 12, 25. 18, 48. 
Suiönes, die älteften Bewohner Skandinaviens 
(Schwedens), die ſchon zu Tacitus’ (Germ. 44) 
Beit fid in der Schiffahrtsfunde auszeichneten. 
Ihr Name ift wohl mit dem der Sueven verwandt. 
Sullae, Zweig der Cornelia gens (j. d.), aus 
dem hervorzuheben find: 1) 8. Eorn. Sulla, 
auf fein eigenes Verlangen nadı der Beliegung 
des Marius Felix (der Glüdliche) zubenannt, 
wurde geboren 138 dv. C. Er ftammte aus einer 
armen Familie (Plut. Sull. 1) und widmete fich 
in feiner Jugend den Wiffenichaften, die er auch 
noch im fpäten Alter lieb behielt, mit großem 
Eifer, bejonders der griechiſchen Sprache und Litte- 
ratur. Später erlangte er einiges Vermögen durch 
Erbichaft und gab fi nun ganz dem Genuſſe 
finnfiher Bergnügungen Hin. Bügellos in Be: 
gierden und Leidenfchaften, war er nie fröhlicher 
als beim Becher und unter gleichgefinnten Ge: 
noflen, ſei es im Lagerzelte oder bei ftädtiichen 
Gelagen; wie jene ihn wegen jeiner Geſelligkeit 
liebten, jo ftand von feiner Seite ihnen dafür 
jein Bentel ftet3 offen, und fie fanden- die bereit« 
willigite Unterftügung bei ihm in jeglicher Not. 
Aber jo jehr ihn auch Gelage und Lebensgenüfie 
feflelten, jo eritarben doch würdigere Neigungen 
nicht in ihm; er beichäftigte fich nicht nur fort: 
während mit wiflenfchaftlichen Studien, jondern 
trug auch Sorge für feinen Körper, den er durch 
Jagd und Filchfang, wie im fpäteren Alter durch 
Betreibung der Landwirtichaft auf feinem Gute, 
zu kräftigen juchte. Seine feine Bildung, durch 
den Umgang mit Roms ariftofratiichen Familien 
gehoben, jchien ihn für das Striegsleben wenig 
geeignet zu machen, und es war nicht zu ver— 
wundern, da ihn Marius, als er im %. 107 ale 
erwählter Quäſtor nad Afrika fam, nicht zum 
beiten aufnahm und den ftädtifchen Stußer wegen 
feines bisherigen weichlidhen Lebens mit ungün— 
ftigen Augen anſah. Bald aber erzwang er ſich 
des Marius Achtung durch fein tüchtiges Streben, 
durch jeine Brauchbarkeit und durch die Anftellig- 
feit, womit er fich das Waffenhandwerf zu eigen 
machte, und gewann zugleich die Liebe und Ach— 


Gaisford | tung der Soldaten durch feine Freundlichkeit und 
onderd &. Bernhardy (1834—53); Kameradichaftlichkeit. Sall. Jug. 96. Die durd) feine 


Schlauheit und KWedheit glücklich zuftande gebrach— 


Suillfi, 1) ®. Suill., diente in Deutjchland ten Verhandlungen mit König Bochus von Mau- 
als Quäftor unter Germanicns, wurde 24 n. C. | ritanien und Jugurthas Auslieferung an Gulla 


1162 


erwarben diefem Ruhm und Anjehen (Plut. Sull. 3. | 


Sall. Jug. 102 ff.), legten aber audy den Grund | 
zu dem Mißverhältnifie, das fortan zwifchen ihm | 


und Marius obmwaltete und zuletzt den Staat in 
feinen Grundfeften erjchütterte. Bald nach feiner 
Rückkehr aus Afrifa diente S. unter Marius als 
Legat und Tribun im Kriege gegen die Teutonen, 
machte einen glüdlichen Feldzug gegen die Tekto— 
jagen, zeichnete fich dann unter Catulus in Ober: 
italien gegen die Cimbern aus und orbnete mit 
rofem Talente das Verpflegungsweſen. Darauf 


nden wir ihn nach einer langen Zeit der Ruhe, 
ı dann (88) nach Stalien, nachdem er an den Senat 


in der er fich den Bergnügungen Roms hingab, 
erft im Jahre 98 als Prätor wieder, worauf er 
(92) ald Proprätor Kilitien verwaltete, von wo er 
91 nad Rom zurüdtehrte. Der unmittelbar darauf 
ansbrechende italifche Bundesgenoffenkfrieg, an dem 
auch Marius teilnahm, erwarb dem ©. größeren 
Ruhm als jenem und brachte daher die Feind— 
ichaft zwijchen beiden zu immer offenerem Aus— 
bruche. In einer Schlacht gegen die Marier (in 
der Nähe des Fucinerſees) erntete S. großen Ruhm, 
eroberte Pompeji nach Befiegung der anrüdenden 
Samniter und zeigte überall den tapferen Solda- 
ten und gewandten genialen Feldherrn. Zum Lohn 
erhielt er im X. 88 das Konjulat und als Provinz 
Afien nebft der Führung im Kriege gegen Mithri- 
dates. App. b. c. 1, 55. Vell. Pat. 2, 17 ff. Dies 
veranlaßte den ehrgeizigen Marius im Bunde 
mit dem Tribunen Sulpieius und den durch Ber: 
iprechungen gewonnenen neuen italiihen Bürgern 
zu Gejeßvorichlägen, denen die Konfuln S. und 
Bompejus ein uflitium entgegenjegten; aber 
Gewaltthätigkeiten des Marius und GSulpicius 
zwangen den Pompejus zur Flucht, den ©. zur 
Aufhebung des Juftitium. App. b. c. 1, 56, Plut. 
Sull. 8. — begab ſich zu ſeinem Heere nach 
Campanien. Auf Sulpicius' Vorſchlag wurde nun: 
mehr Marius zum Oberbefehlshaber gegen Mithri— 
dates ernannt und verſuchte das bei Nola ſtehende 
Heer S.s zu gewinnen; der Verſuch ſcheiterte aber. 
&. war keineswegs geneigt, durch freiwillige Nie: 
berlegung des Befehls die Ausficht auf eine glän- 
zende Zukunft aufzuopfern; er rüdte daher, nad: 
dem er jeinen Soldaten die Sache auseinandergeſetzt 
hatte, mit feinem Heere gegen Rom, zog in Die 
Stadt ein und drohte mit Brandftiftung, wenn 
irgend eine feindjelige Handlung von jeiten der 
Bürger geihähe. Marius und Sulpicius entran: 
nen eiligft, als fie jahen, dab jeder Widerſtand 
nußlos jei; erjterer entfloh nach Afrika, legterer 
wurde bei Zaurentum gefangen und getötet. App. 
b. e. 1, 57ff. Plut. Sull.9f. Mar. 35. ©. er: 
Härte nunmehr die julpiciichen Geſetze für ungültig, 
beftimmte, daß dem Bolfe nur jolche Vorlagen ge- 
macht werden jollten, die der Senat vorher beraten 
hätte, und begab fich nach der Wahl der Konjuln, 
unter denen fich auch Einna, ein Mann der Bolfs- 
partei, befand, nad Capua, führte von da jein 


Heer nad Brundiſium und ſetzte nach Griechen: | 


land über. Nach heitigem Widerftande eroberte 
er Athen und den Peiraieus, die Archelaos, der 
Feldherr des Mithridates, mit Bejonnenheit und 
Mut verteidigte (86), jchlug bald darauf den pon— 
tiſchen Feldherrn bei Chatroneia, im folgenden 
Jahre bei Orchomenos (in lehterer Schlacht ſtürzte 
ji) S. perſönlich auf die feindlichen Reihen, um 
jeine Soldaten zu ermutigen) und überwinterte in 





Sullae. 


Theflalien. Im 3. 84 ſchloß S. mit Archelaos, 
den Mithridates bevollmächtigt hatte, einen Waffen: 
ftillftand. Als aber Fimbria (f. d.) fi darein 
mijchte, und Mithridates, der inzwiſchen ganz 
Vorderafien erobert hatte, Schtwierigleiten bereitete, 
rüftete ſich S. zum Übergange nach Aſien. Doch 
gab Mithridates nah und jchloß mündlich beim 
perjönlichen Zufammentreffen mit ©. zu Dardanos 
an der afiatiichen Küfte den Frieden, der, —* 
für den König kränkend zu ſein, doch auch 

Würde des römiſchen Volkes nichts vergab. Darauf 
unterdrüdte S. den Aufitand Fimbrias und jegelte 


einen Bericht über feine Feldzüge in Ajien und 
Griechenland vorausgeichidt hatte. Inzwiſchen hatte 
Einna jofort nad & Abgange von Rom im J. 
87 mehrere diejem feindliche Maßregeln beantragt; 
darüber fam e3 zu Gewaltthätigteiten, und Einna 
mußte die Flucht ergreifen. Aber von den Bundes: 
genofjen und durch römische Soldaten und Flüdht: 
linge unterftügt, rüdte er in Verbindung mit dem 
nad Italien zurüdgefehrten Marius gegen Rom 
und nötigte die Stadt durch Belagerung zur Über: 
abe. Eine wahre Schredensherrihaft begann; 

nad) Rache dürftende Marius vergoi Ströme 
bon Blut und ließ, um fi ihrer Güter ungehindert 
bemächtigen zu fönnen, durch jeine wilden Scharen 
die hervorragendften Männer der ariſtokratiſchen 
Partei und zahlreiche Ritter und Bürger eriwür: 
gen; endlich jchritten jedoch Cinna und Sertorius 
energiich gegen die von jenem losgelafienen Skla— 
ven ein. Lav. ep. 79f. Vell. Pat. 2,20ff. App. 
b.e.1,64f. Plut. Mar. 41ff. ©., dejien Familie 
flüchten mußte, wurde in die Acht erflärt, jeine 
Güter eingezogen. Aber nad) Marius’ plöglichem 
Tode und nach der Beliegung des Mithridates 
beichleunigte S. feine Rüdtehr nach Jtalien. So— 
gleich wurden Maßregeln gegen ihn ergriffen, doch 
fehlte es jeit Marius’ Tode an einem kräftigen 
Haupte, denn Einna war der Führung einer Bartei 
feineswegs gewadien. ©. eridien im Frühjahr 83. 
Nach vergeblichen Berjuchen zur Vereinigung der 
Parteien und nad Cinnas Ermordung durch jeine 
eigenen Soldaten zu Ancona, jowie nach Gewin— 
nung der Stalifer durch Güte und Freundlichkeit 
ihlug er den Konſul Norbanus am Berge Tifnta 
bei Capua, beivog Scipios Heer zum Übertritte. 
befiegte 82 den jüngeren Marius bei Sacriportus 
zwiichen Signia und Pränefte und ließ Pränejte, 
wohin ji Marius geflüchtet hatte, eimjchließen. 
Darauf jchlug er den Carbo in Etrurien, endlich 
die Samniter vor Rom am Golliniihen Thore 
(1. Novbr. 82) in hartnädiger Schlacht und war 
damit Herr von Rom, wo er vor den Augen bes 
zitternden Senates nahe beim Tempel der Bellona, 
während einer von ihm gehaltenen Rede, feine in 
der Schlacht gefangenen Gegner niedermegeln lieh. 
Plut. Sull. 27 ff. Endlich ergab fi auch Pränefie, 
nachdem fih Marius hatte töten laſſen. Plut. 
Mar. 32. So hatte ©. erreicht, wonad er ge 
trachtet, er war Herr Noms, wenngleich einzelne 
Städte in Italien längere Zeit Widerftand leifteten 
und Volaterrä in Etrurien ſich bis zum J. 79 mit 


Erfolg verteidigte. Auch einige Provinzen wider: 


jegten fi dem neuen Madıthaber, am längjten 
Spanien unter Sertorius (j. d.). ©. jelbit zog 
erjt im November 82 in Rom ein, und es began- 
nen nun jene entjeglichen Proffriptionen, durch 


Sulmo — Sulpieii, 


die die marianifche Partei vernichtet wurde und | 
Taufende feiner Rache und der Raubjucht feiner 
entzügelten Soldatejfa zum Opfer fielen. Selbit 
des Marius Grab wurde geöffnet, feine Gebeine 
in den Anio geworfen; die Häupter der getöteten 
Senatoren 'wurben zum Schreden aller öffentlich 
ausgeftellt. In ganz Italien bemächtigten fich 
&.8 Soldaten ber Güter der Geächteten und tra= 
ten in ihre Rechte als Bürger ein; einzelne er- 
warben fic ein fürftliches Vermögen. Doch wurden 
die während der marianijchen Unruhen neuerworbe⸗ 
nen Bürgerrechte der Italiker geachtet und nur 
einzelne marianiſch gefinnte Gemeinden bejtraft. 

ahlreihe Militäranfiedelungen auf der ganzen 
Halbinſel befejtigten die neue Ordnung der Dinge. 
©. ſelbſt ließ fich zum Diktator ernennen, umgab 
ſich mit einer aus freigelaffenen Sklaven (den jo: 
genannten Eorneliern) beftehenden Leibwache und 
ftellte N Feier feiner Siege große Feftlichkeiten 
an. achdem er fich jo befeftigt hatte, gab er 
zahlreiche Geſetze (leges Corneliae, |. ©. 688), 
die unter Bejeitigung der grackhiichen Einrich— 
tungen die Rechte des Volkes volllommen ver- 
nichten und dauernde ariftofratiche Einrichtungen 
fihern ſollten. So übertrug er die Gerichte von 
den Rittern wieder auf den Senat und nahm 
jenen bei den Spielen den eingeräumten Ehren: 
plaß, reinigte und ergänzte den Senat und machte 
ihn zum höchften und rn Staatslörper, 
beichränfte die Rechte des Vollstribunats und der 
Eenfur und verfügte eine beſſere Einrichtung des 
Gerichtsweſens, wodurch er ji ein wahres Ver— 
dieuſt erwarb. Nachdem er jo das Gemeindeweien 
neu georbnet und dem erichütterten Staate Ruhe 
und Orbnung wiedergegeben hatte, beſchloß er, 
feine Diktatur niederzulegen, um fich für den Reſt 
jeines Lebens aller Sorgen —— zu können; 
er that es in voller Bürgerverſammlung (Anf. 79), 
ohne daf irgend einer feiner Aufforderung gemäß 
ihn wegen feiner Handlungen zur Nechentchaft zu 
ziehen gewagt hätte. Er lebte fortan in der Nähe 
von Puteoli, wo er feine Denkwürdigfeiten (dmro- 
urijuere, rerum gestarum libri) in griechiicher 
Sprache jchrieb, ohne fie jedoch volfenden zu kön— 
nen; fein Freigelaſſener Cornelius Epicadus re 
fie zu Ende. Plutarch hat fie bei mehreren Bio- 
graphien mit Fleiß benutzt. Sein wifjenichaft- 
liches Intereſſe bethätigte er auch, indem er die 
Schriften des Ariftoteles nach Rom brachte. Seine 
übrige Zeit füllte er aus mit Jagd, Fiſchfang und 
Ergeplichkeiten. Er ftarb im J. 78, wie e8 jcheint, 
am Blutfturze. Plut. Sull.36f. Val. Max. 9,3,8. 
Seine Leiche wurde nach Rom gebracht und jei: 
nem Wunjche entiprechend auf dem Marsfelde 
verbrannt, damit nicht mit feinem Körper gethan | 
werden könne, was er früher mit dem des arins | 
hatte thun Taffen. Much wurde ihm ein Denkmal | 
auf dem Marsfelde errichtet, deſſen Inſchrift er 
jelbft verfaßt Haben ſoll. Plut. Sul. 38. Wie viele | 
—— gethan, ſah auch er, der Liebling 
des Glückes, ſich als ein Werkzeug in der Hand 
der Götter an, die, wie er ſich rühmte, in Träu— 
men und Anzeichen mit ihm Berfehr unterhielten; | 
daher glaubte er ftets in folcher Eigenjchaft zu 
handeln und ihres bejonderen Beiftandes gewiß 
fein zu können. Plut. Sull. 27. 34. — Vgl. die‘ 
Monogr. von Bachariä (1834) und Lau (1855), 
jowie Gerlach, hiſtoriſche Studien III ©. 477 ff. 








1163 


und Fritzſche, die ſullan. Gejehgebung (1882). — 
2) Fauſtus Corn. Sulla, Sohn des vorigen, 
focht unter Pompejus (63 dv. E.) vor Jeruſalem, 
defien Tempelmauern er zuerft erjtieg (Joseph. ant. 
14, 44. b. iud. 1, 7,4. 6), war 54 Onäftor (Dio 
Cass. 39, 17), fämpfte unter Bompejus im Bürger: 
friege gegen Cäſar bei Pharjalos, nad) des Pom— 
pejus Tode bei Thapjus in Afrifa (daj. 42, 13), 
two er gefangen genommen und bald nachher von 
Cãſars Soldaten getötet wurde. Er war in jeiner 
Jugend oft in Gefahr, die von jeinem Vater zu: 
jammengebracdhten Schäge wieder herausgeben zu 
müfjen; doc ſchützte ihn nicht nur Cicero, jondern 
auch der Senat und jeine Verwandtſchaft mit Pom— 
pejus Magnus, defien Schwiegerjohn er war. — 
Seine Zwillingsichweiter Fauſta war nad Löſung 
ihrer erften Ehe zum zweitenmal mit T. Annius 
Milo verheiratet. — 3) 5 Corn. Sulla, Bruders: 
ſohn des Diktators, defignierter Konſul 66 v. C., 
wurde wegen Amtserjchleichung angeflagt und der 
Teilnahme an der catilinarijchen Verſchwörung be: 
ſchuldigt, wogegen Eicero ihn mit Erfolg (62 v. C) 
verteidigte. Er war ein Anhänger Cäjars und 
focht unter ihm bei Pharjalos. ftarb 45, zu 
großer freude der Römer, bei denen er jich durch 
Güterkäufe während der jullaniichen Broffriptionen 
und nach Beendigung des Bürgerfrieges zwiichen 
Eäfar und Bompejus verhaft gemacht hatte, wahr: 
ſcheinlich von Räubern auf einer Reiſe ermordet. 
Cic. Sull. 4. 24. ad fam. 15, 17. 19. 

Sulmo, Zovluov, 1) Stadt der Bäligner im 
Sabinerland, an einigen falten Gebirgsbächen (Or. 
fast. 4, 81: gelidus S.; trist. 4, 10, 3: gelidis 
uberrimus undis; ‘am. 8, 15, 11: aquosus); j. 
Sulmona. Nachdem Sulla die Stadt zerftört Hatte, 
wurde fie ala Kolonie wiederhergeftellt. Hier war 
der Dichter Dvidius geboren (Ov. trist. 4, 10, 3f. 
am. 8, 15, 11; vgl. Caes. b. c. 1, 18. Liv. 26, 11). 
— 2) Stadt im Boljterland am Ufens in Latium, 
zu Blinins’ Zeit (3,5, 9) ſchon verjchwunden. Verg. 
A. 10, 516. 

Sulpieli, patricijches Geſchlecht: 1) Ser. Sulp. 
Ehmerinns Cornutus, Konjul 500 dv. E., ver: 
eitelte die Verſchwörung der unteren Stände zu 
Gunsten der Tarquinier und veranlaßte 496 nad) 
Befiegung der Latiner am See Regillus die Er- 
—— des Friedens mit Latium. Liv. 2, 19. 
Dion. Hal. 6, 54 ff. 6, 20. — 2) Ser. Sulp. 
Camer. Eorn., Konſul 461 v. E., widerjegte ſich 
der terentiliichen Bill, deren Erneuerung die Tri- 
bunen beantragten, mit Erfolg und war 454 einer 
der Gejandten, die Geſetze ans Griechenland holen 
follten. Noch im hohen Alter fämpfte er (446) 
gegen Volſter und Üquer. Liv. 3, 10 ff. 31. 70. 
Dion. Hal. 10, 52. 54. — 3) Ser. Sulp. Ca— 
merinus, widerjeßte ſich 398 v. E. als Konjul 
der Auswanderung nach Veji, wofür er die Ber: 
teilung von vejentifchen Ländereien an die Ple— 
bejer durchſetzte. Ziv. 5,295. — 4) D. Sulp. 
Longus, Konfulartribun im 9. 390 v. C., be— 
fehligte an der Allia, jowie auf dem Capitol und 
ließ die Wache, die das Emporjteigen der Gallier 
auf das Capitol nicht verhindert hatte, vom Felſen 
hinabftürzen. Er leitete auch die Verhandlungen 
mit den Galliern. Plut. Camill. 28. Liv. 5, 36. 
475. 6,1. — 5) Ser. Sulp. Rufus, entſetzte 
als konſulariſcher Tribun 377 v. €. die von den 
Latinern belagerte Burg von Tuſeulum. Liv. 6, 827. 


1164 


— 6) C. Sulp. Beticns, befleidete fünfmal das 
Konfjulat, fämpfte 361 v. E. gegen die Hernifer, 
bie er befiegte (Liv. 7, 9), jchlug als Diktator 358 
die bojiichen Gallier (Liv. 7, 12 ff.) und 351 die 
Tarquiniemfer, die er zu längerem Frieden nötigte. 
Liv. 7, 22. — 7) C. Sulp. Zongus, führte 323 
v. E. als Konful Krieg gegen die Samniter, aber: 


Sulpicii, 


gegen die verjchuldeten Senatoren und damit gegen 
die Ariftofratie jelbft gerichtet waren (Plust. Sull. 8), 
erbitterten den Senat aufs höchſte und ftießen auf 
 entichiedenen Widerftand. Sulpicius, der jich mit 
3000 gebungenen LZeuten umgab, bedrohte jogar 
das Leben der Konfjuln, und die Gejeße gi 


ingen 
mit Zwang durdh. Er lieh dann dem rıus 


mals 314 und befiegte fie in Campanien. Liv. 
8,37.9,24ff. — 8) E. Sulp. Paterculus, 
258 v. E. Konjul, kämpfte nad) Polybios (1, 24) 
egen die Karthager auf Sicilien, nad andern 
* er ihren Feldherrn Hannibal an der Küſte 
Sardiniens. — 9) P. Sulp. Galba Maximus, 
beſchützte 211 v. C. Rom vor einem Angriffe Han— 
nibals (Zav. 26, 9 ff.) und führte in dem nächſten 
Jahren den Befehl in Griechenland von Sikyon 
aus gegen Philipp von Makedonien; thätiger und 
nicht ohne Ruhm führte er dasjelbe Kommando 
200 und in den folgenden Jahren. Liv. 26, 28. 
27, 30. 31, 14. 27. 33 ff. 32, 1. — 10) €. Sulp. 
Galus, diente ald Kriegstribun im Kriege gegen 
Berjeus, wo er vor der Schlacht bei Pydna eine 
Mondfinfternis vorberfagte. Liv. 44, 37. Nach 
feiner Nüdtehr aus Makedonien wurde er 166 v. C. 
Konſul und befiegte in demjelben Jahre die Ligu— 
rier. 164 unterfuchte er ald römischer Abgejandter 
bie gegen Eumenes von Pergamos vorgebradhten 
Klagen. Pol.31,9f. Er war ein jehr tugendhafter, 
gebildeter und beredbter Mann, in den Schriften 
der Griechen wohlbewandert und beichäftigte ſich 
auch im jpäteren Leben gern mit Afironomie. Cie. 
Brut. 20, 78. Cat. m. 14, 49. ad fam. 4, 6,1. 
Plin. 2, 19, 21. — 11) Ger. Sulp. ®alba, 
juchte, aber ohne Erfolg, den von ihm gehaßten 
L. Amilius Paulus um feinen Triumph über 
Perſeus zu bringen (Zav. 45, 35 ff.), kämpfte 151 
v. C. in Lufitanien, war jedoch unglüdlih und 
verübte gegen eine feindliche Schar, die ſich ihm 








vom Bolfe an Sullas Stelle den Oberbefehl gegen 
Mithridates übertragen. Der erbitterte Sulla rüdıe 
nun gegen Rom und eroberte die Stadt troß bes 
Widerftandes des Marius und Sulpicius. eide 
entflohen und wurden geächtet, Sulpieius, von 
einem Sklaven verraten, bei Laurentum ergriffen 
und getötet (Oic. de or. 3,3, 11. Cat. 3, 10, 24. 
Phil. 8, 2,7), fein Haupt auf der Rednerbũhne, 
wo er jo oft geglängt hatte (Cie. Brut. 49, 183. 
de or. 3, 8, 31), ausgeftellt. App. b. c. 1, 55 ff. 
Vell. Pat. 2, 19. — 15) Ser. Sulp. Galba, 
diente im marfischen Kriege, ſchlug 90 v. E. als 
Legat die Päligner, entjegte den von den Feinden 
eingeichloffenen En. Bompejus Strabo, befiegte 88 
die Marruciner und gewann nod einen blutigen 
Sieg über die feindlihen Heerführer. — 16) #. 
Sulp. Galba, Adil mit Cicero, fiel, als er ſich 
mit diefem um das Konfulat bewarb, durch. Cie. 
ad Att. 1,1,1. — 17) Ser. Sulp. Xemonia 
Rufus, ein Freund Ciceros, übte mit ihm bei 
Molon auf Rhodos die Redekunſt und widmete 
fich jpäter der Jurisprudenz. Cic. Brut. 41, 151. 
42, 154. Nach Belleidung der Prätur (65) fiel 
er bei der erften Bewerbung um das Konſulat 
durch, erhielt aber das Amt {ir das J. 51 v. E. 
Cie. ad fam. 8,8,5. Im J. 49 ging er, als 
Eäfar gegen Rom zog, nach Campanien und Fonnte 
zu feinem feften Entichluffe gelangen, welche Partei 
er ergreifen jollte, weshalb Cicero, der ebenjo un: 
Schfiifig war, ihn tabelte (ad Att.8, 1,1. 9, 19,2. 
10, 18, 2). Endlich entichied er ſich für Cäſar, 








vertrauensvoll ergeben hatte, ſolche Grauſamkeit, wurde 46 Statthalter in Adaja (Cie. ad fam. 
daf er in Nom 149 angellagt wurde und nur, wie es | 6, 6, 10. 13,17 ff.), verfiel nach Cäſars Tode 
ſcheint, durch Beftechung und Hägliches Bitten das | wieder in feine alte Unjchlüffigfeit und ſtarb als 
Bol zum Mitleid bewog und Freiſprechung erlangte. | Sejandter des Senats an den Antonius auf der 
Cie. Brut. 23, 90. de or. 1, 53, 227. Quint. 2,1558. | Reife nad) Mutina, 43. Cie. Phil. 9, 7, 15 ff. ad 
Er war der erjte Redner jeiner Zeit. Cic. Brut. | fam. 12, 5, 3. Wusgezeichneter noch denn als 
86, 295. 97, 338. — 12) Ger. Sulp. alba, | Redner war er als Rechtögelehrter, da er der erſte 
des vorigen Sohn, Gegner des Demagogen Satur: | war, der das Recht Funftreich behandelte. Er 
ninus, war Konſul 108 v. C. Cic. Kab, perd. 7. hinterließ viele Schüler und zahlreiche Schriften. 
— 13) €. Sulp. Galba, Schwager des E.| Cic. Brut. 41, 151. Quint. 10, 1, 116. 12, 10, 11. 
Grachus, ein tüchtiger Redner, wurde 110 v. E. | — 18) Ser. Sulp. Galba, diente unter Cäjar 
öffentlich verurteilt, weil er fih von Jugurtha in Gallien ald Legat, war 54 v. E. Prätor und 
hatte bejtechen lafjen. Cie. Brut. 34, 128. — 14) P. | fiel 49 troß Cäſars Empfehlung bei der Bewer: 
Sulp. Rufus, geboren wahricheinlih 124 v. &., | bung ums Konſulat durch. Cues. b. g. 3, 1. 8, So. 
trat zuerjt für die Optimaten im J. 94 mit einer | Dio Cass. 39, 65. Später ſchloß er fi den gegen 
Anklage gegen Norbanus auf, war im marjischen | Cäſar Verjchworenen an (Suet. Galb.3. Cie. Phil. 
Kriege Legat (Cie. Brut. 89, 304) und wirkte jpäter | 13, 16, 33), weshalb er 43, nachdem er noch unter 
als Bollstribun (88) ganz im Geifte der DOptis | Hirtius gegen Antonins gefochten hatte, als Mör: 
matenpartei für die Aufrechthaltung der Berfafjung | der verurteilt wurde. — 19) P. Sulp. Rufus, 
mit einem ungemeinen, alles überwältigenden | fämpfte unter Cäjar in Gallien, war 48 v. €. 
Rebnertalente. Sein Auftreten gegen C. Cäſar, Befehlshaber der Flotte Cäſars, erhielt dann 47 
der ſich mit Uberjpringung der Prätur ums Kon: | Jlyrien als Provinz und blieb dajelbft bis zum 
julat bewarb, entzweite ihn mit deſſen Familie J. 45. Caes. b.g.4,22. b.c.3,101. b. Alex. 44 ff. 
und drängte ihn, der durch Marius zur Unter: | — 20) Sulpicia, von dem Dichter Tibullus in 
ftügung feiner ehrgeizigen Pläne umgeftimmt war, | mehreren Elegien (4, 2—7. 11) wegen ihrer Liebe 
zu weiter gehenden Schritten, ohne daß er die Ber: | zu dem Freigelafjenen Cerinthus befungen. Einigen 
faffung umftürzen wollte. Seine Gejehvorichläge, | gilt fie jogar als Verfaſſerin mehrerer Elegien des 
die bejonders die Gleichftellung der Neubürger mit | vierten Buches des Tibull. — 21) C. Sulp. 
den Altbürgern bezwedten und die Keime erneuter | alba, tötete fich jelbit, nachdem er jein Ber: 
Zwietracht befeitigen jollten, außerdem aber auch mögen durchgebracht hatte, 36 n. C. Teac. ann. 


Summanus — Superstitio. 1165 


6,40. — 22) Sulp. Aſper, diente ald Haupt: 


mann in der faiferlichen Leibwadhe, war Zeil | 


nehmer der piſoniſchen Verjhwörung gegen Nero 
und erlitt mit Mut den Tod. Tae. ann. 15, 497f. 
Suet. Ner.36. — 23) Ser. Sulpicius Galba, 
der Kaifer, ſ. Galba. — 24) P. Sulp. Qui— 
rinus, gehörte nicht zu der alten patricijchen 
Familie der Sulpicier (Tac. ann. 3,48), war aber 
durch feine Gemahlin Lepida verwandt mit den 
Libonen (Tuc. ann. 2, 30). In dem Munieipium 
Lanuvium geboren, empfahl er fich dem Auguſtus 
als waderer Kriegsmann und durch eifrige Dienft- 
feiftungen, jo daß er für das J. 12 v. E. zum 
Konjul ernannt wurde. Dio Cass. 54, 28. Nad) 


einer, freilich angefochtenen, Angabe des Florus 


(2, 31) verwaltete er die Provinz Afrika (früheftens 


7 vd. €) und unterwarf die Marmariden und 


Garamanten. Darauf bejiegte er ald Statthalter 
(iyeuor) von Syrien die Homonadenfer in Kili— 
fien (etwa 5 v. C. Tac. ann. 3, 48. Strab. 12, 569), 
erhielt dafür die triumphaliſchen ag sr und 
wurde 1 v. C. dem €. Eäjar (vor Lollius) als 
eomes et rector iuvenis beigegeben, als derjelbe, 
zum Statthalter von Armenien ernannt, die Ber: 


ven des Orients ordnen jollte (Tac. ann. 2,4. 
ell, Pat. 2, 101. Swet. Tib. 12). Als foldyer | 
erwied er dem Tiberius in Rhobos feine Hoc 
achtung (Tac. ann. 3, 48). 6 n. €. mwurbe ihm 


zum \zweitenmal die Provinz Syrien übergeben 
(»Jos. ant. 17,18, 5. 18,1, 1. Din. Cıss, 60, 27) 
mit dem fpeziellen Anftrage, Judäa als Provinz 


einzurichten. Bon feiner Gattin Lepida trennte er 


ſich bald und machte ihr noch nad) fait 20 Fahren 
(Suet. Tib. 49. Tac. ann. 3, 22) den Prozeß. Da: 
durch bei den altadeligen Familien verhaßt (ob- 
jchon Lepida für jchuldig befunden ward), durfte 
er fi doch bis zu feinem Tode 21 n. C. der 
Freundſchaft des Tiberius erfreuen, jo daß jeine 
Leiche von Staats wegen bejtattet wurde. Tuc. ann. 
3,48. Seine zweimalige Berwaltung Syriens fteht 
nad) neueren Unterjuchungen feft, wenngleich eine 
dafür angezogene Inſchrift nach Zumpts eindring= 
lichen Unterfuchungen nicht auf ihn zu beziehen 
ift. Die nähere Beftinmung feines erjten Ber- 
waltungsjahres ift noch d' erwarten, j. Pfißner, 
das Geburtsjahr Chriſti ©. 9—14. — 25) Sulp. 
Apollinaris, unter den Antoninen geboren zu 
Karthago, Lehrer des jpäteren Kaiſers Pertinax, 


fowie des A. Gellius, bejchäftigte fich mit gelehr: 


ten grammatiichen Studien, namentlich über Ber: 
gilius. Erhalten haben fi) von ihm metrijche 
Inhaltsangaben zu den 12 Büchern der Nneide, 
jowie zu den Stüden des Plautus. — 26) Sul: 
picia, Berfafjerin erotiſcher Gedichte, lebte unter 
Domitian. Martial. 10, 35. 38. Erhalten hat fich 
außer einigen Heinen Bruchjtüden unter ihrem 
Namen eine satira, ein Heines Gedicht in 70 Hera=- 
metern, in dem die Zeitverhältniffe und die jchlinme 
Lage der Dichter beiprochen werden (herausgegeben 
von Schwarz und Gurlitt, 1819, Schläger, 1846, 
Bährens, 1873, und öfter® mit den römischen 


Satirifern). Das Gedicht ift, mo nicht, wie der 


Holländer Boot (1868) nachzumeijen verjucht hat 
und auch Bücheler annimmt, eine moderne Fäl— 
ihung, jo doch jedesfalls aus jpäterer Reit, viel- 
leicht aus dem Anfange des 5. Jahrh. n. €. 
Summänus, römifjche Gottheit, jabinijchen oder 
latinifchen Uriprungs, deren Wejen den Römern 








ſelbſt rätjelhaft war. Er wurde gewöhnlich als 
der Gott der nächtlichen und Erd-Blitze angejehen 
und für Pluto gehalten. Wahrjcheinlih war es 
urjprünglich eine Eigenſchaft des Jupiter, die fich 
u einer bejonderen Perſon verjelbftändigt hatte. 
tr hatte einen Tempel am Circus maximus, ber 
in der Beit des Pyrrhos reftauriert ward. Or. 
fast. 6, 731. Liv. 32, 29. 

Sumptus und leges sumpiuariae. Während 
in dem alten Rom die einfachite Genügjamteit 
waltete, herrichte jpäter unfinnige Verſchwendung 
und der ausgefuchtefte Luxus. Eine Reihe vor 
Geſetzen, leges sumptuariae, vermochte nicht dem 
Übel zu fteuern, ebenfowenig die Strenge der Gen: 
joren oder Adilen. Am älteften find die Geſetze, 
die den Aufwand bei Leichenbegängnifien verboten, 
wie die lex Numae und eine Reihe von Berord- 
mungen in den XI Tafeln. Cie. legg. 2, 23 ff. 
Die erfte eigentliche leX sumptuaria war die lex 
Oppia, 215 vd. C. gegen den Luxus der Frauen 
gerichtet. Ziv. 34, 1. Tac. ann. 8, 33 f. Die 
andern beſchränkten faſt ausſchließlich den Tafel: 
furus, wie die lex Örchia, etwa 183 v. C. 
(über die Zahl der Säfte), lex Fannia, 1610. C. 
(ernenerte die lex Orchia, verbot gewiſſe Speifen 
und beftimmte eine Norm für den an Fefttagen 
zu machenden Tafelaufwand). Die lex Didıan, 
143 v. C., dehnte das vorige Gejeh auf alle in 
Italien wohnenden römijchen Bürger aus, und 
die lex Lieinia, etwa 100 v. C., war im 
wejentlichen eine Wiederholung der lex Funnia 
und beftimmte die Ausgaben ut yet 
u. ſ. w. Die lex Cornelia Sullas, 81 v. E,, 
ichärfte dasjelbe wieder ein und gab zugleich eine 
jehr billige Tare der gewöhnlichen Lebensmittel 
und feineren Speifen. Nach einigen Jahren fam 
die lex Aemilia; am umfaflendften war bie 
lex Julia, von Cäſar gegeben, welche nicht bloß 
den Tafellugus, fondern auch die Kleiderpracht und 
den Gebrauch unnüßer Luxusartikel beſchränkte. 
Es folgte eine zweite lex Julia von Auguftus, 
der überhaupt die alte Einfachheit zurüdzuführen 
ftrebte, aber natürlich ohne olg. Unter den 


ſpäteren Raifern nahm mit dem Sittenverderben 


auch der Lurus reifend zu, und troß mancher 
faiferliher Berordnungen (Tae. ann. 3, 52 ff.) 
errjchte das Unmejen fort. Bgl. Tac. ann. 3, 55. 
ber den Tafellurus vgl. Buschmann, Bilder aus 
dem alten Rom, ©. 26 f. 

Sunion j. Attika, 18. 

Suoretaurilia (Solit.) j. Opfer, 4. 

Superi (dii), die höheren Götter, auch mit Ein— 
ſchluß der unterirbijhen (Zacan. 6, 748), dann 
die Götter der Oberwelt im Gegenſatz zu den ter- 
restres und inferi. Ov. met. 14, 729. trist.4, 4, 19. 
Verg. A. 7, 312. 

Superstitio hieß das Abweichen von dem vater: 
ländiichen Gottesdienfte zu fremden, vom Staate 
nicht anerfannten Göttern. Diejes Hinwenden zum 
Ausländifchen hatte feinen Grund einesteils im 
allzugroßer Furcht vor dem Unſichtbaren, andern- 
teild im Mißtrauen gegen die Macht der heimi- 
ſchen Götter. Einzelne Erjcheinungen des Aber: 
glaubens nach unjerem Sinne j. unter Divinatio 
und Zauberei; über das Berhalten des Staates 
gegen die ausländijchen Kulte j. Zauberei (gegen 

de) und gegen die Bacchanalien unter Diony- 
sos, 10. 


1166 


Superum mare j. Adria. 

Suppärus hieß die obere (exterior) Tunifa im 
Gegenſatz zu der unteren, subncula. 

Supplieatio, öffentliche Demütigung vor den 
Göttern bei glüdlichen oder unglüdlichen Staats- 
ereigniffen, ein Buß-, Bet: und Dankfeſt (obse- 
eratio, gratulatio, vgl. Cie. ad fam. 11, 18, 3), 
entweder bei drohendem Unglüd zur Abwehr oder 
nach glüdlichen Ereigniffen zum Dante. Bejonders 


bezeichnet dad Wort die vom Senate ausgehende | 


Zuerfennung eines öffentlichen Dankfeſtes für die 


von einem Feldherrn und dem Heere den Senate 


eleifteten Dienste, namentlich für einen errungenen 
ieg, wobei der Senat im Namen des Jmperators 
die Kempel zu öffnen und den Göttern Dankopfer 
zu bringen befahl. Der Triumph folgte nicht mot: 
wendig nad; da dies aber oft geſchah, jo hieß 
die Supplicatio praerogativa triumpbi. Dieje 
Eupplicatio dauerte anfangs einen Tag, danı 2, 
3, 4, 5, 10, 15, 20, jogar 40 und 50 Tage. Liv. 
27,51. 10,23. 5, 23. 30, 21. Cie. prov. cons. 10.11. 
Phil. 14, 11. 14. Caes. b. g. 2, 35. 4, 38. Suet. 
Caes, 24. Sie wurde angeſagt entweder für ein- 
zelne beftimmte Götter oder für alle, welche pul- 
vinaria hatten; und an ſolchem dies pandicu- 
laris (Fest. p. 220) verteilte ſich das Volk in die 
verichiedenen Tempel und Kapellen, Bei bejonders 
roßen Gefahren waren damit noch Umzüge der 
—— durch die Stadt verbunden. Liv. 25, 12. 
27,37. 31, 12. Zur Prozeſſion erſchienen gewöhn— 
lih alle Stände, auch oft die Landleute und be- 
nachbarte Stämme. Die Teilnehmer der Prozeffion, 
ewöhnlich befränzt, zogen, Lieder auf die Götter 
—— durch die Stadt zu den Tempeln, um die 
Gnade der Götter durch Gebet und Opfer zu 
erflehen; oft veranſtaltete dabei der Senat ein 
öffentliches Mahl. 

Supplicium hieß eigentlich Sühnopfer, dann 
das mit der sacratio capitis verbundene Sühn- 
opfer, zulegt Hinrichtung, da dieje an die Stelle 
ber sacratio capitis getreten war. Wenn das 
Gericht die Todesitrafe ausgeſprochen hatte, jo 
wurde diejelbe bald vollzogen, auch noch unter 
Tiberius (Teac. ann. 3, 51). Doc infolge eines 
übereilten Senatsbeichluffes wurde auf Antrag des: 
jelben ein Senatslonjult gegeben, daß die Hin- 
richtung des Berurteilten nicht vor dem zehnten 
Tage Pattinden jolle (Suwet. Tib. 75. Dio Cass. 
67, 20. 58, 27). Später wurde dieje Friſt bis auf 
30 Tage ausgedehnt (Quint. decl. 313. Calp. Flav. 
decl. 25). € Carnifex, Lietor, Specula- 
tor und Triumviri capitales. Die Exeku— 
tion wurde mit Ausnahme der im carcer zu 
vollziehenden Erdroffelung vor den Thoren (ge: 
wöhnlich auf dem campus Esquilinus) vorgenom: 
men, unter Zuziehung eines praeco, der das 
Verbrechen öffentlich ausrief und dem Liltor oder 
Henfer das enticheidende Zeichen gab. Berhüllten 
Hauptes wurde der Delinquent gegeißelt und jo: 
dann mit Beil oder Schwert hingerichtet oder 
gefreuzigt. Wenn der Leichnam den Angehörigen 
nicht auf bejondere Erlaubnis zurüdgegeben wurde, 
blieb er unbeerdigt liegen oder wurde in den 
Tiber geworfen. 


militaris, 10.). 
Surena, Zoverjvag, hieß bei den Parthern der 
höchſte Würdenträger nad) dem Könige, der dem 


Im Felde erfolgte die Hinrich 
tung vor der porta decumana (). Discıplina 


Superum mare — Susiana. 


den Thron Befteigenden die Tiara auffeßte. Tue. 
ann, 6, 42. Strab. 16, 747. Der Name entjpricht 
etwa dem türfifchen Großvezier. 

Surrentum, Zvggevror, alte Stadt Campa- 
niens auf der vorſpringenden Landipige des Pro- 
munturium Minervae, das den Eumantichen Meer- 
bujen von dem Päſtaniſchen trennt, an erfterem; 
j. Sorrento. Die Hügel der Umgegend, Surren- 

| tini Colles, lieferten einen trefflihen Wein. Lir. 
22, 61. Plin. 3, 5, 9. 14, 6, 8. Ov. met. 15, 710, 
ı Hor. ep. 1,17, 52. sat. 2,4,55. Strab. 5, 243. 247. 
Susa, r« Zoöce, in der Landesſprache Sufun, 
'j. Ruinen Sus, die alte Hauptftadt von Sujiana, 
in der Landichaft Kiffia zwiſchen den Flüſſen 
Choaſpes im W. und Eulaios im D. an dem Ko: 
pratas gelegen, jeit Dareios J. die gewöhnliche 
‚ Refidenz der a Sie war rechtwinklig 
angelegt, maß 120-200 Stadien im Umfang, 
hatte wie Babylon nur Häujer aus Badjteinen 
\und feine Stadtmauern, aber eine ftarfbefeftigte 
| Burg, welde den Balajt und eine Hauptichag- 
fammer der Könige enthielt. In Sufa feierten 
324 Wlerander und feine Feldherren ihre große 
Hochzeit mit Perjerinnen. Seit 1849 haben Nach: 
grabungen interejlante Überrefte zu Tage gefördert. 
Aesch. Pers. 3f. 16. Hdt. 5, 49. 52. Arr. 3, 16, 6. 
7,4, 4. Diod. Sie. 17, 6öf. Strab. 15, 727 ff. 
Susarion, Zovoagiwor, Sohn des Philinos aus 
dem Flecken Tripodiflos in Megara, fam nad 
Jlaria in Attika und trat hier zuerft zwiſchen 
581 und 562 dv. E. mit Komödien auf, indem er 
wahrjcheinlic die in Megara bei der Weinleje 
üblichen Stegreificherze (adroogsdıdsuare) in ein 
Metrum brachte. Der Dionyjoskult in Attila bot 
dafür eine Grundlage, 

Susceptor hieß der Provinzialiteuer-Einnehmer 
in ber Raijerzeit, anfangs von den ftädtijchen 
Senaten (Eurien), jpäter von ben faijerlichen Be: 
amten ernannt. 

Susiäna, 7) Zovourrj, Zovaig, Zovsıdg, Land: 
ichaft in Aſien, früher Kiffia (f. d.), fonft auch Ein: 
mais (j. d.) genannt, j. Chuſiſtan; bis ins 7. Jahrh. 
v. C. jelbftändig und oft mit Babylonien und 
Aſſyrien im Srieg, feit dem 6. Jahrh. perfiiche 
Pens: Sie grenzte im D. an Perſis, im N. 
an Medien, im W. an Babylonien, im S. an die 
innerfte Spige des Perfiihen Meerbujfens. Den 
ſüdlichen und mittleren Teil bildete eine mit Ba— 
bylonien zujammenhängende, ungewöhnlich heiße 
Ebene, bewohnt von friedlichen J— der 
N. und D. war ein kühles, auf den höchſten Ter— 
rafjen rauhes Gebirgsland, in dem wilde Hirten: 
und Räuberftämme hauften, die jelbft von den 
Perjerfönigen für den Durchzug dur die zulaı 
oder ergmı LZovoides (j. Paß Kelah-i-Sefid) 
zwiſchen Suſa und Perjepolis ein Löſegeld ver: 
langten. Abgeſehen von der jumpfigen Küfte und 
den lahlen Höhen war das Land fruchtbar, reich 
an Getreide und Wein; auch fanden ſich viele 
Naphthaquellen. Die Flüffe münden jämtlich in 
den Perſiſchen Meerbufen: der Oroatis (j. Zore) 
für ji, der Choaſpes (j. Kerfha) und der Eu: 
laios oder Bajitigris (j. Karun) mit dem Ko: 
pratas (j. Disful) ald Nebenflüffe des Tigris. 
— Die Bewohner, Zovaarol, Zovsoı, bejtanden, 
wie in Babylonien, aus einer Urbevölferung von 
unbefanntem (turaniichem?) Stamm uud aus ein: 
gewanderten Semiten. Jene behauptete ſich wohl 








Suspensura — Sygambri. 


hauptjächlich in den Gebirgen; ihre eigentümliche | 
Keilichrift und Sprache zeigt ſich auf den in Su: 

fiana gefundenen Inſchriften, ebenjo auf den meiften 

Inichriften der Adhaimeniden, hier zwiſchen dem 

perfiichen und dem babyloniichen Terte. Bon Völ-⸗ 
ferichaften werden genannt: die Urier in Uriana 
auf den öftlichen Gebirgen, die Mejjabaten nörb: |, 
lich in Meffabatene, die Kojjaier nordweitlich in 
Kofjaia, die Kiſſier um Suſa, die Elymaier 
im S. An der Tigrismündung lag die Yandichaft 
Charakene oder Mejene. Städte: Suja (i. d.), 
Seleufeia, Azara, Aginis, Babafe. Strab. 15, 727 ff. 

Suspensüra, ber behufs ber Heizung hohl: 
gelegte Fußboden, j. Haus, 11. 

Suthul, Kaftell Numidiens, wo Jugurtha jeine 
Schatzlammer hatte, nach einigen das fpätere Ca: 
lama, zwiſchen Hippo Regius und Cirta, nad 
andern öÖftlich davon. Sall. Jug. 37. 

Sutor, griechiſch oxvroröuog, allgemein der 
Xederarbeiter, jpeziell der Schufter; sutor cerdo 
oder s. veteramentarius der Schuhflider. Die 
Schuhmacher arbeiteten, wie bei uns, fißend und 
bedienten fich zum Schneiden des Leber in Strei: 
fen mehrerer Arten von Mefjern, und zwar bed 
geradfchneidigen, scalprum, oufln, ouıllor, und 
des rundjchneidigen, culter erepidarius, rouevg, 
regrrousdg, zum Bufammennähen, nachdem durch 
bie Ahle, subula, fistula sutoria, ömnrıov, Ömevg, 
xerrneijgior, Löcher gebohrt worben, der Tier: 
jehnen; die Schuhe felbit wurden über dem Leiften, 
forma calcei, waldmovg, nalörovg, nalonödıor, 
gearbeitet, geglättet und mit dem Scufterichtwarz 
gefärbt. Vgl. das Nähere bei Blümmer, Techno: 
logie und Terminologie l ©. 268 ff. 

Sutrium, Zovrgiov, Stadt Etruriend an ber 
Ditfeite des Ciminiſchen Bergmwaldes, jeit 383 v. €. 
römijche Kolonie, j. Sutri mit Reften alter Mauern. 
Liv. 6, 3. 9, 32. 35. 10, 14. 27, 9. Plut. Cam. 35. 
Strab. 5, 226. 

Svardönes, ſueviſches Volk im nördlichen Ger: 
manien, recht3 vom Albisfluß, zwijchen den Saro: 
ne3 und Langobarden, vielleicht an dem Flüßchen 
Schwartau, oberhalb der Mündung der Trave. 
Tac. Germ. 40. R 

Syagrius, Sohn des Agidius, ſchützte nad) 
deſſen Tode (484 n. E.) als Statthalter mit Hülfe 
des Frankenkönigs Ehilberich die römischen Land: 
ſchaften in Gallien gegen die übrigen andringen: 
den Franfen, deren König Ehlobwig in Verbin: | 
dung mit Ragnadhar, dem Könige eines andern | 
Teils ber ſaliſchen Franken, ihm angriff und in 
der Schlacht bei Soiffons 486 bergeftalt jchlug, | 
daß er zu dem Könige der Weftgoten Alarich II. | 
floh; von dieſem an Chlodwig ausgeliefert, erlitt 
er den Tod. Mit feinem Sturze war der weft: ı 
römischen Herrichaft in Gallien ein Ende gemadıt. 





Sybäris, Zößagıs, berühmte, von Achaiern 
und Troizeniern um 720 v. C. —— und 
nach der gleichnamigen Quelle bei Bura in Achaia 


(Strab. 8, 386) genannte, griechiſche Kolonie an 
der Küfte Lucaniens, unweit der Grenze von 
Bruttii, am Fluſſe Krathis Kurz vor jeiner Ver— 
einigung mit dem Nebenflüßchen Sybaris(j. Eojcile). 
Durch ihren blühenden Handel, bejonderd nad) 
Kleinafien, fam fie zu bedeutender Macht und 
Größe (Hdt. 6, 21), jo daf in der Zeit der hödhften 
Blüte 25 Städte ihr gehordhten, und jie 300 000 
Mann gegen Kroton ins Feld ftellen fonnte. Die 


1167 


Bahl der Bewohner betrug wohl 100 000, Allein 
der hohe Wohlftand lieh die Sybariten in ein 
ſprichwörtlich gewordenes weichliches Leben ver: 
fallen. In einem Kampfe mit Kroton, 610 v. C., 
wurde ©. völlig zerftört. Diod. Sie. 12,9. 443 v. C. 
legten die Nachkommen der flüchtig gewordenen 
Sybariten im Verein mit einer athentichen Kolonie, 
bei der auch der Geichichtichreiber Herodot war, 
in der Nähe der alten Stadt die nad) der Quelle 
Thuria benannte Stabt Thurivi (Qovgio, Hov- 
eia, Govgıor) an, die unter der demokratiichen 
Gejepgebung des Eharondas bald zu großer Blüte 
—— Thue. 7, 33. Im zweiten puniſchen 

iege, 204 v. C. ließ Hannibal die Stadt plün— 
dern und einen Zeil der Bewohner nadı Kroton 
bringen, worauf die Römer 194 v. E. eine Kolonie 
dorthin führten, unter dem (bald in Vergeſſenheit 
geratenen) Namen Copise. Die Stadt war feft 
und hielt eine ser eg, er PBompejus aus; 
jpäter war fie römijhes Municipium. Wie fie 
untergegangen, weiß man nicht; ebenjomwenig fteht 
die Ortslage feit. Strab. 6, 263. Abhandl. von 
Schiller (1838) und Th. Müller (1838). 

Syböta, r@ Zußore, Name eines Heinen Küftens 
ortes in Epeiros, jüdlih der Mündung des Thya— 
mis, und mehrerer Heiner Injeln, dem Vorgebirge 
Leukimne auf Kerkyra gegenüber; j. Syvota. Dort 
fiel 433 (nicht 432) dv. C. die Seejchlacht zwifchen 
den Kerkyraiern und Korinthern vor, die das Vor: 
fpiel zum peloponnefiichen Kriege war. Thuc. 1,47. 
650. 52. 54. 8, 76. Strab. 7, 324. 

Syöne, Zvrvn, äguptiih Sun, jübliche Grenz: 
ftadt Ägyptens gegen Aithiopien (Hdt. 2, 28), bei 
den Heinen Ratarakten des Nil, am rechten Fluß— 
ufer etwas jüdlich von dem h. Aſſuan, der Inſel 
Elephantine gegenüber, in der Kaijerzeit Stand- 
quartier für 3 Eohorten. Da ©. wenig nörblich 
von dem Wendefreis des Krebſes lag, und bie 
Schiefe der Efliptif in der Zeit v. E. größer war 
als jept, jo warf die Sonne bei dem Sommer: 
jolftitium daſelbſt feinen Schatten und beleuchtete 
einen tiefen Brunnen bis auf den Grund. Dieje 
den Alten auffällige Thatiache führte den Erato- 
fthenes darauf, aus der Größe des gleichzeitigen 
Scyattens in Alerandreia einerjeit® und aus der 
Entfernung zwiſchen beiden Städten andererjeits 
die Länge eines Meridiand zu berechnen. Nach 
©. nannte man den in der Nähe gebrochenen treff: 
fihen Granit Syenites lapis (der übrigens von 
unjerem „Syenit“ verjchieden ift). Plin. 5, 9, 10. 
36, 8, 13. Strab. 17, 786 f. 817. 

Syennösis, Zvevvecıs (d. h. edler Fürft), Titel 
(nicht Name) der erblichen Fürſten von Kilikien, 
noch unter perſiſcher Oberhoheit. Aesch. Pers. 326. 
Hat. 1, 74. 5, 118. 7, 98. Xen. An. 1, 2, 12u. ö, 

Sygambri oder Sugambri, Z(o)uyaußgo: (d.h. 
bie in Wort und That jchnellen, von gambar, 
strenuus), ein mächtiger germanijcher Volksſtamm, 
der urjprünglich an der Sieg (Siga) gewohnt zu 
haben jcheint. Nach Cäſar (b. g. 4, 16. 6, 35) 
wohnten fie proximi Rheno, und zwar nördlich 
von den UÜbiern. Sie werden von Horaz als wild 
und friegerijch (od. 4, 2, 36: feroces) und mord- 
Iuftig (daf. 4, 14, 51: caede gaudentes) gejchildert. 
Im J. 16 v. E. hatten fie dem römischen Feldherrn 
Lollius eine Niederlage beigebradht, und als diejer 
mit neugerüftetem Heere, unter dem Oberbefehle 
des Auguftus jelbit, anrüdte, zogen fie ſich in das 


1168 Zvxopavens 


Innere ihres wälderreichen Landes zurüd, jchidten | 


Seifeln und jchloffen Frieden. Später wurden fie 
auf das linke Rheinufer verjeßt. Suet. Oct. 21. In 
der Folge bildeten fie dann einen Sauptbeftand: 
teil des Franfenbundes. Nach Cäſar (b. 4. 4, 19) 
hatten fie feine Städte, fondern wohnten nur in 
einzelnen Gehöften und Flecken. F 
Zvxopareng bezeichnet nach der gewöhnlichen 


Ableitung urjprünglich den, der jemanden wegen | 


verbotener Ausfuhr von Feigen aus Attila an- 
zeigte. Plut. Sol. 24 (doch |. Bödh, Staatshausp. 
I ©. sıf[.). Später, bei der, wachjenden Prozeß— 
fucht der Athener und dem Überhanduehmen der 
ihamlojeften, daraus hervorgehenden Chicanen, 
wird mit dem Ausdrud ganz allgemein jeder be: 
zeichnet, der einen andern, um Geld zu erpreflen 
oder jonjt etwas von ihm zu erlangen, mit einer 
falichen Anklage bedrohte, oder dieſelbe wirklich 
anftellte. Dies Mittel, einem andern zu jchaden, 
galt für jo gefährlich, da die ftrengiten Strafen 
(der Prog war ſchätzbar, und es fonnte jelbft 
auf den Tod erlannt werden) auf die Ausübung 
desjelben gejegt wurden. Trotzdem griff es aber 
unter der fortichreitenden Zerſetzung und Auf: 
löjung der atheniichen Demokratie jo furchtbar und 
für alle öffentlichen und privaten Berhältnifje ge: 
jährlich um ſich, daß bei der wachjenden Berderb- 
nis des Nicdhterftandes die ftrengiten Geſetze zur 
Unterdrüdung besjelben erfolglos blieben. Berfolgt 
werden fonnte das — der Sylophantie 
durch Graphe, Endeiris, Apagoge, Phafis, Eis: 
angelia, Probole.. Das Forum dafür bildeten die 
Thejmotheten. Eine lebendige Schilderung des 
Sylophanten findet ſich u. a. bei Demofthenes 
(Aristog. p. 786). 

Zulloyeig |. Staatshaushalt, I, 13, 

Sylöson, Zvloca», jüngerer Bruder des Ty— 
rannen Polykrates, teilte anfangs mit diejem bie 
Herrichaft über Samos, ging dann, von feinem 
Bruder vertrieben, nach Agypten, erhielt aber nach 
befien Tode durch Dareios die Herrichaft wieder 
(um 516 v. E.), die er jehr graufam geführt haben 
joll. Hdt. 3, 139 ff. Strab. 14, 638, 

Symaithos, Zvuaudog, j. Giaretta oder Si— 
meto, Fluß, am Fuße des Ätna entjpringend, bil: 
dete in feinem öftlichen Kaufe im allgemeinen die 
Grenze des Gebiet3 von Katana und Leontinoi. 
An demfelben lag die Stadt Kentoripai. Tihue. 
6, 56. Strab. 6, 272. Verg. A.9, 684. Op. met. 
13, 730. fast. 4, 472. 

Zuußole, 1) dlxaı dab ovußöior, |. "Exr- 
“Anrog vökıs. — 2) eine Art von Legitima- 
tions: und Beglaubigungszeichen, z. B. der Ab— 
drud eines Giegelrings, Marten (tesserae) für die 
atheniſchen Richter, für die Bejucher der Bolts: 
verjammlung, Zeichen der Gaftfreundichaft (tes- 
sera hospitalis); auch im öffentlichen Verkehr, als 
Beglaubigungen von Gejandten. 

Zvußolai und deixvor aro ovußolor 
j. Mahlzeiten, 2. 

Zvußovso:ı. außerordentliche Beamtein Sparta, 
die von den Ephoren den Königen oder Feld— 
herren zur Überwachung oder als Ratgeber beige: 
geben wurden. Thuc. 2, 85. 3, 69. 5, 63. Died. 
Sic. 12, 78. 

Syme, Zuun, j. Symi, Inſel an der Südküſte 
Kariens, dem Borgebirge Kynosſema gegemüber, 
zwiichen Knidos und Rhodos, mit 8 Häfen und 


— Zuuuazle. 


einer Stadt gl. NR. Früher hieß fie Metapontis 
und Aigle und erhielt den Namen ©. von einer 
Tochter des Jalyſos. Der König der Inſel, Ni— 
reus, jandte im trojanijchen Kriege dem Agamemnon 
3 Schiffe zu Hülfe. Mom. Il. 2, 671. Nachdem 
dann die Karier die Inſel beſetzt, wegen eintreten- 
‚der Dürre aber wieder verlaffen. hatten, nahmen 
die Dorier fie dauernd in Beſitz. Hat. ı, 174. 
Strab. 14,656. Diod. Sie. 5, 54. Plin.5, 31, 133. 

Zvapagie. Über den Charakter der griech: 
ihen Symmadjie im allgemeinen |. 'Hysuoria. 
Die älteſte Symmachie war die peloponneftsche, an 
deren Spitze Argos ftand. Hat. 1, 1. Bald aber 
trat Sparta als mäcdhtigerer Nebenbuhler auf und 
ficherte fein Übergewicht über Argos durch den 
Sieg bei Tiryns (etwa 524 v. €.) auf immer, j. 
|Kleomenes, 1. und Argos, 4. Die Span 
nung zwijchen beiden Staaten dauerte fort. Die 
| Staaten, welche das jpartanijche Bündnis bilde- 
ten, waren: Korinth, bejonders im Rate bedeutend, 
Sifyon, Aigina, Megara, Epidaurod, Arkadien 
(Tegea nahm in der Schlacht den Ehrenplap auf 
dem äußerften Iinten Flügel ein), Phlins, Troizen, 
Hermione, Elis. Die Perjerfriege führten durch 
die freiwillige Unterordnung Athens aud das 
übrige Hellas unter ihre Hegemonie. Der Thaten: 
lanz der Athener und die Klugheit des Themi- 
tofles, Arifteides und Kimon bewirkten aber, daß 
Athen bald zur See durch Verbindungen mit den 
Inſeln, und Heinafiatiihen Städten ein entſchie— 
denes Übergewicht erhielt. Die Verſuche der Spar: 
laner, audy zur See die Hegemonie zu erlangen, 
icheiterten ; durch die Beichimpfung der ihnen gegen 
Ithome zu Hülfe fommenden athenifchen Truppen 
famı e3 zum förmlichen Bruch, Infolge befien Athen, 
durch Verbindung mit Argos, auch zu Lande eine 
Macht erlangte, die Sparta faft gewachjen war. 
Theben hatte indeflen den Prinzipat, den es über 
Boiotien behauptete, in den Werjerfriegen burd 
feinen Verrat verloren. In dem Frieden 445 v. C. 
erfannten Athen und Sparta gegenjeitig förmlich 
ihre Hegemonie an. Das Bertrauen, in dem 
Arifteides bei den Bundesgenofjen ſtand, hatte 
bewirkt, daß dieje, meift Injel- und Küftenbewoh- 
ner, den Wthenern die Verwaltung des Staats: 
ſchatzes, der erſt in Delos, feit 454 v. E. in Athen 
‚niedergelegt war, überließen. Diefer Schaf war 
| vorzugsweije daher entjtanden, dat die Athener 
den Bundesgenofjen geitatteten, ftatt der Kontin— 
gente an Schiffen und Mannichaften Geldbeiträge 
zu zahlen, wofür then die Verteidigung des 
Bundes übernahm, während die Bundesgenofien 
zwar von SKriegslaften frei, aber durch Gelbit: 
'entwaffnung jeder politiichen Selbftändigfeit dem 
' Bundeshaupte gegenüber beraubt waren. Die Ber: 
‚ walter desjelben, die Hellenotamien, waren athe: 
nische Beamte. Der peloponnefische Krieg, der bei 
der Eiferjucdht der beiden Hauptſtaaten ganz Grie: 
henland in jeinen Strudel —— machte der 
atheniſchen Hegemonie ein Ende. parta ward 
die herrſchende Macht, während Theben über die 
boiotiſchen Städte die Hegemonie ausübte. Durch 
die Vertreibung der Dreißig wurde Athen vom 
unmittelbaren Drucke der Spartaner befreit; durch 
den Sieg bei Knidos ftellte Konon das Übergewicht 
der Athener zur See wieder her: die Vorteile des 
forinthijchen Krieges ernteten aber, durch den an: 
taltidijchen Frieden, Berfien und Sparta. Spartas 








Symmachus 


Übermut, der fich befonders in der Beſetzung 
Thebens ausſprach, bewirkte endlich den Sturz 
jeiner Herrihaft. Athen bildete ſich um 377 v. E. 
eine neue Bundesgenofjenichaft, und Sparta er: 
fannte endlich die Hegemonie der Athener zur 
See förmlih an. Die Schladhten bei Leuftra und 


Mantineia und die SHerftellung Mefleniend ver: 


nichteten die Hegemonie Spartas gänzlich, während 
der Fall des Epameinondas bei Mantineia (362 
v. E.) auch Theben einen Teil feiner Vorteile ent: 
riß und feine Hegemonie auf Boiotien bejchränfte 
(über die Form des Boiotiſchen Bundes ſ. Boıw- 
repyaı und Boiotia). Nod einmal erhob fich 
Athen zum mächtigjten Staate Griechenlands, bis 
endlih durch die Schlacht bei Chaironeia (338) 
Griechenlands Freiheit vernidytet wurde und die 
Hegemonie und Herrichaft auf Mafedonien überging. 


Symmächus, DO. Aurelius, ein jelbjt von | 


chriſtlichen Gegnern troß feiner Anhänglichkeit an 
das Heidentum geacdhteter Redner der jpäteren 
Kaiferzeit, verwaltete unter Theodofius dem Gr. im 
%. 384 die ſtädtiſche Präfeltur und 391 das Kon— 
julat und übertraf an Anjehen jeinen gleichnami: 
gen Vater wie feinen Sohn. Für die Herftellung 
der alten Götter ſprach er mit großem ‚Eifer, wes— 
er ee der Biſchof Ambrofius entgegentrat. 

ir bejigen von ihm 10 Bücher Briefe, das zehnte 
eine Korreſpondenz mit den Kaiſern, in denen er, 
wie in Sprache und Form, den Plinius nachahmt. 
Maerob. sat. 5, 1. Sie geben nicht unwichtige 
Beiträge zur Gejchichte feiner Zeit. Proben feiner 
jugendlichen Beredjamfeit befißen wir in 3 zum 
größeren Teile erhaltenen Lobreden auf Valen— 
tinian 1. und deflen Sohn, den jungen Mitkaifer 
Gratianus; fie teilen die Manier der übrigen 
Banegyrifer, ftehen aber den befjeren derjelben an 
Gehalt entichieden nad). Aus jeinen reiferen Jah: 
ren haben wir größere Stüde aus 6 Senatsreden. 
Ausgg. von Lectius (1587 ff.), Scioppius (1608), 
Pareus (1617) u. Seed (1883). Wusg. der rela- 
tiones des Vaters von Meyer (1872). 

Zvumogiaı |. Leiturgia, 4. und Staats- 
haushalt, I, 12. 

Symphoniäci, die mufilalifchen Sklaven, die 
in dem Haushalt eines reichen Römers nicht fehlen 
durften, Hausfapelle. Cie. Mil. 9. Die Unterhal: 
tung, die fie gewährten, hieß acroama. Suet. Oct. 
74. Plin. ep. 6, 31. 

Symplegädes, Zvurinyadss, 1) j. Argonau- 
ten. — 2) ſ. Kvdvesaı vjooı. 

Symposion j. Mahlzeiten. 

Zurdıxor, 1) j.Prozels, 11.— 2) in Athen 
eine nach der Bertreibung der Dreißig vorüber: 

ehend eingeführte Behörde, Staatsfiſtale oder 
— — die die Intereſſen des Fiſkus 
zu wahren hatten, wenn ein Privatmann das Ganze 
oder einen Teil des zu konfijcierenden Gutes, oder 
wenn ber Staat das Bermögen eines Privatnanns 
anz oder teilweife beanſpruchte. In fiſtaliſchen 
Bro eſſen, die daraus hervorgingen, hatten fie die 
Sortandichaft. Wahrjcheinlich wurden fie durchs 


Los gewählt. 

Zurn und Svrnyogia |. Prozels, 11. 

Syngräpha, eine Sculdverjchreibung, wie 
chirographum (ſ. d.). 

Synnäda, r« Zurvade, Stadt in Phrygia 
Paroreios, an einem Gebirge, das die berühmten 
ſynnadiſchen Marmorbrüche enthielt, die nach dem 


Realleriton des Mafj. Altertums. 7. Aufl. 


— Syphax. 1169 
Flecken Dofimeion aud die dofimitijchen genannt 
wurden: weißer Marmor mit roten Flecken und 
Adern. Ruinen bei Tiehifut:Raflaba. Cie. ad fam. 
15, 4. Liv. 45, 34. Strab. 12, 577. 

Zvvorxlaı ſ. Haus, 4. 

Zurouooia |. v. a. rapie, ſ. d. 

Zurdnzov nagaßaceng dien |. Ilun. 

Synthösis, ein bequemer, eleganter häuslicher 
Überwurf, den man ftatt der Toga trug und vor: 
züglich bei Tiſch anlegte, j. Kleidung, 10. Das 
Nähere ift uns unbefannt. Auch nannte man syn- 
thesis die ganze Garderobe und überhaupt die 
Garnitur von allerlei Sachen. 

Syphax, Zugpa£, König der Mafläiylier (Weit: 
numidier), wird zuerft genannt um 213 v. E., als 
er plöglich gegen die Karthager feindlich auftrat. 
Auf die Nachricht davon jchidten die römischen 
Teldherren in Spanien, die beiden Scipionen, 
3 Hauptleute ab, den König zur Bundesgenofjen- 
ſchaft mit Rom einzuladen; einen derjelben, Sta: 
torius, behielt ©. bei fi, um durch ihn feine 
Fußtruppen organifieren zu laſſen; mit den beiden 
andern jchicdte er Gejandte nad) Spanien zum Ab: 
ihluß des Vertrages, denen es gelang, viele Nu— 
midier aus dem farthagischen Heere zu fich herüber- 
zuloden. Aber auch die Karthager hatten in Gala, 
dem Könige der Mafiylier, und feinem tapfern 
Sohne Maſiniſſa (j. d.) neue Bundesgenofien 
— und letzterer ſchlug den ©. in einer 

lacht aufs Haupt, jo daß er ſich genötigt ſah, 
zu den Maurufiern zu fliehen. Liv. 24, 485. 
Hiedurch, wie durch die bald darauf erfolgte Nie- 
derlage und den Tod der Ecipionen, ward jenes 
Bündnis wieder abgebrochen, bis der junge Scipio 
207, nachdem er die Karthager Haſdrubal, Giſgos 
Sohn, und Mago bei Bäcula aufs Haupt gejchla: 
gen hatte, es erneuerte. Der mächtige S. wollte 
aber nur mit dem Oberfeldherrn perjönlich unter: 
en jo wagte ed Scipio nad) vorläufigen 

erhandlungen, mit Lälius auf 2 Fünfruderern 
nad Afrika überzujeßen, wobei er nur durch einen 
glüdlihen Zufall der Gefangennahme dur die 
Karthager entging. Seipios männlich fräftige und 
zugleich im hohen Grade liebenswürdige Perſön— 
| Tichleit gewann den ©. ganz für das Bündnis 
| (Liv. 28, 17. 18); der farthagiiche Feldherr Haſdru— 
bal dagegen, Scipios vor furzem gejchlagener 
Gegner, der zugleich Gaft des ©. war, jchied, wegen 
des weiteren Verlaufs des Krieges mit den größten 
Beſorgniſſen erfüllt. Als aber unterdeilen die Rö— 
mer mächtige Anftalten trafen, eine Landung in 
Afrika jelbft zu machen, gelang e8 den Bemühungen 
des Hajdrubal, den S. von den Römern ab: und 
zu den Karthagern himüberzuziehen. Der Preis 
dieſer Verbindung war Hajdrubals jchöne Tochter 
Sophonibe (Sophonis, nicht Sophonifbe), die 
eigentlich dem Mafinifja verlobt gemwejen war. Liv. 
29, 23. Hajdrubal gab fie dem Tüfternen König 
zur Gattin und brachte ihn leicht dahin, den Bund 
mit Karthago zu beichwören und an Scipio Ab: 
geſandte zu (diden: er möge die ihm gegebene 
Zuſage nicht mehr als fortbejtehend anjehen, nad): 
dem er (Syphax) Bundesgenofje der Karthager 
geworden jei; ein Angriff der Römer auf Kar» 
thago, drohte er, würde ihn nötigen, jogar feind- 
lich gegen fie aufzutreten. Zugleich wurde Ma: 
finiffa, der, durch den Wortbruch des Hajdrubal 
aufs äußerfte verlekt, nah Hijpanien gegangen 
74 








1170 


war und fi) dem Scipio genähert hatte, nad) 
jeiner Rüdfehr von dort von ©. und den Kar: 
thagern befriegt und geichlagen, jo daß er als 
Flüchtling mit wenigen Neitern zu den Römern 
fam, ſobald diejelben, 204, in Afrika gelandet 
waren. Lv. 29, 295. Dem. ftanden die Streit: 
fräfte von ganz Numidien zu Gebote, 50 000 Mann 
u Fuß und 10000 Reiter, zu denen noch 30 000 

ann zu Fuß und 3000 Neiter unter Anführung 
des Hafdrubal ftießen. Pol. 14, 1, 14. Mit diejer 
Übermacht zwangen fie den Seipio, die Belagerung 
Uticas aufzugeben, und jchlofjen ihn auf einer 
nahen Landjpige während des ganzen Winters 
forgfältig ein, jo daß fie der ver Fr Hoffnung 
waren, mit Hülfe der Flotte das 


vernichten. Allein in eifriger Thätigfeit rüftete 


Scipio, mit Zufuhr aus den römijchen Provinzen 









Meer maen id 
nA 













| 
| 


reichlich are alles für den fommenden Feldzug. 
Die en lungen, die er in dieſer Zeit mit 
©. anfıüpfte, hatten zwar nicht den gewünjchten 
Erfolg, gaben ihm aber Gelegenheit, Die Lage und 
ar Bi a der feindlichen Yager vollftändig aus: 
zufundichaften, und nach Kündigung des Waffen: 
ftillftandes überfiel Scipio 203 in der Nacht die 
Feinde, zündete die Lager an und brachte den 
Heeren eine fat vernichtende Niederlage bei. Zav. 
30, 37. Zwar jammelte ©. bald nachher noch: 
mals ein Heer, allein auch diejes wurde geichlagen, 
und Karthago dadurd faft mwehrlos — die 
Städte des Landes ergaben ſich den Römern eine 
nach der andern. Zugleich verfolgten Maſiniſſa 
und Lälius den ©., um ihm Numidien zu ent: 
reißen; dies gelang vollftändig. Denn als S. mit 
einem eilig zufammengerafften Heere jenen beiden 


ömerheer zu 









er 
— 
7 


* a Ri — 
— * 
J —* 


Syracusae. 


entgegenzog, wurde er in der Nähe von Cirta 
geichlagen und jelbft gefangen genommen. Später 
ward er in dem Triumph des Scipio mit auf: 
geführt und lebte dann noch eine Zeit lang als 

efangener zu Alba oder Tibur, wo er jtarb. Lir. 
30, 11ff.45. Pol. 14,6, 10. Die Sophonibe glaubte 
Mafiniffa dadurch am beften der Gewalt der Rö- 
mer zu entziehen, daß er jie zur Gemahlin nahm. 
Als aber Scipio, den Einfluß der glühenden Rö— 
merfeindin fürchtend, fie als römijche Gefangene 
in Anſpruch nahm, tranf fie heldenmütig den Gift: 
becyer, um nicht in die Gewalt der Feinde zu 
fallen. Liv. 30, 15. 

Syracüsae, Zvgdxovsa:, doriſch Zvpixoseı, 
die größte und reichite Stadt Siciliens, dem räum— 
lihen Umfange nad) die größte Stadt des geſam— 
ten klaſſiſchen Altertums, denn fie bededte einen 
Bengerüng, daran ir Älkner Im 

| 


un. Umfang x. Zeit d. pelop. Krieges. ' 
Sn Devweilung der ——— 


SYRAKUSAI 


mit Angabe der Hanpkguneie der 


jonysl 
e) das 
Amphi 


Theater, 1 
n theater aus riın. Zeit, 
£) Latomien oder Steinbrüche | 








& 


Flächenraum von etwa 18 Diknı, das eine Auge 
der Inſel genannt (Alragas das andere), an der 
Oftküfte, nördlich vom Anaposfluß, neben dem 
Sumpfjee Syrako, von Doriern aus Korinth im 
%. 735 dv. €. unter Anführung des Archias ge: 
gründet. Anfangs begriff die Anlage bloß die hart 
an der Küfte gelegene a Ortygia, die bis dahin 
eine phoinitifche Niederlafjung geweſen zu jein 
jcheint; bald aber erweiterte ji die Stadt und 
umfaßte jeit dem 4. Jahrhundert 4 oder mit Epi— 
polai 5 Stadtteile, die mit bejonderen Mauern 
umgeben waren. Es waren: 1) die Inſel Orty— 
gia, oft auch bloß Näoog genannt (Thuc. 6, 3), 
der ältefte Teil, mit der Duelle Arethuja (j. d.), 
den Tempeln der Artemis und des Apollon (legterer 
erhalten, in die Kathedrale umgebaut) und der 
Athene, dem fpäter von den Prätoren bewohnten 


Syria. 


Palaft des Hieron und der jtarfbefeitigten Afro- 
polis, die Timoleon jchleifen ließ. Ein jchmaler 
Kanal trennte fie vom Feſtlande, mit dem fie 
anfangs durch einen Damm, dann durch eine 
Brüde (Cie. Verr. 4, 53) verbunden war. 2) Achra— 
dina, Ayeadır), nördlich vom vorigen, die fteile 
Höhe der Dftjeite einnehmend, bis in die Nähe 
des Hafens Trogilos (Golfo dei Manghili), durch 
eine von Süden nad) Norden laufende breite Haupt- 
ftraße im eine öſtliche und eine weftliche Hälfte 
zerteilt, viermal jo groß als Najos und ſtark be: 
teftigt (Liv. 24, 21. 25, 24. 33), mit Forum, 
Protaneion, Eurie u. j. w., dem Tempel des olym= 
piihen Zeus, dem Theater, den großen Kata— 
fomben. 3) Tyche, 7öxn, öſtlich an den nörd- 
lihen Teil von Achradina ftoßend, genannt nad) 
einem Tempel der Tyche, der volfreichite Teil der 
Stadt mit dem Gymnafium. Cie. Verr. 4, 119. 
Diod. Sie. 11, 68. 4) Neapolis, Nea mölıs, 
früher Temenites (Zhue. 6, 75. 100), jüdlich von 
Tyche, weftlih von Achradina, mit dem größten 


Theater auf ganz Sicilien (Cie. Verr. 4, 53), dem | 


Amphitheater und mehreren Tempeln, bejonders 
dem des Apollon Temenites und dem Doppelhei: 
ligtum der Demeter und Kore. Die Mauer gegen 
den fünften Stadtteil Epipolai, «ai ’Enımolai, 
hatte wahrſcheinlich Dionyjios der ältere nieder: 
reißen lajlen. Epipolai begriff die bedeutende Hoch: 
ebene weftlid) von Neapolis und Tyche und be- 
herrichte die andern Teile. Durch die von Dio— 
nylios angelegten Befeftigungen wurde ©. eine 
der ſtärkſten Feſtungen. a pipolai lag der be- 
feftigte Hügel Euryalos, weftlih, außerhalb der 
Mauern, das Kaftell Labdalon. Thuc. 6, 96. 
7,3. ©. hatte jo einen eg von 180 Stabien 
(4'/, geogr. Meilen), der jelbft den von Rom nod) 
übertraf. Weftlih von Ortygia lag der große 
Hafen (no jeßt Porto maggiore), etwa 70 
Stadien im Umfange und mit Ketten zu jperren 
(Thue. 7, 4. 23); der kleinere Hafen, im Nord: 
often von Ortygia, in Älterer Zeit nur von erfterem 
aus zugänglich, hieß Acdnxıog (Bedenhafen) oder 
Portus marmorens, war von den Werften und 
Urjenalen umgeben und fonnte ganze Flotten faſſen. 
Im Weiten der Stadt befand ſich die große, von 
den Athenern abgejchnittene Waflerleitung. Thuc. 
6, 100. Südlich von ©. in der Nähe der Duelle 
Kyane lag eine Borftadt mit dem Olympieion, 
einem großen Tempel des Zeus, und der Hafenort 
Daſton. Bol. Göller, de situ et origine Syra- 
cusarum (1818). Serradifalco, Antichitä di Si- 
eilia (1832—42), Bd. IV. F. ©. Eavallari, N. 
. und C. Cavallari, Topografia archeologica 
i Siracusa (1883, Hauptwerk). Deutſch bearb. 
von Lupus, die Stadt Syrakus im Altertum (1887). 
— Die Gejchichte der Stadt ift beinahe eine Ge— 
Ichichte der Inſel. Deshalb Fönnen hier nur wenige 
Andeutungen gegeben werden. Die anfangs ari- 
ftofratifche Herrichaft ging bald in die Hände von 
Tyrannen über, wie Gelon und Hieron (j. d.). 
Dann folgte Demofratie, unter der die Stadt 
ihon zu Tinten anfing und im peloponnefiichen 
Kriege den Angriff der Athener auszuhalten hatte. 
Der Tyrannis der beiden Dionyje wurde 343 v. C. 
von Timoleon ein Ende gemadt, doch bald fiel 
die Stadt wieder in die Hände des Wgathofles 
(317), Hiletad und Hieron Il., bis endlich 212 
v. C., nach zweijähriger, durch die Majchinen des 


1171 


Archimedes erjchwerter, Belagerung, Marcellus fie 
nahm, ſeit weldyer Zeit ©. ſank, obgleich Auguftus 
es durch eine Kolonie zu heben ſuchte. Das heut. 
Siracuſa nimmt nur die Inſel Ortygia und den 
ſüdlichen Teil von Achradina ein. Eine Bejchrei: 
bung von ©. gibt Cicero (Verr. 4, 53 ff.). Bal. 
auch Strab. 6, 269 f. 

Syria, 7) Zveia (abgekürzt aus "Aoovgla, zu 
deſſen a Syrien gehörte; vgl. Arr. 2,5, 1. 
6, 1. 3), im U. T. Aram, umfaßte im weiteren 
Sinn auch Paläftina, Phoinifien und das nördliche 
Mejopotamien; im engeren Sinn (feit der Ein: 
verleibung in das römiſche Reich, 63 v. E.) grenzte 
es im ©. an Baläftina, im W. an Phoinifien, 
das Mittelmeer und Kiliktien, im N. an Kappa: 
dofien, im D. an Meiopotamien (den Euphrat) 
und Arabien. Heutzutage heißt es im Vollsmund 
eih-Scham, in der gelehrten Sprache Suriſtan. 
Weil die Gebirge von N. nad) ©. ziehen, jo war 
der weſtliche Teil regenreicher und fruchtbarer, als 
der öftliche, der meilt in die Steppe übergeht und 
dort nur einzelne Dajen aufweilt. Die wichtigiten 
Erzeugnifje waren: Pferde, Ejel, Kamele, Schafe; 
Getreide, Wein, Feigen, Datteln, Obft, Cypreſſen, 
Zedern, Bäume mit wohlriehenden Harzen, Myro: 
balanos und andere Nardenpflanzen, woraus Dle 
und Salben bereitet wurden. — Gebirge: im ©. 
der Libanos (j. Dichebel Libnan, bis zu 3063 m 
hoch), die Grenze gegen Phoinifien, und der Anz 
tilibanos mit dem Hermon (j. Dichebel eich: 
Scefh, 2653 m); in der Mitte der Bargylos 
und der Kaſios (j. Dichebel Ara); weiter nad) 
N. das Geb. Pieria (j. Dſchebel Mufa) und der 
Amanos, diejer die Grenze gegen Kilikien. Bor: 
gebirge: 7) Asvan due bei Laodileia und ö "Po- 
vırnög onorelog (j. Nas:el Khanzir). Der Haupt- 
fluß war der Orontes (j. Nahr el-Aſi) mit dem 
Mariyas; ferner im ©., zwiſchen Libanos und 
Antilibanos, der Lita (j. Litani); weiter Die 
Steppenflüffe Chalos (j. Kuef) bei Ehalybon und 
Chryjorrhoas oder Bardines (j. Barada) bei 
Damasfos; endlich die Nebenflüjie des Euphrat: 
Singes, Marjyas, Kappador, Dardes. — Die Ein: 
wohner, ZAöotot, Zveor, auch zum Unterfchied von 
den weißen Syrern in Kappadolien FE. uelares 
genannt, bei Strabon u. a. Agaueioı, bildeten 
unter den Nordjemiten einen eigenen Stamm, den 
aramaiischen. Nachdem Syrien in den älteften 
Beiten aus verjchiedenen, oft verbündeten Staaten 
bejtanden hatte, gehörte es jeit 732 v. E. zum 
afigriichen, jeit 605 zum babyloniichen, jeit 538 
zum perfijchen, jeit 332 zum mafedonifchen Reiche. 

ac deſſen Berfall kam es zuerft an Untigonos, 
dann, 301 v. E., an Seleufos Nifator, unter wel- 
chem es durch den Einfluß griechiſch-⸗makedoniſcher 
Bildung jeine höchſte Blüte erreichte (j. Seleu- 
kos, 1.), während der füdlichere Teil, Koileſyrien, 
öfterd auch unter ägyptiſcher Herrichaft ſtand und 
(beſonders wegen ber für den Sciffsbau unent— 
behrlihen Wälder des Libanos) der ftete Zank— 
apfel zwiichen Seleutiden und Lagiden war. Nach 
der Verkleinerung des großen Seleufidenreiches 
dur) die Römer, 189 v. E., blieb Syrien jelbit 
noch im Befige der Seleufiden, bis es Tigranes II. 
von Armenien 83— 700.6. bejebte, und wurde dann, 
jedoch mit Ausnahme von Kommagene, nach Befie- 
gung des Mithridates und Tigranes durch Bompejus 
dem römijchen Reiche einverleibt, jo dab es im 


74* 


© 


* 
* 


1172 


F 63 v. E. feine Provinzialverfaſſung er: 
hielt, worauf es fi unter Auguſtus wieder zu 
heben begann, aber, jchon früher durd häufige 
Einfälle der Barther hart mitgenommen, unter der 
Herrſchaft der oftrömijchen Kaiſer immer tiefer ſank 
und endlich eine Beute der Saracenen wurde. — 
Das ganze Land zerfiel in 2 Hauptteile, das obere 
Syrien, 5 vo Zvoia, db. h. die nördlichen 
Strihe bis zum Libanos, und das untere Sy: 
rien, N xdro Zugia, oder hohle Syrien, N 
»oAn Lvole, die jüdlicheren Striche zwiſchen Li: 


banos und Antilibanos und öftlich davon. — Das | 


obere Syrien enthielt folgende 10 Gaue: 1)R om: 
magene (Kouuaynen) im N, zwiſchen dem Ama: 
nosgebirge, den Flüffen Euphrates und Mariyas, 
mit den Städten Samojäta, Geburtäort des 
Lufianos, Perre, Germanifeia, Antiocheia am Tau- 
ros. — 2) Kyrrheſtike (Kvoenorinn), ſũdlich 
davon bis zum Euphrat, mit Jeugma, Hiera— 


polis und yrrhos. — 3) Pieria (Ilıepl«), weit: 


lid) vom vorigen, mit Mlerandreia am Meer: 
buſen von Iſſos (j. Alerandrette, türf. Iſlanderun), 
Myriandos, Rhoſſos, Seleufeia, Pieria, 
Haupthafen des Landes. — 4) Seleukis, füb- 
lid) vom 3), längs der Küfte, eigentlich ein Teil 
von Pieria, die Umgegend der Stadt ©. — 
5) Chalkidike (Xadnıdınn), ſüdöſtlich vom vo— 
rigen, mit Chalfis. — 6) Chalybonitis (Xaiv- 
Boririg), Öftlih bis zum Euphrat, mit Chaly— 
bon (j. Saleb oder ital. Aleppo), Sura, Tha: 
pjafos. — 7) Balmyrene (Ilaluvenen), füdlich 
bis zur Wüfte, mit Balmyra. — 8) Laodi— 
kene (Awodınnen), wejtlid von P. mit Laodi— 
feia am Libanos. — 9) Apamine (Araunen), 
nördlich von legterem, mit Apameia, Epipha- 
neia, Emeija. — 10) Kaſſiotis (Kusswärıg), 


Syria dea — Syrtis maior und minor. 


| andere, oben in gerader, unten in jchräger Linie 
‚aneinander gereiht. Sie wird jchon von Homer 
(11. 10, 13) und Sefiod (scut. Herc. 278) erwähnt, 
empfing durch die Kunft eine erhöhte Anzahl von 
Pfeifen und ward noch in jpäter Zeit bei Griechen 
und Römern von ben Hirten gebraucht. Bon an» 
dern wird die einröhrige Flöte dem Hermes, die 
vielröhrige dem Geilenos, die wachsgefügte dem 
Marſyas zugejchrieben. Eine jiebenröhrige Syrinzr 
gehörte jchon zu den künſtlicheren; eine neunröh— 
tige fommt T’heoer. id. 8, 18 vor; ebendajelbit 
(1, 29) hat Daphnis eine mit Wachs gefügte, um 
die Lippe gebogene, an die Lippen jich anjchließende ; 
bei Ovid (met. 13,784) hat Bolyphem eine hundert⸗ 
röhrige. Die Hirten verfertigten fich das Inſtru— 
ment meiftens jelbft, und es gehörte eine große 
Seichidlichleit dazu, e8 angenehm und wohlflingend 
zu blafen. 

Syros, Zveos, j. Syra, Kylladeninjel zwiſchen 
Rheneia und Kythnos gelegen, bei Homer (Od. 
15, 403 ff.) Zen, etwa 1", Quadratmeilen groß, 
mit 2 Städten an der Dit: und Weftjeite und 
einer Berfafjung nad attiſchem Mufter, Mitglied 
des älteren attiſchen Seebundes und Heimat des 
Philoſophen Pherefydes. Homer jchildert fie als 
reich an Herden und fruchtbar an Korn und Wein; 
befannt war auch das ſyriſche Berggelb oder Eil. 
Plin. 38, 12, 158, Strab. 10, 487. Die Inſel ift 
neuerdings aufgeblüht, der Hafen von Hermupolis 
ſehr belebt. 

Syrtiea regio, 7) Zvorixn, das Küftenland 
des re Afrifa zwiſchen den beiden Syrien, 
etwa 130 Meilen lang, jeit dem 3. gg Sr n. C. 
auch Tripolitana genannt; j. Tripoli. Das Yand 
gehörte anfangs den Kyrenaiern, warb ihnen aber 
Ihäter von den Karthagern entriffen (ſ. Arae Phi- 





| 


nordweſtlich von W., mit Antioheia Epidaph: laenorum); unter der römischen Herrichaft machte 
nes oder am Drontes, Laodikeia am Meere, es einen Teil der Provinz Africa aus. Es war 
Gabala. — Koileſyria enthielt die Städte: He- meift jandig und nur wenig angebaut; doc fand 
liopoli® ("Hliovrolıs), j. Baalbef (Stadt des | fih um den Fluß Kinyps und die Stadt Leptis 
Baal), Ehalfis, Abila und Damaffos. Strab. | her ein jehr ergiebiger Boden (Hat. 4, 198), wie 
16, 749 ff. Mela 1, 11. denn auch weiter weftlich, bei Dia und Sabratha, 

Syria dea, 7 Zuge Beög, die Göttin der | die Gegend fornreih war. Der weſtliche Grenz: 
üppigen ?fruchtbarleit, welche Atargatis oder Der: fluß war der Triton, welcher den Libyſchen 
fetis (ſ. d.), auch Aſtarte und Baaltis hieß und | Sumpfiee und die Seen Pallas und Tritoni: 
bejonders zu Hierapolis (Bambyfe) in einem fehr |tis bildete. Won Gebirgen werden genannt rö 
reihen Tempel mit glänzenden Feſten unter wilden | Tiyıov Öpog und rö Artıßı öpog. Libyſche Völker: 
Ausichweifungen verehrt wurde. Ihre fanatischen | Ihaften (von D. nah W.): Die Najamones, Piyl— 
Bettelprieiter durchzogen Aſien, Griechenland und | loi, Mafai, Gindanes, Lotophagoi. Städte an der 
Italien. Lucian. de dea Syr. Strab. 16, 748. 785. großen Syrte: Leptis (maior), Dia und Sa: 

Syriae portae, «l Zigim mulaı, ein Paß bratha, unter dem Namen Tripoli$ zujammen: 


jüdöftlih von Myriandos, der durch den jüdlichen 
Zeil des ne von dem Meerbufen von 
Iſſos nach dem Thal des Orontes führte. fters 
werden jo aber aud) die 3 Stadien langen Strand: 
päffe nördlich von Myriandos genannt, die genauer 
aulaı Kılınlag nal Zuglag heißen. Strab.14, 670. 
Xen. An. 1,4, 4. Arr. 2, 6,2. 8,1. 

Syrinx, Zvery&, 1) arfadifche Najade, Tochter 
des Fluſſes Ladon, von ihren Schweftern in Schilf- 
rohr verwandelt, als fie vor dem aus Liebe fie 
heftig verfolgenden Ban Ko aus dem vom Winde 
bewegten Rohre drangen 
Ban fertigte ſich aus demjelben die erfte Syrinr. 
Op. met. 1, 691 ff. — 2) die aus mehreren mit 
Wachs aneinander gefügten Röhren beftehende 
Pfeife, fistula, die von dem ya Ban er: 
funden fein fol, eine Röhre immer feiner als die 


ühfagende Töne, und | 


gefaßt; an der fleinen Syrte: Meninr, auf ber 
Fer Mening oder Girba, und Takape — lauter 
Hät. 4, 172 ff. Strab. 


phoinitifche Kolonien. 
17, 834 ff. 

Syrtis maior und minor, Zooris usyalı 
und mexgd, 2 große, tief einjchmeidende Buſen 
des Libyichen Meeres an der Nordküſte Afrikas, 
durch Untiefen und Brandung für die Schiffahrt 
jehr gefährlid, auch am Strande von räubertichen 
Volkern bewohnt. Die große tg Syrte, aud 
PBinlliiher Bufen, j. Golf von Sidra, erjtredte 
jih vom Vorgebirge Boreion (öftlich) bis zum 
Borgebirge 5* im ®W.; die Heine Syrte, 
auch Kerkinitiſcher Buſen, j. Goli von Gabes, 
wurde im W. durch das Borgebirge Brachodes 
ig Die Ufer waren ſandig und unwirtlich, 
und Menſchen und Schiffe wurden nicht jelten 





Syrus — 


durch den Wind mit ungeheuren Sandmaſſen über: 
ichüttet. Sall. Jug. 78. 79. Hdt. 2, 32. 150, Strab. 
17, 834 ff. Neuere Reifende beftätigen dieje Schil- 
derungen. 

Syrus j. Publilius Syrus. 

Zioxnvor |. EZvooitie. 

Zuocitia, die gemeinjchaftlihen Mahlzeiten 
bei den Doriern, bei den Spartanern geıdirie 
genannt, wohl von der bei denjelben herrichenden 
Einfachheit und Mäßigfeit, oder nach anderer Er: 
Härung — Fıöira, Sigungen (von Fo). Die 
Sitte des Zuſammenſpeiſens ift, wenn auch in der 
jpäteren Zeit vorzugsweiſe Staaten des doriichen 
Stammes eigen, doch urjprünglic; überhaupt im 
helleniihen Xeben begründet, wie ja bei Homer 
ihon die Anakten zufammenjpeijen. Bei den Do: 
riern aber, bejonders in Kreta und Sparta, nah: 
men die Syſſitien den Charakter eines politischen 
und fozialen nftitutes an. In Kreta wurden die 
Koſten derjelben größtenteils vom Staate jelbft 
aufgebradt. In Sparta gab jeder Teilnehmer 
feine Beiträge, monatlich anderthalb Medimnen 
Gerftengraupen, 11—12 (nad) andern nicht ganz 
jo viel) Choen Wein, 5 Minen Käfe, ferner Feigen, 
Datteln und 10 aiginetiihe Obolen für, Fleiſch— 
gerichte. Dazu famen bisweilen nod die draixke, 
Zugaben zum eigentlihen Mahle (aixkov), die aber 
nicht für Geld erlauft jein durften, beftehend in 
einem Teil der Jagbbeute, in Weizenbrot, Geflügel 
u. dgl. In Kreta Dagegen, wo das Prinzip der 
Gütergemeinſchaft herrichte, wurde die Einnahme 
vom Gemeindelande und den Tributen der Bes 
rioifen in 2 Zeile geteilt, deren einer für den 
Gottesdienit und die Staatsverwaltung, der andere 


Tabernae. 


1173 
für die Speifungen beftimmt war. Die für die 
Speijung beftimmte Summe wurde unter die ein: 
elnen Keule verteilt, und jeder einzelne gab 
—— eitrag ſodann an ſeine Speiſegeſellſchaft 
(Eraıpla) ab. Der Zweck des Zuſammenſpeiſens 
war wohl bejonders, die ftaatliche Gemeinſchaft 
auch in das tägliche Leben zu verpflanzen und auch 
die heitere, freie, gejellige Bewegung, freilich) auf 
Koften des Familienleben, in das GStaatsleben 
hineinzuziehen. So herrſchte bei diefen drögei«, 
wie fie urfprünglich hießen (die Jünglinge jpeiften 
in den Agelen zufammen), ein freier, heiterer Ton, 
und auch die Mufik fehlte nicht. Ermöglicht wurde 
ein freundfchaftlicher Verkehr dadurch, daß zur 
Aufnahme in eine etwa aus ungefähr 15 Berjonen 
beftehende Tijchgejellichaft (die einzelnen Tiſchge— 
jellichaften waren Abteilungen der Syſſitien als 
militärifch-ftaatlicher Teile des Volkes und hießen 
daher auch Zelte) Einftimmigkeit der Mitglieder 
(suo#nvo:) gehörte. Die Speifen waren einfach, 
aber Fräftig, beſonders das Hauptgericht, die ſo— 
enannte Schwarze Suppe (alueria, uelug fopög). 

annigfaltigfeit und Abwechſelung wurden durch 
die Zrain.e hervorgebracht. — Man af in Kreta 
nach alter Sitte fißend, auch urfprünglich in Sparta; 
doch lag man hier jchon zu Allmans Zeit auf ein: 
fahen hölzernen Bänfen. Hier hatte jeder feinen 
Becher vor ſich, während in Kreta alle aus einen: 
rg großen Krater ihre Becher füllten. 
i8 zur Trunfenheit zu trinfen war verboten. — 
Verſchieden von den Syſſitien ift die nomis, ein 
Opfermahl, das bei bejonderen Gelegenheiten ein 
einzelner gab, und zu dem er einlud, bejonders 
die Könige. 


ji 


Tabai, Teßaı, 1) Ort im Innern Siciliens, 
jegt Tavı. — 2) in Karien, auf dem phrygiichen 
Grenzgebirge, j. Davas. Liv. 28, 13. Strab. 12,570. 
— 3) Ort ın Kilifien. — 4) Ort in Paraitafene 
an der Straße von Elbatana nad) Berjepolis. Curt. 
5, 13. — 5) Stadt im füdlichen Parthien oder in 
Sagartien, j. Tabbas. 

Tabella, 1) ein Täfelchen, namentlich die Wachs— 
tafel zum Schreiben, als Notizbüclein (Quint. 
10, 3), Briefe (j. Epistula), Schuldſcheine, Tefta- 
ment, Protofoll. — 2) die Stimmtafel (j. Leges 
tabellariae). — 3) das Spielbrett, wie wir 
jegt noch zum Schad:, Damen: und Mühlipiel 
gebrauchen (j. Spiele, 8.\, bei den Alten jelbit 
zum Würfeljpiel. 

TabellarYus, der Briefbote, dem. Stlavenftand 
angehörend, weldyer jeines Herrn Briefe bejorgte. 
Cie. Phil. 2, 31. In der KRaijerzeit gab es viele 
tabellarii publici, Kuriere, meiftens &ttaven, ein: 
zelne, 3. B. die tab. cnstrenses, ſowie die optio- 
nes und praepositi, Freigelaſſene oder ingenui. 

Tabellio, ein auf dem Markte figender Schrei: 
ber, welcher für jedermann Notariatögejchäfte be- 
forgte, d. h. Urkunden aufjeßte. 


Taberna, eigentlich eine aus Brettern (talulae) 


gebaute Hütte, die ältefte Bauart bei den Römern 
(Hor. od, 1, 4, 13). Seitdem die urjprünglich höl: 
zernen Baulichleiten auch aus Stein aufgeführt 
wurden, hießen die Erdgejchoffe der Häuſer eben- 
falls tabernae. Die Argentarii hatten in Rom 
auf dem Forum bejondere Tabernen. Die andern 
Kaufleute und Handwerker verfauften in Läden 
oder Gemwölben, welche gewöhnlich zum Areal des 
Haufe gehörten, aber troßdem taberna hieken. 
Auch Buchhändler (Hor. sat. 1, 4, 71), Sklaven⸗ 
händler, Barbiere, Caupones (j. Caupona) hatten 
ihre Tabernen. Der Inhaber eines jolhen Raumes 
2. tabernarius, jo viel ald negotiator. Dieje 
abernen, vielfach an die Käufer angebaut, be: 
engten die Straße, weshalb Domitian den Ab: 
bruch derjelben verfügte. Mart. 7, 60. 
Tabernacülum, 1) j. Castra, 6. — 2) Bis: 
weilen bezeichnet das Wort neben templum den 
Beobahhtungsfreis der Augurn, den Sitz derjelben. 
Tabernae, Name verjdiedener Stattonsorte an 
römischen Heerftraßen, z. B. in Gallien zwiſchen 
Argentoratum (Straßburg) und Eolonia Agrippina, 
j. —— oder Elſäſſ.-Zabern; zwiſchen Argento— 
ratum und Moguntiacum (Mainz), j. Rheinzabern; 
im Gebiete der Trevirer an der Moſella. Tres 
Tabernae hieß ein Ort in Latium an ber Appis 


1174 


ſchen Straße, zwilchen Aricia und Forum Appii 
(Cie. ad Att. 2, 12); ein anderer in Umbrien und 
im cisalpinifchen Gallien zwijchen PBlacentia und 
Mediolanium. 

Tabernarfa fabula, eine Unterart derjenigen 
römifhen Komödien, weldhe fabulae togatae 
hießen. Sie ftellte das römische Bolfsleben, wie es 
in den Tabernen erjchien, dar und hatte daher 
einen derben Ton, aber auch mehr Friſche und 
wahres Leben. Der Name jelbft jcheint von den 
Srammatifern zu ftammen. 

Tablinum j. Haus, 5. 

Tabüla, eine Holztafel, welche, mit Wachs oder 


Gips überzogen, zum Schreiben benußt wurde, | 
im weiteren Sinne aud eine Stein: und Metall: 


tafel, fogar Papier. Alle öffentlichen Urkunden 
hießen deshalb tabulae publicae, die Kaufbelannt: 
machungen hießen tab., jo viel als libellus oder 
titulus; befannt find die tabulae proscriptionum 
und die Tafeln der Schulfnaben bei Horaz (sat. 
1, 6, 72). — Ganz allgemein werden alle Pprift: 
lien Beweismittel vor Gericht tab. genannt, wie 
ichriftliche testimonia, alle Urkunden (Kautions:, 
Hauptbücher, Briefe u. j. w.). Sie waren im Civil- 
prozeh ebenio wichtig ald im Kriminalprozeh und 
fommen in Cicero Neden oft vor, namentlich in 
Verr., Rosc. com. 2ff., Cluent. u. |. w. 

Tabüla alimentaria hieß die Urkunde (album), 
in welcher die zu einem Erbzins verpflichteten 
Grundftüde, deren Tare, das darauf laftende Ka— 
pital und der jchuldige Erbzins behufs der Unter: 
ſtützung armer Kinder (j. Alimentarii) genau 
verzeichnet war. Solche Einrichtungen finden ſich 
bejonders in der Kaiſerzeit, und auch hier wieder 
vorzugsweije in den Landftädten, da man in Rom 
die betreffenden Kinder unter die regelmäßigen 
Getreideempfänger aufnehmen fonnte. Zwei un: 
eheure Erztafeln jolches Inhalts haben fich er: 
Bellen Die eine, bei dem alten Veleja (im Gebiet 
von Placentia) im J. 1747 gefunden, hat zur 
Überſchrift: obligatio praediorum HS deciens 
— ut ex indulgentia optimi maximique prin- 
eipis Imp. Caes. Nervae Traiani — pueri puel- 
laeque alimenta accipiant. Eine andere Erztafel 
ift 1832 bei Benevent gefunden worden. Siehe 
Alimentarii. Beide abgedrudt bei Wilmanns, 
exempla inscriptionum Latinarum (1873), No. 
2844 und 2845. Bejondere Beamten führten die 
Aufficht über dieje großartigen Inſtitute, prae- 
fecti, procuratores und quaestores, denen Diener 
zur Seite ftanden. 

Tabüla Peutingeriäna j. Itineraria. 

Tabülae, 1) accepti et expensi, foptel 
als codex oder Hauptbuch, in welchem alle Boften 
(nomina) der Einnahme und Ausgabe gewiflenhaft 
— wurden, ſ. Litterarum obligatio. 

2) T. Caeritum, ſ. Caerites. — 3) T. 
Ceratae, ſ. Schulwesen. — 4) T. Censo- 
rum, ſ. Censor. — 5) T. Duodecim. Die 
XII Tafeln, von den Decemvirn 451 und 450 v. C. 
gegeben (ſ, Decemviri), umfaßten das ius publi- 
cum, privatum und sacrum und blieben rüd: 
fichtlich des Privatrehts bis in die ſpäteſte Zeit 
die Grundlage der römischen Gejeggebung, indem 
fi) das prätoriiche Edikt und die juriftiiche Er: 
Härung an die XII Tafeln anſchloß. Nur durd) 
die, Kommentare der Juriften und andere zahlreiche 


Tabernaria — Tacfarinas. 


' Erwähnungen * Fragmente auf uns gekommen 
. Gesetzgebung, II), denn von den ehernen 
‚ Driginaltafeln, die bis in das 3. Jahrh. n. €. 
‚auf dem Forum ftanden, hat fich nichts erhalten. 
Mit hohem Lobe jpricht Cicero von den XII Tafeln 
(de or. 1, 43. 44), Livius (3, 34) nennt fie fons 
omnis publiei privatique iuris, Tacitus (ann. 
3, 27) finis aequı juris. Ausgaben der Bruchjtüde 
von R. Schöll: Legis duodecim tabb. reliquiae 
(1866) und M. Boigt (1888). Gelehrte Behand: 
lung von Dirkſen (1824) und Bruns, fontes juris 
Romani antiqui (5. Aufl. 1886). — 6) T. ho- 
nestae missionis, kaiſerliche Diplome oder 
Defrete, durch die Beteranen ehrenvoll entlaſſen 
oder mit Privilegien (civitas, conubium) bejchentt 
wurden, j. Missio. Es haben fi an 500 ber: 
gleichen Urkunden erhalten (d. h. nicht im Original, 
ſondern in einer für die Beteiligten gemachten 
Kopie), welche meiftens aus 2 Kupferplättchen be- 
ftehen, die von innen und außen beichrieben waren 
und bequem zujammengeichlagen werden konnten 
(tabulae duplices, ſ. Diploma). 

Tabularium, das Archiv. Urjprünglich ftellte 
man in Rom die Geſetze, SConsuita und foedera 
auf dem Forum oder auf dem Gapitolium auf, 
und Archive machten fich erft dann nötig, als die 
öffentlichen Urfunden an Zahl ſchon zunahmen. 
Für die foedera legte man daher auf dem Capitol 
ein bejonderes tabularium an, darauf ein zweites 
im Tempel des Saturn am clivus Capitolinus, 
wo das Ararium war, und wo man deshalb alle 
auf das Finanzweſen bezüglichen Urkunden, Rech— 
nungen u. ſ. w. aufbewahrte.e Im Tempel der 
Ceres hob man im plebejiſchen Intereſſe die SCons. 
und Plebiſcite auf, andere erhielten noch immer 
einen Öffentlichen Plag. Erſt nah dem Brande 
des Capitols, 83 v. E., wurde ein allgemeines 
Reichsarchiv hinter dem Tempel de3 Saturn von 
D. Lutatius Catulus (f. Lutatii, 5.) aufgebaut, 

enannt aerarium Saturni, das, nach dem zweiten 
Brand des Capitol (69 n. E.) von Veſpaſian 
nach Möglichkeit wiederhergeftellt (Suet. Vesp. 8), 
ſich bis in die jpäteften —— erhielt. Doch hatten 
die Kaiſer auch ein beſonderes tabularium Cae— 
saris. — Außer dem Staatsarchive gab es Archive 
‚in den einzelnen Städten und für die einzelnen 
geiſtlichen und weltlichen Sorporationen, mie 

iefter, Augurn u. ſ. w. 

Tabnlarius hieß in der Kaiſerzeit der Archivar 
und Rechnungsführer in den Municipien und in 
den Provinzen, ſpäter auch kaiſerliche Rechnungs— 
beamte in Rom und Italien. 

Taburnus, rö Taßveror ögog, Bergrücken auf 
der Grenze Samniums und Gampaniend, nörd— 
lih von Nola, auf der Norbdjeite wild und rauh, 
an den ſüdlichen Abhängen aber alle Südfrüchte, 
jelbft Oliven tragend. Der T. (j. Monte Bergine, 
aber aud noch Monte Taburno) bildete die Süd- 
begrenzung der Eaudinijchen Päfle. Pol. 3, 100. 
Verg. @. 2, 33. 

Tacfarinas, ein Numidier, diente erft im römi: 
jchen Heere, bdejertierte dann und unternahm mit 
‚einem Saufen Leute, die er militäriich eimübte, 
‚einen Aufftand, 17 n. C. (Taec. ann. 2, 52). Er 

wurde von den Römern geichlagen, 19 n. C., er: 
neuerte aber jchon im nächjten Jahre wieder den 
Kampf, den er mit großem Geſchick in der Art 
| der heutigen Kabylen führte, indem er den Feind 








! 





** 


Tachompso — Taeitus. 


fortwährend nedte und bei einem ernftlichen Anz ı Brätur. 


griff immer wieder in die Wüfte zurüdfloh daſ. 
3,20f.). Er gewann über eine römijche Abtei: 
lung durch deren Feigheit 
36, 15), wurde aber vor Thala gejchlagen. Im 
J. 22 fandte Tiberius den Junius Bläſus nad 
Afrifa, der viele Anhänger des Tacfarinas ge: 
wann, indem er ihnen Wohnfige zwiichen Thevejte 
und Sufes anwies, ihn jelbft jedoch nicht bezwingen 
konnte, bis ®. Dolabella ihn 24 n. E. bei Auzia 
(j. Aumale) entjcheidend jchlug. Tacfarinas fand 
im Kampfe nad) tapferer Gegenwehr den Tod, „ein 
afritaniicher Arminius“ (Teac. ann. 3, 32. 35. 73. 
4,23 ff.) Aur. Viet. Caes. 2. 

Tachompso, Tazouypo, Stadt auf einer Inſel 
des Nils in dem füdlichen Teile der Dodekaſchoinos 
(j. Aigyptos) gelegen, früher bedeutend, dann 
aber geiunfen, als die gegenüberliegende Stadt 
Pielfis fih hob. Hdt. 2, 29. Mela 1,9, 2. 

Tacltus, 1) Cornelius, der ausgezeichnetite 
unter den Gejchichtichreibern der römischen Kaijer- 
zeit, wird nad der Sitte feines Zeitalters mit 


diejen 2 Namen genannt; der Borname ift ftreitig. | 


Gaius nennt ihn vielleicht Sidonius Apollinaris 
(ep. 4, 14 un 
PBublins die befte Handichrift an 4 verjchiedenen 
Stellen, weshalb in neuefter Zeit diefem Zeugnifie 


der Borzug gegeben ift. Dat Interamna (Temmi) 


ſeüne Baterftadt gewejen, läßt fi) daraus, daß 
der Kaifer Tacitus aus jener umbrijchen Stadt 
ftammte und den Hiftorifer jeinen Verwandten 
nannte (Vopise. Tac. 10), ebenjowenig erweilen 
als aus dem Dentmale, das ihm 1514 dort er: 
richtet und 1884 erneuert worden ift. Über jeine 
Eltern und jeine Geburtszeit wiſſen wir nichts 
Sicheres, doch läßt jich die legtere annähernd aus 


einigen Außerungen in feinen Schriften beſ. hist. | 


1,1. Agr. 7. dial. 1) und den Beziehungen zu 
dem jüngeren Blinius in die fünfziger Jahre (zwi: 
ihen 54 und 56 n. €.) jeßen. Ei Bildung 
juchte er in dem Umgange mit den ausgezeichnetjten 
Nednern, einem M. Uper und Julius Secundus, 
denen er fi mit großem Eifer hingab (dial. 1), 
und in dein Studium des Rechts. Plin. ep. 7, 20. 
Im %. 77 verlobte Julius Agricola (j. d.), damals 
consul suffectus, jeine treffliche Tochter mit ihm; 
die Heirat wurde bald darauf —— (Agr. 9). 
Daß diefe Ehe Finderlos blieb, wird daraus wahr: 
ſcheinlich, daß bei dem Tode des Schwiegervaters 
im 9%. 93 keiner Enkel gedaht wird. Bon den 
Staatsämtern, die er befleidete, berichtet er jelbjt 


hist. 1, 1: Mibi Galba, Otho, Vitellius nec 
Dignitatem no- 


beneficio nec iniuria cogniti. 
stram a Vespasiano incohatam, a Tito auctam, 
a Domitiano longius proveetam non abnuerim. 
Damit find nad) der — Anſicht Quãſtur 
als primus honoris gradus, Tribunat oder Adi: 


lität und Prätur gemeint, und die erjte muß nach 


der Sitte jener Zeit in das Jahr 78 oder 79 
fallen, die Verwaltung des zweiten Amtes 2 Jahre 
darauf gefolgt jein. 2. Urlichd dagegen verfteht 
unter der dignitas incohata die Erteilung des 
latus clavus und Aufnahme in den Senat, woran 
fit der vom Senat verliehene Bigintivirat und 
der Dienft in einer Legion als tribunus laticla- 
vius angeichlofien habe, unter der dign. aucta 
die Onäftu „endlich unter der dien. longius pro- 
vecta die Ädilität (oder den Tribunat) und die 


den Sieg (Plin. 





22) und mehrere Handichriften, | 





1175 


Seit 78 war feinem Schwiegervater die 
Verwaltung Britanniens übertragen, von wo ihn 
erſt Domitian (85) zurüdrief. Ob auch Tacitus 
(etwa als Quäſtor) in jenem Lande geweſen jei, ift 
nicht zu erweijen. Als er im J. 88 zur Prätur 
gelangte, war er bereits Mitglied des angejehenen 
Priefterfollegiums der Quindecimviri und deshalb 
bei den Säfularjpielen beteiligt, die Domitian in 
diefem Jahre veranftaltete (ann. 11, 11). Im J. 
89 oder 90 verlieh er mit feiner Gattin Rom 
und war noch nicht zurüdgefehrt, als 93 jein 
Schwiegervater ftarb. Dies veranlaßte etwa im 
Frühjahr 94) feine Rüdkehr nad) der Hauptjtadt, 
wo er ald Senator unter der Tyrannei der legten 
Negierungsjahre Domitians Zurüdhaltung und 
Mäßigung beobachten mußte. Mit der Regierung 
Nervas begann auch für ihn eine glüdlichere Zeit; 
98 wurde er Consal suffeetus an ber Stelle des 
T. Berginius Rufus, dem er die Leichenrede hielt. 
Plin. ep. 2,1. Mit Plinius war er auch in dem 
Repetundenprogejie des Marius Prijeus thätig. 

ber jeine legten, der jchriftftelleriichen Thätigkeit 
gewidmeten, Lebensjahre willen wir nichts; daß 
er den Regierungsantritt Hadrians 117 erlebt hat, 
ift wahrſcheinlich. Vgl. Urlichs, de vita et ho- 
noribus Taeiti (1879). — In feiner Jugend hat 
fih Tacitus (Plin. ep. 7, 20) durch redneriiche 
Thätigfeit Anſehen erworben und gewiß auch 
manche Reden veröffentlicht. Damit fteht auch in 
Verbindung feine erfte Schrift, der dialogus de 
oratoribus, die uns den nad) ciceronianischer Dar: 
ftellungsweije ringenden gewandten Stiliften zeigt. 
Überall fieht man die Spuren eines jorgfältigen 
Studiums von Ciceros ſachverwandten Schriften, 
namentlich von den Büchern de oratore, cicero: 
nianiſche Perioden, körnige Gedanken, glänzende 
Sentenzen, aber auch eine gewiſſe Kumulation im 
Ausdruck, namentlich eine auffallende Häufung 
von Synonymen, ſo daß man die Abſichtlichkeit 


vorausſetzen muß. Deshalb hauptſächlich hat man 








(jo jüngft noch Andrejen) ihm die Schrift ab: 
iprechen zu müfjen geglaubt und bald an Plinius, 
bald an Uuintilian oder an Sueton oder gar an 
noch weniger mögliche Berfafler gedacht. ber 
das ift ein mißlicher Beweis, da nad) den Jahren, 
nach den Zebensumftänden, nach den Gegenftänden 
die Sprache verjchieden ſich gejtaltet und gejtalten 
muß. Das bejtimmte Zeugnis des Plinius, der 
in einem Briefe an Tacitus (ep. 9, 10) eine Stelle 
aus dem Dialogus (9. 12) anführt, die Überliefe— 
rung der beiten Handſchriften, die libereinftim- 
mung der Zeit werden durch jenes Bedenken nicht 
erichüttert; cher, wenn es wahr wäre, daß die 
fitterarijche Gefinnung, die in dem Schriftchen 
ausgeprägt ift, und der perjönlidhe Charakter des 
Verfafferd dem Tacitus geradezu entgegen wären. 
Die Schrift mag in den Anfang der ad)tziger 
Jahre unter die Regierung des Titus oder die 
erften Jahre Domitians fallen, aljo eine Jugend— 
arbeit aus der Zeit fein, in der ihm fein Beruf 
zur Gejchichtichreibung noch nicht Far tar. 

Die ältefte hiſtoriſche Shrift bes Tac. ift de vita 
et moribus Cn, Julii Agricolae liber, die außer 
dem prooemium und dem epilogus das Leben 
des Agricola in 3 Teilen erzählt. Der erjte geht 
bis zu der Expedition nach Britannien, der zweite 
erzätit nach einer Bejchreibung diejes Yandes und 
nad) einer Angabe über die von Cäſar, Claudius 


1176 


und Beipafian früher unternommenen Erpeditio: | die Schrift war. 


Tacitus. 


Wenn Hieronymus (in Zachar. 


nen die Thaten Agricolas, der dritte endlich fein 3, 14) jagt: Cornelius quoque Tacitus qui post 
Leben nach der Ruͤckkehr. Die Schrift ift, wie er | Augustum usque ad mortem Domitiani vitas 
jelbft andeutet, die Worläuferin feiner größeren | Caesarum triginta voluminibus exaravit, Die 
geichichtlichen Werke und gegen Ende des J. 97 


oder Anfang 98 herausgegeben. 
Ehrendenfmal der Bietät gegen jeinen Schwieger: 


Dies herrliche 


vater zeigt uns den Schriftiteller bereits jelbftändig, ı 


aber noch im Kampfe mit dem neu 
Ideale hiftorifchen Stils. Die periodijche, der Er: 
zählung ganz angemefjene Schreibart herrſcht vor 
und wird jelten von furzen Sätzen unterbrochen; 
wo dies geichieht, ift der beiondere Nachdrud nicht 
zu verfennen. Sein Geftändnis, daß er rudi et 
incondita voce jchreibe, erklärt die vielen Schwie— 
rigfeiten und Dunfelheiten, die auf kritiichem Wege 
nicht zu heben find. Daß man auch dieſe Schrift 


dem Tacitus abzujprechen gewagt hat, kann mur 
als ein müßiger Einfall betrachtet werden. — 


Sehr bald nah dem Agricola ift die Germania 
(de origine, situ, moribus ac populis Germa- 


ejchaffenen | 





niae liber, urjprünglich wohl de situ Germaniae 


betitelt) abgefaßt, eine jo teilnahmsbolle Schilde: 
rung der germanijchen Urzeit, daß wir nicht dank— 
bar genug für die Erhaltung derielben jein kön: 
nen. Die funftreiche Anordnung (Bolt, öffentliches, 
Privat: und Familienleben bis c. 27, ſodann die 
Beichreibung der einzelnen Stämme), die treue und 
vollftändige Schilderung, deren Glaubwürdigkeit 
die neueren Forſchungen in immer helleres Licht 
ftellen, der ſittliche Ernft, der fich in reichen Sen: 
tenzen zeigt, machen die Schrift zu einem echt 
hiſtoriſch-kritiſchen Werte. 
damit den Trajan von einem Zuge gegen bie 
Deutichen habe abmahnen wollen, erniedrigt das 
Werk zu einer Tendenzichrift; daß es eine bloße 
Notizenfammlung jei, dem wibderftreitet die Rom: 
pofitton. Vielmehr verdient die Auffafjung Billi- 
gung, daß Tacitus, mit der Betradhtung der Ge: 


Der Gedanke, daß er. 


ihide des Römervolkes bejchäftigt, in dem eben 


in die Gejchichte eintretenden Germanenvolte die 
jpätere Bedeutung geahnt habe und demgemäß 
fich ſelbſt über dasjelbe eine feite Auffaffung habe 
aneignen wollen. Sehr wahrjcheinlich ift übrigens 
die, noch in neuefter Zeit von Mommſen vertretene, 
Vermutung, daß die Germania beftimmt war, 
einen Erfurs der Historiae zur bilden, aber wegen 
des zu reichen Stoffes jelbjtändig bearbeitet und 


herausgegeben wurde. — Den Plan feiner ferneren | 


Sejchichtichreibung hatte Tac. Agr. 3 angedeutet: 
non tamen pigebit memoriam prioris servitutis 
ac testimonium praesentium bonorum compo- 
suisse, wo bie erſten Worte offenbar auf die Re: 
gierungszeit Domitians, die folgenden auf Nerva 
und Trajan fich beziehen, wie er noch hast. 1,1 
andeutet: quodsi vita suppedit+t, principatum 
divi Nervae et imperium Traiani, uberiorem 
securioremque materiam, senectuti seposui, In— 
defien ift er nie zur Ausführung diejes Werles 
gekommen, defien er in den Annalen nicht mehr 


gedenkt, vielmehr (ann. 3, 24) eine Gejchichte der | 
Zeit des Auguftus in Musficht ftellt. — Buerft | 


nad) der Germania jchrieb er die Historiae in 
14 Büchern, die von alba bis zum Tode Do: 
mitians (69—96) gingen. Wir bejigen davon nur 
die 4 erften Bücher und den Anfang des fünften 
Buches, die noch feine 2 Jahre (69 und 70) um: 
fafjen. Man jieht daraus ſchon, wie umfangreich 


Annalen aber wenigitens 16 (wahricheinlih 18) 
Bücher zählten, jo bleiben für die Hiftorien 14 
(bezw. 12) Bücher, von denen 9 (bezw. 7) die Ge— 
ſchichte von 25 Jahren enthalten haben. Da Ddie- 
jelbe Zählung fich in mehreren Handichriften findet, 
jo liegt fein Grund vor, das bejtimmte Zeugnis 
des Hieronymus zu veriwerfen. Den Namen Hi- 
storiae wählte Tac. für die Gejchichte jeiner eigenen 
Zeit nad) dem Borgange älterer Hiftorifer, wie 
Sijenna, Salluft u. a., ohne damit einen inneren 
Unterjchied von den Annales andeuten zu wollen, 
da er überall die Ereigniffe nach den Jahren ab- 
teilt. Die Form ift hier vollendet: Präzifion und 
Kürze, die jein Wejen bejonders charakterifiert, iſt 
in jedem Gabe erkennbar, doch unbeichadet der 
Klarheit und Lebendigkeit und ohne auffallende 
Abweichung von dem Spradhgebrauche der übrigen 
Sthriftjteller. Deshalb bietet das Werk auch weniger 
Scywierigfeiten, zumal der Tert in ungewöhnlicher 
Reinheit uns überliefert ift. — Nach Vollendung 
der Hiftorien ging Tac. daran, die Geſchichte Roms 
unter Ziberius, Caligula, Claudius und Nero 
(14—68) zu jchreiben. Inde consilium mihi pauca 
de Augusto et extrema tradere, mox Tiberii 
principatum et cetera, sine ira et studio, quo- 
rum causas procul habeo. Wir beſitzen davon 
die eriten 6 Bücher mit einer großen Lücke in 
einer einzigen, aber vortrefflichen Handichrift, einen 
Teil des elften, das zwölfte bis fünfzehnte ganz 
und das jechzehnte verftümmelt, jo daß uns bie 
Zeit des Raligula, der Anfang des Claudius und 
von Nero 2 Jahre fehlen. Der Titel Annales 
ift willfürlic” gewählt; erft in neuerer Zeit bat 
man aus der Mediceer Handichrift den wahren 
Titel ab excessu divi Augusti in jein Recht 
eingejegt. Daß fie jpäter als die Hiftorien ab- 
gefaßt find, ergibt fich aus der Beziehung, 11, 11; 
Genaueres läßt fi aus 2, 61 dahin ermitteln, 
da die Bücher 116 oder im Anfange des Jahres 
117 herausgegeben find. Die Zeit des Augujtus, 
die Hegierungen Nervas und Trajans zu behan- 
dein, hat ihn mwahrjcheinlich der Tod verhindert. 
Als hiſtoriſches Kunftwerk ftehen die Bücher ab 
excessu divi Augusti da, jie berdienen den erften 
Nang unter den Schriften des Tacitus, aber die 
Schreibart ift zu abjichtlich großartig, um dabei 
noch ebenjo einfah und Mar bleiben zu können, 
und die Latinität zu fühn und eigentümlich, um 
nicht hie und da von der Klaſſicität ſich zu ent- 
fernen. Daher der häufige Anflang an bie poe: 
tiiche Sprache der augufteiichen Dichter, nament: 
lich des Vergil und Horaz. Seine vielbejprocdenc 
Kürze ift nur die präzifefte, ſchärfſte Darftellung 
des Gedachten, deſſen Kern niederzuichreiben ihm 
genügt; die Kürze bedingt Schnelligkeit, die aber 
immer dem Ernſt und der Würde untergeordnet 
ist. Wenn 08 ihm vor allem auf die reine Wahr: 
heit ankam, jo hat er durch gründliche Quellen: 
ftudium und forgfältige Prüfung und Abwägung 
des Überlieferten diejer erften Pflicht des Hiſto— 
riferd genügt. Die rein objektive Haltung, bei 
der Gemüt und Denkungsart ni ge hervortritt, 
liegt ihm fern, überall treten bald philoſophiſche 


‚ Gedanken, bald Staatömarimen, bald feine pſycho— 


Tadii — 


logiiche Bemerkungen hervor, der echte Römer weift | 
überall bald mit tiefem Ernfte und ftrafendem 
Unwillen, bald in rein menjchlicher Teilnahme 
auf die Hauptpartien der Begebenheiten hin. Un: 
billig ift der in den legten Jahren (befonders von 
Stahr, Freytag, Em. Hoffmann u. a.) gegen Tac. 
erhobene Vorwurf der Barteilichfeit und Ungerech⸗ 
tigfeit, namentlicy gegen Tiberius und das ganze 
Gejchleht der Claudier. Wahrheit der Empfins 
dung, Ziefe des Gemüts ſpricht aus der Erzäh: | 
lung des Mannes, der das Lafter durch Schmad) | 
bei der Nachwelt zu jchreden für einen Teil jeines 
Berufs erflärt. Selbjtändigfeit und Freiheit, ge: 
are auf moralijche Tüchtigleit, finden überall 
nerfennung, Schmeichelei und ſtlaviſche Geſinnung 
ftraft er mit Verachtung; nicht die Geſetze, ſondern 
der gute Geift der Bürger bedingt das Staats: | 
wohl. An jeinen philojophifchen Anfichten hat 
man ihn bald zum Stoifer gemacht, bald Atheis— 
mus gemittert, bald Spuren chriſtlichen Sinnes 
efunden. Dem Fatum hat er fich nicht entzieben 
Önnen, wohl aber vetwirft er die Aitrologie, und 
den Glauben an PBrodigien überläßt er dem Pöbel. 
Die Thätigfeit der Götter in irdiſchen Dingen 
wird wiederholt erwähnt, aber nicht durch Schuld 
und Berdienft lafjen ſie fich leiten, jondern voll: 
ziehen die unabänderliche Weltordnung mit Gleich: 
mut gegen gute und böje Handlungen. — Diejer | 
Hiftorifer, geihmüdter als Cäſar und doc ebenjo 
lihtvoll, einfacher als Livius und ebenjo edel, 
bietet auch der Jugend einen eigentümlichen Reiz. 
— Die vornehmiten Handichriften (vgl. die Schrift 
von Tagmann, 1847) find der Mediceus |, die 
einzige Quelle für die erite Hälfte der Annalen, 
und der Mediceus Il in Florenz, Quelle für die 
zweite Hälfte derjelben und für die Hiſtorien, 
beide aus dem 11. Jahrhundert; dann kommen die 
florentinijchen und die vaticanijchen, aber wie alle 
andern mannigfach verderbt. — Die ed. pr. er: 
ſchien 1469 oder 1470 (ohne Annal. I—VI und 
Agricola); bie erſte vollftändige von Beroaldus 
(1515 u. ö.), die erfte fritijche Ausg. von 3. Lipfins 
(1574 u. d.); jpätere Ausgg. von 3. %. Gronov 
(1672f.), I. U. Ermefti (1752 ff., wiederholt 1801), 
Belter (1831), Walther (1831 ff.), Nuperti (1832 ff.), 
Bad) (1834 f.), Ritter (1834 ff. 1848. 1864), Döder- 
fein (1841 ff.), Orelli (1846; 1. Bd. 2. Aufl. 1859, 
2. Bd. 2. Aufl. [von Andreſen, Meier und | 
Schweizer:Sidler] 1876 ff.). Tertausgg. von Bel: | 
ter (1825), Oreli (1846 f.), Haafe (1855), Halm | 
(4. Aufl. 1883), Nipperdey (1871— 1876), Joh. | 
Müller (2 Bdd. 1884— 1887). — Ausgg. des Dia- | 
logus von Dronfe (1828), DOrelli (1846), Troß 





1177 


Baumſtark (1876), Tüding (7. Aufl. 1889), Gans 
trelle (1877), PBrammer (2. Aufl. 1889), Holder 
(1878), Müllenhoff (1883), Egelhaaf (1885), Ber: 
nial (1890) u. a.; der Historiae von Kiehling 
(1840), Heräus (2 Bdd. 3. Aufl. 1877 ff., 1. Bd. 
4. Aufl. 1885), Gantrelle (1879), Brammer (1882 
— 1885) und E. Wolff (2 Bdd. 1886—1888); ber 
libri ab excessu divi Augusti bon Kießling 
(1829), Nipperdey (1. Bd. 8. Aufl. 1884. 2. Bd. 
4. Aufl. 1880), Dräger (1. Bd. 5. Aufl. 1887. 
2. Bd. 3. Aufl. 1882), Pfihzner (1883 ff.), Gitl: 
bauer (1. Bd. 1887), Prammer (1888). Bal. 
Bötticher, lexicon Taciteum (1830), ®erber und 
Greef, lexicon Taciteum (1877 ff., noch nicht 
vollendet). Dräger, über Syntar und Stil des 
Tac. (3. Aufl. 1882). Hoffmeifter, die Weltan: 
ihauung des Zac. (1831). — 2) M. Claudius 
Tacitus, wurde 275 n. E. vom Genate zum 
römischen Kaiſer erwählt, ald er bereit3 75 Jahre 
alt war, ein Mann von ernftem Charakter und 
gelehrter Bildung, aber für den Thron, den er 
nur ungern einnahm, wenig geeignet. Als Alanen 
und Goten in Kleinafien eingefallen waren, zog 
er perjönlich gegen fie aus und beftimmte fie teils 
durch Geld zum Abzuge, teild vernichtete er fie 
im Kampfe. Nach nur mehrmonatlicher Herrichaft 
wurde er von den Soldaten zu Tyana erichlagen. 
Vopisc. Tac. 1ff. Aur. Viet. Caes. 36. ep. 36. 
Eutr.9, 16. Oros. 7,24. Zos. 1,63. Zonar. 12, 28. 

Tadii. Dahin gehören: 1) ©. Tad., der Ta: 
milie des Berres befreundet, unterftügte denjelben 
durch Belohnung mehrerer feiner Genofjen und 

ewann ihn jpäter durch Beftechung bei gewiſſen 

auten, 74 v. E. Cie. Verr. 1,49. 4,13. — 2) 8. 
Tad., nahm das von Berres in Kilikien erprefte 
Geld in Berwahrung und war darnach bei ihm 
Legat auf Sicilien. Cie. Verr. 1, 39. 2, 20. 5, 25. 

ages, ber Lehrer der etrujliichen Divination, 
Sohn eines Genius Jovialis, Enkel des Jupiter, 
der einjt, als in dem Gebiete von Tarquinii ein 
Pilüger eine tiefe Furche zog, aus der Erde her: 
vorftieg, ein Knabe von Ausjehen, aber ein Greis 
an Weisheit. Als auf den Schrei bes Pflügers 
alle Etrujfer herbeigeeilt waren, unterrichtete fie 
Tages in der Harujpicin und ftarb dann ſogleich. 
Seine Worte wurden niedergejchrieben und in den 
Divinationsbüchern der Etruffer aufbewahrt. Cic. 
div. 2, 23. Or. met. 15, 553 ff. 

Tayos, theflaliihe Benennung des oberjten 
Kriegsanführers (Xen. Hell. 6, 1, 8), ſowie aud) 
der Beamten einzelner Städte, jpäter aud des 
oberften Beamten überhaupt. 

Tagus, T'&yos, j. Tejo, Tajo, bedeutender Strom 


Tainaron. 


(1541), Michaelis (frit. Hauptausg., 1868), Anz | Hilpaniens, deſſen Quellen im Lande der Kelti: 
drejen (2. Aufl. 1879; frit. Ausg. 1877), E. Peter berer zwiichen den Gebirgen Oroſpeda und Idu— 
(1877), ‚Bährens (1881), E. Wolff (1890) u. a.;  beda lagen, jtrömt in ziemlich geradem Laufe 
ded Agricola von Hofman-Peerllamp (2. Aufl. | gegen W. und führte nach den Berichten der Alten 
1864), Wald) (1828), Roth (1833), Ritter (3. Aufl. | viel Goldjand mit fi), wovon ſich jetzt nur ge: 
1852), ®er (1852, Hauptausgabe ; daneben eine | ringe Spuren zeigen. Ov. met.2,251. am.1,15,34. 
Schulausg. 1852), Kritz (3. Aufl. 1874), Hen- Juv. 3, 55. 14, 291. Bei feiner Mündung ijt er 
richjen (1871), Dräger (4. Aufl. 1884), Urlichs | wohl 20 Stadien breit und fähig, die größten 
(1875), Peter (1876), Gantrelle (2. Aufl.), Tüding Seeſchiffe zu tragen. Bon jeinen Nebenflüfen wird 
(2. Aufl. 1878), PBrammer (1880), Gorneliffen | nur der K agon!os (Plut. Sert. 17) genannt, j. 
(1881), Schöne (1889), Knaut (1890) u. a.; der | Tajuna öÖftlid von Madrid. Strab. 3, 151. 

Germania von Günther (1826), as (1832), Tainäron, Taivapor, i K. Matapan, Bor: 
3. Grimm (1833), Gerlad (1835 ff), M. Haupt | gebirge des Peloponnes in Lalonien, auf dem ſich 
(1855; neue Aufl. von Müllenhoff, 1873), Krig ein mit Aſylrecht verichenes Heiligtum des Po— 
(4. Aufl. 1878), Schweizer:Sidler (5. Aufl. 1889), , jeidon Ajphaleios und ein offener Ort, wahrſchein— 


1178 


lich ebenfalls Tainaron genannt, befand. Tihuc. 
1, 128. 133. Nep. Paus. 4. Zu beiden Geiten 
lagen die Häfen Adilfeios und Pſamathos. Die 
Sage lieh Herafles aus einer dort befindlichen 
Höhle den Kerberos hervorholen; ferner joll 
Arion auf feinem Delphin dort gelandet fein. 
Hdt. 1, 23. 25. Sehr geichäßt war der hier ge: 
brochene jchwarze Marmor. Strab. 8, 367. Prop. 
4,2, 9. Tibull. 3, 3, 14. 

Taläos, Taiaos, Sohn des Bias und der Pero, 


der Tochter des Neleus, aus Argos, Bruder des | 


Areios, Gemahl der Lyſimache, Bater des Adraftos, 


Parthenopaios, Pronax, Metiftens, Ariftomachos | 
und der Eriphyle; Argonaut. Sein Grabmal ward 


zu Argos gezeigt. Paus. 2, 6, 6. 21, 2. 

Taläris oder Talarins Indus, cine Gattung 
dramatischer Poeſie in Rom, die ans Gejang und 
Tanz beftand und unter Begleitung mufifalifcher 
Inftrumente vorgetragen wurde, benannt nach dem 
fangen, bis auf die tali herabreichenden Ehiton 
der in ihr auftretenden Schaujpieler und wahr: 


jcheinlich ausgelaffenen Charakters. ic. ad Att. 


1, 16, 3. off. 1,42, 150. Quint. 11, 3, 58. Ab— 


handlung von M. Herb (1873). 


Talassio, TalassTus, der römische Hochzeits: 


gott, dem griechijchen Hymenaios entiprechend, 
angerufen beim Eintritt des Zuges in das Haus 
des Gemahls (j. Nuptiae, 5.). Eine Legende 
bei Livius (1, 9) joll die Entftehung diejes Anz: 
rufes erflären. 

Talentum, rdlarror, 1) eigentlich die Wage 
‘Hom. II. 8, 69), dann auch das Gewogene. Als 
Gewicht betrug es bei den Griechen 26,20 Kilo: 
gramm. — 2) eine beftimmte, diefem Gewichte 
urjprünglich entiprechende Geldfumme, deren Wert 
in den verichiedenen Staaten verjchieden war. Das 
attiſche Talent, nad dem in Korinth, Tarent, 
Sicilien, Theffalien, Makedonien jeit Alerander 
dem Gr. gemünzt wurde, betrug 60 Minen oder 
4715 Marf. 


(100 Minen, alſo 5:3). Gleichen Wert hatte das 

Talent von Aigina. Weit verbreitet war auch das 

euboiiſche Talent, das fi) zum vorigen wie 5:6 

verhielt. Später gab es auch Kupfertalente. 
Talöton ſ. Lakonika, 2. 


Talio, Privatrache oder Selbftvergeltung, in 


der Urzeit geftattet. Nur bei iniuria erhielt jie 
ſich, ſ. Iniuria. 

Talos, Talws, 1) j. Daidalos. — 2) ein 
Riefe aus Erz mit einer einzigen Ader, die vom 


Kopfe bis zur Ferſe ging, two fie mit einem Nagel 
geichloflen war. Er war von Zeus oder Hephaiftos | 


dem Minos (oder der Europa) gejchenft worden 
und bewachte Kreta, indem er täglidy dreimal um 
die Inſel lief; jah er Fremde nahen, jo machte 
er ſich en und tötete fie in feiner Umarmung. 
Als die Argonauten nach Kreta famen, machte 
ihn Medeia wahnfinnig oder tötete ihn durch Ser: 
ausziehen jeines Nagels; oder Poias tötete ihn 
durch einen Pfeilichuß in die Ferſe. Apollod.1,9,26. 
Talus, der vierjeitige Würfel, j. Spiele, 7. 
Talthybios, Taitußıos, Herold des Aga— 


memnon, hatte zu Sparta und zu Migion im 


Achaia ein Grabmal, wo ihm Totenopfer gebracht 
wurden. Hom. Il.ı, 320. Hdt.7, 134. Jaus. 
3,19, 7. 7,24, 1 

Tamassos, Tauaooog, Stadt in der Mitte der 


Schon frühzeitig gab es in Phoi: | 
nifien ein Talent von 10 000 attiichen Drachmen 


Talaos — Tanaquil. 


| guet Kypros, nordweftlich vom Olympos, in der 
ı Nähe großer Kupfergruben, phoinikiiche Kolonie. 
‘ Das homeriiche Teufen (Od. 1, 184) ift wohl hier: 
| mit identifch, weniger wahricheinlih mit Temeſa 

in Bruttii. Strab. 6,255. 14, 684. Or. met. 10, 644. 
| Tamösa, Taufo«, oder Tamesix. j. Themie, 

engliih Thames, Fuß an ber Oftfüfte Britan: 
| niend; an demjelben lag Londinium. Caes. b. 4. 
5, 11. 18. Tac. ann. 14, 32. 

Tauiaı, Schagmeifter, j. Staatshaushalt, 

], 13. . 
Tamos, Tauos, aus Ägypten, Unterftatthalter 
von Konien unter dem Satrapen Tiffaphernes, 
befehligte die Flotte des jüngeren Kyros 401 v. E. 
und fand nach deiien Befiegung in Agypten feinen 
Tod. Thuc. 8, 31. 87. Xen. An. 1,4, 2. Diod. 
Sie. 14, 19. 35. 

Tamjnai, Taudvaı, Tauvraı, j. wahrſcheinlich 
Aliweri, Stadt auf Euboia im Gebiete von Ere: 
tria, in deren Nähe der Athener Phofion den 
Kallias von Eretria ſchlug, 350 v. E. Plut. Phoc. 12. 
Aeschin. de f. leg. 169. Die Stadt bejah ein Hei: 
ligtum des Zeus Tampnaios, jowie einen Tempel 
des Mpollon, dem zu Ehren Feftipiele, Teuvrace, 
gefeiert wurden. Hdt. 6, 101. 

Tauäger, Fluß in Yucanien, der fich unter 
der Erde verliert, dann einige Meilen nördlich 
(beim heut. Pertoja) wieder zum Vorſchein fommt 
und der Stadt Forum Popilii gegenüber in den 
Silarus fällt; j. Tanagro. Verg. @. 3, 131. 

Tanägra, Terayon, j. Gremada, bedeutenbite 
Stadt des öſtlichen Boiotiend am Tinten Ufer des 
Aſopos in der Nähe des in denjelben einmünden- 
den Baches Thermodon (j. Yaris) auf fteiler Höhe, 
oft in die Kriege zwiichen ve und Theben ver: 
widelt. Hier gedieh der beite Wein Boiotiens. 
Die Bewohner zeichneten ſich durch ihre Handels: 
thätigfeit und VBetriebjamfeit aus. Thue. 1, 108. 
hr Gebiet umfahte in jpäterer Zeit die gelamte 
Dftfüfte von der attifchen Grenze bis zum Euri— 
pos. Bedeutende Überreite von —— Türmen, 
Thoren und einem Theater haben ſich erhalten, 
ebenſo Tauſende von Gräbern mit zahlreichen, 
fünftleriich wertvollen Terrafotten. Vgl. Kekule, 
| griechiiche Thonfiguren aus Tanagra (1878). Strab. 
9,403 ff. 4095. Paus. 9, 22, 1 ia 

Tanais, Teavais, 1) j. Don, Fluß im NO. der 
Erde, galt ſeit Eratofthenes als Grenze zwijchen 
Europa und Aſien. Über jeinen Urfprung waren 
die Meinungen geteilt: nach Herodot (4, 57) ent- 
iprang er aus einem großen See, nach Späteren 
auf dem Kaufafos; er nahm den Hyrgis oder 
Syrais auf (Hdt. 4, 123) und ergoß ſich dann an 
der Spite der Maiotis in mehreren Mündungen; 
an der jüdlichen lag die Stadt Tanais, eine 
durch Handel blühende Kolonie der Bosporaner. 
Strab. 11, 492f. Um den Tanais herum wohnten 
die Skythen, daher bei Horaz (od. 4, 15, 24) mit 
Tanain prope flumen orti bezeichnet (vgl. od. 
3, 4, 36). — 2) j. laxartes. 

Tanägqnil, Tavaxvikls, Gemahlin des Tarani: 
nius Prijeus, aus —— etruffiichem Ge— 
ſchlechte, verlündete ihrem Gemahl die Erlangung 
der Herrſchaft über Rom und gewann durch ihr 
Huges Benehmen nad der Ermordung desjelben 
ihrem Schwiegerjohn Servind den Thron. Lie. 
'1,34. 41. Sie foll in Rom den Namen Gaia 
' Caecilia geführt haben nnd jcheint mit einer 








Tanetum — Taprobane. 


römischen Göttin des Spinnens verjchmolzen und 
göttlich verehrt worden zu fein. Plin. 7, 48. 
Tanstum, Tärnror, Ort der Bojer zwiſchen 
Mutina und Parma im cispadanijchen lien; 
jebt Taneto. Lir. 21, 25. 30, 19. Pol. 3, 40. 
Tanfäna, ein heiliger Hain mit Tempel oder 
(wahrjcheinlicher) Name einer Göttin. Germani— 
cus zerftörte den im Gebiete der Marjer gelegenen 
Tempel 14 n. C. Tae. ann. 1,51. Die Ablei— 
des Namens ift unficher. 


tun 
nie; Tarıs, ägupt. Tan, im A. T. Zoan, | 
j. San, bedeutende Stadt Unterägnptens, an dem 


nad ihr benannten Nilarm und See (j. Menzale) 
in jehr fruchtbarer — gelegen, Reſidenz unter 
den Hylſoskönigen, Ramſes Il. und der einund— 
zwanzigjten Dynaftie, auch durch ihren Handel 
wichtig. dt. 2, 166. Strab. 17, 801f. 

Tanos, Tavos oder Tävaos, Fluß in der pelo- 
ponnefifchen Sandichaft Thyreatis oder Kynuria, 
mündete, vom Parnon herabfommend, in den 
Thyreatiſchen Buſen und bildete zwiſchen Argolis 
und Kynuria die Grenze; j. vielleicht Bach von 
Luku. Paus. 12, 38, 7. 

Tantälos, Tarralog, 1) reiher König am 
Eipylos in Phrugien (auch König von Lydien, 
von Baphlagonien, Argos, Korinth genannt), Sohn 
des Zeus (oder des Tmolos) und der Pluto (des 
Reichtums), von Euryanaſſa oder der Pleiade 
Tangete oder der Hyade Dione Vater des Pelops, 
Brotens und der Niobe. Er war ein Liebling 
des Zeus und der Götter und wurde oft von 
ihnen zum Mahle zugezogen; allein der Sterb- 
fihe fonnte jein Glück nicht ertragen; er frevelte 
gegen die Götter und ward deswegen hart ge: 
ftraft. Seine Schuld wird verjchieden angegeben. 
Er entwendbete an den Mahlen der Götter Neltar 
und Ambrofia und brachte jie den Menſchen, oder 
er berriet die ihm anvertrauten ®eheimniffe des 
Zeus, jegte feinen Sohn Pelops zerftüdelt den 
öttern zum Mahle vor (j. Pelops); oder er 
gab dem Bandareos (j. d) den ihm von dem: 
felben anvertrauten goldenen Hund nicht zurüd, 
ichwörend, er habe ihn nicht erhalten. Seine Strafe 
in der Unterwelt war nach Homer (Od. 11, 582 ff.), 
daf er, von Hunger und Durft gequält, bis ans 
Kinn in einem See ftand, während die herrlichiten 
Früchte über ihm hingen; büdte er fich, um zu 
trinten, jo ſenkte fid das Wafler, griff er nad 


den Früchten, jo wichen diefe in die Lüfte zurüd. 


Statt der Strafe des qualvollen Darbens mitten 
im lÜberfluß nehmen andere die Qual ewiger 


Angſt an, indem fie einen Felsblock, der ftets den 


Sturz droht, über feinem Haupt jchtweben und ihn 
jelbft in ber Luft hangen laffen. Pind. ol. 1, Mff. 
Nach manchen Sagen ift zu vermuten, daß ur: 
fprünglich die Strafe des Tantalos in der Ober: 
welt jtattfand. In dem Geichlechte des Tantalos 
(Belopiden) herrichen die wilden Leidenschaften und 
Frevel des Ahnherrn fort. — Der Sage vom 
Untergange des Tantalosreiches liegen neben ur: 
alten hiftoriichen Erinnerungen verichiedene große 
Naturereigniffe, namentlich vulfaniiche Kataftro- 
phen, zu Grunde. — Spridwörtliche Redensarten 
find: Tavra@lov ralarıa, yonuare, mloörog, Tar- 
rcilou Ölva, Tavrdksıaı Ölaaı. — 2) Sohn des 
Thyeftes, von Atreus geichladhtet (j. Atreus); 
oder Sohn des Broteas, früher ald Agamemnon 
mit Klytaimneftra vermählt, von Agamemnon ge: 


1179 


tötet, zu Argos begraben. — 3) Sohn bes Am: 
phion und der Niobe. Ov. met. 6, 240. 

Tanusfi, ein wenig befanntes Geſchlecht: 1) X. 
Tanujius, von Eatilina zur Zeit des Sulla um: 
gebracht. @. Cie. pet. cons. 2, 9. — 2) Tanu— 
Pius Geminus, aus der Pogegend, verfahte in 
jungen Jahren nad) dem Vorgange des Ennius 
' poetifhe annales, von jeinem Landsmann Catull 
berhöhnt als pleni ruris et inficetiarum und 
‚ cacata charta genannt. Catull. 36, 1. 20. 95, 7. 
Sen. ep. 93, 11. Später wandte er ſich der Ge: 
fchichtichreibung zu und gab nad Cäſars Tod ein 
geichichtliches Werk über die Verſchwörung des 
Eatilina heraus, in welchem auch von Cäſar als 
Genoſſen der erften Verihwörung die Rede war 
(Suet. Caes. 9. Plut. Cues. 22), und Das von 
Strabon, Plutarch u. a. viefach benutzt worden ift. 

Taphiassos, Tagıusoög, Gebirge in Lokris 
und Witolien, eine Fortſetzung des Dite und Ko— 
‚rar, das fich mit einem hohen Berge an der Küſte 
zwischen Kalydon und Makynia endet; j. Klofoba. 
Noch jebt dort befindliche heiße Schwefelquellen 
von widrigem Geruch gaben im Altertum zu der 
Sage Veranlaſſung, daß hier Neſſos und die übrigen 
Kentauren begraben jeien. Strab. 9, 427. 10, 451. 
460. Plin. 4, 3, 2. 

Tagyos |. Bestattnng. 

Taphos, T&gos, j. Meganifi, die größte Anjel 
einer Gruppe, von Leufas nur durch einen etwa 
Y, Stunde breiten Kanal getrennt, dem Pelo— 
ponnes zu, das Reich des homeriichen Mentes 
(Hom. Od. 1, 417). Die Gruppe hieß außer «ai 
rov Tapiov voor auch TinAeßoldeg voor und 
hatte dieſe Namen von dem alten, in Alarnanien 
feßhaften, wohl barbarijchen (illgriichen) Stamme 
der Tnießoaı oder Tagyıoı. Strab. 10, 459. 

Taphros, Täpoos, 1) auh Tagyenı, die 
ichmale, durch Graben und Wall befeftigte Stelle 
der taurifchen Eherjones (Krim). Hdt. 4, 3. 
2) die Meerenge zwiſchen Sardinien und Eorlica, 
jegt Straße von St. Bonifacio. 

Taprobäne, Targoßarn, ſpäter aud Zahn 
(fanffr. Sinhala) oder FZrelsoiße (Sinhala:Dvipa, 
d. i. Yöweninjel) genannt, j. Ceylon, die große, 
von den Alten in ihrer Ausdehnung noch be: 
deutend überichägte Inſel an der Südfpige Border: 
‚Indiens. Gebirge: im N. die Taiıpa ven, im S. 
die Malda öen (j. Adamspif). Borgebirge: Bo: 
reion und Retaion. Flüſſe: Phafıs, Ganges 
(j. Mahaville-Ganga, im D.), Baräfes u. |. w. 
Städte: Anurogrammon (Anuradhapura , j. 
mächtige Ruinen) und Maagrammon (j. Ma: 
gama). Die Inſel war und ift jehr reih an 
Metallen, Edelfteinen, Berlen, Zuder, Reis, Baum: 
wolle u. a. Produkten (der Zimmet wird auf: 
fallenderweife von den Alten nicht erwähnt) und 
war deshalb der Mittelpunkt des indilchen Welt: 
handels. Die Bevölkerung beftand aus den zurüd: 
gedrängten jchwarzen Ureinwohnern, deren Hefte 
noch jebt in rohem Zuſtand in den Waldgebirgen 
leben, und aus den um 500 v. E. eingewanderten 
Ariern, die auf einer hohen Stufe der Kultur 
ftanden. Die Alten lernten die Inſel zuerft durch 
Onefifritos, den Steuermann Aeranders, und 
Megafthenes, den Gejandten Seleutos’ I. am Hof 
von Balibothra, kennen; unter Kaiſer Claudius 
fam eine Gefandtichaft von T. nach Nom, und 
feitdem bejuchten die römiſchen Kaufleute die Inſel 








1180 


öfters. Strab. 2, 72. 130. 15, 690 f. 
Maper, über die Inſel T. (1831). 
Tapüroi, Teärxovgo:, wildes Bergvolf im öft- 
lihen Hyrkanien, an der Grenze von Medien, im 
heutigen Taberiftan. Arr. 3, 8,4. 23, 1. Strab. 
11, 514 f. 520. 
Taras j. Tarentum. 


Bol. ©. 


Tegagıaaos, Pferdeſcheucher, hieh ein runder 


Altar in der Rennbahn zu Olympia an einer 
Stelle, wo die Pferde leicht jcheu wurden. Die 
Berjon Tararippos, defien Geift die Pferde an 
der bezeichneten Stelle jcheuchte, jollte Myrtilos 
fein, oder Dinomaos, oder Dlenios u. .a., die dort 
begraben lagen. Baujanias hält Taragippos für 
einen Beinamen des Poſeidon Hippios. Auf dem 
Iſthmos galt Glaukos (j. d.), des Siſyphos Sohn, 
als Tararippos. Paus. 6, 20, 15; vgl. 10, 37, 4. 

Tarbelli, Taeßeiloı, Volk in Aquitanien, 
zwischen dem Adour und den Pyrenäen; ihr Ge— 
biet enthielt Gold und Mineralquellen. Ihre 


Stadt war Aquä Tarbellicä, j. Dar am Wdour. | 


Caes. b. q. 3, 27. Tibull. 1, 8, 9. Strab. 4, 190. 


Tarchon (Tarco), ein etrujtiicher Heros, der | 


außer Tarchonion, d. i. Tarquinii, das von ihm 
den Namen erhalten, die 11 übrigen etruſtiſchen 
Städte gegründet haben ſoll, Sohn oder Bruder 
des Tyrrhenos, oder Sohn des Telephos. Dem 
Aineias bringt er Hülfe gegen Turnus. Verg. A. 
8, 603. 11, 727 ff. 

Tarentini (Terentini) ludi, auf dem Taren- 
tum, Terentum, einem vulkaniſchen Plage auf 
dem Campus Martius zu Rom, dem Dis und 
der Brojerpina gefeierte Spiele. Ein Sabiner, 
Namens Manius Balefius Tarentinus, joll wäh: 
rend einer Seuche an der bezeichneten Stelle 
20 Fuß unter der Erde einen Altar der beiden 
genannten Götter entdedt, einen ſchwarzen Stier 
geihlachtet und dem Dis und der Projerpina 
3 Nächte hindurch die erften tarentinifchen Spiele 
durch Wettrennen und Lectifternien gefeiert haben. 
Nach anderer Sage hatte der erfte Konſul Vale: 
rius Poplicola die Spiele während einer ui 
eingeführt, und jeitdem follen jie bis auf Auguſt 
noch dreimal wiederholt worden jein, jo daß fie 
fih ungefähr alle 100 Jahre wiederholt hätten. 
Deshalb hießen fie Säkularſpiele. Auguftus er: 
nenerte fie 17 dv. E. und weihte jie vorzugsmweije 
dem Apollon und der Diana. ©. Spiele, 5. 

Tarentinischer Krieg j. Pyrrhos, 2. 

Tarentinus Sinus, Tagevrivog nölmos, großer 
Meerbufen Staliens zwiſchen Bruttii, Lucanien 
und Calabrien, nad) der Stadt Tarentum benannt, 
zwilchen den Vorgebirgen Japygium im DO. und 
Lacinium im W., die 700 Stadien voneinander 
entfernt waren; noch jet Golfo di Taranto. 

Tarentum, 6 Tagas, Stadt Unteritaliens an 


dem nach ihr genannten Meerbujen, in höchit lieb: 


licher und fruchtbarer Gegend (Hor. sat. 1, 6, 100. 


ep. 1, 16, 11), jüdlich vom Berge Aulon und weit: 
Nach einer | 


lih von der Mündung des Galejus. 
Sage war Taras, ein Sohn Poſeidons, der Grün: 
der der Stadt, und Rojeidon wurde ald Schuß: 


Tapuroi — Tarquinii. 


Roms Oberherrſchaft lange anfgelehnt und ge- 
‚ wehrt, eriog aber doch 272 v. E., nachdem Phr- 
rhos nad) Griechenland zurüdgegangen war. Im 
zweiten punijchen Kriege 212 v. &. nahm Sans 
nibal T., die Burg blieb aber in der Gewalt der 
ı Römer. Liv. 25, 8ff. Bei der Wiedereroberung 
(209) verfauften die Römer 30 000 Menjchen als 
Sklaven. Liv. 27, 15f. Nachden 123 eine römiſche 
Kolonie (colonia Neptunia) u geführt war, 
die in der folge wiederholt verjtärkt ward, hob 
ſich T. bald wieder, und da Handel und Schiff: 
fahrt ihm ſtets, wie früher, Reichtümer zuführten, 
jo überließ es ſich den weichlichſten, durch grie: 
chiſche Bildung verfeinerten Genüffen (molle T., 
Hor. sat. 2, 4, 34), jo da es für die römiichen 
Schlemmer ein Vorbild war und nie friegerijch 
wurde. Hor. ep. 1, 7, 45. Später ging die Stadt 
mehr und mehr zurüd. An der nordweftlichen 
Spige der auf einer Landzunge erbauten Stadt, 

art an der Einfahrt des Hafens, lag auf einem 

Felſen die durh Mauern und Gräben von der 
übrigen Stadt getrennte Afropolis (Liv. 25, 11); 
die Yandzunge bit war dur eine Brüde mit 
dem wejtlichen Lande verbunden. Der Hauptteil 
der Stadt befand fi) auf der Südweſtſeite des 
Iſthmos; dort lagen das Forum, Theater, Mu: 
jeton, eine die ganze Landzunge durdichneidende 
breite Straße. Liv. 25, 11. Eine andere Haupt: 
ftraße war die tiefe, von der breiten Strafe 
graen D. auslaufend. Liv. 27, 15. Strab. 6, 277 ft. 

er jegige Name tjt Taranto. Bergl. 5 Mono: 
graphien von R. Lorenk (1827 — 1841). Döhle, 
Geſch. Tarents bis auf jeine Unterwerfung unter 
Rom (1877). 

Tarichöa, -eae, Tapıyaiaı, Tagıyea, Stadt 
in Baläftina, am nordweitlichen Ufer des Tiberias: 
jees, auf einer Höhe gelegen und gut befeitigt. 
Der Name der Stadt fam von den trefflichen, 
dort befindlichen Anftalten zum Salzen der See: 
fiſche. Suet. Tit.4. Strab. 16,764. 3. Khan: Minie. 

Tarpeii. Dazu gehören: 1) Sp. Tarp., wurde 
im Kriege mit den Sabinern, denen er das von 
ihm befehligte Capitol angeblich überlieferu wollte, 
nad einigen don Romulus zugleich mit feiner 
Tochter (j. Nr. 2) zum Tode verurteilt und vom 
Felſen des Gapitols heruntergeftürzt (daher Tar- 
peium saxum). Der Dichter Propertius (4, 4, 93) 
ipridht ihn jedoh von dieſem Berrate frei. — 
2) Seine Tochter, Tarpeja, verriet nach der 
gewöhnlichen Sage (Liv. 1, 11. Plut. Rom. 17 }.) 
um Gold, nach Propertius (4, 4) aus Licbe den 
Sabinern den Weg zum Capitol, erhielt aber den 
erwarteten Lohn nicht, jondern wurde durd die 
‚auf fie geworfenen Schilde von den fiegreichen 
ı Feinden erftidt. — 3) Sp. Tarp. Montanus 
|epitolinns, Konful 454 v. E., Urheber eines 
| 





Geſetzes über das Maf der Strafgelder. Liv. 3, 31. 

| Cie.r.p. 2, 36. 
,  Tarpeium saxum ſ. Tarpeii, 1.1. Koma,9. 
Tarphe, Taäepn, Stadt der Yolrer am Knemis 
in waldiger Gegend (Hom. Il. 2, 533), von Stra: 
bon (9, 425) wohl mit Unrecht mit dem jpäteren 


gott (modıoüyog) angejehen (Hor. od. 1, 28, 29); | Dagvyaı identifiziert, das vielmehr mit Napvun, 
nach der gewöhnlichen Annahme dagegen wurde | der Baterftabt des Heinen Aias, identiich zu jein 
Zarent von lakoniſchen Jünglingen unter Phaz ſcheint. Died. Sic. 14, 82. .16, 38. 

lanthos 705/4 v. C. (nach Dunder 708) gegründet. TarquinYi, 1) 2. Tarau. Prijcus, der fünfte 
Bei dem Reichtum feines Handels und jeiner Ge: | römische König, der Sage nad) Eohn eines grie: 
werbe hatte T. in früheren Zeiten ſich zwar gegen chiſchen Flüchtlings, Demaratos von Korinth, der 





Tarquitii — Tartessos. 


nad; Tarquinii in Etrurien fam, dort fidy ver: 


heiratete und Water zweier Söhne wurde, von | 


welchen der ältere, YUucumo, der Gemahl der Ta: 
naquil (j. d.), auf Antrieb feiner Gattin nach Rom 
wanderte, dort jeinen jpäteren Namen annahm 
(Priſeus wurde er wohl erft jpäter genannt) und 
des Ancus Martins Vertrauen in folchem Grabe 


gewann, daß derjelbe ihn zum Wormunde feiner 


Kinder ernannte. Nach des Ancus Tode ſchwang 
er ſich, nachdem er Boll und Senat auf feine 
Seite — auf den Thron, verſchönerte Rom, 
richtete die ladi magni ein, führte einen glück— 
lihen Krieg mit ben Sabinern und unterwarf 
Latium. Er ftarb 578 v. E. nach achtunddreißig— 
jähriger Regierung, indem er auf Anlaß der von 
ihm des Reiches beraubten Söhne des Ancus er— 
mordet wurde. Wie Wunderzeichen ihn jchon bei 
jeinem Einzuge in Rom begleitet hatten, jo waren 
es auch Wunder, die ihn bewogen, des Knaben 
Servius Tullius fi) anzunehmen und ihm die 
Nachfolge zu fichern. Liv. 1,34. 46. Nach 
Dionys von Halifarnaf (3, 46 ff.) führte er auch 
mit den Etruffern Krieg, wie Dionys ihn über: 
zn faft nur dem Kriege ergeben jein und von 
Servius in jeinen Kämpfen begleitet werben läßt. 
— 2)R. Tarqu. Superbus, der Nachfolger des 
Servius Tullins, feines Schwiegervaters, 534 v. E., 
deſſen Tod er mit Hülfe feines ehrgeizigen Weibes, 
der Tullia, veranlaßt hatte, zeigte ſich nad) Antritt 
jeiner Regierung ftreng (daher Superbus) gegen 
das Boll, bejonders aber gegen die Patricier, 
deren Macht und Übermut er demütigte, ſowie 
gegen den Senat, den er dur Stolz und Härte 
tief verlegte; jeßte den von feinem Water ange: 
fangenen Bau des capitolinifhen Tempels fort 
und bejeitigte durch Gewaltthaten und ungerechte 
Todesurteile feine Gegner, bis des Volkes Un: 
wilfe wach wurde, und Brutus, des Königs Ber: 
wandter, nach der Entehrung der Lucretia ben 
Tarquinius vertrieb (510 v. E.) und in der Schlacht 
am See Regillus (496) deffen mit Hülfe Latiums 
gegen Rom fämpfendes Geſchlecht bejiegte. Tar— 
quinius ftarb einige Jahre darnach. Zip. 2, 1 ff. — 
HL. Tarqu. Eollatinus, Berwanbter des vorher: 
gehenden und Gemahl der Yucretia (j.Lucretii, 2.), 
wirkte mit zur ®ertreibung desjelben und war 
Mitkonſul des Brutus, mußte jedoch feine Würde 


niederlegen und begab ſich nad) Lavinium, wo er 


als Privatmann lebte und ein hohes Alter er: 
reichte. Liv. 1,57ff. 2,2. — 4) 8. Tarquinius, 
Genoſſe des Eatilina, verriet die Mitverſchworenen. 
Sall. Cat. 48. — 5) Tarquinii, berühmte Stadt 
Etruriens und wahrjcheinlich Mutterftadt der zwölf 
Bundesftädte, auf einer Höhe am MRartafiuh an 
der von Coſa nad) Rom führenden Strafe. Durd 
die Kriege der Etruffer mit Rom ſank T.s Macht 
jehr (Läv. 2, 6. 7. 5,16. 7, 15. 19), und auch eine 


römische Kolonie vermochte diejelbe nicht wieder | 


zu heben. In T. wurden viele Bafen verfertigt. 
Liv. 28, 45. Wenige Mauerreite finden fich auf 
dem Hügel Tarchino; jehr viel Merkwürdiges liefert 
dagegen die dazu gehörige Nefropolis auf einem 
nahen Hügel beim h. Corneto. Bgl. Cie. tuse. 
6, 37. Liv. 1, 34. 87. 

Tarquitii, ein römiſches Gejchlecht, defien Name 
für gleihbedentend galt mit dem verhaßten Namen 
Tarquinius und an deflen Stelle getreten war: 
1) B. und M. Tarauitii, entdedten dem Konſul 


1181 


Sulpicius eine Verſchwörung, die die Tarquinier 
zurüdzuführen zum Ywede hatte (500 v. E.). Dion. 
Hal, 5, 54. — 2) 2 Targu. Flaccus, ein 
Batricier, mußte, da er zu arm war, zu Fuß 
dienen, zeichnete fich aber durch friegerifchen Mut 
ganz befonders aus. Zav. 3,27. — 3) DO. Tarqu., 
fämpfte 81 v. E. ald Duäftor in Spanien, wo er 
zu Gertorius übertrat, deſſen Reiterei er 76 be: 
tehligte. Später aber beteiligte er ſich auch an 
der Ermordung des Sertorius. Frontin. strat. 
2,5,31. — 4) 8. Tarqu. Priſcus, trat 53 n. €. 
mit einer Anklage gegen den Statilius Taurus 
(f. Statilii, 5.) auf, wurde aus dem Genate 
geſtoßen, doch jpäter rehabilitiert und im J. 61 
wegen Erpreffungen von den Einwohnern der Pro: 
vinz Bithynien verklagt und in Rom verurteilt. 
Taec. ann. 12, 59. 14, 46. 

Tarraeina j. Anxur, 

Tarräco, Tagpansr, alte iberiiche Gründung 
an der Djtfüfte Hilpaniens, zwiſchen den Pure: 
näen und dem Iberus, mit einem alten Kaftell. 
Der Hafen war nicht brauchbar, objchon die Römer 
dort öfter ihre Truppen gelandet haben. Die 
Scipionen bejonders haben die Stadt befeftigt und 
fie zu einem wichtigen Waffenplage gemadt. Als 
Kolonie führte fie jeit Cäfar den Namen colonia 
Julia vietrix Tarraconensis und gab der Pro: 
vinz den Namen, deren Hauptjtadt fie unter 
Auguftus wurde. Diejer jchmüdte die Stadt mit 





vielen Prachtbauten und hielt fi) während einer 
Krankheit längere Zeit dort auf; daher wurde ihm 
bei feinem Leben ein Altar, nach jeinem Tode ein 
Tempel erbaut. Zac. ann. 1, 78. Das heutige 
Tarragona zeigt noch eine alte Wafjerleitung, 
ſowie Nefte eines Amphitheaters, Eircus u. j. w. 
Bergl. Liv. 21, 61. Strab. 3, 159. Hübner im 
Hermes, Band I ©. 77 ff. 

Tarsos, Tagsog und -or, alte und bedeutende 
Handelsftadt in Kilikia Pedias, von dem Kydnos 
durchfloffen, um 700 v. €. dur Sanherib von 
Aſſyrien erobert und mit der Hafenſtadt Anchiale - 
nen aufgebaut, in der Berierzeit die bevölferte 
Nefidenz der unter dem Titel Syennefis regieren: 
den Nandesfürften (Xen. An. 1, 2, 23), ebenjo 
unter den Geleufiden und noc unter römijcher 
Herrichaft blühend. Sie zeigte eine große An— 
hänglichkeit an Julius Cäjar, wurde deshalb von 
Caſſius ausgeplündert, aber von Auguſtus jehr 
begünftigt. Später hatte fie von Einfällen der 
Saurier zu leiden, hob fich aber immer wieder. 
Sie bejaß berühmte Schulen, die bejonders in 
der eriten Kaiſerzeit viel bejucht wurden. T. (ij. 
Terjus) war der Geburtsort des Apoftels Pau— 
lus und der beiden Stoifer Athenodoros. Strab. 
14, 673 f. 

Tartäros ſ. Unterwelt. 

Tartärus, j. Tartaro, Fluß im transpadanis 
ichen Gallien, der jüdöftlih vom Benacusjee (ji. 
"2. di Garda) entiprang, im der Nähe von Hofti- 
lia große Sümpfe bildete (Tue. hist. 3, 9) und 
‚dann in die zur VBerbindung des Padus und 
Atheſis angelegten Kanäle (Fossae Philistinae) 
ſich ergoß; er konnte aljo ebenjo gut für einen 
Nebenfluß des Athejis wie des Padus gelten. Plin. 
3, 16, 20. 

Tartessos, Taernscos, ſemitiſch Tharſchiſch, 
erſcheint im A. T. als ein: fern im W. liegender 
bedeutender Handelsplatz, wohin die Phoinifer 








1182 Tarusates — 


auf großen Schiffen fuhren. 


deutung jehr ungewiß ift) der Fluß Bätis in 
Hiſpanien und die zwijchen den beiden Mündungen 


desjelben injelartig gelegene Stadt genannt; ihr 


Gebiet hieß Tartejjis. T. war eine alte phoi— 
nifiihe Kolonie, von wo die reichen Güter des 
Landes und des Afrika dem Oſten zugeführt 
wurden. Um die Mitte des 7. Jahrh. v. E. wur: 
den Samier dorthin verichlagen und fehrten mit 
reihem Gewinn nad Haufe zurüd (Hat. 4, 152); 
100 Jahre jpäter herrichte dort der im Altertum 
durch jein langes Leben berühmte König Argan- 
thonios (j. d.), der mit den dorthin gefommenen 
Griechen von Pholaia in freundfchaftliche Verbindung 
trat. Wann der Untergang bdiejer reihen Stadt 
erfolgt ift und wie, ift unbefaunt; Strabon 
(3, 148. 151) fand fie ſchon nicht mehr. 

'Tarusätes, Völlerſchaft in Aquitanien, neben 
den Sontiaten, Elujaten und Bocaten; bei dem 
j. Teurſan im Depart. des Landes. Caes. b. g. 
3, 23, 27. 

Tarutius, 1) 2. Tar. Firmanus, ein in 
philofophiichen und mathematifchen Studien jehr 
wohl bewanderter Mann, der zugleich mit Aſtro— 

ie jich bejchäftigte und mit Eicero und Varro 
befreundet war. Cic. div. 2, 47,98. Plut. Dom. 12. 
— 2) j. Acca Larentia. 

Tatiänos, Tarıevög, ein in der römischen 
Kaiferzeit, bejonders im Orient, oft vorfommender 
Name. Die meifte Bedeutung hat Tatianos mit 
dem Beinamen LZvgog, ein chriftlicher Apologet 
und Gnoftifer um die Mitte des 2. Jahrhunderts. 
Geboren in Afiyrien, wurde er ein wandernder 
Rhetor, trat aber um 150, unbefriedigt von der 
griehiichen Philojophie und abgejtoßen durch die 
Unfittlichfeit des Heidentums, zum Chriftentum 
über und war ein Schüler des Juſtinus Martyr. 
Nach deſſen Tode ging er wieder in den Orient 
nad Mejopotamien (Edefja?), ericheint zuletzt als 
. das Haupt einer gnoftiich=ajtetiichen &ette, der 
Tarıavoi, welde fid) der Ehe und des Genufies 
von Fleiih und Wein enthielten, und ftarb um 
oder nad) 170. Bon feinen Schriften ift die wich— 
tigjte 6 moög "Eilnvag Aoyog (Ausgg. von Dtto 
[1851] und Schwarg [1888]), mehr polemiſch als 
apologetiihh und mit — Leidenſchaftlichleit 
abgefaßt; ferner merkwürdig eine Harmonie aus 
unjeren 4 Evangelien, ro dic reoodgw» (1881 
von Bahn aus einem fie behandelnden Kommentar 
ziemlich vollftändig zuſammengeſtellt). Verſchie— 
den davon find die im Mittelalter aufgefundenen 
2 Evangelienharmonien, melde gewöhnlich dem 
Zatianos zugejchrieben werden. Monogr. von Da: 
niel (1837) und Dembowsti (1879). 

Tatius, Titus, König der Sabiner, befriegte 
wegen des Raubes der jabinischen Jungfrauen 
Rom und nahm das Capitol durch den Verrat 
der Tarpeja ein, verftand fi) aber auf die Bitte 
der rauen zum Frieden, zog mit jeinem Bolfe 
von Eures nah Rom auf den mons Capitolinus 
und regierte mit Romulus fortan gemeinjchaftlich. 
Er fand bei einem Opfer zu Lavinium feinen Tod, 
indem er von den Laurentinern wegen verweiger— 
ter Sühne erjchlagen ward. Liv. 1, 10ff. Plut. 
Kom. 17 ff. Cie. r.p. 2, 7,13. 8, 14. 

Taucheira, Tavzsıpa, Stadt an der Küſte von 
Styrenaife, wejtlicd von PBtolemais, jpäter auch Ar: 


Bon den griechiichen 
Schriftftellern wird mit diefem Namen (defien Be: | 





Tauromenion. 


finoe genannt, befannt durch den Kultus der Ky— 
bele; j. Ruinen Tofra. Hdt. 4, 171. Strab. 17, 836. 

Taulantii, Tavilarrıo, illyrijche, einft ſehr 
mächtige Völferjhaft in der Gegeud von Epida— 
mnos, jpäter jehr gejunfen. Thuc. 1, 24. Arr. 
1, 5, 1ff. Lie. 45, 26. 

Taunus mons, Gebirge Germaniens in dem 
dur Rhenus und Mönus gebildeten Wintel, 
führt noch jept jeinen Namen, der wohl urjprüng-: 
lid) „Höhe“ bedeutet (felt. daun). Dort findet 
man zahlreiche lateiniſche Inſchriften. Tac. ann. 
1, 56. 12, 28, 

Tauri, Teögoı, Bewohner der taurijchen Eher: 
jones (der j. Krim), ein rohes, von Raub auch 
Seeraub) und Krieg lebendes Volk unter Einem 
Könige. Hdt. 4, 99. 102. Tac. ann. 12, 17. Die 
Zaurier, die von den Skythen durchaus verſchie⸗ 
den und wohl als ein ſitzengebliebener Reſt der 
vorhiſtoriſchen Kimmerier anzuſehen ſind, zerfielen 
in die nördlicheren Nomaden und die jüdlicheren, 
etwas mehr Bildung zeigenden Aderbauer. Einer 
jungfräulichen Göttin Orfiloche, welche die Grie- 
chen ihrer Artemis gleich hielten und Tauropolos 
nannten, brachten jie Menjchenopfer dar: Schiff: 
brüchige und überhaupt alle Griechen, die in ihre 
Hände fielen. Auch die Kriegsgefangenen töteten 
fie. Hdt. 4, 1038. Oo. ex Pont. 3, 2, 45. trist. 
4, 4, 63. Starb der König, jo begruben fie mit 
ihm alle, die u. am liebjten waren. Strab. 7, 308 ff. 

Taurica dea j. Artemis, 

Taurfi ludi, tauriihe Spiele, in Rom von 
Tarquinius Superbus aus Anlaf einer Seuche 
den unterirdijchen Göttern eingelegt und bisweilen 
wiederholt. Sie waren ein Sühnfeit zur Be: 
Ihwichtigung des Zornes der Unterirdijchen, ähn: 
lih den tarentinijchen oder terentiniichen Spielen. 
Angerufen wurden bejonders Dis und Projerpina, 
auch Juno und Jupiter, jpäter auch der Seuchen: 
abwender Apollo nebit Diana Lucina. Das Opfer 
wurde bei Nacht auf ten Flaminiſchen Wiejen vor 
dem Garmentalijchen Thore gefeiert. 

Taurini, Taveıvod, Taveivor, liguriiche Bölter: 
ſchaft am oberen Laufe des Padus mit der Haupt: 
ftadt AUuguſta Taurinorum (j. Turin). In 
ihrem Gebiete lagen die Taurini Saltus, über die 
der Zug der Gallier und jpäter des —— 
—* Italien ging. Liv. 21, 38. Pol. 3, 6. Strab. 

‚204. 209. hist. 2, 66. 

"Ta avgıosvn. Tavow, Tavgorölog, Beinamen 
der taurifchen Artemis, j. Artemis, 

Tavgiozoı, d. h. Bergbewohner, Bolf in No: 
ricum bis Bannonien hin. Strab. 4, 206 ff. 7, 296. 

Tauriskos, Tavgionog, aus Tralles in ftarien, 
verfertigte mit feinem Bruder Wpollonios als 
Bildhauer die Gruppe des farneſiſchen Stiers (j. 
Amphion) und zeichnete fich auch jonft im feiner 
Kunft aus. Plin. 36, 5 3. A. 

Taurobolia j. Rhea. 

Tauromenion, n avgousrıor, bei den Römern 
Taurominium, Taormina, eine bedeutende 
Stadt an ber frfüfte Siciliens. Anfangs 396 
v. E. von Situlern angelegt am Berge Tauros 
(daher der Name), wuchs jie durd) Aufnahme der 
aus ihrer am Fuße des Berges gelegenen Stadt 
vertriebenen Narier, die Andromachos, der Bater 
des Geſchichtſchreibers Timaios, 358 dorthin führte. 
Durch den Sflavenfrieg und den octavianijchen 


Krieg gegen ©. Bompejus litt Tauromenion, das 


Tauros — 


zu Ciceros Zeiten eine civitas foederata war 
(Cie. Verr. 5, 22), und ſank zu einer Mittelftadt 
herab. Merfwürdig ift das heut. Taormina durd) 
das großartige, jaft noch ganz erhaltene, zum Teil 
in Felſen gehauene Theater, das 30—40 000 Men: 
ſchen faſſen konnte. 

‚Tauros, ö Teögos, 1) ſemitiſch Tür (d. h. Ge: 
birge), im allgemeinen das Gebirge der kleinaſia— 





tiſchen Halbinjel, das beim heiligen Borgebirge 
oder Ehelidonion (j. Ehelidonia) in Lyfien be: 
gann und, anfangs ungeteilt, nördlich zwiſchen 
Lyfien und Bamphylien, dann öftlicher durch Piſi— 
dien und Iſaurien bis zur Grenze Lylkaoniens 
und Kilikiens hinlief, wo es ſich in 2 Teile ſpal— 
tete, a) den nördlichen Antitauros, der durd 
Kappadokien öftlicdh von dem Argaios, dann durch 
Armenien als Kapotes hinftreicht zum Kaulaſos, 
mit dem er durch die Moschiſchen Berge in 
Verbindung ftand; b) den ſüdlichen Teil. Diejer, 
noch Tauros genannt, bildet in Kilikien die Kili- 
kiſchen Pforten und jendet den Amanos als 
ſüdlichen Zweig aus, zieht durch Melitene und, 
vom Euphrat durchſchnitten, nad Armenien, wo 
wieder der Maſios ein jüdlicher Zweig ift. Bei 
dem See Arjeja (j. Wanſee) hört der Name T. 
auf. Der bis auf feine Gipfel bewaldete Tauros 
heißt heute, neben bem alten Namen, noch Kurun 
oder Ala Dagh. Strab. 11, 520 ff. — 2)j.Stern- 
bilder, 8. 

Taxila, Tadıea, indisch Takichafila, die bedeu- | 
tende Hauptſtadt des Fürften Te&äng, in der Mitte | 
zwiichen Indos und Hydaſpes gelegen; Ruinen 
bei dem h. Schahdheri. Arr. 5, 3, 6. 7,2, 2. 

Taygete j. Pleiaden. 

Taygöton, -08, Taöyerov, Gebirge Lakoniens, 
j. Lakonika, 2. 

Teänum Apülum, Tiavov, Stadt der Yand- 
ſchaft Daunia in Apulien am Frento; j. Ruinen 





Eivita di Ehiruti. Cie. Cluent. 9. Strab. 6, 286. 

Teänum Sidieinum, Tfavov Zidinnwor oder 
Zuödınivor, bedeutende Stadt Gampaniens und 
Hauptjtadt der Sidiciner, am nördlichen Abhange 
des Maſſicus, 30 Millien von Bajä; j. Teano. 
Pol. 3, 91. Strab. 5, 237. 248. Liv. 22, 37. Tac. 
ann. 3, 17. 

Teäte ſ. Marrueini. 

Teetum. Die römifchen Dächer waren teils 
flach (mit feftem Paviment, wo Solarien angelegt 
wurden), teils abjchüjlig, wie bei und. Man dedte 
fie mit Schiefer, Ziegeln (tegula, Blattziegel, 
imbrex, Hohlziegel) und Metallplatten; die Ar- 
men brauchten Schindeln. 

Tegöa, Teyea, 1) j. Tegeatis. — 2) Stadt 
in der Provinz Africa. Cnes. b. Afr. 78. 

Tegeätis, Seysarıg, die jüdöftliche Landichaft 
Arkadiens, die heutige Hochebene von ZTripolika 
und das diejelbe im S. begrenzende Bergland, 
das Duellgebiet des Alpheios; auferdem iſt der 
Fluß Gareates zu merfen. Nach Argos führte | 
der Trochospaß über das Gebirge. Diejes Gebiet 
entbehrte in ältefter Zeit eines ftädtiichen Mittel: 
punftes und zerfiel in 9 Gaue (Gareatai, Phyla— 
feis u. a), die nur durch den Kult der Athene 
Alea in einem gemeinfamen Heiligtum zujammen 
gehalten wurden. Erſt die hartnädigen Kämpfe 
gegen die Spartaner, denen um 600 dv. C. ver 
jüdlichfte Teil des Gebietes abgetreten werden 
mußte, gaben Beranlafjung zur Gründung einer 





‚die Augen iprengte. 


1183 


gemeinjamen Stadt, Teyda (die jchügende) ge: 
nannt. Dieje (geringe R. bei den Dörfern Ibra— 
him Effendi, Achuria und Biali) war fejt und hatte 
eine Alropolis; berühmt war bejonders der um 
390 dv. E. durch Stopas von Paros neu erbaute 
Tempel der Athene Alea mit der bei Plataiai 
erbeuteten Krippe des Mardonios, der größte und 
ihönfte im ganzen Peloponnes; außerdem die 
Tempel der Athene PBoliad und der Aphrodite. 
Auf dem Wege nach Argos lag ein Heiligtum des 
Pan, da wo dem athenijchen Herold Pheidippides 
(1. d.), als er die Nachricht von der Landung der 
Berjer bei Marathon nad) Sparta überbradjte, der 
Gott erjchienen war. Hat. 6, 105. — Die Tegeaten, 
Erfinder der Kunft, eijerne Waffen zu jchmieden, 
waren jehr mannhaft und infolge deſſen mit den 
Spartanern oft in Streit, Bei Thermopplai foch— 
ten ihrer 500 (Hdt. 7, 202), bei Plataiai 3000, 
darunter 1500 Hopliten (Hdt. 9, 26. 28. 61. Plut. 
Arist. 12. 19), von denen nur 16 übrig blieben, 
Sie erbeuteten das Zelt des Mardonios, . Hit. 
9, 70. Später unterlagen fie den Spartanern 


Teiresias, 


ı mehrmals, doch blieb der Tempel der Athene Alena 


ein Zufluchtsort für flüchtige Spartaner. Hdt.6, 72. 
9, 37. Xen. Hell. 3, ö, 25. m peloponnefiichen 
Kriege hielten fie dagegen aus Haß gegen Man- 
tineia (Z’huc. 4, 184) fejt an den Spartanern und 
nahmen an dem Auge gegen Argos teil. Thuc. 
5, 57. Auch im korinthiichen Kriege (394) blieben 
jie auf jpartanifcher Seite (Xen. Hell. 4, 2, 13); 
nach der leuktriſchen Schlacht aber brachen Spal— 
tungen aus, infolge deren nad manchen Kämpfen 


‚die Tegeaten ſich den Thebanern anſchloſſen, mit 


denen jie bei Mantineia 362 lämpften. Später 
ift T. nicht mehr von der früheren Bedeutung, 
doc blieb es ein wichtiger Waffenplak und Bunft 
des Durchzugs. Bol. Curtius, Peloponnejos I 
©. 250 fi. 

Tegüla j. Tectum. 

Tegyra, Teyvoa, Teyöoca, Heine Stadt in 
Boiotien, nörblih vom SKopaisjee und in der 
Nähe von Wipledon, mit einem Wpollontempel 
und Drafel. Hier erfocht 375 v. E. Pelopidas 


mit dem fegög Aoyog der 300 einen erfolgreichen 


Sieg über die an Macht überlegenen Spartaner. 
Plut. Vel. 10f. 

Teichion, Tei/gıor, Stadt Aitoliens im Thale 
des Hylaithosfl., vielleicht die Ruinen von Lyko— 
fhori. Thuc. 3, 96. 

Teichiüs j. Thermopylai. 

Teıgoroıös, Name eines Beamten in Athen, 
der für Erhaltung und Ausbejlerung der Stadt: 
mauern zu jorgen hatte. Demosth. 18, 55. 

Teiresias, Teıpsciag (reigee, Himmelszeichen), 
der der Didipusfage angehörige berühmte Seher 
in Theben, Sohn des Eueres und der Ghariflo, 
aus dem Beichlechte des Sparten lldaios. Hom. 
Od. 10, 492 ff. Er war blind jeit jeinem jiebenten 
Jahr, weil er den Menjchen den Willen der Götter 
geoffenbart habe; oder Athene blendete ihn, weil 
er jie im Bade gejehen, indem jie ihm Wafler in 
Chariflo bat die Göttin, 
ihm das Geſicht wiederzugeben; da fie dies aber 
nicht vermochte, verlieh jie ihm die Gabe, die 
Stimmen der Vögel zu verjtehen, und gab ihm 
einen Stab, der ihn ficher führte. Oder Hera 
blendete ihn, und Zeus gab ihm die Weisjagung 
und ein Leben von 7 oder 9 Menjchenaltern (Op. 


1184 


met. 3, 320 ff.), jo daß er von den Zeiten des 
Kadmos, des Gründers von Theben, bis zur Ber: 
jtörung der Stadt durch die Epigonen lebte, Er 
weisjagte bejonders zur Zeit des Didipus und 
der beiden thebanischen Kriege. Bon den fieg: 
reichen Epigonen wurden er und feine Tochter, 
Manto (oder Daphne) nebjt andern Gefangenen 
dem delphiſchen Apollon geweiht; Teirefias aber 
ftarb unterwegs an der Duelle Tilphofia im Ge: 
biet von Haliartos, wo man noch zu Pauſanias' 
Beit jein Grab zeigte, während er in Theben ein 
Kenotaphion hatte. Paus. 9, 18, 4. 33, 1. Manto 
wurde auf Geheiß des Apollon nach Kolophon in 
Kleinafien geführt, wo fie das Drafel des klariſchen 
Apollon gründete und ſich mit dem Kreter Rhakios 
vermählte, dem fie den Sohn Mopſos gebar. Tei: 
refiad trägt in der Unterwelt noch den goldenen 
Stab und hat allein von allen Schatten mod ını= | 
geſchwächte Belinnung und Berftand. Zu ihm 
jendet Kirle den Odyſſeus, daß er ihn über die 
Heimfehr befrage. Hom. Od. 10, 492. 11, 90 ff. 
Der Grund diejer Muszeichnung vor allen Toten 
lag wohl in dem Umſtand, daß Teirefiad Drafel- 
ftätten hatte, wo er auch im Tode noch den Men 
chen mweisjagte. In Boiotien (wahrſcheinlich an 
der Duelle Tilphoffa) hatte er ein Drafel, das | 
nad) einer Peſt in Orchomenos verftummt fein joll. | 
Die Thebaner zeigten noch jpät den Ort (olwrooxo- 
zıov), an dem er die Vögel beobachtet habe (‚Soph. 
Ant. 999), und - einen Stein, Mavroös dipeos, 
auf dem Manto weisjagend gejeflen haben jollte. 

Teisias ſ. Tisias, 

Tekmessa ſ. Aias, 2. 

Tektämos, T'exzanos, auch Tfxrapos, Sohn 
des Doros, Enkel des Hellen, folonifierte von Thej- 
jalien aus mit Dorern, Miolern und Belafgern 
Kreta und wurde dafelbft König. Mit der Tochter 
des Kretheus (Kre3?) zeugte er den Aſterios oder 
Afterion, der die Europa (f. d.) heiratete. Diejer 
uralte Dorierzug aus Thefjalien nad Kreta ver: 
ſtößt gegen alle hiſtoriſche Wahrjcheinlichfeit umd 
ift eine Erfindung jpäterer Mythographen. Diod. 
Sie, 4, 60. 

Tektosäges j. Volcae, 

Tela, 1) ſoros, der Webftuhl und der Aufzug; 
textum und textile (Upaou«) heift dag Gewebe, 
textrina (lor&rv, iorovoysior) die Weberftube, wo 
die textores und textrices (bpdvraı und dpdr- 
tere) das Schiffchen (radius, »zoxis) hin und 
her werfen. Die antifen Stühle find den unjern 
jehr ähnlih, und stamen (orrjuw»), subtemen 
(xg0x%7j), pecten, arundo, trama, licia (wirog) 
u. ſ. w. find ganz analog; jedoch waren die älte— 
ften und bei den Römern gemwöhnlichften Web: 
ftühle aufrechtftehende (lorol öp®to:, telae pendu- 
lae, stantes), wie fie noch jegt in der Manufaktur 
der Gobelins und in Indien zum Teppichweben 
gebraucht werden. Der Weber arbeitete aljo nicht 
im Sigen, jondern im Stehen. Man webte aus 
Wolle, Seide (f. Bombyx), Baumwolle (ſ. Bys- 
s08) und Flachs, ſowohl einfarbig als buntfarbig. | 
Auch Goldwirkerei fommt vor; ebenjo drudte man 
die Stoffe oder ftidte kunftvoll hinein. Vgl. Blüm- 
ner, Technologie und Terminologie I ©. 120 ff. — 
2) j. Waffen, 10. 

Telämon, Trelausr, 1) j. Aiakos. — 2) wid): 
tiger Hafen Etrurtens, der Sage nach von den 
Nrgonauten gegründet; jegt Talamone. Pol. 2, 27. 


Teisıas — 





Lulien gebradht haben. 


Telephos. 


Telchines, Teigives, ein muthijches, hierati- 
ſches Urgeichleht auf Rhodos (Teizıris), wo fie 
den Dienft des Apollon Teix/vıos und der Hera 
Telgıvia gründeten. Bon FHobos aus jollen fie 
den Dienft der Athene T’elzırda nadı Teumefjos 
in Boiotien und den des Infiichen Apollon nad 
Sie galten als die erften 
Metallarbeiter, weshalb fie mit den Kyklopen und 
idaiiichen Daltylen zujammengeftellt und verwech— 
jelt worden find. Außerdem jollen fie noch andere 
fünfte und heilſame Einrichtungen erfunden haben, 
wurden aber auch zugleich ald Zauberer angejehen 
(Schmelzer, TeAyives, Zauberer, Oelyives), bie 
ihre magiſchen Künfte jowohl zum Nuten ald zum 
Schaden der Menichen und der Götter gebrauch: 
ten. Als den Göttern feindlich gefinnte Weien 
wurden fie von Apollon getötet, oder Zeus ver: 
tilgte fie durch eine Waflerflut. Diod. Sic. 5, 55 f. 
Ov. met. 7, 365. In Silyon erjcheinen Telchinen 
als Priefter, die das grauenvolle Opfer des (Apis-) 
ee des vierten Dionyjos, vollziehen; außer: 
dem jollen Teldinen in Kreta und Kypros ge: 
weſen jein. 

Teiln, Tıuriuare, j. doin, 6. 

Teleböae j. Taphos, 

Tn)zyovia, Name eines Gedichtes des kykli— 
ſchen Dichters Engammon, ſ. Epos, 4. 

Telegönos, 1) ſ. Odysseus. — 2) f. Pro- 
teus, 

Telekleides, Tnisnleiöns, ein Dichter der 
alten attiichen Komödie, Gegner des Perikles, 
dagegen Freund des Nikias. Er joll nur 6 Stüde 
geichrieben haben; von 5 jind wenige Bruchftüde 
erhalten (gejammelt von Meinele, com. Graec. 
fragm. Il p. 86ff. Kod, com. Att. fragm. I 
p. 209 ff.). 

Telemächos j. Odysseus. 

Telömos, Tyjlsuos, 1) Sohn des Eurymos, 
Wahrjager bei den Syflopen. Hom. Od. 9, 509. 
Theoer. 6, 23. Or. met. 13, 770 ff. — 2) Sohn des 
Proteus, Weisjager, neben dem vorigen genannt. 
Hygin. fab. 128. 

Teleontes ſ. Bvinj, 2. 

Telephänes, T’nlszpdvngs, 1) aus Sifyon, einer 
der älteften Meifter in der Yinearzeichnung {Plin. 


135, 3, 5), {. Maler, 1. — 2) Erzgießer aus ®hotis 


oder Pholaia, nach Plinius (34, 63) würdig den 
erften Meiftern an die Seite gejeßt zu werben, 
aber, weil er in Theflalien wohnte oder weil er 
fi dazu bergab, für die Perjertönige Kerres und 
Dareios zu arbeiten, faft ganz unbefannt geblie: 
ben. Körperliche Vollendung und Naturwahrbeit 
ſcheinen jein Hauptverbienft gemwejen zu jein. — 
3) Flötenbläjer aus Samos zur Zeit der Königin 
Kleopatra von ÄAgypten. Paus. 1, 44, 9. 

Telephassa j. Kadmos. 

Tel&phos, Trjlspos, ein Arfadier, Sohn des 
Herafles und der Auge, der Tochter des Königs 
Aleos von Tegen, die das Sind auf dem 
Gebirge Parthenion ausjeßte und nach Myſien 
zum König Teuthras floh. Telephos wurde von 
einer Hindin genährt und jo von Hirten des 
Königs Korythos gefunden, der ihn erzog. Er: 
wachſen fragte er zu Delphoi nad feiner Mutter 
und erhielt die Weifung, zu Teuthras zu gehen. 
Dort fand er die Mutter, ward gaftlich auf: 
genommen, heiratete des Teuthras Tochter Argiope 
und warb deſſen Nachfolger in der Serricait. 


Telesina — Tempe. 


Als die Griechen auf ihrem Auge nach Troja in 
Myſien einfielen, wurden fie von Telephos zurüd- 
geichlagen; Dionyjos aber lich ihn über eine Wein: 
ranfe fallen (Aıovvoog Epairig), und er ward 
von dem Speer des Achilleus verwundet. Die 
Griechen erfahren nun jeine Stammpverwandtichaft 
und fordern ihm auf, mit gegen Troja zu ziehen, 
was er beriveigert, da er eine Tochter des Priamos, 
Aftioche, zur Gemahlin habe. Als die Griechen ſich 
wieder einichiffen, werden fie durch einen Sturm 





zerftreut und in die Heimat zurüdverichlagen. Da 
die Wunde des Telephos nıcht heilen will, und 
das Orakel erklärt, nur wer die Wunde geichlagen, 
fünne fie heilen, jo geht er in Bettlergejtalt zu 
Agamemnon nah Wylenai, raubt den Drejtes auf 
Klytaimneſtras Nat aus der Wiege und zwingt 
durch die Drohung, das Kind zu töten, den Aga— 
memnon zum Berfprechen, ihm zu helfen, Die 
Griechen hatten den Spruch erhalten, nur unter 
Zelephos’ Führung würden fie nach Ilion gelan- 
gen; deswegen heilt Achilleus die Wunde mit dem | 
Roſt oder den Spänen des Speeres, mit dem er, 
den T. verwundet, und dieſer gibt ihnen nun 
feinen Rat über den Weg. Hyg.rab.101. Euri: 
pides dichtete einen Telephos. In Pergamon, deſſen 
Könige ihn als ihren Ahnherrn betrachteten, und 
auf dem Barthenion in Arkadien ward Telephos 
als Heros verehrt. Paus. 5, 18, 3. 8, 54, 6. 

Telesia, Teisoi«, Stadt in Samnium zwi: 
ichen Beneventum und Allifä, im zweiten puntichen 
Kriege von den Römern erobert (Liv. 22, 18), 
jpäter römische Kolonie; j. Teleſe. Sie war bie 
Baterjtadt des Sammitenführers Bontius im Bun— 
desgenoſſenkriege. 

elesilla, Teizadda, lyriſche Dichterin aus 
Argos, um 510 v. E., joll an der Spihe der ar: 
giviichen Frauen den Einfall des lakedaimoniſchen 
Königs Kleomenes abgewehrt haben, wofür fie mit 
einem Standbilde geehrt wurde. Man erzählte, 
fie habe gleich Tyrtaios die Argiver durch ihre 
Ntriegslieder zur Tapferkeit entflammt. Bon ihren 
Gedichten (Hymnen) ift faft nichts erhalten. Vgl. 
die Abhandlung von Neue (1843) und Bergt, 
poet. Iyr. Graee. Ill p. 380 f. ber 4. Aufl. 

Telesphöros j. Asklepios. 

Telestes, Treiforns, 1) ein Kreter, Vater der 
Janthe. Op. met. 9, 717. — 2) der lebte König | 
von Korinth, der fünfte nach Balchis, Sohn des | 
Nriftodemos (Nriftomedes, Diod. Sie. 7, 7), regierte 
12 Jahre, ungefähr 758 — 747 v. E., und ftarb 
eines gewaltfamen Todes. Paus.2,4,4. — 3) be: | 
rühmter Dithyrambendichter aus Selinüs, |. Di- | 
thyrambos. — 4) ein Zänger, welder in des 
Aiſchylos Sieben gegen u in den fommati- 
ichen Liedern durch mimilchen Tanz die geichil: 
derten Kriegsjcenen darftellte. Athen. 1, 24 A. 

Teierai j. Lustratio und Mysteria. 

Teleutas, Telsvrag, Phryger, bei Sophofles | 
(Ai. 210) Bater der Tefmefla (j. Aias), der bei | 
andern Zeuthras heißt. | 

Teleutias, Teirvriaes, Bruder des Spartaner: 
königs Ageſilaos und tüchtiger Feldherr, befehligte 
392—90 v. C. die jpartaniichen Schiffe im Korin: 
thiſchen Meerbujen und unterftüßte die Unterneh: 
mungen bes Agejilaos. Xen. Hell.4,4,19.8,11.23ff. 
Plut. Ages.21. Später war er ald Nauarch thätig 
auf Rhodos und Nigina, two er, nachdem Gorgopas 
von Chabrias getötet war, wieder den Oberbefehl 

Realleziton des Mafi. Altertums. 7. Aufl. 








1185 


übernahm und den Athenern durch einen fühnen, 


wenn auch erfolglojen Angriff auf den Peirnieus . 
bedeutenden Schaden zufügte. Xen. Hell. 5, 1, 2ff. 
13.19. Im 3. 382 erhielt er den Oberbefehl 
egen Dlynthos, errang aud einen glänzenden 
Steg, wurde aber im folgenden Jahre, als er ſich 
unbejonnen in eine Schlacht einlieh, getötet, fein 
Heer faft gänzlich vernichtet. Xen. Hell. 5, 2,37 ff. 
Died. Sie. 15, 21. 

Tellos, TriAog, der befaunte Athener, ben 
Pa glücklich pries. Fldt. 1, 30. 

ellämo . 

Tellus | \. Gaia, 

Telmessos oder Telmissos, Telunoaög, T'rl- 
wocög, 4) blühende Stadt im nordweftlichen Ly— 
fien am Vorgebirge Telmijfis und an einem nad) 
ihr benannten Meerbujen, berühmt durd ihre Weis 
jager; j. Mafri. Juv. 37, 16. 56. Strab. 14, 665. 

dt. 1,84. Arr. 1,25, 8. Cie. dir. 1,41. — 
2) Stadt in Karien, unweit von Halikarnaſſos. 
— 3) — Tegunooög (j. d.). 

Teiorveı, ſ. Staatshaushalt, I, 7 und 8. 

Telos, TijAog, j. Tilos oder Epijfopi, feine 
Sporadeninjel im Sarpathiichen Meere, Knidos 
gegenüber, berühmt durd) ihre Salben. dt. 7, 1563. 
Strab. 10, 488. 

Temenitis, Teusririg, Thor von Syrafus im 
©. der Stabt, genannt von einem Hain in der 
Nähe. Liv. 25, 9. 

emönos, Tnusros, ältefter Sohn des Ariſto— 
machos, Herallide, Vater des Keiſos, Phalies, 
Agraios und der Hyrnetho. Bei dem Einfall der 


Dorier in den Peloponnes ward ihm Argos zu 


teil, wo jeine Nachfommen, die Temeniden, die 
Herrichaft behielten; diejelben galten auch für die 
mythiſchen Gründer des maledoniſchen Reiches. 
Hadt. 8, 1375. Thuec. 2, 99. Das Grabmal des 
Temenos war zu Temenion unweit Yerna. Bal. 
Herakles, 16. 

Temösa, Teudon, Teurse, oder Tempsa, 
Treue, Stadt im Lande der Bruttier, am Sinus 
Terinaeus gelegen, eine der älteften auſoniſchen 
Städte im fjüdlihen Stalien, von den Römern 
tolonifiert. Liv. 34, 45. Die Umgegend lieferte 
quten Wein. Ruinen bei Torre di Lupo. Strab, 
6, 251. 255 |. Cie. Verr. 5, 16. Bgl. auch Ta- 
masos wegen Hom. Od. 1, 184. 

Tiuvov 6005. Gebirge Myſiens nad) Lydien 
zu, enthielt die Onellen des Mafeftos, Myſios, 
Kailos und Hyllos; j. Demirdſchi-Dagh. Strab, 
13, 616, 

Temnos, Tijuros, Stadt auf der aiolijchen 
Küſte Kleinaſiens am öftlidhen Ufer des Hermos 
(unweit der Mündung), beimgefucht durch Erd— 
beben unter Tiberins. Tac. ann. 2, 47. Bgl. 
Hadt. 1, 149. Xen. Hell. 4, 8,5. Strab. 13, 621 
Zu Blinius’ Zeit war fie fchon verjchwunden. 

Tempanius, Sertus, wendete 423 v. C. in 
einer Schlacht mit den Boljfern als Reiterhaupt- 
mann das Kriegsglück zu Gunften der Römer und 
verteidigte ald Volkstribun (422) den gemejenen 
Konjul Sempronius wegen feiner Anführung in 
der Schlacht gegen die Anklage eined Tribunen 
mit großem Edelmute. Ziv. 4, 38 fi. 

Tempe, r« Tiurn, eine 1'/, Stunden lange, 
gegen NO, ſich ziehende tiefe, enge Schlucht, die, 
durch die hohen, fteil anfteigenden, vor: und aus 
rüdipringenden Felſen des Olhmpos und Oſſa in 


75 





1186 


Thefjalien gebildet, mit Ausnahme eines jchmalen 
Saumes zur Seite in ganzer Breite vom Beneios 
eingenommen wird und nur an den beiden Enden 
in die etwas erweiterte Form eines Thales über: 
geht. In jeltener Weije vereinigt dieſe Schlucht 
den Charakter der Anmut und Lieblichkeit eines 
Flußthales mit dem der Wildheit und Grofartig- 
feit einer tiefen und engen Schlucht. Die rötliche 
Farbe der fat ſenkrecht auffteigenden, mannigfach 


zerflüfteten Felſen bildet mit dem Grün der ver: | j 


ichiedenartigen Kräuter, Gefträuche und Bäume, 
die fie bededen, den jchönften Gegenſatz. Während 
die Abhänge des Olympos faft durchgehends jchroff 
gegen den Fluß abfallen, zieht jih am rechten 
Ufer meift ein ſchmaler Strich fruchtbaren Landes 
zwiichen dem Fluß und den Abhängen des Oſſa 
hin, an einigen Stellen erweitert zu Heinen Ebenen 
voll üppigen Grüns und bejchattet von Platanen, 


Tempestas — Templum. 


das theflafiiche Tempe (1835). — Auch andere 
großartig reizende Thäler nannte man Tempe, 
3 B. Heloria Tempe (Oo. fast. 4, 487) am Se: 
oros auf Sicilien, und das vom Belimus durch— 
flofjene Thal bei Reate im Sabinerlande. Cie. ad 
Att. 4, 15. 

Tempestas j. Winde. 

Templum (verwandt mit rfunsır, reuerog) 
heißt jeder abgejchnittene, abgegrenzte Raum, be: 
onders A) der von dem Augur mit dem lituns 
am Himmel und auf der Erde abgegrenzte Raum 
für die Beobachtung des Bogelfluges, ſowie auch 
der engere gemweihte Raum, in dem er bei An: 
ftellung der Aufpicien jaß. Hierbei blidte er ent: 
weder nad Süden, jo daß er den Südoften zur 
Linken, den Südweſten zur Rechten hatte, oder 
nah Dften, jo daß zu Finer Zinfen der Nord: 
often, zur Rechten der Sübdoften lag. Zeichen von 


Eichen und Lorbeerbäumen. Der Fluß fließt in! der linken Seite her galten als glüdliche, die von 


ruhigem Laufe, bald breiter, bald durd; den Felſen | rechts her als unglüdliche. l. 


au 1m 








— F Stadien 





Bat von Tempe. 


eingeengt, dahin, an den engiten Stellen des 
rechten Ufers zeigen fich noch die gehauenen Ge: 
leije der Fahrſtraße. Dort findet ſich in der Fels— 
wand des Dffa ein enger Spalt, der einen, frei: 
lich äußerſt jchtwierigen Geitenzugang ins Thal 
gewährt und durch ein Saftell verteidigt wurde 
(vgl. Liv. 44, 6). Eine Bierteljtunde weiter öftlich 
ift an der geglätteten Feldwand über der Strafe 
die Inſchrift eingehauen: L. Cassius Longinus 
Procos. Tempe muniuit (vgl. Caes. b. c. 3, 34). 
An einer der breiteren Stellen ftand im Altertum 
ein hochheiliger Altar des Apollon. Das Thal 
joll erſt durch eine Erderichütterung entſtanden 
fein, während vordem der ganze Bergleſſel Theſſa— 
liens mit Waſſer bededt geweſen. Strab. 9, 430. 
Daher meinte auch Xerxes, die Thefjalier hätten 
jehr wohl daran gethan, ſich gleich zu unterwerfen, 
denn er brauche ja nur den Peneios zu verdäm— 
men, jo jeien fie verloren. Hdt. 7, 129. Der 
jepige Name ift Paß von Lyfoftomo. Vgl. Kriegt, 






Nifien, das 
Templum (1869). — B) heißt jo jeder einem 
Gott geweihte, von dem übrigen profanen 
Raume abgegrenzte Bezirf, ein Tempel- 
bezirt, und dann der Tempel, das 
Gotteshaus jelbit, vaös, aedes. Der 
Zweck und Urfprung des Tempeld war, 
einem Kultusbild jchügendes Obdah zu 
geben. Man kann als Regel annehmen, 
daß es nicht leicht ein Kultusbild ohne 
Tempel oder jonftiges Obdach, wie anderer: 
jeit nicht leicht eimen Tempel ohne Bild 
gab. Wie übrigens das Bild keineswegs 
als leibhaftig gegenmwärtiger Gott galt, 
fo wurde auch der Tempel nicht als blei- 
bender Aufenthalt und Wohnung des 
Gottes angejehen, obgleich der Gott den 
Ort, wo ihm Verehrung und Opfer zu 
teil wurden, liebte und gern bejuchte. 
Bei Homer wird nur ein einziges Götter: 
bild ausdrüdlich erwähnt (A. 6, 92. 303); 
Tempel dagegen werden mehrfach von 
ihm namhaft gemacht (21. 2, 549. 6, 88. 
9, 406. 5, 446. 1, 39. 8, 203. Od. 8, 80), 
und aus Od. 6, 10 kann man jchliehen, 
daß in jeder Stabt ein oder mehrere 
Tempel fich befanden. Die Tempel diejer 
alten Zeit waren gewiß noch jehr einfach 
und ohne e dehnung; als aber 
in der Folge die Architektur, zu einer freien Kunſt 
erwachſen, fich bejonders dem Bau der Tempel, 
als öffentlicher Gebäude, zumandte, wie die Plaftit 
den Götterbildungen, da wurden die Tempel, zu: 
mal da Religion und Kultus allmählidy zu größerer 
Berfinnlihung fortichritten, nicht nur erweitert, 
verichönert und ausgeihmüdt, jondern auch be: 
deutend vermehrt. — Der Ort, wo ein Tempel 
erbaut wurde, ward durch feierliche Wahl und 
Gründung (Movois, inauguratio, dedicatio, con- 
secratio) geheiligt und dem Gotte zu eigen ge— 
macht, der dem Gotte geweihte Bau aber war 
nicht nur der Ortlichfeit nach entweder ganz von 
dem Kreis bes Alltagslebens abgejondert in irgend 
einem heiligen Bezirf oder wenigſtens burch eine 
Umfaffungsmauer, Fgxos, wegißolos, die nur Einen 
Eingang hatte, von Privathäuſern getrennt, jon- 
bern auch im feiner ganzen Anlage von jedem 
profanen Baumwerfe, namentlich von dem Privat: 
hauſe mit jeinem einfachen flachen Dache unter: 


— 


rw 


Templum. 


ſchieden. Seine Wurzel aber ift das Herrenhaus 
der Vorzeit, aus Borhalle und Saal beftehend, 
mit Säulen gejhmüdt, die fi an der Vorderjeite 
der Borhalle zwijchen den voripringenden Seiten- 
mauern erheben. Als ausichliegliches Haus des 
Gottes befteht er zunächſt nur aus der Gella 
(durchgehend von vierediger Grundform), in der 
das Bötterbild aufgerichtet 
ift. Die einfachfte Form des 
Tempels bieten der Tempel 
auf dem Berge Ocha im 
jüdlichen Euboia (j. Ocha) 
und 3 ähnliche bei Styra 
gefundene Bauwerke. Der 
erfte Fortſchritt nun zu 
einer funftreicheren Form 
beitand in der vom Herren: 
haus der Vorzeit entlehn: 
ten Hinzufügung einer Bor: 
halle. Da diejelbe geöffnet 
war, weil fie das Volk ge: 
wifjermaßen zum Gintritt 
in das Heiligtum des In— 
nern einladen jollte, jo 
mußte fih an ihr auch eine 
aus freien gejonderten Tei— 
len bejtehende Architeltur 
und ein in die Augen 
fallender, bedeutungsreidher 
Schmud entfalten. Man 
gab daher ihrer Schaujeite 
eine freie Säulenſtellung 
und verband damit mannig— 
fache bildnerische Zierden. 
Dann führte man bei allen 
größeren Tempelanlagen, 
um die tote Wand zu be- 
leben, dieje Säulenftellung 
und den mit ihr in Ber: 
bindung ftehenden bildne: 
riſchen Schmud rings um 
dad Tempelhaus rum, 
So geftaltete N das Aufere des griechiichen 
Tempels. Bei der Anordnung diejer Säulen- 
hallen ward ebenſo ſchlicht als naturgemäß ver: 
fahren, wie das Verhältnis zwiſchen den architef: 
tonischen und bildneriichen Teilen Har erwogen 
war. Beide Teile ergänzen fich gegenjeitig. Die 
Architeftur erjcheint als das Gerüft für das Bild» 
werl, und dieſes als die Blüte, die aus ber 
Architektur hervorgegangen ift. Das architeltoniiche 


die über einem gemeinjamen, aus mehreren Stufen 
beitehenden Unterbau aufgerichtet find, und aus 
dem Balfen des Arditravs, der über ihnen ruht 
und durch jeine Form die flache Vededung der 
Halle und ihre Verbindung mit dem eigentlichen 
Tempelhauje andentet. Über dem Architrav er: 
hebt ſich aber nicht unmittelbar das frönende Ge: 
jims, jondern hier ift zunächft ein Raum für den 
bildneriihen Schmud angeordnet. Dies ift der 
Fries, der zur bejtimmten Bezeichnung feiner Be- 
deutung Zwpögos, Bilderträger, beißt. ber 
dem Bildwerfe des Frieſes ruht dann das Kranz. 
geſims, deſſen ———— eine ſtarke vortretende 
Platte, einen feſten Abſchluß bildet. An der Schau—⸗ 


Gerüſt beſteht zunächſt aus der Reihe der Säulen, Tempel, deſſen Vorhalle in ihrer ganzen Breite 


ſeite des Tempels aber und der ihr entſprechenden wird, an dem ſomit die 


1187 


Fi empor, deſſen ®eftalt ein fladyes Dreied 
iſt. 


In ſeiner Fläche iſt das bedeutſamſte Bild« 
werk —— das in dem kräftig vortretenden 
Giebelgeſims feinen Abſchluß findet. — Je nad 3 
der reicheren oder einfacheren Anwendung dieſer 
architektoniſchen Formen werben verſchiedene Bat: 
tungen von Tempeln unterſchieden: 1) der Tempel 














Antentempel. 


in antis, jo genannt, wenn die Anten (mage- 
orcdsg), d. h. die Stirnfeiten der Mauern (hier 
die Seitenmauern der Vorhalle), bis unter den 
Giebel vortreten und gewöhnlich Säulen zwijchen 
ihnen ftehen. Daher der gewöhnliche Ausdrud, 
wie 3. B.: ein Tempel, mit 2 Säulen in antis 
(ſ. die Abbildung). Zeigt der Tempel diejelbe 
Anordnung auch an der Hinterfronte, jo ift es 
ein Doppelantentempel. 2) Prostylos, ein 






Ampbiproitulos. 


durch eine ——— (ein Proſtyl) gebildet 
djäulen vor jenen Anten 


Rüdjeite fteigt über dem SKranzgefims nod) der |ftehen. 3) Amphiprostylos, ein Tempel, der 


75* 


1188 


wie an der Vorderjeite jo auch an der Nüdjeite 
ein ſolches Proftyl hat (j. die Abb. ©. 1187). 
4) Peripteros, ein Tempel, der von allen Sei- 
ten don einer Säulenftellung umgeben ift (vgl. 
unten den Grundriß und die Giebeljeite des The: 
jeustempels, jowie die Abbildung des Parthenon, 
Baukunst, ©. 192). Dabei ijt zugleich zu be: 
merten, dab das Tempelhaus, das von jener 
Säulenftellung umgeben wird, gewöhnlich jchon 
an fich in der Weije einer der 3 vorhergenannten 
Gattungen angelegt ift, daß ſonach die Border: 
und Hinterjeite des Peripteros nicht jelten eine 
doppelte Säulenftellung haben. 5) Pseudope- 
ripteros (faljdher Peripteros), eine jeltene Ab: 
art, wonach das Tempelhaus mit Halbjäulen um: 
geben ericheint, z. B. der Beustempel zu Afragas. 
6) Dipteros, ein Tempel, der mit einer zwei— 
fahen Säulenftellung umgeben ift. 7) Pseudo- 
dipteros, eine gleichfalls jeltene Abart. Der 
Tempel ift zwar nur mit Einer Säulenftellung 
umgeben, aber von demjenigen Abſtande der 











Templum. 


ange umgeben war (jo 3. B. das Bhilippeion in 
Din ia, ‚ Olympia, 2.). — Un größeren Tem: 
peln jind folgende Teile zu unterſcheiden: 1) der 
Grundbau mit den Stufen, suggestus, zonzis, 
xonrldoue, der nicht bloß den Zwed hatte, dem 
Tempel einen feiten Grund zu geben, jondern 
auch ihn zu erhöhen und vor andern Gebäuden aus- 
zuzeichnen. Die Stufen gingen entweder ringsum, 
oder waren nur an der vorderen Seite und immer 
in ungerader Zahl vorhanden, damit der Be: 
ſuchende ſowohl die unterfte als die oberjte mit 
dem rechten Fuße betreten konnte. 2) Die Cella, 
das eigentlihe Tempelhaus, vaog, anxös, Öo- 
uog, cella, bitweilen in demjelben Gebäude mehrere 
nebeneinander, wie bei denen tojcaniichen Stiles, 
oder, wie bei griecdhiichen Tempeln, 2 binterein: 
ander (vadg dimkoüg), gewöhnlich mit entgegen: 
gelesten Eingängen von Hinten und von vorn. 

ie Cella war oben flad mit Holz bededt. Bei 
dem Hypaithrostempel (ſj. "Traıd$#gos) dagegen 
war fie oben zum Teil offen; um aber einen Zeil 
der Cella zu bededen, lief innerhalb derjelben 
ringsum eine Säulenhalle, aus 2 übereinander 
geitellten Säufenreihen bejtehend, jo dab mod) 
































90 engl. Fuun. 


nuch Stwart. Beripteros 





Tempel des Theſeus zu Athen. Giebelſeite und Grundriß 


Säulen von dem Tempelhauſe, der dem Abſtande 
der äußeren Säulenjtellung des Pipteros ent: 
ſpricht. — Auch pflegt man die Tempel nad) der 
Zahl der Säulen an der Vorderfeite, deren Zahl, 
weil ber Eingang in der Mitte liegt, eine gerade 
fein muß, zu bezeichnen, und zwar als tetrastylos, 
vierfäulig; hexastylos, ſechsſäulig; octastylos, 
achtſäulig; dekastylos, zehnſäulig; dodekastylos, 
ri SE Die Zahl der Säulen an der Lang: 
eite der Peripteraltempel ift unbeftimmt. Häufig, 
bei feineswegs als Regel, findet es fi), daß 
dieje Zahl eins mehr als das Doppelte der Zahl 
der Säulen an der Vorderſeite beträgt; im ganzen 
jedoch kann man nur jagen, daß ein ngti 
Verhältnis und eine ungerade Säulenzahl an 
Yangjeite borgezogen wurde. — Neben den Tem: 
peln von länglich vierediger Form gab es auch 
Rundtempel, die 
nopteros, ohne Eella, aus einer einfachen, in 
die Runde geftellten Säulenreihe beftehend, 2) Pe- 
ripteros, mit einer Gella, die mit einem Säulen: 


es parrıvoı). 
er meiſt aus Marmor, rund, vieredig, auch dreiedig, 





eine höhere Galerie entftand. Im Innern der 
Cella war das Hauptjächlichfte die Statue des 
Gottes. Sie ftand auf einem Piedeſtal (Bideor) 
der nach außen ſich Öffnenden Doppelthür gegen: 
über an der hinteren Wand (rd Fdos) in einer 
Niſche (vefonos) und war oft mit einer Bruft: 
wehr oder einem Gitter eingefaßt; auch jchüßte 
man fie wohl durch einen Borhang. Die Statuen 
waren in ältefter Zeit aus Thon und gewöhnlich 
mit roter Farbe angeftrichen, twie der Jupiter im 
capitolinifchen Tempel zu Nom, oder aus Holz, 
ipäter aus Eifen und Erz, die meilten aber aus 
Marmor, auch aus Gold und Elfenbein (zevssis- 
Vor dem Götterbild ftand der Altar, 


iert. Oft ftanden mehrere Altäre, 


mannigfach v 
ildſäulen in Einer Cella; dieſe 


wie mehrere 


in 2 Hauptarten zerfielen: 1) Mo- | waren aber nur für unbfutige Opfer beftimmt (f. 


unter Ara). m’ manchen Tempeln war außer 
der Eella noch ein Advror da, auch ufyaoor 
genannt, das mur von Prieftern zu gewiſſen ei: 


— 


5 


Temj 











»lum. 1189 
' gelegt zu werden, namentlich da, wo größere Feſt— 
lichteiten allgemeinere Berjammlungen herbeiführ: 
ten und daher ber Landeshandel ſich fonzentrierte. 
Die Spartaner hatten vor Lyjander ihr Gold 
und Silber entweder in arfadiichen Tempeln oder 
meiftens in Delphoi. Große Koftbarfeiten (vgl. 
Weihgeschenke) waren in manchen Tempeln 
in der Cella, dem Pofticum und den Hallen, ja 
jelbft im Peribolos aufgehäuft (vgl. Phokis, 2.). 
— An den etrujtiihen Tempeln hatte fich ein 
eigentümlicher Säulenbau entwidelt. Es find feine 
Überrefte von ſolchen Werten auf unjere Zeit ge: 
fommen; wir fennen ihre Anlage und architek— 
tonische Ausbildung nur aus Vitruv (4, 7). Der 
Grundplan eines joldhen Tempels näherte ſich einem 
Duadrat. Er wurde in 2 Hälften geteilt, von 
denen die vordere die frei vortretende Säulen: 
halle, die hintere das eigentliche Heiligtum ent: 
hielt. Das letztere beftand in der Regel aus drei 
Gellen, einer breiteren in der Mitte, 2 fchmäleren 
an den Seiten, oder e3 waren ftatt dieſer ſchmalen 
Seitencellen auch hier Säulenhallen angeordnet. 
Die Säulen ftanden in weiten Entfernungen von: 
einander, dabei hatten fie ein ziemlich ſchlankes 
Verhältnis. Das Gebält war aus Holz gebildet 
und hatte feinen eigentlichen Fries. Statt deſſen 
traten über dem Arditrav die Köpfe der Quer: 
balfen vor und trugen einen weit vorjpringenden 
Sims. Die Giebel hatten eine bedeutende Höhe. 
Einer der wichtigften Tempel diejer Urt war der 
der capitolinischen Gottheiten zu Nom, deffen Bau 
um 600 begonnen, aber erft 509 v. E. vollendet 
wurde. — Bei dem römijchen Tempelbau der 
jpäteren Zeit ward insgemein die Anlage des 
griedhiichen Tempels mit einigen Mobdifilationen 
wiederholt. Einige der erhaltenen Tempel haben 
eine runde Form und find äußerlich mit einem 
dieje Form wiederholenden Beriftyl umgeben (3. B. 
der Tempel der Veſta zu Tivoli). Einige Tempel 
aben durch die Anwendung des Gemwölbes für die 
berdedung des Innern ein eigentümliches Ge— 
präge gewonnen. Hier erjcheint teils das Ktuppel:;, 
teils das Tonnengewölbe. Die wicdhtigften An: 
lagen der Art find das Pantheon in Rom (if. 
Roma, 18.) und der Tempel der Venus und 
Roma in Rom. Nod; andere formen gemwölbter 
Tempel erjcheinen in den legten Zeiten der römi— 
ichen Baufunft. — Über die einzelnen Teile 
der Tempel ift noch folgendes zu bemerfen. Die 
Außenſeiten der Cella waren ganz einfad und 
hatten wenig Verzierungen. Die Mauer blieb 
glatt, nur unten erhielt fie ein Fußgeſims, oben 
aber wurde fie mit einem &ebälfe verjehen. Einige 
Tempel (3. B. der Parthenon) hatten noch eine 
bejondere Zierde durch erhabene Bildhauerarbeit, 
die an einem herumlaufenden Frieſe angebracht 
war. Die Mauern innerhalb der Eella wurden 
mit Gemälden gejchmücdt, die auf die Thaten der 
Götter und Heroen, denen der Tempel gehörte, 
Bezug hatten. Nicht leicht blieb ein großer und 
berühmter Tempel ohne jolde Wandgemälde. Die 
Deden der Tempel waren meift gerade und aus 


| Holz; Cedernholz wurde wegen jeiner Danerhaftig: 


feit bejonders gern dazu genommen. Der Fuß 





ten betreten werden durfte, öfters auch unter: 
eine Duelle oder ein Behältnis für das vom Dad) 
ablaufende Wafler. 3) Das Vorhaus, Bor: 
vor der Cella angelegte Halle. Frons galt indes 
hauptſächlich von der vorderen Anficht, weoraog 
önıohödouog, posticum, der hintere Teil des 
Tempel?, wenn dort ebenjo wie vorn ein Ein: 
reihen Tempeln N der eigentlichen Eella vr] 
ein bejonderes Behältnis für die Tempelichäpe 
Lage am hinteren -Teile des Tempels auch den 
Namen ömisdödonog. 5) Der Säulenumgang, 
inbegreifend. Der Schmud der PBorticus beftand | 
bejonders in erhabener Bildhanerarbeit an den 
bau und Säulenumgang, war durch ein auf höl— 
zernem Dachftuhl ruhendes Ziegeldah (ögopog) 
dem Gebälke der Säulen 6) der Giebel, derög, | 
cirone, fastigium, wegen jeiner dreiedigen Form 
mit einem Adler mit ausgebreiteten Flügeln ver: 
glihen. Die innere Giebelflähe hieß rvuraror. 
Statuen, Bajen und Bieraten von Blättern ge: 
jegt (drewrrjgre). Das Giebelfeld war in älterer 
turen geſchmückt, die entweder auf den Gott jelbft 
oder auf die Nation oder die Stadt Bezug hatten. 
topen u. j. w. j. Columna. 7) Angebaute 
Säulenhallen, mooordssıs, nur in bejonderen 
zu Athen (ſ. Erechtheion). — Auf eine eigen: 
tümliche Weiſe geftaltet fich das Innere des grie- 
tempeln (Ü. "Traı$oos). Hier wird die Cella 
zu einem unbededten Raume, der wieder in der 
Säulenreihen vor den Wänden, oft mit zweien | 
übereinander, von denen die obere, gewöhnlich 
oder mit vorjpringenden Wandpfeilern, von denen 
mehr oder weniger tiefe Niſchen eingeſchloſſen 
an jolchen Tempeln, bei denen es auf Pracht und 
Yurus abgejehen war. Und auf dieſe mit einem 
Vitruv die Bedeutung des Wortes aedes hypae- | 
thros ein. Allein es ift mehr als wahricheinlich, 
gewiffermaßen Sppäthraltempel waren, da eine 
größere oder Meinere Offnung (Opaion) im Dache 
Öffnung aller Bforten ganz dunfel geblieben wären. 
Zur Regenzeit ſcheint dieſe Offnung mit einem 
blech teilmeife oder völlig verdeckt geweſen zu fein. 
Für den Regen ber übrigen Jahreszeiten war wohl 
lauf des Wafjers gejorgt. Über das Niylrecht der 
Tempel ſ. unter Asylum. Wegen ihrer Unver— 


irdiſch war; und in dieſem befand fich dann wohl 
cella, mooraog, reodouog, frons, anticum, die 
von der Halle ſelbſt. 4 Die Hintercella, 
gang und Säulen angebradit waren. Da bei 
angebracht war, fo erhielt diejer Ort wegen jeiner 
rripwun, zrepörv, alae, porticus, die prostyla 
Frieſen des Säulengebälfes. Das Ganze, Cella— 
überdedt. An beiden Fronten erhob jid über 
trichorium genannt und wegen jeiner Gejtalt 
Auf den Kranz des Giebels wurden bisweilen 
Beit Teer und ohne Berzierung, jpäter mit Skulp— 
Das Nähere über Säulen, Säulenordnung, Me: 
Fällen, wie an dem Tempel der Athene Polias 
chiſchen Tempels bei den jogenannten Hypäthral: 
Weile der äußeren Architeftur behandelt ift: mit 
von einer andern Ordnung, eine Galerie bildete; 
waren. Dieje Anordnung findet ſich gewöhnlich | 
inneren Säulenjuftem verjehenen Gebäude jchränkt 
daß auch die meisten übrigen griechiichen Tempel 
ihnen dasjenige Yicht gab, ohne welches fie troß 
Schutzdach von Teppichen, Brettern oder Metall: 
durch eine Neigung der Bodenfläche für den Ab— 
leglichfeit pflegten auch Gelder in ihnen nieder: 


boden beftand, wenigjtens in der Blütezeit ber 
Kunft, entweder aus Marmorplatten oder aus 
Moſaik. Der Schmud der Borticus bejtand haupt: 
jächlich in erhabener Bildhauerarbeit an den Frieſen 


1190 


Tempsa — Terentii. 


des Säulengebälfes und in den Siebelfeldern. Viele | der Hauptftadt gl. N. (Ruinen bei Hagios Nilo— 
Tempel waren mit einem Peribolos, einem weit: | laos), dem Geburtsort der Dichterin Erinna, und 
läufigen Plabe oder Borhofe, umgeben, den eine mit einem berühmten Pojeidontempel, weil der 
Mauer einfaßte, um ihm als einen geheiligten Gott die chemals von Schlangen heimgejudhte und 
Plag von den profanen Umgebungen abzujondern. | deshalb auch Ophiuſſa genannte Inſel von diejer 


Diefer Plaß war oft mit Statuen, Monumenten, 
Altären verjehen. Die Form der Thür war ein 
längliches Biered, und die Höhe der Thüröffnung 
betrug etwa 2 ihrer Breiten. 

Tempsa j. Temesa. 

Tempfra, Tiurvor, Ort in Thrafien mit 
einem verrufenen Paß zwiichen Trajanopolis uud 
Marimianopolis, wahricheinlic die Aogr.wor arerd 
(App. b. e. 4, 87), durch die Brutus und Caſ— 
fins nach Philippi zogen. Liv. 38, 41. Op. trist. 
1, 10, 22. 

Tenchteri oder Teneteri, Tiyxrsonı, Tiy- 
xengor, eine meift mit den Ufipetern zuſammen 

enannte germanifche Bölferjchaft, die, von den 


Sueven verdrängt, in Gallien einfiel, aber von 


Cäſar zurüdgeworfen wurde und nun, von den 
Sugambrern aufgenommen, am Rhein z3wiſchen 
Nuhr und Sieg) Eike angewiefen erhielt. Sie 
zeichneten ficy durch ihre Reiterei aus. Caes. b. q. 
4, 1,4. 12. 16. Tae. ann. 13, 56. hist. 4, 21. 77, 
Tenda, Teria, Stadt 60 Stadien ſüdlich von 
Korinth auf dem Wege nad) Myfenai, mit einem 
Heiligtum des Apollon. Hier joll Polybos den 
Didipus erzogen haben (dody vgl. Cic. ad Att. 
6,2,3). Es lag vermutlich beim h. Chiliomodi. 
Strab. 8, 380. 
Tenödos, Tersdos, noch j. Tenedos, früher 
eblich Leulophrys geheißen (f. Tenes), Inſel 
eile von dem Feftiaude Kleinaſiens vor der 
Küfte von Troas, mit einer Stadt gl. N. (Hat. 
1, 151) und 2 Häfen, deren einer Bogsıor hieß. 
Die Inſel jcheint früh zu einer ‚gewiflen Bedeu: 
tung gelangt zu fein. Strab. 13, 604. Im ioni— 
ihen Aufftande wurde fie von den Perſern beſetzt 
(Hadt. 6, 31), im peloponneſiſchen Kriege hielt fie 
zu Athen (Thuc. 3, 2), dem fie auch in den fol- 
enden Kämpfen treu blieb, bis der antallidiſche 
Friede fie wieder unter perfiiche Oberhoheit brachte, 


an 
—1 


der fie ſich in der makledoniſchen Zeit abermals zu 


entziehen ſuchte. Die Lage machte Tenedos zu 
einer wichtigen Flottenftation. Pol. 16, 34. 27, 6. 
Liv. 31, 16. 44, 28. Im Kriege gegen Mithri: 
dates, 73 v. E., lieferte Lucullus hier eine See: 
ſchlacht. Cie. Arch. 9, 21. Mur. 15, 33. Plut. 
Luce. 3. 

Tnvegıxov aediov, Ebene Boiotiens zwiſchen 


Theben und dem Gebirge Phikion, benannt nad 


Teneros, ©. des Apollon und der Quellnymphe 
Melia. Paus. 9, 26, 1. Strab. 9, 413. 

Tenes, Tennes, Tevns, Tevrns, Sohn des 
Kyknos, Königs von Kolonai in Troas, oder des 
Apollon, Bruder der Hemithea. Bon jeiner Stief- 
mutter verleumbdet, wird er mit feiner Schwejter 
vom Bater in einer Kifte ind Meer geworfen und 
fommt nad) der Jnjel Leukophrys, die er Tenedos 
nennt und als König beherricht. Kyknos (j. d.) 
erfennt jpäter Die Untehufd feines Sohnes, fommt 
nach Tenedos und wird da mit Tenes von Achilleus 
erichlagen. Tenes hatte auf Tenedos Heroendienft. 
Paus. 10, 14, 2f. Diod. Sic. 5, 83. 


Tenos, Tijvos, j. Tinos, Kyfladeninjel zwiichen | vorjichtigfeit von Hannibal bei Cannä 
Andros und Mylonos gelegen, 4 IM. groß, mit wurde, Pol. 3, 107 ff. Liv. 22, 43 ff. 


Plage befreit hatte. Andere Städte waren Eri— 
fton und Banormos. Im zweiten Perſerkriege 
lämpften die Tenier mit bei Blataiai, waren jpäter 
den Athenern tributpflichtig (Z’huc. 7, 57) und 


' zahlten jährlich 3600 Drachmen, was auf Wohl: 


ſtand der Bewohner jchließen läßt. Strab. 10, 487. 

Tensa (thensa), der mit Gold und Elfenbein 
verzierte Götterwagen, auf dem die Götterbildnifie 
in einem Kaſten (arca) oder Tragbett (ferculum) 
auf einem Poljter unter einem Baldachin (tento- 
rium, umbraculum) lagen und bei den ludi cir- 
censes durch mehrere Straßen und über das 
Forum gefahren wurden. An dem erften Teile 
des Feſtzuges kamen die 3 capitoliniichen Gott: 
heiten auf abgejonderten Wagen, geführt von der 
Fortuna alata; dann der Feſtzug der Gtaats- 
beamten und Ritter; endlid in dritter Reihe die 
feierlidy getragenen übrigen Götter: (nachmals auch 


Kaiſer-) bilder — alle zuleßt auf der spina des 








In dem h. 


Circus aufgeftellt. 
Tentorium j. Tabernaculum, 
Tentyra, Terrvgx und -ı5, Hauptſtadt des 
ſechſten dr rg Nomos, linls vom Wil. 
endera erheben ji noch herrliche 
Reſte des berühmten, uralten, im 1. Jahrh. n. C. 
zum zweitenmal wiederhergeftellten Tempels der 
Hathor (Aphrodite), in dem au einer Dede der 
intereflante, j. in Paris befindliche Tierkreis (die 
griechiſchen Zodiafalzeichen mitten unter den äghp— 
tifchen Stermbildern) entdedt wurde. Daneben 


ſtanden FMeinere Tempel der Iſis und des Horos 


(nicht des Tuphon). Die Bewohner von T. waren 
geübte Krofodiljäger. Strab. 17, 814 f. Jur. 15, 35. 
Teos, 7 Teog, ioniſche Stadt der Iudiichen 
Küſte an der Südjeite der vom Gebirge Mimas 
gebildeten Halbinjel. Als den Bewohnern das 
perſiſche Joch zu drüdend wurde, verließen fie um 
545 v. ©. ihre blühende Stadt und manderten 
rößtenteils nad Abdera (Hdt. 1, 168); doch blieb 
. eine mäßig bedeutende Stadt. In der Nähe 
fiegte die römiſch-rhodiſche Flotte 190 v. E. über 
Antiochos. Liv. 37, 27. In Teos war der in: 
riter Anafreon geboren. Ruinen bei Sighadidif. 
Strab. 14, 643. Abhandlung von Scheffler (1882). 

Tepidarium ſ. Balneum. 

Terentla j. Terentii, 11. 

Terentiänus Maurus, aus Wfrifa, lebte wahr: 
ſcheinlich am Ende des 3. Jahrh. n. E. und ift 
Berfaffer eines Gedichtes von 3 Büchern, in dem 
er über Verskunſt jchreibt: de litteris, syllabis, 
metris. Wenn audy materiell ohne Selbftändig: 
feit, zeugt e8 von großer Gewandtheit des Ber: 
fafjers in der Nachbildung verichiedener Metra. 
Ausgg. von D. J. van Lennep (1825, mit aus: 
führl. Kommentar von Santen), E. Lachmann 
(1835) und Keil, gramm. Lat. VI p. 315 ff. 

Terentii, wahrjcheinlih ein jabiniiches Ge: 
ichleht, wozu gehören: 1) C. Ter. Barro, ar: 
beitete anfänglich in der Fleiſcherbude jeines Ba: 
ters, gelangte aber nachmals zur Prätur und zum 
Koninlat, in dem er (216 v. E.) durch jeine Un: 
eichlagen 
leichwohl 


Terentii, 


dankte dem Zurüdfehrenden der Senat (Liv. 22,61) | 


und übertrug ihm 215 bis 213 den Befehl in 
Picenum. Liv. 23, 32. 25,6. Im J. 200 ging 
er als Gejandter nah Afrika. Liv. 31, 11. — 


2). Ter. Barro, kämpfte 184—182 v. C. ſieg⸗ 


reich gegen die Suefjetaner und Celtiberer in Hi— 
jpanien. Liv. 39, 32 ff. 40, 2. — 3) Ter. Barro, 
Berwandter des Redners Hortenfius, wurde durch 
diefen und durch Beitehung der Richter von einer 
gegen ihn als Statthalter von Aſien erhobenen 


Anklage befreit, 75 v. C. — 4) M. Ter. Varro, | 
Noms größter Polyhiftor, geboren zu Reate im 


Sabinerlande, 116 v. C. aus einem ritterlichen 
Geſchlechte, wandte ſich ſchon früh den gelehrten 


Studien zu, wofür der Unterricht des AÄlius Stilo 
(Cie. Brut. 56, 205) nicht ohne Einfluß blieb, zog 
ſich jedoch darum von dem öffentlichen Leben feines: | 


wegs zurüd. Seines Vollkstribunats gedenft er 
felbft bei Gell. 13, 12. Im J. 67 diente er unter 
Bompejus im Piratenfriege ald Anführer einer 
Flottenabteilung (App. Mıthr. 95), wobei er ſich 
die Auszeichnung einer corona navalis erwarb 
(Plin. 7, 30, 51). Wahrjcheinlich jebte er jeine 
Dienfte auch noch in dem gleich darauf folgenden 
mithridatiichen Kriege fort. Varr. r. r. 3, 17. 
Überall benußte er die Gelegenheit auf jeinen 
Stationen, um wiſſenſchaftliche Beobachtungen über 
die Länder und Völker anzuftellen. Mit Pom— 
pejus war er auf diefen Zügen eng befreundet 
geworden. Ihm jchloß er jih daher auch ſpäter 
in dem Kampf gegen Cäſar an und verteidigte 
jeine Sache mit großem Eifer. Nachdem er im 
%. 49 als Legat des Pompejus das jenfeitige 
Spanien vergebens gegen Cäſar zu behaupten ver- 
jucht hatte (Caes. b. c. 2, 17 ff.), folgte er jenem 
nach Griechenland; zur Zeit der Schlacht bei Phar: 
ſalos verweilte er zujammen mit dem ihm eng 
befreundeten Cicero in Dyrrhachium (Cie. div. 
1, 32). Doch jöhnte jih Cäſar bald nad dem 
Siege mit ihm aus und — ihm die Ein— 
richtung einer Öffentlichen Bibliothek (Suet. Caes. 44). 
Nah Cäſars Ermordung wurde er dur Anto— 
nius auf die Liſte der Broffribierten gelegt, ent: 
ging jedoch durch die Unterftügung jeiner —— 
dem Tode (App. b. c. 4, 47) und lebte von dieſer 
ge an ruhig feinen wifjenjchaftlichen Arbeiten. 
Er ftarb in hohem Alter 28 v. C. — Durch die 
bewunderungswürdige Gelehriamfeit, mit welcher 
V. alle Gebiete des Wiſſens umfahte, und die 
außerordentlich große Menge von Schriften der 


1191 


ten römijchen Lebens von den älteften Zeiten an, 
der politifchen wie der religiöjfen Zuſtände, ent: 
hielten und bis in die jpäteren Zeiten des Alter: 
tums hinein eine unerjchöpfliche Fundgrube aller 
hiſtoriſchen Gelehrſamkeit über römische Altertüimer 
bildeten. Ergänzend trat diefem Hauptwerke eine 
Anzahl geichichtlicher Werke von geringerem Um— 
fange an die Seite, wie die Bücher de vita po- 
Fe Romani, de gente populi Romani, anna- 
es, aetia, d. h. eine hiftorifche Erflärung gewifier 
Gebräuche und Einrichtungen, u. a. In feinen 
litterarbiftoriichen Forichungen wandte er ji mit 
Vorliebe der dramatiichen Poejie, namentlich der 
plautinifchen Komödie zu, über die er zuerft gründ: 
lihe Unterſuchungen anftellte. Daraus gingen die 
Bücher de originibus scaenicis, de actionibus 
scaenicis, quaestiones Plautinae u. a. hervor. 
Allgemeinerer Art waren die Bücher de poümatis, 
in denen er von den verichiedenen Gattungen der 
Poeſie handelte, und de poötis, die Lebensbejchrei: 
bungen lateinifcher Dichter enthielten. In den 
imagines oder hebdomades (jo genannt von der 
Siebenzahl, die der Einteilung zu Grunde lag) 
hatte er 700 Bildniffe von griechiſchen und rö— 
miſchen Schriftftellern, Feldherren und Staats: 
männern, jedes mit einem Epigramme als Unter: 
fchrift und einem erläuternden populären Text 
verjehen, vereinigt (Plin. 35, 2, 11. Gell. 3, 10). 
Unter den grammatiſchen Werfen war das bebeu- 
tendfte de lingua latina in wahrſcheinlich 25 
Büchern, ein planmäßig angelegtes Syftem der 
Grammatik im weiteften Umfang, bas in einzelnen 











Teilen durch andere Werfe, wie de sermone la- 
tino, de similitudine verborum, de utilitate 
sermonis, ergänzt wurde. Bon den Büchern de 
lingua latina haben fih Buch 5—10 erhalten, 
auch dieje zwar teilweije verftümmelt und vielfach 
verderbt, doch durch ihre antiquariichen und litte- 
rarhiftoriihen Angaben von hohem Werte. Eine 
encyklopädiiche Darftellung der Wiſſenſchaften gab 
er in den 9 BB. disciplinarum, die die Grund: 
lage für die jpäteren Bearbeitungen der j.g. artes 
liberales geworden find. Eine mehr praftijche 
als rein wiffenichaftliche Tendenz verfolgte er in 
den erhaltenen 3 BB. rerum rusticarum, einer 
vollftändigen Darftellung der römiſchen Landwirt: 
ichaft (AUderbau, Viehzucht, Geflügelzucht und Fiſch— 
zucht) in dialogiicher Form, teil$ nad) älteren 
Duellen, teild nad) eigener Erfahrung, die er im 
achtzigjten Lebensjahre jchrieb. Wie aber 3. bei 


verjchiedenften Art hat er fich den wohlverdienten | feinen gelehrten Studien überhaupt die praftiichen 
Ruf des gelehrteften aller Römer und eines der | Ziwede nie aus den Augen verlor, jo fjuchte er 
fruchtbarſten Schriftjteller des gejamten Altertums | auch in bejonderen Schriften die NRejultate feiner 
erworben. Die Gejamtzahl jener Schriften, wie Forſchungen allgemeiner zugänglich zu machen. 
fie durch ein wohl auf ihn jelbft zurüdzuführendes | Diejem Zwecke dienten namentlich die logistorici, 
Verzeihnis uns befannt ift, belief fich auf unge: | eine Menge kurzer populärer Abhandlungen, jo: 
fähr 620 Bücher, welche 74 verſchiedenen Werfen wohl hiftoriihen als philojophiihen Inhalts, die 
angehörten. Unter diejen hatten gebundene Form er an einzelne Zeitgenofjen richtete, und die sa- 
6 Bücher pseudotragoediarum, 16 poömatorum |turae Menippeae, jo genannt nad) dem Kyniker 
in lyriſchem und elegiihem Maß, 150 Bücher sa- | Menippos, deſſen Schriften er ich dabei zum Bor: 
turae Menippeae, eine Miſchung von Proja und | bilde nahm. Die Ichteren behandelten in einer 
Poetiſchem, doch mit Übergewicht des letzteren, | Teichten, zwiichen Vers und Proja zwanglos wech: 
endlid 4 Bücher saturarum und vielleicht ein | jelnden, —* einen höchſt mannigfaltigen Stoff, 
Lehrgedicht naturphilojophiihen Inhalts. Sein | den B. aus jeinen Studien über griechiiche Philo- 
größtes und berühmteftes Wert waren die anti- | jophie und römiſche Geſchichte und Litteratur zog 
quitates rerum humanarum et divinarum in und mit Schilderungen der Gegenwart zu ber: 
41 Büchern, die eine auf den gründlichiten Studien | einigen wußte. Dazu kam noch eine nicht geringe 
beruhende Schilderung und Geſchichte des geſam- Anzahl von ae, u und poetifchen Schriften, 








1192 Terentii. 


die größtenteil® nur dem Titel nach befannt find. | Dichter, und damit war fein Ruhm gegrün 
In Übereinftimmung mit der vorzugsweife der Durch jeine feine Bildung und ſeinen liebes 
älteren Zeit zugewandten Richtung der gelehrten | würdigen Charakter erwarb er fich die Gumft da 
Thätigkeit V.s hat auch jein Stil, der noch nicht | edelften Männer des Staats; mamentlih ehr 
von dem rhetoriichen Gepräge, das die lateinische | ihn der jüngere Scipio Wfricanus und beic 
Proja durch Eiceros Einfluß erhielt, berührt ift, | Freund Lälins durch einen vertrauten lmger: 
etwas Altertümliches und körnig Frijches, „ift aber | ein Verhältnis, das minder glückliche Nebenbut‘- 
fnapp, oft jpringend, abgeriffen und bemüht fich | durch hämiſche Vorwürfe zu verbächtigen judı- 
nicht um Ebenmäßigfeit und Rundung“. In der | Selbft bei feinen Komödien, behauptete man, 
augufteiichen Periode, in die er als ein einfamer | nuge er die Hülfe feiner vornehmen Freunde :(': 
Reit aus der alten Zeit hinüberragt, war er daher ad Att. 7, 3, 10. Quint. 10,1, 99), was er jel“ 
ein eifriger Verehrer der altrömiſchen Partei in | (Adelph. prol. 15) nit entichieden zurüdwer 
der Litteratur. Uber jein Leben vgl. die Mono: jondern fich vielmehr jelbit zur Ehre amreder 
raphien von Roth (1857) und Boiſſier (1861). — | Nachdem er 6 Stüde zur Aufführung gebrai 
usgg. der Bücher de Lingua Latina von Spengel hatte, unternahm er Studien halber eine Re 
(1826 und nochmals 1885), O. Müller (1833) und , nad) Griechenland; auf der Rückreiſe von der 
Egger (1837); der Bücher res rusticae in den ftarb er zu Stumphalos im %. 159, erit 26 Jahn 
Sammlungen der scriptores rei rusticae von | alt, mit Hinterlaffung einer Tochter. Dieje Na 
Gesner und Schneider, mit Catos liber de agri | richten verdanken wir einer furzen vita des Dit 
eultura von H. Keil (1. Bd. 1882— 84; Tertausg. | terd von Sueton (herausg. von Ritſchl in Reife 
von demjelben, 1889); der Fragmente der saturae | jcheids Smetonausgabe, wiederholt Opuse. lil n 
von Dehler (1844) und Riefe (1865). — 5) Te: | 204 ff.). — Wir befißen von Terentius 6 Komi 
rentia, Gemahlin des Mäcenas, lebte einige | dien: Andria, Eunuchus, Heautontimorumen« 
Beit — von ihm, kehrte aber wieder zu ihm Adelphoe, Hecura, Phormio, die einzigen, dx 
zurüd. Sen. ep. 114. — 6) ®. Ter. Barro Ata= | er geichrieben hat, alle nad) Originalen der meueren 
cinus (vom Fluß Atar im narbonenftichen Gallien), | attijchen Komödie, und zwar Phormio und Hecm 
„der erſte röm. Dichter, deffen Wiege jenfeits des | nach Apollodor, die übrigen nach Menander or 
Po und der Alpen geftanden hat“ (D. Ribbed), | dichte. Bon feinem Vorgänger Plautus unter 
lebte etwa von 82 bis 37 v. C. — Gorgfältiger | jcheidet fi) T. befonders durch größere Kunit un 
Kenner griechiicher Schriften, verfaßte er Gedichte, | Feinheit in der Anlage der Stücke (vgl. Hor. vn 
von denen eins de bello Sequanico, ſowie ein | 2, 1, 50), wodurch freilich manches von der natir 
aftronomifches über Himmel und Erde (Choro- | lichen Friſche und dem draftiichen Wie der ält- 
graphia) und eine Ephemeris (Witterungstunde) | ren Komödie verlorem gegangen ift. Seine Stärk 
nad) Arat genannt werden. Bejonderen Ruf aber | liegt in der feinen Chara ichnung und it 
genoß fein Epos Argonautae oder Argonautica, | planmäßigen Entwidelung der Handlung. Tr 
eine freie Bearbeitung des gleichnamigen Gedichts | gemäß iſt auch Sprache und Daritellung mit große 
von Apollonios Rhodios. Quint. 10, 1, 87. Or. | Sorgfalt gebildet; es ift die leichte, elegante Um 
am. 1, 15, 21 u. d. Als Gatirendichter nennt | gangsiprache der höheren Gejellichaft, im der Me 
ihn Horaz (sat. 1, 10, 46), als Elegiker Properz | der Dichter bewegte, ganz entiprechend der Schl 
(3, 34, 85) und Ovid (trist. 2, 439). Sammlung | derung, die Cicero (Brut. 21 ff.) von den Rede 
der Fragmente von Wüllner (1829) und Bährens, | des Scipio und Lälius gibt. In allem zeigt Mt 
fragm. poet, Rom, p. 332ff. — 7) D. Ter. | deutlich der Fortſchritt der immer win * 
Eulleo, geriet im zweiten puniſchen Kriege in breitenden griechiſchen Bildung. T. iſt Urbilde 
farthagiiche Sefangenthaft, aus der er erft 201 | der neuen attijchen Komödie jo nahe gefommen, 
v. C. zurückkam. Im %. 189 wurde er Volks- als es den Römern irgend möglich war, umd 
tribun, 187 Prätor und führte in diejer Eigen: | uns daher das tremejte Bild derjelben; . 
ichaft die — gegen L. Seipio mit großer | bezeichnete ihn Cäſar (Suet. vit. Ter.) als dım- 
Härte und Feindfeligfeit. Liv. 38, 55 ff. — 8) €. diatus Menander. Daf er trogdem fein blohe 
Ter. Lucanus, gab beim Leichenbegängnifie | Überjeger des Menander war, jondern jelbitändt 
jeines Großvaters prächtige Gladiatorenfpiele; dieje | bei der Bearbeitung der griechiſchen Driginalt 
ließ er, zum erftenmal ın Rom, malen und das | verfuhr, zeigen die Nachrichten, die er ſelbſt übe 
Gemälde im Hain der Diana aufftellen. Plin.| fein Verfahren in den Prologen gibt, hinlänglit 
35, 7, 35, — 9) P. Ter. Wfer, 185 v. E. im) Bei dem meiften Stüden nämlich benußte er nad 
Karthago geboren (daher Afer), kam ſchon in früher | dem Vorgange der älteren Dichter mehr als Ei 
Jugend als Sklave nad) Rom zu dem Senator | Borlage, indem er einzelne Scenen und 
Terentins Lucanus, der * wegen feiner vortreff: | aus andern Komödien herübernahm (contamı 
lichen Anlagen und wegen jeiner Förperlihen Schön | nare; Andr. prol. 9 ff. Adelph. prol. 6. Bw 
heit liebgewann, ihm gut erziehen ließ und ihm | prol. 30 ff.). Der Beifall, den er, eher 
bald die Freiheit ſchenkte. Erft jet erhielt er von | das Talent des ausgezeichneten Schau ey 








jeinem Herrn den römiſchen Namen Terentius. | Ambivius Turpio (j. Ambivius, 1.), mit I 
Darauf trat er als komiſcher Dichter auf, in der: | Komödien fand, erregte den Neid gleichzeitiger 
jelben Gattung (fabula palliata), die vor ihm | ter und z0g ihm mancherlei Anfechtungen zu, 9097 
Plautus, zu feiner Beit jelbft Cäcilius Statins | die er fich, namentlich gegen die Vorwürfe des Jon 
mit glüdlichem Erfolg ausgebildet hatte. Dem nicht' bekannten älteren Dichters Lufeind Lanurinu⸗ 
leßteren mußte er ſein erftes Stück auf Verlangen | (malevolus vetus poöta, Andr. prol. 6. Phorm 
der Adilen, denen er dasjelbe zur Aufführung an: | prol. 1) in den Prologen verteidigt. — Ein ur 
getragen hatte, vorlejen; er fand eine Höchft ehren | mittel für die Erflärung bes Dichters bildet 
volle Anerkennung bei dem allgemein verehrten ' (zum Heautontimorümenos leider fehlend) with 








Terentilius — Terminus. 


tige alte Kommentar des Alius Donatus; geringen 

rt dagegen hat ein aus dem Mittelalter jtam: 
mender Kommentar eines gewiflen Eugraphius. 
Außerdem find uns zu allen Stüden die alten 
Didajfalien, d. h. die offiziellen Angaben über die 
Aufführung derjelben, erhalten, ſowie metriſche 
Inhaltsangaben (in je 12 Senaren) von E. Sul: 
picius Apollinaris. — Bortrefflie Handichrift: 
eodex Bembinus (aus dem 4. oder 5. Yahrh.). — 
Ausag. von Lindenbrog (1602. 1623), Bentley 
(1726, nen herausg. von Bollbehr, 1846), Weiter: 
hov (1726; neue Ausg. von Stallbaum, 1830), 
Schmieder (2. Aufl. 1819), Kloß (1838 f.), Umpfen: 
bach (1870); Tertaudgg. von Weinhardt (1827), 
Trledeifen (1857) und Dziatzko (1884). Ausgg. der 
Andria von Ülberling (1854), Klotz (1865), W. 
Spengel (2. Aufl. 1887), Meißner (1876); des 
Heautontimorumenos von Wagner (1872); des 
Phormio von Elberling (1861) und Dziatzko (2. Aufl. 
1885), der Adelphoe von A. Spengel (1879) und 
Dziatzko (1881). — Ruhnken, dietata ad Teren- 
tinm, heransg. von Schopen (1825). — 10) X. 
Ter. Majjiliota, Gefandter bei Antiochos 196 
v. C. verwaltete 187 Gicilien als Prätor und 
diente jpäter in Sifpanien. Liv. 33, 35. 38, 42. 
Bgl. 40, 35. — 11) Terentia, Gemahlin Eiceros 
jeit 77 v. C. beitärkte ihren Gemahl in feiner 
Strenge gegen die®enofien Eatilinas. Beim Streite 
Ciceros mit Elodius und nach jeiner Abreife ins 
Eril litt auch fie durch des Tribunen Feindicdaft. 
Nach feiner Rückkehr aus Kilifien veranlafte der 
Stand der häuslichen Finanzen ein Mifverhältnis 
zwiichen beiden Gatten, das immer jchlimmer 
wurde und im J. 46 zur Scheidung führte. Cie. 
ad fam. 4, 14. ad Att. 11, 16. 24. Plut. Cie. 41. 
Sie foll ein Alter von 103 Jahren erreicht haben. 
Plin. 7,49. — 12) M. Ter., aus ritterlichem 
Geſchlechte, nannte fich fühn den Freund des ge: 
ftürzten Sejan und veranlaßte, daß jeine Anfläger 
verurteilt wurben, 32 n. C. Tac. ann. 6, 8f. — 
13) DO. Ter. Scaurns, der berühmtejte Gram— 
matifer zur Zeit Hadrians, verfaßte eine Gram— 
matif, eine Poetif und Kommentare zu Plautus, 
Bergilius und Horatius. Erhalten ift eine Meine 
Schrift de orthographia (zulegt herausgegeben 
in Keils gramm. Lat. Bd. VID), die nicht ohne 


Bert ift. 

Terentilius (nicht Terentillus), C. Ter. Arja, 
Volkstribun 462 v. E., beantragte ein Geſetz, das 
die Macht der Konſuln und des Senats beichrän- 
ten und die Abfafjung eines Geſetzbuches veran— 
lafien jollte. Dem —— entſprechend wurden nach 
langem Streite für das J. 461 Decemvirn gewählt. 
Liv. 3, 9. Dion. Hal. 10, 1. 

Terentini ludi j. Tarentini ludi. 

Tereus j. Philomele. 

Tergeste, T'soy£orn, j. Trieit, Flecken, jpäter: 


hin Stadt in Sftrien, an dem nordöſtlichen Buſen 


des Adriatiihen Meeres, dem Tergestinus sinus. 
Nachdem die Römer in den Kriegen gegen die 
Japoden die günftige Lage kennen gelernt hatten, 
vergrößerten fe die Stadt, die bald eine wichtige 
Handelsftadt wurde. Strab. 5, 215. 7, 314. Mela 
2,4, 8. 

Tergiversatio (tergum vertere), das Bergehen 
des Anklägers, der eine Anklage aus Furcht vor 


Galumnienitrafe oder * von Beſtechlichteit 


fallen ließ. Das SCons. Turpillianum unter Nero 





1193 


bedrohte ſolche gewifienloje Ankläger mit Geld: 
itrafe und infamia. 

Terfas, Tnol«s, Fluß an der Dftküfte Sici: 
liens, jüdlidy vom Symaithos, ftrömte bei Leon: 
tinoi vorüber, wahrjcheinlich der heut. Fiume di 
S. Lionardo. Thuc. 6, 50. 94. Died. Sic. 14, 14. 

Terillos j. Himera. 

Terina, n Teeiva, Kolonie von Kroton an der 
Weſtküſte von Bruttii, an dem nach ihr genannt: 
ten Meerbujen T'egıvaöog nolmog (Thuc. 6, 104), 
auch Bujen von Hippo oder Vibo genannt, j. Golf 
von St. Eufemia. Die Ruinen der jchon von 
Hannibal zerftörten und nicht wiederhergeftellten 
Stadt liegen jüdlich von St. Eufemia. Liv. 8, 24. 
Strab. 6, 256. 

Termera, z« Tfouse«, doriiche Stadt am fa: 
rischen Vorgebirge Termerion, am Eirigang in den 
Keramiichen Meerbufen, unter den Römern eine 
freie Stadt. Hat. 5, 37. Strab. 14, 667. 

Termes, Tiguss (au) Termösus, Treunaog, 
und Termantia), Stadt der Arevafer im tarraco: 
nenfiihen Hilpanien, auf fteiler Höhe weſtlich von 
Numantia gelegen, von den Römern mehrmals 
ei belagert; jet Ermita de nueftra Señora 
de Termes. Wegen ihrer feindfeligen Gefinnung 
gegen die Römer mußten fich die Bewohner 98 
v. E. in der Ebene ohne Mauern anbauen. App. 
Iber. 76. 99. 

Termessos, Tsounssög und Teluisoog, 1) eine 
durch Kunft und Natur jehr feite Stadt Pifidiens 
auf der Höhe des Tauros an einem Paſſe nad) 
Bamphylien und Lykien. Wegen ihrer Feſtigkeit 
ließ Alerander fie ohne Angriff zur Seite liegen. 
Impojante Ruinen haben ſich erhalten. Strab. 
13, 630 f. Arr. 1, 27,5. 28,1. ®8gl. Lex An- 
tonia CorneliaFundania. — 2) Klein Ter: 
mejjos, T. uınpd, auch Kretopolis, norböftlic) 
vom erjteren, an der Straße nach Kremma gelegen. 
— 3) j. Permessos. 

Terminus, der römijche Gott der Grenze, des 
Grenziteins. Die Grenze war heilig und ftand unter 
jeinem beionderen Schuße. Die Grenziteine (termen, 
terıninus) wurden unter religiöjen Geremonien ge: 
jeßt. In einer Grube wurde Feuer angezündet, 
darüber ein Opfertier geichlachtet, daß das Blut in 
die Grube floß, dann Weihrauch und Früchte daraufge- 
worfen, Honig und Wein hineingegoflen, und zuleßt, 
wenn das Tier in der Grube ganz verbrannt war, 
der Stein befränzt und gejalbt hineingejept. Numa 
ſoll die Umgrenzung eingejeßt, die Grenzfteine 
dem Jupiter (J. terminalis) geweiht, dem Ter- 
minus einen Tempel gebaut und das Feſt der 
Terminalien (23. Februar) eingejeßt haben. An 
diejem Tage famen die Beſitzer der aneinander 
ftoßenden Ader mit ihren Hausgenofjien an dem 
gemeinschaftlichen Grenzfteine zujammen, jeder be: 
fränzte auf jeiner Seite den Stein und opferte 
einen laden. Man errichtete einen Altar, brachte 
unblutige Opfer, Kom, Honig, Wein (ipäter wohl 
auch ein Yamm, Hor. epod. 2, 59), und jchmanfte 
zuieht in Heiterkeit zufammen. Ov. fast. 2, 639 ff. 

uch auf der alten Grenze Roms wurden jolche 
Terminalien gefeiert, an der Straße nach Yauren- 
tum zu, zwifchen dem fünften und jechiten Meilen: 
fteine. Or. fast. 2, 679. Auf dem Capitol hatte 


der Örenzgott einen heiligen Stein in dem Tem: 


pel des Jupiter. Als Tarquinius Superbus biejen 
Tempel gründen wollte, und mehrere Heiligtümer 


1194 


Terminus motus 


an dem erwählten Plage eranguriert werden muß: | 


ten, verboten die Bogelzeichen, den Stein des Ter: | 
minus zu verrüden. Er wurde daher in dem 
Tempel des Jupiter eingeichlofien und ftand jo 
unter dem Schug des höchſten Gottes jelbit. 

Terminns motus, VBerrüdung oder Fälſchung 
der Grenze, war jchon von Numa Pompilius mit 
sacratio capitis eh: An der republitaniichen 
Zeit wurde dafür Gelditrafe eingeführt, und durch 
Hadrian Relegation mit teilweiſer Konfiſtation des 
Vermögens; geringere Leute erlitten condemnatio 
ud opus publicum. 

Terpandros, Tior«rdoog, Muſiler und Dichter 
aus Antifa auf Leſbos; doc; war der Hauptort 
jeiner Thätigfeit Sparta, wohin er auf Befehl 
des delphiichen Orakels, angeblich zur Schlidhtung 
innerer Stteitigleiten, berufen wurde, und imo 
er 676 (oder 646) v. C. in dem erften muſiſchen 
Wettlampf am Feſte des Apollon Narneios den | 
Sieg davon trug. Auch hat er viermal hinter: 
einander in den muſiſchen Agonen zu Delphoi 
zwiichen DI. 27—33 gejiegt. T. war der eigent: 
lihe Schöpfer der griechiichen Mufil, indem er die 
bisher im Volke üblichen Sangesweijen nad) Kunſt— 
regeln ordnete und ein zufammenbängendes Syitem 
ausbildete, an dem die griechiihe Mufit bei all 
ihrer Erweiterung ſtets feitgehalten hat. Bon 
großer Wichtigkeit für die Ausbildung der Muſik 
war die Einführung der jiebenfaitigen Kithara, 
die die Kleinafiaten, bejonders die Under, veriven: 
deten, ftatt der bisherigen vierjaitigen. Bon jeinen 
Liedern haben fi nur 2 Verſe erhalten, deren 
Echtheit übrigens ſchon im Altertume beanftandet | 
ward. Abhandlung von DO. Löwe (1869), | 

Terpsichöre ij. Musae. 

Terraeina j. Tarracina. 

Tertulliänus, 1) ein römijcher Jurift zur Zeit 
Papinians, Berfafjer mehrerer juriftiiher Schrif: 
ten, von denen Bruchſtücke in den Pandekten ſich 
finden. — 2) DO. Septimius Florens Tert.,| 
geb. um 150 n. C. zu Karthago, gefeierter Rhetor | 
zu Nom, nad) 190 zum Chriftentum übergetreten, 
Bresbyter in feiner Baterftadt, ſpäter an die 
ihwärmeriich:ajtetiiche Sekte der Montaniften an: 
geichloffen, geftorben um 230; ein düſterer, ftür: 
mijcher, oft erzentrijcher Geift voll Phantaſie und 
Sartasmus, der Begründer einer chriftlichen Lit: 
teratur in lateinijcher, freilich afrikaniſch gefärbter 
Spradie. Seine zahlreichen, teilweiie auch in an: 
tiquariicher Beziehung, wichtigen Schriften find 
apologetiichen (apologeticum, ad nationes, de 
testimonio animae naturaliter christianae u. a.), 
polemijchen (de praescriptione haereticorum, ad- 
versus Marcionem, adv. Hermogenem, de re- 
surrectione u. j. w.), ajtetiihen (de speetaculis, 
de cultu feminarum; ad martyres) und praftijd)- 
firhlichen (de baptismo, de poenitentia, de mo- 
nogamia) Juhaltes. „Ton und Charakter ift überall 
der gleiche: gedankenreich und formlos, leiden: 
ſchaftlich und jpigfindig; die Sprache beredt und 
markig, gedrängt und emergijch bis zur Dunkel— 
heit“ (Teufel). — Ausgg. von Nigaltius (1634), 
Semler (1770 ff.), Oehler (1851 ff.), Handausgg. 
von Leopold (1839 ff.) und Se (1854); Monogr. 
von Neander (2. X. 1849), Heflelberg (1848), Haud 
(1877) und Bonwetich (1878). 

Tertulli, Cornutus Tert., Freund und 
Kollege des jüngeren Plinius, mit dem er in 














— Testamentum. 


Briefwechſel ſtand, in der praelectura aerarii und 
im Konjulate. Plin. ep. 2, 11. 5, 15. 7,21.31. — 
2) Scapula Tert, Beamter jchon unter Marc 
Aurel und Commodus und Konjul 1956 n. €. 
unter Alerander Severus. — 3) röm. Präßfekt, 
350 u. E., bot jeine Kinder zum Opfer an, als 
eine Hungersnot das Volk zum Aufftande trieb. 
Amm. Marc. 19, 10. 

Tessera, 1) hospitalis, j. Hospitium. — 
2) zum Spielen, j. Spiele, 7. — 3) die Parole 
der Soldaten, j. Disciplina militaris, 8. — 
4) frumentaria oder numaria, j. Largitio. — 
5) theatralis, Eintrittämarfe. — 6) gladiatoria, 
nicht Eintrittömarfe, jondern wahriheinlich ein 
Zeugnis des fiegreichen Gladiators, 

Testamentum, die feierliche legtwillige Er: 
Härung. Eine ſolche fonnte nur derjenige abgeben, 
ber commercium und Demzufolge testamenti factio 
hatte; aljo fonnten Hausjöhne, Sflaven, Bere: 
grinen und Unmündige fein gültiges Teſtament 
aufiegen. Unfähig Zeftamentserben zu merden 
waren die Peregrinen und rauen, jeit der lex 
Julia et Papia Poppaea aud die Ehe- und 
Kinderlofen (wenigjtens teilweije); Sklaven aber 
durften ald Erben eingejeßt werden, wenn zugleich 
im Teftamente ihre Freilajjung ausgeiprocden war. 
Die älteſte Teftamentsform war das calatum 
oder calatis comitiis factum, das die Bairicier 
in den Euriatcomitien machten. Etwas neuer, 
obwohl auch uralt, war das testam. in procinctu, 
das nur die Soldaten, und ziwar mündlich machen 
fonnten, nämlicy in procinctu, d. h. vor dem ge: 
rüfteten Heer nad) den Auſpicien des Feldherrn 
(Cie, n. d. 2, 3). Dieje beiden Formen verdrängte 
das test, per nes et libram, das urjprünglich 
in einer vermitteljt der Mancipation (j. Manci- 

atio) vollzogenen Bermögensübertragung des 
—* an den familiae emptor bejtand, der 
die jchriftlich oder mündlich gemachten Bedingungen 
des Teftators nach deſſen Tode zu bejorgen hatte. 
Allmählich wurde daraus eine wahre Erbeinjeßung, 
indem der familiae emptor, jowie die andern 
Berjonen nur als Zeugen mitwirkten, und die Er: 
füllung der legtwilligen Beftimmungen ging jogleich 
auf den wirflihen Erben über. Die Ertlärung 
des Willens hieß heredis nuncupatio, die, 
wenn fie jchriftlidy übergeben wurde, was jpäter 
regelmäßig geſchah, von den Zeugen verjiegelt zu 
werden pflegte (obsignatio). Die Tafeln waren 


von Holz, wie die gewöhnlichen Schreibtafeln, die 


zufammengeflappt und verjiegelt wurden. Man 
deponierte dieje Urkunde bei einem freunde oder 


‚einem Tempel, namentlich bei den Bejtalinnen, 


ſpäter aud) in dem ftädtiichen Archiv. Ohne alle 
Formalitäten abgefaßt, aber jchriftlih und von 
7 Zeugen verfiegelt war das j. g. prätoriſche 
Teſtament, das durch das prätorijche Edift über 
die bonorum possessio secundum tabulas (ij. 
Bonorum possessio, b.) veranlaft worden 
war. Diejes wurde dem alten civilrechtlichen Tefta- 
mente gleichgejegt, und nachdem beide Arten lange 
nebeneinander bejtanden hatten, verjchmolzen jie 
zulegt. Die neuefte Form der Tejtamente war, 
dag man feinen Willen gerichtlih zu Brototoll 
gab. — Der Hauptinhalt des Teftaments war die 
Erbeinjegung, institutio heredis, und daneben 
die substitutio (nämlich die eventuelle Einjegung 
eines’ heres secundus, tertius u. j. j.). Uber die 


Testimonium — Tetralogia. 


Enterbung, exheredatio, j. Erbrecht, Il, 6. 
Zu dem unmejentlihen Inhalte des Teftamentum 
ehörten Adoption, Legate, Fideikommiſſe (j. d.), 
Freilaſſung von Sklaven, Beitimmungen über das 
Begräbnis, Monumente u. dgl. Bgl. Erbrecht, 11. 

TestimonTum, das Zeugnis, das auch bei den 
Römern zu den gemwichtigiten prozefiualiichen Be: 
weismitteln gehörte, mündlich oder jchriftlih. Das 
erjtere mußte vor dem Gerichte perjönlich abgelegt | 
und mit Eidſchwur befräftigt werden. Das zweite | 
(testim. per tabellas datum), das jenem an Ge: 
wicht nachſtand, wurde durch 7 Zeugen (eine Zahl, 
die ſchon früh wegen der 7 bei der Mancipation 
notwendigen Perjonen auflam) von aufen ver: 
fiegelt (obsignare), nachdem die Tafeln zuſammen— 
geflappt worden waren. Ohne dieje Formalität 
ermangelte das Zeugnis der beweijenden Kraft. 
Die Zeugen dienten auch dazu, mn die Richtigkeit 
der Kopie einer Urkunde gu beglaubigen (4. B. bei 
den noch vorhandenen tabulue honestae missio- 
nis), oder jie bezeugten, daß jemand in ihrem 
Beijein eine gewiffe Ausjage gemacht habe, und 
dgl. Zu Diejen beiden Arten der testim. fommen 
noch testimonia publica, Zeugniffe, von 
Kurporationen und Kommunen für oder gegen 








jemand abgelegt. Die erfteren hießen lauda- 
tiones (vgl. d.). — Testimonium falsum 
j. Falsum. 

Testis. Als Zeugen waren unzuläffig: Un: 
mündige, Wahnfinnige, die Frauen (in der älteren 
Zeit), die intestabiles (j. d.), Kinder gegen ihre 
Eltern und umgelehrt, endlich jedermann in feiner 
eigenen Sache. Über das Zeugnis der Stlaven 
ſ. Servi, 3. und Tormenta, 1. Die HZeugen 
waren freiwillig (voluntarii) oder gezivungen, der 
Zwang beftand in der testimoniı denuntiatio, 
wenigitens im Kriminalprozeß. Cie. Flace. 6.8.37, 
Die Zahl der Zeugen in Kriminalprozefien war 
jehr groß, in Eivilprozefien reichten wenige aus, 
2 war die geringjte Bad. Die Zeugen wurden 
einzeln vom Präco eingeladen (citare) und mußten 
ſich nach abgelegter und beſchworener Ausjage von 
den Rednern beider Barteien befragen lafjen (inter- 
rogatio testium). Cic. Verr. oftmals. Inwieweit 
die Richter den Zeugen Glauben beizumeſſen 
hatten, fam auf die bejonderen Berhältniffe und 
Umftände an. 

Testüdo, 1) ſ. Belagerung, 11f. — 2) j. 
Musica, 8. 

Tethys, Tndus, Tochter des Uranos und der 
Ge, eine Titanin, Gemahlin des Dfeanos, mit 
dem fie die Dfeaniden und die Stromgötter er: 
zeugt (daher wolurexvog, Aesch. Prom. 137). Hes. 
theog. 136. 337. Bei Homer, der erzählt, daß 
Hera beim Kampfe des Zeus gegen Kronos von 
ihrer Mutter in das Haus des Dfeanos und der 
Tethys geflüchtet worden ſei, iſt fie die Allmutter 
(unjenge), wie Dfeanos der Wllvater der Götter. 
Hom. Il. 14, 200 ff. 

Tetralogia, rergaloyie. 





Bei den tragischen 


1195 


ift uns aus feiner Zeit der attifchen Tragödie er: 
halten. Nur von der Oreftein des Aijchylos find 
die 3 Tragddien: Agamemnon, Choöphoren, Eu: 


ı meniden noch vorhanden; das dazu gehörige Sa: 


tyrdrama war der Proteus. Aus gelegentlichen 
Notizen kennen wir die Titel von folgenden Te- 
tralogien: von Aiſchylos: 1) die Perfertetralogie 
N: ma Berjer, Glaukos und Prometheus); 2) die 
Lykurgeia (Edoner, Baflariden, Jünglinge und 
Lykurgos); 3) die Didipodeia, die aus dem Yaios, 
Didipus, den Sieben gegen Theben und dem Sa: 
tyrſpiele Sphinx beitand. Zugleich mit dieſer 
wurde eine Tetralogie des Ariſtias aufgeführt, 
wovon nur 3 Stücke bekaunt ſind: Perſeus, Tan— 
talos und die Ringer. Das letzte war ein Satyr: 
ipiel des Pratinas, das jein Sohn Ariftias auf 
die Bühne brachte. Ferner eine Tetralogie bes 
Polyphradmon, Lykurgeia, deren einzelne Dramen 
nicht genannt find. Bon den jophofleijchen Di: 
daſtalien oder Aufführungen gibt es feine derar— 
tigen Überlieferungen. Bon euripideifchen Tetra: 
fogien find uns den Titeln nach befaunt: 1) die 
Alkeftistetralogie, aus den Kreterinnen, dem All— 
maion in Pſophis, dem Telephos und der Alleſtis 
beftehend; 2) die Medeintetralogie (Medeia, Phi: 


‚loftetes, Diltys, Schnitter); 3) die Troadendidas 


ifalie (Mlerandros, PBalamedes, Troerinnen und 
Sifyphos). Bei deren Aufführung trat gegen Eu: 
ripides als Mitbewerber um den tragiihen Preis 
Zenofles mit einer Tetralogie: Didipus, Lylaon, 
Bakchen und Athamas auf. Noch wird eine Pan: 
dionis des Philofles erwähnt, die wahrjcheinlich 
eine Tetralogie in der Weile des Aifchylos war, 
obichon ihre einzelnen Stüde nicht namentlich au: 
gegeben find. Sicher gehört aud eine Dichtung 
des Tragiferds Meletos, die unter dem Namen 
Didipodeia angeführt wird, ein Titel, der gleich: 
falls einer Tetralogie angehört zu haben jcheint. 
Endlich iſt aus einem Argument zu den Phoiniſſen 
des Euripides noch nemerdings befannt geworden, 
daß diejes Stüd mit dem Dinomaos und Chr: 
fippos zufammen aufgeführt worden ift. Der Titel 
des dazu gehörigen vierten Stüdes iſt nicht er: 
halten. Ebenjo And von der nad) dem Tode des 
Euripides aufgeführten Didaſtalie nur die Titel 
der 3 Tragödien erhalten, nämlich Iphigeneia in 
Aulis, Allmaion in Korinth und Balchen. — Aus 
diejen tetralogiichen Aufführungen aus der ganzen 
Blütezeit der attifchen Tragödie ergibt ſich mit 
iemlicher Beftimmtheit, daf alle tragiichen Dida— 
— von Aiſchylos bis zu Euripides herab, die 
tetralogiſche Form gehabt haben, was auch aus 
andern Umſtänden nachgewieſen werden kann. Man 
hat auch an dem Fortbeſtehen dieſer Form nicht 
gezweifelt, wohl aber durch Suidas' Notiz über 
Sopholles: joſs rod dpcu« moög dpäne dymri- 
teotaı, alla ui) rerpakoyier nod) die Aufführung 
von einer oder nur einigen Tragödien ange: 
nommen. Mllein der Wert der ganzen Notiz ift 
ein jehr problematijcher, da die Lesart reroalo- 


Wettlämpfen an den Dionyſosfeſten war es jeit | ydar nur auf Vermutung beruht (die codd.: are«- 


Aiſchylos in Athen eine fefftebende Regel, daß 
jeder der fih um den Preis bewerbenden Dichter 
mit 4 Dramen in die Schranfen trat. Zur Zeit | 
bes Wijchylos beftanden dieje 4 gleichzeitig aufge: | 
führten Stüde aus 3 Tragödien und 1 Gatyr: | 
ipiele. Man nannte fie zuſammen eine Tetra: 
logie, rergaioyia. Eine volljtändige Tetralogie | 





roloyiaw oder argaroloysicde:), und die Worte 
vielleiht nur durch ein Mißverſtändnis auf So- 
pholles übertragen worden find. Bielleicht (denn 
die ganze Frage wird wohl immer ein ungelöftes 
Problem bleiben) verhielt fih die Sache jo, daß 
wir in der Gefchichte der Tragödie von Aiſchylos, 
der in früheren Jahren auch einzelne Dramen zur 


1196 

» 
Aufführung bradte, bis Sophokles 3 ſucceſſive 
Abändernngen der tragiihen Didaſtkalien anzu: 
nehmen haben: 1) Erweiterung einer Tragödie zu 
3 größeren, untereinander durch den Mythus zu: 
lammenhängenden Gliedern mit Hinzunahme eines 
Satyrſpiels, die aiſchyleiſche Trilogie und Tetra: 
logie; 2) Auflöjung des inneren mythiſchen Zu: 
jammenhanges und Trennung des fortlaufenden 
Stoffes in 3 voneinander unabhängige Tragödien, 
denen gleichfalls ein Satyrſpiel oder ein anderes, 
denjelben Zweck erfüllendes Nachipiel (wie 3. B. 
des Euripides Alkeſtis) beigegeben war. Die Auf: 
führungsweije war für beide formen dieſelbe; die 
zufammengehörigen Dramen wurden in ununter— 
brochener Trolge aufgeführt. 3) Wuflöfung und 
Unterbrechung der ſceniſchen Aufeinanderfolge bei | 
der Aufführung der Didajkalien, indem infolge Er: 
ihöpfung der tetralogiichen Stoffe je einem Drama 
des einen Dichters die andern mitfämpfenden Dich: 
ter jeder je eines entgegenjebten (die Neuerung 
des Sophofles). Der Gebraud, 3 Tragödien zu: 
jammen aufzuführen, hat wahrjcheinlich jeinen erjten 
Grund und Uriprung in der Erweiterung der Einen 
Tragödie zu einer Erilosie, d. h. zu 3 inner: 
lih zujammenhängenden Zragödien. Eine folche | 
war z. B. die Dreftein des Wifchylos, den Aga— 
memnon, die Chocphoren und Eumeniden ums | 
fafjend. Der innere ftoffliche Zuſammenhang icheint 
das weſentliche Merlmal der Trilogie gewejen zu 
jein. Mit diejer wurde dann, wie jchon früher 
mit der einen Tragödie, ein Satyrſpiel verbun: 











den, um ber ernten tragiichen Interhaltung 
zur Abſpannung und zu einem heiteren Ende zu 
dienen und den Frohſinn der Dionyfien durch den 
Ernſt der Tragödie nicht gang zu verjcheuchen. 
Daraus erflärt fich auch, wie ripides auf den 
Gedanken fommen konnte, an die Stelle des eigent- 
lihen Satyripiels ein Drama mit einem heiteren, 
luſtigen Ausgange zu jegen, die Alfeftis. Es ift 
jehr mwahrjhheinlih, daß dies nicht das einzige 
Beilpiel einer ſolchen Tetralogie geweſen ift. 

Tetrapölis, Teredmokıs, hießen mehrere Städte: 
bünde nach der Zahl der Glieder: 1) in Attila 
(Dinoe, Probalinthos, Tritorgthos, Marathon); 
2) in Doris (Erineos, Pindos, Boion, Kytinion); 
3) in Kabalien (Kibyra, Dinvanda, Bubon, Bal-: 
bura); 4) in Syrien (Antiocheia, Apameia, Lao: 
dikeia, Seleufeia). 

Tetriea rupes, cin zum Mons Fiscellus ge: | 
höriger Berg im Sabinerlande, fteil und ſchauer— 
lich, reich an wilden Biegen; j. Monte della ©i- 
billa. Verg. A. 7, 718. 

Tetrieus, C. Ejuvius, einer der fogenannten 
dreißig Tyrannen (j. Dreifsig Männer, 11.), 
den Murelianus bei Chalons jur Marne in Gallien 
befiegte und gefangen nahm (274 n. E.), wodurch 
die Neichseinheit wiederhergeftellt wurde. Tetr. 
wurde von Aurelian im Triumphe aufgeführt, im | 
übrigen aber rüdfichtsvoll behandelt. Kutr. 9, 13. 
Trebell. Poll. XXX tyr. 23 ff. 

Tettii, 1) P. Tettius, 79 v. E. Statthalter 
in Wien und accensus (j. d.) des Claudius Nero. 
Cie. Verr. 1, 28. — 2) Tett. Damio, nahm 
57 v. C. den Cicero, als derjelbe vor Clodius 
— mußte, in ſeine Wohnung auf. Cie. ad 

#.4,3,3. 





Teukros, Teöxeog, Teucer, 1) Sohn des Fluß— 
gottes Stamandros und der Nymphe Idaia, eriter 


Tetrapolis — TevrAovooe. 


König von Troas, nad dem das Rolf Teutrer 
genannt ward. Er nahm den Dardanos aus Sa: 
mothrafe auf und gab ihm feine Tochter Bateia 
oder Arijbe zum Weibe; oder PDardanos nahm 
als Einheimifcher den Teufros und Stamandros, 
die aus Kreta famen und den Dienſt des Apollon 
Smintheus mitbradhten, in Troas auf. Apollod. 
3, 12, 1. Diod. Sie. 4, 75. — 2) Sohn des Tela- 
mon und ber Hefione, der Tochter des Laomedon, 
Halbbruder des großen Aias, aus Salamis, der beite 
Bogenjchüge der Hellenen vor Troja. Hom. Il, 
8, 281 ff. Bon Troja nach Salamis zurüdgefehrt, 
ward er von Telamon des Landes verwieſen, weil 
er den Tod feines Bruders Aias nicht gerächt, 
ober defien Gebeine, oder deſſen Gattin Tekmeſſa 
und den Sohn Euryjales nicht mitgebracht habe. 
Er fam nad) Kypros, das ihm Belos, der König 
von Eidon, überlieh, vermählte ſich mit Eune, 
der Tochter des Kypros, und zeugte die Aiteria. 
Er baute hier die Stadt Salamis. Strab. 14, 682. 
Paus. 1, 28, 11. 2,29, 4. Verg. A. 1, 619. Hor. 
od. 1,7, 21 ff. Nach dem Tode des Telamon joll 
er nach Salamis zurüdgefehrt, aber von Euryiales 
fortgewiejen worden jein, weshalb er nach Galläcien 
in Hilpanien 309. 

Teumessos, Tevunosos, Berg und Stadt in 
Boiotien, öftlich von Theben. Hier jollte die T'ev- 
unool« dhomne, ein wunderbarer, von Bakchos 
zum Verderben der Thebaner gejandter Fuchs, 
gehauft haben. Hymn. in Apoll. Pyth. 46. Paus. 
9, 19, 1. 

Teuta, Tevra, Gemahlin des Königs Agron 
von Illyrien und nad) deffen Tode Herricherin für 
—* unmündigen Sohn Pinnes. Agron und ſein 

orgänger vereinigten die Illyrier um Skodra zu 
großen Piratenzügen und wurden mit ihren Zwei— 
dedern (Liburnae) beſonders den griechiſchen An- 
fiedelungen läftig. Der römijche Staat, um Hülfe 
angegangen, jchidte den E. und 2. Coruncanius 
an Teuta und begann, als Teuta einen der Ge: 
jandten wegen feiner freimütigen Sprache hatte 
ermorden und römiſche Schiffe plündern Tafien, 
den illyriichen Krieg, 230 bis 228 v. C. Teuta 
mußte den größten Teil des eroberten Gebiets ab- 
treten, der an Demetrios überlafjen wurde, Tribut 
bezahlen und verjprechen, feine bewaffneten Schiffe 
mehr auszufenden. Pol. 2, 4 ff. Flor.2,5. Epäter 
legte fie die —— nieder. 

Teutätes (Theutates), ein Gott der alten Gal— 
lier und Germanen, dem Mercur ähnlich (Cars. 
b. q. 6, 17), dem man biutige Opfer, jogar Men: 
ichen, darbrachte. Tac. (ferm. 9. 

Teuthis, Teödıs, Tevdis, eine bis zur Grün: 
dung von Megalopolis bedeutende, dann aber ge: 
junlene Stadt Mittelarfadiens, im Gebiete von 
Orchomenos, vielleicht an der Stelle des j. Di— 
mitana. Paus. 8, 27, 4. 28,2 ff. 

Teuthrania j. Mysia. 

Teuthras, Tevdgas, 1) Sohn des PBandion, 
Bater des Theipios, König in Myſien (Teuthra: 
nia), j. Telephos. — 2) Grieche vor Troja, von 
Hektor erlegt. Hom. Il. 5, 705. — 3) Athener, 
mopthijcher Gründer von ZTeuthrone in Lafonien. 
Paus. 3, 25, 4: — 4) Bater des Arylos, aus Arijbe. 
Hom. Il. 6, 13. — 5) Genoſſe des Aineias. Verg. 
A. 10, 402. — 6) f. Teleutas. 

Tevriovooe, Inſel an der kariſchen Küfte 
zwiſchen Syme und Halikarnaſſos. Thuec. 8, 42. 


Teutoburgiensis Saltus — Thargelia. 


Teutoburgiensis Saltus, Waldgebirge Ger: 
maniens, two Arminius 9 n. C. den Varus ſchlug, 
nach der bisherigen Anficht entweder das zwiſchen 
Paderborn und Osnabrüd gelegene und das Fluß— 
gebiet der Lippe und Ems von dem der Wejer 
trennende Osninggeb., oder die Dügelgegend um 
Bedum im Norden der Lippe; nah Mommien, 
dem Asbach, Dunder, Schiller, Zangemeifter u. a. 
beiftimmen, vielmehr das heutige Wiehengebirge, 
d. h. die nördlich des Osning und ihm parallel 
von Minden nad) Dsnabrüd ziehende Bergtette, 
wo bei dem Gute Barmau zwiſchen Benne und 
Engter durch Berge und Moore ein förmlicher 
Engpaf eutfteht, wohl der Schauplag der Schluß: 
fataftrophe der Barusichladht. Vgl. Mommien, die 
Ortlichfeit der Varusichladht (1885). Tuc. ann. 
1, 60, 

Teutönes, -ni, Tevroveg, Name eines einzelnen 
deutſchen Vollsſtammes, nicht des ganzen Volles, 
der wohl zwiichen Elbe und Oder an der Küſte 
der Offer wohnte und jeine Berühmtheit befonders 
durd) die Teilnahme am Zuge der Eimbern erlangt 
hat; j. Cimbri, 

Thais ſ. Hetairen. 

Thala, Odıa, große Stadt Numidiens, wohl 
nicht verfchieden von Telepte, der jüdmeitlichite 
Punkt des Landes an der Wüſte. Sall. Jug. 75. 
77. 80. Tac. ann. 3, 21. Strab. 17, 831. 

Thalämai, Oalaucı, Name dreier Orte im 
Beloponnes, im weftlichen Lakonien, zwijchen Dity: 
los und Pephnos, mit einem Heiligtum der Ino 
und Traumorafel (Strab. 8, 360); in Mefjenien 
bei Pherai, wo der vertriebene Tyndareos lebte; 
im nördlichen Elis. Xen. Hell. 7, 4, 26. 

Thaleia j. Musae, 1. 3. und Palici. 

Thales, Garne, 1) einer der 7 Weijen (j. d.) 
Griechenlands, ftammte aus Miletos und war der 
Sohn des Eramyas und der Kleobuline ; jein Leben 
fällt zwijchen 639—546 v. E., es jind aber nur 
jehr unfichere und verjchiedenartige Nachrichten 
über ihn erhalten. Daß er an den öffentlichen 
Angelegenheiten feiner Baterftadt thätigen Anteil 
nahm, zeigt die Nachricht bei Herodot (1, 57), daß 
unter jeiner Leitung der Fluß Halys abgedämmt 
und auf feinen Vorſchlag ein ioniiher Bundesrat 
errichtet wurde. Er wird bald als Gründer der 
Geometrie und Aftronomie bei den Griechen, bald 
als Urheber der Philojophie bezeichnet. Auch wurde 
fein Name ſprichwörtlich für einen Weijen über: 
haupt gebraudt. In feiner Naturphilojophie nahm 


er das Wafler ald den Urgrund aller fichtbaren | 
Dinge an; die Erdicheibe jhwimmt auf dem Ur: 


waſſer, das die Hälfte der Himmelsfugel erfüllt 
wie das Ei die Schale, während die andere Him— 
melshalbkugel ſich über die Erdfläche wölbt. Da 
er die Drehung der Himmelsfugel um die geneigte 
Weltachfe noch nicht kannte, ift die Behauptung, 


daß er den Eintritt einer Sonnenfinfternis berech⸗ 


net habe, nicht haltbar. Schriftliches hat er nicht 
hinterlafien. Bgl. H. W. Schäfer, aftron. Geogra— 
phie der Griechen (1873). Deder, de Tbalete 
ilesio (1865). — 2) Außer diejem Thales werden 
nod andere Männer desjelben Namens genannt; jo 
ein Rhetor aus Sicilien, ein Maler aus Sikyon 
und ein alter Dichter, Zeitgenoffe des Hejiodos. 
Thalötas, Oalrras, griehiicher Sänger und 
Mufifer aus Kreta Gortyn, Elyros), angeblicher 
Erfinder der fretiichen Rhythmen, der Baiane und 


1197 


Hyporcheme. Er warb auf Geheiß des deiphiichen 
Orakels nad) Sparta geholt, wo er durch Muſik 
Unruhen gejtillt und den Lykurg in feinem Werk 
unterjtüßt haben joll. Das leßtere ift ein Ana— 
chronismus, da Thaletas viel jpäter als Lykurg ge: 
lebt hat, nämlich um 620 v. E. Er gehörte zu den 
Mufikern, die die von Terpander eingerichtete Mu: 
filordnung zu Sparta vervolllommneten und eine 
neue, feſte Geſtalt derjelben ang ner Seine 
Mufit und Poeſie hing mit dem Apollonfult zu: 
— und hatte einen auf Sittlichkeit und ge— 
etzliches Leben gerichteten Inhalt. Plut. mus. 9. 42. 

Thalia j. Charites. 

Thallo j. Horae. 

Thallos, O«ilög oder Odilog, 1) ein Hiftorifer 
aus dem 1. Jahrh. n. E., Verfafler einer ſyriſchen 
Geſchichte von Trojas Untergange bis zu DI. 167 
in mindeftens 3 Büchern. Fragmente bei Müller, 
fragm. hist. Graee. Ill p. 517 ff. — 2) griechi— 
ſcher Epigrammendichter aus der Zeit der erjten 
römischen Kaiſer. 

©as.30p0go: j. Panathenaia, 

Thamyris j. Musae, 2. und Epos. 

Thanätos, Odvarog, Mors, PBerjonifitation des 
Todes. Bei Homer hat der Todesgott noch feine 
bejtimmte Geftalt. Die allgemeinfte Bezeichnung 
des Todes ift Savarog, wozu dann noch nähere 
Beitimmungen hinzutreten; jo für den Tod als 
allgemeines Naturgejeß uögos, moiga«, möruog. 
Hom. Il. 2, 369. 3, 101. Der grauje Akt des 
Sterbend wird bezeichnet mit Beiwörtern, wie 
tarnkeyris, Övonkeyis, Puuogaiotrig, TogpVUgeog, 
dvonxijs. Die Veranlafjung des Todes und die 
bejonderen ZTodesarten find “je und xijers. Als 
Buftand des Totjeind wird der Tod freundlicher 
aufgefaßt und bei Homer perjonifiziert als Zwil— 
lingsbruder des Schlafes. Hom. Il. 16, 672.14,231. 
Ber Hefiod erzeugt die Nacht aus ſich jelbit die 
Ker, den Tod, den Schlaf und die Träume; 
Schlaf und Tod wohnen in der Unterwelt (theog. 
211. 758; vgl. Verg. A. 6, 277). Während der 
Schlaf ruhig und den Menjchen freundlich einher: 
wandelt, ftarret dem Tod mitleidslos das Herz 
in der Bruft. Euripides läßt in der Alkeſtis den 
Thanatos als finfteren Opferpriefter der Unterwelt 
auftreten, in jchwarzem Gewande, mit dem Opfer: 
ſchwerte, mıt dem er den Sterbenden eine Locke ab: 
jchneidet. Über die Kunftdarftellungen des Tha— 
natos j. Hypnos. 

Thapsäkos, Oduyexog, im A. T. Thiphſach, d. i. 
Furt, bedeutende SHandelsftadt in Syrien am 
Euphrat, Übergangspunft für die nach Babylon 
und in das hohe Afien Reijenden, j. Ruinen von 
el:Hammant. Xen. An. 1, 4, 11. Strab. 2, 77 fi. 

Thapsos, Odyog, 1) eine von megariichen Do- 
riern gegründete, jpäter wieder verlaffene Stadt 
an der Dftküfte Siciliens, auf einer Halbinſel 
gi. N.; i. Iſola wa Magnifi. Zhuc. 6, 97. Verg. 
4.3, 698, — 2) Küjtenftadt der afrifanifchen Pro: 
vinz Byzacium, j. Dimas mit Ruinen, berühmt 
durch den Sieg Cäſars 6. April 46 v. C. Caes. 
‚b. Afr. 28. 79 ff. Strab. 17, 831. 834. 
Thargelia, @aoyrjkıa, Feſt des Apollon zu 
‚Athen im Monat Thargelion (Mai— Juni), der 
von demjelben den Namen erhielt, die Hauptfeier 
des apollinischen Kultus Athens. Dem Namen 

nach bezog es ſich uriprünglid auf die Zeitigung 
der Feldfrüchte (Bepyrjlıc ulcı advreg oil dad 





1198 


yiis ago‘), für welche gleichzeitig am 6. Thar: 
gelion der Demeter Chlod ein Schaf geopfert | 
wurde. Wie aber bei Apollon die Borftellung 
eined Sonnengottes zurüdtrat, und er vorzugs— 
weile für einen Gott der Reinheit in der fittlichen 
Welt galt, jo nahm diejed Feſt den vorherrichen: 
den Charakter eines Neinigungs: und Sühnfeftes 
für die ganze Stadt und ihre Bewohner an. 
Reinigungen wurden vorgenommen am 6. Thar: 
gelion, dem Geburtstage der Artemis, und am 7., 
dem des Apollon. Als Sühnmittel famen bei dieſem 
Feſte (am 6. Thargelion) noch Menfchenopfer vor; | 
2 des Todes ohnehin ſchon jchuldige Verbrecher 
(pagpuaxol) wurden, mit Feigenſchnüren behangen, 
unter Flötenmuſik binausgeführt und (durch den 
Sturz vom Felſen oder durch Gteinigung) ge: 
tötet. Vielleicht fand auch eine wirfliche Tötung 
gar nicht ftatt (ſ. Mommſen, Heortologie, S. 414 ff.). 
Im übrigen jcheint, dem Charafter des apolli- 
nischen Kultus gemäß, die Feſtfreude überwogen 
zu haben. Der ganze Kultus wurde in mpthilhe 
Besiehung gebracht zu dem Tribut der Athener 
an Minos und dem Mettungszuge des Thejeus. 
Das Schiff, auf dem Thejeus nach Kreta gefahren 
war, führte nod) ns. wahrjcheinlich zu 
gleicher Zeit mit den Thargelien, die heilige Ge: 
jandtichaft der Athener nach Delos, um am Feſte 
der Delien dem Gotte an feiner Geburtsftätte die 
ſchuldigen Opfer darzubringen. Thargelien mwur: 
den auch gefeiert in den von Athen ausgegangenen 
ionijchen Kolonien und in dem von Joniern ge: 
gründeten Mafjalia. 

Thasos, «sog, j. Tafo, eine nur 2 M. von 
der thrakiſchen Küſte la: etwa 6 D Meilen 
große Inſel des Migaiischen Meeres, der Mün— 
dung des Neftos gegenüber, war im Nltertume 
höchit fruchtbar an Getreide und Wein, befonders 
aber bedeutend durch die von den Phoinikern ent: 
dedten Goldbergwerfe, die die — des Staats 
bis auf 300 Talente brachten. Hat. 6, 46. Jetzt 
findet fich von denjelben feine Spur mehr. Die 
meiften Berge beftehen aus weißem Marmor und 
find mit Waldungen bededt, die jebt, wie im 
Altertume, treffliches Schiffsbauholz Tiefern. Die 
Snfel wurde nah 700 v. E. von den Bariern 
folonifiert. Die Thafier hatten auch an der thrafi: 
jchen Küfte zahlreihe Niederlaffungen (Hat. 7, 118. 
Thuc. 1, 100), Galepjos, Diiyme (Thuc. 4, 107), 
Stapte Hyle, Apollonia, Daton, Stryme und Kre: 
nides. Den Perſern wagten fie jedoch nicht zu 
widerftehen, jondern riffen, 492 v. C. auf Befehl 
des Mardonios ihre Mauern nieder und lieferten 
ihre Schiffe aus. Hat. 6, 46f. Später traten fie 
zu dem Seebunde der Athener, fielen in der Folge 
im J. 465 freilich ab, mußten ſich aber, von Kimon 
befiegt, unterwerfen, 463 oder 462. Zhuc. 1, 100, 
Am Ende des peloponnefiichen Krieges wurden die 
Spartaner Herren der Inſel, jpäter geboten dort 
die Mafedonier, bis die Römer nach dem Siege 
von Kynoskephalai die Inſel für frei erflärten. 
Liv. 38, 30. 35. Mus Thafos ftammten der Maler 
Polygnot und der Geichichtichreiber Stefimbrotos. 
Neuere Ausgrabungen haben die Trümmer eines 
römijchen Triumphbogens, eines Theaters und 
eines Apollontempels zu Tage gebracht. Abhand: 
lung von Haſſelbach (1838). | 

Thaumas, Oavues (der Wunderbare), 1) Sohn | 
des Bontos und der Ge, erzeugte mit der Ofeanide 








Thasos — Theano, 


| Elektra (der glänzenden Meereswoge) die Harpyien 


und die Jris, die deshalb Oavuavrıds und Pav- 
uavrig heißt. Hesiod. theog. 237.265 ff. Verg. A. 
9, 5. Or. met. 4, 480. — 2) Kentaur. Or. met. 
12, 303. 

Theagönes, @sayirns, 1) Sohn des Timo 
fthenes, eines Heraffespriefters auf der Inſel Tha- 
ſos. Da er ſich jchon frühzeitig durch Körperftärfe 
bervorthat, wird auch Herafles als jein Vater ge- 
nannt. Als Athlet erwarb er fich jpäter großen 
Ruhm und foll nad) Plutarch 1200, nad) Banfanias 
gar 1400 Siegeskränze gewonnen haben. Einer 
jeiner Feinde ging nad) dem Tode des Theagenes 
in jeder Nacht zu feiner ehernen Bildjäule und 

eißelte ſie; da joll fie herabgefallen fein und den 

kann erjchlagen haben. Die Angehörigen des 
Erichlagenen erhoben Klage, und die Statue wurde 
ins Meer geftürzt. Es entftand Mißwachs, der 
fortdauerte, bi8 das wieder von Fiſchern aufge: 
fundene Standbild an feinen alten Platz gebracht 
worden war. — 2) aus Nifaia (Hafen von Me: 
gara), gelangte um 625 v. ©. zur Tyrannis von 
Megara. Er jchüßte die ärmeren Bürger gegen bie 
Adeligen und Reichen und erhielt zu jeinem Schuge 
eine Leibwache. Aristot. pol. 5,4, 5. Dem Athener 
Kylon (j. d.) gab er feine Tochter zur Gattin und 
ſchickte ihm Truppen, als jener fich zum Herrn Athens 
u machen verfuchte; jpäter wurde Theag. von den 

egarern vertrieben. Um jeine Baterjtadt machte 
er fich durch Anlegung einer Wafjerleitung jehr ver: 
dient. Thuc. 1, 126. Paus. 1, 28. 40f. — 3) Un: 
führer der Thebaner und Boioter in der Schlacht 
bei Chaironeia, 338 v. C. Plut. Aler. 12. — 
4) aus Rhegion, Schriftiteller aus dem 6. Jahrh. 
v. C. erflärte die homeriſchen Geſänge, namentlich 
die Sagen de3 Dichters in allegoriiher Weile. — 
5) Sophift aus Knidos, Lehrer des Herodes. 

Theäges, ®edyns, 1) ein Pothagoreer, nad) 
Stobaios Berfafler einer Schrift eel derrär. 
— 2) Schüler des Sokrates, nad) dem einer der 
angeblichen platoniſchen Dialoge benannt iſt. 
Schwächlicher Gejundheit wegen konnte er jid 
nicht mit Staatögefchäften befaflen, daher er ſich 
der Philojophie widmete. Plat. apol. 34. 

Theaitetos, Osalrnros, 1) Sohn des Euphro: 
nios, aus Sunion, ein Sofratifer und befanmnt 
durdy den nach ihm benannten Dialog des Platon 
und den Sophiftes, war vorher Schüler des Theo- 
doros in Kyrene gewejen. Er war freigebig, ob— 
wohl er durch Unredlichleit feiner VBormünder große 
Verlufte an jeinem Vermögen erlitten hatte, und 
auch tüchtig im Kriege. — 2) Puthagoreer, Ge: 
jeßgeber der Rheginer. — 3) Verfafler von 5 Epi: 
grammen in der griechiichen Anthologie. 

Theäno, Os«avo, 1) Tochter des Danaos, Ber: 
lobte des Phantes. — 2) j. Kisseus. — 3) Tod) 
ter des Pothonar und Gattin des Puthagoras; 
nad andern eine Tochter des Brontinos aus Kro— 
ton. Sie joll einiges geichrieben haben, was aber 
ſicher einer ſpäteren Zeit angehört, 3.B. Acol eder- 
Belag, 7 Briefe über Kindererziehung und das 
Hausmwejen, und anderes. — 4) eine jüngere Py— 
thagoreerin aus Thurioi oder Metapontum, joll 
eine Tochter des Pythagoras geweien fein und 
einige Schriften über Pythagoras verfaßt haben. 
— 5) Tochter des Menon, die als Priefterin den 
Fluch über Altibiades auszujprechen ſich ftandhaft 
weigerte. Plut. Alcib. 22. 


1 


15 


= 


Theatron. 


Theätron, P:aroor, theatrum. 
ſches Theater. 


jondern e3 war urjprünglihd ein Scauplap für 


alle zum Kultus des Dionyjos en Feierlich- ſchmales Segment vom Kreiſe abjchnitt. 


feiten, namentlich für die Aufführung der diony: 
fiihen Chöre (Dithyramben). Da fich aber aus 
diefen Chören die Tragödie und Komödie nad 
und nach heransgebildet hatten, jo wurde beim 
Bau des großen fteinernen Theaters in Athen 
auc darauf Rüdficht genommen, dag Schaufpiele 
in demfelben auf eine dem damaligen Standpunfte 
der Scaufpielfunft angemeffene Weile gegeben 
werden konnten. Dieje Umftände gaben ihm na- 
türlich eine Geftalt und Einrichtung, die von der 
Beichaffenheit unſerer Schanfpielhäufer vielfach 
verichieden ift. Auch erflärt ſich eben aus dieſer 
Beſtimmung der große Theaterreichtum fowohl in 
Griechenland jelbit als in den 
griechiichen Kolonien. Denn es 
gab in vielen Städten große und 
prächtige Theater, wo von Schau: 
ipielen nicht die geringfte Spur 
fi) vorfindet. In dem eigent: 
lichen Griechenland nun ift Athen 
ohne Zweifel die erfte Stadt ge: 
wejen, die ein fteinernes Thea- 
ter hatte, nad) dem auch die 
Negeln zur Erbauung eines 
Theaterd und die Anlage der 
einzelnen Zeile feit beitimmt 
worden find. Es lag in Athen 
am jüdöftlihen Abhange der 
Akropolis im Bezirke des Le— 
nation, wo auch der Tempel des 
Dionyjos ftand. Der Bau be: 
gann DI: 70, nachdem die höl- 

nen Siße und Gerüfte, auf 

nen man bisher den Spielen 
zugejehen hatte, zuſammenge— 
broden waren; vollitändig aus: 
— und ausgeſchmückt aber 
oll es erſt gegen Ol. 110 ge— 
weſen ſein, unter der Finanz— 
verwaltung des Lykurgos. Wer 
den Plan dazu entworfen und 
es gebaut hat, ift nicht befannt; 
die Überrefte desjelben find feit 
1862 durch Nachgrabungen blofgelegt worden. — 
Nach feiner architeltoniſcher Beſchaffenheit beftand 
das griechiſche Theater aus 3 Hauptteilen: 1) aus 
dem Zuſchauerplatze, dem eigentlichen Theatron; 
2) aus dem Bühnengebäude, der Stene, und 3) aus 
dem zwijchen jenen beiden Teilen befindlichen Raume, 
ber Koniſtra oder Orcheftra (j. unten 6) im wei: 
teren Sinne. Nach Vitruv wurde die Anlage dazu 
jo gemadt. Man bejchrieb auf dem Plate, wo 
ed gebaut werden jollte, einen Kreis von ber 
Größe, den unten der Umfang des Theatron oder 
der Raum für die unterften Sitzſtufen einnehmen 
jollte. In diefen Kreis wurde ein Viereck jo ge- 
zeichnet, daß alle Eden desjelben die Kreislinie 
berührten. Diejenige Seite des Viereds, die dem 
Orte, wo die Bühne ftehen jollte, am nächiten 
lag, bezeichnete da, two fie den Kreis durchichnitt, 
das Ende oder, von den Plätzen der Zuſchauer 
aus bejtimmmt, den Anfang der Bühne. Parallel 





1199 


1) $riedhi=| mit diefer Linie wurde an der Peripherie des 
Das altgriechiiche Theater war | 
nicht allein für die Aufführung von Schauſpielen, 
Tragödien, Satyripielen und Komödien, beftimmt, 


Kreifes eine andere Linie gezogen, auf der die 
hintere Bühnenwand oder die front der Scene 
errichtet wurde und zu ftehen fam. So erhielt 
die Bühne eine geringe Tiefe, da fie nur F 
er 
übrige Raum des Kreifes gab die Orcheftra; um 
dieje herum Ing das Theatron im engeren Sinne, 
die Schaufige, die aus fonzentrifchen, übereinander 
um die Orceftra laufenden Sitzſtufen beftanden. 
Man findet bei den noch vorhandenen Theater: 
überreiten für die Anlage des Baues gewöhnlich 
eine ſolche Ortlichfeit gewählt, die die Einrichtung 
der Zujchauerpläße begünftigte. Sie find gewöhn- 
lih an den Abhang eines Hügels angebaut, jo 
dag die Sitreihen zum großen Teil aus dem 
natürlichen Boden heransgearbeitet waren. Die 


Größe und Ausdehnung des Aufchauerraumes war 
nach Bedürfnis des Ortes und feiner Bevölferung 





A. Hargor. B. voziarge. C. axyn). d. duefuare, praecinetiones. e. zegxide;, 
ennel, f. Purdin. ) Ü 


g. mgooxjror. h, megiarro. i. nugaoxınıa. k. axeün. 
1. tugodor. 


Grundriß eines griehifchen Theaters. 


natürlich verjchieden. Das Theater in Athen fahte 
gegen 30000 Menihen; das zu Megalopolis 
dagegen hatte für 40000 und das zu Ephejos 
jogar für über 56 000 ®erjonen Pla. — Die 
einzelnen Teile: a) die Zuſchauerſitze 
(#Earpov, xoi)or, cavea). Xhre terraffenförmige 
Anlage, mwonad fie in immer weiter jchweifen: 
den Halbkreifen hintereinander aufftiegen, machte 
es möglich, daß die AZufchauer alles gut ſehen 
und hören fonnten. In Heinen Theatern bilde: 
ten dieſe Sitzſtufen nur ein einziges Stodwerf; 
in größeren waren fie durch einen oder auch 
2 weite Gänge, Umgürtungen (dıefouare, prac- 
einetiones, iter praecinctionis), welche mit den 
Sitreihen parallel von dem einen Ende des Halb- 
freife3 bis zum andern liefen, in 2 oder 3 Ab— 
teilungen oder Stockwerke (£üvaı) geteilt. Ein 
jedes Stodiwerf wurde durch mehrere Treppen, die 


von der unterften bis zur oberften Sitzreihe ſtrah— 


— 


5 zu Epidauros im unteren 


— 
- 


if. — 1) 


1200 


Theatron. 


fenförmig aufftiegen und die Halbfreije wie Radien Boden diejes Raumes war ungedielt und für ge: 
teilten, in mehrere feilförmige Abjchnitte (xeg- wöhnlich, wenigftens in der früheren Zeit, nur 


“iösg, cunei) zerjchnitten. 
Treppen war natürlich nach der Größe der Thea: 
ter verjchieden (im Theater zu Athen 14, in dem 
eile [bis zum erjten 
Diazoma] 13, im oberen Teile 23). Bon den 
Sisitufen diente die vordere Hälfte zum Sitzen, 
die hintere war etwas vertieft und für die Füße 
der höher Sitzenden bejtimmt. Die äußeriten Ed: 
pläße an beiden Enden des Theatron, den jo- 
genannten Hörnern (x!para), waren durd eine 
Brüftungsmauer begrenzt, die in jchräger Linie 
oder in denſelben Abjägen, wie die Sipftufen, fich 
herabzog und nur wenig über diejelben empor: 
tagte, um als Geländer zu dienen. Die Form 
der Sitzſtuſen war meift einfach, fie bildeten einen 
rechten Winkel. Doc machte man die Stufen auch 
ierlicher, böhlte z. B. die Sitzfläche leicht aus. 
—— betrug ziemlich das doppelte Maß 
ihrer Höhe. So beträgt im atheniſchen Theater 
die Höhe einer jeden Sitzſtufe 0,345 m, ihre Breite 
(Tiefe) 0,782 m, aljo mehr als das Doppelte der 
Höhe. Auf die fteinerne Sitzfläche legte man noch 
Kiſſen und Bolfter. Der Umgang durd die Sitz— 
reihen ift von verjchiedener Breite, z. B. im Thea: 
ter zu Epidauros 4m breit, und entweder einfach 
oder doppelt. Im Iegteren alle liegt der eine 
Weg oder Gang höher als der andere. Die erfte 
Sipreihe unter dem Gange hatte zumeilen eine 
fteinerne, künſtleriſch geſchmückte Rücklehne. An 
der Mauer des Ganges, die ſich ungefähr in 
Manneshöhe ſenkrecht erhebt, ſtanden wohl auch 
die Namen der einzelnen keilförmigen Abteilungen, 
wie dies an einigen Überreſten noch wahrzuneh: 
men ift. Die oc Sitzreihe umſchloß gewöhnlich 
eine, nicht immer mit den Sitzreihen konzentriſch 
laufende, Mauer; Säulenhallen finden fich an den 
Ruinen der Theater zu Tyndaris auf GSicilien 
und zu Aſpendos. Die Einteilung des Theatron 
für die verjchiedenen Klaſſen der Zuſchauer läßt 
fi nicht mehr ausfindig maden. Es ift wahr: 
iheinlih, daß jede Klaſſe ihre beftimmte Region, 
unmöglid) aber, daß jeder einzelne jeinen beftimm: 
ten Plaß Hatte. Die vorderften Reihen der Pläße 
waren für die Nichter, obrigfeitlichen Perſonen, 
Feldherren und Prieſter beftimmt, die, wie wir 
dies von Athen und Epidauros beftimmt wiſſen, 
von andern Theatern wenigjtens vermuten können, 
nicht auf Sikftufen, jondern auf marmornen Sefjeln 
jaßen, deren im Theater zu Athen 67 aufgefunden 
worden find, teils für 1, teils für 2, teils Pr 
3 Berjonen beftimmt, darunter hervorragend der 
des Priefters des Dionyjos Eleuthereus, die Mitte 
einnehmend und mit Reliefs reich verziert. Dann 
folgten die Bürger, ob nad) VBermögensflaffen ge 
ordnet, ijt nicht befannt; ihnen zunächſt it 
icheinlich die Frauen, dann die Metoilen und ganz 
oben Sklaven und Hetairen. 
den unter den Bürgern ihre Pläße, vielleicht auch 
bejtimmte Ehrenfiße gehabt haben. Ein bejonderer 
Teil des Theatron war das Zpnpındov, der Platz 
für die Epheben, defjen Lage nicht näher befannt 
er zwijhen den Zuſchauerſitzen 
und der Bühne gelegene Naum wurde, 
wenn Schaujpiele gegeben werden jollten, zu einem 
Standorte und Tanzplah für den Chor der Tra: 
gödie und Komödie bejonders hergerichtet. Der 


Die Fremden wer: 





Die Anzahl diejer | mit Sand beftreut, wenn er aud) jpäter mit Stein— 


platten belegt worden ift. Er hieß daher xori- 
oro«, Sandplag, arena. Weil aber bier die 
dithyrambiichen Chöre ihre ei und Reigen 
aufführten, jo hatte man in der Mitte einen Altar 
des Dionyſos (Hvuein genannt, j. Thymele) 
errichtet und den Platz jelbft auch oeyrjore«, Tanz: 
plaß, genannt. Wahrſcheinlich wurde der Plab 
um den Altar zum Behuf der Chortänge mit einem 
Bretterboden belegt, weshalb man wohl auc der 
anzen Konijtra den Namen Orcheſtra (im weiteren 
Sinne) gab. Ob der Opferaltar oder die Thy: 
mele, vermutlich von einigem Umfange und mit 
Stufen umgeben , bejtändig in der Koniftra ſtand 
oder nur für die dionyjiichen Feſte errichtet wurde, 
läßt ſich nicht beftimmt angeben. Doch dieje etwa 
10 bis 12 Fuß tiefer als die Bühne gelegene 
Orcheſtra darf nicht mit dem Standorte des tragi: 
ichen oder fomijchen Chores während der theatra- 
liichen Aufführungen verwecjelt werden. Wenn 
nämlich Schaufpiele gegeben werden jollten, ſo 
wurde dafür ein bejonderer Bretterboden vor der 
Bühne, ein Podium, nur wenig tiefer als dieje, 
auf einem Gebälf aufgerichtet. Diejer Boden nahm 
etwa die Hälfte der ganzen Koniftra ein, erjtredte 
fih von der Bühne bis zur Thymele und hieß 
in engerer Bedeutung gleichfalls Orcheſtra. Zu 
diejer jcenifchen Orcheftra gelangte der Chor durd 
diejelben 2 Haupteingänge (rdgodoı), die, an der 
rechten und linken Seite zwiſchen dem Theatron 
und der Bühne gelegen, auch von den Zujchanern 
benugt wurden, um von der Koniftra aus zu den 
Schauſitzen zu gelangen. Auf Stufen jchreitet dann 
der Chor auf jeinen erhöhten Standort. Mit der 
Bühne war die Orceftra gleihjalls durch einige 
Stufen verbunden, damit der Chor die Bühne und 
von dieſer twieder zurüd die Orcheſtra betreten 
fonnte. Die Orcheſtra ijt im ſeeniſcher Hinſicht 
als eine unmittelbare yortjegung des Raumes zu 
betrachten, den das Projcenium oder die Bühne 
darzuftellen hatte, und gehörte zu diefer in jeder 
Beziehung. Sie konnte demnach nicht wie im 
römischen Theater durch einen Vorhang von ber: 
jelben getrennt jein, und in der That findet fich 
von einem Theatervorhange auf der attifchen Bühne 
nirgends eine ſichere Nachricht. Theatraliiche Bor: 
richtungen oder Maſchinen, die der Orcheſtra 
ei hätten, werden mit Ausnahme einer 
Berjenfung (dvamissur) und gewifler für die 
Stellungen und Touren des Chores vorgezeichneter 
Linien nicht erwähnt. Die fogenannte charo— 
niſche Stiege (zapmreıoı xAluenes) war wohl 
von diejer Verjenfung der Sache nady nicht ver: 
ichieden, jondern nur ein anderer Name für die: 


'jelbe Sache. — ce) Die Scene, une, zu einem 


bejonderen Zeile des Theaters erjt in jpäterer 
geit ausgebildet,. während anfangs mit dem Chor 
auch der Schaufpieler jeinen Platz in der kreis— 
runden Orceftra hatte. Mit diejem Worte ber 
zeichnete man bisweilen im weiteren Zinne das 
ganze Bühnengebäude, in engerer Bedeutung aber 
die den Hintergrund begrenzende Bühnenwand 
mit ihren Deforationen; zumeilen auch den vor 
der Scenenwanb gelegenen Raum, auf welchem 
die Schaufpieler jtanden und agierten. Gewöhn— 
lid heißt aber diejer Pla gosxrjvıor, auch 


Theatron. 


koyeiov, Sprechplatz. Das Profcenium wurde an 
der rechten und Tinten Geite durch 2 Geiten- 
gebände begrenzt, die als Flügel von der Bühnen: 
wand aus mach den beiden Hörnern des Theatror 
vortraten. Sie hießen rupuoxNvıa. ze dieſe 
als auch die hinter der Bühnenwand gelegenen 
Räume, das postscenium, dienten den Schaufpie- 
lern und dem Chore zum Aufenthaltsorte, zu An— 
fleidezimmern, zur Aufbewahrung der Koftüme, 
der Maſchinen, kurz des ganzem nn 
Apparats. Der gedielte Boden diejes Proſceniums 
ruhte auf einer Mauer, deren Front dem Zu— 


Ichauerraume zugefehrt und ganz fidhtbar war, 
wenn bor elben nicht die ie Orcheſtra 
and. Sie war mit Säulen und Statuen ge— 


chmückt, zu Epidauros z. B. mit 14 ioniſchen 
Halbſäulen, zwiſchen denen vermutlich Statuen 
—— und hieß, wie der unter der Bühne be— 
udliche hohle Raum, imooxrjvıov. Die Bühne 
war, wie ſchon bemerkt worden ift, von großer 
Breite, dagegen von geringer Tiefe, fie bildete 
ein langgezogenes Rechter. D6 fie für gewöhnlich 





1201 


gemächern, Gaftwohnungen und andern Neben: 
gebäuben. Nicht jelten war auch die damit ver: 
wandte Dekoration eines Tempel3 mit andern 
Anlagen und Nebengebäuden zu fehen. Natürlich 
ſah man immer die front, nicht das Innere. 
Die eben genannten und gewifjermaßen jtehenden 
Delorationen ag in vielen Fällen der Inhalt 
und Verlauf der Handlung jelbft mit fi, daher 
auch die alten Grammatifer und Lerifographen 
von ihnen ſprechen, als wenn fie die allein den 
gewejen wären. In vielen Tragödien, Komödien 
und Satyrdramen aber mußte die Scenenwand 
natürlich anders deforiert jein (vgl. erde 
PBromethens, Sopholles’ Philoftetes und Wins 
Euripides’ Helabe, Troades u. ſ. w.), und gewiß 
nur auf jehr wenige Stüde war anwendbar, was 
eine — — — daß die mittelſte 
Thür der Aufenthalt des Protagoniften, die rechte 
bes Denteragoniften, die linfe des Tritagoniften 
gewejen fei. Dieje Angabe ftimmt mit den Rollen 
in ben meijten der erhaltenen Tragödien nicht 
überein; es find ohne Zweifel Einzelheiten zu 











2444 “4, ee 
— — 


fi 





Theater von Segefta. 


mit ber Orcheftra durch eine Treppe verbunden 
war oder eine jolhe nur in Stüden, in denen 
der Chor die Bühne betritt (3. B. Aiſchylos' Aga: 
memnon), — wurde, iſt nicht ſicher zu 
entſcheiden. (S. die Abbildung.) — Was Sce: 
nerie, Dekoration und Maſchinerie betrifft, 
jo fteht im allgemeinen feft, daß die gefamten 
Vorrichtungen ganz einfache und jehr wenige waren, 
wenigftens im Vergleich zu den heutigen Theater- 
apparaten. Scenenmalerei, oxnvoygap/a, lam 
ſchon frühzeitig in Anwendung. Nach Bitruv 
1 praef.) malte Agatharchos zur Zeit des Aiſchy— 
08 die Scene und bejorgte deren Berzierung, 
wie fie den Stüden des Dichters zu ——— 
ſchien. Die Scenenwand, deren ungefähre Höhe 
nicht angegeben werden kann, hatte 3 Ausgänge 
oder Thüren auf das Profcenium, durch melde 
die Schanfpieler hervor: und wieder zurüdtraten. 
Die Malerei und Dekoration diefer Wand ftellte 
in der Tragödie oftmals einen Palaft dar. Aus 
der mittleren Thür, der jogenannten königlichen 
kai trat der König und Herrſcher; die beiden 

itenthitren bezeichneten einen Eingang zu frauen: 

Reallegiton des HMafl. Altertums. 7. Aufl. 


maßgebenden Bejtimmungen gemacht worden. — 
Neben diefen 3 Thüren find als jceniiche Bor: 10 
richtungen noch die Beriaften (meolaxroı) zu 
— mit denen zum Teil wenigſtens die auf 
ber Bühne nötigen Verwandlungen des Orts be— 
wirft wurden, und zwar in der Weife, da die 
Drum einer Berialte eine Ortöveränderung 
innerhalb der gleichen Gegend (aljo 3. B. in 
Sophofles’ Wind), die Drehung beider Periakten 
hingegen die Veränderung der Gegend jelbft be- 
eichnete (3. B. in den Eumeniden des Nifchylos). 
ie beitanden aus 3 in einem gleichjeitigen Dreied 
aufgerichteten Wänden, welche um einen im Mittels 
punkte des Dreiedd befindlichen und im Boden 
eingelaffenen Zapfen herumgebreht wurden, und 
vertraten die Stelle der modernen Couliſſen. Zwi— 
ichen diejen Periaften und der Scenenwand waren 
auf beiden Seiten offene Räume, die den Schau: 
ipielern als Ein: und Ausgänge dienten. In dem 
Theater zu Athen, das an die Südjeite der Akro— 
polis angebaut war, bezeichnete der — oder 
Auftritt von der rechten Seite eine Ankunft über 
Land oder aus der fremde, der von der linken 


76 


1 


— 


1202 


Seite eine Ankunft aus der Stadt (xechts und 
lint3 von der Bühne aus bezeichnet; umgekehrt 
vom Zuſchauerraum aus). Die Scenenwand mit 
den dahinter gelegenen Räumen und Zimmern 
war bebedt, der übrige Teil der Bühne und des 
Theaterd aber unbededt. Trat während einer 
theatraliichen Borftellung Regen und naſſe Witte: 
rung ein, jo flüdhteten die Zuſchauer entweder in 
eine hinter dem Theater gelegene Säulenhalle oder 
in die Hallen der benachbarten Tempel oder aud) 
in andere in der Nähe gelegene Gebäude (3. B. 
zu Athen in den Ajflepiostempel und die Eume: 
nifche Stoa, j. Attika, 12.). — Von den verjchies 
denen Theatermajdhinen fennen wir fajt mur 
die Namen. Die Notizen des Pollur (4, 127—132) 
find jehr furz und unbeutlih. Inter ihnen wird 
Öfters genannt da3 Zunuxinue und die ZEo- 
sroa. Jenes war eine Majchine, die auf Rädern 
ruhte und gerollt werden fonnte; dieſe eine Art 
Balkon, der in einem oberen Stodwerfe ange: 
bracht und hervorgerollt wurde. Beide dienten 
dazu, den Zuſchauern Dinge und Scenen zu zeigen, 
die im Innern des Hauſes oder Palaftes vor: 
gingen (j. diefe Art.). Ferner wird eine ungern 
genannt. Unter diefer allgemeinen Bezeichnung 
wurde vorzugsweiſe jene Maſchine verftanden, auf 
der Götter in der Höhe erjchienen. Der befannte 
und jprihwörtlicd; gewordene deus ex machina, 
Deög El ungeris, den Euripides in feinen Dra- 
men öfters gebraucht hat, erhielt daher jeine Ent- 
ftehung. Das Heokloyzior (die Götterbühne) 
war gleichfalls eine Vorrichtung, die Götter in 
oberen Regionen befindlich zeigte; es ſcheint oben 
an der Scenenwanb feine Stelle gehabt zu haben. 
Flug: und Schwebemajchinen find unter fsonu« 
und yegavog zu verftehen. Auch ein Bligturm 
en) und eine Donnerma: 
hine (Beorrsior) waren vorhanden. Zu dem 
Maſchinenweſen gehörte auch die dıoreyia, ver: 
mutlich ein Gebäude mit 2 Stodwerten, aus defjen 
oberem Geihoß man ig um zu bemerken, 
was unten vorging; ferner dad povxragıor, 
eine Art Signalwarte, das in der erften Scene 
des Agamemnon von Aiſchylos angewendet wurde. 
„Das gejamte Maſchinenweſen war der Natur des 
älteren Dramas gemäß nur in mäßiger Anwen: 
dung vorhanden und gehörte mehr dem Zeitraume 
des Aiſchylos jowie der alten Komödie an, denen 
als gemeinjamer Grundzug ein phantaftiicher Cha— 
rafter beigelegt werden darf. Die Nachfolger be: 
durften, je mehr fie jih auf die Kreiſe menjchlicher 
Erfahrungen beichränften, feltener jo außerordent: 
lidjer Mittel für finnliche Wirkungen. Nur die 
alten Komiter mußten im Geifte ihrer phantafie- 
reihen Gattung ſolche Kunftmittel gebrauchen und 


durch neue Zuſätze noch beträchtlich erweitern.“ | 


Endlich werden Ayei« erwähnt, angeblid Schall: 
efähe, die es ermöglichten, daß die Stimme der 
haufjpieler in jo großen Räumen vernommen 

wurde. Der gewöhnlichen — nach waren 

es Schalllinſen, die in Te eile die Ton: 
wellen in einem Bunkt auffingen, wie das Brenn— 
glas die Lichtwellen; aber mwahrjcheinlich find fie 

„eine Erfindung 

ihm ſelbſt ift niemals der Auftrag geworden, fie 

irgendwo auszuführen”. — Wenn das Theater in 

Athen gefüllt war, jo mochte leicht ein Publikum 

von 20 — 30 000 Berjonen in demſelben verjam: 


Vitruvs, nichtd weiter — und 


Theatron. 


melt fein, die höchſt wahrjcheinlich nach den Phy— 
fen geordnet jaßen. Wer waren aber die Zu: 
ichauer im atheniſchen Theater? Hier handelt es 
fih namentlih um die Brage, ob frauen den 
Theaterſpielen zugejchaut haben oder nicht. Man 
hat jich nemerdings dahin ausgejprocden, daß die 
Frauen vom Beſuche des Theaters nicht ganz aus: 
eſchloſſen geweſen, ihre Anweſenheit aber, in 
herer Zeit wenigſtens, auf die Tragödie zu 
beſchränken ſei; bei der Komödie ſeien ſie nicht 
zugegen geweſen. Daß ſie getrennt von den Män— 
nern ſaßen, iſt nicht nachweisbar. Auch Knaben 
wurden ohne Bedenken in das Theater gelafien; 
ob aber Sklaven den Borftellungen beimohnen 
durften, ift zweifelhaft. Der Eintritt war nicht 
unentgeltlich, doc; Perikles verjchaffte den weniger 
bemittelten Bürgern freien Eintritt (j. Ozweı- 
x v). Da die Vorftellungen jchon früh ihren An- 
fang nahmen, jo ab und trant das Publikum 
im Theater; andere Zujchauer famen auch jpäter, 
andere gingen früher wieder weg. Während des 
Spieles herrjchte nicht immer Ruhe; Beifall und 
Miffallen legte man laut an den Tag. Auch 
gegen einzelne mihliebige Perſonen unter den Zu: 
ſchauern gab fich zuweilen der Unwille des Publi- 
kums laut zu erfennen. Beim Bortrage ber 
Schaufpieler wurde großer Wert auf eine rich: 
tige und deutliche Ausiprache gelegt, und jeder 
Berftoß dagegen gerügt. Zeichen des Miffallens 
waren Pfeifen und Pochen, des Beifalld Hände: 
Hatichen und lauter Zuruf. Stellen, die bejonders 
gefielen, wurden auf den Ruf «udıs (da capo) 
wiederholt. Im ganzen aber mochte die Auffüh- 
rung der Tragödien mit mehr Ruhe, Ernft und 
| Anftand abgewartet werden, als die der Komödien, 
bei denen lautes Gelädyter und jeglicher Mutwille 
ganz gewöhnlich waren. Unbequem für die Zu- 
ſchauer war natürlich der Umftand, daß die Theater 
unbededt waren. Gegen die Sonnenftrahlen juchte 
| man fi) daher durd; Hüte mit breitem Rande 
‚ (reresog) und gegen den Regen durch Mäntel zu 
ſchützen. Vgl. Strad, das altgriechiiche Theater: 
| gebäude (1843). Schönborn, die Stene der Helle- 
ı nen (1858), Sommerbrodt, das altgriechiiche Thea: 
ter (1865). Scaenica (1876). Flach, das griechiſche 
Theater (1878). Alb. Müller, Lehrbuch der griechi- 
ſchen Bühnenaltertiimer (1886). Opitz, Schaufpiel 
und Theaterwejen der Griechen und Römer (1889). 
Ohmichen, das Bühnenwejen der Griechen und 
Römer (Iw. Müllers Handb. der klaſſ. Altertums— 
wiſſenſchaft, V, 3 ©. 181 ff. 1890). Schreiber, 
fulturhiftor. Atlas des Altertums (1885), Tafel 
1—6. — 2) Das römijhe Theater war im 
ganzen und allgemeinen nad dem Mufter des 
 griechiichen eingerichtet, wenn auch die Erbauung 
eigentliher Theater erjt dem Ende der Republif 
und der Kaiſerzeit angehört. Im Anjange bejtand 
die Scene in einem einfachen Gerüfte, um das fich 
bas Bolf herumdrängte und ftehend zuſchaute. Die 
Cenſoren Balerius Mefjala und Caſſius Longinus 
liefen um 154 v. E. zuerft ein Theater mit feſten 
Sigplägen errichten; allein biejer begonnene Bau 
wurde auf Antrag des P. Cornelius Scipio Nafica 
wieder jene, The Nach Karthagos Zerftörung, 
als L. Mummius griechiſche Dramen durch grie— 
chiſche Schauſpieler aufführen ließ (145 v. G.), 
wurden griechiiche ng ige nachgeahmt 
"und den Zuſchauern fefte Sige gegeben. Das Ganze 





’ 


13 


Theatron. 1203 


aber war eilfertig erbaut und wurde nad) der Auf: | Dach der Höhe der Scene gleich fam. ber dem 
führung wieder niedergeriffen. Erſt En. Bompejus | Dache diefes Säulenganges wurden Seile befeftigt, 
errichtete 55 v. E. ein ftehendes Theater mit an: | vermitteljt deren zum Schuß der Zuſchauer gegen 
geblich 40 000 Sipplägen, und von da an blieb | die Sonnenftrahlen Teppiche über die ganze Cavea 
die Einrichtung beftehen. Bon diejer Zeit an geſpannt werden fonnten. Die a Bor: 
bis herab zur Zeit bes Auguſtus gewinnt das | richtungen find in dem größeren Theater zu Pont: 
Theater immer größere Ausdehnung und die Bühne | peji deutlich erfennbar. — Den Zuſchauern war 15 
eine reichlichere Ausihmüdung. Die Eenforen und auch der andere Zeil des Theaters, b) die Or— 
noch öfter die Adilen pflegten die Theater zu er: | deftra, eingeräumt. Denn da der Ghor der 
bauen. So errichtete der Adil Ämilius Scaurus römiſchen Tragödie jeinen Pla auf der — 
52 dv. C. ein Theater, das 80 000 Menſchen faßte auf dem breiter angelegten Vorderraume (pulpi- 
und mit mehr als 3000 Statuen geſchmückt ge: |tum), nahm, jo bedurfte man auch feiner Orcheitra 
wejen jein joll. Curio foll bei dem Leichenbegäng: | im Sinne und nad Beſtimmung der Griechen. Die 
uifje jeines Vaters 2 Theater erbaut haben, die | Senatoren hatten hier ihre Sie. Durch die lex 
herumgedreht werden fonnten und dann ein Amphi- Roscia theatralis erhielten 67 v. C. aud die 
theater bildeten. Plin. 36, 15, 24. Beſonders ge: | Ritter einen Ehrenplag, und jpäter wurde auch 
rühmt werden die Theater des Marcellus, Pont: der Play von den unterften Sigreihen um die 
pejus und Cornelius Balbus. — Die Anlage eines ER herum als ein ausgezeichneter angejehen. 
römischen Theaters war von der des griechischen | Diejer Pla hieß podium und war jo breit, daß 
etwas verichieden. Man zeichnete in den Kreis ein | einige Reihen Serfel darauf ftehen fonnten, Um 
gleichjeitiges Dreied, Ei Eden die Peripherie | die heiße Luft abzukühlen, wurde Wafler und 
des Kreiſes berührten. Die Linie des Dreieds, | Wein, mit wohlriechendem Erocus vermiſcht, ver: 
die dem Orte, wo die Scene errichtet werden | mitteljt eines Druckwerles als feiner Regen über 





ai 
. * — —— 
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a sk u; +, * —35 
...mm 


IIITTER 








Theater zu Mipendoß. 


follte, am nächften war, bejtimmte die Front oder |die Cavea verbreitet. Auch beftreute man, um 
— Wand der Scene. Parallel mit dieſer widrigen Geruch zu vermeiden, verſchiedene Plätze 
!inie wurde durch den Mittelpunkt des Kreiſes mit nen, bejonders mit dem jcharfriechenden 
eine andere gezogen, die das vordere Ende des | Erocus. — c) die Bühne (scaena). Ihre Yänge 
Proſceniums und den Anfang der Orcheſtra be: | betrug 2 Durchmefler der Orcheftra, ihre Höhe 
ftimmte, natürlich von der Scenenwand aus be= | durfte aber nur 5 Fuß betragen, damit die in der 
trachtet. Der übrige Halbfreis machte die Orcheftra | Orcheftra Sigenden alles bequem jehen konnten. 
aus, die im römiſchen Theater viel Heiner war | In der Bühnenwand befanden ſich ebenfalls drei 
als im — während bie Bühne eine Thüren, von denen die beiden Seitenthüren Frem— 
geöbere iefe hatte. Es beſtaud das römijche | denwohnungen, hospitalia, vorftellten. Die Sce: 
heater wie das griechiſche aus 3 Teilen: a) aus | nenmwand erhielt gewöhnlich eine Verzierung durch 
dem Zuſchauerraume (cavea), der bald Ein |eine oder mehrere Säulenjtellungen; auch wurden 
Stodwert, bald mehrere enthielt. Vom griech: | die Wände der Scene durch Gemälde und andere 
fchen SEargo» unterjchied fi die römische cavea | Gegenftände des Luxus verziert, z. B. durch Mar: 
Dadurch, daß fie nur um die Hälfte des zu mor und marmorne Säulen. Im übrigen war 
Grunde liegenden Kreijes herumlief, während jenes | die Einrichtung der Bühne wohl der ——“ 
über den Halbkreis noch hinaus ging. Die Sig: gleich, wie auch die Dekoration und Maſchinerie, 
ftufen waren ebenfalls durch die auffteigenden Trep: | worüber wir feine bejonderen Nachrichten haben, 
pen, beren Zahl immer eine ungleiche war, in|in den Hauptjachen den griechiichen gleich gewejen 
keilförmige Abjchnitte (cunei) geteilt. Die mittelfte | jein mögen. Eine Maſchine, das pegma, wird 
Treppe war immer nach dem Mittelpunfte des | bejonders erwähnt. Doch jcheint dieſe weniger für 
Kreiſes gerichtet. Hinter und über der legten Sit: | dramatische Darftellungen als für andere Kunſt— 
reihe befand ſich ein bededter Säulengang, defjen !ftüde benugt worden zu jein. Der Sprecdplag, 


76* 


Tr», 


1204 


Theatron. 


wo die agierenden Schanfpieler ftanden, Aoyeiov,| dere, exsibilare dagegen hieß ein Stück aus: 


hieß auch oft pulpitum. — Eigentümlich war der 
römischen Bühne ſeit 133 v. E. ein Borhang 
(aulaeum), womit fie vor dem Beginn der Dar- 
jtellung bededt war. Diejer Vorhang wurde, wenn 
die Darftellung beginnen jollte, nicht wie bei uns 
heraufgezogen,, fondern herabgelafien; am Ende 
derielben erhob er fich dann wieder. Hinter der 
Ecene war gleihfjall eine Säulenhalle erbaut, 
um den Auichauern bei übler Witterung eine Yu: 
flucht zu eröffnen. Dieje Halle nahm am Theater 
des Pompejus einen anjehnlichen Raum ein und 
umſchloß einen mit Bäumen umpflanzten, mit 
einem Waſſerbaſſin verjehenen und mit Statuen 
verzierten Platz. Autritt zu dem Theater hatten 
in Rom alle Bürger, jelbit frauen und Kinder 
fonnten Anteil nehmen, nur Sklaven waren aus: 
geichlofien. Eintrittsgeld wurde nicht erlegt, da 
die Spiele ein Geſchenk (munus) an das Rolf 
waren, doch mußte beim Eintritte eine Marke 
(tessera) abgegeben oder vorgezeigt werden, worauf 


— — 





ziſchen oder auspfeifen. Die beſterhaltenen römi— 
ſchen Theater ſind das kleine von Tuſculum, das 
von Orange (Arauſio) in Südfrankreich, an dem 
das Bühnengebäude faſt vollſtändig erhalten iſt, 
und das zu Aſpendos in Kleinaſien (j. die Abb. 
S. 1203). Vgl. Arnold, das altrömifche Theater: 
gebäude (1873) und Marquardt, römiſche Staats: 
verwaltung, Bd. III (2. Aufl. 1885). — Zum 
Schluß no einige Worte über die den Römern 
eigentümlichen Amphitheater. Das Amphi- 
theatrum mar ein ovalrundes Gebäude, in dem 
sechteripiele und Tierfämpfe gegeben wurden. In 
der Mitte befand fich ein ebenfall® ovaler freier 
Plat für die Kämpfe und Spiele, der rings herum 
von den AZufchanerfigen umgeben war, die fich 
twie im Theater ftufenmeije übereinander erhoben. 
Die Anfenjeite des Amphitheaters hat ftets einige 
Reihen von Arkaden fibereinander, deren Pfeiler 
bald mit Wandfäulen, bald mit Pilaftern geziert 
find. Die Arkaden in dem unteren Stodwerfe 





Amphitheater des Flavius (Coliseo). 


der Sitz nach dem gradus und cuneus bezeichnet 
war. Eine Rangordnung der Pläße 2 in 
früheren gr nicht ftattgefunden. Erſt jpäter 
erhielten die Senatoren die Orcheftra und die 
Ritter die nächftfolgenden 14 erften Reihen. Daher 
die Redensart in quatuordecim sedere foviel 
bedeutet, als zum Mitterftande gehören. Das 
römijche Publifum zeigte im ganzen große Bor: 
liebe für die Theatervorftellungen, daher der Be: 
fuch immer zahlreih war. Gegen beliebte und 
gegen unbeliebte Zufchauer gab das Publikum 
durch Beifallklatſchen oder durch Pfeifen und 
Pochen bei ihrem Eintritte ſeine Zufriedenheit 
und Ergebenheit (z. B. gegen Mäcenas, Hor. od, 
1, 20, 3ff) oder — Unwillen und Haß laut 
u erkennen. Ebenſo erfuhren auch die Schau— 
—* die Gunſt oder Ungunſt der Zuſchauer. 
Mißfiel ein Stück, ſo wurde das Spiel durch 
Lärmen und Toben unterbrochen. Verlangte das 
Publikum das Abtreten eines Schauſpielers, ſo 
hieß dies eicere; die Wiederholung einer Stelle 
verlangen bezeichnet das Wort revocare; explo- 


waren Bugänge in das Innere desjelben und 
führten in einen das ganze Gebäude umgebenden 
Gang, aus dem man auf die Treppen zu dem ver— 
ichiedenen Reihen der Sige gelangte. Der mittiere 
freie Platz, worauf die Spiele und Kämpfe ge- 
ne wurden, war feftgeftampft und mit Sand 
eftreut, daher area oder arena genannt. Auf 
dieſen Plap führten von außen einige Zugänge, 
durch die die Gladiatoren eintraten und die zum 
Kampfe beftimmten Tiere eingeführt wurden. Rings 
um dieſen Plaß lief eine majjive Mauer mit Ge- 
wölben (caveae), teils zur Aufbewahrung der 
Tiere, teild zu andern VBeftimmungen; oben auf 
der Mauer ein mit Säulen verzierte® Geländer, 
um die Zufchauer vor den Tieren zu fihern. Der 
Plaß hinter diefem Geländer hieß podium. Hier 
hatte der, welcher die Spiele gab, jpäter der Kaiſer 
mit feiner vornehmen Umgebung, einen etwas er: 
öhten Sig. Über dem Bodium erhoben ſich in 
onzentrifchen, ftufenweije auffteigenden Kreijen um 
den ganzen Raum die Sie der Zuſchauer in 
3 bis 4 Stockwerken, und gan; oben war eine 


18 


Thebai, 


offene Galeric. Das ganze offene Gebäude wurde 


‚worden. Hdt. 8, 134. 


1205 
Vom höchſten Ruhm war 


zum Schuße gear: die Sonne oder den Regen | Dirfe, bald Bad), bald Quclle genannt, berühmt 


mit einem großen QTuche (velum, velarium) über: 
ſpannt. Das erſte Amphitheater legte in Rom 
E. Scribonius Eurio an (j. oben 13). Diejes be: 
wegliche Theater joll Beranlafjung zur Erbauung 
eines eigentlichen Amphitheaters gegeben haben, 
das Julius Cäſar 46 v. E. errichten lieh. Es 
war aber von Holz und wurbe nach Beendigung 
der Epiele wieder —— Richtiger wird 
wohl die Entſtehung der Amphitheater aus den 
ceirci hergeleitet (j. Niſſen, pompejan. Studien, 
Kap. 4). Statilius Taurus erbaute auf den Nat 
des Auguftus das erjte aus Stein auf dem Cam: 
pus Martius. Das vom Kaiſer Nero errichtete 
war wieder von Holz. Alle Amphitheater aber 
jowohl in der Hauptſtadt als auch in den Pro— 
vinzialftädten — denn auch in dieſen gab es ſolche 
Gebäude — murden weit übertroffen von dem 
Ampbitheatrum Flavium, Veſpaſian begann den 
Bau bdesielben nah Beendigung des jüdijchen 
Krieges, Titus vollendete ihn und weihte es 80 
n. C. ein. Es fahte auf feinen Sitzen 87 000 Zu: 
ichauer und noch außerdem 20 000 auf der offenen 
Galerie. Die Ruinen dieſes Gebäudes (j. die Abb. 
S. 1204), das noch heute il Coliseo genannt wird 
und 154 Barijer Fuß hoch ift, find jet vor wei— 
terem Zuſammenbrechen geihüßt. Von den Amphi— 
theatern außer Rom find am beiten erhalten die 
zu Verona, Capua und bejonders zu Nismes (Ne- 
mausus) in Frankreich. Ein Verzeichnis der vor: 
handenen Amphitheater gibt Friedländer, Dar: 
jtellungen aus der Sittengeſchichte Roms II, Ab— 
ichnitt II, 3. Unhang. 

Thebai, @nßeı, 1) in ältefter Zeit @rjßn (Hom. 
Od, 9, 264. 274), boiotiih Psißaı, Hauptitadt 
Boiotiens, mitten in einer hügeligen, wohlbewäller: 
ten, jehr fruchtbaren Ebene, die jich bejonders für 
Pferdezucht eignete. Der Sage nad) war fie unter 
dem Namen Kadusi« von Kadmos gegründet, auf 
einer ziemlich bedeutenden Unhöhe, dann von 
Amphion mit jehr hohen und feſten Mauern 
umgeben. Die Mauern hatten 7 Thore (Aesch. 
Sept.380. Eur. Phoen. 1111): Nyoyızı wular, "Hle- 
»rocı nad) Plataiai Hinführend, IIgorwidrs nad 
Tanagra und Ehallis, Nrjira, Konvaiaı (Bög- 
esıeı), Typıoraı, Ouololöeg, deren Lage fich nicht 
mehr jicher bejtimmen läßt. Daher Orßaı Errd- 
zvloe. Der Umfang der Stadt betrug 43 Stadien, 
mit Einrechnung der mit zahlreichen Gärten ge: 
ihmüdten Borftädte, xüuaı (4. B. Kynoskephalai 
und Potniai), aber 70 Stadien. Unficher ift auch 
die Lage der Akropolis, die von Ulrichs auf den 
füdmweltlichjten, von andern (3. B. Leake, Kiepert, 
Burfian) richtiger auf den nordweftlichiten Hügel 
gejept wird. Auf diejem Hügel der Afropolis liegt 
jest die Stadt Thiva, ım Volksmunde auh 7 











wegen ihres Haren Qucllwaflers, das bei bafchi: 


ſchen Weihen gebraucht wurde, aber aud) in dem 
Rufe ftand, die Weiber, die es gebrauchten, und 
die damit genehten Gewänder ſchön zu machen. 
— Theben ift nur zweimal völlig eingenommen 


ı worden, von den Epigonen in mythiſcher Zeit, und 
‚von Alerauder dem 
‚die Heiligtümer und Pindars Wohnung gänzlic) 


r. 335 v. C. der es bis auf 











Thebai. 
138.5 Stadien. 
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gehörte: ed zählte damals 40 000 Einwohner. 

it Kaflanders Hülfe wieder aufgebaut, blieb es 
fortan unbedeutend und war fpäter nur ein Dorf. 
Vgl. Unger, paradoxa Thebana (1839 f.). Ford): 
hammer, topographia Thebarum heptapylarum 
(1854). Fabricius, Theben (1890). — 2) Stadt 
der thejlaliichen Landichaft Phthiotis (Liv. 32, 33), 
daher Hißaı Bhrwrideg, unfern vom Bagajaiischen 
Meerbujen, mit einem Hafen, wichtiger Handels: 
plaß, jpäter durch Konkurrenz von Demetrias be: 
einträcdhtigt. 217 v. E. eroberte Philipp V. von Ma: 
fedonien die Stadt, verfaufte die Einwohner als 
Sklaven, jegte Mafedonier hinein und nannte die 
Stadt Bılianov mölıs. Ruinen beim h. Dorfe 
Aftitihe. Pol. 5,99. 18,2. Liv. 39, 25. — 3) die 


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Hauptſtadt von Oberägypten, das deshalb auch 


Thebais hieß; oft auch von ganz AÄgypten, nament: 
lich in den glänzenden Tagen der zwölften, acht: 
zehnten und neunzehnten Dynaftie. Bei den Agyp- 


Prßa genannt. Der Jimenos und die Ducle | tern hieß fie Nu: Amon (d. i. Stadt des Amon, 
Dirke, an den Borbergen des Kithairon ent: | darnah im A. T. No:Amon) oder Tape, bei den 
ſprungen, durchflofien die Stadt, die außerdem | Griechen jpäter Diospolis (magna). Schon Homer 
reih an Ouellen war: daher die Umgegend jo rühmt „die Hunderithorige Thebai“ (Il. 9, 381 ff.), 
reih an Gärten. Vor dem elektriichen Thore lag | und Diodor (1, 50) nennt fie die älteite Stadt. 
der hochheilige Tempel des iſmeniſchen Apol: | Noch in römiſcher Zeit, wo ihre Kunftinduftrie 


Ion, etwas weiter das Heiligtum des Amphiaraos, 
in dem indes fein Thebaner um Weisjagung jchla: 
jen durfte, denn der Heros hatte gefragt, ob 
Theben ihm zum Wahrjager oder zum Kampf: 
genofien haben wolle, und leßteres war vorgezogen 


blühte, erftredte fie ſich 80 Stadien weit auf beiden 
Flußufern, und jo find denn auch von ihr die 
großartigften Rejte des ganzen Altertums auf uns 
gelommen. Rechts vom Nil, bei dem h. Karnak, 
erheben fi) die mächtigen Trümmer des Ammon— 


1206 


tempels, nad) ©. durch eine Sphinrallee mit den! Themiskjra, @euioxvox, waſſer- und gras: 
Ruinen des Tempels von Lukſor verbunden. Links, reiche Ebene in Bontos, zwiſchen den Flüſſen Iris 
bei den h. Dörfern Medinet:Habu und Kurna, | und Thermödon, Heimat der Amazonen, mit einer 
lag die Stadt der Toten: Tempel zum Toten: | Stadt gi. N. unweit der Mündung des Ther- 
fultus (Mennu, deshalb Meurorsı« gen.), dar: | mödon, die aber zur Zeit des Auguſtus wohl jchon 
unter der von Diodor (1,47 ff.) Oovuarövsior | nicht mehr vorhanden war; j. Terme. Aesch. 


Thebanischer Krieg — Themistokles, 


genannte Votivtempel Ramſes' II. daneben Schu: 
len und Bibliothefen, auch die berühmte Mem: 
nonsfäule (f. Memnon, 1.); weiter im W., In 
einem Querthal des libyſchen Gebirges, die Felſen— 
gräber der Könige. Hdt. 1, 182. 2, 42. Strab. 
17, 815. Tac. ann. 2, 607. | 

Thebanischer Krieg j. Adrastos. | 

Thebe, ®rjßn, 1) ſ. Thebai, 1. — 2) Stadt | 
in Myfien, 50 Stadien Iandeinwärts in waldiger | 
Gegend am Berge Plakos, Geburtsort der Chryjeis | 
und der Andromache, von Achilleus zerftört (om. 
11.2, 691. 1, 366. 6, 397), fpäter verjchtwunden. | 
Xenophon (An. 7, 8, 4) juchte fie zwifchen Antan— 
dros und Adrampttion; richtiger zwiſchen Adra— 
mpttion und Karina. Nach ihr hieß die geiegnete 


Prom. 722, Hdt. 4, 86. Strab. 12, 5147. 
Themistios, @sulorıog, Sohn des Philoſophen 
Eugenios aus MBaphlagonien, war Rhetor und 
Philoſoph. Seine Blütezeit fällt in die zweite 
Hälfte des 4. Jahrhunderts n. E., in die Negie: 
rungszeit der Kaiſer Eonftantius, Julianus und der 
nächitfolgenden, die ihn alle wegen jeiner Bereb- 
jamfeit hoc) ehrten. Diefelbe verichaffte ihm auch 
den Beinamen Etpeadris; ja jein Zeitgenoſſe 
Sregorios nannte ihn Pacılevg Aöyar. Seine 
Thätigfeit als Lehrer und Schriftjteller war der 
Berediamkeit und Philofophie gewidmet. Won den 
36 Reden, die Photios kannte, befiten wir noch 
34, eine davon nur in lateinischer Überſetzung. 
Sie find meiſt panegyriſchen Inhalts, Dank: und 





Gegend um die Spitze des Adramytt. Bujens bis | Gedächtnisreden auf verichiedene Kailer, handeln 
Koryphas und Heralleia ro Onßns wedlor, The- auch über Freundſchaft, Aderbau und dergleichen. 
banus campus. Hdt. 7, 42. Xen. Hell. 4, 1, 41. Ausg. von ®. Dindorf (1832). Bon feinen philo- 
Strab. 13, 584 f. 611 ff. Liv. 37, 19. ſophiſchen Schriften befigen wir noch 4 Kommen— 

Theches, ®ryns, hohe Bergipige des Parka: | tare zu Ariftoteles in Fotm von Baraphrajen (her: 
dres in Pontos, an der Grenze der Mafronen, | ausgegeben von Spengel, 1866. 


jfüblih von Trapezus; j. Teich. Bon dort aus 
erblidte Xenophon mit den zurüdfehrenden Grie— 





Themisto, @suoro, 1) Nereide. Hesiod. theog. 
261. — 2) Tochter des Hypſeus, nach Ino Ge— 
mahlin des Athamas, Mutter des Orchomenos, 


chen zuerjt wieder das Meer. Xen. An. 4, 7, 21.| 

Theia, side, 1) Tochter des Uranos und der Ge, | Sphingios, Leufon, Ertthrios, Schoinens und 
Titanide, von ihrem Bruder Hyperion Mutter des | Ptoos. Athamas hatte ſich mit ihr vermäblt, weil 
Helios, der&os und Selene. Hesiod.theog.135.371.|er no für tot hielt; als er jedoch erfuhr, daß 
— 2) Tochter des Okeanos, Mutter der Kerfopen. | dieje als Balchantin in den Schluchten des Parnaß 


Theisöa, @sıooa, Name zweier Städte Arka— 
diens, deren eine im Südweſten in der Landichaft 
PBarrhafia am Nordabhange des Lyfaiongebirges, 
die andere in der Mitte im Gebiet von Orchome 
nos am Gortynios, einem nördl. Nebenflufie des 
Alpheios, lag. Paus. 8, 38, 3. 27,4. 

Theiüs, @soög, Nebenfluß des Alpheios im 
nördlichen Yafonien, j. Kutufarina. Paus. 8, 35, 3. 

Thelpüsa, O:inovsa oder Milpovsa, Stadt im 
nördf. Arfadien am Ladonfluß mit einem Aifle: | 
piostempel, jpäter verödet. Paus. 8, 25, 2. 

Themis, Oeuis, 1) Tochter des Uranos und 
der Ge, Gemahlin des Zeus, dem fie die Horen 
und die Moiren gebiert (Hesiod. theog. 135. 901); 
die Perjonififation der gejeglichen Ordnung. Bei 
Homer ift ihr Weſen noch unentwicdelt, doch er: 
jcheint fie auch hier jchon als eine Göttin, die 
neben Zend das Recht ſchützt und die Verſamm— 
lung der Männer beruft und auflöft. Hom Od. 
2,68. Muh im Olympos ericheint fie als eine 
Göttin des Rechts und der Sitte, fie weiß nichts | 
von Murren gegen Zeus. Cie ift eine wohl | 
ratende Helferin (etßoviog, omreıpa), wie Dike 





ſich verirrt habe, lieh er fie heimlich wieder ins 
Haus holen. Themiſto, die Dies Sg will die 
Kinder der Ino töten und gibt der no, die jie 
nicht fennt und für eine SHavin hält, den Befehl, 
ihre Kinder in weiße, die der Ino in ſchwarze 
Gewänder zu Heiden; Ino verwechſelt dies, und 
fo tötet Themifto in der Nacht ihre eigenen Kin— 
der und darauf, als fie das entdedt, ſich felbit. 
Hyg. fab. 1.4. — 3) ſ. Sternbilder. 
hemistogönes, Peworoyerns, aus Syrakus, 


wird ald Berfaffer einer Bejchreibung des Feld— 


zuges des jüngeren Kyros nach Oberafien genannt. 
Xen. Hell. 3, 1,2. Plut. de glor. Ath. 345 c. 
zetz. Chil. 7, 937. Manche glauben, daß Xeno— 
phon hinter diefem Namen verftedt fei; andere 
dagegen, da Th. einen Anteil an der Abfaſſung 
der Anabafis des Kenophon gehabt habe. 
Themistökles, @euioroxins, aus dem attijchen 


Demos Phrearrhoi, war der Sohn des Neofles. 
Von väterlicher Seite gehörte er zu dem altade- 


ligen Gefchlechte der Linfomiden, feine Mutter jedoch 
war feine Athenerin, jondern ftammte wahrichein- 
lid aus Alarnanien. Nep. Them. 1. Die über 


eine Beifigerin des Zeus. Mit ihm jchafft fie, die | feine Jugend und feinen Eharafter auf uns gefom- 
Mutter der Horen und der Moiren, die Ordnung | menen Nachrichten (Plut. Them. 25. 5. Arist. 2 f.) 
in der Natur und im Menjchenleben. Sie ift auch verdienen im ganzen wenig Glauben. edesfalls 
eine Drafelgöttin, die die Satzungen des Zeus trat er frühzeitig durch feine reihen Anlagen her: 


(Beworeg Atos) den Menjchen verkündet; vor 
Apollon war fie Inhaberin des delphiichen Orakels. 
Aesch. Eum. 2. Eur. Iph. T. 1181 ff. Sie wurde 
an verichiedenen Orten Griechenlands verehrt. Dar: 
geitellt ift fie nach dem Ideale der Athene, mit 
Füllhorn und Wage. — 2) Tochter des los, von 
Kapys Mutter des Anchiies. 


lage habe. 


vor, doch verichafften erſt die Perſerkriege jeinem 


‚ Ehrgeize volle Befriedigung. Deutlicher als irgend 


ein anderer Athener erfannte er nach der Schladht 
bei Marathon, daß dieje nur der Anfang eines 
längeren Kampfes mit den Berjern jei, daß aber 
Athens Macht im Meere feine natürliche Grund: 
Im Gegenjage aljo zu dem konſer— 


Themistokles. 


bativen Arifteideg, nach welchem das Schwergewicht 
bes attiichen Staates wie bisher auf dem Grund: 
befiße und dem Hoplitenheere ruhen follte, ftrebte 
er darnach, dieſes Schwergewicht auf die Flotte 
zu übertragen (Plut. Them. 4), der Handel und 
Gewerbe treibenden Maſſe der Theten Bedeutung 
zu verichaffen und damit eine Umgeftaltung der 
Berfafjung in demofratiihem Sinne anzubahnen. 
Der heftige Barteilampf, der infolge befjen zwiſchen 
Th. und Arifteides entbrannte, endete damit, daß 


legterer (483) durch den Dftrafiimos aus Athen | 


entfernt wurde. Nunmehr trug Th. darauf an, 
daß der Ertrag der Bergwerfe von Yaureion zum 
Bau von Schihen verwendet würbe, indem er Die 


1207 


richt von der durch Th.s' Lift (Sikinnos) herbeige- 
führten Umzingelung gebracht hätte. Plut. Arist. 8. 
Them. 11. Vom Hafen PBhaleron aus griffen 
die Berjer mit der wenigftens doppelten Zahl von 
Schiffen die in der Enge zwiſchen Salamis und 
‚dem Feſtlande ftationierte, 378 Trieren und 7 
Bentefonteren ftarfe hellenifche Flotte an, wurden 
aber mit ungehenrem Berlufte zurüdgejchlagen, den 
27. oder 28. September 480. Hat. 8, 83 ff. Aeschyl. 
Pers. 376 ff. Diod. Sie. 11,17 ff. Der von Th. 
emachte Borichlag, durch Zerftörung der von 
erres über den Hellespont geichlagenen Brüden 
ben Berjern den Rüdzu abzutchneiden, wurde ver: 
worfen; wenn nad Verwerfung besjelben TH. 





Notwendigkeit betonte, den nach der Schlacht bei Zerxes die Botſchaft jandte, daß ber Perſerkönig 


Marathon wieder ausgebrochenen Krieg mit Nigina 
zu beenden (Hdt. 7, 144), dabei aber mehr bie 
erfolgreiche Abwehr des drohenden perjiichen An: 
griffs im Auge hatte. Sein Antrag ging durch, 
und 481 waren jchon 100 Trieren fertig geitellt, 
zu denen bis zu den Kämpfen bei Artemifion noch 
eine beträchtliche Anzahl hinzufam. Plut. Them. 4. 
Nep. Them. 2. Polyaen. Strat. 1, 30,6. Dancben 
begann Th. als Archon (wahrſcheinlich 482/1) die 
Befeftigung des Beiraieus, in welchem er mit dem 
ihm angeborenen Scharfblide den künftigen Haupt— 
hafen Athens und den Stüßpunft der neuen Flotte 
erfannt hatte. Thuc. 1, 93. Als fih im Herbſte 
481 Abgeordnete der „gutgefinnten” Staaten Gries: 
chenlands auf dem Jithmos zu einer „Eidgenofjen- 
ichaft gegen die Berjer unter Spartas Oberleitung 
verbanden (Hat. 7, 145. 148) und vor allem die 
einheimifchen Fehden beizulegen bejchlofien, in die 
einige Eidgenofjen (bei. Athener und he ie 
verwidelt waren, joll Th. diejen heilſamen Beſchluß 
veranlaft haben. Plut. Them. 6. Während ſich 


nun Xerres zum Übergange nad) Europa anjchidte, 


wurde Th. als Strateg an die Spitze der atheni- 


ichen Streitkräfte geftellt und mit dem Spartaner 


Euainetos nad) Thejlalien abgejandt, um den Eng: | 


paß Tempe zu beiegen (Hat. 7, 173. Diod. Sie. 


11, 2); ala aber die Eidgenofien, gewarnt von 


Alerander von Makedonien und aus Furcht, um: 
gangen zu werden, die Truppen von hier zurück— 
ogen, jchloß er fich, an der Spitze der atheniſchen 
rieren, der flotte unter dem Spartaner Eur: 
biades bei Artemifion an. Hdt. 7,140ff. Wieder: 


holte Seetämpfe mit den Perſern bei diefem Vor: 


gebirge hatten feine Entjcheidung herbeigeführt, 


als fi die Griehen auf die Nachricht von der 


Bernichtung der Streitkräfte in den Thermopylen 
durh den Euripos nad) Salamis zurüdzogen. 
Durch eine Lift juchte Th. auf dem Hüczuge die 
Jonier im Heere des Perjerfönigs unſchädlich zu 
machen. Er landete in PBhaleron und veranlafte 
den Beſchluß der Athener, die Stadt zu räumen. 


Hdt. 8, 40 ff. Als dies geichehen, und Athen im 


die Hände der Perſer gefallen war, wollten die 


übrigen Flottenführer die Seejtation bei Salamis 


aufgeben und nad dem Peloponnes zurüdgehen. 
Th. aber, überzeugt, daß hier oder nirgends ein 
Sieg errungen werden fünnte, wandte alles Mög: 
lihe an, um fie zurüdzuhalten; Eurybiabes wurde 
gewonnen, der Korinthier Mdeimantos aber drang 
energijh auf das weitere Zurückgehen, und ohne 


| im die Rettung verdanke (Hdt. 8, 109), jo juchte 
'er fih damit ohne Zweifel für die Zufunft die 
Gunst des Feindes zu fihern. Nachdem die Eid: 
genoſſen hierauf noch Andros, welches fich den 
Berjern angeichlofien und aud Schiffe geftellt Hatte, 
' vergebens belagert (daſ. 8, 111 ff.) und das Gebiet 
der Karyſtier, die es ebenfalld mit dem Könige 
' gehalten, verwüſtet hatten (baj. 8, 66. 121), fuhren 
‚die Führer mit der Flotte zur Verteilung der 
Kriegsbeute nach Salamis und wendeten fi) von 
hier nad) dem Iſthmos, um über die Verteilung 
ber Ehrenpreije jchlüjfig zu werden. Bei der Ab— 
ftimmung über den erften Preis ergab ſich Stimmen: 
zeriplitterung, den zweiten Preis erkannten die 
meijten dem Th. zu. Daj. 8, 123. Man jah daher 
bon einer Preisverteilung ab, aber allgemein wurde 
Th. als Mügfter unter den SHellenen gepriefen. 
Daj. 8, 124. Auch in Sparta, wohin & bald 
darauf ging, wurde er auögezeichnet wie feiner 
vor ihm. & empfing einen Dlivenfranz und den 
ihönften Wagen, den es in Sparta gab, auch ge: 
leiteten ihm bei feiner Abreife 300 berittene Bürger 
bi8 an die Grenze. Daj. 8, 124. Thuc. 1,74. Als 
Feldherr indes nahm er an den folgenden Kämpfen 
gegen die Perier nicht teil, jondern an jeiner 
Stelle wurden jeine alten Gegner Arifteides (für 
das Heer) und Kanthippos (für die Flotte) gewählt. 
Haät. 9, 28. 8, 131. Er beſchäftigte fi) deshalb 
von jegt ar mehr mit den inneren Angelegenheiten 
Athens, traf die zum Wiederaufbau der Stadt 
—* Maßregeln, ging, als die Spartaner ſich 
der Befeſtigung der Stadt widerſetzten, ſelbſt als 
Geſandter nach Sparta und wußte die Unterhand— 
lungen in die Länge zu ziehen, bis das Werk fajt 
vollendet war. Thuc. 1, 89. Nunmehr (478/7) 
beftimmte er die Bürgerjchaft, auch den Beiraieus 
völlig auszubauen und zu befeftigen. Daſ. 1, 93. 
Doch hat er das Ende diejer Befejtigungsarbeiten 
in Athen nicht erlebt. Zwar wurden durch die 
Aufführung der „Phönizierinnen‘ des Phrynichos 
(476) jeine Thaten gefeiert (Plut. Them. 5), aud) 
joll er bei dem Beſuche der olympifchen Spiele 
diejes Jahres in ungewöhnlicher Weife ausgezeich- 
net worden fein (Plut. Them. 17. Paus. 8, 50, 3), 
‚aber in den nächften Jahren begann fein Einfluß 
zu ſinken. Ihm arbeiteten vor allem nad) Kräf— 
ten die Lakedaimonier entgegen, die einflußreiche 








| Verbindungen im attijchen Adel hatten. Seitdem 
ihr Antrag, die Mitglieder der delphiſchen Am— 
| phiktyonie, welche ſich nicht der Eidgenofjenjchaft 


Zweifel hätte er den Ausichlag gegeben, wenn nicht | gegen die Perjer angejchlofjen hätten, auszuftoßen, 
in der entjheidenden Stunde der vor furzem aus | auf Veranlaffung des Th. (476) verworfen worden 
der Verbannung zurüdgerufene Arifteides die Nach: | war, waren fie gegen diefen im höchſten Maße 


1208 


erbittert. Plut. Them. 20. Hierzu kam, daß ſich 
der attiſche Adel durch entichieden demofratijche 
Neformen, die Th. vorfchlug (Plut. Cim. 10), ernft: | 
lid bedroht jah; unter a des Ariſteides 
vereinigte er fi zum Sturze des Th.: dieſer wurde 
(im Frühjahr 471) durch Dftrafiimos verbannt 
und begab ſich zunächft nach Argos. Während er 
bier weilte, beichuldigten ihn nah Paufanias’ | 
Tode die Laledaimonier des geheimen Einverftänd: 
niffes mit jenem und forderten die Mthener zu 
jeiner Beftrafung auf. Die athenische Vollsver— 
ſammlung beichloß die Ergreifung des Angeklag— 
ten, da diejer aber floh, jo wurde er abweſend 
zum Tode verurteilt, jein Vermögen eingezogen. 
Ihue. 1, 135. Der Flüchtling hatte ſich von. 
Argos nach Korkyra gewendet, von da fam er zu 
Admetos, König der Moloffer, und über Pydna 
und Naros (wohl 467) nad) en Im Sommer 
465 reifte er tveiter nach Suja, wo furz vorher 
Artaxerxes 1. König geworden war. Diejem gegen: 
über berief er fich auf feine VBerdienfte um bie 
Perſer, deutete an, daß er dem Könige wichtige 
Dienfte zu leiften vermöge und wurde mit Gnaden— 
beweiſen überjchütteg. Er wählte die Stadt Mag: 
nefia (j. d. 3.) zum Wohnfig, für deren Gedeihen 
er jehr gejorgt zu haben jcheint. Plut. Them. 31. 
Thuc. 1, 138. Geftorben ift er um 458, ob frei- 
willig oder an einer Krankheit, muß unentichieden 
bleiben. Seine Gebeine jollen feinem Wunjche ent: 
jprechend insgeheim nad Attifa gebracht und beim 
Vorgebirge Altimos beigeſetzt worden jein. Bol. 
die Abhandlungen von Nieberding (1864), Wolff 
(1871) und Bauer (1881). 

Theodektes, @soöfxıns, 1) aus Phajelis in 
Lpkien, Schüler des Iſokrates, Platon und Ari: 
ftoteles, gehört dem Anfange des 4. Jahrhunderts 
v. E. au. Zuerſt widmete er fich der Redefuuft, 
dann der tragiichen Poefie und erhielt den Preis 
in einen Wettfampfe, den Artemifia zu Ehren des 
Maufollos veranftaltet hatte. Er ftarb in Athen 
und erhielt auf dem Markte jeiner Baterjtadt ein 
Standbild. Als Schriften von ihm werden er: 
wähnt: Zoxgdrovg &roloyia, vöuog, eine Nheto: 
rit und 50 Tragödien, von denen nur Titel und 
wenige Fragmente erhalten find. Abhandlung von 
Märker (1835); Sammlung der poet. Fragmente 
bei Naud, trag. Graec. fragm. p. 801 ff. der 2. 
Aufl. — 2) Sohn desjelben, gleichfalls Rhetor. 

Theodöra j. Justinianus. 

Theodöros, @södwgos, 1) j. Bildhauer, 3, 

- 2) TH. der jüngere, aus Samos, joll den Ring 
des Polykrates und einen Krater gefertigt haben, 
den Kroiſos als ein Weihgejchent nah Delphoi 
ichidte. Hat. 3, 41. 1, 51. — 3) aus Gadara in 
Paläftina, ein Rhetor, Lehrer des Tiberius mwäh- | 
rend jeines Erild in Rhodos. Euidas nennt einige | 
Schriften von ihm, allein mehr wirkte er als Lehrer 
und gründete eine eigene Schule, @sodmgeıoı. 
Quint. 2, 11,2. 3, 1,18. Sen. contr. 2, 9. Mono: 
graphie von Piberit (1842). 

Theodosla, ®csodooie, blühende milefische, im 
6. Jahrh. v. E. gegründete Kolonie im europäiichen 
Sarmatien an der jüböftlichen Küfte des taurifchen 
Cherjones (Krim), mit gutem Hafen und Korn: 
handel; fie lag in der Nähe des heutigen Kaffa 
oder Yeodofia. Strab. 7, 309 ff. 

Theodosins, 1) Flavius, aus Spanien, ein 
ausgezeichneter Feldherr, wurde 368 n. E. von 








Theodektes — Theodosius. 


Balentinian I. nach Britannien geichidt, wo Pikten, 
Skoten u. a. eingefallen waren. Ihn begleitete 
fein Sohn, der jpätere Kaiſer Theodofius. Gleich 
nad) jeiner Landung bejegte er Londinium, jchlug 
die Barbaren in mehreren Heinen Gefechten, be: 
fämpfte den Ujurpationsverjudh des Pannoniers 
Balentinian, beftimmte die Fahnenflüchtigen durch 
Erlaß einer Ammeftie zur Rüdtehr, gewann ver: 
lorengegangene Gebiete wieder und fehrte, begleitet 
von Segenswünjchen der Provinzialen, nad Rom 
zurüd. Im 3. 370 befiegte er eine Schar la: 
mannen und ging 372 nad Wfrifa, wo die Härte 
des Statthalterd Romanus die Mauren zum Auf: 
ftande gebracht hatte, trieb nach harten Kämpfen 
den Anführer derjelben, Firmus, jo ind Gedränge, 


daß derjelbe fich jelbft tötete, und brachte hierauf 


das Land zur Ruhe. Amm. Marc. 27, 8. 28, 6. 
29, 5. 30, V. Zos. 4, 16. Nach dem Tode Balen: 


tinians ließ Gratian den Th, der bei ihm des 


Strebens nad) eigner Herrſchaft in Afrika verdäch— 
tigt worden war, hinrichten, 376. — 2) Sein Sohn, 
Theobojius 1. der Große, römiſcher Kaijer 
von 379— 395 n. E., geb. 346 zu Cauca in der 
ſpaniſchen Provinz Galläcia, begleitete frühzeitig 
jeinen Vater auf defien Feldzügen und lernte unter 
ihm die Kriegsfunft. Nach des Vaters Tode lebte 
er einige Zeit in der Verbannung, bis er, von 
Gratian zurüdgerufen, glüdlich gegen die Sar: 
maten kämpfte und am 19. Januar 379 die Herr: 
ichaft über den Oſten erhielt. Nun jchlug er die 
Goten und ftellte die Ruhe her, gab zahlreiche 
Geſetze und erkrankte infolge der Strapazen, die 


‚er auf jeinen Zügen zu überftehen gehabt hatte. 


Während feiner Krankheit (380) empfing er auch 
die Taufe und erließ ein jcharfes Edikt gegen die 
Arianer. Bald mußte er die unruhigen Goten 
von neuen züchtigen und begab fich hierauf nach 
Eonitantinopel. Dann jchlug er einen Schwarm 
barbariicher Horden an der Be und wies den 
Goten Wohnjige in Thrakien und Makedonien an. 
383 wurde jein ältefter jechsjähriger Sohn Arca— 
dius zum Auguftus ernannt. en Sturz des 
Gratian durch Marimus (383) konnte er wegen 
religiöjer Zwiftigfeiten im Junern nicht rächen 
und war nur imftande, durch Unterhandlungen 
deſſen nachgelaffenem Sohne, Balentinian II., Sta: 
lien und einige andere Provinzen zu erhalten. 
Inzwiſchen beichränfte er das Heidentum immer 
zu 384 wurde ihm jein zweiter Sohn Hono: 
rius geboren. Bald nachher (385) verlor er jeine 
Tochter Rulderia und jeine Gattin Flaccilla, eine 
Fuge Frau, die großen Einfluß auf den von Jäh— 


zorn nicht freien Gemahl übte und, eine Mutter 


der Armen, allgemeine Liebe genoß. In denfelben 
Fahre gewann der Kaijer einen entjicheidenden Sieg 
über die Goten an der Donau und nötigte einen 
Teil der Beſiegten zu fefter Anfiedelung. Ein 
Aufftand der Städte Alerandreia und Antiocheia 
im J. 387 wurde unterdrüdt und von dem er: 
zürnten Th. anfangs hart, dann milder geahndet. 


' Darauf brach der Kampf mit Marimus aus, der 


über die Alpen ging und Jtalien unterwarf, jedoch 
von dem heranrüdenden Th. mehrmals befiegt, in 
Aquileja gefangen genommen und getötet wurde, 
28. Juli 388. TH. frönte feinen Sieg durch Er- 
laß einer allgemeinen Amneſtie und edle Behand: 
lung der Angehörigen des Befiegten. Das Weit: 
reich gab er dem jungen Balentinian zurüd, obwohl 


Theodotos — Theokritos. 


er bei der Unmündigkeit feines Schüßlings eigent: | 
licher Regent desjelben war. 389 ging Th. nad 
Rom, wo er das Heidentum, troß der Verwendung 
tes Symmachos, gänzlich unterdrüdte. Hier em: 
pfing er auch eine perfiiche Gefandtichaft. Den 
Winter brachte er in Mailand zu und gab im %. 
390 den Befehl zur blutigen Beftrafung der Thej: 
falonicenjer wegen Ermordung des dortigen Be: 
fehlshabers, eine That, die er durch Kirchenftrafen 
büßte und leider zu jpät wiberrief. Nach Con: 
ftantinopel zurüdgefehrt (391), begann er jeine 
Kämpfe mit den Arianern und Heiden von neuem. 
Inzwiſchen wurde Balentinian am 15. Mai 302 | 
durch den Franken Arbogaft ermordet, der den 
früheren Rhetor Eugenius auf den Thron jeßte. 
394 zog Th., mit ihm feine größten Feldherren, 
Gainas, Stiliho u. a., gegen beide und jchlug fie 
unweit Mquileja. Eugenius warb gefangen und 
— Arbogaſt nahm ſich jelbft das Leben. Seinen 

ieg benußte TH. zur völligen Ausrottung des 
wiederaufgelebten Gößendienftes, übertrug jeinem 
Sohne Honorius die Herrichaft des Weſtreiches 
unter Leitung des Stiliho und ſtarb bald nach— 
her, am 17. Januar 395. Schon Th.s’ Äußeres ver: 
riet den Herricher, dazu famen gewinnende Ma- 
nieren, nicht geringe Kenntniffe und große Feld: 
herrngaben. Seinen Zorn juchte er immer mehr 
zu beberrichen. Nicht gering ift auch jein Ver: 
dienst als Gejehgeber um ein ganz bermwildertes 
Reich. Vgl. Güldenpenning und Ffland, der Kaifer 
Theodofjius der Gr. (1878). — 3) Sein Entel, der 
Sohn des Arcadius, Theodoſius II, geb. 401, 
gelangte ſchon 408 nach dem Tode jeines Vaters 
zur Negierung über den Dften unter Vormund— 
ichaft des Anthemius, der die Einfälle der Hunnen 
zurüdtwies, mit Berfien in friedlichen Verkehr trat, 
dem bedrängten Honorius Hilfe jandte und dem 





berühmten Biſchof Synefius Einfluß geftattete. 
Später Hulcheria. 


ewann des Kaiſers Schweiter 
eine eiftreiche, fromme und gelchrte Frau, als 
Augufta großes Anjehen (414). Sie übernahm 
ganz des Bruders Erziehung, ohne dem zur ftrengen 
Frömmigkeit, zum Lernen und zum äußeren Anz 
ftande angehaltenen Knaben Geift und Leben ein: 
flößen oder ihn mit Herrichergaben ausrüften zu 
fönnen. Der legte Reſt des Heidentums wurde 
unter ihm unterdrüdt. 421 vermählte er fich mit 
Athenais, einer Tochter des Philofophen Leontiog, 
die nad) ihrer Taufe Alia Eudoria genannt wurde, 
In demjelben Jahre befiegte Th. die Perjer und 
ichloß 422 mit ihnen Frieden. Seit 430 ftörten 
tirchliche Streitigkeiten den inneren Frieden, wozu 
noch unglüdliche Kämpfe gegen die Bandalen in 
Afrika, Fenersbrünfte in Conftantinopel (433), 
jowie mehrere Heiden: und Judenaufftände in Pa- 
läftina und Syrien famen. 437 wurde Eudoxia, 
des Kaiferd Tochter, mit Balentinian III, dem 
Sohne des Conſtantius und der Placidia, einer 
Schwejter des Honorius, vermählt, und 438 fand 
unter großen Feierlichkeiten die Belanntmachung 
der im Codex Theodosianus enthaltenen Geſetz— 
jammlung ftatt. Kirchliche Streitigkeiten, Land— 
plagen und Einfälle jeiner Nachbarn, bejonders 
der Hunnen, verbitterten jeine legten Lebensjahre. 
Er jtarb 450. — Aufrichtig Fromm, aber ohne 
durddringenden Berftand und Energie „blieb er 
jein ganzes Leben hindurch ein Spielball der Nei- 
gungen und Wiünjche feiner Umgebung”. Bergl. | 


— — — — — — — — — — — — — — — — — — —— — — — 


1209 


Güldenpenning, Geſch. des oſtröm. Reiches unter 
den Kaiſern Arcadius und Theodoſius II. (1885). — 


4) Griechiſcher Grammatiker, ſ. Grammatiker. 


Theodötos, @södoros, 1) Schüler des Sokra— 
tes. — 2) Befehlshaber des Königs Lyſimachos, 
der die Stadt Sardes dem Könige Seleutos über: 

ab. — 3) Befehlshaber einer Flotte des Königs 

ntigonos, der gegen Polykleitos, den Flotten— 
führer des Ptolemaios, eine Seeſchlacht verlor, 
315 vd. C. — 4) aus Witolien, Feldherr unter Pto— 
lemaios IIT. gegen Antiochos III. — 5) pe 
Rhetor und Lehrer des Ptolemaios XII. gab ben 
Rat, den flüchtigen Pompejus zu morden, und 
brachte dem Cäſar deſſen Haupt. Er mußte vor 
dem erzürnten Cäſar fliehen und geriet zulegt in 
die Hände des Brutus, der ihn binrichten lich, 
42 v. C. Plut. Pomp. 77. 80. Brut. 33. Caes. 48. 

Theognis, Geoyris, elegijcher Dichter ans dem 
nifaitfchen Megara, um 540—500 v. E., gehörte 
zu dem reichen dorischen Adel diejer Stadt, der 
durch eine demofratijhe Ummälzung um die ge: 
nannte Zeit feinen politifhen Einfluß und fein 
Bermögen verlor. Auch Theognis, ein jchroffer 
Ariftofrat, erlitt große Verluſte durch dieſe Re— 
volution; daher jeine bitteren Klagen über die . 
Schlechtigkeit und Ungerechtigfeit feiner Gegner. 
Wir befigen unter feinem Namen eine Sammlung 
von Diftichen, die im ganzen aus 1380 Berjen 
befteht. Doch finden ſich darunter auch Verje von 
Solon, Tyrtaios, Mimnermos u. a., auch ſcheinen 
die Verſe von 1231 an, erotijchen Inhalts und 
ohne Wert, aus jpäterer Zeit zu ftammen., Das 
Ganze aber ift eine Sammlung von Bruchjtüden 
ohne inneren Zuſammenhang, aus der fich hier 
und da kleinere, vollftändige Elegien ausſcheiden 
lafjen. Theognis hatte wie die übrigen Elegifer 
vor ihm einzelne Elegien mit mannigfachen Be: 
ziehungen zu dem individuellen Leben jeiner Zeit 
gedichtet; aus dieſen wurden aber ſchon früh die 
allgemeinen Sentenzen, deren fie viele enthielten, 
ercerpiert und zum Gebrauch in den Schulen zu: 
jammengeftellt. Die jegige Sammlung ift aljo 
ein Broduft der Schule und hat ähnliche Schidjale 
gehabt wie 3. B. Hefiods Werke und Tage und 
der ſ. g. Publilius Syrus; anders als durd) Schul: 
gebraud, läßt fie ſich nicht erflären (vgl. die Pro— 
legomena von Sitzler). Die meiften Gedichte des 
Theognis find paränetijche Elegien an einen adligen 
megarifchen Jüngling, namens Kyrnos, Sohn des 
Bolypais; außerdem finden fi in unjerer Samm: 
lung noch Bruchjtüde aus Elegien anderer Urt, 
bejonders jympotifchen. — Ausgg. von Camera: 
rius (1551), Sylburg (1591 u. Ö.), Bekker (1815 
und nochmals 1827), Welder (1826, Hauptausg.), 
Orelli (1840), Bergt (in j. poet. Iyr. Graec. Il p. 
117 ff. der 4. Aufl.,, Ziegler (2. Aufl. 1880), Sitzler 
(1880). Nießiche, zur Seichichte der Theogn. Spruch— 
jammlung, Rheinifches Mujeum Bd. 22, ©. 161 ff. 

Theoklymönos, @soxitusvog, 1) Sohn des 
Polypheides, ein Scher aus Hypereſia in Argos, 
der, wegen Mordes flüchtig, zu Telemadyos in 
Polos fam und von diejem mit nach Jthafa ge: 
nommen wurde. Der Penelope verfündete er die 
Anmwejenheit des Odyſſeus auf Jthafa, den Freiern 
den Untergang. Hom. Od. 15,256 ff. 508 ff.17, 151 ff. 
20, 350 ff. — 2) ſ. Proteus, 

Theokritos, ®eöxgırog, bukoliſcher Dichter, 
wahrjcheinlich aus Syrakus, um 272 v. C. blühend. 


1210 
Bon jeinen Lebensverhältnifien ift wenig befaunt; 
er lebte teild zu Mlerandreia, von Ptolemaios 
Bhiladelphos wegen feiner gelehrten und feinen 
Bildung begünftigt, teils zu_Syrafus unter der 
Regierung son II. Er ift der Begründer der 
bukoliſchen Dichtungsart, injofern er fe zu einer 
eigenen Kunftform, die auf eine bejondere Stel: 
lung in der Litteratur Anſpruch macht, erhoben 
hat. Bon alter Zeit her hatten die ficilifchen 
Hirten in Wechſel- und Wettgejängen auf kunſt— 
loje Weije die bufolifche Dichtung geübt; Daphnis, 
das deal der Hirten, jeine Liebe und fein Tod waren 
der Hauptinhalt ihrer Lieder, weshalb auch diejer 
Hirtenheros jelbft für den Erfinder der bufolifchen 
Poeſie ausgegeben wurde. Indem nun Theofrit 
manche Eigentümlichleiten des funftlojen Hirten— 
liedes, wie die Form des ſymmetriſchen Wett: 
gejanges und die ntercalarverje, beibehielt, ſchil— 
derte er das einfache Leben der Hirten feiner 
Heimat in Gedichten, die Eldvllıe (Bildchen) ge: 
nannt wurden, weil fie uns einzelne Scenen aus 
der Hirtenwelt wie Fleine Bilder vor Augen füh— 
ren. Doc bejchränkte er fich nicht auf das Hir— 
tenleben, jondern er wählte jeine Scenen und 
Charaktere überhaupt aus dem Leben der niede: 
ren Stände, der Hirten, Fiſcher, Landleute, ge: 
meinen Stäbdter. 
beichränktem Felde haben einen dramatiichen Cha— 
rafter und jind voll bewegten Lebens; die Ber: 
jonen find naturgetren, jcharf und beftimmt hin— 
geftellt, find wirkliche Menſchen von Fleiſch und 
Blut, die fühlen, reden und handeln, wie e3 der 
Stan® ihrer Bildung und die Sitten ihrer Zeiten 
mit fich bringen. Die Bilder find nach dem wirf: 
lihen Leben gezeichnet, einfach und natürlich, nur 
etwas über dasjelbe durch poetiihe Auffaffung 
und Darftellung erhoben. So find dieje Idyllen 


des Theofrit weit verjchieden von den neueren | 


eined Geßner, in denen uns eine jentimentale, 
leidenjchaftsloje Kinderwelt vorgeführt wird ohne 
Wirflichleit und Leben. Bei Th. ift alles anſchau— 
lih und in lebhaften Farben, naturgetren, mit 
heiterer Laune und oft in derben Zügen darge: 
ftellt, ohme jedoch ins Rohe und Gemeine zu ver: 
fallen. Der Dichter bekundet überall die den 
Griechen Siciliens eigene Gabe jcharffinniger Beob- 
achtung und lebendiger Nachahmung, einen feinen 
poetiichen Sinn und warmes Gefühl für die Schön: 
heiten der Natur. Seine Sprade ift kräftig, ein- 
fah und Mar und trifft überall den rechten Volks: 
ton. Der Dialekt ift gemifcht: als Grundlage iſt 
die Sprache feiner Heimat, der doriſche Dialekt 
in Sicilien, anzujchen, doc) hat er ihn durch Auf: 
nahme von Formen anderer Dialekte veredelt; das 
in neuerer Zeit aufgefundene Schlußgedicht in 
33 Verſen ift im aioliſchen Dialekte verfaßt. — 
Wir haben von Th. noch außer 22 Epigrammen 
und dem Bruchftüde eines Gedichtes Begerian 
30 Stüde, die, in ihrem Charakter jehr verichieden, 
jämtlid den Namen Idylle tragen, deren Echtheit 
jedoch zum Teil bezweifelt wird. Th. hat in der 
butoliichen Poeſie, dem Idyll, das Höchſte geichaffen ; 


er it, wie der Begründer, jo aud) fajt der einzige | 


Nepräjentant der bufoliichen Dichtungsart bei den 
Griechen. Als Borläufer von ihm wird Steji: 
choros betrachtet, der wEAn Bovxolınd, in denen 
Daphnis und jeine Leiden bejungen wurden, ge: 
dichtet haben joll; doch war jeine Parftellung 


Diefe Heinen Lebensbilder auf 


@zokoysiov — Theophanes. 


jedenfalls mehr epifch-Iygriiher Natur. Ein Schüler 
und Nachahmer des Theofrit war fein Zeitgenofle 
Bion aus Smyrna, der jeine fpäteren Jahre in 
Syrakus zubradhte. Wir befiten von ihm ein 
größeres Gedicht, "Emirdapiog Adarıdos, und 
‚eine Anzahl Heinerer, zum Teil fragmentarijcher 
Stüde. Als defien Schüler gilt Moſchos aus 
Syrafus, ein jüngerer Zeitgenofie des Bion und 
Theofrit, von dem wir noch aufer einigen kleineren 
Dichtungen einen ’Emirdgpıog Biwrog und zwei 
größere Jdyllen epiichen Inhalts und Charalters 

ben. Beide find keine Bukolifer im Sinne des 

heofrit. Ihre Gedichte, nur im Außeren der 
Darftellung ſchwache Nahahmungen des Meifters, 
find ohne dramatiiches Leben, ohne Einfachheit 
und Natürlichkeit; fie find weich, jentimental, ele— 
Er bis zum Gezierten. Am bejten gelingen ihnen 

eine erotiihe ZTändeleien. — Ausgg. von Keiste 
(1765 f.), Baldenaer (mit Bion und Moſchos 1799 
und 1810), Heindorf (mit Bion und Moichos, 
1810), Kießling (1819), Wüftemann (1830), 3. U. 
Jacobs (1824), Meinele (mit Bion und Moſchos, 
3. Aufl. 1856), Ziegler (3. Aufl. 1879), Ahrens 
(mit Bion und Mo chos, 1855—59, frit. Haupt⸗ 
ausgabe; Tertausgabe 2. Aufl. 1856), Fritzſche 
(3. Aufl., bei. von Hiller, 1881; Erit. Ausg. 1870), 
Wordsworth (2. Aufl. 1877). Lexicon Theocriteum 
von Rumpel (1879). — Bion und Mojchos her: 
ausg. von &. Hermann (1849) und Ziegler (1868). 

G£oJ.oyeio» |. Theatron, 11. 

Theomnestos, Gtournotos, 1) ein Afademiler, 
defjen Unterricht M. Brutus 43 v. €. zu Athen 

enof. Plut. Brut. 24. — 2) ein Erugieher aus 
Sardes, der eine Statue des Ringers Ageles ver: 
fertigte und überhaupt Athleten u. ſ. w. dargeftellt 
zu haben jcheint. Paus. 6, 15, 2. Plin. 34, 8, 19. 
— 3) ein Maler, den Plinius (35, 10, 36) nennt, 
Zeitgenoſſe des Apelles. 

Theon, ®:or, Name von etwa 14 Sophiſten, 
Rhetoren, Mathematifern u. a. Die bedeutenditen 
Männer diejes Namens find: 1) Ailios Theon, 
Platoniter aus Alerandreia, jchrieb Kommentare 
zu Zenophon, Sokrates und Demofthenes. Nicht 
ganz vollftändig erhalten ift jeine regen sei 
rpoyvurasudrov (heraudg. in den Rhet. Graec. 
von Walz und von Spengel, bei. von Yindh, 
1834). [. ®ieje, de Theone grammatico 
eiusque reliquiis (1867). — Ferner neben eini: 
gen andern Grammatikern und 3 Stoilern 2) cin 
Mathematiter aus Smyrna, in der Mitte des 
2. Jahrh. n. E., der meel rar xark uafnuerı- 
av yonolum® eig rıje toü Illarovog ardyvasır 
ichrieb (herausg. von Hiller, 1878). — 3) ein 
Mathematiter und Aftronom, um 365 ı. C., Mit: 
glied des alerandriniichen Muſeums, Water ber 
Hypatia (j. d.), Verfafler mehrerer mathematijcher 
Schriften und einiger Gedichte in der griechijchen 
Anthologie. — 4) ein wegen jeiner Bitterkeit jprich- 
wörtlid) gewordener Mann, deſſen Horaz (ep. 
1, 18, 82) gedenft. — 5) j. Maler, 8. 
| Ger Oxnua, Gebirge in Afrika, ſ. d. 
| 








Theonö& |. Proteus und Thestor. 

Theophänes, ®sopavns, aus Mytilene, Be: 
gleiter des Pompejus auf jeinen Kriegszügen, von 
diefem mit dem Bürgerrecht und von feiner Vater: 
jtabt mit den höchſten Ehren bejchentt, weil er 
ihr wieder zur Freiheit verholfen hatte, beichrieb 


| bie Geichichte des mithridatiichen Krieges, ein Wert, 





Theophilos — Oswgıröv, Bewoıxd. 


das für Strabon bei der Schilderung des öftlichen 
Kleinafiens eine Hanptquelle gewejen zu fein jcheint. 
Strab. 11, 508. 13, 617, Caes. b. c. 3, 18. Cie. 
Arch. 10,24. Tac. ann. 6, 18. Plut. Pomp. 37. 42, 
Bon ihm find erhalten 6 Berje aus einer Tra: 
gödie Mjdeice und 2 Epigramme. Abhandlung 
von W. Fabricins (1888). 

TheophYlos, ®eögılos, 1) ein Dichter der 
neueren attijchen Komödie, von deſſen 8 Stüden 
einige Fragmente übrig find, geſ. von Meinele, 
fragm. com, Graec. Ill p. 326 ff. (p. 816 ff. der 
Heinen Ausg.), und od, com. Att, fragm. li 
p. 473 ff. — 2) ein Schriftjteller über Landwirt: 
ſchaft. Varr. r r. 1, 1,9. — 3) ein gelehrter 
Juriſt, thätig bei der Abfaffung der Inftitutionen. 
Seinen Borlefungen nachgeichrieben ift die noch 
erhaltene griechijche Paraphraje der Inſtitutionen. 
— 4) ein Arzt, Zeitgenofje des Galenos. 

Theophrastos, Osöpewsros, angeblich eigent: 
lih Tortämos, Tigranog, geheißen, ein Beri: 
patetifer aus Erejos auf Leſbos, geboren 372 v. C., 
war zuerjt Schüler des Platon, dann Schüler und 
Freund des Mriftoteles, der ihn zum Vormund 
feines Sohnes und Erben jeiner Bibliothet er: 
nannte. Im J. 306 mußte er Athen verlajien, 
fehrte aber im nächſten Jahre zurüd und lehrte, 
fih ganz an feinen Lehrer anichließend, ariftote- 
liſche Bhilofophie, bis er, geliebt von allen, die 
ihm näher ftanden, im fünfundachtzigften Lebens: 
jahre 287 ftarb. Bon feinen zahlreichen Schriften 
find noch übrig: 1) Ndızal zagaxrjges, Charalter: 
ichilderungen in 30 Abichnitten, die mit Unrecht 
als eine Uberarbeitung des urjprünglichen Werkes 
angejehen worden find (Musgg. don Schneider, 
1799, Aſt, 1816, Dübner, neue Ausg. 1866, Fo, 
1858, €. Beterjen, 1859); 2) weoel prrör foro- 
eier, eine Bflanzengeichichte in 10 Büchern (Ausg. 
von Schneider, 1819); 3) megl prrar alrlaı, von 
den Urſachen der Pflanzen, in 8 Büchern, wovon 
noch die 6 eriten erhalten find; 4) mepi Aldor, 
Bruchitüd eines größeren Werfes über Minera: 
logie; 5) megi alodnoewv nal alsdnrar, Brud- 
ftüd aus der Gejchichte der Phyfil; 6) uerapvoıng, 
Brucftüd einer Metaphyfit. Bon den übrigen 
—— Schriften fennen wir nur die Titel und 

berichriften. Gejamtausgg. von J. ©. Schneider 
(1818 ff.) und F. Wimmer (1854 ff. und in ber 
Didotihen Sammlung, 1866). — Wie Nriftoteles 
der Gründer der Zoologie, jo war Theophraftos 
der Vater und Begründer der Pflanzenfunde. Vgl. 
Ufener, analecta Theophrastea (4858). 

Theopompos, Qzörourog, 1) König von Sparta, 
unter deſſen Regierung der erfte meſſeniſche Krieg 
(743724 v. E.) begann und auch zu Ende ge: 
führt wurde. Paus. 3, 3, 2. 4, 6,4. Ihm wird 
die Einjeßung der Ephoren zugejchrieben (Arist. 
pol. 5, 9, 1). 2) der Hiftorifer, Sohn des Da: 
majiftratos aus Chios, geboren um 380 v. E,, 
fam als Knabe nad Ephejos und dann nach Athen, 
wo er fich unter Sokrates zum Redner ausbildete. 
In mehreren Städten trat er mit Beifall al3 Sad): 
walter vor Gericht auf, bejonders aber zeichnete 
er fi in dem rednerifchen Wettjtreite aus, den 
die Königin Artemifia von Karien zu Ehren ihres 
Gemahls Maufollos veranftaltete, bei dem er über 
Theodeftes von Phajelis u. a. den Sieg davons 
trug. Gell. 10, 18, 6. Nachher widmete er fich der 
Hiftoriographie und verwendete auf jeine hiftori- 


1211 


ſchen Forſchungen einen großen Teil jeines Ber: 
mögens. Er lebte alsdann wieder einige Zeit in 
Chios, allein ſeine ariftofratiiche Gefinnung und 
die Bitterkeit gegen jeine Gegner waren Urjache, 
daß er wieder auswandern mußte. Er foll ſich 
zu Ptolemaios nad) Agypten begeben haben, der 
ıhn aber nicht ſehr freundlich aufnahm. Über 
jeine jpäteren Lebensſchickſale ift nichts Genaueres 
befannt. — Der Geihichtsichreibung Theopomps 
wird die Sucht zu tadeln, die ihn oft gegen die 
Wahrheit verblendete, zum Hauprfächlichten Bor: 
wurf gemacht (Nep. Alcib. 11. Plut. Las. 30), 
jowie die Neigung, Trabelhaftes in den Bereich der 
Geichichte hineinzuzichen, und die in Digreffionen 
abichweifende Art der Darftellung. Seinen Stil 
bezeichnen einige Kritiler des Altertums als matt 
und der Größe des Segenftandes nicht entiprechend, 
andere dagegen als far, fräftig und erhaben. 
Bon jeinen gejchichtlichen Werken (12, BB. "Eiln- 
vıral ioroglaı oder 'Eiinvind, 58 BB. Bulır- 
zınd, die aber nicht blo die Geſchichte Philipps, 
jondern die ganze griechiiche Geſchichte im Zeit: 
alter Philipps behandelten), ſowie von jeinen 

hireihen Reden find nur Fragmente erhalten. 

iodoro® von Gicilien, Plutarch und Trogus 
Bompejus (der fein eigenes Werk historiae Phi- 
lippicae benannte) haben ihn vielfach bemußt. 
Monographie von Pflugk (1827); Sammlung der 
Fragmente von Wichers (1829) und Müller, fragm. 
hist. Graec. 1 pJ 278 ff. Büchner, Theopompea 
(1874). — 3) Dichter der attiichen Komödie, 
jüngerer Zeitgenofje des Ariftophanes, von deſſen 
24 (oder 17) Dramen fi) noch 20 Titel und eine 
Anzahl Fragmente erhalten haben (bei Mejnele, 
com, Graec. Ib 2 p. 792 ff., und tod, conı, Att. 
fragm. I p. 733 fj.). 

Bewgiaı, Feſtgeſandtſchaften, urjprünglich Dazu 
beftimmt, zwiichen geichlechtsverwandten Orten das 
| Andenken gemeinjchaftlichen Urjprungs durch Teil: 

nahme an den Stammfeſten lebendig zu erhalten. 
Die Gefandtichaft hatte das Amt, im Namen des 
Staates dem Gotte zu opfern, aud das Gejchäft 
der Drafelbefragung. Gewöhnlich ſchloß fih an 
eine Theorie eine Menge anderer Perſonen, ſämt— 
lih #ewgol genannt, die ebenfalls an dem Feſte 
ſich beteiligen wollten oder auch politiiche und 
faufmänniiche Zwecke verfolgten und unter einer 
gewifien Aufficht des Hauptes der Gejandtichaft, 
des derıdiwpos, ftanden, der für ein würdiges 
Auftreten bei dem Feſte zu jorgen hatte. Am be: 
| rühmteften ift die attiiche en nach Delos. Die 
Bejorgung der Theorien, bejonders der nad) Delos, 
gehörte in Athen zu den regelmäßigen (LyruaAıoı) 
| Xeiturgien, |. Leiturgia, 1. 
Gewpıxor, Yrwgıxd, heihen die Schaufpiel- 
'gelder, die im Athen jeit Perifles’ Zeit den 
ärmeren Vollsklaſſen aus der Staatskaſſe bezahlt 
wurden, um ihnen den Zutritt zum Theater zu 
verichaffen. Die Inftandhaltung des Theaters war 
nämlich an einen Pächter (Hearemrns oder &eyı- 
terror) derpachtet, der dafür ein Eintrittsgeld, 
gewöhnlich 2 Obolen für den Platz, erhob. Diejes 
Geld ward den Armen von Staats wegen vergütet, 
jpäter verihmähten aber aud die Keichen dieſe 
Spende nicht, die zunächſt nur an den PDionyjien, 
dann aber auch an andern FFeiten gezahlt wurde, 
wo c3 etwas zu fchauen und zu ſchmauſen gab. 
E3 betrug waßriheintich 2 DObolen, wurde aber 








1212 Ocoflvia — Tberas. 
zuweilen bei mehrtägigen Feiten auch erhöht, 5. B. |! war er leicht bereit, aus jelbftjüchtigen Gründen die 
bei den Pionyfien auf 1 Drachme. Böckh be- | Senofjen preiszugeben und ſich der Gegenpartei 
rechnet die Summe auf jährlich) gegen 25 —30 Ta: anzuſchließen, jo daß ihn jchon feine Zeitgenofjen 
lente. Gegen das Ende des peloponnefischen Kriegs | mit dem Spottnamen Aödogros belegten. Xen. 
hörten diefe Spenden auf, aber fie wurden nach | Hell. 2, 3, 31. Arist. Ran. 534 fi. Huerft griff 
Wicderherftellung der Demofratie bald wieder ein: | er thätig in die öffentlichen Angelegenheiten ein 
geführt und eigene Schagmeifter dafür angeftellt, , 411 v. E., um die Demokratie zu ftürzen (ſ. Vier- 
die eine Zeit lang jogar die oberften Finanzbeam: | hundert); doc entzweite er fich bald mit den 
ten Athens waren (vgl. Staatshaushalt |, 3.). | übrigen Häuptern der neuerwählten Dligardhie, 
Die Verteilung des Theorikon erfolgte vermutlich | wandte fich wieder der Volkspartei zu und trat 
in Geftalt von Marken, die an der Theaterfafle | jogar als Kläger gegen die Dligarchen auf. Thuc. 
abgegeben und jpäter vom ige gegen | 8, 89 ff. Indem er jich jeßt der gemäßigten Volls— 
bar bei der Behörde eingetaujcht wurden (jolche | partei zuneigte, war er eine Zeit lang der eins 
Marken aus Blei oder Knochen oder Elfenbein | flufreichite Mann im Staate und befleidete hohe 
haben ſich erhalten). Demofthenes und andere | Ämter, war unter den Strategen in der Schlacht 
Patrioten eiferten gegen Diele Verichwendung | bei den Arginufen (406), erhob, als jich die Vollks— 
der öffentlichen Gelder, zumal da die athenijchen ftimmung gegen die Sieger wandte, die Anklage 
Bürger mehr und mehr die Luft verloren, fich | gegen jeine Mitfeldherren, die in der Schlacht 
perjönlich dem Kriegsdienſte zu unterziehen und | Berunglüdten vernadhläifigt zu haben, mas wohl 
lieber Söldnern dies überließen und zu Haufe | ein Aft der Notwehr war, und führte die Ver: 
miüßig der Ruhe und dem Vergnügen nachhingen. | urteilung und Hinrichtung derjelben herbei. Xen. 
Erft jpät, kurz vor der Schladt von Chaironeia, | Hell. 1, 6.7. Als nach ber Schlacht bei Aigos— 
gelang es dem Demofthenes, die Ktriegstaffe, wor: | potamos Lyſander gegen Athen zog, wurde er, 
aus dieje Gelder genommen wurden, von diejer | da er günftige Bedingungen zu erwirfen verjpradh, 


drüdenden Laſt zu befreien. 

Gsosfrıa, cin Feſt, an dem der gefeierte Gott, 
wie man glaubte, die übrigen Götter bewirtete, 
nicht aber ein Feſt fremder, eingedrungener Götter. 


als Bevollmächtigter an Lyſander abgeihidt, um 
über den Frieden zu unterhandeln; durch abficht: 
| ögern fteigerte er aber im 


| liches verräterijches | 
Bunde mit Kritias ſo jehr die Schrednifje der 


Sole Feſte gab es zu Pellene in Achaia, zu | Belagerung, daß die Athener fih in alle Be 


Paros, Agrigent, Delphoi. Sie waren vorzugs— 
weile apollintich; die zu Paros und Agrigent gal— 
ten den Dioskuren, den Beſchützern der Gaft: 
freumdichaft (pilogsdrors). Zu den Opfermahlgeiten 
wurden aud ausgezeichnete Männer von auswärts 
eingeladen, wie namentlich Pindar und jeine Nach— 
fommen nad Delphoi. Abh. von Deneken (1881). 
Thera, ®rjo«, j. ital. Santorini, ehemals Kaö- 
‚Korn (j. Theras), die füdlichfte Kykladeninſel, 
jüdlich von Jos, 1", IM. groß, eigentlich nichts 
weiter als der aus jchtwarzen, trodenen Lavafelſen 
bejtehende Dftrand eines Kraters; das Meer ift 
bis zu 390m tief, 8—1200 Fuß hohe Felſen fallen 
iäh in dasjelbe hinab. Nach den Aiten ftieg die 
Inſel aus dem Meere hervor; 237 v. E. ward 
fie zum Teil wieder vom Meere verichlungen, und 
die Heine Infel Therafia (j. gl. WR.) trennte fich 
bon ihr; 199 erhob fich eine neue Inſel Hiera 
(i. Palaio-Kaimeni). Zwei andere Injeln, Mitra- 
Kaimeni und Neo:K., entitanden 1573 und 1707. 
Noch in meuefter Zeit, von 1866—1871, iſt Die 
Inſel von Erdbeben heimgefucht worden. — Die 
Hauptortſchaften der Anjel waren Thera (j. Phira) 
und Dia, das Hauptproduft trefflicher Wein. Die 
Inſel wurde zuerft von den Phoinifern, ſpäter 
von den Lafedaimoniern bejegt. Von Thera aus 
wurde Kyrene in Libyen gegründet. Mdt. 4, 147. 
153. Strab. 10, 484. Wbhandlungen von os: 
winfel (1856) und Manert (1874). 
Theramönes, Onoauerns, Adoptivfohn des 


dingungen fügen mußten, 404. Zys. 12, 68 fi. 
13, 5ff. Xen. Hell.2,2. In lbereinftimmung 
mit Lyſander ordnete er dann die inneren Ber: 
ältnifje Athens, wurde aber ald Mitglied der 
reißig bald von den entichiedeneren, beionders 
Kritias, überflügelt. Xen. Hell. 2, 2.3. Bon 
Natur nicht graufam, mißbilligte er bald laut 
und ftandhaft die Gemwaltthätigfeiten und Hinrich: 
tungen; allein jeine mildere Anftcht unterlag dem 
ftarfen Willen und der fonjequenten Kraft des 
Kritiad, der ihn vergebens auf jeine Seite zu 
ziehen juchte. Derjelbe bezeichnete ihn in der Rats— 
verjammlung als einen gefahrbringenden Feind 
der bejtehenden Berfaffung und beantragte jeine 
Hinrichtung. Ther. verteidigte ſich mit fühner Be— 
redjamfeit, der durch Androhung von Gewalt ein: 
geichüchterte Rat gab ihn aber auf, und Kritias 
ließ ihn von dem Altar in der Bule, auf dem 
er fich geflüchtet, in das Gefängnis ſchleppen und 
hinrichten. Die Heiterleit und die Seelenrube, 
mit der er den Schierlingäbedher trant, fann mit 
feinem Leben nicht ausjöhnen, beſtach jedoch die 
Nachwelt, jo daf er oft im Widerſpruch mit dem 
Urteil der Zeitgenofien ald guter Bürger und 
| wahrer Weijer gepriejen wurde. Vgl. Xen. Hell. 
2,3, 11 ff. Cie. tusc. 1,40. 42. Abhandlungen von 
Hinrichs (1820), Schneither (1821), Pöhlig (1877) 
‚und Stavenifje de Braum (1886). 
| Therapnai, @eodxraı, 1) Stadt in Boiotien 
| elle Theben und dem Aſopos. Eur. Bacch. 





Hagnon aus Steiria, Schüler des Sofrates und | 1029. Strab. 9, 409. — 2) Ort jüdöftlich unmeit 
Prodilos, war ein Mann von reicher Begabung | Sparta am linken Eurotasufer, wo Menelaos und 
und hoher, beionders redneriicher Bildung (Thuc. | Helena beftattet lagen, und fih das Heiligtum 
8,68. Cie. de or. 2,22. Brut. 7) und zeichnete | der Diosfuren befand. Hat. 6, 61. Pol. 5, 18 ff. 
fi) aus durch politische Einficht; aber beim Mangel | Paus. 3, 14, 9. 19, 4. 

an Entichiedenheit des Charakters und fittlihem | ®rgaxovreg ſ. Staatsformen, 3. 

Halt ftüßte er ih in feinem Streben nah Macht Theras, Areas, Sohn des Autefion, Enkel des 
und Einfluß auf die Parteien, ohne fich einer | Tifamenos, Urentel des Therjandros, aus dem 
ganz hinzugeben; unzuverläjlig und zweidentig,  Gejchlechte des Didipus. Sein Bater war aus 


Therasia — 


Theben auf Befehl des Orakels zu den Doriern 


1213 


Thermopylai, OrouorvA«ı, der berühmte, durch 


Thermopylai. 


in Laledaimon gezogen; er jelbit ging mit Yale: | das SHerantreten des Dite an das Meer gebildete 


daimoniern und 


inyern (aus Lemnos) nach der | enge Paß, der den einzigen Zugang von Thefja- 


Inſel Thera, die früher Kallifte hieß. Adt.4, 147. | lien nach Lokris bildete. Der den Paß (der feinen 


Paus. 8, 1,7. 15, 6. 
Therasia ſ. Thera. 
®noes |. Kentauren. 
Thermai , @fguaı, hieken manche durch heiße 

Quellen berühmte Orte: 1) ſ. Himera. — 


Namen von heifen, dem Herakles heiligen, Schwe— 
felquellen erhalten hatte, Hdt. 7, 176) ſüdlich be: 
ee Berg hieß Hallidromos. Mehrere 
Flüſſe (der Spercheios, Melad, Dyras, Niopos) 


2) |. durchſchneiden den Paß, der im Durchichnitt jechzig 


Selinus. — 3) Thermae hießen namentlidy die ! Schritte breit (Ziv. 36, 16) war, an 2 Stellen 


großen, den griechiichen Gym— 
nafien ähnlichen und ans den: 
jelben hervorgegangenen öffent- 
lihen Badeanſtalten, die in der 
römijchen Kaiſerzeit mit ver— 
ſchwenderiſcher Pracht ausgeſtattet 
waren. In Rom waren am be— 
kannteſten die Bäder des Pom— 
peius(j. die Abb.), des Agrippa, 
die th. Neronianae, th. Titi, 
die von Caracalla angelegten th. 
Antoninianae, Diocletiani u. a., 
bon denen allen ſich großartige 
Ruinen erhalten haben. Hier 
vereinigte fich alles, was zur Er: 
heiterung des Lebens gehört, wie 
porticus, exedrae (j. d.), pla- 
tanones (Schattengänge), sphae- 
risteria u. j. w. Außer den Leis 
besübungen gab es auch geiftigen 
Genuß, wie Vorlefungen u. dgl. 
Vergl. Becker-Göll, Gallus 1 
S. 104 fi. 

fiehe 


Thermaicus 
Therme. 

Therme, ®oun, Stadt in 
Makedonien an der Nordipige 
des nach ihr benannten Meer: 
bujend, Oepuniog xölmog (j. 
Golf von Saloniti). Kafjander 
vergrößerte und verjchönerte die 
zur Hauptſtadt erhobene Stadt 
und nannte fie nach jeiner Ge: 
mahlin, 8. Philipps Tochter, 
Theſſalonike (j. d.); j. Saloniti. 
Hdt. 7, 123. 127. Tae. ann. 5, 10. 

Thermödon, Osoundor, 1) Fluß in Pontos 
im Gefilde Themiſtyra, j. Terme, berühmt durch 
die Amazonenjage. Troß eines kurzen Laufes war 
er doch 3 Plethra breit; er mündete bei der Stadt 
Themijfyra. Xen. An. 5, 6,9. 6,2, 1. Hdt.9, 27. 
Verg. A. 11, 659. — 2) Bad) Boiotiens, der auf 
dem Hypatos (j. Siamata) entiprang und bei 
Tanagra in den Aſopos mündete. Hdt. 9, 43. 
Paus. 9, 19, 3. 

Thermon, P&£euor, aud ö Ofouos, die auf 
einem fteilen Borjprunge des Panaitolion ſchwer 
zugänglich gelegene, deshalb offene Hauptitadt 
Aitoliens, gerade über der Dftjeite des Sees Tri: 
honis. Dort wurden die Bundesverjammlungen 
der Yitolier gehalten. Die UÜberrejte der zur Zeit 
ihrer Zerftörung durch Philipp V. (218 v. €.) 
ſehr reihen und jchönen Stadt, die aber nicht 
wieder hergeftellt zu fein jcheint, finden ſich beim 
Dorfe Wlocha. Pol. 5, 6 ff. Strab. 10, 463. 

Thermopolium (#eouorwlıor), wie popina 
eine Garküche für die Armeren. Plaut. Trin. 3,4, 6. 
KRud. 2, 6, 4b u. Ö. 


sinus 


in 
sammlungsplatz. 


rium, 
behälter. 


Eingang zum Männerbade, 2. 
5. Vestibulum. 4 Topida- 
rium, 5. Apodytorium, 6. Frigidarium. 7. Su- 
datorium, Laconicum 
10. Hypocaustuın, 


süden. 4 


RN 





Ver- 1b. Eingang zum Frauen- 
bade, A. Tepidarium, B. UCnl- 
darium. C. Heifses Bad. 
D. Labrum. E. Apodyterium. 
F. Vestibulum, 


9 Oalda- 
12. Wasser- 


8. Labrum. 
11, 


Hauptteil der Thermae Pompeianae. 


viel jchmaler, indem nad) Herodot (7, 200) an der 
engjten Stelle nur für Einen Wagen Raum war 
(auafırög 6dög). Wo ſich das Thal bei der Stadt 
Anthele erweiterte, ftanden die Tempel des Am: 
phiftyon und der amphiktyonischen Demeter, jowie 
die Gebäude der Amphiktyonen, wo fie ſowohl 
Frühlings: als Herbitverjammlungen hielten. Zur 
Befeitigung des Paſſes Hatten die Thefialer bei 
den heißen Quellen eine Mauer gezogen (Hdt. 
7,176. 225), und in einiger Entfernung (40 Stab.) 
die Spartaner die Feite Trachis erbaut (Thuec. 
3, 92); eine andere Feſte war nad) Strabon T'sı- 
xioõc (vgl. Liv. 36, 16); auch die Schlüpfrigfeit 
des Quellbodens erleichterte die Verteidigung. Jetzt 
hat das Terrain durch Alluvion und den ver: 
änderten Lauf des Spercheios eine ganz andere 
Seftalt befommen. Der nur 5 Minuten von ben 
heißen Quellen entfernte Hügel, auf dent jetzt das 
Zollhaus fteht, ift wohl der ſpäter mit einem 
marmornen Löwen gegierte Hügel (Hat. 7, 226), 
auf welchem die Heldenichar des Leonidas fiel 
(Auguſt 480). Von den 5 errichteten Grabjäulen 
und der berühmten Inſchrift (Hat. 7, 228) findet 


1214 


fich feine Spur mehr. Strab. 9, 428 f. 


Theron — Theseus. 


Dal. den | 


und Boden fand, trat Teilung ein. Einige Kai: 


Plan und Viſcher, Erinnerungen und Eindrüde ,jer machten aber für den Fiſtus Anſpruch auf 


aus Griechenland, ©. 637 ff. 


den Fund, wenigftens auf einen Teil besjelben. 


Theron, Orowr, Sohn des Aineſidemos, Ty: | Abgejehen von den Schaßgräbereien des Nero 


rann von Agrigent von 488 bis 472 v. E., aus 
dem Geſchlechte der Emmeniden, das fich von Ther— 
jandros, dem Sohne des Polyneikes, herleitete, 
ihlug 450 in Verbindung mit dem Tyrannen von 
Syrakus, Gelon, die von Hamilfar geführten Kar: 
thager bei Himera. Hat. 7, 165 ff. Seine Tyrannis 
wird als mild und gejegnet gepriejen; Pindar 
(ol. 23) verherrlicht ihn wegen eines im J. 476 
gewonnenen olympijchen Sieges. Diod. Sie. 13, 86. 

Thersandros, O:gsavögos, 1) Sohn des Po: 
Iyneifes und der Argeia, Gemahl der Demonaſſa, 
Bater des Tijamenos, einer der Epigonen, |. 
Adrastos. Er zog mit gegen Troja und fiel 
auf dem Wege dahin in Myſien von der Hand 
des Telephos. Zu Elaia in Myfien hatte er ein 
Dentmal und Herovenopfer. Bei Bergil (A. 2, 261) 
ift er mit in dem hölzernen Pferde. Homer er: 
wähnt ihn nicht. Das Gejchlecht der Emmeniden in 


Akragas, zu dem der Tyrann Theron (ſ. 0.) gehörte, | von jeiner Mutter zu dem 


(Tae. ann. 16, 1 ff. Suet. Ner. 31) beftätigte Ha— 
drian das alte Herfommen, dab der auf eigenem 
Boden gefundene Schag nicht ftreitig gemacht 
werden könne; wenn er aber auf eines andern 
Boden gefunden worben wäre, hätten Bejiger und 
Finder zu teilen (Spart. Hadr. 18). So blieb es 
im wejentlichen auch ipäter. 

Theseus, Onsevs, Sohn des atheniſchen Königs 
Nigeus (oder des Pofeidon) und der Withra, 
des Pelopiden Pittheus, des weijen Königs in 
Troizen. Der Plag, wo er geboren ward, zwiſchen 
Troizen und Hermione, hieß Genethlion (Paus. 
2, 32,9). Bittheus erzog ihn, Eheiron Ichrte ihn 
die Jagd, Konnidas war jein Führer, weshalb 
legterem die Athener am Tage vor dem Thejeusjefte 
einen Widder opferten. Plut. Thes. 4. Als Jüng: 
ling ging er nach Delphoi und weihte dem Apollon 
fein Haupthaar. Bon da zurüdgelehrt, wurde er 

— geführt, unter 





leitete ſich von Therſandros ab. — 2) Sohn des 
Siſyphos, Vater des Haliartos und Koronos. Paus. 
9,34, 7. — 3) Sohn des Agamedidas, ein Spar: 
taner. Paus. 3, 16, 6. 

Thersites, Osootrns (der freche, von DEgaog, 
aiolifch = #«e0os), der häflidhite Mann vor Ilion 
und ein frecher, bösartiger Schreier, ein Mann 
aus dem Volke, von Odyſſeus zum Ergeken bes 
Volks mit Schlägen gezüchtigt, ala er den Aga— 
memnon läfterte. Hom. Il. 2, 212ff. Nach jpäterer 
Sage tötete ihn Achilleus (Fydıorog Ayılmi, Hom. 
Tl. 2, 220), weil er die von Achilleus erlegte 
Amazonenktönigin PBenthefileia mit dem Speer ins 
Auge ftieh und den Achill verleumdete. Ob diejer 
Therfites derjelbe mit dem Sohne des Agrios, 
des Bruders des Dinens, in Mitolien ei, fteht zu 
bezweifeln. 

Thervingi, Hauptitamm der Weftgoten in Das 
cien. Eutr. 8, 2. Amm. Mare. 31, 3. 

Thesaurus. Über die alten Insavgo/ in My: 
fenai und Orchomenos ſ. Baukunst, 1. — Der 
Finder eines in der Erde vergrabenen Schaßes 
auf eigenem Grund und Boden wurde aud) defjen 
Eigentümer; wenn er ihn auf fremdem Grund 


den einft Migeus, als er von Troizen nach Athen 
zurüdfehren wollte, Schwert und Schuhe gelegt 
hatte, mit dem Auftrag, wenn Th. jo alt jet, da 
er den Felsblock aufheben und Schwert und Schuhe 
hervornehmen könne, ihn nad Athen zu jchiden. 
Th. nahm Schuhe und Schwert und machte jich 
mit denjelben als Erfennungszeichen für feinen 
Bater auf den Weg nad) Athen. Unterwegs hatte 
er allerlei Abenteuer zu beftehen. Bei Epidauros 
erihlug er den Beriphetes, ©. des Hephaiftos, 
Korynetes (Keulenträger) genannt, weil er mit 
einer Keule die Reijenden tötete, und führte dann 
jeine Keule. Auf dem Iſthmos überwältigte er 
den Räuber Einis (Sinnis), Sohn des Poly: 
pemon oder des Pofeidon, der Pityolamptes 
(Fichtenbeuger) hieß, weil er die Reijenden durch 
herabgebogene und in die Höhe fchnellende Bäume 
erriß. Th. tötete ihn auf diejelbe Weile; mit 
—— Tochter Perigune zeugte er den Melanippos 
(ſ. d.). Ferner erlegte er die krommyoniſche Sau, 
Phaia (die graue), und an der Grenze von Me— 
garis und Attifa, anf dem Skironiſchen Felien, 
den Sfiron, der die Vorübergehenden beraubte 
und zwang, ihm die Füße zu wachen, worauf er 


— 


— 


v»sopup ojow — 


Ze 
— 


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—⸗ 


—D ze) de) 


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912.005 x 9) YA ZOTT ) "uopadoursoy] 10p Saey 


2 fröte fraß die 


ss 


Theseus. 


fie mit den Füßen ind Meer ſtieß; eine Schild- 
leihen. In Eleufis überwand er 
den arfadijchen Ringer Kerkyon, Sohn des Po: 
jeidon, Halbbruder des Triptolemos, am Kephijos 
den Damaftes ‚oder Polypemon, Profruftes 
(Ausreder) genannt, weil er die Fremden in jeiner 
Bettitelle jo lange ausredte, bis jie ftarben. Am 
Kephiſos ließ er fich durch die Phytaliden (ſ. Phy- 
talos) von dem vergoffenen Blute reinigen und 
begab ſich dann zu jeinem Vater, bei dem fich 
gerade die von Korinth — Medeia befand 
(j. Argonauten, 6.). Dieſe, den Th. erkennend, 
überredete den Wigeus, ihn bei dent Mahle durch 
einen Giftbecher zu töten; als aber Th. das Schwert, 
das Kennzeichen jeiner Abkunft, zog, um das 
Fleiſch zu zerlegen, erfannte ihn der Vater, und 
Medeia entflob mit ihrem und des Aigeus Sohne 
Medos nad) Koldis, wo fie ihren vom Thron ge: 
ftürzten Bater wieder in die Herrichaft einſetzte. 
Darauf jtellte Aigeus feinen Sohn dem Bolfe vor. 
Die Söhne des Pallad aber, des Bruders von 
Aigeus, die nach des letzteren Tode die Herricaft 
zu erben gehofft hatten, 
empörten jich, wurden je- 
doc von Th. durch ben 
Berrat des Heroldes Leos 
bejiegt und erjchlagen. Dar: 
auf fing Th. den maratho: 
niſchen Stier lebendig und 
opferte ihn dem Apollon 
Delphinios. Plut. Thes.8 ff. 
Als um dieje Zeit der wegen 
der Ermordung des Andro: 
geos (j. d.) den Athenern 
von Minos auferlegte Tri: 
but von 7 Fünglingen und 
7 Jungfrauen, der alle neun 
Jahre zum Fraße für den 
Minotaurod geliefert wer— 
den mußte, zum dritten: 
mal eingefordert wurde, 
erbot ſich Th. freiwillig, mit 
nad) Streta zu gehen, und 
verſprach jeinem Bater, den 
Minotauros zu töten. Er 
bejiegte den Minotauros im Labyrinthe und rettete 
ſich aus den Jrrgängen desjelben durch einen Faden, 
den ihm Ariadne (= Agıcyrn, von ayrög), bie 
Tochter des Minos und der Pafiphas, gegeben. Da: 
durch hatte er einer Verabredung mit Minos zufolge 
Athen von dem Tribute befreit. Er floh darauf mit 
Ariadne gen Athen; u aros (Dia) aber blieb jie 
zurüd, indem entweder Dionyjos fie ihm mit Gewalt 
abnahm und zu jeiner Gemahlin machte, oder Th. 
fie treulos, während fie jchlummerte, verlieh, wor: 
auf fie dann, von Dionyſos aufgefunden, deſſen 
unfterblihe Gemahlin ward. Oder fie gab ſich 
auf Naxos jelbft den Tod. Plut. Thes. 17 ff. In 
der verberbten Stelle des Homer (Od. 11, 321 ff.) 
find zwei Tegtesrecenjionen zuſammengeſchmolzen; 
nad) der einen wird Ariadne durch Artemis auf 
Naros getötet, nach der andern dajelbft durch Ar: 
temis mit Hülfe des Dionyſos zurüdgehalten, damit 
fie defien Gemahlin werde. Bei der Rückkehr des 
Th. nad) Athen gibt ſich Aigeus durch ein Ber: 
jehen desjelben den Tod (j. Aigeus). Darauf 
wird Th. König von Attika, als der er die ein: 
zelnen Gemeinden des Yandes überredet, Athen 


121 


als Hauptftadt und Mittelpunkt eines gemeinjamen 
attifchen Staats anzuerfennen. Zum Gedächtnis 
diejer Vereinigung des ganzen attijchen Landes 
ftiftete er das Feſt der Panathenaien und das der 
Syuoifia, von Plutarch Metoikia genannt. Thuc, 
2, 15. Auch ftiftete er die iſthmiſchen Spiele und 
vereinigte Megaris mit Attifa. Mit Herafles zog 
TH. gegen die Amazonen und erhielt ald Siegespreis 
oder entführte mit Lift die Amazonentönigin Anz 
tiope oder Hippolpyte. Deshalb unternahmen die 
Amazonen einen Rachezug gegen Athen, aber An- 
tiope vermittelte einen Frieden, oder fie ward an 
der Seite des leidenjchaftlih von ihr geliebten 
Th. getötet. Mit Antiope oder Hippolyte zeugte 
er den Sippolytos (j. d.)., Nach ihrem Tode hei- 
ratete er Phaidra, die Schweiter der Ariadne, 
und zeugte mit ihr den Mamas und Demophon. 
TH. nahm auch teil an der Argonautenfahrt und 
der falydoniichen Jagd. Berühmt war jeine freund: 
ſchaft mit Beirithoos, dem Lapithenfürften, der 
ıhm die Helena rauben half (Yapithen hatten ſich 
in der Gegend von Marathon niedergelaffen, wo 


1) 





Thejeus bejonders — ward; daher die Verbin— 


bung beider Helden). Die Dioskuren aber erober: 
ten in Abmwejenheit des Th. Aphidna, wo Helena 
in Gewahrjam gehalten wurde, befreiten ihre 
Schweſter und nahmen Withra, des Th. Mutter, 
gefangen (j. Aithra). 
Seiritoos bei zur Bertreibung der Kentauren (j. 

eirithoos) und ging mit ihm im die Unter: 
welt, um für ihn die Gemahlin des Hades zu 
entführen; aber Hades lieh beide für ihre Kühn— 
heit von den Erinyen ftrafen und an dem Felſen, 
auf den jie fih in der Unterwelt geſetzt, feſt— 
wachſen. Herakles befreite jpäter beide wieder, 
oder bloß den Thejeus. Verg. A. 6, 393. 617. 
(Hom. Od. 11, 631 ift ein ſpäter eingejchobener 
Vers.) Nacd feiner Rückkunft aus dem Hades 
fand TH. jeinen Thron von Meneftheus, dem 
Sohne des Peteos, bejeßt und die Herzen des 
Volkes von ſich abgewendet; deshalb ſchickte er 
jeine Söhne nad Euboia zu Elephenor, dem 
Sohne des Chalkodon, jprady zu Gargettos den 
Fluch über die Athener aus und ging nad) Skyros, 
wo ihm der König Lykomedes von einem Felſen 





Th. dagegen jtand dem ! 


- 


1216 


ind Meer ſtürzte; oder er fiel durch einen Fehl— 
tritt in die Tiefe. Sein Sohn Demophon erhält 
die athenifche Herrichaft wieder. Später bekam 
Th. in Athen Hervendienft; feine Gebeine wurden 
auf Befehl des delphiichen Orakel durh Kimon 
(468 dv. €.) ton Skyros nad Athen gebradıt, und 
über feinem Grabe ein pracdhtvoller Tempel, das 
Thefeion, erbaut. Plut. Thes. 35f. Gein Felt, 
Onseıe, fiel auf den 8. Pyanepfion, wie über: 
haupt der achte Tag jedes Monats dem Thejeus 
wie dem Bojeidon geweiht war. S. Mommien, 
Heortologie ©. 269 ff. — Th. war ein Heros des 
pofeidonischen Kreiſes; Poſeidon jelbft hieß fein 
Vater, und Aigeus war uriprünglich nur Beiname 
diejes Gottes. Wie Pojeidon der Nationalgott 
des ioniſchen Stammes war, fo war Th. der 
ionische Hauptheros, den die Xonier, namentlich 
die Athener, zu gleichem Glanze mit dem dori— 
chen Herafles zu erheben bemüht waren; deshalb 
find manche jeiner Abenteuer den herakleiſchen 
nachgebildet, und, wie es bei ſolchen Nachbildungen 
zu geichehen pflegt, man ſuchte das Original noch 
zu überbieten. Ubrigens erlangte der ioniſche 
Heros nie die allgemeine Anertennung wie Hera— 
fes. Den Athenern galt Th. als Begründer und 
Ordner ihres Staates, wa3 auch in dem Namen 
Thejeus (von ridnue) liegt. Auch in der Kunſt 
ift TH. teilweije dem Herafles nachgebildet. Ge— 
wöhnlich erjcheint er als unbärtiger Jüngling mit 
fräftigem, herakleiſchem Körperbau; doch ift fein 
Körper weniger gedrungen und deutet mehr auf 
Gewandtheit im Ringen hin; denn er galt als 
Erfinder der Ringkunſt. Sein Haar ift nicht jo 
fraus, wie das des Herakles. Auf den älteren 
Kunftwerten führt er das Schwert, auf fpäteren 
die Keule und die Löwenhaut. 


ftellt die eine, Relief in der Billa Albani zu Rom, 


den jungen Thejeus dar, wie er Schwert und: 
Schuhe jeines Vaters unter dem Felſen hervor: | 
holt, die andere, Statue in der vaticanischen Stas | 
tuenjfammlung, die jchlafende, von Thejeus ver: | 


lafjene Ariadne, der bald der Bräutigam Dionyjos 
nahen wird. 
Ozouia, FEouogyögog |. Demeter, 3. 
@£z0uol |. Drakon. 
ThesmophorYa, Ozosuopöo:«, Feſt der Demeter 


Vgl. die Biogras | 
phie bei Plutarch. — Bon den beiden Abbildungen | 





Ozoule, Beouopögog — Thespis. 


Tag hie LErrvie, von den bei dem Demeterfult 
| gewöhnlichen Nedereien; am zweiten Tage wurden 
‚die @rouopögıa zu Halimüs am Borgebirge Ko: 
lias gefeiert. Die 3 folgenden Tage bildeten das 
| Hauptfeft in Athen jelbft, und zwar hieß der erfte 
wegen der Rückkehr von Halimüs Arodos, der 
ziveite, ftrengem Faften gewibmete Nneorei«, ber 
dritte Kallıyeveie, an dem Demeter ald Kallı- 
yersıc (Mutter des ſchönen Kindes) mit Opfern 
und Tänzen N wurde. Die Gegenwart von 
Männern bei diejem Feite war durch ftrenge Strafe 
verboten. Bgl. Mommſen, Heortologie ©. 291. 

Gz0uoHErar |. Aopyur. 

Thespia, »ai (@&orsız, Hom. Il. 2, 478 und 
Hdt. 8, 50, @komı« Paus. 9, 26, 6, jpäter jtets 
Beozie)ıei), jehr alte und bedeutende Stadt Boio— 
tiens, weftlich von Theben am ſüdlichen Fuße des 
Heliton, berühmt durch ihren Tempel des Eros 
mit einer Bildjäule des Gottes von Wrariteles. 
Strab. 9, 410. Cie. Verr. 4, 2,4. 60, 135. Th. 
wird als Sit des Amphion und Zethos genannt. 
Nachdem XZerres die Stadt wegen Teilnahme der 
Theipier an der Thermopylenichlacht —— hatte, 
wurde fie wieder hergeſtellt; auch bei Plataiai hatten 
die Theipier gelämpft. Hat. 7, 202. 226. 8, 75. 
9,30. Während des peloponnefischen Krieges findet 
ſich eine einflußreiche atheniiche Partei unter den 
Bürgern, deren Übergewicht die Thebaner 423 v. €. 
veranlaßte, die Ringmauern der Stadt niederzu— 
reißen (Thuc. 4, 133); nachdem diefelbe 378 durch 
—— wieder hergeſtellt worden war (Xen. 
Hell. 5, 4, 4), wurde fie wahrſcheinlich unmittelbar 
nad) der Schlacht bei Leuftra von den Thebanern 
wieder zerftört und die Bewohner genötigt, fich in 
die Bergfefte Kereſſos zu flüchten, als auch dieſe 
von den Thebanern erobert worden war, wurde 
ihr Gebiet von diejen in Befiß genommen. Xen. 
Hell. 6,3, 1. Diod. Sic. 15, 46. Paus. 9, 13, 8. 
14,2. Wiederhergeftellt wurde die Stadt wahr- 
ſcheinlich durch Philippos II. bald nach der Schlacht 
bei Chaironeia und erhielt fich auch in römtjcher 
Zeit in einer gewijjen Blüte. Strab. 9, 410. Noch 
zur Zeit des Paujanias (9, 26, 6) fand fich dort 
ein Theater, eine jehenswerte Agora und manche 
Heiligtümer mit Statuen von bedeutendem Kunft- 
| werte: das Original des Eros von Prariteles war 
\ freilich jchon von Ealigula und zum zweitenmal von 





Deouopögos, als der Begründerin des Aderbaues, | Nero nah Rom entführt und durch eine Kopie 
der Ehe und der darauf beruhenden bürgerlichen | von der Hand des Atheners Menodoros erjegt 
Ordnung, an vielen Orten Griechenlands gefeiert. | worden. Neben Eros genofjen in Thejpiai bes 
Uralt war es in dem Peloponnes, wohin es von ſonders die Muſen Verehrung; wie bem Eros 


den Töchtern des Danaos aus Agypten gebracht 
fein follte. Hdt. 2, 171. Dieje Annahme tjt übri— 
gens falſch. Der Demeterfult war einheimijch bei 
den alten Pelaſgern und blühte im Beloponnes 
bis zur Einwanderung der Dorier, durch die er 
in den von ihnen beiegten Landichaften zurüd- 
gedrängt ward. Doc) erhielt er ſich zugleich mit 
dem Feſte der Thejmophorien in Arkadien; aud) 
in Troizen, in Bellene und auf dem Lande bei 
Argos wurden Theimophorien gefeiert. Wir finden 
das Feſt ferner in Nigina, Eretria, Delos und in 
den Kolonien Kleinajiens, wohin e3 von Athen 
aus fam. Sehr verbreitet war der Kult der De: 
meter Thefmophoros auch in Sicilien. Es tar 
— ein Feſt der verheirateten Frauen. 
In Athen dauerte es vom 9. bis 13. oder 10. bis 


14. Byanepfion (Ofktober— November). Der erfte 


’Eewridsıe, jo wurden leßteren Movosi«, Feſte 
mit muſiſchen Agonen, — — Bedeutende 
Reſte bei Erimokaſtro. Abhandlung von Schill— 
bach (1856). 

Thespiädes ſ. Musae. 

Thespis, @fonıs, aus dem attijhen Demos 
Ikaria, ein jüngerer Zeitgenofje des Solon, um 
530 v. E., gilt als Erfinder und Begründer ber 
Tragödie, indem er an dem dionyſiſchen Feſten 
den dithyrambiſchen Ehorgejängen eine Erzählung 
und mimiſch⸗orcheſtiſche Darftellung der dionyſiſchen 
Mythen hinzufügte. Diefen Schaujpieler neben dem 
Chore machte Th. wohl jelbft und vereinigte in 
ſich die Thätigkeit des Dichters, Tonſetzers und 
Schauſpielers. Suidas berichtet, daß Th. zuerft 
ſich gejhminft und dann Masken von Leinwand 
eingeführt habe. Schriftliches hat er nicht hinter: 





” 
ww 


Pindos. Als halbe Barbaren lebten ſie meift in 


1217 


laffen. Plut. Sol.29. Diog. Laert. 3,56. Athen. 1 | Karatichair), ein jetzt ausgetrodneter Sumpfiee, 
p. 22. Bgl. Tragoedia. rechts vom Peneios. — Thelfaliens Boden gehört, 

Thespröti, @sorgorol, einer der 4 Haupt: | bejonders in jeinen ebneren Teilen, zu den Frucht: 
ſtämme in Epeirod, bei Homer noch das einzige | barjten Gegenden Griechenlands. don Homer 
—— dieſer Gegend; fie wohnten längs der läßt den Achilleus und den Patroklos 2v Zgußo- 
üfte von der Kerlyraiiſchen Meerenge bis zum | Aanı Ban en ber große Wafjerreihtum 
Ambrakiſchen Meerbujen und landeinwärts bis zum | erhöht dieje Fruchtbarkeit, das Spercheiosthal ift 
ein wahres Treibhaus. Die theffaliichen Roſſe 
Dörfern und Fleden; in ihrem Gebiete lag Do: | übertrafen jchon in dem zu Aphetai von Xerres 
dona. Später verbrängten die Molofjer fie aus dem | angeftellten Pferderennen alle übrigen helleniſchen 
inneren Lande, und ıhmen blieb mur der hierauf | Noffe. Hat.7,196. — Als die älteften Bewohner 
nach ihnen Qsongwris oder Peorpori« benannte | erjcheinen in der hiftoriichen Zeit die Pelaſger 
Küftenftrih. Die Theſproter zerfielen gleich den | (daher "Agyog ITsAasyındv); erft die Einwanderung 


Thesproti — Thessalia. 





übrigen epeirotiihen Bölferjchaften in viele ein: | 


zelne Stämme mit bejonderen Namen, unter denen 


der der Kaſſopaier der bedeutendfte war. Val. 


Hom. Od. 5, 115. Hdt. 8, 47. Thhuc. 1, 46. 4, 35. 
6, 22. 

Thessalla, @soo«lle, Qsrraile, ehedem auch 
Hellas, Aiolis, Haimonia, Pelajgia, Pyrrhaia ge: 
heißen nad) einzelnen Gegenden, das öſtliche Stüd 
Nordgriechenlands, grenzte im NR. an Makedonien, 
im ®. an Epeiros, ım ©. an Nitolien, Doris und 
das Land der epifnemibiichen Lofrer, im D. an 
das Wigaiiihe Meer. Das ganze Land befteht 
aus 2 fejielartigen, an Einem Punkte durchbroche- 
nen Beden, einem jchmalen Küftenftrich und einem 
regelmäßig gebildeten Flußthale. Den Rand des 
größeren Keſſels bildet im Weften der Pindos 
und Lakmon nebſt Typhreftos; der Pheka— 
paß (j. Pak von Dugliana) führt nach Epeiros; 
die Nordgrenze bilden einzelne, eines gemeinjamen 
Namens entbehrende Gebirgsglieder, am höchſten 
der DIympo3, von dem ans Oſſa und Pelion 
nad Süden ziehen und den Dftrand bilden. Bon 
den jüdlichen Teilen des Pindos ftreichen die 
Phthiotiſchen Berge und der Othrys bis an 
das Meer im O. Der Heinere Kefjel ift von den 
Ausläufern des Othrys und Pelion, ſowie von 
unbedeutenderen Höhen ber Gebirge Athamas 
und tr ee umjchlofjen. Während das 
größere Bafjin ehemals ein See geweſen jein mag, 
defien Waſſermaſſe fich zwiſchen Oſſa und Olymp 
burh dad Tempethal (j. d.) einen Ausweg 
bildete, jcheint der Rand des Heineren Keſſels um: 


gekehrt einen Durchbruch von außen erlitten zu 


haben, infolge defien jeine größere Hälfte vom 
Bafler des Pagaſaiiſchen Meerbujens bededt 
wurde. Nah dem Maliſchen Golf hin ftreicht 
endlich nod) das Ditegebirge, an deſſen Nordrand 
der Sperceios hinftrömt. Nahe and Meer tre- 
tend, bildete das Gebirge hier im Altertum den 
Paß der Thermopylen (f. d.). Außer dem weit: 
lihen Phekapaß und dem jüblihen Thermo: 
pylenpaß führen von N. nur 2 Bälle in das 
Land, der eine an der Kiüfte und dann durch 
das Tempethal, der andere über die olympischen 
Höhen; beide vereinigen ſich bei Gonnoi; Theſſa— 
lien ift jo das verfleinerte Bild von Siebenbürgen. 
— Unter den Flüffen find zu nennen der Be: 
neios (j. d.) mit feinen Nebenflüffen, auf dem 
Lakmon entipringend und durch das Tempethal 
in den Thermaiſchen Meerbujen mündend; nächft: 
dem der Sperdeios (f. d.,, vom Typhreſtos 
herab dem Maliſchen Meerbufen zuftrömend. Unter 
den Seen i 
lasjee, im 








der größte Boßnig Alurn, j. Kar: | 
D. die Surıag Auvn, j. Nezero, am | 


ellenijcher Stämme machte ihrer Herrichaft ein 
be, worauf fie meift nad Aſien gingen. Jldt. 

1, 56. Ungeblih 60 Jahre nach dem troiichen 
Kriege (1124 v. E., in Wahrheit bedeutend jpäter) 
wanderten die helleniichen (nicht, wie Kiepert meint, 
illyriſchen) Theſſaloi (thefprotiihen Stammes, 
Qeooulol = Aspsulor) ein (Hdt.7, 176), die die 
vorgefundenen Aioler unterjochten und nach Unter: 
een der Magneten, Berrhaiber, Bhthioten 
(Thue. 2, 101. 4, 78. 8, 3) einen großen Bölfer: 
verein bildeten; die Reſte der früheren Bewohner 
traten als Peneftai (d. h. wohl: Sklaven, vom 
albanefischen Stamme „peng“, binden, feffeln) in 
ein Verhältnis der Hörigfeit. Die einzelnen Stadt: 
gemeinden hatten eine ftreng ariftofratiiche Ber: 
faffung und waren voneinander völlig unabhängig, 
bis Philipp Il. von Makedonien 344 v. E. das Yand 
zur makedoniſchen Provinz machte. 197 nad) der 
Schlacht von Kynosfephalat von den Römern für 
frei erflärt umd zu einem Gemeinweſen (xoıwor) 
mit einem Gtrategen an der Spitze vereinigt, 
bildete das Land jeit 146 einen Teil der Provinz 
Macedonia, ſeit Alerander Severus eine eigene 
Provinz. — Theflalien zerfiel in 5 (6) Landichaf: : 
ten: 1) Bdıörıs mit den Diftriften Dolopia, 
Ditaia, Malis, zwifchen dem Malischen und Paga— 
ſaiiſchen Meerbuſen, bewohnt von den LZapithen, 
Kentauren (die Sagengeichichte), Dolopern, Be: 
lajgern, Myrmidonen (den Unterthanen Adills), 
Ainianen und Maliern; darin: Halos und Jton 
mit einem Athenetempel in der Fruchtebene Kro: 
fion, Thebai Phthiotides, eine bedeutende 
Stadt, in deren Nähe wohl Adilleus’ Vaterſtadt 
Phthia lag, Pyraſos, die „Weizenftadt‘, und 
Bteleai, Yarijja mit dem Beinamen 7 Kor- 
ueoen, „die ſchwebende“, auf cinem Berge, im 
Gegenjag zu 2. in Pelaigiotis, das im Flachlande 
lag; Echinos, Yamia, befannt durch den lami: 
ſchen eg | (ſ. d.), 323—321 v. E., Nartha— 
tion am Südabhange des Othrys nordöftlid von 
Lamia, Antifyra, Herakleia, früher Tradis, int 
Gebiet der Malier; Hypata, die Hauptitadt der 
Ninianen, Sammelplak der Zauberinnen, Thau: 
mafoi (j. Domofo) am Nordabhang des Othrys, 
deren Name von dem überrafchenden Eindrude 
herrührte (Hadue), den die plöblich vor den Augen 
ausgebreitete Ebene auf den Neijenden madıte. — 
2) Heooakıörıg, nordweſtlich von der vorigen 
Landſchaft; darin: Bharjalos, j. Pherjala, be: 
fannt durch den Sieg Cäſars (9, Auguft 48 v. E.) 
über Pompejus; Kierion oder Pierion, ehemals 
Arne, Metropolis, bedeutende Stadt, weftlich 
von der vorigen; andere Orte waren unbedeutend. 
— 83) ITelasyıarıs, das Beden des Boibeis: 


Nordrande der Phthiotiichen Berge; Nesowvis (j. | jees, nordweſtlich etwas über den Peneios hinaus, 


Neallegiton des Haff. Altertums. 7. Aufl. 


77 


1218 Thessalonike — Thibron. 

jüdöftlih bis zum Pagaſaiiſchen Meerbujen, mit | methodischen Schule. — 9) tragiicher Schaujpieler, 
den Städten: Yarija oder Yarijja, der größten | der bei der VBermählungsfeier Aleranders des Gr. 
Stadt des Landes, Sit der Aleuaden, Atrar (j. |auftrat. Plut. Alex. 10. 29. Just. 12, 13. 14. 
Paläofaftro von Alifaka), Gyrtöne, Krannon,| Thestios, Gdorıos, Sohn des Ares und der 
merfwürdig durch Antipaters Sieg, 322 v. C., Demonife, oder des Agenor, Enkel des Pleuron, 
Pherai, um 370 v. E. Sit des Tyrannen Jajon, | aitolifcher König, Vater bed Iphiklos, Euippos, 
mit dem Hafen Pagaſai; Stotuffa, in der Nähe  Plerippos, Eurypylos, der Leda, Althaia, Hy: 


die Hügel Avvög xepaial, befannt durdy ben 
Sieg des Pelopidas über Jafon, 365 v. E., und 
des Flamininus über Philipp V., 197. — 4) Ma- 
yrnole, norböftlid von P., der Küftenftrich vom 
Tempe abwärts: Meliboia, in der Nähe die Klippen 
Irvoi, an denen viele Perjerichiffe zerichellten (Hat. 
7, 188), weiter an der Küfte Kafthanaia und die 
gefährlihe Enmuüg dur), Demetrias (j. d.), eine 
der Hauptfeftungen Griechenlands am Pagaſaiiſchen 
Meerbujen, Jolkos und Aphetai. — 5) 'Esrı- 
aıörıg oder Toricdris, der weftliche Teil Norb: 
theifaliens mit dem öftlich davon —— Gebiet 
der Perrhaiboi: Gomphoi, von ( 

Trikka, j. Triffala, nordöftlich von da, Niginion, 
Ithome (j. Fanari), von ihrer fteilen Lage die 
„jellige‘, »Aouendeson, genannt, Pelinnaion ; 
Gonnoi, Dloofion. Im NR. die aus Azoros, Do: 
lihe und Pythion beftehende Tripolis. Strab. 
9,429 ff. Plin. 4,7, 14. Bol. Burfian, Geogr. 
von Griechenland I ©. 40 ff. 

Thessalonike, @soo«lorian, 1) Tochter der 
Bheraierin Nikefipolis und Philipp Il. von Ma: 
fedonien (Athen. 13, 5 p. 557; vgl. die Stamm- 
tafel unter Philippos, 1.), Liebling und Schüg: 
ling der Olympias, blieb auch deren Leibens- 
gefährtin, als Kaflander 317 v. E, Mleranders 
des Gr. Mutter in Pydna einſchloß und zur Über: 
gabe zwang. Diod. Sie. 9, 35. Just. 14,6. Nach 
der Ermordung der Olympias (316) machte fie 
Kaflander zu jeiner Gemahlin. Diod. Sic.19, 52.61. 
Dieſer ftarb 297. Etwa 2 Jahre jpäter wurde 
Th. von ihrem Sohne Antipater, der der Mei— 
nung war, daß jein jüngerer Bruder Nlerander 
von der Mutter bevorzugt würde, als die lebte 
aus dem Gefchledhte Philipp Il. ermordet. Paus. 
9, 7,3. Just. 16, 1. — 2) jehr bedeutende mafe- 
doniſche Stadt der Landichaft Mygdonia, von 
Kaſſander an der Stelle der Stadt Therme (Hdt. 
s, 123) an dem Thermaiſchen Meerbujen gegründet 


und zu Ehren jeiner Gemahlin genannt. Sie war 


ſtark befeftigt. Liv. 44, 10. Ihre Bedeutung ftieg 
in der römiſchen Zeit, wo fie (an der via Egna- 
tin gelegen) die Hauptſtadt eines der 4 Bezirke 
und Sit des Prätors wurde. Im Befig eines 
trefflihen Hafens wurde jie bald eine jehr bedeu— 
tende Handelsſtadt, auch Sig einer vom Apoſtel 


Paulus geftifteten Ehriftengemeinde; j. Saloniti, 


türkiſch Selanif. 


Thessälos, Oeso«lds, 1) Sohn des Haimon | 


oder 2) Sohn des Jaſon oder 3) des Herakles 
(j. Eurypylos, 2.), nad denen Thefjalien be: 
nannt wurde. Strab, 9, 443. Diod. Sie. 4, 54 f. 
— 4) ein Heraflide, der mit Doriens auswanderte 
und in Sicilien jein Leben verlor. Hdt. b, 46. — 
5) Sohn des Peiſiſtratos. Thuc. 1,20. — 6) Sohn 
des Kimon und Ankläger des Alkibiades wegen 
Entweihung der Myfterien. Plut. Alcıb. 19. 22, 

- 7) Sohn des Arztes Hippofrates von Kos, 


jar zeritört, | 


| permneftra. Seine Gemahlin heißt Yeufippe, Lao— 
phonte, Deidameia, j. Meleagros. 

Thestor, ®&orwog, 1) Sohn des Idmon und 
‚der Laothod, Vater des Kaldhas (Hom. Il. 1, 69), 
| der Zeufippe und Theonoe. Dieje, von Seeräubern 
geraubt, wird an Jlaros, König von Karien, ver: 
fauft, deſſen Liebe fie gewinnt. Auch ihr Bater, 
der, fie aufjuchend, Sciffbruch gelitten, wird an 
Ilaros verfauft. Zeufippe fommt indejlen in Jüng: 
lingstradht nach Karien, und da fie der Theonoe 
Liebe verſchmäht, erhält Theftor von diejer den 
Auftrag, fie zu töten. Die Verwandten erfennen 
jih und werden von Ilkaros mit Gejchenten ent: 
laſſen. Hygin. fab. 190. — 2) Sohn des Enops, 

Troer, von Batroffos erichlagen. Hom. Il. 16,401 ff. 

Gures j. Doin, 6. 
'  Thetis, @rrıs, Tochter des Nereus und der 
| Doris, Gemahlin des Peleus, Mutter des Achil— 
leus. Hom. II. 1, 348ff. 538. 18, 35. Mit ihren 
' Schweitern, den Nereiden, wohnt fie in den Tiefen 
‚des Meeres bei dem greifen Bater, eine wohl: 
 wollende, hülfreiche Göttin. Sie nahm den vor 
Lykurgos flüchtenden Dionyjos und den von Zeus 
aus dem Himmel geworfenen Hephaiſtos auf. 
Hom. ll. 6, 135. Od. 24, 76. Als Zeus von 
Hera, Athene und Poſeidon bedroht wurde, rief 
fie den Migaion zu Hülfe Hom.Il.1,396 ff. Sie 
war von Hera auferzogen und wider ihren Willen 
von Zeus und Hera mit Peleus, einem jterblichen 
Manne, vermählt worden. Hom. 11.24, 60. 18,432, 
| Bu ihrer Hochzeit famen alle Götter. Nach jpäte- 
ren Sagen warben Zeus und PRojeidon um ihre 
2** da aber Themis weisſagte, daß ſie einen 
Sohn gebären werde, der größer werde, als ſein 
Vater (ſ. Prometheus), jo ſtanden fie von ihrer 
Werbung ab, und Zeus verband fie einem Sterb- 
lihen. Durch dieje Verbindung wird die Göttin 
in alle Leiden des menjchlihen Lebens hinein— 
gezogen; das Gejchid ihres zärtlich geliebten Sohnes 
bereitet ihr tiefen Kummer, fie weiß, daß er in 
der Jugendblüte fterben muß, fie hört jeine Klagen 
und trauert mit ihm, fie beweint jeinen früben 
Tod. Hom. Il. 1, 414ff. 18, 429 ff. 24, 1045. ©. 
Achilleus. Verehrt ward Thetis in Pharjalos, 
in Sparta und Meflenien. — Spätere Dichter 
‚nehmen Thetis geradezu für das Meer. 
Theudoria, Stadt in der epeirotiihen Pro: 
vinz Athamania; j. Thodoriana. Liv. 38, 1. 
' GEo0 Rxoöswror, fteil ind Meer abfallende 
| Feljenipige des nördlichen Libanon, j. Ras Schal: 
tah. Pol. 5, 68. Strab. 16, 754. 

Thiäsos, Si«oos, eigentl. Balchoszug, j. Dio- 
nysos, 9. m allgemeinen hießen jo alle Ber: 
‚eine, die einen gemeinichaftlichen Kult hatten, jei 
\es, dah eben dies ihr Endzwed war, jei es, daß 
fie zu gegenjeitiger Unterſtützung, zu gemeinjchajt: 
lihem Vergnügen oder Geichäft gegründet waren. 

Thibron, @ßgor, oder Thimbron, Oiußeor, 














erflärte die Schriften feines Vaters und jchrieb | 1) ein Spartauer, wurde beim Ausbruch der Feind— 
3 Bücher lareımor. — 8) Arzt aus Tralles im |jchaft mit den Berjern den Heinafiatifchen Griechen 
Karien unter Nero und Mitbegründer der ſ. g. mit einem Heere zu Hülfe geichidt, im Anfang 


Thisbe — Thrakia. 1219 


399 v. C. Xen. Hell. 3, 1, 4ff. Nachdem er die | meiftend noch ungebrudt find, hat er ein lerifa- 
noch übrigen (etwa 6000) Soldaten des Kenophon, | liiches Wert verfaht, övoudrwr Fuloyal, eine 
die jogenannten Kyreier, in feine Dienfte gezogen | Nuswahl attiicher Wörter aus den Werken des 
hatte, machte er einige Kortichritte gegen Tiſſa- Phrynichos, Ammonios, Herodian und Möris in 
phernes, doch war er ohne bedeutendes Feldherrn- | alphabetiiher Ordnung, herausg. von Fr. Ritſchl 
talent und fonnte die Mannszucht nicht aufrecht | (1832) und Bed (1836). Ferner bejigen wir von chim 
erhalten. Daher wurde er im Herbſte desjelben | ein Leben des Euripides, wie er denn auch Scholien 
Jahres durch Derkyllidas erjegt umd nach der zu Pindaros und Ariftophanes verfaßt haben joll. 
Heimfehr verbannt. Daj. 3, 1,8. Doc hatte er| Thoon, Bor, 1) Gigant, von den Moiren 
jpäter (392) wieder ein Kommando in Ajien und | getötet. Apollod. 1,6,2. — 2) Troer, von Odyſſeus 
machte Züge gegen dem perfiichen Befehlshaber in | getötet. Hom. II. 11, 422. — 3) Sohn des Phai- 
Borderajien, Struthas, wurde aber von biejem | nops, mit jeinem Bruder Zanthos von Diomedes 
überfallen und niedergemadht. Xen. Hell.4,8,17ff.| erlegt. Hom. II. 5, 162. — 4) Phaiafe. Hom. 
Diod. Sie. 14, 99. — 2) ein Spartaner, ermorbete | Od. 8, 113, 
324 v. E. den Harpalos (j. d. 1.), Schagmeifter| Thoösa j. Odysseus. 
Aleranders des Gr., auf deſſen Flucht, bemächtigte Thoranius, Legat des Metellus in Spanien, 
ſich jeines Geldes und unternahm einen Zug gegen | unterlag im Kampfe gegen Sertorius und fand 
Kyrene. Nachdem er mit wechjelndem Erfolge ge: | jeinen Tod in der Schlacht, 79 v. C. Plut. Sert. 12. 
fämpft hatte, fiegte er in einer Schlacht und zwang | Thorax, Bruftharniich, j. Waffen, 2. 
die Stadt fich zu ergeben. Später von Ophellas Thorli. Dazu gehören: 1) Sp. Thor., Ur- 
geichlagen und gefangen, erlitt er in Apollonia | heber des nad) ihm benannten agrarijchen Geſetzes, 
den Kreuzestod, 322 dv. E. Diod. Sie. 18, 9 ff. war wahrſcheinlich 111 v. C. Volkstribun. Cie. 
Thisbe, ®ioßn, 1) Stadt des ſüdweſtlichen Brut. 36, 136. — 2) 2. Thor. Balbus, An: 
Boiotieng, auch Mopßaı, auf einem jüdlichen Bor: | hänger der epifureiichen Philofophie, ftammte aus 
berge des Helifon, unfern der Küfte, an deren | Lanuvium und wird von Cicero erwähnt (fin. 
Felſen viele wilde Tauben niften, daher jchon bei | 2, 20, 63 ff.) — 3) M. Thor., befehligte 47 v. E. 
Homer (11.2, 502) rolurgjowor ®doßn. Strab. | Truppen in Spanien, die ſich gegen Caſſius empör: 
9,411. Ruinen von Mauern und Türmen bei Dom: | ten. Caes. b. Aler. 57. 
brena und Kakoſi. — 2) eine boiotiſche Nymphe, Thorikos j. Attika, 18. 
nad der die gleichnamige Stadt benaunt war. —| Thornax, Ooopvaf, 1) Berg in Argolis im 
3) ein jchönes Mädchen in Babylon, Geliebte des | Gebiet von Hermione, ſpäter Koxxöyıog, meil 
Pyramos. Da die Eltern die Verbindung der | Zeus dort in einen Kudud verwandelt jein jollte. 
Liebenden nicht zulafien wollten, beiprachen fie fich | #aus. 2, 36, 1. — 2) Berg in Lakonien zwiſchen 
oft heimlich dur eine Spalte in der Wand ber | Sparta und Gellafia, mit einem Heiligtum des 
beiden aneinander ftoßenden Häuſer und verab: | Apollon. Hat. 1, 69. Pol. 2, 66. Paus. 3, 10, 8. 
rebeten einjt, am Grabe bes Ninos unter einem | Thrakia, n Bpnixin, Ogaun, Thracia, bezeid): 
Maulbeerbaum zufammenzufommen. Thiſbe fand | nete in den älteften Zeiten den ganzen Norden 
fid) zuerft ein, floh aber, als fie einen Löwen ſah, Europas oberhalb Griechenlands, vom Bontos weit: 
der in der Nähe ein Rind verzehrt hatte, umd lich bis zum Strymon, ja jelbft Makedonia, und 
verlor auf der Flucht das Gewand, das der Löwe | nördlich bis zum Savusfluß; fpäter bis zur rö- 
zerriß und mit Blut bejudelte. Pyramos kam miſchen Herrichaft mwenigftens das Land bis zum 
jpäter herbei, glaubte, Thijbe jei erwürgt, und er: | Jiter oder Danuvius; im römischer Zeit endlich 
ftach fich unter dem Dtaulbeerbaum, dejien Früchte | nur das Land bis zum Daimosgebirge, wogegen 
von da an rot find. Thijbe fand den Leichnam | der nördliche Teil bis zum Danuvius Möfia hieß. 
und tötete jich gleichfalls. Ov. met. 4, 56 ff. Das Land galt als kalt, rauh, unfrucdhtbar (Xen. 
Thoas, ®öas, 1) j. Orestes. — 2) König An. 7, 4, 3), war aber im ©., wo es durch das 
von Lemnos (Hom. Il. 14, 230), Bater der Hyp⸗ Gebirge gegen den Nordwind geſchützt war, mild 
fipyle und des Sikinos. Als die Lemmierinnen | und fruchtbar. Die Thrafer (Opünxes), ein Haupt: 
alle Männer der Inſel töteten, wurde er von jpeig der inbo:enropäiichen Völlerfamilie und jeit 
jeiner Tochter verborgen und gerettet, aber jpäter | den älteften Zeiten in ihren Sigen, ftanden (mie 
von den andern frauen entdedt und getötet; oder ſich aus ihren religidjen Kulten und den Sagen 
er entlam nad) Tauris oder nach der Inſel Dinoe | von Orphens ſchließen läßt) auf einer ziemlich 
bei Euboia, die dann Sifinos hieß. Hygin. fab. 15. hohen Kulturftufe; fie waren jehr friegerijch, darum 
Apollod. 1,9, 17. 3, 6, 4. — 3) Sohn des Jaſon nennt Bergil (A. 3, 13) das Land terra Mavortiu, 
und der Hypſipyle (j. d.), Bruder des Euneos. — | dagegen Feinde des NAderbaus und eines jeßhaf: 
4) Sohn des Dionyjos und der Ariadne. — 5) Sohn | ten Lebens und unfähig zur ——— geordneter 
des Ilarios und der Periboia, Bruder der Pene- Staaten. Verrufen waren fie wegen übermäßigen 
lope. Apollod. 3, 10, 6. — 6) Sohn des Andrai: | Weingenufles. Hor. od. 1, 27, 1f. Die Schidjale 
mon und der Sorge, König und Anführer der des Landes find im ganzen wenig befannt. Ale— 
Yitolier vor Troja. Hom. 11.2, 638.4, 529.18, 216. |xander führte Krieg mit thrafiihen Bölfern, im 
15, 281. — 7) Sohn des Ornytion oder Ornytos. — war das Reich der Odryſen (j. d.), vor⸗ 
Paus. 2, 4, 3. — 8) Troer, von Menelaos erlegt. übergehen waren im 3. Jahrh. eingedrungene 
Hom. Il. 16, 311, Gallier mächtig. Craſſus unterwarf dann ben 
$oioz (zevraveior) j. Bovin. ‚nördlichen Teil von der Donau bis zum Haimos, 
Thomas, Oouzs, mit dem Beinamen Magister, ‚der von nun an Möoſia hie und im J. 11 v. E. 
Mayıorgog, nahm als Mönd den Namen Theo: | Provinz wurde; der jüdliche, Thrafien im engeren 
dulos an und lebte zu Anfang des 14. Jahrh. | Sinne, wurde 80 v. €. zuerft fiegreidh von den 
Außer einer beträchtlihen Unzahl Reden, die | Römern befriegt, 46 n. E. als Provinz Thracia 


77* 











1220 Thrases Paetus — Thrasybulos. 


organifiert, vollftändig erjt 62 n. E. unterworfen. des Dichter Perjius und Mitglied des römiſchen 
— 1) In diefem engeren Thrafien waren bie | Senats unter Nero, der ihn perjönlich ehrte und 
Hauptgebirge Haimos, dann im Südweſten Sko— ſchätzte. Tac. ann. 15, 20f. 16, 22. 34. Plin. ep. 
mios, nach Makedonien zu Orbelos, dem Aigaii- 3, 16. ber der in altrömijcher Strenge aufge: 
ihen Meere zu Rhodöpe Die bedeutenditen | wachiene Mann ertrug die Graufamfeiten des 
Flitfie waren der weitliche Grenzfluß gegen Mate: | Herrichers, deſſen Tyrannei immer unerträglicher 
donien Neftos, Hebros mit mehreren Neben: | wurde, mit innerem Unmute, enthielt jih, um 
flüffen, bei. Ergines (j. Ergene), der Melas, | jeine Gejinnung zu befunden, der Teilnahme an 
an dem gleichnamigen, die Nordmeitjeite des thra: | den Senatsfigungen (Tac. ann. 16, 28; vgl. 14, 12. 
fiichen Eherjones bildenden, Bujen; auf dem Eher: | 16, 21) und mied alle zu Ehren des Kaijers be: 
jones das in den Hellespont fallende Ziegenflüßchen, | gangenen FFejtlichkeiten, ja jelbjt das Theater, um 
Nigospotamoi, befannt durd die Stat 405 | nicht Noms Herricher auf öffentliher Schanbühne 
v. C. Bu den Seen gehörte der See Biftönis, | jehen zu müſſen. Dio Cass. 61, 20. 62, 26. Sein 
j. Buru⸗göl, öftlich von Abdera, und der Lagunen: | ganzes Wejen verriet Mißmut über den Lauf der 
jee Stentöris, von einem Arm des Hebros ge: | Öffentlichen Angelegenheiten (Suet. Ner. 37), wes- 
bildet, nahe am Meere bei Ainos. Unter den | halb perjönliche Feinde ſich des Kaiſers Unwillen 
vielen, untereinander zwieträchtigen Völkerſchaften über Thraſea zu nutze machten, ihn anklagten und 
jind zu merfen: die Kikdnes am Hebros längs ſeine Verurteilung im Senate bewirften. Man 
der Küfte, die Odryſai, auch in der Ebene des |lich ihm die Wahl der Todesart; mit heiterer 
Hebros, die Bejjoi, am Haimos, die Biftd- | Miene ließ er fich die Adern öffnen und farb mit 
nes, am See gi. R. und am Aigaiiſchen Meer. — | ftoiichem Mute, 66 n. C. Tac. ann. 16, 33. 35. 
Die widhtigeren Städte (ſ. d. Art.) waren, zwiichen | hist. 2, 91. Sein Tod erregte — mermärg Be 
Neftos und Hebros an der Küfte: Abdera (Ge: | veranlafte Lobſchriften, 5. B. von Arulenus Rufti- 
burtsort Demokrits), Dikaia, Maroneia, Me: cus. Tac. ann. 11,26. Agr. 2. Er jelbft hatte eine 
jambria, weiter öſtlich Ainos; auf dem thrafiichen | jolhe auf den jüngeren Cato verfaßt. Plut. Cat. 
Cherſones: Kardia, Elains, Kallipolis, | min. 37. Thr. ift eine der edelften Ericheinungen 
Seftos, Lyſimacheia; an der Bropontis: Ganos, | in den düfteren Zeiten der römischen Katjer, wenn 
Bijanthe, Perinthos, Selybria (j. Silivri); | auch eine gewiſſe Starrheit ihm nicht abgeſprochen 
Byzantion am thrafiichen Bosporos; am Bon: | werden kann. 
tos: Salmydeſſos, Apollonia, Anchialos, Thrason, Op«sor, 1) aus Attila, jtand den 
Mejambria; im Innern: Philippopolis, Ha— —— Flüchtlingen bei der Befreiung ihrer 
drianopolis, Trajanopolis u.a. — 2) Möſia | Baterjtabt bei und machte ſich dadurch bei den The: 
(Mvsia n &v Erhgemrn), zwiſchen Haimos und | banern jehr beliebt. Dem. de cor. p. 237. — 2) Erz: 
ter, zerfiel jeit Beipafian in die beiden Provinzen | gießer um 320 v. E., der nach Plinius (34, 8, 19) 
Moesia superior (weftlih) und M. inferior öſtlich), Sthleten, Bewaffnete, Jäger, Opfernde bildete 
geichieden durch den Fluß Kibros (j. Tzibritza) Weihgeſchenle im Tempel der Artemis zu Ephejos, 
bis zu jeiner Mündung in den Sfter; jeıt Dio: | von ıhm gearbeitet, erwähnt Strabon (14, 641). 
cletian in 5 Teile: Moesia prima (weftlich) mit | — 3) Freund des Herrichers Hieronymos von Su: 
der Hauptſtadt Wiminacium, Dardania, der|rafus. Zav. 24, 5. — 4) eine ftehende Perſon in 
jüdlihe Teil des weitlihen Landes am Stardos, | der neueren Komödie, die den Prabler (miles glo- 
mit Scupi (j. wahrjceinlich Leskovatz), Dacia | riosus) darftellte. 
Ripensis, das nördliche Mittelland, mit Ratiaria,| Thrasybülos, @paovßoviog, 1) Protane, dann 
j. Artſcher, Dacia interior, das füdlihe Mittel: | Tyrann von Milet, Zeitgenofje und Freund des 
land, mit Sardica, Praevalitana mit der Haupt: | Beriander von Korinth (Hdt. 5, 92), Gegner dei 
ftabt Scodra. Moesia secunda dagegen, der | Alyattes von Lydien und jeiner Vorgänger Ardus 
öftliche Teil zwiichen Haimos und Danuvius, mit | und Sadyattes, gegen die er durch Lift die Un: 
der Hauptitadt Marcianopolis, und Scythia (minor), abhängigfeit der Stadt behauptete. Hat. ı, 20f. 
der norböftlihe Stridd am Pontos, mit Tomi, | — 2) Tyrann von Syrafus, als Nachfolger feines 
waren zu Thrakien geichlagen worden. — Die | Bruders Hieron, 466 dv. E., wurde jchon im elften 
lüffe des Landes waren: Drinus, Margus, | Monate jeiner Herrichaft wegen jeiner Gewaltthätig 
Kiabros (Kibros) u. a. Die Eimmwohner (Moesi, | feiten, bei denen er jich auf fremde Mietätruppen 
Mvsoo() zerfielen in mehrere Bölferjchaften, unter | ftüßte, von den empörten Syrafufiern mit Hülfe 
denen die bedeutenditen die Zriballoi im W., ihrer Verbündeten vertrieben und lebte fernerhin 
die Beufinoi an den Donaumündungen, im ©. | als Privatmann bei den Lokrern. Arist. pol. 5, 9,23. 
die Krobyzoi. — Außer dem jchon genannten | Diod. Sie. 11, 67. — 3) Sohn des Lylos aus 
Hauptftädten jind zu merken: Singtdunum, | dem Demos Steiria (6 Lreigıevg), ein Mann von 
Feſtung an der Mündung des Savus in den Da: | Kraft und Unternehmungsgeijt und ganz der Sache 
nuvius (j. Semlin oder Belgrad?) Naijjus (j. der Demokraten ergeben, war (411 v. E.) unter 
Niffa), Dejeus (j. Oreszomig), Duroftörum (j. | den Führern der (Flotte bei Samos mit Thraſyllos 
bulgarisch Dofter, türkiſch Siliftria), Roviodu- | bejonders thätig, die 400 zu ftürzen und die De 
num (j. Diakticha), Tomis (Tomoi, Tomi, j. mokratie wiederherzuftellen. Thuc. 8, 73. 75. Im 
Tomisvar oder Jegni Pangola), Odeſſos (j. Kampfe gegen die Peloponnejier zeichnete er ſich 
Barna) u. a. Strab. 7, 295. 318ff. 331. Plin. während der folgenden Jahre öfters aus, bejonders 
4,11. Mela 2, 2. im Hellespont; an der Schlacht bei den Arginuſen 
Thrasda Paetus, mit vollem Namen B. Elo: nahm er als Trierarch teil, war mit Theramenes 
dius Thrajea Pätus, Gemahl der jüngeren  beordert, die Sciffbrüdhigen aufzunchmen und 
Yrria (j. Arrii, 7.), Schwiegervater des Helbi- wurde durd den Sturm daran gehindert. Xen. 
dins Priſeus, war ein Freund und Verwandter Hell. 1, 6. 7. Nach der Einjehung der Dreißig 








Thrasyllos — Thukydides. 


wurde er verbannt, ging nach Iheben und vollen: 
dete von da aus mit Mut und Klugheit die Be: 

freiung jeiner Baterftadt (j. Dreilsig Männer). 

Nahdem er mit den Seinigen in Athen eingezo: 

gen, ermahnte er in der Bollsverfammlung zur 
Biederherftellung der alten Verfaſſung und ftrengen 

Befolgung der beichwornen Amneftie. Xen. Hell. 
2,4. Plut. Lys. 21. Nep. Thras. 2. Just, 5,9. 
Wie groß aud die Dankbarkeit des Volkes gegen 
den Befreier und Wiederherjteller des Staates war, 

jo wurde er doch, bejonders weil er feine Ber: 

dienfte zu oft und zu laut geltend machte, von 
andern Vollsführern ın den Hintergrund gedrängt. | 
Aeschin. Ütes, 195. Er bemühte ſich dagegen, eine , 
Verbindung zwijchen Athen und Theben herbei: | 
zuführen (Xen. Hell. 3, 5, 16. Plut. Lys. 29) 
und befehligte 394 im forinthijchen Kriege. Zys. 
16, 15. Als er 390 mit einer Flotte nach dem 

Hellespont gejchidt wurde, ftellte er zwar die De: 

mofratie und den athenifchen Einfluß in Byzanz, 
Thaſos u. a. Orten wieder her (Dem. . 
p. 475. Eubul. p. 1310), doch erhoben fich gegen 
ihn Unflagen auf Veruntreuung des Stantseigen- 
tums und WPlünderung der Bundesſtädte. Er 
wurde bei Nacht durch die Einwohner von Aipens | 
dos in Bamphylien, wo jeine Soldaten Gewalt: 
thätigfeiten verübt hatten, in jeinem Zelte getötet, 
389. Xen. Hell. 4, 8, 25 ff. Diod. Sic. 14, 94 ff. 
Nep. Thras. 4. Dur den Tod entging er ber 
gerichtlichen Berfolgung. — 4) aus Kollytos (6 
Kolkvrıevg), ein Zeitgenofie des vorigen und Teil 
nehmer an ber Befreiung Athens, ftand in großem 
Anjehen bei den Thebanern, hatte viele peinliche 
Prozeſſe zu beftehen (Dem. Tim. p. 742), wurde 
mit 8 Schiffen nad Kleinaſien gejandt, verlor dieje 
aber — an Antallidas, 387 v. C. Xen. Hell. 
5, 1, 26f. 

Thrasyllos, ®gdovilos, 1) athenijcher Feld— 
herr am Ende des peloponnefiichen Krieges, trat 
zuerſt bedeutend hervor als Vertreter der Demo- 
fratie neben Thrafybulos, 411 dv. C. Nachdem er 
in demjelben Jahre mit Thraiybulos die pelopon- 
neſiſche Flotte als Strateg bei Kynoſſema bejiegt 
und auch in der nächiten Zeit fich mehrmals rühm: 
li hervorgethan hatte, fam er nach der Nieder: 
lage des Antiochos bei Ephejos mit 9 andern an 
die Spige der Flotte, befehligte (406) in ber 
Schlacht bei den Arginujen 15 Schiffe und wurde | 
nach der Schladht nebit 6 jeiner (demofratijchen) 
Mitfeldherren abgejeßt und hingerichtet, weil fie 
bei einem Sturme die Schiffbrüdigen nicht ge: 
rettet und die Leichen nicht gejammelt hatten. 
Thuc. 8, 73ff. 100 ff. Xen. Hell. ı, 2. 4. 5. 6, 
Diod. Sie. 13, 39. 97 f. 101f. — 2) ein in Rom | 
lebender griechiicher Aftrolog aus Rhodos, der den | 
Tiberius in die Geheimmifje feiner Kunft ein: 
weihete, jpäter aber jo jehr in Ungnade fiel, daß 
er faum dem Tode entging. Mutmaßlich ift es 
derjelbe, der fid) mit der Philofophie Platons be- 
ichäftigte und feine Schriften nach Tetralogien 
ordnete. Tac. ann. 6, 20 ff. Suet. Tib. 14. 62. 

Thrasymächos, Opaovueyos, 1) aus Chalte- 
don, geitgenofie des Lyſias, fam 430 v. E. nad) 
Athen und beichäftigte ſich zunächſt mit Philojo: 
phie, dann mit Rhetorif und dem Unterricht im 
derjelben. Cicero rühmt jeine Darftellung und den 








guten Rhythmus feiner Berioden (or. 12,39. 13,41); i 


Platon zählt ihn zu den Sophiften und tadelt die 


1221 


allzugroße Kedheit und Schroffheit, womit er die 
unfittliche ſophiſtiſche Anſchauungsweiſe verteidigte. 
Bon jeinen Schriften, ſämtlich rhetorischen In— 
halts, find nur einige Fragmente erhalten. Aus 
Lebensüberdruß joll er ſich erhängt haben. Athen. 
10 p. 454. ic. de or. 3, 32. Quant. 3,1,10. Mb: 
ge von 8. F. Hermann (1848). — 2) Philo: 
oph aus Korinth, Lehrer des Megarikers Stilpon. 
Diog. Laert. 2, 113. 

Thrasymödes, ®gpaovunöns, der tapfere Sohn 
des Neftor und ber Anaribia, der mit jeinem 
Bater nach Troja z0g und glücklich wieder heim: 
fehrte (Hom. Il. 9, 81. 14, 10. 16, 321. Od. 
3, 39. 414), Bater des Sillos, im mefjenifchen 
Pylos begraben. Paus. 2, 18, 8. 4, 36, 2. 

Oonvwdol |. Bestattung, 3. 

Threnos f. Lyrische Poesie, 5. 

Thria, Gocc, Heiner attijcher Demos, öftlich 
von Eleufis, nad) dem das weite, für den Getreide— 
bau bejonder3 geeignete Ogıdorov medion (Hat. 
8, 65. 9, 7. Thuc. 1,114. Strab. 9, 392. 395) und 


‚ein atheniiches Thor, al Ppıdowmı mikeı, genannt 


waren. 

Thriai j. Hermes, 1. 

Thrinakia j. Helios und Odysseus. 

Thronion, ®görsor, feite Hauptftadt der epi— 
Ingmidiichen Lolrer am Fluß Boagrios. Im J. 
429 v. E. eroberte fie der Athener Kleopompos, 
im heiligen Kriege plünderten fie die Phofier, 
worauf jie jedoch wiederhergeitellt wurde. Jetzt 
Ruinen Palävlaftro von Bilrafi. Hom. Il.2, 533. 
Thuc. 2, 26. Liv. 32, 35. 33, 3. 

Thukydides, Oovavdiöns, 1) Sohn des Mele: 
fias, aus dem Demos Alopefe, ein edler Dann 
aus gutem Haufe, war Staatsmann und Redner 
und übernahm nad dem Tode Ktimons, mit dem 
er verwandt war, die Leitung der ariftofratiichen 
Intereſſen. Er organifierte eine feſtgeſchloſſene 
oligarchiſche Partei und brachte als führer der 
Oppofition den Berifles oft in Schwierige Yage (Put. 
Pericl. 8), doc unterlag er leßterem, indem er 


(wohl 445 v. E.) mitteljt Oftrafiimos auf 10 Jahre 
aus a entfernt wurde. Der von Thufybides 


(1, 117) im jamijchen Kriege erwähnte Strateg 


war biejer Th. nicht. Abhandlung von Hoffmanı 


(1867). — 2) der Gejchichtichreiber, aus dem Demos 
Halimüs, Sohn eines in Athen eingebürgerten 
Ihrafers Dloros (Thuc. 4, 104) und durch diejen, 
ſchwerlich auch durch jeine Mutter (Hegefipyle?), 
mit dem Hauſe des Miltiades verwandt, war um 
460 dv. E. (nad) der Angabe der Pamphila 471) 
geboren. Durch jeine Abftammung fowie, nad) 
einer indes nicht jehr zuverläjfigen Nachricht, durch 
jeine Heirat ftand er in Verbindung mit Thrakien, 
wo er bedeutende Goldbergwerke bei Stapte Hyle 
hatte. Auf diefen Gütern und in Athen wird er 
die erjten 40 Jahre feines Lebens verbradht haben, 
die Staatöverwaltung des Perifles mit feiner leb: 
haften Teilnahme begleitend; doch wifjen wir nichts 
von der Belleidung von Staatsämtern, bis wir 


‚ihn im achten Jahre des peloponnefischen Krieges, 


als Brafidas in Thrafien eindrang, ala Strateg 


an der Spitze einer athenijchen Flotte bei Thajos 


finden. WUngeblih nun, weil er Eion behauptete, 
dagegen zu jpät Fam, um Amphipolis zu beihügen, 
in Wahrdeit wohl aus einem andern, uns unbe: 
fannten Grunde, wurde er der mgodoci« angellagt 


1222 


und zum Tode verurteilt, entzog jich jedoch der 
Strafe, indem er in die Verbannung (nad Italien, 
Sicilien und Makedonien) ging (5, 26). 20 Jahre 
verlebte er num fern von Athen, teild auf Reifen 
Kunde einziehend über den Krieg, teils in Skapte 
Hyle; erſt 404 fehrte er nach Athen zurüd, angeb: 
li) (Paus. 1,23,9. Plin. 7,111) zurüdberufen durch 
ein eigenes Pfephiima des Dinobios, ftarb aber 
einige Jahre jpäter (als äußerſte Grenze ift 396 
anzunehmen) entweder in Athen oder in Thrakien 
eines gewaltjamen Todes und wurde in den fimo: 
nilchen Gräbern beftattet. — Thufydides’ Bildung 
wurzelte in den philofophiichen Anfichten und der 
rhetoriſchen Technik, die damals in Athen Eingang 
fanden. Die Angaben, dab er den Unterricht des 
Antiphon oder Gorgias genofjen und den Anaxa— 
goras gehört habe, laſſen fich nicht beweiien. Die 

rzählung, daß er im feiner Jugend zu Olympia 


den Herodot feine Geichichte vorlejen gehört und, 
aus Bewunderung Thränen vergoffen habe und 
‚wurde jogar &dzog geicholten. Das hauptjächlichite 
‚Gewicht legt er auf politiiche Macht, beionders 


dadurch für jein jpäteres Werk begeiftert worden 
jei, enthält in der überlieferten Weife einen Ana: 


hronismus und ift wahricheinlich ganz erfunden; 


doc) fann die Vorleſung eines Abjchnittes in Athen 
den angegebenen Einfluß auf den Jüngling ge: 
habt haben. TH. erfaunte gleich beim Anfange 


des Kampfes zwijchen den Athenern und Spar: 
tanern, dab der Krieg ein bedeutender werben 


würde (1, 1) und begann daher jofort jein Wert 
swyyoapN egl tod moltuov rar Ilslonorrnolor 
xcel Adnvalor. Das Beginnen bezieht fich indes 
nur auf die Aufzeichnung des Einzelnen, nicht auf 
die Kompofition. Sein gt 

gewährte ihm Muße und Gelegenheit, von ben 
ftreitenden Parteien den Stoff zu jammeln; bie 
Ausarbeitung gejchah aber (nach Krüger und Elaj- 


jen) erft, als er nach Athen zurüdgelehrt war, wie, 


mehrere Beziehungen auf das Ende des Krieges 
beweiſen (1, 93. 97. 2, 65. 100 u. a.), wenn dieje 
nicht etwa, wie Ullrich in feinen „Beiträgen zur 
Erflärung des Th.“ (1846) annimmt und mit 
länzendem Scharffinn zu beweifen verjucht, in der 


hon während der Berbannung vollendeten Ge: | 
‚ Unter dem Namen des Marfellinos (ungewiß ob 


ichichte des erften Abſchnitts des Krieges (des ſ. g. 
archidamijchen Krieges) jpäter von ihm hinzuge— 


fügt find. Das Werk wurde durch den Tod ab: 
—— und geht nur bis zum Herbſte des 3.411, 


owie aud) das letzte Buch nicht mit derjelben Sorg⸗ 
falt ausgearbeitet zu fein jcheint, wie die früheren 
Teile. Nach einer Angabe joll erft Xenophon das 
hinterlaffene Wert herausgegeben haben; dieſer 
jowohl, wie Theopompos und Sratippos, fingen 
ihre Darftellung da an, wo jTh. aufhörte. 


ufenthalt in Stapte Hyle 


Die 





ung jegt vorliegende Einteilung in Bücher rührt 
J. Bekler (1821), Haade (1820; Hl. Ausg. 1831), 


nicht von Th. ſelbſt her, fondern vielleicht von 
den alerandrinifchen Grammatitern. — Mit der 
Geſchichte des peloponnefischen Krieges wollte Th. 


ein rue 25 dei liefern zur Belehrung für Staats: | 


männer in ähnlichen Berhältniffen. Dazu befähigte 


ihn die Objektivität, die jeine eigene Perſon und 
4. Aufl.), van Herwerden (1877 ff.) u. a.; Tert: 
ausgg. von Seebode, Belter, Stahl, Böhme u. a. 


Anficht ganz zurüdtreten läßt, die Wahrheitäliebe 
und Unparteilichfeit, die ihn, obgleich er von An— 


fang an fein Freund der damaligen Demokratie 


war, auch nach der Verbannung nicht ungerecht 
gegen jein Vaterland werden läßt, und der hifto- 
riihe Scharfblid, mit dem er den Zuſammenhang 
und die Gründe der Ereigniffe durchichaut. Dieje 
legt er indes nicht in Reflertonen nieder, jondern 





Thukydides. 


läßt fie in der präciien Darftellung der Begeben: 
heiten erfennen. Nur bei den tichtigften Be: 
gebenheiten gibt er die Motivierung in den Reden 
der beteiligten Perjonen, indem er ohne Zweifel 
die wirflich gehaltenen Reden — treu über: 
lieferte (1, 22); wenn einige Reden jo von ihm 
nachgebildet wurden, wie fie gehalten fein fonn: 
ten, jo find es jedesfalls politische Anfichten von 
Individuen über beftimmt vorliegende Verhältniſſe. 
— Ganz abweichend von Herobot ftellt er die Er- 
eigniffe nicht nach romoı oder zoöroı dar, jondern 
gruppiert fie nad den Jahreszeiten Sommer umd 
Winter (5, 26), was mit der Art der Kriegführung 
am bejten zu vereinigen war. Gottesfurcht er: 
wähnt er bei Nifias u. a. als einen Charakterzug, 
nicht als etwas Notwendiges, er zeigt den natür— 
lihen Zuſammenhang der Vorzeichen ı7, 50), glaubt, 
daß die Drafel der Wirklichkeit angepaßt find 
(2, 54. 5, 103); gegen das Mythiſche hatte er eine 
entichiedene Abneigung und großes Miftrauen; er 


auf ihre Hauptftügen zernuer« und vavrınaor. — 
Th. verband die gedanfenichtwere Beredſamkeit des 
Beriffes mit dem altertümlich ftrengen Kunſtſtile 
des Antiphon, die Schwierige Sprache ift der un- 
mittelbare Ausdrud der Gedanken, treffend und 
gedrängt (tb zdyog rg onuaclas, Dionys), ein- 
fach und ungelünftelt, poetiich gehoben nur unter 
dem Eindrud gewaltiger Ereigniffe; der Perioden: 
bau ift jchlicht und bündig, einfach die Gedanken 
aneinander reihend, feine ganze Ausdrucksweiſe 
(im Dialekte des älteren Atticismns) hat etwas 
Urkräftiges und Rauhbrüchiges (praefractum, Cie. 
or. 39 f., to rgayb rüg konordeg bei Dionyfios), 
wodurd er eben jeine große Meifterichaft beur: 
funbete, die jchon von den Alten anerkannt ward 
(Cie. de or. 2, 13: Thucydides omnes dicendi 
artificio facile vieit); Dionys von Halikarnaß 
bezeichnete ihn als den Gipfel der kunſtreichen 
Darftellungsweife, und in der That erfcheint jein 
Werk auch nach der Seite der Form als ein Pro: 
dukt der höchften Fünftleriichen Vollendung. — 
der römische Hiftorifer Ammianus Marc.) haben 
wir eine Biographie des Th., die indes aus min: 
deftens 3 verichiedenen Aufjägen zuſammengeſetzt 
ift und viele Irrtümer und Verwechſelungen ent: 
ält, von Dionyjios von Halifarnaf, der auf dem 
Standpunkte eines jpäteren KRunftrichters fteht, eine 
vielfach tadelnde Beurteilung feiner Darjtellung 
und Eigentümlichkeiten. — Musgg.: Ed. prine. 
1502; von H. Stephanus (mit der lat. Überſetzung 
des 2. Balla, 1564 u. d.), Waffe und Duker (1731), 


Söller (2. Aufl. 1836), Boppo (Hauptausgabe, 
1821 ff.; Meinere Ausg. 2. Aufl. 1866 ff.; 3. Aufl. 
begonnen 1886), Morftadt (1832 ff.), Krüger (3. Aufl. 
begonnen 1860), Böhme (5. Aufl., bef. von Wib- 
mann, 1882 ff.), Elafien (1862 ff., zum Teil in 


Rofcher, Leben, Werk und Zeitalter des Thukydides 
(1842). Krüger, Unterfuchungen über das Leben 


‚des Thuf. (1832; Nachtr. 1839). Müller-Strübing, 


thufybdideifche Forjchungen (1881). Betant, lexicon 
hucydideum (1843 ff.). d. Efjen, index Thucy- 


| dideus (1887). 





Thule — 


Tbyreatis. 1223 


Thule, ®ov}.n, eine durch Pytheas von Maffalia | den Sehigefängen ſcherzhafte Neden und Gejänge 


um 330 v. E. entdedte Inſel im nördlichen Ocean, 
angeblih jchon unter dem Polarkreis gelegen, 
6 Zagefahrten von den Orkaden entfernt und 
40 000 Stadien im Umfang. Sie galt für den 
nördlichſten Punkt der belannten Erde. Strab.1,63. 
2,114. 4,201. Tac. Agr. 10. Verg.G.1,30. Ohne | 
Zweifel ift darunter weder Island noch eine Ort: 
lichkeit in Stanbinavien, jondern (auch nach Ans 
deutungen bei Ptolemaios) die Gruppe der Shet— 
landinfeln oder jpeziell die größte derjelben, Main: 
land, zu verftehen. Bgl. die Monogr. von Redslob 
(1855) u. Müllenhoff, deutjche Altertumst. 1. (1870). 

Thumelienus j. Arminius, a. €, 

Thüren j. Haus, 3. 5f. 

Thurioi ſ. Sybaris. 

BovVgtov 0905, Berg Boiotiens, deſſen Gipfel 
Ogpboreyog hieß, jüdlich von Ehaironeia, auf dem 
rechten Ufer des Kephifos, mit den Duellen des 
Morios. Paus. 9, 41, 3. Plut. Sull, 17. 

Thusnelda j. Arminius und, Segestes. 

Thyädes (Thyiädes) j. Dionysos u. Thyia. 

Thyämis, Ovauıs, Fluß in Epeiros, mündete 
Kerkyra gegenüber an dem gleichnamigen Borges | 
birge, j. Ralamäs. Thuc. 1, 46. Strab. 7, 324. 
Cic. ad Att. 2,7. 

Thyämos, ®v«uog, jüdlic vom amphilochiichen | 
Argos gelegener Berg Alarnaniens, j. Pietala: 
vuni. Thuc. 3, 106. 

Thyateira, ®vdrsiıge, bedeutende Stadt im 
Innern des nörbliden Lydiens am Fluß Ankos, 
durch ihre Purpurwebereien und feinen Sitten 
befannt. Hier bildete fidy eine der erften chriſt— 
lihen ®emeinden. Jet Alhifiar. Strab. 18, 625. 
Liv. 37, 87. 

Thyella j. Harpyien. 

Thyestes ſ. Atreus und Agamemnon. 

Thyia, ®via, 1) Tochter des Kaftalios (oder 
des Kephiſos, Hat. 7, 178), von Apollon Mutter 
des Delphos (Paus. 10, 6, 4), joll zuerjt dem Dio- 
nyjos geopfert und ihm Orgien gefeiert haben. 
Deshalb hießen die attijchen Grauen, die jährlich 
auf dem Barnak mit den delphifchen Thyiaden, 
einem den mmthiichen Balchen nachgebildeten Kol: 
legium priefterlicher rauen, die dionyſiſchen Or: 
gien feierten (Paus. 10, 4, 2), nad) ihr Thyiaben. 
Sie weift alſo auf eine Verbindung des Apollon: 
und Dionyſoskultus zu Delphoi hin. Ihr Name 
bedeutet die ftürmende, deshalb opferten in —* 
heiligen Bezirk die Delphier den Winden beim 
Heranrücken des Xerxes. Hdt. 7, 178. Aus dem— 
jelben Grunde wurde fie mit Bofeidon in Verbin: 
dung gebradht. — 2) Tochter des Deufalion, von 
Zeus tter des Mafedon. | 

Thymbra, ®vuußo«, @uußen, alte,. früh ver: 
ihwundene Stadt am Fluß Thymbrios, nördlich 
von Ilion. In der Nähe befand fid der Hügel 
Kalkınolorn. Apollon hatte in Thymbra einen 
Tempel. Hom. Il. 10, 430. 20,53. Strab. 13,598. 

Thymbrära, Puußoxoe«, Ort Lydiens am Pa: 
ttolos, wo ſich die den Perſern unterworfenen 
Bölfer Kleinafiens zu fammeln pflegten. Xen. Cyr. 
6,2, 11. 7,1, 46, 

Thymöle, Svusin, bedeutet zunächſt einen 
Opferaltar und in der älteften Geichichte bes atti= | 
ſchen Theaters den Altar, um welchen die dithy— 
rambijchen Ehöre an den Dionyjosfeften ihre Ge: 
ſänge und Reigen aufführten. Nachher, als zu 








ſich gejellten, betrat der Erzähler, einer aus dem 
Ehore, den Tiſch, der neben dem DOpferaltar zum 
Schlachten und Berteilen der DOpfertiere beftimmt 
war. Dieſer Tiſch ift micht a verwechjeln mit 
jenem DOpferaltare, Hvueln. Als nun im ge 
das fteinerne Theater erbaut wurde, das nicht bloß 
für dramatiiche Aufführungen, jondern überhaupt 
für dionyſiſche Feſtlichleiten beftimmt war, erhielt 
auch die Thymele in dem den Ehören angehörigen 
Teile, der Orcheſtra, ihren Pla, und die tykliſchen 
Chöre führten um diejelbe ihre Reigen und Ge— 
jänge auf. Für die dDramatiichen Chöre aber wurde 
vor dieſer Thymele, die in der Mitte der Koniftra 
ftand, bis zur Bühne ein hölzernes Gerüfte, zu 
dem Gtufen hinaufführten, aufgejchlagen, der 
Standort und Tanzplat für den Chor der Tra: 


‚gödie und Komödie. Nac Beendigung der Spiele 
wurde diejes Gerüfte wieder abgebrochen (j. Thea- 
'tron, 6.). 
‚ Thymele in feiner Beziehung. 
‚trat Die eigentliche und urjprüngliche Bedentung 
‚der Thymele zurüd, und das Wort wurde fpäter 


Demnach ftanden dieſe Chöre zur 
Nah und nad 


für die Orcheſtra jelbft gebraucht, jo daf man die 
Ehoriften, Flötenjpieler und wer ſonſt noch auf 
der Orcheftra fich befand, im Gegenfage zu den 
Scaufpielern und Biühnenperjonen Thymeliker 
(thymelici) nannte. — Im römijchen Theater 
atte die Thymele als Wltar feine Stelle. Die 
ömer kannten und brauchten nur den Namen, 
womit fie den Zeil der Scene bezeichneten, wo 
die Flötenſpieler und alle Mufifer jtanden, die 
bei den Griechen die Orcheftra oder Koniftra inne 
ehabt hatten. Später hieß jogar die Bühne jelbit 
hymele, und alle Bühnenfünjtler ohne Unterſchied 
Thymelifer. J 

Thymoites, Guuoitys, 1) einer der Alteſten 
Troja (Hom. Il. 3, 146), von Kylla Vater des 
Munippos, der, mit Paris an Einem Tage ge: 
boren, von Priamos jamt jeiner Mutter getötet 
wurde, weil geweisjagt worden war, daß an diejem 
Tage ein Knabe geboren würde, der die Berftö: 
rung Trojas herbeiführen werde. Mus Rache 
riet Thymoites zuerft, dad hölzerne Pferd im die 
Mauern Trojas zu führen. Verg. A. 2, 32 und 
Serv. — 2) Sohn des Oxynthas, ee König in 
Athen aus dem Geſchlechte des Thejeus (j. Me- 
lanthos), nach dem ein attifcher Demos benannt 
war. — 3) ein Troer, Begleiter des Mineias, von 
Turnus getötet. Verg. A. 12, 364. 

Thyni, @vroi, friegeriihes Bolt Thrakiens, 
von dem fpäter ein Teil mit den verwandten Bi: 
thyniern nach Kleinafien (Bithynien) zog und fich 
am GSangariosfluß niederließ. Xen. An. 7, 2, 22. 
Strab. 12, 541. 

Thynias, @®vridg, 1) Vorgebirge und Stadt 
in Thrafien am PBontos Euxeinos, nordweſtlich 
von Salmydefjos; jetzt Iniada. — 2) Inſel nahe 
der bithyniſchen Küſte am Pontos, früher von 
einem ApollontempelApollonia genannt, j. Kefken. 

Thyöne j. Dionysos, 4. 

Thyöneus, @vwvevs, Beiname des Dionyjog, 
Ki 
®v00xöot |. Priester, 1. 

BOvga Broweög u. ſ. w. j. Haus, 3. 

Thyreätis, @vgsürıs oder Kuvovgia, Kynu- 
ria, hieß der an Lafonien grenzende Teil von 
Argos (Thuc. 2, 27. 4, 56) mit der Hauptjtadt 


1224 Tbyrion — Tiberius. 
@vgealı) (Hat. 1,82) an dem gleichnamigen Meer: einen ernften Greis im bläulichen Gewande mit 
bujen (j. Bai von Aftro). In den häufigen Kriegen | einem Schilfkranze. Sein jchönftes Bild ift der 
der Argiver und Laledaimonier behielten 550 v. €. | Koloß im Museo Pio Clem. 1, 39, als der Sieg: 
die legteren die Oberhand, und Kleomenes ficherte | reihe mit Lorbeer befrängt, in der einen Hand 
durch den Sieg bei Tiryns 524 dieſen Beſitz. ein Ruder, in der andern eın Füllhorn, neben ihm 
Hdt. 1, 82. 6, 76. Nachdem die Laledaimonier die Wölfin mit Romulus und Remus, deren 
431 das Land den von dem Athenern vertriebenen ; Mutter unter dem Namen Jlia als jeine Gemahlin 
Aigineten übergeben hatten, bemächtigten jih 7 Jahre | galt. Hor. od. 1, 2, 17. 
darauf die Athener der Stadt, brannten fie nieder | Tiberis, ö Tißegis, d. h. Bergſtrom, der Haupt: 
und führten die Bewohner fort. Thuc, 2, 27.4, 57, | ftrom Latiums (der Sage nad) von dem albanijchen 
Ju der Folge ermeuerten die Argiver ihre Anz | Könige Tiberinus genannt, früher Aibula. Verg. 
ſprüche und jeßten dieſelben durch Unterftügung | A. 8,332. @.4,369. Liv. 1,3. Oo. fast. 2, 3897. ), 
Philipps von Makedonien auch durch. True. 5, 41. | entipringt auf dem Apenninus bei Tifernum im 
Paus. 2, 20, 1. 7, 11,2. — Die Kynurier waren | Nordoften Etruriens, bildete im jüdlichen Lauf die 
ein arladijch:pelaigiiches Volt und erft von den | Grenze Etruriend gegen Umbrien, das Sabiner: 
Argivern dorifiert. Hat. 8, 73. land und Latium und durchfloß darauf im füd- 
hyrion, ®veror, @ovgıov, Thyreum oder | weftlihen Laufe Latium. Er nahm eine Menge 
Thyrium, Stadt in Alarnanien, jüdöftlich von | von Nebenflüffen auf: den Elanis rechts, Links: 
Anaktorion, etwa 1 Stunde von der Küfte des | Tinia und Clitumnus, Nar mit dem Belimus 
Ambrakliſchen Meerbujens, mit einer Eitadelle. Hier | und Himella, Anio, die feinem reizenden Lauf 
wurden die Bundesverfammlungen der Alarnanen | vom Herbſt bis Frühling reichlich trübes Wafler 
gehalten. Cie. ad fam. 16, 5. Tav. 36, 11. 38, 19. | zuführten (daher bei Dichtern flavus. Verg. A. 
®veideg j. Lakonika, 3. ‚7, 31. Hor. od. 1,2, 13. 2, 3, 8. sat. 23,1, 8). 
Thysdros, @vodoos, feite Stadt in der Land: | Bon Rom bis zu jeiner Mündung hatte er meijt 
ihaft Byzacium (Provinz Afrika), ſüdweſtlich von 400 Fuß Breite und bedeutende Ziefe. Kurz vor 


Thapjus. Dort wurde Gordianus 238 n. E. zum 
Kaifer ausgerufen. Jetzt el: Dihemm mit großen 
prächtigen Ruinen. Herod, 7, 6. 

Bvooaysraı, Thyssagätae, ein von der Jagd 
lebendes ſtythiſches Volk, nördlich von Sarmatia. 
Die Flüſſe Lykos, Daros, Tanais durchſtrömten 
ihr Gebiet. Adt. 4, 22. 123. 

Thyssos, Guooos, Stadt auf der Alte der Halb: 
infel Ehalfidife, unweit des Athos. Hat. 7, 22. 
Thuc. 4, 109, 5, 35. j 

Tiära, rıcga, ſchmiegſame Kopfbedeckung der 
Meder und Berjer aus Filz oder Zeug; bei Fürften 
und Prieftern fteif und aufrecht jtehend (recta). 

Tibaröni, Tıßeenvod, Bolk in Pontos, zwiſchen 
den Moiynoifern im D. und den Chalybern im 
W., am Fluß Melanthios; im U. Teit. Tubal, in 
den aſſyriſchen Inſchriften Tabal gen.; nach diejen 
im 9. Jahrh. dv. E. noch bis an den Tauros ausge: 


dehnt, jpäter gegen die Hüfte nad) Norden gedrängt. | 


Hat. 3,94. 7,78. Xen. An. 5, 5,2. Strab. 12, 548. 
Tiberias, Tıßegrag, bedeutende Stadt in Ga— 
Iiläa am weftlichen Ufer des Sees Genezareth 
oder Tibertas, erbaut von Herodes Antipas zu 
Ehren des Kaiſers Tiberius. Sie ergab fih an 
Reipafian und war dann mehrere Jahrhunderte 
lang der Sitz einer gefeierten jüdijchen Alademie; 
in der Nähe befanden ſich berühmte warme Bäder. 
Die anjehnlichen Ruinen der alten Stadt liegen 
jüdlih von der heutigen, die am 1. Januar 1837 
teilweije durch ein Erdbeben zerftört wurde. 
Tiberinus, der Gott des Tiberflufjes. Er joll 
ein König von Alba geweſen fein, Sohn des Ca: 
petus, der in dem Fluß Albula ertranf und ihm 
dadurd den Namen Ziberis gab. Er wurde als 
Indiges und Genius unter die Ortögötter verjegt 
(Ov. met. 14, 614 ff. Liv. 1,3. Ov. fast. 2, 389. 
4, 47) und als divus oder sanctus Pater ange: 
rufen. Verg. @. 4, 369. A. 8, 31. 33 und Serv. 
Liv. 2, 10. Sein Heiligtum war auf der Tiber— 
injel, wo ihm am 8. Dezember geopfert wurde. 
Spiele, die auch piscatorii hießen, wurden ihm 
am 7. Juni jenjeits des Tiber gefeiert. Or. fast. 
6, 237 ff. Vergil (A. 8, 31) jchildert den Gott als 


feiner Mündung teilte er fih in 2 Mrme und 
bildete an der Küfte eine der Venus geheiligte 
Inſel, Insula sacra (noch jet Iſola jagra), 
deren fabelhafte Entjtehung ſ. Lev. 2,5. Der jegige 
Name ift Tevere, Tibro; der Heinere rechte Arm 
heißt Fiumieino. 

Tiberius, 1) Zi. Claudius Nero (j. die 
Stammtafel unter Julii, 8.), römijcher Kaiſer von 
14—37 n. C. war am 17. November 42 v. C. 
dem Ti. Claudius Nero von der Livia Drujilla 
geboren, die jpäter den Dctavian heiratete. Er 
befleidete nacheinander die wichtigften Amter und 
befämpfte 15 vd. E. mit jeinem Bruder Drufus 
die Völfer der Alpen, nad deren Bejiegung er 
(13) Konjul wurde. Well. Pat. 2, 39. Dio (ass. 
64, 22. 25. Hor. od. 4, 14. Im Jahre 11. €. 
mußte er ich, ganz gegen jeinen Willen, von 
feiner Gemahlin Vipſania Agrippina, die ihm den 
Drujus geboren hatte, jcheiden und Auguftus’ 
Tochter Julia, die Witwe des Agrippa, heiraten, 
mit der er eine unglüdliche Ehe führte. Vell. Pat. 
2,96. Suet. Tib.7. Im J. 12 war er bereits 
gegen die empörten Pannonier gefandt worden, 
die er auch in den folgenden Jahren befämpfte, 
bis fie im 3. 9 einigermaßen zur Ruhe gebradt 
wurden. Dio Cass. 54, 31 ff. 55, 2. In demjelben 
Jahre eilte er nach Deutichland zu jeinem Bruder 
Drufus, der bei einem Sturze mit dem Pferde 
ſchwer verlegt worden war und nad 30 Tagen 
ftarb; er fonnte dem jungen Helden noch die Augen 
udrüden. Dio Cass. 55, 1f. Val. Max. 5, 5, 3. 
I den Jahren S—7 führte er dann den Ober: 
befehl in Germanien, ohne daß er große Thaten 
dajelbjt ausführte. Hierauf finden wir den Tib. 
(6 v. E.) in der Verbannung in Rhodos; Anlaß 
zu diefem Entichluffe war das unerquidliche Ber: 
hältnis zu jeiner Gattin und zu feinen Stiefjöhnen 
E. und 2. Cäſar, die Auguftus als fünftige Thron: 
folger dem Stiefjohn Tib. vorzog. Fell. Pat. 2, 99. 
Suet. Tib. 10f. Tac. ann. 1, 53. Dio Cass. 55,9. 
Erft ? u. C. fehrte Tib, zurüd und lebte als Pri— 
vatmann, bi$ nad) dem Tode der nädjten männ— 
lihen Sproſſen des Kaiſerhauſes Auguſtus den 


Tiberius. 1225 


Tiberius aboptierte (4 n. E.), wogegen diefer feinen ! zu machen, dem Kaiſer verraten, er jelbjt getötet, 
Neffen Germanicus an Kindesſtatt annehmen mußte. | Macro an feiner Stelle an die Spitze der Garden 
Suet. Oct. 65. Vell. Pat. 2, 103. Gleich darauf | geftellt. Damit hatte die Berbitterung des Kaijers, 
begab er ſich nach Germanien, drang über die | von der er jchon immer erfüllt gewejen war, ihren 
Weſer vor, gewann im folgenden Jahre die Elbe, | Höhepunkt erreicht: fie ward zum ärgjten Menjchen: 
unterwarf durch einen Angriff zu Yande und vom | hafje und äußerte ſich im jchredlicher, Schauder 
Meere aus die Nordjeefüften und zog (noch im | erregender Weile. Der Name des Sejan wurde 
I. 5) gegen den Markomannenkönig Marbod (Tae, | von den Dentmälern getilgt (Tac. ann. 6, 2), feine 
ann. 2, 26. 46), wurde aber aus feinen Unter- Familie völlig befeitigt, alle, die zu ihm in näherer 
nehmungen im 3. 7 durch einen Aufftand in Ban: | Beziehung geftanden hatten, ohne weiteres als 
nonien und Dalmatien (Dio Cass. 55, 29 f.) ab: | Teilnehmer an jeinem Verbrechen angellagt und 
gruen, nach defjen Beendigung er, um die durch verurteilt. Anzeige folgte auf Anzeige, der Senat 

arus' Niederlage gefährdete römiiche Waffenehre | war mit —— überhäuft. Kuet. Tib. 61. 
wiederherzuſtellen, im J. 10 an den Rhein ziehen | Tac. ann. 5, 1.6. Dio Cass. 58, 14ff. Auch 
mußte. rüdte (11) in Deutjchland wieder vor | Mgrippina (j. d. 1.) und ihre Sohn Druſus (j. 
und lagerte mitten im Lande bis zum Herbſte. Drusi, 5.) mußten (33) fterben. Zwar führte der 
Dio Cass. 56, 23 ff. Suet. Tib. 18. Vell. Pat 2,120, | greife Kaiſer auch nad) Sejans Sturz die Regie: 
Anguftus belohnte ihn nach jeiner Nüdtehr für | rungsgeichäfte wie früher, aber jelbft feinen Freun— 
jeine Berdienfte um das Reid) freigebig und über: | den gegenüber äußerte ji das unbändige Miß— 
ließ ihm bei feinem Tode 14 n. E. das Weich, | trauen, das fich jeiner bemächtigt hatte, und durch 
obwohl er ihn wenig liebte. Tib. trat. zunächſt die wachjende Unnahbarkeit des Herrichers wurde 
in des Auguftus Fußſtapfen, defien Einrichtungen | eine Stodung im Gange der Geſchäfte hervorge: 
ihm im ganzen als unantaftbar galten. Tac. ann, | rufen, zumal der Senat, nur noch des kaiſerlichen 
4, 37. Daher hielt er, wenigftens in der erften | Winfs gewärtig, alle Selbftändigfeit verloren hatte. 
Beit feiner Herrihaft, an dem Grundpfeiler der | Die dumpfe Verzweiflung, die die Gemüter in 
augufteiichen Berfafjung, der Teilung der Gewalt Nom beherrichte, erreichte erſt ihr Ende, als Tib. 
zwifchen Kaiſer und Senat, feit. Daj. 4, 6. Auch | am 16. März 37 ftarb, Die Überlieferung meldet, 
blieb er dem Grundjage feines Vorgängers getreu, | er jei auf Geheiß Macros oder des Gaius Cäſar 
das römische Reich nicht dur neue Eroberungen | (Ealigula) beim Erwachen aus einer Ohnmacht er: 
zu vergrößern. Daſ. 6, 32. 1, 11. Deshalb haben | ftidt worden. Tac. ann. 6, 50. Dio Cuss. 58, 28. 
unter ihm, abgejehen von den Kriegen gegen Deutich: | Zonar. 11, 2. Suet. Tib. 73. — Tib. war ein 
laud unter Germanicus (j. d.), nur Örtliche Ruhe: | Mann von ftattlichem Außeren und bejaß große, 
ftörungen ftattgefunden. Er gewann die Soldaten, | glänzende Uugen. Suet. Tib. 68. Die hervorftechen: 
die in manchen Provinzen Dienftablürzungen und | den Züge feines Eharalters waren Berjchlofienheit 
Zulage verlangten und Mentereien begannen; er | und Stolz, Kälte und Selbſtbewußtſein. Gunft 
widmete der Nechtäpflege jeine Fürjorge und er: | der Mafje hat er mie erjtrebt und nie gewonnen. 
ichien_felbft oft bei den Gerichtäfigungen; er trat | Die Menjchenverachhtung, die ſich zulegt bei ihm 
dem Übermute der Schaufpieler und dem Unfuge | in jo fchredlicher Weife äußert, verjteht man, wenn 
entgegen, der bei ihren Vorftellungen vorzulonmen | man fich die widerwärtigen Schidjale jeines Lebens 
pflegte; er gr“ Erbichaften ab, die ihm zum | vergegenmwärtigt und vor allem bedenkt, daß der 
Schaden der Hinterlaffenen des Erblaffers zuge: | einzige Mann, der fein ganzes Bertrauen gewonz 
wendet werden jollten; er bedachte ohne ihre Schuld | nen hatte, ihn jchändlich verraten hat. Als Feld— 
verarmte Senatoren mit reihen Schentungen; er | herr hat jih Tib. in jeinen jungen Jahren oft 
baute Tempel und Heiligtümer und ließ verfallene | ausgezeichnet und niemals ift er bejiegt worden. 
wiederheritellen; er forgte für den blühenden Zus: | Die Finanzen waren unter feiner Herrichaft wohl: 
ftand der Provinzen. Doc als nad) dem Tode | geordnet, die Rechtspflege fiher und unparteitich, 
des Germanicus der Garbepräfelt Sejanus (j. d.)| auch wurde von ihm, namentlich in Spielen und 
des ſonſt jo zurüdhaltenden und argwöhniſchen Bauten, Sparjamfeit geübt. Frühzeitig gut unter: 
Kaiſers unbegrenztes Vertrauen gewonnen hatte, | richtet, hatte er ſich beſonders zum Nedner ausge: 
traten die undermeidlichen Nachteile der Militär: | bildet und war als jolcher praktiſch vielfach thätig, 
monarchie in den Anfängen des Prätorianertums | doch war jeine Rede nicht frei von Affeltation 
hervor. Sejan, der die Prätorianer in einem fejten | und Schwerfälligfeit. Suet. Aug. 86. Tib. 70f. Tae. 
Lager vor dem Viminaliſchen Thore vereinigte | ann. 4,31. Auch gejchichtliche Arbeiten und dichte: 
und hierdurch zuerft mit dem Bewußtſein ihrer riſche Berjuche werden von ihm erwähnt. Suet. Tib. 
Macht erfüllte, ward vom Kaifer bald offiziell als | 61.70. „Die Kaijergejchichte kennt wenige in glei: 
Mitarbeiter bezeichnet und benutzte jeinen Einfluß | chem Maße bedeutende und intereflante Gejtalten 
in ausgedehntem Maße bei Beießung der Alter | wie die des Tiberius.” (Schiller). „Wie man aud) 
und Offizierjtellen. Dio Cass. 57, 19. 21. 58, 2. 5. | über Kaiſer Tiberius urteilen möge — er 9 eine 
Tac. ann. 4, 1f. Hiermit aber nicht zufrieden, | große welthiſtoriſche Miſſion erfüllt. Die vollſtändige 
trachtete er jelbit nach der Kaiſerlrone. Zunächſt Eröffnung der Alpen, die Überwältigung Panno— 
wurde auf jeine (und der Livilla) Veranlaffung | niens, aljo die Verbindung der Balfanländer mit 
Drufus, des Kaijers leiblicher Sohn und erflärter | dem römischen Reiche, einige Erfolge in Germa: 
Nachfolger, durdy Gift bejeitigt (23). Sodann | nien, dann die Beendigung der germanischen Kriege, 
wußte er den Kaijer zu dem Entichluffe zu bes | worauf die Entwidelung von Deutjchland beruht, 
wegen, Rom (26) auf immer zu verlafjen und nad | jind jein Werl. In dem römijchen Reich hat er 
der Inſel Capreä überzufiedeln, während er jelbft | den Übergang der den Bürgerfriegen entiprungenen 
in Rom die Regierung in den Händen hatte. Macht in eine haltbare Autorität, durch welche 
(Endlich ward (31) fein Plan, ſich zum Herricher | die allgemeine Ordnung behauptet wurde, voll: 





1226 Tibia — 
zogen. Ein großer Mann war er nicht, aber ein | 
geborener Herſcher.“ (Ranke). Monogr. von Wie: | 
gand, Sievers, Paſch, Freytag, Stahr (Tiberius, 
2. Aufl. 1873). Vgl. auch Schiller, Geichichte der 
röm. Raiferzeit I, 1 ©. 248 ff. — 2) Tib. Julius 
Alerander, aus einem jüdijchen, in Agypten 
anſäſſigen Gejchlechte, Sohn des Alerander Lyſi— 
machos, gab den Glauben feiner Väter auf, ges 
langte durch feinen dem Katjer Claudius befreun: 
deten Bater in Rom zu großem Anjehen, wurde 
römischer Ritter und fam um 46 n. E. ala Pro: 
furator nad Judäa. Später diente er in Afien 
unter Eorbulo, 63. Tae. ann. 15, 28. Mero er: 
nannte ihn zum Statthalter von Ägupten, wo er 
einen Aufftand in Alerandreia blutig unterdrüdte, 
etwa 66. Im J. 69 wirkte er eifrig zur Erhe: 
bung Beipafians mit und erhielt in dem von Titus 
geführten jüdiichen Kriege (70) den O:berbefehl in 
Judäa. Tac. ann. 15, 28. hist. 1, 11.29, 2, 74. 79, 
Suet. Vesp. 6. 

Tibia, «ebAög, die Pfeife, Flöte, das gewöhn— 
lichfte mufifaliiche Inſtrument bei den Griechen 
und Römern, urjprünglich einfady und nur mit 
Einem Loche verjehen, aus Schilfrohr, uöravkos, 
»ehdurog, jpäter aus verjchiedenen Holzarten, 
aus Buchsbaum bei den Phrugiern, aus Lotos bei 
den Libyern und Phoinikiern, aus Epheu bei den 
Agyptern; erft die Tyrrhener machten fie aus Metall. 
Auch gab es Flöten aus Knochen und Elfenbein. 
Unter den verichiedenen Arten der einfachen rag: 
ten die Sadpfeife, deren Spieler dexaving ober 
utricularius hieß, und die unferm Fagott ähnliche 
Pfeife, ablög miAdyıos oder mAaylankos, hervor. 
Sie hatte ein an der Seite der Nöhre liegendes 
Mundftüd, man hielt fie jchräg, jo daß das obere 
Ende faft das rechte Ohr berührte (Apul. met. 11 
p. 245). Als ihr nder galt Midas (Plin. 7,57); 
fie war ein Attribut der Satyın und der Beglei: 
ter des Balchos (Serv. ad Verg. A. 11,737). Dem 
Ban wurde auch die Erfindung der jiebenröhrigen 
Dirtenpfeife, angıy&, fistula, zugejchrieben, an der 
der Phrygier Mariyas, oder Hyagnis, oder Olym: | 
pos die 7 Töne auf 2 vereinigte Greifen übertrug, 
die auf Einem Mundftüde geblafen wurden, dem 
durch die an der Seite angebrachten Löcher eben | 
jo viele Töne entiprahen. Wie jchon Herobot 
bei der Indiichen FFlöte eine männliche und weib: 
liche unterfchied, jo hieß die tibia bei den Römern 
dextra oder sinistra, je nachdem fie mit der 
rechten oder linfen Hand geipielt, auf der rechten | 
oder linken Seite des Mundes geblajen wurde, 
womit aber bejonders eine Verſchiedenheit in der 
Höhe und Tiefe des Tones bezeichnet wird. Die, 
dextra tibia (der Baß) hatte 3 ober mehrere | 
Löcher, die sinistra (Disfant) wenigftens 4, daher 
pares und impares unterfchieden wurden, jo daß 
paribus tibiis canere bedeutete: mit 2 rechten 
oder 2 linken, imparibus, mit einer rechten und 
einer linken blajen. Die tibia wurde beim Götter: 
fultus (sacrificae), vornehmlich dem der Kybele, 
für deren geräufchvollen Dienft die Doppelpfeife 
gehörte, bei Hochzeiten, Leihenbegängnifien, Gaſt- 
mäblern (ludierae), Bühnenftüden, Jahresfeſten 
u. dgl. m. viel gebraucht. Sie begleitete oft den 
Bejang und die Lyra. Auch zum Tonangeben 
diente fie, 3. B. für den Taft des Ruderns auf 
der ?lotte, für das Signal zum Angriff, für die 
rechte Modulation der Stimme beim Reden oder 


{ 











Tibullus, 


Borlefen u. 5. f. Die Dichter ſprechen vorzugs 
weife von der Indiichen, phrygiſchen und berefun 
thifchen Flöte. Übrigens wurde fie micht bloß von 
Männern geipielt; wuinreidesg werben bei ben 
Alten oft genug erwähnt. ©. Musica. 

Tibicen. Die Flötenbläſer waren in Rom jeit 
der älteften Zeit und bildeten ein Kollegium. 
Mehrere waren dem Staatödienft verpflichtet z. B. 
bei Opfern, Liv. 9, 30), andere ftanden jedem zu 
Gebote. 

Tißıors, nach Hat. 4, 49 ein auf dem Haimos 
entipringender bedeutender Nebenfluß des Iſter ın 
Thrafien. Es ift vielleiht eine Verwechſelung mit 
dem Tißıoxog (j. Temes) auf der linken Seite. 

Tibullus, Albin, römiſcher Elegiter, ftammte 
aus einer achtbaren Ritterfamilie, die wahricein: 
lich infolge der bürgerlichen Unruhen und Kriegs: 
verhäftnife einen großen Zeil ihres Bermögens 
und Grundbefiges eingebüßt hatte. Seine Geburt 
fällt um 54 v. E. Um das Jahr 32 kam er in 
die Freundichaft des M. Valerius Mefiala Eor: 
vinus (j. Valerii, 33.), der ihn im folgenden 
Jahre in den Krieg wider Antonius mit fich zu 
nehmen wünſchte; da ihn aber gleichzeitig die 
Liebe zu der unter dem Namen Selia von ihm 
gefeierten Plania feljelte, und der Reiz des Land: 
lebens, das er auf dem ihm noch gebliebenen, 
wenn auch vielleicht bei Gelegenheit der Aderver: 
teilung N Landgute bei Pebum (in 
regione Pedana, Hor. ep. 1, 4, 2) zwiſchen Tibur 
und PBränefte zu genießen gedadhte, nach der Hei: 
mat 309, jo lehnte er die Einladung feines ein: 
flußreichen Gönners (1, 1) ab, entichloß fich aber 
dennoc gegen den Ausgang bdesjelben Jahres, ihn 
nah Wquitanien zu begleiten (1, 7, 9. 10). Im 
Jahre 30 folgte er ihm auf feinem Zuge in den 
Orient, wurde jedoch unterwegs durch eine ihm 
zuſtoßende Krankheit genötigt, in Korkyra zu blei— 
ben (1,3). Als er, davon genejen, nach Rom 
zurüdtehrte, fand er jeine Geliebte frank (1, 5); 
aber nad ihrer Wiedergenejung zeigte fich ihre 
Untreue, die durch ihre baldige Berheiratung mit 


| einem reicheren Bewerber beftätigt murde. Als 


jein Gönner, aus dem Driente zurüdgelehrt, jeinen 
Triumph über die Aquitanier hält (27 v. E.), 
feiert er das Geburtsfeſt desjelben im danfbaren 
Liede (1, 7). Wielleicht im Jahre darauf, 26, iſt 
das erjte Buch der Elegien erjchienen, das ein: 
ige, das dem Dichter jelbit herauszugeben ver: 
Önnt war. Das zweite Buch behandelt insbe: 
ondere die Liebe des Dichters zu der in mehreren 
Elegien desjelben von ihm gefeierten Nemeſis (viel: 
leicht ibentijch mit der Hor. od. 1, 33, 2 vorlom: 
menden Glycera), in deren Liebe er noch ftand, 
als im Jahre 19 oder 18, bald nad Bergil, ein 
frühzeitiger Tod ihm ereilte. Das unter feinem 
Namen gehende dritte Buch der Elegien, das, 
von dem Geifte und Charakter der erſten beiden 


abweichend, die objektive Darftellung des Liches: 


verhältnifjes zwijchen einem Lygdamus und einer 
Neära enthält, ift jchon 1786 von I. 9. Voß dem 
Dichter abgeiprochen und neuerdings von Gruppe 
dem Ovid vindiciert worden. Nicht bloß der In— 
halt und Geift diejer Dichtung überhaupt, jondern 
auch bejonders die Übereinftimmung ganser Berie, 
die Ühnlichteit gewiſſer fpntaktiiher Eigentümlich: 
feiten und endlich der Umftand, daß mach einer 
Angabe in diefem dritten Buche (5, 17) der Did: 


x 


Tibur — Tigranes. 


ter desjelben in dem Jahre 43 dv. E. (dem aner: | 
fannten Geburtsjahre Dvids) geboren ift — was 
ſich mit den Bebensverhäftniffen Tibulls laum 
reimen läßt — ſcheinen ihm für die Autorichaft 
Dvids zu fprehen. W. Zeuffel, Studien 465 ff. 
der 2. Aufl, erflärt ſich jedoch mit Recht gegen 
Dpid. Der, ziemlich mäßig begabte, Verfaſſer der 
6 Elegien diejes Buchs gehörte jedesfalls dem 
Kreife des Mefjala an, und das ift der Grund 
gewefen, warum jeine Gedichte der Sammlung der 
tibullifchen eimverleibt worden jind. — Bon den 
Gedichten des viertem Buches jcheinen 2—7 und 
13 und 14 von Tibull herzurühren; nicht von ihm 
dagegen 8—12, die einer Dicdhterin namens Sul: 
picia, einem römiſchen Mädchen, angehören, und 
1, der jogenannte Panegyricus in Messalam in | 
Hexametern, wahricheinlich eine Schulübung aus 
ipäter Zeit, „das Werk eines Hungrigen Braten: 
jängers, der vermutlich noch auf der Schulbank 
ſaß“ (D. Nibbed). — Aus den Gedichten Tibulls 
tritt uns ein liebenswürbiges Dichtergemüt ent: 
gegen, das, von den Intereſſen der Zeit und Um— 
gebung nicht befriedigt, in der Stille des Land— 
lebens und dem Genuſſe einer reinen, fittlichen 
Liebe jein Glüd jucht und daher in das Lob des 
Yandlebens mit jeinen Beichäftigungen, feinen ge: 
jelligen und religiöjen Feſten fich ergießt. Es iſt 
etwas Elegiiches, aber nichts Satiriſches oder Iro— 
nisches in jeinem Wejen; dabei hat er eine wahr: 
haft reihe innere Ausbildung und eine Meifter: 
ſchaft in der —— der Geſetze künſtleriſcher 
Kompoſition, um deren Nachweiſung ſich beſonders 
2. Diſſen Verdienſte erworben hat. — Ausgg. 
(häufig mit Catull und Properz zuſammen) von 
Broukhuſius (1708), Bulpi (1738 ff.) Heyne (4. Aufl. 
1817), Voß (1811), Bach (1819), Huſchke (1819), 
Lachmann (1829), Difien (1835, Hauptausgabe), 
Haupt (mit Catull und Properz, 5. Aufl. 1885), 
Roßbach (2. Aufl. 1866), Luc. Müller (2. Aufl. 
u Bährens (1878), Hiller (1883, der beite 
Tert). 

Tibur, jegt Tivoli mit vielen Ruinen, uralte 
Stadt in Latium, angeblich jchon vor Trojas ger 
ftörung von den Enteln des Amphiaraos, Tibur: 
tus, Koras, Catillus, erbaut. erg. A. 7, 670. 
Hor. od. 1, 18, 2. 2, 6, 5. Gie lag auf beiden 
Ufern des Anio, größtenteils aber auf dem linken, 
an dem Abhange eines Hügel (daher supinum, 
Hor. od. 3, 4, 23). Mitten in der Stadt bildete 
der Anio einen raufchenden Waflerfall (praeceps 
Anio, Hor. od. 1,7, 13). In der jchönen, frucht: 
baren Umgegend hatten die Römer viele Land— 
häujer mit reichen Obftgärten, von Bächen bewäflert 
(Hor. od. 1, 7, 21. 3, 29, 6. 4, 2, 31. 3, 10); die 
präctigfte Billa war die Hadrians. Tibur war | 
ein Lieblingsaufenthalt des Horaz (ep. 1, 8, 12). 
gl. Liv. 7, 11.18. 8,12. Tac. ann. 14,12. Verg. 
A. 11, 757. Strab. 5, 238. 

Tiburtius, Lucius, Gäjarianer, wurde 48 
p. E. bei den erften Kämpfen mit den Rompejanern 
verwundet. Caes. b. c. 3, 19, 

TieYdas, Zeitgenofje des Eatull, Verfaſſer ero: 
tiicher Gedichte, in denen er eine Metella unter 
dem Namen Perilla bejang. Or. trist. 2, 433 f. | 
Suet. gramm, 4. 11. Apul. apol. 10. 

Tieinfus, P. Tie. Mena, joll 300 v. €. die 
erften tonsores aus GSicilien nah Rom gebradit | 
haben. Varr. r.r. 2, 11. 











1227 


Tieinum, Tixivov, Tixwor, j. Pavia, alte 
Stadt im cisalpinischen Gallien, am linken Ufer 
des Tieinus, unmweit feiner Mündung in den Ba: 
dus, an der von Rom nad Gallien führenden 
Hauptſtraße. Die Blüte der jpäter zum römischen 
Municipium erhobenen, danı von den Hunnen 
—— Stadt beginnt erſt mit der Herrſchaft 

r Ditgoten. Strab. 5, 217. Liv. 21, 45. Taec. 
ann. 3, 5. hist. 2, 17. 27. 68. 88, 

Tieinus, Tıxivog, Tiatros, j. Ticino, Teſſin, 
bedeutender linker Nebenfluß des Padus, der, vom 
Mons Adula (St. Gotthard) herablommend, den 
Lacus Berbanus (Lago Maggiore) durchfloß und 
bei Ticinum in den Hauptſtrom mündete. An 
feinen Ufern befiegte Hannibal den P. Cornelius 
Scipio, 218 v. C. Liv. 5, 34. 21,39. 45.47. Strab. 


5, 209. 217. 


Tifäta, r& Tiyarıva öen, ein öftlich von 
Capua gelegener Berg Gampaniens mit einem 
Dianentempel, dem Sulla den ganzen Bezirk um 
den Berg ſchenkte. Auch in den Samniterfriegen 
wird T. genannt. Liv. 7, 29, 23, 36. 26, 5. Fell. 


| Pat. 2, 25. Dio Cass. 42, 25. 


2 


Tifernum, Tipseror, hießen 2 Städte Um: 
briens, deren eine von ihrer Lage am Fluß Me: 
taurus den Beinamen Metaurense hatte (Lir. 
9, 44. 10, 14), j. St. Angelo in Bado; die andere, 
unfern der Ziberquelle, führte den Beinamen Ti- 
berinum; j. Eitta di Caſtello. 

Tigellinus, Sofonius, aus Agrigent, wurde 
von Caligula 39 nm. E. wegen unerlaubten lm: 
gangs mit jeinen Schweitern Agrippina und Julia 
verbannt, von Claudius aber zurüdgerufen. Später 
erwarb er jid durch die Zucht von Pferden für 
Wettlämpfe das Wohlwollen Neros, wurde von 
ihm mit Ehren überhäuft, wurde Präfekt der Prä— 
torianer (Tac. ann. 14, 51) und nahm an allen 
Ausichweifungen und Laſtern desjelben Anteil. 
Taec. hist. 1, 72. Durch jeine Ränke fielen die 
ebelften Männer, darunter Faijerlihe Verwandte, 
jelbft Neros Gemahlin wurde auf jeinen Antrieb 
verftoßen (Tac. ann. 14, 60). Auch aus Anlaf des 


:/ Brandes von Rom wurde jein Name genannt 


(daf. 15, 40), und zahlreiche Hinrichtungen trafen 
infolge jeiner Hab: und Rachſucht die Teilnehmer 
an der pijonijchen Verſchwörung (daj. 61). Als 
Neros Sturz herannahte, verriet er ihn und trat 
u alba über, mußte aber fein Leben vor der 

ut des erbitterten Bolfes von Vinius durch un: 
geheure Summen erfaufen. Nach Galbas Sturz 
gab er, vom Bolfe wiederum zum Opfer gefor: 
dert, fich jelbft den Tod. Tac. hist. 1, 72. Plut. 
Oth. 2. 

Tigellfius ſ. Hermogenes, 2. 

Tigränes, Tıygarns, König don Armenien. 
Diejes ar für einen Teil der großen orienta= 
liichen Reiche, bis nach der Befiegung Antiochos’ 
d. Gr. durch die Römer fich die Statthalter Arta- 
rias und Zariadris losrifjen. In Großarmenien 
hielten fich die Nachfolger des erfteren bis 5 v. E. 
Der bedeutendte war Tigranes II., 94—56 v. E., 
der ganz Armenien vereinigte, Die Parther be: 
friegte, den Uberreft des ſyriſchen Reiches an ſich 
brachte und durch Anfiedelung von Griechen aus 
12 verödeten Städten Tigranoferta (j. d.) grün: 
dete. Jedoch die Rerwandtichaft mit Mithridates 
({. Mithridates, 2.) verwidelte ihn in Krieg 
mit den Römern; von Pompejus befiegt, mußte 


1228 Tigranokerta — Timaios. 


er im Jahre 66 alle Eroberungen außer Arme: | Phil. 2, 11, 27. ad am. 12, 13. Sen. de ira 3, 30. 
nien abtreten und fam in Abhängigkeit von den Suet. Caes. 82. App. b. ec. 2, 117. 4, 102. — 
Römern. Just. 38, 3. 40, 1f. Plut. Lucull. 19 ff. | 37 Tribun und Senator, vielleicht, wie der vor- 
Vell. Pat. 2, 33. Dio Cass. 36, 48 ff. hergehende, cimbrifcher Abftammung, da ihn Horaz 
Tigranokerta, r& Tiyparöxsgr« oder 7, Tı- | (sat. 1, 6, 107 ff.) wegen jeines Mangels an Ans 
yoaroxiora, d. i. Stadt des Tigranes, die von | ftand tadelt. 
Tigranes (j. d.) um 80 v. E. auf einer Anhöhe | TreApwacıor oder Tılpovcıor, eine im Ge: 
am Fluffe Nitephorios angelegte und ſtark be: | biet von Koroneia an der Südſeite des Kopais— 
feftigte Haupt: und Nefidenzitadbt Armeniens. Nach | jees fteil auffteigende Felswand, ein Vorberg des 
dem bor ihren Mauern erfochtenen Siege über | Heliton, j. Betra. Am Fuße des Berges befand 
Tigranes (Herbſt 69 dv. €.) zerftörte Lucullus | jich eine Quelle, Tilphüja, und ein Grabmal des 
einen Teil der noch nicht vollendeten Stadt, die | Zeirefias, der hier geftorben fein follte, auf dem 
aber noch fortbeitand. Jetzt ift jie verjchwunden, | Berge ein Kaftell, ro TiApwsaio» genannt. Strab. 
ihre Lage wahrjcheinlich weftlich oder norbweitlich | 9, 411. Paus. 9, 33, 1. 
von Nifibis, am jüdlichen Fuße des Maſius (wicht | Timagönes, Tiuayerns, ein Alerandriner, 
weit von Tel Ermen). Strab. 11, 522. 532. 539. | wurde Sklave des Fauftus Sulla, trat fpäter in 
Tae. ann. 12, 50. 14, 24. 15, 4. Nom als Lehrer auf und verfahte zahlreiche Schrif: 
Tigris, 6 Tiyens oder Tiyeıs, d. h. der —*5 ten, meiſt hiſtoriſchen Inhalts. Quint. 10, 1, 75. 
im 4. T. Hiddelel, aſſyriſch Idiklat, j. Didichleh | Auguftus, den er durch freche Reden verlegt hatte, 
oder Schatt, der befannte, in reißendem Laufe | verbot ihm jein Haus, weshalb Timagened aus 
daherftrömende Fluß Afiens, entipringt aus meh: Rache jeine Gejchichte der Regierung desjelben den 
reren Quellen in Armenien, einer weftlichen in | Flammen übergab. Hor.ep.1,19,1ö. Sen.ep. 91. 
Sophene und einer Öftlichen im furdifchen Gebirge | de ira 3, 23. Curtius, Plutarh, Strabon und 
(Gordaei montes) und tritt, nachdem er das Ge: Joſephos haben ihn benußt. 
birge durchbrochen hat, in die Ebene ein. Dann! Timagöras, Tıuayöpas, 1) aus Kypros, Vater 
nähert er ſich, nachdem er als linte Nebenflüffe | des Timonar, perjiihen Flottenführers gegen die 
den großen und Heinen Zabatos (j. Zab), den | Griechen. Hdt. 7, 97f. — 2) Sohn des Athena- 
Phyſtos und Dialas aufgenommen hat, als Grenz- | goras, Zeitgenofje des Pharnabazos. Thuc. 8, 6.39. 
fluß zwiſchen Mefopotamien und Afiyrien in der | — 3) aus Tan, latedaimonischer Gejandter an 
Gegend von Seleukeia dem Euphrat, mit dem | den perfiichen Hof, 430 v. E. Thuc. 2, 67. — 
er durch viele Kanäle zufammenhängt, bis auf 4) aus Athen, Gejandter au den Perjerfönig Ar- 
150 Stadien; nachdem er fich dann wieder von | tarerres, bei dem er mit Pelopidas zufammentraf 
demjelben entfernt bat, ftrömt er in einem ſüd- und dieſen unterftügte, dafür nachher in Athen 
lichen Bogen heran und vereinigt fich mit ihm bei | angeflagt und zum Tode verurteilt. Z’lut. Artax. 22. 
der Stadt Ampe, worauf der vereinigte Strom (j. | Xen. Hell. 7,1. — 5) Philojoph aus Gela. — 
Schatt el:Arab) unterhalb Charar Spajinu fich in | 6) epitureiicher Philojoph. Cie. acad. 2, 25, 80. 
2 Armen in den Berfiihen Meerbufen ergießt. | — 7) Maler aus Challis, joll den Panainos in 
Urjprünglich jedoch erftredte fich das Meer weiter | einem künftlerifchen Wettftreite bei den pythiſchen 
nach Norden, und beide Ströme miündeten ge: | Spielen befiegt haben. Pin. 35, 58. 
trennt. Welcher von beiden der Hauptftrom ſei, Timaios, Tiuckos, 1) ein Puthagoreer aus 
darüber find die Meinungen ber Alten geteilt: | Lofri, den Platon aufjudjte, um von ıhm in den 
die meiften nennen den Fluß auch noch nach fei: | Lehren des Pythagoras unterrichtet zu werden. 
ner Bereinigung Tigris, vom heutigen Bajra an | Cie. fin. 5, 29. r. p. 1, 10. Suidas legt ihm ver: 
Pajitigris, während andere unter diejem let: | jchiedene Schriften bei: urfnuarıxd, wrgl pv- 
teren Namen den Eulaios (j. Karun oder Kuren) | eng, eine Schrift über Pythagoras; allein die 
mit dem Kopratas (j. Disful:rud) verftehen, die | jchriftftellerifche Thätigkeit des T. ift jehr zweifel: 
etwas öftlih von dem Hauptſtrom, doc durch | haft, und weit wahrjcheinlicher gehören dieje Schrif: 
Kanäle verbunden, in den Berfiichen Meerbufen |ten einem jpäteren Pythagoreer an. Dies gilt 
münden. Paſitigris (vom perfiichen pas, Fein) Jauch von der unter feinem Namen auf uns ge: 
heißt dann der Meine Tigris, noch jetzt Didichleh: | kommenen Schrift megl Yuzäg “öonov xai pr- 
Kudak. Strab. 11, 529. 15, 728. 16, 746, cıog (herausg. von de Gelder, 1836), vielleicht von 
Tigurinus pagus j. Helvetii. demjelben Timaios verfaßt, den Plinius (16,22, 24. 
Tilaventns, ein von den Carniſchen Alpen her: |2, 8, 6. 5, 9, 10) als Mathematiker bezeichnet. — 
ablommender, Benetia durchtrömender Fluß Ober: | 2) ein Blatonifer, wahricheinlich aus dem 3. Jahrh. 
italiens, der fid) ins Adriatiſche Meer ergieht; j. n. E., Berfaffer eines platoniichen Wörterbuches, 
Tagliamento. von dem noch ein Teil erhalten ift (herausg. von 
Tilii, 1) ©. Till, wurde 48 v. E. von Ruhnken, 1754 und 1789, wiederholt von Rod, 
Cäjar nach Epeiros entjendet, um für Zufuhr zu | 1828 und 1833, ſowie in der Zürcher Ausgabe 
jorgen. Caes. b. c. 3, 42. — 2) X. Till. Cimber, | des Platon). — 3) der Hiftorifer, aus Taurome: 
vielleicht cimbrijcher Herkunft, wurde aus dem |nion in Sicilien, Sohn des Andromahos, um 
eifrigjten Anhänger Cäſars fein erbittertfter Feind, | 352 v. E. geboren und von Philiſtos aus Miletos 
I an der Verjchwörung gegen ihn teil und | unterrichtet. Bon Agathokles aus Sicilien ver: 
gab das Zeichen zur Ermordung, indem er ihm, | trieben (um 317), lebte er 50 Jahre zurüdgezogen 
als er die Zurücdberufung feines Bruders aus der | in Athen und verfaßte jein Geſchichtswerk, kehrte 
Verbannung verweigerte, die Toga herunterrif. | dann im hohen Alter nach Sicilien zurüd und 
Später verwaltete er Bithynien als Provinz, unter: | ftarb, 96 Jahre alt, 256 dv. C. Sein Hauptwert, 
ftügte den Caſſius und fämpfte für ihn und Brutus | eine Geſchichte Siciliens von der älteften Zeit bis 
mit großem Eifer als Flottenbefehlshaber. Cie. | Olympiade 128, umfahte etwa 40 Bücher. In 














Timanthes — Timoleon. 1229 


einem bejonderen Werke behandelte er die Kriegs- er diejen in zügellofen Schmähgedichten an. Auch 
züge des Pyrrhos und jchrieb noch OAvumiorinaı, | mit Simonides von Keos, einem Freunde des The: 
wahrjcheinlich chronologiiche Forichungen. Timaios | miftofles und jeinem dichteriihen Nebenbuhler, 
hat von den Alten, insbejondere von Polybios, | geriet er in heftige Feindichaft, Die beide in beißen— 
eine ſcharfe Kritik und harte Beurteilung erfahren, | den Satiren ausiprachen. Zuletzt ſoll er fich zum 
wonach ihm alle und jede Befähigung zur Ges Perſerkönige begeben und dejien Gaftfreundichaft 
ihichtichreibung fehlte. Pol. 12, 3—15. 23—28.  genofjen haben. Die wenigen ung erhaltenen frag: 
Und wenn aud Cicero (de or. 2, 14, 58) von mente (bei Bergk, poet. Iyr. Graec. III p. 536 ff. 
diefem Urteile abweicht, jo darf es doch ala aus: | der 4. Aufl.) zeigen eine ftürmifch erregte Stim— 
gemacht gelten, daß Timaios mehr Beruf zum | mung und eine unjchöne Heftigfeit. Abhandlung 
gelehrten Sammler als zum Gejchichtsforjcher ges von Boedh (Opusc. IV p. 375 ff.). 
habt und unter dem griechischen Hijtoritern feinen Timoläos, Tıuölcos, ſtand 395 v. E. an ber 
der eriten Pläge eingenommen hat. Seine Werke Spitze der demofratiichen Partei in Korinth und 
find untergegangen,, nur Fragmente find erhalten Tief; ſich durch perfiiches Geld beftimmen, die grie: 
(geiammelt von Göller, de situ et orig. Syrae. chiſchen Staaten zum Kampfe gegen Sparta auf: 
p. 209 ff., und Müller, fragm. hist. (iraee, || zubeßen. Xen. Hell. 3, 5, 1.4, 2, 11. 
p. 103 ff). Bgl. Ereuzer, hiftorifche Kunft der) Timolöon, Tıuolswv, ein Korinther aus edlen 
Griechen, ©. 311 ff., jowie die Abhandlungen von Geſchlechte, geboren um 411 v. E., reich gejchmüdt 
Arnoldt (1841), Belod (1881) und Chr. Elajen | mit Tugenden, von janfter Gemütsart, aber voll 
(1883). unverjöhnlichen Haſſes gegen die Tyrannei, willigte 
Timanthes j. Maler, 4. ‚in die Ermordung jeines eigenen Bruders Timo: 
Timasion, Tıuaclov, fämpfte unter dem jün: |; phanes ein, der jich zum Tyrannen von Korinth 
geren Kyros und wurde bei dem Nüdzuge der | aufgeworfen hatte (Plut. Tim. 4. Nep. Tim. 1) und 
10 000 zu einem der Anführer nad Klearchos' | lebte darauf gegen 20 Jahre zurüdgezogen von den 
Ermordung erwählt. Xen. An. 3, 1,47. 5,6, 19ff. | Amtsgejchäften (Plut. Tim. 5 ff.), bis die Korinther, 
6, 3, 14. 7, 3, 18, von der Tochterjtadt Syrafus bei der gänzlichen 
Timävus, Tiuavog, ein aus 7 Quellen und | Zerrüttung ihrer inneren Berhältniffe um Hülfe 
einem See entipringender, nur 2000 Schritt langer, angerufen, ihn mit einem Heinen Heer geworbener 
aber waflerreicher Fluß Iſtriens, der die Grenze | Krieger nad) Sicilien jchidten, 344. Plut. Tim. 
zwiichen Benetia und Iſtria bildete und in reißen: |3. 7 ff. Nep. Tim. 2. Er landete bei Taurome: 
dem Lauf zwijchen Tergefte und Aquileja in den |nion, überwand viele Schwierigkeiten, jchlug den 
Tergeſtiniſchen Meerbujen fällt; j. TZimavo. Strab. | Hiketas von Leontinoi, den die Syrakufier früher 
5, 214. Liv. 41, 1.2. Verg. A. 1, 244. E. 8, 6. |gegen Dionyfios herbeigerufen, bei Adranon und 
Tianua |. Dvln, 6., Staatshaushalt, Defebte einen Teil von Syrakus, während Hifetas 
17. 11., Prozefs, 15. und Staatsformen, 8. noch den Stadtteil Achradina, Dionyſios Ortygia 
Timökles, Tınuoxins, ein talentvolfer Dichter | mit der Burg, und die Karthager den Hafen inne 
der neueren attifchen Komödie aus Athen, u. hatten. Diod. Sie. 14, 37. Plut. Tim. 11f. Doch 
genoſſe des Demojthenes, den er neben andern | bald verließen fie diejen, und nachdem Dionyſios 
Männern jedes Nanges angriff. Er war durch die Burg an Timoleon übergeben hatte, 343, 
Bortrefflichteit des Stils und durch vielfeitige Be: | wurde auch Hiletas gezwungen, die Stadt zu 
herrichung verichiedener Stoffe gleich ausgezeichnet. | räumen. Timoleon ließ die Burg, das Bollwerk 
Seine Darftellung hatte Schwung, und jeine Cha- und Symbol der Tyrannei, niederreißen und machte 
rafterzeichnung war fein. Vorzüglich gelang ihm |den Platz zur Malftätte der Volksgerichte; nad) 
das Traveftieren tragiicher Stoffe. Bon 27 Dra= | einem Aufruf der Korinther zur Niederlaffung in 
men find die Titel und Fragmente — ge: dem verödeten Syrakus ſollen 60 000 neue An— 
ſammelt von Meineke, com. Graec. Ill p. 590 ff. | fiedfer hinzugelommen fein, an die Timoleon Land 
(II p. 798 ff. der Heinen Ausg.), und Rod, com. | verteilte und Häufer verfaufte. Plut. Tim. 16 jf. 
Att. fragm. II p. 451 ff. | Nep. Tim. 2f. Die freiheit begründete er von 
Timokrätie |. Staatsformen, 9. neuem, indem er durch Kephalos und Dionyſios 
Timokrätes, Tıuoxgarng, 1) aus Athen, Zeit: | die demokratischen Geſetze des Diofles revidieren 
genoſſe des Demofthenes, von dem er heftig an: und wiederherftellen ließ; der Amphipolos des 
gegriffen wurde. — 2) ein anderer Athener, der olympiſchen Zeus befam ald Eponymos den Vor: 
ebenjo von Deinarchos behandelt ward. — 3) lafe: | rang unter allen Magiftraten, Timoleon aber 
daimoniſcher Feldherr. Thuc. 2, 85. 92. — 4) ein | leitete mit der größten Lauterkeit der Gefinnung 
Rhodier, Vermittler des 52 Satrapen Ti: die öffentlichen Angelegenheiten. Plut. Tim. 22 ff. 
thrauftes, um die demofratiichen Führer in den Die Freiheit befiegelte er durch feinen Sieg über 
Hauptſtaaten Griechenlands mit Geld gegen Sparta | die Karthager, die mit 80000 Manı landeten, 
aufzumwiegeln. Xen. Hell. 3, 5, 1. — 5) epifurei- | aber am Krimiſſos in der Nähe von Egefta eine 
ſcher Philojoph, Bruder des Metrodoros, aber in | volljtändige Niederlage erlitten, 342; im Frieden 
manchen Anfichten von ihm verjchieden. Cie. n. d. | wurde der Fluß Halüfos als Grenze ihres Ge: 
1, 33, 40. bietes beftimmt. Much aus den übrigen Städten 
Timokr&on, Tiuoxgewov, aus Jalyſos auf | wurden die Tyrannen vertrieben oder getötet, jo 
Rhodos, Igrifcher Dichter und Athlet, Beitgenofje | Hiketas von Leontinoi, Mamerlos von Katana, 
des Themiftofles, deſſen Gaftfreund er eine Zeit | Hippon von Meffana u. a., und die befreiten 
lang war. Als er aber wegen Berdacdhtes, den | Städte in ein Bündnis mit Syrakus aufgenom: 
Berjern geneigt zu fein, aus Jalyſos verbannt | men (339). Gela und Agrigentum wurden aus 
ward und durch Themiftofles auch mit Geld: | den Trümmern wieder aufgerichtet, Agyrion und 
geihenten die Rückkehr nicht erlangen fonnte, griff | Namarina nen bevöltert; Reichtum und Wohlitand, 











J 





* 


1230 


Frieden und Ruhe erblühte durch ihn wieder in 
Syrafus und auf ganz Sieilien. Plut. Tim. 30ff. 
Als Wohlthäter und Befreier allgemein geadjtet 
und verehrt und auch in der letzten Zeit, als er 
gänzlich erblindet war, von vorwiegendem Ein: 
fluß, ftarb er 337. Durch eine jährliche Toten 
feier und das Grabmal Timoleonteum wurde 
jein Andenken bewahrt, aber die Herrlichkeit des 
Landes verſchwand bald nach jeinem Tode. Plut. 
Tim. 35 ff. Nep. Tim. 3ff. Monographie von 
Arnoldt (1850), 

Timomächos, Tıuöuaxos, 1) atheniſcher gen 
herr, der 367 v. E. dem Epameinondas den Über: 


gang über das Gebirge Dneia am Iſthmos wehren | 


jollte, es aber unterließ; defienungeachtet 361 zum 
Befehlshaber der Flotte ernannt, die die atheni: 
ſchen Handelspläge an der thrafifchen Küfte ſchützen 
jollte, wurde er, als er auch diefen Auftrag jchlecht 
vollführte, zum Tode verurteilt. Xen. Hell.7,1,41. 
Dem. Polyel. p. 211. Phorm. p. 961. — 2) |. 
Maler, 9. 

Timon, T/uor, 1) aus Athen, 6 wiodvdow- 
og, wie es jcheint ein mwohlhabender, freigebiger 


und philojophiich gebildeter Mann zur Zeit des 
peloponnejiihen Krieges, den die Berftimmung | 


über die Verderbtheit der Zeit zum Haſſe gegen 
das ganze Menfchengejchlecht führte. Durch eine 
Menge von Anekdoten über ihn, ſowie durch häufige 
Erwähnung der Komifer (Arist. Lys. 808. 812. 
Av. 1549), wurde er für die alte und neue Zeit 
zum allgemeinen Typus eines finfteren Menjchen- 
hafjes erhoben. Dem Altibiades zeigte er eine ge: 
wiſſe Zuneigung. Lukian (j. d.) zeichnet ihn in einer 
bejonderen Schrift. Plut. Aleib. 16. — 2) aus 
Phlius, ſteptiſcher Bhilojoph, daneben Rhetor und 
Arzt um 280 v. E., ftarb, 90 Jahre alt, in Athen, 
nachdem er an verichiedenen Orten gelebt und 
gelehrt hatte. Inter mehreren Erzeugnifien jeiner 
ichriftftelleriichen Thätigfeit waren am berühmte: 
ften die 3 Bücher der Ziäloı (f. d.), parodierende 
Hexameter, in denen bejonders der Dogmatiſmus 
der philofophiichen Schulen befämpft wurde. 

Timophänes, Tiuopdrns, Bruder des Timo: 
leon (1, d.). 

Timor, erjcheint neben Metus und Terror (über 
Pavor und Pallor ſ. Ares) als Perſonifikation 
im römischen Kultus mit befonderem Tempel; alle 
dieje Wejen galten dem religiödjen Bemwußtiein für 
feindielige, unterirdiic) wirkende Mächte. Bol. 
Ov. met. 12, 60. 

Timoth&os, Tıuößeos, 1) von Milet, Dithy- 
rambendichter, j. Dithyrambos. — 2) Bild» 
hauer um 350 v. E,, arbeitete mit Stopas, Leocha— 
res u. a. an der Ausſchmückung des Maufoleions. 
Plin. 36, 5, 4. — 3) Sohn des Konon, mit dem 
er 393 dv. C. nad) Athen zurüdtehrte, und jo jchon 
empfohlen durch den Namen jeines Baterd und 
ererbten Reichtum, erwarb jich geiftige Bildung 
und Beredjamkeit im Verkehr mit Iſokrates und 
Blaton, bewährte ſich als Feldherr durch Tapfer- 
feit und Umficht, ald Diplomat durch große Thä— 
tigfeit und Gemwanbtheit, war aber auch den Ge— 
brechen jeiner Zeit, namentlih der Schwelgerei 
und Verſchwendung, ergeben. Im J. 378 war er 
mit Chabrias und Kallıftratos ——— der gegen 
Sparta ausgerüſteten Flotte. Indes war damals 
das Anſehen des Chabrias noch vorwiegend; da— 


* 


Timomachos — Tingis. 


gegen eroberte er 375 mit einer Flotte von 
60 Schiffen, nachdem er die lakoniſche Hüfte ver: 
heert hatte, Kerfyra, wobei ihn die Mäßigung und 
Milde gegen die bejiegte Partei rühmlich aus- 
eichnete (Xen. Hell. 5,4, 62), befiegte darauf den 

partaner Nikolochos bei Leufas oder Alyzia (in 
Alarnanien), 27. Juni 375, und veranlafte, ob: 
gleih er aus Mangel an Geld den Sieg nicht 
weiter verfolgen fonnte, zum Teil durch feine Siege 
den Abſchluß eines Friedens, 374, der indes nicht 
ganz zur Ausführung kam (daj. 6,2,1f.). Nachdem 
er dann in Thrafien neue Erwerbungen gemacht, 
jollte er wieder nach Kerlyra abgehen, das von 
Mnafippos bedrängt wurde, verfäumte aber aus 
Mangel an Hülfsmitteln die pafjende Zeit und 
verlor den Oberbefehl (daj. 6, 2, 13. Dem. Tim. 
p. 1186 ff.); es wurde jogar auf die Anflage der 
Häupter der demofratijchen Partei, Jphikrates und 
Kalliftratos, eine gerichtliche Unterjuhung über 
ihn verhängt; durch Vermittelung jeiner Freunde 
Jajon von Pherai und Alketas von Epeiros ent- 
ging er jedoch der Berurteilung (Nep. Tim. 4), 
begab fich aber auf einige Zeit nad Perfien, um 
an der Wiedereroberung Ägyptens teilzunehmen. 
Nach jeiner Rüdfehr veriöhnte er ſich mit Iphi— 
krates, indem er deſſen Sohne Meneftheus jeine 
Tochter zur Gattin gab, und war wiederum thätig, 
die Seeherrichaft Athens zu befeftigen und der 
thebaniſchen Macht Schranfen zu jeßen. 366 wurde 
er mit einer Flotte abgejandt, um den perfiichen 





Satrapen Ariobarzanes zu unterftügen; als es ſich 
aber ergab, daß diefer jchon vom Perferfönig ab— 
gefallen war, wandte er fich gegen Samos, das 
in die Gewalt der Berjer gefommen war, und be- 
freite e8. In den folgenden Jahren war er am 
Hellespont thätig. Won Nriobarzanes, den Die 
Athener und Spartaner unterftügten, jeitdem die 
Thebaner mit dem Berjerlönig in Verbindung ge: 
treten, gewann er Seftos und Krithote, eroberte 
364 Torone, Methone, Pydna und Potidaia, be: 
zwang die Chalkidier, machte aber vergebliche An: 
griffe auf Amphipolis und Olynthos. Diod. Sie. 
15, 81. Dem. Olynth. 1, 6. 10, Im Bundes- 
genoffenfriege wurde er, nachdem Chabrias um- 
elommen, mit Sphifrates an die Spike einer 
* geſtellt, die gemeinſchaftlich mit Chares die 
Bundesgenoſſen bekämpfen ſollte; als ſie jedoch 
gegen den Willen des letzteren einer Schlacht 
wegen eines heftigen Sturmes auswichen, wurden 
ſie in Athen von demſelben der Verräterei an 
geflagt. Diod. Sie. 16, 7.21. Dinarch. in Dem. 14. 
in Philoel. 17. Iphikrates entzog fich der Ber: 
urteilung, Timotheos wurde um 100 Talente be: 
raft und begab fih in die Verbannung nad) 
haltis, wo er ftarb. Nep. Tim. 3. Bald dar— 
auf wurde feinem Sohne Konon die Strafe bis 
auf 10 Talente erlafien, die er zur Ausbeſſe 
rung der Mauern verwenden durfte. Bgl. Reh: 
dank, vitae Iphicratis, Chabriae, Timothéi 
(1845). 

Tıuoöogor, der Rat in Maſſalia, der aus 
600 Mitgliedern beftand, darunter 16 meosorürss 
(Caes. b. c. 1, 35); in ihn ward feiner aufgenom- 
men, ber nicht 3 Generationen hindurch bürger: 
licher Abfunft war und Kinder hatte. Strab.4, 179. 

Tingis, Tiyyıs, an der Nordfüfte Maurita- 
niens, von den römischen Kaiſern (Muguftus, Claus 
dius) jehr gehoben, phoinikijche Kolonie, Haupt- 


A Turm mit 2 Simmern. 
B Überwölbte Stammern. 

© Galerie. 

D Korridor mit Treppe. 

E Eäulenhalle. 

F Großer Vorhof. 


G SW.-Ede des Balafies. 


H Großes Fropylaion. 
I Eäulenhalle. 


K Slleined Propylaion. 

L Großer Hof. 

M Menaron der Männer. 

M'Borjaal des Megarons ber 
Männer. 

Ae Vothalle des Megarons der 
Männer, 

AM Herd. 

N Sleinere Höfe. 


O Megaron dee Frauen, 

P Überwölbte Kammern. 
Q Eifterne. 

R ®alerie der Oftmauer. 
8 Schachte, 1876 gegraben. 
T Nebenaufgang. 

U Stellerräume. 

V Ciſterne. 

W Zurm im NW. 


Die Oberburg von Tiryns (aufgen. von Dörpfeld). 


X Sileine Treppe. 

Y Eingang zur Mittelburg. 
2 Mittelhof od. Hinterhof. 

F Zurm im NO. 

A Rampe des Hauptaufganges. 
E Hauptthor. 

© Thor der Oberburg. 





A Altar im Hofe. 

Z Funpdftelle d. Terracotten. 

Z Thür zur Galerie R. 

&® Mauer auf dem runden 
Vorbau. 

X Bad. 

Y Treppe. 


Tintinnabulum — Tisias. 


jtadt der Provinz Tingitana jeit 42 n. C., wichtiger 
Handelsplatz; j. Tanger. Mela 1,5,2. Plut. Sert. 9. 

Tintinnabülum, Schelle oder Glödchen von 
Metall. Man brauchte jie, um die SHaven früh 
zu weden, und im öffentlichen Xeben, um Signale 
zu geben. Auch das Bieh auf der Weide trug 
tintinnabula, 

Tiphys ſ. Argonauten. 

Tiribäzos, Tigißafos oder T’ineißafog, ein 
Berjer, früher org in Armenien und Rat: 
geber de3 Königs Mrtarerres im Kriege gegen 
Kyros (Xen. An. 4, 4, 4), wurde jpäter —— 
Statthalter in Jonien (Xen. Hell. 4, 8, 12), und 
wie er von Anfang an eine perjönliche Neigun 
für die Spartaner hatte, jo fam bejonders — 
ſeine Vermittelung der Friede des Antalkidas zu— 
ſtande (daſ. 4, 8, 14ff. 5, 1, 30). Nach as 
Abſchluß führte er eine perfiiche Flotte gegen 
Euagoras von Kypros, wurde aber, als er jchon 
mit diefem unterhandelte, von feinem Mitfeldherrn 
Orontes verdächtigt und gefänglich eingezogen; er 
vechtfertigte ſich jedoch — länzende Weiſe, 385. 
Died. Sie. 15, 2.4. 8ff. Snäter diente er noch 
dem Perſerkönig in einem Kriege gegen die Ka— 
dufier am Kaſpiſchen Meer; als ihm derjelbe aber 
nicht, wie er verſprochen, feine Tochter zur Ge: 
mahlin gab, ftiftete er mit Dareios, dem älteften 
Sohne des Königs, eine Verſchwörung an, welche 
entdedt wurde und ihm das Leben koftete. Plut. 
Art. 5. 24. 

Tiridätes, Tietocirns, 1) ein Parther, der ſich 
gegen Phraates IV., der die übrigen Mitglieder 
der Arjafidenfamilie aus dem Wege geräumt hatte, 
erhob, 30 dv. C. bejiegt und vertrieben zu Octavian 
floh und von diejem geſchützt wurde, während jein 
Gegner Hülfe bei den Skythen fand, 26. Hor. od. 
1,26, 5. 3,8, 19f. — 2) Name mehrerer arme: 
niicher Könige, jo eines Bruders des Barther- 
fönigs Bolagajes I. (um 6 n. €). Tac. ann. 
12, 50. Ziridates III., der Große, kämpfte mit 
Süd gegen die Safjaniden und führte jeit 302 
das Görhentum bei jeinem Bolte ein. 

Tiro j. Tullii, 12. 

Tirocinium fori war jpeziell die praftijche 
Vorbereitung des jungen Römers zu den öffent: 
lihen Staatsämtern und der Beredjamfeit. Andere 
begannen ihr tirocinium in der militärischen 


Laufbahn ald Mitglieder der cohors eines Statt: | 
Zu dem Behufe des | 
tiroein. forı wurde der junge Mann einem be- 
rühmten und erfahrenen Staats: und Gejchäfts: | 
manne übergeben, nad) deſſen Mufter und Beiipiel | 


halters (vergl. Cohors), 


er ji praftiich bildete, indem er ihn auf das 
Forum und zu gerichtlihen Berhandlungen be- 
gleitete und im deſſen jteter Umgebung an allen 
wiſſenſchaftlichen Unterhaltungen (huius omnibus 
dietionibus interesse) und Beiprechungen praf: 
tiicher Fragen (altercationes et iurgia) hörend 
und Icrnend teilnahm (pugnare in proelio dis- 
cere). Tac. dial. 34. Cicero (Lael. 1) lernte bei 


dem Augur D. Mucius Scävola und nad deſſen 


Tode bei dem Pontifer Scävola (ut a senis la- 
tere numquam discederem. Multa ab eo pru- 
denter disputata — memorise mandabam, fieri- 
que studebam eius prudentia doctior) und war 
wieder Lehrer des Cälius (Cie. Cael. 4. Quint. 
12, 11, 6). Das tirocinium fing früher mit dem 











1231 


jechzehnten Lebensjahres an (Suet. Oct. 8), doch 
unter vorliegenden Berhältniffen mit Berichiebung 


des Termind noch jpäter (Suet. Cal. 10) ober 
noch früher (Tac. ann. 3, 29. 12, 41. Buet. 
Claud.43). Über die äußeren Feierlichkeiten ſolcher 
ftaatlihen Mündigfeitserflärung fiehe das Nähere 
Erziehung, 17. j 
Tiryns, T/ovrg, uralte Stadt in Argolis, jüd- 
Öftlich unmeit Argos, der Sitz des Proitos und 
Perſeus, ausgezeichnet durch ihre aus gewaltigen, 
2 bis 3m fangen, 1 bis 1',, um hohen, Blöden er: 
bauten bis zu 20m hohen Mauern (Kunlorsın 
obgdrız reiyn, Eur. El. 1167), daher bei Homer 
(Il. 2, 569) reıyıoesou. Apollod. 2, 2,1. Strab. 
8, 372. Paus. 2, 16, 5. Zur Schlacht von Pla— 
taiai ftellten die Tirgnthier mit den Mykenaiern 
400 Hopliten. Hat. 9, 28. Als aber bald darauf 
aus Argos vertriebene Sklaven, die Gymnejier, 
fih der Stadt bemäcdtigt hatten, befiegten die 
Argeier dieje und zerftörten die Stadt, deren Be: 
mwohner teild nad) Argos, teild nach Epidauros 
ingen, 465 v. C. Hat. 6, 83. Noch jegt finden 
N von der Burg bedeutende Refte der Mauern 
und im füdöftlichen Teile derjelben 2 mannshohe, 
2m breite, lange, bededte Gänge (Galerien) von 
unbefannter ———— ohne dei das ältejte 
Baudertmal Griechenlands. — Die Burg lag jeit 
ihrer Zerftörung wüft; aber am Fuße derjelben 
entjtand eine neue gleichnamige Stadt, die in der 
Ben nach dem peloponneſiſchen Striege blühte, zu 
aujanias’ Zeit jedoch wieder verſchwunden war. 
Ausgrabungen, die H. Schliemann im J. 1884 
bier veranftaltet hat, haben höchſt überrajchende 
Ergebnifje geliefert, mämlich die Überreſte eines 
Königspalajtes der heroifchen Zeit mit dem ue- 
yaoov ber Männer, das in jeiner vorn offenen 
Borhalle und dem von Säulen getragenen Haupt: 
faale das Vorbild des jpäteren helleniichen Tem: 
pels erfennen läßt, und dem abgejonderten der 
Frauen, einer «bl mit dem Altar des Yeus 
Eonsiog und Spuren einer Säulenporticus, mit 
Hallen, Höfen, Badezimmer, Thejauros (Vorrat: 
fammer)u.j.w. Bgl. Schliemann, Tiryns. Mit Bor: 
rede von F. Adler und Beiträgen von W. Dörpfeld 
(1886). Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen 
(1890), ©. 113 ff. Paus. 8, 33. gl. die Beilage. 
Tisaion, rö Tioctor boog, hody in das Meer 
auslaufendes Vorgebirge Thefjaliens in der Land— 
ichaft Magnefia, mit einem Artemistempel; j. Kap 
Bardzogia. Pol. 10,42. App. Mithr. 35. Liv. 28,5. 
Tisamönos, Teıoauevdg, Tıoauerös, 1) Sohn 
des Drefted und der Hermione, Bater des Ko— 
metes, König der Achaier zur Zeit des Einfalls 
der Herafliden in den Peloponnes, gegen die er 
fiel. Apollod. 2, 8,3. Nach anderm Berichte führte 
er, bon den Doriern befiegt, a. Achaier nad 
Yigialeia, wo er in einem Kampfe gegen die 
Jonier fiel. Paus. 7,1, 7f. Seine Gebeine wur: 
den infolge eines Oralels von Helife nad) Sparta 
gebracht. — 2) j. Theras. — 3) ein Athener, 
beantragte 403 v. E. die Prüfung aller beftehenden 
Geſetze, von denen jih mande nicht mit der 
Amneftie vereinigen ließen, durdy einen aus dem 
Senat und den Nomotheten gebildeten Ausſchuß 
und die Nufzeichnung der geprüften ſowie Auf: 
bewahrung in der königlichen Stoa. Andoe. 
myst. 82 * 


Beginn des fiebzehnten (ZAv. 22, 57), jpäter des, Tisias, Tioiag, richtiger Teisias, Toius, 


1232 


1) j. Stesichoros. — 2) aus Sicilien, einer der 
älteften Lehrer der Nhetorit und Berfafler eines 
Lehrbuches darüber, lebte im 5. Jahrh. v. C. in 
Syrafus, Thurioi und Athen. Lyſias, Gorgias 
und Sokrates follen feine Schüler gewejen jein. 

Tisicnus Gallus, diente unter 2. Antonius 
im perufiniichen Kriege als Legat, ſpäter unter 
Sertus Bompejus, 36 v. E., und unterwarf fich 
nad) deſſen Befiegung bei Naulochos dem Octavian. 
Dio Cass. 48, 13. 49, 8. 10. 

Tisikrätes, Tioıxgdrns, aus Sikyon, Erzgießer 
und Schüler des Lyſippos. Plin. 34, 8, 19, 

Tisiphöne j. Erinyes. 

Tissa, T/oo«, Stadt im Innern des nördlichen 
Siciliens, wahrſcheinlich nördlicd vom Atna bei dem 
j. Randazzo. Cic. Verr. 3, 28. Sil. Ital. 14, 268. 

Tissaphernes, Tıooaprgrng, ein Perjer, wurde 
gegen den abgefallenen Satrapen in Sarbes, 
Biffuthnes, gejandt, hierauf Statthalter der Küften: 
länder Kleinafiend. Seit 413 lieh er ſich in Ber: 


handlungen mit den Spartanern ein, um für die 


ihnen gewährte Unterjtügung alles Land wieder 
zu befommen, das früher dem Könige gehört hatte. 


Thue. 8, 5. 18. 837. 58. Es wurde mit denjelben | 


ein Bündnis geichlofien, doch ohne daß eine offene 
und entjchiedene Unterftügung davon die Folge 
war; um 411 wurden bon ihm jogar durch Alti- 
biades Verhandlungen mit Athen angelmüpft, die 
indes ohne Erfolg blieben. T’huc. 8, 45 f. 56 ff. 
Als Kyros zum Oberfeldherrn in Kleinafien er: 
nannt war, trat er mehr zurüd, begleitete ihn auf 
feiner Reiſe nah Suſa (Xen. An. 1, 1, 2), wurde 
ihm bald verfeindet und verflagte unaufhörlich den 
Kyros am perfiihen Hofe, ohne den jchlaffen Ar- 
tarerres aufrütteln zu fönnen. Xen. An. 1,1,3. 
Hell. 3, 1,3. Im Kriege war er einer der vier 
föniglichen Feldherren, lockte nady der Schlacht bei 
Nunara die griechifchen Führer auf hinterliftige 
Weiſe zu einer Unterredung und ließ fie gefangen 
nehmen, worauf fie ermordet wurden. Xen. An. 
2,5. Er fehrte dann zurüd als Satrap über ein 
vergrößertes Gebiet; als er aber auch die ioniſchen 


Städte unterwerfen wollte (400), wandten ſich dieje | 
an Sparta, das den Thibron und Derkyllidas nadı | 
Er führte den Krieg mehr durd) | 


Alien ſchickte. 
liftige Unterhandlungen und Sonderverträge als 
mit den Waffen. Als ihn Agefilaos am Paktolos 
in Lydien bejiegt hatte (395), wurde er abgejeßt; 
jein Nachfolger Tithrauftes ließ ihn auf Betrieb 
der Baryjatis gefangen nehmen und hinrichten. Xen. 
Hell. 3, 1, 3ff. Diod. Sie. 14, 23. 26f, Plut. 
Ages. 19 f. Art. 28. 

Titan j. Helios, 


Tisienus Gallus — Titianus. 


"aller Götter (Hom. Il, 14, 201. 246 ff). Unter 
| Uranionen find bei ihm nicht die Titanen, ſon— 
dern die Olympier als Himmelsbewohner zu ver- 
ftehen. — Als Uranos (Sohn der Gain, Hesiod. 
theog. 126), der erſte Beherricher der Welt, jeine 
Kinder, die Helatoncdheiren und die Kyflopen, ans 
Haß in den Tartaro8 warf, beredete Gaia, dar: 
| über erzürnt, die Titanen, den Bater vom Throne 
zu ftürzen. Kronos ſchnitt dem Uranos mit einer 
Hippe die Scham ab und warf jie ind Meer, 
worauf Aphrodite aus dem Meere ftieg (aus den 
' Blutötropfen, die auf die Erbe fielen, entitanden 
die Erinyen, Giganten und meliihen Nymphen); 
die Titanen aber befreiten die Hefatoncheiren und 
Kyflopen und ſetzten den Kronos als Herrſcher ein. 
Hesiod. theog. 153 — 210 (j. Kronos). Kronos 
und die Titanen wurden wieder von Zeus und 
feinen Geichwiftern, den olympiichen Göttern, ge: 
ftürzt. Lange währte der Kampf zwilchen den 
' Zitanen und Olympiern (Titanomadie), indem 
jene vom Berge Othrys, dieje vom Dlympos aus 
ftritten, bis Zeus die Helatondheiren und Kyflo: 
pen, die Kronos wieder in den Tartaros verftoßen 
hatte, für jih auf den Kampfpla rief und, von 
jeinen Gejchwiftern unterftügt, mit dem Blig, den 
ihm die Kyflopen gaben, die Titanen nieder: 
ichmetterte. Sie wurden in den Tartaros ein- 
geferfert und von den, Hefatoncheiren bewacht. 
Hesiod. theog. 617 ff. Über die Bedeutung der 
Titanen und der Titanomadjie j. Religion der 
Griechen, 3. Mande von den Titanen, wie 
Dfeanos, beteiligten fih nidt an dem Kampfe 
gegen Zeus und wurden in der nen gegründeten 
eltordnung in ihren Ehren gelafien oder mit 
neuen Ehren betraut. Auch die in den Tartaros 
—— Titanen wurden ſpäter, nachdem die 
rdnung des Zeus jo feſt gegründet war, daß ſie 
von ihnen nicht mehr gefährdet werden tonnte, 
bon Zeus wieder gelöft und jöhnten ſich mit ihm 
‚aus, Mit diejer VBerjöhnung des Zeus und der 
Titanen ſchloß die Promethie des Aiſchylos. — 
Nach jpäterer, pragmatifierender Mythenanſchauung 
waren die Titanen ein wilder, übermütiger, dem 
Zeus feindjeliger Menſchenſtamm auf Kreta. 
Titaresios, Terxoprjsıos, linter Nebenflus des 
Peneios in Thefialien, auch Europos genannt, 
der die Landichaft Perrhaibia durchfloß und jüd- 
öftlih von Phalanna in den Beneios mündete (j. 
' Keragis), entitanden aus der Vereinigung zweier 
Arme, eines größeren weftlichen, j. Burgaris, und 
eines Feineren öftlichen, j. Elafjonitifos. Hom. Il. 
2, 751. Strab. 7, 329. 9, 441. 
Tithönos j. Eos. 








Titänen, Tirares, die Söhne und Töchter des | Tı$ogta |. Parnassos. 

Uranos und der Gaia: DOfeanos, Koios ıvon | Tithraustes, Tidoavorng, der Nachfolger des 
Phoibe Bater der Leto und Afteria, Hesiod. theog. | Tiffaphernes (395 v. E.) als Satrap in Klein— 
404 ff.), Krios (von Eurybia Vater des Aſtraios, | ajien, bewog den Ugefilaos, mit ihm einen Waffen: 
Pallas und Perſes, daj. 375), Hyperion (vom | ftillftand einzugehen und fich gegen Bharnabazos 
Theia Vater des Helios, der Selene und Eos, zu wenden; den Ahodier Timofrates aber jandte 
daj. 371 ff), Japetos (Bater des Prometheus, , er mit 50 Talenten nad Europa, um durch einen 
Epimetheus, Atlas, Menoitios, daf. 507 ff.), Kro= in Griechenland gegen Sparta erregten Krieg die 
n08, Theia, Rheia, Themis, Mnemoſyne, | Zurüdberufung des Agefilaos zu erzwingen. Xen. 
PBhoibe, Tethys. Jlesiod. theog. 133 ff. Auch | Hell. 3, 4, 25 ff. 

die Nachkommen derjelben, wie die oben genann- | Tithronion, Tıöe@rıor, Stadt im nördlichen 
ten, und wieder deren Kinder, wie Hekate, Tochter | Pholis am linken Ufer des Kephiſos; beim heut. 
des Perſes, heißen Titanen. Bei Homer find die Multi. Hat. 8, 33. Paus. 10, 3, 2.33, 12. 
Titanen nicht Rinder des Uranos und der Gaia,  Titiänus, eigentlich zur titiichen Gens gehörig, 
jondern Okeanos und Tethys find der Urjprung dann römijcher Beiname: 1) Cornelius Tit., 


Tities — Tityos. 


aus Plinius’ Briefen als Freund besielben be: 
fannt. Plin. ep. 1, 17. 9, 32. — 2) Flavia Ti: 
tiana, Gemahlin des Kaiſers PBertinar, war eine 
Frau von unfittlichem Lebenswandel. Sie meldete 
ihrem Gatten das Andringen der meuterifchen Prä— 
torianer, 198 n. E. Dio Cass. 73, 7.9. — 3) Ti. 
Flavius Tit., ge 339 und 340 n. E,, 
ipäter praef. praet. Galliarum, unterwarf fich 
im $. 350 dem Magnentiug, der ihn wieder zum 
Stadtpräfeften machte und ihn als Gefandten an 
Eonftantius jchidte. Nah Magnentius’ Sturze 
ergab er fi dem Gonftantius, der ihn zu neuen 
Ehren erhoben Er haben jcheint. 

Tities oder Titienses ift der Name der zweiten 
römiſchen Urtribus, melde aus Sabinern beftand 
und vom König Titus Tatius den Namen erhielt. 
Bgl. Ramnes und Luceres. 

Titii. Dahin gehören: 1) Ser. Tit., 9 v. €. 
Voltstribun (sedıtiosus eivis et turbulentus), 
ſchlug, obwohl ohne Erfolg, ein Adergejep vor. 


Jul. Obs. 45. Seine Gegner waren feine eigenen | 
Kollegen im Tribunate und der Konjul Antonius. 


Später zog man ihn vor Gericht und verurteilte 
ihn. Cie. de or. 2, 11 und 66. Val. Max. 8,1. 
damn. 3. Cicero (Brut. 62, 225) nennt ihn als 
Nedner, jedoch nicht ohne Tadel, indem er ihm 
eine weichliche Geftifulation vorwirft, die nad ihm 
den Namen erhielt. — 2) €. Tit., verfaßte Tra- 
gödien, war aber ein beflerer Redner. Cic. Brut. 
45, 167. — 3) C. Tit., erregte 89 v. E. im Heer 
des 2. Porcius Cato einen Aufftand, wurde aber 
dafür nicht beftraft. — 4) DO. Tit., verkündete 
dem Sulla 86 dv. E. nad) der Schlacht bei Chai— 
roneia einen neuen Sieg. Plut. Sull. 17. — 5). 
Tit., diente in einer fpanifchen Legion als Kriegs: 
tribun, 47 v. E., und wurde von Cäſar zum 


Senator ernannt. Caes. b. Alex. 57. Afr. 28. — | 


6) P. Tit., Volkstribun 43 v. E., trat dem Cicero, 
der dem Munatius Plancus Auszeichnungen ver: 


ichaffen wollte, entgegen (Cie. ad fam. 10, 12) 


und wirkte für die Beftätigung der Gewalt der 
Triumvirn. Er ftarb nicht lange nachher. App. 


b.c.4,7. Dio (ass. 46,49. — 7) M. Tit., Neffe | 


des Munatius Planeus, geriet (40 v. E.) in die 
Gefangenichaft des jüngeren Pompejus, wurde 
aber von ihm freigelaffen. Nachher (36) folgte er 
dem M. Antonius auf deſſen parthijchem Feldzuge 
und erhielt im folgenden Jahre den Befehl gegen 
Ser. Pompejus, der nad Aſien geflüchtet war, 
ließ ihn gefangen nehmen und hinrichten. App. 
b.c.5, 134 ff. Dieje Undankbarkeit gegen einen 
Mann, dem er fein Leben verdanfte, zog ihm 
allgemeinen Haß zu. Vell. Pat. 2, 79. 
J. 32 jchloß er fi) dem Dctavian an, erhielt von 
ihm 31 das Konſulat, kämpfte unter ihm in dem 
Kriege gegen Antonius und jchlug diefen noch vor 
dem Kampfe bei Actium in einem Neitergefechte. 
Dio Cass. 50, 13. — 8) begleitete 20 v. ©. den 
Tiberius nah Nfien und wird von ern (ep. 
1,3, 9ff.), der in ihm einen fünftigen Dichter ge: 
ahnt zu haben jcheint, — des Auguſtus 
Thaten zu beſingen. — 9) Tit. Sabinus, ein 
Freund des Germanieus, wurde (24 n. E.) von 
Sejan angegriffen (Taec. ann. 4, 18) jpäter auf 
Betrieb eines tremlojen Freundes angeflagt und 
im J. 28 bingerichtet. Tac. ann. 4, 68 ff. 
10) Tit. Broculus, erlitt mit feinem Freunde 
E. Silins gleichzeitig den Tod, 48 nu. E. Tae. 
Reallegiton des Haff. Altertumsd. 7. Aufl. 


Um das 


1233 
ann. 11,35. — 11) Tit. Yulianus, zeichnete 
fi als Legat der fiebenten Legion in Töten und 


im * gegen die Roxolanen in Sarmatien aus, 
69 n. C. Tae. hist. 1, 79. 

Titinii, 1) 2. Tit. Panſa Saccus, war 400 
und 396 v. E. Fonjularifcher Kriegstribun. Ziv. 
6,12. 18. — 2) M. und E. Tit., waren 193 v. €. 
Vollstribunen, der erjtere wahrjcheinlich im J. 178 
Prätor und Statthalter im diesjeitigen Spanien 
(Liv. 41, 26), der andere ſtädtiſcher Prätor. Liv, 
41, 5f. Der ſpaniſche Statthalter blieb auch noch 
in den folgenden Jahren in jeiner Provinz und 
wurde jpäter (171) in Rom von den Spaniern 
wegen Bedrüdung verflagt, aber freigejprochen. 
Liv. 43, 2. — 3) um 170 v. C, berühmter Ber- 
fafjer von Togatendramen, worin er dem Terenz 
in betreff der Eharakterzeichnungen an die Seite 

eftellt wurde. Seine Fragmente (gefammelt von 
Neukirch, fab. tog. p. 97ff., und Ribbeck, scaen. 
Rom. poes. fragm. Il p. 133 ff.) erinnern in ihrem 
derben, voltstümlichen Tone und in ihrer Xebendig: 
feit und Friihe an Plautus. — 4) En. Tit., 
—— der lex iudiciaria des Tribunen Druſus, 
wobei er ſich des NRitterftandes eifrig annahm, 
9 v. E. Cie. Cluent. 56, 153. — 5) D. Tit., 
ein reicher, dem Cicero befreundeter Mann. Ge. 
ad Att. 7, 18. 5, 21. — 6) Vontius Titinia- 
nus, des vorigen Sohn, von einem Bontius 
aboptiert, trat im J. 49 v. E. auf Cäſars Geite. 
Cie. ad Att. 9, 6.18. — 7) wurde von Eaffins, 
unter dem er als Genturio diente, während der 
Schlacht bei Philippi in das Lager des Brutus 
auf Kundichaft geichidt. Da er lange ausblieb, 
tötete fih Caſſius aus Furcht vor ungünftigen 
Nachrichten, worauf der zurüdgelehrte Tit. ſich 
felbft den Tod gab, 42 v. €. Plut. Brut.43. Val. 
Max. 9, 9,2. App. b. c. 4, 113. 

‚ Titülus 4 jede kleinere Inſchrift auf jedem 
beliebigen Material, —— zu vorübergehenden 
Zwecken, z. B. titulus amphorae an einem Wein— 
— (unſere Etiletts), öffentlicher Anſchlag über 
vertäufliche (3. B. Sklaven, ſ. Mango), gefun— 
bene, verlorene Dinge u. ſ. w., als auch dauernd, 
4. B. titulus (oder index) librorum (f. Bücher- 
wesen, 6.), he an Statuen, Tempeln, 
Altären, Öffentlichen Bauten u. ſ. w. Bon vor: 
güglicher Wichtigkeit find die tituli sepulcrales, 
ie in allen römijchen Ländern gefunden werben. 
Diefe Grabinjchriften beginnen zen mit 
D. M., d. h. Diis Manibus (f. Manes); dann 
folgt der Name des Berftorbenen im Genitiv oder 
' Dativ (gewöhnlich mit allen Namen und Amtern, 
Angabe des Baterd und der Tribus); oder es 
‚hieß: N. N. hie situs est (sepultus est, re- 
'quieseit, iacet). Der Dentmaljegende ift zulept 
angegeben, gewöhnlich der Gatte, Bruder, Eon, 
Bater, Patron, Erbe u. j. w. 

Titurli, 1) 8. Tit. Sabinus, diente unter 
Cäſar als Legat in Gallien (Cues. b. g.2,5. 3,17 
u. d.), wo er (54 v. ei durch Ambiorir fein Ende 
fand. Vgl. Aurunculeius. — 2) M. Tit. (nad) 
| andern Titurnius) Rufus, aus einer dem Cicero 
befannten Yamilie, wurde von ihm dem Statt: 
halter Siciliens empfohlen. Cic. ad fam. 18, 39. 

Titarnfus ſ. Titurii, 2. 

Titus ſ. Vespasiani. 

Tityos, Tırvos, Sohn der Gaia, oder des Zeus 
und der Clara, der Tochter des Orchomenos, ein 

78 














1234 


Niefe auf Euboia, Vater der Europa. Hom. Od. 
7, 324. 


Tlepolemos 


er don Artemis oder von Apollon und Artemis 


mit Pjeilen, oder von Zeus mit dem Blitz getötet | 


und in der Unterwelt beftraft. Dort lag er auf 
dem Boden ausgejtredt, und 2 Geier fragen an 
jeiner Leber, dem Sih der Begierde. Hom. Od. 
11, 576. Sein ungeheures Grab war bei Pano— 
peus. Paus. 6, 6,4. gl. Verg. A. 6, 595. Or. 
met. 4, 457. Tibull. 1, 3, 75. 

Tlepol&mos, TAnmmökzuog, 1) Sohn des Hera— 
les und der Aityoche, Bruder des Telephos, floh, 
nachdem er jeinen Oheim Lilymnios in Argos er- 
ſchlagen, nad) Rhodos, wo er Lindos, Jalyſos 
und Nameiros gründete. Bon da z0g er mit gen 
Troja und ward von Sarpedon getötet. Hom. Il. 
2,658 ff. 5, 628 ff. — 2) ein Troer, Sohn des 
Damajtor, von Batroflos erlegt. Hom. Il. 16, 416. 
— 3) ein Mafedonier, ‚diente in der Edelichar 
Aleranders des Gr., wurde 325 v. E. zum Statt⸗ 
halter von Karamanien ernannt und behielt feine 


Provinz ſowohl bei der Teilung im J. 323 als | 
auch bei der von Triparadeifos im 3. 321. Auch | Turnus 
Antigonos wagte nicht, nady dem Untergange des |er die 


Eumenes deſſen Verbündeten Tlepolemos abzu— 
ſetzen, da er bei den Bewohnern ſeiner Provinz 
in großem Anſehen ftand.. Arr. 6, 27. Diod. Sie. 
18, 3. 39, 19, 68. 

Tmolos, Tu@los, 1) Gott des Iydiichen Berges 


Weil er jih an Leto, als fie durd Pa: | 
nopeus nach Pytho ging, vergriffen hatte, wurde | 








— Toralia. 


mit der Flotte einen Zug um den Peloponnes, 
zerftörte die Sciffswerfte in Gytheion, beiiegte 
die Silyonier und verjegte die vertriebenen Meſſe— 
nier nach Naupaltos. Als Boiotien dur die 
Mitglieder der vertriebenen Geſchlechter beunruhigt 
wurde, machte Tolmidas mit 1000 Hopliten, 
größtenteils jungen Freiwilligen, einen Zug dahin, 
um den Einflug der Athener wiederherzuftellen, 
eroberte Chaironeia, wurde aber auf dem Marſche 
nach Haliartos von den vertriebenen Ariftofraten 
und ihren PBarteigängern bei Koroneia überrum: 
pelt, geichlagen und jelbft mit einer großen Zahl 
der Eeinigen getötet (446). T’hue. 1, 108, 113. 
Plut. Per. 18. Diod. Sie. 11, 84. 12, 6. Bal. 
Nöth, de Myronide et Tolmida (1841). 

Tolösa, Tolös(o)«, Hauptitadt der Bolcä Teeto— 
jages im narbonenfiihen Gallien an der Garıumna, 
jehr reich (aurum Tolosanum jprichwörtlich), ipäter 
römijche Kolonie und dann eine Zeit lang Reſidenz 
der weſtgotiſchen Könige; j. Toulouſe. Die Be- 
wohner biegen Tolosätes. Caes. b. g. 3, 20. 1, 10. 
7, 7. Strab. 4, 188, 

Tolumnius, 1) ein Augur, der auf jeiten des 
gegen Aineias kämpfte und umlam, als 

ffenruhe durch neuen Angriff ftörte. 
Verg. A. 11, 429. 12, 208 ff. 460. — 2) Tot. 
Zar, König der Bejenter, ließ 4 römiſche Ge— 
jandte, Tullius Eluilius, L. Roſeius, Sp. Antius 
und E. Fulcinius, deren Bildijäulen noch zu Gi: 


ceros Zeit auf dem Forum ftanden, töten. Cie. Phil. 


Tmolos, Gemahl der Pluto (oder der Omphale), 9, 2, 4f. A. Cornelius Coſſus (als Konſul 428 
Bater des Tantalos, Schiedsrichter bei einem muſi- v. C. oder als Magister equitum 426 v. €. Lir. 
faliihen Wettftreit zwijchen Apollon und Ban. 4, 31) erlegte ihn mit eigener Hand und trug die 
Or. met. 11, 156 ff. — 2) f. Proteus. — 3) mit | spulia opıma davon. Liv.4,19. Propert.5,10,23 ff. 
älterer Form Timolus (Ov. met. 6, 15. Plin.| Tomäros, Touagos, oder Tinaros, Tiuüeos, 
5, 29, 110), auf Münzen Toumiog, ein durch Berg in Epeiros in der Landſchaft Moloffis, zii: 
das Innere Lydiens ftreichender Gebirgäzug, etwa | ſchen dem Rambotisjee und dem Fluffe Arachthos, 
20007 hoch und öftlid vom Mefjogis. Er ent: | bei Dodona; j. Tomaro oder Olytzilta. Verg. E. 
hielt die Quellen des Kayftros, Koganos und | 8, 44, Strab. 7, 327. 9, 434. 
Paltolos und war reich an Wein, früher au an| Tomentum hieß das Material zum Füllen der 
Hold. Bon einer marmornen Warte auf feiner | Kiffen, Matragen u. ſ. w., aljo Wolle, Federn, 
Höhe fonnten die Perjer die Gegend weithin über: | Stroh und dergl., j. Bett, II. 
jehen. Dort jollte Zeug Heriog geboren fein. Hom. Tomis, Töpıs, oder Tomi, Téuot, Stadt am 
II. 20,386. Verg. @.2, 98. Op. met. 2,217. Aesch.| Bontos Eureinos in IUntermöfien, jpäter Con: 
Pers. 49. Strab. 13, 625 ff. Seht Bos-dagh. — | ftantiana, j. Anadol:föi bei Koftanza, türkiſch 
Nach Tacitus (ann. 2, 47) und Plinius (5, 29, 30) | Köftendiche. Hieher wurde im 3.9 u. €. der 
lag auf dem T. eine gleichnamige Stadt, die durch | Dichter Ovidius von Auguſtus in die Verbannung 
das Erdbeben im $. 19 n. €. zerftört wurde. geſchickt (relegiert). Strab. 7,318f. Op. trist. 3,9, 33. 
Toga j. Kleidung, 9. ‚ec Pont. 4, 14, 59. 
Togäta j. Fabula und Komoedia. ‘ Tomyris, Touvgıg, die Mafjagetenfönigin, von 
Toxos j. Zinsen. der nach Herodots (1, 205 ff.) Erzählung der ältere 
Tolbiäcum, Stadt der bier, in finibus Agrip-  Kyros überwunden und getötet wurde zur Mache 
pinensium (Tae. hist. 4, 79), in Gallia Belgica; | für die Kriegslift, wodurd er eine große Menge 
nad) einigen das heutige Zülpich. ‚ihres Volks getötet und bejonders ihren Sohn ge: 
Toletum, ToAnzor, feite Stadt der Carpetaner | fangen genommen hatte. 
im tarraconenfiichen Hijpanien am Tagus, berühmt | Tomans, Beiwort des Jupiter Capitolinus. 
durd) ihre Waffen: und Stahlarbeiten. Das jegige | Ov. fast. 2, 69, 
Toledo zeigt noch viele Altertümer. Liv. 35, 2 Tonsor. Es gab öffentliche Tonfteinen (taber- 
22. 39, 30, nae tonstrinae), in denen das Haar geichnitten, 
Tolistobogii, Toktsroßeryror, feltiicher Stamm, der Bart rafiert und die Nägel gepugt wurden. 
der nad) Stleinafien ausgewandert war und dort Auch dienten dieje Tabernen als Sammelplag für 
in Salatien (Hauptjtadt Peſſinus) wohnte. Strab. | mühige Leute, die Unterhaltung juchten. — Die 
12, 547. 567. Liv. 38, 15. Reichen hatten unter ihren Sklaven eigene ton- 
Tolleno j. Belagerung, 16. sores, — Seit Hadrianus famen die Bärte wie 
Tolmidas, Tolwöns, ein atheniicher Feldherr |in älterer Zeit (Zar. 5, 4) wieber jchr im die 
von mehr Kühnheit als Bejonnenheit, gehörte der Mode, Vgl. Barba. 
politiichen Mittelpartei an, die Athen zur Land: | Topiarius, der Ktunftgärtuer, j. Garten. 
macht zu erheben wünſchte. 456 v. E. machte er | Toralia, VBettbehänge, ſ. Bett, II. 








1 


* 


Torani — 


Toranii, 1) €. Tor., im Kampfe gegen Spar: | 
tacus Quäfter, 71 v. C., Üdil mit E. Detavius, 
für defien Sohn Octavian er (58) Bormund wurde, 
trat jpäter auf Bompejus’ Seite, nad) defjen Sturze 
er fid) auf Korkyra aufhielt, und fiel 43 als em 
Opfer der Brojfriptionen. Swet. Oct. 27. App. b.c. 
4, 12, 18. 95. — 25 Sein Sohn, C. Tor., Günſt⸗ 
ling des Antonius, veranlaßte den Tod des Baters | 
uud wurde jpäter, ald er nad Bergeudung feines 
Vermögens eines Diebftahls überführt worden war, 
verbannt. App. b.c.4, 18. Val. Max. 9, 11, 5. 
— 3) Tor. Flaceus, ein Skavenhändler zur 
Zeit des Auguftus. Swet. Oct. 69. 

Tormenta (von torquere), 1 die Folter; näm: 
li eculeus (j. d.), fidiculae, Folterftride, 
und laminae, glühende Bleche zum Brennen, 
Ju der republifantichen Zeit wurden nur Sklaven | 
und zwar als Zeugen gefoltert, denn es galt der 
Srundjag, daß deren Ausſage nur unter dieſer 
Bedingung Beweiskraft hätte, gegen ihre Herren 
fonnten jie überhaupt nicht zeugen (ſ. Servi, 3.). 
freie waren der Folter entzogen, bis man in der 
Kaijerzeit anfing, jowohl Zeugen zu foltern, wenn 
jie personae vıles waren, als auch Angeflagte, 
wenn fie wegen Hochverrat, Giftmifcherei, Zauberei | 
u. j. mw. beichuldigt waren. Ein von dem Nichter | 
Beauftragter, quaesitor genannt, leitete die duch | 
den carnifex oder tortor ausgeführte Folterung, | 
die quaestio per tormenta hieß; die über die | 
Ausjagen gemachten Protofolle nannte man ta- | 
bellae, commentarii quaestionis, Plin.7,56. Über 
die Folterung bei den Griechen j. Basavıorıjs. 
— 2) der allgemeine Name für die ſchweren Ge— 
ihüße, weil diejelben durch gewundene Seile | 
(torquere) ihre Kraft äußerten. Die Römer er: 
hielten die Kenntnis derjelben von den Griechen; | 
die Katapulte follen von den Sprern erfunden 
worden jein. Dionyfios von Syrakus ließ 400 
v. 6. in einem Kriege gegen die Karthager alle 
irgend namhaften Techniker zu fi kommen, um 
diejelben zu immer nenen derartigen Erfindungen 
zu veranlafjen. Man bediente fich der Tormenta 
zunächſt nur im der Freldichlacht, doch famen fie 
aud) bald bei Belagerungen in Anwendung. Den 
bedeutendften Aufihwung aber nahm die Anwen— 
dung derjelben, als auf den Zügen Aleranders des 
Gr. die Kenutniſſe in der Mechanik fich durch die 
Befanntichaft mit den afiatifchen Völkern bedeu: 
tend erweiterten, und das rege wiſſenſchaftliche 
Leben, namentlidy unter den Btolemaiern in Agyp— 
ten, aud die Gejhügmacherkunft zu einer wiſſen— 
jchaftlihen Behandlung führte. Unſere jicheren 
Kenntniſſe von den jchweren Geſchützen beziehen 
ſich auch nur auf die jpätere griechiiche Zeit, wo die 
neueren Erfindungen und Bervolllommmungen der 
Geſchütze, namentlicdy in Bezug auf den Feſtungs— 
frieg, bedeutende Veränderungen hervorgerufen 
hatten. Bgl. Belagerung, 7. In der römi- 
ichen Zeit dienten die Katapulte zur Berftörung 
des die Mauern umlrängenden Flechtwerks und 
um die dahinter ſich jchügenden Verteidiger fampfes: 
unfähig zu machen Kaiſer Napoleon III, hat 
Modelle von den Geſchoſſen anfertigen laffen, Die 
in Photographien zu haben find, und neuerdings 
find in Heidelberg Verjuche mit beiden Normal- 
gejchügen des Altertums angejtellt und vor ber 





‚und diejelben nacheinander abichoß. 





Philologen-Verſammlung 1865 gezeigt worden. — 
Das ſchwere Geſchütz der Griechen (im allgemeinen 


1235 


sarareiraı genannt) zerfiel nach den Geſchoſſen, 
die jie ausſchließlich oder vorzugsweiſe jchleuderten, 
in Pfeilgeſchütz (öfvßelsis, scil. nararelraı, 
catapultae) und Steinmwerfer (Aı$oßoloı, mergo- 
PöAor, vgl. das deutſche Böller, ballistae), jene 
in gerader Richtung, dieje in Bogen fchiehend, 
darnad) auch eidirova und maklrrora genannt. 
Im allgemeinen waren dieje Geſchütze Armbrüfte 
in großem Mafjftabe, die durch eigentümliche 
Vorrichtungen geipannt wurden (die Spannleiter 
ivrörıov); die Euthytonen jchoffen mit einer 
nur geringen Elevation, die Balintonen in einem 
Bogen von 45°. Die erfteren jchleuderten nur 
Pfeile, die leßteren vorzugsweiſe nur Steine, 
doch auch Pfeile von bedeutendem Mafe. Zum 


Tornıenta. 


Zwecke des richtigen Treffens mit der Euthytone 


mußte gezielt werden, wozu ein eigener Nicht: 
apparat gehörte. Sie wurden, wie unjere heutigen 
Kanonen nad dem Kugelgewicht, jo nad) der Yänge 
des geichleuderten Pfeils unterjchieden und jchoffen 
Pfeile von etwa 27, 36, 45, 54 rheinländischen 
Bollen in der Länge und ®%,, 1, 1'/,, 1", rhein: 
ländifchen Zollen im Durchmefjer, deren ganzes 
Gewicht etwa "/,, 1Y,, 2", oder 4 Pfund war. 
An Bedienungsmannjichaft waren für die Mleinjte 
Euthytone wenigſtens 2 Mann zum Spannen 
nötig, die größeren wurden durch Maſchinenkraft 
geipannt, weshalb deren Bedienung nicht viel über 
3—5 Mann vermehrt worden ift. Die Schußweite 
der Euthytonen war etwa gegen 1200 Fuß, und 
würde ein Pfeil von 36 rheinländiichen Zollen 
bei einer Entfernung von 1000 Fuß 37,2 Zoll 
in eine Holzwand eindringen. — Bei den Balin- 
tonen, die im Bogen warfen, war nur Ein Treff: 
punkt möglich, auf den das Geſchoß wirken konnte, 
wogegen die Euthytonen durch den horizontalen 
Schuß möglicherweije eine größere Anzahl von 
Zielen hatten. Jenen Mangel der Balintonen 
juchten die Alten durch die größere Mafle des 
Geſchoſſes zu erießen; deshalb jchleuderten fie mit 
denjelben nicht bloß ungeheure Felsſteine meiften: 
teild von runder Geftalt, jondern auch balfenähn: 
liche Pfeile. Das Gewicht des Steines konnte 
bis zu 162 Pfund betragen. Die ganze Bedienung 
der Balintonen betrug mindeftens 6 Mann. Ihre 
höchſte Wurfweite ift ungefähr 1000 Schritt, doch 
die gewöhnlichen reichten nicht viel über 1100 
rheinländiiche Fuß, und es mochte bei diejer Ent: 
fernung eine Kugel von 27 Pfund noch eine Holz: 
dede von 5 Zoll, die etwa 12 Fuß frei lag, durch: 
ihlagen. — Die Zuſammenſtellung der Geſchütze 
erforderte, jelbit in dem Falle, daß man alles 
Material vorbereitet mit fi führte, mehrere 
Stunden, und da außerdem der Transport des 
Metallwerks und all des übrigen Materials jehr 
beſchwerlich war, jo ift e8 leicht zu erklären, warım 


— 


dieſe Geſchütze der Griechen faſt nur bei Belage- 


rungen, höchſt jelten in der Feldſchlacht, angewandt 
wurden. — Auch manche Spielereien und Kün— 
fteleien erfand die jpätere Zeit, jo 5. B. das 
Schnellgeſchütz des Dionyfios von Alerandreia, 
das mit mehreren Pfeilen zugleich — ** 
— Die ſ. g. 
Bauchſpanner (yasrgapfıng) ſtanden in der 
Mitte zwifchen dent groben Geichüge und den 
Bogen. Sie waren ebenfalld eine Art großer 
Armbrüfte, doch aud wieder mit Unterſchieden 
unter fih. S. Rüſtow und Köchly, Geichichte des 


78* 


1236 Torone — Tragoedia. 


griech. Kriegsweſens ©. 378 ff. — Bei den Römern Toeynuare, Naihwert, j. Jovlos, 9 
famen jpäter außer catapultae und balistae (aud | Tragia, Toayla, Toaylaı, Toayalcı, Inſel 
ballistae gejchrieben, von Pella) noch onagri | jüdlid) von Samos, wo 440 v. C. Perikles bie 
und scorpiones vor, deren Namen zum Teil auch Samier in einer Seeſchlacht befiegte. Thue. 1, 116. 
wieder verichwanden oder vertauscht oder verwech: | Plut. Per. 25. Strab. 14, 635. 
jelt zu fein fcheinen. Dieje jchweren Gejchüge | Tragoedia, reayadi«. IT) Die griechiſche 
wurden namentlich in der jpäteren Kaijerzeit auch | Tragödie ift ans der lyriſchen Poeſie, dem Dithy— 
in Feldſchlachten angewendet und durch leichte | rambos, hervorgegangen. Der Dithyrambos war 
Truppen gededt. Jede Legion hatte 55 carro- | ein Lied auf Dionyſos, das an den seiten dieſes 
balistae (leichte Baliften) mit je 11 Mann Bedie: | Gottes von Iuftig verfleideten Genoſſen ohne eine 
nung und 10 onagri bei fi; die erfteren wurden | firenge Ordnung und bejtimmte Weije gefungen, 
von Maulejeln auf Rädern, die legteren von je | nachher aber, wahricheinlich durch Mrion (DI. 40), 
2 Ochſen auf Wagen fortgeihafft. Die carroba- | zu einer funftmäßigen Dichtung ausgebildet, von 
listae warfen in horizontaler Linie, die onagri | geordneten Chören mit mimtjchen Geften und 
in Bogen. Die Bedienungsmannſchaft hieß bali- | Ausdrud begleitet und vorgetragen wurde. Die 
starii, libratores, auch tragularii. Bgl. Scham: | Ertreme menjchliher Stimmung, jauchzende Luft 
bach, Gejchüßverwendung bei den Römern, bei. zur | und tiefe Trauer, fanden in dieſen Dithyramben 
Beit Cäſars (1883). ihren Ausdrud, daher ihr Inhalt luſtig und fröhs 
Toröne, Tog@rn, eine von den Gricchen ge: | lich, aber auch ernjt und traurig war, wie es eben 
gründete bedeutende Stadt Matedoniens an der! den Frühlings: oder den Winterdiongfien ent: 
Weſtſeite der Halbinjel Sithonia, an dem nad) ihr | ſprach. Aus den Winterdithyramben nun, deren 
genannten Togwvainög, Togwrwiog #ölmos, To- | Inhalt die Leiden des Dionyſos betraf und be- 
ronaeus Sinus, ber zwiichen den Worgebirgen | Magte, ift die ernſte, pathetiiche Tragödie hervor- 
Derrhis und Kanaftraion die Halbinjeln Sithonia gegangen. Bei Euidas heit Arion eugerjs row- 
und Ballene fchied, der jeßige Golf von Kaffandra. | yızod reözov, womit vielleicht jener ernite Charaf- 
Durch Ben peloponnefischen Krieg, ſowie durch die |ter bezeichnet wird, den Arion den Chorliedern 
Einnahme Philipps litt fie ſehr; jet Ruinen. | gab, die ſich auf die Gefahren und Leiden des 
Hat. 7, 22. 122. Thuc. 4,110. 5,2. Strab.7,330.| ®ottes bezogen und fich dadurch von den Früh: 
Tac. ann. 5, 10. lingsdithyramben unterjchieden. Ferner habe Arion 
Torquäti j. Manlii. ' Satyen Hinzugefügt, wahrjcheinlih um dem ver: 
Torques, goldene Halstetten (der Männer), | edelten, in den Kreis der Kunſt hineingezogenen, 
wurden wie armillae (j. d.) und phalerae (j. d.) | Chorgejange an den Dionyjosfeiten etwas von der 
oft zur Belohnung an tapfere Krieger gegeben. | alten ländlichen Luftbarfeit zu erhalten, ſowie 
Vgl. Dona militaria, 5. ipäter das Satyrdrama in Athen der Tragödie 
Tortur ſ. Besavıorns und Tormenta, 1.) beigejellt wurde. In welchem Berhältnifje aber 
Torus, Polſter oder Matrage, j. Bett, II. dieſe Satyrn zu dem dithyrambiichen Chot und 
Togvvn, (d. h. Rührtelle), Landzunge in der  jeinen Geſängen ftanden, dies ift bei dem Mangel 
epeirotiichen Landſchaft Thefprotia. Plut. Ant. 62. | an genauen Nachrichten unflar und dunfel. Das 
Totenmahle, Totenopfer j. Bestattung. | Wort rgayadi« ift von dem Feſtopfer herzuleiten, 
ToSagyoı, Anführer der atheniichen Polizei: | einem Bode, dem Verwüſter des Weinftods, das 
joldaten, j. Staatshaushalt, 1, 3, auf dem Mltare brannte, während der Chor um 
Toxäris, Tögagıs, ein gebildeter Stythe, der | denjelben herum feine Lieder fang, und bedeutet 
mit Anacharſis (j. d.) zur Zeit Solons nach Athen | eigentlich Bodsopfergefang. Ob die Tragödie des 
fam und dort in allgemeinfter Achtung lebte und | Arion — wenn wir jeinen Ehorgejängen dieien 
ftarb, auch als Heilfundiger verehrt. Yulian wid: | Namen geben bürfen — jchon ein epilches oder 











mete ihm eine on Schrift. dramatifches Element, d. h. Erzählung oder Unter: 
Tosöoraı |. Exercitus, 6. und Staats- redung, gehabt habe, läßt fich gleichfalls nicht be- 
haushalt, 1, 3. ſtimmt jagen. Nach einigen Andeutungen bei 


Traböa, ein ge Umwurf, den Athen. 14 p. 6300. Diog. Laört. 3, 56 und 
die römischen Könige, die Ritter bei Feitlichleiten | Aristot. poet. 4, 15 möchte man fih die Sadıe 
und die Augurn zu tragen pflegten; unter den etwa jo vorftellen, daß den von Arion geregelten 
Kaijern die Burpurtoga. dithyrambijchen Chören Satyrn mit metriichen 

Trachälus j. Galerius, 1. Neden als ein heiteres Beiwerf beigegeben waren, 

Trachis, Toayis, Toayiv, alte, angeblich von | der Dithyrambos jelbjt aber und jein Anhalt durch 
Herafles gegründete, Stadt Theſſaliens im Ges | eingeftreute Erzählungen, vom Vorſänger oder 
biete der Malier, auf einem Abhange des Dite, | Chorführer aus dem Stegreife vorgetragen, eine 
weitlih vom Fluſſe Aſopos, wurde allgemeiner | gewifje Erläuterung und Vervollftändigung erhielt. 
befannt, als die Spartaner im jechiten Jahr des Diele er lungen haben die Grundlage der Tra— 
peloponnefijchen Krieges (426 v. E.) 6 Stadien | gödie gebildet. Ihre weitere dramatiiche Ausbil: 
öſtlich von der alten Stadt eine neue gründeten dung erhielten diefe Anfänge in Athen, wo gleich: 


ä 
il 


— 


14 


unter dem Namen "Hodxksıc N) dr Toayivı (j. falls Dithyramben aufgeführt wurden. Theipis > 


Herakleia, 6.). ®gl. Hdt. 7, 198. 199. 201. |(f. d.) wird hier einftimmig als Erfinder der Tra- 
Thuc. 3, 92. 5, 51. Strab. 9, 423. ödie bezeichnet, weil er durch Einführung eines 

Trachonitis, To«yorirız (von reayar = rauhe | Schauspielers den erften Schritt gethan hat. den 
Gebirgsgegend), einer der 6 Diftrikte des Oftjor: | Dithyrambos zum Drama auszubilden. Diejer 
danlandes, nördlich von Batanaia und Ituraia; | Schaufpieler war aber nicht bloß ein Erzähler der 
ein Lavaplateau mit jchroffen Schluchten, aber aud) | Mythen, der diejelben mit mimiſchem Ausdrudck 
fruchtbaren Bertiefungen; j. Xedicha. Strab. 16, 755f. und lebendigen Gebärdenipiel nach Weife der 





Tragoedia. 


Dellamatoren vortrug, jondern er unterredete fich 
mit dem Ghore. 
Tragödien etwa dieſe gewejen fein. Es jprad) 
zunächit der Schaufpieler im Prolog (Erzählung), 
dann folgte ein Chorgejang, hierauf Unterredung 
zwiſchen dem Schaufpieler und dem Chore. Bedenkt 
man noch, daß diejer Eine Schauipieler in ver: 
ichiedenen Rollen nacheinander auftreten fonnte, 
wozu die Masten, die Theipis gleichfalls erfunden 
und verbolllommmet haben joll, von wejentlichem 
Nupen waren, jo fonnte eine Handlung, bei der 
verichiedene Perſonen beteiligt waren, teil3 durch 
Erzählung, teils durch Unterredung eingeleitet, 
dargeftellt und bis zu einem gewiſſen Abjchlufie 
gebracht werden. Boten und Herolde werden na= 
türlih Hauptrollen, auch der Chor einen wejent- 
lihen Anteil an der ganzen Handlung gehabt 
haben. Theipis’ Erfindung und een Kerne; bes 
Dithyrambos hatte jih in Athen bejonders der 
Gunſt des Peiſiſtratos zu erfreuen, und e3 ericheint 
die neue Tragödie jeitdem als ein hauptjächlicher 
Beitandteil der attiichen Dionyſosfeier. Theipis’ 
Nachfolger waren Bhrynichos, Choirilos, Bra: 


tinas und defien Sohn Ariftias, Beitgenofien, | 


die teils miteinander, teils mit Aifchylos, der eine 
oder andere vielleicht auch mit Sophofles noch, 
aufgetreten find und cben dadurch die jpäter feit- 
ftehende Sitte ins Leben gerufen haben, die Tra— 
gödien agoniftiih, d. H. in einem Wettſtreite, 
aufzuführen. Phrynichos’ (j. d.) Hauptverdienſt 
beftand in der iyriſchen und orceftiichen Bervoll« 
fommmung des Chors, in der dramatifchen Aus— 
bildung der Handlung, die durch ihm mehr Umfang, 
Ernſt und Würde erhielt. Pratinas (j. d.) wird 
allgemein als Erfinder des Satyripiels bezeichnet, 
und von jeinem Sohne Ariſtias wird erzählt, daß 
er gleichfalls im Satyripiele ausgezeichnet gewejen 
jei. — Ihre Vollendung erhielt die Tragödie 
dur Aifchylos, Sophofles und Euripides 
(ſ. d.). Die Neuerungen und Berbejjerungen der 
Dichter in diefer Periode beftanden, um es kurz 


zufammenzufaflen, in der en 0 zweiten | 
i 


und dritten Schaufpielers, in der Einſchränkung 
der Chorgejänge, in der Bervolllommmung der 
Orcheſtik, in der Ausbildung der trilogijchen und 
tetralogijchen Aufführungsmweiie und endlich in der 
Ausftattung der Bühne, des Chors und der Schau: 
jpieler; vgl. au Tetralogia. Die Stoffe für 


ihre Tragödien nahmen dieje und alle andern | 
gleichzeitigen und jpäteren Tragiker fait ſtets (j. 
ı Schluß machen fromme Kompilationen der heiligen 
Geſchichte. — Die Okonomie der griehiichen 


Agathon) aus den alten Mythen und Sagen— 
freijen. Dies waren die nie verfiegenden Quellen, 
aus denen jeder Dichter jchöpfte. Bol. hierüber: 
Welder, die griech. Tragddien mit Rüdficht auf 
den epiichen Cyelus geordnet (1839 ff.). Aiſchylos 
jagte ſelbſt, daß feine Werte Broden jeien von 
der wohlbejegten Tafel Homers. Bier tritt nun 
allerdings die Frage an ung heran: welchen Anteil 
an der Ausbildung und Vollendung der griechi- 


ſchen Tragödie haben die andern Tragifer gehabt? 


Allein nicht bloß die Beſchränktheit und Unſicher— 
heit der Nachrichten, jondern aud) der Umstand, 
daß mir von ihnen feine Werfe übrig haben 
(Sammlung ihrer Fragmente von Naud, tragico- 
rum Graecorum fragmenta, 2. Aufl. 1889), machen 
jede eingehende Antwort auf dieje Frage unmög— 
lih. Nur Weniges und ganz Wllgemeines läßt 
5 fi hier jagen. 


Souady könnte die Form feiner | 











Seitdem nämlid die Tragödie 


1237 


durch die 3 auerkannten Meifter volljtändig ent- 
widelt worden war, haben ſich in Athen die Be- 
arbeiter derjelben und mit ihnen aud die Arten 
der Gattung bedeutend gemehrt. Die Zahl jchreib: 
Iuftiger Männer ftieg mit jedem Jahrzehnte, na— 
mentlich als die Sophiften einen Kreis jugendlicher 
und empfänglicher Geifter um fich verfammelt und 
ihm ftiliftiiche Mittel an die Hand gegeben hatten. 
So geſchah es, daß die Menge der wetteifernden 
Dichter bald die gangbaren Mythen erjchöpfte, 
dann aber auch die Tradition dir Sagen verän— 
derte und Abweichungen ſich geftattete. Allein 
diefe Tragifer jcheinen jich weder auf den Bühnen 
des Altertums, noch in der Leſung des größeren 
Publikums behauptet, noch einen bedeutenden Ein- 
fluß auf den inneren Gang der Tragödie gewon— 
nen zu haben, wie jehr fie auch den Vorrat der 
— Litteratur mehrten. Sie ſelbſt zerfallen, 
chronologiſch geordnet, in 3 Gruppen: ältere oder 
nahe Zeitgenofjen des Sophofles, Euphorion, 
Bhilofles, Jophon, Ariftard, Jon, Achaios, 
Neophron u.a., Tragifer der Ochlofratie, Kar: 
finos, Agathon, Kritias u. a, Dichter vom 
Schluß des peloponnefiichen Krieges bis zur Zeit 
Aleranders, wie die beiden Aftydbamas, Kar: 
finos d. J. Theodeltes und Chairemon. 
Mit dem Aufhören der eigentlichen antiten Zeit 
hatte die Tragödie zwar ihr Äußeres Ziel erreicht; 
allein e3 lag in der Natur derjelben, daß man 
fie auch unter den gänzlich umgewandelten Ber: 
hältniffen nicht ganz miflen kounte. Alexander 
und ſeine Nachfolger ließen viele Theater, beſon— 
ders in Aſien, erbauen, in denen die alten Tra— 
— mit Glanz und Prunk aufgeführt wurden. 

ies gab Veranlaſſung zur Ausbildung guter 
Schauſpieler. Tragiſche Dichter kamen während 
dieſer Zeit faſt nur in Alexandreia zum Vorſchein, 
die hier poetiſche Wettkämpfe anſtellten. Sieben 
derſelben, die j. g. tragiſche Pleias (j. d.), zeich— 
neten jich unter ihnen aus. Abgejehen von diejen 
Erzeugnifjen der alegandriniichen Tragödie wurden 
die gültigen Bühnenftüde jener Zeit fortwährend 
aus Euripides’, weniger aus Sophofles’ Nachlaſſe 
entnommen. Als aber der Pantomimus überwog, 
auch der Verfall der Sitten, bejonders aber die 
chrijtlichen Berhältniffe den byzantinischen Hof jeit 
dem 4. Jahrh. n. E. ergriffen — ſo verlor 
ſich dieſer ernſtere Gejchmad. an überließ die 
alten Tragiker dem gelehrten Studium und der 
Leltüre. Dichter fommen nicht mehr vor. Den 


Tragödie läßt fich meift nur aus den hinter: 


‚ lafjenen Werfen des Aiſchylos, Sophofles und 


Euripides entnehmen. Um die Beichaffenheit der 
alten Tragödie und die Eigentümlichkeit ihrer 
Aufführung zu verftehen, muß man vor allen 
Dingen fejthalten, daß das Schaujpiel in Athen 


‚nicht ein Privatunternehmen, für die Unterhaltung 


des Publikums beftimmt, jondern ein allgemeines 
Vollsfeſt, ein Wettfampf der edelften Talente zur 
Berherrlihung der Dionyſosfeſte war. Gedanke 
und Ausführung waren demjelben Geijte ent: 
jprungen, und Aiſchylos, von der Würde diejer 
religidjen Feſtfeier ergriffen, wurde der Geſetzgeber 
der tragiihen Dichtung und ihrer Ausftattung 
durch Koſtüm und Malerei. Dieje religiöje Grund: 
lage und feſtliche Bedeutung ift für ihre nähere 


-1 


1238 


Beurteilung der einzig richtige Standpunkt. Das | 
Werk des Dichters und die Darftellung des Schau: 
jpielers tragen beide ein wunderbar ideales Ge: 
präge an 44 Ferner zeigt ſich in der ganzen 
Bildungsgeſchichte der Tragödie bei allem Streben 
nach weiterer Ausbildung und Bervolltommmung 
ein gewiſſes Beharren bei den einmal überlieferten 
Formen, das unjerem, an die vielfache Bildfamteit 
und innere Schöpfungsfraft des modernen Dramas 
gewöhnten, Gefühle oftmals ftarr und eigenfinnig 
erjcheint. Allein die Formen, die in der Poefie 
und Blaftif, den Dienerinnen der Religion, einmal 
geichaffen und feitgeftellt waren, durften zwar nach 
ihrer inneren Anlage weiter ausgebildet, aber nicht 
weggeworfen werden. Und jo hat auch die Tra- 
gödie mit Komjequenz den Typus, dem ihr bei 
ihrem Entjtehen und Emporblühen die Natur der | 
Dionyjosfefte gegeben hatte, auch bei ihrer weiteren | 
Entfaltung beibehalten. Nach Ariftoteles (poet. 6) | 
ift die Tragödie Nachahmung einer ernften, voll: 
ftändigen Handlung von einem gewifjen Umfange, 
die in verichönerter Sprache von Handelnden, nicht 
durch Erzählung, geſchieht und durch Mitleid und 
Furcht die Reinigung (xddagaıs) derartiger Leiden: 
ſchaften vollbringt. Derjelbe ftellt an die Charak: 
teriftif die Forderung, daß fie edel, angemeifen, 
gleichartig und fonfequent jei. Ferner wird von 
der Okonomie der Tragödie Bollftändigfeit und 
Einheit der Handlung gefordert; auch die Einheit 
der Zeit und des Orts ift in den allermeiiten 
der erhaltenen Dramen beobachtet. Der Plan der 
tragischen Handlung befteht vom Anfang bis zum 
Ende in einer Verfettung und Berichlingung der 
einzelnen Thatjachen und Begebenheiten; ihr Gang 
bewegt ſich nach den Gejeben der Notwendigkeit 
und Wahricheinlichkeit durch Widerftand und Ver: 
widelung hindurch nach einem bejtimmten Ziele 
und Abſchluß. Das fteigende Pathos duldet fein 
ruhiges, gemütliches Verweilen auf einzelnen Ge: 
bieten, ſondern jchreitet in einem mehr und mehr 
fi verengenden Kreiſe einer Wendung zu, die, 
einen Ubergang vom Glüd zum Unglüd oder um: 
gelehrt herbeiführt. Diejer Wendepunft ift die 
Rataftrophe. Um dieje bewegt ſich in 2 Hälften 
als Anfang und Ende oder Knüpfung und Löfung 
( edis, Avaıs) die ganze Handlung. Arist. poet. 18. | 
Je nachdem aber die Kataftrophe aus vermwidelten 
Handlungen oder einfachen Grundlagen hervor: 
geht, Fönnen die Tragddien entweder verflochtene 
(renleyusvar) ober einfache (driai) fein. Bemerkt 
jei noch, dab die griechiiche Tragödie diejenigen 
Handlungen, bei denen es nicht auf Gedanken— 
entwidelung, jondern auf das äußere Thun an- 
fommt, Zweikämpfe, Schlachten, Ermordungen, 
Beftattungen und dergl., nicht auf der Bühne 
—— läßt, ſondern, als außerhalb derſelben 
geſchehen, nur erzählt. Daher die ſtehende Rolle 
der Boten und Herolde und ihre oft ſchmuckreichen 
Berichte (örjasıs kyyelınar), die faſt jedes Stüd 
enthält. Die Form, deren ſich die Tragödie be- 
dient, um „Nachahmung einer Handlung durch 
Handelnde zu fein“, ift die dramatijche oder der 
Dialog. Wie Aiſchylos diefe Form geichaffen 
und begründer, Sophofles fie weiter ausgebildet 
und vervollfommnet hat, j. Aischylos und So- 
phokles. Es ftellt aber der griechiiche Tragifer 
die Handlungen in einer doppelten Richtung dar, 
einmal, indem er fie und ihre Entftehung aus dem 








ı halten werden. 


Tragoedia. 


Aunern der menſchlichen Seele bis zu ihrer Aus: 
führung in naturgemäßer Folge jo anfchaulich uns 
darlegt, daß fie aus unferer eigenen Scele hervor: 
—55 — ſcheinen, dann aber zeigt er auch ihre 

irlungen auf das teilnehmende Gemüt inner: 
halb des Dramas. Das Mittel dieſer Vergegen— 
wärtigung ward der Chor, obſchon in dieſer An— 
wendung und Benutzung keineswegs der eigentliche 
Grund ſeines Daſeins zu ſuchen iſt. Dieſer lag 
vielmehr in dem Umſtande, daß die Tragödie, aus 
dem Dionyſoskultus hervorgegangen, ſtets einem 
religiöſen Zwed, wenigſtens in ihrer Entſtehungs— 
und Blütezeit, dienen ſollte. Ein Blick auf ihre 
Bildungsgeichichte zeigt dies Mar und deutlich. 
Se mehr fih nämlich die Tragödie zum Drama 


— deſto mehr Einſchränkung erfuhr aller— 


ings der Chor. Der Mythos, anfangs nur ein 
rein zufälliger Anbau des Dithyrambos, gewinnt 
einen immer breiteren Raum, verichafft jich eigene 
Geltung und Selbftändigfeit und nötigt den Chor, 


ſich in den Dienft eines fremden Ideenkreiſes zu 
‚begeben und mit dem 5** als ein organiſches 


Glied desſelben zu verwachſen. Seine urſprüng— 
liche Bedeutſamkeit tritt nach und nach zurück, bis 


‚er zuletzt die Handlung nur als Zuſchauer ans 


der Ferne begrüßt und mit ſeiner Teilnahme be— 
gleitet. Bei Aiſchylos und Euripides finden wir 
im Gebrauche des Chors die größte Verſchieden— 


heit und die äußerten Gegeniäge. Wie jehr fich 


aber auch das dramatiiche Prinzip geltend macht, 
ganz vermag es den Chor nicht zu verdrängen, 
und jelbft Euripides behält ihn bei, obſchon in 


deſſen Beit derjelbe gewiſſermaßen verbraucht und 


durch die innere Vollendung der Dramaturgie 
entbehrlich geworden war. Denn ſolange die Auf: 


‚führung der Tragödie eine Berherrlichung der 


Dionyſien fein jollte, mußten die Chöre beibe: 
Über die Anwendung des Chors 
bei den einzelnen Dichtern und über die verichie: 
denen Chorgelänge in der Tragödie ſ. Aischy- 
los, Sophokles, Euripides und Choros. 
Die Abjchnitte des dramatiichen Tertes, die fich 
mit den Alten des modernen Dramas vergleichen 
laſſen, find nach Arijtoteled moodoyos, der Teil 
bes Stüds, der vor der Parodos, dem erjten Chor: 
liede, liegt ; &msıcodıor, der ganze Teil, der zwiichen 


‚2 vollftändigen Chorliedern rn ift, jo daß 


dieje Benennung hinweiſt auf die urjprüngliche 
Bedeutjamkeit und das Borwiegen des Chores; 
rcoeodos, der erſte Chorgejang, mit dem der Chor 
die Orcheftra betrat, or«@oıuor (eigentlich das 
Stehenbleiben), jeder darauf folgende Chorgeiang, 
endlich F£odog, der Teil, hinter dem ein Chor: 
gelang nicht mehr folgt. Das gewöhnliche Me— 
trum für die dramatiſche Handlung ift der iambiſche 
Trimeter; der trochäiſche Tetrameter findet jich ın 
den nod erhaltenen Tragddien nur da, wo ent: 


‚weder ein größerer Affeft herricht oder ein Über— 


gang zu oder von den ——— durch das 
Metrum vermittelt werden ſoll. Die Chorlieder 
ſind in verſchiedenen, der Situation angemeſſenen 
Rhythmen gedichtet und zwar ſtrophiſch, ſo daß 
der oreogpr) in genaueſter Weiſe die drriergogn 
entipricht, an die fich Häufig noch ein Zmwäos 
anschließt. In Strophen find aber auch die joge: 


nannten »ouwol gedichtet, Worte hoher Leiden: 


ichaften oder tiefen Schmerzes, von den handelnden 
Berjonen geiprochen (gefungen) unter Entgegnung 


— — 


10 


Tragurium — Tralles. 


fünnen dienen die 
und 1261 ff. 


des Chords. Als Beiipiele 
Kommoi in der Antigone B. 805 ff. 


Als Ausnahme von der Regel ift es zu betrachten, | 


wenn ein Kommos die Stelle der mdpodog oder 
eines ordoıuo» vertritt. Vgl. 5. B. Aesch. Prom. 


Euripides ſ. die einzelnen Artikel. Der 


1239 


Gattung, wie Menander und andere fie geftaltet 


hatten; in Tarent war der Sig der Hilarotragödie 


Schon hieraus it ein Zuſammen— 


des Rhinthon. 
des römijchen Theaterd mit. dem griechiichen 


— Ein Uberblid über die Tragödientitel 
128 ff. Soph. El. 181 ff. Eur. Iph. Taur. 637 ff. | * römiſchen Tragiker von Livius an bis in die 
Med. 96 fi. 1081 ff. Hec. 100 ff. Über die Sprache | Periode vor Auguſtus und über ihre Fragmente 
in den Tragödien des Aiſchylos, Sophofles und zeigt ferner, daß die römische Tragödie im ganzen 


twaltige | und großen in diejer ganzen Zeit eine überjeßte 


e 
Aufſchwung der Zeit, in der Aiſchylos und Sopho: | war, daß die einzelnen Stüde auf griechiſche Ori- 


Mes lebten, gab aud der Tragödie eine höhere 
Weihe und Bedeutjamfeit und weckte bejonders 
während und nach den PVerferfriegen das Bewuft: | 
fein helleniicher Nationalität. 
und bedeutende Staatsmänner traten auf und be— 
gründeten eine großartige Politik. Und Dielen 
Aufſchwung unterjtügte ihrerjeits auch die Tragödie. 
Es darf als ein beionderes Verdienft der Tragifer 
bezeichnet werden, daß fie durch ihr Dichtertalent 
die religidfen, jittlihen und politiichen Ideen ihrer 
Zeit beftimmter hervorhoben und ihren Zeitge— 
noflen zum Bewußtjein zu bringen fuchten. Und 
jo widmete die Tragödie, die unter dem Schuhe 
des Staats gleihjam geboren und gefördert worden 
war, dieſem auch wieder ihre beiten Kräfte und 
ihr inneres, geiftiges Leben. Die Tragifer zogen 
daher nicht bloß eine Anzahl attiicher Mythen 
und einheimischer Sagen aus ihrer bisherigen Ber: 
borgenheit und gaben ihnen eine Beziehung zur 
Gegenwart, jondern die Wahl der Stüde und des 
Mythos war nicht jelten geradezu durch politiiche 
Tendenzen bedingt. & 

Teilnahme an den Zuftänden und JIntereſſen des 
Staats und an jeinen vorzüglichiten Lentern und 
Wortführern in beionderen Anipielungen durch 
Wort und Charakterichilderungen ans. Dies gilt 
bejonders von Guripidls’ Tragödien. Über die 
fcenifche Ausstattung und Darftellung j. Choros, 
Schauspieler und Theatron. Bl. v. Wila: 
mowig-Möllendorff, Einleitung in die attijche Tra- 
gödie (Ausg. von Euripides’ Herafles, Bd. 1. 1889). 
— II) Unjere Kenntnis der römischen Tragö— 
die ift ın der That änferft — und gering. 
Denn don allen ihren Erzeugniflen ift uns fein 
einziges Bühnenftüd erhalten, nur einzelne Frag: 
mente (am beften gejanımelt von D. Ribbed, scae- 
nieae Rom, poesıs fragm. Bd. 1. 2. Aufl. 1871) 
find übrig, die uns eine Hare Einſich in ihre 
Natur und ihren Charakter nicht geſtatten. Senecas 
Tragödien können, wo es ſich um eigentliche 
Bühnenftüde handelt, nicht g zählt werden. ferner 
betreffen die einzelnen darüber erhaltenen Nach— 
richten in den Schriften der Alten weniger die 
Entſtehungsgeſchichte und Ofonomie der römijchen 
Tragödie, als ihre Aufführungszeit und Daritel: 
fungsweile. Die römiſche Tragödie jcheint un— 
mittelbar durch Nachahmung und Nachbildung der 
griechifchen ins Leben gerufen worden zu fein, 


| ‚girl durchgängig 


Tichtige Charaktere | war, 





egründet, ihr Anhalt, mit 

usnahme weniger äterten (j. d.), nicht national, 
jondern aus griechiichen Dramen ganz entlehnt 
Livius Andronilos, En. Nävius,D. 
Ennius, M. Pacuvius, €. Hecins find die 
Dichter, die in diefer und der folgenden Zeit den 
Hauptteil des tragischen Schaufpiels bei den Rö— 
mern geliefert haben. Andere Tragödiendichter 
diejer Beride waren E. Titius, E. Aulius 
Eäfar Strabo und M. Atilius, weniger be: 


' deutend der Schnellichreiber DO. Tullius Cicero, 
C. Julius Eäjar (der Diktator), Santra, X. 


‚Eornelius Balbus und Eaffius Barmen: 


öfter ſprach fich ihre | 





nachdem der Sinn dafür durd andere dramatische 


Anfänge erwedt und erftarkt war. Ihr Anfang 
fnüpft fih an den Namen des Livius Andro: 
nifos (j. d.). Mehr als 150 Jahre nach dem 


Andeutungen über prunfhafte 


ſis; fpäter 2. Barius und Ovidius. Im allge: 
meinen ift diefe überfegte römiſche * Tragödie von 
Euripides andgegangen und zu Sophofles und 
Aiſchylos vorgeſchritten. Auch erhellt, daß in 
Bezug auf den gewählten Stoff nicht viel weniger 
als die Hälfte der noch vorfommenden Tragddien 
bem troiichen Kriege nnd den Schidialen feiner 
Helden, mit Musichluß der Odyſſee, ‚angehört. 
Neben diefen Nachbildungen der griechiichen Tra— 
gödie, die feit dem puniichen Kriegen in Rom er: 
jcheinen, ſah man auch zuweilen griechiſche Schau: 
ipieler, die Nationaldramen aufführten. Dies ge: 
ſchah auch noch in der Kaiſerzeit. Tac. ann.14, 21. 
Suet. Caes. 39. Oct. 43. Calig. 33. Cie. ad fum, 
7, 1. Nero übernahm ſelbſt tragiiche Rollen auf 
dem Theater. Suet. Ner.21. Einige Römer jchrieben 
jogar griechifche Tragddien, z. B. Titus, Bonpejus 


| Macer, Plinius d. j. Suet. Tit. 3. Calig. 3. Plin. 


ep. 5, 3. 7,4. über die Einrichtung ber tragiſchen 


Bühne in Rom willen wir nichts Genaueres; eine 


Orcheftra im römischen Theater läft fich ebenio: 

wenig als ein Chor in der Tragödie nachweiien. 

—— uffüh: 

rungen geben Cie. ad fam. 7,1. Plin. ep. 7, 48. 

8, 7. Plut. Pomp. 40. 52. Gell. 10, 1. gl. das 

Hauptwert: D. Nibbed, die röm. Tragödie im 
Beitalter der Republit (1875). 

Tragurinm, Teoaylo)deror, bedeutende Stadt 
Dalmatien auf einer mit dem FFeitlande durch 
einen Damm verbundenen Inſel, berühmt durch 
den Marmor der Umgegend; j. eier, Troghir, 
ital. Trau. Plin. 3, 22, 26. Pol. 32, 18. 

Traianopölis, bedeutende, dom Raifer Trajan 
gegründete Stadt im Innern Thrafiens am’ rechten 
Ufer des Hebros. 

Traiänus j. Ulpii. 

Tralles, Todiisıs, Todiiıs, 1) blühende Han: 


delsſtadt Kariens, am Abhange des Meflogisge: 


Tode des Sophofles und Euripides begann, wie 


Gellius (17, 21) Sagt, in Nom die attische Tragd- 
die einen neuen Kreislauf. Die Gründer der rö: 


birges, an einem Nebenflufie des Maiandros, dem 
Eudon. Sie lag in höchſt fruchtbater Gegend, 
daher ihr früherer Name Ardere; ſpäter Mitt ſie 
durd) Erdbeben. J. Aidin-Güjelhiffer. Das Then: 


miſchen Tragödie, Living, Ennius, Nävius, famen | ter der Stadt ift im neueſter Beit ausgegraben 


aus Tarent und Campanien. 


Tarent feierte feine | worden. 


Xen. An. 1, 4,8. Strab. 14, 648. 


Dionyjien mit Tragddien und Komödien der neuen Liv. 87, 45. Caes. b. c. 3, 105. — 2) Tralles, 


1240 


-li, Bölferjhaft Illyriens. 
37, 39f. 

Tranquillitas, Talıjvn, Berjonifilation der 
Ruhe und Stille, einerjeits der Meeresitille, daher 
mit Pofeidon abgebildet, andererjeitd der Stille 
und Ruhe des Gemüts, dargeftellt ähnlich der 
Securitas, nur noch milder, einen Lorbeerfrang auf 
dem Haupt, Ruder und Kornähren in den Händen. 

Transfäga f. Perduellio 

Transitio nad plebem, der Übergang eines 
Patriciers zu den Plebejern (durch Adoption), der 

ermöhnlich dann erfolgte, wenn ein Batricier die 
Bahlfähigkeit zum Rolfstribunat erlangen wollte, 

Transvectio equitum ſ. Equites, 4. 

Toanxegieng |. Wechsler. 

Trapezüs, Toanefoös, 1) Stadt des jüdlichen 
Arkadiens, am Alpheios, in der Landichaft Par: 
rhafia, deren Bewohner fi) der Gründung von 
Megalopolis widerjegten, dann aber, nachdem ein 
Teil von ihnen getötet worden war, nach dem pon— 
tiichen Trapezus auswanderten. Hdt. 6,127. Paus. 
8, 27, 4.5. 29, 1. — 2) Kolonie von Sinope, im 
öftlichen Teil von Pontos an ber Küfte, weſtlich 
vom Fluſſe Hyſſos. Recht bedeutend wurde fie 
unter den Römern, beſonders auch durch den 
Handel, noch mehr zur Zeit der — j. 
Trebizonda, türk. Trabuzun. Xen. An. 4, 8, 22. 
5, 5, 10. Strab. 12, 548. 

Trasimönnus ( Trasumennus, Tarsumennus) | 
lacus, n Toaoıuern (Toaoovuerve) Aurn, ein! 
im öſtl. Etrurien zwiſchen den Städten Cortona, | 
Peruſia und Elufium gelegener, nicht unbedeuten- 
der See, j. Lago di Perugia. Hier ſchlug Hanni: 
bal 217 v. E. den Konful Flaminius. Pol. 3, 82. 
84. 108, Strab. 5, 226. Liv. 22, 4. 7.8. Nep. 
Hann. 4. (ic. Rose. Am, 32, 

Tgaüog, nadı Hat. 7,109 Fluß an der S 
füfte Thrakiens. 

Trausi, Tecöcot, Bolt in Thrakien, im öſt— 
lichen Teile des Ahodopegebirges. Hdt. 5, 4. Liv. 
38, 41. 

Trebatins, €. Treb. Tefta, aus Belia in 
Lucanien, fam frühzeitig nach Rom, wo er Eiceros 
Schuß genoß und von ihm an Cäſar in Gallien 
empfohlen wurde, 54 v. E. Cie. ad fam. 7,5. 20. 
Eine Stelle im Heere lehnte er aus Abneigun 
gegen den Kriegsdienft ab, erwarb fich aber dur 
jeine juriſtiſchen Kenntniffe Eäjars Gunft. Cie. ad 
fam. 7, 8, 1. Suet. Caes. 78. Später gewann er 
Horazens Freundſchaft (sat. 2, 1). Auch Auguftus 
ſchätzte ihn als Rechtsgelehrten. Nach Eiceros 
Briefen an ihn (vgl. z. B. ad fam. 7, 22) war 
er zwar ein berweichlichter Lebemann, aber auch 
vr und wißig. Er jchrieb viele juriftijche 

derfe 

Trebelliönus Rufus, wurde 19 n. E. Bor- 
mund für die Kinder des Königs Kotys von Thra- 
fien und tötete fi eigenhändig (35). Zac. ann. | 
2,67. 6, 39, 

Trebellfi, 1) Q. Treb., zeichnete ſich 210 
v. C. bei der Einnahme von Weufarthago aus. 
Liv. 26, 48. 2) &. Treb., 67 v. E. Vollstri⸗ 
bun, widerfeßte ſich lange, aber, erfolglos, dem 
Vorſchlage des Gabinius wegen Übertragung der 
Gewalt an Pompejus. Dio (ass. 36, 7. 13. — 
3) Treb. Ealca, gab fi, um die Güter des 
P. Clodius zu erhalten, für denfelben aus, er: 
reichte jedoch * Abſicht nicht. Val. Max. 9,15,5.| 


Liv. 31, 35. 33, 4. 











üb: 











ten, 


| Strab. 5, 228. 


| ad fam. 11, 27. Liv. 


Tranquillitas — Tremellii. 


— 4) £. Treb,, 47 v. E. Boltstribun, Gegner 
der Anträge des Dolabella (f. Cornelii, 26.), 
den er, weil derjelbe nah dem Bollstribunate 
ftrebte, troß der Gegenwirfung des Senats fort= 
während angriff, bis Cäſar aus Mfien nach Rom 
fam. Darauf wurde er von den Wriftofraten, bie 
Cäjar, der den Dolabella begünftigte, ärgern woll- 
zum Adil erwählt. Im J. 44 trat er zu 
Antonius über und verfiel dadurch) dem Spotte 
Eiceros (Phil. 12, 8, 20. 13, 2, 2). Dio Cass. 
42, 29 ff. — 5) M. Treb., fämpfte 36 n. €. glüd- 
lih in Aſien. Tac. ann. 6, 41. — 6) Treb. 
Marimus, Konful unter Nero, hielt 61 n. E. 
den Genjus in Gallien ab, befam dann die Statt: 
halterſchaft von Britannien, machte ſich aber durd) 
Geiz beim dortigen Heere jo verhaßt, daß er vor 
der Wut desjelben floh und nur aus Gnade von 
ihm wieder aufgenommen wurde. Tac. ann. 14,46. 
hist. 1, 60. Agr. 16. — 7) Treb. Bollio, Hijto- 
riter, j. Scriptores historiae Augustae. 
Trebia, Tosßias, rechter Nebenfluß des Padus, 
mündete nidyt weit von Placentia; j. Trebbia. 
Dort fiegte Hannibal 218 v. E. über die Nömer. 
Pol. 3, 68. Liv. 21, 48. 51. 54. 56. Nep. Hann.4. 
Trebiänus, freund Eiceros und Anhänger des 
Pompejus, erhielt 45 v. E. von Cäſar Berzeihung. 


| Cie. ad fam. 6, 10, 11. 


Trebii, 1) Statius Treb., aus Compſa in 
Samnium, überlieferte dem Hannibal nach deſſen 
Siege bei Cannä feinen Geburtsort. Liv. 33, 1. 
— 2) Treb. Niger, diente 150 v. €. in Hiſpanien 
und jchrieb ein Werk über Naturgeichichte. Pin. 


9,25. 10, 18, 


Trebonli, 1) ®. Treb., wurde von Marius, 
als er den Luſius ermordet hatte, belohnt, 104 
v. C. Plut. Mar. 14. — 2) C. Treb., befleidete das 
Volfstribunat im 5. 55, Bine Stellung, in welcher 
er, von Cäſars Anhängern bejtochen, ein Geſetz 
(richtiger 2 Geſetze) in betreff der Verteilung der 
Provinzen an Bompejus und Erafjus, ſowie der 
Verlängerung des dem Cäſar erteilten Befehls in 
Gallien einbradhte (Dio Cass. 39, 33. Plut. Cat. 
min. 43), war Cäſars Legat in Gallien von 54 
an (Caes. b. g. 5, 17. 24 u. d.), fämpfte im 3. 49 
in Hilpanien gegen Afranius (Cie. ad Att. 8, 3) 
und war thätig bei der Belagerung Maſſilias. 
Caes. b. c. 1, 36. Im J. 47 ging er abermals 
nad) Hifpanien als Nachfolger des D. Caſſius Lon: 
ginus, wurde aber von den Pompejanern vertrie: 
ben. Dio Cass. 48, 29. Im 5%. 44 nahm er an 
der Verſchwörung gegen Cäſar, wenugleich nicht 
thätigen, Anteil ( Plut. Caes. 17. Cie. Phel.2, 14,34), 
unterftügte ald Statthalter Aſiens (44) Brutus 
und Caſſius mit Geld (Dio Cass. 47, 21. 26) und 
fand 43 durch Dolabella feinen Tod. App. b. ce. 
3, 26. Mit Eicero war er jehr befreundet (ad 
fam. 15, 21. 10, 28). 

— Tenßovi«, hießen 3 ſabiniſche Städte, 

J wiſchen Sueſſula und Caudium in Campanien, 

reglia. Liv. 23, 39. — 2) Tr. Mutueſca, 
2 der Nähe von Reate, j. Monteleone. — 3) Tr. 
Suffena, im Eabinerlande, von ungewiſſer Lage. 
Varr.r.r. 2,4, 1. In manden 
Stellen, wo Trebula ohne Beinamen erwähnt wird, 
läßt fich ſchwer enticheiden, welche Stadt gemeint 
ift, z. B. Cie. ad Att. 5, 2. 3.4. de leg. agr. 2,25. 
28, 14. 
Tremellii, 1) En. Trem. Flaceus, ging 


Tremilen — Tribunal 


204 dv. C. nach Aſien, um das Bild der Götter: 


' Tresviri 


1241 


sacris conquirendis donisque 


mutter nad) Rom zu holen. Liv. 29, 11. 202 war | persignandis wurden ernannt, um die bei irgend 


er Prätor auf Sicilien. Liv. 30, 27. — 2) 8. 
Trem. Scrofa, befiegte ald Quäſtor 142 v. C. 
den Pieudophilipp in Maledonien und erhielt jpäter 
die Prätur. Liv. ep. 53. 3) Eu. Trem. 
Scrofa, freund des Cicero und Atticus, befannt 
mit M. Terentius Barro, jchrieb über Yandwirt- 
ichaft. Bal. Cie. ad Att. 5, 4. 6,1.7,1. Varr. 
r. r. I, 2, 10. Wahrſcheinlich war er einer der 
Richter im Prozeſſe gegen Berres (im I. 70 v. E.). 
Üic. Verr. act. 1, 10, 30. 

Tremilen j. Lykia. 

Tröres, Tonoes, Bolt in Thrafien, am nörd— 
lihen Abhang des Stomiosgebirges (j. Vitoſch), 
öftlich vom Fluſſe Oiſkos (j. Isker), den Triballern 
und ZTilataiern benachbart; um 700 v. E. mit den 
Kimmeriern in Kleinafien eingebrochen. Thuc. 2, 96. 
Strab. 1, 61. 14, 647. . 

Tresviri oder triumviri agris dandis und 
coloniae deducendae, Kommijfion zur Bertei- 
[ung des ager publicus u. ſ. w.; j. Colonia, II, 
und Ager publicus. 

Tresviri oder triumviri eapitäles, die durd) 


' zubringen und den Göttern zurüdzugeben. 


einer Beranlaffung, 3. B. durd; Ausbruch eines 
Brandes, abhanden gelommenen res sacrae nor 

iv. 
25, 7. Tac. Agr. 6. 

Trötos, Toneös, Tonrov, Bergzug jüdl. von 
Nemea und Kleonai, „der durchlöcherte” genannt 
von den vielen Höhlen, in deren einer der neme- 
iſche Löwe fich aufgehalten haben ſoll. Paus.2, 15, 4. 
Hesiod. theog. 331. Diod. Sie. 4, 11. 

| Treviri, Treveri, Tonovigos, tapferes Volk in 
Gallia Belgica, bejonders ausgezeichnet durch feine 
‚treffliche Reiterei, die für die tapferjte und befte 
in ganz Gallien galt. Sie wohnten zwijchen den 
ı Mediomatrifern, den Remern und dem Rhenus. 
Mit. den Germanen lebten fie im teten Kampfe. 
' Caes. b. g. 1, 37. 2, 24. 8, 11. 8, 25 u.d. Tac. 
hist. 4, 37. Nach Tacitus (hist. 5, 19) ftanden fie 
unter einem Senat von 113 Mitgliedern und waren 
mit den Römern verbündet. Taec.ann. 1, 68. Die 
umwohnenden Segni, Gondrufi und Eburones 
waren ihre Schußverwandten. Caes. b. q. 6, 32. 
'4, 6. — Ihre Hauptjtadt war Auguſta Trevi: 





eine lex Papiria 289 v. E. errichtete niedere Ma: | rorum, jpäter eine befeftigte römiſche Kolonie 
giftratur, die in den Tributcomitien gewählt wurde. | und reiche Handelsjtadt, im 3. und 4. Jahrh. viel: 
Sie bejorgten die im Kerker (j. Carnifex) vor: | fach Reſidenz der Kaifer, an der Mojella (Tae. 
zunehmenden Sinrichtungen (laqueo) und beauf- hist. 4, 62. 72); j. Trier mit vielen Dentmälern 
jichtigten die Gefängniffe, fie fpürten begangenen | und Altertümern, bej. der berühmten Porta Nigra, 
Verbrechen nach und verhafteten die Verdächtigen ; | einem Amphitheater, Bädern und ciner Bafilifa. 


in der Saijerzeit verbrannten fie die verpönten 
Bücher. Tac. Agr. 2. Über Sklaven und Bere: 
grinen, deren That vorlag, konnten fie jogar jelbit 
richten und fie körperlich züchtigen, über Bürger 
aber hatten fie feine Jurisdiktion, außer daß jie 
bei etwaigen Berhaftungen eine Borunterjuchung 
anftellen mußten. Auch hatten fie die polizeiliche 
Aufficht für die Sicherheit Noms, namentlich rüd: 
fichtlic der Freuersgefahr, und traten ganz in die 
Funktionen der alten triumviri nocturni ein, die 
nah Einführung der triumviri capitales abge: 
ichafft wurden. Deshalb wurden die tr. capitales 
zuweilen auch wohl tr. nocturni genannt. 
Tresviri epulönes j. Epulae. 


Tresviri locöram publicöorum persequen- 
dörum, eine Kommiſſion, um zu unterjuchen, | 


welche Stüde des ager publicus dem Staate oder 
ber Kommune entrifjen worden feien. 
Tresviri mensarii j. Mensarius, 
Tresviri monetäles aeri 
Nlando feriundo, die Münzmeiſter des Staats, 
die jowohl dad Prägen der Münzen bejorgten, 
als auch die Münzen überhaupt probierten, wahr: 


icheinlich nur dann gewählt, wenn neue Münzen 


geihlagen wurden. Unter Augujtus verjchwindet 
dieje Magiftratur; ganz ſpät hatte man procura- 
tores oder praepositi monetae. 

Tresviri noctarni, die Aufieher der ſtädti— 
ſchen Nachtwachen und der Feuerpolizei. Liv. 9, 46. 
Ihr Amt ging in das der Illviri capitales (ſ. d.) über. 

Tresviri (triamviri) reipublicae eonsti- 
tnendae nannten fih die 3 zur Herrichaft ver: 
bundenen Männer Antonius, Octabianus und 
Lepidus, nachdem fie ſich durch diejen vom Staat 
autorifierten Namen den Schein der Legalität bei: 
gelegt hatten. — Der Bund des Cäſar, Bompejus 
und Craſſus war bloß eine Privatverbindung und 
wurde nur uneigentlich triumviratas genannt. 


argento auro 


Triakaden j. ’Erouorie. 

Triarii j. Acies und Legio. 

Triarfus, Gaius Balerius, war unter Lucull 
im mithribatiichen Kriege Legat, eroberte 73 v. C. 
Apameia in Bithynien, jchlug 68 den pontijchen 
König bei Komana in Pontos, wurde aber im 
J. 67 bei Bela von demjelben befiegt. Caes. b. 
Aler. 172. Dio Cass. 35, 10. 12. 

Triballi, Toıßaikot, mächtiges thrafiiches Volt 
in Untermöfien (dem heutigen Serbien und einem 
Teile Bulgarien), von dem öſtlich wohnenden 
Treres durch den Dijkos (j. Iſter) geichieden. Tue. 
2, 96. Sie widerjtanben mit Erfolg den Odryſen, 
ja auf einem Streifzuge drangen fe bis an die 
Küfte por und vermwijteten Abbern, 376 v. €. 
Alexander von Makedonien unternahm einen Zug 
geasn fie, da jie fich zu empören im Begriff waren, 

päter waren fie unbedeutend und unmächtig. 
Strab. 5, 301. 805. 317 f. 

Tribofe)ei, »ces, Toißorxo:, germaniiche Böl: 
ferichaft auf dem linfen Rheinufer, in der Gegend 
des heutigen Straßburg, nahmen an dem Zuge 
des Arioviſt teil. Caes. b. g. 1, 54. 4, 10. Strab. 
4, 193 f. 

Teißor ſ. Kleidung, 1. 

Triboniänus, geboren in der pamphuliichen 
Stadt Side, war dem Auftinian bei der Samms 
fung der Geſetze behülflih und ſelbſt Berfafler 
ahlreiher Schriften in verjchiedenen Zweigen der 
!itteratur. Er fand im Rufe eines gemeinen 
Schmeichlerd® und eines habſüchtigen Menfchen. 
‚Sein Tod fällt ind Jahr 546 n. €. 

Tribünal, die vieredige Erhöhung von Stein, 
Erde oder Holz (Suggeftus), auf der der richtende 
Magiftratus jeinen Minh hatte. Neben ber sella 
eurulis desjelben ftanden die subsellia der Aſſeſſo— 
ren, vielleicht ebendort die der Richter; doch kön— 
‚nen fie auch zur ebenen Erbe in der Nähe ber 








— 


1242 


Plätze der Parteien geweien fein. In Rom ivar 
urſprünglich nur Ein Tribunal, auf dem Comi— 
tinm, eine Zahl, die vermehrt wurde, als mehrere 
Prätoren gleichzeitig Gericht hielten. Alle aber 
ftanden auf dem Forum und unter freiem Himmel, 
bis man die Sißungen bei ungünftigem Wetter 
in die Bafilifen und Gerichtsfäle verlegte. — Eiche 
auch Castra, 3, 

Tribüni, eigentlich Tribusvorfteher, wofür man 


jpäter curator tribus jagte. Der Name tribunus | 


aber wurde auf andere Beamte übertragen (j. 
Tribunus celerum, militum, Trıbuni 
plebis) und in der Kaiferzeit auf jehr verichie- 
denartige Beamte, 3. B. bei Kollegien, tr. fabri- 
carum, Wufjeher der kaiſerlichen Waffenfabrifen, 
tr. fori suarii, notariorum, stabuli (Oberftall- 
meifter) u. j. m. — Die eigentlihen Tribusvor: 
jteher halfen bei dem Eenjus, bei Aushebung zum 
Kriegsdienft, bei Steuerverteilung und andern 
abminiftrativen Angelegenheiten. 

Tribüni aerarii (Sing. trib. aerarius) hießen 
vor alters diejenigen der eben genannten Tribus: 
vorjteher, die das Tributum zu erheben hatten, 
aus dem fie darauf den Soldaten das stipendium 
auszahlten. Es mochten regelmäßig die wohl: 
habenditen unter ihren Kollegen fein. Als die 
civile Soldanszahlung durch die militärifche, von 
den Quäſtoren zu bewirtende verdrängt worden 
war, dauerten die trib, aerarii zwar fort, aber 
in einem uns dunkeln Berhältnis. Vielleicht waren 
fie den Quäſtoren als Intendanten beigegeben und 
folgten dem Heere. Bon der lex Aurelıa, 70». C., 
bis zu der lex Julia, 46 v. E., bildeten die Arar— 
tribunen eine dritte Nichterdecurie, indem fie die 
Plebejer vertraten (j. Judex). Nach Julins Eäjar 
hörten fie auf, da ſowohl ihre militärtiche als ihre 
richterliche Verwendung nicht mehr ftattfand. 

Tribünus celörum j. Celeres. 

Tribünns militam j. Dux, 2. 

Tribüni militum consuläri potestäte. Drei 
Militärtribunen mit Konſulargewalt (abgeiehen von 
der Cenſur, die davon getrennt wurde, |. Censoor) 
wurden auf das Drängen ber Blebs nad) Teil: 
nahme am Koninlat 444 v. E. ftatt der Konſuln 


zugeftanden, zu welchen Amte auch Plebejer wähl— | 


bar jein jollten; doc für die folgenden Jahre 
einigten fich erft Volt und Senat, ob Konſuln 
oder Tribunen gewählt werden follten. Seitdem 
wurden bis auf die leges Liciniae Sestine öfter 





Tribuni — Tribuni plebis. 


| wohl die Befugniſſe der Bolkstribunen anfangs 
nur gering waren, gelang es ihmen doc, bald, 
diejelben zu ftärfen und zu vermehren, ein Stre: 
ben, bei dem ſie durd die ihnen verlichene 
Unverleßlichkeit (j. Leges sacratae und Lex 
leilia. Liv. 2,33. 3,55. 4,3) nicht wenig unter: 
ftügt wurden. 1) Das ältefte und urſprünglich 
einzige Recht, das fie bejahen, war das auxi- 
lium, das Schugrecht über ihre Staudesgenofien 
($päter auch über die Patricier), und beichräntte 
ſich anfangs auf das Recht, Mafregeln der Ma: 
giftrate oder des Senats gegen einzelne zu ver: 
‚ bieten (veto, intercedo, prohibeo). Dieſe Hülfe 
zeigte fich vorzügficd a) bei dem dilectus (Lie. 
3, 11. 4, 53); b) bei dem Ausjchreiben des tri- 
butum (Liv. 4, 60. 6, 12); c) vor Gericht, wo die 
Tribunen, ſowohl im Civil: ald im Kriminal— 
prozeß, jowohl vor als mach gefällter sententia, 
eingreifen konnten, 3. B. um Ungerechtigkeiten zu 
verhindern oder um die aequitas gegen den ftarren 
Buchftaben des Rechts in Schuß zu nehmen. Doc 
famen auch genug ungerechte Interceſſionen vor. 
| Übrigens half das Veto, durch weiches das gericht: 
‚liche Verfahren aufgelöjt wurde, nur ſolange das 
Amtsjahr des intercedierenden Tribunen dauerte, 
und wenn nicht einer der Nachfolger ebenfalls in- 
tercedierte, jo fonnte das Verfahren wieder fort: 
gejegt werden. Wer eine jolhe Hülfe juchte, mußte 
die Tribunen anrufen (appellare, Liv. und Cie. 
oftmals), worauf diejelben fich veriammelten, den 
Fall unterjuchten und einen Beichluß fahten (ıde- 
cretum), in dem fie das auxilium zuſagten oder 
verweigerteit. Liv. 3, 13. 4, 53. 38, 52. 60, Cie. 
Quint. 5,20. 7,29. 2) Aus diefem Hülferecht ent: 
widelte jich bald ein allgemeines Interceſſions— 
recht gegen alle Verwaltungsmaßregeln und Hand- 
lungen der Magiftrate (ſowohl gegen die Konfuln, 
Eenjoren u. j. w., als gegen ihre eigenen Kollegen, 
Cie. legg. 3, 4), gegen die SConss. und gegen alle 
Vorſchläge, die an die Comitien gebracht werden 
follten. Bei allen Arten von Comitien konnten 
die Tribunen intercedere, impedire, moram 
tacere, jo daß ſogar die Wahlen anfgeichoben 
werden mußten. Lav. 6, 35. 7, 21. 27, 6. 32,7. 
24,5 u. ſ. w. 3) Im Verhältnis zu dem Eenate 
gr die Tribunen anfangs gar fein Recht, aber 
ie erhielten die Teilnahme an den Sitzungen Des: 
jelben nebſt der Interceſſion. Zuerſt jahen ſie an 
den Thüren der Curie, und von hier aus drobten 





“ 


Tribunen gewählt, und zwar 8, 4, 6, ja jogar 8, 
eine Verichtedenheit der Zahl, die fich teils dadurch 
erflärt, daß bei 8 die beiden Genjoren mit in: 
begriffen waren, teils dadurch, daß man in Rück— 
ſicht auf die Zeitverhältniffe die Zahl einige Male 
vermehrte. Zir. 4, 6. 5, 1. Die Gewalt derjelben, 
ihre Wahl, Amtsantritt und Nieberlegung war 
ganz dem Konfulat tonform; doch konnten fie wicht 
trinmpbhieren. 

Tribüni plebis. Zum Schuße der Wlebejer 
gegen die Bedrüdungen der Patrieier und der 
Konjuln wurde diejes Amt 494 v. E. den Plebe— 
jern von den Patriciern nad der erften Secejfion 
zugeitanden (val. Leges sacratae). Aufangs 
waren 2 oder 5 Rolfätribunen (Liv. 2, 33. 58, 
Cie. r.p. 2, 34), deren Zahl 457 v. E. auf 10 
erhöht wurde (Lir. 3, 30); doch machten die Pa— 
tricier bei ihrer Zuſtimmung die Bedingung, daß 
nicht diefelben wieder gewählt werden jollten. Ob: 


fie mit dem auxilium gegen die Musführung des 
SCons. (namentlich betreffs des dilectus und des 
tributum). Nach und nady erhielten fie ein all- 
gemeines Intercejjionsreht (Liv. 4, 6. 36. 43. 50. 
67.9, 8 ff. u. j. w.) und bald einen regelmähjigen 
Sit nebit der Befugnis, den Scnat jogar zu ver: 
jammeln und an denjelben zu referieren, wahr: 
icheinlich bald nach der lex Valeria Horatia, 449 
v. C., die den Tributbeſchlüſſen allgemeine Gel— 
tung einräumte. Infolgedeſſen wurden auch Die 
Ertribunen von den Genjoren bei der nächiten 
lectio ald Senatoren aufgenommen. 4) Das Necht, 
Gontionen zu berufen und in denſelben zu prä— 
fidieren (j. Contio), müflen die Tribunen ſchon 
uriprünglich gehabt haben, aber viel wichtiger war 
die Berufung und das Präjidinm der Tribut: 
comitien, namentlich jeit der lex Valeria, Pobh- 
lia und Hortensin. Hier wurden nicht bloß die 
Wahlen mehrerer Magiftrate vorgenommen und 





Tribus. 


Gericht gehalten, jondern über die wichtigften Mn: 
gelegenheiten beraten und über die einflußreichiten | 
Geſetze abgeftimmt (z. B. über die leges agrarine, 
über die Verteilung der Provinzen und des Ober: 
befehls u. ſ. w., ſ. Comitin) 5) Das Red, 
über Ungehoriame Multen zu verhängen und pre- 
hensio zu verfügen (d. h. Bürger und Magiftrate 
gefangen nehmen zu laffen), haben die Tribunen 
bald erlangt und im einer ungebührlichen, oft 
tyranniſchen Weile ausgebeutet, jo dab fie ſogar 
Konſulnu in das Gefängnis warfen oder durch an— 
gedrohtes Gefängnis zur Nachgiebigfeit zwangen. 
Lir. 4, 26. 5, 9. 29, 20 u.d. 6) Much die Tri: 
bunen erliegen jährlich Editte, worin fie wahr: 
icheinlich angaben, wann fie ihr auxilium eintreten 
laſſen wollten, und dergleichen. Anipicien durf: 
ten fie anfangs gar nicht anftellen, fpäter belamen 
jie die Erlaubnis, aber nur zu minder feierlichen | 
Aufpieien. Uber die ihnen zuftehende speetio de 
coelo und obnuntiatio ſ. Divinatio, 21., Ob- 
nuntiatio und Lex Aelia. — Die tribuni- 
eiſche Macht war uriprünglich nur heilfam ; durch 
das Gegengewicht der Tribunen wurde die Ge: 
mwalt der Konfuln, des Senats und der Batricier 
in Schranfen gehalten und eine volle Entwidelung 
des römischen Staatsweſens ermöglicht, jolange 
die Tribunen jelber auf geſetzlichem Boden blieben. 
Als jie aber die Bahn der Mäßigung verliehen 
und fich in der jpäteren Zeit oft als wütende 
Demagogen zeigten, kam der Staat durd fie in 
die größte Gefahr (Ute. legg. 3, 8ff. pestifern 
potestas trib.). Die allgemeine geſetzliche Be— 
ſchränkung auch des Tribunats, nach der jedweder 
Magiftratus durch die Interceſſion des oder eines | 
Kollegen gebumben war, wodurch der Senat die 
Möglichkeit hatte, etwa durch Beftechung oder Über— 
redung einen einzelnen Tribumen für fich zu ge 
winnen und einen Einipruch der Tribunen gegen 
jeine Abjichten zu hintertreiben, oder unwirlſam 
zu machen (Liv. 2,43. 44: unum adversus omnes 
satis esse. 56. 3,59. 4, 58F.), reichte oftmals nicht 
aus; auch die Wahl eines Diltators half nicht 
mehr, jeitdem gegen diefen Magiftratus die Pro- 
vofation zugelaffen war. Plut. Cam. 42. Darum 
reformierte Sulla das ZTribunat im Sinne der 
Optimaten, ba er in bemjelben die gefährlichite 
Waffe der tyranniſchen und ochlofratijchen Be: 
ftrebungen erfannte. Die von ihm als Diktator 
80 v. E. gegebene lex Cornelia de tribunicia 
potestate vernichtete das Tribunat faft ganz (ed 
wurde imago sine re, Vell. Pat. 2, 30), indem 
fie das ius cum plebe agendi bergeftalt bes 
Ichränkte, daß das Necht Geſetzesvorſchläge bei den 
Tribnteomitien zu machen und das Necht zu Anz 
Hagen an die Muctoritad des Senats gebunden 
war, ferner das Interceſſionsrecht, die eigentliche 
Stüße aller andern Befugniffe der tribunieia po- 
testas, auf das urjprünglihe Maß der eo 





latio adversus imperium reduciert wurde (Cie. 
legg. 3,9), und endlid der Reiz, den das Tri: | 
bunat bisher für die chrgeizigen Pläne der Dema: | 
gogen gehabt hatte, durch das Verbot beieitigt 
wurde, nah dem Tribunat irgend cin eurnliſches 
Amt zu befleiven. — Gleih nad Eullas Tode 
begannen aber die Berfuche, das Tribunat wieder: 
herzuftellen. Nach einigen mißglückten Verſuchen 
gab die lex Aurelia (des Konſuls Murelius Cotta) ! 
75 v. E. den Tribunen das Recht der Wählbar: 


loren. 
noch, aber verdunkelt durch die kaiſerliche Inſtanz. 


1243 


feit zu curuliſchen Amtern zurück, und 5 Jahre 
jpäter, im J. 70, ftellten Bompejus und Erafius, 
die des Tribunats für ihre Pläne bedurften, die 
vollftändige Macht desjelben wieder her. Vell. Pat. 
2, 30. Sall. Cat. 38. Dio Cass. 38, 30, Bon nun 
an ging das Tribunat rüdjichtsfos weiter. Dean 
braudyt nur den Namen des ®. Elodins zu nen: 
nen, um an die entieplichen Greuel und Wirren 
zu erinnern, denen der Staat durch die tribunicische 
Demagogie jener Zeit ausgejegt war. -— In der 


‚ Kaiferzeit bildete die tribuniciiche Macht den Mit- 


telpunft der fatierlichen Boteftas (j. Princeps), 
die allerdings noch befonders fortbeftehenden Bolts: 
tribunen hatten die frühere Bedeutung ganz ver— 
Das prozefinaliiche Hülferccht beſaßen jie 


Der Sitz im Senat und die Intercejjion ſtand 
ihnen noch zu, aber die Befugnis, Multen auf: 
zulegen, war jehr gemindert. Zac. am. 13, 28, 
Dagegen erhielten fie vorübergehend die Bejorgung 
der Auguftalien (ſ, Spiele, 9). — Erforder: 
niſſe zum Tribunat und Wahl. Diejes Amt 
ftand nur Plebejern ofien, auch war freic Geburt 
notwendig, was in der Kaiſerzeit micht mehr jo 
ftreng genommen wurde. Ein beftimmtes Alter 
war nicht feſtgeſetzt, doc ging, ſeitdem durch Die 
lex Atinia die Tribumen in den Senat aufgenom: 
men wurden, bie Verwaltung der Quäſtur und der 
plebejiichen Adilität gewöhnlich voraus. App. b.e. 
1,100. Suet. Oct. 10. 40. Die Wahl der ceriten 
Tribunen war auf dem Heiligen Berge vollzogen 
worden, feit der lex Publilia, 471 v. E., fand die 
Wahl in den Tributcomitien ftatt; über die furze 

wijchenzeit ift etwas Beftimmtes nicht ausgemacht. 

er Antrittstag war der 10. Dezember. Bejondere 
Infignien hatten die Tribunen nicht, ihre Diener 
waren viatores, scribae und praecones, Die auch 
in der Kaiſerzeit beibehalten wurden. 

Tribus, ein Staatsteil, gegenüber dem Ganzen. 
Auerft gab es in Rom 3 patriciihe Urtribus, 
Kamnes, Tities, Luceres (f. d.) Wichtiger waren 
die von Servius Tullius eingeführten örtlichen 
Tribus, teils ftädtiiche, urbanae, teils ländliche, 
rusticae. Die 4 ſtädtiſchen hießen: Saburana 
oder Sucusana, Esquilina, Collina und Palatina. 
Das Landgebiet zerfiel in 26 tribus rusticae ober 
regiones. Durd die 507 v. E. an Borjena er: 
folgte Gebietsabtretung wurden die 30 Tribus auf 
20 vermindert, bald aber wuchs die Zahl wieder: 
504 v. E. wurde aus dem mit Appius Claudius 
nah Rom gefommenen jabinifchen Bolte die ein: 
undzwanzigite Tribus geichaffen (Liv. 2, 21), zu 
dieſen 21 famen 387 v. C. 4 neue, 386 2, 332 8, 
318 2, 299 2, endlich 241 wieder 2, zujammen 
alſo 35 Tribus, eine Zahl, die fortan geblieben 
ift. Die Namen der 21 alten Tribus lauten: Tr. 
urbanae: Suburana, Esquilina, Collina, Pala- 
tina, dazu die rusticae: Aemilia, Camilia, Clau- 
dia, Cornelia, Crustumina, Fabia, (uleria, 
Horatia, Lemonia, Menenia, Papiria, Pollia, 


Papinia, Romilia, Sergia, Veturia, Voltinia. 


Zu biejen 21 alten Tribus traten dann, wie oben 
erwähnt ift, 14 neue: Stellatina, Tromentina, 
Sabatina, Arniensis, Pomptinia, Poblilia oder 
Publilia, Maeeia, Scaptia, Onfentina, Falerina, 


or 


— 


Aniensis, Terentina, vVelina und Quirina. —“ 
’ ’ 


Die tribus urbanae und rusticae flanden ein: 
ander uriprünglicd; an Nang gleich, allein da die 


“ 
* 


1244 


Tributum 


legteren aus Orundeigentümern, die erfteren vor: | 


zugsweife aus Kaufleuten, Handiverfern und Tage: 
löhnern bejtanden, jo erhielten die rusticae jehr 


bald einen bleibenden Vorrang, namentlich jeitdem 


die Frreigelaffenen nur in die urbanae eingejchrie- 
ben werden durften (j. Libertinus). Jede Tribus 
hatte wieder als Unterabteilungen Decurien, aud) 
zerfielen die urbanne in viei und compita, die 
rusticae in pagi. Nach der Reform der Centu— 
riatcomitien, wo Klafjen und Tribus verjchmolzen 
wurden, hatte jede Tribus 5 Genturien seniorum 
und 5 Genturien iuniorum. Wer Bürger war, 
Batricier wie Plebejer, mußte in die Tribus ein 


geichrieben jein, denn jonft fonnte er auch feiner 


Genturie angehören. 
nicht injfribiert, jondern ftanden in den tabulae 
Caeritum, ſ. Aerarii und Caerites. 


Tribus, jpäter behielt man feine alte Tribus, auch 
wenn man örtlich in eine andere überjiedelte. 
Groß war vor alters die Bedeutung der Tribus 
in adminiftrativer, politifcher und fommunaler Bes 
ziehung. Sie bildeten die Grundlage des Cenſus, 
der Kriegsſteuer (tributum) und der Nushebung 
(dileetus), und in ihrer Gejamtheit repräjentier: 
ten fie eine allmächtige Nationalverſammlung, I. 
3 Comitia tributa. — Eine ſakrale Bedeutung 
hatten die Tribus nicht, wohl aber eine fommunale. 
Alle Mitglieder einer Tribus (tribules) waren eng 
unter fich verbunden und betrachteten jich gegen: 
jeitig als Genofjen, wie amici, vicini u. f. w. 
Diejes Band wurde dadurch erhalten, daß die Tri- 
bulen zuiammen ihre Borfteher wählten, zuſam— 
men den Sold für die Krieger aus ihrer Mitte 
aufbrachten und vieles andere gemeinjchaftlich be: 


jorgten, 3. B. Feſtlichkeiten. Darum wandten die 
Kandidaten bei ihren Bewerbungen ſich Ten an 
In der | 


die ganze Tribus, vgl. Sodalıcium. 
Kaiſerzeit erlojch die politiiche Bedeutung der Tri: 


bus, indem die Wahlcomitien von Tibertus in den 


Senat verlegt wurden (Tae. ann. 1, 15). Die 
Einteilung ſämtlicher römiſchen Bürger in Tris 
bus hörte auf, und es wurden die 35 tribus auf 
die Bewohner der Stadt Rom allein übertragen, 
zum Zweck des dilectus, namentlich für die ftäbti- 
Ichen Kohorten (Tac. ann. 13, 27: cohortes etiam 


in urbe conscriptas, d. h. 3 coh. urbanae und | 
7 coh. vigilum) und der faijerlichen Spenden, 


wovon öfter in dem michriften (plebs urbana 
XXXV trib.) die Rede ift, und worauf fich auch 
unter andern Tae. ann. 3, 4: populus per tribus 
bezicht. Außerdem aber bildeten wieder die ärmften 
Bürger, ſoweit fie umſonſt Getreide empfingen, in 
jeder Tribus eine geichloffene anzahl, deren Mit: 
glieder eine tessera erhielten (j. 

jih als eine bejondere Korporation (tribus) in 
jeder Tribus betrachteten. 
die römischen Tribus (1844). 

Tribütum ift eine Abgabe des Bürgers an ben 
Staat. Urjprünglich wurde das tributum viri- 
tim gezahlt, d. h. nach den Köpfen, nicht mach 
dem Bermögen, bis Servius Tullius das tribu- 
tum ex censu einführte. Dieje nad dem Ber: 
mögen zu entrichtende Steuer (gewöhnlich 1 pro 
mille, doch auch 2, jogar 3 pro mille) wurde 

" ftet3 nad) dem Bedürfnis ausgejchrieben (indicere, 
imperare) und diente nur Kriegszwecken, nament: 
lid zur Zahlung des Soldes. Nach glücklich be- 


Der Ort | 
des Grundbeſitzes und Wohnfiges bejtimmte die | 


‚argitio) und, 


Die Aerarii waren aber 





Bol. Th. Mommien, | 
Cavari und Vocontii mwohnende Bölferjchaft im 


lich wechſelte. 





— Toiıywris Aluvn. 


endigtem Kriege mußte der Feind die Kriegsfojten 
erftatten, von welchem Gelde die Bürger ıhr tri- 
butum zurüderhielten, jo daß das trıbutum ge: 
wijlermaßen eine Zwangsanleihe genannt werden 
ann. Wenn das ürarium jelbft genug mit Gelde 
verjehen war, jo wurde fein tributum ausgeſchrie— 
ben, daher unterblieb es gänzlich jeit der großen 
mafedonifchen Beute, 168 v. E. Unter den Kaiſern 
mußte Italien Naturallieferungen für Hof und 
Heer leiften, von denen nur Rom und die nächſte 
Umgebung frei war. Daher jchreibt ſich der .. 
ja von Italia annonaria und urbicaria. 5) 
nur einmal (Fest. s. v. tributum) genannte tri- 
butum in capita wird die Abgabe der aerarii 
gewejen jein, welche aber nicht wiedererftattet 
wurde. — Gegen das Ende der Republif erhielt 
die Abgabe der Provinzialbewohner, melde eigent: 
lid stipendium hieß, den Namen tributum, 
als das alte eigentliche tributam der Bürger ab: 
geihafit war. Diefe Abgabe, welche von deu ein: 
heimijchen Behörden erhoben wurde, im Gegenſatz 
u den an die publicani verpachteten vectigalia, 
eftand entweder in einer bejtimmten, von der 
Provinz alljährlich zu zahlenden Summe (wie in 
Gallien, Britannien und andern Provinzen) oder 
in einer Abgabe nad) dem Cenſus, welche natür: 
Unter den Kailern wurde die von 
Auguftus begonnene Trennung des tributum ic 
Grund: und Kopfſteuer vollftändig durchgeführt. 
a) Trib. soli oder agri, jpäter auch capitatio 
oder iugatio genannt (von iugum oder caput, 
d. h. Aderabteilung, auf welche die Steuer um: 
gelegt wurde, wahricheinlich 1 pro Cent), beruhte 
auf dem von Auguftus eingeführten allgemeinen 
Reichscenſus und floh aus den Bolksprovinzen in 
dad aerarium populi Romani, aus den faifer- 
lichen Provinzen in das aerarium militare, Die 
Ausjchreibung hie indictio; die Unterbeamten 
der Statthalter, numerarii, tabularii, chartu- 
larii, bejorgten das Weitere, und die Erhebung 
geihah durch die ſtädtiſchen susceptores und 
exactores. Übrigens wurden die Provinzen nicht 
gleihmäßig behandelt, denn manche mußten außer 
Kopf: und Grundjtener noch bejondere vectigalia 
entrichten, Getreide liefern nu. j. w. b) Trib. ca- 
pitis, die Kopfſteuer, ug auch ipäter capitatio 
genannt, war teils eine Vermögensſteuer, welche 
nach und nach den Charakter einer Gewerbeſteuer 
erhielt, teils ein von dem Genjus gan; unab- 
hängiges Kopfgeld, welches namentlich die Armen 
zu zahlen hatten; denn die, welche tributum soli 
entrichteten, waren von dem Kopfgeld ganz frei. 

Trieasii, Toındaroı, oder Triensses, gallijche 
Bölferichaft an der oberen Seauana mit der 
Hauptftadt Augnftobona (jet Tropes). Plin. 
4, 18, 32. 

Tricastini, Tomaorırol, eine zwiſchen den 


narbonenfiichen Gallien, zwiichen den heutigen 
Flüſſen Dröme und Here. Ihre Hauptftadt war 


Auguſta Tricaftinorum, j. Moufte an der 


Dröme mit Wltertümern. Liv. 5, 34. 21, 31. 
Terxwrig Alan, jebt See von Wrafhori, 
bedeutender See Nitoliens, nördlich vom Gebirge 
Arakynthos. Der weſtlich von ihm gelegene Heinere 
See, früher Hyria (Hyries lacus, Or. met. 7,372), 
hieß jpäter nach der an feinem jüdlichen Ufer ge: 
legenen Stadt Lyſimacheia. Pol.5,7, 11,4. 


Trieipitinus 


Dftlich von Lyſimacheia und ſüdlich vom Trichonis: 
jee lag die Stadt Trihonion. Strab. 10, 450. 

Trieipitinus j. Lucretii, 1. 3. 4. 5. 

Tricliniarcha ift der über das trielinium Auf: 
jiht führende Sflave. Deſſen Gehülfen h. trieli- 
niures oder tricliniarii. 

Trielinium, 1) die Zuſammenſetzung von drei 
leeti um einen Speijetijch, oder ein für 3 Perjo- 
nen eingerichtete Speijelager, indem man nur in 
der ältejten Zeit bei Tiſche ſaß, ipäter aber renel: 
mäßig lag. Die vierte Seite des Tijches blieb 
ftets ohne Speifefofa, indem von hier jerbiert 
wurde. Es gab auch fteinerne trielinia im Freien, 
mit einem jteinernen Tiſch, nämlich bei Tempeln, 
Brunnen und Gräbern. — 2) das Zimmer mit 
dem trielinium, aljo das Speijezimmer. Die vor: 
nehmen Römer der jpäteren Zeit hatten für ihre 
üppigen Mahle nad) den Jahreszeiten verſchiedene 
trichnia, während man vor alters ganz einfach 
im Atrium geſpeiſt hatte. 

Tricorii, Teixocotoi, Bölferichaft im narbonen: 
fiihen Gallien, öftlih von den Vocontii bis zu 
den Alpen (am heut. Drac). Liv. 21, 81. Strab. 
4, 185. 208, 

Tridentum, j. Trient, Hauptftadt der Triden— 
tini in Nätien, an der Strafe von Berona nad 
Beldidena. Sie jollte ihren Namen von dem Drei: 
zad des Neptun haben, den man noch jeßt auf 
einem in der St. Vigilskirche eingemauerten Stein 
fieht. Plin. 3, 19, 23. 

Triens, a) als Gewicht und als Erzmünze 
4 Unzen oder ', Ws; b) als Maß für flüſſige 
Dinge 4 cyathi oder ", sextarius, ebenjo ein 


Becher von diejer Größe; c) im allgemeinen ",, | 


3. B. heres ex triente, 

Teıngapzie f. Leiturgia. 

Tererneis ſ. Ennaöteris, 

Trifänum, nur Liv. 8, 11 erwähnt, Ort in 
Campanien (Latium adjectum) zwifchen Minturnä 
und Sinuefja. 

Triginta tyranni j. Dreifsig Männer, II. 

Teıxdgavor, ein im öſtlichen Teile von 
Phliaſia belegener Bergrüden mit 3 ftumpfen 
Spigen, darauf ein Kajtell, um das Argos und 
Phlinus ftritten. Xen. Hell. 7, 2, 1ff. 5, 11, 13. 

Trikka, Todaxn, -va, norböftlicd; von Som: 


phoi gelegene feite Stadt Theſſaliens am Lethaios: | 


fluß, Grenzfefte gegen Illyrien; noch j. Triffala. 
In ihrer Nähe am Fuße des Pindos lag der 
ältefte und berühmtefte Aiflepiostempel. Hom. Il. 
2, 236. Liv. 32, 13. 36, 13. 

Toıx63wror, Stadt im füdlichen Arladien in 
der Landſchaft Eutrefia, etwas nördlich von Me: 
galopolis, wohin die Bewohner bei Gründung 
diejer Stadt zogen. Paus. 8, 3,4. 27,3. 35,5. 

Trikorfthos j. Attika, 17. 

Trilogia j. Tetralogia. 

Trinakria j. Sicilia. 

Trinkgefäfse, pocula, waren bei den älteften 
Römern von Holz und Thon (lignea und fictilia), 
in den Zeiten des fteigenden Yurus von edlem 
Metall, Glas und Edelfteinen, oder wenigſtens mit 
Edelfteinen bejeßt (pocula amethystina, vergl. 
Vasa und Gemma), die teild aus Griechenland, 
Aſien und Afrifa eingeführt, teil in Italien ver: 
fertigt wurden. — Nach den Formen laſſen fich 
untericheiden: eyathus, xvadog, das gewöhn: 
liche Trinfglas, defien man ſich auc zum Miſchen 


— Tripolis. 1245 


bes Weines mit Waller bediente, paterae und 
phialae, flahe Schalen, den Opferichalen ähn— 
lid; calix, calices (xuA«E), Becher in Kelch— 
form, mit niederem Fuß und gewöhnlich ohne 
Hentel. Weit größer war die Bahl der Sentel- 
becher, nämlich cantharus (xdvdegog), concha, 
mufjchelförmig, eulullus, urſprünglich Opferichale 
(Hor.od.1,31,11), scyphus, cadus, die Heine 
trulla, die altertümlidhe obba, hörnerartige (xE- 
ara). Dazu fommen die phantaftiichen Beiher 
in Form von Kähnen (eymbium, Verg. A. 5, 267), 
Tierktöpfen, Hörnern u. ſ. w. Biele Becherformen 
famen erjt aus Griechenland und behielten in ta: 
lien den heimatlihen Namen, wie carchesium 
(xagyrjoıor), Thericleum, rhytium. Zu den Trint: 
geihirren gehören auch die Bowlen und Miſch— 
' gefähe (mistarium). Hoch und becherfürmig war 
der crater, mit 2 Henkeln verjehen, dagegen bauchig, 
| wie unjere Terrinen, sinus, lepesta, galeola, — 
Nicht felten verzierte man die Becher mit Heinen 
Sinnfprücden, 3. B. vale, vivas, bibe, Inde, «da 
bibere, feltener mit dem Namen des Herrn, jehr 
jelten mit ganzen Berjen. Solche Gefäße nannte 
man literata, worijgı« yonuuarınd. Vgl. Beder- 
Söll, Gallus III ©. 387 ff. 

Trinobantes, Towößavrss, Hauptvolf an der 
Oſtküſte des römischen Britanniensd nördlich don 
der Themjemündung (im heutigen Efier und Suf: 
folf) mit der Hauptſtadt Camalodunum, jebt 
Colcheſter mit vielen Witertümern. Caes. b. g. 
5, 20. 21. Tac. ann. 14, 31. Agr. 14. 16. 

Trinundinaum, die Zeit zwifchen 3 Nundinä, 
die für die Comitien von Bedeutung war; ſ. Lex 
und Nundinae. 

' Trio f. Fuleinii, 2. 

' TetwßoAor, atheniicherRichterfold, j.'Hiıa la. 
| Triocäla, Teiöxale, feſte Stadt auf einer Höhe 
im weftlichen Teile Siciliens unweit des Krimiflos, 
ı hatte ihren Namen (nad Diod. Sie. 36, 1) von 
'3 Borzügen: ſchönem Wafler, Neichtum an Wein 
und DI und der feiten Lage. Hier hatten die auf: 
rüuhreriſchen Sfaven unter ihrem Führer Tryphon 
‚einen Stützpunkt. Cie. Verr. ö, 4. 

Triöpas, Teiöras, auch Teioy, 1) Sohn des 
Pojeidon und der Kanake, einer Tochter des Aio— 
los (Apollod. 1, 7, 4), Bater der Iphimedeia (f. 
Aloaden), des Erhfichthon (ſ. d.), des Pelaigos. 
Er vertrieb die Pelaſger von der Dotiichen Ebene 
in Theflalien. Won da oder (ald Sohn des Helios 
und der Rhodos, Diod. Sie. 5, 56. gi! aus Rhodos 
wanderte er (bei der theſſaliſchen Stadt Dotion) 
ipäter nach Karien aus und gründete Knidos bei 
dem Triopijchen VBorgebirge. — 2) Sohn des Phor- 
bas, Bater des Jaſos und Agenor und der Meflene, 
aus Argos. Paus. 2, 16,1. 4, 1,1. 

Trioplum Promunturium, Tiorsmıov &rpor, 
Vorgebirge in Karien bei Knidos, wo dem trio— 
piichen Apollon Feftipiele gefeiert wurden. Thuc. 
8, 35. 60. Jetzt Kap Sirio. 

Triphiodöros j. Epos, 6. 

Triphylia j. Elis, 5. 

Teırodioxog oder Toimodeg, Fleden nord: 
wejtlich von Megara, Heimat des Sujarion, dei 
Begründers der megarijch :attiichen Komödie; j. 
| Ruinen bei Dervi. Tihuc. 4, 70. Paus. 1, 43, 7. 

' Tripölis, Toecxolis. Bon den Städten d. N. 
ift außer einer in Phrygien am Maiandros ge 
legenen und einem Kaftell in Pontos au einem 











| 





1246 


gleichnamigen Fluß bejonders zu merken Die bez | 
dentende Seejtadt Phoinifiens, j. Tarabolus. Sie, 
beitand aus 3 Teilen, deren jeder ein Stadion 
von dem andern entfernt war und jeine eigene 
Mauer hatte. Arr. 2, 13,2. Strab. 16, 754. 
Livius (42, 53) nennt einen Diftrift Tripolis in 
Theflalien, ber die 3 Städte Azoros, Pythion, 
Doliche umfaßte, auch Teumolirig Tlehayoria ge: 
nannt. Strab. 7, 326 f. 

Triptolömos j. Demeter, 3. 

Triptjcha, ein aus 3 Täfelchen beftehendes 
Notizbudy ſ. Diptycha und Pugillares. 

Tripudium ſ. Divinatio, 19. 

Trirömis j. Schiffahrt, 6. 

Tritaia, Tora, Terrain, 1) achaiiſche Bun: 
desitadt am Berge Stollis, in der römischen Zeit 
zu Batrai geichlagen; j. Ruinen Kaftriga. Hat. 
1, 145. Pol. 2,41. 4, 59. — 2) Stadt ber ozo⸗ 
liichen Lofrer nahe der Grenze von Phofis, wo | 
treffliche ‚Hunde gezüchtet wurden. Thue. 3, 101. 

Teıreaı, Stadt in Bholis am linken Ufer des 
Kephiſos, von Terxes zerjtört. Zldt. 8, 33, Plin. 
4,3,4. 

Trito, Tritogeneia j. Pallas Atbene, 3. 

Triton, Te’ror (der Rauſcher und Braufer), 
ein Meergott, Sohn des Pofeidon und der Amphi— 
trite, der mit Vater und Mutter in der Tiefe 
des Meeres in goldenen Palajte wohnt. Mesiod. 
theog. 930 ff. In der Argonautenjage ericheint 
er als der Gott des Tritoniichen Sees in Libyen. 
HHdt. 4, 179. Apoll. Rhod. 4, 1652. Ferner gilt. 
er für einen Dämon bes Mittelmeeres. Huch dachte 
man die Tritonen in der Mehrzahl als dienende 
Wejen der andern Seegottheiten beim Reiten und 
Fahren. Sie werden bejchrieben als Doppelge: 
ftalten ans Menſch und Fiſch. Sie führten eine 
ichnedtenförmige Mujcheltrompete, mit der fie auf 
Geheiß des Rojeidon die Wellen des Meeres be: 
jänftigten. Ov. met. 1,333. Wenn zu dem menfch- 
lichen Oberlörper und dem Fiſchſchweife noch zwei 
Vorderfüße eines Pferdes hinzukommen, jo heißen 
fie Kentaurotritonen oder Ichthyokentauren. 

Toırordroges, Vorpäter, alte ſchützende Dä— 
monen (Anakes, Cie.n.d. 3,21) zu Athen, Söhne 
des Zeus und der Berjephone, deren Namen jehr 
verſchieden angegeben werden. Auch wurde ihnen 
eine jehr verichiedene Bedeutung untergelegt: fie 
galten als Dämonen des bejeelenden Windes, als 


Ehe: und Geburtsgottheiten, als eritgejchaffene 
Weſen der Schöpfung. Suid. s. v. Vgl. Lobed, 
Aglaophamus S. 753 ff. 


Torrrvg, suovetaurilia, j. Opfer, 
Terrrüg ſ. Navxoaola. 
Triumphbogen j. Arcus, 
Triumphus ſ. Dona militaria, 1—4, 
Triumviri j. Tresviri. 

Trivia j. Hekate. 

Trivieum, ein Städtchen der Hirpiner an der 
Appiichen Straße, noch j. Trevieo. In einem 
Wirtshaufe in der Nähe —— Dora auf 
jeiner Reife nad) Brundufium (sat. 1 79). 

Troas, Touds, Touds,, Teoi« (öirab. 18 590 
u. Ö.), aud) ’/Aıag yi) oder 'IAıdg (Hdt.5,12 5, die, 
guiichen der PBropontis und dem Adranmttiichen 

eerbuſen vorſpringende nordweitliche Halbinjel 
Kleinaſiens, etwa bis Parion im NO. und An— 
tandros im SD.; das Gebiet der alten Stadt 
Troja, das feit der Diadochenzeit einen Teil von 


> 





Überreſte einer mehrere Meter ftar 


Triptolemos — Troas. 


Myſien bildete, jedoch jeinen Namen behielt. Homer 
gibt die Grenzen nirgends genau an. Es war eine 
von den Ausläufern des da durchzogene, wellen- 
formige Ebene, welche die Flüſſe Satniveis, 
Skamandros (mit Thymbrios und Simveis), 
Rhodios, Scelleeis und Praftios durchſtröm— 
ten. Die vorhiſtoriſchen Bewohuer waren die 
Teöss (Hom. Il. ı, 408 u. ö.), Troes, von den 
römiſchen Projaifern meift Troiani genannt (Liv. 
'1,1. Öie. div. 2, 39), wohl phrygiichen Stammes 
und nahe verwandt mit den Dardanern und 


‚ Zeufrern, von demen fich Reſte am Hellespontos 
und im Binnenlande erhalten haben (Hdt.5, 122. 
| Verg. A. 1, 


248. Diod. Sie. 4, 75). Von den 
Städten (j. Mysia; vgl. Hom. Il. 9, 328) war 
in ältefter Zeit alleın bedeutend die Hauptftadt 
Slion oder Troja {n "Auog, ro "Ilıor, Tooin), 
80 Stadien von der Küſte des Hellespontos in der 
Ebene am Abhang des Ida (Il. 20, 216 ff.), zwi: 
ſchen den Flüſſen Stamandros und Simoeis ge: 
legen. Eine im SD. der Stadt ſich erhebende 


‚Anhöhe trug die Burg Pergamon oder Pergama 
‚(zö Ileeyauov, e& Ilfoyaue, aud) 7 Ilzeyauos), 
wo fi der Tempel der Pallas Athene nebſt 


den andern Heiligtümern, fowie die Paläſte des 
Priamos, Heltor und Baris befanden (Il. 6, 88. 
317. 512. 5, 447). Dies ift nach der Meinung 
bedeutender Gelehrten, wie Welder, Gel, Leale, 
Fellows, E. Eurtius, Conze u. a., die Höhe des 
Bali:dagh bei dem j. Dorfe Bunarbaſchi. Bon 
den Thoren wird nur das Skaiiſche (mulaı 
Zxare), das links in die Ebene hinausführte, 
namentlich genaunt. Die mit Türmen verjehenen 
Mauern Hatten Pojeidon und Apollon jelbft ge- 
baut. Ilion wurde nad der allgemeinen An- 
nahme 1184 dv. E. von den Griechen zerftört. Ein 
ipäteres Jlion, Neu:Jlion, wurde von ben 
Aioliern erbaut, von Alerander, Lyſimachos und 
Julius Cäjar erweitert und verjchönert; ja leßterer 
joll, wie jpäter wirflih Conftantin der Gr., die 
Abſicht gehabt haben, jeine Reſidenz dahin zu ver: 
legen. Udt. 2, 10. 7,43. Strab. 18, 593 ff. 601 f. 
Suet. Caes. 79. Hor. od. 3, 3, 37 (mit deu Er- 
Härern). Dieje jüngere Stadt lag zweifellos zwölf 
Stadien vom Hellespont in dem von den jeßigen 
Dörfern Kumkoi, Kalifatli und Tſchiblak einge: 
ichlofjenen Dreied, an der Stelle des h. Hiffarlit. 
Hier hat 9. Schliemann 1871—73, 18785— 79 und 
1882 jeine Ausgrabungen angejtellt (vgl. deſſen 
Werke Jlios, 1581, Troja, 1884) und iſt zu der 
Anficht gelommen, daß hier, nicht auf der Höhe 
des Bali-dagh, das homeriſche Ilios F juchen ſei. 
Seine Meinung bat ſich den Beifall von vielen 


ı Fachgelehrten, 3. B. Büchner, Grote, Dunder, O. 


Keller, Riedher, Gladjtone, erworben und ſcheint 
die Oberhand gewinnen zu wollen, beionders jeit: 
dem durch Schliemanns lehte ge en die 

en, mit dor: 
jpringenden Türmen und Thoren verjehenen Burg: 
mauer und mehrerer großer Gebäude, die man 
wohl als die Königsburg von Troja anzujchen 
hat, an das Tageslicht gefommen find. Doch macht 
derer (über die homeriſche Ebene von Troja, 
1876, wieder abgedrudt in deſſen homeriſchen Auf— 


ſätzen, 1881) mit Recht darauf aufmerkſam, daß 
wir durchaus feine Berechtigung haben, auf Grund 
der frei jchaltenden Schilderung des Dichters topo— 


graphiiche Fragen zu entiheiden. Offenbar hat 


. in Möjien. 


— 


to 


Trochos — Trojanischer Krieg. 


der Berfafler der Ilias die trojaniiche Ebene jo 
wenig geichen, wie der der Odyſſee die Juſel 
Sthafa (j. d.), und lolale Einzelheiten erfunden. 
Bol. Stark, nad) dem griechischen Orient (1874), 
S. 1385. Schuchhardt, Schliemanns Ausgra— 
bungen (1890), ©. 24 ff. 

Trochos j. Spiele, 7. 

Trocmi, Teooxuo:, ein Teltiicher Volksſtamm, 
der mit den Teftojagen und Toliſtebojern zugleich 
in Aſien einwanderte und in Galatien am Halys 
feine Siße hatte. Liv. 38, 16. Pol. 31, 13. Strab. 
4, 187. 12, 561. 566 f. 

Troglodjtae, Towykodvraı, d. i. Höhlenbewoh⸗ 
ner, wurden mehrere im Ruf niedriger Bilbung 
ftehende Bölferjchaften in verjchiedenen Gegenden 
genannt, 3. B. im inneren Libyen, am Kaulaſos, 
VBorzugsweije blieb dieſe Benennung 
aber den Bewohnern der, Küfte des Arabiſchen 
Meerbujens im füdlichen Ägypien und in Aithio— 
pien, deren Land Tpwykodvrıxr) hieß, und die auch 
Ichthyophagen genannt wurden. Strab. 16, 776ff. 

Trogus j. Pompeii, 20. und Justinus. 

Troia |. Troas. 

Trojanischer Krieg. Die Sagen von dem 
trojanijchen Kriege wurden bei der durch die do- 
riſche Wanderung veranlaften Überfiedelung ver- 
ichiedener grieshifiher Stämme an die kleinaſiatiſche 
Küſte aus dem Mutterlande nad Kleinaſien hin— 
übergetragen. Bei jenen Auswanderern befanden 
fi) viele, deren Vorfahren einft den Zug gegen 
Troja mitgemacht hatten, Achaier unter Herrichern 
aus dem Haufe der PVelopiden, Fonier unter Kö— 
nigen aus dem Gefchlechte des Neftor, Scharen 
aus Thefjalien, Boiotien, Euboia, Lokris u. ſ. w. 
In der neuen Heimat nun, die zugleich der Schau: 
plat des Ruhms ihrer Väter gewejen, mwurben 
die von ihnen mitgebradhten Sagen mit ermeuer: 
tem Intereſſe weitergejponnen. (Manche nehmen 
an, daß die langwierigen Eroberungsfämpfe der 
eben genannten Scharen auf afiatiihem Boden 
die Veraulaſſung zu der Sage von bem ae) ⸗ 
jährigen trojaniſchen Kriege gegeben haben, der 
dann in die Zeit vor der doriihen Wanderung 
zurüdgeichoben worden jei.) 
die Dichter an der Weiterbildung und Verknüpfung 
der Sagen diejes Kreiſes großen Anteil; fie be: 


jangen einzelne Ereignifie und Abenteuer des tro: | 


jauiſchen —— bis endlich Homer auftrat und 
in Ilias und Odyſſee, wiewohl in beiden Gedichten 


in dem engen Rahmen von wenigen Tagen zu— 


ſammengefaßt, die Maſſe des trojaniſchen Sagen: 
ſtoffes jo behandelte, daß wir durch ihn eine Über— 
fiht des ganzen Sagenfreifes haben, obwohl er 
nicht alle über Troja vorhandenen Sagen verar: 
beitet haben fann. Soldhe Bartien, die Homer 


entweder gauz beifeite gelaflen oder nur leiſe 
berührt hat, haben fpäter die Kylliker (j. d.) auf: 


gegriffen und beſungen; auch ging gewiß noch 
die geichäftige Vollsſage jelbitändig neben der 
Poeſie her und dichtete weiter. Dem Homer aber 
verdanken die troijchen Helden vor allen ihren 
Ruhm und ihren Glanz. Als Beranlafiung fir 
den trojaniichen Krieg gibt die Sage den Raub 
der Helena durch Paris an (j. Paris). Dabei 
aber beruhigt ſich die Sage noch nicht, fie greift 
noch weiter zurüd und läßt den eriten Grund für 
den Krieg legen auf der Hochzeit der Thetis und 
bes Peleus, der Eltern des Mdillens, aljo des: 


Namentlich hatten 


1247 


jenigen Helden, der vor allen andern vor Troja 
ſich auszeichnete. Eris, die Göttin der Zwietracht, 
' allein nicht zu der Hochzeit geladen, warf einen 
goldenen Apfel in die Verſammlung mit der Ju: 
| ichrift: der Schönften. Den darüber entftandenen 
Streit der Göttinnen entichied Paris (j. Paris). 
Homer erwähnt die Geicdhichte von dem Apfel ber 
Eris nicht, doch findet jid) (/1. 24, 25 ff.) eine An— 
| deutung von dem Gerichte de3 Paris. Menclaos, 
der Gemahl der geraubten Helena, unternimmt 
' einen Rachezug gegen Troja, nachdem er mit ſei— 
nem Bruder Agamemnon umbergereift ift und bie 
griechiichen Fürjten zur Teilnahme gewonnen hat. 
Od. 24, 115, Nach jpäterer Sage waren die Fürjten 
dur einen dem Tyndareos geleijteten Eid zu 
dem Zuge verpflichtet (j. Tyndareos). ga: 
memnon wird im Tempel der argiviichen Hera 
bon den verjammelten Helden zum Oberfeldherrn 
erwählt, oder jein Übergewicht ftellt ihn an die 
Spike. Thuc. 1,9 Das Heer kommt im Hafen 
| bon Aulis zujammen. Hom. Il. 2, 303. Es be- 
| trägt 100 000 Mann in 1186 Schiffen. I1.2,494 ff. 
vgl. Thue. 1, 10. — Die vornehmften Helden find: 

gamemnon, Menelaos, Achilleus nebit Patroklos, 
Aias der Salaminier und Aias der Lokrer, Teu— 
kros, Neftor und jein Sohn Antilochos, Diomedes, 
Odyſſeus, Jdomenens (fiehe über diejelben die 
‚einzelnen Artt.). Vor der Abfahrt Hatte Aga— 
menmon zu Delphoi das Drafel erhalten, Troja 
werde fallen, wenn die angejeheniten der Achaier 
fih entzweiten (Hom. Od. 8, 77), in Aulis aber 
weisjagte der Seher Kalchas aus einem Beichen, 
dad Zeus in einer Schlange geichidt hatte, daß 
fie erjt im zehnten Jahre des Krieges die Stadt 
nehmen würden. /1. 2, 300 ff. Die Opferung der 
Iphigeneia in Aulis, die Homer nicht erwähnt, 
j.Iphigeneia. Unterwegs wird Philoftetes (j. d.) 
zurüdgelafien. Proteſilaos (j. d.) wird zuerft von 
allen bei der Landung an der troiſchen Küfte ge: 
tötet. (Nadı den Kyklikern landeten die Achaier 
| zuerft in Teuthrania, das fie für Troas hielten, 
‚und kämpften mit Telephos; dann wurden jie durch 
einen Sturm wieder in die Heimat zerjtreut und 
zogen zum zmweitenmal unter bes Telephos Füh— 
rung nah Troja, j. Telephos.) Die Adyaier 
ſchlugen ein Lager vor Troja auf, und Menelaos 
ging mit Odyfjeus in die Stadt, um Helena zurüd- 
aufordern, allein vergebens. 11. 3, 205. 11, 139 ff. 
Man mußte ſich zu längerer Belagerung ent: 
ichliefen. Da aber die Adjaier aus Mangel an 
Lebensmitteln im einzelnen Abteilungen Plünde— 
rungszüge in die Umgegend machen mußten (auc 
auf dem gegenüberliegenden Cherjones, um jich 
u erhalten, Aderbau treiben mußten, Muc. 1, 11), 
5 fonnten jie ihre Macht zur Bekämpfung der 
jehr feften Stadt nicht zufammenhalten und waren 
genötigt, 9 Jahre lang vor derjelben zu liegen. 
Auch jind auf jeiten der Troer tapfere Kämpfer, 
‚vor allen Heltor, der Anführer des ganzen Heeres, 
und unter den Bundesgenofien Aineias, Sarpedon, 
| Glaufos u.a. Agamenmon jieht (Hom. Il. 2, 1197f.) 
den Grund, warum fie jo lange vergebens vor 
| Troja liegen müjjen, weniger in der Zahl der 
Troer, denn die machen nicht einmal den zehnten 
| Zeil des grischiichen Heeres aus, ala in der Maſſe 
‚der Bundesgenofjen. Erjt im zehnten Jahre ger 
lingt die Eroberung. — Einen Teil der Begeben: 
| heiten diejes Jahres enthält die Jlias. Chryſes, 











3 


— 


1248 Trojanischer Krieg. 


ber Priefter des Apollon in Chryſe (S. ded Arbys, | bis zum Tode Hektors (Ende der Alias) ſ. unter 
Bruder des Brifes), fam in das griechiiche Lager | Achilleus. Bald nad) Hektor jällt auch Adhil: 
und forderte jeine gefangene Tochter Chryſeis | leus (j. d.) und noch mandyer andere Held. Aias 
(Aftynome), die Agamemnon als SHavin beſaß, der Salaminier gibt fich infolge des Streited um 
gegen reiches Löjegeld zurüd; dieſer aber mies | die Waffen des Achilleus jelbjt den Tod, j. Aias, 2. 
ihn, ohne Rückſicht auf den Gott Apollon, in deflen | Der Kyflifer Arktinos läßt unmittelbar nach dem 
Prieſterſchmucke Chryſes kam, zurüd. Als darauf | Tode des Heltor die Amazonen als Bundesge: 
Apollon eine Peſt ins Lager jendet, beruft Achilleus ne ber Troer erjcheinen, deren Königin Pen— 
eine Bollsverfammlung, in der Kalchas die Ur: | thejileia von Achilleus erlegt wird; dann kommt 
jache des Unglüds angibt und erflärt, daß Chryjeis | Memnon mit den Nithiopen, erichlägt den Anti- 
ohne Löſegeld zurücdgegeben werden müfle. Aga- lochos und wird von Mchilleus getötet; dieſer aber 
memnon, der die Chryjeis ungern verliert und | jällt jelbft durd) die Hand des Paris. Die Kykliker 
Achilleus für dem Anftifter der ganzen Sache hält, | erzählen ferner die Ereignifje nach dem Tode des 
gerät nun in heftigen Streit mit Adyilleus und Achilleus, die den Fall Trojas herbeiführen. Troja 
erklärt, er werde zwar die Chryſeis zurüdienden fann nicht erobert werden, folange das Palla— 
(was auch gejchieht, 77. 1,308 ff.), aber fich dadurch | dion in jeinen Mauern ift; daher rauben es 
entjchädigen, daf er dem Achilleus jeine Lieblings:  Diomedes und Odyſſeus (j. Palladion). Auch 
ſtlavin Brifeis (f. Achilleus) mwegnehme. Als war zur Eroberung Trojad die Gegenwart bes 
er dieje Drohung ausführt, zieht ſich Adhilleus | Philoftetes mit jeinen herafleiichen Pfeilen und 
grollend vom Kampfe zurüd, und Zeus gibt der | des Neoptolemos, des Sohnes von Achilleus, nötig; 
Thetis das Verjprechen, den Achaiern jo lange | beide werden herbeigeholt (j. Neoptolemos und 
Unglüd zu jenden, bis Adilleus von Agamemnon | Philoktetes), und Neoptolemos ſetzt die Helden: 
volle Genugthuung erhalten habe. 11. 1. — Bon rolle jeines Vaters fort (feine vorzüglichfte Helden- 
der Zeit an wagen ſich die Troer, die fich während | that ift die Erlegung des SHerafliden Eurypylos, 
Achills Teilnahme am Kriege hinter den Mauern ſ. d.); Philoftetes erlegt mit einem Pfeile den 
gehalten haben, wieder ins offene Feld. Durch Paris. Doc die Mauern Trojas konnten mit 
einen jiegverheißenden Traum wird Agamemnon "Gewalt nicht genommen werden, man mußte zur 
von Zeus veranlaft, für den folgenden Tag eine | Lift greifen. Epeios erbaute auf Rat der Athene 
Schlacht feftzufegen. 11.2. Statt einer Schladht ein großes hölzernes Pferd (hölzerne Roſſe des 
fommt e3 zu einem Bertrage, nach dem Troer Meeres, d. h. Schiffe, haben Troja erobert, woraus 
und Achaier Frieden fchließen, und Menelaos und die Sage Ein Fa Pferd machte), in deſſen 
Paris um Selena und die geraubten Schäbe Bauche 6 mit Odyſſeus die tapferſten der Griechen 
fämpfen follen. Paris erliegt im Zweikampf, | verbargen. Diejes Pferd liehen die Griechen im 
wird aber von Aphrodite der Tobesgefahr ent: | Lager zurüd und fuhren zum Schein ab. Obgleich 
riffen. 11.3. Während Agamemnon die Erfüllung | mande Troer das Rob zu zertrümmern rieten, 
des Vertrages fordert, erregt Pandaros treubrüchig | fo wurde es dod in die Stadt gezogen, um den 
durch einen Pfeilichuß auf Menelaos neuen Kampf, | Göttern geweiht zu werden. In der Nacht ver- 
in dem Diomedes ſich vor allen hervorthut; der | ließen die Helden ihr Berfted, das übrige Heer, 
Tag endigt mit einem Zweilampf des Aias und | das Hinter Tenedos verborgen gelegen hatte, kehrte 
Heltor. Am folgenden Tage Waffenftillftand und | zurüd, und nun war Troja verloren. Die Stadt 
Zotenbeftattung; am zweiten umgeben die Achaier | wurde zerftört, der größte Teil der Einwohner 
ihr Lager mit Mauer und Graben. 11.3—7 (gegen | niedergemacht, die übrigen als Stlaven mit fort: 
alle hiſtoriſche rare erjt im zehnten | geführt. Od. 8,492 ff. 11, 506ff. — Bergil (A. 2) * 
Jahre, Thuc. 1, 11). Hierauf neuer Kampf, für | hat nach den Kyklikern die Eroberung der Stadt 

die Griechen unglüdlih (IT. 8), und Agamemnon | weitläufig beſchrieben. In dieſen Darftellungen 
rät zur Heimkehr, Neftor aber zur Verjöhnung | der nachhomeriſchen Sage jpielt Sinon, der Sohn 
mit Achilleus; allein die an ihn geſchickte Geſandt— des Aiſimos (oder des Siſyphos), ein Verwandter 
ſchaft richtet nichts aus. 77.9. Nächtliche Kund- des Odyſſeus, eine Hauptrolle. Er läßt ſich, als 
ſchaft des Odyſſeus und Diomedes (Doloneia, ſ. | die Griechen abgefahren ſind, freiwillig von den 
Diomedes, 2.). ZI. 10. Am folgenden Tage Troern fangen und täufcht fie durch die erdichtete 
werden die erften Helden der Griechen (game: Erzählung, daß er vor den Berfolgungen des 
mnon, Odyſſeus, Diomebes) im Kampfe verwun: Odyſſeus, der ihn zum Opfertode beftimmt habe, 
det, und die Griechen von Hektor bis in ihre Ver: geflohen jei. Als ihn die Troer nah der Be— 
Ichanzung zurüdgetrieben. Das Thor wird von — des een Pferdes fragen, gibt er 
Heltor mit einem gewaltigen Feldftein eingewworfen, an, das Pferd jei zur Eühne für den Raub des 
und den Troern ein Weg zu den Schiffen ge:  Palladions —— und werde den Troern, 
bahnt. ZI. 11. 12. — Nach kurzer Wendung des wenn ſie es ver etzen, Unheil — brächten ſie 
Kriegsglücks durch Poſeidon treibt Hektor die es dagegen in bie Stadt, jo würde Aſien über 
Griechen wieder zurüd und ift jchon im Begriff, Europa jiegen. Deswegen ziehen die Troer das 
die Schiffe anzuziinden, da ftürmt Patroflos in | Pferd in die Stadt. Sinon aber öffnet im der 
der höchiten —* mit Erlaubnis des Achilleus Nacht die Thür desſelben und gibt dem griechiſchen 
in deſſen Waffen in den Kampf, wirft die Troer Heere ein Feuerzeichen zur Nüdtehr (ſ. auch Lao- 
zurüd, erichlägt den Sarpedon und nocd viele koon). Über das Schickſal der trojaniichen Kö— 
andere und wird enblich von Hektor erlegt. II. nigsfamilie ſ. Priamos; über die Nefte des 
13—16. Auffallend ift, daß im dieſen für die |troiichen Volkes ſ. Aineias. Nach der Eroberung 
Griechen unglüdlicdhen Kämpfen doch mehr Troer |der Stadt beriefen die Atriden noch am Abende 
als Griechen fallen, was aus einem patriotiichen | gegen allen Brauch eine Volfsverjammlung. Die 
Gefühl des Dichters zu erflären ift. Das Weitere Adyaier kamen weinberaujcht, die beiden Atriden 











Troilos — Tucca. 


aber entzmweiten jich, indem Menelaos jogleich fort: 
— wollte, Agamemnon aber die Völler auf: 
orderte, noch zu bleiben, bis fie den Zorn der 
Athene, die bei der Eroberung der Stadt beleidigt 
worden war (j. Aias, 1.), durch Opfer verjöhnt 
hätten. Dadurch teilte ſich das Heer; ein Teil 
blieb mit Agamemnon zurüd, der andere mit 
Menelaos, Odyſſeus, Neftor u. a. zog am folgen: 
den Morgen ab. Neftor fam glüdlid nad) Hauſe, 
ebenſo Diomedes, Neoptolemos, —— Ido⸗ 
meneus. Hom. Od. 3, 130 ff. Aias der Lokrer 
j. d.) fand den Untergang auf dem Heimmege, 
Agamemnon (j. d.) bald nach der Rückkehr in die 
Heimat; Menelaos und Odyſſeus famen erft nad) 
langjährigen Irrfahrten nach Hauje. 

Troilos ſ. Priamos a. €. | 

Troizen j. Argos. | 

Tropaeum, reöraıov, nach griechiſcher Sitte | 
ein Denkmal der Flucht des Gegners und des | 
eigenen Sieges, auf dem Schlachtfelde errichtet. 
Es beitand aus der Aufhäufung der erbeuteten 
Waffen, oder aus einem mit denjelben (bei See— 
fiegen mit den Schiffsichnäbeln) gezierten Dents 
mal, wozu man bisweilen Baumftämme benußte, 
denen man durch Berzierungen menjchliche Geftalt 
zu geben verſuchte (Verg. A. 11, 5, aud) jpäter 
von Galigula, Suet. Cal. 45, und vielfad auf 
Münzen — Baumftämme mit Querbalten — dar: 
gejtellt); vgl. auch die antefixa ora truncis arbo- 
rum bei den Germanen, Tac. ann. 1, 61, Ruhm: 
reiche Feldherren bezeichneten mit turmhohen Tro— 
päen die Örenze ihrer Eroberungen, z. B. Alerander 
in Indien, Drujus und jpäter jein Sohn Germa= 
nicus in Germanien an der Elbe (Dio Cass. 55, 1. 
Tue. ann. 2, 18. 22 mit der ftolzen Inſchrift). 
Namentlicd aber wurden zu Rom, gewöhnlid, auf 
dem Eapitolium, zu Ehren ſiegreicher Feldherren 
ſolche Siegesdenfmäler (in verjchiedenen Formen: 
columna, arcus, tribunal) errichtet (Tac. ann. 
15, 18), zugleich auch in den Provinzen auf dem 
Schaupläßen der Grofithaten verftorbener Feld: 
*— u ewigem Andenken (Tac. ann. 2, 83). 

ndere —— — für ihre Verherrlichung durch 
Tropäen, z. B. Pompejus in Hiſpanien auf den 
Pyrenäen (Dio Cuss. 41, 24), Cäſar in Aſien Dio 
Cass. 42, 48). | 

Trophonios, Tgopavıos, 1) Beiname des Zeus | 
(j. d. 6.). — 2) Bruder des Agamedes, j. d. 

Tros, Teas, 1) Sohn des Erichthonios und 
der Aftyoche, Entel des Dardanos, Bater bes 
los, Aflaratos und Ganymedes, nad) dem die 
Troer benannt waren. Hom. I1.20,230. — 2) Sohn 
des Alaſtor, Troer, von Achilleus getötet. Hom. 
11. 20, 463. 

Trossüll wurden nach Plin. 33, 2, 9 die im 
aktiven Dienfte ftehenden römischen Ritter in jchein: 
bar ehrenrühriger Weile genannt (ftatt celeres 
und flexumines oder flexunter). Die Bedeutung 
des Namens war jchon im Altertum ſehr unficher 
und ift heute noch nicht feitgeftellt. Später be: 
zeichnete man mit dem Worte feine, ftußerhafte 
Herrchen (vgl. petit-maitre). 

Trua und Trulla, Löffel oder Schöpftelle, auch | 
Trinfgeihirr; f. Trinkgefüfse und Vasa. | 

Truceulensis Portus hieß der Hafen Britanz 
niens, von wo aus Agricolas Flotte die Umſchif— 
fung der Inſel unternahm. Zac. Agr. 38. Da er! 


Reallegiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 





1249 


jonft nicht genannt wird, ift die Lage nicht zu 
beftimmen. 

Truentum, Stadt in Picenum am Fluß Treuen: 
tus (j. Tronto), zu der das Hafentaftell Castrum 
Truentinum (Cic. ad Att. 8, 12) gehörte; j. Porto 
di Ascoli. 

Trulleum, ®ajchbeden, Heiner als pelvis. 

Tryphiodöros j. Epos, 6. 

Tryphon, Teipor, 1) eigentlih Diodotos, 
ſyriſcher Feldherr und Kronprätendent, der bei 
ichwelgerijchem Leben (daher wohl der Name) den 
Titel eines Mutofrator annahm, bald aber nad) 
Ermordung des von ihm auf den Thron erhobes 
nen Antiochos ſelbſt den Thron beftieg, was die 
Römer anfangs, durch jeine glänzenden Gejchente 
beitochen, geichehen ließen, 137 v. C. Als aber ein 
Begenkönig, Antiochos Sibetes, von den Römern 
begünftigt ward, wurde er nad) 3 Jahren ge: 
ichlagen und mußte nach Armenien fliehen, wo er 
bald (134) den Tod fand. App. Syr. 68. 
2) gründlicher griechiſcher Grammatifer zur Zeit 
de3 Muguftus und Tiberius, Sohn des Ammonios, 
aus Alerandreia, Berfaffer zahlreicher Schriften, 
von denen ſich 2 Meine erhalten haben: dtn 
)EEeog und xcol roönwr (vielleicht unecht). Samm: 
lung der Fragmente von v. Beljen (1853). Mo: 
nographien von Schmidt (1851) und Gräfenhan 
(1852). 

Tuba, ein tieftönendes metallenes WB lasinften: 
ment von gerader Form (Or. met. 1,98), während 
der helltönende lituus gebogen war. Am häufigften 
war die Anwendung der tuba im Heere, und zwar 


für das Fußvolk (wie der lituus für die Reiterei‘, 
bei Opfern, bei feftlihen Spielen und Leichen: 
begängniffen. Die tubicines und cornicines 
bildeten in der ſervianiſchen Berfaffung 2 bejon- 
dere Genturien, j. Centuria und Servii. 

Tubantes, Tovßarroı, Tubantii, germanijche, 
mit den Cherujfern verbündete Völlerſchaft, die 
Aut Zeit des Germanicus am jüdlichen Ufer der 
!ippe wohnte, jpäter aber weiter ſüdöſtlich ge— 
drängt worden zu fein jcheint. In ihrem Gebiete 
fag vielleicht das Kaftell Alifo. Tac. ann. 1, 51. 
13, 55. . 

Tubero, DO. Alius, Se Redner und Hifto- 
rifer, Zeitgenoffe des Cicero, ſchrieb eine Geſchichte 
Roms, die von den älteften Zeiten wahrjcheinlic 
bis zum Ausbruche des zweiten Bür erfrieges 
reichte und mindeftens 14 Bücher male ie (ie, 
Ligar. 4, 10. Dion. Hal. 1, 80. Liv. 4, 23. Die 
Bruchtüde fiche bei Peter, hist. Rom. rel. I p. 
311 ff. fragm. p. 199 ff. 

Tubilustrium, Trompetenweihe, j. 
Athene, 6. 

Tubus, Röhre von Metall oder Thon, a) zur 
Zuftheizung, j. Haus, Il. und Suspensura; 
b) bei WBarferfeitungen, j. Aquae ductus, 

Tueca, Tovrx«e, a) mehrmals vorfommender 
Städtename in Afrifa, 1) in Mauritania Cäſa— 
rienfi8 an der Mündung des big 2) in 
Numidien; 3) in Byzacium (Provinz Mfrifa), j. 
Ruinen Dugga. — b) römisches Kognomen, |. Plo- 
tii, 4. 


Pallas 


79 


1250 Tuccius — Tullii. 


Tucelus, Marcus, Üdil 192 v. E,, brachte | Studium des Rechts im Umgang mit den großen 
von dem den Wucherern abgenommenen Strafgelde NRechtögelehrten, den beiden Scävola (Augur und 
dem Jupiter ein Weihgejchent dar. 2 Jahre jpäter | Bontifer, Cie. Brut. 89,j. Mucii, 7. und 8.), ſowie 
verwaltete er als Prätor die Landſchaft Bruttii, der Philojophie. Ju diefer wurde er zuerjt unter- 
ein Amt, das er auch für die beiden nächſten Jahre | richtet von dem Epifurcer Phädrus, von dem'er 
behielt. Liv. 35, 41. 37, 2. 43, 36. ſich indes bald zurüdzog, um fich dem 88 nad) 

Tuder, zö Toödeg, alte Stadt in Umbrien Rom geflüchteten Vorjtand der Alademie, Philon 
auf einem Hügel an der Straße zwiichen Meva- von Larija, jowie dem Stoifer Diodotos zuzu— 
nia und Rom. Bei dem jeßigen —* finden ſich wenden, der ihn namentlich in die Künfte der 
noch Altertümer und folofjale Mauerrefte. Plin. , Dialektik einweihte. Nur kurze Zeit unterbrach der 
3, 14, 19. Strab. 5, 227. | Kriegsdienft unter Pompejus Strabo im marjijchen 

Tuditänus j. Sempronii, C. | Kriege (89) jeine raftlojen Studien (Phil. 12, 11). 

Tulingi, Völkerſchaft Galliens zwijchen den , Geiftig reich ausgeftattet, in den Küunften der 
Naurifern und Helvetiern am NRhenus. Caes. b. Rhetorif gebildet, wandte er jih nun im Mannes— 
g9.1,5. alter unter Sullas Diktatur dem öffentlihen Leben 

Tulliänum ſ. Robur und Roma, 10. zu (ad caussas et privatas et publicas adire 

Tullii, 1) M. Tull., wurde auf Befehl des | coepimus, Brut. 90). Die Idee des Rechts und 
Tarquinius Superbus, weil er Geheimnifje ver: | der gejeglihen Ordnung war jein Leitftern. Wie 
raten ‚hatte, erjäuft. Val. Max. 1, 1, 13. Dion. | tief er von diefer dee durchdrungen war, zeigte 
Hal. 4, 62. — 2) M'. Tull. Longus, 500 v. E. er, nachdem er jeine Befähigung Nr öffentlichen 
Konful, führte gegen Fidenä Krieg. Er beteiligte Sprechen jchon durch mehrere Reden bethätigt, 
fi an der Beftrafung derer, die fich zu Gunften | von denen die im J. 81 für den Onintius ge: 
der vertriebenen Tarquinier bverjchworen hatten, haltene als die erfte in die von ihm veranftaltete 
und ftarb (noch im 9. 500) durch einen Sturz, Sammlung von Reden aufgenommen wurde, durch 
vom Wagen bei der Rückkehr von den wegen Er: | jeine erfte caussa publica im 5. 80, die nicht ge— 
rettung des Staats veranftalteten Spielen. Dion. fahrloje Verteidigung des S. Rojcius aus Ameria 
Hal. 5, 52. 56. — 3) M. Tull. Cicero (von , gegen Chryſogonos, einen FFreigelaffenen und Günſt— 
eicer, wegen Anbaues der Klichererbje), Großvater | me des Sulla. Sorge für feine geſchwächte Ge: 
des Nebners, jcheint ein Mann von alter Sitten: ſundheit, nicht Furcht vor Sulla, veranlafte ihn 
ftrenge gewejen zu jein (Cie. de or. 2, 66, 265); | bald darauf, eine Zeit lang jeine Thätigfeit auf: 
lebte noch zur Zeit der Geburt feines berühmten , zugeben und Rom zu verlafien. Während einer 
Enkels, 106 v. C. Cie. legg. 2, 1, 3. — 4) M. | zweijährigen Abwejenheit (79 — 77) ſchloß er in 
Tull. Cicero, Vater des Nedners, bald zu Rom, | Athen den für das Leben mährenden Freund— 
bald zu Arpinum (Cic. legg. 2,1, 3. ad Qu. fr. ſchaftsbund mit T. Pomponius Atticus und hörte 
2,3, 7) lebend, beichäftigte ſich mit den Wifjen- | dajelbjt den Afademiker Antiohos von Aſtalon, 
ichaften und der Erziehung feiner Söhne. Cie. de | den Epikureer Zenon und den Rhetor Demetrios, 
or. 2,1, 1. off. 3, 19, 77. — 5) Sein Bruder, 2. durcdhreifte dann Aſien und hielt fi bejonders 
Tull. Eicero, ging mit dem Redner Antonius auf Rhodos auf, wo er mit dem Stoifer Poſei— 
nad) Afien, wie er in Rom und Rhodos (103 v.E.) donios verkehrte und dor allen den Unterricht 
mit ihm den Vorträgen der dortigen berühmten des ihm ſchon von Rom her befannten Redners 
Lehrer beimohnte. — 6) 2. Tull. Cicero, des NApollonios Molon genof. An Körper geftärft und 
vorigen Sohn, dem Redner eng befreundet (frater an Geift gereift, Tchrte er nah Rom zurüd, be- 
noster cognatione patruelis, amore germanus, | gründete von neuem und feiter feine Meifterichaft 
Cie. fin. 5, 1) mit dem er zufammen im %. 79, und gelangte im %. 76 durch einjtimmige Wahl 
in Athen ftudierte, und den er mwahrjcheinlich al3 zur Quäſtur für das %. 75. Er verwaltete diejelbe 
subscriptor im Prozeß gegen Verres unterftügte | mufterhaft in Lilybäum, erwarb fih Verdienſte 
(Cie. Verr. 4, 145); er jtarb bereit3 im %. 68. durch Getreidejendungen zur Zeit der Teuerung 
Cie. Verr. 4, 64ff. ad Att. 1, 5, 1. — 7) M. in Rom, mußte aber ichon auf der Rückkehr er: 
Tull. Eicero, der Redner, wurde geboren den fahren, daß, um nach Verdienſt gewürdigt zu 
3. Januar 106 dv. E., auf einem Gute bei Arpinum. werden, man ſich nicht zu weit aus den Augen des 
Seine Familie gehörte dem Nitterftande an; es Bolles entfernen dürfe (Plane. 26f.). Er trat num 
hatte aber bisher aus derjelben niemand eine in den Senat, widmete ſich ganz der jenatoriichen 
eurulifche Würde erlangt. Der Bater z0g bald Partei und wurde durch ungebrochene Willens: 
mit ihm und dem jüngeren Bruder Duintus nad)  traft, Nechtsgefühl und Beredſamkeit die Haupt: 
Rom, wo fie unter der Aufficht des Redners L. ftüße und das Organ derjelben. Die Gunft des 
Erafjus von griechiichen Lehrern unterrichtet wir: | Bolfes juchte er nicht durch gemeine Buhlerei, 
den. Orc. de or. 2, 1. Unter denen, die bejonders jondern durch uneigennügige Wusübung ſeines 
Einfluß auf ihn Hatten, wird der Dichter Archias Talents; durch fortwährende Thätigfeit auf dem 
(j.d. 3.), genannt, der jeine erften Dichteriichen Ber: Forum wußte er die Aufmerfjamkeit desjelben rege 
ſuche jomie den Gang jeiner Studien überhaupt zu halten, jo daß es ihn fürs 3. 69 vor allen Mit— 
leitete. Früh entwidelte fich fein reicher Geift; die bewerbern zum Aedilis curulis wählte (off.2, 17). 
Anlage und Neigung für die Beredjamkeit wurde Im J. 70 übertrugen ihm die Sicilier, eingedent 
gewedt und genährt durdy Anhören der bedeu: jeiner milden Duäftur und des beim Abſchied 
tendften Redner der Zeit, Erafjus, Antonius, Sul: ‚ihnen gegebenen Verjprechens, die Anklage gegen 
picius, Cotta u. a. Sobald er die toga virilis den berüchtigten Verres. Trotz aller Schwierig: 
erhalten (90), widmete er ſich neben rhetorischen  feiten und Scilanen brachte es Cicero durch rait- 

bungen zur gründlichen Vorbereitung auf die loſe Thätigfeit in der Sammlung der Beweiie 
rednerische Yaufbahn mit dem größten Eifer dem und Zeuguiffe, durch Gewandtpeit und Energie in 


Tullii. 


1251 


der Ausführung der lage dahin, daß Verres jchon | Romanum indemnatum interemisset, ei aqua et 


im Anfange des Prozeſſes feine Sache verloren 
gab und die Stadt verließ. Das reiche Material 
verarbeitete Cicero fpäter zu den 5 Büchern ber 
Actio II. in Verrem. Während jeiner Abilität, 
in der er nur mäßigen Aufwand machte, vertei: 
digte er den Fontejus (j. d., 4.) und wahrſchein— 
lid den Cäcina (j. d., 1). Als Prätor im J. 66 
übernahm er die quaestio repetundarum und 
verurteilte den Licinius Macer. An demielben 
Sahre gab er fich, ohne Zweifel in Hoffnun 
Unterftübung bei der Bewerbung ums Zontulat, 
zum Sadwalter des Pompejus her in der Em: 
pfehlung der lex Manilia durd feine Rede de 
imperio Cn. Pompei, jeine erfte Staatsrede, und 
eigte mehr advolatoriſche Gewandtheit ald Wahr: 
Veitötiehe in der Berteidigung des Cluentius (f. 
Cluentius, 2.) Endlich gelang es ihm, troß 
der ſchamloſen Beftechungen feiner Mitbeiverber, 
wenn aud durch große Anftrengungen 
rare molestia, Mur. 22), zum ons: 
ul für das %. 63 gewählt zu werden, 
wie jedesmal bei ben vorhergehenden 
Amtern, suo anno. Angefichts der 
durd) die revolutionären Pläne der Ca: 
tilinarier drohenden Gefahr jcharte fich 
die Nobilitas, ihren Standeshochmut 
vergefjend, um den homo novus. Nach— 
dem er jeinen —*— Mitkonſul 
C. Antonius durch Abtretung der ihm 
zugefallenen Provinz Makedonien ge: 
wonnen, durch fräftiges Auftreten gegen 
die neuen agrarischen Vorſchläge des 
Servilius Rullus und durch Vertei— 
digung des greifen Nabirius jeinen 
feften Willen und feine fonjervative Ge: 
ſinnung dargethan, bewährte er jeine 
Kingheit und Wachſamkeit in der Auf: 
dedung aller Fäden der catilinarijchen 
Verſchwörung (j. Sergii, 8.), jeinen 
Mut und feine Baterlandsliebe in ber 
Belämpfung und Unterdrüdung derſel— 
ben. Es war der Glanzpunkt feines 
Lebens: jein engel fand volle Befrie: 
digung in dem Dankfeft, das ihm zu: 
erkannt wurde, wegen Erhaltung bes 
Reichs wurde er als pater patriae von 
den Befleren begrüßt (vgl. das ſchöne 
Wort Juvenald: Roma patrem patriae Cice- 
ronem libera dixit). Doch zeigten ſich aud) 
ihon Spuren des drohenden Sturmes, inbem 
am legten Tage jeines Konſulats der Tribun D. 
Metellus den Ausbruch feiner triumphierenden Be: 
rebjamfeit verhinderte und ihm nur den gewöhn— 
lichen Eid der abtretenden Konfuln geftattete. In 
der folgenden Zeit, wo er den P. Sulla und den 
Dichter Archias verteidigte, dauerten die Anfein— 
dungen der freunde Catilinas fort. Einen neuen, 
bittern Feind fand er in dem Clodius; größer 
wurde die Gefahr, als ſich Bompejus von der 
jenatorijch:ariftofratiihen Partei losjagte und ſich 
mit Craſſus und Cäſar vereinigte. Ciceros Be: 
mühungen, im Bertrauen auf feinen Einfluß bei 
Pompeſjus die Intereſſen zu vermitteln, waren 
ebenfo erfolglos, als die der Triumbirn, dem ein— 
flußreichen Redner auf ihre Seite zu ziehen. Cie. 
ad Att. 2, 1.18f. So gaben ihn die Machthaber 
dem Glodius preis, deſſen Sejeß: si quis civem 


auf | 








igmi interdiceretur, mit rüdwirlender Kraft auf 
Eicero wegen Hinrichtung der Mitverjchworenen 
des Catilina angewandt wurde. ‚Er entzog ſich 
ber Auflage, indem er in ein freimilliges Eril 
ing, April 58; bei En. Plancius in Mafedonien 
en er Aufnahme und vermweilte dann, auf bal: 
dige Zurüdberufung hoffend, in Dyrrhachium. 
Über den Abweſenden wurde die Strafe der Ber: 
bannung ausgejprochen, jeine Güter preisgegeben 
und zum Zeil zerftört. Nicht immer ertrug er 
mit voller Würde und Männlichkeit fein Unglüd, 
in den Briefen an jeine freunde erging er ſich 
in Klagen und Jammer. Am 4. Muguft des fol: 
enden Jahres wurde er, nachdem 2 jchon im 
nfange des Jahres geftellte Anträge vereitelt 
worden waren, mit Unterftüßung der meiften 
Volfstribunen und unter Mitwirkung des Pom— 
pejus zurüdgerufen, und mit Jubel empfing ihn 





bei jeinem Einzug das Volt (Sept. 57). 


Dod) 
icheint von hier an feine Kraft gebrochen zu jein; 
unjchlüffig und ſchwankend zwiichen den Parteien, 
griff er in die Staatsangelegenheiten wenig mehr 
ein, Angſt vor Clodius und die Einjicht in die 
Ohnmacht des Senats trieb ihn unter den Schuß 
der Triumbirn; dem Bompejus verichaffte er aus 
Dantbarkeit die praefectura annonae auf 5 Jahre, 
doch audh um Cäſars Gunft bewarb er jich bei 
mehreren Gelegenheiten. Cie. ad Att. 4, 5. Um 
jo thätiger war er in den nächſten Jahren als 
Redner (pro Sestio, in Vatinium, pro Coelio, 
de provinciis consularibus, pro Balbo, in Piso- 
nem, pro Plancio, pro Rabirio Posthumo, pro 
Milone) und mandte fich jet auch Titterarijcher 
Thätigfeit zu, ja er errang jogar Kriegsruhm, da 
er als Statthalter in Kilitien (Juli 51 — Juli 50) 
einen Zug gegen die räuberiichen Stämme des 
Amanos machte und von feinem Heere zum Im— 
perator ausgerufen wurde. Bei feiner Rückehr 
79* 


1252 


erfannte er, daß die Freiheit verloren jei, der 
Kampf der Barteien aber nur noch mit dem Schwerte 
entjchieden werden fünnte. Nach längerem Schwan: | 
fen ſchloß er fih dem Pompejus an, folgte dem | 
Heere nad Griechenland, nahm wegen Krankheit 
an der Schladht bei Pharjalos nicht teil, lehnte 
den Antrag ab, an die Spitze des Heeres zu treten, 
und fehrte nady Italien zurüd, wo er von dem 
zurüdgelchrten Cäjar begnadigt und mit Freund— 
ichaft und Muszeichnung aufgenommen wurde, 
Septbr. 47. Plut. Cie. 39. Dio Cas:. 46, 12. 22. 
Doc entzog er fich von der Zeit an den öffent: 
lichen Geſchäften und lebte meift fern von Rom 
auf jeinen Gütern; durd den Anblid der immer 
zunehmenden Willkür, jowie durch bäusliches Un: 
glüd und Selbftvorwürfe war jeine Stimmung 
ſehr getrübt. Um jo eifriger beſchäftigte er ſich 
mit der Philoſophie; nur redneriiche Pflicht und 
das Bemühen, früheren Barteigenofjen Gnade zu 
erwirten, riefen ihn mitunter * aus der Ruhe 
ſeiner Studien (Reden pro Marcello, pro Ligario, 
pro Deiotaro), Naddem aber (15. März 44) 
Cäſar unter den Dolchen der Verſchworenen ge: 
fallen war, um deren Geheimnis er nicht wußte, 
da glaubte er an die Wiederkehr einer befieren 
Beit, und jeine VBaterlandsliebe trieb ihn zu thä- 
tigem Eingreifen. Als auf Antonius’ Antrag Cä: 
jars Verfügungen beftätigt und die „Befreier‘ be: | 
gnadigt wurden, jprach er für diejen Antrag und | 
bejonders die Ammeftie; indes die Stellung, die 
Antonius bald einnahm, und die Drohungen der 
Gäjarianer trieben ihn aus Rom; unfchlünfig ſich 
hin und her wendend, 4* er nach 5 Monaten 
(31. Auguft) zurüd und fpannte nun noch in den | 
von September 44 bis April 43 gegen Antonius | 
gehaltenen philippiichen Reden alle Kräfte jeiner | 
Beredſamkeit an. Gegen denjelben wurde endlich 
der Krieg beichloffen, aber Eiceros Blick jcheint 
umbüftert zu jein, wenn er beim Anjchluffe an den | 
Octavianus in dieſem wirklich eine Stüße ber, 
Freiheit zu finden hoffte; nur zu bald enthüllte , 
diejer jeine wahren Mbjichten, ald er nad) der 
Schlacht bei Mutina für fi) das Konſulat erzwang 
und dann mit Antonius und Lepidus fich zum 
zweiten Triumvirate verband, Oktober 43. Seht 
mußte das Haupt der Gegenpartei fallen, und es 
ift nicht wahricheinlich, dat DOctavianus fich ernft- 
lich * Cicero verwandt * Er wurde bei Ab— 
ſchluß der Verbindung ſofort mit 16 andern ber 
angejcehenften Republikaner geächtet und entwid) 
auf die Nachricht, dag Hinrichtungen ftattfinden 
würden, anf feine Billa bei Tufeulum. Unſchlüſſig, 
was er thun und wohin er jich wenden jollte, halb 
wider Willen von jeinen Getreuen entführt, ward 
er bei Gajeta von dem Kriegstribunen Bopilius 
Yänas erreicht und, als er ſich aus der Sänfte 
herausbog, von dem Genturio Herennius getötet, | 
7. Dezember 43. Kopf und rechte Hand wurden 
feinem Todfeinde Antonius überbraht und auf 
der Nednerbühne aufgeitellt. — Cicero war von | 
Haus aus ohne bedeutendes Vermögen, erwarb fich 
aber während feines öffentlichen Lebens, doc ohne 
geſetzwidrige Mittel, große Neichtümer; aber bei 
jeiner Bauluft befand er jich oft in Geldverlegen- 
heit. Außer einem von Erafjus gekauften bedeu- 
tenden Der in Rom bejaß er Zandgüter (Tu- 
sculanum, Formianum u. a.) und fleinere Be- 
figungen im mehreren Teilen Italiens. — Er 





Tullü. 


vermählte fidy im %. 77 mit ber Terentia (. 
Terentii, 11.), die ihm 2 Kinder gebar, aber 
noch im 3. 46 eine Trennung veranlaßte; doc 
auch eine neue Berbindung mit der jungen Bublilia 
(j. Publilii, 3.) brachte ihm feinen häuslichen 
Frieden und wurde aufgelöft. Sein Sohn Marcus, 
eb. 65, betrübte ihn ungeachtet einer jorgfältigen 

ziehung durch rohe Ausichweifungen, doch erhielt 
er ipäter durch Octavianus, in feine bürgerliche 
Stellung wieder eingelegt, hohe Staatsämter |j. 
Tullii, 9). Mit großer Liebe hing Cicero an 
jeiner Tochter Tullia, geb. 76, die erft mit €. 
Galpurnius Piſo, jpäter mit Dolabella vermählt 
war, und deren Tod (45) ihn tief betrübte. — 
Hauptquelle über Leben und Berhältnifie: Flut. 
Öie. und Oic. Brut., für das ſpätere Leben die 
Briefe, bejonderd ad Atticum. — Cicero bejaf 
alle Tugenden des Brivatmannes feinen Freunden 
egemüber, Sittenreinheit, geiftige Regjamkeit und 
Sinn für das Hohe und Edle, eifernen Fleiß und 
uneigennüßige Dienftbefliffenheit ; Eitelfeit dagegen 
und Ruhmredigfeit räumt er öfter jelbft von sich 
ein. Sein Öffentlicher Charakter ijt in den Wechieln 
jeines Lebens abgejpiegelt. Seine große Bater: 
landsliebe, die Begeifterung für Recht und Frei— 
heit verlieh ihm den augenblidlihen Mut, die 
dem Staate drohenden Gefahren und Beriönlich- 
feiten mit aller Energie zu befämpfen. Es fehlte 
ihm aber der politifche Scharfblid, jowie das kon— 
jequente Beharren bei dem einmal für richtig ge: 
haltenen Prinzip, die auch in den ‚anhaltend 
ſchwierigen Berhältniffen ausdauernde Entichiedeu- 
heit und Feſtigkeit (gravitas), und dieſe Mängel 
verftridten ihn in Mißgriffe und Widerjprüche. 
Als Demofrat begann er Peine Laufbahn, war dann 
der Borlämpfer der fonjervativen Senatspartei, 
ichloß fich an Pompejus an und diente dem Cäſar. 
Doc zeigt fih in der Schwäche auch beionders 
die Gutmütigfeit, die ftets bereit ift, das Beſte 
zu hoffen, und nie den Glauben an Zreue und 
Nedlichkeit verliert. Selbft fein ftarrer Barteimann, 
hielt er die Berjöhnung und WUusgleihung der 
Barteiwirren für das allein Erreichbare und rich 
tete darauf jein Streben. Wenn er auch nicht 
immer ben damaligen, alles zerwühlenden Kämpfen 
gewachſen mar, und daher Schwächen an ihm 
deutlich hervortreten, jo find doch die Urteile, die 
der übertriebenen Bewunderung früherer Zeiten 
egenüber Drumann, Mommijen und in neue 
er Zeit Karl Neumann über ihn gefällt haben, 
hart und ungereht. Man darf auf feinen Fall 
die Gebrechen jener Zeit und die fehler der Rede: 
funft ihm als rein perjönlihe Mängel anrechnen; 
er hat in einer ftarfen Dulderjeele eine unerjchüt- 
terliche Liebe zum Vaterlande getragen; jein Glaube 
und Bertrauen auf eine glüdliche politiiche Ge— 
ftaltung besjelben war viel mächtiger als jeine 
Einficht in die Möglichkeit und fein Bermögen, 
jelbft dazu, wie er es jo gern wollte, immer und 
überall beizutragen. - Für ihn zeugte ſchon das 
Altertum jelber; insbejondere gehört hierher jene 


ſchone Erzählung am Ende der plutarchiſchen Bio: 


graphie: lange nach feinem Tode tritt Auguft ins 


Zimmer zu einem der Enkel, der eine Schrift 


Ciceros in Händen hat und erichroden in jeinen 
Mantel birgt; ald Auguſt dies fieht, nimmt er 
das Buch, lieſt lange darin und gibt es dann mit 
den Worten zurüd: Aöyıog arhe, & mai, Aöyıos 


Tullii. 


zei pilörergis. So hat in neueſter Zeit auch 
Nante (Weltgejchichte, 2. Teil, 1882) geurteilt, 
der es Cicero hoch anrechnet, daß er zwiichen den 
fämpfenden ®ewalten einen Mittelweg fand, auf 
bem er fich behaupten und die Idee des Rechten 
und Guten verteidigen fonnte. — ne über jein 
Leben Drumann, Gejchichte Roms ©. 216 ff. 
Vl S. ıf. Brüdner, Leben des Cicero (unvol: 
lendet, Bd. 1. 1852). Curingar, M. Tullüi Ci- 
ceronis comment. rerum suarum (1854). Boij: 
fier, Cieeron et ses amis (deutſch von Döhler, 
1869; 7. Aufl. des Originals 1884), Teuffel, Studien 
und Eharatteriftifen (2. Aufl. 1889), ©. 362 ff. — 
Eicero war jeit jeinem jechzehnten Jahre in un: 
unterbrochener geiftiger Thätigfeit, von jeinem 
eng 2 ae an unter dem Andrang des 
öffentlichen Lebens mit rhetorifchen und philoſo— 
phiichen Studien, und in hohem Alter mit einem 
beifpiellojen Fleiße mit Bearbeitung der geſam— 
melten Schäße beichäftigt. Unter feinen Schriften 
find zu nennen: A) Reden, nämlich 56, wenig: 
ftens größtenteils erhaltene (zum Zeil oben ge 
nannt), von denen die orationes IV post reditum 
vielleiht umecht find, einige andere aber (pro 
Murcello, einige der Reden in Catilinam) ohne 








1253 


len (4 Bbb. 187784). — B) Nicht geringe Ber: 
dienfte erwarb ſich Cicero um die Theorie der 
Beredjamkeit, indem er die Lehren der griechi— 
ſchen Technik mit freiem, jelbftändigem Geiſt in 
ein römijches Gewand Fleidete und die Rhetorik 
als Wiſſenſchaft auf römiſchem Boden heimiſch 


| machte. Es jcheinen ſämtliche Schriften erhalten: 


1) Rhetorica, eine Jugendarbeit, begonnen etwa 
83 dv. E., von der nur 2 BB. über den redne: 
riſchen Stoff, de inventione, ausgearbeitet find. 
Sie ftimmen vielfad überein mit den Rhetorica 
ad Herennium in 4 BB., einem Wert, das ihm 
jegt allgemein abgejprocdhen wird. Der Berfafier 
ift indes ebenjo unbefannt (DO. Cornificius?) 
wie das Verhältnis beider Schriften zu einander; 
Eicero jcheint eher den letzteren Kar zu haben, 
als umgefehrt. 2) de oratore, 3 BB., aus dem 
%. 55, in Form eines Geſprächs, wodurch die 
Behandlung an Leichtigkeit und Lebendigkeit ge: 
wonnen hat; Doc geht das Geſpräch oft in den 
trodenen Lehrton über. Das Werk ift eine reiche 
Fundgrube lehrreiher Erfahrungen, jowie ein 
Mufter ftiliftiicher Darftellung. as erite Bud 
erörtert die Bildung zum Redner, das zweite die 
Behandlung des Stoffes, das dritte die Form und 


genügende Gründe, nad einem zu idealen Mafftab | den Bortrag der Rede. 3) Brutus s. de claris 
der ciceronischen Beredſamkeit, verdächtigt find; | oratoribus liber (aus dem Anfang des J. 46), 
dazu Fragmente von 18—20 verlorenen, jowie die Geichichte der römischen Redner, Ei ein leben: 
Titel von noch 35 Neben. Einige find, nachdem | diges Bild von dem Streben der Römer nad) red: 
fie gehalten, niedergeichrieben (in Catil. 1.), andere | nerischem Ruhm und manche Aufichlüffe über den 
jpäter umgearbeitet (pro Milone), andere endlich | eignen Bildungsgang des Redners. 4) Orator, 
gar nicht gehalten, jondern ur nach den vorlie= | verfaßt ebenfalls im J. 46, ein Schilderung des 
enden Berhältnifien umgearbeitet (in Verr, act. | Ideals eines Redners, durch jchöne Form, Ba 
[.. Phil. II). Die Reden find teils politifche, | die darin niedergelegte Idee die gediegenfte der 
teils gerichtliche, von diejen die meiften Berteidi: | rhetorifchen Schriften. .5) Partitiones oratoriae, 
gungsreden; nur jelten und faft widerftrebend trat | 46 oder 45 verfaßt, eine Art Katechismus in Frage 
Eicero als Ankläger auf. Als Redner vermittelte | und Antwort über die Hauptpunfte der Rhetorik. 
er die Ertreme des Archaifmus und der Neuerung; | 6) Topica ad Trebatium (vom %. 44), Erläute: 
es mißfiel ihm der damals herrſchende aſiatiſche rungen der ariftotelifchen Topik eine kurze Formen: 
Stil, und bei jonftiger Neigung zum rhetorijchen lehre der Dialektik, durch ns aus ber ge: 
Pathos und zur Wortfülle ſchwebie ihm doc; das | richtfichen Praris erläutert. 7) de optimo genere 
gute Maß der attiichen Redner vor Augen. Wozu | oratorum, wohl aud, vom %. 44, ein Vorwort zu 
Erafius und Antonius den Grund gelegt, das bil: | einer (verloren gegangenen) Überjegung der Reden 
dete er im Wetteifer mit Cotta und Hortenſius | des Aijchines und Demofthenes gegen und für den 
weiter. Glückliche natürliche Anlage, Studium der | Ktefiphon. Wusgg. der rhetor. Schriften: de in- 
griechiſchen Redner und Techniker, jowie ein um: | ventione von Lindemann (1828 und 1829) und 


faffendes Wifjen wirkten zuſammen mit der fteten 
Berüdfihtigung der römiſchen Nationalität und 
der redneriichen Bebürfnifie der Zuhörer. So er: 
reichte er zwar nicht den fittlichen Ernft und die | 
erſchütternde Kraft des Demofthenes; ald Haupt: 
vorzüge aber dürfen wir hervorheben den Scharf: 
finn, mit dem er von vornherein den Geſichts 
punkt fejtitellt, die Klarheit und Durchſichtigkeit, 
womit er das Dunfele zu veranjchaulichen, die Ge: 
wandtheit, mit der er jelbjt trodene Gegenftände 
intereflant zu machen verfteht, dazu fräftige Sen: 
tenzen, jchlagenden Wit, bejonders aber den Glanz 
und die Mannigfaltigkeit (ubertas), die auf einer 
reichen Erudition beruhen; das Sprachliche aber ift | 
der Glanzpunft jeiner Rede (vgl. unten). Ausgg. 





Weidner (1878); de oratore von Henrichjen (1830), 
ſtuniß (1837), Ellendt (1840), Bake (1863), Pide— 
rit (6. Aufl. 1886 ff.), Sorof (2. Aufl. 1882 fj.); 
1. Buch von Stölzle (1887); Brutus von Meyer 
(1838), Kuniß (1888), Peter (1839), Ellendt 
(2. Aufl. 1844), D. Jahn (4. Aufl. 1877), Piderit 
(2. Aufl. 1875); orator von Meyer (1827), Orelli 
(1830), Göller (1838), Beter und Weller (1838), 


'D. Jahn (3. Aufl. 1869), Piderit (2. Aufl. 1876), 


Heerdegen (1884), Stangl (1885); partit, orat. 
von Piberit (1867); de opt. gen. orat. von D. 
Jahn (zugleich mit orator). — C) Mit der Phi: 
(ojophie beichäftigte fich Cicero urjprünglich nur, 
um für jeine redneriſche und ſtaatsmänniſche Lauf: 
bahır eine tiefere Bildung zu gewinnen; jpäter 


jämtlicher Reden von Klo (1835 f}.), von Baiter | betrachtete er fie ald eine Zuflucht in der Unruhe 
und Halm im 2. Bande der 2. Aufl. von Orellis des Lebens, als eine Erholung in den Zeiten der 
Ausg. (1854-56). Ausgg. ausgewählter Reden | politiihen Zurückgezogenheit, ald einen ZTroft im 
von Matthiä, Madvig, Orelli, Halm (7 Bändchen, | Unglüd. Doch geiteht er jelbft ein, daß der phi- 
zum Teil in 12. Aufl), Koch, Richter, Hachtmann | lofophifche Troft zu nichts helfe, daß er nur von 
u. a. Wichtiges Hülfsmittel: Merguet, Lexikon den Ereigniffen Perf Beruhigung zu erwarten 
zu den Reden des Cicero mit Angabe ſämtl. Stel: habe. Es erfüllte die Philoſophie micht jein ganzes 


1254 


Tullii. 


Weſen, wir vermiffen cbenfowohl das gründliche | Peripatetifer dargethan. 4) Academica, zuerft 
Durhdringen eines Syftems, wie den großartigen im J. 45 in 2 Büchern, Gatulus und Yucullus, 
Überbfid. Er ergab ſich, wie faſt alle Rönter, die | abgefaßt, dann weiter in 4 Bücher umgearbeitet 


ſich mit Philofophie bejchäftigten, einem Ellekti— 
cismus, der die Philojophie nur als eine Samm— 
lung von Unterfuchungen über einzelne Tragen 
anfah; daneben jchöpfte er meiftens nicht aus den 


urjprünglichen Quellen (Platon und Wriftoteles), | 


jondern mit Vorliebe wandte er fich der jpäteren 


Akademie zu (Philon von Larija, Antiochos von | 


Aitalon u. a.). Die Wahricheinlichkeitsiehre der: 


jelben und ihre zweifelnde Dialektik entiprach be: 
fonders feinem Sinne, außerdem empfahlen fie ſich 


ihm durch Streben nad beredtem Bortrag. Bei 
der Nidhtung aufs Praltiſche verband er damit in 





der Ethik den ſtoiſchen Idealismus, der indes 
auch in der Auffaflung der Neneren (PBanaitios 


und Bojeidonios) die ftarre Konjequenz der alten 
Stoa aufgegeben. 
widmete ſich Cicero zu der Zeit, ald der Staat 
durd) das j. g. erſte Triumvirat in die fieberhafte 
Bewegung fam, und dann wieder, als jich unter 
Cäſar die Monarchie vorbereitete. Ohne Selb: 
ftändigfeit und Eigentümlichleit wollte er hier nur 
die griechiiche Philojophie auf römiihem Boden 
einheimiſch madhen. Daß dabei jein Zweck war, 
die Römer für Philoſophie zu interejlieren, fie 
dadurch zu bilden und namentlich auf Jünglinge, 
die er in dem gärenden Unweſen der Bolitif und 
in der anwachſenden Verſchlechterung der‘ Mora: 
lität verloren jah, anregend und erziehend einzu: 
wirfen, fpricht er oft aus (die. 1, 3. tuse. 1,3. 
2,3 u. d.). Eine lautere Quelle der griechiichen 
Philoſophie find feine Schriften nicht, manche Irr— 
tümer lommen vor, die Anfichten der Schulen 
werden nicht genau unterjchieden oder bisweilen 
entftellt; erheblich ift dagegen der formelle Nutzen, 
indem er auerjt hilofophitthe Gegenftände in la: 
teiniſcher Sprache fahlih und geihmadvoll dar: 
ftellte und dadurd einen philoſophiſchen Sprady: 
gebraud) bildete. Vgl. Kühner, Ciceronis in philo- 
sophiam merita (1825). R. Hirzel, Unterfuchungen 
zu Ciceros philofophiichen Schriften (3 Bod. 1877 
— 88). — Bon den philojophiichen Schriften find 
erhalten: 1) de republica, 54 ff. verfaßt, urjprüng: 
lih 6 Bücher, wovon früher nur ein Zeil des 
jechften, Somnium Secipionis, befannt war, bis 
Angelo Mai 1822 in einem vaticanischen Palim— 
pjejt etwa den vierten Teil des Ganzen auffand 
und jpäter herausgab. Der vollfommene Staat 
wird dariu dargeftellt mit bejonderer Beziehung 
auf Rom zur Blütezeit feiner Madıt. 2) de legi- 


bus (v. %.51), von Cicero unvollendet hinterlafien. 
Das erſte Buch gibt eine Art Naturrecht, das zweite | 


handelt vom Entwerfen der Geſetze und von dem 
ius sacrum, das dritte über die Magiftrate mit 
beitändiger Berüdfichtigung der fonfreten römijchen 
Verhältniſſe. Drei weitere Bücher, in denen das 
Werk jeinen Abſchluß erhalten jollte, find ohne 
Zweifel nicht ausgearbeitet worden. — Die fol: 
genden Schriften jind in rajcher Aufeinanderfolge 
vom J. 46 an verfaßt: 3) de finibus bonorum 
et malorum, 5 BB., das jcharffinnigfte und durch 
methodiſche Darftellung vorzüglichite Werk, ftellt 
die Lehren von dem höchſten Gut und von den 
Zweden der Menjchen dar, und, nachdem die Anz 
jicht der Epifureer widerlegt, wird im allgemeinen 
die Übereinſtimmung der Stoifer, Afademifer und 


Philoſophiſcher Schriftftellerei 


und dem M. Terentius Barro gewidmet. Bon der 
erften Bearbeitung ift das zweite Buch Lucullus 
erhalten, das die Erfenntnisiehre des Antiochos 
und Philon behandelt, von der zweiten, Acade- 
mica posteriora, ber erjte Teil des erften Buchs 
und einige Bruchftüde. Das Erhaltene gibt nad 
allgemeinen Erörterungen die Geſchichte der Phi— 
lojophie von Sokrates bis Arfefilaos. 5) Tuscu- 
lanae disputationes, 5 BB., benannt nach Eice- 
108 Landgut bei Tuſculum, weil die dort gejchrie- 
benen Geſpräche auch al3 dort gehalten dargeftellt 
werden, Erörterungen über einzelne Fragen der 
praftijchen Philojophie, zum Zeil eine populäre 
und paränctiiche Anwendung der Nejultate von 
de finibus auf das fittlihe Xeben. 6) de natura 
deorum, 3 BB., von denen das erfte die Anfich: 


‚ten der Epikureer größtenteils nad) Phaidros’ Buch 





nel Dem gibt, das zweite die der Stoiler nad 
Kleanthes und Ehryfippos, das dritte Die Beur— 
teilung und die Anfichten der Alademiker enthält; 
auch hier lagen meift abgeleitete Quellen zu Grunde 
(Bojeidonios, Karneades, Kleitomachos u. a.). 7) de 
divinatione, 2 BB., eine Bervollftändigung der 
vorigen Schrift in ähnlicher Weije mit Benußung 
von Chryſippos megi zenounr, Pojeidonios rei 
narrınns, für das erfte Buch; das ziveite gibt die 
Anfichten der Akademiker nach Karneades. Da— 
neben finden aber auch die Volfsvorftellungen und 
die politiſchen Inftitute, die zur Divination ge- 
hören, ihre Berüdfichtigung, und zwar jo, daß bei 
möglichjter Schonung doc die Stepfis des Ver- 
fafierd erfannt wird. 8) de fato, der Schlufftein 
der religionsphilojophiihen Abhandlungen; nur 
ein Fragment ift erhalten. — 9) Paradoxa, eine 
rhetoriſch⸗philoſophiſche Behandlung von 6 ſtoiſchen 
Sägen. 10) Cato maior oder de senectute, an 
Atticus gerichtet, in der Charafteriftif des Cato 
eine Apologie des Alterd. 11) Laelius oder de 
amicitia, ebenfalls dem Atticus zugeciguet, an: 
fnüpfend au das Verhältnis zwiichen Scipio und 
Lälius, beruht bejonderd® auf der Schrift des 
Theophraft über dieſen Gegenjtand. 12) de ofüi- 
eis, 3 BB, erft nah Cäſars Tode verfaßt und 
an jeinen Sohn gerichtet. Zu Grunde liegt die 
Lehre der Stoiker, in den 2 erjten BB. bejonders 
Banaitios, im dritten Pofeidonios u. a. Cicero 
wollte eine Eittenlehre des arg erg en Lebens 
geben (communia officia), wobei die Betrachtung 
des GSittlihen, des Nützlichen und der Widerftreit 
wijchen beiden vorlag. Während mande Stellen 
I wörtlich überjeßt icheinen, findet doch vielfache 
Berüdfihtigung des Nationalen ftatt, und belebt 
wird die Darftellung durch zahlreiche Beijpiele aus 
der römischen Gejchichte. u find die Schrif- 
ten Consolatio, Hortensius, Timaeus (teilweife), 
de gloria, de virtutibus, de auguris u. a. 
Ausgg. der philof. Schriften: de republica von 
U. Mai (1822, ed. princ., und öfter), Steinader 
(1823), Heinrich (größ. Ausg. 1828), Ofanıı (1847) 
u. a.; Somnium Seipionis bon Meihner (3. Aufl. 
1886), Anz (1890); de legibus von Mojer und 
Creuzer (1824), Bale (1842), Feldhügel (1852), 
Bahlen (2. Aufl. 1883), du Mesnil (1879); de 
finibus von Drelli (1827), Dtto (1831), Madvig 
(8. Aufl. 1876, berühmte Ausgabe), Bödel (1. Bd. 


Tullii. 1255 


1872), SHofftein (1873); Tusculanae disput. von | 1884. 2. Bd. von Andrefen, 2. Aufl. 1885), Frey 
F. A. Wolf (3. Aufl. 1825), Kühner (5. Aufl. 1874, | (4. Aufl. 1888) u. a. Berühmte Überſetzung von 
treffl. Kommentar), Klotz (1835, mit Nachtr. 1843), | Wieland (1808 ff.). — Das Erhaltene ift nur ein 
Tiſcher (8. Aufl. 1884 ff.), Koch (1854 ff.), ©. Heine | Teil der jchriftftelleriihen Produktion Ciceros, 
(3. Aufl. 1881), Meißner (1873), Cavallin (1870), Bruchſtücke gibt es noch von mehreren Schriften: 
Hasper (1883—85) u. a.; de natura deorum von | de iure civıli, de auguriis, Timaeus, de gloria, 
Heindorf (1815), Mofer und Ereuzer (1818), Aft die noch Petrarca kannte, fowie von einigen Über: 
(1829), Schömann (4. Aufl. 1876) und Goethe | jegungen aus dem Griechiſchen (von andern werden 
(1887); de divinatione von Mofer (1828), Gieſe | ung die Titel genannt), auch ſolche, die ins Hifto- 
(1829); de fato von Bremi (1795); Paradoxa von | rijche Gebiet übergehen. — Auch mit der Dicht: 
Bernhard (1819, mit de off.), Orelli (1819, mit | funft beichäftigte Ir Cicero, anfangs als Schul: 
Tuscul.), Mojer (1846), Anz (1890); Cato maior von | übung, fpäter trieb die Eitelfeit auch zu Produk— 
Otto (1830), lot (1831), Madvig (1835), Tifcher | tionen auf diefem Gebiet (de suo consulatu, 
(1847), Sommerbrodt (11. Aufl. 1889), Naud | Marius u. a.), wiewohl er es nur zu einer leichten 
(1854), Lahmeyer (4. Aufl. 1877), Meißner (3. Aufl. | Verfifilation brachte. Quint. 2, 1,24. Namhafte 
1888), Tüding (1878), Anz (1889) u. a.; Laelius | Stüde von Übertragungen aus Aratos’ Werfen 
von Gernhard (1825), Beier (1828), Klotz (1833), | find erhalten, zulegt Herausgegeben von Bährens 
Seyffert (2. Aufl. 1876, wichtiger Kommentar), im erften Bande der poet. Lat. min. (1879), 
Naud (9. Aufl. 1884), Lahmeyer (4. Aufl. 1881), | p.1ff. Sammlung der übrigen dichterifchen Bruch: 
Strelig (1884), Meißner (1887); de officiis von | ftüde von demjelben, fragm. poet. Kom. p. 298 ff. 
Heufinger (1783; neue Bearb. von Zumpt 1838), '— Cicero heift Meifter und Bilder des latei— 
Gernhard (1811), Beier (1820), Stürenburg (1843), |nifchen Stils. Dies bezieht ſich bejonders auf 
Bumpt (2. Aufl. 1849), Unger (1852), v. Gruber | feine rednerifhen Schriften, für die der römijche 
(3. Aufl. 1874), Heine (6. Aufl. 1885), Tüding | Sprachgebraud ſchon das Material darbot, wäh: 
(1879), €. 9. W. Müller (1882) u. a. Merguet, | rend der familiäre Ton der Briefe allerlei Will: 
Lexikon zu den philofophiichen Schriften Eiceros | fürlichleiten geftattete, für die philofophijche Ter- 
(begonnen 1887). — Endlid haben wir aus dem | minologie erjt neue Bahnen gebroden werben 
fortwährenden Verkehr Eiceros mit feinen abe: | mußten. In den Reden dagegen brachte er die 
fenden Freunden als letzte Gattung feiner jchrift: | gefamte Fülle der Spradye in Anwendung, juchte 
ftelleriichen Thätigfeit D) Briefe, mit Einfchluß | die Reinheit gegen die überhandnehmende Ver: 
von 90 an Cicero gerichteten im ganzen 864 in —— der Neueren zu ſichern und ſtrebte, eine 
4 Sammlungen: 1) ad familiares (unlateiniſch ſtrenge Sejegmäßigfeit in grammatiſcher und ſtili— 
ad diversos genannt) vom J. 63 an, in 16 BB, | ftiicher Hinficht einzuführen. Neben der Klarheit 
wovon das achte Briefe von Cälius an Cicero und Beltimmtheit des Ausdruds war jein Streben 
enthält; 2) ad Atticum, 16 BB., vom J. 67 an |und Studium gerichtet auf die Fünftlerijche Be: 
bis wenige Monate vor Ciceros Tode; 3) ad | gründung des Numerus, wie derjelbe beruht auf 
Quintum fratrem, 3 BB., vom .60—54; 4) Brief: dem Wohllaut und der eg des Perioden: 
wechſel zwiichen Eicero und Brutus, früher für baus. Wenn er hiedurch das ; beiticht, jo 
unecht erffärt, von K. %. Hermann und €. Ruete | gewinnt er das Gemüt und den Berjtand durch die 
(Abh. 1883) verteidigt, in neuefter Zeit wiederum * des angemeſſenen Ausdrucks für jeden Ge— 
als unecht verworfen von F. Becher und beſonders danken, der paſſenden Farbe für jedes Gefühl, 
von Paul Meyer (Abhandlung, 1881). Doc) ſcheint jene Übereinftimmung in Weſen und Form, das 
die Echtheit (außer von 16 und 17) feftzuftehen. | mgeror in Wort und Gedanken. Er juchte aber 
Schon im 3. 44 hatte Tiro (ſ. Tullii, 12.) eine | auch den Reichtum der Sprache zu vermehren, 
Sammlung von 70 Briefen des Cicero zufammen= | teild durch bejonnene Benußung des ſchon bei 
gebracht; die jegige Sammlung ift aber erft nad) | Dichtern und Alteren Borhandenen, teil® durd) 
Kiceros Tode gemacht, wahrjcheinlich von Atticus, | neue Erfindungen nad griechiichen Analogien, und 
bon dem jelbft fein Brief erhalten; die Anord: | machte die römische Sprache geeignet für willen: 
nung ift ganz mechaniih. Die Briefe behandeln | jchaftliche Darftellung und Erörterungen, indem 
Öffentliche und perjönliche Verhältniſſe, find eine er diejelbe durch neue Bezeichnungen dem abftraf: 
unerſchöpfliche Quelle für die Beitgeichichte und | ten Denken anpafte. Immer aber bleibt er durd) 
geben ein treues Gemälde der Zeit, jomwie ein | die castitas und urbanitas jeiner Sprache der 
vollftändiges Bild von Ciceros Charakter, Leben | einzige Römer, der al3 allgemein gültiges Borbild 
und Wirken und zwar fo, daß manche Briefe, unter | des Stils gelten fan. — Erjte Gejamtausg. Mai: 
dem Eindrud momentaner Empfindungen gejchrie: land 1498; jpätere Ausgg. von Bictorius (1534 
ben, nicht in feinem Intereſſe veröffentlicht jind | —37), mit J. Camerarii annotationes (1540), D. 
und den Stoff zu mancher Anklage gegen ihn ge: Lambin (1565 f.), P. Manutius (1540 ff.) Grä— 
boten haben. Namentlich die Briefe an Atticus | vins (1684 ff., nicht vollftändig), J. A. Ernefti 
bifden faft ein fortlaufendes Tagebuch, wobei vieles | (1774— 77 u. d.), Schüß (1814 ff.), Orelli (1826 ff.; 
indes durch bloße Andeutungen und ie 12. Aufl. 1845 ff., vollendet von Baiter und Halm, 
Dunfelheit für uns unverftändlich bleibt; die Briefe trit. Hauptausgabe), Nobbe (1828, 2. Aufl. 1849), 
an Quintus ſind mehr didaktiſchen Charakters, er— Klotz (1850 ff; 2. Aufl. 1863 ff.) Baiter nnd Kayſer 
gehen ſich über das Geſchäfts- und Privatleben; | (1361 Ff.). Anfang einer neuen Ausg. von C. F. W. 
der erfte Brief beſonders kann als eine Abhand- | Müller (1878 ff.). — 8) Tullia, die Lieblings: 
lung gelten. Ausgg. der jämtlichen Briefe von | tochter des großen Redners (f. o. ©. 1252), Gemahlin 
Billerbed (1836) und Wejenberg (1872 f.); Ans: des E. Calpurnius Piſo (f. Calpurnii, 11.), 
wahl von Matthiä (4. Aufl. 1849), Süpfle (8. Aufl. | ſpäter des Dolabella (f. Cornelii, 25.). — MM. 
1880), Dietich (1854), Hofmann (1. Bd. 5. Aufl. Zur. Eicero, des Redners Sohn, geb. 65 v. G., 








1256 


folgte dem Bater in Begleitung feines Lehrers) der Abfafjung von Tragödien beſchäftigt. Wir 
Dionyfios nach Kilitien. Cie. ad Att. 5, 9,3. Die | befigen von ihm 4 Briefe (Cie. ad am. 16, 8. 16. 
Rückkehr wurde über Rhodos, Ephejos und Athen | 26. 27) und eine Heine Schrift de petitione con- 
gemacht im J. 50. Nach Erlangung der männ:| sulatus, in der er über die Mittel zur Erlaugung 
lichen Toga im %. 49 begab fih Marcus ins des Konfulats, ſowie über den Bewerber Ko 
Lager des Pompejus und fämpfte hier als Neiter: | ſpricht. Beſte Ausgg. von Bücheler (1869) und 
anführer mit Auszeichnung. Cie. off. 2,13, 45. Im Eußner (1872). — 11) Sein Eohn, D. Tull. 
3. 47 war er beim Bater in Brundufium, ſodann Cicero, 66 dv. E. geboren, wuchs zum Teil auf 
begab er fich nad Athen, wo er die berühmteften ; unter Aufficht feines Oheims und verriet ſchon als 
Nedner und Philojophen hörte, jedoch fein untade: Knabe große Anlagen. Aber jeine lebhafte Natur 
liges Leben führte. Darauf diente er unter Brutus, | und fein jchwer zu Ienfender Charakter fanden 
befehligte in der Reiterei, zwang eine feindliche | bei den häuslichen Verhältniffen feiner Eltern nicht 
Legion zur Ergebung, ſchlug den E. Antonius bei die rechte Leitung. Den Oheim begleitete er nach 
Byllis, wurde dafür von den — — geächtet und | Kililien. Im Bürgerkriege neigte er ſich zu Cäſar 
begab ſich nach der Niederlage bei Philippi zum hin und ſuchte ſpäter den letzteren für ſeinen 
jüngeren Pompejus (42). Cic. Phil. 10, 6, 13. Vater auf Koſten des Oheims zu gewinnen, folgte 
Plut. Brut. 26. Später ſchloß er fi dem Octa- dem Cäſar im J. 45 nad) — zeigte ſich 
vian an, wurde im J. 30 Konſul und beförderte ſehr unartig gegen den Vater ſowie gegen den 
als joldher mehrere Mafregeln gegen M. Antonius, Oheim, ſöhnte ſich jedoch jpäter mit beiden aus. 
den Feind jeines Vaters. Später jcheint er fich | Als der Vater jih von Pomponia trennte, trat er 
dem Trunfe ergeben zu haben, durch den er ſich auf die Seite der Mutter. Darauf ſchloß er fich 
einen frühzeigen Tod zugezogen haben mag. Plin. | dent Antonius an, den er jedoch wegen getäuſch— 
14, 22. — 10) DO. Tull. Eicero, des Redners | ter Yolfnung wieder verließ und bald mit bitterer 
jüngerer Bruder, 102 v. E. geboren, wurde mit Feindſchaft verfolgte. Während der Proffriptionen 
Marcus zufammen erzogen und unterrichtet, ver: | des J. 43 fand der wantelmütige Jüngling zu: 
mählte ſich mit der Schweiter des Atticus, Bont- | gleich mit dem Vater den Tod. Cie. ad Qu. fr. 
ponia, don der er fid vor dem Mai des %. 44 3,1, 8. ad Att. 6, 7,1. 11,10, 1. 12,7, 1 u. Ö. 
wieder trennte, wurde im J. 65 Adi, unterftügte | — 12) M. Tull. Tiro, Freigelaffener und Freund 


Tullus. 








den Bruder in der Zeit der catilinariichen Ber: 
ihwörung, obwohl er gegen die Todesstrafe jtimmte, 
war 62 Prätor und verwaltete vom X. 61 an Aſien, 
um das er ſich durch Abgabenerleichterung große | 
Berdienfte erwarb, wiewohl ihn jein Bruder wegen 
feines Jähzorns oft tadeln mußte. Cic. ad Qu. | 
fr. 1,1,8 Im J. 58 fehrte er nach Rom zu: 
rüd, wo er ber Partei des Clodius entgegen: 
wirkte und perjönlich von diefem manche Unbill 
erfuhr. Nachdem er (57—56) als Legat des Rom: 
pejus in Sardinien gewejen war, verbrachte er 
die nächte Zeit teils zu Nom, teils auf dem Lande 
und bethätigte jein Antereffe an dem Bau des 
Tempels der Tellus. Im J. 54 begab fi) Quin— 
tus zu Cäjar, dem er nad Britannien folgte; er 
fämpfte in Gallien mit großer Auszeichnung gegen 
Ambiorig, erlitt durch die Sigambrer 53 einen 
nicht unbedeutenden Berluft, nahm dann au der 
Belagerung von Aleſia teil und folgte 51 feinem 
Bruder nach Kilikien, wo er neue Lorbeern erntete. 
Caes. b. g. 5, 38 ff. 6, 32 ff. Plut. Caes. 24. Cie. 
ad fam. 15,4, 8. Beide kehrten gemeinschaftlich 
nach Rom zurüd. Beim Asbrud des Bürger: 
frieges ſchloß ſich Quintus gleich feinem Bruder | 
an Pompejus an, nad beffen Beſiegung Cäſar 
indes feinen alten Legaten zu Gnaden annahm. 
Cie, ad Att. 11, 20, 1. Auch eine Verftimmung 
zwiichen den Brüdern aus Anlaß diejer Kämpfe 
wurde nach und nach ausgeglichen. Deſto größer 
war der häusliche Kummer de3 Quintus, wozu 
nad; Cäſars Tode noch die politifchen, ſehr un: 
günftigen Zuftände famen. Im %. 43 wurde er, 
ebenſo wie Marcus, geächtet, verbarg ji, da die 
Flucht nach Makedonien unmöglich war, eine Zeit 
lang in Rom, wurde aber vou jeinen Dienern 
verraten und mit feinem Sohne ermordet. Plut. | 
Cie. 47. Zonar. 10, 17. Dio Cass. 47, 10. App. 
b. ec. 4, 19f. Duintus war ein Manı von großen 
Gaben, ein Freund hiftorischer Studien (er Nhrieh 
annales) und der Poeſie; bejonders hat er ſich mit 





des Redners, überlebte denjelben lange Zeit, be: 
jchrieb jein Leben und gab jeine Reden und Briefe, 
jowie eine Sammlung ioci Ciceronis heraus. Be: 
jonders befannt ift er als Erfinder der j. g. notae 
Tironianae, ftenographijcher Zeichen zum jchnellen 
Niederichreiben des Geſprochenen. Bgl. beſonders 
Schmitz, Beiträge zur lateinischen Soradı: und 
Litteraturfunde (1877), ©. 179 ff. — 13) M. Tufll. 
Decula, befleidete das Schattenfonfulat 81 v. €. 
neben En. Dolabella, während Sulla als Diktator 
im Befig der —— Macht war. App. b. c. 
1, 100. — 14) M. Tull., wurde von dem Redner 
Eicero in einer Rede verteidigt. — 15) M. Tull. 
Albinovanus, war Anfläger des P. Seſtius 
56 dv. E. auf Anftiften des Clodius. Cie. Vatin. 
1,3. — 16) 8, Tull., ein Freund des Atticus, 
Legat Eiceros in Kilifien, nahm teil an den dor: 
tigen Kämpfen. Cic. ad fam. 15, 4, 9. — 17) Tull. 
Balentinus, Anführer der Trevirer, beste jeine 
Landsleute zum Kampfe gegen Rom auf, geriet 
in römiſche Gefangenjchaft und wurde auf Befehl 
des Domitian hingerichtet, 70 n. E. Tac. hist. 
4,68 ff. — 18) Servius Tullius, ſechſter ro: 
mijcher König, ſ. Servii, 1. 

Tullus, ein römiſcher Beiname: 1) Tull. 
Hoſtilius, der dritte eg en König, angeblich 
672—640 dv. E. Er folgte dem Numa und war 
ein kriegeriſcher Fürft, der zuerft Alba Yonga be 
fämpfte, als friedliche Verhandlungen durch feine 
gift — waren. Nach des albaniſchen Königs 
Cluilius Tode veranlaßte der Sage nach deſſen 
Nachfolger Mettus Fuffetius den belannten Zwei— 
kampf zwiſchen den Horatiern und Curiatiern. 
Nach der dadurch gebrachten Entſcheidung kam es 
vg Kampf zwiichen Rom und Fidenä, in dem 

ie kurt mil Albaner auf ihres Auführers 
Betrieb treulojen Verrat übten, den Tullus nad 
der Schladht durch den Tod des Mettus Fuffe 
tius jühnte. Darauf verpflanzte er die Albaner 
nach Rom auf den mons Caelius und zeritörte 


ne 2 











Tumultus — Turris. 


Alba. Dem albanijchen Kriege folgte ein Kampf | 
mit den Sabinern, die gleichfalls geichlagen wur: | 
den. Geringere Sorgfalt wandte der ftreitiujtige | 
König auf die religidjen Zuftände. Liv. 1, 221. 
Daher ftarb er nach der Sage dur einen Bliß- 
ftrahl Jupiters. Cie. r. p. 2, 17. Dion. Hal, 3, 36. 
Abhandlung von Schömann (1847). — 2) Wttius 
Tull., ein Häuptling der Boljfer, nahm den | 
flüchtigen Cortolan gajtlidy auf, wurde aber als: 
bald jein Gegner und nach einigen der Urheber 
jeines Todes. Ziv. 2, 40. Plut. Coriol. 22. 39. — 
3) Tullus, Freund des Dichters Propertius, der 
ihm mehrere Elegien gewidmet hat, Neffe des X. 
Bolcatius Tullus, Konfuls im J. 33 v. €. 

Tumultus (von tumeo), der Volksaufſtand, wie 
seditio; urſprünglich die plögliche Kriegsgefahr 
oder der nicht angekündigte Krieg (durjeuarog mo- 
ktwos), im Gegenjag zu bellum. Die bei einem | 
folchen Kriege geworbenen Soldaten hiehen mi- 
lites tumultuarii; zu ihm mußte ſich die gejamte | 
wafjenfähige Mannichaft auf das gegebene Zeichen | 
(auf dem Capitol aufgeftedte Fahnen) ftellen. 

Tunes, Tunis, Törns, Törıs, feſte Stadt 
Afrilas, 10 Millien ſüdweſtlich von Karthago, nahe 
der Mündung des Fluſſes Katada (j. Miliana). 
Durch vorgelagerte Dünen ift der Hafen des j. 
Tunis faft zum völligen Yandjee geworden. Strab. 
17, 834. Liv. 30, 9. 16. 36. 

Tungri, Toöyyeoı, eine aus Germanien nad) 
Gallien eingewanderte Bölferjchaft, in dem früher 
bon den Eburonen bewohnten Striche zwiichen 
Schelde und Maas, aljo Nachbarn der Ubier und 
Nervier. Ahnen gehörte die Stadt Adunca oder | 
Mouatuca, j. Tongern mit vielen Altertümern. 
Tac. Germ. 2. hist. 4, 55. 79. 

Tanleca j. Kleidung, 8. 

Turba, 1) Stadt der Edetaner im tarraconenz 
fiihen Hiſpanien. Lie. 33, 44, — 2) Stadt der 
Tarbeller in Mauitania, auch Caſtra Bigorra ge: 
nannt; j. Tarbes. 

Turdetäni, Tovgöntavod, Tvgdıraror, Haupt: 
völlerichaft in Hiſpania Bätica, weſtlich vom Fluſſe 
Singulis (j. Xenil), an beiden Ufern des Bätis 
und weſtlich bis in das füdliche Lufitanien hinein. 
Da fie jehr gebildet waren, Wiſſenſchaften trieben, 
Geſchichtsbücher, Volkslieder, in metriſcher Form 
abgefahte Geſetzbücher hatten (nach Strabon), jo 
wurden fie leicht romanifiert. Sie galten übrigens 
für unfriegerijch. Strab.3,164. Liv.21,6.34,17.42. | 

Turdüli, Tovedovio:, mit den Turdetanern 
nahe verwandtes Bolf Hifpaniens, bewohnten die 
Spitze der pyrenäiſchen Halbinjel bis zur Meer: 
enge hinab; fie verſchmolzen nach Strabon dann 
ganz mit den Qurdetanern. Pol. 34, 9. Strab, 
3, 139. 148. 151 u. ö. Plin. 3, 1,3. 

„Turii, 1) &. Zur, wurde von Cato dem 
Alteren in einem Prozeſſe verteidigt. Gell. 14, 2. 

- 2)L. Tur., ein wenig begabter, aber fleifiger 
Redner, um 60 v. E. Cie. Brut. 67, 237. 90, 311. 
— 3) wird von Horaz (sat. 2, 1, 49) als beftedh: 
liher Richter angeführt. 

Turis, Küftenfluß im Gebiete der Edetaner 
im tarraconenfiichen Hiſpanien, berühmt durch das 
proelium Turiense zwijchen Bompejus und Ser: 
torius (Cie. Balb. 2. Plut. Pomp. 18. Sert. 19); 
j. Zuria oder Guadalaviar. Vgl. Tutia. 

Turma j. Ala. 





I 








1257 


Turnus, 1) Tverog, Sohn des Daunns und 
der Venilia, durch Dange Ablömmling des Akri— 
fios und Inachos, Bruder der Juturna, Schwefter: 
john der Amata, der Gemahlin des Latinus ( Very. 
A. 7, 371. 10, 76. 615. 12, 138), Rutulerfönig zu 
Ardea, Hauptgegner des Aineias in Latium (ji. 
Aineias), von diejem erlegt. Verg. A. 12, 926 ff. 
Ov. met. 15, 773. Liv. 1, 2; j. Perseus und 
Mezentius. — 2) ein römijcher Satirifer in 


‚der Zeit des Nero und feiner Nachfolger (Mart. 


7, 97, 7. 11, 10), den Namatianus (itin. 1, 603) 
und Lydus (1, c. 41) neben Juvenal ftellen, und 
auch Sidonius Apollinaris (9, 266) rühmend er: 
wähnt; Bruder des Tragilers Scävus oder Scä: 
vius Memor. 

Turönes oder «ni, galliihes Bolt an der Loire 
(in der heutigen Touraine) zwiichen den Pictones 
und Carnuti, mit der Hauptſtadt Cäjarodunum 
(j. Zours). Caes. b. g. 2, 35. 7, 4. 75. 8, 46. Tac. 
ann. 3, 41. . 

Turpilii, 1) S. Turp., jüngerer Zeitgenofje 


des Terenz, verfahte Komödien, in denen er grie— 


chiſchen Muſtern, bejonderd dem Menander, nad): 
ahmte, und ftarb um 103 v. E. zu Sinuefla. 
Die Überreite (gefammelt von Grautoff, 1853, und 
Nibbed, scaen. Rom, poes. II p. 85 ff.) zeigen 
einen frijhen Ton, eine an voltstümlidyen Aus— 
drüden reiche Sprade und einen feinen VBersbau. 
— 2)T. Turp. Silanus, diente unter Metellus 
Numidicus in Numidien, wurde bei dem der römi— 
ichen Bejagung in Bacca bereiteten Untergang allein 
von den Feinden verjchont, deshalb jpäter als 
Berräter unter Anklage geftellt und zum Tode 
verurteilt, hauptjächlich auf Betreiben des Marius, 
Sall. Jug. 66f. 69. Plut. Mar. 8. 

Turpio j. Ambivius. 

Turranii, 1) Turr. Niger, dem jein freund 
Barro das zweite Buch jeines Werkes über die 
Landwirtichaft gewidmet hat. Varr.r.r.2. praef.6. 
— 2) M. (oder €.) Turr., 44 v. E. Prätor, 
weigerte ji von Antonius eine Provinz anzu— 
nehmen, was zu jeinem rechtichaffenen Charakter 


ſtimmte. Cie. Phil. 3, 10, 25. — 3) €. Turr., 


war mit der Herbeiſchaffung von Lebensmitteln 
unter der Regierung des Tiberins (und wohl aud 
noch des Claudius) beauftragt. Teac. ann. 1,7. 
11,31. — 4) Turr. Gracilis, aus Spanien, 
ichrieb verichiedene Werke über Naturgejchichte, 
Geographie und Landwirtichaft und wird mehr: 
fach von dem älteren Plinius (z. B. 9, 6) u.a. er: 
wähnt und bemußt. 

Turrigöra, Turrita j. Khea. 

Turris. 1) Die Beichreibung der Türme bei 
Belagerung einer Stadt j. Belagerung. Turm: 
ichiffe (naves turritae) waren jchon früh im Ge: 
brauche ſchon Kyros beſaß ſolche nach Herodot) 
und erhielten namentlich durch Demetrios Polior⸗ 
letes in der Diadochenzeit ihre größte Ausdehnung, 
jo daß 2 verbundene Schiffe die Unterlage jein 
musten; auch Marcellus hatte vor Syrafus jolche. 
Liv. 24, 34. Ebenſo erwähnt Cäjar (b. c. 3, 40) 
eines Qurmichiffes, jowie (b. g. 3, 14) einer ganzen 


Flotte mit Türmen gegen die noch höheren Schiffe 


der Beneter. Die von Servius zu Bergil (A. 8, 693) 
aufgeftellte Behauptung, da Agrippa zuerſt dieje 
Art Türme (hoc genus turrium) in Anwendung 
ebracht habe, findet darin Berechtigung, daß jene 
üheren Türme jogleich beim Bau der Schiffe 


1258 


hergeftellt wurden, Agrippa aber erft furz vor der 
Schlacht die bereit gehaltenen Balten zu Türmen 
aufbauen ließ, wodurd der Feind in Verwirrung 
geriet. Bon der Höhe der Türme herab wurde 
die Wirkung der Gejchoffe und ſchwerer Maſſen 
vermehrt. Tuc. ann. 15, 9. Dort ftanden auch 
die sagittarii. Die Türme jcheinen nah Appian 
mit gleicher Farbe angeftrichen geweſen zu jein, 
wodurd; die Erkennung der befreundeten Schiffe | 
erleichtert wurde. — 2) ad Turres ift eine auf 
den Itinerarien in vielen Gegenden vorfommende | 
Ortsbezeihnung von Kaftellen; oft wird noch ein 
Beiſatz hinzugefügt, z. B. Turres Albi in Lufis 
tanien, T. Aurelianae, Julianae in Hilpanien. 

Turullfus, Bublius, nahm an der Ermor: 
dung Cäſars (im %. 44) teil und war in dem— 
jelben Jahre Quäftor in Bithynien. Im J. 43 
befehligte er eine Flotte und fammelte nad) der 
Schlacht bei Philippi (42) die Seemacht der „Be: 
freier” im Oſten.“ Später jchloß er fich dem | 
Antonius an. Diejer lieferte ihn nachmals an 
Octavian aus, der ihn hinrichten lieh. Cie. ad, 
fam. 12, 13, 3. Dio Cass. 51, 8. App. b. c. 5,2. 

Tusei j. Etruria. 

Tuscülum, Tovox(ov)Aov, feſte Stadt Latiums, 
auf einem hohen Bergrüden des Albanergebirges 
(Liv. 3, 7. Hor. epod. 1, 29), der Sage nach von 
Telegonos, dem Sohn des Ddyfjens und der Hirte, 
erbaut (Telegoni iuga parrieidae, Hor.od.3,29,8. 
Ov. fast.3, 91. Prop.2, 32,3). Nad) der Schlacht 
am See Negillus ſchloß fie fi den Römern an | 
und wurde Municipium. Liv. 6,26. Cie. Plane. 8. | 
In der Nähe Hatten die reichen Nömer, 3. B. 
Cicero (ad Att.4, 2, 5), prächtige Landhäujer. Das 
heutige, nad) der Zerftörung der Stadt im}. 1191 er: 
baute, Frafcati zeigt in jeiner Nähe zahlreiche Refte 
von Mauern, Thoren, Theatern und Feliengräbern. 

Tuseum mare j. Tyrrhenum mare, | 

Tuseus vieus j. Roma, 22. und Vertum- | 
nus,.a. €. | 


Turullius 








Tutela. Die römifche Vormundichaft war ent: |d. h. XXV annis, j. lex Plaetoria. 


weder tutela oder cura. 1) Die tutela, das | 
Schirmrecht über Perſonen, die fih nicht ſelbſt be: 
raten fönnen, umfaßte Unmündige und frauen. 
A) Tutela pupillaris oder impuberum, 
entjtand a) testamento patris, wie auch die XII 
Tafeln beitimmten; b) lege (die ſ. g. legitima 
tutela). Der Unmündige erhielt nämlich, wenn | 
der Bater ohne Beftimmung eines Vormundes ge: 
ftorben war, den nächiten Agnaten ald Tutor oder 
in deſſen Ermangelung einen Gentilen. c) Durd) 
obrigfeitliche Verfügung des Prätors und der Volks: 
tribunen (dativa tutela), wenn fein teftamentari: 
icher und fein agnatijcher Bormund da war. Ein 
jolcher Bormund hieß Atilianus, weil die lex 
Atilia 188 v. C. dieſe Art der VBormünder ein: 
geführt Hatte. An der Kaiſerzeit beftellten die 
Konſuln, jpäter ein bejonderer Prätor die Bor: 
münder. Perſönliche Rechte hatte der VBormund | 
nicht (demm die Erziehung des Mündels ftand der 
Mutter oder den Verwandten zu), jondern feine 
Befugnifje erjtredten fich bloß auf das Vermögen. | 
In diejer Rüdjicht hatte er teild gestio, d. h. 
volle Vermögensverwaltung, wenn der Mündel 
noch nicht 7 Jahre alt war, teild auctoritas, 
d. h. Beltätigung der von dem Mündel gemachten 
Willenserflärung, 3. B. bei Teftamentsabfaflung, 
Schließung einer Obligation, Beräuferungen und 





— Tiyba. 


dergleichen. Wegen der oft vortommenden Unred— 
lichkeiten der Tutoren waren mehrere Rechtsmittel 
eingeführt, jchon in den XII Tafeln die alte ac- 
easatio suspecti (auf Abſetzung des jchledhten Bor: 
munbes gerichtet), nach der Rechenſchaftsablegung 
des Tutors die actio tutelae, welche zu Heraus: 
gabe und Erſatz führte u. j. w. Den jchuldigen 
Bormund traf ſtets infamia. B) Tutela mu- 
liebris (Liv. 34, 2. Cie. Mur. 12). Die unver: 
heirateten und verwitweten Frauensperſonen (mit 
Ausnahme der Veftalinnen) erhielten ihren nächiten 
Agnaten ald Bormund, wenn fie nicht durch Teſta— 
ment des Vaters oder des Gatten einen Vormund 


‚oder das Recht, fich jelbft einen zu wählen, em- 
‚pfangen hatten. Ziv. 39, 19. Ju Ermangelung 


eines Agnaten trat auch hier ein obrigfeitlicher 
Tutor ein. Das ganze Inftitut war zu Gunften 
der Ugnaten al3 der nächſten Inteftaterben ein 
geführt, weil dieien an der Erhaltung des Fami— 
lienvermögens am meiften liegen mußte. Darum 
hörte mit dem Erlöjchen der agnatiichen Vorrechte 
die tutela mul. allmählid) auf und beftand im 
4. Jahrh. n. E. nicht mehr. Die VBermögensver: 
waltung hatte aber nicht der Vormund, jondern 
die Frau; doch war dieje in manchen Fällen au 
die auctoritas tutoris gebunden, jo daß fie 3. B. 
ohne des Vormundes Billigung fein gültiges Teſta— 
ment machen, feine res mäneipi veräußern und 
weder eine Manumiifio oder in iure cessio noch 
eine coömtio oder obligatio eingehen fonnte u. j.w. 
Cie. Flacc. 34 f. top. 11. Das Recht, eine Bor: 
mundichaft abzulehnen (excusatio), gewährten 
hohes Alter, das ius trium liberorum und Sena— 
torenmwürde. — 2) Cura oder curatio ift der 
Tutel jehr ähnlich, nur daß die auctoritas hier 
nicht vorkommen fonnte, da die cura nur bei 
ge win ae und bei Verſchwendern (j. Furor), 
two der Kurator vollftändige Vermögensverwaltung 
hatte, angewandt wurde. Wichtig war auch die 
jeit ber lex Plaetoria beftehende cura minorum 
Tiejelbe 
bezwedte Schuß der minores, indem dieſe nur 
unter Beirat eines vom Prätor erbetenen Kurators 
gültige Verträge abſchließen konnten. 

Tutelina (Tutilina), römiſche Schußgottbeit, 
befonders Beſchützerin und Erhalterin der einge- 
ernteten Früchte, allgemeine Schuggöttin der Stadt 
Rom. August. c. d. 4, 8. Macr. sat. 1, 16. Plin. 
18, 2. Varr. 1.7.5, 34. Gie hatte auf tem Aven: 
tinus einen Altar, keinen Tempel, da fie nur im 
Freien angerufen wurde. 

Tutia, Tovrrie, Ort im Gebiet der Edetaner 


im tarraconenfiichen Hiſpanien, unmeit Sucro, wo 
ein Treffen zwiſchen Rompejus und Sertorius ge— 


liefert wurde. Plut. Sert. 19. F’lor. 3, 22. Doc 
ſcheint richtiger Turis (Küftenfluß cbendort) ge: 
lejen zu werden, j. Turis. 

Tutor j. Tutela. 

Tutülus, cin bogenförmiges Saartoupet Der 
römischen älteren Damen (Varr. 1.1.7, 44), eine 


Friſur, die uns mehrmals auf Statuen begegnet. 


Tyäna, r« Tvare, alte Stadt im ſüdweſtlichen 


Kappadokien am Fuß des Tauros, in der Näbe 


der kilikiſchen Päſſe, Geburtsort des Thaumaturgen 


Apollonios (j. Apollonios, 3.), dur Natur 
‚und Kunſt jehr feſt; j. Kis oder Kiliffe Hiſſar. 


Strab. 12, 537. Plin. 6, 3, 3. 
Tyba, Ort in Mfien, diesjeits des Euphrat, 


Tyche — Typaion. 1259 


öftlih von Palmyra, jebt Taibe. Cie. ad fam. zur Gattin gab. Er zeugte mit diefer den Dio— 
15, 1. medes. Mit Mdraftos und Polyneiles z0g er gegen 
Tyche, Töxn, 1) die Göttin des Zufalls und | Theben und zeichnete ſich hier vor allen durd) 
des Glüds, bei Heſiod (theog. 360) unter den | Tapferkeit, aber auch durch Roheit aus. Er er: 
Töchtern des Dfeanos und der Tethys aufgezählt, | jchlug allein 50 Thebaner, die ihm einen Hinter: 
bei Bindar eine der Moiren. Sie wird mit ver: | halt gelegt hatten, mit Ausnahme ihres Anfüh— 
ichiedenen Attributen dargeftellt; als waltendes |rerd Maion (Sohn des Haimon), den er entlieh. 
Geſchick hält fie das Ruder des Lebens in den Hom.Il.4, 370 ff. Als Tydeus tödlich verwundet 
Händen, die Kugel, um die Veränderlichleit des dalag, erichien Athene, um ihn unfterblid zu 
Zufalls zu bezeichnen, als Geberin des Glücks machen; Amphiaraos aber, der ihn haßte, hieb 
und Segens trägt fie das Horn der Amaltheia dem Thebaner Melanippos, der den Tydeus er: 
oder den Plutos (Reichtum) im Arme und heißt legt hatte, den Kopf ab und brachte ihn dem 
Teyn &yadıj (bona Fortuna). In fjpäterer Zeit Tydeus, der den Kopf jpaltete und das Gehirn 
wurde fie an verjchiedenen Orten verehrt, bejon: | verzehrte. Hiedurch verhinderte Amphiaraos Die 
ders als Retterin und Erhalterin der Staaten | Bergötterung feines Feindes, denn Athene jchau: 
(Larsıga, maig Zuvög ’Elevdeplov | Pind. ol. derte vor der Hoheit des Tydeus zurüd. Maion 
12, 1], peofnolıs, &xpela, Burggöttin, zu Si: | beftattete ihn. Apollod. 1, 8,5. 3,6,6ff. Paus. 
yon). — Die römtihe Fors Fortuna entipricht 9, 18, 2. Bal. Adrastos. 
der griechiichen Tyche; fie ift ebenfalls eine Göttin | Tylus, Thlos, perlenreiche Inſel des Perſiſchen 
des Yufalls, aber bejonders des Glüds und Segens. | Meerbufens an der arabiſchen Küfte; j. Samat, 
Ahr Dienft wurde zurüdgeführt auf Ancus Mar: | eine der Bahreininjeln. Plin. 6, 28. 32. Arr. 
tius oder auf Servius Tullius, der ihr, weil er 7 20, 6, 
als Sohn einer Sklavin dur ihre Gunft auf den) Tougyn, j. Zagori, ein mit dem Lalmon zu: 
Königsthron gelommen war, unter andern als der | jammenhängender Ausläufer der ferauniichen Ge: 
Fort. Primigenia einen Tempel auf dem Capitol , birgsfette füblich vom Fluſſe Aoos, wohlbewaldet 
und einen zweiten als der Fors Fortuna, dem und quellenreich, nach dem die umliegende theipro: 
Zufall, an dem Tiber unterhalb der Stadt ge: | tiiche Yandichaft, der nordöftliche Winkel von Epei— 
weiht haben joll. — Die Fort. Primigenia, wahr: ros, Tymphaia genannt wurde. Arr.1,7. Strab. 
icheinlich jo genannt, weil fie allen beim erjten | 7, 325. 
Entftehen ihr Geſchick zuteilt, hatte auch einen) Tyndardos, Toröciotoe, Sohn des Perieres 
Tempel auf dem Quirinalis, in dem fie zugleich | und der Gorgophone, Bruder des Aphareus, Yen: 
als Fort. Publica verehrt ward, als eine Fort. | fippos und Alarios und der Arene (Apollod. 
des ganzen römijchen Volles. Diefer ftand ent: |1, 9, 5), oder Sohn des Dibalos und der Bateia, 
gegen die Fort. Privata. llberhaupt hatte der Bruder des Hippofoon und Alarion (Apollod. 
Dienft der Fortuna bei den Römern eine große 3. 10, 4), floh, von Hippofoon aus Sparta ver: 
Ausdehnung; fie hatte eine Menge von Heilig: | trieben, mit Ikarion oder Ikarios zu Theftios 
tümern, an denen jie unter den verſchiedenſten in Mitolien, mit deffen Tochter Leda er ſich ver: 
Namen verehrt ward. Man hatte eine F. Ple- | mählte. Später ſetzte ihn Herafles wieder in die 
beia und eine F. Patricia, eine F. Equestris, Herrihaft von Sparta ein. Mit Leda zeugte er 
Libera (der freien), F. liberum (der Kinder),  Fimandra, Klytaimneſtra (Gemahlin des Aga— 
Virginalis, Muliebris, Barbata (die den Knaben | memnon), Philonoe und Kaftor. Helena gilt als 
zum Süngling heranmwachien läßt), Virilis, die eine Tochter des Zeus und der Leda, ebenjo von 
Glucksgöttin der Männer; doch änderte fich die Be: den Piosfuren (Tyndaridae) Polydeukes. Als 
deutung dieſes Namens jo, daf fie für eine Göttin | Helena von Freiern umlagert war, lieh T. auf 
des Glüdes der Frauen bei den Männern galt. Rat des Odyſſeus die Freier jchwören, daß fie 
Or. fast. 4, 145. Andere Beinamen hatte jie von den, welchen Helena erwählen werde, micht ver- 
den ihr eigentümlichen Eigenichaften und Thätig: folgen, jondern gegen jede Unbill ſchützen wollten. 
feiten, wie Respiciens (die Rüdjidyt Nehmende), So waren die freier jpäter verbunden, nad) dem 
Blanda (die Holde), Dubia, Brevis, Stata (vom Raub ber Helena den Zug gegen Troja mitzu: 
zweifelhaften, kurzen, ftandhaften Slüd), Bona, | machen. Zum Lohn für den guten Nat warb T. 
Mala, Averrunca (die Unheil Abwehrende), Comes für Odyſſeus bei Jkarios um Penelope. Apollod. 
(die Geleiterin auf Reifen), Redux u. ſ. w. Die 3, 10,9. Als die Diosfuren unter die Götter 
Fors Fortuna hatte ein Feſt am 24. Juni bei aufgenommen tworden waren, übergab er die Herr: 
dem oben erwähnten Tempel des Servius, zu dem  jchaft von Sparta feinem Eidam Menelaos. Sein 
man auf befränzten Kähnen fuhr. Or. fast. 6,773 ff. Grabmal wurde zu Sparta gezeigt. Paus. 3, 17,4. 
Das Feſt wurde vorzugsweiie von den Plebejern Tyndarldae j. Tyndareos. 
gefeiert. Außer in Rom hatte Fortuna aud in) Tyndäris, Tuvdagis, oder Tyndarium, Stadt 
andern Städten Yatiums, wie zu Antium (vgl. an der Nordküfte Siciliens mit gutem Hafen und 
Hor. od. 1, 35) und Pränefte, wo fie auch Weis- einem Borgebirge gl. N., von mefleniichen und 
jagegöttin war, einen alten Kult. — 2) Stadtteil | italiich = lofrifchen Griechen zur Zeit Dionyſios' 
von Syrakus, ſ. Syracusae, des Alteren gegründet. Später verſchlang das 
Tydeus, Tvders, Sohn des Dineus und der Meer einen Teil der Stadt, woburd ihr Wohl: 
Beriboia (Gorge, Althaia). Aus Kalydon flüchtig, | ftand jant; j. Fleden St. Maria di Tindaro. Pol. 
weil er einen Bruder jeines Vaters (Melas, Ly- | 1, 25. Liv. 36, 2. Cie. Verr. 5, 47. 
fopeus, Alfathaos) oder die Söhne des Melas, | Typaion, Toxaıor, hie ein Berg der eliichen 
die fich gegen Dineus empört hatten, oder feinen | Landichaft Triphylia am linken Ufer Bes Alpheios, 
Bruder Dlenias erichlagen hatte, fam er nah Dlympia gegenüber, von dem die rauen herab: 
Argos zu Adraftos, der ihm feine Tochter Deipyle | geftürzt werden follten, die gegen das Gebot ſich 


1260 


bei den olympijchen Spielen eingedrängt hatten. 
Paus. 5, 6, 7. 
Typhöeus, Typhon, Tvpwevs, Tupas, Tv- 


pcor, Tvpor, ein gewaltiges Ungeheuer der 
Urzeit, als verderbliher Sturm: und Glutwind 


erflärt, oder als der tobende Dampf, der mit zer: 
ftörender Gewalt aus der Erde, aus den Vul— 
fanen hervorbricht. Nach Homer (11.2, 781) liegt 
er im Arimerlande in der Erde, von den Bligen 
des Zeus gepeitiht. Nach Hefiod (theog. 306 ff. 
20 ff.) war er der jüngfte Sohn der Gaia und 
des Tartaros, ein Ungeheuer mit 100 Drachen- 
häuptern, mit bligenden Augen und furdhtbarer 
Stimme; er war der Water der verbderblichen 
Winde und hatte mit Echidna, der Schlangenjung: 
frau im Mrimerlande, den Hund Orthros, den 
Kerberos und die lernaiiſche Schlange erzeugt. Er 
ftritt mit Zeus um die Herrichaft der Welt und 


wurde nad) hartem Kampfe mit dem Bligitrahl 


gebändigt und in den Tartaros geworfen. Nach 
Bindar (pyth. 1, 15 ff. ol. 4, 5f.) liegt er gebän- 
digt unter dem Atna und jendet tobend er: 


jtröme herauf. Aesch. Prom. 351 ff. Or. fast.4, 491. 
Auc verlegte man ihn in andere vultaniiche Län— 


Sage hielten die Götter jeinen Angriff nicht ans, 
jondern flohen nach Agypten, wo jie jich teils ver: 
bargen, teils in Tiergeftalten verwandelten. Nur 
Zeus wagte den Kampf mit ihm, wurde aber be— 
jiegt und, der Sehnen an Händen und Füßen 





beraubt, in der forykiichen Höhle in Kilitien nieder: 
gelegt; Hermes und Aigipan aber ftahlen die Sch: 


nen und jeßten fie dem Zeus wieder ein, der nun 
den Kampf ernenerte und den Gegner endlich be: 
fiegte. Or. met. 5, 321ff. Ant. Lib. 28. Die 
Griechen identifizierten in jpäterer Zeit ihren Ty— 
phon mit dem böjen Geift im ägyptiſchen Dfiris: 
mpthos, j. Osiris. 

Typhrestos, Tupenorös (minder richtig Tvugp.), 
Berbindungstette zwijchen dem Ditegebirge und dem 
Pindos in Theffalien mit den Spercheiosquellen; 


jet Weluchi. Es ift ein gewaltiger, etwa 2310" 


hoher Berg, der in 2 Abſätzen pyramidenförmig 
aufiteigt. Strab. 9, 433. 

Tyrannion, Tvgavrior, 1) griehiicher Grant: 
matifer aus Amijos, fam, im mithridatifchen Kriege 
von Yucull gefangen genommen, nad) Rom, mo 
er Reichtum erwarb und hochbejahrt jtarb. Plut. 


Lae. 19. Sull.26. — 2) ein Phoiniker, des vorigen, 


Schüler, wurde Stlave der Gemahlin bes Kicero, 


Terentia, erhielt dann die Freiheit und ftand mit | 


Eicero in Verbindung, dem er jeine Bücher orbnete. 
(ic. ad Qu. fr. 3, 4, 5. ad Att.4, 4.8. Er war 


ein jehr jleißiger Schriftfteller und madhte fich bes 
jonders um die Schriften des Ariftoteles verdient 


und dadurch befannt. 

Tyrannis, Tyrannos j.Staatsformen, 2.6f. 

Tyras |. Danaster. 

Tvgıeior, Stadt Lykaoniens, nach Zenophon 
(An. 1, 2,24) 20 Parajangen (== 15 geogr. M.) 
nordweſtlich von Fkonion, wo Kyros eine große 
Heerſchau hielt; j. Slgün. Strab. 14, 668. 

Tyro j. Enipeus, Aiolos, 1. und Neleus, 

Tyros, Tveog, im U. T. 


‚die Weftküfte Italiens be 





Handelsplatz am Mittelmeer. Die 





or (d. h. Fels), j. 


Sur, die berühmtefte Stadt Phoinikiens, füdlich 


von Sidon gelegen, angeblich 2750 v. E. gegründet 
(Hdt. 2, 44), ſeit etwa 1100 v. E. an der Stelle 


Typhoeus, Typhon — Tyrtaios. 


bundes und der Ausgangspunkt der Kolonien in 
Sicilien, Afrifa und Spanien, ug © Zeit der erfte 
(kitadt, Balai: 
tyro3, lag an der Küfte. Die wichtigere Neuftadt 
erhebt ji gegenüber auf 2, von König Hiram |. 
(um 950 v. &) verbundenen Felſeninſeln, die zu: 
fammen 22 Stadien im Umfang maßen und zwei 
Häfen hatten, und fonnte durch ihre natürliche 
und künftliche Feſtigkeit manchem Feinde trogen; 
jo 724— 720 den Afiyrerfönigen Salmanaflar IV. 
und Sargon, 585—573 dem Nebukadnezar. Auch 
Alerander erftürmte fie erft nah 7 Monaten, 
Auguft 332 v. E. Arr. 2,16ff. Curt. 4,2 ff. Plut. 
Alex. 24f. Durdy diefe und jpätere Belagerungen 
(3. B. von Antigonos, 315) verlor zwar Tyros 
ſehr viel, blieb aber doc auch unter ſyriſcher und 
römischer Herrichaft bedeutend durch jeinen Handel, 
jeine Feinweberei, Purpurfärbereien und Metallin: 
duftrie. Altberühmt war der Tempel des Sonnen: 
ottes Mellart (Herakles), des Schirmherr der 
Schiffahrt und der Kolonien. Strab. 16, 756 ff. 
Tyrrhöni j. Etruria. 
Tyrrhönos, Tvoenvös, Tvgonvog, Sohn des 


Indischen Königs Atys, Bruder des Lydos, führte 
der, nad Phrugien, Lydien u. j. w. Nach jpäterer 


eine pelafgiiche Kolonie aus Lydien nach Italien 
und gab dem Lande Tyrrhenien den Namen (Hat. 
1, 94); oder Sohn des Herafles und der Omphale 
(Dion. Hal. 1, 28), oder Sohn des myſiſchen He: 
rafliden Telephos und der Amazone Hiera, Bruder 
des Tarchon. Tietz. ad Lycophr. Cas. 1249. 

Tyrrhenum mare, mare Tuscum, T'vgenri- 
xov melayog, Togenrixn Hilaose, Tegenrinös 
»ölmog, hieß das von Ligurien bis Sicilien hinab 

hüfende Meer; es führte 
auch im Gegenjaß zu dem Mare superum (Adria: 
tijchen Meere) den Namen Mare inferum, Tue. 
4, 24. Liv. 5, 33. 26, 29. 

Tyrrheus, aud Tyrrhus, Hirt des Königs 
Satinus. Aicanius, Sohn des Aineias, tötete bald 
nad) der Landung in Latium auf der Jagd einen 
zahmen Hirſch desjelben, was die erſte Beran: 
lafjung zu dem Sriege der Troer mit ben Ein: 
wohnern Latiums gab. Verg. A. 7,483 ff. In 
der Hütte des Tyrrheus gebar Lavinia den Silvins. 

Tyrtaios, Tyeracog oder T'veraios, Sohn des 
Echembrotos, elegiiher Dichter zu Sparta, zur 
Zeit des zweiten mefjenischen Krieges, 685-668 
v. E., blühend. Er wird bezeichnet als Spartaner 
oder ald Milefier oder als Athener. Die gemöhn: 
liche Sage ift: Als die Spartaner von den Meile: 
niern bedrängt wurden, habe das delphiſche Dratel 
ihnen geraten, ſich einen Führer von dem Athenern 
zu erbitten, und dieje hätten ihmen den Tyrtaios, 
einen lahmen (wahrjcheinlih von dem ungleichen 
Versmaß des Herameterd und Bentameters) yo«n- 
udro» dıddorakog (oft jehr falih durch Schul: 
meifter überjegt) geſchick. Tyrtaios habe durd 
jeine Lieder den Mut der Spartaner aufs neue 
entflammt und jo den Staat gerettet. Wahrjchein: 
lich ift vielmehr, daß Tyrtaios ein Lakonier (aus 
Aphidna) war. Sein Einfluß auf die Sitten der 
Spartaner war bedeutend; man hielt jeine ®e 
dichte lange Zeit in Ehren und gebrandhte fie als 
Bildungsmittel der Jugend. Auf Feldzügen wur— 
den feine Elegien des Abends nad dem Mahle 
vorgetragen. — Wir haben von ihm außer Feine: 
ren Bruchftüden noch 3 vollftändige Kricgselegten, 


von Sidon der Vorort des phoinifiichen Städte: jpäter "Trotijxa: (Ermahnungen, Ermunterungen) 


Tyrtamos 


genannt, kräftige, lebensfriſche Lieder, durch die 
er die Spartaner zum mutigen Kampfe gegen die 
Mefienier antrieb, und ein Meines Marichlied, 
"Eußarrjgior. 


1261 


richteter gelehrter Mann. Unter jeinen Gedichten 
(vgl. Epos, 6.) find zu nennen: ’Aıaud, ein 
Epo3 in 1676 Verſen in 3 Abteilungen: r& oo 


— Ulpü. 


Berühmt war jeine Elegie Eivo- |'Ouneov, r& "Oungov, r« us®’ "Ouneor (herausg. 


wie oder TTolırsi« (qute Berfafjung), durch die | von Tychſen, 1770, Fr. Jacobs, 1795, 3. Bekler, 
er Streitigfeiten der Spartaner wegen einer von | 1815, Lehre, 1840), und Bißlog lorogınn, aus 
vielen verlangten neuen Aderverteilung beichwich- | 12661 politischen Berjen bejtehend, abgeteilt in 


tigte. Arist. pol. 5, 6, 2. Paus. 4, 18, 1. — Wus: | 13 


zilades, wornad ihm gewöhnlich der Titel 


gaben von Klotz (1767) und N. Bad} (1831), außer: | Chiliades gegeben wird (herausg. von Gerbelius, 


dem in den Sammlungen von Gaisford, Brund, | 1546, von Kießling, 1826). 


Dies Buch hat Wert 


Schneidewin und Bergf (lyr. Graec. II p. $jf. | durch jeinen reichen Hiftorischen und antiquarijchen 


der 4. Aufl.). 

Tyrtämos j. Theophrastos. 

Tzetzes, TXerins, mit dem Vornamen No: 
hannes, Dichter und Grammatifer aus dem 
12. Jahrh. n. E., ein für feine Zeit wohlunter: 


Stoff. Ferner Hat er fi für uns müßlich ge— 
macht durch feine kompilatoriichen Kommentare zu 
Homer, Hefiod, Ariftophanes, Lykophron, Nikander, 
Appian. — Sein Bruder Iſaak fchrieb mit ihm 
den Stommentar zu Lylophron. 


U. 


Ubi, Oößıor, eine dem Cäſar befreundete, 
darum aber den übrigen Germanen verhafte ner: 
maniſche Bölterichaft (Öaes.b. g. 1, 54.4,3. 16.7, 18) 
am rechten Rheinufer von der Lahn bis unter: 
halb Köln. Unter Auguftus wurden jie auf das 
linfe Rheinufer verjegt; ihre Hauptſtadt, oppidum 
UÜbiorum, civitas UÜbiorum (nad) einem, wahr: 
ſcheinlich ſchon vor der Teutoburger Schlacht da= | 
felbft errichteten, Altar des Auguſtus auch ara 
UÜbiorum genannt) wurde dann, 50 n. E., zur 
Eolonia Agrippinenjis, j. Köln. Tae. ann. 
1,35. Germ. 28. hist. 4, 28. 65. Außerdem ge: 
hörten ihnen die Städte Bonna (j. Bonn), An: 
tunnacum (j. Andernach), Rigomagus (j. Re: 
magen), Juliacum (j. Jülich), Noväſium (j. 
Neuß) u. a. 

Udaios j. Kadmos. 

Ufens, Fluß in Latium, der mit andern Flüſſen 
die Bomptiniihen Sümpfe bildet und, nachdem er 
ben Amafenus aufgenommen, zwijchen Tarracina 
und Eirceji ins Tyrrheniſche Meer fällt; j. Ufente. 
Verg. A. T, 802, 

Ukalögon, Obxallyav (jorgenlos), troijcher 
Boltsältefter. Hom. Il. 3, 148. Verg. A. 2, 311. 

Ulia, Oökde, römiſches Municipium in Hijpa- 
nia Bätica, zum Gerichtäbezirt von Corduba ge: 
bhörig; j. Montemayor mit Ruinen. Caes.b. Aler.61. 
b. Hisp. 3. 4. Strab. 3, 141. Dio Cass. 48, 31. 

Ulixes j. Odysseus, 

Ulpiäni, 1) Domitius Ulp., aus Tyros, be— 
gann jeine Laufbahn unter Septimius Severus 
in Rom und bejchäftigte ſich unter Caracalla und 
feinem Nachfolger mit wiffenjchaftlichen Arbeiten, 
deren bedeutendfte um dieje Zeit entjtanden. Als 
Alexander Severus, defjen Vormund er war, zur 
Regierung fam, gelangte Ulp. zu hohem Einfluß 
und erfreute ji der ganzen Gunſt des Kaiſers, 
der ihm fajt ausſchließliches Vertrauen erwies. 
Des Kaijerd Mutter, die ihm anfangs nicht ges 
wogen war, beichügte ihn jpäter aufs wärmite, 
als fie jeinen Wert erfannt hatte, Severus jelbft 
überhäufte ihn mit Amtern und ernannte ihn zu— 
legt zum Befehlshaber der Prätorianer, die er zu 
ftrenger Zucht anbielt, weshalb er von den er: | 
bitterten Soldaten ermordet wurde, 228 n. €, 
nachdem mehrere Berjuche geicheitert waren. Be: 





rühmt geworben ift Up. als Juriſt und fteht als 
folder dem PBapinian würdig zur Seite. Er ver: 
ftand es, das ganze Recht nicht nur zu überjchauen, 
jondern auch darzuitellen. Seine Werke waren 

bireich, darunter die bedeutenditen: ad edietum 
in 83 Büchern und ad Sabinum in 51 Büchern, 
in denen er jelbftändig in jenem das prätorifche, 
in dieſem das Givilrecht behandelte. Die ihm 
folgenden Juriſten ftellten ihn bald jehr hoch, und 
in den PBandelten, in denen feine Schriften die 
Grundlage bilden, finden ſich zahlreiche Ercerpte 
aus ihnen. Von jeinen Schriften jelbft bejigen 
wir jedoch nur geringe Fragmente (abgedrudt in 
Huſchkes Jurisprud. anteiust. u. Ö.). — 2) aus 
Emeja in Syrien, unter Conjtantin dem Gr., iſt 
Berfafler vieler rhetoriiher Schriften, darunter 
auch Scolien zu Demofthenes, die indes wohl 
nicht in ihrer urjprünglichen Geftalt auf uns ges 
fommen find und aus zahlreidhen Bemerkungen 
älterer Erflärer Anführungen 2*5* Die Haupt: 
jache find ihm übrigens rhetoriiche Bemerkungen, 


' während die Grammatik jowie die Geſchichte wenig 


Berüdfihtigung finden; daher ift ihr Wert ein 
geringer. 

Ulpii, ein altes Gejchleht aus Italica in 
Hilpania Bätica, das erft in der römischen Kaiſer— 
zeit hervortritt. Dazu gehören: 1) M. Ulp. Tra— 


‚janus, Bater des gleichnamigen Kaiſers, durd) 


Adoption in die ulpiiche Gens hineingelommen, 
zeichnete fih unter Beipafian im Kriege gegen die 
Juden aus, fämpfte 76 n. E. als Statthalter von 
Syrien mit den Parthern und war 79,80 Pro— 
fonjul in Ajien. Jos. b. Jud. 3, 7, 31. 9, 8. 10, 3. 
Plin. paneg. 14. Aur. Vict. Caes. 9. ep. 9. — 
2) M. Ulp. Trajanus, am 18. Sept. 53 n. C. 
u Stalica geboren, diente als Yüngling unter 
Ein Bater im parthiichen Kriege (Plin. pan. 14), 
erhielt im %. 91 von Domitian das Konfulat und 
bald hernady den Befehl am Rhein gegen die Ger- 
manen. Hier verichafften ihm jeine jtrenge Kriegs— 
zucht und feine Umficht jolchen Ruf, daß Nerva 
auf ihn jeine Augen richtete, ihn im Herbſte des 
Jahres 97 aboptierte und zum Mitregenten er: 
nannte. Plin. pan. 9, 2. Aur. Viet. ep. 12. Nach 
Nervas baldigem Tode, Anfang 98, folgte Trajan, 
der die Nachricht vom Hinſcheiden jeines Adoptiv: 


1262 


vaters zu Köln erhielt, ihm im der Herrſchaft. In Ant.12. — 6) Ulp. Julianus, lebte unter Cara: 
Rom wurde er mit großen Ehren empfangen (Plain. | calla und war unter Macrinus (217 n. E.) Be: 
pan. 20) und z0g im J. 101 gegen die Daker | fehlshaber der Garden. Als Macrinus ihn nad 
ins feld, die er Üüberwand und deren König Dece: | Emeia jandte, empörten fich die Soldaten und er: 
bafus er zum Frieden nötigte; er wurde indes jchon | jchlugen ihn. Dio Cass. 78, 15. Capit. Maer. 10. — 
im J. 105 gezwungen, den Fugen und thatkräf: | 7) Ulp. Erinitus, Schwiegervater des Aureliarı. 
tigen Fürften abermals anzugreifen. Decebalus| Ultor, 1) Beiname des Mars, dem DOctavian 
wurde befiegt und gab fich jelbit den Tod, 107. | bei Philippi für die Rache an Cäſars Mördern 
Plin. ep. 8, 4. Dio (ass. 68, 6 ff. Zonar. 11, 21. | einen Tempel gelobte, der am 12. Mai 2 v. E. 
Eutr. 8,2. Das Andenken an diefen glüdlichen | eingeweiht wurde, und von dem fi in Rom drei 
Krieg hat die noch jetzt vorhandene Säule des | herrliche Forinthiiche Säulen mit Gebälf erhalten 
Trajan mit ihren Skulpturen und ihrer Inſchrift haben. An diejem Tage wurden dem Gotte auch 
verewigt (j. Roma, 15.) Im %. 114 begann | Spiele im Cirkus, bisweilen auf dem Forum 
Trajan einen Krieg mit den PBarthern; er machte | Augufti, wo der Tempel des Mars Ultor ftand, 
Armenien (Dio Cass. 68, 18) und im nächſten gehalten. Suet. Oct. 29. Or. fast. 5, 550. — 


Ultor — Umbria. 





Jahre Mejopotamien, 116 Aſſyrien zu römiſchen 
Provinzen und drang fiegreich bis zur Tigris— 
mündung vor (daf. 68, 26. 28), jah ſich aber durch 
überall ausbrechende Aufitände zu 
nötigt. Er erfranfte und jtar 


11, 22. Oros. 7,12. Trajan ift einer der aus: 
gezeichnetften römischen Kaifer, gleich hervorragend 
im Kriege wie im Frieden, tapfer, ftreng gegen 
ſich wie gegen die Soldaten, ein gejchidter Führer, 


gerecht und freundlich gegen die Unterthanen, aber | 


nicht ohne einen bedeutenden Grad von Eitelkeit, 
bejonders in Bezug auf Verbreitung jeined Namens 
durch Gebäude, Städte, Münzen. heim Volke war 
er jehr beliebt, weil er demjelben Brot und Spiele 
(panem et Circenses) gab. Ihre Zufriedenheit 
mit feiner Regierung ſprachen die Römer unter 
andern in dem ihm beigelegten Beinamen Optimus 
and. Für die Vergrößerung des Reiches jorgte 
er durch die Unterwerfung Dakiens, eines Teiles 
von Arabien (106) und der parthiichen Beſitzungen 
am Euphrat, Eroberungen, die freilid) dem ohne: 
hin Schon jo ausgedehnten Reiche feinen bleibenden 
Nutzen bradten und zum Teil darum jchon von 
jeinen nächften Nachfolgern wieder aufgegeben wur: 
den. Empörungen der Juden wurden unterbüdt. 
Zahlreiche Geſeße bemweijen die Thätigfeit feiner 
Verwaltung im Innern; auch hob er die Hochver— 
ratöprozefje auf. Mit großer Sorgfalt nahm er 
fi) der Erziehung armer Knaben an umb errichtete 
zu diefem Zwecke in Rom eine großartige Anftalt, 
auch die Schulen der Rhetoren förderte er. Straßen | 
wurden unter ihm durch das ganze Reich angelegt, 
ebenjo Häfen, Bäder und Wafferleitungen. Den 
Senat ehrte er und lieh ihm ziemlich bedeutende | 
Macht. Gelehrte und Künftler erfreuten fich feiner 
Unterftüßung, und er jelbft verfaßte eine Gejchichte 
feines Krieges mit Decebalus. Daher ift jein Zeit: 
alter rei) an Schriftitellern, zu denen namentlich 
Duintilian, Silius Stalicus, Juvenal, Martial, 
Sueton, Tacitus, Dio Chryfoftomos, Plutarch, 
Arrian und des Kaiſers Freund, der jüngere Pli: | 
nius, gehören. Bgl. Francke, zur Geſch. Trajans 
(1837). Dierauer, Beitr. zu einer frit. Gejchichte 





r Rückkehr ges | 
3 unerwartet zu | foren an den 
Selinns in Kilikien, 117. Dio Cass. 68, 33. Zonar. | 


2) Beiname bes Jupiter. 

Ultrotribütum nennt man das aus der Staats: 
fafje für die Ausführung Öffentlicher Bauten u. j. mw. 
an die mancipes oder conductores von den Ten: 
indejtfordernden audzuzahlende Geld 
(Liv. 39, 44); j. Locatio conductio. 

Ulübrae, unbedeutender Ort in Latium, in der 
Nähe der Bomptinijchen Sümpfe, deſſen zahlloie 
Fröſche Cicero jcherzend erwähnt (ad fam. 7, 18; 
vgl. Hor. ep. 1, 11, 30); vielleicht j. Sermoneta. 

Umbella, der Sonnenſchirm der römijchen 
rauen, nach ganz fpäter Sitte den jungen Mäd— 
hen von Eunuchen nadıgetragen. 

Umbilieus ſ. Bücherwesen, 6. 

Umbonfus Silio, unter Claudius Statthalter 
in Spanien, wurde, angejchwärzt von einigen Pri— 
datfeinden, 44 n. E. von dem Kaiſer zurüdberufen 
und jeiner Senatorenwürde beraubt. Dio Cass. 
60, 8f. 24. 

Umbra, icherzhafte Benennung eines zu einem 
Gaſtmahl nicht eingeladenen, fondern von einem 
andern mitgebracdhten Gaftes, der für gewöhnlich, 
gleih den Barafiten, den unterften Platz befam. 
Hor. sat. 2, 8, 22. ep. 1, 5, 28. Mart. 14, 217. 

Umbrönus, Publius, ein freigelafiener, er- 
hielt von dem Catilinarier Lentulus den Auftrag, 
mit den Gejandten der Mllobroger zu unterhandeln 
und fie für die Verſchworenen zu gewinnen. Sall. 
Cat. 40. Cie. Cat. 3, 6, 14. 

Umbria, 7) Oußeıxrj, italiiche Landichaft, wurde 
im N. durdy den Fluß Rubico vom cispadaniichen 
Gallien, im W. durch den Tiberis von Etrurien, 
im S. und D. vom Gabinerlande durd) den War, 
von Picenum durch den Afis getrennt; die Nord— 
oftjeite bejpülte das Adriatifche Meer. Durch den 
von N. nad) ©. fich hinziehenden Apenninns jchied 
ji) Umbria in Eis» und Trandapennina; ber 
Kiüftenftrih am Mdriatiichen Meere hieß auch ager 
Gallieus. Cie. Brut. 14. Sest. 4. Liv. 39,44. Das 
im W. gebirgige und etwas rauhe, übrigens ebene 
und fruchtbare Land war reich an ftarfen Rindern 
und an Obſt. — Bon den teilmeije jchiffbaren 
Nebenflüfien des Tiberis gehören hieher: Tinea 
(j. Topino) mit Clajius (j. Ehiafcio) und Eli= 


Trajans (1868). de la Berge, Essai sur le regne tumnus (j. Elitunno), und Nar (j. Nera); ins 
de Trajan (1877). — 3) Seine Schwefter, Ulpia | Adriatiiche Meer mündeten zwiihen Rubico (ij. 
Marciana, rühmt Plinius (pan. 84). — 4) Ihre | wohl Fiumicino) und Ajis (j. Eino): Ariminus 
Tochter, Matidia, Mutter der Gemahlin Ha- (j. Marecchia), Aprufa (ji. Aufa), Bijaurus (ij. 
drians, der Sabina, darum von Hadrian hoch ge: | Foglia), Metaurus (j. Metauro), Sena (j. Mija). 
ehrt. Spart. Hadr. 9. — 5) &. Ulp. Marcel: | — Die Einwohner, Umbri, Oußgıxod (Hit. 1,94. 
lus, deſſen Rat die beiden Antonine oft bemußten, | 4, 49), gehörten zu der älteften, mit den Griechen 
war ein tüchtiger Jurift. In den Bandelten finden | ftammverwandten, Bevöfkerung Italiens; jie waren 
fich viele Ercerpte aus feinen Schriften. Capit. | lange Zeit herrichend und mächtig in Italien, bie 


— 


Umbricius — Unterwelt. 


fie den Tyrrhenern die Herrſchaft abtreten mußten. 
Über ihre Sprache ſ. Italia, 11. Die in ihrer 
Sprache verfaßten erhaltenen Inſchriften, darunter 
beſonders die eugubiniſchen Tafeln (ſ. Iguvium), 
ſind geſammelt von Aufrecht und Kirchhoff (1849 
— 51), Huſchke (1859), Breal (1875) und Vücheler | 
(Umbrica, 1883). — Unter den zahlreichen Städten | 
jind zu. nennen: Ariminum (j. Rimini) Fanum 
Fortunä an der Mündung des Metaurus (ij. 
Fano), Sena Gallica (j. Sinigaglia), Piſau— 
rum (j. Bejaro), Sarjina (j. gl. W.), Geburtsort 
des Plautus, Urbinum Hortenje (j. Urbino) 
auf jteilem Felſen zwiichen dem Piſaurus und 
Metaurus, Urbinum Metaurenje (j. Urbania), 
etwas füdweftficher am Metaurus, Tifernum, 
Iguvium (umbriſch tota Jicbing, ji. Gubbio), 
Camerinum, früher Camers (j. Camerino), Wit: | 
ſium (j. Aifif), Mevania (j. Bevagna), Spole-⸗ 
tium (j. Spoleto), Tuder ıj. Zodi), Ameria (j., 
Amelia), Narnia (j. Narni), Dcriculum (j. Otri⸗ 
coli) u. j. w. Strab. 5, 217 ff. 227 ff. 

Umbrieius, ein etrufficher Haruſpex, verlün⸗ 
digte dem Kaiſer Galba ſeinen nahen Tod. Tae. 
hist. 1, 27. Plut. Galb, 24. — Ein anderer Umbr. 
ichildert bei Juvenal (3, 2, 1 ff.) die verdorbene 
Stadt. 

Umpbro, ein vom Apenninus herab ins Tyrrhe— 
niſche Meer ftrömender Fluß Etruriens, mündete 
füdlich vom Yacus Prelius; j. Ombrone.. 

Ummidiüs j. Numidius. 

Uncia, 1) '/, As als Kupfermünge; — 2) über: 
haupt ’/,, eines Ganzen, 3. B. heres ı ex uncia, 
j. Erbrecht, 5. 

Unetor, ein Sflave, der den Herrn ſalbte. In 
den Bädern, Gymnafien und bei den Gladiatoren 
gab es auch bejondere unctores, 

Unetorium j. Bad, 1. 

Unelli, richtiger Venelli, galliſches Volk in | 
Armorica (j. Normandie), am Kanal. Caes. b. 9. 
2, 34. 3, 17. 7, 75. 

Unguentum, Salbe oder Baljam, aus DI und | 
wohlriechenden Subjtanzen bereitet. Der Gebraud) 
und die Verfertigung der Salben fam aus dem 
Morgenlande nach Griechenland und von da nad) | 
Italien, wo man fich dor dem Mahle und nad) 
dem Bade jalbte. Manche jalbten jogar die Kleider, 
und der Gebraud) der ung. bei Leichenbegängniſſen 


war Kr allgemein (j. Bestattung, 7.) Am 
foftbariten war das Nardenöl (j. Nardum), ge: 
wöhnlicher da8® Myrrhinum (j. Myrrha). Die 


vasa unguentaria waren alabastri, ampullae, | 
gutti u. j. w. Bejondere Salbentäftchen hiehen 
narthecia (j. Ndedn&). Große Parfümerie 
händler (unguentarii und unguentariae) gab e# 
in Agypten, Griechenland, Stalien u. ſ. w. in großer 
Menge. 

Unterwelt. Bei Homer ift die Vorjtellung der 
Unterwelt, des Totenreiches, der Behauſung des 
Alöns, Atdwveog, "Aig, die in nachhomerijcher Zeit, 
wie der Gott ſelbſt, Auöng genannt wurde, noch 
unbeftimmt und einfach. ie iſt ein finfterer | 
Raum im Innern der Erbe (Il. 20, 61), der im 
äußerten Weften jenjeits des Oleanos, wohin die 
Strahlen der Sonne nicht mehr dringen, einen 
Eingang und Borhof hat. In diejen Vorhof der 
Unterwelt fam Odyſſeus (Od. 10, 508 ff. 11), um 
Teirefiad und andere Tote aus dem Dunkel der 
Unterwelt heraufzubeichwören. Er landete am weit- 


1263 


lihen Rande des Dfeanos, im Lande der in Nebel 
und Wolfen gehüllten Kimmerier, der Männer 
des Dunfels, wo ein rauhes Ufer ift, und bie 
Haine der Berfephone aus unfruchtbaren PBappeln 
‚und Weiden beftehen. Od. 10, 508. 11,14. Die 
Aiphodeloswieje beginnt im diefem Vorhofe 
der Unterwelt, zieht ſich aber unter die Erde hin 
durch das ganze Gebiet des Hades. Od. 11, 539. 
573, 24, 13. In das Ercbos, das tiefere Dunel 
und den eigentlihen Sit des Hades, fam Odyſſeus 
nidht. Od. 11, 564; vgl. 627 ff. In den jpäteren 
Jahrhunderten wurden die Räume des Hades genauer 
bejtimmt und mit verichiedenartigen Weſen ange: 
fült. In den unterirdiichen Raum führten von 
der Obermwelt furdhtbare Erdſchlünde hinab, wie 
die Höhle bei Tainaron, zu Hermione, auf dem 
Kolonos bei Athen, bei Cumä in Italien. Der 
Hades jelbft war von großen, jchredlichen Strömen 
umflofjen. Bei Homer finden ſich nod) feine um: 
ſchließenden Ströme. Er erwähnt an mehreren 
Stellen der Styr als Fluſſes der Unterwelt (Il. 
8, 369. Od. 5, 185); jie ift ihm Repräjentant der 
Unterwelt, weshalb die Götter bei ihr —— 
um anzuzeigen, daß ſie, falls ſie falſch ſchwören, 
dem Tode und der Vernichtung anheimfallen wollen. 
In ähnlicher Weife erjcheint Styr bei Hefiod; ala 
Perſon ift fie die ausge —— Tochter des 
Oleanos und der Tethys, Mutter von Zijkog, Niun, 
| Kodos und Bin, von Zeus hochgeehrt; er macht 
‚fie zum großen Schwure der Götter. Sie wohnt 
am Eingange des Hades in hoher Felſenhalle, die 
‚ von filbernen Säulen getragen wird; ihr Fluß ift 
ein Arm des Dfeanos und fließt aus der zehnten 
Quelle desjelben (theog. 361. 383 ff. 775 ff). Wir 
finden bier jo wenig wie bei Homer eine Umſtrö— 
ı mung des Hades. Andere Ströme der Unterwelt 
fommen_ bei Hejiod nicht vor, und auch bei Homer 
 Iceint Styg urfprünglich der einzige unterirdijche 
Fiuß geweſen zu ſein. Nur Od. 10, 513 wird 
Acheron erwähnt, in den fich im weftfichen Bor: 
| ofe der Unterwelt Byriphlegethon ftürzt, und 
ofytos, der ein Ausflug (drogem&) der Styr 
iſt. Dieje Stelle aber ift wahricheinlich jpäteres 
Einſchiebſel. Nach ſpäteren Vorſtellungen fließen 
dieſe Flüſſe um den Hades und ſchließen ihn ein. 
Über Ächeron ſ. d. Bei Vergil (A. 6, 296) flieht 
er in den Kofytos, einen langjam fließenden, jumpfi- 
en Strom, und bildet mit ihm den Stygiichen 
‚See (6, 323). Nachdem nun einmal die Unter: 
welt mit Strömen umſchloſſen war, jo war ein 
Fährmann nötig, der die Toten über die Ströme, 
‚über den Stygiichen oder Acherufiichen See, fuhr. 
Das ift der nachhomeriiche Charon (Xdgav von 
zeiow, der Mann der Freude, euphemiftiich für 
Dann der Trauer), j.d. Der Pyriphlegethon 
oder Perf der jonft aud) mit den übrigen 
Flüſſen verbunden wird, ein gewaltiger Feuerſtrom, 
umfließt bei Bergil (A. 6, 548 ff.), wegen jeiner 
 entgegengejegten Natur getrennt von ben übrigen, 
den Tartaros, den Ort der Dual, der bei Vergil 
‚ein Zeil der Unterwelt ift. Zu der Zahl der Flüſſe 
fam im nachhomerischer Zeit noch Hinzu Lethe, 
‚der Fluß der Vergefienheit, aus dem die Seelen 
Vergeflenheit des irdiſchen Daſeins trinfen 
An dem Thore der Unterwelt hält Kerberos : 
Wacht, ein viellöpfiger Hund, gezeugt von Ty— 
‚phaon und Edidna (Hesiod. theog. 311), erzſtim⸗ 
mig, furchtbar wild, — ſpäterer Vorſtellung mit 


| 


— 


1264 


3 Köpfen, Schlangenſchweif und Schlangenmähnen. 
Verg. A. 6, 417. Or. met. 4, 450. Die Kommen: 
den ließ er ruhig eingehen, aber wiemanden lieh 
er zurüd. Homer erwähnt „den Hund des Hades“, 
den Herakles heraufholte, an 2 Stellen (1.8, 367. 


Od. 11, 623), ohne jedoch jeinen Namen zu nennen 
oder ihn als Thürhiter des Hades zu bezeichnen, 
was auch bei Heſiod nicht geichieht. — Bei Homer | 
(Od. 11, 568) wird Minos neben dem jagenden 


Drion (572) und dem mit dem Bogen drohenden 
Herafles (601) in der Art erwähnt, daß fie ihre auf 


der Obermwelt geübten Beichäftigungen als Schatten 


fortjegen, Minos als richtender König. Übrigens 
iſt diefe ganze Stelle der Odyſſee (11, 565—627) 
ein jpäteres Einjchiebiel. Die Idee, daß das Leben 
in der Unterwelt ein Abbild und eine weſenloſe 
Fortſetzung des irdiichen Lebens jei, ift dem Homer 
noch fremd. Noch jpäter aber wurde Minos zum 
Richter der Toten in der Unterwelt gemacht und 
außer ihm Rhadamanthys und Aiakos, aud 
Triptolemos. Nach Platon (Gorg. p. 524 A) 
richtet Rhadamanthys die Afiaten, Aiakos die 





Europäer, dem Minos aber übertrug Zeus die 


Enticheidung in zweifelhaften Fällen. Aiakos gilt 
jonft auch als Schlüfjelhalter des Habes und wird 
mit Schlüffel und Scepter abgebildet. Dieje Bor: 
ftellung von Richtern in der Unterwelt fonnte erft 
entjtehen, feit der Glaube an Lohn und Strafe 
in dem jenjeitigen Zeben für Thaten auf der Ober- 
welt vorhanden war. In der homeriichen Zeit 
befteht diejer Glaube noch nicht, und die Stellen 
über die Strafen des Tityos, Tantalos und 
Siiyphos (Od. 11, 576. 582. 593) find nachho— 
meriſch. Auch find diefe Strafen nicht die Folge 
eines in der Unterwelt über fie — Gerichts, 
ſondern es ſind gewiſſermaßen Nachwirkungen einer 
ſchon in der Oberwelt über ſie von den Göttern 


verhängten Verdammung. In jpäterer Beit fügte | 
man zu dieſen Repräjentanten der nach dem Tode | 


von den Göttern geftraften Sünder noch den $rion 
und die Danaiden, den Salmonens, Peiri— 
thoo8, Phlegyas u. a. Nachdem einmal eine 
Scheidung der Toten zu Lohn oder Strafe an: 
genommen war, beftimmte man auch in der Unter: 
welt die Orte für beide Klaſſen und verlegte in 
diejelbe den Tartaros als Drt der quälenden 
Strafe (Plat. r. p. 10 p.616A. Verg. A.6, 543 ff.) 
und das Elyſion als den Ort der Glüdjeligfeit 
(Verg. A. 6, 637 ff.), und außerdem glaubte man 
von denen, die ein mittleres Leben zwiſchen dem 
guten und böjen geführt hatten, dad fie auf der 
Aiphodeloswieje als körperloſe Schatten umher: 
irrten. — Der Tartaros (als Perſon Sohn des 
Äthers und der Erde, von der Erde Vater ber 
Giganten und des Typhoeus, Hesiod. theog. 821) 
ift bei Homer der Kerker der Titanen und von 
Hades ganz verichieden. Während der Hades in 
der Erde liegt, befindet fich der Tartaros an den 
unterjten Enden der Erde und des Meeres, jo tief 
unter der Erdoberfläche, wie der Himmel über der: 
jelben. Hom. Il. 8, 13 ff. vgl. Hesiod. theog. 720 ff. 
Dagegen Hesiod. scut. 255 findet fih ſchon Tar: 
taros mit Hades zufammengeftellt. In jpäterer 
Zeit wird aud) das Wort Tartaros für die Unter: 
welt überhaupt gebraudt. Über Elyſion j. d. 
Die Borftellungen von dem Zuftande nach dem 
Tode find in dem homerifchen &edichten je nad) 





der Entjtehungszeit der einzelnen Teile verichieden. | 


Urania — Urbs. 


Nah den älteften, dem Homer eigentümlichen, 
Borftellungen find die Toten Schattenbilder mit 
den törperlichen Umrifjen des irdiichen Lebens ohne 
Konfiftenz, ohne Kraft, ohne Fleiich und Bein und 
Stimme und ohne Bewußtſein, das erft durch 
Bluttrinfen, durh Aufnahme einer körperlichen 
Eriftenz, für kurze Zeit wiedergewonnen werden 
fann; denn für die Eriftenz der Perſon ift der 
Körper die Hauptjache; die wuyrj, die den Körper 
belebt, wird zwar firiert und vor gängzlicher Ber- 
nichtung bewahrt, verliert aber mit dem Tode ihr 
eigentliches Sein ; das geiftige Weſen im Menfchen, 
die poeveg, geht zu Grunde. Ein weiterer fort: 
ichritt, wie er fich 3. B. in der homeriſchen Stelle 
von Minos findet, ift der, daß bei einzelnen In— 
dividuen eine charakteriftiiche Form, oder die im 
Leben liebgewonnene Beſchäftigung, auch nach dem 
Tode feftgehalten wird. Eine dritte Stufe ift die 
in Hom. Od. 24, wonach die Toten, ohne Blut 
zu trinfen, im Befige det Bewußtſeins und der 
Sprache find, aljo ihre Berjönlichkeit behalten. 
Hierauf beruht dann auch weiter der Glaube, daß 
die Toten noch auf mannigfache Weile auf das 
irdijche Leben einwirken können. Bei allen diejen, 
auch im Bolfe wurzelnden Auffaſſungen bleibt, 
auch nachdem die myſtiſchen Geheimlehren (j. Eleu- 
sinia) und die Philojophie frendigere Hoffnungen 
über das Leben nach den Tode verbreitet hatten, 
immer das dem Hellenen eigene Gefühl beitehen, 
daß das Leben im Lichte das allein Wünjchens: 
werte fei, daß die freude diesjeits des Grabes 
wohne. „Ein Tagelöhner auf Erden zu jein, ift 
befjer, als über alle Schatten zu herrichen,” jagt 
Achilleus in der Unterwelt (Hom. Od. 11, 489). 
Der Menſch Mammert ſich ans irdiiche Leben, und 
auch nach dem Tode will er auf Erden noch we: 
nigſtens ideell, in der Erinnerung der Menichen, 
fortleben, er will beweint, begraben jein und im 
Gedächtnis bleiben (Od. 11, 71 ff.). — Die Römer 
haben über die Unterwelt die griechiichen Vor— 
ftellungen angenommen, doch wurden die natio: 
nalen Anſchauungen nicht ganz zurüdgedrängt. 
Die Unterwelt (inferi) und zugleich der Gott der: 
jelben bie Orcus, auch mundus, bejonders in dem 
Ausdruck mundus patet, j. Religiosi dies; 
ferner Manes, Lares, Larvae. 

Urania, Oögavia, 1) 5. Aphrodite. — 2) 5. 
Musae, — 3) Obparie, eine Art des Ballipiels. 

Uränos f. Titanen. 

Ovgpavioreg |. Titanen. 

Urbinfi, 1) Urb. Banopion, mwurde, als er 
43 v. E. geächtet war, durch die Treue jeines 
SHaven, der fich für ihn opferte, gerettet. Val. 
Max. 6, 8, 6; vgl. Sen. benef. 3, 25. — 2) Ur: 
binia. Ihr Nachlaß wurde Gegenftand eines 
Prozeſſes, in dem bejonders Aſinius Pollio als 
Sachwalter wirkte. Tac. dial. 38. Quint. 7, 2. 

Urbinum j. Umbria. 

Urbs. Die Gebräuche bei der Städtegründung 
atten die Römer von ben Etruffern entlehnt. 

er Gründer der Stadt, Gabino einctu (f. d.) 
angethan, umfurchte die fünftige Stadtmauer 
(aratri eirceumductio), indem er die Erde nach 
innen warf und an den Thoren den Pflug über 


den fünftigen Thorplat hinweghob. Die beichloj- 


jene Zerftörung einer Stadt wurde ebenfalld durch 
Anwendung des Pfluges bezeichnet. Aldor. od. 
1, 16, 20. 


Urceus — Usucapio oder usus,. 


Ure&us j. Vasa. 

Uria, Oögie, 1) = Toin (Hdt. 7, 170), alte 
Hauptftadt Japygiens in Unteritalien, Dria. — 
2) See Nitoliens zwijchen dem See "hun und 
dem Guenosfluß; j. See von Miffolunghi, 
andern Xero Limni. 
Griechenland 1 ©. 128. 


Urinätor, Taucher. Es gab in Rom ein Kol: 
legium der Taucher, welche die in das Wafler ge: | 


fallenen Dinge für Lohn retteten. 

Urium, Oögıor, 1) Küſtenſtadt der apulijchen | 
Landichaft Daunia mit dem Hafen Urias Sinus, 
nördlich vom Garganusgebirge; j. Rodi. Mela‘ 
2,4,7. Strab. 6, 284. — ?2) Fluß in Hiſpania 
Bätica, j. Tinto, münbete in ber Nähe der Stadt 
Urium, j. Torre del Oro. Plin. 8, 1,3. 


Urkunden, Hieher gehören bejonders die zahl: | 


reich aus dem Altertum und überfommenen In— 
jhriften, Inscriptiones, Tituli, im w. ©. Be: 


zeichnung aller In: und Auffchriften, die ſich auf | 


Dentmälern de3 Aitertums von Stein, Metall, 
Holz u. a. (mit Ausſchluß der Münzen) erhalten 
haben, und deren Echtheit ein Gegenftand bejon: 
derer Prüfung in der Inſchriftenkunde oder Epi: 
graphik geworden tft. 
ten, 
mehr ald 60000 in Proja und Verſen; u 
haben zu der Dichtungsart des Epigramms (j. d.) 
geführt. — Die griechiſchen Inſchriften behan: 
dein meift Gegenjtände des bürgerlichen und täg— 
lihen Lebens, oder es waren Berzeichniffe der 
olympijchen Sieger, der Priefterinnen zu Argos, 
die ſich nicht erhalten ag: u. ſ. w. Für ihre 
Aufftellung wurde von der Obrigkeit geiorgt, be: 
jonders auf öÖffentlihen Plätzen (Afropolis zu 
Athen) oder an eigens dazu errichteten Mauern. 
Für den Rat mußte der yoauuaredg rs Bovins, 
für den Demos der Demarch jorgen. Man unter: 
ſcheidet inseriptiones sacrae und profanae, publi- 
ene und privatae. Die griechiſchen find in ber 
Kapital: und Uncialjchrift, die römischen in der 
Ktapital- oder Quadratſchrift (literae quadratae 
oder lapidariae), uno; aber auch mur jelten, in 
der Kurſivſchrift abgefaßt. Die älteften gehen nicht 
über die fünfzigfte Olympiade hinaus. Bündigkeit, 
Einfachheit und Wahl des Ausdruds zeichnen alle 


Inſchriften bis zu der Zeit der Antonine hinunter 
aus. Schon die Alten jammelten fie; dennoch find | 


viele aus Mutwillen oder Rachſucht vernichtet 
worden. In neuerer Zeit hat man fleifige Samm: 
lungen begonnen; bejondere — haben ſich 
um die griechifchen Böckh, J. Franz, E. Eur: 
tius, U. Kirchhoff, Dittenberger u. a., um 
Die römischen Drelli, Th. Mommijen, Henzen, 
Hübner, Zangemeifter u. a. erworben. — Im 
e. S. verftehen die Römer unter inscriptiones 
Gejege, Staatsurkunden, faiferliche Dekrete, Staats: 
verträge, Bündniffe, meift im Ürar des Jupiter 
Capitolinus aufgeftellt. Much inser. publicae 


militares gab es, Siegestrophäen, Jnichriften auf 
Schilden, auf Waffen, auf Kriegsichiffen u. |. w., 


auch die militäriichen tesserae mit der Parole 
oder einer Ordre, die tabulae honestae missionis 
(ehrenvoller Abſchied), Verzeichniſſe der ganzen 
Legionen oder einzelner Soldaten u. ſ. w Bu 
den Privatinichriften gehören beſonders "sh Aıf- 
jchriften an Gebäuden, auf Kunftierfen, die Ahnen: 
bilder, die Amulette (geichnittene Steine mit Auf: 


Reallexikon des Hafi. Aitertums, 7. Aufl. 


nad) | 
Bal. Burfian, Geogr. von 


Sie waren teils Aufichrifz 
teil® Urkunden, und man zählt am echten | 


1265 


ı Tchriften) und vor allen die zahlreichen Grabichrif- 
ten. — Deutſche Gelehrte haben 3 großartige 
' Sammlungen der erhaltenen griechiſchen und latei— 
nifchen J —— geliefert, nämlich 1) das Corpus 
inscriptionum Graecarum (1825—1877, 4 Bbb,, 
bearb. von Bödh, Franz, E. Eurtius u. Kirchhoff), 
2) das Corpus inscriptionum Latinarum (jeit 1862, 
noch nicht vollendet, bis 1888 14 Bdd., dazu Suppfe: 
mente: ephemeris epigraphica, bis 1888 7 Bbo., 
bearb. von Mommien, Henzen, de Roſſi u. a.), 
3) das Corp. inser. Atticaram (jeit 1873, auf 
‚4 Bände berechnet, bearb. von U. Kirchhoff, U. 
‚ Köhler und W. Dittenberger). Auswahl griechticher 
Injchriften von H. Droyfen (1878), Dittenberger 
(1883) u. a., römifcher von ©. Wilmanns (1873), 
| Drelli (1828 ff.) u. a. 
Urna, a) Waſſergefäß, ſ. Vasa, — b) Auch ber 
— ossaria 


Aſchenkrug oder. die ichentifte 
oder cineraria) wurde oft jo genannt, Die 


aus Thon, Glas, Stein oder Metall verfertigt war. 
— c) eine Irma (sitella) zur Aufnahme der Stim: 
‚men ober Loſe. Verg. A. 6, 22. — d) Als Maß 
enthielt die Uma '/, WUmphora oder 4 congii. 

Ovoias dien |. Slam. 

Usipötes, Usipi, Oboıneraı, Obormor, ein meift 
mit den Tencterern genanntes german. Volk im 
weftlichen Germanien, hatten früher andere Wohnfige 
gehabt (am Fluß Uſe in der Wetterau?), wurden 
aber mit den Tencterern (an Lippe und Ruhr) und 
Ubiern von den Sueven vertrieben und liefen ſich, 
nad) dem durch Cäſar vereitelten Einfall von den 
Sugambrern aufgenommen, am nörblichen Ufer der 
Luppia (Lippe), weiterhin jüdlich bis zum Main 
nieder. Caes. b. g. 4,1. 4. 16. Tac. ann. 1, 51. 
hist. 4, 87. Germ. 32. 

Ustiea, Ovor/a«, 1) Injel an der Nordweit: 
füfte Siciliens, noch jeßt jo genannt. — 2) Dorf 
am Abhange des Digentiathales, von 5 Kolonen 
bewohnt, Zubehör der Sabinervilla des Horatius. 
©. Sabini, 

Ustrina, Pla d. crematio, j. Bestattung, 7. 

Usucaplo oder usus, die Eigentumserwerbung 
durch verjährten ng > Schon die XII Tafeln 

beftimmten, daß Zeit Recht erzeuge, d. h. wer ein 
 Grundftüd 2 Jahre, andere Dinge aber nur 1 Jahr 
beiige, joll voller Eigentümer werden, voransgejeßt, 
daß während ber Zeit fein Einſpruch erhoben war, 
und daß die Sache nicht geftohlen jei (ij. Lex 
‚Atinia) und überhaupt Uſucapio zulaſſe (4. ©. 
‚die Grenzraine waren davon ausgeſchloſſen, ebenjo 
alle res sacrae, wie der Vorhof eines Grabmals, 
das Staatseigentum u. ſ. w.). Ein peregrinus 
fonnte indes nie don einem römijchen Bürger 
Eigentum durch Ujucapio erwerben (Cie. off. 1,12). 
Im Verlauf der Zeit wurden als Uſucapions— 
erfordernifje bona fides und iustus titulus (ein 
gültiger Erwerbsgrund) eingeführt. Borzüglic) 
diente die Ufucapio, um das Eigentum in bonis 
‚zum quiritariihen Eigentum zu machen, und um 
dem bonae fidei possessor Eigentumsrecht zu 
verleihen. Im der Kaiferzeit bildete ſich neben der 
Ufucapio die longi temporis praescriptio ober 
‚ possessio, die weniger Erfordernis hatte, aber 
dafür aud einen zehnjährigen Uſucapionstermin 
einführte. — Usucapio pro herede. Damit 
der Erbe gezwungen fei, die an ihm gefallene 
Erbſchaft bald anzutreten, geftattete man jeden, 
ie zu einer Erbichaft gehörigen Sachen wegzu— 
80 














1266 


nehmen und zu ufucapieren. Deshalb griffen die | 
wirflichen Erben jofort zu, um ſich die Erbichaft 
nicht entziehen zu laffen. Unter den Kaijern wurde 
dieſes Inſtitut, das Hadrian jchon bejchränft hatte, 
ganz aufgehoben. 

Usüra, gewöhnlicher noch im Plur. j. Fenus. 

Usus, a) usus (et) auctoritas, der ältefte Aus- 
drud für Ufucapio; b) Ujucapio der manus ({. 
Manus); c) Ujus als Berjonalfervitut, enthielt 
das Recht, eine Sache als possessor zu gebrau= 
chen, 3. B. ein Haus zu bewohnen, aber nicht zu 
vermieten u. j. w. 

Usus fruetus, eine Berjonaljerbitut mit dem 
Recht, eine Sahe zu gebrauhen und die Früchte 
zu genießen. Am gemöhnlichiten wurde der Uſus— 
fructus durch Teftament beftellt, indem der über: 
lebende Gatte, Bruder u. |. w. das Recht erhielt, 
ein Haus, Uder oder auch Sklaven volljtändig zu | 
benußen, doc ohne den Gegenftand zu verderben. 

Utens, Fluß im cisalpiniſchen Gallien, die | 
Nordgrenze der Senones; j. wahrjcheinfich der 
nördlich von Ravenna ind Ndriatiiche Meer mün— 
dende Montone. Liv. 5, 35. | 

Uter, ein lederner Schlauch. Die Alten be- 
wahrten darin Wein und DI auf und benußten | 
die Schläuche auch zu weiteren Transporten der 
Flü ſigkeiten. 

tica, "Iran ober Obriun, ſehr alte tyriſche 
Kolonie ın Nordafrika, angeblich 287 %. vor Kar: | 
thago, alfo um 1100 v. E,, unmeit des Vorgebir— 
ges des Apollon und des weſtlichen res des | 
= adasfluffes gegründet, von SKarthago 4 bis 

eifen entfernt. Sie ftieg frühzeitig durch be: | 
—— Handelsverkehr, den gute Häfen beförder— 
ten, zu großer Blüte empor. Die durch Natur 
und Kunft wohlbefeftigte Stadt lag in einer höchſt 
reichen, fruchtbaren Ebene, die fih an erreiche 
Gebirge anſchloß. Korn aller Art und Salz wur: |f 
den in großer lag nach Stalien ausgeführt. 
Caes. b. c. 2,37. Pol. 1, 75. 86. 12,3. 
17, 832, bei. Liv. 25, 31. 
Größe und Pracht zeu en noch heutigen Tages 
(Ruinen im Dorfe Bi Schatir) zum. Teil gut er: 
haltene Waflerleitungen von großartiger Arbeit, 
Ruinen von Tempeln und Schlöſſern, die Refte 
eines Theaters und Amphitheaters, welches letztere 
gegen 20000 Menſchen fahte, ſowie die Trümmer 
anderer Denkmäler, von denen die alten Schrift: | 
fteller viel Rühmens machen. Nächſt Karthago 


Usurr — 





Bon ihrer einftigen | 


Tich auf dem Buy d’Yffolı. 
. 43 


Strab. | 40 


Vacuna. 


war Utica die bedeutendfte phoinikiſche Pflauzſtadt 
und ftanb zu jener dem Namen nad eber im 
Verhältnis einer gleichberechtigten als einer unter: 
thänigen Stadt, obgleidy es oftmals doch die Ab- 


' hängigfeit von Karthago im allgemeinen jchwer 


zu fühlen hatte. Daraus erflärt es fich auch, wenn 


es zu verjchiedenen Malen fich auflehnte, wie (240 
v. E.) im Sölbnerfriege, oder an deflen Feinde, 


wie an Agathokles, ſich anſchloß (310 v. E.), wäh: 
rend es in den beiden erften puniichen Kriegen 
treu zu Karthago hielt. Pol. 1, 82. 88. 14,2. Lir. 
29, 35. Im letzten Berzweiflungslampfe der Star: 
thager, 149 ff. v. E,, unterwarf es fi Ron und 
murde daher nad Karthagos Untergang Hauptort 


im nördlichen Afrita und für Roms Verbindungen 


mit dem Innern, ſowie für den Handel ein jehr 


| wichtiger Platz. Sall. Jug. 25. 63. Cie. Phal. 3, 10. 


Pol. 36, 1. Zum Lohn für feinen Abfall erbielt 
es einen bedeutenden Landſtrich. Ju den fpäteren 
bürgerlichen Unruhen jpielte Utica eine bedeutende 
Rolle. Dem Läjar treu ergeben, wurde es von 
dem jüngeren Cato in Re genommen und be: 
rühmt durch deſſen Zod in jeinen Mauern. Caes. 
b. Afr. 56 ff. Auguftus begünftigte die Stadt 
außerordentlich. Auch unter den jpäteren Kaijern 
‚ bLühte fie und erfreute jih der mwohlwollenden 
Fürſorge des in Afrika geborenen Septimius Se- 
verus. Die jpäteren Kämpfe der Bandalen und 
Araber trugen zur Verwüſtung der Stadt mwejent- 
lich bei, bis fie im 7. Jahrhundert durch die 
Araber zerftört wurde. 

Utricularfus, a) Dudeljadpfeifer, b) Fährleute. 
welche die Bafjagiere mit Hülfe lederner Schläuche 
über die Flüfle fegten. In mehreren Provinzen 
gab es collegia utriculariorum. 

Uxellodünun , fejter Platz der Cadurci im 
an Gallien, auf einem einzelnen, fteilen 

Feljen an einem Fluſſe (Dltis, j. Lot), —— 
Caes. b. 9. 


Uxii, Oö&eor, räuberiiche Böllerjchaft an der 
Grenze von Sufiana gegen Perſis, Nachbarn der 
Koffaier (Arr. 7, 15, 1). Sie dienten im Seere 
des Dareios (Arr. 3, 8, 5. 11, 5), wurden aber 
von Alexander unterjodt. Arr. 3, 17,1. Strab. 
15, 728 f. 732. 

Uxor war ber allgemeine Name für Gattin, 
jpeziell für die Frau ohne manus, im Gegeniag 
zur materfamilias, j. Ehe, II. 


V. 


Vacatio j. Beneficiarius. 

Vacea oder Vaga. Oddya, bedeutende Stadt 
Numidiens, 1 Tagereije ſüdweſtlich landeinwärts 
von Utica, wurde im jugurthinifchen Kriege von 
Metellus zerftört, aber jpäter mwiederhergeitellt ; 
jept Bedſcha in Tunis an der Grenze von Alge— 
rien. Strab. 17, 831. Sall. Jug. 29. 47. 68. 

Vaccaei, Odaxneior, eine mächtige hiſpaniſche 
Bölterichaft. im Norbweiten der SHalbinjel, am 
Duero, mit der Hauptſtadt Palantia, j. j. Balencia. 
Ihren Boden bauten fie — — und ber: 
teilten gleichmäßig den Ertrag. Sie waren ſehr 


kriegeriſch und machten ſchon den Buniern viel zu 


ſchaffen. Pol. 3, 14. Lir. 30, 7. Strab. 3, 152 fi. 

Vacuna, eine Gottheit, welche die Sabiner nach 
der Ernte, bejonders zu Reate und Tibur, ver- 
ehrten. Or. fast. 6, 307. Sie galt jpäter als eine 

Öttin der Ruhe von Geichäften und der Muße 
(litare Vacunae für vacuum esse) und wurde 
identifiziert mit Ceres, Benus, Diana, Minerva, 
Bellona und Bictoria, muß aljo neben dem fried- 
lien Charakter einer Flurgöttin auch die Beden: 
tung einer Kriegs: und Giegesgöttin gehabt haben. 
Ob fie auch zu Rom verehrt wurde, iſt ungewiß 


Vada — Valentinianus, 


l. Hor. ep. 1, 10, 49: fanum patre Vacunae 
(nicht weit von dem jabin. Landgute des Horaz). 

Vada, Kaftell der Bataver in Gallia Belgica, 
öftlih vom j. Grinnes. Tac. hist. 5, 20. 21. 


Vadimönis Lacus, 7 Odduwov Alurn, Heiner 
runder heiliger See Etruriend, im Gebiet von | 


Ameria, diente den Etrujfern zum Berjammlungs- 


punft; j. Laghetto di Baflano. Pol. 2,20, 2. Liv. 


9, 39, 

Vadimonlum, ein unter Stellung von Bürgen 
(vades) (jpäter auch ohne Bürgen) gegebenes Ber: 
iprechen, fich an einem beftimmten Tage vor Ge: 
richt einzufinden. Gewöhnlich forderte der Kläger 
den Beflagten dazu auf (vadari), und diefer mußte 
vadimonium promittere, dare, facere u. ſ. w.; 
das Halten des Verjprechens hieß vad. obire, 
sistere u. f. w., das Wusbleiben aber vad. dese- 
rere, Cie. Quint. 8. 165 ff. 23f. Mit dem vad, 
war das Berfprechen einer Geldjumme verbunden, 
deren Höhe von dem Gegenftande des Prozeſſes 
abhing, aber 100 000 Se 


brochen wurde. Im Formularprozeß wurde das 
vad. angewendet, wenn ber Bellagte der in ius 
vocatio nicht fogleich Folge leiften fonnte. Auch 
wurde ein vad, bejtellt, ohne daß in ius vocatio 
vorgenommen wurde. Wenn nun beide Parteien 
erjchienen waren, und ein zweiter Termin ſich 
nötig machte, jo ficherte man fich durch ein ges 
richtliched vadimonium, In der jpäteren Kaijer: 
zeit wurde das vadimonium durch die litis de- 
nuntiatio fat verdrängt, es beftand noch unter 
dem Namen cautio in iudicio sistendi, j. Pro- 
zels, 23. 

Vahälis j. Rhenus. 

Yalens, 1) Bruder Balentinians J., in Panno— 
nien um 328 n. C. geboren, diente zuerjt in der 
Garde Julians, widerftand aber der Forderung 
desjelben, dem Ehriftentum zu entiagen. Im J. 
364 übertrug ihm fein Bruder, indem er ihn zum 
Mitherricher machte, die Regierung über den Oſten 
und ftellte ihm tüchtige Männer zur Seite. Aber 
Krieg und Nufftände jtörten die Ruhe jeiner Re— 
gierung vielfah. Zunächſt wendete er jich (3665) 
gegen die Perjer, die mit einem Einfall drohten. 
Gleichzeitig wurde jein Reich durch ein furchtbares 
Erdbeben verwüſtet, und die Goten fielen in Thra- 
fien ein. Der Aufſtand des Profopios wurde, 
nachdem derjelbe einen Teil Vorderaſiens erobert 
hatte, 366 mit großer Mühe unterdbrüdt, trogdent 
aber verminderte der milde Valens die Abgaben. 
Da die Goten den Prokopios unterftügt hatten, 
jo ging Valens 367 über die Donau, nachdem er 
fi) vorher hatte taufen laffen, konnte aber dem 
durd; Wälder und Sümpfe gebedten Feinde nicht 
beifommen und mußte fich zurüdziehen. Erft 369 
erlitten die Goten eine Niederlage und jchloffen 
Frieden. Auf einer Reife durch Ajien verlor er 
jeinen einzigen Sohn Balentinian (372) und blieb 
in Syrien (während des Winters gewöhnlich in 
Antiocheia) bis 378. Grenzftreitigfeiten mit Ber: 
fien, Kämpfe mit den Iſauriern, Verſchwörungen 
gegen das Leben des Kaiſers, Unzufriedenheit mit 
der Berwaltung des durch feine Habjucht verhaßten 
Betronius, Schwiegervaters des Kaiſers, fallen in 
dieje Zeit. Nicht weniger als die ununterbrochenen 
Kriege und Unfälle trugen kirchliche Streitigkeiten, 
durch des Kaiſers Hinneigung zum Arianismus 


terzen nicht überfteigen 
durfte. Dieje Summe verfiel, wenn das vad. ge: 


1267 


veranlaßt, und jtrenge Geſetze gegen Andersden— 
lende zu inneren Unruhen bei. Im %. 378 rief 
ihn ein Einbruch der Goten nah Konftantinopel 
zurüd. Die andringenden Hunnen hatten das 
Gotenreich zertrümmert, und 200 000 ftreitbare 
Männer mit ihren Familien baten um Aufnahme 
in Möjien und Thrafien. Die Habjucht und Treu: 
lofigfeit der römischen Beamten trieb die Goten 
zur Verzweiflung (377), ein römijches Heer wurde 
von ihnen gejchlagen, Thrafien verwüjtet, und der 
nad) Europa gelommene Valens am 9. Aug. 378 
zur Schladht bei Adrianopel genötigt. Er wurde 
gänzlich geichlagen und fand nad der Schlacht in 
einer Bauernhütte, in der er, töblich verwundet, 
Zuflucht gejucht hatte, und die von den herum: 
ſchwärmenden Goten angezündet wurde, in den 
Flammen feinen Tod. Amm. Marc. 26,4 ff. Zos. 
4,1.4.10f. 13. Zonar. 18, 10f. — 2). Fabii, 28. 

Valentia, Obalsvria, 1) Name des jüdlichen 
Teils von Britannia Barbara, nördlich vom Piften- 
walle, der von Theodofius zur Provinz gemacht 
wurde, aber nur kurze Zeit im Beſitz der Römer 
blieb. Amm. Marc. 28, 3. — 2) große Stadt der 
Edetaner im tarraconenfijchen Hilpanien, am Fluß 
Zuria, von D. Brutus nach Befiegung der Luſi— 
tanier 130 v. E. angelegt, wurde von Pompejus 
zerſtört, doch fpäter wieder bedeutend. Sie führt 
noc den alten Namen. Liv. ep. 55. — 3) Stabt 
der Cavares im narbonenfiihen Gallien an der 
Straße von Tieinum nah Vienna, j. Balence, 
römische Kolonie, deren Einwohner in Rom Ehren: 
jtellen befleiden konnten. Tac. ann. 2, 23. hist. 
1,66. — 4) Drt in Galabrien (auch Balentium) 
zwiſchen Brunduſium und Elupeä. — 5) j. Vibo. 

Valentiniäuns, 1) Bal. 1, Flavius, geboren 
in Pannonien 321 n. E., ein Mann von aus: 
te Körperkraft und majeftätiicher Würde, 








atte jich in den Kriegen Roms hervorgethan, war 
efehlshaber in Afrika und Britannien geweſen 
und ftand bei ben —— in hohem Anſehen. 
Er hatte ein edles Außere, war ſtreng bis zur 
Grauſamleit, beſonders bei Ungehorſam, von großer 
Sittenreinheit, ein Freund der Wiſſenſchaften, wenn: 
gleich ſelbſt ohne eigentliche wiſſenſchaftliche Bil— 
dung, ein tüchtiger Soldat, in der Kriegsbaukunſt 
und in der Mechanik (er beichäftigte I auch mit 
der Bildung von Thon: und Wachsfiguren) jehr 
erfahren, zugleich duldjam in der Religion. Den 
| Heiden verichaffte er gleich bei feiner Thron: 
 befteigung (364) einige Erleichterungen, dabei war 
er aber entichiedener ra Zos. 4,3. Er nahm 
jeinen Bruder Balens (ſ. d., 1.) zum Mitregenten 
‚an und wohnte zu Mediolanium, traf Anftalten 
zur erg der Grenzen, bejonders Nirikas, 

egen die Mauren und des Rheins gegen Die 
Deutichen, ging 365 nah Gallien, befriegte bie 
mächtigen Alamannen und bejiegte jie 366. Amm. 
| Mare. 26, 6ff. Zugleich machte er ſich durch zahl: 
‚reiche Geſetze um Gallien und das Reid; verdient 
und nahm 367 feinen achtjährigen Sohn Gratian 
zum Mitregenten an. Amm. Marc. 27,6. Zos. 
4,12. Im J. 368 z0g er abermals gegen die in 
Gallien eingefallenen Alamannen und jchlug jie 
mehrere Male. Amm. Marc. 27, 10. 30, 7. In 
neuen Kämpfen mit denjelben zeichnete ſich der 
Bater des jpäteren Kaiſers Theodojius befonders 
aus, 370. Auch mit den Sachſen hatte er (370) 
\einen Kampf zu beftehen, Daj. 28, 5. Im J. 374 
80* 





1268 Valeria — Valerii. 

rüftete er ſich, nachdem endlich mit den Alaman- dalen wurde Friede geichloflen. Ein jpäterer Streit 
nen ein Friede zuftande gelommen war, zum berjelben mit den Goten veranlaßte eine Berbin- 
Kampfe gegen die Quaden, die in römijches Ge— | dung des Bandalenlönigs Geiſerich mit Attila und 
biet eingefallen waren; er griff fie 375 an und den Einfall des leßteren ins weſtrömiſche Reich, 
fügte ihnen durch Verheerung ihres Landes großen ; das von den Bandalen von der Serfeite her arg 
Schaden zu. Ihre Gefandtichaft nahm er höchſt | vermüftet wurde, bejonders die Inſel Sicifien, 439 
ungnädig auf und ereiferte fich dabei fo jehr, da und 440. Der ſchwache Kaiſer kümmerte fich wenig 
er, bon einem Blutfturz getroffen, am 17. Nov. | darum, ob ein Stüd nad dem andern vom Reiche 
375 ftarb. Zos. 4, 17. Amm. Marc. 30, 6. —  losgerifjen wurde. Nach dem Tode jeiner Mutter 
Valentinians ältefter Sohn, Gratianus, geboren | (450) geriet jeine Herrichaft durch Attilas Zug 
359 n. E. zu Sirmium, bereits jeit 367 Mit: nad Gallien in große Gefahr. Aëtius jchlug indes 
regent, folgte feinem Water 375, ein an Leib | mit Hülfe bes weftgotiichen Königs Theodorid) 
und Seele vortrefflich gebildeter Fürft, deffen ge: | die Hunnen auf den Catalauniſchen Feldern, 451, 
mwinnendes Außere ſowie reimes Gemüt ihm, erregte aber nun das Mißtrauen des Balentinian, 
allgemeine Liebe erwedte. In allen förperlichen | der ihn 454 ermorden ließ, aber jchon im nächiten 
Übungen ausgezeichnet, von dem fenntnisreichen Jahre dasjelbe Schidjal hatte, 455. i 
Dichter Auſonius ſorgſam unterrichtet, war er) Valerfa, 1) ſ. Valerii, 37. — 2) Bal,, 
fromm, milde, wohlthätig, zärtlich gegen feine Obeizpie, Stadt ber Keltiberer in Hijpanien, am 
Angehörigen, jedoch ber Lug leidenschaftlich er: | Sucro; j. Balera la vieja. Plin. 3, 3,4. — 3) Stadt 
geben und vom feiner (meift ausländischen) Um: |in Latium an der Balerifhen Straße, zwiſchen 


gebung zu ſehr abhängig. Gewöhnlich hielt er 
ſich in Trier auf, von wo er viele Geſetze erlieh. 
Während eine Hungersnot in Stalien ausbrach, 
rüftete fich Gr. 377 gegen die Alamannen, die er 
im Jahre darauf mit Kraft angriff, bei Argen— 
taria befiegte und zum Frieden zwang. Hierauf 
og er gegen die Sarmaten an der Donau und 
ug fie; dann aber befam er die Nachricht vom 
Tode des Valens, machte Theodofins zum Herr: 
ſcher des Oſtreichs und ging nah Mediolaniunt, 
wo er mit dem Bilchof Ambrofius viel und innig 
— Dem Theodoſius ſandte er Hülfe gegen 
die Goten und verblieb die nächſten Jahre ab— 
wechſelnd in Gallien und Italien. Im J. 383 brach 
der Aufſtand des Maximus aus, der dem jugend— 
lichen, ſo viel verſprechenden Kaiſer Krone und 
Leben koſtete. Vgl. Richter, das weſtröm. Reich, 
beſ. unter den Kaiſern Gratian, Valentinian II. 
und Maximus (1866), und Gumpoltsberger, Kaiſer 
Gratian (1879). — 2) Ihm folgte ſein Halbbruder, 
Valentinianus Il., geboren 371 n. E., für den 
defien Mutter Juftina die —— führte, wie: 
wohl Theodofius mit feinem Rate fi am meiften 
geltend machte. Viele Geſetze wurden unter ihm 
erlaſſen. Gegen Maximus ſchützte ihn Theodofius 
388. Balentınian ftarb bei Vienna im narbonen: 
ſiſchen Gallien eines gemaltfamen Todes durd die 
Hand des herrſchſüchtigen Franfen Arbogaftes nad) | 
einer thatenlojen Regierung am 15. Mai 392. — 
3) Flavius Placıdus Balentinianus III, 
Sohn des dritten Eonjtantius und der Salla Pla: 
eidbia, geboren 419 n. E., wurde von Honorius 
zu jeinem Nachfolger ernannt und fam 425 nad 
dem Sturze des Johannes auf den Thron. Die 
Regierung führte für ihn feine Mutter Placidia, 
ohne jedoch auf den Sohn einen guten Einfluß 
zu üben. Ihre und ihres Sohnes Stützen waren 
die trefflichen Feldherren Bonifacius und Aëtius. 
Der lehtere verteidigte das wankende Reich gegen 
aufrührerifche Soldaten, gegen ®eftgoten und Ban: 
dalen, geriet aber jchon 427 mit Bonifacius in 
Swift, der von dem Hofe genährt wurde, um 
in Bonifacins ein Gegengewicht gegen Aëtius zu 
age aber mit des Bonifacius Untergange endigte. 

arauf kämpfte Aëtius, der nun allgewaltiger 
Minifter und Feldherr war, fiegreich mit den wil: 
den germaniichen Bölfern, befonders Franken und 
Goten. Mit den nach Afrika übergefiedelten Ban: | 








ı Ausföhnung 


Tibur und Earfeoli, wohl das horaziihe Baria 
(ſ. d.); j. Bico Varo. — 4) unter Galerius Bro: 
vinz Niederpannoniens (ſ, Pannonia) zwiſchen 
Raab, Donau und Drau, nad) des Kaiſers Gemah— 
lin benannt. 

Valeriänus j. Valerii, 42—43, 

Valerii, ein patricijches, aus Sabinum ſtam— 
mendes Gefchlecht, deſſen Ahnherr Voleſus Bale- 
rius mit Tatius nach Rom kam und zwiſchen 
dieſem und Romulus Frieden ſtiftete. Dion. Hal. 
2,46. Plut. Popl.1. 1) P. Bal. Poplicola, 
half mit Brutus, Sp. Lucretius u. a. das Ge: 
jchleht der Tarquinier vertreiben. Zum Konſul 
gewählt (509), verteilte er mit Brutus die Güter 
der Zarquinier und befiegte die Bundesgenofien 
derjelben. Liv. 2, 5ff. Den Beinamen Boplicola 
erhielt er, weil er die Vollsfreiheit durch Geſetze 
zu befeftigen fuchte. Ziv. 2,8. Plut. Popl. 10 ff. 
Auch in den Jahren 508 und 507 war er Komiul 
und fämpfte gegen den Roms junge Freiheit be— 
drohenden Poriena, König von Elufium. Lir. 2,8. 
11. 15. Letzterer machte Frieden, deſſen Abſchluß 
Val. eifrig betrieb. Plut. Popl. 18f. Darauf ımter: 
nahm er in jeinem vierten KRonjulate (504) einen 
Feldzug gegen die Sabiner und Bejenter und 

arb 503. Liv. 2, 16. Das römijche Volt ehrte 
ihn durch ein feierliches Leichenbegängnis. Plut. 
Popl. 23. -— 2) Sein Bruder, M. Bal. ——— 
kämpfte zuerſt in einer Schlacht gegen Porſena, 
darauf 505 v. C. mit Ruhm als Konful gegen 
die Sabiner und fpäter (496) gegen die Yatiner 
in der blutigen Schlacht am See Regillus, in der 
er wahrjcheinlich verwundet wurde. Lir.2,16.20. 
Später (494), als innere Zwiftigfeiten ausbrachen, 
wählte man ihn zum Diktator, worauf er die 
Sabiner jchlug. Als die Auswanderung der Plebs 
auf den heiligen Berg ftattgefunden, war er für 
rielben mit den Patriciern und für 
Erfüllung ihrer Forderungen thätig. Cie. Brut. 14. 
Liv. 2, 30f. — 3) P. Val, Sohn des unter 1) 
enannten, der mit jeinem Bruder Marcus in der 
Schlacht am Regillus den Oheim Marcus ver: 
teidigte und fpäter in derjelben fiel. Dion. Hal. 
6, 12. — 4) 8. Bal. Botitus, Gegner des Sp. 
Eajfins, weshalb ihm das Bolt ungünftig geftimmt 
war, als er für das %. 483 v. E. zum Konſul 
erwählt wurde. Zap. 2, 41f. Wiederum Konjul 
(470), verwendete er fi, da ihm das Wolf noch 


Valerii. 1269 
immer grollte, für die von diefem begehrte Ver: | indes fpäter eine Niederlage bei. Zonar, 8, 18. 
teilung von Ländereien. Daj. 2,61. — 5) X. Bal. | Oros. 4, 12. — 17) ®. Val. Flaceus, wurde 
Boplicola Botitus, Sohn des unter 3 ge: ı 219 dv. E. nah Sagunt zu Hannibal geichidt und 
nannten, jchlichtete 449 v. E. durch die leges | befehligte im zweiten punifchen Kriege (215) eine 
Horatiae Valeriae mit jeinem Amtsgenofjen Ho: Flotte. Liv. 21, 6, 23, 34.38. — 18) M. Bal. 
ratius die zwijchen Voll und Patriciern obwalten: Läviuus, erhielt als Prätor (215) die Provinz 
den Streitigfeiten, befämpfte als Konſul des Jahres | Apulien und eroberte 3 Städte der Hirpiner (Zur. 
die Aquer und Volſter (Liv. 3, 55 ff.) und über: | 23, 24. 32. 37), lämpfte 214 gegen Philipp von 


nahm 445 wiederum das Bermittleramt zwiichen | 


Bolt und Senat. Dion. Hal. 11,59. — 6) E. 
Bal. Potit. Voluſus, focht 410 v. E. ald Konſul 
fiegreich gegen die Aquer, denen er eine von ihnen 
eingenommene Feftung wieder abnahm. Liv. 4, 53. 

- FL. Val. Botitus, jchlug als konjularijcher 
Kriegstribun 406 dv. E. die Zoljler (Liv. 4, 68f.) 
befletdete in den folgenden Jahren dasjelbe Amt 


wiederholt und beitand fiegreiche Kämpfe seo | 
1f. — 


Veji, die Volſter und Faliſter. Liv. 5, 

8 L. Val. Potitus, gelangte 392 v. GE. noch 
jehr jung zum Konjulat und jchlug die Hauer am 
Wlgidus. Liv. 5,31. — 9) 
Popl., fämpfte mit Camillus 
Etrurien 386 dv. E. (Liv. 6, 6f}.) und ſchlug 377 


die Antiaten und Latiner bei Satricum. Lie. | 


6, 32. — 10) M. Val. BPoplicola, befannt durch 
die Feldzüge, die er 355 und 353 v. C. gegen 
Tibur und die Volifer unternahm Liv. 7,17 ff. — 
11) M. Val. Corpus, that jeine erften Kriegs: 
dienfte unter Camillus 349 v. E. gegen die Gallier 
und erwarb fich jeinen Beinamen im Zweilampfe 


mit einem riefigen Gallier, den er mit Hülfe eines ) für ihn den Eid 


Raben befiegte. Liv. 7,25. ‚Schon in feinem 
vierundzwanzigſten Lebensjahre befleidete er (348) 
das Konſulat, bejiegte 346 die Voljler (Liv. 7, 27), 
ihlug 343 beim Beginn der Samniterfriege die 
Samniter am Berge Saurus in Gampanien (Liv. 
7, 32.) und abermals bei Suefjula. Lie. 7, 34 ff. 


Makedonien, dem er mehrere Städte abnahm, und 
behielt auch für die nächiten Jahre den Oberbefehl 
(Liv. 24, 40. 44.25, 3.26, 1). Für 210 zum Konſul 
ernannt, erhielt er Sicilien zur Provinz, blieb 
dajelbjt mehrere Jahre und machte gegen die Kar: 
thager, denen er unter anderm Agrigent wegnahm, 
glüdliche Fortjchritte. Liv. 26, 40. 208 verheerte 
er mit einer Flotte die Hüften Afrifas und wieder: 
holte auch im folgenden Jahre den Zug. Liv. 
27, 9.28, 4. Er jtarb 200, nachdem er noch ein 





P. Val. Potitus 
egen Antium und | 
2. 22), die Inſubrer bei Mediolanium (Liv. 





| 


Jahr vorher als Proprätor nad) Makedonien ge: 
ichidt worden war. Liv. 31, 3. 50. — 19) 2. Bal. 
Flaccus, Kollege des älteren Cato im Konjulate 
195 v. E., befiegte die bojiihen Gallier (Liv. 


34, 46) und fämpfte 191 unter Slabrio in der 
Schlacht bei den Thermopylen gegen den ſyriſchen 
König Autiochos. Liv. 36, 17. 19. Er jtarb 180. 
Liv. 40, 42. — 20) Sein Bruder, €. Val. Flac— 
cus, erzivang fich, wider feine Neigung zum Fla— 
men Dialid gemacht, einen Sig im Senate und 
wurde 199 curulijcher Adil, nachdem jein Bruder 
eleiftet, da ein Flamen nicht 
ihwören durfte. Liv. 27,8. 31,50. — 21) €. 
Bal. Lävinus, verhalf den Aitoliern zu einem 
günftigen Frieden mit Rom 189 v. E. (Zav. 38, 9), 
ämpfte 176 als Konjul gegen die Ligurier, war 
174 Führer einer Gefandtihaft nad Aitolien und 
172 einer folhen nad Mafedonien und Agypten. 


Einen Aufftand der in Capua zurüdgelafjenen Bes | Liv. 41, 17f. 25. 42,6. — 22) DO. Bal. Soranus, 


fagung und der mit ihr verbundenen Feldjflaven 
dämpfte der zum Diktator ernannte Val. durch 
milde und verjöhnlide Mafregeln, 342. Liv. 
7,38. Das Konjulat und die Diktatur erlangte 
er noch zu wiederholten Malen. Aulekt im 3. 
290 tontu, z0g er gegen die Etrujfer, die aus 
Furcht vor feinem Namen fi auf feinen Kampf 
einließen. Zar. 11, 11. Seine legten Jahre ver: 
brachte er auf dem Lande und jtarb geachtet und 
neliebt in einem Alter von 100 Jahren. Cie. 
Cat. m. 17,60. Plin. 7, 48. — 12) M. Bal. 
Marimus, Konjul des Jahres 312 v. E, in 


dem er mit den Samnitern und Marrucinern | — 
26) 2. Val. Flaceus, Kollege des Konſuls Cinna 


fämpfte. Liv. 9, 28. Großen Ruhm erwarb er 


fih 309 als Legat im Kampfe gegen die Sams | 


niter. Liv. 9, 405. — 13) 2. Bal., wurde 282 
v. C. als Gejandter nach Tarent geichidt, von den 


Einwohnern aber feindlich behandelt und Pen | 
$. Val. 
Lävinus, erlitt durch Pyrrhos von Epeiros eine 


Dio Cass. fr. 39, 4. Liv. ep. 12. — 14) 


Niederlage bei Heralleia am Siris, 280 v. C. — 
15) M, (M'.) Bal. Marimus Mejjala, 263 
v. E. Konſul, bejiegte Hieron und die Ktarthager 
auf Sicilien. Pol. 1,16. Zonar. 8,9. Er joll 
die erite Sonnenuhr aus Catana auf Sicilien nad) 
Rom gebracht haben. Plin. 7, 60. — 16) P. Bal. 
Falto, zeichnete jich ganz bejonders aus im der 
Seeſchlacht bei den Ägatiſchen Inſeln (241 v. E.). 
Val. Max. 2, 8,2. Gegen die Gallier fämpfte er 
als Konſul 238 anfangs unglüdlic, brachte ihnen 


aus Sora ın Latium, Redner und Dichter (Cic.. 
de or. 3, 11, 43), ohne, wie es jcheint, ein be: 
deutendes Anjehen errungen zu haben. Cicero 
tadelt jeine lateinifche Ausipradye. — 23) L. Val. 
Flaccus, Konjul 100 v. C. mit Marius, der 
des Val. Wahl durchgejegt hatte, um an ihm 
einen Genofjen feiner Abjichten zu haben; Bal. 
ließ fih aber von Marius nicht als willenlojes 
Werkzeug gebrauchen und widerjegte ſich jpäter 
auch dem Cinna. Well. Pat. 1, 15. Plut. Mar. 
28. 30, Cic. ad Att.8, 3,6. — 2%) C. Bat. 
Flaccus, Konſul 93 v. E., ſchlug die Keltiberer 
in einer großen Sclaht. App. Hisp. 100. — 


86 v. E., fand im Kriege gegen Mithridates durch 
den Legaten Yyimbria (j. Flavii, 8.) den Tod, — 





26) Val. Antias, Zeitgenofie des Sulla, Ber- 
fajier eines bald Historiae bald Annales genann: 
ten Werles in wenigjtens 75 Büchern, das von 
der Urzeit bis auf jeine Tage herabreidhte und 
namentlich Livius in den erjten Deladen, jowie auch 





Dionys von Halikarnaß und Plutarch als Duelle 
gedient hat, berüchtigt durch jeine ungeheuerlichen 
| en und abentenerlihen Musmalungen. 

bhandlung von Liebaldt (1844), Sammlung der 
Fragmente bei Beter, hist. Kom, reliqu. I p. 287 ff, 
fragm. p. 151 ff. — 27) Val. Cato, aus Gallien, 
"unterrichtete in Rom, nachdem er unter Sulla 
| durch Berluft feines Vermögens in Armut geraten 
war, die Söhne vornehmer Römer in der Sram: 


1270 Valerii. 


matit und Dichtfunft und ſchrieb Gedichte eroti- tigte. Er fchrieb zum Teil in griechiicher Sprache, 
chen und mythologiſchen Inhalts. Die auf uns | jo über die Bürgerfriege (von Plutarch bemugt'), 
gekommenen, feit 3. Scaliger ihm —— bu= | zum Teil verfaßte er Reden in lateiniſcher Sprache, 
folijch-erotijchen Gedichte Dirae und Lydıa (Her: | von denen noch einzelne Bruchſtücke vorhanden find. 
ausgegeben mit Näfes Anmerkungen von Echopen, = feine übrigen Schriften, darunter ein Wert 
1847, von Ribbed 1867, fowie in deffen Appendix | de familiis, find verloren gegangen; die ihm bei: 
Vergiliana, von M. Haupt in feiner Ausg. des | gelegte Schrift de progenie Augusti Caesaris 
Bergil und von Bährens, poet. Lat. min. IIp. 72 ff.) | tft unecht und ein Produkt des 15. Jahrh. Auch 
find nicht von ihm, jondern ſtammen aus jpäterer Dichter jcheint er geweien zu fein (Or. ec Pont. 
Beit; ebenjowenig find fie Werfe des Bergil. — | 1, 7, 27), jowie er auch ein Gönmer ber Dichter, 
28) 8. Val. Flaccus, begleitete feinen Vater | namentlich des Tibull, war. Monographien von 
(25) auf dem Feldzuge gegen Mithridates, als er van Hall (1820), Wiefe (1829), Baleton (1874) 
noch jehr jung war, 86 v. C. (Cie. Flace. 2, 5), | und Schulz (1886). — 34) M. Bal. Mejjala 
diente jpäter in Kilikien und unter Metellus auf | oder Meilalinus, des vorigen Sohn, Konſul 
Kreta, wo er fich auszeichnete (dai. 3, 6). Als die 3 v. C. (Suet. Galb. 4), wurde 6 n. C. als Pro: 
catilinarifche Verſchwörung Rom bedrohte, war er | fonjul von Dalmatien und Pannonien durch Tibe- 
jehr thätig, um ihre Fäden zu entdeden. Sall. | rius aus Anlaß bes —— gegen Marbod nach 
Cat. 45f. Wegen der von ihm im J. 62 in Aſien Germanien berufen, nach Ausbruch des dalmatiſch— 
verübten Erprefjungen wurde er nady feiner Rüd: | pannoniſchen Aufftandes aber zurüdgeichidt. An— 
fchr angeflagt, aber durch Hortenfius’ und Eiceros | fänglic trug der Dalmatier Bato einen Sieg über 
Verfeidigung gerettet, 59. Cie. ad Att. 2, 25. | Meſſ. davon, wurde aber von diejem bald darauf 
Macrob. sat. ?, 1. — 29) M. Bal. ee — Dio Cass. 55, 29. Vell. Pat. 2, 112. 
Niger, erwarb ſich Ruhm durch feine Beredjam: | Un ihn hat Ovid aus feiner Verbannung mehrere 
feit, die jelbft Eicero (Brut. 70, 246) anerlannte, | Gedichte gerichtet (er Pont. 1,7. 2,2 und trist. 
und zeichnete fich beſonders durch die Verteidigung | 4, 4). Meſſ. war ein Freund des edlen Germa- 
des Scaurus (54 dv. E.) aus. 61 war er Konful. | nicnus. Tac. ann. 3, 18. — 35) Sein Bruder, M. 
Cie. ad Att. 1, 12. — 30) M. Bal. Meffala, Aurelius Eotta Meſſalinus, bei Ovid Cotta 
ift wohl identiſch mit dem Bal., der nur durch Marimus, von einem Oheim, Murelins Cotta, 
feine Jugend abgehalten wurde, den Sert. Rojeins |an Kindesftatt angenommen, lebte in Rom als 
aus Ameria (80 v. E.) zu verteidigen. Cie. Rose. | Schwelger und zeichnete fich unter Tiberius als 
Am. 51, 149. Im J. 53 gelangte er zum Kon:  Schmeichler aus, der auch durch Angeberei fich 
julate (Dio Cass. 40, 17. 45), wurde 51 auf Rom: | verhaßt machte. Zac. ann. 2, 32 u.d. Auch an 
pejus’ Betrieb wegen Amtserjchleichung angeflagt, | ihn richtete Ovid mehrere Gedichte (ex Pont. 2, 8. 
jedoch von dem Redner Hortenfius, feinem Oheim, 3, 2. 5). — 36) Bal. Marimus (einen Bor: 
mit Erfolg verteidigt. Val. Max. 5, 9, 2. Da die | namen fennen wir bei ihm ebenfowenig als bei 
Freiiprechung des offenbar jchuldigen Val. Ent: | manchen andern in der römischen Litteraturgefchichte 
rüftung hervorrief, wurde er von neuem angeffagt | erwähnten Baleriern), gehört nicht zu der berühm: 
und verurteilt. Cie. ad /am. 8, 2,1. 4,1. Im | ten patrieifchen familie der Balerier. Aus mäßigen 
Bürgerfriege hielt er es mit Cäſar, diente als | Berhältnifien gelangte er durch feinen Gönner und 
defien Legat im afrifanischen Kriege (CGaes. b. Afr. | Freund Sert. Bompejus (Konful 14 n. E.) in eine 
28. 86) und beteiligte fich wohl auch am Sriege | beflere Lage, nachdem er denjelben auf jeinem 
in Spanien. Cic. ad fam. 6, 18,2. — 31) Feldzuge nach Aſien begleitet hatte (2, 6.8.4, 7,2). 
Bal. Orca, war 57 v. E. Prätor und verwaltete Nach feiner Rückkehr jchrieb er in Rom zwiſchen 
dann Afrifa, Cie. p. red. in sen. V. ad fam. 13, 6a.| 28 und 32 fein einziges Werf factorum et dieto- 
Unter Cäſar diente er (49) als Legat und wurde rum memorabilium bri novem, in dem er es 
nach Sardinien gejchidt. Caes. b. c. 1,30. — 32) €. | fih vorgenommen hatte, merkwürdige Thaten und 
(Bal.) Triarius, befehligte im Kampfe des Bom: | Reden, zunächſt zur Berherrlichung römijcher Fami— 
pejus mit Cäſar die afiatiihen Schiffe des erjteren | lien und für rhetorische Zwede, zufammenzuftellen. 
und fämpfte 48 v. C. unter ihm bei Pharjalos. | Nach moraliſchen Sägen hat er dieſen Stoff ge: 
Cues.b.c.3,5. 92. Von Cicero wird er gerüühmt; | ordnet und wiederum in jedem einzelnen Kapitel 
er nimmt am Geipräh in beffen Büchern de | Nationales und Fremdes gejchieden. In der Samm: 
finibus teil. Cie. fin. 1, 5, 14. 7, 25. — 38) M. lung diejer Anekdoten hat er es fich ziemlich Leicht 
Bal. Meſſala Eorvinus, geb. wahrjcheinlich | gemacht, denn außer Cicero und Livins find es 
64 dv. E., geft. um 8 n. E., ein ausgezeichneter Döchften noch einige Siftorifer, wie Salluftius 
Redner und in griechijcher und Tateinifcher Wiffen: | und Trogus PBompejus, deren Benutzung man 
ichaft jehr bewanderter Mann, an dem befonders | nachweijen kann. Ohne Urteil und auch ohne Ge— 
die Eleganz der Rede gerühmt wird, fämpfte unter | finnung (denn man begegnet nicht jelten der nie— 
Brutus und Eaffius bei Philippi. Mut. Brut. 40ff. | drigften Schmeichelei gegen Tiberius) hat er in 
Nach diefer Schlacht hielt er es anfangs mit Anz | einer ſchwülſtigen, geſchmackloſen, ja jelbft inforref- 
tonius, trat aber im Unmut über deffen Verhältnis |ten Sprache gefchrieben, die dem Charakter feiner 
zu Kleopatra 38 v. E. auf Octavians Seite. Er | Beit gar nicht entfpricht. Ein jogenanntes zchntes 
bezwang 34 die Salaffer, ein Alpenvolf, erhielt | Bud; de praenominibus gehört weder zu Ddiejer 
31 das Konfulat, befiegte, wie es fcheint 28, die | Sammlung noch rührt es von dieſem Berfajier 
Aquitanier und Fehrte dann nach Rom zurüd, um |her. Jenes Werf aber ift zu allen Zeiten viel 
durch Bauten, Anlegung von Landftragen und als | gelejen und benugt worden. Das ergeben die An- 
ftädtifcher Präfekt thätig zu jein. Dio Cass. 53, 22. | führungen bei Plinius, Gellius (12, 7), Frontinus 
Suet. Oct. 30. Dies war auch wohl die Zeit, in u. a., noch mehr die Auszüge eines Julius Paris 
der er ſich mit wifjenjchaftlihen Arbeiten beichäf: | (um 500 n. E.) und Januarius Nepotianus (6. oder 


Valgii — Vandali. 


7. Jahrhundert), die unabhängig voneinander epi: 
tomiert haben, und die Nahahmungen im Mittel: 
alter. Der Tert ift auch frühzeitig 


in neuere Sprachen übertragen. — Ausg 


edrucdt und‘ 
. bon: 


A. Manutius (1534), Pighius und J. Lipfius 
(1585 u. d.), Rapp (1782), Safe (1823) und be: 


jonderd Kempf (1854; ZTertausgabe 1888) und 
Halm (1865). — 37) Baleria Mefjalina, dritte 
Semahlin des Kaifers Claudius, eine der berüd: 
tigtiten rauen der römischen Kaiſerzeit, trieb die 
Schamlofigteit auf das äußerſte und wollte Roms 


edelfte und bornehmfte Frauen auch dazu zwingen. | 
rauſamkeit, 


Dadurch und durch ihre Habgier und 
die nicht einmal ihre nächſten Verwandten ver: 
ſchonte, machte fie ſich allgemein verhaßt, bis ihr 
Verhältnis zu €. Silius (f. Silii, 7.), der fich 
Hoffnung auf den Thron machte, ihren Untergan 
herbeiführte, 48 n. &. Tae. ann. 11, 2. 12. 26 ff. 
Dio Cass. 60, 8. 12. 14 ff. 22. 27 ff. Aur. Viet. 
Caes. 4. ep. 4. Plin. 10, 63. Juv. 6, 116 f. Sie 
gebar dem Claudius die Octavia und den Bri— 
tannicus. ©. die Stammtafel unter Julii, 8. 
— 38) Bal. Niiaticus, aus Gallien, Daupt: 
anftifter der Ermordung des Ealigula, feines Freun— 
des, von dem er beleidigt worden war. Unter 
Claudius lebte der reiche und angejehene Bal. un: 
angefochten, bis die Habjucht der Meflalina, die 
nad jeinen Gütern lüftern war, ihn beim Kaiſer 
verleumdete, worauf er jich die Adern öffnete, 47 
n. €. Tac. ann. 11,1ff — 39) Bal. Aſiaticus, 
vielleicht des vorigen Sohn, unterftühte gegen das 
Ende der Regierung Neros den Aufitand des Julius 
Binder in Gallien (68 n. E.), jchloß fich dann bem 
Bitellins an, der ihn mit jeiner Tochter vermählte 
und zum Konſul befignierte, wurde aber, wahr: 


icheinlicy noch vor Autritt des Konſulats, ein Opfer | 


der Anarchie jener Tage, 69. Teac. hist. 1, 59. 
2,94. 4,4. — 40) €. Bal. Flaccus, römischer 
Epiter, j. Flaccus, 2. — 41) E. Bal. Meija: 
finus, jcheint identiih mit Catullus Meſſa— 
linus zu fein, jenem berüchtigten und allgemein 
verabjchenten Delator zur Zeit des Domitian, den 
nicht einmal die Blindheit, die ihn in feinen legten 





ſtücke erhalten find (gefammelt von 





Jahren traf, von jeinem abjcheulichen Geſchäfte 
| Rom. p. 342 ff.). Inzwijchen zählt ihn Quintilian 


abhielt. Juv. 4, 115. Plin. ep. 4,22. Tac. Agr. 46. 

42) P. Nurelius Licinins Bal. Vale— 
rianus, feiftete unter Wlerander Severns und 
den folgenden Kaijern Sriegsdienfte, zeichnete ſich 
ans und wurde von den Soldaten, ald er Statt: 
halter von Nätien war, zum Kaiſer ausgerufen, 
255 on. CE Er war Feind und Verfolger der 
Ehriften. Im übrigen ließ er ſich die Wohlfahrt 
feines Reiches ernftlich angelegen fein, freilich ohne 


bei jeinem Hohen Alter in dem zerrütteten Reiche | 
die Ordnung wieberherftellen zu fönnen. In einem | 


Kampfe gegen die Neuperjer geriet er durch Treu: 


lofigfeit in ihre Gefangenſchaft, 259, in der er‘ 


ftarb, da jein Sohn Gallienus, dem er die Herr: | 


ſchaft über den Weiten überlaffen Hatte, ſich gar 
nicht um jeine Auslöfung kümmerte. 


1,14.28ff. Kutr. 9, 7. Oros. 7,22. Zonar. 12, 22f. 
— 43) ®. Cornelius Licinius Valerianus, 


älterer Sohn des Gallienus, war mit dem Statt: 


halter Salliens, Boftumus, in Streit geraten. Dieſer 
eroberte Köln, wo Bal. fich aufhielt, und tötete 
feßteren, um 258 n. E. Zonar. 12,24. Zos. 1,38. 


Treb. Poll. 
Valer. 1ff. Aur. Vict. Caes. 32. ep. 32. Zos. 





1271 


Licinius Saloninus (Balerianus), der 
jüngere Sohn des Gallienus, fand zugleich mit 
dem Bater den Tod, 268 n.E. Treb. Poll. Valer.8. 
Gall. 14. — Bgl. auch Catullus und Probus, 1. 

ValgTi. Die bedeutenditen Männer aus dieſer 
Familie find: 1) M. Balg., fämpfte unter Cäſar 
in Hiſpanien gegen bie —— ging aber 
nachmals zu dieſen über. Caes. b. Hisp. 13. — 
2)E. Balg. Rufus, wird von Horaz (sat. 1, 10,82) 
unter jeinen vertrauteften Freunden genannt und 
(od. 2, 9) wegen des Berluftes jeines Lieblings 
Myſtes getröftet. Er ift derielbe, der im Jahre 
12 v. C., als der Konſul M. Balerius Mefjala 
geſtorben war, als consul suffectus zu der fon: 
ſulariſchen Würde gelangte. Seine vieljeitige Bil: 
dung ergibt fi aus der Mannigfaltigkeit feiner 
Schriften, die rhetorifchen und grammatifchen In— 
ie waren, und aus den wenigen Bruchitüden 
einer Gedichte, die auf eine genaue Belanntichaft 
mit der griechijchen Litteratur ſchließen lafjen. Die 
Rhetorik (rEgrn) des Apollodoros von Pergamon 
hat er lateinijch bearbeitet (Quint. 3, 1, 18. 5, 17. 
5, 10, 4); dazu gehört, was Diomedes (1 p. 382) 
aus Valgius de tralatione anführt. Die Ergeb: 
nifje feiner grammatifhen Studien und gelehrten 
Erörterungen mit feinen Freunden hat er in den 
Büchern de rebus per epistulam quaesitis nieder: 
gelegt, deren fleißige Benutzung ſich bei Plinius, 

ellius (12, 3) und den Grammatitern nachweiſen 
läßt. Ob es mehr als 2 Bücher gemwejen, bleibt 
dunfel. Ein didaktiſches Gediht de herbarum 
viribus, nad) dem Borgange Nilanders gearbeitet, 
aber nicht vollendet, erwähnt rühmlichft Plinius 
25, 1, 2) und vielleicht „Ouintilian (10, 1, 56, 
wenn für Vergilius gejchrieben wird Valgius); 
jener hat es gewiß vielfach benutzt. Epigramme 
fennen wir nad) einem einzigen Zengnifle (Charis. 
1 p. 85). Am befanntejten aber ift er durch jeine 
elegijchen Gedichte geworden, die flebiles modi 
und molles querelae, von denen ihn fein Freund 
Horaz abbringen will, und von denen uns einige 
an Horaz und Meflala gerichtete größere Bruch: 
eichert, poet. 
lat, vit. p. 209 ff., und Bährens, fragm, poet, 


nicht unter den Meiftern dieſer Gattung auf, ives- 
halb das Lob in dem pjeubotibulliichen Panegy- 
ricaus ad Messalam (Tib. 4, 1, 180: aeterno 
propior non alter Homero) als leere Übertreibung 
zu betrachten ift. Daß er ſich and in dem bufo- 
lifchen Gedichte verfucht hat, ift nicht unmahrfcheins 
fih. Monographie von R. Unger (1848). 

Vallum j. Agger. 

Valva, eine Klappthüre, 
Haus, 6, 

Vandäli, Oöcdrdakoı, auch Vandili, Bavdrpoı, 
germanisches Bolt, wohnten vielleicht anfänglich in 
der Begend der Maiotis, von wo fie jpäter weiter 
nordweſtwärts an die Hüften der Oſtſee wander: 
ten. Darauf verlegten fie ihre Wohnfige in bie 
Srenzgebirge zwiſchen Schlefien und Böhmen, wo 
fie jih an die Marlomannen und Quaden an- 
ichloffen. Darnach zogen fie nach Dacien und von 
hier in den ftürmiichen Beiten der Völlerwande— 
rung nah Hifpanien, um 410 n. E., in deſſen 
jüdlihem Teile fie eine eigene Herrſchaft (j. An: 
dalufien) gründeten. Bom römijchen Statthalter 


fiehe Fores und 


kutr. 9, 9. Oros. 7, 22. — 44) ®. Cornelius | Bonifacius zu Hülfe gerufen, entriſſen fie unter 


1272 Vangiones 
Geijerih den Römern Afrila, 429, eroberten im | 
Jahre 439 Karthago, das fie zur Hauptſtadt ihres | 
Reiches machten, und wurden ein Schreden der 
Römer. Geiſerich machte feine wilden Vandalen 
u einem tüchtigen Seevolfe, griff mit jeiner Flotte 
Italien an und unterwarf ſich jogar die Inſeln 
im Mittelmeere. Nach jeinem Tode, 477, ver: 
weichlichten die Vandalen bald, und AYuftinian 
unterwarf den legten Vandalenkönig, Gelimer, 534. 
Das Bolt wurde zum Teil nad Aſien verpflanzt. 
Die ftreitbaren Männer fielen meift im Kampfe 
gegen die Perjer am Euphrat. In ben jeßigen | 
Kabylen mit ihrer helleren Gefichtsfarbe und ihrem 
blonden Haar will man Nachkommen der Ban: 
dalen erkennen, während %. v. Löher die alten 
Einwohner der Canariſchen Injeln für Ablömm- 
linge der Bandalen hält. 

Vangiönes, Odayyloves, germaniiches Volt in 
Gallia Belgica am Rhein, mit der Stadt Bor: | 
betomagus, jet Worms. Tac. Germ. 28. hist. 
4, 70. ann. 12, 27. 

Varöni, 1) 2. Bar., wurde von Cicero angeb: | 
lich gegen eine Anklage auf Mord verteidigt, wahr: 
jcheinlich bald nach den Achtungen unter Sulla. 
Quint. 4, 1, 74.9, 2, 56. Plin. ep. 1, 20. — 
2) Bar. Rufus, wurde wegen jeiner Verwaltung 
Bithyniens unter Anklage geftellt. Plin. ep. 5, 20. 
6, 5. 13. 7, 6. 10, 

Vargunteii, 1) L. Barg., römijcher Senator 
und Genoffe des Gatilina, nahm es mit bem 
Nitter E. Cornelius auf fich, den Konſul Gicero 
zu ermorden. Nach Bereitelung dieſes Anjchlags 
und völliger Unterdrüdung der Verſchwörung zur 
Nechenichaft gezogen, wurde er, wie es fcheint, | 
Anfang 62 v. €. verurteilt. Sall. Cat. 17. 28. 47. 
— 2) fiel ald Legat des Eraffus im Kampfe gegen | 
die Parther. Plut. Crass. 28. 

Varia, Fleden im Sabinerlande, am rechten | 
Ufer des Anio, 8 Millien von Tibur auf einem 
Hügel, der das Geitenthal des Baches Digentia 
an der Öffnung desjelben beherricht; j. Vicovaro. 
Zu der Gemarkung diejes Fleckens gehörte das 
Landgut bes Horaz, worauf 5 zur Gemeinde Baria 
gehörige Familien wohnten. Hor. ep. 1, 14, 3. 

Yarii, 1) DO. Bar. Sucronenfis, 91 v. C. 
Volkstribun, jeßte als ſolcher ein Majeftätsgeich 
gegen die durch, welche die Erhebung der italijchen 
Bundesgenofjen gefördert hatten. Später auf Grund 
des eigenen Geſetzes verurteilt, ging er in die 
Berbannung, in der er ermordet wurde. Cic. Brut. 
89, 305. Val. Max. 8, 6, 4. Cie. n. d. 3, 38, 81. | 
— 2) Bar. Eotyla (db. h. Weinfah, Cie. Phil. 
13, 12, 26), ein Genofie des M. Antonins bei 
feinen Gelagen, wurde einft von Sklaven .bei einem 
Mahle auf Antonius’ Geheiß gepeiticht. Gleichwohl 
wurde er im mutinenfiichen Kriege ald Gejandter 
an den Senat verwendet und erhielt dann den 
Befehl über eine Truppenabteilung in Gallien. 
Orc. Phil. 8, 8, 24. Plut. Ant. 18. — 3) L. Bar. 
Rufus, ein römiſcher Dichter in der leßten Zeit 
der Republik, der an dem Mujenhofe des Princeps 
Auguftus und ganz bejonders in dem um Mäcenas 
ſich jammelnden Dichterfreije eine vorzügliche Stelle 
einnahm. Wir jehen ihn innigft befreundet mit | 
dem etwas jüngeren Bergil (Hor. sat. 1,5, 40. 98. | 
Verg. E. 9), die Einführung des Horaz bei Mä- | 
cenas vermittelnd (Hor. sat. 1, 6,55) und aud | 
dem Auguſtus jelbjt jehr nahe ftehend (‚Hor. ep. | 











— Vasa. 


2,1, 247) Ihm und dem Plotius Tucca (Hor. 
sat. 1, 10, 81) hatte Bergil beim Serannahen des 
Todes feine Hneide übergeben, um frei damit zu 
ichalten nad) eigenem Ermefjen, und nicht ohne 
Beziehung auf dieſes Vermächtnis des Herzens: 
freundes mögen die Andeutungen fein, die auf 
feine Auktorität hin über die Produktivität des 


Epilers fich finden. Quint.10,3,8. Gell.17, 10,2. 
Als Epifer galt auch Barius in der neuen Dich: 


terichule: forte epos acer, ut nemo, Varius dueit, 
fagt Horaz (sat. 1, 10, 43), und ald Maeonii carmi- 
nis ales ag ihn derjelbe in einer Ode (1, 6,2), 
in der er die Berherrlichung der Kriegsthaten des 
M. Bipfanius Agrippa ihm zuweiſt. Der epiſchen 
Gattung gehörte auch fein erfted Wert de morte 
zum Andenken des Julius Cäſar an, aus dem 
Bergil in der neunten Efloge an Bollio, Cäſars 
getreuen Anhänger, Berje eingeflochten hat; der: 
jelben der Panegyricus Augusti, aus dem Horaz 
(ep. 1, 16, 25) 2 Berje uns erhalten hat. Einen 
rößeren Ruhm aber erlangte er als tragiicher 

ichter; fein Thyeſtes (Thuesta) wird neben der 
Meden des Ovid ald das vorzüglichfte Werk der 
römilchen Tragödie allgemein geprieien. Quint. 
10, 1, 98. 3,8. Tae. dıal. 12. Das Stüd ward 
im %. 29 v. €. bei den zu Ehren des Auguftus 
nach der Seeichladjt von Actium vom 6. bis 8. Ser: 
tilis veranftalteten FFeftipielen auf die Bühne ge: 
bracht und von Auguſtus mit einem Honorar von 
einer Million Sefterzen belohnt. Ob der Thyeites 
noch im 8. Jahrh. n. E. vorhanden war, läßt fich 
nicht erweifen; daß er erft jpät verloren gegangen, 
ſcheint unzweifelhaft. Die ihm zugeichriebene Tra- 
göbie Terens ift ein Machwerf des 16. Jahr. 
Sammlung der wenigen Bruchftüde bei Bährens, 
fragm. poet. Rom. p. 337f. Monographie von 
Weichert (1836). 

Varini, ſueviſcher (Tac. Germ. 40) oder van— 
dalijcher (Plin. 4, 14, 28) Volksſtamm Germaniens 
an der Dftiee, wohl an dem heutigen Warnowfluß 
in Medlenburg. 

Varinius, 4 Bar. Glaber, wurde als Prätor 
73 v. E., von Epartacus geſchlagen (App. b. ce. 
1, 116) und verwaltete im %. 68 Aſien als Pro: 
prätor. Cie. Flacc. 19, 45. 

Varisti ſ. Naristi. 

Varro j. Terentii, 1—6, 

Varus, Odapos, Obaoog, 1) Grenzfluß zwi: 
ichen Italien und Gallien, fam von den Alpen 
und mündete zwiſchen Antipolis (j. Antibes) nnd 
Nicäa (j. Nizza) ind Ligur. Meer; noch jeht Bar. 
— 2) römijches Eognomen, |. Alfenus, Atiı, 3. 
und Quintilii. 

Vas, der Bürge, jotwohl im Kriminalprozeß 
(indem der Angellagte Bürgichaft ftellte, vor Ge— 
richt zu erjcheinen, und dadurch der Unterfuchungs- 


‚haft entging, Ziv. 3, 13. 25, 4), als im Eivil- 


prozeh, wo die vades fih auch verbürgten, daß 
der Bellagte am beftimmten Tage nicht ausbleiben 
werde. Die praedes dagegen verbürgten fich nicht 
für das Ericheinen des Bellagten, ſondern fie 
leifteten in Obligationsverhältniffen durch ihren 
Grundbefig (j. Praedium) Bürgichaft. 

Yasa, die Gefäße, vorzüglich die für die Flüſſig— 
feiten beftimmten. Ihre Mannigfaltigfeit war um- 
endlich groß, nad Stoff, Form, Größe u. j. w. 
Nach Stoff und Arbeit gab es 1) vasa fictilia 
oder terrena aus gebranntem. Thon, welche man 


— 


Vasarıam — Vatiniü. 


in Griechenland, bei. in Athen, jowie in Italien, | 
namentlih in Etrurien und Unteritalien, ſchon 


frühzeitig verfertigte. Much bemalte man dieſe 
Gefäße, nämlich mit roten Figuren anf ſchwarzem 
Grunde oder um— 
gelehrt, von denen 
man in Griechen: 
land, Stalien, Si— 
cilien ganze Maſſen 
gefunden hat, bie 
einen jehr wichti- 
gen Teil der heu— 
tigen Archäologie 
ausmaden. — ?2) 
Vasa von edlem 
und uneblem Me- 
tall, etweder pura, 

* d. 
caelata, d. h. cifeliert. Biele filberne und bronzene 
Gefäße der alten vascularii haben ſich erhalten, 








h. glatt, oder | 





| 
deren ſchöne Formen und Funftreiche Eifelur unfere 
Bewunderung erregen. — 3) Vasa murrina, |. 





Murrina. — 4) Glasvajen, |. Vitrum, — | 
2 5) Gemmengefähe 6 Gemma), natürlidy nur | 

fein, namentlich Becher, 
Ol: und Salbengläjer, ſ. 
Onyx. Cie. Verr. 4, 27. 
Häufiger waren die mit 
Gemmen bejegten (di- 
stincta) oder aus Cameen 
zuſammengeſetzten Gefäße. 
— 6) Vasa von Bernftein 
und Elfenbein waren eben: 
falls jehr Hein, aber man 
verzierte größere Metall: 
vajen mit Elfenbein. — 
Rüdfichtlih der Beſtimmung find zu unterjchei: 
den 1) vasa zur Aufbewahrung und zum Trans: 
port der Flüffigleiten, a) größere dolia (j. d.), 








1273 


seriae, cupae, culparia, orcae, ſämtlich bauchig 
oder fürbisähnlich, dagegen die amphorae (j. d.) 
wie die Iagenae und cadı von langer ſchmaler 
Form, mit engem Hals, unten gewöhnlich ſpitzig; 
b) fleinere, wie ampulla, von furzer, ge: 
drungener Geftalt mit engem Hals, alabasfrum, 
chlinderförmig, ohne Henkel und nur für Öle und 
Baljaın beftimmt, ferner die Fläſchchen mit Wohl- 
gerüchen in den Gräbern (früher fälſchlich Lacri— 


matorien genannt). — 2) Vasa zum Schöpfen, : 


Ausgießen und Austeilen: a) Waflergefähe waren 


'urna (hydria), analog unferm Eimer zum Schöpfen 


und zum Wufbewahren des Waſſers gebraucht, 
meiftens mit Henfeln verjehen, ebenfo nan us und 
situlus, urceus der Krug (fleiner als urna, 
auch zur Miſchung der Getränfe dienend). Kleinere 
Waflerichöpfer waren matella und matellio, ſowie 
die löffelähnliche trua und trulla. b) Weingefähe, 


'simpulum oder cyathus, Weinſchöpfer von be: 


jtimmtem Maß, indem der sextarius 12 cyathi, 
der triens aber 4 cyathi enthielt, guttus oder 
epichysis, feine Kanne mit engerem Halſe, 


desgleichen gutturnium, — 3) Kochgeichirre, vasa 


coquinaria: a) Keſſel, ahenum und lebes, beide 
weit und bauchig, legterer aber mehr flach; b) Pfan- 
nen, sartago, patina; c) Kochtöpfe, cacabus, 
olla, cucuma, lasanum. Authepsa mar eine grie- 
chiſche Kochmajchine und miliarium ein hoher, 
läulenförmiger Kocher. — 4) Tafelgefähe, nämlich 
Schüſſeln, patinae und lances, erjtere tief, Ichtere 
flach, mazonoma groß, boletaria flein, paropsi- 
des vieredig u. a. m. — 5) Waſchgefäße, teils 


große Wannen und Kannen (labrum, nassiterna), 


‚teild Wajchbeden (pollubrum, trulleum); große 


Spülfumpen waren pelvis und aquiminarium., 
— 6) Trintgefäße, j. d. — 7) für trodene Gegen: 
fände zum Wufbewahren, cumära für Getreide. 

Vasarfum, die für die Statthalter zur Aus: 
rüftung u. j. w. vom Staate bewilligte Geldjunme. 

Vascönes, Oddoxoves, Obderwvsg, Bölter: 
ſchaft im Nordoften des tarraconenfishen Hiſpa— 
niens, zwilchen dem Iberus und den Pyrenäen (im 

igen Navarra und Guipuzcoa), die heutigen 
aſten; mit der Hauptftabt Bompaelo (j. Pam— 
pelona). Sie zogen ohne Kopfbededung in den 
Kampf. Nach ihnen hie der weſtlichſte Ausläufer 
der Pyrenäen Vasconum saltus. Plin. 3,3,4. 
4, 20, 34. Strab. 3, 156. 161. 

Vaticänus j. Roma, 22. 

Vatinfi, 1) ®. Batinius, aus Reate, wollte 
durch die Diosturen von der Gefangennahme des 
Königs Perjeus benachrichtigt worden fein. Vom 
römiſchen Senate wurde er zuerft (quasi temere 
de re publica locutus) ins Gefängnis geworfen, 
nad Beſtätigung feiner Meldung aber reich be- 
lohnt. Cie. n.d. 2, 2, 6. — 2) Sein Entel, P. 
Bat., erhielt 63 v. E. die Quäftur, in der er fich 
mancherlei Gewaltthaten zu jchulden fommen lieh. 
Als Legat des Profonjulds C. Eosconius machte 
er es in Spanien nicht befier. Cie. Vat. 5, 12 f. 
Im 3. 59 erlangte er das Tribunat und zeigte 
ih während desjelben, namentlich durch mehrere 
Gejegesvorichläge, als eifriger Förderer der Pläne 
Cäjars, mit dem er durch jeine Frau verwandt 
war. Darauf ging er (58) mit Cäjar nad) Gallien 
— b. 9. 8, 46. Cic. ad Att. 2, 7) lehrte, jeiner 
rüheren Übergriffe wegen belangt, nah Rom 
zurüd, trieb aber mit Hülfe des berüchtigten Clo— 


= 


— 


1274 


dius das Gericht in gewaltthätiger Weife aus: | 
einander. Cie. Vat.14. Im Prozeß des B. Sejtius 
(56) trat er gegen dieſen und jeinen Verteidiger 
Cicero auf, wofür ihn legterer gleich darnach in 
einer Rede angrifi, infolge deren Batinins tief 
gedemütigt wurde. Cie. ad Qu. fr. 2,4,1. Mit 
Hülfe des Konſuls Bompejus. erhielt er 55 durch 
Beitechung die Prätur. Plut. Cat. min. 42. t 
im folgenden Jahre erfolgte eine Anklage gegen 
Bat., gegen die ihn nun Cicero, der fid) mit ihm 
ausgejöhnt hatte, verteidigte. Im Bürgerfriege 
fümpfte er als Legat Cäſars (Üaes. b. c. 3, 19) 
nicht ohne Ruhm (daf. 3, 100. b. Alex. 44 ff.) 48 
und 47, ging 45 als Brofonjul nach Illyrien (App. 
ZU. 15) und übergab nad) Cäjars Tode die Pros 
vinz dem Brutus. Vell. Pat. 2, 69. App. b. c. 
4, 75. Cie. Phil. 10, 5, 11. 

Veetigalia, in w. ©. jede Einnahme, ſowohl 
des Staates ald auch der Privatleute, in e. 
die indireften Steuern, alio alle Steuern mit 
Ausnahme der Kopf: und Grundſteuer; doch, weil | 
vectigal jowohl in pafjiver als auch aktiver Be: 
ziehung, einmal die Einnahme, andererjeit3 Die 
Abgabe bezeichnet, jo wird auch noch die Grund: | 
fteuer, obihon an fich eine direfte Steuer, jowohl 
in Naturallieferung als auch in der Geldablöjung | 
noch mit vectigal (incertum und certum) be: 
nannt. Darnach jind vectigalia: I) Einkünfte von 
dem liegenden Staatseigentum, 1) von dem 
ager publicus jowohl die Pachtgelder als aud | 
das Solarium (j. Solarium, 3.) Dazu ge: 
hören aud die Zehnten (decumae) der eroberten | 
Länder, die im Beſitz der alten Eigentümer ge: 
blieben waren. Die Zehntpflichtigen hießen ara- | 
tores (die Bebauer), die Abgabe frumentum de- 
cumanum, die Staaten civitates decumanae, die 
Publicani, die dieje Abgabe pachteten, decumani 
(Cie. Verr. 3). 2) der Weidezind (scriptura) 
von den Staatsweiden (pascua); 3) der Zins für | 
die Pechhütten (veet. picariarum) in den Staats: 
wäldern; 4) der Zins für die Staatsfijhereien; 
5) Pachtzins für die Staatsbergwerfe und 
6) für die Staatsialinen, beide an Publicani 
verpachtet. Die Brivatbergiwerfe und die Privat: 
falinen gaben an den Staat einen Kanon, legtere 
mußten außerdem denjelben Salzpreis halten wie 
die Salinenpächter. Schwierig jind die Haupt: 
jtellen bei Livius (2, 9. 29, 37). — ID) Schwan: 
fende Einnahmen (indirekte Steuern): 1) Hafen: 
und Yandzölle, Brüden:und Wegegeld (por- 
toria). Vectigal formae oder ex aquaeductibus | 
war die Abgabe für das mit obrigfeitlicher Er: 
laubnis von den öffentlichen Röhren nach Privat: 
grundftücden abgeleitete Wafjer, womit man Hans, | 
Garten und Bad verjah. Cloacarium hieß die 
Abgabe der Privaten, die aus ihren Häufern Eloaten | 
nad) den öffentlichen leiteten. 2) die vicesima 
manumissionum, auch aurum vicesimarium, 
die durch die lex Manlia 357 v. E. (5 Proc. des 
Wertes) eingeführte Abgabe von freizulafjenden 
Sklaven; 3) die Erbſchaftſteuer, vicesima here- 
ditatum et legatorum, von Augujtus eingeführt; 
4) die Berfaufsfteuer, centesima rerum veng- 
lium, ebenfalls jeit Auguftus; 5) die fpäter eins 
geführte Gewerbefteuer, von Künften und Hand— 
werten erhoben, die einen immer weiteren Umfang | 
gewannen. Dazu gehören vectigal foricarum 
urinao; die Öffentlichen latrinae wurden nämlid) | 








‚auch noch jpäter. 


Veetigalia — Veiovis. 


an geringe Leute verpadhtet, die von den einzelnen 
Benutzenden eine Heine Abgabe erhoben. — Näheres 
j. Staatshaushalt, Il. 
Vedli, 1) Bed. Pollio, römijcher Ritter, ein 
raufamer Menjch, der feine Muränen mit dem 
Fleiſch der Sklaven, die ihm des Todes würdig 
erichienen, fütterte und einft bei einem Mahle, das 
er dem mit ihm befreundeten Kaiſer Auguftus gab, 
faum durch deſſen Fürſprache bewogen werden 
fonnte, einem Diener für ein geringes Vergehen 
jene Strafe zu erlaflen. Dio Cass. 54, 23. Sen. 
clem. 1, 18. Dem Auguſtus vermadhte er einen 
beträchtlichen Teil feiner Neichtümer. — 2) Bed. 
Aquila, Legat des Otho, verlor 69 n. €. die 
Schlacht bei Bebriacum und ſchlug fich jpäter auf 
a er Seite. Taec. hist. 3, 7. 
egetius, 1) Flavius Beg. Renatus, einer 
der wenigen erhaltenen lateiniſchen Kriegsichrift: 
jteller, jchrieb zwiichen 384 und 395 n. E. eine 
epitome rei militaris in 4 Büchern, die dem 
Kaijer Theodofius dem Gr. (oder VBalentinian 111.) 
gewidmet if. Buch 1 handelt von der Auswahl 
und Einübung der jungen Mannjcaften, Buch 2 
von der militär. Einrichtung und Difeiplin, Buch 3 
vom Krieg und von den Strategemen, Bud 4 
von der Belagerungskunſt. Er bezeichnet jelbit 
das Werk (1, 8) als einen Auszug aus dem Cato 
Genjorius de disciplina militarı, Cornelins Celſus, 
Frontinus, Paternus u. a. Der Wert des Buches 
liegt darin, daf wir in ihm nad dem Verluſte 
jo vieler andern Friegsgejchichtlichen Werle eine 
Hauptquelle zur Kenntnis des römijchen Kriegs— 
weſens haben, wenn auch der Verfaſſer als ein 
unverftändiger Kompilator, ohne die Zeiten zu 
jondern, ein aller Kritik ermangelndes Gemiſch 


' heterogener Beftandteile zufammengejegt hat. Auch 


auf ftiliftiichen Wert macht das Werk feinen An: 
ſpruch. Musgg. von Modius, Stewech, Scriver 
(zufammen gedrudt 1806) und Lang (2. Aufl. 1885). 
— 2) Unter dem Namen eines P. Vegetius, 
der mit jenem wahrjcheinlich identiſch ift, befigen 
wir die einzige lateinische Schrift über die Vete— 
rinärheiltunde, digestorum artis mulomedicinae 
II. IV, von den Krankheiten der Rinder und Pferde 
(in den Sammlungen der Scriptt. r. r. von Gesner 
und Schneider). Das Bud) ift aus denjelben grie: 
chiſchen Quellen gefloffen, aus welchen die Hippia— 
trifa geihöpft find. Bei dem Mangel an tier: 
ärztlichen Schriften bietet es immerhin Intereſſe; 
der Stil ift roh und ungebildet. 

Vehieüla j. Wagen. 

Veil, Oömıor, alte bedeutende Stadt Etruriens 
an dem Heinen Fluß Eremera auf fteilem Felien, 
12 Millien nördlid) von Rom. Sie ftand eine 


Zeit lang unter eigenen Königen (Liv. 5, 1.4, 1) 


und Ieiftete den Römern nad) manchen Kriegen 
in zehnjähriger Belagerung Widerftand, bis ſie 
396 dv. E. von Camillus erobert und geplündert 
wurde. Die Einwohner (Veientes) wurden als 
SHaven verfauft, ihr Gebiet (ager Veiens) wurde 
römifches Staatseigentum. Liv. 5, 21 ff. Cie. Rose. 
Am. 16. In geringer Bedeutung hielt ſich Beit 
Verühmt war ein Junotempel 
der Stadt. Liv. 5, 22. Bon ihren follopiichen 
Mauern finden ſich auf dem fteilen Berge beim 
Dorfe Iſola Farneſe noch Spuren. 
Veiöris, Vediovis, Vedius, ein römijcher Gott, 
ber zwijchen der Burg und dem Capitol an dem 


Velabrum 


Blake, der inter duos lucos hieß, ein Heiligtum 
mit einem Stanbbilde hatte. Der Gott war jugend: 
lich gebildet, ohne Bart, und trug Pfeile in der 


Hand; neben ſich hatte er eine Ziege, die ihn er: 
ärmſten Leuten ansgehobene und als Plänkler 


nährt haben jollte. 


Seine eigentliche Bedentung 
war den Römern felbit entſchwunden. 


Dvid (fast. 


3, 429 ff.) jagt, Romulus habe den Ort mit einer 


Mauer ._ und ihn zu einem Ajyl gemacht, 
der Bott aber jei der innge Jupiter, wie die 


Ziege und der Name bezeugten, denn die Borfilbe 


ve bezeichne Flein. Bejovis wäre aljo ein jugend: 
licher Jupiter als Aſylgott, was jeine Pfeile an: 
deuteten. Andere erflärten ihn wegen der Pfeile 
für einen Apollo oder wegen der Borfilbe ve für 
einen verderblihen Jupiter. An den Nonen des 
März wurde io eine Ziege geopfert. 

Veläbrum ſ. Roma, 20. 

Veleda, eine deutjche Jungfrau aus dem Bolfe 
der Bructerer, die von ihren Landsleuten als 
Weisiagerin body verehrt wurde, au dem Kriege 
unter Julius Eivilis gegen Rom (69 und 70 n. &.) 
fid) beteiligte und jpäter einen neuen Aufjtand 
der Deutichen veranlaßte, in dem fie von ben 
Römern gefangen genommen und nad) Rom ge: 
bracht wurde. Zac. hist. 4, 61. 65. 5, 22.24. Stat. 
silv. 1, 4, 90. Tac. Germ. 8. Unter den zahl: 
reichen Deutungen des Namens iſt am wahrſchein— 
lichjten die Ableitung von viljan; es ift ein chren: 
der Beiname, der Wohlwollen, Güte bedeutet. 
Diejenigen, die die vorletzte Silbe lang nehmen, 
erfennen ein Kompofitum wie Valaheid, oder 
Velheid, aljo eine Prophetin. 

Velia, Ovslie, Odelıw, Außer einer unbe: 
dentenden Stadt des N. im tarraconenfiichen Hi: 
ſpanien ift zu merken die Stabt d. N. in Yucanien, 
Kolonie der Phokaier, um 553 v. E. gegründet, 
zuerjt unter dem Namen "Tein (Hdt. 1, 167), 
jpäter attifiert ’EAda. Belia lag 3 Millien öſtlich 
von dem Fluß Hales (Cic. ad fam. 7, 19. ad Att. 
16, 6), 200 Stadien jüdlih von Päſtum und hatte 
einen Hafen (portus Velini, Verg. A. 6, 366). 
In V. waren die Philoſophen Parmenides und 
Zenon geboren, hier war der Sitz der eleatischen 
Schule, zu deren älteren Mitgliedern außer Barm. 
und Zenon noch Xenophanes und Meliſſos gehö: 
ren, während die jüngere Schule durdy Zeufippos 
und Demofritos vertreten wird. Cie. n. d. 3, 38, 
tuse, 2, 22. Die Bewohner heißen bald Eleates, 
bald Belienjes. Ruinen finden fich bei Eaftell’ 
a Mare della Bruca. — Velia hie aud) eine dem 
Balatinus nahe Gegend in Rom, j. Koma, 2. 

Velil. Zu nennen find: 1) Bel. Cerealis, 
Freund des jüngeren Plinius und des Helvidius 
Prifeus. Plin. ep. 2, 19. 4, 21. — 2) Bel. Cor: 
nificins Gordianus, 275 un. E. Konſul, ver: 
anlafte die Wahl des Kaiſers Tacitus. Vopise. 
Tac. 3. — 3) Belins Longus, gelehrter Gram: 
matifer zur Zeit Hadrians. Erhalten ift von ihm 
eine Heine Schrift de orthographia, herausg. von 
Keil, gramm. Lat. Bd. VII. 

Velinus, 1) ein vom Apennin herablommenber 
Fluß im Sabinerlande, der in den Nar fiel, noch 
j. Belino. Cie. ad Att. 4, 15. Er bildete 2) den 
See Belinus in der Nähe von Renate, den Reſt 
der jumpfartigen Überſchwemmungen, die der Kon— 
ſul M'. Curius Dentatus durch einen Bergdurch: 
ftid (durch den noch jebt der jchöne Waflerfall 
1 M. öftlid von Terni gebildet wird) größtenteils 


1275 


abgeleitet hatte; j. Lago di Pie di Lugo. Cic. ad 

Att. 4, 15. Verg. A. 7, 517. Tac. ann. 1, 79. 
Velites, Leichtbewaffnete ſeit der Zeit des zwei: 

ten punischen Krieges, eine felbjtändige aus ben 


— Velleii. 


dienende Waffengattung (milites velites oder ve- 
litantes); im Xager fampierten fie an der ganzen 
Länge des Walles, zu den nächtlichen Thorwaden 
hatten fie je 10 Mann zu ftellen. Ihre Bewaff— 
nung j. Waffen, 11. 

Velitrae, Oörflırgaı, Obsiirguı, Stadt Der 
Volſter in Latium, feit der Eroberung durch die 
Römer unbedeutend; j. Velletri. Bon hier ſtammte 
die Familie der Octavier. Liv. 2, 30. 3, 6. 6, 36. 
Suet. Oct. 94. 

Vellaunodünum, Stabt der Senönes im Iugdu- 
nenſiſchen Gallien, zwifchen Agedincum (j. Sens) 
und Cenabum (j. Orleans); j. vielleicht Chateau 
Zandon. Caes. b. q. 7, 11. 

Vellävi, teltijches Volt in Gallien, von den 
Arvernern abhängig, ſpäter wieder jelbjtändig, 
beim heutigen Belay in den Eevennen. Caes. b. 

. 7, 75. 

Vellöda, j. Veleda. 

Yellöii, 1) ©. ®ell., römijcher Senator, in 
Eiceros Schrift vom Weſen der Götter (erftes Buch) 
Bertreter der epifureiichen Philoſophie. Uic. n. d. 
1, 6, 15. — 2) E. Bell, Großvater des Geſchicht⸗ 
ichreibers, mit Bompejus und andern angejehenen 
Nömern befreundet, gab fich 41 v. E. jelbit den 
Tod, als Octavian gegen Neapel heranrüdte. Vell. 
Pat. 2, 76. — 3) Bell.) Capito, römijdher Se: 
nator, Hagte 43 dv. E. den Caſſius wegen Cäſars 
Ermordung an. Vell. Pat. 2, 69. — 4) M. (rid): 
tiger Gaius) Bell. Baterculus, ein römiſcher 
Geichichtichreiber aus der erſten Kaijerzeit, wahr: 
Iheinfih aus Capua ftammend, gehörte einem an: 

ejehenen Geichlechte an, deſſen er jelbjt nicht 
Feiken gedacht hat (des Waters 2, 104, des Groß— 
vaterd 2, 76, jeiner Vorfahren von mütterlicher 
Seite 2, 16). Geboren um 19 v. E., trat er in 
Kriegsdienfte und durchzog als Tribun mit Augu— 
ftus’ Enfel Gaius Cäſar den Orient, mit Tiberius 
als praefectus equitum und Legat Germanien, 
Bannonien und Dalmatien. Im J. 6 n. E. kam 
‚er nach Rom zurüd, um fi) um die Ouäftur zu 
bewerben, und gelangte auch noch im %. 15 zur 
Prätur (2, 124), über die er nicht hinauskam. 
‚Wie er fich ftet3 der entichiedenen Gunſt des Tibe- 
rius zu erfreuen gehabt hatte (2, 113. 114), jo 
blieb er auch, nachdem er ſich von dem öffentlichen 
Leben zurüdgezogen BEN in der Nähe bes kaiſer— 
lien Hofes, verwendete aber die ihm gewordene 
ı Muße auf wiljenichaftlihe Studien und Arbeiten. 
Als Marcus Binicius für das J. 30 zum Konjul 
beftimmt war, beeilte er fich, das noch vorhandene 
Werf historiae Romanae ad M. Vinicium con- 
sulem libri duo zuſammenzuſtellen und fich dem Kon: 
jul durd) die Widmung desjelben dankbar zu beweijen. 
Weitere Lebensnachrichten fehlen; die Annahme, 
‚daß er in den Sturz des Sejanus (j. Seiani, 1.) 
verwidelt gewejen jei, läßt jich nicht begründen. 
— Benn Bell. damit umging, in einem größeren 
Werte (iustum opus, iusta volumina) die Zeiten 
von der Auflöjung der Republik durch die Bürger: 
kriege hindurch bis zu der Herrichaft des Tiberius 
zu bejdyreiben (2, 48. 96. 09. 103. 104, 119), und 
wirklic zur Ausführung desjelben gelangt wäre, jo 








1276 


würden wir cher über jeinen Beruf zum Hiftorifer 
urteilen fönnen, ald nad der uns erhaltenen 
Schrift, in der er fich oft und rührend wegen 
jeiner jchülerhaften Flüchtigleit entſchuldigt (2, +1. 
55. 86. 91. 124) und ſich ſogar in feiner kopf— 
überftürzenden Eile mit einem Rade unb einem 
jähen Wafjerfalle vergleicht (1, 16). Dazu fommt, 
daß der Text auf der Grundlage einer einzigen 
und vielfach verjtümmelten Handichrift, von B. 
Rhenanus im J. 


nach dem Erſcheinen der eriten Ausgabe, 1520, 
wieder verſchwunden ift. Nur eine Abichrift ders 
jelben, gefertigt von Bonif. Amerbah in Bajel, 
wurde in neuerer Zeit wieder aufgefunden, bie aber 
der ed. pr. an Treue nicht gleihtommt. — Bell. 
will einen raſchen Überblick über die geſamte rö- 
miſche Geichichte geben und dabei auch der litterar: 


geichichtlichen Womente nicht vergefjen. Das erfte 
Bud) ift nur unvollftändig erhalten, das zweite | 


umfaßt die legten anderthalb Jahrhundert. Dabei 
gibt er aber nicht eine Geſchichte des Staats, ſon— 
dern in chronologiicher, bisweilen geftörter Folge 
die merfwirdigften Thaten und Schidjale der großen 
Männer Roms; ja -jelbft die Thaten treten in den 
Hintergrund, um Sitten, Geift und Charakter der 
einzelnen Perjonen zu bezeichnen. In einer Beit, 
in der die Leitung des Ganzen in der Hand eines 
Einzigen lag, mußte die Gejchichtichreibung all: 
mählid von der Staatshiftorie in die Biographie 
übergehen. Daß dabei Tiberius, deffen Gunft Bell. 
genojjen, und dem er frühzeitig nahe getreten war, 
bejonders hervorgehoben wird, daß alles, was er 
gethan, in das günftigfte Licht geitellt wird, das 
darf man nicht, wie gewöhnlich geichehen, als 
niedrige Schmeichelei gegen den Kaijer und feine 
Kreaturen auslegen, jondern muß es aus der gan: 
zen Richtung der Zeit, wie fie nicht bloß in der 
Stimmung der großen Menge hervortrat, erflären 
und zugleich bedenken, daß er dem Tiberius in 
deſſen beiten Jahren nahe geitanden und vor deſſen 
ihlimmfter Periode geichrieben hat. Wbfichtliche 
Berdunfelung der Wahrheit fann man dem Bell. 
jchwerlich vorwerfen; mur darf man nicht bei dem 
geiftreihen Weltmann die offene Freimütigfeit, 
den ernften Charakter der alten Republitaner juchen 
wollen; jah er doch in der Geſchichte weiter nichts 
als den beftändigen Wechiel von Blüte und Ber: 
fall, von Leben und Tod (2,11). für den inneren 
Zuſammenhang der Dinge hat er fein Verſtändnis, 
jein Intereſſe gilt den Perſonen. 
lie Studien (nachweisbar ift nur die Benutzung 
Gatos, vielleicht des Hortenfius, 2, 16, wahrichein: 
lid) die des Atticns und Cornelius Nepos) haftet 
er an der Oberfläche und läht fich daher zahlreiche 
hiſtoriſche Verſtöße zu jchulden fommen. Wenn 
er jid) auch in feiner Darftellung gern mit alter: 
tümlichen Straftausdrüden jchmüdt und fein großes 


Gewicht auf zierlichen Periodenbau Tegt, jo läßt 


ſich doch nicht vertennen, daß bei der Eile die 
rechte Feile gefehlt hat, und daß durch das geift: 
reihe Spiel mit Antitheien, das Behagen an 
pointierten Reflerionen, die noch dazu in ſenten— 
tiöjer Manier fich wiederholen, die Yiebhaberei für 
hyperboliſche Redensarten der Rede ein dichteriicher 
Anftrid gegeben wird, der oft jeltfam mit dem 
ſonſt herrſchenden sermo familiaris fontraftiert. 
Im Altertume wird er wenig erwähnt; einen Nach: 


1515 in der alten Abtei Mur: | 
bach im Elja gefunden, beruht, die obendrein bald | 


Ohne gründe | 


Velocasses oder Vellioeasses — Venditio, 


ahmer hat er höchftens in Sulpicius Eeverus ge 
'funden. — Ausgg. von Ruhnken (1779, wiederh. 
von fFroticher, 1830 ff.), Jani und Krauſe (1800), 
Orelli (1835), Ktreyſſig (1836), Bothe (1837), Kritz 
(1840, Hauptausgabe; Tertausgabe 1847), Haaſe 
(2. Aufl. 1863) and Halm (1876, der befte Zertı. 

Veloensses oder Velliocasses, galliiches Bolt 
am redjten Ufer der Seine bis zur Mündung, mit 
der Hauptſtadt Rotomagus oder Katumagus (ij. 
Rouen). Caes. b. q. 2, 4. 7, 75. 8, 7. 

Velum, 1) Vorhang oder Teppich. Solche wur: 
den im römijchen Haufe zum Behängen der Thür: 
Öffnungen gebraucht (ftatt der Thürflügel); im 
fatferlihen Haufe waren bejondere velarıi, welche 
die Vorhänge öffneten oder zuichoben. Ferner 
dienten vela in Säulenhallen zum Schuße vor den 
Sonnenftrahlen; man überjpannte auch die Hypä— 
thral: oder Ampluvialöffnungen mit Teppichen, als 
Mittel gegen Sonne, Regen oder Wind, jowie 
man es im Theater that. Ein befonderer Schmud 
der Wände waren jchöndrapierte vela. — 2) Segel, 
j. Schiffahrt, 5. 

Venäfrum, Obetrapgor, j. Benafro, Stadt im 
weſtlichen Samnium (nad Plinius zu Campanien 
gehörig), auf einer Höhe am Fluſſe Bolturnus, 
bon reichen Dlivenwäldern umgeben, aus deren 
Dliven treffliches DI gewonnen wurde, Hor. od. 
2,6,16. sat. 2,4, 69. 8,45. Gic. ad Att.7, 13. 
ad Qu. fr. 3, 1. Strab. 5, 238. 242. 260. Plin. 
15, 8. 

Venantius, Honorius Elementianus Kor: 
tunatus, im Beneterlande bei Treviſo geboren, 
lag ben Studien in Ravenna ob, reifte um 565 
durch; Germanien nad Gallien, lebte eine lange 
Reihe von Jahren in Poitierd, wurde um 505 
Biſchof im diejer Stadt und ftarb um 606. Er iſt 
Verfafier zahlreicher chriftlicher Gedichte, in denen 
ältere Dichter in Form und Spradhe nicht ohne 
Süd nachgeahmt find. Das Gedicht de itinere 
suo, das beite von allen, jchildert uns eine Fahrt 
längs der Mojel. Seine proſaiſchen Schriften (be: 
fonders Biographien der Heiligen) find in einem 
ihwülftigen und geichraubten Stile verfaht, aber 
für die Zeitgeſchichte Iehrreih. Ausgabe der Ge— 
dichte von F. Leo (1881), der proſaiſchen Schriften 
von Kruſch (1885) (beide zu den Monumenta Ger- 
maniae gehörig). 

Venatio, Die Jagd war eine beliebte Beichäj: 
tigung der alten Bölfer; auch die Römer betrieben 
biejelbe, doch mehr als kriegeriſche Borübung, nicht 
bloß zum Vergnügen. Hor. ep. 1, 18, 48 ff. Plin. 
\pan. 81. Salluſt (Cat. 4) rechnet die Jagd zu 
den servilia officia. Beliebter wurde die Tierhetze 
im römiſchen Circus und im Amphitheater. Man 
ließ jogar jeltene wilde Tiere aus Aſien und Afrika 
fommen, die untereinander kämpften, z. B. Ele 
fanten, Rhinoceros, Löwen, doch auch Bären, Eber, 
Stiere u. a. Auch Menſchen kämpften gegen bie: 
jelben in der Arena. Die Fechter (bestiarii) er: 
hielten Lohn (auctoramentum), wenn fie nicht ad 
bestias verurteilt waren. Cie. off. 2, 16. ad fam. 
7,1. — Rompejus hielt die großartigjten vena- 
tiones (500 Löwen u. ſ. mw.), ſodann Cäſar, jpäter 
Ealigula, Gorbian III und Probus. Mehrere 
Kaifer verboten dieſe Beluftigung, aber ohne Er: 
folg. Bgl. Friedländer, Sittengejchichte Roms, II 
2. Abſchnitt 2, b. 

Venditio j. Emtio, 








Venedae — Venusia. 


Ven&dae, -di, Ovevidaı, bedeutendes Bolt 
im europäifchen Sarmatien am Abhange der nad) 
demjelben genannten Obsvedına öen (die Hügel: 
fetten an der mittleren Weichjel) und am Obers- 
dınög adAmog (j. Rigaer Meerbujen); jpäter Wenden 
genaunt. Tae. Germ. 46. Ptol. 3, 5, 19. 

Venefleium. Wenn Giftmord in Rom vorfam, 
(zum erftenmal 332 v. E., Liv. 8, 18. 39, 41. 
40, 43 5.), jo wurde gewöhnlich eine außerordent: 
liche quaestio angeftellt, bi8 Sulla durch die lex 
Cornelia de sicariis eime ftehende quaestio de 
veneficjis einführte. In der Kaiſerzeit wurde der 
—X des Gifts und der für das Leben und 
die Geſundheit gefährlichen Heilmittel, ebenſo wie 
deren Anwendung, mit der Strafe ber sicarii be: 
droht (Deportation, Hinrichtung). 

Venelli j. Unelli. 

Venönum. Die Alten bereiteten vielfach ſowohl 
ichleichende als jchnellwirtende Gifte, vorzüglich 
aus aconitum, cicuta, salamandra, lupus ma- 
rinus (der giftige Meerhaſe). In Rom erreichte 
die Kunft der Giftmijcherei ihre Höchite Ausdeh— 
nung in den erften Jahrhunderten n. C. (befannt 
ift Loeuſta, die Giftmischerin Neros). Im weiteren 
Sinne hieß venenum Meditament überhaupt. 

Venöti, Odfvero, 1) galliiches Volk der weft: 
lichen Halbinjel (der heut. Bretagne, wo ſich ihr 
Name in Vannes, Hauptitadt ded Departements 
Morbihan, erhalten hat), mächtig durd Schiffahrt 
und Geehandel, bejonderd nad Britannien. Ihre 
Städte waren Dariorigum oder Venetä (j. Vannes, 
bei den Eingeborenen Guenet) und Selim (j. Joſſe— 
lin). Cnes. b. g. 2, 34.3, 7 ff. 4, 21. 7, 75. Strab. 
4, 194f. — 2) j. Venetia. 

Venetla, Odsveria«, das öſtliche Nachbarland 
des cisalpinischen Galliens, von dem es durch den 
Ateſis gejchieden wurde; im N. lagen die Carni— 
ihen Alpen, im O. der Timavus gegen Iſtrien, 
im S. das Adriatiſche Meer. Außer den genanns 
ten Flüffen find zu merken; Medoacus major 
und minor (Brenta mit Backhiglione), Blavis 
(Biave), Liquentia (Livenza), Tiliaventus 
(Tagliamento). Die Bewohner, Beneti, ’Ererof, 
"Evsro/, Obtveror, Bereroi, deren Abſtammung 
den Alten unbefannt mar (weshalb fie bald für 
paphlagoniiche Heneter, bald für feltiiche Veneter 
gehalten wurden), gehörten wohl zum illgriichen 
Volksſtamm (jo jchon Hat. 1, 196) und hatten viel 
Eigentümliches. Sie beihäftigten ſich mit Pferde: 
zucht (Strab. 5, 212. 215. Eur. Hippol. 231), 
trieben eifrig Handel, beſonders mit Bernitein, 
der von den Küſten der Dftjee zu Lande zu ihnen 

ebracht wurde, und hatten eine nicht unbedeutende 

Indie (bei. Wollen: und Teppichiabrifation). 

ie bedeutenderen Städte des feit 183 v. E. von 
den Römern in Befiß genommenen Landes waren 
von Südweſten nach Rordoften: Adria (noch j. 
Adria), Ateſte (j. Ejte), Patavium (j. Padova, 
Badua), Bicetia (j. Vicenza), DOpitergium (j. 
Dterzo), Tarvijium (j. Trevifo), Altınum (j. 
Dorf Altino), Aquileja (j. gl. R.), Feltria (1. 
Feltre). Strab. 5, 212. 12, 548. 

Venilfa, eine altitalifche Göttin des Meeres, 
der Flüſſe und Quellen, Verleiherin günftiger Fahrt 
und Ankunft zur See, für eine Gemahlin des 
Neptunus (auch des Janus, der ein Gott des Kom: 
mens und Gehens) erflärt, Mutter des Pilumnus. 
Bei Bergil wird fie Mutter des Rutulerfürſten 


1277 


Turnus, Schweiter der Amata, Gemahlin des 
Faunus, genannt. Verg. A. 10, 76. 

Vennönes, Obfvvoves, Obivvoreg, der wil: 
defte Stamm der Nätier, an den Quellen der Etſch 
im heutigen Vintſchgau. Strab. 4, 204. 206. 

Vennonfi, ein wenig befanntes römiſches Ge— 
ſchlecht: 1) Gejchichtichreiber zur Zeit der Gracchen. 
Cie. legg. 1,2, 6. ad Att. 12,3. Dion. Hal.4, 15. 
— 2) E. Benn., ein Freund Ciceros, der in Ajien 
Großhandel trieb und von Cicero, während der: 
jelbe Kilifien verwaltete, eine Anftelung wünschte, 
aber nicht erhielt. Cie. ad Att. 6,3, 5. 

Venta, Odsvr«, hiefen mehrere Städte Britan: 
niens, 1) Stadt der Belger im Südweſten des 
Landes, j. Winchefter mit Ruinen. — 2) Stadt 
der Gilures an der Weftlüfte, j. Eäer-ment. — 
3) Stadt der Jceni an der Dftküfte, j. Eniftor bei 
Norwich. Auch bei diefen beiden Städten finden 
ſich Reſte. 

Ventidil. Zu nennen find: 1) P.Vent. Baſſus, 
ein Picenter, jchmüdte 89 v. E. den Triumph des 
Bompejus Strabo über die picentischen Miculaner, 
wobei jeine Mutter den unmündigen Knaben auf 
dem Arme tragen mußte, während jein Vater ®. 
Vent. mit den übrigen Befehlähabern nad) der 
Einnahme von Aſeulum hingerichtet worden zu 
fein jcheint. Val. Max. 6,9, 9. Oros. 5,18. Durd) 
Cäſars Gunft und FFreundichaft gelangte er aus 
niederer Stellung zur Genatorenwürde und zu 
andern Andzeichnungen. Gell. 15, 4. Dio (ass. 
143, 51. Nach feines Gönners Tode fchlug er fich 
auf Antonius’ Seite, zwang Eicero zur Flucht 
aus Rom, verjtärkte fich im picentiichen Gebiete 
(App. b.e. 3, 66. Cic. Phil. 12, 9, 23) und wurde 
vom Senat in die Acht erflärt. Bent. führte dar: 
auf fein Heer, während Octavian zur Ausſöhnung 
mit Antonius bereit war, dem leßteren zu. App. 
b. c. 3,80. Als die beiden Triumvirn jich aus: 
geiöhnt hatten, erhielt er das Konjulat für das J. 43. 
App.b.c.4, 2. Dio Cass. 47, 15. Vell. Pat. 2, 65. 
Im folgenden Jahre befehligte er, von Antonins 
dahin gejandt, im jenjeitigen Gallien, das er bei 
Ausbruch des perufinischen Krieges (41) verlieh, 
ohne dem X. Antonius ernftlich Hülfe zu bringen. 
Dio Cass. 48, 10. App. b. e. 5, 31. 35. 50. Als 
der Triumbir Antonius darauf nach Herftellung 
bes Friedens mit Octavian einen Feldzug gegen 
Zabienus und die Parther beabjichtigte, wurde 
Bent. voraufgeſchickt (40), befiegte beide und be: 
freite Kilifien und Syrien (39). Darauf jchlug er 
den parthijchen Oberfeldherrn Pacorus enticheidend 
(38) in Syrien. Gell. 15, 4. Dio Cass. 48, 39 ff. 
49, 19 ff. Vell. Pat. 2, 78. Der mißgünſtige An 
tonius enthob ihn nach feiner Ankunft in Syrien 
bes Oberbefehls, bewilligte ihm aber den Triumph. 
Dio Cass. 49, 21. — 2) Bent. Cumanus, ver: 
waltete vor Felix Judäa als Profurator. Zac, 
ann. 12, 54. Jos, ant. 20, 5,2 5.6, 1ff. 

Venuleii, 1) fiel als Opfer der ſullaniſchen Pro: 
ffriptionen. Flor. 3, 21. Oros. 5, 21. — 2) Ben. 
Saturninus, ein angejehener römischer Juriſt 
unter Garacalla und Verfaffer zahlreicher, fait ganz 
verloren gegangener Werke. Lampr. Alex. Sev. 68. 

Venus j. Aphrodite. 

Venusia, Oovevovsi«, Stadt am Aufidus und 
dem 1328 m hohen Berge Bultur, einem er- 
lofhenen Bultane, der die Grenze Apuliens gegen 
Lucanien bildete (Hor. od.3,4,9. sat, 2,1, 34f.), 











1278 


Veragri — Vergilii oder Virgilii, 


in herrlicher Gegend, Geburtsort des Horaz; j. | gella oder virgae benugen. In den Schulen waren 


Benoja. 
wurde aber 292 v. E. von den Römern kolonifiert 
und zu Apulia (Daunia) geſchlagen. Vell. Pat. 
1, 14, Strab. 6, 282. 

Verägri, richtiger Varagri, Obagayopoı, felti: 
ſches Bolt auf den Penninifchen Alpen am Bu: 


| 


Urjprünglich gehörte B. zu Sammium, | ferulae üblich. 


Verbigönus pagus j. Helvetii. 

Vercellae, Odsgneilaı, Obegxrilo:, Haupt: 
ftabt der Libici im transpadanijchen Gallien, jpäter 
befeftigtes und bedeutendes römiſches Municipium, 
befannt durch die Cimbernſchlacht, 101 v. C. Sie 


jammenfluß der Dranſe und der Rhone. Ihre bildete den Vereinigungspunft einer von Medio— 
Stadt war Detodurus, j. Martina im Kanton | lanium fommenden Straße mit der von Tieinum 
Wallis. Caes. b. g. 3, 1. Liv. 21, 38. Strab. | (j. Bavia) nad Augufta Prätoria (j. Aoſta) füh— 
4, 204, renden. Noch j. Bercelli. Cie. ad fam. 11, 19. 
Veranii (Verannii), 1) ein freund des Dich: | Tac. hist. 1, 70. Strab. 5, 218. Plut. Mar. 25. 
ters Catull, verjuchte ſein Süd in Hiſpanien, WVereingetörix, ein angejehener Gallier aus 
fam aber ohne Gewinn nach Rom zurüd. Catull.| dem Volle der Arverner, führte im J. 52 v. C. 
9.28. — 2) D. Ver, Legat unter Germanicus, | von den Galliern zum Fürjten erwählt, den Krieg 
verfolgte nad) defjen Tode den Gegner desjelben, | gegen Cäjar, dem er mutigen und ehrenvollen 
Piſo, und erlangte defien Beitrafung, 20 n. E. | Widerftand Teijtete; aber endlich unterlag er in 
Tac. ann. 2, 56. 3, 10.19. — 3) D. ®Ber., 49 | Ulefia der römijchen Kriegsfunft und dem Glüde 
n. &. Konful, befehligte unter der Regierung | Cäjars, der ihn jpäter im Triumphe aufführte 


Neros (um 58 n. E.) in Britannien, wo er ftarb. 
Tac. ann. 12, 5. 14, 29, 

Verbänus lacus, Odegpßavög Aurn, See im 
transpadaniichen Gallien, vom Tieinus durchfloffen, 
7 Meilen lang (nad Strabon übertrieben 10 M.); 
j. Yago Maggiore. Strab. 4, 209. Pol. 34, 10. 

Verhöna (jtatt herbena), heiliges traut, das 
auf Autorifation des höchſten Magiftrats von den 
Fetialen auf dem Capitol (der Arx) mit der Erbe, 
in der es gewachjen, genommen und dem Sprecher 
der TFetialen, wenn er ging, von einem fremden 
Bolfe Genugthuung zu fordern, von einem aus 
dem Stollegium, dem verbenarius, borgetragen 
wurde, Es hieß auch sagmen (sacer, das hei: 
ligende). Liv. 1, 24. Auch ein jeder Zweig von 
heiligen Bäumen, der zu heiligem Gebraudye 
diente, von der Myrte, Dlive, dem Lorbeer, Ros— 
marin, hieß verbena; er wurde getragen von 
Geſandten, Schußflehenden, zu Opfern verwandt, 
zur Bekränzung von Altären, Opfertieren, Götter: 
bildern bei Lectifternien u. |. w. Wenn ein Tier 
jo verwendete Kräuter fraß, mußte es zur Sühne 
geopfert werden. 

Verböra. Die fürperlihe Büchtigung wurde 
vollftredt mit dem Stock, fustis (davon fusti- 
gatio), mit Ruten, virgae, die mur die Liltoren 
handhabten, mit der Geißel oder Knute, fHagellum, 
lora, auch habenue, eigentlich Zügelriemen. Die 
Berführer veftaliicher Jungfrauen wurden more 
maiorum bis zu Tode gegeifelt, auch die Sol— 
daten wegen mancher ee (dies hieß fustu- 
arium), j. Disciplina militaris, 10, ferner 
wurden alle Verurteilten vor der Hinrichtung ges 
geißelt; auch bei der Tortur fehlten verbera nicht. 
Als eigentliche körperliche Züchtigung, fustium 
eastigatio oder admcnitio, coörcitio corporis, 
fam die Prügelitrafe unter den Königen und dem 
Konjuln vor, bis die lex Porcia und die lex 
Sempronia dieje Strafe von den Bürgern ganz 
entfernte. Sklaven, Peregrinen und personae 
humiles durften aber nod in der alten Weiſe 
gezüchtigt werden, die Freien fustibus, die Skla— 
ven flagellis, und zwar wegen grober Jnjurien, 
Brandftiftung, Diebftahls, Frechheit gegen Die 
Magiftrate u. j. w. Bei den Ehriftenverfolgungen 
wurden die plumbatae (Keulen mit Bleitugeln) 
gebraucht. — Die häusliche Züchtigung der Kinder 
und Sklaven hing natürlich ganz von dem pater 
familias ab, und er fonnte ohne Unterjchied fa— 


und dann hinrichten ließ. ©. Julii, 8. Strab. 
4, 191. Dio Cass. 40, 33f. 43, 19. Cues. b. g. 
7,4. 89. 

Vergiliae oder Virgiliae j. Pleiades. 

Vergilii oder Virgilii, 1) M. Berg., 87 v. €. 
Bolkstribun, verflagte den Cornelius Sulla. Cie. 
Brut. 48, 179. — 2) €. Verg., war Prätor 62 
v. E. (Cie. Planc. 40, 95) und verwaltete Sicilien 
als Propätor 61—58. Daj. 40, 96. Mit großem 
Mute verteidigte er (47) Thapfus gegen Cäſar. 
Caes. b. Afr. 28. 79. 86. 93. — 3) ®. Berg. 
Maro, der berühmte Dichter, wurde den 15. Oftbr. 
70 v. €. in Andes, einem Dorfe in der Nähe von 
Mantua, wo jein Vater ein Heines Landgut be: 
jaß, geboren und erhielt jeine erfte Bildung im 
dem benachbarten Eremona. Nachdem er im jedh: 
zehnten Xebensjahre nach römijcher Sitte die männ: 
lie Toga angelegt hatte, bejuchte er die Schulen 
in Mediolanium; darauf ging er nach Neapolis, 
wo er den Unterricht des griechifchen Dichters und 
Grammatikers Parthenios genof, und nad Rom, 
wo er den epifureiichen Philoſophen Siron hörte. 
Bon da fehrte er in jeine Heimat zurüd und er: 
gab ſich in Ländlicher Abgeichiedenheit dem Stu: 
dium der griechijchen Dichter. Hier wurde er mit 
Aiinius Pollio, der damald ald Legat des An: 
tonius das transpadanijche Gallien verwaltete und, 
jelbft al3 Redner, Gejchichtichreiber und Dichter 
ausgezeichnet, ein lebendiges Intereſſe für die 
Litteratur hatte, belannt und befreundet. Bald 
jedoch ftörten die Siriegsereigniffe ihn in jeiner 
behagliden Ruhe. Octavian hatte es übernom: 
men, die Veteranen nach der Schlacht bei Philippi 
durch Auweiſung von Ländereien in Stalien zu 
belohnen. Unter den Städten, deren Gebiet für 
diejen Zweck beftimmt wurde, war auch Eremona, 
und da die Soldaten ſich häufig willfürliche Über: 
griffe in die angrenzenden Marlen erlaubten, wurde 
aud die Heimat 63 ernſtlich bedroht (Kel. 9), 
zumal als ſein Beſchützer Aſinius Pollio anfangs 
durch den peruſiniſchen Krieg, dann durch weitere 
Kriegszüge in Illyrien aus der Provinz abberufen 
wurde, und Alfenus Varus an ſeine Stelle trat. 
Zweimal begab ſich V. nach Rom, und mit Mühe 
erlangte er auf Mäcenas’ Empfehlung durch Octa: 
vianus’ Zuſage (Keil. 1, 42) dem jtcheren Beſitz 
jeines Landgutes, oder wohl vielmehr Entichä: 
digung, etwa dur ein Landgut in Gampanien 
(Gell. 6, 20, 1). Inzwiſchen hatten dieje Verhält⸗ 


Vergilii oder Virgilii. 


niffe die Aufmerkſamkeit der einflufreichiten Män— 
ner de3 Staats auf den jungen Dichter gelenkt 
und ihn in mannigfade Berührung mit denjelben 
gebracht. In dieje Zeit, 41-39, fällt außer den 
erſten poetiichen Verſuchen, die uns nicht mehr 
erhalten find, die Abfaflung der 10 Eflogen oder 
Bulolifa. Nach dem Mufter der Idyllen Theo: 
frits (Eel. 6, 1) jchildert ®. darin das Leben der 
ſiciliſchen und italiichen Hirten; einen eigentümlichen 
Meiz aber hat er diejen erdichteten Schilderungen, 
die freilich auf die Treue und Natürlichkeit feines 
—— Vorgängers feinen Anſpruch machen 
önnen, dadurch verliehen, daß er unter der Hülle 
des Hirtenlebens Perſonen und Begebenheiten ſeiner 
eigenen Zeit darſtellt und mancherlei Anſpielungen 
auf gegenwärtige Zuſtände in ſeine idylliſchen Be— 
ſchreibungen geſchickt verwebt. Am wertvollſten 
ſind das vierte, ſechſte und zehnte Gedicht, die zu— 


gleich als die zulegt gedichteten anzujehen find. 
Nachdem er durch dieje Gedichte jeinen erften Ruf 


begründet hatte, lebte er abwechjelnd in Rom und 
Neapel. Den Aufenthalt in Neapel joll er um 
des milden Klimas willen wegen jeiner Kränflich: 
feit bejonders gejucht haben. Dort vollendete er 
jein zweites und vollendetftes Werl, die Georgila, 
ein Lehrgedicht das nach den Hauptteilen ber ita- 
liſchen Landwirtſchaft, Ackerbau, Baum:, Vieh— 
und Bienenzucht, in 4 BB. geteilt, Vorſchriften 
über den Landbau gibt. Der an jich jehr trodene 
Stoff, der aber im Wltertume öfter poetijch be— 
handelt wurde (8. jelbft bezeichnet als jeinen Vor: 
gänger Heſiod, G. 2, 176, ohne ihm jedoch im 
einzelnen nachgeahmt zu haben), ift darin mit 
** Kunſt bearbeitet, indem der Dichter mit 
ſeiner feinen, durch griechiſche Philoſophie gebilde— 
ten Naturanſchauung und einer friſchen Begeiſte— 

für den Gegenſtand die einzelnen Regeln zu 


rum 
anfhaufichen Bildern zu verbinden und durch glüd- 


lich eingelegte Epijoden zu beleben weiß. Außer 
feiner eigenen Vorliebe für das Landleben wurde 
B. bei der Wahl diejes Gegenftandes, den er unter 
ben Römern zuerft in einem Gedicht behandelte 
(@. 3, 10), auch durd) den patriotiihen Zweck be: 
ftimmt, den durch die langen Kriege zerrütteten 
Landbau, in dem er eine fräftige Stütze altrömi: 
jchen Lebens erlannte (G. 2, 173), wieder zu Ehren 
u bringen. Die Ausarbeitung diejes 
eint in die Jahre 31—29 zu fallen. 
Anficht E. Schapers, daf beide Werke, Bucolica 
und (seorgica, nicht in der urjprünglichen Form, 
jondern in einer von dem Dichter jelbft bejorgten 
Neubearbeitung vorliegen, richtig ift, bleibt dahin- 
geftellt.— Nach der Herausgabe der Georgika machte 
fih V. an die Ausführung jeiner letzten und größten, 
ſchon längft mit Liebe von ihm verfolgten (@.3, 46) 
Aufgabe, der Aneis. Nach einer Arbeit von zehn 
Jahren führte er das Gedicht zwar äußerlich zu 
Ende, aber die letzte Hand daran zu legen, wurde 
er durch den Tod verhindert Im J. 19 v. E. 


unternahm.er eine, wahrſcheinlich jchon in früheren | 


Jahren beabfichtigte, jedoch nicht zur Ausführung 
gelommene (vgl. Hor. od.-ı, 3), Reife nad) Grie— 
chenland, aber jchon in demfelben Jahre kehrte er 
wegen anhaltender Kränklichkeit auf Beranlafjung 
und in Begleitung des Auguſtus, mit dem er in 
Athen zufammengetroffen war, nad; Italien zurüd 
und ftarb bald nad) jeiner Ankunft in Brundu— 


ſium am 22. September; er wurde in ber Nähe 


edichtes | 
Db die 


1279 


von Neapolis beftattet. Das dom ihm unvollendet 
| hinterlaffene Gedicht wurde nad) jeinem Tode von 
feinen Freunden, den Dichtern Barius und Tucca, 
‚die fich jedoch feine eigenen Zuſätze und Ande: 
‚zungen erlaubten (daher eine Anzahl von Halb: 
‚ verjen, die der Dichter bei der legten Feile wahr- 
icheinlich zu bejeitigen dachte), herausgegeben, und 
' zwar jpäteftens, mie e3 jcheint, im J. 17. 
Durch jeine hohen poetijchen Leiftungen und durch 
| jeine edfe, reine Gefinnung hatte B. ſich all: 
gemeine Liebe und Verehrung erworben. Er war 
den meiften ber gleichzeitigen Dichter, welche fich 
die Ausbildung der römiſchen Poeſie nad ben 
Regeln griechiicher Kunſt zum Ziel geſetzt hatten, 
‚nahe befreundet und galt in dem Sreije fein ge: 
bildeter Männer, ber fi) um Mäcenas, den frei: 
gebigen Bejchüger dieſer Richtung, gejanımelt hatte, 
al3 einer der hervorragendften Vertreter des neuen 
Geihmads. Die Angriffe der Anhänger der alter: 
tümlichen Partei, unter denen er jelbft Bavius, 
Mävius und Anjer nennt (E. 3, 90. 9, 36), konn 
ten den Glanz jeines Namens nicht verdunfeln. 
Der Dichterruhm 8.3 beruhte vorzugsweiſe auf 
der Üneis, obgleich diefe an fünftlerischer Voll: 
endung den Georgifa nachſteht. Den außerordent- 
lihen Beifall, den das mit unerhörter Sehnfucht 
erwartete Werf bei den Beitgenofjen fand, ver: 
dankt e3 zum großen Teil der glüdlihen Wahl 
bes Stoffes. & den Scidjalen des Aineias 
ichildert B. nicht allein die Anfänge des römischen 
Bolfes, jondern auch den Urjprung des julischen 
Geſchlechts, als deſſen Ahnherr Aineias' Sohn, 
Aſcanius oder Julus, galt, und das eben in der 
Perſon des Auguſtus zu den höchſten Ehren ge— 
langt war. Zugleich ſtellt er in ſeinem Helden 
das Ideal echten Römerſinnes, treue Verehrung 
der Götter und mannhafte Tapferkeit, auf. Die 
Nachahmung Homers iſt abgeſehen von zahlloſen 
Einzelheiten auch in der Anlage des ganzen Werkes 
unverkenubar. Indem der Dichter in den erſten 
6 BB. die Irrfahrten des Aineias, in den übrigen 
die Kämpfe um die verheigene Königsherrichaft in 
Latium jchildert, jucht er die Vorzüge der Alias 
und Odyſſee in Einem Gedichte zu vereinigen. 
Während er in den erften 6 BB. jeinen Stoff 
— aus den griechiſchen Epikern, die die 
age vom trojaniichen Kriege mit großer Aus- 
führlichleit bearbeitet hatten (Homer, Arktinos, 
Lesches u. a.), jchöpfte, war in ber letzten Hälfte 
die einheimijche Sagenfaſſung römischer Gelehrten, 
wie fie namentlich von Cato und Varro angeftellt 
worden war, jeine Hauptquelle, und die Gelehr- 
jamfeit, mit ‚der er aus der Mafje der italijchen 
Sage das für jeinen Zwed Pafjende auszumählen 
wein, verdient auch neben feiner poetiichen Fertig— 
feit volle Bewunderung. Der weſentliche Borzug 
des Gedichtes aber liegt in der funftreichen Ver— 
einigung eines national-römiſchen Inhalts, bei 
‚dem 8. jelbjt Anflänge an ältere Dichter, nament— 
lich Ennius, nicht verichmähte, mit einer durch 
grieaifehe Kunft geregelten Form der Darftellung. 

i den Römern vertrat das Gedicht fortan die 
‚ Stelle eines Nationalepos, wurde, wie die home 
riichen Gedichte bei den Griechen, in allen Schulen 
gelejen und diente, mie dieje, ald Grundlage für 
die gelehrten grammatifchen und antiqwariichen 
Studien; ja jelbjt bis in das jpäte Mittelalter 
hinein erftredte fich die Verehrung des gefeierten 





1280 


Dichters, der nicht bloß fortwährend eifrig gelefen 
wurde, jondern auch eine abergläubiiche Verehrung 
genoß, indem man wunderbare Sagen an jeine 
Perſon fmüpfte. — Bei dem eifrigen Stubium, 
das fich ſchon im Altertum dem 3. zumanbte, 
wurden die Gedichte jehr früh von gelehrten Gram: 
matifern erflärt und mit reichen grammatiichen 
und hiftoriichen Kommentaren ausgeitattet (j. Rib- 
bed3 Proleg. erit. p. 114 ff). Aus diejen ift der 
inhaltreiche Kommentar, der uns unter dem Namen 
des Servius (f. Servii, 4.) erhalten ift, ber: 
vorgegangen. Außerdem haben wir zu den Buko— 
lifa und Georgifa einen Kommentar unter dem 
Nanıen des Balerius Probus, eines gelehrten 
Grammatiferd des 1. Jahrh. n. E., der eine kri— 
tiſche Ausgabe der Gedichte V.s bejorgt hatte. 
Bon weit geringerer Bedeutung ift der rhetorifche 
Kommentar des Donatus zu der Aneis. — Die 
fleinen Gedichte, Culex, Ciris, Copa, Moretum, 
und die jogenannten catalecta (richtig vielmehr 
xarc Aeneov, d. h. Kleinigkeiten, woraus durch 
Mifverftändnis catalepta und endlich gar cata- 
lecta wurde) Vergilii, 14 Gedichte mannigfaltigen 
Inhalts in elegiichem oder iambifchem Versmaß, 
gehören nicht dem Dichter, mit deſſen Werfen fie 
gewöhnlich vereinigt find, an, obwohl fie alle un- 
gefähr aus der Zeit Bergild oder wenig jpäter 
zu ftammen jcheinen. — Ausgaben von — 
(1746), Henne (zuerſt 1767 ff., 4. Aufl. von Wag- 
ner, 1830ff. Schulausg. 1779 u. ö.), Forbiger 
(4. Aufl. 1872 ff.), Wagner (3. Aufl. 1861; deutſch 
bearbeitet von Koch, 1849), Ladewig (3 Bdd., zu- 
erft 1850; neu bearbeitet von Schaper, zum Teil 
10. Aufl.), Kappes (1873 ff. 4. Aufl. 1887 ff.), 
Ribbeck (1859 ff., frit. Hauptausgabe). Tertans- 
gaben von Jahn (4. Aufl. 1850), Süpfle (1847), 
Haupt (2. Aufl. 1873), Paldamus (1854), Ladewig 
(2. Aufl. 1880), Ribbeck (1867), Klouöek (1886 f.), 
D. Güthling (1886), Thilo (1886) u. a. Ausgg. 
der Eflogen von Glaſer (1876) und Hermes (1890); 
der Georgifa von Glaſer (1872); der Aneis von 
Thiel (1834 ff.) Hofman:Beerlfamp (1843), Goßrau 
(2. Aufl. 1875), Gebhardt (1880 ff. 1. Bd. 2. Aufl. 
1888; Tertausgabe 1887), Ladewig (2. Aufl. von 
Deutide, 1889), Brofin (1883 ff. 2. Aufl. 1886 ff.) 
Berühmte Überfegung der Eflogen und Georgita 
von Voß (1797 ff. 2. Aufl. 1800-1830). — 4) An 
einen Berg. oder Virg. hat Horaz eine Ode (4, 12) 
gerichtet, der nad) den Scholien ein Salbenhänbdler, 
nach andern ein Arzt (eibarzt des Tiberius und 
Druſus) war. Vielleicht iedon ift die Ode (ebenſo 
wie 1, 3) ebenfalls an den Dichter Vergil gerichtet, 
und ®. 16 und 17 nicht buchjtäblich zu verftehen, | 
fondern humoriftiich gejagt. 

Verginii j. Virginiı. 

Veritas, Alnjdsıe, Verjonififation der Wahr: 
heit, mythologiſch als Tochter des Zeus (Pind. ol. 
11, 4) oder des Saturnus, ald Mutter der Tugend, 
Amme des Apollon bezeichnet, dargeftellt in weißem 
Gewande. Dem Anaragoras wurde ein Altar mit 
der Aufichrift 77 Alndela errichtet. 

Verna oder Vernacülus, der Sklave, der ſei— 
nem Herrn durch die Geburt angehörte und bes- 
wegen ihm näher ftand, als der gefaufte. Darum 
war er nicht jelten procax (Hor. sat. 2, 6, 66). 

Verolamium, Hauptſtadt der Eattavellauni in 
Britannien, norbweftlich von Londinium, jpäter be- 
beutendes römiſches Mumnicipium, bei der Empö: | 


Vergini — 





Vertumnus, 


rung der Britannier zerftört. Tac. ann. 14, 33. 
J. Old Berulam bei S. Albans in der Grafichaft 
Hertford. 

Veromandüi, Obsgoudvöves, richtiger Viro- 
mandui, belgiſche Völlkerſchaft öftlih von den 
Atrebaten, jüdlich von den Nerviern, im heutigen 
Bermandois, mit der Hauptftadt Auguſta Vero— 
manduorum, j. St. Quentin. Caes.b.g.2,4. 16. 

Veröna, Obrjewvae, Briewr, noch j. Verona, 
Stadt der Euganeer im transpadaniichen Gallien 
am Atejis, ſpäter im Bejig der Cenomani (Lir. 
5, 35), in ber Folge römiiche Kolonie (Tae. hist. 
3, 8) und jehr blühend. Hier waren Eatullus und 
Vitruvius geboren. Ziemlich vollftändig hat jich, 
außer andern Aitertümern, erhalten das zu Dio: 
cletians Zeiten ganz aus weißem Marmor erbaute 
Amphitheater, 464 Kup lang, 367 Fuß breit, bas 
auf 48 Gitreihen für 22 000 Menſchen Platz bot. 

Verres j. Tullii, 3. 

Verrius, Flaccus, Grammatifer und Lehrer 
bei den Enteln des Auguftus, gejtorben unter Ti: 
berius, fchrieb: rerum memoria dignaram libri 
und de verborum significatu. ©. Festus. 

Ver sacrum, bei den Römern und Italikern 
die bei großer Gefahr dem Qupiter gelobte Opfe: 
rung alles Zebendigen, das im nächiten Frühjahr 

eboren werden würde, namentlich der Biegen, 

weine, Schafe, Rinder. Liv. 22,10. In älterer 
eit wurden auch bisweilen jämtlihe in einem 
Frühling geborene Kinder gelobt, die aber nicht 
geopfert, jondern, wenn fie herangewacdjen waren, 
über die Grenze geihicdt wurden, um fich irgendiwo 
niederzulajien. Danke leiteten den Uriprung Roms 
bon einem ver sacrum ab. 

Verticordia, Wenderin der Herzen, Beiname 
der Venus; fie hatte einen Tempel an der Sala: 
rijchen Straße (j. Viae) und ein Feſt am 1. April. 
Nach Ovid (fast. 4, 157 ff.) wurde ihr diefer Tempel 
(um 114 v. €.) errichtet, damit fie die verdorbenen 
Gemüter der Frauen zum Befleren wende. Im 
bemjelben Sinne heißt jie auch ‘Aroorpopie. AU: 
gemeiner ward fie als cine in magischen Künſten, 
beſonders in Einwirkung auf das menſchliſche Herz, 
erfahrene Venus gefaßt. 

Vertumnus, Vortumnus (von verto), der Gott 
ber Wandelung. Beſonders bezieht ſich dieje auf 
die Veränderungen, denen die Früchte bis zur 
Reife untertvorfen find. Vertumnus gab den blü- 
eo Segen des Frühlings und die Ernten des 

ommerd und Herbites; vorwiegend aber wurde 
bie Borftellung eines Gottes des reifenden Herbites, 
und man feierte ihm daher im Dftober die Ber- 
tumnalien. Seine Gemahlin war Pomona, die 
er durch mancherlei Berwandlungen endlich gewann 
(Ov. met. 14, 623 ff.). Übrigens wurde feine Vor- 


Pr erweitert und jein Wejen auf alle Er- 


cheinungen gedeutet, in denen der Begriff von 
vertere gefunden werden fann, auf den Wechſel 
der Yahreszeiten, den Umtanjh der Waren, die 
Wandelbarkeit des menichlichen Sinnes u. j. mw. 
Man ftellte ihn dar ald einen jchönen Jüngling, 
oder als mwohlgebildeten, rüftigen Mann, bärtig, 
mit milden Zügen, mit einem Kranze von Ähren 
oder grünem Yaube um das Haupt, das mit Früch—⸗ 
ten gefüllte Füllhorn im Arme, dem griechiichen 
Dionyſos ähnlich. Am Bicus Tufceus ftand ein 
Bild des Gottes, den die alte voljinische Nieder: 
laſſung in Rom als Hauptgott ehrte. Daher wurde 


Verulae — 


er für einen uriprünglich tufeiichen Gott gehalten. 
Bahricheinlich aber iR er ein ſabiniſcher Gott; der 
König Tatius joll ihn nach Rom gebracht haben. 
Am Aventinus hatte er eine Kapelle, wo ihm am 
13. Yuguft, wohl zur Begrüßung der Opbftzeit, 
ein Opfer gebracht wurde. 

Verülae, Stadt der Hernifer in Latium, j. 
Veroli, jpäter römische Kolonie. Liv. 9, 42. 43. 
Flor. 1, 11. 

Verus, 1) 2. Eejonius Commodus Berus, 
wurde von Kaiſer Habdrian (f. d.) als 2. Alius 
Eäjar adoptiert, ſtarb aber noch vor jeinem Adop- 
tivvater. — 2) Sein Sohn, 2. (Ulius Aurelius) 
Verus, Aboptivjohn des Antoninus Pius, ent— 
ſprach den Hoffnungen, die man auf ihn jeßte, 
nicht ganz, indem er fi) einem mehr weichlichen 
und üppigen Zeben ergab und als Feldherr, be: 
fonders im armenijch » parthiichen Kriege, wenig 
Energie an den Tag legte, vielmehr ſeinen tüch: 
Ir Generalen, namentlidy dem Avidius Caſſius, 
alles überließ. Er regierte gemeinfam mit Marcus 
Aurelius von 161—169 n. E., in weldhem Jahre 
er ftarb. Capit. Ver. 

Verwünschung j. Gebet. 

Vescia, Stadt der Aufoner (Aurunker) in Las 
tium, zu deren Gebiet der weftliche Abhang bes 
Mafficus bis zum Liris hin (Vescinus ager) ge= 
hörte; jpäter ganz verſchwunden. Liv. 8, 11.9, 25. 
10, 21. 31, 

Vesöris, entweder ein Flecken oder ein Feiner 
Fluß (Sarnus, oder ein Nebenfluß desjelben) in 
Gampanien am Bejud. Qua via ad Veserim 
ferebat, fiel eine Schladht zwiichen den Römern 
und XYatinern vor. Liv. 8, 8. 10, 28. 

Vesontio, Beoorriov, Obswoörrıov, Hauptitadt 
ber Sequaner in Gallien am Dubis (j. Doubs), 
von dem fie faft ganz umflofjen wurde; an ber 
offenen Seite lag ein Berg, der die Burg =. 
Bon. dort ausrüdend, jchlug Cäſar im J. 58 v. €. 
den Wrioviftus. Caes. b. g. 1, 39. Das heutige 
Beſangon zeigt noch viele Altertümer. 

Vespasiäni. Aus dem in Reate im Sabiner: 
lande heimifchen Haufe der Flavier“) ift uns als 
ältejter VBorfahr Veſpaſians dem Namen nad be: 
fannt: 1) T. Flavius Petro. Er nahm als 


Anhänger des Bompejus an der Schladht bei Phar⸗ Dai 


jalos teil und lebte darnach ala coactor eines 
argentarius, war aljo ber erfte, der bie biejer 
Familie eigentümlichen —— Anlagen zeigte. 
Suet. Vesp. 1. — 2) Deſſen Sohn, Fla vius Sa— 
binus, der Zollpächter in Ajien war und darauf 
Geldgeichäfte in Helvetien betrieb, jowie jeine Ge: 
mahlin, Beipajia Bolla, welche einer vornehme: 
ren umbriichen Familie entftammte (daj. 1. 5.), 
find die Eltern des Flavius Sabinus (3) und des 
Veipafianus (6). — 3) Flav. Sabinus, ein an: 


*, T. Flavius Betro. 


Flavius Sabinus. 
Gem, Veſpaſia Rolla. 
I 


ee — — — — — — — — — — — — ———— 
u 


1281 


gejehener und reicher Maun, vor Beipafians Thron- 
erhebung Haupt und Stolz der familie, verwaltete 
7 Jahre lang die Statthalterjchaft von Möfien und 
12 Jahre (jeit 61 n. E.) das Amt eines Stabt- 
präfekten, das er noch unter Bitellius inne hatte. 
Tac. hist. 3, 6% f. 75. Seines Bruders Erhebung 
beförderte er dadurd, daß er in Rom für deſſen 
Intereffe thätig war und ihm Geld lieh. Daſ. 2,99. 
3, 65. Bitellius’ Sache war jchon fajt verloren, 
ald Sab. aufgefordert wurde, an der Spike der 
Flavianer offen jenes Sturz herbeizuführen; aber 
jein milder, dem Blutvergiepen abholder Charakter 
beitimmte ihn, mit Bitellius zu unterhandeln, und 
diejer ſchloß einen Vertrag, nad) dem er die Herr: 
ichaft freiwillig an Veſpaſian abtrat. Daj. 3, 64f. 
Doch die Ausführung dieies Vertrags wurde durd) 
die 3 in Rom gebliebenen Eohorten vereitelt. Dieje 
zwangen den Bitellius von dem Bertrage zurüd: 
utreten, überwältigten und töteten ben Stadtpräs 
ften, der ſich auf das Capitol geflüchtet hatte, 
und verbrannten bei dem Sturme auf ihn und 
jeine Anhänger das Gapitol, 69 n. E. Daſ. 3, 66 ff. 
Jos. b. Jud. 4, 11, 4. Aur. Vict. COaes. 8. — 
4) Sein Sohn, Flav. Sabinus, Gemahl von 
Kaifer Titus’ Tochter Julia, entrann bei der Er- 
oberung bes Gapitol3 (Dio Cass. 65, 17) jamt 
Domitian, wurde aber durch diejen, 96, ermordet. 
Suet. Dom. 10. — 5) Deffen Bruder, Flav. Ele: 
mens, Gemahl der Domitilla, der Schweiter des 
Kaiſers Domitian, erhielt von jeinem Schwager 95 
dad Konjulat, wurde aber nachmals auf feinen 
Befehl getötet. Des Flav. Clemens Söhne, Beipa- 
jian und Domitian, deren Lehrer Duintilian 
war, hatte Domitian zu jeinen Nachfolgern beftimmt. 
Suet. Dom. 15. Dio Cass. 67, 14. — 6) T. Flav. 
Beipafianus (Beip. nad jeiner Mutter zube: 
nannt), Bruder von Nr. 3, geboren am 17. No: 
vember 9 n. E. bei Reate, betrat, von jeiner ehr: 
geizigen Mutter dazu getrieben, die öffentliche 
Laufbahn, that jeine erften Kriegsdienfte in Thrakien, 
verwaltete ald Duäftor Kreta und Kyrene und 
jtieg zu immer höheren Ehren empor. Suet. Vesp.2. 
Nachdem er unter Claudius in Germanien gedient 
und, im %. 43 nach Britannien verjegt, hier ſich 
ausgezeichnet hatte, befleidete er 51 das Konjulat. 


Vespasiani. 


aj. 4. Tue. hist. 2, 78. 3, 44. Hierauf lebte er 
aus Furcht vor Agrippina längere Zeit zurüdge: 
ogen, und erſt nach deren Tod (59) finden wir 
ıhn als Statthalter in Afrila. Suet. Vesp. A. 
65 zog er fich, weil er bei den fcenischen Auffüh— 
rungen Neros einjchlief, deſſen Ungnade zu und 
mußte den Hof meiden. Tac. ann. 16, 5. Suet. 
Vesp. 4. Trotzdem wählte ihn der Kaiſer im fol- 
genden Jahre zum Begleiter auf jeiner Kunſtreiſe 
nach Griechenland, und hier wurden ihm (Winter 
66/67) die Provinz Judda und die Führung des 


—i 0 nn — — 


Flavius Sabinus 
—— 


Flavius Sabinus 
Gem. Julia. 


Flavins Clemens. 
Gem. Domitilla. 


—— — — 
Beipafianus. Domitianus 
Reallexikon des klaſſ. Altertums 7. Aufl. 


— 
Titus Rlav. Veſp. 


Julia. 


Titus Flavius Beipafianus. 
Gem. Flavia Domitilla, 
| 


Titus Alav. Domitianue. 
Gem. Domitia, 


Domitilla 


Domitilla. 
81 


1282 


Krieges gegen bie aufftändifchen Juden übertragen. 
Jos. b. Jud. 3, 1,3. Suet. Vesp. 5. Mit einem 
roßen Heere sing er dahin ab. Im Berlaufe des 
F 67 eroberte er Galiläa zurück, nahm im Anfang 
des nächiten Jahres die Tyeindjeligfeiten wieder 
auf, unterwarf Ende Mai Jericho und konnte nun 
zur Einjchließung Jeruſalems jchreiten (Jos. b. 
Jud. 4, 6—8), da braden die Thronfämpfe in 
Gallien, Spanien und Italien aus, die das Ende 
des juliichen Hanfes herbeiführten. Weil V. nad 
Neros Tode vorläufig ohne Mandat war, zog er, 
zugleich entichlofien, ch nicht in die Thronftreitig- 
feiten zu milchen, jeine Truppen zurüd und 2. 
—— nur die wichtigſten Punlte beſetzt. 

al. 
im Weften gefiegt hatte, und Nachrichten über die 
Unfähigkeit und Mißwirtſchaft diejes Kaiſers zu 
den Truppen im Orient gelangten, riefen leßtere 
in ihrem Unmute ben V. zum Kaijer aus, Juli 69. 
Tac. hist. 2, 79. 81. Jos. b. Jud. 4, 10, 4. Ihnen 
ſchloſſen fich auch die Legionen in Bannonien und 

dfien an, zogen nach Italien, und nach dem 
Siege bei Eremona (Dio Cass. 65, 11ff. Tac. hist. 
3, 15ff. Jos. b. Jud. 4, 11, 3) und nad Bitellius’ 
Ermordung, Dezember 69 (Dio Cass. 65, 20f. Tae. 
hist. 3, 84 ff.), war V. Herr des römischen Reichs. 
Seine Feldherren hatten die Sache ausgefochten, 
er jelbft hatte fih am Bürgerfriege nicht beteiligt. 
Erft nad) dem Siege trat er feine Reife nad) Rom 
an und wurde auf berjelben mit Freuden begrüßt, 
in Rom mit Jubel empfangen, Sommer 70. Jos, 
b. Jud. 7,2.4. Seine Regierung dauerte 9 Jahre. 
Abgejehen von dem Aufftande der Bataver unter 
Eivilis (f. d.), der noch vor V.s Ankunft in Rom 
beendet wurde, find 2 während feiner Regierungs- 
zeit geführte Kriege erwähnenswert: der jüdiſche 
Krieg und der Krieg in Britannien. Erſteren be— 
endete im Auftrage des Vaters V.s Sohn Titus 
(f. 7.) mit der Zerftörung Jeruſalems (Sept. 70), 
legteren führten feit dem J. 71 die Statthalter 
Betillius Gerialis und Julius Frontinus nicht ohne 
Erfolge. Bedeutendere Eroberungen aber wurden 
erft durch Agricola (j. d.) gemadt. 8. jelbft ftellte 
vor allem die militärifche Difeiplin wieder her 
(Suet. Vesp. 8), reinigte den Senat von unwür— 
digen Mitgliedern und erweiterte den Wirkungs— 
freis desſelben (daj. 9. Dio Cass. 66, 10), gab 
weife und gerechte Geſetze (Aur. Vict. Caes. 9) 
und veranlaßte mancherlei heilſame polizeiliche 
Mahnahmen. Dio Cuss. 66, 9. 13. Tae. hist. 4,62, 
Ferner war er beftrebt, die durch die tolle Ber: 
ſchwendung feiner Borgänger und durch den Bürger: 
frieg arg zerrütteten Finanzen des Staates wieder 
in Ordnung zu bringen. Um diejes zu ermög: 
lichen, befleißigte er ſich vor allem möglichiter 
Sparjamteit, 3. B. beim Deere. Suet. Vesp. 8. Da 
er durch dieje allein aber den Staatsichag nicht 
wieder füllen fonnte, war er gezwungen, erlaffene 
oder vergeſſene Steuern wieder einzufordern und 
neue einzuführen. Suet. Vesp.16. Dio Cass. 66, 8. 


4, 9, 2. Tac. hist. 5, 10. Als aber Bitellius | 


Vespasiani. 


!nicht frei geweien. Suet. Vesp. 23. Zon. 11, 17. 
u feiner Entichuldigung dient, daß, follte der 
taat völlig aus jeiner Yinanznot befreit werben, 

wirfli die größte Sparjamfeit notwendig mar, 

und daß er, durchaus anſpruchslos und einfach in 
feinem Privatleben (antiquo cultu vietuque, Tac. 
ann. 3, 55), alle aufgebrachten Gelder nur im In— 
tereffe des Staates verwendete, deijen Anjehen und 

Kraft wiederherzuftellen jeine eifrigjte Sorge war. 

Dio Cass. 66, 10. Troß aller Sparjamfeit bewies 

er daher freigebigfeit bei pn ger (Suet. 

Vesp. 17), unterftüßte Kunſt und Wifjenichaft und 

deren Bertreter (daſ. 18 f.), legte Städte und Tem- 

pel an, baute Wafjerleitungen und Strafen (Aur. 

Viet. Caes. 9) und verjchönerte vor allem Rom. 

‚Hier unternahm er außer andern Bauten den 

ı Wiederaufbau des Capitols (Suet. Vesp. 8. Tac. 
hist. 4, 9. 53), den Bau des Friedenstempels auf 

‚dem Forum (Jos. b. Jud. 7, 5, 7. Suet. Vesp. 9. 

ı Dio Cass. 66, 15) und namentlid) des Amphi- 
theatrum Flavium, des jpäteren Kolofleums, j. 
Eolijeo (Suet. Vesp. 9. Aur. Viet. Caes. 9), in 
welchem mehr als 87000 Menſchen als Zuſchauer 
der Tierkämpfe Platz fanden, und welches noch 
heute, obwohl nur trümmerhaft erhalten (ſ. Thea— 
tron, 17. 18 und die Abb. ©. 1204) einen Haupt: 
anziehungspunft für die Befucher der ewigen Stadt 
bildet. abei war ®., den geichäftämänniiche 
Nüchternheit und ein gejundes, treffendes Urteil 
haralterijieren, im ganzen ein jehr milder Herricher, 
zeigte fich unempfindlich bei Verletzungen der kaiſer— 
lihen Würde (Suet. Vesp. 13. Dio Cass. 66, 11) 
und nachſichtig gegen Verſchwörer (Suet. Vesp. 25. 
Aur. Vict. Caes. 9), liebte den Freimut und trug 
Beleidigungen nicht nad. Suet. Vesp. 14. Für 
jedermann zugänglich, ließ er fich ſogar auf offener 
Straße anreden und lebte gern im Seite jeiner 
Freunde, die er durch witzige Einfälle zu unter: 

Iten wußte. Plin. 33, 12. Suet. Vesp. 19. 227. 
ftarb am 23. Juni des J. 79, im fiebzigften 
Lebensjahre, und hinterließ außer einer Tochter, 
Domitilla, 2 Söhne, Titus und Domitianus, die 
de nacheinander in der Herrichaft gefolgt jind. — 
3 Dentwürdigteiten, bejonders über den jüdijchen 

Krieg, find von dem Geichichtichreiber Joſephos 
benugt worden. — 7) Titus Flav. Bejp., des 
vorigen ältefter Sohn, geb. am 30. Dezember 41 
(wohl nidyt jchon 39), wurde mit Britannicus am 

ı Hofe des Claudius und Nero erzogen. Suet. Tit.1j. 
Ausgezeichnet durd; reiche Anlagen des Körpers 
und des Geiftes, ſowie durch einnehmendes Weien, 
machte er fich bald bemerflih. Daj. 3. Er diente 
zuerft in Germanien (Tac. hist. 2, 77), tämpfte 
dann unter jeinem Bater in Britannien (Dio (ass. 
60, 30) und folgte ihm jpäter nadı Judäa, wo er 

ſich großen Ruhm erwarb (Suet. Tit. 4) und nad 





| jeines Vaters Thronbefteigung dene Krieg durch 


Eroberung Jeruſalems, September 70, zu Ende 


| führte. Tac. hist. 2,4. 5,1. 8ff. Dio Cass. 66, 4ff. 


Suet. Tit. 5. Jos. b. Jud. Nachdem T. mit jeinem 


Es wird erzählt, er habe mit Amtern und Würden  Bater in Rom einen glänzenden Triumph gefeiert 
einen förmlichen Handel getrieben und die Begna: hatte (Zon. 11, 17. Suet. Tit. 5. 8. Jos. b. Jud. 
digung verfauft (Dio (ass. 66, 14), er habe, 7,5, 3ff.), deſſen Andenken durch den noch vor: 
was faum glaublicy flingt, die Verwaltung der , handenen Titusbogen (j. Roma, 13. und die Abb. 
reichjten Provinzen abfichtlih den habjüchtigften | unter Arcus, 2.) verherrlicht wird, machte ihn 
Menjchen übertragen, um dieje dann wie vollge: | Veipafian zum Mitregenten, ernannte ihn zum 
jogene Schwämme ausdrüden zu können (Suet. | Gardepräfelten und führte mit ihm die Eenjur. 
Vesp. 16), er jei überhaupt von jchmußigem Geize | Suet. Tit.5f. Jedoch zog fih T. in diejer Zeit 


Vespillones — 


durch Härte und Willfürlichkeit, ſchwelgeriſches und 
leichtſinniges Leben Hab zu, und man fürdhtete 
in ihm einen zweiten Nero zu befommen, als er 
am 23. Juni 79 feine Regierung antrat. Suet. 
Tit. 1. 6f. Dio Cass. 66, 15 ff. Aber er zerjtreute 
die von den Römern gehegten Bejorgniffe und 
lieferte durch die Trennung von der jüdi chen Brin: 
zeſſin Berenife (j. d. 3), deren Verbindung mit 
ihm das römische Volk nicht wünschte, jofort den 
weis, dab er perjönliche Neigungen den Staats 
interefjen unterzuorbnien wußte. Suet. Tit.7. Noch 
mehr gewann er das Volk, ald er die biäherigen 
Genoſſen feiner Lüfte vom Hofe verwies und die 
trefflichiten Männer zu feinen Freunden erfor, und 
es zeigte jich bald, daß ber Matın, deſſen Regi— 
mente man mit Bangen entgegengejehen hatte, 
der freigebigfte, mildefte, menjchenfreundlichfte und 
eh ia. Herrſcher war. Suet. Tit.7.9f. Dio 
Cuss. 66, 26. So wurde fein Todesurteil unter 
ihm gefällt, die Majeftätsverbrecher wurden be: 
guadigt, die Delatoren aus Rom und Italien 
verbannt, und mit Großmut die behandelt, welche 
an Verichmörungen gegen ihn teilgenommen. Dio 
Cass. 66, 185. Eutr. 7, 21. Buet. Tit. 8. Das 
ganze römische Volt ———— er ji) dadurch 
zu Dank, da er neue, jeinen Namen führende 
und mit allen Bequemlichkeiten ausgeftattete Ther: 
men (j. Thermai, 3. und Roma, 13.) baute. 
Dio Cass. 66, 25. Wuch vollendete er das von 
feinem Bater begonnene Amphitheater und veran— 
ftaltete bei der Einweihung desjelben glänzende 
und zahlreiche Spiele. Suet. Tit. 7. Sein Grund- 
jag war, feinen Bittſteller unbefriedigt von ſich 
zu laffen, und als er einft an einem Tage nie= 
mandem etwas Gutes hatte erzeigen können, ſprach 
er am Wbend Fi jeinen Freunden die befannten 
Worte: amiei, 
nannten ihn die danfbaren Römer amor ne de- 
liciae generis humani. Suet. Tit. 1. Am glän- 
zendften zeigte fich jeine freigebige Fürſorge nad 
den durch das Erdbeben des %. 79 angerichteten 


Berwüftungen Unteritaliens, wo er überall helfend 


und tröftend auftrat, bei einer Belt, die ſchon 
unter Beipafian wütete, und bei einem großen 
Brande, von dem Rom im J. 80 heimgefucht wurde. 
Tae. hist. 1, 2. Suet. Tit. 8. Vesp. 8. Dio Cass. 
66, 21 ff. Plin. ep. 6, 16.20. T., der ſchon bei 
feiner Tpronbefteigung ſchwer frant war, ftarb 
nad) nur zweijähriger Regierung, 13. Sept. 81, 
von den Römern tief betrauert. Dio Cass. 66, 26. 
Suet. Tit. 9 ff. Eutr,. 7, 22. Bon friegerifchen Er: 
eigniſſen fällt in feine Regierungszeit der erfolg: 
reiche Kampf des Agricola (f. d.) in Britannien. 
Bal. Beuld, Titus und feine Dynaftie (deutich von 
Döhler, 1875). — 8) Titus Flav. Domitianus, 
j. Domitianus. 


Vespillönes, die im Dienft der libitinarii (f. d.) 


ai zer Leichenträger. 
esta j. Hestia, 

Vestäles und Vestalia j. Hestia. 

Vestiarfus, 1) Garderobenaufieher, nämlich 
ein SHave; — 2) ein Kleiderhändler. Solche gab 
es En Rom eine Menge. 

estibülum j. Haus, 5, 

Vestilfus, Sertus, gemwejener PBrätor, von 
Tiberius ausgezeichnet, zog ſich nachmals den Un— 
willen des mißtrauijchen Kaijers zu und gab fi 
jelbjt den Tod. Suet. Tb. 46, Calig.19. Tac,ann. 6,9. 


Vetera oder Velera Castra. 


iem perdidi! Suet. Tit.8. Daher 


1283 


Vestini, I) Berjonenname: 1) 2. Bejt., aus 
Vienna in Gallien, ein freund des Kaijers Clau— 
bius, aus ritterlichem Geſchlechte. — 2) M. Belt. 
Atticus, Sohn des vorigen, 65 n. C. Konjul, 
anfangs Freund, fpäter Gegner Neros, den er 
durch Spott und Hohn reizte. Daher geriet er 
in Verdacht bei ihm, an der Verſchwörung bes 
Piſo fich beteiligt zu haben; jedoch konnte ihm 
feine Mitjchuld nachgewiejen werden. Erzürnt über 
Veftinus’ Vermählung mit Statilia Mefjalina, lieh 
Nero denjelben in jeiner Wohnung überfallen und 
umbringen, um jelbft Meflalina -zu heiraten. Zac. 
ann. 15, 48. 52. 68. — Ein anderer Sohn von 
Nr. 1) war höchſt wahricheinlich 3) 2. Beftinus, 
dem Beipafian den Wiederaufbau des abgebrannten 
Eapitols übertrug. Tac. hist. 4, 58. — Il) Bolfs- 
name: jabellifche Börterichaft” im öftlichen Teile 
| Mittelitaliend, zwiſchen Picenum, den Sabinern, 
' Bälignern und Mearrucinern, im Dften an das 
 Adriatifche Meer grenzend. Sie werden ftets in 
‚Verbindung mit den Marjern, Marrueinern, Pä— 
lignern genannt, mit denen fie eine Berbindimg und 
ı mit ben beiden legtern in Aternum einen gemein- 
famen Hafen hatten; ‚jpäter aber machten fie mit 
den Samnitern gemeinfame Sache gegen Rom 
'(Lav, 8, 29), wurden jedoch 323 dv. E. befiegt und 
blieben, jeit 301 Berbündete der Römer, ihnen 
treu bis zum Bundesgenofjenkriege, durch den jie 
für immer von den Römern unterworfen wurden. 
Ihr Hauptort war Pinna (j. Cita di Penne). 
Strab. 5, 219. 228. 241. Liv. 8, 29. 10, 3, 

Vestis j. Kleidung. 

Vestorius, Gaius, ein Wechsler zu Puteoli, 
aber zugleich ein gebildeter Mann, mit dem ſowohl 
Atticus als auch Eicero in frenndichaftlichen Ber: 
hältnifien ftanden, wie aus vielen Briefen Eiceros 
(ad Att. 14, 17,1. 6, 2, 3. 10, 5,2. ad fam. 6, 11) 
erhellt. 

estricius Spurinna, ein als Staatsmann 
und nod; mehr als Dichter ausgezeichneter Mann 
der erften römijchen Kaiferzeit, uns befonders aus 
einem Briefe des jüngeren Blinius (3, 1) befannt, 
‘der jeine ftreng geordnete Thätigfeit rühmt, diente 
unter Otho vielleicht als Feldherr (Tac. hist 2, 11) 
in Oberitalien, befehligte in Placentia (daj. 2, 18, 
vgl. 23) und zog jpäter (daſ. 2, 36) mit einem Heere 
zur Rettung des Macer herbei. Mehrmals beflei- 
dete er das Konjulat. Unter Trajan diente er in 
Germanien, wo er den Bructerern einen- König 
* Plin, ep. 2, 7. Er ſtarb in ſehr hohem Alter. 

on jeinen Gedichten hat ſich nichts erhalten. 

Yestrius, Publius, römijcher Ritter, lämpfte 
in Afrifa auf der Seite der Pompejaner, wurde 
von Cäſar gefangen genommen, aber begnadigt. 
Caes. b. Afr. 64. 

Vesülus mons, hohe Alpenſpitze, an welcher 
der Padus entiprang, nach Vergil (A. 10, 708) 
reich an Fichten; j. Sronte Viſo. 

Vesurius oder Vesövus, Vesvius, Obssoovısg, 
B£oßrog, vullaniſcher Berg Eampaniens, nahe der 
Küfte fjüdöftlich von Neapolid. Erſt durch den 
' furchtbaren Ausbrud im %. 79 n. E., durch den 
Bompeji, Herculaneum und andere Städte ver: 
ſchüttet wurben, lernte man den Veſuv als wirf: 
lihen Bulfan fennen. Seitdem haben — 
| Ausbrüche ftattgefunden. Strab. 5, 247. Verg. (i 
2, 224. Liv. 8, 8, Suet. Tit. 8. 

Vetöra oder Vetera Castra, verſchanztes Yager 


sı* 














1284 Veterani — Via, Viae. 
im belgiichen Gallien am Rhein, in einer flachen, | Gebrauch der Zuba entnommen haben. Später 
den Überſchwemmungen des Fiuſſes ausgeſeßten verſchwindet V. aus der Gejchichte. Ruinen bei 


Gegend, im 3. 70 n. E. von den empörten Ger: |j. Magliano. In der Nähe waren heife Quellen, 
manen verbrannt. Tac. hist. 4, 60. Es jcheint zu | die aquae Vetuloniae. 
fuchen zu fein bei: Birten in der Nähe der Stadt | VeturYi, 1) B. Bet. Geminus Eicurinus, 
Xanten, wo man auch Spuren der von Germani: | einer ber erften römischen Quäftoren 509 v. E., 
eus bei Betera geichlagenen Rheinbrüde gefunden | wurde 499 Konjul und bejiegte Fidenä. Dion. 
zu haben glaubt. Tac. ann. 1, 45. 50. 58. 4, 22. Hal. 5, 58. Liv. 2, 19. — 2) Sein Bruber, 7. 
hist. 4, 18. 21. 69. 5, 14. 19 u. 8. ‚Bet. Gem. Eicur., befiegte 494 v. €. die Aauer. 
Veteräni j. Dilectus militum, 5. Liv. 2, 28 ff. — 3) T. Vet. Gem. Eic., jchlug 
Vetilfus, Gaius, befehligte 149 v. E. ein 462 v. E. als Konful die Äquer. Liv. 3,85. 
römijches Heer in Aufitanien gegen Biriathus, — 4 E. Bet. Cicur., kämpfte gleichfalls als 
wurde von demjelben bejiegt und von einem Sol: | Konjul mit den Aquern 455 v. E. und erlangte 
daten, ber ihn gefangen nahm, getötet. Ziv. ep. 52. 458 das Augurgt, obwohl er im vorhergehenden 
App. Hisp. 61 ff. Jahre wegen Zurüdhaltung der dem Feinde ab- 
Veto ſ. Intercessio und Tribuni plebis. | genommenen Beute mit einer Geldſtrafe belegt 
Vettli oder Veetii, 1) T. Bett, römifcher | worden war. Ziv. 3, 31 f. — 5) Beturia, Mutter 
Ritter, veranlaßte 104 dv. E. in Campanien einen |de3 Corolianus, j. Mareii, 4. — 6) j. Cal- 
Sflavenaufftand. Died. Sie. 36, 2.— 2) P. Bett. |vini, 1. — 7) 2. Vet. Bhilo, Legat 207 0. €, 
Scato (oder Cato), Feldherr der Marjer im Bundes- zeichnete fi in der Schlaht am Metaurus aus, 
genoffenkriege, eroberte die ſamnitiſche Stadt Üfer: | befehligte als Konjul des J. 206 gegen Han: 
ia, ſchlug ein römijches Heer, erlitt jedoch durch nibal, unterwarf Lucanien und diente unter Scipio 
Marius ſchon am nächſten Tage eine Niederlage | in der Schlacht bei Zama, von der er bie Sieges- 
(90 v. C.). Als jpäter die Bundesgenoſſen fich | botichaft nach Rom brachte. Liv. 28, 9 ff. 30, 38 ff. 


nad und nach unterwarfen, fträubte fich Vettius, 
twie es fcheint, dagegen und entging ber Auslie: 
ferung an die Römer durch jeine Soldaten nur 
dadurch, daß er fich von einem Diener töten ließ. 
den. de ben. 3, 23. — 3) 2. Bett, Mitverjchwo- 
rener Gatilinas, verriet jpäter die Verſchworenen 
und ihre Pläne. Dio Cass. 37, 41. Bei der De: 
nunziation Cäſars erregte er den Unwillen ‘des 
Volles und wurde ins Gefängnis geworfen (62). 
Cäjar gebrauchte den Vettius jpäter, um Pompe— 
jus und die Wriftofraten miteinander zu berun- 
einigen, indem er ihn zu der erbichteten Anzeige 
beſtimmte, daß der ältere Eurio, deſſen Sohn und 
andere gegen des Pompejus Leben ſich verichworen 
hätten. Orc. ad Att.2, 24. Sest. 68,13%. Vat. 105. 
Diod, Sic. 38, 9. App. b. ce. 2, 12. Mut. Luc. 42. 
Aber die Art und Weile, wie Vettius die ganze 
Angabe machte, erregte den Verdacht der Ummahr: 
heit, und als wenige Tage ſpäter die Leiche des 
Bett. aus dem Gefängnis geworfen wurde, glaubte 
man allgemein, daß der angebliche Selbſtmörder 
dur Batinius auf Cäſars VBeranlaffung aus dem 
Wege geräumt worden ſei, der von Bett. für den 
Angeber der ganzen Lüge ausgegeben zu werden 
fürchten mußte. — 4) Bett. Balens, berühmter 
Arzt unter Claudius, ftarb eines gewaltfamen Todes. 
Taec. ann. 11, 31. 35. — 5) Bett. Bolanu$, 
ein —— Mann unter Nero, leiſtete unter 
Domitins Eorbulo Kriegsdienfte in Armenien, er: 
hielt von Vitellius die Statthalterichaft von Bri— 
tannien und verwaltete Afien unter Veſpaſian. 
Tae. ann. 15, 3. hist. 2, 65. Agr. 8. Stat. silv. 
5,67. _ 

Vettones, Obfrrwveg und Obtrroveg, bedeuten: 
des Volk Lufitaniend zwiſchen Tagus und Durius, 
mit den Städten Salmantica (j. Salamanca), 
Gapera (j. Caparra), Caura oder Caurium (j. Coria) 
Ir Caes.b.c.1, 38. Strab. 3,139. App. Iber. 
139 ff. 

Vetulonia, -jum, Odsrovidvıor, eine der 12 
etruffifchen Bundesftädte, ſüdlich von Volaterrä, 
zwifchen Sena und Populonia. Bon dort follen 
die Römer die Infigirien der Magiftrate: fasces, 
sella eurulis, toga praetexta, lictores, ſowie den 


Vexillarii und Vexillum j. Dilectus mi- 
litum, 5. 

Via, Vise, ödo“ Der griechiſche Straßen: 
| bau, über den nur wenig Sicheres befannt ift, hat 
ſich an die Beſchickung der Nationalfefte, die zu: 
| gleich Hauptmeflen waren, angelnüpft. Es wur: 
‚den Baprgeleile für die Wagenräder überall mit 
derjelben Spurbreite von 5 Fuß 4 Zoll in Felſen 
ausgehöhlt. Die einzelnen Staaten mußten na- 
‚türlih, jeder in jeinem Gebiet, die Wege und 
Brüden in ordentlihem Stande erhalten; und die 
Heiligkeit des Tempels ging auf die Wege über. 

I. €. Eurtins, zur Geichichte des Wegebaues 
bei den Griechen (1855). — Die eigentlihen Kunit: 
fraben, zugleich viae militares, wurden von beu 

Ömern vorzugsweiſe gebaut. Die erfte, via 
Appia, von Rom nad Gapua, von dem Cenjor 
Appius Claudius Cäcus 312 v. E. erbaut und 
jpäter bis Brundufium verlängert, war die regina 
viarum (Stat. silv. 2, 12), bis in die Zeiten Juſti— 
nians volllommen erhalten; fie war aus vier: 
edigen Duaderfteinen ohne alle Lüden zuſammen— 
gefügt, auch jo breit, daß 2 Lajtwagen einander 

equem ausweichen konnten. — In Berbindung 
mit derjelben ftand die vom Kaijer Domitian an- 
gelegte via Domitiana, von Sinnefja bis nad 
Buteoli. — Via Flaminia, eine der älteften, 
‚220 v. E. vom Genjor C. Flaminius angelegt, 
von Rom durch Etrurien nah Ariminum, wo 2 
Fortſetzungen fi an fie reiheten, die via Aemi- 
‚lıa, vom Konful M. Amilius Lepidus 187 v. E. 
angelegt, von Ariminum nach Aauileja führend, 
und eine gleichnamige, die über Pilä und Yuna 
nach Ligurien führte und von M. Amilius Scaurus 
109 dv. E. angelegt war. — Eine Seitenjtraße der 
via Appia war die via Campana bon der porta 
Caelimontana nad; Cantpanien, mit der via Al- 
bana und Tusculana m Berbindung jtehend. 
Zwiſchen der via Flaminia und der via Aure- 
lia, vom Genjor 2. Nurelin® Cotta 341 v. E. 
angelegt, führte die via Cassia nad dem mitt: 
leren Etrurien. — Eine der jhönften und längſten 
war die vin Valeria, die von Rom durch das 
Gebiet der Sabiner, Aquer und Marjer bis an 





Viadus — Vibii. 1285 


das Gebiet der Päligner fich erftredte, Fortſetzung jeinem perjönlichen Gönner, an, wurde Senator 
der via Tiburtina, die in jüdöftlicher Richtung | 59 v. E., diente unter Cäfar, ohne etwas zu leiften 
nad Tibur führte. Die via Latina führte vom | (Cie. ad fam. 16, 27, 1), in Gallien, war 51 Bolls- 
Capeniſchen Thore durch dasLiris: Thal bis Teanum | tribun (Cic, ad fam. 8, 8, 6 ff.) und verwaltete 
und mündete zulegt in bie via Appia. Die via 47 — 46 Bithynien, nachdem er, wie es jcheint, 
Ostiensis ging auf der Weftjeite des Tiber bis | an dem Kampfe gegen Bharnafes, teilgenommen 
zur Mündung desjelben unterhalb Dftia. Die via | hatte. Ende des J. 46 befand er fich wieder in 
ostumia führte von Eremona nad) Mantua; | Rom (Cie. Lig. 1, 1), wo er fich für mehrere 
auf der via Salaria nad Neate führten die Sa- | Männer, die des Pompejus Bartei genommen 
biner ihr Salz aus Rom von der porta Collina | hatten, bei Cäſar nicht ohne Erfolg verwendete. 
aus; über die via Egnatia j. Egnatia. — | Cie. ad fam. 15, 17, 3. Im %. 45 jandte ihn 
Über die Strafen Roms, welche die Eenforen Cäſar als Statthalter in das cisalpiniiche Gallien, 
Albius und Flaccus (174 v. €.) zuerft pflaftern | in dem er fich viel Liebe erwarb. Die Ermordung 
ließen, und namentlich über die sacra via j. Cäſars, der ihn für das J. 43 mit Hirtius zum 
Roma, 22. — So waren zu Cäjars Zeit Italiens Konjulate beftimmt hatte (Cie. ad Att. 14, 6, 2), 
Hauptftädte durch Kunftftraßen verbunden; die | veranlaßte 44 jeine beichleunigte Rückkehr nach 
Kaifer dehnten dieſelben befonders auf die Pro: Rom. Im Bunde mit Cicero, der indes nicht frei 
binzen aus, was fich jelbit auf die größeren Anfeln | von Mißtrauen war (baj. 14, 12, 2), traten Panſa 
erftredte, wo dadurch eine Berbindung mit den | und Hirtius gegen Antonius auf, und Panſa geriet 
Hafenplägen erzielt ward. Alle zeichneten fich Durch | in der Nähe von Bononia mit Antonius in einen 
geſchickte Anlage, Dauerhaftigkeit und Zwedmähig: | Rampf, aus dem er bejtegt und jchwer verwundet 
feit aus; e8 haben fidh von vielen jehr bedeu- nad Bononia gebracht wurde. Er erlag jeinen 
tende liberrefte qut erhalten. Die an ihnen er: | Wunden nach der Schlacht bei Mutina (gejchlagen 
richteten Meilenzeiger (milliaria) ſtammten zuerft | zwijchen 25. und 27. April 43), in der Hirtius 
von C. Graechus her. Neben den Strafen wurden | zwar über Antonius fiegte, aber fiel. Cic. ad.fam. 
auch Grabmale angelegt (ſ, Sepulerum). 11, 13. Vell. Pat. 2, 61. Dio Cass. 46, 89. App. 

Viadus (Viadrus), Oöd«dog, ein weſtlich von b. c. 3, 69. 71. Tbf. — 4) Bib Gallus, rd; 
der Viftula in das Germaniiche Meer fich er: | mijcher Rhetor zur Zeit des Auguftus, ahmte wahn— 
niehender Fluß Germaniens, jebesfalls die heutige | finnige Menjchen jo treffend nad), daß ver darüber 
Dder. ſelbſt den Berftand verlor. Sem/ controw. 9. — 

Viatiecum, Zehrgeld, NReifevorrat, 1) abreijen: | 5) Bib. Boftumus, zeichnete ſich in Dalmatien 
ben Freunden mit auf den Weg gegeben, bejon: | gegen bie dortigen, Empörer. aus und trug zur 
ders an Lebensmitteln. Cic. Cat. m. 18, 66. Lir. | Unterwerfung berjelben (9m. €.) bei. Vell. Pat. 
44, 22. — 2) die den Statthaltern bei ihrer Ab: | 2, 116. — 6) E. Bib. Marius, Legat des Ger: 
reije in die Provinz gezahlten Diäten und Fuhr- manicus im Orient, 18 n. C., von wo er die Agrip— 
gelder. — 3) ber Verdienſt und die Erjparnifie | pina nad) Jtalien geleitete. Zac. ann.2, 79. Später 
der Soldaten. Suet. Caes. 68: verwaltete er Afrila. Vor des Tiberins Tode ge: 

Viätor, ber Staatöbote, der Öffentliche Bots | riet er durch eine gegen ihn erhobene Anklage in 
ichaften und Ladungen der auf ihren Villen ver: | Gefahr (daj. 6, 475.)5 unter Elaubius war er‘ 
weilenden Senatoren (Cic. Cat. m. 16) in der | Statihalter in Syrien: — 7) Bib, Serenus, 
Nähe Roms beforgte. Auch betwirkten die Biatoren | wurde von feinem Sohne des Hocverrats gegen 
Borladungen und nahmen Verhaftungen vor. Die | Tiberius befchuldigt, vom Kaijer indes begnabdigt. 
Konfuln und Prätoren hatten ein aus 3 Decurien | Tac. ann. 4, 30. — 8) D. Bib. Erijpus aus 
beftehendes Viatorentolleginm zu ihrer Verfügung; | Vercelli, ein reicher und hervorragender Mann, 
auch die Volkstribunen, plebejiichen Ädilen und | zeichnete fich als Redner und Angeber aus, wurde 
quaestores urbani hatten dieje Diener. Die Via: | 80 Yahre alt (Sur. 4, 92) und jcheint unter Do: 
toren der Ulviri capitales und  IVviri viarum | mitian um 90 n. €. geftorben zu fein. Tac. hist. 
curandarum waren die tiedrigften. Im ganzen | 2, 10. Quint. 10, 1, 119.— 9) Bib. Secundug, 
ftanden die Viatoren etwas höher als die co: | Bruder des Bat wurde auf deilen Fürſprache, 
nes, waren aber ebenfalls meiftens FFreigelafiene | ald er von den Mauritaniern wegen Erprejfungen 
oder geringe Bürger. angeflagt war, nur mit Verbannung beftraft. Zac. 

Viblönus, Gaius, fand, als Eicero den Ge: | ann. 14, 28. hist. 2, 10. — 10). Bib. Trebo: 
waltthätigleiten des Clodius ansgejegt war, durh \nianus Gallus und 11) jein Sohn, E: Vib. 
denjelben Tribimen feinen Tod. Cie. Mil. 14,37. | Afinins Gallus Veldumnianus VBolujia: 

Vibii, ein altes jabelliiches Geſchlecht. Dahin nus, der erfte gewöhnlich Gallus, der letzte Bo: 
gehören: 1) Vib. VBirrius, ein Campaner, be: | Iufianus genannt, regierten als Raifer von 251 — 
redete jeine Zandsleute, auf Hannibals Seite zu | 253 n. ® und ftammten aus Peruſia. Gallus 
treten, und vergiftete fich jelbft, als Capua ſich | befehligte im Gotenkriege unter Decius die Donau: 
den Römern ergeben mußte. Jav. 23, 6. 26, 13. |armee als Statthalter von Möſien und jcheint 
— 2) Vib. Accaus, Befehlshaber einer Abtei: | dur Verrat den Tod dieſes Kaiſers veranlaft zu 
lung Päligner, mit der er zuerft das kartha- haben. ©. Deecii, 6. Nachdem er vom Heere 
giſche Lager bei Benevent e te, 212 dv. E. | zum Nachfolger des Decius gewählt worden war, 
Liv. 25, 14. — 3) €. Bib. Banja, Sohn eines "lo er einen jchimpflichen Frieden mit den Goten 
— Marianers (Dio Cass. 45, 17), ſcheint ab und bewilligte ihnen ſogar wieder Jahrgelder. 
Inhänger des Lepidus geweſen und nach Erlaß Zonar. 12, 21. Zos. 1, 24. Seine Regierung, an 
der lex Plautia (f. d.) aus der Verbannung nad) | der (jeit Ende des J. 251) fein Sohn als Auguſtus 
Rom zurüdgefehrt zu fein. Er jchloß fich Eäfar, | teilnahm (Zos. 1, 24. Aur. Viet. ep. 30) war eine 
dem eigentlichen Urheber der genannten lex und | unglüdliche, da Peſt, Hungersnot und Krieg die 





— — — — — — ————— ——— — — 


1286 


Provinzen heimjuchten. Hierzu fam, daß Amilia- 
nus, der Statthalter von Möfien, der die Goten 
befiegt hatte, im Dften fich erhob und anerkannt 
wurde. Im Kampfe gegen biejen fanden beide 
Kaijer ihren Tod, Ende 263. Zonar. 12, 21. Zos. 
1,28. Aur. Vict. Caes. 31. ep. 31. Eutr. 9,5. — 
12) Bib. Sequefter, im 4. oder 5. Jahrh. ıı. E., 
Verfaſſer einer Schrift de fluminibus, fontibus, 
lacubos, nemoribus, paludibus, montibus, gen- 
tibus per litteras, welche indes jehr inhaltsarm 
und dürr ift, viele Fehler enthält und einen rohen 
Stil verrät. Ausgg. von Heflel (1711), Oberlin 
(1778), Burfian (1867) und Rieſe, Geogr. Lat. 
min. p. 145 ff. 

Yibo, Odıßor, gräcifiert Inmmvıov, bedeutende 
Hafenftabt an der Weftküfte von Bruttii, an ber 
Sübjeite des nad ihr auch Sinus Hipponiates 
oder Viboniensis benannten Terinätichen Meerb. 
(i. Golf von ©. Eufemia). Die Stadt, urſprüng— 
lih eine Kolonie der epizephyriichen Lokrer, wurde 
vom älteren Dionyfios zerftört, 379 v. E., von den 
Karthagern aber wicderhergeiteilt. Später geriet 
fie in die. Gewalt der Bruttier, dann in die Hände 
der Römer, die 192 v. C. eine Kolonie anlegten 
und diejer den Beinamen Balentia (Obeierrie) 
gaben. Unter Auguft befanden fich dort bedeutende 
Werfte für die Flotte. Jetzt Bivona. Oues. b. c. 
3, 101. Cie. ad Ait. 3, 3. 16, 6, Planc. 40. Verr. 
5, 16. Strab. 6, 256. 

Vibulöuus Agrippa, wurde 36 n. G. unter 
Tiberius angeflagt, nahm Gift in der Curie, wurde 
aber noch lebend ‚ins Gefängnis geichleppt und 
dort erwürgt. Tue. ann. 6, 40. 

Vibullius, L. Bib. Rufus, von Bompejus zu 
Verhandlungen mit Eäfar, wie es jcheint, 54 v. £. 
benußt (Cic. ad Qu. fr. 3, 1, 5. 18), jammelte im 
%. 49 Truppen für feinen Freund Bompejus in 
Mittelitalien, og mil ihnen nad). Eorfinium und 
"wurde hier von Cäjar gefangen genommen, jedoch 
in Freiheit gejeßt. Caes. b. e. 1, 15. 23. Üic. ad 
Att. 8. 11A. In Spanien wurde er abermals 
gefangen genommen und von Cäſar mit Aufträgen 
zu Bompejus gejandt. Caes. b. c. 1,34. 38. 8, 10f, 

Viea Pota j. Vietoria unter Nike. 

Viearius hieß der Sflave eines höher u 
den Sklaven. Hor. und Cic. mehrmals. — Geit 
Eonftantin war vicarius ber Titel eines Didcejan: 
ftatthalterd mit der Rangklaſſe der spectabiles, 
Das Reich zerfiel nämlich in 4 Präfekturen, jede 
Präfektur in Didcejen, jede Diöcefe in Provinzen, 
deren Statthalter rectores genannt und zu den 
clarissimi gerechnet twurden. 

Vicentia, Odınerria, richtiger Vicetia, Stadt 
der Landichaft Venetia zwiſchen Verona und Pas 
tavium; j. Bicenza. Cic. ad fam. 11,19. Tac hist. 
3, 8. Strab. 5, 214. 

Vieesima manumissiönum und hereditätum 
j. Staatshaushalt, II. und Vectigalia. 

Vietimarius, Victumarius, Vietimator, (ego- 
vönog, 1) der Priefter, wenn er das Opfertier 
(victima) jchlachtet; — 2) gewöhnlich der Opfer: 
diener. Sie bildeten ein Kollegium. — 3) Victi- 
marius negotiator h. der Händler, der die zum 
Opferdienfte nötigen Tiere lieferte. Plin. 7, 12, 10, 

Vietor, I) Beiname 1) des Jupiter. Liv. 
10, 29. Ov. fast. 4, 621. — 2) des Hercules, der 
als jolher 2 Tempel zu Rom hatte, einen älteren 
auf dem forum boarium und einen jpäteren an 


Vibo — Victor. 


der porta trigemina. Verg. A. 8, 203. 363. — 
3) des Mars. Er hatte einen Tempel auf dem 
Eapitol und einen andern auf dem Forum des 
Auguftus. — Vietrix ift Beiname 1) der Venus, 
der Pompejus 55 dv. E. auf den oberften Stufen 
feines fteinernen Theaterd einen Tempel baute. 
Einen andern Tempel weihte ihr Julius Cäſar, 
der ihr Bild als Siegelring trug; auch feierte er 
ihr 46 v. €. die vor der Schlacht bei Pharjalos 
' gelobten Spiele, die im J. 44 von Dctavian wie— 
derholt wurden; — 2) der Minerva; — 3) einiger 
Städte und Legionen, 3- B. der jechften, vierzehn: 
ten und zwanzigſten Legion. — Il) Berjonen: 
name: 1) €. — „Rhetor im 4. Jahrh. 
n. C., von dem in neuerer Zeit durch A. Mai 
ein Heines Werl, ars rhetorica Hermagorae, 
Cieeronis etc. betitelt, entdeckt worden ift, zuleht 
berausg. von Halm, Khet. lat. min. p. 371 fi. 
Die Schrift folgt dem Duintilian jo oft und jo 
wörtlich, daß fie für die Kritik des letzteren wichtig 
it. — 2) ©. Aurelius Bictor, ein römiſchet 
Hiftorifer, lebte unter den Kaijern Eonftantius und 
Julian, alſo in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh. 
n. C. Uber jeine Heimat wiflen wir nichts; wahr: 
ſcheinlich ſtammte er aus Afrika. Das einzige 
Beugnis (Caes. 20) gibt nur an, daß er auf dem 
Lande von einem unbemittelten und ungebildeten 
Bater geboren jei. Zu Ehren gelangte er durd 
Julian, der ihn zum Statthalter von PBannonien 
‚ernannte und durch eine cherne Statue chrte, und 
‚durch Theobofins, der ihn zum Stadtpräfelten und 
| iudex sacrarum cognitionum machte ( Amm. Mare. 
21,10, 6 und dazu Lindenbrog). Derjelbe Schrift: 
ſteller nennt ihn virum sobrietatis gratia aemu- 
andum, — Die 4 unter feinem Ramen vorhandenen 
Schriften lönnen wegen der großen Berichieden: 
heit der Behandlung und PDarftellung unmöglich 
von Einem Rerfafler herrühren. Das Wertchen 
de origine gentis Romanae (nenefte Ausg. von 
Sepp, 2. Aufl. 1885) zunächit, dad eine Menge 
Erdichtungen von alten Schriften und Eitaten ent: 
hält, ift von Niebuhr, Orelli, W. U. Beder ı. a. 
dem 15. Jahrh. zugewiejen worden; boch veran- 
laffen innere Gründe und die Thatiache, daß es 
ältere Handichriften gibt, 3. Mähly, H. Jordan, 
W. ©. Teuffel und Arn. Schäfer, es dem 5. bie 
6. Jahrh., aljo der Zeit des Fulgentius, zuzuicrei: 
ben. Wenigitens dem Altertume augehörig ift die 
Schrift de vita et moribus imperatorum Roma- 
norum excerpta ex libris 8. Aurelii Vietoris 
(auch Vietorini; a Caesare Augusto usque ad 
Theodosium imperatorem, die jchom durch den 
Titel fih als einen Auszug zu erkennen gibt, 
befien Berfafjer aber ganz ohne Urteil den wahren 
Bictor, wenn anders an dieſen zu denten ift, ver 
ftümmelt hat. So bleiben denn die, aus guten 
Duellen geichöpfte, Sammlung de Caesaribus, ge: 
jchrieben im J. 360, aber nur im Auszuge er: 
halten, welche jonft wegen der Sprache und wegen 
des eu zu den viel gelejenen Schulbücern 
gehört hat, eine verftändige Auswahl der Kaiier: 

eſchichte in einfachen, gedrängtem Stil, und das 
Buch de viris illustribus urbis Romae, das man, 
durch den Titel verführt, bald dem Cornelius 
Nepos, bald dem Suetonius, bald dem Plinius 
(jo wenigftens Handichriften), bald dem Hyginus 
| zugeichrieben hat, und welches wertvolle Angaben 
enthält, ſowie durch nappe Darftellung ſich empfiehlt. 














Victoria — 


Benupt jcheinen bejonders Nepos und Hyginus. | 
— Ausgg. der 4 Schriften von Schott (1579), 
Pitifcus (1696), Arntzen (1733), Gruner van 
und Schröter (1829 ff.); Ausgg. der vir. ill. von 
Keil (2. Aufl. 1872) und Brohm (3. Aufl. 1860), 

Vietorfa, 1) f. Nike — 2) f. Victori- 
nus, 1. 

Vietorlätus j. Münzen ©. 79. 

Vietorinus, 1) maßte fih die Herrichaft in 
Gallien an und fand auch anderwärts Anerken— 
nung, wurde aber jehr bald darauf wegen eines 
Verbrechens, das er an der Gattin eines Dffi- 
zierd verübte, in Köln getötet, 268 n. C. Treb. 
Poll, trig. tyr. 6. Aur. Viet. Caes. 33. Eutr. 
9,9, 3. Oros. 7, 22. Sein Sohn fand mit ihm 
den Tod. Für PVictorinus hatte deſſen Mutter, 
Victoria, geherricht, eine Frau von männlichen 
Geiſte und großer Klugheit, die auch beim Heere 
bedeutenden Einfluß gehabt zu haben jcheint. Treb. 
Poll. trig. tyr. 6. 31. Sie veranlaßte nach dem 
Tode ihres Sohnes und Entels die Wahl des 
Statthalterd von Aquitanien, Tetricus (j. d.) — 
2) €. Marius Bict., ſ. Marii, 11. 

Vietorfus, Duintus, römijcher Centurio, 
zeichnete fich 194 v. E. im Kriege mit den Bojern 
aus, indem er eine Fahne unter die Feinde jchleu: 
derte und die Römer dadurch zum Kampfe an: 
feuerte. Liv. 34, 46. 

Vietrix ſ. Victor, 1. 

Vieus, urjprünglid die Unterabteilung einer 
ſtädtiſchen Tribus, aljo ein aus einigen Straßen 
bejtehendes ſtädtiſches Quartier, deſſen Bewohner 
dur das Feſt der Eompitalien und durch ge: 
meinfamen Yarendienft verbunden waren. Als 
Auguftus die Stadt Rom in 14 Regionen teilte, 
wies er jeder Region eine beftimmte Anzahl vici 
zu und erneuerte dadurch diejes veraltete Jnftitut. 
Zugleich wurden die alten magistri vicorum 
wiederhergeftellt, die eine jafrale und abminiftra: 
tive Birffanfeit hatten. Sehr oft hieß vıicus 
Straße ſchlechtweg, und außerhalb der Stadt ent: 
fpricht das Wort unjerem Dorf und Marftfleden. 
Die vici hatten eine Art Kommunalverfafjung (mit 
Bürgermeiftern, magistri, Zufammentünften der 
vicani u. |. w.), gehörten aber in der Hegel zu 
einer größeren Gemeinde (aus mehreren vici zu: 
jammengejegt) oder zu einem Stadtgebiet. Sehr 
viele vici lagen auch in den Provinzen, die zur 
—— Bezeichnung einen Namen hinzufgten 
. vicus Aquensis (j. Baden-Baden), vicus 

ulius im Gebiete der Nemetes (j. Germersheim) | 

u.d. a. Die meiften bderjelben fommen nur in 
Itinerarien und Juſchriften vor, gewöhnlich mit 
einem Beijaß, 5. B. vicus Matrini (j. Bico in 
Etrurien). 

Vienna, Hauptftadt der Allobroger im nar: 
bonenfiichen Gallien, in weinreicher Gegend am 
linten Ufer des Rhodanus, jpäter auch römijche 
Kolonie und ausgezeichnet durch die Bildung ihrer 
Einwohner. J. Vienne mit Altertümern. Caes. 
b. 9. 7, 9. 10. Tac. ann. 2, 24. Strab. 4, 185. 

Vierhundert, —— Rat in Athen. Viel⸗ 








leicht ſchon feit der Zeit Kimons begann die Ber: | 
einigung von politiih Unzufriedenen in Klubs 
(Eramgiaı), um auf die Umgeftaltung der Ber: 
fafjung zu wirken. Der Hermofopidenprozeh, jowie 
Ariftophanes’ Komödien geben Belege für den Tei- 


' gegen biejelben. 
der ſiciliſchen Erpedition führte die Not zu einer 


darum. 


1287 


denjchaftlihen Argwohn der herrichenden Partei 
ad dem unglüdlichen Ausgang 


Vigintiviri. 


oligarchiſchen Einrichtung in der Einfeßung der 
Probulen (ſ. [Igoßoväoe); damit traten die Be: 
mühungen, die Demokratie zu ftürzen, entichiedener 
hervor. Wltibiades, aus Sparta zu Tiffapher: 
nes entflohen, nüpfte Verbindungen mit der Flotte 
bei Samos an und verjpracdh Unterftüßung von 
den Berjern, wenn in Athen, wo fein erbittertiter 
Feind Androfles an der Spige ftand, eine Dligarchie 
eingeführt würde. Dligarhiichen Sinnes waren 
unter den Anführern der Flotte Phrynichos und 
Beifandros (ſ. d.), beide in mancherlei Hinficht 
übel berufen. Jenen beftimmte der Haß gegen 
Altibiaded, die Anträge abzulehnen, Beifandros 
aber ging, um Borjchläge zu maden, nach Athen. 
Er bewirkte die Vereinigung aller Hetairien zu 
emeinfamem Wirken und wurde zu Unterhand- 
ungen mit Alfibiades und Tiffaphernes bevoll- 
mächtig. Dieje blieben zwar ohne Erfolg, da: 
gegen Tebte er bei feiner zweiten Reife nach Athen, 
um April 411 v. E., nachdem er jchon in mehreren 
Injelftaaten die Oligarchie eingeführt, den Volls 
beſchluß durch, daß mehrere demokratiſche Inſtitute 
aufgehoben (yea«pr) rapavöumr), der Sold ab: 
aeihafft, “und ftatt des alten Rats von 500 ein 
neuer aus 400 Mitgliedern, die unter der Leitung 
von Proödroi fich ſelbſt wählten, eingejeßt wurde, 
welcher unbeſchränkte Gewalt üben und die auf 
5000 bejchränfte Bolfsverjammlung nur zujam: 
menrufen jolkte, wenn es ihm beliebte. Dieje Re: 
gierung fing Unterhandlungen mit Sparta an, doc) 
die Erwartungen, unter denen das Bolt die Ber: 
änderungen fi hatte gefallen lafjen: ein günftiger 
Friede oder dark von den Perjern, gingen nicht 
in Erfüllung. Bald zerfielen die Oligarchen auch 
unter fich; einige der Häupter, Phrynichos, Bei: 
jandros, Antiphon, bereiteten offenen Verrat an 
Sparta, andere, Theramenes, Ariſtokrates u. a., 
neigten fih zur Ausſöhnung mit dem Bolle. 
Euboia fiel ab, die jetzigen Führer der Flotte bei 
Samos, Thrajybulos und Thrafyllos bejonders, 
erhoben fich für die Demokratie. Altibiades, dem 
ed mit der Oligarchie nie Ernft geweien, wurde 
berbeigerufen und an die Spiße geftellt. Bei jo 
drohenden Verhältniffen wurden die 400 vom 
Volke geftürzt, nachdem fie 4 Monate ſich gehal- 
ten; Phrynichos wurde ermordet, Antiphon hin: 
— andere flohen zu den Spartanern nach 
efeleia. Der alte Rat wurde wieder eingelebt; 
da aber der Ekkleſiaſtenſold abgeſchafft blieb, jo 
hielt ſich noch eine Zeit lang die Vollsverſamm— 
lung der 5000, auch noch einige andere der ge: 
machten Reformen blieben beftehen, wie lange, tt 
ungewih. Z’huc. 8, 67—97. 

Vigiliae j. Disciplina militaris, 7. 

Vigintiviri hießen jeit Auguftus die in ben 
Tributcomitien gewählten 20 niederen Magiftrate, 
nämlich IIlviri capitales, IIIviri monetales, Xvirı 
stlitibus iudicandis und IVviri viarum curan- 
früher hießen fie XXVlviri, ſolange 
noch Ilviri viis extra urbem purgandis und bier 
praefecti iuri dieundo für Campanien beftanden, 
welche 6 Auguftus abjchaffte. Diefen XXviri ent: 


' fprachen die VIIIviri der Municipien. — Auch gab 


es zuweilen XXviri zur 


mo. Ausführung 
öffentlicher Aufträge, 3. B. 


um Cäjars Adergejege 


1288 


ins Leben zu führen, um den Provinzialcenjus zu | 
halten (unter WMuguftus) u. |. m. | 

Villa, Landgut, Landhaus, doc keineswegs mur | 
ein Sommerhaus, vielmehr jo eingerichtet, daß es 
im Sommer fühl, im Winter warm war. Anfangs 
waren dieſe Landhäufer jehr einfach und ſchmuck— 
108; jpäter, jeit der Belanntichaft mit orientali: 
ſchem Luxus, wurden fie immer pracdhtvoller und 
bequemer. Die eigentlihe villa rustica biente 
landwirtichaftlichen Zweden: neben dem Eingange 
lag die Wohnung des Verwalters (vilicus), im 
—— Geſchoſſe wohnte der Rechnungsführer. 

ahe beim Verwalter wohnte das Geſinde und 
befanden ſich die Geräte für den Ackerbau; die ſehr 
geräumige Küche, die zugleich als Aufenthalts: 
und Speijezimmer des Gejindes diente, lag dem 
Hofe zu. Hühnerſtälle waren neben der Küche, 
Taubenjchläge (columbaria) in höheren Stod: 
werfen oder Türmen. Der Wirtjchaftshof (villa 
fructuaria) war von jämtlichen Gebäuden ein= | 
geichloffen; in der Mitte des Hofes war ein Wafler: | 
behälter für das Vieh. Räume zum Aufbewahren | 
von DI, Wein, Stroh, Heu waren unten, für! 
trodene Früchte im oberen Stodwerfe. Weiter 
weg lagen fir fich das Backhaus, die Mühle und 
die Dreichtenne. — Davon verjchieden waren die 
eigentlichen Luſthäuſer, wo neben der nett und 
bequem eingerichteten Wohnung Gärten oder Plan: 
zungen für Obft, Wein, Dliven, Blumen, Kräu— 
ter 2c. fich befanden. Für den Winter und den 
Sommer waren bejondere Zimmer darin; zu glei: 
chem Zwecke dienten die bededten Gänge (xysti), die 
im Sommer Schatten, im Winter Wärme gaben. 


Villa — 





Vindex. 


Liv. 40, 44. (ie. off. 2, 17, 59. Bgl. Magi- 
stratus. Später (171) gelangte er zur Prätur. 
Liv. 42, 28. 31. — 3) €. Vill., wurde als Teil: 
nehmer an den Plänen de3 Ti. Gracchus hinge— 
richtet. Plut. Tib. Gracch. 20. — 4) 2. Bill. 
Annali3, wurde 43 v. E. von den Triumpirn 
proffribiert und vom eigenen Sohne verraten. 
5) Diejer, Bill. Annalis, erhielt zwar zum Lohn 
für feinen Verrat de3 Vaters Bermögen und die 
Quäſtur, erlitt jeboch fpäter durch die Hand der 
Soldaten, die feinen Vater ermordet hatten, jelbft 
den Tod. Val. Max. 9, 11, 6. App. b. c. 4, 18. 

Viminälis j. Roma, 2. 

Vinalia, Weinfeft, j. Mezentius. 

Vincüla, die Feſſeln, im weiteren Sinne der 
Kerker (f. Carcer). Arten der vincula find ca- 
tenae, fetten, manicae, Handeiſen, compedes 
oder pedicae, Fußeifen, nervi, Bänder um den 
Hals oder Fuß. 

Vindelifei j. Vindelicia. 

Vindelieia. Otıwöeiında, die nordweſtlichſte 
der römijchen Donauprovinzen, wegen ihrer Klein- 
heit mit Rätia verbunden. Bon Germanien jchied 
V. der Danudius im N., gegen W. wohnten die 
Helvetier in Gallien, gegen ©. lag Rätien und 
Noricum, gegen D. Noricum (der Fluß Anus, 
j. Inn); es umfaßte alſo die nordöftliche Schweiz, 
Teile von Baden, Württemberg, Bayern und Tirol. 
Die Flüffe des fruchtbaren Landes entjprangen 
ſämtlich den Alpen und jtrömten der Donau zu: 

ilara (j. Aller), Guntia (j. Günz), Lions (ij. 
Lech) mit Birdo (j. Wertach), Jjara (j. Niar), 
Anus (j. Inn); der Lacus Brigantinus (i. 


Fifchteiche und Vogelhäufer durften natürlich nicht | Bodenfee) gehörte meift hieher. — Die Feltijchen 
fehlen, ebenjowenig Parkanlagen und Tiergärten | Bindelici, Stammverwandte der Rätier, wurden 
zum Behufe der Jagdbeluftigungen und Bienen: | 15 v. E. durch die beiden Etiefjöhne des Auguftus 


jtöde (apiaria); fchöne Umgebungen wurden mit | 
aller Kunſt bereitet, jomwie im Innern Bäder und 
Ballhäuſer (sphaeristeria), großartige Speijefäle, | 
Wohnzimmer mit herrlichen Ausfichten, Studier: | 
zimmer mit allen möglichen Bequemlichkeiten vor: 
handen waren. Zahlreiche Refte von Billen haben 
fich erhalten. — Vgl. Beder-Göll, Gallus IIl ©. 46 ff. 

Villfeus (vilicus), der Verwalter einer Billa, 
Hofmeier, gewöhnlich ein tüchtiger Slave oder | 
lıbertus. Oft Hatte er außer den ökonomiſchen 
Gefchäften auch die Rechnung zu führen, mas 
eigentlich Sache des actor war. m weiteren 
Sinne hieß villicns jeder Verwalter, 3. ®. bei 
Agnäduften, Steuereinnahmen u. j. m. 

Yillfi, plebejiihen Standes: 1) P. Bill. Tap: 
pulus, Konful 199 v. E. (Liv. 31, 49), über: 
nahm den Krieg gegen Makedonien, in das er 
von Epeiro8 aus (198) eindringen wollte; indes 
wurde er, nachdem er anfangs einen Sieg im 
Aoosthale erfochten hatte, vom Könige Philipp 
am weiteren Bordringen gehindert und bald dar: 
auf von feinem Nachfolger T. Quinctius Flami— 
ninus (Plut. Flam. 3. Liv. 32, 3. 6) im Ober: 
befch! abgelöft, war jedoch im folgenden Jahre als 
Konfularlegat beim. Heere und jodann einer der 
decem legati zum Abſchluß des Friedens. Liv. 
32, 28. 33, 24. Im J. 192 ging er als Mitglied 
einer Sefandtichaft zu Antiochos von Syrien. Auf 
der Meile hatte er zu Epheſos mehrere Inter: 
redungen mit Hannibal, der fich daſelbſt aufhielt. 
Liv. 35, 15. 19. — 2) 8. Bill. Annalis, Volks— 
tribun 180 v. E. und Urheber der lex annalis, 








befiegt. Strab. 4, 206. Well. Pat. 2, 95. Hor. od. 
4,4, 18, 14,7 ff. Sie zerfielen in — Stämme: 
die Brigantii mit der Stadt Brigantium (ij. 
Bregenz) im ®., Runicates im N, Leuni, Con: 
jnanetä, Breuni am Brenner. Die mwichtigften 
Städte waren Mugufta Bindelicorum (j. Augs— 
burg), die Hauptſtadt, der eig Stadtrecht ver: 
lich, Arbor Felir (j. Arbon), Batava Caſtra 
(ij. Pafjan), Regina Eaftra {j. Regensburg), 
Sorbiodurum (j. Straubing), Campodunum 
(j. Kempten), deſſen Forum 1885 aufgededt worden 
ift, Bedaium (j. Ehieming) u. a. Strab. 4, 193. 
206. 207 u. Ö. 

Yindemia f. Vinum, 3. 

Vindex, 1) (qui vim dicit) der Gewalt An- 
drohende und dadurch Schütende und Rächende. 
Im alten Prozeß war vindex der Vertreter für 
den, welcher in ius vociert war, und ebenjo im 
Erekutionsverfahren mit manus iniectio derjenige, 
welcher durch jein Gutſagen die Haft des Verur— 
teilten abmwendete, ſ. Prozefs (röm.), 23. und 
Manus iniectio. Aud hieß vindex Stell— 
vertreter überhaupt. Cie. top. 2. — 2) Beiname 
des Jupiter ald rächenden Gottes. — 3) Perſonen— 
name: C. Julius Binder, entftammenb einer 
alten, Feltiichen Adelsfamilie (Dio Cass. 63, 22. 
Suet. Ner. 40), aber 3 romaniſiert, war unter 
Nero Statthalter von Gallia Lugdunenſis und ge— 
dachte als ſolcher 68 n. C. Gallien wahrſcheinlich 
„eine ſelbſtändige Stellung, vielleicht in Form 
eines Klientelſtaates“ zu verſchaffen, deſſen Be— 
herrſcher er werden wollte. Tac. hist. 4, 17. Jedes: 


Vindicatio — Vinum. 


falls ift an dem nationalen Charakter der von | 
ihm andgehenden Bewegung nicht zu zweifeln. 
Scharen von Galliern ftrömten ihm zu, und jein 
Heer beftand ſchließlich aus 100 000 Mann. Da | 
e8 aber diejem an guter Bewaffnung und an 
Übung fehlte, ſah er ſich auf die Beihülfe benach— 
barter Heere angewieſen. Sulpicius Galba, der 
Statthalter von Hilpania Tarraconenfis, dem er, 
vorichlug, fich zum Kaifer erheben zu laffen (Plut. 
Galb. 4f. 22. 29. Dio Cass. 63, 23), nahm, ichon 
vorher nad) der Krone .lüftern, an der Erhebung 
teil und fünbdigte Nero den Gehorfam auf. Plut. 
Galb. 4.9. Dagegen verhielt ſich der Statthalter 
bon Obergermanien, %. Berginius Rufus, dem | 
die eigenen Truppen die Kaiſerwürde angeboten | 
hatten (Plut. Galb. 6), anfangs ſchwankend, zog 
aber bald mit einem Deere zur Unterdrückung des 
von Binder erregten Aufitandes gegen Vejontio. 
Während Binder hier noch einmal den Verginius | 
eb auf jeine Seite zu ziehen verfuchte, begann | 
diejer mit feinen Truppen den Kampf, in dem 
Binder und fein Heer vernichtet wurden. Dio 
Cass. 68, 22jf. Zonar. 11, 13. Suet. Ner. 40f.| 
Plut. Galb.3ff. Tae. hist. 1, 51. 65. 89. 2, 95. 
4, 14. 57. Bol. Schiller, Gejch- der röm. Kaiſer— 
zeit 1, 1 ©. 362 ff. 

Vindicatio hie im mw. ©. Eigentumsflage, 
im e. ©. ber älteften Seit ein bejonderer At der 
in rem actio per sacramentum, Vindicatio war 
nämlich ein ſymboliſcher Kampf der Parteien, 
eigentlich Anfagung von Gewalt, d. h. der Kampf. 
Diejer Streit (in Iure manum conserere) wurde 
im der alten Zeit in Gegenwart des Prätors auf 
dem beftrittenen Grundftüd veranftaltet, jpäter vor 
dem Prätor, nachdem die Streitenden eine Scholle 
(vindiciae genannt, weil fie vindiciert ward) von 
den betreffenden Grundftüd geholt hatten. Der 
Kampf beichräntte jich darauf, daß zuerst der eine, 
fodann der andere die Sache als die feinige er: 
Härte (vindicare und contravindicare), indem 
jeder fie mit dem ſymboliſchen Stabe (festuca, 
vindicta) berührte. Nachdem darauf Das sacra- 
mentum abgeichloffen war, orbnete der Prätor | 
den Befiß der Sache während des Prozeſſes; ge: 
wöhnlich aber lieh er den Beſitz dem bisherigen | 
Inhaber, der dem Kläger für Herausgabe der 
Sache und der Früchte Bürgichaft leiften mußte 
(pro praede litis, d. h. der Sadıe, et vindicia- 
rum, d. h. der aus der vindicierten Sache ent: 
iprungenen Vorteile). Endlich fam es zum iudi- 
cium, wo entichieden wurde, welche Kartei das 
sacramentum mit Recht geleiftet hätte, und welche 
demnach das Eigentum der beftrittenen Sache er: 
halten müßte. Diejes Bindifationsverfahren fand 
auch bei Erbichaftsitreitigfeiten und Freiheitspro— 
gelien (eausae liberales) jtatt. Der assertor li- 
‚ertatis vindicierte den Menſchen in libertatem, 
der assertor servitutis aber in servitutem, j. 
Assertor,. Dann folgte die endgültige Entjchei: 
dung über den Bejig. Mit dem Formularprozeß 
traten neue Formen an die Stelle der alten Vin— 
difation, nämlich die Sponfionen und die einfache 
Klage mit der formula petitoria. Der alte Name 
aber blieb für jede Eigentumsflage beftehen. 

Vindieta ſ. Manumissio, | 

Vindius, Obivdto» Öoog, oder Vinnius, ber‘ 
weſtliche Teil des antabrifchen Gebirges in Hi: 
jpanien, mit den Quellen des Ebro und Sil; 








manien kämpfte. 


1289 


jest Sierra Eovadongo und Bennablanca. For. 
4, 12. 

Vindoböna (b. h. Weißenfeld), Stadt Ober: 
pannoniens und Municipium, am Danupius und 
M. Eetius (j. Kahlenberg mit Wienerwald), wo 
jih ein Stationdort der Donauflotille und das 
Hauptquartier einer Legion befand. Port jtarb 
Kaiſer M. Aurelius Antoninus. J. Wien. 

Yindonissa, Stadt der Helvetier in Gallia 
Belgica, an der Mare; j. Windiich mit Altertümern, 
bejonders einer noch erhaltenen Waflerleitung und 
den Ruinen eines Amphitheaterd. Teac. hist. 4, 60. 

Vinöa j. Belagerung, 10, 

Vinieti (Vinueli), 1) P. Bin, ein mittel: 
mäßiger Redner unter der Regierung des Auguſtus. 
— 2) 2. Bin, bes vorhergehenden Bruber, Bolfs: 
tribun 51 dv. C., wahricheinlich Anhänger Cäſars, 
wurde 33 Konſul. war ein tlüchtiger Redner, 
der jelbit aus dem Stegreif gut zu reden verftand. 
Cie. ad fam. 8, 8,6. Sen. controv. 13. — 3) M. 
Bin, zeichnete fih 25 dv. E. in Germanien aus, 
war Konful im %. 19 und diente 13 in Panno— 
nien unter Wgrippa, worauf er In. C. wiederum 
mit Auszeihnung und glüdlihem Erfolge in Ger: 
Dio (ass. 53, 26. Vell. Pat. 
2, 9%. 104, — HM Bin, 30 n. E. Konful, 


‚jeit 33 Gemahl der Julia Livilla, Tochter des 


Germanicus, und daher Schwager des Kaijers 
Ealigula. ©. die Geſchlechtstafel unter Julii, 8. 
Nach deflen Tode richtete er feine Gedanken jogar 
ni den Thron, gab jedod nah Claudius' Er— 
hebung jeinen ehrgeizigen Plan auf. Im J, 45 
war er zum zmweitenmal Konful. Sein Ende fand 
er durch Gift, das ihm Meffalina, deren Neigung 
er nicht ermwiderte, reichen ließ. Belleius widmete 
ihm fein Geſchichtswerk. Vell. Pat. 2, 101. 103. 
Taec. ann. 6, 15. 45. Joseph. ant. 19, 4,3. Dio 
Cass. 60, 25. 27. 

Yinii. Dahin gehören: 1) T. Vin., wurde 
durch jeine Semahlin und einen Freigelaſſenen zur 
geit der er der Triumvirn (43 v. €.) vom 

ode gerettet. Dio Cass. 67, 7. App. b. ce. 4, 44. 
— 2) €. Bin Fronto Ajella, ift der von 
Horaz (ep. 1, 18) genannte Nachbar, durch den er 
einige Gedichte an Auguſtus beforgen lieh. — 
3) T. Bin. Rufinus, Legat und Günftling des 
Galba, maßte fi) nach deſſen Erhebung | den 
Thron unbejchränfte Gewalt an, machte fich aber, 
wie er jchon früher gemeine Berbrechen rag 
hatte, durch Ubermut und Geiz (Suet. Galb. 14: 
eupiditatis immensae) äußerſt verhaßt und trug 
wicht wenig dazu bei, daß Galba vom Volte in 
gleicher Weije gehaßt wurde. Tac. hist. 1, 6. 12. 
37. 42. 72. Plut. Galb. 14. Er fand gleichzeitig 
mit Galba den Tod, obgleich es ſchien, als habe 
er Anteil an dem Aufftande des Otho (15. Jan. 69). 
Tac. hist. 1, 27. 42. Plut. Galb. 27. — 4) Seine 
Tochter, (Binia) Erifpina, verlobt mit Otho, dem 
nachmaligen Kaifer, lieh, als ihr Bater ermorbet 
war, von deſſen Mördern jeinen Kopf mit Geld 
losfaufen. Tac. hist. 1, 47. 

Vinum, olvog. Der Wein war in Griehen: 
land jeit dem älteften Zeiten das gewöhnliche täg: 
lihe Getränk, freilich nie unvermiſcht, meiftens 
mehr Wafler als Wein; iſt unter oövog der un: 
ze: Wein verjtanden, jo fteht ängaros dabei. 

tan tranf ihn warm oder falt, im Sommer gern 
recht fühl, wie man denn dafür auch ſchon Eis: 


— 


tz 


= 


1290 Vipsanii — Virginii. 


oder Schneefeller zu benutzen wußte. Die Be: | behälter lagen, jämtlich wohlverforft, verpicht und 
handlungs⸗ und Aufbewahrungsart war ziemlich | mit Etifetten (tessera, nota) verjehen, auf demen 
ebenjo wie bei den Römern. Denn diefe haben | der Name des Weines und des Konjuls ftand 
den Weinbau teild mit den Griechen gemeinjchaft- | (zur Bezeichnung des Jahres), Auch jchrieb man 
lich, teils wieder von ihnen gelernt. Man wählte | dieje Noten auf die Amphora ſelbſt. — In der 
in Griechenland den Wein mehr nach dem Ge: | apotheca befanden fi rl die aus den größeren Ge: 
ihmad als nad) der Gegend, wo er gewachien | fähen umgefüllten (diffundere) Weine, am liebften 
war. Doch waren namentlid) die Inſelweine be- Über dem Bade, damit der Rauch hineingeleiter 
liebt (Chios, Leſbos, Lemnos, Thaſos und Kypros). | werden konnte, ber den Wein alt und mild machte; 

Der inländifche Wein toftete in Attifa zu Demo: | daher vina fumea genannt, Wegen ber Seife, 
jthenes’ Zeit etwa 4 Drachmen der Metretes (uns | welche die Weine bei diejer Behandlung behielten, 
gefähr 40 Liter). — In Unteritalien war von | wurden jie vor dem Gebrauche gellärt (defaecare, 
jeher blühender Weinbau, in Latium war er uns | liquare, colare), mit einem Ei ( or.sat.2,4,45 fi.) 
bedeutend. Zwar hatten die alten Römer Wein: | oder vermitteljt des Seihens, indem ein saccus 
gärten (vineae, in den XII Tafeln erwähnt), aber | vinarius im colum hing (j. Colum), Um ven 
fie waren jparjam im dem Gebrauche des Weins | Wein zu erfrifchen, jchüttelte man ihn auch über 
und jchlofien die Frauen von deſſen Genuß ganz | einem mit Schnee gefüllten saccus, davon niva- 
aus. Erſt als fie den unteritalifhen und griedhi- | rius genannt. Auch die Römer tranfen ihn mic: 
ſchen Wein fennen gelernt hatten, vervolllommnete mals unvermifcht, jondern mit Waller verbünnt 
man die Weinfultur ſowohl durch fremde Reben | (dilutum), denn es galt für Unmäßigfeit, unver: 
als durch befiere Behandlung. — Man hatte eine | mifchten (merum) zu genießen. Im Krater wurde 
Mafje von Traubenarten (am bejten die Aminea, | zwar für alle gemiſcht, aber die Gälte temperier- 
Nomentana, Allobrogica, Apiana), aus denen | ten ein 7 2. Gutdünfen. Vgl. Beder :@öl, 
viele Reinjorten gewonnen wurden. Die edeljten , Gallus . 412 

waren Caecubum, Setinum, Falernum, Massi- | —e .) Bipf., älterer Bruder des 
cum, Surrentinum, Albanum, Calenum, Funda- | berühmten M. Vipjanius Ygrippa, wurde von 
num u. a. Sewöhnliche e Weine waren Trifolinum, | Cäjar, gegen den er mit dem jüngeren Eato ge: 
Signinum, Sabinum, Nomentanum, gang geringe | | fochten hatte, gefangen genommen, aber auf Ber: 
Vaticanum, Veientanum, Paelignum, Caereta- | wendung des Setavian begnadigt. — 2) M. Bipi. 
num, Sp oletinum. — Sehr beliebt waren die | Ugrippa, j. Agrippa. — 3) Polla Bipja- 

rieiichen vorzüglich hier, Leſbier, Kypri: | nia, der beiden vorigen Schweiter, legte den Gruud 
cher. Nach den Farben unterjchied man weißen | zu der berühmten Halle in der neunten Region, im 
(album), gelben (falvum), rötlichen (sanguineum) | der ihr Bruder orbem terrarum urbi spectan- 
und dunfelroten (nigrum, —— Wein, und nach dum proposuerat (Plin. 3, 2). Dio Cass. 55, 8 
dem Alter vetus oder novum und recens. Jenen | — 4) Vipſania Agrippina, Todter des be 
og man vor und ſuchte denſelben nachzuahmen, rühmten Agrippa aus deſſen erſter Ehe, Gemahlin 
(oe man überhaupt den Wein oft fäljchte oder | des Tiberius und Mutter des Druſus ſ. die 
durch —— von edlen Sorten und guter | ' Stammtafel unter Julii, 8.), wurde auf Befehl 
Hefe verbefjerte. Auch machte man den Wein mit des Auguftus von Tiberius (gegen defien Willen, 
aromatijchen und bitteren Ingredienzen ein (vina da er de liebte) —— welcher dafür ihre 
fietitia), wie mit Aloe, Safran, Kalmus, vorzüg: | | Stiefmutter, Augujtus’ Tochter Julia, heiraten 
fih mit Myrehenharz, murrina oder murrata | mußte. Ihre Mutter, Pomponia, war die Tochter 

potio. Künftlih war aud mulsum (ſ. d.) und | des Atticus. Vipſanig Agrippina ftarb 20 n. €, 

der Glühwein (calda, ſ. d.). Wein, aus eingekoch: | nachdem fie fich mit Afinius Gallus, dem Sonne 
des berühmten Aſinius Pollio, wieder verheiratet 
hatte. Suet. Tib. 7. Dio Cass. 54, 31. 68, 3. Tae. 


tem Moſt bereitet, hieß sapa, defrutum und ca- 
roenum, aus welten Trauben vinum passum und 
diachytum. Nur arme Leute und SHaven tran: | ann. 1, 12. 3, 19. 

fen lora, den durch abermaliges Keltern gewonne⸗ Vipstäni, 1), C. Bipft. Apronianus, Komiul 
nen Nachwein. — Nach der Weinleje (vindemia) | 59 n. C., verwaltete Afrila als Statthalter zehn 
wurden die Trauben mit den Füßen ausgetreten | Jahre päter. Tac. ann. 14, 1. hist. 1, 76. 
(calcare, davon hie der herablaufende Moft mu- 12) Vipft, Meijalla, diente im Kamıpfe des 
stum caleatum), und die Treſſern (scopi und Veſpaſian mit Bitellius (69 n. €.) als Kriegs: 
folliculi, Stiele und Hilfen) ſodann unter die tribun und zeichnete jich wie im Kriege durd 
Preſſe (toreular, torculum) gebradht. Der Moft | Tapferkeit, jo im Frieden durch Beredſamleit (daher 
(mustum) lief in den Jacus torcularius und aus er in Tacitus’ dialogus de oratoribus auftritt 
diefem in dolia, um auszugären (fervere), bis | aus. Auch beſchrieb er die von ihm erlebten ug 
man den jungen Wein ficher ven konnte. Bu | ereigniffe in einem eigenen Werte. Tac.hist.3,9.2 








diejem Behufe dienten die vorher ausgepichten | dial. 14. 23 ff. 

Dolium und] Virbius j. Diana unter Artemis, a. €. 
Vasa), jowie die langen amphorae, lagenae, Virgilüi j. Vergilii. 

orcae und cadi (j. Amphora), nur mit dem | Virginälis, Virginiensis, Virgo, Beiname 
Unterjchiede, daß die feineren Sorten in die Am: |1) der Juno; — 2) der Fortuna; — 3) ber 
phoren famen, während die gewöhnlicheren erſt | Diana; — 4) der Minerva; — 5) der Victoria; 
dann aus den diden (die in die Erde eingelaffen | — 6) der Er 

waren, dolia demersa) in die langen Gefäße ge- Virginia j. Virginii, 8. 

füllt wurden, wenn fie gebraucht werben follten.| Virginfi (Verginii). Dahin gehören: 1) Opi- 
Die cella vinaria war ein Fühler, nad Norden | ter Virg. Tricoftus, 502 v. E. Konjul mit 
gelegener Raum, in welchem die genannten Wein: | Sp. Caſſius Bifcellinus, fiel im Kampfe mit den 


dolia, seriae, cupae, calparia ( 





DZ 





Virgo 


Boljlern, 487. Liv. 2,17. Dion. Hal.5,49. Zonar. 
7,13, — 2) T. Birg. Tric. Cäliomontanus, 
focht in der Schlacht am Sce Regillus gegen bie 


Zatiner ald Konjul, 496 v. C. Liv. 2, 21. Dion. | 


Hal. 6, 2. — 3) A. Birg. Trie. Cäliom., führte 
einen glüdlichen Krieg mit den Boljfern im J. 494 
v. E., in dem er Kouful war, und war jpäter einer 
der Gejandten, die der Senat an das Volk nad) dem 
Heiligen Berge abichidte. Liv. 2, 28. 30. Dion. 
Hal. 6, 34. 42. 69. — 4) Broculus Birg. Tric. 
Rutilus, ariepnete jih 486 v. E. als Konſul 
gegen die Aquer aus und war ein Gegner bes 
agrariichen Geſetzes, das jein Kollege Sp. Caſſius 
einbrachte. Ziv. 2, 41. Diod, Sie. 11, 1. Dion. 
Hal. 8, 68 ff. — 5) W. Virg. Trie. Rutilus, 
brachte feinem Kollegen im Konjulate Sp. Ser: 
vilins rechtzeitige Hülfe im Kampfe gegen die 
Bejenter, 476 dv. E. Jav.2,51. Dion. Hal. 9, 25F. 
— 6) U. Birg. Tric. Cäliom., zeichnete fich 
wiederholt aus im Kriege mit den Aquern. Liv. 
2, 63. Diem. Hal. 9, 56. 10,49. — 7) 4. Birg., 
Bolfstribun und Verteidiger des terentilifchen Ge: 
jeßvorichlags 461 dv. E., wurde für die nächſten 
4 Jahre ſtets wieder gewählt, bis 467 der Plebs 
die Wahl von 10 Tribunen bewilligt wurde. Liv. 
3, 11 ff. 19. 215. 245. 29. — 8). Birg., tötete 
jeine Tochter Virginia, deren Keujchheit vom 
Decempir Appius Claudius bedroht war, und ward 
449 v. C. zum Bollstribunen erwählt. Ziv. 3,44. 
47. 64 ff. Cie. fin. 2, 20. 5, 22. — 9) 8. Birg. 
Trie. Esquilinus, mwurbe 401 v. C., weil er 
im Kriege gegen Beji feinem Kollegen im fonfu: 
lariſchen Tribunat Hülfe zu bringen verſäumt hatte, 
angellagt und vom Gerichte verurteilt. Zav. 5, 8ff. 
— 10) A. Virg, römiicher Nechtögelehrter, Freund 
des Rutilius Rufus. Cie. Lael. 27, 101. — 11) 8. 
Birg. Rufus, aus dem cisalpinischen Gallien 
gebürtig, verwaltete unter Nero, 63 n. E., das 
Konjulat (Tac. ann. 15, 23) und war 68 Statt: 
halter des oberen Germaniens, von wo er mit 
einen Deere zur Unterdbrüdung des von Binder 
(1. d.) erregten Aufftandes zog. Nad) Binder’ Tode 
wiederholt von feinen Truppen zur Annahme der 
Herrſchaft gedrängt (Dio Cass. 63, 25. Plut. Galb. 
6. 10, Tac. hist. 1, 8), wies er fie zurüd (Plin., 
ep. 2,1. 9, 19) und ließ feine Krieger, als alba 
vom Senate ernannt war, auf dejien Namen ſchwö— 
ren. Xroßdem rief ihn der mißtrauiſche Galba 
nah Rom zurüd. Zac. hist. 1, 8. Dio Cass. 64, 4. 
Plut. Galb. 10. Unter Otho, der ihn (69) zum 
zweitenmal zum Konſul ernannte (Tac. hist. 1, 77. 
Plut. Oth. 1), beteiligte er ji) am Kampfe gegen 
Bitellins. Als Otho ſich den Tod gegeben, ver: 
juchten ihn die Truppen wiederum zum Kaiſer zu 
erheben, er lehnte aber auch jet ab. Tac hist. 
2,49.51. Gefeiert und bewundert, befleidete Birg. 
noch im J. 97 mit Kaiſer Nerva das Konſulat, 
ftarb aber während desjelben. Plin. ep. 2, 1. Dio 
Cass. 68, 2. Tacitus hielt ihm die Leichenrede. 
Er war auch Dichter. Plin. ep. 5,3. Sein Pflege: 
john, der jüngere Plinius, hat uns die von ihm 
jelbjt gefertigte Grabſchrift aufbewahrt. Daj. 6, 10, 
9,19. 


Virgo ſ. Sternbilder, 5. 


Virläthns, Odsgpiardog, ein Luſitanier, an: 


fänglih Hirte, jammelte jpäter eine Schar von 
Räubern um fi, an deren Spitze er durch förper: 
lihe Kraft und Klugheit ſich jo hervorthat, daß 


— Vis, 1291 
er fich zum Feldherrn feiner Landsleute empor: 
ſchwang, die er faft 10 Jahre lang, 149-140 
v. E., zum Kampfe gegen Rom führte. Er be: 
fiegte mehrere römijdhe Feldherren, bis Fabius 
Marimus Amilianus den Oberbefehl übernahm 
und ihn jchlug. Nach langem Kampfe und wech— 
ſelndem Glüde fam es im Ri 141 zu einem Frie— 
‚den mit Rom, der jedoch nicht lange dauerte und 
vielmehr zu einer Zwietracht unter den Lufitaniern 
Anlaf gab, indem die Römer von Bir. die Aus: 
lieferung der von ihnen abgefallenen Iufitaniichen 
ı Häuptlinge verlangten; Bir. überlieferte hierauf 
eine Menge derjelben, nachdem er einige, darunter 
ſeinen eigenen Schwiegervater, hatte töten lafjen, 
den Römern. Im %. 140 brach der Krieg aber: 
‚ mals aus, und Bir. wurde geichlagen. Nicht lange 
nachher wurde er unter Mitwifjen der Römer von 
verräteriichen Landsleuten in feinem Zelte ermordet. 
Nah jeinem Tode war die Macht der Aufitanier 
gebrochen, und fie mußten fich den Römern unter: 
werfen. App. Hisp. 60 ff. Diod. Sie. fr. 33. Liv. 
ep. 52ff. Eutr. 4, 16. Flor. 2, 17. Val. Mar. 
6,4,2.9,6,4. Just. 44, 2. Cie. off. 2, 11. Ab— 
handlungen von U. Beder (1826) und Hoffmann 
(1866). 

Viridarinm, ein grüner Platz, dann überhaupt 
ein Heiner Garten, namentlich in dem Cavädium 
und in dem Beriftylium der größeren Häuſer, wo 
oft jehr nette Anlagen mit Blumen n. dgl. waren. 
Der dafür jorgende Sklave hieß viridarıus. Bal. 
Haus, II, 8. 

Virilis j. Fortuna und Tyche. 

Viripläca j. Venus unter Aphrodite. 

Yiromandüi ſ. Veromandui. 

Yirtus j. Honor. 

Viränum, Oiioovror, 1) Stadt der Sidini in 
Germanien. — 2) bedeutende Stadt in Noricum, 
jüdlih von Noreja. Plin. 3, 24, 27. Reſte bei 
den Dorfe Maria:Saal nördlich von Klagenfurt. 
Monographie von Pichler (1888). 

Vis, im mw. ©. jede gegen den Willen eines 
andern unternommene Handlung, im e. ©. das 
Verbrechen der Gewaltthätigleit. Jene Bedeutung 
findet im Privatrecht, biete im Strafrecht ftatt. 
Was das Privatrecht anbetrifft, jo geftattete diejes 
ı nicht, unrechtmäßigen Zwang anzuwenden, um den 
freien Willen eines andern zu hemmen, und fam 
ſowohl durch Reftitution als durch eine Klage zu 
Hülfe, genannt actio quod vi metusve causa, 
‚Bei vis atrox, d. h. wenn durch perjönliche Ge: 
walt der Beſitz einer Sadje verloren war, war 
das interdietum de vi (ein interd, recuperandae 
possessionis, f. Interdietum) anzuwenden. Ur: 
Npränglich waren es 2 derartige Interdikte de vi 
und de vi armata (Cie. Caec, 8, 14 ff. 19. 21 ff. 
30 ff. Tull. 44 ff.), die wahrfcheinlich zufammen: 
Ihmolzen. Endlid wurde in den Bürgerfriegen 
eine actio bonorum vi raptorum eingeführt. — 
Im Kriminalrecht wurde ein eigentliche8 crimen 
de vi erjt gegen Ende der Republik gebildet, 
als Gewaltthat und Selbfthülfe eingerifien waren. 
Diejes geichah durch die lex Plautia oder Plo- 
tia, 89 dv. C., zu der die lex Lutatia, 78 v. C., 
als prozeſſualiſcher Nachtrag erichien. Als ftrafs 
bare und mit aquae et ıgnis interdietio be: 
drohte vis waren mehrere Handlungen bezeichnet, 
nämlid; Erregung einer seditio, Gewalt gegen 
die Magiftrate und gegen den Senat, das Belegen 











1292 


von Pläßen und Waffentragen, das Niederreißen 
von Häujern u. ſ. w. Unter den prozefiualiichen 
Härten diejer Geſetze befanden fich ungünftige, uns 
ſehr unflare Bejtimmungen über die Wahl und 
Berwerfung der Richter. Cie. Hull. 33. Won der 
durch dieje Gejebe begründeten quaestio perpetua 
de vi wurden mehrere Eatilinarier fondemniert; 
vgl. Cie. Cael. Die lex Pompeia de vi, 52 
v. C., führte ein abgekürztes prozefjualisches Ber: 
fahren ein, das bei den Anflagen des Milo, lo: 
dius u. a. angewendet wurde. Cäſar gab eine 
lex Julia de vi publica, vielleiht auch de 
vi privata, obmohl leßtere auch von Auguſtus 
herrühren fann. Der Unterjchied zwijchen vis publ. 
und priv. ift jehr beftritten, um jo mehr, als die 
Römer im Verlauf der Zeit die vis armata und 
alle jchweren Arten der vis, die zur vis privata 
gehört hatten, zur vis publica zogen. Die Strafe 
war aquae et ignis interdictio für vis publica, 
Konfiifation des dritten Teils des Vermögens und 
Unfähigkeit zu öffentlichen Ehrenämtern für die 
vis privata. In der Kaiſerzeit famen mehrere 
Geſetze und SConss. hinzu, auch modifizierte die 
juriftifche Interpretation vieles. Die Strafen wur: 
den bis zur Hinrichtung und Deportation gefeigent, 
aud) fam condemnatio ad metalla und Relega: 
tion vor (legtere nur für honesti). 

Viscellinus j. Cassii, 1. 

Visceratio hieh die bei den Yeichenbegängnifjen 
vornehmer Römer vorgenommene Fleiichausteilung. 
Liv. 8, 22.39, 46. Mit den großen Leichenmahlen, 
zu denen fogar das ganze Volf eingeladen wurde, 
verband man oft Gladiatorenipiele. Lir. 41, 28, 
Hor. sat. 2, 3, 85f. Später nannte man aud 
Geldausteilungen, die an die Stelle des Fleiſches 
traten, viscerationes. 

Visellfi, 1) €. Vif. Barro, Konjul 12 n. C. 
21 Legat in Germanien, beanipruchte die Füh— 
rung im Kriege gegen Sacrovir, trat dann aber 
zurüd. Tac. ann. 3,43. — 2) 2. Viſ. Varro, 
Sohn des genannten, 24 n. C. Konful. Tac. ann, 
4, 17. — 3) ein Rhetor, von Duintilian (9, 3, 89) 
als nicht unbedeutend angeführt. ©. auch Furii, 
16—17. 

Yistüla, Oösorodlas, Grenzfluß zwiſchen Ger: 
manien und Sarmatien, bie j. Weichſel, entiprang 
nad) Ptolemaios auf dem Herkyniſchen Walde und 
mündete in ben Sarmatifchen Ocean. Mela 3, 4. 

Visurgis, Bicovoyis, j. Weſer, einer der Haupt: 
ftröme Germaniens, defjen Quellen Ptolemaios auf 
dem Melibocus (Harz) jucht, münbete in das Ger: 
maniſche Meer, im Gebiet der Ehauci. 


Viscellinus 


Vitellii. Die bedeutendften find: 1) P. Pit., | 


diente unter Germanicus in Germanien als Legat 
(Tac. ann. 1, 70. 2, 6) und gin 
(19 n. €.) nach dem Drient Nach Germanicus’ 
Tode trat er ald Ankläger des Piſo auf. Daj. 3, 10. 
Suet. Vit. 2. Als Sejan, jein Gönner, geftürzt 
war, wurde er gleichfalls angefla 
ih, da fein Prozeß ſich in die Lä 
Adern, Tief ſich aber auf Bitten der Seinen ver: 
binden und ftarb in der Haft an einer Krankheit. 
Tac. ann. 5,8. Suet. Vit.2. — 2) &. Bit., zeid): 
nete ſich unter Tiberins als Statthalter in Syrien 
aus (Tac. ann. 6, 32. 41) und züchtigte die Bar: 
ther, denen er einen andern König gab. Daſ. 6,36. 
Wegen feiner Tüchtigkeit und Ergebenheit wurde 


er von Tiberius auf feinem Statthalterpoften bes | 


mit demielben | 


gt (31), öffnete | 
nge 309, bie, 


— Vitellii. 


laſſen, und erjt Ealigufa rief ihn nach Rom zu- 
rüd. Suet. Vit.2. Schon 34 n. E. hatte er das 
Konfulat befleidet (Tac. ann. 6, 28), mit Kaiſer 
Claudius, bei dem er fih durch unmännliche 
Kriecherei einzufchmeicheln wußte, verwaltete es 
zum zweiten: und brittenmal (Dio Cass. 60, 17. 
21. 29. Suet. Vit. 2), war mit demielben Cenſor 
(Tae. ann. 12, 4) und wurde jogar vom Staiier, 
‘als derjelbe nad Britannien zog, zum Stellver: 
treter ernannt. Wie fih Pit. der Mefjalina, die 
ihn zu ihren Sweden gebrauchte, jehr willfährig 
| zeigte, jo bewies er nach deren Sturze der Agrip— 
pina die gleiche Ergebenheit. Suet. Vit. 2. Tac. 
ann. 11,2f. 12,4. Zum Dante dafür rettete 
ihn leßtere, als er des Hochverrats und Etrebens 
nach der Herrichaft beichuldigt wurde, 51. Dai. 
12, 42. Bon jeiner Gattin Gertilia (ſ. Sex- 
tilii, 4.) hatte er 2 Söhne (Nr. 3 und 4). Sue. 
Vit.3. — 3) Aulus Bit, des vorigen Sohn, 
eboren 15 n. E. (Suet. Vit. 3), verbrachte jeine 
Jugend am Hofe des Tiberius in Lüften und Aus- 
ichweifungen (Dio Cass. 64, 4), wußte fih auch 
bei den folgenden Kaiſern in Gunſt zu jegen und 
ichmeichelte jpäter dem Nero, unter dem er im 
J. 58 Konſul war, dann Afrifa verwaltete. Suet. 
Vit. 3ff. Tac. ann. 11, 23. hist. 1,70.2,97. Als 
Galba (Auni 68) Kaiſer geworden war, jchidte er 
den Bit., den er als einen nur auf das Efien 
bedachten Menjchen für völlig ungefährlich hielt 
(Suet. Vit. 7), als Statthalter nach Niedergerma- 
nien. Die Soldaten nahmen ihn (Ende 68) freund: 
lih auf (Tac. hist. 1, 52) und riefen ihn (Jan. 69) 
zum Sailer gegen Galba aus. Daſ. 1, 56 f. Suet. 
Pit. 8. Plut. Galb. 22. Bon den nördlihen Pro: 
vinzen bes Reichs fofort anerkannt ( Taac.hist.1,59%.), 
ſandte er 2 Heere unter Cäcina und Balens nad 
Italien voraus, während er jelbit noch, im uns 
wiürdigfter Weije jchwelgend, in Germanien ver: 
blieb. Daſ. 1, 61f. Inzwiſchen war (15. an.) 
Salba ermordet und, bevor man noch in Rom 
Kunde von PBit.s’ Erhebung erhalten hatte, bier 
Dtho als Kaiſer anerfannt worden, der den Dften 
und Süden des Reichs für fich gewann. Daf. 1, 76f. 
Auch im Kriege war Dtho —— im Vorteil: 
ein Zug zur See nach Gallien war erfolgreich 
(daſ. 1, 87. 2, 12 ff.), und Cäcina konnte Placentia 
nicht erobern, mußte fich vielmehr nach Eremona 
urüdziehen und erlitt bei diejer Stadt eine Nieder: 
Ihe. Dai. 2, 17— 26. Mllein nach ihrer Ber: 
einigung fiegten Cäcina und Balens über die Otho— 
'nianer bei Bedriacum (daſ. 2, 27. 30. 41-45), 
und nach Othos freimwilligem Tode (15. April) 
war Bit. Herr des Reichs. Mitte Juli fam er 
nach Rom (daf. 2, 89. Swet. Vit. 11), wo er mit 
Gelagen und Schwelgereien die Zeit verbrachte 
und in kurzem ungeheure Summen verpraßite (Tue. 
hist. 2, 9 Dio Cass. 66, 3. Suet. Vit. 18), io 
daß die Soldaten, deren Lohn ausblieb, unwillig 
wurden, und bie Zucht ſich Ioderte. Tac. hist. 
2, 93f. So lagen die Verhältniffe, als die Legio— 
nen im DOften den Beipafian zum Kaiſer ausriefen. 
Jetzt ſannen Vit.s' befte Feldherren auf Perrat, 
die Soldaten wurden abtrünnig; er verlor an die 
Heere von Pannonien und Möſien die Schlacht 
bei Cremona und that doch, während die Sieger 
darauf raſch gegen Rom vorrückten, ſo, als wenn 
gar feine Gefahr drohte. Doſ. 2, 96ff. 3, 12 ff. Sf. 
Dio Cass. 65, 10. 12ff. Schon waren die pan: 








Vitis — 


noniſchen Legionen, geführt von Antonius Primus, 
bis in die Nähe Roms gefommen, als jih Bit. 
bereit erflärte, gegen gewiſſe Zugeſtändniſſe auf 
die Herrichaft zu verzichten. Hierüber wurde zwi: 
ſchen ihm und dem in Rom anwejenden Bruder 
Beipafians, Flavius Sabinus (j.Vespasiani, 3), 
ein Vertrag abgeſchloſſen. Tuc. hist.3,64f. Doc 
die in Rom gebliebenen germaniſchen Cohorten 
zwangen den Bit., von diejem Bertrage zurüd- 


zutreten, nötigten den Sabinus und feinen An— 


hang zur Flucht auf das Capitol, ftürmten dieies 


und töteten den Sabinus mit einem großen Teile 


jeiner Begleiter, wobei der Tempel des capitolini: 
ichen Jupiter in Flammen au ging. Da. 3, 66 ff. 
Nun drang Antonius in die Stadt ein, trieb die 
Vitellianer Schritt für Schritt zurüd und eroberte 
ſchließlich auch das befeftigte Lager der Präto— 
rianer, in das dieſe fich zurüdgezogen hatten. 
Daj. 3, 81 ff. Während diejes Kampfes hatte fich 
Bit. im Palatium verftedt, wurde aber hervor: 
gezogen und, nachdem er unter Schimpf und Hohn 


gemoniichen Stufen graujam umgebracht, zwiſchen 


18.— 23. Dezember 69. Suet. Vit. 16f. Tae. hist. | fangs auch aus Ügypten 


3,84 ff. Dio Cass. 65,205. Zonar. 11,16. — 4) 8. 
Lit, Bruder des Kaifers, gleich diejem ein üppiger 
Schwelger, aber flüger, wenn auch noch jchlechter 
von Charafter. Suet. Vit. 13. Tae. hist. 2, 68. 


Nach der Schlacht bei Eremona erhielt er von jeiz 


nem Bruder Auftrag, Rom zu ſchützen (daſ. 55), 
dann mußte er einen Wufftand in Campanien 
unterdrüden. Daj. 58. 76f. Suet. Vit. 15. Dio 
Cass. 65, 16. Als er nad Roms Einnahme durch 
die Anhänger Vejpafians von Tarracina her an- 
rüdte, geriet er jamt feinen Truppen in Ge— 
fangenjchaft und wurde auf Befehl des Antonius 
Primus umgebradit. Tac. hist. 4, 2. Dio Cass. 
65, 22. 

Vitis, eigentlich ein Weinftod, dann eine Wein- 
rebe, d. h. der Stod, den die römischen Genturio: 
nen als Abzeichen Dio Cass, 55, 24) führten, 
und mit dem fie die Soldaten ftraften, die ihre 
Pflichten nicht gehörig erfüllten. Tac. ann. 1, 23. 

Yitium. Wenn gegen die Vorjchriften des Auſpi⸗ 


calwejens (ſ. Divinatio, 18 ff.) abjichtlid oder 


unabfichtlich gefehlt, ober eine Wahl unter Ber: 
nachläſſigung der einzuholenden oder mit Beijeite- 
jebung der eingeholten Auſpicien vorgenommen 
war, ſelbſt aud dann, wenn inzwijchen noch ein 
Einſpruch der Götter erfolgte, und die 


— 
trotzdem vollzogen wurde, ſo lag ein „Fehler“ 


1293 


ein (j. Interrex) (Liv. 4, 7. 5, 17); der Ab» 
tretende war nach Herfommen für diesmal auch 
nicht wieder wählbar (Dio Cass. 54, 24), Nur 
bei den Tribunen war die Ernennung eines In— 
terrer unmöglich, auch waren bei dem Tribunate 
die Intereſſen der Batricier nicht jo direkt betei- 
ligt, als bei den übrigen höheren Amtern, daher 
wohl die Erjcheinung zu erflären, dab uns nur 
ein einziges Beijpiel (Liv. 10, 47) von vitio creati 
tribuni, die ihr Amt niederle ten, überliefert ift. 
War bei einem Boltsbeihfug ein vitium feſt⸗ 
geſtellt, ſo hatten allerdings auch nur die Comi— 
tien das Recht, denſelben wieder aufzuheben; dod) 
ift das ſpäter auch durch bloßen Senatsbeichluß 
geichehen. 

Vitrum , darog oder Aldog, las, war bis zu 
den Zeiten des peloponneſiſchen Krieges ein äußerft 
tojtbarer Artikel; nah und nad wurde der Ge— 
brauc; allgemeiner, bejonders als in Alerandreia 


Vitruvii. 


‚die Fabrifation fich hob, und die Kunft des Glas: 
ſchleifens daſelbſt eine bewunderungswürdige Höhe 
durch die Stadt gejchleppt worben war, bei den 








(ritium) vor. Die Entjcheidung darüber hatte das 


Kollegium der Augurn, ſowohl aus eigener Macht: 
volltommenheit, als auch auf Erfordern des Senats 
ober des einzelnen Magiftratus (Liv. 23, 31.45, 12. 
Cie. n.d. 2, 4. ad fam. 10, 12). 
jefigeftelit, io hatte erſtlich die vollendete Wahl 
ennoc Gültigkeit (Varr. 1.2. 6, 30: magistratus 
vitio creatus nihilo secius magistratus), und 
wurde ber gewählte ‚Ragiftratus in den Faſten 
aufgeführt (Liv. 27, 22 nach Konjektur); aber den— 
noch fügten ſich die Betreffenden dem Willen der 
Götter und abdicierten (vitio facti abdicarunt), 
gezwungen fonnten fie freilich nicht werden, wie 
denn €. Flaminius 223 v. E. troß des Defretes 
der Augurn und des Senatsbejchluffes jein Amt 
behielt (Zav. 21, 63). Zur Erjapwahl für den 
Abdicierenden trat regelmäßig das nterregnum 


War ein vitium | 





erreichte. Aber eine viel ausgedehntere Anwen— 
dung jaud das Glas in alien, wohin es an: 
ebradht worden war. 
‚Man nahm das Glas zu Fenſterſcheiben, Later: 
nengläjern und zu Verzierungen der Wände (wie 
Ausgrabungen in Pompeji und Ficulnea zeigen) 
und bereitete aus diejem Stoffe viele vasa vi- 
trea (escaria, potoria), namentlich Becher, Scha: 
len, Fläjchchen von allen Formen (ampullae, ala- 
bastra) und größere Bajen (urnae), die aud als 
Achentrüge in den Gräbern gebraucht wurden. 
Die Glasgefähe waren bunt oder einfarbig, auch 
aus mehreren übereinandergelegten Lagen zujam- 
mengejegt, welche dann wie Stein gejchnitten und 
geratifien wurden (toreumata vitri). ®Die alte 
nft ift hierin der neueren noch mweit voraus. 
Die j. g. Portlandvaje im Britiſchen Mufeum, 
ganz von Glas, ift ein unvergleichliches Beiipiel 
dieſes Zweiges der alten Kunft. Auch feine Edel: 
teine wurden in Glas jehr geichidt nachgeahmt. 
gl. über die Fabrikation des Glajes Marquardt, 
Privatleben der Römer (2. Aufl.) S. 744 ff. Blüm— 
ner, Technologie und Terminologie IV ©. 379 ff. 
Yitruvli, 1) Bitr. Baccus, ein Fundaner, 
reiste die Privernaten und Fundaner 330 v. C. 
Kriege gegen Rom, wofür er im nächſten 
Fahre den Tod erlitt. Das Haus, das er auf 
dem Balatinus beſeſſen hatte, ward geichleift, die 
Stätte blieb unbebaut und hie jeitbem Vacci 
prata. Liv. 8, 19f. Cic. de dom. 38. — 2) Bitr. 
Pollio, der einzige römijche Schriftjteller über 
die Baufunft, defien Werk auf uns gelommen ift, 
fällt in Die Zeit des Julius Cäjar und des Augu— 
tus. Seine Heimat (Verona wird genannt), feinen 
Bornamen und jeine Eltern kennen wir nicht, doch 
rühmt er (praef. 1, 6) die gute Erziehu ng, welche 
er in jeiner Jugend erhalten habe. Schon Cäſar 
verwendete ihn ın jeinen Dienften, und Auguſtus 
brauchte ihn nicht bloß ald Ingenieur zur Ber: 
fertigung don Kriegsmaſchinen, Tabs übertrug 
ihm auch. die Leitung des Bauweſens. Seine 
Gönnerin, Auguftus’ Schweiter Octavia, vermittelte 
ihm eine anjehnliche Penſion, in deren Genuſſe 
er jein Alter in Gemächlichkeit verleben und jeine 
Muße auf die Abfajjung des großen Werts ver- 
wenden konnte. Aus Dankbarkeit widmete er die 
10 Bücher de architectura dem Brinceps. Gr 


1294 Vitta — 


behandelt in dem erften Buche die Grundlagen 
der Baufunft, jpricht in den zweiten von den 
Baumaterialien, in dem dritten von Tempeln, in 
dem vierten von Säulenordnungen, im fünften 
von Öffentlichen Gebänden, im ſechſten von der 
Stadt: und Landbaukunſt, im fiebenten von dem 
Schmude ber Häuſer. Das achte handelt vom 
Waſſer und von Waflerleitungen, das neunte von der 
Gnomonil, das zehnte von der Mechanik. Offenbar 
ein umfafjender Plan, zumal er fich die Mufgabe 
ftellte, alles Erforberlicdye aus griechiichen Quellen 
zu ſammeln, durch feine Erfahrungen zu bereichern 
und durch die ung leider verloren geaangenen Riſſe 
(schemata) zu erläutern, Die Zeit der Abfaſſung 
wird in der Negel um 16—13 dv. C. gejeßt; Lachs 
mann geht bis zu der Zeit, wo Barro geftorben 
ift, zurüd. In der Darftellun 
geübt; überall ſieht man den blohen Techniker, der 
mit dem Ausdrucke nicht fertig zu werben weiß, 
und der nicht bloß troden und dunkel (das Tiehe 
ſich allenfalls durch den Gegenftand entjchuldigen), 
jondern jchwerfällig umd ohne Ordnung, abftopend 
und wunderlich jchreibt. — Außer dem Werte jelbft 
befigen wir aud einen Auszug daraus von 
Cetius Faventinus. — Ausgg. von Rode (1800), 
3. G. Scmeider (1807 f.), A. Marini (1836), 8. 
Lorengen (1856, unvollendet), Roje und Müller: 
Strübing (1867). _ Guter Inder von H. Nohl 
(1876). Dentiche Überſſ. von Rode (1796 ff.) und 
Reber (1864 f.). 

Vitta, das Kopfband, welches dad Haar ber 
freigeborenen Römerinnen jchmüdte und in ein: 
facher Weiſe zujammenhielt. Bon diefem war die 
vitta der Veftalinnen und der Priefter verichieden, 
indem fie aus einem langen Bande beitand, das 
die die infula bildenden Wollfloden zuſammenhielt, 
und deſſen beide Enden, mit Franzen (taeniae) 
verjehen, hinten im Naden herabhingen. Auch 
wurden alle Gegenftände mit vittis ummwunden, 
denen man irgend eine religiöje Bedeutung beilegte, 
3. B. die Hochzeitsfadeln, die geheiligten Bäume, 
die Götterbilder, Kampfpreiſe, die Altäre, Tempel 
und Häufer. 

Vitüla, Victula, Vitellia, von vitulor abge: 
leitet, römische Berjonififation der muntern Le— 
bendigfeit, aljo der Freude und des Jubels, auch 
mit Vietoria in Zuſammenhang gebradjt und als 


Siegesjubel erflärt. Nac andern ift fie die Göt- | 


tin, die dem Menſchen das Leben friftet, wesha 
ihr Früchte als das 
wurden. Verg. E. 3, 77. 

Vivarium, ein Behälter für lebende Tiere, 
1) viv. avium ober aviarium, das Gehege zur 
Bucht und Mäftung ſowohl der gewöhnlichen zum 
Haushalt gehörenden Vögel ald der Luxusvögel, 
wie Pfauen, Faſanen, Krammetsvögel. — 2) Vir. 
ferarum bestiarum, Tiergarten zur Jagd und 
zum Vergnügen, beſtimmt für Eber, Hiriche, Rebe, 
Hafen (leporarium). Auch gab es bejondere An- 
ftalten für Hafelmäufe (gliraria), Schneden (coch- 
learia) und Auftern (viv. ostrearum). — 3) Viv, 
piscium ober piscina, Fiichbehälter mit ſüßem 
oder mit Meerwafler, welche die Reichen mit einem 
großartigen Luxus anlegten. Die meiſten Viva: 
rien befanden fo auf den Billen der VBornehmen. 
— In Rom gab e8 einen Tiergarten in der fünften 
regio, in dem bie wilden Tiere für die vena- 
tiones erhalten wurden; und außerdem mehrere 


Ib 


ift Vitr. wenig | 


M. | rechten Ufer des — 
in 


Hauptnahrungsmittel geopfert 
7 


Voleacii. 


Menagerien an Vergnügen des Beſitzers, aber 


auch zum Han 

Vivisei j. Bituriges. 

Voeätes, Bolt in Aquitania, wahricheinlic 
oberhalb Burdigala (Bordeaur), neben den Tanı: 
fates. Caes. b. g. 3, 23. 27. 

VocatIo in ius ſ. Prozefs, 22. 

Voeetius Mous, waldiges Gebirge in Gallio 
Belgica, öftlicher Zweig des Jura, j. Bözbern im 
Wargau. Tac. hist. 1, 68. 

Voconli. Dahin gehören: 1) DO. Boconint 
Sara, Bolfstribun 169 v. E., Urheber der ler 
Voconia (j. d.). — 2) diente im mithridatiichen 
Kriege als Legat unter Lucullus. Plut. Tue. 18 
— 3) D. Boc. Nafo, von Cicero (Oluent. 53i. 
als Richter im Prozefie des Eluentius genannt. 

Vocontii, mächtiges Boll im narbonenfiihen 
| Gallien, war den Römern bloß verbündet und lebte 

nach eigenen Gejegen, in der jüblichen Daupbin 
| und Provence. Caes. b. g. 1,10. Liv. 21,31. Tar. 
hist. 1, 66. Strab. 4, 179. 185. 187. 
Vogösus mons j. Vosegus mons. 
Voläna, Ort in Samnium (j. Ballana), am 
Lir. 10, 40. 

Volandum, Safte Kleinarmenien, weitlid 
von Wrtarata. Tuc. ann. 13, 39. 

Volaterrae, Oöolardgguı, etruffijch Belathn. 
eine der höchſt gelegenen Städte Jtaliens, in Ettu 
rien, einige Meilen von der Küſte; zu ihr führt 
nur ein einziger fteiler und bejchiwerlicher We 





empor. Hiedurch, ſowie durch jehr ftarte (8 r& 
miſche %.) und hohe (32 römij .) Mauern, di 
meift noch erhalten find, war V. jo feft, daß die 


Marianer fih hier 2 Jahre verteidigen fonnten 
In der Folge janf die Stadt, zu der ein weile 
Gebiet gehörte, bis zu der nach ihr genannten 
Küfte Bada VBolaterrana (noch j. Maremm 
VBolterrana). V. war bie größte der 12 etruriichen 
Bundesftäbte, 2 Stunden im Umfange; das beu 
tige Volterra begreift kaum den dritten Teil der 
alten Stadt. Strab. 5, 222. Ziv. 10, 12 m. 
Volcae, Odöircı, mächtiges leltiſches Bolt im 
narbonenfiichen Gallien bis zur Grenze von Yan 
tanien und zum Rhodanus, über den es jelbi 
früher reichte. Liv. 21, 26. Schon früh unter 
nahmen die V. Wanderzüge nach Germanien un 
Griechenland. Sie zerfielen in 2 Hauptjbämme: 
1) Tectojäges oder Tectojagi, vom Fuße der 
Porenden bis oberhalb Narbo, jpäter zum Tail 
nad Afien ausgewandert; ihre Hauptſiadt mar 
Toloja (j. Touloufje) an der Garumna, jpäte 
römische Kolonie; 2) Arecomici, öftlic vom dr 
Tectofäges, mit der Hauptftadt Nemanjus (j. Ri* 
mes) und der Stadt Narbo. Caes. b. g. 6, * 
7, 64. Strab. 4, 186 f. 203. = 
Voleacii (Vulcacıi, weniger richtig Voleati 
1) Freund des Verres, der die Beſtechichleit dee 
ſelben beförderte. Cic.-Verr. 2, 23, 66 ff. — 2) Bolt. 
Sedigitus, um 100 v. E., Berfaffer eines poe 
tiichen Kanons, in dem die Balliatendichter nad 
ihrem Werte in wunderlicher Ordnung aufgepählt 
werden Gell. 15, 24. — 3) &. Bolc. Tullns, 
Konful 66 dv. E., ſchloß Katilina von der Konin 
latsbewerbung aus und verhinderte den Ausbrus 
der jogenannten => catilinarifchen Berjhwörung 
Cie, Cat. 1,6. Bei Ausbruch des Bürgerfriege 
wiſchen Cäjar und Pompejus wünſchte er einer 
iedfichen Ausgleich und war dann, wie es jceinl, 








Voleanal — 


bemüht, als Vermittler zu wirfen. Cic. ad Att. 

7,3, 3. 9, 10, 7. 19, 2. — 4) C. Bolc. Tullus, 
diente 53 v. E. unter Cäjar in Gallien (b. g. 6, 29) | 
und 48 bei Dyrrhadium (b. c. 3, 52). 

Voleänal 

Volcanalia 

Yoleänus 

Voleatii j. Volcacii. 

Volcentes, Bolf im Innern Yucaniens, mit der 
Stadt Odinoı, Vulei, j. Ballo, zwifchen Päſtum 
und Policaftro. Lir. 27, 15. 

Volei, OböAxoı, nördlich von Tarquinii ge 
fegene, früher nicht unbedeutende Stadt Etruriens, 
j. Piano de Bulci am Fiorafluß, deſſen alte Ne: 
fropole eine wichtige Fundſtätte für Altertümer ift. 

Yoleläni, Bölferjchaft im tarraconenfiichen Hi: 
ipanien. Ziv. 21, 19. | 

Volkslied, Das Boltslied hatte bei den Grie- 
chen eine untergeordnete Stellung, da einerfeits | 
die Kunftpoefie bei ihnen vollsmäßig war, andrer: 
jeits die poetijchen Elemente im Bolfe von dem | 
funftformenden Sinne der Griechen leicht in das | 
Gebiet der Kunftpoefie hinübergeführt wurden. Aus 
uralter Zeit einfachen Landlebens ftammten kurze 
Lieder religidjer Art, welche die durch Ericher: | 
nungen der Natur herborgerufenen Empfindungen 
in jchlichter Weife ausſprachen. Sie hatten meiften: 
teils einen traurigen, melancholiichen Charakter. 
Hieher gehörte die Linosflage, Olzölıvog (d. i. 
Tod des Linos) oder Allıvog (d. i. Ad, Linos! 
nad) den Ausrufungen AT Ave am Anfang und 
Ende genannt). Bei Homer (TI. 18, 569) wird 
der Linosgefang bei der Traubenleje gelungen. 
Der Gegenftand des Liedes war der Tod eines 
Ichönen Knaben von göttlicher Abftammung, der 
in der AJugendblüte von wütenden Hunden zer: 
fleifcht worden war. u fpäterer Zeit wurde diejer 
Linos zu einem mythiſchen Sänger umgewandelt 
(j. Linos). Die Perjon des Linos bezeichnete bie | 
Blüte des Jahres, die zur Zeit der größten Hitze, 
wo der Hundsftern waltet, vernichtet wird. Ähn— 
liche Trauerlieder, die — einen in der Blüte 
dahingerafften göttlichen Knaben oder Jüngling 
beffagten, gab e3 in Griechenland und bejonders 
in Kleinaſien viele, wie den Jalemos, ben 
Stephros in Tegea, den Lityerges, der im 
Phrugien beim Mähen des Korns A ward, 
den Bormos bei den Mariandynern am Schwar- 
zen Meere; auch das Adonislied nnd der äghp- 
tiihe Maneros gehören hieher. Verwandter Art 
find die Totenflagen (#onvor), die über wirt: 
liche Perſonen angeftellt wurden. Hom. Il.24, 720, | 
Gefänge von ganz anderem Charakter waren die 
alten Kultusgejänge, die entweder einfache 
Gefühle des Dantes, der Hoffnung und des Ver: | 
tranens ausſprachen, wie die dem Apollon geweihten | 
Paiane (Hom. Il. 1, 473. 22,391. hymn. in Apoll. 
Pyth. 336), oder fich epifch über die Geſchichte und 
Wirfjamkeit des Gottes verbreiteten. Hieraus ent: 
widelte fi die funftreihe Sumnenpoefie. Bon 
Kultusliedern aus jpäterer Zeit find bejonders jolche 
auf Dionyfos befannt. Dem Kultusliede verwandt 
find die Hymenaien. Hom. Il. 18, 493. Außer— 
dem hatten die gejangreichen Griechen von alter 
Beit her eine Menge rein weltlicher Xieder, Tanz: 
lieder, Kinderlieder, befonders das Schwalbenlied, 
Wiegenlieder, Spinnerlieder, Trinklieder. Erwähnt 
wird ein Lied, das beim Mahlen des Betreides | 


! 


ſ. Hephaistos. 





1295 


gejungen ward, ein Dreichlied, Kelterlied, Ruderlied, 
Bettlerlied (j. Eigesıarn unter Pyanepsia). 
Eine Sammlung der Reſte ſolcher Volkslieder ſ. 
in Schneidewins Delectus poesis gr. eleg. iamb. 
melicae II. und in Bergfs poet. lyr. Graee. III 
. 654 ff. der 4. Aufl. Auch die Stolien als 
rinflieder, jowie der unausgebildete bufolische 
Belang (i. Theokritos) gehören hieher. Vgl. 
Ritichl, Opuse. I p. 249 ff. Benoiſt, des chants 
populaires dans la (Greece antique (1857). — 
Wie wenig gefangluftig auch im allgemeinen die 
Römer gewejen fein mögen, jo entbehrten jie 
doc nicht gänzlich des Vollsliedes, das freilich 
zu einer fünftlerijchen Ausbildung nicht gelangte, 
weil die Gebildeten ſolche unmittelbare Ergüffe 
poetifcher Empfinduligen als roh und dem feinen 


Voltureius, 


Geſchmack zumider erachteten. Bon den Soldaten, 


Bauern:, Matrojen: und Bettlerliedern, welche die 
Scriftfteller erwähnen, find uns nur geringe 
Spuren erhalten. Die meiften Lieder hatten die 
Form eined Wechjelgelanges, jo das Liebeslied 
an die ferne Geliebte, das ein betrunfener Schiffer 
und ein Ejeltreiber um die Wette jangen (Fler. 
sat. 1, 5, 14). 

Volsel, Obölonoı, Obokonexo:, Olcoi, alte ita: 
liche Völferjchaft zu beiden Seiten des Liris, bis 
an die Küſte des Forrhenifchen Meeres, mit der 
Hauptftadt Sueſſa Pometia. Nach langen und 
erbitterten Kriegen von den Römern befiegt, 338 
v. C., verjchwinden fie ſeitdem aus der Seichichte. 
Liv. 1,58. 2, 9. 22. 3, 22. 4, 59 u. d. Strab. 
5, 228. 231. ©. Latium, 5. 

Volseius, M. Volſe. Fictor, trat 461 v. E. 
mit einer Ausjage wider den angeflagten Käſo 
Duinetius (j. Quintii, B, 2) auf, wofür er jpäter 
wegen Verdachts faljches Zeugnis abgelegt zu haben 
verurteilt und verbannt wurde. Liv. 3, 24f. 29. 

Volsellae, feine Zangen, mit denen ber ton- 
sor die im Geficht befindlichen einzelnen Haare 
ausraufte (rgegolaßides); ferner ſolche, mit denen 
der Zahnarzt arbeitete, oder der Wundarzt die 
Ränder der Wunben fahte. 

Volsinii (Vulsinii), OboAalrıoı, bedeutende etru- 
riiche Bunbesftadt, am füdlichen Ufer des Lacus 
Volſinienſis (j. Lago di Boljena, mit 2 Inſelnd. 
Nachdem die Römer 3 eingenommen und zerſtört 
hatten, gründeten die Bewohner ihre Stadt an 
der nordöſtlichen Seite des Sees, an der Stelle 
des heutigen Bolſena. Beide Städte erfreuten ſich 
eines großen Reichtums. Bgl. Ziv. 10, 87. 

Voltacilius, 2%. Volt. Bitholans, ein Frei— 
gelafjener und Lehrer des großen Bompejus, Ichrte 
jeit 81 v. E. in Nom Xhetorif. Die von ihm 
verfaßten Biographien des Pompejus und feines 
Vaters find verloren gegangen. Suet. rhet. 3. 

Voltumna, etruffijch Felthina, etrujfiiche Göt⸗ 
tin des Bundestempels der 12 etruſtiſchen Staaten, 
bei dem fie zu gemeinjamer Beratung zufammen: 
famen. Mit ſolchen Zuſammenkünften waren Opfer 
und Spiele, ſowie Jahrmärfte verbunden. Er lag 
wahricheinlih am Badimonifchen See, oder am 
Tiber, zwiſchen Ameria, Bolfinii und Falerii, oder 
auf dem Monte Fiascone am lacus Volsiniensis. 
Plin. ep. 8, 20. Liv. 4, 23. 61. 5, 17. 

Voltur j. Venusia, 

Voltureius, Titus, einer der catilinarijchen 
Berichworenen, wurde auf der Reife mit den Ge— 
jandten der Allobroger gefangen genommen und 


1296 


erlangte durch offenes Belenntnis und nach Aus: 
händigung des Briefes, den er von Lentulus an 
Satilina erhalten hatte, Verzeihung. Sall. Cat. 44 ff. 
Cic. Cat. 3,2. 4. 4,3. 

Volturnus, der bedeutendfte Fluß Campaniens, 
entiprang auf dem Apennin in Samnium, nahm 
in vielen Krümmungen ftrömend den Ealor (ij. 
Galore) mit Tamarus (j. Tamaro) und Sabatus 
(j. Sabato) von der linken Seite auf und mün— 
dete dann im wejtlihen Lauf bei Bolturnum 
(j. Eaftellamare di Bolturno) in das Tyrrheniſche 
Meer; noch jetzt Volturno. Liv. 8, 11. 10, 20. 
22, 14. 25, 20. Strab. 5b, 238. 249. 

Volumen hieß eine Rolle, die aus einer ge— 
wiffen Zahl aneinander geleimter Papprusitreifen 
bejtand, die man nach Beendigung der Schrift um 
einen Eylinder widelte, jo daß der Leſer fie all: 
mählich aufrollte. Daher bedeutet der Ausdrud 
evolvere volumen „ein Buch leſen“. Cie. ad Att. 
10, 10, gl. Bücherwesen, 6. 

Volumnii, ein, wie es jcheint, aus Etrurien 
ftammendes Geichleht: 1) Bolummia, die Ge: 
mahlin Goriolans (j. Marecii, 4.). — 2) ®. Vol. 
Amintinus Gallus, Konſul 461 v. E., zeigte 
im nädjten Jahre im Kampfe gegen Herdonius 
grobe Entjichlofjenheit. Liv. 3, 10. 18. — 3). 

ol Fla mma Violens, jampfte 307 v. €. 
gegen die Salentiner, 296 gegen die Samniter, 
beide Male als Konful, mit großem Güde. Seinem 
Kollegen in beiden Konſulaten, dem ftolzen Appius 
Gäcus, der (296) in Etrurien bedrängt wurbe, 
brachte er Hülfe, befiegte mit ihm die Feinde und 
— ſeine Achtung. Hierauf überfiel er die 

amniter, die in Campanien eingefallen waren, 
und nahm ihnen die Beute wieder ab. An Rom | 
empfing er viele Zeichen der Anerkennung jeiner 
Thaten. Liv. 9, 42. 10, 15 ff. — 4 P. Bol. Eu: 


trapelus, Anhänger des Triumvirs Antonius, | 


welcher, wie er, ein lebensluftiger Mann mar, 
wurde 44 v. E. von Cicero, der mit ihm in Brief: 
wechſel jtand, gebeten, fich für ihn bei Antonius 
zu verwenden. Cie. ad Att.15, 8,1. ad ſam. 7, 32f. 
Phil. 13, 2. Auch Atticus ftand in freundicaft: 
lihem Berfchre mit ihm. Nep. Att. 9, 4. — 5) P. 
Vol., ein inniger Freund des M. Brutus, jein 
Begleiter während des Bürgerfrieges, war ihm in 
den legten Augenbliden jeines Lebens zur Seite. 
Er verfaßte eine Geſchichte der Bürgerfriege. Plut. 
Brut. 48. 52. 

Yolupia, römijche Berjonififation der Luft und 
des Vergnügens, die zu Nom ein Heiligtum hatte, 
Priejterausdrud für die ebenfalls perjonifizierte 
VBoluptas. Cie. n. d. 2, 23. 

Volusenus, C. Vol. Quadratus, diente unter 
Cäſar als Kriegstribun in Gallien mit vieler Aus— 
zeichnung und jtand ihm auch im WBürgerfriege 
zur Seite. Im J. 48 war er Vollstribun und 
Anhänger des Antonius. — b. 9. 3, 5 u. ö. 
b. c. 3, 60. Cic. Phil. 14, 

Volusiänus, C. —236 Rufius, bezwang 
311 n. C. als Feldherr des Martentius die von 
Alexander in Afrika angefachte Empörung und be— 
kleidete in demſelben Jahre und 314 das Konſulat. 
Aur. Vict. Caes. 40, 18. Zos. 2, 14, 3. 

Yolusii. Die bedentendften Mitglieder diejer 
Familie find: 1) DO. Vol., einer der Beamten 
Ciceros in Kilifien, von wo ihn jener als Richter, 
nad Eypern jchidte. Cie. ad Att. 5, 11,4. 21,6. 








‚lebte in der Zeit des 


Volturnus — Vopiscus. 


Er war ein Mann von großer Zuver u ra -- 
2) 2. Bol. Saturninus, Konjul suffeetus 12 
v. E. für P. Sulpiciug, Protonful von Wfrifa 6 
v. E., legatus pro praetore von Syrien 5 n. E., 
ein Mann von großem Anſehen und Reichtum, 
ftarb 20. n.E. Tac. ann. 3, 30. — 3) Sein Sohn, 
x Bol. Saturninus, Konful suffectus 3 n. E,, 

vermehrte ald guter Haushalter das väterliche Ber: 
mögen bedeutend und ftarb als Stadtpräfeft, 56 
u.6&. Tac. ann. 12, 22. 13, 30. 14, 56. Plin. 7, 12. 
— 4) Bol. Proculus, wurde —— auf 
der Flotte zu Miſenum zum Lohn für die dem 
Nero bei Ermordung ſeiner Mutter geleiſteten 
Dienſte. Tac. ann. 15, 51. — 5) 2. Bol. Mäcia— 
nus, lebte unter Antoninus Pius, unterrichtete 
den Marcus Aurelius im Rechte und wurde vom 
Heere 175 n. E. ermordet. Er war ein bedeuten- 
der Rechtögelehrter, der in den Pandeften 44mal 
angeführt wird. Auch wird ihm eine noch vor: 
handene Schrift de asse et eius partibus beige: 
legt. Capit. Ant. P.12. Ant. Phil.3. Volc. Gall. 
Avid. Cass. 7. 

Volüta, Zeil der ionijhen Säule, j. Columna. 

Vomitoria hießen in den römiichen Theatern 
und AUmphitheatern die Eingänge zu den verded: 
ten Gängen, die unmittelbar zu den AZujchauer- 
plägen in den verjchiedenen Stodwerfen (prar- 
cinctiones) in beftimmter Entfernung voneinan= 
der führten. Alle ftießen auf die in der äußeren 
Umfafjungsmauer angebrachten Treppen, die nach 
außen führten, jo daß das ganze Publikum ſich 
auf einmal ohne irgendwelde Störung oder Ber: 
wirrung entfernen konnte. Man hat berechnet, 
daß das Koloſſeum, das mehr als 80 000 Menjchen 
faßte, jo viele Treppen und Thore hatte, daß 
dieſe ungeheure Menge in etwa 5 Minuten das 
Gebäude verlafien konnte. 

Vonönes, Odorarns, 1) V. J., ältejter Sohn 
des durch feinen Sieg über Antonius 36 v. E. 
befannten Partherfönigs Phraates IV., den diejer 
mit andern feiner Söhne und Enkel (10 oder 9 
v. €.) dem Wuguftus als Geiſel geſchickt hatte. 
Nachdem Phraates durch feinen Sohn Phraates V. 
oder Bhraatafes ermordet worden, diejer jelbft und 
jein Nachfolger Orodes II. der Erbitterung des 
Bolfes erlegen waren, erbat man fid) den Vonones 
um 8 n. 6.) von Rom zurüd, der aber wegen 
— griechiſch-römiſchen Gewohuheiten auch un— 
beliebt war, durch Artabanos Ill. von Atropatene 
vertrieben wurde (16 n. C.), kurze Zeit in Arme: 
nien König war und dann in Kilikien ums Leben 
fam (19 n. E.). Tac. ann. 2, 1 ff. 56. 68. Suet. 
Tib. 49. — 2) V. II, zuerjt König von Atropa- 
tene, dann von Parthien 51—54 n. E. (von 52 
au mit feinem Sohne Bolagajes 1... Tac. ann. 
12, 14. 

Vopiscus, Flavius Vop. Syracuſius, wie 


er nach ſeiner Heimat benannt wird, ftammte aus 
‚einer angejehenen Familie. 


Sein Großvater war 
ein vieljähriger genauer Freund des Piocletian ; 
auch jein Vater jcheint fi eines vertrauten Um— 
gangs mit diejem —* erfreut zu haben. Er 

arimianus in Rom. Der 
Stadtpräfeft Junius Tiberianus forderte ihn auf, 
das Leben des Kaijers Aurelian zu jchreiben. Bop. 
‚ folgte der Aufforderung, und teil® aus eigener 
Luft und Wihbegierde, teil auf Zureden jeiner 
' Freunde ſetzte er das angefangene Werk bis anf 


Vosegus — Waffen. 


“ 


Diocletian und feine Beitgenofien fort. So jchrieb 
er hintereinander in rajcher Folge das Leben des 
Aurelian, des Tacitus, des Florian, des Probus, 
der minuseuli qnattuor tyranni Firmus, Satur: 
ninns, Proculus und Bonoſus, endlich des Carus, 
des Numerianus und Carinus in 5 Büchern und 
widmete fie feinen Freunden (gedrudt in den Ausgg. 
der Script. hist. Aug.). Die Zeit der Abfafjung 
fällt in den Anfang des 4. Jahrhunderts, aber 
erft nad) der Abdankung des Diocletian Wenn 
Vop. gleich von Benugung der Quellen fpricht, jo 
icheint er doch anf die Sammlung von Materia- 
lien fein längeres Studium verwendet zu haben. 
Es ift die Arbeit eines Pilettanten, der mit leid: 
lihem ‚Urteil und in Tesbarer Darftellung zu: 
fammenjchreibt und dabei lange und ungehörige 
Digreffionen einflicdyt. — Das Leben des Apollo: 
nios don Tyana, unter dejien Verehrer er gehört 
(aljo ein Heide), hat er veriprochen, aber nicht ge: 
liefert. Abhandlung von Linjenbarth (1876). 

Vosegus. Vogasus, nicht Vogesus, die heut. 
Vogeſen, Wasgau, franzöfifch noch jeht Vosges, 
Gebirge Galliens, im Gebiete der Sequani und 
Treviri, die nördliche Fortfekung des Jura. Auf 
demjelben entiprang die Moja —28 Caes. b. 
g. 4, 10, 

Vota, eiyal, Gelübde, Bitten um glüdlichen 
Erfolg bei Unternehmungen, mit dem Verſprechen, 
der Gottheit nad Erfüllung des Wunjches ein 
Opfer oder ein Weihgeſchenk darbringen zu wollen. 
Das Gelobte wurde, gewöhnlich mit Abbildungen 
(rivensg, tabellae pietae) auf Bapierftreifen oder 
auf Wachstafeln geichrieben und verfiegelt, den 
Sötterbildern an die Knie geheftet. Der Tempel: 





1297 


vor. Liv. 31, 9. 36,2. Die gewöhnlichen Gegen: 
ftände folder vota publien waren große Opier, 
Anteil an der Siegesbeute, Tempel, Spiele u. |. w. 
(vgl. Quinquennales). Gegen Ende der Re— 
publif erhielten verdiente Männer, deren Wohl 
mit dem ded Staat? eng verfnüpft war, votu 
publica; fo zuerft Pompejns bei einer ſchweren 
Krankheit (Vell. Pat. 2, 48), dann Cäſar, deſſen 
Wohl jährlich auf dem Capitol durch Gelübde er: 
fleht wurde. Dasjelbe geichah in der Folge für 
alle Kaijer, teils jährlih am 83. Januar, teils 
alle 5 oder 10 Jahre. Auch die Geſchenke (strenae), 
die dem Kaiſer am 3. Januar dargebracht wurden, 
und diejer Tag jelbft hiefen vota. Am Jahres: 
tage der Thronbefteigung eines Kaiſers, an feinem 
Geburtätage, bei bejonderen Unternehmungen des: 
jelben, bei Reifen, Feldzügen m. ſ. w., ferner bei 
wichtigen Ereigniffen des fatjerlihen Hauſes brach: 
ten der Staat und einzelne ebenfalls Gelübde. — 
2) Vota privata wurden im ben berjchieden- 
artigften Lebensverhältniffen gebracht, der Lucina 
für Geburten, der Juno für Kinderjegen, dem 
Genius an Geburtstagen, bei Reifen den Lares 
viales oder der Fortuna Redux, bei Krankheiten 
den Diosfuren, bejonders dem Aſculap. Sehr häufig 
waren die tabulae votivae mit Darftellung franter 
Glieder, teil zum Zweck, ihre Geneſung zu ‚er: 
flehen, teild um für erlangte Gejundheit zu danken. 
In der Gefahr des Sturmes brachten die Schiffer 
den Meeresgöttern (Diosfuren, Neptun, der Benus 
marina) Gelübde, 3. B. Taue, Anker, Steuerruder, 
das ganze Schiff; Schiffbrüchige weihten Gemälde 
des Schiffbrucdhs in den Tempeln des Neptun und 
der Iſis; and hängten fie ihre Kleider in den: 


diener nahm fie herab und öffnete fie zu beftimm: | jelben auf. 


ter Zeit. Bei augenblidlicher Gefahr (in Schlady: | 


ten, im Schiffbruch u. ſ. mw.) genügte das bloße 
Verjprehen. War das Gewünſchte geichehen, jo 
mußte das Gelübde, wie eine Schuld, mit größter 
Gewifienhaftigkeit erfüllt werden; das Gelobte 
wurde feierlich durch einen Priefter gemeiht und 
der Gottheit ald Eigentum zugejprochen. Darauf 
wurde es an den Wänden und Säulen oder am 
Tholos (Kuppeldach) des Tempels aufgehängt. Die 
vota waren teil® publica, teils privata: 1) vota 
publica. Wenn ein höherer Beamter feine Stelle 
antrat, der Cenſor das Luſtrum eröffnete, ber 
Konjul in die Provinz zog, jo brachten fie a: 
für das Wohl des Staats Gelübde auf dem Ca— 
pitol. In den Provinzen geichahen ſolche Gelübde 
in einem Xempel, im Lager in prineipiis (f. 
Castra, 3). Ein Pontifer ſprach die Formel 





Votiönus Montänns, bedeutender Redner unter 
der Regierung de3 Tiberius, den Tacitus (ann. 
4, 42) mit Auszeichnung erwähnt; vgl. Sen. con- 
tror. 264. 294. 314. Er war, wie e8 jcheint, aus 
Narbo gebürtig, wurde von Tiberins 25 n. C. 
wegen Schmähreden ins Eril geſchickt und ſtarb 
in demjelben 27 auf den Balearen. 

Vuleänal 

Yalcanala | j. Hephaistos 

Yulcänus 

‚ Vuleaeii j. Volcacii, 

Vulgäres, niedere Sklaven, j. Servi, €. 

YulsinYi j. Volsinii. 

Vultur ſ. Venusia. 

Vultureins j. Volturcius. 


Velturnam |}, Yolturnun 


W. 


Waffen, I. der Griechen. Die Bewaffnung 
der homeriſchen Helden, wie fie in der Ilias vor: 
liegt, ift die Grundlage aller Bewaffnung der 
jpäteren Bürgerheere (ömliraı). Diele beftanden 
aus Schwerbemwaffneten; aber da fie zugleich auch 
fchwerfällig in der ganzen Handhabung und Be: 
wegung waren, ging nach Vertreibung der Perjer 
aus Griechenland die Tendenz auf Erleichterung, 
namentlich der Schubwaffen. Dazu half ichon die 
größere Gewandtheit in der Bearbeitung der Me: 

Reallexikon des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl. 


talfe, aber e3 wurde aud) anftatt des früheren 
Metalls leichtere Material, 5. B. Leder, verwandt. 
Dadurch war der Übergang zu der leichteren Be: 
waffnung, die fi) an den Namen des Fphifrates 
fnüpft (Nep. Iph. 1), gegeben, aber doch beftanden 
die Hopliten neben den Beltaften fort und hatten 
auch noch jekt den Musichlag des Kampfes zu 
eben. Die Peltaften waren allerdings eine leichte 
nfanterie, aber fie unterjchieden fich durch den 
Gebrauch des Schildes (wEirn) von den leichten 
82 


nn 


= 


1298 


Truppen, jowie aud; dadurch, daß fie nötigenfalls 
auch zum Nahlampf verwandt werben konnten. — 
A) Schutzwaffen, (kuvrrigie) örla. Ein ho— 
merijcher Held iſt geihügt durch Helm, Panzer, 
Beinichienen und Schild. 1) Der Helm, gewöhn- 
lid von Metall (nöpvs, wink, + “vr£n, 
Il. 5, 845, jpäter von Leder als Pidelhaube ohne 
allen Schmud (»urairvg), eine Fellkappe, aurdn 
im engeren Sinne, vornehmlich bei nächtlichen 
Unternehmungen angewandt zur Vermeidung alles 
Glänzenden. Od. 24, 231. Il. 10, 257 (xurdn 
ravgein). Beftandteile des Helmes (Fig. 1-5, 
bejonders 1) waren: die Haube oder ar (a), 
„gavog, Stirn:, pdlog (b), Naden: (d) und 
Seitenihirm (c), padluge, Il. 16, 106, mit 
rindsledernem Kinnriemen, 11. 3, 371, jowie Bü- 
el (e), »vußayog, von hinten nah vorn, und 

elmbujc(f), Adpos, gewöhnlich von Roßhaaren; 
die Federbüſche (Fig. 4.2) gehören einer jpäteren 
Beit an, der Helm des Achılleus hatte einen gol- 
denen Buſch, 11. 18, 612, ein Werk des Hephaiitos, 
TI. 19, 383. Zur Bermeidung des Drudes war 
der ganze Helm mit Zeug oder Leber gefüttert. 
Er wog etwa 2 Kilogr. 2) Der erzene Banzer, 
Bruftharniich (Fig. 6—8), Soon, 8—9 Kilogr. 
ichwer, bejtand aus Bruft- und Rüdenftüd (Panzer: 
ſchale, yuala, Il. 5, 99. 15, 530), beide zujammen- 
gehalten oberhalb durch die Schulterftüce (b), duor, 
welche mitteljt Klammern, Ketten oder Riemen an 
Ringen (Fig. 6. c, Fig. 8. d) befeftigt waren, unter- 
halb durch einen Gürtel (e), fwoorrie, urn, Il. 
5, 539. 615. Unter Panzer ging ein Schurz 
oder Wams (f), Söu«, Il. 4, 187, von Leder oder 
Er bi8 auf die Mitte der Schenkel hinunter, 
in jeinem oberen Teile vom und an den beiden 
Seiten noch mit einer Metallbefleidung (g) aus 
einzelnen aufeinander geheiteten Platten in Form 
von Federn (wripvyeg) beitehend (Fig. 32, Linnen: 
panzer mit mrigvuyss). Bisweilen wurde auch noch, 
um die Reibung des Panzerd zu vermeiden, eine 
mit Wolle oder Filz gefütterte Binde von Blech 
(uiron) auf dem bloßen Leibe angelegt, zugleich 
um Scuße dienend (Il. 4, 137. 187. 5, 857). 

tatt diejes Panzers, der über dem gewöhnlichen 
Kleide, zırav, getragen wurde, wird häufig (Azausr 
qehroyıravov, Il. 3, 251) ein lederner Koller er- 
wähnt 9 11, 100. 21, 31, ebenfalls yırav ge— 
nannt, jpäter oroldg, Xen. An. 3, 3,20, 4, 1,18), 
mit erzener Bruftplatte, nagdıopuia«d, die oft mit 
jehr zierlicher Arbeit gejhmüdt war, biäweilen 
aber aud ein leinener Panzer, Auvodngnt, wie 
ihn Aias, der Lofrer, trug (Il. 2, 529. 830), ſowie 
auch ein Kettenpanzer, «Avoıdwrög, lorica hamata. 
3) Die Beinjhienen (Fig, 9—11), vrnwideg, 
Platten aus Erz oder Zinn, die den vorderen Teil 
der Beine vom Knöchel bis über die Knie hinaus 
deckten, mit Hafen oder Schnallen (dmispögıe) zur 
— 5 4) Der Schild, gewöhnlich der große 
Dvalichild (Fig. 12), donis, bei Homer aud) 


scaog (Il. 5, 619) oder Boedn, der rindslederne, | 


Waffen. 


| — dien, einunlog u 12, 298, 
ohne ng, hatte entweder 2 Bügel, Han: 
haben, öyave, naroveg, zum Durdhiteden des Linien 
Armes (Fig. 14), oder eine, von dem einen Schild 
rande bis zum andern reichende breite Querſtange 
(sarcr), über der Wölbung des Schildes befeftiat, 
unter welcher der Oberarm hindurdhgeftedt wurde; 
die d erfaßte eine von dem ringsum mabe 
am Rande des Schildes angebrachten Handhaben 
(Big: 13), mit denen nötigenfalls g elt werden 
onnte. Beide Schilde waren nach außen gemälk 
(Fig. 15). Der Meine Amazonenjchild (Fig. 16, 
ichnet in Verbindung mit einer Streitagt, wie 
ie Xen. An. 4, 4, 16 vorlommt) wurde das Ver 
bild der jpäteren =Eirn, des Schildes der Peltaften. 
Die jpäteren en am Schilde waren nad 
Hadt. 1, 171 eine dung der Karer, die Yale: 
daimonier führten ein A, die Sikyonier ein Z, 
die Thebaner eine Keule oder Sphing, die Athene 
eine Eule. — B) Die Angriffswaffen, pär 
der Shwerbewaffneten waren: 1) die Ah 
lange Zanze, der Spief (Fig. 17), jpäter dogr, 
bei Homer auch Zygos, ygein, Evoror, mit einen 
Schafte, arugas, gewöhnlich ans Ejcpenholz (mi 
kvov), und einer zweijchneidigen Spike, alzui: 
dad untere Ende diejes Spiches (oögiayos, Il 


16, 612) war in der ebenfalls mit Etz 
fpäter mit Eijen beichlagen (der Lanzenſchuh, ser- 
e@rrje, Il. 10, 153), damit er während der Rube 


in die Erde geftoßen werden konnte; er durſe 
deshalb füglich als zweiipigig (dupiyvor) bezeid 
net und, wenn die eigentliche Spige, alyun, im 
Kampie abbrach, —— zum i 
umgelehrt werden. Er diente nur zum Stoß, kin 
—— betrug 2 Kilogr. (vgl. Orkiraı). Die 
mafedonijche Lanze, adpgıse«, wird zu 24 Fui 
angegeben, wahrjcheinlich aber war fie etwas kürzer. 
2) Das Schwert, und zwar der gerade Dega 
(Fig. 18 und 19), Eipos, Zyzeigiöior, zweiſchnti 
dig (dugpimes), der Griff, oz, Aupıj, ohme Bügel 


war oft mit filbernen Nägeln geziert ober mil 
Elfenbein ausgelegt (Il. 1, 219). hing in einer 
aus Metall oder mit Metall bejchlagenem Yede 


beftehenden Scheide (wolsos) an eimer über die 
rechte Schulter geworfenen Koppel (reiauwr, 11 
7, 304) an ber linfen auch wohl bisweilen an de 
rechten) Seite. Das überdies nod am der Scheik 
befindliche Mefler (udyaıga, 11. 3, 271 ff.) diente 
nicht als Waffe, jondern zu ſpeziellem Schneide 
gebraud. Der krumme Degen, Säbel (Fig- 39. 
udydıpa, Eufln, &oe, war bejonders bei da 
Selckeimanlern 

waffneten, nad den Perjerkriegen aufgelomme, 
waren jeit dem Zuge der Zehntaufend eim imie- 
grierender Beftandteil der griechiichen vilo 
yvurijreg, yuavol, weil ohne Schild und je 
Schutzwaffe); nur für den Fernkampf be 
hatten fie bloß Angriffswaffen. Ihre Ko g 
war die Felllappe oder eine Art Hut. Sie zerfielen 
je nach den Waffen, die fie führten, in: Speer: 


mit den Prädifaten dugyıßporn (Il. 20, 281), ſchützen (dxovrorad), Bogenjhüken (zoföru 


roönwerng, der den ganzen Mann vom Mund bis 
zu den Knöcheln te, mit einem Riemen zum 
Umbängen über den Hals und die linfe Schulter, 
Wehrgehänge (relausr, Il. 5, 796), und einer 
Handhabe, wögra£, für die linfe Hand verjehen, 
im ganzen 14—15 Stilogr. wiegend. Der Heine 
runde Schild (fig. 13, 14), auch der argiviiche 








und Schleuderer (operdornrar). 1) Die Speer— 
ſchützen mit Speeren von iedenem Gewicht 
der ſchwere (Fig. 20), äxwr, drörrıor, 5—6 Beier 


lang, 1"/, Kilogr. ſchwer, mit ſcharfer Spige (dxt ; 
der leichtere (yodspog, verutum, 
lang und 1 N 
jpigem und dünnem Eijen beſetzt. Speere mittlere 


tragula), 4 Fub 
inger did, mit jpannlangem, ſeht 


een — Die Leihtbe : 





62 


-1 


Waffen. 1299 


Größe (3—4 Fuß lang und 1 Zoll ftarf) fonnten | Als Schutzwaffen hatten fie nach Nep. Iph.1 einen 
die einzelnen etwa 6 führen. 2) Die Bogen- linnenen Koller. Als Beinſchienen famen die jo- 
jhüßen, mit Bogen (röfov, Il. 4, 105 ff.), genannten Iphikratiden auf, ein Mitteldin 
1'/, Kilogr. ſchwer, bewaffnet; an demjelben find zu | zwijchen Stiefel und Gamaſche, an denen fi 

unterjcheiden (Frig. 22. 23): die Hörner, xLoare, | jogleich die Sohlen befanden, alles von Leder. — 
mit einem Metallbeihlag jowohl an den beiden | Il) der Römer. A) Schußwaffen, arma, arna- 
Enden, xoo&vn (Il. 4, 111), ald auch in der Mitte | tura. Die Bewaffnung der Römer war durch 
des Vogens, dem Auflager, wjyvg (Il. 11, 375) | Servius Tullins nach dem Grundjage geordnet, 
für den Bjeil, und die Sehne, vevgrj (Il. 4, 118 ff.). | daß, wer mehr Vermögen bejaß und mehr ver: 
Die Pfeile (Fig. 24), 6iorög, poet. lög, waren | lieren konnte, auch zum Dienfte des Baterlandes 
bis zu '/, Kilogr. jchwer, fie beftanden aus: dem | mehr verpflichtet war, zugleich aber auch mehr 
Rohrichaft, dorak, von 2 Fuß Länge, der metal: Schutzwaffen haben mußte. Daher hatte die erſte 
lenen, mit 2 oder mehreren Widerhafen, öyxoı | der zum Kriegsdienfte verpflichteten 5 Klafjen einen 
(I. 4, 151. ötero reıylogırı 5, 393), verjehenen | feinen runden Schild (clipeus), Panzer (lorica), 
Spitze, der Schnur (vsögor, J7. 4, 151) zur weiteren a (galea, cassis) und Beinichienen (ocrene). 
Befeſtigung der in den Schaft eingejegten Spitze, Helm, galea, war von Leder (Wolfshaut) 
und der be am —— Ende, yAvpis (Il. verfertigt, zum Unterſchiede von dem metallenen 
4, 122), in welche die Sehne beim Anlegen hinein- | Helm, cassis (doch vgl. Cie. Verr. 4, 44. Ov. met. 
fahte. Zur Aufbewahrung von 12—20 Pfeilen 8, 24), aber zum Schuße gegen feindliche Hiebe 
diente der Köcher (Fig. 25. 26), Pagirpa, von | mit Metall —— vorn hatte er einen Schirm, 
Leder oder Flechtwerk, mit einem Deckel, rön« | der am Ende wieder ein wenig aufwärts gebogen 
(Il. 4, 116), und Gehänge; jein Gewicht betrug im | war, damit er nicht das Sehen behinderte. Das 
ganzen 5-6 Kilogr. Die fretiichen Bogenſchützen übrige Geficht war frei, aber zum Schutze der 
waren die berühmteften, aber jie ftanden dennoch | Wangen und zur Befeftigung des Helmes dien— 
den perfiichen nad, deren Pfeile beijer fonftruiert tem lederne, ebenfalls mit Metallichuppen beſetzte 
waren (Xen. An. 3.8, 7. 15. 4, 2,28). 3) Die Spangen, die unter das Kinn herumgingen, buccu- 
Schleuderer mit der Schleuder, opsrösrn |lae. Oben war der Helm mit einem Federbuſche 
(deren Beichreibung Liv. 38, 29), zu Homers Zeit | (crista) von 3 ellenlangen, gerade in die Höhe 
aus edrehter Wolle (nur IT. 13, 599 erwähnt), | ftehenden roten oder jchwarzen federn (Pol. 6, 23), 
und der Schleudertafhe (dıpdige), 10—12 | oder auch mit einem nad hinten herabhängenden 
Handfteine oder Bleifugeln enthaltend; von letzte— | Roßichweife (inba, equina erista) zum Schuße 
ren find in der marathonijchen Ebene und in Si: | des Nadens geziert. Jede nachfolgende Klafje hatte 
cilien eine Anzahl von der Größe eines Hühnereis, | eine Schugtwajfe weniger, was ſich indes durch 
mit griechijchen Inſchriftſtempeln verfehen, aufge: | den größeren Umfang des scutum (j. unten) anftatt 
funden worden. Namentlich —— ſich in der des elipeus wieder etwas ausglich. Die fünfte 
ſpäteren Zeit die Rhodier dur —— und | hatte nur noch das scutum und anſtatt der Lanze 
weiten Wurf aus (100 Schritt). — Bei den Waf- und des Schwertes der 4 andern Klaſſen Schleu- 
fenübungen 2 es bejonders, auf die leichtefte | dern, weshalb jie auch rorarii hießen. Die Zeit 
und einfachfte Art den Spieh zum Marjch aufzu: | der Republik änderte wenig hierin, nur daß ftatt 
nehmen, wobei derjelbe auf der rechten Schulter | des elipeus das scutum allgemein wurde. Dies 
getragen wurde, denjelben im Kampfe zum Stoß | war ein Schild aus leichtem Holz mit Rindshaut 
zu heben (Fig. 27), zum Angriff zu fällen (tig. 28) | überzogen und oben und unten mit Eifen bejchla- 
oder beim Haltmachen miederzuftellen, wobei er gen, um bie feindlichen Hiebe aufzufangen; in 
neben den rechten Fuß geftellt wurde. Auf ähn- | der Mitte nach außen war eine Wölbung mit einem 
liche Weife übten jich auch die Leichtbewaffneten; | eifernen Budel in der Mitte (umbo), damit die 
die Bogenjchügen (fig 29) nahmen mitunter einen | Gejchoffe daran abprallten. Seit den Bürgerkrie— 
Hahn zur —— während die Schleuderer gen kümmerte man ſich nicht mehr um den Ver— 
darnach zu ſtreben hatten, im rechten Augenblick, mögensunterſchied, ſondern ſah nur auf körper— 
wenn ſie die Schleuder über den Kopf ſchwangen | liche Tüchtigleit der Soldaten; bald auch wurde 
(Fig. 30) und das Ziel gefaßt zu haben meinte, | die Bewaffnung den Soldaten gegen Abzug an 
das eine Ende der Schleuder loszulaffen und den | Löhnung geliefert, und fomit trat für das Fuß: 
Stein in der ihm durch den Schwung gegebenen | vgff mur der Unterichied zwiſchen ſchwerbewaffne— 
Richtung fortzujchleudern (Fig. 31). — Die Bel: | ten und leichten Truppen ein. Die erfteren hatten 
tajten (meiraorei, auch a@xorrıorei, Xen. An. zum Scupe: Helm, Banzer oder Bruftharnijch 
3, 8, 7, von ihrer Fernwaffe genannt) führten | (lorica, pectorale) aus er und mur über der 
einen halbmondförmigen Schild (mElrn), wohl von | Bruft, da der übrige Körper durch den Schild ge: 
Holz mit Leder überzogen, nicht über 3 Kilogr. | dedit wurde, und Beinichienen bis zum Knie hin- 
ichwer. Als Angriffswaffe hatten jie den Wurf | auf; jpäter nur am rechten Fuße, der beim Kampfe 
peer und den langen Degen. Neben dem Wurf: | vorgejegt wurde. Wer viel Vermögen bejaf, 
peer führten fie noch einen 12 Fuß langen Spieh | trug einen leichten und bequemen Schuppenpan 

n etwaigen Nahangriff. An demjelben befand (squama), der den ganzen Oberkörper beberie. 
ich zur get beö Kenophon (Fig. 21) eine lederne | Doc da der Schild ſchon den Unterleib jchüßte, 
Schleife (dyadin, amentum, Verg. A. 9, 666) im | ließen die Armeren es mit einem bloßen Bruft: 
Schwerpunkte desjelben, durch welche die Beltaften | harniſch bewenden, der aus Erz beitand. Später 
beim Beginn des Kampfes die Finger ftedten und | gab es auch Harmiiche aus rohem Leder, durch 
jo (diyyavkoueroı) vorrüdten; die nähere Beſtim- Riemen und Schnallen befeftigt. Über die loricae 
mung diejer Schleife ift nicht weiter befannt. Or. | bei Belagerungs- und Verteidigungswerten (Bruft: 
met. 12, 321. Sil. It. 4, 14 (hasta iuvatur amento), | wehren), wie fie Caes. b. g. 5,40. Tac. ann. 4, 49. 


82* 














n 


zz 


1 





[27 


1300 


hist. 4, 87 erwähnt und Veg. 4, 28 bejchrieben | 
10 werden, j. Belagerung, 2. * B) Die An— 


griffswaffen, tela, waren Schwert und Wurf: 
ſpieß. Das Schwert (gladius) hing zur rechten 
Seite, damit der id, am linken Arm 
und auf der linfen Seite getragen, nicht 
hinderlich wäre beim Ziehen desſelben. 


Seite. Es wurde, wie jet, an einem 
ledernen Bandelier (balteus) über ber 
Schulter oder an einem umgeſchnallten 

Gürtel (cingalum) getragen. Nach dem 
Wurffpiehe, pilum (desös), deſſen 

eiferne oben geftählte Spige mit Nägeln 

an dem Schaft befeftigt war, waren ur: 
ſprünglich die triarii im dritten Gliede 

auch pilani benannt. Später änderte ſich 

dies dahin, daß die triarii die hasta (der griechi» 
hen Stoßlanze [B. 1.) entipredhend), und die beis 
en andern Heeresabteilungen das pilum führten. 
Dies war ein ziemlich ſchwerer, etwas über 5 Fuß 
langer Wurfipieß, deſſen Spike mit Wider: 
halten verjehen war, jo daf fie nicht leicht 
aus der nde gezogen werden konnte 
me pilum ; vgl. Caes. b. g. 1, 25). 
ußerdem trug jeder noch einen leichten 
bünneren Wurfipieß (verutum). Veg.2,15,. 
In der KRaiferzeit famen auch lanceae 
auf. — Die Leihtbewaffneten (ve- 
lites) führten einen Heinen runden Schild 
(parma), ein Schwert (gladius) und 
7 Wurfſpieße (iacula, pila, dieſe beſon— 
ders für den Beginn des Kampfes der 
Fußioldaten, missilia, hastae velitares) 
von 4 Fuß Länge und von Daumesdide 
mit dünner Spitze, die fich leicht unıbog, 
weshalb das Geſchoß nicht wieder von den 
Feinden zurüdgejandt werben konnte. Als 
Kopfbededung hatten fie leichte Belzmügen. 
Anders Bewaffnete waren: funditores, 
Schleuderer, die Kiejel (lapides missiles) 
oder Bleifugeln, mit einer Spitze verjehen 
(glandes, Liv. 38, 215 ſ. mn 
warfen; sagittarii mit Bogen und Pfei— 
len; iaculatores mit leichten Wurfipießen; 
tragularii und balistarii zur Bedienung 
der Wurfmaſchinen. Der Pfeil, sagitta, 
war leicht, aus Holz oder Rohr verfertigt, 
verichieden von dem Wurfpfeil, pilum; 
uerft erfunden angeblich von den als 
ogenjchügen berühmten Kretern, von Yen 
Römern nach dem zweiten puniſchen Kriege 
bei den eine —— 
namentlich den baleariſchen ge 
eingeführt. Die Spitze beitand oft aus 
2 oder mehreren Enden, bisweilen mit Widerhafen 
verjehen.. Später erwähnt Tacitus noch neben 
ben funditores die libritores, die vermitteljt eines 
Schwungriemens (libramentum) Sclenderfteine 
(librilia) jchleuderten. — Die Neiterei joll zuerſt 
gar keine Schutzwaffen gehabt haben, um leichter 
aufs Pferd kommen und von demſelben herab— 
ipringen zu können. Bald aber gebrauchte fie 
Sättel und Steigbügel, nahm Harniſch, Helm und 
Beinftiefel an, jo daf fie jich wenig von der Be- 
waffnung des jchweren Fußvolles unterſchied. Ihre 


Lanze war auf beiden Seiten mit ſpitzem Eiſen 


Feldherren und Hauptleute, die keinen 
Schild führten, trugen es an der linken 





 briolett, essö- 


Wagen. 


verjehen, damit fie auch umgelehrt werden könnte: 
ihr Schwert war länger als das des Fußvolle 
um vom Pferde herab den Feind treffen zu fin 
nen. In der SKaijerzeit gab es auch loricati, 


eataphracti, die mit Schuppenpanzern verieben 
waren. Auch die de waren an Kopf um 
Bruft gepanzert. — Die Hülfsreiterei wurde al! 


leichte gebraucht; fie hatte Wurfipiehe, mank 
aud Bogen und Pfeil (equites sagittarii). Kl 
Lindenſchmit, Tracht und Bewaffnung bes rim 
Heeres während der Saiferzeit (1882). — En 
arg Hüffsmittel für diefen Gegenftan 
bieten H. Reinhards griechijche und römijche Krieg* 
altertümer (neue mwohlfeile Ausgabe 1863). 
Wagen. Der homerijche Streitwagen (dou«, 
mit 2 Pferden beipannt: biga, mit 4 im eim 
Neihe nebeneinander: quadriga) erhielt ſich u 
feiner altherfömmlichen Form mur im den Agonen, 
jowohl in Griechenland, als auch in Rom in 
den Iudi Circenses, bei Triumphen und feitlice: 
Aufzügen). Der Wagen: 
faften (ödpeog) ruhte 
auf 2 Heinen Rädern, F 
damit er auch bei jchar: ° 
fen Wendungen nicht jo 
leicht umjchlüge. Er war 
vorn mit einer Brüftun 
und einem feſt darauf: 
liegenden Holm (&vev£), 
an dem die Leinpferde 
(serpaio im Gegenſatz (a 
gegen die 2 £oyıoı, die unter dem Joche gingen 
angefträngt waren, geichlofien , hinten dageger 
offen, damit der mapaßarng, welcher außer dem 
Twloyos auf dem Wagen ftand, bequem aud iı 
der fahrt herab: und auffpringen könnte. — Ba 
den Kabrioletts des gewöhnlichen Lebens war ir 
zweifigige ddpgos gewöhnlich nach vorne offen. Ti 
irerjen oder uckee (fo heißt z. B. der Hoczatt 
wagen) jcheint 
auf 4 Rädern 
geruht zu ha⸗ 
en. Im all: 
gemeinen galt 
ohne bejonde- 
ren Grund zu 
fahren bei den 
Griechen für 
weichlich und 
hochmütig: 
man zog es 
vor, zu Fuß 
u wandern ober zu bon ver 
——— Arten Fuhrwerk (Cedyosg oder örmme 
faum die Rede: — Unter den zahlreichen bei der 
Nömern vorfommenden Fuhrwerlen find die Dfe: 
nomie- und Frachtwagen (plaustra) von den Reiſe 
und Luxuswa⸗ = 
gen zu trennen. 
weirädrig 
find: cisium, 
ein leichtes, un⸗ 
bebedtes Ka⸗ 








dum, eigent- 
lich ein keltiſcher 
Streitwagen, 

in Rom als 





Wechsler — Wiegen. 





1301 


Wagen. 


1300 











Wechsler — Wiegen. 1301 


We — — — ——— — ———, ———— 


10 


1! 


1300 


pe N SF ee u 


Ninitizei vv C- ä 
Digitized by Google 


Wechsler 


Reifewagen gebraucht, carpentum, ein bededter 
Staatd- und Reifewagen, covinusa, ein feltijcher 
Sichelwagen, von den Römern auf Reifen ans 
ewendet und auf 3 Seiten verjchlojjen. 4 Mäder 
—— pilentum, von Frauen benutzt, reda 
oder rheda, die eigentliche Reiſekutſche, carruca, 
eine bequeme Staatsfaroffe, petorritum, kelti— 
ſchen Urjprungs, arc&ra, verw. mit arca, ein 
auf allen Seiten wohlverjchlofiener Dedelmagen, 
namentlich zur Beförderung der Kranken. Die 
basterna wurde als Sänfte von 2 Maultieren 
getragen. Der allgemeine Ausdrud ift currus, 
doch wird derjelbe auch jpeziell jehr oft ſowohl 
für den Streitiwagen als für den Triumphmwagen 
gebraudt. — Die A waren nicht an Stränge 
geipannt, jondern jie zogen vermitteljt des Joches. 
Kur wenn mehrere (3 oder 4) angejpannt waren, 
zogen die äußeren an Gtriden, daher funales 
genannt. \ 
namentlich der Kutjchlaften (capsus, ploxemum), 
an welchem jchöne Metallplatten glänzten. — Bol. 
Friedländer, Darftellungen aus der Sittengejchichte 
Noms 1, 1. Abichnitt, Anhang 2. 
Wechsler, roa«re£irng, der Bankier, der Geld- 
eichäfte im großen betrieb, jo genannt von den 
Fichen in einer Halle am Markt zu Athen, wo 
er feinen Stand hatte; von dem Wägen ber Geld: 
ftüde wurden die Wechäler auch verächtlich ößolo- 
. ordrae genannt. Diejenigen, welche im fleineren 
das Gejchäft des Geldwechielns gegen Aufgeld be: 
—— 5 Goyvoauoßol oder xoAkvßıoral. 
Der griechiſche Privatmann, der jich übrigens ein 
Hausbudh über Einnahme und Ausgabe hielt, 
pflegte wenig Geld im eigenen Hauje zu haben, 
es wurde als Depofitum oder gegen mäßigen Zins 
als Kapital einem Bankier anvertraut, der es 
andern mit Vorteil zu verleihen pflegte. Zah— 
lungen lie man in dem Buch desjelben von dem 
eigenen Guthaben abjchreiben und demjenigen, 
dem man zu zahlen hatte, zujchreiben. Gejchäfte 
wurden mit ihnen gewöhnlich ohne Zeugen ab: 
emacht. Kredit war ja die Grundlage ihres Ge— 
häfts. Sie liehen gegen einfadhe Schuldverfchrei- 
bungen aus, aber die Schuldgejege waren ftreng. 
Viele genofien jolches Anjehen, daß man Schuld: 
briefe bei ihnen niederlegte und Verträge vor 
ihnen abſchloß und aufhob. Sie jcheinen meift 
etoifen gewejen zu fein; einige erwarben jid) 
durch anerlfennenswerte Gejchäftsführung das Bür- 
gerrecht. — Bei den Römern hie der Geldwechs— 
ler oder Bantier argentarius, Es gab 1) öffent- 
liche Banfierd, die unter Auftorität des Staates 
ihr Geichäft bejorgten und teild mensarii teils 
nummularii hießen. Jene hatten die Münzen 
zu prüfen und für Unterbringung der Staatögelde: 
zu jorgen, daneben hatten fie diejelben Privat- 
geichäfte und Kommiffionen, wie die argentarii. 
Niedriger ftanden die nummularii, die nur 
Geld wechſelten und ausliehen, auch weniger Bri- 
vatgeſchäfte bejorgen durften. — 2) Argentarii 
waren im engeren Sinne die eigentlichen Privat- 
wechsler, die alle ihnen aufgetragenen Handels— 
und Geldgejchäfte übernahmen, unjeren Geſchäfts— 
agenten analog. Deshalb war ihr Geſchäftskreis 
jehr mannigfah: a) permutatio, d. h. Um— 
taujchung fremder Müngzjorten gegen einheimijche 
und umgefehrt. Auch wurde permut. der Name 
für Zahlung nad) auswärtigen Plägen durch An— 


Kunftreih waren die Wagen verziert, 


1301 


| weifung auf dortige Wechsler, was bei Cicero 
‚ mehrfach vorkommt. — b) Dadurch erhoben fie 
ſich allmählich zu einer Art von Bankier und 
‚empfingen Geld von andern Perjonen, teils als 
| depositum, teil® als creditum; ja von manchen 
Perjonen erhielten jie deren ganzes Vermögen 
zur Verwaltung und führten Rechnung darüber 
(rationes), indem fie im deren Namen nad ge: 
ichehenem Auftrag oder Anweifung (perscriptio) 
Bahlungen bewirkten (per mensam solvere oder 
per mensae scripturam, im Gegenſatz zu der 
bon dem Herrn ex arca geleijteten Zahlung) oder 
einkaſſierten. Oft machten fie die Zahlung durd) 
Umfchreiben, d. h. fie jchrieben das Geld der einen 
Perjon im Buche ab, der andern aber zu, wie es 
in heutigen Banken geichieht. Über dieje Geſchäfte 
führten fie genaue, vor Gericht geltende Bücher, 
und zwar fowohl ein Kafjabuch als ein Konto: 
forrentbuch, in dem jede Perſon, mit der ſie im 
Verkehr jtanden, eine bejondere Pagina hatte, auf 
‚deren einer Seite das debet, auf der andern das 
| eredit eingezeichnet war, fo daß die Bilanz jeder: 

it gezogen werben fonnte. — c) Gie waren 
a thätig in Handelsjachen ald Makler (inter- 
pretes) und in Auktionen als Protofollführer. 
Cic. Caee. 4. 6. — Die Privatbantiers bildeten 
wie die öffentlichen eine bejondere geichlofjene Ge: 
noſſenſchaft (collegium) und hatten ihre Geichäfte- 
bureaus auf dem Forum bei dem Tempel bes 
Eajtor unter dem Janus medius in bejonderen 
Zabernen, die von den Genjoren angelegt worben 
waren. Liv. 9, 40. 26, 11. 27. 40, 51. 

Weihgeschenke, d&va®rjuwxr« (über ihren Unter: 
ihied von Opfern ſ. Opfer), wurden dargebracht 
zum Dank für erlangte Gunft, oder als Bitt- 
geihente, oder auch als Strafe, wie 3. B. von 

n Archonten zu Athen, die das Geſeß übertras 
ten. Hieher gehört die Weihung des Haupthaares, 
das Fünglinge und Jungfrauen den die Jugend 
Ihüßenden und nährenden Göttern zu Ehren ab: 
ichnitten, wie Achilleus dem Spercheios (Ilom. It. 
23, 141), Thejeus dem Mpollon (Plut. Thes. 5). 
Die Jungfrauen zu Megara weihten vor der Hoch— 

it ihr Saar der Yphinod, die zu Delos ber 

efaörge. Häufig dienten ald Weihgeichente Drei- 
füße, Waffen, Gewebe und Gewänder, ferner Min: 

n, Bildchen, Mujcheln und jonjtige Kleinig- 
eiten. Mit dergleichen Gegenftänden waren die 
Tempel zum Teil mafjenwerje ausgeichmücdt und 
wurden jo die älteften Kunſtkammern und bie 
früheften Sammlungen von Naturalien und Ku— 
riofitäten, die oft, im dieje oder jene mythiſche 
Beziehung geießt, als Reliquien betrachtet wur: 
den. Bol. Vota. 

Weisfagung j. Divinatio, 

Wiegen, cunabula (eunae) oxdpaı, ebadvnre 
#lırddıe, jcheinen Die Alten in frühefter Zeit nicht 
—— zu haben, ſondern die Mütter oder 

ärterinnen trugen die Kleinen, um ſie einzu— 
ſchläfern, ſchaukelnd auf den Armen umher und 
langen dabei Bavnainjuare (j. Erziehung, 4.). 
| Doch icheint man ſpäter muldenartige Inſtitute 
dieſer Art, die auf beiden Seiten mit Henkeln 
zum Einhenten in einen Strid verjehen waren, 
\benußt zu haben, wie denn auch bei Theofrit (id. 
24, 10) der Schild zu diefem Zweck benußt wird. 

Jedesfalld hielt man Bewegen für die Steinen 
beim Einfchlafen für gejund. Vet den Römern 


— Wiegen. 








— 


te 


DS 


1502 


werden Wiegen jeit Plautus erwähnt (Plaut. 
Amph. 5, 1, 55. Üie. dir. 1, 36). Die Wärterin, 


die ein Kind wiegte und pflegte, hieß cunaria. 


Winde. 1. In phyſiſcher Beziehung. Die, 


Winde, melde in Land- und Seewinde (dmö- 
ysıor, apogei, und reor«ioı, altani = ab alto 
eingeteilt wurden, find nad ihrer Stärfe ent: 
weder gewöhnliche Winde, äveuo:, venti, oder 
Stürme, yemöreg, Bella, procellae, und 
Drfane. Die legteren treten unter verichiedenen 
Namen auf, ald duveplaı, Stürme, die beim Zus 


jammenftoßen der Winde aus den Wolfen hervor- | 


brechen, »araıyıg, onnmrös, ein plöglich nieder: 
fahrender Sturmwind (Soph. Ant. 418); Aailemy 
ift der heftige, mit Regen und bidem Gewölk 
daherbraujende Stoßwind. Der von der Erde mit 
großer Gewalt auffahrende, zerftörende Wirbel- 
wind heißt zupav, rupag, oreößıL.og, turbo, 
typho, wenornje, der feurige Wirbelwind, turbo 
igneus, bezeichnet auch jeden heftigen Sturmwind 
(Aristoph. Lys. 974) und die von dem Wirbel: 
wind emporgetriebene Waflerhoje, die auch oipor 
(Röhre) und ruporv heit, bei den Lateinern co- 
lumna, typhon. — Die Winde, die nur zu 
bejtimmten Zeiten des —— herrſchen, hießen 
irnolaı, Etesiae (von Frog, Hdt 2, 20); neben 
diejer allgemeinen Bedeutung bezeichnet das Wort 
aber noch ſpeziell die Norboitwinde, die in Grie— 
chenland jährlich nach Aufgang des Hundsiterns 
mehrere Wochen anhaltend wehen; biejelben Winde, 
8 Tage vor Aufgang des Sirius wehend, heißen 
prodromi. — Bon den nad den Himmeldgegenden, 
aus denen fie wehen, bejtimmten Winden (Haup 
ftelle bei Plin. 2, 46 ff.) find zumächit die 4 von 
den 4 Sauptweltgegenden berfommenden Haupt: 
winde, yerınararor, cardinales, principales, zu 
nennen; fie heißen: 1) Notos (Nörog, ber feuchte, 
Auster, der Wärme bringende [uro, «bw])., der 
Südwind, ftürmiich, den Griechen oft Nebel, 
Näſſe, Gewitter und Regen bringend und gewöhn— 
lich zu Anfang des Sommers wehend, der Ge- 
jundheit nachteilig. Hom. Il. 3,10. Hat. 2, 26. 
Soph. Ant. 335 (zeıulgiog). Hor. od. 1, 7, 16 
(albus). 1, 3, 14 (rabies Noti). — 2) Boreas 
(Bog£ag, Boggäs, der braujende, Arugxriug, der 
von Norden, &oxrog, heritürmende, Septemtrio), 
der Nordwind, falt, aber heiter und gejund für 
Europa und Kleinafien, für Afrifa dagegen Wol- 
fen und Regen bringend. Hom. Il.14, 395.23, 692. 
Od.5,296. Auf den jpäteren Windroſen bezeichnet 
der Boreas nicht mehr den reinen Nord, jondern 


— 
2 


den Nebenwind Nordoſt, ſowie der Eurus den ſt 


Südoſt; Dichter indes und ſolche, denen es um 
genauere Beſtimmung nicht zu thun war, 


ri 
das —— feſt. — 3) Zephyros (Zeprv- 
oog der dunfele, von £öpog, Favonius), der den 


Griechen gewöhnlich Sturm und Negen, den Welt: 
ländern aber milde Witterung bringende Weit: 
wind, mit dem Frühling beginnend, wann ber 
Schiffer fich wieder auf die See wagt, und be: 
fonders zur Beit der Sommerjonnenwende 1. 
ichend. Hom. Od. 5, 295. 12, 408, 14, 458. Hor. 
od. 1,4, 1. — 4) Euros (Eögos, der Morgen: 
wind, von Aag, Eos, Vulturnus), urjprünglich 
der Dftwind, jpäter genauer der Südoft, und jo 
in Evgövorog umgewandelt (Hdt. 4, 99. T, 36), 
bejonders zur Zeit des Winterjolftitiums wehend, 
gewöhnlich troden, aber auch feucht (Hor. epod. 


Winde. 


16, 54: aquosus). — Nur dieje 4 Hauptwinde find 
dem Homer befannt. Gewöhnlich verbindet er mit: 
einander den Boread und den Zephyros, ſowie 
ben Noto und Euros (Hom. Il. 2, 145. 9, 5. 
23, 195. Od. 5, 295); nur Zephyros und Borens 


)' haben gemeinjchaftliche Epitheta, und fein Epi- 


theton des Euros oder Notos kommt auch einem 
andern Winde zu. Auch Hefiod kennt nur dieſe 
4 Hauptwinde; doc; ftatt des Euros nennt er den 
‚ Ürgeftes (deyforns), den Maren und hellen, weil 
er aus dem hellen Oſten fommt. Hesiod.theog. 3%. 
In ſpäterer Zeit erweiterte man dieſe einfadite 
Windicheibe, indem man (ion vor Herodots Je 
ten) zwifchen den 4 Hauptwinden noch 4 Neben: 
winde annahm, dann aber zu 12, ja fogar zu 
24 Winden fortichritt. Schon die Einteilung in 
12 Winde aber war für das gewöhnliche Lehen 
u genau und detailliert, man begnügte fi mt 
er Annahme von 8. Bu den oben erwähnten 
Hauptwinden traten alfo hinzu: 5) Apeliotes! 
(Aremkıarng, von 7Acog, Solanus, Subsolanus), det 
als reiner Dftwind galt und alſo den früher ix 
allgemeinen als Dftwind —— Euros ou 
feiner Stelle verdrängte, jo daß dieſer nun zum 
Südoftwind ward. — 6) der Nordoit, Kauias, 
Aquilo, ein in Italien und Griechenland ich 
häufiger Wind. Der Aquilo galt auch ald Nur 
wind. — 7) der Südweſt, Ady, Africus, |. Afrı- 
cus. — 8) der fühle und trodene Nordmwei, 
Aoyforns (die Bedeutung diejes Namens hat Ih 
alſo jeit Hefiod geändert), Corus, Caurus. Very. 
@. 3,356. Er heift auch Zxipwv, Okrunia;. 
Japyx (Hor. od. 1, 3, 4. 3, 27, 20), weil er vom 
Japygiſchen oder Salentinifchen Borgebirge ut 
Epeiros hinüberwehte, wie der Oncheſmites von 
dorther. — Indem man von den 8 zu 12 Winde 
überging, verlegte man zwiſchen bie, ihre Stelt 
behauptenden, 4 Kardinalwinde je 2 in bie 4 
gleichen Kreisabichnitte des Horizonts, jo daß 9) de 
M£ong als NND., zwiichen Boreas und Kaikins, 
10) der Boırınlas als SSD. zwiſchen Notes 
und Euros, 11) der Opgaoxitag als AN®. zw 
jchen Boreas und Argeftet, 12) der Arßogoirii 
oder Aıßövoros als SSW. zwiſchen Lips m 
Notos fielen. Dadurch wurden, da der gan 
orizont in 12 gleiche Teile geteilt ward, Argeier. 
Kaikias, Euros und Lips jo verjchoben, daß Kr 
| erfte WNW., der zweite OND., der dritte OST. 
der vierte WSW. wurde. — Über die Urſache der 
Winde finden fich bei den alten Philojophen ver 
ſchiedene Anfichten. Man erklärte ſich ihre Ent 
ehung durch Einwirfung der Sonne md d* 
Mondes auf die Atmojphäre, durch Auflöfum, 
durch Verdünnung der Luft, durch entgegengeieh“ 
Bewegung der erdartigen und feurigen Matenc 
durch gegenfeitiges Stoßen und Drängen M 
Atome, dur die unanfhörliche Bewegung 15, 
Belt u. j. w. — Il) Mythologijd. Tie ‘ 
waren den Alten göttliche Wejen, doch ſchwaultes 
fie, wie manche andere Naturgottheiten, zuwider 
dem Naturelement und freier Önlichteit. Be 
Homer treten fie ſchon als vollfommene Perſon 
lichkeiten auf (7. 23, 194 ff. wo Achilleus zu ihn 
betet und ihnen aus goldenem Becher jpendet und 
ſchöne Opfer verjpricht; Jris trägt feine Bitten 
zu den Winden und findet fie im Thrafien is 
dem Haufe des Zephyros beim Gelage). le 
|den Winddämon Xiolos |. Aiolos, 2. Rach Heid 





Wirtshäuser. 


ftammen die wohlthätigen Winde, die obengenann- 
ten 4 Hauptwinde, von Aſtraios (dem Sternen- 
mann) und Eos, bei deren Aufgang zugleich mit 
dem Berjchwinden der Sterne ſich —— der 
Windhauch erhebt; die verderblichen Winde da— 
gegen ſind Söhne des Typhoeus, der ſelbſt als 
tobender Sturmwind gefaßt wird. Hesiod. theog. 
307. 378. 869. Die Winde hatten hier und da ın 
Griechenland einen Kultus. In der Nähe von 
Sityon war ein Altar der Winde, an dem jährlich 
einmal ber Priefter bei Nacht opferte. Die Del: 
phier opferten den Winden im heiligen Bezirk der 
Thyia (der Stürmenden). Hdt. 7, 178. In Athen 
ftand ein noch heute (am Südende der heutigen 
Wiolosftraße) erhaltener, von dem ſyriſchen Helle: | 


1305 


Auch Zephyros hatte in Mitika einen Altar am 6 
heiligen Wege nah Eleuſis. Da er den Regen 
bringt und das Wachstum der Pflanzen fördert, 
jo ift ihm Chloris, die Blühende, zur Gemahlin 
gegeben worden, die ihm den Kagmos (Frucht) 
gebar. Op. fast. 5, 197. Über feine Liebe zu Hya— 
finthos j.d. Wegen ihrer Windesichnelle berühmte 
Rofie galten als Kinder des Boreas oder des 
Bephyros. Hom. Il. 20, 223. 16, 150 ff. Von den 
andern Winden finden fich feine beionderen Mythen. 
— Auch die Stythen und Perfer verehrten die 
Winde (Hdt. 1. 131), bejonders aber die Römer 
wegen ihrer Wichtigkeit für den Landbau und die 
Schiffahrt. Verg. @. 1, 51. 3, 273. Den Tempe- 
states, die vorzugsweiſe gefährliche Stürme des 


nenfreunde Andronitos aus Kyrrhos errichteter, | Meeres bezeichneten, opferten die Flottenführer, 
achtediger Turm der Winde auf der Agora (j. wenn fie zu Schiffe gingen, ſchwarze Lämmer; 2. 


Attika, 13. und die Wbbildung); die 8 wichtig- Cornelius Scipio errichtete ihnen, als er im J. 259 


ZN 


Eu 


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PS 


jten Winde find oben an den Geiten des Gebäudes 
in halberhabenen Geftalten abgebildet, während 
eine bewegliche Geftalt oben auf der Spitze des 
Dachs die Windrichtung anzeigte. Boreas wurde 
verehrt zu Megalopolis und hatte jeit der Zeit 
des XKerres in Attifa am Jlijos einen Altar. Nach 
der Sage hatte er einst die Tochter des Erechtheus, 
Dreithyia, geraubt und nad Thrafien entführt, 
wo er mit ihr den Betes und Kalais und die 
Kleopatra, die Gemahlin de3 Phineus, zeugte. 
Ov. met. 6, 683 ff. Soph. Ant. 981 ff. Bet dem 
Herannahen des Zerres nun erhielten die Athener 
das Drafel, fie follten ihren Schwager anrufen; 
fie opferten daher dem Boreas und riefen ihn zu 
Hülfe, und als der jtürmende Windgott ihnen 
durch Zertrümmerung der barbariichen Schiffe am 
Vorgebirge Sepias (in der theſſaliſchen Landichaft 
Magnefia) ſich wohlwollend gezeigt hatte, errich— 
teten jie ihm den genannten Altar. Hat. 7,189. 





Der Turm der Winde in Athen. 





v. E. aus einem Sturme bei Corfica ſich mit 
Mühe gerettet hatte, ein Heiligtum zu Rom vor 
den Capeniſchen Thore. Ov. fast. 6, 1983. — Die 
Kunft hat die Winde gewöhnlich mit Flügeln an 
Haupt und Schultern dargeftellt, mit offenem 
Munde, aufgeblajenen Baden, nad) ihren verjchie: 
denen Eigenaften harakterifiert. Als der jchönfte 
und freundlichjte wurde Zephyros gebildet. 
‘Wirtshäuser, in denen für Geld gaftliche Auf: 
nahme erfauft wird, fannte die homerifche Zeit 
nod) nicht, weil bei dem verhältnismäßig geringen 
Verkehr auch Fremde in Brivathäufern gajtfreie 
Bewirtung fanden. Dieje ſchöne Sitte findet fich 
auch noch in der hiftoriichen Zeit, vgl. Hdt. 6, 35. 
Allein es ift natürlich, daß von der Zeit an, wo 
der Berfehr mit dem Inlande und Auslande be— 
deutender wurde, wo Städte wie Korinth und 
Athen oft überfüllt mit Fremden waren, das Be: 
dürfnis öffentlicher Gafthäujer (mavdonsi«, xar- 


1304 


aybyıc, noradorıs), auch für die beſſeren Stände, 
ji) fühlbar machte. An den Orten öffentlicher 
Feſte oder in der Nähe berühmter, vielbejuchter 
Tempel war für ein Unterfommen der zahlreichen 
Fremden jchon auf Staatskoften gejorgt in ounvel 
und »arayoyır, jo in Olympia, beim Aphrodite: 
tempel zu Knidos und bei dem Heraion zu Pla— 
taiat (Thue 3, 68); für Unterhalt mußte der 
Fremde wohl jelbft jorgen. Doc, find damit na— 
türlich Privatunternehmungen der Art an jenen 
Orten nicht ausgeſchloſſen. Daß von joldhen Wirts: 
häujern Leute jedes Standes Gebrauch machten, 
ift ſchon am fich natürlich, wird aber aud aus: 
drücklich bezeugt, indem die Gejandten Athens an 
Philipp von Makedonien in jolhen mardoxslog 
einfehrten. Aesch. de fals. leg. p. 272. Bgl. Ari- 
stoph. Ran. 112. Cie. div. 1, 27. Das Gewerbe 
der Gajtwirte war übrigens nach griechiicher An— 
fit nicht geachtet. Einer Legitimation bedurften 

ie Reifenden wohl nur im Kriegszuftande. Dazu 


Xanthippe — Xanthos. 


dienten Päſſe (sdyyexpoı oder auyyoapai, audı 
wohl ope«yidss, weil mit dem Stantsfiegel ver: 
jehen), auch die gewöhnlichen Yyamilienmarken (sön- 
ok). Vgl. Beder:Göll, Charikles II ©. 5f. — 
uch bei den Römern hatte das hospitium eine 
vollgültige Bedeutung; dennoch kommen frühe ſchon 
jowohl für die Beherbergung als für die Tage: 
bewirtung verjchiedene deversoria, cauponae (}.?.), 
popinae (j. d.) u. a. vor. Namentlich die Reiſe, 
die Horaz in Begleitung des Mäcenas nad Brun: 
dufium machte (sat. 1, 5), liefert Beijpiele folder 
Benugung von Wirtöhäufern an der Landſtraße, 
jelbft nad) der Bereinigung mit Mäcenas (v. 77) 
der freilich meiftens mit jeinem Gefolge von jeiten 
des Staats empfangen wurde. Vgl. Caupona, 
K. Zell, Ferienſchriften I S. 3—52 (mo nament: 
lid von den cauponis und popinis, weniger 
von den eigentlichen Wirtähäufern für Reiſende 
ST wird), und Becker-Göll, Gallus II 

. 2771. 


\: 


Xanthippe j. Sokrates. 


Lafedaimonier, fam als Führer von Söldnern nad 


Xanthippos, Zdvöırmog, 1) aus Athen, Bater | Karthago, zeigte, daß die Bedrängnis dur Re 


des Perikles, verwandt mit dem Geſchlechte der 
Altmaioniden, —— den Kleiſthenes be rer 
eides | an die Spite des Heeres berufen, lehrte den Ge 


Reformen und übernahm nad) ihm mit Ari 


ulus ın der Unfähigkeit der Führer ihren Grund 
Dabe, wurde dann durch die Stimmen des Boll 


die ung Bor öffentlichen Angelegenheiten. Er brauch der Elefanten und erfüllte das Bolt mit 


klagte den 


— J6 
— id 


— 
rn 
—* 


iltiades wegen des Zuges gegen Paros neuem Mute. Er 


tus hierauf die Römer völlig in 
eg - — 255 hr E. (f. Atilii, * 
verließ aber bald nachher Karthago, um 
Neide zu entgehen, und ſoll an einigen anf 
der Rüdfehr nach Sparta von den Schiffen 
auf Anftiften der Karthager umgebracht worder 
jein. Pol. 1, 32 ff. 

Xanthos, Zardogs (der Blonde), 1. el 
logiſch und nem 1) Sohn des Phat: 
nops; ein Troer. Hom. Il. 5, 152. — 2) Sohn 
des Triopas, König der — in Argos 
wanderte nad) Leſbos aus. Diod. Sie. 5, 81. — 
3) Sohn des Erymanthos, Bater der Pſophi 
Paus. 8, 24, 1. — 4) der legte König in Te 
ben, von Melanthos, dem oriden, im Je: 
tampf erfchlagen. Strab. 9, 393. Paus. 9,5, 16. 
— 5) Name tjabellfarbiger Pferde; 337 
eine Pferd des Achilleus Xanthos (Hom. I. 
16, 149), jowie ein Roß des Heltor (dai. 8, 1%, 
ein unechter Vers). — 6) ein griechiſcher Lyrik 


Mi R (ueLomouög), älter ald Stefichoros, der, m! 


nn D A . en Dan re 
ee En en. ee ee en 


- a —— ä — m ., v 

an, übernahm nad) Themiftofles den Oberbefehl | jener Luder hat ein jolches Werk geichri 
mit Leotychides bei Mykale | welches die Fra 

, machte darauf einen Zug nad | tofthenes) und 


der Flotte, fiegte 
(Auguſt 479 v. €.) 





diejer, auch epiiche Stoffe ‚um Zeil dieſelben 


meliſch behandelte. — 7) Kanthos, der & 
der, ein Logograph, geb. um 500 v. E., jhrid 
unter Artarerres 1. (465) ein Werk Audunz 


in 4 Büchern, defien Echtheit micht unbezweijel 
war. Denn Artemon (Athen. p. 515 dı ja, 
daß Dionyfios Stytobradhion diejelben geihre 
ben habe im erften Jahrh. v. C. * 


ente bei Strabon (aus Cr 
henaiod (aus Muajens) zuid 


der thrafiihen Halbinjel, kehrte. aber bald zurüd | zuführen find, und das auch Herodot gelannt I. 


nad Athen. Hdt. 6, 186. 8, 131. 9, 114. 120. — 
2) Sohn des Perifles. Plut. Per. 24. — 3) ein | Fragmente von Müller, fragm 
in den Kämpfen der Diadochen in Aſien erprobter | p. 36 ff. IV p. 623. 628. — 


elder, kl. . 16. 431—450. Sammlung 
*4 . hist. Graec 
II. geographild: 


Zadgoı — 


8) Beiname des Stamandros, j. d. — 9) nad 
Vergild Dichtung (A. 3, 350) Heiner Fluß in 
Epeiros, auf welchen Helenos den Namen X, über: 
trug. — 10) die bedeutendfte Stadt Lyfiens, 60 
Stadien von der Mündung des erg: 
Fluſſes, zuerjt ört durch Die Berfer Adt. 
1, 176), dann durch die Romer unter Brutus 
(Plut. Brut. 30), wobei die Bewohner nach helden— 
mitiger Verteidigung größtenteils durch ihr eignes 
Schwert umkamen. Berühmt war ein Tempel der 
Leto, dad Bundesheiligtum der Lyfier. Die merk— 
würdigen Reſte der Stadt (erjt ın neuerer Zeit 
durch Fellows und Benndorf redyt bekannt ges 
worden), darunter namentlich ein zierliches, mit 
Statuen reich gejchmüdtes Heroon in ioniſchem 
Stile, das j. g. Nereidenmonument, vielleicht das 
Grabmal des lykiſchen Königs Perifles, der um 
370 v. C. die Stadt Telmeſſos zur Unterwerfung 
zwang (j. die Abb. S. 1304), befinden jich beim 
heut. Günik. Strab. 14, 666. — 11) Fluß Klein: 
afiens, jhon von Homer (Il. 2, 877. 5, 479) er⸗ 
wähnt, lykiſch Sirbos, entiprang an der Grenze 
von Lyfien und Pifidien und durchſtrömte mitten 
in Lykien eine große Ebene, rd Zavdıov medior, 
wo — um 544 v. C. die Lyfier beſiegte. 
Strab. 14, 665. Hor. od. 4, 6, 26. 

. Zadoor, unabhängige Völlerſchaft Indiens, 
indiſch Kichatriga, am mittleren Indos, weſtlich 
vom Hydaſpes. Arr. 6, 15, 1. 

Xenagöras, Zevayogas, Verfaſſer eines Ge: 
ichichtäwerfes, zo6roı betitelt, und eines Buches 
zeol vıjcav, aus dem Plinius und jpätere Gram: 
matiter öfters Notizen entlehnt haben. Plin. 5, 31. 
Dion. Hal. 1, 72. Sein Beitalter ijt unbefannt. 
Die Fragmente find gefammelt von Müller, fragm. 
hist. Graec. IV p. 526 ff. 

Xenarchos, Zfveeyos, 1) ein Dichter der 
neueren attijchen Komödie, Zeitgenoſſe des Demo: 

ned. Die erhaltenen Bruchftüde (gefammelt von 

einefe, com. Graee. fragm. Ill p. 614ff.; 
II p. 811 ff. der Hein. Ausg., und Kod, com. Att. 
fragm. Il p. 467 ff.) verraten Eleganz und Ge: 
ihmad. — 2) Sohn des Sophron, der, wie fein 
Vater, Mimen gejchrieben hat, lebte unter dem 
älteren Dionyfios. — 3) Peripatetiker aus Seleufeia 
und Lehrer des Geographen Strabon. — 4) Ge— 
fandter des Uchaiifchen Bundes an die Römer, eine 
Zeit lang auch Strateg der Achaier. Pol. 24, 4, 11. 
Liv. 41, 28. 

Zevnkaodia |. Zevos, 1. 

Zevıa, 1) Geſchenke, die bei den Griechen und 
Römern der Wirt feinem Gafte als Zeichen der 
Gaftfreundichaft zu jpenden pflegte; meiſtens waren 
es ausgejuchte Zederbifien, wie man aus dem drei: 
zehnten Buche des Martialis jchliefen lann, das 
den Namen Xenia führt, und deſſen einzelne Ge- 
dichte faſt alle Lederbifien behandeln. — 2) So 
hießen auch fogenannte „Stillfeben’ in der Malerei, 
z. B. tote Tiere, Geflügel, Fiſche, Obft, alſo Ge: 
genftände, wie fie der Wirt feinen Gäften zum 
Gaſtgeſchenk zu jenden pflegte. 

Xeniädes, Zerıdöns, 1) ein griech. Philojoph 
aus Korinth in der Zeit vor Demokrit, behauptete 
die Zrüglichfeit aller jinnlihen Wahrnehmungen 
und die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu erfennen. 
— 2) ein reicher Korinther, welcher den Diogenes 
aus Sinope kaufte und ihm die Erziehung jeiner 


1305 


| Kinder und die Leitung des Hauswejens übertrug. 
Diog. Laert. 6, 30. 
evıxa veleiv |. Zivog, 1. 

Mevıog j. Zeus, 3. 

Xenippa, Ort im Nordmweiten Sogdianas, j. 
Uratippa. Curt. 8, 2, 14. 

Xenoitas, Zerolzaes, aus Achaia, Feldherr 
Antiochos’ des Gr. von Syrien, wurde von dem 
rebelliichen Statthalter Mediens, Molon, zu deſſen 
Unterwerfung er ausgejandt war, in der Nähe des 
Tigris überfallen, wobei der größte Teil jeines 
Heeres den Untergang fand (221 v. E.). Pol. 
5b, 45 


Xenokrates. 


Xenökles, Zevoxijjs, 1) Urchiteft aus Lindos, 
ı Erbauer der Brüde über den Kephiſos, über welche 
die nad Eleufis wallfahrenden Myſten zogen. —- 
2) Sohn des Sophofles. Paus. 1,37, 1. — 8) einer 
von den Söhnen des Tragifers Karkinos, ald ges 
fräßig und als jchlechter Tragifer von den gleich: 
zeitigen Komikern verjpottet. Arist. Nub. 1261. 
Ran. 86 u. d. Einige nahmen auch 2 Tragifer 
dieſes Namens an. — 4) laledaimoniicher Feld» 
herr, von — Ageſilaos hoch geſchätzt. Xenm. 
Hell. 3, 4, 20. Plut. Ages. 16. — 5) Schatzmeiſter 
Uleganders des Gr., durch den Patrofles (j. d.) 
die Bejchreibung der von Alexander durchzogenen 
Länder erhielt. Strah. 2, 69. — 6) ein angejehener 
Rhetor, mit dem Cicero bei feinem Aufenthalte in 
Aſien —J v. C) verfehrte. Cie. Brut. 91, 316. 
Plut. Cie. 4. 

Xenokrätes, Zevoxgdrns, 1) Sohn des Aine— 
jibemos, Bruder des Tyrannen Theron aus Afragas, 
ter des Thrajybulos und mehrmaliger Sieger 
bei öffentlichen Spielen, von jeinem Freunde Pin— 
dar in der jechiten pythiichen und zweiten iſthmi— 
ſchen Ode == — 2) aus Chalfedon, geb. 396 


— 








v. C., ein berühmter Philoſoph der alten Alade— 
mie, deren Borjteher er 25 Jahre (339— 314) lang 
—— ſein ſoll, ein Amt, das er auf den Wunſch 
es franfen Speufippos (ſ. d.) übernahm. Er hatte 
ih früh an Platon angeſchloſſen und ihn auch 
ipäter nach Sicilien begleitet, nach deſſen Tode 
aber Athen auf einige Zeit verlajien. Nicht jo 
talentvoll als Ariftoteles, juchte er den Mangel 
ihneller Auffafjung durch anhaltenden Fleiß zu 
erjegen. Seine ftrenge Sittlichfeit, bejonders aber 
feine Rechtlichkeit und Unbeſtechlichkeit verichafften 
ihm die Achtung aller Athener, obgleih er in 
feinem Außeren etwas Mürriſches und Finſteres 
hatte, weshalb ihn Platon erinnert haben joll, 
er möge nicht vergeflien, den Grazien e opfern: 
Dos rag Acgıcıw. Bon jeiner Rechtlichkeit er: 
zählen Diog. Laert. 4, 7 ff. Cie. ad Att. 1, 16, 4. 
Val. Max. 2, 10, 2. 4, 3. ext. 3. Oic. tusc. 5, 32. 
Plut, Alex. 8. Obwohl er fein athenijcher Bürger 
war, ging er doch mehrmals in jchwierigen poli- 
tiihen Lagen als Gejandter zu Philipp von Ma: 
fedonien und zu Antipater im lamilchen Kriege, 
und zwar mit gutem Erfolge. Doc wurden ihm 
dieje Verdienjte mit Undank gelohnt. Diog. Laert. 
4, 14. Plut. Flam. 12. Phoc. 29. Er ftarb 314, 
82 Jahre alt. Bon feinen zahlreichen projaiichen 
und poetiichen Schriften find nur einzelne Notizen 
und unbedeutende Fragmente erhalten. Die Lehre 
des X. nennt Cicero wegen ihres jittlichen Cha: 
rafters mit Auszeichnung neben der des Platon 
und Wriftoteles. Sie jchließt fih im ganzen an 
die fpätere Geftalt der platonijhen Bhilojophie 








1306 


eng an, weicht aber durch Anfnahme freinder Ele: | 
mente und durch Bertaufhung der Lehrmethode 
von derjelben jo weit ab, daß fie andern als eine 
Berderbnis der platonifchen Lehre erichien. Sie 
wurde durd ihn in die müftiich-pythagorifierende 
Berfnüpfung der Jdeenlehre mit der Mathematik 
hineingeführt; die Jdeal- und arithmetiſchen Zahlen 
bermengte er und ftellte als Mittelftufe zwiſchen 
der reinen Gottheit und dem Menjchen die als 
Bahlenbegriffe mit den Jdeen verwebten Dämonen 
mit einer gewiſſen jchöpferifchen Thätigfeit hin. 
Außerdem 7 er ſchon eine ſtrengere Eintei— 
lung der Phi ag in Logif, Fon und Ethik, 
und eine ftärfere Scheidung der Sinneswahrneh— 
mung, der Meinung und des Dentens durch. — 
3) griechijcher Arzt aus dem letzten Jahrh. v. €. 
Von jeinen Schriften hat fich noch ein Fragment 
zegl rg dd Lriögwv reopijg erhalten. 
Xenon, Zivov, 1) thebanticher Heerführer, 413 
v. €. als Befehlshaber nad Sicilien geſchickt. 
Thue. 7, 19. — 2) Tyrann von Hermione in Ar: 
golis, der auf Antrieb des Aratos feine Herrichaft 
niederlegte und dem Achaitichen Bunde beitrat. 
Pol. 2, 44. 60. Plut. Arat. 34f. — 3) einer- der 
vornehmen Achaier, die 167 v. E. als Geifeln 
nad Rom geführt wurden. Pol. 28, 6. 32, 7. — 
4) ein anderer Achaier, der ſich in Nom für die 
Freilaffung diefer Beijeln verwendete. Pol. 38, 1. 
— 5) Epifureer aus Athen, von Cicero (ad Att. 
5, 10,5. 11,6. 7,1, 1 u. d.) ehrenvoll erwähnt. 
Xenophänes, Zevopdrns, 1) aus Kolophon, 
Sohn des Derios, defien mehr als VOjährige 
Lebensdauer ungefähr —— 580 und 480 v. C. 
fällt. Früh aus ſeiner Vaterſtadt vertrieben, führte 
er ein Wanderleben in Hellas, Sicilien und be— 
ſonders in Unteritalien, wo er an der Gründung 
der Kolonie Elea (Belia) ſich beteiligte, in der 
er längere Zeit gelebt und gelehrt zu haben fcheint. 
Sein langes Leben wendete &. Pauptfächtich an, 
um den Bollsglauben zu befämpfen und eine 
reinere Erfenntnis zu verbreiten. Er that dies 
hauptſächlich in Gedichten, die er mach Art der 
Rhapſoden jelbit vortrug, in denen er teils die 
auf Homer und Hejiod beruhenden Vorftellungen 
zu widerlegen, teils feine eigene Gotteslehre dar: 
zulegen juchte. In Ießterer Beziehung ging er 
feinen eigenen Weg und war entjcdhiedener Pan: 
theift. Dabei hat er nod) etwas von der praftijchen 
Richtung der ihm zunächſt vorangegangenen fieben 
Weiſen. Dürre Schulweisheit war nicht feine 
Sache, dazu war er zu geiftreich, zu vieljeitig 2 
bildet und weltmänniſch. Die Überrefte feiner Ge— 
dichte find auch in ihrer Form merkwürdig, da 
fie bei allem Anſchluß an, die Sprache des Epos 
doch in einem fichtlihen Übergang zur Proſa be 
griffen find. Der Dialekt ift der abgeichliffene, 
mit Doriſmen untermengte ioniſche. war der 
Gründer einer eigenen philoſophiſchen Schule, der 
eleatijchen. Sein Syftem, hervorgehend aus dem 
Bedürfnis, zu den veränderlichen Erjcheinungen 
das Bleibende und Beharrliche zu juchen, führte 
ihn auf die Unmöglichkeit, das Werden als Merk— 
mal des GSeienden zu denken, denn aus michts 
werde nichtd. Das unentitandene und unvergäng: 
lihe Sein num der Gottheit gleichjegend, legte er 
diejer, als dem vollfommenften, fich durchaus glei— 
chen und einigen Weſen, Intelligenz und eine alles 
überwältigende Thätigteit bei, zugleich von ihm 


Xenon — 


Xenophon. 


ausjchließend die entgegengeiegten Prädifate de 
Endlichen und Unendlichen, Beweglichen und Un: 
beweglichen. Wie ſich aber die Mannigfaltigfei 
der veränderlichen Dinge zu diejer Einheit des 
göttlichen Seins verhalte, darüber finden ſich in 
den Überbleibjeln jeines Werkes (megi gprscus, 
gejammelt von Karften, 1830, und in Mullads 
fragm. phil. Graec. Bd. I p. 101 ff.) mehr If: 
tiiche Außerungen als beftimmte Entwidelungen. 
Auf die Einheit des Göttlichen dringend, jagt er, 
was bei dem Menſchen als ein Sehen und cs 
Hören und ein Denken getrennt jei, durchdring 
jich bei Gott in einer ZTotalität, und ein Gert 
walte mühelos über alles. Dieſer jpefulative San 
nach einer höchften Einheit macht den X. aber and 
zum ausgejprochenen Feinde der homeriichen Pochr 
und Mythologie, an der er die Bermenichlicug 
des Göttlichen und das vieljeitige, in die ment 
lichen Zeidenjchaften gezogene, Handeln derſelben 
örmlich hafte. Das Urteil Eiceros (acad. 4, 29, 

ß &. ein mittelmäßiger Dichter jei, geht wahr 
icheinlicy auf die Epen besjelben. Auf jeine Ele 
gien, von denen noch 2 vollftändig erhalten fin 
(gedrudt in Schneidewins delectus und Bert 
poet. Iyr. Gr. Il p. 110ff. der 4. Aufl.), paht @ 
nicht; fie können ohme Bedenken neben die de 
bejten Elegifer geftellt werden. Abhandlungen vor 
Franz Kern (1871 und 1874). — 2) Athene, 
Bater des Lamachos. Thuc. 6, 8. — 3) Sohn 
des Kleitomachos von Athen, ſchloß als Gejandier 
Philipps V. mit Hannibal ein Bündnis. Zar 
23, 38. 38, 

Xenophantos, Zevöperros, 1) ausgezeichneter 
Flötenſpieler, der Alerander dem Gr. durd kin 
Spiel jo zu begeiftern verftand, daß er die Kaſſen 
ergriff. Plut. Dem. 13. — 2) Erzgießer, Sohn des 
Ehares aus Thafos, lebte unter Kaiſer Hadrar, 
deſſen Bildſäule er für die Athener fertigte. 

Xenophilos, Zerögıkos, 1) Pythagoreer, L 
des Arijtorenos. Diog. Laert. 8, 16. — 2) 
fehlshaber der Wächter über die Burg Suja un 
die dajelbit niedergelegten Schäße, der von Se— 
leukos, dem Ctatthalter von Suftana, nad) langt 
und tapferer Verteidigung zur Übergabe rn. 
wurde und fich ihm anſchloß, 317/316 v. ©. Died 
Sie. 19, 17. 48. 

Xenöphon, Zsropar, 1) Sohn des Theſales 
aus Korinth, ein olympiſcher —— um 4640. € 
— 2) der Hiftorifer, Sohn des Gryllos oder Örgles) 
aus dem Demos Ercheia in der aigeijchen Fhalt 
geboren nad) der gewöhnlichen Angabe etwa 
v. C. richtiger aber erft um 434; denn in de 
Anabafis rechnet er ſich zu den Jüngeren. Er mt 
einer der treueften Schüler und Freunde des Cr 
— und Zeiigenoſſe des Platon und Allibiade 

urch einen eigenen Zufall wurde er mit Sokrats 
befaunt. Diejer begegnete ihm nämlich in et 
engen Straße, fperrte ihm den Weg mit vor“ 
haltenem Stode und fragte ihn, mo bit un 
jene Lebensmittel Fäuflich wären. z. im 
hierauf Antwort gegeben, fragte jener weiter, we 
rechtichaffene Männer gebildet würden. X. must: 
— nicht zu antworten; da ſprach Soltae 

olge mir und lerne es. Und von diefer Zeit mat 
&. des Sofrates treuefter Anhänger und : 
Diog. Laert.2,48. Die Teilnahme an der Scladt 
beit Delion ift ohne Zweifel jpätere — 
ſowie von Kriegsdienſten im peloponneſiſchen che 


Xenophon. 


nichts überliefert ift. &. jcheint dieſe Zeit feiner 
wifjenjchaftlihen Ausbildung gewidmet zu haben. 
Auch den Unterricht des Sophiften Prodifos in 
der Beredjamfeit benußte er, und von Gofrates 
joll er zur Geichichtichreibung ermuntert worden 
jein. Durch feinen Freund Prorenos wurde er 
nach Beendigung des peloponnefiichen Krieges ein- 
eladen nach Sardes zu fommen, um ihn bei dem 
jüngeren Kyros einzuführen. Da ihm die Ber: 
— in Athen nicht zuſagten, entſchied ſich 
ein ritterlicher Sinn ſchnell für den Vorſchlag 
(An. 3, 1, 4), und er trat bald in nähere Be— 
ziehung Rn Kyros. An dejien Zuge gegen Arta— 
xerxes Mnemon nahm er, ohne eine militärijche 
Würde zu haben, teil. Nach der Schlacht bei Ku— 
nara wurde er mit 4 andern erwählt, um ben 
NRüdzug zu leiten, und zeigte hier jo viele Klug: 
heit, Tapferfeit und Ausdauer, eine jo weile Nach— 
giebigfeit gegen die übrigen Mitfeldherren, eine 
jo großmütige Entjagung, als ihm der Oberbefehl 
angeboten ward, daß ihm eine ausgezeichnete Stelle 
in der Kriegsgejchichte gefichert bleibt, wenn auch 
jeine Thätigkeit nicht der Ruhm gewonnener Siege 
begleitete. Als das Heer bis Byzanz zurüdgeführt 
war, trat &. mit demjelben in die Dienjte des 
—— Königs Seuthes, der ſein väterliches 
eich wieder erobern wollte. Als auch dieſes ge— 
lungen war, luden ihn die Spartaner, deren Fed: 
herr Thibron die perfiihen Statthalter Tiffapher: 
nes und Pharnabazos befriegen jollte, ein, mit 
dem Heere in ihre Dienjte zu treten. &. führte 
dasjelbe nad; Bergamos und gab den Oberbeieht 
an Thibron ab. Durch jeinen Anjchluß an den 
jüngeren Kyros und durch die Übergabe des Heeres 
an die Spartaner hatte &. in Athen ſich die Ver: 
baunung wegen Sochverrat3 zugezogen. Wahr: 
ſcheinlich diente er deshalb in dem Heere, dejien 
Oberbefehl der Spartaner Derfyllidas führte, fort. 
Später finden wir ihn bei Agefilaos in Aſien, mit 
dem er durch längeren Umgang auf das Innigſte 
ſich befreundete. Als dieſer zurüdgerufen wurde, 
um dem bedrängten Vaterlande Hülfe zu leiften, 
ging &. mit ihm und nahm an der Schladht von 
Koroneia (394) gegen die — und Athener, 
wenn auch nicht als Kämpfender, teil (vielleicht 
war dies die Urfache feiner Verbannung). Bon 
da begab er fich nach Sparta und erhielt von den 
Spartanern ein Landgut bei Stillus in der Nähe 
von Olympia auf dem den Eleern entriffenen Ge: 
biete. Hier lebte er jeinen Lieblingsneigungen, 
dem Landbau, der Jagd und Pferdezucht; hier 
entjtanden auch die meijten feiner Schriften. Als 
die Athener von dem thebanischen Bündniſſe zu— 
rüdtraten und jpäter fi jogar mit Sparta ver- 
bündeten, ſchickte &. jeine 2 Söhne, Diodoros und 
Gryllos, nad) Athen, um in dem athenischen Hülfs- 
heere für die Lafedatmonier zu fämpfen. Diodoros 
fam aus dem Feldzuge zurüd, Gryllos fiel aber 
in der Schlacht bei Mantineia. Die Todesnach— 
richt erhielt der Vater, als er eben im Begriff 
war zu opfern. Er nahm den Kranz, den er auf 
dem Goupte hatte, ab; als er aber hörte, daß der 
Sohn eines ruhmwürdigen Todes gejtorben jei, 
jeßte er ihm wieder auf und ſprach die im Alter: 
tume gefeierten Worte: „Ich wußte, daß ich einen 
Sterblihen gezeugt.” Dieje Annäherung &.3 an 
jeine Vaterjtadt jcheint die Zurücknahme feiner 
Verbannung auf Betrieb des Eubulos um das J. 


} 








— — 


— — — — — — — — — —— ———— — — — — — — — — 


1307 


369 bewirkt zu haben. Ob er, nachdem er von 
den Eleern in Skillus vertrieben war, wieder auf 
einige Zeit nach Athen zurückgekehrt, iſt nicht be— 
kannt; wahrjcheinlich ſtarb er in Korinth. 354 oder 
353 v. E. (nicht ſchon 360/359). — &. gehört als 
Menic nicht gerade zu den herporragenditen und 
geiftreichiten, aber jedesfalld zu den biederiten 
Charakteren des Altertums, an dem das griechiſche 
Ideal menſchlicher Volllommenheit, gleichmäßige 
Bildung des Leibes und der Seele, vollſtändig 
verwirklicht war. Als Schüler des Sokrates hatte 
er ſich des Meiſters Lehren und Handlungsweiſe 
ſo ganz zu eigen gemacht, daß er mit Verleug— 
nung des eigenen Weſens des Lehrers Worte 
wiedergab. Aus dieſer Schule ſtammte die Klug— 
eit und der praktiſche Blick in allen Lebensver— 
—ãſ— die ſich in allen ſeinen Schriften erken— 
nen laſſen; daher auch die Frömmigkeit und die 
ſtete Rückſicht auf die Winle der Götter, die er 
überall zu erforichen bemüht mar und mit fajt 
übertriebener Gewiflenhaftigfeit ehrte. Durch die 
entichieden praftijche Haltung unterjcheidet er fid) 
weſentlich von der idealen Richtung Platons; daß 
aber ein feindjeliges Verhältnis zwifchen ihnen 
bejtanden habe, ift eine ſpätere Erdichtung. Bgl. 
Ad. Noquette, de Xenophontis vita (1884). — 
Schriften: Die Erinnerungen an Sokra— 
tes, drouvnuoveduere Zongdrovg, Memorabilia 
(Commentarii) Socratis, 4 Bücher, liefern, aus: 
gehend von einer Ehrenrettung gegen den Vorwurf 
der Götterveradhtung und der Nugendverführung, 
von dem Charakter des Sofrates ein treueres 
Bild als die Dialoge Platons, der fich über die 
einfache Lehre jeines Meifterd in das Reich der 
Keen erhebt, während &. auf dem Boden der 
Wirklichkeit verbleibt und fich mit Einficht, Kraft 
und Redlichkeit bewegt. Bei der eigentümlichen 
Nichtung eines jeden tft es natürlich, daß fie ihren 
Lehrer verjchieden darjtellten, woraus aber nod) 
nicht jene angebliche Feindichaft hervorgeht. Ausgg. 
bon Koraid (1825), Herbit (1827), Bornemann 
(1829), Sauppe (1834), M. Seyffert (4. Aufl. 1883), 
Kühner (1857; fleinere Ausg. 5. Wufl. 1889), 
Breitenbach (6. Aufl. 1889), E. Weißenborn (2 Bdd. 
1885 ff.), W. Gilbert (1888) u.a. — Die Verteidi— 
gung des Sokrates, amoloyla Lwxpdrovg, ift 
bon geringerer Bedeutung, wahrſcheinlich auch nicht 
echt, Tas dem X. von einem Späteren, vielleicht 
jeinem Enkel, untergejchoben; fie entwidelt, warum 
Sofrates lieber fterben, als um fein Leben flehen 
wollte. Ausg. (mit Sympofion) von Bornemann 
(1824). — Das Gaſtmahl, avumöcıor pıloco- 
por, läßt den Sokrates an die Vergnügungen des 
Angenblids die anziehendften Geſpräche über die 
Schönheit und Liebe anknüpfen. Wusgg. (mit 
Apologie) von. Bornemann (1824), Lange (2. Aufl. 
1825), Herbſt (1830) und Mehler (1850). — Die 
Heine, anziehende Schrift über die Haushal- 
tungsfunft, olxovonunög Adyog oder mepl vlno- 
voulas, eine Ergänzung der Erinnerungen an So: 
frates, gibt ein Geſpräch über die Verwaltung des 
—— beſonders den Ackerbau, wobei So— 
rates gleichfalls die Hauptperſon bildet. Ausgg. 
von Herbſt (1840), Breitenbach (1841) und Lincke 
(1879). — Auch &.3 politiſcher Charakter war 
durch den Umgang mit Sofrates bedingt und ge: 
bildet worden. Sokrates war Koſmopolit und konnte 
als jolcher mit dem Treiben des atheniichen Voltes 


1308 


ſich nicht befreunden. Dieſen Widerwillen gegen | 
die Bolköherrichaft in Athen Hatte X. von feinem 
Lchrer geerbt. Während jeines Aufenthalts in 
Njien hatte er an Kyros und Ageſilaos Freunde 
gefunden und an beiden erfahren, was Ein Mann, 
der das Gute will, mit unumſchränkter Macht zu 
leiften vermag. So wurde die Monarchie ſein 
Seal, die er aber von der Tyrannei wohl unter: 
ſcheidet. In feinem Hieron, Téocu (Ausgg. von 
Frotſcher, 1822, und R. Hanow, 1835, mit Sympojf. 
und Agefilaos), einem Geſpräche des Simonides 
mit Hieron, lejen wir eine Schilderung der Leiden 
und Entbehrungen, welche auf der Tyrannei lajten, 
und zugleich die Mittel, wie ein Herrſcher das 
Süd vieler befördern fan. Die Ausführung der 
Mittel aber, wie ein Negent feiner Bejtimmung 
entjprechen könne, wie er fich nicht bloß zum Er: 
oberer, jondern auc zum Vater der beziwungenen 
Völfer bilden könne, gibt der politiiche Tendenz- 
roman der Kyropädie, Kvoov maıdel«, Instı- 
tutio Cyri, in 8 Büchern. Sie ftellt die Erziehung 
und den Charakter eines volltommenen Fürſten 
nad) jofratijhen Grundjägen in der zwar auf hiſto— 
riicher Grundlage ruhenden, aber idealifierten Ge— 
ihichte des älteren Kyros dar, Ausgg. von Lange 
(3. Aufl. 1822), Bornemann (1828), Holgmann 
(1833), Jacobi (1843), Hertlein (4. Aufl. 1886 ff.), 
Breitenbach (4. Aufl. 1890F.), U. Hug (1883). — 
Die Gejhichtichreibung des &. ift einfach 
annaliftiih und auf das praktiſch Bemerkenswerte 
gerichtet, ohne von einer höheren Idee beherricht 
zu jeın. Zwar ift ihm der Gedanke an das Walten 
der Götter über die menjchlichen Angelegenheiten 
nicht fremd, aber er macht ihn nicht zur leiten- 
den dee, und wo er ihn geltend macht, wirb er 
der Darftellung nicht jelten nachteilig. Die grie— 
chiſche Gejhichte, "EAlnvınd, Historia graeca, 
deren Anfang fehlt, zerfällt in 2 Teile. Die 2 
erften Bücher (genauer B. 1—2, 3, 10) fünnen 
ale eine Fortjegung der Gejchichte des Thufydides 
bis zum Ende des peloponnejischen Krieges gelten 
und jind im trodenem Tone gehalten; die 5 fol- 

enden behandeln die Zeit nach dem peloponne- 
Fichen Kriege, und zwar 3—5, 3 die Ereignifje 
bis zum Frieden des Antalkidas, mit fichtlicher 
Parteinahme für Sparta, 5, 4 ff. — Schluß die Zeit 
bis zur Schlacht bei Mantineia. Dieje beiden Teile 
mit Niebuhr für 2 verichiedene Werle zu Halten, 
Icheint fein Grund, wenn fie auch zu verſchiedenen 

eiten abgefaßt find. Dieje Gejchichte wird unter 





Xenophon. 


fi) in der dritten Perſon fpricht, jo ift das Werl 
von einigen nach Hell. 3, 1, 2 dem Themiftogenes 
—— worden, gewiß mit Unrecht; denn die 
—— an ſeiner — laſſen ſich heben. Ausgg 
von Lange (4. Aufl. 1822), Jacobs (1825), Boppe 
(1827), ger (1826; Schulausg. 7. Aufl. 1888), 
K. Matthiä (2. Aufl. 1859), Hertlein (3. Aufl, 
1857), Kühner (1852; El. Ausg. o. J.), Rehdanß 
(6. Aufl. 1888 ff.), Breitenbad (1865), Bollbredt 
(8. Aufl. 1886 ff.), Hanſen (1883 ff.), Matthias 
(1884), Bachof (1888 f.); Frit. Ausgg. von 2. Din: 
dorf (2. Aufl. 1855), Cobet (1859), Breitenbad 
(1867), U. Hug (1878). — Als ein Anhang zur 
riech. Geſchichte läßt fich die in eine Charalten- 
ik tiefer eingehende, ihrer Echtheit nach ebenfalls 
bezweijelte Lobrede auf Agejilaos betradten 
erauög. von Heiland, 2. Aufl. 1846, Breum: 
ac, 1846, und Güthling, 1888). — Noch jm 
vorhanden (aber von —22 Echtheit): zwei 
Schriften über die jpartanijche umd athe— 
niſche Staatsverfaſſung, Aunedaumeniu 
rolırele und Adnveior m. (erſtere herausg. va 
Haaje, 1833, mit wichtigem Kommentar; legten. 
nad Kirchhoff und L. Lange, die ältefte erhalten 
Schrift in attijcher Proja und um 424 v. C. ge 
ſchrieben, während Müller-Strübing die Abfafjung* 
eit zwijchen 417 und 414 ſetzt und als Berfafer 
Br nichos [j. Phrynichos, 4.] anficht, ven 
of. 3. Aufl. 1889, M. Schmidt, 1876, und 
Miüller-Strübing, 1880), eine Schrift über die 
Berbefjerung der Einkünfte (mögoı oder zpl 
reooodwr, 356 verfaßt, herausg. von van Deventer, 
1851, und Zurborg, 1876), eine Anleitung für 
den Anführer der Reiter ei (immagyınd) um 
2 Abhandlungen über die Jagd (vurmyerus 
und Reitkunft (meel immınns). — Gejamtaus 
j. Werfe von H. Stephanus (2. Aufl. 1581), 
(1798 ff.), Schneider (1790 ff., zum Teil neu bear 
von Bornemann und G. Sauppe); T bes 
L. Dindorf, G. Sauppe (1865—67) und 
(begonnen 1869). — Sturz, lexicon Xenophor- 
teum (1801 ff.); Sauppe, lexilogus Xenophar- 
-_ (1869). — A.s Da me * bu Y 
Itertume ausgezeichnetes Lob zu teil: er 
attijche Biene oder Mufe. Wohlklang der Eat 
lichtvolle. Darftellung, liebliche Zartheit und An 
mut, eine don allem oratorischen Schmude ens 
jernte Einfachheit und Nüchternheit iſt das Geprägt 
feiner — Darſtellung, womit freilich eine ge 
wifje Magerfeit des Stils, Mangel an Objeftivist 


&.3 Hand Geſchichte der Spartaner, er jelbjt ift | und ausgebildeter Kunftform verbunden iſt. Doch 
darin Hiſtoriler der Dorier und Herold der Thaten tritt man gern dem Urteil des Quintiliau ba, 
des Ageſilaos, jo da don Altibiades, Konon, Tie | welcher (10, 1, 82) jagt: in labris eius sedisst 
motheos, Iphikrates, Pelopidas, Epameinondas | quandam persuadendi deam. Am jorgfältighen 
entweder gar nicht oder mit Kälte geiprochen wird. | gearbeitet jind die Kyropädie, der Difonomilos m 
Ausgg. von Cobet (2. Aufl. 1880), Breitenbach | das Sympofion; die Reinheit der Sprache m 
(mit lat. Kommentar, 1853—63, 1. Bd. 2. Aufl. | bisweilen dur Einmiſchung dichteriſcher oder 7" 
1880; Schulausg. 1873 ff., 1. Bd. 2. Aufl. 1884), | alteter Ausdrüde und dialeftijher Eigentünit 
Bücjenihüg (5. Aufl. 1884 5j.), Kurz (1873 f.), | Teiten getrübt. — 3) aus Kos, mit vollem Name 
Zurborg und Groſſer (1882 ff.), D. Keller (1890; |E. Stertinius Xenophon (nad Juſchtiſue 
fl. Ausg. 1889). — Die Anabaſis, dvaßasıs | Leibarzt des Kaijerd Claudius, den er auf Ag“ 
Kögov, 7 Bücher, bildet gewiſſermaßen zwiſchen | nas Gehei vergiftet haben ſoll. Tac.ann. 12,615 
den 2 Teilen der Hellenifa das Mittelftüd und | — 4) ein Erotiter aus Ephejos, vielleiht # 
beichreibt jenen Rüdzug der 10000 Griechen aus | 5. Jahrh. n. E., jchrieb einen Roman, 2 
Oberafien anziehend und mit großer Genauigkeit ’Eysswwnd, rü xard Ardlav mal — 
im einzelnen, io daß die 18 bis 20 Jahre ſpäter (herausg. in den Sammlungen der rich. Guol 
erfolgte Ausarbeitung wahricheinlich auf unmittels | befonders von Hofman-Peerllamp, 1818). S 
baren Aufzeichnungen beruhte. Da X. ftets von | Stil ift einfach und Mar. — 5) Sohn dei 


ku 


to 


#evog — Xuthos. 


pides, war 430/429 v. E. einer der atheniſchen Be- 
re, denen ſich Potidaia ab, und bie 
rauf gegen die Ehalfidier und Boioter zogen. 
Thue. 2, 70. 79. — 6) Bildhauer und Erzgieher, 
welcher mit Kephijodotos fiir Megalopolis einen 
thronenden Zeus, eine Artemis Soteira und ein 
ild der Stadtgöttin fertigte. Paus. 8, 30, 5. 
Zevos. Das Berhältnis der fremden, d. 5. 
der nichtbürgerlichen Freien, war in den verſchie— 
denen griechiihen Staaten verjchieden. Während 
3. B. in Sparta der dauernde Aufenthalt, oder 
wenigftens die Auſäſſigmachung Fremder, nicht 
geitattet war (Fevnlacie), bejapen fie anderswo, 
3. B. in Athen, beftimmte, z. T. ausgedehnte Rechte 
und Freiheiten. Jeder Fremde (Eivog ragent- 
Önuog), der ſich eine beftimmte Zeit in Athen auf: 
hielt, trat in das Verhältnis der Schugverwandten 
(uErorxoı), deren Zuftand in Athen, dem Mittel: 
punft hellenifcher Bildung und Gefittung, für fo 
wünjchenswert galt, daß die Zahl der Metoifen 
309 v. €. ſich auf 10.000 erwachſene Männer be- 
lief. VBerpflichtet waren fie, einen Bürger als 
Batron (goardeng) zu wählen, der ihr Vertreter 
in allen öffentlihen und Privatangelegenheiten, 
. B. Brozeflen, war. Die Verabſäumung bdiejer 
flicht 309 die yoapr) Krpooraclov nad fih. Für 
den Schub, den der Staat ihnen gewährte, zahl: 
ten fie durch den Patron ein geringes Schußgeld 
erolzıor, Eevına releiv), jährlid 12 Drachmen, 
itwen nur 6 Drachmen (usromlov drayoyı) 
gegen den, der es nicht bezahlte). — Wer dieſe 
Pflicht nicht erfüllte oder fich fonft irgendwie als 
wirklicher Bürger gerierte (yoxpr) Eeriag), fonnte 
als Sklave auft werden. Bei Öffentlichen Auf: 
ügen hatten fie die Dienftpflicht der Hudriaphoria, 
aphephoria und Sfiadephoria zu leiften. Zur 
Ermwerbung von Grundeigentum waren fie nicht 
befugt; zum Sriegsdienft waren fie verpflichtet, 
wie auch zu den außerordentlichen — 
Leiturgien u. ſ. w. Unbeſchränkt war ihr T 
zur Betreibung bürgerlicher Gewerbe, was um jo 
natürlicher war, da der Staat dadurd große Ka— 
pitalien und Kräfte in feinen Bereich zog. Für 
Betreibung ihres Geichäftes bezahlten jie eine 
ewerbeftener, wovon der Bürger frei 
Bejonders bevorzugt waren die looreAsis, die in 
Rüdficht auf Leiftungen den Bürgern ganz gleich) 
ftanden, alfo auch fein uerocsıov bezahlten. Das 
aktive Bürgerrecht, aljo Teilnahme am Staate, an 
Wahlen, Gerichten u. j. w., hatten fie nicht; da— 
geaen fonnten fie Grundbefiß erwerben und be— 
urften feines Proftates. Etwas ganz anderes iſt 
die Iſopolitie, die da ftattfindet, wo ganze Staaten 
ch ——— das Bürgerrecht erteilen, ſo daß 
er —— des einen Staates zugleich Bürger des 
andern Staates iſt. Eine beſondere Stellung nah— 
men die moö&evoı ein, die paſſend mit den Kon— 
2 der neueren Zeit verglichen werden fönnen. 
er Prorenos war eine Art Staatsgaftfreund, der 
Bürger eines Staates, den ein andrer Staat zum 
Vertreter feiner Interefien in jenem ernannte. 
Athen z. B. ernannte einen Bürger von Korint 
nu feinem Prorenos in Korinth. Diejer erhielt 
für, daß er die Intereſſen atheniicher Bürger in 


i 
war. — 


1309 


Grundbefiges in dem Staate, der ihn ernannt 
hatte, fowie das Recht, ohne meoordeng mit Rat 
und Bolf zu verhandeln (mgösodos meös rıv Bov- 
Av nal row Öhjuov), felten und nur ausnahms- 
weiſe das wirfliche, vollftändige Bürgerrecht. — 
Übrigens war die Heilighaltung des Gaſtrechts 
ı Fremden gegenüber tief in der griechiichen Sitte 
begründet, jo daß auch der Kriegsgefangene, wenn 
er ſich loskaufte, dogukerog ward. 

Xerxes, Xerses, Zig&ng, altperſiſch Khajaricha, 
1) gg | von Perfien, Sohn des Dareios von der 
Atoſſa, Tochter des Kyros, beftieg nach dem Tode 
feines Vaters ungehindert den Thron, Anfang 485 
v. C. Hdt.7,2f. Nachdem er die abgefallenen 
Provinzen, Ägypten und Babylonien, zur Unter: 
werfung gebracht, fing er, angetrieben von ſei— 
nem Schwager Mardonios, herbeigerufen von ver: 
triebenen Tyrammenfamilien, durch Weisfagungen 
und Träume gedrängt, ungeachtet der Warnungen 
jeines Oheims NArtabanos, die Rüftungen gegen 
Griechenland an, die mehrere Jahre währten. Hat. 
7, 5ff. Mus allen Teilen des Reiches murben 
Truppen aufgeboten. Die Größe des in Mfien 
—— ebrachten Landheeres kann man nach 
der Angabe des Kteſias zu 800 000 Mann zu 
Fuß nebſt 80 000 Reitern annehmen. erodot 
aber rechnet, zum Teil durch unrichtige Voraus— 
ſetungen, dem A. für Flotte und Landheer 37 
3 Millionen Streiter heraus außer dem Troß. 
Bon dem Sammelplaß, dem fappabotiichen Kri— 
talla, bewegten fich die Mafjen nad) Sardes. Bon 
| ier brach im Frühjahr 480 die Landmacht auf 
und ging über die vorher gebauten Brüden nad) 
Europa. Hat. 7,265. X. begleitete das Heer und 
ſchaute von einem auf dem Feſtlande gebauten 
Throne der Niederlage bei Salamis zu. Nach 
dieſer beichloß er die Heimkehr nach Aſien, Tangte 
—* 45 Tagen in Seſtos an und ging von da 
nah Sardes. Als mit den Schlachten bei Pla: 
‚taiai und Myfale der Gedanfe an die Eroberung 
\ Griechenlands gänzlich aufgegeben werden mußte, 
begab er ſich nad Suja zurüd. Seitdem beginnt 
‚ fichtlich der Verfall des Reiches, wenn aud die 
| ftattlichen Bauten zu Perjepolis und der Verfuch, 
‚den Seeweg um Afrika zu entdeden (Hat. 4, 43), 
‚noch große Gedanken zeigen. Der ſchwache, ſinn— 
lihen Ausſchweifungen ergebene König wurde, 
‚nachdem er noch (Herbft 467) die furdhtbare Nie: 
derlage am Eurymedon erlebt hatte, von dem Hyr—⸗ 
fanier Artabanos, dem Befehlähaber der Leib: 
wache, ermordet (Juli oder Auguſt 465); ebenfo 
furz darauf jein ältefter Sohn Dareiod. Der ziveite 
Sonn, Artagerges (i.), beftieg den Thron und 
tötete nach 7 Monaten den intriganten Artabanos. 
Diod. Sie. 11, 69. — 2) Xerxes II., der einzige 
ebenbürtige Sohn von Artarerxes 1., folgte feinem 
Bater Anfang 424 v. C., wurde aber ho nad) 
45 Tagen von feinem Halbbruder Sogdianos er: 
mordet, den wieder 7 Monate ipäter Dareios 11. 
Nothos bejeitigte. Diod. Sie. 12, 64. 71. 

Xuthos, Zoötog, Sohn des Hellen und der 
Nymphe DOrjeis, Bruder des Aiolos und Doros. 
Aus Theffalien von feinen Brüdern vertrieben, 
fam er nad Attika und heiratete die Tochter 











Korinth vertrat, auch Vorrechte in Athen, die in- |des Königs Erechtheus, Kreüja, mit der er den 
befjen nicht immer bdiejelben waren, fondern in’ Achaios und Jon, die Stammpäter der Achaier 
jedem einzelnen Falle durch Volksbeſchluß feitgejegt und Jonier, jeugte. Apollod. 1,7, 3. Darum 
wurden. In der Regel befam er das Recht bes | läht ihn aud) die Sage in Nigialos, dem Wohnſitz 


1310 


der Jonier und jpäter der Achaier, wohnen. Hie— 
* ſoll er geflüchtet ſein, als ihn die Söhne des 

echtheus verjagten, weil er dem Kekrops den 
durch des Erechtheus Tod erledigten Thron von 
Athen zuerkannt hatte. Paus. 7, 1,2. Hdt. 7, 94. 
Achaios z0g von Aigialos nad Thefjalien zu: 
rüd und herrichte dort nadı des Aiolos Tod; ein 
Stamm im öftlihen Phthiotis jollte von ihm den 
Namen tragen. Die Geſchichte des Jon gab einen 
Stoff ab für die Tragödie. Nach der Tragödie 
diejes Namens von 
des Apollon und der Kreitja, wurde von der Mutter 
ausgejegt, von Hermes nach Delphoi gebracht und 
dort von der WPriefterin zum TQempeldiener be: 
ftimmt. Als er Jüngling geworden, fragen Zuthos 
und Kreüja zu Delphoi wegen ihrer Kinderloſig— 
feit um Nat, und Xuthos erhält die Weifung, den 
als Sohn anzunehmen, der ihm zuerjt beim Aus: 
tritt aus dem Tempel begegnen werde. So wird 
Jon Adoptivjohn des Kuthos; aber Kreüja will 
ihn vergiften. Entdeckt, flieht fie an den Altar 
des Gottes, von wo Kon fie entfernen und töten 
will. Aber Sreüja erkennt dur das von ber 
Priejterin herbeigebracdhte Käftchen, in dem Jon 
ausgejegt worden war, den Sohn. Wach einer 
andern Sage heiratet Jon Helike, die Tochter 
des Königs der Nigialeer, Selinos, und wird nad) 
dejien Tode König in Nigialeia, deſſen Einwohner 
er nun Joner nennt. 


uripide® war Jon Sohn | d 


Xyline Come — Zama. 


egen die Eleufinier zu Hilfe gerufen und zum 

übhrer erwählt, befiegt er den Eumolpos, wird 
König von Athen und zeugt Hoples, Geleon, Aigi: 
fores, Argades, die Stammheroen der 4 iomijden 
Phylen. Er lag im attifchen Demos Potamos 
begraben. Hdt. 5, 66. Paus. 1, 31,3. 

Xyline Come, fleden in Piſidien zwiſchen 
Termifjos und Korbaſa. Liv. 38, 15. 

Zulor, lignum, 1) diente bei den Griechen 
ur Beftrafung von Sflaven als Zwangswerkzeug, 
indem Hals und Füße darin eingeipannt wurden 
Arist. Lys. 680. Equ. 367); bisweilen auch, um 

ajende dadurch zu bänbdigen (Hat. 6, 75). — 
2) Neoror Eulor, in Athen die vorderite Bant 
oder Sipreihe im Theater (wo fie uriprünglih 
bon Holz war), der Platz für die Protanen und 
Obrigfeiten. Arist. Vesp. 90. — 3) Yängenmef 
= 3 jxtis. 

Xynia, Zvria, Xyniae, Stadt in Thefjalien, 
öftlih an dem See Kynias (j. Nezero). Jar. 
82, 13. 38, 3. 39, 26. Pol. 9, 3. 

Xystos, -on, ävorög, -ör, und Kystus, -um, 
bededte Halle in den griechiichen Gymnaſien, ın 
der ich, namentlich im Winter, die Athleten (aut 
xysticı genannt) übten; bei den Römern ein m 
der Halle gelegener, ſchön angelegter Raum zum 
Umberwandeln, mit Blumen, Gebüſch n. |. w. (ie 


Darauf don den Athenern | acad. 2, 3. Plin. ep. mehrmals. 


2. 


Zabatos j. Lykos, B, 1. 
Zadrakarta, Zadgdxaere, bei Strabon (11,508) 
Keora, Hauptjtadt Hyrkaniens, nördlich von dem 


| Bafynthier freilih durch die Samier vertrieben 
wurden. Hat. 3, 59. i 
ı Tolmides zum Anjchlu an Athen genötigt, untı 


456 v. E. wurde 3. durd 


Hauptpafje über das Gebirge; j. viell. Aitarabad. deſſen (nicht tributpflichtigen) Bundesgenofjen wire 


Arr. 3, 23, 6. 25, 1, 

Zagreus, Zaygsvs, Beiname des Pluton und 
bejonders des Dionyjos (j. d. 5.). 

Zagros, Zaygog, noch j. Zagros, ein zwijchen 
Medien und Afiyrien, Sufiana und Babylonien 
jüdöftlich dahinziehendes Gebirge, mit den Bagri: 
ichen oder Mediſchen Päſſen (j. Taki:Girra). Pol. 
5, 44. Strab. 11, 522 ff. 

Zakynthos, Zaxvrdos, j. Zante, früher "Tern 
genannt, Inſel im Joniſchen Meere an der Weit: 
füfte des Peloponnes, die jüdlichjte der größeren 
wejtgriechiichen Inſeln, weſtlich von dem eleijchen 
VBorgebirge EChelonatas, jehr ergiebig und von 
den Italienern „die Blüte der Levante‘ genannt, 
hat einen Frlächeninhalt von etwa 5'/, TI Meilen. 
Homers (Od. 1, 246. 16, 123) Beiwort ülrjeso« 
paßt nicht mehr auf die Inſel, wenn es fich nicht 
auf die reichlihen Olbaumpflanzungen im Oſten 
der Inſel bezieht. Unter den Bergen wird der 
"Elarog genannt, vielleicht der heutige Stopos an 
der Südoſtküſte; höher (760m) find die Berge im 
Norden. Merktwürdig find die jchon im Altertum 
benugten Erdpechquellen (bei Kieri). Hdt. 3, 196. 
— Die Bewohner von 3. waren peloponnefiiche 
Achaier (Thue. 2,99); nad) Homer gehörte die 
Injel zum Reiche des Odyſſeus (Il. 2, 634. Od. 
1,246. 9, 24. 16,250). Bon der bedeutenden Ent: 
widelung des Handels zeugt die Anlage einer Ko: 
lonie in Kydonia auf Streta, aus deren Beſitz die 


auch während des peloponnefiichen Kri 


& finden. 
Thuc. 2, 66. 7,57. Diod. Sie. 11, 84. Später lam 
die Inſel in die Gewalt Philipps V. von Mate 
donien. Im 3. 191 von den Achaiern gefauft, 
wurde jie dur T. Duinctius Flamininus den 
Römern unterworfen, die ihr indes Autonomie 
gewährten. Zur Zeit der Kaifer gelangte jie wieder 
u bedeutender Blüte und Wohlftand. — Die Haupt: 
Babe, Zakynthos, lag an der Dftlüfte, ein be 
deutender Ort mit der jehr feiten Burg Pagis. 
Strab. 10, 458. 

Zaleukos, Zelevnog, Gejeßgeber im epizephb- 
riſchen Lokroi, gepört wahricheinfich in die Mitte 
des 7. Jahrh. v. E. Seine Lebensumftände find 
ungewiß, öfters wird er mit andern Geleßgebern, 
namentlich Charondas, verwechjelt. Er joll zuert 
geichriebene Gejepe gegeben haben, es find indes 
wenig Angaben darüber erhalten: fie bezogen ſit 
auf eittellung fittliher Ordnungen in riet 
leben ebenjojehr als auf öffentlihe Verhältnifie. 
Er juchte die Erhaltung eines gleichmähigen Be 
figes zu fichern, ſetzte an die &hete willfürlicher 
Richterjprüche bejtimmte Strafen, regelte den Prı- 
vatprozei und richtete Staatsbehörben ein, ohne 
indes die Verfaſſung in allen Teilen zu ordnen. 
Diod. Sie. 12, 205. Cie. legg. 2, 6. Strab. 6, 2691. 
Arist, pol. 2,9, 5. Pol. 12, 16. ®Bgl. Gerladı, 
Baleufus, Charondas, Pothagoras (1858). 

Zama, Zaue, Name von 2, etwa 6 Meilen von: 


— 


Zamolxis — Zauberei. 


einander entjernten Städten im jüdlichen Zeugi— 
tana, norbweitlich von Hadrumetum. Die öftlichere 
heißt j. Sidi-Amor. Die wejtlichere, Zama regia, 
j. Dihiama, 5 Tagereiien ſüdweſtlich von Kar- 
thago, an einem Nebenfluß des Bagradas gelegen, 
war nah Mommien der Ort der Entjcheidungs: 
ſchlacht zwiichen Scipio und Hannibal (Sommer 
202), ſpäter die Rejidenz und Schatzkammer des 
Königs Juba I, Pol. 15,5. Liv. 30, 29. Sall. 
Jug. 57. Caes. b. Afr. 91. 

Zamolxis, Zduoifıg oder Zaiuofıs, ein Gete 
Skythe oder Thrafer), fehrte, nachdem er bei 
Pothagoras auf Samos Sklave geweien und jpäter 
als Freigelaſſener in Hellas ſich Schäße erworben, 
nach jeiner Heimat zurüd und fuchte dort feinen 
ethijch-religiöjen Lehren, bejonders der Unſterblich— 
feitölehre, ſowie jeinen politischen Anfichten Eins 
gang zu verichaffen. Nach jeinem Tode wurde er 
als Dämon verehrt. Hat. 4, 94. Er hätte alio 
um 540 v. E. gelebt, feine Gejchichte aber ift 
ſagenhaft. Strab. 7, 297 ff. Diod. Sie. 1, 94. Plat. 
Charmid. 9. 

Zankle j. Messana, 

Zarangae |. Drangiana. 

Zages oder Zaons, 1000m hohe Felskette im 
öjtlichen Lalonien, nördlid) von Epidauros Limera, 
j. Kololero; dort lag aud) eine Stadt des Namens, 
j. Porto Hierafa. Paus. 3, 24. Pol. 4, 36. 

Zariaspa, Zegıdora, Stadt in Baltriana am 
Bariaipas, von Strabon (11, 514. 516) und Bli- 
nius (6, 16, 18) mit Mecht für identijch mit Baltra 

ehalten, von Arrian (4, 1,5. 7, 1. 16, 6) und 

tolemaios fälſchlich unterjchieden. Dort über: 
winterte Alerander 328—327 v. E. und lieh den 
Mörder des Dareios, Beſſos, beftrafen. 

Zarzas, Zidpfag, ein Anführer libyicher Ne: 
bellen im Kampfe gegen die von Hamilfar Bar: 
fas geführten Starthager, wurde, als er unter: 
handeln wollte, von Hamilfar feitgenommen und 
gefreuzigt. Pol. 1, 84 ff. 

Zauberei, Magie, ars magica. Die Zauberei 
hat mit der Religion gleihen Boden; beide be: 
ruhen urjprünglich auf der Abhängigkeit, im Die 
jih der Menich einer von einer überjinnlichen 
Geiſterwelt erfüllten Objektivität gegenüber geſetzt 
findet. Wenn der Menich fich ohne Gegenwirkungen 
in jeiner Abhängigkeit von den objektiven Mäch— 
ten beruhigt, jo jind jeine Erregungen religiöjen 
Charakters; durch die Zauberei dagegen jucht das 
Ich der auf ihn eindringenden objektiven Mächte 
Herr zu werden und ihre Kräfte fih unterthänig 
zu machen, und zwar auf übernatürliche Weije, 
ohne Rüdjicht auf natürliche Vermittelung. Und 
da unterjcheiden wir denn 2 Arten von Magie, 
die divinatoriiche und die operative, oder Die 
ſchauende und die wirkende, d. h. die Mantik und 
die eigentlihe Magie im engeren Sinne. Durd) 
die Mantik (j. Divinatio) jucht der Menſch eine 
übernatürliche Erkenntnis der Zukunft, des Schick— 
jals u. dgl., durch die Magie wirkt er ohne natür: 
liche Bermittelung auf die objektive Welt ein, auf 
Natur, Menſchen, Götter. Die Magie iſt uralt, 
jo alt wie die Religion; wir finden fie wie die 
Religion bei allen Völkern verbreitet. In Aſien 
galten bejonders die Inder für große Bauberer, 
ferner die perſiſchen Magier, die Chaldäer, die 
Äghpter; in fpäterer Zeit waren jüdiiche Zauberer 
jehr verbreitet. In Kleinafien erjcheinen bejonders 


1311 


Phrygien, der Sit de3 Kybelekultus, und Kolchis 
als Zauberländer. Auch bei den Griechen und 
Nömern hatte die Magie ein weites Feld, und 

ewiß ift fie hier uriprünglich nicht aus der 
Fremde eingeführt worden, jondern ein einheimi: 
iches Gewächs. Schon bei Homer find hinläng- 
lihe Spuren von Zauberei vorhanden: der Zau— 
bertrauf der Helena (Od. 4, 220), die Beiprehung 
der Wunde des Odyſſeus durch die Söhne des 
Autolyfos (Od. 19, 457), die Verwandlung jeiner 
Gefährten und anderer in Schweine, Löwen u. |. w. 
durch den Stab und den Tranf der Kirke, ihre 
- Entzauberung, der Gegenzauber durch das Kraut 
Moly (0d.10, 212. 233. 287 ff.), die Nefyomantie 
des Odyſſeus (Od. 10, 503. 11, 1ff.). Auch fin: 
den wir in den angeführten Stellen ſchon die 
' Bauberjpradje in ihren Hauptformen, die Wörter 
Delysır, paguaxor, Inaoıörj. An der jpäteren 
Zeit wurde die Magie der Griechen bejonders 
durch afiatifche und ägdyptiiche Einflüſſe jehr er: 
weitert. Die aſiatiſche Magie fam durch afiatische 
Naturfulte nad Griechenland, die hier zum Teil 
für ſich fortbeitanden, zum Teil fi mit ſolchen 
‚einheimijchen Kulten verbanden, die bisher, un: 
berührt von dem Entwidelungsgang der von der 
Naturjeite fich ablöjenden olympijchen Götter des 
helleniſchen Zeitalterd, mit dem dunfelen Grunde 
des Naturlebens in engerer Berbindung geblieben 
waren. So wurden denn der Qummelplag der 
Zauberei vornehmlich die dionyjiihen Myſterien, 
die Kulte der Unterwelt, die phrygiſchen und ägyp- 
tiſchen Kulte, in denen ſich die Religion ganz in 
zauberijche Sühnen und Luſtralweihen auflöjte. — 





Bei einer näheren Beichreibung des Zauberwejens 2 


der Alten ift eine Sonderung des früheren und 
Späteren, de3 Urjprünglihen und Wbgeleiteten, 
der griechiichen und römijchen Magie nicht wohl 
möglich. Wir beginnen mit dem magijchen Ber: 
jonal, das im göttliche, heroiiche und menjchliche 
Bauberindividuen zerfällt. Unter den Göttern er: 
ſcheinen jchon bei Homer als zaubermächtige Götter 
Aphrodite durch ihren Zaubergürtel und Her: 
mes durch das Kraut Moly und den Zauberftab. 
Vorzugsweiie aber ijt die Zaubergöttin der Grie- 
chen Helate, die Unterirdiiche, Nächtliche, deren 
Mofterien mit Donner und Blig und Gejpenfter: 
ſpuk aller Art begangen wurden. Sie verlieh dei 
ı Baubermitteln Kraft und wurde deshalb bei Berei— 
tung derjelben angerufen. T’heoer. 2, 15. Verg. A. 
4, 511. An fie ſchließt ji) Artemis ald Mond: 
göttin an, oft mit ihr identifiziert; fie lehrt Zau— 
berjprüche, wirft —35 — erzeugt Zauberkräuter. 
Eine Hauptzaubergottheit war ferner die phry— 
giſche Göttermutter, deren Prieſter Zauberei 
trieben und Gifte kochten; phrygiſche Aufzüge 
heißen yonreiwı xal ueysiaı nal negıögoual nal 
ruvuravıouol xal nadaguol. Zu den heroiſchen 
Bauberwejen gehörte der Dämon von Temeja 
(Strab. 6, 255. Paus. 6, 6, 7), ber lakedaimoniſche 
Aftrabafos. Hat. 6, G1ff. 69. Bei Homer erjchei: 
nen als ſolche Zauberwejen die Seirenen (Od. 
12, 39 ff.), Agamede, die Tochter des Augeias 
(Il. 11, 740), Helena und Kirfe, die auch in 
jpäterer Zeit noch als Bauberinnen gelten (Hat. 
6, 61. Or. met. 14, 346 ff.), neben Medeia, der 
Tochter des Zauberers Aietes und der Helate, von 
der fie ihre Kunſt lernte. Sie wird in der poe: 
tiſchen Sage das Jdeal aller Zauberei: jie regiert 








0 





us 


a 


1312 


die Wolfen, erjchüttert die Berge und Wälder, 
enttwurzelt Bäume, zieht den Mond herab u. dal. 
Bon männlichen ta ren gehören 2 Ber: 
ſes, Vater der Helate, Mietes, Heralles ber 


Daktyl (Ödarvioı ’Idador, Priefter der Kybele), die 


italiichen Dämonen Pieus und Faunusz ferner 
die Kabeiren, Korybanten, Kureten, Tel- 
chinen. Mhnliche dämoniſche Weſen niederer Art 
find die Kerfopen, Empuja und die Lamien, 
die Selloen (Trila), nad) dem Glauben der 
Leſbier früh verftorbene Jungfrauen, die Kinder 


Zauberei. 


incantationes, preces; Zr«oıdoi, incantatores, 
arioli u. ſ. w.); Kir beſonders zauberträftig em 
alte, batbarijche Worte, Fluchformeln (dat, dirae, 
deprecationes, detestationes, defixiones). Be: 
rühmt waren die ephefifchen Buchftaben oder or: 
meln (Epetoız yoduuera), die am Fuhgeftell, am 
Gürtel und an der Krone der epheſiſchen Artemis 
eingegraben waren, und die ſchon Kroiſos auf 
dem Scheiterhaufen gebraucht haben joll. Sie 
lauteten: &onıor oder Aoxı, xardonıor oder nu- 
‚rdonı, Al oder wit, rerpug oder rirgak, daunu- 


töten und ihre Leber freien, die Strigen (Stri- | wereig, alsıe und follten bedeuten: Finfternis, 
ges, ZrodyE), vogelartige Zanberdämonen (Op, | Licht, Erde, Jahr, Sonne, wahre Stimme. Sie 
am. 1, 12, 20. met. 7, 269. Hor.epod. 5, 20), die | wurden ala Amulette getragen. Bei den Römern 
ben Kindern Blut und Eingeweide ausfaugen, den |waren berühmt die Sabella carmina, Marsae 
Männern die Mannesfraft rauben u. ſ. w. ferner | voces. — Bauberfräuter (pdouaxe, veneficia); 
find hieher zu rechnen die ſpulenden Geifter Ver: | dahin gehörten das Polion oder Tripolion, Moly, 
ftorbener, Larven genannt, welche die Menfchen Berbena, Scilla, Malve, Aiphodelos u. a. Plin. 


quälen. — Unter dem menjchlichen Zauber: 
perjonal fteht als mythiſcher Repräfentant ber 
Magier Orpheus da; an diejen fchließt ſich Py— 
thagoras an, deſſen Perſon vielfach mit Sagen 
umhüllt ift, die ihn als einen großen Magus hin- 
ftellen. Hieher gehören jeine fabelhaften Reifen, 
jein Gang in die Unterwelt, feine Verbindung mit 
den Juden, Brahmanen, Ügyptern, Magiern u. j. w. 
Eine ähnliche Zauberfigur ift Empedofles, deflen 
Schüler in der Magie Gorgias von Leontinoi war, 


und bei den jpäteren Griechen der Berjer Oſtha— 


nes, defien Schüler Demofrit gewejen jein foll. 
Mit Orpheus und Pythagoras werden zuſammen— 
gejtellt Melampüs (Hat. 2, 49), Epimenides, 
Muſaios (Hdt.7T, 6. Plat. Protag. p. 316), Ba— 
fis (Hdt. 8, 96), Abaris (Hdt. 4, 36. Plat. 
Charm. p. 158). Bon Familien ähnlichen Charak— 
ters find zu nemmen die Jamiden in Olympia, 
die Klytiden in Troja. Auch gehören die Si— 
byllen bieher. Zu dem gemeinen Zauberpöbel 
gehören die Scharen der Orpheoteleften, Agyr— 
ten, Menagprten, Metragprten, bie neben 
Bettelei allerlei niederes Zauberwerk trieben (pae- 
ueroudvreis, laerpoudvreg, krouerrel, nadeg- 
tal, Bouolöyor), deren Anhang bejonders alte 


zaubertreibende Weiber (Glaufothen, die Mutter | 


des Aiſchines) bildeten (Theoer. 2, 92. Ov. am. 
1, 8,5. fast. 2, 571. Plat.r. p. 2 p. 364. Dem. 
pro cor. p. 814. Martial. 11, 85. Sen. de brev. 
vit. 26); ferner die Schwärme bon Zauberern, die 
unter dem Namen Magier, Babylonier, Chal— 
däer, Mathematiker, Yfispriefter fich über 


20, 32. 39. 21,7. 25,4,9. Sie waren ſchwer und 
nur mit großer Gefahr auszureißen. Hom. Od. 
‚10,305. Plin. 30,2. — Die magischen Steine, 
Aerolithe oder aus myftischer Erde gegraben, hatten 
eine größere Kraft als die Kräuter und waren nur 
heilfam. Ferner gehören hieher die Taliſmane 
‚und Amulette (amuleta, rsifouare, wegıdu- 
| uere, neolarre), von denen die erjteren mit Cha— 
rafteren bejchrieben waren, Ringe (ber Ring des 
Gyges, Plat. r. p. 2 p. 359), Baubertnoten 
\(neradtosıg, naradscuol, Plat. legg. 11 p. 983. 
‚fila magica, Plin. 28, 12), Gürtel, Kränze 
‚(Verg. E.7, 27), Muſik, magiſche Bahlen, 
‚animalifche Stoffe (von der Hyäne, Fröſchen, 
menschliche Gebeine. in. 28, 8. 10, 49. 28, ?). 
— Die Wirkungen der Zauberei betreffen eine‘ 
teils die Natur. Geftirne werden in ihrem Lauf 
ehemmt, die Sonne verfinftert, der Mond vom 
Simmel herabgezogen, die Erde geipalten, Flüſſe 
werden in ihrem Laufe aufgehalten, Wälder um 
Berge erſchüttert. Ov. met. 7, 199ff. Verg. A 
4,487 ff. Plat. Gorg. p. 513. Hor. epod. 5b, 45 
Durch Haubergefänge und allerlei Ceremonien wer 
den Wolfen und Stürme bewirkt und vertrieben 
| Dürre und Unfruchtbarkeit, Regen, Schnee un 
Sonnenschein herbeigeführt, Hagel abgewendet un 
dergleichen mehr. Das Getreide konnte vom Feld 
des Nachbars auf das eigene durch Anwendun 
pontifcher Kräuter, das Drehen der Spindel he 
übergezaubert werden, was jchon die XIl Tafel 
| erwähnen (excantare, pellicere fruges, Plin. 30,1 
'28, 2); Wafjer konnte in Wein verwandelt, Götteı 











das ganze römische Reich verbreitete und durch | ftatuen und fonftige feblofe Dinge (der mafleı 
ihre Gemeinheit, Laſter und Betrügereien aller Art | holende Beſen, cian. Philops. e. 655) belel 
berüchtigt find. Unter den Ländern, die durch | werden. Wilde Tiere wurden gezähmt (Orphen: 
rg berühmt waren, war für die mythifche Medeia, Ov. met. 7, 208; als Bezauberer bi 
Beit das Hauptland Kolchis, der Sit der Zauber: | Schlangen waren die Marjer berühmt); der Bi 
familie des Nietes, ferner Thrakien und fpäter | giftiger Reptilien wurde unfchädlic gemacht dun 
bejonders Theffalien (namentlich die Stadt Hy: | Unmendung von Steinen, Amuletten, durch Sprüch 
pata). Bei den Römern gelten als Zaubervöffer | ebenfo Biehfranfheiten geheilt u. j. f Die Zaube 
die Etrujfer, Sabiner, Marjer (Sabella | wirfungen auf den Menjchen waren auferorben 
carmina, Marsa Naenia. Hor.epod. 5, 76.17, 28. | lich manmigfach. Man wurde verzaubert durch de 


sat.1, 8,17 fi. Verg. A.7, 758. Or. a. a.2, 10%). 
Später führte man alles Zauberiſche auf Ägypten, 
Afigrien, Chaldäa, Babylon, Perſien, Syrien zus 
rück. — Einzelne Eriheinungen und Ktunſt— 
mittel der Magie. Über die Mantik ſ. Divi- 
natio und Chaldaei. Die Kunftmittel der 
operativen Magie waren: zauberiſche Sprüde 
und Formeln (drwd«l, carmina, cantamina, 


böjen Blick (faseinatio, Basxalveır, Baoxanla 
beſonders von Weibern mit doppelter Bupil! 
durch zauberiiche Kraft in Tiere verwandelt, mi 
Krankheiten behaftet, getötet (der Morb des En 
manicus, Tac. ann. 2, 69). Auf der andern Ceit 
wurden auch jolche Schäden durch Zauber gehobe 
und überhaupt das Wohljein befördert, Stär 
und Unverwunbdbarfeit bewirkt, verjüngt. Pinchiid 





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Zea — Zeilas. 


Buftände, die durch Magie hervorgerufen wurden, 
waren Wahnſinn, Berluft des Gedächtilifjes u. ſ. w. 


Gegen Feueräbrunft jchügte man jih durd die 


formel Arse verse; griehiiche Sprüche, Zauber: 
Zweige von Weihdorn, Lorbeer über den Haus: 
thüren wagen heilbringend, Totenköpfe und dergl. 
bradte man an Werkftätten gegen Yajcination an. 
Thüren wurden von Hauberern geöffnet, Haus— 
tenfel gejendet und ausgetrieben. Kinder ſchützte 
man gegen Faſeination durch Amulette. Liebes- 
zanber ward- geiibt durd Sprüche, Tränfe (pil- 
zoa), durch Drehen des Wendehaljes, Jynx (i. d.), 
anf einem Rade, Zauberfnoten und mancherlei 
andere Dinge. Hauptitellen: Theoer. id. 2. Verg. 
E. 8, 64ff. Juv. 6, 609. Hor. sat. 1,8, Lucan. 
6, 46. Tibull.1, 2, 8. Ov. her. 6. am. 1,8. Prop. 
8,5. TPlin. 20, 5. 22,8. 28, 6. 80, 15. 34, 18. 
Bauberer fliegen durch die Luft, wie Abaris auf 
einem von Apoflon empfangenen Pfeile oder Spiehe 
reitend, ihre Seele verläßt den Körper und geht 
anf Reifen, fie ericheinen zugleich an mehreren 
Drten (Pythagoras, Apollonios von Tyana). Ganze 
Völler wurden durch Beſchwörung und Opfer in 
Unterthänigfeit erhalten; durch den ſchwarzen Aſtro⸗ 
bolos, einen Edelftein, wurden Städte und Flotten 
erobeit. Plin. 37, 9. Willgemeine Krankheiten und 
Peſt wurden durch Zaubergeſäuge, Mufit und Mei- 
nigungen entfernt, jo in Sparta durch den Gor- 
tynier Thaletas, in Athen durch Epimenides. — 
dem Behufe der Weisjagung citierte man die 
oten aus der Unterwelt, Nefromantie (vexvi«, 
vervouavreid, Yuyay 
älteftes Beiipiel Odyſſeus gibt. Hom, Od. 11,23 ff. 
Über die Prozedur bei der Totenbeſchwörung |. 
überdies Hor. sat.1,8,24 ff. Tibull. 1,2, 45. Sr 
ward geübt von Appius, Ciceros Freund, bon 
Batinius, Libo Drujus, Nero, Canidia. Cie. tusc. 
1, 16. div. 1, 58. Vat. 6. Tac. ann. 2, 28, Suet. 
Ner. 34. Hor. sat. 1, 8. Dieje Beichwörungen 
wurden zum Teil an bejtimmten Orten vorgenom- 
men, Totenvrafel (vervonuarreior, Yuyoroumeior), 
wie am Fluffe Acheron in Theiprotien (Hat. 5,92), 
in Phigaleia in Arfadien, am See Avernus in 
Unteritalien; außerdem aber traten die Nefroman- 
ten und Piohappgen als eine Art freier Bunft 
wie andere Zauberer auf. Mit, der Nelromantie 
Bängt der Dämonenzauber zujammen. Wenn 
ämonen von Menjchen Beſitz genommen haben, 
fo werden diefe Beſeſſenen (daumovıköneror, dreg- 
yobasvor, Öamoviöinneor) durch epheſiſche For— 


meln, Sprüche Salomons, Wurzeln, Ringe, Speichel, | 


Nägel, Haare und dergl. von ihren Peinigern be— 
freit.. Dämonen werden auch zur Dienftbarkeit ge 
zwungen. Diejer Dienft böjer Dämonen heift vor: 
ugsweije Godtie (yonrela), im Gegenjab zu 
agie, oder auch Goitie und Magie im Gegenjat 
zu Peovoyla und reise). Un den Dämonen: 
zauber reiht fi die Beſchwörung der Götter 
an, die nriprünglich bei Etrujlern und Römern 
heimiſch war. Sieber gehört die evocatio ber 
fremben Götter bei den Römern, das Herabzau— 
bern des Jupiter Elicius durch Numa. Bei bei 
Griechen tritt dieje —— Einwirkung auf die 
Götter zunächſt in den orphiſchen Weihen (reis- 
tal, zadhapnol, natdossıs, Auasız, krorgomiasuol 
u. ſ. mw.) auf, die fih an die Namen Orpheus, 
Melampüis, Mujaios, Empedofles u. a. anknüpfen 
und vorzugsweije die unterirdijchen Götter (Keol 
Realleriton des Uaſſ. Aitertumsd. 7. Aufl. 


ayeiv, Yuzayoyol), deren 


1313 


rodmeıoı, Admıoı, wafdooıı, polo, Kyvleaı, 
' &rorouzeior) zum Gegenftande haben. Der Be- 
ſchwörer juchte jie durch Opfer, Gebete, Formeln, 
Aufzüge, Drohungen feinem Willen dienftbar zu 
ı ma und wendete Dabei allerlei Zaubergeräte 
an, fretiiche Pflanzen, ägyptiice Bögel, iberijche 
Kuochen, lemniſche Erde, die Kurbel an magijchen 
Fäden, einen goldenen Kreis mit einem Saphir 
und dergl. Ihr Zwed war Heilung von Kranf- 
heiten, Bewirkung von Übeln für Feinde, Wb- 
wehr des Zornes zauberiicher Gottheiten, Sühne 
eigener Bergehen und der Sünden Berftorbener, 
Sechs Erlangung der Freuden und Güter nad 
dem Tode. Die zu Sühnenden mußten fich der 
Meertaufe, Faften, tagelangem Siken auf dem 
Boden, Liegen auf dem Rüden unterziehen. Aus 
| diejen Elementen bildete ji die theurgiſche 
‚Magie der Neuplatonifer, die höchite Spike der 
ı Magie, vermöge deren fich die Seele, die als ein 
| Ausflug des Abjoluten angejehen ward, durch 
Anwendung ftrenger Aſteſe und mancherlei Gere: 
monien, jowie durch Hülfe von allerlei Zauber— 
erät mit den Göttern in myſtiſche Einheit ver- 
est und fie fich willkürlich dienſtbar macht. So 
wird der Philofoph in der That ſelbſt ein Gott 
und vermag bDiejelben Wirkungen hervorzubringen 
wie die Götter. Diejes ihr Wirken wollten die 
Philoſophen übrigens nicht als einen Zauber be— 
trachtet willen. — Bei den Griechen war die 
Zauberei als jolhe vom Staate wicht verboten 
und verfolgt; im Gegenteil, der Staat machte in 
einzelnen len ſogar Gebraud von derjelben. 
So dienten 3. B. den Athenern die Sprüche des 
Mufaios und Balis als Staatsoratel (Hat. T, 6); 
den Epimenides riefen fie herbei zur Entfündigung 
der Stadt, Ebenjo wurden thefialiiche Piychagogen 
gegen das Geipenft des Pauſanias nad) Sparta 
berufen. Wenn Zauberer oder Zauberinnen, wie 
Theoris und Ninos, zu Mihen angeklagt und zum 
Tode verurteilt wurden, jo war die Hauberei an 
und für fih nicht der Grund, jondern eine ver 
brecheriiche Anwendung derjelben. — Ju Rom war 
die Zauberei niemals gejtattet, aber auch nicht am 
fich verboten; der Staat trat gegen Zauberei und 
ausländische Wahrjagefunft nur dann auf, wenn 
der Staat, die Staatsreligion oder Leib und Ber: 
mögen der Bürger durch diejelben gefährdet wur: 
den. Als gegen Ende des Freiftants durch Über: 
ndnahme fremder Wahrjagefunit die nationale 
ivination der Augurn und Haruſpices verbrängt 
u werben jchien, wurden Vorkehrungen gegen die 
—— Gaukler ergriffen. Auguſtus verbot den 
Aſtrologen ihr Gewerbe und verbrannte ihre Bücher, 
ſtrenger griff Tiberius durch mit Hinrichtungen, 
Exil und Konfiſtation. Tac. ann. 2, 32. Suet. Tib, 
36. 68. Die folgenden Kaiſer waren den Chal— 
däern bald günjtig, bald feindlich geſinnt. Beipa- 
jian, Hadrian, M. Antoninus bemugten ſelbſt die 
fremden Wahrjager, Die chriftlichen Kaiſer waren 
ichon durch ihre Religion gezwungen, gegen die 
heidnijche Zauberei und Wahrjagefunft aufzutreten ; 
doch verfuhr Konftantin noch ziemlich —— gegen 
ſie, ſeine Nachfolger aber ſuchten durch Todesſtrafen 
dem Unweſen ein Ende zu machen. — Über manche 
Formen des Aberglaubens ſ. Divinatio; vgl. 
auch Superstitio. 
\ Zea ſ. Attika, 15. 
‚ Zeilas j. Zinelas. 











83 


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1314 


Zeitrechnung. Die Beftinmung der Zeitrech— 
nung ſchließt fich entweder an die Bewegungen ber 
Erde und des Mondes, die eine Einteilung im 
Ber Monate und u begründen, oder an ge 
wife, willkürlich von Geſetzgebern und jonft be- 
ſtimmte Anfangspunfte jener natürlichen Zeitteile 
an. Man unterjcheidet deshalb die aftronomijche 
Chronologie, welche die Dauer der natürlichen 
Beitteile — und die hiſtoriſche Chro— 
nologie, die ſowohl die künſtlichen oder bürger- 
lihen Einteilungen der Zeit (die Jahresformen) bei 
den verichiedenen Völlern angibt, ald diejenigen 


Zeitrechnung 





— Zenobia. 


Gregor XIII. den julianischen Kalender im Jahre 
1582 durch Auslaffung von 10 Tagen verbefiern. 
— Für die Hiftorijche Chronologie der älteren 
ig in Beit ift das Datum der Einnahme 

rojas (nad) der Berechnung des Eratofthenes und 
Apollodoros) 1184 v. E. von bejonderer Wichtig: 
feit. Bon dba ab wurde rückwärts und vorwärts 
gerechnet bis zum Anfang der Olympiabenred: 
nung im J. 776 v. €. (f. Olympias, 2), die 
aber erjt im 3. Jahrh. v. E. von den Hiftoritern 
(zuerft von Timaios) angewendet wurde, woneben 
jedody die Sitte, die Jahre in Athen nad) dem 


Begebenheiten, die zu Anfangspuntten der ver- Aoxch dmurvuog, in Sparta nad dem erften 
jchiedenen Zeitrechnungen oder Ären gewählt wor: | Ephoren zu bezeichnen, fortbeftand. — Bei den 
den jind. — Soweit befannt, haben die Agypter | Römern galt im öffentfichen Leben allein die 
zuerit dad Sonnenjahr in Anwendung gebracht, | Konfularära, die jelbft von den Kaijern bis auf 
und zwar ein veränderliched Sommenjahr von 12 | Juftinian (541) beibehalten wurde; dazu fam aber 
dreißigtägigen Monaten und 5 Pegängäingötagen, jeit Auguftus die Ara ab urbe condita bei ben 
defien Anfang wegen Nichteinfchaltung Viertel- | Schriftftellern in allgemeinen Gebrauch; der An: 
tages erft im 1461, Jahre wieder auf denſelben fang derjelben war von Barto, dem wir meiftens 
Tag des julianiichen Jahres (20. Juli, Frühauf: | folgen, in das Jahr 758, von Cato in das Jahr 
ang des Sirius) traf, jo daß 1461 ägyptiſche 751 v. C. gelegt. Die Namen der Komjuln find 
Jahre = 1460 julianifchen waren. Ein jolcher | erhalten in den Fasti Capitolini und den F. Con- 
eitraum hieß die Hundsfternperiode, weil jener |sulares (j. Fasti). Im 4. Jahrh. n. €. kam 
ag der Frühlingsaufgang des Sirius ift. Eine auch der auf die Stenerverfafjung bes römiſchen 
leiche Einteilung des Jahres findet fich bei dem | Reiches gegründete Indiktionen-⸗Cyklus in Ge— 
Bensssiie. agegen beftand das Jahr der | brauch, der mit dem 1. September 312 beginnt. 
Babylonier gewöhnlich aus 12, von Leit zu | Daneben fam bald in Gebrauch und erhielt jih 
Beit zur Ausgleichung mit dem Sonnenlauf aus |die Rechnung nah Chriſti Geburt (erfunden 
13 Mondmornaten von 29 oder 30 Tagen. — Bei | von dem Abt Divuyfius Eriguus + 556), doch if 
den Griechen fennen wir am penaueften die Zeit: | fie um mehrere (45) Jahre zu jpät angejeht. 
—— der Athener. Sie teilten ihr Mondjahr Vgl. Zumpt, das Geburtsjahr 
n 12 
bie in 3 Dekaden zerfielen. Die Musgleichung des | Soltau, römiſche Chronologie (1889). Holzapfel, 
Mondjahres mit dem Sonnenjahre erfolgte durch | römiiche Chronologie (1885). Mommijen, die rö 
Einſchaltung von 3 Monaten zu 30 Tagen inner: | mifche Chronologie bis auf Cäſar (2. Aufl. 1869. 
halb eines Zeitraumes von 8 Jahren (Öktaöteris), | — Im Übrigen ſ. die angehängten Tabellen. 
jo nämlich, daß in einer Oftaöteri® 5 Jahre zu] Zela, z« Zul, h Zilk, Kaftell im mern 
354 und 3 zu 884 Tagen waren, aljo 2922 Tage von Bontos, füdlich von Amajeia, auf einem Hügel 
= 8 iufianiichen Sahren find. Der Tag fing tie | gelegen, von Pompejus zur Stabt erhoben, be 
bei alfen nad dem Monde einteilenden Bölfern | fannt durch einen Tempel der Anaitis (j. d.) mi 
mit Sonnenuntergang an. ©. Aug. Mommien, | vielen Prieftern und durch den Sieg des Mithr 
Ehronologie. Unterfuchungen über das Kalender: | dates über Triarius (67 v. E.), des Cäfar über 
weſen der Griechen, infond. der Athener (1883). zn (47 v. E.); jetzt noch eine Feſte Bike 
Ad. Schmidt, Handb. der griech. Chronologie | Strab. 12,569f. Plut. Caes.50, Gues. b. Alex. Taf 
(1887). — Die Zeitrechnung Nömer befand) Zelas f. Ziaelas. 
fih bis zum J. 46 v. E. in einem ſehr ſchwan- Zeleia, Zelsıe, Stabt im el Troad, 
fenden Zuftande. Statt des etruffiichen Jahres | nahe ber Mündung des Aifepos; j. Saritöi. Der 
des Romulus don 10 Monaten oder 304 Tagen ſanmelte fich 334 v. C. das perſiſche Heer gegen We 
führte Numa ein Mondjahr ein von 355 Tagen | rander. Hom.Tl.2,824. Strab. 13,587. Arr.1,12,8. 
oder 12 Monaten (4 zu 31, 7 zu 29 und einen) Zeno, ein Sohn bes bofporanijchen König: 
zu 28 Tagen). Dieſem Jahre fügten die Decem: | Polemon I. (j. Polemon, 4.), wurde vom Get 
birn in jedem zweiten Jahre 22, in jeden vierten | manicns 18 n. E. zum König von Armenien ein 
Sahre 23 Tage hinzu, die zwijchen dem 23. und geiett, nannte fih dann Artaxias und regiert 
24. Februar eingejchaltet wurben (intercalaris ».| bis 34 n. €. Tac. ann. 2, 56. 6, 31. 
mercedonius mensis), Julius Cäſar gab im J. Zenobia, Zrwoßle, 1) Tochter des König 
46 durch Einführung des Sonnenjahres mit einem | Mithridates von Armenien, eines Bruders va 


alle 4 Jahre wiederkehrenden Schalttage (nad) dem | dem Ibererkönige Pharasmanes, war mit deie 


23. Februar) dem Jahre eine fefte Einrichtung. | Sohn Rhabamiftos vermählt. Der letztere ver 
Der Kalender war durch die von den Pontifices | drängte und tötete 52 n. E. feinen Oheim Mithr 
bisher willkürlich verfügten Einfchaltungen Ir in | dates, mußte aber 54 vor Tiridates, dem Brude 
Unordnung gelommen. Die Berichtigung geichah | des Parthertönigs Volagaſes 1., weichen. Ns 
in der Art, daß das Jahr 708 u. c. (46 v. E.) | abentenerlicher Flucht geriet Zenobia in die & 
(annus confusionis ultimus) auf 445 Tage ver: walt des Tiridates, der fie indes mit Achtung d 
längert wurde durch den gewöhnlichen Schaltmonat | handelte. Tac. ann. 12, 44ff. 13,6. — 2) Gemablı 
und 2 außerordentliche Schaltmonate von zujams | des Septimios Odainathos (Odenatos), Exarge 
men 67 Tagen. ©. Jahr. Da aber jährlich etiwa | der reichen Stadtrepublif Palmyra und ihre 
11%, Minuten zu viel eingejchaltet warden, he Bapft | Gebietes. Er war wahrjcheinlih der Sohn de 





riftt (1869). | 
onate abwechjelnd zu 30 und 29 Tagen, | Matat, römische Chronologie (3 Bod. 1883-89). | 


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Zenobios — Zeugma. 1315 


Exarchen Hairaned, als kühner Jäger bekannt, 
wurde in der großen Verwirrung nach der Ges | (von andern Zenodoros genannt), ſchrieb gleich: 
fangennahme des Kaiſers Balerianus, der Zeit der | falls über Homer, darunter wohl ein Werk eol 
j. g. 30 Zyrannen, von Gallienus wegen feiner | rjsOungunns avundelas, in 10 Büchern. — 4) aus 
Verdienſte in Belämpfung des Perſerkönigs Sa: | Troizen, genannt ald Verfaſſer einer Gejchichte 
pöres J. und eines Gegenfaiferd 262 n. E. zum | Umbriens. Plut. Rom. 14. 
König von Palmyra und fogar zum Statthalter] Zenon, Zivwv, Name verjchiedener griechijcher 
(imperator) für den ganzen Orient ernannt, unter | Philoſophen und Schriftfteller: 1) aus Elea (Cie. 
warf als folcher Syrien, Arabien und Armenien, | tuse. 2, 22, 52), blühend um 460 v. E., Schüler 
wurde aber 267 zu Emeſa von einem Bruders: | des Parmenides, mit dem er nad) Athen zu So— 
john ermordet. Treb. Poll. Gall. 18 ff. Butr.9,10f.| teates reifte. Sein Kampf mit dem Tyrannen 
Seine Witwe Zenobia (ſyriſch Bat-Zebinah), eine Nearchos und jein angeblicher Untergang darin 
Frau von imponierender Geftalt, männlichem Geift, iſt nicht hiſtoriſch gefichent. Seine Anhänger hießen 
Hugem Berjtand und feiner Bildung, die ee Ge: | Elestiei (vgl. Elea); feine Schriften waren im 
ſchlecht von der äghptiſchen Kleopatra ableitete, | Proja abgefaßt, haben ſich aber nur in geringen 
übernahm im Einverftändnis mit Gallienus bie | Fragmenten erhalten (gejammelt von Mullach, 
Regierung für ihren noch im Knabenalter ftehenden | Kleat. pbilos. fragmenta, 1845). — 2) aus Ki— 
Sohn Vaballathos oder Athenodoros, ließ durch | tion auf Kypros, Stifter der ſtoiſchen Phllofanbie, 
ihre Feldherren Agypten und einen großen Teil von | Stoicus (f. Stoiker), lebte un 300 v. C., gleich: 
Kleinafien erobern und nannte jih nun Augufta. | zeitig mit Epikur. Die Handelöreijen feines Vaters 
Aurelianus aber brad) bald offen mit ihr, unter: | machten ihn früh mit philojophiichen Schriften bes 
nahm 271 einen großen Bug in ben Diten, trug kannt; jo erwachte in ihm die Xiebe zu dieſem 
nad) einem Gefecht bei Antiocheia in Syrien einen | Stubium, die durch einen auf einer Reife nach Athen 
enticheidenden Sieg bei Emeſa davon, brachte das | erlittenen Schiffbrudy völlig zur Reife fam. Er 
ftarf befeftigte Palmyra zur Übergabe und nahm | hörte zuerjt den Kyniker Krates, dann die Megas 
noch während der Belagerung die Zenobia bei | riter Stilpon und Diodoros, endlich die Akademiker 
einem Fluchtverſuch am Euphrat gefangen (Früh: | Polemon nnd Xenofrates. 20 Jahre ſpäter ftiftete 
fing 272). Zos. 1,50ff. Vop. Aurel. 22. Sie er erjt jeine eigene, mit ge Beifall aufgenom— 
ſchob die Verantwortung für alles Gejchehene auf | mene Schule. Er ftand zugleich in jehr hoher 
ihre Ratgeber, von denen mehrere, darunter der | jittlicher Achtung. Die Athener ſchenkten ihm einen 
hiloſoph Longinos, enthauptet wurden, mußte | goldenen Kranz; fie und die Kyprier ſetzten ihm 
aber aud) den Triumph des Kaiſers in goldenen | auch eine Ehrenjäule, und als er in hohem Alter 
Ketten zieren. Über ihr fpäteres Schidjal gibt es ſtarb, erhielt er im Kerameikos ein Öffentliches Be: 
verichiedene Nachrichten; nach einer derjelben hätte | gräbnis. Seine ziemlich zahlreichen Schriften find 
fie ein Landgut bei Tibur erhalten und durch eine | verloren gegangen. — 3) aus Tarſos, Schüler 
zweite Ehe einem vornehmen Gejchleht den Ur: und Nachrolger des Stoifers Chryſippos; jeine 
Iprung gegeben. Zos. 1, 59. Eutr. 9, 13. Treb. | wenigen Schriften find ebenfalls verloren gegangen. 
Poli. trig. tyr. 27. 30, Palmyra, das fich gleich | — 4) ein Epikureer, von Cicero und Atticus oft 
nach dem Abzug der Römer empört hatte, wurde und gern gehört. Cic. fin. 1, 5, 16. — 5) aus 
dafür von Aurelianns zerftört; damit nahm feine | Rhodos, Beitgenoffe des Polybios, jchrieb eine 
kurze Blütezeit ein jähes Ende. Vgl. U. v. Sallet, Geſchichte jeiner Vaterſtadt, die nad) Polybios’ 
die Fürſten von Palmyra (1866). (16, 14) Urteil formell befjer war als dem Inhalte 
Zenobios, Zrwößıog, ein griechiicher Sophift, | nach. Fragmente bei Müller, fragm. hist. Graec. 
der um 200 n. C. lebte und einen Auszug aus III p. 174 ff. 
Sprihwörterfammlungen ſowie eine griechiicheüber- | Zephyrion (-um), Zeprigıor, häufig vorfom: 
ſetzung der Geſchichte des Salluftius bejorgte. mender Name für Vorgebirge, unter denen Die 
Zenodötos, Znvödoros, 1) aus Ephejos, Schü: | befannteften find: 1) die Südweſtſpitze Italiens 
ler des Philetas, Lehrer und Erzieher der Söhne | in Bruttii mit trefflichem Hafen, j. K. Brufjano. 
des Ptolemaios Lagi, um DI. 133, wurde von | — 2) in Karien bei Myndos. — 3) auf Kypros 
defien Nachfolger Ptolematos Philadelphos zum | bei Paphos, j. K. Pafo. — 4) in Kililien, öftlich 
eriten Bibliothefar an der großen alerandrinifchen | von Soli, wahrſcheinlich j. Bafra. — 5) in Paphla— 
Bibliothek ernannt und erwarb fi um Homers | gonien, j. Zejra. — 6) im Fibyichen Agypten. — 
1... als erjter Fritiicher Bearbeiter und Her: | 7) in Kyrene, j. K. von Derna. 
ausgeber derjelben große Verdienſte, wenngleich Zephyros ſ. Winde, 3. 
feine Kritik oft allzu kühn und jubjettiv war. Die Zetes, Zireng, Bruder des Kalais, ſ. d. 
Scolien zum Homer haben uns eine nicht unbe | Zarmtai j. Prozefs, 2. und Staatshaus- 
deutende Anzahl jeiner Lesarten, zum Teil aner: | halt, I, 13, 
fannt gute, erhalten. Einen fortlaufenden Kom: | Zethos j. Amphion. 
mentar zu Homer hat er nicht verfaßt, wohl aber) Zeugen f. Prozels, 9. 
einzelne Schriften (yAöosaı und andere), die ſich Zeugitäna Regio, der nördliche Teil der rö- 
auf homeriiche Fragen bezogen. Die in der grie- miſchen Provinz Afrika, durchftrömt vom Fluß 
chiichen Anthologie unter dem Namen eines Ze- | Bagradas; der nördliche Teil des j. Tunis. 
nodotos ftehenden Epigramme find jchwerlich von| Zeugiten, Zevyiraı, ſ. Buin, 6. 
ihm, vielleicht von 3. aus Mallos (j. 3.). Vgl. Zengma, Zeöyue, Stadt in Kyrrheſtike (Syrien), 
Dünger, de Zenodoti studiis Homericis (1848).| am rechten Ufer des Euphrat, mit einer Brüde 
Römer, über die Homerrezenfion de3 3. (1885). | über den Fluß, gegenüber von Apameia oder 
— 2) ein Alerandriner, Berfaffer mehrerer Schrif- Birtha (j. Biredichik), nördlicher als die Übergänge 
ten über Homer und Hefiod. — 3) aus Mallos in bei Karkemiſch (ij. Dicherabis) und Thapſakos (j. 
83* 


Kilikien, ein Anhänger des Grammatikers Krates 








— — — — — ——— — — — — — — 


— 


nm 


1316 Zeus. 


el:Hammam). Strab. 16, 746 f. 749. Plut. Orass.| Wage. Hom. Il. 8, 69. 22,209. Obgleich er jedoch 
19. 27. jo vielfach mit der Schickſalsmacht identiih er: 
Zeus, Zeög, Zijv, Jupiter, Sohn des Kronos und | jcheint, tritt ihm doch anderwärts die Moira als 
der Rhea (Hesiod. theog. 453), daher Kooviw», | eine jelbftändige Macht entgegen, deren dunfeles 
Kooviöns, Saturnius, Bruder des Pojeidon, des | Verhängnis er nicht abwenden famı (j. Moira). 
ze der Heftia, Demeter und Hera, Semahl der | — Der Herricher, der über alles waltet, kennt 3 
dera, der mächtigfte und höchſte Gott des helle: | das Zukünftige, wie das Gegenmärtige; darum iſt 
nifchen Volfes, der gewaltige Herricher der Welt, | er auch der Gott aller Weisjagung, waroupaios 
der Vater ber Götter und Menfchen. Als er in|(Hom. Il.8, 250), der Gott aller Stimmen und 
Gemeinschaft mit feinen Brüdern die SHerrichaft | Zaute; er verkündet die Geichide und jeinen Willen 
des Kronos und der Titanen geftürzt hatte, teilte | durch Beichen von allerlei Art, durch Träume, 
er mit ihnen die Welt, jo daß Poſeidon das Meer, | du fi und Donner, duch Bogelflug und 
Hades die Unterwelt, Zeus den Himmel erhielt; | Drafel. Apollon ift nur der Mund, durch den jein 
die Erde und der Olympos waren gemeinschaft: | Vater jpricht. Aber der allwiffende und allmweiie 
liches Gut. Zeus aber als der Ältefte, ftärkfte und | Gott kann doc getäujcht und hintergangen werden, 
flügfte (bei Hefiod, der auf das Unvolltommmere | and) er fteht unter der Macht der Ute, der Bethö— 
das Vollfommnere folgen läßt, ift er der jüngjte) |rung. Hom. Il, 14, 247 ff. 19, 95 ff. Alle Orb: 
hat die Obmacht über die übrigen; er ift der König | mung im Menjchenleben, Gejeg und Recht kommen 
der Götter. Hesiod. theog. 881 ff. Hom.Il.15,187 ff. | von Zeus und ftehen unter jeinem Schub. Er, 
Seine Macht ift größer, als die aller übrigen | der König der Götter (üvaf, Pasıkeug), it auch 
Götter zufammen (Hom. Il. 8, 18 ff.); darum wird | der Stifter des Königtums auf Erden, er waltet 


‘er von allen gefürchtet und geehrt. Zwar bleibt | Über Handhabung der Gejege, über Heilighaltumg 


jeine Macht nicht | des "Eides (Öomıos), ift Beſchützer der Bolfsver: 
unangefochten von | jammlungen und des Rates (yogaiog, Bovlaiog); 
andern Göttern, | Themis und Dike und Nemefis find feine Genoſ— 
namentlich wider: | finnen. Wie den Staat, jo jchirmt er auch die 
jegen fich ihm oft | Familie und das Haus, weshalb er als Egxsuos, 
jeine Gemahlin und | &gxeiog einen.Altar in der Mitte des Hofes hatte; 
Schwefter Hera,fein | er überwacht die Rechte des Gaftes, des Flücht⸗ 
Bruder Poſeidon lings und’ Schußflehenden (Efriog, In&sıog), wie 
unb jeine geliebte | überhaupt alle. durch Geſetz, Sitte und Religion 
Tochter Athene, | geheiligten Inftitutionen. — Wie das Wejen des 4 
weil fie gleiche Pens bisher geichildert worden, jo erjcheint ber 
Rechte wie er zu | Gott bei Homer und in der Folgezeit; er wurde 
haben vermeinen, | von allen Griechen als der höchſte Nationalgott 
und juchen durch | anerfannt und verehrt. Sein glänzendſtes 7 
Gewalt und Lift | waren die Nationaljpiele zu Olympia (Z. Okvu- 
eine Herrichaft über | mıog, &yhrıos), an denen fich die Griechen aller 
ihn zu erlangen | Stämme und aller Länder beteiligten. An ein- 
(Hom. TI. 1, 399. | zelnen Orten Griechenlands erhielten fich jedoch 
14,247 ff. 15,18 ff. | noch VBorftellungen von end aus uralter Zeit, 
8, 10ff.); allein ihr | die von dem homerischen, olhmpiſchen Zeus jehr 
Trachten ift vers | verjchieden waren. Als Natur: und telgott 
ebens, und ſchwere Strafen treffen die Schuldigen. | wurde er von uralter Zeit her in Dodona ver 
eus thront auf dem Dlympos, dem jchneebededten | ehrt unter dem Beinamen Juodwvaüog, Ilslasyı- 
Berge Thefjaliens, der mit jeinem Gipfel in den |xög (Hom. Il. 16, 283). Er war bier ein befruch⸗ 
Himmel, in Äther und Wolfen hineinragt. Der |tender, nährender, im Äther waltender Gott, der 
Himmel iſt fein eigentlicher Sitz, und alle Erfchei: | im Raufchen der Bäume ſich offenbarte. Die ältefte 
nungen desielben gehen von ihm aus. Er jchleudert | Art der Weisjagung geichah nach dem Rauſchen 
den Blitz, feine furchtbarite Waffe, und erregt den | der heiligen Eiche (pryös), das die Priefter, Zeikoi 
Donner, er jammelt und zerftreut die Wolfen, und | oder 'Eikod, die mit ungewajchenen Füßen gingen 
wenn er die ſchreckliche Aigis (j. d.) jchüttelt, jo | und auf bloßer Erde jchliefen (Hom. Il. 16, 2347.), 
entjteht Sturm und Wetter (edevor«, dyıßosusrng, | zu deuten hatten. Die andern Arten der Weis 
2olydovnog, regninigavvog, Gotegonneig, VEeipe- | Fame, die noch erwähnt werben, aus dem Rau— 
Inyeofte, nelawegpiis, alyloyog); andererjeit3 wies | jchen einer am Fuße der Eiche herborjprudelnden 
der bejänftigt er die Elemente, gibt den heiteren , Duelle, aus dem Fluge der dem Zeus gemeihten 
Tag und günftigen Fahrwind («igıog, oügıog). Tauben, aus dem lange von ehernen, im ber 
Die Ordnung der Natur ift fein Werk; der geſetz- Luft jchwebenden Beden, aus Lojen, jcheinen zu 
mäßige Wechjel der Jahreszeiten geht von ihm, verjchiedenen Beiten hinzugefommen zu fein. Mi 
aus, denn die Horen find jene Dienerinnen und | dem im Ather waltenden Gott trat früh die Göttin 
feine und der Themis Kinder. Wie Zeus über | Ge, die von ihm befruchtete, allnährende Erde, in 
die Götter herricht und über die Ordnung der Verbindung; die dodonaiiſchen Priefterinnen, IIs- 
Natur, fo waltet er auch im Menfchenleben. Alle |Asıddes (die Tauben), fangen das Lied: „Zeus 
Geſchicke der Menjchen ruhen in jeiner Hand. In | war, er ift und Zeus wird fein; o größefter 
feinem Haufe ftehen 2 Gefäße, das eine mit böjen, Gott Zeus! Früchte jpendet die Ge, drum mennet 
das andere mit guten Gaben gefüllt, und er teilt | Mutter die Gaia.” Die Prieſterinnen jollen neben 
fie aus nach freier Wahl (IIom. 11. 24, 527); er | den Sellen eingejeßt worden jein, jeit Dione,(j. d.) 
wäget die Gejchide der Menjchen auf goldener | dem Zeus als Tempelgenoffin zu Dodona zuge: 














oa 


Ss 


-1 


Zeus. 


1317 


jellt war. Über den Urjprung des Drafels ſ. Sieged. Bon feinen Beinamen erwähnen wir noch: 


Epeiros. In pelajgiicher Zeit war es das vor: | diderwp und diırrguog, Rä 
die helleniſchen heilabwender, Z2rußtigıog, 


nehmfte Drafel; jeit aber durch 
Stämme das delphijche Drafel zu bejonderem Anz: 
fehen gelangt war, trat das dodonaiiſche zurüd, 
doch jo, daß e3 noch immer einen bedeutenden Rang 
einnahm und bei wichtigeren Angelegenheiten nicht 
leicht unbefragt blieb. Vorzugsweiſe wurde es be+ 
fragt von den Witolern, Afarnanen, Epeiroten. — 
Ein dem dodonaiiſchen ähnlicher Naturgott war 
der kretiſche Zeus. Auf Kreta joll Zeus, damit 
er nicht von Kronos verichlungen werde, heimlich 
geboren und von den Kureten bewacht und erzogen 
worden jein (j. Rhea). Die Nymphen Wdrafteia 
und Ida, die Töchter des Meliffeus (Honigmanns), 
—— das Kind mit der Milch der Ziege Amal— 
theia und mit Honig, den bie Bienen aus dem 
Gebirge herbeitrugen; und als der Gott zu gewal- 
tiger Kraft herangewachſen war, unternahm er 
gegen Kronos und die Titanen den Kampf um die 
Weltherrichaft. Wie übrigens Zeus auf Kreta ge 
boren jein joll, jo zeigte man dort auch jein Grab; 
er wurde dort auf orgiaftiiche Weije als ein-Na- 
turgott verehrt, der gleich der Natur jelbit auf: 
blüht und erftirbt; das Auferſtehungsfeſt der Natur 
wurde von den Prieftern des Gottes, den Kureten 
(j. Rbea), mit jauchzender Freude unter jchallens 
ber Muſik und Waffentanz gefeiert, das Sterbefeit 
mit Trauer und Klage. richeinlih Dachte man 
fih in alter Zeit den Gott in der Geftalt des 
Stiers, ded Symbol der Fruchtbarkeit; in Stier: 
geftalt raubte der kretiſche Zeus die Europa. und 
zeugte mit ihr Minos, Ahadamanthys und Sar— 
pebon. — Der arfadiiche Zeus, Avxaiog, deſſen 
Dienft Lyfaon, der Sohn des Pelaſgos, eingeſetzt 

ben jollte, und der auf den höchiten Gipfel des 

ylaion einen Altar hatte, war eine dem kretiſchen 
Zeus verwandte Borftellung. Er joll auch hier 
von Nymphen aufgezogen worden jein in einem 
Bezirke des Lykaion, der Kreta hieß. Diejem Zeus, 
wie dem fretiichen und «dem Zeus Laphyſtios in 
Boiotien und Theflalien, fielen in alter Zeit Men: 
ichenopfer. Über u | äghptiſchen Zeus Ammon 
j. Ammon. ®i —— ſeines Orakels mit 
dem des Zeus zu Dodona mag bei der Sucht der 
ſpäteren Griechen, ihr Religionsweſen aus Äghpten 
herzuleiten, die Hauptveranlaſſung zu der Ver— 
ſchmelzung beider Gottheiten geweſen ſein. Als 
chthoniſche Gottheit war er Z. Toopmrıog mit 
einem Tempel und Drafel bei Lebadeia (j. d.). — 
Die Kinder des Zeus und der Hera jind res, 
Hephaiftos und Hebe; mit Leto zeugte er Apollon 
und Artemis, mit Maia Hermes, mit Demeter 
Berjephone, mit Dione Aphrodite, mit Semele den 
Dionyjos, mit Themis die Horen und Moiren, 
mit Eurynome die Ehariten, mit Mnemoiyne die 
Mujen. Die Athene gebar er jelbjt aus jeinem 
Haupte, nachdem er die Metis (Klugheit), feine 
erſte Gemahlin, verichlungen hatte. Außerdem 
ſtammt von ihm mod) eine große Menge von He— 


roen; unter diejen find die vorzüglichiten Herakles, | den Blitz des Jupiter durch 


der Sohn der Altmene, Perſeus, Sohn der Danaz, | 


Kaſtor und Bolydeufes, die Söhne der Leda. — 


Heilig war dem Zeus der Adler, die Eiche, die 
Bergeshöhen; jeine gewöhnlichen Attribute waren 
Adler, Scepter, Donnerkeil, die Schale als Zeichen 


, ehsfinanog, Un: 
piorıog, der Haus: 
chutzgott, yaurjkıos und £uyıog, der Schüßer der 

be, yeritkros, Stammberr, "EAkrjriog, IIaveilr- 
vıog, Deriog, Negenbringer, Ümerog, üwıorog, 
Toctos, xaddgorog, der Reiniger, waraıßdrng, 
der im Wetter rn uerhlziog, der Sühn: 
zeus, uögıog, Schüßer des Dlbaums, vırnpögog, 
margog, podrgros, Schußgott der Phratrien, 
pVEros, Schüßer der Flucht, woAreig, Stadtſchir⸗ 
mer, swrrje, Gahrns, argarıog. — Das vollendetjte 
Beusideal jchuf Pheidias in der berühmten Statue 
dieſes Gottes in Olympia, wozu die Stelle des 
—— (II. 1, 528 ff.) das Vorbild —*— Die zu 

runde liegende Vorſtellung war die des allmäch— 

tig herrſchenden, überall jiegreichen Gottes in huld⸗ 
voller Gewährung menschlicher ‚Bitten. Es war 
eine figende Figur anf einem mit Gold und Elfen: 
bein verzierten Throne, etwa 40 Fuß hoch anf 
einer Bajis von 12 Fuß; der Körper beftand aus 
Elfenbein, das bis auf die Hüften herabfallende 
Gewand aus Gold. Die Grundzüge feines Antlitzes 
find aus einigen eliihen Münzen zu erfennen (j. 
Bötticher, Olympia ©. 305 Nr. 61—63); in ihm 
paart fich Hoheit und Milde, Allmacht und Güte. 
Die beigefügte großartige Büſte des Zeus aus 
dem Muſeum Pio-Clementino, einer jpäteren oe 
entitammend, zeigt eine von dem Zeus des Phei- 
dia abweichende Bildung des Kopfes und Antliges: 
ein in der Mitte der Stirne fich erhebendes und 
auf beiden Seiten in reicher Lockenfülle mähnen: 
artig herabfallendes Saar, eine oben flare und 
eitere, nach unten jich mächtig vorwölbende Stirn, 

ark zurückhiegende, weit geöffnete und gerundete 

ugen, feine milde Säge um Lippen und Wangen, 

einen ftarfen Bart. Berjchieden davon war eine 
andere, mehr jugendliche und milde Darjtellung 
mit weniger Bart und weniger Kraft in den Ge: 
fichtszügen, ſowie Zeusföpfe mit bewegteren, einen 
gelinden Anflug von Zorn und kriegeriſcher Hef: 
tigfeit tragenden Zügen, welche den fämpfenden 
und ftrafenden Zeus darftellten. — Der —— 
Jupiter (Jupiter) ſtimmt ſowohl im Namen (Ju- 
piter, Jovis = Zevg, vgl. jugum — fuyör) als 
auc im allgemeinen in jeiner Bedeutung mit dem 
griechiichen Zeus überein. 
vater, der Beherricher des Himmels, von dem alle 
Erſcheinungen desjelben ausgehen (Fulminator, 
Tonitrualis, Pluvius, Serenator, Lucetius, Dies- 
piter). Der Ort, den er mit jeinem Blige traf, 
war heilig und wurde durch den Pontifer geweiht. 
Diejer las das vom Blitze aufgeworfene Erdreich 
auf und vergrub es mit einem Feuerſtein, dem 
Symbole des Blitzes, am derjelben Stelle unter 
leijem Gebet, weihte I durch das Opfer eines 
weijährigen Schafes (bidens, wornad der Ort 
idental hieß), errichtete einen Altar und umgab 

den Ort mit einer Umzäunung ae puteal), 
damit er nicht betreten werden fönne. Man glaubte, 
— Ceremonien 

vom Himmel herabzaubern zu können, weshalb der 
Gott den Beinamen Elieius erhielt. Liv, 1,20. 31. 
Der Himmelslönig war der Beherricher und Lenter 
der ganzen Welt; von feinem Willen 2 n die 
Schidjale der Einzelnen wie ganzer Völler und 


des Kultus; die Nile trug er auf der Hand, als | Staaten ab, und jo wurde er denn, ald der Höchſte 
ber Bejchüger der Wettfämpfe und Verleiher des | und Beite (Optimus, Maximus), vornehmlich der 


8 


= 


Er ift der Himmels: - 


10 


1318 


Beichüger des römischen Staats, dem er die Herr: | medes’ I. von Bithynien aus dejlen erfter Ehe, 
ichaft der Welt beftimmt hatte, der oberfte Gott wurde von feinem durch die ränkevolle Stiefmutter 
der römiſchen Staatäreligion. Auf dem Gapito: | beeinfluften Water zu Gunſten feines Halbbruders 
lium, dem Mittelpunfte des römischen Staats, | von der Erbfolge ausgeichlofjen. Schon vorber 
ftand jein vorzüglichites Heiligtum (Capitolinus); | nach Armenien geflohen, fam er nad) des Vaters 
hier opferte ihm der Yüngling, wenn er in den | Tode zurüd und erfämpfte fich nach wechſelbollem 
Bürgerftand eintrat, der Konjul, wenn er fein Amt | Streite die Krone. Er fand jpäter bei einem Ge: 
übernahm, der Feldherr, wenn er zum Kriege aus: | lage jeinen Tod durch galliiche Häuptlinge, gegen 


Zeuxidamos — Zipoites. 


zog und wenn er triumphierend zurüdtehrte; die 
herrlichite Beute (spolia opima), die einem feind— 
lihen SHeerführer abgenommen war, brachte der 
Feldherr ihm dar, als dem J. Feretrius. Lie. 
1,10. Da er das Heer zum Kampfe nnd zum 
Siege führte, hieß er Imperator, Victor, Opitu- 
lator, Stator (der Fluchthemmende, Liv, 1, 12). 
Diefem höchften Staatögotte wurden die capito: 
liniſchen und großen Spiele zu Rom gefeiert, und 
auf dem Wlbanerberge als J. Latiaris (oder La- 
tialis), dem Beſchüher des Latinerbundes, die 
Ferine Latinae. Da die menschlichen Schidiale 
unter jeiner Leitung ftanden, jo waren ihm die 
wichtigften Abſchnitte des Jahres geheiligt, wie 
die Iden jedes Monatd. Man riet feine Hülfe 
an bei jedem wichtigen Unternehmen; der Land: 
mann feierte ihm ein Feſſbeim Beginne der Saat 
wie bei dem der Ernte, die Beinfete wurde Durch 
ein allgemeines Feſt des Jupiter in ganz Latium 
eröffnet. Alle durch Religion und Sitte geheilig- 
ten Verhältniffe und Einrichtungen, wie Die Ehe, 
das Gaft: und Völkerrecht, der Eid, ftanden unter 
feinem Schuße. Auch war er, wie der griechiiche 
Zeus, ein Gott der Weisfagung, der durch Blik 
und Donner, durch Träume, durch den Flug, die 
Stimmen und das Treffen der Vögel die Zukunft 
verkündete. — Als die griechische Mythologie auf 
die römische Religion übertragen wurde, erklärte 
man Jupiter für den Sohn des Saturnus und 
der Ops, die mit Kronos und Rhea identifiziert 
worden waren. Aud Juno und Minerva wurden 
ihm wahrfcheinlich erft infolge griechiichen Ein: 
fluſſes als Gemahlin und Tochter verbunden; denn 
der altitaliſche Jupiter ſcheint außer aller Fami— 
lienverbindung einſam und erhaben in feiner Herr: 
lichteit dagejtanden zu haben. 

Zeuxidämos, Zev&idauos, 1) Sohn eines Archis 
damos, Enkel des Theopompos (j. d., 1.), dem er 
um 720 v. E. als König von Sparta folgte. Paus. 
8, 7,6. 4, 15, 3. — 2) Bater des ſpartaniſchen 
Königs Arhidamos II. True. 2, 47. 

Zeuxippos, 7Zevfımzog, ein Boioter, fämpfte 
ald Anhänger Roms gegen Philipp V. von Ma: 
fedonten und wurde von feinen Landslenten ver: 
bannt. Die Römer verlangten feine Rückberufung, 
jahen aber davon ab, da ihnen fonft Krieg drohte. 
Pol. 18, 26. 23, 2. 32, 2, Liv. 33, 27f. 

‚ beuxis, Zeökıs, 1) kämpfte als Feldherr An: 
tiochos’ III. gegen den mediſchen Satrapen Molon, 
deſſen Angriff auf Seleufeia er vereitelte, mußte 
aber infolge der Niederlage de3 Xenoitas (j. d.) 
vor Molon weichen. Epäter fämpfte er abermals 
gegen Molon. Nach dem Kriege Syriens mit den 

ömern begab er ſich als Gejandter Syriens nad 
Rom. Pol.5, 45 ff. 21, 13f. 22, 7. Liv. 87, 4.45. 
— 2) berühmter Maler, ſ. Maler, 4. 

Ziaelas (nicht Zelas, Zeilas oder Zielas, was 
die Handichriften bieten, da BAEITAEQE ZIAHAA 
auf einer Münze ericheint ſvgl. Droyſen, Geſch. 
des Hellenism. III, 1 312]), ältefter Sohn Niko— 


die er Berrat beabfichtigt hatte, um 236 v. €. 
Zielas j. Ziaelas. 
Zinsen (röxog von rixrw, vgl. Fenus) find 
gleichjam die Frucht des ausgeliehenen Kapitals, 
die der Schuldner dem Gläubiger zu zahlen hat. 
Die Höhe des Zinsfußes in Hellas wird entweder 
nach Obolen und Dracdhmen, die monatlich) von 
einer Mine fällig werben, oder nach dem Teil ber, 
fei es jährlich, fei e8 auf eine andere beitimmte 
Beit, ausgelicehenen Summe bezeichnet, 3. B. xl 
nevre ÖßoAoig —= Emiörxaror oxoe = 10 pro C. 
pr. a. Die Binfen wurden nämlich teil3 monat: 
lich, teils jährlid oder, wie bei Bodmereiverträ- 
en, nach Kontralt bezahlt. Sie ſchwankten in 
then zwifchen 10 und 36 pro C. pr. a. (== !ri 
real dgayuais; 33", pr. Ct. pr. a, wäre — fzi- 
terror); wie denn auch die Pächter damals mehr 
Prozente als bei uns, nämlih 8—12, gewöhnlich 
wohl 10 bezahlten. Der Wert deö Geldes war 
größer und der Kredit geringer. Bor Solon hatte 
der Gläubiger Pfandredht an den Leib des Schuld: 
ners; nachher war gegen böswillige Schuldner troß 
ftrenger Gejeße nur mangelhafter Schutz. Die 
roasetirar (j. d.) in Athen machten fich ein Ge: 
ichäft daraus, Geld gegen mäßige Zinſen zu neh: 
men und gegen höhere ausjuleihen (daveiken). 
Alle bedeutenderen Zahlungen geſchahen im Pri— 
vatleben durch ihre Vermittlung, und ihr Kredit 
ging durch ganz Hellas. Es gab auch gewiß jchon 
Wucher; durch Gejege war derjelbe faum beſchränkt, 
aber die roxoyAupoı und Nusgodarsısral waren 
verachtet und verhaßt. Sie nahmen wohl täglid 
für die Mine einen Obolos, nad) Theophraft (char.6) 
ſogar 1"/, DObolen täglich für die Drachme. Aus: 
geliehen wurde entweder ohne Handichrift, Pfand 
oder Hypothek (dobyygapor, zeıpödoror), oder 
auf Handichrift (reieöyeapor, meift aus Papyros), 
oder auf Kontrakt (svyyoagprj, in einem Diptychon 
von Wachstafeln geichrieben und von Zeugen unter: 
zeichnet). Verſchuldete Grundftüde und Häuſer 
wurden mit’ Tafeln oder Pfoſten (ögo«) bezeichnet, 
auf denen Schuld und Gläubiger vermerkt Handen, 
In Bezug auf die Möglichkeit, Hypothek und Ka: 
pital zu verlieren, unterjcheidet man die Seezinjen 
(tönog vevrındg, Frdocıs) von dem fichern Yand: 
zins (Fyyvog oder Eyysıos). Jener war natürlich 
nach Verhältnis des Rififos höher, vgl. darüber 
"Eurogos. — Über das Verhältnis der Zinſen 
bei den Römern f. Fenus. 
Zioböris, Steppenfluß im norböftlichen Bar: 
thien, der unter der Erde verſchwindet, dann wieder 
 hervorfommt und fi mit dem. Rhidagnus ver: 
einigt; j. Dichiusdicheran. Curt. 6, 4, 4 ff. 
ı ‚Zipoites, Ziwoleng (Zeim., Zuß.), 1) ein bithy: 
niſcher Fürftenfohn zur Zeit Mleranders des Gr., 
ſuchte die Schwächung der perfiihen Macht zur 

Erweiterung jeines Reiches zu benutzen, befehbdete, 

wie es jcheint im ganzen glüdlich, mehrere gries 
chiſche Kolonien an der Bropontis, behauptete ſich 
| gegen Antigonos, Seleutos 1., Lyſimachos und An: 


Zodiacus — Zythum. 


tiocdhos |. von Syrien und nahm zuleßt jogar den 
Königstitel aır. Er regierte 326— 278 v. E. Diod. 
Sie, 19, 60. Plut. quaest. gr. 49. — 2) de3 vorigen 
jüngerer Sohn, lehnte fich gegen den älteren Bru— 
der Nifomedes J. (j. d.) auf, Ei e aufänglich 
tüdlih, wurde aber zulegt von demjelben und 
ee Berbündeten, den Galliern, befiegt, 277 v. €. 
Liv. 38, 16. 

Zodideus ſ. Sternbilder, 1. und Mathe- 
matische Geographie a. €. 

Zölle |. BovAn, 12., Staatshaushalt, I, 7. 
und Vectigal. 

Zollos, Zoflos, ein griechifcher Rhetor aus 
Amphipolis in Makedonien, wahrſcheinlich zur Zeit 
des Ptolemaios Philadelphos, 285—247 v. E. 
Sein Heinlicher, bisweilen böswilliger Tadel des 
Homer erwarb ihm den Namen "Oungoudori, 
jeine beifende Sprache überhaupt den des xuwr 
onroginös. Bgl. Lehrs, de Aristarchi studiis 
Homer. p. 204 ff. der 2. Aufl. Abhandlung von | 
Spindler (1888). | 

Zona, cingulum, einctus, der Gürtel, ſchloß 
die Tunica um den Leib und ziwar weder zu eng 
no zu weit. Ungegürtet (discinetus, demissa 
tunica) auszugehen war nicht anftändig. Die 
Sklaven waren alte cincti. Bei der Toga fand 
der Gürtel niemals Anwendung. 

Zonäras, Zwvapäs, Yohannes, Tebte im 
12. Yahrh. zu Eonftantinopel in hohen Würden, 
309 Tich aber um 1120 als Mönd in das Klofter 
auf dem Athos zurüd. Er ift der Verfaſſer eines 
zoovındv in 18 Büchern von der Erjchaffu 
Belt an bis 1118 n. E. Da er für die Kaiſer— 
zeit die jegt verlornen Abſchnitte des Eaffius Dio, 
auferdem auch vielfach Polybios, Appian und 
Plutarch benußt hat, meift unter wörtlicher Anz | 
führung feiner Quelle, fo ift er nicht ohne Wert | 
für uns. Ausgg. von M. Binder (1841—44) und 
2. Dindorf (1868— 75). 

Zöne, Zorn, Stadt Thrafiens im Gebiete der 
Kifones, an einer gleichnamigen Landipige des 
Nigaiifchen Meeres (Hat. 7,39); nad) Mela (2, 2,8 
der Ort, wo Orpheus einft Wälder und Flüfje dur 
feinen Gejang in a ai jeßte. 


! 











Zovıov, Gürtel, j. Kleidung, 2. 

Zophöros (£opögog — fwopdgog) heißt in der 
Baufunft bei den griechifchen Tempeln der Fries, 
d. i. der Teil, der den Architrav vom Karnies 
trennt. Er bededt äußerlich den Raum, den die 
Spannriegel im Gebält des Daches einnehmen, 
und zeigt bei der ioniſchen Säulenordnung oft 
nur eine ebene Marmorfläche; bei der forinthiichen 
dagegen ift er mannigfach geziert, namentlich auch 
mit allerlei ZTiergeftalten, woher auch der Name 
„Tiere tragend“ ſtammt. S.Columna und Tem- 
plum, 2. 

Zopyros, Zorveog, 1) ein vorlichmer Perſer, 
Sohn des Megabyzos, führte nach dem jagenhaf: 


ariſchen Lichtreligion. 


ng der U 


1319 


ten Berichte bei Herodot (3, 153 ff.), als Dareios 1. 
das abtrinmige Babylon belagerte, die Übergabe 
der Stadt herbei, indem er fich jelbft verftiimmelte 
und unter dem Borgeben, von dem Könige es 
fam mißhandelt worden zu fein, fi nadı Babylon 
begab und il das Vertrauen der Einwohner er: 
warb. Außer andern Beihen ber Dankbarkeit 
erhielt er die lebenslängliche Statthalterjchaft über 
Babylon, wurde aber jpäter von den Babyloniern 
bei einer Empörung unter Xerred getötet. — 
2) Enfel des vorigen, ftand feinem Vater Mega: 
byzos bei deſſen Aufſtand zur Geite, J. nach 
Athen und fiel bei einem Angriff auf das kariſche 
Kaunos. Hdt. 3, 160. — 3) Phyfiognomiler und 
Beitgenofje des Sokrates, über den er ein von 
demjelben mit großer Nachſicht aufgenommenes 
Urteil fällte. Cie. tusc. 4, 37. 80. fat. 5, 10. 

Zoroastres, Zwgodsrens, iraniſch Sig 
der angebliche Stifter der Ormugdreligion (j. Or- 
muzd) durch Umbildung der alten, gemeinjfam 
Seine Zeit und jeine Hei- 
mat, ja jelbft feine Gejchichtlichkeit ift gang unge: 
wiß. Die unter jeinem Namen in Sruchftü en 
auf uns gefommenen heiligen Bücher, das Avefta, 
find jedesfalld erjt unter den Saflaniden endgültig 
redigiert worden, wahrjcheinlich au zum größern 
Zeil damals erft entitanden. Mit mancherlei frem: 
den Elementen vermijcht, breitete fich die Religion 
feit Alerander dem Gr. weithin im Abendlande 
aus. Geitdem galt Zorafter ald der Gründer der 
Sternfunde und aller magischen Weisheit, und der 
vieler Schriften von dieſer Richtung 
wurde auf ihn zurüdgeführt. Hat. 1, 131 ff. Plut. 
Is. 46. Plin. 30, 3 ff. Just, 1,1. Bgl. Spiegel, 
eranische Altertumskunde II (1873). Windiichmann, 
zoroaftriiche Studien (1866). 

Zosimos, Z&oıuog, ein Hiftorifer, lebte um die 
Mitte des 5. Jahrh. m. E. und jchrieb ein meiſt 
erhaltenes Werk in 6 Büchern: lorogia« ve oder 
lorogınov veag Zudöcewng, in dem die Kaiſerge— 
ihichte von Nuguftus bis gegen das Ende bes 
3. Jahrhunderts in Überficht, die Geſchichte von 
284—410 in N ig Ausführlichkeit gegeben wird. 

ofimos will in feinem Werke die Urjachen des 

erfalld des römijchen Reiches nachmweijen, als 
deren vorzüglichite er, ein entichiedener Gegner des 
Epriftentums, das Berlaffen der heidniichen Reli: 
gion — Er benutzt übrigens gute Quellen, 
und ſeine Darſtellung gibt Beweiſe einer geſunden 
Kritik, ſoweit dies bei ſeiner Grundanſchauung 
möglich iſt. Ausgg. von Reitemeier (1784), Bekler 
(1837) und Mendelsſohn (1887). 

Zoster, Zoorije, Vorgebirge Attikas, ſ. At- 
tika, 2. _ 

Zythum, £ödosg, ein von den Agyptern erfun— 
denes, aus Weizen oder Gerjte gebrautes, ſtark 
beraujchendes Getränk, verwandt der cerevisia 
(1. d.). Hdt.2, 77. Diod. Sic. 1, 34. Plin. 22, 25,82. 


152 


Enbellen der Maße, Gewichte und Münzen, 
















| Janrvlog = 19,3 mW, 





2 Koröviog = JR,hmm, 
wi 2 Iekıorn, Sögor, Joyun od. Senrriodoyu) = 77,1 "m 
® 4 2 | Atxcig od. Hurmodıoy = 154,1 mm, 

10 | f: 124 | 1} ı Augag = 192,7 mm, 
u | 5} l ri | 1%, | Oododango» = 211,0mm, 
Erz 6 |3 j 1} 14 1 Zrdaun = 251,2 mm, 

168 4 | 2 [18 noie — sos, aw 
sl 1a 2} | 14 l17,| 1%! 14 | Moyan = 3a0,gum. 

20 | 10 FORTE arrEer 1; | 14 | Ange — aR5,gmm. 
alıe!cls 23 [22,1 2 | 14 | 14 14 | NÄXTZ — 462, mm, 
72186 | 18 ı 9 Kr 6, I DErIEY 3: 3 Evlor me 1,99% 
96 | 48 | 4:12 9 Se s 6164 14414 14 | OPrrIA 1,85", | 


I. Kleinere griehifche Lüngenmaße. 





Digitus = 18,5". 
| UNCIA od. Pollex = 24,6mm, 
3 | Palmus — 73,9 mm. 
3 | Palmus maior — za1,gem. 


4 !ı1 | PES = 295,7 mm. 


1 
“4 
6/15 


| Palmipes = 369,7 "m. 


er | CUBITUS = 443,600. | 








II. Größere rümiſche Längenmaße. 















| PES 


— — 


1, | 






== 0,29 Mm. 
Cubitus — 0,44”. 
14 | Gradus od. Pos Sestertius = 0,74". 












10 


120 





3} | 2 | PASSUS = 1,19". 
64 4 2 | Decempeda od. Pertica = 2,96". 











so) 48 241 12 | Actus — 35,49). 











5000 | 





33334] 2000} 1000| 600 | 414 |MILLE PASSUUM = 1478,70m. —0,2Meil. 





Tabellen der Mafe, Gewichte und Münzen. 1521 


IV. Größere griechiſche Langenmaße, 










NOTE = 0,308". 
14 | MÄXTE = 0,162". 

24 1 13 | Bine = 077m 

KEEWEE OPTTIÄ = 1,85% 

| 4 3 | —— Arcıva 0d. Atxcirong = 3,08. 
60 40 24 10 6 | Auuc = 18,18". 

100 | 663 | 40 | 163 | 10 | 1% | Iddgo» = 30,83]. 


—— Sa! wre RE BE ETÄYION Olvumnuv od. Zradıog = 184,97". — 
210 | 100 60 el: 0,025 Meilen. 


| | | Alawlog — 369,94”. = 0,050 M. 
2 | Inrınöv = 739,87”. = 0,100 M. 
























600 | 400 


1200 | 800 | 480 | 200 | 120 | 20 BEZ 

















2100 [1000| 960 | 400 | 210 | 40 Ei 4 








7200 | 4800 | 2880 | 1200} 720 | 120 [72 I12|6/3 | Jöhgog = 2219,61”. = 0,300 M. 











V. Bergleihende Zujammenftellung bes 

Jtinerarftadiums, des Barajangen, der 

römischen Meile ne geographiſchen 
eile. 


—— Bei. Kaas ‚Meil. ce. Meit VI. Silometer rebuziert auf 


un geographifße und römiſche 
ı | 0,033 0,10 0,02 Meilen. 
10 0,33 0,2 
20 0,67 0,4 
30 1 2 0,6 
40 _ 0,8 
50 1 
60 1,2 
70 1,4 
80 1,6 
90 1,8 


* 
- 


037 
0,405 2,029 
0,54 | 2,705 
0,675 3,381 
0,81 4,057 
0,945 4,734 
1,08 5,410 
1,215 6,086 
1,35 6,762 


De A 


— 


5 
6 
7 
8 


2,4 
3 
3,6 
4 








4,8 
5,4 
5 








1322 Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 


vn. Ra Brägenmafe 





NOTE = 0,0950 Meter. 
* 'ESanodng = 8,420 D" 

100 | 23 | Arcıva = 9,504 OD" 

8334 Era 81 | Hulexzog = 79,200 Iw. 

| 16663 | SEGEN 2 |"Exrog = 158,400 Im. 

2500 | 69% | 14] Apovgx = 0,024 Hektaren. 


| 10000 | 2773 | 100 | — 6 | 4 | TLAEEPON =0,095 Hekt. 






36 






























95 














*& 


VIII. En —— 


prs ; QUADRAT US = 0,087 O1 Meter. 


100 | Seripulum od. Decempeda quadrata = 8,75 Im. 
4 | ACTUS SIMPLEX = 41,98 Dj". 
Uncia = 209,91 Im. 
1} | Clima = 314,86 O- 


6 4 | ACT ACTUS QUADRATUS = 1259,14 I". 


— 


28800 ms | 12 2 | JUGERUM = 318,88 Om. 


57600 576 120 24 2 | Heredium = 0,504 Hektaren. 
| 5,760,000 | 57,600 12,000) 2400 | 1600| 400 200 100 | Centuria = 50,377 Hekt. 


23,040,000 1230, 0,400 4 48 ‚000 | 9600 6400 | 1600 | 800 4100| A | Saltus = 201,500 Hekt. 








| CYATHUS = 0,0456 L. 
Ta Acetabulum = 0,0684 L. 
2 | Quartarius (Biertel vom Sextarius) = 0,137 L. 
Hemina od. Cotyla = 0,274 L. 
2 | SEXTARIUS (Sedftel vom Congius) — 
12 | 6 |! CONGIUS — 3,283 L. 


988 12 48 |24 | 4 | Uma = 13,18 L. 


676 | 384 | 192 | 96 | 48 2 | AMPHORA QUADRANTAL — 26,26 L. 








16080 | ı 11520 [7680 3840 | 1920 | 960 120 | Culeus = 525,27 L. 





Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 1323 


X. Griehifhe Kubitmaße für flüffige Dinge. 


Koylıagıov = 0,0046 Liter. 
















s| 2 | 2 
0|5| 4 


Koyın = 0,0228 L. . 
2 | KTA90Z = 0,0456 L. 








— re | m — — — 


30 | 15 | ı | 6 |3 | e | Teraerov = 0,137 L. 
KIEELDEIIECHLEEN 2 | Koriin, Teußllov ob. ‘Hulva = 0,974 L. | 

"2 | ZEETHE (Sextarius) = 0,547 L. | 
SEE walm]e|xois- om. | 


8640 | 4320 | 3456 | 1728 | 864 | 576 | 2 | 12 |4M®OPETZ METPHTHZ= 39,30. 














120 | 60 a8 | 24 12 s 4 











288 144 











XI. Griechiſche Maße für trockene Gegenſtände. 






Koykıagıov = 0,0046 Liter. 


10 | KTM400E = 0,0456 1. 


15 = 0,0684 L. 
co | 6 | 4 | XOTTAH od. 'Hulva = 0,274 L. 
"2 | SESTHE (Sextarius) = 0,547 L. 
oo | ısi4 |» |xornız = 1,094 L. 


— — — — — — — nt 


1920 | 192 i28 32 | 16 
11520 | 1152| 768 | 192 | 96 


XI. Römiſche Maße für trodene Gegenftände. 


Ligula = 0,0114 Liter. 
4 |CYATHUS = 0,0456 L. 
6 14 | Acetabulum = 0,0684 L. 


2 | Quartarius (Viertel vom Sextarius) = 0,197 L. 


2 ! Hemina od. Cotyla = 0,274 L. 


2 | Sextarius (Sedhftel des Congius) = 0,547 L. 


384 | 96 | 64 32 16 8 | Se(mi)modius = 4,377 L. 


768 | ı92 | 128 | 64 [32 | 16 | 2 | MODIUS — 8,754 L. 


1324 Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 


XIII. Griechiſche Gewichte. 


1) Verhältnis der drei Hauptſyſteme. j 


Aiginetiſches: Euboiiſches od. Alt: Attiiches = 6:5. 
J Soloniſches od. ſpäteres Attiſches = 5:3. 
Euboiiſches: Soloniſches = 1383: 100 od. 100: 72 od. 25:18. 


1 aiginet. Talent = 6000 aiginet. Drachmen = 7200 eub. = 10000 ſolon. 
1 euboiisches „ = 5000 J = 6000 „ == 83334, 
1 jolon. 3600 - = 4520 „ = 6000 „ 





2) Alginetifde Gewichte, desgleihen eubotifche oder attiſche Yandelsgewidte, endlich auch 
atliſche Silbergewidhte, 












De 
8 | — == 0,728 gr. 





48 | 6 | Spayun == 4,866 gr. 
| 
I 


4800 | 600 | 100 Mv& (Mina) = 436,6 gr. 


| | 
288000 36000 ai 6000 0 | © 60 | Takarrov a = 26196,2 gr. = —— kg- 











| dentor. 
XKalnoug = 1,67 %. 


Ayalnor = 3,3 4. 





2 "Hwmoßolıov = 6,7 8. 
l 
2 | 080468 = ı3 =. 


| Jwßolovy = 26 8. 


14 — Teioohᷣolo⸗ = 39 4. 





14 | Teronßolor = 53 3. 





3 = 2 1 | sraxmit - 79 3. 





on Ill BE |: 


1344 192 le erg = 8144 


336 00 4800 1200 400 | so 300 | 
3 











| 2,016, 000 238000 144000 


u 
BE 
72000: 36000 000 18000}12000 9000 5000; 


| TAAANTON = 


3000 1500 60 A115 M 25 8. 








Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 1325 


XV. Römiſche Gewiqte. N Die Teile des _ As oder der Libra. 


| UNCIA —= 27,288 Gramm. 
| 14 | Sescuncia od. Sescunx = 40,93 gr. 
| EISE Sextans = 54,58 gr. 
Ir Quadrans od. Teruncius = 81,86 gr. 
1} | Triens = 109,15 gr. 
13 |1} | Quincunx — 136,44 gr. 
18] Bi 1 | —* od. Semissis — 163,73 gr. 
1% J Septunx — 191,02 gr. 
Ey H 1} | Bes od. Bessis = 218,30 gr. 
23|1| [13 11% | Dodrans = 245,59 gr. 
2 a 1371} | E2 1» — = 272,88 gr. 
A 12 | ir 14/1 | Deunx — 300,16 gr. 


u ,1AS od. Libra = 327,45 gr. — 
Ar 2 |ier] & 0,327 kg. 











ee), 
weis | 


ri 
Pr urn am | 


.. 
ie 
j i 





| Siliqua =(, 189 gr. 
3 | Obolus = 0,568 gr 
6 | 2 | SCRIPULUM = 1,137 gr. 
12|4|12 2 | Semisextula = 2,274 gr. 
24 |8 | 2 | SEXTULA — 4,548 gr. 
Py 3 14] Sieilicus (Sieiliquus) = 6,822 gr. 
4,2 13] Duella = 9,096 gr. 

S II 2 |14| Semuncia = 13,644 gr. 
ac 2] UNCIA = 27,288 gr. 


or 








else 18/36/2412] AS od. LIBRA — 327,45 











XVI. Römiſche Münzen. 


a) Der librale Kupferas (bis 268 v. Chr.). b) Der trientafe u.der fertantare 
Uneia = 4 &. As. 



































— 3. a. 
2 | Sextula (Sextans) = 8 &. j | unse 15 0,8 
3 '1J | Quadrans = 12 &. sextans 3,1 1,6 
12 1; Triens = 16 &. quadrans 4,7 2,3 
5 | 3/2 2/12] Se Semissis = 23 3. triens *— 
i2 6 Iris 2]A8 = 47a. Peg J 
24/12/18 |6 |4 | 2 | Dupondius = 98 &. ® ns 37 19 
j48/24|16j12| 8 | 4 | 2 | SESTERTIUS = 1.4 878. 408 6. | 37 | 
| 100 as = 46 M. 67 4. d) Silbercourant der römiſchen Republik! 
1000 as = 466 M. 70%. feit 217.v. Chr. 
10000 as — 4666 M 50 &. t Dennde ; a. 
100000 as — 46665 1 RER _| Den | — 
1 — — 17 
2 — 55 
ce) Der älteſte Silberdenar bon „}; Kg. r 2. 058 
. 
Sesterze | Denare | :- 3: 4 1 — 70% 
N nn 8 2 1 40 
1 — — 20— 12 3 2 10 
2 — — 41 20 5 3 51 
3 Bee: 100 25 17 54 
! Fi 1000 (= 1sestertium) 250 175 4 | 
4 1 — 82 10000 J — 1754 10 
8 2 1 64 (= decem sestertia); 
10 — 2 5 100000 f — 17541 — 
100 25 20 47 1000000 — 175410 — 


(— decies sestertium) 
70 Ni 10000000. (eenties) N! 1751100 - 


15] 
— 
= 
— 


1000 250 














1326 


Feſtkalender. 


a) Griechiſcher. 









I. Helkatombaion (Jul.— Aug.) | vo. Gamelion (Jan, — Febr.). 











































8. Theſeia. 8.—11. Lenaia. 
11.—16. Olympia. 12. Winter: Remea. 
12. Sommer: Nemea, 27. Gamtelia. 
Kronia. eg — 
16. Synoikia. VIII. Antheſterion (Febr.— März). 
24.—29. Große Panathenaia. 1. Hydrophoria. 
28. 29. Kleine Panathenaia. 11.-13. Antheſteria. (11. Hidoiyic, Faßöſſ⸗ 
Helatombaia. (7) nung, 12. Xoss, Kannenfeſt, 13. 
Sommer : Zithmia. Xvrgor, DOpferfeft v. Früchten.) 
Hyakinthia. 19.21. Kleine Eleuſinia (Myſteria). 
Gymnopaidia. 23. Diaſia. 
| 11. Metageitnion (Aug.— Septbr.). | IX. Efaphebolion (März — Apr.) 
7. Karneia. 8. Aſtlepieia. 
Metageitnia. 8.—13. Große Dionyjia. 
a Ze — 
II. Boedromion (Septbr.— Oftbr.). de SER BER 
3. Eleutheria. X. Munydion (Apr. — Mai). 






6. Marathonia. 6. Delphinia. 


eg 16. Munychia u. Siegesfeft der Schlacht | 
12. Eharifteria. bei Salamis auf Kypros. 
13. Proẽroſia. 19. Diafia oder Olympieia. 
16.—25. Große Eleufinia. Adonia (oder erſt im folgenden). 
— Kyberneſia (od. 6. Pyan.) 


— — — — — ing3-Iftgmia(od. im ſolg. Mon.) 
| IV. Pyanepfion (Oftbr.— Novbr.). J 







| 

5. Genefia. | 1. (7.) Pythia. 
| 
f 




























6. Kybernefia. XI. Thargelion (Mai — Jun.). 
7. Pyanepfia und Oschophoria. 6.—7. Thargelia ımd Chloeia. 
5. 6. 8. Theſeia. T. Daphnephoria. 
10.—14. Thejmophoria. 19. Rallynteria. 
27.—29. Apaturia. 20. Benbiben. 
30. Challeia. 25. Plynteria. 
— en eier Kleine Delta. 





| V. Maimalterion (Novbr.— Dezbr.). — 
20. Maimalteria. XII. Skirophorion (Jun.— Jul.). 


| 12, Sfirophoria. 
' VI. Poſeideon (Dezbr.— Jan.). 13. Arrhephoria, 

(6), Kleine Dionyſia. 14. Buphoria u. Diipolia. 
Pojeidonia. 28. Herafleia. 


















Januarius, 
1. Kalendae Januariae, 

2. Dies Aegyptiacae, 

9. Agonalia, 

11. 15. Carmentalia. 
22.—24. Ludi Palatini. 

| 24. Paganalia. 

25. Sementina. 

27. Dedicatioaedis Castorum. 


Februarius, 
— Neptunalia. 
13. Faunalia. 
13.—21. Dies parentales. 
15. Lupercalia. 
17. Quirinalia. 
21. Feralia. 
| 22. Charistia. 
23. Terminalia. 
24. 
27. 
(Amburbalia und Ambarvalia 
nur in jedem lustrum.) 
Martius. 
1. Matronalia. 
Auszug der Salier. 
. Festum Vestae. 
. Equiria. 
. F. Annas Perennae. 
. Mamurnlia. 
17. Liberalia, 
19.—23. Quinquatrus. 
33. Tubilustrium. 
22.—27. F. Magnae Matris et 
Attidis. 
25. Hilaria (cf. 3. Nov.). 
Aprilis, 
' 4.—10. Megalesia. 
' 12.—19. Ludi Cereris (Cere- 
alia)- 
15. Fordicidia. 
' 21. Palilia. 
23. Vinalia, 
25. Robigalia. 































































| 28. Apr.—3. Mai. Floralia. | 





Feſtkalender. 
b) Römiſcher. 


Maius, 
1. Laralia. 
. 11. 13. Lemuria. 
. Ludi Martis in Circo. 
. Dies Mercurüi et Maiae. 
. Agonalia. 
. Tubilustrium. 
. F. Fortunae publicae. 
. Ludi Honoris et Virtutis. 


Junius. 

1. Dies Junonis Monetae. 
Dies Carnae. 

Dies Tempestatia. 
. Dius Fidius. 
. F. Mentis et Intellectus. 
. F. Jovis Pistoria. 
Vestalia. 
. F. Fortunae virilis. 
. Matralia. 
. F. Jovis invicti. 
Quinquatrus minusculae. 
. D. Summani. 
24. D. Fortis Fortunae. 
27. Jovis Statoris. 
29. Quirini. 


Julius s. Quinctilis. 


6. 14.F. Fortunae muliebris. 


(5) 6.—13. Ludi Apollinares. 
(14.19. Mercatus.) 


7. Nonae Caprotinae. 
8. F. Vitulae, Victoriae, 
15. Ludi Castorum, 


20.—30, Ludi Victoriae Cae- 
saris. 


23. Neptunalia. 
25. Furinalia. 


Augustus s. Sextilis, 
1. F. Spei et Martia. 
6. F. Salutis, 
13. F. Dianae, 
15. F. Astraeae, 
21. Consualia. 
23. Volcanalia. 
25. Opiconsivia. 
27. Vortumnalia. 
28. F. Victoriae. 


30. Mundus patens (ef. 5. Oct. 
et 7. Norv.). 









1327 








Septembris. 
1. Natalis Telluris. 
4.—19. Ludi Romani (I. R. | 

magni), 

13. Clavus figendus. 

F. Cereris. 

20. Natalis Romuli. 

23. Natalis Augusti. 

| 27. F. Fortunae reducia. 





Octobris. 


4. Mundus Cereris. 

5. Mundus patens. 

6. Dies ater, Manibus sacer. 
(wegen des Gieged ber 
Eimbern 105 über Servilius | 
Eäpio). 

| %—12. Augustalia. 

| 15. Ludi Capitolini. 

| 19. Armilustrium. 

| 23. F. Liberi patris et Li- 
berae. 

29. F. Vertumni. 

27. Oct.—1. Nov. Ludi Victo- 
riae Sullae. 


Novembris. 


1. (13.) Epulum Jovis. 
8. Hilaria. 
4.—17. Ludi Plebeii. 

| 7. (8) Mundus patens. 
19. Lectisternia Cybeles. 
22. F. Plutonis et Proserpinae. | 


Decembris. 


1. F. Fortunae muliebris 

(primigeniae). 

6. Faunalia. 

9. F. Junonis iugalis, 
11. Agonalia. 
15. Consualia. 
17.— 21. Saturnalia et Opalia. | 
23. Larentinal. 
25. Natalis Solis invieti. 







Parallele Zeitrechnungen. 















a wo.) v.Ch. 


|. — 01. BEE V.0.)x.Ch. 


01. 
0.1 294 | | 460 120. 1 454 158. N 606 
| 
| 302 




















134 ı020| 8 
138 , 616 


142 , 612 





81. 


238 456 [| 121. 159, 1 610 | 144 
82. 


452 | 122. 160. 1| 614 | 140 











Be —— 


— — — — — — — — — — — — — —— — —— — — — — —— — — 


150 


182 
186 
190 
194 
198 
202 
206 
210 
214 
218 
222 
226 
230 
234 
238 
212 
216 
250 
254 
258 
262 
266 
270 
274 
278 
282 
286 
290 


146 608 


604 
600 
596 
592 
588 
584 
580 
576 
572 


83. 
84. 
85. 
86. 
87. 
88. 
89. 
9, 
91. 
92. 
93. 
94. 
9. 





























































97. 

98. 

99. 
100. 
101. 
102. 




















| 306 


310 
314 
318 
828 
326 
330 
334 
338 
342 
346 
360 
354 
358 
862 
366 
370 
374 
378 
382 


448 
444 
440 
436 
432 
428 
424 
420 


416 


412 
408 
404 
400 
396 
302 
388 
384 


380 


376 
372 





















123. 
124. 
125. 
126. 
127. 
128. 
129. 
130. 
131. 
132. 
133. 
134. 
135. 
136. 
137. 
138. 
139. 
140. 
141. 
142. 




































































103. 
104, 
105. 








386 
890 
394 








143. 
144. 
145. 














106. 
107. 
108. 
109. 
110, 
111. 
112. 
113. 
114. 1 
115. 1 
116. 1 
117. 1 
118. 1 
119, 1 












































.1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
96. 1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 








398 
402 
406 
410 
414 
418 
422 
426 
430 
434 
438 
442 
446 
450 


146. 
147. 
148. 1 566 | 188 








76 ] 189. 


161. 1| 618 








162. 1. 622 
163. 1] 626 
164. 1) 630 
165. 1| 634 
166. 1) 638 
167. 1) 642 
168. 1| 646 
169. 1) 650 
170. 1) 654 
171. 1 658 
172. ı| 662 
173. 1) 666 
174. 1) 670 
175. 1| 674 
176. ı| 78 
177. 1| 682 
178. 1 686 
179. il 690 
189. 1) 69 
181. 1) 698 
182, ı| 702 
183. 1) 706 
184. ı| 710 
185. 1! 714 
186. 1! 718 | 
187. ı| 722 
188. ı! 726 
1 730 
190. 1) 734) 
191. me 
192. 1 742 


193, 1! 746 
194. 1) 750 
194. 4 753 


136 
132 
128 
124 
120 
116 
112 































































Römiſches Kalendarium. 









WB — 
März, Mai, Zulius Januar, Auguſt und 
































Apr. Jun. Aug. Nov.) Febr. Sept. Jan. 


Reallerikon des Mar. Altertums 


7. Aufl. 


April, Junius, Sep: 


* und Oktober Dezember tember und November hat 28 u. im Schaltjahr 
Monats. Haben 31 Tage. haben 31 Tage, haben 30 Tage. 29 Tage. 

1 | Kalendis | Kalendis Kalendis Kalendis 

: | bi : | ut (ante) Nonas a (ante) Nonas | (ante) Nonas 

TR | tn Koma Pridie Nonas Pridie Nonas 

5 | —III Nonis Nonis Nonis 

6 | Pridie Nonas vn VIII VIII 

7 | Nonis ' vu vu VII 

8 VIII VI VI 

| vr v (ante) Idus | v (ante) Idus (ante) Idus 

10 VI V IV IV 

FE DE 3 mac us m Iu II 

2 | W Pridie Idus Pridie Idus Pridie Idus 

13 ; II ldibus Idibus Idibus 

14 | Pridie Idus XIX xvm XVI 

15 | Idibus ı XVII XVII | XV 

16 | XVII XVII XVI XIV 

17 XVI XxVI XV | XII 

18 ! XV XV XIV XII 

19 | XIV xiv XI | XI 

20 | xım xım XI X | (ante) 

21 xn Xu XI (ante) IX Kalendas 

22 | x x m) |% Kalendas | VII 

a3 |x a X —— vn 

23 RX IX VIH VI 

VI 

27 VI VI V III 

28 |V v IV Pridie Kalendas 

20 | IV IV I Martias 

30 IIl II Pridie Kalendas 

Pridie Kalendas Pridie Kalendas Mai. Jul. Oct. Dec. 


1329 






Februar 













































84 


— 


10, 


11. 


12. 


13, 


14. 


15. 
18. 


18, 


19. 


20. 
21. 


28, 
29, 
30. 
Sl. 


. Aedituns, ©. 18. Gin vewxdgo; mit einem Beſen von | 


. Alexandria, ©. 62, Nah Drovien, Hiſtor. Handatlas 
. Amazones, 


. Amphlaraos, ©. 76. 
9. Ampkion und Zethos, S 


;. Arles, ©. 132. Aus Aler. Adams Handbuch der römi- 


Verzeichnis der Abbildungen. 


Achilleun, S. #&. Statue im Muſeum des Louvre. 32. 


| 33. 
34. 


Yorbeerblättern, nadı einem Basrelief in Dresden, 
Mich, illuſter. Wörterb, der Nitert. ©. 12. 


. Agrigentum: Akrapıs, ©. 34. Aus H. Hieperts neuem 


Atlas von Hellas und den bellenijchen Kolonien (Ber: | 
lin 1872), Tafel XL 


. Agrippina, ©. 86. Statue ber älteren Agrippina (tim | 35—37. Bankunst, ©. 191. 


Gapitol zu Rom). 


. Aktaion, ©. 53. Sileine Statue aus Marmor im Bri- | 


tiihen Muſeum 


18861, 

©. 71. Nah Buhl und Soner, Leben der 
Griechen und Römer. 

Relief von Oropos. 48, 


78. Der fogenannte farne: 


ſiſche Stier, Koloſſalgruppe in Neapel. . Id 
Amphora, ©. 79. Basrelief in Bompeji. Nah Bid, | 45. 

©. 28, 46, 
Antoninus, S. 101. Reiterftatue bes Marc Aurel auf dem 

Eapitoiplag zu Nom, AT. 
Aphrodite, &. 104. Büſte, mit jehnfüchtigem Ausdrud, | 

im Louvre, aus der Billa Borgheſe. | 48. 
— S. 105, Marmoritatue im Muſeum bed Louvre, auf 

der Anfel Melos gefunden, | 49. 


107. Marmoritatue in ber Mündener | 50. 
81. 


Apollon, ©. 
Ginptothet. 

Apollon von Belvedere, S. 108, im Batican. 

Apollobüste, ©. 105. Dem Belvedereihen Apollo ent- 
irrechend, früher in der Giuftinianihen Sammlung, | 
jeßt im Beſitz des Grafen Bourtales-Worgier. ) 


. Apollon Musagetes, ©. 109. Statue ber Bio-Klemen- | 58. 


tiniihen Sammlung. 

Apotheose, ©. 111. Sonjefration des Antoninus und 
der Fauſtina, Basrelief von der Antoninusfäule, nad | 54. 
Gußl und Stoner., | 

Aquils, S. 114. Wus Kopp: römiſchen Kriegkaltertür | 
mern, ©. 14, 

Ara, ©. 115. Altar aus Athen, nah Guhl und Roner. 

Aratrum, ©. 117. Drei verichiebene Arten von Pilug- | 56. 
iharen, bie eine au J. H. Voß' Ausgabe von Vergils | 
Gcorgifa (Titelvignetten. 


55. 


57, 


2, Arcus, ©. 129. Aufriß bed ans penteliihen Marmor 


aufgeführten Titusbogens zu Kom, nach Suhl und Koner, 


. Ares, ©. 126. Statue ber Billa Lubovifi. 
. Argonauten, &.128. Athene unterrichtet bie Argonau⸗ 58, 


ten im Schiffbau, Nach einem antilten Basrelief, 


5. Argos, ©. 180. Aus Kieperts neuem Atlas von Hellas, | 59. 


Zafel VL | 
60, 
ſchen Mitertümer von J. 28. Meyer (Erlangen 1818). | 


Vergl. daf. 2, ©. 135 ff. "6, 


. Armilla, ©. 143. Bronzenes Armband, am Arm eines 


Gerippes in einem Grabe zu Kipatranfona gefunden. 
Ri, ©. 54. 
Artemis, ©. 149. Statue von Verſailles, im Loupre. 
Asklepios, S. 154. Marmorftatue im Louvre zu Paris, 
Attika: Blau von Mtben, zu S. 170 ff, 
— Akropolis, ©. 172. Reſtaurierte Anfiht nad Lübke, 68. 
Geſchichte der Architeltur. l 


62. 


58—412. Belagerung: 


52. Colus, ©. 276. Spinnerin, 


Attika: Eieusis, N ©. 175. Wus Rieyerts Atlot 
von Hellas, Taf. XI 

— Salamis, S. 176. Aus Abichte Herotot. 

Basilika, S. 190. 1) Grundriß der Bafilifa zu Bom- 
peii; 2) Längendurdichnirt und Aufrik der alten Baft- 
lifa zu Berona, vom nn Arnaldi aus den Über 
reſten hergeſtellt. Rich, ©. 

—E Mauern, nach Gell, 

Probeſtücke von Städtemauern des alten Griechenlands. 


— 6. 192. Der Parthenon (reftanriert), nach Buhl wad 


Soner. £ 

Turris, Vinea, Plutews, Testudo, ©. 
1985 ff. Aus Adams römiichen Altertümern von Meber 
a. a. O. Beckers röm. Altert., 3. Th, 2. Abe, ©. 477 
und Subl und Koner, 

Beleuchtung, ©. 199. Lampe mit 2 Doditen. 
S. 367. 

Bellerophontes, &. 200. Rafengemälbe. 

Bulla, ©. 227, von einer Terrafottalampe. Nah Ri, 5.8. 

Castra: Grundriß eines römiſchen Lagers nebit Beilage, 


Kid, 


©. 2416 ff. 

Cestius, S. 253. Pyramide des Ceſtius, nad @ebi 
und Soner. 

Chalkis, &. 255. Aus Sieperts Atlas von Hellas, 
Zaf. XIV. 


Charon, S. 258. Charon und Hermes. Griech. Kaſenbild. 

Chimalra, S. 2%. Münze von Korinth. 

Columna, ©. 274f, Die vier Säulenordnungen und 
die columna caelata, Aut ®. W. Forchhammer, Gut! 
und Honer und Seemanns funftbiflor. Bilderbogen. 

Vaſenbild, nad Baneite 
Bilder antit. Leb. T. 19, 2, 

Demeter, S. 3507. Mit der Fadel, um bie fih eine 
Inful wendet, in der Rechten, mit einem Arudtlord 
in der Linken. Pompejaniſches Wandbgemälbe. 

Dionysos, ©. 332. Statue des inbiihen oder bärtigen 
Dionyſos, der iogenannte Sardanapatos im Mujeum 
bes Batilan. 

— Etatue des jugendlichen Dionyſos, S. 338, mit em 
Tbnrios in der Rechten. Im Muſeum bes Kouvre. 

Divinatlo, S. 311. Ein omiayyroaasmo;, extisper. 
Nach einem Baarelief der Billa Borgheſe. Ric, 5. 21. 

Dona militaria: Coronae triumpkalis, ocalin, cieion, 
muralis, eallaris, nacalis, obsidionalis, ©. 49, Ent 
Adams römiihen Aitertümern, Tab. VL, vergl 8, 
e. 112 fl. 

Erechtheion, &. 404, reflaurierte Aniicht, 
Bilder aus dem altgrich. Leben. 2. Aufl. 

Erinyen, &. 406. Dreſtes von ben Erinnen verfelat. 
Vaſenbild nah Raoul Rodjeite, Mon. in&d. 36. 

Eros, S. 407. 1) Statue im Batican, 2) Statue im 
Eapitolin. Muſeum zu Rom. j 
Fascer, 8.497. Laureati, linfs mit einem in bir Spint 
der Ruten geftedten Lorbeerzweig, nah eimem Batı«- 
tief, rechts mit einem baran befeftigten Zorbeerlranst. 
nach einer Honkulmünge. Daneben ein 2ilter mit den 
fascee, nad) einem Relief im Botifan. Rich, ©. 30. 
Fullo, ©. 450. 4 Scenen aus der fullonica in, Eom- 

peji, nach Blümner, Technologie I ©. 175 ff. . 

Funditores, ©. 452. Schleuderblei, nah Bergt, In 

ſchriften röm. Schleudergeihofle (1876), T. I, 2. 


nad St], 


66. 


67, 


68. 


Eu 
w 


TU, 


. Gemma, 5. 467. 


a, Hades, S. 495. Statue der Vila Borgbefe zu Rom. 


Berzeihnis der Abbildungen. 


. Ganymedes, ©. 461, vom Adler bes Beus geraubt, | 100, 


Statue des Batilan. 

Straufes Pyrgoteles, Taf. L Das 
Nähere in dem Artilel. . 

Giganten, ©. 477. 1) Zeus als Überwinder ber Gigan- 
ten. Gameo in der Sönigl. Sammlung zu Neapel. — 
2) Athene im Gigantenfampf, Gruppe aus bem Fries 
von Pergamon, 

Gymnasinm, ©. 492. Rich, ©. 300. Das Nähere in 
bem Artilel. 

Haarputz, ©. 494. Haartrachten griechiſcher rauen, 
nach Guhl und Hohner. 


101, 
108, 
108. 


104, 


Halikarnassos, ©. 497. Das Maufoleion, nach Bullans 105. 


Entwurf reitaurtert. Nach Guhl und Koner. 106. 
71. Harpylen, ©. 503. Weliei des Grabmals zu Aanthos. 
72. Haus, Griechiſches, ©. 505. Aus W. A. Beders Gha- | 107, 


73. 
74. 
75. 


76. 


19. 


80, 


8. 


82, 


83. 


86. 
87. 


88. 


8. 


9. 


- 


“2 
127 


98, 


94. 


95, 


. Marathon, 5. 736. 
. Mexalopolis, S. 756. Aus Stiepert8 neuem Atlas von 


.‚ Megaris, Meyare, ©. 757, 


ritles. 1. X. Tat. J. 5.479. Atrium corinthium, 
nad einem in Hereulaneum anfgefundenen Haule re- 
ftauriert, Rich, S. 62; tuscanicum, das wiederberge: | 
ftellte Haus des tragiihen Dichters zu Pompeji, Kid, 
©. 61. 

— Römiihes, S. 507, 

Hekate, ©. 611. Dreigeflaltige Helate, Relief aus Aigina. 


108, 





109, 


110. 





Hera, $opf der Hera mit dem Diadem, ©. 518. In 
der Billa Ludoviii in Rom, ‚tm. 
— &, 519, Statue der Hera Barberini in ber Rotunde | 112. 
des Vatikans zu Rom. Aus der Batifan. Sammlung. 

. Herakles, ©. 525. Farneſiſche Koloſſalſtatue im Natio- | 119. 

nalmuſeum zu Neapel. 114. 
Hermes, ©. 628. Marmorſtatue von Bragiteles, 1877 
in Olympia gefunden, mit ben Ergänzungen von Schaper. | 115. 
— ©. 5399. As Bote und Läufer in Erwartung einch | 
Auftrags. Brongeftatue von Herculaneum. , 116. 
Hierosolyma, S. 540. Aus Droyiens hiltor. Handatlas, 
z. IV. - 117, 
Hylas, ©. 559. Herculaniſches Wandgemälbe. 
Iphigenela, &. 577. Opfer ber Iphigeneia. Pempe- 
janiſches Bandbgemälde. 118, 
Jugum, 5.588, Nad einem auf ber Halbinjel Magne- 
ſia gefundenen Basreliei. Rich, ©. 332. 119. 
Julli, S. 599, Marmorbüfte des Diltators Cäfar im 
Koniervatorenpalaft zu Kom. 

. Kanephoren, ©. 614. Die Sarpatidenhalle vom Üre- | 120. 
chtheion zu Athen: Rah Menge, Einleitung in die an- | 121. 
tife unit (1880), T. X, 8. 

Karthago, ©. 617. Aus Nicperts Atlas, 122. 
Kentauren: Kampf der Stentauren und Lapithen, ©. 624. | 123. 
Relief vom Friefe des Tempels des Apollon zu Bafjai 
ber Bhigaleia in Arkadien (in London). 124. 
Kleidung, 5.630 ff. Größtenteils nach Guhl und Stoner. 
Fig. 6 iſt Die Eleftra nach einer Marmorjtatue in Hereu- | 125. 
laneum. 126. 
Korinthia, Aorinthos, ©. 645. UAus Nieperts neuem | 
Atlas von Hellas, Taf. VI. | 187. 
Kyros, ©. 656. Grab bes Kiyros. Scemanns funft- 
biftor. Bilderbogen, Taf, 39. 128, 


Lakonika: Lakedaimon, ©. 662. Aus Kieperts Atlas | 129, 
von Hellas, Taf. IX. } 


. Laokoon, &. 665. Gruppe des Laoloon, gearbeitet von | 130, 


Ugejandros, Polydoros und Athenodoros von Rhodos. | 
An der Batifaniiben Sammlung. 

Lituus, S. 698, Nach einem beim Reinigen des Fluß— 
bettes Des Witham in Lincolnfhire gefundenen Original, | 132. 
Kid, ©. 361. 

Lysikrates, &. 717. Lyſikratesdenkmal in Athen, nad 
Stoll, Bilder a. d. altgriech. Leben, 2. Aufl. | 

Mahlzelten, S. 724. 1) Radı einem Baienbilbe, ba- | 
neben ein jugendlicher Mundſchent mit 2 yatben. 2) Ein | 134. 
befränster Ephebe mit der Dinohue Wein aus dem | 
ferater [höpiend; Vaſenbild. Nach Suhl und Soner. | 185. 

Nach Fiepert. 


131. 


133, 


Hellas, Taf. VI 136. 
Nah Lolling, Mitteil. bes 


arhäol, Init. zu Athen V, 1. 


. Meleagros, Meleagres' Top, S. 760. Relief der Billa 


Albani zu Rom. 


1331 


Messeonia, Messene, ©. 771, Aus Burfians Geographie 
von @riechenland, 2, Tafel IV. 

Mola, ©. 786. Eine Mühle mit ihren beiden Steinen 
aus einer pompejaniichen Bäderel, Kid, ©. 399. 

— S. 787. Mühle mit Eiel. Relief vom Monument 
des Eurpiaces in Kom, 

Münzen, ©. 798f. Nah Senffert, Lerilon der klaſſ. 
Altertumslunde (1882). 

Musica, ©. 797. Figur 1 und 3 aus Bollbrecht, Wör⸗ 
terb. zu Zen. Unab. ©. 32. Fia. 2: Aghrtes wedt mit 
argiviicher Kriegsbrommete ben auf Styros in Frauen- 
gemändern verborgenen Achilleus Marmorrelich). Nach 
Guhl und Koner. 

Mykenal, S. 799. Grundriß nach Schliemann. 

— 5, 8300, Ubbildung des Lowenthors, nad Stoll, Bil- 
der a. d. altgtiech. Leben, 2. Aufl. 

Naumschia, &. 810. Gebäude zur Wufführung von 
Sergeichten, nad einer Medaille bes 8. Domitian. 
Kid, ©. 411. 

Neapolis, ©. 813, 
Zafel VII 

Nike, 6.821. Marmorfiatue von Baionios, in Olympia 
gelunden, mit den Ergängungen von Grüttner. 


Mus Siepert® Atlas antiquus, 


NXlobe, mit ber jüngjten in ihren Schoß 
flücdtenden Tochter, S. 825, Figuren 
— Zodter der Niobe, ©. 825. aus ber 
— Eohn ber Niobe in Inicender Stellung. (Niobegruppe 
©. 828. su Florenz. 
— Derielbe, ©. 826. 
Ocha, S. 837, Uralter Tempel der Sera, nah Guhl 
und Sloner. 
Octarianus, ©. 841. Marmorjtatue im Batifan, 1863 


aufgefunden. 

Olympia, S.850f. 1) Blan von Clmpia. — 2) Münze 
von Elis mit dem olymptichen Beus. 

Opfer, ©. 8657. Reinigungsopfer (suoretaurilis) bon 
3 wännliden Xieren, Eber, Hammel, Stier, nad) einem 
römischen Basrelief. Rich, ©. 596, 

Orchomenos, ©. 862. Mus Stieperts Atlas vom Hellas, 
Zafel XII. 

Orestes, ©. 869, Iohigeneia in Zaurien, im Begriff 
ihren Bruder Oreſtes und Pylabes zu opfern. Relief 
ber Billa Albani zu Nom. 

Orpheus, ©. 866. Relief der Billa Wibani au Rom. 

Pallas Athene, S. 878. Büſte der Athene aus der 
Billa Albani. 

— 8.878. Statue der Athene von Belletri, im Louvre. 

Penthesilels, S. 907. Adıl und Benth., Kelief eines 
Sarlophags in Salonichi, in Baris, 

Pergamen, €. 909, Die Aönigsburg von Perg, nad) 
ber Refonftruftion von Thierſch. 

Perikles, &.911. Marmorbüfte im Batilan. 

Persens, ©. 917. Die Befreiung der Andromeda durch 
Perſeus. Welief des Eapitolin. Wufeums. 

Phokis: Deiphoi, ©. 999. Aus ſtieperts Atlas von 
Hellas, Taſel XU. 

Flataia, S. 950. Aus Abichts Herodot, Br. V. 

Piutos, S. 959. Eirene und Plutos, Marmorgruppe 
in der Mündener Glyptothek. 

Pompeil, &. 936. 1) Blan von Pompeji, nadı Hell 
feld. 2) Gräberftraße in Pompeſi, nad) Guhl u. Koner. 

Poseldon, S.979}. 1) Statue im Dresdener Mufeum. 
3) Büfte in dem Museo Chiaramonti bes Vatikan. 

Pylos, Ruinen von Polos, ©. 1018, Aus Kieperts Wt- 
lad von Hellas, Taiel IX. 

Robur, S. 1041. Durchſchnitt des von Ancus Wartius 
und Servius Tullius erbauten, noch jekt in Nom 
eriftierendben Staatsgefangniſſes. Kid, S. 581. 

Roma: Kom zur Heit der Republif, ©. 1043. Beilage: 
Rom zur Zeit ber Kailer. 

Satyro, S. 1071. Der ausrubende Satır, wahrſchein 
lich eine Nachbildung bed berühmten Satyrs des Fra+ 
riteles. Statue des Capitole 

Schiffahrt, S. 1077 ff. Borberteil iprora) und Hin— 
terteil (puppis) des Schiffes, Rich, ©. 498 unb 505. 
Gubernator, nad einem in Pozzuoli gefundenen Bas+ 
relief, Nic, ©. 298. merrızörropag, Gubl und Noner, 
S 29, friremis, aus Kheinharb, Tafel XV, Fig. 1-2. 


1332 


137. 
138, 


139. 


140. 
1il. 


142. 
143, 


144, 


145, 


146. 
147, 


148, 


| 
Sellenos: Silen mit dem Balchoſskinde, S. 1097. Mar: | 
Sella, 


Sopnlerum, Sepnltura: 


Solarium, ©. 1126. Gnomon, nah einem Silberbeder 
Sophokles, S 1190. Warmoritatne im Lateraniſchen 


Syrakusae: Grundriß von Syrakus, 
Tempe: Bah von Tempe, S. 1186. Aus Kieperte Atlas 


Templum: 1} Aagade bes Tempels ber Themis (Me- 


Thermae: Hauptteil ber Thermae Pompelanae, S,1213. 


Thermopylai: Beilage zu S. 1213. Aus Abichte Herodot, 


Fig. 1. ift das volftändig ausgerüflete Shift: a * 
bie Schaufeltuder (mndakıa) am Hinterteil des Schiffs; 

b ift ein Turm, bergleichen fich oft auf Kriegsſchiffen 
finden, um ben Feind mit Erfolg anzugreifen; f ift 
der am Vorderteil angebrahte Schifisihnabel (Fufo- 
Ao;). Fig. 2 ift ein Teil der Seitenanfiht ber Triere: 
i find die Ruderlocher ironuara), und bie Zahlen 14' 
und 3'4° bezeichnen bie im Artikel angegebenen Ent- 
fernungen. Fig. 8 ift der Querdurchſchnitt eines Drei- 
rubererd. Bei a fahen die Thraniten, bei b bie ZH: 
giten, bei ce bie Thalamiten ; d der fiel (rpörtez, orsioe); 
e bie Rippen (costae, dodoyor, ronerz); f bie Seiten 
wände (latera, roiyor); g der Schifdraum (alveus, 
»örog); h die Muberbänfe (transtra, dahkea); 1 bie 
Ruberlächer. — biremis. Aus W. Smith, smaller dietio- 
nary of gresk and roman antiqgu. London 1853. — 
N. oneraria, Schiff eines pompejaniichen Rauffahrers, | 
nach einem Grabmal. Rich, ©. 412. 


moraruppe aus ber Villa Borgheſe, im Loupre. 
8.1090, Vollbrechts Wörterbuch zu Zenophons 
Anabafis, ©. 57. 





Sepulerum, ©.10%. 1) Sar- | 
tophag bes V. Scipio Barbatus,. Aus Seemanns Lunit- | 
biftor. Bilderbogen, I. — 2) Nnfiht des Grabes (co- 

Jumbarium) ber jreigelafienen bes Auguſtus bei Nom, | 
nad Biranefi, antichita di Roma III, 26, 


von griechiſcher Urbeit aus dem alten Antium. Nic, 
©. 2%, 


Muſeum zu Rom, unter Öregor XVI. bei ZTerrarina 
gefunden. 

&, 1170. Aus 
stieperts Atlas von Hellas, Taſel XXIV. 


von Hellas, Talel XVI 


meiid?) an Rhamnus, ©. 1197. — 9 Grundriß eines, 
jest verichmundenen, Zempeld am Iliſos bei Athen, 
©. 1187. Nach Stuart. — 8) Tempel bed Theſeus au 
Athen, 6.1188, @iebelfeite und Grundriß nah Stuart. 


Theatron: 1) Grundriß eines griehiihen Theaters, 


6.1199. Bol. I. 9. Strad, das altgriechiiche Theater- 
gebäude, Potödam 1843. Fol. — 2) Unficht bes Thea- 
terd bon Segefta in Sieilien (reflauriert), S. 1201, 
nach Strack. — 8) Innere Anſicht des Theaters aı | 
Aſpendos ©. 1803, nad Guhl und Koner. — 4) Äußere 
Anſicht des Flaviſchen Amphitheater (Coliseo) in! 
feinen gegenwärtigen Trümmern, &. 1204, nah Guhl 
und Soner. | 


Thebait Grundriß von Theben, ©, 1206. Aus Bur- | 


flans Geogt. von Griechenland 1, Tafel IV. 


Aus Ropps römiichen Privataltertümern, ©. 586. 


Bp. IV. ' 


149. 


150, 
151. 
12. 
153, 


154. 


155. 


159. 
160. 


' 161. 


‚ Wagen, ©. 1300. 


Verzeichnis ber Abbildungen. 


Theseus, Schwert und Schuhe feines Waters unter dem 
Bellen hervorholend, ©. 1214. Welief in Rilla Albani 
au Hom. 

— Ariadne, 5.1215. Schlafende Atladne in ber Bati. 
taniſchen Statuenjanunlung. 

Tiryns, Beilage zu 8.1231. Rah Scliemaun, Tirund, 

Tuba, ©. 1249, nah Rich, S. 958. 

Tullii, S. 1251. Büfte Giceros in Apley Houſe dem 
Balafte bes Herzogs von Bellinston in London. 

Vasa, ©. 1273. Gupogsö;, VBollbredts Wörterb. ju 
Zen, Anab. ©. 13. —* daſ. ©. 140. xigere, dal. 
©. 135. doxdz, ba. S . 86. Bergl. Aranied Angeis- 
logie. 

Waffen: Drei Figurentafeln mit Waffen ıc., u S 19h 
Die Abbilbungen Fig. L—26 aus 9. KRöchins Beichichte 
des griechiichen Rriegsweſens; Fia.27 aus Dae de Lar- 
nes, choix de vases grecos, pl. 1; Fig. # aus Micali 
monumenti, Tar. 96, 1; Fig. 29 aus bem Museo 
Borbonieo, vol. 7, ten. 4; Fig. 30 fein aferiicher 
Schleuberer) ans Layarde Überreften Rimiver; ig 31 
aus Mionnet, deser. pl, 57, 8. 6; Fig. 32 ein hapfit 
im Linnenpanzer mit Panzerflügeln; Fig. 39 er 
frumme Degen; Fig. 34 ein Peltaft in ber von Ihe 
brias eingeführten Angriffs weiſe (Fig. 2-4 out 
Guhl und Honer, Beben ber Briedhen) ; Fig. 85 Slrieger, 
welche Steine aus ber Mauer einer belagerten Stabt 
brechen, and Layard; Fig. 36 Marivas an ber Fichte 
bangend, Statue der florentiniihen Galerie, ans 
Müllers Dentm.; Fig. 37 eine Etriegel zum Mbreiben; 
Fig. 38 ein ſich abſchabender Athlet, aus Guhl und 
Koner; Fig. 39-41 Sichelmagen umb Zeile desſelben, 
aus J. Scefferus, de re vehieulari; Fig. 42 Kopf 
bed Dareios Kobomannos mit ber emporftchenden 
Tiara, nad) Müllers Dentmälern verkleinert; Fig. 43 
Kopf eines affnriichen Hönigs mit berielben Tiara, aus 
Layard; Fig. 44 eine Ringergruppe; Fig. 45 Athleten 
arme mit einſachem Riemengeflecht; Fig. 46 Atbleten⸗ 
arme mit dem durch Ringe, Budel ꝛc. verftärften Rie⸗ 
mengefledht; Fig. 47 Fechterſtatue vet Dresdener Mu: 
ſeums; Fig. 48 ein Mädchen, welches rüdmärte und 
vorwärts Über die mit den Epigen nad oben in ben 
Voden gefteften Schwerter Burzelbäume ichrägt (Fig. 
45—48 aus Buhl und foner). 


— Beidenung eines Schwertes, ©. 1800, Aus ſtoppe 


römiichen Ariegsaltertümern. 


.— Beihnung eines Spießes, ©. 1800. Aus Koppt rö- 


miſchen Frtegsaltertümern. 

1) done, nadı einer in dem alten 
Satieola gefundenen Bafe, Rih, ©. 21. D Ärioyes, 
Bolbveditt Wörterb. zu Kenophbons Anabaſie 6% 
8) auase, dal. ©. 14, 

Winde, ©. 1803. Der Turm ber Winde zu Mihen, aut 
Stoll, Bilder a. d. altgriech. Leben. 

Xanthos, S. 1304. Das Nereibenmonnment vor Kar: 
tho8 in Lytien, nad Buhl uud Koner, ©. 114. 

Zeun: Büfte des Jeus, ©. 1316. Aufbewabrt im Musto 
Pio-Clementino. 


Berlag von B. G. Tenbner in Leipzig. 


Bender, Ur. Hermann, Rektor des Gymnasiums zu Ulm, Grund- 
rifsderrömischenLitteraturgeschichte für Gymnasien. Auch 
unter dem Titel: Encyklopädie der klassischen Altertums- 
kunde für Gymnasien. Dritter Teil. 2. Aufl. [VIII u. 103 S, 
mit 1 Tabelle.] gr. 8. 1889. geh. M 1.— 

Bursian, Conrad, Geographie von Griechenland. Zwei Bände, 
Mit 15 lithograpbirten Tafeln und einer von H. Lange gezeichneten 
Karte von Griechenland. gr. 8. geh. K 18.— 


Einzeln: 
L. Band. Das nördliche Griechenland. |VIlIu.3548.] Mit7 lich. Tafeln 1862. K46.— 
uU — Peloponnesos und Inseln. [IV uw. 6188.j Mit 8 lithogr. Tafeln und 1 von 


H. Lange gezeichneten Karte von Griechenland. 1869— 1872, geh K12.— 
: Der II. Band auch in 3 Abteilungen: 
1. Abt. Argolis, Lakonien, Messonien. Mit 6 lithagr. Tafeln. 1868. A. 3.60. 
2. — Arkadien, Elis, Achaja. Mit 3 lithogr. Tafeln» 1871. M 3. — 
3. — Die Inseln Mit einer Karte von Griechenland, gezeichnet von 
H. Lange. 1872, M 5.60. 


Christ, Wilhelm, Metrik der Griechen und Römer. 2. Auf- 
lage. [VIll u. 716 8.) gr. 8. 1879. geh. A 11.60. 


Encyklopädie der klassischen Altertumskunde für Gymnasien. 
I, Teil, siehe: Stoll, Handbuch der Religion und Mythologie der Griechen 
. und Kömer für Gymnasien. 6. Auflage, 
I, — eiehe: Sitzler, Abrils der griechischen Litteraturgeschichte. 
UL — siche: Bender, Grundrifs der rümischen Litteraturgeschichte für 
Gymnasien. 2. Aufl, . 

Weitere Teile, als Archäologie, alte Geographie u. #. w., erscheinen später. 
Hahn, Dr. Hermann, Gymnasiallehrer in Beuthen O.-Schl., Leitfaden 
der alten Geographie für Gymnasien und andere höhere Schulen 
sowie für den Privatgebrauch. [IV u. 164 8.) gr. 8. 1882. geh. „4 1.60. 


Lexikon, ausführliches, der griechischen und römischen 
Mythologie. Im Verein mit vielen Gelehrten herausgegeben von 
W. H. Roserer. Mit zahlreichen Abbildungen. 1. Band in 2 Abteil. 
(A—H.) [VIII S. u. 3144 Sp.] Lex.-8. 1584—1890. geh. M 34.— 

B Auch in 17 Lieferungen zu je K 2.— 
— ——— — AM. Band. 18. Lieferung. (lache—Indigitamenta.) | 
[Sp. 1—160,] Lex.8. 1890. geh. A 2.— 


Lübker's, Friedrich, NReallerifon des klaſſiſchen Altertum für 
Gymnafien. 7. verbeſſerte Auflage, — — von Prof. Dr. Mar 
Erler, Rektor des Gymnafiums zu Zwickau. Dit zahlreichen Abbildungen. 
Ler.:8. 1891. geh. 

Methner, Dr. I, Grundzüge einer Metrik und Rhythmilk für dem 
Schulgebrauch. [28 ©.) gr. 8. 1881. kart. M —.40. 


Müller, Lucian, Metrik der Griechen und Römer. Für die ober- 
sten Klassen der Gymnasien und angehende Studenten der Philo- 
logie bearbeitet. Mit einem Anhang: Entwicklungsgang der antiken 
Metrik. Zweite Ausgabe. [XIl u. 86 S.] gr. 8. 1885. geb. «1.50. 

— — rei metricae poetarım Latinorum praeter Plautum 
et Terentium summarium, In usumsodalium Instituti historici philo- 
logici Petropolitani. [IV u. 82 8.) gr. 8. 1878. geh. .M 1.60. 

Nealleriton des Haffifchen Altertums, fiehe: Lübker's Neallerifon. 

Rofsbach, A., und R. Westphal, Theorie der musischen Künste 
der Hellenen. Als dritte Auflage der Rofsbach-Westphalschen 
Metrik, 8 Bünde, gr. 8. geh. M 36.— 


Einzeln: 
L Band. A. u. d. Titel: Griechische Rhythmik von RtevoLr WEHTrHAL, 
Prof. a. D. Als 3, Auflage der griech. Rhythmik u. der Fragmente u. 
Lehrsätze der griechischen Rbhythmiker. [XL u. 305 8.] 18355. M 7.20. 
1. — A. u.d. Titel: Griechische Harmouik und Melopoeie von 
RupoLr Westruar, Prof. a. D. 3. gänzlich umgearbeitete Auflage. 
[LVI u. 240 8.) 1886. 46.80. 
IT. — LAbt. A. u. d. Titel: Allgemeino Theorie der griechischen Motrik 
j von Ruporr WestrHuat, Prof, a. D., u Huco Greviırsca, Prof. am 
Friedrich-Wilhelmsgymnasiam in Berlin. Nebst einem Nachworte zum 
li. Bande. Als 3, Auflage der Rofsbach - Westphalschen allgemeinen 
Metrik der Griechen. ([XXXVI u. 365 8] 18897. M A.- 
Ur. — IL Abt. A.u.d, Titel: Griechische Metrik mitbesonderer Rücksicht 
auf die Strophengattungen und die übrigen melischen 
Metra von A. Rossnacu u R. Westruan. 3, Auflage bearbeitet 
von A. Rosspacıh. (LAÄXI u 8% 8.] 1859. MA 14. — 
Die Metrik von Rofsbach- Westphal (2. Aufl. 2 Bde) erscheint hier in voll- 
ständig neuer Bearbeitung, so dhls diese dritte Auflage als ein durchaus neues Werk rn 
betrachten ist, Jeder Band ist mit Sondertitel versehen und bildet ein selbständiges Ganzer. 


Rofsbach, A., und R. Westphal, Metrik der Griechen im Vereine 
mit den übrigen musischen Künsten. 2. Auflage in 2 Bänden. 
gr. 8. geh. M 25.— 

Einzeln: 

I. Band. Griechische Rhythmik und Harmonik nebst der Geschichte der 
musischen Disciplinen. Yon R. Westruan. 2. Auflage, nebst 
Supplement: Die Fragmente der Rhythmiker und die Musik-Beste 
der Griochen. [XXX u. 744 8. Suppl. 65 8.) 1567 Kill. 

I. — Griechische Metrik. Neu bearbeitet von B. Westruar. 2. Auflage 
[LXIV, 564 5. u. 3 Tabellen.) 1868. A 14.— 

Rothmann, J. G., Professor am Gymnasium zu Torgau, Beitrüge zur 
Einführung in das Verständniss der griechischen Tra- 
gödie, Zwei Vorlesungen. [40 S.] gr. 8. 1863. geh. # —.75. 

Schneider, Dr. Max, Gymnasiallehrer in Gotba, Abrifs der grie- 
chischen Heldensagen. Ein Hilfsbuch für die unteren Klassen 
der Gymnasien. [IV u. 34 8.) gr. 8.- 1889. kart. M — .4b. 


Sitzler, Dr. Jacob, Gymnasial-Professor zu Tauberbischofsheim, Abrifls 
der griechischen Litteraturgeschichte. 2 Teile, A. u. d. T.: 
Eneyklopädie der klassischen Altertumskunde für Gym- 
nasien, Zweiter Teil. gr. 8. 1890. geh. 

Einzeln: 
I. Teil. Die Zeit der nationalen klassischen Litteratur. » 
I. — Die alexandrinische und byzantinische Zeit. 
[Unter der Presse.] . 

Stoll, W. H., Professor am Gymnasium zu Weilburg, Handbuch der . 
Religion und Mythologie der Griechen und Römer. Für 
Gymnasien bearbeitet. Mit32 Abbildungen (in Holzschnitt). 6. Auflage. 
A.u.d.T.: Eneyklopädie der klassischen Alterthumskunde 
für Gymnasien, 1. Theil. [X u. 231 S.] 8. 1875. geh. M 2. 26. 

— die Götter und Heroen des FHaljiihen Altertumß. 

Populäre Mythologie der Griechen und Römer. 7. Aufl. 2 Bände 

(in 1 Band gehefte). Mit 42 Abbildungen (in Holzſchnitt). 8. 1885, 

KH. 4.50, eleg. geb. 6. — 

I. Band: Die Götter. [XII u. 308 S.) Mit 22 Abbildungen. 

1. — Die Heron. [IV u 262 8) Mit 20 Abbildimgen. 

Einzelne Bände werben nicht abgegeben. j 

bie Sagen des Haififchen Altertums. Erzählungen aus der 
alten Welt. 5. Auflage. 2 Bände, mit 90 Abbildungen (in Holzichnitt). 
8. 1884. geh. .K 7.20, elegant geb. A 9.— 

1. Bond. [XVIu. 413 8) Wit 41 Abbilbungen. 
U. — [Xilu. 455 ©) Mit 49 Abbildungen. 
Einzelne Bände werden nicht abgegeben. _ 

— — die Meiſter der griehijhen Litteratur. Eine Uberfict 
ber Haffifchen Litteratur der Griechen für die reifere Jugend und Freunde 
be3 Aitertums. |VIu. 426 ©. mit 1 Stahlftid.] 8. 1878. geh. .M 4.20, 
in Leinwand geb. M 5.40. . 

die Meifter der römischen Litteratur. Eine UÜberficht der 

kiaffiichen Litteratur der Römer für die reifere Jugend und Freunde 

de3 Altertums. [IV u. 427 S. mit 1 Stahlftih.] 8. 1881. geh. 4.20, 

in Leinwand geb. M 5.40, 


Teuffels, W. 8., Geschichte der römischen Literatur. 2 Bände. 
5. Autlage, bearbeitet von Luopwıs Scuwaue. gr.8. 1890. geh. 
M 14.40. 

Einzeln jeder Rand .K 7.20. E 
I. Band. [XIV u. 648 $.] — IL Band. [X u. 6988.) 

Volkmann, Dr. Richard, Gymnasialdirektor in Jauer, die Rhetorik 
der Griechen und Römer in systematischer Uebersicht dar- 
gestellt. 2. vielfach vermehrte und verbesserte Auflage. [XVI au. 
5956 8.) gr. 8. 1885. geh. A 12.— 

Westphal u. Rofsbach, Metrik, siehe: Rofsbach u. Westphal. 

Wex, Jos., kgl. bayr. Studienlehrer, die Metra der alten Griechen 
und kömer im Umrifs erklärt und übersichtlich dargestellt. 
Zweite Bearbeitung. [IV u. 95 8.) gr. 8. 1888. geh. M 1.50. 

Wohlrab, Martin, Rektor des Königl. Gymnaſiums zu Dresden :Nenftadt, 
die altflafiiihen Realien im Gymmafiım. [X u. 82 ©.] gr. 8. 
1889. Ju Leinwand geb. M 1.20. 

Zumpt, A. W., der Criminalprocess der Römischen Republik. 
Ein Hilfsbuch für die Erklärung der Classiker und Rechtsqneller. 
[XV u. 558 S.] gr. 8. 1871. geh. M 8.— 

















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