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(AGRIGENTUM).
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Friedrich Lübkers Reallexikon
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Friedrich Lübker, Max Erler
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Friedrich Lübkers
Reallexikon
des
klaſſiſchen Altertums
für Gymnaſien.
Siebente verbeſſerte Auflage
herausgegeben
von
Prof. Dr. Mar Erler,
Neltor des Gymnaſiums zu Zwickau
EG
Mit zahlreihen Abbildungen.
Leipzig,
Drud und Berlag von B. G. Teubner.
1891.
Das Recht der Überſetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
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‚5196
Dorrede zur erften Auflage,
(Bertürzt.)
Der erfte Gedanke zu diefem Werke ift von dem Herrn Verleger ausgegangen, der den Unter:
zeichneten zur Übernahme der Redaktion aufgefordert hat. Daß unferer mit dem Studium des
klaſſiſchen Altertums, als dem unerläßlichen Mittel jeder wahrhaften höheren Bildung, beſchäftigten
Jugend dadurch ein wejentlicher Gewinn erwachjen werde, mußte auf den erften Blick einleuchtend
jein. Eine andere Frage war c3 dagegen, ob nicht einem jolhen Bedürfniſſe bereits durch ander:
weitige Arbeiten abgeholfen jei; indeflen mußte auch hierauf bald eine verneinende Antwort gegeben
werden. Die große Real-Encyllopädie des klaſſiſchen Altertums, weldhe von U. Pauly begomnen,
von Chr. Walz und Teuffel fortgejegt und in 6 ftarfen Bänden zu Ende geführt worden, fonnte
bei ihrem mit wifjenjchaftlicher Ausführlichkeit verfolgten Umfange und ihrem demgemäß jehr hohen
Preife in feiner Weife hieher gezogen werden; nicht bloß in der Mafje des zu Gebenden, jondern
auch in der Art und Weije war für das vorgeftedte praftiiche Bedürfnis ein ganz anderer Weg
erforderlich, und e3 war außerdem vorauszujehen, daß ein jo großes Werk unmöglid; das Gemein:
gut der deutichen Lehrer, geichtweige denn der Jugend, werden könne. Eine andere Bewandtnis
mußte e3 dagegen mit dem Real-Schul-Lexikon von Kraft und Müller in Hamburg haben, wovon
freilich damals, al3 der Plan zu gegenmärtigem Werke gefaßt wurde, nur der erjte Band erjchienen
war. Wenn aljo auch die völlige Beendigung erwartet werden konnte, jo war doch auch diejes Werf
ichon auf eine größere Ausdehnung und, nach Mafgabe der in ziemlich bedeutendem Umfange ge:
gebenen litterarifchen Nachweiſungen, zugleich auf das Bedürfnis der Lehrer berechnet, jo daß weniger
Hoffnung vorhanden ichien, es werde dasjelbe jo recht allgemein in die Hände der Jugend Fommen
fönnen. Es mußte aljo die Aufgabe fein, den Umfang des Werkes wenigftens auf die Hälfte bes
Raumes zu befchränten, aber zu dem Ende auch in der ganzen Behandlungsweije alle diejenigen
Veränderungen eintreten zu laſſen, die der Amwed, den Studien unferer Schüler und eben damit
dem unmittelbaren Nußen der Schule zu dienen, nur irgendwie erfordern oder zulafjen konnte.
Dies war im wejentlichen eine Beſchränkung des Inhalts auf diejenigen Seiten und Teile des Alter:
tums, deren Erkenntnis für unjere in Gymmafien unterrichtete Jugend wichtig und angemejjen iſt,
auf den Bereich der vorzugsweije in Schulen gelejenen Klajfiter, auf alle diejenigen Gebiete und
Gegenjtände des Altertums, deren Berftändnis dem jungen Lejer jo recht anſchaulich und fruchtbar
gemad)t werden kann. Es galt aljo vor allen Dingen, einerjeits die rechte Leſung der großen Alten
jelbft zu unterftügen, andererſeits von Heinen Punkten aus einen Überblie über größere Partien
und eine Einfiht in den Zufammenhang des antifen Lebens und Denkens zu vermitteln. Aus
diefem Grunde mußte ein forgiames Bemühen darauf gerichtet fein, eine Menge vereinzelter und
eben darum anhaltslos verjchwindender Notizen in Ein größeres Ganze zufammen zu fallen, mas
überall, wo eine organijche oder innerliche Fortentwidelung gegeben ift, namentlich aljo auf dem
Gebiete der politifchen und Kultur-Geſchichte, am leichteften, dagegen insbejondere bei den geogra:
phijchen Artifeln weniger zu erreichen war, wo denn freilich auch eine furze Orientierung über Lage
und Bedeutung eines Ortes oftmals volltommen genügt, während eine Verweiſung auf das größere
Ganze, dem e3 angehört, bisweilen unnötigen Raum in Anſpruch nimmt und beim Gebrauche
unbequem ift. So ijt eine ganze Reihe allgemeiner und zujammenfafjender, von den verſchiedenſten
Mitarbeitern verfaßter Artikel entftanden: Baukünftler, Belagerung, Bildhauer, Bücherwejen, Di-
sciplina militaris, Divinatio, Epos, Erziehung, Exercitus, Geographia, ®rammatifer, Historia,
Judicia, Kleidung, Komoedia, Lyrijche Poeſie, Mahlzeiten, Musica, Mythologie, Opfer, Priefter,
TIgöoodor, Prozeh, Religion, Schaufpiele, Schulwejen, Staatsformen, Sternbilder, Tragoedia,
Vectigal, Boltsfied, Winde, Zauberei; aus demjelben Grunde wurde von einigen Kriegen, wie ben
punifchen, dem peloponnefifchen, dem trojanifchen zc., eine Überficht gegeben, während es bei andern
ohne Beeinträhtigung der dahinein gehörenden bejonderen Artikel nicht wohl möglich ſchien; bei noch
andern jcheiterte es vorläufig an der eigentümlichen Schwierigkeit, mit der natürlich die Abfafjung
jolher Überfichten verbunden ift.
Es konnte dem Herausgeber nicht entgehen, daß die praftiiche Ausführung eines jolhen Planes
mit den größten Schwierigfeiten verbunden jei. „Aus der Thätigfeit eines einzigen Mannes hervor-
gegangen, wäre die formelle Einheit und Abrundung des Werkes gewiß eine viel größere, mit mehr
Sicherheit und Umficht gehandhabte geweſen; aber jeinem Juhalte nad) hätte es notwendig einfeitiger
IV Borrede zur vierten Auflage.
und lüdenhafter ausfallen müflen. So ſchwierig aljo auch die Aufgabe ericheinen mochte, wine
äußere Gleichförmigfeit und Einheit herzutellen, konnte doch die Arbeit nur unter vieljeitigem
Beiftande unternommen werden. Glüclicherweife hat der Herausgeber ſich in dem Vertrauen auf
dieje Hülfe befreundeter Genofjen nicht getäufcht: fie ift ihm im erfreulichften Maße mit der treueften
Sorgfalt und Ausdauer zu teil geworden, und zwar jedesmal gerade in foldhen Fächern, wo ent:
weder überwiegende Neigung oder frühere Leiftung und eigene Erfahrung die Mitarbeiter vorzugs:
weile befähigte. [Die Mitarbeiter waren Brofefjor Dr. Elajjen, Brofefior Dr. Edftein, Sub:
reftor Dr. Hudemann, Profeffor Dr. Jeſſen, Brofeffor Jungelaußen, Profeſſor Dr. Keil in
Halle, Oberlehrer Dr. Pfigner, Profeſſor Dr. Rein, Dr. Siefert, Profeffor Stoll, Profeſſor
Dr. Witzſchel, Konreltor Zelle und endlich der Herausgeber felbft.)
Daß bei ſolcher unvermeiblichen Zerteilung der Arbeit die Herftellung einer äußeren Gleich:
fürmigfeit wie eines genaueren inneren Zufammenftimmens in allen Teilen, zumal in nahverwanbdten,
jih einander berührenden, aber von verjchiedenen Verfaſſern bearbeiteten Gebieten, eine überaus
Ichwierige Sache fei, die fich mit einem Male faft unmöglich erreichen läßt, wird einem jeden auf
ben eriten Anblid einleuchten. Was dadurd im einzelnen für Mühe entftanden, welche Unebenheiten
ausgeglichen, und welche Schwierigkeiten zu überwinden geweſen find, ift dem fertig vorliegenden
Werfe nicht mehr anzufehen.
Ju der Beihränfung bes Umfangs nad allen Seiten hin war es nicht minder ſchwer
eine ſcharfe und richtige Grenzlinie zu ziehen. Auch die übrigen Völker der alten Gejchichte außer
den Griechen und Römern mußten zum Zeil in ben Kreis des Werfes hineingezogen werden, doch
möglichft immer nur jo weit, als fie mit biefen oder ihrer von unferer Gymnaſialjugend gelejenen
Litteratur in Berührung gelommen find.
Die Veranſchaulichung der wichtigſten Gegenftände aus dem Leben, der Kulturgeichichte,
der Topographie zc. mit Hülfe der in Holzichnitten gegebenen Jlluftrationen wäre gern weiter
ausgedehnt worden, wenn nit das Maß der Opfer, die der Herr Berleger dafür ſchon bereitwilligit
dargebradht hat, allzujehr hätte überjchritten werden müfjen. Einzelnes, was beabfidhtigt wurde,
mußte geradezu deshalb wieder aufgegeben werben.
Die rechte Frucht der ganzen Wrbeit wird mun aber völlig von der Art der Benutzung ab:
bangen; es wird durch den Erfolg fich erft beftätigen müflen, ob in unjeren beutfchen Gymnaſien
das Buch in der mit demjelben beabfichtigten Weile nach der nunmehr vorliegenden Leiftung wird
verwendet werden können und werden. Allerdings glaubt der Herausgeber nämlich, daß es möglich
ſei, durch ein folches Lerifon dem jungen Leſer der Alten die ihm zum Berjtändnis nötigen ſach—
lidyen Kenntniſſe auf eine wirffamere Weife mitzuteilen, als wenn diefelben in den für gleichen Zweck
beftimmten Bearbeitungen der Schulautoren mit fteter Wiederholung ihm mühelos vorgeführt werben.
Nur auf ſolche Weile wird eine die Gelbftthätigfeit wedende Erflärung der Alten bei der Jugend
zu erreichen jein, und nur wenn fie dazu auch jchon bei der häuslichen Vorbereitung angehalten
wird, ericheint es möglich, die höhere Aufgabe eines auch inneren Verftändniffes, insbefondere der
fünftleriichen Kompofition des Schriftwerts, der den Schriftiteller bewegenden geſamten Weltanſchau—
ung, des Berhältniffes der klaſſiſchen zur chriftlichen Bildung in ihren Hauptmomenten n. dgl. m.
in den Kreis der Interpretation hineinzuzichen. Daneben jollte das Buch insbefondere in allen
jeinen größeren und zujammenfaflenden Abichnitten dem Schüler auch zu felbftändigen Berar:
beitungen, vielleicht unter Benugung einiger Hanptftellen aus den Alten jelbft und unter näherer
Anmweifung der Lehrer, alfo zu einer auf ber Grundlage jener ruhenden Darftellung in Aufjäpen,
mündlichen Borträgen 2c. dienen, weil gerade jo erft das rechte Leben und die fruchtbare Anwen:
dung der Kenntnis des Altertums gewonnen werden kann. Ob diefes möglich fein wird, das muß,
wie gejagt, erſt der Erfolg lehren; aber da ein ſolches Ziel uns vorſchweben muß, wenn wir
unfere Jugend wahrhaft einheimiſch machen wollen in dem Leben der jchönen, alten Welt, und daß
e3 bei dem vorliegenden Werke das eifrige und wohlgemeinte Beſtreben geweſen ift, das ift gewiß.
Parchim, den 6. Dezember 1854.
9—
Dr. Friedr. Lübler.
Die zweite Auflage erſchien 1860, die dritte 1867.
Vorrede zur vierten Auflage.
Das Erjcheinen der vierten Auflage des Realleritons, welches ſchon jeit längerer Zeit vergriffen
war, ift durch verjchiedene Umstände teils allgemeinerer, teil3 fpeziellerer Art länger als beabfichtigt
war verzögert worden. Von nicht unwejentlichem Einfluß ift namentlich auc der Wechjel in der
Vorrede zur fünften Auflage. V
Redaktion geweien. Denn dem verdienftvollen Begründer des Werfs, Dr. Friedrich Lübker, war
es nicht mehr vergönnt, auch dieje Auflage zum Drud vorzubereiten; inmitten rüftigiten Schaffens
und Wirkens für die höheren Lehranftalten feines Heimatlandes befiel ihn um Dftern 1867 ein
Herzübel, dem er am 10. Oftober, erſt 56 Jahre alt, erlag. Wie jchmerzlich diejes Leiden auch war,
hatte es ihn doch nur wenige Wochen an der Wahrnehmung feines Amtes verhindert. An des Ver:
ftorbenen Platz trat zunächſt Herr Profeffor Dr. Edftein, bis anderweitige Pflichten ihm veranlaßten,
mit dem Schluß des Buchftabens 1, zurüdzutreten, worauf dann der Unterzeichnete die Redaktion
ber zweiten Hälfte übernahm.
Die Herausgeber find bemüht gewejen die Brauchbarfeit des Werkes durch forgfältige Prüfung
des Einzelnen, durch Berichtigungen und notwendige Ergänzungen zu erhöhen. Manche Artikel haben
eine Umarbeitung und bedeutende Erweiterung erfahren, 3. B. Bildhauer, Mahe und Provincia,
mwährend der Redaftionsverhältniffe wegen bei andern, z. B. Attilka, dieje für jept hat unterbleiben
müfjen; andere, 3. ®. Zeitrechnung und Geefrieg, find neu hinzugefügt worden. Den tabellarijchen
Überfichten der Gewichte, Mafe und Münzen find, wie ſchon der frühere Herausgeber dies als
wünjchenswert bezeichnet hat, die jetzigen Werte beigejegt worden; für die folgende Auflage werden
die Münzwerte ftatt in Thalern ſchon in Reichsmark gegeben werden können.
Die Zahl der Jlluftrationen ift Diesmal nicht vergrößert worden, doch hat auch hier die nach:
beſſernde Hand nicht gefehlt; billigen Aniprüchen dürften die vorhandenen durchaus genügen.
Da nad) den gemachten Erfahrungen das Reallerilon nicht nur von den Schülern der Gymna—
fien, jondern auch von jüngeren Philologen mit Nugen gebraucht wird, jo erjchien es zweckmäßig
die litterariſchen Nachweifungen bei den einzelnen Artifeln thunlichjt zu erweitern und auch auf Mono:
graphien hinzuweiſen, wenn Diejelben wichtig waren und neue Gefichtspuntte boten. Es ift dies
übrigens ein Punkt, der für eine fünftige Auflage einer gründlichen Erwägung wirb unterzogen
werben.
Auch diesmal hat die Unterftügung von Fachgenoffen den Herausgebern nicht gefehlt. Für die
erfte Hälfte hat Herr Profeſſor Edftein von den früheren Mitarbeitern nur Herrn Profeſſor Stoll
hinzugezogen, dagegen in den Herren Profeffor Dr. 2. Lange und Privatdozent Dr. Philippi
in Leipzig (jebt Brofeffor in Gießen) neue Mitarbeiter namentlich für römijche Altertümer und
Arhäologie gefunden. Für die zweite Hälfte haben außer Herrn Profeffor Stoll von ben früheren
Mitarbeitern die Herren Dr. Hudemann, Profeffor Dr. Jeſſen und Dr. Pfitzner den Herausgeber
bereitwilligft unterftüßt, wie auch die Herren Oberlehrer Dr. Schaefer in Flensburg und Gymnafialfehrer
Fiſcher in Nageburg in danlenswertefter Weile Berichtigungen und Ergänzungen geliefert haben.
Flensburg, den 6. Juni 1874,
Dr. Otto Siefert.
Vorrede zur fünften Auflage.
Dem mwaderen Gelehrten, ber die zweite Hälfte der vierten Auflage redigiert hat, war es nicht
beſtimmt, dem Werke feine Kraft noch länger zu widmen. Noch che der Drud der vierten Auflage
vollendet worden, einige Tage nachdem er dem Berleger den Schluß des Manuffripts übergeben,
wurde Direktor Siefert auf einer Reife, die er zu jeiner Erholung nad) der Schweiz unternommen
hatte, am 12. Auli 1874 in der Nähe bes Gießbachs am Brienzer See von einem jähen Tode ereilt.
Sein Gedächtnis bleibt in Segen.
Schon wenige Monate nad; dem Erjcheinen der Schlußlieferung der vierten Auflage erkannte
der um die Förderung der Altertumsſtudien hochverdiente Verleger infolge des rafchen Abſatzes des
längere Zeit vergriffen gewejenen Buches die Notwendigkeit, eine neue Muflage vorzubereiten. Der
ehrendollen Aufforderung, die Hedaktion derjelben zu übernehmen, fam der Unterzeichnete um jo lieber
nach, ein je aufrichtigerer Freund des Werfes er jeit den Tagen ift, wo er die, wie er fich wohl
erinnert, überaus mühſelige und ſchwierige Korrektur der erften Auflage bejorgt hat. Au feinen Helfern
wählte er aus der Zahl der früheren Mitarbeiter die Herren Subreftor a. D. Dr. Hudemann in
Ploen, Oberlehrer Dr. Pfitzner in Parchim und Profeffor Stoll in Weilburg und teilte die Arbeit
mit ihnen in der Weife, daß Hudemann die auf Gejchichte des Altertums, Pfihner die auf die römischen
Wtertümer und jämtlichen Kriegsaltertümer, Stoll die auf die griechiſchen Altertümer und die Mytho—
logie bezüglichen Artifel übernahm, während dem Unterzeichneten alle übrigen Artikel, bejonders die
die Geographie, Mechäologie und Litteraturgeichichte betreffenden, zufielen.
Eine Umarbeitung in größerem Maßjtabe erichien weder notwendig noch — bei der Kürze ber
Zeit — möglich, denn bereits im Spätiommer 1875 mußte der Drud beginnen; und doc) zeigt bie
VI Vorrede zur ſechſten und ſiebenten Auflage.
neue Auflage vielfache Veränderungen und hoffentlich auch Verbeſſerungen. Zunächſt ſind einzelne
Artikel an entſprechenderer Stelle untergebracht worden, wie z. B. die beiden Artikel ITpscodoı und
Vectigalia, die die Finanzen der Athener und Römer behandelten, zu einem neuen Artikel Staats-
haushalt vereinigt worden find. Ferner find jämtliche Artikel genau revidiert, einzelne nad Inhalt
und Form umgearbeitet oder erweitert (jo namentlich; viele auf die römijchen Altertümer bezügliche)
eine Anzahl neu hinzugefügt worden. Die Eitate find nicht nur vielfach verbefiert, jondern auch im
Interefje der jüngeren Lehrer und Studierenden, die dem Buche ihre Gunuſt fichtlich mehr und mehr
zuwenden, vermehrt, ebenjo die Zahl der angeführten Ausgaben der Schriftjteller und Hülfsmittel
jowie der Abbildungen erhöht worden. Und jo entjendet der Umnterzeichnete die neue Auflage im
Bewußtſein, daf er und jeine Mitarbeiter es an Fleiß und Mühe nicht haben fehlen lafjen, getroften
Mutes und mit dem herzlichen Wunſche, daß auch fernerhin, um die Worte des trefflichen Lübker
zu wiederholen, aus dem Werke der mit dem Studium des Haffischen Altertums bejchäftigten Jugend
und ihren Lehrern Gewinn und Segen erwachjen möge.
Bwidau, den 28. Februar 1877.
Porrede zur ſechſten Auflage.
Die ſechſte Auflage des Neallerifons, deren raſches Erjcheinen den Beweis liefert, daß das
Werk die dauernde Gunft des Publilums gewonnen hat, ift unter Mitwirkung derſelben Gelehrten
und nach denjelben Grundjägen, wie die fünfte, bearbeitet worden. Die Abbildungen find durch
mehrere neue und mwohlgelungene vermehrt, die Pläne von Athen und Olympia durch neue erfegt und
jämtliche Artikel, namentlid auch die geographiichen, für welche die trefflichen Lehrbücher der alten
Geographie von H. Kiepert jorgjan benußt wurden, einer genauen Nevifion oder teilweijen Um:
arbeitung unterzogen worden.
Möge das Werk an feinem Teile auch ferner dazu beitragen, das Studium des Haffischen Alter-
tums zu fördern!
Bwidau, den 21. Auguſt 1881. -
Vorrede zur fiebenten Auflage.
Die vorliegende fiebente Auflage des Reallexikons unterjcheidet fih von der jechiten (von der
eine ruſſiſche Überfegung unter Redaktion von B. Modeſtow 1883 ff. zu Petersburg erfchienen ift)
ftärfer als leßtere von der vorhergehenden, bejonders infolge des Umftandes, dat an Stelle Dr. Hude:
manns 2 neue Mitarbeiter eingetreten find, nämlich Pfarrer Haug zu Gröningen bei Satteldorf in
Württemberg für Geſchichte und Geographie des Orients und mein hiefiger Kollege, Oberlehrer
Dr. Schneider, Berfaffer einer gediegenen Abhandlung über Olympias, die Mutter Alexanders
des Gr., für griechiiche und römijche Geſchichte. Beide Herren haben die ihnen zulommenden Artifel
einer gründlichen Umzs, bezw. Neubearbeitung unterzogen und diejelben dem heutigen Stande der
Wiſſenſchaft entjprechend hergeftellt. Außerdem hat ein anderer meiner Kollegen, Oberlehrer Dr. Bed,
den ebenjo jchwierigen als wichtigen Artikel Roma in banfenswerter Weije meu bearbeitet. Doc
auch die älteren Mitarbeiter, Profejior Dr. Pfigner in Parchim, der mittlerweile am 19. Juni d. J.
verjtorbene hochverdiente Profeſſor Stoll in Weilburg und der Unterzeichnete haben ſich ernſtlich
bemüht, in den von ihnen bearbeiteten Artikeln Fehler zu berichtigen und Lüden auszufüllen und jo
das Werk dem Ziele, das dem erften Herausgeber bei Beginn der Arbeit vorjchwebte, näher zu
bringen. Und da aud die dem Werke beigegebenen Pläne und Abbildungen teil® vermehrt teils
durch neuere und beffere erjegt worden find, jo gibt fich der Herausgeber der Hoffnung hin, daß
das Lübkerſche Neallexifon auch in jeiner neuen Geftalt ſich die Gunft der Lejerkreife, für die es
bejtimmt ift, erhalten werde.
Zwickan, den 15. September 1890.
Dr. Mar Erler.
A.
Abäcus, üße:, aßanıov, heißt jeder Tijch zu |einem nördlich wohnenden Volfe vertretend. Sein
einem bejonderen Gebrauch; jo bei den Römern | Leben wurde in jehr verjchiedene Zeiten (770 od.
vornehmlich der dreibeinige Tiich, auf dem entweder | 700, nad Pindar Zeitgenofje des Kroiſos an-
beim Mahle oder aud nur zur Schau das koſt- | gejegt und von der Sage vielfach ausgeihmüdt.
bare goldene und filberne Geſchirr ausgejtellt wurde,
Brunttiich (Cie. Verr. 2, 4, 16. 25. Plin. 37, 2,6).
Die Platten desjelben waren meijt von Marmor,
zuweilen von Silber, feltener aus eitrus, Ahorn:
oder Eedernholz, die Form gewöhnlich vieredig,
jeltener rund, bisweilen wohl ringsum mit erha-
benem Rande; der Fuß aus Elfenbein oder koſt—
barem deliichem Erze. — Außerdem heifen abaci |
die glatten Felder in dem künstlichen Marmorpuge |
der Wände (‚Plin. 33, 56. Vitr. 7, 3, 10), bis-
weilen auch die bunten Felder in den Mojaitböden
(aßanisxog); ferner Spielbretter (Suet. Ner. 22),
auf denen mit Steinen oder Würfeln (alen) ge-
ipielt wurde; dann Tiſche, die jogenanten Pytha—
oriichen, zu mathematiichen Berechnungen und
——— (Pers. 1, 132) und zum Rechenunterricht,
für jenen Zwed glatt und mit feinem Sand be: |
jtreut, worein die Figuren mit dem stilus ge:
zeichnet wurden, für das Rechnen und den Rechen—
unterricht entiweder mit MNechenjteinen oder mit
vertifalen Einjchnitten verjehen, in welchen ſich
verichiebbare Knöpfe befanden (abaci der leptern
Art haben ſich mehrere erhalten). Endlich heißen
ab. die vieredigen vierfantig behauenen Dedplatten
auf den doriichen und ioniſchen Säulen unmittel:
bar unter der
Abäddir j. Balrviog.
Abai, jeltener Aba, "Aßaı, Aßed, uralte Stadt
im norböftlichen Pholis, an der Straße von Or-
diomenos nach Opus, mit berühmten Apollon-
tempel nebjt Orakel (Soph. Oed. T. 899), welder
von Terxes und dann von den Thebanern im
phofiichen Kriege zerjtört wurde. Hdt. 1, 46. 8,
27. 33. Diod. Sie. 16, 58. Strab. 9, 423. 10,
445.
Burgmauer ſowie die Grundmauern des Apollon-
tempels haben fich erhalten.
Abantes, Aßarrzg, entw. thrafijchen Urjprungs
oder (Udt. 1, 146) zum ionijchen Bunde gehörig,
aus Phofis nad) Euboia gewandert und ältejte
altenlage (Vitr.4, 1),j. Columna. |
Kaijer Hadrian erbaute dem Apollon einen |
neuen Heineren Tempel. Ruinen der Stadt: und
Er hatte nach Namblichos (wit. Pyth. 19. 28) von
Apoll einen goldenen Pfeil empfangen, auf dem
er durd die Luft ritt (addooßarns), durchzog
weisjagend Griechenland, heilte Krankheiten durch
fein bloßes Wort, verfahte allerlei weihende und
jühnende Formeln, lebte ohne Nahrungsmittel zu
enießen (Hat. 4, 36), hob eine in Sparta herr-
chende Pet und erbaute der Kogn swrsıga einen
Zempel (Paus. 3, 13, 2). Bgl. Xobed, Aglao—
phamus ©. 314,
Abas, "Aßas, 1) j. Danaos. — 2) ein Ge-
jährte des Nineias. Verg. A. 1, 121.
Abdalonymus oder Abdalonimus, d. i. Abdul
Onoma, „mit Namen Abdul” (vielleicht Knecht
Gottes, >R"737), ein Nachlomme des alten. jido:
niichen Königsgeichlechts, war wegen jeiner Armut
genötigt, fih mit Gärtnerei und Wajjertragen
jeinen Unterhalt zu verdienen. Alexander der
Große, durch feine Nechtichaffenheit auf ihn auf-
mertſam geworden, machte ihn im J. 332 v. E. zum
Könige von Sidon und jchenfte ihm dazu die an
die Stadt grenzende Landjchaft jowie den größten
Teil der perfiihen Beute. Curt. 4, 1, 19jf.
Just. 11, 10, 8. Diod. Sie. 17, 465 gl.
Sean eich. Aleranders d. Großen ©. 161 der
3. Aufl.
Abdöra, ra "ABöner, 1) Stadt in Thralien
öftlich der Mündung des Neſtosfluſſes, mach der
Sage von Heralles zum Andenken an jeinen Lieb-
ling, den von den Roſſen des Diomedes zerrifie-
nen Abderos, gegründet. Strab. 7, 331. fr. 47.
Apollod. 2, 5, 8, 4. Geſchichtlich ſicher iſt die
2. Gründung der Stadt durch deu Klazomenier
Timejios, der dem Haſſe jeiner Mitbürger wei—
chend dorthin ging DI. 81, 1 (656 v. E.), Die
neue Pflanzitadt ward aber von den Thrakern zer-
ſtört, bis fie 513 dur die Bürger von Teos,
‚welche vor der drohenden Zwingherrſchaft des
Harpagos, Feldherrn des Kyros, wichen, an der
jelben Stelle wiederhergeftellt wurde (Hat. 1,168);
fo fonnten jpätere Abderiten, Protagoras uud der
Bewohner diejer Injel; zogen unter Elephenors Philoſoph Hefataios, geradezu Teier genannt wer
Anführung mit 40 Schiffen vor Troja (Il. 2, 536), | den. Aber jchon nad der Schladht bei Lade und
wozu ſich aud die Söhne des Theſeus gejellten | der Einnahme von Miletos mußte fich die Stadt
(Plut. Thes. 16), wurden aber auf der Nüdjahrt | den Perjern beugen und als perjiidhe Stadt den
mit 8 Schiffen an das Keraunijche Gebirge nad) | Xerres mit feinem Heere bewirten; doch trug
Syrien verichlagen. Sie erſcheinen als wild, hin- jpäter die gaftliche Aufnahme des aus Europa
ten mit langem Haupthaare (ömıder xouowrreg). | flüchtigen Herrſchers der Stadt reiche Gejchenfe ein.
Abantiädes j. Perseus. Hät. 7, 109. 126. 8, 120. Die folgenden Siege
Abäris, "Aßagıs, ein wunderthätiger Apollon— | der Hellenen machten auch Abdera frei, welches
priejter aus dem Stythenlande (od. Hyperboreer), dann wiederholt unter den Bundesgenojjen der
die vorgejtellte Verbindung des Apollonkultus mit | Athener genannt wird und als eine der mächtig:
Neallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl. 1
2
Abderos — Abrokomas,
jten Städte jener Gegend erjcheint. Diod. Sie. 13, | würfigfeit, wollte fid) desungeachtet dem Poros
12. Erſt DI. 101, ı (376 v. E.) erlitt W. durch
die Einfälle der benachbarten Triballer einen töd—
lichen Stoß und trat dann 343 in die Bundes:
genoffenichaft Makedoniens als unbedeutende Stadt.
In jpäterer Zeit war 9. frei (188 v. E., ſ. Lir.
38, 41) und behauptete dieje Freiheit auch nad
der graujamen Behandlung durd) den Prätor Hor:
tenfius, 18 Jahre jpäter. Liv. 45, 4. Noch im
Mittelalter wird ihr Dajein unter dem Namen
Polyſtili bezeugt, an der Stelle der Ruinen fteht
fein neuer Ort. — Wie Abdera, aus dem neben
jenen obengenannten Männern aud) der „lachende‘
(yelacivos) Philofoph Demokritos ftammte, im
Laufe der Zeit eine von Wieland in jeinen Ab-
deriten ausgemalte Verrufenheit erlangte, iſt nicht
jicher zu ergründen. Nach mehreren Stellen Ei-
ceros (ad Att. 4, 16, 6. 7, 7,4. n. d. 1, 48)
icheint Abderas Name zunächſt ein Gemeinmejen
bezeichnet zu haben, wo diejelbe Sache nad) Privat:
zweden und den Impulſen des Augenblicks ver:
Ihieden, ohne feſte Norm, mit höchiter Inkonſe—
quenz entichieden wurde. Spätere, 3. B. Jur.
10, 48 (patria vervecum) und der Arzt Galenos,
jchreiben klimatiſchen Einflüffen die Stupidität der
Bewohner zu. Bol. 8. F. Hermann, gefammelte
Abhdlgn. S. MO—111. 370. — 2) Stadt in Hi:
ipania Bätica, zwiſchen h. Malaga und Gartha:
gena, von den Phoinifern gegründet; j. Abdra.
Strab. 8, 156 ff.
Abdöros j. Abdera, 1.
Abdicatio, aroxnovsıs, Verſtoßung des Sohnes,
uriprünglich ein griechiiches Anftitut (ſ. Meier ynd
Schömann, Att. Proz. ©. 636 ff. d. 2. Aufl.),
ſchwächte jih in Rom ab als bloße Verbannung
von des Vaters Angeficht. Geſetzliche Folgen traten
erit dann ein, wenn der Water damit auch die
Enterbung oder Emancipation verband.
Abella oder Avella, griech. AßEAA«, eine chalfi:
diihe (Just. 20, 1, 13) Kolonie in Gampanien,
nicht weit von Nola, j. Avella vecchia, mit bedeu—
tender Obſtkultur, daher malifera (Verg. A. T,
740), Sranaten und Haſelnüſſe (nuces Avellanae,
Plin. 15, 24. 16, 52) hervorbringend. Wichtig
für die Kenntnis der ojeiichen Sprache ift der am
Ende des vorigen Jahrhunderts dajelbft gefundene
Stein von bella, der eippus Abellanus. Strab.
5, 249.
Abellinum, ’4BEAlıvor, Stadt der Hirpiner in
Sammium, jüdlich von Beneventum, fpäter römische
Kolonie; j. Avellino. Plin. 3, 5, 9.
Abeöna und Adeöna (von abeo und adeo)
waren 2 röm. Götterwejen, die über den erften
Laufverjuchen der Kinder mit dem befannten Ab—
und Zulaufen zwiichen 2 Baaren jchügender Arme
walteten, Augustin. eiv. d. 4, 21.
Aberglaube j. Divinatio, Superstitiound
Zauberei.
Abi, Aßıor, ein ſtythiſches Nomadenvolk, nad
Ptolemaios in Scythia extra Imaum, ſchon von
Homer (Il. 13, 6) neben den Hippemolgen als die
gerechteften unter den Menichen erwähnt. An
Alerander jchidten fie Gejandte. Strab. 7, 296.
Curt. 7, 6, 11. Arr. 4, 1. Amm. Mare. 23, 6.
Abisäres, ‘Aßıoaons, ein Fürſt der Berg-Indier
int jübweftl. Teile des heut. Kaſchmir. Anfangs
Alerander dem Gr. feindlich, ſchickte er ſpäter
anichließen, unterwarf fidy aber nach deſſen Be:
fiegung dem Alerander und ftarb um 325 v. C. Das
von Aler. vergrößerte Reich hinterließ er jeinem
Sohne. Curt. 8, 43, 13. 47, 1. 9, 1, 7f. 10,3,
205. Arr. 5, 8, 3. 20, 5f. Died. Sie. 17, 87.
90 (wo er, wohl irrtümlidy, "Eußisagog genannt
wird). Strab. 15, 698.
Abnöba mons, r« ABrvoß« den, der Schwarz:
wald als Gebirge, mons Istro pater, vgl. Plin.
4, 12, 24. Tac. @. 1, wo er molle et clementer
editum montis iugum heißt. Die fpäteren Na—
men find Marciana silva und Rauraci montes.
Abolitio, in juriftiicher Beziehung die durch
ein SCons. oder den Kaifer, fei es auf Pitten des
Klägers od. Bellagten (4bol. privata), oder als
Gnadenaft (abol. publica) ausgejprochene Ein-
ftellung des jchon begonnenen Prozehverfahrens.
Abolla, griech. «ußoln, niol. «ußorle ft. ave-
BoAn, der Vorwurf des Gewandes und das Ge—
wand jelbft, ein ärmellojer doppelter Umſchlage—
mantel für den Gebrauch im Kriege, Ggib. der
toga; biöw. auch Tracht der Philojophen, bejonders
der Kyniker (Mart. 4, 53) und Stoiker (maior
ab., Jur. 3, 115).
Aborigines, griech. eüroydores, Aßopıyives, die
Ureinwohner eines Landes überhaupt im Ggitz. zu
eingewanderten Anfiedlern; jpeztell ein alter Bolts-
ftamm in Latium, im NReatinerlande am Fuße der
Apenninen. Sie wohnten erjt in offenen Fleden,
nachher in ummauerten Städten und nahmen, von
den Höhen herabdringend, den größten Teil des
Landes zwiſchen Tiber und Liris ein, wo fie als
Latiner einen eigenen Bundesftaat gründeten (Gött—
ling, röm. Staatsv. 18). Nach Salluft (Cat. ©)
gründeten fie in Verbindung mit den unter Nineias
gelommenen Trojanern die Stadt Nom. Rubino
nimmt fie als Thalberghöhebewohner (ab, or u. ig),
Fröhner als Baumgeborene für Arborigenes, wäh
rend Mommijen fie „Bonanfanger” nennt.
Abradätas, Aßoadarag, Fürſt der perfiichen
Landichaft Sufiana, kämpfte auf feiten der Afiyrer
gegen Kyros. Beredet durch feine von dem Perjern
gefangen genommene Gattin Pantheia (Xen. Cyr.
ö, 1, 3), welche Kyros vor Beleidigungen gejchlitt
hatte, jchloß er fich diefem an. Am Kampfe des
Kyros gegen Lydien fand er jeinen Tod (dai. 6,
1, 46 f1.). Seine Gattin tötete fich aus Schmerz
darüber. Beider Leichen lich Kyros mit großen
Ehren beftatten und errichtete ihnen einen Grab-
hügel mit einer Inſchrift in ſyriſcher Sprache auf
einer Säule (daf. 7, 3, 2 ff.).
Abräxas, aßeasas, auch aßeaoaz, nannte der
Snoftiter Bafilides (um 120 n. CE.) die Gottheit
nach ihrer Offenbarung in 365 Geifterreichen (der
Bahlenwert von «ße. beträgt 365). Abrarasgem:
men heißen darnach geichnittene Steine aus dem
2.—5., ja 14. Jahrh., welche das göttliche Wejen
in eg ee mit Hahnenfopf und Schlangen:
füßen, oft in Verbindung mit ägyptiichen, perfiichen
oder griechiichen Göttern, darſtellen
Amulette getragen wurden.
Abrogatio — Magistratus.
Abrokdmas, "4Booröuas, Satrap von Phoi:
nifien, öffnete aus Feigheit, vielleicht aud aus
Verräterei, dem jüngern Kyros die Kilifischen
Päſſe, jowie den Übergang über den Euphrat.
und als
Sejandte am ihm mit der Erflärung der Unter: | Xen. An. 1, 3, 20. 4, 5. 18. 7, 12.
Absentia — Accensi. 3
Absentia. Das Herlommen ſchloß Abweſende
von der Bewerbung um Ehrenftellen aus, allein
Die Sitten der Bewohner waren berüchtigt. Be—
fannt ift die Gejchichte von Hero und LYeandros,
nicht von der Wahl, und jo wurden zumeilen Ab: | der in Abydos wohnte (daher Abydenus Ör. her.
weiende in den Gomitien gewählt, teils wenn ſich 19, 1). —
2) bedeutende Stadt in Oberägnpten,
niemand betvorben hatte, teils wenn man je: ägypt. Abtu, norbweftlich von Theben, etwas links
manden für geeigneter hielt als die ambierenden
Kandidaten, oder wenn die Tüchtigften bei dem
Heere waren. Auf Ddieje letzteren bezieht fich der
Senalsbeſchluß vom 3. 217 v. E. nach der Schlacht
am Trafimeniichen See: ut, quoad bellum in Italia
esset, ex eis, qui consules fuissent, quos et quo-
tiens vellet, reficiendi consules populo ius esset
(Lir. 27, 6). Erft 62 v. E. wurde die perjön-
lie Bewerbung gejeglich beftimmt (Cie. r. p. 5,
11. de leg. agr. 2, 9), jo daß des Pompejus lex
de magistratibus 52 v. E. (Lir. ep. 108. Suet.
Caes. 28) nur eine Bejtätigung diefer früheren
Beftimmung war. Daß Pompejus jelber in dem:
felben Jahre abweiend zum Konjul gewählt wurde
(Iav. ep. 107, vgl. Plut. Cat. 48), geihah nad)
einem ausdrüdlihen Senatsbeſchluß. Ebenjo war
durch ein Plebiſeit (lex Caelia) jchon früher dem
Eäjar erlaubt, bei der nächſten Konſulwahl, zu der
er ſich gejeglidy melden könne, abweſend ambieren
zu dürfen. Caes. b. ec. 1, 9. 32. Cie. ad Att.
7, 3. Suet. Caes. 26. Dio Cass. 40, 51. App. b. e.
2, 25. Als Pompejus bald darauf im jeiner lex
de magistratibus dieje Ausnahmevergünftigung
des Cäſar nicht erwähnte (nach Suet. Caes. 28
aus Vergehlichkeit), wurde auf Cäſars Beſchwerde
dies nadgetragen (Dio Cass. 40, 56), aber die
Gegner erklärten den Zuſatz für nichtig. Suet.
Caes. 28. Diejer Streit brachte den Bürgerkrieg
zum Ausbruch. — Über die prozeffualiichen Folgen
der Abwejenheit j. Contumacia.
Abstinendi beneflefum j. Erbrecht, II) rö-
misches, 5 ff.
Absyrtos j. Argonauten, 5.
Abulites, ‘4BovAdens, Satrap des Dareios todo:
mannos in der ung Suſiana. Als Alerander
der Große heranrüdte, jandte er ihm feinen Sohn
entgegen und unterwarf ſich ihm freiwillig, wofür
er in feiner Satrapie beftätigt wurde. Weil er
aber während Aleranders Feldzug nach Indien für
das Heer jchlecht jorgte und dasjelbe Mangel leiden
ließ, wurde er auf des Königs Befehl mach der
Rücktehr desjelben mit dem Tode beftraft. Curt.
5, 83,8 (f. daj. Müßell) und 9, 17. Arr. 3, 16,
9. 7,4,1. Died. Sie. 17, 65.
. Abundantia, römijche Berjonififation des
Uberfluijes, oft auf Kaiſermünzen ähnlich der
Demeter dargeftellt mit umgefehrtem Füllhorn.
gl. Amaltheia.
_ Abydönos, Aßvönrös, jchrieb wohl in der
Kaijerzeit unter Benugung von Berofjos und Kteſias
eine affnrifche Geſchichte. Bruchftücde (bei Enjebios
und Spnfellos) gej. von Müller, fragm. hist.
Graec. IV p. 279 ff.
Abydos, "ABudos, 1) muiſiſche Stadt in Afien
an der engſten Stelle. des Hellespontos, Seftos
gegenüber, j. Ruinen beim Dorfe Avido, jchon
von Homer (/1. 2, 836) genannt, dann eine Ko—
lonie der Milefier. Thuc. 8, 61. Strab. 13, 590.
Hier fand der Übergang des Perjerheeres ftatt.
Hdt. 7, 33 fl Durch Philipp III. von Makedonien
erfuhr die Stadt 201 v. E. eine harte Behand-
lung, nachdem fie gleich Sagunt tapfern Wider-
ftand geleiftet hatte. Pol. 16, 15. Lir. 31, 17f.
vom Nil, jüdlih vom heutigen WBeljane, mit
prächtigen Tempeln von Sethos 1. und Ramjes 11.
und mit dem berühmten Grab des Dfiris, wes—
halb ſich vornehme Ägypter mit Vorliebe an diejem
ig Orte beijepen ließen (Plut. de Is. 20).
In dem Sethostempel wurde 1864 jene wichtige
Königstafel aufgefunden, weldye von Menes (j. d.)
bis Sethos 1. 76 Iegitime Herrſcher aufführt.
10 km nördlich von A. liegt das alte This, ägypt.
Teni, jetzt el Tineh, die Hauptjtadt des Nomos
Thinites, nach der Überlieferung die Heimat des
Menes, ohne Zweifel „Die Ausgangs: und Pflanz-
ftätte des politiſchen und religiöjen Lebens im
Nilthal“.
Abfla columna, ’Aßvln senAn, 'Aßıiln, ein
mauritanifcher Berg, j. Affenberg bei Ceuta, der
mit dem nur drei Meilen entfernten jpanijchen
Kalpe, j. Gibraltar, zujammen die Säulen des
Hercules, columnae Hereculis, bildete. Mela 2, 6.
Strab. 17, 827.
Acca Larentla (fäljchlidy) Laurentia), nad) der
Legende die Frau des Hirten Fauftulus und Amme
des Romulus und Remus. Liv. 1, 4 Or, fast.
8, 55 (nutrix Romanae gentis). Sie hatte 1%
Söhne, mit denen fie jährlidy einmal für Die
Fruchtbarkeit der Felder opferte, weshalb dieſe
fratres arvales (von arva) hießen. Als einer
derjelben ftarb, erſetzte Romulus feine Stelle und
errichtete das Prieftertum der Arvalbrüder. Nach
einer anderen Sage war fie eine Buhlerin zur
Beit des Ancus Martins, die ſich mit einen reichen
tuſeiſchen Gutsbefiger Tarutius oder Tarrutius
vermählte und in ihrem Teftamente das röm. Bolt
als Erben einjegte. Deshalb ehrte man fie als
Wohlthäterin des röm. Bolfes an dem Feſte
Larentalia oder Larentinalia (Gell. 7, 7)
am 23. Dez. durch ein Totenopfer, das der Fla—
men des Quirinus und die PBontifices brachten.
Ihr Dienft hing mit dem der Laren zujanmen.
— Acca L. heift Yarenmutter; urjprünglid war
fie eine jegensreiche Erdgöttin, welcher die Saaten
und die Toten anvertraut wurden, und in jpezieller
Auffaffung eine Segensgöttin der römiſchen Stadt:
flur. Sie wurde Amme des Romulus und Remus,
der Laren der römischen Altjtadt auf dem Pala—
tinus, und war Gemahlin des Fauſtulus, d. i.
Faunus, daher fie jelbft eine Fauna, Yuperca, Zupa.
Accensi bedeutet im allgemeinen Erjapleute.
Diejer Begriff tritt zuerft bei der Staatsordnung
des Servius Tullins entgegen und bezeichnet nach
den beiden Hauptftellen 4.iv. 1, 43 und Cie. r. p.
2, 22 (jehr verjchieden erklärt) wahrſcheinlich eine
Erſatzmannſchaft, entnommen aus den Vermögen:
deren unter demjenigen Bürgern, die nicht mehr
den Genjus der legten (5.) Klafje (12500, nad)
anderer Angabe 11 000 asses) erreichten, und die
im allgemeinen weder cenfiert wurden noch ſtimm—
berechtigt oder militärpflichtig waren, von demen
jedody diejenigen, welche noch über 1500 bis
11 000 asses befaßen, zum Cenſus und den damit
zufammenhängenden Pflichten Hinzugenommen wur:
den. (Vgl. unter Servius Tullıus deſſen Geſetz—
gebung.) Sie ftanden höher als die proletarii
ı*
4 Accius — Achaemenes.
umd niedriger als die rorarii, die noch zur 5. Klaſſe
gehörten. — I) In militäriicher Beziehung war
wenig Verla auf fie (Zar. 8, 8: minimae fidu-
eiae manus), daher war ihre Stellung in der
Sclachtreihe noch hinter deu rorarii, beide im
Rüden der triariı, Ihre Bewaffnung als Leicht:
bewaffnete bejtand nur in Schleudern (fundae)
und. Wurffteinen (lapides missiles), ebenjo wie
bei den rorarii, von denen jie erit jeit der ver:
änderten Schlachtordnung in dem Kriege gegen die
Latiner unterjchieden werden. Weil ohne Schuß:
waffen (inermes), hießen fie auch velatı, d. h. nur
durch die Kleidung geichügt (Cie. accensi velati);
aecensi wurden fie genannt als ad legionum cen-
sum adseripti, wgogdnans moin» Fmeigor Ev
pakayyı (Dion. Hal. 5, 67), daher auch ad-
scriptieii (scribere exereitum ein Heer ausheben).
Sie ftanden ebenjo wie die rorarii unter bejonde:
ren Fähnlein und beunruhigten vor Beginn der
Schlacht den Feind, zogen ji) dann durch die
Bwiichenräume der 3 ordines hinter die Triarier
zurüd und mußten bei deren Angriff ſich deu:
jelben anſchließen. Seit der Zeit des 2. punifchen
Krieges hörte die Verwendung Der accensi in ber
Schlacht auf, an ihre Stelle traten die velites
(j. Legio). — In ipeziellerer Bedeutung heißen
die untergeordneten Öffihiere. jonjt optiones ge:
nanıt, ebenfalls accensı, beigeordnete Helfer. —
2) Am bürgerlichen Leben war der accensus
jedes Konjul ein Erjagmann der lictores, ben
die Konſuln ſich jelber für ihre Perjon, nament—
lid; aus ihren Freigelaſſenen, infoweit jie römi:
ches Bürgerrecht hatten, erwählten (Cie. ad (u.
fr. 1, 1. ad Att. 4, 16. Verr. 3, 67). Die Be:
joldung erhielt er allerdings aus dem aerarium,
aber er war nicht, wie die übrige Dienerſchaft
(j. Apparitores), Staatsdiener, weshalb fie auch
nie wie dieſe eine Korporation (ordo) bildeten.
Dem Konſul, der nicht die fasces hatte, ging
nad alter Sitte ein accensus vorauf (Suet. Caes.
20); jpäter, als der Turnus wegjiel, erichien jeder
zur Führung von lictores berechtigte Magiftratus
(Konjuln, Prokonſuln, Diltatoren, Decempirn,
Prätoren, Proprätoren) zugleich mit dem accensus;
ja jelbjt bei Privaten, injoweit ihnen lietores er:
laubt waren, d. i. bei den Spielgeberu, fehlte er
nicht. Zu welchen Dienften die Magijtratsbeamten
ihren accensus jtellvertretend benußen wollten,
hing von ihrer Beitimmung ab, jo vertrat alio
der accensus oftmals den praeco, 3. B. zur Be:
rufung der comitia centurlata (Varr. 1. 1. 6, 88)
durch den Konjul. Der Prätor lieh durch ihn dor
Gericht citieren und öffentlich die Tagesitunden
während der Gerichtsfibungen (vormittags 9 Uhr,
Mittag, 3 Uhr nachmittags) ausrufen (Varr. 1. 1,
6, 89. Plin. 7, 60), was jonft Sache des praeco
war (Varr. 1. 1. 6, 5). — Es lag in dem Wejen
der ganzen Stellung des accensus zu jeinem
Magiftratus, daß er der Bertrauensmann desjelben
wurde und einen großen Einfluß auf denjelben
erhalten konnte.
Aceius j. Atii, 5.
Acelamatio, der Zuruf, bejonders des Beifalls,
Glückwunſches und der freude, gewöhnlich ver:
bunden mit Klatſchen (plausus) und verichiedenen
Nufen, z. B. bei Bermäblten: Talassio (Lev. 1, 9)
oder io hymen hymenaee, bei Triumphzügen: io
triumphe (Hor. od. 4, 2, 495.), bei beliebten
Rednern: bene et praeclare! belle et festive!
non potest melius (Cie. de or. 8, 26). Auch bei
freudigen öffentlichen Ereigniffen wurden accla-
mationes vernommen, 3. B. beim Erlaß neuer
Geſetze, bei der Wahl neuer Jınperatoren, beim
Erſcheinen gefeierter Staatsmänner oder der Kaiſer
im Theater (Hor. od. 2, 17, 25f.), ſpäter vor-
zugsweije bei erfreulichen Worten und Handlungen
der Kaijer im Senate (Plin. pan. 8, 71. Suet.
Caes. 79), wie denn auc die Ehrendefrete des
Senats ebenjo hießen. — Als Zeichen der Un:
zufriedenheit uud des Miffallens (adversa) fommıt
es auch bisweilen vor (Ge. de or. 2, 83. ad
Qu. fr. 2, 1, 3).
Acceumböre j. Mahlzeiten, Il) 7 ji.
Acerra, nad) der Erklärung des Feſtus ein
Tragaltar, der vor dem Toten bingejtellt und auf
dem Weihraud) angezündet zu werden pflegte;
überhaupt eine Rauchpfanne zum Anzünden bes
Weihrauchs bei Opfern, turibulum, Svwarngov
(Verg. A. 5, 745), nad) Ov. met. 13, 703 ein
verichließbares Gefäß oder Käftchen zum Aufbe—
wahren des Weihrauchs. Hor. od. 3, 8, 2
Acerrae, 1) Stadt in Kampanien (j. Acerra),
weitlich von Nola am Fluſſe Glanis, durch deſſen
NAustreten fie oft litt. Sl. 8, 537. Verg. G. 2,
225. Hannibal zerjtörte die Stadt, jpäter ward
jie wieder aufgebaut. Liv, 23, 17. 27, 3. Die
Bewohner Acerrani. — 2) Axfogae (Plut. Mare.
6) od. Arkogaı (Pol, 2, 34), Stadt der Inſubrer
zwiichen dem Padus und den Alpen au der Adbua,
7 röm. Millien vom Bo, ein jehr feiter Ort, j.
Sera bei Fizzighettone.
Achaei, Ayaol, 1) Volk an der Nordoſtküſte
des Pontos Eureinos, Ov. ex 4, 10, 27.
Strab. 11, 758. Vell. Pat. 2, 40. — 2) Bolf in
Phthiotis (Theſſalien) Hdt. 7, 132. Liv. 32, 32),
mit der Stadt Halos. — 3) einer der Haupt—
ümme des griechiſchen Volkes. Nach der Sage
ammen die Acaier von Achaios, dem Sohne des
hos und Enkel des Hellen, ab, der von Attika
aus die Pelajger in Argolis und Lakonien unter:
warf; nach andern ging er zurüd in feine väter:
liche Heimat in Thejjalien (j. Nr. 2), von wo aus
jeine Söhne Arhandros und Arcditeles nad Argos
gingen (vgl. Graeeia, 11.) und mit Ausnahme
von Wrfadien den Peloponnes einnahmen; bei
Homer fommt ihr Name daher neben dem der
Argeier als Gejamtname der Griechen vor. Aus
Argos und Lakonien durch die Herakleiden ver:
drängt, wohnten jie nach der dorischen Wanderung
in der nad) ihnen benannten Landichaft des Pe:
loponnes, die früher Jonia oder Wigialeia hieß.
— 4) Bewohner der peloponnefiichen Landichaft
Achaja, j. Achaia.
Achaemönes, Azarutvns, altperi. Hafhamanijh,
1) Stammvater des Königsgeſchlechtes der Achä—
meniden, perfiicher Fürft unter medijcher Ober:
hoheit um 650 v. C. Seine Nachfolger Teiipes,
Kyros 1. und Kambyſes I. (Hat. 7, 11. 1, 107.
111) biegen zugleich „Könige von Anjan‘“ (wohl
Sufjiana), bis Kyros 11. das perfiiche Weltreich
gründete. Der Reichtum der jamilie war im
Orient jpridhwörtlich (Hor. od. 2, 12, 21). —
2) Sohn des Dareios I. Hyſtaſpis, Bruder des
Xerges, unter deſſen Regierung Statthalter von
Agypten jeit 483, Oberbefehlshaber der perfiichen
Flotte im Krieg von 480; jpäter in dem Aufſtand
Achaemenides
der Aghpter unter Inaros gegen Artaxerxes 1.
459 in der Schlacht getötet (Hat. 7, 7. 97.
3, 12).
Achaemenides, aus Ithaka, begleitete den
Odyſſeus auf feiner Rüdfahrt von Troja, wurde
aber von diefem auf Sicilien zurüdgelajien, als
derjelbe dem Polyphemos entrann. Als Aineias
ipäter nach Sicilien fan, nahm er den Achäme—
nides mit fih. Vırg. A. 3, 613. Op. ex P.
2,2, 25.
Achaia, "Ayal« (niemals breifilbig), ehemals
Alyıalög, Alyıakcıa (Hüftenland) geheiken (Strab.
8, 383, Paus. 5, 1, 1. 7, 1), bedeutet 1) bei
Herodot, Thufydides, Pauſanias die Nordküfte
des Peloponnes, welche die jogenannte Jmdsn«-
zolıs umfaßte, bei Mela und andern find dar:
unter 2) auch die Gebiete von Korinth, Phlius,
Eifyon begriffen. Ferner begreift der Name 3) den
ganzen Peloponnes häufig bei Livius, Cicero,
Käfar, endlih 4) das ganze Griechenland bis
Theflalien hinauf als römiſche Provinz Achaja, im
Gegenjab zu Makedonien. — Das Sand im erfteren
Umfange genommen grenzte im S. an Eleia und
Arktadien, im D. an Siiyon, im N. und W. an
den Korinthiichen Meerbujen im weiteren Sinne.
Die Größe betrug etwa 38 GM. od. 210 Kilo—
meter. Bis zu 8000 Fuß emporfteigende Gebirge
ſcheiden diejes Land von Arfadien: Kullyvn (Biria),
Koadıs (Hagia Varvara), Kepvvsıx öen, Eov-
uavdos (Dlonos), von dem in nördlicher Richtung
ein jelbftändiges Maflengebirge, das [Tavayatrov
doog (Roidia), fächerförmig an den Korinthiichen
Meerbuien ausläuft. Die vielfach zerflüfteten, pitto-
redfe Formen und Anſichten zeigenden Gebirge
reichen an vielen Stellen bis unmittelbar an das
Meer; die ebenen Teile betragen etwa nur 5'/,
TIM., befonders am wejtlichen Abhang des Pan:
ahaiton am Meerbuien von Batrai bis zum Borgeb.
Araros. Unter den Vorgebirgen ift im W. Aoa&oc
(Kalogria) zu merken, dann 'Piov, j. Caftello di
Morea (einjt mit einem Bojeidontempel), und JoE-
zavor (Drepano) am Eingang des innern Korinth.
Meerbuſens. Die zahlreichen Flüſſe haben wegen
der Nähe ihrer Quellgebirge einen furzen Lauf
und zugleich eine jehr unftäte Natur. Ihre ſeich—
ten Betten liegen im Sommer troden, während
fie in den übrigen Jahreszeiten häufig mit Maffer
überfüllt find. Die zerftörende Natur diejer Bäche
wird Durch ihre alten Namen KAgıog (Bol), Zus
od. Zudag (Eber) u. a. bezeichnet. Nur von dem
Koabdıs (jeht Abreto) erwähnt Herodot (1, 145),
dat er immer fließend ſei. Sichere Buchten fehlen
faft gänzlich; daher das neugriechiiche Sprichwort,
die moreotijche Küfte des Korinthiichen Buſens
habe das Waſſer, die rumteliotifche (nördliche)
aber die Häfen. Auf den Bergen gedeihen Bäume
aller Art, in den Aulturfähigen Diftriften DI,
Wein, Getreide. Übrigens wechſeln rauhe Winde
mit glühendem Sonnenbrand. Am Altertum it
diefer Strich öfter von heftigen Erdbeben heim:
gejucht worden. — In Weſtachaja bilden die Ge:
biete von Dyme, Olenos und Patrai ij. Patras)
landichaftlih ein Ganzes; die leßtere Stadt ver:
dankt ihrer guten Reede ihre große Bedeutung
ale Handelsplag nach dem italiichen Meere im
Altertum wie in der Neuzeit. An das patraiiiche
Landgebiet ſchließt ſich nach Oſten hin ein etwa
130 Stadien langer Küſtenſaum, auf welchem einſt
— Achaia. 5
fünf Städte neben einander beſtanden; in der Mitte
des Geſtades Aigion, weſtlich davon Rhypes,
öſtlich Helike (573 v. C. mit Bura durch ein
furchtbares Erdbeben zerſtört und vom Meere ver—
ſchlungen), das auf hohem Bergrücken gelegne
Keryneia, deſſen Theater 1881 gefunden und
bloßgelegt worden iſt, und Bura. Dann folgt
die Hafenſtadt Aigeira (Ruinen bei Mavra Li—
tharia) und Pellene, das wegen ſeiner Lage den
feindlichen Übergriffen der öſtiichen Nachbarn am
feichteften ausgejegt war. Die einzige binnen:
ländiiche Stadt und zugleich die am höchſten ge:
legene ift Tritaia, weldes infolge feiner Yage
jich eine Zeit lang vermutlich vor der Neubegrün-
dung des achaiiſchen Bundes) an Arkadien ange:
ichloffen hatte. Strab. 8, 383. Vgl. Eurtius,
Peloponneſos I ©. 403 ff. Burfian, Geographie
von Griechenland II ©. 300 ff. — Die älteften :
Bewohner waren Pelaſger und Roner; letztere
wurden zur Zeit der dorijchen Wanderung von
den Achaiern unter Tijamenos, dem Sohne des
Oreftes, vertrieben und gingen nad Attila; das
Land erhielt danı den Namen Achaia. Bon den
Konern rührt die Einteilung in 12 Stadtgebiete
her, welche mit demofratiicher Berfaflung unter
den Adjaiern fortbeitanden und einen lojen Bund
(noıwör) bildeten. Hdt. 1, 145 nennt folgende:
Pellene, Nigeira, Aigai, Bura, Nigion, Rhypes,
Patrai, Pharai, Dlenos, Dyme, Tritaia. In
anderer Zeit wird Leontion jtatt des zerftörten
Rhypes und Kernneia ftatt Migai genannt. Pol.
2, 41. Die zwölf Stadtgebiete blieben einzelne,
gleichberechtigte Kantone. Durch Zurückgezogenheit
von politiichen Händeln behaupteten fie lange ihre
Freiheit, hielten fich jern von Teilnahme an den
Berferfriegen, und auch im peloponnefiichen Kriege
blieben jie ans Abneigung gegen den Dorismus
neutral. Das Band war anfangs ein meiit reli—
giöjes, beionders gemeinfame Opfer für Pojeidon
zu Helite und nad) deſſen Zerftörung durch Erd:
beben 373 (Diod. Sie. 14, 48. Strab. 8, 384.
Paus. 7, 24. Ov. met. 15, 293) zu Migion filr
Zeus Homarios oder Homagyros und Demeter
Panachaia. Sonft war die — nicht be—
deutend und löſte ſich mit der Zeit ziemlich. Doch
zur Zeit der allgemeinen Not durch Alexanders
Nachfolger ſchloſſen in der 124. Olympiade (281
v. E.) die 4 Städte PBatrai, Dome, Tritaia und
Pharai einen Bund, dem fich bald nod 6 an:
jchloffen (ausgenommen Dlenos und Helife) (Pol.
2, 41), um ihre politiiche Stellung zu wahren,
den ahaiiihen Bund. Bedeutung gewann :
derjelbe aber erft durch die Strategie des Aratos,
2510.C, Ihm gelang es durch Überredungstunft,
die Tyrannen der peloponnefischen Städte zur Nieder:
legung ihrer Macht zu bewegen, bejonders jeit:
dem Demetrios von Makedonien, ihre Hauptitüße,
gejtorben war. Meflenien, Elis, Sparta und ein
Teil Arkadiens blieben dem Bunde noch fern.
Dod) war Aratos mehr Staatsmann als Feldherr;
und als daher im %. 224 die Eroberung von
Megalopolis und 3 glüdliche Schlachten den Spar:
‚tanerfönig Sleomenes II. vor die Thore von
Sityon und Korinth führten, blieb den Achaiern
nichts anderes übrig, als fich dem Antigonos Dofon
von Makedonien in die Arme zu werfen, deſſen
Sieg bei Sellafia (222) ihnen auch Tegen und
Mantineia ficherte; indes trat das Abhängigkeits:
6
verhältnis des Bundes drüdend hervor, bejonders
als Aratos, bei Kaphyai von den Witolern ge:
ichlagen, abermals um Hülfe bitten mußte. Doch
das Auftreten der Römer gegen Makedonien machte
den achaiiſchen Bund für Waledonien wichtig und
hinderte jeine Sprengung. Die glüdliche Wahl des
Megalopolitaners Bhilopoimen zum Gtrategen
207 wirfte zugleich jehr günftig. Er hauchte der
Nation einen nie gefannten friegeriichen Enthu—
finsmus ein, reformierte das Heerweſen, kämpfte
gegen den Tyrannen Machanidas von Sparta mit
Süd und erhielt Arfadien dem Bunde; der bloße
Schreden jeines Namens wirkte auf die Feinde.
Als Achaja 195 in das Änterejje der Römer ge-
zogen wurde, wuchs die Macht des Bundes nad)
allen Seiten hin, und Philopoimen hob fie durch
die Eroberung Spartas auf ihren Höhepunkt.
Nun aber begann die Eiferjucht Noms. Philo—
poimen fiel in Sefangenichaft und ftarb, als Deino-
frates in Meflenidn int Einverftändnis mit den
Römern abfiel. Lylortas, des Gejchichtichreibers
Polybios Vater, war zwar ein würdiger Nadı:
folger, doch vermochte er gegen die römiſch gejinnten
Kallikrates und Andromidas und deren Bartei nicht
ein Bündnis mit dem Könige Perſeus durch—
zufegen. Ja, nach dem unglüdlichen Ende des
Berjeus durd die Schlacht bei Pydna (168) war
es Nallilrates, der die edeliten feiner Yandsleute
bei den Römern verdächtigte, jo daß 1000 der—
felben nadı Rom gelodt und dort gefangen ge:
halten murden bis zum Jahre 150, nachdem 550
hingerichtet worden waren. Während dejjen juchte
Rom als Schiedsrichterin die Zwietracht unter den
Städten des Bundes zu jchüren. Als 147 die For—
derung der Nömer, Korinth, Orchomenos, Argos,
Herakleia und Dite aus dem Bunde zu entlallen,
den Grimm des Volkes auf die Spike getrieben
hatte, glaubte er die Gelegenheit günftig, noch
einen Kanıpf wagen zu können. Er mißglüdte unter |
Führung des Diaios und des Kritolaos. L. Mum: |
mius, der röm. Konjul, bejegte den Iſthmos und |
ichlug die Achaier bei Leufopetra (146), worauf
er Korinth zerftörte. 10 Bevollmädhtigte des Se: |
nats erflärten den Bund für aufgelöft und jegten |
oligarchiiche Obrigkeiten jtatt der demofratiichen |
ein. Adaja wurde zuerjt eine prätorifche, dann
eine profonfulariihe Provinz. ©. P’lut. Philo-
poemen, Arat, Liv. 27 ff. Pol. — Verfaſſung
des Bundes. An der Spite der demokratiſchen
Regierung ftanden 2, ſeit 256 1 Strategos
(Prätor) dem die Leitung nad innen und außen
oblag; die Ausfertigung der Befehle u. j. w. be:
jorgte bis 256 der Grammatcus (der Staats:
ichreiber, der eponyme Beamte); ım Felde gab es
Hnpoftrategen (Unterfeldherrn) und als Komman—
danten der Neiterei einen Hipparchen. Die lei:
tende Behörde war die Bule, deren Mitglieder
Damiurgen hießen (Liv. 38, 30. Pol. 2, 9);
fie bildeten mit jenen Beamten ein Kollegium
von 12 Mitgliedern. Die Wahl der Bundesbe—
hörden, jorwie die Bundesgejeßgebung, die Ent:
ſcheidung über Krieg und Frieden und die Ab-
ſchließung von Bündniffen ftand der Yandsgemeinde
zu, welche jich regelmäßig zweimal im Jahre (im
Frühling und Herbft) in Aigion, fpäter auch in
andern Bundesftädten verfammelte. Jeder Bürger, |
der das 30. Jahr zurüdgelegt hatte, war zur Teil:
nahme an derjelben berechtigt. Zwilchen den Be:
Achaios — Acheloos.
hörden und der Landsgemeinde ftand ein Wat,
über defjen Einrichtung und Mitgliederzahl nichts
Sicheres befannt ift. Die Mitglieder des Bundes
hatten ein gemeinfames Münz:, Mah: und Ge:
wichtsjuftem. Wal. Strab. 8, 385 ff. Paus. 7,6 ff.
Helwing, Geſch. des achäiſchen Bundes (1820).
Merleter, Achaicorum |]. Ill. (1837). Dubois,
les ligues etolienne et achdenne (1884).
Achaios Ayarös, 1) Sohn des Kuthos und der
Kreuſa (j. Achaei, 3. und Xuthos). — 24.
von Eretria, trag. Dichter, war nach Suidas
Sohn des Pythodoridas, befannt in DI. 74, jüngerer
Beitgenofie des Sopholles, jeit DI. 83 aber aud)
Nebenbuhler des Euripides und Verfaſſer von 24
oder 44 Dramen, von denen nur eins fiegte. Be:
ſonders geihägt war er in Satyrdramen (Diog.
Laert. 2, 133). Seinen Stil nennt Athenaios (10,
p. 451 C) zierlich, aber bisweilen dunkel und
rätjelhaft; ob mit Recht, ift bei der geringen An—
zahl von Bruchjtücen nicht zu jagen. Neben Aiſchy—
los, Sophotles, Euripides und Jon war er in den
j. g. alerandriniichen Kanon der Tragiter aufge:
nommen, obichon fich mit ihm die Tragödie ihrem
Verfall näherte. Monographie von Urlichs (1834)
und Nachträge im Philologus 1, 557. Samm:
lung der Brucditüde in Wauds trag. Liraee.
fragmenta (1856), ©. 578 ff. Mit ihm ift
nicht zu verwechſeln 3) ein jüngerer Tragödien:
dichter aus Syrafus, der 10 Trauerjpiele geſchrie—
ben haben joll. — 4) Statthalter des ſyriſchen
Königs Antiochos IIl., gegen den er fich empörte,
bis er in Sardes gefangen —_— und jchimpf:
lich getötet wurde, 214 v. E. Pol. 5, 57.8, 17 ff.
Acharnai, «i Ayagvafd, ein leden und Demos
in Attila, zur oineischen Phyle gehörig, 60 Stadien
nördlid von Athen (j. Dorf Menidhi, mit einem
interefianten Stuppelgrab, j. Baukunst, 1.) mit
bedeutendem Wein: und Olbau. Thuc. 2, 19,
Die Einwohner, zu einem großen Teile Kohlen:
brenner, waren ein derbes, fräjtiges Landvolk,
wie fie auch in dem gleihnamigen Stüde des
Ariftophanes ericheinen (179 ff.) Ach. war der volt:
reichſte aller attiihen Demen. Pind. nem. 2, 16.
Achätes, 4yarns, 1). Aineias. — 2) Fl. im
jüdl. Sicilien zwiichen Kamarina und ®ela, in wel:
chem der nach ihm benannte Achatjtein zuerit ge—
funden fein joll. Plin. 37, 10, 54. Sıl, 14, 220,
Theophr. de lap. {r. 2.
Achelöos, Aysiwog, (früher Thoas, Arenos,
Theftios), j. Megdova und weiterhin Aspropo-
tamo, der größte Fluß Griechenlands, 26 Meilen
fang. 11.21,194. Er entipringt auf dem Yalmon
genannten nördl. Teile des Pindos und ftrömt
reißenden Laufs mit hellem Waſſer jüdwärts, wo
er als Grenzfluß zwiſchen Aitolien und Alarna-
nien zu betradhten ift, durch fruchtbare Ebenen
dem Joniſchen Meere zu. Seine Mündung unter:
halb Oiniadai ift von jeher großen Veränderungen
ausgejegt geweien (Tue. 2, 102) und jagenhaft,
bejonders durch die an ihr angeſchwemmten Echi-
nadischen Inſeln (Or. met. 8, 546 ff.), j. d. — Au
der Sage iſt er der ©. des Okeanos und der Te:
thus (xeeiov, Hom. Il. 21, 194), der ältejte der
3000 Bruderflüffe. Zlesiod. theog. 340. Als Wafjer-
gottheit der Verwandlung fähig, kämpfte er mit
Herafles um Deianeira, Tochter des Aitolerkönigs
Dinens, in dreifacher Geftalt (Soph. Trach. 10 ff.
507 ff.), wobei ıhm als Stier eines jeiner Hörner
Acheron —
abgebrochen wurde (Or. met. 8, 883 und bejon-
ders 9, 1— 100), welches die Najaden mit Blumen
füllten und zu einem Horn des Überfluffes mad):
ten (cornu copiae, daj. 9, 1f.). Die Erflärung
diefer Mythen, welche auf die Fruchtbarkeit der
von ihm durchftrömten Ebenen, auf die Beichrän:
fung des Flußbettes und die Trodenlegung jeiner
Ufer gehen, gibt ſchon Strabon (10, 458). Er
war überhaupt ein heiliger Fluß für ganz Griechen:
land und galt als Nepräjentant des jühen Waſſers,
weshalb Euripides Bacch. 514 f.) ihn zum Vater
der boiotijhen Duelle Dirfe macht. Schon in äl:
tefter Zeit jtand er in hohem Anſehen wegen der
Nähe des Dodonaiiihen Drafels, das jeder Ant:
wort den Befehl hinzugefügt haben joll, dem Ad).
zu opfern. Er wurde daher auch bei Opfern, in
Gebeten und Schwüren angerufen, und es fommen,
vielleicht aus diejem Grunde, nicht allein gleich:
namige Flüſſe in Arkadien und Theflalien vor,
jondern es nahmen ihn auch Dichter und Drafel-
iprüche förmlich als Appellativum (j. Kur. Bacch.
620); in Metapont wurden ihm zu Ehren Kampf—
jpiele abgehalten, und in Afarnanien enoß er
göttliche Verehrung. Er war Vater der Seirenen.
Acheron (Acheruns), Axtoor, Name mehrerer |
Flüfle: 1) Fl. in Thejprotia (Epeiros), j. Phana⸗
riotitos od. Fluß von Suli, durchfließt die Age- |
eovoie klurvn, einen 1", Stunde langen und ®/, St.
breiten Sumpffee (j. Tihutnida), verichtwindet un:
ter der Erde und mündet ins Joniſche Meer (in
den Hafen Elaia, j. Phanari); jein Wafler iſt
ichlammig und bitter, desgleichen fein Nebenjluß
Konvrog Thuc. 1, 46. Beide Gewäſſer jind als
Flüſſe der Unterwelt berühntt, wo der Ach. mit dem
Kofytos (Klage) und Pyriphlegethon (Feueritrom)
in Berbindung fteht. Auch ſein Name iſt daher
wohl mythiſch: 6 Axece HEw», der Fluß der Trauer
(Verg. A. 6, 295. Hom. Od. 10, 513); über ihn
mußten die Schatten wandern; vgl. die Schilderun
in Platons Phaidon. Offenbar hat die enge ==.
büjtere, von mächtigen, nadten Felswänden ein:
gefaßte Schlucht, durch welche der Ach. tief und
reißend ftrömt, Beranlaffung gegeben, auch dort:
hin den Kingang zu dem Weiche der Toten zu
verlegen und die Namen der beiden Flüſſe geradezu
auf die Flüſſe der Unterwelt zu übertragen. An
dem theſprotiſchen Fluſſe wurde auch —* alter
Zeit Totenkultus mit Totencitationen (vervouav-
reiov, Yuzoroumsiov) geübt (Hat. ö, 92, 7), jo
dab Homer (Od. 11) die Totenbejchwörungen des
Odyſſeus jowie den Namen Acheron von dort ent:
Ichnt zu haben jcheint. Als Berjonifitation ift er
Sohn der Ge. Der Name fteht oft für die Tiefe
der Unterwelt jelbjt. — 2) linker x Nebenfluß des Al:
pheios in Elis, weitlid; des Diagon. Strab. 8,
344. — 3) Hl. in Bruttii, verhängnisvoll für
Alerander von Epeiros (Liv. 8, 24), T Leſe, nad)
andern Mucrone,
Acherontia, Aceruntia, j. Acerenza, Stadt im
nördl. Lucanien, auf einem —* Felſen gelegen,
daher celsae nidus Acherontiae (Hor. od. 3, 4,
14). Nahbarftädte waren Forentum und Bantia.
„ Ächerusis, Aregooia kuvn, 1)j. Acheron,
— 2) Heiner See in Campanien zwijchen Cumä
*F Miſenum, i. Lago di Fuſaro. Strab. 5, 243 ff.
— 3) ein mit Steinmauern umgebener Blat bei
Hermione in Argolis neben einem Erdſchlunde,
durch den Herakles den Kterberos emporgeführt
Achilleus. 7
haben jollte. FPaus. 2, 35, 10. 4) Dasjelbe
wurde erzählt von einer Azegovoıdg zE000vn005
— Erdzunge bei Herakleia in Bithynien.
en. An. 5, 10, Apoll,. Rhod. 2, 728 ff. -
5) See in Ägypten. bei Memphis, über den die
Toten zum Gericht gefahren wurden; dabei die
Totenftätte. Diod. Sie. 1, 96.
Achillas, Feldherr und Bormund des Ptole—
maios XII. Dionyjos, vielleicht Urheber der Er:
mordung des Pompejus, als derjelbe nad) der
vharjaliichen Schlacht nach Agypten floh, 48 v. E.
Caes. b. c. 3, 104. Liv. ep. 112. Darauf kämpfte
Achillas nicht ohne Glück gegen den in Aleran-
dreia belagerten Cäſar (Cars. b. e. 3, 108). Später
fand er feinen Tod durch Meuchelmord. Caes. b.
Alex. 4. b. c. 3, 108.
Achilles Tatios, Ayıllevg Tarıog, aus Aleran:
dreia, Verfaſſ er eines griechiſchen Romans za war
Asvxiannv nal Kleıroporra in 8 BB., lebte
wahrjcheinlich in der Mitte des 5. Jahrhun:
derts n. C. Er behandelt in demjelben die Ge:
ichichte zweier Liebenden, des Kleitophon und der
Leufippe, in großer Abwechjelung der Darftellung,
mischt aber auch manches Ungehörige, Naturbe:
ichreibungen, Schilderung von Kunftwerfen u. dergl.
hinein, Bike auch das Sittlichkeitägefühl nicht
immer ftreng beachtet wird. Daß das Werk im
Mittelalter zahlreiche Leſer fand, zeigen die vielen
auf uns gelommenen Handichriften. Beſte Ausgg.
von %. Jacobs (1821) und von Hercher im 1.
Band der erotici scriptores. — Wohl zu unter:
iheiden ift von ihm Achilles Statios, ber
bielleicht im 2. Jahrh. u. Ehr. lebte und einen
Kommentar zu Aratos’ Kehrgedicht Daıwouera
ichrieb.
Achilleus, Ayıllevs, Ayıkevs, Sohn des Peleus,
Königs der Myrmidonen in by a und der in
Phthia verehrten Nereide Thetis, Entel des Aiakos
(IInkelöng, Ilnıniaöns, Ilnıslov, Alanlöng),
Hauptheld der Jlias. Homeriihe Sage: Adil:
leus, in jeiner Jugend von der Mutter treu ge:
pflegt, wurde von Bhoinir, der flüchtig vor jei-
nem Bater Amyntor bei Beleus eine Zufluchtsftätte
gefunden, in Wohlredenheit und Kriegsftunde und
von dem Kentauren Cheiron in der Heilkunde
unterrichtet. IZ. 9, 444. 11, 832. Schon in früher
Jugend war er mit jeinem Freunde und treuen
Lebensgefährten Patroflos vereinigt. Diejer
war, weil er in jeiner Heimat Opus unverjehens
beim Würfeljpiel einen Knaben erichlagen hatte,
mit jeinem Vater Menoitios, einem Halbbruder
des Aiafos, zu Peleus geflohen und wurde hier
ne mit Achillens erzogen. II. 28, 84.
as Schidjal hatte dem Ad. die Wahl gelafjen
zwiichen einer langen aber thatenlojen und einer
furzen au rer Lebensbahn; er wählte das
5 tere, 9, 410. Als daher Neftor und
Odyſſeus a ÿ thia kamen und ihn zur Teil—
nahme an dem * gegen Troja aufforderten,
folgte er gern. IT. 11, 765,
dem alten Phoinix begleitet, fährt er mit 50
Schiffen gen Troja. M. 2, 681. Hier war er
unter dem Schuß der Hera und Athene der mäch—
tige Schirm der Adhaier, ein unwiderſtehlicher Held;
er zerftörte 12 Städte zur Sec und 11 zu Lande.
Als aber im 10. Jahre des Krieges Agamemnon
ihn ſchwer beleidigte, indem er ihm die gefangene
Tochter des Priefters Brijes in Lyrneſſos( Hippo:
2
—
Bon Patroklos und 2
4 Od. 11, 467.
8
dameia, Brijeis) wegnahm, zog er fich grollend |
mit den Seinen vom Rampfe zurüd (IT. 1), und |
erit, ala die Troer in das griech. Lager drangen,
erlaubte er dem Batroflos, mit den Myrmidonen
in den Kampf zu gehen, und lieh ihm feine Rüftung,
ohne jedoch feinen Zorn gegen die Griechen auf:
zugeben. ZT. 16, 49 fi. Patroklos treibt die Troer
zurück, aber fällt von Heltors Hand. Der Leichnam
wird gerettet, doch die Rüftung des Ach. geht ver-
loren. Ach. beflagt den toten Freund und gelobt
ihm ſchreckliche Rache an Heltor und allen Troern.
3 21. ı8, 333. Er jöhnt fich mit Agamemnon aus
u. eilt in neuer
prächtiger Rü—
ftung, die ihm
Hephaiftos auf
Bitten der The:
tis gefertigt
(Schild des
Achill, ZT. 18, |
478-608), |
ftrahlend * wie
Helios in dem!
Nampf (19,
64. Er er:
ſchlägt Sca = |
Iren der Feinde
und treibt Die
übrigen in die
Stadt; mur
Heltor wagt es
ihn an der
Mauer zu er:
warten. Drei-
mal jagt ihn
Ach. um die
Stadt, endlich
als er ftand-
hält, durch—
bohrt er ihn
mit der Yanze
und jchleift ihn
am Wagen zum
Yager. Tl. 22, |
Jetzt erft be: |
itattet er den |
Leichnam des
Freundes. II.
23. Die Leiche
des Hektor will
er den Bögeln
und Hunden zum Fraße hinwerfen; als aber der
alte Priamos in der Nacht in fein Zelt kommt
und ihn um Nüdgabe des Sohnes bittet, läßt er
fich endlich erweichen und gibt feinen Zorn auf.
rl. 24. Ehe noch Troja erobert ward, fiel er in
der Feldſchlacht durch; Paris und Apollon im Stai:
iſchen Thore, aljo da er eben im Begriff war, die
Stadt zu erftürmen. Il. 19, 417. 22, 359. lm
den Gefallenen Hagten die Achater und mit ihnen
Thetis und die Göttinnen des Meeres und die
Mufen; feine Gebeine bargen die Griechen mit
denen des Patroflos und des Antilochos vereint
am Strande des Hellespont (am Borgebirge Si:
geion) unter hohem Grabmal. Od. 24,36. In der
Unterwelt traf Odyſſeus die Pinchen diefer drei |
Freunde in Geſellſchaft mit dem Telamonier Nias.
Achilleus.
größten und herrlichiten aller Helden vor Troja
bingeftellt; er überftrahlt alle an Schönheit und
Tapferfeit, er ift ein Held von erhabener Seelen
röße, von feitem, unbeuglamem Sinn, der im
Drange nadı Ruhm und herrlichen Thaten des
früh verhängten Todes micht achtet. Er iſt ein
Freund des Geſangs und der Xeier, iſt gaftfrei,
mild gegen Unglücliche, zärtlich gegen die Mutter,
Freunde und Gefährten, fromm gegen die Hötter.
Zwar zeigt er auch jeine Schwächen; er ift über:
mäßig in jeinen Leidenjchaften, im Zorn gegen
Sektor und im Schmerz über Batroflos’ Tod;
doch aus dieſen gewaltigen Erichütterungen geht
jeine Seele veredelt hervor. — Nachhomeriſche
Sage: Thetis wollte ihr Kind unfterblich machen,
indem fie es tags mit Ambrofia falbte und nachts
ins Feuer hielt, um die fterblichen Teile aus ihm
herauszubrennen. Als aber Releus einft dazu kam
und erichredt das Kind aus den Flammen retten
wollte, ward das Werk unterbrochen; denn Thetis
verlieh Gatten und Sohn und floh in das Meer
zurüd. Nach jüngerer Sage (Stat. Achill. 1, 260)
tauchte fie den Sohn in den Styr, wodurch er un:
vermundbar ward mit Ausnahme der Ferie, two
fie ihn gehalten (Homer wei nichts von der Un
verwundbarleit des Ad). Nach der Flucht der
| Thetis brachte ihn Peleus zu Eheiron, der ihn erzog
(Pind. nem. 3, 43\. Nach den Kypriſchen Gedich—
ten ward er, als der trojan. Krieg ausbrah und
Kalchas weisjagte, dak ohne ihn Troja nicht erobert
werden fönnte, auf Sfuros unter den Töchtern des
Königs Lykomedes in Frauenkleidern verborgen
gehalten, weil Thetis vorausjah, daf er vor Troja
umlommen würde. Aber Odyſſeus entdedte ihn
durch Lift; er breitete in der Berfleidung eines
Kaufmanns allerlei weiblichen Schmud vor den
Jungfrauen aus, und daneben legte er Schild und
Speer; plötzlich ertönte Schlacdhtruf und Kampfes:
getöfe; die Jungfrauen entfliehen, aber Ad). ergreift
die Waffen, um dem Feinde entgegen zu eilen.
So wird er erfannt und veripricht feine Teilnahme
am Aug. Apollod. 3, 13, 8 (j. Telephos,
Kyknos, Trojan. Krieg). — liber den Tod
des Ach. knüpſen die nachhomer. Sagen zum Teil
an die homerijchen Andeutungen an, indem fie
erzählen, Apollon habe ihn in der Schlacht mit dem
Pfeil erichoffen oder des Paris Pfeil auf ihn ge
lentt (Verg. A. 6, 56). Nach anderer, jpäter
Dichtung fommt Ach., indem er fih mit Bolyrena,
des Priamos Tochter, vermählen und zu den
Troern übergehen will, unbemwaffnet in den Tem:
pel des Apollon zu Thymbra und wird dort von
Paris meuchlings erſchoſſen. Er mwurde in die
Ferſe getroffen, wo er allein verwundbar tar.
Als die Griehen von Troja heimfehren, opfern
fie an der thrafifchen Küfte die Rolyrena, welche
fein Schatten ſelbſt als Sühne für feinen Tod
gefordert hat. Kur. Hec. 1ff. Ov. met. 13, 448,
Ach. wurde an verichiedenen Orten Griechen:
lands als Heros verehrt; er hatte Tempel zu Elis,
zu Sparta, und eine Inſel an der Mündung des
Siter, Leuke (Achillea), war ihm bejonders ge:
weiht. Dort jollte er mit andern Helden und Hel—
dinnen ein jeliges Leben führen, weshalb dieſe
Inſel als ein zweites Elyſium betrachtet wurde.
Bon der Kunft wurde er dem Ares ähnlich dar-
geftellt, mit mähnenartig emporgebäumten oder
— Homer hat den Ad. als den | zurüdgeftrichenem Haar, ſchlankem, fteilem Naden
er
--.
*
-
Achradina
und durchaus edeln und gewaltigen Körperformen.
Die beigefügte Statue, früher in Villa Borgheſe,
jebt in Paris, wird von manchen für Achill, von
andern für Ares ausgegeben; der Ring über dem
Knöchel bezeichnet bei Ares die Feſſelung, um ihm
abzuhalten, zum Feinde überzugehen, bei Achilleus
ift er wohl eine Andeutung der Ranzerung.
Achradina j. Syracusae, 2.
Aeidalfa mater heißt bei Vergil (A. 1, 720)
Venus, nah Servius nach einer bei Orchomenos
in Boiotien gelegenen Quelle, in der Venus und
die Grazien zu baden pflegten, von keinem andern
Schriftfteller erwähnt.
Acies (rafıs), die Schlachtordnung. Die Grie—
chen hatten in allgemeinen feine beftimmte Schiffs:
aufftellung in der Seeſchlacht, jondern richteten ſich
fediglidy nadı den dabei in Betradit fommenden
Rerhältniffen. In der älteren Zeit war die See-
taftif noch ſehr roh und einfach; man ftellte ſich
in langen Reiben gegenüber, juchte möglichit bald
handgemein zu werden und focht dann wie in
einer Landſchlacht, jo noch kurz vor dem peloponn.
Kriege die Kerkyraier und Korinther in der Schlacht
bei Enbota (Thue. 1, 49). Die von den the
nern ſchon vor dem pelop. Kriege andgebildete
Taktik bezweckte, durch geichidte Wendungen die
feindlihen Schiffe in Grund zu bohren oder durch
BZerbrechen der Ruder lahm zu legen. Das An—
rennen mit dem Schiffsichnabel war von dreierlei
Art, entweder jo daß Vorderteil gegen Vorderteil
ftieh (ein schlechtes Manöver), oder man rannte
das feindliche Schiff mitten in der Seite an, oder
man umfuhr es und fam ihm in den Rüden. Ein
Hauptmandver war ferner das Durchfahren (dıex-
nleiv, Öteannlov®r morichen); man fuhr raſch
durch die Reihe der feindlichen Anfitellung und
fuchte dem nächften Schiffe im Worbeifahren die
Ruder abzubreden. Dabei konnte ihm durch eine
geichidte Wendung auch noch ein Loch in die Seite
geſtoßen werden, oder man brachte dem Feind eine
Menge Schiffe in den Rüden. Das Hauptgegen-
mittel war ein geichidtes Begegnen, oder man
ftellte gleidy anfangs zwei Linien hinter einander
auf (Zmıraassır). Das megımileiv war eine Um:
zingelung der feindlichen Schiffe; ein Gegenmittel
war das Ansdehnen der Flügel. Gegen beides,
das Durch: und das Umfahren, diente auch als
Sicherung die Aufftellung im reife. Vgl. See-
krieg, 2. — Zu Lande war bei den Griechen
im allgemeinen die geradlinige Front der Pha—
lanr (j. d.) am gebräuchlichjten. In der ganzen
älteren Zeit der griechiichen ®ejchichte bis zum
peloponnefiichen Kriege war die doriiche Hopliten—
taftif, welche bejonders in den Perjerfriegen
ihre Trinmphe feierte, die herrichende. Die leicht:
bewaffneten Heloten der Spartaner galten mur ala
Waffenträger und Diener ihrer Herren. In der
Schlacht ftanden fie hinter den Hopliten, fämpften
mit Schleuderjteinen und Wurfipießen und trugen
die Berwundeten aus dem Getümmel. In ähnlicher
Weije verwendeten die Athener ihre Sklaven; doch
hatten fie auch ein bürgerliches leichtes Fußvolk,
die Bogenſchützen. Milttäriiche Evolutionen und
militärifches Kommando lernten nur die Hopliten;
in ihrer Taftif jah der Hellene mit Stolz etwas
ihn vor dem Barbaren Auszeichnendes. Die ein:
zelnen Abteilungen der Hopliten ordneten ſich
— Acies. 9
unter jelbjtgewählten Führern, im einer langen
Reihe, welche bis zu 8 Gliedern tief war. Die
Linie des Heeres ftellte ſich parallel der feindlichen
Linie auf und rückte num in geichloffener Ordmung,
meiftens in gemeflenem Gleichtritt, unter Beglei-
tung don Mufit oder Geſang auf jene los. Der
Kampf war nur ein Nahgefecht mit kurzen Stoß—
und Schlagwaffen. Alles fam darauf an, geichloflen
zu bleiben, damit nicht eine Abteilung in der
Flanke gefaht würde, und doch Terrain zu ge:
winnen. Daher waren auch die Flügel die Ehren:
pläge. Der rechte Flügel gebührte bei Plataiai
jelbjtverftändlich den Spartanern, um die Ehre des
linten ftritten jich erft die Athener und Tegeaten;
jene erhielten ihn. Die beiden Flügel und das
Centrum kämpften in ſolchem Fall, wenn fie aus
verjchiedenen WBölkerichaften beftanden, da jie danır
ein getrenntes Kommando hatten, ziemlich ohne
Rückſicht auf einander, und häufig fiegte einer der
drei Seeresteile, während die andern geichlagen
wurden. Wer aber ichliehlich das Schlachtfeld be-
hauptete, dem gebührte der Ruhm des Sieges.
Der peloponneſiſche Krieg zeigte auf feinem
wechjelnden Striegätheater die größere Brauchbarfeit
leichter Truppen nicht bloß auf coupiertem Terrain,
jondern auch bei geeigneter Kampfweiſe auf cbe-
nem Plan. Jedoch veranlafte erit der Nüdzug :
der Zehntaufend ein Mbgehen von der jtarren
Phalanrforn, indem man 1) die Hoplitenordnung
dem Terrain anpaßte, ftatt das Terrain für die
hergebradhte Hoplitenphalang erft auszuſuchen, und
2) die leichte Infanterie (Schleuderer, Bogen:
ſchützen, Peltaften, Spiefträger u. f. m.) in mannig—
faltiger Weije zum Plänfeln, zur Dedung, zum
Angriff mit der ſchweren Anfanterie zu verbinden
lernte. Zugleich entitand aus mehreren Urjachen
das Söldnerweien. Der erfte berühmte Söldner:
general war Iphifrates, welcher größere Wohl-
feilheit, Leichtigfeit und Beweglichkeit der Bewaff—
nung einführte. Epameinondas erfand das
Syſtem der jogenannten feilförmigen und fchiefen
Schlachtordnung. Bis dahin war der rechte Flügel
jtet$ der Ehrenplaß, alio die Hauptitärfe, jo daf
für gewöhnlich die beiden rechten Flügel über die
entgegenjtehenden linken fiegten und die Geſchla—
genen verfolgten. Wer fich am erjten wieder ver:
jammelte, fonnte den in einzelnen Kolonnen von
der Verfolgung zurüctchrenden Gegner ſchließlich
aus dem Felde fchlagen. Auf diefe Erfahrung
gründete Epameinondas fein Syſtem. Er ftellte
dem rechten Flügel der Lafedaimonier feine Haupt:
macht, aljo auf feinem linlen Flügel gegenüber
und juchte hier jogleich die Enticheidung und den
Sieg. Zu diefem Zwecke ordnete er feine Hopfiten
in größerer Tiefe (50 Mann) ohne breitere Fronte
und richtete den wuchtigſten Angriff auf die Mitte
des feindlichen rechten Flügels, während das Gen:
trum und fein rechter Flügel ohne zu kämpfen und
vom Feinde ſich etwas zurüdhaltend nur die Rich:
tung ihrer Fronte zu halten juchten und zugleich
die gegemüberftehenden Scharen an einer ener:
giichen Unterſtützung ihres bedrohten rechten Flügels
hinderten. Zur energifchen Zurückweiſung einer
etwaigen UÜberflügelung des eignen Tinten Flügels
diente zunächit jchon die tiefere Aufitellung und
namentlich die fogenannte heilige Schar des Pelo—
pidas, die (300 Mann ftarfi aus der Duene der
von rechts nach lints hin nach Stämmen, meift | AUngriffsfolonne lints hervorbradh und zugleich die
—
10
Acies,
rechte Flanke und den Rüden der Gegner be:|8, 8) war die Stellung ſchon dahin verändert,
drohte.
Dieje Anderung in der Aufftellung des daß ftatt der Einen früheren Linie die Legion
Heeres ift das Wejen der jogenannten ſchiefen | deren 3 bildete.
Die 30 Manipeln, aus welchen
Schlachtordnung des Epameinondas (Ao&r palays). | eine Legion beftand, waren 10 Manipeln hastati,
Er erreichte durch diejelbe größere Chancen des
Sieges auf dem angreifenden Flügel und vermied
die Gefahr, während der Zeit im Centrum oder
auf der andern Flanke geichlagen zu werden. Der
fiegende Flügel konnte das feindliche Heer nachher
aufrollen. enngleich der junge Alerander unter
feinem Bater diejer Taftil mit den geeigneten Mit:
teln entgegentrat und die heilige Schar der The:
baner vernichtete, jo waren Doc fie beide es,
welche diejes Syſtem des Epameinondas weiter
ausbildeten. Aleranders helleniiche Schlachtord-
nung hat feine 3 Teile mehr, jondern nur die 2,
einen Offenſiv- und einen Defenſivflügel. Jener
ijt immer der rechte, diejer der linfe. Won rechts
nad) linfs ſtanden 1) die leichtbewaffneten Agrianer
und Bogenichügen, 2) die mafedonijche Nitterjchaft,
3) die Hypaſpiſten, 4) die ſchwere Linieninfanterie,
5) die Bundesgenofienreiterei, 6) die theflalische
Neiterei. Rüſtow und Köchly Geſch. des gricd.
Kriegswejens ©. 2685.) bezeichnen es als einen
entjchiedenen Irrtum, daß die Hoplitenphalang
den Kern der Stellung gebildet oder auch nur den
Hauptangriff gehabt habe. Die leichte Jnfanterie
leitete den Nampf ein, indem fie vor die Linie zog
und ihre Gejchofle in den Feind fandte. Dann
machte Alexander mit der maledonijchen Witter:
ſchaft den Sturmangriff, und ihr jchloffen jich die
Hypaſpiſten an. Das jchwere Fußvolk rüdte taxen—
weile nad), um die geichlofjene Linie zu erhalten,
jo daß eine ſchräge Schladhtordnnung entitand. (Die
Phalanx der Sarifjophoren wurde erit jpäter in
Makedonien der entjcheidende Teil der Schlacht:
ordnung, 3. B. bei Nynostephalai.) Die Dia dochen
endlich teilten ihre Schladhtordnung wieder in 3
ftreng iſolierte Teile, von denen die beiden Flügel
im Daupttreffen nur aus Reiterei bejtanden, wäh:
rend das Gentrum aus Linienfußvolk gebildet
ward, dem dann in verichiedener Weiſe Schüßen
und Elefanten hinzugefügt wurden. Die Linien:
infanterie that jo gut wie gar nichts mehr; von
den beiden Flügeln war der eine offenfid, der an:
dere defenfiv. — Vgl. Rüſtow und Köchly, Ge:
ſchichte des griech. Kriegswejens (1852). — 11) Bei
den Römern kommt es weniger auf das See:
treffen an (j. Seekrieg), da jte darin nie recht
heimifch wurden. Die Schlachtordnung ihrer Land—
heere ift, abgejehen von der urjprünglichen, feil-
artigen, zu unterjcheiden in die Manipel: und
Eohortenjtellung. Vorweg zu bemerken ift, daß
die bundesgendjjiichen Truppen, deren Stelle ſpäter
die Hülfstruppen (auxilia) vertraten, die beiden
Trlügel der römijchen Legion einnahmen, und zwar
die Reiterei auf den äußeriten Flügeln; daher die
Ausdrüde alarii, alae A) Die Manipelauf:
ftellung 1) in Einer Linie. Zwiſchen den ein-
zelnen Manipeln war Raum gelafjen, damit die
Leichtbewaffneten, welche vor der eigentlichen
Schlachtreihe das Treffen einleiteten, oder im Fall
die Reiterei den erften Angriff machte, auch dieje
fidy hinter die Manipeln zurüdzichen könnte. So-
bald dies gejchehen, dehnten fich die Manipeln aus
und ſchloſſen die Zwiſchenräume, jo daß aljo der
Kampf in Einer Linie ftattfand. 2) In drei Linien.
Im Kriege mit den Latinern 339 v. E. (vgl. Liv.
10 Manipeln principes und 10 Manipeln triarii.
ber ihre verjchiedene Bewaffnung ſ. Waffen,
10. Die hastati, die Jugend (flos iuvenum pube-
scentium ad militiam), ftanden in der erjten, die
triarii, auch pilani genannt, weshalb die in der
Schlacht vor ihnen ftehenden hastati und principes
auch mit antepilani bezeichnet wurden (Lir. 8, 8),
in der legten Schlachtreihe, ebenfalls mit Zwiſchen—
räumen, die der Fronte eines Manipels gleich)
famen. Die Manipeln der mittleren Reihe, die
principes, fräftige Männer, ftanden jedoch nicht
hinter den Manipeln der hastati, fondern gerade
vor den Zwilchenräumen, jo daß fie, im Falle die
hastati vom Nampfe ermüdet oder geworfen waren,
ohne weiteres vorrüden und den Kampf aufneh—
men fonnten.*) Die triarii ftanden ebenjo vor
den Zwilchenräumen der principes. Sie waren
alte, gediente, tapfere Soldaten und griffen erft
dann ein, wenn auch die principes den Nampf
noch nicht beendigen fonnten, daher ſprichwörtlich:
res redit ad triarios (Liv. a. a. D.) zur Bezeich—
nung der höchjten Not. Hinter den Triariern 6
ftanden noch die rorarii und accensi. Lie. 8, 8.
Uriprünglich bezeichneten beide Ausdrücke dasjelbe
und umfahten die waffenfähige Mannichaft der
5. Klaſſe als Leichtbewafinete, nur mit Schleudern
(fundae) und Wurffteinen (lapides missiles) ver:
ſehen. Mit der jeit dem Kriege gegen die Latiner
veränderten Schlachtordnung wurden accensi don
den rorarii unterjchieden (Liv. 8, 8) und bezeich:
neten nunmehr diejenige Mannichaft, welche aus
den Proletariern zum Kriegsdienſte herangezogen
wurde (minimae fiduciae manus). Doch hatten
beide diejelbe Beftimmung einer leichten Truppe,
nämlich die Beunruhigung des Feindes dor Beginn
der Schladht. Die römiſche Reiterei fand auf
beiden Seiten der hastati in der erften Schlacht-
linie. Im 3. punischen Kriege fing man an
mit größeren Truppentörpern zu agieren und ver:
einigte je 2 Manipeln in 1 Cohorte, jo daf nun:
mehr in jeder Schlachtreihe nicht mehr je 10 ver:
ichiedene Manipelhaufen ftanden, jondern je 5 Co:
horten mit entiprechenden Zwijchenräumen. Dabei
trat noch die Veränderung ein, daß in die erſte
Neihe die principes und in die zweite die hastati
famen. Dies war der Übergang zu der B) Co: z
hortenftellung. Seit Marius hörte die drei:
fache Unterjcheidung der Legionsjoldaten nach dem
Genjus ganz auf. Es wurde in das Heer aufge:
nommen, wer körperlich brauchbar war, und galt
nur der Unterjchied von jdhwerbewafineten und
leichten Truppen. Die letzteren bildeten jeßt nicht
mehr die rorarii und accensi, jondern die ſchon
jeit dem 2. puniſchen Kriege eingerichteten velites.,
Es iſt wahrſcheinlich (j. Zange, hist. mutationum
rei mil. Roman. ©. 16, 17), daß Marius die 15
Eohorten der Legion auf 10 brachte, jede von
4--500 Mann. ieje 10 Eohorten ftellte Cäjar
ebenfalls in drei Schlachtreihen auf, gerade jo wie
+) In
hast. a
prine,
triar.
diefer Form: *
Acilii — Ackerbau.
die frühere Manipelaufftellung mit Zwiſchenräu—
men, jo daf; wiederum die zweite Reihe in die erite
einrüden konnte. In der erjten Neihe jtanden 4
Cohorten, in den beiden andern je 3. Die dritte
Schlachtreihe ftand etwas weiter zurüd, damit fie
leicht ihre Stellung ändern und dorthin fich wen:
den founte, wo ihre Hülfe nötig war.*) ber
die Ausdrüde acies sıimplex, duplex, tri-
plex gibt es 2 verichiedene Anfichten. Rüſtow
verftcht darunter die 3 verjchiedenen Treffen in
die Tiefe, jo dah die acies triplex das gewöhn:
lihe war, die acies duplex und simplex von
Umftänden abhing; v. Goeler dagegen verfteht
darunter jelbjtändige Divifionen in der Fronte,
jo daß das Centrum und die beiden Flügel, jede
Abteilung für fich, ihren eigenen Kommandenr
hatten (vgl. Seekrieg, 3). Darnach hing die Wahl
einer acıes simplex von den Raumperhältnifien
ab, ob der Oberfeldherr etwa imitande war, die
ganze Fronte zu kommandieren. Am jeder dieſer
Seeresabteilungen formierten die erften Linien
lämtlicher SHeeresabteilungen zujammen nur Ein
Treffen, prima acies, ebenjo die zweiten und
dritten Linien das zweite und dritte Treffen, se-
cunda und tertia acies. Dagegen wurden die
einzelnen Heeresabteilungen mit dextra, media
und sinistra acies bezeichnet. Unter Auguſtus
wurden die 10 bisherigen Gohorten einer Legion
zwar beibehalten, doch ihr Beftand auf je 555
Mann zu Fuß und je 66 Reiter bejtimmt, außer:
dem enthielt die 1. Cohorte die doppelte Anzahl
(nebjt dem Adler). Dieje 10 Eohorten jtanden jeßt
in 2 Treffen, 5 Cohorten in jedem; auf der rechten
Seite des Vordertreffens die erite und gerade
hinter ihr die 6.; auf der linken Seite die 5. dahin-
ter die 10.) Dieſe Schladtordnung dauerte bis
zu den Zeiten des Trajan und Hadrian, wo man
ih in den Kämpfen mit bis dahin unbelannten
Feinden wieder zur Schlachtordnung ohne Zwiichen:
räume hinneigte und dahinter eine Reſerve aufftellte.
Aeilii, eine plebejijche gens, ju welcher die Fa:
milien der Balbi, Glabriones, Rufi und Severi
nebören. 1) M'. Acil. Glabrio, Bolfstribun im
J. 201 0. €. (Lie. 30, 40), unterdrüdte eine Ber:
ihwörung der Sklaven in Etrurien als Prätor
im J. 196. Liv. 33, 36. Im J. 191 wurde er
Konjul und erhielt den Auftrag, den Krieg gegen
Antiohos den Großen von Syrien zu führen,
welcen er im Engpaß von Thermopylai bejiegte
und aus Griechenland vertrieb; darnach jchlug
er die Mitolier. Liv. 36, 2 ff. 22 ff. Dafür erhielt
der von jeinen Soldaten gefürchtete Feldherr einen
glänzenden Triumph. Ziv. 37, 46. Als er fid)
um J. 189 um die Cenſur bewarb, wirkten auf
Anftiften feiner patriciihen Mitbewerber, bejon:
ders Catos, die Tribunen dem homo novus ent:
gegen und zogen ihn wegen Unterjchlagung eines
Teiles der Nriegsbeute vor Gericht. Die Sache
wurde nicht weiter verfolgt, als er von jeiner Be:
werbung zurüdtrat. Liv. 37, 57 5. — Sein Sohn,
2) M. Acil. Glabrio, weihte einen Tempel der
*) In biejer Form:
*e) In diejer Form:
. . m
11
Bietas im Jahre 181 v. E., den jein Bater während
des Nampfes bei Thermopylai gegen Antiochos
gelobt hatte; auch errichtete er dem Vater eine
vergoldete Statue. Lir. 40, 34. — 3) C. Aci
lins, diente 155 v. E. den Gejandten der Athener
(Narneades, Diogenes und Kritolaos) im römiſchen
Senate als Dolmetiher. Plut. Cat. mai. 22.
Gell. 6, 14, 9. Er jchrieb eine röm. Gejchichte in
griechiicher Sprache. Cie. off. 3, 115. Plut. Rom.
21. Bal. Peter, histor, Rom. rel. Ip. CXIX fi.
fragm. p. 34ff. — 4) M. Aeil. Glabrio,
Brätor im Jahre 70 v. E,, dann Konjul im J.
67 mit C. Galpurnius Piſo, mit dem er die lex
Acilia Calpurnia gab, und Gegner des Pompejus,
als Gabinius vorichlug, demjelben unumſchränkte
Gewalt für den Seeräuberfrieg zu geben (Cie. de
imp. Pomp. 17). Später erhielt er das Kommando
gegen Mithridates nach Lueullus' Wbberufung,
doch nur furze Zeit als jelbftändiger Anführer,
indem der Senat ihn bald dem Pompejus unter:
ordnete. Plut. Pomp. 30. Cie. de imp. Un. Pomp.
9 Im J. 6% ftimmte er im Senate für die Todes:
itrafe der Gatilinarier, 57 war er Pontifer. —
5) Acil. Glabrio, Senator unter Domitian, der
ihn ermorden lieh. Suet. Dom. 10,
Aecinäces, axıranns, Name des kurzen und ge:
frümmten perſiſchen Säbels, welcher au der rechten
Seite getragen wurde. Hdt. 7,54. Hor. od. 1,27, 5.
Acipenser, ein uns unbekannter, jälichlich mit
dem Stör verglichener Seefiſch, der zur Zeit der
puniſchen Striege bei den Römern jo beliebt war,
daß befränzte Sklaven ihn unter Begleitung eines
lötenjpielers in das Triclinium trugen (Maer.
sat. 2, 12. Athen. 7, p. 297 F), aber in einer
etwas jpäteren Zeit ganz aus der Mode am.
Hor. sat. 2, 2, 47. Plin. 9, 26.
Ackerbau. Der Einfluß des Ackerbaues auf die
Verhältniffe des antifen Lebens ijt unvderlennbar.
Zwar jcheint er in Griechenland, deflen Boden
im allgemeinen an und für fich dem Landbau nicht
ſonderlich günjtig war, nach Thuc. 1, 2 uriprüng:
li) der jtörenden Wanderungen wegen weniger
beachtet und dem Boden nur das für das jedes:
malige Bedürfnis Erforderliche abgewonnen worden
zu jein, während der Vorzug fruchtbarer Streden
ıbej. in Theflalien, Boiotien und dem Peloponnes
außer Arkadien) Streit und Parteizwiſt aller Art
hervorrief; indeſſen erſcheint er doch jofort als die
wejentlihe Grundlage des Bötterglaubens (der pe:
lajgiichen Mythologie) und religiöjen Kultus, inner:
halb deilen er im der Demeterverehrung feinen
Mittelpunkt findet. In der homeriſchen Zeit ift der
Nderbau als die Hauptbeihäftigung der Menſchen
anzufehen, und auch in der Folge galt er als der
naturgemäßefte Ermwerbszweig, der mit Eifer be:
trieben wurde, indem man durch jorgfältige Pflege,
durch Bemwäflerung und Düngung die Ertrags:
fähigfeit des Bodens zu fteigern juchte. Er war
zugleich eine wejentliche Grundlage der Berfaffung
und des jozialen Lebens, aus welchem Grunde er
mit Hugem Berftande von den Tyrannen bejonders
gepflegt und gehoben ward. Auf ihm beruhte die
Dauerhaftigleit und innere Stärke namentlich der
oligarchiichen Staaten, vornehmlich Spartas. Der-
jelbe wird daher auch von hervorragenden Männern
noch in fpäter Zeit nicht als Nebenjache betrieben;
er galt als das gerechtefte der Erwerbsmittel
\ (Plut. Philop. 4). - Gewöhnlich fahte man übrigens
12
den Aderbau im weiteren Sinne, ſo daß die Baum
zucht (Dlive und Rebe) und jelbft ein Teil der
Viehzucht (Schafe) mit hineingezogen wurde.
Das römische Leben rubte ganz auf dieſem Grunde
und beiwahrte feine fittliche Kraft, ſolange eben
dieſer Zweig geiellichaftliher Thätigleit in unge:
trübter Reinheit blieb. Spuren diejes frühen Ein-
fluffes aus Tatinischem Elemente find an der Sprache
unverfennbar, die alle auf die Segnungen des
friedlichen ftillen Lebens eigentümlich bezüglichen
Worte nad) Niebuhrs treffender Beobachtung daher
entlehnte. Als der Aderbau erft vernachläfligt
ward, ertwachte das Bedürfnis, ihm eben ſowohl
theoretiich darzulegen (Cato, Varro, Vergil u. a.)
als praftiich zu erneuern (vgl. Cie, off. 1, 42.
Plin. ep. 3, 19).
Acro, Helenius, ein römiicher Grammatifer
am Ende des 2. Jahrh. n. E., verfahte Kommen:
tare zu einigen Komödien des Terenz und zu
Horaz, vielleicht auch zu Perfius, ficherlid aber
nicht zu Vergil. Den echten Horazfommentar be:
figen wir nicht mehr; die jeinen Namen tragende
Scholienfammlung jcheint im 7. Jahrh. entjtanden
und der Name des Aero erit im 15. Nahrh. auf
fie übertragen zu fein. Sie ift mit den übrigen
Horazicholien herausgegeben von Pauliy (2. Aufl.
1861) und von Hauthal (1866).
Acta 1) diurna urbis oder populi, oder
diurna allein (Örournuare), eine Art Tages:
chronik vertretend. Es war Sache der Privatthätig:
feit gewejen, Neuigkeiten aus Rom an Abweſende
mitzuteilen; durch Cäjar (Suet. Caes. 20) wurde
jeit 59 v. E. die Zufammenftellung und Beröffent:
lichung der Nachrichten eine regelmäßige und amt-
lihe. Der Inhalt war teil® amtlich, teils be-
ftand er in Familiennachrichten aller Art, welche
an die Redaktion eingefendet wurden. Nach Ab:
jafjung wurde das Original ausgehängt und jorg:
ten zahlreiche seribae für die Verbreitung und die
Verjendung in die Provinzen mit Erlaubnis des
praefeetus urbi. Das Original fam hierauf in
das Staatsarchiv und konnte dort als hiſtoriſche
Duelle benußt werden. Echte Überreſte davon
gibt es nicht; eilf Fragmente, fogen. fragm. Dod-
welliana, find im 15. Jahrhundert fabriziert, aber
jogar noch in unſerem Jahrhundert thörichter:
weile don Lieberfühn (1844) als echt verteidigt.
— 2) A. senatus oder patrum, auch com-
mentarii senatus oder actorum (Tac. ann. 5,4.
15, 74) genannt, amtliche Verhandlungsprotofolle
des röm. Senats. Anfänglich fcheinen nur die
gefahten Beichlüffe (senatus consulta, decreta,
auetoritates) niedergeichrieben worden zu jein;
allmählich erichien jedoch ein vollitändiger Über:
blit über die ganze Diskuſſion winichenswert
oder jelbjt notwendig. Es wurdeln aljo die An—
jichten der Hauptredner, in wichtigen Fällen auch
die Zeugenausfagen aufgenommen (vgl. Cie. Sull,
14, 40 ff.). Cäſar gab ihnen in jeinem 1. Kon—
julate 59 dv. E. die vollite Öffentlichkeit (Suet. Cnes.
20), Auguſt hob fie wieder auf; nachmals wurde
fie jedoch hergeitellt. Die Führung des Rrotofolls
hatten nach der Beftimmung des vorfibenden Kon-
juls abwechielnd einige Senatoren; in der Kaiſer—
zeit wurde Diele cura actorum (daher a cura
actorum oder ab actis senatus) einem vom Kaiſer
Acro — Actor.
jein mußte (Tae. ann. 5, 4). Unter ihm fanden
wahrſcheinlich Gehülfen (actuarii), die aber bei
geheimen Bejchlüffen ebenfalls Senatoren fein
mußten. Früher wurden diefe acta im Tempel
der Geres, fpäter im aerarium Saturni aufbe:
wahrt, oder in den öffentlichen Bibliotheken ge:
heim gehalten, jo daß fie nur mit bejonderer Er:
laubnis eingeiehen und benutzt werden konnten,
im übrigen vielleicht in ausdrüdlich genehmigten
Auszügen in die acta publica übergingen. Bal.
Cie, ad Att. 6, 2, 6. Tac. ann. 13, 31. 16, 22.
Die ältere Litteratur über die acta von Echloffer,
Zell, fe Clere, Reuffen iſt entbehrlich jeit Hübner
in Fledeiiens Jahrb. Suppl. III ©. 564--504.
ActIo im w. ©. jede juriftiiche Handlung, ipe:
ziell Prozehformel und das prozefjualiiche Rechts:
mittel jelbft, alfo die Eivilflage, im Gegenſatz zur
friminellen aceusatio. Man teilte die Klagen jehr
mannigfach ein, 1) nach dem Urſprung in act. ci-
viles und honorariae, jene aus dem ftrengen
Civilrecht herrührend, dieſe durch die Prätoren
oder Adilen vermöge ihres edietum geichaffen;
2) nach dem zu Grunde liegenden Recht in act.
in rem und in personam; jene fanır von dem
Berechtigten gegen jedermann angeftellt werden,
welcher ihm fein Necht (res hier nicht Sache, ſon—
dern allgemein mit Ausschluß vperjönlicher Per:
bältnifje) ftreitig macht, dieje ift nur gegen gewiſſe
Berjonen infolge eines Obligationsverhältnifies
zu erheben; 3) nad) der Befähigung zu Magen in
act. privata und publica oder popularis,
bon denen die erjte nur dem Betreffenden, die
zweite aber einem jeden aus dem Volle zuftand;
4) nad) der gerichtlichen Behandlung in act.
strieti iaris und bonae fidei (die leßtere
im ganzen identifch mit arbitrinm, obwohl genau
genommen arbitria das Allgemeine ift und die
act. bon. fid, nur die Hauptart der arbitria); die
erjte wird nad) jtrengem Recht beurteilt, bei der
zweiten darf der arbiter die aequitas in Betracht
nehmen und hat daher freien Spielraum, 3. B.
bei den meiiten Geſchäften des gemeinen Lebens
(Cie. off. 3, 17. Rose. com. 4. top. 6. 17. Sen.
de clem. 2, 7. de ben. 3, 7); 5) nach der Form
des gerichtlichen Verfahrens in act.ordinaria
und extraordinaria; die erfte wird von dem
Richter entichieden, welchen der Magiftratus er:
nennt, und das ift das regelmäßige Verfahren,
die zweite don dem Magiftratus jelbft. — liber
die Klagformeln ſ. Formula und Legis actio.
Actium, "Axtıov (aud) 7 Aurij), Yandzunge am
Eingang in den Ambrakiſchen Meerbufen mit gleich:
namiger Stadt und einem berühmten Apollotempel,
j. Ari oder la Punta. Nach feinem Siege über
Antonius (81 v. E.) jchmiüdte und vergrößerte
Auguſt diejen Tempel; die von ihm eingerichteten
Kampfipiele zu Ehren Wpollos, za "Anrıe, wur—
den jedoch auf der gegenüberliegenden Spige von
Epeiros in der Nähe von Nifopolis (ſ. d.) ge:
feiert. Verg. A. 8, 275. Suet. Oct. 18. Tib. 6.
Strab. 7, 325. 10, 451.
Actor, 1) im öffentlihen Leben der Kläger, |.
Prozefs, 21 f. — 2) in der Familie derjenige
Shave oder Freigelaffene, der durd; das befondere
ı Vertrauen feines Herrn mit der Vermögensver:
waltung beauftragt war und, jowohl in der Stadt
ernannten ftändigen Senator anvertraut, der in
die geheimften Intentionen des Fürſten eingeweiht |
als auf der Billa, Einnahme und Ausgabe be-
ichaffen mußte, actor summarum, Kaſſenrendant,
Actuaria — Adlecti.
daher er mit zu den ordinarii gehörte, die die
übrigen Sklaven beaufjichtigten, faſt j. v. a. ein
vilicus, etwas weniger als der procurator, Co-
lum. 1, 7.8. Plin. ep. 3, 19. — In der Kaijerzeit
hatten aud einzelne Städte ihren Verwalter der
Kommunaltafje, actor publicus (Plin, ep. 7, 18).
Auch zu Rom wird ein joldher erwähnt (Tac. ann.
2, 30. 3, 67), deſſen Geſchäftskreis wir jedoch) nicht
tennen. Vgl. Dio Cass. 55, 5. — 3) Schaujpieler,
j. Schauspiele, 14.
Actuaria j. Schiffahrt, 8.
Actuarli find Schreiber (scribae oder cen-
snales) im Dienjte derjenigen, welche öffentliche
Schriften abzufafjen hatten. Ber dem Heere waren
es Unterbeamte bei den Magazinen, um den verab-
reichten Proviant zu verteilen.
Acul&o, ein Zuname im der gens Furia,
j. Furii, 16—18,
Acus |. Haarputz.
Ada, Ada, Schweiter des Maujollos, Königs
von Karien, und jeiner Gemahlin Artemifia, war
mit ihrem Bruder Hidrieus vermählt. Nach dem
Zode jener beiden folgte im Jahre 349 v. E. der
legtere, dem wieder Ada im J. 343 folgte. Aber
Birodaros, ihr jüngerer Bruder, bemächtigte ſich
(339) mit perfiicher Hülfe des Throns, und ihm
folgte nach jeinem baldigen Tode jein Schwieger:
john DOthontobates. Diod. Sie. 16, 69. 74. Ada
blieb in dem Bejige einer Bergfeitung Alinda,
welche jie noch behauptete, als Alerander der Große
das perfiiche Reich angriff. Dem im Jahre 334
anrüdenden Könige übergab Ada ihre Feſtung
Alinda und erhielt von ihm nach der Eroberung
von Halikarnaß die Herrichaft über ganz Karien.
Plut. Alex. 10. 22. Arr. 1, 23. Diod. Sic. 17, 24.
Adamantios, Adauavrıog, jüdiicher Arzt in
Alerandreia, ging 415 n. E. nach Stonftantinopel,
wurde dajelbft Ehrijt und fehrte nach Alerandreia
zurüd. Er hat zwei Bücher pvswoyvopına nad)
Bolemon bearbeitet (herausgeg. von Franz in
deſſ. Scriptt. physiogn.), auch egi aveum» ge:
jchrieben.
Adämas, adauag (unbezwinglich), der zuerſt
bei Heſiod jich findende mythiſche Götterſtahl,
der jeiner Härte wegen zum Stoffe für göttliche
Serätichaften dient, wie zur Sichel des Kronos
(Hesiod. theog. 161), zum Selm des Herakles
(deri. seut. Here. 137), zur Feſſel des Prometheus
(Aesch. Prom. 6), zur Pflugſchar des Wietes (Pind.
pyth. 4, 398) u.a.m. Ebenjo wird alles Gewaltige
und Undurchdringliche in der Unterwelt, namentlic)
bei römiſchen Dichtern, daraus bejtehend gedacht:
die Schidjalstafeln der Parzen (Or. met. 15, 813),
die Feſſeln des Werberus (Sen. Herc. f. 808),
die Pforte zum Hades jelbit (Prop. 4, 11, 4) und
zum Yufenthalte der Berdammten (Verg. A. 6,
551. Ov. met. 4, 452). Übrigens dient das Wort
entichieden der poetiichen Diktion, und man hat
daher jchwerlich zu unterjuchen, ob die Alten eine
jegt unbelannte DMetallart, oder vielleicht Platina
darunter gedacht haben. — Mit demjelben Namen
benannte man aber auch den Diamant (Plin. 37,
4, 15), weil man diejen im Abendlande jtets ſehr
jeltenen und foftbaren Stein im Witertume mit
Eijen gar nicht zu bearbeiten veritand.
Addietus j. Nexum.
"Adesıa iſt die Sicherftellung (Zujicherung der | u.
13
der dem Handelnden Gefahr eriwachien kounte
(jicheres Geleit, venia, fides publica). Demojthenes
verbindet jie als VBegünftigung mit Ehrenbezeu:
gungen, twie mit der Tragung des Siranzes (Mid.
525, 2). Fremde und Sklaven bedurften, wenn
fie Die Unzeige (unwvoıg) von einem- die Sicher:
heit des Staates bedrohenden Verbrechen zu machen
hatten, dazu der &dsım. Lys. Agor. 55. Andoc.
myst. 12. 15. Plut. Periel. 31. Erwies fich die
Ungabe als falſch, jo wurde der Angeber nit dem
Tode bejtraft. Auch zu dem Antrage, einem Staats:
ſchuldner jeine Schuld zu erlaffen und die Atimie
aufzuheben, brauchte man eine jolche Genehmigung.
Ferner durfte der Staatsjchuldner jelbft ohne @dsın
nicht an Staatsgejchäften teilnehmen. In der Regel
ewährte fie die Voltöverfammlung, in bejonderen
ällen auch der Rat.
Adeimantos, Adsiuavrog, 1) aus Korinth,
bejehligte im Kampfe gegen Terxes die Korinther.
Themijtofles gewann ihn, der bei Artemijion den
Kampf mit den Perjern fürchtete, durch Beitechung.
Später trat er mehrfach dem Themijtofles ent:
egen und entfernte fid) beim Beginn der See:
lacht bei Salamis mit jeinen Schiffen. Hat. 8,
5, 59. 94. — 2) einer der atheniſchen Admirale
in der Schlacht bei Wigospotamoi, im Jahre 405
v. C., wobei er fich als Verräter gezeigt haben
jol. Xen. Hell. 2, 1,30.32. Lys. Alcıb. 1, 38.
Adeöna j. Abeona.
Adherbal, griech. Arapßas, 1) Name mehrerer
farthagiicher Feldherrn, Ein Adherbal jchlug im
Jahre 249 v. E. die römische Flotte bei Drepanım
unter dem unfähigen Appius Claudius Pulcher
gänzlich, vermochte aber Lilybäum nicht zu retten.
Pol. 1, 49 ff. — 2) Sohn des Micipia, Königs
von Numidien. Nach der Ermordung jeines Bru-
ders Hiempjal durch Jugurtha wurde er von diejem
bejiegt und juchte (117 v. E.) Schuß beim römijchen
Senate. Sall. Jug. 14. Diejer ichlichtete den Streit
durch Teilung des Neiches zwiichen beiden, wobei
Adherbal den wüjteren öftlichen Teil erhielt. Schon
im nächſten Jahre reizte Jugurtda ihn durch ver
heerende Blünderungszüge zum Kriege, ſchlug ihn
beim heutigen Philippeville und belagerte ihn in
jeiner Hauptjtadt Cirta. Nach langen und wieder:
holten vergeblichen Bitten jchidte der Senat eine
Gejandtichaft, welche beiden befahl die Waffen
niederzulegen. Jugurtha fehrte ſich aber micht
daran, jondern jepte die Belagerung Cirtas fort,
nötigte den Adherbal zur Übergabe und ließ ihn
wie viele Einwohner von Cirta und römische
negotiatores umbringen (112 v. E.). Sall. Jug.
26. Liv. ep. 64.
Adiaböne, Adıaprrn. Landſchaft im nördlichen
Ajigrien an beiden Ufern des großen Zab (Zabatos;
j. Lykos, B, 1). Strab, 16, 745. Im jpäteren
Sinn (Plin. 5, 13 u. a.) begreift Adiabene
auch Arbelitis, die Gegend von Arbela (j. d.), in
fih und umfaßt überhaupt das ganze Stamm:
land Afiyrien oder Aturia. In den eriten chrift:
lien Jahrhunderten beitand ein eigenes, bald von
den Barthern, bald von den Römern abhängiges
Königreich Adiabene.
Adlecti heißen die zu einem Amte oder in ein
Kollegium, namentlich in den Senat, Nachgewähl—
ten. Varr. 1. 1. 6, 66. Paul. Diac. bei Fest.
dv. W. allecti p. 7 M. Lie. 2, 1. gl.
Straflofigkeit) wegen irgend einer Handlung, aus | Suffectus,
14
Admagetohrign (ztveifelhafte Lesart), keltiſche
Stadt in unbekannter Lage, bei der Artovift die
Gallier befiegte. Caes. b. g. 1, 31.
Admöte j. Herakles, 8.
Admötos, "Adunros, 1) König von Pherai in
Theflalien, Sohn des Pheres, Vater des vor Troja
fämpfenden Eumelos, Teilnehmer der kalydoniſchen
Jagd uud des Argonautenzuges. Er war Lieb—
ling des Apollon, der eine Zeit lang als Hirte bei
ihm diente und feine Herden durch Fyruchtbarfeit
mehrte. Il. 2, 763, Der Gott erwirkte ihm von
den Motren die Gnade, von dem Tode befreit zu
fein, wenn in der Todesftunde ein anderer es
übernähme, für ihn zu jterben. Seine bejahrten
Eltern weigerten ſich für ıhn in den Tod zu gehen;
da ftarb jeine Gattin Alkeſtis (Aftefte) für ihn,
die Tochter des Pelias (Il. 2, 715), die er einft
mit Hülfe des Apollon erworben hatte, indem er
einen Wagen mit Löwen und Ebern beipannte.
Perſephone jchickte fie wieder zur Oberwelt, oder
Herafles rang fie dem Hades wieder ab und führte
fie dem Gatten zurüd. Apollod. 1, 9, 15. Eur.
Alcestis. — 2) König der Moloffer, zu welchem
Themiftoffes auf feiner Flucht fam und Schuß
fand, ungeachtet Themiftofles fein perfönlicher
Feind war. Admetos verweigerte den Athenern
die Auslieferung des Flüchtlings und fchaffte ihn
ficher nach Bydna. The. 1, 136. Plut. Them. 24.
Nep. Them. 8.
AdmissTo, die Audienz bei den Fürjten (Plin.
pan. 47), aud) secretum genannt, für welche die
Bittiteller in Rangordnungen (Adımissiones pri-
inne, seeundae; Sen. ben. 6, 33: adın. interior)
zerfielen. Für den Empfang derfelben gab es
eigene Geremonienmeifter (ab admissione; ad-
mıssionales, Swet. Vesp. 14), mit einem magister
almissionum (Amm. Mare. 15, 5) an der Spike,
meift aus dem Stande der Frreigelaffenen.
Adönis, "Adwrıs, -ıdos, Adar, Sohn des Phoi—
nig und der Aiphejiboia (nach Hefiod), einer Tochter
des Agenor, oder des Kinyras, Königs von Paphos
auf Kypros, und der Metharme, oder des aſſyr.
Königs Theias und feiner in einen Myrrhenbaum
verwaudelten Tochter Myrrha (oder Smyrna), ein
ſchöner von Aphrodite geliebter Jüngling, den fie
als Knaben in einem Kaſten der Perjephone an:
vertraut hatte. Perſephone aber, gleichfalls in
Liebe zu dem Knaben ergriffen, wollte ihm micht
wieder herausgeben. Da entichied Zeus, daß Ad.
ein Dritteil des Jahres in dem Hades bei Ber:
jephone, ein Dritteil auf der Oberwelt bei Aphro—
dite weilen und über feinen Aufenthalt in dem
legten Dritteil ſelbſt enticheiden jolle. Ad. wählte
die Sejellichaft der Aphrodite. Als Jüngling ward
er auf der Jagd von einem Eber getötet und von
Aphrodite beweint. Apollod. 3, 14, 4. Or. met.
10, 300 ff. — Der Mythos von Ad. ift urjprüng:
lidy phoinifiich (vom Blute des Gottes färbt fi)
der Fluß Adonis, j. Nahr Ibrahim bei Byblos,
rot), ging aber auch zu den Agyptern, zu den Mlein-
afiaten (unter ben Namen Attis und über Kypros
zu den Griechen über und ward von lehteren in
jpäterer Zeit jehr häufig behandelt, verändert und
erweitert. Adonis (d. i. Herr) bezeichnet nad
afiatiicher Auffaffung das Leben der Natur, das
im Frühling erwacht, im Herbſte aber wieder er:
tirbt. Das Wdonisfeit, die Adonien (r«
Adavıa), wurde im einem großen Teile Border:
Admagetobriga — Adoptio.
afiens und in Agypten, beionders zur Zeit der
Btolemaier in Alerandreia mit der größten Pracht,
in Sriechenland und auch zu Rom gefeiert, im
Drient zur Zeit des Sonmerjolititiums, im Dceident
zur Zeit des Frühlingsäquinoetiums. Es dauerte
2 Tage: am erjten beflagte man das Verſchwinden
(&parıonog) des Ad., am zweiten feierte man mit
Jubel und rende feine Wiederfunft (edesas).
Das Feſt ward bejonders von Frauen begangen,
welche das Bild des Ad. mit dem der Aphrodite
ausjtellten oder umhertrugen und dabei Adonis:
fieder fangen; auch ftellte man Scherben mit
fchnell feimenden und verwelfenden Gewächſen aus
(Adonisgärten), ein Symbol des in erfter Jugend-
blüte hingeitorbenen Adonis. In Alerandreia war
der 1. Tag des Adonisfeftes ein Tag der Freude,
wo Ad. zu Aphrodite aus der Unterwelt zurüd:
gefehrt ift; am folgenden, einem Trauertage, ſoll
er zur Unterwelt zurüdtehren, dann tragen die
frauen jein Bild im Zrauerzuge zum Meere und
verjenten es mit der Bitte um gnädige Wieder:
fehr im nächften Jahre. Theofrits 15. Idyll be:
zieht fich auf den eriten Tag; Bions "Emirapıos
Adanıdog (Id. 1) feiert den Tod des Adonis.
Aphrodite hatte nady Ad. den Beinamen Adavala,
Adwvıds.
Adoptio, zujammengezogen aus adoptatio, be:
zeichnet I) in Rom Annahme an Kindesftatt, und
zwar a) adoptio im engeren Sinne, wenn der
zu Adoptierende noch unter väterlicher Gewalt fteht,
b) arrogatio, wenn derielbe jelbftändig oder sui
juris ift. Die Handlung der adoptio wurde von
dem Prätor vermittelft einer dreimaligen Mans:
cipation und damit verbundener Manumiſſion voll:
zogen (@ell. 5, 19. Cie. fin. 1,7. Gar. 1, 134),
die arrogatio dagegen geichah in den Guriat:
comitien unter Vorſitz des pontifex maximus
durch eine lex curiata nad) dvorhergegangener
Unterfuchung der Priefter über die Familienſacra,
über die iusta causa der Arrogation u. j. m.
Gell. 6, 19. Suet. Oet. 65. Cie. Nest. T. ad Att.
2, 12. pro dom. 135. Wach dem Yurüdtreten
der Euriatcomitien genügte Die Eimwilligung des
pontifex max. und der als Stellvertreter der
30 Eurien bejtellten 30 Liftoren. Durch beide Arten
der Annahme an Kindesjtatt ging der Adoptierte
in die Familie jeine neuen Baters gänzlich über;
er nahm die Namen des Adoptivvaters an, doch
bezeichnete der Arrogierte feine frühere gens durd)
ein zweites cognomen mit der Endung -anus,
3. B 8. Cornelius Scipio Amilianus; einige
gentes machten Ausnahmen von diejer Endung.
Mehrere Patricier liegen ſich von Plebejern arro-
gieren, um Bollstribunen werden zu können, 3. B.
P. Cornelius Dolabella (Die Cuss 42, 29) und
P. Elodins, j. d. Art. Frauen durften weder
adoptieren noch arrogieren, auch nicht arrogiert
werden, wohl aber fonnten unmündige rauen:
zimmer adoptiert werden. Gell. 5, 19. Bon einen
allmählich zur Sitte gewordenen Mißbrauche der
Ndoption berichtet Tuc. ann. 15, 19. e) Eine
eigentümliche Art bildete jeit Cäſars Zeit Die
teftnmentariiche Adoption, welche darin beitand,
dak jemand den von ihm teftamentariich ein—
geiegten Erben zugleih zu jeinem Sohne machte,
ohne daß diejer jeine bisherigen agnatiichen Rechte
verlor. Che. ad Att. 7, 8. Plin. 35, 2. Die
Cass, 40, 51. Sp wurde Auguſtus von Julius
Adoratio — Adrastos. 15
Cäſar zum Sohne und Erben ernannt. Suet. Caes.
#3. Lir. ep. 116. App. b. ce. 3, 11. 14. 94. In Rhea Siybele, welcher Adraftos, der Sohn des
der Kaiſerzeit geichah es oft, daß die Kaiſer Merops (Urmenjchen, IT. 2, 828. 16, 694) umd
ihre Nachfolger ohne die früheren Förmlichkeiten | Herricher in Adraſteia, am Fluſſe Aiſepos in der
vermöge ihres pontificatus max. adoptierten, | Nähe von Kyzikos ein hr Far erbaut hatte.
. B. Nerva den Trajan, Hadrian den Antoninus | Später ward fie mit der Nemefis identifiziert
ins u. ſ. w. — 1) In Athen adoptierte man | und als Unentrinnbare («-dpavar) erflärt. — 2)
entweder bei Lebzeiten oder auf den Tall des | eine Nymphe, Tochter des Meliſſeus, Königs in
Todes im Teftamente; in Ermangelung desjelben | Kreta, welche mit ihrer Schwefter Ida den Yeus
und im Falle der Berftorbene feinen Sohn hinter: | anfaog- Diefe Nymphe ſcheint urjprünglich identiſch
laſſen hatte, adoptierten die Verwandten oder der | mit jener in der Nähe des troiſchen Ida verehrten
Staat den nach dem Erbrecht (eyxıoreia) zunächſt Rhea Adrafteia geweſen zu fein.
Berechtigten in die Familie des Erblafjers hinein| Adrastos, "Adguorog, 1) Sohn des Talaos
(va un avarvnog yerncaı 6 olxos). Die Aus: | und der Lyſimache, Enkel des Bias aus dem aio-
drücde für den, der adoptierte, find zigmoreiche:, | liichen Stamme des Amythaon, König in Argos.
nosichar, Heodaı vior, viosar; der Mdoptierte | Er wurde von Amphiaraos aus Argos vertrieben
ift moınrös, Berög vlös, im Öegenjaße zu dem und floh zu Polybos, jeinem nrütterlichen Groß—
yrrioıog. Das Recht zu adoptieren hatte nur der | vater, nad) Sityon, wo er die Herrſchaft erhielt.
jelbftändige Bürger, wenn er noch feine männ: | Hdt. 5, 67. Pind. nem. 9, 14. Später fühnte
lichen Xeibeserben beſaß. Waren Töchter vorhan: |er fidy mit Amphiaraos aus, fehrte als Herricher
den, jo wurde in der Regel der Adoptivjohn mit | nad) Argos zurüd und gab jenem feine Schweiter
einer der Töchter verlobt. Adoptiert werden durfte | Eriphyle zur Gemahlin. Adr. erhielt das Drafel,
nur ein attiicher Bürger. Die Adoption fand ftatt | er jolle jeine Töchter mit einem Eber und einem
an emem Tage des Feſtes Gaeynlım, indem der | Löwen vermählen. Als daher Tydeus, aus Ka—
Ndoptierende nach einem Opfer vor den Phratoren | Iydon, und PBolyneifes, aus Theben flüchtig, jener
eidlich verfiherte, daß der zu Mdoptierende ein | mit der Haut eines Ebers, diejer mit der eines
attijcher Bürger jei, und ihn in die Lifte der Phra: | Löwen befleidet, in ftürmijcher Nacht vor jeinen
trien (xoıwov yoruporeior) eintragen lieh. Vgl. | Palaft famen und hier um das Nachtlager in der
Erbrecht, 1. Borhalle in Kampf gerieten, gab er, auf das
Adoratio, griech. mgogsxurnoıs, die feierliche | Getöſe herbeieilend, dem Tydeus die Deipyle und
Verehrung don Göttern und Menſchen; bei den |dem Polyneites die Argeia zur Ehe und veriprad)
Berjeru darin beftehend, daß man fich vor der ihnen, fie beide in ihre Heimat zurücdzuführen.
angebeteten Perſon niederwarf und den Boden, | Zuerft wurde der Krieg gegen Theben unternom—
die Füße, die Hände derjelben fühte. Hat. 3, 86.| men, der berühmte Zug der jieben Fürften
7, 136. Xen. Cyr. 8, 3, 14. Arr. 4, 105. Beilgegen Theben. Die 7 Fürſten waren Adraſtos,
Griechen und Römern war es ein Stüd im relis |der Führer des Zugs, Polyneifes, Tydeus,
giöſen Ritus: man ftredte die rechte Hand gegen |ftapaneus, Hippomedon, Amphiaravs,
die göttliche Statue aus, führte jie wieder zum |Barthenopaios. Einige zählen Polyneikes und
Munde (ad os), fühte fie und warf den Kuß der | Tydeus nicht mit, jondern nehmen noch zu den
Gottheit zu; dann wandte man ſich dextrorsum | Sieben den Eteoflos u. den Metifteus, einen Bruder
zu dem praesens numen hin, verhüllte auch wohl | des Adraftos. Sie famen zuerft nach Nemea.
das Haupt bis auf Stirn (capite operto) und | Während ihnen hier eine Dienerin des Königs
Geſicht mit dem Obergewande. Die perfiiche Sitte, | Lykurgos, Hypſipyle (j. d.), eine Quelle zeigte, tötete
von Schmeichlern im 1. Jahrhundert der Kaifer: | eine Schlange das von ihr zurüdgelaffene Söhnchen
herrichaft auf die röm. Kaiſer (Swet. Vitell. 2)| des Lyfurgos, den Opheltes. Sie beftatteten das
übertragen, wurde von Diocletian (Kutr. 9, 26) | Rind und ftifteten ihm zu Ehren die nemeiſchen
verlangt und geboten. Spiele; Amphiaraos aber weisjagte ihnen, daß es
Adramyttion, Ado«xuverıov ı. Adoauvrreıov, |ihnen ähnlich wie dem Knaben ergehen werde,
auch Arocuörttor, j. Adrampti, türf. Edremid, daher nannte man den Kuaben Ärchemoros
Stadt am gleichnamigen Meerbujen in Myſien, (Vorgänger im Gejchid). In der Nähe von Theben
Kolonie der Athener, nach andern der Luder, bei. | angelangt, jendeten jie den Tydeus in die Stadt,
jeit der pergamenischen Herrſchaft blühende und [um von Eteofles die Herrichaft für Polyneites zu
wichtige Hafenſtadt. Hat. 7, 42. Liv. 37, 19. fordern. Auf die Weigerung des Eteofles forderte
Adräna, Fluß in Germanien, nor die auf dem | Tydeus einzelne Thebaner zum Kampfe auf und
Weſterwald entipringende und in die Fulda fallende | befiegte fie alle. Darauf legen ihm auf dem Rücd:
Eder. Tac. ann. 1, 56, wege die Thebaner einen Hinterhalt von 50 Mann:
i Adränum, Hadranum (Sil. It. 14, 250), | Tydeus erichlägt fie bis auf Einen (TI. 4, 882 ff.).
Adgavöv (Diod. Sic. 14, 37. 16, 68), Stadt auf| Die 7 Führer legten fi nun mit ihren Scharen
Sicilien (j. Mernd) am FI. gleiches Namens (j.|vor die 7 Thore der Stadt. Den Thebanern aber
Adriano, Nebenfl. des Gabella), an der Sidweit- | weisjagte Teirefias den Sieg, wenn einer aus dem
jeite des Atna, in der Nähe von Centuripä, von | Gefchlechte der Sparten jid dem Tode meihte.
Dionyfios gegründet. Daſelbſt wurde aud ein | Dies that Menoitens, der Sohn des Kreon; er
Gott gleiches Namens verehrt (Plut. Timol. 12. | ftürzte fi von der Stadtmauer in die Grotte, in
14). Der Dienft diejes Gottes jcheint bafdyiich ge: | der der Aresdrache gehauft hatte. Bei der Be-
wejen zu jein; denn taujend Hunde, die in jeinem | ftürmung der Stadt hatte ſchon Kapaneus die
Tempel gehalten wurden, liebkoſten bei Tage die | Mauer erjtiegen und rief frevelud, auch der Blik
Anfommenden, führten bei Nacht die Trunfenen | des Zeus jolle ihn nicht von der Mauer ver-
nadı Haufe. Aelian. h. a. 11, 20, treiben. Da jchleudert ihn das Geſchoß des Zeus
Adrasteia, Aögasrsıa, 1) Beiname der phrug.
16 Adria —
von der Mauer, und auch das übrige Heer wird
in die Flucht geichlagen. Polyneiles und Eteofles
töteten ſich gegenjeitig. Alle argiviichen Helden
famen um mit Ausnahme des Ndraftos, den fein
ichnelles, von der Demeter Erinys ftanımendes
No Areion (Tl. 23, 346) nad) Kolonos in Attika
rettete. Eheleus zwingt auf jeine Bitten den
Kreon, die Bejtattung der gefallenen Helden zu
gewähren. Aesch. Sept. ec, Thebas. Soph. OC,
1248. Ant. 100. Eur. Phoenissae und Suppli-
ces, Stat. Thebais. Apollod. 3, 6—7,1. Zehn
Jahre jpäter zieht Adraftos mit den Söhnen der
Erjchlagenen, den Epigonen (Eriyovo),, von
neuen gegen Theben Epigonenkrieg oder zwei—
ter thebanijcher Krieg). Die Epigonen waren:
Allmaion, Sohu des Amphiaraos, der Anführer
des Zuges, Nigialeus, ©. des Adraftos, Dio:
medes, ©. des Tydeus, Promados, ©. des
Barthenopaios, Sthenelos, ©. des Kapaneus,
Iheriandros, ©. des Bolymeites, Euryalos,
S. des Metifteus. In dem Kampfe bei Glijas
(Paus. 9, 19, 2) ward Yaodamas, ©. Des Eteofles
und Anführer der. Thebaner, erichlagen, worauf
die Thebaner flohen und die Stadt erobert und
zerjtört wurde. Ein Teil der Thebaner zog auf
Nat des Teirefias aus und gründete —2
oder kam zu den illyriſchen Encheleern. Therſan—
dros erhielt die Herrſchaft über Theben. Adraſtos
verlor in dieſem Kriege ſeinen Sohn Aigialeus
und. ſtarb aus Gram darüber auf dem Rückzuge
a Megara. Apollod. 3, 7, 2—4. Hier wie zu
ilyon und zu Athen ward er als Heros verehrt.
—2)j. Adrasteia, 1. — 3) Sohn des phrygiſchen
Königs Gordios, der, weil er unvorjäglich jeinen
Bruder getötet hatte, zu Kroijos nach Lydien floh,
hier aber auch unvorjäglich den Sohn desjelben,
jeinen Freund Atys, auf der Jagd tötete und ſich
deshalb auf deſſen Grabe jelbjt den Tod gab.
‚Hat. 1, 35—45.
Adria und Hadria, ’4ögde, 1) Stadt in Pice-
num, j. Ari, Vaterſtadt der Vorfahren des Kai—
ſers Hadrian. Mela 2, 4,6. Plin. 3, 13, 18.
Spart. Hadr. 1. — 2) Stadt im Gebiete der
Beneter zwiichen der Mündung des Po und der
Etſch (Liv, 5, 38), auch Aria genannt, einſt durch
ihren Handel bedeutende Kolonie der Tujfer, jpäter
von Korinth folonifiert (j. Adria). Davon empfing
den Namen das Meer Adria m. (Hor, od. 1, 33,
15. 3, 3, 5; 6 Adgins, Hdt. 4, 33. 5, 9; 6
Aögiag nölmog, Lys. 32, 25; Adrianum mare,
Cie. Pis. 93, ad Att. 10, 7; gewöhnlic) mare
Adriaticum; mare Delmaticum Tac. ann. 3, 9),
worunter man das Meer verjicht zwiichen der
Dftfüfte Italiens und Jllyrien, etwa bis zu der
Linie zwiichen Brundiſium und Dyrrhachion, auch
mare Superum genannt; zuweilen wird darunter
auch das Meer jüdlich von Jtalien und Sicilien
verjtanden. Es it den Stürmen, bejonders dem
Notus ausgejegt. Hor. od. 1, 3, 15. 2, 14,
14 u. ö.
Adrumötum oder Hadrumötum, Adovun,
0 Adgvuns, Adgovuıros, Adgvunrög, jpäter Sozo-
polis, j. Suja mit Ruinen, n. a. Hamamet,
eine Gründung der Phoiniker, angeblich älter als
Kartdago, dann karthagiſch, römiſch, jeit Trajan
römijche Kolonie. Mit ihrem trefflichen Hafen
Kothon (Caes. b. Afr. 62. 63) war ſie eine
blühende Seejtadt und jeit dem 4. Jahr). n. E.
Aövıvaroı.
zugleich Hauptſtadt der Landſchaft Byzaciu
Africa propria. Seit Juſtiniau wird ſie
lustiniana genannt.
Aduatüci, ein mächtiger Volksſtamm in (
belgica, der jpäter unter dem allgemeinen N
Tongri befaßt wird, wohnhaft in der Gegen
heutigen Lüttich und Namur an der linfen
der Maas, jehr fampfmutig gegen die R
Caes. b. g. 2. 4. 16. 29. 5, 38. 56. 6, 2
Nach ihm gehören fie zum Geſchlechte der Cit
und Teutonen. Ihr Hauptort (daj. 2, 29),
mutlich am linken Ufer der Maas gegemübe
Stadt Huy gelegen, it nicht zu verwechieli
Aduatuca, einem Saftell im Lande der E
nen (daf. 6, 32), wo Gäjars Legaten Sabinu:
Gotta fielen (daj. 5, 24 ff. ).
Adüla j. Alpes, 5.
Adulterium iit das Verbrechen der Eheg
welche die eheliche Treue verlegt. In Atheı
überhaupt in den griechiichen Staaten war b
norzeia die Selbitradhe geitattet. Wollte der
mann feine Privatrache an dem Ehebrecher
men, jo war auch eine Schriftllage bei den Th
theten zuläjjig. Die Frau mußte augenblidlic
Haus verlafjen und verfiel in Atimie. ©. Eh
und Meier u. Schömann, Att. Prozeß ©. 4
der 2. Aufl. — In Rom durfte der $
die ertappte Verbrecherin (adultera) töten (
10, 23), ebenjo der Vater derielben (scho!
Hor. sat. 2, 7, 61), oder er konnte fie verj
(repudiare), Plut. Rom. 22. Gegen Du
Ende des Freiſtaats immer mehr überhand
mende Unjittlichleit gab Auguftus die lex
de adulteriis, welcde die nad altem Ned;
attete Selbſtrache bejchräntte und Vermö
—— nebſt Verbannung einführte.
Adversaria, das Konzeptbuc der Kau
zu vorläufigen Eintragungen, die dann jpät
das eigentliche Hauptbuch (tabulae oder <
accepti et expensi) übertragen wurden und R
güttigteit hatten. Cic. Rose. com. 2, 5 ji.
Adversitor, adversum itor, der röm. ©
der jeinem von einer Mahlzeit oder jonjt
fehrenden Herrn entgegen gehen und ihn
Hauje begleiten mußte; ſ. das Perjonenverze
vor Plaut. Most. (vergl. daſ. 1, 4, 1. 4, 1
2, 32. Men. 2, 3, 82. Ter. Ad. 1,1,1f.). E
mußten die pedissequi den Herrn vom !
hinbegleiten; dies war aber eine eigene Ar
Sklaven, die adversitores Dagegen nicht.
Advocätus. In der republilan. Zeit n
man die Männer advoc,, weldye von einer \]
ald Nechtsbeiftand zu Hülfe gerufen wurden
nicht bloß zu Haufe Nat gaben, jondern auı
Gericht zugegen waren, um der don ihnen
tretenen Partei nur durch ihre Gegenwar
wicht zu geben. Cic. Caec. 27. Mur. 2 ii.
öffentlihe Verteidigung dagegen führte
atronus, In der ijerzeit verichtwand
nterjchied gänzlich, und advoc, war mn
mit patronus identiih. Seit Claudius waı
Nechtsbeiftänden gejeßlich geftattet, ein beichre
honorarium anzunehmen. Tac. ann. 11, 7
'Aduvaroı, — oder körperlich gebrei
Bürger, welche unfähig waren, ich jelbit 3
nähren, und deshalb vom Staate unterhalten
den; eine Einrichtung, die lediglich in Athen
kommt. Für die int Kriege VBerftümmelten oı
Adyrmachidae — Aediles.
Beififtratos Staatsunterftügung an. Plut. Sol. 81.
— Nach dem peloponn. Kriege wurde die Armut
berrichender. Die Unterftügung beſchränkte jich auf
die, welche unter 3 Minen Vermögen hatten ; die
Prüfung geichah vor dem Rate der Fünfhundert,
die Bezahlung nach Prytanien; der tägliche Sold
ichwantte zwiſchen 1 und 2 Obolen. Das ganze
Snftitut beruhte auf einem Boltsbeichlufie.
Adyrmachidae, Advouayidaı, libyicher Volls—
jtanım in der Nähe der Küſte, zunächſt an Agyp-
ten. Herodot (4, 168) ſchildert ihre jehr eigen:
tümlichen Sitten.
Adytum, “övror, der für Laien unbetretbare,
nur Brieftern zugängliche geheime, inmerjte Teil
eines Heiligtums (Hom. Il. 5, 420. Caes. b. e.
3, 105), aus dem auch die Drafeliprücdhe erteilt
wurden (Verg. A. 2, 115. 296. 6, 98), auch pe-
netrale und sacrarium genannt.
Aedicüla, eigentlich ein Heines Haus zu hei-
ligen Gebräuchen, Kapellchen (4. B. der Victoria,
JZiv, 35, 9), war aud) eine Wandnijche oder jonjtige
ähnliche Vorkehrung zur Aufnahme eines Götter-
bildes (Ge. pro dom. 53. Liv. 35, 41), auch zur
Aufftellung der Urnen auf Leichenfteinen.
Aediles. Uriprünglich waren 2 Aed. plebeii
zugleid) mit den Volfstribunen 494 v. C. und zu
deren Unterjtüßung eingejeßt, weshalb fie anfäng-
lich ebenfalls sacrosaneti waren. Fest, p. 318 M.
Liv. 3, 55. hr Name rührt her von ihrer Auf:
fiht über die Tempel (aedis, Varr. 1. 1. 5, 81,
Paul. Diac. p. 13 M. Dion. Hal. 6, 9%) od.
von dem Tempel der Eeres, dem religiöjen Mittel:
punfte der römischen Plebs, für welchen jie jorgten
und in welchem fie das plebejtiche Archiv aufbewahr-
ten (Zon. 7, 15), j. Yabularium. Sie hatten
die ſtädtiſche Polizei zu handhaben, die plebejtichen
Spiele zu feiern und den Tribunen beizuftehen,
indem fie auf den Befehl derjelben Ungehorjame
arretierten und an Berurteilten die Exekution voll-
ftreden ließen, auch als Ankläger gegen die Ber:
ächter der Plebs auftraten. Dion. Hal. 6, 90.
9. 7, 26. 35. Liv. 8, 31. Plut, Coriol. 17. 18.
Wegen der durch die Spiele verurjachten bedeu-
tenden Koſten erboten jih infolge der Liciniichen
Geſetze 366 v. E. die Batricier zur Teilnahme an
diejem Amte, was die Plebejer dankbar aunahmen,
und nun wurden nod 2 patriciihe Aediles
curules gewählt, welcde größere Ehre genoflen
und die Auszeichnung der sella curulis und der
praetexta empfingen. Liv. 6, 42. 7, 1. Dieie
erhielten die Beſorgung der ludi Romani und
Megalenses (Liv. 34, 45. 54, ſ. Spiele, 4.) jo:
wie die Aufficht über die patriciichen Tempel; die
Polizei verwalteten fie gemeinjam mit den beiden
plebejiihen MWdilen. Obwohl ſich allmählich die
beiden Aınter näher traten, auch die Plebejer bald
Zutritt zum euruliſchen Ädilität erhielten, fo be:
ftand doch im manchen Beziehungen der Unter:
ſchied fort, und wenn fie auch polizeilich gemeinjam
fungierten, jo jtanden die curules doc höher
Diad. Sie. 20, 36. Dio Cass. 53, 33), und die
Spiele blieben immer getrennt. Ein bejonders
wichtiger Vorzug der curules beftand darin, daß
fie allein berechtigt waren, die ädilieiichen polizei:
lichen Editte abzufafjen (j. Edietum) und die
Eiviljurisdittion in Marktſachen zu bejorgen. Flaut.
Men. 4, 2, 23. Die Hauptthätigkeit beider Arten
von Ad. läßt ſich in folgendem zujammenfaflen
Realleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
17
(Cie. Verr. 2, 5. legg. 3, 3. Varr. 1.1.5, 81,
tab. Heracl. oftm.): 1) Wirkſamkeit in bau—
licher Beziehung, Erhaltung der opera publica,
wie Tempel, Kloafen, Aquädufte, Straßen u. j. w.
Die Anlegung jolcher opera publica geſchah aller:
dings nur jelten von den Adilen und dann von
den Strafgeldern. — 2) Straßenpolizei oder
Sorge für die Neinlichfeit und Sicherheit der
Straßen; 3. B. machten jie darüber, daß der
Straßenverkehr gefichert jei gegen Berjperrung
durch Fuhrwerk oder jonft, gegen bijjige Tiere,
gegen Bauten, welche Gefahr drohten, auch dar:
über daf das Pflafter von den verpflichteten Haus-
eigentümern im Stand erhalten werde u. dergl.
— 3) Gejundheits: und Sittenpolizei, z. B.
Aufficht über die Bäder und Wirtshäufer, Be—
jtrafung der Sazardipieler (Mart. 5, 84. 14, 1)
und der umfittlichen Lebensweije überhaupt (Liv.
8, 22. 10, 31. 25, 2), Aufrechthaltung der Luxus—
geiege (leges sumptuariae, Cie. Phil. 9, 7.
Tae. ann. 3, 52 ff.), Verfolgung der Wucherer
(Liv. 7, 28. 35, 41) und Sorge für Neinerhaltung
der vaterländifchen Religion von fremdem Aber:
glauben (Ziv. 4, 30. 25, 1. 39, 14. Dio Cuss. 49,
48). — 4) Marftpolizei im w. ©., d. h. Sorge
für hinlängliche Zufuhr, cura annonae (Liv. 26,
10. 30, 26. 31, 4), für tadelloje Beichaffenheit der
Biltualien (Plaut. Rud. 2, 8, 42), jowie für ein
richtiges Maß und Gewicht (4uv. 10, 100. Pers.
1, 128). Hieher gehört aud der Berfauf von
Getreide an die Armen zu billigen Preijen, j. Lar-
gitio. 5) Schuß der Staatsfinanzen
und Beitrafung derjenigen, welche ein zu großes
Maß von ager publicus beſaßen oder auf Staats:
weiden mehr Vieh hielten, als ihnen gejtattet war.
Liv. 10, 13. 23. 47. 28, 42, 35, 10, Die von
den Adilen beigetriebenen Geldftrafen (j. Multa)
wurden von dentelben jelbftändig zu gemeinnüßgigen
Zwecken verwendet. Liv. 38, 36. 34, 53. — 6) Die
oben erwähnte cura ludorum. Dur dieſe
Pflicht wurde die Adilität ein Foftjpieliges Amt,
indem die Spiele größtenteild aus eigenen Mit:
teln veranftaltet wurden. Dion. Hal, 7, 41. Biele
ehrgeizige Männer machten als Adilen ungeheu:
ren Aufwand, um jo Bopnlarität zu erwerben und
fich zu höheren Amtern zu empfehlen. Durch Oeta—
vianus verlor diefe Würde jehr an Einfluß und
Anſehen, indem er die ädiliciiche Jurisdiktion auf
die Prätoren übertrug und mehrere Stellen ſchuf,
welche die Funktionen der Adilen bejorgten,
namentlih die zahlreichen curatores operum
publicorum. llbrigens dauerte der Unterjchied
zwijchen aed. cur. und pleb. noch fort (Tac. ann.
13, 28), bis das Amt, noch vor Eonftantin, ganz
einging. Vgl. Schubert, de Roman. aedilıbus
libri IV (1828), Mommjen, Röm. Staatörecht
Bd. Il Abt. 1 ©. 443 ff.
Aediles cereäles heißen die beiden, 44 v. €.
von Cäſar angeordneten, Ädilen, denen fpeziell
die cura annonae und die cerealiichen Spiele ob:
lagen. Suet. Caes. 41. Dio Cass. 43, 51. Sie
icheinen dem praefeetus annonae untergeordnet
gewejen zu jein.
Aediles municipäles. Geit uralter Beit
ſcheint es im den latiniſchen Städten (jpäter faft
in aller Municipien) Adilen gegeben zu haben,
welche, wie die römiſchen, Spiele gaben, die öffent:
lihen Bauwerke in Stand hielten, das Getreide:
2
18
weſen und die Polizei, bejorgten. In einigen
Städten verjahen die Adilen zugleich die Stelle
des höchſten en re (der duumviri oder quat-
tuoıviri) und übten die Jurisdiftion, z. B. in Ar:
pinum (Cie, ad fam. 13, 11. 15, 15. Spart. Hadr.
19). Dieje wurden auch Aediles iuri dieundo ge:
nannt. Wenn die Aediles zugleich die Cenfur ver:
walteten, jo hießen fie Aed. quinquennales, welche
einigemale auf Injchriften genannt werden.
Arditüns, vielleicht von aedis
tueri (Haushüter), in der Volks—
iprache geläufigere Form als aedi-
tumus, der Kirchner, Tempelhüter,
- der in der Nähe oder am Eingange
‚Al des Tempels wohnte, ihn öffnete und
ſchloß, auch Fremden zeigte. Plaut.
Cure. 1, 3, 48. Cie. Verr. 4, 44.
Auch bei öffentlichen Gebäuden und
Grabmälern gab es aeditui. —
⸗ Bildlich — Dora (ep. 2, 1,
— 230) das Wort von dem Verherrlicher
J — der Bürgertugend des Auguſtus, ge—
wiſſermaßen dem Wächter eines
gottgeweiheten Guts.
Aödon, Andor, Gegenſtand zwiefacher, innerlich
verwandter Sage im Altertum. Nach der einen
iſt ſie die Tochter des Pandareos (Hom. Od. 19,
518 ff.), Gemahlin des thebaniſchen Königs Zethos
(Apollod. 3, 5, 5), dem jie den Itylos geboren
hat. Neidiich auf das Glück der finderreichen Ehe
der Niobe, Gemahlin —— will ſie in der
Nacht den älteſten Sohn elben töten, tötet aber
aus Verſehen ihren eigenen Sohn Itylos. Sie
twird von Zeus in eine Nachtigall verwandelt, die
immer um ihren Sohn Pan (Hom. a. a.
Aesch. Agam. 1142. Soph. El. 144f.; bei den
beiden legten heißt der Sohn Itys). — Nach der
zweiten, jpäteren Sage ift jie ebenfalls die Tochter
des PBandareos, aber die Gattin des Künſtlers
Polytechnos zu Kolophon in Lydien, mit dem fie
in jo glüdlidher Ehe lebt, daf fie in ftolger Ver:
meflenheit den Zeus und die Hera in der Liebe
zu übertreffen meint. Da jchidt letztere die Eris;
im wetteifernden Hader arbeiten beide Gatten ein
Kunftwerf, er einen Stuhl, jie ein Gewebe, und
hi = mit Hülfe der Hera. Dadurd) gereizt,
ü
rt Bolytechnos der Gattin ihre unterwegs ver:
rte Schwejter Chelidonis unerkannt ala Sklavin
zu; denn der Beſiegte jollte dem Sieger eine
Sklavin jchenfen. Chelidonis Hagt ihr Leid am
Brunnen, und die Schwefter behorcht fie; da töten
beide Schweitern den Ithylos und jeßen ihn dem
Vater zum Mahle vor. Als er defjen inne wird,
verfolgt er die Schweitern bis ins väterlihe Haus
in heftiger Wut, die Götter aber verwandeln aus
Mitleid fie alle, namentlih den Pandareos in
einen Meerabler, die Mutter der Aëdon in einen
Meereisvogel, Bolytechnos in einen PBelilan, Addon
in eine Nachtigall und Chelidonis in eine Schwalbe
(Anton. Lib. 11). gl. Philomele.
Aedüi, (weniger gut) Haedüi, eine keltiſche
Völkerſchaft Galliens (Caes. b. g. 1,10), zwiichen der
Loire und Saone bis gegen Lyon hin wohnend, die
erfte, welche id) den Römern anjchloß, und die
daher jchon vor Cäſar die Ehrennamen der Brüder
und Bundesgenoſſen erhielt (daf. 1, 31, 7. 6, 12.
Cie. ad fam. 7, 10). Der Vorſteher ihres Gemein-
weſens wurde unter dem Namen eines VBergobretus
D.|xrınn Bewmgla.
Aedituus — Aelianus.
(„Rechtswirker“ Mommſen) von den Prieitern q
wählt und durch einen Senat bejchräntt. Car
b. g. 1, 16. 7, 33. Ihre Hauptſtadt war Bibrac
(auf dem Berge Beuvray), jpäter das weiter öftli
elegene Auguftodunum (j. Autun); Gälar b
Banbelte E mit bejonderer Nachjicht: ald Ariov
ihre Anfehen ſchwächte, jtellte er es wieder be
als Vereingetorig fie zur Empörung verleitete (de
7, 5. 32. 54. 63), nahm er ihn gefangen, jchon
aber des Bolts (daj. 7, 89). Strab. 4, 19275.
Aegaenm mare j. Alyalov nilayog.
Aegätes, af Alyodsoaı, die Ziegeninjeln,
der Nähe der Weftipige Siciliens: Phorbant'
(j. Levanzo), Capraria (j. Yapignana) und Hieı
oder Maritima (j. Marittimo), befannt du
ben Sieg des E. Lutatius Catulus über die Ku
thager 242 v. E., der den erften pun. Krieg ci
ichied. Pol. 1, 44. 60ff. Flor. 2,2. _
‚Asicıror find diejenigen Perjonen in Athı
die durd ihr Amt berechtigt waren, täglid
Protaneion (ipäter in der Tholos) zu jpeiien, «
Necht, das aud Fremden, z. B. Gejandten, u
ausgezeichneten Bürgern zumeilen erteilt wur!
j. BovAn, 4. und Lirnaosg.
Aelia gens, ein angejehenes plebejiiches 6
ichlecht in Rom, das beionders in die Yamili
der Baeti (j. d.), Galli, Zamiae und Tub
rones zerfiel. — 2. Aelius Stilo j. Stilo
Aelia lex j. unter Lex.
Acliänus, Allıavög, 1) mit dem Beinamen 0 ı
xrınög, lebte in Nom um 100-140 n. C. um
der Negierung Trajans und Hadrians, welch
fegteren er jein Werf über die Einrichtung |
Schlachtordnung bei den Griechen widmete: 7
n Die Meinung Köchlys, daß
bisher unter dem Namen Arrians heransgegebı
Taktif ein Werk Aelians in feiner —
Form, dagegen die, welche bisher den Namen |
el. trug, eine jpätere, mit Zujägen aus Ail
piodotos, der um 50 n. E. raxrına xepakı
ichrieb, bereicherte Necenjion desjelben Werts
ift unhaltbar (vgl. A. Förſter im Hermes !
420 ff). Er ijt der bejte Gewährsmann für
mafedoniiche Taktif. Ausg. von Köchly und Rüſi
(1855). — 2) Claudius Ael., der Sophift,
bürtig aus Präneſte, lebte unter Septimius Seve
und Are Nachfolgern in Rom als Lehrer
Beredſamkeit. Einen Abriß jeines Lebens x
Philoſtratos (vit. soph. 2, 31). Er jchrieb au
mehreren, uns nur dem Titel nad befann
Schriften ein Werk vermiichter Gejchichten (morn
isropi«, varia historia) in 14 Büchern, um
verfaßt, von mannigjaltigem, zum Teil wertvol
Inhalte, die übrigens von 3, 13 au mur in
gefürzter Faflung erhalten find (umfafjendjte A
gabe von Abr. Gronov, 1731); außerdem
erk: Tiergefchichten in 17 Büchern (meol fa
ldiörnrog), welches einen großen Lejerfreis gel
u haben jcheint uege von Schneider, 1784,
— Jacobs, 1832). Doch beruht der Wert be
Werfe, worin das einzelne nicht immer mit
nötigen Umficht und Auswahl zujammengef
ift, zum großen Teil auf den zahlreichen di
enthaltenen Nachrichten aus verlorengegange
Schriftjtellern. Daß beide von Einem Berfe
find, hat Fr. Jacobs in jeiner Ausgabe der I
geichichte wahrjcheinlich gemacht. Welian war,
ſchon in Stalien geboren, der griechiſchen Spr
Acllo — Aemilii.
jo mäcdtig, daß er als usilylmacog, uskdpdoy-
705, honigiüh redend, gepriejen wurde. Sejamtaus-
gaben von Hercher (Paris 1858. Leipzig 186466).
Alllo j. Harpyien.
Aemilia lex j. Lex.
Aemilia via j. Via und Acmilii, 1, 1.
Aemiliänus, von Geburt ein Manretanier,
Statthalter der Provinzen Bannonien und Möjien
unter der Megierung des Kaiſers Gallus, jchlug
die von Diten her in jeine Statthalterichaft ein-
fallenden Goten und wurde dafür von jeinen
Kriegern zum Kaiſer ausgerufen, 253 n. C. Er
bejiegte und tötete den Gallus, unterlag aber dem
nachherigen Kaijer Balerian und wurde von feinen
treuloien Soldaten ermordet. Eutr. 9, 6. Aur
Viet. epit. 45.
Aemilii (Aimilii), ein altes und berühmtes
patrieiſches Gejchlecht in Rom, das von einem
ereus (Mamers — Mars, vgl. Mamercus),
angeblihem Sohne des Numa oder Puthagoras,
herſtammen —— der wegen der Lieblichkeit ſeiner
Rede (dı’ aluvilav Aöyov nal yagır) den Namen
Aemilius befommen habe. Plut. Aem. 2. Num. 8.
Liv. 39, 32. Nach andern ſtammte es von Aimylos,
©. des Aſcanius, war aljo jedesjalld eines der
älteften Roms. — 1. Lepidi, eine Familie, deren
orragendite Mitglieder folgende find: 1) M.
em. Lep., wurde im 9. 201 v. €. als Ge—
jandter zu Ptolemaios V. Epiphanes von üghp—
ten und dann an Bhilipp V. von Makedonien
geichiett, wurde Prätor 191 und verwaltete Sicilien
(Liv. 31, 2. 36, 2. Pol. 16, 34). Im Kriege
gegen Antiodhos von Syrien (190) zeichnete er fi
aus (Liv. 37, 48). Als Konſul (187) ging er na
Ligurien und legte die via Aemilia an, kämpfte
glüdlich wider die Ligurier und führte Kolonien
Mutina und Parma. Er war zumt zweiten:
mal Konjul 175, ſechsmal princeps senatus und
bei jeinem Tode 152 v. E. als Batriot gefeiert.
Lie. 39, 15. ep. 48. — 2) M. Aem. Lep., ein
ftolzer und herrichfüchtiger Anhänger des Pom—
peius und von dieſem 78 v. C. zum Konjul be-
fördert, aber nachmals mit, ihm zerfallen. Um
jeines für den Staat Sefahr drohenden Verfahrens
ledig zu werden, gab der Senat ihm den Ober:
befehl in Gallia transalpina. Er blieb jedoch in
Etrurien und verichaffte fich dort immer größeren
Anhang. Als er nun mit jeinem Heere gegen
Rom rüdte, um fich das Konſulat zu erzwingen,
zogen Pompejus und Catulus ihm entgegen und
bejiegten ihm dicht vor der Stadt. Sein Legat,
der im transalpin. Gallien mit einem angeworbe—
nen Heere ftand, mußte fich ergeben. Als dem
Lep. auch ein zweiter Verſuch von Etrurien aus
mißlungen war, ging er nad Sardinien, um fich
mit GSertorins in Spanien in Verbindung zu
jegen, gewann neuen Anhang, warb jedoch noch
mehrmals — und ſtarb daſelbſt im J. 77
an einer Krankheit. Plut. Pomp. 15 f. App.
b. e. 1, 107. Liv. ep. 90. — 3) Sein gleidh-
namiger Sohn ift der befannte Triumvir. An:
hänger Cäſars, wurde er von diejfem zum Stadt:
» präfeften und Prätor befördert und bewies jeine
Dankbarkeit dadurch, daß er dem aus Hijpanien
heimfehrenden Cäſar die Diktatur verichaffte. Nach—
dem er 46 dv. C. eimen nicht verdienten Triumph
gehalten, wurde er Cäſars Genoſſe im Konſulat und
ſein magister equitum, nad) deilen Tode Bontifer
19
Marimus und Befehlshaber des galliichen Heeres.
Als das Triumpirat zwifchen ihm, Antonius und
Oetavianus zuftande gefommen, erhielt er bei der
Länderverteilung Afrika, triumphierte abermals
und wurde Konjul für 42. Am Kampfe mit
Dctavian zeigte er ein jo ziweideutiges und läjjiges
Benehmen, daf die Armee ihn verließ und er, jich
auf fein Pontifitat zurüdziehend, aller Staatsver-
waltung entjagen mußte, nachdem er ſich vor
Detavian aufs tieffte hatte demütigen müſſen.
Später lebte er, von Octavian dazu gezivungen,
in Rom, aufs verächtlichjte von ihm behandelt.
Sein jhwantender Charakter, bald übermütig, bald
fleinmätig, zog ihm mit Recht joldye Behandlung
u. Er Kath nach Suwet. Oct. 16 in Eircefi im
.13 v. E. Dio Cass. 44, 22 ff. Ciceros Urteil
über ihn j. Cie. Phil. 13, 4. 19. — 4) M. Aem.
Lep. Borcina, Konjul 187 dv. E., ein Mann
von ausgezeichneter Beredſamkeit (Cie. Brut. 25),
widerjegte fich den Unternehmungen des Tribunen
C. Caſſius mit Erfolg. Mit den Baccdern in
Hispania eiterior begann er einen ungerechten
Krieg und ſetzte denjelben gegen den Willen des
röm. Senats und troß hartnädiger Verteidigung
eifrig fort. Als Mangel an Lebensmitteln ihn
zum Rückzuge zwang, wurde er von den Baccäern
überfallen und erlitt empfindlichen Berluft. Nach
Rom zurüdgerufen, wurde er wegen übertriebenen
Aufwandes zu einer anjehnlichen Geldftrafe ver-
urteilt. Val. Max. 8, 1, 7. Cie. Brut, 27. Vell.
Pat. 2, 10. — 1. Mamerci: 1) M. Aem.
Mamı., tonnte, obgleich reich, nicht Konſul werden,
weil er nicht Koi gewejen war (Oic. off. 2, 17). —
2) DO. Aem. Mamı., ein Decurio aus Arpinum, tri-
bunus militum bei Cicero während dejjen Statt:
halterjchaft in Kilifien (Cie. ad fam. 18, 11, 1).
— IH. Bapi (Pappi): 1) M. Aem. Bapus,
Diktator zur Haltung der Comitien 321 v. C.
Liv. 9, 7. — 2) DO. Wem. Bap., Konful mit €.
Fabricius Luſcinus 282 v. E., befiegte die Etrujfer
und Bojer; beide fämpften als Konjuln wieder
im 3. 278 v. €. mit Ruhm gegen Pyrrhos;
3 3. ipäter befleideten fie zujammen die Cenſur.
— 3) 2. Aem. Pap., Enfel des Vorigen, Konjul
225 v. E. mit E. Atilius Regulus, war in wieder-
—— Kämpfen gegen die Gallier ſiegreich und
ielt, nachdem er viele Gefangene gemacht und
fein Heer mit auſehnlicher Beute bereichert, einen
glänzenden Triumph (Pol. 2, 23 ff.). Später (220)
war er Genjor mit E. Flaminius. — 4) %. Aem.
Pap., Prätor 205 v. E. (Liv. 28, 38), fämpfte
in Gicilien (Suet. Oct. 2). — IV. Baulli: 1) M.
Aem. Baullus, Konjul im J. 255 v. E., ging
mit jeinem Kollegen Servius Fulvius Nobilior
nad Afrika, um die Reſte des Heeres des Regulus
u retten, und jchlug die Flotte der Karthager am
Sermäiiden Borgebirge. Pol. 1, 36. Eutr. 2, 22.
on. 8, 14. — 2) & Memil. Baull., Konſul
des J. 219 v. E., triumphierte über die Jllyrier
(Pol. 3, 18f.), fiel aber in jeinem zweiten Kon—
infate, 216, in der Schlacht bei Cannä, die wider
feinen Willen fein plebejifcher Kollege C. Teren:
tius Varro (j. Terentii, 1.) gegen Hannibal
unterna Pol. 3, 1105. Liv. 22, 835. 44 ff.
Hor. od. 1, 12, 38 (animae magnae prodigus).
— 3) 2, Uem. Pauli. Macedonicus, Sohn
des Borigen, von früher Jugend an durd alt:
römische Tugenden ausgezeichnet, fiegte bei der
2*
-
20
erjten Bewerbung um die Adilität über 12 Mit-
bewerber, 192 v. E., wurde dann Prätor und
Konjul, 182. Er unterwarf die jeeräuberijchen
Ligurier und hielt einen Triumph über jie. Liv.
40, 25. Mit der rüftigften Kraft, obwohl im
höheren Witer (c. 60 %.), übernahm er in feinem
zweiten Konjulate den Kriegszug gegen den male
donischen König Perſeus und bejiegte ihn in der
biutigen Schladht bei Pydna am 22. Juni 168
(Liv. 44, 40 ff.). Berjens mußte, da jein Lager er:
obert und jein Heer vernichtet war, Makedonien
als Flüchtling verlaffen. Der Sieger ——
Griechenland und ordnete die innern Verhältniſſe
durch gediegene Geſetze und Verfaſſung, zeigte den
Anhängern des Feindes die volle Strenge, aber
milderte dieſe auch wieder durch prachtvolle Feſte
(Liv. 45, 29 ff.). Die reihe Beute ward nad)
Vell. Pat. 1, 9 auf 200 Mill. Seftertien gejchägt.
Sein Triumph ward ihm teils durd) die Abneigung
jeiner, wenig von ihm bei Verteilung der Bente
bedachten, Krieger, teils durch häusliches Miß—
geſchich verbittert: einer jeiner Söhne ftarb 5 Tage
vor, ein anderer 3 Tage nach dem Triumphe. Zwei
andere Söhne waren durch Adoption in die gens
Cornelia (Scipio Wemilianus) und Fabia über:
gegangen. Er wurde noch Cenſor 164, unterlag
aber einer ſchweren Krankheit uud hinterließ ein
unbedentendes Bermögen. Er ftarb im J. 160
v. C. Flut. Aem. Paul. 39. Als der griechiichen
Sprache fundig und guten Redner bezeichnet ihn
Cicero (Brut. 20). Bei jeinen Leichenjpielen
wurden die Hecyra und die Adelphoe des Terenz
aufgeführt. — V.Regilli: %. Aemil. Regillus,
Prätor 190 v. E., jiegte mit Hülfe der Rhodier
als Flottenbefehlshaber in einem Seetreffen über
die Flotte des K. Antiochos IL. von Syrien,
wofür ihm auch die Ehre eines triumphus na-
valis bewilligt ward. Liv. 37, 14—32. 58. —
VI. Scauri, Beiname mehrerer römijcher gentes,
a) der gens Aurelia (j. d. Nr. 11), b) der gens
Aemilia: 1) 2, Aem. Sc., befehligte im Kriege
gegen Antiochos d. Gr, eine Schiffsabteilung und
eroberte PBholaia. Liv. 37, 31. — 2) M. Kem
Scaurus, aus einem vornehmen, aber verarmten
Sejchlecht, gewandt und verichlagen, mit bedeuten-
dem Redetalent begabt (Cie. Brut. 29), geboren
162 v. E., diente im numantin. Kriege und dann
auf Sardinien. Nachdem er curuliſcher Ädil und
Prätor gewejen war, bewarb er fih um das
Konfulat 117 v. E. (Cie. Mur. 17), erlangte es
jedoch erſt 115 und machte fich durch manche
Geſetze, jowie durch feinen Triumph über die
Ligurier berühmt, wurde princeps senatus und
war als Haupt einer Gejandtichaft bei Jugurtha,
defien Bejtechungsverjuchen er damals widerſtand,
ohne ihn jedod von Sewaltthätigfeiten abhalten
zu können. Sall, Jug. 25. Zum zweitenmal in Nu—
midien als Legat des X. Calpurnius Beitia (111)
ließ er jih von Jugurtha beftechen (Sall. Jug.
27 ff.), wurde aber nicht, wie jener, bejtraft, ja er
erhielt jogar 109 die Genfur. In dieſem Amte
ließ er die Mulviſche Brüde wiederheritellen und
die AÄmiliihe Straße über Piſa und Luna an:
legen. Er war als Führer der Digarchen einer
der erbittertften Gegner der demokratiſchen Partei,
imponierte jedoch dem Bolfe durch würdevolles Auf:
treten. Eine kurze, aber treffende Schilderung
von ihm gibt Salluft (Jug. 15): homo nobilis,
Aemilius Probus — Aequi.
impiger, factiosus, avidus potentiae, honoı
divitiaram, ceterum vitia sua callide occulta:
während Cicero aus Barteirüdfichten ihn über
lobt (Sest. 47, 101. de or. 1, 49, 214). Er ha
feine Laufbahn mit einem einträglichen Holz u
—— begonnen und ſpäter ſeine Rech
kenntniſſe zur Erſchleichung von Erbſchaften du
allerlei liſtige Mittel benutzt. Seine Selbſtb
graphie in drei Büchern, zu ſeiner Rechtfertigu
geſchrieben, erwähnt rühmend Cicero (Brut. 2
Val. Peter, hist, Rom. reliqu. I p. 186f.
3) M. Aem. Scaurus, j. Sohn, Hagte als jun;
Mann den En. Dolabella an (Cie. Verr. 1,38) u
war im 3. mithrid. Kriege Quäſtor des Bompejı
Nachdem er in Judia und Syrien längere Zeit ı
wejen war, wurde er Ädil und gab als ſolcher auf
ordentlich prächtige Spiele. Cie. Sest. 54. off. 2,
Als er nad) der Verwaltung der Prätur in Sardin
(56) zurüdgefchrt war umd ſich um das Konſu
bewarb, wurde er der Erpreflungen in den P
vinzen angeklagt, aber von Cicero glüdlich v
teidigt; einer zweiten Auflage wegen Anbii
erlag er nach dem Willen des Bompejus. Er gi
in die Verbannung und war jeitdem verjcholl
— 4) M. Aem. Scaur. Mamercus, jein En
war jehr ausichweifend, aber ein guter Red
und Dichter. Eine ausführliche Charakteriftif| a
Seneca (controv. X. praef. 2—4); bei ihm fin
fih auch viele Proben jeines treffenden Wit
Nachdem er unter Tiberius ſchon eines Majeftä
verbrechens angeflagt war, wurde er aberm
angellagt des Ehebruchs und der Zauberei, in
That aber wegen einiger Berje einer Tragö
Atreus, ‚die ZTiberius auf fich beziehen kom
Nach u ng feiner Gattin Sertia gab
fih den Tod; fie ftarb mit ihm. Tac. ann.
9. 29. Mit ihm hört die familia Scaurorı
auf. — VII DO. Aem. Laetus, Paefectus pri
torio im $. 198 n. E., ftiftete eine Verſchwörr
gegen Commodus an, den er umbradhte, veranla
die Thronbefteigung des Bertinag und wurde ı
Befehl des Didius Julianus hingerichtet. 4
.| Cass. 72, 19. Herodian. 3, 7. — VII. Yen
lius Macer ſ. Macer, 2.
Aemilius Probus j. Nepos.
Aenaria, auch Pithecusa (II$nxovce«)
nannt, Inſel an der campanijchen Küfte, mit d
Bulfan Epomeus od. Epopos (j. M. Epom
und warmen Quellen, j. Iſchia. Dichter (3.
Verg. A. 9, 716) nennen fie auch Jnarime, n
der Sage nach Typhon unter ihr begraben I
deſſen Lagerftätte II. 2, 783 mit &lv Agduoıs
zeichnet wird. Strab. 5, 247. Plin. 3, 82.
Aenus (nicht Oenus), rechter Nebenfluf
Danuvius, die Grenze zwi] en Bindelicia ı
Noricum bildend, j. Jun. Tae. hist. 8, 5.
Aequi, vielleicht jtamımverwandtes Wort ı
Opici, Osci, bei Ovid (fast. 3, 93) auch Aeq
ceuli, eine aderbautreibende, aber auch friegliebe:
Völterichaft, welche nach Göttling (röm. Staat
20) als bejondere politiſch geichiedene Bund
gemeinjchaft neben den Latinern, Boljfern, 9
tulern, nilern und Auſonern zu dem Stam
der Opifer oder Djfer gehörte, die im Süden ı
Weiten Roms wohnend jich freier und jelbjtändi
behaupteten. Sie wohnten an beiden Seiten |
Anio; ihre Hauptftädte waren Alba Auceni
(j. Alba, 1.), Tibur, Bränefte, Carjeoli; a
Aequitas
fag der mons Algidus in ihrem ziemlich aus:
gedehnten Gebiete. Im Bunde mit den Volſtkern
führten fie blutige Kriege gegen Nom, bis fie
durch Camillus 389 dv. C. gedemütigt und in den
Sammiterfriegen 304 v. C. unterworfen wurden.
Jar. 1, 2 ff. 9. 8, 35 u. 6. Cie. r.p. 2, 20.
Plin. 3, 12, 106 ff. Val.’ Max. 2, 7 u. ö.
i Aeqnitas, röm. Berjonifitation der Billigfeit
und echtigfeit, bejonders auf röm. Münzen
dargeftellt als ernite Jungfrau nad) dem deal
Der Athene, in der Rechten die Wage, in der Linken
das Füllhorn haltend. — Im röm. Recht wird die
aequitus, das Billigkeitsgefühl, zur Milderung der
Härten des jtrengen Rechts auch geſetzlich geltend
gem, beſonders jeit den prätoriichen Edikten.
. Cie. de or. 1, 56. Brut. 38. M. Voigt, die
Lehre von ius nat., aequum et bonum und ius
gent. ©. 24-63. 345-398. 529 — 541.
Aera — Epoche, j. Zeitrechnung.
Aerarli waren nad) der Berfajjung des Servius
Tullius alle diejenigen, welche nicht in die Klaſſen
und Genturien eingereiht waren und jomit fein
Stimmrecht hatten, auch nicht zum Legionsdienfte
ugelafien wurden. Es fonnten das ſehr begüterte
eute jein, bei denen jedoch Gründe vorlagen,
ihnen nicht jene Rechte zu erteilen, z. B. eben
erit unterjochte Völferichaften, von denen jederzeit
Abfall befürchtet werden konnte. Doc waren jie
nicht frei von Steuern, wie die proletarii, jon:
dern mußten Abgaben zahlen, die jedoch micht
nach einem Genjus, dem jie überhaupt nicht unter:
worfen waren‘, jondern willfürlih nad ihren
mutmaßlichen Verhältniſſen ihnen auferlegt wurden
(tributum in capita). Die Namen diejer aerarii
wurden in bejonderen Liften von den Cenſoren
verzeichnet, die hernach, weil die Einwohner der
Stadt Eäre den Hauptbeftandteil der Ararier bil-
deten (Lir. 5, 50. 7, 20), Caeritum tabulae
hießen (Geil. 16, 13. Strab. 5, 220. Schol. Hor.
ep. 1, 6, 62). Die Urarier als jolche konnten
jeldftverftändlich niemals Stimmrecht erhalten, wo:
durch fie fih auch ſpäter noch von den Proleta-
riern unterjchieden, als es dieſen gewährt wurde.
Leute aus den cenfierten Klafien wurden bisweilen
bei Vergehen damit beftraft, daß der Cenſor fie
unter die Ararier verjegte (aerarium facere, tribu
movere, in Caeritum tabulas referre), 5. B.
Mamercus Aemilius wegen der lex Aemilia
(Liv. 4, 24). Ihr tributum fonnte fich in diejem
Falle je nach ihrem Vermögen jehr hoch belaufen.
Den allerdings möglichen Mißbrauch jolcher cen:
ſoriſchen Machtbefugnis (j. Liv. 29, 37, mo 34
tribus unter die aerarii verfeßt wurden) hoben
gewöhnlich die nachfolgenden Genjoren wieder auf
(Ascon. zu Cie. div. in Caec. 3). Unter Umftänden
fonnten die jo Beitraften durch ein SCons, zur
Berihärfung ihrer Strafe ni zu Kriegsdienften
unter beengenden und jchimpflichen Verhältnifien
herangezogen werden (Liv. 24, 18).
Aerarium iſt der Staatsſchatz, im den die regel:
mäßigen Abgaben (ij. Veetigalia,Staatshaus-
halt, II, und Tributum) flofien und aus dem
die laufenden Staatsausgaben beftritten wurden.
Als die vicesima manumissionum, d. h. der
wanzigfte Teil des Wertes eines freigelaffenen
SHlaven, 357 v. €. eingeführt wurde (Zav. 7, 16),
entitand eine zweite Abteilung des Staatsichages,
aer. sanctius oder interius genannt und für Not:
21
fälle beftimmt. Zar. 27, 10. Beide wurden in
einem Hintergebäude des Saturnustempels auf:
bewahrt (Serv. zu Verg. A. 8, 319) und von den
Onäftoren, deren Unterbeamte tribuni aerarii
iehen, verwaltet. Unter den Kaiſern wurde jehr
ufig dieje Aufficht auf gewejene Brätoren, dann
wieder auf Quäſtoren, wirkliche Prätoren, aud)
wohl auf bloße Präfetten übertragen. Tac. ann.
13, 29. Überhaupt fam während der Kaiferzeit
dad aerarium in vollitändige Abhängigkeit von
dem Kaifer, wermgleich der Senat dem Scheine
nach die Verwaltung bdesjelben hatte, und ver:
ſchmolz jpäter immer mehr mit der von Auguſtus
eingerichteten kaiſerlichen Privatkaſſe (fiscus), die
von faiferlichen Bräfetten verwaltet wurde. Much
ein neues aerarium richtete Auguftus zur Be:
ftreitung der Koſten für das Heer ein, aerarium
militare. In diejes floh die centesima rerum
venalium, die von allen Berfaufsgegenftänden ent:
richtet werden mußte (Tac. ann. 1, 78), von
Tiberius um die Hälfte ermäßigt (daf. 2, 42),
doch bald wieder erhöht (Dio Cass. 58, 16), bis
Galigula fie für Italien ganz aufhob (Suet. Cal,
16). Später fam noch dazu die vicesima here-
ditatum et legatorum und die quinquagesima
mancipiorum venditorum,. Die Verwalter des
aerarium militare hießen praefecti aerarii.
Aöröpe j. Agamemnon und Katreus,
Aerügo (von aes), ein harter und glängender,
ihön hellgrüner Überzug auf den alten Bronzen
(jest technisch mit Patina bezeichnet), welcher an
Statuen und Bildwerfen hoch geichäßt ward (Plin.
37,10, 55. Plin. ep. 8, 6. Jur. 18, 148), befon-
ders auch am nes Corinthium, Kupferoxyd (f.
Aes). Paus. 2, 3, 8.
Aes, etymologiich verwandt mit unferm Eijen
und Erz, umfaht eigentlich alles Kupfer, Kupfererz
und aus Kupfermijchung bereitete Metall (Plin.
34, 1, 15), zunächſt als Rohſtoff, bejonders
unter dem Namen aes Cyprium, weil es auf
Cypern zuerft gefunden ward; dann aber auch in
verjhiedenen Yegierungen, mit Arſenik, aes
candidum, weißer Tombad (daſ. 11, 110. 17,
160); mit Zinf, orichaleum, Meifing; mit Zinn,
aos jchlechthin, Bronze, worunter dad aes Corin-
thium bie geichägtefte Gattung war. Sp wie
dieſes (nach der Stadt Korinth, wo die Technik
des Erzaufies und der Milchung der Bronze am
höchften blühte, benannt) bald eine helle und weiß:
liche, bald eine dunfelbraune, bald eine mittlere
Farbe hatte, jo teilte man dem Erze überhaupt
verjchiedene Farben mit und wußte auch den ein-
zelnen Teilen einer Bildjänle verjchiedene Farben:
nüancen zu geben. — ferner diente aes als
Münze, indem die italifchen Wölfer, bis auf die
Beit des Pyrrhos, fich des Kupfers als Austauſch—
mittels bedienten. Das Metall wurde in Barren
egofien und mit Figuren von Rindern, Schafen,
Säweinen und Hammel verichen (nes signatum).
Dies waren aber feine Wertzeichen, ſondern die
Barren wurden gewogen; daher die juriſtiſche
Formel per aes et libram beim Kauf. Eine wirt:
liche Münze ift wahrjcheinlich erft in ber Zeit der
Decempirn eingeführt. Diejer Ausdrud für Geld
blieb aber auch dann noch, als man (jeit 268
v. €.) Silber: und 62 Jahre jpäter Goldmünzen
zu Ichlagen anfing. Der Wert wurde nad dem
Gewichte (pondo) beftimmt. Als Einheit der Wert:
— A s.
22 Aesculapius — Aetna.
beredinung galt ein Pfund Kupfer (as, eis,|teit, häufig auf Kaiſermünzen abgebildet als er:
daher as libralis). — Ws Bermögen unter: | weibliche Geftalt, mit verjchiedenen ihm Weſen jt
ichted man aes suum, Aftiv-, und aes alienum, | bolifch bezeichnenden Attributen. Hieher gehört
Pajfivvermögen, Schulden. Außerdem unterjchied | Kugel, auf der jie figt oder mit dem Fuße ftı
man aes circumforaneum als das von den | und der Ring, ald Dinge, die weder Anfang n
Geldwechslern (argentarii), die ihre Buben in der | Ende haben, der Elefant, mit dem fie fährt, tweı
Portieus am Forum hatten, entlehnte Geld (Cie. | feiner langen Lebensdauer, der ans jeiner A
ad Att. 2, 1, 9); equestre, die dem Ritter | verjüngt hervorgehende Phönir u. ſ. f.
um Ankauf feines Pferdes verabreichte Summe; | Aöthlios j. Endymion,
ta (von hordeum, Gerſte), die den) Aötion j. Maler, 8.
unverheirateten oder verwitweten, vermögenden | Adtins, geboren wahricheinlih um 395 n.
Frauenzimmern, die jonft vom Cenſus ausge: | in Untermöjien, zeichnete fich jchon als Knabe du
ichloffen und von der Striegsitener aljo befreit | Kühnheit aus. Er trat in die faiferliche Leibwa
waren, obliegende Steuer zur Unterhaltung der | ein und verweilte jeit 409 längere Zeit als Ge
Nitterpferde (2000 As) (Cie. r. p. 2, 20, 36. Liv. | bei Mlarich, dann bei den Hunnen, von welchen
1, 43; vgl. Göttling, röm. Staatsv. 256); ma-|im %. 424, nad) dem Tode des Honorins, Hül
nuarıum, durch den Wurf (manus) im Spiel | truppen warb, um den fräftigen Kobannes, für i
(manibus collectum) gewonnenes Geld (Suet. | Aötius Partei ergriffen hatte, in jeinem Strel
Oct. 81. Gell. 18, 3, 4); militare, j. dv. a. |nac dem Throne zu unterftügen. Doc Fam Ati
stipendium, Die durch Beſteuerung der aerarii | zu jpät, um ihn zu retten, und jchlof; mit der Kaiſe
beftrittene Löhnung der Soldaten (Gell. 7, 10. Dice, der Mutter Balentinians IIl., Fried
Varr. 1. 1. 5, 183); uxorium, die den Sage: | Seitdem Oberbefehlshaber des Heeres, lenkte er
ftolzen (caelibes) für ihre Nichtverheiratung auf: Geſchicke des ſinkenden Neiches mit Fräftiger Ha
erlegte Abgabe, vgl. Teagprj, 2. und Leges!und großem Talent. Doch verleitete ihn jein El
lulıiae (Augasti), 5. geiz zu manchen unlautern Handlungen. So v
Aeseulapius j. Asklepios. leitete er den Statthalter Bonifacins von Afr
Aesernia oder Esernia, Stadt der Sammiten | (429) zum Aufftande, der zu feiner Unterftügung |
am oberen Bolturnus, j. Iſernia, Kolonie nad | Bandalen aus Spanien herbeirief. Procop. Ver
dem eriten punijchen Sriege, im Bundesgenoffen: |1, 3. Gegen Goten, Franken und andere qı
kriege zerjtört und von Auguſtus wiederhergeftellt. | manijche Stämme verteidigte er das Neich n
Jär. 27, 10. ep. 72. 73. 89. Cie. ad Att. 8, Glück und Geſchick, hielt jich kräftig gegen die J
11. — Davon triguen des Hofes, welcher fih mit Bonifaci
Aeserninus, 1) cin Beiname des M. Claudius | ausgejöhnt hatte, 433, und leitete nach Nied«
Marcellus, der hier 90 v. E. gefangen genommen ng feiner Gegner mit ftarker Hand das ti
wurde (Liv. «p. 73. Cie. Brut. 36); 2) Name eines | erjhütterte Reich, befiegte Burgunder, Wejtgote
berühmten Gladiators, als Spridywort gebraucht: | Franken und jicherte die gefährdeten Grenzen a
Aeserninus cum Parideiano, von zwei gleich | allen Seiten. Sidon. Apoll. Avit. 234 ff. Wu
großen wetteifernden Männern. Cic. ad Qu. fr. 3, | mit dem Hunnenkönig Attila wußte er troß ma
-
4. de opt. gen. or. 6. cher Mifhelligkeiten den Frieden zu erhalten, b
Aesis |. Umbria. Attila im I. 449 ſich zum Zuge gegen den Weit
Aesöpus, 1) j. Aisopos. — 2) Elodius Aejo- | rüftete. Der Muge A. gewann nun Weftgote
pus, berühmter Schaufpieler, Zeitgenofie und | Franken, Burgunder und andere deutiche Bolt
Freund Ciceros, von dem er oft mit der größten und lieferte mit ihnen vereint im 9. 451 de
Anerlennung erwähnt wird (Sest. 120. tusc. 2, 39. | Attila die gewaltige Völkerjchlacht bei Chalons a
div. 1, 80. de or. 1, 259); ebenjo groß in der tra= | den Catalauniſchen Feldern, welche Europa vor d
ischen Kunſt wie jein Zeitgenoſſe Rofeius in der | Überflutung durch die hunnijchen Horden bewahri
omijchen (Hor. ep. 2, 1, 82: quae gravis Aeso- | Jordan. de reb. Get. 36. Auch jpätere Berjuc
pus, quae «doctus Roscius egit. Qwint. 11, 3, | Attilas gegen Ftalien jcheiterten. A. gleich arı
111: R. citatior, Aes. gravior; was wahrjch. an | als Staatsmann und Feldherr, die letzte Stüi
N. die größere Feinheit und Lebendigkeit des | des weſtrömiſchen Reiches, war enftand alla
Spiels, bei Me. die tiefere piuchologische Wirkung | meiner Verehrung von jeiten des Volkes; mur d
bezeichnen joll). Er jpielte mit Mu. Virtuoſität Raifer Balentinian und die Höflinge fürchteten di
die tragiihen Protagoniftenrollen, re Agamem: | mächtigen Mann, und bei einer Zuſammenkun
non, Aias, Tencer, Andromache. od) jcheint er im Palafte verwundete der Kaifer mach heftige
nad Cie. or. 31 auch in der Komödie aufgetreten | Wortwechiel den Retter des Reiches mit dem Schwer
u fein. Selbſt Ay er würdigte ihn feiner | und überließ es den Höflingen, ihn vollends ;
Kreunbichaft, und das Volt belohnte ihn reichlich, | töten, 454. Sidon. Apoll. Avit. 359. Hanfeı
jo daß er ein bedeutendes Vermögen hinterlieh. | de vita Aötii (1840), Wurm, de rebus gest:
Bei der Einweihung des von Pompejus erbauten | Aötii (1844).
Theaters (55 v. €.) trat er zum leßtenmal auf.) Aetna, Airen, 1) Berg auf der Oſtküſte di
Cie. ad fam. 7, 1,2. Bol. Shibbert, röm. Trag. Inſel Sicilien, j. Etna oder Monte Gibello (Mor
©. 674 ff. gibello), 3313 m hoch, den Zeus auf den Gigante
Aestimatio litis j. Litis aestimatio und Euphon oder Entelados gemwälzt hatte (Pind. o
Prozefls, B, 23. . 4, 10. Aesch. Prom. 363 ff. Verg. A. 3, 578
Aesüla, Stadt der Aquer zwiichen Tibur und | durch deſſen Schnauben die Musbrüche bewir!
Pränefte in hoher Lage. Hor. od. 3, 29, 6. Liv. | wurden; Sit und Werfftätte des Bulfan und feine
26, 9. 32, 29. : Gejellen. Cie. div. 2, 43. Der Philojoph Empe
Aecternitas, röm. Berjonififation der Ewig- | dofles joll ſich in den Krater geftürgt haben (Hoı
Attoue — Africa.
a. r. 463), der dann feinen Schuh wieder aus-
geworfen habe. Eine gute Beichreibung gibt Stra:
bon (6, 273 .), poetiiche Schilderungen u. a. Pin:
dar a. a.D. und Yucilius (j. Lucilit, 2.) in jeinem
Gedichte Aetna. In den früheften Zeiten jcheint der
Atna weniger Ausbrüche gehabt zu haben; erwähnt
werden von Thukydides (3, 116) jeit der Mitte des
s. Jahrh. 3 Ausbrüche, deren zweiter etwa 480
jallen mag, und der dritte 425, in das 6. Jahr des
peloponnejiichen Kriegs, von Späteren 1 aus dem
4., 4 aus dem 2. und 3 aus dem 1. Jahrh. v. E.
— 2) Stadt am Fuße des Berges (j. S. Maria
di Licodia) (Cie.. Verr. 3, 57), von Hieron, 476
v. E., gegründet. Nach ihr waren die Altraiaı,
eine Tragödie des Ailchylos, benannt, zu ihrer
Einweihung gedichtet. — 3) Nymphe, Tochter des
Uranos und der Gaia oder des Briareos. Von
ihr joll der Berg den Namen erhalten haben. —
Aetnaeus, Beiname Jupiters, dem auf dem
Berge die Altraia gefeiert wurden (Pind. ol. 6,
96 ff.); des Bulfan (Kur. Cycl. 595) und der
Kytlopen (Verg. A. 3, 678).
Akte oder 'Aerös ſ. Templum, 6.
Afer, Gnäus Domitins, aus Nemauſus,
Prätor 25 n. C., Anfläger der Claudia Puldıra,
einer Verwandten der Agrippina im}. 26 (Tac. ann.
4, 52), wurde von Caligula deshalb verfolgt, aber
freigeiprochen und 39 Konſul. Er jtarb 59 (Tae.
ann. 14, 19). Er ftand in dem Rufe eines aus-
gezeichneten Nedners, namentlich in Prozeſſen.
— 10, 1, 118. 12, 11, 3. Tae. dial. 13. 15.
jo Cass. 60, 33. Bon jeinen Reden und Schrif-
ten find nur einzelne Bruchjtüde bei Quintilian
vorhanden.
Aftinitas ift das durch Heirat entitandene ver-
wandtichaftliche Verhältnis des einen Ehegatten zu
den Verwandten des andern Ehegatten. Mit Auf-
löfung der Ehe hört auch die Affinität auf. Cie.
Sest. 4. int. 1, 6, 24.
Afranii, 1) L. Afr. geboren wahrjcheinlich um
das 3. 140 v. E., jo daß feine Blüte 94 v. C. fällt,
gilt ald Meifter der comoedia togata (Vell. Pat.
2, 90). Er war ein geiftvoller und gewandter Nad):
ahmer des Menander und verband zuerft den Stoff
des griechiichen Lebens mit römiſchen Charakter—
ftüden (fabulae togatae). Seine Darftellung
näherte jich in Friſche und Leichtigkeit dem popu—
lären Tone, den die Fragmente jeiner mehr als
40 Dramen, bei. Divortium, Emancipatus, Epi-
stula, Fratriae, Privignus, Vopiscus, Simulans,
verraten. Daher and) der Beifall, den dieje Stüde,
an denen Quintilian (10, 1, 100) übrigens hier
und da eine eg Tendenz rügt, noch jelbit
zu Augustus’ und Neros Leiten fanden. Bgl.
Hor.ep. 2, 1, 57. Suet. Ner. 11. Die fragmente
bei Ribbed, scaen. Rom. poes. fragm., Br. —II
p. 221 ff. der 2. Aufl. — 2) C. Afr., der Anführer
der Römer, welche in Ujcana in Jllyrien vom
Könige Berjeus von Maledonien eingejchlofjen und
belagert wurden (170 v. E.). Genötigt wegen der
be mit diefem zu unterhandeln, brach Ber-
ſeus die abgeſchloſſene — entwaffnete die
Beſatzung und behielt ſie in Gefangenſchaft zurück.
Liv. 43, 18. 19. — 3) 2. Wfr., befannt aus den
Kämpfen des Bompejus und Cäſar als treuer An-
hänger des erfteren. Schon früher hatte er gedient,
Auerh im Kriege gegen Sertorius (Plut. Sert. 19),
23
Durch die Hülfe des Pompejus wurde er im Jahre
60 Konjul und, ald Rompejus Spanien zur Pro—
vinz erhielt, dajelbjt jein Legat, 54. Plut. Pomp.
53. Vell. Pat. 2, 48. Als im J. 49 der Kampf
wiichen Cäſar und Pompejus ausbrach, befand
Ih Afr. noch in Spanien und verteidigte es mut:
voll in Verbindung mit dem andern Legaten Be:
trejus, mußte aber zuleßt die Waffen niederlegen.
Er verließ Spanien mit Betrejus (Cues. b. c. 1,
37 ff. Flut. Caes. 36. Pomp. 68), und beide be-
aben fich zu Bompejus nach Dyrrhachium. Ihren
ugen Rat, fich gegen Italien zu wenden, befolgte
Pompejus nicht und wurde darauf bei Pharjalos
geichlagen. App. b. e. 2. 76 Afranius floh
nach Afrifa, nahm unter Cato, Scipio und Juba
an der Schlacht bei Thapjus (46) teil umd rettete
fi) darauf nad) — zu Sertus Bompejus
(Caes. b. Afr. 95. Plut. Caes. 53). Bald nachher
fiel er nebjt anderen pompejanijchen Heerführern
in die Hände Cäſars und wurde entweder auf defien
Befehl hingerichtet (Flor. 4, 2, 90) oder in
einem Auflaufe von deſſen Soldaten erichlagen. —
4) Afr. Burrus, praefeetus praetorio unter
Kaijer Claudius im J. 51 n. E,, wirkte in Ber:
bindung mit dem Philojophen Seneca nicht un:
günftig auf den Kaiſer Nero ein und verweigerte
demielben entjchieden jeine Beihülfe zur Ermor-
dung der Agrippina und der Octavia, der Gemah—
lin Neros (Tae. ann. 13, 2. 14, 7). Er war
ein tüchtiger Soldat und ein geichiefter Staatsmann.
Wahrſcheinlich tötete Nero ihn durch Gift (Taec.
ann. 14, 51. Suet. Ner. 35), zur gehen Trauer
der Römer, im J. 62. -—- 5) Afr. Duintianus,
auf Befehl Neros als Teilnehmer einer Verſchwö—
u. hingerichtet. Tac. ann. 15, 49 ff. Mit ihm
jtarben der Philoſoph Seneca, der Dichter Lucan
und viele andere; er jelbft mutiger, ald man von
dem Wiüftling erwartet hatte, 65 n. C. Tac. ann.
15, 70,
Africa hie; bei den Griechen, die den Namen
einer einzelnen an der Weftgrenze Ägyptens woh—
nenden Bölferichaft auf den ganzen Erbteil über-
trugen, bis in die jpätefte Zeit Libya (Aßön),
und erjt jeit der röm. Herrichaft wurde der Name
Africa allgemein. In früheiter Zeit bis auf He-
rodot b nahm man nur zwei Erdteile, Europa
und Wien, an und rechnete Airifa bald zu dem
einen, bald zu dem andern (Sall. Jug. 17). Afrika
wurde im D. durch den Indiichen Ocean, den Ara:
bijhen Meerbujen (früher galt wohl aud der Nil
als Grenze) und die Landenge von Arjinoe oder
Suez, im Norden durch) das Mare internum, an
der Küfte Libycum genannt, im W. durch das
Atlantiiche Meer, im S. durd; das Mare Aethio-
icum begrenzt. Die Kenntnis der Alten war
ehr mangelhaft und beichränfte jich bejonders auf
die Oſt- und Nordküfte, wo die Gründung phoini:
fiicher und griechiicher Kolonien (Karthago, Kyrene)
die Kenntnis förderte; auch einzelne Teile der
Wüfte und Weitküfte kannte man. Herodot (4, 42)
erzählt von einer durd den Agypterkönig Necho
ums Nahr 600 dv. E. veranlaßten Umtbiffung
Afrikas vom Arabiſchen Meerbujen aus, durch die
Säulen des Herakles zurüd — deren Glaubwürdig:
feit noch nicht widerlegt ift. Der Karthager Hanno
(j. d.) gelangte auf jeiner — die er
um 470, nach anderen um 510 v. C. unternahm,
daranf gegen Mithridates (Plut. Pomp. 34 ff.). | um Kolonien zu gründen, bis zum Eortoon xioaz,
24 Africanus —
j. Cap Verde, und zum vorov xEgag, j. Cap Roxo,
füdlich vom Gambia, oder E. Sierra Leone. Spä—
ter ging die Kenntnis der Alten geradezu zurüd,
und Ptolemaios denkt noch an einen füdlichen
Bufammenhang mit Aſien. Herodot (2, 32. 4,|
181) läßt Libyen im ©. und ®. vom Atlantijchen
Meere umftrömt jein und teilt e8 in Agypten, Wi-
thiopien und das engere Libyen, lebteres
dann wieder in das bewohnte (ofxovuern) am
Mittelmeere (h. etwa die Berberei), das tierreiche
(#nowwöns), etwa Bilad-el-Dicherid, ſüdlich vom
Atlas, reich an Tieren, bei den Römern Gnetulia,
und das wüſte (7 Waunogs), die Wülte Sahara,
welche fich nach Herodots richtiger Bemerkung mit
einigen Dafen querdurch zieht. Dunkel ift die
Kunde von den Ländern jenjeit der Wüſte. Die
Völkerſchaften nennt und beſchreibt er 4, 168— 199.
— An der Nordfüfte nennen die Alten folgende
Teile: Marmarica, Cyrenaica, Africa. propria,
Numidia, Mauretania. Bon Gebirgen fennen fie
den Atlas (j. Adla), und zwar den A. maior
(usito»), j. Deren, im Weften, und den A. minor
(Zidrrov), nördlich und nordöftlich davon; im ©. |
der Weftfüfte das Gebirge Qswv öynum (d. b. |
Götterwagen), entweder das j. Konggebirge ober |
Agamenınon.
ihm Trophonios, um nicht entdedt zu werden,
Kopf ab und nahm ihn mit. Den Tropho
verſchlang deswegen die Erde da, wo ſich in
Haine zu Lebadera die Grube des Agamedes
fand. Paus. 9, 37,5ff. Bier entitand das DO:
des Trophonios, wo die um Rat Fragenden
nächtlichem Widderopfer auch den Agamedes
riefen (daj. 9, 39, 5). — Eine ganz ähnliche
ſchichte erzählt Herodot (2, 121) vom dem Sc
des ägyptiſchen Königs Rhampfinit; wahrichei
wurde jie bei der SHellenifierung Agyptens
Griechenland dorthin gebracht und an eine ä
Erzählung von einem Schapdiebftahl angefnüpf
Diejelbe Sage wird auch nach Elis verlegt;
beitehlen Agam., Sohn des Stymphalos, und '
beiden Söhne, Trophonios und Kerkyon, den S
des Augeias; Trophonios und Kerkyon fliehen
dem Tode des Agam., der erftere nach Orchome
der andere nad Athen. — Vindar erzählt
Plut. de consol. ad Apoll. 14; abweichend
tusc. 1, 47) von dem Tode des Agam. und
phonios eine ganz abweichende Sage: nach Bo
dung des Tempels in Delphoi erbaten fich I
einen Lohn von Apollon; diejer jagte ihn auf
7. Tag zu, und in der 7. Nacht ftarben b
ber Berg Sagres; an der Südgrenze Aithiopiens | — Troph. war urjprünglich ein göttliches W
das Mondgebirge (ro zig Zelneng Ögos). Die
Hauptftröme find der Nilus mit feinen Quellflüfjen ;
an der Weſtküſte der Stachir, bei Plinius Bam-
bötus (der heutige Senegal), der Nies (wohl der
j. Gambia) und der Masithölus (mweiter jüdlich);
fodann am Nordrande der großen Wüfte der Gir
(Teig) und der Nigir (gir und nigir heißt über-
haupt „Fluß“), die mit dem Nigirftrom oder
Dſcholiba, von welchem die Alten jedesfalls nur
dunfle Kunde bejaßen, nichts zu thun Haben.
Africa propria begriff den nad) der Befiegung
Karthagos in eine Provinz verwandelten Teil der
Nordküſte; es grenzte im Weiten an Numidien
(Grenze der Tuſcafluß), im Dften an Kyrenaria
oder die große Syrte, und zerfiel in das füdliche
Byzacium und die nördliche Zeugitana regio.
Mela 1, 7.
Afrieänus ſ. Scipiones unter Cornelii,
9 und 11.
Africus, griech. Alp (d. h. der Näfle bringende,
von Auß-, Asißo), der von Afrifa herüber wehende
Südweſt- oder Weftjüdweit:Wind, zwiichen dem
Aufter und Favonius, noch jetzt Affrico bei den
Stalienern genannt, ein ftürmijcher Regenwind,
furibundus et ruens (Sen. quaest. nat. 5, 16, 6),
aber auch durch ſ. Hitze die Neben ausdörrend
(Paus. 2, 34, 2). Seine Wut zeigt fich auf dem
ganzen Mittelmeere, jo da davon die Südſpitze
der Inſel Tyrus ganz mit Sand bededt war (vgl.
Curt. 4, 8, 7); oft für Sturmmwind überhaupt
(Verg. A. 1, 90. Hor. od. 1, 1, 15. 3, 12. 14, 6.
3, 23, 5. 29, 57); perjonifiziert Prop. 5, 8, 47.
Agamödes, Ayaundns, S. des Erginos (Wert:
meifter), Königs im boiotifchen Orchomenos, baute
mit feinem Bruder Trophonios den Apollon:
tempel zu Delphoi und das Schatzhaus des
Hprieus, Königs von Hyria in Boiotien. Die Brü-
ber hatten in der Wand diejes Schaphanfes einen
Stein jo eingefügt, daß er von aufen leicht her—
ausgenommen werden konnte, und beftahlen nachts
den Schab. Als nım Hyrieus Schlingen über den
Schatz ftellte und Agamedes ſich darin fing, Schmitt
ein allnährender chthoniicher Zeus oder Her
welcher in heimlicher Thätigfeit den Reichtum
Erdtiefe zur Oberwelt förbert; zum Heros he
gejunfen, ward er ein liftiger Dieb, der die u
der Erde verborgenen Schätze raubt. Man
dem Liftigen einen Bruder Agamedes, d. h.
Vielfluge.
Agamemnon, Ayrufurwr, bei Homer ©.
Atreus (Arpslöns), König in Mykene, Bruder
Menelaos; ſonſt werden beide auch Söhne
Bleifthenes, des Sohnes oder Vaters von Atı
— (Apollod. 3, 2, 1. 2); ihre Mutter
erope, welche zuerjt mit Pleiſthenes und
defien Tode mit Atreus vermählt getveien fein
Atreus lieh fie wegen ihrer Buhlichaft mit ö
ejtes ins Meer werfen. Als Migifthos und
ter Thyeftes nach der Ermordung des Atr
(1. d.) ſich in den Befiß der Herrichaft über Dir
ejegt haben, fliehen Ag. und Menelaos
parta zu Tyndareos und vermählen fich
deſſen Töchtern, Agamemnon mit Klytaimn
und Menelaos mit Helena. Darauf vertreibe
den Thyeftes und Wigifthos aus dem päterli
Reiche, und Agam. wird König von Miı
(Aiichylos nennt feine Nefidenz Argos), wäh
Menelaos die Herrichaft von Sparta erbt.
vergrößert noch jein Reich durch Eroberung
wird der mächtigſte Fürſt in Griechenland
ihm unterworfenen Städte Il. 2, 569). Als d
Helena von Paris entführt worden war, und
beiden Brüder die Fürften Griechenlands
Rachezug gegen Troja aufforderten, ward er
Führer des ganzen Heeres gewählt. Er a
brachte 100 Schiffe in den Hafen von A
Opferung feiner Tochter Jphigeneia, ſ. d.
Troja ift er einer der tapferiten Helden, ein |
licher, königliher Mann (Il. ı, 91. 2, 47
166), aber im Gefühle feiner Macht iſt er ü
mütig und ſtolz und läßt fich bisweilen im 3
zur Ungerechtigfeit verleiten. So beleidigt cı
Ubermut den Briefter Chryſes und den Adil
(71.1, j. Trojanischer Krieg), was dem £
Aganippe —
zum großen Unheil gereicht. Nach der Eroberung
Trojas fehrt er mit Kaſſandra, des Priamos
Tochter, der Seherin, die ihm als Beute zuge:
fallen, nach Haufe. Saum hat er die Heimat
freudig begrüßt, jo ladet ihn Aigifthos, der daheim
— war und während Er Abweſenheit
Intaimneftra zum bruch verleitet hatte, zu
fi und erichlägt ihn jamt jeinen Begleitern beim
Mahle, wie einen Stier an der Krippe; die mit-
wifjende Klytaimneſtra aber ermordet die Kaflandra
(Od. 3, 256. 4, 512. 11, 405). Bei den Tragi:
ferır, bei denen micht Aigifthos, jondern Klytai—
mneftra die größere Schuld trägt, wird Ag. nicht
beim Mable, jondern im Bade von Aigifthos und
Kiytaimneftra erichlagen, indem dieje ihn durch
ein übergeworfenes Ne oder Gewand aller Gegen:
wehr beraubt (Aesch. Agam. 1389 ff... — Die
Kinder des Agam. und der Klytaimneftra find
nad Il. 9, 142 ff.: Iphianaſſa, Chryſothe—
mis, Zaodife (bei den Tragifern Elektra) und
DOreftes, ber jpäter den Mord des Vaters an
Klytaimneſtra und Aigiſthos rächt. Die Kykliker
und Tragifer fügen zu dieſen die Tochter Iphi—
geneia (wohl — JIphianaſſa) Hinzu. Ag. wurde
als Heros verehrt und hatte Bildjäulen zu Any: |
Hai, Olympia u. a. a. O. Manche erflärten ihn
für den König von Yaledaimon, und Ampflai jollte |
fein Wohnſitz geweſen jein. Auf Bildwerken des
troiſchen Sagenfreijes ift er oft dargeftellt.
Aganippe, Ayarinzn, 1) eine den Mujen ge
heiligte Quelle am Helifon in der Nähe von The:
ipiat (Verg. E. 10, 12), jpendete dem Trintenden
dichteriiche Begeifterung. Paus. 9, 29, 5. Bal.
Hippokrene. — 2) Als Nymphe dieſer Duelle
ift Aganippe Tochter des Termeſſos oder Permeſſos.
— 3) Gemahlin des Akrifios, Mutter der Danas,
jonft Eurydile genannt.
Agapönor j. Ankaios, 1.
Agasias j. Bildhauer, 15.
Agäsönes jind Stallfmechte, die zum Troß ge:
börten und im Dienfte des Feldherrn und der höhe:
ren Dffiziere ftanden, um die Reitpferde zu war-
ten und das Gepäd fortzuichaffen (Liv. 43, 5.
Plin. 35, 11), entweder Sklaven oder aus den
accensi genommen, da die wirklichen Soldaten
feine Nebendienſte bejorgen durften. Einen un;
geſchickten Bedienten bei Tiich nennt Horaz (sat.
2, 8, 72) ebenio.
Agatharchos, Ayddaoyos, ©. des Eudemos,
aus Samos, Maler und vielleicht auch Mechaniker,
Zeitgenoſſe des Aiſchylos, der ihn zur Einrichtung
jeiner Bühne benutzte, und wahrſcheinlich auch noch
des Perifles, Altibiades und Zeuxis, alfo zwiſchen
DI. 80 und 90. Er machte die erjten Verjuche der
Bühnenmalerei (oxnvoyoapia) und joll auch eine
Schrift darüber verfaßt haben. Vitruv. 7. praef.
10. Plut. Per. 13. Aleib. 16. Andoc. e. Ale, 17.
Agathemöros, Aya®nusoos, ein griechiſcher Geo—
graph, vermutlich; im 4. nachehriftlichen Jahrhun—
dert, von dem die erften 5 Kapitel der unter jeinem |
Namen kurfierenden Schrift eis yenyoaplag Uno-
roxwors in 2 BB. herrühren. Ausgg. von Hoff:
mann (1842) und in E. Müllers Geogr. Graee.
minores 1I ©. 471 ff.
Agathias, Ayadiag, Sohn des Memnonios,
um 586 n. €. in Myrine geboren, widmete ſich
in Byzanz der Jurisprudenz. Wir haben vom ihm
über Hundert Epigramme, welche einen Teil der
25
griechiichen Anthologie (j. Anthologia graeca)
bilden, und fünf Bücher einer Gefchichte des Kai:
jers AJuftinian, eine Fortiegung des BProfopios,
die Jahre 553—560 n. C. umfaſſend, in einem
gelünftelten, jchmwerfälligen und breiten Stile, doch
nicht ohne Sorgfalt und Fleiß geichrieben. Ausg.
von Niebuhr (1828). Val. Teuffel, Studien ©. 237 ff.
Agathökles, Ayadoxins, 1) König von Syra—
kus. Sein Vater Karfinos wohnte urſprünglich
in Rhegion, flüchtete aber von hier nach der den
Karthagern gehörenden Stadt Thermai auf Sicilien,
wo er das Töpferhandwerk betrieb (Just. 22, 1,2).
Hier wurde Agathofles im J. 361 v. C. geboren.
Da ein Drafel verkündet hatte, der Knabe werde
dereinit Karthago großes Unglück bereiten, und
dieje Verkündigung befannt geworden war, floh
Karkinos nad) Syrafus und wurde dajelbft Bür:
ger. Ag. erlernte das Handwerk des Vaters, trat
aber jpäter in Kriegsdienfte, brachte es bis zur
Stelle eines Chiliarchen in dem Kampfe gegen die
Stadt Atna und die Mamertiner und Eampaner
und wurde nad dem Tode des Damas (Damajton,
Just. 22, 1, 12) deſſen Nachfolger als Feldherr,
wie er auch defien reiche Witwe heiratete. Durch
die herrichenden Dligarchen unter Herafleides und
Sofiftratos ans Syrakus vertrieben, zog er alle
Mifwvergnügten an fich, diente damı den Taren:
tinern, zwang die beiden genannten Feldherrn die
Belagerung von Rhegion aufzuheben und befreite
Syrakus von ihrer Herrichaft. Doch hielt er fich
in dem von den Bertriebenen erregten Kriege
nicht lange, weil man ihn in Verdacht hatte, daß
er nad der Tyrannis tradhte; er wurde verbannt
und jeine Gegner zurüdgernfen. Er jammelte nun
wieder eine Unzahl verwegener Leute, zum Teil
Räuber (Just. 22, 1. 14), und erzwang jich die
Nüdtehr, benahm fich aber jo Aug, daß er bald
wieder vom Bolfe an die Spitze des Staates ge:
jtellt wurde. Nun warf er die Maste ab. Mit
Hülfe der ihm ergebenen Soldaten ermordete er
gegen 4000 Bürger, trieb noch eine größere Zahl
ans der Stadt und gab ihre Güter der Plünde-
rung preis. Just. 22, 2 f. Dann lie er jich die
unumſchränkte Gewalt übertragen, 317. Die Ber:
bannten jedoch ruhten nicht, jondern reizten meb-
rere Städte zum Kriege, befonders Agrigent. Doc
erhielt Ag. von den Tarentinern Unterftügung an
Schiffen und Soldaten gegen die oligarchiiche
Städtepartei und nötigte dieje zum Frieden, 314.
Als er nun 312 Mefjana befriegte, fam es auch
zum Kampfe zwiichen ihm und Slarthago (Died.
Sie. 19, 102 ff.). Im J. 311 wurde er am Fluſſe
Himera befiegt ımd in Syrafus von den Kartha—
gern eingejchlofien. Das bewog ihn, jeine Feinde
in Afrika zu überrajchen. Mit einem Teil feiner
Mietstruppen, denen er eine Zahl Syrafujaner
beigefellte, bejtieg er feine Flotte, etwa 60 Fahr:
zeuge, um nach Afrifa überzujepen. Die Koſten
der Ausrüftung hatte er fich durch Beraubung der
Tempel und der Privatleute, ſowie durch andere
gewaltthätige Mittel verichafft. Nachdem er eine
binlängliche Beſatzung unter jeinem Bruder Antan:
der in Syrakus zurüdgelaffen hatte und der Beit-
punft ihm günstig ſchien, gelang es ihm durch die
feindliche Flotte hindurchzukommen und, vergeb-
lich von derjelben verfolgt, in Afrika zu landen,
310. Just. 22, 4. Diod. Sie. 17, 23. So zeigte
er den Nömern den Weg dahin. Seine Schiffe
Agathokles.
26
verbrannte er nach der Yandung. Raſch rüdte er
durch das herrlich angebaute Yand vor, jchlug mit
14000 Mann ein dreifach überlegenes Heer der
Karthager unter Hanno und Bomilfar und näherte
fich ihrer Hauptitadt. Just. 22, 6. Diod. Sie. 20, 3. |
| im welchen letzterer Regie weshalb der ſter
Die erjchredten Karthager verlangten Hülfe von
ihrem Feldherrn Hamilfar auf Sicilien, der
auch einen Teil feines Heeres nach Afrika jandte,
aber bald darauf von den Syrakuſanern bei einem
Ausfalle getötet wurde, 308. Nachdem Ag. mit
Mühe einen Aufftand jeines Heeres unterdrüdt
hatte, jchlug er die Karthager in mehreren Ge:
fehhten (Diod. Sie. 20, 29 ff.). Bisher hatte er es
noch nicht gewagt, Karthago jelbjt anzugreifen;
um dies ausführen zu fünnen, verbündete er ſich
mit dem König Aphellas (bei Diodor Ophellas)
von Kyrene, tötete ihn aber bald treulojerweije
und zwang defien Heer in jeine Dienfte zu treten,
307. Just. 22, 7. Diod. Sie. 20, 40 Nicht
weniger treulos und grauſam behandelte er die
Gefangenen, jowie die eroberten und wieder von
ihm abgefallenen Städte, namentlich Utica. Um
dieje Zeit (306) legte Ag, als Schwiegervater des
Pyrrhos von Epeiros, fih den Köntgstitel bei.
Während er jo auf dem Gipfel feines Nuhmes und
jeiner Macht ftand, nötigten ihn die Siege der
Agrigentiner über Syrafus zur Rückkehr nad Si-
eilien. Während jeiner —— übernahm ſein
Sohn Archagathos den Befehl. In Sieilien war
Ag. nicht glücklich. Der Syrakuſaner Deinokrates
hatte ein mächtiges Heer gegen ihn zuſammenge—
bracht, gegen welches er nichts auszurichten ver—
mochte, während in Afrika ſein Sohn mehrere
Niederlagen erlitt und ſich nach Tunes zurückziehen
mußte. Daher eilte Ag. wieder nach Afrika, fand
hier das Heer in der größten Bedrängnis, wollte
durch eine Schlacht das Verlorene wieder gewin—
nen, wurde aber geſchlagen und beſchloß heimlich
zu entweichen. Als ſeine Soldaten durch Archa:
gathos, den der mißtrauiſche Vater hatte an
lafien wollen, von diejem Vorhaben Kunde befamen,
warfen fie den Vater in Feſſeln, ließen ihn aber
bald wieder frei. Er entflob nun heimlich nad
Sieilien, worauf die erbitterten Soldaten jeine
Söhne ermordeten und größtenteils zu den Kar:
thagern übergingen, 306. Ag. rächte fich durch
unzeitige Grauſamleiten an den Angehörigen der
in Afrila von ihm abgefallenen Syrakufaner.
Diod. Sie. 20, 54. Dad gewannen die Syra-
fujaner unter Deinofrates neuen Einfluß, und Ag.
mußte ji zu Unterhandlungen bequemen. Aber
gleichzeitig gelang es ihm mit Karthago fich zu
vergleichen, welchem er die ficilifchen Städte gegen
eine Geldjumme überlich (Just. 22, 8). nn
ichlug er die Berbannten in einer Schlacht, lieh
nach derjelben mehrere Tanyende töten und jöhnte
fi” mit Deinofrates aus, 304. Diod. Sie. 20
89 f. So ftand feine Herrichaft wiederum fejt; im
Kämpfen gegen andere ficiliiche Städte yo
er fie noch mehr und herrichte, wie es jcheint,
fortan mit größerer Milde. Just. 23, 1,2. Jol,
9, 23. Doc ruhte jein Haß gegen Karthago nicht.
Ehe er ihn jedody durch die That zeigen konnte,
ward er auf Veranftaltung feines Enkels Archa—
gathos nad) eigentümlicher Sage durd) einen ver:
gifteten Zahnftocher verlegt, deſſen Gift das Fleiſch
zerfraß und ihn mit jo unerträglichen Schmerzen
peinigte, daß er ſich lebendig verbrennen lich, 289,
-
Agathon — Agathyrsi.
in einem Alter von 72 Jahren. Er hatte 28
über Syrakus geherricht (Died. Sie. 21 er:
Nah Juſtin (23, 2) ſcheint er auch vergif!
fein, und noch bei jeinen Lebzeiten ftritte
Sohn und Enkel um die Herrſchaft, ein N
König jeine Fran und Kinder noch furz vor j
Ende nach Ägypten jandte. Bald darauf veı
er. Bgl. Grote, Gejchichte von Griechenlar
©. 137 ff. (Überfegung von Meißner u. Höj
R. Schubert, Gejchichte des Agathofles (185
2) Sohn des Lyſimachos, Feldherrn Alerande:
Gr. und jpäter Königs von Thrafien. In
Kriege gegen die an der Donau wohnenden
fiel er in die Gefangenschaft ihres Königs T
chaites, ebenjo Lyſimachos, weldyer den So
befreien geiucht hatte (um 292 v. E.). Beide
den von dem etenkönige freigelaflen (
Demetr. 39). In einem Kampfe dagegen
Demetrios Poliorletes um Karien und Lydie
3. 287 zwang Ugathofles jeinen Gegner zu wi
(Plut. Demetr. 46). Einige Jahre jpäter fa
jeinen Tod durch die Hand des aus Agypte
flüchteten Ptolemaios Keraunos, eines Sohne
Ptolemaios Lagi. Seine Stiefmutter W
nämlich, des Keraunos Schweiter und zu
Schwägerin des Ag., der mit ihrer Schweſte
fandra verheiratet war, verleumdete aus
Eiferjucht und Rache den allgemein beliebten jı
Fürſten bei jeinem Water, als tradıte er d
nach dem Leben. Lyſimachos verfuchte ihn
zuerſt durdy Gift aus dem Wege zu räumen
dies mißlang, ließ er ihn durch Ptolemaio:
raunos ermorden, 284. Seine Gemahlin |
mit ihren Kindern Schuß beim Könige Sel)
von Syrien. Just. 17, 1,4 -9.
Agäthon, Ayadwor, S. des reichen Teijam
Freund des Euripides und Blaton, trag. Dicht
Athen, geb. um 448 v. E., feierte jeinen «
dramatiichen Sieg 416 und ging vor 405 an
genußreichen Hof des funftliebenden mafedoni
Königs Archelaos. er jeine legten Lebensi
ſale verlautet nichts Gewiſſes; er ftarb dort
mutlich zu Ende der 94. Ol. Er war ein jd
und feiner Weltmann, vermögend, bequem un
fannt durch qute Tafel. Seine jophiftiiche Bil
dharafterifiert die Rede, welche ihm Wlatoı
jeinem Sympofion in den Mund legt; er
Schüler des Prodifos, und Gorgias joll jein
bild gewejen fein. Ariftoteles gedenkt jeiner ö
in der Poetik; wichtig ift deffen Bemerkung (c
daß jeine Ehorlieder loje mit dem Mythos zu
menhingen und bloße Intermezzen (dußor
wären. Nur 7 Tragddien laflen jich mit Si
heit nachweilen; die Tragödie Arttog (die Bl
behandelte vielleicht einen erdichteten Stoff. Sa
lung der Fragmente von Kayſer (1845) und 9
(trag. Graec. fragm. p. 592 ff.).. al. die
handlung von F. Ritſchl (1829, wieder abı
opuse, I p. 411ff.). Über jeine Rhythmit
Diktion ſ. Aristoph. T'hesm. 59 ff. 106 ff. 1
symp. 3, 1 p. 645 E. Arist. poet. 9. 18. ]
symp. p. 198 C. Aelian, v. h. 14, 18.
Agathyrsi, Ayadvoocoı, ein jarmatisches '
im b. Siebenbürgen, das jeinen Urſprung
einen Heros Agatbyrios, ©. des Herafles unt
Echidna (Hdt. 4, 10), zurüdführte, wie die
lonen auf deſſen Bruder Gelonos. Herodot (4,
Agave — Ager publieus. 27
100 ff.) jchildert fie als üppig, friedfertig, gold:
reich, ihre rauen gemeinfam befigend, aber ohne
Geiz und Neid; fie tättowierten ſich wahrjcheintich,
daher pieti (Verg. A. 4, 146), was Abienus
(perüg. 447) freilich auf die bunten Kleider be-
zieht; vgl. Plin. 4, 88. Mela 2, 1.
Agäve j. Penthenus.
Agbatäna j. Ekbatana.
Agdistis j. Khea Kybele.
Agedineum (d.h. Bergftadt, oder Agedieum, nicht
Agendieum), Hauptftadt der Senones im leltiſchen
Gallien am Fl. Jcauna (Vonne), j. Sens in der
Champagne. Caes. b. g. 6, 44. 7, 10 u. b.
Agelädas j. Bildhauer, 3. i
Aytin, eine in doriichen Staaten und bejon:
ders bei den Kretern geftiftete Genofjenichaft von
Jünglingen nach zurüdgelegtem 17. Jahre bis zu
ihrer Berheiratung, um jchon von frühefter Ju—
gend an alle Zwede und Neigungen des Einzelnen
in dem Staat aufgehen zu laſſen. Sie hatten
daher bei ihrem Eintritt in die Agelen den Eid
auf die Berfaflung zu leiften. Alle nahmen zu
leiher Zeit Frauen (Strab. 10, 480 ff... Der
eilnchmer der aydın heißt «yelasrög (von ays-
lafonaı) od. ayekaos. Sie bradyten den Tag zu:
jammen zu, bie Nacht zuweilen im väterlichen
Haufe. Führer der ayeln war der Bater des
Jünglings, der, meijt von vornehmer Geburt, die:
jelbe zujammtengebracht hatte. Er hieß ayeldrng,
hatte, wenn auch wohl mit Berantiwortung den Be:
hörden gegenüber, das Strafrecht über jeine aydln
und leitete die Spiele und Übungen derielben auf
der Jagd und in den Gymnafien (deömoe genannt,
da der Lauf eine Hauptübung war; daher h. «no-
dgouor, die noch nicht das Alter von 17 Jahren haben).
Man übte ferner die Kunft des Bogenſchießens, des
Tanzes, bei. des Waffentanzes, auch Kriegsſpiele,
indem «ydin gegen ayein unter dem Klange der
Alöte und Lyra kämpfte. Vorzu sweiſe wurde
lörperliche Ausbildung und möglichſte Kriegstüch—
tigleit bezweckt. — In Sparta traten die Knaben
ſchon vom 7. Jahre an zuſammen. Dieſe Verbin—
dungen hießen Bovaı.
Agöma, äynua, die Garde zu Pferde in der
mafedonischen Armee, das königliche Geichwader
(An Beoıkırn), welche ald 16. Abteilung zu der
aus 15 len bejtehenden Reiterei hinzukam, als
nächftes Schlachtgeleite des Königs, gebildet aus
den tüchtigften Söhnen der ebelften Familien, die
als Pagen (naideg Baoılınod) am Hofe auferzogen
waren. Liv. 37,40. Ourt. 4, 50, 26 (j. daj. Miüpell).
Arr.2,8, 3. 4, 13, 1ff. 16, 6. Vgl. Rüſtow umd
Köchly, Geſch. des griech. Kriegsw. ©. 243.
Azenor, ‘Ayijvwg, 1) Stammvater der auch über
Griechenland verbreiteten Phoinikier, Sohn des
Pojeidon und der Libya und Abkömmling der No,
Bruder des Belos, König von Phoinikien, jandte
jeine Söhme Kadmos, Phoinix, Kilix, (Thajos und
Phinens) vergeblich aus, um jeine geraubte Tochter
Europa (j. d.) F ſuchen; keiner derſelben kehrte
zurüd. Apollod. 2,1, 4. 3,1,1. Er war Stamm:
bater der Dido, daher Karthago Agenoris urbs
(Verg. A. 1, 338). — 2) einer der tapferften tro-
janiſchen Helden, Sohn des Antenor und der
Theano, Priefterin der Athene (11. 11, 59. 6, 298),
feitet den Sturm anf die griech. Schanzen (Il. 12,
93 #.), befämpft den Achill (21, 545 ff.), wird
aber durch Apollon, der jeine Gejtalt annimmt,
brohender Gefahr entriffen. Spätere Erzählung
rg 10, 27, 2) läßt ihn durch Neoptolemos
fallen.
Ager publieus. Das Gemeinland bildete einen
großen Teil des röm. Staats- und Nationaleigen:
tums und war nach dem Grundſatze, daß alles
eroberte Yand Eigentum des fiegenden Staates
wurde, entitanden, jelten durch Schentung. Diejer
ager publicus wurde teilweije an röm. Bürger
verfauft (Cre. 1. agr. 2, 14); man nannte jolche
Ader agri quaestorii, weil die Quäftoren den
Verkauf bejorgten. Andere Teile waren zu reli-
giöſen Zwecken beftimmt und den Tempeln oder
Priejterichaften ſowohl zum Eigentum als auch
bloß zur Nutznießung übergeben, j. g. agri con-
secrati (Dion. Hal. 3, 1. 2, 7). Auch wurden
Stüde des ager publicus unentgeltlich an Bürger
verteilt (assignatio), entweder viritim, d. h.
indem Einzelne Land erhielten (Ziv. 1, 46. Cie.
l. agr. 3, 2. Dion. Hal. 8, 72), oder an die
Kommunen neuer Kolonien (f. Kineovyie, 4.).
Solche Berteilungen wurden durd eine Kommiſſion
von 3 und mehr Männern bejorgt. Der größte
Teil des ager publicus blieb aber Staatsdomäne,
welche auf verichievene Weife benußt wurde.
1) Manche Stüde wurden nach gemachter Erobe:
rung den früheren Eigentümern zurüdgegeben
(agriredditi), wofür diejelben eine regelmäßige
Abgabe erlegen mußten (Cie. Verr. 2, 3). 2) Andere
Teile wurden einzelnen Bürgern zur Benutzung
überlaffien (in possessionem tradita ober
concessa, (ic. L agr. 3, 2), und die Ader jelbit
hießen possessiones. Dieje Befigungen fonn:
ten zwar von dem Inhaber vererbt und verkauft
werden (Cie. off. 2, 22 f.), wurden aber niemals
eigentliches Privateigentum, da der Staat jein
Eigentum aud nah Jahrhunderten reflamieren
fonnte. Die Bejiger zahlten eine Grundſteuer,
welche die publicani im Ganzen pachteten und
dann von den Einzelnen beitrieben. Das Ber:
pachten dieſer Revenüen hieß agrum fruendum
locare, agrum locare und vendere, Liv. 27, 3.
32, 7. 42, 19. 3) Die unbebauten Lehden wur:
den zu Biehweiden gemacht (j. Pascua) oder der
einftweiligen Deccupation überlaflen, jo daß die
Bürger die Ländereien bejigen und anbauen durf-
ten, jedoch ebenfalls gegen eine Heine Abgabe.
Sie hießen possessiones relictae, loca re-
lieta. App. b. e.1,7. Liv. 6, 37. Fest.p. 241 M.
— Die wichtigſten Aderanmweijungen und S
Adergejege. Die aus der Königszeit erwähnten
Aifignationen gehören richtiger zu der urjprüng:
lichen Staatsorganifation, welche jedem Bürger
ein gewiſſes Eigentum als heredium anwies. So
wurden unter Nommlus Äcker verteilt und ebenjo
unter Servius Tullius, welcher den plebejiichen
Neubürgern große Aſſignationen machte. Anders
war das Verhältnis in der republifaniichen Zeit.
Unaufhörlih verlangten die Plebejer Adervertei-
lungen, weil fie mit ihrem Blute die Eroberungen
gemacht und doch wenig oder nichts davon em—
pfangen hatten. Zwar hatten die Batricier feines-
wegs das ausichließliche Necht den ager publicus
u benugen, allein faktiſch befanden fie fich in
m alleinigen Beſitz desjelben, einmal weil jie
urjprüngli vor der Gejeggebung des Servins
Tullins allein den populus gebildet hatten, ander:
jeits wegen ihres Reichtums, welcher fie bejonders
m
>
— — — —
*
28 Ager publicus.
zur Bebauung großer Strecken befähigte, auch wohl
wegen ihrer Verbindungen mit den Feldherren und
Magiftraten, welche ihnen den ager publicus ein:
räumten oder ftilljichweigend überließen, worauf fie
diefe possessiones bon ihren Sklaven bebauen
ließen oder in Heinen Barzellen ihren Klienten als
Pächtern überliehen. Ja fie begnügten fich nicht
bloß mit diefen Ländereien, jondern fie bemühten
fih aud, die in der Nähe gelegenen Felder der
armen Plebejer an fich zu bringen, was ihnen ver:
mittelft der harten Schuldgejeße meiftens gelang,
j. Plebs und Nexum. An diefer traurigen Lage
drangen die Plebejer Jahrhunderte hindurdy auf
Aifignationen, und die Tribunen oder andern Partei:
häupter ermüdeten nicht, immer wieder mit Geſetz—
vorichlägen (leges agrariae) hervorzutreten, welche
allemal große Aufregung veranlaften, indem die
patriciichen Beſitzer alles in Bewegung jeßten, um
nicht ihre Neichtümer und ihr angemaßtes Vor:
recht zu verlieren. In den Händen ehrgeiziger
Wühler bildeten die Ackergeſetze eine furchtbare
Waffe. Liv. 2, 52. 6, 11. Unter leges agrariae
werden alle Geſetze begriffen, welche Aifignationen
verfügen, ſowohl an Kolonien, als an einzelne
Bürger (ohne Koloniſation). Sehr zahlreich wa-
ren die leges, welche die Ausführung von Kolo-
nien beftimmten, 3. B. lex Acilia, Aelia,
Appuleia u. j. w. Da aber dieje Mafregel
immer bloß als einzeln ftehende Erſcheinung zu
betrachten ift, und durch diejelbe die Plebejer ftets
nur vorübergehend befriedigt wurden, jo find die:
jenigen leges agrariae viel wichtiger, welche
durchgreifende Verteilung und Umwandlung des
Befipitandes forderten. Die erfte derartige war
die lex Cassia, von dem voltäfreundlichen Kon:
ſul Sp. Caſſius Viſcellinus 486 dv. C. verfaßt und
auf neue Aifignation des jüngft eroberten oder
auch jchon lange vecupierten ager publicus ge:
richtet. Ziv. 2, 41. ion. Hal. 8, 69 ff. Die
Batricier halfen fich aus der Not durch ein SCons,,
welches 10 Männer anordnete, um den ager pu-
blicus von dem privatus zu jcheiden und den eriten
fodann teild zu affignieren, teil$ gegen eine Ab—
gabe als possessio zu überlaffen. Dion. Hal. 8,
76. Dadurch aber wollten die Patricier nur Beit
gewinnen, denn fie wußten durch alle möglichen
Mittel die Ausführung des SCons. zu u
treiben. Liv. 2, 43. 44. 48. 52. 54. 61. 68. Auch
gelang es ihnen, eine ganze Reihe von andern
Geſetzvorſchlägen zu nichte zu machen, 3. B. dest.
Jeilius, des Poctelius u. a. (Liv. 4, 12. 36.
43. 44), deögleichen die lex Mecilia Metilia
(Lir. 4, 48), lex Sestia (Liv. 4, 49. 51), lex
Menenia (Liv. 4, 53). Nur ein paarmal, bei
bejonderen Beranlafjungen, wurden Acker verteilt.
Liv. 5, 30. 6, 21. Einen neuen Weg jchlug der
große plebejiiche Legislator E. Licinius Stolo ein,
379-867 v. €. (j. Leges Liciniae Sestiae).
Sein Ackergeſetz beftimmte: Y niemand folle ‚mehr
als 500 iugera des ager publicus in Befit haben,
2) deögleichen nicht mehr als 100 Stüd großes
und 500 Stüd kleines Vieh auf der Gemeinmweide
halten; 3) wer dagegen jündige, unterliege einer
Geldftrafe (multa). Liv. 6, 35. 36. App. b. c.
1,8. Varro r. r. 1,2. @ell. 7,3. Darauf trat,
bis auf die Gracchen, große Ruhe in den Ader:
bewegungen ein, teils weil die Plebs durch die
großen Kriege zu jehr in Anſpruch genommen war,
—— — ——— — — — —— — — — — — — —— —— — — — — —— — —
teils weil viele Arme in den zahlreichen Ko
Berjorgung gefunden hatten. Nur die lex
minia de agro Gallico viritim dividundc
232 v. E. erwähnt (Val. Max. 5, 4, 5). Wa
Rom durch die großen Kriege ſich nach
Ruhe verichafft hatte, trat im Innern Das
Übel, der Gegenjag zwiichen Armen und Rı
immer jchlimmer hervor. Der Feine Grundt
hatte im zweiten puniſchen Kriege ſehr ae
viele hatten den Aderbau ganz aufgegeben
waren demjelben völlig entfremdet, und einen e
lichen Mitteljtand gab es niht mehr. De
bejchloffen die beiden Gracchen, den Ackerba
heben und die Not der Armen zu lindern,
aber nicht ohne gewaltjame Reformen und
nachteiligung der Befipenden geichehen konnt
deshalb zu heißen Kämpfen führte. Zuerſi
Tib. Grachus 134 v. E. ein Adergejeß, we
er das Liciniiche zu Grunde legte, und befti
wer mehr als 500 iugera habe (oder höd
1000, im Falle, daß er zwei Söhne hätte, jı
für jeden bderjelben 250 iugera gerechnet
den), jolle das Mehr herausgeben, wofür er
ichädigung befäme; die abgetretenen Grunt
follten unter die Armen verteilt werden, ziwe
eiter, jedoch unverkäuflicher Befiß, aber gegen
bgabe an den Staat; Triumpiri hätten all
lich die nötigen Unterfuhungen zu veranftı
Liv. ep. 58. .D. c. I. V. 11. Pia
(racch. 14. Man begann das Geſetz zu vollzi
aber die Sache geriet nach dem Falle des
Grachus jehr bald ins Stoden, weshalb €. (
pronius Gracchus das Geſetz feines Bruders wi
heritellte, 123 v. €. iv. ep. 60. Well.
2,6. Plut. C. Gracch. 4f. Um es aberma!
hintertreiben, gewann die Senatäpartei den
ruhigen Tribun M. Livius Drufus, welcher in ſ
lex agraria die freigebigfeit des Gracchus
weitem überbot und dadurch demielben die V
unft entzog. App. b. c. 1,23. Plut. ©. Gracı
rachus wurde geftürzt, und das Geſetz
Livins, welches auch nicht ernftlich gemeint
fonnte, fam gar nicht zur Ausführung. Dag
erichienen mehrere Geſetze von reaftionärer Teni
unter denen die vielbejprochene und verſchieden
urteilte lex Thoria die wichtigfte ift (107 ı
Asp. b. ce. 1, 27. Cie. Brut. 36, vgl. Monm
C. 1.L. Ip. 75—106). Dieje bejeitigte ein
vorher durd) einen Tribunen gegebenes Gejeh,
die Verteilung von Adern nach der lex Sem
nia ganz hemmte und den Befigern von :
publicus eine Abgabe von demfelben aufer!
die zur Unterftügung der Armen verwendet we
follte (App. b. ce. 1, 37), beftätigte dagegen
früheren possessiones und machte fie zu fe
abgabenfreiem Privateigentum, jo daf die Rei
nun nichts mehr zu fürchten hatten. Bon je
der Volkspartei trat 104 v. C. 2. Marcius |
lippus mit einem neuen Geſetzvorſchlage auf, ı
ohne Erfolg (Cie. off. 2, 21). Glücklicher war
demagogiiche 2. Appulejus Saturninus 100 v.
defien lex mehrere nene Aijignationen an die (
daten des Marius und Kolonifierung anord
(App. b. c. 1, 29. Aur. Vict. 78), aber |
wieder aufgehoben wurde. Dasjelbe Schidial ha
die lex Titia und lex Livia (91 v. E.), we
abermals durch Ausficht auf das römiſche Bür
recht die Jtalifer zur Abtretung der Staatslär
Agesander — Agesilaos. 29
reien zu bewegen juchten (j. Leges Liviae, B). |und lahm war (Nep. Ages. 8, 1. Just. 6, 2, 5),
Der Bundesgenofjenkrieg jcheint feine Vermehrung | große Entichlofjenheit. Plut. Ages. 7. Las. 28.
des ager publicus herbeigeführt zu haben. Der | Als nun Tiffaphernes den Waffenitillftand brach),
Sullanijche Krieg mit jeinen Broffriptionen und | griff Ag. ihn troß jeiner geringen Macht an, jchlug
Konfiffationen brachte eine furchtbare Leere in Ita- ihn mehreremal, zulegt am Paktolos (395), und
lien hervor und machte dem bäuerlichen Eigentum | fiel dann in Phrogien ein. Dieje Niederlagen
völlig ein Ende. Durch Sulla fam eine Art von | veranlaßten den Großkönig, den Tithrauftes zum
Udergejegen auf, zur Gründung von Militärfolo: | Satrapen von Lydien zu ernennen, welcher darauf
nien, ſ. Aineovzria, 4. Unbekannt ift die lex im J. 395 mit Ag. einen längeren Waffenſtillſtand
Plautia, der die lax Servilia des P. Servi: abſchloß und, während diejer Phrygien durchzog
ins Rullus 63 v. E. folgte, uns befanmt durch | und verheerte, die Zeit benußte, die Feinde Der
Ore. 1. agr., aber von dem Urheber jelbjt zurüd: | Spartaner in Griechenland durch Geld zu einem
genommen. Desgleichen jcheiterte die auf Bon: | Kriege gegen diejelben zu gewinnen. Athen, Ko:
pejus’ Betreiben verfaßte lex Flavin 60 v. E. |rinth, Theben und Argos vereinigten fich gegen
Glüdliher war im folgenden Jahre Cäjar mit | fie; Lyſander verlor (895) die Schladht bei Hali-
2 Udergejegen, in denen die früheren Poſſeſſionen artos und fiel felbit, und WU. wurde nach Griechenland
unangetajtet blieben, aber neue Berteilungen und | zurücgerufen. So ungern er auch die aſiatiſchen
Kolonifierungen beftinnmt wurden. Cic. ad fam. Griechen im Stiche lieh, folgte er doch dem Befehle
13, 4. ad Att. 2, 18. Liv. ep. 103. Dio ass. |jeiner Vaterſtadt und erreichte in raichem Zuge
38, 1. Aller noch vorhandene ager publicus mit | Die Grenze Boiotiens, während um biejelbe Zeit
Ausnahme des campaniichen Gebiets (Cie, Rull. Konon die jpartanifche Flotte unter Peiſandros
29) jolle verteilt, der weiter erforderliche Ader ge: | bei Knidos jchlug, 394. Nep. Ages. 3. 4. Plut.
fauft werden, zunächſt von den Befigern, die ver: | Ages. 10. 15. Xen. Hell. 3, 4. 4, 2. Bei Koroneia
faufen wollten, ſodann aber auch zwangsweije für | in Boiotien lieferte er den Berbündeten (Auguſt
den Preis, wie body der Befig cenfiert jei. Der | 394) eine Schladht und erfocdht den Sieg (Xen.
campanijche Ader wurde für diejenigen rejerviert, | Hell. 4, 3. Plut. Ages. 16}... Sodann begab
weldie 3 und mehr Kinder hätten. Dio Cass. 38, 7.|er ſich nah Sparta, wo er ehrenvoll empfangen
Vell. Pat. 2, 44. Wenig befannt ift die lex | wurde. Im folgenden Jahre fiel er in Argolis
Antonia vom I. 44 dv. E. Sie war bie lehte | ein, 392 in das Gebiet von Korinth zur Zeit der
eigentliche lex ia, denn die folgenden beziehen | Feier der iſthmiſchen Spiele, wo er reiche Beute
ih ausichliehlid auf Militärfolonien, welche Ita: | machte, aber durch Iphikrates einen Verluft erlitt.
lien durch Abweichung von den früher gültigen | Plut. Ayes. 21. Xen. Hell. 4,5. Im Jahre »91
Grundjägen zu Grunde richteten. Zac. ann. 14, | wurde er den Achaiern gegen Atarnanien zu Hülfe
27. Unter den Kaijern gab es in Italien faft | geichidt und verheerte diejes Land, konnte aber
fein Gemeindeland mehr, dejto mehr aber in dem | nichts weiter ausrichten; erit 390 zwang er fie zum
Provinzen, obgleich aud hier durch Aſſignation Frieden, mit den Achaiern. Xen. Hell. 4, 6. 7,1.
und Berfauf jehr verkleinert. Die den Städten ge: | Plut. Ages. 22. In den von Antalkidas betriebenen
hörenden Gemeindeländereien hießen in der Kaijer: | Unterhandlungen über den Frieden mit Perjien
jeit agri vectigales, welchen Namen früher alle/ nahm Ag. weniger das Antereffe der Griechen als
mit Abgaben belafteten Grundftüde, aljo nament |das jeiner Baterjtabt wahr, welde daburd im
lid) die Provinzialäder, gehabt hatten. Berbindung mit dem Perjerfönige den Borrang
Agesander j. Laokoon und Bildhauer, 18. in Griechenland behauptete. Er opferte daher die
Agesiläos, Ayneil«xos, König von Sparta, 442 | Freiheit der Heinafiatiichen Griechen und nötigte
dv. E. geboren, bemächtigte jich im Jahre 397 nach Theben zur Aufldjung jeines Städtebundes und
Verdrängung jeines Neffen Leotychides, des Soh⸗ Annahme diejes Friedens, 387. Xen. Hell. ö, 1,
nes des Agis, der nicht für ebenbürtig galt, der 32 ff. Plut. Ages. 23. Auch jonft war jein Be—
Herrſchaft und befejtigte jich im derjelben durch | nehmen gegen Theben jeines Ruhmes nicht wür—
Milde gegen das Volk und durch Zujammenmwirken | dig. Er billigte nicht nur die Bejeßung der Kadmeia,
mit den Toperen, jo daß er jich allgemeine Liebe | der Burg Thebens, um das Jahr 382 durch Phoi—
erwarb. Nep. Ages. 1. Just.6, 2, 4f. Plut. Ages. | bidas, jondern drängte die Spartaner aucd zum
2f. Xen. Hell. 3, 3. Da es hieß, der Perjer: | Kriege gegen Theben (378), nachdem die Thebaner
fönig rüfte ein Heer und eine Flotte aus, jo be- | die jpartanifche Bejagung und die Dligardyen ver:
redete Ag. die Lafedaimonier, ein Heer nad) Afien | trieben hatten. Plut. Ages 28. Xen. Hell. ö, 4.
h ihiden, um dem Könige zuvorzufommen. Ly- Zwar übernahm Ag. nicht gleich anfangs den Be—
ander, der ihm zur Herrſchaft zu gelangen be: | fehl, jondern erft 377, war indes jehr wenig glüd-
hülflich gewejen war, begleitete ihn. Plötzlich (April | li, da die Athener ſich mit Theben verbunden
396) erjchien Ag. mit jeinem Heere in Ephejos, | hatten. Ihm ftand der tüchtige Athener Ehabrias
ehe der perjiiche Satrap Tifjaphernes ihn erwartete, | gegenüber. Plut. Ages. 26. Xen. Hell. 5, 4, 30.
und forderte die Unabhängigkeit der Eleinafiatis | In den nächiten Jahren beteiligte ſich Ag. an den
ſchen Griechen. Tifjaphernes, der noch nicht gerüjtet | Ereigniſſen — dem 7Ojährigen Grete mochte
war, jchlug einen Waffenftillftand vor auf 3 Mo: | jein körperlicher Zuftand wohl Ruhe gebieten. Erft
nate, welchen Ag. zugeitaud und umverbrüchlich | 370, nachdem Sparta die bintige Schlacht bei
hielt, um ſich einen guten Namen zu verichaffen, | Leuftra verloren und Ag. vorher an den, jedoch
während Zifjaphernes jeine Rüftungen eifrig fort: | vergeblichen, Unterhandlungen mit Epameinondas
ſetzie. Nep. Ayes. 2. 4 ff. Plut. Ages. 6. 9. In: | teilgenommen hatte, kämpfte er gegen die Arka—
wwiſchen entfernte Ag. den ihm durch jeine Herrſch—⸗ | bier, welche ſich nad; jeinem Abzuge (369) mit den
Jucht läftigen Lyſander nach dem Hellespont. Überall | Thebanern vereinigten und im Latonien einfielen.
zeigte aljo der König, obwohl er klein, ſchmächtig Der greije Held rettete durch Auge Anjtalten das
30
bedrohte Sparta. Nep. Ages. 6. Plut. Ages. 31 ff.
Xen. Hell. 6, 5, 22 ji. Bei Epameinondas’ zwei-
tem Einfalle in Lafonien eilte Ag., der bei Man—
tineia ftand, feiner Baterftadt zu Hilfe, nötigte
die Thebaner zum NRüdzuge und lieferte dem Epa—
meinondas (4. Juli 362) die biutige Schlacht bei
Mantineia. Dem leßteren wurde der Sieg zu teil.
Sturz darnach fam der Friede, zwar unter des Ag. | 2
Widerſpruch gegen die Herjtellung Meffeniens, ge
ftande (Plut, Ages. 34); weiteres vermochte Ag.
nicht wegen der Schwäche Spartad. Troß feines
j
Alters aber ging er aus Mifbehagen über die |
Lage jeiner Baterjtadt mit einem Heere nadı Agyp-
ten, um dem Tachos gegen Artaxerxes beizuftehen,
361. Als aber bald darauf Tachos durch Nelta:
nabis geftürzt wurde, unterftüßte Mg. diejen, da
jener ihn durch Verweigerung des Oberbefehls
—— hatte. Mit — Geſchenken verließ er
gypten, ſtarb aber unterwegs nach langer Regie—
rung, 84 Jahre alt, im Jahre 358. Plut. Ages.
36 ff. Nep. Ages. 8. Bgl. Herkberg, das Leben
des Königs Agei. II. (1856). A. Buttmann, Age:
filaus, ©. des Ardidamus (1872).
Agesipölis, Aynoinolıs, 1) Sohn des Pauſa—
nias, König von Sparta, kam zur Regierung 394
v. E. unter Bormundjchaft des Ariftodemos | Plut.
Ages. 3. Xen. Hell 4, 2, 9), unternahm 388 einen
Feldzug gegen Argolis, ohne es erobern zu fünnen
(Xen. ‚Hell. 4, 7, 2 fj.), 309 386 gegen anfineia,
welches jeine Mauern nicht 58* wollte, und
nötigte nach längerer vergeblicher Belagerung durch
Eindämmung des die Stadt durchfließenden Ophis
die Einwohner zur Unterwerfung. Xen. Hell.ö, 2,
3. Er jtarb im Kriege gegen Olynth, 381. Xen.
Hell. 6, 3, 8ff. — 2) Ageſipolis Ul., nad
jeines Oheims Kleomenes III. Tode König von
Sparta 219 oder 220 d. E., wurde durch Lykurg,
feinen Mitregenten, verdrängt. Liv. 34, 26.
Agger, zunächſt jeder durcd; Menjchenhände ge:
machte Aufwurf von Erde, Schutt, unjer Damm.
Rom wurde von einem ſolchen auf der Weitjeite
vom Colliniſchen bis zum Eſquiliniſchen Thore
beihügt. Plut. Num. 10. Er hatte die Höhe der
Mauern. Neben demjelben wurden die Leichname
der Armen begraben, jowie auch Verbrecher von
ihm herabgeftürzt wurden. Suet. Cal. 27. Hor.
epod. 5, 100. Später legte Mäcenas hier Gärten | (Diod
und Spaziergänge an (Hor. sat. 1, 8, 14 ff.), mit
der turris Maecenatiasan (Hor. od. 3, 29, 10.
Suet. Ner. 38), dort wohnte auch Tiberius (Suet.
Tib. 15). Ein zweiter befannter agger (unſer:
Landwehr) ift der des Drujus in Germanien, von
Tacitus mehrmals erwähnt und bejchrieben, im J.
58 n. E. von Paulinus Pompejus vollendet. Tac,
ann. 13, 53. — Im Kriege wurde jedes Lager
von einem agger umgeben, der je nach der Nähe
des Feindes größer oder Heiner war. Mit val-
lum verbunden, z. B. Caes. b. g. 7, 72, bezeichnet
aggrer die Erde oder den Schutt des Erbmwalls,
vallum dagegen das Ganze. Üues. b. ec. 3, 63.
Bei der Belagerung einer Stadt wurde unter dem
Schuße von Schirmdächern (ſ. Belagerung, 10 ff.)
ein agger an die Mauern der Stadt hinangetrie:
ben, neben dem und unter deſſen Schuß der aries
arbeitete. Bisweilen wurden zur rajcheren Errich:
tung des agger Holz und Faſchinen verwandt,
weshalb ihm denn auch die Feinde anzünden konn—
ten (Liv. 36, 23. Caes. b. 9.7, 24). Die aggeres
Agesipolis — Agis.
mußten beinahe die Höhe der Mauern erreic
alsdann wurden die turres ambulatorise d
Räder hinanfgebradht, und von diefen aus die
oberung der Stadt verſucht. -- Bei den Gric
machten die joliden fteinernen Stabtmauern (
ben und Wall entbehrlich. Auch die griechi!
Lager waren in der Regel gar nicht verjch
Deito mehr wurde der Damm (röum) von ji
der Belagerer angewendet, in gerader Linie
die Stadt zuführend, um vom ihm aus die Ma
zu zertrümmern oder zu befteigen. Die ma!
niſche Kriegsfunft wandte dafür in ihren Tün
und Geſchützen wirfjamere Mittel an.
Agis, Ayıs, 1) ©. des Eurpithenes (Hd
204), joll die Urbewohner Lakoniens, namen
die Heloten, unterworfen haben. Strab. 8,
Bon ihm erhielt die eine in Sparta herrid
fönigl. Linie den Namen Ayızdaı. — 2)Agi
Bruder des Agefilaos, fam 426 dv. E. zur Regie
Bon einem Einjalle in Attifa jchredte ihn ein
beben ab. Im Jahre 425 dagegen war jein
fall in Attifa glüdlicher. Thuc. 4, 2. Im Ka
mit Argos (418) lieh er fich zu einem Waffe
itande bereden, weshalb ihn bei der Rücklel
Sparta jchwerer Unwille empfing und er joga
Strafe bedroht wurde; doch gelang es ihm
abzuwenden, und durch einen glänzenden Sieg
die Argeier im Jahre 418 machte er jein frü
Verjehen wieder qut. Thuc. 5, 64 ff. Später
eroberte er den Örenzort Defeleia in Attifa
7,19), von wo aus er den Athenern großen |
den zufügte, und 405 nahm er, ebenfalls vor
feleia aus, an der Belagerung Athens
Lyſander teil. Xen. Hell.ı, 1. 2, 2. Plut.
14. Auch in den Kriegen mit Elis (398) zei
er fi aus, Er ftarb 397 nach der Rücklehr
Delphoi. Xen. Hell. 3, 3, 1. Sem Sohn
tychides, den er früher jelbit für unebenbürti
flärt hatte, wurde durch Agis’ Bruder Age
verdrängt. Put. Ages. 3. — 3) Agis IL,
des Archidamos III. wurde 388 König von S
(Plut, Ages. 3). Ein Feind Nleranders des Gr
verband er fich mit den Satrapen der afiat
Provinzen und erhielt von ihnen Geld und S
nahm 8000 griechiſche Söldner, die unter Di
bei Iſſos gefochten hatten und entfommen ı
iod. Sie. 17, 48), in feine Dienfte, bemäc
ſich Kretas und ging dann nad) den Pelop
hinüber. Bereits hatte er einen großen Tei
jelben erobert und belagerte Megalopolis i
fadien, als Antipater erſchien. Agis verlo
Schlacht und fand im derjelben einen rühm
Tod, 330. Just. 12,1. Curt. 6, 1, 1--16.
2, 13. — 4) Ugis II, fam um 245 v. C
dem Tode jeines Baters Eudamidas zur Regit
Sparta war nicht das alte mehr, das der Ahr
Sitte des Lykurg huldigte. Es war im Lau
Zeit entartet, die Zahl jeiner Bürger auf 70
fumten und das Geſetz, nad) welchem jeder B
einen gleichen Anteil am Boden haben jollt:
mahen außer Gebrauch gefommen, daß der &
bejiß fi in den Händen einiger weniger b
ja ein nicht geringer Teil auf dem Wege de
ſchaft in die Häude von Frauen übergegangeı
Daß Sparta jo nicht beftehen fonnte, jah Agi
Er beichloß daher die Wiederherftellung der
ftrengen Geſetze und Einrichtungen, form
möglich jei, und ging feinen Unterthanen mit
Agitator — Agmatio.
Beifpiel durch Befolgung der alten Einfachheit
voran. Um ihn ſammelten ſich angejehene Männer,
ja ſelbſt frauen, während der zweite König Spar-
tas, Leonidas Il., ihm, wenn auch nicht offen, doc)
insgeheim entgegenwirkte. Als nun Agis dem Ly—
jander, einem jeiner Anhänger, das Ephorat aus-
wirkte (243) und dann der Gerufia vorjchlug, die
Zahl der Bürger auf 4500 zu vermehren (Plut.
Agis 6—8), die Ländereien des übrigen Landes
unter 15 000 Beriöfen zu verteilen und alle Schuld-
forderungen zu tilgen, auch Agis jelbft jeine Güter
und jein Bermögen darzubringen veriprach, jo
ſchloß zwar das Volk jich ihm mit Jubel an, allein
der Rat juchte die Sache binzuziehen und entſchied,
als er darüber abſtimmen mußte, durch den Ein—
fluß des Leonidas, gegen den Vorſchlag. Leonidas
büßte freilich durch Lyſanders Macht, weil er ſich
mit einer Ajiatin verheiratet hatte, mit Abjegung,
aber auch Lyjanders Amt war dem Ablauf nahe,
und weniger günjtig gefinnte Männer traten ins
Ephorat ein, wurden indes —— verjagt und
neue ernannt, darunter des Agis Oheim Ageſilaos,
der ſeines Neffen Pläne bis jetzt gefördert hatte. Auf
deſſen Antrieb trat nun Agis von neuem auf,
ſchlug aber, um ſicherer zu gehen, auf des Oheims
Hat anfangs nur die Vernichtung der Schuld—
forderungen vor, was durchging; als er nun aber
mit der zweiten Mafregel hervortrat, da juchte
Ageſilaos, der durch die erfte von jeinen eigenen
Schulden frei geworden war, diejelbe hinzuhalten,
weil er jeine Güter nicht zur Teilung hergeben
wollte. So ftand die Sache, als Agis mit einem
ipartanijchen Heere aufbrah, um zum Heere des
achaiiſchen Bundes zu ftohen und am Kampfe
gegen die Witolier teilzunehmen, ohne daß indes
wegen ber Vorſicht des Aratos als Oberbefehls-
habers jeine Kampfluſt befriedigt wurde (Plut.
Agis 13 —15). Daher fehrte er nach Sparta
zurüd, wo inzwiſchen jein Oheim Ageſilaos ich
durch Gewaltthätigkeiten aller Art jehr verhaßt
gemacht Hatte, jo dab das Volk, das ſich bitter
getäufcht jah, den Anhängern des geflüchteten
Leonidas Gehör gab. Diejer kehrte zurüd, Agejilaos
entjloh, Agis fand eine Zuflucht in einem Tempel,
ließ fich aber bereden, denjelben zu verlafien, und
ward darauf von den Ephoren zum Tode ver:
urteilt, 240. Wie er, ftarben jeine Großmutter
und Mutter (Plut. Agis 16 ff.). Bol. Gerlad,
bifter. Studien II S. 145 ff.
Agitätor, der Wagenlenter (anriga) beim Wett:
rennen in den Eirkusipielen. Plaut. Men. 1, 2,
50. Cie. acad. 2, 20. Wenngleich jpäter ein Matel
auf ihrem Geſchäfte haftete, galt es doch nicht für
ehrlos. Frreigelaflene und Sklaven betrieben diejes
Gewerbe, aber bei der Leidenſchaft der Nömer für
die Rennbahn war es höchit einträglich (Mart. 10,
74. Juv. 7, 112. Suet. Cal, 56. Jos. ant. Jud.
19, 4, 4), weshalb demn ihre Frechheit und Aus—
gelafienheit ftets zunahm. So hatten jie ſich all-
mählich das Recht angemaßt (inveterata licentin),
an gewiſſen Tagen durch die ganze Stadt hindurch
die Leute durch allerlei Scherze zu betrügen und
zu beitehlen, was Nero verbot (Suet Ner. 16).
Selbjt junge Männer der edeliten Familien er:
miedrigten ſich zu der Rolle der agitatores (Die
Cass. 65, 5. Suet. Vit. 4).
Aglaia j. Charis, Chariten.
Aglaophämos, Aylaopaunos, ungewiß ob eine
31
biftorijche oder mythiſche Berjönlichkeit, Vorfteher
und Lehrer der von Orpheus geftifteten Myſterien
(relsrai), zu Leibethron im pierischen Makedonien,
worin er auch den Pythagoras unterwiejen haben
joll. Nah ihm hat Lobeck jein berühmtes Werk
benannt: Aglaopbamus s. de theologiae mysti-
cae Graecorum caussis (1829, 2 Bbb.).
Aglaöphon ij. Maler, 2.
Agmen iſt jeder Heereszug auf dem Marſche.
Bei den Griechen wurde die Gliederung nach
den einzelnen Truppenförpern inne gehalten, wie
jie der Gefechtsftellung zu Grunde lag, mur bei
Nacht anders (Xen. An. 7,3,37). Der Marſch ge:
ſchah entweder in einer oder mehreren Kolounen
(nope/a uovopalayyie, dupelayyle u. ſ. w.),
oder in Abteilungen hinter einander (Fmayayı),
oder als Nebenmaric des ganzen Heeres in einer
Linie (ragayayn) Die Erayayı war das ge-
wöhnliche. Die Neihenfolge der verichiedenen
Baffengattungen richtete ſich nach der Ortlichkeit
(Xen. An. 7, 3, 87. Cyrop. 5, 3, 36). Bei
Rückzügen war das auf allen Seiten durch Hopli-
ten gededte Biered die gewöhnliche Marſchordnung.
— Die Römer marjdierten jo, daß fie jeder:
zeit, jelbjt wenn der Feind micht in ihrer Nähe
war, jich zur Schlacht formieren konnten, weshalb
jeder Soldat bei jeiner Abteilung und in Neihe
und Glied bleiben mußte, damit feine Lüde, aber
auch feine Haufen entjtünden. Da aber ein weit
ausgedehnter Heereszug (agmen Jongissimum)
leicht zu durchbrechen war und die einzelnen Ab—
teilungen wegen der weiten Entfernung einander
nicht rajch zu Hülfe kommen konnten, jo mar:
ichierte man in breiten Kolonnen (azmen qua-
ratum) und vermied dadurd) die Möglichkeit einer
Überflügelung und eines Seitenangriffs oder einer
Überrumpelung im Rüden. Zugleich jchwärmten
einzelne Reiterabteilungen und Leichtbewaffnete auf
allen Seiten zur Borficht und Dedung umher. Das
Sepäd (impedimenta) folgte für gewöhnlich jeder
Abteilung (Caes. b. q. 2, 17); war aber ein feind-
licher Überfall zu befürchten, jo nahm man es in
die Mitte (daſ. 19). Übrigens waren die Soldaten
auf dem Mariche mit einem Gewicht von ungefähr
60 Pfund belaftet, weshalb Cs. b. c. 1, 66 es
onus nennt, obichon der eigentliche Ausdrud sar-
einae ift. Es bejtand außer den Waffen in einem
federnen Ranzen (pera, folliculus), worin Weizen
auf 14 Tage bis 4 Wochen, in Gerätichaften zum
Schanzen (rutrum, Spaten), in einer Senje zum
Fouragieren (falx ad pabulandum) und endlich
in mehreren Schangpfählen (12 jogar, Liv. 8, 27).
Kam es zum Angriff, jo legten die Soldaten ihr
Gepäck auf einen Haufen (sarcinas conferre\.
Wurden fie aber durch einen feindlichen Überfall
daran verhindert, jo jchwand ihnen wohl der Mut,
weil fie impediti agmine und sub sareinis
fämpfen mußten.
Agnatio heißt nicht Verwandtichaft überhaupt
(ecognatio), jondern nur die civilrechtlich gültige
Blutsverwandtichaft, auf die von Mannsperjonen,
die zur Familie gehören, erzeugten oder adoptier-
ten Familienglieder beichränft. So find Bruder
und Schweiter Agnaten, aber die Kinder der
Schwefter gehören nicht zu den Agnatenfreife. Der
Adoptierte jcheidet aus der bisherigen Agnatio aus
und tritt in die jeines Adoptivvaters ein. Die
alten VBorrechte der Agnaten in Erbichaftsan:
32
gelegenheiten wurden in der Kaiſerzeit etwas be:
ichränft, indem die Cognati und Affines mehr
Verüdjichtigung fanden.
Aycv Tuunzös und ariumrog, In allen
Rechtsverhältniſſen treten beſonders zwei Seiten
hervor, das materielle Recht in der Art, daß
die Beziehungen des Einzelnen zum Einzelnen und
zur Gejamtheit des Staates aufs genauefte durd)
Geſetze bejtimmt find, jo daß im voraus für alle
Überjchreitungen der Schranten, die dem Einzel:
nen vom Staate gejegt find, beftimmte Strafen
und Buhen angeordnet find: jodann die Ermit:
telung durch den Richter, ob eine derartige Rechts:
verlegung ftattgefunden hat, und die Anwendung
der Strafe auf den bejonderen Fall, das Pro-
pe He Die erjte der beiden Seiten hat
i den Attifern nicht die Ausbildung gefunden,
twie die zweite. Das materielle Recht war unvoll-
ftändig ausgebildet und Lüdenhaft, jo ausgebildet
und mannigfaltig auch die Formen und Wege
waren, in jedem Falle jein Recht zu juchen oder
eine gejchehene eg n ng zu verfolgen. Wo
nun die Gejege bei der Beſtimmung nicht aus:
reichten, mußte die richterlihe Macht in einer
Art, die uns freilich als Willfür ericheinen würde,
ergänzend eintreten und außer ber Enticheidung
über die Schuld oder Nichtſchuld des Angeflagten
im Falle der Schuld für den bejondern Fall die
Strafe (edunae) nad) eigenen Ermeſſen hinzu:
fügen. Darnach zerfallen alle Rechtshändel in
ayarss rıuntol und arldunror. An legteren hatte
das Geſetz die Strafe bejtimmt, in jenen mußte
das Geſetz durch richterliche Entjcheidung ergänzt
werden. Nachdem nämlich die Richter über den
Thatbeftand geurteilt hatten, trat, wenn der An-
geflagte für jchuldig befunden war, ein zweites
Berfahren ein. Der Anfläger ftellte den Antrag
auf eine beftimmte Strafe, ſchätzte aljo gewiſſer—
maßen das Bergehen nad jeiner Straffälligfeit
(ruuashal rıwl rivos ift der offizielle Ausdrud).
Der Angeklagte hatte dann das Hecht des Gegen:
ſchätzens («reruugodee), bejtimmte jeinerjeits ein
Strafmaß für ſich. Zwiſchen den beiden Schägungen
wählten dann die Richter; ob fie einen Mittelweg
einjchlagen und von beiden abjehen durften, läßt
fih nicht gan ficher ermitteln. Ein betanntes
Beiipiel eines Aa dya» ruunzög ijt der Prozeß
des Sokrates. Die Anfläger tragen auf Todes:
De an, Sofrates behauptet eine Belohnung ver:
ient zu haben; um aber der Sitte zu genügen,
ftellt er fi eine äußerſt geringe Schäßung. Die
Richter, über die Geringichäbung, mit der Sofrates
die Sache behandelt, erbittert, enticheiden fich für
den Antrag der Ankläger. Bol. Meier und Schö⸗
mann, att. Prozeß S. 208 ff. der 2. Aufl.
Agonla, Agonalia, ein jährlih mehrmals
wiederfehrendes Feſt und Opfer der Römer, indem
der rex od. princeps civitatis in der Negia einen
Widder, den princeps der Herde, opferte. Die
Bedentung des Namens ift den Römern jelbft
rätjelhaft (Ov. fast. 1, 317). Wahricheinlich be-
zeichnet es jchlechthin Opfer, denn agere war
in der älteren Sprache euphemiftiicher Ausdrud
für ſchlachten. Ungewiß ift auch, welchen Göttern
diefe Opfer gebracht wurden. Ovid a. a. O. jagt,
daß am Agonaliſchen Feſte am 9. Januar Janus
zu —* ſei; doch folgt daraus noch nicht, daß
das Agonalienfeſt dem Janus gegolten. Ein
"Aybv zıumsös — "Ayoupot vöuoı.
Agoniam Martiale wurde am 17. März
feiert.
'Ayoge ijt in der erften Bedeutung die '
ſammlung des Volfes, beſonders in der heroiſ
Zeit (vgl. Exinola); ſodann der Drt, wo
"rn hai gehalten wurden, ber danın
zugleich der Plaß für den öffentlichen Vertehr,
\onders den Handelsverkehr, war, in den
ftädten gewöhnlich am Meere, in den Landſtä
am Fuß des Burghügels, bei jpäteren Neug
dungen, z. B. im Beiraieus, vieredig und
Säulenhallen umgeben. Geihmüct war der W
mit Tempeln, Götterbildern und öffentlichen
bäuden, da er gewiſſermaßen der Mittelpunkt
ſtädtiſchen und ftaatlichen Verkehrs war;
/Ivvg (unter Attika, 12.) und Eunkn
So erwähnt Aiſchylos die Hol drionoxoı ay
und den 'Eouris ayoowiog. Bejonders pradı
war der Markt in Athen, von Kimon auch
Platanen bepflanzt. Die Frequenz auf dem M
war bejonders in ‚den Bormittagsftunden bedeu
Mit dem Worte &yogxiog hat man frühzeitig ı
Bummler bezeichnet. Als aber die große 1
ſich mehr an dem öffentlichen Leben ‚au betei
anfing, ward das megripyscdhu: xark re ay
allgemein Sitte, und der Mthener bradıte
einen großen Teil feiner Zeit zu. Der Han
verkehr war für die Bürger frei; Fremde,
die Metoifen, hatten an die Agoranomen
Marktgeld zu entrichten. Die einzelnen Teils
Marktes wurden nad) den dort jeilftehenden U
benannt; ſie hießen «vrdor. Die Marktzeit
nad) unferer „Tageszeit zu rechnen, von 9
(mAndovoe «yoga, Hdt. 2, 173. 7, 228).
allgemeinen erjcheint der Martt zugleich al
Mittelpuntt aller feitlichen Aufzüge.
Agorakritos j. Bildhauer, 6.
Ayogavöuoı, eine Polizeibehörde, weld
vielen griechiichen Städten vorkommt, in
10 Männer, 5 für die Stadt und 5 für
Beiraiens, unter deren Aufficht bejonders
Marttvertehr ftand. Sie hatten auf Ordnung
xooula) beim Verkehr zu halten, Betrug 3
ftrafen (Theophr. bei Harpoerat. xar« ınv
gxv amevdeiv) und darum die Waren und
und Gewicht zu unterjuchen, hatten daraı
ſehen, daß fein Unberechtigter Ware feilbo
der Fremde und Metoite mır gegen Erlegun
Sevıröv zekog feinen Kram betreiben durfte)
die Marktjteuer in Empfang zu nehmen, Ger
barkeit innerhalb ihres Amtskreiſes hatten
der Art, daß fie bei Heineren Gejegübertreti
wahrjcheinlich jelbit Bußen verhängen for
während bei größeren Vergehen natürlid
Gerichtshof zu entjcheiden hatte,
"Aygagoı voor, die ungejchriebenen 6
im Gegenjage zu den geichriebenen menſch
und ftaatlichen Sapungen, nad) der echt hellen
Auffaffung unmittelbar von Zeus und T
oder Dife abgeleitet, die heiligen Quellen
menjchlichen Rechts und Gejeßes, wenn Dies
zuweilen mit jenen in Konflikt geraten kam
dies 3. B. Antigone ausipricht in den W
daß ihr die ungejchriebenen und unverbrüd
Geſetze der Götter (dyganız naspali; He
uıuc), die aus verborgener Quelle fommend
leben, mehr gelten als die Gebote des |
(Soph. Ant. 450. O. T. 865). — Aus
Agraulos —
ungejchriebenen, göttlichen, im Menfchen lebendigen
Gejepen, deren Inbegriff wir als natürliches Recht
bezeichnen können, entwidelt ſich zunächſt das Ge-
wohnheitsrechht (of xar& z& vöuot), welches
ausschließlich herrichend ijt im Urzuſtande der
Staaten, bei den Griechen alio —— im
patriarchaliſchen Königtume, wo der König eben
der Vertreter und geheiligte Verwalter dieſer Ge—
ſetze iſt. Aber auch noch unter der Herrſchaft des
geſchriebenen Geſetzes (und dies iſt die dee der
riechijchen Demofratie vor ihrer Entartung) haben
He ihre Geltung, indem ihre Übertretung, jolange
der jittliche Rechtsfinn im i
Strafe, doc auerkannte Schande bringt (alsyuenv
öuoloyovusvnv, wie Perifles bei Z’huc. 2, 37
jagt). Mit der Achtung vor — ſchwindet a
die Achtung vor dem geſchriebenen — (qui
leges sine moribus vanae proficiunt? Hor. od.
3, 24, 35 f.), und Mriftoteles (pol. 3, 11, 6) ftellt
daher das fittlihe Gewohnheitsrecht an Geltung
noch über das gejchriebene Geſetz (Fru xvgıwregpoı
nal megl nugimriowr rar Kark Yoduuare vöuor
ol xara ra En eloiv).
Agraulos j. Kekrops u. Pallas Athene, 4.
Agriänes, "4ygräves, thrakiſch- mafedoniiches
Bolt am Strymon zwifchen den Gebirgen Rhodope
und Haimos, vorzügliche Bogenjchügen, daher ge-
wöhnlich als wıLod im Heere Aleranders bezeichnet,
oft von Arrian und Eurtius erwähnt.
Agricöla, Gnäus Julius, durch jeinen Schwie—
gerjohn Tacitus in einer meifterhaften Biographie
verewigt. Geboren 39 oder 40 n. C. in der Kolonie
Forum Julii (j. Frejus), Sohn des auf Caligulas
Befehl hingerichteten Julius Gräcinus, wurde er
von jeiner trefilichen Mutter Julia Procilla erzogen,
erhielt in Maſſilia wifjenichaftliche Bildung und
machte (59 n. GE.) unter Suetonius Paullinus in
Britannien jeinen erſten Feldzug. Im J. 61 nad)
Rom zurüdgefehrt und mit einer vornehmen Rö—
merin Domttia Decidiana verheiratet, erlangte er
nacheinander im J. 62 das Vigintivirat, jeit dem
3. Dezember 63 die Duäftur in Aſien, jeit dem
Dezember 65 das Tribunat und 68 die Prätur
und trat, als im J. 69 Beipafian zum Kaiſer aus-
gerufen ward, jofort auf dejien Seite über. Bon
ihm erhielt er im nächiten Jahre den Befehl über
die 20. Legion in Britannien, wo er jich durch
Tapferkeit einen Namen erwarb, der durch feine
Beicheidenheit erhöht ward. Tac. Agr. 6.8. Sein
Lohn war bei der Cenſur im J. 74 die Aufnahme
unter die Patricier und die Verwaltung Aquita-
niens während 3 Jahre. Dann im %. 76 zum
eonsul suffectas erhoben, verlobte er jeine Tochter
dem Tacitus und vermählte fie nach dem Konſulat
mit ihm. Gleich darauf erhielt er das Pontifikat
und die Statthalterichaft von Britannien (daj. 9).
Mitten im Sommer 77 kam er dort an und rüdte
gleich ins Feld, hieb das Boll der DOrdoviter
nieder, jegte nach Mona (Anglejea) hinüber und
ward Herr diejes Platzes daſ. 18), dehute in den
beiden nächſten Jahren jein Gebiet bis zum Taus
(Zayı aus und errichtete im 4. Sommer eine Linie |
von Türmen und Schanzen zwijchen Clota und
Bodotria (Firth of Elyde und Forth) zum Schutze
Bolfe febt, wenn nicht | tum
am untern R
Agrigentum. 33
den glüdlichjten Erfolg. Die im Berborgenen
drohende Feindichaft der nördlichen Gebirgsvölter
Schottlands Hinderte ihn, auf Hibernien mehr als
das Auge zu richten; am Fuße des Berges Grau—
pius brachte er jenen freilich eine ſchwere Nieder:
lage bei, ohne jedoch jeinen Sieg verfolgen zu
fönnen, 84 (daf. 24—39). Der Ruhm jeiner Thaten
wedte Domitians Neid; er erhielt die triumphalia
ornamenta und einen Nachfolger, 85. Bon nun
an lebte er in tieffter Zurüdgezogenheit, um dem
Argwohn des Tyrannen zu entgehen; und doch
blieb, ald er 93 ftarb, der Verdacht der Bergif-
g nicht fern. Zac. Agr. 40 ff. Dio Cuss. 66,
20. Bol. Imhof, Domitianus (1857) ©. 42 ff.
51. 107. Urlichs, comment. de vita et hono-
ribus Agricolae (1868).
* —— nur Tue.
t
Agri deeümätes,
Germ. 29 erwähnt; vielleicht altertümliche Form
für decumani. Urfprünglich hatte man wohl, wie
hein (Tue. ann. 13, 54), jo auch
vielleicht ein moch größeres Stüd jenjeits des
Rheins und der Donau frei erhalten, um es ge
legentlich zum Vorteil der römischen Legionen zu
benugen. Es fiedelten fich dort allmählid Gallier
an, die einen Pachtzehnten (decuma) zu entrichten
hatten (daher der Name agri decumates), und
die röm. Bejaßungen rüdten jo in bewohntes Yand
ein. Eine Grenzwehr (limes Germanicus) gegen
die nächſten Völkerſchaften des deutjchen Binnen-
landes wurde gezogen, und dieſe, deren Überrefte
als Teufelsmauer und Pfahlgraben noc vorhanden
find, können auf die ungefähre Umgrenzung jenes
Gebiets führen, die man findet, wenn man von
Regensburg bis Obernburg am Main eine Linie
ieht, die man mit Hülfe anderer Gräben und
älle bis an die Lahn und Sieg, ja bis an Die
Lippe verfolgen fann (j. Limes). Etwas fpäter
wurde diejes neue Gebiet zur Provinz hinzugefügt;
unter Kaiſer Aurelian ging es an die Alemannen
verloren. Die wichtigften Ortjchaften waren Aquae
Aureliae (j. Baden-Baden), Aquae Mattiaeae
(j. Wiesbaden) und Sumelocenna (j. Rottenburg
am Nedar), jowie Clarenna (j. vielleiht Cann—
ftadbt). Im Königreich Württemberg allein jind
etwa 600 römische Wohnorte entdedt worden.
Agrigentum, 5 und N ‘Axodyas, j. Girgenti,
Stadt auf der Südküfte Siciliens, einige Stadien
vom Meere zwiichen den zwei Flüſſen Afragas
(i. ©. Biagio) und Hypfas (j. VBelice) gelegen auf
bedeutender Höhe; fie war eine doriſche Kolonie
der Rhodier von Gela aus (581 dv. E.) und blühte
raſch empor, durch Reichtum der Gegend und durch
Handel jelbit nad Afrika, wodurch freilich auch die
doriſche Einfachheit mehr und mehr ſchwand, jo:
wie durch Induſtrie. Neben Syrafus wird jie das
„Auge Sieiliens“ genannt. Der graufame Pha-
laris herrichte 16 Jahre lang (570-554 v. E.)
über die Stadt, ſpäter der wegen jeiner Güte
und Trefflichkeit von Pindar gepriefene Theron
(488 — 472), welcher 480 mit Gelon den glän-
uden Sieg bei Himera über die Karthager er:
—* Später genoß A. eine freie Verfaſſung, die
beſonders der hier geborene Philoſoph Empedokles
ins Leben gerufen hatte. Durch Neutralität ent—
geaen die Einfälle der wilden Caledonier (dai. 22 f.). | ging die Stadt zwar den Wechjelfällen des pelo-
feit und Humanität jeiner ganzen
Bemühen, röm.
Reallerifon des Hafj. Altertums.
od) jchöner aber —F die Ordnung, Gerechtig—
ei
ſein
7. Aufl.
ponneſiſchen Krieges, allein nach der Zerſtörung
rwaltung; | von Selinus und Himera durch die Karthager fiel
Itur zu verbreiten, hatte | auch Akragas durch dieje nach achtmonatlicher Be-
3
34 Agrimensor — Agrippa.
fagerung und wurde zerftört (406). Diod. Sie. | (1870), und Bindſeil, Gejchichte der Stadt Afragı
13, 82— 90. So ift denn von der Stadt bis zum | (1882).
%. 338, d. h. bis zu Timoleons Zeit, faum die Agrimensor j. Mensor.
Rede. Aber damals erblühte fie von neuem. Weil| Agrionia, Aygeıwvır, ein trieteriiches Winte
fie im erften puniſchen Kriege auf der Seite der | feft des —** Agrionios zu Orchomenos
Karthager ſtand, belagerten und eroberten fie die | Boiotien, das beſonders von Frauen durch näd
Römer im J. 262 (Pol. 1, 17 ff.); num trat fie liche Orgien gefeiert ward. An diejem Feſte fa
zu den Römern in das Verhältnis der societas | der Brauch ftatt, daß der Priefter des Gottes n
und erhielt ſich Verfaſſung und innere Eimrich- | dem Schwerte eine Jungfrau aus dem Gejchled
tungen. Die Bewohner waren bekannt durch ihre | des mythijchen Königs Minyas verfolgte und, we
Gaftfreiheit und ihren treffenden Wit (Cie. Verr. | er fie einholte, fie töten durfte. Obgleich man
ws AKRAGAS.
F u AGRIGENTUM).
Bi. Akropolis ER, . 1175000
Ares Seus QyPotieus on *
*
T.des Zeus Atabyrlog,
u.der thena‘
4, 43). Bon den im Altertume berühmten Tem: | fpäterer Zeit die Tötung vermied, fam doch
peln finden fich bedentende Überrefte, bejonders | in Plutarchs Zeit ein folcher Fall vor (Plut. que
von dem Folofjalen (111m Tangen, 56m breiten) | qr. 38. quaest. rom. 112). Diejes Opfer i
nie vollendeten Tempel des olympiichen Zeus, | Parallele zu dem Opfer der Athamantiden (j. At
dem des Herakles und dem fälichlich jogenann: | mas). Das Feft findet fih auch in Theben u. Ar
ten Concordientempel, der rar ganz erhalten| Agrippa, 1) M. Bipjanius (Bipftamus) (
ift. Ebenfo find amjehnliche Reſte großartiger | die Bedeutung Plin. 7, 6, 45), ftammte aus
Wafjerleitungen des Baumeifters Phaiar — das | derm Gefchlecht und wurde im J. 63 v. C. q
her die phaiafifchen genannt — übrig. Bgl.|ren (Tae. ann. 1, 3. Well. Pat. 2, 96).
Siefert, Mfragas und fein Gebiet (1845), | dem gleichaltrigen Dctavian lebte er im
Schubring, hiftoriiche Topographie von Afragas | trautem Umgang und widmete ſich mit ihn
Agrippina.
Apollonia den Studien (Nep. Att. 12, 1). Hier
erhielten jie die Nachricht von Cäſars Ermordung,
und Agr. wurde jeitdem Octavians Bertrauter
und ftand diejem im Kriege wie im Frieden mit
gleiher Tüchtigfeit und gleichem Erfolge ehren:
voll zur Seite. Auf jein Zureden begab ſich
Octavian nach Rom. Hier Hagte Agr. den Caſſius
als Mörder Cäſars an, im J. 48 v. C. (Plut.
Brut. 27), und verdiente dann jeine Sporen im
verufinijchen Kriege (41), worauf er Prätor wurde.
pp. b. e. 5, 31ff. Dio Cass. 48, 20. Darauf
dämpfte er einen Aufitand der Aquitaner in Gallien
(App. b. e. 5, 92. Eutr. 7, 5) und drang, ber
erite jeit Cäjars Übergange über den Rhein, in
Öermanien ein (Dio (ass. 48, 49. Tac. ann. 12,
27). Nach jeiner Rückkehr wurde er Konful im
J. 37. Im GSeefriege gegen Sertus Pompejus
erbaute er eine Flotte und legte den Kriegshafen
zu Bajä an. Diod. Sie. 4, 22. Suet. Oet. 16.
Dio Cass. 48, 495. Er jiegte im J. 36 bei Nau—
lochus (Dio Cass. 49, 2. Vell. Pat. 2, 79), ein
Treffen, in weldhem er von den von ihm ein-
gerichteten hohen Schiffstürmen und dem Harpar
Gebrauch machte (App. b. c. 5, 118). Er erhielt
die corona rostrata oder navalis, fämpfte dann
glüdlich gegen Dalmatier und Jlyrier mit Octavianı
(35 und 34) und wurde darauf Abil, ein Amt, in
weldien er jeine Neigung zu großen Bauten durch
Reinigung der alten und Anlegung neuer Wafler:
leitungen zum Borteile Roms aufs jchönfte be:
fundete. Dio Cass. 49, 42. Beder, röm. Altert.
©. 703. Dem Agr. und feiner tücdhtigen Leitung
verdankte Auguftus den Sieg bei Xctium, der ihn
zum Herrn Roms machte. Plut. Ant. 66. Vell.
Pat. 2, 85. Dio Cass. 50, 11 ff. ö1, 1. Darauf
ordnete Agr. zur großen Zufriedenheit des m.
die Verwaltung Jtaliens, 30. Derjelbe gab ihm
die Hand jeiner Nichte Marcella und erteilte ihm
die höchſten Staatsehren, das Konjulat und die
Genjur. Tac. ann. 1, 3. Plut. Ant. 87. Suet.
Oet. 35. Dio Cass. 58, 1. Im J. 23 übertrug
Auguftus dem mit jeinem Schwager Marcellus in
Streitigfeiten verwidelten Agr. die Verwaltung
Syriens, wohin übrigens Agr. nur jeinen Legaten
ihidte, während er jelbft in Mytilene auf Leſbos
blieb. Suet. Oct. 66. Dio Cass. 53, 32. Nach
dem baldigen Tode des Marcellus kehrte er nad)
Rom zurüd, wurde Präfelt 20 v. E., beruhigte
dann, mwahrjcheinlich in der 2. Hälfte des J. 20,
das empörte Gallien und befiegte die Gantabrer
im nördlichen Spanien bis zur Vernichtung; nahm
aber den Triumph nicht an (Hor. ep. 1, 12, 26.
Dio Cass. 54, 1). Nach jeiner ganzen Stellung
war er des Auguftus Gehülfe in der Regierung,
wie denn auch diejer des Agr. Söhne aus jeiner
2. Ehe, Gaius und Lucius, an Kindesitatt an-
nahm und zu jeinen Nachfolgern ernannte. Suet,
Oct. 64. Tac. ann. 1, 3. Agr. hatte fich näm:
li im 3. 23, nach feiner Scheidung von Mar:
cella, mit Auguftus’ Tochter Julia, der Witwe des
Warcellus, verheiratet (Suet. Oct. 63). Bon
Agrippas zweiter Sendung nad) dem Drient, be—
ſonders nach dem kimmeriſchen Bojporos, willen
wir nur wenig (Dio Cass. 54, 24). Am J. 13
wurde die ihm jchon früher erteilte tribumiciiche
Gewalt ihm abermals auf 5 Jahre gegeben. Aber
ſchon im mächften Jahre ftarb er auf der Nüd-
fehr aus Panmonien, wohin ihn Auguftus zur
35
Dämpfung eines Aufftandes gejchidt hatte, in Cam—
panien im 51. Lebensjahre. Dio Cass. 54, 28.
Plin. 7, 8. Liv. ep. 136. Auguſtus ehrte jein
Andenten durch eine prachtvolle Zeichenfeier. — Agr.
war nicht allein groß als Feldherr und Staats:
mann, jondern auc ausgezeichnet als Schriftjteller,
bejonders in der Erdfunde. An der dur Auguftus
angeftellten Vermeſſung des Reiches jcheint er einen
bedeutenden Anteil gehabt zu haben. Als Frucht
derjelben beichlog er, im einer zu erbauenden
Bortifus eine große Weltfarte anzubringen, ein
Werft, das die Schwejter desjelben begann und
Auguftus in feinen legten Lebensjahren vollendete;
ein Kommentawgab eine Erläuterung dazu. Plin.
3, 17. Bol. Ritſchl, opuse. 3, 743. Peterſen,
Rhein. Muj. VII ©. 161 — 210. 277—4083. IX
85— 106. v. Gutſchmid ebendaj. XII ©. 619. Von
feinen Schriften, unter denen eine Autobiographie
genannt wird, find nur unbedeutende Bruchitüde
auf uns gekommen. Berdient machte er fih um
Rom aud durch Anlegung von Wafjerleitungen
(f. o.), ſowie durch die Reinigung der Kloaken
(Plin. 36, 24, 3), verjchönerte (26) die Stadt durch
Bortifus, Thermen und Gärten, bejonders aber
durch das Pantheon (j. Roma, 18.), jowie er
auch während jeiner Feldzüge in Gallien von Lug—
dunum (Lyon) als dem Mittelpunfte aus große
Heerftraßen und zu Nemaufus (Nismes) einen
großartigen Aquädukt und Bäder anlegte, welche
zum Teil noch jegt erhalten find. Auch regte er
zuerft bei den Römern den Gedaufen an, ihre
Kunftichäge auszuftellen und fie jo allgemein zu:
gänglich zu madhen. So war Agr. des Augujtus
rößte Stüße, des Staates Zierde, groß wie im
irieg, jo im Frieden. Monographie von P. ©.
Frandjen (1836). Müllenhoff, über die Welt:
farte und —— des Auguſtus (1856). —
2) Agr. Poſtumus, ein Sohn des M. Vipſanius
Agrippa und der Julia, nad) dem Tode des Baters
eboren. Dio Cass. 54, 29. Auguſtus verbannte
ihn nach der Inſel Planafia, 7 n. E. Vell. Pat.
2, 112, Tac. ann. 1, 3. Dio Cass. 55, 32. Sofort
nad) dem Tode des Auguſtus wurde er, vielleicht
auf Antrieb der Livia, die im Intereſſe ihres
Sohnes Tiberius den einzigen Entel des Auguſtus
fürchtete, ermordet. Tac. ann. 1, 6. Suet. Tib.
22. — 3) D. Haterius Agr., j. Haterius.
Agrippina, 1) Tochter des M. PVipjanius
Wgrippa (j. Agrippa, 1.) und der Julia, der
Tochter des Augujtus. Sie war verheiratet mit
Sermanicus und begleitete ihren Gatten auf feinen
Feldzügen, auf welden fie eine ungewöhnliche
Seelengröße zeigte und manches Unglüd milderte.
Tac. ann. 1, 69. Nach dejien Tode fehrte jie aus
Syrien nad Italien zurüd (da. 3, 1 ff.), wo jie
eine oppofitionelle Stellung einnahm, durch ihr
Beitreben, ihren Söhnen das römische Reich zu
verichaffen, fich dem Tiberius und deſſen Minijter
Sejanus verdächtig machte und deshalb in der Ber:
bannung auf der Injel Pandataria duch Hunger
jterben mußte, 33 u. 6. Tac.ann. 5, 3f. 6, 20. 14,63.
Suet. Tib. 53. Bgl. Burkhard, Agr., Augufts Enfelin
(1846), u. die Abb. S. 36. — Bon ihren 6 Kindern
(j. die Stammtafel unter Juli, 8.) wurde Caligula
jpäter Kaiſer, ihre Tochter, 2) Ugrippina, geb.
14 oder 16 n. E., Gemahlin des Katiers Claudius
jeit 49 n. €. (zuerſt verheiratet mit En. Domitius
Ahenobarbus $ Domitii, ®.), darauf mit Erijpus
3*
36
———— ſuchte ihrem Sohne erſter
Nero, die chaft zu verſch
A wurde von Claudius a indes ati ange:
nommen (Tae, ann. 12, 9 ff.), zum Nachteil feines
rechten, etwas jüngeren Sohnes Britannieus (j. d.).
Claudius rot, em bie — einer Ge:
mahlin und ihr ehebrecheri es Pi en läfti
fand durd) G ea ——— Tod im J. 54. Tac. a
12, 66 ff. laud. 43 ff. War. nn in
fir — Sohn Nero, den nunmeh ier,
führen zu können, 23 "hbertieh
IM Me
wurde,
na bed Oberften der Prätorianer,
urrus, und den Natichlägen des weijen Seneca.
Die beleidigte Agr. verjuchte ihn dafür durch Bri-
tanmicus zu ftürzen, ihre Abfichten wurden aber
durchſchaut, und Nero ließ die herrichlüchtige
Mutter ermorden, März 59. Tae. ann. 14, 1 ff.
Suet. Ner. 34. Dio Cass. 61, 12 ff. Sie hat über
ihr Leben und die Schicjale ihrer Familie Me:
moiren (commentarii,
Bol. U. Stahr, ade die Mutter eb Nero
2. Aufl. 1880). Lehmann, Claudius und Nero
1. ®b. 1858).
Agroecins, römiſcher Granmmatiker in 5. Jahrh.
n. &., Berfafjer einer Schrift de orthographia et
proprietate et differentia sermonis, die einen
nhang zu dem betr. Werke
des Flavins Gaper (ü.
Caper) bilden jollte. Er
lebte in Gallien und war ſpä—
ter Bijchof don Sens. Wis:
gabe in Keils Gram- /
mat. l.ut., Bd. VII —
©. 112 ff. *
NUT: Il
Lan
— Fr = m
Tae. ann. 4, 58) verfaßt. |
Mt m
Agroeeius — Aiakes.
— 2. Do: | Ran. 368.
Der:
Ee«!. 184) gefallen lafjen, deren S
man gleichzeitig jchmälerte.
'Ayverns, ein bettelnder (von —
ſammeln) ie Ali welcher den Befragen
Schidjal weisiagte und allerlei —2 t
kaufte; daher Gauffer überhaupt. Beſonders lie]
dieje M chen Berje aus einer Urne ziehen o
durd; Würfel einen Spruch erlofen. Außert
ee auch jolche jo, die für den Dienjt ein
hrter fremder Gottheiten Geld vom ka 3%
melten, eine Art antiker Bettelmönche.
rüchtigtften waren bie Hay der
oder magna mater deorum, die im efitatifı
——
— * vV
5 fi
Bu
nen
il
Statue der ältern Agrippina (im Capitol zu Nom).
Agron, Ayoov, König von Illyrien, unter:
ftüßte den König Demetrios II. von Makedonien
im Kriege dr die Aitofer, ftarb aber bald rad
errungenem e an ben a feiner Uns
mähigfeit, um Bı v. C. Bol. Droyſen, Geld.
des Hellenismus III ©. 44.
"Aygoriga |. Artemis und Attika, 18,
Agyieus j. Apollon, 8.
Agyrrhios, ‘Ayvogrog, ein wegen beruntreuter
Gelder beftrafter Athener, der fi dann durch Die
Erhöhung des Soldes für die Teilnahme an der
Boltsverfammlung (dxrxAnsıaarırov, ſ. d.) auf
drei Obolen die Gunft des großen Haufens er:
warb. Er wurde jogar nach Thraiybuls Tode 389
v. E. Flottenbefehlshaber (Xrn. Hl, 4, 8, 31),
mußte fi) aber aud) den €
pott der tomifer (Ar.|madten ihn dann zur Belohnung jeines
Haltung, fich jelbft verwundend und verſtümme
unter dem Getön des Tympanons und der Fl
* dem Bildniſſe der Göttin im Lande um
jpaen, Zugleich jedem fonftigen Dienfte be
de Römer vn ans ihr Gewerbe auf ger
e.
——— FE EEG —
Aia ſ. Argonauten, 8.
Aläkes, Alduns, 1) Vater des Tyrannen
frates von Samos, j. Polykrates. — 2)
des Sylojon, Neffe bes Polyfrates, Tyrann
— ging, von Mriftagoras von Milet
Berjern und beredete die San
vie — Kerle in der Seeſchlacht
den Berjern bei Lade zu verlaffen;
let
Aiakides — Aidepsos.
rates wieder zum Herm von Samos. Udt. 4,
138. 6, 13 ff.
Alakides, Alaxiönz, Aeacides, Name der von
Aiakos (j. d.) abftammenden berühmten Männer:
Peleus, Adhill ( Verg. A. 1,99), Neoptolemos (daf. 3,
296), wie der Könige Perjeus von Maledonien
und Pyrrhos von Epeiros (Ge. dir. 2, 116).
Aläkos, Alanos, Sohn des Zeus und der
Aigina, einer Tochter des phliafiihen Flußgottes
Aſopos, Stammpvater des durch jeine Stärke ſprich
wörtlichen Aiafidengeichlechts. Aigina wurde von
Zeus auf die Inſel Dinone (Dinopia), die nad
ihr Aigina genannt ward, entführt und gebar dort
den Aiakos. Diefer ward Herricher der —* und
war wegen ſeiner Frömmigkeit und Milde ein
Liebling der Götter. Die Juſel ward nach Ovid
durch eine Peſt öde und menſchenleer: da betete
Aialos zu Zeus, und dieſer verwandelte einen
Haufen Ameiſen in Memichen, die Aiakos ihres
ed eg Myrmidonen naunte, von avg-
umnsg, eiien (Up. met. 7, 520). Durch from—
mes Gebet und Opfer erwirkte er auch einft, als
Hellas von großer Dürre Heimgejucht ward, den
erjehnten Regen, weswegen die Nigineten ihm
um Danf das Heiligtum Aialeion bauten. Er
—* errichtete damals dem Zeus Panhellenios
einen Tempel anf dem Berge Pauhellenion.
erbaute mit Apollon und Poſeidon die Mauern
von Troja; der Teil der Mauer, den er, der
Menſch, erbaut, ward jpäter erftiegen von Tela:
mon und dann von Pyrrhos, Helden aus jeinem
Beichlechte. Pind. 01. 8, 30, Nach feinem Tode
wurde er wegen jeiner Gerechtigkeit neben Minos
und Rhadamanthys Richter in der Unterwelt (f. d.).
Auf Aigina und zu Athen verehrte man ihn als
Heros. — Die Söhne des Aiafos und der Endeis
waren Beleus und Telamon, mit der Piama-
theia zeugte er den Phokos. Diejen ig we
feine Stiefbrüder und wurden deshalb von Aialos
verbannt. Telamon fam nad) Salamis zu Kychreus,
der ihm jeine Tochter laufe zur Ehe gab und
bei jeinem Tode die Herrſchaft überließ. Mit jei-
ner zweiten Gemahlin Beriboia (Eriboia), Tochter
des Befopiben Altathoos, erzeugte Tel. den Wins;
den Teufros Dagegen gebar ihm Hefione, die Tochter
des troiichen Königs Yaomedon. Gegen diejen war
er nämlich mit Herafles, defjen treuer Freund und
Gejährte er war, ausgezogen (j. Herakles, 11.),
und nad Eroberung der Stadt hatte er Heſione
als Beute erhalten. Auch an der kalydoniſchen
d und der, Argonantenfahrt m er teil zu—
Se mit feinem Bruder Be Die war von
Higina aus nad) Phthia in Theffalien zu Eurytion
gelommen, der ihm feine Tochter Antigone zum
Weib und den dritten Zeil jeines Landes gab.
Später vermählte er fich auf dem Pelion mit der
Nereide Thetis. Bei der VBermählungsfeier, bei
welcher die Götter erjchienen (IL. 24, 59), jchentte
ihm Bojeiden die unfterblichen Roſſe Zanthos und
Balios und jein Freund Cheiron die jchivere
peliadijche Lanze. Lanze und Roſſe gebrauchte fein
Sohn Achilleus im Kampfe vor Troja. — Bol.
auch Akastos.
Alias, Alas, Aiax, 1) Aias der Lolrer, Sohn
des Dileus, a. in dem öftlidhen Lokris
(Orlnog. Ollıcöng, Orleiöng), der Kleine genannt,
führte die Lofrer in 40 Schiffen nadı Troja, wo
er einer der tapferjten Helden im Heere war, Hein
37
zwar und in linnenem Panzer, aber ein trefflicher
Speerwerfer und nach Achill der jchnellite Yäufer
(Il. 2, 527. 14, 520). Beſonders zeichnet er fich
neben dem Telamonier Aias, mit dem er oft in
der Schlacht zujammenftcht, in dem Nampfe um
Patroflos’ Leiche aus (11. 17). Er ift jedoch roh,
übermitig und prahleriich und deswegen der Athene
verhaßt. Auf der Heimfahrt leidet er durch den
Haß derjelben Schiffbruch an den Gyraiiſchen Felſen
am Südende Euboias. Pojeidon rettet ihn auf
den Felſen; aber der trogige Mann fpricht das
übermütige Wort aus, daß er auch ohne Hilfe
der Götter dem Tode entgehen werde; da zer:
trümmert Bojeidon im Horn mit dem Preizad
den Felſen, daß der Frebler verſinkt. Od. 4, 499,
Als Grund jenes Haſſes der Athene geben Spätere
an, Aias jei bei der Eroberung Trojas in ihren
Tempel gedrungen und habe die Kaſſandra, die
ichugiuchend das Götterbild umſchlungen hielt,
— weggeſchleppt. Agamemnon entriß ihm
ie erbeutete Jungfrau. Die opuntiſchen Yolrer
verehrten U. als Stammheros und zierten ihre
Münzen mit feinem Bildnis, feierten ihm auch
ein Feſt Alarrsız; die epizephyriſchen Lokrer
ließen ihm als Helfer im Rampfe immer in ihrer
Schlachtreihe einen Plap offen. — 2) Nias der
Er | Salaminier, Sohn des Telamon (TirAausvıog,
Terauorıöns), Königs von Salamis, Halbbruder
bes Teufros, der große Aias genannt. Er fam
mit 12 Schiffen nach Troja (Il. 2, 557) und war
hier nach Achilleus bei weitem der eig und ge:
waltigfte Kämpfer, ein würbiger Gegner des Heftor.
Il. 3, 225. 7. 206. 14, 409. 15, 415. Als Achill
—— den Kampf mied, war, er vor allen das
ollwerk der Griechen (mveyog Ayaımv), der einſt
allein ihnen auf der Flucht den Rüden dedte
(11. 11, 545). Bei der Berteidigung von Patro—
klos' Leiche ift er der Hauptheld (ZI, 17), Nach—
dem Thetis dem gefallenen Achilleus die Leichen-
ipiele hatte feiern laſſen, beftimmte fie die alt
ihres Sohnes dem Tapferften im Heere, der ſich
um die Rettung des Leichnams und der Waffen
Achills am meilen verdient —— hätte. Aias
der ſtarke und Odyſſeus der kluge traten als Be—
werber auf, und dem letzteren wurde der Preis
zugeſprochen. Dies iſt der Grund von Aias' Tod,
und noch im Hades grollt er dem Odyſſeus (dd.
11, 541). Nach jpäterer Sage ſprach Agamemnon
auf Athenes Nat die Waffen dem Odyſſeus zu;
Aias verfiel wegen der Zurückſetzung in Wahnfinn,
ftürzte des Nachts auf die Herden der Griechen
ein und mordete die Tiere, im Wahne, es feien
feine verhaßten Gegner. Als er aus der Najerei
erwachte, ftürzte er fi im fein Schwert; aus
jeinem Blute entiproß die Purpurlilie, auf deren
Blütenblättern man die Anfangsbuchjtaben feines
Namens (Al AT) zu erfennen glaubte. Jind.
nem. 7, 25. Soph. Aias. Ov. met. 13, 1ff. Sein
Grabmal (Alavreor) ift am Nhoiteifchen Vor—
ebirge. Zu Salamis hatte er als Nationalheros
Tempel und Bildjäule und ein Feſt Alanrsıa;
auch die Athener ehrten ihn und nannten nad)
ihm die Phyle Aiantis. Telmeija, die Tochter
bes phrugiichen Königs Teuthras (Teleutas), welche
er auf einem Streifzug erbeutete, war jeine ge:
liebte SHavin (Hlor. od. 2, 4,5) und gebar ihm
den Euryjales.
Aidepsos, Alönypos, Stadt im nördl. Euboia
38
mit warmen, dem Serafles geweihten Schwefel:
quellen, viel bejucht, bei. zur Zeit der Römer, wo
es ein berühmtes Luxusbad war; j. Dorf Yipfo.
Strab. 1, 60. 9, 425. Plut. Sull. 26.
"Aidwvevg j. Hades.
Aidosg |. Pudieitia.
Aiötes j. Argonauten, 1.
Aigai, Alyai, Name einer —* griech. Städte,
welche faſt ſämtlich an der Meeresküſte gelegen
waren: 1) Stadt in Achaja an der Mündung des
Krathis, ſchon zu Strabons Zeit verlaſſen. Hom.
TI. 8, 208. Hat. 1, 145. Strab. 8, 386. —
2) St. auf Euboia, j: Limni. Auf einem fteilen
Hügel oberhalb der Stadt lag das Heiligtum des
Voſeidon, das nocd zur Zeit Strabons beftand.
Strab. 8, 386. — 3) aioliſche St. in Kleinafien
(Hdt. 1, 149. Xen. Hell. 4, 8, 5), litt durch
Erdbeben. Tac. ann. 2, 47. — 4) &t. in Kilikien,
auch Aigeni und Aigaiai genannt, wichtiger See—
plag in römijcher Zeit (j. Ayas). Tac. ann. 18, 8.
— 5) St. in Emathia in Makedonien, früher
Nefidenz: und Begräbnisftadt der makedoniſchen
Könige (Diod. Sie. 16, 3. Arr. 1, 11, 1), auch
Alyn (IHdt. 7, 123).
Aiyaiov ztlayog (Hdt. 4, 85. Thue. 1, 08
u. ö.), Aegaeum mare (Lir. 36, 43. Cie. de
imp. Pomp. 18), Aegaeum (Hor. od. 2, 16, 2),
begreift im weitern Sinne das ganze Meer zwifchen
Griechenland und Kleinafien, im engern Sinne den
Teil zwiichen Attila, Euboia, Theffalien, Mate-
donien, Jonien und Karien, den heutigen Archi—
pelago. Unter den mannigfachen Ableitungen (von
Aigeus, Bater des Thejeus, der fich hineinftürzte,
als jein heimfcehrender Sohn die jchwarzen Segel
einzuziehen vergeflen hatte, von Aigai, von
Amazonenkönigin Aigaia u. ſ. w.) wird die der
ftürmifchen Natur desſelben entnommene (von
also) erwähnt, während doch, abgejehen von der
Beit um die Hundstage, die Fahrt auf ihm für
viel ficherer galt al auf dem Joniſchen Meere.
ra einlich ift der me phoinifijchen Ur:
prungs.
Aigaldos, Alyalsos, 1) Höhenzug in Attila,
füdlicher Zweig des Barnes zwijchen Athen und
Elsufis, j. Daphnobuni, der Inſel Salamis gegen:
über, von two Xerres der Schlacht bei Salamis
zufah. Hdt. 8, 90. Thue, 2, 19. — 2) Hügel:
reihe an der Weftjeite Meffeniens, bis zum Bor-
gebirge Koryphaſion ſich hinziehend, j. Malia.
Strab. 8, 359.
Aigeus, Alyeve, Sohn des Pandion, der jei:
nem Bater Kefrops in der Herrichaft über Athen
folgte, aber von den Metioniden vertrieben wurde
und jich nach Megara flüchtete, wo er ſich mit
einer Tochter des dortigen Königs Pylas ver:
mählte. Ahr Sohn, Wigens, eroberte nad) Pan—
dions Tode Athen wieder und machte ſich im
Streite mit jeinen Brüdern zum Herrn desielben.
Paus. 1, 5, 3. Ihn ftürzten aber die Söhne
ſeines Bruders Pallad. Dieje wurden von dem
Sohne des Wigens ans jeiner dritten Ehe mit
Aithra, einer Tochter des Pitthens von Troizen,
—— beſiegt und Aigeus wieder auf den Thron
etzt. Flut. Thes. 13. Als Theſeus auszog,
n Minotauros auf Kreta zu töten (ſ. d.), ver:
abredete er mit feinem Vater, wenn er glüdlich
wäre, bei der Heimkehr ein weißes Segel auf:
zufpannen, ließ aber, uneingedent der Abrede, das
"Aidovevg — Aigina..
ſchwarze Segel, welches das Schiff trug, ti
Als Aigeus das ſah, glaubte er, jein Soh:
umgefommen, und ftürzte fi) von einem F
ins Meer. Plut. Thes. 22. Paus. 1, 22
Catull. 64, 207. Das Meer erhielt der ©
nad) davon den Namen des Aigaiiſchen (i.
yalov nelayos). Das atheniiche Volk ehrte
nach feinem Tode durch ein Heiligtum, de
Grundmauern man unterhalb der jüdmweftlichen
des Afropolisfelfens wiedererfannt zu haben qla
und durch eine Statue, ſowie aucd eine der c
niihen Phylen nad ihm als Eponymos ben«
wurde. us. 1, 5, 2. 22, 5. — Wigeus, |
Wogengott“ (ein Beiname des Poſeidon), ift
prünglich fein anderer als Pojeidon jelbft,
Stanımgott der Yonier, der gleichfall® Water
Theſeus heißt.
Aigialöa (-eia) j. Achaia, 1. u. Diomed
Aigiäleus ſ. Adrastos, 1.
Alyıxogeis |. Dvin, 2.
Aigimios, Alyduos, mythiſcher Stammp
der Dorer am Pindos, der in einem Kriege ne
die Lapithen den Herakles zu Hülfe rief und
ben dritten Teil jeines Landes veripradh. Hera
befiegte die Lapithen und erichlug ihren Kö
Koronos und defien Bundesgenofien Laogo!
König der Dryoper, nahm jedoch das angebot
Land nicht an. Apollod. 2, 7,7. Nach den €
nen des Migimios, Pamphylos und Dymi
wurden die doriichen Phylen der Ramphylen ı
Dymanen benannt; der dritte Zweig der Hol
ftammte von Hyllos, des Herakles Sohn,
eg Aigimios aus Dankbarkeit adoptiert ha
— Bon einem 2 Bücher umfaffenden epiichen Ged
der % rov Alyluıor rornoag), das bald Heſiod, b
einem Fortjeger Kerfops ans Milet zugeich
ben wurde, find nur wenige Fragmente erhal
8 bei Kinkel, epie. Graee. fragm
p. 82 ff).
Aigina, Alylen, fpäter Alyıva, Aegina,
Dichtern auch Dinopia genannt (Pind. isthm.
45. Oe. met. 7, 472), j. Agina oder Engia, In
im Saronifchen Meerbufen, zwiichen Argolis u
Attila, von wenig über 2 Meilen Flächeninhe
größtenteild gebirgig (Teimveyie, IIavellnvıo
in den ebeneren Teilen (im W.) aufßerordentl
fruchtbar, reich an feiner Thonerde, die zu tri
lichen Gefäßen benutzt wurde (daher gurodmwkı
Der Sage nach brachte Zeus des phliaſiſchen Flı
ottes Aſopos Tochter, Aigina, auf die früf
inone genannte Inſel, wo diefelbe den Aial
(ſ. d.) gebar; dann Habe Zeus die Anfel n
Myrmidonen (Ameiſenmenſchen, nvounes) |
völfert. Dieje Sage deutet auf Koloniſation v
Phlius und Phthia. Nachdem die Niafiden t
Inſel verlaffen hatten, indem Telamon nach Sal
mis, Peleus nach Phthia ging, ward die Bevöll
rung durch Einwanderung aus Epidanros größte
teils doriich (Hat. 8, 46), und die Bewohn
Alyıwnjrar, jtanden mit Epidauros in enger Be
bindung, bejonders mährend der Thrannis d
Pheidon in der Mitte des 8. Yahrh., der hi
die erſten ordentlichen filbernen Münzen geprä
ben jolf. Um 540 v. C. jedoch entzogen fie fi
jenem Berhältniffe, und Eifer und Betriebjamte
riefen bald eine Blüte des Handels und eine Se
macht hervor, welche fie jelbjt Kolonien gründ«
lieh (Kydonia auf Kreta, Aiginetis in Baphlagonicı
Aigion —
und wejentlich mit zur Beſiegung der Perſer bei-
trug. In der Schlacht bei Salamis jtellten fie
außer den zur Beichügung der Inſel nötigen
Schiffen 30 Trieren
errangen den erſten Breis der Tapferkeit. Hat.
5, 83. 8, 46. 93. Bald aber erregte dieje be:
deutende Macht die Eiferjucht der nahen Athener,
denen e3 im Kampfe gegen Korinth, Epidauros
und Wigina gelang bei der Inſel die Flotte der
Yigineten zu ſchlagen, worauf dieje (457) ihre
Stadtmauern einreißen, die Schiffe ausliefern und
Tribut zahlen mußten. Später (429) wurden die
Einwohner jogar gänzlich vertrieben und fanden
durch die Laledaimonier Aufnahme in der Land—
ichaft Thyreatis. Lyſander führte jie 404 freilich
zurüd, doc war Macht und Wohlſtand gebrochen.
Später gehörte die Jnjel zum achaiiſchen Bunde;
dann den Witolern, dem Attalos von Pergamos
und endlich den Römern, unter denen diejelbe eine
icheinbare Autonomie behauptete. — Die reid):
geihmücte Hafenftadt Aigina lag an der Weit:
füfte und hatte 2 zum Teil durch Molen künſtlich
gebildete Hafenbaſſins; dort befand fich das Ala-
xsıov, der Tempel des Aialos, in welchem auch
die in den zu Ehren des Aiakos gefeierten Aiakeen
gewonnenen Kränze aufbewahrt wurden (Pind.
nem. 5, 53); mehr in der Mitte die Stadt Oin.
Auf dem Panhellenion ftand ein Tempel des Zeus.
Doc nicht zu ihm, jondern zu einem, bald nad)
den Perſerkriegen, wie es jcheint (nicht jchon im
6. Jahrhundert) erbauten Athenetempel, von dem
jest noch 23 Säulen, teilweiie mit ihrem Gebälk,
ftehen, gehören die in der Münchener Glyptothek
befindlichen Giebelgruppen, deren eine den Kampf
um den Leichnam des Achilleus, die andere wahr:
icheinlich den Kampf um den Leichnam des Diffes,
des Kampfgenofien des Heralles bei der Erſtür—
mung Trojas, darftellt. Der aiginetiiche Kunſt—
ſtil iſt im der Kunftgeichichte befanunt; indem er
fih bemüht, die plajtiiche Individualität auszu—
prägen und der Natur nahe zu bringen, bewahrt
er zugleich den traditionellen Typus der Götter
mehr als der attiiche. Kallon, Anaragoras, Glau—
tias, Simon, Dnatas find die Namen der vor:
zäglichjten Künftler diejes Stils. — Unter den
mannigfachen Handelsartikeln der Aigineten ift
beionders das aiginetiiche Erz, dem forinthichen
und deliichen nahe fommend, zu bemerken, jowie
eine Menge von Galanterie: und Kurzwaren u. j. w.
weshalb man unter dem Namen Alyıvala &unoAn
jede Art von Kleinkram begrifl Bon der Dichtig:
teit der Bevölkerung gibt die Nachricht einen Be-
griff, e3 hätten 5000 Bürger und 470 000 SHaven
auf der Inſel gelebt. Aristot. bei Athen. 6, 272 d.
Strab. 8, 375. Bgl. ©. Müller, Aegineticorum
liber (1817). About in den Archives des missions
scientifiques III p. 481—567, Burfian, Geographie
von Griechenland II ©. 77 ff.
Aigion, ro Alyıov, Stadt in Achaia am Seli:
uusflug und am Meere, j. Voftika. Il. 2, 574.
Hdt. 1, 145. Paus. 7, 22 ff. Die Stadt zerfiel
in zwei Hälften, eine obere auf einer Anhöhe und
eine untere, unmittelbar an der Meeresbucht ge:
legene, fbelche, durch Landipigen geihüßt, einen
guten Hafen darbietet. Nach dem Untergang Helifes
(373 v. €.) war fie Hauptort der Achaier; jpär:
liche Ruinen bei Boftiga. Sie war Verfammlungs:
ort der Achaier, die zweimal jährlich in einem
S gemeinjamen Flotte und
39
—— des Zeus we an zufanımenfamen.
aus. 7, 7,2. Hier ftarb Aratos. Plut. Arat. 53.
Aigira, Alysıga. offiziell Adyıga, Stadt in
Achaja am Meere (Hdt. 1, 145), nahm die Be-
wohner von Migai auf (j. Aigai, 1.); wahr:
icheinlich das homerische "Trsenein (Tl. 2, 573).
Beträchtliche Ruinen bei Paläotaftro.
Aigis, alyis, -idog, der grauenvolle, furchtbar
ftrahlende, unzerbrechliche Schild des Zeus, ein
Wert des Hephaiftos. Wenn der Wolkenſammler
mit der Rechten den Blitz jchleudert, jo jchüttelt
er mit der Linfen die mit 100 Quaſten beſetzte,
mit drohendem Schreden befränzte Aigis, „drauf
ift Streit und Abwehr und drauf die ftarre Ver:
folgung, drauf auch das Gorgohaupt, des entieß-
lichften Ungeheuers“. Il, 5, 738. 17, 698. 15,
308. 2, 447. Das Wort ijt abzuleiten von dem
Stamme AIT' und bezeichnet Sturm und Wetter.
Dies ftürmende Wolkengewand ift Waffe uud
—— Schild des Zeus, der deshalb alylozos,
alyısdouyog, Aigishalter Heißt. Außerdem trägt
auch des Zeus geliebte Tochter Athene fie zum
Schuge für fi) und andere, ausnahmsweiie auc
Apollon (Il. 15, 221.) An die Ableitung von
alt, Ziege, und die Bedeutung Ziegenfelt ift
bei Homer nicht zu denken; die jpäteren Sagen
Dagegen legten die Bedeutung Ziegenfell zu Grunde
und erzählten, ausgchend von dem Gebrauche roher
Völker Ziegenfelle im Kampfe zum Schuß des
linfen Arms und der Bruft zu gebrauchen, Zeus
ur im Kampfe mit den Giganten auf Befehl des
afels die Haut der Ziege, die ihn als Kind
gejäugt, mit dem Haupte der Gorgo verjehen und
über jeinen Donnerichild geſpannt. — Die Voritel-
fung der jpäter der Athene eigentümlich beigege:
benen Aigis, wozu jchon Homer gg: gab,
indem er öfter Athene die Aigis ihres Baters
führen läßt, ift entjtanden aus der homerijchen
Aigis des Athene trägt ihre Aigis bald als
ichuppiges Fell über Bruft, Schultern und Rüden
eworfen, bald als jchuppigen, mit dem Gorgonen-
— in der Mitte und mit Schlangen am Rande
beſetzten Panzer auf der Bruſt. Herodot (4, 189)
will den Urſprung dieſer Aigis von der Tracht
libyſcher Jungfrauen, Dienerinnen der Göttin, ab—
leiten, welche um ihre Kleidung Ziegenfelle mit
Troddeln warfen. Nach Diodor (3, 70) war Aigis
ein erdgebornes, feuerſchnaubendes Ungeheuer, das
Phrygien, Indien, Agypten, Libyen verheerte;
Athene tötete es und machte ſein Fell zu ihrer Waffe.
Aigisthos, Alyısdos, Sohn des Thyeftes und
der Tochter desjelben, Pelopia, welche ihn nad)
jeiner Geburt ausjegte. Hirten fanden ihn und
nahmen jich feiner an, eine Ziege jäugte ihn (da:
her vermeintlich der Name). Wigijthos tötete, als
er herangewachſen war, den Atreus (j. d.), der
ihn für jeinen Sohn hielt und ihm die Ermor-
dung des Thyeſtes aufgetragen hatte; darauf über:
nahmen Wigijthos und Thyeites die Herrichaft über
Mykenai. Nach Homer (Od. 4, 518) beherrichte
Aigijthos, nachdem Thyeites geftorben war, die Süd—
oftipige don Argolis als Vaſallenland. Während
Agamemnon mit den Griechen vor Troja kämpfte,
verführte Aigifthos defien Gemahlin Kiytaimnejtra
und ermordete jpäter den heimgelehrten Agamem—
non (ſ. d.). Ungeftört herrichte er nun ſieben Jahre
lang in Mykene; da erſchien, wie ein Orakel es
verfündigt hatte, ein Rächer in Orejtes, Agamem—
Aigisthos.
—
te
40
nons Sohne, der den Mörder nach dem Geſetze
der Blutrache beſtrafte, ſ. Orestes.
Aiyopayog |. Hera, 2.
Aiyög zorauoi, Aegos flumen (Hdt. 9,
119. Xen. Hell. 2, 1, 21 ff. Nep. Lys. 1), Ylüß-
chen und- Stadt im Thrakiſchen Eherjonnes, Lamp-
ſakos gegenüber, j. Karakobä-deré, befannt durch
die gänzliche Niederlage der Athener durch Lyſander
im peloponnefifchen Kriege (405 v. E.). Plut. Alec.
37. Tas. 9 ff.
Aiyovodeı |. Aegates.
Aigyptios, Alyurtıos, ein Greis von edler Ab-
funft auf Ithala, Freund des Odyſſeus. Bon
feinen 4 Söhnen war Antiphos mit Odyſſeus gegen
Troja gezogen und wurde von Bolyphemos ge:
jreffen; ein anderer, Eurpnomos, war unter den
Freiern der Penelope. Hom. Od. 2, 16 ff.
Aigyptos, I) Mythologiidh: 6 Alyvmrog,
Argyptus, Sohn des Belos und Zmwillingsbruder
des Danaos. Er nannte das Land der Melam:
poden, welches er fich unterwarf, nach fich Aghpten.
Danaos hatte 50 Töchter, Aigyptos 50 Söhne.
Letztere ftellten dem Danaos nad), der nach Griechen:
land flüchtete und Argos gründete, wohin jene
ihm folgten und feine Töchter von ihm zur Ehe
verlangten. Zwar willigte Danaos iu ihr Begehren,
gebot aber zugleich feinen Töchtern, ihre Berlobten
in der Brautnacht zn ermorden (j. Danaos). Nadı
einer andern Sage (Hyg. fab. 168) ftrebte Wigyp:
tos nach der Herrichaft feines Bruders und tradı:
tete deshalb demſelben und deffen Töchtern nadı
dem Leben; Danaos aber entfloh, und Aigyptos
fandte ihm jeine Söhne nach, um ihm zu töten.
Sie belagerten feine Hauptftadt Argos und zwangen
ihn, ihnen jeine QTöchter zur Ehe zu geben, er
gebot aber diejen ihre Männer umgubringen.
Nach einer dritten Sage fam Aigyptos jelbit nach
Griechenland und ftarb hier vor Sram, als er den
Tod feiner Söhne vernahm. — II) Geographiſch:
Alyonrog, Äegyptus, Ägypten (j. Brugich, Geo—
graphie des alten A. Leipzig 1857. ümichen,
Geſchichte des alten A. Berl. 1878. ©. 24 ff.). Der
noch nicht mit Sicherheit erflärte Name Alyvaros,
en nur von dem Fluß des Landes, dem
Nil, gebraucht (Mom. Od. 4, 351. 855), wurde
in der Folge auch auf das don demfelben durch:
ftrömte Land übertragen, welches mit älteftem ein-
heimijchem Namen Chemi od. Kemi (das ſchwarze,
von dem ſchwarzen Fruchtboden, den der Nil ab:
jeßt, im Degenieh u der gelben Wüſte), bei den
Arabern noch jetzt Masr Heißt, wie im A. T. Miz:
rajim (Dualis, wegen der Zweiteilung des Landes
in Ober: und Unteräghpten, welche in den alten
Titeln: „Herren der beiden Aghpten, Könige der
beiden Kronen“, hervortritt). — Das eigentliche W.,
nur 554 IM. groß, ift das angebaute Land oder
das Nilthal von Philai und Syene an, wo der Nil
zum leßtenmal die Riegel der Gebirge in mäch—
tigen Katarakten durchbricht. Das Flußthal ift
120 MI. lang, aber im Mittel faum 2 MI. breit.
Zu beiden Seiten begleiten Tahle Felsketten das
Ufer, bis das Delta ſich öffnet: im Weften die
libyſche VBergfette, welche mit dem Plateau von
Barka zufammenhängt; im Oſten das höhere ara:
bijche Gebirge, das bis an die Yandenge von Suez
herantritt. Jedoch führen mehrere Querthäler vom
Nil zum roten Meer hinüber; jo von Koptos (ij.
Kuft) nad) Leukos Limen (j. Koſer), durd) das h.
Aiyopayog — Aigyptos.
Wadi Hammamat. — Der einzige Strom t
Landes ift der Nil (j. Nilus). Sinnvoll nen
Herodot (2, 5) A. „ein Geſchenk des Nil‘, der
der That durch fein Anstreten von Mitte Xı
bis November und durd) den jo abgelagert
Schlamm das regenarme, von troftlofer Ode uı
gebene Thal zu einem der fruchtbarften Länt
macht. Teils zur Beförderung des Handels, tei
zur Unterftüßung der Überichwenmungen hatte mı
eine Menge von Kanälen und Fünftlichen Se
angelegt. Der bedentendite Kanal war der Rto!
matios: oder Trajansfanal (6 TTroisuniog, T'oe
«rös morauog), welcher den Nil von Kairo a:
mit dem Arabifhen Meerbufen verband und I
Arfinoe in die Spite des Heroopolitifchen Mee
bujens mündete. er merkwürdigſte unter d
Seen iſt der See des Möris (7 Moierog od
Moigıdog Adurn, Moeridis lacns), auf der We
feite des Nil bei Rrofodilopolis oder Arſine
ferner der Sirbönis (Zießoris, j. Sebcha Bardır
bei Kafion, durch einen Kanal mit dem Mitt
meer in Verbindung; die Bitterjeen bei Heroopol
(el nıxoal Aura, fontes amari), durch twelc
der Trajansfanal führte; die Natronjeen (Nirgra
Nitriae), im W. des Nil, nordweſtlich von Memphi
Durch Nilmündungen wurden folgende Seen q
bildet: der See von Tanis (4 Tarıc, j. Menzal
zwiichen Peluſion und QTamiathis, durch welch
der tanitiſche und mendefiiche Nilarm feinen Aır
fluß hat; der See von Butos (H Bovrean A.,
Burlos), durch die ſebennytiſche Mündung gebilde
mit der Inſel Chemmis; der Mareötis (n Maoeo
rıe, Mageie A., j. Birket Mariut) bei Alerandrei,
durch die lanobiſche Mündung gebildet (vinw
Mareoticum, Hor. od. 1, 37,14). — Das lim
ift beftändig und jehr geſund. Die Flora (Baun
wolle, Balme, Bapyrusftaude u. a.) und Faun
(Krokodil, Nilpferd, Ichneumon, Ibis u. ſ. w
war in der alten Zeit reicher als jetzt. Die B
twohner, in deren Wefen und Leben die Eigena'
des einzigen Landes jo jcharf, wie es fonft ni—
gends vorlommt, fich ausgeprägt hat, find ohn
Zweifel aus Aſien herübergewandert; in den ältı
jten Zeiten zeigt jih ihr Typus dem kaukaſiſche
noch ähnlicher als fpäter, auch ihre Sprade i
mit den jemitijchen unverfennbar verwandt. -
Die alte Einteilung war die in Ober: und Unter
ägypten, jenes „das Südland“ mit der weiße
Königskrone, vom erjten Katarakt bis unterhal
des fruchtbaren Fayum (am Mörisjee); diejes „da
Nordland“ mit der roten Krone, das Gebiet vo
Memphis mit dem Delta. Seit der Ptolemaicı
zeit wurde noch Mittelägypten bejonders aufge
führt, das Land von Hermupolis bis Memphi:
Jeder diejer Teile zerfiel wieder in Bezirke (vonor
deren Gejamtzahl in den verichiedenen Zeite
zwifchen 35 umd 47 ſchwankt. Mittelägupten hie‘
wegen jeiner urfprünglichen 7 Nomen bei dei
Griechen Heptanomis. -—— Erjt unter den Ptolemaier
wurden die in der Libyſchen Wüſte liegenden
Dajen (Odssıs, Adaorıg, j. Uah) und die libyſch
Landſchaft mit der Daje des Amunheiligtum:
(Ammonium) und der Küftenftadt Paraitonion
unter die Nomen aufgenommen. Ausgeſchloſſen
blieb davon das Land jüdlich von Philai bis Ta
chompio (Teyouwe, Hat. 2, 29), wegen der Längı
von 12 ägypt. Schoinen von den Griechen Dodeta
ſchoinos genannt, defien Bewohner, die Blemmyer
1
8
ES
Aigyptos.
allerdings den Agyptern unterworfen waren. Unter
den Römern wurde die Grenze weiter ſüdwärts
hoben, bis Diocletian fie nach Syene zurüdzog.
ie die weftliche, jo wurde auch die örtliche, ara=
biiche Kette nicht urfprünglich zu Ägypten gerech—
net (von den früheren Griechen jogar zu Siien),
doch brachten die Berbindungsitrafen mit dem
roten Meere nähere Berührung. — In den ein:
zelnen Landesteilen find folgende Städte zu nennen:
a) Unterägnpten (7 x&ro yeow), das Delta
(rd Ifkre), j. Bahari, das Land der Nilmündungen
von der Teilung bei Babylon Altkairo) an:
Alexandreia (. d.), j. Istenderije; Kanobos,
j. Kahannub, bedeutend vor Alerandrias Grün—
dung; Hermupolis parva, j. Damanhur; Buto,
ij. Tell Rerain; Sebennhtos, j. Semennud;
a j. Damiette; Diospolis, j. Men:
zale; Sais, Leis. j. Sa el:Hager, Sit mehrerer
Dynaftien; Tanis, hebräiich Zoan, j. San; Pe—
Injion, j. et-:Tine; Kaſion, j. el Ras; Bubaftis,
j. Tell Bafta; Naukratis, der einzige den Griechen
geöffnete Handelsort, j. Tell Defenneh bei Kan:
tara am Sueztanal; Daphne, j. Tabenet; He—
roopolis, uripr. Patum (A. T.: Pithem), j.
wahricheinlich Tell el-Mastuta; Helinpolis, j. An
(A. T.: Om), 8 km. nördl. von Kairo. — b) Mittel:
ägupten, n werafn oder N 'Ertavouis, j. Masr
dejtani: Memphis, Miupıs (U. T.: Moph),
die alte Hauptitadt, j. in Trümmern, in der Nähe
der Pyramiden; ſüdw. davon Afanthos, j. Dah—
ihur; Aphroditopolis, j. Atuh; Krofodilo:
polis, jpäter Arfinoe, j. Medinet el-Fayım, am
Mörisjee, öftlich davon das Labyrinth; Heracleo-
polis magna (A. T.: Hands), j. Ahnas el-Me-
dine; Oxyrynchos, j. Beneje; Hermmpolis, j.
Achmunein; gegenüber, rechts vom Nil, Untinoo:
polis oder Antinod, j. Schch Abade. — c) Ober:
äghnpten, ol kvo röroı oder Thebais, 7 Onßais,
ij. el-Said: Lyfopolis, j. Siut; Ptolemais
Hermin, j. Menichije; ze Chemis oder
Panopotis, j. Achmim; This, j. el-Tineh; ganz
in der Nähe Abydos, füdl. von dem heut. Ber
jane; Tentyris, j. Dendera; Koptos, j. Kuft;
Thebai (f. d.) Tage), ipäter Diospolis magna,
die glänzende Hauptſtadt, deren Trümmer bei
Lufjor, Karnak, Medinet:Habu liegen; Apollo:
nospolis, j. Edfu; die Grenzſtadt Syene, j.
Aſſuan; gegenüber im Nil die Inſel Elephantine
mit dent Nilmefler, am Ende der feinen (erften)
Rataraften; 10 km jüdlicher die reizende Inſel
Philai. Strab. 17, 785 ff. — II Hiſtoriſchſ.
Bunfen, AÄ. Stelle in der Weltgeichichte. 1844—57.
5 Bde. Brugich, Geſch. A. 1877. Dimichen u.
Mever, Geih. A. 1878 fi. 2 Bde. Wiedemann,
ägupt. Geſchichte. 1884. Ebers, Cicerone durch das
alte u. neue A. 1886. 2 Bde. Dunder, Geſch. d.
Altert. I. II. 5. Aufl. 1878. Maspero, Geſch. d.
morgenländ. Völker. 1877. Meyer, Geich. des
Altert. I. 1884), Die Ägypter find das ältefte
uns bekannte Kulturvolt, mögen auch die Baby:
lonier ihmen nahezu gleihfommen; jchon den Alten
war A. mit feinem geheimnisvollen Strom, feinen
mächtigen Baumerten, feiner verichleierten Weisheit
das Land der Wunder und Rätiel. Mit Hülfe der
30 Dynaſtien Manethos (ſ. d.) von Menes bis
Nektanebos, auf Grund eines Papyrus (j. in Turin)
und der Königstafeln von Abydos, Karnak und
Saftara, und gemäß der Einrichtung des ägypt. Ka—
41
lenders können wir den Gründer des alten Reiches
und der Hauptſtadt Memphis, den König Menes,
etwa um 3500 (Lepfins 3892, Meyer vor 3180)
v. C. anjeßen. Der 4. Dynaſtie (um 3000) gehö- 10
ren die Erbauer der drei großen Pyramiden von
Size an. König Bezi aus der 6. Dynaſtie (um 2600)
breitete jeine —** auch über die Neger im
Süden aus. Die 12. Dyn. (um 2300-2100 v. E.),
welche zu Theben refidierte, zählte verichiedene be-
dentende Könige Namens Amenemha und Uſerteſen;
Amenemba II. (um 2150) legte den Mörisice als
rofartiges Wafferrefervoir an und erbaute an
jelben einen großen Neichstempel, von den
Griechen Labyrinth genannt. Dem alten Reich machte
ein Ende der Einfall der Hykſos (Hat: Schain,
„Fürſten der Hirten‘), jemitijcher Stämme, welche
2100-1600 Unteräghpten —— und auch
die einheimiſchen Fürſten in Oberägypten ſich tri—
butpflichtig erhielten. Nach langem Befreiungs—
kampfe vertrieb —* Amaſis von Theben dietel-
ben aus ihrer Feſte Avaris bei Peluſion, zwang
fie zum Abzug und gründete das nene Reid,
das unter der 18., noch mehr unter der 19. Dyna—
ftie glänzende Tage erlebte. Zu jener zählten Tut-
mes III. und IV. Amenophis II. und II. (1600--
1440); zu diejer Seti (Sethos) 1. (1436 — 1400)
und Ramjes Il. (1400-1334), deren Thaten in
ig und Frieden den Griechen in der en
des Scjoftris (f. Ramses) zufammengeflofien find.
Bei der Ausführung eines Kanals vom Nil zum 11
roten Meer und bei Bauten in Pithom (Servo:
polis) und Ramſes (wahrich. Tanis) waren die im
Lande Gojen wohnenden Hebräer (Apuriu auf den
Dentmälern) zu harten Frondienften gezwungen
worden und zogen deshalb um 1320 unter Nam:
jes’ II. Sohn, Mernephtah I., nad der Halbinjel
Sinai aus. Noch einmal hob ſich das Reich unter
Ramſes I. (um 1260, 20. Dynaſtie). König
Sifat (Sejonpis, um 940) aus der 22. Dynaſtie
unternahm einen Raubzug gegen Rehabeam von
Juda. 728-672 ftand Aghpten unten drei äthio—
piihen Nönigen von Napata, welche aber zu
Theben rejidierten (25. Dynaftie): Sabako (728
— 716) wurde 720 bei Raphia von dem Aſſyrer—
fönig Sargon geichlagen; Sabatata (716-704)
mußte 711 bei diejem um Frieden bitten; Taharla
(704-672) war bei Altaku 701 gegen Sanherib
fiegreich, mußte aber bei Ajarhaddons Angriff 672
Agypten räumen. Diefer jehte 20 einheimijche
Fürften als Statthalter über die verjchiedenen Be:
ng des Landes (dies die Dodekarchie Herodots);
mächtigfte war Necho, Herr zu Sais und
Memphis. Um 655 warf deſſen Sohn, Pſamme—
tich 1., das afiyriiche Joch ab, machte fi) zum
— — und gründete die 26. Dynaſtie.
ihn und jeine Nachfolger Necho, Pſammetich I1.,
Apries, Amafis, Pſammetich IIL. (Pſammenit) ſ.
die betr. Art. 525 wurde A. durch Kambyſes
eine perſiſche Provinz, empörte ſich aber wiederholt
(j. Artaxerxes und Nektanabis). Am Dez.
332 z0g Alexander d. Gr. in das Land ein, nad)
feinem Tode begann die Herrichaft der Btolemaier;
30 v. E. wurde es dem römiichen Reiche einver-
feibt. — Die Bildung der Agypter reicht in das 12
= Altertum zurüd. Wenn die ftaunenswerte
usführung der Pyramiden (i. d.) eine lange Übung
im Steinbau vorausjegt, jo lejen wir eben aus
jener Zeit (Ende bes 4. Jahrtauj.) ſchon von ver:
14 und Ruhe der
42
ichiedenen medizinischen Büchern. Schon damals |
hatte ſich aus der reinen Hieroglyphenſchrift
mit mehr als 2000 Zeichen die vereinfachte hieratiiche
Schrift gebildet, aus welcher wieder im 8. Jahrh.
v. E. die demotijche hervorging. (Den Schlüſſel
que Entzifferung lieferte die 1799 aufgefundene
afel von Roſette, ein priefterliches Dekret von
190 v. C. in hieroglyphiſcher, demotiicher und
riechiſcher Schrift. Das Hauptverdienſt um die
eutung der Zeichen hat ſich der 1832 verſtorbne
13 Gelehrte Fr. Champollion erworben.) An jenen
drei Schriftarten der Ägypter befigen wir nun eine
zahlreiche Litteratur auf Stein, Papyrus und
Leder: einige Rönigsliften (j. o.), jehr viele Prunk—
injchriften über Kriegszüge und Bauten, richterliche
Protofolle, mediziniihe Schriften, mathematische
und aitronomifche Aufzeichnungen, lyriſche und
epische Gedichte, theologiich-philofophijche Stücke
(3. B. das Totenbuch in vielen Eremplaren). —
Die Religion war Naturdienft, Verehrung der
Sonne, überhaupt der wohlthätigen, lichten Mächte.
In Memphis ftand an der Spite des Pantheons
tab, der Gott des Lichtes, Herricher des
Himmels, der Schöpfer aller Weſen, der Herr der
Wahrheit. An Theben nahm Amun (Ammon)
jeine Stelle ein. Na war der Gott der ftrahlen:
den Tagesjonne, Tum der Gott der untergehenden
Abendionne. Die ichaffende Naturkraft war per:
jonifiziert in den Göttinnen Neith und Bait;
Hathor, die Göttin der Schönheit und Liebesluſt,
entſprach der griechijchen Aphrodite. Den Göttern
waren beftimmte, ihren Cigentümlichfeiten ent-
Iprechende Tiere geheiligt. Der Mythus von Oſi—
ris, Iſis und Horos in ihrem Kampf mit Tophon
(Set) ftellte das Ringen der guten, heillamen
Mächte mit den finfteren, jchädlichen, aber aud)
den immer neuen Sieg der erfteren dar. An das
Fortleben des Dfiris bejonders fnüpfte fich der
Glaube an ein anderes Leben, an die Unfterblich:
feit der Seele, welche aber bedingt war durch die
Erhaltung des Leibes; daher die Fürſorge für die
Einbaljamierung der Leichen, für die Sicherheit
räber. — Die ägypt. Kunſt hat
namentlich in der Architektur, welcher die Plaſtik
und Malerei meiftens nur dienftbar waren, Werfe
von unvergleichlicher Großartigkeit geichaffen; ſo
neben den Pyramiden die Tempel zu Thebai.
Während die älteften Skulpturen durch frappante
Lebenswahrheit ſich auszeichnen, find die jpäteren
wegen ihrer Gebundenheit an feite Regeln fteif
und ftarr. Auch die Malerei hat mit ihren ein:
fachen Mitteln Anertennenswertes geleiftet. — Vgl.
Chipiez, Geſch. der Kunft im Altertum. 1. Abt.:
Agypten, bearb. von Bietichmann (1882 ff.). — In
dem Staat der Ägypter war die deipotiiche Ge—
walt der nach ihrem Tode göttlich verehrten Könige
beſchränkt durch die alten Sagungen Prieſter⸗
ſchaft, welche als Trägerin der Wiſſenſchaft und
Kunſt in hohem Anſehen ſtand, und aus deren
Reihen die meiften Beamten genommen wurden.
Der Kriegerftand war für Überlafjung beftimmter
Grundſtücke zum Dienft in dem wohlgeordneten
Heere (Wagenkämpfer, Bogenihüben u. a.) ver:
pflichtet. Die übrigen Bewohner teilten fich in
Aderbauer, Handwerker und Hirten. 4. ift für
uns wieder erichloffen worden durch Napoleons
Erpedition 1798 f., welcher 1842—46 die von Yep:
fing geleitete Forichungsreife folgte.
Ailianos — Aineias.
Alliänos j. Aelianus.
Ainaria j. Aenaria.
Aineias, Alvelag, Aeneas, 1) Sohn des Andy
und der Aphrodite, Fürft der Dardaner am J
Verwandter des Priamos (ſ. Anchises). !
dem da (II. 2, 820) oder am Simoeis gebor
ward er von Wlfathoos, dem Gemahl jei
Schweiter Hippodameia, in Dardanos erzogen
13, 428, 465); nach dem Aymn. in Ven. iſt
nach feiner Geburt von Aphrodite den Nymp
des Ida zur Erziehung übergeben. Anfangs na
Nineias wicht teil am trojan. Kriege; als er a
einft von Achilleus auf dem Ida bei den Her
überfallen wurde, zog er nach Troja dem Pr—
mos zu Hülfe. Bier war er einer der ausgeze
netiten Helden, tapfer, weile und fromm, d
Hektor gleich wie ein Gott von den Troern gee!
Wie Adyilleus auf griech. Seite, jo ijt Aineias
troj. Seite der herrliche Sohn einer Göttin, Li
ling der Götter; befonders jhüßten ihn im Kam
Aphrodite und Apollon (Il. 5, 311 ff.). Wie Ad
leus hatte er göttliche Rofje, welche von dei
abftammten, die Zeus einft dem Tros als Er
für den geraubten Ganymedes gegeben (II. 5, 2«
Bon Briamos ward Aineias gehaft, wie Adhillı
von Agamemnonz denn er hoffte einft über
Troer zu herrihen. Mit den tapferften Gried
beitand er mutig den Kampf, felbit mit Achillı
(Il. 20, 259). In dieſem Kampfe rettete i
Bojeidon, damit nicht das Geichlecht des Dardaı
untergehe; „denn da jeht des Priamos Gejchle
dem Kronion verhaßt ijt, jo wird in der Fo
Nineias und fein jpätes Geſchlecht herrichen ii
die Troer” (71. 20. 802). Nach diejer St
(vgl. hymn. in Ven. 197) bleibt alio Nine
nach der Zerftörung von Troja und dem Unt
ange des Gejchlechts des Priamos in Troas u
Berricht, fowie jeine Nachkommen, über die Rı
des troischen Bolles. Die Herricher in Alt: u
Neuffepfis und andern Orten am Ida jahen d
Nineias als ihren Stammvater an. Strab.
607 |. Bon einer Auswanderung und Gründu
eines neuen Neiches in der fremde weiß Son
nichts. Dies ift jpätere Sage, jedoch nicht vi
Jahrhunderte nach Homer entitanden. Die Rettu
des Aineias aus der Stadt bei dem allgemein
Untergange wird jehr verichieden erzählt. Livi
(1,1) 2 an, Mineias und Antenor hätten wer
alter Gaftfreundichaft und weil fie ſtets zum Fr
den und zur rg der Helena geraten, v
den Griechen freien Abzug erbalten (Dion. I
1, 46 f.). Nach andern 308 fih Aineias mit d
Dardanern bei Eroberung der Stadt in die Bu
zurüd und von da auf den Ida; hier vom Fein
bedrängt, ging er den Bertrag ein, die feften Plä
des Ida gegen freien Abzug zu übergeben. Ne
einigen gründete er ein neues Reich in Epeir
oder im theffaliichen Phthiotis. Der Dichter S
fihoros (etwa 645—560 dv. E.) ift der erite d
uns befannten Griechen, welche erzählen, daß
mit den troiichen Heiligtümern und dem Ball
dion nach Heſperien Italien) gezogen jei; mc
fpäter aber entjtand der Glaube, daß er nadı X
tium gekommen jei und dort den Grund zu de
römischen Bolte gelegt habe. Zur Zeit des Pyrrh
ftand dieſer Glaube bei den Griechen feit, und au
die Römer jelbit erkannten ihn ſchon ums J. 2:
v. E. von Stantswegen an. Das Juliſche Gejchler
Ainesidemos.
43
rühmte fich von dem Sohne des Aineias, Julus nus, ſich geneigt zu machen, Troer und Abori-
oder Ajcanius, abzuftammen.
— Die Wanderung des Nineias nach Latium und
die Gründung einer trojan. Kolonie wurde von den
röm. @eichichtichreibern und Dichtern auf verichie-
dene Weife erzäht. Nach VBergils Aneis, im welcher
der Dichter der ausführlichen Schilderung des
Dionyſios (1,50 ff.) folgt, verläßt der Held, an der
Rettung der Stadt verzweifelnd, unter großer Ge—
fahr die Stadt mit |! Sohne Aſcanius, jeinem
Weibe Kreuſa, einer Tochter des Priamos, Die
er jedoch in der verhängnisvollen Nacht verliert,
und feinem lahmen Vater Anchiſes. Diejen trägt
er auf den Schultern; er wird deshalb wegen jeiner
findlihen Liebe und weil er zugleich die vater:
ländiſchen Penaten rettet, vorzugsweiie pius ge
nannt. Er ſammelt die Refte der Trojaner auf
dem Ida und fährt mit diefen von Antandros am
Fuße des Ida auf 20 Schiffen ab (Aen. 2). Unter
feinen Begleitern find der Steuermann Balinu:
rus, der auf der Fahrt ins Meer ftürzt und dem
Vorgebirge Palinurum in Lucanien den Namen
gibt (A. 5, 833 ff. 6, 337), fein treuer Freund
Ahates (fidus Ach., fait iprichwörtlich gewor—
den, A. 1, 120. 188. 6, 158. Ob. fast. 3, 603),
Meneftheus, Sergeſtus, Eloanthus, von
denen die römischen Namen Memmius, Sergins,
Cluentius fommen follten (5, 114—123) u. v. a.
Sie gelangen zunächft nad) Thrakien, dann über
Delos nach Kreta. Dies halten fie für das ihnen
vom Schidjal beftimmte Land, aber eine Seuche
vertreibt fie. Auf Sicilien ftirbt Anchijes (A. 3).
Als fie von da im 7. Jahre ihrer Fahrt frohen
Mutes auf Latium zuftenern, werden fie anf Ber:
anftalten der Juno, die aus Vorliebe für Karthago
die Gründung Roms verhindern will, durch Sturm
nach Afrika geworfen. Dort nimmt fie Dido, bie
eben Karthago gegründet hat, freundlich auf (L. 1),
und Benns und Juno beabfichtigen eine Vermäh—
lung derjelben mit Aineias; aber Jupiter befichlt
diejem den Abzug (Tl. 4). Sie fommen wieder nad)
Sieilien, wo fie vom Könige Aceſtes, der von
der Trojanerin Egejta und dem Flußgott Erimi-
ſus abftammte, gaftlich aufgenommen werden und
Aineias am Grabe jeines Vaters Leichenſpiele
hält (l. 5), dann nach Eumae in SJtalien, wo er
die Unterwelt bejucht (l. 6), und von Cumae
nordiwärts nach Latium. Der laurentiiche König
Latinus nimmt den Helden freundlich auf, ge
ftattet ihm Land zur — — einer Stadt und
seripricht ihm ſeine Tochter Lavinia zur Ehe.
Aber jeine Gemahlin Amata reizt den jungen,
tapfern König der Rutuler Turnus (ſ. d.), dem
Lavinia verlobt ift, zum Kriege. Mezentins (ſ. d.),
König von Cäre, und andere ital. Helden ftehen
auf jeiten des Turnus; Aineias verbindet jich
mit Evander (j. d.). Nach mehreren Schlachten
tötet er den Turnus im Zweikampf. Damit endet
die Aneis. Vgl. die mit derjelben vielfach über:
einftimmenden Erzählungen über Aineias in Ov.
met. 13 und 14. Nach Livius (1, 1 u. 2) heiratet
Aineias des Latinus Tochter Lapinia und nennt
nach ihr feine neue Stadt Lavinium. hr Sohn
ift Aſeanius. Turnus ergreift gegen Aineias und
Latinus die Waffen. An der erften Schladht wer:
den die Mutuler befiegt, und Latinus fällt. Tur-
uns verbindet fich jet mit Mezentins, und Mincias
benennt, um die Aboriginer, das Bolt des Lati- |
Strab. 13, 607 f. | giner mit dem gemeinfchaftlichen Namen Latiner.
Die Latiner fiegen in der Schlacht, aber diejer
Sieg ift auch das lebte Werk des Aineias auf
Erden. Livius deutet hier die Sage von dem Hin:
ang des Nineias nur leife an. Er joll nämlich
in der Schlacht am Numicius, ähnlich wie jpäter
Romulus, plöglich in finfterem Wetter unter Blitz
und Donner verjhtwunden und bald darauf dem
Nicanius in voller Rüftung erjchienen fein und
erflärt haben, daf er ein Gott geworben jei. Man
errichtete ihm am Ufer des Numicius ein Heilig:
tum mit der Anichrift: Patris dei Indigetis
und verehrte ihn in der folge als Iupiter In-
diges (einheimiiher 3.). Dion. Hal. 1, 50 fi.
Auch Latinus ſoll unter die Götter aufgenommen
worden fein, als Iupiter Latiaris (= 1. Indiges).
— Die Sagen bon den Wanderungen des A. find
bejonders veranlaßt durch die enge Verbindung, in
welcher er mit dem Dienfte der Apgpodtın Alustcis
ftand, einer Göttin des Meeres und der Meer:
fahrt. Wo ein Tempel diefer Aphrodite am Meere
ftand, da follte auch Aineias gelandet jein und
den Tempel gegründet haben. In Latium aber
ftand ein ſolches Aphroditcheiligtum im der Nähe
bon Ardea und Lavinium, und diejes hat wohl
die erfte Veranlaſſung gegeben zu der Sage von
der Einwanderung des A. in Latium. — Der
Sohn des Nineias, Aſcanius oder mit röm, Namen
Iulus, gründete 30 Jahre nad Stiftung Lavi—
niums die Stadt Alba Longa. Nach ihm fam bier
jein jüngerer Bruder Silvins zur Herrichaft, der
Stammtvater des albanischen Königsgeichlechts, ans
welchem Romulus und Remus ftammten, die 300
Kahre nah Albas Erbauung Rom gründeten.
Julus gilt übrigens auch neben Aſcanius für einen
zweiten Sohn des Aineias oder für einen Sohn
des Aſcanius. Aeneädes, Alveaöns, heißt
Aſeanius ald Sohn des Aineias; Aeneadae
heißen die Begleiter des Aineias und überhaupt
die Trojaner oder die Römer als feine Nach:
fommen. Luer. 1,1. Verg. A. 1, 565. 7, 610, 6,
684. Ov. met. 15, 682. 695. — 2) Min, 6 re-
»rıx og genannt, hat um 350 v. E. ein großes
Wert über die Kunft des Feldherrn gefchrieben
(orvarnyıra Bıßkla). Davon iſt nur ein Heiner
Teil über die Belagerung erhalten (moltopanrı-
xov Umdurnue oder rög on molopxovutvons
arrigsem) in einer einfachen, Haren und ſachge—
mäßen Darftellung, wenn auch nicht die feinere
Kunft der Haffiichen Periode von einem Techniter
zu erwarten ift. Manche Gelehrte halten ihn für
identifch mit dem von XZenophon (Zfell. 7, 3) er:
wähnten arfadiichen Strategen A. von Stympha—
los; daß der Peloponnes feine Heimat geweien,
ift höchft wahricheinlich. Ausgg. von R. Hercher
(1870, größere und Heinere Ausg.) und A. Hug
(1874). Mbhandlungen von A. Hug (1877) und
K. A. Lange (1879). — 3) Min. von Gaza, ein
Nenplatoniker in der —— Hälfte des 5. Jahrh.
n. C., der eine Zeit lang in Alexandreia Bered—
ſamkeit und Philoſophie lehrte und dann zum
Chriſtentum übertrat. In dem Dialog Osowe«-
orog vermittelt er die platoniſche Unſterblichleits—
lehre mit der von der Auferftehung des Fleiſches.
Ausgabe don Boiffonade (1836). Monographie
bon Wernödorf (1816).
Ainesid&mos, Alvsoiönuos, 1) ein Skeptiker
44
von Gnofjos auf Kreta, der ungefähr zu Ciceros
Zeit den Pyrrhoniſchen Stepticismus, wie e
jcheint, im ziemlich fruchtlojer Weiſe erneuerte und
weiter bildete. Bon feinen Hauptwerlen (Aöyoı
Ilvggorsıoı in 8 BB.) ift wenig auf uns gefom:
men. — 2) Bater des Tyrannen Theron von Afragas.
Ainiänes, Alvı@veg, ein rein hellenischer Volks—
ftamım, der an verichiedenen Stellen, am Oſſa, am
Dite und Othrys (Hom. Il. 2, 749), am Sper—
cheios Adt. 7, 132. 198) ericheint und erſt durch
die Aitoler, dann durch die Athamanen unterworfen
wurde. Ihre Hauptitadt war das hoch am nördl.
Abhange des Dite gelegene Hypate vd. Hypata,
von dem zahlreiche Reſte bei dem jegigen Neapatra
erhalten find. Bgl. Thessalia.
inos, n7 Alvog, 1) alte thrafiiche Stadt un—
weit der ödftlihen Mündung des Hebros Hom.
II. 4, 520: Alvoder), atoliichen Uriprungs, wich:
tig durch Erporthandel. Hdt 7, 58. T’huc. 7, 57.
Später römijche Freiftadt mit blühendem Han—
del; j. Enos. Vergil (A. 3, 17) läht die Stadt
aus poetiicher Fiktion durch Aineias gegründet
werden. — 2) Stadt in Yitolien. Hdt. 4, 90. —
3) Stadt in Thefjalien am Oſſa. — 4) 6 Alvog,
1620% hohe Bergfette auf Stephallenia, auf deren
Gipfel ein Altar des Zeug Alvrjsıog Stand (Strab.
10, 456), j. Elatovuni, ital. Monte Nerv.
Aiöles, Alolsis, j. Aiolos und Graeei (unter
Graccia, 10.)
Aiolia, (AloAln sc. yn), bei Homer (Od. 10,
1 ff.) Eine Inſel, der Si des Herrichers der Winde,
des Hippotaden Wiolos (auch Verg. A. 1, 32. 8,
415); welde der aioliichen Inſeln gemeint jei,
bleibt ungewiß (Bölter, Homer. Geogr. 114, ver:
fteht eine der ägyptiſchen Inſeln). Es wurden
nämlich bei den Römern darnach benannt die Aeo-
liae insulae (Alödlov vncoı Tihuc. 3, 115), j.
liparijche oder vulfanische Inſeln, vulkaniſchen Ur:
iprungs, nördlich von Sicilien (Verg. A. 8, 416),
der Zahl nach 10: Hiera, 'Irga, oder Thermifja
(Bolcano), Sit des Vulcan, Lipara (j. d.) (davon
auch die ganze Gruppe Liparenses), Amrape, die
größte (Lipari), mit gleichnamiger Stadt, Stron:
aule, Ergoyyvin (Stromboli), nach der Meinung
der Alten Sit des Aiolos mit einem noch jeßt
thätigen Vulkane; die andern, Phoinikuſa, Erikuſa,
Euonymos, Didyme, Hikeſia, Baſilidia und Oſteo—
des, find unbedeutend. Strab. 6, 256. 275. Cic.
n..d. 3, bö. Plin. 3, 92. Mela ?2, 7, 18.
Alölis, Alois, Landichaft in Kleinafien, vom
Hermosfluſſe nördlich den Hellespont zu, bejonders
um den Meerbujen von Elaia oder Kyme, von
aioliſchen Griechen mit Städten reich bebaut und
durch Handel und Fruchtbarkeit des Bodens an:
ſehnlich. Hat. 7, 95. Zwölf derjelben: Kyme,
Lariſſa, Neonteichos, Temnos, Killa, Notion, Pi:
tane, Migai (von dem bedeut. Ruinen vorhanden
find), Gryneia, Myrine, Aigiroeſſa (Hdt. 1, 149;
Strabon nennt Elaia), Smyrna und nad Smyr:
nas Austritt elf, bildeten eine Staatengemeinschaft
(Dodelarchie), deren Geſandte fich auf dem Vor:
gebirge Kane zu einem Bundesfeſte, Panaeolium, | (
verjammelten. Später waren die Perjer, Aleran:
der, die ſyriſchen Selenfiden und endlich die Römer
Herren und teilten die Landſchaft der Provinz
Asia zu; eine kurze Zeit auch Mithradates. Strab.
13, 621 f. — Eine zweite aioliiche Dodekarchie lag
in der troifchen Landſchaft.
Ainianes — Aiolos.
Aiölos, Alolog, Aeolus, 1) ältefter Sohn
8 | Hellen und der Nymphe Orjeis, Entel des D
falion oder des Zeus, Bruder des Doros ı
Xuthos, Herricher im thefjalifchen Magnefia, Or
der des aiolijhen Stammes und dadurch ci
der Stanmväter des hellenischen Volkes. Di,
aioliiche Stamm war am weitejten ausgebrei
über den größten Zeil des nördlichen und w
lichen Griechenlands, über die jüdliche und w
liche Seite des Peloponnes. Daher auch die S
von jeinen vielen Kindern, die als Stammfür
der Niederlaffungen angeſehen wurden, was
gleich in die Genealogie große Verwirrung gebr
hat. Aiolos, als der ältefte Sohn des Hellen,
hielt das väterliche Erbteil zwiichen den Flü
Aſopos und Enipens, während die Brüder in
fremde zogen; er ift der Repräfentant des !
griehiichen. Seine Gemahlin, Enarete, gebar ı
7 Söhne: Kretheus, Siſyphos, Athamas, <
moneus, Deion, Magnes, Beriöres, und 5 T
ter: Ranäfe, Alkyone, Peiſidike, Kalyie, Perim
Apollod. 1, 7, 83. — Kretheus erbaut Joltos
zeugt mit Toro den Aifon (Herricer in Fo
und Bater des Jafon), den Pheres (Gründer
PBherai und Bater des Admetos und Lykurgos
den Amythaon (Gründer von Pylos, Bater
Bias und Melampus). Apollod. 1, 9, 11. —
ivphos erbaut Ephyra (Korinth) und zeugt
Glaukos, den Bater des Bellerophon, Apollo
9,3. — Athamas (j. d.) beherricht Orchome
Apollod. 1,9, 1. — Salmonens, der Bater
Tyro, erbaut Salmone in Elis. Apollod. 1, i
— Deion wird König in Phokis, Bater
Aiteropaia, Ninetos, Aktor, Phylatos, Kepho
Apollod. 1,9,4. — Magnes iſt Vater des Di
und Polydektes, welche die Inſel Seriphos anba
Apollod. 1,9, 6. — Perieres wird König in I
jene und Vater des Aphareus und Leukip
Apollod. 1, 9, 5. — 2) Wiolos "Imnoradng,
©. des Hippotes, des Reitersmanns, Schaffner
Winde (rauing ariumr), cin Winddämon im
nen wejtlichen Meere, auf der aioliihen J
welche ringsum von chernen Mauern und bı
Felſen umgeben ift. Hier wohut ex, ein Lieb
der Götter, glüdlih im reichen Haufe mit je
Gattin und 6 Söhnen und 6 Töchtern, die er
einander vermählt hat. Den Odyſſeus nimm
gaftlich auf und gibt ihm, als er weiter zieh!
einem Schlauche verjchloffen, die widrigen W
mit, während er einen u — Wind jeine €
blähen läßt. Aber die Gefährten öffnen, wäh
Odyſſeus, jchon nahe der heimiſchen Küſte
Schlaf fintt, aus Neugier den Schlauch, die W
ftürzen heraus und treiben das Schiff wieder
aiol. Inſel; aber Aiolos weit jene jebt von
weil er erfennt, daß fie den Göttern verhaßt
Od. 10, 1ff. In der Jlias und bei Hefiod
Niolos nicht erwähnt; auch wurde er nirgend
Griechenland durch Opfer und Gebet verehrt
bleibt ein bloßes poetijches Gebilde, ohne bei Hı
ihon förmlicher Gott zu jein. Anders bei 3
A. 1, 52: rex ventorum), wo Juno fich bit
an ihn wendet; jpätere Dichter geben ihm Li
oder Stronghle, eine der aiol. Juſeln, zum W
fig und machen ihn zum König der Winde.
Scepter in der Hand, fibt er auf der Höhe «
Felſenberges und hält die in einer Höhle ei
ichlofjenen Winde in Gehorjam. Verg. A. 1.
Aipytos — Aischines.
140. 8, 416. Ov. met. 1, 262. Mit dem Stamm:
vater der Wiolier jtand er urjprünglid in durch—
aus feiner Verbindung, dod) haben ihn Spätere
vielfach mit dieſem verwechjelt und vermengt. Man
nahm einen Aiolos I., Sohn des Hellen, Aiolos II.,
©. des Hippotes, König von Wiolis (T’huc. 3,
102) im MWitolien, und Miolos III, Enfel von
Wiolos II. und Urentel des Hippotes, daher Hip:
potades, an, der mit feiner Mutter Arne und jei-
nem Bruder Boiotos in Metapontion lebte, dort
j. Pilegemutter Autolyke tötete und nun auf die
nad ihm benannten aioliſchen Inſeln im Tyrrhe—
nischen Meere floh, wo er die Stadt Lipara erbaut
haben jollte.
Alpftos, Alzveos, 1) ©. des Elatos, König |
von Phaiſana am Alpheios in Arkadien, nach Klei—
tors Tod Herricher über Arkadien, wovon ein Teil
nad ihm Aipytis genannt ward. Er ftarb am
Biß emer Schlange und hatte fein Grab am Ab:
hange des kylleniichen Berges. Paus. 8, 4,4. 16, 2.
Hom. Il. 2, 604. 2) ©. des Hippothoos,
König in Arkadien, zur Zeit als Oreſtes dorthin
ſloh; weil er den Tempel des Pojeidon zu Man:
tineia, in den fein Sterblicher gehen durfte, be—
trat, erblindete er und jtarb bald darauf. Paus.
8,5, 4 — 3) Züngſter Sohn des SHerafliden
Kreiphontes, Königs von Meſſene, durch ferne Mutter
Merope Urenfel des vorigen Wipytos. Sein Vater
und jeine Brüder wurden in einem Aufftaude ge—
tötet, während er als Kind bei j. Großvater Kypſelos
in Arkadien war; jpäter aber eroberte er mit
Hülfe der Arkader und Dorer jein väterliches Erbe
wieder. Nach ihm nannten jich jeine Nachtommen
in Meffenien Aipytiden ftatt Herafliden. J'aus.
4,3,8.8 6, 6f.
Alca j. Moipe, 4.
Alsäkos, Alsaxog, ©. des Priamos und der
Arijbe, der Tochter des Merops. Er hatte von
Merops die Traumdeutung gelernt und jagte jeinem
Bater voraus, jeine zweite Gemahlin Helabe werde
ihm einen Sohn (Paris) gebären, der Troja ins
Berderben ftürzen werde, und riet ihn auszus
jegen. Seine Gattin war Miterope; aus Trauer
über ihren Tod ward er in einen Vogel verivan-
delt. Apollod. 3, 12, 5. Bei Dvid heift jeine
Mutter Alexirhoẽ, jeine Geliebte Heſperie; aus Ver—
zweiflung über deren durch ihn jelbit veranlaßten
Zod ftürzt er fich ins Meer und wird von Tethys
in einen Taucher verwandelt (met. 11, 749— 795).
Aischines, Alogivng, 1) der Sokratiker,
Berfaffer von fieben, im Geifte der jofrat. Bhilo-
jophie geichriebenen, aber uns faft gänzlich ver-
loren gegangenen Dialogen, an denen man Wit
ſowie einen reinen Stil rühmt. Sohn armer
Eltern, lebte er fortwährend in drüdender Dürf-
tigkeit, aber in tremefter Liebe zu feinem Lehrer
(Sokrates) und jeiner Wifjenichaft. Nach dem Tode
jeines Zehrers verweilte er eine Zeit lang am Hofe
des jüngern Dionyfios zu Syrafus, zog ſich aber
nad) deſſen Sturze wieder nad) Athen zurüd, wo
er Unterricht gab und Berteidigungsreden jchrieb.
— Die drei unter jeinem Namen gehenden Dialoge
ind nicht von ihm, ja jchwerlich von Einem Ber:
jafjer. Noch weniger Anjpruc auf Echtheit haben
die ihm zugejchriebenen Briefe. Abhandlung von
8. 5. Hermann (1850). — 2) der Redner, geb.
wahricheinlid; zu Athen 389 v. E. (nach andern
391 oder 393) in niedrigem Stande, Sohn des
45
Atrometos und der Glaufothea. Mit Mühe und
vielleicht nicht ganz rechtmäßig zum Bürgertume
gelangt, trat er als yeauuerevg (Schreiber) in die
ienfte des angeiehenen Redners und Staats:
mannes Mriftophon, jpäter des Demokraten Eu:
bulos, deſſen politiiche Anſicht er fortan zu der
feinigen machte; zugleich lernte er dadurch die Ber:
fafjung und das Rechtsweſen gründlich fennen.
Als Schauſpieler troß jeiner ſchönen Stimme durd):
gefallen (er ipielte ald Tritagonift um Sold), trat
er, durch vorzügliche Gaben begünitigt, 3 Jahre
vor Demofthenes ald Redner öffentlich auf und
blieb fortan neben ihm als fein jteter Widerſacher
auf dem Schauplage. Mit Bezug auf feine 3 er:
haltenen Reden und feine 9 verloren gegangenen
Briefe ſprach das Altertum von jeinen 3 Grazien
und 9 Mufen. Seine politifch-rednerische Laufbahn
eröffnete er 847, in Gemeinſchaft mit Demojthenes,
bei der Friedensunterhandlung mit Philipp von
Makedonien, bei welcher Philipps Fluges und ge-
winnendes Benehmen ihn ins makedoniſche An:
terefje zog. Als er daher bei einer zweiten Ge:
jandtichaft zur Beichwörung des Friedens durch
Zögern .die Pläne Philipps begünftigte, traten
Demofthenes und Timarchos mit einer Anklage auf
Hochverrat wider ihn auf, die aber durch eine von
ihm geſchickt angeftellte Gegenklage (Av rıyoa@;;)
mit Bezug auf den Lebenswandel des Timarchos
(ara Sımaprov) abgewendet wurde (348). Dieie
Dede, welche die tiefem fittlihen Schäden der Zeit
enthüllt, brachte ihm einen glänzenden Sieg ein,
eröffnete aber die für ganz Hellas bedeutende Feind:
ichaft zwiichen ihm und Demofthenes. Nachdem
er als atheniſcher Pylagore im Amphiktyonenbunde
zur Berherrlihung Philipps beigetragen, nahm
Demofthenes die frühere lage wieder auf (342),
welcher Aiſch. feine Verteidigung in der (nach der
Anficht Plutarchs und einzelner Neueren nicht ge:
iprochenen, jondern jchriftlich ausgegebenen) Rede
zepl napanpsoßeiag erfolgreich entgegenjegte. Er
war fortan Vertreter der makedoniſchen Bolitif
und veranlaßte als Pylagore zu Delpht (339) den
zweiten heiligen Krieg gegen Lokris, nach deſſen
Beendigung Philipp als erwählter Oberfeldherr
an der Spiße von 30 000 Mann verheerend jelbjt
gegen Athen rückte. Als die Schlacht bei Chairo—
neia das Schidjal Griechenlands entichieden hatte,
ward dem Demojthenes n. des Milch. Gegen:
machinationen der ehrenvolle Auftrag, die Leichen:
rede auf die Gefallenen zu halten. Und als Kte—
ſiphon den Antrag ftellte, dem Demojthenes für
jeine Berdienfte um das Baterland einen goldenen
Kranz zu verwilligen, trat Aiſch. mit einer Anflage
gegen ihn auf (336), unterlag aber, als 6 Jahre
ſpäter unter völlig veränderten politischen er:
hältnifjen die Sache zur Verhandlung fam, mit
feiner ausgezeichneten Rede (narz Krnsıpmrros,
wahrjcheinlich nur in einer jpäteren Bearbeitung auf
uns gefommen) gegen das demoftheniiche Meijter-
ftüd der Kranzrede (Auguſt 330). Nominell ift die
Klage (es ift eine yoapn rageruumr) gegen Kte—
fiphon gerichtet, materiell gegen Demofthenes; Klar—
heit und Schärfe, Fülle der Gedanten, Leichtigfeit
und Anmut der Darftellung fünnen dem A. nicht
abgeiprochen werden; die logische Beweisführung in
dem gegen Dem. gerichteten Teil ift die ſchwächſte
Bartie der Nede. Neuerdings hat jih 2. Spengel
mit großem Eifer des A. angenommen und dem
— — — — —
— — — — — — — —
46 Aischrion — Aischylos.
Dem. Sophijmen und Berdrehungen vorgeworfen |
und die jchweren gegemjeitigen Anklagen auf die |
Berichiedenheit der politifchen Anſchauung beider
Nebner geichoben. Bgl. dagegen Hug, der Ent-
ſcheidungsprozeß zwijchen U. u. Dem. (1870). Durch
die Niederlage bei diejem Prozeſſe moraliich ver:
nichtet (er hatte nicht einmal den fünften Teil der
Stimmen erhalten und war jomit einer teilweiſen
drınie verfallen), ging A. freiwillig ins Eril
nach Rhodos, wo er angeblich im 75. Lebensjahre
ftarb. — Ansgg. jeiner Neden in den Sammlungen
der Oratores Attici von Neiste, J. Better, Dob-
jon, Baiter und Sauppe, E. Müller; bei. Musgg.
von Bremi (1828), Franke (2. Aufl. 1860), Ferd.
Schul (1867), Weidner (1872). Ansgg. der Rede
gegen Timarchos von Franke (1839), der Rede
egen Ktefiphon von Weidner (1872; mit Deutichen
nm. 1878). Über des N. Leben vgl. Paſſow,
Verm. Schr. ©. 64— 74. Stechow, de A. oratoris
vita (1841). Blaß, die attiſche Beredſamkeit III,
26©. 129. — 3) Akademiker am Ausgange
des 2. Jahrhunderts v. E., geb. in Neapel, Schüler
des Melanthios ans Rhodos und des Narneades,
lehrte in then. Cie. de or. 1, 11, 74. Diog.
Laert. 2, 64.
Aischrion j. Jlambographen.
Aischylos, Alozvlog, Aeschylus, der ältefte der
3 großen griech. Tragifer, war ein Athener aus
dem Demos Eleufis, Sohn des Euphorion, geb. DI.
63, 4. (525 v. E.), und gehörte einem edlen attijchen
Geſchlechte an. An dem Befreiungsfriege Griechen:
lands nahm er als Kämpfer bei Marathon, Sala:
mis und Plataiat thätigen Anteil, gleich den
Helden Ameinias und Kynaigeiros, welche die aus:
geſchmückte Sage zuweilen jeine Brüder nennt.
Schon im 25. ‚Jahre trat er mit Dramen auf, zu
nächſt als Nebenbuhler des PBratinas; feitbem wid—
mete er fich faft ein halbes Jahrhundert hindurch
der Ausbildung der dramatijchen Kunft, welche er
als Tragifer und Satyripieldichter auf einen glän:
zenden Standpunkt erhob und an die Spibe der
geiftigen Amftitute in Athen ftellte. Um 477 v.€.
begab er fich zum König Hieron nad) Syrakus,
wahrjcheinlich einer Einladung folgend, und did):
tete zur Einweihung der neuen Stadt Atna das
Lokalſtück Alrwaiaı, arbeitete die ſchon früher ge:
gebenen Berjer um und führte fie in Syrafus auf.
Hier hat er einige Zeit verweilt, che er nach Athen
zurüdfehrte, wo er furz vor Hierons Tod (DI. 78, 2)
im Wettfampfe mit Sophofles zufammen auf:
trat (DI.77,4=468 v. E.), aber mit jeiner Didaftalia
gegen den jungen Dichter zurüdftehen mußte (Plut.
Cim. 8). In diefe Zeit fcheint eine neue Neije des
A. nad Sicilien zu fallen, deren eigentliche Ber:
anlafjung und Urjache ſich nicht genan und ficher
ermitteln läßt. So viel aber jcheint aus den vor:
handenen Nachrichten und Andeutungen, die zum Teil
kleinlicher und fabelhafter Art find, hervorzugehen,
daf der Dichter mit der Damals herrichenden Bolts-
partei und ihren Jdeen und Gefinnungen in Zwie—
jpalt geraten war. Darauf weiſt auch der Be:
richt von der Beichuldigung hin, A. habe durch
Außerungen in mehreren Dramen die Geheimniſſe
der Müfterien verraten und auf profanen Boden
herüber gezogen (Aristot: eth. 3, 3. Aelian. v. h.
5, 19), jei aber, deshalb angeflagt, von dem
Gerichtshofe auf Grund feiner eigenen Berteidigung
und jeines anerfannten Berdienftes freigeiprochen
worden. Sole Mißverhältniſſe zu feinen Mit
bürgern können ihn wohl beftimmt haben, jeim
dramatiiche Laufbahn in Athen vorderhand auf
zugeben. Später aber erlangte das letzte ſeinen
erhaltenen Werke, feine Orefteia, einen glänzender
und vollftändigen Sieg (DI. 80, 2458). Daß eı
die Aufführung in Athen jelbjt geleitet, ift mög
lich, doch nicht ficher nachzumwerien. Sollte es ge
ichehen jein, jo müßte er bald wieder nach Sicilier
zurüdgefehrt jein, da er bereits DL. 81, 1 (456
u Gela jtarb, wo er auch begraben wurde. Eı
erhielt dort von den Bürgern der Stadt ein präch
tiges Grabmal. Die Athener ehrten jpäter fein
Andenken durch ein Standbild, das auf den Antrag
des Nedners Lyhurg zugleich mit denen des. So
phofles und des Euripides im Theater aufgeitell
wurde, und gaben einem jeden, der jeine Dramer
auf die Bühne bringen wollte, einen Chor und eim
Belohnung, den Kranz aber mweiheten jie den
Dichter, ald ob er noch lebte. In feiner Famili
vererbte ji die Ausübung der tragischen Kunf
ein Jahrhundert lang; zu erwähnen als tragiſch
Dichter find bei. jein Sohn Euphorion und jeir
Neffe Philokles. — Tragijche Kunft und Werk
des Aiijchylos. Man darf ihn mit Recht der
Schöpfer und „Vater der Tragödie” nennen. Wai
vor ihm Theſpis und andere gethan hatten, famı
nur als unvollkommener Verſuch ſteniſcher Dar:
ftellungen gelten; es waren Xieder, von einen
Ehor an den dionyſiſchen Feſten vorgetragen, durd
das Auftreten eines Schaufpielers unterbrochen
und von mimiſcher Darftellung begleitet. A
fügte einen zweiten Schauſpieler (devrapayarı
sens) dem ee hinzu und jchuf jo zuerſt eine
dramatischen Dialog, der freilich auch bei ihm nod
in jeiner erjten Entwidelung erſcheint und jein
Vollendung erit durch den dritten Schaufpieler de:
Sophofles erhielt. Ferner erhob er die Handlung
oder den Dialog zum Hauptteile des Gedichts
indem er die Inriichen Partien des Chors ver
ringerte und bejchränfte (Aristot. poet. 4: ra roı
20000 nAdrewas nal row Aoyor newraymmıarıjı
zagsoxsvacen); Dialog und Chorlieder wurden üı
eine engere Verbindung zu einander gejegt, jo baj
dieje beiden Teile nicht bloß in einem angemefie
nen Berhältnifje zu einander ftanden, jondern aud
ein vollftändiges, innerlich zufammenhängende:
Ganze ausmachten. Auch führte U. einen jkenijcher
Apparat (sxevorode) ein. Er gab den Schau
ipielern Masten, erhöhte ihr gewöhnliches Mai
bedeutend durch den Kothurn und Onkos, ftattet
fie mit langen bis anf die Füße herabreichendeı
Feftgewändern aus, furz, er gab ihnen in jede
Beite ein prächtiges und imponierendes Anſehen
©. hierüber den Art. Schauspiele. Gleichfall:
befam die Bühne durch ihn ihre Ausftattung umi
Bervolllommmung durch Anwendung der Malere
und Majchinerie; das Nähere hierüber j. unte
Theatron. Überall war A. jelbft thätig. Nich
nur trat er dem Herfommen gemäß jelbft als
Schaufpieler in feinen Stüden auf, er war aud
Chormeifter (zopodıdaoxakor), lehrte jeinen Cho
die Tänze und erfand jelbjt neme Reigen; endlid
bejorgte er alle Vorbereitungen jelbjt, welche zu
Aufführung feiner Dramen nötig waren. — A—
Tragddien zeichnen ſich durch Ernit, Würde um)
Erhabenheit aus; die Ausdrucksweiſe ift fühn um)
voll jeltjamer Bilder, zahlreiche Worte bejtehen
Aisepos — Aisopos.
aus merfwürdigen vielbezeichnenden Zuſammen—
ſetzungen. Seiner Dichtungsweije fehlt es nicht
an Anmmit, aber es find die furchtbaren Grazien,
welche die Alten überhaupt an dieſem Dichter rüh—
men. Die Ökonomie der Stüde ift einfach, der
Plan und Gang der Handlung läuft ohne innere
Berwidelung, jchlicht, eben und in einer gewiſſen
Breite bis zu feinem Ende. Das Ganze hat noch
ein ziemlich epijches Gepräge; nur die beigemilchten
Sieflerionen unterjcheiden ihn von der Naivetät
des epiſchen Stils. Den Stoff und die Mythen
entlfehnte A. meift aus Homer, daher er jelbjt jeine
Dichtungen „Brocken von der reichen Tafel des
Homer” genannt haben fol. In allen Stüden
berricht unerbittlich ftreng das Schickſal über die
Menschen. Dieje Macht ift aber feine äußere Natur:
notwendigfeit, jondern die unergründliche gött—
lihe Macht, die noch über der Macht der vom
Volle anerfannten Götterwelt fteht, und deren An—
erfennung den Menſchen abhalten joll, über feine
irdiihen Kräfte hinanszugehen. Geine Charaktere
find ideal gehalten; in ihrer Zeichnung ift Kühn:
heit der Form mit Ternhafter Gejinnung und
marfiger Kraft und Stärfe überall vereinigt. Seine
Bildung verdankte A. der Lehre des Pythagoras,
deſſen ——* er war (Gic. tusc. 2, 10, 23), und
den Myſterien, in die er eingeweiht war; feine
Gejinnung und Jdealität der ſchönen Begeifterung
und Erhebung jeiner Zeit, die auch ihn trug und
erhob. In jüngeren Jahren fcheint er, nad) dem
° Borgange des Pratinas und Ehoirilos, nur ein—
elne Stüde zur Aufführung gebracht zu haben;
Ihäter umfaßte jede einzelne Aufführung (Didajfa-
lia), womit er an einem dionyſiſchen Feſte auftrat,
4 Stüde: 3 Tragödien, die durch ihren Ni
meift zufammenbingen (Trilogie), und ein Satyr:
drama. Das Ganze hieh eine Tetralogie. Vergl.
ierüber den Art. Tetralogia. Von den vielen
Stüden, die Mifchylos gejchrieben (man zählte
wenigftens fiebzig, nad) Suidas neunzig), find nur
7 erhalten: 1) Ilgoundsds deouneng, a ent:
weder als erſtes Stüd oder als Mitteljtücd zum
TIeon. evgpöpos und Avöusvog. Prometheus büßt
den Raub des Feuers, welches er wider den Willen
des Zeus zu den Menjichen gebracht hat, indem
er an einen öden Felſen in entlegenfter Wüſte
gejefielt wird und großen Qualen entgegenjieht.
Nichts vermag ihn zur Fügfjamfeit unter die höhere
Macht zu ftimmen. Unter dem Aufruhr der Ele:
mente mit Donner und Blitz wird er ın den Ab—
grund gejchleudert. 2) 'Enr& !ml Onßas, nad
den Berjern und zwar im %. 468 gegeben, den
Zweikampf des Eteofles und Polyneikes darftellend.
3) TIeooaı, nach dem Ehore benannt, ein hiſtori—
ſches Stüd, behandelt die Niederlage des Kerres
in der Schlacht bei Salamis, wahrjcheinlich 472
aufgeführt und das ältefte erhaltene Drama des
Dichter ſowie des gejamten Altertums. 4—6)
Ogesrzıe, die einzige erhaltene Trilogie, beftehend
aus Ayauiurov (Urmerdung des Agamemnon durch
Kiytaimneſtra und Aigiſthos, Konpogo: (nach dem
Ehore benannt, behandelt die Ermordung der Kly—
tatmmeftra durch Oreſtes und feine Schweiter Eleftra)
und Evueridsg (die Losſprechung und Entjühnung
des von den Furien verfolgten Muttermörders
Dreftes vor dem Areiopagos in Athen), 458 auf die
Bühne gebracht, als die demofratijche Partei damit
umging, den feßten Überreft ariftofratijcher Jufti-
47
tutionen, den Wreiopagos, über den Haufen zu
werfen). 7) "Inerıdeg, die Schußflehenden, behan—
delt die Aufnahme des Danaos und feiner Töchter
in dem pelafgiichen Argos, als fie vor ihren ge:
waltſamen Freiern aus Agypten geflohen waren. —
Der Genuß dieſer erhabenen Werfe wird leider
jehr beeinträchtigt durch den Zuſtand des uns über:
lieferten Textes, der jchr viele Verderbniffe, Lücken
und Interpolationen enthält, bei. in der Drefteia
und den eg gg Unter den zahlreichen
Handjchriften ift die ältefte eine Florentiner aus
dem 11. Jahrhundert (Mediceus a.). Die nicht
jehr zahlreichen Bruchſtücke find kürzlich durch einen
Abſchnitt and der Tragödie: Karer od. Europa
vermehrt worden (herausg. von Blaß und Bücheler,
Rhein. Muſ. Bd. 35, ©. 83 ff). — Nusgaben
jämtlicher Stüde von C. G. Schüß (8. Aufl. 1809
—22), Wellauer (1823 ff.), ©. Hermann (1852.
2. Aufl. 1859), H. Weil (1858 ff.) und Wedlein
(1885); Tertausgg. von W. Dindorf (zuletzt 1865),
Kirchhoff (1880), und H. Weil (1884); Ausgg. des
Prometheus von Blomfield (1822), Schömann
(1848), Schmidt (1870), Wecklein (2. Aufl. 1878);
der Sieben gegen Theben von Schwend (1818),
Blomfield (1823), Ritihl (2. Aufl. 1875); der
Perſer von Blomfield (1823), Lange und Pinzger
(1825), Teuffel (3. Aufl. 1886), Schiller (2. Aufl.
(1888), Oberdid (1876); des Agamemmon von
Blomfield (1823), Karjten (1855), Scmeidewin
(2. Aufl. 1883), Nägelsbad) (1863), Klaufen (2. Aufl.
1868), Keck (1863), van Heusde (1864), Enger
(2. Aufl. 1874); der Choephoren von Schwend
(1819), Blomfield (1824), Bamberger (1840), de
yongd (1856); der Eumeniden von Schwend 1821),
D. Miller (1833), Merkel (1857); der Schußflehen-
den von Schwerdt (1858) und Oberdid (1869).
Die beite deutſche Überfehung lieferte Droyjen
(4. Aufl. 1884); andere Voß, Mindwiß, Hartung,
Donner, Bruch (1881). W. Dindorf, lexicon Ae-
schyleum (1873 ff.).
Aisöpos, Alanmwos, 1) Fluß in Myfien, entipringt
am Ida und mündet bei Kyzikos in die Propontis,
j. Gönen=tichai. Hom. Tl, 2, 325. 4, 91. Der Mythos
nennt ihn einen Sohn des DOfeanos und der Tethys.
Hesiod. theog. 342. — 2) Einen ähnlichen Uriprung
verrät der Held diejes Namens, ein Sohn ber
Abarbarea, der jchlammtlojen Nymphe, und des
Bukolion. Hom. Il. 6, 21.
Aison ſ. Argonauten.
Aisöpos. Alcorog, Aesopus, griech. Fabeldichter,
von dejien Lebensumftänden uns nur wenige Nach—
richten vorliegen, aus denen angeblid; der Mönch
Mar. Planndes in Konftantinopel einen Roman
ujanmengewürfelt hat. Er fteht auf der Grenze
er mythiſchen und hiftoriichen Zeit, wird als
Beitgenoffe des Solon umd der 7 Reifen bezeichnet
und joll aus Thrafien oder Phrygien ftammen.
Die Übrigen Angaben, daß er als Save mehre:
ren Herren gedient und endlich die Freiheit er-
rg habe; daf er auf jeinen Reifen zum lydi—
chen Könige Kroijos gekommen und don diejem
nach Delphi geichidt, dort aber wegen Gottes:
läfterung vom Felſen Hyampeia geftürzt worden
ſei (Hat. 2, 134); endlid aus jpäterer Zeit, daß
er ein mißgeftalteter Poſſenreißer geweſen fei, find
mehr oder weniger faum der Beachtung wert.
Erfinder der Fabel ift er nicht (ſ. Fabula), wohl
aber Begründer und Bertreter derjelben als einer
48 Aisymnetes — Aithiopes.
eigenen Kompofitionsart. Seine uötor, in Proſa
abgefaßt (Sofrates gab nach Plat. Phaed. 4 im
Gefängnifie einigen metriiche Form) und von Mund
zu Mund getragen, ruhten auf dem wirflichen
(nicht idealen) Leben und waren der Ausdrud einer
im Leben gewonnenen Verftändigfeit und Klugheit,
jogar Berichmißgtheit. Darum wurden jie Natio:
nalgut und ein Nanon für jpätere Zeiten. Die
erfte Sammlung diejer audoı od. Aöyoı Alswmeıoı
veranjtaltete Demetrios Phalereus (300 v. E.);
eine große in 10 Büchern. Babrios (j. d.) zu un:
ewiffer Beit ; aber die Choliamben, worein derjelbe
fe brachte, jind jpäter wieder aufgelöft worden,
wenn auch noch in der Proja erfennbar. Die Zahl
der Fabeln, ihre Neihenfolge 2c. find aus diejem
Grunde in den Handichriften und Ausgaben jehr
ungleich. Eine aus einer Handjchrift der Biblio:
thet von Monte Caſſino vermehrte Ausgabe ent:
hält 423 Kabeln. Bündel hält ihn für einen
nubijchen Sklaven, Lauth u. a. lafjen den Namen
aus Aldlow entſtehen und ſetzen die Lebenszeit
unter Amafis. Noch andere machen ihn gar zu
einem Inder oder Hebräer. Val. Welder, fl. Schrif:
ten II ©. 2283 — 263. Seller in Fledeifens Jahrb.
Suppl. IV ©. 309—412.
Aisymnötes j. Eurypylos, 1.
Alsvarnıns, zulanmengejegt aus «ic« (iu-
sta portio) und murnjoxo (dev des gleichen An—
teils gedentt, bejier ald von »eueır oder gar
vuveio), bezeichnet in der Odyſſee (8, 258) er:
wählte Ordner der Kampfipiele: in einigen Staaten,
3. B. Megara, Teos, Kyme, Chalfedon, ift es der
Name regelmäßiger Beamten und Richter. Im
engeren Sinne bezeichnet es einen Oberen oder
Scyiedsrichter, der bei dem Gleichgemwichte ſtrei—
tender Barteien zur Wiederherftellung eines fried-
lichen Verhältnifjes auf Lebenszeit, oder auf be-
jtimmte Jahre, oder bis zur Vollendung jeines
Mandat an die Spite des Staats gejtellt wurde
(nogov Ö} ol utv dia Plov iv deyı.v ravımv,
ot Ö ufyoı tıvv mpıoufrar 1g0vwr 1) moukew»,
Aristot. pol. 3, 14). Sie werden wegen der Un—
bejchränftheit ihrer Macht auch als Tyraunen be:
zeichnet, wiewohl mit Unrecht, da ihre Gewalt
feine angemaßte, jondern eine, oft wohl gerade
ur Verhütung der Tyrannis übertragene war.
it mehr Necht kann man fie mit den römijchen
Diftatoren vergleihen. Berwandt find fie den
Gejebgebern (vgl. Gesetzgehung). Ariſto—
teles (pol. 4, 8, 2) vergleicht die Aiſymnetie .
der Gejepmäßigfeit der Übertragung mit der
föniglichen Gewalt, wegen der Unbeſchränktheit
ihrer Macht mit der Tyrannis. Der befanntefte
unter den Aiſymneten (oder vielmehr der einzige,
uns von den Hiftorifern ausdrücklich unter diejem
Namen erwähnte) ift Pittafos von Moptilene. Um
das J. 620 v. E. waren dort Kämpfe des Demos
egen die NAriftofratie ausgebrochen, zu der der
ichter Alkaios gehörte. Dieje Ziwiftigfeit hatte
den Melanchros an die Spige gebracht, der dann
von den vereinigten Parteien des Alkaios und
Pittalos beſiegt und erſchlagen wurde. Zur Schlich—
tung der Streitigkeiten, die jetzt zwiſchen der
Ariftofratie und dem Demos unter Pittafos’ Füh—
rung ausbrachen, wurde diejer endlich auf 10 Jahre
(590-- 580) zum Aiſymneten gewählt, jo daß aljo
nur leidenjchaftlicher politiicher Hab den verbann:
ten Alfaios dahin gebradt haben fann, feinen
Gegner einen Tyraunen zu nennen. „Da
rühmtefte und ruhmwürdigſte Beilpiel dieſe
giebt uns die athenifche Gejchichte, da nach he
Kämpfen die Parteien fich einigten, den Solc
Friedensftifter und Gejeßgeber zu bevollmädh
Auch die Geſetzgebung des Zaleukos bei der
liichen Lolrern gegen die Mitte des 7. X
jowie die etwas fjpätere des Charondas bei
Katanaiern auf Sicilien find wahrjcheinlich
ähnlicher Bevollmäcdhtigung hervorgegangen.“
mann, griech. Altert. 1, 158 f.
Aithalia j. Ilva.
Aither, «{idrjg. aether (von aido), die
ftrahlende Quftregion, im Gegenjag zu «ne
unteren Luftſchicht, der Sig des Zeus (IT. 2,
päter der aus Elementarfener bejtchende,
umſchließende Himmelsraun, aus dem die S
und die Gejtirne entjtehen, der Wohnort
Götter. Als Perjonififation ift Aither nach £
(theog. 124) Sohn der Nacht und des Er
der Kinder des Chaos, Bruder der Hemera;
nach bezeichnet er aljo eine Grundſubſtanz
BWeltalls; nad den orphiſchen Hymnen die !
jeele, von der alles Leben ausgeht. Die Di
identifizieren ihn auch mit een oder Nu
der mit fruchtbarem Negen fi in den Schof
Erde ſenkt. Verg. @. 2, 325. Bei den ı
Philoſophen ift er Sit und Prinzip der alle
fruchtenden Lebenswärme.
Aithiöpes u. Althiopla, Aldlonss, Altdıc
Der Etymologie nad) (aldo — @y) bezeichı
die Griechen als Withiopen im mweiteren Sinn
Nationen von dunkler Hautfarbe, an den ({
küſten Aſiens (3. B. Gedrofien), wie am ol
Nil und überhaupt in Innerafrika; jo findet
diejer Name jelbjt auf Samothrafe und Le
und auch die Amazonen heißen jo. Bei Hı
u. a. Dichtern find fie die fernſten der Mäı
wiefach geteilt, d. h. im Süden nad) Oſten
Beten fid) ausbreitend (Od. 1, 23), wo die ©ı
auf: und untergehend der Erde und ihren
wohnern nahe fommt und dieje ſchwärzt; an
Teilung durch den Nil oder den Arabiſchen M
bujen (Strab.) hat Homer —— edacht.
Od. 4, 84 ſind fie Nachbarn der Sidonier
Erember und wohnen am Dfeanos (Il. 23, 2
Die Vorſtellungen des Dichterd don diejen feı
Völkern find jedesfalls wenig beftimmt. Sie he
„untabelig” (auvworss) und jind Freunde
Götter, die öfters zu ihnen reifen und feier
Helatomben in Empfang nehmen (/7. 1, 4
Wenn man die Götter aus unjerer Welt entf
denken wollte, ließ man fie am den äußerjten N
der Erde verreift jein, zu den frommen Aithio
In äußerſter Ferne, am Rande der Erde da
man jich fromme, von den Göttern geliebte Völ
die Nithiopen, die Hyperboreier, ähnlich wie
äußerjter zeitlicher Ferne die Menſchen des golde
— Nach Herodot (7. 70) zerfallen
ithiopen in öſtliche, mit ſchlichten Haaren,
bis zu den Indern hin wohnten (Kiepert erke
in den dunklen Bewohnern Gedrofiens diejelb
und in weftliche, bejonders mit krauſen Haaı
— Im engeren Sinne find darumter die Bewoh
des obern Nillandes, „oberhalb Agypten“ (Zi
2, 146), veritanden; dasjelbe heißt im Alten Te
ment Kuſch, in den ägyptiſchen Inſchriften St
oder Keſch. Das Land zunächft ſüdüch von Agupt
—
Aithre — Aitolia,
zwiſchen dem 1. und 5. Nilfataralt, das lange Zeit
eine ägyptiſche Provinz war, bildete ſeit etwa
1000 v. E. ein jelbitändiges Neich mit der Haupt:
ftadt Napata (ij. d.), defien Könige 728 — 672 aud)
über Agypten geboten. Weiter ftromaufiwärts, ober:
ib der Mündung des Aſtaboras (j. d.), lag
eroe, die jpätere Nefidenz des Aithiopenreiches.
Die Aithiopen waren nach Herodot (3, 19 ff.) die
größten, —— längſtlebenden Männer; ihr
Land reich au Gold, Edelſteinen, Elfenbein u. j. w.
In der Kaiſerzeit wurden ſie von Königinnen mit
dem ſtehenden Namen oder Titel Kandale be:
erricht; eine derielben fiel 24 oder 23 v. E. in
upten ein, worauf die Römer Napata zerjtörten.
Im Duellgebiet der öftlichen Nilzuflüffe, im heu—
tigen Tiger, beitand jeit dem 1. Jahrhundert v.
oder n. E. das Reich von Aröme oder Axomis,
auch Aurumis (j. Arum, in der Nähe des heu:
tigen Adowa), mit einem Gemijch verichiedener
Bölter. Hier jollen die unter Pſammetich I. um
620 dv. E. ausgewanderten Krieger (Hdt. 2, 30)
ſich niedergelafjen haben, und allerdings weijen
die Obelijten in den Trümmern der Stadt auf
ägyptiſche Einflüffe hin. Bon Südarabien find
Semiten herübergefommen; ihre Sprache, in welcher
jeit Annahme des Chriftentums (um 330 n. GE.)
zahlreiche Schriften abgejaßt wurden, * man
heutzutage die äthiopiſche. An der Küſte lag die
Hafenſtadt Adulis (j. Zula bei Maſſaua); die
Btolemaier hatten die Niederlaſſungen Ptolemais,
Arfinod und Berenife gegründet. Das Küſten—
gebirge tweiter nördlich bewohnten die Troglodyten
und Ichthyophagen (j. d.). Die ganze Küſte bis
um Borgebirge Aromata (j. Guardafui) nannten
ie Griechen rbaria (der Name erhalten in der
jeßigen Stadt X dh) oder nad den Produkten
N IrVaumuopogog, 7 KOmuaTopögos zuga. Jen:
jeits des Vorgebirges nennen jie den einheimijchen
Namen Azania (h. Adichan). Strab. 17, 821 ff.
Aitlıre, Aiden. Aethra, 1) Tochter des Königs
Pittheus in Troizen, Mutter des Theieus (Plut.
Thes. 3), den —— Aigeus gebar. Die Angabe,
daß Poſeidon Vater des Theſeus ſei, ſollte nach
ſpäterer Deutung auf dem Beſtreben des Pittheus
beruhen, ſeinen Urſprung auf den bei den Troi—
Deore vorzugsweiſe rien Gott zurückzuführen.
agegen wird erzählt (aus. 2, 38, 1),
Aithra, als jie nach Aufforderung der Athene auf
der Inſel Sphairia Totenopfer brachte, dort im
enge 9 der Göttin dem Poſeidon verbunden worden
Ka nlaß zur Stiftung des Tempels der Athene
turia und zu der Unordnung, daß die troi—
en Jungfrauen vor der Hochzeit ihren Gürtel
Athene —— ollten). Eine andere Sage,
wonach fie von den Dioskuren in Athen geraubt,
nach Yaledaimon geführt und jo als Sklavin der
— nach Ilios gekommen jei (Hom. Il. 3, 144.
lut. Thes. 34, |. Akamas, 3. und Demophon,
2.), ward vielfad ein Gegenftand der nachhome—
riſchen Poefie und bildenden Kunſt. — 2) Tochter
des Dfeanos, die dem Atlas 12 Töchter, die
Hyaden, und den Hyas gebar. Ov. fast. 5, 171.
Aitolia, Altwlıe, griechische Landſchaft, der
Sage nad genannt von Witolos, dem Sohne des
Endymion, der aus Elis hieher geflüchtet war,
früher wie Afarnanien auch Kovenris oder nad)
einem andern Stamme "Tawris geheifen. Es
grenzte gegen W. an Mlarnanien, gegen N. an
Reallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
49
Epeiros und Theflalien, gegen DO. an Doris und
das ozolijche Lokris, gegen S. an den heutigen
Golf von Batras, der von den Alten bisweilen
zum Korinthiſchen Meerbujen geredjnet ward. Die
Größe betrug etwa 72 IM. Das Ganze zerfiel
in Altaitolien, Altwlde aeraia, und in das Tnäter
erworbene Alr. Irixrnrog, welches nördlich den
gebirgigen Landftrich zwiichen Lofris und Phokis
umfaßte und ehemals zu Lokris gehört hatte. Der
Boden ift im allgemeinen jehr rauh und gebirgig;
Herodot (7, 126) nennt jogar Löwen dort. Im N.
geht jih der Tupensrog (Belukhi) herunter, im
NO. bildet der Oirn (Kumaita oder Natapothra)
und Aoga& (Bardifia) die Grenze, im Innern
liegt der Aganv»dog (Zuges) unweit des Meeres
nach Wlarnanien hin, und ald Scheide zwijchen
Alt: und Nenaitolien das Hauptgebirge (lavaı-
zalıor (Arapofephala); Chalfis, Taphiaſſos (Kafi-
Stala) und Myenos bilden die Grenze im SD
Doc fehlt es auch nicht an Ebenen: das Alrolov
redior ufya« (campus Aetolorum magnus), eine
Öftliche Fortſetzung der alarnanifchen Ebene am
Ucheloos, zwijchen dem Banaitolion und Ara—
fyuthosgebirge mit den bedeutenden Seen "Tol«
oder Avaıuayie (See von Angelo Kaftro) und
Teıgavis (See von Vrachori) — reih an Süd—
früchten und Wein (Verg. G. 1, 7); ferner der
Küfte nahe die Paracheloitis (j. Acheloos) und
öftlich Davon Ankavror zedio» an der Mündung des
Fluſſes Eunvog (Fidaris). — Als Urvölfer werden
im nördlichen Teile die Leleger genannt, in Süd-
aitolien die Kovenjreg, die „jugendlich kräftigen“
(von “odgos), nicht von dem Haarſchnitte (veiow),
und die boiotifchen Hyanten. Dieje Völferjchaften
galten mitunter gar nicht für Hellenen wegen ihrer
rauhen Sitten und unverftändlichen Sprache. Thuc.
8, 94. 104 ff. Pol. 17, 5. Durch helleniſche Ein:
wanderer entſtand ſpäter ein gemijchter Dialeft.
Die ’Eneıol oder 'HAsioı famen mit Witolos jechs
Menſchenalter vor dem troiichen Kriege. Zu Homers
Zeit hießen die Bewohner jchon insgejamt Alto-
Aol (Il. 2, 638). Nach Orylos, welcher die Dorer
bei ihrem Zuge in den Peloponnes anführte, ge:
jtaltete ſich Aitolien zu einer großen Republik um,
bis die Römer es zu der Provinz Achaja schlugen. —
Die bedeutendften, wicht zahlreichen Städte, be-
daß | jonders im füdlichen Teile, jind: Kalydon am
Euenos, nebit Bleuron Hauptitadt, Makynia,
Ehaltis und Molykria, korinthiſche Kolonien,
das feſte Elaios (j. Miffolunghi), Trihonion,
Olenos, Thermon, Aigition, Dichalia. — Die
Bewohner wurden der Roheit, Üppigfeit und
Schwelgerei bejchuldigt, ihre Kampfluft verwidelte
jie leicht in Kriege, in denen wohl ihre Tapferkeit ge:
rühmt, die Plünderungsjucht getadelt wurde. Strab.
10, 449 ff. 460 ff. Die Abgeichiedenheit der Lage,
welche die Aitoler von der hellenischen Gefittung
fajt gänzlich fern hielt, hatte fie andrerjeits vor
jeder mehr als vorübergehenden Abhängigkeit ge:
jichert, und jelbft nach Wleranders des Gr. Tode
ftanden fie faft allein noch frei da. * höhern
Selbſtgefühl kamen die verbündeten Aitoler 322
v. C., als nach dem lamiſchen Kriege, an dem fie
ſich beteiligten (Just. 13, 5), Antipater und Kra—
teros fruchtlos in ihr Land eingefallen waren und
einen Vergleich geſchloſſen hatten. Nun breiteten
ſie ſich aus. Zwar beſchränkte ſie die alte Feind—
ſchaft der Alarnanen, indes wurden ſie Meiſter
4
50
von Lokris und Phokis, bejekten die Gegenden
am Dite, einen Teil von Theffalien und jelbft
Delphoi (290), wodurd der letzte amphiktyoniſche
Krieg unter dem Sparterfönige Areus hervor-
gernfen wurde. Im Peloponnes gehörten Tegea,
Mantineia, Orchomenos und Phigaleia zum Bunde,
jelbft Elis und Meflenien ftanden de nahe, von
den Injeln Kephallenia. Die Berfaftung der durd)
Polemarchen geleiteten Städte war demofratiid).
Auf dem Banaitolion zu Thermon, am Heilig:
tume des Apollon, wählten fie einen Strategen
auf Ein Jahr und einen Hipparchen; die Apo—
Feten, arörınros (auf Anjchriften auch ßov-
Asvral und oövedoo: genannt), ein ftändiicher
Ausſchuß oder Bundesrat, wachten über die Aus:
ührung der Beichlüjfe. Die regelmäßigen Ber:
ammlungen fanden zweimal im Jahre ftatt. Roh—
heit, Plünderungsiuht und ähnliche Eigenichaften,
dabei Troß und Mangel an Überlegung find die
in diefem Bunde hervortretenden Eigenjchaften.
Die Aitoler, anfangs mit Antigonos Gonatas
verbündet, löften dieſes Bündnis nad deſſen
Thronbefteigung in Makedonien, und bejonders
jeitdem der achaiiſche Bund ſich an Makedonien
angejchlofien hatte, waren fie die natürlichen Ver—
bündeten der Lakedaimonier gegen beide. In der
Schlacht bei Kynoskephalai (197 v. E.) kämpften
fie auf jeiten der Römer, die aber durch die
Plünderungsjucht und die trogigen Forderungen
ihrer Bundesgenoffen fich nicht bewogen fanden,
diejen Akarnanien abzutreten. So jchloffen ſich die
Nitoler an Antiochos den Gr. von Syrien an,
nach dejjen Unterwerfung (190) auch fie die ſchwere
Hand der Nömer empfanden. Nach hirzem Rampfe
nötigte fie der Konſul M. Fulvius Nobilior 189 zur
unbedingten Unterwerfung. Sie mußten jogleich
200 Talente zahlen und 40 Geiſeln ftellen, in den
—— 6 Jahren je 50 Talente, und die Majeſtät
römiſchen Volkes anerfennen. Das Land wurde
in jeder Beziehung von den Römern vernad)-
läjligt, die micht eimmal eine ordentliche Straße
durch dasjelbe anlegten. Liv. 37, 48. 38, 1ff.
©. Branditäter, die Gejchichte des ätol. Landes,
Volles und Bundes (1844). Burfian, Geogr. von
Griechenland I S. 123 ff. Dubois, les ligues
etolienne et achdenne (1884).
Aitölos, Altwlög, 1) Sohn des Endymion,
Königs in Elis, und der Neis oder der Hyperippe,
der Tochter des Arkas, Bruder des Paion und
Epeiod, Vater des Pleuron und Kalydon. Nach
Epeios erhielt er die Herrichaft von Elis; weil er
aber den Apis, Sohn des Phoroneus, nach dem
der Peloponnes apiiches Land (Amis, Ania yn)
ze jein jollte, getötet hatte, ward er von deſſen
öhnen vertrieben und fam in das Land der
Kureten, dem er den Namen Witolien gab. Apollod.
1,7,6. — 2) ©. des Orylos und der Pieria, früh
verftorben und zu Elis unter dem nah Olympia
führenden Thore begraben. Der Gymnafiardı zu
Elis brachte ihm jährlich ein Totenopfer. Paus.
5,4, 4.
Aius Locntius. Als die Gallier 390 v. C.
gegen Rom zogen, hörte man in der Stille der
acht anf der Neuen Straße eine Stimme, die
vor der Ankunft der Gallier warnte, aber micht
beachtet wurde. Nach der Verbrennung Roms,
als man die Heiligtümer wiederheritellte, gedachte
man jener nicht beachteten Stimme und baute zur
Aitolos — Akamas.
Sühne dem Aius Locntius oder Loquens, dei
redenden Sprecher, einen Tempel. Varro |
Gell. 16, 17. Liv. 5, 32. 50. Cie. div. 1,45. 2, %
Aknademia, Araönusıa, Axadnula, ein Pla
am Kephiffos im NW. von Athen, anfangs dei
Heros Akademos (j. d.) geweiht, danı ein Gyn
najium Hipparchos hatte den Raum mit eim
Mauer umzogen und dazu beftimmt), mitten i
fieblihen Anlagen von Platanen- und Dlbaun
pflanzungen, die Kimon angelegt hatte. Paus.
29, 3 ff. Plut. Cim. 13. Hor. ep. 2, 2, 45. Do
befanden fi außer Spaziergängen und Anlage
für gummaftiiche Zwede ein Altar der Mujen m
Statuen von der Hand des Speufippos, Altä
des Zens Kataibates, des Eros, des Herafles, di
Prometheus, ein Heiligtum der Athene, ein Altı
des Zeus Morios und in deflen Schutze die 12 he
figen Olbäume (uoglaı) u. j. w. Hier lehr
Platon und nach ihm feine Schüler, die da
den Namen der Akademiker erhielten. In
Nähe der Alademie, doc anferhalb der Ur
fafijungsmauer, in einem von ihm jelbit angelegt
Garten, der mit einem für jeinen Gebrauch geba
ten Lehrgebäude verjehen war, befand fich auch di
Grab des Platon und ein alter Turm, den d
Milanthrop Timon bewohnt hatte. Paus. 1,30,
Selbit von Feinden geichont ward die Atademi
bis Sulla bei der Belagerung der Stadt d
Bäume zu Kriegsmaſchinen verarbeiten ließ (Plı
Sul. 12); doch machte eine jpätere Zeit das U
recht wieder gut. Das Landgut des Cicero b
Puteoli erhielt nach ihr den Namen (Plin. 31,2, 3
auch auf jeinem Tuſculanum hatte er eine Akadem
wahrſcheinlich eine Portifus. Cie. ad Att. 1, 9,
11, 8. tuse. 2, 2.
Akadömos, Arddnuog (auch Hekademos ıı
Echedemos), athenifcher Heros, Befiger der na
ihm benannten Afademie. Er jollte den Dioskur
verraten haben, daß ihre von Thejeus gerant
Schweiter Helena in Aphidnai gefangen gehalt
werde. Deshalb ehrten ihn die Diosfuren ho
und die Lakedaimonier verihonten jpäter bei ihr
Einfällen in Attifa immer jein Befigtum. Flı
Thes. 32.
Akämas, Arduag, 1) ein Aırführer der d
Trojanern zu Hülfe gezogenen Thrafer und So
des Eüfforos (Hom. Tl. 2, 844); berühntt weg
jeiner Tapferkeit und Schnelligteit (5, 462), v
Aias, dem Sohne des Telamon, getötet (6, 8).
2) Sohn des Antenor, einer der tapferften un
den Helden Trojas (2, 823). Als jein Brut
Archelochos von Aias getötet worden war, räd
er defien Tod, indem er den Promachos erich!
(14, 476). Später fiel er dur die Hand t
Meriones (16, 342). — 3) Sohn des Thejen
mit jeinem Bruder Demophon durch den Kykli
Arktinos in die trojanische Sage eingeführt.
ing mit Diomedes als Gejandter nach Troja, ı
Helena zurüdzufordern. Hierauf zogen die beit
Brüder mit Elephenor von Enboia, zu welch
fie Theſeus bei jeiner Flucht aus Athen gejaı
hatte, nad Troja (Plut. Thes. 35). Er war ı
im hölzernen Pferde (Verg. A. 2,262). Mit jein
Bruder trifft er nadı Troja Eroberung ihre Gri
mutter Withre (j. d.), welche die Helena nach Trı
begleitet hatte, umd führt fie mach Athen zuri
wo fie nadı des Meneftheus Tode wieder
Herrichaft erlangen. Er führte von Athen e
Akanthos — Akarnania.
klopen.
51
Kolonie nad) Kypros, wo er jtarb. — 4) j. Ky-|/ Name zu finden. Sie enden in den Vorgebirgen
Axtıov (j. d.) am Eingange des Ambrafijchen
Akanthos, "Axardog, 1) Kolonie der Andrier | Meerbujens und Agıdarn (j. Turkobilia). Die
anf der Halbinjel Ehalfidife am Strymonijchen | Ebenen, größtenteils durch Seen, unter denen der
Meerbuien, an den von Zerres gegrabenen Athos:
fanal. Hat. 7, 116. Thuc. 4, 84. Hier jcheiterte
unter Mardonios ein Zeil der perjiichen Flotte
(Hdt. 6, 44). %. Hierifos. — 2) Stadt in Mittel:
ägnpten, j. Dajchur, 120 Stadien jüdlich von Mem-
phis, mit einem Dfiristempel und Hain von Alan
thosbäumen. Diod. Sie. 1, 47. — 3) Stadt in
Athamania oder Moloſſis (Epeiros) in unbelann—
ter Yage.
Akanthos, axa»®og, rn, eine Pflanze, welche von
den Alten wicht bloß in ihrer natürlichen Erjchei:
nung jehr geichäßt wurde, jondern auch in der
Kunſt vielfache Anwendung und Nachahmung fand.
Es it die echte Bärenflau, welche im Süden wild
wächit, doch auch als Gartenpflanze gepflegt wird
(Verg. @. 4, 128) und als Einfaſſung der Beete
bejonders beliebt war. Eine Art blühte weiß, die
andere rötlich und gelb (daher croceus, Verg. A.
1, 649, rutilus, Calp. idyll. 4, 68); fie trägt auf
ihön gewundenen Stielen große, in Geftalt der
vorderen Bärentaße gezadte, dunfelglängende Blät-
ter. Die biegjame Gejchmeidigfeit (mollis, Verg.
E.3, 45, flexı vimen acanthi, @. 4, 123, dyoor,
Theover. 1, 56) machte fie bejonderd zur Nach—
ahmumg geeignet in der Stiderei auf Gewändern |
(Verg. A. 1, 649), im erbabenen Schnitwerfe an
Bechern und Kandelabern, aber auch in der Bau—
funft, wo zwei Reihen ihrer Blätter das Kapitäl
- forinthijchen Säule zieren, j. Columna, Bal.
"ir. 4, 1.
Akarnan, Anugrär, Sohn des Altmaion und
der Kallirrhod, der Tochter des Flufgottes Ache:
loos. Er und jein Bruder Amphoteros verloren
durch Ermordung ihren Vater im früher Jugend
(j. Alkmaion); Zeus ließ fie aber auf Bitten
der Mutter raſch heranwachjen, worauf fie die
Mörder des Baters töteten und darauf nad) Epeiros
auswanberten, von wo aus fie eine Herrichaft in
Alarnanien begründeten. Apollod. 3, 7, 6. Ov.
met. 9, 413,
Akarnänla, "Arnapvanric, die weitlichite Land—
ſchaft des eigentlichen Hellas, Graecia propria
(Liv. 33, 17. Hdt. 2, 10), nach den Kureten,
ihren Ureinwohnern, ehemals auch Kovenzig ge:
nannt, im ältefter Zeit aber (Hom. II. 2, 635.
Od. 24, 378) mit umter der allgemeinen Be-
nennung "Hzesıgos begriffen, grenzte im ©. und W.
an das Joniſche Meer, im R. an den Ambrakiſchen
Meerbujen und Epeiros, im D. an Witolien, wo
im Norden der Gebirgszug Thyamos, weiter ſüd—
lich der Acheloos als Hauptſcheide anzuſehen ift.
Die Größe betrug etwa 45 IMl., wobei jedoch die
Gebiete von Ambratia und Argos Amphilochikon
nicht mitgerechnet find. Zur Nömerzeit ward das
Land zu Epeiros geichlagen. — Af. iſt bedeutjamer
durch jeine hafenreihen Küften als durch jeine
innere Geftaltung. Indeſſen tritt der Charakter
einer Gebirgslandichaft neben der Gunft, die das
Meer bietet, bejtimmt genug hervor. Der Boden
ift durch Gebirge rauh. Aus Epeiros reicht im D.
der @vauos (Spartovuni) herüber. Thue. 3, 106.
Für die übrigen Gebirge, welche von NW. nad)
SD. ftreihen und ſich über das Meer nach den
Inſeln verzweigen, jcheint fich bei den Alten kein
bedeutendite Melden bei der Stadt Diniadai (Strab.
10, 459), [bewäjjert und daher treijliche Weiden
bietend, find nicht gar bedeutend. Die aus:
gebehntejte wird fchlechtweg die Afarnanijche (ro
Axapravınov nedior) genannt; bejonders aber
durch Fruchtbarkeit ausgezeicdynet war die durch
Schlammabjegung an der Mündung des Achelope
zu beiden Seiten desjelben gebildete Ebene Ilae-
erelwirig. Strab. 10, 458. Durch Verſchlam
mung und Berjandung rüdte die Küſte dort jchon
im Altertum merklich gegen die naheliegenden
Ehinadijchen Jnieln, deren mehrere dadurch mit
dem Feitlande verbunden wurden. Thue, 2, 102.
Hdt. 2, 10. Strab, 10, 458. Plin. 2, 85, 201.
Unter den Flüſſen ift der bedeutendfte der Ache—
loos (Mipropotamo), in jeinem unteren Laufe
ieher gehörig, und von deſſen Nebenjlüfien der
napos (Mltos). Thue. 2, 82. Die Küſte ift
mit zahlreichen Buchten, unter denen ro Mvg-
zovrrıor (Bai von Demata, jüdlich von Aktion),
und vielen Häfen ausgeftattet, ein Umſtand, der
die Korinther zur Anlegung mancher Kolonien ver-
anlaßte. Die Inſel Leukadia, ehemals als Halb-
injel mit dem Feſtlande verbunden, ward jpäter
durch einen von den Korinthern gegrabenen Kanal,
Jıöpvarog, davon getrennt. — Als miythiiche Be:
wohner werden Kovgijres, Tayıoı, Tnkzßocxı und
Atkeyes genannt. Eingewanderte Argeier unter
Altmaion, des Amphiaraos Sohne, jegten jid) an
der Südküſte, an der Mündung des Acheloos feſt
(Thue. 2, 102); da Alfmaion am troiſchen Kriege
feinen Zeil nahm, konnten jich die Alarnanen
dejien bor den Römern rühmen. Just. 28, 1.
Auch phoinikiicher Einfluß ſcheint ftattgefunden zu
haben. Bon Altmaions Sohn Alarnan jollen dann
die Bewohner genannt jein, während andere den
Namen im Gegenjap zu den Kureten auf Die
Sitte, die Haare lang wachſen zu lajjen, zurüd:
führten (& priv. und xeigo). Ju Wahrheit ift
wohl der Name mit xdoa, xeudvog u. j. iv. ver:
wandt und bezeichnet die Bewohner der Höhen,
der feljigen Küfte. Der Gejammame Axuprärsg
fommt bei Homer nidyt vor, wohl aber vor dem
peloponnefiichen Kriege (Hdt. 7, 221); außerdem
etwa 650 v. C. die dorthin geführten Koloniſten
aus Korinth. Die ausgedehnten Küjten boten nur
wenige fichere und bequeme Häfen, weil entweder
die ge unmittelbar an das Meer herantreten
oder die Verſumpfung der lagunenartigen Strand-
ebenen die Schiffe nicht unmittelbar an das Yand
beranfommen läßt. Auch der vorherrichend Friege-
riſche Charakter machte die Bewohner den Be-
ichäftigungen des Friedens weniger geneigt. Nur
die korinthiichen Kolonien machten eine Aus:
nahme. Auch in der Gejchichte haben die Afar-
nanen feine bedeutende Rolle geipielt. Nur zeit
weile waren fie durch eine gemeinjame Berfajjung,
zo n0oıwör tor Auaprivov, vereinigt mit einem
srg«enyög und einer BovAn an der Spike, Im
peloponnejiichen Kriege find fie auf jeiten Der
Athener, 391 nötigte fie Agefilaos ſich der Hege—
monie Spartas zu unterwerfen, nach der Schlacht
bei Leuktra folgten jie den Thebanern. Den
Witoliern leifteten fie hartnädigen Widerftand; den
4*
52 Akastos
Nömern x eg fie fi nach der Schlacht von
Kynosfephalai (197), und nun wurde ihr Land
mit der Provinz Epirns vereinigt. — ——
Städte beſaßen die Akarnanen nur wenige, bie
meiften waren Hauptorte forinthiicher Nieder-
laffungen: Araxrogıov am Meerbufen von Am:
brafia, “Axrıov, ’Eyivos, Zoluor, ae Asra-
xös Hafenftädte am Joniſchen Meere; af Olvıadaı
unweit der Acheloosmündung. Im Innern des
Landes: 7 Arockros, die feſteſte Stadt des Landes
(Thue. 2, 80. Liv. 43, 21), Porriaı, Medsor,
Mnroörolıs, ®vorov vder Bovpror, Hauptſtadt
des Landes a Beit der Rönter. Strab. 10, 450 ff.
460 ff. Bol. Burfian, Geographie von Griechen:
land I ©. 104 ff. Oberhummer, Alarnanien, Am:
brafia, Amphilochien, Leufas im Altertum (1887).
Akastos, Axaoros, Sohn des Peliad, Königs
von Kolfos, nahm an der kalydoniſchen Eberjagd
(Or. met. 8, 306) und dem rn de 1.
Rhod. 1, 224) teil. Als Pelias von der Hanb
feiner eigenen, durch Mebeia verführten Töchter
den Tod erlitten hatte, bejtattete Akaſtos den Leich—
nam und ftellte große Spiele an, an welchen auch
Peleus teilnahm. Dabei verliebte ſich Aſtydameia,
die Gemahlin des Afaftos (bei Hor. od. 3, 7, 17 ff.
Hippolyte, nnd — agnessa, ans Magnefia in
Thefjalten, zur Untericheidung von der Amazonen—
fönigin), in ihn, fand aber fein Gehör bei ihm | jich
und verleumdete ihn deshalb als einen Verführer
zum Treubruch (Pind. nem. 4, 54. 5, 26) bei
Alaſtos. Diejer juchte ſich jeiner dadurd) zu ent-
ledigen, daß er ihn auf einer Jagd auf dem
Berge Pelion, als er ermüdet eingeichlafen war,
unter den Kentauren liegen ließ, nachdem er ihm
jein Schwert geraubt hatte. Die Götter aber ſchickten
ihm den Hephaiſtos zu Hilfe, der ihn mit einem
Schwerte — womit er ſich der auf ihn ein—
dringenden Kentauren erwehren konnte. Er kehrte
nach Theſſalien zurück, überzog Afaftos mit Krieg
und eroberte Jolkos. Nach andern wurde Peleus
bon Hermes oder vom Kentauren Cheiron gerettet
und tötete darauf den Akaſtos nebjt der Aftydameia.
Axeooexöung ſ. Apollon, 4.
Akesines, Axsolvns, 1) wahrſcheinlich derjelbe
Fluß wie der Alis auf der Oſtküſte von Sicilien,
j. viell. Fiumo di Alcantara. Thuc. 4, 25. — 2) Fluß
des indischen Tieflandes Pendbihab, altindiſch Aſikni,
j. Tichenab oder Dielam, mit Strudeln und Felſen,
nimmt den Hydaſpes anf (Arr. 6, 4, #), den
Hydraotes (daf. 6, 13, 1), den Hyphaſis (dai. 6,
14, 5) und ergieht fi im den Indos (daj. 6,
1, 2). Diod. Sie. 2, 27 nemmt ihm wohl iertüms
lich Ansoivog. Seine Breite betrug nad) Arr.
Ind. 3 30 Stadien.
Akestes, "Ardorns, Alysoros, Acestes, nahm
in’ Sieilien den Aineias gaftfreumdlich auf und
beftattete den Anchiſes auf dem . Nach einer
alten Sage war feine Mutter, die Troerin Egefta
oder Scegefta, um dem bon Neptum gejandten See:
ungeheuer nicht ey zu werden, von ihrem
Bater Hippotes nach Sieilien gejandt worden, wo
fie den Flußgott Krimifos heiratete und diejen
———— der die — Namen benannte
Stadt Egefta gründete (Verg. A. 1, 550. 5, 35.
711 ff. dv. met. 14, 83 f.). Nach Dion. Hal.
1, 52 war des Alyssrog Mutter eine von Laomedon
nach Sieilien verkaufte Troerin, jeim Vater ein
Troer, der diejer nad) Sieilien gefolgt war. Wäh—
— Akra.
rend des trojamischen Krieges kehrt Aigeftos naı
Troja zurüd und nimmt teil am Krieg. Na
der Berförung Troja geht er wieder nad) Sicilic
urüd, wo ihn Aineias trifft und ihm die Sta!
igefta erbaut. Er heißt auch Segeftes ſ. Segesta
Akis, Axis, 1) Fluß auf Sicilien, an den nör
lichen Abhängen des Ätna entipringend und c
der Oftfüfte mündend (Tiheoer. 1, 69. Or. fast.
468. Sil. 14, 221), wegen der Kälte jeines Waſſe
berühmt; nach einigen der heutige F. Freddo zw
{en Taormina und Catania (nadı Parthey di
leantaraflüßchen ebendort). Die Sage von Ati
der vor Polyphem fliehend von der Galatea
einen Fluß verwandelt wird, j. Or. met. 13, 749
) alter Name ber Kyfladeninjel Siphno
Plin. 4, 66.
Akoites, Acoetes, 1) ein griechiicder Steut
manıt, bon dem in den Sagen des Dionyſos
ählt wird, daß er, als jeine Gefährten einft a
hios ans Land gingen und von da einen jchön
trunfenen Knaben aufs Schiff brachten, fich wid«
ſetzte, indem er den Knaben (dem Dionyjos) f
einen Gott hielt. Als der Knabe erwachte, vı
langte er, daß die Schiffer ihn nach Naxos, jein
Heimat, bringen jollten (Ov. met. 3, 682 - 631
das veriprachen fie zwar, hielten es aber nic
Plöglich umranft Ephen das Schiff, der Gott zei
ich, das Haupt mit Weinlaub umfränzt, Tie
und Banther liegen um ihn ber, die erjchredi
Schiffer fpringen, von Wahnſinn ergriffen, i
Meer und werden in Delphine verwandelt (dai.
630 — 691). Afoites allein wurde gerettet u
diente fortan dem Dionyſos ald Briefter in jeim
Tempel auf Naxos. So erzählt bei Ovid Dionyi
jelbft unter der Maste des Afoites dem Benthe:
Die Quelle diefer Fabel ift Hom. hymn. 7.
Dion. — 2) Evanders Waffenträger, jpäter Nam
noffe und Gefährte des Pallas, des Sohn
anders. Verg. A. 11, 30. 85.
Akontios, ‘Axövriog, ein wohlhabender Jun
ling von der Inſel Keos. Obgleich nicht von hoh
Stande, verliebte er fid) auf Delos, wohin er x
Feſte gereift war, in die Tochter eines vornehn
Atheners, Kydippe. Als fie einft in dem Tem
der Göttin ſaß, warf Ak., —— daß jeder
Tempel der Artemis geſprochene Schwur gehal
werden müſſe, einen Apfel vor ſie hin, auf i
er folgende Worte geichrieben hatte: Ich ſchw
bei dem Heiligtum der Artemis, mich dem Atont
zu vermählen. Kydippe las dieje Worte laut, w
aber dann den Apfel weg. Af. kehrte nun he
von heftigem Gram erfüllt. Als aber Kydip
Bater fie verheiraten wollte, wurde fie vor
—* krank; dies wiederholte fich dreimal. ©
ater befragte das Orakel zu Delphi um die
ſache diejer Ericheinung und erhielt zur Antıwı
daß es die Strafe der Göttin jei, welche die ı
Kydippe geiprochenen Worte gehört habe. Da
ttete der Vater, nachdem Kydippe fich beri
r Mutter entdedt hatte, die Heirat der Tod
mit At. Or. her. 20. 21. trist. 3, 10, 73. {
Quclle der hlung ift ein verloren gegange
Gedicht des Kallimachos (Kvdizn); derſelbe Geg
ftand fommt aber auch unter andern Namen ı
Anton. Lib.1. Bgl. Buttmann, Mythol. IE. 11:
Dilthey, de Callimachi Cydippa (1863).
Akra, Axote. Unter den vielen, nad if
Lage genannten Städten und Vorgebirgen jind
Akragas —
merten: 1) Ara Leufe in Hiſpania Tarraconenfis,
von Hamilfar Barfas gegründet. Diod. Sie. 25, 14.
— 2) Stadt am Kimmeriichen Boiporos. Strab.
11, 494. — 3) Hügel in Jerujalem, auf dem
Antiochos Epiphanes eine Burg erbaute (j. Hie-
rosolyma).
Akrägas j. Agrigentum.
Akrai, "Axgaı, 1) Stadt in Witolien, wahr:
ſcheinl. auf einer der Vorhöhen des Aralynthos
gelegen. Pol. 5, 13. — 2) Stadt auf Sicilien
anı 5 Anapos, Kolonie von Syrakus, 663 v. E.
erbaut, j. Acremoute bei Palazzolo. Thuc. 6, 5.
Diod. Sie. 23, 4.
Akraiphia, 4xecaıpia, od. Akraiphion, Anocei-
gıor, Stadt an der Nordoftjeite des Kopaisiees in
Boiotien, unterhalb des Ptoon gelegen; j. Karditza.
Paus. 9, 23, 5.
Akrisios, Anglsıos, aus dem Geichlechte des
Danaos, ©. des Abas und der Aglain (Dfaleia),
der Tochter des Königs Mantineus von Argos. Sei:
nen ſtets mit ihm verfeindeten Zwillingäbruder
Broitos vertrieb er, wurde aber nachher von defien
Schwiegervater Jobates, König von Lydien, ge
zwungen das Reich mit ihm zu teilen. Afrijios er-
bielt 34 Proitos Tiryns. Dem Alriſios war ein
Drafel geworden, ſeine Tochter Danad würde einen
Sohn gebären, der ihu töten würde; daher lieh er
fie in einem Zurme oder unterirdiichen Gemache
bewachen. Als aber Zeus fi in Geſtalt eines
goldenen Megens zu ihr herniedergelafien hatte,
ebar fie den Berjeus. Alrifios lieh Mutter und
Find in einen Kaſten fteden und ins Meer werfen;
beide wurden aber von Diltys an der Aniel
Seriphos ans Land gegogen und gerettet. Perſeus
fehrte jpäter mit jeiner Mutter nach Argos zurüd
und fuchte den Afrifios auf, der, die Erfüllung
des Drakels rg entflohen war und fich zu
Lariſſa in Theſſalien aufhielt. Bei einem Kampf:
ipiel tötete er ihn unvorfichtigerweile mit dem
Diifos. Apollod. 2, 2, 1. 4, 1. 4. Etwas anders
Hygin. fab. 63.
Akritas, Anolrag, 1) der ſüdlichſte Bergaug
Mefieniens, im engern Sinne das feinen fübli
Bunkt bildende Vorgebirge, j. Kap Gallo. Strab.
8, 369.
in Bithynien am nördlichen Ende des Aitafenijchen
Meerbuiens (B. von Jsmid) noch jest Alrita.
‚ @, acroäma, ein Vortrag zur Unter:
haltung und Beluftigung, bejonders bei der Tafel,
beftehend in Dellamation, Gejang, muſilaliſcher
Aufführung, aljo Ohrenihmaus, bisweilen mit
deoonue, Augenweide, verbunden (Xen. symp.
2,2. Hier. 1, 14). Daun aber wird der ⸗
druck häufig bei den Griechen und immer bei den
Römern auf die Urheber dieſer Beluſtigungen über—
tragen, aljo die Borlejer (Anagnoſten), Necitatoren,
symphoniaci, Zänzer, Mimen, Geiltänzer und
Gaufler, Poſſenreißer und Luftigmacher, scurrae
und moriones. Plut. Galb. 16. Pol. 16, 21, 12.
Cie. Sest. 54. Verr. 4, 49. Nep. Alt. 14.
Plin. ep. ®, 17.
Akrokeraunia, za Angoxsgaurıe, das weit-
Paus. 4, 34, 12. — 2) ein Borgebirge |
Aktaion. 53
en ſich zwiichen Epeiros und Allyrien bin.
ie dortige Küſte ift den Schiffenden gefährlich.
Hor. od. 1, 3, 20. ©. aud Keraunia.
Akrotätos, 4xgüraros, 1) Sohn des K. Kleo—
menes 1]. von Sparta, widerjeßte ſich zum all:
emeinen Unmwillen dem Beichlufje, dab die in der
lacht bei Megalopolis (330 v. E.) geflohenen
Spartaner von allen Strafen, auch von der Atimie,
befreit jein ſollten. Als daher die Agrigentiner
egen Agathokles von Syrakus einen Anführer von
rta ſich erbaten, übernahm er willig dieſen
Poften, mußte aber wegen Gewaltthätigleiten und
Verbrechen in die Heimat flüchten, wo er bald
nachher ftarb. Paus. 3, 6, 2. Plut. Agis 3. Diod.
Ste. 19, 70. — 2) jein gleihnamiger Entel, _
265 dv. E. jeinem Bater, Areus L, in der e
rung, fand aber bald (über die Zeit j. Droyien,
Geichichte des Hellenismus II, 2 S. 326) feinen
Tod gegen Ariftodemos, den nnen bon Mega:
lopolis. Paus. 3,6. Plut. Pyrrh. 26. Plut. Agis3.
Aktaion, ‘Axraior, 1) Sohn des Ariftaios und
der Autonod, einer Tochter des Kadmos, ein be:
rühmter theban. Held und von Cheiron gebildeter
Jäger, der auf der Jagd im Gebirge Kithairon
von Artemis in einen Hirſch verwandelt und von
jeinen 50 Hunden zerriffen wurde. Artemis zürnte
Yz er
- un
er
ro
a
es
liche Vorgebirge der Kerauniichen Berge am Adriati- | ihm, weil er fie im Babe ben, oder weil er
ichen Meere, wegen jeiner
jest Kap. Gloſſa, von den
genannt.
(j. im allgemeinen Khimara geheifen), nad
enähnlichen Geftalt | jich gerühmt hatte, fie als Jäger zu übertreffen.
0 en Italienern K. Linguetta | Als die Hunde ihren Herrn zerriffen hatten und
Die Ceraunii montes, r« Kspavrıa | ihn num heulend juchten, famen fie zur Höhle des
heiron, der fie durch ein Bild des Altaion be:
ven \l
den häufig fi) dort jammelnden Gewittern genannt, | jchwichtigte. Apollsd. 3, 4, 4. Ov. met. 3, 181 ff.
54
Man zeigte noch jpäter zwiſchen Megara und
Plataiai den Aftaionsfelien, von wo aus er die
Göttin geiehen, und die Aftaionsquelle, in der fie
gebadet. Paus. 9, 2, 3. Altaion war das Bild
des durch die Hitze der Hundstage zerftörten Erden-
lebens. Seine auf Bergen und Felſen aufgeftellten
Bilder dienten dazu, die verderblichen Folgen der
Hundstage abzuwenden. Ein foldies Bild bei
Orchomenos in Boiotien jah noch Pauſanias (9,
38, 4). — Die beigefügte Darftellung des im der
Verwandlung begriffenen und von feinen Hunden
angegriffenen Aktaion ift die Abbildung einer Hlei-
nen marmornen Statue im Britifchen eum. —
2) ein korinthiicher Knabe, ©. des Melifjos, der
durch die Verfolgung des ihn Liebenden Ardias
(ſ. d, 1.) umlam, eine eigentümliche Verfion des
— Mythus. Plut. narr. am. 2.
Akte, Auri, 1) alter Name Attikas. — 2) Dit:
küſte des Peloponnes zwijchen Troizen und Epi-
daurod. — 3) Küftenland von Magnefia in Thefja-
lien. — 4) Halbinjel beim Berge Athos zwiſchen
dem Singitiichen und Strymoniſchen Meerbujen.
Thuc. 4, 109. — 5) Kain d., Hdt. 6, 22, an der
Nordküſte Siciliens. — 6) j. Actium.
Aktion j. Actium.
Aktorionen j. Molionen.
Akusiläos j. Aoyoyedgoı.
Ala. Die Truppen, welche anfangs von den
Bundesgenofien geftellt, jpäter nach dem Aufhören
derjelben als auxiliares in den Provinzen aus:
gehoben wurden, zerfielen in 2 Hälften, deren
jede auf einem der beiden Flügel ftand. Deshalb
— ſie, Fußvolk ſowohl als auch Reiterei,
alurii,
(legionarii), oder alae. Verſchieden davon ſind
die alae, Hülfsreiterei, welche in der Kaiſerzeit
u feiner beftimmten Legion gehörten, jondern
Felbftändige Truppengattungen bildeten und nad
den Völkerſchaften, von denen jie geftellt waren,
benannt wurden; 5. B. ala Batavorum, Gallo-
rum, Caninefates, doch auch ala singularium
(Tae. hist. 4, 70). Dieje alae, gewöhnlich aus
500, doch auch 1000, Neitern a zerfielen
in turmae umd decuriae. Sie ftanden unter
eigenen einheimifchen Führern (vgl. Caes. b. gq.
1, 18), wogegen die equites auxiliarii römische
are — S. Equitatus, 3. 4.
abanda, r« und 7 Alaßavda, bedeutende
Stadt in Karien (Hdt. 7, 195; nad) 8, 136 in
Phrygien), nicht fern vom Maiandros und Mar:
ſyas, durch Handel und Kunſtfleiß, aber auch durch
üppige Sitten befannt, Geburtsort der beiden Rhe—
toren Apollonios (ſ. Apollonios, 4. und 5.);
unter den Römern Gerichtöftadt. Cic. n. d. 3, 15.
19. ad fam. 13, 56. Liv. 38, 18. 38, 13.
Alalkom&nai, AlaArouevei, 1) Stadt in Boio-
tien zwijchen dem Berge Tilphöfion und dem Ko—
paisjee, mit einem alten Athenetempel; die Sage,
daß die Göttin (daher Alalrnousrnis genannt) hier
— ſei, ſchützte die Stadt vor Zerſtörung.
Tom. TI, 4, 3. Strab. 9, 418. Paus. 9, 33. —
2) Stadt auf Jthafa, nach Strabon (10, 457) auf
der Inſel Aiteria bei Ithaka.
Aläni, Alavoi, 'Alavroi, ein jarmatisches Bolt,
vielleiht = den Albaniern (j. Albania), zuerft
am Kaukaſus wohnhaft, dann in die Ebenen Ruf:
lands eindringend, aber auch durch die Kajpiichen
Pforten, zur Zeit Beipafians, in Medien und
Akte —
im Gegenjag zu den Xegionsjoldaten | brad)
Aldorcoo.
Armenien einfallend. Später ſchlugen fie im
Jahrh. n. C. bei Philippi in Makedonien den Kai
Gordian, wurden von den Hunnen verdrängt und t
mwüfteten mit den Sueben und Bandalen Ball
und Hifpanien, wo fie, von den Goten und Fr
fen geichlagen, als jelbftändiges Volk verſchwind
Alaricus, Aldgıroc, König der Weftgoten, 1
um das Jahr 376 n. E. auf römiſches Gebiet ı
feinen Stammgenofjen über und beteiligte fich
allen Kämpfen der Goten mit den Römern,
ſonders im 3. 379 gegen Theodojius den Grof
Bedeutung gewinnt er mit dem J. 394. Als‘
ne einer germaniſchen Schar war er zuge
ei der Irre arg am Fluſſe Friai!
gegen Eugenius. Zosim. 5,5. Wach dem T
des Theodofins (395) ſandte Stilicho, der X
mund und Minifter des Honorius, den Ala
nad dem Dften zurüc, welcher, zerfallen mit t
Minifter des Dftens, Nufinus, der ihm höl
militärische Würden verweigerte, fortan ala Fe
der Römer auftrat. In demjelben Jahr belaq
er den Rufinus in Konftantinopel, von jei
Landsleuten als gemeinjamer Führer anertaı
Dann durchzog er mit feinen Goten Mafebor
und Möſien, verheerte das weitliche Illyrieum
zog dann am Mdriatijchen Meer hinab nach N
polis und fiel in Theflalien ein, wo ihn Etil
ereilte und einſchloß. Da aber der Kaiſer Arcat
diejen nötigte, nach Italien zurüdzulehren, dr
Alarich in Griechenland ein und verheerte
Claudian. in Rufin. 2, 180 ff. de laude Stil
1, 170 ff. Dem in Griechenland landenden Etil
entfam Alarich glüdlich. Zosim. 5, 7. Im J.
er in Oberitalien ein und gelangte
Ligurien; da trat ihm Stiliho wiederum ı
gegen und zwang ihn durch die Siege bei Polleı
und Verona (403) nad Jllyricum zurüdzugel
Claudian. b. Get. 559 ff. Stilidyo dachte daı
fi” der Unterſtützung Alarichs gegen das by;
tiniſche Neich zu bedienen, aber der Plan mı
durd; Stilichos Ermordung vereitelt. Im J.
fam WU. abermals nach Trntien und verlief;
nicht wieder. Zweimal lag er vor Rom, ermaı
den Attalus zum Gegenfaifer und eroberte,
diejer Alarichs Forderungen ablehnte, am 24. Au
410 die Hauptjtadt der Welt, welche er milde
handelte. Zosim. 6, 12. Oros. 7, 39f. Nadıi
er drei Tage in Rom verweilt, zog er nad) Un
italien, wo er plöglich ftarb und bei Coſe
(Eonjentia) im Fluſſe Barentinus in Calabı
begraben wurde. Weinend beftatteten die Sei
den Helden, der im fräftigiten Mannesalter dal
gerafft war. Die ganze Sage beweift, mie I
die Verehrung der Goten für ihren König t
wie groß jeine Bedeutung für fie. Das von
erftrebte Ziel hat er nicht erreicht. Claudı
b. Get. 498. Bol. Rallmann, Geſch. der Völ
wanderung I ©. 202—317.
Alarüü j. Ala.
AAa@OTWR, „der Rachegeift”, eine in dem Vo
glauben entjtandene und von den Tragifern we
ausgebildete Vorftellung. Bei Aifchylos tritt
A. auf als ein dadum» yErvag, ald ein in ei
Geſchlechte fortwirkender Rachegeift, ſo daß, wi
dem Hauſe der Mriden, von einer Urichuld ı
ganze Kette von Freveln ausgeht, daß ber
einen Frevel rächend, jeinerjeits wieder einen ne
Frevel hervorruft, der in gleicher Weije wir
Alba — Alea.
Rache und Frevel bringt. Aesch. Ag. 1497— 1608.
Auch bei Sophofles und Euripides ift der U. ein
den Frevel verfolgender Rachegeift, ohne jedoch
als ein datum» yervaug gedacht zu jein.
0. C. 785. Trach. 1215. ‚Eur. Orest. 1556. Bei
Euripides ift die Bedeutung des Wortes noch dahin
erweitert, dab A. auch bloß ein böfer, zur Sünde
verführender Geift ift, der nicht zugleich als Rächer
gedacht wird (Eleetr. 978), jowie ein allgemeiner
Geift des Unheil und Verderbens (Iph. Aul. 952).
— Eine zweite Hauptbedeutung ift Die eines rud)-
lojen Frevlers, eines unheilbringenden Menjchen
(Aesch. Eum. 227. Soph. Ai. 364). Auch ift U.
Beiname der Erinyen und des Zeus als rächender
und ftrafender Götter.
Alba. Unter den vielen Städten diejes Namens
find bemerkeuswert: 1) Alba Fucentia, am Laeus
Fucinus im Lande der Marjer auf hohem Felſen
elegen (j. Ruinen Albe). Später ald römijche
'olonie diente der Ort jeiner feften Lage wegen
zum Staatsgefängnis, 5. B. für den König Perjeus
von Makedonien. Strab. 5, 240. Caes, b. c. 1,
15. 24. Liv. 45, 42. Vell. Pat. 1, 11. Die Be-
wohner heißen Albenses, zum Unterſchiede von
Albani, den Bewohnern von 2) Alba Yonga,
zwijchen Albanus mons und lacus bei dem jetzigen
Kloſter Palazzola. Der Sage nad) hatte Aſcanius
die Stadt gegründet, von der aus wieder Rom
angelegt war. Infolge eines von dem albanijchen
Diktator Mettus Fuffetius an den Römern ver-
übten Verrats ward jie von leßteren zeritört, die
Bewohner auf den Mons Eälius verpflangt. Liv.
1,3. 30ff. Die ganze — war umd ift treff:
lich angebaut. ©. au Albanum.,
Albania, Aßaviae, Landichaft in Aſien, be-
grenzt im N. vom Kaulaſus (Keraunifche Gebirge),
im D. vom SKajpifchen Meere, im ©. von den
Flüſſen Kyros und Arares, im W. von der Land—
ſchaft Jberia, das heutige Schirwan oder Daghiitan ;
reich an Getreide, Wein und Viehweiden, bewohnt
von einem jagd- und friegsiuftigen Volle. Strab.
11, 501. Arr. 3, 8, 11. 13. Gegen Bompejus jtell-
ten die Albaner im pontijchen Kriege Reiter und
wurden von ihm zur Anerkennung der römijchen
Oberhoheit gezwungen. Plut. Pomp. 34. Man
hält fie für die nachmaligen Alanen. Amm. Marc.
81, 2. 28, 5.
Albänum. Unter diejem Namen beſaßen viele
Römer am Fuße des Berges, auf dem einjt Alba
Zonga lag, Landhänier, 3. B. Pompejus (Cie. Mil.
20. ad Att. 7, 5, 3), Brutus (Cie. de or. 2, 55),
Nero, Domitian (Tac. Agr. 46. Suet. Dom. 4)
n. a.; aus ihnen entjtand die Mumicipalftabt Al:
banum, deren Überrefte fich beim heutigen Albano
an der Appiichen Straße finden.
Albänus lacus, j. Zago d'Albano bei der Stadt
Caſtell Gandolfo, Sce mit dem jchon zu Camillus’
Zeit während der Belagerung von Bejt angelegten,
noch vorhandenen Emifjarius. In der Nähe liegt
ein Meinerer See, wie der Albanus von jchönen
Baldungen umgeben, lacus Nemorensis oder spe-
culum Dianae (j. 2. di Nemi), mit dem Hain und
Heiligtum der Diana. Strab, 5,240. Liv. 5, 15.19.
us mons, j. Monte cavo oder Wlbano,
ein Berg in Latium, jüdöftlih von Rom, an defien
weftlichem Abhange das alte Alba Longa lag; auf
der höchiten Spige ftand der Tempel des Jupiter
Latiaris, bei dem das Bundesfeſt der Yatiner, die
. ihn hier.
55
ferıae Latinae, gefeiert wurde. Liv. 1, 3. 5, 17
u. ö. Römiſche Feldherren, denen ein volljtändiger
Triumphzug zum Capitol verjagt war, feierten
Liv. 33, 23. 42, 21.
Albinovänus j. Pedo,
Albinus, D. Clodius Septimius AIb., geb.
in Hadrumetum, unter Marc Aurel bereits cons.
suffectus, zu derjelben Zeit, wo die pannoniichen
Legionen ſich für Septimins Severus, die ſyriſchen
für Peſcennius Niger erflärten, von jeinen Truppen
in Britannien als Imperator ausgerufen und von
Severus zum Cäjar (198) ernannt, ſetzte ſich, als
jener ihm nach Beendigung des Kriegs im Orient
dieje Ehre wieder entzog, in den Befig von Gallien
und nannte fich Auguftus, Er fam in der Schlacht
bei —— am 19. Februar 197 n. C. um.
itol. Albinus. Spartian. Sever. 11.
Albintimilium, richtiger Albium Intemelium,
Alßıov 'Ivrsuslıor, Municipium in Ligurien, im
3. 69 n. €. von der Flotte Othos geplündert,
wobei Wgricolas (j. d.) Mutter ums Leben fam;
j. Vintimiglia. Strab. 4, 202. Tac. Agr. 7.
hist. 2, 18.
Albis, "AAßıs, AAßıog (althd. Elf für Fluß, nad)
andern aus dem Geltiichen — Bergitrom), j. Elbe,
der öſtlichſte Fluß in Germanien, der erjt nadı
Eäjar zur Kunde der Römer kam; da fie aber mur
den nördi. Lauf bis zur Mündung auf ihren Zügen
unter Drujus (9 v. E.) und Tiberius (5 n. E.)
tennen lernten, jo haben Tacitus und Strabon
unrichtige Anfichten davon. Tacitus (Germ. 41)
verwechjelt fie mit der Eger oder der thüringiſchen
Saale und läßt fie daher im Gebiete der Ser:
munduren, Caſſius Dio (55, 1) dagegen richtig
auf den Bandaliichen Bergen (Riejengebirge) ent:
jpringen. Tacitus (a. a. D.) jagt von ihr: fumen
inelitum et notum olim, nunc tantum auditur,
Album heißt eine weiße, mit Gips getündhte
Tafel, welde den Zweck hatte, bejchrieben und
öffentlich aufgeftellt zu werden. Die Hauptanwen-
dungen jind folgende: 1) album pontifieis, auf
welchem die annales maximi geichrieben waren
(j. Annales); 2) alb. praetoris für das präto-
rijche Edikt (j. Edietum); 3) alb. senatorium,
das Senatorenverzeichnis; 4) alb. indicum, die
Geihwornenlifte ii Iudex). Album wurden aud)
andere Namentliften genannt, z. B. der Getreide:
empfänger, der Projfribierten u. a., und jeder
öffentliche Anschlag überhaupt, z. B. Ankündigung
einer Auktion.
Albünea und Albüna (Hor. od. 1, 7, 12.
Tibull. 2, 5, 69), eine weisjagende Nymphe oder
Sibylle, die ihren Wohnfis in dunfeln Grotten-
gewölben in einem Haine bei Tibur an dem in
Ihäumenden Windungen mit donnerähnlichem Ge-
töje herabftürzenden Anio hatte; im der Nähe
waren jchwefelhaltige Quellen (Albulae aquae,
frühzeitig von Kranken ald Bad und Brunnen be:
nußt) nebſt einem See voll giftiger ar da
(Verg. A. 7, 82), wie aud) das Orakel des Faunus
Fatidieus. Die Römer überjegten ihren Namen
in den griechijchen Leucothea, die ihrerjeit$ wieder
mit der Mater matuta identifiziert ward.
Alöa, n Alta (Plin. 4, 6. Paus. 8, 23, 1.
27, 3), Stadt an der Oftgrenze Arkadiens jüdlich
von Stymphalos in einem engen tiefen Thale bei
dem j. Dorfe Bugiati, wo ſich noch Ruinen finden.
Zu Raujanias’ Zeit wurde fie zu Argolis gerechnet.
56 Alea — Alexander,
Beſonders verehrt wurde als eigentliche Stadt:
göttin hier und in Tegea Athene Alena, der zu
Ehren Spiele AAzaı gefeiert wurden. Hdt. 1, 66.
9, 70. Strab. 8, 388.
Alea j. Spiele, 7.
Alee oder hälec, halex (viell. von &Ar), nad
erfönmlicher Auffafjung eine Art Brühe oder
!afe, die in verjchiedenen, beſſeren und geringeren,
Sorten aus den inneren Teilen Heiner che
bereitet wurde (Plin. 31, 8). Dagegen verfteht
W. E. Weber (zu Hor. sat. ©. 386) vielmehr die ge:
dörrten fleifchigen Überrefte jener Fiſche darunter,
unter garım (j. d.) aber die eigentliche Häringslate.
Alekto j. krinyen.
"Aksirxens heißt derjenige, welcher die Athleten
vor dem Kampfe mit Ol einreibt (wAeipo), um
den Schweiß während des Kampfes zu hintertreiben,
nicht bloß um die Glieder geichmeidiger zu machen;
auch in den Gymnaſien der Rin meife jelbft, der
die Ringenden jalben läßt und die Übungen leitet.
Die aliptae bei den Römern find die Diener,
welche die Badenden frottierten und jalbten (j.
Alipilus).
öfus campus, AAniov medior, die getreide-
reiche Ebene in Kilikien zwiſchen den Flüffen Pyra—
mos u. Saros. Hdt. 6,95. Arr.2,5,8. Strab. 14,
676. Val. Hom. Il. 6, 201, wo es ein wüftes Feld ift.
Alsxrovoromr ayoves. Hahnentämpfe, die
bei den Griechen, namentlich bei den Athenern,
jehr beliebt waren, bei denen joger von Staats:
wegen jeit den Berjerkriegen jährlich ein Bahnen:
fampf im Theater gehalten wurde. Die Ber:
anlafjung erzählt Alian (var. hist. 2, 28): Themi-
ftofles ‘habe, als er ein Paar lämpfende Hähne
erblidt, die Gelegenheit ergriffen, das Heer zur
Tapferkeit anzufeuern. Sense kämpften jchon um
den bloßen Sieg jo tapfer: wie viel tapferer
müßten fie ftreiten, die fürs Vaterland und - die
Ihrigen zu Felde zögen. Für die fampfluftigften
Hähne galten die von Tanagra, Chalfis und
Rhodos. Auch Wachtellämpfe waren jehr beliebt,
bis zur Leidenſchaft (ögrvyouaria). E3 gab eigene
oeruyohnjoxı und öprvyorgöpor. Auch ein Spiel
mit Wachteln, die öervyoroxla«, fommt vor.
Alemanni, griech. Alauevod, ein zwiichen der
Donau, dem Main und Oberrhein mwohnender
Völkerbund, der erſt im 3. Jahrh. n. E. befannt
wurde, und zu dem neben Ufipetern, Tencterern u. a.
namentlich auch die Sueben gehörten. Bielleicht
waren fie UÜberbleibjel von dem großen Heere
Nriovifts; tapfer und ftreitbar, den Römern be:
jonders furchtbar durch ihre NReiterei. Im Frieden
waren fie in Gaue geteilt unter befonderen Königen,
von denen Ammian zehn nennt (16, 12, 1. 18, 2.
20, 3. 21, 3), im Sriege folgten fie einem ge:
meinfamen führer. Caracalla legte wegen eines
bei dem erjten Zufammentreffen Römer mit
ihnen (213 n. €.) vermeintlich gewonnenen Sieges
fi den Namen Alemannieus bei. Sie fielen aber
(234) in das fogen. Zehentland der Römer (agri
decumates, j. d.), wogegen dieje mit wechjeln:
dem Glücke kämpften, ja unter Aurelian (270)
jogar in Italien ein, woraus fie jedoch zurüd:
geichlagen wurden.
Aleria (Diod. Sie. 5, 13: Kalagız), Stadt auf
der Diftjeite der Inſel Eorfica an der Mündung
des Rhotanus (j. Tavignano) gelegen. Die Pho:
faier hatten diejelbe gegründet unter dem Namen
Akelln, etwa 564 v. E., und bejegten fie 20 Jahr
ipäter, als fie von den Perjern aus ihrer Heima
vertrieben wurden, aufs neue, verließen fie abe
nach 5 Jahren wieder, um Elea oder Snele i'
Unteritalien zu folonifieren. Udt. 1,165. Im erſte
puniſchen Kriege von 2. Cornelius Seipio, deſſe
Grabichrift der That gedenft, zeritört (259), blüht
fie allmählidy wieder auf, bejonders durd ihre Er
hebung zur römischen Kolonie unter Sulla. Plür
3, 6, 12. Flor. 2, 2.
Alesia, Alssi«, feite, hochgelegene Stadt di
Mandubier in Gallia Lugdunensis, der Sage naı
von SHerafles gebaut (Prod. Sie. 4, 19), an de
Flüffen Satala und Dfera. Hier entichied fir
der Kampf zwiichen Cäſar und VBercingetorir dur
die berühmte Belagerung. Caes. b. g. 7, 68. D
Frage über die Lage des Ortes iſt bejonders do
den Franzoſen in —— Streitſchriften e
örtert; die meiſten identifizieren ihn mit Aliſe St
Reine an dem Berge Auxois bei Flavigny, weſi
von Dijon.
Alötes, Aijrne, 1) Sohn des Ikarios und d
Beriboia, Bruder der Penelope. Apollod. 3,10,
— 2) ©. des Nigifthos, der fich der Herrichaft ve
Mykene bemächtigte, aber von Oreftes getötet wurd
— 3) ein bejahrter Gefährte des Aineias. Ver
A. 1, 121. 9, 246. — 4) ©. des Hippotas, d
als führer der Dorier Korinth eroberte und d
Serrichaft der Siſyphiden ein Ende machte (Jau
2,4, 3), geboren zu einer Zeit, wo fein Bater weg
eines Mordes umherichweifen mußte.
Aleuaden. Alsvadar, Aleuädae, ein bis zu
Untergange der helleniichen Freiheit blühend
ariftofrat. Herrichergeichlehht (Osaonilne Bauıkrı
Hdt.7, 6) in Lariſſa, ftammend von einem Her
Hiden Aleuas, der dieje Herrichaft uiurpierte u
raufam handhabte, bis er von feinen eigen
—— ermordet ward. Pind. pyth. 10,5. Gv. 1
323. Sie waren mehr Bundeshäupter (rayor) c
Könige, deren Gewalt erblich war. Beim Einf
des Terxes ſchloſſen fie fich gegen den Wunich d
Volkes den Perſern an, teils aus Sucht nach Rei,
tum, teild um fremden Schuß gegen andere mä
tige Adelsgejchlechter zu haben. Hat. 7, 6. 1
9, 1. 58. Ihre große Macht wurde erft ſpä—
durch die Tyrannen von Pherai bejchränkt; um |
Macht derjelben zu brechen, wandten fie fich
NAlerander II. von Makedonien, welcher indes jei
eignen jelbftfüchtigen Zwede verfolgte. Nun nahm
fie ihre Zuflucht zu Theben, welches den Pelopid
nach Thejlalien jchidte. Derjelbe vertrieb die V
fedonier (Plut. Pel. 26); da er aber aleichia
mer Thebens Interefie wahrnahm und neue Zwijt
keiten ausbracdhen, riefen jie im J. 356 v.
Philipp von Makedonien zu Hülfe, weldher Theſ
lien zur mafedonifchen Provinz machte und
Alenaden durch mancherlei Auszeichnungen für |
gewann. Diod. Sie. 16, 14. 35. Plut. Dem. 18
Alexander, 4ltEawögog, 1) j. Paris. —
Neffe des Tyrannen Polyphron don PBherai
Theflalien, tötete diefen und erlangte dadurch
Tyrannis im J. 369 v. E. Plut. Pel. 29. Se
Grauſamkeiten gegen jeine Unterthanen und je
Treulofigkeit gegen Angehörige anderer Stä
veranlaßten die Familie der Aleuaden zu Lari
Alerander II. von Makedonien zu Hülfe zu ruf
Nach defien baldigem Abzuge jedoch begann
Tyrann feine Unterdbrüdungen von neuem, ı
Alexander.
mehrere Städte Thefjaliens wandten fih nun an
Theben, deſſen berühmter Feldherr Belopidas ihn
zwang, jeine Bedrüdungen einzujtellen. Als nicht
lange darnach Pelopidas und Iſmenias auf der
Rüdreife aus Mafedonien, wohin fie zur Beilegung
von Streitigkeiten gelandt worden waren, treulos von
Alerander gefangen genommen wurden, zog Epa—
meinondas mit einem Heere heran und zwang ihn
die Gefangenen freizugeben, 368. Plut. Pel. 27 ff.
Nep. Pel.5. Doch nicht lange dauerte es, jo riefen
die theſſaliſchen Städte die Thebaner abermals zu
Hülfe, und Pelopidas befiegte den Alerander (364)
in der Schlacht bei Kynoskephalai, in der er jelbit
fiel. Plut. el. 315. Alexander mußte fich mit
der SHerrichaft über Pherai begnügen und mit
Theben ein Bündnis eingehen. Im J. 358 wurde
er auf Betrieb jeiner Gemahlin Thebe durch deren
Brüder ermordet. Plut. Pel. 35. ie. off. 2,7.
Val. Max.9,13. Seine unmeni&hlihen Grauſam—
feiten hatten ihn jelbjt feinen nächſten Verwandten
verhaßt gemacht. Xen. Hell. 6, 4, 35. Plut. Pel.
29. Vgl. Sievers, Geſch. Griechenlands ©. 397 ff.
I) Könige von Epeiros.
3) Alerander |., Bruder der Dlympias, ber
Gemahlin Philipps von Makedonien, wurde von
diefem nad) Vertreibung des Arybbas (j. d.) im
%. 352 v. C. auf den Thron don Epeiros erhoben.
Dem. Ol. 1, 12f. Diod. Sie. 16, 72. Just. 8, 1.
Die von Philipp verſtoßene Olympias flüchtete zu
ihm und wollte ihn zum Striege gegen Philipp
aufreizen, Philipp juchte ihn aber zu bejänftigen,
indem er ihn mit jeiner Tochter Beopatra ber:
mählte. Bei der Hochzeit wurde Philipp ermordet,
336 (Diod. Sie. 16,91 ff. Just. 9, 6f.). Am Jahre
333 ging Mlerander auf Bitten der Tarentiner
nah Stalien hinüber, bejiegte deren Feinde in
manchen Treffen, nahm aber bald, jeiner fühnen
Bläne wegen gefürchtet, eine tjolierte Stellung ein
und wurde jchlieplich von einem Infanischen Flücht-
linge ermordet, jein Heer bei Bandofia aufgerieben
(Ende des Winters 330). Just. 12, 2. Liv. 8, 8.
17. 24. 9, 17. 19. — 4) Alerander II., König
von Epeiros, Sohn des Pyrrhos, vertrieb den An—
tigonos Gonatas aus Maledonien, verlor aber
dieſes Land und zugleich Epeiros an deſſen Sohn
Demetrios, bis ein Aufftand der Epeiroten ihn
wieder in ben Beſitz des väterlichen Reiches jeßte.
Er ftarb zwiſchen 262 und 258. Plut. Pyrrh. 9.
Just. 26, 2f.
II) Könige von Makedonien.
5) Alexander J. König von Makedonien, Sohn
des Ampyntas, der jich dem Dareios Hnftafpis unter:
warf. Sein Sohn Alerander jedoch lieh die über:
mütigen perſiſchen Gejandten durch verfleidete
rauen ermorden und beichwichtigte den Perſer
Bubares, welcher nach dem Schidjale der Gejandten
fich zu erfundigen gelommen war, durch eine Heirat
mit feiner Schweiter. Just. 7, 3. Hdt. 8, 186.
Beim erften Einfall der Berjer in Griechenland
mußte fich Makedonien unterwerfen, beim zweiten
im J. 480 mußte Alexander, damals König von
Makedonien, Truppen ftellen, jucdhte aber die Grie-
hen, denen er feiner Bildung nad) angehörte, ins:
geheim zu unterftügen. Hdt. 7, 173. v, 445. Die
Athener madten ihn voll Dank deshalb zu ihrem
Prorenos. Hdt. 8, 136. Gleichwohl bewahrte ihm
Mardonios jein Vertrauen und jandte ihn jpäter
als Botichafter nad; Athen. Er ftarb um 450. —
57
6) Alerander 1II., Sohn Amyntas’ III. und Bru-
der Philipps, wurde König von Makedonien i. J.
369 v. E. Während jeines Kampfes mit Alerander
von Pherai erhob ſich in Makedonien ein Thron:
prätendent, Namens Btolemaios Alorited. Die zur
Schlichtung diejes Streites herbeigerufenen Thebaner
nahmen nach Drdnung der Sache unter andern
auch den jungen Philipp als Geijel mit nad
Theben. Plut. Pel. 26. Im J. 368 wurde Ale
zander von Ptolemaios ermordet. Just. 7,ö. Plut.
Pel. 27. — T) Wlerander IL, der Große,
König von Makedonien, wurde feinem Vater Phi:
lipp von der Olympias in der Zeit zwiichen 1. Of-
tober und dem Dezember 356 v. E. in Bella gebo-
ren, wie die Sage meldet, in derſelben Nacht, in
der Heroſtratos den Artemistempel zu Epheios
anzündete. Plut. Alex. 3. Ein naher Anvperwandter,
Leonidas, leitete die erjte Erziehung des Knaben
durch rauhe und ftrenge Zucht; daneben erzog ihn
der Mlarnanier Injimachos (Plut. Al. 5), bis Phi—
lipp den Philojophen Ariftoteles von Stageira zum
Erzieher und Führer des Knaben ernannte, als
Alerander 13 Jahre alt war (Plut. Al. 7). Ihm
gelang es, die hervortretenden Eigenjchaften des
Knaben zu einigen und zu mäßigen, den raftlojen
Ehrgeiz und den wagenden Mut, das Erbteil des
Vaters, und die jäh auflodernde Begeifterung für
das Außerordentliche und Geheimmisvolle, jenen
romantijch-abenteuerlichen Grundzug in Aleranders
Charakter, das Erbteil der epeirotiihen Mutter.
Frühzeitiges Leſen des Homer erfüllte des feurigen
Knaben Gemüt mit dem Wunſche, dem berühmte:
ften Helden des Dichters, Achilleus, nachzueifern.
Un der Schlacht bei Chaironeia nahm der Jüng-
ling ruhmvollen Anteil, 338 v. C. (Plut. Al, 9).
Infolge der Berheiratung Philipps mit der Male:
donierin Sleopatra(j. Kleopatra, 4.)imf.337 ge-
rieten Vater u. Sohn in großen Unfrieden, jo daß
Al. mit feiner Mutter Makedonien verlieh. Doch lieh
er ſich zur Rüdfehr und VBerjöhnung mit dem Bater
bewegen, und der Vorwurf der Teilnahme an
Philipps Ermordung trifft ihn mit Unrecht. Plut.
Al. 95. Curt. 7, 1. Just. 9, 7. Er hatte, als er
den Bater verlor, das zwanzigite Lebensjahr voll-
endet und ſah ſich als den natürlichen Erben der
Krone an, obſchon er erwartete, daß man ihm
diejelbe ftreitig machen würde. Nach feiner Thron:
befteigung ergriff ihn fofort der Gedanke, mit dem
ſchon jein Vater fich getragen hatte, das perſiſche
Neid, zu erobern und die Schmad; des Perferein-
falls zu rächen, zu welchem Zwecke Philipp ein
Heer unter Barmenion und Attalos bereits nad
dem Hellespont geſchickt hatte. Doc konnte er nicht
fofort zur Ausführung jchreiten, da mancherlei
Befahren die Herrichaft des jungen, bei den Male:
doniern ſelbſt jo beliebten Königs bedrohten (Just.
11, 1). Bor allem ftrebte der Oheim der Kleopatra,
Attalos, geftübt auf die ihm untergebenen Truppen,
nach der Herrichaft, obgleich er große Ergebenheit
heuchelte. Alerander ließ ihn daher umbringen.
Noch vor Bejeitigung diejer Gefahr war Alexander
jelbjt nach Griechenland gezogen, welches der Red—
ner Demojthenes, der erklärte Feind der makedo—
niſchen Derrichaft, aufgeregt hatte. Wlerander be-
rief die Amphiktyonen nach den Thermophylen,
forderte und erhielt die Anerlennung feiner Hege—
monie, bejeßte dann Theben und lieh fich zu Korinth
zum Oberfeldheren im Kriege gegen die Berjer
58
erwählen. So jdhien die von Griechenlaud her
drohende Gefahr abgewendet. Nach feiner Rüdfehr
nach Makedonien, ım Winter 336, rüftete er fich
1 dem Zuge gegen die abgefallenen barbarijchen
ölfer an der Grenze. Im Frühjahr 335 drang
er über den Haimos ins Land der Triballer, nad)
deren Befiegung in das Gebiet der jenjeits der
Donau wohnenden Geten ein, eilte nach Befiegung
der legteren nach Jllyrien und unterwarf es wieder.
Arr. 1, 1—6. Diod. Sie. 17,8. Dieje Züge des
Königs nach entfernten Gegenden hatten Demo:
fthenes und andere Redner Athens zu neuen Be:
wegungen benugt. Ganz Griechenland erhob ich
gegen die Fremdherrichaft; nur in Theben behauptete
jich die matedonische Beſatzung, wurde jedoch auf
das Gerücht vom Tode Aleranderd aus der Burg
Kadmeia vertrieben. Aber faum hörte Alerander
von den Ereignifjen in Griechenland, jo zog er in
Eilmärjchen heran, rüdte vor Theben, griff die
Stadt nach vergeblich angebotener Verjöhnung an
und erftürmte fie. Gegen 6000 Thebaner fanden
dabei den Tod. Am folgenden Tage berief Al.
eine Berfammlung der Bundesgenoffen, die am
Kampfe teilgenommen hatten, und vollzog das
von diejer gefällte Urteil, daß die Stadt zeritört
und der Reit der Einwohner in die Sklaverei ver-
fauft werden jollte;, nur die Tempel und des
Dichters Pindar Haus und Familie blieben auf
des Königs Wunſch verichont. Diod. Sie. 17, 9 ff.
Just. 11, 2 ff. Plut. Al. 11. Arr. 1, 7—9. Die
übrigen Griechen merkten ſich die derbe Lehre und
untertwarfen fich. Alerander fehrte darauf im Herbite
335 nach Makedonien zurüd. Mit Eifer wurden
nun die Nüftungen gegen Perfien betrieben. In
Makedonien jollte der erprobte Feldherr jeines
Baters, Antipater, mit 13 500 Mann als Reichs:
verweier und als Hüter der unterworfenen nörd—
lihen Barbaren und Griechenlands zurüdbleiben.
Der König ſelbſt brach mit ungefähr 40 000 Mate:
doniern und Griechen im Frühjahr 334 auf. Er
zog durch Thrafien nach dem Hellespont und lieh
jein Heer durch die Flotte von Seftos nad) Ajien
überjegen. Diod. Sie. 17, 16 ff. Plut. Al. 16.
Just. 11, 5. Arr. 1, 11. Nachdem er auf den
Ruinen Ylions feinem Ahnherrn Adyilleus geopfert
hatte, rüdte er nach Eroberung von Lampſakos bis
zum Fluß Granitos vor, an deſſen jenjeitigem
Ufer ihn 40 000 Feinde, darunter 20 000 griechiſche
Söldner umter dem Rhodier Memnon, in Schlacht:
ordnung erwarteten. Gegen den Rat des vor-
fichtigen Parmenion erzwang Alerander nad) mu—
tiger Gegenwehr der Perſer den Übergang und
ſchlug fie, zulegt auch die tapfer kämpfenden Söld—
ner; er felbjt entging dem Todesſtreiche eines
tapferen Perſers nur durch die Hülfe des ſchwarzen
Kleitos. Diod. Sie. 17, 19 ff. Plut. Al. 16. Arr.
1, 12—16. Just. 11, 6. freudig öffneten ihm
nun die zahlreichen griechiichen Küftenjtädte die
Thore, nur Milet mußte erftürmt werben; durch
Bejegung der Küften ſchnitt er der perfiichen Flotte
im Nigatifchen Meere die er ab, bejegte dann
die ſüdlichen Küftenlandichaften, eroberte Halikarnaß
nach ftartem, von Memnon geleitetem Widerftande
(Diod. Sie. 17, 21 ff. Plut. Al.17. Arr. 1,18 ff.)
und fandte bei herannahendem Winter die ver:
heirateten Soldaten auf Urlaub nach Haufe, wo fie
Alexanders Thaten priefen und zahlreiche Rekru—
fen unter die Fahnen lodten. Er z0g dann nad
Alexander.
Einnahme von Lykien, Pamphylien und Pifidiı
gegen Gordion, die alte Hauptitabt Phrygiens, n
er, wie es heißt, den verhängnisvollen Knoten, <
deflen Löſung nach einem alten Orakel das Schi
jal Aſiens hing, im bedeutungsvoller Weije m
dem Schwerte löfte. Diod. Sie. 17, 27. Plu
Al. 17 ff. Arr. 1,24. Im Frühjahr 333 unte
warf er, verftärkt durch die Beurlaubten und zat
reiche Neugeworbene, Baphlagonien und Kapp
dofien und z0g dann nach Tarjos in Kilikien, ı
er infolge eines Bades im eisfalten Fluſſe Kydn
ichwer erkrankte, aber durdy ein Fräftiges Mitt
jernes Arztes Philippos gerettet wurde. Curt.
1, 4 ff. Diod. Sie. 17, 31. Just. 11, 7ff. Ph
Al. 18. Arr. 2,6f. Darauf rüdte er, als er vı
dem Heranzuge eines ungeheuren Berjerheeres uni
Dareios ſelbſt hörte, nach Beſetzung der wichtig
tilikiſchen Päſſe nad Iſſos, wo er im Nov. 3:
die Perſer trog ihrer Menge und der Tapferlı
bon 30 000 griechischen Söldnern gänzlich ſchlu
des Dareios Mutter Siiugambis, jeine Gemahl
Stateira und mehrere jeiner Kinder wurden <
fangen, von dem Sieger aber edel behandelt. T
reios jelbjt rettete jich mit Mühe in das Junere t
Reiches. Diod. Sie. 17, 32 ff. Curt. 3, T—1
Arr. 2, 7. Just. 11, 9. Plut. Al. 19-1
Darauf jhlug der Sieger den Weg nah Syri
ein, erbeutete in Damartos reiche Schäße und ı
oberte Phoinifien bis auf Tyros, welches er e
im Augujt 332 nad jiebenmonatlicher Belagern
einnahm. Die Einwohner, die nicht im Kam
gefallen waren, ließ er teils freuzigen, teils «
SHaven verlaufen. Diod. Sie. 17, 40. Ju
11, 10. Ourt. 4, 2—4. Arr. 2, 16-24. Plut. .
245. Die inzwiichen von Dareios wiederholt ı
machten ?Friedensvorichläge und Anerbietung
Vorderafien abzutreten und dem Wlerander ei
jeiner Töchter zu vermählen, wies der leßtere zur
und beitand auf unbedingter Unterwerfung. Dis
Sie. 17, 87. Arr. 2, 25. Ourt. 4, 1,5. Darı
unterwarf er im Herbſte 332 Baläftina, erobe
nad) zweimonatlicher Belagerung das von Ba
rühmlichit verteidigte Gaza au der Grenze Agypte
und empfing dabei jelbjt eine Wunde. Died. S
17, 49 ff. Arr. 2, 25. Curt. 4, 6. Sodann rü
er in Agypten ein, deſſen Bevölferung, des p
fiichen Joches müde, ihn frendig empfing v
dafür ihre Gebräuche und Geſetze geachtet j
Nachdem er Alerandreia gegründet hatte, zog
durch die libyſche Wüſte zum berühmten DOratel |
Jupiter Ammon und fehrte nach erlangter An
kennung jeiner Abftammung von Zeus Amm
(Arr. 3, 1ff. Curt. 4, T. Plut. Al. 27), was i
bei der befannten Meinung der Morgenländer t
der Göttlichfeit ihrer Negenten für die Sicher
feiner Herrichaft über den Orient nur vorteilt
fein konnte, nach Memphis zurüd. Nachdemen
Mannjchaft aus Makedonien angelangt war, br
er im Frühling 331 wieder nach Aſien auf ı
lieferte dem Dareios und jeiner Million von St
tern mit jeinem noch nicht 50 000 Mann jtar
Heer am 1. Oft. 331 auf der Ebene zwiichen !
bela und Gaugamela in Affgrien die Enticheidun
ichlacht, die ihn zum Herrn von Aſien mad
Unermeßliche Schäße wurden im perftichen La
und nachher in Suſa und Efbatana erbeutet. Zi
Die, 17, 53 ff, Arr. 3, 8ff. Curt. 4, 9. Jı
11, 125. Plus. Al. 31 ff. Dareios ergriff
Alexander,
Flucht, und die Auflöjung des Reiches begann; ein
Zeil der Satrapen und Großen, beſonders Mazaios
in Babylon, jchloß fich dem Sieger an. Er lieh fie
im Befig ihrer Provinzen und Würden, nur die
militäriichen Kommandos übertrug er Maledoniern;
er gewann die Liebe der Eingeborenen durch Ach:
tung ihrer Sitten und religiöſen Gebräuche, ſowie
durch den orientalifchen Bomp, mit welchem er,
freilich zum Verdruß der Makedonier, fich zu ums
geben anfing. Diod. Sie. 17, 64f. Arr. 3, 16.
Curt. 5, 1f. Plut. Al. 35f. Im Winter 331
bezwang er Sufiana und erbeutete in der Winter-
reſidenz der perſiſchen Könige, Suja, dei reichen
Staatsſchatz. Dann drang er nad) Befiegung der
tapferen Uxier, nachdem die in den ſuſiſchen Eng:
päflen ftehenden Perſer unter Ariobarzanes nad)
tapferer Gegenwehr geichlagen waren, in Perſis
jelbjt ein, eroberte die Grabftätte der perfiichen
Könige, Beriepolis, deſſen Königsburg in Flammen
aufging (Diod. Sie. 17, 66 ff. Just. 11, 14. Curt.
5,6f. Arr. 3,18. Plut. Al. 37), und erbeutete hier
und in Pajargadai große Schäge, ebenjo in Ef:
batana in Medien, von wo Dareios nad) Baltrien
flüchtete, aber unterwegs von dem treuloſen Beſſos,
der jich zum Könige ausrufen Tief, und andern
Satrapen gefangen genommen und in Feſſeln ge:
worfen wurde (330). Auf die Nachricht davon
brach Alexander zur Berfolgung auf. Als die
Satrapen nun den gefangenen König nicht raſch
genug fortbringen konnten, verwundeten fie ihn
tödlich und lichen ihn auf der Heerftraße Liegen.
Dareios verſchied, ohne Alerander gejehen zu haben.
Dieſer lieh ihn im Berfepolis mit königlichen Ehren
beitatten. Diod. Sie. 17, 73. Just. 11, 15. Plut.
Al. 42. Curt. 5, 7-13. Arr. 3, 19f. Sept
unterwarf jich auch die Mehrzahl der perfiichen und
mediichen Großen dem neuen Beherricher Afiens.
Die weitere ——— des Beſſos mußte Alexander
aufgeben, um eine Empörung in Ariana zu dämpfen.
Nicht minder hatte er mit der Unzufriedenheit der
Matedonier zu fämpfen, welche über die Gleich:
ftellung der Barbaren mit ihnen erbittert waren,
jowie über die von Wlerander geübte afiatijche
Pracht und Bevorzugung perfiicher Sitten. Durch
beides juchte er das Abendland mit dem Morgen:
kande zu verjchmelzen und durch Begründung des
Hellenismus die verſchiedenen Bölfer zu einem
Ganzen zu vereinigen. Eine Verſchwörung, als
deren Zeilnchmer Philotas und jein Vater, der
greife Barmenion, genannt wurden, ward entdedt,
Bhilotas, der eine ihm deshalb gemachte Mittei-
lung verjchwiegen hatte, durch die Folter zum Ge-
fändnis gezwungen und von dem zum Gericht
verjammelten Heere zum Tode verurteilt, auch fein
Vater aus dem Wege geräumt. Died. Sie. 17,
795. Just. 12, 5. Ourt. 6, Tff. Arr. 3, 26 fi.
Plut. Al. 485. Nunmehr machte fich Alexander
auf, um den Beſſos zu verfolgen, welcher in Sog—
Diana ereilt, gefangen genommen und einem perſiſch—
mediſchen Gerichte zur Verurteilung übergeben
wurde (329). Died. Sie. 17, 85. Just. 12, 5.
Curt. 7, 3ff. Arr. 3, 28 ff. Nach hartnädigem
Kampfe unterwarf er die friegerifchen Gebirgsvölfer
von Sogdiana und Baktrien, 329 und 328, nahm
bei Eroberung einer auf fteiler Höhe gelegenen
Feſte die Tochter des Häuptlings Oryartes, Rorane,
gefangen und machte fie zu feiner Gemahlin. Bier
empfing er auch die Gejandten zahlreicher und ent:
59
fernter Bölfer. Curt. 7,6 ff. Plut. Al. 47. Arr.
4,1—7.15— 21. Um dieje Zeit ermordete er auch,
feinem Siegesraufche und FFeitgelagen fich hingebend,
in der Trunkenheit jeinen Lebensretter Kleitos,
wurde aber, als er zur Beſinnung kam, von der
tiefften und ſchmerzlichſten Reue ergriffen, verſagte
ſich 3 Tage lang Speiſe und Trank und konnte
faum durch die inftändigften Bitten feiner Mate:
donier zu neuen Thaten angeregt werben. Arr.
4, 8f. Plut. Al. 50. Just. 12, 6. Gleichzeitig .
hatte tiefes Miftranen gegen manche feiner Feld—
herren, welche die den afiatifchen Sitten von ihm
dargebrachte Huldigung mißbilligten, bei ihm Platz
gegriffen, während andere ihn mit Schmeicheleien
überhäuften. Das von ihm gewünſchte Nieder:
knien vor ihm (wgogavreiv), eine perſiſche Sitte,
erlangte er von den Makedoniern micht; die Ver:
ihwörung einiger Edellmaben wurde mit Härte
beftraft, 327. Plut. Al. 58—55. Curt. 8, 5—8.
Arr. 4, 9#. Just. 12, 7. So wuchs die Unzu—
friedenheit der Mafedonier, doch gelang es ihm
fie zu beichwichtigen, und er beichloß 327, nachdem
er zur Sicherung der nördlichen Provinzen eine
Anzahl (meiftens Alerandreia genannter) Städte,
deren Bevölkerung griechiiche Koloniſten bildeten,
gegründet hatte, den längſt beabjichtigten Feldzug
nad) Indien zu unternehmen. Sein 120 000 Mann
ftarfes Heer bildeten teild Mafedonier, teil® mate-
doniſch geübte und bewaffnete Perſer. Der Fürft
Tariles am Kophen (Kabul), einem Nebenfluß des
Indos, unterwarf fich, ebenfo, wenn auch erſt nach
hartnädigem Widerftande, die nordwärts wohnen:
den Bölfer. Dann erbaute er eine flotte und ging
über den Indos. Dem Tariles ſchenkte er das
—— Gebiet, ließ aber in deſſen Hauptſtadt
eine ee zurüd und beftellte den Befehls:
haber derielben, Philippos, zum Satrapen der
Indosländer. Diod. Sie. 17, 84 ff. Arr. 4, 22 ff.
5, Tf. Plut. Al. 57 ff. Curt. 8, 10 ff. Beim wei:
teren Bordringen trat ihm Poros, ein mächtiger
König zwiſchen Hydaſpes und Alefines, mit einem
ftarfen Heere und vielen Elefanten entgegen, 326,
und Tagerte fih am Hydaſpes. Alerander ging
über den Fluß, der durch heftige Negengüffe ange:
ihwollen war, und wurde von Poros angegriffen.
Troß der Elefanten und der Streitwagen, troß
des mannhaften Widerftandes errang Alexander
über den tapfern Gegner den Sieg und nötigte
ihn zur Unterwerfung. Boll Achtung vor feinem
Mut behandelte er ihm edel und gewann ihn durch
Vergrößerung feines Gebietes. Der indiiche Fürft
wurde fortan fein treueiter Bundesgenoffe. Die
Gründung mehrerer Städte, deren eine nach feinem
berühmten Streitroffe Bufephala genannt wurde,
feierlihe Opfer und Spiele hielten den König
längere Beit in diejer Gegend auf (Diod. Sie. 17,
87 ji. Curt. 8,13 f. Arr. 5,8—19. Plut. Al. 60 f.);
dann drang er unter heftigen Kämpfen weiter vor
bis zum Hyphaſis, jenjeits deſſen reiche und ſtreit—
Iuftige Völferjchaften wohnten. Auch in dieje Län:
‚der vorzudringen, trieben den König Rampfbegier
und Ruhmſucht; aber jeine Krieger hatten in den
legten Wochen durch die tropifchen Regengüffe jehr
gelitten; fie wurden von Unmut ergriffen, als fie
von dem Plane hörten, und weigerten fich weiter
zu ziehen. Als nun auch die Opfer ungünftig
ausfielen, gab er nad, ließ 12 hohe Altäre am
Fluſſe errichten, Kampfipiele anftellen und brach
60
dann auf, aber ftromabwärts mit einer Flotte von
faft 2000 Schiffen. Diod. Sic. 17, 94f. Arr. 5,
255. Plut. Al. 62. Curt. 9, 3f. Es war im No:
vember 326. Die Flotte befehligte der berühmte
Seemann Nearchos, Alerander befand fich auf der:
jelben mit einem Xeile des Heeres, das übrige
Heer z0g unter Hephaiftion und SKrateros längs
den beiden Ufern des Hydaſpes. Die am Fluſſe
wohnenden Völker unterwarfen fich, mit Ausnahme
der kriegeriſchen Mailer, deren Hauptftadt Alerander
erftürmte, wobei er jelbjt der erfte anf der Mauer
und in der Stadt war und eine jchwWere Wunde
davontrug. Dem Btolemaios, Sohn des Lagos,
verdanfte er fein Leben. Die Nachricht von der
Berwundung des Königs erfüllte das Heer mit
Trauer, und e8 zeigte ſich flar, wie auf Alexanders
Perjon der ganze Erfolg feiner gewaltigen Unter:
nehmungen beruhte; um jo größer war die Freude,
als der wiederhergeitellte König ſich den Seinen
zum erjtenmale zeigte. Bis zur Mündung des
Indos unterwarfen ſich dem ftromabwärts jegeln:
den Könige alle VBölferichaften. An der Mündung
des Stroms legte er Häfen zur Förderung der
Schiffahrt und des Handels an; dann fegelte die
Flotte unter Nearchos nach dem Perſiſchen Meer:
bujen ab. Nachdem jchon früher Krateros mit
den er A und Elefanten durch Gedrofien
den Rüdweg nad) Perſis angetreten —* führte
Alexander ſelbſt das Heer auf demſelben Wege
durch die öde heiße Wüſte voll glühenden Sandes
unter Mühſeligkeiten und Beſchwerden, denen ein
großer Teil erlag, nad) Karamanien, wo er fi
mit Srateros vereinigte und auch Nearchos zur
unausſprechlichen Freude des Königs landete, Hier
hatte alle Not ein Ende. Diod. Sie. 17, 96 ff.
Just. 12, 9. Curt. 9, 4—10. Arr. 6, 5ff. Plut.
Al. 635—67. 60 Tage hatte der Marſch gedauert.
Neard) jeßte darauf die Fahrt nad) dem Euphrat
fort. Während Krateros den bequemeren Weg ein—
ſchlug, eilte Mlerander auf einem kürzeren Wege
über. das Gebirge nach Perfis, wo er allen uner:
wartet eintraf, mehrere gewaltthätige Statthalter
wegen verübter Unterdrüdungen beftrafte (niemand
hatte geglaubt, er werde aus Indien je zurüd:
fommen), den Klagen des Volls bereitwillig ab:
half und alles zu bejeitigen juchte, was jeinem
Wunjche, die Völker des von ihm beherrichten
Neiches zu verichmelzen, hinderlich jein konnte,
Darauf waren auc die Treftlichfeiten berechnet,
welche er nad) jeiner Rückkehr veranftaltete, beion-
ders die große Hochzeit zu Suſa, wobei er jelbit
die Rorane heiratete, eine große Menge Makedo—
nier mit vornehmen perſiſchen Jungfrauen ver:
mählte und fein ganzes Heer reich bejchenfte. Aber
troß feiner Freigebigleit erbitterte er dasſelbe bald
nachher, ald er eine große Anzahl der fräftigften
Jünglinge aus den unterworfenen Völkern, auf
maledoniiche Weile bewaffnet und eingeübt, ins
Heer aufnahm und fie den Makedoniern gleich:
ftellte, da die Zahl der alten Krieger durch die
Beurlaubungen und Kampfuntüchtigen und die Ver—
lufte in den unaufhörlihen Kämpfen allmählich
jehr zujammengeichmolzen war. Als er nun aber:
mals, 324, Die untauglic) gewordenen Krieger in
die Heimat entlafjen wollte, kam es zu Opis am
Zigris zum Aufftande; alle Makedonier verlangten
entlaffen zu werden, er könne ja, meinten fie, mit
jeinem Vater Ammon, mit den neuen Soldaten
ch 24. Juli, 323 wegrafite.
Alexander,
künftig in den Krieg ziehen. Da zeigte der König
Strenge und Entichloffenheit, ließ die neuen
Truppen ganz wie die makedoniſche Nationalarmee
organifieren und jchien die alten Krieger alle ent=
laſſen zu wollen. Dieſe Feftigfeit brach ihren Troß,
fie unterwarfen ich dem ziürmenden Könige, und
diefer verzieh ihnen. 10000 Beteranen wurden
num unter rateros in die Heimat gejandt, wäh-
rend Antipater, welcher mit des Königs Mutter,
Olympias, in ftetem Zwieſpalt lag, nad Aſien
fommen und dem Könige frijche europäifche Truppen
zuführen ſollte. Diod. Sie. 17, 106 ff. Curt. 10,
1 ff. Just. 12, 10 ff. Plut. Al. 68 ff. Arr. 6, 27 ff.
7,1. Bald darauf ftarb Alexanders Jugend—
freund Hephaiftion zu Efbatana; die Leiche wurde
mit Löniglichen Ehren von dem trauernden Könige
zu Babylon bejtattet. Bier empfing Alexander
Sejandte von entfernten Nationen und traf zu:
gleich Vorkehrungen zum Bau einer Flotte auf
em Euphrat, zur Eroberung Arabiens, zur Um:
ſchiffung Afrikas, zur Unterwerfung Staliens, weit:
gehende Pläne zur Begründung einer Weltmo:
nardhie, deren Vorbereitung für ihn mit förperlichen
Anftrengungen verbunden war. Infolge derjelben
und der ununterbrochenen Bergnügungen und Feſt—
lichfeiten, welche jeinen Körper zerrütteten, wurde
AUlerander nah einem Gaftmahle beim Medios
von einem heftigen Fieber ergriffen, welches ihn
mitten im jeinen großen Plänen, in der Blüte
feines Lebend — er war erit 33 Jahre alt — im
Monat Daifios, d. h. zwiichen 24. April und
Diod. Sie. 17, 110 ff.
Just. 12, 125. 15 ff. Plut. Al. 73-76. Arr.
7, 16ff. Curt. 10, 1f. Die verichiedenen Sagen
im Altertum, er ſei an Gift geftorben, zerfallen
ichon nach den Widerlegungen der Alten Pebh in
nichts. Mafedonier wie Barbaren äußerten gleich
große Trauer, welche um jo begründeter war, da
er feinen rar ya en Nachfolger hinterlich.
Norane gebar erft nad —— Tode einen Sohn,
Alexander, dem man in den bald ausbrechenden
Kämpfen um das verwaiſte Reich einen Anteil
an der Regierung neben Wleranders Halbbruder,
Philipp Arrhidaios, geftattete. Vielleicht hatte Ale-
rauder jelbjt für diejen von ihm erwarteten Sohn
dem Perdiffas jeinen Siegelring übergeben. Just,
12, 15. Curt. 10, 6. Des großen Königs Leiche
wurde zuerft in Memphis beigejegt, jpäter von
Ptolemaios nach Alerandreia gebradjt. Die Feſtig—
feit des Charakter und der fühne, unternehmende
Geift, den jo mande einzelne Handlungen und
Außerungen feiner Jugend verrieten, ließen ihn
in feinen kriegeriſchen hr en dem Abendlande die
neue reihe Welt des Morgenlandes erichließen
und den Grund zu jener griechiichen — belleni-
ftiihen — Bildung legen, weldhe in Sprache und
Sitte Abendland und Morgenland mit einander
verichmelzen und die verichiedenften Völker in dem
gemeinschaftlichen Mittelpunkte griech. Bildung au
einander fnüpfen ſollte. Selbft fein frübzeitiger
Tod ftörte diefe Annäherung beider Teile der
Erde nicht, wie die Geſchichte es während des rö-
mijchen Weltreiches und bejonders nach der Teilung
des Reiches unter Theodofius zeigt. Vgl. Droyſen,
Geſchichte Al. des Gr. (1833. 3. Wufl. 1880).
Hergberg, die afiatiichen Feldzüge Al. des Gr.
(2. Aufl. 1875. 2 Bde.) Schon früh bemächtigte
fich die Sage der Thaten des großen Königs. Die
Alexander.
unglaublichen Züge desjelben, die geringe Macht,
mit welcher er das Berjerreich zertrümmerte und
einen neuen Staatenbau aufzuführen wußte, vor
allem die großartigen Kämpfe auf dem Hochlande
von Aighaniftan und an den Ufern des Indos,
die Eroberung der Felſenburgen Frans ließen ihn
frühzeitig als ein Wejen höherer Art ericheinen.
Gerade tm öftlichen Iran mag die Sage von Js:
fander (Alexander) zunächſt entjtanden jein, wie
fie noch heutiges Tags ſich dort erhalten hat. Die
leicht entzündbare Bhantajie der Orientalen bildete
fie weiter umd weiter, bis die Verbindung der
Römer mit dem Orient fie in das Abendland ver:
pilanzte. Ihren Ansdrud fand fie daielbft um
450 n. E. in dem Werfe des lulius Valerius de
rebus Alexandri Magni gestis, einem Werk von
geringem hiftoriichem Wert, das aber Duelle der
Märden ift, welche die Gejtalt des Königs in
mythiſches Dunkel Hüllten und im Berlauf des
Mittelalters ſich weiter entwidelten. Bgl. Spiegel,
die Aleranderjage bei den Drientalen (1861). er
Pieudocallifthenes (1867). Elek, die Aleranderjage
im Morgenlande und in Europa, in den Verhandl.
der Stuttg. er S. 113. — 8) Alexan—
der IV., &
boren 323 nad dem Tode des Vaters, wurde (mit
Philipp Arrhidaios) zum König ausgerufen und
fand erjt,unter Bormundichaft des Perdikkas, dann
des Antipater, der ihn und feine Mutter nebft
Philipp Arrhidaios und deſſen Gattin Eurydile
nach der Teilung von Triparadeifos (321) mit nad)
Makedonien nahm. Arr. bei Phot. bibl. 44 f.
Diod. Sie. 18, 39. Strab. 17, 79%. Nah An—
tipaters Tode (319) hatte Bolyjperchon den jungen
König bei fich und jhügte ihn gegen Nachitellungen
der Eurydike. Plut. Eum. 13. Als Olympias,
welche ebenfalld auf der Seite des jungen Königs
ftand, nach ihrem Schredensregimente (317) vor
Kaſſanders Rache nad) Pydna floh, befand fich At.
bei ihr. Diod. Sie. 19, 35. Just. 14, 6. Bei
der Einnahme der Stadt (316) fiel auch er in
Kafjanders Hände, der ihn in Haft behielt und
famt Rorane in der Stille ermorden lieh, 311.
Diod. Sie. 19, 105. Just. 15, 2.
9) Aleranderliynteites (Auyansens), Schwie:
5x8 des Antipater, nahm wahrſcheinlich teil an
einer Verſchwörung — —
trotzdem nach deſſen Tode ſogleich dem Alexander
und fand wohl deshalb Gnade bei ihm. Obwohl
ihn Alexander vielfach auszeichnete, fmüpfte er
dennoch ſpäter Unterhandlungen mit Dareios an,
weshalb Alexander ihn verhaften ließ, 333. Im
J. 330 ſoll er auf Verlangen des Heeres hinge—
richtet worden jein. Arr. 1, 25. Diod. Sie. 17,
32. 80. Ourt. 7,1,5.8, 8, 6. Plut. Al. 10. Just.
12, 14. — 10) Alerander, ein Sohn des Poly:
iperhon, Feind des Kaſſander und Bundesgenofie
des Antigonos (Diod. Sie. 19, 61), ging ipäter
zu Kaſſander über und ftarb durch Meuchelmord
zu Sityon 314. — 11) Alerander, ein Sohn
des Kaſſander, flüchtete nach der Ermordung jeiner
Mutter Theſſalonike durch jeinen Bruder Antipater
zu Demetrios Poliorketes, von diefem, der nicht
imftande war, ihm Hülfe zu leiften, zu Pyrrhos
nach Epeiros, der den Aivitt der Brüder hob und
fie, wie es jcheint, zur Teilung der Herrſchaft
bewog. Inzwiichen zog Demetrios mit einem Heere
heran, weshalb Alerander ſich zu ihm begab, um
n Alexander von der Roxane, ge
61
ihn zum Rückzuge zu beivegen. Beide Fürjten
juchten einander aus dem Wege zu räumen, bis
es dem jchlauen Demetrios gelang, Wlerander bei
einem Gaftmahle zu ermorden, 294, worauf er
Makedonien gewanı. Plut. Demetr. 36f. Pyrrh.
6f. Just. 16, 1. — 12) Nlerander, Sohn des
Berjeus, des legten Königs von Maledonien, ge
riet ald Kind in romiſche Gefangenſchaft, 167 v. C. und
wurde jpäterin Alba — Just 33,2,5.
Liv. 45,4’. Plut. Aem. Paul. 37. — 18) Alexan—
der I. Balas, von niederer Herkunft, wurde auf
Betrieb des Herafleides, eines Minifters Anti:
ochos’ IV. Epiphanes, vom römiſchen Senat als
Sr diejes Königs nach dem Tode desielben (152
v. &.) anerfannt. Ex bejiegte den Neffen des An:
tiochos, Demetrios Soter, der ſich des Thrones
bemächtigt hatte, im %. 150, wurde aber 147 von
einem Sohne desjelben, dem Demetrios Nilator,
vertrieben und bald darauf ermordet. Just. 35, 1.
Pol. 33, 15. 18. — 14) Wlerander Al, jpottweije
Yabina, d. h. der Stlave, genannt, Sohn eines
Kaufmanns Protardjos aus Ägypten, wurde für
einen Adoptivjohn des Königs Antiochos Sidetes
von Syrien ausgegeben und vertrieb den Deme-
trios Nifator im J. 126 v. C. mußte aber wieder
dem Antiochos Grypos (Just. 39, 1, 9) weichen
und wurde, nach einer verlorenen Schlacht ge:
fangen, auf den Befehl desjelben getötet (121).
Just. 39, 2, 6. — 15) Alerander, Sohn des M.
Antonius und der Königin Kleopatra, mit dem
Beinamen Helios, mußte nad Antonius’ Bejiegung
mit jeiner Schwefter Kleopatra Selene den Triumph)
des Octavian jchmücden; beide wurden jpäter durch
die von Antonius verlafiene Gemahlin Octavia
erzogen. Plut. Ant. b4. 87. — 16) Wler. Se:
berus f. Severi, 4. — 17) Alerander, mit
dem Beinamen Aitolos, aus Pleuron in Aito—
lien, der einzige Dichter, den diejes Land hervorge-
bracht hat, ein tragiicher Dichter, war in Alexan—
dreia unter Btolemaios Il. Philadelphos an der
Bibliothek beichäftigt. Er wurde zu den Dichtern
der alerandriniichen Pleias der Tragifer gerechnet;
befannter jcheint er noch als Elegifer geweſen zu
fein. Bon feinen Elegien haben ſich bei Athenaios,
Barthenios und andern einige a erhalten,
die Anmut und Lieblichleit der Darftellung ver-
raten. Auch als Epigrammendichter hat er ſich
befannt gemacht; ob er auch Komödien geichrieben,
bleibt zweifelhaft. Vgl. Meinefe, Anal. Alex.
p. 215—52. Naud, trag. Graec, fragm. p. 686,
Sammlung der Fragmente von Capellmann (1830).
— 18) Alerander, mit dem Beinamen Bolyhiftor,
aus Myndos in Sarien, gebildet in Pergamos,
fam zu Sullas Zeit ald Sriegägefangener nad)
Nom, wurde von Cornelius Lentulus freigelafjen
und unterrichtete unter andern den Hyginus.
Seine grammatiichen, periegetiichen, hiſtoriſchen
(über Rom in 5 Büchern) und andern Schriften
jind vielfach excerpiert, uns aber verloren. Ab—
handlung von Hulleman (1849). — 19) Alexan—
der, Sohn des Nhetord Numenios, Rhetor im
2. Jahrh. n. E., von dem 2 Bücher sel oynua-
zo» und ein Stück einer andern Schrift bei
Menander meol rür dmdesnrixorv erhalten find,
Gebr. in den Rhet. graee. von Spengel, Bd. 3. —
20) Nlerander aus Ephejos, mit dem Bei:
namen Augvog, um 60 dv. E., Hijtorifer und Ber-
faſſer eines aſtronomiſchen und eines geograph.
62
Lehrgedichts, von denen einige Bruchftüde erhalten
find. Bgl. Meinete, Alex. epim. IX. —
21) Wlerander (Aphrodisiensis), aus Aphro:
dijias in Karien, zur Zeit des Kaiſers Septimius
Severus, ein Mann von Scharfſinn, Klarheit und
Geichriemlcit, — außer mehreren Schriften
ſpekulativen Inhalts bei. Kommentare zu
Schriften des Yrifoteted = reinigte deſſen Lehre
von jpäteren Zuſätzen. Deshalb erhielt er den
Beinamen 6 EEnyreis. Bon jeinen Schriften be-
figen wir nur einen Heinen Zeil im griechiicher
Sprache, in der er wriprünglich jchrieb, das übrige
nur in lateinischer eßung. Ausg. der Schrift
de anima von Bruns (1887). — 22) Alerander
aus Tralles in Lydien, Arzt in Rom im 6. —
n. C. hat ein Peoamevrınor in 12 Büchern ver
faßt, ein Sammelwerk, das ſich durch ſeinen Stil
— j. Kassandra,
ALEXAN DRIA —
— —
1:75000
Meier
Alexandra — Alexandria.
Winter zu (Arr. 3, 28. 4). — 7) in Sufiana wicht
weit von ber Mündung des Tigris, jpäter Autie-
cheia genannt. — 8) 4. eos Taruidı (Arr. 4,
8 "est viell. Chodſchend am Sarartes oder Sir,
auch wohl Alsiavögfoyara genannt. — 9) am In⸗
dos (Arr. 6, 15, 2). — 10) Alskandgrın dv
den | Alyuaro, j. Itenderijeh gegründet zur Befeiti-
gung der griech. Herrichaft in Ngupten (381 n 5)
nad) den Entwurf des Deinochares, A
zunge zwijchen dem Mittelmeer und dem —
tiſchen See. Arr. 8, 1, 5ff. Plut. Al. 2%. Diod.
Sie. 17, 652. Strab. 17, 791. Die regelmäßig,
mit breiten, rechtwinkelig ſich jchmeidenden Strafen
gebaute Stadt hatte die Form eines Parallelo—
ramms von 30 Stadien Länge und 10 Stadien
ite (15 Millien Umfang) und beitand aus 2
Hauptteilen: a) Bruche ion im RO., mit dem
töniglichen Palaft, dem swue od. syue, wohin
auch Aleganders Leichnam gebracht wurde, dem
Alexandria, Alexandröa, Alefardgeın. Die
zn Städte dieſes Namens find jämtlid) von
lexauder dem Großen angelegt und erſcheinen
gleich Wegweiſern in dem ungeheuren * ag
er eroberte. Bemerkenswert find: 1) A. Troas,
An Toowas, am Aigaiiſchen Meere, fübtich von
Troja — von K. Antigonos gegründet und nad)
ihm eine Zeit lang Antigoneia genannt, in rö—
mijcher Zeit bejonders blühend (Liv. 35, 42. 37,
35). Eäjar dadıte daran a Sitz des Reiches dort-
hin zu verlegen (Swet. Caes. 79), aud) ——
Hadrian ſorgten für ſie. J Ruinen Esfi-
du d. i. Aitkonftantinopel. — 2) in Syrien zwijchen
Affos und Antiocheia, j- Alerandrette oder Stan:
derum. — 3) in der perfhen Landſchaft Arachoſia,
j. Kandahar. — 4) in Ariana, jetzt Herat, an der
großen indiſchen Karawanenſtraße. — 5) in Bat:
triana, vielleicht jetzt Khullum. — 6) A. moös
Kuvrasn od. dr TIaparanıcddaıs, wohl in der
Nähe von Kabul; NAlerander brachte dort einen
Muſeion, Gymnaſium und Stadium; b) Rhakoti
mit der AfropolisS und dem Eerapeion, weld
die Bibliothef enthielt. Durh Natur und Wu
war die Stadt befeftigt. — Unter den Häfen n
einer in der Mareotis nur für Nilfchiffe beftimu
Der große Hafen wurde gebildet Durch Die 90
injel Lochias im ND., einen Damm von 7 <S
dien (Heptaftadion) im SH, welcher die vorliege
Inſel Pharos mit der Stadt verband; der inne
abgejonderte Teil diejes Hafens hieß der fle
Hafen und war eigens für die föniglichen Sc
beftimmt. Auf der mweitlichen Seite des He
ftadion, durch dieſes jelbit, die Pharosiniel
den Stadtteil Rhakotis gebildet, lag der ©
der „glüdlichen Heimkehr” (Evvosrog);, ein bı
deres Baſſin an der Stadtjeite führte den Me
„das Käftchen‘ wußwrig). und ftand Durch «
Kanal mit der tis in Verbindung. Wı
äußeren NWſeite der Pharosinſel faq Der „Pir
hafen“, auf der hohen NOfpige der Inſel
Alexis — Alfenus.
der prächtige, von Soſtratos aus Knidos erbaute
Leuchtturm. Außerhalb der wohlbefeftigten Stadt
lag im SW. der Rhakotis die Nefropolis (Toten:
ftadt), im NO. beim Brucheion und vor dem fa:
nobiihen Thore der Hippodrom. Die Bevölkerung
von 300 000 Freien und vielleicht doppelt jo vielen
Sflaven war aus den verjchiedenften Elementen
zuſammengeſetzt (Pol. 39, 14); Übermut, Leichtfinn,
Ausichweifung, Widerjeplichkeit find die Charafter:
züge bderielben (Caes. b. ce. 3, 110). Bon dem
Glanz der alten Ptolemaierhauptitadt, die im J.
641 von dem Kalifen Omar erobert wurde, zeugen
nur noch Trümmer. Noch fteht die 110 od. 112
Fuß hohe Pompejusjäule, während ein großer
Obelist, „die Nadel der Kleopatra”, 1878 nad)
England gebracht worden iſt. — An das Serapeion
und das Mujeion zu Alexandreia knüpft ſich die
hohe Bedeutung der Stadt für die griechiiche Lit:
teratur. Die eriten Btolemaier, Pt. Lagi, Phila-
deiphos und Euergetes, erhoben die Stadt zur
Metropole der Gelehriamfeit und Litteratur jener
Zeit. Die bejonders von Pt. Philadelphos ge:
jammelte Bibliothef im Brucheion enthielt mit
den Doubletten (suagıyn) 400 000, ohne diejelben
(ueyn xal amic) 90 000 Bände oder Rollen. (So
Ritſchl. Bernhardy erflärt ovunıyn für Werte des-
jelben Autors, 3. B. von Nriftoteles 500, dueyn
zei aria für Maflen aus einzelnen litterarifchen
Gattungen, 3. B. Tragifer u. j. w.) Später wurde
eine ähnliche Sammlung von 42800 Bänden in
der Rhafotis und dem Le
legt, die freilich bei der Belagerung und Erobe:
rang durch Julins Cäſar in Brand geriet, indeflen
die von der Slleopatra geichenfte pergame:
nische Bibliothet von 200 000 Bänden erſetzt wurde.
Auch jie wurde vernichtet zur Zeit Theodofins’ des
Gr., wo der fanatiſche Erzbiichof Theophilus im
%. 389 fie zerftörte; ſpäter 2 man, wohl mit
Unrecht, bemüht geweien, dieje Barbarei dem Amru,
Feldheren des Kalifen Omar (641), zuzuſchreiben.
Bol. Ritihl, die alerandr. Bibliotheken (1838)
nebit Corollarium (1840) (Opuse,, Bd. 1). Das
Mujeion gewährte den verdienjtvollen Männern,
welche zur Ordnung, Bervollftändigung, Verbeſſe—
rung der Handichriften beitrugen, ehrenvollen Unter:
halt (n 2» Movssio olenaıg); e8 war der Gen:
tralpuntt der Bildung und Gelehrjamteit. In den
bürgerlichen Unruhen unter Aurelian ward auch
diejes zerftört. Vgl. Parthey, das aler. Muſeum
(1838). Sammlung und Sichtung der vorhande:
nen Litteraturſchätze, ſowie das Streben, alle zur
Erflärung derjelben nötigen Kenntniſſe ſich zu er:
werben, iſt das haratteriftiiche Merkmal diefer Zeit.
Für Sammlung und Ordnung der Bibliothek ſorg—
ten die Bibliothefare Zenodotos, Kallimachos, Era-
tofthenes, Apollonios, Ariftophanes, Ariftarchos.
Die Grammatif in dem meiteften Sinne des Wlter-
tums wurde bejfonders gepflegt, aber aud) im der
Mathematit und Aſtronomie find die Leitungen
der Alerandriner bedeutend. Die griechische Bibel:
überjegung ift unter den Ptolemaiern hier ent-
ftanden, und die ältejten Zeile der von jüdischen
Berfafjern gemachten Sibyllenorakel reichen in die:
ſelbe Beit hinauf. Unter denen, die einzelnen
Schriftitellern ihre bejondere Sorgfalt zuwandten,
find für Homer zu nennen: Zenodotos, Ariſto—
phanes von Byzanz und namentlich —2 Aus
dieſem Streben des Ordnens des Muſtergültigen
mpel des Serapis ange: | ©
63
gingen angeblich einige Verzeichniffe (xurörss)
hervor, die der Nachwelt zur Nichtjchnur dienen
ſollten. Der Kanon der epiſchen Dichter —
bherrührend von Wriftophanes von Byzanz und
Ariſtarch — umfahte den Homer, Heſiod, Pa—
nyaſis, Antimadyos, Beilander; von Jambo—
graphen den Archilochos, Hipponax, Stmonides
bon Amorgos; von Elegifern den Kallima-
chos, Philetas, Kallinos, Mimnermos; von Ly—
rifern den Alkman, Alkaios, die Sappho,
den Stejichoros, Pindaros, Balchylides, Ibykos,
Anakreon, Simonides von Keos; von Tragikern
ben Aiſchylos, Sophofles, Euripides, Jon und
Achaios; von Komifern den Epicharmos, Kra—
tinos, Eupolis, Ariftophanes, Pheretrates, Platon
(alte 8.) — Antipbanes und Aleris (fälichlich ſoge—
nannte mittl. 8.) — Menander, Philippides, Diphi-
108, Bhilemon, Apollodor (nene K.) — In der Proſa
die Hiftorifer Herodot, Thufydides, Kenophon,
Theopompos, Ephoros, Anarimenes, Kallifthenes;
die Redner Antiphon, Andotides, Lyſias, Iſokrates,
Iſaios, Aiſchines, Lykurgos, Demofthenes, Hype
reides, Deinarchos. Indes iſt dieſes Verzeichnis
jo planlos, lückenhaft und teilweiſe ſogar fehlerhaft,
daß Bernhardy wohl recht hat, wenn er dasſelbe
für ein trümmerhaftes, aus vollſtändigeren Kata—
logen unkritiſch gezogenes Regiſter hält, den Canon
Alexandrinorum aber als eine aus Mißverſtänd—
mis einzelner Stellen (3. B. Quint. 10, 1, 54. 59)
hervorgegangene Fiktion ganz entfernt. Ebenſo
teffen, de ecanone qui dieitur Aristophanis et
Aristarchi (1876). — Ein eigener alerandri-
niiher Dialekt ferner ward hier ausgebildet.
Ebenjo prägte fich den Dichtern diefer Schule auch
der Stempel der Gelehrten (yoxuperımol) auf;
Neinheit der Diktion, Glätte und Feinheit der
Darftellung, geregelter Versbau vermögen micht für
den Öfteren Mangel lebendiger Phantaſie und
lebensfrischer, natürlicher Darttellung zu entjchä-
digen. Apollonios aus Rhodos, Mratos, Rallima-
chos, Nitandros, Philetad gehören zu den bedeu:
tenderen Dichtern diefer Schule.
Alexis, "Alsdıs, aus Thurioi in Griechenland,
Dichter der neueren Komödie jeit 384 v. E., er:
reichte, fortwährend thätig und regſam, ein Alter
von 106 Jahren. Dies lange Leben macht die
Menge feiner Stüde (nad) Suidas 245), den Ge-
brauch von Motiven und Charakteren (die Rolle
des Parafiten) und die ungleiche Diftion erflärlich.
Die zahlreichen Fragmente zeigen ihn als eimen
Dichter von Geift und quter Beobachtung, der die
Sprache leicht und geichmadvoll zu handhaben
weiß. Fragmente — und herausg. von
Hirichig (1840), Meinele, com. Graec. fragm.
Bd. III p. 161 ff. (IL p. 688 ff. der Heinen
Ausgabe), und Rod, com. Att. fragm, Il, 1
p. 297 ff.
Alfönus (vielleicht richtiger Alfenius) Varus,
Publius, aus Cremona, anfänglich Schufter in
jeiner VBaterjtadt, ging nach Rom, wurde Schüler
des gefeierten Juriſten Serv. Sulpieius Rufus und
erlangte als Juriſt großen Ruf, wie er denn auch
als Schriftfteller (40 U. digestorum) in diejem
Fache auftrat. Catull hat an ihn das 30. Gedicht
gerichtet. Horaz (sat. 1, 3, 130 ff.) icheint Anlaf
gehabt zu haben den Stolz des Emportönmlings
ein wenig zu dämpfen. Ob er mit dem Barus
bei Catull. 10. 20 und dem Barus, der mit Bergil
—
64
bei dem Epifureer Siron Philojophie hörte, identisch
ift, ift zweifelhaft.
Algidun, fleine Bergfeite auf einer der Höhen
des Algidus, wahricheinlid beim h. Cava. Liv 26, 9.
Algidus mons, eine Bergreihe von Tuſeulum
und Beliträ gegen Pränefte hin, j. Monte Sala-
mone, M. Ceraſo; ein Hauptjtügpunft der Auer,
die von hier häufig ihre Angriffe unternahmen
(Liv. 3, 2. 3. 27. 31 u. öft.); rauh (Hor. od. 1,
21, 6. 3, 23, 9), reichbewaldet (4, 4, 58), alter
Sitz des Dianendienftes (1,21, 6. carm. saec. 69).
Alimentarli hießen diejenigen Kinder armer
(auch noch lebender) Eltern, welche bis zu einem
beftimmten Lebensjahre (dur Hadrian die Kna—
ben bis zum 18., die Mädchen bis zum 14.) mo:
natlich ihren Unterhalt (Knaben 10, Mädchen
12 Gejterzien) aus Stiftungen römifcher Katjer
—— Nach Nervas Vorgang führte Trajan
dieſe Wohlthätigleit zu Veleja bei Placentia weiter
aus (Plin. pan. 26). Die Urkunde davon iſt noch
in größeren Bruchjtüden vorhanden (vgl. Wolf,
Heine Schriften II ©. 895, und zahlreiche epi—
raphijche Arbeiten über die Urkunde); eine ähnliche
tiftung von dem jüngeren Blinius in Comum
finden wir Plin. ep. 7, 18 erwähnt. Hadrian er:
weiterte die Stiftungen des Trajan (Spart. Hadr.7),
und umter den Antoninen famen neue Anftalten,
vorzüglich für bis dahin weniger bedachte Mädchen
(novae puellae Faustinianae), hinzu, wahrjchein:
lich jedoch auf Rom bejchräntt. Pertinax hob aus
Nüdjichten der Sparjamfeit die Anftalt Trajans
auf, während Alerander Severus wieder eine ähn—
liche Stiftung begründete; doch jcheinen die früheren
mehr wirkliche SKinderverpflegungsanftalten, das
legte mehr ein Legat — zu ſein. Vgl. Franke,
zur Geſch. Trajans ©. 377—420.
Alimentus j. Cinecii.
Aliphöra (Liv. 28, 8. 32, 5. Cic. ad Att. 6,2),
Akipsipa, n, (Pol. 4, 77ff. oder Akdpnea,
Faus. 8, 26. 27), j. Nerowitza mit anjehnlichen
Ruinen, Bergftadt im ſüdweſtl. Arkadien an einem
Nebenflüfchen des Alpheios. Die Bewohner be-
teiligten fich bei der Gründung von Megalopolis.
Im Bundesgenofjenktriege (219— 217 v. E.) nahm
Philipp II. die jehr feite Stadt nebft der Burg ein,
wojelbit fich ein Tempel der nad einheim. Sage
hier geborenen und erzogenen Athene mit einer
ſehr geichäßten Bildſäule diejer Göttin und ein
Tempel des Ajklepios befanden.
Alipilus, der Sklave, der bejonders in ben
Bädern das Geichäft hatte, die Haare unter der
Achjel mittelft einer Kneipzange (volsella) aus-
äzureißen (vellere alas, Juv. 11, 157). Dies ge
hörte zur Galanterie der Weichlinge, die zuletzt
am ganzen Körper glatt fein wollten (isti volsi
atque expoliti, Sen. controv. 1. praef.). Bisweilen
geichah es auch durch aufgelegte Pech- oder Harz—
pilafter (pAnBeov, Heuraf), daher resinatn iu-
ventus (Juv. 8, 114).
Aliso, nad Bellejus (2, 120) und Tacitus
(ann. 2, 7) eine römijche Fefte an der Lippe, von
Drufus im J. 11 v. E. angelegt ald Stüßpunft
der Operationen gegen die Germanen (nach Dio
Cass. 54, 33 am Einfluß des Alifo im die Lupia).
Nach der Niederlage des Varus von den Deutſchen
erobert, ward fie im J. 15 mn. E. wieder herge—
ftellt, im folgenden Nahre von den Germanen be:
lagert, von Germanieus aber entjeßt. Die Lage
Hi
|
Algidum — Alkathoos.
ftreitig; nad) einigen ift es das
aderborn, nad) andern lag es bei
bei Wejel oder bei Haltern.
Alkaios, Axciog, Alcaeus, 1) j. Perseus, 1.
— 2) f. Herakles, 5. — 3) berühmter Igrijcher
Dichter der Griechen, aus Miytilene anf Lejbos,
um 612 v. E. blühend, älterer Zeitgenoſſe der
Sappho. Er gehörte einem vornehmen Geſchlechte
und der Adelspartei feiner Baterjtadt an, ftritt
tapfer in der Fehde gegen die Athener um den
Befi von Sigeion, wobei er feinen Schild verlor,
und beteiligte ſich mit leidenſchaftlichem Sinne,
aber ausdauerndem Mute an den Kämpfen jeiner
Bartei gegen die Tyrannen Melanchros, Myrfilos
u. a., ſowie aud) gegen den zum Wiiymneten (j. db.)
erwählten weilen Boltsfreund Pittafos, wodurch
er längere Zeit gezwungen war jein Vaterland
u meiden. Zuletzt fam er bei dem Berjuche, die
ückkehr ins Vaterland zu erzwingen, in die Ge—
walt des Pittafos, der ihm großmütig verzieh.
Ob er darauf wieder in die fremde gezogen oder
ruhig im Baterlande geblieben ift, bleibt ungewiß.
Seine Gedichte, von den Alerandrinern in mindes
ſtens 10 Bücher geteilt, aber uns nur in jpärlichen
Überrejten erhalten, waren im aioliſchen, durch
epifche Formen gemilderten Dialekt verfaßt und
trugen die Eigentümlichfeit der aioliſchen Dichtungs-
art an fich, offenes und kühnes Hervortreten der
Berjönlichkeit, Feuer und Erregbarteit der Gefühle.
Eine zornige Leidenſchaftlichteit, aber aud ein
ftartes männliches Gemüt zeigten befonders jeine
politifchen Gedichte (srasıwrına), die ſich auf die
Kämpfe der leſbiſchen Adelspartei bezogen. Die
Horazischen Lieder (od. 1, 14 u. 37) find Nach—
bildungen. Außerdem dichtete er mehr epiich ge-
haltene Hymnen auf die Götter und» einige, ſtarke
Sinnlichleit atmende, Trinf: und Licbeslieder
(suurorıxa und Zpwrıxd). In jenen zeigt er fich
bejonders erfinderiich in Motiven, die zum Trinken
einladen jollen (Antlänge vielfach bei Horaz, wie
od. 1, 9), betrachtet aber den Wein micht bloß
von Seite des jinnlichen Genufjes, jondern mehr
nad) jeinen edeln geiitigen Wirkungen. Bon jei-
nen Liebesliedern wiſſen wir wenig. Doc vgl.
Horaz, od. 1, 32, 5. Er zeichnet fich aus durch
fraftvolle, rajche, würdige Diftion, anichauliche
Bilder und geniale Behandlung der metriichen
Kunft. Die alkaiiſche Strophe ıft von ihm er—
funden. Die Fragmente find geſammelt und ber-
ausgegeben von A. Matthiä (1827), am beiten im
Bergfs poet. Iyr. Gr. III p. 147 ff. Bgl. Th. tod,
Altaios und Sappho (1862). — 4) aus Miytilene,
Komiker und jüngerer Nebenbuhler des Ariſto—
phanes, Berf. von 10 meiſt der Mythologie ent:
lehnten Komödien, unter denen der Titel KÄouo-
dorpayodi« merlwürdig ift. Die wenigen Bruch:
ftüce find gejanmelt von Meineke, com. Graec. II
p. 824 ff., und Stod, com. Att! I p. 756 ff. — 5) aus
Meflenien, Epigrammendichter aus ungewiljer Beit.
Unter jeinem Namen finden fih 22 Stüde in der
griechiichen Anthologie.
Alkamönes |. Bildhauer, 6.
Alkathöos, Alrddoog, "Alnadovs, 1) ©, des
Pelops und der Hippodameia in Elis, tötete auf
dem Stithairon einen Löwen, der den Sohn des
Megareus zerriffen hatte, und erhielt von dieſem
zum Dank jeine Tochter Enaichme zur Gemahlin
und nach jeinem Tode die Herrichaft über Megara.
. Efjen bei
mm oder
Alkestis — Alkibiades.
Er ftellte mit Hülfe Apollons die Mauern der
Stadt, welche die Kreter zerftört hatten, wieder
her und erbaute die eine von den zwei Burgen
Megaras mit einem Tempel des Apollon. T’heogn.
773. Wo Mpollon, der diejen bei der Arbeit
unterjtügte, die Kithara hingeftellt hatte, zeigte
man jpäter einen Hingenden Stein. WIE. hatte in
Megara ein Hervon, und die Spiele Alnattoic
wurden ihm zu Ehren gefeiert. Paus. 1, 41, 3.
42, 1. — 2) ein Troer (j. Aineias).
Alkestis j. Admetos.
Alkötas, Alxdrec, 1) König von Epeiros, von
feinem Vater Arybbas wegen feines wilden, trogigen
Sinnes vom Throne ausgeichloffen, wurde nad)
feines Bruders Niafides Tode König, 313 v. E.,
und erwarb jich die Gunft und den Schub des
Kaſſander von fedonien. Beides ficherte ihm,
der fich bei feinen Landslenten bald durch jeine
Graufamfeit und Härte verhaßt gemacht hatte,
eine Zeitlang die Herrichaft, bis die Erbitterung
der Epeiroten jo hoch ftieg, daß fie ihn ſamt
jeinen Kindern ermordeten und den jungen Pyr—
rhos, den Sohn feines verftorbenen jüngeren
ruders Niafides, zum Könige ausriefen, im J.
306. Paus. 1, 11,5. Plut. Pyrrh. 3. — 2) einer
der Feldherren Aleranders des Großen. Als fein
Bruder Perdilfas, der von Alexander noch vor
jeinem Ende bejtellte Reichdverweier, auf dem
Zuge gegen Agypten (321 v. E.) ermordet wurde,
befand ir Ifetas in Aſien auf jeiten des
Eumenes. Bon den Gegnern gleich Eumenes und
andern Berteidigern des Königshauſes geächtet,
begab er ſich nad) Pijidien, deſſen Bewohner ſich
zum großen Teil an ihn amfchloffen. Aber in
offener Schlacht befiegt, wurde er von einigen
Bürgern der Stadt Termejjos verraten und ftürgte
fi in jein Schwert, um micht Gefangener jeiner
Gegner zu werden. Arr. 4, 27. Diod. Sic. 18,
4hff. Just. 13, 8.
Alkibiädes, AxıBıadns, ©. des Kleinias, geb.
zu Athen um 452 v. E., ungefähr 5 Jahre vor
dem Tode jeines Baterd. Des vermwaiften Knaben
Bormund wurde zunächit jein naher Verwandter,
der berühmte Perifles. Bon hohen geiftigen An:
lagen, jchöner Nörpergeitalt , großem Reichtum,
eigte er zugleich grenzenloſen Leichtfinn, ent:
—— Hang zu Ausſchweifungen und ebenſo—
viel Zügellofigfeit und Mutwillen. Dabei liebens—
würdig und beredt, verjtand er es, fich Liebe beim
Bolfe zu erwerben, wodurd er, unterftüßt von
feinem Reichtum, der es ihm verftattete Freigebig—
feit und nötigenfalls Verſchwendung zu üben, zu
großem Anjehen und Einfluß gelangte. Vermählt
nit Hipparete, einer Tochter des reichen Atheners
Hipponikos, frönte er dennoch vielen Ausjchwei-
fungen, weshalb jeine Frau von ihm getrennt zu
werden begehrte, was Alf. indes gewaltiam ver:
hinderte (Plut. Alec. 8). Er war Zögling des
weijen Sokrates, aber defien Lehren hatten wenig
Einfluß geübt auf die Lebhaftigfeit und den Leicht:
finn des Fünglings, der zu glänzen und hervor:
zuragen den heißeften Wunſch hegte. Im Felde
Beltgenofje des Sokrates, focht er bei Potidaia mit
(432) und wurde durch feines Lehrers Tapferkeit
aus augenjcheinlicher Lebensgefahr gerettet; 8 Jahre
ipäter rettete diefen wieder der Schüler in der
Schlacht bei Delion. Bon da an beteiligte er ſich
fat an allen Ereigniffen des peloponnefischen Krie—
Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl.
65
ges. Im J. 420, als Nifias von den Spartanern
zum Vermittler erwählt war, veranlaßte er jeine
Baterjtadt zu einem Bündniffe mit Argos, Elis
und Mantineia troß der Segenbemühungen Spar:
tad, verjpottete deſſen Gejandte und den Nikias
(Thue. 5, 43 ff. Plut. Ale. 14) und befriegte im
folgenden Jahre die Lakedaimonier im Peloponnes.
Aber ſchon im J. 418 mußte Argos mit Sparta
Frieden machen (Thue. 5, 56 ff. 76 ff.), ſchloß indes
416 mit Athen abermals ein Bündnis und be-
feftigte die Stadt auf Alfibiades’ Rat beionders
nach der Seejeite hin. Zwar zerftörten die Spar:
taner die eben erbauten Mauern gleich wieder,
aber Alf. erihien bald darauf mit einer Flotte
und vertrieb eine Anzahl ipartaniich gejinnter
Urgiver. Plut. Ale. 15. T’hue. 5, 84. Inzwiſchen
war von der Stadt Egefta auf Sicilien nach Athen
die Bitte um Beiltand gegen Syrakus gelommen,
und Alf. bemühte fich bejonders das Volk zu einer
friegerifchen Unternehmung gegen Sicilien zu ſtim—
men, hatte aber dabei noch andere weitgehende
Eroberungspläne. Das begeifterte Bolt ftimmte
ihm bei, große Nüftungen wurden gemacht, und
At. jelbit, Nikias und Lamachos an die Spike
geftellt. Flut. Ale 17. Thue. 6, 6ff. Doc furz
vor der Abfahrt der Flotte wurden in einer Nacht
die zahlreichen Hermenfäulen in Athen umgeftürzt
und unter andern auch Alf. der Teilnahme daran
beichuldigt. Nep. Ale. 3. Plut. Ale. 18. Er
verlangte Unterſuchung, obgleich bei jeinem Leicht:
finn feine Teilnahme an dem Frevel nicht unmwahr:
fcheinlich war; er trat indes jo feit auf, daß jeine
Gegner ihm nicht weiter anfochten, jondern die
weitere Unterjuchung bis u feiner Rückkehr zu
verichieben vorichlugen. Alk. unterwarf fich dem
Beichluffe. Plut. Ale. 2 Thue. 6, 27 ff. Aber
jofort nach der Abfahrt fingen feine Gegner die
Unterjuchung wieder zu betreiben an, das Bolt
wurde gegen ihn aufgehept und die Salaminia
abgejandt, ihn zurüdgubringen. Thuc. 6, 53. 61.
Anfangs folgte er der Ladung Auguſt 415), ent-
In aber zu Thurioi in Unteritalien und begab
ic) nadı Sparta. Auf die Nachricht davon ver:
urteilte man ihn in Athen und bejtrafte ihn mit
dem Berlujt jeines Vermögens. Deshalb von Rache
erfüllt, ftand er den Spartanern treulich mit fei-
nem Rate zur Seite und veranlafte die Befeftigung
von Defeleia an der attijchen Grenze, jowie die
Abſendung eines Hülfsheeres unter Gylippos nad)
Syrafus, 414. Thuc. 6, 88ff. 7, 18. Um das
Vertrauen der Spartaner zu bewahren, fügte er
ſich ganz der ftrengen jpartaniichen Lebensweiſe.
Auch beredete er jie, eine Flotte auszurüſten, er-
hielt ſelbſt 5 Schiffe, mit welden er der Flotte
—— brachte ein Bündnis mit dem perſi—
ſchen Satrapen Tiſſaphernes zuſtande und ver—
anlaßte die Jonier zum Abfall von Athen (Tihuc.
8, 14 ff). Als aber die jpartaniichen Feldherren,
und bejonders der König Agis, mit Eiferjucht und
Mißgunſt auf feinen Bachleuben Einfluß jahen
und nach einem Unglüd der ſpartaniſchen Flotte
ihn jogar verdächtigten, entging er der Ermordung
nur durch die Flucht zu Tiffaphernes (Dftober 412),
gewann denjelben allmählich fiir Athen, knüpfte
dann mit den Führern der athenifchen Flotte bei
Samos Unterhandlungen an und ging jelbft auf
ihre Pläne hinſichtlich der Verwandlung der
demofratiichen Regierungsform Athens in eine
6
66 Alkidamas — Alkmaion.
oligarchiiche ein. Gejandte der Flotte famen nad)
Athen und brachten es troß des Sträubens des
Volkes dahin, daß Alt. mit Tiffaphernes wegen
eines Bündnifjes unterhandeln jollte. Plut. Ale.
25. Thue. 8, 45ff. Aber der Berjer wollte die
Lafedaimonier, welche er fürdhtete, nicht durch Ab-
ſchluß eines Bündniſſes mit Athen reizen, und die
zu ihm gekommenen athenijchen Gejandten kehrten,
von Alt. hintergangen, wieder heim. Gleichwohl
wurde in Athen die Demokratie gejtürzt, und die
nun herrichenden Dligarchen begannen eine Art
von Schredensregiment, riefen auch die Verbann—
ten, aljo auch den Alk., nicht zurüd. True. 8,57 ff.
Dagegen erhob jich Heer und flotte zu Samos;
Thraiybul und Thraiyllos wurden von ihnen zu
Anführern ernannt, und beide bewirlten 411, daß
Alt. ihnen beigejellt wurde. Diejer aber widerriet
den Rachezug nad Athen und ftellte an die in:
zwiichen angelangten Abgejandten der Dligarchen
leine Forderungen. Sierüber gerieten diejelben
unter ſich im Uneinigkeit und wurden nad) dem
Verlufte Euboias an Sparta gejtürzt. So hatte
All. indem er den Bürgerkrieg verhinderte, Athen
‚gerettet. Seine Bemühungen indes, den Tifja-
phernes für Athen zu gewinnen, jcheiterten, ob—
glei er ihn ſogar bei den Lafedaimoniern zu
verdächtigen wußte und dieje ihn feindlich be—
handelten. Glüdlicher dagegen war er im Kampfe,
indem er einen zweiten Seeſieg der Athener über
die Beloponnefier bei Abydos durch jeine Ankunft
entjchied (411). Plut. Ale. 27. Ein ermeuter Ber:
juch bei Tifjaphernes führte dazu, da diefer ihn
gefangen nad Sardes führen ließ, von wo Alf.
aber nadı 30 Tagen entfloh und die Spartaner
bei Kyzikos (410) entjcheidend befiegte (Plut. Ale.
28. Xen. Hell. 1, 1, 11f.), worauf er im den
Jahren 409 und 408 Byzanz, Chalfedon und
andere Städte eroberte, überall Kontributionen
eintrieb und dann erjt beichlof, nad) Athen, welches
er jeit 8 Jahren nicht geſehen hatte, zurückzu—
fchren (Anfang Juni 408). Seine Verwandten
holten ihn ans Land, jubelnd empfing ihn das
Bolt, jein Vermögen wurde ihm zurüdgegeben,
und er zum Feldherrn über Heer und Flotte er-
nannt. Aber die VBornehmen juchten ihn möglichit
bald zu entfernen, um den ihm erwiejenen Ehren
ein Ende zu machen. Er jegelte aljo mit einer
"Flotte aus zur Wiedereroberung der abgefallenen
Juſel Andros. Als die Unternehmung mißlang
und außerdem die Flotte in Allibiades' Abwejen-
heit durch die Unbejonnenheit jeines Unterbefehls-
habers Antiohos von dem Spartaner Lyſander
geichlagen wurde, 407 (Xen. Hell. 1, 5, 14), da
erwachte von neuem der Unwille des wankel—
mütigen Bolts in Athen, und es gab den heftigen
Anlagen der Gegner des Alf. bereitwillig Gehör.
At. 309 der Verteidigung freiwillige Verbannung |
vor und lebte fortan auf einer ihm gehörigen
feften Burg in Thratien. Xen. Hell. ı, 5, 17.
Nep. Ale. 7. Plut. Ale. 36. Als jpäter die athe-
niſche Flotte bei Aigospotamoi lag, machte er ihre
Treldherren auf die gefährliche Lage aufmerkſam,
fand aber fein Gehör bei ihnen (ZPlut. Ale. 37).
Nach der Eroberung Athens durch Lyſander und
der Einjeßung der Dreikig beganı If. für jeine
Sicherheit zu fürchten, verlieh daher Thrafien und
begab ſich zum Satrapen Pharnabazos von Phry-
gien, um ıhm für die Vefreiung Athens zu ge
winnen; diejer aber folgte der Aufforderung Ly—
fanders, den gefährlichen Mann zu ermorden, und
jandte dazu jeinen Bruder mit einer Anzahl von
Leuten ab. Sie umftellten defien Wohnung in dem
Städtchen Melifja, warfen Feuer in diejelbe und
erichoffen ihn mit Pfeilen, als er, um ſich zu
retten, aus dem brennenden Haufe herausftürzte,
404 (Plut. Ale. 39. Nep. Alc. 10), Mono-
graphien von G. F. Hergberg (1853), Houſſayes
(1876) und Fokle (1883).
Alkidämas, Alrıdauas, aus Elaia, Schüler
bes Gorgias, Seitgenofie des Iſokrates und Lehrer
der Redekunſt. ine regen, nad welder ſich
Demojthenes und Aiſchines gebildet haben jollen,
ift verloren; ebenjo jerne nach dem Mufter jeines
Lehrers Gorgias gearbeiteten Deflamationen. Unter
jeinem Namen find zwei Neden auf uns gefomt-
men, Odvsssvg und wroi opıctor, die aber
jicherlich nicht von demjelben Berf. find. Die
legtere will Blaß dem Alt. nicht abiprechen, auch
Spengel hatte fie verteidigt. Sie find abgedrudt
in den Yusgg. der Oratores Atlici bon Better
und von Baiter und Sauppe, jowie in Blaßs
Ausg. des Antiphon (S. 198 ff.).
Aikinöos, Alxdroog, der weile König des
mythiſchen Schiffervolfes der Phaiafen auf der
Inſel Scheria, Sohn des Naufithoos, Enkel des
Poſeidon, Gemahl der Arete, Bater von 5 Söh—
nen und der Naujifaa. Er nahm den ſchiffbrüchigen
Odyſſeus gaſtlich auf und ließ ihm reich beichenft
nad) Haufe geleiten (Od. I. 6—13). In der Argo:
nantenjage wohnt er auf der Inſel Drepäne (Ker—
fyra, wohin von Korinth aus die Sagen von
Medeia und den Argonauten gelommen); er nimmt
die heimfehrenden Argonauten auf und bejchübt
Medeia vor den verfolgenden Kolchiern. Dieje
ichenen fich ohne Medeia zurüdzufehren und blei—
ben bei Alkinoos. Apoll. Irhod. A, 990. Gr
hatte in Kerkyra einen Hervenfult. Tue. 3, 70.
Alkiphron, Alxipeor, ein griech. Sophijt des
3. Jahrh. n. E., hat 3 Bücher fingierter Briefe
(im ganzen 118) hinterlaffen, in welchen er uns
in einer reinen, den beten Muftern nachgebildeten
Sprache und gefälligen Form eine Schilderung der
Sitten und Kulturzuftände, vornehmlich Athens,
durch Vorführung verichiedener Stände Fiſcher,
Bauern, Barajiten und SHetären) und Lebensver:
ältniffe entwirft. Ausgg. von Bergler (1715),
Seiler (1853) und Meinele (1853).
Alkmaion, Alxucior, 1) Sohn des Amphia-
raos und der Eriphyle (Hom. Od. 15, 248). Als
Amphiaraos gegen Theben zog (j. Amphiuraos),
trug er jeinen noch unerwachjenen Sähuen, At
maion und Amphilochos, auf, jeinen Tod an
Eriphyle zu rächen. Nachdem daher Altmaion,
von dem Epigonenzuge (j. Adrastos), dejien
Anführer er, einem Orakel zufolge, gewejen, zurüd-
gefchrt war und erfahren hatte, daß jeine Mutter
auc ihn für den Peplos (jchleierartiges Gewand)
der Harmonia zur Teilnahme an dem Zuge ver:
mocht hatte, tötete er jie, entweder allein oder
in Gemeinschaft mit jeinem Bruder. Er wurde
daher gleich Oreſtes von den Erinyen verfolgt und
fam wahnjinnig nach Biophis zum Phegeus; diejer
entjühnte ihn und gab ihm jeine Tochter Aipheji-
boia (oder Arſinoe) zur Gemahlin. Alkmaion
ichenfte ihr Halsband und Beplos. Bon neuem
Wahnſinn ergriffen, fam er nad) langem Umher—
Alkman —
irren an den Ausflug des Acheloos. Hier fand
er auf einer jüngjt erſt augeſchwemmten Inſel die
Ruhe und baute ſich an; denn er hatte das Drafel
erhalten, er würde auf dem Boden von feinem
Wahnſinne befreit werden, der zur Zeit feines
Muttermordes noch nicht vorhanden geweſen wäre.
Er verband ji mit Kallirchod, der Tochter des
Acheloos, und zeugte mit ihr Afarnan und Am:
photeros. Als er diejer das Halsband und den
Beplos aus Piophis holen wollte, ward er von
den Brüdern der Wlphefiboia ermordet. Apollod.
3, 7, 2. 5—7. Thue. 2, 102, Wllmaion wurde
nad) jeinem Tode göttlich verehrt; zu Theben hatte
er ein Heiligtum in der Nähe von Pindars Hauſe,
in Pſophis ein heilig gehaltenes Grabmal. Yind.
. 8, 57. Paus. 8, 24, 7. Seine Gejchichte
war ein beliebter Gegenſtand der Tragödie, doch hat
fich fein derartiges Stüd erhalten. — Sein Bruder
Amphilochos, ein Seher, nahm auc teil am
Epigonenzuge und am trojanijchen Kriege. Auf der
Rückreiſe von Troja gründete er mit dem Seher
Mopjos Mallos in Kilikien. Nach Thufydides
(2, 68) gründete er von Argos aus das amphi-
locdyiiche Argos (A. rö Aupikogıxov) in Alarna—
nien am Ambrafijchen Meerbujen. Bon hier ging
er wieder nach Kilifien, fiel aber im Kampfe mit
Mopjos. Er hatte zu Mallos ein Drafel und ward
u Dropos neben jeinem Bater, zu Athen und
parta alö Heros und Seher verehrt. Hom. Od.
15, 248. Paus. 3, 1ö, 8. — 2) Urenfel des Neftor,
der bei der Einwanderung der Dorier in den
eloponnes von Pylos nad Athen kam, der
tammvater des berühmten Geſchlechts der Alk—
maioniden. — 3) Zeitgenofje und Schüler des
Pythagoras, der Sonne, Mond und Sterne (ani-
mumque praeterea, Cie. n. d. 1, 11, 27) als
Götter verehrte. — 4) legter lebenslänglicher Archon
in Athen, 752 v. E.
Alkman, Alracv (doriiche Form für Aluuaior),
lyriſcher Dichter der Griechen um DI. 40 = 620
v. E., von Indiicher Herkunft, oder vielmehr ein
Aiolier aus dem Indiihen Sardes. Angeblich war
er in Lydien geboren und fam als Sklave nad)
Sparta, wo er im Haufe des Ageſidas aufwuchs,
freigelafien wurde und jogar das Bürgerrecht er:
langt haben joll. Wahrjcheinlich jedoch war er
ein freier Mann ; wenn er wirklich aus der Fremde
nach Sparta fam, jo hatte er gleich Terpandros
j. d.) u. a. einen offiziellen Ruf erhalten. Seine
lüte fällt um 612, wo die Spartaner Muße
hatten ſich der heitern Seite des Lebens zu wid—
men. Gr dichtete beſonders Parthenien (Chorlieder
für Jungfrauen), Hymnen, Paiane, Prosodien,
Liebeslieder in großer Mannigfaltigkeit des poe—
tiſchen Tons und des Versmaßes. Den rauhen
altlakoniſchen doriſchen Dialekt milderte und ver—
edelte er durch Aufnahme epiſcher und aioliſcher
Formen. Die Bewunderung, welche ihm das Alter:
tum zollte, findet in den vorhandenen Bruch:
ftüden feine rechte Bejtätigung, weil jie von zu
eringem Umfange find oder um geringfügiger
inge willen angeführt werden. Zu den von
Belder (1815) gelammelten Fragm. iſt 1855 ein
neues, überaus wertvolles aus einem von Mariette
in Ägypten gefundenen, jetzt in Baris befindlichen
Papyrus gefommen. VBolljtändige Sammlung der
Bruchſtücke von Bergk, poet. lyr. Graee. I
p- 14 ff.
67
Alkmöne, Alxunen, Tocter des Eleftryon,
Gemahlin des Amphitryon (j. d.), Mutter des
Herafles (ſ. d.) von Zeus. Nach dem Tode ihres
Gatten heiratete fie den Rhadamanthys (j. d.), zu
Okalea in Boiotien, wo man auc die Gräber
beider zeigte. Nachdem Herafles unter die Götter
verjegt ift, flieht jie vor Euryſtheus nad Athen,
fommt aber nach Theben zurück und jtirbt Dort
in hohem Alter. Sie blieb ald Stammmutter der
Herakliden fortwährend ein anne der Bühne
(des Aiſchylos und Euripides Stüde jind verloren
gegangen) und der Berherrlihung in Liedern.
Zeus joll fie durch Hermes auf Die Inſeln der
Seligen haben geleiten und dort mit dem Nhada-
manthys wieder vermählen laſſen. In Theben
wurde fie göttlich verehrt, in Athen hatte fie einen
Altar im Tempel des Herafles.
Alkyöne j. Keyx und Pleiades.
Alkyöneus, Alxvoveug, ein Nieje, der den
Herakles auf dem Korinthiichen Iſthmos überfiel,
als er die Rinder des Geryones hier durchtrieb,
und ihm mit einem Yelsftüd 12 Wagen und
25 Männer zerichmetterte. Als er das Yelsjtüd
gegen Herakles jchleuderte, ſchlug dieſer es mit
der Keule zurüd und tötete mit demjelben Schlage
den Rieſen. Andere verlegen diejen Kampf nad)
Phlegyai. Er iſt urjprünglich derjelbe All., der
als der gewaltigfte unter den Giganten in der
Gigantenichlacht eine Hauptrolle ſpielt. Jind,
nem. 4, 27.
"Alxvoridss yusgaı. Alcyonii dies (von «i-
“vor, Seevogel), heißt die ftille, nicht ſtürmiſche
Zeit im Winter, während 2 Wochen um deu
kürzeſten Tag herum, jo genannt, weil dann, wie
man glaubte, der Eisvogel brütet. Aristot. h. a.
5, 8. Aelian. v. h. 1, 36. Plaut. Cas. prol. 26.
Colum. 11, 2. Plin. iv, 32. Op. mer. 11, 745.
Allia (Alina), lintes Nebenjlüjchen des Tiber,
etwa 11 Millien nördlich von Rom, befannt durd)
die gänzliche Niederlage, welche bier die Nömer
von den Galliern erlitten, im J. 390 v. E. am
18. Juli (XV. Kal. Sext.), dem unglüdlichen dies
Allieusis. Liv. 5, 375. Verg. A. 7, 717. Wegen
der Zeitbeftimmung vgl. Liv. 6, 1, Plut. Cam. 19.
Allienus, Aulus, im Jahre 60 v. C. Legat
des D. Cicero in Aſien, erlangte im J. 49 die
Prätur und verwaltete nach Ablauf derjelben (von
48 bis Mitte 46) Sicilien, wo er als Anhänger
Cäſars auftrat. Als legterer ermordet war, trat
er zur Partei des Brutus und Gajjius über, denen
er mehrere Legionen zuführte. Cie. ad Alt. 10,
15, 3. ad fam. 12, 11,1. Caes. b. Afr. 2. 26. 34.
Allifae, j. Alife, Stadt in Sammium am Boltur:
nus, in herrlicher, fruchtbarer Gegend (Liv. 8, 25.
9, 38) an der Straße von Ron nad) Beneven-
tum. Allifana sc. pocula oder vasa bei Horaz
(sat. 2, 8, 39) jcheinen eine Art großer Becher
gewejen zu jein.
Allobröges (Sing. Allöbrox), Alloßgıyes,
d. h. die auf fremdem Boden Wohnenden, eine in
den Gebirgen von Gallia Narbonensis wohnende
friegeriiche Bölferihaft, von der Iſara (Niere),
dem Rhodanus (Hhone), dem Lacus Lemannus
(Genferjee) und den Grajiichen Alpen begrenzt, mit
den Hauptftädten Genava (j. Genf) und Vienna
(j. Vienne). Sie führten hartnädige Kriege mit den
Römern und blieben, obwohl 121 v. C. durch
D. Fabius Marimus (daher Allobrogicus) unter:
5*
Allobroges.
68
worfen (Vell. Tat. 2, 10), dennoch in fortwähren:
der Feindichaft gegen die Römer. Sall. Cat. 40.
Caes. b. g. 1, 6. 7, 64. Cie. Cat. 3, 9, 22.
Später hieh ihr Land Sapaudia (Savoyen). Amm.
Marc. 15, 11, 17.
Almo, fleines Flüßchen in Latium, bei Bovillä
entipringend und dicht unterhalb Roms in den
Tiber fallend, j. Acquataccia. In ihm wuſchen
die Priefter der Kybele (Galli) jährlich deren Bild:
ſäule ab, am 12. April (Ov. fast. 4, 327).
Aloaden oder Aloiden, Aluddaı, Alweidaı,
die Söhne der Iphimedeia und des Aloeus,
Akwerg, welcher Sohn des Pojeidon heißt, oder
des Poſeidon jelbft, mit Namen Otos und
Ephialtes, Rrog, "Epıeirns. Sie wuchjen alle
Jahre eine Elle in die Breite und eine Mafter in
die Länge, jo daß fie im 9. Jahre 9 Ellen in die
Breite und 9 Klaftern in die Länge maßen. Gie
bedrohten die Götter im Himmel, indem fie den
Oſſa auf den DOlympos und auf den Oſſa den
Belion türmen wollten; und fie Hätten es aus:
eführt, wenn nicht Apollon fie, bevor fie zu
ünglingen heranwuchſen, mit feinen Pfeilen ge-
tötet hätte (Z/om. Od. 11, 306). Den Ares feffelten
fie und hielten ihn 13 Monate lang in ehernem Ge—
fühe gefangen. Ihre Stiefmutter Eriboia verriet
es dem Hermes, und diefer befreite den ſchon ganz
entfräfteten Ares aus jeinen Feſſeln (Tl. 5, 386).
So erſcheinen diefe beiden Niejen bei Homer als
Wejen don übergroßer Kühnheit, die gleich den
Titanen den olympiichen Göttern feindlich ent:
egentreten. Als Grund, warum fie den Himmel
(men wollten, gab man jpäter an, daß jie nad)
m Befite der Hera und ber Artemis geftrebt
hätten; auch erzählte man, Artemis ſei auf Naros
in Geftalt einer Hindin zwiſchen ihnen durch:
geiprungen, und beide hätten ich, als fie zugleich
mit ihren Speeren nad) ihr warfen, gegenjeiti
getötet (Apollod. 1, 7, 4). In der Unterwelt
waren fie —— von einander mit Schlangen
an eine Säule gebunden und wurden durch das
ſtete Geſchrei einer Eule (Jroe) gequält. — Sehr
verſchieden von der homeriſchen Darſtellung er—
ſcheinen die Aloaden in den Sagen der boiotiſchen
Thraker: fie ſollten am Helikon zuerſt den Muſen—
dienſt eingeſetzt und Wifra, ſowie manche andere
Städte, gegründet haben. Ihre Gräber zeigte man
zu Anthedon und auf Naxos, wohin Thraker über—
geſiedelt waren. Auf Naxos wurden ſie als Heroen
verehrt. Sie galten hier alſo als kulturverbrei—
tende Heroden und Kolonienführer der Thraker.
Wie dieſe Bedeutung mit der homeriſchen zu ver—
binden, oder die eine aus der andern herzuleiten
ſei, darüber gibt es ſehr verſchiedene Meinungen,
ſowie man überhaupt über die urſprüngliche Be—
deutung der Aloaden noch ſehr im unklaren iſt.
Eine Deutung, die vielen Beifall gefunden hat,
jedoch nicht alle Züge der Fabel genügend er—
klären kann, iſt folgende: Aloeus iſt der Arbeiter
der Tenne (alon), und ſeine Söhne find die
Dreſcher, die Männer der Tenne, welche das Ge:
treide ftoßen und jtampfen (wHEw und lallm).
Dieje märhenhaften Wejen machte aber die find:
liche Phantaſie der Mythenzeit zu gewaltigen
Niefen, Nämpfern und Berftörern, die jelbft den
Olympos zu zertrümmern gedachten. Wichtiger
wohl faht man die Wloaden als telluriiche und
agrariihe Dämonen des Saatlandes (alor), aus
Almo — Alpes.
denen Heroen des Landbaues und der daraus ı
—— höheren Kultur wurden; als Sö
er nahrungsſproſſenden Erde zu rieſiger Gr
und Kraft ernährt, erheben fie fich im Über
menfchlicher Kultur tropig gegen die Götter.
Alöpe, ’Alörn, 1)j. Hippothoon. — 2) ©
der opuntiichen Lokrer. Thuc. 2, 26. — 3) ©
in Thefjalien. TI. 2, 682. Liv. 42, 56.
Alopöke, Alonsun, Alomexai, attiſcher Den
',, Stunde dftl. von Athen, Heimat des Arifte
und Sofrates. Hat. 5, 63. Aeschin. Ctes. {
Alpes, al "Alnstıe, r@ "Alneıo, Almeıva, "AA
don, nur dichteriich oder byzantiniſch n "44
vielleicht ein keltiſches Wort — ad Verg.
3, 474: Gallorum lingua alti montes Al
vocantur), höchſtes Gebirge Europas, welches
um Oberitalten vom Sinus Lizustieus nord
in einem großen Bogen herumzieht und de
öftl. Fortiegungen mit den Gebirgen der gri
Zen in Verbindung jtehen. Die einzel
eile, deren Abgrenzungen freilich in der Haı
ſache auf willfürlichen Beitimmungen der neı
Geographen beruhen, find: 1) Alpes ma
timae (4. magattalascıoı, zapalıoı) (Plin
140 u. d. Tac. ann. 15, 32), j. See: oder &
riijhe Alpen, vom Appennin bei Savona bis
den Quellen des Varus auf dem M. Cänia
Camaion oder Camaleone) und weiter bis zum
Veſulus (M. Viſo). — 2) die nad) einem lig
ichen Könige Cottius benannten A. Cott
oder Cottianae, j. die Eottijchen Alpen, von Ebı
dunum bis Segufio, oder vom M. Viſo bis ;
M. Cenis; zu dieſer Kette gehört der hohe 2
Matröna oder M. Janus (j. M. Genevre). i
hist. 1, 61. 4, 68. Eutr. 7, 11. — 3) bie
Graiae (saltus Graius, mons Graius
Grafische Alpen), vom M. Cenis bis Mugnfta
toria (j. Aoſta), zu denen das iugum Cremi
(j. le Eramont) und die A. Ceutronicae (Gru
des Heinen St. Bernhard?) gehören. Ziv. 21,
5, 35. Nep. Hann. 3. — 4) die Alpes P:
ninae oder Poeninae (j. Penniniiche Al
mit den Lepontiniſchen), fälichlich von Poenus
eleitet (Liv. 21, 38), mit einem Tempel
upiter Poeninus oder Penninus auf der höch
Spite (Gr. St. Bernhard), von dem ſich Rui
und Inschriften (namentlich Votivtäfelchen aus (
erhalten haben, bi$ zum Knoten des St. G
hard. Diefer jelbft, Adula, wird gerechnet 5
den A. Raeticeae (j. Rätiſche U.) (Hor. od
4, 17. Tac. Germ. 1), Quellgebiet vieler li
bejonders des Rheins. Sie reichen bis zur I
tigen Ortlesipige. — 6) A. Tridentinae (Tir
A.) mit den Quellen der Athejis (Erich). — 7)
Noricae (Rorijche W.) in Noricum, mit den Spi
Phlygädia (j. Flitih) und Tullum (j. Tergli
— 8) A. Carnicae (Carniſche W), nach i
Volke der Earni benannt, mit den Onellen
Savus. — 9) die von Julius Cäſar gangbar
machten A. Iuliae oder Venetae Juliſche U.
Venetia (Tae, hist. 3, 8), an welche jich die Alı
Pannonicae in Bannonien anjchließen, we
mit den Karpaten, zuweilen A. Bastarnicae
nannt, in Verbindung ftehen. Ein füdlicher Zn
der Bannonischen Alpen find die A. Dalmatic
mit M. Dera (j. Birnbaumer Wald) und die Al
Albäni Montes (j. Alben in Dalmatien). '
nähere Kenntnis diejes Gebirges bei den Röm
Alpheios — Alyattes.
und dann bei den Griechen fällt erft in eine jpätere
Zeit, wo die Hömer,öfter Gelegenheit hatten, bei
ihren Zügen nad) Gallien und Hiſpanien und bei
der Unterjohung der Alpenvölfer dorthin zu kom—
men. Das Rieſenwerk des eriten Überganges
über diejes Gebirge jchreibt die Sage dem Hera—
kles zu. Galliihe Scharen drangen jpäter oft
hinüber. Hannibal Zug im zweiten puniſchen
Kriege ift der zweite Übergang, von dem wir ge:
nauere Kunde haben. Polybios, der ihn bejchreibt
(3, 39 ff.), jah die Alpen zum Teil fjelbft. Der
Punkt des Überganges iſt bis in die neueſte Zeit
ftreitig, je naddem man dem Polybios gefolgt
ift oder den öfters unklaren Bericht des Lirius
(21, 31 5.) mit jenem zu vereinigen gejucht hat.
Nach eriterer, richtigerer Anficht ging Hannibal
über den Mont Cenis (jo Niffen), nach legterer
über den M. Genevre, den erſt Pompejus im
3. 772. E. den Römern erſchloſſen zu haben jcheint.
Bl. (Eramer und Widham) Hannibals Heerzug
über die Alpen. A. d. Engl. von Müller (1830).
Raucenftein, der Zug Hannibals über die Alpen
(1850). Die Römer haben mehrere Strafen über
die Alpen geführt; unter den nach Gallien (etwa
15) führenden galt die über die Eottijchen Alpen und
den Matrönaberg (M. Genevre) für die fürzefte
und wurde am häufigiten benutzt. Nach Ger
manien führten bejonders die Straße über den
Splügen, nördlich vom Lacus Larius (2. di Como),
die über den Brenner und eine von Tergejte (Trieft)
über die Earniichen Alpen. Vgl. die Zuſammen—
ftellung Pa Niſſen, Italiſche Landestunde I
. 155 fi.
Alpheios, 4498105, Alphöus, j. Alfeo, Rufia,
der größte Fluß des Peloponnes, 16 Mi. lang.
Sein vielbejtrittener Lauf ift nach den Unter:
juhungen von Roi und Eurtius, übereinftimmend
mit Baujanias (5, 7. 8, 44), folgender: Der Alph.
entipringt bei Phylafe auf dem Barnongebirge
und ftrömt nördlich bis in die Gegend von Tegen.
Jetzt wendet er fich hier, im Anfang des vorigen
Jahrhunderts, wie es heißt, von einem Türken
abgeleitet, ald Sarandapotamo nach) NO. und
verihwindet in Katabothren. Früher dagegen
ſtrömte er nordweitlich, verichtwand beim Boreion-
gebirge unter der Erde, tauchte bei Aſea wieder
hervor, dann abermals in Ratabothren hinab und
fam endlich am jüdlichen Eingange der Ebene von
Megalopolis bei Begai wieder zum Borichein, bis
zur Stadt Heraia nach NW., dann nach W. ftrömenbd,
worauf er bei Olympia vorüber ins Joniſche Meer
mündet, indem er leid) im allgemeinen Die
Grenze zwiſchen Zriphplin und Elis bildete. Nach
Strabon und Pauſanias ftand er in der Gegend
der zweiten Ratabothren durch einen unterirdijchen
natürlichen Kanal mit den nur wenig von dort
entfernten Eurotasquellen in Verbindung. Der
Alpheios ift die große Wafferader des Peloponnes,
feine füdfichften Suftüfe (Du. des Karnion) liegen
laum 3 Meilen vom Meſſeniſchen Meerbujen, die
nördlichiten Zuflüſſe entipringen nur °%, Meilen
vom Korinthiichen Meerbujen. Unter den Neben:
Hüflen find befonders zu merken, links: der Kar:
nion, Acheloos, Diagon; rechts: Heliſſon, die
ſchöne, nur einige 1000 Fuß lange Brentheates—
quelle, Ladon (Rufia, nad ihm jetzt der ganze
Fluß genannt), Erymanthos (j. Doana) u. Kla—
deos (bei Olympia). — Das öftere Verſchwinden
69
des Fluſſes hat aud der Mythe Stoff gegeben zu
der Erzählung von der durch ihn verfolgten Nymphe
Arethuſa. Als Gott ift er nämlich ein Sohn des
Dfeanos und der Tethys (Hesiod. theog. 338).
Als Jäger verfolgte er mit jeiner Liebe die gleich:
falls jagende Quellnymphe Arethuſa. Dieje flieht
vor ihm auf die Inſel Ortygia im Hafen von
Syrakus und wird da zur Quelle; Alpheios aber,
in einen Fluß verwandelt, taucht unter das Meer
und fließt unter demjelben durch bis nach Or:
tygia, wo er jid) mit Arethuſa vereinigt. J’aus.
6, 7, 2; vgl. Or. met. 5, 572—641. Verg. A.
3, 694. Mosch. id. 7, Eine Variation der Sage jeßt
au die Stelle der Arethuja die arfadiiche Artemis,
die von Alpheios entweder bis Letrinoi in Elis,
wo fie ſich durdy Beftreihen mit Schlamm un:
fenntlich machte, oder bis Ortygia verfolgt ward.
An beiden Orten hatte Artemis Alpheiaia einen
Tempel.
Alphesiboia, Alpeoißore, 1) nad) Paus. 8, 24,8
Tochter des Phegeus in Piophis, Gemahlin des
Alkmaion (ſ. d.), der fie bei erneutem Wahnfinn
verlieh; nach Apollod. 3, 7, 5 heißt fie Arfinoe,
Als ihre Brüder den Altmaion, der für feine
weite Gemahlin Kallivrhot das Halsband und den
los der Harmoia in Pſophis holte, erichlugen
= und fie nun ihren Brüdern wegen des Mordes
des noch immer geliebten Gatten zürnte, ver-
ichloffen fie diefe in eine Kifte und brachten jie
nach Tegea zu ihrem Gaftfreund Agapenor, vor:
ebend, fie habe den Altmaion getötet. Wahr:
cheinlich fand fie hier den Tod. Nach ——
1, 15, 15 rächte fie den Mord ihres Gatten durch
Brudermord. — 2) Mutter des Adonis, j. Adonis.
— 3) Tochter des Bias und der Pero, Gemahlin
des Pelias, gewöhnlich Anaribia genannt. Theoer.
3, 45.
Alphito ſ. Empusa.
Alpinus, ein von Horaz (sat. 1, 10, 36) als
ichwälftig verjpotteter Dichter, vielleicht derſelbe,
der sat. 2, 5, 41 Furius genannt wird, nad) den
Scholiaften identisch mit dem Epen- und Jamben:
dichter M. Furius Bibaculus (j. Furii, 18.).
Alsium, eine der ältejten etruriichen Städte
an der Küfte bei Cäre, j. Ruinen bei Palo, nad)
dem erjten punischen Kriege römijche Kolonie. Ziv.
27, 38. Cie. ad Att. 13, 56. In der Nähe beſaß
Bompejus die villa Alsiensis (Cie. Mil. 20, 54.
ad fam. 9, 6). Frontos Schrift de feriis Al-
siensibus zeigt, daß es ein VBergnügungsort war.
Althaia j. Meleagros.
Althaimönes j. Katreus.
Altinum, Stadt im Lande der Beneter in Gal-
lia transpadana, zwiſchen Batapium und Aquileja,
an der Mündung des Silis ins Adriatiſche Meer,
das jeßige Dorf Altino, Municipium, blühend
durch Handel, Hauptftapelplaß zwiſchen Italien
und den nördlichen Gegenden; viele Billen umher
gaben der Gegend Ahnlichfeit mit Bajä (Mart.
4, 25). Die Einwohner der 452 u. E. von Attila
gänzlich zerftörten Stadt flüchteten nad) den Inſeln
der Lagunen und gaben dadurd die Beranlaffung
zur —— von Venedig.
Altis j. Olympia, 1.
Aluntium oder Haluntium, Aovvrıor, St.
auf Sicilien, nahe der Norbfüfte auf fteilem Hügel,
ji. S. Marco (d'Alunzio). Cie. Verr. 3, 43. 4, 23.
Alyattes, Alvarıns, Sohn des Sadyattes,
70
König von Lydien aus dem Gejchlecht der Merm:
naden, nad) Herodot 617, wahrjcheinlich aber erft
610-560 v. E., vertrieb die Kimmerier (j. d.) und
eroberte faft das ganze weſtliche Kleinaſien. Wie
er den don feinem Vater begonnenen 12 jährigen
Kampf gegen Miletos mit einem Bündnis beichloß,
jo endigte auch der Krieg gegen die aus dem Oſten
bordringenden Meder unter Nyarares nach Sjähriger
Daner aus Beranlafjung der Sonnenfiniternis vom
28. Mai 585 und durch Vermittlung der Fürſten
von Kilikien und Babylon mit einem Freund:
ichaftsvertrag, in weldyem der Halys als Grenze
fejtgejeßt wurde. Unter der langen und glüdlichen
Negierung des Al. blühte das Neih. Auf dem
Plateau zwijchen dem Gygaiiſchen See und dem
Hermos (}. d.), gegenüber von Sardes, wurde ihm
ein großartiges Grabdenkmal, 6 Stadien im lm:
fang, errichtet (dt. 1, 93); es ift von den drei
dort vorhandenen mächtigen, runden Grabhügeln
der gewaltigite, etwa 230 Fuß hoch. Hat. 1, 25.
73f. Strab. 13, 627.
Alyzin, Aokle, Stadt in Mfarnanien, j. ..
nen bei Kandila, 15 Stadien von der Hüfte. Xen.
Hell. 5, 4, 65. Der Tempel des Herafles enthielt
die Darftellung der Kämpfe des Gottes don der
Hand des Lyſippos, die die Römer nadı Nom ent-
führten. Cic. ad fam. 16, 2.
Amalthen, "Aualtsıa (von ungewiſſer Abſtam⸗
mung: auatevsın ernähren, «ueiysı melfen,
jangen, aualdexrog u. |. w.), 1) Name der Ziege,
welche den Fretiichen Zeus nährte und zum Bohne
dafiir unter die Sterne verjegt ward (f. Zeus, 5.).
Als fie einft an einem Baume fich ein Horn ab:
brach, nahm es eine Nymphe auf, ummand es mit
grünenden Kräutern, füllte es mit Früchten und
gab es dem Zeus; der ichentte e$ den Nymphen,
jeinen Pflegerinnen, und verhieß ihnen, daß, was
fie wünjchen möchten, ihnen aus dem Horn empor:
quellen werde. Or. fast. 5, 111 ff. Es ift das
Horn des Uberfluffes, cornu copiae, bon der:
jelben Bedeutung wie das Horn des Acheloos (j.
d.), ein Symbol der Fruchtbarkeit, der Fülle und
des Überfluffes, welchen Gärten, Weinberge und
bebaute Fluren den Menſchen bringen. Amaltheia
galt auch für eine Numphe, Tochter des Meliſſeus
(des Dfeanos, Helios, des Königs Haimonios,
Dlenos), deffen Töchter den Zeus genährt, und
war im Befik des erwähnten Hornes. Sie jchentte
es dem Acheloos, der jein eigenes Born gegen
dasjelbe von Herafles wieder eintanjchte; Herakles
aber ſchenlte es den Najaden oder den Heiperiden,
die es mit Früchten und Blumen füllten und
weihten. Or. met. 9, 87. — 2) eine Sibylle, nad
Lactantius (1, 6) mit der eumäiſchen identisch, nach
Tibull (2, 5, 67) von derjelben verſchieden.
Amalthöum ‚ Aualteior, auch Amalthen,
Aneidsıe, ein von jeinem Beſitzer Attieus durch
Platanen-Anpflanzungen verjchönertes Landgut am
Fl. Thyamis in Epeiros, das befonders im Som-
mer einen reizenden Aufenthalt darbot. Seinen
Namen hatte es, weil es wahricheinlich urſprüng—
lich ein altes Heiligtum der Nymphe Amalthea
(i. d.) war, welches Atticus durch einige auf den
Mythos der Amalthea bezügliche Neliefs verſchö—
nern Tief. Cie. legg. 2, 3, T. ad Att. 1, 13, 1.
16, 15. 18. 2, 20, 2. Darnac bildete Cicero eine
ähnliche Stiftung auf feinem Arpinum (dai. 1, 16,
18. 2, 1, 11).
Alyzia — Amarynthos.
Amänicae pylae, Auarınal muleı. Das Thal
am obern Ende des Iſſiſchen Meerbufens (j. Mb.
von Iſtanderun) wird rings von Gebirgsfetten
eingeſchloſſen, die’ den Geſamtnamen Amänus,
Auavös, führten; der Paß in der weftlichen Kette,
weftlich von Sfos, durch den Alegander von der
großen kilikiſchen Ebene in das Thal gelangte,
heißt daher auch Pylae Amanicae (Auavideg av-
ka); die Öftliche, am Oſtrande des Buſens gerade
nach S. laufende Kette hat mehrere Päſſe: 1) den
nördlichiten, aus der Ebene über Iſſos öftlich nach
Oberſyrien, gewöhnlich gleichfalls Y. A. genannt;
durch diejen fam das perfische Heer in den Rüden
der Mafedonier; 2) den mittleren, am Meerbujen
jelbft, wo das Gebirge dicht and Meer tritt, am
Fluſſe Kerſos zwiſchen Iſſos und dem fpäteren
Alexandreia, gewöhnlich P. Syriae (genauer bei
Xen. An. 1,4 nvlaı rüg Kılındac nal Evolac,
ji. Paß von "Bailan) genannt, befeftigt als Grenze
beider Länder, in änferft jchmalen Windungen
fich fortichlängelnd und bisweilen unwegſam; auf
diefem Js wahrjcheinlich der jüngere Kyros auf
jeinem Mariche von Myriandos (j. Xen. a. a. D.);
3) den jüdlichen, über den fjüdlichiten Teil des
Amanos gegen &. zum Orontesthal führenden,
gewöhnlich nur P. Syriae genannt. Durch die bei:
den legteren war Alexander ſchon gegen Süden
— — als das perſiſche Heer durch den
nördlichen Paß ihm in den Rücken kam; er mußte
daher durch dieſelben wieder zurück bis Iſſos, ſo
daß er in der Schlacht ſüdlich (Front gegen Nor—
den), Dareios nördlich (Front gegen Süden) ſtand.
Vgl. Mübell zu Curt. 3, 20, 13.
Amantia, Stadt im griech. Syrien (Caes. b. c.
8, 10. 12), j. ‚Ruinen von Avoftina.
Amänns, Aunvös, ein Zweig des kilikiſchen
(Strab. 11, 536) Tauros, j. Almadagh, hoch und
fteil, im Aitertume von räuberiichen Völkern be:
wohnt, die dem Cicero als Statthalter Kilikiens
Veranlafjung gaben, fie mit Krieg zu fberzichen,
wodurch er Ti den Titel imperator erwarb. Cie.
ad fam, 2, 10. 8, 8. 15, 4. ad Att. 5, 20.
Durch denjelben führten mehrere Bäfle, ſ. Ama-
nicae pylae.
Amaräens, audoaxoe, eine jchöne und ftark
duftende, vielfach zu Kränzen gebrauchte Blume,
die man bejonders jchäßte, wenn fie von Kypros
fam. Vera. A. 1,693. Plin. 21, 11, 983. Catull.
61, 6. Auch wurde ein daraus geprefites DI,
oleum oder unguentum amaracinum, als feiner
Wohlgeruch ehr RA
Amardi oder Mardi Aucodor. Meodoı, friege:
rijches Volt in Medien in der Nähe des gleich:
namigen Flufjes (jet Kiſil-Uzen) und des Kaſpi—
fchen Meeres. Arr. 3, 24, 1.4.4, 6, 6. 18, 2,
Herodot (1, 125) nennt "fie einen perfiichen Stamm.
Amarynkens, Auaooynevs, Sohn des Oneſi⸗
machos oder des Alektor, König der Epeier in
Elis. Augeias machte ihn zu jeinem Mitregenten,
weil er ihm im Kampfe gegen Herakles beiftand.
Sein Sohn Diores führte Epeier in 10 Schiffen
gegen ion und fiel von der Hand des Thrafers
Peiroos. TI. 2, 622. 4, 518. An den Wettjpielen
bei jeiner Leichenfeier nahm Neftor teil (ZI. 23, 630).
Amarynthos, Audovriog, Fleden, 7 Stadien
von Eretria auf Euboia, mit einem Artemistempel,
wohin an dem Nahresfefte der Göttin ſich ein
glängender Feſtzug bewegte, und in dem Exem—
Amaseia — Amazonen.
plare aller wichtigen öffentlichen Urkunden aufgeftellt
wurden. Strab. 10,448. Liv. 35, 38. Paus. 1,31, 5.
Amaseia, Aucssız, j. Amafija, ſtark befeftigte
Stadt in Pontos, an beiden Ufern des ris, Re—
ſidenz der pontiichen Könige, befannt als Geburts:
ort des Geographen Strabon. Strab. 12, 561.
Amasenus, j. Amaſeno, Fluß in Yatium, von
den Bolfkerbergen fommend, jtrömt bei Brivernum
vorbei in den Ufens und ergieft fich mit dieſem
durch die pontinifchen Sümpfe ins Meer. Very.
A. T, 685. s
Amäsis, "Auaors, König von Agypten (ah:
mes 11.) 570—526 v. E., ein Mann von niederer
Herkunft, aber jchlau und ehrgeizig, benüßte den
nach dem unglüdlichen Zuge gegen Kiyrene ent:
ftandenen Aufitand, welchen er däntpfen follte, zur
eigenen Broflamierung als König, jchlug den Apries
(4. d.) und Defien griedhiiche Söldner bei Momemphis
und lieferte ihn dann dem erbitterten Volke aus,
das ihm erwürgte. Aber faum auf den Thron ge:
fommen, kehrte er zu dem verhaften Syſtem feiner
Borgänger , der Bevorzugung der Fremden, zurüd;
„ia er machte das alte Agupten zu einem ägyptiſch—
griechiihen Staat“. Er nahm die griechifchen Sold:
truppen zu feiner Zeibwache, geitattete den griechi-
ihen Kaufleuten eine Niederlaffung zu Naufratis
(1. d.) mit eigener Gerichtsbarkeit und mit Tem:
peln ihrer Götter und heiratete jelbft neben zwei
Manpterinnen auch zwei griechiiche Frauen. Da:
neben ipendete er allerdings auch den äghptiichen
Prieftern reiche Gaben und ordnete viele Tempel:
bauten an (Hdt. 2, 172 f.). Das Land —
unter ſeiner weiſen Regierung zu hoher Blüte in
Handel und Verkehr, Ackerbau und Gewerbe. Da—
gegen in der äußern Politik, gegenüber dem mäch—
tigen Aufſtreben der griechiſchen Macht, verſäumte
Am. eine wirkſame Unterſtützung von Lydien und
Babylon, wenn er auch Kypros bejebte und mit
Polyfrates von Samos ſich verbündete. Als Amaſis
ftarb (Ende 526), hatte Kambyſes jeine umfichtigen
Vorbereitungen zu dem Zug gegen Agppten ſchon
getroffen. Hat. 3, 1 ff.
Amastris, auch Amestris oder Amastrine,
Auasroıg, 1) Tochter des Perjers Orpathres (Strab.
12, 544), Bruders des Dareios Kodomannos, und
Gemahlin des Krateros (Arr. 7, 4). Diejer gab
fie jpäter dem Tyrannen Dionyſios von Herakleia
zur Ehe, mad) defien Tode aber heiratete fie den
Lyſimachos von Thrafien. Als diefer ſich von ihr
trennte, herrſchte fie mit Weisheit über das von
ihrem zweiten Gemahl ererbte Herakleia, bis fie
2835 dv. E. durch ihre eigenen Söhne ermordet
wurde. — 2) Nach ihr hich die, bei Homter (Il.
2,855) Sejamos genannte, große, auf einer Yand-
zunge in Baphlagonien geichmadvoll gebaute Stadt,
die fie nad ihrer Trennung von Lyſimachos zu
ihrer Reſidenz erwählte, erweitern ließ und mit
den Bewohnern einiger Nachbarftädte bevölterte;
I. Amasra. In ihrem Gebiete, namentlich um
Kytoron, wuchs vieler und guter Buchsbaum
(Catull. 4, 11ff.). Plin. ep. 10, 99. Mela 1, 19.
Strab. 12, 543.
Amäta, Gemahlin des Latinus und Mutter der
Lavinia, hatte ihrem Neffen Turnus ihre Tochter
zur Ehe veriprochen und trat deshalb feindlich
Ex Aineias auf, welchem fie Krieg zu erregen
. AS fie hörte, daß Turnus gefallen jei,
tötete fie ſich ſelbſt. Verg. A. 12, 600. In der
71
pontifikalen Sprache der Nömer bedeutet der Name
eine Beftalin. Gell. 1, 12, 19.
Amäthüs (-uutis), Auadoos, jehr alte Stadt
auf der Südküfte von Kypros, einer der 9 Haupt:
orte der Inſel mit einem berühmten Tempel der
Aphrodite, die hier neben Adonis verehrt wurde;
j. Baläo-Limifja. Hdt. 6, 104. 108. Ov. am. 3,
15, 15. Die Nähe der Stadt war reich an Metall:
gruben, bejonders Kupfer (Op. met. 10, 220. 531).
Amnzonen, Auaforsc, ein mythiſches kriege—
risches Frauenvolk, das jeinen Hauptfi am Fluß
Thermodon in Kappadotien in der Stadt Themi-
jfyra hatte. Von da jollen fie nach Skythien ans
Ufer des Maiotischen Sees und au den Tanais
etommen jein. Hdt.4, 110 ff. Nach einer andern
ge zogen fie vom Maiotiichen See nad) dem
Thermodon. Sie litten feine Männer bei ſich im
Lande, ftanden aber mit ihren Nachbarn, den
Gargareern am Fuße des Kaulaſos, zur Fort:
pflanzung ihres Ge⸗
ſchlechts in Verbin:
dung. Die Knaben
töteten fie oder
fandten ſie ihren
Vätern, die Mäd—
chen aber behielten
fie bei fich und Ichr:
ten fie die Kunſt des
Krieges. Strab. 11,
508 ff. Sie bramn:
ten ihmen die rechte
Bruft ab, weil ihnen
dieje im Kriege hin:
derlich war; jo er:
Härt eine jpäte Sage
fälfchlich den Namen
Amazonen (von «@
priv. u. uafoc). Die
Amazonen machten
weite Striegszüge,
von Sktythien aus
bis nad Thratien,
vom Thermodon aus
bis nad) Syrien und
in die vorderen Teile
Kleinafiens. Als fie in Lykien den König Jobates
angriffen, vernichtete Bellerophontes ihr Heer (17.
6, a In Phrygien kämpfte der junge Priamos
gegen fie (47.3, 189), jpäter aber zogen fie ihm gegen
die Griechen zu Hülfe, mit denen fie öfter in Kampf
erieten. Selbit bis Athen jollen fie gefommen
ein, um Theſeus zu befriegen, der am Thermodon
egen fie gefämpft und ihre Königin Antiope (oder
dippolyte entführt hatte. — Manche neuere Foricher
fafjen die Amazonen als rein mythiſches Volt auf,
andere nehmen eine hiftorijche Grundlage an und
finden den Anfangspunft, woraus die Sage von
den Amazonen und ihrer Verbreitung entitanden
fei, in der bei vielen alten Völkern üblichen Weiber:
herrichaft und dem Weiberadel, der bejonders darin
bejtand, daß der Adel ſich durch die Mutter, nicht
durch den Vater, fortpflanzte. Wo jich jolche Ver:
hältnifje fanden, wie bei Böltern in jenen ben
Amazonen zugejchriebenen Sitzen Skythiens bis zum
Thermodon, in Lykien u. a. D., da jollten die
Amazonen gewohnt, oder dahin jollten fie Züge
gemacht — Da ferner ihr Hauptkultus außer
dem des Ares der der Artemis Tauropolos geweſen
12
jein joll, jo jchrieb man ihnen and) die Gründung
mancher Städte im Kleinaſien zu, wo Artemis:
dienft war, wie zu Ephejos, weshalb auc neuere
Forjcher fie für Tempeldienerinnen der Artemis
und Mondpriefterinnen erflärten. Die Sagen von
ihren Kämpfen mit den Griechen, bejonders mit
Herafles (j. d.) und Thejeus, den Nepräjentanten
der Verbreitung griechiicher Kultur, jcheinen in
dem feindlichen Zufammentreffen der griechiichen
Kolonien am Pontos Eureinos mit den dortigen
barbarijchen Völkern ihren Grund zu haben. — Die
Amazonen wurden häufig von der Kunft dargeftellt
(Statuen von Pheidias, Polyfleitos, Krejilas ſ.
Bildhauer, 6.), und zwar als ftarfe Kriege:
rinnen, meift zu Roß, bewaffnet mit Streitart,
Speer, halbmondförmigem Schilde, Bogen und
Köcher, Kriegsgürtel um die Hüften und Schwert
an einem über die Bruft gehenden Wehrgehänge.
Ambaeti, entweder ein germanisches Wort, got.
andbaht, ahd. ambaht, mbd. ambet, ammet, der
Bajall, Diener, was bei Caes. b. 4. 3, 22 aud)
unter soldurii gemeint zu fein jcheint, oder ein
feltijches (Fest.: ambactus apud Ennium lingyua
Gallica servus appellatur), von ambi = um und
aig = agere, aljo eircumactus, d. h. Begleiter,
Diener. Sie waren Klienten eines edeln und
mächtigen Batrons aus freier Entichliefung und
folgten als jeine Mannen ihm in den Krieg, wo
fie auch in der äußerjten Gefahr ihm nicht ver:
lafien durften (Caes. b. q. 6, 15. 7, 40). Aus dem
Begriffe eines Dieners ift die Bedeutung des
Dienftes entftanden, welche in dem jegigen „Amt
allein geblieben ift.
Ambarri, d. h. die zu beiden Seiten des Arar
Wohnenden, galliiches Volt am Arar, weſtlich von
den Allobrogern, füdlich von den ftammderwandten
Aduern und Klienten derjelben; Hauptftadt Lug—
dunum (j. d.). Caes. db. g. 1, 11.14.
Ambarvälis hostia und ambarväle sacrifl-
cium, Opfertier und Opfer, das die röm. Land—
leute im —— gewöhnlich an einem Tage des
Mai, der Ceres, dem Mars und andern ländlichen
Gottheiten, unter Gebeten um Gedeihen der Feld—
früchte darbrachten. Das Opfertier ward vor dem
Opfer von, einer fröhlichen Schar von Landleuten
um die Äcker herumgeführt, woher der Name.
Verg. E. 5, 75. @.1,338. Tibull. 2, 1, 1. Bol.
Arvales fratres.
Ambiäni, erfennbar in dem jebigen Namen
ihrer Hauptftadtt Samarobriva: Amiens, ein
belgiiches Küftenvolf, das gegen Cäſar 10 000 M.
aufitellte, aber fich dod,) bald unterwerfen mußte.
Caes. b. g. 2, 4. 16. 5, 24 u. ö.
Ambibarfi, ein zu den civitates Aremoricae
gehörendes Volk in der heutigen Normandie (Caes.
b. g. 7, 75), vielleicht identijch mit den Ambiliati,
Ambilaröti, richtiger nach den Hanbdichriften
Ambivareti (Caes. b. g. 7, 90), wahrjcheinlich die-
jelben, welche 7, 75 Ambluareti und Klienten der
NAduer genannt werden; vielleicht identijch mit den
Ambarri,
Ambiliäti, fleines keltiſches Volt in Gallien,
wahrjcheinlich an der Somme (Samara), vielleicht
= Ambibarli (Caes. b. q. 3, 9).
Ambidrix,, ein Häuptling der Eburonen, einer
nalliichen Bölkerichaft in Belgien. Cäjar befreite
jie vom Tribute, welchen fie den Aduatufern zah:
len mußten. Im J. 54 v. E. brach auf Anftiften
Ambacti — Ambitus,
des Ambiorir und Gatuvolcus ein Aufftand der
Eburonen gegen die in ihrem Lande unter den
Legaten DO. Titurius Sabinus und L. Aurunculejus
Eotta liegenden Römer aus, durch den dieſe bei-
nahe gänzlich vernichtet wurden. Auch andere
galliiche Völferichaften wurden durch Ambiorir auf:
gewiegelt, bejonders die friegerifchen Nervier. Cäſar
aber, der ſich nad Italien begeben wollte, eilte
rajch herbei und befiegte die Gallier. Des Ambiorixr
indes fonnte er fich nicht bemächtigen und nichts
weiter erreichen, als dah er das Gebiet der Ebu—
ronen zur gi für das Benchmen des Ambiorix
fo furchtbar verheerte, daß diejer im eigenen Lande
ſich nicht mehr für ficher hielt. Caes. b. g. 5,
21—52. 6, 5. 8, 245. Er joll jpäter über den
Rhein gegangen jein und dort eine Zuflucht ge—
funden haben. Flor. 3, 10, 8.
Ambitus, die Bewerbung um ein öffentliches
Amt. jo genannt von der alten Sitte der Kandidaten,
auf dem Forum oder dem Marsfelde herumzugehen
und die Bürger um ihre Stimme zu bitten. Varr.
1.1.5, 28. Als Armut und Sitteneinfalt herrichten,
gab es noch feine Mißbräuche, welche erſt mit der
wachjenden Herrichjucht der Vornehmen und der
Nihtswürdigkeit der Plebs auffamen. Seitdem
hieß ambitus aud die verpönte Amtsbewerbung,
namentlich Beitechung, welche die Kandidaten mit
Hülfe von divisores, interpretes und sequestri
auf das ſchamloſeſte bewirkten; j. auch Sodali-
tium. Die erlaubten Bewerbungsarten erfennen
wir am bejten aus der Schrift des Quintus Cicero
commentariolum petitionis, der die Gewinnung
von Freunden (c. 5—10) und die Erwerbung der
popularia voluntas (ce. 11—13) beipricht, die un:
erlaubten aus zahllojen Erwähnungen bei Cicero,
Plutarch u. a. Die erften Gejege gegen dieje Miß—
bräuche nennt Livius (4, 25. 7, 15. can. 1,
177 ff.; die lex Poetelia 358 v. E.), allein
dieje bezogen fich nur auf unbedeutende Außer:
lichfeiten. Wichtiger war das Edift des Diktator
E. Mänius gegen die Klubs und Vereine 314 v. C.
(Liv. 9, 26: coitiones honorum adipiscendorum
causa), aber gegen Beſtechung wurde erft i81 v. €.
die ihrem ſpeziellen rar nach nicht weiter be:
faunte lex Cornelia Baebia gegeben (Liv.
40, 19), welcher 166 v. E. die lex Cornelia
Fulvia mit Androhung des Exils gegen die
Schuldigen folgte (Liv. ep. 47). Nach diejer Zeit
wurde ein jtändiges Kriminalgericht (quaestio per-
petua) für bie x ambitus angeftrengten Bro:
zeſſe eingerichtet. E. Marius gab als Volfstribun
die lex Maria 119 v. E., infolge deren die
pontes enger gemacht wurden, damit bei der Ab:
ftimmung Beitechungsverjuche verhindert würden
(Cie, legg. 4, 17. Plut. Mar. 4); aber troßdem
nahmen die Bejtechungen immer zu, und auch die
lex Fabia de numero sectatorum (Cie. Mur. 34.
Rabir. 3) jcheint ohne Erfolg geblieben zu jein.
Das Bedürfnis veranlafte 67 v. C. die lex
Acilia Calpurnia, welde die Schuldigen nebft
Ausſtoßung aus dem Senate mit Gelditrafe be:
drohte und von jeder jpäteren Bewerbung um ein
Amt ausſchloß. Mehrere jchärfende SCC. erſchie—
nen darauf, und das lehte (zchnjährige Verban-
nung) lieh Cicero als Konſul zu einem Geſetz er-
heben, die lex Tullia, 68 v. €. (Cie. Mur. 23).
Die Strafe beftand nun in zehnjähriger Berban-
nung. Die lex Aufidia, welche eine härtere
Ambivariti — Ambubaiae.
Geldftrafe anordnete, drang micht durch, und die
lex Lieinia war nur genen die sodalitia ge
richtet ‘j. d. A.). Die lex Pompeia 52 v. €.
gab härtere prozeffualiihe Beltimmungen (Cie.
Brut. 95) und dehnte das Eril auf die Lebens:
dauer aus. Aber der Krebsichaden war unheilbar,
die Geſetzgeber jelbjt richteten ſich nicht mach ihren
Verfügungen, ut vel caclum ruere, modo
magistratum adipiscantur, exoptent
(Varro b. Non.). Unter jolchen Umftänden war
die Monarchie wünjchenswert, denn da konnte der
Ambitus wicht jo jchamlos walten. Darum machte
Octavian in der lex Iulia (18 v. C. und 10 J.
fpäter ergänzt und vermehrt) milde Beftimmungen
(Dio Cass. 54, 16) und verordnete, daß alle Be:
werber zum Pfand, daß fie fich aller Beitechungen
enthalten wollten, eine bejtimmte Geldjumme de:
ponierten (Dio Cass. 55,5). Nur die Anwendung
—— Mittel bedrohte er mit Verbannung.
15 Ziberius im erften Jahre feiner Regierung die
Wahlcomitien aufhob und auf den Senat übertrug
(Taec. ann 1, 15), hörte der Ambitus im alten
Sinne auf, doch wurden nun diejelben Kunſtgriffe
und Mittel in der Curie angewandt, wie früher
vor den Bolfsverjammlungen, jo daß Trajan ge
jegliche Mafregeln gegen das Unweſen ergreifen
mußte. Plin. ep. 6, 19. Als aber der Einfluß
des Senats immer geringer wurde und die hoben
Beamten oder Günftlinge des Kaiſers durch ihre
Verwendung bei demjelben am meiften vermochten,
bejtah man diefe, und ambitus hieß nun das
Erfaufen von Amtern durch Beſtechung der kaiſer—
lichen Freunde und Kreaturen. Bol. Rein, Röm.
Kriminalreht S. 701. Rinfes, de crimine am-
bitus (1854),
Ambivariti, belgiſches Bolt in Gallien am linken
Ufer der Mofa (Maas). Caes. b. q. 4, 9
Ambivius, 1) 2. Amb. Turpio, zeichnete fich
zur Zeit des Terentius in Rom als Theaterdiref:
tor (dominus gregis) und Schauspieler aus. Ge-
rühmt wird jein lebendiger und ergreifender Bor:
trag; man verglich ihn mit Aſopus und Nofcius.
Cie. Cat. m. 14. Teac. dial. 20. — 2) M. Amb,,
Schriftfteller über Bad: und Kochkunft in der
fullaniichen Zeit. Colum. 12, 4, 2.
Ambrakia, Außoaxie, Aumpaxic, j. Urta, be:
deutende Stadt in der epeirotiichen Landichaft
Theiprotis unweit des Arachthos und 80 Stadien
nördlih don der Küfte des nach ihr genannten
sinus Ambraecius (j. Buſen von Arta), Kolonie der
Korinther um 660 v. C., jpäter im Bunde mit
Athen, unter Philipp mit einer makedoniſchen Be:
ſatzung belegt, unter Pyrrhos zur Reſidenz der
epeirotijchen Könige erhoben, 189 von den Römern
erobert und geplündert, mit herrlidem Minerven-
tempel und mehreren Kaftellen: Ambrafas, Kra—
neia und der Alropolis auf dem Berge. IIspo«v-
ns. Thuc. 2, 80. 3, 113. Liv. 38, 4. 9. Plut.
Pyrrh. 6. Arist. polit. 5, 3. 4.
Ambrönes, "Außowrss, ein Bolf keltiſchen Stam-
mes, welches mit den Cimbern und Tentonen ge-
gen die Römer zu Felde z0g und mit jenen von
Marins geichlagen wurde; jeine Wohnfise find nicht
ficher ermittelt. Plut. Mar. 19. Strab. 4, 183.
Ambrosia, außoosi«, aus & -u-Boorös, sc.
!dodn. oder gleich adavasız, 1) Speife der Un:
fterblichkeit, Speife der Götter, während Nektar,
vierte, angeblich von #7 = re und xran = xreivo
75
oder #rje abgeleitet, den Göttertrank bedentet. Beide
erhalten den Göttern die Unsterblichkeit und ewige
Jugend und erzeugen das Götterblut dywo. Il. 5,
340. Doc, darf man nicht mit Nägelsbad) be:
haupten, daß ihr Genuß den Göttern eigentlich
die Unfterblichkeit erzeuge. Dieje ift jo die Grund:
lage des göttlichen Wejens, daß ohne fie der Gott
gar nicht gedacht werden kann. Wach der ältejten
Anfchauung der Griechen übrigens haben die Göt—
ter nur einen Göttertranf, nicht auch Götteripeije,
genoflen, und diejer ift der jühe Nektar. Auch in
den homeriichen Gedichten herricht die Vorſtellung
noch. In der Alias trinken die Götter Nektar
(Tl. 1,584, 598.4, 3). Umbrofia dagegen tft Salböl
der Götter (Il. 16, 670. 680), wofür 23, 186
außoöcıor FAxıor und Od. 18, 192 xallog an-
Boocıor gebraucht ift. TI. 14, 170. Od. 4, 445.
Dder Ambrofia ift ein Futter für göttliche Roſſe,
das als ein Kraut zu denken ift (11. 5, 369. 777,
13, 35). In der Odyſſee wird Nektar als Götter:
tranf gar nicht erwähnt, dagegen bringen Tauben
dem Zeus Ambrofia (Od. 12, 6%), wo Ambrofia,
im allgemeinen als göttliche Nahrung gedacht,
aud den Nektar bezeichnen fanı. Denn Meltar
ift bei Homer das ſpezielle Wort für Göttertranf,
und wo Ambrojia und Nektar zuſammen genannt
werden, da ift Ambrofia als ein Wort von all:
gemeinerer Bedeutung neben der jpeziellen Benen—
nung geſetzt, um den Begriff vollitändig zu er:
ichöpfen. 1.19, 38. 347. 352. Dieje formelhafte
Verbindung von Nektar und Ambrofia gab dann
Beranlaffung zur Unterjcheidung des Göttertrants
und der Götterſpeiſe, eine Vorftellung, die einmal
in einer jüngeren Partie der Odyſſee (5, 93) und
gewöhnlich bei den nachhomeriichen Dichtern vor:
fommt, obgleich hier und da noch nach der älte:
ren —— nur ein Göttertrank angenommen
wird, ber bald Nektar bald Ambroſia heißt. Sapph.
fr. 51 B. Alcman. fr. 97 B. Athen. 2, p. 39 a,
Die xojvaı außopöcıcı, die Quellen der Ambrofia,
des himmlischen Göttertranks, entipringen nad
Euripides (Hippol. 742) im fernen Weiten (wo
auch nad Homer Od. 12, 62 die Tauben dem
Zeus die Ambrofia holen) in den Hejperidengärten
der Götter in der Nähe des Atlas bei dem Schlaf:
gemache des Zeus. Mit dem Namen der Götter:
nahrung benannte man auch leibliche irdifche Speife
und irdiichen Tranf. Blumen mit! lieblichem Dufte
führten den Namen Ambrofia, wie in Korinth die
Lilie. Vgl. Roicher, Nektar und Ambrofia (1883).
— 2) eine der Hyaden, der Töchter des Atlas und
der PBleione, welche zu Dodona die Ammen des
Dionyjos gewejen jein jollten. Sie ift als baf-
chifche Nymphe im Thiajos des Dionnios.
Ambrysos, "Außevoos, Außevosos, "Außomoos,
j. Diftomo, Stadt in Phokis in einer fruchtbaren
Bergebene öſtlich vom Kirphisgebirge, ward von
den Thebanern im Kriege gegen Philipp mit dop-
pelter Mauer befeitigt. Da, wo fidh auf dem Wege
von Panopeus nad Delphoi die Strafe nad Am—
bryſos abzweigt, war die ayısch*ödös, audhTrero-
dos oder rosig »Elevdor genannt, auf welcher
Didipus feinen Vater Laios erſchlug. Paus. 10,
5, 8. Soph. Oed. T. 733 ff.
Ambubälae, ein aus dem Syriſchen ſtammendes
Wort, eigtl. Pfeiferinnen, Flötenipielerinmen, nad)
Hor. sat. 1,2, ı eine zünftige Genoſſenſchaft von
eollegia bildend (mit eigenen Privilegien unter
74
polizeilicher Aufficht ?), Tiefen fich bandenweife nach
Italien einfchiffen, wo fie dann bei Feftlichkeiten
aufipielten, mit Flöten, Pſaltern, Tamburins
mujizierten, Dazu tanzten, in den Wirtshäufern
aufwarteten, ım übrigen aber auch wegen feilen
Gewerbes übel berüchtigt waren. Juv. 3, 66.
Ambulatio bedeutet zunächſt wie unjer Spa:
ziergang jowohl das Spazierengehen, als auch
den Ort, wo man jpazieren geht, wie cenatio, das
Ehzimmer. Bei dem Militär hieß ambulatio der
Ubungsmarſch des Fußvolks nad) dem Takt, in
Reihe und Glied, in abgemejjenem Schritt (plenus
gradus) und im Gejchwindichritt; vgl. Decursio
und Exereitia armorum,
AmburbYum, auch amburbiale sacrificium
(vgl. Ambarvalis hostia), ein jährlich oder
nad) bejonderem Senatsbejchluffe infolge eines die
Stadt bedrohenden Unglüds gehaltener religiöfer
Umgang, bisweilen auch bei frohen Beranlafjungen
als Dankfeſt, wie bei der Befreiung Noms von
der furchterregenden Nähe Hannibals. Man führte
die Opfertiere durdy die Straßen und um die
Mauern der Stadt. Serv. in Verg. E. 3, 77.
Lucan. 1, 592 ff. Sil. 12, 752.
Ameipsias, Ausswiac, Komiker und Zeitgenoffe
des Wriftophanes, über den er zweimal (424 und
417 vd. E.) jiegte; von diefem wohl mit Recht unter
die niedrigen Poſſenmacher gezählt. Borhanden
find noch wenige Überrefte von 6 Stüden (Amo-
norraßitorreg, Kövvog u. ſ. w.) Meinefe, hist. erit.
p. 199. Com. Graee. fragm. Bd. II p. 701 (8b. I
p. 402 ff. d. Hein. Ausg.). Kock, com, Att. fragm.
I p. 670 ff.
Ameria oder -um, anjchnliches Municipium
im Umbrien, j. Aınelia, Baterjtadt des von Cicero
verteidigten S. Roſeius. Südlicdy davon jenjeits des
Tiber lag das Amerinum castrum od. castellum.
Amethystos, ausdvoros, angeblich jo benannt
von feiner den Weindunft anziehenden, vom Naujche
befreienden Eigenjchaft (« priv. und usdvo, Plin.
37, 9,40), ein Edeljtein von violettblauer Farbe und
vielfach zu den vertieft gejchnittenen Gemmen (Ju:
taglios) gebraucht. Nach der Farbe hießen ame-
thystina od. vestes amethystinae ind Purpurne
jpielende Kleider (Mart. 1, 97, 7. Juv. 7, 136),
die zu den pradhtvolliten und koftbarjten gehörten.
— Nadı der vermeintlichen Wirkung bie bei den
Griechen eine milde, wenig beraujchende Trauben:
art amethystus, bei den Römern inerticula (Plin.
14, 2, 4. Colum. 3, 2, 24), und «ufdvor« pap-
non Fünftliche Mittel, um der Trunfenheit vor:
zubeugen oder fie zu vertreiben.
Amiens. Wenn das foedus und die societas
ein ftaatsrechtliche® Band waren, fo bezeichnete
amicus nur ein moralijches Verhältnis, und wurde
diefer Titel amicus populi Komanı als Aus—
zeihnung und Ehre jowohl Einzelnen (in Ber:
bindung mit rex) als auch ganzen Völlerſchaften
zuerkannt, um fie an Rom zu feſſeln. Ebenjo
fommt fratres und consanguinei vor. — Die ver:
trauten Berater der Kaiſer hießen ebenfalls amici,
auch bisweilen familiares (Suet. Tib. 55). Es
war dies nicht ein rein perjönliches Verhältnis
zu dem jedesmaligen Fürften, ſondern gewiſſer—
maßen eine offizielle Ehre, die ſelbſt von nach—
folgenden Kaijern aufrecht erhalten wurde (Suet.
Tit. DT) und lebenslänglich dauerte, falls feine
Ungnade eintrat. Zu dieſem Kreije gehörten zu:
Ambulatio — Ammentum.
nächſt wohl die Mitglieder des faiferlihen Staats:
rats (consilium prineipis), aber auch alle die:
jenigen der höheren Stände, jowohl Senatoren als
Ritter, welche außerdem der Fürft in jeiner Zus
neigung näher an fich zu ziehen wünſchte. Und
da zur Unterhaltung desjelben jedwedes Talent,
jei es im gejelliger Beziehung, jei es durch Bil:
dung und Kenntniffe, beizutragen vermochte, jo
dehnte ſich der Kreis der amıci bald auch auf
niedrigere Schichten als Staatdmänner oder hoch:
ftehende Berjönlichleiten aus und umfahte Ge:
Ichrte, Dichter, Künftler, auch wohl, je nach der
Neigung des Fürften, bloße Spaßmacher. Schon
unter Auguftus wurden dieje amici in 3 Klaſſen
geteilt, je nach ihrer bürgerlichen Stellung, aber
auch nach dem Einfluffe, den fie fi) allmählich
zu verſchaffen wußten. Die Freunde der eriten
Klaſſe biegen primi amici (Sen. de ben. 6, 34),
cohors primae admissionis (de elem. 1, 10), in-
timi amiei (Tac. ann. 4, 20), potissimi amico-
rum (11, 31), prineipes in Caesaris amicitia
(dial. 8), summum inter amicos locum tenuit
(Suet. Oth. 3). Zur dritten Klaſſe gehörten alle
die zuleßt Genannten. Auch Horaz wurde von
Auguftus zu folder Ehre berufen, doch Ichnte er
ab (Suet. vit. Hor.). Uberhaupt hatte joldhe Ehre
kaiſerlicher Freundichaft auch ihre Schattenjeiten. Die
amiei mußten den fürften auf jeinen Heilen beglei:
ten, und wenn das ficherlich auch auf deſſen Koften
aeichah und fie auch wohl außerdem noch Gehalt
oder Vergütung befamen (Suet. Tib. 46. Oct. 98),
jo konnten doch die auferordentlihen Ausgaben
ihr Bermögen zu Grunde richten (Suet. Cal. 19).
Ihre drüdende Abhängigkeit jchildert Epiftet (diss.
4, 8, 41-50). Sie waren der jedesmaligen Laune
ihres faijerlichen „Freundes“ anheimgegeben. Suet.
ib. 55. Cal. 25. Erfolgte Ungnade wurde als
Andentung der Verbannung angejehen (Tae. ann.
3, 24. Suet. Vesp. 4. 14). Zu dem Morgen:
empfange bei dem Kaiſer (admissio) waren die
amiei (villeicht nur der erſten Klaſſe) jo berechtigt
als verpflichtet. Vgl. Friedländer, Sittengeichichte
Noms I, Abſchn. IE 3.
Amisia, -ins, Aucictoe oder Aunsiag, j. Ems,
ichiffbarer Fluß im Lande der Brufterer, der bei
jeiner Mündung große Sümpfe bildete. Taec. ann.
1,43.60 u.d. Druius lieferte auf demjelben 12 v. C.
den Brukterern ein Schiffstreffen. Strab. 7,290 f.
Amisodäros, Auısodapog. ein Inkiicher Fürſt,
defien Söhne Atymnios und Maris mit vor Troja
kämpften und von den Söhnen des Neftor getötet
wurden; er war es auch, der das fabelhafte Un:
gehener der Chimaira aufzog. Hom. Il. 16, 317 ff.
Amisos, Autsöe, j. Samjun, feite Stadt in
Pontos am Meerbufen gl. N., vielleicht Gründung
der Athener (App. b. Mithr. 8. 38); unter Mi:
thridates, der fie durch eine Anlage Eupatoria
(Cie, de imp. Pomp. 8, 21) vergrößerte, abwech—
ſelnd mit Sinope Reſidenz. Strab. 12, 543 ff.
Amiternum, alte, früher nicht unbedeutende
Stadt im Sabinerlande am Aternus, j. anjehn:
liche Ruinen Namens Torre D’Amiterno oder Ca:
ftello di ©. Bittorino in der Nähe von Aquila,
Geburtsort des Gejchichtichreibers Salluftius. Strab.
5, 228. Liv. 10, 39. 21, 62 u. b.
Ammentum, ayxvin, ift der Riemen an der
Mitte des Wurfipeeres (hasta ammentata), durch
den eine größere Schwingung beim Abwerfen her:
Ammianus Marcellinus — Auvnorie. 75
vorgebradht wurde.
Berh. S. 226.
Ammiänus Marcellinus, aus Antiocheia am
Orontes, von griech. angejehener Herkunft, geboren
wahricheinlih um 330 n. E., bfühte unter Balens
und Balentinian. Seine wifjenjchaftliche Ausbil:
dung erhielt er in jeiner Baterftadt, trat dann in
Kriegsdienfte und fämpfte unter Julian in Gallien
egen die Alemannen, dann gegen die Perſer. Nach
godians Tode zog er fid) nach jeiner Vaterſtadt
zurüd und ging von hier im J. 376 nad Ront,
wo er um 390 jein gie Geſchichtswerk, rerum
gestarum libri XXAI betitelt, auszuarbeiten be:
gan. Sein Todesjahr ift unbefannt. Bon diejem
Werte find uns die legten 18 Bücher erhalten,
welche die Geichichte der Jahre 353— 378 n. E. ent:
halten. Da das Werk mit Nervas Prineipate be:
gann, kann es als eine Fortiegung des Tacitus und
Sueton betrachtet werden. Die erhaltenen Bücher
geben außer der Gejchichte jeiner Zeit, über welche
Ammian als Augenzeuge und Teilnehmer mit
Treue berichtet, intereffante Schilderungen über die
Sitten und Völker und geographijche Beichreibungen,
welche um jo wichtiger find, als Ammianus manche
Länder, wie Germanien und Gallien, aus eigener
Anſchauung und durd längeren Aufenthalt dajelbit
fennen gelernt hatte. Auch an Andeutungen über
feine Stellung zum Chriftentum fehlt es nicht
(21, 16, 18. 25, 4, 20). „Ammianus iſt eine fol:
datiſche Natur, von verftändigem Urteil, ehrlich
und derb, abergläubifch und tolerant, gern prun—
fend mit jeiner Gelehrſamkeit, auf dem Gebiete
der Federführung aber gar nicht zu Haufe. Seine
Sprache ift faſt micht zu verftehen, unleidlich ge:
ziert und überladen, eine Dual jeiner Leſer“ (Teuffel).
Herausg. mit den Anmerkungen Lindenbrogs und
der beiden Balois von Wagner und Erfurdt (1808
in 3 Bbdd.). Verſuch einer neuen Recenjion von
Eyſſenhardt (1871. Kleinere Ausg. 1872); befte
Ausgabe von Gardthauſen (1874).
Ammon (Hammon), Auuov, äghptiſch Amun,
war urjprünglich nur der otalgott von Theben,
mit Muth, der Mutter Erde, und Chunſu, dem
Gott des Mondes und der Zeit, zu einer Trias
verbunden. Später aber, als von Theben aus
das Land von der Fremdherrſchaft befreit und zum
höchſten Glanze erhoben worden war, trat Ammon
an die Spike der Götter, jo jehr, daß faft das
uze Pantheon von jeinem Weſen abjorbiert wurde.
Bor ihm werfen jelbft die Götter fich nieder; er
ift „einzig und allein und jondergleichen, größer
als jeder Gott‘, die bejeelende und ordnende Kraft
in allem Geſchaffenen. Mit dem Sonnengott Ra
verjchmolzen, heißt er Ammon:Ra; mit Chnum
(Ehnubis, Kneph) kombiniert, ericheint er widder:
föpfig (vgl. Hat. 2, 42). Sonft trägt er auf dem
Helm oder der Krone einen hoben Federſchmuck,
in der Hand die Jufignien der Königswürde und
des Lebens.
und verehrten ihn zu Theben in Bototien, Olyınpia
n. a. Orten, wie jpäter auch die Römer (Catull,
7, 5. Lucan. 9, 511). Sein hauptjäclichiter
Tempel nebit berühmten Drafel lag in der jchönen,
ihm geweihten Daje Ammonium (j. d.). Das Orafel,
das nur durch Zeichen Antwort erteilte, purde
von Alerander dem Ör., den es als den Sohn des
Gottes anerfannte (Ourt. 4,209, 5ff. Arr. 3, 4),
beſucht. Die Nachricht bei Eurtius (4, 31, 24),
Köchly in Würzburger Phil.-
Die Griechen verglichen ihn mit Zeus | du
daf; bei Befragung des Orakels das aus Smaragd
und aus Edeljteinen gefügte Bild des Gottes von
Prieftern in einem goldenen Schiffe getragen werde,
findet ihre Betätigung teild durch die Darftellung
jolcher Prozejlionen auf Reliefs, teil® durch die
Sage, dab der Gott einft auf heiliger Barte vom
Lande der Aithiopen zum hundertthorigen Theben
gelommen und dann durch die Wüſte zu jeiner
Daje gezogen jei.
Ammonios, Auporeog, 1) zubenannt Saltas,
Luxrräe, geit. 243 od. 244 n. E., aus Alerandreia,
war uriprünglich Ehrift, ging aber wieder zum Sei:
dentum über und wurde der Stifter der neuplato-
niſchen Philojophie, indem er zur Abwehr des
eindringenden Chriftentums die verichiedenen phi—
loſophiſchen Syſteme, beſonders die des Platon und
Ariſtoteles, zu vereinigen ſuchte. Ausgezeichnet
durch Beredſamkeit und ein ſeltenes Lehrtalent,
wirkte er nicht als Schriftſteller, ſondern mehr als
Lehrer durch mündlichen Vortrag und verſammelte
um ſich einen Kreis bedeutender Schüler, wie
Plotinos, Longinos u. a. — Maus Alexan—
dreia, Grammatiker um 400 n. E., ichrieb ein
leritaliiches Werk: sel öuolor xal dıapopwr
Atteor, über den Gebraucd von ſynonymen oder
ähnlich lautenden Wörtern, das Baldenaer (1739)
am beiten herausgegeben hat. — 3) Sohn des
Hermias, lehrte zu Alerandreia um 500 n. €.
Philoſophie und war aucd als Mathematiler be:
fannt. Er hing der neuplatoniihen Schule aı.
Unter andern Schriften verfaßte er Erklärungen
zu Porphyrios und Ariftoteles.
Ammonium, rò Auuovıon, Daſe in der Libyſchen
Wüſte, j. Siwah mit 8000 Einmw., 14 Tagereijen
weitlic von Memphis, 8 von Raraitonion (1. d.),
30m unter der Meeresflähe und uriprünglich
Meeresboden; ein Priefter: und Handelsitaat, be-
rühmt durch den Ammonstempel mit dem Orakel,
durch den heiligen Sonnenquell (Hdt. 4, 181),
jowie durch ein großes Salzlager @is Yupovıann,.
sal Ammoniacum, daher wohl der Name Ammo—
niaf). Bgl. Parthen, bh. der Berl. Alad. 1862.
Rohifs, drei Monate in der Libyichen Wüfte (1875).
Aurnoria ift der ſpätere Name für eine all
gemeine politijche Mafregel, wodurch bei Staats-
umwälzungen, die oft mit vielen Grauſamkeiten
verbunden waren, die fiegreiche Partei erklärte,
des Böſen nicht gedenfen zu wollen (roig Elloıg
00 urnoınanodrrer, Önuorgerovuevor ro Aoınör
Euvsmolltevov, heißt e8 T’hue. 8, 73 von den Sa—
miern), was ihr von der Gegenpartei zugefügt
war. Es durfte aljo niemand wegen eines in der
Beit begangenen politiichen Vergehens zur Berant:
wortung gezogen werden, was zuweilen auch auf
andere ag eiten ausgedehnt wurde. Spuren
einer Amne n wir bei Solon; die berühm-
tejte aber, die —— den Namen bat, iſt
die des Thraſybulos nach Vertreibung der Dreißig,
welche die noch immer bedrohte Eintracht
im Staate wiederhergeftellt wurde (403 v. E. unter
dem Archon Eufleides). Ausgenommen waren nur
die Dreißig jelbjt und deren 10 Nachfolger jowie die
Elfmänner, denen jedoch, wenn fie wollten, Rechen:
ſchaft (eddvr«) verjtattet wurde. Der Schwur,
durch den die Amneſtie befräftigt wurde, ift uns
bei Andofides (myster. $ 90) aufbewahrt worden:
nal 0% urnonaunoo rov nolırar ondenri, am
tor reıinovra nal zav Erden«, ovöt rovrme
76
de av EHEln sudurag dıdöoraı tig deyäs 15
no&ev. Bei Nep. Tihras. 3 lex oblivionis.
Amnisos, Aurdös, Hafenftadt von Knoſſos auf
Kreta, am gleihnam. Fluſſe, ſchon Hom. Od. 19,
188 genannt, in hifter. Zeit Herafleion geheißen.
Aweor j. Eros.
Amorgos, Auopyög, j. Amurgos, Heine Spo:
radeninfel jüdöftlich von Naros, auf welcher der
Dichter Simonides (j. lambographen) lebte,
befannt durch die Bereitung feiner Kleiderftoffe.
Unter den römischen Kaiſern diente fie als Ber:
bannungsort. Tuc. ann. 4, 13.30. Minoa, Nigiale
und Arkefine waren die 3 Hauptortſchaften.
Ampelius, Lucius, lebte wahricheinlich in der
Mitte des 2. Jahrhunderts n. E. und verfahte eine
Schrift, liber memorialis, einen (früher and in
Schulen vielbenugten) dürftigen Auszug des Merk:
würdigften aus der Aftronomie, Geographie >
as
bejonders Geſchichte in einfacher Spradıe.
Amnisos — Amphidromia.
stos). Den Mpdraftos, mit dem er anfangs ge—
meinjchaftlich herrichte, hatte er aus Argos ver:
trieben; jpäter aber verglid) er fich wieder mit ihm
und heiratete deſſen Schweiter Eriphyle. Ihre Söhne
find Allmaion und Ampbilochos. Als Adraftos
den erften Zug gegen Theben unternahm, wollte
Ampbiaraos nicht mitzichen, weil er das unglück—
liche Ende vorausjah. Aber Eriphyle, von Poly:
neifes durch das verderbenbringende Halsband der
Harmonia beftochen, beredete ihn zur Teilnahme (Od.
11,326). Als die argiv. Helden bejiegt von Theben
flohen, ward er ſamt jeinem Wagenlenfer Baton mit
jeinem Streitwagen (j.d. Abb.) nicht weit von Theben
von der Erde verichlungen und unsterblich gemacht.
Von nun an wurde er göttlich verehrt, zuerjt zu
Oropos, dann zu Argos u. a.D. In der Nähe von
Oropos hatte er an der Stelle, wo er nach jeinem Ber:
ſchwinden als Gott hervorgeftiegen jein jollte, einen
Buch ift meift herausgegeben mit Florus, ſelb—
ftändig von Tzſchucke (1793); neue Necenfion von
Bölfflin (1854).
Ampheia, 7 "4upsıe, St. in Mefienien, ſüdöſtl.
von Andania, eine mefleniiche Grenzfeſtung gegen
Lakonien, auf dem weftlichen teilen Vorſprunge
eines jchmalen, vom Tangetos ausgehenden Berg-
rüdens gelegen und die Ebene von Andania be
herrichend. Beim Beginn des erften meſſen. Krieges
bemächtigten_ fi) die Spartaner der Stadt durch
nächtlichen Überfall und bedrängten von da aus
das meſſeniſche Land. Paus. 4, 5, 9. Un jeiner
Stelle liegt j. das Paläofaftro von Kofla.
Amphiaräos, Yupıagaos. ans Argos, Sohn
des Difles (oder des Mpollon) und der Hyper—
mneſtra, väterlicherjeits von dem Seher Melampus
abftanmend (Hom. Od. 15, 244) und jelbit ein großer
Seher und Traumdeuter ſowie ein Held, der an
der falydonifchen Jagd, der Argonantenfahrt umd |
dem eriten thebanijchen Kriege teilnahm (ſ. Adra-
Amphiaraos auf ber Flucht. :
Tempel " Aupıagsıo» (Amphiareum), deflen in
der Tieblihen Thalichlucht —“ gelegene
Fundamente in neuerer Zeit aufgefunden worden
find (j. Oropos), mit einem berühmten Traum:
orafel; daneben war die Duelle des Amphiaraos.
Paus. 1, 34, 2. 9, 8, 3.
Amphidromia, r@ Augıdgönte, bei Späteren
7 Augıdgonie, ein Familienfeit der Athener, an
welchem das meugeborne Kind, am 5., 7. oder
10. Tage nad) jeiner Geburt (daher auch die Be-
zeichnungen Eßdoueı oder EBdouds, EBdouade
dysı, dexndenv Posır, Forıccaı), durch Herum:
tragen um den Herb des Hauſes in die Familie
aufgenommen und der Fürſorge der Hausgötter
anempfohlen wurde und jeinen Namen erhielt;
daher der Name (von aupıöpeueir; nach anderer
Auffaſſung, weil die Verwandten beim Namen:
geben um das Kind herum gingen). Die Thüre des
Hauſes wurde, wie auch gleich nach der Geburt,
mit Olivenkränzen geſchmückt, wenn das Kind ein
Knabe war, bei Mädchen mit Kränzen von Wolle,
Amphikleia —
Dan veranftaltete ein Feitmahl für Freunde und
Verwandte, welche mit Geſchenken (yerdd#lroı döneıe)
erichtenen und jich mit der Familie einer fröhlichen
Heiterkeit überliefen. Die Feier galt jelbit vor
Gericht als Beweis, daß das Kind von feinem Vater
als echt (yriaıog) anerkannt worden jei. Eltern
und Freunde und die Sklaven machten dem Rinde
Geichente, und man gab ihm feinen Namen. Es
war eigentlich ein Reinigungsfeft der Mutter und
des Kindes durch das heilige Herdfener.
Ampkhikleia, Aupixisıa, aud) Aupiniaıe, nad)
dem heiligen Kriege eine * lang Ogırsia ge:
nannt, Stadt im nördlichen Phofis (Hdt. 8, 33), mit
einem Adyton des Dionyjos, weldyer den Sal
nern die Gabe verliehen haben jollte, im Schlafe
Heilmittel zu verordnen. Paus. 10, 3, 2. 33, 9,
Ruinen bei dem Dorfe Dadi.
Amphiktyonen, Augpınrvorss (eigentl.Aupınzd-
oves von aupi und xrio, vrifo, gleich megınrloreg,
Umwohner, umgefornt nad dem Namen des Heros
Amphiktyon; beide Formen find imichriftlid) be—
zeugt), hießen bei den Griechen die Nachbarvölfer
eines Heiligtums, welche ohne Rückſicht auf Stamm:
verjchiedenheit in einen Bund Amphiktyonie,
Aupıxtvovia) vereinigt waren zum Schutze des
Heiligtums, zu gemeinichaftlicher Feitfeier und zu
gegenjeitiger Beobachtung der Völkerrechte. Soldye
Verbindungen waren nicht wie die der Bundesge-
nofjen zu Schuß und Trug gegen äußere Feinde
erichtet, noch auch find jie mit den Verbindungen
ammperwandter Orte zu verwechjeln, —— ihrer
Verwandtſchaft eingedenk, zu gemeinſamer Feſtfeier
ihrer Nationalgottheiten zuſammenkamen und, ob—
gleich von einander unabhängig, doch ihre Gejamt:
——— in allgemeinen Beratungen be—
ſprachen. Die berühmteſte Amphiktyonie iſt die del—
phiſch⸗ pylaiiſche oder die von Delphoi und Ther—
mopylai, vorzugsweiſe der Amphiktyonenbund
genannt. Er war ſchon in der vorgeſchichtlichen
Zeit geſtiftet und umfaßte 12 in der —— Zeit
in Theſſalien und der Umgegend wohnende, aber
in der geſchichtlichen Zeit an Macht ſehr ungleiche
Völkerſchaften: Thejjaler, Boioter, Dorier,
Sonier, Berrhaiber, Magneten, Lofrer,
Ditaieroder Ninianen, phthiotiſche Achaier,
Malier oder Melier, ofeer, Doloper.
Auch alle Kolonien der Verbündeten hatten teil
an dem Bunde, dagegen waren alle übrigen Hellenen,
wie Arkader, Aitoler, von demjelben ausgeichlofien,
obgleich er bisweilen rö xoı»0» av "Ellnvov
suriögıov oder rö row 'EAA. auveögıor, ein com-
mune Graeciae concilium (Cie. ine. 2, 23, 69)
heißt. Dies konnte er nicht füglich jein, weil ihm,
wie fich im phokiſchen Kriege und in dem heiligen
Kriege gegen Amphiſſa zeigt, die äußere Macht
fehlte ſich Gehorſam zu verſchaffen. Die ——
lichen Verhältniſſe blieben bis zum J. 346 vd. C.,
wo nach Beendigung des phokiſchen Krieges Philipp
von Makedonien an die Stelle der Phokeer trat
und die Lafedaimonier aufhörten, an der dorijchen
Stimme teilzunehmen (die vielleicht damals an
Delphoi fam). Der Hauptzwed des Bundes beitand
in Beſchützung und Beauffichtigung der Bundes:
heiligtümer und der an diejelben gefnüpften Kulte
und Feitverfammlungen, namentlich des delphiſchen
Orakels und ſeit 586 v. C. der pythiſchen Spiele,
und in Erhaltung menſchlicher Grundſätze in den
gegenjeitigen freundlichen wie feindlichen Berüh:
77
rungen. (Bisweilen erjcheint jeine Thätigfeit all-
emein patriotiich, wie bei der Ausſchmückung des
ufmals für die in den Thermopylen gefallenen
Spartaner, Hat. 7, 228.) Dies erjieht man aus
dem Eid der Amphiktyonen bei deschin. de f. leg.
$ 115: „Seine der amphiktyonijchen Städte je
von Grund aus zu zerftören, feinem im Frieden
oder im Krieg das Waſſer abzujchneiden, das Heilig:
tum des deiphiichen Gottes nad allen Kräften zu
beſchützen.“ Ein Schugbündnis gegen außen war
der Bund nicht, auch miſchte er ſich arundjäglich
nicht in die inneren politischen Angelegenheiten der
Berbündeten, wiewohl er bisweilen, wie von Phi:
lipp und Alexander von Makedonien ı Diod. Sie.
17, 4. Paus. 7, 10, 10), ald Werkzeug zur Ber:
folgung eigenfüchtiger Zwecke gemißbraucht ward.
Er führte folgende heiligeKriege: 1) 596586. C.
gegen Kriſſa, 2) 355—346 gegen Phokis, 3) 340
und 339 gegen Amphiffa, 4) 280 gegen die Yito-
lier (der ſ. g. zweite heilige Krieg im J. 448 be:
traf die Amphiltyonen nicht). — Anlangend die
innere Einrichtung des Bundes, welche dem Akri—
fios, dem mythiichen Könige im theſſal. Larifla,
zugeichrieben ward (Strab. 9, 420), jo hielt derjelbe
jährlich zwei Verfammlungen, im Frühjahr, wie man
früher gewöhnlich annahm, zu Delphoi, im Herbite
in den Thermopylen bei dem Tempel der Demeter
Amphiktyonis zu Anthela, wo 9 auch das Heilig:
tum des mythiſchen Gründers des Bundes Am:
phiftyon befand (Hat. 7, 200), der in Thermo:
pylai oder über die Lokrer geherricht haben jollte
und von manchen mit dem attiichen Könige gleiches
Namens identifiziert ward. Uber jeit der Ent-
deckung des Zrrırapıog Aöyog des Hypereides jteht
feft, daß au beiden Orten, in —— und an
den Thermopylen, ſowohl im Frühling als im
Herbſt amphiktyoniſche Verſammlungen abgehalten
wurden. Wahrſcheinlich iſt der Bund durch Ver—
ſchmelzung zweier Amphiktyonien entſtanden, der
demetrifch⸗pylaiiſchen und der apolliniſch⸗delphiſchen.
Die den Bundesrat bildenden Abgeordneten der
einzelnen Städte, auch Amphiktyonen genannt, zer—
fielen in die fegournnoves und zulayogmı
(-or), deren Berhältnis zu einander von den Alten
nicht angegeben wird und jetzt noch nicht völlig
aufgeklärt tft; jeder Staat joll einen Hieronmemon
und drei Pylagoren gejandt haben; auch wurden
in Athen jene durchs Los, dieſe durd Wahl er:
nannt. Es iſt wahricheinlich, daß die Hieromne—
monen urjprünglich der deiphiichen und die Pyla—
goren der pylaiiichen Amphiktyonie angehörten,
und daß man nach der Verjchmelzung derjelben
beide Arten von Gejandten beibehielt, die einen
zur —— des Demeter⸗, die andern zur Ber:
tretung des Apollonkultus. Die Verfammlung der
Hieromm. ſowie auch die gejamte Natsverfammlung
ich ovredgıor. Die 12 beteiligten Völkerſchaften
tten in dem gemeinjamen Rate je 2, aljo im
ganzen 24 Stimmen (yiäpor), und zwar jo, daß
die Stämme, welche in mehrere jelbftändige Staaten
elen, entweder in der Führung der Stimme
unter einander abwechjelten, oder diejelbe für immer
einem Staate übertrugen. „Nach den neuerdings
an Ort und Stelle gefundenen Inichriften hatten
Doppeljtimmen 7 ungeteilte Staaten: Delpher, die
übrigen Phokier, Theſſaler, Boioter, phthiotiſche
Achaier, Magneten, Ainianen; geteilt waren die
Stimmen der Lokrer öſtliche und weſtliche), der
Amphiktyonen.
18
Dorier (aus Doris und aus dem Peloponnes‘,
der Jonier (von Athen und von Euboia); zu je
zwei Gruppen zuſammengefaßt erjcheinen die Heinen
an den thejjaltichen Grenzen wohnenden Bergvöl-
fer: Malier und Ditaier, Doloper und Berrhaiber.“
Kiepert, Lehrbuch der a. Geographie S. 287, 2.
Auguftus änderte diejes Verhältnis ab, und wir
finden im ganzen 30 Stimmen, weldye an die ein-
zelnen, den älteren Teilnehmern nicht mehr ent:
iprechenden, Staaten willfürlich verteilt waren
(3. B. Actium mit 6 St.). Neben dem Amphi—
ftyonenrate wird auch eine dxxinsi«, eine allge:
meinere Berjammlung, erwähnt, beftehend aus der
Gejamtheit der anmwejenden Bürger der Bundes-
ftädte. Vgl. Bürgel, die pyläiſch-delphiſche Am:
phittyonie 1877). — Außer der pylaiiſchen Am:
phiktyonie werden erwähnt die von Kalau—
reia auf der Inſel d. N. (Hermione, Epidau-
ros, Wigina, Athen, Praſiai, Nauplia und
das minyeiſche Orchomenos, Strab. 8, 374)
und die von Oncheſtos in Boiotien, beide
19 an die dortigen Pojeidontempel anſchlie—
end, und die deliſche um den Tempel
des deliichen Apollon, die umliegenden
Kykladiſchen Inſeln befafiend, womit auch
die deliſche Theorie der Athener in Ver—
bindung ſtand. Ob dieſe Verbindungen
aber von Anfang an eigentliche Amphi—
Ityonien waren, iſt die Frage. Bal. Her—
mann, griech. Staatsaltertümer $ 12 ff.
Ampnilöchos j. Alkmaion, 1.
Amphion, Aupior, ovos, 1) ©.
des Zeus und der Antiope, der Toch—
ter (des Aſopos oder) des Nykteus,
Herrichers in Theben. A. wurde nebjt
jeinem Zwillingsbruder 2. im
Elentherai geboren, ausgejeht
und von Hirten erzogen. In den
Brüdern bildete jid) nach der Dar:
ftellung des Euripides ein ver:
ſchiedener Charakter aus: Zethos
ward ein rauher, auf das Prak—
tijche gerichteter Hirt und Jäger,
während Amphion jich an der
zarten Kunſt der Mujen erfreute,
an Gejang und Saitenfpiel. Ihre
Mutter wurde von Lykos, der
nach jeines Bruders Nyfteus
Tode in Theben die Herrichaft
erlangt hatte, und von deſſen Gemahlin Dirfe
in Haft gehalten und gemifjhandelt. Fliehend kam
fie in den Kithairon zu dem Gehöfte, wo ihre Söhne
aufgewacjen waren; dieſe erlannten die Mutter
und bejtraften die jie verfolgende Dirke, indem fie
diejelbe an die Hörner eines Stieres banden und
die zu Tode Sejchleifte in eine Quelle warfen, die
den Namen Dirlke erhielt. Die Bejtrafung der
Dirke ift in Marmor dargeftellt von Apollonios und
Tauriſtos aus Rhodos in der größten vorhandenen
antifen Gruppe, dem j.g. farnejiichen Stiere
(j. d. Abb.) in Neapel. Die Zwillingsbrüder er:
ichlugen darauf den Lykos, bemächtigten fich der
Herrſchaft Thebens und ummtauerten die untere
Stadt (Od. 11,260, wo Antiope Tochter des Ajopos
heißt). Die Steine der Mauer jollen ſich nad) dem
lange der Lyra Amphions von jelbit zujammen-
gefügt haben. Zethos vermählte ſich mit Thebe,
des Aſopos Tochter, Amphion mit Niobe (j.d.).
Amphilochos — Amphipolis.
Amphion und Zethos liegen zu Theben in gemein-
ichaftlihem Grabe. Beide heißen die weißrofjigen
Dioskuren Boiotiens (Kur. Phoen. 609) und er:
icheinen an vielen Orten Boiotiens als Städte-
gründer und erobernde Streiter. Nah WU. war
benannt das Aupesior, ein Heiligtum desjelben in
Theben. Xen. Hell. 5, 4, 8. Nyfteus und Infos,
Söhne des Hyrieus, eines Sohnes des Poſeidon
und der Alfyone, werden ald Vormünder der Kad—
miden Labdakos und Laios angegeben, welchen
legteren Zethos und Amphion verjagt haben jollen ;
diefe ganze Familie tritt alſo als friegeriiches
Herrſchergeſchlecht in Theben neben und im Ge—
genſatz zu dem Geſchlechte des Kadmos auf. —
2) König im boiotiſchen Orchomenos. Hom Od.
11, 283. — 3) ein Anführer der Epeier im tro—
ilchen Kriege. Hom. Il. 13, 692.
Amphipolis, Aupizokıs, Stadt im öſtl. Mafe:
donien, nach der Lage zwiichen 2 Armen des Stry—
mon jo genannt, j. Ruinen von Neofhorion, hieß
in älterer Zeit Zvvea ödod, die 9 Wege. Hat. 7, 11a.
Thue. 1,100. Urjprünglicy bewohnten die friegeri:
ſchen Edoner dieje Gegend und vereitelten lange
Zeit die Verſuche des Nriftagoras von Milet
Hat. 5, 124) und der Athener, dort eine Kolonie zu
gründen (daf. 9, 75. Thuc. 4, 102). Erjt 437 v. E.
gelang es dem Hagnon, dem Sohn des Nifias, die
Edoner zu bejiegen und Amphipolis zu gründen.
Da die Athener aber meift Griechen anderer
Stämme hieher verpflanzten und mur wenige
Bürger aus Athen ſich hier niederließen, jo neigten
jich die Eimwohner nadı Einnahme der Stadt durd)
den Spartaner Brafidas im J. 424 leicht zu den
Spartanern hin umd wollten jogar einige Jahre
Amphis —
ipäter im Frieden des Nikias die Herrichaft Athens
nicht wieder anertennen. Thuc. 4, 103. 5, 18. Alle
Verjuche Athens, die Stadt wieder zu unter-
werfen, mißlangen; auch der tapfere Iphikrates
fonnte nichts gegen fie ausrichten. Philipp von
Makedonien gewann fie 358, nachdem fie jchon
einmal im Beſitz der Mafedonier gewejen war,
und behielt fie troß der langjährigen Bemühungen
Athens, ihn aus ihrem Beth zu vertreiben. Auch
jeine Nachfolger behaupteten die Stadt. Unter
Roms Herrichaft wurde fie Hauptjtadt eines Teils
von Makedonien. Die Berfafjung war bis zu
der Herrichaft des Brajidas demofratiich, nachher
ariftofratiich, jpäter gewann die Demokratie wieder
die Oberhand. Ihre günftige Lage an der Mün—
dung des Strymon beförderte durch blühenden
Handel ihren Wohlftand, zu weldem aud ber
Reichtum ihres Gebietes an Bergwerlen (Thuc.
1,108. Hdt.5, 23. Liv. 45, 50) ſowie nicht minder
an Wein und DI weientlich beitrug.
Amphis, Augıs, Sohn des A Fitrates, Dichter
der neueren Komödie, —S in der Mehr:
zahl jeiner 26 Dramen auf die engeren geiellichaft-
lidyen oder materiellen Zuftände des Lebens in
einem nüchternen Tone. Erhalten find einzelne,
ziemlich bedeutende Fragmente, gej. von Meinele,
com. Graec. fragm. LII p. 301 ff. «Bd. 1 p. 645 ff. d.
Hein. Ausg.), u. Rod, com. Att. fragm. 11, 1p.236'ff.
Amphissa, Augpıoca, die größte Stadt im ozo—
liſchen Lokris in einer waldumkränzten Bergebene
(Hdt. 8, 32), 3 Stunden nordweitlih von Del:
phoi, jehr alt; j. Salona. Strab. 9, 427. Paus.
10, 38, 4. Da die Bewohner ſich erlaubt hatten,
die fluchbeladene Feldmark der tempelräuberiichen
Krifiaier zu bebauen, dort eine Niederlaffung zu
gründen und von den nad Delphoi fahrenden Zoll
zu erheben, jo wurde von den Amphiktyonen auf
ntrieb der Athener ein heiliger Krieg beichlojien,
in welchem Bhilipp von Makedonien den Oberbejehl
übernahm und die Stadt zerjtörte (339). Strab.
9, 419. 427. Später fam die durch ihre fait un:
einnehmbare Alropolis (Liv. 37, 5) feſte Stadt
wieder empor und wurde im römilcher Zeit auto:
nom. FPaus. 10, 38, 4.
Amphitheätrum j. Theatron, 17.
Amphitrite, Aupırgien, die Ringsumrauſchende,
war die Tochter des Nereus und der Doris, eine
der Nereiden, die Gemahlin des Poſeidon. Zlesiod.
theog. 243. 930. Sie wollte anfangs undermählt
bleiben und floh daher, als Bojeidon um jie warb,
zum Atlas, d. h. im die äußerften Tiefen und
den des Meeres; allein Bojeidon jchicdte ihr
Späher nad), unter diejen den Delphin, der fie auf:
fand und dem Gotte zuführte. Homer erwähnt fie
öfter als eine Gottheit der Wogen, unter deren
Macht die Ungeheuer des Meeres ftchen, aber jie
ift bei ihm noch nicht die Gemahlin des Bojeidon.
ie gebiert dem Herricher des Meeres 3 Kinder,
deren Namen Eigenjchaften des Meeres bezeichnen:
Trıtom (Rauſcher, Hesiod. rheog. 930,, Rhode
(Raujcherin, von doden) und Bentheſikyme
(Wogerin der Tiefe), Eine bejondere Verehrung
ward 2 nicht zu teil, auch kennt die Mythologie
wenig Sagen von ihr. Sie joll die Stylla aus rn
jucht in ein Meerungeheuer verwandelt haben. hr
Name fteht bei Dichtern oft zur Bezeichnung des
Meeres. Von der Kunſt ward jie der Aphrodite
ähnlich dargeftellt, meift mit fließenden Haaren,
19
öfter mit Krebsſcheren an den Scläfen, auf Del-
phinen und Meerpferden oder auf einem von Del:
phinen gezogenen Mufchelmagen neben Pojeidon.
Die Römer identifizierten Salacia (von salum
= @ls) mit ihr.
Amphitryon, Zupırovor, Amphitruo, Sohn
des Königs Alfaios von Tiryns und Enkel des
Perſeus, tötete unabjichtlich feinen Oheim Eleftryon,
König in Myfenai, der ihm für die Dauer eines
Zuges gegen Pterelaos und die Taphier jein Neid)
und jeine Tochter Allmene zur Obhut übergeben
Fr (j. Herakles, 2.). Wegen diejer Blutichuld
oh er mit Altmene nach Theben zu jeinem mütter-
lihem Oheim Kreon, der ihn entiühnte und ihm
die Teilnahme an dem ihm von Allmene aufge
tragenen Kampfe gegen Bterelaos verſprach, wenn
Amphitryon zuvor den wilden teumeſſiſchen Fuchs
tötete. A. verlangte, um den nach einem Orakel
nicht erreichbaren Fuchs einzuholen, vom en ori
Kephalos (ſ. d.) den Hund, der alles einholen
konnte. Beide Tiere wurden während der Jagd
von Zeus in Steine verwandelt; dem Pterelaos
wurde von jeiner Tochter das goldene Haar ge:
raubt, woran jeine Unfterblichleit hing, und A.
ward Herr von Taphos, das er feinen Kampfge—
noſſen Wephalos und Heleios überließ. Nach Theben
urückgekehrt, vermählte er fich mit Alfmene, welche
ihm den Iphikles gebar, während aus einer Ber:
bindung mit Zeus Herafles von ihr geboren wurde.
Er wurde in einem Kampfe mit den Minyern er-
ichlagen. Ildt. 5, 59. Appollod. 2, A, 11.
Amphöra, von aremoge, weil es uriprünglid)
ein Gefäß zum Schöpfen (arapeorır) war, der
Sache nad &upogsvg (aber feine Kontraltion von
@upepoperg), ein Traggejäh mit 2 Henkeln
(ansae), daher diota [dierog] Hor. od. 1,9, 81,
rund, bauch: :
örmig, oben
ineinenengen
Halsicollum
zulaufend, in
der Regel ir:
den, auf der
Töpferjcheibe
gefertigt
(Hor.ap.2l),
jeltener von
Glas oder gelbem Marmor (Onyx). Sie ruhten
entweder auf einem Fuß oder liefen nach unten
jpig zu. Cie dienten nicht bloß zur Aufbewah-
rung des Weins (om. Od. 9, 204), jondern aud)
von DI, Honig u. a. Der auf Fällern ausgego-
rene Wein wurde auf amphorae gezogen (diffundi)
und blieb dann in diefen, mit einem Kork (cortex
oder suber) wohl verjehenen (Hor. od. 3, 8, 10)
oder aud; mit Gips, Lehm, Pech übergofienen
Flaſchen bis zum Verbrauche in der Speichernieder:
lage, horreum oder apotheca. Der Jahrgang und
die Sorte (nota) ward darauf gejchrieben oder auf
bejonderen Marten (tesserae) dabei gezeichnet. —-
Außerdem ift es das gewöhnliche Ma, nach dem
man zu rechnen pflegte, jonft quadrantal; es zer-
fällt wieder in 2 urnae, 8 congii, 48 sextarii,
576 eyathi (j. Tab. IX. im Anhange). Die Reduk—
tion auf ae Maße gibt Becker-Göll, Gallus 3,
399
Amphoteros.
Amphotöros, "Augporegos, 1) ſ. Akarnan. —
2) ein Troer, den Batroflos tötete. Hom. I1.16,415.
80
— 3) ein Bruder des Srateros und Befehlshaber
auf der Flotte Aleranders des Gr. Curt. 3,3, 19.
4, 23, 14f. Arr. 3, 2, 3f.
Amphrysos, Aupgvoög, Kleiner thejjal. Rüften:
fluß, in den Bagafaiischen Meerbujen mündend, an
dejjen Ufern Apollon 9 Jahre lang die Herden
des Admet weidete. Verg. @. 3,2. Apoll. Rhod.
1, 54. Bisweilen verwecjelt mit der phokiſchen
Stadt Ambryjos bei Delphot, daher Verg. A. 6, 398
Ambrysia vates jtatt Delphica.
Ampliatio, eine Bertagung des Progefies, welche
angeordnet wurde, wenn die Richter N. L. (non
liquet, d. h. daß fie nicht hinlänglich aufgeklärt
wären) entjchieden. Weil in jolchem Falle der vor:
jigende Prätor erflärte amplius cognoscendum,
entjtand der Name. Die Sache mußte dann von
vorn verhandelt werden. Beiſpiele bei Cie. Caec. 10.
Val. Max. 2, 1, 11. ®gl. Comperendinatio.
Ampsaneti lacus, Feiner See bei Aclanum in
Samnium (j. Lago d’Anfante oder Mofette), dem
mephitijche Ausdünftungen entjtrömten, weshalb
man dort einen Eingang zur Unterwelt annahnt.
Verg. A. 7, 563. Cie. div. 1, 36, 79.
Ampsivarii, ein deutjches Volk weftlich der Ems.
Tac. ann. 13, 55. Sie jind wohl aud) ann. 2,8.
22. 24 gemeint, wo im Text fälſchlich Angri-
varii ſteht.
Amuläus, j. Numitor.
Auyklai, Auvxlar, 1) alte, jchon 17.2, 584
genannte Stadt des Peloponnes, 20 Stadien ſüdöſt—
lich von Sparta an den Bächen Tiaja und Phellias,
ohne Überreſte, nady der Sage von Amyflas, dem
Bater des Hyalinthos, gegründet. Die Stadt be:
hielt auch nad der Einwanderung der Dorer ihre
freie achaiiſche Bevölkerung, bis jie furz vor dem
erjten mefjenischen Kriege von Taleflos eingenom-
men wurde, um 750 v. E., der Sage nad), weil
die Bewohner, jchon oft durch blinden Lärm ge
täujcht, verboten hatten folche Nachricht von An:
funft der Feinde auszubreiten; daher das Sprid):
wort: Amyclis taciturnior. Fortan beftand ihre
Bedeutjamfeit nur noch durch die Denfmäler der
Belopiden und das Heiligtum des amyklaiiſchen
Apollon (Auvalaror). Muc. 5, 18. Die alte, 30
Ellen hohe, ohne Kunft gearbeitete Statue war
einer ehernen Säule ähnlich, an welche ein Ge:
fiht, Hände und Füße angejegt jind; auf dem
Haupte jah ein Helm, in den Händen führte fie
Speer und Bogen. Sie ftand auf einer mit vielen
Bildwerfen oder Reliefs gezierten, in Form eines
Thronjefjels erbauten Kapelle, die zu Kroijos’ Zeit
der Magnefier Bathyfles verfertigt hatte. Paus.
3, 18, 9. Die jpartanischen Frauen webten dem
Sotte jährlich einen Ehiton. — Da Tyndareos,
der Gemahl der Leda, hier jeinen Sit hatte, werden
die beiden Söhne derjelben, Kaſtor und Polydeukes,
aud) wohl Amyclaei fratres genannt. — 2) Stadt
in Latium am Tyrrhenijchen Meer bei Tarracina,
nach richtiger alter Form Amunclae, j. Sperlonga,
in jchlangenreicher, ungejunder Gegend, in der
Römerzeit verlafjen; das tacitae Amyclae bei
Verg. A. 10, 564 deutet wohl dies Berlaffenfein
an, mit Anjpielung auf die oben erzählte Sage.
Strab. 5, 233. Plin. 3, 5, 59.
Amykos,"Auvnog (d. i. der Zerfleifcher), 1) Sohn
des Pojeidon, ein geübter Faufttämpfer, mit dem
die in jeinem Gebiete landenden Fremdlinge kämpfen
mußten. Als die Argonauten an der Küſte der
Amphrysos — 'Avaßarnz.
Bebryfer in Bithynien, wo er herrichte, landeten,
tötete ihn Polydeutes im Fauſtkampfe. Apoll.
khod. 2, 1jf. Z’heoer. 22, 44 ff. Auf der ficoro:
nijchen Eifta bindet ihn Polyd. an einen Baum,
wohl um ihn zu jchinden. — 2) ein Ktentaur, ward
auf der Hochzeit des Peirithoos von den Lapithen
erichlagen. Ov. met. 12, 245 ff. - - 3) ein Gefährte
des Aineias, Sohn des Priamos, fiel im Nampfe
mit Turnus. Verg. A. 12, 509.
Amymöne j. Danaos.
Amynander, 4uvvardgos, König der Atha-
manen und Bundesgenofje der Nömer und Aitoler
gegen Philipp V. von Makedonien. Im Striege
der Römer gegen Antiochos den Großen von Sy-
rien, in welchem Philipp auf der Seite der Nömer
ftand, ſchloß er fih an Antiochos an, ward aber
von Philipp aus jeinem Reiche vertrieben und
üchtete nach Aitolien (191 v. E.), von weldyem die
ömer feine Auslieferung forderten. Die Aitoler
verweigerten dieje und jegten ihn im. 159 wieder
in fein Reid ein. Pol. 16, 27. 18, 19. 22, 8 ff.
Liv. 27, 30. 32, 14. 36, 47. 36, 14. 28. 38, 1 jf.
_ Amyntas, Auvvrag, Name 1) mehrerer mafedon.
Könige, insbejondere eines Sohnes des Arrhidaios,
der dem Könige Pauſanias 390 v. E. die Herr:
ſchaft entriß und bei jeinem Tode (369) von jeiner
Gemahlin Eurydike 3 Söhne, Nlerander, Ber:
diffas und Philippos, hinterlich; leßterer war der
Bater Aleranders des Gr. (Just. 7, 4); daher heißt
Philippos (Ov. Ib. 295) Amyntiades. — 2) tapfe:
rer Feldherr Aleranders des Gr. Sohn des Andro:
menes. Uurt. 4, 50, 28 (wo er als Taxiarch, ag-
minis princeps, genannt wird). 7,2, 10ff. u. ö.
Arr. 3,27. Auf jeinen Rat wagte Alexander gegen
den Willen der übrigen Feldherren den lepten
enticheidenden Sturm auf Tyros. Died. Sie. 17,45,
Er fand im J. 330 bei dem Angriff auf eine fefte
Stadt der Feinde feinen Tod. Curt. 7, 2, 10 ff.
Arr. 3, 27. — 3) Mafedonier, der jein Vaterland
verließ und nach Aſien ging, wo er Dareios Kodo—
mannos gegen Alerander den Gr. diente und nad
der Schlacht bei Iſſos mit 4000 griech. Söldnern
nach Agypten floh, dajelbjt aber von den Agyptern
erichlagen ward. Arr. 2, 6. 13. — 4) urſprünglich
Staatsichreiber beim König Dejotarıs von Gala:
tien, ging im Bürgerfriege von Brutus zu Antonius
über (im 3. 43 v. E.), welcher ihm die Königs:
würde erteilte. Den Antonius verließ er nach der
Schlacht bei Netium und trat auf Octavians Seite.
Er ftarb im J. 25. Plut Ant. 61. 63. Dio
Cass. 47, 48. 50, 13. Vell. Pat. 2, 84.
Amyntor, Auvveog, bei Homer König in dem
thefialiichen Eleon, nach Ovid König der Doloper,
ater des Phoinig, welcher legtere, weil er jeines
Baters Geliebte antaftete, mit defjen Fluch beladen,
zu Beleus entfloh. Hom. Il. 9, 432 d 10, 266.
Ov. met. 12, 364 (j. Achilleus). Später joll
ihn Serafles, den er nicht durch fein Gebiet ziehen
lafien wollte, erjchlagen haben. Apollod. 2, 7,7.
Amytläon j. Aiolos, 1.
Avaßarns, dnoßarns. Bei einer Art des
Wettfahrens ftand außer dem Wettfahrenden ein
nvloyos auf dem Wagen. Jener jprang mun bei
der legten Umfreifung der Bahn von Wagen herab,
lief neben demfelben zu Fuße einher und ſchwang
fi) furz vor dem Biel mit Hülfe des „»doyos
wieder auf denjelben hinauf. Dies ſ. g. Apobata—
jpiel war alt und befonders bei den Banathenaien
Anacharsis — Anaphlystos.
81
üblich; Schon Erechtheus joll es ausgeführt haben. | In Sieilien und anderwärts feierte man der mit
l. Desultores.
Anacharsis, ‘Avazaooır, Name eines Skythen
aus Föniglichem Gejchlechte, der auf den zu feiner
Bildung unternommenen Reifen in Griechenland
großes Aufjehen erregte durch jeinen Geift und fein
ganzes Wejen, wie durch die Einfachheit jeiner Sitte
und Lebensart, jo daß ihn einige jelbft unter die
fieben Weiſen zählten. Er machte in Athen die
Belanntichaft Solons und widmete fich dem Studium
der Bhilojophie. Als er aber nach jeiner Rückkehr
in die Heimat griechiichen Gottesdienst dort ein-
führen wollte, joll er von feinem Bruder, König
Saulios, getötet worden fein. Hdt. 4, 76f. Cie.
tusc. 5, 32,90. Plut. 80.5. Die ihm zugeichrie:
benen Dichtungen und 9 Briefe find unecht.
Anadyomöne j. Aphrodite. ⸗
Anagnia, Arcyric, j. Anagni, Hauptſtadt der
Herniker in Latium, auf einem Berge an dem
Vereinigungspunkte der Via Praenestina und Via
Lavicana, in fruchtbarer Gegend. Liv. 26, 23.
27, 4. 29, 14 u. d. Verg. A.7, 684. Die Ber:
jammlungen der Sernifer fanden auf dem circus
maritimus ftatt. Liv. 9, 42. Im J. 305 v. C.
erhielt die Stadt die civitas sine suffragio. Liv.
9, 43. Cicero, der hier ein Landgut bejaß, nennt
fie municeipium (pro dom. 30, 81).
Anagnostes, drvayvasıns, auch lector, eine
Gattung von Sklaven aus der Klaffe der servi
(j- d., 5.) Hitterati, ein Vorleſer, von dem der
wiflenichaftlich Gebildete ſich namentlich über Tifche,
im Bade oder, wenn er fonft geiftig unbejichäftigt
war, vorlejen lief. So Auguftus, jelbft wenn er
nicht jchlafen konnte, Atticus, der ältere Plinius
u. a. Suet. Oct. 78. Nep. Att. 14. Plin. ep.
3, 5.9, 36. Auch öffentliche Borlefungen wurden
im Theater von den Anagnoften gehalten.
Anagogia, ra ‘Avayayız, a H der Abreije, wie
Kerayayız, Feſt der Rückkehr. Ein jolches Opfer:
feft feierte man bejonders auf dem Eryr in Sici—
lien, wo man fingierte, die hier verehrte Aphrodite
entferne ſich zugleich mit den ihr heiligen Tauben
zu einer gewiſſen Zeit nach Libyen und fehre nach
9 Tagen wieder zurüd. Aelian.n. a. 4,2. Ahn:
liche ‚seite wurden zu Delos dem Apollon gefeiert.
Anaia, Avale, Stadt in Jonien, Samos gegen:
über, wohin im peloponnefiichen Kriege die ſami—
ichen verbannten Dligarchen flohen. Z’hue. 8, 19.
32, 4, 75. 8, 61. Sophofles war im Alter von
55 Jahren Strateg Ev ro moös Avalovg molium,
d. h. ım Feldzuge der Athener gegen jene, die
ſich in Anaia verjhanzt hatten und von da aus
operierten.
Anaitis, 'Avaizıs, Anahita oder Ardvifura, eine
Naturgottheit der Jranier, die Göttin der Quellen,
der Fruchtbarfeit und des Lebens, in Armenien,
Kleinafien u. a. Ländern in ausjchweifender Weije
verehrt, mit der ſyriſchen Aftarte (j. d.) und der
griechiichen Aphrodite identifiziert.
Anakalypteria, r« Avraxalvarnioıe, der dritte
(oder zweite?) Tag nad) der VBermählung, an wel:
dem die Braut ſich zum erjtenmal unverjchleiert
zeigte, woher der Name iava-nalumreın). Die
euvermählte erhielt von dem Gemahl und beide
von Berwandten und freunden Geſchenke, die auch
araxaiverıpee hießen und in feierlichem Zuge
in das Haus der Neuvermählten gebracht wurden.
Nealteriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
Sprache.
Hades vermählten Kore Anakalypterienfeſte.
Araxss |. Dioskuren.
Anakröon, ’4vaxo:o», berühmter lyriſcher Dich:
ter der Griechen aus Teos in Jonien, daher 6
Tnıog, Teius. Er ftand bereits in den männlichen
Jahren, als Harpagos, der Feldherr des Kyros,
Jonien unterwarf (545 v. E.), und begab jic
damals oder jpäter nad) Samos, wo er am Hofe
des ſeit 536 herrichenden Tyrannen Polyfrates bis
zum Tode desjelben blieb (522). Bon da an ilt
er, jchon ein älterer Mann, auf Einladung des
Hipparchos am Hofe der Peififtratiden in Athen
big zu deren Sturz geblieben. Wohin er ſich nad)
her gewendet, ift zweifelhaft; manche nehmen an,
er jei nad) Teos gegangen und nad dem Auf—
tande der Jonier unter Hiftiaios nach Abdera.
b er, bevor er ſich En Polytrates begab, mit der
Einwohnerichaft von Teos nadı Abdera in Thrafien
wanderte, jteht nicht feit. Er ftarb in einem Alter
von 85 Jahren, angeblich an einer Weinbeere (Plin.
7,5. Val. Max. 9, 12, 8), wahricheinlich zu Ab:
dera. — Die Poejie des An. ijt der aioliſchen
fun ndt; fie ift wie diefe Ausdrud der per:
jönlichen Gefühle und ftimmt im allgemeinen mit
ihr in der äußeren Form wie in Seit und Inhalt
überein; doc fteht er an Kraft und Tiefe des
Gemütes weit hinter Altaios und Sappho zurüd.
Ohne fittlich ernſte Lebensanſchauung und nur dem
Genuß der Gegenwart frönend, wie er an dem
üppigen Hofe des WPolyfrates und der andern
Tyrannen, deren Verkehr er juchte, herrichend war,
treibt er mit den Dingen um fich her ein leichtes,
— Spiel; gewöhnlich dachte man ſich ihn
päter als einen der Liebe und dem Wein er—
gebenen Greis. Die Liebe und der Wein, Tanz
und fröhliche Gejelligfeit waren die Lieblings:
gegenftände feiner durd ihre Schönheit und An—
mut berühmten Lieder; doch vermißte man au
ihnen den arg Schwung der Gedanken und der
uch jeine Versmaße zeigen die ioniſche
Weichheit. Seine Sprache, in ioniſchem Dialekt,
ift einfach und jteht der jchlichten Rede des ge-
wöhnlichen Lebens nahe. Die echten Überreite
feiner Dichtung, wenig zahlreich, find am beften be:
arbeitet von Bergf (1834, jpäter in den poetae Iyriei
Graec, III p. 253 ff.). — Die jogen. Araxoeor-
reıa, Anafreontijchen Lieder, deren Samm—
fung wir noch beißen, ftammen nicht von Anafreon
er, jondern find jchwache Nachahmungen der ana:
eontischen Poeſie aus verichiedener, zum Zeil jehr
fpäter Zeit. Vgl. Welder KH. Schriften I ©. 261.
I ©. 356. Ansgg. von Möbius (1826), Mehlhorn
(1885), Bal. Noje (3. Aufl. 1876) und Berg,
poet. Iyr. Graee. ill p. 296 ff. Bgl. Starf, quaestt.
Anacreonticae (1846).
"Avdzgıoıg |. Prozels, A, 6.
Anaktorion, ‘Avaxrögıor. Vorgeb. in Afarna-
nien am Eingang des Ambrafijchen Meerbujens, mit
einer, um 630 v. C. gegründeten, Hafenſtadt der
Korinthier (Thue. 1, 55), deren Bewohner Auguftus
nach Nifopolis 508 (j. Ruinen Vonita).
Ananios ſ. lambographen.
Anäphe, Arvapn, j. Anaphi, ital. Nanfio, Spo-
radeninjel öſtlich von Thera, bergig und wenig
fruchtbar. Strab. 10, 484. Apollod. 1,9, 26. Apoll.
Rhod. 4, 1709 ff.
Anaphlystos, Ardpävsros, j. Anavijo, attijcher
6
82
Demos an der Weftfüfte, mit einem guten Hafen,
der nahen lauriichen Bergwerke wegen befeitigt
(Hdt. 4, 99), Heimat des befannten Nedners und
Demagogen Eubulos (j. d., 2.).
Anäpos, Aranog, 1) alarnanijcher Nfl. des
Acheloos. Thuc. 2, 82. — 2) Fluß auf Sicilien,
mündet durd; Sümpfe fließend jüdlich von Syrafus,
j. Anapo. Bei Dichtern oft erwähnt als der Ge-
liebte der Quellnymphe Kyane. Op. met. 5, 412.
Theoer. 1, 68. Himilko ſchlug an demjelben jein
Lager auf, um Marcellus zur Aufhebung der Be-
lagerung von Syrafus zu nötigen. Liv. 24, 36.
Anartes (Ptolem. 3, 8, 5 "Avaeroı), nad) Cäſar
(b. g. 6, 25) Bolf in Dacien, bis zu dem ber
Hercynijche Wald reichte. Die An. jollen nördlich
von den Dakern (in Rumänien und Siebenbürgen)
gewohnt haben, aljoin Ungarn in den Theiggegenden.
Anas, Avas, j. Guadiana d. h. Anasjtrom, einer
der bedeutendjten Ströme Hifpaniens. Entjpringend
im lamitanijchen Gebiet, bildete er ſeit Auguftus
die Grenze zwiſchen Bätica und Lufitania und
mündete bei Ejuris in zwei Mündungen (j. in
einer) in den Atlantifchen Dcean. Seine Schiff:
barkeit erftredt ſich nicht jehr weit. Strab. 3, 139 u. ö.
Anatokismos, ararox:suös, usurarum usurae,
ift das Schlagen der nicht gezahlten Jahreszinjen
zum Sapital, was früher geitattet war und erft
unter den Kaifern mehrmals bejchränft und von
ne ganz verboten wurde. CGic. ad Att. 5, 21.
6, 1.
Anaua, r«@ Avava, Stadt in Phrygien zwiſchen
Kelainai und Kolofjos an einem Salzjee (j. Chardaf
Ghieuf). An ihr vorüber ging der Zug des Terxes.
Iidt. 7, 30.
Anaxagödras, Avafayögas, griechiicher Pilo—
joph, der einen bedeutenden Wendepunkt in der
Geſchichte der Philoſophie bezeichnet, gewöhnlich
zu der älteren ionijchen Schule gerechnet und des:
halb als ein Schüler des Hermotimos und (Ffäljch-
lich) des Anarimenes (Cie. n.’d. 1, 11, 26. div. 2,
27, 58) bezeichnet. Er war geboren zu Klazomenai
in Lydien, 500 v. E., zog ſich früh von den öffent:
lichen Angelegenheiten zurüd und widmete fich dem
Studium der Wiſſenſchaften. Nach vielfachen Reifen
fam er im 30. oder nad) andern im 45. Jahre
jeines Lebens nad Athen (456), gerade in der
Blütezeit des Perifles, mit dem er in vertrauten
Umgang trat. Cie. de or. 3, 34, 138. Brut. 11, 44.
Außerdem waren Euripides und Thufydides jeine
Schüler. Cie. tusc. 3, 14, 29. Zuletzt wurde er,
wohl wegen jeiner koſmologiſchen Anfichten, des
Atheismus (wsEßeı«) angeflagt, aber durd) Berifles
bon der Todesitrafe befreit, jei es nun, daß diejer
jeine Losiprechung bewirkte oder ihm zur Flucht
behülflich war, oder daß das Urteil überhaupt nur
auf Verbannung lautete. Nach einigen wurde er
war freigejprochen, verließ aber im Unmut die
Stadt und ftarb zu Lampſakos 72 Jahre alt, 428.
Als Philojoph hatte er nicht bloß das Verdienſt,
die Philojophie von Kleinafien zuerft nad Athen
verpflanzt, jondern auch in ihr ſelbſt ein geiftiges
Prinzip der Dinge gefunden zu Haben. Dies ift
ihm der wong, der zugleich ein bejtimmtes Ber:
hältwis zu der weltgeftaltenden Thätigfeit einnimmt:
ou00 ravıwv Ovrwr nal NEEUOVUVEW» TOP AMEIXOV
zoövov, nlvncıw Zuronjonı tor voov nal dıe-
»oiver (Aristot. phys. 8, 1). Auch unterjchied er
Anapos — Anaxilaos.
(duvauıs); diejes Eriftierende aber, die individuelle
Materie, bejtehe im fich aus fich jelbit gleichen
Zeilen, die zugleich unſinnlich (didı«) jeien; Dies
find die berühmten omorousen, jpäter Öuosouspsı au
genannt. Alles jei gemijcht außer dem »odg, diejer
nur jei einfach, ungemiſcht und rein (awlong,
awıyns, nadagog). Auch mit den gangbaren ajtro:
nomijchen Vorftellungen harmonierte er nicht: Die
Sonne war ihm eine feurige Maſſe (uvdoog dı«-
xvoos), der Mond ein dunfler von der Sonne er-
hellter Körper mit Bergen, Thälern, Wohnungen 2c.
— Sein von den Alten auch in der Form ge:
lobtes projaisches Werk meoi Pvosws ift nicht auf
uns gefommen. Die Bruchjtüde find gefammelt
und herausgegeben von Schanbad) (1827), Schorn
(1829) und Mullach, fragm. philos. Graee. 1
p- 213 ff.
Anaxander, ivaßavögog, König von Sparta
während des zweiten mejjenischen Krieges, aus der
Familie der Agiaden. Hdt. 7, 204
Anaxandrides, Avatavdgıäns, 1) ein Spar:
taner, Sohn des Leon aus dem Geſchlechte der
Ngiaden, Vater des Leonidas. Hdt. 5, 39 ff. 7, 204.
— 2) König von Sparta, Sohn des Theopompos,
Vater des Archidamos, Proflidve. Hdt. 8, 131. —
3) aus Kameiros auf der Inſel Rhodos, Dichter
der neueren Komödie in Athen um 375 v. C. Ein
Mann von ausgezeichneter Perjönlichkeit, heiter,
Flug und fein beobachtend, der erſte Komifer,
welcher Liebesabenteuer zum Stoff wählte, ichrieb
er 65 Stüde. Übrig find einige Fragmente und
gegen 30 Titel, gefammelt von Meinefe, com.
Graee. fragm. Bd. II p. 161 ff. (Bd. I p. 574 IR
der Fein. Ausg.), u. Kock, com. Att fragm. II
p. 135 ff. Auch Dithyramben werden ihm beigelegt.
Anaxarchos, Arafapzos, aus Abdera, Schüler
de3 Demofritos, begleitete Alexander den Gr. auf
feinen a und erhielt den Beinamen zudar-
norınog. Der Tyrann Timofreon (nach andern
Nifofreon) auf Kypros foll ihn in einem Mörfer
haben —— laſſen, um eine von ihm er—
littene Beleidigung zu rächen. Cic. tusc. 2, 22, 52.
n. d. 8, 33, 82.
Anaxibios, Arckißtos, befehligte die jparta-
nifche Flotte in Byzanz, als Xenophon den Reſt
der 10000 dahin führte. Xen. An. 5, 1, 4. 7,
1, 3 und 11. Als er im J. 389 Streifzüge am
Hellespont machte, ſchickten die Athener den Iphi—
frates gegen ihn. Bei Abydos geriet An. in einen
Hinterhalt, den Iphikrates ihm gelegt, und fiel.
Xen. Hell. 4, 8, 32 ff.
Anaxiläos, Avabilaos, aud, ’Avafilas, 1) Ty-
rann bon Rhegion, herſtammend aus Meffenien,
bemädhtigte ſich Zankles auf Sieilien mit Hülfe
vertriebener Samier und Milefier, bevölferte dann
aber die Stadt mit Mefleniern und nannte fie
Meflana. Hat. 6,23. Thuc. 6, 5. Dies fällt in
die Zeit 497 bis 494 dv. E. Nach jeinem Tode,
476, erhielt ein treuer Sklave, Mitythos (Smity:
thos), die Vormundichaft über die Söhne, welde
467 die Regierung übernahmen, aber jchon wach
6 Jahren vertrieben wurden. Diod. Sie. 11, 48.
66. 76. 2) ein Dichter der neueren attijchen
Komödie, Berfaffer von 18 Stüden, dem e3 weniger
an Nedefluß als an Maß und feinem Takte fehlte,
wie das längſte jeiner Bruchftüde zeigt. Samm—
lung derjelben von Meinefe, com. Graee. fragm.
dies formelle Prinzip (Anfeysıe) von der Materie Bd. III p. 341 ff. (Bd. II p. 667 ff. der Hein.
Anaximander — Ancora.
Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. Il p. 264 ff.
83
Anazarbos, oder »2, Avafagßos, Avatapße,
— 3) ein pythagoreifcher Philoſoph aus Larifja | bedeutende Stadt in Kilifien am gleichnamigen
zur Beit des Muguftus, der ihn wegen jeiner | Berge und am Fluſſe Pyramos, jpäter Unesaren
—— aus Italien verwies (28 dv. E.).
der, Avabiuavögog, Soh des
— geb. zu Milet 610 v. E., Freund oder
Schüler des 30 Jahre älteren Thales, lebte am
Hofe des Polyfrates auf Samos, wo auch Pytha—
goras und Anakreon waren, und jtarb etwas nach
546. Geine von den Späteren toi puceng be-
titelte Schrift enthielt eine kurze Darftelluug jeiner
Lehre im bildlich poetiicher Sprache. Wahrjchein-
lich nur Abſchnitte diejer Schrift oder Fälſchungen
waren die ıhm beigelegten Bücher von den Fix—
fternen (mepi rw arlarav), opaipa und Umriß
der Erde (yüs wegdodog), wenn nicht diejes viel-
mehr eine, wahrſcheinlich nad phoinikiihen Vor—
bildern entworfene, Erdfarte geweſen ijt. Die Erde
hielt er für einen in der Mitte der Welt durd)
gleihmähige Entfernung von allen Punkten des
Unmfreijes gehaltenen walzenförmigen Körper. Daß
der Kojmos ein Werben ift, hat er zuerſt willen:
chaftlich fejtgejtellt. Auch mathematiiche Erfin—
ungen, eine Sonnenuhr, eine Dünmelsiphäre u. a.
werden ihm zugeſchrieben; vgl. Cie, div. 1, 50, 112.
Als Element und Prinzip («ezn) ſetzte ex das Uns:
endliche (rd @nesıpor), das er nicht näher be:
ftimmte; denn daß die Ausführung bei Aristot.
metaph. 1. 8, es werde auch ein Prinzip angenom-
men, das dichter als Luft und dünner als Wajjer
jei, bejtimmmt auf ihn bezogen werden müſſe, folgt
auch aus Cie. acad. 2, 37, 118 nicht. Wohl aber
ſagte er davon, daß es mavıe xcotexei⸗ xcel
raüvra nußegväv, al roöro slraı To Peior'
adavarov yap nal arwledgov. Abhandlung von
Neuhäufer (1883).
Anaximenes, Aradınevns, 1) Sohn des .
ftratos, Philojoph, aus Milet und Freund oder
Schüler des Anayimander genannt, geb. zwiſchen 560
und 548 v. E., jegte in jeiner Schrift wegi @ucıog
wieder an die Stelle der unbeftimmten Materie
des Unarimander ein bejtimmtes Naturelement,
und zwar die Luft ald das Zuſammenhaltende und
Umgebende. Aus ihr entſteht alles auf dem Wege
der Verdünnung (occogis) oder Verdichtung (mv-
“vwaıs); jie it auch das Prinzip des Einzel:
lebens: &# rovrov ra narıa „riyvesdau nal eis
avror „rakın avahvechar‘ oio» N vor N nue-
rege ang 006u Suyngurei juäs, xai Olov tor
»osnov avedue zei ang meqıkyeı. Plut. de plae.
phil, 1, 8. Bgl. Cic. n. d. 1, 10. acad. 2, 37, 118.
— 2) Gejchichtichreiber aus Lampjafos, um 365
v. E., gern gejehen im Gefolge Aleranders des
Großen, jchrieb eine Art Univerjalgeihichte, "Ek-
invıra, und außerdem unter dem Titel Drlımrzına
die Thaten Philipps ſowie eine Geſchichte Aleganders
(za zegl Altbandgov); es hat ſich aber wenig er-
halten (gejammelt von C. Müller, script. rer.
Alex. magni p. 33 f[.). Sein eigentlicher Beruf
war die Rhetorik, im welcher er die Theorie des
Siofrates befämpfte. Ihm hat man „die unter den
Werten des Ariftoteles jich findende dnrogını) meög
Akttavöpor zugeſchrieben, den ältejten uns er-
nen Verſuch, die Theorie aus der 2. ab-
zuleiten und mit Bei ielen zu belegen. Die beſte
Ausgabe ift die von L. Spengel (1347), der auch
der jiegreiche Bertreter diejer N iſt. Ujener,
quaestt, Anaximeneae (1856)
ad Anaz., unter Juftintan und Iuftin häufig von
Erdbeben heimgejucht; Vaterftadt des berühmten
Arztes Dioslorides; j. Anavarza,
nchesmos, Ayzsouös, Berg unweit —*
im NO. mit einem zw. des Zeus, j. Zur
fovuni. Paus. 1, 32, ©. Attika, 2.
Anchiäle, ayzıaan, 2 Stadt in Thratien am
rg % türkiſch Ankhialo. Or. trist. 1, 9, 36.
‚8319. — 2) auch Ayxielog gen., Hafen:
pad sn Tarjos in Kilifien, nahe der Mündung
es Kydnos, an dem Heinen Fluſſe Anchialeus,
angeblidy eine Gründung des aſſyriſchen Königs
Sanherib (j. d.) nach einem Seeſieg ——
j. Merſina. Strab. 14, 672. Arr. 2, 5,
Anchises, Ayzlons, Sohn des Kapys = der
Themis, der Tochter des Ilos, Herrjcher in Darda-
nos am da in Troas, Verwandter des Priamos.
Stammbaum: Zeus, Dardanos, Erichthonios, Tros,
Aflarafos, Kapys; der Bruder des Aflaralos war
los, Vater des Yaomedon, des Baters von Pria-
mos. II. 20, 215 ff. Aphrodite liebte den götter-
gleichen Daun und gebar ihm auf dem da oder
am Simoeis den Wineias (Hom. ymn. in Ven.).
Da er jpäter feiner VBermählung mit Aphrodite bei
den Menjchen ſich rühmte, tötete oder blendete oder
lähmte ihn Zeus mit dem Blitz. Bei Bergil wird
der gelähmte Anchijes von Aineias bei der Er
oberung von Troja aus der Stadt getragen (A. 2,
707 ff.) und begleitet den Sohn auf der Flucht
übers Meer als treuer Berater; er ftirbt auf
um (A. 3, 710) und it auf dem Eryr begraben.
Ayzıoreia, der Kreis der erbberechtigten Ber-
wandtjchaft, der jic) bis auf Bettersfinder des Erb:
laſſers eritredte. i
Aneile, ein Schild von elliptiicher Geſtalt, an-
geblich jo genannt, weil er an beiden Langjeiten
einen langrunden Ausſchnitt hatte (ancisile von
amb und caedo, Varro I. 1.7, 43). Richtiger hat
Corſſen das Wort auf die Wurzel cil (clupeus)
zurüdgeführt. Das Ancile war die Hauptwaife
der jalijchen Priefter. Der Sage nad) war das:
jelbe vom Himmel gejallen, worauf Numa, um
den Raub desjelben zu verhüten, zu dieſem noch
11 ganz gleiche verfertigen ließ, da ihm die Nymphe
Egeria verkündet, die —— desſelben bedinge
die Erhaltun Roms. Or. fast. 3, 371 ff. Plut.
Num. 13. Die Galier, denen dieje Schilde in
einem Heiligtum auf dem palatin. Hügel anver-
traut waren, trugen fie jährlich an mehreren Tagen
des Monats März unter Abjingung von Liedern
und Waffentang feierlich durch die Stadt und
brachten fie am Ende des Monats — ihren Auf:
bewahrungsort zurüd. ©. Salii, 1.
Anecöna, 7) Aysor, j. noch — St. in Pice—
num — iatiſchen Meer, jüdöftlich von der Mün—
ung Des jis, auf 2 vorjpringenden gefrümmten
ndzungen (daher der Name), die einzige gried).
Stadt Mittelitaliens, von Syrafujanern um 394
v. E. gegründet, jedoch erjt als römiſche Kolonie
und nach Anlegung des trefflichen Hafens unter
Trajan eine blühende See: und Handelsſtadt.
Tempel der Benus, Triumphbogen des Trajan,
Burpurfärbereien, Weizen und Wein der Umgegend
waren berühmt. Strab. 5, 240 f.
Aneöra, gried. @yrve«, der Anker; die Erfins
6*
84 Ancus Martius
dung desjelben wird bald den Tyrrhenern Eupa—
lamus), bald dem Könige Midas zugejchrieben,
deſſen Anker noch zu Pauſanias' (1, 4, 5) Zeit im
Tempel des Zeus zu Ankyrai aufbewahrt wurde.
Anfänglich dienten ftatt der Anker Steine oder
Felſen (Aoyyaveg), Stüde Holz mit Blei aus:
gegoſſen, ftatt deren man auc Körbe mit Steinen
oder Säde mit Sand nahm. Bei Homer werden,
nachdem die Schiffe mit dem Hinterteile dem Lande
zugefehrt waren, Anterfteine (evvad, eigentlich
Nuhefteine) vom Vorderteile des Schiffs an Tauen
ins Meer geworfen (Exßallsır), während bie
Hinterteile der Schiffe dadurch feftgehalten wurden,
daß man von da aus Sabeltaue am Lande feſt—
band (zevurnoe avaypaı), an einen Baum ober
an eine Felszade oder an einen dazu beftimmten
Stein. Später fam man dann hi die eijernen
mit Zähnen oder Widerhaten (gefrümmt, unci),
daher ödörrsg, dentes, erft nur mit einem, £rs-
oöorouor, nachher mit zwei, «upisrouo: oder
aupißola. Die Anker lichten (aipsır as ayav-
o«c, solvere oder tollere ancoras) bezeichnet die
Abfahrt. Jedes Schiff hatte mehrere, der wichtigite
aber, der nur in äußerſter Not gebraucht wurde,
hie feo«, sacra, daher sacram ancoram solvere,
zum letzten Nettungsmittel feine Anflucht nehmen.
Ancus Martins (Mars-Diener), wahricheinlicd)
ein Entel des Numa von mütterlicher Seite, mit
dem er auch den friedliebenden Sinn gemein hat,
war der vierte König von Rom. Die Zeit feiner
Regierung dauerte 640 bis 616 dv. E. (114—138
u. c.), Er wendete bejondere Aufmerkſamkeit auf
Hebung des Gottesdienftes und Beförderung des
Aderbaues, jorwie des Handels, weshalb er Dftia
an der Mündung des Tiber gründete. Rom ficherte
er durch Befeftigung des Janiculum auf dem jen-
jeitigen Ufer des Tiber, über welchen er eine
hölzerne Brüde bauen ließ. In jeinen Kriegen
mit den Latinern, die ihn durch trogigen Wider-
ftand zum Kampfe zwangen, eroberte er mehrere
ihrer Städte und bevölferte mit ihren Bewohnern
den aventinifchen Hügel. Zuletzt befiegte er das
latinifche Heer in einer großen Schlacht bei dem
Städtchen Medullia, worauf er wieder —
Tauſend Latiner nach Rom verpflanzte. Dieſe in
Rom angeſiedelten Latiner bildeten von jetzt an
(außer den eingewanderten Handwerkern und Krä—
mern und den Kleinbauern der Umgebung von
Rom; den neuen Stand der Plebejer, die Plebs,
eine zwar freie und durch Geſetze geichüßte, aber
vorläufig von der Staatsverwaltung ausgejchloffene
und ohne politische Nechte lebende Menge. Liv. 1,
32 ff. Cie. r.p. 2, 18.
Aneyra, "Ayrvoa, 1) j. Angora oder Engliri,
Stadt in Großphrugien, angeblich eine Gründung
des Midas, dann Hauptort der gallischen Tekto—
jagen und zur Römerzeit Hauptftadt von Galatia
prima. Geine günftige Lage an der großen Kara—
wanenftraße hob den ungemein (Angoraziegen,
Volle). Arr. 2, 4, 1. Curt. 3, 1. Liv. 38, 24.
Aus Dankbarkeit gegen Auguſtus, der die Stadt jehr
verjchönerte, erbauten die Bermohner demjelben und
der Göttin Roma einen herrlichen Tempel, in
deſſen Borhalle rechts und finfs der Thüre in die
Marmorwand die von Anguftus felbit als Grab-
fchrift verfaßte Überficht feiner Thaten in lateini—
jcher Spradye eingegraben war, wie er fie den
Bejtalinnen übergeben hatte und wie fie ſich aud) an
— Andraimon.
jeinem Maufoleum befand, mwährend eine griechi-
che UÜberjegung "die Außenwand der Tempelcella
chmückte. Von diefem Monumentum oder Mar-
mor Ancyranum hat man jeit 1553 und 1861
bedeutende Fragmente aufgefunden. Ausgg. von
Th. Mommſen ı2.Aufl.1883, Hauptausg. u. im 3. Bd.
des Corp. inser. Lat. p. 769 ff.; Textausgabe
1884, jomwie von Bergk (1873). 2) Stadt in
Phrygien am oberen Laufe des Mafeftos, j. Ruine
Kiliſſo-Kibi.
Andan ia, Avdavie, Stadt am Flüßchen Chara—
dros unweit der Neda, Reſidenz der älteſten Könige
Meſſeniens aus lelegiſchem Stamm, die Heimat
des Ariſtomenes. Am Ende des zweiten meſſeni—
ſchen Krieges von den Bewohnern verlaſſen, war
ſie zu Epameinondas' Zeit noch nicht wieder be—
wohnt; bei Liv. 36, 31 ein parvum oppidum,
zu Banfanias’ (4, 33, 6) Zeit nur Ruinen. Be—
deutend war der in der Nähe liegende Cypreſſenhain
(Kapvasıov &lcog), in welchem Apollon, Hermes,
Demeter und Kore, ſowie die Kabiren in einem
Geheimkultus verehrt wurden.
Andes. 1) oder Andi, Andegavi, Andecavi,
alliiche Völkerſchaft an der unteren Loire in der
udichaft Anjou mit der Hauptſtadt gleiches Namens
oder Juliomagus (j. Angers jur Mayenne). Caes.
b. g. 2, 35. 3, 7. 7,4. Tac. ann. 3, 41. — 2) Dorf
in der Nähe von Mantua, wo der Dichter Vergilius
geboren wurde, j. Pietola.
Andokides, Avdorxiöng, Sohn des Leogoras,
geb. zu Athen 468 v. E., nad) andern jpäter, der
ge in der Reihe der zehn attiichen Redner.
gehörte durch jeine Geburt der Partei der
Ariftofraten an und befehligte die Flotte, welche
Athen den Kerkyraiern im Anfang des peloponi.
Kriegs wider die Korinther zu Hülfe jchidte ( Z’hue.
1, 51). Später ward er in den Hermokopiden—
Prozeß des Alfibiades (j. d.) verwidelt und, wenn
er auch durdy Nennung der Schuldigen feine Frei:
lafiung erwirfte und jeinen Vater, den er nebjt
4 Brüdern genannt hatte, vettete, doch jelbjt vom
Verdachte nicht gereinigt und mit Atimie beftraft,
414. Plut. Alcıb. 18 f Thue. 6, 60. So begab
er jich nad) einem Aufenthalte bei Archelaos von
Mafedonien nah Kypros, um Handelsunterneh—
mungen zu betreiben, von wo er 410 unter der
Serrihaf, der Bierhundert zurücdtehrte, mußte aber
gleich wieder nad Elis flüchten und konnte von
dort erſt bei der allgemeinen Ammneftie nach dem
Sturze der Dreifig (400) nach Athen zurüdtehren.
Hier gewann er wieder politisches Anjehen, aber das
Miflingen feiner Gefandtichaft nad) Sparta (394)
bewirkte von neuem jeine Verbannung, im welcher
er wohl geftorben ift. Bier vollftändige Neden jind
von ihm vorhanden, einfach und kunſtlos, biswei-
fen etwas breit: 1) xar’ Aunıßıadov (415), ficher
unecht (Meier, opuse. Ip. 74. II p. 1); 2) zegl
tus Eavrod xadodov (aus der Verbannung), ge:
halten 410, auch angezweifelt; 3) weol rar uv-
ornolov (400); 4) mepl rs moög Auxedaıno-
»covs elomens, bezüglich auf jene Geſandtſchaft,
gehalten um 392 (gleichfals angezweifelt). Ausgg.
von Schiller (1835) und Blaß (2. Aufl. 1880),
jowie in den Orat. Attici von Neisfe, Belter,
Dobjon, Baiter und Sauppe, E. Müller.
Andraimon, Ardoaiumv, 1) Bater des Thons,
des Anführers der Nitolier im trojanischen Kriege.
Hom. Il. 2, 638. Als die Söhne des Agrios ihren
"Avdgsia — Andros.
Oheim Dineus, Nönig don Kalydon, gefangen
hielten, befreite ihn Diomedes. Dineus überlich
darauf feinem Schwiegerjohn Andraimon die Herr:
ichaft. Apollod. ı, 8, 1. — 2) Sohn des Orylos
und Gemahl der Dryope. Op. met. 9, 363.
Ardesie wurden die gemeinichaftlichen Mahl:
zeiten der erwachjenen Männer bei den Kretern
genannt, während die Künglinge fich in ayfAug
jammelten (vgl. Syssitia). Mäßigkeit herrichte
Dabei und Lobpreis der Borjahren, nebjt Ermun—
terung zu guter Sitte, Jede Stadt hatte ihr
eigenes Gebäude dafür. Die Fremden wurden
darin mit großer Achtung behandelt, indem ihnen
die oberiten Plätze (Ervixel roamsfaı) gegeben
wurden; Onuartier wurde ihnen anderswo bereitet
(»orunenewor). Hauptitelle Athen. 4, 143.
Andriskos, "Avdoroxog, aus niedrigem Stande,
gab fich für einen Sohn des legten Königs von
Makedonien, Perjeus, aus und wiegelte die Make—
donier gegen die römijche Herrichaft auf, 149 v. €.
Unter dem Königsnamen Philipp regierte er. mit
raufamer Strenge und behauptete ſich über ein
Jahr lang gegen die römiſchen Feldherren, bis ihn
D. Cãcilius Metellus ſchlug. Ein Fürft in Thra-
fien lieferte den zu ihm geflüchteten aus, und An—
driſtos wurde von Metellus im Triumph auf:
geführt. Vell. Pat. 1, 11. Flor. 2, 14. Amm.
Marc. 14, 11, 31.
Androgeos, Ardooysos, Sohn des Minos,
Königs von Kreta, wohnte dem nengeftifteten Feſte
der Banathenaien in Athen bei und errang in
allen Kämpfen den Preis, wodurd die Eiferjucht
des Aigeus erregt ward, der ihn, ungewiß auf
welche Weife, aus dem Wege räumen ließ. Des:
halb überzog Minos die Aihener mit Krieg und
legte ihnen Er ichimpflichen Menfchentribut auf,
von welchem erjt Thejeus (j. d.) fie befreite. Zu
jeiner Ehre wurden auf Minos’ Verlangen all-
jährlich im Kerameifos Leichenjpiele gefeiert und
er dabei unter dem Namen Euryghes verehrt.
Apollod. 3, 1, 2. 15, 7 ff. Diod. Sie. 4, 60 f. Ov.
met. 7, 456 ff.
Androkleidas, Avdgoxisidag, ein Thebaner,
bewog, von Tithrauftes beftochen, im J. 395 v. C.
Theben zum Kriege gegen Sparta, wodurch der
Rückzug des Agefilaos aus Aſien veranlaft wurde.
Piut 1 „27. Xen. Hell.3,5,1. 5, 2,31.
Andröl les, Ardgoxkäg, ein athenischer Dema—
og, der nach dem Sturze feines hauptjächlichiten
Genners Altibiades ich zum Haupte der Volks—
partei aufſchwang, jpäter aber von der oligardji:
ichen Partei befeitigt wurde. Thuc. 8, 65. Arıstoph.
Vesp. 1187. Andoc. 1, 28. Plut. Ale. 19.
Andröklos, "Avögoxkog, ein durch die Erzäh—
fung bei Sen. benef. 2, 19, 1. Aelian. v. h. 7, 48
und Gell. 5, 14, 10 ff. befannt gewordener Sklave
eines röm. Profonjuls in Afrifa, der vor jeinem
Heren in die Wüfte floh und von einem Löwen,
dem er Durch Ausgiehung eines Dorns den Fuß
geheilt, ernährt ward. Als er jpäter die Höhle
desjelben wieder verließ, geriet er in die Gewalt
jeines vorigen Herrn und wurde zum Tierfampfe
verurteilt. Eine wunderbare Fügung wollte, daß
er mit jenem inzwiſchen eingefangenen Löwen
fämpfen jollte, der ihn nicht nur nicht angeiff,
ſondern dankbar liebkoſte. Er erhielt mit der Frei—
heit den Löwen zum Geſchenk, der zum zweiten—
male jein Ernährer wurde.
85
Ardgoinwie., avdeolıpıor, eigentlich Men-
ichenraub. Es bejtand in Athen folgendes Gejeh!
Ear rıs Palo Yararo anodern, vrko rovcov
roig roosınoVCıw Eivaı rag ardpoimplug, Zug
av 7) Öluag tod Povov Umösywerw 7) toüg dro-
xteivavrug dndacı. rim di andoolnypiar sivaı
usxet reıwr, mAtov ö2 un (Dem. Aristoer. p. 647).
Der Sinn diejes Geſetzes, wie ſich aus dem Zu—
ſammenhang ergibt, ift folgender: Wenn ein Athener
in einem fremden Staate eines gewaltiamen Todes
ftirbt, jo haben die Verwandten naturgemäß die
religiöje Pflicht den Mord zu rächen. Wenn fich
nun der betreffende Staat weigert Genugthuung
zu geben oder den Mörder auszuliefern und alio
das Verbrechen gewiflermaßen auf jih nimmt, jo
darf der Verfolger des Mordes gegen die An—
gehörigen des fremden Staates Androlepfie bis zu
3 Perſonen ausüben, die er dann in Athen vor
Gericht zu ftellen hat, matürlich auf dem Wege
einer gerichtlichen Klage (yeapn). Was in diejem
Falle das Schickſal der Geraubten war, wiflen wir
nicht. Wurde die arögoinpie als unrechtmäßig
erfannt, jo verfiel der Kläger in Strafe. al.
ı Meier u. Schömann, att. Prozeh ©. 344 ff. d. 2. Aufl.
Andromäche, Avögouayn, Gemahlin des Tro-
janers Heftor und Tochter des Eition (}. d.), Königs
im hypoplatiichen Theben, einer Stadt der Kilikier
in Myſien, Mutter des Aſtyanax. Homer jchildert fie
uns als eine der edelften Frauen, die zu ihrem ebenjo
edein Gatten die treuefte, zartefte Liebe hegte, jei:
nen Tod tief betrauerte und ihm jpäter noch ein
liebendes Andenken bewahrte. Hom. Il. 6, 392 ff.
22, 460 ff. Acilleus’ Sohn, Neoptolemos, führte
fie nah dem trojaniichen Kriege mit fich nach
Phthia oder nad) Epeiros, wo fie ihm 3 Söhne
ebar, überließ jie aber jpäter dem Sohne des
iamos, Helenos, dem ein Teil von Epeiros zu:
zu war. Verg. A. 3, 294 ff. Sie ftarb in
fien, wohin jie dem PBergamos, ihrem dritten
Sohne von Neoptolemos, gefolgt war.
Andromäda, Ardgousd«, Tochter des Kephens,
Königs von Withiopien. Als deſſen Gemahlin
Kajfiopeia durch ihren Stolz auf ihre Schönheit
die Nereiden beleidigt hatte, ftrafte Poſeidon das
Reich des Kepheus durch Sendung eines Meer:
ungeheuers, dem nad einem Drafel Andromeda
vorgeworfen werden mußte. Die an einen Felſen
Gefeſſelte rettete Perſeus (j. d.), dem ihr Vater fie
troß eines feinem Bruder Bhineus gegebenen Ber:
iprechens vermählte. Darüber fam es zwijchen Ber:
jeus und Phineus zum Kampfe, in welchem Phineus
zuletzt durch das Gorgonenhaupt verfteinert ward.
Apollod. 2, 4, 3ff. Ov. met. 4, 670 ff. 5, 1 ff.
allas Athene verjehte Andromeda unter Die
Sternbilbder.
Andronikos, '4vdoörıxog, ein Beripatetifer aus
Rhodos, lehrte Philofophie zu Nom im Zeitalter
des Auguftus. Er hatte ein Werk über Ariftoteles
eichrieben (Gell. 10, 5) und die Schriften diejes
bilojophen und des Theophraft in Ordnung ge:
bracht. Die ihm zugejchriebenen Schriften find aus
der Nenaiffance. — Denjelben Namen führen viele
byzantinische Kaijer und Staantsmänner.
Andros, 7) "Avögos, j. Audros, die nördlichite
Kyfladeninfel, nur 1Y, Meile von der Südipige
Euboias entfernt, gegen 6 ML. groß, dem Dio-
niyſos heilig. Sie ftieg bald zu Macht empor, jo
daß fie um 650 dv. C. ſchon die Kolonien Afanthos,
86 Androsthenes —
Stageira u. a. gründen fonnte (Thuc. 4, 84. 88).
Stadt gleiches Namens mit dem 2°, St. entfern:
ten herrlichen Hafen Gaurion (Bort Gavrio) an
der Südweſtſeite, der eine ng Flotte faht.
Nadı den Perjerkriegen, mo fe n Perſern zu—
gethan geweſen war, wurde ſie von den Athenern
unterworfen und bedrückt. Später kam ſie unter
makedoniſche Botmäßigkeit, dann an Attalos (Liv.
31, 45) und mit der pergameniſchen Herrſchaft
an Nom.
Androsthönes, Yrdoochrvng, Sohn des Halli:
ftratos aus Thajos oder Amphipolis, beteiligte
jich an den Kriegszügen Aleranders und gab rns
"Ivdınng mapdrkovg heraus, ein Werk, von welchem
Bruchjtüde erhalten find, gejammelt von Müller,
seriptor. rer. Alex. M. p. 72 ff. ®gl. Arr. 7, 20.
Ind. 18, 7. Athen. 3 p. 93b.
Androtion, Avdgoriov, Sohn des Andron aus
Athen, Schüler des Iſokrates. Härte in der Ein-
treibung der Stenerrefte veranlafte Euflemon und
Diodoros zu einer Klage zagavöun» gegen ihn,
für welche Demofthenes dem zweiten Antläger die
noch vorhandene Rede jchrieb; derſelbe verfaßte
auch die Rede zgesen Timofrates, den Helfershelfer
des N. bei der Wegnahme eines ägyptiſchen Handels:
ſchiffs. N. zog fi nach Megara zurüd und fchrieb
dort die Ardis, eine Gefchichte Athens von den
älteften Zeiten bis mindeftens DI. 108, 3 (346
dv. E.). Die Bruchftüde find mit denen des Phi:
(ochoros herausgegeben von Siebelis (1811) und
von Müller, fragm. hist. Graee. 1 p. 371 ff.
Anemurfum, Arcuovotor, j. Kap Anamur,
die äußerſte Südfpige Kilikiens, öftlich neben dem
Berge Kragos. Im N. O. von der Landipige lag die
gleichnamige Stadt. Liv. 33,20. Tae. ann. 12, 55.
Angeröna, römijche Gottheit von ungewiſſer
Bedeutung. Sie galt als Schuggöttin Noms, wurde
erflärt als Göttin des Schweigens, weil fie mit
dem Finger auf dem Munde abgebildet wurde,
oder als die Göttin, welche Angft und Bejorgnis
erregt, aber aud) davon befreit (Maerob. Sat 1, 10);
ihr Bild ftand auf dem Altar der Volupia, der
ihr ganz entgegengejegten Göttin. An den Ange-
ronalia (21. Dez.) brachten ihr die Bontifices im
Heiligtum der Bolupia ein Opfer. Varro 1.1. 6,28.
Angli, ein germanifcher Volksſtamm in ber
Mitte des nordweftlichen Deutichlands bis in die
eimbriſche Halbinjel hinein, von wo aus fie jpäter
(um 430 n. €.) mit den Sachen nad Britannien
wanderten; vgl. Tac. Germ. 40.
Angrivarii, jpäter Angern, Engern, eine deutiche
Vollerſchaft füdlich von den Chauken, zwifchen den
Brufterern (im ©.:W.) und Fojen (S.-D.) zu bei-
den Seiten des Bijurgis (Wejer), von den Cheru—
jfern durch einen Erdwall gejchieden. Tae. ann.
2, 19. Nach Tac. Germ. 33 nahmen fie fpäter
auch das Land der Brufterer ein.
Anguitia oder Angitia, Aneitia, Göttin der
Marſer und Marrubier, der Ummohner des Sees
Fucinus, eine Zauberin und Heilgöttin. Sie foll
einft im einem Hain an dem See gewohnt und
den Gebrauch der Gegengifte gelehrt, ſowie die
Schlangen durch Zauberiprüche erwürgt haben.
Spätere identifizierten fie mit Kirke oder Medeia
oder machten F zu einer Schweſter beider. Nemus
Anguitiae, Verq. A. 7, 759,
Aniefus, 2. An. Gallus, befiegte als Prätor
(168 v. E.) den Bundesgenofjen des Berjeus, König
Anna Perenna.
Gentius von Illyricum, nahm ihn gefangen und
führte ihn im ZTriumphe nach Rom. Liv. 44,
21 ff. 45, 48.
Aulo (früher Anien), Arlo», jest in feinem
oberen Laufe Aniene, im unteren Teverone, Fluß
Italiens, entipringt bei Treba im Hernifergebirge,
bildet in reifendem Lauf bei Tibur berühmte
Wafjerfälle (daher praeceps, Hor. od. 1, 7, 18)
und macht die Grenze zwijchen Latium und dem
Sabinerlande; 3 Millien nördlich von Rom mündet
er in den Tiber. Er wird oft genannt von den
Alten. Bon Tibur aus führte eine der älteften
gg” ginge 5 Waſſer nach Nom, angelegt 265
v. C. von M’. Eurius Dentatus aus der Bente
des pyrrhiſchen Krieges; eine andere Waflerleitung
ward von Caligula und Claudius eingerichtet. In
den Anio flo auch der Digentiabach des Horaz
(ep. 1, 18, 104).
Anios, Avıos, Sohn des Apollon und der
Kreija oder der Rhoio; dieſe ward von ihrem er:
zürmten Bater Staphylos in einem Kalten dem
Meere itbergeben, worauf fie nach Delos trieb und
bier den An. gebar. Npollon lehrte ihn die Weis-
jagung und machte ihn zu feinem Priefter und zum
König der Inſel. Diod. Sie. 5, 62. Die Griechen
unterjtüßte er bei ihrem Zuge nad) Troja (ſ. Oino-
tropoi). Mineias fam auf feiner Fahrt nad)
Delos zu ihm (Verg. A. 3, 80. Or. met. 13, 632)
und foll des Anios Tochter Lavinia, eine berühmte
Weisjagerin, geheiratet und mit nach Italien ge:
nommen haben (Dion. Hal. ı, 59).
Ankaios , Ayxaios, 1) Sohn des Lyturgos aus
Arkadien, Argonaut und falydoniicher Jäger, von
dem talydonithen Eber getötet. Apollod. 1, 8, 2.
Ov. met. 8, 391. Sein Sohn Agapenor, Führer
der Arkader vor Troja (Tl. 2, 609), gründete, auf
der Heimfahrt nad) Kypros verichlagen, die Stadt
Paphos nebft einem Heiligtum der Aphrodite. —
2) Sohn des Pofeidon, König der Yeleger auf
Samos, wohin er aus dem fephallenischen Samos
eine Kolonie geführt haben ſoll. Einſt weisjagte
ihm ein Scher, er werde von den Neben, die er
eben pflanzte, feinen Wein trinfen. Paus. 7, 4,1.
Als er nun jpäter, des Sehers fpottend, den vollen
Becher in der Hand hielt, ſprach diejer die ſprich—
wörtlich gewordenen Worte: woll« uera&o melsı
»vlınog ral zrilso: Ängov, multa cadunt inter
ealicem supremaque labra. Plößlich fommt die
Nachricht, ein Eber verwüjte das Land; W. fett
den Becher ab, eilt hinaus und wird von dem Eber
getötet. So hat fid das Wort des Sehers erfüllt.
Ankfra j. Ancyra.
Anna Perenna iſt die Göttin des Jahres, deren
Felt die Römer mit dem nen erwachenden Jahre,
dem Beginne des Frühlings am 15. März, unter
Scherz und fröhlichen Gelagen auf dem Marsfelde
feierten. Man flehte die Göttin an: ut annare
perennareque commode liceat. &ie gab lange
Lebensdauer, Glüd und Gejundheit und reichlichen
Vorrat. Darauf gründet ſich auch die Sage, daß
ein rüftiges altes Weib, Namens Anna, dem röm.
Volfe, als es ng den heiligen Berg entwichen
war, täglich aus der Vorftadt Bovillä friſch ge:
badenes Brot in Menge Augetrogen habe, mes:
halb ihr nach der Rückkehr in die Stadt ein Heilig:
tum errichtet worden jei. In Dvids Leit ver:
mengte man diefe Göttin mit Anna, der Schweiter
der Dido, und erzählte, fie jei von Karthago nad
Annaei — Annnulus.
Atalien zu Aineias geflohen und habe fih, von
der Eiferjucht der Lavinia verfolgt, in den Fluß
Numicius geftürzt, an welchem ſpäter auch Aineias
(f. d.) — als Nymphe des Fluſſes ſei
ſie unter dem Namen Perenna verehrt worden.
Or. fast. 3, 523 ff. Mommſen (unterit. Dial. ©. 248)
erflärt fie als ampis perennis, weil fie an den
Flüſſen um die Mitte des März verehrt wurde,
wo dieje ſich von neuem füllen.
Annaei j. Seneca und Lucanus.
Annäles se. libri. Wie überall bei den alten
Völlkern, zeichneten auch in Rom in den älteften
Zeiten die Priefter die merkwürdigſten Ereignifje
Des Jahres in den Annalen oder Jahrbüchern an,
bejonders die Pontifiees oder der Rontifer Mari:
mus; daher heißen dieſe Jahrbücher annales oder
annales (commentarii) pontifieum. Sie dienten
nächft nur der Gegenwart, wurden aber für die
pätere Zeit aufbewahrt und reichten bis anf den
Bontififat des Mucins Scävola (138 dv. E.) herab,
in jpäterer Zeit nach SO Büchern redigiert. Cie.
ne «7.2, 12,52. legg. 1,2,6. Sere. ad Verg. A.1,
377. Gell, 2, 28, 6. Wegen ihres offiziellen Cha—
rafter8 heißen fie waximi (nad Feſtus, weil fie
vom Pontifer Mar. geführt wurden). Da aber
die Stadt 389 v. E. in Flammen aufgegangen
war, jo fönnen die auf die älteren Zeiten bezüg-
lichen Teile nur ans der Erinnerung aufgezeichnet
und darum minder glaubwürdig geweſen fein.
Bol. Peter, bistor Koman. fragm, p. 3 ff.
Neben der öffentlichen Geſchichtſchreibung ging die
Familientradition her. Die Verichmelzung diejer
und der öffentlichen Tradition begann in den Zeiten
der litterarifchen Sefchichtichreibung, jeit den Fa—
biern. Zuerft wird die Zeitgeichichte von den Mit-
gliedern der angejehenften Geichlechter memoiren:
artig behandelt, anfangs in griechiicher Sprache
und mehr in verjönlichem und im Partei⸗-Intereſſe.
So von Fabius bis auf Sulla und Catulus. Diejer
ariftofratiischen Mempoirenabfafjung fteht die Tatei-
i onif gegenüber (Nävius, Ennins).
Roltstümlich Ichrieben Eafjins Hemina und Cal:
purnius Piſo Frugi in latein. Spradye. Von der
Beit der Grachen an wächſt die Zahl der Ge-
ichichtichreiber und ihrer Bücher; die ariftofratiichen
Barteiführer jchrieben nun auch lateinisch mit
politijcher Tendenz: Cornelius Sijenna (um 80,
bis zu Sullas Zeiten), einer der ansgezeichnetiten,
neben ihm D. Claudius Duadrigarius (beionders
über die Zeit vom Brande durd die Gallier bis
Sulla), der wegen jeiner Unzuverläffigfeit und
jeiner groben Übertreibungen oft von Livius (der
die Annaliften vielfach benußt) getadelte Valerius
Antias und andere weniger hervorragende. Ob:
jchon aber ſeitdem die Gejchichtichreibung in immer
mehr fünftleriicher Form behandelt und ausgebildet
wurde, ward dennoch der Name Annalen oftmals
beibehalten, namentlich wenn der Stoff aus der
von dem Berfafler nicht mit durchlebten Zeit ent-
nommen und vorzugsweiſe nad chronologiicher
Ordnung behandelt wurde. So wird des Tacitus
Wert: Ab excessu divi Augusti unter dem Namen
der Annalen noch Heute der Abkürzung wegen
auf Grund von Tac. ann. 3, 65 fäljchlich bezeichnet.
Mit Verfall der altrömiichen Litteratur artete die
Geichichtichreibung wieder in Annaliftit (auch Chro-
niea) ans.
Aunikeris, Arvixegis, ein kyrenaiſcher oder
87
hedoniſcher Philojoph aus der Schule des Ariftip-
pos, Nachfolger des Hegefias (j. d.), der die Genuß:
Ichre zu veredeln und auf fittliche Berhältniffe aus:
zudehnen bemüht war: zaigsır yag Nuds un
uövor dml Idorais. alla val Imi öukiaıg nal
Int giloriudaıs (Clem. Al. strom. 3, 417 B).
Seine Anhänger hießen Arrınkgsuor.
Anni, ein weitverzweigtes römiſches Geſchlecht,
aus dem folgende Namen bejonders hervorzuheben
find: 1) 2. Ann, aus Setia, latiniſcher Prätor
310 dv. E., verlangte von Rom range Te
Latiner mit den Römern, beionders aber Wahl
eines Konſuls und der Hälfte der Senatoren aus
den Latinern, ftarb aber eines plöglichen Todes,
da er geiagt haben ſoll, er troße dem Jupiter der
Römer. Liv. 8, 3f. — 2) T. Ann. Lufens,
Konful 153 v. E. (Cie. Brut. 20) und Redner.
— 3) €. Ann. Luſcus, focht im Kriege gegen
Jugurtha unter DO. Metellns (Sall. Jug. 77) und
gegen Sertorins (im %. 81). Put. Sert. 7.
4) T. Ann. Milo, ſ. Milo. — 5) 2, Anm.
Cimber, ein römiicher Redner, der dem Antonius
unbedingt ergeben und von dieſem 44 v. C. zur
Prätur befördert war; von Cicero (Phil. 11, 6.
13, 12) —— Ermordung ſeines eigenen Bruders
ironiſch lhiladelphu⸗ genannt, auch im allgemei—
nen als ein nichtswürdiger Menſch geichildert. —
6) Ann. Gallus, ein Feldherr des Kaiſers Otho,
69 n. E,, nahm teil am Kampfe gegen Bitellius,
entjegte Placentia und focht mit in der Schlacht
bei Bedriacum. Plut. Oth.5ff. Tae. hist. 2, 11.
23.44. Auch diente er ſpäter dem Beipafian im
Kampfe gegen Claudius Civilis. Zac. hist. 5, 19.
— TIP. Ann. Florus, tgat noch jung unter
Domitian im capitolinifhen Agon auf, ging auf
Reifen und betrieb in Tarraco die professio litte-
rarum, Unter Hadrian war er in Rom. Bon
ze ift nenerdings ein Dialog über die Frage
ergilius orator an poöta in Brüffel aufgefunden
und zuerft von Ritich! (Rhein. Muſ. IT ©. 302
314), ſodann von D. Jahn und von Halm zu:
gleih mit dem Hiftorifer Florus (ſ. d.) heraus:
gegeben worden. Auch Poetiiches jcheint auf ihn
urüdzuführen. — 8) Annia, Gemahlin des Einna,
heiratete nach dejien Tode 84 v. E. den M. Piſo,
wurde aber auf Sullas Befehl von dieſem ver:
ftoßen. Well. Pat. 2, 41.
Annöna, eigentlich Jahresertrag sec hieß
beſonders das Getreide, das auf Staatskoſten in
Magazinen aufgehäuft wurde, um in Zeiten der
Teuerung an die ärmeren Bürger zu niedrigen
Preiſen oder ganz unentgeltlich überlaſſen zu wer—
den. Bisweilen find annonne die den Soldaten
pen Portionen. — Als Berjonififation ift
. dargeftellt mit dem Füllhorn in der Linken und
mit n in der Rechten.
Annülus oder Anülus. Bor alters trugen die
Nömer einen einfachen eifernen Siegelring, fpäter
bededten fie ihre Finger mit goldenen Ringen,
welche von Gemmen und Edelfteinen ftrahlten und
zu deren Aufbewahrung man bejondere Käftchen
oder Daktyliothefen hatte. Während fie jpäter zum
Schmud dienten, waren fie früher ein Inter:
jcheidungszeichen der Stände. Die antifen eifernen
Ninge wichen bald den goldenen, welche die ge:
meinfame Auszeichnung aller Senatoren und Magi-
ftrate wurden, bis auch die Ritter das ins an-
nuli aurei erhielten. Die Plebejer trugen blof;
88
eiierne, wenn nicht einer wegen feiner Berdienfte
im Krieg oder Frieden jenes Necht und dadurd
zugleid die Nitterwürde befam, vorausgejcht, daß
er den nötigen Cenſus hatte. In der Kaijerzeit
war die Verleihung des goldenen Ringes nicht
jelten, und ſogar Freigelafjene erhielten dieje Aus:
zeichnung, wodurch fie ingenui und, falls fie das
erforderlihe Vermögen bejaßen oder irgendwie
empfingen, auch equites wurden. Dadurch verlor
der Ring jeinen früheren Wert. Seit Hadrian
bedeutete das ins annuli aurei nur eine halbe
oder indirefte Ingenuität mit dem Privilegium,
ein Öffentliches Amt zu befleiden und auch wohl
bis zum eques fortzuichreiten. Plin. 33, 1. —
Mannigfach war der Gebrauch der Ringe zum
Siegeln, 3. B. bei Briefen, zur Beglaubigung von
Urkunden und Berträgen, zur Berfiegelung der
häuslichen Vorratsfammern, Kater und Kiſten, um
die diebiichen Hände der Sklaven abzuhalten. Bei
Verlobungen pflegte der Bräutigam der Braut
einen annulns (dem ſ. g. pronubus) zu geben.
Plin. a. a. ©. In der Trauer legte man die
Ninge ab. Lie. 9, 7. — Auch bei den Griechen
hatten die eifernen Ringe zu gleichen Sweden ge:
dient, daher opeayidrs. Das Tragen toftbarer
Ninge gilt bei Ariftophanes (Nub. 332. Ecel. 632)
als Zeichen eines Stutzers. Die Sitte jcheint aus
Aſien gelommen zu von
Annus j. Jahr, 11. ,
Anquisitio heißt in dem römischen Kriminal-
prozei derjenige Teil der Anklagebill (rogatio),
welcher den Strafantrag enthält. Liv. 26, 3. Nach
dem Aufhören der Bolksgerichte bezeichnete an-
quisitio und anquirere im allgemeinen die An
Hage überhaupt. Tac. ann. 3, 12.
Anser, ein feder und anmaßlicher (procax,
Or. trist. 2, 435), aber wohl nicht ganz verwerf-
licher Dichter der augufteiichen Zeit, der von
M. Antonius ganz bejonders begünftigt und mit
dem falerniihen Landgut beſchenkt ward (Cie.
Phil 13, 5, 11). Ob er die Thaten jeines Gönners
in einem epifchen Gedicht verherrlicht, wiflen wir
nicht mit Bejtimmtheit; ficher war er Berfafler
erotifcher Lieder. Abhandlung von R. Unger (1858).
Antaios, Avraios, Sohn des Pojeidon und der
Se, Herricher in Libyen, ein gewaltiger Rieje, der,
jolange er die Mutter Erde berührte, im Ringen
unüberwindlich war. Er zwang alle Fremdlinge
mit ihm zu ringen und tötete die Befiegten.
Herafles erwürgte ihn im Ringfampf, indem er
ihn bon der Erde emporhob. Sein Grab war bei
Tingis in Mauretanien. Apollod. 2, 5, 11.
Antalkidas, Avraixidac, ein durch Schlauheit
und —— ſowie durch ſeinen ränkevollen
Charakter befannter Spartaner, wurde 393 v. €.
von ſeiner Vaterſtadt an den perſiſchen Statthalter
Tiribazos nach Kleinaſien geichidt, um durch ihn
den Berjerfönig zu veranlaffen, den Athenern die
bis dahin gegen Sparta geleiftete Unterftügung zu
entziehen. Die Athener und ihre Bundesgenoſſen
ſchickten gleichfalls Gejandte nach Perfien. Xen.
Hell. 4, 8, eg: Aber Artarerres II. Mnemon
wies anfangs des Antallivas Vorjchläge zurüd,
bis ihn die Athener durch Unterftügung des
Euagoras von Kypros reisten. Da gelang es dem
Antalfidas, jeine Anträge dem Perjerfönig an-
nehmbar zu macen, und diejer veriprady den
Spartanern Hülfe, wenn Athen und feine Ber:
Annus — Anteius.
bündeten die Friedensvorichläge nicht annehmen
würden. Da die jämtlichen griechiichen Staaten
durch den langen Krieg erichöpft waren, wurde der
jogenannte Friede des Antalktidas abgeichloffen,
durch den unter andern die Selbitändigfeit der
lenifchen Staaten mit Ausnahme der Inſeln
!cmnos, Skyros und Imbros feitgejebt, die griechi:
ſchen Städte in Aſien jchimpflichermweiie den Ber:
fern preisgegeben wurden, und nach welchem jeder,
der nicht den Frieden annähme, aller übrigen Feind
fein jollte, 887 (oder Anfang 386) v. C. Xen.
Hell. 5, 1, 30 ff. Plut. Ages. 23. Art. 21f. Da:
durch befamen die Spartaner Gelegenheit, ihre
Hegemonie zu Lande wieder zu befeftigen. Antal:
fidas, vom Perſerkönig nachmals verächtlich be—
handelt, tötete fich ipäter aus Gram durch frei:
willigen Hungertod. Plut. Art. 22.
Antandros, 1) 7 "Arrawdeos, Stadt am Adra-
mpttiichen Meerbujen in Myſien am Fuße des
da, von PBelaigern oder Lelegern gegründet, von
Aioliern eriveitert. Ruinen bei Bapazlü. Hat. 5, 26.
7,42. Thuc. 4, 52. 8, 108. Xen. Hell. 1, 1, 25
u. d. Hier joll Mineias fi eingejchifft haben.
Verg. A. 3, 6. — 2) 6 "Arrandoog, a) ein Bruder
bes Tyrannen Agathoffes in Syrakus, deilen Leben
er beichrieb. — b) Anführer der Mefjenier. Paus.
4,7, 4.
Antarädos, Irrapados, früher Karnos oder
Karne geheifen, Stadt an der Nordgrenze bon
Phoinitien, 1 Stunde nördlich Arados gegenüber,
deilen Hafen ‚und Vorftadt es war, jpäter Eon:
ftantia, j. Tartiis.
Anteambulönes hießen die Stlaven vornehmer
Nömer, welche vorausgehen und im Gebränge mit
dem Rufe: date locum domino meo, nötigenfalls
aucd mit Gewalt, Pla machen mußten für den zu
Fuß oder in der Sänfte (lectica) folgenden Herrn.
Plın. ep. 3, 14. Es wird auch gebraucht von dem
Klienten, die ihren Patronen eine ähnliche Auf:
merkſamkeit erweijen mußten (Mart. 2, 18. 3, 7),
ſowie zur Bezeichnung einer niedrigen Geſinnung.
Suet. Vesp. 2.
Antecessöres, 1) (antecursores, Caes. b. g. 5,
47 f.) diejenigen, ſowohl Einzelne als auch MHeinere
Abteilungen, —— der Feldherr dem Heereszuge
voranſchickte, um Kundſchaft von allem Nötigen zu
—— Sie waren entweder zu Fuß oder zu
Pferde, antecessores equites (CGaes. b. Afr. 12),
neben den speculatores; vgl. Suet. Vitell. 17. —
2) In der juriftifchen Sprache hiefen die aus:
gezeichnetften Meifter im Lehrfache der Jurispru—
denz, gewiflermaßen als Wenweijer, Zönynrei,
ebenjo anteressores, bejonders auf den Hochſchu—
len diejer Wiflenjchaft zu Nom, Konftantinopel
und Berhtos.
Antefixa jind Verzierungen aus gebranntem
Thon an den Dächern unter der Traufe (quae ex
opere figulino tectis affiguntur sub stillicidio,
Fest. p. 8), meift aus Heinen Bildern, Laubwerk,
Kränzen u. dergl. beftehend. Liv. 26, 23. 34, 4.
Anteia ſ. Bellerophon und Proitos.
Anteius, Publius, zum Statthalter Syriens
beitimmt im J. 55 n. E., aber durch allerlei Ränke
in Rom zurüdgehalten (Tae. ann. 18, 22), ward
bald durch die Gunft, die er bei Agrippina genof,
und durd feinen Reichtum ein Gegenftand der
Aufmerkſamkeit Neros. Elende Angeberei voll:
endete das Werl; als er jein Schidjal vorausſah,
Antemnae — Anthologia graeca.
nahın er Gift, und da dies zu langfam wirkte,
öffnete er fih die Adern, 66. Tac. ann. 16, 14.
Antemnae, uralte ſabiniſche Stadt 3 Millien
nördlich von Rom am Einfluffe des Anio in den
Tiber (ante amnem), verfiel infolge der Kriege
mit Rom. Liv. 1, 9 ff. Plin. 3, 5,9. Strab. 5, 230.
Antennae i. Schiffahrt, 5.
Antenor, Artijrcoo, Cohn des Aiſyetes, Ge:
mahl der Theano, einer Schwefter der Hefabe, ein
vornehmer Zroer. Bei Homer iſt er einer ber
weiſeſten Alteften des Volls, der, ald Menelaos
und Odyſſeus nach Troja famen, um Selena zu:
rüdsufordern, dieje gaftlich aufnahm und auch jpäter
riet, Helena zurüdzugeben. Il. 3, 148. 203. 7, 347.
Hor. ep. 1, 2, 9. Dieje Freundichaft gegen die
Griechen ward in jpäteren Sagen mehr ausgebildet.
Er ſoll, als friedensunterhändler abgeichidt, Troja
an Agamemnon verraten haben; er öffnete die
Thore der Stadt und händigte den Griechen das
Balladion ein. Dafür wurde jein Haus bei der
Eroberung verſchont und ihm freier Abzug ge:
ftattet. Er ging mit Menelaos zu Schiff und blieb,
der Irrfahrten müde, in Libyen in Kyrene zurüd,
wo jeine Naclommen, die Antenoriden, als
Heroen verehrt wurden (Pind. pyth. 5, 88); oder
er wanderte mit den paphlagoniichen Henetern aus
nach Thrafien und von da in das Land der Euga-
neer am Wdriat. Meer und gründete Patavium.
Bol. Lie.ı, 1. Verg. A.1, 242 ff. Strab. 5, 212.
12, 608.
Antepiläni j. Acies, 5.
Anteros j. Eros.
Antesignäni, roöuayoı tor anuauwrv, d.h. im
allgemeinen diejenigen Truppen, welche vor den
Fahnen kämpften, zunächſt mit der jpeziellen Be—
ftimmung, diefelben zu jchüßen. Aus Liv. 38, 21
(ante signa modico intervallo velites eunt) ift
mit Unrecht die gleiche Bedeutung mit velites,
den Leichtbewaffneten, geichloflen, da die antesi-
gnani nad) Veget. 2, 2 jedesfalls Schwerbewaffnete
find und Livius (30, 33) fie beftimmt von einan-
der trennt. Zu den Zeiten der Manipelaufftellung
find offenbar die hastati als antesignani zu ver:
ftehen. Liv. 30, 83. 8, 11. Es ift anzunehmen,
daß bei Beginn der Schlacht die Legionsfahne in
die erjte Reihe der principes vorgerüdt wurde,
fodaf Liv. 22, 5 die hastati mit antesignani, die
prineipes durd post sigma bezeichnet werden konn⸗
ten, woraus wieder Liv. 9, 39 zu erflären ift. Zur
Beit Cäſars war es die Benennung einer j. g. Elite
bei jeder Legion, welche diejelbe Beſtimmung hatte,
die früher den extraordinarii zugewieſen war,
nämlich den Bor: und Nachtrab zu ſchützen: 300
kräftige, tapfere Leute von jeder Legion (Üaes. b.
Afr. 75. 78), die von allen Gepäd frei waren,
daher expediti (was durchaus nicht Leichbewaffnete
find). Sie gehörten freilich immer zu ihrer Legion
und hatten ihre beitimmte Stelle in derjelben,
wurden aber zu mancherlei Angriffen oder Ber:
teidigungen fommandiert. Bgl. Rüſtow, Heerweſen
und Kriegführung Cäſars ©. 19 ff., und Planer,
Cäſars antesignani (in Symbolae Joachimi-
cae, 1880).
Antestäri, Antestatio (am oder ante testari)
ift ftehender Ausdrud für den Akt der Zeugenanru:
fung. Ehe nämlich jemand einen andern gewalt-
jam vor Gericht führen durfte, mußte er jich einen
Zeugen dafür verichaffen, daß er ihn ordnungsmäßig
8)
geladen habe. Dies geſchah, indem er einen Zeugen:
fähigen fragte: licet (te) antestari? (Hor. sat
1, 9, 76) und im Falle der Bereitwilligfeit des—
jelben mit den Worten: memento, quod tu mihi
in illa causa testis eris deffen Ohrläppchen (auri-
eala) dreimal zupfte (Plin. 11, 108: est in aure
ima memoriae locus, quem tangentes antesta-
mur), Dann ficherte den vor Gericht zu Ziehenden
nur die Bürgichaftsftellung vor gewaltiamer Be:
handlung; der Kläger konnte ihn obtorto collo
rapere in ius. Bet ehrlojen (infames, intestabi-
les) Menjchen geichah dies ohne Zengenanrufung.
Bal. Vera. E. 6, 3f.
Autestätus j. Mancipatio.
Anthödon, 7 Arönder, 1) Stadt am nördl. Ab—
hange des Meflapios, die nördlichſte Kiüftenftadt
Boiotiens (Hom. II. 2, 508), mit gutem Hafen,
benannt nach W., dem Bater des Glaukos, welcher
legtere hier in einen Meergott verwandelt wurde.
Op. met. 7, 232. 13, 905. Die Bewohner ſſchmäch—
tig, rothaarig) galten ald Menjchen, die mehr im
aller als auf dem Lande lebten, beichäftigt mit
Filcherei, Einfammeln der Burpurmufcheln und
Meerſchwämme und Schiffabau, und waren wegen
ihrer Habjucht berüchtigt. Paus. 9, 22, 5. 26, 2.
— 2) Hafenjtadt in Judäa, j. Nele.
Anthöle, Ardnin, Heiner Ort am Eingange
des Thermopylenpafjes, wo, bei einem Demeter:
tempel, die Amphiktyonenverſammlungen gehalten
wurden. Hat. 7, 176. 200. ®gl. Thermopylai.
Anthömüs, 7 Avdspoög, altmatedonische Stadt
auf Chaltidike, nicht fern vom Thermaiichen Mb.,
von Philipp den Olynthiern überlaffen. Thuc. 2, 99.
Dem. Phil. 2, 20.
Anthemusia, Ardsuovsie, Stadt und Gebiet
in Meiopotamien in der Nähe von Edeſſa, öſtlich von
Apameia, bejonders in der jpäteren Kaiſerzeit ge:
nannt, j. Serudj. Strab. 16, 747 f.
Anthermos j. Bildhauer, 3.
Av&#sspögıe j. Demeter.
Anthesteria j. Dionysia unt. Dionysos, 8.
Anthesterion j. Jahr, I
Anthologia graeca, d. i. griehijche Blu:
menleje. Mit den Namen ArHoloyia bezeichneten
die Griehen Sammlungen Hleinerer, beionders
epigrammatifcher Gedichte. Die ältejte Saminlung
der Urt ward veranftaltet von dem Dichter Melea—
ros aus Gadara (in Baläftina) um 60 v. E.
eine Sammlung, die er areparog, Kranz, nannte,
enthielt außer Poeſien von ihm felbit Gedichte von
46 gleichzeitigen und bejonders auch älteren Did):
tern, wie Archilochos, Alkaios, Sappho, Ana:
freon, Simonides u. a. Bhilippos von Thefla-
lonike, wahrjcheinfich unter Trajan lebend, fügte
zu diefer Sammlung noch eine Epigrammenauswahl
von etwa 13 Dichtern, die fich jeit Meleagros aus-
gezeichnet hatten. Ähnliche Anthologien wurden
bald nachher zujammengeftellt von Diogenianos
aus SHerafleia und von Straton aus Sardes
(unter Hadrian), ferner unter Juftinian von Aga—
thias aus Myrina (in Myſien). Diefe Sammlungen
haben ſich ſämtlich micht erhalten, Aus ihnen
ftellte im 10. Nahrhundert unter Konjtantinos
Porphyrogeneta Konjtantinos Kephalas eine
neue, umfaflende Anthologie zufammen, und zwar
nicht in alphabetiicher Ordnung, wie Meleagros
und Philippos, jondern nach der Ahnlichteit des
Suhalts in 15 Büchern. Sie enthielt außer den
90
Epigrammen älterer Zeit auch manche nenere Zu-
abe. Aus diefer machte im 14. Jahrhundert der
önd Marimos Planndes einen Auszug in
7 Büchern, der bei dem Wiederaufblühen der
Wiſſenſchaften in Italien auf Veranftalten des
gelehrten Griechen oh. Laſkaris unter dem
Titel: Ardoloyie dıiapöpwr FInıyoanudror zu
Florenz 1494 zuerſt gedrudt ward ; jpäter erichien
dazu eine trefiliche lateinische Überjegung von
Hugo Grotins. — Unterdefien hatte Salmajius
1606 in der pfälziichen Bibliothek zu Heidelberg
eine Handjchrift der Anthologie des Konftantinos
Kephalas entdedt. Diejer Codex Palatinus fam
1623 mit den übrigen Echägen der palatiniichen
Bibliothek nach Rom, 1797 nach Paris und 1815
wieder nad, Heidelberg. Die in der Anthol. Pla-
nudea fehlenden Epigramme waren von Salmafius
abgeichrieben worden und durch weitere Abjchriften
in die Hände mancher Gelehrten gefommen. End:
lid veranftaltete R. %. Ph. Brund eine Samm—
lung in 3 Bänden (Analecta veterum poetarum
(iraee., 1772— 1776), welche die Anthologie des
Kephalas (mit Ausichluß einer Anzahl gehaltlofer
Epigramme aus chriftlicher Zeit) und alle jonftwo-
her belannten Epigramme, jowie die Fragmente
verjchiedener älterer Dichter, wie des Ardhilochos,
Solon, Simonides u. a., nach den einzelnen Ber:
fafiern geordnet, enthält. Einen neuen Abdrud
derjelben veranftaltete Fr. Jacobs in 13 Bänden
(1794— 1814). Später bejorgte derjelbe nach der
von Spaletti gemachten, in Gotha befindlichen Ab—
ichrift des Cod. Palat. einen Abdrud der Anthologie
des Kephalas in umveränderter Ordnung in 3
Bänden (1813-1817) und veranftaltete eine treff:
lihe Auswahl unter dem Titel: Delectus epı-
grammatum Graecorum (18236). Eine Sammlun
injchriftlich erhaltener griechiicher Epigramme ga
G. Naibel (1878). — Die Epigramme der Antho-
logia graeca aus den verichiedenften Beitaltern
find von jehr verjchiedenem Werte; ein großer Teil
derjelben gehört zu den ——— Reſten
griechiſcher Poeſie. Sie zeigen uns den Reichtum
und poetiſchen Sinn des griechiſchen Geiſtes, der
mit Feinheit und Gewandtheit und einer Fülle
bon Anmut die verichiedenften Berhältniffe und
Nichtungen des inmeren und äußeren Lebens zu
behandeln wußte. Wir nennen von den in ber
Anthologie enthaltenen Epigrammendichtern: Si—
monides von Keos, den eigentlichen Begründer
der epigramm. Kunft (559—469 v. E.), Anafreon
(um 524), Kallimachos v. Kiyrene, Theokritos
v. Syrafus, Aſtlepiades dv. Samos, Leonidas
dv. Tarent (um 280), Mnaſalkas v. Sifyon (um
248), Rhianos dv. Bene (um 224), Diosforides
(um 200), Antipatros v. Sidon und Melca-
gros dv. Sadara (um 60 dv. E.), Antipatros v.
Theflalonite, Krinagoras v. Mytilene, Leoni—
das v. Merandreia, Yucillius, Bhilippos v.
Thefjalonife (1. Jahrh. n. E.), Leontius, Ru:
finns, Paulus Silentiarius, Agathias von
Myrina (unter AJuftinian).
Anthologia latina, römijcher Liederichag. Eine
ſolche Sammlung, tie wir fie aus dem griechiichen
Altertume befiten, hat das römiſche nicht aufzu-
weijen. Es jcheint jchon in der auqufteiichen Zeit
eine Anthologie aus den erotifchen Dichtern ver:
anftaltet worden zu fein, woranf die genauen
Anführungen bei Blinius (ep. 5, 3, 5) und Gellius
Anthologia latina — 'Avrldocıc.
(19, 9) jchliehen laſſen. Erft nach dem Wieder:
aufblühen der klaſſiſchen Litteratur mar man auf
die Sammlung aller in Schrift oder Stein auf
uns gefommenen Heineren Boefien der Römer
bedadıt. Die erfte Sammlung von Hof. Scaliger:
cataleeta veterum poetarum (157%) enthält nur
250 Gedichte; die zweite von PB. Burman d. j.,
der zuerft den Namen Anthol. lat. gewählt hat
(1759— 73 in 5 Büchern) 1457 Gedichte, nad) ver:
ichiedenen Klaffen geordnet; eine neue Sammlung
von H. Meyer (1835), die zugleich) die verichiedenen
Bejtandteile der früheren und ſpäteren Zeit zu
jcheiden und das Ganze zu ordnen bemüht ift,
1704 Nummern. Mit größerer Umficht ift die
Sammlung von A. Rieje (1869 f.) veranftaltet;
neuefteSammlung von Bährens, poet. Lat. min. IV.
Den Grundftod der ſ. $ Anthologia latina bildet
die Sammlung des codex Salmasianus (in Baris,
aus dem 7. oder 8. Jahrhundert), Abjchrift einer
Sammlung der verjchiedenartigften latein. Gedichte
verichiedener Berfafler, die einjt in 24 Bücher ein-
geteilt war und wahrſcheinlich, worauf viele Be-
ziehungen auf Berjönlichkeiten und Verhältniſſe
des Bandalenreiches in Afrika hindeuten, dajelbjt
um d. J. 532 n. E. auf, Befehl eines vandaliichen
Fürften veranftaltet wurde (von dem Dichter Lu—
rorius oder einem vornehmen Jünglinge Namens
Dctavianus). — Übrigens liegt e8 im Charakter der
röm. Poeſie, daß fie nicht diejelbe Fülle eigentüm-
lich und epigrammatiich oder idylliich abgernndeter
Heiner Dichtungen haben kann, wie die grie:
chiſche fie in jo reihem und vielfeitigem Umfange
darbietet.
Anthylia, “4rdvlla, Stadt in Unterägupten
wiſchen Kanopos und Naufratis, deren Einkünfte
beit der Berierherrichaft der Königin zur Anjchaf:
fung ihrer Bantoffeln oder ihrer Gürtel gegeben
waren. Hdt. 2, 97. 98.
Antias ſ. Valerii, 26.
Avtidooss, eigtl. der Umtaujch, eine dem Solon
zugejchriebene Einrichtung, die ermöglichte, daß
jemand die ihm übertragene Staatsleiftung (1.
Asıroveyla) einem andern, mutmahlich Vermö—
enderen, zujchob. Wenn jemand, dem eine große
Staatsleiftung, z. B. eine Trierarchie oder Choregie,
auferlegt war, einen Reicheren übergangen glaubte,
fo konnte er diejem, falls derjelbe ſich der Leiftung
weigerte, den Umtauſch des Bermögens anbieten,
um ſodann die Laft von dem auf diefe Art er-
worbenen Vermögen zu beftreiten. Sogleich legte
jener auf das Bermögen des Gegners Beſchlag
und verfiegelte das Haus desjelben, wogegen diejer
auch das Haus feines Gegners verfiegeln durfte.
Nach drei Tagen gaben die Gegner unter eidlicher
Belräftigung ihr Inventar ((amopanoır) ald Grund-
lage der Unterſuchung an. Bereinigten ſich als:
dann die Parteien nicht, jo trat die gerichtliche
Enticheidung ein. Fiel die Enticheidung gegen den
Anerbietenden aus, jo blieb es natürlich bei dem
BVerhältnifie vor dem Anerbieten. Im andern Falle
trat entweder der Taujch ein (Luys. 4, 1) oder
der Unterliegende übernahm die dem Anbietenden
urſprünglich auferlegte Leiturgie. Nicht in den
Tauſch gezogen wurden von dem Vermögen nur die
in Erbpacht genommenen Bergwerte zu Laurion,
weil dieje jchon der ordentlichen Steuer unterlagen.
Die arri/d, wurde auch gegen Demofthenes von
jeinen Vormündern auf jchlaue Weije angewandt.
Antigone — Antigonos.
Dem. Aphob. 2, 480. Mid. 539. — iofrates
hat eine eigene Rede wegl drrudöseog geichrieben.
Antigöne, Avrıyorn, 1) Tochter des Didipus
und feiner von ihm nicht erkannten Mutter Jokaſte,
Schweiter des Eteofles und Polyneifes und der
Imene; folgte dem Bater, als er nach der Ent:
—— ſeines furchtbaren Geſchicks ſich ſelbſt ge—
lendet und verbannt hatte, bis er im Eumeniden—
haine zu Kolonos bei Athen die Ruhe des Grabes
nden hatte (Soph. Oed. Col.). In diejem Ver:
itniſſe zeigt die tragiiche Dichtung fie als die
edle Dulderin voll aufopfernder Kindesliebe. Später,
als die Brüder im Zweilampfe um den väterlichen
Thron gefallen waren und der nunmehrige Herricher
Thebens, Kreon, der Bruder der Yofafte, die Be-
itattung des Polyneifes, weil er im Kampfe wider
die Baterftadt gefallen, unterjagt, kaun fie die
ichwejterfiche Pietät im Kampfe wider das politische
Machtgebot bewähren und das nöttliche Necht dem
menschlichen —— Sie beftattet des
Bruders Leichnam, indem fie ihn mit Staub bejtrent,
und büft die kühne That mit Haft im unterirdi-
ſchen Grabgewölbe der Labdakiden, in welchem fie
fi erhängt.
9
die Sache der Fünigl. Familie nicht aufgeben, be—
nutzte aber die Unterhandlungen, um ans Nora zu
entweichen, in Kappadofien ein Heer zu jammeln
und Phoinifien zu erobern. Plut. Kum. 12. Died.
Sie. 18, 50 ff. Im Bunde mit den Feldherren der
öftlichen Provinzen ftellte er fich dem A. entgegen,
wurde jedoch, verraten von dem Kerne jeiner Trup—
pen, den Argyraipiden, an denjelben ausgeliefert
und von ihm ge u (Nep. Eum. 7 ff. Plut. Eum.
17 ff. Diod. Sie. 19, 43$.), 316. W. beberrichte
num ganz Vorderafien und gewann dazu noch
Babylonien, als Seleulos, der bisherige Befiber
desjelben, aus Furcht vor des herricdhlüchtigen A.
Nacdhitellungen nach Agypten geflüchtet war. Died.
Sie. 19, 55. Doc veranlafte des N. Übermacht
ein Bündnis mehrerer Feldherren gegen ihn, 315,
Just. 15,1. Diod. Sie. 19, 57. Nach langen Käm—
pfen von 8315-311 ficherte ein Friede dem N. feine
Erwerbungen in Borderafien, während Babylonien
und Syrien an Seleutos, Ägypten an Btolemaios
fiel. Diod. Sie. 19, 69. 77—100. 105. Doch
dauerte diejer Friede wicht lange, denn chen im
J. 310 drang Ptolemaios von Agnpten nach Vorder:
Ahr Berlobter Haimon, Sohn des | afien vor und eroberte Phoinikien und viele Küſten—
Ktreon, tötet neben ihr ſich jelbit. Soph. Antig. — | ftädte, we A. ein Heer unter feinem Sohne
2) Gattin des Beleus (j. Aiakos) umd Mutter | Demetrios
oliorfetes nach Griechenland ſandte,
der Bolydora. — 3) Tochter des troiſchen Königs | den Königstitel annahm und in Ägypten einfiel,
Saomedon. Ov. met. 6, 9.
aber unter großem Verlufte wegen der vortrefflichen
Antigonein, -nia, Ayrıyovsıe, -ict, 1) Stadt | Verteidigung des Ptolemaios ſich nach Syrien
in der epeirotiichen Landichaft Chaonia am Fluß
Aoos unfern der Kerauniſchen Berge. Liv. 32, 5.
— 2) Stadt in der maledoniihen Landichaft Myg—
donia. — 3) Stadt auf der Halbinjel Ehaltidife. Liv
44, 10. — 4) Stadt am Orontes in Syrien. —
Auch Alerandreia Troas und Nilaia hiefen vorüber:
gehend fo.
Antigönos, Arriyovos, 1) einer der berühm:
teiten ?Feldherren aus der Schule Aleranders des
Großen, machte fich bejonders in den Kämpfen
um die Eroberungen des großen Königs bemerk—
bar. Er jtammte aus vornehmen Hauje und zog
im 3. 334 v. E. mit Alerander nach Aſien. Diefer
ernannte ihn zum Statthalter von Phrygien 333
‚ (Arr. 1, 29), wozu nach Alexanders Tode nod
Bamphplien und Lyfien famen. Curt. 10, 30, 2.
jegt trat U. entichieden hervor und geriet
leih anfangs in Feindichaft mit dem berühmten
Geldhern und Staatsmann Eumenes, dem treuen
Snhänger des Königshauſes, für den er nach Per—
diffas’, des Neichsverwejers, rege As ihm
bejtimmten Provinzen erobern ſollte er dem
—— nicht gehorchte, ſo mußte er zu Antipater
flüchten. Diod. Sie. 18, 25. Als dieſer nach Per—
* ode Neichsverweier wurde, erhielt A. nicht
nur —— und Lylien zurück, jondern auch den
Oberbefehl gegen Eumenes, der die Rechte der
Familie Aleranders verteidig te. Diod. Sic, 18, 30,
A. war glüdlich im Kampfe gegen denjelben, machte
ihm fajt das ganze Heer abtrünnig und ſchloß ihn
in der Bergfeftung —— in Kappadokien ein. Plut.
Eum. 9. 10. Nep. Eum. 5. Diod. Sie. 18, 40 ff.
Nach Beſiegung der — Eumenes anhängenden
Feldherren (320) und nach Antipaters Tode (319)
ſchloß U. mit Ptolemaios und Kaffander, denen
ſich jpäter Seleutos anſchloß, gegen Polyſperchon,
der an Antipaters Stelle getreten war, ein Bünd—
nis und knüpfte zugleich mit Eumenes Unterhand-
lungen an, die jedoch jcheiterten.
Eumenes wollte | jelben gelangte.
zurüdzichen mußte, 306. Plut. Demetr. 155.
Just. 15, 2. Diod. Sie. 20, 46. sı ff. Da die
Inſel Rhodos im Kriege des U. gegen Ptolemaios
neutral geblieben war, erhielt Demetrios im J.
35 von jeinem Vater Befehl, die Anfel zu unter:
werfen. Nach langer vergeblicher Belagerung von
Rhodos, welches mit Mut, Energie und Umſicht
verteidigt ward, fchlo er (304) mit den Rhodiern
einen ihnen günſtigen Vergleich ab Plut Demetr.21),
eilte nach Griechenland und jchlug den Kaſſander,
welcher ſich an Lyſimachos don Thrakien, Btole-
maios und Seleukos um Hilfe wandte, 302. Dieje
beichlofien, den A. gemeinjam & befriegen, und
befiegten ihn in der blutigen Schlacht bei Ipſos
in Phrugien im J. 301, im welcher der greiſe Feld—
herr feinen Tod fand. Plut. Demetr. 28- 30.
Just. 15, 4. M., auch Kvrlomp od. uoroptaluos
(Pol. 5, 67) genannt, weil er früh ein Auge ver:
loren hatte, war von herrichjüchtigem, aber feſtem
Charakter, ausgezeichnet als Feldherr, dabei von
heiterer Laune, der erfte, der durch Annahme des
Königstitels, da Aleranders Nachtommen ein Spiel
der eien waren, den Gedanken unter Aleran:
ders Feldherren anregte, neue Herricherfamilien zu
bilden. Bal. Droulen, Geſch. des Hellenismus
(2. Aufl. 1877 f). — 2) Ant.Gonatas, Tor«-
rüs (d. h. mit einer Eijenplatte am senie), Sohn
des Demetrios Poliorketes, nahm teil an den
Kriegen feines Vaters und behauptete fich in defjen
peloponnefiichen Städten, als derjelbe 287 v. C.
aus Makedonien vertrieben wurde. Für die Frei—
heit feines durch Seleukos von Shrien gefangen
ehaltenen Baters verwendete er fich vergeblich.
ut. Demetr. 51. Nach deilen Tode, 282 oder
281, wurde er König von Makedonien, wurde aber
von Seleutos daraus verdrängt und mußte es nach
deſſen Tode 280 dem Btolemaios Weraunos über—
lafien, bi$ er im &. 276 wieder in den Beſitz des:
Er befiegte die eingefallenen
92
Gallier (Just: 25, 1), wurde (273) von Byrrhos von
Epeiros befiegt und vertrieben (Plut. Pyrrh. 26),
eroberte aber das Land wieder, ald jener nad
dem Reloponnes gezogen war. Nach defien Tode
verlor er fein Reich nod einmal an Alexander
von Epeiros, des Pyrrhos Sohn, befiegte ihn aber
ipäter und unterwarf jich jogar Epeiros. Put.
Pyrrh. 34. Seine jpäteren Kämpfe mit den Achaiern
blieben erfolglos. Erftarb im 80. Lebensjahre, 239.
IMc. Macr. 11. Plut. Demetr. 40. Pol. 2, 43. —
3) Ant. mit dem Beinamen Dojon, Jacor
(semper daturus, der viel veriprechende, wenig
haltende), auch "Erirgoroegenannt, Sohn des Deme-
trios des Schönen und Neffe des Antigonos Gonatas,
geb. um 263 dv. E., Bormund für Philipp V., Sohn
des Demetrios, 229, dann Gemahl der Witwe des
Demetrios, Chryfeis, und König von Maledonien
(Liv. 40, 54), welches er mit Einficht regierte.
Nachdem er die Örenzen Makedoniens gefichert und
den Abfall der Bundesgenoffen gejtraft hatte, rief
ihn der Strateg der Achaier, Aratos, gegen Sparta
zu Hülfe, welches er befiegte. Nach feiner Rückkehr
nach Makedonien vereitelte er einen Einfall der
benachbarten Jllyrier, 221, ftarb aber bald darauf
plöglich. Plut. Arat. 34. 46. Just. 28, 8. Pol.
2, 47. 70, 4, 87. — 4) Ant. aus Karpitos,
Schriftfteller in der Zeit der Ptolemaier, Verfaffer
von Xebensbeichreibungen der Philoſophen, die
Diogenes von Laerte mehrfad benugt hat (Sammt-
lung der Fragmente von H. Köpfe, 1862). Wir
befigen unter jeinem Namen eine lorogıör rape-
döfov ovrayayn, eine Sammlung von allerlei
jeltjamen und merkwürdigen Vorkommniſſen, die
in ihrer urjprünglichen Geftalt ficher umfangreicher
geweien ift. Herausg. von Bedmann (1791) und
(zugleid; mit den übrigen Baradorographen) von
ermann 1839), ſowie im erften Bande der
Rer. naturalium scriptores Graeci minores bon
D. Keller (1877).
Artıygapn, Gegenichrift, bezeichnet die Ein-
reden der Angellagten der Auflage gegenüber;
erriygapscde: eine Einrede vorbringen, die durch
die avrouosie bekräftigt werden mußte; vergl.
Prozels, 6. Es bezeichnet aud die Einrede gegen
die Zuläffigkeit der Einführung eines Prosefies;
ſodann auc die Widerflage, d. h. eine fürmliche
Klage des Bellagten gegen den Kläger, wegen des:
jelben oder zumeilen aud wegen eines ganz an:
dern Gegenitandes, wie 3. B., ald Timarch den
Aiichines angeklagt bei der Nechenichafsablegung
nach jeiner Gejandtichaft, Aiſchines fich nicht gegen
die Anklage verteidigt, jondern behauptet, jein
Gegner habe wegen anderer Vergehen Atimie ber:
wirft, ſei aljo unfähig, die Klage anzuftellen, und
ihn deshalb förmlich verklagt. Bei Erbicaits-
ftreitigfeiten hießen die schriftlichen Eingaben der
verjchtedenen Bewerber alle arrıyoapai.
Antikleia j. Autolykos und Odysseus,
Antikyra, Avrixvoa (auch) Avrixıpea), 1) Stadt
in Phthiotis in der Nähe des Dite am Maliſchen
Meerbujen. Hdt. 7, 198. — 2) Küftenftadt in
Phokis am Fuße des Parnaſſos, öftlih vom Kir—
phisberge, das homeriiche Kypariſſos. II. 2, 519.
Beide Städte waren durch ihren Nieswurz (helle-
borus) berühmt, bejonders die leßtere; er follte
gegen Wahnfınn und Melancholie helfen, daher die
Redensarten: Arcrıniggas se dei, naviga Anticy-
ram, caput tribus Anticyris insanabile.
"Avtıygapı; — Antinoos.
sat, 2, 3, 83. 166. a. p. 300. Plin. 25, 5, 21. —
Im heiligen Kriege wurde das phokiſche AU. von
Bhilipp zerftört, erhob jich indes bald wieder, bis
es unter den Nömern wieder janf. Liv. 32, 18,
Pol. 9, 33. Ruinen bei Ajpropitia.
Antilibänos, Avrulidavos, j. Dſchebel-eſch-ſcherki,
die öſtliche Paralellkette des Libanon (ſ. d.), im
Süden nur durch die Thalfchlucht des Lita (fälich:
lich Leontes genannt) von jenem getrennt. Gleich:
falls im Süden ıft feine höchſte Spite, der Hermon
(Dſchebel es Scheik), ſüdweſtlich von Damaſtus.
Strab. 16, 765 f. Arr. 2, 20, 4.
Antilöchos, Arriloyos, Sohn des Nejtor und
der Eurpdife, ging mit jeinem Vater nach Troja
und war dort unter dem jungen Helden einer der
ichönften und tapferften. Seine Hauptthaten: 71.
4, 457. 5, 580. 13, 545. 15, 572. 16, 817. Nach
Batroflos war er der innigfte freund des Achil—
leus (j. d.), weshalb er von den Griechen auserjehen
wurde, dieſem die Kunde von des Batroflos Tode
zu überbringen. Achilleus rächte feinen Tod, wie
den des Patroflos, durch Erlegung des Memmon.
Diejer erichlug nämlich den Antilochos bald nad
Hektors Tode in der Schlacht (Od. 4, 187), während
er jeinen Bater aus der Todeögefahr rettete. Des:
wegen wurde er als Mufterbild kindlicher Liebe
dargeftellt. Pind. pyth. 6,38. Seine Aſche war bei:
geieht im Grabmal des Adillens neben der des
chilleus und Batroflos.
Antimächos, Avriuayog, aus Kolophon oder
dem benachbarten Klaros, griechiſcher Dichter und
Grammatiter, um 404 v. E. blühend, älterer Zeit:
genoſſe Platons, deſſen Freund er geweſen jein joll,
Seine Hauptgedichte waren das umfangreiche Epos
Thebais und das aus mindeftens 2 Büchern be-
ftehende elegijche Gedicht Xyde (Avdn), von denen
jenes die beiden thebanischen Kriege behandelte,
diejes einen Eyflus von Hervengeichichten umfahte.
Der Dichter gab letzterem den Namen Lyde nach
feiner Geliebten, über deren Tod er fich, wie erzählt
wird, durch Berjenkung in die Gejchichten alter Zeit
tröften wollte. A. ift infofern von Bedeutung, als
er der Begründer der gelehrten Dichtung und
fomit Vorgänger der alerandriniihen Dichter ift.
‚| Deshalb wurde er auch von den Wlerandrinern
ſehr hoch geftellt und erhielt im Kanon der Epiter
bon einigen den erften Pla nad) Homer. Seine
Sprache iſt, abweichend von der homeriſchen Ein-
fachheit, gejucht und gelehrt, gemijcht mit alter-
tümlichen und aus verichiedenen Dialekten genom:
menen Wörtern, er prunft mit einem Aufwand
von unbefannten Mythen und antiquarischen Er-
Härungen; dabei ift er weitläufig und ſchwülſtig
(tumidus, Catull. 95, 10) und entbehrt der Kunſt
der Kompofition. Als Grammatiker veranftaltete
er eine Recenfion der homeriichen Gedichte. — Bear:
beitungen der Fragmente von Schellenberg (1786)
und Stoll (1845), jowie von Kintel, ep. Graec,
fragm. I p. 273 ff.
Antindos, ‘Avrivoos, 1) Sohn des Eupeithes,
ein Ithaleſier, der frechite und verruchtefte unter
den Freiern der Penelope, der nach der Herrichaft
von Ithaka und dem Telemachos nah dem Leben
trachtete. Ihn traf zuerft der Pfeil des Odyſſeus.
Od. 4, 660. 773. 16, 368. 17, 458. 18, 42. 22,8. 48.
— 2) ein jchöner Jüngling aus Claudiopolis in
Bithynien, Liebling des Kaiſers Hadrian und deſſen
Hor. | Begleiter auf jeinen Reifen, ertranf im Nil 130
Antiocheia — Antiochos,
n. &.; der Raifer ließ ihn unter die Heroen ver:
jeßen, benannte die Stadt Antinvopolis in Mittel-
ägypten nah ihm, ließ ihm in Mantineia in
Artadien einen Tempel erbauen und ordnete ihm
göttliche Ehren und Feitiviele an. Ein Sternbild
erhielt jeinen Namen. Auf Münzen, Gemmen, in
Statuen und Büſten ift er oft abgebildet, ähnlich
dem Dionyſos, als das Jdeal jugendlicher Schön
heit. Paus. 8, 9, 7f.
Antiocheia, Arrıöreız, häufiger Städtename.
Zu nennen find: 1) A. Epidaphnes (7 al Japvng),
j. Antafia, jo genannt von einem nahen Hain,
Hauptſtadt des ſyriſchen Reichs in einer fruchtbaren
Gegend am Drontes, 120 Stadien vom Meere ent:
fernt. Gegründet von Seleufos Nikator zu Ehren
jeines Vaters Antiochos, wuchs fie rajch und ent:
hielt 4 große gejonderte Stadtteile. Auch in chriit-
licher Zeit ift fie als Patriarchenjig berühmt, ſowie
durdy die im 3. u. 4. Jahrh. gehaltenen Kirchen
verfammlungen. Nach der Zerftörung durch ben
Berjerfönig Kosroös (540 n. €.) ftellte Juſtinian
fie unter dem Namen Theüpolis wieder her. Sie
war die Vaterftadt des Ammianus Marcellinus,
des Libanios, des Joannes Chryjoftomos und des
Euagrios. Strab. 16, 750. Vgl. D. Müller, an-
tiquitates Antiochenae (1841). — 2) A. Pisidiae
an der Grenze Phrygiens, erbaut von den Be:
wohnern Magnefias am Maiander; befannt durch
das Heiligtum des Mryw "Agreiog, des phrygiſchen
Medyrkes; als röm. Kolonie Cäſarea; j. Yalowadj.
— 3) A. ad Maeandrum, Stadt in Karien, von
Antiochos I. Soter an der Stelle des alten Pytho:
polis erbaut.
Antiöchos, Arrioxos, 1) ein Feldherr König
Philipps von Makedonien, Vater des Seleukos
von Syrien. Just. 18, 4, 17. 15, 4, 3. — 2) An:
tiochos J. mit dem Titel Zorro, war ein Sohn
des Selentos 1. Nitator, Königs von Syrien, geb.
323 0.6. Just. 17, 2, 10. Als ihn heftige Liebe
zu feiner Stiefmutter Stratonife ergriff und er
darüber ſchwer erkrankte, gab jein Water, durch
feinen Arzt von der Urjache der Krankheit unter:
richtet, ihm die Stiefmutter zur Gemahlin und
die Herrichaft über die oberen Satrapien mit dem
Königstitel (Plut. Demetr. 38), wozu er auch noch
die übrigen Länder Afiens bis an den Hellespont
fügte, als er fich nad) Makedonien, feinem Geburts:
lande, zurüdzog (281). Wegen Unruhen in Afien
ſchloß A. mit dem Mörder jeines Vaters, Ptolemaios
Keraunos, Frieden (Just. 24, 1, 8); darnach führte
er Krieg mit Eumenes I. von Pergamos und den
in Aſien eindringenden Galliern; legtere befiegte
er nicht entſcheidend, bejchränfte ſie aber auf das
fogenannte Galatien. Von Eumenes wurde er bei
Sardes geichlagen und ftarb 262/61. Vgl. Droyjen,
Geichichte des Hellenismus III, 1 ©. 277 ff. —
3) Antiochos II. mit dem Beinamen Ges (den
er von den Milefiern zum Danfe dafür erhielt,
daß er ihnen den Tyrannen Timarchos vertrieb),
führte einen wenig glüdlichen Krieg mit Ptole-
maios Philadelphos von Ägypten, den er nur
dadurch beendigte, daß er nach Verftoßung feiner
Gemahlin Laodite (Laudite, Just. 27, 1, 1) des
Ptolemaios Tochter Berenife heiratete, um 248 v. C.;
als aber bei einem Aufenthalte des A. in Kleinaſien
Laodite und ihre Kinder von ihm zurücdgernfen
wurden, lieh dieſe, vom Rachegefühl hingerifien,
bald nachher den Antiochos, die in Antiocheia, wie
93
es jcheint, gebliebene Berenile und deren Kind er:
morden, 247 nad) Juftin unter Mitwirkung ihres
Sohnes Seleutos Kallinikos). Val. Max. 9, 10.
ext. 1. 14. Just. 27, 1. — 4) eim jüngerer
Bruder des Seleutos Kallinifos, der auf Antio—
chos II. gefolgt war, erhielt, als er 14 Jahr alt
war, von feinem Bruder VBorderajien bis zum
Taurus als Statthalterichaft (Just. 27, 2, 6 ff.)
und leiftete ihm Beiftand gegen Btolemaios Euer—
geted. Doch ftrebte er bald nad) der Herrichaft
über das ganze jyrijche Reich, daher er den Bei:
namen Hierax (idoaf, Habicht) erhielt. Just.
27, 2, 8. Nach mehreren Niederlagen flüchtete er
zu feinem Schwiegervater, dem Könige Ariamenes
von Kappadokien, von dieſem zu Btolemaios.
Später befämpfte und befiegte Attalos 1. von Per:
gamos im Bunde mit Agypten den M., Diejer geriet
in die Gewalt der Agypter, rettete fich aus der
Gefangenſchaſt, wurde aber auf der Flucht über:
fallen und getötet, um 225. — 5) Ant. IIl., der
zweite Sohn des Seleutos Kallinikos, geb. 242 v. C.,
beitieg im J. 224 den ſyriſchen Thron (impubes
adhue rex, Just. 29, 1, 3). Die erften Jahre
feiner Regierung waren ruhig, aber im J. 221
begannen die inneren und äußeren Kämpfe, welche
die Kräfte des Seleufidenreiches zerrütteten. Seinen
erften Krieg führte er gegen den weichlichen Pto—
lemaios Philopator von Agnpten, welcher ald Ziel
eines zeriplitternden Ehrgeizes Phoinikien und Koile—
igrien genommen hatte und auch gegen VBorbderafien
jeine Flotten und Landheere richtete. Ant. juchte
ihm jene Landichaften zu entreien und zog gegen
Agypten. Inzwiſchen aber empörten fich mehrere
Statthalter im oberen Wien, und Ant. mußte
jeine Waffen gegen diejelben fehren, ſchlug fie (220)
und unterwarf auch das bisher unabhängige Klein:
armenien. Pol. 5, 40. 51f. 55. 58 ff. Dann wen:
dete er fich wieder gegen Ägypten, weldes den
Aufftand des Achaios, Statthalterd von Border:
afien, unterjtüßte. Er verlor die große Schlacht
bei Raphia in Judäa, 217, und ſchloß mit dem
Könige Ptolemaios IV. Philopator Frieden. Pol.
5, 82 ff. Just. 30, 1 ff. Achaios dagegen wurde
bejiegt, gefangen genommen und auf Ant. Geheiß
getötet. Die nächiten Jahre vergingen mit Rüftungen
zur Unterwerfung der früher zum ſyriſchen Reiche
gehörigen Provinzen in Borderafien und im öſt—
lihen Aſien am Indos, ſowie der Reiche von Ber:
gamos, Kappabofien und Pontos. Im %. 212
begann Wut. dann den Krieg gegen die Barther
und Baltrier, die er zwar glücklich befämpfte,
weshalb er den Beinamen „ber Große“ erhielt,
aber doch nicht ganz unterwerfen konnte, vielmehr
als unabhängig anerfennen mußte. Pol. 10, 27 ff.
11, 34. Bon einem Zuge nach Indien, den er
darauf unternahm, kehrte er mit reicher Beute heim.
Inzwiichen war Btolemaios Philopator IV. (204)
geitorben und jein Sohn Btolemaios V. Epiphanes,
ein Knabe von noch nicht 5 Jahren, ihm gefolgt.
Nun glaubte Ant. Ägypten leicht erobern zu
fönnen und verbindete ſich mit Philipp Ill. von
Makedonien, eroberte auch PBaläftina und Phoini-
fien und gewann (198) die Schlacht bei Phaneas
am Jordan. Pol.16,18. Bon einem Buge gegen
Eumenes von Pergamos brachten ihn die mit
diejem verbündeten Römer durch Scmeicheleien
und Berjprechungen zurüd, da fie fürchteten, er
möchte den von ihnen befriegten Philipp von Ma—
94
fedonien unterftägen. Bald aber jah Ant. ein, daß
er von den Römern hintergangen jei, und beichlof
(197) Philipp beizuftehen. Mber die Nieder:
lage desjelben bei Kynoskephalai ftörte jein Unter:
nehmen; jedoch brachte er die Städte am Helles-
pont und dem thrafiichen Cherjonnes in feine
Gewalt (196). Nach Befiegung des Philipp ver:
langten aber die Römer, ihrem früheren Benehmen
ganz entgegen, von Ant. Räumung des Eherjonnes
und der jonft zu Agypten gehörenden Provinzen
in Syrien. Dagegen verwahrte ſich Ant., der mit
Agypten bereit? einen Vergleich getroffen hatte,
und wies jede Einmilchung Roms zurüd. Während
er indeflen zur Nachgiebigkeit in einigen Punkten
ſich bereit zeigte, rüſtete er fich zugleich zum Kriege
und gewährte Hannibal, der vor den Nachitellungen
der Römer ans Karthago hatte fliehen mähfen
Gaftfreundichaft, ohne jedoch die Hugen Natichläge
besjelben zu befolgen. Pol. 18, 32 Lav. 34, 60.
Just. 31, 2, ls ihn num (192) die Witolier
um Beiftand gegen Rom baten, ging er mit einem
Heere nad) Griechenland hinüber; jedoch blieben
die Griechen aus Furcht vor Rom ruhig, und den
Philipp beleidigte Ant, jo dag er von beiden
feine Hülfe zu erwarten hatte. Nach Einnahme
einiger Städte brachte er den Winter auf Euboia
zu, obgleich Hannibal ihm riet, nach Italien hin= | jch
überzugehen. Pol. 20, 8. Liv. 36, 11. Plut.
Flam. 16. Im Frühjahre 191 rüdte er vor,
wurde aber bei den Thermopylen von M'. Neilins
Glabrio geſchlagen. Plut. Cat. 13. Lir. 36, 13.
Auch jeine Flotte erlitt mehrere Niederlagen, und
ungehindert fonute 2. Cornelius Scipio, den jein
Bruder PB. Scipio Africanus als Legat mit feinem
Nate unterjtüßte, nach Afien überjegen, wo Ant.
190 bei Magnejia am Sipylos bejiegt ward und
um Frieden bat. Er erhielt ihn (189) gegen be-
deutende Opfer, indem er Vorderajien diesjeits
des Tauros abtreten, jeine Kriegsichiffe (bis auf 10)
und Elefanten ausliefern und 15000 Talente in
12 Jahren zahlen, auch Geijeln jtellen mußte.
Dem Hammibal und dem Mitolier Thoas, ſowie
einigen andern Flüchtlingen, deren Auslieferung
die Römer — hatten, war er zur Flucht
behülflich. Die abgetretenen Provinzen ſchenkten
die Römer ihren Bundesgenoſſen, dem Eumenes
und den Rhodiern. Liv. 37, 25. 33 ff. 44. 50.
38, 37 ff. Died. Sic. 29, 13. Pol. 21, 9. 135.
App. Syr. 32fj. So war des Ant. Herrichaft be-
deutend gejchwächt, mit feiner Niederlage die Kraft
des Hellenismus gebrochen. Als er ım 3. 187
bei einem Einfall ins Land der Elymaier am
unteren Tigris einen Tempel des Zeus plünderte,
um ſich der Tempelihäbe zu bemächtigen, wurde
er von den erbitterten Eingeborenen erjchlagen.
Just. 32, 2, 2. Diod. Sie. 29, 18. Vgl. die Ab-
handlungen von Wußdorff (1868) und Wander
Heyden (1877). — 6) Ant. IV. ——
(Erıperrs), Sohn des vorigen, war von feinem
Bater 189 als Geijel nach Rom gejchidt worden,
wurde aber frei, 175; ftatt feiner faım feines Bru—
ders Seleukos S. Demetrios dahin. Nach Seleu-
fos’ Ermordung durch feinen Minifter Heliodor,
der jelbft nach der Herrſchaft ftrebte, bemächtigte
ſich Ant. des Thrones. Er begann bald nad) jeinem
Regierungsantritte Krieg mit Agypten, um Phoi-
nifien, läftina und Koileſyrien, welche feiner
Schweiter bei ihrer Berheiratung mit Ptolematos
Antiochos.
Epiphanes als Mitgift gegeben waren, wieder zu
ewinnen; er eroberte fie auch und behielt fie im
‚rien, mußte aber den von ihm bejegten Teil
gyptens räumen, als ihn der römijche Gejandte
Popillius Länas mit Krieg bedrohte, 168 v. E.
Liv. 44, 19. 45, 11—13, Just. 34, 3 (mo des
Popillius Benehmen jehr anjchaulich geichildert
wird). Pol. 27, 17. 29, 11. Wicht jo glüdlich
war er im Kampfe gegen die Juden, welche er (167
— 164) wegen ihres Glaubens hart bedrüdte und
denen er die Tempelichäge in Jeruſalem zu rauben
juchte. Zugleich hatten die hellenifierenden Juden
ihm gejagt, er würde mur dann über Paläſtina
ficher herrichen, wenn er die ftreugen Juden, welche
Anhänger der Btolemaier waren, unterdrüde. Aber
das Heldengejchlecht der Makkabäer kämpfte mit
‚Erfolg gegen ihn und feinen Feldherrn Lyſias.
Er ftarb auf einem unglüdlichen Feldzuge gegen
den Dften zu Tabai in Berfien im J. 163. Wäh-
rend die jüdiichen Schriftiteller ihn als den ab-
ſcheulichſten Tyrannen jchildern, aud die Griechen
jeine Graujamfeit zum Zeil bejtätigen (Polybios
verwandelt den Beinamen ’Erıpavng in Zrınavne,
tollrajend, 26, 10), entjchuldigen ihn Neuere.
Vielleicht fällt manches, was ihm vorgeworfen wird,
auf feine ſchlechten Ratgeber, gegen die er zu
wach und nachgiebig war. Vgl. Ewald, Geſch.
des Volkes Iſrael IV ©. 332 ff. — 7) Aut. V.
Eupator (Evraroe), Sohn des vorigen, war
bein Tode des Vaters 18 (nach andern nur 9)
Jahre alt und mit dem ſchon früher zu jeinem
Vormunde ernannten Feldherrn Lyſias gerade mit
der Belagerung von Jeruſalem beichäftigt. Plößlich
erſchien des Vaters früherer Günftling, Philipp,
um für den unmündigen König nad dem legten
Willen des Baters die Regierung zu führen. Lyſias
ſchloß jofort mit den Juden einen Vergleich, zog
egen Bhilipp ins Feld und bejiegte ihn (162 v. E.).
ald hernach fam Demetrios aus Nom, nahm
feinen Vetter Ant. und den Lyſias gefangen und
ließ fie 161 ermorden. Pol. 31, 12. Just. 34, 3.
— 8) Ant. VI, mit dem Beinamen Qeös, Sohn
des Nlerander Balas, als Gegenktönig gegen De-
metrios Nilator 144 v. E. aufgeftellt, bemächtigte
ſich, unterjtügt von Diodotos Tryphon, fat des
ganzen Reiches, wurde aber ſchon 141 von Tryphon
ermordet. Sust. 36, 1, 7. — 9) Ant. VII, er:
ogen zu Side in Pamphylien, daher Sidetes
ne), vertrieb den Thronräuber Tryphon,
138 v. E. (Just. 36, 1), zwang den jüdijchen Fürften
Fohannes zur Unterwerfung, 132, uud jtarb in
einer Schlacht gegen die Barther, 130. Just. 38, 10,
— 10) Ant. VII, ein Sohn des Demetrios Ni:
fator, hatte die Beinamen DrAounrwog und [euros
(Habichtsnaje), beherrichte nach jeines Baters Er:
mordung einen Teil Syriens, vertrieb mit Hülfe
der Agypter feinen Nebenbuhler Alerander Zabina,
ichaffte jeine Mutter Kleopatra mit dem für ihn
ſelbſt bereiteten Gifte aus dem Wege und wurde,
nad) langem Streite mit jeinem Halbbruder Antio—
chos Kyzikenos um das Reich, im J. 97 Durch einen ge=
wiſſen Herafleon ermordet. Just.39, 1 ff. App.Syr.69.
Diod. Sie. 34, 38. — Der leßtere, 11) Ant. IX.
Kosırnvög (von feinem Aufenthalte dajelbjt nad
dem Tode jeines Vaters, U. Sidetes), auch Philo-
pator genannt, fiel 96 v. C. in einer Schlacht
gegen Seleutos Epiphanes, jeines Bruders Sohn
(App. Syr. 69), gegen den er den Kampf um bie
Antiope — Antipater
Herrichaft fortjeßen mußte. — 12) Ant. X. Ev-
seßns (Pius), bejiegte den Seleufos Epiphanes,
unterdrüdte deu von deflen Brüdern ze.
Philadelphos und Bhilippos, den Söhnen
Ant. Grypos, erregten Aufitand und jchlug beide
am Orontes, fiel aber jelbit im Kampfe gegen die
Barther. Ihm folgte unter heftigen inneren Käm—
pfen Bhilippos. App. Syr. 69. Diod Sie. 34, 38,
— 18) Ant. XL Phila delphos (aud) Epiphanes
enaunt), Gegner des vorigen, ertranf auf der
Flucht nach der unglüdlichen Schlacht am Orontes
in »diefem Fluſſe. — 14) Ant. XI. Möorucosq,
auch ein Sohn des A. Grypos, ergeif die Waffen
gegen Philippos (j. Antiochos X.), fiel aber im
Kampfe wider einen arabiichen Stamm. Just. 40, 1.
— 15) Ant. XII. Aſiaticus, Sohn des Antio-
dos X., wurde von Lueull, da jeine Aniprüche
auf den jgrijchen Thron vom römiſchen Senate
anerlannt waren, im J. 68 v. E. nach Befiegung
des Tigranes von Armenien, welchem ſich Syrien
unterworfen hatte, als König von Syrien einge:
jegt. Aber jchon im folgenden Jahre wurde er
von Bompejus entthront und Syrien römische Pro:
big. App. Syr. 49. 70. Bol. Mommjen, röm.
Geſch. 3 ©. 143 ber 6, Aufl. Er war der lebte
igriiche König aus dem Geichlechte des Seleukos.
— 16) Ant. aus Athen, Steuermann des Alki—
biades, ließ ji) wider den Befehl desjelben von
Lyjander zur Schlacht bei Notion verloden und
wurde gehhlagen, 407 v. C. Xen. Hell. 1, 5, 12 ff.
— 17) Ant. von Aſtalon, ein berühmter Phi:
loſoph der Afademie, Schüler des Philon, Iebte zu
Athen, Alegandreia und Rom und ward Lehrer
des Barro, Brutus, Cicero und anderer berühmter
Römer. Cine Darftellung feiner Lehren finden
wir bei Cicero — 2, 19ff.); er ſuchte die
Lehren der Stoifer mit denen der Akademie zu
vereinbaren (germanissimus stoicus, si pauca
mutasset, Cie. acad. 2, 43). — 18) Ant. von
Syrafus, Zeitgenofje des Tyufydides, ſchrieb in
ionischem Dialekte eine Gejchichte Jtaliens und eine
Geſchichte Siciliens in 9 BB. bis 423 v. C. Er
wird oft anerkennend genannt und ift viel benutzt
worden, 3. B. auch von Thukydides. Sammlung
der Bruchjtüde bei Müller, fragm. hist, Graee. I
f. Abhandlung von Wölfflin (1872).
Antiope, Avrıörn, 1) Tochter des Flußgottes
— * in Boiotien HMom. Od. 11, 260) oder des
Rylteus, ward von Zeus Mutter der Zwillings-
brüder Amphion und Zethos (j. Amphion).
Außer in der Beitrafung der fie verfolgenden Dirke,
welche der fünftleriiche Gegenftand der Gruppe des
jarnefijchen Stiers ift, fam ihre Gejchichte im
Drama vor; doc find uns die davon handelnden
Stüde des Euripides, Livius Andronicus und Pacu-
vius nicht erhalten. — 2) j. Theseus.
‚Antipäter, Avzinazgog, 1) geb. um 400 v. E.,
einer der erprobtejten Freunde und Feldherren Phi—
Iipps von Makedonien, dem darum auch Alexander
das größte Vertrauen beivies, indem er ihn bei
feinem Zuge gegen Perfien zum Statthalter von
Makedonien und zum Hüter Griechenlands be—
Ite, Im 3. 3416 jandte ihn Philipp als Ge—
ndten nach Athen, um den Krieg zwijchen beiden
durch einen Frieden zu beendigen. wurde
damals Gaſtfreund des Demoſthenes, ſpäter aber
deſſen ner, da der große Redner Philipps
Bläne zu durchfreugen juchte. An dem Siege bei
95
Chaironeia (338) hatte er großen Anteil. Sein
bejonnener, jtrenger Charakter gefiel dem erniten
Philipp ganz bejonders. Athen. 10, 435. Alexan—
ders Thronbefteigung förderte er durch feinen Ein-
fluß auf das Heer. Als Stellvertreter Aleganders
in Mafedonien zurüdgelafien (Curt. 4, 1,89. Just.
16, 1. Arr. 1, 11,8. Diod. Sie. 17, 17), bämpfte
er einen Aufſtand in Thrafien, jchlug die Spar:
taner und ihre Bundesgenofjen, welche jih von
der mafedoniichen Herrichaft frei zu machen juchten,
bei alopolis (330) umd jicherte _. die
Herrſchaft über Griechenland. 6, 1. Diod.
Die. 17, 62 ff. Just. 12, 1. Er verwaltete jein
wichtige Amt während Aleranders ganzer Ab-
wejenheit, bis diejer 323, durch die unaufhörlichen
Klagen jeiner Mutter mit Miftrauen gegen ihn
erfüllt (Arr. 7, 12. Plut. Alex. 89. 68), den Ant.
nach Niien rief. Da aber Alerander noch vor der
Ausführung diejes Befchles ftarb, jo blieb Ant.
auch während der Neichsverweierjchaft des Perdiffas
in Europa (Just. 13, 4. Diod. Sie. 18, 3) und
ichlug die Griechen, welche nad Alerauders Tode
von neuem zu den Waffen gegriffen hatten, um
ji ihre Unabhängigkeit zu erfämpfen, bei Yamia
(322) in Thefjalien, ein Kampf, bei welchem lange
um die Enticheidung gerungen wurde, bis des
atheniichen Feldherrn Leofthenes Tod dem Gegner
deu Sieg verihafite. Sein Schwiegerjohn Krate—
ros hatte dem Ant. treulid; zur Seite geftanden.
Als bei den bald hernach ausbrecdhenden Streitig-
feiten um den erledigten Thron Berdiffas zur
Herrichaft zu gelangen juchte, verband ſich Ant.
mit Antigonos, Krateros und Ptolemaios gegen
ihn und ging mit einem Heere über den Helles—
pont, 321. Krateros fiel in einer Schlacht gegen
Eumenes, Berdiffas wurde von jeinen eigenen
Truppen ermordet, Ant. aber zum Reichsverweſer
ernannt. Diod. Sie. 18, 25—39. Nachdem er
einen Aufftand des Heeres unterdrüdt nnd mancher:
lei Anordnungen für die afiatiihen Provinzen,
deren Leitung er dem Antigonos übertrug, getrof:
fen hatte, fehrte er, den König Bhilipp Arrhidaios
und deſſen Gemahlin Eurydite jowie den jungen
König Werander und deſſen Mutter Rorane mit
ſich führend, nach Makedonien zurüd, 321. Strab.
17, 79. Arr. bei Phot. bibl. 42 ff. Er ftarb ſchon
im nächſten Jahre, 319, an einer ſchweren Krant:
heit, nachdem er noch in den letzten Augenbliden
den greilen Bolyiperhon, einen alten Feldherrn
Philipps und Alexanders, mit Übergehung jeines
ungeftümen und jtolzen Sohnes Kafjander zum
Reichsverweſer ernannt hatte. Vgl. Droyjen, Geſch.
des Hellenismus (2. Aufl. 1877 f). — 2) der Entel
des vorigen, Sohn des Kaſſander und der Thefia:
lonife, 296 v. C. König von Matedonien, vermählt
mit Eurydile, der Tochter des thrafiichen Königs
Lyſimachos. Er wurde durch Demetrios Polior:
fetes vertrieben und 287 von — ermordet.
Just. 16, 1fj. — 3) 4. aus Zarjos, ein Phi:
lojoph und Anhänger der Ston, Nachfolger des
Diogenes von Babylon und Lehrer des Banaitios.
Cie. off. 3, 12, 51. — 4) U. aus Tyros, gleich—
falls Stoifer, lebte zu Athen um 44 v. E. und
war mit Cato dem Jüngeren undet. Plut,
Cat, 4. Cic. off. 2, 24, 86. — 5) WU. von Sidon,
berühmter Epigrammendichter, j. Anthologia
graeca. 6) 2. Cälius U, der Gejchicht:
ichreiber, Lehrer des X. Erafius (Cie. Brut. 26, 102),
96
befreundet mit Lälius, dem er jeine Geſchichte des
zweiten punijchen Krieges (bellum Punicum) wid-
mete (Cie. or. 69, 230); ob er außer diejem Werte
noch ein antiquariſches Werk geichrieben * iſt
—— Er ſoll zuerſt größere Sorgfalt auf
die Darſtellung verwendet (Cie. de or. 2, 12, 54.
legg. 1, 2, 6) und diejelbe mehr rhetoriich gehal:
ten haben. Livius jcheint ihn in der 3. Dekade
viel ge haben, ebenjo Plutarch und Cajfius
Div. Vgl. Melger, de L. Coelio Antipatro (1867).
Wölfflin, Antiohus von Syrafus u. Eölius Anti-
ter (1872). Fragmentjammlung von Peter, hist.
m. rel. I p. 147 ff., hist, Kom.fragm. p. 98 ff.,
u. Cieglin (1880).
Antiphänes, Ayrıparns, Dichter der neueren
attijchen Komödie aus Rhodos, Sohn des Stepha:
nos, trat um 390 v. C. auf und erreichte ein Alter
von 74 Jahren. Ihm wurden 260 Stüde beige:
legt, von denen eine große Zahl nur dem Titel
und einzelnen Bruchjtüden nach bekannt ift. Wit
und dramatiiches Talent, das fich in der Vielſei—
tigfeit jeiner Stoffe fundgab, waren ihm eigen;
doch jand Alerander der Gr. an den ſonſt gefeierten
Stüden fein Wohlgefallen Vgl. Meinefe, hist.
erit. p. 804— 339. Com. Graec. fragm. III 3 ı£
(1491 ff. d. Hein. Ausg.). Rod, com. Att. fragm. II
2
p. 12 ff.
Antiphätes, ’Avzipaens, 1) der grauſame Fürſt
der Laiſtrygonen (daher jprichtwörtlich für einen
Wüterich, Jur. 14,20), die dem Odyſſeus 11 Schiffe
mit Steinen zerjchmetterten, jo daß er nur mit
einem entlam. Mom. Od. 10, 106 ff. Op. met.
14, 234. — 2) Sohn des Sehers Melampus,
Großvater des Amphiaraos. Hom. Od. 15, 242 ff.
— 3) Sohn des Sarpedon, Gefährte des Aineias,
von Turnus getötet. Verg. A. 9, 696.
Antiphilos j. Maler, 8.
Antiphon, Ayrıyar, 1) Redner aus Rhamnus
in Attika, geb. DI. 75, 1 oder 2, aljo 480 oder
479 v. E., nach andern ſchon DI. 73, erhielt von
jeinem Vater Sophilos, einem Sophiften, die erfte
Anleitung zur Veredjamteit, in der er fich nad
mals auszeichnete, jo daß er im alerandriniichen
Kanon der Redner den erften Plap einnimmt.
An dem politischen Leben feines Baterlandes nahm
er lebhaften Anteil; während des peloponnefiichen
Krieges führte er einzelne Deeresabteilungen, be:
jonders aber betrieb er, als Anhänger der oli-
garchiichen Partei, den Sturz der Demokratie
durch Einjegung des Rats der Vierhundert, was
er, als dieje bald wieder geftürzt wurden, mit
dem Leben büßen mußte. Er warb von Thera-
menes des Hochverrats angeflagt und troß jeiner
meifterhaften Verteidigung hingerichtet, 411. Thuc.
8, 68. Mm. — Geine Wirfjamfeit als Rhetor war
nicht unbedeutend; er eröffnete eine eigene rheto-
riihe Schule mit Übungen für die Funftmäßige
politiſche Beredjamfeit und wurde, wenn nicht Er—
finder, doch Hauptbildner des politischen Redeftils
in Athen. Nur einmal ift er jelbjt als Redner
aufgetreten, nämlich zu feiner Gelbftverteidigung
(Cie. Brut. 12, 47); jonjt verfahte er Neben für
andere. Mit ihm gewinnt das Gejchäft der Neden-
icjreiber (Aoyoypagyoı) in Athen eine gerie Be-
deutung. Von den 60 ihm beigelegten Reden gal-
ten jchon im Altertume 25 für unecht und jind
nur 15 auf uns gelommen. Zwölf derjelben, welche
in die Klafje der Schulübungen fallen, bilden drei
Antiphanes — Antisthenes,
Tetralogien (Aoyoı povinol), jo daß je vier einen
und denjelben Gegenftand behandeln, als erjte
und zweite Rede des Anflägers und des Bertei-
digerd. Drei beziehen ſich auf wirkliche Rechts:
ftreite. In betreff des Stils ftehen fie in naher
Berwandtichaft mit Thufydides, den man deshalb
fälfchlich Schüler des A. genannt hat. Seine Rhe—
torif, regen Önzoginn (Quint. 3, 1, 11), E nicht
auf uns gefommen. Ausgg. außer in den Samm—
lungen der orat. Att, von Neiste, Belter, Dobjon,
Baiter und Sauppe, C. Miller von Mätzner (1838),
Fr. Blaß (2. Aufl. 1881) und Jernſtedt (1880).
— 2) ein Sophift, hauptiächlichiter Gegner des
Sofrates (Xen. mem. 1, 6), wahrſcheinlich auf
Befehl der Dreißig getötet. — 3) ein Tragifer,
lebte und Ddichtete zuerft in Athen, dann bei dem
Tyrannen Dionyfios, dem er bei jeinen Tragödien
eholfen haben joll, von dem er aber and) wegen
Eine Freimütigfeit getötet worden ift. Samıms
lung der wenigen Bruchftüde bei Naud, trag. Graec.
fragm, p. 615 f.
Antipölis, Arrixolis, j. Antibes, Kolonie der
Maffilier im narbonenfifhen Gallien, 8 Millien
weftlich vom Grenzfluß Varus, jpäter römijches
Municipium; bekannt bei den Gutjchmedern durch
Bereitung der Muria. Strab. 4, 178. 180 u. Ö.
Tae. hist. 2, 16.
Antiquarius war die gewöhnliche Bezeichnung
des Altertüntlers, der die alten Formen und Mus:
drüde vorzugsmweije jucht und den neueren vor—
zieht, Daher auch als Verehrer der alten Schrift:
werfe im — gegen die neuere Litteratur
auftritt. Uber dieje Richtung, die ſchon frühzeitig,
oft in Verbindung mit dem JIntereſſe an nationaler
Entwidelung im Gegenſatze gegen das Griechische,
hervortrat, vgl. Suet. Out. 86. Tac. dial. 21. Dies
wiederholte ſich bejonders jeit Hadrian.
Antirrhion, Avriogıov, aud 'Piov rtö Moiw-
xoı#0r, j. Kaſtro Rumelias, Vorgebirge an der
Grenze von Witolien und Lofris, bildet mit dem
Vorgebirge Rhion in Wchaia den nur 2 km.
breiten Eingang des Korinthiihen Meerbufens.
Thuc. 2, 86. Strab. 8, 335 f.
Antissa, "Arrıoox, Stadt und Hafen an der
Weftjeite der Inſel Leibos (Thuc. 3, 18. 8, 23),
Geburtsort des Lyriferd Terpander; j. Sigri.
Antisthenes, Arusdirns, aus Athen, Sohn
eines Atheners und einer Thraferin, aljo voßoe,
der Stifter der kyniſchen Schule, lebte um 400 v. E.
und erreichte ein Aiter von 70 Jahren. In jeiner
Jugend hatte er den Sophiften Gorgias gehört
und daun jelbft die Sophiftif gelehrt, ſchloß fich
aber ipäter an Sofrates an, dem er bis zum
legten Lebenshauche treu blieb. Xen. mem. 2, 5.
3, 4, 4. 11, 17. symp. 2, 10. 8, 7. Nach dem
Tode desjelben ftiftete er eine Schule im Kynos—
arges, dem für unebenbürtige (vödoı) Athener be-
ftimmten Gymnafium, daher denn feine Schüler
häufiger Kvvınod als Antiftheneer genannt wurden,
Er fahte ausjchliehlih eine Seite der jofratijchen
Philojophie auf und bildete diejelbe mit ftarrer
Konſequenz aus, was bejonders bei jeinen Nach—
folgern zu Ungereimtheiten in der Lchre und zu
rohen Auswüchien im Leben führte. Er verwarf
die eigentliche Spekulation, obwohl er in jeiner
Schrift 6 puaiınög doc Einzelnes berührt zu haben
icheint (Cie. n. d. 1, 13, 32: Antisthenes in eo
libro, qui Physicus inscribitur, popnlares deos
Antistii — Antonii.
multos, naturalem unum esse dicens tollit vim
et naturam deorum); vorzugsweiſe wandte er fich
dagegen der Ethif zu. Hierin lehrte er, wie nach
ihm Diogenes, daß Tugend die Unabhängigkeit
von Bedürfnifien und die Vermeidung des Böen
jei; denn jie jei jelbjtgenugjam zur Glüdjeligfeit
und bedürfe nur der jofratiichen Kraft (wUr«exn
emv ügernv eivaı Tdos evdnıuovier, undsröog
noogdsouernv Örı un Zwngarınng loyvos. Hewr
ut» ldıo» sivaı undsvög deichu, av Öt Beois
öuolo» ro Öllymr yongeıw. Diog. L. 6, 11. 105).
Durch feine Lebensweije, worin er jelbft ein Mufter
der Strenge und Enthaltjamfeit war, und durch
feine eindringlice und gefällige Rede gewann er
ih einen nicht unbedeutenden Kreis von An—
bängern. Seine zahlreichen, vom beften Atticismus
zeugenden Schriften erftredten jich über das ganze
Gebiet der Philojophie, find aber bis auf 2 unbe-
deutende und wahricheinlich unechte Übungsftüde
(usliraı), Alag und Odvaoens, verloren gegangen.
Sammlung der Brucjtüde von Winkelmann (1842).
Monographie von Ad. Müller (1860).
Antistii, eine plebejiiche Familie (Liv. 6, 30),
aus der folgende PBerjonen am bemerfenswerteften
find: 1) P. Antt. Boltstribun im. 88 v. E., Gegner
des C. Julius Cäſar Strabo bei deſſen Bewerbung
um das Konfulat (Cie. Brut. 68, 226f.), fand
im Bürgerfriege zwijchen Sulla und Marius auf
Befehl des jüngeren Marius durch den WPrätor
Damafippus im J. 82 jeinen Tod. App. b. e.1, 88.
Vell. Pat. 2, 26. Cicero rühmt ihn ald Nedner
und Sachwalter (Brut. 63, 226. 90, 308). — 2)T.
Unt., unterftüßte als Quäſtor von Mafedonien
den Pompejus nur notgedrungen und wurde nach
defien Niederlage von Cäſar, der mit ihm in Bi-
thynien zuſammentraf, begnadigt. Er ftarb zu
Korkyra auf der Rüdtehr nach Rom. Cie. ad fam.
13, 29. — 3) E. Ant. Vetus, unter deflen Bater
Eäjar 68 dv. C. in Spanien gedient hatte, genoß
das Vertrauen Cäjars, der ihn zum Quäſtor machte.
Als Bollstribun ftand er 57 auf der Seite Ciceros
gegen Clodius; in den Bürgerfriegen finden wir
ihn in Syrien, wo er den Cäcilius Baflus be:
fämpfte. Cie. ad Att. 14, 9. Plut. Caes. 5. —
4) Ant. Zabeo, Teilnehmer der Verjchwörun
gegen Eäjar, lief ſich nach der Schlacht bei Philippi
dur; die Hand eines Freigelaſſenen den Tod
— Plut. Brut. 12. 51. — Sein gleichnamiger
ohn ift der berühmte Jurift, j. Labeo.
5) 8. Ant. Betus, Konjul 55 n. E. mit Nero,
beabjichtigte als Statthalter von Obergermanien bie
Mojel und Saone durch einen Kanal zu verbinden
(im J. 58). As Nero ihm (65) nach dem Leben
trachtete, gab er fich jelbit den Tod. Tac. ann.
13, 53. 16, 10. — 6) Ant. Soſianus, beklei—
dete mehrere Amter unter Nero, der ihn wegen
eines ey. mem verbannte, aber 66 n.
wieder nad) Rom rief. Beipafian ſchickte ihn aber:
mals in die Verbannung. Tac. ann. 13, 28.
14, 485. hist. 4, 44. — 7) 2. Ant. Burrus,
Schwager des Kaiſers Commodus, wurde infolge
einer Beichuldigung des Giünftlings Kleander, er
trachte nach dem Throne, auf Commodus’ Befehl
hingerichtet. Lamprid. Comm. 6. — 8) Auntiftia,
Gemahlin des Bompeius, wurde 82 v. E. von
ihm verſtoßen, als Sulla ihn mit jeiner Stieftoch-
ter Amilia zu verheiraten wünſchte. Plut. Sull, 33.
Pomp. 9.
Realleriton des Haji. Altertums. 7. Aufl.
C. | rein nationaler Haltung au
97
Antfum, Avrıor, j. Porto d'Anzo, ſehr alte
Stadt in Latium auf einer weit ins Meer vor:
—— Felsſpitze; nach der Sage von einem
ohne des Odyſſeus und der Kirfe gegründet,
früher auch Sig etruffiicher Seeräuber. Von Tar—
guinius Superbus zum Latinerbunde gezogen, fiel
fie jpäter zu den Volſtern ab, wofür fie 468 v. C.
bon den Römern erobert und folonifiert wurde.
Liv. 2, 64. 8,1. Nach einer zweiten Einnahme
338 v. E. verlor A. alle Kriegsichiffe, deren Schnä-
bei in Rom zur Verzierung der Rednerbühne (dah.
rostra genannt) benußt wurden. Liv. 8,14. Spä-
ter hob ſich der Ort wieder bedeutend als Lieblings:
aufenthalt römijcher Großen. Berühmte Tempel
fulap, Neptun und der Fortuna; Palaſt
des Nero, der hier geboren war. In den Trüm:
mern desjelben wurde der: Belvederifche Wpollo
(j. Apollon, 4.) gefunden. Strab, 5, 232.
Antlia (avriiae), eine Maichine zum Waſſer—
ihöpfen, Pumpe. Man hatte verjchiedene Arten
berjelben (Vitruv. 10, 4ff.). Da diefelben auch
durch Menjchenkraft in Bewegung geſetzt wurden,
fo galt die Arbeit dabei als Strafe (in antliam
condemnare, Suet. Tib. 51).
Arıwuodie |. Jımuosie.
Antonia, 1) eine Tochter des Triumvird Antonius
und der Octavia, geb. 39 v. C., Mutter des En. Domi⸗
tius, des Vaters des Nero. Suet. Ner. 4. 5. — 2) eine
jüngere Schweiter der vorigen, geb. un 36 v. C.,
Gemahlin des Drujus, Mutter des Germanicus,
des nachmaligen Kaiſers Claudius und der Livilla,
ber Gemahlin von Ziberins’ Sohn Drufjus. Sie
wurde gerühmt wegen ihrer Schönheit und Tugend
und farb tiefgebeugt über den Verluſt ihres un—
vergehlichen Gatten und über den Undank ihres
Entels Caligula 38 n. C. Suwet. Claud.1. Cal. 15.
Dio Cass. 59, 3. Tac. ann. 3, 8. 18, 11, 3. —
3) eine Tochter des römiſchen Kaiſers Claudius
von Alta Pätina, vermählt mit Cornelius Sulla
Fauftus (Tac. ann. 12,2. 13,23), ftarb auf Neros
Befehl eines gewaltjamen Todes. Suet. Ner. 35.
ac. amn. 15, 53,
Antonii, Name einer bedeutenden Gens, von
deren Öliedern außer den unter Antonia genannten
Frauen bejonders folgende zu erwähnen find:
1) M. Ant., orator, Großvater des Triumvirs,
der bedeutendite Redner Roms vor Eicero, geb.
143 v. E., Konſul 99, nachdem er 103 gegen bie
Eitifiichen Seeräuber gefämpft, 97 Cenſor; ſchloß
fich im Bürgerfriege der fullanifchen Partei an und
fiel 87 durch die Wut der Marianer. Vell. Pat.
2, 22. Val. Max. 8, 9, 2. Er vertritt in Ciceros
Werfe de oratore dem feinen gebildeten Erafius
gegenüber die natürliche Beredjamfeit ohne ftreng
willenjchaftliche Bildung, indem er der griechischen
Wiffenichaft zwar feineswegs fremd war, aber in
den entfernteften
Anftrich von ihr mied. Von mehreren feiner Reden
haben wir genauere Kenntnis. Much über die
Technik hat er eine Heine Schrift de ratione di-
cendi verfaßt (Cie. or. b. de or. 1, 21. 47f. Quint.
3, 1, 19), zu deren Beröffentlihung er ficherfich
nicht jelbft beigetragen hat. Der Ausſpruch disertos
se vidisse multos, eloquentem omnino neminem
wird daraus oft angeführt. Abhandlung von En—
derlein (1882), — 2) M. Ant. Ereticus, Sohn
des Redners, Bater des Triumvirs, Prätor 740. C.
erhielt den Befehl gegen die Seeräuber an den
7
98
Küften des Mittelländiichen Meeres; er fämpfte
aber nicht ernftlich gegen fie, jonbern plünderte
nur Sicilien und foll jogar mit den Piraten ge:
meinfchaftlihe Sache gemacht haben. Ascon. in
Verr. act. 2 p. 206 Or. Vell. Pat. 2, 31. Bon
einem Angriff auf die Inſel Kreta, auf der er auch
nach großem Berlufte ftarb, erhielt er zum Spott
ben Beinamen Ereticns. Plut. Ant. 1. Diod. Si
40, 1. — Sein Bruder, 3) E. Ant. Hybrida,
war berüchtigt durch jeinen raubfüchtigen Charatter.
Er zeigte ihn, ald er im 3.87 v. E. mit Sulla nad
Alien ging und nach der Rücklehr im 9. 83 in
Griechenland zurüdblieb, welches er plünderte;
dann nahm er an den Brojfriptionen Sullas teil.
Wegen jeiner Erprefiungen in Griechenland ver:
Hagte ihn Julius Cäſar im I. 76, und Ant. ent:
zog fich mit Hülfe der Volkstribunen dem Gerichte
(Plut, Oaes, 4), Im Jahre 70 wurde er wegen
Näubereien aus dem Senate geftoßen, aber bald
wieder in denjelben aufgenommen (Cie. Cluent. 42).
Darauf wurde er Adil, im J. 66 Prätor. Un der
Verihwörung des atilina nahm er insgeheim
Anteil, ohne offen für diejelbe aufzutreten, woran
ihn wohl der Wunſch nad) dem Konulate binderte,
welches er zugleih mit dem von ihm gehaßten
Gicero im J. 63 erlangte. Plut. Cie. 11. Cie.
Cat, 3,6. Nach dem Ausbruche der ———
mußte er ein Heer nad Etrurien führen, überga
aber, Krankheit vorjchügend, da er perjönlich micht
zum Untergange Gatilinas beitragen wollte, dem
Betrejus den Befehl am Tage der Schladyt bei
PBiftoria, während er jelbit nach dem glüdlichen
Ausgange derjelben den Titel Imperator annahm, 62.
Dio Cass. 37, 395. Darauf zog er in jeine Pro:
vinz Makedonien, begann hier jeine gewohnten
Näubereien und verwüftete die Länder der benach:
barten Dardaner und Baftarner, wurde aber von
beiden geichlagen (Dio Cass. 38, 10). Im J. 59
wurde er zwiefach angellagt, wegen jeiner Er:
preffungen und wegen feiner Teilnahme an der
Berihwörung Catilinas (Cie. Cael. 81. Val. Max.
4, 2, 6) und troß Ciceros Verteidigung ver:
urteilt. Cie. Flace. 38. Cael. 31. Er ging nad
der Inſel Kephallenia, wo er mit gewöhnlicher
Sewaltthätigkeit verfuhr. Cäſar rief ihn im J. 44
zurüd, Er erlangte im J. 42 die Eenfur mit
Hülfe jeines Neffen, bes Triumvirs. ber fein
Ende iſt nichts befannt. — 4) M. Ant. (Triumvir),
ältefter Sohn des Antonius Ereticus, war durch
jeine Mutter Julia der Familie Cäjars nahe ver:
wandt und wahrjcheinlih im %. 83 v. E. geboren.
Nachdem er jeine Jugend in Schwelgerei und Aus:
ichweifungen verlebt hatte (Cic. Phil. 2, 18, 14,3),
fämpfte er 57 gegen Wriftobulos in Baläftina,
dann in Agypten mit Auszeichnung. Plut. Ant. 3.
Im 3. 54 jchloß er ji an Cäſar an, nahm an
den galliichen N eldsügen teil (Caes. b. g. 7, 81.
8, 2. 38. 46) und wurde auf Cäſars Empfehlung
im J. 50 Augur und im %. 49 Boltstribun.
Plut, Ant. 5. Als die Verhältniſſe zwiichen Cä—
jar und Pompejus fich immer jchroffer geftalteten,
trat er entichieden auf Cäjars Seite, der ihm wäh:
rend des Krieges in Spanien den Oberbefehl in
Italien übertrug. Cie, ad Att. 7, 8, 5. 10, 8, 11.
Darauf kämpfte er an deſſen Seite bei Pharjalos
(48) und wurde magister equitum, überwarf ſich
jedoch mit ihm wegen jeines ausjchweifenden Lebens:
wandels. Cues. b. c. 3, 24. 89, Plut. Pomp. 89.
Antonii.
Nach erfolgter Ausföhnung wurde er mit ihm
Konſul im %. 44 (Plut. Ant. 11), wollte ihm das
tönigliche Diadem aufjeßen und beförderte alle
Pläne des Diktators (daj. 12. Cie. Phil. 2, 34).
Nach Cäſars Ermordung war er zwar anfangs
etwas bejorgt für feine Perſon, wußte aber bald
aus den Umftänden Nutzen zu ziehen, bemächtigte
Sie. ſich des Arars (Cie. Phil. 2, 37), verjammelte den
Senat am 17. März und erwirkte von diefem, der
war jede Unterfubun des Mordes unteriagte,
nerfennung aller Verfügungen Cäſars (daj. 39.
Plut. Ant. 14. Dio Cass. 44, 22). Darnad) zeigte
er fich fcheinbar mit den Mörbern ausgejöhnt, be:
nußte aber die günftige Gelegenheit, zu feinem
eigenen Vorteile zu wirken, und judhte die Wut
des Voltes, welches von Cäſar in feinem Tefta:
mente jo reichlid bedacht war, durch Borlejung
desjelben und durch Lobpreijung feiner Thaten
immer mehr gegen deſſen Mörder zu fteigern. Dio
Cass. 44, 34f. App. b. c. 2, 144. 147. Plut.
Brut. 19. Namentlich trug des Ant. Veichenrede
bei Beitattung der Leiche nicht wenig dazu bei.
Den Senat gewann er dur Abichaffung der Dik—
tatur und Zurüdberufung des jüngeren Fonpeiuß;
der Menge ichmeicdhelte er durch Verteilung von
Ländereien, durch Belanntmachung und Vollziehung
einer Menge Gnadenbriefe Cäſars, wobei er ſich
felbft indes nicht vergak und fich große Geldſum—
men aneignete. Plut. Ant. 15. Cie. Phil. 5, 4.
Dem Brutus und Caſſius nahm er zur großen
Befriedigung des Senates ihre Provinzen. Schwie—
rig wurde jeine Stellung zu dem jungen Octavian,
Caſars Neffen und Erben, der bald nah Rom
fam. Anfangs behandelte Ant. ihn hochmütig,
jpäter näherte er fi ihm wieder, um durch feine
un Gallien zu erhalten; bald aber brachen neue
t —— zwiſchen ihnen aus. Infolge davon
ing Ant. in ſeine Provinz Gallien; während deſſen
Biel Cicero gegen ihn feine berühmten „philippi-
ichen Reden‘. Den D. Brutus, den er aus Gallien
verdrängt hatte, belagerte er in Mutina, erhielt
hier vom Senat Befehl Gallien zu räumen und
ward, als er fich weigerte, für einen Feind des
Staates erflärt und bei Mutina von Octapian und
ben beiden Konjuln, Hirtius und Panſa, geichla-
gen (Dio Cass. 46, 29—37. App.b. c. 3, 60-76),
43. Ant. mußte ſich nach Gallien zurüdzichen,
wo er fich durch die jpamischen Legionen verjtärfte.
Als nun der Senat aus Mißtrauen gegen DOcta:
vian die republifaniiche Partei bevorzugte und
Brutus an die Spitze des Heeres ftellte, fo ver:
föhnte fi Dctavian mit Ant., und dieſe beiden
nebft Lepidus vereinigten fih, um die Negierung
des Staates auf 5 Jahre an fih zu reifen
(fogen. 2. Triumvirat, geichloffen Ende 43). Lir.
ep. 120. Plut. Ant. 19. App.b. ce. 4,2. Dio (ass.
46, 55. Nachdem das Bolf ihnen die angemafte
Macht hatte beftätigen müſſen, entledigten fie fich
ihrer angejehenften Feinde durch Proffription der-
jelben und Einziehung ihrer Güter. Das ift das
einzige Triumvirat, im deſſen Geleite jchredfiche
Greuelſeenen und Proffriptionen Rom in tiefen
Schrecken jegten und die edelften Männer, darımter
Eicero, dem Tode preisgegeben wurden. App. b. e.
4,32. Dann zogen Octavian und Ant. nad) Make—
donien und trafen ihre Gegner unter Brutus und
Caſſius bei Philippi. In zwei Treffen unterlagen
die Nepublifaner, ihre Häupter enmdigten durch
Antonii,
freiwilligen Tod (App. 4, 87—138), 42. Ant.
hatte jidy im Kampfe bejonders ausgezeichnet. Eine
neue Berteilung Provinzen fand ftatt, bei
weicher Ant. den Dften des Reiches erhielt und
jofort einen Triumphzug durch denjelben begann.
In Kilikien jah er die wegen ihrer Schönheit be-
rühmte Königin Kleopatra von Ägypten, die ihn durch
ihre Reize feilelte. Er folgte ihr nach Nlerandreia (im
Winter 41/40). Dio Cass. 48,24. Während er in
ihren Regen gebunden lag und einem weichlichen,
ichwelgeriichen Leben von neuem fich ergab, verheerten
die Barther Aſien; Detavian aber rüftete fich in
der Stille zur Ausführung jeiner ehrgeizigen Pläne.
Zwar hielt ein neuer Vertrag die beiden noch zu—
jammen, und jelbjt mit dem ihmen jebt feindlich
ge Sertus Pompejus fam ein Ver:
gleich zuftande. Auch rüftete fich Ant. zu einem
Feldzuge gegen die Barther, aber nad) einigen er-
folglojen Kämpfen ging er nad Athen, wo er ſich
als Bacchus feiern ließ und das Jahr 39 zubrachte.
Inzwiſchen entzweiten jich Octavian und Bompejus
aufs neue, während Ant. wieder nach Aſien gegen
die Barther zog, ohne aud diesmal etwas auszu-
richten. Dio (ass. 49, 22. Plut. Ant. 34. Er
fehrte wieder nad Athen zurüd, 38, und ging
dann nad Tarent, wo er nach Beendigung man-
cher Mißhelligfeiten durch Vermittelung feiner Ge-
mahlin Octavia, der Schweiter Octavians, welche
er kurz nad dem erneuerten Bertrage geheiratet
hatte, eine Zuſammenkunft mit Octavian hatte.
Auch wurde wahrjcheinlihd um dieſe Zeit das
Triumpirat auf neue 5 Jahre verlängert. Darauf
begab ſich Ant. wieder nad) Syrien, wohin aud)
Kleopatra eilte, die ihn nunmehr ganz in ihre
Gewalt befam und jo von jich abhängig machte,
dab er ihr mehrere römijche Provinzen ſchenkte
und einen ebenjo abentenerlihen wie erfolglofen
Feldzug gegen die Barther unternahm Plut. Ant.
37. 50. For. 4, 10. Vell. Pat. 2, 82), von bem
er ohne Ehre und nad großen Berluften ee
fehrte. Darauf ging er mit Kleopatra nad) Ägyp—
ten. ug fiel Sertus Pompejus (36), der
fih gegen Ant. zweideutig benommen hatte, in die
Hände eines Legaten desjelben, der ihn hinrichten
lieh. Eine Ausjöhnung mit der bon ihm ver—
ftoßenen Octavia verhinderte Kleopatra, welche
abermals für ji und ihre Kinder römiiche Pro—
vinzen zum Gejchenfe von ihm empfing. Immer
größer wurde die Feindichaft zwiichen beiden Trium⸗
virn, und als (32) die Konſuln Rom verließen
und ſich zu Ant. begaben, den fie der Bolfäpartei,
welcher jie jelbjt anhingen, geneigt glaubten, war
der Krieg nicht länger zu vermeiden. Da nun
Ant., ftatt fi zu ermannen und zur äußerjten
Tapferteit aufzuraffen, fich ganz der Kleopatra
hingab, ja jogar zu ihren Gunften jein Tejtament
machte, jo verließen ihn mehrere jeiner angejehen:
ften Anhänger, und der Senat erflärte den Krieg,
dem das Volt gern beiftimmte, indem Dctavian
durch Veröffentlichung des in feine Hände geratenen
Zejtaments den allgemeinen Unwillen der Bürger
zu nähren und zu ſteigern jich bemühte. Während
DOctavian ſich mit Macht rüjtete, überwinterte Ant.
unthätig in Adaja. Plut. Ant. 56 ff. Dio (ass.
50,9. Dann zog er jein Heer zujammen, 100 000
Mann zu Fuß, 12 000 Reiter; Peine Flotte beftand
aus 500 Schiffen; Octavian hatte der leßteren nur
250, dann 80 000 Mann Fuhvolf und 12 000 Reiter,
99
aber an Agrippa einen ausgezeichneten Feldherrn.
Dio Cass. 50, 29 ff. Plut. Ant. 61 ff. Flor. 4, 11.
Bei Actium kam es am 2. September 31 zur
Schlacht zwiichen den Flotten. Indem Detavian
die Anführer der Feinde verlodte ihre Flügel zu
weit auszudehnen, richtete er den ganzen Stoß
gegen ihr Mitteltreffen. Da ergriff plößlich Kleo—
patra, welche dem Ant. gefolgt war, die Flucht;
der Fliehenden folgte Ant., der fich nicht von ihr
trennen konnte, eiligft nach. Agrippa vernichtete
den Reſt der feindlichen ei Plut. Ant. 65 ff.
Vell. Pat. 2,85. Das verlajjene Landheer ergab
jih 7 Tage jpäter ohne Gegenwehr. Ant. war
nach Alerandreia gegangen, wo Kleopatra nur an
ihre eigene Rettung dachte. Hier lebte er einige
Beit in gewohnter Schwelgerei, während die Le—
gionen nach und nad von ihm abfielen. Dann
veriuchte er abermals den Kampf gegen den her:
anziehenden Octavian und ftürgte fich, als derjelbe
nn ausfiel und ihm das Gerücht, Kleopatra
habe ſich getötet, zu Ohren kam, in jein Schwert.
Als er aber hörte, daß jie lebe, ließ er fich zu
ihr ig a und ftarb in ihren Armen. Dio (ass.
51,10. Plut. Ant.76f. Verheiratet war er zuerjt
mit Fadia, dann mit der Tochter feines Oheims
E. Antonius, die er verftieß, um Fulvia zu hei-
raten. Nach dem Tode berjelben heiratete er die
edle Octavia, aber auch dieſe wurde um der Kleo—
patra willen verftoßen. Anus dieſen verichiedenen
Ehen waren bei jeinem Tode noch jieben Kinder
am Leben. Als Redner war er jchmwülftig nnd
inkorrekt. 5* Briefe ſtehen unter den cicero-
nifchen. — 5) &. Ant, Bruder des Triumpirs,
diente als Legat unter Cäjar (49 v. E.), war 44
Prätor in Mafebonien und wurde jpäter auf
Brutus’ Befehl hingerichtet. Plut. Brut.28. Dio
Cass. 47, 23 ff. — 6) &. Unt., jüngerer Bruder
des Triumpirs, war in dem Bürgerfriegen auf
Cäſars Seite. Nach deffen Tode unterftüßte er
die Pläne jeines Bruders, der durch ihn ein Ader:
geieh, obgleih mit Gewalt, durchiegte. An den
ämpfen jeines® Bruders nahm er zwar teil, aber
ohne glänzenden Ruhm. Im %. 41 triumphierte
er über die Alpenvölfer, im folgenden Winter
(Herbſt 41 bis Frühjahr 40) führte er den peru-
Ben Krieg gegen Octavian. Zu dieſem trug
ie Gemahlin des Triumvirs Antonius, Fulvia,
nicht wenig bei, da jie vorausjeßte, daß ihr Ge—
mahl jich beftimmt den Reizen und Ränken der
Kleopatra entziehen und zu ihr zurücklehren würde,
wenn es zu Zwiſtigkeiten mit Octavian käme.
App. b. e. 5, 19. azu benußte jie das neue
Adergejep und juchte die Verteilung der Ländereien
an die Legionen zu verhindern, trat auch jpäter
zu Gunften der bei diejer Gelegenheit Benachtei-
ligten auf. So fam es zum Kriege, worin An—
tonins von Octavian und feinen Feldherren Agrippa
(App. 5, 20-49) und Salvidienus in der Stadt
Berufia in Etrurten den ganzen Winter hindurch
belagert wurde. Als ein Entſatz der Belagerten
jowie mehrere Ausfälle mißlungen waren, zwang
ihn die eingeriffene Hungersnot, mit Octavian
Unterhandlungen anzuknüpfen. Er übergab ſich
demjelben und bat um Schonung für feine Freunde,
worauf Octavian fich mit ihm ausjöhnte und ihn
bald darauf zum Brätor in Hijpanien ernannte.
App. 5, 54. Cicero jchildert feinen Charafter
jehr zu jeinem Nachteile, ohne Zweifel aus per:
*
100
jönlidem Haß (Phil. 5, 7.7, 6.14,3 u. Ö.).
Seine f
— 7)] MAnt. Antyllus, Sohn des Triumpirs
und der Fulvia, geb. im J. 86 v. C. jollte nad
des Vaters Tode Agypten beherrichen, wurde aber
auf Octavians Befehl hingerichtet. Suet. Oct. 17.
Plut. Ant. 81. — 8) Julus (lovAlog, Dio Cass.
51, 15. 54, 25; nicht Julius) Ant, jüngerer
Bruder des vorigen, von feiner Stiefmutter Oe—
tavia mit großer Liebe und Sorgfalt erzogen.
Nuguftus behandelte ihn nad dem Tode des
Baters freundlich und zeichnete * mehrfach durch
Erteilung von Ämtern aus. Pell. Pat. 2, 100.
Suet. Claud. 2. Tac. ann. 1, 10. 4,44. Dio Cass.
55, 10. Später wollte ihn Auguftus wegen uner:
laubten Umgangs mit jeiner Tochter Julia hin:
richten laſſen, jedoch jcheint er durch freiwilligen
Tod der Strafe zuvorgekommen zu jein. Tuc. ann.
4, 44. Horaz lobt Feine Poeſien (od. 4, 2). —
Sein Sohn 9) Lucius Antonius, der lebte
diejes Gejchlechts, ftarb in der Verbannung zu
Maffilia, 25 n. C. Tac. ann. 4, 44. — Bon den
übrigen, nicht zu diejer Familie gehörigen Männern
desjelben Namens find etwa folgende zu nennen:
10) Ant. Muja, ein berühmter Arzt zu Rom,
der den Auguftus im %. 23 v. €. im jchwerer
Krankheit durch Anwendung falter Bäder rettete.
Suet. Oct. 81. Seitdem jcheinen die Waflerkuren,
namentlich in faltem Gebrauch, jehr beliebt ge-
worden zu jein. Hor. ep. 1,15, 3. Unter jeinem
Namen gibt es eine an Agrippa gerichtete Schrift
de herba betonica mit Rezepten und ein Bruchſtück
de tuenda valitudine ad Maecenatem, beide jpä-
teren Urjprungs. Ausg. von Caldani (1800). —
11) Ant. Primus, ftammte aus Gallien, trat
unter Galba in römijche Kriegsdienfte, blieb darin
unter Otho und Bitellius und trat, als lehterer
zu unterliegen jchien, zu Beipafian über. Tae.
hist. 2, 86. Mit den möftichen und pannonijchen
Legionen z0g er nach Italien (Tae. da. 3, 6\,
ſchlug Vitellins’ Heer zweimal bei Eremona und
erftürmte die Stadt (daj. 3, 27 ff. Dio Cass. 65, 11 ff.).
Nun wurde er übermütig und durchzog plündernd
Italien. Statt aber auf Rom loszugehen, hielt
er fich zögernd zurüd, ohne fich um den von Be-
ipafian zum Anführer ernannten Mucianus zu
fümmern, und rüdte erft auf das Gerücht, daß das
von Sabinus, dem Bruder des Veſpaſian, bejebte
Eapitol in Flammen aufgegangen und Sabimus
ermordet jei, gegen Rom. Während in der Stadt
der Mord mwütete, kämpfte man vor den Thoren.
Die Stadt wurde eingenommen, Vitellius ermor:
det, und Antonius herrſchte mit unumichränfter
Macht, bis der tüchtige Mucianus erjchien, die
Gewalt übernahm und die Ordnung heritellte.
Tae. hist. 3, 78ff. 4, 2.11. Darüber umtwillig,
begab ſich Ant. zu Veipafian, der ihn zwar freund:
4 doch ohne Auszeichnung empfing (daſ. 4,80).
Er lebte noch unter der Regierung des Domitian
nach Mart. 10, 23. gl. noch Dio Cass. 65, 19.
— 12) 2. Ant. Saturninus, lebte unter Do:
mitian, gegen den er während jeiner Verwaltung
des oberen Germaniens einen Aufjtand erregte.
Suet. Dom. 6f. Norbanus Marimus bejiegte ihn
und behandelte ihn freundlich, Domitian jedoc)
ließ ihn bald darauf hinrichten. Dio Cass, 67, 11,
Mart. 9, 84. — 13) Ant. Bolemo, aus Laodileia,
lebte unter Trajan und jeinen Nachjolgern und
teren Schidjale find uns nicht befannt. | R
Antoninus Pius.
errichtete eine Nhetorenjchule zu Smyrna. Seine
eden, von denen wir 2 fingierte Leichenreben
auf marathonijche Helden bejigen, erfreuten fich im
Altertum großen Beifalld. Er ftarb eines frei-
willigen Todes, 56 Jahre alt, weil ihm Gicht:
ſchmerzen mit Lebensüberdruß erfüllten.
Antoninus Pins, eigentlid) Titus Aurelius
Fulvus Bojonius Arrius Antoninus (die
vielen Namen erklären fich wohl jo, daß er, ein
Liebling feiner Verwandten, von mehreren ber:
jelben adoptiert wurde und Güter erbte), wurde
am 19. Sept. 86 n. E. zu Lanupium geboren;
die Familie jeines Vaters ſtammte aus der galli-
ſchen Stadt Nemaufus. Capit. Ant. P.1. Eutr. 8,8,
Zum Manne herangewachjen, beichäftigte er fich
eifrig mit der Verwaltung feiner Güter, übernahm
dann nacheinander mehrere Staatsämter und zog
die Aufmerkſamkeit Hadrians auf fich, der ihn zu
einem der vier konſulariſchen Männer ernannte
und ihm gerade denjenigen Teil Italiens über-
trug, in weldem er jeine meiften Güter beſaß.
Nah dem Tode des Alius Verus 138 adoptierte
ihn Hadrian, dem er, als diefer noch in demjelben
Jahre ftarb, in der Regierung folgte. Sein milder
und edler Charakter gewann ihm große Zuneigung
bei den Römern. Schon zu Hadrians Lebzeiten,
der in den legten Jahren mißtrauiſch und hart
war, rettete er mehreren Senatoren, die jener mit
dem Tode bedrohte, das Leben, indem er deren
von Kaiſer befohlene Hinrichtung nicht ag a
ließ und fie verbarg. Nach dem Hinfcheiden des
Kaiſers bewog er den über Hadrians legte Hand-
lungen unwilligen Senat, das Andenten des Kaiſers
durch Konjefration zu ehren. Capit. Ant. P. 2. 4.
Da er jelbjt ein Gleiches that durdy Erbauung von
Tempeln, joll er wegen der in jeinem Charakter
hervortretenden Pietät den Beinamen pius erhal:
ten haben. Spart. Hadr. 27. Eutr. 8, 8. Anders
Vulcat. Avid. Cass. 11. Das römiiche Reich ge:
langte unter ihm zu einer lange nicht gefaunten
Blüte, Er hob den Wohljtand der Provinzen,
ehrte die Rechte des Senats, achtete anf ben St
feiner Diener, gab trefiliche Gejeße, war ge er;
egen jeine Unterthanen, unterjtüßte mehrere ajiati-
che, durch Erdbeben zerftörte Städte, linderte mit
reihen Gaben eine Hungersnot in Italien, ſchmückte
Rom durch Erbauung von Tempeln, Theatern,
Maujoleen, beförderte Künſte und Wifienichaften
und gab den Lehrern der Philojophie und Rhetorik
Gehalte. Das goldene Zeitalter jchien in der That
twiedergefehrt zu jein, da das Neich unter ihm
eine unumterbrochene Ruhe genoß, weshalb man
ihn mit Numa verglid. Er jelbit lebte jparjam,
einfach und häuslich, jchaffte alles überflüjfige Ge—
pränge ab und nahm für ſich vom Staate wenig.
Dio Cass. 70. Paus. 8, 43. Auch die Chrijten
behandelte er mit Schonung und Milde. Bei einer
Verſchwörung ftrafte er mur den Urheber, die
übrigen Teilnehmer wollte er nicht wiſſen. Seine
—— war jo berühmt, daß fremde Fürſten
und Bölfer ihn zum Schiedsrichter wählten oder
feinen Schuß juchten. Capit. Ant. 9. Eutr. 8, 8,
Aur. Viet. epit. 30. Doch mußte er, troß feiner
Abneigung, einige * gegen die Mauren und
gegen die Briganten in Britannien führen. Paus.
8, 43, 3. Capit. Ant. 5. Eine Empörung ber
unruhigen Juden dämpfte er mit Leichtigfeit. Er
ftarb nach 23jähr. Regierung am 7. März 161;
Antoninus.
ihm folgte jein Schwiegerjohn M. Aurelius Anto-
er adoptiert und zu jeinem Nachfolger
empfohlen hatte. Vgl. Sievers, Studien zur Geſch.
oflart im
ninus,
der römiſchen Kaiſer ©. 171-228.
Büdingers Unterj. Il ©. 290 ff.
Antoninus, M. Aurelius mit dem Beinamen
Bhilojophus, gewöhnlich einfach Marc Aurel
genannt, ftammte ans einer angejehenen, in Spa:
nien einheimijchen Familie. Sein Bater, der Prätor
war, hie Annius Verus, was auch jein urjprüng:
N
>
ã—
u
licher Name war. M. Aurelius, geboren zu Rom
am 26. April 121 n. C. war ſchon im feiner
Jugend ernjt und verftändig, lag den philojophi:
ſchen Studien jeit jenem 12. Jahre fleißig ob| P
unter Leitung des Herodes Atticus, des Fronto,
Yunins Ruſticus u. a. und gewann die Liebe des
Dadrian, welcher auch den Antoninus Pius ihm zu
adoptieren nötigte. Capit. Ant. P.4.Spart. Hadr.24.
Seitdem nahm er den Namen M. Aurelius Anto:
ninus an und wurde in demjelben Jahre (139)
101
Quãſtor. Er vermählte ſich mit der Tochter feines
Adoptivvaters, Fauftina. Sein Eharalter, dem jeines
Vorgängers nicht unähnlih, war aufrichtig, be—
icheiden, mild und freundlich. Am 7. 161 trat
er die Regierung an. Bei einer in Rom aus:
ebrochenen Hungersnot — er und L. Verus,
Fin Adoptivbruder und Mitregent, große Sorgfalt
und Umficht. Empörungen in sat und Bri-
tannien wurden gedämpft, ein Krieg gegen die
Barther von 2. Verus 165 glüdlich beendigt. Der
a
tu
164 ausgebrocdhene Krieg mit den Markomannen
im jeßigen Böhmen, denen fich noch andere deutſche
und pannonijche Stämme anſchloſſen (Capit. Ant.
hil. 125. Paus. 8, 43), machte ihm viel zu
ſchaffen. Sogar bis Aquileja in Oberitalien drangen
die Feinde vor. Dazu fam eine verheerende Belt,
welche auch einen Teil des Heeres hinraffte. Kutr.
8, 12. Der Kaiſer zog jelbit ins Feld und fiegte
mehrere Male; während der Zeit ftarb 170 X. Verus
auf der Rüdreije nad) Jtalien. Capit. Ant. Phil.14.
102
Ver. 9. Der Kaiſer, der fi inzwiichen nach Rom
begeben hatte, brach jchon im folgenden Jahre
‚ wieder nad; Bannonien auf, nachdem er zur Ber:
ftärfung des durch Pet und Schlachten geſchwäch—
ten Heeres eifrig gerüftet hatte. Er gewann eine
Schlacht auf der zugefrorenen Donau, eine zweite
durch die der Sage nad) aus Ehriften beftehende
legio fulminatrix (Dio Cass. 71, 8 ff. Capit. Ant.
Phil, 24) und zwang die Feinde endlich zum
Frieden, ficherte dieſen aber durch Anfiedlung vieler
Barbaren in den Grenzprovinzen und durch Auf:
führung von Grenzwällen, welche er mit Soldaten
bejeßte. Bon hier z0g er nach Nfien, wo jein
Feldherr Avidius Eaffius, der fich im parthiſchen
Kriege ausgezeichnet hatte, einen Aufitand erregt
hatte. Nach Caſſius' Ermordung verweilte der
Kaifer längere Zeit in Miien und feierte nad)
der Nüdtehr mit feinem Sohne Commodus einen
Triumph, 176. Bei dieſer Veranlafjung wurden
viele rüdftändige Abgaben erlaffen und die Bürger
reich beſchenkt. Schon 178 mußte er abermals
egen die treulojen Markomannen zu Felde ziehen,
lg fie bei Carnuntum in Bannonien, ftarb aber
noch während des Kriegs am 17. März 180, wahr:
2. zu Bindobona (nad) einigen zu Sirmium).
—— ſeine Regierung wider ſeine Neigung
kriegeriſch war, ſo ſorgte er doch für das Wohl
ſeiner Völker durch treffliche Geſetze, beſonders in
der erſten Zeit ſeiner Regierung, vermehrte die
Zahl der Gerichte und nahm an den Sitzungen
des Senates, den er hoch ehrte und dem er größeren
Einfluß geſtattete, als ſelbſt ſein Vorgänger gethan,
oft perſönlich teil; dabei haßte er Aufwand und
Luxus und lebte jelbft jehr jparfam. Er war mild
und freundlich, was er bejonderö gegen die Fa—
milie des Avidius Caſſius zeigte. Marc Nurels
Weſen und ganze Anſchauungsweiſe ſpricht Nic aus
in der von ihm verfahten Schrift: ra eig Eavrör, in
12 Büchern, einer Sammlung von moralischen
Betrachtungen, worin er fi) als Anhänger der
ftoiichen Philoſophie befennt, aber nach der ihm
eigentümlichen Milde die Schärfen der ftoiichen
Lehre zu mildern ſich bemüht. Einen großen Teil
dieles es verfaßte er auf feinen Donau-Feld—
zügen unter den Bejchwerden des Krieges im Lager
von Carnuntum. Ausgg. von Gataker (1652), Schul
(1802), Dübner (1840), Stich (1882); deutiche Über).
von Schneider (4. Aufl. 1887). Außerdem find einige
Briefe und ein Dialog von ihm an Fronto in
deſſen Brieffammlung vorhanden.
Antoninus Liberälis, vielleicht ein Freigelaſſe—
ner des Kaiſers Antoninus Pius, lebte um 150
n. E.; von ihm haben wir eine Mythenfammlun
HETEUOEPWOERV Hvvayayn. Ausgg. von Verhey
(1774) und Koch (1832).
Anübis, "Avovßıs, ar des Oſiris und der
Nephthys; der Gott des Weftlandes, wo die öde
Wüfte beginnt und die belebende Sonne unterfinkt;
deshalb auch der Herr des Grabes und der Unter—
welt, der den Toten die Bejtattung bereitet, durch
die Pforten der Unterwelt fie führt, ihre Seelen
im ZTotengericht vor DOfiris mit Ma, der Göttin
der Wahrheit, wägt auf der Wage der Geredhtig:
keit, den Frommen den Pfad öffnet zu dem Ge—
filde der Ruhe. Dargeftellt wird Anubis mit einem
Schatalstopf.
Anxur, bei römijchen Proſaikern meift Tarra-
cina, j. Terracina, nralte, wahrſcheinlich pelajgiiche,
Antoninus Liberalis — "Anayoyı.
fpäter volfeifche Stadt, benannt von dem volſeiſchen
Gott Anxur (Jupiter), etwas öftlich von der Mün-
dung des Ufens an der Bia Appia, mit einer
Eitadelle auf fteilem Kalkfelſen, während bie Stadt
fi bis in die Ebene den Pomptiniſchen Sümpfen
zu e (Hor.sat. 1, 5, 26. Liv. 4, 59. 5, 22);
400 d. E. von Rom erobert und jeit 329 v. €.
römische Kolonie. Liv. 8, 21.
Anftos, "Arvros, Sohn des Anthemion, ein
reicher "her € in Athen, der allmählich bis
u den höchſten Ehrenftellen gelangte, ſodaß er
* mit Thraſybul und Archinos an der Spitze
der Demofratie ſtand, durch welche die Dreißig
geftürzt wurden. Lange mit Sokrates befreundet,
wurde er nachmals jein Feind und einer feiner
drei Anfläger (j. Plat. Men., Xenoph. apol.; vgl.
Sokrates). Er wurde jedoch, jobald die Athener
über den Tod des Sofrates Reue empfanden, ver:
bannt, worauf er ſich nach Herafleia in Pontos
wandte. Indeſſen jollen die —— ihn auch
dort wieder vertrieben oder ſogar geſteinigt haben.
Xen. Hell.2,3,42.B®gl.Cobetnov.lect.p.671—682.
Aon, 4a», Sohn des Poſeidon, ein alter boioti-
—* König, von welchem eine der älteſten boioti—
ſchen Völkerſchaften, die Aones, und der an Phokis
grenzende Teil des Landes, Aonia, den Namen
bekamen; dieſer Teil, in welchem der Helikon und
die Duelle Aganippe (Aoniae aquae, Op. fast.
3, 456) ſich befanden, wird bei Dichtern häufig
erwähnt, und der Name daher auch auf ganz Boio-
tien ausgedehnt. Deshalb heifen auch die Mujen
Aonides oder Aoniae sorores. Ov. met. 5, 333.
6, 2. Juv. 7, 58,
Aornos, "Aogvos, öfter vorfommender Name
hochgelegener Städte und Kaftelle, 1) in Baltrien,
von Mlerander dem Großen eingenommen. Arr.
3, 29, 1. — 2) in Indien, Arr. 4, 28, 1 (nad)
Strabon [15, 688] an den Quellen des Indos,
richtiger in der Ede zwijchen den Flüffen Kophen
[Kabul] und Indos). Neuere Neijende verftehen
darunter den Berg Azarneh. — 3) ſ. Avernus
lacus.
Arayoyın ift bei den Athenern eine ſowohl nach
der Form des Verfahrens als auch den Folgen
nach bejonder8 harte Art der öffentlichen Klage,
die jih von der yerpn (j. d.) wejentlich unter:
jcheidet. Während bei der gewöhnlichen Schrift:
flage der Einleitung des Prozefjes eine Borladung
des Bellagten von jeiten des Klägers (meös-
xanois) dorangehen mußte, der Angeflagte aber
auf freiem Fuße blieb und fich den Folgen einer
u erwartenden Verurteilung durch freiwilliges
xil entziehen konnte, war das Eigentümliche der
arayayr), daß der Angeflagte ſogleich von dem
Anfläger vor die progeheinleitende Behörde (in
vielen hieher gehörigen Fällen die Eilfmänner)
und, wenn die Anklage angenommen wurde, jofort
nad) aufgenommenem Protokoll ins Gefängnis ge:
führt wurde, wenn er micht drei Bürgen ftellte.
Daneben mußte der Kläger in einer Klageſchrift,
die gleichfalls drayayn heißt, den Gegenftand
feiner Klage angeben. Die Entjcheidung hatte ein
Heliaftengericht unter Vorſitz der prozeheinleitenden
Behörde. Angewandt konnte dieje Form der Klage
meift nur dann werben, wenn jemand in flagranti
(dr avropopw) ertappt wurde. Der häufigfte
fall ift die «may. rar xanovoymr, wozu Diebe,
Beuteljchneider, Nänber aller Art, aud) Mörder
Apameia
ehören, gegen on wenn fie nach der erften
Berteibigun fich jelbft verbannt hatten und un-
befugt zurüdfehrten, oder wenn Naubmord vorlag.
Dan iſt das Verfahren weiter ausgedehnt gegen
Ehebruch, auge aoeßeıa, Ovnoparzi«, gegen
Schutzgenoſſen, die ihr Schußgeld nicht erlegt
hatten, gegen ndnwsıg öoparar u.a. Sie iſt oft
mit der Ewdsıfıs verwechſelt. Verwandt ift die
pnynoıs., welche darin beftand, daß der Kläger
den Borftand des Gerichts mit feinen Dienern zu
dem Orte hinführte, an welchem das Berbrechen
ausgeübt war, um den Bellagten zu ergreifen.
Es geichah dies, wenn der Kläger jich körperlich
zu ſchwach fühlte, den Angeklagten vor die Be: |j
hörde zu führen. Unter den Dreifig ward bas
jummarifche Verfahren der drayoyn häufig an—
gewandt.
Apameia, Arausız, Apamöa, Name mehrerer
Städte in Afien, zum Teil nad) Apame, der Ge:
mahlin des Selenfos Nilator, benannt: 1) im der
füdlichften Spige der Inſel Mejene am Zujammen:
fluß des Euphrat und Tigris, j. Korna. Plim. 6,
27, 31. — 2) weftlich von Edeſſa am Euphrat,
j. Rom:tala. . Plin. 5, 24, 21. — 3) A ad Oron-
tem 8. Axium, von Seleufos vergrößerte Haupt:
ftadt der Landichaft Apamene in Syrien, im der
Nähe eines Sees (Arausirıg Alarn), mit großen
Stutereien und Elefantengehegen, Geburtsort des
Stoikers Pofeidonios; j. Ruinen Ralaat el-Medik.
Strab. 16, 753. — 4) A. Rhagiane (4. 7 zoös
'Payais), Hauptjtadt der Landſchaft Choarene an
der Grenze von Parthien und Medien, füdlich
von den Kaſpiſchen Ballen von Griechen angelegt.
Strab. 11, 514. — 5) A. Kibötos (Kıßarög),
auch ad Maeandrum, j. Diner, am Zuſammen—
fluß des Maiandros und Mariyas, die bedeutendite
Stadt Phrugiens, mit lebhaftem Handel und in
römischer Zeit Sitz eine conventus iuridicus.
Strab, 12, 577. Liv. 38, 13. Cie. ad fam. 15, 4.
Tae. ann. 11, 58. — 6) A. Myrlion (Mvelsıor)
in Bithynien, Y, St. von der Sübdküfte des Kiani-
ihen Meerbujens, mit einem Hafen. Strab. 12, 561.
Apaturia, r& Ararovgıe (don & — ana und
zaropıe, Zuſammenkunft der Bhratrien), ein athe-
niſches Feſt, an welchem die Bürger ihre Kinder in
ihre Bhratrien einfchreiben und aufnehmen ließen,
dem ioniſchen Stamme gemeinfam (Hdt. 1, 147);
doch gab es ähnliche e auch über die Grenzen
diejes Stammes hinaus. In Athen ward es im
Monat Pyanepſion (Dftober — November) von der
gejamten Bürgerichaft, die ſich nach Phratrien ver-
lammelte, drei Tage lang gefeiert, zu einer Zeit, wo
die Schiffahrt aufhörte. Der erſte da hieß dogria
von döogxov, Abendmahlzeit, weil 4 die Phra—
toren in dem Hauſe eines reicheren Genoſſen zu
einer Abendmahlzeit einfanden; der zweite von dem
dem Zeus Phratrios und der Athene auf Staats:
foften dargebradhten Opfer draggvare (von arap-
eve = adsgvew, opfern). Der dritte Tag hieß
"ovgewrig (DON ion. xovgor und wovuga ⸗ x0p01,
xogwı, oder) weil an ihm der Jugend das Saar
—— (sigo) und dem Göttern geweiht wurde.
ahrjcheinlich an den drei Tagen, nicht bloß am
dritten, wurden die in dem Jahre geborenen, jowie
auch die früher geborenen, aber nocd nicht ein:
etührten, Kinder von ihrem Bater, oder wer deſſen
Stelle vertrat, den veriammelten Phratoren vor:
103
jelben von dem Bater eidlich erhärtet worden war,
in die Phratrie aufgenommen und der Name in
das Verzeichnis der Phratoren (Pexrogıno® yoau-
—— eingeſchrieben. Für jedes der vorgeftell-
ten Kinder wurde ein Schaf oder eine Ziege zum
Opfer (xovgeıor oder weior) dargebracht und nad)
ber Einzeichnung der Opferihmaus gehalten. Wenn
jemand gegen die —— proteſtierte, ſo führte
er das Opfertier von dem Altar weg, und die An—
weſenden entſchieden dann über Ausſchluß oder
Zulaſſung durch Abſtimmung. Auch ließen am
dritten Tage die Väter ihre noch die Schule be—
ſuchenden Söhne auftreten, um Proben ihrer Fort:
dritte zu geben, wobei namentlich Stüde aus den
in der Schule gelejenen Autoren deflamiert und
denen, die ihre Sadje am beften machten, Brämien
erteilt wurden (Plat. Tim. p. 21 B). Irrtümlich
ift noch als vierter Tag des Feites Zmidda« an:
enommen worden, aber bdiejes Wort bezeichnet
jeden Tag, der auf ein Feſt folgt.
Apelles j. Maler, 5.
Apenninus (richtiger Appenn.) auch Apenni-
nus mons, 6 Anevrıvog oder Arevrivog, te
'Arivrıva oder Anevvivo don. ro Antvvıvor Öpog,
das SHauptgebirge der italiihen Halbinjel, eine
Fortjeßung der Alpes maritimae, in einer Länge
von etwa 1600 km. Das meijt fahle, jchluchten-
reihe Kalfiteingebirge fällt an der Weſtſeite ziem—
fih teil ab und enthält die Quellen fämtlicher
Flüſſe Italiens. Die Alten betrachten es als Waſſer—
icheide zwijchen den Flüffen des Adriatijchen und
des Torrheniichen Meeres (Cie. de or. 3, 19. Lucan.
Phars. 4, 404). Es erreicht jeine größte Höhe in
Samnium (Gran Saflo d'Italia, 2991 m); dann
wendet e3 ſich nach Süden und endet beim Bor:
gebirge Leufopetra (Capo dell’ Armi). Beſonders zu
emerfen find der Mons Arzentarius (M. Argen-
taro) an der etrurifchen Küfte bei Eofa; M. Ciminus -
oder Ciminius (M. Eimino) am See gl. R. in
Etrurien; M. Soracte (M. di ©. Drefte), Berg:
ipige 25 Mill. nördli von Rom; M. Algidus
(Ariano), M. Albanus (Monte Capo‘, M. Massicus
(M. Dragone) an der campaniichen Grenze, be—
fannt durch feinen trefflichen Wein; M. sacer, ein
ilolierter Hügel am Anio, 3 Mill. nordöftl. von
Rom, befannt durch die secessio plebis, 494 v. E.
(Liv. 2, 32); M. Gaurus, in der Nähe von Puteoli,
M. Vesuvius (j. d.), M. Garganus und M. Voltur
in Apulien u. a.
Aper, 1) Marcus, aus Gallien gebürtig, wirkte
in Rom ald Sadwalter und als Lehrer der Rhe—
torif unter Beipafian, gelangte auch bis zur Prätur.
In dem dialogus jeines Schülers Tacitus wird er
unter die celeberrima tum ingenia fori gezählt
und omni eraditione imbutus genannt (c. 2)
und führt die Verteidigung der modernen Art
der Beredjamfeit in ziemlich jophiftiicher Weiſe
(e. 5—10. 16— 23). — 2) Arrius, Garbdepräjelt,
von Diocletian getötet, j. Diocletianus.
Aper, der Eber, das Wildjchwein, eine Lieb:
lingsipeife und Hauptgericht (caput cenae) der
römiichen Gaftmähler (animal propter convivia
natum, Juv. 1,141, oder suillum pecus donatum
ab natura dieunt ad epulandum, Varror.r.2, 4),
den zuerft P. Servilius Rullus, Bater jenes Rullus,
gegen defien Adergejege Cicero zwei Reden hielt,
ganz auf die Tafel zu jegen lehrte. Plin. 8, 51, 78.
— Aper.
geftellt und, nachdem die rechtmäßige Geburt der | vgl. Varr. r. r. 2, 4, 10. Antonius ließ einmal
104
acht Stüc zugleich auftragen. Man ftritt über den
Borzug der umbrifchen, tuſeiſchen, lucaniſchen und
laurentifchen. „Die föftlihe Eichelmaft der ital.
Waldungen bewirkt jene Feinheit am Gejchmade
des Schweinefleiiches, welche die ital. Schinten und
Salami mit gr einer Delice der Gutjchmeder
macht.“ W. E. Weber zu Juv. a. a. O.
Apex (vielleicht eher mit pectere als mit apere
zufammenhängend), eigentlich jede Spike, daun
die Spike am pileus mit der dünnen, wollum—
wundenen Rute, virga oleaginea, auch der pilens
jelbft, die in eine fegelförmige Spige auslaufende
Hauptbedefung, namentlich das Filzbarett ber
Priefter, ähnlich der griechiihen xvoßaai«, bejon-
ders don den Flamines und Salii getragen, bon
dem Flamen Dialis beftändig, außer in jeinem
Haufe; angeblich eingeführt von Aſeanius. Die
Mütze war weiß (albogalerus) und aus dem Felle
eines DOpferlammes kegelförmig zufammengenäht.
Liv. 6, 41. Lucan. 1, 604. Auch wird. das Wort
bisweilen mit der perjiichen tiara, einem ebenfalls
fegelförmig zulaufenden Fürſtenhute, verwechſelt
und daher bildlich wie unſer „Diadem‘ gebraucht.
Cie. Cat. m. 17,60. Hor.od. 1,34, 14 f. 3, 21,20.
Am Helm heißt apex die Vertiefung, in welche
der Roßſchweiß geitedt wird.
Aphäka, ra Apar«. im A. T. Aphek, j. Afka,
am Flüßchen Adonis in Koileigrien zwijchen Helio—
polis und Byblos an der phoinifiichen Grenze,
mit berühmten Venustempel und einem Orakel,
das erſt Conſtantin der Große aufhob.
Aphäreus, Agpagevs, 1) ſ. Aiolos, 1. und
Idas. 2) Sohn des Sophiften Hippias und
der Plathane, Adoptiv: und Schwiegerjohn des
Redners Folrates Redner und Tragiker in Athen,
verfaßte Reden der parlamentariſchen und gericht:
lichen Gattung, darunter auch eine in der An—
gelegenheit ſeines Vaters: moög Meyarkeiönv meol
rüg avrıdöaswg; ferner gegen 37 Tragödien, und
fiegte zweimal an den Dionyfien und zweimal an
den Lenaien. Er jchrieb zwiichen 369 und 342». C.
(Plut. X oratt. p. 839 C); von feinen Werfen hat
ſich aber nichts erhalten.
Aphötai, Apsrai oder Apkraı, Bucht an der
Halbinfel am Eingange des Pagaſaiiſchen Meer:
bujens, wo die Argonauten den Herafles zurüd:
liefen, jo benannt vom Abſtoßen (apinuı) der
Schiffe. Hier anferte die Berjerflotte nach dem an
der Sepiastüfte erlittenen Unfall und veranftaltete
Kerges ein Wettrennen. Hdt. 7, 198. 8, 4. 6.
Ayerol Nusgaı, die Tage, an denen die
Senatoren in Athen, fowie die Gerichte Feine
Sipungen hatten, befonders die Feſttage, aber aud)
die arowoades nutoaı, dies nefasti, denen man
eine unglüdliche VBorbedeutung zufchrieb (3. B. die
3 lebten Monatstage), an denen daher auch feine
Gerichte, mit Ausnahme der porn, gehalten
wurden.
Aphidnai, Ayıdvai, Apıdva, eine der 12 fefro-
piichen Städte Nttifas, 3 Stunden öftlih bon
Deteleia. Die Tyndariden eroberten die Feſte, wo
Thejeus die Helena verborgen hatte (Hdt. 9, 173);
auch zu Demojthenes’ Zeit war fie noch befeftigt.
Strab. 9, 396.
Aphrodisia, ta Appodicın, das der Aphrodite
geweihte Feſt, am feierlichiten zu Paphos (außer:
dem auch zu Amathüs) auf Kypros in dem Tempel
begangen, den Kinyras ihr erbaut hatte. Aus
dern Göttinnen an An—
—— — ——— — —
Apex — Aphrodite.
befien Familie wurden daher auch die Prieſter
gewählt, deren vornehmſter Ayszag hieh.
Aphrodisias, Apoodısıas, 1) eine Grenzſtadt
—— Karien und Phrygien mit einem herr—
ichen Aphroditetempel, von welchem ſich großartige
Ruinen erhalten haben.
in den Bürgerkriegen — wiſchen Cäſar und Pom—
pejus, Antonius und Octavian mit der ſiegreich
gebliebenen Bartei gehalten hatten, wurden ſie für
frei erflärt (Plin. 5, 28, 29) und befamen das
Necht eines Aſyls (Tae. ann. 3, 62). Spuren der
alten, auch Ninod genannten, Stadt haben Reijende
in dem heutigen Gera erkannt. — 2) alter Name
für Gades, ſ. d. — 3) eine kilikiſche Küftenftadt,
Kypros gegenüber, mit geräumigem Hafen. Liv.
33, 20. — 4) eine Inſel an der Hüfte von Kyre—
naife mit einem Aphroditetempel. Hat. 4, 169.
— 5) eine Inſel an ber farmanijchen Küifte im
Perſiſchen Meerbuſen. Plin. 6, 25, 28.
Aphrodision, Aggodisıor, 1) "Stadt an der
Nordfüfte von Kypros. Strab. 14, 682. — 2) Hafen:
ſtadt in Numidien, nicht weit von Hippo Negius.
— 3) Heine Ortichaft im Südlichen Arkadien auf
der Straße von Wegalopolis nah Pallantion.
Paus. 8, 44, 2.
Aphrodite, Apoodien, Venus, nad) Homer
(II. 6, 370. 428) Tochter des Zeus und der Dione,
nvch Hefiod (theog. 190) aus dem Schaume (dpeos)
des Meeres entitanden
und an der Inſel Kypros
ans Land geftiegen (dab.
Apeoyirsıa, Avadvo
ueen, Konooy£vsie).
Sie ift die Göttin der
Liebe und Schönheit 4
und übertrifft alle an-
Weil die Einwohner es
mut und Liebreiz. Die
Horen, welche alles zur
ſchönen Blüte bringen,
die Ehariten, Beitho,
Pothos und Himeros,
Berjonififationen lie—
bender Schnfucht, find
in ihrem Geleite; im
ihrem Gürtel find alle
Bauberreize verjammelt,
die jelbit den Weijen bethören (Il. 14. 215); Men—
ichen und Götter, alles, was lebt, ift ihrer Macht
unterworfen. Hom. hymn. in Ven. Sie verleiht
Schönheit und das Glück der Liebe und wird fomit
auch eine Göttin der Ehe. Durch die Ehe ver:
bindet fie das Volt zur Gemeinde; daher wurde
fie z. B. in Athen al$ IIardnuog verehrt. Dieje
aber erhielt in jpäterer Zeit die Bedeutung einer
Göttin gemeinfinnlicher Liebe, und man ſtellte ihr
eine A. Odgavia — zur Bezeichnung reiner,
himmliſcher Liebe. Nach einer Stelle der Odyſſee
iſt A. Gemahlin des Hephaiſtos, der nach der
Alias mit Charis vermählt iſt; allein fie liebt den
Ares. Durd ihre Verbindung mit Ares ift fie
denn auch in der Folge eine friegeriiche Göttin
(Agele) geworden, die fih am Waffenichmud er-
freut; bei Homer dagegen ericheint fie wenig ge:
ſchickt zu den Werten des Krieges (11. 5, 312—430).
Die Idee und der Kultus der aus dem Meere
geitiegenen Liebesgöttin famen von Aſien her zu den
Griechen; fie war gleich der jyriichen Aſtarte die
[57
Aphroditopolis — Apbytis.
105
perjonifizierte ——— der Natur, die aus aus der Feuchte des Meeres entſtanden fein ſollte,
der Feuchte alles
eben auf Erden entftehen läßt, |fo blieb fie auch ftet3 in Verbindung mit dem
hat aber bei den Griechen das fremde Gepräge | Meere; fie hatte befonders an den Häfen und
re
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KIN —* —8
a.
LTR nt —PIL MED DEIN
TADEL. Store,
Aphrodite.
abgeftreift und ift zu einer nationalen Gottheit
geworden. Die Injel Kypros, wo Afiatiiches und
Griechiſches fich begegnete, war ein Hauptſitz des
Aphroditelultus, In Griechenland kam der Dienft
der überjeeiichen ——— auf den Inſeln und
an den Küſten zur Anerkennung,
und da ſie ſelbſt
——
der Meeresküſte ihre Heiligtümer und gewährte
günſtige Fahrt (Auuveoia, Eörlo, Talnvala).
Bon jenen alten Berehrungsftätten hatte fie ver:
ichievene Beinamen: Kvrgıs, IIapie, Auadovala,
dnlle, Krıdia. Koßiosıe, ’Epvalon (von dem
Berge Eryr in Sicilien, wohin ihr Dienft durch
Phoinifer gebracht worden war). Die Kinder der
A. und des Ares j. Ares; mit Anchiſes erzeugte
fie den Aineias. — Der N. waren heilig als :
Sinnbilder der Liebe die Myrte, die Nofe, der
Apfel, als Symbole der Trruchtbarteit der Mohn,
die Taube, der Sperling, der Haſe; als einer
Meeresgdttin ift ihr der Delphin zugejellt. Bon
der Kunft wird fie dargeftellt als reizende, in
voller Blüte ftehende Jungfrau mit zartem, läng:
lichem Geſicht voll Anmut und Wonne, jchmad)-
tenden Augen und lächelndem Munde. Eine der
ſchönſten und befannteften noch erhaltenen Statuen
it die mediceifche Venus in Florenz; von höherem
Kunſtwert aber ift die berühmte Statue der Aphr.
von Melos in Paris, aus dem 4. oder 3. Jahrh.
v. €. ftammend (f. d. Abbildung). Der beigefügte
Kopf der Aphrodite ift eine Büjte im Louvre aus
der Billa Borgheje. — Die Römer trugen die Vor:
ftellung der Aphrodite auf ihren Namen Venus
über, urjprünglic eine Gartengöttin, cine
Gottin des Frühlings und der fproffenden und
blühenden Natur bezeichnet zu haben jcheint. Wann
ihr Kult nach Rom gefommen, und aus weldhem
Grunde fie mit der Benus identifiziert worden ift,
weiß man nicht; erft Cäſar und Auguſtus ver:
ichafften ihr in Rom ein glänzendes Aulehen. Eie
jollte nämlich durch Mineias die Stammmutter des
römiichen Volles und bejonders des juliichen Ge:
ichlechts fein (V. Genetrix). Benus war bei den
Römern bejonders Göttin chelicher Liebe; jie
hatte in Rom Heiligtümer unter jehr verjchiedenen
Namen: Conciliatrix, Viriplaca, Myrtia (Murtea,
Myrtengöttin), Murcia (von mulcere?), Cloacina
(die Reinigende), Calva (die Täufchende?) u. ſ. f.
An den Kalenden des ihr geweihten Lenzmonats April
feierten ihr die Frauen ein Feſt. Or. fast. 4,1 ff.
Aphroditopölis, Apoeodiıng mölıs, Name
mehrerer Städte Ägyptens, deren eine in Hepta—
nomis am öftlichen Ufer des Nils, 2 in der The:
bais an der Weitjeite des Fluſſes, eine vierte im
Delta lag.
Aphthonios, Apsorıos, lebte als Sophift und
Rhetor zu Antiocheia in Syrien zu Endes des 3.
und Unfange des 4. Jahrh. n. E. und jchrieb
rooyvuvaounra, eigentlich eine Umarbeitung des
älteren Hermogenes, die, teilweije erhalten, noch
im 16. und 17. Jahrh. allgemein auf Schu:
len und Univerfitäten für die Rhetorik zu
Grunde gelegt und beshalb viel bearbeitet
wurden. Die von ihm vorzüglich behandelte,
viel im Unterricht benußte Ehrie erhielt
nah ihm den Namen der aphthonijcden.
Ausgg. von Walz und von Spengel in den
Khetores Graeei, von Petzholdt (1839). — Auch
werben ihm 40 aiſopiſche Fabeln, offenbar Übungs:
ftüde in Schulen, beigelegt.
Aphytis, "Apvris. Stadt auf der Halbinjel
Ballene in Makedonien mit einem Tempel des
Zeus Ammon, j. Athytos. Thuc. 1, 64.
Br
4
106
Apia, Arin, alter Name des Peloponnes von
dem Sohne des Nigialeus. Aesch. Suppl. 790.
In der homerifchen Formel rnlödev LE anins
yains (Il. 1, 270. Od. 8, 25) ift nur das ent-
legene Yand bezeichnet.
Apicius, M. Gavius, ein berühmter Fein—
ſchmecker und Schlemmer zur Zeit des Auguftus
und Tiberius, wird von den römischen Schrift:
itellern (Tac. ann. 4, 1) mehrfach faft ſprichwört—
lid genannt. Den Beinamen Ap. erhielt er von
einem älteren Schwelger dieſes Namens, Zeit:
genofjen des P. Rutilius (Tae. ann. 3, 66. Athen.
4,168 d). Er brachte jein Vermögen durch und
vergiftete fich, ald noch ein anjehnlicher Reft vor:
handen war, aus Furcht zu verhungern. Sen. ad
Helv. 10, 8f. Dio Cass. 57, 19. — Unter dem
Namen Caelius Apicius (vielleicht richtiger
Caelii Apieius, fo daß Apicius der Titel der
Schrift war, wie Cieeronis Laelius oder Taeiti
Agricola) befißen wir noch, etwa aus dem 3. Jahrh.
n. &., eine Schrift über die Kochkunſt (de re co-
quinaria 1. 10), eine Zufammenftellung von Koch—
rezepten in 10 Büchern, von denen jebes eine
griechiſche Uberjchrift hat. Auch anderes deutet auf
die Benutzung griechiicher Quellen. Ausgg. von
Lifter (1705), Bernhold (1787) und Schuch (1867).
Apidänos, ’Amıdavog, ein am Nordabhange
des Othrys entipringender Fluß, der in der Nähe
von Pharjalos den Enipeus aufnimmt und dann
durch Theflaliotis dem Peneios zuflieht; j. türf.
Tabakhane:in.
Apion, Axiov, ein alerandriniicher Gramma-
tifer, der in der eriten Hälfte des 1. Jahrh. n. E.
in Rom lehrte und viele uns bis auf einzelne
Bruchftüde verloren gegangene Schriften jchrieb,
namentlich yAassaı Oungınai, wie er denn auch
der legte jener Kritifer war, die ſich mit einer
Diorthofe der homerijchen Gedichte befaßten. „Er
war ein beredter, aber windiger, unrubiger, dilettan-
tiſcher Allerweltsjchriftfteller” ; in feiner Kritit des
Homer ſchloß er ſich weniger dem ernten und
methodijchen Ariftarch, ald dem geiftesverwandten
rates von Mallos an. — Die unter feinem Namen
noch vorhandenen ylacsaı Ouneixai find jüngeren
Urjprungs. Seine im Nuftrage der Bewohner
Alerandreias an Kaiſer Caligula gerichtete Klage:
ichrift „wider die Juden“ ijt uns nur aus der
Gegenichrift des Flavius Jojephus befannt. Samm—
lung der auf Homer bezüglichen Bruchſtücke von
Baumert (1986).
Apis, "Anıs — den Griechen”Eragog genannt),
der von den Agyptern hochverehrte heilige Stier
im Tempel des Ptah zu Memphis. Dajelbft hatte
er nämlich einen Tempel mit zwei Kapellen als
Wohnung und einem großen Hofraum und wurde
königlich gepflegt von zahlreichen Prieftern, die ihn
in goldenen Seräßen jpeiften und tränften. Dabei
diente er auch als Oralelgeber, indem man beob—
achtete, in welche Kapelle er ging, ob er die dar-
gebotene Speije fraß oder verjchmähte und dergl.
Man opferte ihm bisweilen Stiere von roter farbe.
Yährlidy wurde ihm ungefähr einen Monat lang
ein Feſt in ganz Ägypten gefeiert, das mit jeinem
Beburtstage ſchloß; an diefem Tage wurde er in
jeinem heiligen Schmude vorgeführt. Wenn er
25 Nahre gelebt hatte, wurde er in einem nur
den Prieftern befannten Brunnen erfäuft und ein:
baljamiert in goldenem Sarge beigejegt. Wenn
Apia — Anoygagı).
er früher ftarb, jo war jo lange Trauer im Lande,
bis ein neuer Apis aufgefunden war. War diejer
gefunden, jo wurde er nad) Nifopolis in Über:
äghpten gebracht und da 40 Tage lang in einem
Tempel gehalten, dann auf einem Schiff mit golde:
ner Zelle nad Memphis geführt. Man glaubte,
der Apis werde durch einen Lichtftrahl des Him-
meld erzeugt; die Zeichen, woran man ihn er:
fannte, waren: durchaus jchwarze farbe, ein weißer,
drei- oder vierediger led auf der Stirme, das
Bild eines Adler auf dem Rüden, ein weißer,
halbmondförmiger led auf der rechten Geite
hrs 8, 71), ein fäferähnlicher, ſchwarzer Fleiſch—
noten auf oder an der a e, ein Schweif mit
zweierlei Haaren. Die Verehrung bes Apis be:
ruht auf dem Tierkultus der Agypter, er galt als
die Hülle der Seele des Dfiris und war Sinnbild
der Erzeugung und des Lebens. Vgl. Hdt. 2, 153.
3, 27f. Diod. Sie. 1, 21.85. Strab. 17, 803. 806.
807. Plin. 8, 46.
Apinm (griech. oflıvor), eigentlich Bienenkraut
(daher der Name), Eppich, eine in verjchiedenen
Gattungen vorlommende Pflanze, deren Wurzeln
von den Alten gegefien wurden. Die duftigen
(Thever. 3, 23) Blätter des biegjamen (daher udum,
Hor. od. 2, 7, 2%, nolvyvaunıor, Theocr. 7, 6%)
Gewächſes benugte man gern zu Kränzen, wie
denn namentlich die Sieger in den ifthmijchen und
nemeifchen Spielen dadurch geehrt wurden, und
zwar die erfteren mit Kränzen von Sumpfeppid)
(Elsoa£Aıvor), die leteren von Bergeppich (ogeo-
oelıvor). Micht minder aber gebrauchte man die
Kränze auch bei frohen Mahlen (Tor. od. 1,36, 16.
2, 7, 24. 4, 11, 3); ja bisweilen auch wohl in
entgegengejeßter Art bei Leichenfeiern und auf
Öreblteinen. Plin. 30, 11.
'Arvevorl oder auvort niveıv, den Becher
ohne abzufegen in Einem Auge leeren (auch auv-
oriteıw). Dies geſchah bei Sympofien entweder
beim Zutrinken, oder als Strafe für eine nicht
gelöfte fcherzhafte Aufgabe, z. B. Rätjel (adviy-
uara, ypipoı). Daher die Threicia amystis,
der ohne Abjegen nach Thraferart geleerte Becher
(Hor. od. 1, 36, 13).
'Arodtxtaı |. Staatshaushalt, I, 13.
"Aroygagn, a) im attiichen Nechte die Anklage
auf Beruntreuung öffentlicher Gelder, Unterjchleif,
Staatsdiebjtahl, bei den Römern peculatus. —
b) die Hlagejchrift, als Denunziationslibell und als
Verzeichnis der Teilnehmer in dem Fall, daß ein
Verbrechen von mehreren begangen jein joll. —
ec) ein jchriftliches Verzeichnis von fonfiszierten
oder geſetzlich zu fonfiszierenden Gütern, dann
aber auch die damit verbundene Anklage gegen
diejenigen, welche dergleichen in Befig hatten und
dem Staate vorenthielten. — d) Katafter. Zum
Behuf der Schäßung waren in Hellas, wie im
perjiichen Reiche und in Ägypten, Statafter her-
kömmlich, die an verjchiedenen Orten nach ver:
jchiedenen Grundjägen angelegt wurden. Demo:
ithenes gibt in der Rede gegen jeine Bormünder
eine Schäßung feines väterlichen Vermögens. In
einigen Staaten wurde jährlich, in andern größeren
alle 2 oder 4 Jahre eine neue Schäßung gemacht
und die Verjegung (drasvrradıg) vorgenommen
(j. Staatshaushalt, ], 11). Die Anfertigung
und Bewahrung des Grundfatafters hatten ver:
Apokolokynthosis — Apollon.
mutlic die 48 Naufraren bis Kleiſthenes, nachher
die Demardyen (Harpoer. s. v. Mucoxos).
Apokolokynthöste {. Seneca, 2.
Apollinäres ludi j. Spiele, 3.
Apollinäris, 1) aus Alerandreia, Grammatifer
und Preibpter in Yaodifeia, überjegte, um die pro-
fane Veltüre zu verdrängen, im 4. Jahrh. n. E.
die Gejchichtäbücher des A. T. in Herameter und
bildete aus demjelben nach dem Mufter des Euri-
pides, Menander und Pindar Tragddien, Komödien
und Hymnen. Nur die uerapgasıs too Yalrı-
005 dı= orirwv newıxar ift erhalten und von
Sylburg (1569) herausgegeben. — 2) ſ. Sido-
nius. — 3) f. Sulpicii, 25.
Apollinis promunturfun, Anöllovos &xgor,
1) die Weftipige des Golfs von Karthago, nörd—
lih von Utika, wohl identiſch mit dem Pr. pul-
chrum, wo Scipio Wfricanus Major landete, und
welches nad) dem erften römijch-farthagiichen Ber:
trage die Grenze der römiſchen Schiffahrt jein
jollte; j. Rap on. Liv. 30, 24. — 2) ®gb. bei
Cãſarea in Mauretania, j. Kap Moftagan.
Apollinopölis, Arollovos nölıs, Name meh:
rerer Städte in Agypten, 1) A, magna (mölıg
neyalın Anöllwvoc), j. Edfu mit prachtvollen
Zempelruinen in Thebais am weftlichen Nilufer;
die Bewohner waren Feinde der Krokodile. —
2) 4 n pınge am Öftlichen Nilufer in Thebais,
eine bedeutende Handelsftadt; j. us.
Apollodöros, Arollödwgos, 1) ein tragijcher
Dichter aus Tarjos, von dem Suidas 6 Tragödien-
titel anführt; zu unterjcheiden von einem andern
Apollodor aus Tarjos, einem Grammatiker, der
über die Medeia des Euripides geichrieben hat.
— 2) ein berühmter Komiker aus Karyſtos in
Euboia, und 3) ein Komiker aus Gela in Sicilien,
BZeitgenofje des Menander, aljo Dichter der neueren
Komödie, ſ. Komoedia, 5. Nacd welchem von
diejen Komitern Terenz feine Hecyra und feinen
Phormio bearbeitet hat, ift ungewiß, ebenfo, wel:
chem die erhaltenen Fragmente (gefammelt von
Meinefe, fragm. com. Graec. IV p. 438 ff. IIp. 11007.
der Fein. Ausg., und Kod, com. Att. fragm. III
p. 278 ff.) einzeln — find. — 4) ſ. Ma-
ler, 3. — 5) j. Baukünstler, 9 — 6) aus
Athen, um 140 dv. C., Sohn des Aſklepiades,
Schüler des Grammatikers NAriftarchos und des
Banaitios, bei dem er die ſtoiſche Philoſophie fennen
lernte, fruchtbarer und vieljeitiger Schriftiteller.
Erhalten hat fih von ihm (am Sclufje leider
lüdenhaft): Bıßlıodnan in 3 Büchern, eine reiche
und mwohlgeordnete mythologiihe Sammlung von
den älteften Theogonien bis auf Thejeus nad
Kyflilern und Logographen (vielleicht von jüngerer
Hand, im 2. 336 v. C. verfaßt). Ausgg. von
C. G. Heyne (1803), mit vortrefflichem Kommentar,
Sommer (1823), %. Befter (1854) und R. Hercher
(1874). Die übrigen Schriften von ihm find ver:
loren gegangen: Agorıx« in 4 Büchern, eine bei
den Römern vielgebrauchte chronologiſche Welt:
geihichte, und T’ng weolodos, eine Chorographie,
beide in iambiſchen Trimetern; ferner weol veov
oder meel Too vewv xaraloyov, Mommentar in
12 Büchern zum Sciffslatalog (Il. 2), r& mrei
Eupeovor, neol ’Ertyapuov u. a., befonders aber
ein großes Werk in 24 Büchern megl deor. Samm:
lung der Fragmente bei Müller, fragm, hist. Gr. I
428 ff. — 7) Rhetor aus Pergamon, Sohn des
107
Porrhos, geb. vor 104 v. E., Lehrer des jungen
Octavian in Apollonia, mit dem er nach Rom kam
(Strab. 13, 625. Suet. Oct. 89); hier bildete er nad)
der alten Lehrweiſe des Ajinius Pollio eine eigene
Schule, welcher die des Theodorus nach dem Bor-
gange des Caſſius Severus entgegengejeßt war/Apol-
odorei und Theodorei, Quint.2, 11.2). Bon jeiner
regen iſt nichts erhalten. Die Weihinfchrift einer ihm.
im Gymnafium zu Bergamon errichteten bronzenen
Bildjäule ift Fürzlich aufgefunden worden.
Apollon, Arollo», Apollo, ift der Sohn des
I und der Leto (Latona), einer Tochter des
itanen Koios. Hesiod. theoy. 918. Hom. Il. 1,
21.36. Homer und Hefiod geben den Ort jeiner
Geburt nicht an; nach dem Hymnos auf den deli-
ſchen Apollon warb er auf der Inſel Delos am
Fuße des Berges Kynthos (daher Inkıog, Kurdıog)
zufammen mit der Artemis ge:
boren, nachdem Leto, don der
eiferfüchtigen Hera und dem
Draden Python verfolgt, hier
endlich eine fichere Zufluchts:
ftätte gefunden hatte. Apollon,
der Reine (Boißog), ift ein
Gott des Heils und der Orb:
nung, er ift Schirmer des Ge—
ſetzes, alles Guten und Schönen
in der Natur und der Menichen-
welt. Er verfündet den Men:
ihen den Willen des Zeus,
des Weltordners und höchiten
Horte aller Geſetzmäßigkeit,
mit dem er aufs engſte ver:
bunden ift, und wacht über
deſſen Erfüllung. Wer jich dem
Geſetze des Zeus widerjegt, den
jtraft der Zorn des Apollon;
mit jeinen Pfeilen, die er vom
jilbernen Bogen jchnellt, ereilt
der Seruhefexbe (ennßolog,
ExarnBölog, Exdepyog, deyv-
oorofog, xAvrorokog, arcipo-
tens, arcitenens) den Frevler
und bringt ihm Tod und
Berderben. Das erfuhrn die
Aloaden (Dtos und Ephialtes),
die ſtolze Niobe mit ihren
Kindern, die Griechen im Lager
vor Troja (Hom. Il. 1). So wie aber U. auf der 2
einen Seite ald verderblicher Gott (Anollor
von amöllvuı?) Tod, Seuchen und Landplagen
ſchickt, ſo gibt er auf der andern Seite aud Segen
und wehret dem Verderben (alsEinanog, axkorog,
oorne, Ilyyrwov, IIcınv, IIaıav, medicus), er
verleiht Kraft zum Siege. Seine Beziehung zu
den Herden ift aus * Eigenſchaft eines heil-
bringenden Gottes zu erflären; er hält von den
Herden die Seuchen ab und den Wolf (Auxoxro-
vor) und mehrt ihre Fruchtbarkeit. Er ift jelber
ein Hirt und meidet die Herden des Admetos
und des Qaomedon. TI. 2, 766. 21, 448. — ls
Verkünder des Willens des Zeus ift er Gott der
Weisjagung und der Drafel. einem Haren
Seherange ift nichts verborgen, aber jeine Sprüche
find für den beichränften Menſchengeiſt oft dunfel,
daher heißt er Ao&las, der Dunkle. Seine vor:
nehmfte Weisjageftätte ift Delphoi oder Pytho
(daher Tödios), das er bald nad, feiner Geburt
3
108 Apollon.
in Beſitz nahm nach Erlegung des Drachen Python.
Hyumn. in Apoll. Pyth. 104. 179 ff. Vorher hatte
Be (und PBojeidon), dann Themis das Orakel be:
der Griechen, deſſen Kultus allgemein verbreitet
und vom höchſten Einfluß auf die Kultur der
Griechen war; bejenders aber wurde er hoch ver:
ehrt bei den Doriern. Vorzügliche Site feines
Kultus waren das Thal Tempe, Delphoi, von
wo fich fein Dienft über Boiotien und weiter:
bin verbreitete, Kreta, Delos, die Heinafiatische
Küfte. Die Feite Apollons fallen bejonders in
den Frühling, wo ihm Reinigungs: und Sühn—
fefte an vielen Orten gefeiert wurden; jo bei
Athenern und Noniern überhaupt die @xoyr-
ka. Die pythiſchen Spiele, an denen fich ganz
Griechenland beteiligte, wurden alle 4 Jahre
im Nachſommer gehalten. Auf den Vorgebirge
Aftion, Actium, wo Ar. "Anrıog einen der Sage
nach von den Mrgonauten gebauten Tempel
hatte, wurde ihm mit Wettlämpfen und Gee-
fämpfen ein Feſt, Axrıa, Actia, Actiaca, alle
3 Jahre, jeit Auguft mit erneuter Pracht alle
5 Jahre (aber auf der gegenüberliegenden Spitze
von Epeiros) begangen. — A. hatte eine zahl: 4
reiche Nachkommenſchaft; beſonders hießen Seher
und Sänger und Stammheroen ſolcher Städte
und Landſchaften, in denen er verehrt ward,
ſeine Söhne. Geweiht waren ihm außer andern
Tieren der Schwan und der Wolf, von den
Pflanzen der Olbaum, die Palme, der Lorbeer.
Der Lorbeer (daprn) entſtand der Sage nad)
durch Verwandlung der von Ap. geliebten und
verfolgten Nymphe Daphne, Tochter des Pe:
neios. Or, met. 1,452 ff. — Die bildende Kunſt
ſtellt den Ap. dar als ſchöngelockten (Axspsexo-
ans), Fräftigen Füngling von aufftrebender Ge-
ftalt mit ftolzen, Maren Zügen. Die ältefte
noch erhaltene Statue ift eine bei Tenea im
Peloponnes gefundene (j. in München, j. die
Abbildung ai, die berühmtefte der ſ. g. Ap.
von Belvedere im Vatikan (ſ. die Abbildung b);
er ijt hier dargeftellt als der durch die vor-
gehaltene Aigis in den Reihen jeiner Feinde
b. Schreden und Entjegen verbreitende Gott (etwa
in derjelben Situation wie Il. 15, 318), als
jeffen. Aeschyl. Eum. 1 ff. Außerdem waren noch | ein Aigiochos. Der beigefügte Kopf des Apollon (c),
Orakel des Ap. zu Abai in Phofis, bei Theben am | dem Alp. von Bel-
Iſmenos, an der Quelle Tilphofja in Boiotien, zu |vedere entipre:
Klaros bei Kolophon, zu Didyma bei Milet u. a. D. | chend, früher in
(Aßados, "Iounviog, Klaoıos, Ovußowios, Ila- | der Giuſtiniani—
raosvs). Durch jeine Orakelſprüche hatte Ap. den | jchenSanmlung,
größten Einfluß auf die öffentlichen Angelegen- iſt jegt im Be: Fr
heiten der Griechen, auf ihre Verfaffungen, auf | fibe des Grafen ZI
die Wanderungen der Stämme und die Gründung | Bourtales : Sor-
von Pflanzftädten; er ift Städtegründer und |gier. Die andere
Kolonienjender («erynyerns, arioeng), Stadt: | Statue (d), aus
und Strafenjhirmer (ayvesvs), eg hat ſelbſt | der Pio:Elemen:
die Mauern von Troja (11. 7, 452) und von | tiniichen Samm—
Megara (j. Alkathoos) gebaut. — Der wiffende lung, ftellt den
Gott, der in den Drateliprüchen den göttlichen | Ap. Mujagetes
Willen offenbart, hat aucd die Babe der Dicht- | dar, in dem lan:
funft, des Gejanges und Saitenjpiels. Bei | gen ioniſchen Ge—
Homer (Il. 1, 603) fpielt er beim Schmauje der | wande derflöden.
Götter die Phorminz, und die Mufen begleiten Die Römer
ihn mit ihrem Gejange; er ift aber bier noch nicht | erhielten den Ap.
Gott des Geſanges. So wird er in der Folge | vonden@riechen.
Meifter aller ſchönen Künfte und Führer der Mufen | Schon zur Zeit
(Movsayerns). — Mit dem alljiebenden Sonnen: | der Könige ſoll
gott Helios ift der allwijiende Seher Phoibos | das deiphiiche Drafel von ihnen befragt worden
Apollon, der Lichthelle (Auxsıog), erft jpät identi: | fein. Im J. 432 v. E. baute man ihm in Rom
fiziert worden. — Ap. war einer der höchjten Götter | den erjten Tempel des Ap. medicus, als einem
+
Apollonia — Apollonios.
von Seuchen befreienden Gott, welche Bedeutung |
an ihm bei den Römern bejonders hervortrat.
Zur Zeit des zweiten puniſchen Krieges wurden ihm
die apollintjhen Spiele (ludi Apollinares, j.
Spiele, 3.) eingejeßt. Auguftus, der den Gott hoch
—
% —
EA ap
*
ehrte, trug die Feier der ſäculariſchen Spiele
(Audi saeculares, j. Spiele, 6.) zum Zeil von
Dis und Proferpina auf Apollo und Diana über.
Apollonia, ’4rollorie, ein oft vorfommender
Städtename; die bedeutenditen find: 1) Stadt un:
gewifjer Lage an der Nordfüfte Siciliens. Cie.
Verr. 3, 43. 5, 33. — 2) Stadt der Witolier bei
Naupaltos Liv. 28, 8. — 3) Stadt an der Mün—
dung des Aoos in Illyrien, eine durch ihre Geſetz—
lichkeit befannte Kolonie der Korinthier und ser:
foraier, bedeutend und zur Römerzeit als Sit der
Wiſſenſchaft angejehen (Octavian, Mäcenas). Thuc.
1,26. Caes.b.ec.3,6u.öd. Die Stadt war zu:
gleich Feſtung und hatte eine jtarfe Eitadelle, die
Einwohner heißen Apolloniatae und Apolloniates.
Jetzt Ruinen von Polina. — 4) eine Kolonie der
Milejier in Thrafien am Bontos, mit einem Tempel
und Koloß des Gottes, der von Lucullus nad Rom
gebradht wurde, in —— Zeit Sozopolis,
daher j. türkiſch Sizebolu. Adt. 4, 90. 93. Just.
16, 2. Lie. 34, 49. 43, 21. Cie. Phil. 11, 11. Or.
trist. 1, 19, 35. — 5) Stadt auf Chalkidike. —
6) Stadt auf Kreta. — 7) Stadt in Siyrenaife, der
Hafen von Kyrene, eine der Städte der Pentapolis
109
und Geburtsort des Geographen Eratofthenes; j.
Maria Sufa.
Apollon\os, ‘Arolloveog, 1) Ap. Rhodios,
epiicher Dichter und Grammatiker aus Alerandreia,
blühend unter Ptolemaios Euergetes (247--221
dv. E.) und Ptol. Philopator (221— 204), Schüler
des Kallimachos, mit dem er über die Grundſätze
der Poeſie in Streit geriet. Während Kallimachos
fi in prunfvoller, gelehrter Darftellungsweije ge-
fiel und für jeine Zeit die Wiedererwedung des
Epos beftritt, verjuchte Ap., der Einfachheit des
Homer nadhjtrebend, eine größere epiiche Schöpfung:
er dichtete das noch pe Epos Argonau—
tifa. Als er diefes zu Alerandreia vorlas, joll
es der dort einflußreiche Kallimachos dahin ge-
bracht haben, daß es durchfiel. Ap. begab Ah
darauf nach Rhodos, wo er mit großem Beifall
als Rhetor lehrte und durch die Leſung jeiner
überarbeiteten Argonantifa nicht nur einen beden:
tenden Ruf, jondern auch das Bürgerrecht erlangte
‚daher Rhodios). Später fehrte er nach Aleran-
dreia zurüd, las dort fein Epos aufs neue und
zwar jet mit allgemeinem Beifall vor, und infolge
davon joll er 196 unter Ptolemaios Epiphanes
das Bibliothefariat erhalten haben, ein Aıft, in
dem er wahrjcheinlich auch ftarb. Außer dem ge:
nannten Epos dichtete er noch AÄrlasıs (Grün-
dungen von Städten‘, Choliamben und Epigranıme,
die bejonders gegen Kallimachos gerichtet waren.
— Die Argonantifa zerfallen in 4 Bücher; fie
behandeln, ohne tieferes Ergreifen der Charaftere
und der Situationen, ohne jchöpferiiche Phantafie,
das Ctofflihe der Argonautenjage in umunter-
brochener geichichtlicher Nufeinanderfolge, einfach
und ohne Prunk (vgl. Quint. 10, 1, 54); zur Be:
lebung der nüchternen Erzählung find hier und
da einzelne jchöne Gleichniffe, längere Epijoden,
Schilderungen von Gegenden u. dgl. mit Kunſt
eingefügt. In jeiner Eprade ftrebt er zwar dem
Homer nad); doch ift fie weit Fürzer und gedrängter,
fünftlicher und jchwerfälliger, jo daß das Ganze
der einfachen und natürlichen Poeſie des Homer
gegenüber als mühſam geichaffenes Kunftproduft
ericheint. Dagegen ift der Versbau durchaus for-
reft und funftooll. Bei den Nömern fand das
Gedicht, wie überhaupt die alerandriniiche Poeſie,
Beifall und Nahahmung, teils im einzelnen, z. ®.
bei Bergil im 4. Buch der NAneis, teils im gan-
in wie in den Argonautica des P. Terentius
arro Mtacinus (j. Terentii, 6.) und des Bale-
rius Flaccus. SHauptausgg. von Brund (1780.
1810), Wellauer (1828), Merkel (1854; Tertaus-
gabe 1852). Wir befiten zu dieſem Epiker eine
vortreffliche Scholienfammlung, die erſt H. Keil
inter der Mertelichen Ausg. richtig hergeitellt
t. Bol. Weichert, iiber das Leben und Gedicht
des Apoll. v. Mh. (1821). — 2) N. aus Perga
in Pamphylien, der „große Geometer“, wie er
ihon im Mltertum hieß, nur übertroffen von
jeinem Lehrer Archimedes, lehrte 250—220 v. C.
au Alerandreia und Pergamos und jchrieb über
ie Kegelichnitte, rorına aroıyei«, in 8 Büchern,
ein epochemachendes Werk, defien Methode nodı
jet gilt. Nur die erften 4 Bücher jind im Ori—
ginal, die 3 folgenden in einer arabijchen Über-
ſetzung vorhanden, das letzte fehlt ganz. Ausg.
bon Halley (1710). Aus der arabijchen Überjegung
find aud) befannt geworden zwei Bücher eei
110
Aoyov amoronns und andere, z. B. msol veuoswn,
zeol dimpioufvngs rouns, aus Pappos. — 3) U.
von Tyana in Kappabotien, lebte um 50 n. E.
Er ftudierte zuerft in Tarjos, dann in Nigai und
wurde in die Weisheit der Phthagoreer eingeweiht.
Nachdem er jein väterliches Vermögen den Armen
geichentt, machte er weite Reifen durch Afien bis
nah Indien hin, durch Europa und Afrifa und
begab ſich zulegt nadı Rom. Bon dort durd) das
allgemeine Verbot wider die Philojophen vertrie:
ben, ging er nad Spanien und Agypten, Fam
aber jpäter nach Rom zurüd und jcheint als Vor:
jteher einer Schule zu Ephefos im hohen Alter
geitorben zu jein. Seine jtreng ajtetiihe Lebens:
weile nach vermeintlich puthag. Ordensregel und
die ihm beigelegten Wunder verjchafften ihm ein
übertriebenes Anſehen; man hielt ihn für einen
in der Magie wohl bewanderten Mann und trug
ſich mit wunderbaren Gejchichten von ihm herum.
Sein Leben hat Philoftratos, jedoch mehr roman:
haft als hiſtoriſch, in 8 Büchern bejchrieben. Die
heidnijchen Schriftfteller (Hierofles) ftellten ihn
mit Ehriftus zufammen, wogegen wiederum chriſt—
lihe Biihöfe (Eujebios Pamph.) auftraten; ähn:
liche Fragen und Erörterungen in Bezug auf ihn
find auch in neuerer Zeit noch verhandelt worden.
Unter jeinem Namen werden mehrere, jchwerlich
echte, Schriften genannt; vorhanden find nur 85
Briefe. — Monographien über ihn von %. E. Baur
in der Tübing. Zeitichrift f. Theol. 1832 und von
Jeſſen (1885). — 4). aus Alabanda in Karien,
von Strabon (14, 655 u. Ö.) Malaxög genannt,
begab fich nad) Rhodos und erteilte dort Unter:
richt in der Rhetorik. Scävola hat ihn dort 120
v. E. gehört (Cie. de or. 1, 17. 28). — 5) U,
ätichlie Molo (Molwr) zubenannt, war aus
einer Vaterſtadt Mlabanda in Karien nach Rhodos
übergejiedelt, trat 88 v. E. als Lehrer ber Bered—
jamfeit in Rom auf, doch mur auf kurze Leit.
Cie, Brut. 89. Im J. 80 jchidten ihn die Rho—
dier ald Gejandten nach Ron, um jeiner Vaterſtadt
eine angemefjene Kriegsentihädigung zu erwirken;
auch bei diejer Gelegenheit wirkte er wieder als
Lehrer (daj. 90). Cicero bejuchte ihn 78 in Rhodos
(daf. 91), um der afianiichen Beredſamkeit jich zu
entwöhnen; auch Cäſar hat ihn gehört. Suet.
Caes. 4. — 6) A. mit dem Beinamen Sophista,
aus Alerandreia, Sohn des Ardibios, Lehrer des
Apion, aljo in der Zeit des Auguftus. Sein Askı-
»or, welches homerijche Gloſſen enthält, ift zuerjt
von Billoifon (1773), dann von J. Bekker (1833)
herausgegeben. — 7) ein Grammatifer aus le:
zandreia, Sohn des Mantitheos, erhielt wegen des
Ernftes jeiner Forihung den Beinamen 6 Jvaxo-
Log. Er begab ſich nach Rom, wo er die Auf:
merfjamfeit des Kaiſers M. Antoninus Pius auf
ji) zog, und fehrte jpäter nad) Mlerandreia zurüd,
wo er als Mitglied des Muſeums ftarb. Er iſt
der Begründer einer Wiſſenſchaft der Grammatif,
daher © reyvıncg. Bon feinen Schriften find vier
erhalten: 1) mepl arrwvvuuiag (herausg. von F.
Belfer, 1818); 2) megl Irıpenucaro» (in Bellers
Anecd gr. II p. 527—626); 3) megl avrdicumr
(ebendaj. p. 477—526) und 4) weol avrrafswg
in vier Büchern (herausgg. von Beller, 1817;
deutih von A. Buttmann, 1878). Ausg. der
Heinen Schriften von Schneider (1878). Seine
übrigen Schriften find verloren. Priſcian, der
Apollonis — Apophoreta.
ihn 8, 439 summus artis auctor grammaticae
nennt, legt in ben institutiones grammaticae
jein Syftem zu Grunde. Nichts zu thun haben
mit ihm die loropfaı Havuasızı, die meijt mit
Antoninus Liberalis und in den Paradorographen
herausgegeben find. — 8) A. aus Myndos in
Karien, beichäftigte ſich mit der Aftronomie, be:
jonders der Verbreitung der chaldäiſchen Anfichten,
und jchrieb über die Kometen. Sen. qu. nat. 7, 3, 17.
Apollönis, AroAlovig, Stadt in Lydien zwiſchen
ergamos und Sarded. Die Einwohner Apolloni-
enses. ic. ad. Qu. fr. 1, 2.3. ad Att. 5, 13.
Flace. 21. 29. 32. Taec. ann. 2, 47.
Arxouuydalıai. Da die Griechen feine Ser:
vietten hatten, jo bedienten fie fi zum Reinigen
ber Hände während des Mahles der Krumen des
Brotes, die man zu einem Teige fnetete (@no-
uaydakıc); auch wurde den Gäſten ein eigens dazu
beftimmter Teig vorgejegt. Nah dem Gebrauche
wurde dies Brot den Hunden vorgeworfen, daher
xvvag. Die Nömer bedienten fich dagegen der
mappae (\. b.).
Apönus fons oder ApSni fons (von &movog,
ſchmerzſtillend), j. Abano, St. ſüdweſtlich von Pata—
bium in Oberitalien mit heißen Schwefelquellen
voll wunderbarer Heilfräfte (aquae Patavinae,
j. Bagni d'Abano) und einem Orakel. Plin. 31, 6,32.
Suet. Tib. 14. Sil. 12, 218. Lucan. 7, 1983.
Anontuneıv, dnomounn, amonsuyıg —
anolsıyız, amolsinsır, amolsıypıy yoaypaodaı -
NAusdrüde, die von der Scheidung der Ehe ge:
braucht werden, eritere vom Manne, der ia von
der frau trennt, leßtere von der Frau. iejer
Unterjchied in dem Gebrauche wird jedoch nicht ftreng
befolgt. Die Ehefcheidungen waren in Athen jehr
feicht und häufig. Die arönsuyıg beftand darin,
da der Mann die Frau ohne weiteres mit der
eingebrachten Mitgift in Das Haus defjen, in deſſen
Gewalt fie geftanden hatte, ihres «vguog, zurüd:
ichidte. Die Frau hatte dagegen in Perjon dem
Arhon eine Schrift mit Angabe der Gründe zu
überreichen. Stimmten beide Parteien überein, jo
war die Scheidung ohne weiteren Rechtshandel er-
folgt, wenn nicht die Mitgift Streitigkeiten ver:
anlaßte. — Wurde von einer von beiden Parteien
die Rechtmäßigkeit der Scheidung angegriffen (aus
welchen Gründen dies geihehen konnte, wiſſen wir
nicht), fo konnte der Mann eine Klage amolsipews,
die rau arorfuwvsrog beim Archon anftellen. Vgl.
Plut. Ale. 8. Meier und Schömann, Att. Prozeß
©. 510 ff. der 2. Aufl.
Arogoga hieß 1) die Beifteuer, welche Sparta
als Hegemon von den einzelnen griechijchen Städten
ur ‚Führung des Kriegs gegen die Perſer erhob,
—* unter Athens Hegemonie Popos genannt;
2) welche der Helot an feinen Herrn entrichtete,
70 Medimnen Gerfte für den Mann, 12 für die
Frau und ein entiprechendes Quantum DI und
Wein; 3) das Mietgeld, welches in Athen von den
Sflaven, welche in fremdem Dienfte oder auf eigne
Hand arbeiteten, an ihre Herrn täglich ——
ward (vgl. Jovkog, 8.).
Apophoröta, r« «rogpöenr«, zunächſt Ge—
ichenfe an Eßwaren, welche die Gäfte von den
Mahlzeiten mit nah Haufe befamen, dann über:
haupt Geſchenke, welche man fich bei fejtlichen Ge:
legenheiten, bejonders bei der Feier der Satur:
nalien, machte. Das 14. Buch Martials enthält
"Anopgddes Autom — Apparitor.
die Epigramme, mit welchen er die kleinen Ge—
fchenfe an feine Freunde begleitete, und führt
deshalb den Titel Apophoreta.
Aropgades nuigar biegen diejenigen Tage,
dv als roig uroıyouivorg youg Imipigovomv
(Tim. lex.), Totenfeier; das Opfer hieh Zvayısua.
Ein Beiipiel bei Aesch. Pers. 615 ff. (j. auch
Apsrol nufioaı). Im allgemeinen werden alle
Unglüdstage jo genannt, an melden man ſich
tete etwas Wichtiges zu unternehmen. In Rom
ies nefasti oder atri.
Arögenre hießen 1) in Athen die Begenftände,
deren Ausfuhr verboten war, wie Getreide und
alles, was für die Ansrüftung der Flotte wichtig
war, 3. B. Bauholz, Tauwerk u. a.— 2) gewifie
Schimpfwörter, wie ardgopörog, blwaamıs, deren
man ie Athen gegen jedermann, an allen
Orten, bei Strafe von 500 Drachmen, enthalten
sollte. — 8) Myſtiſches, das nicht ausgeiprochen
oder verraten werden durfte.
ArooroAeis waren in Athen Beamte, zehn
an der Zahl, die für die ordnungsmäßige Aus-
rüftung und das glüdliche
Auslaufen der Trieren zu
forgen hatten, auch das Recht
übten, die fäumigen Trierar:
chen in Haft zu nehmen (rgın-
eugyog owdelg — ovuy Uno
tor dnoorollor Iaion,
Demosth. de cor. p. 262).
a
n t im Vrozeſſen
über das dem Staate zuge-
ige, in den Händen von
i befindliche Schiffs:
gerät hatten. Demosth. Euerg.
p. 1147, 1.
Apothöca, arodnxn, Bor:
er oder Magazin,
namentlich für die edleren,
bereits auf Amphoren gefüll-
ten Weine. Dieje Weintam-
mer befand ſich jtets im obe-
ren Teile des Hauſes und
* oft über dem Bade
fumarium), jo daß der Rauch —
en fonnte (fumum bibere). Hor. sat. 2,
5,7. 0d.3,8,9ff. Die cella vinaria (olvar)
dagegen lag in den unteren Räumen des Hauſes,
wo die noch nicht abgezogenen und noch gärenden
Weine in irdenen oder bleiernen (Colum. 12, 6)
Gefähen (dolia) aufbewahrt wurden.
A „ anodewmaıg, ift die Vergötterung
eter Menſchen. Der Glaube, daf die
en der Vorzeit jur Ehre der Götter gelangt
fand ſich ſchon in alter Zeit bei den Griechen.
Das einzige ipiel bei Homer iſt Leufothen
Od. 6, —2* Man nahm dabei immer eine leib—
af zu ben Göttern an, wie bei
Achilleus und andern (ähnlich bei den
Ri nern die Entrüchun Romulus, — —
fpäterer je entjtand bie ellung,
daß der Leib des zu den Unſterblichen empor:
hobenen Helden, der aus jterblichen und unfterb-
ichen Teilen beftände, durch das Feuer een
erblichen Beitandteilen Ye und geläutert wiirde.
ine bejondere Art von Apotheoje war in fpäterer
zriechiicher Zeit die, daß hiftoriichen Perſonen
111
nach ihrem Tode durch Drafel oder durch Beſchluß
eines priefterlihen Kollegiums göttliche Verehrung
zuerfannt wurde, wie dem Lyfurgos in Sparta,
dem Harmodios und Ariftogeiton, ben bei Mara-
thon und Plataiai Gefallenen, ja in jpäterer ent-
arteter Zeit jogar noch lebenden Mentchen, zuerſt
dem Lyſander, dann ein Jahrhundert ſpäter dem
Demetrios Poliorketes. Eine neue Periode beginnt
mit der griechiſchen Vergötterung der Machthaber
und Kriegshelden durch Mlerander und die Ptole—
maier in Ägypten. — Dieje griehifche Machtver-
götterung verpflanzte ſich madı dem Untergange
der Freiheit auch nach Rom. Julius Cäfar, dem
ſchon bei jeinem Leben göttliche Ehren erwiejen
waren, wurde nach jeiner Ermordung in die Zahl
der Götter gezogen (Suet. Caes. 88), und nach
diefem Anfange bildete jich eine förmliche Kaiſer—
religion aus. Die Vergötterung der röm. Kaiſer,
bisweilen auch der Kaiſerinnen, die jogenannte
consecratio, wurde auf Beſchluß des Senats
oder auch des Nachfolgers vorgenommen. Nach
Beftattung der Leiche wurde ein wächſernes Bild
des Berftorbenen auf elfenbeinerner Bahre 7 Tage
im Balaft ausgeftellt, dann von Nittern und Sena-
toren auf das Forum und von da anf das Mars:
feld getragen. Hier wurde es, prächtig geſchmückt
und mit Räucherwerk umgeben, auf einen Scheiter:
haufen — und dieſer von dem neuen Kaiſer
angezündet. Ein Adler flog von der Höhe des
Gerüſtes zum Himmel; er trug nach der Vor—
ftellung des Volles die Seele des Kaiſers zu den
Böttern. Bon mın an wurde der Berjtorbene gött-
lich verehrt, man nannte ihn Divus, baute ihm
Tempel und jegte ihm Priejter ein. Herodian. 4, 2.
Auf ähnliche Weife wurden auch die Kaiſerinnen
bergöttert; nur trug ftatt eines Adlers ein Pfau
die Seele gen Himmel.
Arorgönauog |. Averrunens.
Apparitor ift der allgemeine Name für die
Diener oder Subalternbeamten der Magiftrate
(qui eis apparent). Sie waren scribae, lictores,
vıatores, praecones, welche ftehende Collegia bil:
deten und dem Amte faktiſch lebenslänglich an-
gehörten, während die accensi fein Collegium
\OOTJIKE
8
112
bildeten und zu dem Magiftratus in einem mehr
perjönlichen Verhältnis ftanden, jo daß ihre Funk—
tion zugleich mit der ihres Herrn endete. Diener
der PBrovinzialmagiftrate waren interpretes, sta-
tores, tabellarii. Auch ftanden den Magiftraten
die zahlreichen servi publiei zu Gebote. In der
Kaiferzeit wurden dieje Diener immer zahlreicher
(j. Offieium)
Appellatio ijt das AZuhülferufen eines Ma-
giftratus, damit diejer durch jein Veto die Aus:
führung eines drohenden Unrechts hindere (inter-
cedere), im Gegenſatz zur provocatio, d. i.
Berufung an das Volk als Oberrichter, um ein ver-
meintlich ungerechtes Urteil aufzuheben. Dieje in
der republifaniichen Zeit ftreng von einander ge:
ichiedenen Auftitute (Liv. 3, 56. 8, 33. 37, 51)
wurden in der Kaiſerzeit gleichbedeutend gebraucht
als Hinwenden an eine höhere Juſtanz, weil der
Ntaijer die maiestas populi in feiner Perſon ver:
trat und die Machtfülle aller früheren Magiitrate,
jowie namentlich) auch das tribuniciſche Veto in fich
vereinigte. Die Appellation der republikaniſchen
Beriode fonnte an alle Magiftratus gerichtet werden,
welche dem Magiftratus, gegen welchen man Hülfe
juchte, gleich oder übergeordnet waren (Cie. legg.
3, 4); doch die Tribunen fonnten nicht bloß gegen
ihre Kollegen, jondern gegen jämtliche Magiftrate
zu Hülfe gerufen werden (j. Tribuni plebis, 2.).
Unter den Kaijern bildete ſich ein förmlicher In:
ftanzenzug in der Appellation, und der Kaiſer jelbft
fonnte nicht bloß die gefällten Urteile aufheben,
jondern auch reformieren, was früher feinem
Magiftratus wegen der einjährigen Amtsdauer ge-
ftattet gewejen war (j. Provocatio). Über das
attifche Recht |. "Epesıgs.
Appenninus ſ. Apenninus,
Appia via j. Via.
Applänos, Anmıavog, geboren zu Alerandreia
in Agypten, lebte um die Mitte des zweiten Jahr:
hunderts n. €. zuerjt als Sadjwalter in Rom,
dann als Profurator des faiferlichen Fiſcus in
Agypten. Er jchrieb um das J. 150 "Ponain«
oder 'Pouai«n lorogi/« in mehreren Abteilungen,
welche in ethnographiicher Form die Gejchichte
jedes Yandes und Volkes bis zum Aufgehen des-
jelben in das röm. Reich behandelten. Das Wert
umfaßte 24 Bücher, von welchen die 5 erften zum
Zeil, viele andere ganz verloren gegangen und nur
folgende erhalten find: 6. 7. (Spanien, Krieg mit
Hannibal), 8. (punische Sejchichte), 9., 11. (pr.
und parth. Geſchichte, legtere unecht und aus
Plutarchs Biographien zufammengejchrieben), 12.
(Mithridates), 13— 17. (röm. Bürgerfriege bis zum
Tode des ©. Pompejus, die wichtigiten von allen,
und 23. (illyr. Geſchichte). Als Gejchichtichreiber
jteht er auf röm. Standpunkte, von welchem aus
er das Römerreich als eine Schöpfung der Gottheit
betrachtet. Er muß mit großer Flüchtigkeit gear:
beitet haben, denn Namen und Zahlen find oft
entjtellt, und Kritik in der Benußung feiner Quel:
len, die er ſpärlich anführt, zeigt er nicht. Seine
Scyreibart iſt korrekt, einfach und leicht, der Ton
der Erzählung Mar, doc troden. Ausgg. don
Schweighäuſer (1785), 3. Bekker (1852) und Men:
delsjohn (2 Bdod. 1879 — 1882, befter Tert); deutjche
Ülberjegung von Zei (1837. 38),
Apries, ’Amogins, König von Agypten Uhabra),
589. 670v. C. im Alten Tejtament Hophra genannt,
Appellatio — Apuleius.
fämpfte mit wenig Erfolg gegen Tyros und Ne-
bufadnezar und wurde nad einer ſchweren, ver:
meintlich abjichtlichen Niederlage gegen die iyrener
von jeinem darüber aufgebrachten Heere unter An:
führung des Amaſis (j. d.) entthront und durch
die Vollsmenge getötet. Hdt. 2, 161. 169.
Aproniänus, M. Caſſius, Statthalter in Dal:
matien und Kilikien, wohin ihn fein Sohn Gajjius
Dion, gewöhnlid Dio Caſſius genannt, der be-
fannte Gejchichtichreiber, begleitete, verwaltete im
%. 191 n. E. das Konſulat. Dio Cass. 59, 1.72, 7.
Apronfus, 1) Quintus, ein Satellit des C.
Verres und Genofje feiner Frevelthaten auf Sici-
lien. Cie. Verr. 3, 22. 27 ff. 50. 54. 56 ff. ud.
— 2) Lucius, ein römifcher Ritter, der 14 n. E.
unter Drujus, dem Sohne des Tiberius, gegen die
aufrühreriichen pannoniichen Legionen kämpfte. Im
%. 14 und 15 war er linterbefehlshaber des Ger-
manicus; im 3. 20 kämpfte er als Prolonſul in
Afrika glüdlich gegen den Tacfarinas. Tac. ann.
1. 29. 56. 72. 4, 23. Im %.28 Statthalter von
(sermania inferior, erlitt er mehrfache Niederlagen
von den empörten riefen. Tae. ann. 4, 72 ff.
11, 19. Suet. Tib. 41.
Apsines, 4wivne, aus Sadara, Rhetor in Athen
unter Marimus. Unter jeinem Namen ift eine
regen Öntogıun asol eoorulov erhalten, von
welcher ein Teil als dem Longinos angehörend
nachgewiejen ift. Ausgg. von J. Bake (1849), jowie
von Walz und von Spengel in den kihetores (ir.
Apuleius, 1)j.Saturninus, 1.— 2)2ucius(?),
geboren zu Madaura in Afrifa um 125 n.E., ward
erzogen zu Karthago, ſtudierte platonijche Philo—
fophie in Athen, machte bedeutende Reifen und
fehrte darauf nad einem kurzen Aufenthalte in
Rom nadı Afrika zurüd, wo er etwas jpäter, nach—
dem er nad) einer abermaligeu Neife fi mit der
Mutter feines Freundes Pontanus, der reichen
Amilia Pudentilla, verheiratet hatte, Karthago zu
jeinem Wohnort wählte und dajelbft bald großes
Anjehen als Wanderredner und Lehrer der Bered—
jamfeit genof. Er hing der neuplatonischen Philo—
jophie an, beſaß einen großen Schatz von Gelchr:
jamfeit und juchte das verjallene Heidentum zu
reinigen und zu fräftigen. Yu diejem Zwecke em:
pfahl er die Wiederaufnahme der alten Myſterien,
in die er fich fait überall auf feinen Reiſen hatte
aufnehmen lajjen. Dies geht bejonders aus jeinem
Hauptwerte: Metamorphoseon libri XI hervor,
einem phantaftisch-jatiriichen Sittenromane, in wel:
chem ein in Laſter verjunfener Jüngling, Yucius,
zuerft zwar eben deshalb in einen Ejel verwandelt,
aber durch die Myſterien ein ganz neuer Menich
wird. Nebenher ift es ein lchrreiches Sittengemälde
der damaligen Zeit. Der Stoff jtimmt mit Yufians
Aovxwog 7 Ovog, nur die Namen find verändert
und ein anderer Schluß hinzugefügt. Die inter-
eflantefte unter den vielen Epijoden des Buchs iſt
die von Amor und Piyche im 4.—6. Buche, worin
nah dem Mufter der platoniichen Allegorien das
Scidjal der durch mannigfache Prüfungen geläu-
terten menjchlichen Seele bejchrieben wird. Sid)
jelbjt verteidigte Ap. in einer Rede apologia s.
de magia gegen den Vorwurf der Zauberei, die
er zur Erlangung jeiner Gattin angewandt haben
jollte, mit großem Wige. Außerdem befigen wir
von ihm einige Schriften philoſophiſchen Inhalts,
de deo Socratis, de dogmate Platonis, de mundo,
Apulia — Aquae ductus.
eine Schrift Florida betitelt, eine Sammlung von
Auszügen aus jeinen Werten. Er ift ein lebendiger,
origineller Geift, der die Sprache mit großer Ge—
wandtheit beherricht, aber jeine Darftellung ift nad)
Art der Afrifaner mit rhetoriichen Figuren über:
laden und gejpreizt und aus allen Zeiten und
Stilarten zujfammengejeßt. — Hauptausgg. von
Dudendorp (1786— 1823, 3 Bbdd.) und Hildebrand
(1842; flein. Ausgabe 1843); Ausgabe der klei—
nen Schriften von Goldbadher (1876). "Die ihm
ſonſt zugeichriebenen Schriften Asclepius, de her-
barum virtutibus, de remediis salutaribus und
gar die Phyfiognomif nad) Polemo haben mit ihm
nichts zu jchaffen.
Apulia, Arovila (das Waflerland), umfaßte
im weiteren Sinne den ganzen jüdöftlichen Teil
der italiihen Halbinjel oder die 3 Dijtrifte Dau—
nia, Peucetia und das jüdliche Japygia, welches
auh Mejlapia und Galabria hieß (die äußerjte
Südipige nannte man auch regio Sullentinorum);
im engeren Sinne nur Daunia und PReucetia. In
der weiteren Ausdehnung geengte es im NW. an
das Gebiet der Frentani, ım N. und D. an das
Adriatiihe Meer, im ©. an den Tarentinischen
Meerbujen, im Weften an Samnium und Yucania.
Das Land wird von den dftlichen Vorbergen des
Apenninus durchichnitten (höchſter Punkt der M.
Voltur bei Benufia) und nimmt teilweije die
Form der Ebne an, aus der jich der fteile Rüden
des M. Garganus injelartig erhebt. Das äußerfte
Vorgebirge Ealabriens ift das Japygium. Bon
Flüſſen münden ins Adriatiſche Meer der Frento
(j. Fortore) und der Aufidus (Dfanto), zwiſchen
denen Daunia lag; vom Aufidus bis Tarent lag
Pencetia. Gegen Lucania bildete die Grenze der
Bradanus(Bradano), der ſich in den Tarent. Meer:
bujen ergießt. Das Land ift heiß und wafjerarm
(daher bei Horaz epod. 3, 16 siticulosa und od.
3,30, 11 Daunus pauper aquae; vgl. auch sat. 1, 5,
78. 88. 91. Strab. 6, 281), daher nur teilmeije
fruchtbar, bejonders Galabria; berühmt war bie
Zucht der Roſſe und Schafe. — Die Bevölkerung
war eine jehr gemijchte, indem zu den alten Be:
wohnern, den Japyges (j. d.), jchon frühzeiti
Dijfer hinzukamen, nebit helleniichen Koloniften fi
Italia), deren Sitte und Sprache die Eingebornen
früh annahmen. Die urjprünglich königliche Ber:
fafiung (2 KRönigreiche, das der Daunier und das
der Pödiculer od. Peucetier) ging bald unter durch
die Bildung von Freiftädten; die griechiichen Kto:
lonien Tarent und Brundijium wirkten geiftig und
materiell jehr fürdernd. Doch als infolge der
Samniterfriege die Städte fih den Römern hatten
unterwerfen müſſen (330—317 v. E.) und die Not
des zweiten punijchen Krieges dazu gelommen war,
verfielen die Städte, und Induftrie und Handel,
früher jehr bedeutend, janfen. Die wichtigiten Städte
waren: Zeanum Apulum, Zuceria, Arpi,
Venuſia (Baterftadt des Horaz), Canuſium,
Gannae (Schlaht 216 v. E.), Herdonia, Au—
iculum, Barium, Egnatia, Brundijium,
Öydruntum u. a.
Aquae, Name vieler Badeorte und Gejund-
brunnen bei den Römern, unter denen etwa zu
bemerfen find: 1) Aquae Aureliae vder Co-
lonia Aurelia Aquensis, j. Baden: Baden,
wahrjcheinlich jchon von Trajan oder Hadrian an—
gelegt. — 2) Aquae Calidae, eine große Zahl
Reallerifen des Hafi. Altertums 7. Aufl.
113
von Ortichaften in Hiſpanien, Gallien, Britannien,
Thracien, Ktleinafien und Afrifa. — 3) Aquae:
Cutiliae, Mineralbrunnen und See (j. Lago di
Eontigliano), jo genannt von der untergegangenen
Stadt Eutilia in Samnium, öftl. von Reate (j. bei
Eivita ducale). Diejer See wurde für den Mittel:
punft (umbilicus) Italiens gehalten: auf dem, 4
Jugera großen, unergründlid tiefen, See, welder
der Siegesgöttin heilig war, ſchwamm eine etwa
50 F. Durchmeſſer haltende Inſel, die eine eigen:
tümliche Begetation Hatte, und wo von Einge—
weihten der Göttin geopfert wurde. Seneca jah
die Inſel noch, jetzt ift de verihmwunden. — 4) Aquae
Labodes oder Thermae Selinuntiae, j.Sci-
acca, berühmter Badeort an der Südküſte Siciliens.
— 5) Aquae Mattiacae, j. Wiesbaden. —
6) Aquae Patavinae oder Aponi fons(j.d.),
berühmte heiße Schwefelguellen unweit Padua, j.
Abano. Suet. Tib. 14. — 7) Aquae Pisauae,
bei Pijae in Etrurien. — 8) Aquae Segesta-
nae, nördlich von Segefta auf Sicilien an ber
Mündung des Simois, j. Bagni di Calmitto. —
9) AquaeSeptem, Bereinigung mehrerer Bäche
in reizender Gegend bei Reate, j. See Sta. Su:
janna. — 10) Aquae Sextiae, j. Wir bei Mar-
jeille, mit warmen Mineralbädern, römiſche Kolo—
nie, gegründet 123 v. E. von C. Sertius Calvinus.
In der Nähe fiegte Marius über die Teutonen,
102 v. C. Plut. Mar. 18. Flor.3,3.— 11) Aquae
Sinuessanae, ſ. Sinuessa. — 12) Aquae
Statiellae in Ligurien mit warmen Bädern, j.
Aequi. — 13) Aquae Sullanae bei Capua am
Tifataberge in Gampanien. Vell. Pat. 2, 25. —
14) Aquae Tarbellae, Stadt der ZTarbelli in
Aquitanien, j. Dar, mit kalten und warmen Quel—
len. — 15) Aquae Vetuloniae bei Betulonium
in Etrurien, in deren warmem Wafler Fiſche ge:
lebt haben jollen.
Aquae duetus. Da die Brunnen und Eijternen
in Rom nicht ausreichten, jo wurden große Waſſer—
leitungen angelegt, welche die Stadt mit Waſſer
verjorgten und zu den großartigiten Werfen des
Altertums gehören. Sie famen oft aus weiter
Ferne und überjchritten auf hohen Subjtruftionen
und Bogen Berge und Thäler. Plin. 36, 15. Älter
waren die in unterirdiichen Kanälen (rivus subter-
raneus) zur Stadt geführten Wafjer. Das in Rom
angelangte Waſſer wurde in großen NRejervoirs
(eastella, vor alters dividicula) gejammelt, aus
denen 3 Möhren in drei Heinere Waſſerkaſten
führten. Der unterfte nährte die zahlreichen ftädti-
Ihen lacus Waſſerbaſſins), salientes (Spring:
brunnen) und piscjnae (Schwimmteiche), der mitt:
lere unterhielt die großen Badeanftalten (j. Bad
und Thermae, 3.), der oberfte endlich jpeifte die
in den Privathäufern befindlichen Brunnen und
Beden. Dieje Verteilung geſchah vermittelft bleier:
ner und irdener Röhren, tistulae und tubi. Den
Bau und die Erhaltung der Aquädukte hatten
die Cenſoren zu bejorgen; die Aufficht dagegen
führten die Adilen, jeit Auguft ein curator aqua-
rum, jpäter consularis aquaraum genannt, dem
ein großes Dienftperjonal zur Seite ſtand (aquarii),
zum Zeil aus den servi pablici genommen, Die
aquarii zerfielen wieder nad) ihrer Spezialfunftion
in viliei (Aufjeher über die Röhren, namentlich
der Privaten), castellarii (Brunnenmeifter), circi-
tores (Niıtrolleure), silicarii (Pflafterer, wo die
8
114
Leitungen unterirdiich waren), tectores (Tündher).
Im Haufe heißen aquarii teils die Sklaven, welche
die Wafferleitung (aud) in den Gärten) bejorgten,
teils die, welche das Wafler für den Wirtichafts:
Aquaeductus
dufte zu Rom waren in chronologiiher Folge:
aqua Appia (312 vd. E.), Anio vetus (272),
Marcia (144), Augusta (nach andern Tepula 127),
Julia (33, vereinigt mit der älteren Tepula),
Virgo (20 von Mgrippa), Alsietina (28, von
Auguft, jowie die Aug. und Jul.), Claudia (52 n. €.)
und Anio novus (52, von Galigula und Claudius),
Traiana (111 von Trajan). Siehe die widhtige
Schrift des Frontinus (j. d.) de aquae ducti-
bus. Spätere Kaijer fügten noch andere, minder
große hinzu. Auch in den größeren italijchen
Municipien und den Provinzialjtädten legte man
ähnliche folofjale Werfe an, deren Überreſte noch
jegt Staunen erregen, 3. B. neben Bahlbady bei
Mainz. — Griechenland hat jo großartige Bauten
nicht gehabt, wenn jchon es an Anlagen zur Be:
ſchaffung reichlichen und trinfbaren Waſſers nicht
fehlte. In Athen gab es dmioraraı rar Hdarwr,
anderwärts xenvo» Zmuueintai. Vgl. Curtius,
über jtädtiiche Wafferbauten der Hellenen (Arch.
Btg. 1847, ©. 26).
Aquaeduetus ıft eine Prädialjervitut (f. Ser-
vitutes), vermöge deren man durd ein fremdes
Grundſtück oder aus den Quellen eines fremden
Grundſtücks nach feinem eigenen Waſſer leiten
(einen rivus anlegen) durfte. Cie. Caec. 26. ad Qu.
fr. 3, 1, 2.
Aquae haustus iſt die Servitut, aus des Nach—
bars Brunnen Wafler jchöpfen zu dürfen. Cie.
Caee. 26.
Aquae et ignis interdietio ſ. Exilium.
Aquarlus j. Sternbilder, 9.
Aquila, 1) naturgejchichtlich (nicht von ayav-
og, aduncus, wegen des gefrümmten Schnabels,
fondern von aquilus, dunfel oder ſchwarz, der
ſchwarze Vogel): griechisch @rrög don ammı wegen
jeines ſchwebenden oder windichnellen Fluges, der
Adler, mythologiich der Begleiter, Waffen: und
Blitträger des Zeus, dem er in jeiner Kindheit
den Nektar reicht, den Ganymed entführt, neben
dejien Throne oder auf deflen Steptron er fißt
(j. Zeus), das Symbol der fiegreihen Kraft und
Herrichermajeftät. -—- 2) Sternbild, j. Sternbil-
der, 2. — 3) in der Baufunft, ſ. Templum, 6.
— Bejonders aber 4) in
der milit. Spradye das
TFeldzeihen der röm.
Legionen. Erſt durch
Marius war es das
Feldzeichen für die ge—
jamte Legion gewor—
den (Plin. 10, 4); die
verſchiedenen Abteilun-
gen, cohortes und ma-
nipuli, hatten befondere
Feldzeichen (signa,
j. d.) für fih. Er war
von Silber (Cie. Catıl.
1, 9) mit ausgebreiteten
Flügeln und wurde auf einer hohen Stange von
dem Fahnenträger (aquilifer) in der Schlacht ge:
tragen, nachdem er ihn aus den Händen des primi
pilus, deſſen Sorge er im Yager anvertraut war,
— Aquileia.
empfangen hatte. Die Stange war unten jpik und
wurde im Lager neben dem praetorium unter
einer Meinen Überdahung in die Erde geftedt.
| Wollte er fich vor der Schlacht nicht ohne Schwie-
gebrauch zutrugen. — Die bedeutendften Aquä- | rigfeit aus der Erde ziehen laflen (signum con-
vellere), jo war dies eine jchlimme Borbedeutung.
Während der Zeit der Manipelftellung rüdte der
Fahnenträger bei Beginn der Schlacht (mutmaßlich,
j.Antesignani)aus der dritten Reihe (triarii), wo
er fonft feine Stelle hatte, im die zweite (prin-
eipes) dor, jpäter bei der Eohortenftellung befand
ſich der Adler auf der rechten Seitefver Legion bei
der erften Centurie der erſten Eohorte (j.Acies, 7.).
Die Verteidigung des Adlers war heiligite Pflicht,
auc der Platz, wo er im Lager ftand, heilig;
Munatius Plancus, von den Soldaten verfolgt,
flüchtet fich zu ihm (Tae. ann. 1, 39). Der Berluft
des Adlers war jchimpflich, jelbft ftrafwürdig; die
Wiedererlangung desjelben erfreulich (daſ. 1, 60).
Seit Auguftus trug der Adler auch die Nummer
der Legion, und wenn fie einen Beinamen hatte
(3.8. Alauda, Rapax), auch diefen. Goldne Adler
wurden jeit Hadrian Sitte.
Aquila, Eigenname, 1)Romanus, ein röm. Rhe:
tor und Grammatifer im 3. Jahrh. n. E., Verfaſſer
einer ziemlich dürftigen Schrift de figuris sen-
tentiarum et elocutionis, in hartem, nadläffigem
und vielfach unforreftem Stile, die gewöhnlich mit
der ähnlichen des Rutilius Lupus in den Aus—
gaben diejes Schriftjtellers, 3. B. der von Ruhnten,
verbunden zu finden ift. Neueſte Ausgabe von
Halm, in deſſen Rhett. latini minores (1868). —
2)Mquila aus Bontos, um die Mitte d. 2. Jahrh.
n. E., verfaßte eine griech. Überjegung des A. T.,
die wegen, ihrer größeren Treue bei den Juden den
Borzug dor der Septuaginta erhielt. — 3) Julius
Aquila, ein röm. Ritter, kämpfte mit einer ge:
ringen Schar Krieger zur Zeit des Kaiſers Clau—
dings gegen Mithridates, König don Boſporos.
Unter Nero war er Profurator von Bithynien.
Tac. ann. 12, 15. 21.
Aquileia, Arvinia, eine römiiche Kolonie in
Oberitalien (Suet. Oct. 20), gegründet im J. 182
v. C., welche gleich bei ihrer Erbauung eine be-
deutende Zahl von fatiniichen Koloniften zu Ein:
mwohnern erhielt (Liv. 39, 22. 50. 40, 34) und
beſtimmt war, die umwohnenden trier (Just. 32,
3, 15) in Gehorjam zu halten. Sie lag am Flüßchen
Natifo unweit der Küfte und wurde bald eine große
Handelstadt, durch welche die Heerſtraßen nad) dem
Norden und nach den öftlichen Yändern um das
Adriatiſche Meer herumführten. In der Kaiſerzeit
bildete fie den Eingang nach Jtalien, daher hier
oft die Heere ſich ſammelten. Tae. hist. 2, 46.
47. 85.3, 6.8. Suet. Vesp. 6. Es führte die via
Aemilia dahin, die Hauptſtraße nach dem Orient.
Durch Befeftigungen außerordentlich ftarf gemacht,
bejonders jeitdem Marc Aurel fie zur erften Feſtung
des Reichs gemacht, hielt fie die eindringenden
Barbaren von der Halbinjel ab und gewann an
Umfang und Reichtum, je mehr unter den jpäteren
Kaiſern DOberitalien durch die Werheerungen der
Barbaren litt. Im 3. 452 n. E. wurde die Stadt
von Attila nach oftmaligen vergeblichen Angriffen
eingenommen und gänzlich zerftört, jo daß faum
Trümmer von ihr übrig blieben. Ein Teil der
Einwohner flüchtete in die Yagunen des Po und
nahm teil an der Gründung Benedigs. Das Gold
Aquilii — Arabia.
115
aus den benachbarten Minen und die zahlreichen | lich, bald vieredig; zu jedem Tempel gehörten in
Produkte der umliegenden Provinzen bildeten die
Gegenjtände ihres umfafienden Handels. Vgl. noch
Strab. 5, 214. Swet. Tıb. 7. Plin. 3, 18. Jetzt
Aquileja oder Aglar.
Aquilil oder Aquillii, Name einer patrizischen
und einer plebejiichen gens, aus welchen folgende
Männer ftammen: 1) Manius Aq., 129 v. E.
Konjul und Beendiger des Kriegs mit Ariftonifos,
Sohn Eumenes’ II. von Bergamos; er richtete Aſien
als Provinz ein. Flor. 2, 20. Just. 36, 4. Vell.
Pat. 2,4. Arp. b. c. 1, 22. — 2) Manius Aq.,
Sohn des vorigen, Legat des Marius 103 v. E.,
fämpfte im J. 101 als Konſul glüdlich gegen die
SHaven auf Sicilien und beendete diejen Krieg
im %. 99. Liv. ep. 69. Cie. Verr. 3, 64. 5, 2.
Flor. 3, 19. Diod. Sie. 36, 10. Die hierbei be:
wiejene Tapferkeit rettete ihn von einer Verurtei:
lung in einer Anklage wegen Erprefjungen. Liv.
ep. 70. Cie. off. 2,14. Brut. 62. Flacc. 39. Später
wurde er im mithridatijchen Kriege bei Proto:
tachium geichlagen und durch Berrat dem Mithri:
dates ausgeliefert (88 v. E.), der ihn auf einen
Ejel gebunden unter empörenden Mißhandlungen
umberführen und ihm zulegt geichmolzenes Gold
in den Hals gießen ließ. App. Mithr. 11.17 ff. 21.
Vell. Pat. 2, 18. ®Bgl. Cie. Tusc. 5, 5, 14. —
3) E. Aquilius Gallus, Kollege Eiceros in der
Brätur im I. 66 v. E., wies das Konjulat zurüd,
da jein Huf als Rechtstenner ihm vollftändig ge:
nügte. Gerühmt wegen jeiner Gewandtheit und
jeines Scharfjinnes, jowie jeines vortrefflichen Cha—
rafters, genoß er großes Anjehen beim Volle.
Als Redner ragte er weniger hervor. ic. Brut
42, 154. ad Att. 1,1. Cluent. 53, 147. Über jein
Leben ſ. Plin. 17, 1.
Aquflo j. Winde, 6.
Aquilonia, Stadt in Samnium, von den Rö-
mern im Samniterfriege zerftört; j. Lacedogna.
Lir. 10, 38 fi.
Aquinum, j. Aquino, Stadt der Volſter in
Yatium, jpäter römiſches Municipium (colonia
Aquinas, Tac. hist. 1, 88), in fruchtbarer Gegend
und durch Burpurfärbereien befannt (color Aqui-
nas, Hor. ep. 1. 10, 27), Geburtsort des Dichters
Juvenal. Zav. 26, 9.
Aquitania, Yandichaft in Gallien, begriff früher
nur das Land zwiichen dem Atlantifchen Ocean,
der Garumna, der Provincia (Gallia Narbonen-
sis) und den Pyrenäen (Caes. b. g. I, 1), ums
faßte aber als römische Provinz alles Land, welches
begrenzt wurde im W. vom Mtlantijchen Dcean,
im ©. von den Pyrenäen, im D. von den Geven:
nen (Gallia Narbonensis), im N. vom Liger
(G. Lugdunensis). Die Aquitäni waren ein ſowohl
von den Kelten als auch von den Belgen verſchie—
dener iberijcher Stamm. Im 4. Jahrh. n. E. zerfiel
das Yand in Aquitania prima mit der Hauptitadt
Avaricum (Bourges) im N., Aqu. secunda, Haupt:
ftadt Burdigäla (Bordeaug), in der Mitte, und
Aqu. tertia im ©. Strab. 4, 189 ff. Vgl. Gallia, 1.
Ara (entweder von dem griech. wigeıw, oder
eine Kontraktion aus aggera), der Opferherd, Altar,
verichieden von altare, wie Bouo'g von Zorape:
altare (ein hoher Altar) für die oberen Götter,
are. (der niedrige Altar) dagegen auch für die
unteren. Er war aus Erde oder Steinen, meijt
aber aus Raſen gemacht, bald rund, bald läng: |
der Regel zwei Altäre, eine ara zum Beten und
Rauchopfer im Innern nach Dften und unmittel-
bar vor der göttlichen Statue, und ein Hochaltar
(altare) zum Brandopfer vor dem Tempel. Man
ihmüdte und befränzte fie mit Laub, Blumen,
Kträutern (verbenae, Hor. od. 4, 11, 7. Ov. trist.
3, 13, 15) und mwollenen Binden. Wollte man die
Götter recht inftändig bitten oder etwas recht
hoch vor ihnen beteuern, jo berührte man den
Altar (vgl. Plaut. Rud. 5, 2, 46 ff. Cie. Flacc. 36);
Verfolgte fanden __
bei demjelben
einen fie ſchützen⸗
den Zufluchtsort.
Nep. Paus. 4.
Cie. n. d. 3, 10.
Übrigens ftanden
die arae nicht
bloß in den Hei:
ligtümern der
Götter und auf
freien Plägen,
auh im Lager
(j. Castra, 3.),
jondern auch in
den Privathäu—
jern, bejonders
in den Haus—
fapellen der rö—
mifchen Großen, daher die häufige Verbindung:
arae et foci. Die Altäre hatten oft beträchtliche
Dimenfionen und waren durch bildliche und bau-
lihe AZuthaten zu bejondern Monumenten ent:
widelt. Der Altar des Zeus in Olympia hatte
in feinem Unterbau 125 Fuß im Umfang, und dar:
auf erhob fich der eigentliche Altar in einer Höhe
von 22 Fuß (Paus. 5, 13, 8 ff.). Man jchlachtete
die Opfertiere auf dem Unterbau und trug dann
die Opferjtüde auf einer fteinernen Stiege zu dem
Altar hinauf. Die Höhe desjelben wuchs von
Jahr zu Jahr durch die Aſche des Opferfeuers
und die verbrannten Schenkel und Knochen, ſowie
durch die Aſche vom Herde des Protaneions.
Als Sternbild, auch turibulum oder sacrarium,
griech. Houierngio® oder Burngıov, genannt, fteht
A. in der jüdlichen Hemifphäre unter dem Stachel
des Skorpion, ſüdweſtlich vom Schützen (Arat.
phaen. 402 ff. Cie. n. d. 2, 44. Or. met. 2, 139),
aus 4 oder 7 Sternen beftehend.
Ara Ubiörum, urjprünglich ein von den Ubiern,
vielleicht zu Ehren des Augustus, errichteter Altar,
woran fich fpäter ein Ort anſchloß, oppidum, ci-
vitas Ubiorum, j. Köln (Colonia Agrippinensis),
nicht (wie Ufert annimmt) Godesberg in der Nähe
von Bonn. Tac.ann. 1,36. 37.39.45 u.d. hist. 4,39.
Val. Bergf, zur Geſch. u. Topographie der Rhein:
lande (1882) ©. 137 ff.
Arabia, 7 Agaßla, bezeichnet im A. Teft. und
in den aſſyriſchen Inichriften, teilweife auch noch
bei Herodot, nur den nördlichen Teil der befann:
ten Halbinjel Njiens, fpäterhin aber das ganze,
im N. von Syrien und Baläftina, im W von
Agypten und dem Arabiſchen Meerbujen, im ©.
vom Erpthraiiichen Meer, im DO. von dem Berfiichen
Meerbujen, im NO. von Babylonien und Mejo
potamien begrenzte Ländergebiet. Die Alten teilten
dasjelbe, beionders jeit Ptolemaios, in 3 Teile:
8*
— —— o
— Rh
—
IM II N
116
Arabicus sinus — Aratos.
Arabia deserta (n Fonuog Aoaßia), die Sand: | Tochter des Idmon, eines kolophonifchen Purpur:
wüjten jüdlich von Palmyra bis zur eigentlichen
Halbinjel (das hebrätiche arabah bedeutet eben
„Wüſte“); A. Petraea (A. n &v IIérog, n xara
[Iergav), anfänglid) nur das Gebiet der Stadt
Petra (j. d.), jpäter der ganze, 106 n. E. von
Trajan mit Teilen Südpaläftinas zur röm. Pro-
vinz gemachte Landſtrich im NW., gegen Agypten
hin; A. felix (n evdaduor '4.), die Halbinjel
jelbft, jo benannt, weil man von einigen frucht:
baren Küſtenſtrichen aud) auf das unbefaunte Innere
ſchloß, aber regenarm, ohne einen einzigen perennie:
renden Fluß, nur jtellenweife bewohnbar. Bon Gebir—
gen nennen die Alten in A. Petraea (das nicht mit
„einiges A.“ zu überjegen ift) r@ wilar« öen,
das Stnaigebirge, mit den beiden Spigen Dichebel
Serbal und Dichebel Muſa; mehr im Inneren den
Zamas (Zune), j. wohl Dichebel Schammar; im
SD., am Perſiſchen Meerbujen, r« AIldvu« öen,
j. Achdar. — Die Bewohner, Arübes, "Igaßes,
waren jemitiihen Stammes; Arabien gilt neuer:
dings in der Regel für die Heimat der Semiten.
Sie unterhielten von alters her einen lebhaften
Handel mit Ägypten und Nithiopien, Phoinikien,
Babylon und Indien. Ihre Götter waren die
Gejtirne, nach Herodot (3, 8) Drotal und Wlilat,
d. h. Sonne und Mond. Von einzelnen Bölfer:
ichaften find zu nennen: im der Mitte der Weſt—
füfte die Minäi mit den Städten Karna, Thadma
'j. Teima), SJathrippa (Medina), Macoraba
Mekla?); weiter jüdlih, im heutigen Jemen,
die Sabäi, mit der reichen, ftarfbefeftigten Stadt
Mariaba (j. Marib); im SW. die Homeritä (Him:
jaritä), mit den Hafenſtädten Muza (j. Mocha)
und Adana (j. Aden); an der Südküſte, wozu die
Inſel Divstoridis (j. Socotora) gehörte, die Cha-
tramotitä, die Bewohner des Landes Hazarmaveth
(j. Hadramaut), mit der Stadt Sabata, einem
Hauptjtapelplag für den Weihrauchhandel; im SD.
die Makä; nördlich von ihnen die Gerrhäi, mit
der Hafenftadt Gerrha. In A. Petraea wohnten
die Amaleliter, Midianiter (Madianitä), Nabatäer
und Idumäer. Im Süden des wüjten A. werden
jeit der römischen Zeit die Saracent (Eaupaxnvoi‘)
genannt; jüdlich von Palmyra waren die Aufitä
(Avsiraı), im A. T. Uz. Das eigentliche Arabien
haben die Griechen und Römer faum betreten; cs
blieb durch Aleranders frühen Tod dem helleni:
ſchen Kulturkreije fern. Eine Erpedition des Alius
Gallus 2524 v. C. gelangte bis unter die Mauern
von Mariaba, ſchlug aber vollftändig fehl. Strab.
16, 767 ff. Plin. 6, 28, 32. Dio (ass. 53, 29.
Sprenger, die alte Geographie Arabiens (1875).
Arabicus sinus, xoArog Aoaßıxoc, weſtlicher
Teil des mare Erythraeum (ſ. d.), zwiſchen Arabien
und Agnpten, in jeinem nördlichen Teil durch das
Bortreten der Sinaitiichen Halbinjel in den Alla:
nitiichen (Stadt Mila, im A. T. Elath) und Heroo—
politiihen (A. T.: Scilfmeer; bier die Stadt
Klysma, j. Suez) Meerbujen gejpalten, jchon von
Herodot (2, 11. 4, 39) genannt, genauer erjt jeit
den Btolemaiern befannt.
Aräbus (Curt. 9, 10, 6), Apapßıog roraudg,
Aoßıe, Fluß in Gedrofien, j. Purally, mündet 1000
Stadien mweitlich vom Indos. Arr. 6, 21,3. An
diejem Fluffe wohnten die Seaßiraı in zeritrenten
Fleden längs der Küfte. Strab. 15, 720. Arr.6,21,4.
Arachne, Wocyrn, eine Indiiche Jungfrau,
färbers, welche von Athene die Webekunſt erlernt
hatte. Sie forderte die Athene zum Wettjtreite
in diejer Kunjt auf und jtellte die Yicbesabenteuer
der Götter in ihrem Gewebe dar. Athene zerrif
erzürnt das Gewebe, jchlug der Ar. vor die Stirn
und verwandelte, als diefe aus Gram jich er:
hängen wollte, diejelbe in eine Spinne (&eagvn).
Ov. met. 6,5 ff.
Aruchosia, Agaywei«. in den ajiyrijch-baby:
lonischen Inſchriften Arakuttu, die jüdöftlichjte Pro:
vinz des perfiichen Reiches, jüdlich von Gedroſia
begrenzt, jetzt Kandahar nebjt den jüdmeftlichen
Zeilen von Kabul, benannt nach dem vom Paro:
paniſos herabjtrömenden Fluß Arachotos, j. Ar:
gandab. Hauptftadt Antiocheia Arachoton, j. Kan—
dahar. Die Bewohner, Apaywrod, waren bejonders
als Reiter befannt. Arr. 3, 8,4. 11,3. 2,6. 6,
17, 3. 5, 11,3. 7, 6,3. Strab. 11, 516.
Arachthos, "4e«ydos, auch Aratthos, j. Arta,
bedeutender Fluß in Epeiros, mündet in den Am:
brafifchen Meerbufen.
Arädos, Ao«dog, 1) die nördlichite phoinikiſche
Stadt, im A. T. Arvad, j. Ruad, auf einer
Felſeninſel, 7 Stadien im Umfange, 20 dom Feſt—
land; von jeher durch ihre guten Seeleute be:
rühmt; unter der Seleufidenherrichaft jeit dem
Verfall von Tyros und Sidon mächtig, mit großem
Gebiet und Aſylrecht, durch eine Belagerung nad
der Schlaht bei Philippi ſehr geichädigt, von
ihrer gegenüberliegenden Feftlandsfolonie Anta:
rados (jpäter Tortoja) überflügelt. Arr. 2, 13, 8.
20,1. Dio (ass. 48, 24. 49, 22. Strab 16, 753.
— 2) Anfel im Berfiichen Meerbujen, j. Arad,
gehört mit Tylus (j. d.) zu den h. Bahreininjeln.
Arae Philaenörum, of ®ılaivor Pwuod, Ort
an der großen Syrte, die Grenze zwijchen den
Gebieten von Kyrene und Karthago bildend, viel
leicht beim heutigen Elbenia; befannt durdy die
VBaterlandsliebe zweier Karthager, die fich hier
lebendig begraben ließen, um ihrer Baterftadt eine
Gebietsvergrößerung zuzumenden. Sall. Jug. 19.
Val. Max. 5, 6.
Arakynthos, Aoaxvrdog, Gebirgszug in Aito—
lien zwijchen Acheloos und Euenos, an den Ab—
hängen fruchtbar, j. Zygos. Plin. 4, 2, 3.
Arar, Aewo, jpäter Sauconna, daher j. Saone,
bedeutender Nebenfluß (rechts) des Rhodanus im
Gallien, entipringt auf dem Mons Bojegus, jtrömt
nah SW., nimmt den Dubis (Doubs) auf und
mündet bei Lugdunum (Lyon) in den Nhodanus.
Caes. b.g. 1,12. 8,4. Zac. hist. 2,59. ann. 13, 53.
Araspas, Aocuonac, Freund des Kyros, aus
vornehmem medijchem Gejchlechte, von heftiger Liebe
zu der Bantheia, der Gemahlin des K. Abradätas
(ſ. d.) von Sufiana, entbrannt. Xen. Cyr. 5, 1 ji.
6, 1,31 ff.
Arätor, freund des Ennodius (j. d.), gebildet
in Mailand und Ravenna, nahm in Nom im
6. Jahrh. die Tonfur und wurde Diafonus. Er
verfaßte ein Epos de actibus apostolorum in
2 Büchern in rhetoriiher Weile und eleganter,
doch durch zahlreiche projodiiche Willfürlichkeiten
entjtellter Form.
Arätos, "Aparos, 1) Sohn des Kleinias don
Sifyon, geb. 271 v. E., wurde nach der Ermor:
dung feines Baters, fieben Jahre alt, nach Argos
gebradht und daſelbſt erzogen. Als er heran:
Aratrum.
gewachien war, jammelte er die Flüchtlinge aus
jeiner Baterftadt um fich, vertrieb mit ihrer Hülfe
den Tyrannen Nifofles aus Sifyon (Plut. Arat.2ff
Pol. 2, 43) und bewog die Stadt, dem achaiiſchen
Bunde beizutreten, welcher dadurd den mafedo-
nifchen Übergriffen gegenüber bedeutend verftärkt
wurde (251), freilich Sifyon auch in die damalige
Politik verwidelte (Plut. Arat. 9). Dadurch auf:
merffam gemacht, ſuchte Antigonos Gonatas von
Makedonien dem Ar. entgegen zu wirken, worauf
diejer jich zu dem ihm befreundeten König Btole-
maios Philadelphos von Agypten begab, welcher
ihn mit einer bedeutenden Geldſumme für die
früher vertriebenen, ihrer Güter beraubten und
nun arm zurüdgefehrten Silyonier unterftüßte
(Plut. Arat. 12 ff). Im J. 245 wurde er zum
Strategen des Bundes erwählt, welcher nun auf
feinen Betrieb die Städte des Peloponnejes für
den Bund zu gewinnen fuchte. Diejes Streben
beunruhigte den Antigonos, und er fuchte den
ägnptiichen König gegen Ar. einzunehmen, aber
vergebens (Z’Tut. Arat. 15). Immer von neuem
zum Strategen gewählt, förderte Ar. zwar die
Zwede des Bundes weniger als Feldherr, da cs
ihm an genauer Kenntnis des Kriegsweſens fehlte,
vielleicht auch an perjönlichem Mute gebrach, als
vielmehr durch Schlauheit und Beftehung. Dabei
war er ausdauernd und berecdmend, jedoch ehr-
geizig. Auch fehlte es ihm an Hochherzigfeit der
Geſinnung, da er andere, welche kräftiger im Han-
deln waren oder beiferen Rat erteilten, oft zum
Nachteil des Bundes verdäctigte oder verdrängte.
Die Menge in Bewegung zu ſetzen und zu be-
geiſtern, wünſchte er nicht und verjtand es auch
nicht. Nach Antigonos Dojons Tode (um 221)
übte er anfangs auf defien Nachfolger Philipp V.
großen und günftigen Einfluß, wurde aber im
N. 213 durch Gift getötet, ald er zum 17. Male
Ziraieg war, da ſein Rat dem König läſtig zn
werden anfing. Pol. 2, 45 ff. 4, 8. 37. 70, 7, 11.
Plut. Arat. 48 ff. Seine wirflichen Berdienfte
febten noch lange den Sikyoniern in dankbarer
Erinnerung, und fie ehrten ihn durch eine Statue
in Korinth. Plut. Arat. 54. Pol. 8, 14. Bal.
Neumener, Aratos aus Sikyon (1885 f.). — Ar.
beichrieb die Ereigniffe feines Lebens und feiner
Zeit in einer Schrift (vrourruara), welche uns
war verloren gegangen, aber von Plutarch und
Polybios gekannt und benutzt worden ift. Bal.
Müller, fragm. bist. Gr. IV p. 21ff. — 2) aus
Soloi in Kilitien, um 270 v. E., Iebte lange Zeit
am Hofe des makedon. Königs Antigonos Gona—
nas, auf dejlen Rat er nad) dem ajtronomischen
Werle des Knidiers Eudoros und nadı Theophraft
ein herametrijches Lehrgediht: Daıvouera vol
Jıoonasie, d.i. Sterneriheinungen und
Vetterzeichen, verfahte. „Der Vortrag ift er:
haben und einfach, doch ohne begeifterten Schwung,
durch den Ton edler Einfalt ausgezeichnet, der
Stil bündig und gemeffen, der Vers forreft und
leicht gegliedert, die Sprache künſtlich und eigen-
tümlich, bisweilen nicht frei von Härten und jelbft
unforret.” Das noch erhaltene Gedicht wurde
don den Alten jehr hoch geichäßt (Cie. de or. 1,16.
r p. 1,14. Or. am. 1, 15, 16): Cicero überjeßte
es als Jüngling (n. d. 2, 41) in lateinische Verſe,
wovon noch Bruchſtücke übrig find; desgleichen ift
die Überjegung des Germantcus auf uns gefom:
— — — — — —— — — —— —— —— — —— — —— — ——— —— — —
117
men; endlich noch eine Überjegung des Rufus
Feſtus Avienus aus dem 4. Jahrh. n. C. Außer:
dem dichtete Ar. noch Elegien und anderes, auch
beichäftigte er fi) mit grammatischen Studien und
beteiligte fih an der Diorthoſe der homeriſchen
Gedichte. — Ausgg. feines Lehrgedichtes von Buhle
(1793— 1801 2 So), 3.9. Voß (1824), Butt:
mann (1826), 3%. Belfer (1828) und Köchly (in
Lehrs’ Ausg. der Poetae bucolici, Bd. 2, 1851).
Arätrum, griech. @eoreo», der Pflug, das Wert:
zeug zum Umwerfen des Aderlandes oder Pflügen
des Feldes, angeblich erfunden von Buzyges oder
Triptolemos. Plin. 7,56, 199. Vom griechiſchen
Pfluge werden uns bei Hefiod (op. et d. 431 ff.)
zwei Arten gejchildert: I) ein fünftlicher, vom
Werfmeifter gearbeiteter, wrnxror &oorgor (Hom.
11.13, 703), aus folgenden Teilen beftehend: einer
Deichjel, loroßoevg'), durch ein Krummholz, yuns*).
verbunden mit dem Scharbaum, fAvue®), in dem
die eijerne Pflugſchar, Brıs oder Hrwict), ftedt;
am Ende der Deichiel befindet fich das Jod) £oyor®),
welches gehalten wird durch den hölzernen Pflod,
Eröpvor?’), und worin die Stiere gejpannt werden
mittelft eines Riemens, ufoaßor '), auch usoaßoror,
oder auch Zuyodesuor; denn es jcheint, daß fie,
mit dem Naden an die Deichjel gebunden, ziehen
mußten. Gelenkt wurde derjelbe endlich mit der
Pilugfterze, Exdrin®). — I) ein natürlicher, «u-
royvov &o., aus einem von Natur frummen Holze,
dergeftalt, daß Deichjel '), Krummholz *), und Schar:
baum °) unmittelbar zujammenbingen und nur die
Pflugſchar und die Sterze hinzugefügt zu werden
brauchten. Pilüge von etwas anderer Konſtruktion
ſ. bei Baumeifter, Denkmäler des Hajf. Wltert. I
T. 1 ©. 10. — Etwas abweichend davon, noch
mehr von dem unjrigen, war Ill) der römische
Plug. Das erfte Stüd davon, das Krummholz,
buris (Boög ove«), gab dem eurynm aratrum
jeinen Namen; man bog dazu wohl zeitig einen
jungen Umbaum im Walde; an einen jolchen Stamm
ward dann oberhalb die achtfühige Deichjel (temo)
gefügt; darunter hängt der Scharbaum (dentale),
118
die Pflugſchar tragend und in der Furche fort:
gehend. Derjelbe hat einen doppelten Rüden
(duplex dorsum), oder bejteht aus zwei, an ber
Pflugichar zufammenlaufenden und hinten etwas
aus einander gehenden Schenteln (dentalia). An
diejen und an dem Krummholze waren in der
vollftändigften Ausrüftung des Pfluges zwei Ohren
oder Streichbretter (aures) befeftigt, die nicht zum
Aufbrehen und Wenden, jondern erft zur Auf:
furchung des bejäeten Aders in hohe Erbrüden
(lirae, daher lirare), und außerdem noch zu
Waſſerfurchen dienten. (Bgl. 3. H. Voß zu Verg. |
@.1, 169 ff.) Die beigefügten Zeichnungen mögen |
es erläutern; die unter Ill) beigefügte Zeichnung
(nad) Voß vor feiner Ausg. der Georgifa) ftellt
ein plaustaratrum vor, wie e8 im galliichen Rätien
und Oberitalien gebraucht wurde. Bier ruht der
buris auf 2 Rädern, was jonft nicht der Fall war.
— Anderes Adergerät find die Egge (occa), eine
durch Ochſen gezogene Hade (irpex), eine zwei:
zahnige Hade (bidens), der Rechen (rastrum), eine
Hade für Gärten und Weinberge (ligo), Schaufeln
(pala, rutrum u. a.); zum Beichneiden die Hippe
(falx, arboraria einfach gefrümmt, vinitaria
frumm, mit einer neben der Klinge angebrachten
Spite zum Stehen und Ritzen); zum Mähen aud)
die Sichel; zum Dreſchen entweder bloß Ochſen,
oder ein Brett (tribulum) mit fteinernen oder
eijernen Erhöhungen nad unten, das von Ochſen
über das Korn gezogen ward.
Arausio, Agavolor, j. Orange, Stadt in Gal-
lia Narbonensis und römifche Kolonie, an der
Straße, die am Rhodanus hinauf nah Vienna
und Lugdumum führte. Hier wurden am 6. Oft.
105 v. E. die Römer von den Eimbern und Teu—
tonen furchtbar geichlagen. Strab. 4, 185. Sall.
Jug. 113. Plut. Luc. 27.
Araxes, Aociẽne, 1) Fluß in Armenien, jet
Aras (Arr.7,16, 3), mündet, mit dem Kyros (Kur)
vereinigt, ins Kaſpiſche Meer an der Weitjeite. —
2) Fluß in der Nähe von Berjepolis, j. Bendemir,
der fi in den Salzjee Bachtegan ergieft. Arr.
3, 18, 6.
Arbäkes, Aoßaxns, 1) nach der medoperjiichen
Sage bei Ktefias affyriicher Statthalter von Medien,
ftürgte mit dem Ehaldäer Beleſys den König Sar-
danapal (ſ. d.) 883 v. E., regierte dann von Ef:
batana aus das medijche Reich 28 Y. lang. Ihm
folgte fein Sohn Mandaufes. Der legte der Dy-
najtie war Asjadas (Ajtyages). Just. 1, 3. —
2) Satrap von Medien und Feldherr des Arta:
rerres Mnemon, zu Kyros übergegangen. Xen.
An. 1, 7, 12. 7, 8, 25.
Arböla, “Aoßni«, 1) alte Hauptjtadt von Nr:
belitisS und meiterhin von Adiabene, links dom
Lykos (oder großen Zab j. Erbil, 60 km. öftlich
von Gaugamela (j. d.), dem Schlachtfeld am 1. Okt.
331 dv. C. — 2) zwei Ortichaften in Baläftina,
die eine weftlih vom See Senezareth, die andere
bei ®adara (j. d.), j. beide Irbid.
Arbiter, von ar=ad und dem alten Verbum
betere = venire (qui in rem praesentem venit',
ein gewöhnlich von dem Prätor beftellter jachver: |
ftändiger Schiedsrichter, welcher nicht wie der
index an die ftrengen Rechtsformen gebunden war, |
jondern nach der aequitas entjcheiden durfte. Cie. |
Rose. com.4. Darum heißen alle freien Wrozeffe |
ohne ftarre Formel arbitria (j. Actio). In älte: |
Arausio — ’Aoyn, ägyev, &oymv, &oyovreg.
fter Zeit fommen arbitri bei Grenzftreitigfeiten
vor (Cie. legg. 1, 21), jodann bei einigen Klagen
ex fide bona. liber den arbiter bei den Griechen
j. dıaırnens.
Arbiter bibendi oder magister, aud) rex
convivii, war der Sympoſiarch, welcher in jrohen
Kreifen, durdy die Würfel zum Präjes ermwählt,
Geſetze gab über die Größe und Zahl der Becher
u. j. w. Hor. od. 1, 4, 18. 2, 7, 25. sat. 2, 6, 69.
Arbuscäla, eine berühmte mima in Rom,
deren Cicero (ad Att. 4, 15) und Horaz (sat.
1, 10, 77) gedenken.
Arca, 1) die große metallene oder wenigftens
mit Eijen beichlagene Geldkiſte (ferrata, Juv. 11,26),
im Gegenjaß zu den bejcheidenen Formen der
loculi, crumena, sacculus. In Pompeji hat
man Uberrefte derjelben in mehreren Atrien ge:
funden. Sie waren fo befejtigt, daß fie nicht von
der Stelle bewegt werden fonnten. Die Gelb:
faften waren jo gewöhnlich, daß man jede Bar:
zahlung ex arca solvere nannte. Der Slave,
welcher in reichen Familien die Kaffe unter ſich
hatte, heißt arcarius. — 2) der Sarg bei Be:
erdigung der Leichen, ebenjo capulus, solium
und loculus. Die Särge waren von Holz, aber
auc von Stein, zum Teil fehr foftbar. — 3) ein
enges Gefängnis, Loch. Cic. Mil. 22, 60.
Arcadins, 1) geb. 377 n. €. in Spanien,
älterer Sohn Theodofins’ des Großen, beftieg im
%. 395 den Thron des oftrömiicheu Kaiſerreichs,
18 Jahre alt. Sein Vertrauter war der zu feinem
Minister von Theodofius beftimmte Gallier Rufi—
nus, nach defien baldigem Tode nach einander
Eutropius, Gainas und die Kaiſerin Eudoria, Ge—
mahlin des ſchwachen Kaijers, die Zügel der Herr:
ichaft führten. Eutropius herrichte ftatt des Arca—
dius von 395—399 und vermählte den Kaiſer mit
Eudoria, der Tochter eines fränkischen Häuptlings.
Während er um die Verteidigung der Grenzen ſich
nicht fümmerte und den Goten Wohnfite ein:
räumte, dagegen den tapferen Stilicho verfolgte,
herrichte er im Innern mit graujfamer Strenge,
bis eine Empörung den Kaijer zwang, den gehaß—
ten Minifter zu entlaffen, welcher bald darauf
eines gemaltjamen Todes ftarb. Darauf regierte
Eudorta im Namen des Kaiſers mit gleicher Grau—
famteit wie Eutropius bis zum 9. 404, wo jie,
betrauert allein von Arcadius, ftarb. Des Kaijers
eigene Teilnahme an der Herrichaft war fo gering,
daß man feine einzige von ihm ſelbſt vorgeſchla—
gene oder ausgeführte Mafregel kennt. Herzens—
gut und janft, aber geiftig unbedeutend, war er
„cin leichtgefügiger Spielball derer, die jeine
Schwächen kannten und ihn zu nehmen wußten“.
Er jtarb im 31. Lebensjahre, am 1. Mai 408.
Bal. Süldenpenning, Geſch. des oftröm. Neiches
unter den Kaifern Arcadius und Theodofins II.
(1886). — 2) j. Arkadios
Arcänum, ein Landgut des D. Cicero im Ge—
biete von Latium, benannt nach der alten volſei—
ſchen Stadt Arcae zwiſchen Arpinum und Fabra—
teria, unweit Minturnae. Cic. ad Att. 5, 1, 3.
ad Qu. fr. 2, 7.3, 1.9.
Aopxargesiaı , bei den Athenern die Wahlen
der Magiftrate, aoyad, jowie die Vollsverſamm—
lungen, in denen die Wahlen jtattfanden. j
‚Aoxn. doxsıv. aoxmv, dgxovrec. |) Bei I
dem Übergange des Königtums in republikaniſche
‚Agxn, Gpysıv, üoywv, üpyovres.
Lerfafjungen fielen die Attribute der königlichen
Gewalt der fortan jouveränen Staatsgewalt zu,
mochte dies nun die Gejamtheit des Volles oder,
in Ariftofratien, eine bevorredhtete Klaffe desjelben
fein. Da nun aber das Volf oder die Gejamt:
beit des Adels unmöglich alle Staatsgejchäfte
jelbft bejorgen fonnte, jo wurden gewiffe Teile
der Verwaltung abgezweigt und verantwortlichen
Behörden übertragen, deren Macht, in früheren
Zeiten bedeutend und der Föniglichen verwandt,
mehr und mehr beichränft wurde, jemehr die ſou—
veräne Staatögewalt jelbjt unmittelbar die Ver:
waltung in die Hände nahm. Dieje verantwort:
lichen (vreudowon) und in ihrem Amte unverletz—
lihen (zum Zeichen deſſen waren jie befrängt),
dem Brinzipe nach unbejoldeten Behörden find
die aorei, ihr Weſen ift das dogs. Ihre At:
tribute gibt Ariſtoteles (pol. 4, 12, 3) folgender:
maßen an: ualıor« Ö’ dg anlüg Eimeiv dor
lenrdov ravras, Ooaıg amodidoru Bovleve-
dal re mepl rıvov xal noivaı nal dmırar-
rsıw xal ualıora ToUro. To yag Önırarrsiv ap-
zıxorego» dor. Dieje Attribute, zu denen noch
die Verwaltung gewifjer Sacra kommt, entiprechen
im allgemeinen den Attributen der römijchen
Magiitrate, referre, iudicare, imperare, natürlid)
innerhalb des gejeßlich bejtimmten Amtskreiſes.
So beichräntte jih in Athen das Nichten in der
nachjolonifchen Zeit, und zum Teil auch jchon
vor Solon, auf den Vorſitz in den Gerichtshöfen
und die Einleitung des Prozeſſes (ſ. 2.). Wie
nah der Amtsniederlegung eine eddvr« folgte,
jo ging dem Amtsantritt eine Prüfung vorher
(doxinacie\, die fich indejlen nicht auf die ander:
weitige Befähigung des Erwählten, jondern nur
auf jeine bürgerliche —— bezog, ob er echt
atheniſcher Abkunft (vurjorog EE aupoiv‘, körper:
lid untadelig, und nicht etwa durch richterliches Er:
fenntnis des vollen Genuſſes der bürgerlichen
Rechte (run) beraubt jei. Auch durfte niemand
zwei Amter zu gleicher Zeit oder dasjelbe Amt
mehrmal® und länger als ein Jahr befleiden
(Demosth. Timoer. 150). Wohl zu unterſcheiden
von den Behörden find die drnoerm Subaltern:
beamte, zu denen die verichiedenen Schreiber (mit
Ausnahme des yoauuarsng ng Boving und des
ye. too Önmov) gehörten; bei diejen fand weder die
Dokimaſie noch die Rechenichaftsablegung (eu#vre)
nach vollendeter Amtsführung vor den Logiſten
ftatt. Die Mitglieder des Rats (vgl. Bovin)
wurden, da fie eine bloß beratende, nur in ganz
beionderen Fällen erefutive und bdirigierende Be—
hörde bildeten, nicht zu den «oral gerechnet. —
3 IT) Archonten, &ero»vreg, Name der oberjten
Behörde in Athen nah Abichaffung des König:
tums. Die mit vielem Sagenhaften gemijchte Er:
sählung von dem Übergange der Monarchie in
die republifanifche Staatsform ift befannt. Nach
Rodros’ Tode wurde, wohl infolge des Streites
zwiſchen ſeinen Söhnen, der Name König ab:
geihafft, und der eine derjelben, Medon, erhielt
die oberfte Staatsgewalt mit dem Titel Archon
febenslänglich und in der erften Zeit wahrjchein:
lih mit den alten königlichen Attributen, während
der andere, Neleus, nach Ajien ging. Im J. 762 v. C.,
mit dem Wachjen der Macht des Adels, wurde
die Regierungsdauer des Archon auf 10 Jahre
beichränft, 714 das Vorrecht der Medontiden auf:
[57
119
gehoben und auf alle Eupatriden ausgedehnt,
683 endlich die Amtsdauer auf 1 Jahr beichränft
und die Gewalt unter 9 jährlich wechjelnde Ar-
chonten geteilt, jo daß das Archontat jegt voll:
fommen zu einer der Ariftofratie (wie jpäter der
Demofratie) unterworfenen Behörde geworden war,
jeder Selbftändigfeit beraubt. Chronologisch jchwie:
rig zu beſtimmen ift die in einem neugefundenen
Fragmente von NAriftoteles®’ Adnralov molıreia
enthaltene Angabe, daß unter dem Archontat des
Damajias der Beichluß gefaßt worden jet, von den
neuen Archonten 4 aus den Eupatriden, 3 aus
den Apöfeıt und 2 aus den Deminrgen zu wählen.
Durch die folonifche Berfaffung ging die Berech—
tigung zum Wrchontat von den Eupatriden auf
die erjte der neuen Vermögensklaſſen, die Penta—
fofiomedimnen, über. Vielleicht jchon durch Klei—
fthenes, wahrjcheinlich aber etwas jpäter, trat ftatt
der Wahl das demofratiiche Los ein; das ältefte
befannte Beiipiel eines erloften Archonten ift der
Polemarch Kallimachos im Jahr der marathonijchen
Schlaht (Hdt 6, 109). Durch Arifteides endlich
wurde der Zutritt zum Archontat allen Klafjen
eröffnet (yeapsı Yapıoux own £ivaı TV
rolırsiav nal Todg Ggyorrag FE Adıvalon
zavıov oigeiohe:, Plut. Arist. 22), als Preis
für die aufopfernde Tüchtigfeit aller während der
Kämpfe gegen die Perjer. Der erjte der Archonten,
nach welchem das Jahr bezeichnet wird, heißt
ſchlechthin 6 &ezwr, aud; erw» Zmwvvuos (ob:
gleich legteres nicht fein offizieller Titel war);
dann haben noch bejondere Namen der Baoılsvg,
der deshalb den Föniglichen Namen beibehielt,
weil gewiſſe heilige Gebräuche ſich zu eng an den
föniglichen Namen anfchloffen, als dag man diejen
entbehren konnte (wie bei den Römern der rex
sacrorum), und der moltuceyor; die übrigen
ſechs heißen Seonoderae. — Bei der Betrachtung
der Befugniffe der Archonten ift vorzugsweiſe die
Zeit nad Solon und Sleifthenes ins Auge zu
faffen. In der Zeit vor der ſoloniſchen Berfaflung
bat das Archontat den Weg von der Füniglichen
Macht bis zu der Stellung oberfter, dem herrſchen—
den Teile des Volkes verantwortlicher Beamten
urüdgelegt. Nad Begründung der Demofratie
ift ihr Amtskreis vorzugsweife auf den Vorſitz (die
Hegemonie) in den Gerichtshöfen bejchränkt, umd
auch dies Geſchäft haben jie mit mehreren andern
Behörden zu teilen, während früher gewiß alle
Gerichtsbarkeit in ihren Händen war. Ihre Ver:
waltungsiphäre ift jehr unbedeutend; politijche
Macht hatten fie weder im einzelnen noch in ihrer
Gejamtheit, nicht einmal das Hecht des Antrag:
ftelens. Der Eponymos hatte jeit Mleijthenes
‘feinen Hof auf der Agora bei den Bildjäulen der
Phylen-Heroen, der Bafileus bei dem Bukoleion
in der Nähe des Protaneion, oder in der oro«
Baollsıos, der Polemard; bei dem Lykeion, die
Thejmotheten bei dem Thejmothefion. Die: Be:
fugniſſe der einzelnen Archonten find: 1) nach dem
doya» (dawvuuog) wurde das Jahr benannt (eine
Sitte, von der man nur 306—297 v. C, abwich,
wo man, um dem Antigonos und Demetrios zu
ihmeicheln, das Jahr nad dem ſeotoe rov ow-
rnoo» benannte). Derjelbe hatte zuerft die Ver:
waltung der großen Dionyſien und Thargelien,
wie denn im allgemeinen die Werwaltung der
großen Staatsfefte als alte königliche Prärogative
[423
6
-]
120
auf die Archonten übergegangen war. Zu diejen
Feten beftimmte er die Choregen. Ebenjo lag
ihm die Bejorgung der großen Theorien, nament:
lich der deliſchen, ob. ee ift vom Könige die
Obervormundichaft, die Sorge für Witwen und
Waiſen und andere jchugloje Perſonen, und damit
verbunden die Ernennung der Vormünder auf ihn
übergegangen. Die gerichtliche Hegemonie hat er
in allen öffentlichen und Privatprozeſſen, die fich
auf das Familienrecht beziehen, jo bei Scheidungs:
Hagen, Erbichaftsangelegenheiten (das Nähere bei
den einzelnen yoxpad und Ixaı). Ebenjo gehör:
ten, jeiner amtlichen Thätigfeit entiprechend, auch
die duadınaaicı yoonyar vor fein Forum.
2) Der Baoılevg (nie pgwv Paoıkevg genannt),
auf welchen die priejterlichen Funktionen des alten
Königtums übergegangen waren und welcher mit
feiner Gemahlin (Baodsır, ſpäter Baallısoa) die
öffentlihen Opfer vollzog, hat die Bejorgung der
eleujinifchen Myſterien, der Lenaien und der An—
thejterien. Seine Jurisdiktion umfaßt alle Prozefie,
die ſich auf religiöſe Angelegenheiten beziehen,
z. B. dattzeicce. ſowie alle Blutgerichte, bei denen
der religiöſe Charakter in der Verpflichtung, die
Blutſchuld zu ſühnen, noch ſehr beſtimmt hervor—
trat. — 3) Der moltuagyoc, Vorſteher der Sacra
der Kriegsgötter, Verwalter der öffentlichen Be:
ftattungen. Früher hatte er gewiß; das alte kö—
nigliche Recht der Anführung des rechten Flügels,
noch zur Zeit der Schlacht bei Marathon Stimm:
recht unter den 10 Strategen (tö nalaıov yao
Ad nvaioı öuöypnpor töv molfunpyov Lmorsüvro
roisı orgarnyoisı, Hdt. 6, 1091. Bei Marathon
gibt der Polemarch Kallimachos den Ausichlag für
den Kampf. Es ift dies die legte Erwähnung
diefes Rechtes. Die Jurisdiktion hatte er in allen,
aus den perjönliden und Familienverhäftnifien |
der Fremden und Metoifen bervorgebenden Pro:
zellen (hostis — hospes), war im allgemeinen
das für die Fremden, was der Archon für die
Bürger. Er ijt mit dem praetor peregrinus in
Nom zu vergleichen. Jeder der drei Archonten
hatte zwei von ihm jelbjt gewählte Beifiger (meo-
edgor). — 4) Die ſechs Theimotheten find nicht,
wie man aus dem Namen jchließen könnte, Geſetz
geber, ſondern ihre Thätigkeit beſchränkt ſich auf
die Vorſtandſchaft in den Gerichten (der Name
bedeutet: Richter). Sie haben eine jehr ausgedehnte
Aurisdiktion in allen den Sachen, die nicht vor
das Forum eines der drei oberen Arcdhonten oder
einer andern Behörde gehören, 3. B. der Stra-
tegen, der Elfmänner. Gemeinſchaftlich haben die
neun Archonten die Jurisdiftion gegen die vom
Volle abgejegten Obrigkeiten, und vielleicht in der
Klage raparounn (f. d.); gemeinschaftlich find fie
ferner unter andern in Thätigfeit bei Erloſung
der SHeliajten und der Athlotheten, bei den Wah—
len der Strategen und dem Dftrafiimos. — Auch
in der römijchen Zeit beitand das Archontenkolle—
gium fort.
Agxny&ens j.Apollon, 3.1. Herakles, 14.
'Aoxsio» war das Amtslofal der Staatsbehör-
den, bejonders das Archiv, in Athen das —
der Tempel der Göttermutter. Paus. 1, 3,
Archeläos, ‘orflaos. 1) Sohn des —
einer der Heraklliden, floh vor feinen Brüdern
nach Makedonien zum Könige Kiffeus, den er, als
derjelbe ihm jeine Tochter und fein Reich jeines
"Aoynyeins — Archelaos.
Verjprechens ungeachtet nicht gab, jondern ihm
durch die Lift einer Fallgrube mit glühenden
Kohlen nach dem Leben trachtete, ſelbſt in dieſelbe
werfen ließ, worauf er die Stadt Wigai gründete.
Hug. fab. 219. — 2) König von Sparta zur Zeit
des Yyfurgos. Hat. 7, 201. — 3) nicht recht:
mäßiger Sohn Perdikkas' des Il. von Mafedonien,
wurde nach Ermordung jeines in rechtmähiger Ehe
gebornen Bruders König von Makedonien 41%
v. C., bezwang 410 die abgefallene Stadt Pydna
und war —— der Athener in der letzten Periode
des peloponn. Krieges. Diod. Sie. 18, 49. Er er:
warb jich durch Beförderung griechiicher Sitte und
Bildung, durch Bau von Landitrafen und Grün:
dung von Städten große Verdienſte um fein Reich
und juchte jeine Frevelthat dadurch in Bergefjen:
heit zu bringen. Auch das Kriegsweſen fürderte
er durch treffliche Mafregeln. _ Männer wie Euri-
pides, Agathon, Choirilos, Zeuris und andere
lebten an jeinem Hofe, und Platon war mit ihm
jehr befreundet. Er ftarb im J. 399. Thuc. 2, 100.
Diod. Sie. 14, 37. Athen. 11 p. 508. 4) Feld.
herr des Königs Mithridates des Großen von
Bontos, ftammte aus Rappadofien und nahm an
allen Kriegen desjelben Anteil. Im J. 87 v. €.
ging er mit einem großen Deere nach Griechen:
land, kämpfte 3 Tage lang mit den Römern im
der blutigen Schlacht bei Chaironeia, eroberte dann
den Hafen Peiraieus, in welchem Sulla ihn er-
folglos belagerte (App, Mithr. 30 ff. Plut. Sull.11f.),
räumte denjelben freiwillig (86) und wurde von
Sulla bei Ehaironeia vollftändig geichlagen. Plut.
Sull. 15—19. Arch. umſchwärmte dann mit jeiner
Flotte die griechiichen Küften und lieferte mit
einem neuen Deere dem Sulla die Schlacht bei
Orchomenos im J. 85, in welcher er eine vollitän-
dige Niederlage erlitt. App. Mithr. 49f. Plut.
Sull. 205. Er entlam jelbft nur unter großen
Gefahren (Plut. Sull. 20f.) und unterhandelte
darauf im Auftrage jeines Königs wegen eines
Friedens im 9. 85. App. Mithr. 54. Plut.
Sul. 22. Sulla behandelte ihn jehr chremvoll,
pflegte ihn jelbjt in einer Krankheit und behielt
ihn längere Zeit bei fich, bis Arch, da Mithridates
die Friedensbedingungen anzunchmen fich weigerte,
ſich zu diefem begab und ihn zu einer perjönlichen
Zuſammenkunft mit Sulla zu Dardanos beredete,
wo der Friede zuftande fam (84). Plut. Sull. 22 ff.
App. Mithr. 54 ff. Liv. ep. 83. Epäter verlieh;
er den Mithridates, der wegen des ungünftigen
Friedens gegen ihn Verdacht geichöpft hatte, und
begab fich im J. 81 zu dem römischen Feldherrn
Wurena. App. Mithr. 64. Plut. Luc. 8. Er joll
noch im 9. 74 gelebt haben. Plut Luc. B.
5) Sein gleichnamiger Sohn erhielt durch Rom:
pejus das angejehene Priefteramt von Komana
in Bontos im 8. 63 v. E., wollte 7 Jahre ſpäter
am Kriege der Römer gegen die Parther teilnch:
men, trat aber dann zurücd und heiratete, indem
er jich für einen Sohn des Mithridates Eupator
ausgab, die Königin Berenife von Agypten, welche
ihren Vater Btolemaios Anletes vertrieben hatte.
Lepterer wurde don dem römiſchen Prätor MW.
Gabinius wieder eingeſetzt und Archelaos befiegt
und getötet. Caes. b. Alex. 66. Cic. Rab. Post.
8, 20, 6) Sohn des vorigen, folgte feinem
Vater im Priefteramt und erregte Unruhen in
Kappadotien, aus weldhem Cicero (Cic. ad fam.
Archemoros —
15, 4) ihn entfernte. Cäſar entjeßte ihn im J.
47 jeines Priefteramtes. Caes. b. Alex. 66. App.
Mithr. 121. — 7) Sein Sohn, König von Kappa—
dofien im %. 34 vd. E. durch Antonius, unter:
ftügte denjelben gegen Octavian, verlieh aber defien
Partei nach der Niederlage bei Actium und wurde
von Octavian in feinem Meiche beftätigt, letzteres
auch noch vergrößert (Dio Cass. 49, 32 ff.).
Tiberins dagegen, der den Archelaos einft in Rom
bei einer Anflage verteidigt hatte, jpäter aber, von
ihm vernachläffigt, mit Haß gegen ihn erfüllt
wurde, rief ihn nach Rom, wo er ftarb, ehe Ti-
berins feine Abjicht, ihm Hinzurichten, ausführen
fonnte, 17 n. E. Tac. ann. 2, 42. Suwet. Tib. 8.37.
Eutr. 7, 11. — 8) Sohn des Herodes, Königs
von Judäa, folgte demielben (4 dv. E.), hatte aber
bald mit den unruhigen Juden zu fämpfen und
ſuchte Hülfe und Beftätigung in Rom bei Auguftus,
an den fich indes fein Bruder Antipas gleichfalls
wendete. Auguftus entichied für Archelaos, gab
ihm die Hälfte des väterlichen Neiches, das er 9
Jahre regierte, und verbannte ihn fpäter nad
Gallien, als die Juden ihn wegen jeiner Grau:
jamfeit beim Kaifer anflagten. Dio Cass. 55, 27.
Archemöros j. Adrastos, 1.
Archeptol&mos, 'orsmrölsuos, Sohn des be:
rühmten Baufünftlers Hippodamos aus Milet, be-
ſaß das atheniiche Bürgerrecht und war ein ange:
jehener Mann. Lys. 12, 67.
Archesträtos, Yozforoaros, aus Gela, in der
Zeit des jüngeren Dionyſios, gehört zu den vielen
gefeierten Schriftftellern in Unteritalien und Sici-
ten über höhere Kochkunst und Wohlgejchmad. Er
ſchrieb kurz vor Ariftoteles eine 'Hövradeıe, eine
ceulinariiche, nach Materien geordnete Geographie
in Herametern, vermutlich im jchalthaften Tone
eines Weltmanns und unter einer dem natur:
wiſſenſchaftlichen Zwecke förderlichen Hülle. Arifto-
teles hat das Werk in feiner Naturgejchichte der
Fiſche benutzt; auch Ennins in den Hedyphagetica.
Sammlung der Fragmente von W. Nibber (1877)
und Brandt (1888).
Archetypum, griech. aorfrumor, das Original,
jowohl von Gegenftänden der Kunſt als von Er:
zeugnijfen der Litteratur, jo des Kleanth (Jur.
2, 7), der Epigramme Martiald (Mart. 7, 10),
fonft auch von Gemälden, Statuen u. dergl. m.
2gql. Mart. 12, 70. Die Liebhaberei damit wurde,
zum Teil jchon in der Zeit des Horaz vgl. sat. 1,8,
91), jo ftarf getrieben, wie heutzutage mit den Auto
graphen, und mancher plumpe Betrug dabei geübt.
ArchYas, 4erlac. 1) ein forinthiicher Heraflide,
der Erbauer von Syrafus, der zuvor nach Wei:
jung des Drafels jeine Vaterſtadt verlafien mußte,
weil er den Knaben Aftaion geraubt. T’huc. 6, 8.
- 2) ein Thebaner, der die Kadmeia dem field:
herrn der Spartaner, PBhoibidas, verriet (382 v. €.)
und dadurch als Polemarh an die Spitze der
ſpartaniſch gefinnten Partei fam. Als aber die
Verbannten unter Belopidas und Melon heimlich
zurüdfehrten, ward er, da er fich durch Freundes:
warnung nicht hatte aus feiner Sicherheit bringen
laſſen, mit feinen Gefährten beim Mahle überfallen
und getötet. Xen. Hell. 5, 4, 2ff. 7,3,7. Plut.
Pel. 5. 7. — 3) Nulus Licinius W., ein
griechifcher Dichter, zu Antiocheta in Syrien um
120 v. E. geb. Er fam 102, ſchon als Dichter
befannt, nach Rom, wo er in vornehmen Familien,
2
_
121
Archimelles.
befonders bei Lucullus, von dem er jpäter den
Gentilnamen Licinius annahm, wohl aufgenommen
war. Bor Ausbruch des marfiichen Krieges (aljo
um 92) ging er mit Lucullus nach Sicilien und
erhielt bei diejer Gelegenheit durch den Einfluß
feines Gönnerd das Bürgerrecht der Incanischen
Stadt Herafleia und jomit, da Herafleia eine mit
Rom verbündete Stadt war, das röm. Bürgerrecht
mit einigen Modififationen. Am %. 62 wurde
ihm dasjelbe durch einen gewiffen Gratius, weil
N. niemals cenfiert worden war, auf Grund der
lex Papia vom %. 65 (f. d.) ftreitig gemacht.
Cicero verteidigte den befreundeten Dichter vor
jeinem Bruder Onintus, der damals Prätor war,
in der Rede pro Archia poeta und erwirfte ge:
wiß feine freifprechung. Aus diejer Rede erjehen
wir, daß A. jchon als junger Menſch den cimbri-
ichen und jpäter den mithridatischen Krieg beſungen
hatte, und daf er damals mit einem die Ereigniffe
während Ciceros Konſulat behandelnden Gedichte
beichäftigt war. Bon diefen Dichtungen ift nichts
erhalten ; dagegen finden fich in der Anthol. Graeca
(1. d.) 35 Epigramme unter dem Namen Archias.
Ob diejelben aber von ihm find, ift zweifelhaft.
Archidämos, Aorldauos, Name fpartanischer
Könige: 1) 9. l. herrichte zur Zeit des zweiten
mefjenischen Krieges. — 2) M. {MR regierte 468
bis 427 v. E. Während feiner Regierungszeit
wurde Sparta von jchwerem Unglüd betroffen.
Im %. 464 verwüſtete ein Erdbeben die Stadt;
gleichzeitig empörten fidy die Meflenier und mit
ihnen die Heloten, weldye den dritten meffenijchen
Krieg erregten, Sparta jelbft bedrohten und fich
in der Bergfeitung Ithome 10 Jahre lang vertei:
digten. Plut, Cim. 16. Thuc. 1, 101 ff. Beim
Ausbruch des peloponnefiihen Krieges ſprach er,
wiewohl vergeblich, für den Frieden und mußte im
%. 441 ein großes Hcer der Spartaner und Pelo—
ponnejier nach Attifa führen, wo er arge Ver—
mwüftungen anrichtete. Auch in den folgenden Feld—
zügen bis 428 führte er das Heer. Thuc. ?, 47. 71.
Plut. Per. 29. 33. Diod. Sie. 12, 42. Nach ihm
wird bisweilen die erfte Periode des pelop. Krieges
(431—421) ald Archidamiſcher Krieg bezeichnet. —
3) A. III., Sohn des Agefilaos und Enfel des
vorigen, befiegte im 9. 367 v. C. die Arfadier
und Argiver in der jogen. thränenlofen Schlacht
bei Midea (Xen. Hell. 7,1,28 ff. Diod. Sie. 15, 72.
Plut. Ages. 33), wurde bon den eriteren 364 ge:
ichlagen, verteidigte dann jeine Waterftadt (362),
als Epameinondas jie angriff, und fiel im J. 338
(am 3. Aug., dem Tage der Schlacht bei Chairo—
neia) in Italien, wohin er den Tarentinern Hülfe
gebracht hatte, im Kampfe mit den Yucaniern.
Plut. Ages.3. Diod. Sie. 16, 63. 88. — 4) W. TV.,
jein Enkel, fämpfte mit Demetrios Poliorketes
(Plut. Demetr. 36); und wiederum 5) defien Enkel
A. V. trat auf die Seite des Königs Kleomenes
im Kampfe gegen die übermächtigen Ephoren, wurde
aber gleich nach jeiner Rückkehr aus der Verban:
nung, in welche er aus Furcht vor den Mördern
feines Bruders, Königs Agis TIL, fi) begeben
hatte, ermordet, 226 dv. E. Plut. Cleom. 5.
Archilöchos ſ. Tambographen.
Archimödes, ‘Aorıundnc. geb. zu Syrakus 287
vb. E., einer der größten Mathematiker des Alter—
tums (6 ungawımoe). In feiner Jugend unterrich-
tet von Konon aus Samos, jpäter von Eufleides
122
in Wlegandreia, lebte er am Hofe des mit ihm
verwandten Königs Hieron von Syrakus, wie es
icheint, ohne öffentliches Amt. Er fand das Ber:
hältnis des Diameters im Kreije zur Peripherie,
das des Körperraums zwiſchen Kugel und Eylınder
und lehrte in feinen Erriften zeol eig opalgas
nal xvAlvdgov, nUunlov uerondg, negl RWvorı-
Hov xal oparposıdiov, nspl Ella» (von ben
Spirallinien, einer feiner jchwierigjten Schriften)
das Wichtigſte über die Verhältniſſe der Flächen
und Körper und die Meffungen der Krummlinien
in den allgemeinen Grundmwahrheiten. Darauf
jortbauend hat er zuerſt für die Theorie der Me:
chanik und Hydroſtatil Bahn gebroden. Die Ent:
dedung, daß ein in eine Flüſſigkeit getauchter
Körper jo viel an feinem Gewichte verliert, als
die Schwere eines gleihen Volumens der Flüſſig—
feit beträgt, weldye er beim Baden machte und
jogleich zur Entdedung des betrügerijchen Zuſatzes
anmwandte, den ein Arbeiter bei einer von Hieron
beftellten Krone von reinem Golde fid erlaubt
hatte, joll ihn jehr glüdlic gemacht und zu dem
befannten Ausrufe: edonx« veranlaßt haben. Die
praftiichen Erzeugniffe im Majchinenbau, die ihm
elangen, mögen ihn jelbft mit ftaunender Begei-
terung erfüllt haben, wenn auch der viel citierte
Ausſpruch: döe uoı mod ara xal nv yiv xıunam
ichwerlih von ihm herrührt. Mittelft des Hebels
zog er ein großes Schiff des Königs vom Lande
ind Wafjer (Athen. 5, 40); er erfand den Flaſchen—
zug, ungyavnua wolvonacror, die Schraube ohne
Ende und die Rafferjchraube (archimedische Schnede),
worin das Wafler kraft eigener Schwere in die
Höhe fteigt, und welche er während eines Aufent:
halts in AÄgypten zum Austrocknen der vom Nil
überjchtvemmten Gegenden anmwandte. Auch rühmen
die Alten das Planetarium, wodurch er die Be-
wegung der Himmelsförper veranjchaulichte. Im
höchſten Maße aber entwidelte er jein Talent
während der Belagerung jeiner Baterftadt durch
Marcellus im zweiten punischen Kriege (Liv. 24,34);
da er freilich die römischen Schiffe aus der Ferne
durch Brennjpiegel angezündet habe, ift eine unmwahr:
jcheinliche, aus jpäter Zeit ftammende Nachricht, die
bejonders durch Zonaras (9, 4), Tzetzes und Eufta:
thios Verbreitung gefunden hat. Bei der Eroberung
der Stadt (212) fand er feinen Tod. Der Um:
ftand, daß allein Plutarch (Mare. 19) drei ver:
ichiedene Berichte über die näheren Verhältniffe gibt,
unter denen der große Mathematiker ftarb, beweiſt,
daß ein allgemein für richtig gehaltener Bericht
hierüber ſchon im Altertume nicht vorhanden war.
Am häufigſten kehrt die Nachricht wieder, N. jei,
in die Zeichnung mathematischer Figuren im Sande
vertieft, troß aller Warnungen des Marcellus von
einem rohen Krieger niedergeftoßen worden. Liv.
25, 31. Val. Max. 8, 7. Plut. a.a.D. Daß er
aber dem eindringenden Römer die befannten
Worte: nnli turbare circulos meos zugerufen
habe, iſt eine hiſtoriſch wertloſe, zuerſt bei Vale—
rius Maximus (a. a. D.), und auch bei dieſem in
etwas anderer Form (noli, obsecro, istum [d. 5.
den Sand] disturbare) erjcheinende Anekdote.
Auf jeinem Grabmal ftand, jeinem eigenen Wunſche
zufolge, ein Eylinder mit einer Kugel darin; aber
ſchon zu Ciceros Zeit Tag Ddasjelbe vergeſſen
und mit wilden Gejtrüpp überwachen da (tuse.
5, 23, 64 ff. — Außer den genannten verfaßte
Archinos — Arcus.
er noch folgende Schriften: von dem Sleichgewichte
der Ebenen und ihren Schwerpunkten, dmımidor
loopoonınav 7) nivroa Bapkov Inınzdav Pıßlla
ß; die Duadratur der Parabel, rrroaywvıonög
rapaßolns; die Sandeszahl oder Berechnung der
Größe der Welt in Sandlörnern, Yauwlıns; von
den jchwimmenden Körpern, wrol rar Öyovusvor.
Alle waren im dorifchen Dialekte abgefaßt; fie find
zum Teil verloren, zum Zeil nur überarbeitet auf
ung gelommen. Ausgg. von Torelli (1792) und
Heiberg (1880 ff., 3 Bbb.).
Archinos, Aezivos, atheniiher Redner und
Staatsmann, war mit Thrajybul bemüht die Herr—
ichaft der Dreißig zu befämpfen und die Demo:
fratie wieder einzuführen, trat aber aud) dem eigen:
mächtigen Thrajybul entgegen. Demosth. Timoer.
742. Aeschin. Ütes. 187. 195. de falsa leg. 176.
Archippos,"Aexırxoc, um 410 v. E., ein Dichter
der älteren und zum Teil der neueren Komödie in
Athen, wird am meiften genannt wegen jeiner
Ixdög, einer Satire auf die Friichliebhaberei der
Athener; auch war er mutmahlich Verfaſſer von
4 dem Nriftophanes fäljchlich zugeichriebenen Ko—
mödien (der ſchiffbrüchige Dionyfos, die Inſeln,
die Dramen od. Niobe, Poeſie). Sammlung der
Fragmente von Meinele, fragm. com. Graec. II
p. 715 ff. (I p. 408 ff. d. Fein. Ausg.), und Kod,
com. Att. fragm. I p. 679 ff.
Architektur j. Baukunst.
Agxı$ewegla |. Leiturgia, 1.
Archjtas, Aorvree, aus Tarent, pythagoreiſcher
Philojoph, lebte zwiſchen 400 und 365 v. C., im
NAltertume berühmt als Mathematiker, bejonders
durch Erfindung der analytiichen Methode und
durch Löſung mehrerer geometriichen (Verdoppelung
des Würfels) und mechanischen (3. B. ein Automat,
die fliegende Taube, (zell. 10, 12) Probleme, außer:
dem aber als Feldherr und Staatsmann. Er fann
weder Schüler des Pythagaras noch Lehrer des
Philolaos, jondern muß vielmehr des letzteren
Schüler gewejen fein, vielleicht zu Metapont (Cie.
de or. 3, 34); er war ein Freund des Platon,
der bei ihm Schuß fand vor den Berfolgungen des
Tyrannen Dionyſios, obwohl er ihn auf jenes
Bitte noch zur dritten Reife nach Syrakus beivog
(Plut. Dion 18). Gegen das Gejeb wurde er
jtetS von neuem (6: oder Tmal) zum Strategen
jeiner Vaterſtadt erwählt und blicb im Kriege un:
bejiegt. Sein Charakter und feine fittliche Haltung
erwarben ihm die größte Hochachtung und den
Namen 6 wgsoßvregor. Cic. Cat. m. 12, 39. tusec,
4, 78. r. p. 1, 38. Val. Max. 4, 1. Daß er
jeinen Tod beim Schiffbruche am VBorgebirge Ma:
tinum gefunden habe, war eine allgemein verbrei-
tete Sage, der aud) Horaz (od. 1, 28) folgt. —
Von feinen Schriften find nur Fragmente auf uns
gefommen, und jelbit diefe zweifelhaft oder unecht;
nach einer Anjpielung des Horaz in der befannten
Ode (od. 1, 28, 1) fünnte er auch mit ähnlichen
Studien wie Archimedes in feinem Yaundens (j.
Archimedes) ſich befaßt haben. Wusg. der
Bruchftüde zugleich mit denen der übrigen Pytha—
oreer von Mullach (fragm. philos. Graecorum
d. 1. 2, 186068). Abhandlungen von Egger
(1833) und SHartenftein (1883).
Arcus (arquus), jedes halbfreisförmig geipannte
Inftrument, daher 1) zum Schießen, der Bogen,
an beiden Enden (cornua, capita) gefrümmt und
Ardea — Areia.
mit der Schne (chorda) verjehen; als Kriegswaffe
einer Gattung des leichten Fußvolls, den Bogen:
ſchüten, dienend, die auf 150 Schritte jo wirkſam
hoffen, daß die Pfeile durch den garni und
die Schilde drangen; dgl. übrigens ffen, 7.
— 2) jeder natürliche, © einen halben Kreis bildende
Bogen, wie der Regenbogen (Verg. G. 1, 380 f.
Hor. ep. 2, 3, 18. Liv. 30, 2), und jeder
mauerte, gewölbte oder fonft fünftlih gebildete
ge: | niterfriege verwüftet; angeblicher Si
123
mii Severi, auf dem Forum am Fuße des Capitol.
Hügels, mit zahlreichen Reliefs; A. Gallieni und
A. Constantini, 312 n. E. vom Senate errichtet
und am beiten "erhalten; andere zu Saint-Remy,
Drange, Ariminum, Ancona u. j. m.
Ar ön, Aodia, 1) alte Hauptftadt der Rutuler
in Latium, jeit 442 v. E. röm. Kolonie, im Sam:
des Turnus
und Begräbnisftätte des Yineiad. Es lag in un:
Bogen, befonders der Triumphbogen,'die Ehren: — Gegend auf einem Berge, 18 Millien von
—— zu Ehren eines ſiegreich einziehenden Feld—
ſpäter namentlich zur Verherrlichung der
— errichtet. Anfangs waren dieſelben ſehr
einfach, gehauen oder von Ziegelſteinen erbaut
(Cie. Verr. 1, 7. 2, 68); ſpäter dagegen mit
immer größerer Pracht, aus Marmor, im ganzen
vieredig, gewöhnlich mit einem gewölbten Deus
durchgang in der Mitte und Nebendurcdhgängen zu
beiden Eeiten. Dazu fam der Schmud von Säulen,
Statuen und Trophäen, die ſelbſt noch auf der
Oberfläche eines Aufſatzes über dem Hauptgefimie
(Attica) angebradt waren. An der Attifa ift die
Widmungs-Inſchrift angebracht. An der mittleren
(oder bisweilen einzigen) Wölbung ſchwebten Sie—
gesgötter, die herabgelaffen wurden und dem hin:
durchfahrenden Triumphator den Siegesfrang auf
das Haupt jegten. Erhalten haben ſich von ſolchen
Triumphbögen in Rom folgende fünf: Arcus Drusi,
zu Ehren de3 Nero Claudius Druſus anf der via
Appia (Suet. Claud. 1), j. am Thore ©. Sebafti-
ano; A. Titi, als Andenfen an die Zerjtörung
Jerufalems, am Fuße des Palatinijhen Hügels
über der Sacra via, ausgezeichnet durch feine
ihönen Skulpturen, "namentlich durch die Dar-
ftellung des Triumphzugs und der darin auf:
geführten Prachtitüde aus dem jüdischen Tempel,
des Schaubrottifches, des fiebenarmigen Leuchters zc.,
neuerdings auf fefteren Fundamenten wieder auf:
geführt (j. die obenftehende Abbildung); A. Septi-
om. Liv. 1,57.4,11. Verg. A.7,409. %. Ardea.
— 2) Drt in Nätien, j. Urdez im Bintihgau. —
3) Stadt in Perfis, Füdweftli von Perjepolis.
rderikka, Aodegıxxa. 1) nad Hdt. 1, 185
ein Ort in der Nähe Babylons, den durch Anlage
der großen Schleufenwerfe der Euphrat dreimal
durchfloß. — 2) Ort bei Suja, wohin Dareios die
gefangenen Eretrier verpflanzte. Hdt. 6, 119.
Ardeskos, "Aodnoxog, Sohn des Dfeanos und
der Tethys (Hesiod. theog. 345), Nebenfluß des
Iſter im europäiichen, Sarmatien.
Ardettos, Aedntrös. Ort und Dügel
am linfen Ufer des Jlifjos, wo jäh A r Heliaſten—
eid geſchworen wurde, wahrſcheinlich an der jüdl.
Langjeite des Stadion (ſ. Attika, 14.)
Arduenna silva, jetzt Ardennenwald (von dem
feltiichen arddu, die Höhe), Gebirge in Gallien,
welches ich dom Rhein und den Zrevirern bis
an die Grenzen der Nervier (Caes b. g. 6, 29)
und Remer erjtredte und (daj. 6, 33) jogar bis
an die Schelde reichen follte. Die von Cäjar an:
— Länge von 500 Millien iſt für den geraden
* chnitt zu groß.
rdys, Aodvs. 1) lydiſcher König um 760 v. C.,
se viertlegte aus dem Geſchlecht der Sandoniden
oder Herafliden. — 2) Sohn und Nachfolger des
Gyges (j. d.), mad Herodot (1, 155.) 678-629,
warſcheinlich c. 650-615 v. C., mußte im Kampf
gegen die Kimmerier (j. d.), welche ganz Lydien
mit Ausnahme der Burg von Sardes eroberten,
fi) wieder dem afiyriichen König Aflurbanipal
unterwerfen.
Arda (auf Jnfchriften auch aria), von arere, Dürr
jein, daher jeder trodene oder trodengelegte freie
Blaß, bejonders zur Aufnahme von Gebäuden und
Srabmälern, Bauplaß (Liv. 1, 56. Hor. ep. 1,
10, 13), aber auch der abſichtlich freigelaſſene
Raum zwifchen Häujern und Straßen, Hofraum,
Spielplaß (Liv. 23, 3. Plin. ep. 2, 17,4. Hor.
od. 1, 9, 18). Vorzugsweiſe hieß aber jo der
trodene, feitgeitampfte oder gewalzte (bisweilen
auch gepflafterte) Pla in der Nähe des Wirtſchafts—
hofes zum Dörren und Drejchen des Korns, die
Tenne, griech. alo«, poet. KAwe, in {uftiger Er:
höhung und meiſtenteils abſchüſſig gelegen. Bier
wurden, wie noch jetzt vielfach in Ägypten, Griechen:
land und Stalien gejchieht, die abgejchnittenen
Ahren mit Lafttieren und Drejchwagen, tribulae
(von terere), oder Schleifen, trahae, ausgedrojchen,
bisweilen mit Stöden oder eig (baeuli,
fustes, perticae) ausgeſchlagen. Die Spreu wurde
durch Worfein vor dem Winde (ventilare) entfernt.
Vgl. Voß zu Verg. @. 1, 176 fi.
Arela, 4orle, altperi. Haraiva, fruchtbare Hoch—
en a jüdl. von Baltriana, mit dem Fl.
reios (j. Herirud) und der von Alexander ge:
gründeten Hauptjtadt Alerandreia Areion (j. Herät).
Strab. 11, 510 f. 514 ff. Die Bewohner h. "Ageıor.
bei Athen
—
*
—
124
Areiopägos, ö "Aosıos wayog, 1) Hügel in
Athen, weftlich der Afropolis, ſ. Attika, 11.—
2) der ältefte und berühmtejte Gerichtshof in Athen,
zugleich ein Staatsrat mit politischen Befugniffen
(aljo diıxaornoror und Born), hatte feinen Namen
bon dem unter 1) genannten Areshügel, auf dem
er feine Sigungen Bielt (daher n £E Apslov mayov
od. dv Apsio naym Bovin, to Ev Ag. m. avr-
£dorov; Areum indicium, Tar. ann. 2, 55). Der
Urjprung desjelben wird bis in die mythiſche Zeit
zurüdgeführt (Prozefie des Ares wegen Ermordung
des Halirrhotios, des Sohnes des PBojeidon, und
des Dreftes, bei dem Athene jelbjt, nach Aiſchylos
in den Eumeniden, für ewige Zeiten diejes Gericht
einjeßt). Dieſen im Bewußtſein der Nation be-
gründeten Mythen widerjprechen die Nachrichten,
die ihn zu einem von Solon eingejegten Anftitute
machen, wie 3. B. Eicero (off. 1, 22) demjelben
wegen dieſer Einrichtung ein höheres Verdienſt
um den Staat zufchreibt als jelbft dem Themi—
ftoffes. Der Hauptgrund diejer Umficherheit in
der Auffaſſung des Areopags und feiner Wirt:
famfeit Tiegt darin, da feine hohe Stellung und
umfafjende Gewalt in die Zeit vor Perikles fällt,
über die wir nur ſpärliche und unvollftändige
Nachrichten haben. Daher läht fich auch fein Ver:
hältnis zum Rat der 500 und zur Volksverſamm—
lung nicht ficher angeben, noch jeine richterliche
Kompetenz gegen die der heliaftiichen Gerichte genau
abgrenzen. Nur das erfennen wir aus underwerf:
lihen Zeugniffen, daß er ebenjo wie jpäter die
Nomophylakes das Necht hatte, jein Veto einzu:
legen, wenn ihm eine Mafregel nachteilig oder
geſetzwidrig jchien, um entweder die Abftimmung
oder die Vollſtreckung zu verhindern. — Für das
höhere Alter des Areopags jpricht auch unzmeifel:
haft ein Gejeh des Solon, wonad von der allge:
meinen Ammneſtie, mit der er jeine Geſetzgebung
vorbereitete, unter andern die ausgeſchloſſen wurden,
welche vom Areopag verurteilt waren. Die Schwie-
rigfeit [öft fich, wenn man die doppelte Stellung
des Areopags als Gerichtshof und als Staatsrat
ins Auge faht. Als Gerichtshof über Blutſchuld
beitand er unzweifelhaft jchon jeit uralten Zeiten
‘‘. au 'Eopäraı) Solon benutzte aber das alt
ehrwürdige Anſehen diejes berühmten Gerichtes, um
darauf ein einflußreiches politiiches Anftitut zu
gründen, indem er ihn zum Aufſeher über die
ganze Staatsverwaltung, Über öffentliche Zucht und
Sitte und zum Wächter der Gejege machte (Imi-
sxonor aravror xal puilaue tor vouwv End-
Bıosv, Plut. Sol. 19). Erhöht wurde das Anjehen
des Areopags noch durd die im Verhältniſſe zu
den übrigen Einrichtungen des Solon ariftofratiiche
Beſetzung, indem er aus den gewejenen Archonten
beftand, die nach vollendeter Amtsführung ihre
Rechenschaft abgelegt hatten, jo daß aljo in der
Seit bis Arifteides nur angejehene Bürger aus der
ersten Vermögensklaſſe ihm angehören durften
vgl. Aprn, 3.); vielleicht hatten die Archonten
ſchon während ihrer Amtszeit Sitz und Stimme
in ihm (wie die röm. Beamten im Senate). Mit
Areiopagos.
bei; das Heiligtum der Eumeniden lag unmittelbar
am N., die Areopagiten hatten die Sorge für ihren
Kult und ernannten deswegen aucd die Hieropöen
für die ihnen darzubringenden Opfer. Außerdem
waren ihnen uralte Saßungen und Heiligtümer
anvertraut, auf welchen ein geheimmisvolles Dunfel
ruhte, und an welche man das Heil des Staates
gefnüpft glaubte. Auch jollten fie die Heilighaltung
der Staatsreligion überwachen und bemerfte Über—
tretungen ahnden. — Die richterliche Kompetenz
des Areopags begreift bejonders die porına in ſich.
Er richtete über vorjäglichen Mord, vorjäßliche Ber:
wundung, Branditiftung und Giftmijcherei, wenn
die Tötung erfolgt iſt (Gejeh des Solon bei
Demosth. Aristoer. p. 627: Jıxafeır dt {mw
BovAnw tiv Ev Ageio nayo povov nal rgadun-
tog Ex noorolag nal nupxaläg nal papuaxwr
av rıg amoxreivn dovg). Auch über aofßsıc
hat er zuweilen gerichtet, im einzelnen andern
Fällen vielleicht — beſondern Auftrags. Die
Klage wurde beim BaoıAsrs eingebracht. Bon dem
Augenblide an war der Angeflagte von dem Be:
fuche aller öffentlichen Orier ausgeichloffen: in
3 auf einander folgenden Monaten trat dann
eine Vorunterfuchung ein (mgodınaada). Sodann
wurde im vierten Monat an einem der 3 letzten Tage
desjelben (nicht, wie Lukian behauptet, bei Nacht)
unter freiem Himmel über den Mörder gerichtet
(denn es durfte der mit Blutichuld Beladene nicht
unter Einem Dache mit dem Ankläger und Richter
verweilen), wobei Kläger und Angeklagter, auf
2 unbehauenen Steinen, jener auf dem Addoe
avaıdeiag oder der Unverſöhnlichkeit, dieſer auf
dem Aldos TBoswg oder des Frevelmutes ftehend,
die Wahrheit ihrer Ausſage mit furdhtbarem Eide
beichwören mußten. Zwei Reden waren jedem ge:
ftattet. Bor der Schlußverhandlung konnte der Be-
klagte (außer dem Watermörder) fich durch frei-
willige Verbannung der Verurteilung entziehen.
Nah den Verhandlungen wurde das Urteil ge—
iprochen, das auf Tod oder Eril lautete. BeiGleich—
beit der Stimmen erfolgte Freiiprechung (caleulus
Minervae). — Daß die politiſche Stellung des
Nreopags eine ſehr einflußreihe war, haben wir
aus den oben angeführten Worten des Plutard)
gejehen, wo er als dmiorarne warro» xal puln&
ro» von» bezeichnet twird. Die Worte deuten aber
ihon an, daß * Befugniſſe ſchwerlich ſehr ſcharf
begrenzt geweſen ſind. Das Anſehen, deſſen er als
alter berühmter, durch Mythen geheiligter Gerichts—
hof genoß, und das erhöht wurde durch die hervor—
ragende Stellung ſeiner Mitglieder, mußte ſeinen
Ratſchlägen (brournuerısuol, weil ſie ſchriftlich
gegeben wurden) auch in politiſchen Angelegen—
heiten Geltung verſchaffen. Worauf ſich ſeine Wirf-
iamfeit aber bezog und wie weit jie ging, läßt
jich nicht genau angeben, eben weil es wohl nicht
genau feftgeftellt war. Wir finden, daß er die
Aufficht über Maße und Gewichte, über Baupolizei,
über fremde hatte. Bor der Schladyt bei Salamis
bringt er das Geld zur Yöhnung der Schiffsmann-
ichaft auf, jo daß Cicero jogar mit etwas unge:
Recht Tonnte aljo der Geſetzgeber diejen Gerichtshof | nauem Ausdrud jagt: Est enim bellum gestum
und den Mat der 500 mit Ankern vergleichen, | consilio senatus eius, qui a Solone erat con-
die den jchwanfenden Staat halten follten.
Zu | stitutus (off. 1, 22).
Den Antiphon, der, des
dem hohen Anjehen des A. trug auch jeine nahe | Bürgerrechts beraubt, wie Demofthenes fagt, um
Beziehung zur Religion, insbeiondere zu dem Dienfte | die Neoria im Intereſſe des Philippos zu ver:
der „ehriwürdigen Gottheiten‘ (Zeuvad) weſentlich brennen, in die Stadt gelommen war, ließ er er:
=
Areithoos
greifen und jtellte ihn vor Gericht, das ihm ver—
urteilte. Dem. de cor. p. 271. Aiſchines war
zum Syndikos für das Heiligtum in Delos er:
nannt worden; der Areopag verwarf ihn als einen
Verräter und bewirkte, daß Hypereides gewählt
wurde. Hier übte er dem Volle gegenüber fein
Hecht aus, jondern handelte für dieſen bejonderen
Fall im Auftrage und mit Vollmacht des Volkes
(as mgosllsche xanelonv [env 2& Agsiov nayov
Povirv] xal ro moaynarog nvolav dmoıjoars,
Dem. de cor. p. 271). Überall alfo erſcheint er
mächtig dur das Vertrauen, das er genieht. Bei
diejem Anſehen des ariftofratiich beſezten und
fonjervativ gejinnten Areopags richteten jich gegen
ihn bejonders die Angriffe der Demofratie, und cs
gelang ums Jahr 460 v. C. dem Perikles, denjelben
durch Ephialtes jeiner politiſchen Madt zu *
rauben (Eyıdırov ng0E0TWrog apsikovro eng 3:
Agsiov mayov Boving rag xolasıg minv öllyav
ünacas, Plut. Cim. 15; vgl. Plut. Pericl. 9 und
andere Stellen). Auf diejen Angriff beziehen fich
manche Stellen in Aiſchylos Eumeniden, der ſich
des Areopags als einer der Säulen der Ord—
nung und bes Rechtes tkräfti annimmt (683. 684:
foraı Öb al ro Aoımov Alyewg oroaro del dı-
xactar rovro Bovlsvurngor, und die ganze fol-
gende Stelle). Worin die Schwächung der Macht
des Areopags bejtanden hat, läßt ſich nicht ganz
miſche Gott des Schladhtengetümmels,
—- Ares. 125
thoo8 war in jenem Hohlwege. Paus. 8, 11, 4.
Mit Philomeduja zeugte er den vor Troja käm—
pfenden Menefthios. Hom. Il. 7, 8. 136 ff.
Arölas, oder Areläte, Arelätum, Agekcen, jebt
Arles mit bedeutenden Ruinen, in 'Gallia Narbo-
nensis, zu beiden Seiten des Nhodanus, blühende
Handelsjtadt und jeit 46 v. E. römijche Kolonie
unter dem Namen colonia A. Sextanorum (von
den Veteranen der 6. Legion), nach der Bergröße-
rung durch Conſtantin d. Gr. auch Eonjtantina
genannt. Caes. b. ec. 1, 36. Muet. Tib. 4.
Aremorica, jpät erſt Armorica (d. h. Zand am
Meere), das galliiche Küftenland zwiſchen Liger
und Sequana, dejjen Einwohner Aremoriei heißen.
Caes. b. g 5, 53. 7, 75. 8, 31.
Aröna, der mit Sand beftreute Kampfplag im
Ampbi itheater, wo die Gladiatoren fämpften; durd)
den Sand (bisweilen auch Sägejpäne) jollte das
Ausgleiten der Kämpfenden, arenarii, verhindert
werden. Das Wort fteht auch für das ganze Am—
phitheater und für den Kampf jelbjt, namentlich
auch zum Unterjchiede von den ludi scaenici (Suet.
Tıb. 35. Calig. 30), und bezeichnet übertragen
jeden Kampf: und Tummelplag. Plin. ep. 6, 12.
Flor. 4, 2, 18.
Ares, "4ens, Mars, Sohn des Zeus und der
Hera (Hesiod. theog. 922), ift bei Homer der ftür-
dem nichts
jiher ermitteln, da die alten Quellen fich über | lieber ift ald Kampf und verderblicher Streit und
diefen Punkt nicht recht klar ausiprechen und zum | Männermord; er hat den ftreitfüchtigen und unnach—
Teil im Widerjpruch mit einander ftehen. Es
handelt jich bei diejer Srage bejonders darum, ob
er der Blutgerichtsbarfeit beraubt worden ijt, wo—
für ſich einiges anführen läßt. Indeſſen iſt es
doch wahrſcheinlich, daß die Blutgerichtsbarleit,
ſchon wegen des heiligen, altertümlichen Charakters |
derjelben, ſtets bei dem Areopag geblieben ift (Dem.
Aristoer. p. 641: uöôvor ro ÖınaorugLov [zo dv
Ageio nayo] ovðxl zugavvog, ovᷣK ölıyagzia, 0%
önnoxgaria zug povınas dinag apehtodeı terol-
une», alla mavteg aodEvioregov av zo dixarov
sugeiv nyodrzau negl toVrwv avrol Tod map«
tovrorg evonutvov dınalov‘. Sicher iſt es da:
gegen, daß er jeiner politiichen Macht beraubt
wurde, des Einflujjes auf die Volksverſammlung
und die Verwaltung, daß ihm aljo die misieraı
»olssıs (nicht im ftreng juriftiichen Sinne zu ver:
ftehen) genommen find. Aber jchon während des
veloponnefiichen Krieges mu er feine alte Macht
zum Teil weni —— wiedergewonnen haben. Daß
er nach dem Sturze der Dreißig ſo einflußreich
wie früher geweſen ſei, beſagt nur das Einſchiebſel
bei Andoc. myst. $ 83 (dmipelsicho 7 PovAn n
7: Agsiov Adyov ww vöum», Onus av al apyal
tols asıuevorc vouos zowreaı). — Auch noch
zur Zeit der Römer genoß er das höchſte Anſehen
Cic. n. d. 2, 29) und hatte großen Einfluß auf
die Staatsangelgenheiten und überhaupt auf die
Bürger (Taec. ann. 2, 55). — gl. Philippi, der
Areopag und die Epheten (1874.
Areithöos, Aenidoog, König im boiotijchen
Arne, ein gewaltiger Krieger, genannt Keulen—
ihwinger (“opvrnens), weil er mit einer eijernen
Keule focht. Der artadiiche König Lykurgos über:
fiel ihm in Arkadien in einem Hohlwege, erichlug
ihn und nahm ihm die Waffen ab, die er bei jei-
nem Tode jeinem Diener Ereuthalion hinterließ;
diejen erlegte jpäter Nejtor. Das Grab des rei:
giebigen Sinn jeiner Mutter geerbt. II. 5, 889 ff.
Umerjättlich im Kriege und ohne Intereſſe für, das
Recht ftürmt er von einer Partei zur andern («Alo-
rpoGall.og), begleitet von feiner Schweiter Eris
und einen Söhnen Deimos und Phobos (Furcht
und Schreden). Darum ift er jelbit jeinem Bater
Zeus der verhaßtefte der Götter, und Athene, die
Söttin der geordneten Schlacht ift jeine erbitterte
Gegnerin, die ftets den Sieg über ihn davonträgt.
Il. 5, 840 ff. 20, 69. 21, 391 ff. Der Auffaſſung
des Homer folgt im allgemeinen die jpätere Zeit.
Er bleibt der männenvürgende Kriegsgott, dem es
ewöhnlich einerlei iſt, wofür er kämpft. In dem
äten homeriſchen Hymnos auf Ares dagegen, der
den Gott zugleich mit dem Planeten gleiches Na
mens vermengt, heißt er Schirm des Dlympos,
Vater des jchönerrungenen Sieges, Helfer der
Themis; er ift aljo hier ein Kämpfer für höhere
Intereſſen. In ältejter, vorhomerifcher Zeit war
Ares eine chthoniſche (unterirdijche) Naturgottheit,
die Segen und Verderben bringen fonnte; doc
hat ſich in der Folge die verderbliche Seite in
jeinem Wejen vornehmlich herausgebildet. Diejer
chthoniſche Ares, der bie und Seuchen über die
jündigen Menſchen brin igt erſcheint beſonders in
den alten thebaniſchen Sagen, und es iſt wahr⸗
ſcheinlich, daß die alten, vorhomeriſchen Sänger
von Thebaiden, welche die unheilvollen, von Ares
über Theben verhängten Kriege beſangen, zuerſt
die Idee eines verderblichen Kriegsgottes einſeitig
ausgeprägt haben. Auf den alten Naturgott ſcheint
fi) die Sage von der Feilelung des Ares durch
die Aloaden (j. d.) zu beziehen. — Ares, der
fräftige Kriegsgott, war Freund und Beliebter der
Aphrodite, mit ihr zeugte er die Harmonia, Ein
tracht, den Eros und Anteros, Deimos und Phobos.
— Der Kult des Ares war im allgemeinen in
Griechenland wenig verbreitet; auch waren Statuen
126
von ihm jelten, häufiger bei den Römern. Er
wurde dargejtellt als eine jugendlich fräftige Ge:
ftalt mit breiter Bruft, ftarfen Schultern und
düfteren Zügen, auf dem Kopfe den Helm. — Mit
Ares wurde der römische Kriegsgott Mars (Ma-
merse, Mavors) identifiziert. Dieter war einer der
vornehmften Götter der römischen Staatöreligion
und bildete mit Jupiter und Quirinus einen Drei:
verein bon friegeriichen, ftaatsjchirmenden Gott:
heiten, die in der Schlacht um den Sieg angerufen
wurden. Als Bater des Romulus war er Vater
des kriegeriſchen Volkes (Mars pater, Marspiter)
und verhalf ihm durch das Glüd der Schlachten
zur Herrichaft über die Welt. Sooft ein Feld—
herr zum Kampfe auszog, ging er zu jeinem
Tempel, und indem er dajelbft die heiligen Schilde
und den Speer des Gottes bewegte, ſprach er:
Mars, wache! Als der friegerijche Gott hat er
den Beinamen Gradivus, der in den Kampf
Vorjcreitende, und Quirinus, der Speergott.
Auch eignet er ſich vor allen zum Rampfeshort
der Wettjpiele
mit friegeri-
ſchen —2
So wurden
ihm zu Ehren
am 27. Febr.
und in den
erften Tagen
des März die
Equiria ge:
feiert. Wie
aber der grie:
chiſche res
aus einer Na:
turgottheit
allmählich zu
einem Kriegs—
gott geworden
ist, jo iſt aud)
bei den Rö—
mern die Idee
des Mars als
Ktriegsgott
auf einem
breiteren Bo:
den erwach—
fen. Mars war von alter Zeit her auch ein Gott,
der zur Natur in mannigfacher Beziehung ftand, ein
Natur: und Jahresgott, der im Frühlingsmonat
‘Martius) waltet, der, wie die Menjchen vor jedem
Schaden, jo die Fluren vor Berödung und die
Herden vor Seuden und dem Wolfe bewahrte. |
Diejen Beichirmer der Fluren riefen die Arval: |
brüder am Feſte der Dea Dia und der Ackers—
mann bei feinen Ambarvalien an; dem friegeriichen
Schirmer der Stadt dagegen galt am 1. März der
Zug der Salier durdy die Stadt ſelbſt. Be:
gleiter des Mars waren feine Gemahlin Neriene
(Stärfe), die Molä (Hampfesmühen) und Ballor
und Pavor (Seiuog und Bößos). Heilig war
ihm der Wolf und der Spedt, jein geweihter
Baum die Eiche. — Pie Abbildung zeigt Ares
mit abgelegten Waffen in bequemer Stellung aus:
ruhend; ein Eros jpielt ihm zu Füßen (berühmte
Statue der Billa Yudovifi).
Aretaios, Aperaiog, genannt Cappadox, ein
in Rom gegen Ende des 2. Jahrh. n. E. lebender
Aretaios — Areus.
griech. Arzt, der durch jcharfe Beobachtungsgabe
und Tiefe der Auffafjung ſich auszeichnete, und
von welchem wir 1) vier Bllcher neol alrıor xal
onusio» OEfwv xal zporio» nad» und 2) ebenio
viele Bücher weol Begansiag oklmr „al ypovior
radov in lüdenhafter Gejtalt befigen. Ausg. von
Ermerins (1847); deutiche Überjegung von Mann
(1858).
Aretalögus (im Griech. nicht vorfommend ),
Tugendſchwätzer, dem Sinne nad) ſ. dv. a. Märchen:
erzähler (fabulator, Suet. Oct. 78), Aufichneider,
Windmacher, scurra, yeAmrorosög, Bezeichnung
jener philojophiichen Schwäßer, die ein Gewerbe
daraus machten, bei den Gaftmählern der Reichen
von ihren Tugenden und Thaten hochtönende Be:
Ichreibungen zu machen, denen ihr Leben wider:
ſprach. Sie gehörten zu den Hofnarren der alten
Welt und dienten neben Mufit und Schaufpiel zur
Ergegung der Gäſte beim täglichen Mahle des
Auguft (Suet. Oct. 74).
Arötas, Agfras, 1) Fürſt der Nabatäer in
Arabien, darauf König von Koileiyrien, ftarb im
%. 79 v. E. — 2) König der Nabatäer in Arabien,
befriegte die Römer in Syrien, wurde aber von
Pompejus im 3. 64 dv. E. angegriffen und ge:
ichlagen (Plut. Pomp. 41); als er ſpäter den Krieg
wieder aufnahm, wurde er von Bompejus’ Legaten
Scaurus in feiner Hauptſtadt Petra belagert, bis
er ſich mit einer Geldfumme löfte. Aber auch in
ipäterer Zeit griff er noch oft die römischen Be-
figungen an. App. Syr. 51. — 3) König der
Nabatäer, geriet mit Herodes Antipas in Streit
und wurde von demjelben bei Tiberius angeflagt.
Der gegen ihn beabfichtigte Feldzug unterblieb,
da der Kaiſer inzwijchen Hard.
Arete, 1) Aerrn, |. Alkinoos. — 2) ’Agern,
Tochter des älteren Dionyſios von Syrafus, zu—
erſt vermählt mit Thearidas, dann mit ihrem
Oheim Dion, darauf genötigt den Demofratos zu
heiraten. Dion nahm jie 365 v. E. wieder in
jein Haus; nad) defjen Ermordung wurde fie erft
in Gefangenschaft gehalten und dann im Meere
erträntt. Plut. Dion 6. 21. 51. 57. 58.
Arethüsa, ‘4ofdovoa, 1) Quelle Siciliens auf
der Inſel Ortygia (vacos), einem Teile von Sy:
rahıs, die einen unterirdifchen Zufammenhang mit
dem Alpheios (j. d.) im Peloponnes haben jollte.
Strab. 6, 270. — Bon den andern zahlreichen
Duellen diejes Namens find zu merken: 2) auf
Jthafa (Hom. Od. 13, 406 ff.), jetzt Lebado. —
3) auf Euboia bei Chalfis (Eur. Iph. A. 168).
— 4) in der Nähe von Theben in Boiotien (Plın.
4, 7, 9). — 5) bei Argos im Peloponnes. — 6) in
Elis im Peloponnes am unteren Alpheios. Dem
Mythos nach badete fich diefe Nymphe, von der
Jagd ermattet, im Alpheios, wobei der Flußgott
jich in fie verliebte und fie verfolgte, bis Artemis
die Erde öffnete und fie als Quelle auf Ortygia
hervoriprudeln lich, wo fich der Flußgott mit ihr
vereinigte. Verg. @. 4, 344 ff. (j.1.). — Bon den
Städten dieſes Namens lag die eine in Mafe-
donien in der Gegend von Amphipolis, die andere
in Syrien zwijchen Epiphania und Emeja (j. Reftan).
Areus, Agsvg, König von Sparta von 309—
265 v. E. (Diod. Sie. 20, 29), führte im Bunde
mit Btolemaios II. von Agypten einen Krieg gegen
Aitolien, erlitt aber bet Kirrha eine gänzliche
Niederlage. Im 9. 272 befreite er Sparta von
Argaios — Argonauten.
dem Angriff des Pyrrhos und half dann gegen
ebendenjelben Feind den Bürgern von Argos. Im
Kriege gegen Antigonos Gonatas juchte er Athen
e helfen, fand aber im J. 265 bei Korinth jeinen
od. Just. 24, 1. Plut. Pyrrh. 27 ff. Agis 3.
Argaios, ’Aoyaiog, I) Königsname, 1) einer der
älteften mafedon. Könige, Sohn von Perdiklas 1.,
Bater von Philipp I. Hat. 8, 139. — 2) entriß
dem Könige Amyntas 111. (899 — 369 v. E.) auf
2 Jahre die Herrichaft. jod. Sic. 14, 92. —
3) Sohn des Ptolemaios Lagi, getötet von feinem
ruder Ptolemaios Philadelphos. — II) Gebirge:
name: Argaeus mons, ro Aeyaiov ögos, das
höchſte, auf feinem Gipfel mit ewigem Schnee be-
dedte, ar feinem Fuße ſchön bemwaldete Gebirge
Kleinafiend ein, Teil des Antitaurod im nord-
weftlichen Kappadokien; j. Erdſchias. Plin. 6, 3, 3.
Strab. 12, 538.
Arganthon\os, Aeyavdurıog, 1) Herricher von
Tarteſſos um 600 v. E., nahm phofaiiiche See:
fahrer, welche nach Spanien famen, jehr freundlich
auf; er joll 80 Jahre regiert und ein Alter von
120 Jahren erreicht haben. Hdt. 1, 163. 166.
Lac. Macrob. 10. Strab. 3, 151. Cie. Cat. m. 19.
— 2) Bergzug in Bithynien, j. Samanlü:Dagh,
der als Landſpitze Pofidion in die Propontis aus-
läuft und den Kianiichen und Aſtakeniſchen Bujen
jcheidet; befannt durch den Mythos von Hylas
(f. d.). Strab. 12, 564.
Argei, 1) 24 der Sage nad von Numa ge:
weihte Opferftätten oder Kapellen in der Stabt
Rom, wo an 2 auf einander folgenden Tagen des
März die Pontifices Opfer, die sacra Argeorum,
verrichten ließen. Varr. I. 1.5, 45 ff. 7,44. Liv.
1, 21. Or. fast 3, 791. Wahrjcheinlich waren dies
Sühnopfer für die entiprechenden Stadtteile. —
2) aus Binſen geflochtene und wie Männer an:
gezogene Figuren, welche, 24 (nach Dionyſios 30)
an der Zahl, an den Iden des Mai im Beifein
der Bontifices, der Beitalinnen und des Prätor
von der Subliciichen Brüde in den Tiber geworfen
wurden, jombolische Menjchenopfer, dem die Stabt
durchftrömenden Fluſſe (oder den Saturnus, dem
Dis pater) zur Sühne der Einwohner dargebradht.
Wahricheinlih hingen fie urfprünglich mit dem
Cühnopfer unter 1) zufammen. Ihren mythologi:
ſchen Urjprung erzählt Op. fast. 5, 621 ff. Varr.
1.1.7, 44.
Argeia 1) j. Adrastos, 2. — 2). Hera, 2.
Argentarius j. Wechsler.
Argentarius mons |. —
Argentorätum, j. Straßburg, feſtes römiſches
Municipium am Rhein, mit großen Waffenfabriten,
zur Zeit des Ptolemaios (140 n. E.) Hauptquartier
der 8. Legion; berühmt geworden durch den Sie
des Julianus über die NAlemannen im Auguf
357 n. C.
Argentum (ieyvoos, vgl. aeyös, flimmernd,
weiß, und aeyäs. das Weißmetall) bezeichnet das
Silbererz im weiteften Sinne (vgl. Z’lin. 33, 6,
95 ff.), Totwot als Rohftoff, ala auch in der
Berarbeitung und ald Münze. NIS ungear:
beitete Maſſe hieß es rude oder infectum, als
reines, von allen Schladen geläutertes pustulatum
(von den beim Pochen entftehenden Meinen Blafen,
pustulae). Swet. Ner. 44. Ferner heift es bei
Blinius als Mineral argenti metalla, nebft den
ipeziellen Ausdrüden für die Silberader, argenti
127
vena, Silbergrube, a. fodina, Silberichlade, a. sco-
ria, Silberjhaum, a. spuma. Sehr häufig ift es
ohne weitere Nebenbezeichnung verarbeitetes Silber,
Silbergerät, vasa argentea. Hor. ep. 1, 6, 17.
2,2, 181. 0d.4, 11, 6. Plaut. Pseud. 1, 2, 29.
Iaer. 2, 27. Cie. tuse. 5, 21, 62. Bisweilen mit
dem Beilage factum: Cic. Verr. 5, 25, 62. Arg.
vetus ift Silbergeſchirr in antifer Art. Entweder
waren dieje filbernen Gefäße ohne künſtleriſche Ar-
beiten und Verzierungen, pura (Plin. ep. 3, 1.
Juv. 9,141, levia, Juv. 14, 62); oder mit Schmud:
werk in erhabener Arbeit, caelata, aspera, und
zwar jo, daß dieje Kunftwerfe davon abgenommen
werden fonnten, weshalb fie emblemata (von Zu-
Barlsıv) hießen. Cie. Verr. 4, 23, 52. tusc. 6,
21, 62. Als Münze ober geprägtes Silber (ein:
geführt 269 v. E.), Silbergeld, hatte es gewöhnlich
den Beiſatz signatum (Üıc. Verr. 5, 25, 62. Liv.
26, 47); das Gepräge, signa oder notae, beftand
meift in einem Zwei: oder Biergejpann auf der
einen und dem Haupte der Göttin Roma, bis:
weilen auch der Bictoria, auf der andern Seite.
Die älteren Seftertien zeigen gewöhnlich auf der
einen Seite den Minervenfopf mit dem Flügel—
helm und daneben das Zeichen HS, auf der andern
die Diosfuren zu Pferde mit der Inſchrift ROMA.
Das Verhältnis des Silbers zum Golde war aud
im Altertum ſchwankend, —— 1:10 bis 13 bei
den Griechen, zwifchen 1:10 bis 15 bei den Römern.
— Es gab auch einen eigenen Gott des Silbers,
Argentinus, wie defien Vater Aesculanus, Gott
des Erzes.
Arges ſ. Kyklopen.
Argestes |. Winde, I, 4.
Argilötum hieß eine Gegend in Rom zwiſchen
der Subura und dem Forum Romanum, wo jid)
die Tabernen von Handwerkern und Buchhändlern
befanden. Mart. 1,4,1. Cic. ad Att. 12, 32. Varro
(1.1.4, 32) leitet den Namen von argilla (Thon)
her = Thongrube; andere billigen die Herleitung
Argi letum, bezogen auf den Tod eines Heros
Argos nach Verg. A. 8, 345 und Serv. z. d. St,
mwodurd denn auch die Trennung der beiden Teile
bei Martial (1, 118) gerechtfertigt ift. Vgl. Beder,
Handb. der röm. Aitertümer 1 S. 253 4
Arginüsae insulae, 'Aeyırodcaı, j. Ayanos,
3 Heine Infeln zwischen Mytilene auf Leſbos und
dem Borgebirge Kane in Myſien, in unmittelbarer
Nähe der Küfte, wo 406 v. E. die große See-
ſchlacht im peloponnefiichen Kriege vorfiel, infolge
deren die jiegreihen atheniichen Feldherren zum
Tode verurteilt wurden. Strab. 13, 617. Xen.
Hell. 1, 6, 27 ff. Plut. Lys. 7. Diod. Sie. 13, 98.
Bol. Herbit, die Schladht bei den Arginujen (1855).
Argippaei, “4oyırrarcocı, von Herodot (4, 23)
auch Balangpoi, d. h. „Kahlköpfe“, genannt, ein
ben Skythen i. N. benachbartes Volt, wohl mon:
goliichen Stammes, welches in der Gegend des
heutigen Waldaigebirges friedlich unter Bäumen
und aufgejpannten Zelten wohnte.
Argivi |. Argos, 2.
Argo j. Argonauten.
Argölis f. Argos, 2.
Argonauten, Aoyoredraı, Argojchiffer. Phriros
(j. Athamas) hatte in Mia, von dem König Aietes,
dem zaubertundigen Sohne des Helios und der
Berjeis, Gemahl der Okeanide Jdyia und Bruder
der Zauberin Kirke, gaftlih aufgenommen, den
—
128
goldvließigen Widder, auf dem er geflohen, ge: |
opfert und das Vließ in dem Haine des Ares auf: |
gehängt, wo e8 von einem jchlaflojen Drachen be: |
wacht wurde. Die Argonauten holten das Vließ
ein Menfchenalter vor dem trojanijchen Krieg unter
Führung des Jajon, dem Pelias die Fahrt auf:
getragen ‚hatte. Belias, Sohn des Kretheus (i.
Aiolos, 1.), hatte jeinem Halbbruder Aiſon die
Herrſchaft von Jolkos entriffen und diejer jeinen |
Sohn Jaſon vor den Nachitellungen des Bruders
gerettet, indem er ihn heimlich dem Cheiron auf
das Peltongebirge zur Erziehung überjandte. Als
Jaſon das 20. Jahr erreicht hatte, fam er als
herrlicher Nüngling nach Joltos zurüd und er-
jchien vor Pelias mit Einem Schub; den andern
hatte er beim Durchwaten des Fluſſes Anauros
verloren. Belias erichraf, denn er hatte das Orakel
erhalten, er jolle ji. vor dem Einſchuhigen (soro-
savdalog) hüten. Darım trug er dem Jaſon, um
ihn zu entfernen, die Fahrt nach dem goldenen
Bließe auf. Nach Pindar tritt Jaſon vor Pelias
und fordert die geraubte Herrichaft für den Vater
zurüd, und. der liſtige Pelias gelobt ihm durch
einen Eid die Rüdgabe, wenn er zuvor jtatt jeiner |
das goldene Vließ hole. Das Orakel habe ihm |
jelbjt die Fahrt aufgetragen, damit die Seele des
Phrixos gejühnt und der Zorn der Unterirdijchen
bejchwichtigt werde; aber er jei zu dem Werke zu
alt. Nach Apollodor ericheint Jaſon, der aus Yiebe
um Yandbau auf dem Lande wohnt, bei einem
pferfefte des Belias mit Einem Schub und er:
hält bier von dem erichrodenen Pelias den Auf:
trag zur Fahrt. Jaſon übernimmt diejelbe und
fordert die Helden Griechenlands zur Teilnahme
auf. Die Teilnehmer der Fahrt waren nad) der
urjprünglichen Sage, welche von den in Theflalien
und Boiotien wohnenden Minyern ausging, Helden
des Minyerjtammes, weshalb aud) die Argonanten
Minyer (Mivvar) hiegen. Dazu famen dann jpäter
Theflalier von andern Stämmen, wie Altor, Pe—
leus, und als die Sage Gemeingut von ganz
Hellas ward, jämtliche Helden, die zu jener Zeit
gelebt haben konnten, wie Orpheus, Amphiaraos,
das, Zetes und Kalais, die geflügelten Söhne
des Boreas, Kaſtor und Polydeukes, Meleagros,
Theieus, Tydeus, Herafles. Im ganzen nahın man
Argonauten.
50 Helden an nach den 50 Rudern des Schiffes.
Der Anführer war Jajon, der Steuermann Tiphus
oder Erginos. — Das Schiff Argo (A 'deyo)
hatte jeinen Namen von «eyög, jchnell, oder, wie
der Mythos jagt, von dem Erbauer Argos, dem
ı Sohne des Phrixos (j. Argos, 1.). Hera, welche
in der Sage als bejondere Schügerin des Jajon
auftritt, oder Athene half das Schiff erbauen aus
den Fichten des Belion (ſ. die Abbildung), und
| Athene fügte in das Vorderteil ein Stüd von der
redenden Eiche zu Dodona. — Die Fahrt ging
von Jolkos aus nach Nordoften in das ganz un-
beitimmt gelajjene ferne Land, Aia (= Tai),
wofür man jeit Pindar das an der äußerſten Küſte
des Pontos Eureinos gelegene Kolchis hielt. Da-
nach hat. jih denn der Yauf der Fahrt jeiter
beftimmt. Wpollonios Rhodios (j. d.) in feinen
Argonautika läßt die Helden von Jolkos aus über
Lemnos, wo jic mit den Lemnierinnen, die ihre
treulojen Männer ermordet hatten, Umgang pflegen,
und Samothrafe durch den Hellespont zu der Inſel
Kyzikos gelangen und dort von dem Könige der
Dolionen, Kyzikos, gaftlich be:
twirtet werden. Auf der weiteren
Fahrt werden fie in der Nacht
vom Sturme nach Kyzikos zu—
rüdgeworfen und geraten uner:
fannt mit den Doltonen in Kampf,
wobei Kyzikos fällt. Seine erft
jüngft vermählte Gattin. Kleite
aibt fih den Tod und wird von
den Nymphen der benachbarten
Wälder beweint; aus ihren Thrä-
nen entiteht die Quelle Kleite
In Myſien bleibt Herafles zurüd,
indem er jeinen Liebling, den
von ihm nad Waller ausgeſchick⸗
ten und von den Nymphen in
einen Onell hbinabgezogenen Kna—
ben Hylas (j. d.), auffucht. In
Bithynien erichlägt Polydenkes
den Bebryferfönig Aınyfos (j. d.)
im Fauſtkampf. Darauf fommen
jie nach dem thrafiichen Salmy:
deſſos zu dem. blinden Seher Bhineus, der ihnen,
nachdem die geflügelten Boreasſöhne ihn von den
Harpyien befreit haben, Nat über die weitere
Fahrt gibt und fie bejonders belehrt, wie fie
durch die Symplegadiichen (zufammenjchlagen-
den) Felien am Eingang des Pontos fteuern
jollen. Die Argo fährt, nachdem die Argonauten
zuerjt eine Taube haben durchjliegen laſſen, glüd-
lich durch die Felſen — das erite Schiff, dem
dies gelang —, und von der Zeit an ftehen
jie til. Darauf geht der Weg an der Südfüjte
des Pontos weiter; fie fommen zum Lande der
Amazonen und darauf auf die Inſel Aretias
(N. des Ares), wo die von Herafles aus Arka—
dien verjcheuchten ſtymphaliſchen Vögel (j. Hera-
kles, 7.) haufen. Sie verjagen dieje und ge
langen mit den Söhnen des Phriros, die auf der
unternommenen Fahrt von Kolchis nach Griechen:
land an diejer Inſel Schiffbruch gelitten hatten,
nach Kolchis. Jaſon fordert von Aietes das Bließ.
Diejer veripricdht es zu geben, wenn Jaſon zwei
jenerjhnaubende erzhufige Stiere einfange, an-
ſchirre, mit ihnen ein Stüd Landes pflüge und
darauf in die Furchen Drachenzähne ſäe. Jaſon
*
=
2
Argos. —1
beſtand mit Hülfe der Tochter des Aietes, der
Zauberin Medeia, deren Liebe er gewonnen hatte,
die Arbeit. Ein von ihr empfangenes Zaubermittel
ihüste ihn gegen das Feuer der Stiere und ver—
lieh ihm übermenjchliche Kraft, und als aus den
geläeten Drachenzähnen geharnifchte Männer her:
—— warf er auf den Rat der Medeia einen
Stein unter ſie, worauf ſie ſich untereinander
töteten. Aber Aietes verweigerte das Vließ. Da
raubten es Jaſon und Medeia, nachdem ſie den
Drachen durch ein Zaubermittel "eingeichläfert ober
getötet hatten, in der Nacht aus dem Haine und
fuhren mit den Argonauten davon. Wietes läßt
jie verfolgen. Abſyrtos (Apiyrtos), der Sohn
des Mietes, der Anführer der Berfolgenden, wird
von Jajon überfallen und getötet, oder Medeia
tötet ihren Meinen Bruder Abſyrtos, den fie mit:
genommen, zerftüdelt ihn und wirft die einzelnen
lieder in das Meer, damit der verfolgende Nietes
durch das Sammeln und das Beitatten derjelben |!
zurüdgehalten werde. Mietes joll die Stüde zu
Tomi (rEuro) im Möften begraben haben. Über
die Richtung der Heimfahrt find die Angaben jehr
verichieden. Die einen lajjen die Argonauten auf
demjelben Wege zurüdtehren, auf dem fie gekom—
men; nad andern gelangen fie den Phaſis hinauf
in dem öftlichen Ofeanos, durch das Rote Meer in
den Nil, oder durch die Libyiche Wüſte, durd)
welche die Argo getragen wird, in den Tritonjee
und das Mittelmeer. Der dritte Weg geht vom
Pontos aus durd den Tanais oder den Iſter
weitwärts in den Okeanos und durch die Säulen
des Herakles ins Mittelmeer, durch welches jie
danı endlich in die Heimat gelangen. Als Jajon
nach Jolkos fommt, hat Pelias den Aiſon und
defjen unmündigen Sohn Promachos ermordet; die
Mutter des Jaſon hat jich jelbjt den Tod gegeben.
Sajon räct fi am ihm durch Medeia. Dieje
beredet die Töchter des Pelias, den Vater zu zer:
ftüdeln und zu fochen, damit er auf dieje Weije
wieder durch ihre Kunſt verjüngt werde. Danadı
aber verjagt jie ihre Kunft. Mtaftos, des Pelias
Sohn, vertreibt feinen bisherigen Freund Jaſon
und Medeia; fie fommen zu dem König Kreon
nah Korinth, wo ſich Jaſon mit deſſen Tochter
Kreüja (Glaufe) vermählen will. Um ſich an Jajon
zu rächen, tötet Medeia die Braut durch ein ver:
giftetes Gewand und Diadem jamt ihrem Vater
und ermordet ihre und des Jaſon Kinder, Mer:
meros und Pheres, welche zu Korinty im Tempel
der Hera begraben und durch jährlihe Sühn—
gebräuche verehrt wurden. Darauf entflieht fie auf
einem mit geflügelten Drachen bejpannten Wagen
nah Athen. Ahr weiteres Geſchick ſ. Theseus.
Jaſon fand jeinen Tod, als er einft auf dem
Iſthmos unter der zerjallenden Argo im Schlafe
lag. — Die Argonautenjage ift jehr alt. Über
ihre religidje Grundlage ſ. Athamas, Die mehr
äußere Seite, die Ausbildung der Sage in Bezug
auf Richtung und Weite der Fahrt, fnüpft ji an
etwas Hiftorisches, an die Ausbreitung der See—
fahrten und Kolonien zuerft der alten, Schiffahrt
treibenden Minyer, bei denen die Sage entitand,
und dann der übrigen Griechen. Schon vor Homer
wurde die Argonautenjahrt in Liedern bejungen;
Homer kennt die Sage; er nennt die Argo eine
vielbejungene (m&cı uflovoe, Od. 12, 70). Wahr:
ſcheinlich find jeine Jrrfahrten des Ddnffeus teil:
BRealleriton des Maffl. Altertums. 7. Aufl.
29
weile denen der Argonauten nachgebildet. Heſiod
erwähnt die Geſchichte des Jaſon wie Homer nur
in einzelnen allgemeinen Andeutungen (theog. 992).
Der erjte der uns erhaltenen Dichter, die die Ar-
gonautenjage ausführlich behandeln, it Pindar
( yth. 4). Epiſche Argonautika befigen wir von
Apollonios Rhodios (ſ. d.) und von Pjeudo: Orpheus
(au dem 4. Jahrh. n. E.), ferner die lateinijche
Nachahmung des Apollonios von Balerius Flaccus
(um 80 n. E.). -Apollodor erzählt die Sage 1,9,
16 ff. Ov. met. 7, 1 ff.
Argos, I. Berjonen, ö Aeyos, 1) Sohn des
Zeus und der Niobe, einer Tochter des Phoronens
(oder des Apis), dem er in der Herrichaft von
Argos folgte, durch Euadne Vater des Efbajos,
‘Beiraos, Epidauros, Tiryns und Kriaſos. Apollod.
2,1,1.2. — 2) Sohn des Agenor oder Arreftor
oder Jnachos u. j. w., ein ftarfer Mann, der am
—— Körper Augen hatte (daher mavorens, der
Mjehende), von Hera der in eine Kuh verwandel-
ten Fo (ſ. d.) zum Wächter gejeßt, von Hermes er:
Schlagen. Hera verjegte jeine Augen auf den Schweif
des Pfauen. Apollod. 2, 1,2. Or. met. 1, 624 ff.
- 3) Sohn des Phriros und der Chalfiope, einer
Tochter des Mietes. Er joll aus Aia nach Orcho—
menos zurüdgefehrt fein und die Argo gebaut
haben; oder er wird mit jeinen Brüdern Phron—
tis, Melas, Kytifforos, Preibon auf der Fahrt
von Mia nad Hellas auf die Inſel Aretias ver-
ichlagen, von wo er die Argonauten nad) Aia führt.
Ap. Rhod. 2, 1093 ff. II) Land: zo "Aoyos,
bedeutet Ebene, namentlih Strandebene, und ift
bejonders Name pelaigiicher Städte, ähnlich wie
Lariſſa. 1) Das Ilelesyınor Aoyog bei Homer
(TI. 2, 681) bezeichnet die thefjaliiche Ebene am
Beneios, das Herrichergebiet des Achilleus, und im
weiteren Sinne Thefjalten überhaupt. Yu Strabons
Beit war die Stadt diejes Namens nicht mehr
vorhanden. Den Gegenjaß bildet 2) ro Ayainor
Aeyos (Od. 3, 251. Il. 9, 141. Od. 18, 246.
|Tasor "A.|. Il. 1,30. 2, 559. 13, 119) und be:
zeichnet entweder die Stadt, deren Herricher Dio
medes war, oder Die argoliſche Ebene, oder den
ganzen Peloponnes.—
halt des Beloponnes, aud) Aoysla und Apyokımı)
genannt (die Einwohner Apysioı, Argivi), von
Herodot (1, 82) Aoyoldg sc. zag« (welde Benen:
nung jich bei den Römern wiederfindet), int wei-
teren Sinne auch die Yandichaften Korinthia, Si—
fyonia nnd Phliaſia umfaſſend, grenzte im W. an
NArkadien, im N. an Phliafia und Korinthia, im
NO. an den Saronifchen Meerbujen, im SO. an
das Myrtoifche Meer, im ©. an den Argolischen
Meerbufen und an Lakonien. Der Flächeninhalt
betrug etwa 62 (IM. Das Land in diejer Aus—
dehnung iſt jehr gebirgig: die Nordgrenze gegen
Ktorinthia bildet ein anjehnlicher VBergrüden mit
dem Apejas (ij. Phufa), der Euboia, Afraia und
dem Arachnaion (j. Arna); über diefe Gebirge
führte durch die höhlenreiche Schlucht Tretos die
enge Fahritraße von Argos und Myfenai über
Nemea und Kleonai nach Korinth, KRontoporeia
genannt; hier jollte der nemeiſche Löwe gehauft
haben. In nordöftlicher Richtung zum Hermionei—
ſchen Bujen hin ftreicht das Gebirge nur unter
verichiedenen Namen Tittheion, Normphaion, Di:
dyma, Buporthmos, Pron, Thornar). Bon ganz
vulfanischer Beſchaffenheit iſt öftlich die Halbinjel
v
- Argos, die öftliche Yand- :
—
12
130
Methana (j. gl. N.) mit Höhen von mehr als
600», Die arladiichen Grenzgebirge endlich, Bar:
non (Malevo), Barthenion (ftenia), Artemi-
jion (j. auch Malevo), Lyrkeion erheben jich bis
zu 1800m Höhe. Gegen Yafonien zu führt längs
der Küjte bei Yerna ein beichwerlicher Pfad, Ani—
graia, im die Yandichaft Thureatis oder Kynuria,
welche der Wegenjtand biutiger Nriege zwiſchen
Argos und Lalonien geweſen iſt. Nulturfähiges
Flachland enthält außer kleineren zerftreuten Flä—
chen nur die jehr ergiebige Ebene um die Haupt
jtadt Argos, im ihrem öjtlichen Teile Projumma
Argos.
ſchaft ſehr dürftig, weshalb Homer ſie mit Recht
„das vieldürſtende Argos“, muindiwıor Aoyos.
nennt. 11.4, 171. Eur. Ale. 560, Haupifluß it
der, im Sommer freilich verjiegende, Inachos
(1. Banita), der auf dem Artemifion entipringt und
den unter den Mauern von Argos binflichenden
Charadros (j. Kerias) und den Kephiſſos auf
nimmt, für gewöhnlich aber jich in Sümpfen ver
liert, bevor er das Meer erreicht. Außerdem find
| zu nennen der Erajinos (Stephalari), kurz, aber
mit reicher, ſchöner Waflermafje, nad) der Anficht
der Alten ein Abflug des Stymphaliſchen Sees
|
genannt; bier lagen Mytenai, Tiryns, Argos, und | (Hdt. 6, 76. Strab. 6, 275.8, 371. Or. met. 15, 275),
fie verdiente wohl den Beinamen Imrößoror (rofje-
nährend). Mom. 11.2, 287 u. ö. Hor. od. 1,7, 8
(aplum equis Argos). Die Gebirge von Argolis
find die unfruchtbariten und dürrſten des ganzen
Peloponnes; völlig waldarnı, find fie größtenteils | H
ichroffe Felsmafjen mit jcharfen Spigen und Käm—
men neben tiefen Schlünden. Nahe bei Nauplia
findet ſich ein fürmliches Yabyrinth, weldyes die
Alten für die Zimmer der Töchter des Proitos
erllärten und für ein Werk der Kyklopen hielten,
und zwijchen Hermione und Troizen glaubte man
einen Eingang zur Unterwelt entdedt zu haben,
wo es feines Fährgeldes (vankor) bedürfte. — Mit
Cheimarros, Kon
tinos, etwa Go0m
lang. Südlich davon
der Sumpfjee Lerna,
berühmt durd) die Hy
dra; er hat heutzutage
abermals durch Men
ſchenhand, wie einit,
uach dem Sinne des
Mythos, durch Hera—
les, einen offenen
Ausfluß ins Meer er
langen müſſen. End:
lid der Tanos und
ein zweiter Chara:
dros in Kynuria. —
Als Ureinwohner wer:
den Die ioniſchen Ky
nurier angegeben,
deren Name im ber
lüdlihen Laudſchaft
fortdauerte. Durch
Inachos und ſeine
Nachkommen wurden
die Pelaſger die Herr—
ſchenden, beſonders in
der Fruchtebene; zu
ihnen kam Danaos ans
Agypten; deſſen Nadı:
fommen, die Perſeiden
und die ihnen ver
wandten Herakliden,
wurden von den Be
lopiden verdrängt;
Agamemnon hatte den
nördlichen Zeil des
Yandes mit Miyfenai,
das übrige Argos Dio:
medes. Bei dem Ein:
dringen der Dorier war
A.dermäctigiteStaat,
daher die Sage 08 dem Temenos zu teil werden läßt;
es mischte ſich hier der Dorisinus mit den vorge:
fundenen Elementen mehr ald anderswo, daher hier «
auch Demokratie auflommen konnte. Der berühmtefte
erricher war angeblich um die 8. Olympiade (etwa
740 v. E.) Pheidon (j. d.), der ſich in Korinth, Aiging,
Epidauros und Troizen unabhängig gemacht hatte.
Nah feinem Sturze blieb Argos machtlos uud
verlor im 6. Jahrh. Kynuria an die Lakedaimo—
nier. Hdt. 1, 82. Paus. 2, 20. Den bärteften
Schlag erlitt Argos aber um 519 v. E., kurz vor
den Perjerfriegen, durch den jpartaniichen König
Kleomenes (Hldt. 6, 75 f.); 7777 Männer jollen ge—
Ausnahme der Ebene ift die Bewäflerung der Land: | fallen jein, jodah die Argeier nicht an den Berier-
00 ale
8
V
Argos Amphilochicum — "Aoyvgoioyeir.
friegen teilnehmen konnten und die Herrichaft jelbit
eine Zeit lang an die Yeibeigenen oder Gymneſier
überging. Hat. 6, 83. Eiferjucht gegen Sparta
war ein Hauptzug der Argeier, aber infolge der
Zuchtlofigkeit des Volfes fonnte der Staat fich nie |
erheben und blieb ein Spielball fremder Politik.
Als Glied des achaiiihen Bundes fam Argos
ipäter in die Hände der Römer. — Die Land—
ſchaft zerfiel in folgende Teile: 1) Thyreatis oder
Kynuria, ein rauhes Bergland, das ftreitige Gebiet
gegen Sparta, mit den Orten Thyrea und An:
tbana. — 2) Aoysia im engeren Sinne. Darin:
Argos (Aoyos, Argi, -orum), noch j. Argos, öftlich
am Fuße eines fteilen, 290m hohen Hügels, welcher |
die Burg Lariſa trug; eine zweite Eitadelle, von
der vorigen durd eine Einjattelung, Deiras, ge:
ſchieden, hieß vielleicht Aipis oder Athenaion (Lir.
34, 25) und ſchützte auf der Nordjeite. Argos war
die ältefte und angejehenfte Stadt des Peloponnes;
die Achaier erhoben freilich Mykenai, doch die
Dorer machten Argos wieder zum Hauptſitz und
zerftörten jenes (463 v. E.) völlig. Durch Ver—
einigung der Bewohner der umliegenden Städte,
zur Zeit des peloponnefiichen Krieges, wuchs Die
Bevölkerung bedeutend. Das Theater fahte dem:
gemäß 30 000 Menschen. Durch das öftliche Thor
Diamperes fam man zum Gymnaſium des Kyla—
rabes. Pyrrhos fand zu Argos jeinen Tod, 272 v. €.
Phut. Pyrrh.34. Nauplia, Hafenftadt von Argos
‘ij. Navplion mit der Burg Balamidi), Tiryns
‘1. d.); Aſine an der Küfte; Yerna am Sumpfiee
gleiches Namens, an der Wejtfüfte des Argoliſchen
Meerbujens; Hyſiai, Grenzfeftung, befannt durch
den Kampf wegen Kiynurias; Dinoe, wo Herakles
den Hirſch mit dem Goldgeweih zu jagen begann;
Kleonai mit Reiten kyklopiſcher Mauern (11. 2, 570
Zöuriurren\ an der Hauptitraße von Argos nad)
Korinth; Nemea (j. d.) mit der Quelle Adraſteia
in engem Bergfefjel zwijchen Kleonai und Phlins,
wo die nemeischen Spiele gefeiert wurden; Myke—
nai (j. d.), bei Homer 7 Moxrjen (MR. bei Khar—
vati), Nejidenz des Agamemnon, mit höchjt inter-
effanten Trümmern, zerftört 463 v. E.; im SD.
der doriihe Tempel der Hera, 40 Stadien
von Myfenati, 20 von Argos, angeblich um 1000
v. C. erbaut, befannt durch die Gejchichte von
Kleobis und Biton. Hdt. 1, 31. Cie. tuse 1, 47.
Die Kolofjalftatue der Hera war ein Werf des
Polykleitos und trug in der einen Hand das
Scepter, im der andern den -Öranatapfel, das
Symbol der Fruchtbarkeit. — 3) Epidauria mit
Epidauros (j. Dorf Nea-Epidapros) auf feljiger
Halbinjel, noch jet mit Weinpflanzungen (du-
zelorıg, Hom. Il. 2, 561). Einige Stunden land-
einwärts in einem Waldthale lag der berühmte
Afflepiostempel mit Hain, zu welchem Kranke weit:
ber wallfahrteten (bei Ausbruch einer Peft in Rom
mußte auch das Einnbild des Gottes, eine Schlange,
von hier nach Rom geholt werden, Liv. 10, 47.
ep. 11. Or. ex Pont. 1, 3, 21), und daneben ein
jeit dem J. 1881 ausgegrabenes wohlerhaltenes
Theater, das von Polyklet erbaut war, als das
zweitgrößte in Griechenland galt und Pla für
30 000 Zuichauer bot. Paus. 2,26 ff. Auch von
dem Aſtlepiostempel find im den legten Jahren
Überrejte aufgefunden worden, namentlich Teile der
Giebelgruppen, ſowie don dem freisrunden, im
Innern mit Gemälden von Pauſias geſchmückten
131
’
| Prachtbau der Tholos, gleichfalls einem Werfe des
Polyklet, welcher die Dankinjchriften der im Aſkle—
pieion Seheilten enthielt, jowie von einem Artemis:
tempel, ein: und zweiftödigen Hallen und römijchen
Thermen. — 4) Troizenia mit Troizen (ij.
Damala), früher auch PBojeidonia wegen der Ber:
ehrung Rojeidons, 066’ danuog rolız nad) Strabon,
mit der Hafenftadt Stelenderis und dem Hafen
Pogon (Reede von Poros); es ftellte gegen die Perjer
1000 Mann und 5 Schiffe, nahm andy die jlüch-
tenden Weiber, Kinder und Sklaven der Aihener
auf (daher fide societatis Atticae illustris, Mela
2,3,8; vgl. Nep. Them. 2). In der Nähe var
Thejens geboren; Belops’ Sohn, Pittheus, regierte
hier (daher Pittheia Ir. Or. met. 6, 418). —
5) Hermionis, der jüblichjte Teil, mit der an—
jehnlichen Stadt Hermion oder Hermione (Kaſtri)
auf einem gebirgigen Vorſprung, auf deſſen äußerſter
Spige ein Pofeidontempel; Halife und Majes,
Hafenftädte. Strab. 8, 368 ff. Paus. I. 2. Bal.
Eurtius, Reloponnejos 11 ©. 335 ff. Burfian, Geogr.
von Griechenland U ©. 7 fi.
Argos Amphilochienm, Aoyos ro Augpıkoyı-
»6v, Hauptjtadt der bald zu Gpeiros, bald zu
Alarnanien gerechneten Yandichaft Amphilochia am
Ambratiihen Meerbujen, angeblich gegründet von
Amphilodyos, des Amphiaraos Sohn. Die Stadt,
eine Kolonie von Ambratia, wurde im J. 432 v. C.
den Doriern entriffen und ſchloß ſich dem Akar—
naniichen Bunde an. Tihuc. 2, 68. Strab. 7, 326.
Liv. 38, 10.
Argyraspides, deyvodsmiösg, waren die Reſte
der griechiichen Kontingente (meffragor, |. d.),
welche Alerander den Gr. nach Afien begleitet und
den Rüdzug durd die Wüſte Gedrojia überlebt
hatten. Dieje alten Waffengefährten ehrte Alerander
in Naramanien dadurch, daß er fie in Ein Korps
vereinigte, das von den mit indiichem Silber über
zogenen Schilden den Namen erhielt. Sie waren
eine Garde ſchwerer Linieninfanterie Arr. 7, 11.
Curt. 8, 5), wogegen das Agema der Hypaſpiſten
eine Garde der leichten, und das Agema der
Hetairen eine Neitergarde war. Sie wurden nad)
Aleranders Tode beauftragt, die in Suja auf
gehäuften Schäße abzuholen. Als fie in Kilikien
jtanden, wurde diejes Korps von Polyſperchon
unter das Kommando des Eumenes geftellt. In
der Schlacht zwijchen Eumenes und Antigonos ver-
foren jie troß ihres Sieges ihre Bagage. u der
deshalb entjtandenen Empörung gegen Eumenes
verrieten fie denjelben und gingen zu Antigonos
über, wurden aber von diejem bald wegen ihrer
anmaßlichen Anjprüche aufgelöft. Curt. 4, 13. 8, 5.
Die jpäteren ſyriſchen Könige jcheinen wieder ein
Korps Argyrajpiden als cohors regia gejtiftet zu
haben, J.iv.37.40. — Der römische Kaijer Alerander
Severus errichtete aus Nachäffung eine ähnliche
Schar, ja fogar noch Chryſoaſpides, mit gol
denen Schilden. Jamprid. Alex. 50.
"Aoyvgoloyeir, Coyvooköyor. Zur Bejtreitung
der Kriegskoſten, bejonders während des pelopon:
nejischen Krieges, erhoben die Athener bedeutende,
oft äußerſt drüdende und willfürliche Kontribu—
tionen don den Bundesgenofjen (vgl. Thuc. 2, 69.
3,19. 4, 75. Xen. Ilell. 1, 1, 8). Dies nannte
man Coyveokoyeiv; die damit Beauftragten hiehen
Loyvookoyoı. Altibiades erhob allein aus Paros
100 Talente, und auch jchon im früheren Zeiten
9*
— — — — — — se
132
hatten jich die Athener durch diefe Erprejjungen
bei den Bundesgenofien verhaft gemacht.
Ariabignes, Agıeßiyrns, bei Plutarch ( Them.14)
Uriamenes, Sohn des Dareios und Bruder des
Xerres, im zweiten Berierfriege einer der Führer der
Flotte, fiel bei Salamis. Fldt. 7, 97. 8, 89,
Arindne ſ. Theseus und Dionysos, 3. _
Arinios, Agiedog, Freund und General des
jüngeren Kyros, befehligte in der Schlacht bei Ku—
nara den linken Flügel jeiner Armee, ging aber
nad der Beſiegung und dem Tode des Kyros zu
Artarerres über und nahm teil an dem Verrat,
durch welchen die griech. Anführer in des Tiſſa—
phernes Hände fielen. Xen. An. 1, 8,5. 9, 31.
2,2,1. 11.4, 1ff. Hell.4, 1,27. Plut. Artar. 11.
Ariäna, 7 Agıevnj, woher das heutige ran,
begreift die öftlichen Brovinzen des perjischen Reichs,
Gedroſia, Drangiana, Arachofia, Areia, Barthia,
Narmania und das Gebiet der Paropamijadai;
zuweilen dehnt man den Namen noch weiter aus.
Die Bewohner hiehen Ariäni, Agıerol. Strab. 14,
720 ff.
Ariaräthes, Agıcgadtng, Name mehrerer Könige
von Kappadokien, und zwar 1) zur Zeit Aleranders
des Gr., wurde nach defien Tode von Berdiffas
im J. 322 v. E. angegriffen und gejchlagen. Er
fiel in mafedonijche Gefangenschaft und wurde auf
Berdiffas’ Befehl hingerichtet. Plut. Eum. 3. —
2) jein Sohn, flüchtete nach der Hinrichtung des
Baters nach Armenien und fam (301) mit Hülfe
des armenischen Königs Ardoates wieder in den
Befit feines väterlichen Reiches. Mod Sic. 31, 19, 6.
3) der fünfte dieſes Namens, kam ſehr jung jur
Regierung (220—163 v. E.), fodyt mit Antiochos III.
von Syrien, defien Schwiegerjohn er war, gegen
die Römer (Liv. 37, 31), jpäter gegen Berjeus von
Makedonien im Bunde mit Rom. Pol. 31, 14.
4) deſſen Sohn (der jechite), zeichnete fich durch
jeine (nad Liv. 42, 19 in Rom empfangene) Bil:
dung aus, mußte aber vor einem untergejchobenen
Sohne feines Vaters, Orofernes, den Demetrios
Soter von Syrien unterftüßte, nach Rom fliehen.
Hier teilte man das Land zwijchen beiden. Er
itarb 130 v. C. Just. 35, 1. Liv. ep. 47. —
5) ein anderer des Namens, ein Sohn des Ario—
barzanes III. von Kappadofien, war von Cäſar
(47 v. E.) unter des Bruders Botmäßigfeit ge:
itellt und ging im J. 45 nah Rom zu Cäſar,
um ein Land für fich zu erhalten. Caes.b. Alex. 66.
(ie. ad Att. 13, 2,2. Später König von
dofien, wurde er im J. 36 ’
von Antonius vertrieben.
Dio Cass. 49, 32.
Ariabignes
Ariaspae, Aoıdonaı,
deutet Mitter (Erdkunde
8, 66) Neitervolf aus Aria;
bei andern "Agıuaonor. Sie
wohnten im jüdlichen Teil
von PDrangiana, an der
Grenze von Sedrofien, im
‘Berjerreiche. Der Beiname
Esspyeraı war Auszeich
mung für die, welche dem
Könige einen perjönlichen
Dienſt geleiftet hatten: die
Ar. hatten eben das Heer des Nyros beim Zuge
durch die Karmaniſche Wüfte vom Hungertode ge:
rettet. Arr. 3, 27,4. Curt.7,3,1. Diod. Sie. 17, 81.
Kappa⸗
— Aries.
Aricina, j. Riccia oder Ariccia mit Mauerreſten,
eine der älteſten Städte Latiums am Fuß des
Albanergebirges und an der Appiſchen Straße
(16 Mill. ſüdöſtlich von Rom), ſpäter römiſche
Kolonie, dann Municipium (Liv. 8, 14) und als
jolches blühend. Der Dienft der aricinijchen Diana,
deren Tempel und Hain fih an dem nahen lacus
Nemorensis befand, jcheint ein barbarijcher ge-
weſen zu jein, verwandt mit dem der taurijchen
Artemis. Der Oberpriefter (nemoralis rex) war
ein entlaufener Sklave, der jein Amt (nemorale
regnum) jo lange bekleidete, bis er von einem
andern im Kampfe überwunden worden war. Or.
fast. 3, 261 ff. Paus. 2, 47, 4.
Ares, xgrös, Mauerbreder, Sturmbod, war
eine Majchine zur Zerjtörung der Mauern einer
belagerten Stadt. Man errichtete ein Gerüft von
2 hoch emporragenden Balken; zwiichen denielben
wurde ein dritter ftarfer Balken magerecht durch
Ketten oder Taue in der Schwebe gehalten. Dieje
Maſchine wurde jo nahe bei der feindlichen Mauer
angebracht, daß der jchwebende Balken, wenn er
zurücgezogen und wieder vorwärts geichnellt wurde,
mit aller Gewalt gegen die Mauer ſtieß. Damit
durch joldhen Stoß jedoch diejelbe deſto ficherer
bejchädigt werden fünnte, war der Balfen vorn
ftarf mit Eijen beichlagen, und zwar in der Ge
ftalt eines Widderfopfes mit einem, auch wohl zwei
Hörnern. Am hinteren Ende des Balfens waren
zur Berjtärfung des Stoßes ſchwere Gewichte an-
gehängt. Es jteigerte ji die Größe und Stärfe
ſolcher Maſchinen je nad) der Beichaffenheit der zu
befämpfenden Mauern. Joſephos jpricht von einem
aries bei der Belagerung von Jerujalem, dejjen
2 Hörner mannsdid waren, und defjen Bedienung
aus 1500 Mann bejitand. Bisweilen war aud) der
Aries in dem unterften Stodwerf eines Belage
Fe ee (iſ. Turris ambulatoria unter
Belagerung, 12... War die Mauer durch den
Aries bejhädigt, jo wurde an dem eijernen Widder
fopfe ein gefrümmtes ſtarkes Eijen (talx) befeitigt,
um die loſe gewordenen Steine herauszureißen.
Da aber der Aries nahe bei der Mauer ftand, und
die Belagerten ihn von oben her durch herab
gewworfenes Feuer zu zerftören, oder die dabei
beichäftigten Soldaten durch FFelsiteine zu töten
juchten, " baute man über demjelben ein Schuß
dad) (testudo arietaria) und ſuchte ſolches gegen
euer durch naſſe Rindshäute und grobe wollene
jich gegen den Erfolg des Aries zu fichern, ließen
die Belagerten jandgefüllte Säde oder Deden von
der Mauer gerade dorthin von oben herab, wohin
Arii — Arion.
mutmaßlich der Stoß gerichtet war, oder fie juchten
den Balfen mit Schlingen oder mit eilernen ge:
zähnten Zangen (lupi) zu faflen und den Stoß
bei Seite oder in die Luft zu lenken (Ziv. 28, 3.
Veg. 4, 23), wodurch dann wohl bisweilen die
ganze Maſchine das Gleichgewicht verlor und um—
fiel; bisweilen gelang ihnen auch die Zeritörung
desielben durch Feuer. Wurde die Mauer aber
dennoch beichädigt, ſodaß fie nicht mehr verteidigt
werden fonnte, jo mußte dahinter jchnell eine neue
Mauer aufgeführt werden. Wollte ſich die Stadt
ergeben und einer jcyonenden Behandlung gemwärtig
jein, jo mußte fie dies thun, bevor der Aries ge-
wirft hatte. — In den galliichen Kriegen jcheint
Cäſar wegen der eigentümlichen Konftruftion der
Städtemauern feinen Gebrauch vom aries bei Be:
lagerungen gemacht zu haben, wenn er auch darauf
vorbereitet war (b. g. 2, 32).
Arli, 1) Bewohner der perj. Provinz Areia
(1. d.). — 2) ein germaniicher Stamm, wahrſchein—
lih im jeßigen Polen, zu den Lygii gehörig,
richtiger Harii (got. Harjos) d. i. Krieger. Tae.
Germ. 43.
Arimaspi, ’Agıuaorol (nad) Neumann, Hellenen
im Schthenlande J ©. 195 aus dem Mongoliichen:
„Bergbewohner”; nah Müllenhoff aus dem Ari—
ſchen: „Folgjame Roffe habend“), fabelhaftes Volk
im höchſten NO., bei den Rhipaiiſchen Bergen,
wohl am gofdreichen Altai, bekannt geworden durch
die Schilderung des Ariftens (j. d.) aus Profon:
nejos; fie fämpften mit den Greifen um das Gold.
Hdt. 3, 116. 4, 13. 27. Die ihnen beigelegte Ein:
äugigfeit (ägıua — Er und omoü —= Öpteiuog
nach Hat.) wird entweder auf das Schließen des
einen Auges beim Zielen mit dem Bogen, oder
anf die bei ihmen herrjchende Sitte des Tätto-
wierens bezogen. Bei Aiſchylos (Prom. 805 ff.)
wohnen fie im Nordweiten (jo Dunder).
Arimäzes (Ariamazes), Agıwding, ein Fürſt in
Sogdiana, —— füch Alerander dem Gr. in
jeiner feften, auf einem hohen Felſen gelegenen
Burg, bis eine maledoniſche Abteilung die jteilfte
Seite des Felſens erjtieg und Arimazes ſich er:
geben mußte, im J. 327 v. C. Alexander lieh
ıhn zur Strafe freuzigen (nad) Curt. 7, 11, eine
Strafe, von ber Arrıan [4, 19] nichts weiß).
Arimi, oi Agıuor, ein Voll, und r& Agıne,
ein Ort, wo Typhoeus gefeflelt unter der Erde
lag. Hom. II. 2, 783. Diejer Ort wird meiftens
in Kilifien auf einem danad genannten Gebirge
geſucht. Römiſche Dichter fahten zei» Apduors
als Ein Wort und verjtanden darunter die Inſel
Aenaria (j. d.).
Ariminum, Agdurvor, j. Rimini, uralte, blühende
Seeftadt in Umbrien, jüdlih von der Mündung des
Rubico zwilchen den Mündungen des Flüßchens
Ariminus (j. Marechia) und des Apruja (j. Auſa)
und an der Via Flaminia. Nad) Vertreibung der
Gallier fehrten dic umbriichen. Bewohner zurüd
und wurden durch römische Koloniften verftärtt
(269 v. E.). Liv. 21, 51. Cie, Verr. 1, 14. Es
war Die, erite Stabt, die Gäjar nad) dem bedeutungs-
vollen Übergange über den Rubico bejeßte. Gaes.
b. e. 1,7. Cie. ad fam. 16, 12.
Ariobarzänes, "Acroßaepfarng, 1) ein Unter:
jatrap des Pharnabazos, der 368 v. C. durd) jei-
nen Gejandten Philijfos Frieden zwiichen den
Spartanern und der thebaniſchen Koalition her:
133
zustellen juchte, jpäter ji offen gegen den Groß—
fönig erhob und dann jein Fappadotiich-pontijches
eich bis zu jeinem Tode 336 behauptete. Diod.
Sie. 15, 90. 16, 90. — 2) einer der legten Feld:
herren des Dareios, der ſich dem Bordringen
Aleranderd des Gr. widerjeßte. Er fjammelte
40 000 Manı an den Grenzen feiner Satrapie
Perſis, wurde aber, nachdem die Mafedonier auf
Seitenwegen die in das Gebirgsland führenden
Päſſe umgangen hatten, geichlagen und entkam mit
geringen Reften feines Heeres. Curt. 5, 3,17. Arr.
3, 18. Diod. Sie. 17, 68. — Nndere desjelben
Namens find: 3) A. mit dem Beinamen Philo:
romaios, im J. 92 dv. E. vom Senat zum König
von Kappadofien ernannt und von Sulla eingejegt
(Lie. ep. 70. Plut. Sull. 5. App. Mithr. 10).
Mehrere Male von Mithridates dem Gr. vertrie-
ben, wurde er wieder von Aquillius und Sulla
eingejept im 3. 90 und 85 (App. Mithr. 11. 15).
Mithridates aber hörte nicht auf, Kappadokien
zu beunruhigen, und reizte jeinen Schwiegerjohn
Tigranes von Armenien zu einem Einfalle in das
Land. Unter Lucullus hatten die Römer es beſetzt,
nach deſſen Abgange vom Heer nahm Mithridates
es wieder in Beſitz, bis Pompejus, des Lucullus
Nachfolger, in mehreren Schlachten den Mithridates
befiegte und im 3. 65 das Land dem Ariobarzanes
zurüdgab. App. Mithr. 80. Plut. Luc. 35. Sull.
5,22. 24. Just. 38,2. — 4) fein Sohn, mit
dem Beinamen Philopator, ftarb wahrjcheinlich
durch Meuchelmord, nachdem er mit Empörungen
und Unruhen zu kämpfen gehabt, im J. 57 v. E.
Bol. Cie. prov. cons. 4. ad fum. 15, 2,5. —
5) dejien Sohn, wurde vom römischen Senate
als König anerkannt und erfreute fich der Gunft
Eiceros, welcher damals als Prokonſul in Kilikien
war, im %. 51 v. C. (Cie. ad fam. 2, 17. 15, 2.4, 5),
und ihn gegen eine Verſchwörung ſchützte. Er
unterftügte den Pompejus gegen Cäjar, wurde aber
doch (47) von leßterem jehr gütig aufgenommen.
Im J. 42 lich ihn Caſſius töten, weil er ſich ge:
weigert hatte, ihn zu unterftügen. Cacs. b, c. 3,4.
Dio (ass. 47, 33.
Arion, Aelwor, ausgezeichneter Dichter und
Mufiter aus Methymna auf Leſbos, zwiichen 628
und 585 v. E. blühend. Bedeutend iſt er in der
Gejchichte der Poeſie beionders dadurch, daß er
den Dithyrambos, das bafchijche Feſtlied, zuerft
funftvoll ausbildete und ihn durch Chöre (uxdıoı
zogoc) vortragen lieh. Erhalten ift nichts von ihm,
denn der unter feinem Namen erhaltene Hymnos
(Aelian. hist. an. 12, 45) ift unecht. Arion lebte
lange Zeit bei jeinem Freunde PBeriander, dem
Tyrannen von Korinth. Als er einft mach einer
Kunftreife durch Sicilien und Italien nad Korinth
zurüdichiffte, wollten ihn die forinthifchen Schiffer,
nach jeinen Schägen lüftern, in das Meer ſtürzen.
Er erlangte jedoch von ihnen, daß er vorher in
vollem Sängerſchmuck noch ein Lied ſingen durfte;
dann ſprang er ins Meer. Ein Delphin, von den
Tönen angelockt, nahm ihn auf den Rücken und
ſehte ihn bei Tainaron ans Land, von wo er ſich
nach Korinth begab. Als die Schiffer hier an-
fommen und vor Periander erflären, fie hätten
den Sänger in Tarent wohlbehalten zurüdgelafien,
tritt plößlich Arion vor, und jie befennen beftürzt
ihre Schuld. Auf dem Borgebirge Tainaron ſtand
das Bild eines Mannes auf einem Delphin aus
154
Ariovistus — Aristarchos.
Erz, das man für ein Weihgejchent des Arion hielt, | Zwar hatten jid fait alle griechiichen Kolonien in
wahricheinlidy) ein Bild des Gottes Taras.
Die, |
Kleinaſien ihnen angejchlofien, aber im J. 448
auch anf Münzen von Methymma dargejtellte, Sage | wurden fie von den Berjern bezwungen, und Arifta:
ift allgemein befannt durch A. W. Schlegels Ballade | goras, weldher am Kampfe jelbft feinen Anteil ge-
Arion; von den Alten erzählen fie befonders Herodot
(1, 23 $.), Cicero (tuse. 2, 27, 67) und Ovid (fast.
2, 83 118); vgl. auch Paus. 3, 25, 7. -— llber
ihren Wert handelt Lehrs, populäre Aufſätze aus
dem Altertum ©. 385 ff. der 2. Aufl.
Ariovistus, d. h. Heerweijer, Heerführer, Fürſt
der Sueven, drang im J. 72 v. E. mit 15 000 Ger-
manen zur Unterſtützung der Arverner und Se—
quaner gegen die Aduer über den Rhein. Caes.
b.g. 1,31. Als er fie geichlagen, ſetzte er fich in
Gallien feſt und zog noch mehrere jeiner Yandsleute
(bis gegen 120 000 im Jahre 58) über den Nhein.
Bei Mdmagetobriga bejiegte er die Aduer, hieß fie
Geiſeln ftellen und Tribut zahlen (61) und wurde
Bundesgenofje und freund der Römer, im J. 59.
Caes. b. g. 1, 40. 42. Plut. Caes. 19. Dio (ass.
38, 34. Aber Cäſars Aufunft in Gallien veran:
lafte die Aduer, dieſen zu Hülfe zu rufen. Eine
perjönliche Beiprechung zwiſchen Arioviſt und Cäſar
blieb ohne Nejultat, die Waffen entichieden, und
jener wurde im J. 58 in einer blutigen Schlacht
(wahrjcheinlich bei Mühlhaujen im füdlichen Elſaß
gänzlich geichlagen. Caes. b. 4. 1,395. 47 ff. Div
(ass. 38, 48 ff. Nur wenige Germanen, darunter
ihr Anführer, entfamen über den Rhein. Seine
weiteren Scidjale find unbelannt.
Ariphron, Agipgor, aus Sikyon, griechiicher
Lyriker in unbelannter Zeit. Einen Baian desjelben
j. Athen. 15, 702 A, Bergf, poet. lyr. Gr. Il p. 595 ff.
Arisbe, 4eloßr, 1) eine der fünf bedeutenderen
Troerjtädte am Selleeis. Hom. Il. 2, 836. Hier
lagerte jich Aleranders Heer nad) dem lbergang
über den Hellespont (Arr. 1, 12, 6); zur Zeit des
zweiten puniichen Krieges wurde jie von den Gal—
liern erobert. Pol. 5, 111. — 2) Stadt auf Leſbos
(Hat. 1, 151), nach Plinius (5, 39) durch ein Erd-
beben zerjtört. — 3) ſ. Aisakos.
Aristagöras, Agıorayogag, Schwiegeriohn des
Hiftiaios und Nachfolger desjelben in der Tyrannis
von Milet, als Hiltiatos ſich nach Suja zum Könige
Dareios begeben hatte. Auf des Ariftagoras An:
regung rüſtete Dareios eine Flotte aus zur Er—
oberung der Inſel Naros und zur Zurüdführung
einiger von der demofratijchen Partei vertriebenen
Nriftofraten nach diefer Inſel; doc fam die Unter:
nehmung nicht zuftande, da NAriftagoras ſich mit
dem perfiichen Feldherrn entzweite und dieſer den
feine Gefahr ahmenden Nariern Kunde von dem
Unternehmen zufommen ließ. Ans Furcht vor dem
Horn des Dareios und von Hiftiaios durch einen
Boten aus Suſa angeftachelt, erhob nun Ariſta—
goras die Fahne der Empörung, rief die Jonier
zum Kampfe, die Athener zur Hülfe auf und er:
hielt von diejen 20 Schiffe, während die Spartaner,
da fie ihre Hegemonie im Peloponnes damals durch)
die Argeier gefährdet jahen und Oppofition der
Bundesgenoffen zu befürchten hatten, jein Geſuch
abwicjen. Mit den Athenern famen auch 5 Schiffe
von Eretria auf Euboia. So brad der Aufjtand
der ionischen Griechen gegen Berjien um 500 v. E.
aus. Anfangs glüdlich, eroberten und verbrann:
ten fie die Hauptitadt Lydiens, Sardes, wurden
aber von dem rajch heranrüdenden perfiichen Heere
geichlagen und von den Athenern in Stich gelafien.
nommen, verlich mutlos jein Vaterland und jegelte
mit Anjiedlern nach Myrkinos in Thrakien, fiel
aber dajelbit jchon 497 im Kampfe gegen die wilden
thratijchen Volker. Hat. 5, 97— 126. Tihxe. 4. 102.
Aristainötos, Agısracreros, aus Nilaia in
Bithynien, Grammatiter und Nhetor, Freund des
Libanios, fam bei einem Erdbeben zu Nitomedeia
358 n. E. ums Leben. Unter feinem Namen eriftiert
eine Sammlung erotiicher Briefe (50), welche aben—
teuerliche Yiebesverhältnifje in jehr deflamatorischer
Darjtellung enthalten und dem Alfiphron in einer
froftigen Weile nachgeahmt find. Dieje ſchwachen
Produkte eines eitlen Schwäßers gehören ſchwerlich
dem Ar. an, jondern ftammen wahricheinlich ans
dem Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrh.
Ausgg. von Abreſch (1749) und Boiſſonade (1822).
Aristaios, Aororaios, Sohn des Uranos und
der Ge, oder des Apollon und der Kyrene, ein
Segensgott der älteften Bewohner Griechenlands,
mit Zeus und Apollon identifiziert und an ver:
ichiedenen Orten, in Thejjalien, Bototien, Arkadien,
‚auf Keos, als Beſchützer der Herden, des Wildes,
der Bienen (Verg. @. 4, 317 ff.), des Ackerbaues,
des Wein: und Olbaues verehrt | Nöutos, "Aygers.
Melusoeeg. Pind. pyth. 9, 5--65). Wir fehen in
ihm „eine der Bejtaltungen, in welche der ein:
fachite ländliche Heliosdienſt übergegangen iſt, er:
halten unter diejem bejonderen Namen als Gott
eines auch auf jeinen Wanderungen ihm treu ge:
bliebenen Bolksitammes, infoweit ähnlich dem Ban,
dem Apollon, während andere ähnliche örtliche aus
Helios entiprungene Götter in dem Samtnamen
Apollon früh untergegangen fein möchten‘. F. G.
Welder, grieh. Hötterlehre 1 ©. 489.
Aristarchos, Aglorapyos, 1) aus Tegea,
tragifcher Dichter und Zeitgenofje des Euripides,
nur befannt durch einen Artikel bei Suidas, wo—
nach er 70 Dramen aufführte und zweimal fiegte.
Dabei joll er 100 Jahre alt geworden fein. Dunlel
find die Worte des Suidas: Ög emrog eig rb
vor abrav wog ra@ Ögdnere narlornoer. Bol.
Naud, trag. (iraec. fragm. p. 564 f. — 2) Ar. aus
Samos, um 260 v. E., alerandriniicher Mathe:
matifer und Ajtronom, der die Hiinmelsericheinungen
aufmerkſam beobachtete und zuerit die Bewegung
der Erde um die Sonne und um ihre eigene Adhie
gelehrt haben ſoll. Durch ihn und feinen Schüler
Hipparch aus Nifaia erhielt die Aftromomie eine
jelbft von den Neueren bewunderte Bolltommenheit.
Wir befigen von ihm eine Schrift weol ueyedor
zul droornudeov Nov Hal aelıjvng, heraus:
gegeben von Wallis (1688) und Nizze (1856). —-
3) Ar.von Samothrafe, hochberühmt als Sram:
matifer und Kritiker, Schüler des Ariftophanes von
Byzanz, geboren um 210 dv. E., lehrte unter Pto—
lemaios PBhilometor (um 170) zu Alerandreia. Ob-
gleich Lehrer mehrerer Söhne diejes Nönigs, mußte
er doch, als jein Zögling Ptolemaios Phyſton gegen
die Gelehrten wütete, Alerandreia verlafien, begab
fih nach Kypros und ftarb dort in hohem Miter,
zulegt von der Wafferjucht geplagt. Er widmete
jeine Thätigkeit nicht nur der Erflärung der griechi—
ichen Dichter, bejonders des Homer, Pindar, Ari:
jtophanes, der Zragifer u. j. w., zu welchen er
Aristeas —
nach Suidas gegen 800 Kommentare verfaßt hat |
(die große Zahl erflärt jich daraus, daß die ein:
zelnen Bücher Homers und die Stüde der drama—
tijchen Dichter bejonders gezählt wurden), jondern
ichrieb auch zahlreiche grammmatische Schriften. Bon
allen dicjen jind indes nur Bruchitüde in den
Scholien zu Homer vorhanden. Die größten Ber:
dienfte aber erwarb er fih um Homer, den er
biftoriich und jachlich erklärte und dem er durch
jeine fritiichen duogdwosıg jo ziemlich die gegen:
wärtig gültige Tertesgeftalt verlieh, indem er zu:
aleich die unechten oder als eingeichoben verdäch—
tigen Stellen mit fritijchen Zeichen verſah. Bal.
die meijterhafte Schrift von Lehrs: de Ar. studıis
Ilomericis (1833. 3. Aufl. 1882); deſſ. Quaestiones
epicae (1857) und A. Yudwich, Ariſtarchs Home:
riſche Texttritik (2 Bde. 1884 f.). Ur. ragte durch
Schärfe des Denkens und Umfang des Wifjens
unter allen hervor und legte den Grund, auf
welchem die jpäteren Erflärer fortarbeiteten. Gegen
ihn erhob ſich in der pergameniichen Schule des
Krates Mallotes eine heftige Partei, die deu Homer
allegoriich erklären wollte.
Aristeas, ‘Agıoreas, 1) aus Profonnejos, lebte
wahrjcheinlich um 550 v. E., unternahm bedeutende
Keijen zu den Völlern an den nörblichiten Ge—
ftaden des Schwarzen Meeres bis zum Ural hin
und jchrieb darüber ein Gedicht r« Aguudonsıe,
über die Arimajpen (j. d.), worin neben manchem
Sagenhaften gewiß auch viel Wahres enthalten war,
wenngleich jeine Yandslente ihn für jehr wenig
zuverläflig (FHdt. 4, 13), ja für einen Wunderthäter
bielten. —— 2) ein Jude, angeblich von Btolemaios
Philadelphos nach Jeruſalem geichidt, um dort die
7u (eigentlich 72) Überjeger des Alten Teftaments
zu holen. Doch ift der ganze Bericht des Ar. ſelbſt
eine jpätere Erfindung.
Aristeides, Aoıorsiöng, 1) Sohn des Lyſi—
machos, aus der att. Bhyle Antiodhis, geboren um
540 vd. E., beteiligte ſich an den Verfaſſungsrefor—
men des Nleijthenes (Plut. Arist. 2) zugleich mit
Kanthippos und gehörte jeitdem zu den einfluß—
reichiten Männern feiner Baterftadt Athen. Beim
Ausbruch des erften perfiichen Krieges war er einer
der 10 Feldherren und zeichnete ſich in der Schlacht
bei Marathon aus. Plut. Arist. 5. Hdt. 6, 110 ff.
Nach Bejiegung der Perſer war er für das Wohl
feiner Baterjtadt als Archon jehr thätig, erregte
aber die Eiferjucht des lebhaften, nad Muhm umd
Anjchen dürjtenden Ihemiftolles. Lebterer jah fich
ungern durch Ar. verdunfelt, dem das Volk dei
Beinamen des Gerechten gegeben hatte, und mit
dem er über die Thalattofratie Athens verjchiedener
Meinung war, und juchte fih daher des Gegners
zu entledigen, und Ar. wurde im J. 483 durch den
Dftrafiimos ans Athen entfernt. Flut, Arist. 2.
3.6ff. Them. 3. Nep. Arist. 1. Jener hatte das
leicht bewegliche Volk durch mancherlei Vorftellungen
dafür gewonnen, während diejer bei der Rechtlich—
feit und Ehrlichkeit ſeines Charakters nichts that,
um dem ungerechten Urteil zu entgehen. Erſt kurz
vor der Schlacht bei Salamis, in welcher Ar. ruhm:
voll tämpfte, wurde die Verbannung aufgehoben.
Plut. Arist. 8 (abweichend Nep. Arist. 2. Hadt.
8, 79). Auch an der Schlacht bei Blataiai nahm
er als Führer der Athener den waderjten Anteil,
und nach derjelben bewirkte jeine und Kimons
Milde, als ſie beide die atheniſche Flotte befehligten,
135
daß die Bundesgenofjen, über die Willtür und den
Übermut des Baujanias empört, den Athenern die
Leitung des Bundes, der ſ. g. deliichen Symmachie,
übertrugen. dt. 9, 185f. Plut. Arist. 11 ff. Ar.,
nit dem größten Vertrauen beehrt, ordnete die
Beiträge der einzelnen Mitglieder des Bundes zur
Erhaltung der Flotte und bejtimmte die Inſel
Delos als den Ort, wo die Beratungen ftattfinden
und die Bundesgelder aufbewahrt werden jollten.
Außerdem verichaffte er der vierten Klaſſe der
Bürger, den Theten, welche durch Mut und Hin:
gebung jich ausgezeichnet hatten, das volle Bürger:
recht und Gleichitellung mit ihren Mitbürgern.
Plut. Arist. 22. Wenn feinen Nebenbuhler The:
miftofles jpäter das Schidjal der Berbannung traf,
jo geichah dies ohne Mitwirkung des Ar. Auch
überlich diejer bereitwillig dem jüngeren und kräf—
tigen Nimon die Leitung des Staates. Er jtarb,
wie es jcheint, arın um das J. 467 ( Plut. Arist. 26.
Nep. Arist. 3. Plat. Gorg. 81) und wurde in
feinen Töchtern, welche der Staat ausjtattete, ſowie
in jeinem Sohne, den derjelbe gleichfalls beichenfte,
jowie in jeinen Nachlommen von der dankbaren
Nachwelt noch bis in die jpätejten Zeiten gechrt.
— 2) f. Maler, 6. -- 3) Ar. der Mileſier,
aus dem legten oder vorlegten Jahrh. v. E., der
eigentliche Begründer des griechtiihen Romans,
ichrieb mileſiſche Geſchichten oder Märchen,
Munowerd, fabulae Milesine, in denen er Sce:
nen aus dem Leben Milets in der Form von Er:
sählungen und im Gewande des Romans jchilderte.
Im Altertum wurden diejelben viel aelejen (Plut.
Urass. 32), der römische Annalift Sijenna über:
trug fie ins Lateinische. Die ſpärlichen erhaltenen
Bruchftüde find gefammelt und abgedrudt in Müllers
fragm. hist. Graee. Bd. IV p. 1305. — 4) P.
Aelius Ariftides, ein griechiicher Rhetor, zu
Adriani in Myſien geboren, lebte im 2. Jahrh.
n. E. Als Schüler des Rolemon zu Smyrna, des
Herodes Attieus zu Athen und anderer berühmter
Rhetoren, und nad dem Borbilde eines Platon,
Sokrates und Demofthenes bildete er das ihm an:
geborene Nedetalent bedeutend aus, machte jpäter
große Neifen und wurde jelbit durch eine ſchwere
vieljährige Krankheit nicht gehindert, fich einer
Kunſt mit Eifer zu widmen. Er genoß eine wohl-
verdiente, weitverbreitete Achtung, ftand bei Marc
Anrel in hohem Anjehen und bewog diejen auch
zur Wiederherjtellung des durch ein Erdbeben 178
n. E. ſchwer verwüſteten Smyrna, wofür ihn die
Bewohner als „Erbauer“ mit einer bronzenen
Bildjänle ehrten. Er ftarb um 190 zu Smyrna.
Bon feinen zahlreichen Reden, die von den Alten
fleißig fommentiert wurden, befigen wir noch 55,
darunter meög Asmrlvnv nach Demofthenes, [Tave-
Bnveinog nad) Iſokrates, "Poung &yanuıor, "Podt«-
xos. Sie zeigen Tiefe und Fülle der Gedanken,
a re die Sprache vielfach dunkel und ſchwer
Aristippos
verftändlich, auch nicht immer forreft ift. Ausgg.
von Geeb (1722-30) und Wilh. Dindorf (182U).
Val. Bauıngart, Alius Ariftides als Nepräjentant
der jophiftiichen Rhetorik (1874).
Aristippos, "dolsrinmog, aus Kyrene, Stifter
der nach jeiner Baterjtadt benannten kyrenaiſchen
Schule, brachte feine Jugend in Athen in dem
lehrreichen Umgange des Sokrates zu (dpıyuirog
Adrjvade nar& vilog Lwxedrovg), don Dejien
Ruf augezogen fein Vater, ein wohlhabender Nauf:
136
Aristias Fuseus
manı, ihn nach Griechenland gejchidt hatte. Spä: ,
ter trat er jelbft Ichrend auf, und zwar zuerjt im
Aigina, dann zu Syrakus am Hofe des jüngeren
Dionyſios, zuleht, wie es jcheint, in Athen neben
Blaton, wo er denn auch nach des Sofrates Tode
den Grund zu der erwähnten ſokratiſchen Schule
legte, die als Hedoniker bezeichnet wurde. Nach
einem twanderungsvollen Leben joll er auf der!
aioliſchen Inſel Lipara geftorben fein.
nen, vielleicht ziemlich zahlreichen, Schriften ift
nichts auf uns gefommen, feine Lehre ift wohl erit
von feinen Schülern, vielleicht von feinem gleich:
namigen Enkel, in ein Syſtem gebracht worden. Er
ſoll der erfte unter den Sofratifern gewejen fein, der
Bezahlung für feine Lehrvorträge annahm. Die
Verhältnifje jeiner Vaterſtadt und feiner Familie
blieben gewiß nicht ohne Einfluß auf die Richtung
jeiner &hilojophie: die feine Yebensgewandtheit,
die ihm eigentümlich war, bewährte er am ſyra—
kuſiſchen Hofe (vgl. Plut. Dion 19. Diog. Laert.
2,8, 56). Unter jeinen Schülern ragten Hegefias,
Annikeris und Theodoros hervor; jeine Lehre hatte
mit der des Antifthenes das Gemeinſame, daß fie
das jinnlihe Individuum zum Mittelpunkte des
Wollens, Denkens und Lebens machte, unterjchied
fich dadurch aber wejentlich von ihr, dah fie das
Prinzip des Genichens dem des Entbehrens
entgegenftellte; fie lebte ſpäter in etwas modifi—
zierter Richtung in der epikureiſchen, wie die anti:
ſtheniſche in der ſtoiſchen wieder auf, es tritt daher
in den über dieje einzelnen Syſteme erhaltenen
Notizen uns jchon manche Vermiſchung entgegen.
Sie behandelte vorzugsweije folgende Gegenftände:
zeol rar algerar xal pevxror, megl Tor nadür,
sol tor modkewor, meol rar alriwr, meol tür
rioreor. Das Ziel des Wiünjchenswerten war
ihm die finnlich angenehme Empfindung, der höchſte
Genuß daher die volle Hingabe am diejelbe, mithin
beichränft auf die Gegenwart (daher uoröyeorog).
Er unterichied zwei nddn, nämlich mörog und
1dorrj, jenen nannte er eine reeyeix, dieje eine
Asia xivndis; unter den GSeelenftimmungen nahm
er drei verichiedene Zuftände an, die Freude, den
Scymerz und einen mittleren zwiſchen beiden; den
eriten verglich er mit dem janften, den zweiten
mit dem jtürmijchen Wellenfchlage, den dritten mit
der Windftille. — Bol. übrigens Xen. mem
2, 1. 3, 8. Ole. acad, 2, 42, 131. fin. 1, 7, 23.
tusc. 2, 6, 15. Hor. ep. 1, 1, 18. 17, 17.
Aristius Fuscus, Grammatifer u. vielleicht) dra⸗
matischer Dichter, Zeitgenoſſe und vertrauter Freund
des Horaz, der dem durch das ftädtiiche Leben viel:
leicht verwöhnten ep. 1, 10 die Freuden und Bor:
züge des Yandlebens anpreift; auch das bekannte
Gedicht: Integer vitae (od. 1, 22) ift an ihn ge-
richtet. Vgl. auch sat. 1, 9, 61. 10, 83.
Aristobülos, ’Agısroßovios, 1) Sohn des jüdi—
ſchen Königs Alerander Jannaios, lebte in Feind-
ichaft mit feiner Mutter Alerandra, welche 9 Jahre
lang (79-70 dv. E.) über Judäa herrichte. Nach
ihrem Tode ftritt er mit jeinem Bruder Hyrlanos,
dem der nabataiiche König Aretas zu Hülfe fan,
um die Serrichaft und wurde im Tempel von
Jeruſalem von beiden belagert, bis ihn der rö-
miſche Yegat M. Scaurus befreite. Als Rompejus
im 9. 64 nad) Syrien fam, wünjchte ihm NArifto-
bulos durch reiche Geſchenke zu gewinnen, erreichte
aber jeinen Zweck nicht und juchte ſich nun durch
Von jei: |
— Aristokrates.
eigene Kraft in Judäa zu behaupten. Bompejus
aber, von Ariſtobul getäuscht, zog gegen ihn, nahm
ihn gefangen, übergab dem Hyrlan die Herrſchaft
und führte den Ariftobul nach Rom, 63. Plut,
Pomp. 39. 45. For. 3, 5. Zwar entjloh er 56
wieder nach Judäa, wurde aber von den Römern
angegriffen und abermals gefangen genommen.
Plut. Ant.3. Erſt Cäjar befreite ihn wieder (49)
und gab ihm Truppen, um Judäa wieder in Beſitz
zu nehmen; er ftarb indeſſen bald nachher durch
Gift. — 2) Ar. aus Kaſandreia, ein Begleiter Ale:
randers d. Gr. auf jeinen Feldzügen, jchrieb in
hohem Alter noch (nach 301 v. E.) ein Werl über
die Thaten Aleranders, das von den Alten vielfach
gelobt und mehrfach von Plntarch im Leben Ale-
randers, ganz bejonders aber von Arrian (1, 1)
als SHauptquelle benugt ward. Sammlung der
Fragmente von Hullemanı (1844) und in Müllers
fragm. scriptt. Alex. M. p. 94 ff.
Aristodömos, "Agıoröönuog, 1) ein Heraklide,
Bater des Euryfthenes und Profles, unterwarf nach
Herodot (6, 52) den Peloponnes und herrichte im
Yalonien; nadı andern (4. B. Apollod. 2,8, 2,7)
wurde er im Beginn feines Zuges bei Naupaltos
vom Blite getötet. — 2) ein tapferer Meflenier,
welcher im erjten mefleniichen Kriege zur Erfüllung
eines Orafelipruches jeine Tochter als Opfer anbot
und, als ein mejlen. Jüngling, um ſie zu retten,
jie für feine Berlobte erflärte, im Horn darüber
fie jelbft tötete. Später (729 v. E.) wurde er nach
dem Tode des Königs Euphaes von jeinen Yande-
leuten zum Könige gewählt, obgleich gegen dieje
Wahl wegen der Schuld, die er durch Ermordung
der Tochter auf fid) geladen hatte, Widerjpruc er:
hoben wurde. Wach einem glänzenden Siege über
die Spartaner (726) tötete er ich am Grabe der
Tochter, als die Spartaner auf Rat des delphi—
ſchen Oralels durch Lift zu fiegen ſuchten, 724.
Yaus. 4, 9. 10. 13. — 3) ein dritter Ar. war der
einzige der 309 Spartaner, welcher die Schlacht
in den Thermopylen überlebte und dafür in der
Heimat mit Ehrlofigkeit belegt wurde, dieje Schande
aber jpäter in der Schlacht bei Plataiai durch
ruhmvollen Tod tilgte. Hdt. 7, 229 ff. 9, 71.
Aristogeiton, "Agıoroysirwor, 1) j. Harmo-
dios. — 2) ein attiicher Redner, ö xUwr ge:
nannt, Beitgenofje und Gegner des Demofthenes
und Deinarchos, gegen deren Anlagen er ſich in
mehreren, jeßt verlorenen Reden verteidigte; als
Redner von feiner bejonderen Feinheit, zugleich
als Sykophant bezeichnet. Bon jeinen fieben oder
acht Reden find nur Bruchitüde erhalten (gejam:
melt im 2. Bd. der oratt, Attici von Baiter und
Sauppe). Auch Lykurg und Hypereides jchrieben
Reden gegen ihn.
Aristökles j. Bildhauer, 3.
Aristokrätes, "Agrorongdrns, 1) letzter König
in Arkadien, der im zweiten meſſeniſchen Kriege
den Meffeniern zu Hilfe zog, aber, von den Spar:
tanern beftochen, fie verriet. Wegen fortgeiegter
Verräterei wurde er nachher von den Arkadiern
gejteinigt, 668 v. E,, und mit ihm die fönigliche
Würde abgeichafit. Pol. 4. 33. Paus. 4, 17, 2.
22, 1ff. 8, 5, 13. — 2) ein Athener aus einem
der vornehmſten Gejchlechter, einer der Bierhundert,
im %. 406 v. E. unter den Führern, Die bei den
Arginujen fiegten, aber bei einem Sturme die
Schiffbrüchigen nicht retteten und die Leichen nicht
Aristokratia — Aristophanes.
jammelten; er wurde dafür nach feiner Rückehr
zum Tode verurteilt. Thue. 8, 89. Lys. 12, 66.
Xen. Hell. 1, 4, 21. 5, 16. 6,29. 7,2. — 3) ein
Schriftfteller aus Sparta, weldyer Aanwrınd ver:
faßt hat, die von Plutarch benubt find. Bruch
ftüde bei Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 332 f.
— 4) ein Athener, der 352 v. E. zu Gunften des
Feldherrn Eharidemos einen Antrag jtellte. Für
Euthytles, der deshalb gegen jenen eine yoap?)
xeparöuow anftellte, ſchrieb Demofthenes jeine
berühmte Rede gegen Ariſtokrates.
Aristokratia j. Staatsformen, 4.
Aristomächos j. Herakles, 16.
Arixtomönes, Aqıoroufvng, 1) ein meſſeniſcher
Süngling, zeichnete fich im zweiten mefjenifchen
Kriege ij. d.), den fein Unmut über den von Sparta
gegen die Mefienier geübten Drud veranlaßte
(684 — 667 v. E.), vor allen durch glänzende Tapfer:
keit aus. Gleich in der erjten Schlacht bei Derai
fämpfte er mit ſolchem Mute, daß feine Yanbs-
leute ihn zum König wählen wollten; er wiünjchte
aber nur ihr Feldherr zu jein. Dreimal geriet er
in ipartaniiche Gefangenschaft, noch öfter in bie
größte Yebensgefahr, wurde aber jtet3 auf wunder:
bare Art darans gerettet. Paus. 4, 15. Nach dem
unglüdlihen Ausgange des Kampfes ging Arifto:
menes, der an der teılweiien Nuswanderung nad
Sicilien nicht teilnehmen wollte, nad) Rhodos
und wollte von da aus bei den Lytiern und
Medern Hülfe ſuchen, ftarb aber zu Jalyſos auf
Rhodos und wurde daſelbſt als Heros verehrt.
Paus. 4,23 ff. Val. Mar. 1, 8, 15. — 2) Dichter
der älteren attilhen Komödie, Nebenbuhler des
Ariftophanes, mit dem er noch 389 v. C. wett:
eiferte. 3 Titel von Stüden find befannt. Dal.
Meinele, com. Graee. frag. II p. 730 ff. Rod,
com, Att. fragm. I p. 690 ff. 3) ein Alar—
nanier, ftand in großem Anſehen bei Agathofles,
dem Minifter des Ptolemaios IV. Bhilopator,
nach deſſen Ermordung (204 v. E.) Ariſtomenes
den neuen Minifter Tlepolemos verdrängte und
Agypten mit Geſchick und Talent verwaltete. Pol.
15, 31. 18, 36f. Er ftarb im J. 192 an Gift,
weil er durch jeine Freimütigkeit dem jungen
König Ptolemaios V. Epiphanes läſtig gewor—
den war.
Ariston, Agioror, 1) aus Chios, ein grie-
chiſcher Bhilojoph der ſtoiſchen Schule um 275 v. E,,
der in Athen lehrte, blieb, obwohl unmittelbarer
Schüler des Yenon und Polemon, dem Syſtem
feines Lehrers nicht in feinem ganzen lmfange
treu, jondern verwarf den phyſiſchen und dialek—
tiichen Teil desſelben und drüdte fid) über die
Griften; der Gottheit ffeptiih aus. Nah ihm
gab cs Feine Mitteljtufen zwischen Tugend nnd
Lajter; die Tugend jet das höchſte und einzige
Gut, alles übrige dem Weiſen gleichgültig. Cie.
fin. 4, 12. 15. 25. Seine ®Werle (mepi narrınng,
wriasız [Boss] 2dvor nal nölwr) find ver:
foren. Zum lnterjchiede von dem folgenden Ar.
— beide wurden ſchon im Altertum Häufig ver:
mechjelt führte er den Beinamen Fserr,
„Sirene“, und Balardos, „Kahltopf“. Rat.
Saal, de Ar. Chii vita, scriptis et doctrina
(1852). — 2) aus ber Stadt Julis auf der Inſel
eos (daher Arlos und Towlarieng), ein Peripa—
tetifer, Schüler des Lykou und nach deſſen Tode
Nachfolger i in der Yeitung der peripatetijchen Schule,
137
um 225 v. C. Er hatte Gejhmad (voncinnus et
elegan«), doch fehlte ihm ernjte Würde, und er
gelangte zu feinem geltenden Anjehen, obſchon er
viele gefeilte Werfe ſchrieb. Strab. 10, 486. Cie,
fin. 5, 5. Cat. m. 1, 3. Erhalten hat jich nichts
außer vielleicht drei Epigrammen i in der Anthologie.
Aristonikos, WAgıororızog, 1) Redner und
Staatsmann aus Marathon, Zeitgenojie des De:
mofthenes, mit Hypereides (j. d.) auf Antipaters
Befehl 322 v. C. Hingerichtet. — 2) ein grau:
jamer Tyrann von Methymna auf Xejbos, der
von den Admiralen Aleranders d. Sr. in Chios
gefangen genommen, von Alerander den Methym—
naiern ausgeliefert und von diejen graufam ge:
tötet wurde. Arr. 3,2, 4f. Curt. 4, 5, 19 fſ. —
3) ein unehelicher Sohn des Königs Eumenes 1).
von Pergamos. Als Attalos III. fein natürlicher
Bruder, die Nömer zu Erben feines Reiches eim-
ejegt hatte (133 v. E.), ſuchte Ar. dasjelbe für
a zu erobern. Er ſchlug 130 v. C. dem gegen
ihn geſandten P. Licinins Erafjus, der auch in
diejem Kriege fiel (Vell. Pat. 2, 4. Lir. ep. 59;
nach Just. 36, 4 geſchah es ſchon 131); aber der
Konſul M. Berperna befiegte ihn noch in demfelben
Jahre und nahm ihn gefangen, worauf Ar. (129)
in Rom getötet wurde, Just. 36,4. Vell. Pat. 2,4.
— 4) aus Alerandreia, Beitgenoffe des Strabon
und gelehrter Grammatiker, durch verjchiedene auf
Homer bezügliche Werte befannt, von denen große
Bruchftüde in den homeriſchen Scholien vorliegen,
namentlich aus dem Werke megl anusior, einem
Kommentare zu den fritiichen Zeichen des Ari:
ftarchos. Die Reſte des Buches wegi anuslor
IMddog hat Friedläuder (1853), Die ber Schrift
zepl onuslov Odvoceieg Carnuth (1864) heraus-
gegeben. — Berichieden von dieſem ift 5) der
mehrfach citierte Ar. von Tarent, der über mythiſch—
hiftorische Gegenftände ſchrieb. Vgl. Müller, fragm.
hist, (irnee. IV p. 337.
Aristophänes, Agtoropdrng, 1) der Komiler,
gehört jedesfalls durch feine Geburt Athen an.
Die Zeit feiner Geburt fteht nicht feit; wahr:
ſcheinlich fällt fie um 452 v. E. Sein Todesjahr
war ohne Zweifel, da er bald nad) der Aufführung
des Plutos (389) farb, das Jahr 388. Seine
Söhne waren Araros, Philippos und Nikoftratos,
die nach des Baters Tode ebenfalls mit Dramen
auftraten. An einem näheren Berhältnifie ſcheint
Ar. zu den beiden Scaufpielern und Tichtern
Philonides und Kalliftratos geitanden zu haben,
die feine eriten Stüde Jaradeig (427) und Ba-
Primvını (426) auf die Bühne brachten, jowie er
auch mit Blaton wohl befannt und befreundet war.
Ars Lebenszeit fällt alſo in die Zeit des pelo:
ponneſiſchen Krieges. Er gehörte aber leineswegs
der Friegäluftigen, demokratiihen Partei an, fon:
dern befämpfte dieje vielmehr und bot alles auf,
jeine Mitbürger zum Frieden zu ftimmen. Er it
der einzige Dichter der älteren attiſchen Komödie,
bon dem uns noch vollitändige Dramen (und zwar
11) erhalten find. Unter ihnen nehmen nad) der
Chronologie ihrer Aufführung die Acharner.
"Ayaorijg, die erfte Stelle ein, benannt nad) dem
ans Acharnern beftehenden Chore (aufgeführt 425).
Mit diefem Stüce, welches noch unter einem frem-
den Namen auf die Bühne gebracht wurde, da der
Dichter noch nicht das zur Aufführung von Dramen
gejeßlich beftimmte Alter erreicht hatte, trug Ar.
138
den Sieg über Kratinos und Eupolis davon. Es
joll durch Darftellung der Freunden und Segnungen
des Friedens die Athener zum Frieden bejtimmten.
Die Ritter, "Inzijs, das erjte Stüd, welches Ar.
in eigener Perſon aufführte und im dem er ſelbſt
als Schaufpieler auftrat (424), geißeln mit wahr:
haft vernichtender Kritik den charafterlojen Demos
und jeinen Führer, den damals allmächtigen De:
magogen Nleon <. d.). In komiſcher Ofonomie
und im der Vollendung der Rhythmik und Form
find jie das Meifterftücdt des Tichters. Tie Wol:
ten, Negpihaı (aufgef. 423), Tollen die verkehrte
philojophiiche Richtung der Zeit, die metaphyſiſchen
$rübeleien und die der wahren Bollsmoral jo
nachteilige Sophiftit lächerlich machen (vgl. Leſſings
Dramaturgie 11 S.91), als deren Vertreter dem Dich:
ter irrigeriweile Sofrates erſchien. Sie jind uns
in eier vom Dichter ſelbſt bejorgten, wie cs jcheint
nicht zum Abichluß gelommenen, Überarbeitung
erhalten. Die Weipen, Epixes (aufgeführt 422),
befämpfen die Prozeßſucht der Athener. Der
Friede, Elerjen, im nächſten Jahre auf die Bühne
gebracht, empfichlt den Frieden. Die Bögel,
Ooriteg (414), das längfte Stüd des Dichters und
vielleicht das vollendetjte Luſtſpiel des ganzen Al:
tertums, parodieren in ihrer Daritellung der Wol—
fenfududjtadt und der Göttergejandtichaft in er:
getzlichſter Weiſe die durch die jiciliiche Expedition
zu den abentenerlichiten Hoffnungen und Erwar:
tungen erregte und verblendete Eigenliebe und
Herrſchſucht des atheniichen Volls. Die Theſmo—
phoriazujen, @souopogidfovse (411), ver:
ipotten den Euripides, den die das Feſt der Demeter
Peauopogog feiernden Frauen wegen jeines Weiber:
haſſes (wıooyveng) vor Gericht fordern und nad
vielen vergeblichen Verſuchen endlich freiiprechen.
In der Lyſiſtrate, Avsıorgdrn (in demielben
Jahre aufgef.), juchen die Weiber von den Männern
den Frieden zu erzwingen. Die Fröſche, Ba-
roayor (405), find gegen den Verfall der tragijchen
Kunſt, als deren Berderber Euripides dargeitellt
ift, geichrieben. Die Ekkleſiazuſen, ’Errinoıd-
fovocı (392), jollen die in jener Zeit in Umlauf
gefommenen idealen Staatsformen mancher Bhilo-
ſophen periiflieren, befunden aber die Ermattung
der Dichterkraft. Mit dem legten Stüde, dem
Plutos, /lloöürog, in welchem der bherunterge:
fommene Gott des Neichtums durch einen ehr:
lihen Bürger von feiner Blindheit geheilt wird,
machte Ar. einen Übergang zu der neueren atti:
ichen Komödie. Es liegt uns, wie die Wolfen,
in der zweiten umgearbeiteten Gejtalt aus dem
Jahre 388 vor. — Die geſamten Stüde des Dichters
betrugen nach der einen Zählung 54, nach einer
andern 44, doch erflärte man jchon im Altertume
4 für unecht. Jetzt ergeben fid) 37 fichere Titel.
Eine große Anzahl von Fragmenten ift noch er:
halten. Der Zwed, welcher in allen Komödien
des Ar. mehr oder weniger hinter dem oftmals
anftöhigen Witz und Scherz hervortritt, iſt nicht
der einer bloßen Unterhaltung und Ergeplichkeit,
jondern ein höherer und edlerer. Wir bewundern
an ihm eine Kraft der komischen Poeſie, wie fie
feine Pitteratur weiter aufzuweiſen hat; es herricht
bei ihm die höchite Spannung der fomiichen Kon—
trafte, ein unerichöpflicher Witz, der in der ganzen
Anlage des Stüds, in Plan und Handlung, in
der Auffaſſung und Darftellung der Charaktere, in
Aristophon.
einzelnen Sitwationen und Einfällen ſich zu er:
fennen gibt, dabei eine jcheinbare Willfür und
Negellofigkeit zeigt, die dem Zwecke der alten
Komödie entipricht und mit allem ihr lojes Spiel
treibt, bisweilen aber aud) in eine Derbheit aus:
artet, die mit unſern Begriffen von Sitte, Anftand
und Feinheit nicht wohl vereinbar ift. Er dedt
die tolle Nenerungsiucht einer zügellofen Ochlo—
fratie auf, aber er liefert zugleich „für uns das
legte und grofartigfte Dokument des Selbitver:
nichtungsprozefles, in welchem wir den griechtichen
Sötterglauben zu Grunde geben ſehen“. Seine
Sprache iſt ein vollendetes Mufter des reiniten
Atticismus. Über die Okonomie jeiner Stüde
vgl. Komoedia; zu feiner Charafterijtif über:
haupt Nägelsbahs nachhomer. Theol. S. 467 ff.
NRöticher, Ar. und jein Zeitalter (1827); über
feinen Wert als hiftor. Duelle Müller-Strübing,
Ar. und die hifter. Kritif (1873). — Oejamtansgg.
jeiner Werfe von Invernizzi, Bed und W. Din-
dorf (1795—1831, 3. Beller (1829), Bergt,
(2. Aufl. 1857), Meinefe (1860), W. Dindorf
(5. Aufl. 1869), Blaydes (1886; große Ausg. be-
gonnen 1880); ausgew. Kom. von Th. Kock (+ Bdch.
3. Aufl. 1878 ff). Ausgg. der Acdarner von N.
Müller (1863), W. Nibbed (1864), Blaydes (1887);
der Nitter von W. Nibbed (1867), von Beljen
(1869); der Wolfen von Reiſig (1820), ©. Her—
mann (2. Aufl. 1830), Teuffel (2. Aufl. 1868;
mit dentichen Anmerkungen 2. Aufl. 1887); der
Weſpen von Dirichig (1847) und Richter (1858); Des
Friedens von Richter (1860) und Blandes (1883);
der Theſmophoriazuſen von Frigiche (1838), Enger
1844), Blaydes (1880) und von Bellen (1883); der
Efflejiazujen von Blaydes (1880); der Lyſiſtrate von
Enger (1844) und Blaydes (1880); der Fröſche bon
Fritzſche (1845), Pernice (1856), von Beljen (1881)
und Blaydes (1882); des Plutos von v. Beljen (1881)
und Blaydes (1386). Die befte Überſetzung lieferte
Droyſen (3. Aufl., 1880); andere Voß, H. Müller,
Seeger, Donner u.a. — 2) Ar. von Byzantion,
der Grammatifer, der frühzeitig nach Alerandreia
fam und dort cin Schüler des Zenodotos und
Kallimachos wurde, geboren um 260 v. E., wurde
ſchon in vorgerüdtem Alter Vorſteher der Bibliv-
thef und jtarb in einem Alter von 77 Jahren. Den
Mittelpunkt jeiner grammatiſchen Studien bildete
Homer, von dejien Gedichten er eine mit kritiſchen
Zeichen veriehene Recenſion lieferte. Auch andere
Dichter hat er behandelt. Die Ergebniſſe jeiner
leritaliichen Forſchungen legte er in einem um—
fangreichen, Ad&eıs betitelten, Werte nieder. Die
Fragmente von dieſem und andern Werfen hat
A. Naud (1848) gefammelt.
Aristöphon, Agtoropar, 1) 6 "Aknwırvg, ein
bedeutender Nedner in Athen nach dem Sturze
der Dreißig, brachte 403 v. C. das Geſetz in Vor—
ichlag, daf, wer vor dem Archontat des Eufleides
geboren wäre, für einen VBollbürger gelten ſollte,
auch wenn nur der Vater echt athenischer Abtunft
wäre, die nachher Geborenen nur bei der Eivität
beider Eltern in die Biürgerichaft » aufgenommen
werden jollten. Athen. 13,38. Demosth. KEubul. 30.
Bal. Schäfer, Demoithenes TS. 138 ff. d. 2. Aufl. —
2) ein Nedner aus der Zeit des Demojthenes, bei
dem Aiſchines Schreiber war und fich für Stants:
geichäfte ausbildete. Seine Reden jind verloren.
— 8) ein Dichter der neueren attiichen Komödie.
Aristos —
Fragmente bei Meinele, fragm, com. Graee. Ill
p. 356 ff. (Il p. 675 ff. d. Hein. Ausg.), und Rod,
com. Att. fragm. II p. 276 ff.
Aristos, “Aossros, 1) ein Geichichtichreiber Ale:
randers des Gr., aus Salamis auf Kypros.
2) ein alademijcher Philoſoph, geb. in Wikalon,
lehrte in Athen, Freund des Cicero und Xehrer |
des M. Brutus. Cie. Brut. 97,352. ad Att.
fin. 5, 3, 8. Mut. Brut. 2
Aristoteles, ‘Agtororiing, aus Stageira (daher
„der Stagirite‘, d Ireysıprens) in der maledoni:
ſchen Halbinjel Ehaltidife am Strymoniſchen Meer:
buien, geb. 384 v. C., der berühmte Stifter der
peripatetijchen Schule, zugleich der tiefite und ume
fafjendite Geift des ganzen Altertums. „Ariſto—
teles ſteht“, wie Goethe in der frarbenlehre (2, 118)
jagt, „zu der Welt wie ein Mann, ein baumeiiter:
licher. Er umzicht einen ungeheuren Grundkreis
für jeine Gebäude, jchafft Materialien von allen
Seiten ber, ordnet jie, jchichtet jie auf und fteigt
jo in regelmäßiger Form phramidenartig in die
Höhe, wenn Plato, einem DObelijten, ja einer
ipigen Flamme gleich, den Himmel jucht.“ -
Seinen Bater Nikomachos, aus dem helleniichen
Geſchlechte der Aiktepiaden, welcher Leibarzt bei
dem maledoniſchen Könige Ampntas, Water des
Philippos, war, verlor er jehr frühe, jedesfalls
vor dem 17. Lebensjahre, worauf Prorenos von
Atarneus die Vormundſchaft und Leitung über ihn
belam, deſſen Sohn Nitanor er jpäter adoptierte
und mit jeiner Tochter Pythias vermählte. Die
naturwijjenichaftlichen Studien feines Waters, der
auch Schriftfteller in diejem Fache war, und die
Verbindung mit dem maledoniichen Hofe haben
frühzeitig auf die Nichtung jeines Lebens und
Sinnes enticheidend eingewirkt. Als er fich im
17. Lebensjahre, 367 v. E., nad Athen begab,
war Platon dort nicht anweſend, jondern befand
ſich gerade in Sicilien oder auf der Reiſe dahin,
und Ar. lernte ihn deshalb erjt 3 Jahre jpäter bei
jeiner Rücklehr kennen. Er verweilte im ganzen
20 Jahre lang, bis 347, in Athen und ſcheint
gegen das Ende diejes Zeitraums jchon ſelbſt als
Lehrer der Beredjamteit aufgetreten zu jein; denn
der darin von ihm belämpfte Iſokrates lebte zur
Zeit jeines zweiten Aufenthalts in Athen nicht
mehr; ebenjo fann ihn der als jein Buhörer ge:
nannte Hermeias von Atarneus, mit dem ihn
jpäter eine innige Bertrautheit verband, nur in
diejer erften Periode gehört haben. Zu Platon,
der ihn „den Geift feiner Schule“, roög rijg dıa-
roßns, und borzugsweije den Lejer, drayrnarı)s,
genannt haben joll, ftand er offenbar in dem Ber:
hältnifje der reiniten Ehrfurcht und Pietät, und
ichwerlich ift bei allen Berjchiedenheiten und jelbft
Kollifionen, wie fie in dem Charakter zweier jo
durchaus originaler und dabei völlig verichiedener
Naturen leicht erflärlich, ja fait unvermeidlich er:
jcheinen, die würdevolle Beziehung zwiichen beiden
durch Reibungen und Feindſeligkeiten getrübt wor:
den, wie fie die litterarijche Chronik des Alter—
tums berichtet. Beim Tode Platons, 347, war
Ar. auf einer Gejandtichaft für die Athener am
Hofe des matedoniihen Philipp abweiend, wozu
vielleicht die harte Behandlung der griechiichen
Städte in Ehaltidife die Beranlaffung gegeben
hatte. Dem Platon war in der Afademie fein
Schweiteriohn Speufippos gefolgt, und Ar. verlich
5, 1.
139
noch in demſelben Jahre Athen und begab fich
nach Atarneus in Myſien zu dem ihm befreundeten
und wohl jchon damals durch perjiiche Unterjochung
bedrängten Herrſcher Hermeias, nach deſſen bal:
digem Sturze er mit der Schweſter desſelben,
ſeiner Gattin Pythias, nach Mytilene auf Leſbos
zog (345), aber ſchon 2 Jahre ſpäter (343) an
den maltedonischen Hof zur Erziehung des damals
13jährigen Alerander berufen ward. (Der bekannte,
bei Gell. 9, 3 erhaltene Berufungsbrief ift jchwer:
lich echt.) Er blieb hier im ganzen volle 8 Jahre
(bi$ 335), jcheint aber nicht mehr als die Hälfte
diejer Zeit der eigentlichen Erziehungsaufgabe ge:
widmet zu haben, da Alerander ichon 339 in des
Baters Abweienheit das Amt eines Reichsverweſers
bekleidete. Einführung in griechiſche Bildung und
Yitteratur war natürlih das Hauptaugenmerk,
das der Lehrer bei jeinem fürjtlichen Zögling ver-
folgte; er ſoll eine eigene Necenfion der Jlias für
ihn veranitaltet, ihn im die Tiefen der Spetula:
tion, aber beionders in die Ethik und Politik ein:
geführt und Liebe zur Natur ihm eingeflößt haben.
Dennoch verfolgte Alerander wohl frühzeitig feinen
eigenen Weg und mag von dieſer Seite der Er:
ziehung durch eine gewiſſe Unbeugjamteit große
Schwierigkeiten bereitet haben. Jedesfalls ift die
centralifierende, weder geichichtliche noch nationale
Verhältnifie mit ichonender Achtung behandelnde,
Tendenz des mächtigen Königs nicht aus dem
Geiſt jeines Lehrers hervorgegangen. Dagegen
blieb die hohe perjönliche Achtung, die beide mit
einander verband, nicht ohne einzelne bedeutende
Wirkungen. Seine Baterftadt Stageira ward wieder-
bergeitellt und mit einer von Ar. entworfenen
Verfaſſung beſchenkt, auch Erejos auf Euboia ge:
rettet ꝛe. Andererſeits unterftügte der König mit
glänzender Freigebigfeit die naturwiflenichaftlichen,
bejonders zoologischen Studien feines Lehrers und
lieg mit den größten Opfern das erforderliche Ma:
terial herbeiſchaffen. Mit Zurücklaſſung feines
Neffen Salliithenes begab ſich Ar. 335 von der
Reſidenz Bella wieder nach Athen und blieb dort
13 Nahre. In dieler Zeit Ichrte er in einem,
dem Apollon Auzsıog geweiheten atheniichen Gym—
nafium, dem Avxsıor, und zwar zweimal des
Tags vor einen verichiedenen Zuhörerkreiſe, näm—
lich des Morgens vor einem engeren, ftreng ſpelu—
lativen (dugoarei‘), des Abends vor einem gemiſch—
teren, über die einfacheren, leichteren Teile des
Sachs, Rhetorik, Dialektik, Ethit, megimarog (ent:
weder von einer dortigen Halle oder einem Yaub-
gange, oder von jeiner Gewohnheit, beim Vortrage
nicht zu figen, jondern umberzugehen) Eotırog
und Ösıkıvög; daher die eig, der fEw-
regind und drgoarınd (doswregind), die auch jonft
im Altertume vorfommt. Sem Bortrag jcheint
atroamatiich, mithin in zufammenhängender Dar-
ftellung, nicht dialogisch gewejen zu jein. Es traf
ihn hier der Verluſt feiner Gattin Pythias, von
der er die oben erwähnte gleichnamige Tochter
hatte. Auch wurde das Verhältnis zu Alerander
in den ſpäteren Jahren durch die rüdjichtstoie
DOppofition jeines Neffen Kalliſthenes getrübt, der
den König auf jeinen Zügen begleitete, um eine
Darftellung jeiner Thaten zu liefern, aber aus
Eitelkeit oder Ratriotismus den orientalischen Ten:
Denzen jeines Sönners fich dergeitalt widerjeßte,
daß er in den Kerler wandern mußte, mo er, wie
Aristoteles.
140
es jcheint, an den Folgen erlittener Mifhandlung
ftarb. Thatſächlich ift indeffen das Einvernehmen
zwiſchen Lehrer und Schüler wohl jchwerlich je ge:
jtört worden, wenn auch eine Verftimmung fich
des Königs bemächtigte. Als jedoch mit des Königs
Tode der mächtige Schutz für Ar. dahin war,
wurde er von Demophilos der corßeı« angeklagt
und jloh nach Chalfis auf Euboia, wohin ihn
verwandtichaftliche VBerhältniffe zogen, 322, ſtarb
aber dajelbft noch in demjelben Jahre, kurz vor
Demojthenes, an einem chronischen Magenleiden.
- Ar. ift während jeines Lebens verjchieden be-
urteilt, zum Teil hart angefeindet worden; das
Glück, das ihm widerfuhr, vielleicht auch ein na—
türliches Selbtgefühl, von dem er nicht ‚frei ge:
wejen jein mag, erwedten Neid und Haß gegen
ihn, die wiederum manches ungerechte Urteil er:
zeugten. Die Bürger jeines Geburtsortes ehrten
ihn wie einen Heros und feierten jährlich zu jeinem
Andenten ein Feſt, Aorororiisıe. Die Römer
hatten troß Ciceros Empfehlung für jeinen Wert
feine Empfänglichfeit und fein Berftändnis. Im
Mittelalter ift er im wechſelndem Gejchide neben
Platon ebenjo body emporgehoben, eifrig geleien,
fommentiert und bewundert (am meiften jedoch von
den Wrabern), als herabgezogen und verworfen
worden. — Wr. erjcheint als ein denfender Be:
obadhter, der alle Seiten des Univerjums beachtet,
aber er nimmt zugleich die ganze Mannigfaltigteit
der Ericheinungen und verarbeitet diejelbe jo, daß
der tiefite jpefulative Begriff daraus hervorgeht.
Die Philojophie ift ihm die denkende Erkenntnis
des Univerjums. Seine Methode ericheint oft zu:
nächſt als bloße Aufzählung, aber mit einer großen
Vollftändigfeit der Momente, wodurd er zugleich
zum eigenen Suchen und Finden der Notwendig:
feit anreizt; dann aber weiß er mit großer Meiiter:
ſchaft, wenn auch in einer oft ſchweren Darftellung
und nicht in der anmutigen Form des platoni-
ſchen Dialogs, die verſchiedenen Beſtimmungen zu
einem Begriffe zuſammenzubringen. Auf dieſe
Weiſe iſt er der Schöpfer vieler neuer wiſſenſchaft—
licher Disziplinen geworden, wie denn die Gram—
matik und Logik bei ihm in der erſten, oft noch
ungeſchiedenen, Entwicklung eines Syſtems ſich
befinden, die Rhetorik und Poetik und damit die
ganze Kunſtphiloſophie, die — und Phyſio—
logie, die Botanik, Anatomie und Pſychologie durch
ihn ihre erſte wifienschaftliche eh befommen
haben, überhaupt aber die Teile der Philojophie,
wobei er die alte Einteilung der Dialektik oder
Logik, Phyſik und Ethif zwar feithielt, aber auch
zugleich die Unterjcheidung der theoretijchen und
praftiichen Philoſophie ftärfer hervortreten lieh,
Ichärfer von einander abgegrenzt und in eine
ftrengere ſyſtematiſche Form gebracht wurden. —
Gegenftand der Philojophie war dem Ar. das am
meiſten Erfennbare, das Erfte und die Urjachen ;
denn durch dieſe würde alles andere erfannt, die
Prinzipien aber nicht durch die Subjtrate (bmo-
neiueve). Das wejentlichite Wiſſen war ihm die
Erlenutnis des Warum (ugıwraror tod eldlraı
ro dıorı Pewpeir); weil nun aber die Vhilojophie
jolhes gibt und dadurch vor allen Wiſſenſchaften
frei und unabhängig dajteht, verdient fie den höchſten
Preis. Jikor ovr, jagt er in der Metaphyſit, cog
dr obdswlen abe Enroöusr yoelar Eriguv, chk
worte Ardgwmos yaner Lhevhegog 6 abroü
Aristoteles.
Erenae wal un) üllov Dr, oüro xai «den uorn
Ehevdige ovo« or —2 uorn] 74@ adrı]
anrijg Evenev Lorır. dio xal dtmaiug ir oo“
irdgorivn vouikoro abrijs ij nrijcıe üröge
Ö obr übıov un od £nreiv cnV “a ebror
Zrıorrjunv. Und weiterhin bemerkt er über ihren
hohen Wert noch folgendes: jr yag udkuor
er 6 Beög Eyoı, Bela tor Imornuov dorı, nüv
ei rıg row Yelov Ein. uörn & abrn rovrwr
Äuporspwv Terugnnev' 0 Te 7aQ Deo done
ro» alriov näcır eivaı nel don „TuS, nal rıv
roeörnv N uövog N „udkuar ür Eyoı ö Dog.
drayaaıotepet uir poor räoeı radrıs, ausivor
Ö° oddeuie. In das Einzelne feine weit um-
jaffenden Syſtems einzugehen, ift hier natürlich
ganz unmöglich; jo viel mag daher nur hervor:
gehoben werden, daß er einen wahrhaft tiefen
Blid im die erzeugende Natur des Allgemeinen
gethan, das Empiriſche mit dem Gedanfenmähigen
innerlich verbunden und jo Die jonft jo weite
Kluft zwiſchen dem Sinnlichen und Überſinnlichen
(t& alotaröusra und r@ voodusve) gefüllt hat.
Das Empirifche, in jeiner Syntheiis aufgefaht,
war ihm der jpefulative Begriff. Bejonders wich—
tig war darum auch jeine Unterfcheidung der beiden
Eriftenzformen, der Möglichkeit, Öuvanıs oder
potentia, des Keims, der alle Bedingungen und
Seftalten, nur verhüllt und unentwidelt, in fich
bejchlieft, und der Wirklichkeit, Evkoysı« oder
actus, der Erfüllung der dee oder des Mög:
lichen, noch nicht Berwirklichten, die jich im ethilchen
Gebiete zur bejtimmten Erfüllung nad Zwecken,
Evrellyee, ausbildete. — Ar, der wenige feiner
ungemein zahlreihen Schriften (400 Bıßid«) bei
jeinem Leben jelbft veröffentlichte, hinterließ feine
durch fürftliche Gunft ſehr reich gewordene Biblio-
thet jeinem Nachfolger im Lehrſtuhle, Theophraft.
Dieje erite anjehnliche Bücherfammlung kam ſpäter
nach Alerandreia und machte dort die Grundlage
der ptolemaiischen Bibliothef aus, die bei der
Einnahme der Stadt durch Julius Cäjar ein Raub
der Flammen wurde. Die Handidhriften des Ar.
fol Theophraft einem Neleus vermacht haben, der
jie verwahrlojte oder, aus Furcht vor dem perga-
menischen Sammlertriebe, in einem Keller ver:
grub, wo fie 130 Jahre lang vergeflen und übel
zugerichtet dalagen. Die jpäteren Ausbeflerungen
Apellitons aus Teos mögen den Zuſtand derjelben
eher verichlimmert haben, die Nömer aber, denen
Sulla fie nad) Athens Eroberung als Bente zu:
brachte, wußten wenig damit anzufangen. Erzählt
wird danı weiter, da der Grammatiker Tyrannio
Abichriften habe nehmen dürfen, Cicero und andere
Römer dadurch Belanntichaft mit ihm gemacht
hätten, ein Nhodier Andronitos jeine Schriften in
rgeyuarsiar zerlegt und geordnet habe: dies alles
ift jedody weniger beglanbigt, als leider die viel-
fache Verderbnis des Schriftftellers unverkennbar
it. — Seine Schriften find in wiflenjchaftlicher
Ordnung folgende: 1) logijche, jpäter als öoyaror
sufammengefaßt: a) narnyogiaı, die Grundbegriffe
aller Ertenntnis; b) eoi £fpumreiug, von ber
Auslegung, in ſprachwiſſenſchaftlicher Beziehung
wichtig ; c) draivrıra noörega und Vorepa, jede
in 2 Büchern, von den Schlüſſen und Bemeijen;
d) romınd, 8 Bücher, von der Auffindung der
Beweisgründe nad allgemeinen Gefichtspunkten
(röroı); €) megl vopıorınar Elkyyor, 2 Bücher,
Aristoxenos
von der Auffindung der Trugſchlüſſe. — Dazu
fommen folgende zwei aus der angewandten
Sprachwiſſenſchaft: f) regen Inrogin, in 3 Büchern,
von der dreifadhen Gattung der Berediamfeit, der
Povlsvriun, dıxavını und Emidsiurinn) (eine andere
ihm beigelegte önrogınn moög AltEavögor wird,
vielleicht richtiger, dem Anaximenes von Lampjalos
[j- Anaximenes, 2.] zugeichrieben); g) wegi
romrerijg, von den Arten der Dichtkunft, haupt:
jächlich der Tragödie, vielleiht Entwurf zu einem
größeren Werke oder Grundlage mündlicher Lehr:
vorträge, neuerdings von F. Nitter als unecht an-
gegriffen, von H. Knebel und H. Dünker verteidigt.
— 2) eigentlich philojophiiche: a) r« wer«
z& puoınc, meift in 14 Bücher eingeteilt, ein nicht
von Ar. herrührender Titel, dem diejer Teil viel-
mehr ze@rn gQilocopi« hieß; vielleicht find dieje
für fich beftehenden Abhandlungen erft jpäter zu
einem Ganzen vereinigt; b) megi wuyüs, 3 Bücher,
ein jehr vollendeter, aber jchwer verftändlicher
Verſuch einer wiflenichaftlihen Begründung der
Pinhologie; — die prowyrauovıra find ſchwer—
lich echt; e) HOın& Nixondysıe, 10 Bücher, ebenio
ausgezeichnet durch tiefen Anhalt wie durch edle
Form; dagegen find die dına Ebönusıe, in 7
Büchern, von dem Nhodier Eudemos nach jeinem
Tode ganz in jeinem Geifte verfaßt, und aus beiden
wieder die Adın“ ueyale, in 2 Büchern, ercer:
piert. — 3) politijh:öfonomiiche: a) woAı-
rind oder molırın) anpöasıg, 8 Bücher, vom Zweck
des Staats, den verichiedenen Berfafjungs: und
Regierungsformen, dem deal desjelben und der
Erziehung; dagegen ift das wegen feines hiſtori—
ſchen Reichtums gewiß bejonders wertvolle Wert,
rolırsiaı molsov ovn (158 wirkliche Staatsver-
faflungen in und außerhalb Griechenlands), bis auf
einige Brucjftüde verloren gegangen; b) olnoro-
uıxa, 2 Bücher, von weldyen nur das erſte mit
den ariftoteliichen Ideen übereinftimmt, das zweite
vielleiht von Theophraft if. — 4) mathema—
tiſch-phyſitaliſche: a) ungarına zeoßlnuure,
von Bitruvius in |. Werfe de architectura viel
benugt; b) wegl droumr ygauuor, bon dem un:
teilbaren Linien; ce) Yuan) dnpsacıg, 8 Bücher,
das letzte vielleicht untergejchoben, allgemeine Ge—
jege der Naturlehre; d) werewpoloyınd, 4 Bücher,
woraus die unechte (von neueren Gelehrten bald
auf Pojeidonios, bald auf Chryjippos und auf
noch andere zurüdgeführte) Schrift: megi »öguov
oder moös AktEavögov Enıoroii] nepl tod marrdg
im wejentlihen ein Auszug zu jein jcheint; e) meel
ougaroö, 4 Bücher; f) æxtol yerkccmg nal PBopäs,
2 Bücher, g) driumr Beosıg nal aguonyoglaı,
Bruchſtück aus einem verloren gegangenen größeren
Werke: wegl onusior zeıunror; h) —A
38 Kapitel. — 5) naturgeſchichtliche: a) megl
too» Toroglag, 10 Bücher erhalten von dem gan:
zen großen Werle von 50 Büchern (das zehnte,
wenn auch echt, doch vielleicht nicht an der red)-
ten Stelle); b) weel fowr uoplor, 4 Bücher;
e) nsol fhw» yerkocws, 5 Bücher (vielleicht auch
ein Teil jenes großen Werks); die Schrift weei
perör ift unecht; d) eine Reihe von 11 fleinen
Abhandlungen phyſiologiſchen Inhalts, gewöhnlich
— Arkadia. 141
wahrjcheinfich unecht. — Sechs ihm beigelegte
Briefe find umecht; dagegen rührt der Hymnos
auf die Tugend an Hermeias gewiß von ihm her,
aber die unter dem Namen wendog ihm zuge:
ichriebenen 58 Diftihen können hödhitens von ihm
gejammelt fein. — Wichtige Ausg. feiner Werke
von J. Belter mit den Scholien von E. U. Bran-
dis, den Fragmenten und dem Inder von Bonik,
im Auftrage der Berliner Akademie der Wifjen-
ichaften (1831 ff.). Tertausgabe von Ehrift, Prantt,
Sujemihl u. a. (Leipzig, Teubner, 1868 ff.). Ausg.
der Fragmente von V. Roſe (1886), nad) deflen
hartnädig verfochtener Meinung von den Werfen
des Ariſtoteles, aufer Sammlungen von Problemen,
nur Teile der PBolitif, der Poetik und der Meta:
phyſik verloren find, ſodaß alles übrige unter Ar.s
Namen Angeführte als untergeſchoben zu betrady-
ten ift. ©. desjelben: Aristoteles pseudepigra-
phus (1863).
Aristoxönos, ’Agıoröfevog, a und
Mufiter aus Tarent, um 318 v. E., Schüler des
Ariftoteles, Verfaſſer zahlreicher Schriften (458),
von denen fich die Aguovınd ororzeie in 3 Büchern
und ein Zeil der ‘Puöwm& aroıysi« erhalten
ben, in denen er zuerft eine wiflenichaftliche
egründung der Muſik verfuchte. Vgl. Marquard,
die harmoniſchen Fragm. des Ariſt. (1868) und
die deutiche Überjeßung von Weftphal (1883), ſowie
die franzöfiiche von Ruelle (1870).
Ariusia, Aoıovoi«, Gegend auf Chios, wo ein
treffliher Wein wuchs. Verg. E. 5, 71. Strab.
14, 645. Plin. 14, 9.
Arkadia, 7 Apradie, die Gentrallandichaft des
Peloponnes, grenzte im N. an Achaja uud Sifyonia,
im D. an Phliafia und Argolis, im S. an Lako
nia und Meflenia, im W. an Eleia; es war die
größte Landſchaft der Halbinjel und enthielt etwa
90 IM. Die Grenzgebirge find leicht nach den
vier Ed: und Gipfelpunkten zu überjchauen: Ery—
manthos im NW., Kullene im NO., Par:
non im SD., Kotylion im SW., welche mit
einander verbunden ein faſt gleichleitiges Biered
ausmachen. Innerhalb dieſer VBergränder breitet
ſich jedoch feine tafelfürmige Hochebene aus, wie
man gewöhnlich annimmt, fondern eine durch
innere Verzweigung der Nandgebirge jehr mannig-
fache Berglandichaft. Was für den Welten Europas
die Schweiz, ift für den Peloponnes Arkadien.
Der jchon bei Adyaja genannte Nordrand Arkadiens
enthält in der Nichtung von D. nad W. den bis
2370m hohen Kyllene (Ziria), Krathis Hagia
Barvara), Krpvrirns und Erymanthos(Qlonos).
Bon dem in der Mitte des Nordrands vorliegen:
den Aroanijchen Gebirge (Khelmos) erjtredt ſich
dem Dftrande parallel, doch um 312m höher, eine
Kette von N. nah S.; zwiichen Mantineia und
Methydrion fteigt fie zu einer Höhe von 1900m,
welche die Alten Oftrafina (j. H. Elias) nannten,
jegt ſich als Mainalos (j. Apanofhrepa, 1800 )
fort und vereinigt ſich als Boreion (Kravata) mit
dem Südrande. Dieje mittlere Gebirgstette bildet
die wichtigfte Gliederung des Yandes; jie trennt
das offene (weftliche) Arkadien von dem geichlofie
nen (öftlichen), welches leßtere eine durch Quer
unter dem Titel Parva naturalia; €) wegl @xov- | züge in eine Anzahl Hochebenen getrennte ſchmale
orwv, f) migl davuasıov arovsudrov, eine No-
tizenjammlung, die vielleiht aus jeinen Kollef-
taneen zujammengeftellt it;
Blateaulandichaft bildet, wo in hochumgürteten
Wafjerbeden die Waflerichäge fih jammeln, die
g) meol zomuiror, | durd unterirdische Abzugstanäle, natürliche Spal-
142
Arkadios — Arkesilaos.
ten in dem Kalkfteingebirge (Katabothren), nad | ein ferniges, arbeitiames, derb:fröhliches, zu Schlä-
dem öftlichen oder weitlichen Meere geführt werden. | gereien geneigtes Gebirgsvolf, das die Mufif liebte,
Den Dftrand Dftarfadiens bilden Karneates, | doch ohne höheren geiftigen Aufichwung. Agxwsı-
yrfeion, Artemijion, 1770m hoc, und Par: | xor Bldornzue, eine arfadiihe Pflanze, Arcadius
thenion (j. Roinos; bis zum Parnon. Weftarfa-
dien, noch einmal jo breit als das öftliche, iſt ein
ſchwer zu überidhauendes, von Gebirgen bededtes
Yand, deſſen Gewäſſer entweder unmittelbar dem
‚invenis waren ſprichwörtlich für einen dummen
Menichen, Einfaltspinjel, bei Komikern — daher
wohl zu bejchränten. Der Dialekt ift dem dorijchen
verwandt, hat aber viele Berührungen mit der
Alpheios zuftrömen oder dem gleich waflerreichen | aioliihen Mundart, bei. der achaiiſchen und boioti-
Nebenfluffe desjelben, dem Yadon.
bilden die Yamıpeia (Ktalliphoni) und das Pholoe:
gebirge (Plateau von Lala Weniger hervortretend
ft der Südrand, gegen Mefjenien die Nomiſchen
Gebirge ( Tetraji) und dastyfaion (1420m, j. Dia-
phorti), gegen Lakonien das niedrige Nordende
des Taygetos. Auf dem Lyfaion befand jich
das Hauptheiligtum der Arkader, wo die lykaiiſchen
Spiele gefeiert wurden. Wichtig ift es bei
einem jo geichlofienen Yande, die Hauptitraßen
zu den Nachbarländern zu kennen: von Tegea
nach Argos führte die Straße Tieoyos, von Man—
tineia ebendahin der Weg Zerıg, der ſich in zwei
Arme teilt, IIeivog, nördlih vom Artemijion,
Kiiue& ſüdlich. Zwiſchen Arkadien und Achaja
war eigentlich nur Eine ordentliche Strafe, die
Schlucht Tlogivas nördlich von Pheneos. Am W.
und ©. jind die Kommunikationen leichter. -— Die
Ebenen find von geringer Ausdehnung, am be:
trächtlichjten ijt die, in weldher Tegea uud Man:
tineia lagen; das Hoyos medior öſtlich und
Aknınedıor zeölor weitlih don Mantineia find
Teile derjelben; dann die Ebene von Megalo-
polis, deren einer Teil Ilagaıßecıor medior
hieß. Im übrigen finden jich nur jchmale Thal-
johlen oder die Flächen der geichlofienen Baſſins,
welche durch den unzureichenden Abfluß zum Teil
in Seen verwandelt find. — Die Bewäflerung it
reichlih. Der Hauptſtrom ift der Alpheios (j.d.)
mit jeinen Nebenzuflüfien. Ber Mantineia jließt
der Ophis. Au dem Bajlin von Stumphalos
bilden unbedentende Bäche den Stumphaliſchen
See (ji. See von Zaraka), deſſen Gewäſſer unter
K. Hadrian durch einen 12 Meilen langen Aquädukt
nach Korinth geleitet wurden. Herakles tötete an
diejem See die ſtymphaliſchen Bögel, von denen
noch jebt die Ummvohner jabeln. In das Beden
von Pheneos ergiehen ſich der Aroanios und der
Dlbios. Der heutige See von Phonia bededt durch
Verstopfung der Katabothren jegt dieje Ebene ganz;
der chemalige Damm iſt verihwunden. Im M.
finden ſich die Quellen der acdhatiichen Flüſſe Bu—
raifos und Krathis, im welchen leßteren der Styr
fällt, deilen giftiges Waller mur den Huf des
Nofies verichonen ſollte. — Der eben geicdhilderten
Beichaffenheit gemäß ift das Klima: im allgemeinen
rauhe, friiche Gebirgsiuft bei jchneebededten Spitzen
der Berge; in den Thälern ijt fie durch Ber:
jumpfung oft feucht und ungejund. Ausgezeichnet
ijt der herrliche Baumwuchs, bejonders die Eiche
mit chbaren Früchten (Belarog), ſowie die der
Viehzucht jo förderlichen Triften auf den Bergen
mittlerer Höhe. — Die Arkader nannten fich jelbit
Autochtbonen, die früher als der Mond waren
(goorÄijwor); zu ihnen wanderten die Belaiger
ein; Lytaon, der Sohn des Pelaſgos, und deſſen
50 Söhne galten für die Gründer der meijten
Städte. Die Bewohner, welche ſich auch dem Ein-
fluffe der doriichen Einwanderung entzogen, waren |
Den Wejtrand | jchen. Die vielen Heinen Republifen lebten, obwohl
fie eine Art von Amphiltyonie bildeten und daher
eine gemeinjame Laudesmünze hatten, ſtets im
Feindihaft, daher politiihe Schwäche, bis fie 369
v. C. den, freilidy verunglüdten, Verjuch machten,
durch Anlegung von Megalopolis Einigung herbei-
zuführen. Später war Arfadien Glied des achai—
iichen Bundes, doch nicht als ein Ganzes, jondern
die einzelnen Stadtgemeinden als jelbjtändige
lieder. Zu den wichtigſten Städten (j. die einz.
Art.) gehörten: Mantineia, ſpäter YAntigoneia,
Tegea, lea, Ballantion, Styumphalos, Pheneos,
Kleitor, Kynaitha, Pſophis, Orchomenos, Methy:
drion, Aliphera, Lykoſura, Phigaleia, Megalopo—
lis u. a. Strab. 8, 388. Paus. I. 8. Vgl. Schwab,
Arfadien (1852); Curtius, Peloponneſos | ©. 153 ff.;
Burfian, Geogr. von Griechenland II ©. 181 ff.
Arkadios, Apxddıos, 1) ein Grammatifer aus
Antiocheia, jünger als Herodian, lebte wahrjchein:
lih im 2. Jahrh. n. E. Seine zahlreichen gramma-
tiſchen Schriften find nicht erhalten. Unter feinem
Namen beſitzen wir eine Accentlehre in 20 Büchern
(repl roron), welche ein Auszug aus des be-
rühmten Grammatiters Herodianos (j. d.) Werfe
Kadolov roeoswdie ift; zuerit herausgeg. von
Barker (1820), dann von M. Schmidt 1860.) —
2) j. Arcadius,
Arkas, ’dords, cidos, Sohn des Zeus und der
Kallifto ſ. d.), Stammmater des nadı ihm be—
nannten arladiichen Volkes. Er kultivierte zuerft
die arfadijchen Pelajger, indem er fie Ichrte, die
Wolle der Herden zu benugen und ftatt der Eichel
foft ſich Brot zu bereiten, und teilte Arkadien
unter jeine drei Söhne Azan, Apheidas und
Elcatos; jein Grabmal war in Mantincia. Paus.
8,4, 1ff. ©, 3. Op. met. 2, 405 ff. 468. fast.
2, 183 ff.
Arkeisios., "doxsicıog, Sohn des Zeus, Vater
des Yaörtes (j. d.), der deshalb Aersııdöng heißt.
Hom. Od. 16, 118. 24, 270.
Arkesiläos, ‘Jexsorkaog, Arcesilas, 1)Arf. IV,,
Nachkomme des Argonauten Euphemos und des
Battos od. Mriftoteles, der von Thera aus um
630 v. E. Kyrene gründete, Herricher von Kyrene,
trug im N. 466 in den pythiſchen Spielen einen
Wagenfieg davon, von Pindar in einer grohartigen
Ode (pyth. 4) verherrlicht. — 2) der Stifter der mitt:
leren Alademie, aus Pitäne in Niolien, blühte um
300 v. E. Er genoß zuerft den Unterricht des
Mathematifers Autolykos in feiner Baterjtadt, be-
fuchte aber nach dem Tode jeines Vaters Seuthos
die Schulen des Theophraftos und des Alademiters
Bolemon in Athen. Er lebte dann nadı dem Tode
des Krates als deſſen Nachfolger in der Afademie,
wie es jcheint, bis zu dem hoben Alter von 75
Nahren (er ftarb 241) und war, jeinem Borbilde
Sofrates gleich, mehr als Lehrer thätig denn als
Schriftfteller; wenigftens ift michts von Schriften
desjelben auf ung gefommen. Ark. führte die dia-
Arkonnesos —
Armilla. 143
logiihe Merhode des Sofrates wieder ein (Cie. |in welchem die Ahnenbilder (imagines) aufbewahrt
pn. 2, ı) und befämpfte den Dogmatismus der
ftoijhen Schule, deren Stifter Zeuon jein Mit-
Ichüler in der Alademie gewejen war. Indem er
dadurd bis zum Leugnen eines jeden feiten Grun—
des im Wiffen und eines hinreichenden Kennzeichens
der Wahrheit getrieben wurde, näherte er jich dem
Porrhonismus, und die Alten willen ſelbſt nicht,
ob jie ihm nicht zu den Steptifern zählen jollen.
Cic. de or. 3, 18, 67: ex varlis Platonis libris
sermonibusque Socraticis hoc maxime arripuit,
nihil esse certi, quod aut sensibus aut anim»
pereipi possit. acad. post. 1, 12, 45: negabat
esse quidquam quod sciri posset, ne illud qui-
dem ipsum, quod Socrates sibi reliquisset: sic
omnia latere in occulto. Seine Argumentation
über die Möglichkeit des Begreifens mußte ihn zur
bloßen Annahme des Wahrjcheinlichen führen (Cie.
acad. 2, 10), wobei er noch zwiichen dem zöloyor
und dem mudaror unterjchied, indem er nur das
eritere, nicht das legtere gelten lieh. Bei s .wt. Emp.
ade. math. 7, 153 behauptet er, örL oböEr borı
ustast Imuoriung, „al Ööäng Rpırjgıor 7) nard-
Änyıs. eben yap Ir Yacı nardinypır nal ARTo-
Anmtinig yavrasiaz suyaurddeoıv je dv sopö
n ?v gailo yıvaraı. Ah’ dv re dv vopW yf-
rırau, —2 toris, echꝛ re dv gavko, Ööfe,
ui oböir &llo mapk reure 7) ubvov bvow« wer-
silhnareı, woraus er dann am Ende den Schluß
bildet: un obons Ö& xarainıpewg mavra Foraı
darutdinern.
Arkonnösos, "Agxörrnsos, 1) Juſel im Wigai:
iichen Meere au der ioniſchen Küfte, auch Aſpis
und Mafris genannt. Strab. 14, 643. —— 2) Inſel
an der Küſte von Karien, bildete den Hafen von
Halifarnafjos. Strab. 14, 656.
Agxrıxös, arcticus, zum Bärengeftirn (Arktos)
gehörig, am nördlichen Himmel befindlich, daher
eirculus a. — septentrionalis, der nördliche Polar:
freis, wie drrepxrınög, antaretieus, der jüdliche,
jedod nur auf die Himmelsiphäre bezüglich, nicht
auf die Erde.
Arktinos j. Epos, 4.
Arktos und Arktüros j. Sterubilder, 2.
Arma j. Waffen.
Armamenta ijt der Inbegriff alles deſſen, was
an Tauwerk, Segeln, Rudern u. j. w. zur volljtän-
digen Ausrüftung eines Schiffes gehört.
Armamentarıum, ein Waffenplatz, wo Waffen
aller Art vorrätig lagen, um fie im Zeiten der
Not an diejenigen zu verteilen, welche nach ihren
Bermögensverhältniffen nicht zur Führung von
Waffen berechtigt waren und demuoch bei einer
plöglihen Gefahr (tumultus) bewaffnet werden
mußten. Auch Kriegsmaihinen und Wurfgejchofie
zu Belagerungen wurden dajelbft aufbewahrt. Zu
Rom war ein armamentarium bei dem Tempel
der Tellus. Oic. har. resp. 14. Zur Staijerzeit
hatten die jtehenden Heere auch in den Provinzen
ihre Waffenpläge und Waffenwerkſtätten (fabrica,
oftiecina armorum) unter Aufficht des magister
fabram. Für die gelieferten Waffen wurde ebenjo
wie für die Kleidung den Soldaten an ihrem Solde
ein Abzug gemadt. Tac. ann. 1, 17. Cicero be-
zeichnet mit diejen Namen die axsvodren in dem
Kriegähafen von Athen (de or. 1, 14, 62),
Armariam, ein Schranf zur Aufbewahrung der
Koftbarfeiten, hauptſächlich der im Atrium ftehende,
wurden. Auch Bücherrepofitorien hießen jo.
Armatüra, 1) die Art der Bewaffnung, ſ—
Waffen. — 2) metonym. die auf eine beftimmte
Weife bewaffneten Soldaten, die Waffengattuug.
Armatura levis d. i. milites leves; Dazu ge:
hörten die rorarii (ferentarii) und accensi, jpäter
die velites (vgl. Fröhlich, Bemerkungen zur mili-
täriſchen Phrajeologie des Tacitus, 1886); Gegenſatz
armatura gravis, ſchwerbewaffnete Soldaten,
d. h. hastati, prineipes und triarüi.
Armene (Aeusjvn, Xen. An. 6,1, 15; Agufrn,
Strab. 12, 545), Stadt ud Hafen in Baphlago
wien in der Nähe von Sinope; j. Aklimän ıd. h.
weißer Hafen).
Armenia, Zeusvi«, das Hochland an den oberen
Flußläufen des Euphrat, Tigris uud Arares, be-
wohnt von einem den weſtarianiſchen (medijchen)
Stämmen verwandten Volle, das fih Hai, Bl.
Haifh (d. h. Herren), davon jein Land iu perfiicher
Form Hajaſtan, nannte. Nach Herodot (7, 78)
waren Die Armenier phrygiſchen Stammes (vgl. d.
unt. Asia minor), nad) Strabon (11, 530) thejja-
licher Abkunft, Das Land zerfällt in "zwei Haupt:
teile: 1) Grogarmenien, A. maior, A. 7 weydin,
welches im D. an Medien (Nraresjlug), im N. an
Albania und Iberia (Kyrosfluß), an Kolchis und
Pontos (Paryadresberge), gegen W. an Klein
armenien (Euphrat), gegen S. an Meſopotamien
(Tigris) und Aſſyrien grenzte, in einer Größe von
etwa 5000 Ml.; es begriff die heutigen Pro—
pinzen Erzerum, Kars, Ban, Eriwan. — 2) Klein—
arınenien, A. minor, A. 7) wıxgd, das durch deu
Euphrat von Großarmenien gejchieden, häufig aber
zu Kappadofien gerechnet wurde, indem cs erft jeit
der Römerzeit jelbjtändig erſcheint. — Das Laud
ift reich an Gebirgen, die zum Syjtem des Tauros
gehören, im N. Die Paryädres montes (j. Bardyal),
die montes Capötes (j. Dujif- Tagh), die Gor-
dyaei montes Kurdiſche Gebirge), Niphates (j.
Npat). Der große Waſſerreichtum des Landes
(2 große Landſeen, Thojpitis oder Arſiſſa, j. See
von Ban, und Luchnitis, j. Setwan) und die Nähe
des Kaſpiſchen Meeres erleichterten den Abjap der
trefflichen Brodufte des fruchtbaren Bodens. Eigent:
liche Selbjtändigfeit haben die Bewohner wicht
lange genofjen, jie waren den afiyriichen, dann den
medijchen und perfiichen Königen unterthan und
teilten das Schidjal diejer Reiche. Seit 150 v. C.
bildete das Land unter den Arjakiden, einer Neben:
linie der parthiichen Dynaftie, wiederum eim jelb-
ftändiges Reich, das, durch die Römer mehrfad)
verkleinert, endlich 415 n. E. zwiſchen Rom und
ben „Königen des Safjanidenreichs geteilt wurde.
— Die wichtigſten Städte jind: Artayata (Arte:
ichad), jeit 180 v. E. ftarfbefeitigte — am
Araxes, die uralte frühere Hauptſtadt Armauria,
Tigranoferta, "gps Hauptftadt am Nifepho:
rosfluß, um 80 dv. E. von Tigranes 11. ——
Arſamoſata, Arzen Erzerum). —
Strab. 11, 527 ff. 547 ff. Xen.
An. 4, 3—5. f
Armilla, Armband, Arınge: |
ſchmeide, ein Schmud für rauen
und Männer, gewöhnlid von
Gold, mit feiner getriebener oder
durchbrochener Arbeit und mit Edeljteinen ausge:
legt; jehr beliebt war die Schlangenform (daher
144
ögpıg). Größere und maſſive waren eine Belohnung
für tapfere Krieger (j. Dona militaria, 5.).
Liv. 10, 44. Plin. 7, 28, 102,
Armilustraum, ein Blag auf dem Aventiniſchen
Berge, wo die Nömer jährlich ein Waffenfeit (armi-
lustrium) mit Opfer und feierlichem Umzug der
ancilia (j. Ancile) bei dem Scall der Tuba
feierten, XIV. Kal. Novembr. Varr. 1.1.5, 32, 42.
Fest. p. 16. Plut. Rom. 23.
Arminins, ein Sohn des Fürften der Eheruifer,
Segimer, diente als Jüngling gleich andern Ger-
manen, wie es zu jeiner Zeit nicht felten mar,
im römischen Heere und erhielt von Auguſtus das
römische Bürgerrecht und die Ritterwürde. Vell.
Pat. 2, 118. Rom jchien damals die germanischen
Grenzvölker eingejchläfert zu haben, es ftredte jeine
mächtigen Arme weit über den Rhein hinaus tief
in das Herz von Deutichland hinein, feine Feld
herren, namentlich Drufus, durchzogen das Land
und juchten die Häupter der deutichen Stämme
durch Bündniſſe und Geſchenke an Nom zu fejfeln.
Da wurde Onintilins Barıs don Augquftus an
die Spibe der römischen Legionen in Germanien
geitellt, ein hochmütiger, roher, von ſchmutzigem
Geize bejeelter Mann, dem ſchon von Syrien her ein
böjer Ruf voranging, welcher die Germanen nicht
zu behandeln wußte, jondern fie durch Einführung
römischen Rechtes und andere Maßregeln der Härte
und Strenge dermaßen reizte, daß ein Ausbruch
ihrer Erbitterung nahe bevorftand. Arm. juchte
ihm in feinem Vorhaben abſichtlich zu bejtärten
und ſchloß jich Scheinbar den Römern immer enger
an, deren Feldherren er durch feine Kenntnis des
römischen Kriegsweſens und feine Belfanntichaft
mit römischer Sprache und Sitte für fi einnahm,
während er insgeheim jeine Landsleute aufreizte,
ihre Häuptlinge zu einem Bunde gegen die fremd:
herrichaft vereinigte und Varus durd) einen an:
geblichen Aufftand zur Schwächung jeines Heeres
verlofte. Zwar verriet der Cheruſter Segeites,
Scdywiegervater des Arm, den Nömern den Plan.
Varus aber glaubte nicht daran, rückte mit jeinen
beiten Truppen durch wilde, rauhe Gegenden auf die
vermeintlichen Empörer los und wurde im Teuto:
burger Walde, wahrjcheinlich nahe an der Lippe,
plößlich von den Germanen Herbſt 9 n. E.) über:
fallen. Tae. ann. 1, 55. 60. Dio Cass. 56, 18 ff.
Vell. Pat. 2,117 ff. Oros. 6,21. Das römiſche Heer
verteidigte fih mutig, bis auch die Elemente fich
gegen dasjelbe verjchworen und Sturm und hef:
tiger Regen den Widerftand brachen und die (lie:
der löften. Varus ſelbſt, welcher verwundet war,
ftürzte fi, da er den Untergang jeines Seeres
vorausjah, verzweifelnd in fein eigenes Schwert,
feinem Beiſpiele folgten viele der Seinigen, andere
fielen durch das Schwert der Feinde; das Heer
war faſt vernichtet, nur wenige entfamen. Dio
Cass. 56, 20. JFlor. 4, 12. Vell. Pat. 2, 119.
Groß war der Schreden, den dieje Nachricht im
Rom verbreitete, bejonders bei Auguftus, doc
wuhten die Deutichen ihren Sieg nicht zu benußen
oder wollten es nicht. Die Römer rüjteten neue
Heere unter Germanicus, aber Arm. widerjeßte
fich ihnen mit Mut und Süd und befiegte jpäter
auch den Bund der marfomanmiichen Bölfer im
Öftlichen Dentichland, welcher die Freiheit Germa:
niens micht weniger bedrohte als die Römer, im
%. 17. Suet. Oct. 23. Taec. ann. 2, 44 ff. Strab.
Armilustrum — Arpinum,
7, 290. Well. Pat. 2,119. Wis er fpäter in Ber:
dacht geriet, nach der Herrichaft zu jtreben, unter-
lag er dem Neide jeiner Feinde, weldye nach Be:
jeitigung äußerer Öefahren ihn für entbehrlich hiel-
ten, und fiel, 37 Jahre alt, im J. 21 (nad) andern
19) durch Meuchelmord. Doch ehrten jeine Lands—
leute das Andenken ihres Befreiers noch in jpäteren
Zeiten durch Lieder und Geſänge zu Ehren jeiner
Thaten. Tuc. ann. 2,88. Die Bedeutung des Namens
ift unbefannt, mit dem uhd. Hermann hat er nichts
gemein. — Der von feiner Gemahlin Thujnelda
Aowordida) in der Gefangenſchaft geborene Sohn
Thumelicus (Oovuelıxos, Strab. 7,292) wurde
in Ravenna erzogen. Quo mox ludibrio conflie-
tutus sit (Tae. ann. 1, 58), wiſſen wir nicht, da
die betr. Stelle des Tacitus, an der er davon be
richtet hat, verloren ift. Göttling geſ. Abhand-
lungen | ©. 397) hat vermutet, er jei als Gladiator
erzogen worden, eine Hypotheſe, die Friedrich Halm
in jeinem echter von Ravenna dramatiſch ver-
wertet hat.
Armorica j. Aremorica.
Arne, Aern, 1) Stadt im ſüdweſtlichen Theſſa—
lien, Hauptort der aioliſchen Boioter vor ihrer
Auswanderung (Thuc. 1, 12), von den erobernden
Thefjaliern Kierion genannt. Ruinen bei dem
Dorfe Mataranga. — ?) Stadt in Boiotien, Hom.
11.2,507 die „weinreiche‘‘ genannt, in der Gegend
von Koroneia am Kopaiichen See, der die Stadt
und ihr Gebiet überftrömt hat, jo daß jchen die
Alten die Yage nicht mehr ficher wußten.
Arnobius, ein Nfrifaner („Afer‘) aus Sicca,
geit. um 330 n. E.; einer der bedeutendften und
frühzeitigſten Schriftfteller der abendländifchen chrift-
lichen Kirche. Erſt Nhetor in feiner Baterftadt,
che er fich zum Chriftentum bekannte, jchrieb er
um 295 in buntjchediger Sprache ein rhetoriich
gehaltenes Werl adversus gentes (den, die Sei:
den), in 7 Büchern, eine Apologie des Ehrijten-
tums und reichhaltige Quelle der antiten Mythologie.
Ausgg. von Satmatius (1651), Orelli (1816), Silde-
brand (1844), Ohler (1846) u. Neiffericheid (1875).
Arnus, j. Arno, der Hauptfluß Etruriens, ent:
ipringt auf den Apenninen am M. Falterona und
mündet 2 Stunden unterhalb PBijä in das Tyrrhe—
niiche Meer. Strab. 5, 222. Liv. 22, 2. Tae.
ann. 1, 79.
Aromäta, r& Agnuara, Apwudrov Üngor,
Handelsplap und Borgebirge an der Oftküfte Afrikas
am Ende des Wrabiichen Meerbujens, benannt
nach dem umliegenden Gewürzlande, j. Kap
Suardafui.
Arpi. “Horor, j. Ruinen Arpa bei Foggia am
Fluß Ceſone, Stadt in Apulia, angeblid von
Griechen (Diomedes, Liv. 22, 12: Diomeris cam-
pus) gegründet unter dem Namen Aoyos "Inmior,
woraus Argyripa, dann Arpi geworden jein joll.
Sie blühte als freie Stadt durch Handel, bis fie,
nad) dem zweiten punischen Kriege für ihre Ans
hänglichteit an Hannibal mit dem Berlufte der
Freiheit beftraft, bald in Verfall geriet. Stralb.
6, 283. Liv. 24, 46 f.
Arpinum, j. Arpino, volifijche, dann ſamnitiſche
Stadt am Fibrenusflühchen unweit von deſſen Ein:
fluß in den Liris, jeit 302 v. E. mit dem Bürger:
rechte, jeit 188 auch mit dem vollen Stimmrechte
von den Römern bejchenft. Hier waren Marius
und Cicero (homo Arpinas) geboren, leßterer auf
Arretium
einer Billa, die nahe der Vereinigung des Fibrenus
und Yiris ftand.
den Briefen. Sall. Jug. 63. Bgl. die ſchöne Schil—
derung am Schluß von Abelens Cicero in jeinen
Briefen (1835).
Arretium, 'Agerjzor, j. Arezzo, eine der be-
deutendſten unter den Zwölfftädten Etruriens, öftlich
gegen den Apennin gelegen (Liv. 9, 37. 10, 87),
wichtig im zweiten punijchen Kriege, jpäter eine
römijche Kolonie und Municipium ; von hier ſtamm—
ten die Gilnier, die Vorjahren des Mäcenas. Die
Stadt lag in der Quellgegend des Arnus in jehr
fruchtbarer, trefflichen Wein und Weizen liefernder
Gegend, war blühend und reich und berühmt durch
Induſtrie, bejonders Waffenfabriten und jchön ge:
fertigte Thonarbeiten, namentlich die arretinischen
Bajen, welche jeit Anguftus bis ins 7. Jahrh. jehr
gejucht waren. Sie waren aus leichtem Thon,
ſchwarz und rot, geichmadvoll gearbeitet und mit
Kunfjtgebilden verziert, und dienten den Bedürf—
nijjen des Lebens jowie dem Schmude und Yurus.
Arrlıa und arrhäbo, dogaßov, auch arra und
arräbo geichrieben (ein jemitiiches Wort), das bei
einem geichäftlichen Bertrage oder Abſchluſſe, be:
jonders bei Kauf und Berfauf, gegebene Angeld,
die Daraufgabe, wodurch die Berbindlichteit be-
wiejen wurde. Es war verloren, wenn der An:
zahlende jeinen eingegangenen Verpflichtungen nicht
nachtam. Bom pignus, Pfand, unterichied es fich
dadurch, daß diejes nach Erfüllung der Verbind—
lichteit dem Geber zurüdgegeben, arrha dagegen
bei der Zahlung in Abrechnung gebracht wurde.
Zuweilen bedeutet es auch überhaupt Pfand, aud)
ven Mahlſchatz bei Verlobungen.
Arrhephoria, z& Agenpogıe, ein myiſteriöſes
Feſt der dem Aderbau vorjtehenden Athene, in Athen
beim Beginn der heißeſten Jahreszeit im Monat
Stirophorion (Juni—Quli) gefeiert. Bon 4 Mäd—
chen zwijchen 7 und 11 Jahren («oempögoı, Eoen-
Pögor, Loanpogo:, Tauträgerinnen), welche mit
dem jymboliichen Tempeldienft der Göttin auf der
Burg betraut waren, trugen zwei in der Nacht
des Arrhephorienfeites Gefäße mit unbelanntem
Inhalte in einen unfern des Aphroditetempels in
den Gärten befindlichen ummauerten Bezirk, wo
fie in eine natürliche Höhle hinabftiegen und das
Getragene niederjeßten, um etwas anderes, das
ihnen auch unbelannt war, verhüllt zurüdzutragen,
eine Geremonie, die der Athene als Taugöttin
Pandrojos) galt und ſymboliſch das Niederinfen
des Taus aus der Höhe und das Wufjteigen der
Feuchtigkeit aus der Niederung zur Höhe bezeich-
nete. Mit diefer Sendung beichlofjen fie ihr ein
Jahr dauerndes Amt. Paus. 1, 27,3. Die beiden
andern Mädchen waren an der Berfertigung des
Beplos der Athene (ſ. Panathenaia) beteiligt.
Arrhidaios, Aggıdaios, 1) ein Halbbruder
Yleranders des Gr. und Sohn des Königs Philipp
von der thejjaliihen Tänzerin Bhilinna (j. d.), war
ihwadjfinnig (Diod. Sie. 18, 2. Just. 13, 2. Plut.
Alex. 77), wurde aber trogdem nad Aleranders
Tode unter dem Namen Bhilippos III.) neben
dem Sohne der Baltrianerin Rorane zum Könige
ausgerufen und mit der geiftig regjamen und von
männlihem Mute bejeelten Eurydite vermählt.
Obwohl letztere alles verjuchte, um ſich und ihrem
Gatten Einfluß und Herrſchaft zu gewinnen, ge
lang es ihr nicht. Im J. 317 v. E. kamen beide
Realleriton des Maff. Altertums. 7. Aufl.
145
— Arri.
| ‚in die Gewalt der Olympias und fanden ein
(re, legg. 2, 1.3 und öfter im
trauriges Ende (j. Eurydike, 7.). — 2) ein Feld—
herr Aleganders des Gr., wurde Neichsverwejer
nach dem Tode des Perdilfas (Died. Sie. 18, 30),
aber im %. 319 v. E. durch Antigonos jeiner
Statthalterihaft Phrygien beraubt. Diod. Sie.
18, 52. 72.
Arria ſ. Arrii, 6—10,
Arriänos, Aogıavög, Flavius, aus Nikome—
deia in Bithynien, Schüler des Philojophen Epiftet,
Senator und Konjul in Nom, wurde im J. 136
n. C. von Kaiſer Hadrian zum Statthalter von
ftappadofien ernannt. Auch Antoninus Pins chrte
ihn jchr und beförderte ihn zu höheren Ehren;
von den Athenern erhielt er das Bürgerrecht. Er
ftarb in jeiner Baterjtadt, wo er Die legten Jahre
jeines Lebens zugebracht hatte. Sein Hauptwerk
ift die Gejchichte der Feldzüge Aleranders des Gr.,
Iorogiuı kvaßdsewg Alsfdrögov oder Ardßasıs'A.
in 7 Büchern, worin er jih XZenophon, den er in
Stil und Darftellung mit Glück nahahmte, zum
Vorbilde genommen hatte. Schon bei den Alten galt
dieje Schrift, die zugleich auf die beften Quellen
ſich ftüßte und dabei von einem in der Kriegs—
kunst nicht unerfahrenen Manne abgefaßt war, für
die befte über den großen König. Daran jchlieht
jich feine Schrift über Indien (n "Irdırn, Indica),
aus uns unbelannten Gründen im ioniſchen Dialekt
geichrieben. Außer diejen beiden Schriften haben
wir don ihm eine Feine Abhandlung über die
Jagd (Kurnyerındg), einen Periplus des Schwarzen
Meeres, ein Lehrbuch der Taktik (Tifgrn raxrızı),
in einer leider durch viele Verderbniffe entitellten
Form uns erhalten, womit vielleicht ein Heines
Bruchjtüd über den Alanenkrieg zujammenhängt,
außerdem mehrere philojophiiche Schriften, deren
Abjafjung vor die der hiftorijchen Werle zu fallen
ſcheint. Dahin gehören die philoſophiſchen Bor-
träge in 8 Büchern (diargıßai "Erineijrov), mo:
von noch 4 vorhanden find, in welchen er jich als
Schüler des Epiktet und Anhänger der Stoa zeigt;
ferner das Lyzeipidior ’Erıntiirov, ein Moral:
fompendium. Mehrere philojophiiche und geſchicht—
liche Werke find verloren gegangen, unter denen
wohl jeine Geichichte der Nachfolger Alerauders
(r& uer@ AltEarögor) in 10 Büchern das bedeu:
tendfte war; Ilagtınd in 17 Büchern, die Kämpfe
der Barther mit den Römern unter Trajan, be-
jonders von Gajjius Dio benußt; Bıdwrıxd in
8 Büchern, die Gejchichte Bithyniens von der mythi—
ihen Zeit bis zur Vererbung an die Römer;
Aarınn) und eine Geſchichte Pions und Timo—
leons. Fälſchlich ift ihm beigelegt worden ein
neginkong rg Lovdeäüs Bulasong, verfaßt im
1. Jahrh. n. E. von einem ägypt. Kauffahrer,
wahrſcheinlich in Berenike, herausg. von E. Müller,
geogr. Graec. min. Il p. 257 ff., überjegt von
B. Fabricius (1883). — Ausgg. der Anabafis von
Schmieder (1798), 3. E. Ellendt (1832), 8. W.
Krüger (1835 — 48; Schulausgabe 1851), Hart-
manı (1856), Sintenis (2. Aufl. 1860; Tertaus-
gabe 1867), Abicht (1871— 75; Tertausgabe 1876);
der Scripta minora von Herder (2. Aufl. 1885);
der Indica und des Periplus von E. Müller,
geogr. Graec. min. I p. 306 ff.
Arrii, ein aus Etrurien ſtammendes Gejchlecht,
welches erjt jpät genannt wird: 1) Q.Arr., Prätor
im J. 73 v. C., bejiegte einen der Anführer der
10
146
Arrogatio — Arsinot.
Sflaven, den Erirus, wurde aber von Spartacus | genannt von Seneca (ep. 114). — 3)L.Arr. Stella,
als Proprätor befiegt, im J. 72.
Bon dem jchwer | aus Patavium, Konjul unter Trajan, befannt als
bedrängten Sicilien als Nadyfolger des Berres jehn: | Dichter, von Statius (silv. 1 und 2) und bejonders
lid) erwartet, fonnte er die Verwaltung von Sici-
lien nicht übernehmen, weil er auf dem Wege nad)
der Provinz ftarb. Cie. Verr. 2, 15, 37. 4, 20,42.
Ps. Ascon. p. 101. Lir. ep. 96. — ?2) D. Wrr.,
Prätor furz vor 63 v. E., meldete zuerft die Zu:
jammenrottung der Anhänger Eatilinas nach Rom.
Plut. Cic. 15. Er hoffte mit Cäſars Unterjtügung
für das J. 58 das Konfulat zu erlangen (Cie. ad
Att. 1,17, 11), täujchte ſich aber in jeiner Hoff:
nung (daſ. 2, 5, 2. 7,3). Cicero, dem er in jei-
nem Kampfe mit Elodius nicht beiftand, war jpäter
mit ihm befreundet. Cie. Vatın. 12,30. Als Empor:
fümmling verdanfte er die von ihm errungene
Stellung weniger feinem Talente als feiner Ge:
wandtheit. Als Redner lobt ihn Cicero (Brut. 69).
Berühmt war das glänzende Mahl, welches er bei
der Totenfeier feines Vaters dem Volke gab. Hor.
sat. 2, 3, 86. — 3) und 4) jeine Söhne, berüchtigt
als Schwelger. Hor. a. a. D. 243 ff. (par nobile
fratrum). — 5) Arr. Varus, diente im Heere
des Beipafian, zuerft in Armenien, wo er unter
Eorbulo gegen die PBarther kämpfte, den er bei
Nero anjhwärzte, dann in Pannonien. Im Kampfe
gegen Bitellius kämpfte er bei Bedriacum (69
n. E.), wurde dann prätorifcher Präfelt, ein
Poften, von welchem er nachmals durch Intriguen
entfernt wurde. Tac. ann. 13, 9. hist. 3, 16. 61.
4,2. 68. — 6) Arria, Gemahlin des Cäcina Pätus.
Als diejer nn Empörung gegen den Kaiſer Clau:
dius (42 n. E.) zum Tode verurteilt war und jie
ihn nad) allen ihren vergeblidhen Berfuchen zu
jeiner Rettung in dem Entjchluffe, ſich ſeibſt zu
töten, wanfen jah, ftieß fie fich zuerft den Dolch
in die Bruft und reidyte ihn dann dem Gatten
mit den Worten: Paete, non dolet. Plin. ep. 3, 16.
Tac. ann. 16, 34. Dio (ass. 60, 16. — 7) ihre
Tochter, Gemahlin des Thrajea rg (1. d.). —
8) eine andere Römerin, Zeitgenojjin des Galenos
und der platoniſchen Philojophie zugeneigt. Für
fie jchrieb Diogenes von Laerte feine „Lebens:
bejchreibungen der Philoſophen“. — 9) Arria
Fadia, Tochter des Freigelaſſenen D. Fadius, Ge—
mahlin des Triumvirs M. Antonius. — 10) Arria
Fadilla: a) Gemahlin des NAurelius Fulvius,
Mutter des Antoninus Pius; b) Tochter des Kaijers
Marcus Aurelius und der Fauftina, Schweſter des
Commodus.
Arrogatio j. Adoptio.
Arruntfus (Aruntius), 1) Qucius, Anhänger
des Sertus Pompejus, dann (39 v. E.) des Octa—
vian, in defjen Flotte er in der Schlacht bei Actium
eine Abteilung befehligte. Im J. 22 war er Konjul.
App. b. c. 4, 46. Plut. Ant. 66. — 2) 2. Arrun—
tius, unter Auguft im J. 6 n. E. Konjul, wurde
von dem fterbenden Kaiſer ald der Würdigfte be:
zeichnet, die erfte Stelle im Reiche einzunehmen.
Ziberius fürchtete den reichen, gebildeten und
charakterfeften Mann und —— ihm deshalb
nicht einmal, ſeine Provinz Hiſpanien ſelbſt zu ver—
walten. Tac. ann. 6, 27. Kurz vor dem Tode des
Tiberius gab er ſich, au von Sejan und Macro
verfolgt, durch Offnen der Ader freiwillig den
Tod (37). Tae. ann. 1, 13. 6,53 ff. Als Geſchicht
ichreiber der puniſchen Kriege und als übertrei:
benderNachahmer des Salluft(Sallustianus) wird er
oft von Martial erwähnt.
Arsäkes, Aocciuns, 1) ein perfischer Heerführer.
Aesch. Pers. 996. — 2) Name der 31 parthiichen
Könige, melde die Dynaftie der Arjatiden (250
v. C. — 226 n. E.) bilden. Die erjten derjelben
find: a) A. J., erjter König der Parther (250
— 248), Stifter der Dynaftie, von Geburt ein
Skythe, angeblich ein Achaimenide. Als ſyriſcher
Unterftatthalter über einen Teil von Parthien
empörte er fich gegen Antiochos II., tötete den
Statthalter Agathofles, vertrieb Syrer und Mate:
donier und gründete ein Meines Reich um bie
Hauptftadt Helatompylos (j. d.). b) U. II. (Ziri:
dates, 248—214), eroberte das übrige Parthien,
befiegte Seleufos II. von Syrien 238 und machte
ſich vollftändig unabhängig. ec) W. III. (Arte:
banos J., 214—196), wurde 212 von NAntiochos
dem Gr. befiegt und nad Hyrkanien vertrieben,
jedoch bei dem Friedensſchluß im Beſitz des Reiches
belafjen. d) WU. IV, 196—181. Weiteres ſ. Par-
thia. — 3) Name von 5 Königen in Großarme—
nien, wo eine Nebenlinie der parthiichen Arjafiden
150 vd. E&.—428 n. E. regierte.
ArsakYa, ’Apo«xia, Stadt in Medien (Choarene),
zwifchen den portae Caspiae im DOften und der
alten Hauptftadt Rhagai (f. d.) im Weiten, daher
auch Rhageia genannt. Seleukos I. baute fie nach
einem Erdbeben wieder auf unter dem Namen
Euröpos. Unter den Arjatiden hieß fie Arjafia und
war eine Zeit lang Wefidenz. Strab. 11, 514.524.
Arsamosäta, Aosaussere, feſte Stadt in der
armenischen Landichaft Sophene, zwiſchen dem
Euphrat und den Quellen des Tigris. Taec. ann.
15, 10. Plin. 6, 9, 10.
Arsanlas j. Euphrates.
Arses, 4oong, der jüngſte Sohn Artarerres’ IT.
Ochos, auf den Thron gehoben durch den Agypter
Bagoas nach Ermordung jeines Vaters, 338 vd. E,,
hatte im %. 336 dasjelbe Schidfal, als er den
Berfuh machte, fich der läftigen Herrſchaft des
Bagoas zu entledigen. Arr. 2, 14, 2. 5. Diod.
Sie. 17, 5.
Arsia, 1) Grenzfluß zwiſchen Oberitalien und
Illyricum, j. Arſa, daran die gleichnamige Stadt.
— 2) Arsia silva, Wald in Etrurien, befannt
durch die Schlacht zwiichen den Römern und Zar:
quiniern, in welcher Brutus fiel, 509 v. C. Lie.
2, 7 (Obooo» &lcog Plut. Popl. 9).
Arsinöe, ’Agsıwon, 1) Amme des Oreftes, rettete
ihn aus den Händen der Klytaimneſtra. Jind.
pyth.11, 17. — 2) j. Alphesiboia und Askle-
pios. — 3) Tochter des Ptolemaios Lagi und der
Berenife, geb. um 320 v. E., wurde Gemahlin des
Lyſimachos (300) und befam Herafleia jamt Ge—
biet als Eigentum von ihm. Wach ihres Gemahls
Tode (281) lebte fie anfangs zu Ephejos, dann in
Makedonien in der feiten Stadt Kaſandreia, ans
der fie vor ihrem Halbbruder und zweiten Gatten
Ptolemaios Keraunos floh, welcher treulos ihre
2 jüngeren Söhne aus erjter Ehe hatte ermorden
lafien, 280. Bon Samothrafe aus, wohin fie jich
gewendet, ging fie nad) Agypten und vermählte
jih bald mit ihrem Bruder Ptolemaios Phila—
delphos. Plut. Demetr. 31. Just. 24, 2.3. —
4) Tochter des Lyſimachos von Thrafien, gleich:
Artabanos — Artavasdes.
147
alls Gemahlin des Ptolemaios Philadelphos, wider | Z’aus. 4. Hdt. 7, 66. 9, 41.89. Thuc. 1, 129 ff.
n fie eine Verihwörung anftiftete, deren Zeil:
nehmer hingerichtet wurden, während die Königin
mit der Berbannung nach Oberägypten büßen
mußte. Paus. 1,7. Schol. Theoer. 17, 128. Ihr
ältejter Sohn war der nachherige König Ptolemaios
Euergetes. — 5) Gemahlin des Magas, Königs
von Kyrene, wollte ihre dem Ptolemaios Euer:
getes verlobte Tochter Berenife mit Demetrios,
dem Sohne des Demetrios Poliorfetes, vermählen,
verliebte ſich aber jelber in denjelben und reizte
dadurch den Unwillen des Volkes jo jehr, daß ihr
Geliebter in ihren Armen ermordet wurde, 250
v. E. Just. 26, 3. — 6) Tochter des Ptolemaios
Euergetes, vermählt mit ihrem Bruder Ptolemaios
Philopator, eine friegeriiche Frau, welche in der
Schlacht bei Raphia (217 dv. E.) mit ihrem Gemahl
gegen die Syrer fämpfte. Miftrauen verleitete ihn
zu ihrer Ermordung, um das J. 210. Just. 30, 1.2.
— 7) Schweiter des Ptolemaios Dionyjos, wurde
von dem Heere, welches im alerandrinijchen Kriege
(48— 47) Bäjar und ihre von diefem begünjtigte
Schweiter Kleopatra in Alerandreia einſchloß, als
Königin anerlannt, während ihr Bruder in Cäſars
Gefangenichaft war. Dio (ass. 42, 39 f. 42. Caes.
b. Alex.4.2%. Nach Beendigung des Kriegs ward fie
von Cäjar mit nach Rom genommen (Caes. a.a.D.33)
und im Triumphe aufgeführt. Später (41) ließ fie
Antonius in Ephejos ermorden. App. b. c. 5,9.
— Mrjinod ift auch Name mehrerer Städte aus
der Diadochenzeit, namentlich auf Kypros, in Mittel:
und Unterägypten und in Aithiopien.
Artabänos, Aordßaros, 1) Bruder des Dareios
Hyſtaſpis, dem er den Skythenzug widerriet (Hdt.
4, #3), Oheim des XZerzes, dem er in gleicher Ab-
jicht die berühmte, inhaltsreiche Rede im verjam-
melten Rate der perjiichen Großen hielt. Hadt. 7, 10.
Er begleitete leßteren auf jeinem Zuge bis Abydos,
fehrte dann zurüd und führte während deſſen Ab:
wejenheit die Regierung. — 2) ein Sünftling des
TZerxes und Anführer jeiner Leibwache, aus Hyr:
fanien, ermordete jeinen Herrn und Gönner (Juli
— August 465 v. E.), ward aber 7 Monate jpäter
von Artarerzes, gegen den er ähnliche Pläne hegte,
hingerichtet. J«st.3, 1. Diod. Sie. 11,69. — Den:
jelben Namen führten 4 parthifche Könige aus der
Dynaftie der Arjafiden.
Artabazänes, deroßefarng, ältefter Sohn des
Dareios Hyſtaſpis von der Tochter des Gobryas,
Halbbruder des Kerres, machte dieſem die Regierung
ftreitig (Hdt.7,2.3), mußte fich ihm jedoch unter:
werfen. Juftin (2, 10) nennt ihn Ariämenes; er
ift wohl derjelbe, der bei Plutarch (Them. 14)
Ariamenes genannt wird.
Artabäzos, Apräßafog, 1) einer der perfiichen
reldherren im Sampfe des Kerzes gegen bie
Griechen, belagerte und eroberte, nachdem er den
nach der Schlacht bei Salamis nad Afien zurüd:
eilenden Xerres bis Abydos begleitet hatte (dem
Übergang über das ſchwache Eis des reißenden
Strymon jchildert Aesch. Pers. 495 ff.), auf der
Rückkehr nad Griechenland Olynth, ftich dann zum
Heere des rdonios und zog ſich nach dem un-
glüdlihen Ausgange der Schladht bei Plataini in
raſchent Zuge mit 40000 Mann auf dem Land-
wege nadı Byzanz zurüd. Terxes gebrauchte ihn
darauf als Vermittler in jeinen Unterhandlungen
mit dem ſpartaniſchen Könige Pauſanias. Nep.
Diod. Sie. 11,31. — 2) ein Feldherr von Ar:
taxerxes II. Mnemon, zeichnete ich zuerft im Kampfe
gegen Datames (j. d.) aus; jpäter empörte er fich
als Satrap von Phrygien gegen Artarerres II.
Ochos, 357 v. E., und wurde von jeinen Schwägern,
den Rhodiern Mentor und Memnon, jowie von
athenijchen und thebanifchen Söldnern unterjtügt,
mußte aber, alö es dem König gelang, die legteren
ihm abipenftig zu machen, um 351 mit Memnon
zu Philipp von Makedonien fliehen. Doch erhielt
er auf Verwendung Mentors, der dem Berjerfönige
inzwijchen in Agypten gute Dienfte geleiftet hatte,
die Erlaubnis zur Rüdtehr. Dem Dareios Kodo—
mannos diente er mit großer gr und
ftand deshalb bei Alerander, der jogar des Arta:
bazos Tochter Barfine heiratete, in hohem An:
ſehen. Derjelbe machte ihn zum Statthalter von
Baltrien. Diod. Sic. 15, 91. 16, 22 ff. 52. Arr.
3, 21 ff. Curt. 6, 5. 7, 5.
Artaei, Aeraio:, nannten fich nach Herodot (7,61)
die Perſer, vielleicht ein Appellativ, . v. a. Heroen,
von dem perjijchen Arta, groß.
Artaphernes, Aeragpigrns, 1) Bruder des
Dareios Hyitajpis, Statthalter von Sardes (Ildt.
5, 25); belannter noch 2) jein gleichnamiger Sohn,
der mit Datis ſich als Anführer an der erjten
Erpedition nach Griechenland und an der maratho:
niſchen Schlacht (490 v. E.) beteiligte. Hdt. 6, 94.
Artaunum (Aeravvor, Ptol.), nad) einigen
das jeßige Würzburg in Bayern, nad andern das
alte von Drujus auf dem Taunus angelegte (Dio
Cass. 54, 33), von Germanicus wiederhergeitellte
Kaftell (Tac. ann. 1, 56), vielleiht die Saalburg
bei Homburg.
Artavasdes (bei den Griechen deraßd£ng, bei
den Armeniern Artawazt), 1) Sohn des Tigranes 1.
und König von Großarmenien, bot dem Craſſus
auf feinem Feldzuge gegen die Parther Hülfe an,
wurde aber von dem Partherkönige Drodes ge:
ichlagen, ohne daß Craſſus ihm unterftügte, und
machte Friede mit den Barthern. Plut. Crass. 19 ff.
Dem Antonius führte er im J. 36 v. C. ein be:
deutendes Hülfsheer gegen die Parther zu, verlieh
ihn aber treulojerweije, weshalb ihn derjelbe im
J. 34 befriegte, gefangen nahm und mit ihm jet:
nen Triumph zu Alerandreia jhmüdte. Bier Jahre
jpäter lieh ihn Kleopatra umbringen. Vell. Pat.
2,82. Tac. ann. 2, 3. Plut. Ant. 37 ff. 50. 51.
— 2) Sohn des vorigen, mußte vor den Römern
zu den Barthern fliehen, welche ihn wieder ein:
legten (Tac. ann. 2, 3), wurde aber jpäter infolge
einer Verſchwörung getötet, ehe ein gegen ihn ab-
gejandtes römiſches Heer die Grenzen Armeniens
erreichte. Vell. Pat. 2, 94. — 3) König von Medien,
Beitgenofje des erften Artavajdes von Armenien,
unterftüßte die Barther im Kampfe gegen Antonius
und jchlug ein römiſches Heer gänzlich, während
Antonius jeine Hauptftadt belagerte. Plut. Ant. 38.
Auch Antonius fämpfte ohne Glück gegen ihn; im
%. 35 v. E. aber ſchloß Artavajdes mit Antonius
ein Bündnis gegen Armenien und verlobte feine
Tochter mit einem der Söhne des Antonius und
der Kleopatra. Mit römischen Hülfstruppen fchlug
er die Armenier und Barther, unterlag ihnen jedod)
endlich und geriet in ihre Gewalt, als er diejelben
und auch mediſche Truppen zu Antonius’ Heere
ftoßen zu laffen gezwungen war. Sein Reich ging
10*
148
verloren. Später erhielt er feine Freiheit, ſowie
auch jeine Tochter von Auguſt, in deſſen Hände
fie gefallen war, zurüd; jeine Befigungen dagegen
ſcheint er nicht alle wiedererlangt zu haben. Plut.
Ant. 53.61. Dio (ass. 49, 25. 40, 44. 51, 16. 54, 9.
Artaxäta, r& Aordbare, armeniich Artaichat,
Hauptftadt von Großarmenien, von dem armeni:
ihen Könige Artarias während des Aufenthalts
des Hannibal bei demjelben erbaut, am nördlichen
Ufer des Araxes. Strab. 11, 528. Plut. Lue. 31.
Troß ihrer fejten Lage wurde die Stadt doch mehr:
mals erobert und verbrannt (Tac. ann. 6, 39.
12, 50. 13, 39. 41 u. ö.), bis Tiridates fie wieder
aufbaute und dem Nero zu Ehren Neronia nannte.
Dio Cass. 63, 7. %. Ruinen Ardaſchar.
Artaxerxes, doradloäns, Aproffofns (nad) |
Hdt. 6, 98 |. v. a. ö ueyag denjios', perfiicher
Königsname (Artathihatre) : 1) WU. I. Longima—
nus (Maxgögeıe, LYanghand), Sohn des Kerres |.
und der Ameftris, wurde durch die Ermordung
feines Vaters im Sommer 465 v. C. König. Diod.
Sie. 11, 69. Just. 8,1. Er hatte mit vielen Em:
pörungen feiner Anverwandten und Großen wie
der unterjochten Völker zu kämpfen. 462 ftanden
die Agypter unter dem Libyer Inaros, dann unter
Amyrtaios auf und wurden von den Athenern
unterftügt; erſt der Seefieg Kimons über die Verier
bei Salamis auf Kypros (449) führte zu einem Ab:
fommen zwijchen Athen und dem Hof von Sufa.
Ebenjo gefährlich war der Aufitand des Satrapen
Megabyzos von Syrien (448—446), der über die
gegen jein Verſprechen erfolgte Hinridytung des
gefangenen Inaros erzürnt war; A. mußte ihn
durch Nachgiebigkeit wieder gewinnen. Doch gelang
es dem Könige, Ruhe und Ordnung im Reiche
wiederherzuftellen und die zerrütteten Finanzen zu
verbefjern. Bei feinem Tode (Ende 425) folgte
ihm jein Sohn Xerres II. (ſ. d.). Thuc. 4, 50.
Diod. Sic. 12, 64. — 2) X. Il. Mnemon, Sohn
des Dareios II. Nothos, fam Ende 405 v. E. zur
Regierung. Bon feiner Mutter Paryſatis weniger
geliebt als jein Bruder Kyros, hatte er mit diejem,
den der fterbende Dareios zum Statthalter Border:
afiens ernannt hatte, einen heftigen Kampf um
den Thron zu bejtehen, den Kenophon in jeiner
Anabafis ichildert. Kyros unterlag ungeachtet der
Hülfe jeiner griechiichen Mietstruppen im Herbſt
401 in der blutigen Schlacht bei tunara, in welcher
er fiel. Xen. An. !, 8—10. Darauf mußte
Artarerres mit den Spartanern, die den ionischen
Städten zu Hülfe famen, Krieg führen. Plut. Art. 3.
Der König Agefilaos hegte ſchon damals den Ge-
danfen, das perjiiche Reich zu erobern; doch ge:
lang es dem Perſerkönige, durch Beitechung und
Erregung von Unruhen in Griechenland ſelbſt die
Gefahr abzuwenden (Friede des Antaltidas 387).
Die innere Schwäche des Perjerreiches zeigte ſich
unter dieſem jonft kräftigen Könige jo Har, daß
derjelbe den Tyrannen Enagoras von Kypros faum
nach achtjährigem Kampfe (376) zum Tribut zwingen
fonnte (Diod. Sie. 15, 9); AÄgypten jtand von
neuem auf und machte fich fat unabhängig; andere
Provinzen gehordhten nur dem Namen nach. Blut:
vergiehen und Mord mwüteten in der Königsfamilie ;
des Königs ältefter Sohn Dareios, obwohl zum
Ihronerben beſtimmt, tradıtete doch jeinem Vater
nach dem Leben, weshalb er auf deſſen Geheiß
Artaxata — Artemis.
bejahrt. Plut. Art.30, Diod. Sie. 15, 93. Sievers,
Geſchichte Griechenlands ©. 348 ff. — 3) A. IM.
Ochos, des vorigen jüngjter Sohn, rottete faſt
jeine ganze Familie aus (Just. 10, 3), untertwarf
Agypten und Phoinikien, bejiegte den Catrapen
Artabazos, beides mit Hülfe qriechiicher Söldlinge,
um 350 v. E. Es gelang diefem Deipoten nod)
einmal die Autorität des Herricherhaufes im ganzen
Reiche herzuſtellen. Zuletzt gab er fich ganz dem
Einfluße des ägyptiichen Eunuchen Bagoas hin,
der ihn im N. 338 mit Gift tötete. Dior. Sie. 17,5.
— 4) U. oder Ardeichir, der Stifter des neuperfi-
jhen Neiches und der Dynaſtie der Safjaniden
(226—651 n. E.). Er jtürzte den parthiichen König
| Urtabanos 1V. vom Throne, eroberte die Satra-
pien des Reiches, bejette auch das römische Meſo—
potamien und ftarb 240. Die Safjaniden (j. d.)
fmüpften ihren Stammbaum an die Achaimeniden
an und ftellten im Gegenjaß zu der Fremdherr—
ſchaft der Wriafiden altperjiihe Staatsordnung,
Sitte und Religion wieder her. Herodian. 6, 2.
Artaxias, ’dorafles (aud) Artares), erfter König
von Grokarmenien, früher Statthalter in dieſer
Provinz unter Antiochos dem Gr., nach deflen
Beſiegung durch die Römer (190 v. E.) er fih un:
abhängig machte und die Stadt Artarata gründete.
Bon Antiohos Epipkanes wurde er befriegt, ge:
fangen genommen und in Ketten gelegt, 165. App.
Syr. 45. 66. Pol. 26, 6. 31, 15. Den Namen
Artarias führen alle folgenden Könige Armeniens,
das nicht wieder unter Syrien fam.
Artemidöros, Aorewöopog, 1) Grammatifer
zu Alerandreia um 230 v. E., der über den dorifchen
Dialekt jchrieb und die Bukolifer jammelte. Er
war ein Schüler des Ariſtophanes. — 2) Neifender
und Seograph aus Ephejos um 100 v. E., beichrieb
jeine Seereifen im Pontos Eureinos, Mittelländi:
ihen und Roten Meere in einem auch von Stra:
bon und Plinius benupten Werte, TIsgimkovs oder
Tewypapovusve in 11 Büchern, wovon wir mur
Fragmente und einen Auszug don Marktianos aus
Heralleia befigen. Vgl. Stiehle in Philol. XI
©. 193 ff. — 3) Beitgenofie des Hadrian und der
Antonine, aus Ephejos, nadı der lykiſchen Stadt
Daldis, dem Geburtsorte jeiner Mutter, 6 Sas-
Öierog beigenannt, verfaßte Ovspoxorrizd in
5 Büchern, um die Wahrjagung aus Träumen
durch Thatjachen zu befräftigen. Dies Werk, in
flarer und im ganzen reiner und anziehender
Sprache und mit einer gewiſſen Begeifterung ge:
ichrieben, ift zugleich ein Sittengemälde der Zeit
und enthält manches zur Erflärung der Mythen
des Altertums. Ausgg. von Reiff (1805) und
Hercher (1864); Überjeßung von Krauß (1881).
Art&mis, Horeuıg (von dpreunjs), Diana, Toch:
ter des Zeus und der Leto, Schweiter des Apollon
(j. d.), ift das weibliche Gegenbild ihres Bruders;
doc find einzelne Seiten in dem Wejen des Apollon
bei ihr mehr oder weniger ausgebildet als bei
diejem. Wie Apollon vermag fie mit ihren Pfeilen
Tieren und Menichen, beionders den Frauen, plöß-
lihen Tod zu jenden (Hom. Od. 11, 172. II.
24, 606); aber jie ift auch eine jchüßende, heil:
bringende Göttin (owrsıoa, Sospita), Mit dem
natürlichen Leben ift fie im engerer Verbindung
geblieben als ihr Bruder, der jeine Wirfiamteit
vornehmlich dem geiftigen Leben zugewandt hat.
getötet wurde. Artaxerxes jtarb Ende 359 hoch: | Sie ift eine Spenderin frischen, blühenden Natur:
Artemisia — Artemision.
lebens, Licht und Leben bringend, eine Göttin der
Geburten (elsidvıe) und Ernährerin der Jugend
(novgorgöpos), fie hegt und pflegt Herden und
Wild. Sie liebt die Tiere des Waldes, aber fie
verfolgt fie auch; begleitet von den Nymphen des
Waldes, ftreift fie jagend durch Gebirg und Wald.
Hom, 0d.6, 102. Das freie Leben in der Natur
ift ihre Freude; die Liebe hat fie nie befiegt, wie
Apollon ift fie unvermählt. Dieje Idee einer jung
fräulichen Jägerin hat jich bei Art. ganz beionders
ausgebildet (cyeorigei, während an Apollon dieje
Seite ganz zurüdtritt. Dagegen finden wir jonftige |
Eigenſchaften des Apollon, wie die Beziehung zur
Mufif und Weisjagung, bei Art. nur im ſchwachen
Andeutungen. om, hymn. in Dian. 27. Pind.
nem, 9, 5.
erst anf, nachdem ihr Bruder zum Sonnengott ge
worden ift. — Der Kultus der Art. iſt meiftens
AS Mondgöttin und Hefate tritt fie
mit dem des Apollon verbunden, In Arkadien
dagegen erjcheint fie ohne Bruder, als nymphen-
artige Jagdgöttin in Hainen und an Quellen ver:
Un manden Orten, wie zu Brauron in
a, zu Sparta unter dem Namen Opdia, die
bende, wurde jie in älteiter Zeit durch
blutige Menſchenopfer geſühnt. Die Menſchenopfer
wurden ſpäter abgeſchafft; doch wurden in Sparta
ad) immer an ihrem Feite Knaben gegeihelt, daß
das Blut den Altar benepte. Dieje blutheiichende
Göttin hieß auch die tauriiche; denn man glaubte,
bigenein, die Tochter des Agamemnon (die
tim ſelbſt hatte zu Hermione den Namen Jphi—
149
geneia), und Oreſtes hätten aus Taurien, wo eine
der Art. ähnliche Göttin durch Menſchenopfer ge:
ehrt wurde (Hdt.4, 103), das Bild und den Kultus
der Göttin nach Griechenland gebracht. Die ephe—
ſiſche Art. war eine ajiatifche Naturgöttin, welche
wegen ihrer alles Yebendige nährenden Kraft mit der
griechischen Art. identifiziert wurde. — Art. ward ge:
wöhnlich dargeftellt als ſchlanke leichtfüßige Jägerin
in furzen Gemändern, au Bogen und Köcher.
Ihre Gefichtszüge haben Ahnlichkeit mit denen des
Apollon. Als Mondgöttin trägt fie ein langes
Gewand, hat einen Schleier über dem Kopfe, den
Halbmond über dem Scheitel und in den Händen
radeln. Die berühmtefte noch erhaltene Statue
der Art. ijt die beigefügte A. von Berfailles im
Louvre, ein Gegenftüd zu Apollon von Belvedere.
| Sie ftellt die Göttin als Beſchützerin des Wildes
dar; fie greift eben in Zorneswallung nach einem
ı Pfeil im Köcher, um den Verfolger einer bei ihr
Schuß juchenden Hindin abzuwehren. — Die rö-
miſche Diana war wie Art. eine Licht und Leben
bringende Göttin; jie wurde deshalb mit diejer
identifiziert und erhielt in der römtjchen Litteratur
alle die Eigenſchaften, welche der Art. in jpäterer
griechijcher Zeit zulamen. Sie war Göttin der
Jagd, der Geburten (Lucina), Mondgöttin und
als ſolche gleid) der Hefate. Der Kultus der Diana
war durch latiniiche Plebejer nadı Nom gebracht
worden; daher galt jie vorzugsweije ald Schuß:
nöttin der Plebejer und zugleich der Sklaven, der
auf dem Apentinus, dem Hauptſitze der Plebs, von
Servins Tullius, dem Freunde des niederen Vollkes,
ein Tempel erbaut worden war (Aventina). Zu
Aricia hatte die Göttin in einem Haine bei der
Quelle Egeria unter dem Namen Nemorensis
einen blutigen Kult, indem der jedesmalige Priefter
(Rex nemorensis), der ein entlaufener Sklave war,
jeine Stelle fih durch Erlegung feines Vorgängers
im Zweilampfe erringen mußte. Man hielt daher
dieje Göttin für die taurifche Art. und erzählte,
‚ihr Dienft jei durch Oreſtes hieher gebracht worden,
oder durd; Hippolyt, den Sohn des Thefeus, der
nad) jeinem Tode von Aiculapius ins Leben zu-
rüdgerufen und von Diana nad Aricia geführt
worden jei, wo er unter dem Namen Birbius
geherricht habe. Verg. A. 7, 761. Or. fast. 3, 263.
6, 737. met. 15, 497.
ArtemisYa, ’4orsuole, 1) berühmt durch ihre
Teilnahme am Zuge des Xerges, beherrichte Hali—
karnaß und einige andere Städte in Karien an
der kleinaſiatiſchen Küfte, führte ihre 5 Schiffe
ſelbſt an und zeigte im Kampfe bei Salamis Mut
und Stiugheit. Hat. 7, 99. 8, 68ff. — 2) eine
kariſche Fürftin, Schweiter und zugleich Gemahlin
des Mauſolos (j. d.), ehrte das Andenken ihres
Gemahls nad) jeinem Tode durch Erbauung jenes
Pre Mauſoleums, weldyes jeine Aſche um-
ichlo und zu ben 7 Wunderwerten des Altertums
gerechnet wird (j. Halikarnassos). (ie. tuse.
», 831. Val. Max. 4, 6, ext. 1. Diod. Sie. 16, 36 ff.
Sie ftarb 349 v. E. nach kurzer Alleinherrichaft.
Artemision, Aorsuioor, 1) Landipige und
Küftenftrich im nördlichen Euboia mit einem Tempel
der Artemis Proseva, befannt durch das erfte See:
treffen der Griechen gegen Xerres (480 v. E.).
Hdt.8,9 ff. Plut. Them. 8. Plin. 4,12, 64. Wahr-
ſcheinlich das 1. Rap Pontikoniſi. — 2) Grenz:
gebirge zwiichen Arkadien und Argolis, j. Malevo;
150 Artemon
auf jeinem Gipfel ftand ein Heiligtum der Artemis
Dinvatis, das zu dem Gebiete von Dinoe gehörte.
Paus. 2, 25, 3.
Artemon, "4ertuor, aus Magnejia, jchrieb ro»
xar’ dgsrijv yuvaıki mergayuersvuivror dınyn-
nor, woraus vielleicht der tractatus de mulieri-
bus (bei Weftermann paradoxogr. p. 213) ge:
floſſen ift.
Artolagänum, deroldyarov, Brotlucen, ein
Badwerk aus Mehl, Wein, Milh, Ol, Fett und
Pfeffer; laganum dagegen ein Kuchen aus Mehl
und DI, eine Art Plinjen. Athen. 3, 79.
AororwAıdes, Brotverfäuferinnen. Das Brot,
aus Weizen oder Gerſte beitehend, wurde meift
nicht im eignen Haufe gebaden, jondern auf dem
Markte und in den Straßen von Berfäuferinnen
feilgeboten. Diejelben jcheinen durd; ihre Fertigkeit
im Schimpfen ſich hervorgethan zu haben (Aoıdo-
ericheı Bonep korommlıdag, Arıstoph. Ran. 857).
Arulönus j. Junii, II, e, 7.
Arundo, ſowohl Scilf: als Pfahlrohr. Jenes
gebrauchte man zum Schreiben. Das fejtere wurde
zu PBfeilen und zu Angelruten verwendet. Auch
die Doppelflöten wurden aus Nohr verfertigt. Or.
met. 11, 154. (Es wurde bejonders gepflanzt und
angebaut (wildes Rohr, canna), namentlich für die
Joche, an melden der Wein gezogen wurde.
Colum. 4, 22.
Aruns, Arruns, Agpoörg, ein etrujliiches Wort,
Name für die jüngeren Söhne überhaupt, während
die älteren Lars oder Zar heißen: 1) der Bruder
des Targquinius Priſcus. Liv. 1, 34. — 2) der
jüngere Sohn des Tarquinius Superbus, der im
Zweikampfe mit Brutus fiel. Liv. 2, 6 ff. — 3) Sohn
des Porſenna. Lav. 2, 14, 5. — 4) ein etruſtiſcher
Seher. Liv. 5, 33.
Arnntius ſ. Arruntius.
Arusiänus, Mejiius, um 395 n. C. verfaßhte
zum Schulgebrauch die exempla elocutionum ex
Vergilio, Sallustio, Terentio, Cicerone, welche
fätfchlich dem Fronto zugejchrieben wurden. Das
Buch ift eine, wahrjcheinlich für den Gebrauch der
Rhetorenichulen beftimmte, alphabetijche Aufammen:
jtellung von Wörtern, welche eine verjchiedene Kon-
itruftion zulafjen, mit je einer Belegftelle aus jenen
46 rifthellern. Ausg. von 9. Keil, gramm. Lat.
Bd. VII p. 449 ff.
Aruspices ſ. Divinatio, 16. 17.
Arväles fratres, Flurbrüder, ein Kollegium
von 12 Brieftern in Rom, über deſſen Einfegung
j. Acca Larentia. Ihre Würde war lebens:
länglih und fonnte nicht durch Verbannung oder
Sefangenichaft verloren gehen. An der Spitze ſtand
ein jährlich wechjelnder magister, der bei Todes:
fall eines Mitglieds einen Nachfolger, ernannte.
Sie trugen ald Zeichen ihrer Würde Ahrenkränze
mit weißen Wollenbinden (infulae) um das Haupt
und feierten jährlih an 3 Tagen des Mai, um
Fruchtbarkeit der Felder zu erwirfen, das Saeri-
fierium Deae Diae (wohl einer bejonderen Form
der Ops) teil® in der Stadt, teils und bejonders
in dem 5 Meilen von der Stadt entfernten lucns
Deae Diae, weil fich in der älteften Zeit der römische
Ader bis dahin erftredte. Unter den vielfachen
Eeremonien wird bejonders ein Tanz erwähnt, den
die Flurbrüder unter Abfingung eines altertüm-
lichen Liedes in faturnifchem Versmaße, das wir
noch bejigen, in dem Innern des Tempels im |
— Ärzte.
Haine der Göttin aufführten. Genauere Kunde
—* wir durch die Protokolle aus der Zeit des
eliogabal erhalten, welche Marini 1795 heraus:
gegeben hat und die durch preußiiche Ausgrabungen
in Rom jeit 1866 fehr vervollftändigt jind. Die
letteren geben die Alten des Kollegiums aus den
Jahren 58 und 59 n. E. und Bruchftüde, die vom
%. 38 bis etwa 250 n. E. reichen. al. Henzen,
acta fratrum arvalium (1874). — Verſchieden von
diefem sacrificium D. D. war das Ambarvale
sacrum (j. d.), das jeder Beſitzer auf feinem Lande
zur Beit des Arvalfeftes in ähnlicher Weiſe au—
ftellte; auch dabei fommt ein Lied und ein Tanz
vor. Das Priefterfollegium beftand bis ins 4.
Jahrhundert n. C.
Arverni, eine der mächtigſten keltiſchen Bölfer:
ſchaften in Aquitanien, der heutigen Auvergne (Dep.
Run de Dome, Cantal und Haute-Loire). Strab.
4, 191. Caes. b. a. 1,45. 7, 7.8. Ihre Hauptftabt
war Nemoffus, ſpäter Auguftonemetum, j. Eler:
mont-Ferrand. Bol. Gergovia.
Arx, Burg, war während der Zeit der erjten
römijchen Kämpfe mit den Städten Jtaliens in
jeder irgend bedeutenden Stadt, die durch ihre
Lage auf einem natürlichen Felſen oder einer
fünftlichen Höhe nicht bloß hinlänglichen Schuß
gegen feindlichen Angriff gewährte, ſondern auch
bei plöglichen Überfällen den An: und Umwohnern
einen fichern Zufluchtsort bot. Die Arx zu Rom
gr aber nicht etwa zum Capitol (zwiichen
eiden das intermontium mit dem Eichenhain,
inter duos lucos, Liv. 1, 8, wo jich das alte
asylum befand), fondern wird von Gicero und
Livius ausdrüdlich davon unterjchieden, wiewohl
beide auf demjelben Hügel, dem mons Capito-
linus, lagen. Später wurde jene Unterjcheidung
der Arr und des Gapitoliums verwijcht, weshalb
Tac. hist. 3, 69. 78: arcem Capitoli und 71:
Capitolinae arcis fores fagt, aber doch auch wieder
beide trennt (ann. 11, 23: inspectante Capıtolio
et arce Romana).
Arybbas (Just. Arrybas), Aerßßas od. "deru-
Bas, Fürſt der Molofjer in Epeiros feit etwa 362
v. E., Oheim und Schwager der Gemahlin Philipps,
der Olympias, wurde von feinem Neffen und Pflege:
johne Alerander von Epeiros mit Hülfe Philipps
von Makedonien im J. 352 entthront und aus dem
Lande gejagt, Alexander dagegen zum Fürſten er:
hoben. 4. lebte noch 10 Jahre und jtarb im Eril
342. Paus. 1,11, 3. Dem. Olynth. 1, 12f. Diod.
Sie, 16, 72. Just. 7, 6, 12.
Ärzte, largoi, mediei, waren in Griechen:
land jchon zu den älteften Zeiten bejonders wert,
ja heilig gehalten, wie denn die Jatrif und Mantif
als im genaneften Zuſammenhange ftehend betrachtet
wurden; insbejondere freilich die Wundärzte, außer
welchen Homer feine Arzte kennt. Der Götterarzt
Paieon ift bei ihm noch von Apollon wejentlich
verjchieden; außerdem aber tritt in der Menſchen—
welt vorzugsweiſe Aiflepios (j. d.) hervor, den alle
nachfolgenden Arzte als ihren meöyorog anjahen
ıPlat. symp. p. 686. r. p. 3, 406, daher Aiflepia-
den, Fayoroı ’Aaninmıoö), nebft jeinen beim troi-
ichen Kampfe beteiligten Söhnen PRodaleirios und
Mahaon. Bei den Griechen galt daher aud) die
Arzneitunft als eine des Freien würdige Be:
ichäftigung, während bei den Römern die Haus:
ärzte oft Sklaven waren. Der von Herodot (2, 84.
As — Asbestos.
3, 129) gerühmte Reichtum Agyptens an Arzten
bezieht jich offenbar auf die ftreng diätetijche Bor:
fiht, die ein jeder dort üben mußte. In ganz
Griechenland blieben fie in hohem Anfehen, tie
fie es bei den Römern nie erreichen konnten. In
vielen Staaten waren öffentlich bejoldete (dnuo-
sıevorres), doch feineswegs ausichließlich, jondern
daneben andere, die für ein Honorar (Mucdog,
soorg«, largeia), das fie fidy bisweilen voraus:
zablen ließen (vielleicht zur Dedung der, Auslagen,
da es feine Apothefen gab und die Arzte jelbit
die verordneten Mittel zubereiten mußten), ihre
Kunſt übten, indem fie teils Bejuche in ihrem,
zugleich als Apothele dienenden und mit Büchien
(mräidrg, avlınddes), Inſtrumenten, Badegerät-
ſchaften 2c. verjehenen Largeio» annahmen, teils
zu den Kranken fich hinbegaben. In dem Empfang:
zimmer des Arztes befanden fich auch jeine Ge-
hülfen und Schüler, erftere oft Sklaven, wie denn
Iranfe Sflaven meiſt von Sklaven, und zwar ziem—
lich gewiffenlos (Plat. legy. 4, 720), behandelt
wurden. Sympathetijche Kuren kamen öfter vor.
Die Selbitheilung nad gewiſſen allgemeinen Bor:
ihriften und Regeln (largeveodea: ara yodu-
sera), die fein Individualiſieren zuläßt, verwarfen
die Griechen gänzlich; die Römer dagegen, die
nah dem Borgange des älteren Cato jich gern
einen Commentarius mit allerhand Anmweijungen
hielten, zogen fie im allgemeinen vor. Bei den
riechen wurde die Sache überhaupt mit dem ge-
wiſſenhafteſten Ernfte betrieben, und es jcheint,
daß wegen Leichtjinns und Fahrläffigfeit ein Arzt
zur Rechenſchaft gezogen werden konnte. Alle
bedurften auch wohl einer Konzeſſion dom Staate,
wenn auch feine Prüfung ftattfand, und mußten
wenigitens den Nachweis liefern, einen tüchtigen
Lehrer gehabt zu haben (Xen. mem. 4, 2, 5).
Man verlangte von dem Arzte Gewiſſenhaftigkeit
in der — Anſtand und Sauberkeit auch
in der äußeren Erſcheinung. Mit unſeren Apo—
theken haben die Quackſalberbuden der papue-
xozökcaı (vgl. Hor. sat. 1, 2, 1) nichts zu thun;
dies waren Marftichreier, die außer einigen Heil:
mitteln für gewöhnliche Krankheiten auch allerlei
andere Gegenftände verfauften, Gifte, Schminfe,
Brenngläjer. Der Arzt war zugleich Chirurg nach
dem geringen damaligen Umfange diejer Wiſſen—
ſchaft. Schon aus religiöſen Gründen kommen
Seltionen jelten, zu wifjenichaftlihen Zwecken
vielleicht gar nicht vor. Erft jpäter teilte jich die
Kunft im mehrere Zweige: Augenärzte, Zahn:
ärzte u. j. w. Yu den berühmteiten gehören Hippo:
frates (j. d., 5.) in Athen und Demofedes (ſ. d.)
von Kroton, die ein ſehr hohes Gehalt bezogen.
Die Tätigkeit der rationellen Arzte wurde viel:
fah behindert durch das Treiben der Zauberer
und anderer Berjonen, die dem mebiziniichen
Aberglauben dienten (j. Zauberei). Bgl. Stoll,
Bilder aus d. altgriedh. Leben ©. 492 ff. — Auch
in Rom waren die Arzte durch ihre ars honesta
(Cie. off. 1, 42) anftändig, wenngleid, der Beruf
durch Sklaven oder Freigelaſſene geübt wurde.
Auch der Arzt des Augustus Antonius Muſa ge:
börte zu den Libertinen. 219 v. E. hatte jich der
Peloponnefier Archagathos in Nom niedergelafien
und in einer taberna eine Art chirurgifcher Klinik
eröfinet. Andere jeiner Landsleute waren ihm
gefolgt (Plin. 29, 11, 17). Aber die Römer der
151
alten Zeit betrachteten jie mit Miftrauen. Der
alte Cato warnte feinen Sohn und behauptete, fie
hätten fich verſchworen alle Barbaren, aljo auch die
Römer umzubringen (iurarunt inter se barbaros
necare omnes medicina, sed hoc ipsum mercede
facient, ut fides iis sit et facile disperdant, Cat.
fragm. p. 77 ed. Jord.). Sie betrieben ihr Ge—
ichäft in einer Bude, lernten liberti zur Praxis
an und bezogen dann einen Anteil von dem Ge—
twinne derjelben. Größeres Anjchen gewann jchon
in Ciceros Zeit Ajllepiades von Prufa. Cüſar
verlieh ihnen das Bürgerrecht (Suet. Caes. 12).
Seit der Kaiſerzeit wurden auch Arzte mit feſtem
Gehalt angeftellt, teils bei Hofe, teils beim Militär,
teils für die ftädtijchen Gemeinden. Die Zahl der
Spezialärzte nahm zu; man findet medici ocu-
larij, aurarii, Zahnärzte, Chirurgen, auch medicae
für Frauenfranfheiten. Apotheken gab es nicht,
wohl aber verkauften die Droguen- und Spezerei:
handfungen fertige Medilamente, wenn diejelben
nicht von den Ärzten jelbft bereitet und teuer ver-
fauft wurden. Dann war das Meditament mit
einer Etikette verjehen und gejchrieben; indeflen
nn wir von den römiſchen Augenärzten eine
große Anzahl Stempel von Blei, welche den
Namen des Arztes, die Beitimmung des Mittels,
die Beftandteile desjelben und die Art feiner Auf:
löjung enthalten. Vgl. Grotefend, die Stempel
der römischen Augenärzte (1867).
As j. Münzen, 3.
Asander, Aoarögos, 1) Sohn des Philotas (von
Eurtius und Juftin fäljchli” Casander genannt),
zog mit Mlerander dem Gr. nach Afien und wurde
Statthalter von Lydien (334 vd. E.), ging zur Wer:
bung frischer Truppen im %. 331 nach Europa
und wurde nach jeiner Rüdfehr nad) Aleranders
Tode 323 Statthalter der Provinz Karien, welche
Berdiffad ihm 321 nehmen wollte. Just. 13, 4.
Arr.1,17,7.4,7,2. Ourt.10,10. Deshalb jchlof
er fich defien Gegner Antigonos an und juchte feine
Statthalterjchaft zu erweitern, erregte aber dadurd)
(316) des Antigonos Groll. Daher jchlug er fich
auf die Seite Kine Gegner, kämpfte 315 gegen
ihn, mußte fich aber im J. 313 ihm unterwerfen.
Seine legten Schidjale find unbefannt. Diod. Sic.
19, 62, 2. 68, 5. 75. — 2) ein Feldherr des Phar—
nafes II. von Bojporos, gegen welchen er nad)
deſſen Bejiegung durch Cäſar ſich empörte und ihn
töten lieh, weshalb Cäſar ihn angriff, ſchlug und
abjegte. Doch ſoll er in hohem Alter von Auguftus
wieder eingejegt worden jein. Dio Cass. 42, 47 f.
Caes. b. Alex. 78.
Asarötum, dodewror, ein Mojaik: Fußboden,
auf dem die weggeworfenen Speiferefte von einer
Mahlzeit abgebildet waren, der das Anjehen haben
jollte, als ſei er „nicht gelehrt“. Der Berga:
mener Soſos verfertigte ſolche von beionderer
Schönheit aus Steinen von verjchiedener Farbe
(Plin. 36, 60). Kaiſer Hadrian ließ jolches Kunſt—
werk in einer feiner Villen nachbilden.
Asbestos, @oßsorog (unverbrennbar, nämlid)
Aldog), ein grünmeißlicher Stein, der Amiant oder
Bergflachs, aus deffen Faſern man jchon im Alter:
tum das asbestinum sc. linum, die unverbrenn:
bare Leinwand bereitete, die bejonders von den
Römern zur Verfertigung jener koftbaren Leichen:
tücher verwebt wurde, in die man die Toten hüllte,
wenn man fie auf den Sceiterhaufen legte, damit
152 Asbolos
ihre Reſte umvermifcht mit der Holzajche ſich er:
hielten. Plin. 19, 1, 4. 37, 10, 54.
Ashölos, “Aoßokos, 1) ein Wentaur, der auf des
Beirithoos Hochzeit gegen die Yapithen kämpfte und
ipäter von Herafles gefreuzigt wurde. — 2) einer
der Hunde des Altaion, der jhwarzzottige.
Ov. met. 3, #18.
Ascanius, Sohn des Nineias von der Kreuſa
(Verg. A. 2, 666), bei den Römern Julus ge:
nannt und” als Stammwater des juliſchen (Se:
icylechtes angejehen, regierte nach einigen ſpäter
Troja, nach andern begleitete er den Bater nad
Italien und herrichte nach deſſen Tode dort über
die Latiner und die von ihm gegründete Stadt
Alba longa. Lie. 1,3. Bgl. Aineias. Nach an
dern hieß er ein Sohn der Yavinia, weshalb man
auc zwei Ascanii annahm und den Sohn der
Kreuſa als den älteren betrachtete.
Aseiburgium, Stadt der Gugerni in Ger-
mania inferior, deren Entftehung die Sage dem
Odyſſeus zufchrieb, vielleicht eins der 50 Raftelle
des Drufus (Tac. Gern. 3. hist. 4, 33); j. wahr:
ſcheinlich Asberg bei Moers, nad) Manert Eſſen—
berg, Duisburg gegenüber.
Asconlus, vollftändig D. Nic. Bedianus, der
berühmte Ausleger des Cicero, war vermutlich zu
Patavium 3 n. E. (oder noch etwas früher) ge:
boren, jchrieb unter der Regierung des Claudius
und Nero und joll im J. 88 geftorben fein, nad):
dem er die legten 12 Jahre blind gewejen war.
Seine hiftorischen Schriften find uns verloren ge:
gangen; don den für jeine Söhne geichriebenen
wichtigen Kommentaren zu Ciceros Reden aber
haben ſich in der Bibliothek zu St. Gallen in
einer, jpäter leider wieber verlornen, Handſchrift
um 1416 Bruchitüde zu 5 Reden gefunden, zum
Teil jedoch in beſchädigtem Zuftande. Sie betreffen
die Reden gegen Piſo, für Cornelius, Scaurus,
Milo und in toga cand. und zeichnen ſich durch
hohen ſachlichen Wert wie durch trefflichen Stil
aus. Dies gilt jedoch nicht von den in derſelben
Handichrift gefundenen Kommentaren zur divina-
tio in Caecilium und zu Verr. 1—3, die in ihrer
breiten, unklaſſiſchen Sprache und faft nur gram:
matijchen Erklärung früheftens aus dem 4. Jahrh.
jtammen. Bejte Ausgaben in den Scholiajten des
Cicero von Drelli und Baiter, jowie von A. Kieß—
ling und R. Schöll (1875). Auch eine vita Sal-
lusti und eine Schrift contra obtrectatores Ver-
gilii verfaßte er. Monographie von Madvig (1828)
nebſt Nachtrag (1828).
Ascülum (aus Ausculum entftanden), Aorkov,
1) Hauptjtadt der Landichaft Picenum in Mittel:
italien, ſpäter Municipium, im — —
kriege zerſtört, dann wieder aufgebaut, j. Aſcoli
in der Mark Ancona, auf einem Berge, ge dem
der Truentus (Tronto) vorbeifließt. Strab. 5, 241.
Caes. b. e. 1, 15. 16. Cie, Sull. 8. Plin. 3, 13, 18.
— 9) Stadt in Apulien, j. Aſcoli di Satriano,
öfttich von Benevent, wo die Römer 279 v. E. vor
Pyrrhos fi) zurüdziehen mußten und P. Decius,
der Entel, fidh opferte. Plut. Pyrrh.21. Flor. 1,18.
Asdrübal j. Hasdrubal.
Asellio, Sempronius, römijcher Geſchicht—
jchreiber im 2. und 1. Jahrh. v. E., im mu:
mantin. Kriege Kriegstribun, verfaßte rerum ge-
starum libri, deren Zahl mindeltens 14 betrug.
Da er die Ereignifie, quibus gerendis ipse inter- |im 4. Jahrh. ı
— Asia.
fuit (Geil. 2, 13), behandelte, jcheint das Wert den
Gharafter von Memoiren gehabt zu haben. Samm:
u der Bruchftücde von Peter, hist. Kom. rel. I
p- 178 ff. fragm. p. 100 ff. Abhandlung von
Steltens (1867).
Asia, Aole, 1) geographiid. Unter Afien
veritanden bie Griechen in der ältejten Zeit nur
die weftlichen Küften stieinafiens, ſpeziell Lydien
(vgl. "Acıog Asıuov, Hom. Il. 2, 461, die Ebene
am Kayſtros), ipäter, mit dem Fortichreiten der
geographijchen Kenntniffe, wurde der Name immer
weiter ausgedehnt und bezeichnete jeit Aiſchylos
den ganzen Erdteil, joweit er in den Geſichtskreis
der Hellenen fiel. Herodot nennt nebeneinander:
Alien, Libyen und Europa (3, 115. 4,42). Als
Grenzen gegen Europa galten zuerſt der Phaſis
‘j. Non), der Arares (j. Aras und das Kaſpiſche
feit Eratojthenes und Strabon der Tanais
Don), die Palus Mäotis, Pontos Eureinos,
—— Propontis, Hellespontos und das Ni:
gaitiche Meer. Ebenjo wurde gegen Libyen an:
fänglich der Nil, erft jpäter der Arabiſche Meer:
bujen und die Landenge von Arfinoe (j. Suez) als
Grenzicheide angenommen (vgl. Adt. 4, 40. 45).
Ehe man Inneraſien genauer fannte, teilte man
den Erdteil durch den Halysfluß oder das Tauros:
gebirge in zwei Hälften: =. untere (wejtliche)
und das obere (öftliche) A ., N &vo und N »dro
"Acla, oder Aula 1) Evrög und 7) darög ron Alvog;
Afien diesjeits und jenſeits des Tauros, A. 7) dv-
tog und 7) arög ro Tedeov. Später lie man
das untere Aſien bis über den Tigris reichen, weil
dann nad Dften der Aufftieg auf das Gebirge be:
ginnt, ſprach jedoch mehr von den einzelnen Län—
dern als von dem ganzen Erdteil und gebrauchte
den Namen Afien meift nur von Kleinaften, wenn
man nicht, wie Juſtin, ausdrüdlich Asia mnior
jagte. Der fernere Oſten war wenig befannt; Des:
halb gab man A. die Geftalt eines Tänglichen
Parallelogramms. Doc) hielt man es mit Recht für
den größten Erdteil. Die Züge Aleranders des Gr.
und die durch ihn veranlaßten Unterfuchungen,
b B. die Fahrt des Nearchos von der Mündung
es Indos bis zu der des Euphrat, haben den
Alten Hocafien und Indien aufgeichlofien. Von
da an wurden gan; Vorderindien mit Genlon,
Malata und Java, auch einige Städte in China,
ebenjo die Stothenländer am Kajpis und Araljee
durch Eroberungen, Gejandtichaften oder Handels:
reifen befannt. Das perfiiche Reich mit Ausnahme
von Perſis, das eine Sonderftellung einnahm, um:
faßte nach Herodot (3, 90 ff.) folgende 20 Eatra:
pien: 1) Miolis, Jonia Doris, Karia, Lufia,
Milyas, Vamphylia; 2) Myſia, Lydia Rabalia:
5) Hellespontos, Phrogia, Paphlagonia, Kappa:
dofia; 4) Kililia, Armenia minor; 5) Bhoinikia,
Paläftina, Syria, Kypros; 6) — Kyrenaike;
7) Sattagydä, Gandarii u. ſ. w. (Arachoſia); 8)
Suſiane; 9 Babylonia, Aſſhria 10) Media;
11) Kaſpii, Kaduſii, Hyrtanii 12) Baktriane;
13) Armenia; 14) Sagartier, Sarangen (öftlich
von Perfis); 15) Safer; 16) Parthyene, Sogdiane,
Aria; 17) Parifani, aſiat. Nithiopen Gedroſia);
18) Matieni, Sajpeiri, Alarodii öſtlich von Ar:
menia); 19) Mosct, Tibareni, Moſynöti (am
Pontos); 20) Indier. - Der Name Asia minor,
AT mınod, a F rror, fommt erſt ſpät, etwa
C., als Geſamtbezeichnung vor
Asia prata — Asinii.
für die jetzt Anadoli genannte Halbinſel,
Grenzen im Dften Armenien und der Bergzug des
Tarpadres, im SO. Syrien und der mons Amänus
bildeten. Es waren 14 Landichaften: 1) im Weſten
Myſia (mit Troas), Lydia, Karia; 2) im Süden
Lytlia, Vamphylia, Kilikia; 3) im Inneren Phrygia,
Piſidia, Galatia, Lyfaonia, Kappadotia; 4) im
Norden Bithynia, Paphlagonia, Pontos. Asia
propria oder proprie dieta, "A. 7) Öddog nalov-
afen, oder auch einfach Asin, wenn nicht der Erd:
teil gemeint war, hieß jpäter die römische Provinz
Hauptſtadt Pergamom), welche aus dem Reich des
Attalos 11T. 133 v. E. gebildet worden war. Sie
umfaßte die Küftenftriche und Anjeln von Niolis,
Jonia und Doris, ferner die Landichaften Myſia,
Lydia, Karia und Phrygia (Cie. Flace. 27), und
wurde anfangs von Proprätoren, jpäter von Pro:
fonjuln verwaltet. Die Bewohner Kleinaftens
gehörten den verichiedeniten Stämmen an. Soweit
ſich bis jetzt ermittelm läßt, war das bedeutendite
Voll, die Phryger, ariſcher Abkunft und mit den
Armeniern nahe verwandt, wahricheinlich von dem
armeniichen Hochland nad) Weiten gewandert Adt.
7, 73, der nadı griechiicher Anjchauung Griechen:
land als Mittelpunkt der Erde betrachtet, erklärt
umgefehrt die Armenier für Abfömmlinge der
Phrugier). Ebenjo hält man gewöhnlich auch die
Lykier und die Kappadokier für Arier. Semiten
oder doch ſtart mit Semiten vermijcht waren die
Kilikfier und Lydier. An den Weſtküſten jaßen ur:
iprünglich die Leleger, Belainer, Troer, Dardaner;
fie wurden dann teilweiie verdrängt durch die thra
fijchen Stänme der Myadonen, Myſier, Thynier,
Bithynier. Unbekannt iſt die Abtunft der Paphla—
gonen. — Ih mythologiic: 1) Ofcanine (Hesiod.
theog. 359), Mutter des Prometheus (. d.).
2) Tochter des Prometheus, nad welcher Ajien
benannt jein jollte. Hat. 4, 45. — 3) Nereide
(Hugin. praef. 2).
Asia prata, 4oıog Asıudv, Verg. G. 1, 383.
Hom. Il. 2, 461. Die fruchtbare afiiche Aue lag in
Lydien ſüdlich vom Tmolos und joll dem ganzen
Alien den Namen gegeben haben.
Asinäros, ‚Asivegog, ein Fluß auf der Süpdjeite
von Sicilien, wo die Athener 415 E C. geichlagen
wurden. Thue. 7, 84. Plut. Nie. 2 Hier feierten
jährlich am 7. Sept. die Spratufier ein Feſt,
Afinaria genannt.
Asine, Accen, 1) Stadt in Meffenien, das
hentige Koron, am Eingange des Meſſeniſchen
Koronaiiſchen, Afinaiifchen) Meerbufens, 40 Sta:
dien nördlich vom Vorgebirge Afritas. Udt. 8, 73.
Thuc. 4, 13. Strab. 8, 359. — 2) Küftenftabt in
Yafonien. Thuc. 4, 54. Xen. Hell. 7, 1, 25. Yage
unbeftimmt. — 3) Stadt der Dryoper am Argo:
lichen Meerbuien (Hom. Il. 2, 560), von den
Argeiern frühzeitig erobert und gerftört.
AsinYi, ein plebejiiches Geichlecht, aus Teate:
1) E. Ai. Pollio (Lachmann zu Lucret. 1, 313
wollte Bolio), geb. 76 v. C. machte ſich zuerſt durch
eine von Bompejus vereitelte Anklage gegen C. Cato
bemerflih im 3. 54. Teac. dial, 34. Cie. ad Att.
4,15, 4. Im Bürgerkriege ſchloß er fich aus per:
lönlichen Gründen an Cäſar an, der ihn oft in
feiner Nähe hatte, kämpfte unter Cäjars Legaten
Enrio gegen Juba von Numidien und rettete die
Trümmer des geichlagenen Heeres. App.b.e. 2,45 ff.
Daranf begab er ſich zu Cäſar und nahm an der
153
derdn I Schlacht bei Pharjalos teil (Plut. Pomp. 72.
Cars. 46), fämpfte dann mit Cäſar in Afrika und
Spanien (Plut, Caes. 52. Auet. (aes, 55. (ie. ad
Att. 12, 38, 2), befleidete die Prätur im J. 45
und wurde dann von Eäfar nach Spanien gegen
Sertus Pompejus gejandt. Vell. Pat. 2, 73, 2.
Dio Cass. 45, 10. Nach Cäſars Ermordung blich
er anfangs in Spanien. Er meigte ſich, da er die
Aufrechthaltung der Nepublit wünſchte, der republi:
fanifchen Partei zu und jandte nach anfänglicher
Weigerung dem Antonius erit dann Truppen, als
(43) Detadian und Antonius miteinander im nähere
Verbindung traten und mit Lepidus das Trium—
pirat ſchloſſen. Cie. ad jam. 10, 32, 4. App. b. c.
3, 97. Vell. Pat.2,63. Ni. befam Gallien jenfeit
des Padus als Provinz, leitete die Verteilung der
Ländereien an die Veteranen und nahm ſich dabei
feines Freundes Vergil an, dem er jein väterliches
Landgut erhielt (Donat. vit. Verg. 10). An dem
perufinifchen Kriege gegen X. Antonius (41) betei:
ligte er fich nicht (App. b. c. 5, 32 ff). Ws nun
zwiichen Dectavian, der ihm feine Provinz nahm,
und Antonius der Krieg auszubrechen drobte, juchte
Aſ., der fich zu letzterem hinneigte, den Ausbruch
des Krieges durch feine Vermittelung zu verhin-
dern und bradte durch jein eifriges Bemühen
einen ®ergleidy zwijchen beiden zu Brundifium
auftande (41). Darauf trat er im 3. 40 das ihm
ſchon früher (43) beſtimmte Konjulat an. App.
b. c. 5, 64. Dio Cass. 48, 15. 32. Vell, Pat. 2, 76.
Im %. 39 ſchlug er die PBarthiner in Dalmatien
und eroberte die Stadt Salona (Die Cass. 48, 41.
Flor. 4, 12, 11. App. 5, 75), weil biejelben den
Brutus unterjtügt hatten (vgl. die ihn gewidmete
vierte Efloge Vergils, die freilich nach neueren
Unterfuchungen ſich vielmehr auf den Enlel des
Auguftus von Julia zu beziehen und erſt 25 v. E.
gedichtet zu fein jcheint). Sein Triumph fand am
25. Oftober ftatt, jeit dieſer Zeit aber zog er fich
von der Politik zurüd. Sein Leben war fortan
der Kunſt und Wiflenichaft gewidmet, und Rom
hat ihm darin vieles zu danken. Die Aufforde-
rung Octavians, am actijchen Kriege teilzuneh:
men, wies er von fih. Seine Mufezeit benußte
er zunächſt zur Gründung der erften öffentlichen
Bibliothek (Plin. 7, 30) und führte zuerjt die Sitte
ein, wifjenichaftliche Arbeiten im Freundeskreiſe
vorzulejen, um fie vor ihrer Veröffentlichung dem
Urteile jachtundiger Männer zu unterwerfen. Als
Schriftfteller zeigte er große Thätigkeit, indes find
nur Bruchftüde jeiner Werfe auf uns gelonmen.
Sein gröferes Werk über den Bürgerkrieg, wahr:
iheinlidh in 17 Büchern (das nach Hor. od. 2,1
von 60 dv. E. bis zur Schlacht bei Philippi ge:
gangen zu fein jcheint) rühmten die Alten jehr
Tac. ann. 4, 34. Suet. Caes. 50) und haben Livius,
Sucton, Plutardy und bejonders Appian vielfad)
ur auch Tragödien verfaßte er (vgl. Hor. od.
1,9 ff. sat. 1, 10, 42... Ganz bejonders hoch
we ftand er als Redner, wenngleich feine Reden
mehr wegen der Sorgfalt in der Ausarbeitung
al$ wegen der Anmut der Daritellung gerühmt
werden. Er juchte eifrig nach altertümlichen For—
men und nach Fünftliher Darftellung und fand
darin Nachahmer. Suet. gramm. 10. Quint.10,1,113,
2,17. Vell. Pat. 2, 36. Seneca (controv. 4, praef. 3)
nennt ihn strietum et asperum et nimis jratum,
Außerdem wird er auch als Grammatifer und
154
Kritifer genannt, doch fennen wir feine fcharfen | griedhiiche Gott der Heilkunde, ift nach der ge:
Urteile, 4. B. über die Patavinität des Livius wöhnlichen Sage GHeſiod, Pindar) ein Sohn des
(Quint. 8, 1, 3), über Cicero (Sen. swas. 7), über | heilbriugenden Gottes Apollon und der Koronis,
Sallufts Haſchen nach veralteten Ausdrüden (Swet. | der Tochter des Lapithenfürften Bhlegyas. Apollon
gramm. 10), was doc an ihm ſelbſt getadelt wurde | tötete die Koronis aus Eiferjucht und übergab den
(Tae. dial. 21. Quint. 1, 8, 11), und über Gäfar, | Rnaben dem SKentauren Cheiron zur Erziehung,
nur aus kurzen Andeutungen. Namentlich jcheint | der ihn ſowohl in andern Künften als aud be:
er über Cicero, defien Benehmen er auch in feiner | jonders in der Heillunde unterrichtete. Auch Epi:
Geſchichte der Bürgerkriege tadelte, nicht allzugünftig | Dauros und Mejjenien, wo jeine Mutter Arjinos,
geurteilt zu haben. Af., welcher jelbft dem Auguftus | Tochter des Yeufippos, hieß, machte neben Theſſa—
oft entgegentrat, ftarb im J. 6 n. C., 82 Jahre | lien auf die Ehre Anſpruch, Vaterland des All.
alt, auf jeiner Billa bei Tujculum (Teac. dial, 17). | zu fein. Er rettete durch jeine Kunſt eine Menge
Bal. Thorbede, disp. hist. crit. de As. Pollione | Menſchen vom Tode, ja er rief jogar mehrere Ber:
(1820). Drumann, Geſchichte Roms Il S. 2— 12. | ftorbene wieder ins Leben zurüd. Deswegen er:
Jacob, Aſinius Pollio (1852). — 2) fein Sohn, ſchlug ihn Zeus mit dem Blitz, damit die Ordnung
E. Ai. Gallus mit dem Beinamen Saloninus,
bejaß zwar nicht Die ausgezeichneten Eigenichaften
jeines Vaters, aber große Freimütigkeit, wodurch er
den Tiberius, defien erite Gattin Bipfania er hei:
ratete, nicht wenig beleidigte, jo daß er jogar
30. n. E. von ihm zum Tode verurteilt, ftatt deſſen
jedody mehrere Jahre lang gefangen gehalten wurde,
bis er im J. 33 (ob freiwillig oder gezwungen,
iſt unbefannt) den Hungertod jtarb. Tac. ann. 1,
12 ff. 4, 71. 6, 23. Die Liebe zu den Wifjenfchaf:
ten jcheint vom Vater auf den Sohn übergegangen
zu fein. Nach Sueton (Claud. 41) verglich er in
einer Schrift feinen Bater mit Cicero zu Ungunften
des legteren (Staifer Claudius dagegen composuit
Ciceronis defensionem adversus Asinii Galli
libros satis eruditam); auch Epigramme joll er
verfaßt haben.
Asios ſ. Elegie.
Asisium, Stadt in Umbrien, j. Aififi, höchft
wahrſcheinlich Vaterſtadt des Dichters Propertius
(Prop. 5, 1, 125).
Askaläphos, Aoxrdiapos, 1) Sohn ded Ares
und der Aſtyoche, Bruder des Jalmenos, König in
Orhomenos, Argonaut, freier der Helena, fämpft
vor Troja, wo er fällt. Hom. Il. 2, 511. 18, 518.
Nach anderer Sage wird er oder fein Bruder nach
Berftörung Trojas Herricher der Inſel Aretias im
Pontos Euxeinos. — 2) Sohn des Acheron, der
gegen Berjephone, als fie den Granatkern gegeflen,
zeugte und deshalb von Demeter oder von Per:
jephone in eine Eule (dondiagpos) verwandelt
ward. Op. met. 6, 538,
Askälon, "4oxdlov, eine der 5 Hauptſtädte der
Rhilifter am Mittelmeer, mit einem uralten Sei:
ligtum der Derketo (ſ. d.); j. Aſtalaͤn, mit groß:
artigen Ruinen; Geburtsort des Philoſophen An:
tiochos (ſ. Antiochos, 17.) und des Herodes des
Gr. Adt. 1, 1056. Strab. 16, 759,
Asios — Asklepios,
Askania, Aoxarda, 1) Stadt und Gebiet an
dem ſehr fiichreihen Aſkaniſchen See (j. See
von Isnik) bei Nikaia in Bithmien. Hom. Il. 2,
863. 15, 798. — 2) Salzjee in Phrugien ar der
Grenze Bifidiens, in der Nähe von Anaua, bei
dem ein anderer Eee lag; j. Adichi-tüs (d. h.
Bitterjalziee). Hat. 7, 30. Arr. 1, 29, 1.
Asklepiädes f. Anthologia graeca.
Asklepiodötos, ‘AoxAnmıödorog, Verfaſſer der
raxtınc nepaloıe, einer mageren Darftellung der
riechiſch-makedoniſchen Tattif, für deren Verfaſſer
köchly im 2. Bande jeiner Ausgabe der griedhi-
ſchen Kriegsichriftfteller den Pofeidonios von Rho—
dos im 1. Yahrh. v. C. erflärt.
Askleplos, Woxinmıög, Aesculapius, der
der Welt nicht weiter geftört würde und die Men—
ichen, durch die Verbreitung der Heillunde gänz—
lih vom Tode befreit, nicht die Hülfe der Götter
in Zukunft verachteten. Zur Rache tötete Apollon
die Kyllopen, welche dem Zeus die Bliße jchmiede:
ten, mußte aber dafür eine Zeit lang auf Erden
dienen. Bei Homer und Bindar ijt Aftl. ein
bloßer Heros, ein trefflicher Arzt; ſpäter dagegen
wurde er allgemein als Heilgott verehrt, der jeine
Heiligtümer bejonders in Hainen, an Heilquellen
und an gejunden, außerhalb der Städte gelegenen
Orten hatte. Hauptſitze jeines Kultus waren jeit
ältejter Zeit Trifla in Theflalien, Epidauros, wo
ihm alle 5 Jahre ein großes Feſt Aorinmieıe
gefeiert wurde, und PBergamos, von wo aus jeine
"Asxwlıe — Asphaltites lacus.
Verehrung fich jpäter großartig entwidelte. In
feinen Tempeln wurden Schlangen, das Symbol
fih verjüngender Xebenstraft, gehalten und als
Mittel zur Heilung benußt; auch geichah die Hei-
lung dur Infubation, indem man in dem Tempel
des Gottes jchlief, damit er im Traume das Heil-
mittel offenbare. Der Geheilte hängte in dem
Tempel eine Botivtafel auf mit Angabe des Übels
und des Heilmittels. — AH. wurde dargeitellt in
Zeusähnlicher Geftalt mit janfter, ruhig finnender
Miene. Sein gewöhnliches Attribut ift ein Stab,
um den fich eine Schlange windet; geopfert wurde
ihm der Hahn. Zuweilen jteht neben Aſtl. der
Knabe Telesphoros, der Bollendung Bringende,
der Genius der Genejung, auch Euamerion,
Genius des Wohlergehens, und Akeſis genannt.
Paus. 2, 11,7. — Bon jeinen Kindern nennen
wir die homerifchen Arzte Mahaon und Poda—
leirios (Il. 2, 731), Hygieia (Gejundheit, als
blühende Jungfrau dargeftellt, in der Linken ge:
wöhnlich eine Schale haltend, aus der fie eine
Schlange träntt) und Banaleia (Panacea, die
Allheilende); feine Gattin war Epione ("Hmıorn,
die Schmerzlindernde). — In Rom erhielt der Gott
unter dem Namen Yejculapius Eingang im
I. 291 v. C. Damals wurde er während einer
Peſt auf Befch! der fibylliniichen Bücher in Ge—
ftalt einer Schlange von Epidauros geholt und er-
hielt einen Tempel auf der Tiberinfel. Liv. 10, 47.
Or. met. 15, 622 ff.
Aoxwlıa, konwlifeıv und doxwlıdter, länd-
liches Spiel in Attifa, wobei man auf einem mit Ol
ſchlüpfrig gemachten Schlauche (Loxög), der aus ber
Haut eines dem Balchos geopferten Bodes verfer:
tigt war, tanzen mußte (j. Dionysos, 6.). Verg.
G. 2, 383: atque inter pocula laeti Mollibus ın
pratis unctos saluere per utres.
Askra, Aoxpa, Fleden in Boiotien am Fuße
des Helifon und 40 Stadien von Theipiai, Ge:
burtsort des Heſiodos, von dem er als unmirtlich
wegen des ungünftigen Klimas geſchildert wird
(op. et d. 638); übrigens reih an Wein und Ge:
treide. Paus. 9, 291. 38, 4. Ov. ex Pont. 4, 14,31 ff.
Asöpos, Acwzös, 1) Fluß im Peloponnes, der
bei Phlins entipringt, durch die Sikyoniſche Ebene
ftrömt und in den Korinthiichen Meerbujen mündet,
ij. Fluß von Hagios Georgios. — 2) Fluß des
füdl. Boiotiens (j. Vurienis, Wuriendi); derjelbe
entjpringt in der Nähe von Plataiai, ſtrömt öftlich
durch die jogenannte Barajopia, nimmt unter:
halb Zanagra den Thermodon als linken Neben:
fluß auf und mündet dann bei Delphinion auf
attijchem Gebiet. Oft genannt, 3. B. Hom. Il.
4, 383. Hdt. 6,108.9,51. Thuc.4, 96. Er bildete
zur Zeit der Selbftändigfeit von Plataiai die Grenze
wiſchen dem Gebiete der Stadt und dem von
eben. — 3) Flüßchen in der Nähe der Thermo:
pulen, welches ehemals ind Meer, jebt durch die
Aluvion in den Spercheios mündet. Liv. 36, 22.
©. die Karte zu Thermopylai. — 4) Fluß auf
Paros. — 5) Stadt in Lafonien an der öftlichen
Seite des Meerbujens mit einem befannten Aſtle—
piostempel. — Bon den Flüſſen diejes Namens
find die beiden größten und befannteften, der jily:
onijche und boiotifche, oft miteinander veriwechielt,
in die Mythologie eingetreten. Der Flußgott Ai.
heißt Sohn des Dfeanos und der Tethns, Gemahl
der Metope, der Tochter des Ladon, mit weldyer
155
er den Belajgos und Yimenos und an 20 Töchter
zeugte, deren Namen fich faſt jämtlich auf geogra:
phiiche Berhältnifje beziehen. Es find meiftens
Namen von Stäbten, die in der Nähe des ſikyoni—
ſchen oder boiotiihen Ajopos liegen, wie Thebai,
Zanagra, Plataiai u.a. Manche von jeinen Töch—
tern wurden entführt, wie Kerlyra und Salamis
von Poſeidon, Aigina von Zeus (ſ. Aiakos),
Bezeichnungen von Kolonien und Wanderungen.
Apollod. 3, 12, 6.
Aspasia, Aonacie, 1) Tochter des Ariochos,
aus Milet, fam um 440 v. E. nad Athen und
vereinigte in ihrem Hauſe die bedeutendften Männer
der Zeit, die fie, nach dem Borbilde der Konierin
Thargelia, durch eine jeltene Bereinigung politiicher
Einficht, wiſſenſchaftlichen Talents und weiblicher
Anmut zu fefleln wußte. Selbit Sokrates juchte
ihren Umgang, und Platon läft ihn die dem Me-
nexenos borgetragene treffliche Leichenrede der Aip.
fcherzweife in den Mund legen. Perikles verftieh
jeine Gattin und heiratete jie; von da an ſchrieb
man ihr einen wohl noch größeren politijchen Ein:
fluß zu, als fie wirklich gehabt hat. Artitophanes
läßt jie jogar den Krieg zwijchen Athen und Samos
wegen ihrer Baterftabt Milet, den mit Sparta
wegen Megara veranlaffen. Als fie, weil man
den Perikles jelbit nicht anzugreifen wagte, der
coeßeıa angellagt wurde, verteidigte Perilkles fie
und bewirkte durch den Zauber jeiner Beredſamkeit
ihre Losſprechung. Nad dem Tode des Perikles
heiratete fie den Lufifles, einen Demagogen von
geringer Herkunft, der durch fie zu bedeutendem
Einflnfje gelangte; jeitdem wurde fie nicht mehr ge:
nannt. Dal. Jacobs, Berm. Schr. IV ©. 349 ff. —
2) eine jüngere Aip., Tochter des Hermotimos aus
Phokaia, hieß eigentlih Weilto, ward aber von
ihrem Liebhaber, dem jüngeren Kyros, ihrer An:
mut und Klugheit wegen (Plut. Pericl. 24) jo
genannt. Als Kyros bei Kunaxa 401 v. €. fiel,
ward fie die Beute des Artarerges Il. Mnemon, den
fie gleichfalls durch ihre Liebenswürdigfeit feilelte.
Später ward fie Gegenftand des Streites zwiſchen
ihm und feinem Sohne Dareiod. Der Vater trat
fie ab, aber unter der Bedingung, daß fie Priefterin
der Anaitis jein jollte. Der Sohn empörte fich des:
halb gegen den Vater, mußte aber mit dem Leben
büßen. Plut. Artax. 36 f. Just. 10, 2.
Aorateoher. das Begrüßen, deſſen gebräuch-
lihe Formeln diefe waren: yaips (gaipeır), der
ältefte griechiiche Gruß; Hyındveır (der Gruß der
Pothagoreer), ed modereır. In einem Fragmente
des Bhilemon heißt ed: Alta 6’ bylsıav wgüror,
eir' ebroakler, rolrow db yalgsır, eir Öpellsır
undevi, Auch dorcfoue war zu Ariftophanes’
Beit eine gebräuchliche Grußformel.
Aspendos, "Aorsvdog, Stadt in Pamphylien
am jchiffbaren Eurymedon, 60 Stadien von der
Mündung, Gründung der Argeier, doch ſchon früh
in den Händen der benachbarten Barbaren. Liv.
37, 23. Xen. An. 1, 2, 12. Arr. 1, 27,1. Das
von dem Arcdhiteften Zenon erbaute Theater der
Stadt ift das befterhaltene aller uns befannten
Theater (j. die Abbildung Theatron, 13.).
Asper, ein Grammatiker des 6. Jahrh. n. E.,
von dem mir zwei fümmerliche und wertloje
Schriften hahen, gedrudt bei Keil, gramm. Lat.
Vp. 530. 547jj.
Asphaltites lacus, 6 Aopaktirng, 1) Aspak-
156
ririg Aluvn, im A. T. das Salzmeer, j. Bahr Lut
(Loths Meer), mare mortuum bei Auftin, das
Tote Meer, ein Salzjee in Paläftina in jchauer:
licher Einöde, jüddftl. von Jeruſalem, 73 km lang,
17 breit. Hier lag der Überlieferung nad früher
das Thal Sittim mit den Städten Sodom und
Gomorrha. Died. Sie. 2,48. Tac. hist, 5, 6. Plin.
7, 15, 65. Jos. b. Jud. 4, 8, 4.
Asphodelos (-ilus), «opudslog, kapodskug,
eine Pflanze von traurigem Anjehen, mit lilien-
artigem Blütenftengel und Heinen Knollen an der
Wurzel. Dieje Knollen dienten den älteiten Griechen,
jpäter den Armen, als Nahrung. Hesiod. opp. 41.
Nach der Odyſſee war in der Unterwelt eine Aſpho—
delos-Wieje, die ſich durch den ganzen Hades er-
ftredte, der Aufenthaltsort für die Seelen der
Berftorbenen. Od. 11, 539. 573. Man jegte dieſe
Pflanze wahrjcheinlic deshalb in den Hades, weil
man ſie auch auf die Gräber pflanzte, und dies
vielleicht nach dem kindlichen Glanben, da man
den Toten nod einige Nahrung geben müſſe.
Aspis, Aonis, Stadt auf dem gleichnamigen
Vorgebirge in Byzakion (Afrika), von Agathofles
angelegt, von den Römern im erften puniſchen
Kriege eingenommen und jeitdem Elupea genannt;
j. Kalibia. Pol.1,29. App. Pun. 3. Caes.b.c.2, 23.
Aspledon, Aorindar, Exrındov, Stadt nördlich
von Orhomenos in Boiotien an einem gegen Süden
freien Abhange in jonniger Yage, alter Ort der
Minyer von Orchomenos. Hom. Il. 2, 510. Paus.
y, 38,9.
Asprönas, Lucius Nonius, Schwiegerjohn
des Duintilius Varus und Anführer von 2 Legio:
nen in Germanien. In der Schladht mit Armi-
nins blieb er mit wenigen Römern übrig (Vell.
Pat. 2, 120. Dio Cass. 56, 22); im J. 14 war er
Prokonſul von Afrika (Zac. ann. 1, 53). — Zwei
NRhetoren diefes Namens (Lucius und Publius
Nipr.) erwähnt der Rhetor Seneca (suas. 7, 4.
contror. 1, 1, 5. 7, 23 u. B.).
Assa oder Assera. Accc, Aoone«, j. Pyrgar—
difia, Stadt im makedoniſchen Chaltidite an der
Nordküfte des Singitifchen Buſens. Hdt. 7, 122,
Assnebni, Accernroi, indiiche Völkerſchaft nörd-
lid) von Zufammenfluß des Kabul und Indos.
Arr. 4, 33, 1. 25, 6. 30, 5.
Assaräkos j. Anchises.
Asser, ein mäßig dider, larger Balken, an
beiden Enden mit Eiſen beicylagen, frei an dem
Majtbaum hängend (Veg. 5, 15), wurde, wie zu
Lande der aries (ſ. d.) gegen die Mauern, jo in
der Seeſchlacht im Vorbeiſegeln den feindlichen
Schiffen in die Seite gejchnellt, um fie Ted zu
machen. S. Seekrieg, 5. — Auch die Dachſparren
(Latten), auf denen die Ziegel ruhen, ſowie die
Tragftangen der Jecticae wurden jo genannt.
Assertor ift der gerichtliche Bertreter einer
Verſon in einer liberalis caussa, d. h. in einem
ſolchen Prozeß, wo es jih um die freiheit der:
jelben handelt. Fest. s. v. sert-rem p. 340 M. Der
Affertor berührte den Menjchen wie im Vindi—
fationsprozeh mit der Hand und behauptete defien
Freiheit, darum manu asserere in libertatem
(j. Zär. 3, 44—50). Ter. Ad. 2,1, 40 und oft bei
Plautus. Dies Verfahren erhielt fich in der Kaijer-
zeit (Plin. ep. 10, 66) bis Juſtinianz doch mußte
nun Kaution von dem assertor gejtellt werben,
um betrügeriidhe assertiones (ass. perfusoriae,
Asphodelos
— Assyria.
Suet. Dom, 8) abzuwenden. Umgekehrt jagte man
auch asserere in servituten, wenn jemand einen
für frei gehaltenen Menſchen als Sklaven vindi-
zierte. Liv. 34, 18.
' Assessor. Die Juſtizbehörden, Konſuln, Prä—
‚toren, Provinzialftatthalter und Richter, bedienten
ſich von jeher bei wichtigen Enticheidungen des
‚Rates von Sach- und Rechtskundigen (consilium).
| Cie, de or. 1, 37. Verr. 2,29. Quint. 1. 2. 6.
| Rose. com. 1. Im Gerichte jahen fie hinter dem
richtenden Magiftratus. Selbit Kaijer, wie Tibe-
rius (Tae. ann. 1, 75. NSuet. Tıb. 33), boten ſich den
Prätoren als consiliarii an, oftmals zum Schuße
des Rechts gegen den Einfluß der Mächtigen. Über
den von Auguſtus eingerichteten und von den
nachfolgenden Kaiſern beibehaltenen Staatsrat j.
Consistorium.
Assos, Acoog, Aceödg 1) linfer Nebenfluß des Ke—⸗
phifios in Phofis, fommt vom öſtl. Teile des Knemis.
Plut. Sull. 16. — 2) fefte und ſchöne Stadt, wahr:
icheinlich von Witoliern angelegt, in Myfien auf
einem Feljen des Jda am Adramptteniichen Meer:
buien. Sie war befannt durch trefflichen Weizen
und einen Stein von fleilchverzehrender Kraft
(sepxopayos), jowie als Geburtsort des Stoikers
Kleanthes. X. Beiram Kaleſſi, mit zahlreichen
Trümmern eines Gymnaſiums, eines Theaters,
einer Stoa, eines Bades, eines Numpheions und
namentlich eines dorifchen PBeripteraltempels von
hohem Wert aus unbefannter Zeit (um 470 v. E.
nach den Unterſuchungen des amerikanischen Ge:
lehrten Clarke, der 1881 ff. wichtige Ausgrabungen
in Aſſos veranftaltet hat; wahrſcheinlich jedoch
älter). Strab. 15, 735. 13, 610. Plin. 36, 27.
Assyria, in den Anjchriften Affur, im A. T.
Aſchur, perfiich Athura, daher Acaveda und Arovoie,
I) geographiich: im weiteren Sinn das ganze
afinriiche Reich in Vorderafien, oder auch nur ein-
zelne Zeile desjelben, wie Syrien (verfürzt aus A.)
oder Babylonien; im engeren Sinn das Gebiet,
welches durch die Gordyariichen Berge im N. von
Armenien, durch das Zagros- (j. Zagroich-JGebirge
im O. von Medien, durch den Kapros (kleinen oder
unteren Zab) oder Phyilos (ij. Adhem) von Ba:
bylonien getrennt wurde und im Weiten jemjeits
des Tigris an Mejopotamien grenzte. Dem Tigris
entlang Tiefland, im NO. Gebirgsland, ift es
zumeijt eine nur von einzelnen Dügelreihen unter:
brodhene, bei der mäßigen Hitze und reichlichen Be:
wäſſerung fruchtbare Hochebene, mit vielen Aiphalt:
und Naphthaquellen. Hdt.1,192. Arr.7,19,4.21,2.
Aus dem Zagroſch fommen die öftlichen Zuflüſſe
des Tigris, von denen noch der Lykos (großer
oder oberer Hab) zu erwähnen ift. Landichaften
(von N. nad ©.): Arrhapaditis, Kalakine, Adia=
bene und Arbelitis. Städte: die alte Hauptſtadt
Aſſur (j. Kalat Serkat) rechts vom Tigris, welche
nad dem Yandesgott Ajur benannt war und wieder
dem Lande den Namen gab; weiter nördlich, links
vom Tigris, die jpätere, größere Hauptit. Ninos
(ſ. d.) oder Ninive mit ihren Nachbarftädten Naladı
und Dur-Sarrulin; ferner Arbela (j. d.) und Gau:
gamela (j. d.), beide in der Ebene lints und
rechts vom Lykos; Arpacha am Oberlauf desiel:
ben, in Arrhapacditis. — Il) hiftorijch. Während
wir für die Geichichte der Aſſyrer bis vor wenigen
Dezennien noch auf die dürftigen, dazu meift jehr
verivorrenen Berichte der Griechen und Römer,
Asta — Astrologia.
auf die fpärlichen und entitellten Auszüge aus
Berofjos (j. d.) und auf die gelegentlichen An—
gaben des U. T. angemwicjen waren, jo liegt uns
dagegen jeßt, jeit den Ausgrabungen zu Ninive
1812 —54, 1873—81) und jeit der Entzifferung
der Inſchriften, wozu die perjiichen Barallelterte
zuerit den Schlüfjel darboten, ein reiches und authen—
tiiches Material vor, teils in einer Menge von
Berichten über die Thaten der einzelnen Könige,
teils in Bruchſtücken von eigentlichen hiftoriichen
Werten, teils in Jahreslijten, melde von 893 —
666 v ©. reichen, durch eine Sonnenfinjternis
firiert find und jedesmal den Beamten, nach welchem
das Jahr benannt wurde, in einem Eremplar auch
Jahresercignifie angeben (jegt „Eponymenfanon‘
entnehmen wir hier folgendes. Nach Sprache, Ge:
fichtstypus und engem Zulammenhang mit den
Babyloniern find die Afiyrer gleichfalld Semiten.
Um 2000 v. E. von Babylonien aus eingewandert,
haben fie ihre ganze Kultur von dort mitgebracht.
Um 1850 hören twir zum erjtenmal von aſſyriſchen
Königen; ſeit 1500 meſſen die beiden Wölter
wiederholt ihre Kräfte aneinander. Der erite große
Eroberer iſt Tiglath PBilejar I. um 1120. Als
die eigentlichen Gründer der aſſyriſchen Macht er:
icheinen Aſurnaſirpal (884—860) und Salma-
naffar Il. (860— 824), welche nad Armenien,
Medien, Babylonien, Syrien und Paläftina fieg-
reiche Züge unternahmen. Ziglath Bilejar 11.
745-727) dehnte jeine Eroberungen noch weiter
aus und unterwarf namentlih Babylonien voll:
ftändig. Die von jeinem Nachfolger Salma:
naljar1V.(727— 722, ſ. d.) begonnene Belagerung
Samarias wurde durd den kraftvollen Sargon
(Sarrufin, 722—705) beendigt, welcher auch Agyp⸗
ten, Kleinajien und Elam feine jchwere Hand fühlen
ließ und im Glanz jeiner Siege eine nene Refidenz
fich erbaute. Sanherib (705—681) war in jeiner
Unternehmung gegen Baläjtina und Agypten un—
glücklich, behauptete aber die Grenzen des Meiches.
Aiarhbaddon (681—668) eroberte Ägypten; Ajur:
banipal (668-626) madhte Elam und Lydien
abhängig, warf einen Aufftand verichiedener Länder
nieder, mußte aber Aghpten räumen und jah in
feinen jpäteren Jahren das Reich durch den Einfall
der Stythen jchwer erjchüttert. Unter einem feiner
Nachfolger ({. Sardanapal) fiel Ninive durch
den Angriff des Kyaxares von Medien und Nabo:
polaflar von Babylon (606); mit dem Reich wurde
auch das ganze Friegeriiche, graufame Voll ver:
nichtet. — Im aſſyr. Staat berrichte, wie überall im
Orient, eine abjolute Dejpotie. Die Könige bes
8. und 7. Jahrh. bemühten ſich, dem großen Reiche
ein feiteres Gefüge zu geben, das loſe Vaſallenver—
hältnis der eroberten Länder mit Tributzahlungen
und Garnijonen in direfte und dauernde Inter:
thänigfeit zu verwandeln. Das Kriegsweſen war
für Marſch und Kampf, Befeſtigung und Belage:
rung entwidelt. — In Kunft und Litteratur
haben die Afigrer Bedeutendes, aber nichts Selb:
ftändiges geleiftet. Die Architeftur blieb troß dem
Reichtum ihres Landes an Steinen in der Haupt:
ſache bei dem babyloniſchen Badfteinbau jtehen,
hat aber großartige Baläfte aufgeführt. Die Relief:
itulpturen, die Parftellungen der Jagden und
Schlachten, die Geftalten der Könige und ihrer
Hofleute, welche die Wände der Baläfte ſchmückten,
157
find freier als in Agypten, voll Kraft und Ener:
gie. Um die Litteratur hat fid) namentlich Aſſur—
banipal durch Anlegung einer großen, jebt wieder
aufgefundenen Bibliothef, welche auch zahlreiche
Abichriften älterer Werke enthielt, ein Berdienft
erworben. Der Anhalt ijt ein jehr manmnigfaltiger:
neben geichichtlichen Texten, geographiichen Liſten,
Berichten von Beamten und Offizieren, gerichtlichen
Dokumenten auch mythologiihe Stüde, Zauber:
iprüche und Gebete, aſtrologiſche Beobachtungen,
naturgejchichtliche Aufzeichnungen, lyriſche und epi:
iche Gedichte u. ſ. w. — Litteratur: Dunder, Geſch.
des Altertums. Bd. I. II. (5. Aufl. 1878). Meyer,
eich. des Altertums I p. 144 ff. (1884). Mürdter,
Geſch. Babyloniend und Aſſyriens (1882). Tiele,
und „Berwaltungstifte‘ benannt). Diejen Duellen |
afigriich-babylonische Geſchichte. 2 Bbd. (188688).
Kaufen, Afinrien und Babylonien. (3. Aufl. 1885).
Hommel, Geich. Babyloniens u. Afiyriens (1886 ff.).
Asta, 1) mit dem Beinamen regia, römiſche
Kolonie in Hilpania Bätica nördlid; von Bades.
Strab. 8, 140 ff. Liv. 39, 21. — 2) eine der be:
deutendften Städte Liguriens, j. Ati, am Zuſam—
menfluſſe des Urbis und des Tanarus.
Astaböras, Aoraßoows, Fluß in MWithiopien,
rechter Nebenfluf des Nils, j. Atbara. Strab. 16,770.
Astäkos, "Aoranög, 1) j. Melanippos. —
2) Hafenstadt im weſtlichen Alarnanien am Joniſchen
Meere. Thuc. 2, 30. 38. Strab. 10, 469. —
3) Kolonie der Megarer, von den Athenern ver:
ftärtt, im füdofttichen Winfel des gleichnamigen
Meerbufens in Bithynien, jüdlih von Nikomedeia;
wahricheinlich hieß fie mın Olbia, bis fie von Ly—
ſimachos zeritört tuurde. Ruinen bei Jsmid. Mela
1, 19, 4. Straub. 12, 508.
Astäpus, ‘dordrovg, der Ditarm des Nils, j.
Bahr el Azret (blauer Nil), fommt aus dem jchon
den Alten befannten Tſanaſee im abefinniichen
Alpenland und umfließt die weitl. Seite der joge:
nannten Inſel Meroi.
Astarte, Aſtoret, Ardoyarız, ſyriſch⸗phoinikiſche
Göttin des Mondes (neben dem Sonnengott Baal),
der Liebe, aber aud des Schidjals und des Krie—
ges; mit Aphrodite verglichen, auch Adnvalg oder
Zeinvarln genannt. -
Asteria, Aorsol«, Tochter des Titanen Koios
und der Khoibe, Schweiter der Leto, Gemahlin
des Perſes. Sie wurde, als fie den Umarmungen
des Zeus entfliehen wollte, in eine Wachtel (ögrvä)
verwandelt, ftürzte fich ins Wigaiiihe Meer und
wurde eine Inſel, Ajteria (Delos „der Stern des
Meeres“, Pindar), dann Ortygia (Wachteliniel),
zuleßt Delos (j. d.) genannt. Hesiod. theog. 409.
Apollod. 1, 2, 2.
Asterion j. Europa und Minos.
Asteröpe j. Aisakos.
Astrabäkos, Aorgadßanog, ein alter lakoniſcher
Landesheros aus dem Geichlechte der Agiaden
(Eurpftheniden), der in Sparta ein Heroon hatte
und göttlich verehrt wurde. Mit der Frau des
Arifton fol er den Demaratos erzeugt haben.
Hdt. 6, 69.
Astraia j. Dike.
Astrologia und Astronomia. Während der
Haffiishen Zeit hieß bei den Römern die Stern:
funde astrologia (3. B. Cic. de or. 1, 16. div. 2, 42);
ipäter jonderten jich die Begriffe jo, dat die astro-
logi aus der Konitellation der Geftirne das Schidjal
der Menjchen deuteten, und die astronomi den
158
Lauf und die Verhältniſſe der Himmelsförper zu
einander und zur Erde berechneten. Schon in den
allerfrüheften Zeiten wurden die Bewohner des
Orients durch ihr Leben und ihre Beichäftigung
auf die Beobachtung des geitirnten Himmels hin:
gelenkt, doch jind die Angaben über den Grad
ihrer aftronomijchen Kenntniſſe veriworren und
unklar. Bon da erhielten die Ägypter ihre Be-
lehrungen, die fie dann bis zu einer bedeutenden
Höhe vervollitändigten; fie teilten zuerjt das Jahr
in 365 Tage und 6 Stunden. Noch größere Fort—
ichritte machten ihre Schüler, die Griechen, deren
erfter Aſtronom der Philojoph Thales war (600
v. C.). Nach Plutarch jtellte er folgende Grund-
jäße auf: die Erde ift der Mittelpunkt des Weltalls,
der Mond wird von der Sonne erleuchtet, und die
Sonnenfinfternis entiteht infolge des Durchgangs
des Mondes vor der Sonne. Auch joll er (Hat.
1, 74. Plin. 2, 9, 12) querft eine Sonnenfiniternis
vorausgejagt haben. Die ihm von Blutarch eben-
falls beigelegte Behauptung von der Ntugelgeitalt
der Erde wird ihm von anderer Seite abgeiprocen.
Bon Späteren werben zum Teil Grundſätze und
Behauptungen aufgeftellt, die auf überraichende
Weiſe das Richtige andeuteten, z. B. die Behaup—
tung Demofrits (430 v. E.), daß die Milchſtraße
der Schein unzählig vieler Sterne jei, oder die
Lehre der Pythagoreer von der Achjenbewegung der
Erde, der zufolge Ariftarch (270 v. €.) die jähr:
lidje Bewegung der Erde um die Sonne ausiprad).
Indeſſen waren dies immer nurtheoretiiche Schlüfle
und Mutmaßungen; es fehlte dazu die genauere
Beobachtung des Himmels, weil weder die Mathe:
matif noch die Mechanik ſich zu der erforderlichen
Höhe der Ausbildung erhoben hatte. Eudoros
(um 366 dv. E.) war der erjte, weldyer die Speku—
lation auf die wirkliche Betrachtung des Himmels:
gewölbes zurüdführte. Da feine Werte nicht auf
uns gekommen find, jo wiſſen wir von jeinen aſtro—
nomijchen Rejultaten nur Gelegentliches, 3. B.
lehrte er (Sen. quaest. nat. 7, 3) die Bewegung
der Planeten. Ariſtoteles fehrte wieder zur
Spekulation zurüd. Er behauptet und beweijt aus:
drücdlich die Kugelgeitalt der Erde, des Himmels
und der Gejtirne; die Erde im Mittelpunft des
Univerjums ift unbeweglihd. Die Schärfe jeiner
Beweije iſt überrajchend, und nur zu bedauern,
daß ihm micht eine größere Erfahrung und Beob:
achtung zur Seite ftand. — Der Seefahrer Pytheas
aus Maſſilia, Zeitgenojje des Ariftoteles, brachte
von jeinen Reifen nach Norden die Nachricht zurüd,
daf dort die Sonne 6 Monate lang nicht unter:
gehe (vgl. Plin 2, 75, 77), was ihm jedoch von
niemand geglaubt, namentlich von Strabon mehr:
fad) beftritten wird. Much durch Ariftarh aus
Samos (um 270. E.) wurde die frage nach der
Entfernung der Himmelsförper jehr \charfiinnig
erörtert und von Eratofthenes (j. d.) die Beſtim—
mung der Entfernung der Sonne und des Mondes
von der Erde verjucht. Der eigentliche Begründer
der Aitronomie als Wiffenichaft aber ift Hipparch
(um 140 v. E.), der zu dem Grundſatze des Eu—
doxos zurüdichrte, daß man in der Witronomie
von den jorgfältigften Beobachtungen ausgehen
müſſe, und damit für alle ſpäteren Zeiten dieſer
Wiſſenſchaft den Weg vorgezeichnet hat. Nach ihm
bewegt ſich die Sonne freisförmig um die Erde,
doch nicht in gleicher Geſchwindigkeit. Die Länge
Astura —
Astydamas.
des Jahres berechnete er auf 365 Tage 5 St.
55 Min. 12 Sekunden. Nah Plinius (2, 9) hat
er den Lauf der Sonne und des Mondes auf
600 Jahre im voraus beftimmt, die Zeiten des
Boll: und Neumondes, jowie die Tageslänge an-
gegeben und die Lage der Orte nad Länge und
Breite berechnet. Der legte Aftronom des Alter:
tums ift Btolemaios (um 130 n. E.). Er ver-
arbeitete die Entdedungen des Hipparch und jeine
eigenen zu einem förmlichen Syftem. Seine Lehre
galt unter dem Namen des ptolemaitjchen Welt:
ſyſtems durch das ganze Mittelalter hindurch und
fam in der Kürze darauf hinaus: daß die Erde
eine Kugelgeſtalt hat und im Mittelpunkte des
fugelrunden Univerjums unbeweglich ruht; Sonne,
Mond, Planeten und Firfterne bewegen jich in
verschiedenen Entfernungen um jie herum. — Unter
den Römern ift fein berühmter Aſtronom erftan=
den, weshalb aud Cäſar ſich zur Verbeſſerung des
Kalenders den Sofigenes aus Alerandreia fommen
lafien mußte. Dagegen blühte jchon vor der Zeit
der Kaiſer und unter ihnen um jo mehr zu Nom
die Aftrologie, und ganze Banden von Witrologen,
Ehaldäern oder Magiern, auch wohl Mathematiler
genannt, ftanden am Forum aus, oder gingen auch
in die Häuſer und weisjagten und erflärten aus
den Geſtirnen die Schidjale der Menichen. Das
Nähere j. Chaldaei.
Astüra, 1) rechter Nebenfluß des Durius im
tarraconenfiichen Hiipanien, j. Esla. — 2) Fluß in
Latium, jüdöftlih von Antium (Liv. 8, 13. Plin.
3, 5, 9), noch jet Aftura oder Stura. Auf einer
Inſel desjelben lag die gleihnamige Stadt (jebt
Zorre d'Aſtura) mit gutem SLandungsplage, in
der Nähe ein Landgut des Cicero. Cie. ad fam.
6, 19, 2. ad Att. 12, 40. 13, 26.
Asturla, ‘Aorovole, Randichaft des nördlichen
Hiſpaniens (der mweftliche Teil des heutigen Aſtu—
riens und ein Zeil von Leon), im D. von den
Cantabrern und Vaccäern, im S. von den Betto:
nen, im W. von den Galläciern, im N. vom Meere
begrenzt, voll metallreiher Gebirge. Die wilden
Astures zählten (Plin. 3, 3, 4) in 22 Völker—
ſchaften 240 000 Freie und zerfielen in die nörd—
lien Transmontani und die jüdlichen Augu-tani.
Hauptftadt und Sig eines Conventus iuridieus
war Ajturica Auguſta, j. Mitorga; außerdem
- befejtigte Standlager der Legio VII Gemina,
j. Leon.
Astyäges, ‘Aorvdyns, altperjiich Jituvegu, Sohn
des Siyarares, legter König der Meder (685560
v. E.), durch Kyros von Perſien (ſ. d.), der nad)
der medilchen Sage bei Herodot (1, 107 ff.) jein
Entel war, entthront (559 oder 650 v. E.). Just.
1, 4 ff. Vgl. Kyros, 1.
Astyänax ſ. Hektor.
Astydämas, "4orvöduag, 2 Tragiler in Athen,
Bater und Sohn. Der erfte, Sohn des Tragifers
Morjimos und einer Schweiter des Aiſchylos, hat
nad) Suidas 240 Tragddien gedichtet und fünf:
zehnmal gejiegt. Sein erftes Auftreten fällt 398,
jein erfter Sieg 372 v. C. Mur Titel einiger
Stüde und ein Epigramm find noch vorhanden.
Auf fein Selbftgefühl bezieht jih das Sprichwort
savror Emcveig, vonep Acrvddung. — Sein Sohn
wird ebenfalls als Trag. erwähnt und joll 220
Tragödien verfaßt und 15 Breife errungen haben.
Bal. Naud, trag. Graec. fragm. p. 603 ff.
"Aoruvöuoı — Asylum.
"Astvwöuor, zunächit die ftabtichirmenden Göt—
ter, jodann Beamte, die, ähnlich wie die römijchen
Adilen, für die Baupolizei und die Ordnung in
den Straßen zu forgen hatten, in Athen 10, 5
für die Stadt, 5 für den Peiraieus. Sie hatten
die Straßenpolizei, die Aufficht über Reinigung
der Straßen, über Sitte und Anftand auf den:
jelben u. j. w. und wachten darüber, daß beim
Häuferbau den Bolizeivorichriften genügt wurde
(während für den Wegebau und die Pilafterung
der Straßen in der Stadt die Odomoıor jorgten).
Vielleicht hatten fie auch die Luxusgeſetze zu hand-
haben. In allen Prozefjen, die aus der Über—
tretung der von ihnen zu handhabenden Geſetze
hervorgingen, hatten fie die Hegemonie.
Astyöche j. Askalaphos.
Astypalala, Aorvrdiae, 1) griechiiche Spo—
radeninjel, die Grenzmarfe Europas gegen Afien,
mit gleichnamiger Stadt, hellenifiert durch Koloni—
fation von Megara aus. Unter den Römern behielt
fie ihre Autonomie. Für den Aderbau bot fie wenig
Raum, wohl aber für Viehzucht, Jagd und Fischerei.
Plin. 4, 12, 23. Strab 10, 488.” 5. Witropalia,
ital. Stampalia. — 2) Stabt auf der Inſel Kos.
Strab. 14, 657. — 3) Borgebirge Attifas nord:
weftlich von Sunion; vor ihm liegt die Heine Inſel
Elainfja. Strab. 9, 398.
Astyra, -ae, r& Asrvga, ein Ort in Myfien am
Sumpfe Sapra, norbmweitl. von Adrampttion. Xen.
Iiell. 4,1, 41. In der Nähe war ein heiliger
Hain der Artemis, die daher den Beinamen Aorv-
onen) führte. Strab. 13, 606. 613.
Aovlir ift die einem Fremden vom Staate
für alle Zeiten verbürgte Sicherheit der Perjon
und des Eigentums gegen Beichädigung irgend
welcher Art, bei. auch die Sicherheit während des
Gottesfriedens der großen Nationalfefte.
. Asjlam. Die von Menſchen und menfchlicher
Übermacht unichuldig Berfolgten hatten in den
früheften Zeiten der bloßen Gewalt nur die eine
Zuflucht zu den Göttern und deren Tempeln, vor
denen auch jelbft der Rohfte und Gemaltigjte noch
immer eine gewifje Scheu empfand. Much fpäter,
als fich ein geordnetes Staatsweſen ausgebildet
hatte, ließ man das uralte Recht der Götter, Ver:
folgten Schutz zu gewähren, unangetaſtet, ja ſelbſt
der wirklich Schuldige durfte auf heiligem Boden
nicht ergriffen und getötet werden. Solche Zu—
fluchtsorte oder Aſyle waren urſprünglich heilige
Haine und Bezirke, ſpäter auch wirkliche Tempel,
mit einem öffentlich geweihten Umkreiſe. Die Ver—
ächter ſolchen Gottesſchutzes traf die göttliche Rache;
auch Menſchen und Staaten forderten Sühnung
für begangene Gottesfrevel. Thuc. 1, 126 ff. Just.
28, 3. Das ältefte Aſyl joll das der Herafliden
zu Athen geweſen jein; in jpäterer Zeit waren
dort, obgleich noch jedes Heiligtum jchügende Kraft
bejaß, 7 Altäre verichiedener Gottheiten mit dem
bevorrechteten und unbedingten Aiylrechte, ius asyli
(kovile). Unzählige im übrigen Griechenland wer:
den häufig erwähnt, z. B. der Tempel des Poſei—
don zu Zainaron in Lalonien, der der Athene
Ehalfioitos zu Sparta (Nep. Paus. 4f.) und der
des Apollon zu Delion in Boiotien. Liv. 35, 51.
Auf römischen Boden gedieh dieſe Anſchauungs—
weile und Sitte weniger, objchon das angeblich)
von Romulus zur Vermehrung der Bewohner jeiner
neuen Stadt eingerichtete Aſyl befannt if. Liv.
159
1,8. Verg A.8, 312 ff. Es war dies ein Eichen-
hain auf dem Gapitolinischen Berge in dem Inter—
montium der Burg (arx) und dem Capitol.
Doc verlor ji die Bedeutung desjelben bald, da
nad Dio Cuss. 47, 19 diejer heilige Ort nad) und
nadı jo umbaut und eingejdjloffen wurde, dal;
niemand mehr hineintommen konnte. Obichon Dio
diefes Aſyl für das einzige in Nom hält, findet
fi doch noch (Dion. Hal. 4, 26) das der Diana
auf dem Aventinischen Berge angegeben. Indeſſen
hat dieje ganze Einrichtung doch nie in der pral—
tiichen Staatsauffafjung des Römers eine tiefere
Bedeutung, wie fie ſich fortwährend im griechijchen
Leben erhielt, gewinnen können. Als Griechenland
endlich unter römijche Herrichaft fam, mochten die
Anfichten der Republik wohl das griech. Weſen in
diefer Beziehung gewähren laffen, und fonnten
manche Tempel ſich der Beftätigung ihres Aſylrechts
durch römische Feldherrn mit Recht rühmen ; aber in
den Zeiten der Alleinherrichaft, als zumal die Aſylie
Anſpruch darauf machte, jelbjt offenbare Berbredher
zu ſchützen und dem zuftändigen Gerichte zu ent:
ziehen, konnten Konflitte mit dem Staate nicht
ausbleiben. Dennoch war in den Gemütern der
orientaliichen Völkerſchaften diejer Glaube an die
ihügende Macht ihrer Göttertempel noch zu tief
gewurzelt, als daß es den römischen Behörden der
einzelnen Städte möglich gewejen wäre, gegen die
Bujammenrottungen des großen Haufens durchzu:
dringen. Tac. ann. 3, 60. Deshalb erging zu:
nächſt 22 n. E. ein Befehl von Kaiſer Tiberius,
daß alle Städte, welche ein Aſylrecht zu haben
vermeinten und es aufrecht zu erhalten wünjchten,
ihre Berechtigung dazu vor dem Senate in Rom
darlegen jollten. Manche gaben es jegt ohne wei:
teres auf, und nachdem die übrigen Vortrag vor
dem Senate durch Abgeordnete gehalten (Tac. ann.
3,6063. 4, 14), ward das Aſylweſen durd Senats:
beichluß mit großen Beichränfungen geregelt und
die Beftimmung hinzugefügt, dab zur Verhütung
künftiger Überjchreitung jedwede anerkannte Frei—
ftätte dieje Bejchräntungen, in Erz geichrieben, in
ihrem Tempel aufftelle und aufbewahre. Doch war
auch diejes noch nicht ausreichend zur Vermeidung
von KRollifionen, deshalb * Tiberius bald her—
nach das Aſylweſen in dieſer althergebrachten Be—
deutung ganz und gar auf. Suet. Tib. 37. Über—
haupt mochte ed auch unter einer abjoluten Mo—
nardhie, wie fie Tiberius begründete, nicht mehr
jeine Stelle haben tönnen. Dagegen entwidelte
fich mit Beginn des Prinzipats zu Rom eine an:
dere Nuffafjung desjelben. So wie der Kaiſer der
Ausfluß jeglicher Macht jein jollte, jo Hatten auch
die Tempel der veritorbenen Amperatoren (doc)
vgl. Suet. Oct. 17. Dio Cass. 51, 15) und die
Statuen und Bildniffe der gerade gegenwärtigen
die Macht und Beftimmung, Berfolgten und Miß—
handelten Schuß zu gewähren. Sen. de clem. 1,18.
Suet. Tib. 23. Auech wurde der Tempel des er:
mordeten Julius Cäſar durch die Triumdirn für
dieje neue Aiylie beftimmt und geweiht. Dio Cass.
47, 19. Dod) bald nahm auch dieje urjprünglid)
wohlgemeinte und jegensreihe Anordnung über:
hand, und was ein bloßer Schuß für Unfchuldige
gegen Gewalt jein jollte, wurde bald den Schledhten
eine Beranlafjung zur Gewalt. Beiſpiele davon j.
Tae. ann. 3, 36. Philostr. vit. Apollon. 1, 15.
Diejen Mißbrauch des Aſylrechtes abzujchaffen, war
’
160
Tiberius troß der vielfachen Klagen, wegen der zu
runde liegenden dee der Allgewalt des Kaiſers,
nicht gewillt, objchon er in einzelnen Fällen Be:
ftrafung verordnete; erit Antouinus Pius unter:
jagte förmlich den Mißbrauch des Taijerlichen Bild-
nijjes zum Nachteil eines andern. Das Ninlrecht
der heidniſchen Tempel ging auf die chriftlichen
Kirchen über.
Asymbölus, &ovußolog, hieß derjenige, ber
zu einem auf gemeinjame Koften veranftalteten
Schmauſe (PBidenid, j. "Egaroı) feinen Beitrag
(svußolrj) gab, zechfrei blieb. Ter. Phorm. 2, 2, 25.
Sonſt immunis, Hor.od.4, 12,23. Öried. dovu-
Bolwg Ösımveiv.
Atäbülus bieh in Apulien der heiße, alles aus:
trodnende Scirocco, der in Italien gewöhnlidy im
Frühjahre oder Herbſt einige Wochen weht. Hor.
»at. 1,5, 78. Hin. 17,36, 8. Den, quaest. nat, 5, 17.
Atabyris, Atabyrion, ‘Ardßveis, “Ar. ögng,
Berg im jüdmwejtlichjten Teile der Juſel Rhodos,
mit einen berühmten Tempel des Zeus Atabyrios;
j. Atairo. Pind. ol.7, 160. Diod. Sie. 5,59. Auch
auf Sicilien zu Akragas befand fich ein jolcher
Tempel. Auch der Berg Tabor in Paläftina wird
bisweilen jo genannt.
Atalante, Aralcrrn, li mmthologijch: 1) Tod:
ter des Jaſos Jaſios, Yafion) und der Klymene,
eine Arkadierin aus Schoinüs, deren Mythos mit
der arfadiichen Artemis zuiammenhängt. Sie wurde
von ihrem Vater gleich nad) der Geburt ausgeiekt,
von einer Bärin (Sumbol der arfad. Artemis er:
nährt und von Jägern aufgezogen. Sie ward eine
jungfräutiche, jchnelle Jägerin und nahm an der
Jagd des kalydoniſchen Ebers teil. Da fie dem Eber
die erite Wunde beibrachte, erhielt jie von Melca:
gros Kopf und Haut des Tieres als Siegespreis.
Auch den Argonantenzug joll fie mitgemacht haben.
Als ihr Bater, der fie wieder anerfannt hatte,
fie aufforderte jich zu vermählen, veriprady fie Den
zu ehelichen, der jie im Wettlauf befiegen würde;
wen fie aber einholte, den burchbohrte fie von
hinten mit dem Speer. So waren ichon viele
Nünglinge umgelommen; endlich ward jie von Mei:
lanion durch Hülfe der Aphrodite bejiegt. Dieſer
lieh nämlich während des Wettlaufs goldene Apfel,
welche ihm die Göttin gejchenft hatte, einzeln fallen
und erreichte, da Atal. im Laufe die Apfel auflas,
vor ihr das Ziel. Atalante ward die Gattin des
Meilanion und Mutter des am erften thebaniichen
triege beteiligten Barthenopaios. Später wurden
tal. und Meilanion in Löwen verwandelt. Xen.
cımeg. 1, 7. Propert. 1,1,9#f. Ov.a. a. 2,156 ff.
— Dielelben Sagen wurden ohne wejentliche Ab—
weichungen auf eine 2) bototiiche Atalante, Toch—
ter des Schomeus, Sohnes von Athamas und
Themifto, übertragen; der Wettlauf wurde bier
nach Oncheitos verlegt und Dippomenes der Sieger
genannt. Up. met. 8, 317. 10, 560 ff. — Il) geo:
graphiſch: 1) Heine Inſel im Opuntiichen Meer—
bujen nahe der Kitite, 1. Talantomiji. Thuc. 2, 32.
3, 80. 5, 18. — 2) Inſelchen zwiſchen Attila und
Salamis, füdweſtl. von Pinttaleia; j. Talantonifi.
— 3) Stadt in Makedonien am Arios. Thuc. 2,100.
Atarneus, ö Araprevg, fruchtbarer Küſteuſtrich
in Myſien, Leſbos gegenüber (Hdt. 1, 160), von
dem Könige Kyros den Chiern als Preis cines
Berrates gegeben. Hdt. 6, 28. 7, 42. 8, 106. Xen.
An. 7,8, 8. Die gleichnamige Stadt (j. ‚wahr:
Asymbolus — Ateii,
ſcheinlich Dikelisföi) lag auf dem Berge Kane und
blühte am meiften um 350 v. E. uuter ihrem
Herrſcher Hermeias, dem Schwager des Bhilojophen
Arijtoteles. Strab. 13, 614. Athen. 15, 695 A.
Zwiſchen ihr und PBergamon lagen die Goldgruben
der Indiichen Könige. Strab. 14, 680.
Atax, "Irak, j. Aude, ein Küjtenfluß in Gallia
Narbonenfts, welcher der Stadt Narbo zum Hafen
diente. Die Umwohner hießen Atweini, Die Stadt
Narbo Colonia Atacinorumn. Nach ihm jührte der
Dichter P. Terentius Varro (j. Lerentii, 6.) den
Beinamen Atacinus. Zweifelhaft ijt, ob cs eine
Stadt diejes Namens gegeben habe.
Ate, Arn, die Bethörung, die zur Sünde und
dadurd ins Verderben führt, heißt bei Homer Die
erhabene Tochter des Zeus, eine verderbliche, jchnell:
füßige Göttin, die mit leichten, die Erde micht
berührenden Füßen Daherjchreitet und über Die
Köpfe der Menſchen hinwegwandelt. Selbjt Zeus
ift vor ihrer Berhörung nicht ficher. Einft ver:
leitete jie ihn, ein unüberlegtes Wort in Bezug auf
die bevorjtehende Geburt des Heralles zu jprechen,
wodurd Eurpitheus zu der dem Herakles zugedach:
ten Serrichaft über Argos gelangte; darum faht
Zeus fie im Zorne an den Füßen und wirft jie
aus dem Olympos; fie ſtürzt auf Die Werke der
Menichen. Hom. Il. 19, vn ff. Die Litai (Arad,
Bitten) wandeln ihr langjam nach und suchen
wieder gut zu machen, was jene geichadet. 11,9, 502.
Bei den Tragifern ift Ate eine Richterin und
Nächerin böjer Thaten, ähnlidy der Nemejis und
Erinys. Soph. Ant. 614. 625. Hejiod (theog. 230)
nenut fie Tochter der Eris.
Ateli, 1) E. Atejus Capito, Bollstribun im
J. 55 v. E., Gegner der Konſuln Bompejus und
Craſſus, teils wegen Verteilung der Wrovinzen,
teils weil fie Truppen aushoben, um neue Feld—
züge zu unternehmen, lieh den Craſſus vor jeinem
parthrichen Feldzuge jeftnehmen und juchte ihn, als
die audern Tribunen jeine Freilaſſung bewirkt
hatten, durch Brodigien zu jchreden, weshalb Atejus
freilich, da er fie erdichtet hatte, in Strafe genomt:
men wurde. Plut. Urass. 16. Die Cass. 39, 32 ff.
Cie, div. 1,29. ad Att. 10,8,3.13,33,4,16,16C. F,
In jpäterer Zeit jcheint er fih mehr zu Cäſar
bingeneigt zu haben, obſchon Ddiejer ihm nicht be:
fonders begünjtigte. Cie, ad fam, 13, 29. —
2) jeim gleichnamiger Sohn, geb. um 34 v. G.,
gründete in Rom eine berühmte Rechtsſchule und
war ein Gegner des D. Antiſtius Labeo, der als
Juriſt ſich eines gleich bedeutenden Rufes erfreute.
Während Yabeo ſich fühn zu Neuerungen verjtand,
hing Atejus am Herlömmlichen als dem Grund:
prinzip jeiner Schule, die nach ſ. Schüler Sabinus
die der Sabiniani genannt wurde (j.Sabinus, 3.}.
Unter Augujt war er Konjul, 5 n. E,, und wurde
von ihm hoch geehrt. Sei es aus Überzeugung
oder aus Charakterſchwäche, er bevorzugte die neuen
monarchiſchen Einrichtungen und diente dem Auguſt
und Ziberius in Imechtiicher Geſinnung. Vom %.
13 n. E. bis zu feinem Tode, 22, war er curator
aquarum, Die ragmente feiner Schriften hat
uſchle in der lurisprudentia Anteiust. gefammelt.
ber ihn ſ. Tac. ann. 1, 76. 79, 3, 70 ff. 75. Gell.
13, 12, 1. Dio Cass. 57, 17. — 8) ein dritter
Atejus, Lucius, ein vieljeitiger Schriftiteller,
mit dem Beinamen Praetextarus, aus Athen,
lebte in Rom und ftand in dem Muje großer
r "Arlsıa — Athamas.
Gelehrijamfeit. Er nannte fich jelbjt philologus.
Mit dem Gejchichtichreiber Salluft war er jehr
befreundet, nad) deſſen Tode mit Aſinius Pollio ;
beide joll er in ihren litterarijchen Arbeiten mit
jeinem umfafienden Willen unterftügt haben. ©.
Ajinius Polliv bei Suet. gramm. 10.
Artisıe, die Freiheit von Leiſtungen, war ent:
weder eine allgemeine \üreAsıae urdrror) oder eine
beichränfte Freiheit von den Leiturgien «wie fie
3. B. die Unmündigen hatten), gewifien Zöllen oder
Abgaben, oder vom Striegsdienfte (drelsın oro«-
reieg), Die z. B. den Mitgliedern des Nates zu
ftand. Die Atelie fonnte auch Fremden gegeben
werden, wie in Athen 3. B. dem Leukon, Herrn
vom Bojporos, zur Belohnung für die Atelie, die
er den athenijchen Getreidehändlern gegeben hatte.
Demosth Lept. p.466 ff.; vgl. aud) ebend. p. 4745.
über die den Thafiern gegebene Atelie. Zu der
allgemeinen Atelie gehörte die Freiheit von Zöllen,
Leiturgien, mit Ausnahme der Trierarchie, bei
Schugverwandten vom Schußgelde und zuweilen
von der Vermögensiteuer (zlspogd), von der ein
Einheimijcher mie befreit werden konnte. Bol. F.
A. Wolfs Prolegomena zu jeiner Ausgabe von
Demojthenes’ Rede gegen Leptines (2. Aufl. 1831).
Atella, "Arelia, Stadt in Campanien zwijchen
Capua und Neapolis, j. Ruinen bei Averja, früher
ojkiich, dann campanijch, jpäter römiſches Munici:
pium, endlich Kolonie, das campanijche Abdera
oder Scilda. Cie. ad fam. 13, 7. ad Q. fratr.
2, 14. Liv. 22, 61. 26, 16. 27,3 u. 6.
Atellänae fabülae, ludi Atellani, eine Art
Bühnendarjtellungen, nad) der campan. Stadt Atella
benannt, waren anfangs fomijche Darjtellungen
Heinftädtiichen Treibens, deren Name und Sache
jeit der Vernichtung der Selbjtändigkeit Campaniens
und der Yatinijierung des Yandes aud nad Nom
lamen und viel Beifall fanden. Ihr Stoff war
meift das ländliche Yeben im Gegenſatz zum jtädti:
ihen, das Yeben der niederen Klaſſen des Bolfs.
Tas Ganze war durchaus heiter gehalten, derber
Wig und mutwillige Laune vorherrſchend. Die
itehenden Berjonen diejer Stüde find maccus, der
gefräßige und lüjterne Dummlopf, bucco (Groß:
maul;, ein underjchämt zudringlicher Schmaroßer
und Schwäßer, pappus, der geizige, überall über:
liftete Alte indarog, ojlilch casnarı, sannio, der
Narr, und dossennus, der budlige Beutelicneider.
Auch an Schredgeitalten, wie Manducus, Mania,
Pytho, Yamia, fehlte es nidyt. Die Anlage war
einfach und funjtlos; die Sprache durchaus volls:
tümlich und von der gebildeten Sprache wejentlich
verjchieden; oft wurde auch der ovjfiiche Dialeft
geſprochen. Im Bortrage waren lebhafte Geſtiku—
lationen und Bewegungen vorherrichend. Anfangs
wurden die At. jedesfalls ertemporiert, jeit Sulla,
zu defien Zeit L. Pomponius aus Bononia und
D. Novius fie fünftleriich gejtalteten und den
andern Arten der Komödie gleichjtellten, nad) einem
ausgeführten Texte gejpielt und niedergeichrieben ;
doch blieb auch jo ein weites Feld für improvi-
jierte Scherze. Die Aufführung behielten fich die
Söhne römiicher Bürger vor, und es war mit dem
Auftreten in den Atellanen nicht der Berluft der
bürgerlichen Ehre verbunden, welcher die Hiftrionen
traf. Als Dichter von Mtellanen find befannt:
O. Novius, %. Pomponius Bononienſis,
der vorzüglichſte, CE. Mummius u. a. Es er
Realleriton des flafj. Aitertums, 7. Aufl.
161
hielten fich die Atellanen bei der Borliebe der Rö—
mer für das Grotesk-Komiſche jehr lange, jie fommen
noch in der Kaiſerzeit vor; nach und nad) jedoch
tritt der Bantomimus an ihre Stelle. Zuerſt wur:
den fie allein gegeben, nachher, als Livius Andro-
nitos das griechijch:römijche Drama eingeführt hatte,
als Nachſpiel und Schlußftüd (exodium;, zu jenen
Dramen; daher fie audy exodia heißen. Die Über:
rejte find ſehr unbedeutend, ve nur Titel; ge:
jammelt von Munf, de fabulis Atellanis (1810),
und von Nibbed, scaenicae Roman. poesis frag-
menta, Bd. II (2. Aufl. 1873) p. 191 ff. Val.
Nibbed, Geſch. d. röm. Dichtung I ©. 207 ff.
Aternus, "Aregrvog, jpäter Piscarius, j. im Ober:
laufe Aterno, im Unterlaufe Pescara, ital. Fluß,
entipringt im Lande der Marjer bei Brivernum,
fließt durh Samnium, trennt die Gebiete der
Marruciner und Beftiner und mündet bei
Aternum, Arteror, der gemeinjfamen Hafen—
jtadt der beiden Böllerichaften; j. Pescara. Varr.
1.1. 4, 5. Strab. 5, 241.
Atösis, ſ. Athesis.
Athamanfa, Adaueria, Landicaft im öftlichen
Epeiros am Arachthos und oberen Acheloos und
an der — Theſſaliens, mit der Hauptſtadt
Argithia. Die Bewohner, Abeucvres, ſcheinen
ftets auf einer jehr niederen KRulturftufe geitanden
zu haben; zu Strabons Zeit waren fie verſchwun—
den. Strab, 9, 429. 7, 321. 326. Cie. Pis. 40, 96.
Athämas, Adduas, Sohn des thefjal. Herrichers
Aiolos (j. d.), König der Minyer im boiot. Orcho—
menos. Mit der göttlihen Nephele Wollen:
göttin) zeugte er Phrixos und Helle; weil er
ſich aber noch mit einer menschlichen Gattin, mit
Ino, der Tochter des Kadmos, vermählte, ver
ſchwand Mephele, und der Fluch kam über fein
Haus. Ino ftellte den Rindern der Nephele nad)
dem Leben und brachte cs durch ihre Ränke dahin,
daß man den Phriros zu opfern beſchloß; aber
Nephele entführte ihm und Helle auf einem gold:
vliegigen Widder. Helle fällt auf der Flucht in
den nach ihr genannten Hellespontos; Phriros ge-
langt auf dem Widder nad) Mia, wo ihn der König
Nietes gaftli aufnimmt und mit feiner Tochter
Chalkiope vermählt. Den Widder opfert er dem
Zeus Phyrios und hängt das Vließ im Haine des
Ares auf. Ath. aber jollte jpäter wegen des Phriros
dem Zeus Yaphyitios (= Phyrios geopfert werden ;
da fommt Kytiſſoros, der Sohn des Phrixos,
aus Aia mit der Nachricht, daß Phriros noch lebe,
und rettet den Ah. Dafür jind Kytiſſoros und
jeine Nachtommen mit dem Zorne des Gottes be:
laden, der durch fortdauerndes Opfer des Atha-
mantidengeichlechts gejühnt werden muß. Der
Alteite des Gejchlechts durfte das Gemeindehaus
nicht betreten; that er dies, fo wurde er, wenn er
nicht floh, dem Zeus Laphyſtios geopfert. Hdt.7, 197.
Phrixos entzog ſich einem ſolchen Opfer durd die
Flucht auf dem Widder; der Widder nämlich galt
fo lange als Sühnopfer des Zeus, bis einer der
Athamantiden ergriffen und geopfert wurde. Das
Vließ des dem Zeus an des Phriros Stelle ge:
opferten Widders wird ein Schub und Sort, den
Jajon, der Heilende, Verjöhnende von ldouee),
nach Jolkos zurüdholt (j. Argonauten). Dies
ift die religiöjfe Grundlage in der Sage von th.
und dem goldenen Blich. Später ward th.
von Hera rajend gemacht, weil Ino den Dionyjos,
il
162
Athanas —
Athenion.
den Sohn ihrer Schweiter Semele, auferzog. Ath. | aram artium. Port wurden fortan auch die reci-
erichlug in der Raſerei jeinen und der Ino Sohn,
Learchos; Ino jelbft ſtürzte ſich flüchtend mit
ihrem zweiten Sohne Melikertes ins Meer, und
beide wurden rettende Meeresgottheiten, Ino unter
dem Namen Leukothea Mom. Od. 5, 333),
Melitertes als Balaimon, bejonders zu Korinth
verehrt, wo jein Leichnam ans Land getrieben und
begraben worden jein joll (ij. Isthmia). Anders
Eur. Med. 1282 ff. Auf dem Iſthmos war jein
Grab und jein Tempel mit den Standbildern des
Rojeidon, Palaimon und der Leukothea. Die Kunft
jtellte den Palaimon dar als einen von Delphinen
oder Meergöttern getragenen Raben. Ath. mußte
der Blutichuld wegen fliehen und fiedelte jich in
Epeiros in dem nad ihm benannten Athamanti—
ichen Gefilde an. Apollod. 1, 9,1. 2. Ov. met.
4, 416-542.
Athänas (Athanis, Athanadas), AHdvas, Ad«-
vis, Hiftorifer aus Syrafus im 4. Jahrh. v. E.,
Fortſetzer des Philiftos, ſchrieb eine Geſchichte der
Zeit des Dion in 13 Büchern. Diod. Sie. 15, 94.
Plut. Timol, 23. 37. Bgl. Müller, fragm. hist.
Graee. Il p. 81 ff. Abhandlung von Arnoldt (1846.
Ascdvaroı, die Schar * durch Tapferkeit
hervorragenden 10 000 ausgewählten perſiſchen Fuß—
fämpfer, die darıım die „Unfterblichen‘‘ hießen, weil
ihr Abgang ſtets und unmittelbar durch andere,
ihon vorher dazu beftimmte erießt ward. Hadt.
7, 88. Curt. 3, 7, 13 (j. daſ. Mütell).
Athenae j. Attika, 7.
Athenaeum. Dieſen Namen legte der Kaijer
Hadrian einer von ihm zu Rom gegründeten Lehr:
anftalt für allgemeine höhere Bildung bei. Bis
dahin war die Erziehung und der Unterricht zu
Rom und im römischen Reiche Privatjache, ohne daß
irgend eine Beauffichtigung und Einwirkung des
Staates ftattfand. Zwar hatte ſchon Auguſt und
namentlich Beipafian angefangen, eine öffentliche
Bejoldung an hervorragende und befannte Lehrer
der Jugend aus dem Fiſkus zu verleihen (Suet.
Vesp. 18), doch genoſſen dieje Vergünftigung nicht
die Lehrer als jolche, jondern nur einzelne; die
Schule blieb im allgemeinen fortwährend noch Pri-
vatjache, und da fie aus dieſem Grunde bei dem
großen politischen Umjchwung Durch die Ausbildung
des Prinzipats nicht berührt wurde, jo ſtand fie
fort und fort auf dem Boden der Republik und
fam deshalb in ſtets ſich twiederholende Konflikte
mit der damaligen Staatsgewalt. Um nun die
Schulen mit Erfolg überwachen und zeitgemäße
Anforderungen an diejelben verwirklichen zu fönnen,
machte Hadrian den erften Anfang und Verſuch
mit öffentlichen Lehranftalten, legte Gymnaſien an
und beftellte und bejoldete die Lehrer am denjelben.
Außerdem gründete er eine Anftalt für höhere
wiflenjchaftliche Bildung, die er nach dem "48hj-
vearov zu Athen, in welchem die Jugend ebenfalls
höheren allgemeinen Unterricht erhielt, benannte.
Der Name überhaupt ift von der Stadt Athen, als
dem Sie jeder Bildung, entnommen. Das Athe-
näum des Hadrian war eine Art Akademie, in
der namentlich Bhilojophie und Nhetorif, doch auch
Grammatik und Jurisprudenz gelehrt wurden. Sie
war aufs glänzendjte ausgeftattet, ſowohl an Bau—
lichkeiten, al8 aud an Lehrern (professores und
doctores) mit reihem Gehalte. Aur. Viet. Cues.
14, 3 nennt dieſe Gründung einen Indus ingenu-
tationes (f. d.) gehalten. Die örtliche Lage des
Athenäums ift nicht Mar und genau angegeben;
entweder lag es in der Nähe des Korums am Fuße
des Aventinifchen Berges, oder auf dem Capitol.
Die nachfolgenden Kaiſer begünftigten diefe Anlage
und hoben und bevorzugten durch bejtimmte Ge—
ſetze den Lehrerftand.
Athenagöras, 4dnvaydoas, 1) ein Demagog
zu Syrafus in der Zeit des peloponnefiichen Krieges
(415 0. C... Tihue. 6, 35 ff. — 2) ein griechiicher
Bhilojoph aus Athen im 2. Jahrh. n. E., lehrte
zuerſt platonische Philoſophie zu Alerandreia, nahın
aber jpäter das Ehriftentum an, welches er eifrig
verteidigte. Infolge einer Gejandtichaft nach Rom
ichrieb er eine Apologie des Ehrijtentums, moe-
= dar sol Apıorıavar, an den Kater Marc.
Nurelius (herausgeg. von Raul, 1856); ferner wegi
draosrdoews tor verpwr, worin platoniiche und
chriftliche Ideen vermijcht find und der Gegenstand
rein philojophiih ohne Berufung auf die Bibel
durchgeführt wird (Ausg. von Otto, 1857).
Athenaios, ’Adrjvarog, 1) ein Mechanifer und
Beitgenoffe de3 Archimedes, aus Sicilien; von
feinen Schriften hat ſich erhalten die Abhandlung
repl ungernudrorv, über den Bau und Gebrauch
der Kriegsmajchinen. — 2) Grammatiker und Sophift
aus Naufratis in Agypten, um 228 n. E., der
zuerft in Mlerandreia, danı in Rom lebte und mit
ausgebreiteter Belejenheit einen jehr reichhaltigen
Stoff jammelte in geringfügiger Darftellung und
Sprache. Sein Werf heißt: die gelehrte Tiſchge—
jellichaft, Seımrooogiorel, in 15 Bücern, von
welchen die beiden erjten und der Anfang des dritten
nur im Auszuge eines conftantinopolit. Granıma-
tifers aus dem 11. Nahrh., das 15. lüdenhaft, alle
übrigen ziemlich vollftändig erhalten find. Nach
der Anficht des neueſten Herausgebers, Kaibel, find
die 15 Bücher jedoch nur ein etwa im 6. Nahrh.
11. C. gefertigter Auszug aus dem einft 30 BB. um:
fafjenden Originalwerle, was fid) an der Hand der
beften Handichrift, des cod. Marcianus (in Venedig),
beweiſen lafje. Ath. verbreitet ſich in feinem Werte
in Geſprächsform über Gegenftände des gejellichaft:
lichen und häuslichen Lebens und gibt dabei un:
ihägbare Beiträge zur Gejchichte der Wiſſenſchaften
und Künfte, Sitten und Gewerbe, wodurd uns
zugleich eine Menge der wichtigften Bruchſtücke
aus den zum Teil verloren gegangenen Werten
griech. Schriftiteller (deren 1500 darin angeführt
werden) aufbewahrt worden ift. — Kommentar von
Iſ. Cajaubonus (1600). Ausgg. von Schweighäujer
(1801—7),®. Dindorf (18271, A. Meinefe (1858 f.)
und Kaibel (1887 f.).
Athenäis, Admvadls, 1) Name einer att. Phyle zur
Zeit des Erichthonios, |. BvArj, 1. — 2) Gattin des
Königs von Kappadotien, Ariobarzanes II. Philo-
pator; fie hatte den Beinamen pilöcropyos. Üic.
ad fam. 15, 4, 6. — 3) Tochter des Sophiften Leon:
tios, die jchöne und talentvolle Gemahlin des Kai:
ſers Theodofios II. Eudofia genannt nad) ihrer
Belehrung zum Ehriftentume; ftarb 460 n. C.
Eine Beichreibung des Lebens Jeſu in homeriſchen
Verjen und Halbverjen Ounoöxerrg« oder Ounoo-
“Eerrowveg) wird ihr zugeichrieben. Ausg. von
Teucher (1798). ©. Eudoxia, 2.
Athöne j. Pallas Athene.
Athenion, ’Adnr/or, 1) bedeutender Stein:
Athenodoros — Athlothetae.
ihneider, von dem die berühmte Onyrkamee her-
rührt, Zeus den Blitz auf die Giganten jchleudernd
(.Giganten), vielleicht Zeitgenofie des Muguftus.
— 2) urjprünglicd ein Hirt, dann Anführer einer
Räuberbande in Kilifien, wurde fpäter als Slave
nah Sicilien verkauft, wo er Anführer der Skla—
ven im zweiten ficiliichen Stlaventriege wurde,
104 v. E. Er hatte das Talent, die Sklaven ge:
ihidt zu führen und durch Milde und freund:
lichteit die Einwohner zu gewinnen, wodurd er
den Römern ein gefährlicher Feind wurde. Der
Konjul Manius Aquillius wurde im J. 101 gegen
ihn geichidt und befiegte und tötete ihn im J. 99
(Liv.ep. 69); das Heer der Empörer wurde darauf
gänzlich geichlagen. Bergleichöweife nennt Cicero
ad Att. 2, 12, 2) den Elodius „Athenio“, weil er
ebenjalld aus Sicilien war und tumultwierende
Sklaven anführte. Diod. Sie. fr. 36, 5.
Athenodöros, ’Adnr0ödwgpog, 1) ein Grieche, von
Alerander dem Gr. mit einer Kolonie nach Baltra
gejendet, von Bikon aber ermordet, weil er fich
dort zum Könige aufwarf, 325 v. E. Curt. 9,7, 1.
— 2) mit Beinanen Kogdvilor, ein ftoischer Phi:
loſoph aus Tarjos, Aufjeher der Bibliothek in
Pergamos, joll als eifriger Stoifer aus ihren
Schriften alles getilgt haben, was ihm minder
qut jchien; doch wurde es bemerft und wiederher-
geftellt. Diog. Laert. 4, 34. Der jüngere Gato
brachte ihn 70 v. E. nad Rom, wo er in deſſen
Hanje ftarb. Erhalten hat ſich nichts von ihm.
Plut. Cat. min. 10. 16. — Zu unterfcheiben 3)
der Sohn des Sandon, gleichfalls aus Tarjos und
ſtoiſcher Philoſoph, Schüler des Pofeidonios in
Rhodos, lehrte zu Nom, ſpäter zu Apollonia in
Epeiros. Hier hörte ihn Octavian und nahm ihn
mit ſich nad) Rom als Freund und Natgeber.
Suet. Claud. 4. Später fehrte er nach Tarjos
zurüd, verbefjerte die Gejehe jeiner Vaterftadt und
ftarb in einem Alter von 82 Jahren. Bon jeinen
Schriften haben ſich nur Titel und ſehr geringe
Fragmente erhalten.
Athesis (richtiger Atesis), Arnotros, "Arıcür,
od. Atagis(?), j. Etich, ital. Mdige, Fluß Rhätiens
und Oberitaliens, entipringt auf den Nhätiichen
Alpen, nimmt den Iſareus (Eifach) auf, wird bei
Verona jchiffbar und ergießt ſich nördlich vom
Padus, mit dem er durch mehrere Kanäle verbun:
den ift, ind Mdriatiiche Meer. Plin. 3, 121. Strab.
4, 207. Plut. Mar. 23.
Athlöta, d«dinris, war bei den Griechen ur:
iprünglich derjenige, weldyer in den Nationalipielen
zu Olympia oder in den Spielen, welche nach jenen
einzelne Städte angeordnet hatten, namentlich im
Fauftfampf und dem Pankration, als Wettlämpfer
in förperlicher Kraft und Geſchicklichkeit auftrat.
Später, als die Belohnung und Ehre der Sieger
lodte, entwidelte fih eine förmliche Kunſt, der
mande Athleten ihr ganzes Leben widmeten. —
Zu Rom famen während der republifanifchen Zeit
auch wohl Athletenfämpfe vor (vgl. Liv. 39, 22),
das erjte Mal 186 dv. E., dod) waren die Kämpfer
riechen, die dorthin fommen mußten. Als Cäjar
jeine Triumphe feierte, wurden unter andern Feſtlich—
feiten auch Athletenſpiele aufgeführt. Swet. Caes. 39.
Unter den Kaijern waren die Athletentämpfe jchon
gewöhnliche Sitte; die verfchiedenen damaligen Ur:
teile darüber j. Taec. ann. 14, 20f. Die Athleten
wurden von Jugend auf in diejer Kunſt geübt
163
und bildeten eine eigene Zunft. Sie verdungen
ſich zu den eftipielen für einen großen Sold
(auetoramentum) und traten durchs Los bejtimmt
paarweile zum Ringkampfe auf. Zunächſt bejtrichen
fie ihren Körper mit Salben und Ol, um ihre
Glieder gejchmeidig und ihren Körper jchlüpfrig
zu machen. Um dies leßtere wieder zu heben, be-
warfen ſich die Gegner, ehe fie zum Angriff Schritten,
gegenfeitig mit Sand. Der zu Boden Geworfene
gewann noch, wenn er jeinen oben liegenden Gegner
durch Gewandtheit herumijchnellte. — Zur Borbe:
reitung auf dieſe Kämpfe mußten die Athleten
eine jehr ftrenge Diät befolgen, die jedoch im Laufe
der Zeiten von ganz entgegengejegten Geſichts—
punkten ausging. In den erjten Jahrhunderten
mußten fie ſich des Fleiſchgenuſſes ganz enthalten,
jpäter jollte namentlich Ziegenfleiſch die Körper:
kraft mehren. Vgl. Friedländer, Sittengejchichte
Roms II, I. Abſchn. 4. Bötticher, Olympia S. 101 ff.
— Der Übungsplag hieß palaestra oder gymna-
sium. Die Lehrer diefer Kunft hießen Gymnaſten
und Aleipten; fie waren gewöhnlich ausgezeichnete
Athleten, deren Körperfraft jchon zu jchwinden
begann.
Athlothetae, «#Ro®£reı, find urfprünglich die:
jenigen, welche die Preife zu Kampfſpielen aus:
jegten, fonft auch &ywvodrraı genannt, wie * B.
Achill bei der Leichenfeier des Patrollos Hom.
11.23, 257 ff). Nachdem ſich die Sitte bei den
4 größeren Kampfipielen feftgejeßt hatte, waren die
Athlotheten die Kampfrichter, die im bejondern
bei den pythiſchen, ifthmifchen und nemeijchen Ago—
notheten, bei den olympifchen Hellanodifen
(EMuvodinaı oder FAlmrodcxaı) genannt wurden.
Sie wurden von denjenigen ernannt, in deren
Lande die Wettfämpfe ftattfanden, aljo bei den
iſthmiſchen Spielen von den Ktorinthern, oder unter
deren Oberaufficht fie ftanden, wie bei den pythiſchen
von den Amphiktyonen, bei den nemeiſchen von
den Korinthern, Argeiern und Kleomaiern. Als
äufßeres Zeichen ihrer Würde trugen fie einen Stab,
weshalb fie auch gaßdonyor, daßdoröus: genannt
wurden (auch ihre mit Stäben zur Züchtigung ver:
jehenen Diener hiefen gaßdoögor). Bei den Na:
tionaljpielen zu Olympia war der Vorſitz und die
Ernennung der Kampfrichter auf die Daupftadt
Elis übergegangen. Die Zahl der ernannten Rich:
ter war allmählidy von ı bis auf 2, 8, 9, 10, 12
geftiegen. Ihre Auszeichnung war ein Purpur—
gewand und der Lorbeerfranz. Um aber ihrer
wichtigen Aufgabe alljeitig genügen zu können,
wurden jie 10 Monate vor der Abhaltung der
Spiele gewählt und in den verjchiedenen Funktionen
unterrichtet. in feierliher Eid verpflichtete fie
zu der unwandelbarſten Barteilofigfeit. ———
hatten ſie alles anzuordnen und vorzubereiten,
was für eine würdige Feier nötig war, und wäh—
rend der Spiele waren ſie die Behörde in allen
Sachen, die in Bezug zu ihrem Amte ſtanden.
Sie prüften bei den Meldungen, ob der Wett
kämpfer auch wirklich griechiſcher Bürger ſei, ob
ſonſt kein Makel an ihm hafte. Dreißig Tage vor
der Eröffnung der Spiele wurde die Liſte der Be—
werber geſchloſſen, und nun fanden erſt zu Elis
ſogenannte Vorübungen der Eingeſchriebenen ftatt;
ſtellte ſich bei irgend einem mangelhafte Vorberei—
tung heraus, ſo wurde er noch von der Kämpfer—
liſte geſtrichen. Dann eröffneten die Kampfrichter
11*
164
das Feſt und liegen durch den Herold die Namen
der Wettlämpfer und deren Abkunft vor allem
Volke verfündigen; wenn von feiner Seite ein Ein:
ſpruch geſchah, fo wurden die Neihenfolge der
Ninglämpfer und die Pläte der Wettlämpfer aus:
geloft. Nachdem die Hellanodilen nochmals alle
an die Regeln des chrlihen Kampfes erinnert
hatten, gaben fie das Zeichen zum Beginn. Während
des Nampfes hatten fie jede Übertretung der be:
ftehenden Geſetze zu überwachen, und wen fie den
Sieg entichieden hatten, reichten jie im Tempel
des Zeus den Siegern den Kranz dar. Nachdem
jie über das Ganze ein Brototol verfaßt hatten,
in welchem die Sieger namentlich aufgeführt wur:
den, erloſch mit der Feier auch ihr Amt. — Aud)
in Athen hatten 10 auf 4 Jahre erwählte Athlo:
theten (je 1 aus jeder Phyle) namentlidy die feier
der großen Panathenaien zu bejorgen.
Athos, Adag, Ada, berühmter Berg der ma—
fedonischen Halbinſel Chalkidife, und zwar auf
der äußerſten Spitze der Landzunge Akte; noch j.
Athonas oder Hagion Dros, ital. Monte Santo.
Nach Hdt. 7, 22 lagen auf diejer Landipige die
fünf Städte Dion, Olophyros, Thyffos, Kleonai,
Atrothoon oder Afrathos, in deſſen Nähe fich der
1935m hohe Berg erhebt. Die Landenge, welche
bei Sane die Berglandichaft des Athos mit dem
Feſtlande verbindet und in der Mitte nur 5m hoch
und 3000 Schritt breit ift, lich Xerres auf feinem
Zuge gegen Griechenland durchitechen; Spuren
diejes Kanals, jegt Provlafa genannt, haben ſich
erhalten. Hdt. 7, 235. Mela 2, 2, 10. Diod.
Die, 11,2;
Atil und Attii, 1) T. Att. Yabienus, Tri:
bun im J. 63 v. E., hob durd) ein Geſetz die lex
Cornelia de sacerdotiis auf. war Anfläger des
E. Nabirius, als diejer den Saturninus gemordet
hatte, zu Gunsten des Cäjar, dem er in Gallien
als Yegat diente und deſſen Stellvertreter er war,
jo oft Cäſar nach Nom ging. Dio Cass. 37, 267.
Caes. b. g. 1, 10.215. Im J. 58 befiegte er die
Tiguriner, 54 die Trevirer daſ. 5, 24. 53 ff. 6, 5)
mehrere Male, zog (53) gegen Yutetia und jchlug
die Belgier unter Commius. Daſ. 7, 57 ff. 8, 23.
Dio Cass. 40, 43. Darauf abermals gegen die
Trevirer geiandt, jchlug er fie in einem Neiter:
treffen. Cues. b. g. 8, 25.45. Dann machte ihn
Cäſar, um ihn zu gewinnen, zum Statthalter von
Gallia Togata, troßdem aber trat er, von Ehrgeiz
verleitet, im J. 49 auf Bompejus’ Seite und be-
handelte jeine früheren Nampfgenofjen mit großer
Härte. Caes. b. c. 3, 71. 87. Cie. ad fam.16, 12,
ad Art. 7, 11 ff. Dio Cass. 41,4. (Er war (48)
Legat des Pontpejus. Nach der Schlacht bei Phar—
jalos, an welcher er teilnahm, flüchtete er ſich
zuerjt nach Korkyra, dann nach Kyrene, hierauf
nach Afrika. Cie. div. 1, 32. Dio Cuss. 42, 10.
Plut. Caes. 52. Hier bildete er ein beträchtliches
Heer, fämpfte anfangs mit Mut und Geſchick gegen
Cäjar, namentlich im Treffen bei Ruipina (Caes.
b. Ajr. 13—18. Plut. Caes. 52), erlitt aber mit
Scipio die Niederlage bei Thapjus und floh darauf
nach Spanien (Dio Cass. 43, 30. 38. Flor. 4, 2),
two er zur Niederlage der Bonpejaner bei Munda
beitrug, indem er während des Kampfes, um einen
Angriff des Königs Bogudes don Mauretanien,
eines Bundesgenojjen Cäſars, auf das pompeja:
niſche Yager abzuwehren, das Schlachtfeld verlich,
Athos — Ati.
aber auch jeinen Tod fand. Sein Kopf wurde dem
Cäſar überliefert. Caes. b. Ilisp. 31. — 2) fein
Sohn, DO. Att. Yabienus, wurde von Brutus
und Caſſius an den PBartherfönig Orodes gejandt,
um Hülfstruppen zu erbitten. Auf die Kunde von
dem Tode des Brutus und Caſſius blieb er am
Hofe des Drodes, dem er riet, Antonius anzu:
greifen, 41 v. C. Er zog dann mit Pacorus, dem
Sohne des Drodes, gegen Syrien, eroberte viele
Städte, jchlug die Römer in einer Feldſchlacht,
drang bis Karien vor und jammelte zugleich die
zerjtreuten Anhänger jeiner Partei um jich, wurde
aber im J. 39 von dem Legaten des Antonius,
P. Bentidius, geichlagen. Bon den Parthern ver:
lafien, floh er nach Kilikien, wurde aber jpäter
von Demetrios, einem Freigelaſſenen Gäjars, ge:
fangen genommen und wahrjcheinlich getötet. Vell.
Pat. 2, 78, 1. Just. 42,4. Plut. Ant. 33. Dio
Cass. 48, 24 ff. 395. — 3) P. At. Varus, An-
hänger des Pompejus, verwaltete im J. 52 v. E.
die Provinz Afrila. Beim Ausbrud des Kampfes
wiſchen Pompejus und Cäſar juchte er die Land:
haft Picenum gegen legteren zu halten, mußte
aber, von den Einwohnern nicht gehörig unterftüßt,
die Flucht ergreifen und vereinigte fich num mit
Rompejus. Caes. b.c. 1, 12. 13. Cie. ad Att.
7, 13, 7. Darauf ging er, al$ Bompejus nad) Grie—
chenland z0g, nach Afrifa hinüber, wo er Truppen
jammelte (Caes. b. c. 1, 31), wurde jedoch von Cä—
jars Yegaten Curio bei Utica geichlagen. Caes. b. e.
2, 23 ff. App. b. e. 2, 44. Als nah Pompejus’
Ermordung der afrikanische Krieg begann, befehligte
Varus die Flotte, führte diejelbe nach der Schlacht
bei Thapjus dem jüngeren Bompejus zu, erlitt bei
Garteja an der jpan. Küſte eine Niederlage zur
Sce und fand bei Munda jeinen Tod. nes. b.
Hisp. 27. Dio Cass. 43, 305. — 4) M. Att.
Balbus, vermählt mit Cäſars Schweiter Julia,
Schwiegervater des E. Octavius, dem er jeine
Tochter Atia (gejt. im 3.43 v. C. Vell. Pat 2, 60.
Suet. Oct. 61) zur Ehe gab, wodurch er Großvater
des nachmaligen Kaiſers Auguſtus wurde; er be:
Heidete die Prätur furz vor dem J. 59, verwaltete
dann Sardinien und leitete jpäter die Verteilung
der Ländereien in Gampanien unter das Bolf.
Suet. Oct. 4. Cie. Phil. 3, 6. — 5) 2. Attius
(bejier Accius), der Sohn eines Trreigelafjenen,
geb. nadı dem Zeugnis des Hieronymus 170 0.6.
in Piſaurum, gejtorben um 94, Nebenbuhler des
bereits alternden Pacuvius und mit manchem vor-
nehmen Nömer befreundet, aber von jeiten feiner
Pebensverhältnifie wenig bekannt. Grhabenheit,
Kraft und Aufihwung römijcher Charafterjtärfe,
nicht formale Vollendung und Sorgfalt wurden
an dieſem Dichter gepriejen, den man als den Gipfel
der nationalen Tragödie betrachtete. Seine zahl-
reichen etwa 50) Stüde (worunter zwei praetex-
tatae: Aenendae s. Decius und Brutus, jein be:
rühmtejtes Stüd), deren Inhalt meiftens aus den
3 großen Tragifern, insbejondere aus Sophofles,
der ihn bejonders anzog, geflofien war, behielten
längere Zeit (bis zu den Tagen Senecas) eine
höhere Geltung, doch mehr wegen der lebendigen
Geiſtesgröße und der fraftvollen Darftellung, wäh—
rend Archaismen, unforrefte Wortfügung und man-
nigfache Nachläſſigkeit ihn als Meifter der Dichtung
nicht empfahlen. Hor. ep. 2, 1,15. Ov. amar.
1,15, 19. Seine Didascalica, in 9 Büchern und
Atilii.
in gebundener Form abgefaßt, ſcheinen Angaben
über Zeit, Art und wei der Nufführung, über
Schanjpieler, die mitgewirkt, u. dgl. enthalten zu
haben. Gleichfalls Titterariichen und Funjtgeichicht-
lihen Inhalts waren die Pragmaticon libri; jon:
ftige Anführungen (Parerga, Annales) find dem
Zweifel unterworfen. Fragmente der Dramen bei
. Ribbed, scaenicae ltomanorum poesis frazm.
Bd. II p. 114 ff, der übrigen Werfe in L. Mül—
lers Ausg. des Yucilius S. 303 ff., und in Bährens’
fragm. poet. Rom. p. 266 ff. — 6: Nttinsfabeo,
lieferte eine nicht mehr vorhandene müchterne und
geſchmackloſe Überſetzung der homeriichen Gedichte.
Die Kombination der beiden Namen beruht blof;
auf dem Zeugnis der Scholiaften des Perfius
p. 248 und 259 der Ausg. von D. Jahn.
Atilii, jpäter auch Atiilii, bedeutende plebe:
jiſche gens mit den Beinamen Bulbus, Calatinus,
Requlus, Serranus, Longus. Zu merfen find:
1) A. Atil. Calatinus, zweimal Konjul: zuerft
258 v. C., wo er auf Sicilien mit Glüd kämpfte,
obwohl jein (und feines Kollegen Sulpicius, Pol.
1, 24) Heer einmal beim Angriff auf die Stadt
Kamarina nur durd die Aufopferung des Tribunen
Ealpurnius Flamma gerettet wurde (Lie. ep. 17.
22,60, Pol. 1,24. Zonar.8, 12). 254 zum zweiten:
mal Koniul, ging er mit jeinem Kollegen En. Cor:
nelius Scipio wieder nah Sicilien und eroberte
Banormos (#Pol.1, 38). 249 war er Diktator und
der erjte, welcher als fjolcher ein Heer außerhalb
Italiens (Sicilien) führte. Liv. ep. 19. Endlich
war er Cenſor 247. — 2) M. Atil. Negulus,
Konjul 294 v. E., fämpfte ſchwer, aber glüdlich
gegen die Samniten (Liv. 10, 32—36) und trium—
phierte nach den fusti Capit. (f. dagegen Zir. 10,36).
— 3) M. Atil. Regulus, Kontul im %. 267
und 256 v. C., befiegte während des erften Kon:
inlats die Sallentiner, eroberte Brundiſium und
erbielt die Ehre des Triumphes. Kutr.2,17. Flor.
1,20. Zonar. 8, 7. Aur. Viet. vir. ill. 40. Das
zweite Mal befam er mit feinem Kollegen L. Man:
lius den Befchl, den Krieg gegen Karthago nad)
Afrika hinüberzujpielen. Mit einer Flotte von 330
Schiffen ſchlug er zuerjt an der Südküſte Siciliens
bei Efnomos die farthagiiche Flotte. Pol. 1,25 ff.
Eutr. 2, 21. Dann gingen die Konjuln nad)
Afrika, landeten in der geräumigen und fichern
Bucht von Elupea, eroberten die auf einer Höhe
gelegene Stadt und ſchlugen ein Lager auf. Karthago
wurde von Schred erfüllt (Flor. 2, 2: tantus
terror fuit, ut apertis paene portis Carthago
caperetur), jein Gebiet verheert, große Beute mit
dem im Beginn des Winters heimfehrenden Kon:
ſul Manlius auf der Flotte nach Nom geichidt.
Pol. 1,29. Regulus behielt nur 40 Schiffe, 15 000
Fußgänger und 500 Reiter. Die entmutigten Kar—
tbager wurden bei Adis geicdhlagen, ihr Gebiet ge-
brandichaßt ; die Eingebornen empörten fich, Rarthago
jelbft war bedroht. Bei Tunes jchlug Regulus
fein Lager auf. Als die Narthager in other Be:
drängnis um Frieden baten, ftellte er ihnen jo
harte Bedingungen, daß fie beichlofien, noch einmal
das Waffenglück zu verſuchen, und eine ungewöhn—
liche Energie zeigten. Pol. 1, 30. Eutr. 2, 21.
App. Carth. 3. Just. 41,4. Diod. Sic. 23, 12.
Nach Ankunft eines Teils der ficiliichen Truppen,
nah Anwerbung zahlreicher, ger griechiſcher,
Söldner hatten h. bald ein Heer zuſammen, deſſen
165
Anführer der unter den Söldnern mitgelommene,
in den afiatischen Kämpfen der Diadochen erprobte
friegsfundige Spartaner Xanthippos wurde, ein
Meteor, weldes plöglich anfleuchtete und ebenfo
plößlich wieder verschwand. Nachdem Kanthippos
fein Heer gebt und ansgerüftet, aud) zahlreiche
Elefanten eingeübt hatte, lieferte unter feiner An:
führung die neugebildete Armee den Nömern die
Schlacht bei Tunes im J. 255 und fchlug, im Ver:
trauen auf ihren Anführer, Ddiejelben gänzlich.
Segen 30 000, wohl mit Einſchluß der empörten
Numidier, fielen, faum 2000 entlamen, 500, unter
ihnen Regulus jelbit, gerieten in Gefangenschaft.
Pol. 1,31 ff. Diod. Sie. 23, 15. Eutr.2, 21. Zonar.
8, 13. Fünf Jahre lebte darnach Regulus als Ge-
fangener in Narthago, bis die Karthager im X.
250 nach ihrer Beſiegung durch Metellus bei Ba:
normos eine Selandtihat nach Rom jchidten, um
über den Frieden zu verhandeln und möglichft
ünftige Bedingungen zu erhalten. An dieje Ge:
anbiichaft fnüpft ſich nun folgende Erzählung:
Regulus ſei als Vermittler mit den Geſandten ge—
ſchickt worden, nachdem er verſprochen habe, nach
Karthago zurückzukehren, falls er durch ſeine Ver—
mittlung nichts ausrichte. Er habe dann in Rom
dem Senate von der Annahme der karthagiſchen
Vorichläge abgeraten und ſei nad) feiner Rüdtehr
von den erbitterten Karthagern unter jchredlichen
Martern hingerichtet worden. Auf die Nachricht
von diejer graufamen Behandlung hätte des Ne:
gulus familie an farthagiichen Geiſeln in ähnlicher
Weiſe, wie es mit Regulus geichehen, furdytbare
Race genommen oder doch wenigitens nehmen
wollen. Diod. Sie. 24, fr. 12. Cie. off. 1,13. 3, 26.
fin. 2, 20. 5, 27. Liv. ep. 18. Hor. od. 3, 5,49 ff.
Flor.2,2. Eutr.2, 25. Val. Max. 4,4, 6.9, 2,1.
Gell. 6, 4. App. Carth. 4. Aur. Viet. wir. ill. 40,
Zonar. 8, 15. Sen. pror. 3. Sil. Ital. 6, 229—550.
Dieje Nachrichten über den Ausgang des Regulus
aber haben jchon frühzeitig mit Necht Zweifel er:
regt und dürfen feineswegs in ihrem vollen Um:
fange für richtig gehalten werden. Um die That:
lachen feitzuftellen, hat die moderne Forichung den
älteften, auf das Problem bezüglichen Bericht, den
des Diodor a. a. D., zum Ausgangspunkt genom:
men. Er ſtammt aus Philinos, ebenjo das, was
Rolybios (1, 40) über die Ereigniffe des Jahres
250 jagt. So hat fid) denn das folgende, wie es
ſcheint, unanfechtbare Nejultat ergeben: Unter den
Sejandten, die im J. 250 nach Rom geſchickt wur:
den, hat ſich Regulus befunden, auch hat er gegen
die Auswechſelung der Gefangenen geiprochen.
Gewährsmann hierfür iſt E. Sempronius Tudita-
mes (vgl. Peter, hist. rom. reliqu. Ip. 143... An
ein gewaltjames Ende des Regulus aber darf nicht
eglaubt werden, vielmehr iſt er früheftens 250,
— 217 eines natürlichen Todes geſtorben.
Die Nachricht, daß er von den Narthagern unter
qualvollen Martern getötet worden jei, entjtand
ichon in früher Zeit und lebte während der jpäteren
Kämpfe der Römer mit den Karthagern, als der
Haß zwijchen beiden Bölfern immer glühender
wurde, wieder auf. Bei Tuditanus finden wir die
erſte Spur diejes Gerüchts, das durch die Rhetoren—
ichulen vergrößert worden ift. Endlich hat eine
Mißhandlung farthagischer Beijeln durch die Familie
des Regulus nach dem Hintritt des letzteren ftatt:
gefunden, und der Senat hat weitere Grau:
166
famfeiten durch fein Einjchreiten verhindert. Vgl.
D. Jäger, M. Atilius Regulus Ein Beitrag zur
Geſchichte des Völkerrechts (1878). — 4) E. Atil.
Negulus, Konful 257 und 250 v. E., fiegte bei
Tyndaris, Pol. 1, 25. 31, 41ff. — 5) M. Atil.
Negulus (S. von 3), Konjul 227 und 217 v. C.
als E. Flaminius in der Schlacht am Trafimeni:
ſchen See gefallen war. Liv. 22, 25. Nach einer
Nachricht fiel er bei Cannä; nad Liv. 22, 40 und
23, 21 wurde er 215 triumvir mensarius und im
folgenden Jahre Cenſor. Liv. 24, 11. 18. 43. Als
jolcher übte er Strenge gegen die, welche nach der
Schlacht bei Cannä den Staat aufgegeben hatten. |
— 6) M. Atil. Regulus, Brätor 213 v. C.,
mußte den eingedrungenen fremden Kulten jteuern |
und die Wahrjagebücer einfammeln. Liv. 24, 43 ff.
Bal. auch 25, 1.26, 6. 33. 27,4. — 7) C. Atil. Ser:
ranus, Prätor 218 v. C., Fämpfte gegen die auf-
ſtändiſchen Bojer und führte jpäter jein Heer dem
Konſul P. Cornelius Scipio gegen Hannibal zu.
Liv. 21, 26.39. — 8) A.Atil.Serranus, Prätor
192 v. E., erhielt Makedonien als Provinz und
that darauf dem Antiochos durh Auffangen von
Zufuhr und Zerftören von Schiffen vielen Schaden.
‚iv. 35, 10. 20 ff. Später (173) wurde er beauf-
tragt, mit Antiochos Epiphanes ein Bündnis zu
erneuern. Liv. 41, 33. 42, 1. 171 ging er als
Gejandter nad Griechenland, wo er jchlau durch
Friedenshoffnungen Berjeus hinzuhalten wußte, bis
die Römer gerüftet waren. Liv, 42, 37ff. Im
X. 170 war er Konjul. Liv. 43, 4 ff. 9. 11. —
9 C. Atil. Serranus Gavianus (aus der gens
(Gavia adoptiert, Cie. Sest. 33 ff.), Quäftor 63 v. €.
unter Ciceros Konfulat, der ihm gewogen war.
Im 3. 57 war er als Vollstribun ein Feind des
Gicero bei deſſen Zurüdberufung. Cie. ad Att.4,2,4.
— 10) M. Atil., tragischer und fomiicher Dichter
in Rom von mitielmäßigem Rufe, Zeitgenofle des
L. Accius. Uber fein Leben, jeine Wirkſamkeit und
Dichtungsweiſe find nur geringe Nachrichten vor:
handen. Bolcatius Sedigitus gibt ihm bei A. Gel:
lius (15, 24) unter den lomiſchen Dichtern die
fünfte Stelle. Als Tragifer verjuchte er fich mit
einer Eleftra, jcheint aber als folder ungenießbar
geweſen zu fein. Cie. fin. 1,2, 5 (ferreus scriptor).
ad Att. 14, 20 (poeta durissimus), Sammlung
der geringen Bruchftüde bei Nibbed, scaen. Kom
poes. fragm. II p. 32f. — 11) Atil. Fortuna:
tianus, ein latein. Metrifer in der erften Hälfte
des 3. Jahrh. n. E., Verfaffer einer Überficht der
Metrit, bei. des Horaz, ars Fortunatiani, am
bejten abgedrudt in Keils grammatici Lat. VI
p- ,278 fj.; bejondere Ausg. von demjelben (1885).
Arınia, arınos Gegenſ. mırıuda, ritiuog).
Wie durd das Chriftentum die Gleichberechtigung |
aller zu den ewigen, von ihm verbürgten Gütern
für alle Zeiten ausgeſprochen und feitgeftellt, eben
damit aber der abjolute Wert der Rerjönlichkeit.
erit zu jeinem Rechte gekommen ift, jo hat jich
unter feinem Einflufje dieje fittlihe Gleichberech—
tigung des Einzelnen auch nach außen hin geltend
gemacht; es hat ſich die Idee der jittlichen Würde
und Würdigfeit ausgebildet, die unabhängig von
nationalen und politischen Berhältniffen allgemeine
Anerkennung fordern fann und muß; ihren Aus:
drud hat diejelbe gefunden in der perjönlichen Ehre
des Einzelnen.
Griechen wie den Römern, daher denn weder die
Diejer Begriff fehlte jowohl den | Athenern eine Schranfe gefunden.
"Arıula, üriuog — Atlantis.
infamia noch ganz beionders die arıuda der Ehr:
lofigteit im modernen Sinne entſpricht. Die Atimie
ift vielmehr bei den Athenern, auf die wir hier
allein Rüdficht nehmen, in ihren verichiedenen Ab:
ftufungen die vollftändige oder teilweije Beraubung
der bürgerlihen Rechte, der rıur) des moAlıng, und
fie konnte teils als Strafe ausgejprochen werden,
teils durch Nichterfüllung gemwifler dem Staate zu
leiftender Verbindlichteiten ohne weiteres Verfahren
eintreten. Die Atimie kann nun dreifadher Art
jein (Andoc. myst. 73— 76): 1) arınia aark mgog-
rateis, der geringfte Grad, die Entziehung ge
wiſſer bürgerlicher Rechte; wie z. B., wer als An:
Häger in einer öffentlichen Anklage nicht den fünften
Teil der Stimmen erhielt oder fie fallen lich, eine
ſolche Anklage nicht wieder anjtellen durfte. —
2) erımia tod ooueros, Entziehung aller bürger:
lihen Rechte. Der ärıuog ijt vom Markte, von
allen öffentlichen Orten verbannt, von der Volls—
verjammlung ausgejchloffen und darf weder Klagen
anftellen, noch Prozeſſe führen, er iſt bürgerlich
tot; maßt er fich die Nechte des Zmirıung an, jo
ift er den jchwerften Strafen, unter Umftänden der
Todesitrafe, unterworfen (vgl. Erdsikıg). Eine
Wiederherftellung, welche nur durch Zuftimmung
von 6000 Bürgern möglich war, trat jelten ein,
bisweilen in Zeiten der höchiten Not des Staates.
Über die Fälle, in denen diefe Art der Atimie
eintrat, wird bei den einzelnen Verbrechen Aus:
funft gegeben. — 3) druuia tod owuarog null
tor yenudror, Wie die vorige und mit Konfis-
fation des Vermögens verbunden, trat bei einigen
Verbrechen ein. Vorzugsweiſe aber waren derjelben
die Staatsichuldner unterworfen, die bis zur neun—
ten PBrotanie, an welchem Termine die jchuldige
Summe fid) verdoppelte, ihre Schuld nicht bezahlt
hatten. Sie hörte auf, jobald die Schuld bezahlt
war, ging aber, wenn der Schuldner ftarb, ohne
jeine Berbindlichkeiten erfüllt zu haben, auc auf
die Kinder und Enkel über. — In Sparta traf
volle Atimie die, welche fich feige der Schladht
entzogen hatten (rg&oarres), ſowie die Verächter
Öffentlicher Sitte und Anftandes. Auch die Hage:
ftolgen wurden mit Atimie belegt, durften 3. B.
weder faufen noch verlaufen, Thuc. 5, 34.
Atina, Stadt im jüdöftlihen Yatium am Ur—
iprunge des Melpis, noch j. Atina, zuerft voljtiich,
dann römische Kolonie. Liv. 9, 28. 10, 39. Cie.
Plane. 12. div. 1,28.2,67. Die Einwohner Atinates.
Atlantes, “iriarres, das entferntejte der dem
Herodot (4, 184) befannt gewordenen Bölter Afrilas,
an dem in die Wolfen reihenden Atlasberge. Da
es bei ihnen nicht regnet, bauen fie aus ihren
reihen Salzerträgen jelbjt Hütten.
Atlantis, Arkarrig (vgl. Schmidt in Mützells
Stich. f. Gymn. 1857, ©. 193 ff.), nach uralter, dem
Solon von äghptiſchen Prieſtern überlommener
Sage eine große Inſel im Atlantiſchen Ocean, an
Umfang Rleinafien und Libyen gleichlommend oder
fie übertreffend. Platon ftellt die Sage im Kritias
ip. 108 ff.) und Timaios (p. 24 f.) näher dar:
Weftwärts von den Säulen des Herakles, dem
Alasgebirge gegenüber, habe fie gelegen, ſei jehr
bevölkert geweien und reich an allen Herrlichkeiten
der Erde; die Fürften derjelben hätten ihre ſieg—
reiche Gewalt weit ausgedehnt und nur an den
Aber es kam
die Zeit des Verfalls: der fittlichen Berjuntenheit
Atlas — Atreus,
jolgte das ſchwere Unglück eines mit Überſchwem—
mung verbundenen Erdbebens, wodurch die Inſel
in Einem Tage und Einer Nacht in den Fluten
des Meeres begraben worden jei. Uber die Yage
derjelben find indeſſen die Alten fich ſelbſt nicht
flar und ihre Angaben nicht zuverläffig; in neuerer
Zeit hat man darunter bald die Azoriſchen und
Nanariichen Injeln, bald St. Helena und Aſcenſion,
bald die Inſeln des Stillen Meeres, jogar die
Standinaviiche Halbinjel erfennen wollen. Die
Sage muß jedesjalls uralt gewejen fein, da ein
Zug aus einem Atlantenfriege auf dem an den
Banathenaien zum Barthenon hinaufgetragenen
Peplos einmal vorgefommen fein joll, und jcheint
die Ahnung eines fernen großen Weftlandes ſchon
für das höchſte Altertum zu beftätigen. Vielleicht
find phoinifiiche oder puntjche Handelsſchiffe durch
Stürme und Strömungen an die amerikanische
Küſte verichlagen worden, durch die nach glüdlicher
Heimfehr eine allgemeine Kunde davon verbreitet
ward, jo daß unter der Atlantis Platons und der
großen namenlojen Inſel des Plinius, Diodor und
Arnobius am Ende wirklich) Amerika zu denken wäre.
Atlas, Arkas, d. i. Adtla = Schneegebirge,
bedeutendes Gebirge in Afrila längs des weitlichen
Teils der Nordküfte von Mauretanien. Die Vor:
ſtellung Herodots (4, 184) ſetzt ihn freilich ſüd—
wejtlich von der Heinen Syrte (20 Tagereijen weit:
li von den Garamanten), doch deutet 1, 202 aud)
wieder auf wetlichere Lage. Man unterjchied zivei
Hauptzweige, den A. maior, d. i. den weitlichiten
Teil des heutigen hohen Atlas (bei den Eingebor:
nen Dyris), ein hohes, jteiles Gebirge in Maure:
tania Tingitana, das mit einem Borgebirge (ij.
K. Geer) an dem von ihm genannten Mlanttichen
Ocean endigt; und den A. minor, nordweſtlich vou
dem vorigen.
Atlas, Arkag (von d-rAjvau), der gewaltige
Träger, ein Zitane, Sohn des Titanen Japetos
‘4. d.) und der Klymene oder der Ajia, Bruder des
Menoitios, Prometheus und Epimetheus. Hesiod.
theog. 507. Er ijt „ein Fuggefinnter, der des
ganzen Meeres Tiefen kennt und jelbjt die großen
Säulen hält, die Erde und Himmel auseinander
halten (d. i. den Himmel über der Erde ſtützen)“.
Hom. Od. 1, 52. Atlas bezeichnet die gewaltige
Tragfraft des Meeres; er ift ein Meeresrieje, der
in dem weftlichen Meere jteht, kennt als ſolcher
die Tiefen des ganzen Meeres, wie Proteus (Od.
4, 385), und heißt dAoopgo» mit Bezug auf die
dämonijche Natur des Meeres, das immer für
einen Sit geheimer Weisheit und Arglift gilt.
Mit diefer homeriſchen Vorjtellung ftimmt im all:
gemeinen Heſiod (theog. 517 ff. 746 ff.), nur daß
diejer durch Weglafjung der Säulen das Bild ver:
einfacht; nach ihm trägt Atlas, vor den Hejperiden
ftehend, den Himmel mit dem Haupt und un:
ermüdeten Armen — zur Strafe, wie man jagt,
weil er im Titanenkampfe mitgeftritten. Die Sage
verjegt ihn gewöhnlich in den äußerjten Weiten ın
die Nähe des Oceans und der Hejperiden; er ijt
Beliger großer Herden und der Heiperidengärten.
Die jpätere Zeit madıte ihn zu dem afritanischen
Berge Atlas und erzählte, er jei ein König in
Arifa geweien, der von Berjeus durch das Medujen:
haupt in einen Berg verwandelt worden jei, weil
er ıhm die gaſtliche Aufnahme verweigert habe,
Or. met. 4, 627 ff. Auch nad Arkadien wird Atlas
167
verjegt und von pragmatifierenden Erflärern für
einen der Mathematif und Ajtronomie fundigen
Mann ausgegeben, der die erjte Himmelsfugel ver-
fertigt habe. — Atlas zeugte mit Pleione oder
mit Withra die Pleiaden, mit Heſperis Die
Dyaden und die Hejperiden, welde im den
Heiperidengärten die goldenen Apfel Heſperiden—
äpfel), welche einft Ge der Hera bei ihrer Vermäh—
lung mit Zeus geichenft hatte, bewahrt hielten;
die Wade bei den Apfeln hielt ein Drache Ladon.
Ätolischer Bund j. Aitolia.
Atossa, Arosce, die Tochter des Kyros, welche
zuerjt mit Kambyſes, zulegt mit Dareios Hyſtaſpis
vermählt war und auf diefen großen Einfluß
übte. Hdt.3, 68. 133 f. vgl. 7, 2.3.82. Aeschyl.
Persae.
Atramentum, 1) die jchwarze farbe der Maler.
— 2) die Tinte, atram, librarium, welche aus
Ruf und Gummi gemacht wurde. Plin. 35,6. Auch
icheint man mit dem Safte des Tintenfiiches, der
Sepia, gejcjrieben zu haben. Pers. 3, 12 ff. Mit
rötlicher Tinte, Mennig, jchrieb man die Titel der
Bücher. Or. trist. 1.1,7. In Pompeji hat man
ſchöne antike Tintenfäjler gefunden (j. auh Meiar).
Atrax, Arocek, eine Stadt der Perrhaiber in
Ihefjalien am Peneios oberhalb Lariſſa, jeit der
römischen Kaiferzeit berühmt durch eine Art von
grünem Marmor mit weißen Flecken, der in der
Nähe der Stadt gebrochen wurde und einen ziem:
lich bedeutenden Handelsartifel bildete. Liv. 32,15.
Plin. 4, 8, 15. Daher Atracius ſ. v. a. theſſaliſch
überhaupt, Atracia ars, die Zauberfunft. Atra-
cides heißt der Thefjalier Kaineus (Ov.met.12, 209),
Atracis die Theflalierin Hippodameia (Ov. am.
1, 4, 8). Ruinen beim Dorfe Kugocheri.
Atrebätes, celtijches Volt Galliens im heutigen
Artois, mit der Hauptftadt Nemetocenna oder
Nemetacum (j. Arras, vlämiich Atrecht). Sie
jtellten zu Cäſars Zeit 15 000 Krieger. Caes. b.g.
2,4. 16. 28. 4, 35. 7, 75. 8, 46.
Atreus, Argevs, Sohn des Pelops, Herrichers
in Pija, und der Hippodameia, Enfel des Tantalos.
Er und fein Bruder Thyeftes tüteten ihren Stief:
bruder Chryſippos, Sohn des Pelops und der
Nymphe Arioche, und mußten deshalb vor Belops
fliehen. Der Perjeide Sthenelos, König in My—
fenai, Gemahl ihrer Schweiter Nikippe, nahm fie
auf und gab ihnen Miden zum Wohnfige. Als
des Sthenelos Sohn Eurpftheus gegen die Hera:
fliden auszog, übertrug er die Herrſchaft dem
Atreus, und da er im Kampfe fiel, jo ward Atreus
König in Mylenai. Thyeſtes verleitete die rau
des Atreus, Aërope, zum Treubruch und wurde
deswegen von diejem vertrieben. Um jich zu rächen,
ſchickt er den Pleifthenes, einen Sohn des Atreus,
den er als den jeinigen erzogen hatte, nad) My:
fenai, um Atreus zu ermorden; Atreus aber tötet,
ohne es jelbjt zu wiffen, den eigenen Sohn. Er
jöhnt fich darauf zum Scheine mit Thyeſtes aus,
ruft ihn nach Mykenai zurüd und jeßt ihm die
eigenen Söhne, Tantalos und Pleifthenes, zum
Mahle vor. Als Thyeſtes die jchredliche That ent:
det, Flucht er dem Bruder und flieht davon. Eine
Beft fommt über das Land des Atreus, und nad
dem Spruche des Orakels muß Thyeſtes zurüd:
gerufen werden. Atreus zieht aus, ihm zu juchen,
und befommt des Bruders Sohn, Aigiſthos, in
jeine Gewalt, den er mit nad Mykenai nimmt
168
und wie fein Kind erzieht. Später wird Thyeſtes
jelbjt von des Atreus Söhnen, Agamemnon und
Menelaos, nad Mykenai gebracht und eingeferfert.
Atreus ſchickt den Aigifthos zu ihm, um ihn zu
ermorden, aber Bater und Sohn erkennen einander,
und nun erichlägt Aigijthos den Atreus am Ufer
des Meeres bei einem Opfer, vertreibt Agamemnon
und Menelaos und jest fich und jeinen Bater in
Beſitz der Herrſchaft. Homer und Heſiod willen
von der Reihe der großen Verbrechen im Haufe
der zu noch nichts; fie findet fich erſt bei
den Tragifern.
Atriensis (von atrium), nämlich servus, einer
der geacdhtetjten in der ganzen Sklavenfamilie, der
Haushofmeifter, der die Aufficht über das atrium,
die imagines, die Gemälde, das Tafelgejchirr, furz
über die supellex hatte. Cie. parad. 5, 2. Plaut.
Asin. 2,4. Die auf den Billen hießen atrienses
rustici. Die unter dem atriensis ftehenden atriarii
verrichteten die groben Hausarbeiten. Plaut. T’'seu-
dol. 2, 2, 13 ff.
Atrium j. Haus, 5. 7.
Atropätes, Argordrng, wurde von Alerander
dem Gr., gegen den er in der Schlacht bei Gauga—
mela gefämpft hatte, nach des Dareios Tode als
Satrap ron Medien beftätigt. Nach Aleranders
Tode vermählte ſich Perdilkas mit einer feiner
Töchter und lich ihm Grofmedien. Died. Sie. 18,3.
Der nördliche Teil des Landes, in welchen feine
Nachkommen unabhängig herrichten, erhielt nad)
ihm den Namen Atropatene: Hauptitadt Sazafa
oder Ganzaka. Arr. 4, 18, 3. Strab. 11, 523.
Just. 13, 4. Plin. 6, 13, 16.
Atröpos |. Moira.
Atta, T. Quintius, römijcher Luftipieldichter,
neben 2. Afranius (ſ. Afranii, 1.) der bedeutendite
Verfaſſer von fabulae togatae, d. h. Stüden, die
nicht ſowohl Nachbildungen griechiicher Mufter
waren, als römiſche Sitten und römiſche Stoffe
behandelten. Er ftarb 78 v. C. Man rühmte an
ihm fonjequente Eharafterzeihnung. Die jpärlichen
Bruchjtüde, die einen lebhaften, feden Ton zeigen,
find gejammelt von Neukirch (de fabula togata,
1833) und von Ribbeck (scaenicae Rom. poesis
fragm., Bd. Il p. 115 ff). Hor. ep. 2, 1, 70 ff.
And Epigramme joll er gedichtet haben.
Attaleia, Arralsıe, j. Adalia, Stadt an der
Küfte von Pamphylien, gegründet und benannt
von Attalos 11. Philadelphos (ſ. Attalos, 4.).
Strab. 14, 667. Ob fie Cie. leg. agr. 1, 2,5.
2, 19, 50 gemeint ift, bleibt zweifelhaft.
Attälos, Urteados, 1) ein Feldherr König Phi-
lipps von Mafedonien und Oheim jeiner Gemahlin
Kleopatra, fteigerte noch den infolge diejer Heirat
zwijchen Philipp und Mlerander entjtandenen Un:
frieden, indem er, den leßteren bei der Hochzeits—
feier Fränfend, deshalb von dem Water verteidigt
wurde. JTut. Alex. 9. Just. 9, 7. Mtt. galt bei
Philipp als tüchtiger Feldherr jehr viel und ward
von ihm, ehe nody die Rüftungen zum Berjerkriege
beendet waren, im Frühjahr 336 mit dem chren:
vollen Anftrage nad Aſien vorausgeichidt, den
Krieg immer zu beginnen. Just. 9, 5. Diod. Sie.
16, 91. 93. 17,2. Arr. 2, 14. Da aber Ntt. nad
Philipps Ermordung in Kleinaſien den Plan ge:
faßt hatte, gejtüßt auf jeine Truppen die male:
doniſche Herrichaft an ſich zu reifen, ließ Alerander
ihn ermorden 336. Curt. 6, 9, 17.7, 1,3. Diod.
Atriensis — Attalos.
Sie. 17, 2, 5. Just. 11, 5,1. — 2) Sohn des An:
dromences, ein Feldherr Aleranders des Gr., wurde
verdächtigt, an der Verſchwörung des Philotas teil:
genommen zu haben, aber freigeiprocden. Nach
dem Tode des Königs nd: er jich dem Perdiklas
an, mit deffen Schweiter er vermählt war, und
wurde darum nach deiien Ermordung abwejend
von den Soldaten zum Tode verurteilt. Nun be-
gab er ſich mit der Flotte nach Tyros und warb
Truppen, wurde aber von Antigonos 320 v. E.
eichlagen, gefangen genommen und in ein phrygi—
ches Felſenſchloß gebracht. Ein miflungener Be:
freiungsverjuch 817 führte jeinen Untergang herbei.
— 3) Attalos l., König von Pergamos, regierte
von 241— 197 v. E., befiegte die Aſien überſchwem—
menden galliihen Horden, Siege, die er durch
Werle der Bilhauerkunft verherrlichen lich (4. Bild-
hauer, 14.), und führte jeitdem (238) den Königs:
titel. Liv. 33, 21. 38, 16. Hierauf erweiterte er
fein Reich auf Roten Syriens, bejonders im Kampfe
gegen Antiochos Hierar, mußte aber dem Achaios,
einem Verwandten des Scleufos Keraunos, das
Eroberte zurüdgeben und fi) mit dem Gebiete
von Pergamos begnügen. Jedoch im N. 216 trat
er gegen Achaios, der fich empört hatte, auf die
Seite Antiochos’ III., ohne indes davon für fich
Vorteil zu ziehen. Da nun die Lage feines Hei:
nen Staates in der Nähe des mächtigen Syriens
ein Biindnis mit einem kräftigen Staate erheiichte,
jo verband fich Att. im 3. 211 mit Nom und den
Aitolern, welche legtere er im X. 209 unterftüßte;
doch wurde er durch einen plößlichen Angriff des
Königs Prufias von Bithynien gezwungen, fein
eigenes Neich zu verteidigen. Lie. 27, 29. 28, 7.
Als Att. aber im J. 203 von Philipp von Male:
donien, mit welchem Nom erſt kurz vorher einen
Frieden gejchloffen hatte, in welchen A. anfgenom:
men ward, angegriffen und bis in feine Haupt—
jtadt zurüdgedrängt war (Pol. 15,21 ff. Liv. 32,53),
fnüpfte er abermals mit Rom Verbindungen an
und nahm bejonders mit feiner Seemacht am Kriege
teil, bis ihn das Anrüden des Antiochos zur Nüd:
fehr nötigte. Doch verhinderten die Römer durch
Drohungen den Ausbruch ernſtlicher Feindſelig—
keiten, und Att. ſchloß ſich ihnen nun noch feſter
an. Er ſtarb kurz vor dem Friedensſchluſſe im
J. 198 zu Pergamos an den Folgen eines Schlag—
fluſſes. Ziv. 33, 21. Bon Charakter wohlwollend
und milde, ein kluger Herricher, fühlte er fich auch
als Familienvater ſehr glüdlih und war jeinen
Freunden ein trewer, freigebiger Freund. Ob er
als Schriftiteller befonders über naturwifjenichaft:
liche Gegenftände thätig geweſen ift, läßt fih aus
den Berichten der Alten nicht mit Sicherheit er:
weijen. 4) Mttalos II., PRhiladelphos,
jüngerer Sohn des vorigen, wurde 167 v. E. von
feinem Bruder, dem Könige Eumenes, nad) Rom
ejandt, um dort das Intereſſe des pergamenischen
Reiches wahrzunehmen. Den Aufforderungen meh:
rerer Senatoren, einen Anteil am väterlichen Reiche
zu beanipruchen, gab er, vielleicht in Erwartung
des Todes jeines Bruders, nicht nach. Als diejer
im %. 159 ftarb, regierte er als Vormund für
deilen unmündigen Sohn, Attalos, behielt aber
die Herrichaft bis zu feinem Tode. In feinen
Kämpfen mit Prufias von Bithynien erhielt er
Hülfe von Nom; jpäter hatte er an der Ermor:
dung desjelben Anteil, 149. Auch in die ſyriſchen
Arhig — Attieus.
Angelegenheiten mijchte er ich, indem er dem
Alerander Balas Unterjtügung zur Erlangung des
Thrones gewährte. Den Römern ftand er gegen
den faljchen Philipp von Makedonien und gegen
die Achaier bei. Er wird, gleich feinem Bruder
und Vorgänger, Eumenes II. ({. Eumenes, 3.),
als Gönner und Beförderer der Künſte und Wiffen-
ichaften gerühmt. Er jtarb im J. 138. Liv. 45, 19.
Pol. 32, 23. 33, 6. Just. 35, 1. — Ihm folgte
5) Attalos III., Bhilometor, der Sohn des
Eumenes, älteren Bruders Attalos II., welcher
wegen jeiner geiftigen Unfähigkeit, die bisweilen
in Blödjinn ausartete, feinen Miniftern die Ne:
gierung überlich und jich, entfernt von Menjchen,
mit Gartenbau und Bildhauerfunft beichäftigte.
Er ftarb im 3. 133 v. C. und hinterlieh durch
teftamentarische Verfügung fein Neich den Römern.
Strab. 13, 624. Just. 36, 4, 1. Plut. Demetr. 20.
Vell. Pat. 2, 4. Flor. 2, 20. — 6) Mttalus,
röm. Präfeft, von Marich im J. 409 n. E. ala
Gegenkaiſer gegen Honorius aufgeftellt, ernannte
den Alarich zum Befehlshaber aller römischen Heere
und murde in dem größten Teile Jtaliens an:
erfannt. Bald aber lieh ihn Alarich im Stich und
jeßte ihn ab, bis 5 Jahre jpäter der König der
Weſtgoten, Ataulph, ihn wiederum als Gegenkaiſer
dem Honorius entgegenftellte. Als aber die Weit:
goten (414) nach Spanien abzogen, fiel der ver:
lafiene Attalus in die Hände feiner Feinde und
wurde nach der Inſel Lipara verbannt. Zosim.
6,6. — 7) ein griechischer Philoſoph, welcher der
ſtoiſchen Schule angehörte, al$ Lehrer des Seneca
genannt (Sen. suas. 2, 12).
ArHis (eigentlich Adj. mit ergänztem aovy-
ze«pnj), die geographiich-geichichtliche Darftellung
Attikas. Mit dem Namen der NAtthidenjchreiber
(ol rüs Ardidag monyuarevodusror, Dion. Hal.
1, 8) pflegt man eine Anzahl Schriftfteller aus dem
4. und 3. Jahrh. dv. E. zu bezeichnen, welche jo-
wohl die volitiiche Beichichte als auch die Ver:
faflungs- und Kulturzuftände Attikas anf Grund
der Denfmäler und Inſchriften behandelten. Ihre
Schriften jind von den Grammatikern feißig be:
nut. Kleidemos, Androtion, Rhanodemos, Demon,
Philochoros, Iſtros gehören hieher. Die Bruchitüde
find heransgeg. von Lenz und Siebelis (1811 und
1812), am volljtändigjten von Müller, histor. Graee.
fragın. Ip. 359 ff.
Attieistae, "Arrıxıorei, find 1) diejenigen ſpä—
teren griechiichen Schriftiteller, welche fich nicht der
von Alerandreia aus verbreiteten j. g. „allgemei:
nen” Schriftiprache, der zoırn) drdikenrog, bedienten,
iondern jo viel als möglid des alten attiſchen
Dialefts. Zu ihnen gehören Ailianos, Arria—
nos, Lukianos, Mrifteides, Heliodoros,
Thiloftratos, Longos u. a. — 2) diejenigen
Srammatifer, welche in Verzeichniffen echt attiiche
Ausdrüde den gleichbedeutenden der #oıri) dıd-
kerrog entgegenftellten, wie Moiris Atticifta,
Phrynichos, Thomas Magiiter.
Attieus, römiſches cognomen. Der berühmtejte
diefes Namens ift 1) Titus Pomponius Atti-
cus, im %. 109 dv. C. geboren: er ftammte aus
einem alten römifchen Geſchlechte des Nitterftandes
und genof eine vortreffliche Erziehung. Bon jei-
nem Oheim DO. Cäcilins adoptiert, erbielt er den
Kamen D. Cäcilins Pomponianns Atticns. Die
Unruhen des Sulpicius und Cinna veranlaften ihn,
169
im %. 86 nach Athen zu gehen, wo er den Studien
oblag und ſich dadurc den Parteiftreitigfeiten in
Nom entzog. Bier lebte er lange Nahre; daher
der Beiname Attieus. Durch Freigebigfeit und
durch fein anmutiges Weſen gewann er die Zu—
neigung der Athener (Nep. Att. 2), nicht minder
durch edelmütige Unterftügung der Armen und Not:
leidenden; fie ehrten ihm dafür durch Errichtung
von Statuen. Während Sulla nach feiner Rüd:
fehr aus Njien ſich in Athen anfhielt, ſtand Att.
bei ihm in großer Gunft. Bald nachher kehrte er
zum großen Schmerze der Athener nach Rom zurüd,
ungefähr um diejelbe Zeit, als ihm durch Erbichaft
das Vermögen jeines Oheims D. Cäcilius zufiel,
wovon er auch hier vieles zur Unterftübung feiner
freunde verwendete, zu welchen namentlich Cicero
und Hortenfins gehörten (Sen. ep. 211; doch ent-
zog er feine Hülfe felbft denjenigen nicht, deren
Parteianfichten er nicht teilte. Des Att. Stellung
zu den mächtigften Männern feiner Zeit war eine
eigentümliche, entfernt von jeder —
vielmehr gelang ihm, was keinem andern gelang,
mit den hervorragendſten Häuptern der verſchiede—
nen Parteien im beſten Einvernehmen zu ſtehen.
So war er vertrauter Freund des Cicero und ftand
doh auch bei Antonius in Gunst, Freund des
jüngeren Marius, ohne darum den Sulla, der ihn
ichäßte, zu verleßen. Daher blieb jein Ruf wie
fein Leben unter dem wilden Treiben der Parteien
unangetaftet, weil fein liebenswürdiger Charalter
und feine jeltene Bildung ihn darüber ftellten.
Sen. ep. 6. 13. Amter juchte und beffeidete er nie.
Er ftarb am 31. März 32 v. E. (Nep. Att. 21 ff.),
77 Jahre alt und hochgechrt von jeinen Zeit:
genofjen. Für die Pitteratur ift er durch Verviel—
fältigung und Verbreitung der Schriften feiner Zeit:
genofien und Freunde ſehr thätig gewejen; jeine
— Sklaven beſorgten (Nep. Att. 13) die
bichriften. Er hat aber auch jelbit hiſtoriſche
Werle verfaßt, unter denen bejonders der liber
annalis, dem Cicero gewidmet, eine tabellarijch
nach den Beamten geordnete Beichichte Roms vom
Anfange an bis zum %. 54 enthielt. Nep. Att. 18.
Cie. Brut. 3. 5. 11. Auch imagines erwähnt
Nepos (18, 5) und eine griechiiche Schrift über
Ciceros Konfulat. Cie. ad Att.2, 1,1. Plin. 35,
3,11. Wal. Boiffier, Cicero und feine Freunde,
©. 131 ff. der deutſchen Überjeßung. — 2) Tibe:
rius Claudius Atticus Herodes, Sohn eines
reichen Marathoniers, aus einem uralten Ge—
ichlechte, das ſich von den Aiakiden herleitete, geb.
ıwı nn. E., beichäftigte fich unter Marc Aurel, der
ihn sehr hoch ſchätzte, mit der NHetorif. Won
tüchtigen Lehrern gebildet, widmete er ſich dem
Staatsdienfte und verwaltete 143 das Konſulat, zog
ſich indes jpäter vom Öffentlichen Dienste zurück
und gab fih ganz den Wiffenfchaften hin. Er
gründete eine Rednerſchule und bildete tüchtige
Schüler, war aber auch ſelbſt ein ausgezeichneter
Redner. Geil. 19, 12. Seinen Unterricht genofjen
unter andern die Kailer 2. Berus und Marcus
Nurelius. Über fein Verhältnis zu Fronto, das
nicht immer freundichaftlich war, val. deſſen Briefe
p. 61. 111. 138. Won feinen zahlreichen Schriften
ift nichts auf uns gefommen, denn was unter jei-
nem Namen vorhanden ift, ift ſchwerlich echt. Ein-
fachheit und gefällige Sprache jcheinen hervor:
ragende Eigenichaften an ihm geweſen zu fein. Bon
2
170
jeinen großen Neichtümern machte er als Wohl:
thäter der Armen und als Gründer prachtvoller und
nüßlicher Bauwerke in Athen (. Attika, 13, 14.),
Olympia, Rom und an andern Orten den ebeljten
Gebrauch. Er ftarb im J. 177 in Marathon. Bol.
Kämmel in N. Jahrb. f. Vhilol. Bd. 102 ©. 1—24.
Attii j. Atii.
Attika, 7) Arten, von éutn hergeleitet ſtatt
Garın, chemald auch "Far, „KRültenland‘, und
von Dichtern Moyorda oder 'Iari« oder Tocti-
daria genannt, ift die wichtigite der acht Yand-
ſchaften, aus denen das eigentliche (mittlere) Hellas
beitand. Sie hat die Form eines mit der Spitze
nad) Südoften gekehrten Dreieds, grenzt gegen N.
an Boiotien, gegen O. an das Wigatiihe Meer,
gegen SW. au den Saronijchen Meerbujen (ij.
teerbufen von Egina) und gegen W. an Megaris
und nimmt einen Flächenraum von nicht ganz
40 [Meilen ein. Attika it ein Bergland, welches
aus ijolierten, aber Dichtgedrängten, meift nadten,
ummirtbaren Berg: und Hügelgruppen bejtcht, zwi:
Ichen denen nur wenige und unbedeutende Ebenen
Platz finden. Alle Gebirge gehen aus von dem
Grenzgebirge gegen Boiotien und Megaris, dem
Kithairon (ÄKÄdauomr, noch jetzt jo; der höchſte
Gipfel heißt Elatias), der bis zu 1410m rauh,
ſchroff und felfig emporfteigt und durd die Mythen
von der fithaironiichen Löwenjagd, der Jagd des
Aftaion und der Ausſetzung des Didipus belannt
it. Der icharfe Kontraft mit dem benachbarten
Helifon gab zu der Sage von dem in Berge ver:
wandelten Brüderpaar Beranlaflung; Helikon, janft
und wohlwollend, wählten die Mujen, Kithatron,
der ruchlos Vater und Mutter umbracte, Die
Erinyen zum MWohnfige. Durch die wildeften Teile
windet fich der Paß von Gifto Kaftro, ehemals
rgeig zepakal oder Ögrös zepakal. Nah ©.
entiendet der Kithairon einen niedrigeren Höhen:
zug, der zulegt nahe der Küſte, dem Nordgeitade
von Salamis gegenüber, ſich in 2 auffälligen,
Hörnern ähnlichen Spitzen (davon Krgara genannt)
erhebt und "Indgrov Öpog geheißen zu haben ſcheint;
er bildete die Grenze gegen Megaris. Oſtlich vom
Kithairon zieht ſich ins Land hinein der Parnes,
IIdorije, j. Ozea, nach Höhe (über 14100) und
Ausdehnung Attikas mächtigſies Gebirge, im Alter—
tum dicht bewaldet, noch jetzt auf den Abhängen
teils mit Laubholz und Gebüſch, teils mit Strand:
fiefern bewachſen und reich an landſchaftlichen
Reizen. Seine ſüdweſtliche Fortſetzung bildet ein
viel niedrigerer, 470m hoher, Höhenzug, von den
älteren Schrifſtellern Algaico⸗ ‚ Alyaksog, von
den jüngeren nad) einem gleichnamigen Demos
Korndallos geheißen, der die atheniiche Ebene
im Weſten von der von Eleuſis trennt; der mitt:
lere Teil, über den die Heilige Strafe nad
Eleufis führte, hieß ro Tloıziior Gong; das ſüd—
weitliche Ende bildete das Vorgebirge Amphiale.
Von jeiner Höhe jah Xerres dem Kampfe von
Salamis zu. Adt. 8,90. — Südöſtlich vom Parnes
erhebt jich der giebelförmig aufragende, 1110 m
hohe Brilettos (Berinerög) oder ro Jlevreiı-
xor Ög0g, j. Mendeli, fo genannt nach einem
Demos Ilevred), berühmt durd jeine Marmor:
brüche, dem fich in füdlicher Richtung, näher der
Stadt zu, der ebenfalls marmorreiche, etwas niedri⸗
gere Hymettos (Tuutrös, j. Trelovuni) anſchließt,
auch heute noch durch ſeinen wohlriechenden Thy—
Attii —
Attika.
mian und trefilihen Honig ausgezeichnet. Er endet
im Borgebirge Zoſter iR. Helites). Der Lyka—
bettos (Avzaßnerog, j. Hagios Georgios) ift ein
284m hoher, fait ijolierter, mordöftlich faſt an die
Mauern Athens ftoßender Felstegel, an den ſich
eine nach Norden ziehende Felskette auſchließt,
wahrſcheinlich der 4y7600òs der Alten. Endlich
bedecken Höhenzüge auch den jübl. Teil von Attila
und bilden zulegt einen im Vorgebirge Sunion
j. 8. Rolonnaes) fteil ins Meer abfallenden Ge—
birgszug, das Yauriongebirge, im Wltertum
mit zahlreichen ergiebigen Silberbergwerten (Hdt.
7, 144. Plut. Them. 4), einer Hauptquelle des
Neichtums für das alte Athen. — 3) Ebenen:
gibt es in Attila 3: a) die Eleufinijche (Eiev-
sirıor aedior), zwilchen dem Kithairon und der
jumpfigen Nüjte des Golfs von Eleufis, die Korn:
fammer von Athen, weshalb fie im Anfang des
peloponn. Krieges auch zuerſt von den Spartanern
verwüſtet wurde; der weſtliche Teil hieh "Peer
nsdior, der größere öftliche Ogidsoıor x.; der nach
Megaris zu liegende Teil war unverlefiches Eigen:
tum der Demeter und hieß 79 fee) oder deyas.
b) die Kekropiſche Ebene, nordöftlid von Athen,
auch bloß ro redcor genannt (j. Ebene von Ka—
landrü), vom Wigaleos und Hymettos eingeichlofien,
vom Kephiſos durchſtrömt; Defeleia beherrichte fie
im RO, und ward deshalb von den Spartanerit
bejegt. «) die Ebene Mefogeia (Mesoysıe), j.
Meioghia, au der Dftfüfte um Brauron herum.
Außerdem jind zu nennen die Heineren Ebenen bei
Marathon und an der Mündung des Aſopos. —
Tie Bewäjierung des Yandes ift dürftig, faſt
alle fließenden Wäſſer entbehren im Sommer ber
Raflerfülle. In jeinem unteren Yaufe gehört bie:
her der aus Boiotien fommende Ajopos (j. Wu:
rient). Der größte Fluß des Landes, Kephifos
(Kngısös, j. Rephifjo), entipringt am füdweftlidhen
Abhange des Brilettos, empfängt einige Bäche vom
Barnes und ftrömt durch die Kekropiſche Ebene weit:
lid bei Athen vorüber; im Winter überjchwenmt
er das Land an der Mündung beim Hafen Pha—
leron (er Erenzte die langen Mauern). Der Iliſos
(j. Jliſſo) fommt vom Hymettos, nimmt von lints
den Bach Eridanos auf, flicht ſüdlich bei Athen
und verliert fid in der Ebene. Ein zweiter Ke—
phijos (j. Sarantaporos), vom Kithairon herab:
fonmend, mündet öftlich bei Eleufis; weiter öſtlich
finden fi die "Peiroe, Pttrot, flichende Salz:
gewäller, deren FFilchereien dem Tempel von Eleufis
gehörten, nadı dem Glauben der Alten durch
eine unterirdijche Strömung aus dem Euripos bei
Chalkis entftanden. Nicht waſſerreicher als das
übrige Attifa war Athen und feine Umgebung.
Denn außer Jliios und Kephiſos gaben nur die
Quellen des Banops und die Kallirrhod (jüdlich
des Olypmpieion), aud "Evrecdxgovrog oder Ja-
Ösxdrpovrvog, gutes Waſſer; jetzt iſt auch dieſe
ſchlammig. Erſt Hadrian (117-138 u. E.) jorgte
durch eine Waſſerleitung vom Ancheſmos her für
die öſtliche Stadt. Die andern Brunnen hatten
ichlechtes Wafler und hießen daher mitunter de-
Jarr« (Hdt. 8, 55), deshalb war der Brunnen:
auficher (&mssrärng zenror) eine wichtige Berjon,
welche jorgte, da niemand Wafler mwiderrechtlich
ableitete. — Bon Buſen find zu merken: auf der
Ditjeite die flahe Bat von Marathon, auf der
Weftjeite die Häfen der Stadt (j. unten) und Die
5
a
Attika
Bai von Eleujis (Levfina). — Darf man auch) |
mit den Maßſtab der jebigen Zeit anlegen, wo
durch die im Laufe der Zeit verijchwundenen Wal:
dungen und die dadurd immer jpärlicher fließenden
Gewäſſer die Trodenheit und Dürre des Yandes
im allgemeinen einen hohen Grad erreicht hat, jo
darf doc als ficher gelten, daß Attifa aud im
Altertum mit Ausnahme einzelner Teile von Natur
nicht jehr fruchtbar war. Noch gegenwärtig ficht:
bare Terraflenanlagen zeigen, wie man jedes Stüd
Landes zu benußen juchte; die Dide des Humus,
d. h. der fruchtbaren Erdrinde, war jo unbedeutend,
daß z. B. in Racdıtlontraften ausdrüdlich die Weg:
führung der Fruchterde verboten wurde. Doc
wußte der Fleiß der Bewohner dem fargen Boden
genug Erzeugniffe abzugewinnen, und das treif:
liche Klima erießte bei der Vegetation zum Teil
die Magerfeit des Bodens. Der Aderbau, durch
religiöje Sapungen und den Dienjt der eleufini-
ideen Demeter geheiligt, war ſelbſt dem edeln
Athener eine ehrenvolle Beichäftigung. Das Ge-
treide (Gerfte) war trefflich, reichte aber nur zu
2 Dritteln des Bedarfs hin (zur Zeit der Blüte
gebrauchten 500 000 Bewohner — 140 000 Freie,
an 400 000 SHaven — 3 Millionen Medimnen);
DI dagegen war vortrefflich und auch zur Aus—
fuhr vorhanden; Athene hatte angeblich ſelbſt den
erften Olbaum auf der Afropolis (im Tempel der
Athene Polias) gepflanzt, der auch die Perferfriege
überdauerte. Hdt. 8, 55. Der Wein war häufig,
doch nicht von bejonderer Güte; beſſer und ſehr
reichlich die Feigen, daher das Sprichwort: un
sox« is Adrnvag, für etwas Überflüſſiges. Das
mehrfach erwähnte Verbot der Ausfuhr derjelben
(ſ. Zuvxogarıns) ift als eine Erfindung zu
bezeichnen. Außerdem gab es Maulbeerbäume,
Lorbeerbäume, Mandeln, den berüchtigten Schier:
ling u... ; Eichen, Buchen, Föhren, liefern, Gedern,
Pinien, welche leßtere an den Abhängen des Bar:
nes und Kithairon wuchſen und der Stadt den
Bedarf an Brennholz und Kohlen lieferten (Achar:
nai). Die Berge beitehen aus Kalt, Schiefer und
Marmor, darunter bejonders gejhägt der pente—
liiche wegen feiner weißen Farbe und jeiner Fein-
förnigfeit (j. Eipollino). Im Bezirke Yaurion waren
die bedeutenden Silberbergwerfe jo ergiebig, daß
jeder atheniiche Bürger an Reinertrag 10 Drachmen
(gegen 8 Mark) jährlich erhielt; beim Borgebirge
Kolias feine Töpfererde; außerdem Smaragde und
andere Steine, und der attijche Sil, ein oderartiger,
goldgelber Farbeſtoff. Daß das Salz gut und
fein war, wird durch das jprichtwörtlich gewordene
attiiche Salz angedeutet. Im Tierreiche ging die
Zucht befonders auf Schafe und Biegen; Pferde
fehlten, außer in der Marathoniichen Ebene; der
Pilugftier war durd) alte Satzung des Triptolemos
heilig; ferner gab es Ejel und Maultiere und
in früherer Zeit in den Gebirgen Eber, Wölfe,
Bären; in den FFelsipalten der Afropplis viele
Eulen (daher aud un ylaönag Adrjvake in ähn-
lichem Sinne wie das vorhin erwähnte un) oün«
ls Adrjvas); im Meere endlicd) Fiſche. — Das
Klima, in den Ebenen ſchon vom März bis zum
Juni drüdend warm, fteigt im Auguft jelbit bis
zu der fait unerträglichen Hitze von 28-32 R.,
bejonders in Athen jelbft, wo die Afropolis ge:
tade vorgelagert it, während an mandjen Orten
tühlende Scewinde die Temperatur ermäßigen. |
171
Während alles Begetabiliiche vertrodnet, ertönen
ichmetternd die gellenden Stimmen zahllojer Gi:
faden in den Olbäumen. Auf den Gebirgen hält
fid im Winter der Schnee oft ziemlich lange, ſonſt
ijt dieſe Zeit im ganzen mild und bejonders
gejund. Die Luft Attifas ift meift außerordentlich
rein, bejonders überrajchend iſt der eigentümliche
Lichtglanz, da die größtenteils waldlojen Höhen
den Strahl mit großer Kraft zurückwerfen. Die
Trodenheit der Yuft hat wejentlich zur Erhaltung
der Gebäude und Kunftichäge beigetragen. — Die
Bewohner, ionijchen Stammes, waren jedesfalls
ur See aus Stleinafien eingewandert und ver:
härtten ſich durch Zumwanderungen bejonders pelo-
ponnejischer Jonier; fie jcheinen bereits eine ältere
pelaſgiſche Bevölterung vorgefunden zu haben, welche
jie unterwarfen und mit fich verjchmolzen, Früher
in 4 Phylen (ſ. Dvirj) eingeteilt, zerfielen fie jeit
Ktleifthenes in 10 Phylen, deren Angehörige in
mindeitens 174 Demen (ſ. IJyuo«) wohnten. In
natürlicher Beziehung ift noch zu merfen die Ein:
teilung in Iledıcg, „Flachland“, nördlich und nord—
weitlich von Athen, IIagakl« oder Anrıj, „Küſten—
land‘, den Stridd am Meere zwijchen Athen und
Sunion (woran jich landeinwärts die Mefogeia
ichließt), und Jıangla oder "Eranxgie, „Bergland“,
den größten Teil der Oſtküſte, eine Einteilung, die
auch politijche Geltung hatte (j. Peisistratos).
— Wir unterjcheiden der Überfichtlichfeit wegen
I. in der Bedias 1) die Ebene von Athen. Darin
lag Athenai, ai Adrraı, Hauptitadt Attikas und
die größte Stadt Griechenlands. Athen beſtand
aus zwei Hauptteilen, der Stadt und den Häfen,
welche jeit Kimon durch die langen Mauern (r«
orEln) miteinander verbunden waren. Über die
Größe vor den Perjerfriegen läßt ſich nichts Ge—
wiſſes jagen: erjt Themiſtokles legte den Haupt:
grund zur Größe der Stadt, indem er diejelbe
nach ihrer Zerftörung durch die Perier prächtiger
wieder aufbaute und mit Mauern verjah, ſowie
ben wichtigen Hafen Peiraieus anlegte. Die Rich—
tung der themiftofleiihen Ringmauer läßt fich
zum größten Teile in deutlichen Spuren erfennen.
er Umfang des Ganzen betrug nach Thufydides
2, 13) 174", Stadien oder über 4 deutiche Mei:
len, wovon auf die Hafenstadt 56'/,, auf die langen
Berbindungsmauern 75, auf die Stadt jelbft 43
(über 1 deutiche Meile, nach Kauperts Berechnung
7912 m) famen, wodurd) es auch erflärlich ift, daß
Athen, an Umfang Rom faft gleich, doch nur den
vierten Teil von dejjen Flächenraum einnahm. Das
Ganze enthielt 10 000 Häujer (Xen. mem. 3, 6, 14)
und nach Boedhs Schäßung 180 000 Einwohner,
während andere wenig über 100 000 annehmen.
Mit Ausnahme der öffentlichen Gebäude gab es
wohl nicht gar viel Schöne Häufer, die meiften waren
aus Fachwerk oder ungebrannten Ziegeln gebaut,
bejonders die im weftlichen Zeile der Stadt, dem
von der ärmſten Volksklaſſe bewohnten Viertel, ge—
legenen; die Strafen waren meift unregelmäßig
und eng (orevozoi). Die 11 Hauptthore der Stadt
waren von Weſten nach Süden herum: 1) Dipy-
lon (Sirviov), früher das Thriaſiſche Thor, aud)
Thor des Kerameikos, von beträchtlicher Größe
(Liv. 31, 24) und jtarf befeftigt, wahricheinlich das
Thor, durd welches Pauſanias die Stadt betrat
und von wo aus er feine Wanderung begann;
2) das Heilige Thor (ai fegal muicı); 3) das
ge
172
Neiterthor (al 'Innddrs mul); 4) das Rei:
raiifche Thor (Tleıgainn mein); 5) das Meli:
tiſche Thor (al Mekirddeg m); 6) das Itoniſche
Thor (af "Iranıcı mil; 7) das Thor des
Aigeus (ef Alydog x., wahrjcheinlich beim pana-
thenaiiichen Stadion; 8) das Thor des Diochares
(af tod Htogdeovg .); 9) das Diomeiiche Thor
(n Aounmis w.), gegen Kynoſarges hin; 10) das
Sräberthor (af "Hodaı m \; 11) das Acharniſche
Thor (ai Ayeprınci m... Doc ift die Yage nicht
aller Thore unbeftritten. — Ungefähr in der Mitte
des jo eingeichloflenen Raumes erhebt ſich etwa
100" über der Alifosebene eine Felämafle, nur
von W. her zugänglich, jonft fteil abfallend, die
oben eine Aläche von 300m Länge (von W. nad)
D.) und an der breiteften Stelle 130m Breite
bietet. Dies ift die Burg, von den Welaigern
Kowvaı), von Kelrops Arrpumia, von Erechtheus
Adıvn genannt, bis endlih für die Stadt der
Attika.
Felsplatte gelangte, ein foftbares Thorgebäude aus
penteliichem Marmor mit 5 Durchgängen, deſſen Bau
angeblich 2012 Talente foftete und 5 Jahre dauerte,
übrigens infolge Ausbruchs des peloponn. Krieges
nicht ganz nach dem urjprünglichen Plane vollendet
zu fein scheint. Die große zu ihnen führende Mar:
mortreppe, von der ſich Stüde erhalten haben,
ſtammt erjt aus römijcher Zeit. Vor dem Eingang
in die Propplaien rechts führt eine Meine Treppe
auf eine Baltion, die den wohl erhaltenen Hei:
nen "Tempel der Athene Nike (gewöhnlich Nike
Apteros geheifen) trägt, erbaut um 430 v. E,,
während die die Baluftrade zierenden Reliefs, ge—
flügelte Siegesgöttinnen darftellend, den letzien
Jahren des 5. Nahrh. angehören und vielleicht zur
eier der Rückkehr des Alkibiades im J. 407 anf:
geitellt worden find; links dagegen, vor dem nörd-
lichen Seitenflügel, ftand im römischer Zeit auf
einer noch erhaltenen, 16,75 m hohen Bafis ein Reiter:
ftandbild des um
Athen hochverdien
ten M. Vipſanius
Agrippa(j.Agrip-
pa, 1.), errichtet
um 25 v. C. Die
Propylaien ſelbſt
hatten rechts und
linfs einen Seiten—
flügel: der größere
finfe (nördliche,
quterhalten, diente
als&emäldegalerie
(IIrarodıjan) u.
enthielt unter an:
dern berühmte We:
mälde des Poly:
qnotos (. Maler,
2,), der fleinere
rechte ſüdliche
ſcheint Wachlofal
für Thorwärter
und Burgwächter
geweſen zu fein,
hat vielleicht auch
ein Charitenbeilig:
tum enthalten.
Val. Bohn, Die
Propylaien der
Alropoliszu Athen
Name Adjreı, für die Burg der Name AxeomoAıg | 1882). — Tas Plateau des Burgfeliens, mit Hei:
gebräuchlich wurde. Die Nord: und Weftjeite war | ligtümern (in römischer Zeit unter andern einem
angeblich ſchon von den Pelaſgern befeftigt worden
(das ſ. g. Pelajgifon, IleAaoyınov, cin aus
mächtigen Werkſtücken aufgeführtes Schanzenſyſtem,
das diejen Teil der Burg bis zum Heiligtum der
Agraulos ſchützte, mit 9 hintereinander auffteigen
den Thoren, daher auh Enneapylon genannt,
Hdt. 6, 137); die Sübdjeite befeitigte Nimon. Was
innerhalb dieier Mauer lag, war das eigentliche
Aorv, für alle Zeit in religiöfer, künftlerijcher und
politiicher Sinficht der Mittelpunkt der Stadt. An
dem weſtlichen Aufgange zur Burg lieh Perifles
437432 v. E. durd; Mneſikles zum Schmuck und
Schuß die prächtigen *Propplaien* (r«& Heo—
zrkere) erbauen, durch die man auf die obere, jind und dem zahlreiche in die Nordmauer der Akro—
*) Die Namen der Gebäude, von denen ſich nech Über
rejte finden, find mit * bezeichnet.
Tempel der Roma und des Auguftus), Weih-
geichenten, Bildfänlen u. |. w. reich bededt, ent-
hielt außer der foloffalen Erzitatue der Athene
Promachos von Pheidias, deren Helmbuſch und
Yanzenfpige meilenmweit fichtbar waren (Paus. 1,
28, 21, 2 hochberühmte Tempel, den Parthenon
und das fogenannte Erechtheion. Der Warthe—
non (6 TIegderon), der Tempel der jungfräulichen
Athene, wurde füdlich von einem von Beififtratos
erbauten, von den Verſern 480 v. E. zerftörten und
nachmals viell. teilweije wieder aufgebauten Athene-
tempel, dem 3. g. Hekatompedon, deſſen Grund
manern in den lebten Nahren aufgefunden worden
volis eingemanerte Bruchftüde von Säulen, Archi—
traven u. |. w. anzugehören jcheinen, auf einem bis
| dahin nicht bebauten. Plage unter Perifles durch
1
—
Attika.
Iltinos und Kallifrates aus penteliichem Marmor er:
baut und wahrjcheinlich 434 v. E. vollendet. Wenn:
gleich die Benetianer im J. 1687 durch ihr Bom:
bardement dem Tempel bedeutenden Schaden zufüg—
ten und zu Anfang diejes Jahrh. Yord Elgin dem:
jelben viele Metopen, Basreliefs u. j. w. raubte ( Elgin
marbles im Britiijchen Muſeum), jo erregt diejer
herrliche Bau doch noch jegt Staunen. Im Par:
thenon jtand das 26 griechiiche Ellen (39 Pariſer
Fuß) hohe Standbild der Göttin aus Gold und
Elfenbein, ein Werk des Pheidias; das 44 Talente
ſchwere, abuchmbare Kleid wurde 299 v. E. von
dem Tyrannen und Demagogen Lachares geraubt,
zur Zeit des Demetrios Poliorfetes. Paus. 1, 25, 7.
Auf der rechten Hand trug die Göttin eine ihr
zugewendete, 4 griechiiche Ellen hohe Nite von
Elfenbein mit goldenem Gewande. Das Hinter:
gebäude des Barthenon (Orıc#odouog, lagderu»
im engeren Sinne) diente zur Aufbewahrung der
lee Selder der Athene und der übrigen Götter
owie des Staatsichates. Vgl. das Hauptwerk:
Michaelis, der PBarthenon (1871). ©. aud) Bau-
künstler, 4. 5. Nördlich vom Barthenon lag
der ältejte und heiligite Tempel der Burg, der
Tempel der Athene Polias, nad) einer Abteilung
desjelben gewöhnlich das *Eredhtheion (j. d.),
to 'Epsydeior, genannt, zur Zeit des peloponneſ.
Krieges gebaut, mit dem alten hölzernen Kultbilde
der Athene, dem angeblichen Grabe des Kekrops,
dem durch einen Schlag Bojeidons entjtandenen
Brunnen mit Salzwaſſer (Egerdris Hdlace«) und
dem heiligen, von Athene jelbft geichaffenen DI-
baume (7) mdyxrgpog). Nordöftlich des Erechtheions
ftand vor den Perjerfriegen der alte Herricher:
palaft, von deſſen Fundamenten in jüngjter Zeit
ein großer Teil aufgefunden worden tft. Im all:
gemeinen vgl. Eurtius, die Afropolis von Athen
(1844). Beuld, l’Acropole d’Athenes (2. Aufl.
1862). D. Jahn, Pausaniae descriptio arcis
Athenarum (2. Aufl. 1880). Ad. Bötticher, die Akro—
polis von then 1888). — Pie um die Akro—
polis liegende Stadt war aus der Zufammenziehung
mehrerer Demen entitanden, die nod in —
Zeit ihre Namen behielten: Kollytos im N., Kera—
meifos im NW., Stambonidai, Keiriadai, Melite
im W., Koile im SW., Kydathenaion im ©., Agrai
und Diomeia im O. Weſtlich von der Burg, etwa
150 Schritt entfernt, lag der feljige Hügel Aottos
rdyog, Areiopagos, jo nahe, daß die Perjer von
da aus die Damals hölzerne Burg mit brennenden
Bieilen in Brand jchoffen (dt. 8, 52). Am öftlichen
Ende des Hügels befand ſich der Gerichtshof des
Areiopagos und der Tempel der Semnai Eumeni—
den) mit dem Grabe des Didipus, in der Nähe
das Kyloneion (Kvioreıor), ein Erinnerungs:
zeichen an die Blutjchuld, welche die Athener durch
die Ermordung des Kylon (j. d.) und feiner Ans
hänger auf ſich geladen; jüdlich davon ein Tempel
des Ares, mäher der Burg zu der Altar der
12 Götter und die Bildjäulen des Harmo—
dios und Ariftogeiton. Den ſüdweſtlichſten
Bunft der Stadt bildete ein hoher, ziemlich fteiler
selshügel, nad dem angeblicd hier begrabenen
Sänger Mujaios Mujeion (rö Movseior) ge:
nannt, von Demetrios Poliorfetes im J. 295 v. E.
befeftigt und mit einer mafedoniichen Bejagung
verſehen; jein noch innerhalb der Stadtmauer lie:
gender, 147 hoher Gipfel trägt jetzt die Reſte
173
eines Marmordentmals des Antiochos Phi—
lopappos, eines Nachkommen des leßten Nönigs
von Syria Kommagene, unter Kaijer Trajan zwi:
ichen 114 und 116 n. E. errichtet. An die mörd-
liche Seite diejes Hügels, durch eine enge Schlucht
von ihm getrennt, jchließt jich eine andere Auhöhe
an, nad) der gewöhnlichen Annahme die Puyr
(IIvv&, gen. Ilvarog), wo ſich das Voll verjam:
melte; in einem, aus dem lebendigen Geftein ge:
meißelten, etwa 10 Fuß hohen Würfel, auf den
von 2 Seiten Treppen hinanführen, glaubte man
die Nednerbühne rue, 0 Aldos), in dem halb-
freisförmigen, mehrere Tauſend Menſchen faſſenden
Raume, dem der Würfel zugekehrt iſt, den Platz
für das verſammelte Volk zu erkennen. Doch haben
in neuerer Zeit Welcker, Ulrichs, E. Curtius, Milch—
höfer u. a. mit guten Gründen zu beweiſen ver—
ſucht, daß auf dem als Pnyr bezeichneten Hügel
ſich vielmehr ein Heiligtum, vielleicht ein Altar
des Zevg rstos, befunden habe, wogegen (jo
Eurtius) Puyr nur ein anderer Name des Muſeion
gewejen jei, und die zwijchen letzterem und der
Akropolis gelegene Fläche als Lokal der Volks—
verjammiungen gedient habe. Noch andere ver:
legen, von der Anficht ausgehend, day Puyr und
Agora, wie Forum und Comitium in Nom, zu:
jammengehört haben, die Pnyr au die Nordabhänge
des Areiopagos, alſo direft über die Agora (jo
Start und E. Wachsmuth). Später wurde das
Theater des Dionyjos zu Bollsverfammlungen be-
mußt. — Geht man von der ſ. g. Pnyr nach Dften,
jo liegen hier an der Südjeite der Afropolis: das
jeit dem J. 1857 völlig ausgegrabene *Ddeion
des Herodes Atticus (j. Atticus, 2.), das
diejer reiche Athener feiner zweiten Frau, Appia
Ania Regilla (7 161 1. E.), zu Ehren hatte bauen
laſſen, ein prächtiger, bededter, theaterähnlicher Bau,
der über 6000 Zujchauer faßte, ſodann der neuer:
dings ebenfalls freigelegte *Tempel des Afkle—
pios, die EEumeniſche Stoa, erbaut von König
Eumenes II. von Pergamon (197—159 v. E.), um
den Bejuchern des Odeions und des Dionyios
theaters als Foyer und bei ungünjtiger Witterung
als Zufluchtsort zu dienen, weiterhin das dem
Dionyjos geweihte *Haupttheater, jeit dem J.
1862 dur die preufiiche Erpedition von Strad,
E. Eurtius und Bötticher wieder ans Licht ge:
bracht, deſſen Zuichauerraum in jeiner jeßigen Ge—
ftalt aus dem 4. vorchriftlichen Jahrhundert, das
Bühnengebäude (namentlicd) das Logeion) gar erit
aus römischer Zeit ſtammt, ſüdlich daranſtoßend das
Xenaion, wo dem Pionyjos die Lenaien gefeiert
wurden, endlich am jüdöjtlichen Mbhange des Akro—
polisfeljens (öftlich des Dionyjostheaters) das zu
muſikaliſchen ——— von Perikles gebaute,
jetzt ſpurlos verſchwundene Odeion, kleiner als
das Theater, doch in ſeiner Form ihm ähnlich, mit
einem hölzernen, zeltförmigen Dache verſehen. In
dem öſtlich der Akropolis gelegenen Stadtteile
(jpäter die Hadriansſtadt genannt) lag nach dem
Iliſos zu, in der Nähe der Quelle Kallirrhod vder
Enneafrunos, das *Dlympieion, der gewaltige
Tempel des Zeus Olympios, der größte aller
griechiichen Tempel, 108 lang, 5tm breit, 4 Sta:
dien im Umfange, von Peiſiſtratos begonnen, doch
erit von Kaiſer Hadrian vollendet und im Herbſte
129 n. C. eingeweiht, von deſſen 120 riefigen
(20 hohen und 2 dien) Säulen noch 15 mit
—
..
*
174
Spige jtand der *Triumphbogen des Hadrian,
öftlidh in der Niederung des Iliſos der Tempel
der Aphrodite in den Gärten (dv mag). —
Wenig öftlid von dem Odeion des Perifles, da,
wo jich die Straße an der Dftieite der Afropolis
nad Norden wendete (Tripodenftraße), liegt das
*horegijhe Denkmal des Lyſikrates, jetzt
die Laterne des Demoſthenes genannt (ſ. Lysı-
krates), ein fleiner, zierlicher Rundtempel mit
6 ſchlanken ioniſchen Säulen, deſſen fuppelfürmiges
Dad einen ehernen Dreifuß als Weihgejchent und
Siegespreis für einen choregiichen Sieg (j. Ası-
roveyia, 2.) trug, errichtet 334 v. CE. Das
Prytaneion, wo Gejandte und wohlverdiente
Bürger geipeift wurden, lag am nordöftlichen Fuße
der Burg; öftlich von ihm das Diogeneion, ein
Gymnaſium aus dem 3. Jahrh. v. E., und tiefer
in ber Niederung der Tempel des Sarapis, weit:
lid davon das Heiligtum der Dioskuren (Are-
xeiov, ol "Avanes), oberhalb desjelben am nörd—
lichen Fuße der Burg in einer durch einen Fels—
jpalt mit der oberen Fläche der Atropolis zujam-
menhängenden Grotte das Heiligtum der Aglau-
ros. Weftlich desjelben befand fich (und befindet
fi noch) eine Höhle mit einer Quelle; die Höhle
ift die Grotte des Apollon und des Ban, die
Duelle hieß Alsyidox oder 'Eunedo, weil man
glaubte, fie gehe unter der Erde von Athen nad)
Phaleron; durd eine Wafferleitung ſtand diejelbe
in Verbindung mit der *Wafferuhr des Androni-
fos Kyrrheftes, einem unter dem Namen „Turm
der Winde” jept noch berühmten Monumente
(j. Winde). — Am Nordfuße des Areiopagos lag
die mit Bildjäulen reich geichmüdte, ein Tängliches
Viered bildende Agora, eingefaht von der Stoa
Poikile oder Gemäldehalle mit Gemälden des
Bolygnotos, der Stoa Bafileios, dem Amtslofal
des Archon Bafileus, der Stoa des Zeus Eleul-
therios, dem Tempel des Apollon Ratroos, dem
Tempel der Göttermutter (Mnre@orv, zugleich
Staatdardjiv), dem Rathaus (Bovklsvrijeror),
worin der Rat der 500 jeine Situngen hielt, mit
Altären des Zeus Bulaios und der Athene Bulaia,
und der j. g. Tholos, einen freisförmigen, mit
einem oben offnen Kuppeldache überdedten Gebäude,
in dem die Prytanen jpeiften. Unficher ift die Lage
des Tempels der Aphrodite Urania, des Hephailtos-
tempels, des Heiligtums des Euryiafes, des Gym:
najions des Hermes, der Tempel des Herakles
Alerifafos und der Demeter jowie des Pom—
peions, eines zur Aufbewahrung der bei den
Feſtzügen nötigen heiligen Gefäße beftimmten Ge—
bäudes. Eine nördliche Fortjegung der Agora bil-
dete eine nordweſtlich nach dem Dipylon führende,
das Quartier Kerameikos durchichneidende, präch—
tige Straße, Dromos genannt; links (weftlich) der:
jelben liegen der (mit der Sternwarte des jeßigen
Athens gefrönte) Nymphenhügel (jo genannt
auf Grund einer Felsinjchrift, die den Dienft der
Nymphen bezeugt) und weiter öftlich das ſ. g.
*Thejeion, nicht ein Arestempel, auc nicht ein
Heiligtum des Theſeus, jondern (nach Burfian,
Wahsmuth, Eurtius, Milchhöfer u. a.) vielmehr
ein Tempel des Herafles Hodxksıov dv Mekten),
des Schubgottes des Stadtteild (Demos) Melite,
ein um 450 dv. E. erbauter und wohl erhaltuer
dorijcher Tempel; rechts «öftlih der Agora) die
Attika.
Teilen des Gebälfes ftehen. An der nordweſtlichen
prächtige (über 112m fange und über 19m tiefe)
*Stoa des Attalos (Mttalos II. von Perga—
mon, 159—138 v. E.), eine für den Marftverfehr
beftimmte Halle, dahinter die *Stoa (richtiger das
Gymnaſion des Hadrian, ein vierediger, 122m
langer, 82m breiter, Bau, und das *Thor der
Athene Archegetis aus der Zeit des Auguftus.
— Außerhalb der Stadt am norbiveltfichen
Ende des äußeren Kerameikos (einer Borftadt, die
zwar auch, namentlich von der ärmeren Klaſſe, be-
wohnt war, bejonders aber als Begräbnisplag für
die im Kriege gefallenen oder ſonſt um den Staat
verdienten Athener diente, z. B. Kleiſthenes, Mil
tiades, Kimon, Thulydides, Chabrias, daher fich
auch zu beiden Seiten der fie durchſchneidenden
Hauptjtraße lange Reihen von Gräbern mit Stelen
zogen, von denen jeit 1870 durch Nachgrabungen
viele ans Licht gefommen find, von zum Teil vor:
trefflicher Arbeit) befand ſich 6 Stadien vor den
Mauern die Akademie (Axadnusıw', ſ. d.), ein
Gymnaſion mit Schönen Anlagen, wo Platon Ichrte;
wenig nördlicher der durd Didipus berühmt ge:
wordene Hippios Kolonos, der Geburtsort des
Sophofles; dort ruhen jet der um Hellas jo hoch:
verdiente Otfried Müller (F 1840) und das Herz
des franzöfiichen Archäologen Charles Lenormant
(F 1859). Außerhalb des öftlihen Thores Dio-
meis, fiidlih vom Yyfabettos, an der Strafe nad
Alopefe, lag das Kynojarges (Kvrdoapyss), ein
dem Herafles geheiligtes Gymnaſion, das den Halb-
bürgern (v6Bo« diente, von Antifthenes, dem Stifter
der Kyniker, zu feinen Vorträgen benutzt, und ſüd—
(ih davon das Lykeion (Avxeıor), eine aus Park
und Gärten beftehende Anlage beim Tempel bes
Apollon Lyfeivs mit Gymnaſion, wo NWriftoteles
lehrte, und in der Vorſtadt Ayea« der Tempel
der Artemis Agrotera. Endlich auf einer Hei:
nen Inſel des Iliſſos ftand ein Tempel der Demeter
und Kore, und jenjeit des Fluſſes das prächtige,
von dem Redner Infurgos für die panathenaitichen
Spiele angelegte und von Herodes NAtticus mit
penteliichem Marmor belleidete, 204” fange *Sta:
dion Panathenaiton, jo groß, daß es 40-—
50 000 Menjchen faßte und Kaifer Hadrian einst
1000 wilde Tiere zugleich darin jagen lieh. Der
ſüdweſtlich desjelben jich erhebende Felshügel jcheint
der Ardettos (dednrrös) zu fein, auf deſſen Höhe
alljährlich die durch das Los beftimmten Richter
den Heliafteneid ſchwuren. — Zur Topographie von
Athen vgl. Leake, Topogrophie von Athen. 2. Aufl.,
überf. von Baiter und Sauppe (1844). Ford
hammer, Topogr. von Athen (1842). E. Eurtius,
attiiche Studien (1862 ff.). Sieben Karten zur
Topogr. von Athen (1868). E. Wachsmuth, die
Stadt Athen im Nitertum (Bd. 1, 1874). Herb:
berg, Athen. Hiſtoriſch-topographiſch dargeitellt
(1885). E. Eurtius und Klaupert, Atlas von Athen
(1878). Karten von Mttifa, 1. Heft (1881). —
Die langen Mauern (uexe« reiyn oder r«
orEin) verbanden etwa ſeit 456 dv. C. die Stadt
mit ihren Häfen; der nördliche, 40 Stadien lange
Scentel, rö Poosıor reigog oder ro FEntter ge:
nannt, weil er feindlichen Angriffen mehr ausgejept
war, führte nach der nördlichen Ringmauer des
Peiraieus, der 5 Stadien kürzere jüdliche, ro vo-
rıov oder Dainoımor, nach Phaleron. Zwiſchen
beiden legte man indes 16 Jahre fpäter noch eine
dritte, ro dic ueoon reiyos, an, welche, der nörd:
2. Inmpel der Athene Nike
3. Starun der Athene Promachos
4. Erechfhaon
3. Parthenan.
6. Grotze des Pan und Apollon.
- Quelle Kepaydra
. Iempel des Askiepios
. Gräberstrasse
5
b
i
Ahle
.J
m
&
J
KOLLYTOS
VERLAG vox B.G.TEUBNER, LEIPZIG,
Attika.
lichen parallel laufend und 185m von ihr entfernt,
ebenjall® nad) dem Beiraieus führte und dazu
dienen jollte, die Verbindung mit einem der Häfen
zu unterhalten, wenn der andere vom Feinde
genommen wäre; daher Spuren einer Binnen:
befeftigung zwifchen beiden Häfen. Seitdem ließ
man die Phaleriihe Mauer verfallen. Nur die
beiden Beiraiiichen Mauern wurden nach der Ber:
ftörung durch Lyſander von Konon im J. 392 v. C.
wiederhergeſtellt, nunmehr als ro Bogsıov und
ro vorıor reigog bezeichnet. — Athens Häfen
werben wejentlich durch eine felfige Landzunge (ur:
iprünglich wahrjcheinlich eine gleich Salamis dem
Lande vorgelagerte Inſel) gebildet, welche auf ihrer
Mitte den Hügel von Munichia (nicht Munychia,
von uovrıyog — uörog), auf der äußerften Spite den
PBeiraieushügel trägt. In der füdlichen Küſte
diefer Halbinjel öffnen fich zwei faſt freisrunde
natürliche Bajfins mit jchmalen Eingängen von der
See her; mehr nad) dem Feſtlande zu das Ballin
von Munichia (j. Phanari), zum Teil zwiſchen
den beiden Hügeln das Baljin von Zea (j. Paſcha—
limani). Beide wurden als Kriegshafen benutzt
Zea für etwa 200 Schiffer, ebenjo wie das auf
der andern Seite der Halbinjel gelegene Baſſin des
Nantharos (6 Kardigov Auurjr), weldes einen
Teil des geräumigen Peiraieushafens bildet. Der
Hauptteil des Beiraieus wurde mur ald Handels-
hafen (Zumögıov) benußt. Als gemeinfame Reede
für die Krie Biciffe diente die etwa 35 Stadien
entfernte sch ucht von Bhaleron, welche durch
ihre Lage bejonders gegen Stürme gejchüßt war.
Hier war der ältefte Hafen; erjt jeit 493 v. E.
famen die übrigen Häfen Hinzu, zulegt der Pei—
raieus. Bon dem 87m hohen Munichiahügel mit
einem Heiligtum der Munichiichen Artemis hatte
man einen vollftändigen Überblid über die ganze
Hafenftadt. Dieſe trefflich befeftigten Häfen enthiel-
ten übrigens Stadtanlagen mit Tempeln, 2 Thea-
tern u. j. mw. Im Peirateus lag die große Waren—
halle (dsiyue), eine große onevodijan (Nrienal)
des Philon, Werfte für 400 Schiffe und das große
Kornmagazin (kApırorwkıg) des Perikles; am Weſt—
abhange des Peiraieushügels zeigte man das an—
gebliche Grab des Themiftofles (Plut. Them. 32.
Paus. 1, 1, 2). Der öfter erwähnte Gerichtshof
ro dv Gosarroi diraorngror, welcher über Leute,
die, wegen Mordes verbannt und noch ala Ver—
bannte eines zweiten Mordes angeflagt, in einem
Kahne erjchienen, zu Gericht ſaß, ſcheint jein Lokal
am Eingange des Hafens Zea, und zwar auf der
Südipige der den Hafen öftlih einichliegenden
Halbinjel, gehabt zu haben. Weſtlich des Peiraieus
lag noch der Heine Hafen 6 »wgpög Aue, wohl
identijch mit dem j. g. Diebshafen (Bogar Auurv),
16 einer beliebten Anferftätte für Schmuggler. — An
Ortſchaften find in der athenifchen Ebene weiter zu
nennen: Acharnai (Ayaegvei), 60 Stadien nördlich
bon Athen, der größte Demos, ber Kornbau und
bejonders Kohlenbrennerei trieb; Kephijia in der
Nähe der Kephiiosquellen am Penteliton; Jlaria,
Heimat des Thejpis, am Nordabhange des PBente:
Iifon, mit einem Heiligtume des Dionyſos, deſſen
Überrefte fürzlich entdect worden find; Pallene
mit berühmtem Athenetempel, wo Peiſiſtratos die
Ahener ſchlug (Hat. 1, 62); Bargettos am Hy—
mettos, Geburtsort des Epikuros; Alopete, Ge-
burtsort des Arifteides und Sofrates, 10 Stadien
175
dftlich von Athen am Ancheimos; Halimüs, Hei—
mat des Hiftorifers Thufydides, nördlich der durch
ihren Töpferthon berühmten Landjpige Kolias,
auf der ein Aphroditetempel ftand. — 2) die Ebene
von Elenfis und Thria, weſtlich von Athen, ent:
+ folgende Ortichaften: Thria am eleufinijchen
ephijos; Eleufis oder Eleujin (j. Dörfchen Yev-
fina) an der Nordküſte des gleichnamigen Golfs,
Salamid gegenüber, mit Athen durch eine mit
Tempeln und vielen Grabdentmälern geihmücdte
Fahrftraße, die ſ. g. Heilige Straße in) feg« ööds),
auf der die LE Bas zogen, verbunden, eine
der ältejten und wichtigjten Städte des Landes,
die mit dem umliegenden Gebiete lange Zeit neben
dem jchon geeinigten Attifa als ein jelbftändiger
Priefterftaat beftanden zu haben und erit nad)
langen Kämpfen etwa im 7. Jahrh. in Attila ein:
verleibt worden zu fein jcheint, berühmt durch den
herrlichen, unter Berifles nach den Plänen des
großen Baumeifters Iktinos gebauten, im J 318v.€.
auf Befehl des Demetrios Phalereus von Philon
von
ELEUSIS.”
erweiterten, Demetertempel, in dem die großen
Eleufinien gefeiert wurden; Alarich zerftörte ihn,
doch finden fich noch jet große Ruinen. Eleu:
therai nahe der boiotiichen Grenze am eleufijchen
Kephifos, zur Zeit des Epameinondas befeftigt,
von wo aus der Dienft des Dionyjos Eleuthereus
nach Athen fam, dem man die großen Dionyſien
feierte; Dinod, Diymos und Panakton, Grenz:
fejten gegen Boiotien, deren leßtere einen Paß
des Kithairon beherrichte; Phyle (j. Phyli), Meine
— von wo Thraſybulos zum Sturz der
Dreißig auszog, 100 Stadien von Athen. Xen.
Hell. 2, 4, 2. Sie leßtgenannten Orte rechnet man
zum Teil jchon zu Il. Diafria, dem nordöſtlichen
Hebirgsftriche bi3 über die Marathonifche Ebene
hinaus. Darin: Dekeleia, 120 Stadien von Athen
und vom dort fichtbar, am nordöftlichen Ende der
Atheniichen Ebene, im peloponnefiichen Kriege ein
jehr wichtiger und befeftigter Ort (Ruinen bei
—
7
176
Tatoi); Oröpos (j. Oropo), bald atheniſch, bald
boiotiich, unfern der Mündung des Ajopos am
rechten Ufer, mit den Hafen Delphinion; in der
Nähe (SO. ein Tempel und Orakel des Amphia—
raos, der der Sage nad auf der Flucht von The:
ben hier von der Erde verichlungen worden war;
Khammüs (Divriofaftro) am Euripos, mit be:
rühmtem Tempel der Nemefis (Rhamnusia virgo);
Aphidnai und weiter weitlid Trinemeia an
der Hauptquelle des Kephiſos. Die Orte Tri:
forythos ıbei Suli), Marathon ıj. Brana, j.
Marathon), Dinoe (nicht mit dem obengenann:
teu zu verwechjelu) und PBrobalinthos (j. Vaſi—
lipyrgi) bildeten die "Arzıni, rergdimolıg. Die Gegend
der Schlacht von Marathon ijt eine enge Ihalebene,
weldie ein Feines Heer gegen ein großes be:
günftigte. In der Nähe liegen die Quellen Ma:
faria und der Berg des Ban mit Grotte und
Orafel. — III. Ortjchaften der Paralia ider Weit:
füfte) und der Mejogeia (der jüdlih vom Pen—
Attika.
Hafen «j. Borto Mandri) und einer Afropolis, an
deren Fuße ſich noch anſehnliche Ruinen befinden.
Nordweitlih von dem gleichnamigen Vorgebirge
(j. Kap Kolonnaes lag Sunion, ftarf befeftigt,
mit dem berühmten, in Trümmern noch vorhande:
nen Tempel der Athene, bei welchem an den
Panathenaien mit Trieren Seekämpfe aufgeführt
wurden. In dem Bergwerfsbezirf Yaurion lag
Anaphlyſtos (j. Anavyjo) mit jehr befejtigtem
Hafen, an deſſen Eingange die Heine Jnſel
Elaiujja (ji. Yagonifi}; weiterhin Sphettos,
Yamprai, Thorai, Anagyrus in der Nähe
des Vorgebirges Zofter, mit cinem Tempel der
Göttermutter; von dem dort wachienden übel:
riehenden Strauch krayvgug fommt das Sprich—
wort Avdyvgor rei; Dalai Mironides mit
Salzwert; Aixone (Alfıoveig, Ruinen beim j.
Trachones), bedeutender Ort, berüchtigt durch die
Schmäh: und Zankſucht jeiner Bewohner; endlich
landeinwärts an der Steiriihen Strafe Baiania
telifon, öftlich der Paralia ſich eritredenden Berg: | j. Yiopefii, der Geburtsort des Demojthenes. —
ichne), und zwar au der Sftfüjte: Dalai Ara:
phenides (Act Agapnvidss), Hafen des Demos
Araphen, jüdlich der Mündung des Erafinos, durch)
Verehrung der taurifchen Artemis berühmt; bei
dem nahen Branron 'j. Braona) joll Iphigeneia
zuerit bei ihrer Nüdfchr aus Taurien mit der
Bildſäule der Artemis gelandet fein, daher die
eifrige Verehrung der taurischen (branroniichen
Artemis mit alljährlichen Keiten (Beavgwnrie ı; die
ältefte Statue der Göttin hatte Ferxes geraubt.
Alle 5 Jahre feierte man auch Dionyſien dajelbit.
Weiter jüdlih Steiria, wohin von Athen quer
durchs Land die Steiriſche Strafe führte, Se:
burtsort des Theramenes und Thrajybulos; Pra—
fiat (j. Praſſa an der Bucht Borto Rafti) mit
einem Apollontempel und dem Grabe des Eryſi—
chthon, des Sohnes und Thronerben von Kekrops,
der aber noch vor jeinem Bater ftarb, worauf
Kranaos die Herrichaft an ſich riß; Botamos mit
dent Grabmal des Jon; Thortlos (j. Therifo),
eine der Älteften Anlagen im Attika, mit jchönem
Die bedeutendſte
der zu Attifa ge:
hörigen Inſeln
it Salamis
'Eakauis, -ir,
j. Kuluri), nahe
am Feſtlande,
in Hufeiſenform
und mit der
Küſte die Bai
von Eleuſis bil—
dend. In der
älteſten Zeit ein
ſelbſtäudiger
Ztaat (j. Aia-
kos}, dann zu
Megaris gehö:
rig, war die In—
jet längere Zeit
ein Zankapfel
zwiſchen den
Megareern ud
Athenern, bis jie
durch Solon er:
obert und durch
Ylusijprud der
Spartaner den Athenern zuerlannt wurde. Sie
bildete, wie es scheint, feinen Demos, jondern
einen befondern Staat unter attijcher Hoheit. Die
alte Hauptitadt a Ber der Südküſte, jpäter ward
Neujalamis ij. Ambelafi öftlidy, dem attiichen
Verge Aigaleos gegenüber, angelegt; Attila am
nächiten liegt die Landzunge Kyn fire mit dem
Grabe des treuen Hundes des Kanthippos, der
ins Meer lief, als die Flotte abjegelte (Plut.
Them. 10), und mit dem Tropaion, welches The-
miftolles zu Ehren feines großen Sieges über die
perjiiche Flotte 120. September 480 v. E.) er:
richtete. Die Schlachtftellung war in der Enge zwi:
ichen Neuſalamis und Attila, die Athener waren
in der Salaminischen Bucht eingejchlofien. Adt.
8, 84 ff. Nahe bei Salanıis die Sufeichen Phar—
makuſai und Pſyttaleia (j. Lipſokutali, auf
welcher letzteren eine Abteilung perſiſcher Land—
truppen durch Ariſteides vernichtet wurde. Adt.
8, 95. Aesch. Pers. 442 ff. Plut. Arist. 9. Strah,
9,395. — Dicht bei Sunion lag langgejtredt
19
Attila — Auctoritas.
Helena oder Mafris (j. Mafroniji), wo Helena
entweder nach ihrer Entführung oder bei ihrer
Rückkehr von Troja gelandet fein jollte. — Bgl.
im allgem. Strab. 9, 390 ff. Paus. !. 1. Burfian,
Geographie von Griechenland I 251 ff. und das
ausgezeichnete Kartenwerk: Eurtius und Kaupert,
Karten von Attifa (1881 ff., bi 1886 4 Hefte).
Attila, Beherricher der Hunnen, regierte von
433—453 (nach andern 454) n. C. Während er
gleih im Beginn jeiner Negierung mit dem oft:
römiſchen Reiche in geipanntem Berhältnis ftand,
pflegte er mit Weſtrom Frieden und Freundichaft,
welche Aetius, fein großer Gegner in jpäterer Zeit,
auf alle Weiſe zu erhalten bemüht war, da er in
jüngeren Jahren als Geifel bei Attila gelebt hatte
und mit ihm befreundet worden war. Nachdem
Attila Weitrom zum Frieden und zur Zahlung
eines Tributes gezwungen hatte, unterwarf er alle
rings um Donau und Theiß wohnenden Bölfer
und nötigte fie zur Heeresfolge und Erlegung jähr:
lichen Tributes. Dann z0g er gen Weſten an den
Rhein, durch Aëtius dazu veranlaßt, und vernichtete
das Heer der Burgunden ſamt ihrem Könige Sun:
difar (Gunther) und dem größten Teile feiner
‚Familie in der blutigen Schlacht unweit des Oden—
waldes (oder bei Worms?) im J. 437. Bis zum
Jahre 439 dauerten jenjeit des Rheins die Kämpfe
fort, da eine Schar Hunnen bei Netius zurüd:
blieb. Neue Streitigfeiten mit den DOftrömern
führten die Hunnen über die Donau im %. 441
und 442, wobei das Yand weit und breit verheert
wurde, ohne da ein Friede zuftande fam. Am
J. 444 wurde Attila, welcher bis dahin mit jeinem
Bruder Bleda gemeinjchaftlicy regiert hatte, nad)
der Ermordung desjelben (Jordan. 35) Allein—
herricher jeines Volles und führte dann jein Heer
gegen Oſtrom. Nach heftigen Kämpfen, in welchen
die Oftrömer nicht unrühmlich ftritten, ergoffen ſich
die Hunnen über das Yand bis zum Engpaß von
Thermopylai unter entjeglichen Berwüjtungen, und
die Römer mußten mit Tribut und Kriegsentſchä—
digung und Mbtretung von Gebiet den Frieden
teuer erfaufen. Bald darauf brachen Streitigkeiten
mit dem weſtrömiſchen Kaiſer Balentinian III. aus
(450), deſſen Schweiter Honoria Attila heiraten
wollte. Als Balentinian den Wunſch desjelben
zurüdwies, beichloß Attila den Krieg und trat im
I. 451 mit einem gewaltigen Heere von 700 000
Mann den Zug nad Weiten an. An der Donau
entlang 309 er gegen den Rhein, überjchtvemmte
Gallien mit feinen Horden, belagerte Orleans,
wurde aber von den Nömern und den ihnen ver:
bündeten Wejtgoten unter Aëtius zurüdgedrängt
und in der blutigen Völkerſchlacht auf den Cata—
launiſchen Feldern gänzlich geichlagen. Die Nacht
verbrachte er unter bangen Sorgen in feiner Wagen:
burg und zog am folgenden Tage, da die ermüde-
ten Römer und Wejtgoten feinen neuen Angriff
mwagten, mit jeinem geſchwächten Heere in flucht:
ähnlichem Rüdzug über den Rhein nach Ungarn
zurüd. So war das Abendland und jeine Kultur
von mongolijcher Barbarei gerettet. Jordan. 36-40.
Im J. 452 fiel er in Italien ein, eroberte nad)
bartnädigem Widerftande Aquileja, fonnte aber
nicht weiter vordringen, als Hunger die Seinigen
aufrieb und Aëtius mit einem Heere heranzog.
Einer riedensgejandtichaft, an deren Spite Papſt
Leo ftand, gewährte er den Frieden. Neue Kriegs:
Realleriton des Maff. Aitertums. 7. Aufl.
177
pläne gegen Oftrom wurden durd; jeinen plößlichen
Tod im J. 453 unterbrochen. Er ftarb wahrſchein—
li an einem Blutfturz (Jordan. 49), 46 Jahre alt.
Attin, Attis, Atys j. Rhea.
Attus Navius oder Naevius (Ne£ßıos), berühnt-
ter Augur zur Zeit des Tarquinius Prifeus, verbot
dieſem Könige den von Romulus errichteten Reiter:
centurien neue hinzuzufügen und bewies ihm die
Untrüglichteit feiner Kunſt dadurch, daß er einen
Wepftein mit dem Schermeſſer durchſchnitt. Er
ſoll als ein Opfer der Rache des Tarquinius ge:
fallen jein. Seine angeblide Statue fand ſich
neben dem Puteal auf dem Comitium in Nom.
Liv. 1, 36. Dion. Hal. 3,72. Cie. div. 1, 17,32 f.
Auctio, im weiteren Sinne jede Berfteigerung,
fie mag von Staats wegen gehalten (j. Sectio)
oder von Privatleuten vorgenommen werden, im
engeren Sinne nur Privatverfteigerung, ſowohl
die freiwillige ald bei Konkurs wegen Inſolvenz
(j. Bonorum emptio). Regelmäßig wurde die
Auktion im voraus befannt gemacht durch Anjchläge
(libellus, titulus, album, tabula) oder durch öffent:
liches Ausrufen des Präco auf den Straßen (auctio-
nem proscribere, praedicare, proponere) mit der
Bedingung jofortiger Zahlung (praesens pecunia).
Die Verfteigerung jelbjt erfolgte an dem beftimm:
ten Orte (e8 gab auch befondere atria auctionaria,
Cie. leg. agr. 1, 3. 2, 205.) unter Leitung des
Eigentümers (bei freiwilliger Auktion) oder eines
magister auctionis (bei bon. emptio), indem ber
Präco die Gegenftände einzeln vorführte und zum
Bieten (liceri, supra adicere) veranlafte. Die
Kaufliebhaber boten mündlich, aber auch durd)
Kopfniden (vgl. die ergegliche Erzählung Suet.
Cal. 39) und Erhebung des Fingers (digitum tol-
lere), bis endlich durch den Leiter der Auktion zu:
geichlagen wurde (addicere). Mit Ausnahıne der
bonorum emptio wurde bei jeder Berfteigerung
eine hasta aufgeftellt. Argentarii führten das
Protofoll und nahmen nach Auftrag der Eigen:
tümer jogleidy die Zahlung ein.
Auctor (von augeo) ijt jowohl der, welcher eine
Sache in ihrer Idee erfaßt und in die Wirklich—
feit herausbildet, als auch derjenige, welcher ſolche
Seftaltung in jeglicher Weiſe befördert und jichert.
1) Bei Geſetzen heißt daher auctor der Worjchla
gende, j. v. a. lator legis (Liv. 6, 36. 7, 23), oder
auc der Empfehlende und Unterjtüßende, ſ. vd. a.
suasor. Cic. leg. agr. 2,5. ad Att.1, 19. Endlich
heift auctor audy der Sanftionierende, was vom
Senat gejagt wird, der die Eomitialgejege bejtätigt
(| Senatus, 5.). — 2) Vrivatrechtlich ift auctor
der Vertreter, Beihügende, Gemwährleijtende und
Beftätigende, 3. B. der Bormund (j. Auctoritas),
Auctoramentum, ») der Kontrakt, durch wel:
chen ſich jemand zur Berrichtung einer Arbeit
verpflichtet, 3. B. der Soldat zum Kriegsdienſt,
namentlich der freie Gladiator zum Stampfipiel
oder zum Streit mit wilden Tieren. Wenn die
vertragsmäßige Dienftzeit abgelaufen ift, heißen
beide exauctorati. — 2) der Sold, für den fid)
ein Gladiator verdingt, in den Frechterjpielen auf:
zutreten. Suet. Tib. 7.
Auctoritas ift die Eigenichaft des auctor in
jeder Beziehung. 1) Staatsrechtlidy finden wir
auctoritas ald Vorſchlag, Entiheidung, Ausiprud)
und Befehl der Behörden und Magtftrate. Am
wichtigjten iſt auct. senatus (j. Senatus, 6.).
12
178
Über den Unterjchied zwijchen auct. senatus und
senatus consultum f. Senatus consultum. —
2) Privatrechtlich heißt auctoritas die Bejtätigung
der VBormünder (ſ. Tutela), die Gewährleiftung
und jogar das Eigentumsrecht, 3. B. in den Worten
der 12 Tafeln: adversus hostem aeterna aucto-
ritas (Cie. off. 1, 12), „gegen einen Beregrinen
hat der Römer ewig Eigentumsrecht”, d. h. der
Peregrine darf nie ufulapieren (durch Verjährung
römijches Eigentum gewinnen), oder rei furtivae
neterna auctoritas, d. h. geftohlene Sachen können
nicht ujufapiert werden (Geil. 17,7). Über die Formel
usus auctoritas (Cie. top.4. Caec.19) |. Usucapio.
Audäta, Abddre, eine Illyrierin, nach ihrer
Vermählung Eurydife genannt (Arr. 22 in Phot.
bibl. 92 ©. 70», 2 Bfk.), Nebenfrau des Königs
Philippos II. von Makedonien, mit der diejer fich
358 v. E. nad) der Unterwerfung der Illyrier ver:
heiratete. Sie gebar dem Könige eine Tochter Kynna
(Kyna, Kynane, Kynnane). Athen. 13, 5, p. 557.
Aufidii, plebejiſches Geichleht aus Fundi:
1) En. Aufidius, Bollstribun 114 v. E. (nad)
andern 106), Prätor um 104. Im Alter erblindete
er, doc; blieb er thätig für den Senat und jeine
Freunde; erhatteeine römische Geſchichte, wahrjchein-
lid; Annalen, in griech. Sprache geichrieben. Plin.
8,17. Cie. tusc. 5, 38, 112. fin. 5, 19, 54.— 2) M.
Auf. Lurco, führte um 66 v. E. zuerft die Mäftung
der Bauen ein und gewann damit viel Geld (Varr.
r.r. 3,6. Plin. 10, 23); wahrjcheinlich gemeint bei
Hor.sat.2,4,24; als Bolfstribun ſchlug er im J.
61 ein Gejeß de ambitu vor. — 3) Auf. Bafjus j.
Bassus, 1.— 4Auf.Luſeus, oberjte Magiftrats-
perion (Prätor) in dem Städtchen Fundi, defien
Eitelkeit Horaz (sat. 1, 5, 34) ergetzlich verjpottet.
Aufidus, Aögıdos, richtiger vielleicht Autidius,
ji. Ofanto, Hauptfluß Apuliens, rg im Ge:
biet der Hirpiner, fließt nordöftlich bei Kanufium
und Cannä vorbei und fällt bei Aufidenum in zwei
Armen (vielleicht daher tauriformis genannt Hor.
od. 4, 14, 25) ind Meer. Oft wird er von Horaz
genannt (od. 3, 30, 10. 4, 9, 2. 14, 25), deflen Ge:
burtsort Venuſia in Apulien lag. Strab. 6, 283.
Auge j. Telephos.
Augeias j. Herakles, 8.
Augila, r@ Adyıla, j. Audichila, eine Dafe in
Marmarika in Afrika, 10 Tagereiien weftlic vom
Ammonium. Für gewöhnlich war fie unbewohnt,
aber zur Zeit der Dattelernte zogen die Augilae
(Abydaı), ein Stamm der Nafamones, dahin und
ernteten dort die Datteln. Hdt. 4, 172. 182.
Augur j. Divinatio, 18.
Augurium Salütis ſ. Salus,
Angusta. Unter den vielen Städten diejes Na-
mens find bemerkenswert: 4) Auguſta Emerita
am Anas in Aufitanien, j. Merida mit großartigen
Nuinen, 23 dv. E. Kolonie des Auguſtus für Die
Ausgedienten der fünften und zehnten Legion. Dio
Cass, 53, 26. Strab. 3, 151. — 2) Aug. Präto—
ria, bedeutende im 3. 25 v. E. angelegte Kolonie
im Gebiete der Salaſſer im cisalpın. Gallien im
Duriathal, j. Aofta mit zahlreichen Ruinen, Amphi:
theater, Theater, Triumphbogen des Auguſtus u. ſ. w.
Dio Cass. 53, 25. Strab. 4, 206. — 3) Aug.
Nauricorum, Hauptjtadt der Rauriei, j. Augſt
bei Bajel. — 4) Aug. Suejjionum, früher No:
viodunum, Hauptort der Sueſſiones in Gallia
Belgica, j. Soiffons. — 5) Aug. Taurinorum
Audata — Augustus.
am Padus im cisalpin. Gallien, das heutige Turin.
Liv. 21, 38. — 6) Aug. Trevirorum an der
Mojella, j. Trier (j. Treviri). Tac. hist. 4, 62. 72.
— T) Aug. Bindelicorum, Hauptitadt von
Vindelicien oder Raetia secunda, am Yicus (Lech),
j. Augsburg, von Auguftus un 14 v. C. nad) den
Siegen des Drujus folonijiert, ſicherlich die splen-
didıssima Raetiae provinciae colonia bei Tac.
Germ. 41.
Augustäles Indi j. Spiele, 6.
Augustäles sodäles, ein zu Ehren der gens
Iulia 14 n. C. von Tiberius geftiftetes Prieſter—
follegium (21 aus den Vornehmften des Senates
durchs Los Erwählte). Tac. ann. 1,51. hist. 2, 95.
Auch in den Municipien waren ſolche sodales für
den Kultus des Auguftus eingerichtet.
Augustinus, Murelius, der größte Kirchen—
vater des Abendlandes, geb. 354 zu Thagafte in
Numidien, Sohn des Patricius und der frommen
Monica, gebildet in Madaura und Sarthago,
Lehrer der Rhetorif in Rom und Mailand, hier
durch Biſchof Ambrofius für das Chriftentum ge-
wonnen, 387 getauft, 392 Preibyter, 395 Biſchof
in Hippo Negius (ſ. d.), gejtorben 28. Aug. 430.
Ausgg. feiner Werfe jeit 1506, von Erasmus
(1528 f., 10 Bbdbd.), Benediktinern (1679 ff. 11 Bob.)
u.a. Bon jeinen theologiſchen Schriften ift die bedeu-
tendfte: de civitate dei (22 Bücher), eine großartige
Religionsphilojophie. Bon der Behandlung der
septem artes liberales, die U. nad) Varros Vor:
gang unter dem Titel disciplinarum libri begann,
jind nur erhalten: sex libri de musica, ein Ab—
ſchnitt der Rhetorik (bei Halm, rhet. Lat. p. 137
— 151), Dialektik (herauög. von Erecelius 1857)
und ein —— dem Buche de grammatica
(herausg. von Weber 1861 und in Keil gramm,
Lat. V p. 494), außerdem aber die ausführlicheren,
jedoch gleichfalls propter simplicitatem fratrum
breviter instraendam nur ercerpierten regulae
bei Keil a. a. O. p. 496— 524. Vgl. Lindemann,
der heil. Aug. (1844—69. 3 Bdd.).
„Augustodünum, die jpätere Hauptſtadt der
MAduer in Gallia Lugdunenfis im einer unfrucht:
baren Gegend zwiichen dem Arar und Liger (Tac.
ann. 3, 43), j. Autun im Dep. Saone et Xoire
mit vielen Ruinen. ©. auch Bibracte.
Augustus, 1) faiferliher Name. Als das römische
Staatswejen ſich zur Kaiſerherrſchaft entwidelt
hatte, fam es darauf an, jo jchonend als möglich
in der Form und dem Namen dieje Beränderung
darzuftellen. Cäſar Octavianus jollte weder rex
noch dietator genannt werden, und doch wollte man
jeine Verdienſte um den Staat mit einem bezeich:
nenden Namen ehren (Flor.4,12). Er jelbit wünjchte
als der zweite Gründer Roms Romulus genannt
zu werden (Dio Cass. 53, 16), lich jedoch diejen
Namen fallen, als er merkte, daß die Nömer unter
demjelben eine Königsherrichaft fürchteten. Nach:
dem er nun Öffentlich bei jeinem Triumphzuge aus
der Mitte des Boll mit dem Zurufe Auguste
begrüßt war, wurde ihm in der zu dieſem Zwecke
angejegten Senatsfigung Ddiejer Name auf Ber:
anlafijung des L. Munatius Plancus durch feier:
lihen Bejchluß beigelegt. Suet. Det. 7. Obſchon
aber Auguſtus durch diefen Namen feinen Zuwachs
an Macht erhielt (Dio Cass. 53, 18), jo wurde doch
die Unantaftbarkeit und Unverleplichkeit feiner Ber
fon, die er an ſich zwar jchon durch die tribunicia
Aula — Aurelianus.
potestas bejaß, äußerlich vernehmbar dargeitellt.
Sie war nunmehr geheiligt und anbetungswürdig,
weshalb die Griechen diejen Namen seß«orög über:
ſetzten. Ov. fast. 1, 609ff. Dio Cass. 53, 16:
as nal mieiov rı 1) ware dvdemnous ar. Bu
derjelben Höhe erhob Auguft in j. Tejtamente auch
jeine Gemahlin Livia in den Augen der Inter:
thanen durch die Bezeichnung Augufta, was jpäter
faft alle Kaiſer thaten. Bon Auguſtus ging diejer
Name auf alle folgenden Kaifer über, nur mit dem
Unterjchiede, daß es nad) ihm nicht mehr der wirf-
lihe Name war, jondern die durch ihn angedeutete
Eigenjchaft ausdrüdte.e Dio Cass. 46, 47. Er
wurde ftet3 hinter den eigentlichen Namen gejekt,
z. B. Tiberius Auguftus. Die erjten Kaiſer nad)
Auguftus trugen zunächſt noch Bedenken, jolange
fie noch der Volksgunſt zur Sicherung des neuen
Thrones zu bedürfen glaubten, diejen und die ander:
weitigen faijerlichen Ehrennamen (Caesar, impe-
rator, pater patriae, dominus, deus), auch wenn
der Senat jie ihnen anbot, anzunehmen. Keiner
jedoch hat dieje anfängliche Weigerung lange durchs
geführt. Bald hieß jeder Kaiſer, jobald er Beſitz
von der faijerlihen Würde nahm, ohne weiteren
Senatsbeſchluß Auguſtus. Zur Zeit konnte es
natürlich nur Einen Auguſtus geben, und ging
diejer Name nie auf den präjumptiven Nachfolger
über. Sobald von zweien zu — Zeit die
Rede iſt, müſſen ſie auch gleiche Rechte haben und
beide wirklich regierende Kaiſer ſein, wie zuerſt
unter Mare Aurel und Verus geſchah. Selbſt Titus,
obſchon nach ſeines Vaters Willen demſelben an
Machtfülle gleich, konnte doch erſt nach deſſen Tode
den Namen Auguſtus annehmen. Wie hoch dieſe
Benennung über das Unterthanenverhältnis hinaus
erhob, geht namentlich daraus hervor, daß Tiberius
die unerträglich anmaßlichen Eingriffe jeiner Mutter
Livia Augufta in die Regierungsangelegenheiten
dod nur , überaus zurücdhaltend und fchonend
zurüdweijen fonnte, jowie auch daraus, daß jpäter:
hin Pertinax hartnädig die Beitätigung des Se—
natsbeichlufjes, jeine Gemahlin Auguſta zu nennen,
verweigerte, „weil jie infolge desjelben leicht zu an-
mahßend werden könnte“ (Dio Cass. 53, 7). —
Dvid (fast. 1,609 ff.) leitet den Namen von augur
ab, ein dur die Religion Geweihter, doch nimmt
er auch zugleich Rückſicht auf die naheliegende rich:
tigere Beziehung zu augere, was ſich in unſerm deut-
ſchen Reichstitel „Mehrer des Reichs“ erhalten hat.
Das „allzeit Mehrer“ ift aus dem jpäteren Zuſatze
semper Augustusentjtanden. —2)j. Octavianus.
Aula, «öl, j. Haus, 2. 3.
Aulaeum j. Theatron, 16.
Aulerei, ein bedeutendes galliiches Bolt, von
dem ein Teil jchon früh mit nach Oberitalien 309.
Liv. 5, 34. Sie wohnten im nordweitlichen Gallien,
iſchen Zoire und Seine, weshalb Cäſar (b. g. 2, 34)
fie den Küftenberwohnern. beizählt, und zerfielen
in 4 Stämme: die WU. Brannovices in der Nähe
der Abuer, deren Klienten jie waren (Caes. b. 9.
7, 75); die A. Diablintes (daſ. 3, 9) im der ehe:
mal. Provinz la Maine; A. Cenomani (daj. 7, 75),
füdöftlih von den Diablintes; A. Eburovices in
der Normandie mit der Hauptitadt Mediolanum,
j. Evreug (daj. 7, 75).
Aulis, Adlds, Stadt in Boiotien am Euripos,
berühmt ald Sammelplag der Flotte gegen Troja
in der nahen, faft runden Bai rö uıxgor Batr.
179
Hom. Il. 2, 304 ff. 496 (mergrjesoe) u. d. ij. die
Karte bei Chalkis).
Aulön, 40465, ift ein Appellativum, das jegliche
Enge, namentlich Thäler und Schluchten, bedeutet,
und wird deshalb auch zur Bezeichnung zahlreicher
Lofalitäten gebraucht, von denen hervorzuheben:
1) Stadt und Thalſchlucht am Fluſſe Kypariſſos in
Mefjenien mit einem Ajklepiostempel. Xen. Hell.
3, 2, 25. 3,8. Strab. 8, 350. — 2) Hafenftadt in
Syrien, j. Avlona, ital. Valona, albaneſiſch Bli-
ores. — 3) Stadt am Nordweitende des Strymo-
nischen Bufens in Makedonien. T’huc. 4, 103.
4) Ort im Bergwerksbezirke von Attifa, vielleicht
das ganze Thal, welches die beiden Hauptzüge des
Laurtongebirges ſcheidet. — 5) trefflihe Wein:
gegend nördlich von Tarent (j. Hor. od. 2, 6, 18.
Mart. 13, 125), wohl jegt Melone.
Aureliänus, 1) 2. Domitius Aur., römijcher
Kaijer, von geringem Stande, am 9. Sept. zw.
212— 214 n. E. in der Nähe von Sirmium in
Pannonien geboren, auf Beranlafjung des Kaiſers
Valerian von einem Senator Ulpius Erinitus zum
Schwiegerjohn erwählt, vielleicht auch adoptiert,
wurde, von Claudius Gothicus empfohlen, nad)
deſſen Tode von den Legionen an der Donau zum
Kaiſer ausgerufen und regierte von Anfang 270
bis in die zweite Hälfte des J. 275. Er ſetzte den
von feinem Vorgänger begonnenen Krieg gegen
die Goten fort, aber daran verzweifelnd, das von
Trajan eroberte Dacien behaupten zu können, trat
er es den Goten ab, verpflanzte die röm. Bevöl—
ferung von dort auf das rechte Donauufer und
errichtete auf dem jüdl. Ufer der Donau eine Pro-
vinz Dacia ripensis, 270. Die in Italien ein-
dringenden Juthungen und Alemannen wurden
von A. bei Fanum Fortunae (ano) und im der
Ebene von Tieinum (Pavia) vernichtet; jedoch neue
Angriffe vorausjehend, ließ er Rom mit einer
16 km langen Umwallung verjehen, die aber erit
durdy Kaifer Probus vollendet wurde. Im J. 272
wandte er fich zur Wiedereroberung des Drients.
Die Königin Zenobia wurde mit leichter Mühe
bei Emeja und Antiocheia geſchlagen und Balmyra
belagert. Zenobia entfloh, wurde aber am Euphrat
gefangen genommen, die eroberte *6 zuerſt
ſchönend behandelt, doc nach einem Aufſtande, bei
dem jogar ein Gegenkaiſer aufgeftellt wurde, ge—
nommen, und die Eimmohnerichaft faſt gänzlich
getötet, Frühjahr 273. Inzwiſchen war eine Em:
pörung in Agypten ausgebrochen, wo Firmus ein
—— palmyritaniſches Reich herſtellen wollte.
ur., ſchon auf dem Wege nach Europa, ** um,
begab ſich nach Agypten und zwang den Rebellen
ur Ergebung, der darauf ſeine Erhebung mit dem
—5— büßen mußte. Nachdem auch die Stadt
Alexandreia hart beſtraft worden war, war der
längſt geſchwundene Einfluß Roms im Oſten
wiederhergeſtellt. Mit Recht konnte ſich Aur. auf
den Münzen als Pacator und Restitutor Orientis
verherrlichen laſſen. Hierauf zog er nach dem
Weiten, von wo der der Oerricalt überdrüffige und
von meuterijchen Soldaten bedrohte Gegenkaiſer
Tetricus ſchon geheime Unterhandlungen angefnüpft
hatte. Durch die Schlacht bei Chalons wurde
Gallien zum Gehorjam gebradht, 274. Triumpbie-
rend z0g A. nun auf einem Biergejpann von Hirjchen
mit den Gefangenen — Zenobia und Tetricus —
in Nom ein. Nachdem er während diejer Zeit die
13%
180
Kriegszucht im Heere mit Strenge wiederherge:
jtellt, mehrfache Aufftände mit blutiger Härte unter:
drüdt, dann aber eine allgemeine Amneftie wegen
politiicher Verbrechen erlaffen hatte, fonnte er mit
Recht als restitutor imperii gefeiert werden. Auch
die Sittenzucht juchte er durch ftrenge Geſetze gegen
Luxus und Ausichweifungen herzuftellen. Auf einem |
| wodurd) er den Schein des Altertümlichen verbreiten
Zuge gegen die Berjer wurde er zu Cänophrurion
in Thrafien zwifchen Byzanz und Serafleia auf
Anftiften feines Geheimjchreibers Mneſtheus, der
von ihm für irgend ein Vergehen ftrenge Strafe
zu fürchten hatte, überfallen und ermordet. Zosim.
1, 47—62. Aur. Vict. Caes. 35. Eutr. 9, 12.
Vopise. vit. Aurel. Einfad und ernft in jeinem
Wejen, war er in erfter Linie Soldat und ein
waderer Feldherr, dem unbedingter Gehorſam jeiner
Soldaten über alles ging, und der Verſtöße gegen
die Disziplin mit Strenge, ja mit Härte ahndete.
Aber auch in politiichen Dingen hat ihn fein durch:
dringender Berftand ſtets das Richtige treffen laſſen,
und der Verwaltung des Reiches hat er mit Sad):
fenntnis borgeftanden. Was er in der kurzen Zeit
jeiner Regierung gethan hat, „genügt, um in ihm
ein nüchternes verftändiges Urteil, Hare Einficht in
die Bedürfnifje des Staates und einen energijchen
Willen zu erkennen“. Bol. Schiller, Geidh. der
röm. Kaijerz. 12 ©. 851 ff. — 2) Cälius Aure—
lianus aus Sicca in Numidien, lebte im 5. Jahrh.
n. C. und hinterließ zwei medizinische Werke, über
die akuten Krankheiten (celerum oder acutarım
passionum libri tres) und über die, chronijchen
(tardarum oder chronicarum p. libri quinque),
bemerfenswert durch die treue und lebendige Schil⸗
derung der Krankheitserſcheinungen; außerdem einen
Abriß der geſamten Medizin in Fragen und Ant:
worten (medicinales responsiones). Ausg. von
Amman (1709). Andere Schriften find verloren.
Aurelii, Name einer plebejiihen gens, aus
welcher folgende Männer hervorzuheben find: 1) C.
Aur. Cotta, kämpfte mit Glüd als römischer
Feldherr gegen die Karthager im erjten puniſchen
Kriege, war Konjul 252 v. E., eroberte Lipara,
wurde 248 zum zweitenmal Konjul und focht
abermals erfolgreich in Sicilien. Er zeichnete ſich
durch Aufrechthaltung ftrenger Kriegszucht jelbit
gegen jeine Verwandten aus. Val. Max. 2, 7,4.
Zonar. 8, 14.16. — 2) M. Aur. Cotta, beflei-
dete mehrere Amter während des zweiten puniichen
Krieges Liv. 25, 22.29,38) und war röm. Gejandter
bei König Philipp von Makedonien (Liv. 30, 26).
Er jtarb 200 v. E. Liv. 31, 50. 3) E. Aur.
Cotta, führte als Konſul im 3. 200 v. C. ein
römijches Heer gegen die in Oberitalien wohnenden
Sallier, die der Karthager Hamillar zum Kampfe
aufgereizt hatte, ohne großen Ruhm zu erwerben,
da der Prätor Furius die Feinde jchon vor An-
funft des Konſuls gefchlagen hatte. Ziv.31,4ff.21.49.
— 4) 8 Aur. Cotta, Bolfstribun 154 dv. E., ein
Mann von wenig gutem Ruf und ſchwer verjchuldet,
und deshalb von jeinen Kollegen mit einer Klage
bedroht. Konſul im 3. 144, wünfchte er den Be-
fehl gegen Viriathus zu erhalten, was jedoch Scipio
Amilianus mit Hinweiſung auf Cottas Habjucht
verhinderte. Später wurde er von Seipio ange:
Hagt, von D. Metellus Macedonicus verteidigt und
freigeiprochen. Cie. Brut. 21. Val. Max. 6, 4
8,1, 11. — 5, L. Mur. Cotta, Konful im J. 119
v. E., verlangte vom Senate, daß derjelbe den
“
ı —
Aurelii.
Tribunen Marius wegen eines Gejeges über das
Abjtimmen in den Comitien zur Nechenichaft ziehen
jollte; als aber der vor den Senat gerufene Marius
ihn nicht nur mit Einterlerung bedrohte, jondern
auch wirklich einferferte, z0g er den Antrag zurüd.
Piut. Mar.4. — 6) L. Mur. Cotta, Bolkstribun
95 dv. E., als Redner wegen jeiner groben Sprache,
wollte, von Cicero getabelt (Brut. 36, 137. 74, 259).
— 7C. Aur. Cotta, geb. um 124 v. E., war
ein Freund des Bollstribunen Livius Drujus, nach
deſſen Ermordung er ins Eril ging, als eine Unter:
ſuchung gegen diejenigen beantragt wurde, welche
die Bundesgenoffen irgendwie unterftügt hätten.
Cie. de or. 3, 3, 11. App. b. c. 1,37. Er fehrte
erft 82 zurüd. Cic. Brut. 90, 311. Im J. 75
Konjul mit 2. Detavius (j. Octavii,7 ging er nach
Ablauf ſeines Amtsjahres als — nach Gallien,
wo er im J. 74 plötzlich ſtarb. Cie. Pis. 62. Brut.
92, 318. Als Konſul beantragte er die Abſchaffung
eines Geſetzes Sullas, das früheren Bolkstribunen
die Annahme anderer Amter unterjagte (j. lex
Aurelia, 1.). Cicero (Brut. 49. 55. 92) lobt ihn
als Redner; er nimmt an dem Gejpräce im der
Schrift de oratore und als Alademifer in den
Büchern de natura deorum teil. — 8) Sein Bru:
der, M. Aur. Cotta, im J. 74 v. E. Konjul mit
Yucullus, befehligte in demjelben Jahre in der Pro—
vinz Bithynien gegen Mithridates, von welchem er
bei Chalkedon zu Wafler und zu Lande geichlagen
wurde. Plut. Luc. 8. Er Hlagte jeinen Quäſtor
Dppius nad) jeiner Rüdtehr wegen Bejtehung an,
wogegen Gicero denjelben verteidigte, wurde aber
jelbit wegen Erpreſſungen in Bithynien jpäter ver:
urteilt. Val. Max. 5,4, 4. Dio Cass, 36,40 [23].
9, 2. Aur. Cotta, Bruder der beiden vor:
hergehenden, war im J. 70 v. C. Prätor umd
machte ſich durdy eine lex Aurelia iudiciaria (j.
lex Aurelia, 3.) befannt, wodurd die Gerichts:
barkeit in bürgerlichen und peinlihen Sachen
zwijchen Senatoren, Rittern und den ärarijchen
Tribunen jo verteilt wurde, daß auch Rittern und
Blebejern der Autritt zum Nichteramte gejtattet
war. Cie. Verr.1,1,2.1,8,20. ad Att. 1,16, 3.
Phil. 1,8, 20. Er klagte die für das J. 65 deſig—
nierten Konſuln der Amtserjchleihung an, jo daf
jie, —— ihr Amt nicht antreten konnten.
Cie. Sull. 1. 5. 13. Sall. Cat. 18. Mur. ſelbſt
wurde nun einer der Konfuln des J. 65, Cenſor 64.
Dem Cicero war er befreundet, jpäter ftand er auf
Cãſars Seite. Cie. Phil. 2, 6,13. Suet. Caes. 1.79.
Seine legten Jahre verlebte er in großer Zurüd:
gezogenheit. ic. ad fam. 12,2,3. — 10)%. Aur.
Oreſtes, befriegte im J. 126 v. E. als Konſul
die Sarden, blieb in den nächſten Jahren auf der
Injel und triumphierte nach jeiner Rücklehr im
3. 122. Liv. ep. 60. Aur. Vict. vir. all. 72
11) M. Aur. Scaurus, erlitt im $. 105 v. E.
Wwahrſcheinlich nicht ſchon 108) von den Cimbern
in Gallien eine Niederlage, wurde gefangen ge:
nommen und, ald er ihrem ug Bojorir gegen:
über die Unüberwindlichkeit der Römer pries, von
demjelben getötet. Tac. Germ. 37. Vell. Pat. 2,12.
Als Redner lobt ihn Cicero (Brut. 35). — 12) M.
Aur. Cotta Mejjalinus, ein Sohn des als
Redner befannten Mefjala (j. Valerii, 33.), wurde
von den Aureliern in das Gejchlecht jeiner Mutter
adoptiert und war ein blinder Anhänger des Ti:
Aureolus — Ausonius.
berius.
181
Er führte ein üppiges Leben (egens ob | rungen wurde. Der Sieger wurde vom Präco aus:
luoxum — per tlugitia infamis) und war mit Ovid, | gerufen. — 2) ein Sternbild, j. Sternbilder, 4.
der ex Pont. 3, 2 und 2, 8 an ihn richtete, be: |
freundet. Teac. ann. 4, 20. 6, 5f. Einem jeiner
Söhne jehte Kaiſer Nero eine jährliche Einnahme
aus. Tac. ann. 13, 34. — 13) Mur. Bictor j.
Vietor. — 14) Mur. Brudentius j. Pruden-
tius. —15)MarcusAurelius ſ. Antoninus.
— 16) Aurelia Dreftilla j. Orestilla.
Aureölus, zur Zeit des Kaiſers Gallienus Be:
fehlshaber in Illyrien, lieh fich in jener wüſten
Zeit zum Kaiſer ausrufen, befiegte mehrere Neben:
buhler und wurde in DOberitalien an der Addua
von Gallienus gqeichlagen. Er floh vom Schlacht:
felde nach Mediolanum, wurde hier längere Zeit
belagert und, nad) Gallienus” Ermordung durch
jeine eigenen Soldaten, vom Kaijer Claudius zur
Unterwerfung genötigt. Infolge einer neuen Em:
pörung wurde er von feinen Kriegern verlafien
und hingerichtet. Treb. Poll. trig.tyr. 10. Claud.5.
Aurel. Vict. Caes. 33. Anderd Vop. Aur. 16.
Auriga, nrloyog. 1) Der Wagenlenker in der
Schlacht war bei den Perjern, den Griechen und
Trojanern der homeriichen Zeit der Ungeehrtere
im Verhältnis zu dem fämpfenden Heros; dagegen
fanden die Römer bei ihrem Zujanmentreffen mit
den Britanniern die auffallende Sitte, daß der
Roſſelenker als der Edlere jeinen Diener für ſich
fämpfen lieh. Tae. Agr.12. In den griechiichen
Spielen ericheinen die Befiger des Zwei: oder Vier:
geipanns nicht auch zugleich als Lenker, fondern
jie wählten hiezu meift Fräftige, angejehene Jüng:
linge oder Freunde, weldye in dieſer Kunft vorbe—
reitet und geübt waren, Nach erlangtem Giege
wurden Diele oftmals auf der Stelle von dem
Eigentümer beſchenkt. In der Kaiferzeit trat jedoch
Nero jelber zu Olympia als Wagenlenfer auf.
Suet. Ner. 24. — Die aurigae bei den Römern
in den circenfiichen Spielen (auch agitatores ge:
nannt) betrieben diefe Kunſt als eigenes Geichäft
und waren früher wohl nur Sklaven; allmählid)
wurde es jedoch Sitte, daß die Beſitzer zugleich jelber
die Stelle des Lenlers verjahen. Auch hier trat
Kero vielfach als jiegreiher Wagenlenfer auf. Das
Siegeszeichen bejtand in einem Balmzweige \Suet.
Ner. 5), der Wagenlenfer erhielt, wenn er nicht
Beliger des Geipannes war, eine Geldbelohnung.
Die aurigae fonderten ſich nach den 4 Farben
(factiones): alba, russata (rötlich), veneta (him:
melblau), prasina (lauchgrün). Jeder hatte ein
furzes Gewand ohne Armel und den Oberkörper
mit Binden umgeben, alles einfarbig, jowie auch
die Kopfbededung. Um die beiden Hände zur An—
jpornung und zur Geißelung der Pferde frei zu
haben, banden jie fih die Zügel um den Xeib;
famen jie nun bei der was jehr häufig
geſchah, in Lebensgefahr, jo Hatten fie, um die
Zügel ſogleich durchichneiden zu können, ein Meſſer
in den Binden bei ji. Auch die Zuſchauer trugen
je nach der begünftigten Partei eine der 4 Farben
zur Schau. Durch Domitian wurden noch 2 neue
Saftionen hinzugefügt, die aurata und purpurea.
Suet. Dom. 7. Zur Zeit jagte nur Ein Geſpann
von jeder Farbe mit. Die größte Geſchicklichkeit
des Yenters beitand in der Kunft, den Biegungspfahl
(meta) ohne eigene Gefahr und mit Verdrängung der
übrigen zuerft ganz nahe zu pafjieren ; dieje Umfrei:
jung wiederholte fa jiebenmal, bevor der Sieg er:
Aurinia, unfichere Yesart Tac. Germ. 8, Name
einer wegen ihrer Weisjagungsgabe bei den Deut:
ſchen hochgeehrten Fran.
Auröra j. Eos.
Aurum, old (vgl. Argentum und Münzen),
fommt als rohes Mineral und als verarbeiteter
Stoff, bejonders als Schmud in Ketten, Spangen,
Geichmeide, Waffen 2c., aber auch für Gefäße und
Geichirre aller Art vor. Als Münze hieß es ge:
wöhnlid) signatum. A. coronarium, Stranzgold,
war urjprünglich der in älteren Zeiten dem röm.
Profonjul nach erfochtenem Siege aus jeiner Pro:
vinz geichenfte Kranz, der vor jeinem Triumph:
wagen voraufgetragen wurde; jpäter wurde dies
durch Geld eriegt, woraus nachher eine auferlegte
Abgabe ſich bildete. Cic. leg. agr. 1,4, 12.2, 22,59.
Pis. 37, 90. Liv. 88, 37. Ahnlich hie a. Judai-
cum die jährlich an den Tempelichag in Jerufalem
geiteuerte Abgabe der imröm. Reiche lebenden Juden.
Aurunci j. Italia, 7. und Latium, 5.
Aurunculeius, &. Nur. Cotta, war während
des galliichen Krieges einer der Legaten Cäjars.
Caes. b. g. 2,11. 5, 24ff. Dio Cass. 40, 6f. Als
Cäſar nad) der Rückkehr aus Britannien im J. 54
v. C. feine Truppen in Gallien wegen eingetretenen
Mißwachſes dislozierte, jendete er den. Aur. Cotta
und den DO. Titurius Sabinus mit einer Legion
und fünf Kohorten in das Land der meift zwiſchen
Maas und Rhein wohnenden Eburonen. Dem
ichlauen Eburonenhäuptling Ambiorig gelang es,
den Sabinus, troß aller Borftellungen des Cotta,
zum unbedachtiamen Berlafien des feiten Lagers
zu verleiten, worauf Cotta nebſt dem größten Teile
der Mannichaft im Kampfe fiel; der Neft tötete
fich jelber. Caes. b. g. 5, 26 ff. Dio Cass. 40, 5f.
Ausci, ein wohlhabendes Nquitanervolt in Sal:
lien mit der Stadt Elimberrum (Caes. b. g. 3, 27)
oder Augusta (j. Auch), erhielt latiniſches Necht.
Ausceülum j. Asculum.
Ausönes ſ. Italia, 7.
Ansonfus, Decimus Magnus Auf., der
gefeiertfte römische Dichter des 4. Jahrh., geboren
zu Burdigala (Bordeaur) um 310 n. C., aus an:
geiehener familie; jein Vater war Leibarzt des
K. VBalentinian, jpäter Präfelt von Illyricum. Der
Sohn erhielt eine treffliche Erziehung in Toloja,
widmete ſich der Nechtswifjenichaft und trat dann
zuerft als Sadjwalter, jpäter als Lehrer der Be:
rediamfeit in feiner Baterftadt auf. VBalentinian
übertrug ihm um 365 die Erziehung feines Sohnes
Gratian und ernannte ihn nachmals zum Quäſtor
und Präfectus Prätorio, jowie der dankbare Sohn
und Nachfolger zum Konſul 379 in Gallien. Nach
dem Tode diejes feines Schülers zog er fich von
den Geichäften zurüd und lebte auf einem Land—
guie in feiner Heimat jeinen Freunden und den
iffenichaften, wo er um 392 ftarb. Sein Berhält:
nis zu den beiden Kaijern macht wahricheinlich,
daß er Ehrijt war., Er jchrieb 146 Epigramme,
Eflogen (zum Teil Überjegungen aus dem Griechi-
chen), poetiiche Briefe, 20 Idyllia oder Gedichte
der beichreibenden Gattung, worunter die Mosella,
eine zu Trier gedichtete Schilderung einer Nhein:
und Mojelreife (von Bingen bis Trier), mit allem
Glanze poetiicher Diltion und vielen gelehrten
Beiwerlen ausgeftattet, daher oft der Einfachheit
182
und Natürlichkeit der Darftellung entbehrend, Doc
anziehend, am berühnteften geworden ift; außer:
dem noch mehrere Dichtungen und eine projaische
gratiarum actio an ®ratian für Erteilung des
Konfulats, die weder der form noch dem Inhalte
nach zu loben ift. Bei allem Berdienfte einer ziem-
lich reinen Kunftiprache ift doch auch an ihm der
Verfall der Zeit zu erfennen; der Wert feiner Ar-
beiten ift ein wejentlich ftofflicher und formeller.
Sejamtausg. von J. Scaliger (1575); Öpuscula
von Schenfl (1883) und Peiper (1886); bei. Ausgg.
der Mosella von Troß (1821 und 1824) u. a
(1845). ©. Bacmeifter, Alemanniſche Wanderungen
(1867) ©. 78
Auspex ſ. Divinatio, 18.
Auster ſ. Winde, 2.
Autesion j. Theras.
Avuröx9wr, eingeboren, aus dem Lande jelbft
ftammend. AdröyPones find die Bewohner eines
Landes, die in dasjelbe micht eingewandert find,
fondern —* Urſitze in demſelben haben (Abori-
gines, indigenae). Unter den Griechen machten
bejonders die Athener und Arkadier ihre Auto:
chthonie mit Stolz geltend, wenn auch bei den
Athenern dieje Borftellung von feiten der Ge:
ſchichte zu beſchränken iſt. Thukydides (1, 2) jagt:
zıv yodr Arrınme du tod En mleioror dia ro
hentöysov doraolaorov oboav Ärdemnoı anovr
ol aöroi dei. So wird auch bei Platon (Menex.
p. 245) ausdrüdlich hervorgehoben, daß feine
Miichung mit fremden Einwanderern ftattgefunden
habe, und ähnlich in vielen andern Stellen. Der
Stolz, mit dem die Athener dieſer ihrer Autochthonie
fih rühmten, gab dem Antifthenes Veranlaſſung,
fie ald ynyereig mit den Schneden zu vergleichen.
Autolykos, Abrölvxog, 1) ein Sohn des Hermes,
Vater der Antilleia, der Mutter des Odyſſeus, er:
hielt von jeinem Water die Gabe der Täuſchun
und des Betrugs und war ein Erzdieb, Mrs
er bei den Alten verrufen war. Hom. Od. 19, 394.
1. 10, 267. Ov. met. 11, 311, Er war Lehrer
des Herafles im Ringen. Sein Wohnfik war am
Parnaf, wo Odyſſeus einft zu ihm fam und auf
der Nagd verwundet wurde. — 2) griech. Mathe:
matifer und Aftronom, aus Pitane in Niolis, deſſen
Schriften zulegt F. Hultich herausgegeben hat (1885).
Automedon, Aörou£dor, Sohn des Diores
(Hom. Tl. 17, 429), Wagenlenfer und Kampfgenoffe
des Achilleus (IT. 16, 145. 17, 459. 24, 574), daher
iprichtwörtlih ein gejchidter Wagenlenter (Cie.
Rose. Am. 35, 98), nad) Achills Tode Genoſſe des
Porrhos. Verg. A. 2, 476.
Autonöß® j. Aktaion.
Avrovouie, das Recht eines Staates, ſich nach
eigenen Gejegen zu regieren, mithin zur politischen
Unabhängigfeit, wie fie durch den ſ. g. antalkidiſchen
Frieden allen Städten des europäiſchen Griechen:
lands und der Inſeln, mit Ausnahme von fünf,
uerfannt wurde. Die Römer verbanden damit
Inäter das Zugeftändnis, eigene ing ohne Bild:
nis eines —— ausprägen zu laſſen.
Autronius Paetus, Publius, Quäſtor mit
Cicero 75 v. E., einer der Teilnehmer an der ca-
tilinariichen Verſchwörung, war für 65 zum Konjul
defigniert, fam aber durch eine Anklage des 2. Aure—
ins Cotta wegen Beſtechung und Amtserjchleichung | b
um diejes Amt. Darauf jchlu
er jih auf ati:
linas Seite und tradhtete den
onjuln Cicero und
Auspex — Avernus lacus.
Antonius nad dem Leben. Nach Entdedung der
Verſchwörung begehrte er von Cicero, jeinem Jugend:
freunde, Verteidigung, objchon er den Mordveriud
gegen denjelben veranlaft hatte. Sie wurde ihm
aber von demjelben wie von allen feinen früheren
Freunden verjagt, und er lebte fpäter in der 2er:
bannung in Epeiros. Auch als Redner trat er auf.
Sall, Cat. 17.47. Cic. ad Att.3,2.7. Sul. 5.6.
Brut. 68, 241. Dio Cass. 86, 44 (27).
Auxesia, Abtnole, Wachötumgeberin, nebit
Damia an mehreren Orten Griechenlands, zu
Troizen, Epidauros, auf Aigina und Kreta, ver:
ehrt. Beide find wahrfcheinlich nur Beinamen der '
Demeter und Perſephone; fie hatten ähnliche Feſt—
gebräuche und Opfer wie dieje, zu Epidauros aud)
Wofterien. Hdt. 5, 82 ff. Paus. 2, 30, 4. 32, 2.
Auxilia, Hülfstruppen, gab es jhon zu der Zeit,
als die italiichen Wölferjchaften noch die Hülfs:
fontingente als socii ftellten, unter dem Namen
externa auxilia. Als die socii aber das Bürger:
recht erhielten, und aus ihnen von da an die Ye:
gionen ausgehoben wurden, traten an deren Stelle
als alae oder alarii die Hülfstruppen (auxilia),
welche in den Provinzen ausgehoben wurden;
wozu dann aucd die Truppen gerechnet wurden,
welche verbündete Völker und Könige ftellen mußten,
auxiliares. Die Mietsjoldaten (mercennarü), welche
jeit dem zweiten punischen Kriege einen Teil des
römifchen Heeres bildeten (Liv. 24, 49) find ver:
ichieden von den Hülfstruppen. Die auxilia der
früheren socii waren zwar von den Römern im
Kriege mit verpflegt worden, doch mußten die ein:
— Völkerſchaften für alle ſonſtigen Koſten der
weg und Erhaltung, für Sold u. ſ. w. forgen;
dagegen übernahmen, jeitdem auxiliares im röm.
Heere waren, die Römer, als Herren der Provinz,
aus der jene ausgehoben waren, jelber die gejamte
Ausgabe und Verjorgung für diejelben, es ſei
denn, daß verbündete Könige oder jelbftändige
Städte dies jelber beftreiten fonnten. Die auxilıa
bildeten als Fußſoldaten Kohorten, 3. B. cohors
Gallorum, und hießen im Gegenjaß gegen die
römischen Legionstohorten (cohortes legionariae)
entweder cohortes alariae oder auxiliariae, jel:
tener und nur im uneigentlichem Sinne sociae
(Tae. ann. 1,49. hist. 5, 1, wie ann. 13, 43. 15, 22
die Provinzialen auch socii heißen). Die Reiterei
der Hülfsvölter, equites alarii, alares, equites
auxiliarii, ift verfchieden von den equites legio-
num (j. Equitatus, 3.) und den von einzelnen
Völkerſchaften geftellten Reiterflügeln (j. Ala). Alle
drei verichiedenen Klaſſen von Neiterei fommen
Tac. ann. 4, 73 vor,
Auximum, Stadt der Picenter, jpäter römijche
Kolonie, j. Ofimo. Liv. 41,21. 27.42, 20. Caes.b.c.
1, 13. 15. 31. Strab. 5, 241.
Auxo j. Charis.
Auxumitae, Adfovniraı, ein Handelsvolf in
Aithiopien, das jeit dem 1. Jahrh. dv. oder n. E.
ein ziemlich mächtiges Reich bildete mit der Haupt:
ftabt Auxumis, j. Arum, 8 Tagereifen vom Meer,
in der abefignijchen Landichaft Tigre. Unter den
Trümmern befinden fich namentlich noch 55 Obeliffen.
Ararieum, jefte, jhöne Stadt der Bituriges
in Aquitanien, jpäter Bituriges, j. Bourges. Caes.
. 9. 7, 13. 15. 28. 31. 47, 52.
Aventinus j. Roma, 2.
Avernus lacus, q Aooros Alurn, j. Lago Averno,
Averruneus — Babrios.
ein tiefer, den Krater eines Vulkans erfüllender, |
eingejtedt, man nannte die Namen der Verdäch—
von jteilen Felſen umgebener und jchädliche Dünſte
aushauchender Sce Campaniens, nördlidy von Cumä.
183
zu erfahren. Die Art wurde feft in einen Pfahl
tigen her; bei weſſen Namen fich die Art herum:
Er ipielt in den alten Mythen eine bedeutende | drehte, der war der Schuldige. Plin. 36, 19, 34.
Rolle; fo ftieg z. B. hier Nineias in die Unter:
welt hinab. Verg. A. 3, 442. 6, 118 ff. Agrippa
lieh die wilde Gegend durd Anlagen verſchö—
nern und den unter dem Namen der „Grotte der
Sibylle“ bekannten Tunnel nah Cumä anlegen.
Strab. 5, 244.
Averruneus, &rorgör«uos, Beiname einer jeden,
ein Übel, Leid oder eine Gefahr abmwendenden
Gottheit (Varr. 1. 1. 7, 5, 102), für die man bei
den Griechen die mannigfaltigiten Bezeichnungen
hatte, bejonders disEinanog, dnecıog, Avrijgrog,
Eronounalog.
Aviänus, Flavius, ein römischer Fabeldichter,
deſſen Leben in jehr verichiedene Zeitalter geiegt
wird, zwiichen dem 2. und 6. Jahrh. n. C. Wir
baben von ihm noch übrig 42 Kabeln im elegifchen
Versmaße, die ala Schulbuch gedient haben, eine
im ganzen reine Sprache und forreften Bersbau
zeigen, aber den Fabeln des Phädrus nachſtehen.
Ausgg. von Tzichude (1790), Lachmann (1846),
Frröhner (1862) und Bährens, poet. lat. min. V
p. 31 ff. Der jogen. Novus Avianus von Nedam
ftammt aus dem 12. Nahrh.
Aviönns, Rufius Feſtus, begabter römijcher
Dichter, Profonjul in Afrika 366}. n. E. und in
Adaja. Er jchrieb didaktiſche Gedichte im epiichen
Bersmaße, eine Überjegung der Dauvdusre des
Aratos, in der er ſich bemüht, das Original treu
wiederzugeben (herausgeg. von Breyſig, 1882); eine
descriptio orbis terrae nad) der megunjynoıs des
Dionyfios in 1394 Herametern (heraudg. von E.
Müller, Geogr. Graec. min. II); in Senaren, wahr:
fcheinlich auf Grund einer griechiſchen Bearbeitung
des Reiſeberichts des karthagiſchen Seemanns Hi:
milfo (j. Himilkon, 1.), eine Beichreibung der
Küfte des Mittelmeeres, des Schwarzen und des
Kaipiichen Meeres in mehreren Büchern, von denen
nur ein Bruchftüd in 703 Senaren (db. h. der
größere Teil des 1. Buches) erhalten ift. Ein Aus:
zug der Aneis und eine Bearbeitung der römi—
ichen Geſchichte nach Livius find ganz verloren;
Dagegen auc einige Fleinere Gedichte,
in Herametern, erhalten. Gejamtausgg. von Giles
1835) und Holder (1887).
Axamenta j. Salii.
Axinomantia (von «Eivn, Art, und uerreie),
das Weisjagen durch die Art, angewendet, um unter
den eines Verbrechens Verdächtigen den Schuldigen
pigramme |
Axiöche j. Atreus.
_ Axionikos, Aıörınog, Dichter der neueren
Komödie, lebte um die Mitte des 4. Jahrh. v. E.
Die jpärlihen Bruchſtücke (Bikevgımlöng, Dilvro
u. a.) find gefammelt von Meinele, fragm. com.
Graec. III p. 530 ff. (II p. 769 d. klein. Ausg.)
und Kod, com. Att. fragm. II p.”a11 ff.
AxTos, "AEıog oder Eros, j. Vardar, der Haupt:
ſtrom Mafedoniens, entipringt auf dem Stardos,
durchftrömt ganz Makedonien in jüdöftlihem Laufe
und fällt nad) Aufnahme mehrerer Nebenflüfie
‚(Erigon auf der rechten Seite) in den Thermaifchen
Meerbujen zwijchen Bella und Theſſalonike.
Axöna, j. Nisne, Nebenfluß der Iſara (j. Dife),
eines Nebenfluffes der Sequana, in Gallien, im
ehemal. Jsle de France. Caes. b. q. 2, 5. 9.
Asoves. Die foloniichen Geſetze waren auf
hölzernen Ddreijeitigen Pyramiden aufgezeichnet,
die fich um ihre Achſe drehen ließen. Wegen der
pyramidalen Form hiehen fie augßeıs (wahrichein:
lich gleicher Wurzel mit xogvgprj, xogvußos, Gipfel),
wegen der Drehung um die Achſe &boves. Schon
im Altertum F man fälſchlich einen Unter—
ſchied zwiſchen orte und »veßes an; auf den
»voßsıs hätten die religiöjen Beftimmungen ge:
ftanden, auf den «Eoveg die übrigen. Plut. Sol. 25.
Sie ftanden urjprünglich auf der Burg; auf An:
trag des Ephialtes zur Zeit des Berifles wurden
jie auf dem Markte, im Rathauſe und in der
Königshalle (6rof BaciAsıog) aufgeftellt.
Azan ſ. Arkas.
Azanla, Afavia, 1) die öde, felfige, hafenarme
Dftküfte Afrikas (j. Adichän), längs dem mare Aza-
nium, vom Rorgebirge Aromata (j. Kap Guarbafui)
bis zum Vorgeb. Rhaptum (bei Sanfibar) mit der
Handelsftadt Rhapta {r& 'Parra). Noch weiter
füdlich lag das Vorgeb. Prajum (mohl ft. Delgado).
— 2) auch Atari, der nördliche hochgebirgige Teil
von Arkadien (j. d.), mit den Städten Ri ophis
und Kleitor, der Sage nach benannt nach Azan,
dem Sohn des Arkas ſ. d.).
Azötos, "Aforos, eine Stadt in Paläftina nicht
weit vom Meere. Pſammetich von Agypten er:
oberte fie ‘Hdt. 2, 157), ebenjo Jonathan Makla—
bäus, der fie auch zerjtörte. Von dem Prokonſul
A. Gabinius wurde fie im J. 56 v. E. nebſt an-
dern Städten wieder aufgebaut. Asdod im. T.,
j. Dorf Esdud.
B.
Bahrios, Baßgıos (Babrias), griechiicher Fabel: | 123 Fabeln enthaltend, ift 1844 auf dem Berge
dichter, nach Lachmann zu Domitians Zeit, nach | Athos gefunden worden, die Boiffonade (1844),
andern im Anfang des 3. Jahrh. n. C., wahrjchein-
lich ein gariechiich jchreibender Römer, brachte nach
dem Borgange des Sofrates die Fabeln des Aiſopos
‘i. d.) in Choliamben oder Stazonten (Senare mit
ipondeijchem oder trochäiichem NAusgange). Sein
Bert foll aus 10 Büchern beftanden und allen
ipäteren Fabeldichtern, namentlich den römischen,
zur Nachahmung gedient haben; es ift aber mur
jehr weniges auf uns gelommen. Eine Handichrift,
Lachmann (1845), Schneidewin (1858), Eberhard
(1875), Gitlbauer (1882) und Rutherford (1883)
herausgegeben haben. Der Finder der Handichrift,
Minvides Minas, hat 1857 die Handicrift an
das Britiihe Mufeum verfauft und die Abjchrift
von noch 95 choliambifchen Fabeln dazu, deren
Echtheit namentlich Cobet bezweifelt, Sauppe ver:
teidigt. Sechs bisher unbelannte Kabeln find
kürzlich aus einer vatikaniſchen Handſchrift her:
184
audgegeben worden von Knöll (1879). Abhandlung
von Erufius (1879).
Babylon, Baßvior, 1) uralte Stadt Babylo—
niens, im « T. Babel, in den Anjchriften Babilu
(„Thor Gottes“) genannt, anfänglich nicht jo bedeu-
tend, erſt jeit etwa 1700 v. E. SHauptitadt des
ganzen Landes, Bon den aflgriichen Königen
wiederholt erobert, 692 v. E. von Eanherib gänz:
lich zerftört, 681 ff. von Aſarhaddon wiederherge:
ftellt, wurde die Stadt von den Königen des men:
babyloniſchen Reiches, namentlich Nebuladnezar,
ſehr vergrößert und verſchönert. Zu der Altſtadt
auf der Weſtſeite des Euphrat lam gegenüber, durch
eine feſte Brücke mit ihr verbunden, die Neuſtadt
hinzu. Das Ganze bildete ein mächtiges Viereck,
welches von einer riefigen, nad) Herodot 200 Ellen
hohen, 480 Stadien (12 geogr. Meilen) langen
Ningmaner umgeben war. Schon in der Perferzeit
verfiel B. allmählich; feine Trümmer lieferten und
liefern noch die Baufteine für die ganze Umgegend.
Die Ruinen liegen bei dem heutigen Hillah. Der
mittlere Hügel öftlih vom Euphrat, j. el Kasr
(„die Burg‘) genannt, birgt ohne Zweifel die Reſte
bon Nebufadnezars Palaft, wo Alerander der Gr.
ftarb. In dem nördlichen, der den Namen Babil
bewahrt hat, vermutet man die hängenden Gärten,
welche der König feiner mediichen Gemahlin Amptis
errichtete. Wo der von Herodot bejchriebene Bel:
tempel mit jeinen 7 Terraſſen (entjprechend der
Babylon — Babylonia.
(dann Antiocheia, jpäter Charar, wonach das Reid)
Charakene oder Mejene mit der Hauptjtadt Forat,
i. Basra, benannt wurde); nördlid von Babylon
recht8 vom Tigris Sceleufeia, die Hauptitadt des
Seleutidenreiches, links Ktejiphon, die Reſidenz
der Arjaliden und Saflaniden; weſtlich davon
Kunara Echlacht 401 v. E.), unweit von Sippar;
weiter aufwärts am Tigris Sittafe, in der Nähe
des h. Bagdad; am Euphrat in gleicher Breite
Is (dj. Hit), ſüdl. von Babylon Vologeſia. —
I) Hiftorifh. Nach der von Beroſſos (ſ. d.)
aufbewahrten Sage war es ein Fiſchmenſch namens
Dannes, der die Bewohner der Meeresfüfte die An—
fänge der Kultur: Sprade und Schrift, Aderbau,
Geometrie und Baufunft, lehrte. Es folgten 10
Könige mit zufammen 432 000 Jahren; der lebte
von ihnen, Kijuthros, rettete fih in der großen
Flut auf einem Schiff. Darauf folgen 6 Dynajtien,
eine mythiſche von 34 080 Jahren und 5 hiftorijche
von c. 2300-732 v. E. — Die älteften Bewohner
des Landes waren die Sumerier im Süden (Mir)
und die Akkadier im Norden (Allad), zwei nahe
verwandte Stämme von unbelannter, jedesfalls
nicht ſemitiſcher Abkunft, mit zwei einander ähn-
lichen Dialelten. Als die Semiten von Arabien
ber um 4000 v. C. einmwanderten, fanden fie eine
icon ziemlich entwidelte Kultur vor, welche fie
annahmen: jo eine freilich ſehr ichwerfällige Schrift
mit 400 Zeichen (Keilichrift) und in derjelben eine
Bahl der 7 Planeten) lag, ob aeg öftlich | umfangreiche, namentlich religiöje und aftrologijche
vom Euphrat oder weitlich in der
des Nebo war, ift noch nicht Hargeftellt.
1,178 ff. 3, 1585. (vgl. Brüll, Herodots babylon.
Nachrichten 1. 1878), Strab. 16, 738 f. — 2) äghp-
tijche Stadt, nördlid von Memphis, angeblich bei
dem Zug des Kambyſes von Babyloniern erbaut,
Standquartier einer römischen Legion, j. Babul
bei Alt-fairo.
BabylonYa, 1) geograpbijd: 7) Baßvlorde,
im engeren Sinn der füdliche Teil der Ebene
zwifchen Euphrat und Tigris, von dem murus
Medicus (ſ. d.) an bis zu ihrer Mündung, im A. T.
Sinear, j. Irak Arabi genannt; im weiteren Sinn
auch Mejopotamien und Afiyrien im fich begreifend.
Seine außerordentliche Fruchtbarkeit (Hat. 1, 193)
verdankte das heiße, regenloje Land nächit dem
fetten Boden den Dämmen und Kanälen (j.Nahar
Malka und Pallakopas), welche bei dem Austre—
ten der beiden Ströme im Sommer die Bewäſſerung
regulierten. Bon den zahlreichen Städten, welche
in dem fteinarmen, aber lehmreichen Gebiet fait
ausichließlich aus gebrannten oder auch nur an der
Luft getrodneten Badfteinen, mit Aſphalt als
Bindemittel, und deshalb nur immer auf kürzere
Dauer erbaut wurden, nennen die Inſchriften aus |
alter Zeit u. a. folgende: Am unteren Euphrat
rechts Ur (j. Mugheir), lints Eridu (j. Abu
Scyahrein), Yarja (j. Senterch) und Uruk (Ered), |
Oexon, j. Warka); zwiſchen Euphrat und Tigris,
j. ö. von Babylon (ſ. d.) Nippur, j.
Kutu (Nutha, j. Tell Ibrahim), n. die Doppel:
ftadt Sippar (Sepharvaim, LZirpder, j. Abu |
Habba), deren einer Teil Agade oder Aftad hieh,
und Dur Kurigalzu (j. Afarkuf); am mittleren
Tigris Upi (Dpis). Aus jpäterer Zeit find anzu:
führen: an der Mündung der beiden Ströme Te-
Hdt. | Bevölferung von den Semiten abjorbiert.
Niffer, d. | oder Abdar).
oritadt Borjippa | Litteratur; ferner das Seragefimalinftem in Zahl,
(ſ. d.), und ob es ein Heiligtum des Merodag oder | Maß und Gewicht.
Allmählich wurde die alte
Das
Land zerfiel in verichiedene kleinere Neiche, deren
Mittelpunfte die Städte mit den Tempeln der
großen Götter bildeten, und von denen bald das
eine, bald das andere mächtiger war (König Sargon 1.
von Altad c. 3780, Urea von Ur c. 2400 v. E.).
2300 — 2100 bejtand eine elamitifche Fremdherr—
ichaft (die erſte hiftorische Dynaſtie des Berofjos).
Seit 1700 (Nönig Chammurabt) war und blieb
Babylon die Hauptjtadt, nach welcher dann auch
das Yand feinen griechischen Namen erhielt. Bon
1500 an rangen das alte Babylonien und das
neu aufitrebende Aſſyrien mit wechſelndem Glück
und Erfolg um die Oberherrihaft. Bon 732 an
war das erjtere mit wenigen Unterbrechungen dem
legteren unterworfen. Der aſſyriſche Statthalter
Nabopolafjar (626—605) begründete durch die Ber:
ftörung von Ninive (606) das neubabyloniiche Reich,
das jodann unter jeinem großen Sohne Nebufad:
nezar (j. d.) fi) mächtig erhob, aber ſchon 539
durd; Kyros dem perſiſchen Weltreich einverleibt
wurde. — An der Spite des Pantheons ftand Ilu
oder El. Dann folgten die 3 großen Götter:
Anu (Himmel), Bel (Erde) und Ea (Wafler). Ferner
die Götter der 7 Planeten: Sonne (Samas), Mond
(Sin), Mars (Nergal), Merkur (Nebo, Nabu), Au:
piter (Merodach, Marduf), Venus (Hitar-Belit,
daher bei Herodot Mylitta) und Saturn (Ninip
Doc wurde jeder diejer Götter da,
wo er Lofalgott (Heög Lyyagıng) war, als der
höchfte verehrt. Außerdem gab es eine Menge
von Dämonen, welche man durch Zauberei zu ge—
winnen oder abzuwehren fuchte. Das Jenſeits war
das öde, dunfle „Land ohne Rückkehr“, das Neich
der Schatten. In den Bahnen der ewigen Geſtirne
redon (alt Tirat dunijas) und Alerandreia |glaubte man die Gejchide der fterblichen Menſchen
Bacchae
geichrieben und trieb deshalb Aftronomie und Aſtro—
logie (j. d.) mit großem Eifer. Die Tempel, welche
terrafienförmig in einer Anzahl von Stodwerken
aufftiegen, dienten zugleich als Sternwarten ; ihre
Eden (bei den ägnpt. Pyramiden die Seiten) waren
genau nad) den Himmelsgegenden orientiert. Dort
befanden ſich auch die großen Bibliothefen, welche
religiöjen und ftaatlihen Zwecken dienten; jedes
Verf beftand aus einer Neihe von numerierten,
auf beiden Eeiten beſchriebenen Thontafeln. Uber:
haupt lag die Pflege der Gelehrſamkeit in den
Händen der Priefter, welche insbejondere Chaldaei
(1. d.), vielfeicht auch Magi (j. d.) hießen; fie ftellten
ihre Forſchungen in Ktollegien (svorjuare) an und
vererbten ihr Willen durch Familientradition. Auch
Induſtrie (Teppiche, bunt gewirfte Gewänder, Glas—
waren, Schmudjachen, Salben u. a.) und Handel
(nach Arabien und Phoinikien) blühten und machten
das Bolf reich und üppig. — Yitteratur ſ. Assyria.
Bacchae, Bacchanalfa, Bacchus ſ. Diony-
sos, 5. 10.
Bacenis silva, nur von Cäſar (b. g. 6, 10)
erwähnt, ein ausgedehnter Wald, bildete die Grenze
zwiſchen den Sueben und Cheruſtern, wahrjchein:
lich der weftliche Teil des Thüringer Waldes oder
der Harz oder der Vogelsberg ; eine ganz beftimmte
u ift unmöglich.
ad, Bäder, Baiavsior, lat. balineum und
balneum als einfache Vorrichtung zum Baden
neben balineae oder balnene als Badeanſtalt.
I. Bei den Griechen waren die Bäder nicht in
dem Grade, wie bei den Römern, eine Sache des
Lurus und der Verweichlichung, jondern dienten
mehr der Reinlichfeit und gegen Ermüdung. Daber
wurde auc der Gebrauch der warmen Bäder, Ber-
karsia, Deguc Fovred, als Zeichen der Weichlich-
feit getabelt (Aristoph. Nub. 992: »dnıorov Ları
za Ösılor oe tor Äröga‘ Man hatte in Athen
Öffentliche Bäder (B. Önuosı«) und Privatbäder
(die); in beiden wohl wurde an den Badediener
(Beravevs) ein Lohn gezahlt (Fmilovrgor). Zu
Lulians Yeit betrug das Badegeld 2 Obolen. &s
befanden fich in den Bädern Beden (kovrijess,
kovrrigie), auf einem Unterſatze (brooreror) stehend,
an denen man fich wuſch, ſowie auch eigentliche
Badewannen (mörklor, bei Homer eodwrdor); auch
tommen Scwißbäder (ruglaı, rugierrjgre) vor.
Sodann befand ſich in der Badeanftalt noch ein
Salbzimmer (dlsırrıjoro» oder ZAmıodrjoror) und,
ipäter wenigftens, ein «roödvrrjgrov zum Ablegen
der Kleider, welde aud damals ſchon Langfinger
Iarodvraı) herbeilodten. Es findet ſich aud) eine
Abbildung eines Douchenbades für Frauen. Strie:
geln (orieyyis oder Evorga), Badetuch und DI
brachte man in der Hegel jelbit mit. Nach dem
Bade, welches gewöhnlich dem dsirvor voranging,
ließ man fih mit kaltem Wafler begießen; das
Gefäß, deſſen fich dazu der Baiavers und jeine
Gehülfen (zegayvraı) bedienten, hieß devara
oder &pvramve. Vgl. Becker-Göll, Charikles III
S. 98 ff. — I. Bei den Römern war Das
Baden des wärmeren Klimas wegen und aus Ge:
jundheitsrüdfichten jehr gewöhnlich, jpäter artete
dieſes aus und wurde ein Mittel zur Sittenver-
derbnis. Im eigenen Haufe hatte man dazu das
Baihhaus, vor alters lavatrina genannt; aber
— Baebii.
185
lururiös waren und deren Überrejte man ſowohl
in Italien als in den Provinzen findet. Sen. ep.86.
Die in den Badehäufern notwendigjten Räume
waren: apodyterium Ausfleide-, unctorium Galb:
Zimmer, frigidarium das Zimmer für die Falt
Badenden, mit einem oder mehreren Baſſins, pi-
scina oder natatio; tepidarium das Zimmer des
warmen Bades, caldarium oder sudatio das Schwiß:
bad, welches auf einem hohlen Fußboden (suspen-
surae\, unter welchem ſich die Hitze verbreitete,
ruhte und Wärmeröhren in den Wänden hatte.
In diefem Naume befand ſich das laconicum, das
Dampfbad mit dem Schwißofen, der die Hite aus:
jtrömen ließ, labrum oder falter Waflerbehälter,
alveus das heiße Waflerbad, schola der Raum
zwischen den Bädern und der Wand. Die Bade:
wanne für einzelne Perſonen hieß solium. Der
Badenpparat umfaßte Ole und Salben, dazu Schab-
eifen (strigiles), mit denen man die Haut abjchabte.
Badewärter (balneator), gewöhnlich SHaven, be:
dienten die Badenden und erhoben auch das Babe:
geld. Vgl. Beder-Göll, Gallus III S. 105 ff.; vgl.
auch Thermae,
Baduhennae lucus, nad) Tacitus (ann. 4, 73)
ein Wald der Frieſen, genannt, wie es jcheint, nach
einer uns unbefannten Göttin. Hier wurden im
%. 28 n. E. 900 Römer von den riefen nieder:
—
aebii, eine plebejiſche gens: 1) 2. Bäbius
Dives, erhielt im X. 189 v. E. ald Prätor das
jenfeitige Hijpanien als Provinz, wurde aber auf
dem Zuge durch Ligurien von den Einwohnern
überfallen, geichlagen und verwundet und ftarb in
Mafjilia. Liv. 37, 47. 50. 57. — 2) En. Bäb.
Tamphilus, befleidete das Tribunat im J. 204
v. E. (Liv. 29, 37), die Prätur 199, wurde von
den Inſubrern in Oberitalien bei einem Angriffe
gänzlich geichlagen. Liv. 32,7. Am J. 182 war
er Konful und kämpfte glüdlich gegen die Yigurer.
Liv. 39, 56. 40, 16 f. — 3) jein Bruder, M. Bäb.
Tamphilus, war Prätor im Jahre 192 v. E.
Liv. 35, 10. Beim Ausbruch des Krieges gegen
Antiochos von Syrien ſetzte er mit jeinem Heere
nach Griechenland über, vereinigte ſich 191 mit
Philipp von Makedonien (Liv. 36, 8 ff.) und nahm
dem Antiochos mehrere Städte weg, bis der Konſul
Manius Aeilius den Befehl übernahm, worauf Bä-
bius ald Proprätor am Kampfe nody ferner teil:
nahm. Ziv. 36, 14 ff. 185 war er als römischer
Geſandter bei Philipp und Eumenes. Liv. 39, 24.
Unter feinem Konfulat (181) geihah die Auffin-
dung des Sarges des Numa zugleich mit 14 Büchern
desjelben. Plut. Num.22. Liv.40,29. Im nächſten
Jahre rüdte er mit P. Cornelius an der Spike
einer Heeresmacht in das Gebiet der Ligures Apuani
ein. Die auf plöglichen Angriff nicht vorbereiteten
Einwohner ergaben ſich ohne Kampf, eine große
Zahl von ihnen wurde nad Sammium übergefic-
delt, um ihre unaufhörlichen Aufftände zu brechen.
Bäbius und Cornelius waren die erjten, die hierauf,
ohne einen wirfliden Krieg geführt zu haben,
triumphierten. Liv. 40, 36 ff. — 4) C. Bäbius,
Roltstribun im J. 111 v. E., lieh fih von dem
nach Nom zur Verantwortung gerufenen Jugurtha
beitechen und verhinderte durch jein Beto eine Befra-
gung desjelben. Sall. Jug. 33 f. — 5) Bäb. Maſſa,
diel wichtiger find die Öffentlichen Badeanftalten, | ein berüchtigter Delator unter Domitian (Juv.1,35),
welhe, urjprünglich jehr einfach, ſpäter äußerſt wurde unter Nerva wegen Erpreflungen in Spanien
186
angeflagt und verurteilt. Pin. ep. 7,33,4. Tae.
hist, 4, 50. Agr. 45.
Baecüla, Baikvla, 1) Stadt der Aufetaner im
tarraconen;. Hilpanien. Plin. 3, 3, 4. — 2) Stadt
in Hiſpania Bätica, nördlicd vom Bätis (Liv. 27,
18. 28, 13. 16), befannt durch die Schlachten des
Scipiv im — puniſchen Kriege (nach Momm—
ſen 208 und 206 v. E.); wahrſcheinlich j. Baylen.
Pol. 10, 39. 11, 20.
Baetica ſ. Hispania, 6.
Baetis, Bairıs, j. Guadalquibir, Hauptitrom
der Provinz Bätica, entipringt auf dem Oro:
ipeda (saltus Tugiensis), und zwar auf dem M.
Argentarius, und firömt in einem 3000 Stadien
langen Laufe nah SW., ift von Corduba an ſchiff—
bar und fällt weitlicd; von Gades in den Atlanti—
ſchen Ocean, nadydem er ſich unterhalb Hiipalis in
2 Arme geteilt und jo ein großes Delta gebildet
hat. Yur der linfen Seite nimmt er den Singu—
lis (j. Zenit) auf, vielleicht das flumen Silicense
(oder Sieiliense) des Kälar (Caes. b. Al. 57).
Strab. 3, 142.
Bagaudae werden die galliſchen Bauern ge—
nannt, welche, durch den Drud der römijchen Ver:
waltung gereizt, unter Diocletian ſich empörten
(Bagaudae feltiih — rebelles), Nur mit Mühe
gelang es dem Marimian, 285 n. E., den Aufitand
anf einige Zeit zu unterbrüden, der fich ſpäter
nach Spanien verbreitete, gegen anderthalb Jahr:
hunderte dauerte und mehrere Male noch gefähr:
licher wieder ausbrady. Mamert. paneg. 1, 4. 8, 4.
Eutr. 9,20. gl. Hudemann, die Bauernaufftände
in Gallien während der röm. Kaiſerzeit (1872).
Bagrädas, Baygddag, 1) Grenzfluß zwiichen
Perjis und Karmania, der in den Perf. Meerbuſen
mündet, j. Nabend:Rud. Amm. Mare. 23, 6. -
2) der größte Fluß der Provinz Africa (Beugitana),
der in Numibien auf dem Gebirge Ufargala ent:
ipringt und zwiſchen Utifa und Karthago mündete;
ij. Medicherda. Cues. b. c. 2, 24. 26. 39. Lir,
30, 25. App. b. ec. 2, 45.
Baiae, Bateı, Baia, Stadt in Campanien
zwiſchen Mifenum und Buteoli, am Wejtufer des
sinus Baianus, mit einem trefflihen, von Auguftus
angelegten Hafen. Die alte, jpäter große und präch—
tige Stadt war berühmt jowohl durch die Reize der
Natur, als durch die Heilfraft ihrer Mineralquellen
(warme Schmwefelquellen zu Sudatorien) und durch
die große Anzahl von Bndegäften und Fremden
jeder Art, denen hier die mannigfachiten Annehm:
lichteiten geboten wurden. Strab. 5, 243. Hor. ep.
1, 1, 83. ‚freilich wurde oft große Lockerheit und
Ungebundenheit des Lebens, das Jagen nach Ber:
gnügungen u. ſ. w. von den Strengeren nicht mit
Unrecht getadelt, und der Ort wurde darum als ein
deversorium voluptatum getadelt (Sen. ep. 51).
Die Umgegend und der Meeresftrand bis Puteoli
waren übrigens mit den herrlichiten Yandhäujern
der römijchen Reichen bededt. In Bajä jtarb der
Kaiſer Hadrian. Vgl. Zell, Ferienichr. IS. 141 fi.
Beitvlos und Barvlıor, betuli (Plin. 17,
9, 51), phoinikiſch Abadir, heißen fegel- oder keil-
fürmige Steine, die vom Himmel gefallen jein
jollten, Meteorfteine, denen eine ſymboliſche Ber-
chrung zu teil wurde, indem man fie mit Wein,
Blut, DI ſalbte. Sie waren Gegenftand vielfachen
Aberglaubens (Plin. dal. Phot, p. 1047). Neben
dem Tempel des Apollon zu Delphi ftand ein jolcher
Baecula — Baktria,
Stein, der täglich mit Ol begofien und an den
Feſten mit roher Wolle umtmidelt ward. Es jollte
der Stein fein, den Rhea den Kronos ftatt bes
Zeus hatte verichlingen laſſen. Paus. 10, 24, 6.
Bakcheios, Baxysiog, byzantiniſcher Schrift:
jteller, behandelte die Elemente der Muſik, nament-
lid) der Harmonil, in Frage und Antwort. Auch
eine zweite eigeyayr reyrng uovonng trägt feinen
Namen. Ausg. von Bellermann (1841).
Bakchiädae, Bargıcdar, ein forinthiiches Herr—
ichergeichleht aus dem Stamme des Herafliden
Aletes. Sieben der Nachkommen des Baldhis re:
gierten ald Könige 144 Jahre (bis 748 v. E.);
dann behaupteten fie jich bei oligardhiicher Ber:
fafjung noch 90 Jahre, bis es dem Kypſelos (der
von mäütterlicher Seite felbjt ein Bakchiade war)
gelang, die durch Luxus und Übermut verhaßten
Herrſcher mit Hülfe der unteren Stände zu ver:
treiben (658), worauf jie bejonders in Sparta
Aufnahme fanden, Hat. 5, 92. 6, 128,
Bakchion, Baxrgıor, Anjel an der fleinaftat.
Küfte, der Stadt Phokaia gegenüber, mit herrlichen
Tempeln geihmüdt, weldye in dem Kriege gegen
Antiochos von den Römern und ihren Bundesge:
noffen, dem Eumenes Il. und den Rhodiern, ge:
plündert wurden. Lir. 37, 21.
Bakchos ſ. Dionysos.
Bakchylides, Baxyviläng, Inriicher Dichter ans
Nulis auf Keos, Neffe des Simonides von Neos,
um 472 v. E. blühend, Zeitgenofie Pindars, lebte
längere Zeit mit Simonides in Syrakus am Hofe
des Königs Hieron, begab ſich aber jpäter, wie
es jcheint unfreiwillig, nach dem Peloponnes.
B. war ein vieljeitiger Dichter, der ſich vorzugs:
weije nach dem Mufter feines Oheims bildete, obne
jedoch deſſen Schwung und geiftige Kraft zu be
jigen. Korrekt und zierlid im Stil, aber ohne
den Auflug einer höheren Lebensanficht, macht er
überall den Eindrud eines Künſtlers zweiten Ranges,
der durch Sorgfalt und jchulgerechte Form erießt,
was ihm an fchöpferiicher Kraft und Originalität
gebricht. Sammlung der Fragmente von Neue
(1823) und in Bergfs poet. Iyr. Graec. III p. 569
der 4. Aufl.
Bakis, Baxıs (wahrjcheinlich von Bagerv, Sager,
Berfündiger, vates), iſt der fingierte Berfafler einer
Sammlung von zenswuod, ähnlich denen, die unter
dem Namen von Orpheus, Mufaios u. j. w. etwa
jeit dem 7. Jahrh. v. E. in Umlauf gefommen waren
und befonders durdy die gläubige Bflege des Peiſi—
jtratos und feiner Söhne ein nicht unbedeutendes
Anſehen und Einfluß auf die Entichliegungen der
Staaten erlangt hatten. B. galt für einen Boioter
aus Eleon, Nymphen jollten ihn zu prophetiicher
Efftafe erregt haben. Später tauchten noch andere
Sammlungen der Art auf, und man bejaß neben
dem boiotiichen noch einen arfadiichen und attiichen
Bakis. Hat. 8, 20. Arist. Pax 1071 nebit Schol.
Paus. 9, 17, 5. Vgl. Göttling, opusc. p. 198.
Baktria, Baktriäna, Baxroia, Bexrpuerr),
altperj. Bakhtri, j. Balfh, eine der nördlichſten
Provinzen des perjiichen Reichs, die mittlere Frucht:
bare Thalebene des Dros, grenzte im N. und D.
an Sogdiana, gegen ©. an den Parapanijos und
Aria, gegen ®. an Margiana. Die Hauptitadt
war Baltra (od. Zariaſpa, j. Ballh) am Baltros,
e. Nebenfluß des Oros; andere Städte waren Ale:
randreia Oriane, Demetrias, Eufratideia und Eu:
Balatro — PBalneae Pallacinae.
thydemia. Die Provinz war der Hauptjiß der per-
fiihen Macht im Dften. Ihre Satrapen, meift
föniglihe Prinzen, waren ziemlich unabhängig.
Dieje natürliche Yage bewirkte auch nad) Aleranders
Eroberung baldige Trennung von der Seleutiden:
monarchie unter eigenen griechijchen Königen (jeit
256 v. E.), die ihr Reich jelbjt über die Indos—
länder ausdehnten; das Reich fiel durch die Er-
hebung des parthijchen und den Andrang jiythi-
icher Stämme. Strab. 11, 516 ff.
Balätro, ein von Horaz (sat. 1,2, 2) gebrauchtes
Wort, das fich daf. 2, 8, 21 ald Name eines humo—
riftijchen Begleiters des Mäcenas wiederfindet. Es
ift abzuleiten von blaterare, blatero (Hor. sat.
2, 7, 35. Gell. 1, 15, 20) durch Hinzujeßung eines
vorlautenden a; jo liegt jedesfalls der Begriff eines
Schwäßers (stulte et praecupide loqui) und dann
eines Schmarogers darin, und jener horaziſche
Serpilius verdankt jeinen Beinamen diejer Bedeu:
hung; vgl. das franzöſ. belitre.
albi, 1) 2.Cornelius®., ftammte aus einer
in Gades anjäjligen Familie. Er nahm Kriegs:
dienfte im Heere des D. Metellus Pius während
des Krieges gegen Sertorius, dann jpäter unter
Bompejus, durch welchen er das Bürgerrecht er:
bielt, im J. 72 v. E. Cie. Balb. 8, 19. Auch in
Nom zeichnete ihn Pompejus aus und beichenkte
ihn ſogar mit Ländereien, während Theophanes
von Motilene, der Bertraute des Pompejus, ihn
adoptierte. Daj. 18, 41. ad Att. 7, 7, 6. Auch bei
Gäjar, deſſen Bedeutung er erkannte, gelang cs
ihm, fich in Gunft zu jegen. So begleitete er 61
den Proprätor Cäſar nah Spanien als praefec-
tus fabrum, jowie er auch im J. 60 jein Gejandter
beim Abjchluffe des Triumvirats war. Hatte jo
B. nichts verjäumt, um ſich die Gunſt der mäch—
tigften Männer feiner Zeit zu erwerben, jo hatte
er doch nicht zu tadelnswerten Mitteln bei dieſem
Streben gegriffen. Daher richtete ſich auch die
wegen Anmaßung des Bürgerrechts im J. 56 von
einem (durch die Optimaten angeftifteten) Gaditaner
gegen ihn erhobene Anklage weniger gegen B.
als gegen Bompejus. Auf die Bitte des legteren
verteidigte Cicero den Angellagten. B., der eigent:
liche Geichäftsträger Cäjars, war bald in Rom,
bald in Gallien, um feines Gönners Anterefle wahr:
zunehmen, und juchte, als der Ausbruch des Kam:
pies zwiſchen Cäſar und Pompejus unvermeidlich
wurde (50), den gefürchteten Redner Cicero für
Eäjar zu gewinnen, wiewohl ohne Erfolg. Beim
Beginn des Kampfes lieh ihn Cäſar auf feinen
Wunſch in Rom zurüd, wobei B., wie jein Brief:
wechjel mit Cicero beweift, diejen zur Übernahme
der Vermittelung zwifchen den beiden Gegnern zu
bewegen juchte. ft als Pompejus geflohen war,
welhem B. aus früherer Zeit verpflichtet war,
handelte B. noch entichiedener für Cäjar, jtrebte
auch nad höheren Würden und verichafite dem
Eicero bei Cäſar Verzeihung. Seine Macht und
fein Einfluß war bedeutend, da Cäſar alles billigte,
was B. that. Oic. ad Att. 10, 11, 4. 12, 2. 18, 1.
19, 2 u. ö. ad fam. 6, 8, 1. Nach Cäſars Tode
ſchloß er id) an Octavian an. Cie. ad Att.14,10,3.
Im %. 40 wurde er mit Ganidius Craſſus Konjul
nach Abjegung der vorher gewählten Koniuln.
Dio Cass. 48, 32. Plin. 7, 44. Sein Todesjahr
ift nicht befannt. Außer jeinen noch vorhandenen
Briefen an Cicero joll er Dentwürbdigfeiten aus
187
Cäſars Leben abgefaht haben (Suet. Caes. 81),
fowie eine Ephemeris (nach Sidon. Apoll. 9, 14).
Monogr. von Hoche (1. TI. 1882). — 2) 2. Bal:
bus, aus Gades, Neffe des vorigen, der Jüngere
benannt im Gegenjaß zu jeinem Speim, nahm teil
an den Kriegen Cäjars in Agypten und Spanien,
wurde deshalb Pontifer (Vell. Pat. 2, 51. Cie.
ad Att. 8, 9, 4) und verwaltete im 9. 40 Die
Duäftur unter Aſinius Pollio. Seine Baterftadt
verdanfte ihm eine Erweiterung und einen ficheren
Hafen; doch handelte er gegen feine Mitbürger jo
willtürlic und gemwaltthätig, daß er vor ihrer Wut
nach Afrika flüchten mußte. Im 9. 19 fam er
wieder zum Borichein, fämpfte fiegreidy als Pro-
konſul in Afrika, triumphierte als erfter Nichtrömer
(Plin. 5, 5) und lieh im Jahre 13 in Rom ein
Theater erbauen. Weitere Nachrichten über ihn
fehlen. — 3) T. Ampius Balbus, Volklstribun
im J. 62 v. C. erwirkte als jolcher durch jeinen
Antrag dem Pompejus bei deſſen Erjcheinen: im
Theater und Circus äußere Ehren. Er war jehr
befreundet mit Cicero, der bei Cäſar feine Rückkehr
aus dem Eril nach dem Tode des Bompejus erbat
und erhielt. Auch die Prätur befleidete er, 580. C.,
worauf er Afien verwaltete. Cic. ad fam. 1, 3.
Vell. Pat. 2, 40. — 4) M. Attius Balbus j.
Atii, 4. R
Balbillus, Gaius, Präfelt Agyptens unter der
Negierung Neros, ausgezeichnet durch feine Kennt:
nifie. Tac. ann. 13, 22. Sen. qu. nat. 4, 2, 13.
Balbinus, D. Eälius Calvinus Balb., zur
Zeit des Caracalla, ein reichbegabter Mann, wurde
im 3. 238 n. E. mit Marimus Pupienus vom
Senat zum Kaiſer gewählt, hatte aber mit dem
Haß der übermütigen Prätorianer zu Fämpfen,
während Senat und Bolt den milden Herrſcher
ehrten. In einem Aufftande der Soldaten wurden
in demjelben Jahre (Ende Juli) beide Kaijer er:
ichlagen. Herod. 7, 10. 8, 8. Eutr. 9, 2.
Baleäres insülae, Balzagiöss, Balıngeig (bei
den Griechen au Tvurrjareı), 2 größere Anjeln
im D. der Küfte von Hispania Tarraconensis, in
dem nad ihnen benannten Balearijchen Meer;
man unterjchied fie durch den Zuſatz Major (i.
Mallorca) und Minor (j. Menorca); fie waren
fruchtbar und bejonders weinreich. Auf der größeren
(weftlichen) Inſel befanden fich die von den Römern
angelegten Städte Balma (j. ebenjo) an der Weit:
lüſte, Bolientia (j. Bollenza) im NO. und Ei-
nium (j. Sineu); auf der Meineren: Jamna oder
Jamno (j. Giudadela) im W. und Mago ij.
Mahon) im SD., phoinikiiche Anlagen. — Die Be:
wohner, Baleares, Bakıageis, etwa 30 000, waren
ein urjprünglich rohes Volk, das von Viehzucht
lebte und bejonders wegen jeiner Gejchidlichkeit
mit der Scyleuder in den Heeren der Karthager
und fpäter der Römer gejchägt war. Liv. 28, 37.
Durch ihre Verbindung mit den Seeräubern fanden
fih die Römer veranlaßt, fie zu befriegen, und
der Konful DO. Cäcilius Metellus (Balearicus, |.
Caeeilii, 6.) unterwarf fie 123 v. C. Strab.
3, 167. Diod. Sie. 5, 16. Lie. ep. 60. Flor. 3,8.
Oros. 5, 18.
Balista (Ball.) j. Tormenta, 5.
Balistarii jind diejenigen Soldaten, welche zur
Bedienung der Wurfmaſchinen, jpeziell der Balijten
(ſ. Tormenta, 5.), gebraucht wurden.
Balnöae Pallacinae, die Ballacinijchen Bäder
188
in Nom, lagen hart am circus Flaminius. In
der Nähe derjelben wurde S. Roſeius aus Ameria
(j. Roseii, 1.) einige Monate nach der Zeit der
ſullaniſchen PBroffriptionen menchlings ermordet.
Cic. Rose. Am. 7, 18.
Baln&um f. Bad, Bäder.
Balteus, 1) im allgemeinen ein Gürtel (£wernie),
der über den Hüften das Gewand zufammenhielt.
— 2) das Bandelier von Leder, an mwelden das
Echwert hing, und das gewöhnlich über der linfen
Scyulter getragen wurde (Pol. 6, 23), jo daf das
Schwert an d. rechten Seite war (vgl. Waffen, 10.).
Befeftigt wurde dieſes Bandelier außer durch das
Gewicht des daranhängenden Schwertes noch anf
der Schulter durch die Riemen des Ranzers. Meiftens
war auf diefem B. allerhand Metalthmud, ipäter
ſogar Edelfteine angebracht. — 3) ein verlängerter
Zipfel an der römischen Toga, der von der rechten
nach der Tinten Schulter gezogen wurde. S. Klei-
dung, 9.
Bandusia ſ. Sabini.
Bantia, Municipium in der Nähe von Benufia
am Fuße des Mons Voltur, im waldiger Gegend
Lucaniens, ı. Eta. Maria di Banzi. Lie. 27, 25.
Hor. od. 3, 4, 15. Bon bejonderer Wichtigleit für
die Staatsaltertümer ift die 1790 anfgefundene,
aus den Nahren 133— 118 v. C. ftammende, Stein:
ichrift der tabula Bantina, die in lateinischer und
offiicher Sprache Beitimmungen zur Sicherung der
Staatsverfaffung enthält. Ausg. von Mommien,
C.1.L.1p.45 ff. Bgl. deffen unterital. Dial. ©. 145
und Kirchhoff, das Stadtredht von Bantia (1858).
Bapten j. Kotys, Kotytto.
Baräthrum, Bdoxdeor, eine Tiefe bei Athen,
wahricheinlich am Weftabhang des ſ. g. Nymphen—
hügels (ſ. Attika, 14.), in die gemeine Verbrecher
geftürzt wurden, auch devyue genannt und daher der
Nacırichter 6 dri ra dguyuarı. Iyeurg. Leoer. 121.
Barba. Die Griechen lichen ihren Bart wachien
um Wangen (zoyor), Lippen (uvora& und mar-
rog=irnen) und Kinn (yErscor), doc verwandten
fie auf die Pflege desielben wie auf die des Haupt:
haars die größte Sorgfalt. Es galt für verädht:
lich, ihn ganz abzujchneiden, bis Alexander dieje
Eitte infolge feines Strebens, die Orientalen mit
jeinen Maledoniern zu verichmelzen, in größere
Aufnahme brachte. Vgl. Haarputz. Die Römer
trugen regelmäßig ihren Bart ungeichoren, bis
300 d. E. die erjten Barbiere nad) Rom gekommen
jein jollen. Varr. 1.1.2, 11. Plin. 7,59. Seitdem
pflegte man fich glatt rafieren zu laſſen, ausge:
nommen bei Trauer (ſ, Luctus). Im 1. Jahrh.
v. E. famen die Bärte wieder jehr in Mode; die
bene barbati oder barbatuli mit ſchön geſtutztem
Barte ericheinen als ftußerhafte Leute (Cie. Catil.
2, 10), Der junge Römer ließ den Bart ftehen
etwa bis ins 21. Jahr; der Tag, an weldem er
fih ihn zum erften Male abnehmen lieh ‘ponere
barbam), galt als Feſttag. Hadrian lieh feinen
Bart wieder wachjen, um die Muttermäler in feinem
Beficht zu verbergen, und feitdem ift die Sitte
wieder allgemeiner geworben.
Barbäri, Bdeßegor. Diejer Name bezog fich
urjprünglich nur auf die Sprache und bezeichnete
einen Fremdredenden; jo heißen die Karer 11.2, 867
Broßeespwro:, und auc die Agypter nannten
alte Andersredenden Barbaren (dt. 2, 158). Daß
jo ſich leicht der Nebenbegriff der Geringichägung
Balneum — Bardylis.
Damit verbindet, ift erflärlich. Dieſer Gegenſatz
tritt bejonders hervor bei der jchärfer ausgeprägten
Entwidelung der Boltstümlichkeit und dem er:
höhten Selbftbewußtiein der Hellenen gegen andere
Bölfer, bejonders die des Oſtens. Seiner Natur
nad) war der Grieche zur Herrichaft über den Bar:
baren beftimmt. Arist, Pol. 1, 2: di Yacır ol
oral Bapßagnr 5°’ "Eiinvag Goysır elnog
[ Kur. Iph. Aul. 1370], og rabro pro Bdeßagor
xcel dondor or. Vgl. and 7, 6, wo er den Barbaren
in Europa Mut Pruss) beilegt, aber die Einficht
(dıeroma) abipricht, den Barbaren in Aſien Einficht
beilegt, aber den Mut abipricht, während bei den
Griechen beides fich vereinigt fände, jo daf fie,
wenn fie Einen Staat bildeten, über alle berrichen
fönnten. Bon der Bezeichnung des fremdländiichen
Charakters ging das Wort daher nach und nad)
in die der geringeren Bildung über. So find außer
den Hellenen für diefe alle Andern Barbaren, bis
ipäter nach der Beſiegung Griechenlands durch die
Römer auch dieſe fich von den Barbaren trennten:
Alles, was nicht griechiich und römiſch gebildet war,
wurde unter der Benennung barbari zuſammen—
gefaßt; immanitas und barbaria bildeten den
Gegenſatz gegen die römiiche humanitas, wobei
auch der Gegenjab der Sprache nicht ganz ver:
foren ging, wie die Stelle bei Cie. Verr. 2, 4, 50
zeigt. Später wurden noch die Gallier und Hiſpa—
nier in den Kanon aufgenommen, und der Name
blieb beionders für die germaniichen Stämme und
die Völker jenjeit des Euphrat, weil dieje ftand-
haft fi) den Römern und ihrem Einfluß wider:
ſetzten. — Die Herleitung aus dem jansfr. bar-
bara-s hat Bedenten jelbit für das Vorhandenſein
diejer Wortform; varvara-s aber „zottig“ be:
zeichnet den mwollbaarigen Neger und das davon
abgeleitete varvara-tä nur Die Rauheit in der
Ausiprache des Buchjtaben r. Val. auch Boeßoev-
£eev, follern, fnurren, und peri. barbar, geſchwätzig,
närriſch. Curtius, griech. Etym. ©. 273.
Barcäni, Baoxcutot, wahrſcheinlich fein beſon—
deres Volk, ſondern nur Nebenform von Tonduiot.
entſtanden aus Verkaniya, dem perſiſchen Wort für
Hyrfania (j. d.. Nach Kteſias (fragm. Pers. 2,5
wurde Aftyages nach feinem Sturz don Kyros über
die B. geſetzt. Nach Curtius (3, 2) ftellten fie zu
dem Heer des Dareios Kodomannos 12 000 Dann.
Barditus, Schildgejang (vom altn. bardhi) der
alten Germanen, begann mit halblantem Gemurmel
und wurde bis zum furchtbaren Geſchrei. Der
ululatus der Weiber begleitete ihn. Tac. Germ. 3.
Das Wort hat nichts zu thun mit ben feltiichen
bardi, den Sängern, welche die Krieger ins Feld
begleiteten und deren Thaten verherrlichten; wohl
aber hat es bei Klopftod den Namen Bardiet ver:
anlaßt für Gefänge, deren Inhalt aus den Zeiten
diejer fälichlich für die Germanen angenommenen
Barden ftammt.
Bardyaei, Bagöveioı, illyriſche Sklaven, ver:
rufen wegen ihrer wilden Grauſamkeit, deren fich
Marius zur Ausführung feiner blutigen Befehle
bediente. Sertorius lich fie, als ihr frecher Übermut
alle Schranfen zu überjchreiten drohte, viertaujend
an der Zahl, niederhauen. Plut. Mar. 43. Sertor.d.
Bardylis, Beoörkıg, ein Illyrier, kämpfte als
Feldherr fiegreich gegen Makedonien, welchen er
einen bedeutenden ®ebietsteil entriß, im J. 359
v. C., fiel aber im folgenden Jahre in einer Schlacht
Barea Soranns — Basilika.
gegen Philipp II. von Makedonien. Diod. Sie. 6, 4.
Cie. off. 2, 11, 40.
Bar6a Soränus, Servilius,dejignierter Konſul
im 5%. 52 n. C. diente unter Nero, der ihn wegen
jeiner Redlichkeit haßte, als Profonjul in Klein:
ajien, wo ihn jeine Gerechtigleitsliebe ſehr beliebt
madıte. Dadurch wurde er dem Kaijer verdächtig.
Unter der Beſchuldigung ehrgeigiger Abjichten an—
geflagt, wobei jein eigener Lehrer, der ſtoiſche Phi:
lojoph P. Egnatius Celer, als Zeuge gegen ihn
auftrat, wurde er und jeine Tochter Servilia, die
des Baters ehrgeizige Pläne befördert haben jollte,
als Teilnehmer einer Berjhwörung zum Tode ver:
urteilt. Tac. ann. 12, 53.16, 21 ff. Mist. 4, 10.40,
Dio Cass. 62, 26. Jur. 3, 116.
Barentinus, Flüßchen in Lucanien, im defien
Bett die Weftgoten ihren König Alarich betatteten
Jordan. Get. 30), j. wahrſcheinlich Bujiento.
Bargusii, Völkerſchaft im tarraconenjiichen
Hiſpanien zwijchen den Jlergeten und Aujetanern,
nordöftlid) vom Jberus. Lir. 21, 19.23. Pol. 3, 35.
Bargylia, r« Bapyülıe, aud) Bargyliae, Stadt
in Karien im innerften Winkel des gleichnamigen
Meerbuſens (gewöhnl. Jafiicher Meerb. genannt). Im
J. 197 v. E. wurde Philipp III. von Makedonien
von den Römern gezwungen, die bisher bejeßt ge—
haltene Stadt aufzugeben, worauf fie für frei er-
Härt wurde. Die in der Nähe befindliche Statue
der Artemis Kindyas wurde, obwohl unter freiem
Himmel ftehend, nie naß. Liv. 37, 17. 32, 33. 33,
30 u. d. Plut. Flam. 12. Strab. 14, 658.
Barium, Stadt der Peucetier in Apulien, j.
Bari, ein Municipium, von Horaz (sat. 1, 5, 97)
piscosum (filchreich) genannt.
Barka, Bdexa, (j. Ruinen Medinet el Merdich),
Stadt in Kyrenaike, 100 Stadien vom Meere ent:
fernt, urjprünglich Wohnfig der durch ihre Pferde—
zucht berühmten Barcuei, jpäter (um 550 v. G.)
Durch einen Zweig des fyrenaiichen Königshaujes
zur Hauptitadt eines mächtigen, mit Kyrene riva-
lijierenden Staates gemacht, der bis zur Eroberung
durch die Perjer (ö12) blühte, und dejien Name
auf die h. Provinz übergegangen iſt. Hdt.4, 1,4.
167. 171. 200,
Barkäner, Barcani, parthijches Volk an der
Grenze Hyrlaniens, weldes Ajtyages nad) jeiner
Bejiegung durch Kyros als Statthalter regierte.
Zur Armee des Dareios KNodomannos ftellten fie
12 000 Mann. Curt. 3, 2.
Barkas j. Hamilkar.
Barsine, Bagolvn, 1) ältejte Tochter des Da-
reios, mit welcher Alexander jich bei der allgemei:
nen Hochzeitsfeier in Suja vermählte, im 3. 324
v. C. Arr. 7,4, 6. Sie heißt Phot. p. 68 b. Belt.
Arjinoe, bei Diod. Sic. 17, 107 und Plut. Alex. 70
Stateira. Bgl. darüber Droyjen, Geſch. des Helle:
nismus I, 2 ©.243. — 2) Tochter des Satrapen
Artabazos, Witwe des Mentor und Memnon von
Rhodos. Wlerander der Gr. pflegte mit ihr Um:
gang, und fie gebar ihm den Herafles. Im J.
323 finden wir fie mit ihrem Knaben in Pergamon.
Just. 13,2. Bon hier wurde fie (310) mit Herakles
durch Kaſſanders Feind Polyſperchon nach Griechen:
land berufen, der „dem legten vom Blute Alexan—
ders’ das Neid) retten wollte. Aber von Kafjander
gewonnen, ließ Polyſperchon nad einem Mahle
Serafles und mit ihm deſſen Mutter töten, 309.
Diod. Sie. 20, 28. Paus. 9, 7. Just. 15, 2.
189
Basavyısrıng. Die Folter ald Beweismittel
wurde in then bei Sklaven angewendet, nicht
nur wenn ſie jelbft eines Verbrechens angeflagt
waren, jondern auch wenn vorausgejegt wurde,
daf fie gegen einen andern würden ausjagen kön—
nen. Die Tortur war nötig, weil fie nach atti:
ihem Recht als Zeugen nicht auftreten durften.
Das Verfahren dabei war, daf man entweder feine
eigenen Sklaven zur Tortur anbot, oder den Gegner
aufforderte, die jeinigen dazu tie (zaga-
doövau); dieje Aufforderung hieß meoxincıg (reo-
»alsisde:), Es wurde jodann ein fürmlicher Kon:
traft zwijchen beiden Parteien darüber aufgejegt,
der ebenfalld meoxinoıg hieß. Die Männer nun,
die die Tortur leiteten und den an den Sklaven
durch diejelbe verurfacdhten Schaden tarierten, hießen
sarıorad. Die Bajaniften nahmen die Ausjagen
der Sklaven auf, um jie dem Gericht als Beweis:
mittel vorzulegen; oder die Sache wurde ohne
weiteres gerichtliches Verfahren abgemadt, wo
dann der Basarıorrjs, natürlich der Ausjage der
Sklaven gemäß, als Schiedsrichter (duurneng) die
Sache entſchied. Zumeilen wurde auch die Tortur
durd Öffentliche, eigens dazu bejtimmte Sklaven
(Folterfnechte) vorgenommen, die auch Basavıcrar
hießen. Gegen Bürger konnte die Tortur nur in-
folge eines bejonderen Voltsbeichluffes angewendet
werden. Isocr. traper. 15. Demosth. Pantaen. 40.
Einige Arten der Folterung (an der Leiter aus:
ipannen, mit Vorjten peitichen u. j. w.) werben
aufgezählt Aristoph. ran. 618 ff. Vgl. Meier und
Schömann, att. Prozeß S. 890 ff. der 2. Aufl.
Basänıtes scıl. mons, ®ranitgebirge an der
Südgrenze von Oberägnpten zwiichen Syene und
Berenite, deſſen Steinbrüche einen harten jchwarzen
Stein (Basanites lapis), den Bildhauern und Archi—
teten ein ausgezeichnetes Arbeitsmaterial, lieferten.
Basileios, Basiksıog, der Große genannt, geb.
330 n. €. zu Cäſarea in Kappadofien aus einer
angejehenen Familie, gebildet in Athen, wo er mit
jeinem Landsmann Gregor von Wazianz einen
innigen Freundichaftsbund jchloß, dem jpäter fein
jüngerer Bruder, Gregor, Biichof von Nyſſa, bei:
trat (j. über „die drei großen Kappadokier“ Böh-
ringer, die Kirche Ehrifti. 2. Aufl. Bd. 7 u. 8).
Buerft Sachwalter, wurde B. 364 Preibyter, 370
Biichof in feiner Vaterſtadt und ftarb 379, eine
wahrhaft „töniglihe” Ericheinung auf feinem
Gebiete, Begründer der Mönchsregeln für das
Morgenland. Er verſchenkte jein ganzes Vermögen
an die Armen, gründete ein großes Hojpital und
lebte jelbft in Dürftigfeit. Dabei war er ein Freund
und Beförderer der griech. Litteratur, deren Stu:
dium er Jünglingen in der Nede: örwg ür !x
tov "Ellnvirav wpeloivro Aöyar (Ausg. von
Lotholz 1857) dringend empfiehlt. Ausgezeichnet
find ſeine Briefe.
Basilika, Baoıınn, basilica (scil. domus oder
porticus), Prachtgebäude in Rom und den Pro:
vinzen, die zu Gerichtsfißungen und Handelsge:
ichäften benugt wurden, Rathaus und Börje (Cie.
Verr. 2, 5, 58. ad Att. 2, 14), oben mit Galerien
für die Zuſchauer umgeben, wie die Überrejte in
Berona zeigen (vgl. Koma, 8.). In Rom wurde
die erfte im J. 184 v. E. von Cato Cenjorius auf
dem Forum zur Seite der Euria gebaut und hieß
B. Porcia, wie auch die andern, jpäter erbauten
ihre Namen von den Erbauern erhielten (Bus.
190
Iulia, Ulpia u. a). Die Bafilifa diente, wie ge:
jagt, zugleich als Rathaus und Börje und beitand
meiftens aus einem erhöhten Mittelichiff und zwei
durch eine Säulenreihe davon getrennten Seiten:
ichiffen (j. Fig. a. Baſilika von gompeii): einzelne,
wie die Bas. lulia und die Bas. Ulpia, hatten
5 Schiffe, alfo
4 Säulenreihen.
An einem Ende
des Hauptichiffs
war eine Mb-
teilung durch ein
Gitter getrennt,
wie die Gafriftei in einer Kirche; oder es
war eine, gleichfalls etwas abgeionderte Tribüne
für die Richter und Advokaten errichtet. Im In—
nern waren oben Galerien für Zujchauer (Vier.
5,1; 5. Fig. b. Bafılifa zu Verona). Seit Con—
b.
Pa leee ee me eraig ———
kESTER ——— A
—J
Tann
EDRRERERRERBEEERERRREREIGGO
ftantin dem Gr. wurden viele Bafiliten in Gottes:
häujer verwandelt und die architektonische Grund:
form derjelben auch bei der Anlage der chriftlichen
Kirchen benugt. Sie jind benannt nad) ihrem
Vorbilde, der oro@ Baoıkiwg oder Basıkınn) zu
Athen, dem Amtslofale des deyor Baaılevg ıj.
Attika, 12.) Much für die chriftlichen Kirchen,
die urjprünglich Dominica hießen und den olxoı,
den Sälen im den Privathäufern (j. Haus I, 2.)
nachgebildet waren, wurde jeit Mitte des 4. Jahrh.
der Name Baſiliken vorherrſchend, indem für ihren
a ag Aufbau jene Serichtshallen in freier
eije als Mufter dienten. Vgl. Zeitermann, die
antifen und die hriftlichen Bajılifen (1847). Wein:
gärtner, Uriprung und Entwidlung des chriftlichen
Ntirhengebäudes (1858).
Baoxavia, eine Art Bezauberung durch den
Bid oder durd) die Zunge, befonders gegen Kinder
und glüdliche Berfonen, auch gegen Bich und Feld—
früchte gerichtet. Um die Wirkung zu vernichten,
pflegte man dreimal auszujpuden oder gewifle For:
meln auszuiprechen. Dieker Glaube bereite auch bei
den Römern, welche Abwendeformeln gebraudten
und auch Yauberringe trugen, um die Wirkung der
Bezauberung zu verhindern. ©. auch Bulla.
Bässai j. Phigalia.
Bassäreus, Bassariden ſ. Dionysos, 5.
Bassus, 1) Aufidius, jchrieb zur Zeit des
Kaifers Tiberius eine von Quintilian (10, 1, 102)
gerühmte Sejchichte der Zeit des Auguftus, Tiberius
(und Galigula) und der Feldzüge gegen die Ger:
manen, die an dem älteren Plinius einen Fort:
jeger fand (Plin. 6. praef. 20). Wahrjcheinlich ift,
daß die Hibri belli Germaniei ein Beftandteil des
größeren Werfes waren. Einige Proben aus jei:
nem Werfe gibt der ältere Seneca (suas. 6, 18. 24).
— 2) Eäjius Baſſus, Jugendfreund des Dichters
Perſius, defjen Gedichte er herausgab, fand beim
Ausbruche des Bejuv im J. 79 n. E. feinen Tod.
Er wird von Quintilian (10, 1, 96) als der einzige
nennenswerte Lyrifer nad Horaz genannt und hat
Baoxavia — Batarvi.
wahricheinlich auch ein Lehrgedicht de metris ver:
faßt, welches im 3. Jahr) in ein projaiiches Lehr:
buch de metris umgearbeitet oder epitomiert wurde.
Ein Bruchftüd davon ift noch vorhanden, gedrudt
in den Sammlungen der Grammatifer und Metri-
fer, bei Keil gramm. Lat. VI p. 265 ff.; bejondere
Ausg. (mit Atilius Fortunatianus) von demfelben
(1885). — 3) Salejus Bajjus, ein Epiler in
der Zeit Beipafians (Tae. dial. 5. 9), welcdem
QDuintilian (10, 1, 90) ein vehemens et poeti-
cum ingenium zujchreibt. Abhandlung von Held
(1834).
Bastarnae, Basrdprar, ein mächtiges Boll,
wahricheinlich germanijchen Stammes, aus Germa=
nien eingewandert, wohnte anfangs zwiſchen Theiß
und March, ging dann weiter die Donau abwärts
und lie ſich zwiſchen Tyras (Dirjeftr) und Bory—
ſthenes Dnjepr) nieder. Sie famen früh mit den
Griechen und Römern in Berührung; Bhilipp Il. von
Makedonien (182 v. E.) hatte die Abficht, ſich 2
egen die Nömer zu bedienen, woran ihn jein
Tod verhinderte (Liv. 40, 5. 57); des Perjeus un:
föniglicdyer Geiz in betreff des Soldes beraubte
ihn des Beiftandes von 70 000 tapfern Baltarnern.
Liv. 44, 26. Später ftanden fie auf Seite des
Mithridates (App. Mithr. 15. 69. 71); um jene
Zeit überjchritten fie in großen Maflen die Donau
und jegten fich nördlich des Haimos feſt. Im
J. 30 wurden fie von M. Craſſus gedemütigt,
gaben jedoch ihre Naubzüge nach Thrakien nicht
auf. In der Folge fommen jie an der Mündung
der Donau unter dem Namen Beufiner (von
einer Donauinjel [Ievan) vor. Tacitus (Ferm. 46)
erfennt Ähnlichkeit der Spracde, Sitte und Lebens—
weije mit den Germanen an, während Livius (40, 57)
jie mit den Stordiifern (Kelten) zujammenftellt und
ür Verwandte derielben hält. Später erjcheinen
ie unter den Berbündeten im Marktomannenfriege
und unternehmen mit den Boten mehrere Naubzüge.
Batävi (kurz bei Lucan. ı, 431), Baravol, Ba-
rdovor, ein aus Germanien ausgewandertes Boll,
welches jich zuerjt auf der vom Rhenus, Bacalus
(Bahalis) und der Moja gebildeten Inſel — der
j. g. insula Batavorum — niedergelaflen (Tue.
hist. 4, 12. Caes.b.g.4, 10), dann jich aber weiter
nah ©. ausgebreitet hatte, und deren Land mun
Batavia hieß. Unter den Städten find zu nennen:
Batavodurum (j. Durftede), Noviomagus
(j. Nimmwegen) am Bacalus, die Feitung Arena:
cum oder Arenatium (j. Arnheim), Traiectum
(j. Utrecht) am Rhenus, Yugdbunum Batavorum
unweit der Nhenusmündung, die bedeutendite Stadt
(j. Leyden). — Die Bataver, deren Namen fich im
2 Betuwe, der von Led und Waal umflofjenen
Inſel, erhalten hat, wurden anfangs von den
Römern nicht als Bejiegte, fondern mehr als Bun:
desgenofjen betrachtet und leifteten ihnen im den
germanischen Kriegen bejonders durch ihre treif:
liche Neiterei guten Beiftand. Tac. ann. 2, 8.
hist. 4, 12. 17. Germ. 29. ber allmählich ward
das’ Verhältnis der Abhängigfeit —— doch läſtig,
und als der Glaube an die Unbeſiegbarkeit der
römiſchen Waffen geſchwunden war, entitanden
mehrmals Aufjtände, deren bedeutendjter der unter
Claudius Eivilis zur Zeit Veipafians 69 und 70
n. C. war. Zwar gelang er nicht (7460. hist. 4,
12 — 37. 54—80. 5, 14—26); indes blieben die
Bataver von mun an jtenerfrei und wurden immer
Bathykles — Baukünstler.
von den Römern mit Achtung behandelt. 7Tac.!
Germ. 29.
Bathykles j. Bildhauer, ?.
Bathyllos, Bdödwilog, 1) aus Alerandreia, ein
Freigelaffener des Mäcenas, ausgezeichnet in der
ſcherzhaften Bantomimif, jowie Pylades, jein Kunft-
genoffe und Nebenbuhler, in der erniten (Taec. ann.
1,54), bejonders in der Daritellung des Zarten,
Reichen und Weibiichen, daher mollis Bathyllus
(Juve. 6, 63 ff.). Er hatte die Bantomimif als thea—
traliiche Kunft in Rom eingeführt und begründet.
— 2) ein jchöner Knabe und Liebling des Ana—
freon. In Samos, wo er geboren war, jtand jeine
Statue. Hor. epod. 14, 9.
Bato, Barov, ein Dalmatier, und ein anderer
des Namens, ein Bannonier, leiteten eine im J. 6
n.E. ausgebrochene Empörung beider Völker gegen
Kom. N —— Kämpfen gegen die Römer
übernahm Tiberius den Befehl über das Heer und
befiegte zunächſt in einer Schlacht den Dalmatier
Bato, welcher darauf nah PBannonien flüchtete
und ſich mit dem andern Bato vereinigte. Beide
fämpften dann im J. 7 nicht ohne Glüd vereint
gegen den Feldherrn des Tiberius, Cäcina Severus,
reisten andere Stänme zum Abjall und wagten
jogar einen Einfall in Makedonien. Vell. Pat.
2,110. Auguſtus jandte nun den Germanicus
egen fie, welcher me eines der empörten Böller
lg, aber die Unterwerfung der andern nicht
erzwingen fonnte. Dio Cass. 55, 32. Erſt im
3. 8 wurden die Dalmatier unterworfen, Bato
erihien in Rom, wurde vor Tiberius geführt und
a ihm jehr freimütig. Bald darauf fiel
der Bannonier Bato in des Dalmatiers Hände und
wurde — Daher empörten ſich die Pan—
nonier, und auch der Dalmatier Bato griff wieder
zu den gen (im %. 9). Tiberius fam aber-
mals almatien (Dio Cass. 56, 11f.), Bato
in eine feite Burg bei Salona, wurde
Beit von Tiberius vergeblich belagert und
diejelbe, als die —2* auf ferneren
Biderſtand vergeblich ſchien. Da die Seinigen ſich
nicht dazu verſtehen wollten, mit den Römern, wie
er es wünſchte, zu verhandeln, jo trennte er ſich
von ihnen und beteiligte fich nicht weiter am
Er jtellte jich jpäter in Rom dem Ti-
berins und erhielt Straflofigfeit. In Ravenna
ihm fein Aufenthalt angewiejen. Dio (ass.
56, 11 ff. Vell. Pat. 2, 114. Suet. Tib. 20,
es {. Kallimachos.
Battos, Barros, 1) Sohn des Polymneſtos
bon Thera, der nad) der einen Sage (von Thera)
aus dem Stamme der Minyer war. Er gründete
Kyrene im Libyen auf Veranlaſſung des delphi—
Drafels nad) mandyen Leiden und Drang:
630 vd. E.) und meihte die Niederlafjung
ollon; 40 Jahre lang herrichte er als ein
frommer, rag Herricher, von jeinen Unter:
geliebt und geehrt. Pind. pyth. 5, 55 fi.
Hät, 4, 1575. (j. Euphemos). Die nachfolgenden
waren aus jeinen Geichlechte; unter jei:
nem Entel — 2) Battos Ill. (6 evdadumr) wurde
die bis dahin unbedeutende Stadt dur eine
Peloponneſier, Kreter und Inſelbewohner
des 34 mächtig und widerſtand
ogar dem großen des Aghpterlönigs Apries
it Süd (571 v. E.), nach deſſen Tode jein Nach—
jolger Amafis Frieden ſchioß Hat. 4, 150 fi.
il
191
Baueis (Baukis) j. Philemon.
Bavzainuaera«a oder zaradavzainasız
heißen die Gefänge, mit denen die Mütter und
Ammen die kleinen Kinder, diejelben im Arme
tragend, einjchläferten. Athen. 14, 10, p. 618 e.
Nahbildung Theoer. 24, 7 ff. Wiegen jcheinen erjt
jpäter vorzufomment.
Baukünstler, Baukunst. In die frühejte
Beit des hellenischen Altertums, eine prähellenijche
Beriode, in der noch cine vom Orient her über:
tragene Kunftübung herrichte, ragen gewiſſe koloſſale
Bauwerke hinauf, welche die Übergänge des rohejten
Anfangs bis zur fünftlichiten Zufammenfügung auf:
weijen. Es find die j. g. fyflopiijhen Mauern
zum Schuge der fürftlichen Afropolen; teils viel-
eig geformte, unverbundene, zum Teil 3 Meter
lange, 1', Meter hohe und breite Blöde, deren
Lüden nur mit Heinen Steinen ausgefüllt wurden
(in Tiryns, j. Abbildung a.), teils geſchickt behauen
und fünftlich ineinander gepaft (in Argos und My:
fenai, j. Abbildung b.), was den unverwüftlichiten
Bau gab. Ebenjo alt jcheint der Quaderbau zu
fein, indem man, je nachdem der Stein brad), den
Polygon: oder Quaderbau anwandte, die Konſtrul—
tion aljo vom Material abhängig madte. Im
übrigen ift an den Herrenhäufern der heroi-
ſchen Zeit das namentlich charakteriftiich, da man
an glänzenden metalliihen Bieraten bejonders
Wohlgefallen fand. Zur Aufbewahrung von Koſt—
barfeiten, Waffenftüden, Bechern und andern Klei—
nodien (zeıurjkıe), befonders aber als Gräber, dien-
ten die domartigen Insaveoi (meift unter der
Erde) und die fellerartigen ob 80. mandyer Tempel.
In dieſer Art am beften erhalten ift das j. 9.
Schatzhaus des Atreus zu Mytenai, ein bienen-
£= +1»
y KOOgSK
192
forbähnlicher Bau, aus horizontalen, allmählich
in einen Schlußftein zujammenlaufenden Schich—
ten erbaut, mit einer pyramidalen Pforte, inwendig
mit in beftimmten Entjernungen angebrachten Ro:
jetten aus Erz gejchmüdt, an der Fronte mit Halb:
jäulen und Tafeln aus rotem, grünem und weißem
Marmor verjehen, leich andern ähnlichen Bauten
(3. B. dem ſ. g. Schaghaus des Minyas zu Orcho:
menos in Boiotien, den Kuppelgräbern bei Menidi
und Spata in Attifa und den j. g. Nuraghi oder
Nuraggi auf der Inſel Sardinien; wahricheinlich
weder ein Schaphaus noch eine Kultſtätte noch
ein Brunnenhaus, fondern ein Königsgrab. -—— Mit
der Einwanderung der Dorter hängt der doriſche
Tempelbau und damit zugleich der Anfang einer
zur Einfachheit zurüdtehrenden Kunſt zuſammen.
Sie nahm durd den bejtimmenden Zweck ſofort
eine edle und große Haltung an; von dem en
Holzbau wurden die den Fries bildenden i
glyphen, ror/yAvpoı (als Balkenköpfe), und Me:
”
-
* — an Mi
ne rn
— — A — RE Sul {
— —— — EU
ee Ar7
Baukunstler.
elaſtiſch, die Übergänge mehr ſanft: das Ganze
erhält den Charakter heiterer Anmut und tritt aus
den Grenzen des Notwendigen und Ywedmäßigen
hinaus. — Mit dem 6. Jahrh. entfaltet ſich ein
reicheres Leben; die einzelnen Staaten wetteifern
in ihren Anftrengungen miteinander. Beide Bau:
arten bilden fich immer mehr, die doriſche zu groß:
artiger Würde, die ionijche zu glänzender Schön-
heit aus. Die Tempel erweitern ſich durch Säu:
lenftellungen im Innern, die Dede wird durd) eine
weite Offnung, Oradoor, durhbrochen. Erwähnt
werden aus diejer Zeit die Tempel der Artemis
zu Ephejos (Hdt. 1, 92. Liv. 1, 45. Plin. 19, 79.
36, 21; von Heroftrat verwüftet, von Deinofrates
erneuert), der Kybele in Sardes, der Hera in
Samos, des olympiichen Zeus in Athen, das ſ. g.
eherne Haus der Pallas in Sparta u. a.; erhalten
— ſich mehr oder weniger ein Tempel des
oſeidon und ein viel jüngerer der Demeter nebſt
einer Stoa zu Päftum (Bojeidonia), ein Tempel
En >
— ——
——— —— —
“tl
a
Fer Kartbenon.
topen, ueroran (als Zwijchenöffnungen) entlehnt.
Die Säulen ſſ. Columna) jind jehr ſtark und
ftehen eng zujammen, um Feftigfeit und Solidität
zu erreichen; der Stärke entipricht die Höhe, in
den formen tritt überall das Streben nad einem
entjchiedenen Charakter hervor, ohne daß bie
ichroffen Übergänge durch Zwiſchenglieder gemil:
dert werden. Die Formen find einfach, geome-
triſch, meift in geraden Linien beftchend, durch
un zierende Fr lieder, als Einjchnitte, Ringe,
Tropfen, angenehm unterbrochen. — Reicher aus:
re wurde dieſe Kunſt im dem frühzeitig
tühenden Korinth; die Giebel, derauare, wur:
den Durch ) Reliefs aus Thon gejchmüdt, wofür her:
nad die Statuengruppen famen, und auf die zier:
liche Form der elderdeden, parvauere, lacu-
naria, wurde bejonderer Fleiß verwendet. — Einen
entgegengeſetzten Charakter trug von Anbeginn an
die las Bauart. Die Säulen find jchlanter,
die Schäfte verjüngen fich weniger und werden
durch Bajen emporgehoben. Die Kapitäle find ge:
ſchmückt und mit vorhängenden Teilen (Boluten)
verjehen, die Formen mehr rundlich, gleichlam
der Athene zu Aigina und mehrere andere auf
Sicilien, zu Syrakus, Afragas und Selinns. Gleich:
zeitig wurde in Wafjerleitungen, Kanälen, on:
tänen u. a. Öffentlichen Werten Bewundernswür—
diges geleiftet, jedoch auf Theater, Hippodromen,
Stadien u. dergl. noch fein Fleiß verwendet. —
Nachdem aber die Perſerkriege das jchlummernde 4
Bemwußtjein der Nationalfraft gemwedt und die An—
häufung großer Reichtümer möglich gemacht haben,
erreicht der unternehmende Geiſt feine Höhe und
die Technif ihre Vollendung. Das zu fchnellem
Wohlſtande emporblühende Athen verwendet feine
are Mittel zur Befeftigung und zur
Ver hönerung. Zunächſt wetteiferten die Mauer:
bauten am Beiraiens (Umfang mit Munichia
60 Stadien, Höhe 40 griechiiche Een, Breite für
2 ſchwerbeladene Wagen nebeneinander) mit den
fuflopiichen an Koloflalität, übertrafen jie aber an
Negelmäßigfeit der Ausführung weit. Jetzt denkt
man auch an Bauten für die Feitipiele, wobei mit
der Harften Schärfe die Zmwedmäßigfeit verfolgt
wird. Gerade bei diejen, befonders den Theatern,
entftand das Bedürfnis des Wölbens, welche Kunſt
—
4
-1
Baukünstler.
193
von Demofritos erfunden oder aus Jtalien hieher ver: | Polias und des Pojeidon Erehtheus (das j.g.
pilanzt worden jein ſoll. Die ausgezeichnetiten Werfe | Erechtheion, f. d.), in umübertrefflicher Sorgfalt
ftanden jedesfalls auf der Airopolis zu Athen (i.
Attika,9 ff.) Am Eingange derjelben erhoben ſich
die prächtigen Propylaien, deren Bau mehr
als ein jährliches Einfommen des Staats koſtete
(2012 Talente, beinahe 9 Mill. Markt). Sie waren
von Mnejifles gebaut und jtanden mit einer
Auffahrt von der Agora her in Berbindung: ein
Prachtthor mit 4 Nebenthüren, nah außen eine
ioniſche Vorhalle, nach beiden Seiten doriſche
Frontiſpice, an den Seiten vorſpringende Flügel—
gebäude, wovon das nördliche als eine Poikile
diente; dor dem ſüdlichen lag ein kleiner Tempel
der Nike Apteros. Auf der Höhe ftand der Par:
thenon, der Tempel der Schußpatronin Athens,
50 Fuß länger als ein älterer, vom perjischen Feuer
verzehrter. Er war gebaut von Iktinos und
Kallilrates, ganz aus penteliihem Marmor,
dejien reiner Glanz durch den an Heineren Strei:
fen und Gliedern angebrachten Farben- und Gold:
ihmud gehoben wurde, und bejtand aus einem
Säulenumgange, dem Wortempel (mgörang) an
beiden jchmalen Seiten, der eigentlichen cella mit
165 Säulen um das Hypaithron, dem eigentlichen
Barthenon, einem quadratiichen eingejchlofjenen
Raum um die Bildjäule der Pallas Athene (vgl.
Bildhauer), endlih dem geſchloſſenen Opiftho-
domos mit 4 Säulen. Er jtand auf 3 Stufen er:
höht, 40 Säulen dorifcher Ordnung bildeten den
Umgang, an allen Frieſen und Metopen war der
Schmud von mancherlei Bildwerten, die jich auf
die Helden: und Hötterjagen Athens bezogen. Bis
gegen das Ende des 17. Jahrh. war diejes Wert
Gegenjtand der Bewunderung aller Reijenden, und
noch jet ift es ein begeifternder Anblid. Aber in
dem Kriege der Türken mit Ofterreich benutzten
die Benetiang die Bedrängnifje der Ottomanijchen
Bforte: Athen wurde beichoffen, und die nach dem
höchſten Punkte gerichteten Kugeln zeritörten (am
28. September 1687) einen großen Teil des qut
erhaltenen alten Werts. Es folgte weitere Ber:
wüftung: aus den Trümmern wurde, mitten in
dem Umfange einer alten, jchon dort beftehenden,
eine neue Mojchee erbaut und die Überbleibjel zu
anderem Gebrauche verwendet. — Neben dem Bar:
thenon war fein Gebäude berühmter als das am
Cüdoftfuße der Afropolis gelegene Odeion, für
die muſilaliſchen Wettftreite der Dithyrambendichter
und Rhapſoden beftimmt. Nicht bloß um Ddiejes
Zwedes willen jchien die Form der Rotunde am
pafjenditen, jondern auch, weil das Nationalgefühl
fi) dadurch befriedigt fand, eine Nahahmung des
bewunbderten Zeltes darin zu erbliden, von welchem
aus Xerres jeine Flotte gemuftert hatte. as
Schirmdach jollte aus den Maften gebildet jein,
die ald Trümmer der perfishen Schiffe auf dem
Strande von Salamis lagen. Auch diejes Ge-
bäude wurde im Kriege zerftört. Als Sulla im
mithridatifchen Kriege Athen belagerte und der
damalige Beherricher der Stadt, Arijtion, die Stadt
verlaſſen und auf der Akropolis Rettung juchen
mußte, ftedte er das Odeion in Brand, damit der
Feind aus dem Holzwert feine Maſchinen verfer-
tigte. Bon Ariobarzanes, König von Kappadofien,
wurde es wieder aufgebaut. — Außerdem wurde
das j. g. Thejeion (j. Attika, 14.) von pen:
teliihem Marmor, der Doppeltempel der Athene
Realleriton des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
der Ausführung und mit manchen Eigentümlid):
feiten der ioniſchen Baufunft, in Eleufis der
große Tempel, unter Leitung des Jltinos, von
Koroibos, Metagenes und XZenofles gebaut, mit
4 quer durchlaufenden dorijchen Säulenreihen in
2 Stockwerken und mit einer gewölbten (Plut.
Per. 13) großen Lichtöffnung, da der Tempel fein
Hypaithron fein durfte. Endlich fanden jich nod)
viele andere Tempel teils in Attifa zu Rhamnüs,
Thoritos und auf dem Borgebirge Sunion, teils
im Peloponnes zu Olympia, Phigaleia, Argos,
Tegea, in Jonien zu Milet, Priene, Magnejia, auf
Sicilien zu Atragas, Selinüs (bejonders reich und
groß, vgl. Thuc. 6, 20) und Egeita. Unter den
vielen einzelnen Baufünftlern treten noch Rhoikos
von Samos (vgl. Bildhauer, 3.) al$ Erbauer des
Heratempels in Samos und (mit jeinem Sohne
Iheodoros und Smilis) des Labyrinths in Lemnos
beſonders hervor. Hdt. 3, 60. Gleichzeitig ſtieg
der Yurus in Privatbauten und fam cs zur
Anlegung ganzer Städte, wovon die Hafenftadt
Reiraieus, Thurioi und Rhodos zeugten; ald Bau-
meifter diefer Art werden Hippodamos von Milet
und Meton genannt. — Diejelbe Ridytung jehen
wir indefjen in der jpäteren, alerandriniichen Be:
riode noch weit jtärfer ausgebildet, indem Alexan—
dreia, nach dem Plane des Deinofrates der auch
den von Heroftrat niedergebrannten Artemistempel
in Ephejos wieder aufgebaut haben joll) angelegt
und von Kleomenes von Naufratis ausgeführt
(Just. 13, 4), durch Schönheit und Großartigfeit ein
Muſter (vertex omnium eivitatum, Amm. Mare.)
war, wenn e8 auch vielleicht noch durch den glän—
zenderen und reizenderen Eindrud Antiocheias und
Pergamons übertroffen wurde. Gleichzeitig bil-
dete jich auch die erfindungsreiche Pracht der Zim—
mereinrihtung, die wir nachmals in Nom finden
und von der das dionyſiſche Zelt und das Niljchiff
(ein ſchwimmender Palaſt) als bejondere Proben
erſcheinen. Die Bracht der Grabdenkmäler zeigte
fich bejonders in dem Maujoleion der Königin
Artemifia von Karien (j. Halikarnassos), wäh-
rend das Denkmal des Hephaiftion nur ein,
von Deinofrates in pyramidaliichen Terrafjen fon:
ftruierter, Scheiterhaufen war. Daß daneben aud)
in diejer Zeit manche neue Tempel entjtanden (vor-
ugsweije vielleicht in Kyzikos und Athen), verjtcht
ka von jelber; dabei fam immer mehr die ſchmuck—
vollere, mancherlei Vorzüge fombinierende forin:
thijhe Ordnung in Anwendung, wie fie nad):
her in Rom herrjchend war. — — In Nom wurde
erst in den jpäteren Beiten der Nepublif die Bau-
kunſt heimisch und von da mit fteigender Pracht
und Fülle geübt. Zwar waren die Tempel, wie
der von C. Mutius für Marius gebaute Honoris
et Virtutis, nicht groß; e3 folgten die Curia des
Pompejus 57 dv. E. und die prachtvolle Basilica
des Amilius Paulus mit phrygiichen Säulen, etwas
ipäter. Das erite fteinerne Theater war das des
PBompejus (55 v. E.) für 40 000 Zuſchauer, nad)
dem Muſter des Theaters von Mytilene; das erite
jteinerne Amphitheater von Statilius Taurus ward
unter August erbaut. Mit dem Eintritt der Kaiſer—
herrichaft aber nahm die Baufunft bei den Römern
den einem weltbeherrichenden Volle angemeflenen
großartigen und prachtvollen Charakter an, wenn
15
194
auch dabei die aus den griechischen Muftern her:
vorleudhtende Reinheit des Stils durch Mifchung
heterogener Formen, worüber ſchon Vitruvius Hagt,
verloren ging; insbejondere traten die Pfeiler,
Bogen und Gewölbe, welche letztere wohl von
den Etruffern erfunden und von ihnen zu den
Römern gelommen find, und von denen —
das halbfreisförmige Tonnengewölbe, das
Kreuzgewölbe (über vieredigen Näumen) und
das Kuppelgewölbe (3. B. am Pantheon) zu
nennen find, an den antehnfichften Gebäuden als
eine Hauptform neben die Säulen und das Säu—
fengebälf. Auguftus machte in Verbindung mit
Agrippa und andern den campus Martius zu einer
von Hainen und grünen Flächen angenehm unter:
brochenen Prachtftadt, während die Bauten der fol-
genden Kaiſer fihh mehr um die Sacra via und
den Palatiniſchen Hügel drängten. Die wichtigiten
Gebäude Auguft3 waren der Tempel des
palatiniichen Apollo mit der Bibliothef, aus
carrariichem, die Säulenhallen umher aus puni-
ihem Marmor, vollendet 34 v. E.; der Tempel
des Iupiter Tonans am Capitolinifchen Hügel, des
Mars Ultor auf dem Capitol, das Theater des
Marcellus (13 v. E.), die Portikus der Octavia.
Von Agrippa rühren neben großen Hafen: und
Kloakenbauten und den Saepta lulia die großen
Thermen und bejonders das den Göttern des
juliſchen Geſchlechts geweihte Bantheon her
(25 v. E.), ein Rundgebäude von 132 Fuß Höhe,
mit einer Vorhalle aus 16 korinthiichen Granit:
jäulen, die Wände mit Marmor belegt, die Lacu—
narien mit vergoldeten Rojetten (j. Koma, 17.);
von Aſinius Pollio das Atrium Libertatis
famt Bibliothet; von Cornelius Balbus ein
Theater, 13 dv. E. vollendet. Die Elaudier jchufen
Rieſenbauten voll Eitelkeit und Schwelgerei: das
goldene Haus des Nero reihte vom Palatin
nad) dem Ejquilin und Cälius hinüber, mit Millien
langen — und großen Parkanlagen im In—
nern und unſäglicher Pracht, beſonders der Speiſe—
ſäle. An die Stelle derſelben ſetzten die Flavier
meiſtenteils gemeinnützige Gebäude; Veſpaſian baute
einen Tempel der Pax und das Amphitheatrum
Flavium (j. il Coliſeo, ſ. Theatron, 17.), von
Titus geweiht (80 n. E.) und zugleich als Nau—
machie benust; aber gleichzeitig (79) wird auch in
den verjchütteten Städten Herculaneum, Pompeji
und Stabiä ein guter Teil von Baudenfmälern
begraben. Bald brad mit Trajans gewaltigen
Bauwerken (jein Forum, das ftaunenswürdigite in
ganz Rom nach Amm. Marc. 16, 10, in der Mitte
die Säule mit dem Erzbilde des Kaiſers, das
Odeum, das Gymnaſium 2c., jowie die Donau:
brüde, bei welchen allen er fich des Upollodoros
aus Damajfos bediente, der jpäter bei Hadrian in
Ungade fiel) und Hadrians perjönlichem Wetteifer
die legte Blütezeit der Ardyiteltur herein; unter
den Antoninen werden nur noch einzelne Bau:
werke unternommen; das UÜberladene und Gehäufte
der Verzierungen tritt an die Stelle der einfachen
Schönhert, bis nah Marc Aurel vor der über:
mäßigen Häufung der Zieraten alle Klarheit der
Auffafjung verloren geht und jomit der ſchnelle
Verfall des Gejchmads eintritt. Der Zeitpunkt
war nahe, wo die antife Baukunſt dem chriftlichen
Kirchenbau Platz machte. — Val. außer Lübkes Geſch.
der Architektur (6. Aufl. 18547.) und Kuglers Geſch.
Bavius — Belagerung.
der Baukunſt (1854 ff.) beionders Bötticher, die
Tektonik der Hellenen, 2 Bde. (1844 ff. 2. Ausg.
1869 ff.). Brunn, Geſch. der — Künſtler, Bd. II
(die Architeften) S. 317 ff. Reber, Seid). der Bau:
kunſt im Altertum (1867). Durm, die Baufunft
der Griechen (1881). Adamy, Architeftonif der
Hellenen (1882), Ardyiteftonif der Römer (1885).
Bavius ijt als jchledhter Dichter neben Mävius
durch Vergil (E. 3, 90) befannt. Nach Euiebios
ift er 33 v. E. in Kappadokien geftorben.
Bedriäcum (Betriacnum), Bnroiexor, ein Flecken
im transpadaniichen Gallien zwiichen Eremona und
Berona (Taec. hist. 2,23), befannt durd) die Nieder:
lage Othos durd) die Yegionen des Vitellius (Tae.
hist. 2, 41—44. Plut. Oth. 10 ff. Dio Cass. 64,
12, 1) und durch die der Bitellianer (Taec. hist.
3, 15 ff.) im J. 69 n. C.
Belagerung. Gin anjchauliches Bild der Be:
lagerung einer Stadt während des heroiichen Zeit:
alters it uns in der Iliade vorgeführt. Die Be:
lagerer beziehen ein Lager vor der Stadt, die Be:
lagerten ziehen am Morgen hinaus und fämpfen
in Einzellämpfen mit abwechjelndem Glücke, bis fie
ſich gegen Abend wieder hinter ihre Mauern zurüd:
begeben. Zehn Jahre lang lag die Macht des ganzen
Griechenlands vor Troja, und doch konnte es nur
durch die befannte Lift mit dem hölzernen Pferde
fallen. Bon einer Belagerungstunft iſt nicht die
Nede. Bis zu den kin gab cs in den
irgend größeren Städten Griechenlands nur be=
fertigte urgen (dxgomöksıs), die bloß durd Lift
oder Überrumpelung oder Verrat einnehmbar waren.
Seit aber Athen (Nep. Them. 6) und nad) defien
Beifpiel auch die übrigen griechiichen Hauptftädte
mit Ausnahme von Sparta ji mit Mauern um:
gaben, jollte man meinen, daß in den griechijchen
Stammfriegen die Eroberung dieſer feiten Plätze
ein Hauptmoment gewejen wäre; indejlen da die
feindlichen Heere mit Beginn des Winters in ihre
Heimat zurücdfehrten, und auch die Belagerungs-
kunſt ſich noch nicht zu der Höhe entwidelt hatte,
daß günftige Reiultate von ſolchen Belagerungen
zu erwarten waren, fam ces höchſt jelten dazu.
Selbjt Athen unterlag mehr durd Hunger und
Verrat als durd die Kriegstunjt der Gegner. Nur
feine Städte waren etwa durd Einſchließungen
zur Übergabe zu zwingen, wie 5. B. Plataiai im
peloponnefischen Kriege (Thue. 2, 71 ff. 3, 20 ff.).
Erſt Demetrios Poliorketes (j. Demetrios, 1.),
der Erfinder großartiger Kriegsmaſchinen, giebt das
Beiſpiel impofanter Belagerungen. — Ähnlich war
es zuerft auch bei den Römern. Auch in Ftalien
hatte jede Stadt mit zwecdmäßiger Benugung der
Bodenverhältniffe ihre Burg (arx) angelegt oder
jelbft in Ebenen ſich unerjteigliche Höhen durch
Kunſt geichaffen. Dies ſchützte fie zunächit gegen
ungeftüme Angriffe der Nömer, und der Winter
befreite jie durch die Rückkehr der feindlichen Heere
nad) Rom von der Belagerung. Doch wurde dies
bald geändert. Wenngleich mit vielem Widerſpruch
(Liv. 5, 1ff.) wurde die Belagerung von Beji 404
v. E. auch während des Winters fortgeießt. Da:
mit aber das Belagerungsheer nicht durch den Zu:
au der mit Beji befreundeten Bölferjchaften im
üden überfallen werde, wurde außer den An—
griffs: und Berteidigungswerten gegen die Stadt
(Kontravallationslimie) noch eine zweite ebenjo voll:
ftändige Verſchanzungslinie nach der äußeren Seite
2
w
.-
Belagerung.
195
x (Eirfumvallationslinie) aufgeführt. Liv. 5, 1.|b. e. 3, 55), juchte namentlich die Thore oder auch
ieſe Vorſicht blieb für alle folgenden Zeiten maß—
ebend (Caes. b. Afr. 80: castra lunata. b.q.7,74).
ie höchſte Ausbildung erhielt die einſchließende
Ummwallung durd Cäjar (vgl. b. 4. 7, 69—75. b.e.
3,435). Rings um die belagerte Stadt wurden
in einer durch die Wirkung der Fernwaffen ge
botenen Entfernung von den Mauern Befeſtigungs
werfe, bald von Mauerwerf, bald aus einem Walle
beftehend, errichtet und mit Brujtwehren (loricae)
und Zinnen (pinnae) verjehen und in bejtimmten
Zwiſchenräumen Türme aufgeführt. Davor lag ein
Graben von ziemlicher Tiefe und Breite mit Ballı
ſaden (cippi) verjehen; über eine bejondere Art, die
Cäſar vor Aleſia ammwendete, ſ. Cippus. War es
möglich Wafjer dorthin zu leiten, jo wurde noch
ein zweiter Graben damıt angefüllt. Vor diejem
wurden in Gejtalt eines Quincung (j. d.) Gruben
von 3 Fuß Tiefe, nach unten enger, angelegt; aus
denjelben ragte 4 Zoll über der Erde ein oben
zugeipister und im Feuer gehärteter Pfahl hervor
(wegen der Ahnlichkeit mit einer Lilie nannte man
eine folche Grube liliam). Zur Berdedung der—
jelben legte man über diejelben Sträucher und
Reiſig. Hierauf folgten allenthalben Fußangeln
(stimuli), die an Heinen, in die Erde flach ein-
geicharrten Holzſtückchen befeftigt waren. Auf die—
ſelbe Weife errichtete man nach aufen die Cirkum—
vallationslinie. Innerhalb der beiden Befeitigungen
liegen an günftigen Orten Kaſtelle in binlänglicher
Anzahl (vor Alejia 23, Caes. b. g. 7, 69), um nad)
allen bedrohten Punkten raſch Widerftand und Hülfe
entjenden zu können. Dieje Einrichtung finden wir
auch bei den Griechen, 3. B. bei der Belagerung
von Blataiai, 430 dv. E. Thuc. 2, 75.3,21. Solche
Einſchließung (obsessio, obsidere, nach heutigem
Ausdrud Blodade, Berennung) reichte in manchen
Fällen aus, die Übergabe zu erzwingen, weil da:
durch den Belagerten jegliche Zufuhr und jeglicher
Entjat abgeichnitten war, ihnen überdies auch noch
biswerlen das Trinfwailer abgeleitet oder verdor—
ben wurde. Thuc. 6, 100. Caes. b. ce. 3,49. Die
Belagerten juchten auf mannigfache Weije dagegen
anzujtreben, namentlid) die feindlichen Werke jofort
in ihrem Entftehen zu hintertreiben. Deshalb leg:
ten fie (wie die Syrakuſier gegen die Athener)
Gegenwälle an und durchkreuzten die feindlichen
Linien, jo daß fich die Belagerer erit das Terrain
erobern müjjen. Auch bei überrajchenden Ausfällen
werden die halb aufgeworfenen oder vollendeten
Gräben und Wälle eingeriffen und die aus Holz
beitehenden Werke in Brand gejtedt. Und wenn
ſich die belagerte Stadt auferdem hinlänglich mit
Lebensmitteln verjehen und auf ihrem Gebiete
alles Vich und Baumaterial vorher entfernt hatte,
und endlich im Rüden des Belagerungsheeres Ver:
bündete die ganze Gegend, Landitrafen und Ader
verwüjteten und die Herbeiihaffung von allem Not:
wendigen unficher machten, jo geſchah es mohl
Öfter, daß die Belagerer dasjelbe Schidjal traf,
welches jie den Belagerten hatten bereiten wollen.
Glaubte man, daß jolche Blodade (obsessio) unter
den vorhandenen Berhältniffen micht rajch und
fiher genug zum Ziele führen möchte, jo jchritt
man, zumal wenn die Mauern feine beträchtliche
Höhe hatten oder etwa durch ihr Alter jchon
ſchwache Stellen darboten, lieber zum jofortigen
Angriff (expugnatio, Sturm, Gaes. b. g. 7, 36.
andere Orte der Mauer durch Brecheiſen (vectis)
oder Mauerbohrer (terebrae) zu erbrechen und
mit Leitern zu erjteigen. Teac. hist. 2, 22. 3, 27 ff.
Caes. b. g. 2, 6. Zu diefem Zwecke bildeten die
Soldaten durch ihre über den Köpfen zuſammen—
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gehaltenen Schilde ein ſ. g. Schilddach (testudo);
nur die äußerſten Glieder dieſer dichten Schar
ſchützten ſich nach vorne mit ihren Schilden gegen
die feindlichen Pfeile und Geſchoſſe. Bald aber
ſtürzen ſchwere Steinmaſſen und Balken (auch wohl
die Baliſte ſelber, Tac. hist. 3, 29) von oben herab
auf fie nieder und zerichmettern alles, wohin fie
fallen; in die geöffneten Seiten fliegen die Spiche,
Lanzen und Wurfgeichoffe und richten jchredliche
Niederlagen an (daj. 3, 27). Doch die Lücke wird
wieder geichloffen und auf die einfache testudo
eine zweite, ja jelbft wohl eine dritte erhoben, und
der Feind auf der Mauer jicht die Anftürmenden
in gleicher Höhe mit fi. Tuc. hist. 3, 28. 4, 23.
Zugleich auch legt man die Leitern (scalae) an,
aber die Emporflimmenden werden mit gabelför-
migen Spiehen (fureae) und eifernen, gezähnten
Bangen (lupi) gefaßt und rüdwärts geichleudert,
oder es ftrömt ihnen fiedendes Wafler und ge:
Ihmolzenes Bech entgegen; jelbft da, wo der Feind
auf der Mauer gewichen ijt, ftürzen jchwere Stein:
maſſen, die allenthalben 2 den Mauerzinnen
in Nörben (metellae, Veg. 4, 6) angebracht jind
und fich bei der geringjten Berührung von jelber
entladen, zerjchmetternd auf fie herab. — Bei
größeren und —* befeſtigten Städten trat aber
die förmliche Belagerung mit den großartigſten
Werfen ein (oppugnatio, oppugnare). Das Haupt:
augenmerf war die Erzwingung eines Eingangs
in die Stadtmauer entweder durch den Sturmbod
(»geög, aries, j. Aries) oder durch Untergrabung
der Mauer oder durd einen Erddamm und Türme.
Die Untergrabung eines Teils der Stadtmauer ge-
ſchah entweder unmittelbar an dem Fuße derjelben
unter dem Schuße der ſ. g. Breſchſchil dkröte
gehörn diopvarig), die mit ihrer geraden, offenen
eite auf Rädern an die Mauer geichoben wurde
und durch ihr jchräges, bis zum Boden reichendes
Dad), jowie durch die mit nafjen Fellen bekleideten
Seitenwände gegen das von oben herabgeworfene
Feuer oder gegen Steine und Wurfgejchofle ficherte;
oder man führte von der Belagerungslinie aus
13*
=
196
eine Mine (euniculus, broguyuare, uerelkeiaı)
bis unter die Mauer, untergrub einen Teil der-
jelben und verhinderte den augenblidlichen Ein-
fturz durch hölzerne Balfen, die man dann durch
leicht brennbare Stoffe anzündete, worauf der Ein-
ſturz von jelber erfolgte. Pol.5, 100. Veg. 4, 24.
Dft aud) führte man die Minen weiter bis im die
Stadt hinein, jtieg heimlich bei Nadıt aus und
öffnete die Thore von innen. Lie. 5, 19. 21.
Veg. 4, 24. Sobald die Belagerten das Vorhaben
der Feinde merkten (namentlich durch die angehäuf-
ten Erdhügel, Liv. 38, 7. Pol. 22, 11), juchten fie
jich zunächſt von der Richtung der feindlichen Mine
zu überzeugen, An mehreren Orten der Mauer
entlang oder in einem parallel mit derjelben auf:
geworjenen Graben innerhalb der Stadt wurden
dünne Metallplatten (Schilde oder Keſſel) aufgeftellt,
die durd; das Vorgehen der Mineurs (cunicularii)
ertönten und dadurd die Richtung der Mine ver:
rieten. Dann ging man den Feinden mit Gegen:
minen entgegen und fam cs wohl zu Kämpfen
unter der Erde (Liv. 23, 18. 38, 7); meiſtens ver—
trieb man fie durch Rauch, auch wohl durdy Bie-
nen und Weipen. — Die großartigjten Belagerungs:
werfe aber waren die Dämme (aggeres, gauere«)
und Türme (turres, mieyor). Die Erddämme,
die oftmals aud größtenteils aus Holzwerk be:
ftanden (vgl. Agger), wurden von der Kontra—
vallationslinie aus in gerader Richtung auf die
Dauer hin von bedeutender Breite und Höhe auf:
geführt und dienten dazu, die Belagerer zu gleicher
Kampfhöhe mit der Mauerbejagung zu erheben, jo
daß fie die Verteidigungsanftalten überjehen und
die Verteidiger von der Mauer vertreiben konnten,
damit der zur Seite in der Nähe aufgeitellte
Widder dejto weniger in jeiner Wirkung gehemmt
würde. Uber die Belagerten jpannten zwijchen den
Mauerzinnen Segeltücher (saga) und Matten von
Biegenhaar (eiliera) aus, durd die das Hinein:
bliden in die Stadt verhindert ward, und in denen
ſich zugleidy die geworfenen Pfeile verwidelten;
oder man unterhielt auf der Mauer ein Feuer von
viel Rauch gebenden Stoffen und juchte durch neue
Aufiäge von Holz oder Mauerwerk auf die Krone
der Mauer die Höhe des Belagerers zu überbieten.
Doch ſchon erhebt ſich dicht vor ihren Augen auf
dem Ende des Dammes ein Turm von mehreren
u Stodwerfen, und der
Belagerer beherricht
von jeiner Höhe herab
die nächſte Umgegend
der Mauer. Jetzt ver:
ſucht der Belagerte
zunächjt die Türme
in Brand zu jeken,
5 entweder durch Sol:
"daten, die bei Nacht
- heimlih an Seilen
bon der Mauer her:
abgelajjen werden,
oder durch Brand—
* pfeile (mrepog«
Bein, Arr. 2, 18, 6), die zum Teil mit der Hand
(malleoli, Amm. Mare. 23, 4. Caes. b. Alex. 14),
zum Teil mit Wurfgejchoffen (falarieae, Liv. 21, 8.
Veg. 4, 18) geſchleudert werden. Jene Heineren
hatten den Brennſtoff zwiſchen der Spike und dem
Rohre in einer eifernen mit Spalten verjehenen
Belagerung.
Kapiel, und fonnte das durch fie entitandene Feuer
nach Amm. Marc. a. a. ©. nur durch Sand ge:
löjcht werden. Die bedeutend größeren falaricae
hatten den aus Schwefel, Harz, Pech und DI be-
itehenden Brennjtoff um Zacken an der Wurzel
der 3 Fuß langen Spige gewwidelt und wurden, damit
das vorher angezündete euer nicht durd einen
zu heftigen Luftzug ausgelöicht würde, mit ge:
Ichwächter Bogenfraft geworfen (arcu invalido,
Amm. Marc. a. a. D.i. Da aber die Türme aufs
jorgfältigite durch naſſe Felle und mit Eſſig ge:
tränfte Deden gegen dieje Gefahr geſchützt waren,
blieb endlich den Belagerten nur die Eine Hoff:
nung, durch Minen den Damm und die darauf
errichteten Türme zu jtürzen. Caes.b.g.3,21.7,22.
— Einen ungeheuren Umjchwung nahm die Be:
lagerungs- und Befeitigungsfunft durch die Erfin-
dung und die bald darauf erfolgte allgemeine An—
wendung der ſchweren Geſchütze ſ. Tormenta, 2.).
Als nämlich Dionyfios von Syrafus 400 v. €.
große Vorbereitungen zu einem Kriege gegen Die
Karthager machte, lie er alle namhaften Techniker
aus allen Gegenden zu fich fommen, die in neuen
Erfindungen wetteiferten. Dieje famen allmählich,
immer vervolllommnet, in der Schlacht und dann
auch bei Belagerungen in Anwendung, und als
außerden noch durch die Züge Aleranders in die
alten Stammländer techniſcher Kultur die Kennt:
nifje in der Mechanit ungemein — wurden
und auch die Breſchwerkzeuge ſich überraſchend ver—
vollkommneten, lag die dringendſte Aufforderung
nahe, auch die Befeſtigungen demgemäß nach voraus
berechneten und bewußten Prinzipien einzurichten.
Somit entjtand jetzt eine förmliche Belagerungs-
und Befeftigungswiflenihaft, die bald von den
Nömern, nachdem fie die Kenntnis der vervoll-
fommmeten Wurfgeihüge von den Griechen über:
fonımen hatten (Athen. 6, 273 E), immer weiter
ausgebildet wurde. Nunmehr traten an die Stelle
der einfachen Steinmauern Erdbauten. Ein Wall
(murus) von einigen 20 Fuß Dide ward zwiſchen
2 Mauern jo aufgeworjen, daß die äußere Brü—
ftung höher lag und in jchräger Abdachung nach
dem Innern der Stadt hin zur bequemen Er—
fteigung desjelben abfiel. Fey. 4,3. Der Wall-
gang (corona) mußte breit genug fein, die Ber:
teidiger und Wurfmajchinen aufzunehmen. Solcher
Wall, dejjen normale Höhe 30 Fuß war (um Kar—
thago 45 Fuß, App. 8, 95), leiftete dem aries
wirkſameren Widerjtand, und jelbit wenn die äußere
Mauer durchbrochen war, veritattete der breite Erd-
damm noch nicht den Sturm. Die früher übliche
Winfelgejtalt der Mauern wurde beibehalten, da-
mit die Angreifer von verjchiedenen Seiten gefaßt
werden fonnten. In Zwiſchenräumen von 150—
300 Fuß (Bogenichußweite) twaren zu dieſem Zwecke
Türme errichtet, namentlich an den Spiten der
Winfel von jehr bedeutender Mauerftärfe zum
Widerftande gegen den Widder umd die übrigen
Breſchwerlzeuge und zum Zweck der Aufnahme der
ungehenren Gewichte der Wurfmaſchinen. Die runde
Geſtalt widerjteht am leichtejten dem Widderſtoße,
doch da jie feine vorteilhafte Wirkung auf das
Vorterrain und feine wirkſame Beftreichung der
Swiichenmauern (Courtinen) geftattet, jo wählte
man auch die ſcharfkantige, an den Thoren nament:
lich die fünf: und jechsedige, zur größeren Kreuzung
der Geſchoſſe. In diefen Türmen waren nunmehr
10
Belagerung.
auch außer den früheren Scharten für die Bogen-
ſchützen noch größere für ſchwere Geſchütze von dem
verſchiedenſten Kaliber angebracht (Hvordsg, fe-
nestrae), die mit beweglichen Schartenladen (x«-
ivupere, Nouleaur) verjehen waren, damit der
Feind nicht in diejelben hineintreffe. Am jchwerften
jedod; waren die Thore, als die zuerjt und am
meiften bedrohten Angriffspunfte, zu verteidigen.
Gegen Feuer, von außen angelegt, hügte man jie
durch Eifenbeichlag und goß aus Offnungen in der
Mauer von oben Wafler herab; außerdem waren
die > Seiten liegenden Türme von ausneh-
mender Feſtigkeit. Auch waren vor den Thoren
Außenwerke (propugnacula) angelegt, um bei
einem zurüdgeworfenen Ausfall das gleichzeitige
Eindringen der Feinde in die Stadt zu verhindern.
Bu diejem Zwede hing über dem Thore ein Fall:
gatter (cataracta) in eifernen Ringen und Sei:
len, das plößlich mit großer Gewalt über die Ber:
folger niederfiel, das weitere VBordringen derjelben
verjperrte und zugleich den jchon eingedrungenen
Feinden den Rüchzug abſchnitt und fie in die Ge:
walt der Belagerten lieferte. Veg. 4,4. Lir. 27, 28.
haupt war es namentlich bei Beginn der Be:
lagerung für die Belagerten höchit wünjchenswert,
den Feind jchon bei feinen erjten Anjtalten zu
ftören und zu beunrubhigen; deshalb wurden an
geeigneten Orten vor der Feſtung Vorwerke (mgo-
reıziouere), die teils in niedrigen Mauern, teils
in Ballijadierungen (zaoanwseıg) beftanden, an:
gelegt und mit ſchwerem Geſchütze verjehen. Außer:
dem ward das Terrain um die Mauern herum
auf alle mögliche Weije benutzt, den Anrüdenden
Hinderniffe in den Weg zu legen. Dicht vor den
Mauern endlich zogen jich Gräben herum von hin:
längliher Tiefe und Breite, mit Pallifaden ver-
fehen und womöglich mit Wafler angefüllt, ſowohl
zur Erjchwerung des Übergangs als auch zur Ber-
eitelung untertrdiicher Gänge. Zu all diejem famen
den Belagerten die jchweren Wurfgeichüge ebenjo
gut zu ftatten als den Belagerten, — dies nötigte
die leßteren, auch ihrerjeit$ auf jejtere und mehr
mafjiv gebaute Schugmittel und Schutzdächer ihr
Augenmerk zu richten, als früher. Dieje Dedungs-
mittel waren die vineae, musculi, plutei und
testudines. 1) Die vinene waren Schirmdächer
von 8 Fuß Höhe, 16 Fuß Länge und 7 Fuß Breite.
Veg. 4, 16. Sie beitanden aus 4—10 Pfählen
. und bildeten, anein-
ander gereiht, fürm-
lihe Säulenhallen
(porticus, Caes. b. c.
‚2, 2); oben waren
jie meiftens flach, doc
— auch mit doppeltem
Dache von Brettern
und Flechtwerk, und an 3 Seiten mit Weiden:
geflecht verjehen und zum Schutze gegen Feuer
mit den jchon öfter erwähnten naſſen Häuten be-
dedt. Da die Pjähle derjelben unten ſpitz waren,
um in dem aufgeworfenen agger, der eben unter
ihrem Schuße hergejtellt wurde, feſtſtehen zu können,
jo mußten jie immer fortgetragen werden. Später
legte man auch Walzen darunter und rollte fie
weiter, da fie auch anftatt der musculi dienten
und von den Schriftftellern auch wohl mit ihnen
verwvechjelt werden. Tac. hist. 2, 21. — 2) Die
musculi dienten zu den tiefen Erdarbeiten (daher
197
auch testudines fossariae), ſowohl zu offenen
Gängen, als auch zur Untergrabung und Ein-
veißung der Mauern, Ausfüllung der Gräben zc.;
deshalb waren jie auch nur von ganz geringer
Höhe und (nad Caes. b. c. 2, 10) bis zu k0 Fuß
lang (dod) wird dieſe Zahl vielleicht mit Recht
angegriffen), auf beiden Seiten mit Flechtwerk
und naffen Häuten verjehen, oben mit Dächern von
Ziegelſtein und Lehm, der durch darüber geleitetes
Waſſer ftets feucht erhalten wurde. Der vordere,
dem Feinde zugefehrte Giebel beftand zur Abhal-
tung der feindlichen Geſchoſſe aus einem in drei—
ediger Form vorjpringenden, bis auf die Erde
niederfallenden Dache. Vitr. 10, 21. Sie wurden
auf Walzen fortgejchoben. — 3) Die plutei, blohe
Schugwände, waren oft nur eine gerade Wand,
auch halbrund und win—
felföürmig. Sie wurden
auf drei beweglichen Rä—
dern fortbeiwegt und dien
ten zum Schuße derSchleu- H
derer und — —— —
die den Feind auf der —
Mauer beſchoſſen. — 4) # —
Den Namen der testudo ⸗
leitet Vitruv (10, 13) von %
der langſamen Bewegung, _
Vegetius (4, 14) don der Ahnlichkeit mit einer
Scildfröte her, indem unter derſelben der aries
den Kopf bald vorftredt, bald einzieht. Die testu-
dines haben zweierlei Beltimmung und darnad)
auch verichiedene Gejtaltung: a) die Widder:
ichildfröten (testudines arietariae, yelörau
xPL0POE0.) dienten zur Dedung des in denjelben
befindlichen Sturmbods und der dabei thätigen
Mannschaft und mußten demmach eine beträchtliche
Höhe haben; da fie in der größten Nähe des
Feindes am Fuße der Mauer aufgeftellt wurden,
jo mußten aud ihre Dächer und Seiten von vor—
züglicher Stärke und feuerfejter Bededung fein
(j. Aries). Nach vorn waren fie wohl auch offen,
damit der Widder deſto unbehinderter jpielen fünnte,
doch war oben ein Feines Vordach, um die foind—
lichen Pfeile und Geſchoſſe nad) Möglichkeit abzu-
nach hinten bedurften fie feines Schußes.
In jpäteren Zeiten ward auf dem Dache noch ein
Zurm errichtet von mehreren Stodwerfen, in deren
unterftem Wafler gegen etwaiges ‚Feuer bereit ſtand,
und deren andere mit Bogenjchügen und Fleineren
Wurfmajchinen bejeßt wurden zum Angriff und
zur Abwehr der feindlichen Mauerbejagung, die
die Stöhe des Widders aufzufangen und abzulen-
fen juchte. Vitr. 10, 19. Amm. Marc. 23, 4.
Wenn die Widderjchildfröten auf Nollen nach ihrem
beitimmten Standpunkte hin bewegt waren, jo
mußten fie nad) hinten durch in die Erde ge-
ſchlagene Pfähle befejtigt werden, damit jich nicht
durch ihre Rüdbewegung der Widderſtoß abſchwäche.
— b) Die Schüttſchildkröten (testudines ag-
gestitiae, yeAovaı gworgideg) dienten zur Dedung
derjenigen Soldaten, die mit Ausfüllung der Grä—
ben und mit Ebenung der Terrains für die leich-
tere Bewegung der großen Maſchinen, namentlic)
der Wandeltürme (turres ambulatoriae), bejchäf-
tigt wurden. Deshalb waren fie bedeutend nie-
driger als die Widderjchildfröten und ließen das
vordere Giebeldach bis zur Erde niederfallen, be:
durften auch überhaupt, da fie dem Feinde nicht
-
15
14
198
jo nahe famen wie jene, nicht des hohen, fchrägen
Daches und des ftarten Baues. — War die hin-
längliche Anzahl von Schugdächern vorhanden, jo
galt als das nächſte Augenmerk, wie auch jchot
vor Erfindung der
schweren Geichüße,
ſich mit den Bela:
gerten wenigitens
in gleiche Höhe zu
verjegen, womög-
lich über diejelben
emporzuragen. Die
— Erddämme (ag-
geres) müſſen je:
dod) nunmehr von
bedeutenderer Dimenfion und größerer Feftigfeit
aufgeführt werden, weil auf ihnen das ſchwere Ge:
wicht der Wurfgejhüge und jelbit die Türme jet
nach der Mauer hin fortbewegt werden follen. Die
Errichtung diejer legteren an Ort und Stelle dul:
deten nicht mehr die zerftörenden Wurfgefchoffe
der Belagerten, deshalb wurden fie weitab inner:
halb der Kontravallationslinie volljtändig auf einem
Unterbau von 4, 6 oder 8 Rädern erbaut und je
nach der Höhe der Mauern entweder auf ebenem
Boden oder auf dem agger durd; Winden (Diod.
Sie. 20, 48. 91), auch wohl durd) Zugvieh (Caes.
b. Alex. 2) zur Mauer hinangebradıt, weshalb fie
dann turres ambulatoriae hießen. Von ihnen
müfjen nod) die transportablen Türme (muUg-
yor gYopnrod) unterjchieden werden, die leichter
gebaut, auseinander genommen und jchon in ihren
Bejtandteilen fertig dem Heere nachgeführt und bei
weniger feiten Pläben zum fofortigen Angriff in
Anwendung gebracht wurden, während die Wandel:
türme mit ihren größeren Dimenfionen erft vor
der Feftung und zu jeder einzelnen Belagerung
bejonders erbaut wurden. Den Feind juchte man
über die wirkliche Höhe des Turmes dadurd zu
täuſchen, daß man nur einen Teil desjelben auf
dem Damme an die Mauer hinanbewegte und die
bereit gehaltenen Balten zu immer neuen Stod:
werfen zujammenfügte und ſomit von der Höhe
herab die Mauer beherrichte. Die ſ. g. Streit:
türme (E£imolıs, Städtenehmer), eine Erfindun
des Demetrios Poliorketes, unterjchieden fich —
großartigere Konſtruktionen, ſo daß ſie ſelbſt die
ſchwerſten Wurfgeſchütze aufnehmen fonnten; doch
bezeichnet man ſpäter auch mit helepolis die von
Vitruv bejchriebenen testudines arietariae, Amm.
Mare. 23, 4. Die Höhe der Wandeltürme richtete
fi nad) den Mauern und nad) ihrem Standpunkte
auf ebenem oder aufgeworfenem Boden, gewöhn—
lich hatten fie zwiichen 90-180 Auf und umfahten
10— 20 Stodwerte (tabulata, oreyn). Gegen Feuer
waren fie auf die gewöhnliche Weile geſchützt und
außerdem zur Abhaltung der Wurfgeichofle mit
Eiſenblech beichlagen. In den unteren Stockwerken
ftand eine reichlicdhe Mafje Waffer zur Dämpfung
eines etwa ausbrechenden Brandes bereit. Am
Innern verbanden Treppen und Leitern die Ab-
teilungen, und jedes Stodwert hatte außerhalb
einen Gang von 3 Fuß Breite, circuitio, mit
einer Bruftwehr verjehen. In gleicher Höhe mit
der Mauer war eine Brüde angebracht, die ent:
weder in Seilen und Striden hing und von oben
auf die Mauer niedergelafien (sambuca, saußvan,
Zmıßdhoe), oder in gerader Richtung aus dem
Belbina — Belesys.
Turme hinausgeichoben wurde (exostra); dabei
war aber eine genaue Berechnung der Mauerhöhe
und der Entfernung des Turmes von der Mauer
unerlählich, einmal damit die Brüde auch wirklich
die Mauer faßte, aber andernteils and) wicht zu
weit über die Zinnen hinausragte, in welchem Falle
fie leicht von unten angezündet werden fonnte.
Die Fallbrüden wandte man aber auch jelb-
ftändig an; namentlich wenn von der Seeſeite aus
eine Stadt belagert wurde, verband man nad
Pol. 8, 6 (vgl. Liv. 24, 34) je 2 Schiffe nach Ent-
fernung bon je einer verjchiedenen Ruderreihe,
legte darüber der Yänge nach 4 Fuß breite Lei—
ter, an beiden Seiten mit Bruftwehren verichen,
jo daß das andere Ende weit über die Schiffs:
ichnäbel hinausragte und an Tauen über den
Maften auf die Mauern niedergelaffen wurde. Auf
dem Lande bedurfte es nur eines Unterbaues, auf
dem die Leiter mit dem Fuße ruhte, während das
andere Ende von Seilen gehalten wurde, die über
eine auf derjelben Unterlage befeftigte hohe Stange
gingen. Die Belagerten juchten dieje Brücen durch
ſchwere Gewichte zu zerichmettern (Tue. hist. 4, 23),
oder jie riffen die auf denjelben Anftürmenden
durch Halen (lupi) herunter, entriffen ihnen die
Schilde, um fie wehrlos den Geſchoſſen auszuſetzen;
die jchredlichiten Schmerzen jedoch verurſachte glü—
hender Sand, der mit Majchinen geworfen jelbjt
durch die Fugen der Nüftung drang (Curt. 4, 3.
Diod. Sie. 17, 44); endlih auch juchte man den
Feind durch übergeworfene Netze in feinen Be-
wegungen zu hemmen. Diod. Sie. 17, 13. Gegen
Seeangriffe verteidigte man fich and; noch durch
die j. g. manus ferreae, auch corvi genannt.
Sie waren eine Erfindung des Archimedes (Pol. 8, 8;
doch vgl. Curt 4, 3) und bejtanden in eijernen
Widerhalen, die durc eine lange eiferne Kette an
dem einen Ende eines dem Brunnenjchwengel ähn-
lien Gerüftes befeftigt waren und mit denen man
von oben herab die feindlichen Schiffe, welche fich
zum Angriff unter der Mauer aufgeftellt hatten,
zu fallen und in die Höhe zu ziehen juchte; Tieh
man diejelben alsdann plößlich wieder fallen, jo
ichlugen fie um, zumal wenn fie noch mit An—
—— beſchwert waren. Nach allen dieſen
Angriffs- und Verteidigungsmitteln war den Be—
lagerern auch noch die ſicherſte Kunde von den
Lokal- und ſonſtigen Verhältniſſen in der belager:
ten Stadt wünfchenswert. Yu dieſem Zwede wurde
der tolleno gebraucht, ein auch dem Brunnen:
ſchwengel ähnliches Gerüft, an defien einem Ende
ein Heiner Korb oder Kaſten einige Soldaten ein:
nahm, die alsdann zur erforderlihen Höhe durch
das Herabzichen des andern Endes erhoben wurden.
Veg. 4, 21. Die Belagerten bedienten ſich des—
jelben, um jenfrecht Schwere Maſſen auf die Feinde
und ihre Sturmböde niederzuwerfen (Liv. 38, 5)
oder um einzelne Stürmende zu faflen, in die Höhe
zu reihen und in die Stadt oder in das Yager zu
ichleudern (Tae. hist. 4, 30).
Belbina, Bfißıwe, j. St. Georgio d'Arbora
oder Hagios Georgios, Heine Inſel zwiſchen Attika
und Argolis, öjtlich vom argoliidhen Borgebirge
Styllaion, deren Bewohner von den Mthenern
öfter im verächtlichen Sinne genannt werden. Hdt.
8, 125. Sie gehörte dem attischen Seebunde an.
Strab. 8, 375. 9, 398.
Belösys, Belsovs, nach Kteſias ein Chaldäer,
16
os
Beleuchtung.
199
Zatrap von Babylonien unter Sardanapal, jtürzte | Hochzeitfeiern wurde die Braut bei Beginn der
diejen im Bunde mit dem Meder Arbafes 883
v. E. Diod. Sie. 2, 24 ff.
Beleuchtung. 1. Bei den Griechen geichah in
der älteften Zeit die Hervorrufung von Feuer durch
Reibung zweier Hölzer (rvgeia). Mit einem Bohrer
aus hartem Holze (rgurzaror) ſuchte man eine
Unterlage aus weichem Holze (Loydo«) zum Slim:
men zu bringen (Hom. hymn. in Merec. 111). Doch
den verhältnismäßig wenigen Nachrichten über dieje
Art der Fenererzeugung ſteht eine große Anzahl
anderer entgegen, welche darauf hinweijen, daß
man, nicht im Bejige von Feuerzeug, vielmehr das
Teuer auf dem Herde zu erhalten oder, wenn es
erloichen, dasjelbe im Nachbarhauſe zu befommen
ſuchte. In ſpäter römischer Zeit werden allerdings
Schwefelfäden erwähnt (Martial. 1,42. 10, 8), doc)
ift mit Unrecht auf eine Art Feuerzeug geichlofien,
da der Schwefel an ſich durch Reibung ſich nicht
entzündet. Der Beleuchtungsapparat innerhalb des
Haujes beftand zunächft aus Kienfadeln (dades).
Hom. Od. 1, 428. 23, 290. 11. 24, 647. Außer—
dem erwähnt Homer auch noch Auumrijges, auf
hohen Ständern ruhende TFeuerbeden, auf denen
man Kienholz anftedte zur Erleuchtung der Zimmer
(Hom. Od. 18, 306. 19, 63). Der dadurch ent:
ftehbende Rauch (Od. 16, 284 ff.) entjtieg aus einem
Loche in der Dede (Od. 1, 320). Eine andere Art
der Fackeln hieß Parög oder pyavıj: in Pech, Harz
oder Wachs getränfte und durch Bänder eng zuſam—
mengehaltene Holzitüde wurden in eine metallene
Hülſe geitedt, welche fich inmitten einer Schale
(zirga) befand. Dieje diente dazu, die herab-
fallenden Kohlen oder das herabtröpfelnde Harz
anfzufangen. Solche Yavol wurden entweder mit
der Hand getragen oder fonnten, wenn der Griff
fih zu einem langen Schaft (xuviög) verlängerte
|
— — — — — — — — — — — — — —— — —
und mit einem Fuß verſehen war, hingeſtellt
werden und hießen in dieſer Geſtalt yuroomovs,
kaurerno ober Avyrodyog (nach Buhl und Koner).
— In der nachhomeriſchen Zeit war die Ollampe
(kuyvog) zur Erleuchtung des Hauſes vorherrichend,
Bachs: und a rg werben erſt in jehr jpäter
Zeit erwähnt. Die Lampe war meijt Hein und
niedrig, ohne Fuß und wurde oft auf einen Leuch—
ter (Avgrior) aufgejegt. Die Form war meift jchiff:
förmig mit einem Ohrchen, ‚einer Öffnung in der
Mitte zum Eingiefen des Ols und einem najen:
artigen Anſatz (wuxrjg oder udka), worin eine
oder mehrere Öffnungen für die aus den wolligen
Blättern einer Bflanze oder aus dem Mark der
Binjen bereiteten Dochte (Bovalils, Zikhyvıor
oder pAouos) fidy befanden. Das Gefäß war ge:
wöhnlich von gebraunter Erde oder auch von Metall.
Bei abendlihen Ausgängen und jpäter Heimkehr
bediente man jich der Fradel oder Yaterne, die
Ärmeren trugen fie jelber, Reichere liefen ſich von
Sklaven vorleuchten. Die Laternen bejtanden aus
durchfichtigem Horn (Avyroüyo«), aber vielfach auch
aus Blaje (vHorıg, vesica), ſpäter auch aus ge:
ölter Leinwand (Plaut. Bacch. 3, 3, 42. Cic. ad
Att. 4, 3,5), hernady bei den Römern auch aus
Glas (laterna inde vocata, quod lucem interius
habet clausam, fit enim ex vitro intus recluso
lumine, ut venti flatus adire non possit et ad
praebendum lumen facile ubique circumferatur).
In Sparta mußte man ohne Leuchte nach Haufe
gehen (Plut. Lyc. 12. Xen. resp. Lac. 5). Bei
Nacht in das Haus des Bräutigams geleitet unter
Begleitung von radeln (dadsg vuupızar), die von
der Mutter der Braut angezündet waren. Die
Mutter des Bräutigam empfing an ihrer Thür
das Brautpaar ebenfalls mit Fackeln. — Leucht—
türme an der Mecrestüjte oder auf hohen Bergen
zur Warnung oder Orientierung der Schiffer er-
wähnt jchon Homer (Od. 10, 28. Il. 19, 375 ff.);
der berühmtejte auf der Inſel Pharos (Strab. 17,791),
aus weißem Stein erbaut durch Softratos aus
Knidos unter der Regierung des Ptolemaios Bhi:
ladelphos, joll 547 Fuß * eweſen und 41 Mei—
len weit auf dem Meere ſichtbar geweſen ſein
(Flin. 36, 18. Caes. b. c. 3, 112). — II. Bei den
Römern waren in alter Zeit die candelae vor
der Öllampe (lucerna) im Gebrauch. Dieje Kerzen
(ecandelae) waren teil mit Wachs (cereae) teils
mit Talg (sebaceae) umgebene Binjen. Sie er:
hielten jich ipäter nur in den Häufern der ärmeren
Leute und wurden auf einen Handleucdhter (cande-
labrum, Avyvonzog), der oben mit einem Stifte
verjehen war, geitellt. Später hieß candelabrum
der große auf dem Boden ftehende Yampenträger.
Das Material desjelben war bei den Armeren
Holz, aber in Paläften und Tempeln, überhaupt
wo die Kandelaber unverrüdt ſtehen blieben, gab
e3 auch marmorne, mit Reliefs geijchmüdte; für die
Götter wurden fie auch wohl aus edlem Metall,
Edelfteinen und Gold verfertigt, 3. B. der von
Antiochos für den Tempel des Jupiter Eapitolinus
bejtimmte (Cie. Verr. 4, 28. 32). Für gewöhnlich
beftanden jie aus Bronze (ahenea candelabra).
Außerdemgabesaud
Kandelaber zum Auf:
hängen der Yampen,
die in jo viele Zweige
oder Äſte ausliefen,
als fie Lampen tra:
gen jollten; aud)
jolche, die ſich höher
oder niedriger ſchie—
ben lichen; endlich
auch Kronleuchter, die
von der Dede herab
hingen (lycbnuchi
pensiles). — Die Ol: |
lampen (lucernae) &
waren meiftens aus
Thon verfertigt, doch
werden auch filberne,
goldene, bleierne, cherne, gläferne, auch marmorne
erwähnt. Sie waren von geichmadvollen Formen,
oben, wo ji die Offnung zum Oleingießen be:
fand, mit müythologiichen Segenftänden und Em:
biemen jchön verziert. Sie bejtanden aus dem bald
freisrund, bald elliptiſch geformten Olbehälter (in-
fundibulum), der Tülle (nasus), durch welche der
Docht gezogen wurde, und der Handhabe (ansa).
Je nachdem fie für einen oder mehrere Dochte
eingerichtet waren, unterfchied man luc. mono-
myxos, dimyxos u. ſ. w. Die meijten Dochte (bis
zu zwölf) hatten die großen lucernae tricliniares;
andere hiefen cubiculares (das Schlafzimmer der
Erwachſenen war bei den Römern nur ausnahms—
weife erleuchtet, Tac. ann. 14, 8. 44. Val. Max.
1, 7, 7, gewöhnlich nicht, Cie. dir. 1, 20. 1, 36.
Sen. de ir. 3, 36. Or. fast. 2, 337 f. 791 f.), bal-
3
—
200 Belgae — Bellerophontes.
neares (erft in der Kaiſerzeit), sepulcrales, deren | Unter Konſtantin wurde Byzanz am Abend des
noch viele vorhanden find. Manche haben Heine | Ofterfeftes mit vielen Yampen und Wachslichtern er:
Inschriften, welche die Werkftätte angeben, aus der | leuchtet. Vgl. Miller, die Beleuchtung im Altertume
jie hervorgingen. Zum Putzen der Schnuppe vom | (Progr. von Aichaffenburg 1885 u. 1886), woſelbſt
Dochte (putres fungi) und zum Hervorziehen des: auch die reichhaltige Litteratur verzeichnet ijt.
jelben hatte man Heine jpißige hafenförmige In) Belgae, Beiyaı. Ihr Gebiet bildete nadı Cäjar
jtrumente, die durch eine Kette an dem Lampen: |(b. g. 1, 1) den dritten Teil Galliens und beftand
gefäße befeftigt oder auch an dem Kandelaber an: | aus dem nördlichen Teil des Landes; durch die
gebracht waren; die Lampen wurden vorzugsweife | Sequana (Seine) und Matrona (Marne) waren fie
mit Ol gefpeift, ausnahmsweife auch mit aphtha: von den eigentlichen Galliern gejchieden. Große
Nicinusöl (oleum rieinum) gab wegen jeiner | Tapferkeit zeichnete fie vor den andern Bewohnern
Fettigkeit ein düfteres Licht. Die lucerna wird | Galliens aus, jo daß fie auch den Eimbern und
öfters als Studierlampe der Gelehrten erwähnt | Teutonen erfolgreichen Widerftand geleiftet hatten.
(Cie. ad Att. 7, 7. 19. 8, 2. Hor. ep. 1, 2, 35).\ Sie waren nad der Anficht einiger germani—
Cicero fchreibt bei nächtliher Lampe feine Reden ſchen Uriprungs. Als die bedeutenditen Bölfer:
zujammen und trinft Wafjer dabei (Dio Cass. 46,18). | jchaften treten bei Cäjar hervor die Bellovater,
Auch die Schulknaben mußten jeder jeine Lampe | die Suejlionen, Nemer, Moriner, Menapier, Adna:
mitbringen, da der Unterricht jchon vor Sonnen: | tuler und befonders die Nervier (j. d.); die Summe
aufgang begann (Juven. 7, 222 ff.), ein SHave | ihrer waffenfähigen Mannfchaft wurde auf 1 Million
(«apsarius) trug ihnen die Lampe und die Schul: geſchätzt. Im Ki
mappe. — Obſchon fid in Rom das geiellige
Leben mehr auf die Nachtzeit bezog, waren doc
nur, wie bei den Griechen, zur Leuchte auf den
eden verband fie fein gemein:
james Band, nur der Krieg vereinigte fie. Cäſar
mußte 7 Fahre mit ihnen kämpfen, bevor er fie
befiegte.
Belgica umfahte als rö-
miſche Provinz (jeit Auguft)
nicht bloß das Land der
Belgen zu Cäſars Zeit, fon:
dern den ganzen nordöftl.
Teil Galliens zwiichen Se:
quana, dem Germanijchen
Dcean, Rhenus, Rhodanus
und Arar, und grenzte im
W. an Gallia Lugdunensis,
im N. an das fretum Gal-
licum und den Germani—
ſchen Ocean, gegen D. an
Germanien, Bindelicien,
Rhätien, gegen ©. an Gal-
lia Cisalpina und Narbo-
nensis ; es begriff aljo außer
dem norböftl. Frankreich das
heutige Belgien, einen Zeil
der Niederlande, Elijah:
Lothringen, die preußiiche
Nheinprovinz, Rheinbayern und den größten Teil
der Schweiz in ich.
Belgium ſcheint bei Cäſar nicht einen einzelnen
Teil Belgiens (nad) der gewöhnlichen Annahme
nur die Bellovaci, Atrebates, Ambiani), fondern
das ganze Land der Belgä, Gallia Belgica, zu
bezeichnen. Caes. b. g. 5, 12. 24 f. 8, 46. 49. 54.
Bellerophontes oder Belleröphon, Beils-
gopörens, Beilegopar, Sohn des Königs Glaukos
in Korinth, Enfel des Siſyphos, oder Sohn des
Poſeidon, ein von den Göttern geliebter, edler,
mannbafter Held. Er hieß eigentlich Hipponoos,
ſoll aber B. genannt worden fein, weil er den
Ktorinthier Belleros getötet. Wegen diejes Mordes
oh er nach Argos zu dem König Proitos; diejer
chiete den von jeiner Gemahlin Anteia (oder
Stheneboia) verleumdeten Jüngling zu feinem
Schwiegervater, dem Inkifchen König Jobates,
mit dem ihm in Zeichenichrift (orjuara« Avyod,
Il. 6, 168) mitgegebenen Auftrag, ihn zu töten.
Jobates wollte ihn nicht jelbjt töten, jondern trug
ihm die Bejiegung der EChimaira (j. d.) auf.
B. bejiegte das Ungeheuer mit Hülfe des geflügel-
ten Rofies Begajos. Darauf überwältigte er noch
dunfeln Straßen Fadeln und Laternen im Ge:
braud. Eine regelmäßige Straßenerleuchtung ift
in Rom nicht nachzuweiſen (wohl aber in den
ipäteren Jahrhunderten in Antiocheia und Edefla),
aber bei feitlihen Spielen war das forum und
comitium mit Lampen erleuchtet, wofür die Ädilen
zu forgen hatten (Cie. Verr. 1, 22. 58). Galigula
lieg die von ihm von Puteoli über die See nadı
Bauli aufgeführte Brüde erleuchten (Die Cass.
59, 17. Suet. Cal. 19). Überhaupt verlegten die
Kaijer die Spiele vielfach auf die Nächte, die durch
eine Unmafje von Lampen zum Tage gemacht
wurden (Tac. ann. 14, 15. 20. 21). Wuc das
prächtige Feſtmahl des Tigellinus, dem Nero zu
Ehren, auf dem Teiche der Agrippina ward durch
brillante Erleuchtung verherrlicdht (Zac. ann. 15, 37).
Illuminationen werden jchon gegen Ende der Re:
publif erwähnt (Plut. Pomp. 57). Als Cicero nad)
der Entdedung der Verſchwörung des Catilina über
den Marlt nach Haufe ging, waren die Straßen
hell wie am Tage durch Ausftellung von Lampen
und Fadeln vor den Thüren erleuchtet (Plut. Cie. 22).
Auch Nero ließ dem einziehenden Tigranes zu
Ehren die ganze Stadt illuminieren (Dio Cass.63, 4).
Bellona — Beneficiarius.
im Auftrag des Jobates die Solymer und die
Amazonen und auf der Rückkehr einen von Jobates
gelegten Hinterhalt der tapferjten Lykier. Nun
erfannte Jobates feine göttliche Abftammung, ver:
mählte ihn mit jeiner Tochter (Philonoe, Anti:
Heia, KRafjandra), mit der er Iſandros, Hippo:
lochos und Laodameia zeugte, und teilte mit ihm
die Herrichaft. Später ward B. den Göttern ber:
haft und jchweifte, die Menjchen fliehend und fich
in Gram verzehrend, auf dem Aleischen Felde (von
ahconer) umher. Nach Pindar zog er fich den
Götterhai zu, weil er jich auf dem Pegaſos zum
Himmel aufichwingen wollte. Zeus verjeßte das
Roß durd eine Bremje in Wut, er fiel herab und
ward lahm und blind. Il. 6, 152 ff. Pind,. ol.
13, 60 ff. isthm. 7, 44. Bei Homer iſt Proitos
Herricher von Korinth, ein naher Verwandter des
B. (fein Bater war Therjandros, Bruder des
Glaufos, Paus. 2, 4, 3. 10, 30, 5); er muß die
Familie des B. der Serrichaft beraubt haben.
Spätere, und zwar zuerjt wohl die Tragifer, haben
an die Stelle des forinthiichen Siſyphiden den
Argeier oder Tirynthier Proitos, Sohn des Abas,
gejegt, und nun mußte der Mord des Belleros
als Grund erdichtet werden, weshalb B. von
Korinth nad) Argos floh. B. wurde zu Korinth
als Heros verehrt; er hatte dajelbjt in dem Cy—
prefienhain SKraneion einen heiligen Bezirk und
ſtand mit dem Pegajos im Tempel des Sofeidon,
von dem er eine bejondere Seite, die des Tootu-
dar Inrıog, zu bezeichnen jcheint, in enger Ver:
bindung. Paus. 2, 2, 24. 3, 5.
Bellöna oder Duellöna (von bellum oder
duellum), Kriegsgöttin der Römer, Schwejter oder
Gemahlin oder Tochter oder Amme des Mars. An
der Rüdjfeite ihres Tempels auf dem Campus Mar-
tius, worin die Gejandten der auswärtigen Bölter
und die aus dem Kriege zurüdfehrenden, auf einen
Triumph Anſpruch machenden Teldherren vom
Senat empfangen wurden, ftand eine Säule, an
welcher die Fetialen die Geremonie der Kriegs:
erflärung, den Speerwurf, vornahmen. Or. fast.
6, 201 ff. Sie war eine altitaliiche Gottheit, wahr:
icheinlich von jabinifcher Herkunft; jpäter wurde
fie mit Birtus identifiziert. Zu unterjcheiden von
ihr ift die mit ihr verichmolzene aſiatiſche Göttin,
welche aus Romana in Kappadokien wahrjcheinlich
zur Zeit des mithridatiichen Krieges von Staats
wegen in Rom eingeführt wurde und in einem
neuen Lolale ihren blutigen, orientalifch-fanatischen
Dienit erhielt. Kappadokiſche Brieiter (Bellonarii)
verjahen ihren Dienft, zogen an ihren Feittagen
durch die Stadt, verwundeten ſich in ihrem Tempel
beim Opfer mit dem Doppelbeil Arme und Lenden
und brachten jo der Göttin Menjchenblut dar, in:
dem fie dabei weisjagten (Ähnliches that die Ober:
priejterin, Tibull. 1, 6, 43; vgl. Verg. A. 8, 708).
Bellona wurde identifiziert mit der griechijchen
Enyo (Ervo), der mordenden Kriegsgöttin und
Städtezerjtörerin, die mit Ares (Ervdkrog) im
Kampfe wütet. II. 5, 333. 592.
Belloväei, Bsilodxo:, das größte und anjehn-
lihjte Volk der Belgen (Caes. b. 4. ?, 4. Strab.
4, 194), zwiichen Sequana, Samara (Somme) und
ara (Dife) jehhaft, welches fich bei dem Auf:
ftande des Landes an die Spike ftellte. Die mehr:
malige Schonung, welche Eäjar ihnen bewies, hin:
derte fie nicht, immer wieder die Gelegenheit zum
201
Aufſtand zu ergreifen, und erjt mach der Beſiegung
von ganz Gallien wurde ihre Macht gebrochen.
Caes. b. q. 8, 7 ff. Ihre wichtigiten Städte waren
Caeſaromagus (j. Beauvais), Auguſtomagus
(j. Senlis) und befonders Bratufpantium (). d.).
Belos, Blog, I. Berjonenname: 1) einer
der 3 großen babylonijch - afigriichen Götter, in
den Inſchriften Bilu, der Gott der Erde, „der
Bater der Götter, der Schöpfer‘; der j. g. alte Bel,
mit der Göttin Bilit (Beltis, bei Herodot Mylitta)
zur Seite. Doc iſt B. oft auch bloßer Beiname
anderer Götter, wie des Merodach, des Stadtgottes
von Babylon, und des Nebe, des Gottes von Bor:
jippa. Dem einen oder dem andern diejer beiden
war der berühmte Stufentempel des Bel geweiht.
Hdt. ı, 131. 181. Der Sonnengott Baal der Ka:
naaniter, namentlich der Phoinikier, neben welchem
die Mondgöttin Aftarte jteht, hat mit dem baby:
loniſchen Bel nichts als den Namen gemein. —
2) j. Danaos. — 3) Großvater von Agron, dem
erſten lydiſchen — aus der Dynaſtie der Hera—
kliden. Hdt. 1, 7. — II. Fluß in Phoinikien, nörd—
lich vom Karmel, j. Nahr Naamän, entſpringt aus
einem See und mündet nach kurzem Lauf bei Pto—
lemais, berühmt als Fundort der Purpurſchnecken.
Der feine Uferſand ſoll die erſte Veranlaſſung zur
Glasfabrikation gegeben haben. Tac. hist, 5, 7.
Plin. 5, 19, 17. 36, 26, 65.
Benäcus lacus, größter See in Oberitalien,
zwiſchen Briria und Verona, dem der Mincius:
fluß (j. Mincio) entjtrömt, j. Yago di Garda, be-
fannt durch feine herrlichen Ufer. Verg. @. 2, 160.
Strab. 4, 209. Auf der Halbinjel Sirmio (j. Ser:
mione) lag Eatulls Landgut (Catull. ce. 31).
Bendis, Bevdis, weniger richtig Bevdıs, thra—
fiihe Mondgöttin, in Attifa, wohin ihr Dienft
429 v. C. fam, mit Artemis und Hekate identifiziert
und göttlich verehrt. Im Beiraieus ftand ein Bei:
ligtum derjelben, Bevdidsıor. Xen. Hell.2,4, 11.
Bene, Brjen, Stadt im öftlichen Kreta, Heimat
des Dichters Rhianos (j. d.).
Beneficiarius (miles), zunächit derjenige Sol:
dat, welcher als Auszeichnung und zur Belohnung
die vacatio munerum castrensium erhalten hatte,
d. h. nur zur Schladyt und nicht zu den gewöhn—
lichen Wachen, Erdarbeiten und zum Fouragieren
fommandiert werden fonnte. Cäſar bildete aus
ihnen eine bejondere Truppe zu feiner Leibwache
(b, e. 1, 75) und nahm beim Avancement nament-
lich auf fie Nüdficht (vgl. b. e. 3, 88). Doch unter
den Kaiſern artete dieſe uriprüngliche Auszeichnung
in einen Gelderwerb der Genturionen aus, indem
fie durch schlechte Behandlung die Soldaten jo
lange quälten, bis jie die Bergünftigung eines
benefic. (vacatio, commeatus) erlauften. Tae.
ann. 1, 17. Diejenigen Soldaten, welche nicht das
Geld dazu beſaßen, juchten es jich auf irgend eine
Weife, durch) Raub oder Plünderung oder andere
einen freien Soldaten entehrende Dienfte (servili-
bus ministeriis), zu verichaffen, was fie auch unter
dem Schuge der mitwiffenden Centurionen ohne
Strafe erreichten. Dadurch fiel natürlich auf die -
ge Zeit Nichtbefreiten defto größere Mühe und
nftrengung, wodurd Unwille und Widerſetzlich—
feit in dem Deere einriß. Dazu kam, daf die Maſſe
der Befreiten (zu Zeiten der vierte Teil des Heeres,
Tac. hist. 1, 46), der Anftrengung und der mili—
täriſchen Disziplin entwöhnt, bald zur Empörung
202 Beneventum
geneigt ward. Daher bei allen militäriichen Unruhen |
die Forderung, daß ihnen die Abgabe für die Be-
freiung erlaffen würde. Den Mißbrauch ganz auf:
—— wagte man nicht; deshalb traf Otho die
inrichtung, damit auch die Centurionen den bis—
herigen, wenngleich nicht geſetzlichen Erwerb bei:
behielten, daf; das Geld dazu aus dem Fiskus bezahlt
wurde, Bitellius betätigte dies (Tuc. hist. 1, 58),
und in der Folge wurde es förmlich Sitte (daf. 1,46).
Beneventum, noch j. Benevento, eine der älte—
ften —— Städte Italiens, die bald zu Sam—
nium, bald zum Gebiet der Hirpiner gerechnet wird,
am Zuſammenfluß des Sabatus und Calor, nord—
öſtlich vom Mons Taburnus, in einer ar
überaus wichtigen Lage. Wegen der ichlechten Luft
joll jie früher Maleventum genannt worden jein
(Liv. 9, 27), bis nad dem großen Siege über
Porrhos (275 dv. E.) der Name im Beneventum
geändert wurde. Am J. 268 wurde eine römische
Kolonie dorthin geführt, zu deren Vergrößerung
und Hebung Auguſtus bedentend beitrug, ſowie
die folgenden Kaiſer, jo daß fich noch jetzt anjehn:
liche Überrefte, namentlich der prachtvolle Triumph:
bogen des Trajan (Porta aurea), dort finden.
Strab. 5, 249. 250.
Berekyntes, Beodxvrreg, Beoendrrai, hieß
ein fpäter untergegangener Volksſtamm der Phry—
gier, nad) dem eine an Buchsbaum reihe Gegend
an der kariſchen und lydiſchen Grenze Berecyn-
tius tractus genannt war (Plin. 5, 29, 29). Bere-
eyntius wird daher von den Dichtern für phry-
giſch gejagt, und jo heilt Kybele mater Bere-
eyntia (3. ®. Verg. A. 6, 785); vgl. Hor. od.
4, 1, 22: tibia Berecyntia. Auch eine Stadt B.
am Sangariosfluffe und einen Berg B. gab es
nad) den Nachrichten der Grammatiker.
Berekynthos, Beodxvurdos, Bergzug im weſt—
lihen Teile von Kreta, j. Malara. Diod. Sie. 5, 64.
Berenike (Beronike, mafedon. Form = Pege-
van, davon Veronica), Begerian, Name mehrerer
rauen, 1) die geiitvolle und treffliche Tochter des
Lagos, Gemahlin des Makedoniers Philippos und
Mutter des Magas, des jpäteren Beherrichers von
Sirene. Ungefähr jeit 317 v. E. war fie mit ihrem
Stiefbruder, Btolemaios I. Soter, vermählt, dem fie
Ptolemaios Il. Bhiladelphos gebar. Plut. Pyrrh.4.
Schol. Theoer. 17, 34. 61. — 2) Tochter des
Magas von Kyrene, von diejem frühzeitig mit dem
ägyptiichen Thronerben Ptolemaios verlobt, wurde
nad) des Vaters Tode (258 v. E.) von ihrer Mutter
Apama (nad) andern Arfinoe) Demetrios dem
Schönen, Bruder des Antigonos, zugleich mit dem
Neiche Kyrene angeboten. Da aber Demetrios mit
der Mutter der B. ein verbrecheriiches Berhältnis
anfnüpfte, wurde er 250 ermordet, worauf B. den
ihr jchon früher verlobten König Ptolemaios III.
Euergetes von Agppten (um 246) heiratete. Just.
26, 3. Im J. 220 fand fie ihren Tod auf An—
ftiften des Sofibios, eines Günſtlings des Btole-
maios IV, Nach ihrem glänzend jchönen Haupt:
haare gab der Aitronom Konon einem Sternbilde
am nördlichen Himmel den Namen. Catull. c. 66.
— 3) Tochter des jüdischen Königs Agrippa I., war
zuerſt Gemahlin des Herodes von Chalkis. Nach
deffen Tode jtand fie im Verdacht des biutichände-
riijhen Umganges mit ihrem Bruder Agrippa II.
(Sue. 6, 158), dejien Reich in Galiläa und Beraia
nach dem jüdiichen Kriege vergrößert wurde und der
— Bessos.
nad; der Zerftörung Jeruſalems ein eigenes re-
gnum Ituraeae behielt. Während diejes Krieges
faßte Titus Neigung zu ihr, ließ fie nah Rom
fommen und nahm jie im jeinen PBalajt auf. Er
hätte fie auch geheiratet, wenn er nicht der öffent:
lihen Meinung hätte Rechnung tragen müſſen.
Tac. hist. 2, 2. 81. Dio Cass. 66, 15. 18. —
Denjelben Namen führten mehrere Städte in Agyp—
ten, Siyrenaifa u. j. w.
Bergömum, B&eyouor, j. Bergamo, Hauptitadt
der inſubriſchen Orobier im cisalpiniichen Gallien,
ipäter röm. Munmicipium, zwiſchen Comum und
Briria, bekannt durch feine Kupferbergwerte, eine
der erſten galliichen Gründungen in diejer Gegend.
Die Einwohner heißen Bergomates.
Bermios, Béoutos, j. Turla und Dora, Ge—
birgszug Makedoniens in ‚der Richtung von NW.
nad) 8 zwiichen den Flüffen Ludias und Halia-
kmon hinlaufend, trennt das obere Makedonien von
Edonia und dem unteren Makedonien. Hdt.8, 138.
Strab. 7, 330.
Beroia, Béootue, B£pgor«, 1) Stadt in Syrien
am Fluffe Chalos (Kowaif), das jetzige Aleppo
oder Haleb, von Seleufos Nitator vergrößert, aber
erjt im Mittelalter bedeutend. Strab, 16, 751. —
2) Stadt in Makedonien (Emathia), am öftlichen
Abhange des Bermios, j. Verria mit Ruinen.
Thue. 1, 61. Pol. 27, 8,5. Nach der Schlacht bei
Pydna (168 v. E.) ergab fich die Stadt zuerft den
Römern. Liv. 44, 45. Hier lehrte etwa 52 n. €.
der Apoftel Baulus.
Berössos (Berosos), Brjowssog, Brjegwsoös, ge:
boren um 330 v. E. zu Babylon, Priefter am dortigen
Belstempel, jchrieb unter Antiochos Soter (um 270
v. E.) neben verichiedenen aftronomijchen Werten
die Geichichte feines Landes unter dem Titel Ba-
Prlorıaxd oder Kaldaind in griechijcher Sprache,
ohne Zweifel auf Grund der alten Urkunden, welche
eine genaue Chronologie bis ins 3. Jahrtauſend
hinauf möglich machten. Leider find uns von dieſem
wertvollen, in 3 Bücher eingeteilten Werke nur
ärmliche Bruchjtüde, und auch dieje erſt aus dritter
oder gar vierter Hand, bei Joſephos, Eujebios u. a.
erhalten. Bon den 5 erjten Dynaftien (2300732)
wiſſen wir nichts als die Jahresjumme einer jeden;
auch über die 6. und 7. (731—538) beſitzen wir
bloß jparjame Notizen in den Auszügen. *
der Fragmente von Richter (1825) und Müller,
fragm. hist. Graec. Il p. 405 ff.
Berjtos, Bnovrös, ſemitiſch Beroth, Stadt au
der phoinikiſchen Küfte, am Ausfluß des Magoras,
—— Byblos und Sidon, der nächſte Hafen für
amaſkus, doch bedeutender erſt ſeit der Römerzeit,
durch Auguſtus Militärkolonie (lulia Augusta
Felix Berytus), von König Agrippa II. (um 60 n. C.)
unter dem Namen Antoniniana ſehr verſchönert,
jeit dem 3. Jahrhundert Sitz einer berühmten
Rechtsichule, j. Beirut mit dem befebteften Hafen
von Syrien. Strab. 16, 756.
Bessi. Bnocol, Beccot, ein thrafiiches Boll,
welches längs des ganzen Haimosgebirges bis nad)
Illyrien wohnte und in früherer Zeit mächtig var,
ipäter aber jehr herabjant. Hat. 7, 111. Strab.
7, 318. Bon den Römern wurden fie durch M.
Lieinius Lueullus nad) der Befiegung Mafedoniens
unterworfen. Liv. 39, 53. Ov.trist. 3, 10, 5. 4, 1, 67.
Bessos, Bijsoos, Satrap von Baltrien zur Zeit
des Dareios Kodomannos, mit dem er verivandı
Bestattung.
203
war, nahm denjelben auf defien Flucht nach der Bohnenblättern, befränzt und in weiße Gewänder
Schlacht bei Gaugamela gefangen und führte ihn | gehüllt. Auch wird erwähnt, daß man dem Toten
gefeijelt mit ſich. Beſſos, ein jähiger und unter:
nchmender Dann, der im Kampfe gegen Alerauder
den gänzlichen Sturz des Reiches aufzuhalten juchte,
übernahm die Regierung anftatt des Dareios in
Gemeinjchaft mit mehreren gleichgefinnten Satrapen.
Als Alerander das Scidial des Königs erfuhr,
begann er jogleich die Verfolgung des Yeffos und
jeiner Selfershelfer. Da dieje feine Ausjicht jahen,
den Berfolgern zu entgehen, verwundeten jie den
unglüdlihen König tödlich (330), liefen ihn dann
auf dem Wege liegen und verjuchten die nördlichen
Provinzen des perjiichen Reiches zu erreichen. Curt.
5, 7 ff. Just. 11, 15. Arr. 3,19 ff. Plut. Al.42 7.
Nachdem B. noch mit andern Satrapen Berbin:
dungen angeknüpft hatte, ließ er fich unter dem
Namen Artaxerxes IV. zum Könige ausrufen.
Alexander jeste unterdes die Verfolgung fort unter
großen Anftrengungen und mühevollen Märjchen
und erreichte den weiter zurücdweichenden B. in
Eogdiana, wo er von Ptolemaios Lagi gefangen
enommen wurde. Er wurde einem perſiſch-medi—
chen Gerichte zur Beitrafung übergeben, zum Tode
verurteilt und in Efbatana hingerichtet, im J. 329.
Diod. Sie. 17, 83. Plut. Alex. 43. Arr. 3, 28ff.
4, 7. Curt. 7,3 ff. 10. Just. 12, 5.
Bestattung der Toten, 1. bei den Griechen:
ra@pog. Die feierliche Beftattung der Toten und
die Heilighaltung ihrer Grabjtätten war eine tief
in der Sitte wud dem Glauben der Griechen an
ein unftetes Umherirren der Nicht-Beftatteten be:
gründete religiöje Pflicht. Wie dieje Pilicht ſchon
in den ältejten Zeiten fejtgewurzelt ijt, Davon
liefern Homer und überhaupt die älteften Sagen:
rn die unziveidentigiten Beweiſe. So jtellt
ntigone dieje durch die ungejchriebenen, unver:
brüchlichen Geſetze der Götter gebotene Pflicht weit
über die menjchlichen Satzungen des Kreon; jo
fleht noch der jterbende Heftor, der erzürnte Sieger
möge ihm die Beftattung nicht verweigern, und
Briamos wagt jein Leben, um den Leichnam des
Sohnes ausgeliefert zu befommen und ihm die
Ehren der Toten zu erweiien. Selbſt gegen Fremde
wurde dieje Pflicht erfüllt; auf den Unbeerdigten,
den man vorfand und nicht bejtatten fonnte, warf
man Erde. Auch dem in der Schlacht gefallenen
Feinde wurde (einzelne, durch bejondere Erbitte-
rung hervorgerufene Ausnahmen können nichts da=
gegen beweiſen) die Beltattung gewährt. Das
merfwürdigfte Beiſpiel ift wohl, daß die Athener
ihre fiegreidh von den Arginuien zurüdfchrenden
Treldherren 406 v. E., weil jie die in der Schlacht
Getöteten (eines Sturmes wegen) nicht aufgejam:
melt und beerdigt hatten, zum Tode verurteilten.
Xen. Hell. ı, 7, 155. — Was nun die Beſtattungs—
gebräuche (r& Iixuıe, vonue, voukouere oder
aoogrjaorre) betrifft, jo waren die barbariichen
Gebräuche der alten Zeit namentlih durch das
folonifche Gejeß (Demosth. Macart. p. 107) ganz
abgeichafit. Alsbald nach erfolgtem Tode wurden
dem Toten die Augen zugedrüdt, der Mund ge-
ichlofjen und ein Obolos, aud) darden genannt,
als Fährgeld (vaülor) für Charon zur Überfahrt
in den Hades in den Mund gejtedt. Darauf wurde
der Tote von den nächſten Angehörigen, nament-
lid den frauen, gebadet, geſalbt, mit Tänien und
Blumen, bejonders Eppich (sElırov) und golden
einen Honigkuchen (uelsrroörre) mitgegeben habe,
um den Kerberos zu bejänftigen. Sodann erfolgte,
meiftens am zweiten Tage nad) dem Tode, die
Ausstellung (meödesıs) auf der #Aden im Vorder:
teile des Haufes, jo daß der Tote mit dem Geficht
und den Füßen nadı der Hausthür zu lag. Dazu
fanden jich die Verwandten und Freunde in dem
Zrauerhauje ein, und die Verwandtinnen (micht:
angehörigen frauen, die unter 60 Jahre alt waren,
war es durch ein jolonijches Geſetz verboten) ſaßen
weinend um das Bett des Toten herum, Uber:
triebene Schmerzgebärden, 3. B. das Zerfraßen der
Wangen, waren durch das ſoloniſche Geſetz ver:
boten (vgl. übrigens Aesch. Choeph. 20 fi.). —
Neben das Bett wurden Anavdor, irdene gemalte
Gefäße, gejtellt, und im Eingange des Hauſes ſtand
ein Gefäß mit Wajler, das nicht aus dem als ver:
unreinigt geltenden Haufe genommen jein durfte,
Er Reinigen für die Heraustretenden (deddvior).
usftellung und alles andere bejorgten anfangs
die Verwandten jelbjt, jpäterhin aud) andere Ber:
jonen gegen Bezahlung. Am folgenden Morgen
vor Sonnenaufgang fand die dupogd (Fupigsır,
beitatten) ftatt, auf der xAlen, begleitet von ge:
dungenen Klagejängern (B#enrador) oder Flöten:
bläjerinnen, jowie von den Verwandten und Freun—
den. Der Leichnam wurde entweder, wie in der
heroijchen Zeit gewöhnlich, verbrannt oder, wie es
bejonders jpäter neben dem Verbrennen vorkommt,
begraben (»uieır, narogı'rreir, für beides Banrei).
Die Leichname wurden in Särge 6ogot, muskoı,
Anvol, Ögpoiraı, Adpvaneg, in älterer Zeit auch
Aichenbehälter) gelegt, die von Holz, oft von Thon,
auch von Stein verfertigt waren. Die Begräbnis:
ftätten (drjxaı, rdpor, urrjuare, urnusie, orjuere,
vgl. Sepulerum) befanden fich in den meiften
Städten außerhalb der Stadt (in Sparta inner:
halbi, namentlich in der Nähe der Yandftragen.
In Athen waren jelbit die Kenotaphien gefallener
Krieger, deren Körper man nicht aufgefunden hatte,
außerhalb der Stadt. Dft wurden die Toten auf
ihrem Beſitze beigeſetzt. Doc) gab es aud Stätten,
die eigens zur Aufnahme derjelben beftimmt waren,
in Athen die Gegend vor dem Hippiſchen Thore
(möblaı "Innddeg, — |. Attika, 14.) Die Grab:
mäler, entweder Hügel (rouere, »oloraı, ruußoı)
oder Pfeiler (orjAaı), Säulen (#oreg), tempel:
artige Gebäude (valdıc, Newe) oder vieredige
liegende Grabfteine (rgdrefar), waren Eigentum
der Familie (vgl. Naidıe), jo daß jogar vor
Gericht das Eigentumsrecht an cine Begräbnis:
ftätte ald Beweis der Verwandtichaft galt. —
Mitgegeben wurden in das Grab allerlei Gerät:
Schatten, als Gefäße u. j. w.; daher die große Menge
bemalter Thongefähe, die noch erhalten tft (j. Vasa).
In fpäterer Zeit hörte die Sitte auf. Der Be:
ftattung folgte das Totenmal (zeeidsımvor), zu
dem die Verwandten im Trauerhaufe fich einfanden.
Am dritten Tage fand ein Totenopfer ftatt, die
roira, das Hauptopfer am neunten Tage, die
!rara (Evv.) Die äußeren Zeichen der Trauer,
Abjchneiden der Haare, Ablegen des Schmudes,
Anlegen des jchwarzen, an einigen Orten weißen
Trauergewandes (uflar fudrıor), dauerten noch
fänger fort, in Athen wohl bis zum dreißigſten
Taae, wo abermals ein Totenopfer, die roıwnddes.
204
gebracht wurde. Die Beitattung, welche die Athener
den fürs Vaterland gefallenen Kriegern veranftal-
teten, wird beichrieben Thue. 2,34. — Die Sorge
für die Gräber war eine fortdauernde, und es
fanden an gewilien Tagen Totenfeiern ftatt, ver:
bunden mit Behränzung und Ausichmüdung des
Grabes mit Tänien, jowie mit Opfern (Zvaylouere,
zo«i, blutige Opfer aluarovolaı [in. Athen ver:
boten], die Handlung des Opferns Fvayiger).
Dies waren die yericıa, am Geburtstage des Ber:
ftorbenen, jodann Feiern am Todestage, und endlich
allgemein gefeierte vexvare, bei den Athenern am
5. Bordromion begangen und ebenfalls yersaıc
enannt. Aber auch an andern, nicht bejtimmten
5 Tagen fanden dergleichen Feiern ftatt. — Ohne
feierliche Beitattung, am Orte, wo fie getroffen
waren, wurden die vom Blitze Betroffenen (von
den Göttern Berührte, legol rvergol) begraben,
zuweilen blieben jie ganz unbeerdigt liegen. Bei
manchen Berbrechern, namentlich bei Berrat am
Baterlande, wurde die Todesjtrafe durch Berjagung
der Bejtattung geſchärft. — Bejondere Förmlich—
feiten fanden bei der Beftattung eines Gemordeten
ftatt. Eine Lanze wurde dem Zuge vorausgetragen
und an dem Grabe aufgeftedt als Symbol der den
Verwandten obliegenden Pflicht, den Mörder zu
verfolgen. Wenn der Körper eines Verftorbenen
nicht aufgefunden werden konnte, 3. B. wenn
jemand auf dem Meere verunglüdt war oder nach
einer Schlacht der Körper eines Gebliebenen nicht
aufgefunden wurde, jo wurde ein Scheinbegräbnis
veranftaltet und ein Kenotaphion errichtet. Vgl.
v. Stadelberg, die Gräber der Hellenen (1835)
Becker-Göll, Charifles, Bd. III ©. 114 ff. Perva:
noglu, die Grabfteine der alten Griechen nad) den
in Athen erhaltenen Reſten derjelben (1863). Stoll,
Bilder a. d. altgriech. Leben ©. 133. 479.
5 II, Bei den Römern: funus. Wenn dem Toten
die Augen zugedrüdt waren, begann lautes Klagen
(eonelamabatur). Darauf jchidte der Leichenbe:
jtatter (j. Libitinarius) den ZTotenfchmüder,
pollinetor, welcher die Leiche wuſch und jalbte,
mit der Toga befleidete und darauf auf das Parade:
bett legte (lectus funebris). Daneben ſtand eine
Rauchpfanne, acerra, turibulum, und in dem
Beitibulum Zweige von picea und cupressus.
Am 8. Tage erfolgte gewöhnlich die Beſtattung
oder das Hinaustragen (funus) der Leiche unter
feierliher Begleitung (exsequiae) einer Trauer:
verjammlung, und zwar ward diejer Aft entweder
feierlih vom Präco ausgerufen (funus indietivum)
oder einfach und in aller Stille angeftellt. Die
gewöhnliche Zeit für vornehme Leichen war vor:
mittags. Das mit weiteren ?reierlichkeiten und
Gepränge verbundene Geleit (pompa) wurde von
einem designator geordnet, welcher von einem
Liktor und Accenſus unterjtügt wurde. Zuerft famen
die Mufifanten (liticines, felten cornicines), dann
die Hlagefrauen (praeficae), welche Nänien fangen,
und Mimen, die nicht jelten komische Scenen aus
dem Leben des Toten aufführten.
fi) die Wachsmasken der Vorfahren an (j. Imn-
gines maiorum) und Tafeln mit den Thaten
des Toten, namentlih wenn er ſich Kriegsruhm
erworben hatte. Die von Näucherpfannen umdampfte
Leiche lag etwas aufgerichtet auf einem lectus oder
einer lecticn, mit purpurnen, golddurdhwebten
T Deden geihmüdt. — Die Bahre (feretrum) trugen
Nun jchlofien |
Bestia — Bestiarli.
Verwandte oder freigelaffene Sklaven, bei großen
Männern auch Senatoren und Ritter; Arme trugen
die Veipillonen in einem Kaften, sandapila. Der
Leiche folgten die Erben und Verwandten, aud)
die Freigelaffenen und andere Leute, alle in Trauer:
Heidern. Auf dem Forum hielt der Zug an,
und ein Verwandter hielt die laudatio funebris,
nach deren Beendigung der Zug aufbradh, um
die Leiche entweder zu verbrennen (crematio) oder
zu begraben (humatio), Die laudatio funebris
verdienter StaatSmänner wird bis zu dem Be:
gründer der libertas hinauf, bis zu Brutus, er:
mwähnt, den Frauen ward dieje Ehre nad) der
Beſetzung durch die Gallier zuerkannt (Liv. 5, 50),
aber zuerſt der Popilia, der Mutter des Catulus,
gewährt (Oic. de or. 2, 11, 44). Dieſe Gebdächt:
nisrede wurde entweder im Senate oder pro rostris
gehalten, Jünglinge trugen fie vor. Ihren nach:
teiligen Einfluß auf die Fälſchung der Geſchichte
erwähnen die Römer jelbft (Cie. Brut. 16,62. Liv.
4, 16. 8, 40). Aber au in den Familien war
dieje Sitte heimisch; jo that es Cäſar bei feiner
Tante Julia und bei jeiner eriten Gemahlin (Suet.
Caes. 6), und Ahnliches wird uns aus dem Knaben:
alter des Dctavian und Tiberins erzählt. Zwei
jolcher privaten Gedächtnisreden find uns durch
Anjchriften erhalten, die des Konjul DO. Lueretius
Veipillo auf jeine Gemahlin Turia (geft. zw. 8
und 2 dv. E.) und die des Kaijers Hadrian auf feine
Schwiegermutter, die ältere Matidia (herausg. von
Th. Mommien, 1864). — Der Bla der crematio
hieß ustrina, ustrinum, der Scheiterhaufen rogus.
Nachdem man Blumen, Kränze u. j. mw. auf den
Holzſtoß geworfen, zündete man denjelben an,
ftimmte Klagen an und goß Wein oder Wohlge:
rüche darauf (odores, liquores, unguenta u. a.).
Wenn das Feuer vorüber war, löſchte man die
glühende Aiche und ſammelte die Gebeine des
Toten, welche mit Wein und Milch beiprengt, darauf
etrodnet und in einer Aichentifte oder Vaſe ver:
chloſſen wurden. Dieſe Urne ſetzte man in der
Grabfammer nieder (j. Sepulerum) und daneben
Salben: und Olfläſchchen, ſowie Rauchwerk. —
Die zu begrabende Leiche wurde in einen Sarg
von Stein oder Holz gelegt (j. Sepalernm) und
darauf in einem Grabgewölbe oder in der Erde
beigejeßt. Die Armen und Sklaven wurden am
Esquilinus begraben, die Wohlhabenden aber hatten
ihre eigenen sepnlera (j. d.). Am 9. Tage nad)
der —— folgten die novemdialia, feriae
novemdiales, ein Opfer: und Totenmahl, welches
auf das Grab gejegt wurde, genannt coena feralis.
Zugleich hielt man große Leichenichmäufe, entweder
am Grabe jelbjt, was vor alters geichah und sili-
cernium hieß, oder im Haufe des Toten, wo viele
Gäſte erjchienen. Sogar das ganze Bolt wurde
geipeift, oder erhielt eine visceratio (j. d.). Auch
gab es zumeilen Spiele und Gladtatorenlämpfe
(funebres ludi). Wber auch lange nachher dadıte
man an die Toten mit Bietät und bewies diejes
auf vielfahe Weije, 3. B. durd das allgemeine
Totenfeit (Feralia) oder durch jpezielle Parentalia.
Dabei wurden die Gräber geichmüdt, befränzt, be-
iprengt u. j. w. Uber die Trauer j. Luctus,
Bol. Becker-Göll, Gallus, Bd. 111 S. 481 ff. Buſch—
mann, Bilder a. d. Altertum (1883) ©. 237 ff.
Bestia, römijches Cognomen, j.Calpurnii,6.7.
Bestiarli hießen alle diejenigen, welche in den
Bett — Biöeoı.
Tierfämpfen (venatio) entweder zur Strafe unbe: | Stüde waren.
waffnet den Beſtien preisgegeben oder ihnen, ge:
hörig bewaffnet und für Yohn (auctoramentum)
gedungen, im Cirkus gegenübergeftellt wurden.
Dieje Waffen (venabulum) bejtanden auch zum Teil
aus Schlingen und Negen. Ein Urteil über dieje
Kämpfe j. bei Cie. ad fam. 7,1.
Bett, 1. bei den Griechen: edrnj, beitand
1) aus der »Alvn, Bettitelle. Die vier Seiten der
allen, Zvikare (noaorrjgre), find Pfoften, die, in-
einander eingezapft, auf den Fühen ruhten. Am
Kopfende war eine Lehne, kvankırrgor oder Imi-
»Aırroov. Die aAlen war von Holz, vielleicht zu:
mweilen von Metall, die Füße nicht jelten mit Gold,
Silber'und Elfenbein eingelegt. Vgl. Beder-Söll,
Eharifles, Bd. III ©. Tıff. — Auf den Gurten
(rovon) der »Arn lag 2) die Matratze (nvepador
oder ruisiov), der Überzug von Leinwand, Wolle
oder Leder, geitopft mit Bollenfloden oder vege—
tabilijchen Stoffen. 3) Am Zmialırroor lag ein
rundes Polfter ald moogxepalaıor GKopfliſſen).
Über das #vepalov wurden 4) die Deden gebreitet
(zegıorpWuere, brosrenuara, Emißkrjuure, yAai-
var, Erıßolare u. a.m.). — Kauevrn oder gausv-
rıor iſt die Schlafitätte der Armeren, namentlich der
Sklaven. Sie beftand aus Binjen:, Stroh: oder
Baft:Matten, die auf der Erde oder in niederen
Geſtellen lagen. — 11. Bei den Römern: lectus,
ein einfaches Geftell aus Holz oder Erz. Die höl:
zernen hatten oft Erzfühe oder waren mit Elfen—
bein, Schildpatt und edlem Metall ausgelegt. Über
das Geftell waren Gurte gezogen (fasciae, ınstitae,
restes), auf denen die mit Wolle, Federn, Schilf,
Heu u. dgl. geftopfte Matratze ruhte (torus, euleita).
Zu Kopfe lag ein Hleines Kiffen oder aud) mehrere
(pulvinus, cervicalia). Über die Matraße breitete
man Deden (stragula, vestes stragulae), welche
bei den Reichen purpurfarbig oder auch gejtict
waren. Toralia aber nannte man die Behänge
des lectus von dem torus bis auf den Fußboden.
Man unterichied lectus cubicularis (zum Aus:
ruhen und Schlafen beftimmt) und trieliniaris
(Speilejofa). Varr.1.1.8,32. Der erjte war höher
und hatte oft auf der einen Seite eine Lehne
(plateus), während die offene Seite, wo man (in
älterer Zeit vermittelft eines Schemels) aufitieg,
sponda hieß; der zweite lectus war niedriger und
wohl auch prächtiger, übrigens aber ebenjo beichaffen.
Auch der lectus lucubratorius, lectica Jucu-
bratoria, Sofa zum Studieren, bot feine wejent:
lihe Berichiedenheit dar. Bol. Becker-Göll, Gallus,
Br. II ©. 330 ff.
Biasj.Melampus,Neleusu.SiebenWeise.
Bıß%ior, Bibliopöla, Bibliothöea j.Bücher-
wesen.
Biß2os. der Baft der Papyrosftaude, Bußkog,
liber, der zum Schreiben gebraucht wurde. Das
Verfahren bei der Zubereitung ift nicht ganz Mar.
Wahricheinlich wurde der dreifantige, im Innern
weiches Markt enthaltende Stengel der Staude
durcdichnitten und von der äußeren Schale, die
nur zu Striden gebraucht werden fann, befreit.
Sodann löfte man die unter derjelben befindlichen
dünnen Baftlagen (philurae), die nach innen zu
an Güte zunehmen, und die das befannte Schreib:
material lieferten; aus den äufßerften Lagen machte
man nur Badpapier. Dieje Arbeit war natürlich
um jo jdhwieriger, je länger die abgejchnittenen
205
Die jo gewonnenen Streifen (seAl-
Öss) wurden dann zujammengeleimt, in der Art,
daß der eine Streifen einen bis zu zwei Finger
breit über den andern zu liegen kam, durch welche
Fügungen die einzelnen Kolumnen der Schrift von-
einander getrennt wurden. Die Höhe der Kolumnen
war durch die Länge des abgejchnittenen Stückes
der Staude beitimmt. Das bejchriebene Material
heißt yeauuarsiov. Das Blatt heißt yaerns,
charta, plagula. Man wußte es auch in Rom
vortrefflich zuzurichten und zu bleichen. Es gab
8 verfchiedene Sorten. Die Papierfabrik heit ofü-
cina chartaria, der Fabrikant chartarius.
Neben dem Papyros benugte man das Pergament,
das Eumenes Il. von Pergamos um 180 dv. E.
uerjt verfertigen lieh, Wachstafeln (j. Tabula),
— namentlich in älterer Zeit, Blätter beſ. von
Palmen, Baſt, Leinwand, Felle, Holz und Metall.
Zu Briefen beſonders bediente man ſich auch mit
Wachs (uch) Überzogener Täfelchen (mivarxsg,
dElron). Bgl.auch Schreibmaterial und Blüm:
ner, Technologie I ©. 308 ff.
Bibracte, Bißoaxra, Bißpa&, nach Cäſar (b.q.
1,23) die größte und volfreichite Stadt der Aduer
in Gallien, zwijchen Arar und Liger, ſtark befeftigt.
Ausgrabungen haben Reſte der Stadt auf dem
Mont Beuvray ans Licht gebracht, in welchem
Namen fich auch der alte Name erhalten hat. Damit
tft auch die Frage über die Lokalität der Helvetier-
ichladht in ein neues Stadium getreten.
Bibrax, Stadt der Remi im belgiſchen Gallien.
Caes.b.g.2,6. Das 8000 Schritt davon entfernte
Lager Cäſars war wohl auf dem Hügel von Mau-
champ bei Berry au Bac. Durd; die Auffindung
des Lagers ift ein feiter Anhaltspunkt zur Beſtim—
mung der Lage von Bibrar gegeben, welches (nad)
Napoleon III.) nicht in Beaurieux, jondern auf
dem Berge Vieux-Laon zu juchen ift.
Bibüli, ı) M. Calpurnius Bib., ein Gegner
Eäjars, befleidete mit ihm das Konſulat zu gleicher
eit, ohne daß jein paſſiver Widerjtand gegen die
dergejege und andere Mafregeln desjelben von
Erfolg gemwejen wären, 59 v. C. Liv. ep. 103.
Suet. Caes. ®. 20. Cie. de dom. 15. Gleichwohl
war er als Anhänger des Senats ein Mann von
entichtedenem Einfluffe und großer Bedeutung, aber
auch jehr eigenfinnig. Der Nriftofratie jchloß er
ſich aufs engfte an und war daher auch jpäter
dem Bompejus dazu behülflich, daß er das Konfulat
allein erhielt. Plut. Cat. min. 47f. In der Pro:
vinz Syrien erwarb er ſich (52) durd) jeine Ber:
waltung wohlverdienten Ruhm, als Feldherr da—
gegen war er unbedeutend und ſchloß fich in jeine
Fejtungen ein. Cic. ad Att.6,1. Er war verhei:
ratet mit einer Tochter des jüngeren Cato, Porcia,
welche nach jeinem Tode (kurz nach der Schlacht
bei Dyrrhachium, wo B. die Flotte befehligte) den
Brutus heiratete. Caes. b. c. 3, 18. Plut. Brut. 13.
— 2) jein gleihnamiger_ jüngjter Sohn (Plut.
Brut. 13), fiel in der Schlacht bei Philippi im
Antonius’ Gewalt, jchloß fich ihm an und war in
der Folge jein Legat in Syrien, wo er um 31 v. C.
itarb; er hinterließ drournuovevuere Boovrov.
Plut. Brut. 13. 23. App. b. c. 4, 136.
Bidental j. Iupiter unter Zeus, 9.
Bideoı, Bıöıwior, Bidvor (wohl das diganmierte
idvog d. i. Wiſſer, Zeuge, Richter), eine Behörde
in Sparta, nad) Pauſanias aus 5, nach Jnjchriften
206
aus 6 Männern bejtehend, welche vorzugsweije die
Spiele und Kämpfe der Jünglinge zu beauffich:
tigen hatten. Sie wareu dem mawdorouog beige:
geben; auch wird ein moroßug Pudtw» als ihr
Vorfteher genannt. Paus. 3, 11, 2.
Bigäti, sc. nummi, heifen die römischen Silber:
denare von den puniſchen Kriegen bis zu den
Bürgerfriegen nad dem Zweigeſpann als Typus.
Plin.33,13. Die germanischen Bölfer zogen dieje
alten Münzen der republilanijchen Zeit den leid):
teren neronijchen vor. Tae. Germ. 5.
Bigerriönes, aquitaniiche Völkerſchaft Galliens
am Adour, mit der Stadt Tarba (j. Tarbesı. Caes.
b. g. 3, 27.
Bilbilis, Bißııs, j. Calatayud bei Saragojja,
Stadt auf einen Felſen in Hijpania Tarraconenfis am
Fl. Salo, Municipium mit dem Beinamen Augusta,
ausgezeichnet durch ihre Eiſenwerle und Waffen:
ſchmieden, jowie durch Goldbearbeitung; Geburts:
ftadt des Nedners Valerius Licinianus und des
Dichters Martialis, der in jeinen Gedichten oft und
mit Liebe von jeiner Heimat jpricht, 3. B. 1, 61.
Bildhauer, Bildhauerei, Bildschnitzkunst.
Die Plaftif oder Bildnerei im weiteren Sinne
ichloß fich bei den Hellenen an entiprechende Gat:
tungen der Teftonif oder Handwerkskunſt an, na:
mentlich an das Mrbeiten hölzerner Geräte,
die mit dem Beile aus dem groben gehauen (re-
»raivev, relercv), mit feinen Inſtrumenten bear:
beitet (Settu) und mit mannigfachem Schmucke
von Gold, Silber, Elfenbein, Bernftein ausgelegt
wurden (dıvoör, Öadciheın), oder metallener
Gefähe; an die Kunſt des Lötens (“öllnaıs,
ferruminatio) und an die Töpferfunit (xeo«-
aevrıan). Aus der Hand des Bildners in Thon
gingen bald auch Reliefs (ruror) und ganze Figu—
ren hervor. Durch aufgetragene Farben juchte man
den Ausdruck zu fteigern, und diefer Schmud, wel:
cher urjprünglich das Gharafteriftiiche in Körper:
bildung und Kleidung mur roh und grell zur Er:
ſcheinung brachte, wurde auch von der vollendeten
Kunjt beibehalten (Polycdhromie). An Statuen
find vielfache Farbenjpuren erhalten; über den
Umfang der Bolychromie in der Blütezeit der Kunſt
iſt man jedoch noch nicht zu einer völlig jicheren
Erfenntnis gelangt. Bgl. DO. Jahn, die Bolychr.
der alten Skulptur (Aus d. Altertumswifjenichaft
©. 247 ff.). Bei dem Metallgujie (ars statu-
aria) fam es bejonders auf die Miichung ber
Bronze (vgl. Aes Corinthium) und auf Die
Behandlung des Gufles in Formen an; die Statue
wurde über einen feuerfeften Kern aus Wachs
bojfiert und darüber eine thönerne Form geitrichen
(Aiydog, zürog), in welcher Röhren angebracht
wurden, durch welche das einftrömende Erz an die
Stelle des Wachſes trat und den Zwiſchenraum
zwilchen tern und Form füllte. Die Holzſchnitzerei
(&feıv für das flachere, yAdpeır jr das tiefere Ar:
beiten mit jcharfen und jpigigen Werkzeugen) wurde
bejonders für Sötterbilder (obere) angewandt. Für
die Bildhauerei (sculptura), die jich direft aus
der Holzichnigerei entwidelt zu haben jcheint, wurde
der feſte und politurfähige Kalfftein (daher mar-
mor, ſ. d., udguagov von uapuargeır), und zwar
der weiße, bei den Griechen vorzugsweije der pen:
teliiche, hymettiiche und parische, in Rom jeit Ti-
berius auch der von Carrara (Yıma) als das
eigentliche Material anerkannt. — Die Bearbeitung
Bigati — Bildhauer.
der Metalle mit jcharfen Inftrumenten (Toreutif,
rogevrixn);, caelatura) war teilmweije mit einem
Gießen in Formen, bejonders aber mit dem Ser:
ausjchlagen oder Treiben mit Bunzen verbunden
und wurde bejonders bei Waffenjtüden, namentlich
Schilden, bei Gefähen, bejonders großen Silber:
ſchüſſeln u. j. w. angewandt. Hiermit hing in den
Werkftätten der Alten auch die Arbeit in Elfen:
bein (j. Elephantus, A.) zufammen; erhalten
jind uns davon nur die ſ. g. Diptycha ij. d.) aus
dem jpäteren römischen Weiche. Endlich ift hier
die Arbeit in Edeljteinen (j. Gemmu) und in
Glas (was eine Nahahmung und ein Erjag für
die koſtbarere Kunſt der Gemmen war; die murriva
vası, |. d., können hier nicht füglich hinzugezogen
werden) und die Stempelſchneidekunſt zu er:
wähnen, die auch durch den Kunſtwert der Typen
von Bedeutung ift, und worin die Griechen jich
durch das eigentliche Schneiden von Stempeln, die
Römer aber durch das Verfahren des Prägens
auszeichneten ; größere praltiſche Wichtigfeit hatte
fie jedoch nody in Handel und Berfehr durch die
Numismatif. — Obgleid in der ältejten grie:
chiichen Plaſtik orientaliiche, namentlich aſſyriſche,
vielleicht auch ägyptiſche Einflüſſe anzunehmen ſind,
ſo kann doch von einer eigentlichen Nachahmung
nicht die Rede ſein. Die älteſten uns erhaltenen
Werke griechiſcher Bildhauerei bilden eine Reihe
ſteinerner Grabreliefs und in Goldblech getriebener
Geſichtsmasken, von Schliemann in Vlyfenai aus:
gegraben, wohl von den Ureinwohnern gefertigt,
doc; ohne jeglichen Kunſtwert; das erfte uns erhal-
tene Kunstwerk ift das Yömwenthor in Mylenai
(j. Mykenai), deſſen Stil an aſiatiſche Werke
erinnert. Much die früheiten Stufen der Kunft
zeigen ein Streben nad eigenen und jelbjtändigen
Ausdrudsmitteln. Die Pelaſger verehrten ihre
Götter ohne Bild und Tempel, und die Kunſt konnte
erit dann in der Religion entjtchen, als der Menſch
ein fichtbares Zeichen, ein Symbol jeiner Gottheit,
begehrte. Das ältefte Griechenland hatte außer
Sötterbildern feine Bildſäulen. Alter aber als die
Hötterbilder (sixöveg, dydkuare) waren die ſym—
boliichen Gegenftände der Gottesverehrung. Aus
rohen Anfängen daher, der Verehrung von Baum—
ſtämmen und Steinen, erhob man jich zur Wahl
der Säule, an der, auch als die Arme und Füße
daran bezeichnet wurden, dennoch die Arme mit
dem Leibe zuſammenhingen und die Fühe geichlofien
und unbeweglich waren. Die Arme jonderten fich
zuerjt, die friegeriiche Yierde von Helm, Lanze
und Schild trat hinzu (Palladien), bis Daidalos,
BZeitgenofje des fretiihen Minos (angeblich drei
Menjchenalter vor dem trojanischen Kriege — ſpäter
infolge der familien- und zunftartigen Betreibungs:
weile zum Gattungsnamen für Bildichniger und
Baufünftler geworden), und jeine Schüler Smilis
von Aigina und Endotos von Athen durch Ab-
jonderung der Beine und Füße diefen Idolen einen
Schein von Yebendigkeit zu geben juchten, eine
Neuerung, welche die Zeitgenoſſen mit Staunen
erfüllt haben joll. Mit dem wachjenden Reichtum
itieg das Beftreben der Daidaliden, die Tempel,
namentlich zu Olympia, Delphoi, Delos u. a., mit
Bildern und Weihgeichenfen zu jchmüden, insbe:
jondere mit figurenreichen Thronen, Schilden, Tri:
poden, funftvollen Gefäßen u. dgl. m. Das Wa:
terial dazu lieferten entweder die Metalle oder eine
Bildhauer.
Kombination derjelben mit andern Stoffen; beides
verjtand man unter der Toreutik. Nur als Bei:
jpiele einer reichhaltigeren Gattung ericheinen der
Kaſten des Kypſelos, als Denkmal der wunder:
baren Rettung des Stammhauſes der Kypſeliden
im Seraion zu Olympia aufbewahrt, mit einer
Reihe von Scenen aus den Schidjalen der mythiſchen
Familien in erhabener und eingelegter Arbeit (um
650 v. E.), und der Thron des amyklaiiſchen
Apollon, von den Magnejier Bathykles ver:
fertigt und in Reliefs auf 42 Feldern den ganzen
damaligen Kunſtkreis der Götter: und Heldenfabel
umfajjend (um 550 v.E.; j. Amyklai). In dieje
Zeit gehören von erhaltenen, wirklichen Skulptur:
werfen die Apollonftatuen von Thera (Athen) und
Tenca (München, j. Apollon, 5., Abbild. a), der
Fries von Aſſos (in Paris), mehrere in Lakonien
efundene Reliefs, die ältejten Metopentajeln von
Selinunt (in Palermo), mehrere Grabjtelen, die
10 tolofjalen Marmorjtatuen, welche bei Milet die
vom Hafen Panormos nad dem didymaiiſchen
Apollontempel der Branchiden führende heilige
Straße einfahten (in London), zahlreiche in neueſter
Beit auf der Atropolis ausgegrabene Götterbilder
u. j. mw. (j. Friederichs, Baufteine zur Gejchichte
der Plaſtik S. 1 ff). Werfe vollendeterer Kunſt
find die Reliefs am Harpyienmonument zu
Zanthos in Lykien und die Statuen der Migine:
ten (namentlich die des öftlichen iebels), erjtere
in London, legtere in München. Der Wetteifer
der Yandichaften und Städte überwand wunderbar
rajch die technischen Schwierigkeiten. Aus der Schule
der Daidaliden waren Bupalos und Athenis,
Söhne des Anthermos, hervorgegangen, die das
farifierte Bild des Dichters Hipponar öffentlich
ausjtellten, aber, von jeinen Jamben gezüchtigt,
ihren Mutwillen mit dem Leben gebüßt haben
jollen. Die Skulptur in Marmor erhält um 550
v. C. durh Dipoinos und Skyllis von Kreta
die erfte Bervollfommmung; Schüler von ihnen
lebten in Sparta (Gitiadas, auch als Architekt
ausgezeichnet, Doryfleidas, Dontas, wahr-
ſcheinlich der VBerfertiger der Figuren im Giebel—
felde des Schaghaujes der Megareer zu Olympia
fi. Olympia, 3.], Klearchos, Teftaios u. a.)
und anderswo. An Samos follen Rhoilos (um
640 dv. E.), von dem in dem Tempel der Artemis
u Ephejos eine Bildjäule der Nadıt ftand, und
ei ein Sohn Theodoros, beide audy Baulünitler
(j. d.), die Kunft, Bildſäulen in Dietall zu gießen,
zuerst geübt haben; aber man goß nicht gleich
ganze Bilder, jondern fügte fie Hüchweife zuſam⸗
men. Die Bildgießer von Aigina, unter denen
Kallon und Onatas (um 460 v. C., ſowie des
legteren Bater Milton (defien bemerfenswertejte
Skulpturen Kallias und die Banfratiaften waren)
bervorragen, rühmten fich einer eigentümlichen
Miichung des Erzes, wodurch größere Gejchmeidig:
feit und jchönere Farbe erreicht ward. Onatas
gi — beſtrebt, die Tempel und Hallen mit
ßen Figuren und reichhaltigen hiſtoriſchen Bil—
ſchmücken. Als Hauptwerke nennt man
von Ken einen Heralles und Hermes zu Olympia,
einen Apollon F Pergamon, eine Demeter bei
Bhigaleia (an
eſpaun des Hieron, mei
207
ausgezeichnete Künftlerjchule (Kanachos, Cie. Brut.
18, 70, Ariftofles u. a.), welche mit der in Ar:
908 (Ageladas [oder Agelaidas nach einer in
Olympia gefundenen Inſchrift), Ariftomedon,
Glaukos, Dionyjios) in Verbindung ftand.
Etwas jpäter erhob ſich die Plaftit auch in Athen
(Antenor, Ampbifrates, Hegias od. Hege—
ſias, Nejiotes, Kritios [lebtere beide bei. be-
rühmt durch ein neues, 476 v. E. aufgejitelltes
Denkmal der Tyrannenmörder Harmodios und
Ariftogeiton], Ariftofles u. a.) zu größerer Aus—
zeichnung. — Die erſte Blüteperiode der griech.
Skulptur fällt mit dem politiichen Aufſchwunge
zufammen, welchen Griechenland nad) der Befiegung
der Perjer genommen hatte. Die wichtigite Stätte
diejer Kunſtblüte ift Athen, doch auch andere
Städte beteiligen jih an einem Wettfampfe, welcher
bald die meiſten wichtigen Städte Griechenlands,
Kleinafiens und der Inſeln in die Kunſtthätigkeit
hineinzieht. Das Götterbild ift nicht mehr, wie
früher, nur religiös bedeutjam, nicht mehr bloß
durd Attribute kenntlich gemacht, jondern an Aus:
drud und Geftalt ein Werk der freien Kunſt ge:
worden. Ein Zug von Herbigfeit und Strenge geht
noch durch die Werke dieſer Epoche, welcher all:
mählich ſich abjtreift und in die weichere, mehr
finnlihe Anmut, den Eharakterzug der Kunftwerte
der nächiten Periode, übergeht. — Ehe wir deu
größten Bildhauer Athens, Pheidias, betrachten,
jind noch drei Meifter zu erwähnen, welche den
Übergang zu ihm bilden. Kalamis in Athen
(gegen 460 v. E.) jhuf mit wunderbarer Biel:
jeitigfeit jowohl Göttergeftalten (Zeus, Apollon,
Hermes, Aphrodite, Dionyſos, Ajflepios) als auch
Heroen und Tiere, in Goldelfenbein, Silber, Mar:
mor und Erz. Es wurde nicht minder der zarte
Ausdrud feiner Frauengeftalten, als der kräftige
Adel der Pferde, welche er geftaltete, gerühmt.
Naturaliftiicher und entſchieden einfeitig ſteht Py—
thagoras von Rhegion, um 450 dv. E., da; er
ſchuf meift Erzitatuen von Athleten und verwandte
beiondere Sorgfalt auf das Studium der menſch—
lien Figur und ihrer Proportionen, wie jpäter
Polyklet. Myron von Eleutherai in Boiotien
war älterer Mitjchüler des Pheidias und Polyflet
bei Ageladas von Argos, deſſen Grundcharakter
lebensvolle Naturwahrheit war, Auch er bediente
ſich vorzüglidy des Erzes, und zwar weniger zu
Sötterbildern, als um Athleten (4. B. den berühm:
ten Schnellläufer Yadas) und Tiere herzuftellen
(berühmt jeine Kuh). Auf ihn führt man mit
Sicherheit einen Satyr im Yateran zurüd, wahr:
ſcheinlich Mariyas, welcher die Flöten der Athene
anftaunt, aljo ein Teil einer Gruppe; ebenjo den
Dijfobol von Billa Maifimi und im Vatikan. -
PBheidias von Athen (um 500--432 v. E.), Schüler ?
des Hegias und des Ageladas, arbeitete unter Kimon
und Perikles vorzüglich für die Ausstattung der
Akropolis. Die Ballas ftellte er in mehreren Statuen
dar, und zwar einmal als Promachos aus Erz.
Dieje Statue jtand im freien zwijchen den Propy—
laien und dem Barthenon und war angeblich jo
folofjal, daß die Schiffer, wenn fie jich von Süd—
often dem Peiraieus näherten, ſchon aus weiter
[. mit Pierdefopf) und ein Bier: | Ferne Helmbuſch und Lanzenipite derjelben er-
folofjal und aus Erz. | blidten (Paus. 1, 28, 2).
uch in Sifyon, wovon Plinius jagt: diu fuıt | Mys lange nach Bheidias’ Tode.
Den Schild vollendete
Sodann ichuf
offieinarum omnıum metalloram patria, war eine | er aus Goldeljenbein das Bild der Göttin für den
208
Barthenon, 438 vollendet. Die Göttin ftand, 26 Ellen
hoch, auf ihre Yanze gejtüßt, und ihr goldenes Se:
wand (das allein 44 Boldtalente, etiva 2 300 000 Mt.,
wog) jloß bis zur Erde hinab. Ahr Panzer war
mit dem Medufenhaupte geichmüdt; in der rechten,
aus technijchen Gründen auf eine Säule gejtügten,
Hand trug fie ein Bild der Siegesgöttin (Nike),
4 Ellen hoch, während auf dem anlehnenden Schilde
die Gigantomachie und am Rande der 4 Zoll hohen
Sohlen der Kampf der Kentauren und Yapithen
dargeftellt war. Vgl. Paus. 1, 24,5 ff. Plin. 34,
54. 36, 18. Eine dritte Pallas, die als ein Wunder
der Schönheit und des Ebenmaßes vorzugsweije
die Schöne (Mogyo) genannt ward, jtifteten die
Lemnier auf die Akropolis, Außerdem jchuf Ph.
(wahrjcheinlich nach ſ. fünftleriichen Thätigleit in
Athen) das Fdeal des Zeus in dem etwa 42 Fuß
hohen Koloß zu Olympia, wo der Gott in ftiller
Majeſtät nach Belicgung feiner Feinde thront, den
drohenden Blitz zur Seite gelegt und dem fejtlichen
Geſchäfte der Spiele hingegeben, jelbit als Hella:
nodife den Siegestrang darreichend. Sein Oberleib
war unbededt und von Elfenbein, aber den unteren
Teil umhüllte ein Mantel von Gold mit Blumen
bededt, der jaltenreich bis zu den Frühen herabfloß.
In der rechten Hand jchwebte eine dem Gotte zu—
gefehrte Nike, den Olzweig in der Hand, in der
linten trug er das Scepter, das als ein Symbol
der von ihm beherrſchten Erde aus mannigfaltigem
Erze zufammtengejchmiedet war, und auf jener
Spige war der ruhende Adler. In dem Antlige
aber war die höchite Würde mit Milde und Güte
unbejchreiblich gepaart. In ihm jchauten die Griechen,
wie D. Müller jagt, den Zeus gegenwärtig; ihn
zu jehen, war ein Nepenthes; ihn vor dem Tode
nicht erblidt zu haben, beinahe ein jolches Unglüd,
wie in die Myſterien uneingemweiht zu fterben. Auf
der Lehne des Thrones umtanzten den Gott rechts
und links an jeinen Schultern die Horen und Cha:
riten; Siegesgöttinnen ftanden zu feinen Füßen,
und mannigfaltiges Bilderwerf jchmücdte den Thron,
auf welchem er ruhte. Paus. 5, 12. Lir. 45, 28.
Quint. 12, 10, 9. Muf uns gefommen find von
Pheidias' Werfen die Skulpturen des Parthenon
(Siebelftatuen, Friesreliefs und Metopen), welche
unmittelbar auf ihn zurüdgeben, außerdem aber
Frriesreliefs und Metopen vom ſ. g. Thejeion,
Metopen vom Zeustempel in Olympia, jowie eine
Anzahl einzelner Bildwerfe, welche jedesfalls unter
dem Einfluſſe jeiner Schule entitanden find und
uns eine genügende Borftellung von den Leiftungen
diejer erften Bildhauerjchule der Welt zu geben im:
jtande find. Etwas jünger find die Tiegesgöt:
tinnen im Relief, mit welchen die Baluftrade des
Tempels der Nife Apteros gejchmüdt ift, jowie die
Karyatiden des Erechtheions. Vgl. O. Müller, de
Phidiae vita et operibus (1827), E. Beterjen, die
Kunſt des Ph. am Parthenon und zu Olympia (1873).
Walditein, essays on the art of Pheidias. Brunn,
Geſch. der griech. Künſtler 1 ©. 112 ff. der 2. Aufl. —
Pheidias' Schüler waren Alfamenes von Athen
uud Agoralritos von Paros. Erſterer bildete
in Marmor und Erz eine Reihe Göttergeftalten,
auch jolche, welche jein Meiſter nicht behandelt hatte,
.B. Aphrodite und Hera; von ihm rührten (nad)
Baujanias’ Angabe, die freilich hronologiiche Schwie—
rigfeiten bietet) die Statuen des Wejtgiebels vom
Zeustempel zu Olympia her, von denen bei den
Bildhauer.
Ausgrabungen auf Kojten des Deutichen Reiches
jeit dem Jahre 1875 höchſt wertvolle, zum Teil
vortreffliche, Bruchitüde aufgefunden worden jind,
in den ideal gehaltenen Köpfen und der Gewan—
dung noch altertümlich ftreng, in den Bewegungen
aber leidenjchaftlicher, als die Werte des Pheidias.
Bejonders hoch wurde auch Agorafritos geichäßt;
fein berühmteites Werft war das 10 Ellen hohe
Marmorbild der Nemejis für Rhamnus. Andere
Künſtler dieſer Zeit, zum Teil unter dem Einfluß
der älteren Schule des Kalamis ftehend, find Pai—
onios (j. d.) von Mende, Kolotes aus Paros,
Schüler und Gehülfe des Pheidias bei der Aus:
führung des olympiichen Zeus, Theokoſmos aus
Megara, Thraſyme des aus Paros und Prarias,
der Meifter der Statuen am Giebel des delphiichen
Tempels. aus. 10, 19, 3, — Eine Fortfeßung
myroniſcher Kunft zeigt fich in Myrons Sohne,
Lykios aus Eleutherai, Styppar, Strongplion
und Kreſilas aus Kydonia, welcher legtere mit
jeiner Amazone zu Ephejos in einem Künftlerwett-
fanıpfe dem Pheidias und Polykleitos gegenüber:
trat. Lebterer trug den Sieg davon. Die ein:
zelnen Typen der vorhandenen Amazoneneremplare
jind neuerdings auf die 3 Meifter zurüdgeführt
worden. Abweichend von dem Geifte pheidiafiicher
Kunſt ſtehen auch Nallimahos und Demetrios
da, eriterer ein gewandter Techniker, welchem die
Anwendung des VBohrers und die Erfindung des
forinthiichen Napitäls zugeichrieben wird (Vitr.
4,1, 9), auch Architelt und Maler, lebterer aus:
ſchließlich Borträtbildner und als folder Naturalift,
d. h. bejtrebt, die Ericheinung jeines Vorwurfs,
jelbft unjchöne Zufälligleiten, bis in die kleinſte
Äußerlichkeit ohne idealere Auffafjung wiederzu—
geben. — Pheidias' Nebenbuhler ift der Sifyonier
(oder Argiver) Polykleitos, vielleicht Sohn des
Volykles, auch Arcditeft und Toreut, jein jüngerer
Mitjchüler bei Ageladas und das Haupt der argi-
viihen Schule, ein Künftler, der in genreartigen
Segenftänden die vollendet harmoniiche Schönheit
des menichlichen Nörpers, namentlich des jugend:
lichen, gleidy weit entfernt ven Derbheit und von
Weichlichkeit, nach feinster Beobachtung und Be:
rechnung und in voller Würde und hohem Ernite
in muftergültigen Werfen zur Anſchauung brachte,
dem dagegen der gewaltige Genius ſowie die viel:
umfajjiende Phantajie eines Pheidias abging, jo
daß er namentlich in Götterbildung hinter dieſem
ii Am meiften rühmen die Alten jeinen
oruphoros (Cie. Brut. 86, 296. or. 2,5. Plin,
34, 55. Quint. 5, 12, 21), einen jpeertragenden
Jüngling von den genaueiten Proportionen, und
jeinen Diadumenos, einen Jüngling, der jein Haar
mit der Siegerbinde umschlingt, beide aus Bronze;
jein berühmteites Götterbild war der Koloß der
Hera aus Goldelfenbein, der im Innern des nadı
dem Brande von 423 v. E. von ihm wiederaufge:
bauten Tempels bei Argos aufgeführt war. Die
Göttin Jah auf einem vergoldeten Throne; ihr Haupt
war mit einer goldenen Stirnfrone geihmüdt, an
der die Horen und Chariten tanzend in Relief dar:
eftellt waren; ihre Linke hielt das Scepter, ihre
Rechte den geheimnisvollen Granatapfel, das Sym—
bol der Fruchtbarkeit, und neben ihr ftand gleidh:
jam dienend die Göttin der Jugend von Naufydes
(i.u.). Wiederholungen des Doryphoros in Florenz,
Nom, Neapel, des Diadumenos in Yondon, der Hera
Bildhauer.
vielleicht ein Kopf in Nom, die j. g. Juno Ludopifi
(j.Hera, 3.), noch mehr eine Büjte in Neapel, die j.g.
Hera Farneſe. Unter den von Plinius (34, 50)
genannten 18 Sciülern des Polykleitos war der
bedeutendite Naufnydes aus Argos um 420v. E.;
ein von ihm gejchaffenes Stande
Gold und Elfenbein war neben der Hera feines
Lehrers aufgeftellt. Als jein Schüler wird der
jüngere Bolyfleitos genannt, um 369. — Nad):
dem dieje Periode in der Behandlung aller Formen
des Großen und Wunderbaren fat fich erjchöpft
hatte, brach nunmehr das Zeitalter der Grazie, des
ihönen Stiles, an. Wie in der vorigen Periode
der ftrenge Stil mit der Schönheit, jo verband ſich
jest die Schönheit mit der jeelenvollen Anmut.
Auf der Schwelle diejer Periode fteht der ältere
Kephijodotos, wahrſcheinlich des Prariteles
Bater, auf welchen neuerlich die j. g. Leukothea in
München (Eirene mit Plutos zurüdgeführt worden
8 ift (j. Plutos). Die Hauptvertreter der neuen
Richtung find Sfopas von Paros und Prari-
teles von Athen, jeit etwa 390 v. E. Skopas
. d.), auch Architekt, zeigte jein Talent ſowohl
in der Darjtellung jchöner Leiber als auch bejon-
ders im ganzen Gruppen und näherte fich dadurch
den Grenzen der Malerei. Er arbeitete vorzugs-
weije in Marmor und ftellte, namentlich aus dem
Kreiſe des Dionyſos und der Aphrodite, die fühn-
ften Bewegungen der rajenden Mainaden und Ne:
reiden dar, wie fie das reizende Haupt auf den
Rüden gelehnt halten, die geichwungenen Haare
flatternd, einen Fuß hoch erhoben, auf dem andern
ichmwebend. Ebenjo juchte er das Höchfte in der
blühenden Anmut bei der Gruppe der Liebesgötter.
Unter jeinen Gruppen zeichnete fich durch Reichtum
der Zujammenjehung und Kühnheit der Geftalten
ein feierlicher Aufzug des Achilleus aus, dem feine
Mutter, von Tritonen und Nereiden und wunder—
bar gejtalteten Meerbeiwohnern umringt, die von
Hephaiftos gefertigten Waffen überbringt, vermut:
Ih zum Schmude eines Tempelgiebels beftimmt.
Dieje Gruppe wurde fpäter zu Rom in einem
Tempel des Neptun am flaminijchen Circus durd)
En. Domitius aufgeftellt (Plin. 36, 26) und iſt das
Mufterbild für unzählige Rahahmungen geworden.
Auf Sfopas führt man den langbelleideten Apollon
Mujagetes, welcher im feierlichen Schritte die Zither
ichlägt (Batican), zurüd (j.Apollon, Abbildung d).
Auch arbeitete er um 350 am Mauſoleion von
Halifarnaß. Prariteles aus Athen, wahrjchein-
lich Sohn des älteren Kephijodot, wohl der lieb-
lichfte Bertreter der attiichen Kunft, der Meifter
in der Darftellung jeeliicher Regungen ſowie weicher
Anmut und ſinnlichen Reizes, z0g faft alle Götter
in feinen Kreis, mit Vorliebe aber behandelte er
die jugendlichen unter ihnen (Eros, Aphrodite).
Ein herrlicher Hermes, der einen Dionyſosknaben
auf dem Arme trägt, ein Originalwerk des Künſt—
lers, wahrjcheinlih aus jeinen früheren Jahren,
ift im Mai 1877 in Olympia aufgefunden worden
(d. Hermes, Abbildung a); Wiederholungen jeiner
Werfe fcheinen der eidechientötende Apollon in der
Billa Albani (auch im Vatican und im Louvre)
und der Erostorjo im Batican, der Apollino in
Florenz, der ausruhende Satyr (megıßonrog), in
zahlreichen Eremplaren vorhanden (j. Satyrn),
zu fein. Für die Knidier ftellte er die Aphrodite
dar, unverhüllt, wie es zuerft Sfopas gewagt hatte
Neallexiton des Mai. Altertums. 7. Aufl.
(Wiederholungen im PBatican und in München),
für die Koer eine nicht minder berühmte befteidete.
Welchem von beiden die Gruppe der Niobiden
(Florenz, einzelne Figuren in Rom, München u. ſ. w.,
j. Niobe) zuzufchreiben jei, hat weder das Alter:
ild der Hebe aus | tum noch die Neuzeit enticheiden fönnen (vgl.
Friederichs, Prariteles und die Niobegruppe, 1855).
Seine Söhne, der jüngere Kephijodot und Ti-
marchos, waren gleichfalls Bildhauer. — Zahl—
reiche Nachfolger erweiterten und übertrieben die
von den beiden Meiftern Stopas und Prariteles
angeftrebte Richtung. Leochares, wahrſcheinlich
aus Athen, welcher mit Stopas am Mauſoleion
arbeitete, jtellte unter andern den Ganymed dar,
wie er von dem Adler in die Höhe gehoben wird
(unbedeutende Kleine Kopie im Batican, ſ. Gany-
medes), ein Werf, welches jeinen Abfichten nach
an der Grenze der Plaftik fteht. Silanion, um
360 dv. C., joll dem Erz, aus weldem er jeine
jterbende Jokaſte bildete, für die Gejichtspartien
Silber beigemijcht haben, um den Ausdrud einer
Sterbenden völlig zu erreihen. An namenlojen
Werken diejer jüngeren attiichen Schule jind zu
nennen die Skulpturen des Lyſikratesdenkmals zu
Athen (Dionyjos die tyrrhenijchen Seeräuber in
Delphine verwandelnd), der großartige ‚Fries des
Heroons von Gölbajhi in Lykien (. in Wien)
und das Nereidenmonument zu Zanthos in Lykien
(Statuenfragmente und Frieſe); ihre Stärfe lag
in der lebendigften Charafterifierung durch die Ge:
fichtszüge und in der jcharf ausgeprägten Darftel:
lung namentlich von Leidenichaften. — Co hatte
die Kunft ihren Kreislauf vollendet, und es blieb
nur nocd übrig, das ganze Gewicht auf die Aus—
führung zu legen. Das Studium trat an die Stelle
der Natur und des Talents, das Nebenwerf wurde
Hauptjache, das Erlernbare fiegte über das Uner—
gründliche, das Irdiſche über das Göttliche. Die
Fortjchritte im Mechanifchen und die Leichtigkeit
der Mittel erwarb ſchon in Aleranders Zeitalter
manchem Künſtler gleiche Bolltommenheit in ver-
ichiedenen Zweigen der Kunſt. Wie aber die vorher
genannten beiden Künftler noch immer im Geijte
des Pheidias das innere, geiftige Yeben der Götter
und myiythiſchen Geftalten vor Augen hatten, jo
jahen die nun folgenden im Sinne der argiviſch—
jifyonifchen Schule des Polykleitos bejonders auf
förperliche Wohlgeftalt. Euphranorausforinth,
jeit 380 v. C. Maler und Bilder zugleich und
dabei ebenjo ausgezeichnet in Marmor wie in Erz,
war bejonders berühmt durch feine Statue des
Paris, eine Athene (die Yutatius Catulus nad) Rom
brachte) und eine Yatona mit ihren Kindern. Seine
vorzüglichjten Gemälde befanden ſich in der Halle
des Kerameikos zu Athen, darunter die 12 Götter,
Thejeus, die Demokratie und der Demos, das Reiter:
gefecht der Athener gegen Epameinondas bei Man-
tineia. Kräftiges Kolorit und richtige Verteilung
von Licht und Schatten wird an ihm gerühmt.
E3 entſtand aber auf dieje Weije ein übermäßiges
Streben nah dem Mannigfaltigen in der Art
der Produktionen; nicht ſchöpferiſche Kraft, jondern
kluges Zujammenfügen des Beften erichien als das
Biel (Plin. 34, 19, 6); die Kunſt verengte jich, die
Kunftichulen hörten auf. Doch fehrte in dieſer
Periode Einer mit großer Kraft auf den verlafjenen
Weg und zum Studium der Natur zurüd, Yy: 10
jippos aus Cifyon vgl. Cie. Brut. 86, 296.
14
209 .
210
' Plin. 35, 40, 25.
11
15
Nleranders des Großen, feinem nächſten Berufe
nad ein Erzarbeiter und Autodidalt. Er jtudierte
wieder den menschlichen Körper und fand jo das
Ideal der Schönheit, das er in umübertrefflichen
Erzbildniffen von Göttern und Menſchen verwirf-
lichte, indem er die größte Ahnlichleit mit dem
höchſten Maße von Schönheit (elegantia) zu ver:
einigen juchte; er bildete den Herakles-Charakter
auf eine nene Weife aus. Sein berühmteftes Wert
war das Bildnis des makedoniſchen Alerander, den
er in mannigjaltigen Größen und Stellungen dar:
jtellte: im jugendlicher und männlicher Schönheit,
im Kampfe, auf dem Throne figend, auf der Jagd,
reitend und auf dem Wagen jtehend, jo daß Ale:
rander, wie er fih nur von Apelles malen und
von Pyrgoteles in Stein jchneiden lich, von feinem
andern Bildhauer dargejtellt werden wollte. Arr.
1,16, 7. Plut. Alex. 4. Cie. ad fam. 5, 12, 13.
Hor. ep. 2, 1, 240. Mit gleihem Erfolge bildete
er aud die Genofjen des Königs, vor allen den
Sephaiftion. Als am Granikos 25 auserlejene Ge:
fährten ug aeg fielen, bildete ſie Lyſippos auf
Befehl des Königs in ehernen Bildjäulen zu Pferde
in Lebensgröße in mannigfaltigen Stellungen des
Kampfes, der VBerwundung und des Todes; das
Ganze wurde zu Dion in Makedonien aufgejtellt,
mußte aber jpäter die Portifus des Metellus in
Rom ſchmücken. Arr. 1,16,7. Plin. 34,64. Weiter
bildete er eine Jagd, auf welcher der König, von
Krateros unterftügt, einen Löwen erlegt, ald Weib:
geichent des Krateros zu Delphoi aufgejtellt. Ein
folofjales Bild des Herafled von 30 Ellen jtand
von ihm zu Tarent, wanderte aber bei der Er:
oberung der Stadt auf das Capitol (Plut. Fab.
Max. 22. Plin. 34, 40); ein anderes von der Höhe
eines Fußes, welches jenen, auf einem Felſen
jigend, die Keule in der Nechten, eine Schale in
der Linken haltend, darftellte, it durch die Schil-
derungen des Statius (silv. 4, 6) verherrlicht
worden. Auch jtand ein 40 Ellen hoher Koloß des
Zeus zu Tarent, und ein anderer des Pojeidon zu
Korinth, die ihm zugeichrieben wurden. Die Zahl
der Arbeiten diejes fruchtbaren Nünftlers wird auf
1500 geihäßt. Plin. 34, 17. Auf ihn wird der
Mars von Billa Ludoviſi (ſ. Ares), jowie ein mit
dem Schabeijen jich reinigender Athlet in Batican
(1. 9. Aro&vöuevog) zurüdgeführt. — Sein Bruder
gpliftratos formte zuerjt Gefichter in Gips ab;
die getreue Nahahmung der äußerlich vorhandenen
Geſtält fing an Ziel der Kunft zu werden. Plin.
35, 44. — Der Einfluß Alexanders mit jeinen
igantijchen Eroberungen und die Vorliebe der
Hulssben Kunft für das Impoſante wirkten zu:
jammen, daß namentlich viele Koloſſe neichaften
wurden, Es blühte bejonders die ſikyoniſche
Schule, die den Erzguß in alter Vollkommenheit
und jogar (E utäpfzates) ftrenger, als damals
gefiel, übte; davon ging die rho diſche Schule aus,
welde an Lyfippos anfnüpfte — fein Schüler
Ehares von Lindos gilt als ihr Stifter — und,
wie die rhodiiche Nhetorif, durch Streben nad
Effekt von der attiichen ſich unterichied. Deino-
frates (bei Plutarch Stafifrates, bei Plinius
Dinochares oder Timocares, bei Strabon Eheiro-
frates genannt), ein Schüler des Lyſippos, wollte
den Athos in eine Bildjäule Aleranders umwan—
dein, welche in der Linfen eine Stadt, in ber
Bildhauer,
Petron. sat. 88), Beitgenojie |
Nechten eine Schale hatte, aus welcher er dem
Meere einen herabftürzenden Strom jpenden jollte
(vgl. auch Baukünstler, 7.); er errichtete den
berühmten Scheiterhaufen des Hephaiftion (Plut.
Alex. 72) und hatte die ardhiteftonijche Leitung
bei der Gründung von Alerandreia. Chares von
Lindos verfertigte einen Koloß der Sonne von
70 Ellen (105 römiſche Fuß), den größten, den das
Atertum außer dem des Nero kennt, der aber nicht,
wie gefabelt wird, über, fondern in der Nähe des
Eingangs zum Hafen ftand (j. g. Koloß von Rhodos).
Plin. 34, 41. Wenige fonnten feine Daumen um:
faffen, und jeder jeiner Finger war größer als die
meijten Statuen. Nachdem er 66 Jahre geftanden,
zerbrad) er infolge eines Erdbebens, 222 v. E.,
und nachdem er faſt 900 Jahre lang gelegen,
wurde er 672 n. E. von einem arabiſchen General
an einen Juden verkauft, welcher 900 Kamele mit
dem Erze belud. Rhodos hatte angeblich noch
100 andere Koloſſe, und der Einfluß der Schule
verbreitete fich immer weiter. Bei einem bafchijchen
Aufzuge unter Ptolemaios Philadelphos in Aleran:
dreia wurden ganze Mafjen Zolofjaler Bildjäulen
umbergeführt; ein Bakchos, defien Wagen 180 Män—
ner, ein jilberner Ntrater, welchen 600 Männer
zogen u. dgl. m. Der Schule von Rhodos gehört 13
auch die Yaofoongruppe (j. Laokoon) an,
das Werk der 3 Künſtler Agejaudros, Boly:
doros und Athenodoros, doch ift nicht ausge:
macht, ob diejer Zeit oder dem erjten Jahrh. n. E.
Sie ftand im Palaft des Titus (j. Welder, alte
Denkmäler IS. 322. Friederichs, Baufteine ©. 429).
Für die Erflärung diejes Kunſtwerks find aufer
Leſſing zu ver chen Goethe, Kunſt und Altert.,
Velder a. a. O., Brunn, Künſtlergeſch. I ©. 474,
Dverbed, funftarchäologische Vorlefungen ©. 115 ff.
Sicher gehört diejer Zeit an das andere große
Werk der rhodiſchen Schule, der j. g. farneſiſche
Stier von Apollonios und Taurijlos von
Tralles in Karien, zwar ſinnlich impojant, aber
ohne einen befriedigenden geiftigen Juhalt. Plin.
36, 4, 10f. (j. Amphion). Als hervorragender
Künjtler diejer Periode wird noch genannt Euty-
chides aus Silyon, Schüler des Lyſipp, welcher
die Statue der Stadtgöttin Antiocheia, die erite
‚ Berjonififation diejer Art, verfertigte (Heine Wieder:
olung im Batican). — Die zweite bedeutende 14
Schule nad) Alerander ijt die von Pergamos;
ihr fiel die Aue zu, die Siege der pergame:
niſchen Könige über die Gallier und andere Geg:
ner, wie Prujias und Antiochos, zu verherrlichen,
und damit war ihr realijtiicher Charakter beftimmt.
Attalos 1. ftiftete zur Verherrlichung jeines Sieges
(239 v. E.) eine Reihe von —— aus Bronze
— Athener mit Perſern kämpfend, Theſeus und
Amazonen, Pergamener und Gallier — auf die
Akropolis, wo In an der jüdlichen, fimonijchen
Mauer aufgeftellt wurden. Marmorne Wieder:
— einzelner dieſer Statuen ſind in Venedig,
Neapel und Paris aufgefunden worden. Größeren
Rufes genießen bei uns andere Werke dieſer Schule:
der ſterbende Gallier Capitol) und der Gallier,
welcher ſein Weib und ſich ſelbſt tötet (Billa Ludo—
viji), in griechiſchem Marmor gearbeitete Kopien von
Bronzeoriginalen, vor allen Dingen aber der grofj:
artige, eine Gigantomachie darjtellende, 400 Fuß
lange Mltarfries von Pergamon (j. Pergamon).
Alle dieſe Werke zeigen, gleich denen der rhodiichen
Bildhauer.
211
Schule, mehr oder minder denſelben Kunftcharakter, | kreiſe gegenüber den Bedürfniſſen des täglichen
ein mächtiges Pathos und eine weitgetriebene Tec): | Lebens vorzugsweije dient.
nit. — Um 280 dv. E. bedrohten diejelben Gallier-
icharen Griechenland, fie famen nad) Delphoi, wel-
ches jedoch — jo glaubte man — der Zerſtörung
und Plünderung durch den Schuß der Götter ent:
ging. Paus. 10,9. Dem Andenken an diejes
Ereignis verdankt höchſt wahricheinlid der Apoll
von Belvedere (j. Apollon, 4., Abbildung b)
jeine Entjtehung, welcher nicht, wie man früher
meinte, den Bogen, jondern die Migis in der Linken
hielt, — ein herrliches Werk, aber durchzogen von
einem Pathos, welches die Kunſt der beften Zeit
nicht zum Ausdrud gebracht hätte. Derjelben Zeit
icheinen die Aphrodite von Melos ſ. Aphrodite)
und die Nife von Samothrafe anzugehören. —
15 Hiermit wenden wir uns zu der bildenden Kunſt
in Rom, joweit diejelbe an Dentmälern und Namen
darjtellbar ift. Seit der Mitte des 2. Jahrh. v. C.,
wo die griechiiche Kultur mächtig im Wachjen be:
griffen tft, finden wir hier 2 Nichtungen in der
Kunft, eine griechiſche oder bejjer helleniftiiche
und eine national:römijche. Der erften gehö-
ren zunächit 3 für dieje Zeit hervorragende Künjtler
an, Fämttich Athener: Apollonios, Ghykon und
Kleomenes, Apollonios’ Sohn; von dem erjten
haben wir den vaticaniichen Herkulestorſo, nad)
Michelangelos Ausipruch die ichönfte Antike, von
dem zweiten den Ffolojialen Herkules Farneſe
Neapel; j. Herakles); beides jind aber Nach—
ahmungen Iyjippiiher Werte. Einem unbefannten
Künftler derjelben Zeit (denn die Inſchrift, die ihn
Kleomenes nennt, iſt gefälicht) gehört die medi-
ceiihe Benus (in »Forenz) au, ein Werk von
zierlicher Behandlung, doc) ohne höhere Auffaffung.
Daß aud) die aſiatiſchen Nunftrichtungen hier ihre
Fortſetzung fanden, zeigt der zu Anfang der Kaiſer—
zeit lebende Agajias aus Ephejos, deilen Wert
der j.g. borghejijche Fechtercin Paris) ift. Wie
hoch überhaupt hellenijche Kunſt in Italien gejchäßt
wurde, geht daraus hervor, daß die — der
Statuen und Reliefs, welche unſere Muſeen füllen,
römiſche Wiederholungen ſind; denn die Originale,
welche der Kunſtraub ſeit Sullas Zeiten und der
Handel aus Griechenland nach Italien brachte, find
fajt alle verloren gegangen. Aber man fopierte
nicht nur, jondern es entjtand aud eine eigene
Schule, welche in efleftifcher Weije an die Hellenen
16 ſich anſchloß. Ihr Begründer war Paſiteles
aus Großgriechenland (1. Jahrh. v. E.), welcher
durch ſein eingehendes Modellſtudium und große
theoretiſche Bildung berühmt wurde; ſein Schüler
iſt Stephanos, von dem wir eine Jünglings—
ftatue, eine Art Kanon (j.Polykleitos) (in Billa
Albani), befigen; dejien Schüler Menelaos ver:
fertigte die jchöne Gruppe in Billa Ludovifi, welche
man Orejt und Eleltra (oder Telemach und Pene—
lope, oder Aipytos und Merope) nennt. Außerdem
haben wir eine große Menge von Statuen, die
wegen ihres bejonderen, an das deal früherer
Epochen antnüpfenden, Kunftcharafters diejer Eflef:
titerichule zuzuſchreiben find (vgl. Ktefuld, die Gruppe
des Menelaos). — Parallel mit diejer griechischen
Richtung, welcher wir noch einmal begegnen werden,
geht die jpeziell römische. Sie unterjcheidet ſich
bon jener jowohl durch die mehr realiftiiche, por-
_ Wir geben die wid):
tigften Gegenjtände diejer Kunftrichtung an. Das
Porträt entwidelte fich bei den Römern zu der
höchſten Bolllommenheit, welche dieje Kunftgattung
jemals erreiht hat. Die Statuen find entweder
mit bürgerlicher Kleidung verjehen (togatae) oder
in militärifcher Tracht (thoracatae) oder endlich
in KRoftüm und Haltung mehr ideal aufgefaßt
(achilleae). Alle 3 Gattungen lehnen fich an ähn—
liche Aufgaben der Diadodyenzeit an. Zahlreiche
Beifpiele von Borträtjtatuen jowohl wie von Büjten
find von den legten Zeiten der Nepublif bis in
die jpätejte Kaijerzeit erhalten, darunter bej. be:
fannt die marmorne Augujtusftatue des vatican.
Mufeums (ſ. Oetavianus), die bronzene Reiter:
ftatue des Marc Aurel auf dem Capitol zu Rom,
die fitende Marmorftatue der Agrippina u.a. (vgl.
Bernouilli, röm. Ikonographie, 1832 ff.), im ein:
zelnen zwar verjchieden an Wert je nach dem Kunſt—
vermögen des Bildhauers, nach Beltimmung der
Kunſtwerke oder nach den Unterjchieden haupt:
ftädtifcher und provinzialer Nunftübung ; aber inner:
halb zweier Jahrhunderte, bis etwa 160 n. E., iſt
von einer Abnahme des künftleriichen Bermögens
nicht die Rede. Am längiten erhält ſich die Funft in
der Behandlung der Büjte. Selbit von Caracalla
(jeit 211 n. E.) umd einzelnen der jpäteren Kaijer
m
7
haben wir noch vorzügliche Büſten. — Dem Porträt 18
jiebt eine zweite Kunſtgattung nahe, weldye von
n Römern bejonders gepflegt wurde, die Dar:
ftellung von Berjonififationen einzelner Provinzen,
Städte, Yänder, deren man namentlich für die Aus:
ftattung der Triumphzüge bedurfte; aud) hier
arbeitete die helleniftiiche Zeit vor. Römiſche Bei-
jpiele mögen ein die 14 von Pompejus überwun:
denen Nationen des Coponius, des einzigen uns
befannten Bildhauers mit römiſchem Namen, für
eine Portitus beim Theater des Bompejus (Plin.
36, 41), die 60 galliichen Bölferjchaften an dem
Altar des Auguftus bei Lugdunum, — beide nur
aus Schriftjtellern befannt. Erhalten jind uns z. B.
die herrliche j. g. Thujnelda, eine Germania devicta
(in Slorenz) und die vielen Dacier aus Trajans
Zeit (faft in allen italien. Muſeen, einige jet am
Eonjtantinsbogen). — Hier fommen wir nun an
eine dritte Kunſtgattung, welche, wie es jcheint, den
Nömern eigentümlich ıft: die hiftorijchen Re—
liefsan Säulen, Triumphbögen u. j.w. Die
Segenftände, welche auf ihnen behandelt jind, waren
früher, in helleniftiicher Zeit und in Rom zu An-
fang der Republik, auf Tafeln gemalt bei Triumph:
zügen umbergetragen, aud) auf öffentlichen Plätzen
ausgeftellt und dem Wolfe erflärt worden (Tae.
ann. 2, 41. Plin. 35, 7. Liv. 45, 39). Das Ver—
dienft der Römer aljo ift es höchſt wahricheinlich,
dieje Darftellungen einer vergänglichen Tagesdeto-
ration in die Plaſtik überjeht und jo eine nene
Kunftgattung geichaffen zu haben. Die wichtigſten 19
erhaltenen Berjpiele jind die Reliefs des Titus:
bogens (Zriumphzug über Judäa) und die vom
Trajansforum: Schlachten, Ceremonialafte, Dar-
ftellingen aus dem Privatleben des Kaiſers u. ſ. w.,
jegt meift in den Eon ftantinsbogen vermanert.
Dazu fommen die jpiralförmig um die Trajans-
jäule laufenden Darjtellungen der Dacierkriege.
träthafte Auffafjung ihrer Gegenftände, als auch | Weit geringer find die Reliefs der Säule und von
bejonders dadurd), daß fie einem idealeren Stoff: | einem Bogen Marc Aurels (161--180 n. E.),
14*
212
zum Teil nur Wiederholungen der glänzend er:
fundenen Motive trajaniicher Kunft. Die Reliefs
am Bogen des Septimius Severus (193— 211
n. €.) bezeugen den gänzlichen Verfall der römischen
Plaſtik, deren Gejchichte wir mit diefem Dentmal
20 abichließen. — Den wenigen Schriftjtellerzeugnifien
nach zu urteilen jcheinen dieje bewundernswerten
Schöpfungen nationaler Kunft wenig Eindrud auf
das gebildete Publifum gemacht zu haben, welches
offenbar jein Schönheitsideal in Griechenland juchte.
Beweis deſſen find einige Denkmäler, deren Eriftenz
eine Art hellenifierender Reaktion gen jene Rich:
tung fund thut. Dahin gehören z. B. allerlei Kunſt—
werfe aus der Zeit Domitians (81-96 n. E.),
welche uns Statius bejchreibt, ſowie die erhaltenen
Neliefs am Durchgangsforum diejes Kaiſers, wohl
von Nerva (96-98 n. E.) vollendet; fie ftellen
Pallas umgeben von arbeitenden Frauen und
Mädchen, griehiich in Kleidung und Behandlung,
dar. Derjenige Kaiſer aber, welcher jogar eine
Nachblüte griechiicher Kunft herbeizuführen ftrebte,
war Hadrian (117—138 n. E.), Trajans Nachfol:
er; jeine Zeit hat unmittelbar nad) den glänzenden
Schöpfungen der trajaniichen Regierung Werte ge:
ichaffen, welche in techniicher Behandlung zu dem
Scönften gehören, und einen originellen Typus
hervorgebracht, den legten, welchen die griechiiche
Kunſt ſchuf: das Bild des Antinous, des jugend-
lihen Freundes, dem nach jeinem frühen Tode der
Kaijer göttliche Ehren defretieren ließ. Statuen
und Büften desjelben finden fih in allen Muſeen.
— Neben griechijchen Einflüſſen finden wir ſolche
aus Etrurien, und jogar in einzelnen Zeitpunkten
eine Hinneigung zu etruffiicher Kunſt. Dieje ent:
ipricht der Vorliebe, welche etwa heutzutage Einzelne
für frühmittelalterliche Kunſtwerle haben, während
die griechiiche NKunft den Römern etwa jo, wie uns
die Renaifjance, gegenüber ftand. — Zum Schluß
find noch als Erzeugnifie des Kunſthandwerks nad
der Seite der Plaftıf hin die Münzen und ge:
ichnittenen Steine, bei. Hyacinth, Topas, Chry—
joberyll, Granat, Aquamarin, Türkis, Bergfryftall,
Amethyft, Jaipis, Onyr, Achat, Obfidian, Malachit
u. j. w., entweder tiefgejchnittene (Sntaglios),
namentlich zu Siegelringen verwendet, oder hoch—
ejchnittene (Camcos), zum Teil von beionderem
tunftwerte, zu erwähnen. Vgl. im allgem. Brunn,
Geſchichte der griech. Künſtler, Bd. I (die Bildhauer)
und Bd. II S. 401 ff. (die Toreuten, die Münz:
jtempelichneider und die Gemmenſchneider). Lübke,
Geſchichte der Plaftit. 2 Bdd. (3. Aufl. 1880 f.).
Dverbed, Geſch. der griech. Plaftit. 2Bdd. (3. Aufl.
188082). Blümmer, Technologie der Griechen
und Römer III ©. 187 ff. 279 ff.
Bingium, Stadt der Bangionenan dem Rhenus u.
der Strafe von Magontiacum nad Colonia Agrippi-
nenfis, j. Bingen. Tac. hist.4,70. Amm. Marc. 19,2.
Bion, Bior, 1) ſ. Theokritos. — 2) Philo:
joph aus Borpithenes im Stythenlande, um 256 v. C.,
berüchtigt durd die Schärfe feines Witzes und
Bingium — Bituriges.
Bisanthe, Bıodrdn, jpäter Rhaideſtos, j. Ro—
dofto, eine thrafiiche Stadt an der Propontis, Ko—
lonie der Samier, in herrlicher Lage. Xen. An.
7,2, 38. 5,8. Hdt.7,137. Für die byzantiniſchen
Kaiſer war fie wegen ihrer Yage ald Bollwerk von
Richtigkeit.
Bistönes, Bi/oroves oder Biorwres, thrafiiche
Völkerſchaft am Nigaiiihen Meer und am See
Biſtonis (j. Buru:göl), öftlich von Abdera. Hät.
7, 110, Strab. 7, 331. Bei den römischen Dichtern
ſteht der Name oft für thrafiich (Hor. od. 2, 19, 20:
Bistonides — thrakiſche Bacchantinnen).
Bistoniden j. Dionysos, 5.
Bistönis lacus ſ. Bistones.
Bithjnia, Bıdvvde, die nordweitliche Landichaft
Ktleinafiens, grenzte im S. an Galatien und Phry-
gie epiktetos (Sangariosfl. und Olymposgeb.), im
. an Myſien (Olympos, Rhundatosfl.), im N.
an die Propontis, den thrafijchen Bojporos und
den Pontos Eureinos, im D. au Paphlagonien
(Bartheniosfl.). — Im ©. von waldreichen Ge—
birgen durchzogen (Olympos, Orminion), war es
übrigens im ganzen eben und * fruchtbar an
den mannigfaltigſten Erzeugniſſen, beſonders liefer—
ten die Berge treffliches Schiffsbauholz. Unter
den Vorgebirgen ſind von W. nach O. zu merken:
Poſideion (j. Bozburun), gebildet durch die Aus—
läufer des Berges Atrganthonios, Afrita sit. ebenjo),
am Nordende des Meerbujens von Aſtakos, Me-
laina (j. Tichili) und im DO. Aherufion (j. Baba).
Unter den Flüffen find zu nennen der Rhynda—
tos (j. Sujugberli), Atanios (Tichatirga-Su),
Rhebas (j. Riwa) in der Nähe des Bojporos,
durd) die Argonautenfahrt berühmt geworden, San:
garios (j. Salarja), Hypios (j. Milan-Su), Bil-
latos (j. Filijas) und der Grenzfl. Barthenios
(j. Partna). Bon Seen ift bemerkenswert die
Aoxarie Aurn (j. See von Jinif), an deren Oſt—
ſpitze Nikaia lag, und die von dem Fluſſe gl. N.
durchjloffen wird. — Die Einwohner erwuchſen
aus den aus Europa eingewanderten thrafiichen
Stämmen der Thyner und Bithyner, welche die
früheren Bewohner, Mpjer und Bebryker, unter
jochten; die Thyner wohnten am Sangarios, die
Bithyner bejonders am Billatos; doch behaupteten
ſich im NO des Landes die Mariandyner. Bon
den Lydern unterjocht, famen die B. unter peri.
Serrichaft, von der ſich jpäter Nifomedes 1. (geit.
246 v. E.) wieder losmachte und ein Meich ftiftete,
bis Nitomedes III. das Land im %. 74 v. E. den
Nömern vermachte, die es erft zur Provinz Afia,
dann zu Pontus jchlugen (Provinz Bithynia et
Pontus), bis Auguſtus es zu einer eigenen Senats-
provinz machte. Die wichtigften Städte find:
Daſkylion, Kios, Nikomedeia, Chalfedon,
Herafleia Bontife (f. Herakleia, 2.), Pruſa
am Olymp, Nikaia (j. d., 1.), Bithynion (i. d.,
ipäter Claudiopolis). Strab. 12, 562 ff. Plin.
5, 32, 40.
Bithynion, Bıdrwiov, Stadt im Gebiete der
Spottes (Hor. ep. 2, 2, 60: Bionei sermones et Mariandyner im öftlichen Bithynien, jpäter Claudio:
sal niger). Diog. Laert. 4, T, 52.
Bisaltia, Biocaric, Landichaft in Makedonien,
öftl. von Mygdonia, nördl. von Chalkidike, weftl.
von Edonig, ſüdl. von Sintife, vom Fl. Bilaltes | —
polis genannt, j. Boli, Vaterjtadt des Antinous,
des Lieblings von Hadrian, unter Theodofins 11.
Hauptftadt der Provinz Honorias, Die Umgegend
Salöna — lieferte den trefflichen jalonijchen
durchftrömt, mit den Städten Kerdylion am Stry: | Käſe (6 Zuiwrirng rrodg). Strab. 12, 568.
mon, Argilos, Oſſa und Kalliterai. Adt. 8, 116.
Thuc. 2, 99. 4, 109.
iton j. Kleobis.
Bituriges (Sing. Biturix), bedeutendes felti-
Blemmyes — Botthius.
iches Boll in Mauitanien: fie zerfielen in 2 ge:
trennt wohnende Stämme. Die Bituriges Cubi,
geichicht im Bergbau, bewohnten den im N. und O.
vom Liger begrenzten Landftrich mit den Städten
Avaricum, Biturigä (j. Bourges), befannt
durd; die Eroberung und Verbrennung durch Cäjar
(b. g. 7, 13 ff), Argantomagus (j. Argenton),
Mediolanum (j. Üsakas Meillant), Novio:
dunum (j. Nouan). Die B. Vibisei wohnten jüd-
weitlich von erfteren an beiden Seiten der Garumna,
mit der Hauptjtadt Burdigäla (j. d., j. Bordeaur).
Blemmyes (Blemyes), Bi£uuves, j. Biſcharin,
ein rohes libyſches Räubervolf im ©. und ED.
von Ägypten, defien Einfälle Diocletian durch Jahr:
gelder abzufaufen juchte. Strab. 17, 786.
Blossius, Gaius, aus Cumä in Unteritalien,
ſtoiſcher Philojoph, einer der treuejten Freunde
des Tiberius Gracchus und feiner Pläne, befannte
nach deſſen Tode ſich freimütig als freund des—
jelben, der ſtets nur das Beite des Staates gewollt
babe. In der im X. 132 v. E. angeftellten Unter:
ſuchung ichlüpfte er durch und entfam zu dem Prä-
tendenten des pergameniſchen Reichs (Mriftonikos),
nach deſſen Beiiegung (130 und 129) er jich jelbjt
tötete. Plut. Tib. Gracch. 20. Cie. Lael. 11, 37.
Boadicöa, richtiger Boudieca, Bovrdovdze,
Bovdovia«, Beherriderin der Icener in Britan:
nien. Grbittert über die Habgier und Treulofig:
feit der Römer, die ihre Töchter entehrten und
auch jie mit Mißhandlung bedrohten, ihre Unter:
thanen jchwer bedrüdten und ihrer Habe beraubten
(Tac. ann. 14, 31), rief fie ihr Volk zu den Waffen,
sin. C. Die römischen Bejabungen wurden über:
fallen, die Städte Londinium und Berulamium von
den Britannen erobert und über 70 000 römische
Soldaten und Koloniften erichlagen, bis der römische
Feldherr Euetonius Paulinus (j. Suetonii, 1.)
das zahlloje Heer der Königin gänzlich jchlug; fie
jelbft tötete ich durch Gift, um nicht in die Hände
der Römer zu fallen. Tac. ann. 14, 34 ff. Agr.
15. 16. Dio Cass. 62, 1 ff.
Bocchus, 1) König von Mauretanien, Schwieger:
vater des Jugurtha von Numidien, von dem er
im Kampfe gegen den römischen Feldherrn Metellus
um Hülfe angegangen wurde, 108 v. C. Bocchus,
defien Anerbietungen beim Ausbruche des Krieges
die Römer zurüdgemiejen hatten, ſchwankte hin
und her, lieh fich erit mit Metellus, dann im J.
107 mit Marius in Unterhandlungen ein und ber:
einigte jich endlich) mit Jugurtha, als diejer ihn
durch Abtretung eines Teils von Numidien gewann.
Marius verheerte nun die fruchtbaren Gegenden
Numidiens, worauf Jugurtha und Bocchus ſich
trennten und im unzugängliche Gegenden zurüd:
zogen. Marius lodte jegt den Bocchus cur feine
Seite (Diod. Sie. fr. 34. 39) und eroberte Capia
und die Starke Feſtung Mulucha, als plöplich Boechus
die Partei der Römer verlieh und ſich wieder auf
Jugurthas Seite flug. Beide wurden zweimal,
zulegt bei Cirta, von Darius gänzlich geichlagen.
Sall. Jug. 97 ff. Flut. Mar. 8. 10 ff. Darau
luüpfte Bochus wieder Verbindungen mit den
Römern an. Den an ihn abgeichidten Gejandten,
unter denen auch Sulla ſich befand, zeigte er ſich
zuerſt geneigt, geret dann wieder ins Schwanfen
und jchidte zulegt Geſandte an Marius, welche,
von Räubern ausgeplündert, endlich zum Unter:
befehlshaber des Marius, dem Sulla, famen und
213
freundliche Aufnahme fanden. Nach manchen Ber:
handlungen begab ſich Sulla abermals zu Bocchus
und beredete den König zur Auslieferung des
Jugurtha als erfter Friedensbedingung. Nach aber:
maligem Schwanfen lud Bocchus diejen unter dem
Vorwande, den Frieden zu vermitteln, zu fich ein
und lieferte ihm den Römern aus, 106. Diejer
Verrat brachte ihm ein Bündnis mit Rom zum
Lohne. Plut. Mar. 10. 32. Sull.3. Flur. 3, 1.
Val. Max. 8, 14, 4. Eutr.4, 27. Sal!. Jug. 106 ff.
Liv. ep. 66. — 2) Sohn des vorigen, Bruder des
Bogudes, mit welchem er gemeinſchaftlich Maure-
tanien beherrichte. Als Anhänger Eäjars erhielten
beide im %. 49 v. E. den Königstitel. 3 Jahre
jpäter eroberte Bocchus Cirta, die Hauptitadt des
Königs Juba von Numidien, und unterftügte den
Cäſar in deſſen Kriege gegen die Pompejaner (im
J. 46), weshalb fein Reich vergrößert wurde.
Caes. b. Afr. 25. App. b c. 2, 96. 4, 54. Als
Antonius und Octavian um die Weltherrichaft ftrit:
ten, ftand er auf des legteren Seite, während
Bogudes zu Antonius übertrat. Dio Cass. 48, 45.
Daher übergab ihm DOctavian ſpäter auch den von
Bogudes beherrichten Teil von Mauretanien. Er
ftarb im %. 33. Dio Cass. 49, 33.
Bodotria, nach Ptolemaios Bodegi« sigyvaıs,
war die Bucht (aestuarium) an der Dftjeite Britan:
niens, bis zu welcher zuerjt Agricola, dann Anto-
ninus Pius das römische Gebiet nach N. ausdehnte;
j. Firth of Forth in Schottland. Tuc. Agr. 23.
Boödromia, t& Bonögöue, ein Feſt des
Apollon in Athen, am 6. Boidromion (Sept.—
Oft.) gefeiert. Den Urſprung desjelben führte man
auf einen von Thejeus im Monat Bocdromion
(Bondgouimv) über die Amazonen errungenen Sieg
—— oder auf die Hülfe, welche Jon oder Zuthos
en von Eumolpos und den Eleuſiniern befriegten
Athenern unter Erechtheus leiftete. Seit 490 v. C.
ift es in ein Marathonsfeft übergegangen. Bal.
Mommfen, Heortologie ©. 211. — Bocdromios
war ein Beiname des Apollon in Attifa und Boio—
tien zur Bezeichnung des jtreitbaren Gottes.
BoöthYus (nicht Boetius), Anicius Manlius
Torguatus Scverinus, geb. zu Nom, wahr:
icheinlih um 475 n. E., Konſul 510, Schwieger:
john des Symmachus, Schüler des Platonikers
Proklos, lebte lange zu Athen in willenichaftlichen
Studien und gelangte, nachdem er fich das Ver:
trauen des Dftgotenfönigs Theoderich des Gr. er:
worben, in Rom zu den erjten Staatsämtern und
zu allgemeiner Geltung als Staatsmann und Phi:
lojoph. Boll jchweren Sinnes in Bezug auf die
Gegenwart und voll lebendigen Gefühls für die
römijche Nationalität erinnerte er freimütig an die
Sehnſucht nach Befreiung und geriet dadurch in
den Berdadht des Einverjtändnifjes mit dem byzan—
tinifchen Hofe. Darum verdächtigten ihn ſpäter
die auf jeine ftrenge Gerechtigfeitsliebe erbitterten
und auf jeinen Einfluß neidiichen Großen bei dem
im Alter argwöhniſch getvordenen Theoderich. Als
fler in Verona bei der mutigen Verteidigung des
Konjulars Albinus äußerte, daß, wenn Albinus
joldyes gethan, er und der ganze Senat Eines
Sinnes dasjelbe gethan hätten, folgte die Strafe
auf dem Fuße nach. Er ward zuerft nach Tieinum
verwiejen, dann dort in den Kerker geworfen, zu:
legt hingerichtet (524). Verehrer der altklaſſiſchen
Litteratur und glüdlicher Nachahmer ihrer Form,
214
verband er damit eine Geſinnung, die als chrijt:
fidy ericheint, obgleich jein wirkliches Belenntnis
zum Chriftentume weder erwiejen noch wahrſchein—
lich, vielmehr wohl nur aus der Berwechjelung mit
einem jpäteren B. entjtanden ift. Während feiner
Gefangenſchaft jchrieb er 5 Bücher de consola- |
tione philosophiae. Die Form diejes durch das |
Mittelalter jehr gefeierten Werts ift teils dialogiſch,
teils der satora Menippea entiprechend, indem die
proſaiſche Rede häufig unterbrochen wird durch
metriiche Stücke, wobei der Berfafler große Ge—
wandtheit beweiſt. (Ausgg. von Obbarius, 1813,
und R. Peiper, 1871.) Außerdem haben wir von
ihm zahlreiche philofophijche (Überjegungen und
Kommentare zu Ariftoteles [herausg. von Meifer.
BD. 1.2. 1877 ff.) und Porphyrios) und rhetorijche
Schriften (Nommentar zu den Topiea Ciceros),
welche für die jcholaftiiche Philoſophie eine Haupt:
quelle zur Kenntnis ariftotelischer Philojophie wur:
den. Die mathematiichen Schriften de institutione
arithmetica ]. II, de institntione musica ]. V
und die mit Recht angezweifelte geometria hat
Friedlein 1867 herausgegeben, die Bücher de
musica überſetzt und erklärt Paul (1872). Schöne
Schilderung in F. Gregorovius' Geſch. der Stadt
Rom im MA. TS. 309 fi.
Bocthos, Bontos, aus Chalfedon (Paws. 5, 17,
1. 4), bedeutender Bildhauer und Toreut im
2. Jahrh. v. E. Cie. Verr.4, 14. Plinius (34, 84) |
rühmt von ihm als vortrefflich die Statue eines r
Knaben, der eine Gans würgt, ein Werk, worauf
wohl die mehrfach erhaltene Gruppe des Knaben,
welcher eine Sans mit Gewalt zurückzuhalten jucht,
zurüczuführen it.
Bogüdes, Bruder des jüngeren Bochus (f.
Bocchus, 2.) und mit ihm gemeinichaftlich Be—
herricher von "Mauretanien und König seit 49 v. C.,
unterjtügte Cäjar in feinen Kämpfen in Spanien
und Afrika. Cnes. b. Aler, 59, b,. A/r. 23. Dio
Cass. 41, 42. Er entichied die Schlacht bei Munda,
indem er durch feinen Angriff auf das feindliche
Yager den Yabienus verleitete, das Schlachtfeld zu
verlafjen und fi gegen ihn zu wenden. In dem
Bürgerfriege zwischen Antonius und Octavian hielt
er es mit dem erfteren, verlor aber im J. 38
während eines Feldzugs in Spanien gegen die An-
hänger des Octavia Ei Neich an feinen Bruder.
Nach der Schlacht bei Metium fiel er bei der Be:
lagerung von Methone, welches er bejebt hatte,
im Nampfe gegen Mgrippa. Dio Cass. 43, 36 ff.
48, 45. 50, 11,
Boibe, Boißn, Stadt in der theſſal. Yandichaft
Relajgiotis am jüdöftlichen Ende des nadı ihr be
nannten Boibeilchen Yandjees, Boıßnis oder Boı
Prüg Aurn, Boibeis lacus, j. Karla. Strab.9, 436. |
welchem er fiel.
‚der gejeplichen Strafe, Nep. KEpam. 8).
‚lauf des Jahres konnte jeder wieder gewählt wer:
‚den (Pelopidas 11 Jahre hintereinander Bototardh).
Hom. Il, 2, 712.
Boii, Boior, ein Volk Feltiicher Abftammung,
ſcheint jchon in früher Zeit jeine eigentliche Heimat,
Gallien, verlaffen und jeine Wohnjige in der Lom—
bardei, Tirol, Böhmen, zwiichen Po und Elbe
aufgejchlagen zu haben, wenngleid noch im Mittel:
alter in Lothringen Bojer vorfommen. Die Alpen
bildeten demnach in ihrer Ausdehnung den Mittel:
punft des jpäter von ihnen bewohnten Gebietes.
Liv. 5, 35. Zuerſt lernten die Nömer fie in den
Ebenen jüdlich und nördlich vom Ro fennen (Liv. |
10, 26 f.), aus denen fie die einheimische Be:
völferung, Umbrer und Etruifer, verdrängt Hatten.
Boethos — Boiotia.
Liv. 5,36. Nach mehreren Striegen (238 — 236
v. E.) fam es (232 — 222) zum Entjcheidungsfampfe,
in welchem jie mit ihren Verbündeten (den Ger:
manen, einem Keltenftamme) unterlagen und fich
unterwerfen mußten. Pol. 2, 205. Durch An:
legung von Kolonien, namentlich Placentia, Ere:
mona und Mutina, fuchten die Römer das net:
eroberte Gebiet zu behaupten, obgleich es ihnen
wegen des bald jtattfindenden Einfalls der Kar:
thager in Italien, im %. 218, jchwer wurde und
die Bojer jogar Placentia eroberten. Erft 191
wurden fie, bald Sieger, bald Bejiegte, durch P. Cor:
nelius Scipio dauernd unterworfen und bildeten
fortan einen Teil der Provinz Gallia Cisalpina.
J.ie. 27,39. 31,10. 38, 37. 34,46. 35,4 f. 36, 38 $.
en Teil von ihnen wanderte wahricheinlich (Straß.
213) zu den Stammverwandten an der Donau.
Sier ichlugen fie die Angriffe der Gimbern und
Tentonen ab; ſpäter ſchloß fich eine große Zahl
Bojer an die elvetier an (Caes. b. q. 1,5. 28),
und in der Zeit n. E. erlagen die Böhmen be-
wohnenden Bojer den Marlomannen, welche da:
jelbft ein mächtiges Neich gründeten, während die
an der Donau jehhaften ſich den Geten unter:
werfen mußten. So verloren die Stämme der
Bojer ihre nationale Selbftändigfeit.
Boiörix, 1) Rünig der oberitaliichen Bojer, von
den Römern 194 v. C. befiegt. Ziv. 34, 46. Biel:
leicht nur ein Titel der Bojerfürften, weil rix —
rizs got. reiks, ahd. richi) Herrſcher bedeutet.
2) König der Gimbern, überlich dem Marius
auf den Raudiſchen Feldern die Beftimmung der
Zeit und die Wahl des Orts zum Kampfe, in
Plut. Mar. 25. Flor. 3, 3.
Borwraggxeı (Bororagyoı, Xen. Hell. 3. 4. 4),
die ausübende Behörde des boiotiſchen Bundes,
dejjen Haupt Theben war, zuerſt erwähnt 479 v. €
(Hdt. 9, 15). „heben wählte im %. 424 v. C.
(Thue. 4, 91) 2, jede andere zum Bunde gehörige
Stadt 1 Mitglied der Behörde. Die Zahl der-
jelben mwechjelte je nach der Zahl der jelbitändigen,
dem Bunde angehörenden Staaten zwiſchen 11
und 7. Gewählt wurden jie auf ein Jahr (Epa-
meinondas wurde wegen längeren Verbleibens im
Amte vor Gericht gejtellt, doch freigeſprochen von
Nach Ab-
Die Boiotarchen hatten namentlich den Oberbefehl
im Kriege, wo jeder die Truppen feines Staates
führte, dem er auch verantwortlich war, jowie die
Verpflichtung, die Beichlüffe der beratenden Bun:
desbehörde (Thuc. 5, 38), der 4 Räte der Boiotier
(reis TEsGugCL — tor Bowwrar, ang ürav
ro nüpog Fyovsır), zu dolljichen und darüber an
ſie zu berichten.
Boiotia, Bowri«, eine Yandichaft Mittelgriechen:
lands, grenzte im N. an das Land der opuntijchen
Yofrer und das Euboiiſche Meer, im W. an Pholis,
im ©. an den Norinthiichen Meerbujen, Megaris
und Attila und im NO. an das Euboiifche Meer,
und hatte cine Größe von etwa 58 MI. Ganz
Boiotien zerfällt in zwei, ihrer Naturbejchaffen-
heit nad) ganz verichiedene Teile, deren nordweſt—
lien man das fopaisjche, den ſüdöſtlichen das
aſopiſche B. nennen fann, jenes eine rings von
Gebirgen eingeſchloſſene keſſelförmige Tiefebene, wie
ſie ſich in Griechenland ſo oft finden, dieſes ein
—
Boiotia. 215
von zahlreichen, meiſt ichmalen Flußthälern durch:
Ichnittenes Gebirgsland. Den Rand des Keſſels
bildet eine Anzahl Berghaufen, welche nur zu-
weilen durch Feine Hochflächen miteinander ver:
bunden jind. Am W. fommen von Phofis die
Ausläufer des Parnaſſos herein, weiter füdlich
der Helikon (j. Palaio-Vuni oder Sagora, d. i.
Hajenberg) im EW. vom Kopaisjee, 1570m hoch,
der Sit der Muſen und des Apollon, deſſen Nb-
hänge mit jchattigen Wäldern bededt find und
deſſen Spigen jich dur) Anmut der Formen aus-
zeichnen. Nordweſtlich von ihm zieht fich eine gegen
die Kopais geneigte Ebene hin, auf der fich wieder
Höhen erheben, die den Weft: und Südrand des
Sees eng umgürten: das fteil auffteigende Laphy—
ftion (bei Yebadeia, j. Berg von Granita), das
quellenreiche Yeibethrion, mit der Grotte und
dem Heiligtum der Muſen, Tilphojion, weiter
öftlih Phoinikfion und Phikion, letzteres als
Aufenthaltsort der Sphing befannt, eine einzelne
hohe Felsmaſſe im NW. von Theben; auf dem
linfen Ufer des Kephiſos gegen ©. die Höhen
Hadyleion, Hyphanteion, Alontion, welce |
mit dem gegenüberliegenden Thurion einen ſchma—
len Thalgrund für den Kephiſos bilden; im O. end:
lich zwiichen Kopais und der Hüfte erhebt fich das
dreigipflige, dem Apollon geweihte Btöon, 725m
hoch. In dieſer Gegend befinden fich in dem jehr
zerllüfteten Kalkftein die merkwürdigen unterirdi:
ſchen Abfluffanäle (Ratabothren) des Sees. — Die
Südofthälfte des Landes bejteht aus regelmäßigen
Flußthälern. Als Grenze gegen Megaris und Attila
erhebt jich der Kithairön (j. Elateas), 1410 hoch,
raub und unmirtbar, befanmt durch die fithairo:
niihe Yöwenjagd, die Jagd des Aftaion und die
Ausjegung des Didipus. Durch die wildeften Teile
führt die Straße roeig oder Öpvög nepealear (j. Vaß
von Gifto Kaftro); weiter gegen D. ftreichen die Nord:
abhänge des Parnes aus Attifa herüber und ſetzen
die durch den Rüden des Kithairon gebildete Waſſer
icheide gegen Dften bis zum Euboiiſchen Meere fort.
Nördlih vom Aſopos erheben ſich die janfteren
Höhen Mejjapion, Mykaleſſos, Hypaton,
Teumejios in geringem Abftande vom Euboiiſchen
Meere. Aus dem bisher Gejagten ergibt jich, daß
zwiſchen jenen Höhen zahlreiche Ebenen fich finden
müflen; zum Teil wurden fie nach den umliegen-
den Städten genannt : Orchomenos, Lebadeia, Chai-
toneia, Haliartos, Thebai, Plataiai, Tanagra;
außerdem das Tenerijche Feld (Tnvegınor we-
dor), nördlih von Theben, und die Aoniſche
Ebene, öftlich davon, jowie das Adaudrrıov ze-
dor, um den Kopaisjee und am Fuße des Ptoon—
gebirges. Dieje Ebenen haben bejonders veranlafit,
daß Boiotien jo oft Schaupla der Schlachten
Griechenlands geworden ift. — An der Bewäſſe—
rung des Ffopaiichen Boiotiens findet fich das
volllommenſte Betipiel der unterirdiichen Abflüſſe
(Katabothra). Die Aureig Alurn (Hom. Il. 5,709:
Kngıseis Alurn, j. See von Livadia oder von
Zopolias) empfängt ihren Zufluß von den Quellen
der umliegenden Berge, bejonders aber vom pho-
fiichen Kephiſos (j. Mavroneri); ihr größter Um—
fang bei hohem Wafjer beträgt 9 deutiche Meilen.
Aber durch die heiken Sonnenftrahlen wird die
Ebene wird, in der man das Bett des Kephiſos
deutlich erfennt: dieje einzelnen Baſſins find die
von den Alten genannten Seen von SHaliartos,
Onceitos u. j. w., die bei hohem Wafjerftande
nur Einen See ausmachen. Die Natabothren (v«-
raßotg«ı) befinden ſich bejonders an der Oſtſeite
des Sees, eine auch an der Südſeite, jedoch nicht
da, wo das Ufer am miedrigften ift und der See
am tiefften in das Land eindringt, jondern in den
hohen kahlen Felsrüden, welche am weiteften in
den See hineinreichen. Die Entftehung diejer Ab-
Berone erflärt jih am einfachjten dadurd, daß
as Kaltgebirge, wie die Krufte einer Fochenden
Maffe, emporgehoben und im Innern hohl wurde.
Da das aus den Katabothren bei mancen Aus—
flüffen (Rephalarien) fommende Waſſer jalzig iſt,
jo jcheinen dieſe Gänge über Salzlager zu gehen.
Weil die Eingänge zu den Katabothren fich in
einiger Höhe über dem Grunde der Kopais be:
finden, jo hören beim Sinken des Waffers unter
ein gewifles Niveau die Kephalarien auf zu fliehen.
Als Mündung des Kephiios gilt das Kephalarion
an der lofriichen Grenze bei Larymna, ’Ayxon ge-
nannt. Es finden jich noch koloſſale Reſte von
Dämmen und Abzugstanälen, wodurd die alten
Bewohner (wahrjchernlich die Minyer von Orcho—
menos) den See zu bejchränten juchten. Vgl. Ford):
hammer, Hellenifa J ©. 159 ff. In neueſter Zeit
ging man damit um, ihm ganz troden zu legen:
die Trodenlegung jollte im J. 1886 vollendet jein
In die Kopais fällt öftlich vom Kephiſos das Feine
lüjchen Melas (Mavro potamo), durch jeine
berſchwemmungen berüchtigt, weſtlich die Bäche
Thalaros und Permejjos (oder Termeilos).
Südöftlich von der Kopais liegt der fleinere, aber
flare und tiefe, von fteilen und felfigen Ufern ein:
gefahte Hylike-See (TA) Auen), nach einer
an feinem nördlichen Ufer gelegenen alten Ort:
ichaft genannt (vielleicht auch Apue geheihen); nord:
öftlich von diejem ein dritter, 2 Stunden langer
und „ Stunde breiter See (j. Paralimni), im
Altertum wohl Trephia geheißen, der mit Kop.
und Hyl. durch Katabothren verbunden ift, die bis
ans Meer reichen. Bei Theben fliehen der Iſme—
nos und die Quelle Dirfe; jüdli der zweit:
größte Fluß des Landes, der Ajopos, der vom
Ktithairon kommt, bei Tanagra vorüber ftrömt,
weiterhin die Grenze zwiſchen Attila und Boiotien
bildet und jich zulegt in das Euboiiſche Meer ergießt.
Auf dem Heliton endlich entjpringt die durch den
Hufichlag des Pegaſos entitandene Muſenquelle
Hippofrene. — Die Gegenden Boiotiens, die
nicht wegen ihrer Gebirgsnatur überhaupt fultur-
unfähig find, gehören zu den fruchtbarjten Griechen:
lands, und es erflärt fich daraus auch die bedeu—
tende Anzahl blühender Städte. Das Klima war
der Scen, Sümpfe und Gebirgstefjel wegen im
Winter naflalt, im Sommer in jchnellem Wechiel
drücdend hei und ſchneidend falt, die Luft galt
als did und jchwer. Hor. ep. 2, 1, 244. Früchte
jeder Art, befonders auch Weizen, lieferte das Yand
in großer Fülle, daher nennt Homer (Il. 5, 710)
die Boioter ucdle miore djuov Eyovres. Eigen:
tümlich und für die Ausbildung der Mufit von
großem Einfluß war das Flötenrohr aus der
Verdampfung der Feuchtigkeit bald jo bedeutend, | Kopais (ehinrızög zdleuog, dovead), jegt Phloieras
daf nur einzelne tiefer gelegene Baſſins mit Wajjer
gefüllt bleiben, während die übrige Fläche zur
enaunt, ebenfalls wichtig die auf den waldigen
ergen befindliche Schildkröte (yeAvs), deren Schale,
3
—
216
Bolanus — Bombyx.
mit Darmjaiten überjpannt, die Kithara oder Chelys | des Landes; dabei Botniai, vielleicht das homeri=
bildete. Den jpottjüchtigen Athenern gegenüber gal: | ſche Hypothebaiz Hyle, am See gl. N. Im Innern
ten die wohlhäbigen landbauenden Boioter für
„aute, ehrliche Menſchen“, eundeıs, für gefräßig
und ftumpfiinnig, und ds Bowwrie, ois B. waren
oft gebrauchte Sprichwörter, mit denen der Attifer
den Mangel an geiftiger Empfänglichteit (avast, -
sie) andeutete (pingues Thebani, Gie. fat. 4).
Doc erzeugte B. nicht allein handfefte Soldaten,
qute Athleten und Funftfertige Flötenbläjer, ſon—
dern auch große Feldherren, Dichter und Schrift:
jteller, wie Epameinondas, PBelopidas, Heſiodos,
Pindaros, Plutarchos. — Die Bewohner (Borwroi‘)
waren ein aus Theflalien eingewanderter aioli:
icher Bolfsjtamm, weldyer die früheren Bewohner
unterdrüdte oder vertrieb. Zu den jagenhaften
Bewohnern des Landes gehören die nase
Heltenen, Aonen, Temmiler, Opanten; mehr ichon
der Geſchichte gehören die Minyer von Orcho-
menos und Jolkos an, ein reiches Gejchlecht, wichtig
für die Argonantenjage; mit ihnen verwandt find
die auch in Theflalien jeßhaften Phlegner. Zu
den Ureimwohnern rechnete man auch die Kad—
meier; fie wurden 60 J. nad) dem troiichen Kriege,
20 J. vor der doriichen Wanderung von den Boio—
tern verdrängt. Homer nennt die Thebaner Kad—
meionen, fennt aber auch jchon Boioter. Die
früheren Bewohner ließen fih nun zum Teil an
der Heinafiatiichen Küſte in den aiolifchen Kolo—
nien mieder. - - Vierzehn Städte wahrjcheinlich
doch ftehen weder Zahl noch Namen ganz feit) bil:
deten in Boiotien einen Bund Feiner jelbjtändiger
Nepublifen unter Thebens Hegemonie, während
ſich die Meineren Städte den größeren anichlofien
und alſo in vieler Beziehung von diefen abhängig
waren (svrreisis, adunogor). Die Boiotarchen
(j. d.) oder Vertreter der einzelnen freien Städte
waren zugleich Anführer im Kriege und hatten die
oberjte Yeitung des Bundes, während in fpäterer
Zeit neben ihnen ein orgarnyög ericheint; Theben
jtellte 2 Boiotarchen ; Thufmdides (4, 91. 93) nennt
auch 4 Räte, Boviai. Die Berfaffung war eine
auf gejeblicher Gleichheit beruhende Oligarchie, die
am Ende des peloponnejiichen Krieges demokratisch
wurde und dem Ungejtüm des niederen Volles
häufig anheimgegeben war. Pol. 6, 42. — In dem
folgenden Verzeichnis der wichtigften Ortichaften
Borotiens find die jelbjtändigen Bundestädte mit
* bezeichnet. Im Innern des fopaischen Boiotiens:
*Orhomenos, an der Mündung des Kephiſos
in den See, nach der Schlacht bei Yeuftra (371 v. E.)
von den Thebanern zerftört (Schladht 86 v. E.);
Aſpledon, nördlich davon, dicht dabei Tegyra;
*Kopai, auf einer Halbinfel des nad ihr be-
nannten Sees; Alraiphion (auch Anearprior,
beim j. Gardiga), am Fuße des Ptoon mit einem
Apollontempel; Onceitos, jüdöftlich des Sees in
einer unangebauten Ebene, mit altem Hain und
Tempel des Poſeidon; 1 St. weitlih *Haliartos
(anjehnliche Ruinen bei Mazi), am Seeufer, uralte,
ehemals zum orchomenijchen Reiche gehörige Stadt,
von Xerxes 480 dv. E. und dann 171 dv. E. durch die
Nömer im mafedonijchen Kriege abermals zerftört;
Lyjander verlor hier Schlacht und Leben, 394 v. E.
Noch weiter mwejtlich Ofalca (in der Nähe Grab:
mal des Teirefias); Alalfomenai mit altem Hei:
ligtum der Ballas Athene, *Roroneia, *Leba—
deia, Chaironeia; *Thebai, die Hauptitadt
des ajopiichen Boiotiens: Platatai, am Nordfuße
des Kithairon bei der Quelle Bargaphia (Schlacht
gegen die Perjer 479 dv. E.). Die Stadt wurde
wegen ihrer Treue gegen Athen von den Thebanern
gehaßt und 427 v. E. von Grund aus zeritört, nach
dem antaltidiichen Frieden hergeftellt, 373 v. E.
abermals von den Thebanern zeritört. Durch Unter:
ftügung Alexanders des Gr. wurde fie wieder auf:
gebaut, gelangte aber zu keiner Bedeutung. Oſtlich
davon Erythrai und Hyſigi, in der Nähe des
Schlachtfeldes; nordweſtlich Leuktra (Sieg des
Epameinondas 371 dv. E.); *Thejpiai, am öſt—
lihen Abhange des Helifon; Ajlra, am ſüdöſt—
lihen Helifon. Am Euboiiihen Meere von ©.
nah N.: *Tanägra, am linken Ufer des Aſopos,
dabei die herrliche Uferebene des Flufies, die Para
jopia; Delion; Aulis, am Euripos; Salga—
neus, desgl.; *Anthedon, an einem Kephalarion
der Natabothren; Yarymna, an dem Kephalarion,
das für die Mündung des Kephiſos gilt. Am
Korinthifchen Meerbujen: Thiſbe mit dem Hafen
Bathy, in deſſen Felſen noch jept unzählige Tau-
ben nijten, daher „die taubenreiche Thiſbe“ bei
Homer (11.2, 502); Kreuja oder Kreujis, Hafen:
jtadt der Theſpier. S. d. einz. Artilel. Vgl. Strab.
9,400 ff. Paus. 1.9, Burjian, Geogr. von Griechen:
land I ©. 104 fi.
Bolänus, 1) j. Vettii, 5. — 2) ein jonit
unbefannter Mann, von Horaz (sat. 1,9, 11, als
cerebri felix gepriejen.
Bolbö, BoAßn, großer Sce in Maledonien
(Mpgdonia); der durch einen öftlichen kurzen Ab—
fluß mit dem Strymonijchen Buſen in Verbindung
Itebt (Thue. 4, 103. 1,58), j. Bejchif-göl oder Konios.
ombyx, Pöußvg. Der Seidenbau war den
Alten wohl nur dem Namen nad) befannt, über die
Natur desjelben wuhten fie jo gut wie nichts, wie
das zur Genüge aus der Erzählung des älteren
Plinius (6, 17, 20) hervorgeht. Das Voll, welches
Seidenbaun trieb, nannten fie nach dem Namen des
Seidenwurms, oje, Serer (Seres), vielleicht die
Bewohner Chinas und Andiens. Die Rohſeide
(ufrede, vijue ongınor) fam durch den Handel
nad) Europa, wo man jie zu Gewändern verar:
beitete (Poußvrıre); jelten war ſie jchon verarbeitet,
wenn der Handel fie den Griechen und Römern
zuführte. Die Bewohner der Inſel Kos jollen die
erſten gewejen fein, welche aus roher Seide Ge:
wänder verfertigten. Arist. hist. an. 5, 67. Über
die Coae vestes |. die Ausleger zu Hor.sat.1,2,101.
Der eigentlihe Seidenbau wurde erft durd den
Kaiſer Juftinian, welcher ſich Kenntnis davon durch
tüchtige Leute verſchaffte, in Europa einheimiſch.
Der Gebrauch der Seide zu Gewändern, die
wegen ihrer Koftbarfeit jehr geſchätzt wurden, findet
ſich ſchon früh bei den Medern und andern vorder-
aliatiichen Völtern. Ildt. 3, 84. Bei den Griechen
wurden erft nach der Zeit des Mriftoteles, aljo
wahricheinlich infolge des jeit Mleranders Zügen
erhöhten Handelsvertehrs, jeidene Kleider gewöhn—
licher. Die Römer wurden wohl jeit den Kriegen
des Yucullus genauer mit ihnen befannt, und mit
dem zunehmenden Yurus wurde auch der Gebraud
derjelben häufiger. Sie wurden in Rom bejonders
im Vicus Tuscus verfauft (Mart. 11, 27, 11: de
Tusco serica vico), Wie die Gemwänder, jo war
Bowıjg — Bonorum emptio.
natürlich auch die Seide jelbt jehr teuer und blich
es auch noch zu den Zeiten der jpäteren Kaijer
(lsöypvooı, mit Bold aufgetwogen). Die Gewänder
waren auch nicht Schwer, jondern meijtens leicht und
durchlichtig wie ein Flor. Die ganz jeidenen hießen
holoserica, diejenigen, welche nur im legten Auf:
zuge (auf dem Webftuhl) aus Seide beitanden,
subserica oder tramoserica. Seidene Gewänder
galten für ein Zeichen des Luxus und für etwas
eines Mannes Unwürdiges, daher jie den Männern
verboten waren, aber trogdem von ihnen in jpä-
terer Zeit (zuerjt wohl von Heliogabal, Lampr.
Heliog. 26) getragen wurden. Die Reichen und
Wollüftlinge gebrauchten auch Kiffen mit jeidenen
Überzügen. Jlor. epod. 8, 15. Bgl. Marquardt,
Röm. Privataltertümer 11 ©. 103 ff. Blümner,
Technologie I ©. 190 ff.
Bowgung waren ein Stamm des öſtlichen Aito—
liens (Thue. 3, 94. 96), an der Weftjeite des Korax—
gebirges um die Quellen des Euenos jehhaft,
benannt vermutlich nach einigen dort gelegenen
Hügeln, die man ihrer Yrorm wegen Bouor nannte.
Strab. 10, 451.
Bomilkar, Bouilxes, 1) ein Karthager, 310 0. C.
Feldherr gegen Agathofles, zugleich mit jeinem
Gegner Hanno, war ein ehrgeiziger Mann, jo daß
er ſich der Herrſchaft in jeiner Vaterjtadt zu be:
mächtigen juchte. Als Hanno in einer Schlacht
gegen Agathofles gefallen war, zog ſich Bomilfar
zurüd und veridob die Ausführung feiner ehr:
geizigen Abfichten. Bon feinen Mitbürgern auch
fernerhin zum Feldherrn gemacht, juchte er jich
der edeljien und einflußreichiten Bürger dadurd)
zu entledigen, daß er fie gegen Numidien jandte,
gewann einen Teil der Truppen, zog nach Kar:
thago und bemächtigte ſich unter gewaltthätigem
Morden der Stadt. Aber die Bürger jammelten
ſich, widerjegten fich mit Glüd und zwangen ihn,
die Stadt zu räumen. Bor derjelben von den
nachdringenden Karthagern eingeichlofien, ergab er
fih jamt jeinen Anhängern und ftarb den Kreuzes:
tod. Er war es, der den Karthagern dabei vor-
warf, daß fie ihre beften Bürger mit Undank be:
handelten. Diod. Sic. 20, 43 f. Just. 22, 7,7 ff. —
2) ein Feldherr der Karthager, welcher im 3. 215
v. E. dem Hannibal nach Italien Berftärfung an
Truppen zuführte (Liv. 23, 41) und im X. 214
der von Marcellus belagerten Stadt Syrafus Hilfe
brachte. Liv. 24, 36. Ebenjo unterftüßte er die Be:
lagerten in den folgenden Jahren. Liv. 25, 25. 27.
— 5) ein Numidier und Günftling des Jugurtha,
der ihn mit der Ermordung des Maſſiva in Nom
beauftragte, 110 v. C. Nach dem Morde floh er
nadı Afrika. Sall. Jug. 35. Während des Krieges
zwiichen Kom und AJugurtha befehligte er deffen
Heer, juchte ihn aber jpäter an die Römer zu
verraten (109). Jugurtha entdedte feinen Verrat
und ließ ihm töten. Daj. 35. 61. 70 ff.
Bonovixaı hiehen von den jpartanijchen Kna—
ben, weldye am Feſte der Artemis Orthia (j. Ar-
temis) an deren Altare heftig gegeihelt wurden,
um den Schmerz ertragen zu lernen, diejenigen,
welche ihn am längften und ftandhafteften ertrugen;
vgl. Jıauaoriywaıs.
Bona Dea, die gute Göttin, von den Nömern
mit verfchiedenen Göttinnen, Ops, Fauna u. a., für
gleichbedeutend erklärt: ihr myſtiſcher Kult jcheint
nur eine von den Griechen entlehnte Abart des
217
Demeterfultus zu fein. hr Tempel ftand am Ab-
hang des Aventinus, wo am 1. Mai ihr Feſttag
gehalten wurde. hr Hauptfeit war jedoch ein
nächtliches Frauenfeſt, das jährlih im Anfang
Dezember in dem Haufe des höchſten Beamten
(Konſuls oder Prätors) von den römischen Matro-
nen unter Teilnahme der Bejtalinnen gefeiert ward.
Männern war die Gegenwart ftreng verboten;
Elodius (j. Claudii, 20.) brad) diejes Verbot.
Cie. ad Att. 1,13. 2, 4. har. resp. 17.
Bona flde heift im allgemeinen: mit qutem
Gewiſſen und aus Überzeugung. Am juriftiicher
Hinficht find folgende Anwendungen diejer Formel
zu erwähnen: 1) bonae fidei possessio heißt
der Bejiß einer Sadje, zu dem man berechtigt zu
jein glaubt, auch wenn jie eigentlich einem andern
angehört, j. Possessio und Usucapio. —
2) bonae fidei obligatio war der Name
mehrerer Geſchäfte, welche wegen ihrer Heiligkeit
und Umnverleplichleit jo genannt wurden, 3. B.
Kauf:, Miet:, Sprietätsvertrag. Aus diejen ent:
iprangen die actiones bonae tidei.
Bonna, j. Bonn, Stadt der Ubier in Nieder:
germanien am linfen Rheinufer, two Drujus eine
Brüde über den Fluß jchlug (F’lor. 4, 12); oft
als feiter Ort der Römer und Stützpunkt gegen
die Bataver bei Tacitus erwähnt (hist. 4, 19. 20.
25. 62 u. Ö.).
Bononla, Bovorie, j. Bologna, ältejte befannte
Stadt in Überitalien im cisalpinischen Gallien,
etwas öjtlich vom Fluſſe Rhenus, an der Amili:
ſchen Straße, hieß tuſtiſch früher Felſina; ſpäter
nahmen es die Bojer ein und machten es zur Haupt—
ſtadt, bis 189 v. C. eine (von Auguſtus 32 v. E.
noch vergrößerte) Kolonie von den Römern dort:
hin geführt wurde. Liv. 37, 57. Es war die Hei:
mat des berühmten Mtellanendichters X. Pompo—
nius; auf einer Anjel des Nhenus in ihrer Nähe
wurde 43 v. C. das zweite Triumvirat geichloffen.
— Außerdem gab es noch 3 Städte diejes Namens:
in Niederpannonien an der Donau (j. Banoftor,
nach a. Beterwardein), in Jllyrien und in Ober:
möfien (Bodun bei Widdin).
Bonörum cessio iſt die von Cäſar oder Auguſtus
eingeführte freiwillige Vermögensabtretung des in-
folventen Schuldners an die Gläubiger, wodurd)
derjelbe dem ftrengen Verfahren der bonorum
emptio und der Jnfamie entging.
Bonörum emptlo oder Nealerefution, d. h.
Beichlagnahme und Verlauf des Bermögens einer
Berjon, welche ang nad) dem prätorijchen
Edift unter gewilfen Bedingungen borgenommen
wurde. Wenn nämlich der injolvente Schuldner
ſich betrügeriich verjtedt hielt, um den Angriffen
der Bläubiger oder Kläger zu entgehen, oder wenn
jemand verreift war, ohne einen Berteidiger be:
ftellt zu haben, ferner wenn jemand zur Yahlung
einer gewiflen Summe gerichtlich fondemmiert war
und binnen 30 Tagen nicht zahlte, jo lichen fich
die Gläubiger oder ſonſt Beteiligten von dem
Prätor die missio in bona, ®. h. die Erlaubnis
zur Beichlagnahme erteilen. War dieje erfolgt,
jo ließ man einen dreißigtägigen Zeitraum ver:
jtreichen, che Man Borbereitungen zum Berlauf
(proscriptio) der bejegten Güter traf. Diejer Ber:
fauf geſchah jodann nach einem abermaligen Ter:
min von 50 Tagen durch einen von den Gläubigern
gewählten magister. Der Verkauf ging auktions—
218
mäßig vor ſich und zivar dergeftalt, daß die Kauf:
liebhaber auf die Gejamtheit des Bermögens mit
Aktiven und Paſſiven nach Prozenten boten, die fie
den Släubigern geben wollten. Bis zum Zuſchlag
addicere) konnte der bisherige Eigentümer ein:
ichreiten und Zahlung veripredyen. Geſchah dieſes
nicht oder fonnte er feine Kaution leiften, jo wurde
zugeichlagen, und der Näufer trat in das Ber:
mögen des Schuldners volljtändig ein. Dieſes
Eretutionsverfahren zog Infamie nad) fi. Cie.
Quint. 6—9. 19 ff.
Bonörum possessTo. Neben dem alten ftrengen
Civilerbrecht ſ. Erbrecht, II), welches manche
Härten und Unbequemlichkeiten hatte, bildete ſich
durch die immer mehr hervortretende nequitas des
prätoriihen Rechts ein freieres Erbrechtsſyſtem.
So 3. B. wurden durch das neuere Necht auch die
Gognaten zur Erbichaft berufen, während nach dem
alten Recht nur die Agnaten erbten. Diejenigen,
welche auf bonorum possessio Aniprudy machten,
meldeten fich binnen einer gewiſſen Zeit bei dem
Prätor; durch die Erteilung derjelben blieben die
possessores im Befige, wenn nicht andere mit
näheren Ansprüchen auftraten. Man untericheidet
a) bon. poss. contra tabulas sc. testamenti,
d. b. wenn Kinder mit Unrecht im Teftament ihres
Vaters übergangen waren, jo half ihnen der Brätor
durch die b. p. — b) bon. poss. secundum
tabulas, Die im Teftament eingejeßten Erben
erhielten b. p., wenn feine Kinder da waren, und
das Tejtament galt, auch wenn es nicht mit allen
civilrechtlich notwendigen Formalitäten abgefaft
war; nur die 7 Zeugen durften nicht fehlen. Cie.
Verr. 1, 45. 47. — e) bon. poss. intestati.
Für den Fall, daß fein Teftament da war, hatte
der Prätor beiondere Klaſſen von Erben aufgeftellt,
welche nacheinander Anſpruch auf b. p. machen
durften. Der Urjprung ift nad) der einen Anficht
aus einer Ergänzung und Anderung des civilen
Erbrechts hergeleitet, nach der andern ans der
Beichleunigung der Beſitznahme durch den Erben
im Intereſſe der Gläubiger. Monographie von Leiſt
in 2 Bdd. (1844 und 1848).
Bonus Eventus j. Eventus.
Bowvaı, Ochientäufer, eine angejehene, wenn
auch politisch ummwichtige Behörde in Athen, vom
Bolfe gewählt, welche die Belorgung des zu den
Opfern und Speifungen nötigen Schlachtviches
unter jich hatte. Dem. Mid. 171.
Boötes j. Sternbilder, 3.
Borbetomägus, Stadt der Vangionen am Rhe—
nus auf der Strafe von Magontiacum nach Ar:
gentoratum, j. Worms. Amm. Mare. 16, 11.
Borenden j. Argonnuten und Kalais.
Bor6as j. Winde, 2.
Bogeasuoi, ein Feſt in Athen, dem Boreas
geweiht, teils weil fich die Athener für feine Ber:
wandten anjahen, da er die Tochter des Erechthens,
Oreithyia, geraubt und zu feiner Gemahlin ge:
macht haben follte, teils weil der Gott den Athenern
Hilfe gegen die Flötte des Xerres gebracht hatte.
An den Ufern des Iliſos ftand das Heiligtum des
Gottes, wo das Feſt gefeiert wurde. Zldt. 7, 189.
Paus. 1, 19, 5.
Borsippa, r& Béoctanc, babyloniich Barfip,
Vorſtadt von Babylon anf der Weſtſeite des
Euphrat, berühmt durch große Yeinwandfabrifen.
Hier ftand der große, in 7 Abſätzen auffteigende
Bonorum possessio — Bostar.
Tempel des Bel:Nebe, „der Tempel der 7 Leuch—
ten des Himmels und der Erde“, d. h. der i. q.
7 Planeten, deren Farben die verichiedenen Stod-
werfe trugen; jebt noch ein 65m hoher Trümmer-
fegel, Birs Nimrud (Nimrodsturm) genannt. An
diefen mächtigen Bau, in dem manche den Bels-
tempel Herodots erlennen, knüpfte ſich die biblische
Erzählung von dem Turmbau zu Babel. Hrtt.1,181.
Strab. 15, 739. Just. 12, 13.
Borysthönes, Bogvo®erns, ſpäter Danapris,
daher j. Dnjepr, Fluß im europäiſchen Sarmatien,
defien Lauf die Alten ziemlich weit nach feinen
ihnen unbefannten) Quellen zu fannten; er hatte
einen ruhigen Yauf, war nad Strabon 600 Stadien
weit jchifibar und fällt in die nördliche Spitze des
Vontos Eureinos. An feinem Zuſammenfluß mit
dem Hypanis (Bug) lag Olbia oder Borpithenes,
eine Kolonie der Milefier, die durch ihre günftige
Lage eine blühende Handelsitadt wurde (Ruinen bei
Slinsty). Ildt. 4, 17 ff. 53. 71. Strab. 7, 280. 306.
Bospöros, Boorogos (lat. aud) Bosphorus),
Ninderfurt, bei den Griechen Name jchmaler Meer:
engen: 1) der Thrafiihe Bojporos (j. Strafe
von Konftantinopel und Challedon), an der ſchmal—
ften Stelle (Brüde des Dareios) faum 5 Stadien
breit. //dt. 4, 83. 85 ff. — 2) der Kimmerijche
Bojporos, j. Strafe von Jenikale, verband den
Maiotiſchen See ij. Aſowſches Meer) mit dem
Pontos Eureinos; er galt ald Grenze Europas
gegen Afien und hatte den Beinamen von den
alten Nimmeriern (Hdt. 4, 12. 28, der au leßterer
Stelle mit andern erzählt, im Winter gefriere jo
ſtarkes Eis, daß Armeen binübergehen fünnten).
Strab. 11, 494. An der Meerenge lag die mi:
leſiſche Niederlaffung Pantikapaion (j. Kertich),
auch Boiporos genannt, von der aus ſich allmäh-
lih ein bojporaniiches Neich bildete, deſſen
Scemacht bedeutend war. Wichtig war diejes Neich
für die Athener als Kornkammer. Der lebte der
von Spartofos beginnenden Könige, Pairi:
fades Il., der von den Sktythen bedrängt wurde,
übergab jein Reih Mithridates dem Gr. von
Pontos, nach deflen Tode fein Sohn Pharnafes
durch Pompejus den Befig erhielt (63 v. E.). Die
folgenden Könige mit den Namen Aſander, Bolemo,
Rheicuporis, Kotys, Sauromates u. a. ftanden
natürlich alle unter römiſchem Einfluß, bis das
Neich in den Stürmen der Böllerwanderung ver:
ſchwand. Strab. 7, 475 ff. 11, 494 f.
Bostar, Bodostor, Boor«pos, Buorwe, Bo-
öoorwp, 1) ein Feldherr der Ktarthager, welchen
M. Atilins Regulus im J. 256 v. C. in Afrika
befiegte und mit 2 andern Freldherren gefangen
nahm. Boftar, der der Familie des inzwischen im
punische Gefangenichaft geratenen Regulus über:
eben wurde, ftarb, wie erzählt wird, an den
Folgen der von den Söhmen des Nequlus er:
littenen Mißhandlungen. Die Volkstribunen aber
mißbilligten diefe Behandlung und veranlaften
die Auslieferung feiner Aſche an feine Familie.
Pol. 1, 28 ff. Diod. Sie. fr. 24.12. — 2) ein
Unterfeldherr des Haſdrubal, diente in Spanien
mit geringer Auszeichnung. Den Übergang der
Römer über den Jberus wagte er im J. 217 v0. €.
nicht zu verhindern. Darauf lich er die von Han—
nibal als Geiſeln gefangen gehaltenen Spanier frei
(Lir. 22, 22), durch einen ihrer Landslente dazu
beredet, der jie den Römern übergab, weshalb er
Bostra —
ſpäter bejtraft wurde. Pol. 3, 98 ff. — 5) ein
anderer ift wohl der B., den Hannibal 215 v. E.
als Sejandten an den makedoniſchen König Philipp
ichidte. Das Schiff, welches ihm hinüberbringen
jollte, wurde jedody von den Nömern weggenom:
men. Liv. 23, 34.
Bostra, r« oder 7; Bösro«, uralte Hauptitadt
der Landſchaft Auranitis im norböftlichen Raläftina,
15 geogr. Meilen jüdlich von Damaſtus; in der
Maftabäerzeit Boſorra gen., j. Bujra; im 1. Jahrh.
v. und n. E. Sitz nabatäiicher Fürjten, worauf ſich
Cie. ad Qu. fr. 2,12 zu beziehen jcheimt. Aber erft,
als B. von Trajan 106 n. E, unter dem Namen
Nova Traiana Bostra zur Sauptjtadt der mei:
errichteten Provinz Arabien erhoben und zum
Standquartier der dritten Legion (Uyrenaicn) ge:
macht twurde, blühte die für den Handel ſehr günftig
gelegene Stadt auferordentlich rajch und glänzend
empor, wovon die großartigen Ruinen heute noch
Zeugnis geben.
Bottiaia, Borriece, Sau in Makedonien am
rechten Ufer des untern Arios (Hat. 7,185. 8,127),
zu deffen thrafiichen Bewohnern kretiſche Anfiedler
famen. Städte waren Bella und Ichnai. Arr.
1, 2, 5.
Botüli. Die Würfte waren in alien jchr
beliebt, und es gab deren mehrere Arten; botuli
waren Blutwürjte, tomacnla Bratwürfte, auf dem
Rofte gebraten, welche auch auf den Straßen feil-
geboten wurden.
Boudieca j. Boadicen.
Boviänum, Boiaror, 1) j. Bojano, Hauptjtadt
der Rentrer in Samnium, von den Römern erobert
(Lie. 9, 28 ff. 10, 12), und abermals von Sulla
im 3. 90 v. E., feit Auguftus römische Kolonie.
Cie. Cluent. 6%. Sil. 8, 6566. Strab. 5, 250. —
2) Bovianum vetus, j. Sabini, 3.
Bovillae, Städtchen in Latium an der Appi:
ihen Straße, 12 Mill. von Nom, am Fuß des
Albanerberges, j. Ruinen bei der Dfteria delle Fra—
tocdyie, befannt durch die Ermordung des Clodius
durch Milos Begleiter (ſ. Cie. Mil. 17). Die gens
lulia hatte hier ein sacrarium, Tae, ann, 2, 41,
15, 33.
Braceae, Hoſen, waren den Griechen und Rö—
mern fremd und wurden nur von den Barbaren
getragen (barbara tegmina erurum, Verg. A.
11,777; barbarum tegmen, Tae. hist. 2, 20). Cie.
ad fam. 9, 15. Suet. Caes. 80. Bal. die Ausdrüde
Gallia togata und braccata. Zwar famen die
Beinfleider unter den Kaifern auch nah Rom,
allein fie galten ftets für unrömiſch, wenn fie auch
von einzelnen angenommen wurden.
Brachmänae, Borynäres, war der Name der
Friefterfafte der Hindu, über welche Arrian (Ind. 11)
genauer berichtet; doch jcheinen damit auch die fich
zum Brahmanismus befennenden Stämme bezeich:
net worden zu fein. Arr. 6, 7, 4. Plin. 6, 17.
Ftolemaios läßt fie am Fuß des Bettigusgebirges
wohnen, mit der Hanptjtadt Bradyme.
BranchlYdae, Bocyridaı, hiehen die Glieder
des Geſchlechts, mweldyes das Apollon » Drafel zu
Didyme bei Milet verwaltete (j. Miletos, 2.). Ihr
Stammvater war der ans Delphoi eingewanderte
Branchos, entweder der Cohn des Smikros oder
des Apollon jelbft, der ihm die Schergabe verlich.
Da jie nah dem unglüdlichen Ausgange des per:
fiichen Feldzugs die Rache der Griechen für die
Brennus. 219
Auslieferung ihres bedeutenden Tempelſchatzes an
Xerres fürchteten, jo baten fie dieſen, ihnen andere
Wohnfige anzumeifen, worauf fie nach Baltriana
verpflanzt wurden. Alexander joll, als er in ihr
Gebiet fam, ihre Ortſchaft und Heiligtümer zur
Strafe für den früheren Frevel zerjtört haben.
Curt. 7,5. Boayyidaı ift and) der Name des Ortes.
Brasidas, Bousidas, Sohn des Tellis, einer
der bedeutendften ſpartaniſchen Feldherren im pelo—
ponnefischen Kriege, zeichnete jich zuerſt aus, als er
im J. 431 v. E. die Athener zwang, den Angriff auf
Methone in Meflenien aufzugeben, wodurd er ſich
das Vertrauen jeiner Mitbürger erwarb. Thue.2,25.
Als die Spartaner daher nach den Unfällen auf
Sphafteria und bei Pylos beichloffen, die Auf:
merfjamfeit Athens dadurch vom Peloponnes ab-
zulenten, daß fie deſſen Pflanzjtädte am Strymon
angriffen, ernannten fie den Br. zum Anführer
eines Meinen Heeres, mit welchem er zunächſt
Megara jchübte und dann im X. 424 rajch mitten
durch Griechenland und Thefjalien z0g und un:
erivartet in Makedonien erichien, deffen König Per:
diffas mit Sparta verbündet war. So gewanı
er durch jeine Überredungsgabe mehrere Städte,
darunter auch die reiche Kolonie Amphipolis, für
Sparta. Thue. 4, 78 ff. Die erjchredten Athener,
welche noch größere Verluſte befürchteten, machten
rriedensvorichläge, und im I. 423 fam ein Waffen:
ftillftand auf ein Jahr zuftande. Doch faum waren
einige Tage verfloffen, als die Nachricht vom Ab-
fall der Stadt Skione nadı Athen fam. Da nun
Sparta die Rückgabe derjelben verweigerte, weil
der un ftattgefunden, che die Nachricht vom
Abſchluß des Waffenftillftandes nac Makedonien
gefommen war, jo beichloffen die Athener, durch
den Demagogen Kleon beredet, von neuem den
Krieg. Heichzeitig fiel auch Mende ab. Während
Br. mit dem Könige Perdiffas einen Zug gegen
die Lynkeſtier unternahm, eroberten die Athener
Mende wieder und jchlofjen Skione ein, ohne daß
es Br. hindern fonnte. Er machte nun einen ver:
geblichen Verſuch auf Potidaia, mußte fich aber
darnach ruhig verhalten. Nun jandten (422) die
Athener ein Heer nach Makedonien unter Anfüh-
rung Kleons, der dem thatfräftigen, ritterlichen Br.
nicht gewachien war. Zwar eroberte er mehrere
Städte, wagte aber dann in jeiner Selbitgefällig-
feit die Schlacht bei Amphipolis, in welcher er
jelbft infolge feiner Ungejchidlichkeit fiel, während
Br. gleich nad) erfochtenem Siege an einer töd-
lichen Wunde verichied. Thue. 4, 78 ff. 1207.
5,6ff. Diod. Sie. 12, 72 ff. Die zu dem Orga:
nismus des jpartanifchen Staates nicht paflende
Selbjtändigkeit, weldye am Weſen des Br. hervor:
trat, hat es mit ſich gebracht, daß er anjcheinend
in der Heimat fich micht fonderlicher Sympathien
erfreute. Sonft hätte Sparta jeine Unternehmungen
auf Ehaltidite nachhaltiger unterftüßt und nad)
jeinem Tode nicht ganz aufgegeben. Mit befonderer
Wärme ift feine Perjönlichkeit bei Thufyfides be-
handelt. Vgl. Hengftenberg, die Stellung des Br.
(1881),
Bratuspantium, fefter Ort der Bellovaci (zwi:
ichen Seine, Somme und Dife), j. Nuinen unweit
Bretenil; nad) andern Montdidier. Caes. b. 4. 2,13.
Brauron j. Attika, 18.
Brennus (= Häuptling, felt. Wort), 1) Min
führer der Gallier, welche um 391 dv. E. in Italien
220
einfielen. Liv. 5, 33 ff. Pol. 1, 6. 2, 14 ff. 18. 22,
Diod. Sie. 5, 28. 14, 113 ff. Dion. Hal. 13, 7 ff.
Plut. Cam. 14 ff. Sie verdrängten die Bewohner
Oberitaliend, und ein Stamm, die jenontjchen
Hallier, bedrohte bereits die Tujfer von Cluſium.
Tieje riefen römiſche Hülfe an, und 3 Fabier
wurden als Geſandte zur Vermittelung hingeſchickt
(391). Weil dieje aber an einem Treffen in den
Reihen der Elufiner teilnahmen, zogen die Gallier,
da die Auslieferung der Fabier verweigert wurde,
gegen Rom, vernichteten das von den Fabiern ge:
führte Heer an der Allia (18. Juli 390), rüdten
in das verlaflene Rom ein, brannten es nieder
und belagerten das Gapitol. Die Rettung des:
jelben durdy die Gänſe, die Tapferfeit des M. Man:
lius, das Erjcheinen und der völlige Sieg des ver-
bannten Camillus find befannte, freilich durch die
dichtende Sage erweiterte Erzählungen. Nach Bo:
Iybios zogen die Sallier ab, um ihr eigenes Yand
gegen einen Einfall der Veneter zu verteidigen.
Bol. Mommjen, römische Geſchichte I ©. 330 ff.
(6. Aufl). — 2) ein fpäterer Anführer zahlreicher
galliicher Horden, welde, gegen 200 00 Mann
itarf (Just. 24, 6), von der Donau her in Mafe:
donien eindrangen und nach Beſiegung des male:
doniſchen Feldherrn Eojthenes ihren verheereuden
Zug (278 v. E.) gegen Griechenland richteten. Die
riechen brachten etwa 24000 Mann zujammen,
über weldye die Athener, deren einjt jo volfreiche
Stadt damals nur 1500 Krieger jtellen konnte,
den Befehl erhielten. Gededt durd eine Flotte,
bejegte diejes Heer den Engpai von Thermopylai
und verteidigte denſelben mit Erfolg gegen die
Angriffe der Gallier, bis dieje einen Weg über
den Dite janden und den riechen in den Rüden
famen. Das griehijche Heer jchiffte fich nun ein.
Während einige Haufen der Gallier ſich gegen
Thrafien und Makedonien wendeten, ja ein Teil
ſich jogar in VBorderafien niederliceh, zog Brennus
jelbjt mit einem Teile feines Heeres gegen Delphoi;
jedoch die nur etwa 4000 Mann ftarfe Schar der
riechen, denen ein furchtbares Ungewitter, welches
große Felsftüden von den Bergen losriß und auf
die Sallier herabjtürzte, zu Hülfe fam, kämpfte
mit jolhem Heldenmute, daß die Gallier gänzlich
geichlagen wurden, Brenmus fich jelbit tötete und
das Er Heer auf dem Rüdzuge den Untergang
fand (ſ. Bildhauer, 14.). Paus. 10,19 ff. Diod.
Sic. 22,9, 1.2.4. Just. 24, 6ff. Auch in diejen
Erzählungen beruht ficherlich vieles auf Übertreibung.
Breuni, Boedro«, rätiiches Volk in Vindelicien,
nordweſtlich vom Brenner, jüdweftlich von Inns—
brud, deren Hauptſtadt, Breunorum caput, wahr:
icheinlich das heutige Bruneden war, wurde nebſt
den Genauni von Drujus befiegt. Hor.od.4, 14,11.
Plin. 3, 30. Strab. 4, 206. Ptol. 3, 20.
Briar6os j. Hekatoncheiren.
Brigantes, Bolyavres, das mächtigfte, aus-
gebreitetfte Volk Britanniens, welches den größten
Teil von Vorkihire, ganz Lancajhire, Durham,
Wejtmooreland, Eumberland und den füdlichen Teil
von Northumberland inne hatte, mit der Stadt
Eboracum (j. Yorh. Tar. Agr. 17. Sie beun:
ruhigten durch wiederholte Einfälle das nördliche
Britannien ſehr und konnten erft unter Antoninus
Pius zur Ruhe gebracht werden. Tue. ann. 12,32.
36, 40. hist. 3, 45.
Breuni — Britannia.
nius, j. Bodenjee, benannt nad dem Volke ber
Brigantii mit der Stadt Brigantium (j. Bre:
genz), an der Grenze von Rätien im nordiejtlichen
Bindelicien; er wird gebildet vom Rhenus, der
ihm durchfließt, und ift 470 Stadien (11", Meile)
lang. Die ausführlichite Beichreibung findet ſich
bei Ammianus Marcellinus (15, 4). Bei einer Jnuſel
besjelben, wahrſcheinlich Reichenau im Unterjee,
ichlug Tiberius in einem Schiffstreffen die Binde:
licier. Strab. 7, 292.
Brilettos j. Attika, 2.
Briniätes oder Friniätes, Bolt im öſtlichen
Ligurien, nahe den Apuani, am oberen Padus,
187 dv. E. von den Römern bezwungen, in der h.
Landſchaft Frignano. Liv. 39, 2. 9, 41, 19,
Brises und Briseis j. Achilleus, 3.
BritannYa, insulae Britannicae, Boerrarınai
v0. Unter diefem Namen begriffen die Alten
urjprünglich alle nördlich von Gallien zwiichen dem
Atlantiſchen und Germaniſchen Meere gelegenen
Injeln. Die größte derjelben wird beionders Bri-
tannia, Boerrarınn), genannt, mit einheimiſchem
Namen Albion, d. i. Alba:inn, Berginiel, und
wurde den Griechen zuerjt durch Pytheas, den Rö—
mern erft jeit der zweiten Hälfte des 1. Jahrh. v. E.
genauer befannt. Die Angaben über die Größe
lauten jehr verichieden, man gab den Umfang zu
mehr als 40 000 Stadien an, Cäſar zu 2000 Millien
oder 16000 Stadien, Plinius zu 3825 Millien.
Die Seftalt der Inſel jollte einem Dreied gleichen
(Caes.b. g. 5, 13. Strab. 4, 199. Diod. Sic, 5, 21),
während Livius und Fabius Aufticus und nad
ihnen Tacitus (Agr. 10) fie mit einer scutula
‚oder bipennis verglichen. Auch über die Yage der
Inſel herrichten ganz falſche Anfichten, weil man
die Dftküfte Britanniens parallel fonftruierte mit
der in nordweftlicher Richtung angenommenen Weft-
füjte Galliens, jo daß die nordöftliche Küſte der
Nheinmündung gegenüber zu liegen fam. Bei den
Galliern fand jich wenig Kunde von der Inſel,
was Gäjar um jo mehr reizte, jeine beiden Über—
gänge zu unternehmen (b. g. 4, 20—36. 5, 5—23),
im g 55 und 54 v. E., deren Erfolg freilich den
Erwartungen nicht entſprach. Erit unter Claudius
(43 .n. €.) fahten die Römer im jüdlichen Teile
feiten Fuß. Tac. Agr. 18. ann. 13, 27. Suet.
Claud. 17. In den naͤchſten Jahren folgten manche
den Nömern ſehr verderbliche Aufitände, bis nad)
mebrjährigem glüdlichem Kampfe En. Julius Agri-
cola (j. d.) unter Titus und Domitian die größere
jüdliche Hälfte der römischen Herrſchaft unterwarf
(78—84) und zur Provinz machte, Britannia Ro-
mana. Tac. Agr.14 ff. Viele Befejtigungen wurden
gegen N. angelegt, konnten aber die Einfälle der
nördlichen Stämme wicht hindern, weshalb jich
Hadrian bewogen fand, die Grenze weiter zurüd:
zunchmen und einen feſten Wall (oder Mauer ?),
den jeßigen Nömer- oder Piktenwall von 80 Millien
Länge zu ziehen, der im W. bis zum Itunag
Aſtüarium (j. Solway - Firth), im DO. bis zur
Mündung der Vedra (ji. Weare) reichte (Spart.
Hadr, 5. 11), bis jpäter Antoninus Pius nörd—
licher einen zweiten nur halb jo langen Wall vom
Clota Aſtuarium (j. Firth of Clyde) im W. bis
um Bodotria oder Boderia Äſtuarium (ji.
Kirn of Korth) im D. zog, vallum Antonini, j.
Grahams-Dike; Severus endlich jcheint feine neue
Brigantinus lacus, aud) 1. Venetus, Acro- ı Befeftigung angelegt, jondern nur an dem Walle
Britannieus — Bructeri.
Hadrians Reparaturen ausgeführt zu haben. Capitol. Geſchlecht des Claudius.
Ant. Pius 4.5. Dio Cass. 76, 13. Nun hießen
die neuen GEroberungen Britannia superior, im
Segenjaß zu B. inferior bis zum Wall Hadrians;
bis zu legterem wurden in der Folge von Gara-
calla die Grenzen wieder zurüdgezogen. Dio (ass,
77, 1. Herod. 3, 25. Bei der jpäteren Einteilung
des Reichs zerfiel Br. in 4 Teile: Br. prima,
Br. secunda, Maxima Caesariensis und Flavia
Caesariensis, deren Lage im einzelnen unbefannt
it. Der Einbruch der nordijchen Barbaren im
5. Jahrh. veranlafte die Räumung der Provinz
durch die römischen Heere. — Römiſche Kolonien,
aus den Standlagern der Legionen hervorgegangen,
waren bejonderd® Gamulodunum, j. Colcjeiter,
Lindum, j. Lincoln, Glevum, j. Gloceiter,
Deva, j. Cheſter, Jsca, j. Eaerleon, Eboracum,
j. Vort, Londinium, j. London, VBiroconium,
j. Wroreter, mit vielen Ruinen, Nutupiä, j.
Richborough, Betriana, j. Herham. Als die
wichtigften Flüſſe find zu nennen: an der Dftküfte
Abus (j. Ouſe) und Tameja oder Tamejis (j.
Themje); an der Weftfüfte Sabrina (j. Severn).
— Die Bewohner, Britanni (Bosrravol) oder
Brittones (nicht Britones), keltiſch Brython, ge:
hörten zum keltiſchen Stamme, deſſen Sitten und
Gebräuche fie rein bewahrt hatten, weshalb jie
freilich auch ungebildeter waren als andere keltiſche
Bölfer. Sie duldeten feine Gaftfreunde und aßen
jogar Menjchenfleiich. Mela 3, 6. Tac. ann. 14, 30.
Caes.b.g. 5, 12. Hor.od. 3, 4, 33. Die einzelnen
unabhängigen Bölferichaften jtanden unter Füriten.
Die bedeutendften waren: die Cantii in der jüd-
öftfihen Ede, die Belgä an der Südfeite, Dum:
nonii in der SW.-Ede, die Silures im heu—
tigen Wales, die Cornarii im heutigen Corn:
wall, die Brigantes an der Dftjeite bei Work,
in der Mitte die Coretani; die Cattuvellauni
und Nceni an der DOftjeite bei Londinium, nord-
weſtlich von legtern die Ceangi (Tac. ann. 12, 32).
Britannieus, eigentlih Tiberius Claudius
Germanicus Britannicus Gäjar, war ein
Sohn des Kaiſers Claudius von der Mefjalina,
geb. am 12. Februar 42 n. E. Suet. Claud. 27.
Dio Cass. 60, 12. Zuerſt Germanicus vom Bater
zubenannt, erhielt er vom Senat den Zunamen Bri:
tannicus. Nach dem gewaltiamen Tode der Melia:
lina heiratete Claudius jeine Nichte Ngrippina, welche
ihm einen Stiefiohn, den nachmaligen Kaiſer Nero,
zubrachte und den ſchwachſinnigen Kaiſer beredete
diejen zu abdoptieren (50 n. &) Zwiſchen den
Stiefbrüdern bradı bald Eiferſucht und Haß aus,
und Brit., von Mgrippina gehaßt und verleumbdet,
von jeinem Stiefbruder angefeindet und für unter:
geihoben, von Agrippina für blödfinnig aus-
gegeben, wurde wie ein Gefangener gehalten, ja
jeine Freunde von ihm getrennt. Dio Cass. 60, 32.
Taec. ann. 12, 25. 41. 13, 16. ber Brit. merfte
die Intriguen der Agrippina, auch Claudius er-
fannte das dem Sohne zugefügte Unrecht und be-
trieb die Scheidung von jeiner Gemahlin; dieſe
fam ihm aber zuvor, ließ ihn vergiften, und Nero
wurde Kaifer. Bei den Bwiftigfeiten, die bald
darauf zwijchen ihm und der Mutter ausbrachen,
ſoll fie beabjichtigt haben, den Brit. zum Kaiſer
ausrufen zu laſſen, worauf Nero jeinen Bruder
durch Sift aus dem Weg räumte (55). Tac. ann.
13, 14 ff. Suet. Ner. 335. Mit ihm erlojch das
221
Titus ließ feinem ge:
liebten Jugendgefährten jpäter eine goldene Statue
im Palafte errichten. Suet. Tit. 2. Bol. Lehmann,
Claudius und Nero ©. 335. 349.
Britomäris, Borröuegıs, ein Häuptling der
Senonen, einer galliihen Bölterjchaft, ließ im J.
285 v. E. zur Vergeltung für feinen von den
Römern erichlagenen Vater die an ihn geichidten
Sejandten der Römer töten und ihre zerftüdelten
Gliedmaßen umherſtreuen. Er fiel jpäter in die
Hände des Komjuls P. Cornelius Dolabella, der
ihm mit jchredlichen Martern ftrafte, im %. 283.
Pol. 2, 19. App. Celt. 11. Plut. Rom. 16.
Britomartis, Boıröueorıs (von Pers und
uderig, virgo dulecis), eine fretiiche Göttin, ur-
iprünglich eine Naturgottheit der Fretiichen Jäger
und Fiſcher, welche jpäter mit der Artemis zu:
ſammenfloß. Auch eine Nymphe wird fie genannt,
eine Tochter des Zeus und geliebte Begleiterin
der Artemis, weldhe, von der Liebe des Minos
verfolgt, ins Meer jprang und in Fiſchernetzen ge:
rettet ward. Deshalb jollte fie den Namen Dik—
tynna (Nepgöttin, von dixrvov) erhalten haben.
Diejelbe Göttin hieß auf Aigina Aphaia.
Brixellum, fejte Stadt am rechten Ufer des
Padus im cisalpin. Gallien, norböftlich von Barma
(j. Brefcello), wo ſich Kaiſer Otho nad) der Nieder:
lage bei Bedriacum den Tod gab. Tac. hist. 2, 33.
39. 51. 54. Suet. Oth. 9.
Brix\a, j. Brejcia, bedeutende Stadt in Gallin
Cisalpina Transpadana an der Garza, einem
Nebenfluffe der Mella, an der Strafe von Comum
nad Aquileja, wahricheinlicdy uralte tuſeiſche Grün:
dung und von den galliidhen Cenomanen zur Haupt:
ftadt gemacht; jpäter römijches Municipium mit
den Rechten einer Kolonie. Liv. 5, 35. 38. 32, 30.
Tac. hist. 3, 27. Strab. 5, 213.
BoıLo), -oög, eine Böttin auf Delos, bejonders
bon den Frauen verehrt, welche ihr in Kleinen
Kähnchen verichiedene Eßwaren voriegten, damit
fie ihnen alles Gute verleihe und namentlich die
Schiffenden erhalte. Sie ſoll auch Traumorafel
gegeben haben, wenigftens heißt BodLeı» einniden.
Athen. 8 p. 335 a. b.
Brogitärns, Schwiegerjohn des Dejotarus (j. d.),
Tetrarhen von Galatien, erhielt von Pompejus
63 v. E. die Tetrarhie über die Trofmer (i.
Trocemi). Im J. 58 verichaffte ihm der Volks—
tribun Glodius für Geld den Königstitel und die
Stadt Peſſinus (Cie. Nest. 26, 56); doch wurde Br.
durch Dejotarus daraus wieder verdrängt, angeb
lid weil er den berühmten Tempel der phrugiichen
Göttermutter ausplünderte. Cie. har. resp. 13, 28 f.
Beovreiov. eine Theatermajcine, womit der
Donner nachgeahmt wurde; fie befand jich hinter
der Bühne in den unteren Räumen und war viel:
feicht ein eherner Keffel, in dem man Steine herum:
ſchwenkte, wodurd ein dem Donner ähnliches Ge-
räuſch entſtand, das durch die unteren Räume der
Bühne hindurchgehend fich verftärkte. Oder man
rolfte Schläuche auf Erzplatten hin und her und
brachte jo ein donnerähnliches Getöje hervor.
Brontes j. Kyklopen.
Brucheion j. Alexandria, 10, a).
Bruetöri, Boovöxreoo:, ein Bolt in Germanien,
wohnten zwijchen Lippe und Ems (Tae. ann. 1, 60),
jo daß ihr Gebiet einen Teil des Teutoburger
Waldes umfahte, während andererjeits im Norden
222
die Nordjee dasjelbe berührte; jie hatten aljo das
nordiwejtliche Sermanien inne. Tuc. ann. 13, 56.
hist.4, 21.5, 18. Wie jo viele germanifche Stämme,
nahmen fie teil an der Befreiung Deutichlands vom
Joch der Römer durdy Arminius. Bei der variani:
ſchen Niederlage hatten jie einen römischen Adler
erbeutet; an dem Bataveraufitande beteiligten jie
ſich gleichfalls. Gleichwohl jcheinen die Römer
durch jpätere Kriege Einfluß bei ihnen gewonnen
zu haben, da fie Feſtungen an ihren Grenzen er-
bauten und einmal jogar ihnen einen Fürften auf:
drangen. Plin. ep. 2, 7. Auch jpäter, 3. B. zu den
Zeiten Gonftantins, blieb ihr Name befannt. Be:
rühmt war ihre Scherin Veleda, weldhe in einem
Turme an der Lippe wohnte. Teac. hist. 4, 61. -
Die Herleitung des Namens ift zweifelhaft; jonft
dachte man an Broof — Bruch, I. Grimm nimmt
die german. Wurzel brak an und jieht in ihnen
die Glänzenden.
Bruma, angeblid zujammengezogen aus bre-
vissima, der Tag des Winterjoljtitiums, der für
die Bewohner der nördlichen Halbfugel der DE
iſt, nach Cäſars Berechnung a. d. VIII. Kal
Plin. 18, 59.
Brundisium (richtiger als Brundusium), Bosv-
zeoıov, j. Brindiſi, nächſt Tarent die bedeutendfte
Stadt in Calabria an einer Heinen Bucht des
Ndriatiichen Meeres mit trefflichem Hafen. Wahr:
icheinlich war Br. feine urſprünglich griechiiche
Stadt, worauf aucd die italiiche Deutung des
Namens (Brentefion — Hirjchlopf), bezogen auf
den Hafen mit feinen Landzungen, deutet. Diejem
trefflichen Hafen, der bei jedem Winde für Schiffe
zugänglich war, verdanfte Br. feine Bedeutung.
Strab. 6, 282. Caes. b. c. 1, 25. Die Nömer nah:
men die Stadt 245 dv. E. ohne Widerftand weg
und folonijierten fie, ja unter Sulla wurde jie
jteuerfrei. Die Appijche Straße miündete hier aus;
von hier fuhr man gewöhnlich nad) Griechenland
hinüber, und zwar zunächſt nach Epidamnos oder
Dyrrhachium in Allyricum, von dem die Stadt
nur 175 römijche Meilen entfernt war. Honig und
Wolle werden als Hauptprodufte des Gebiets ge-
nannt. Hier jtarb der Dichter Vergilius auf feiner
Rückkehr aus Griechenland im J. 19 v. C., hier
endete auch die von Horaz (sat. 1, 5) jo launig
beichriebene Reiſe.
Bruttii (auch ager Bruttius oder Bruttiorum
ager, nicht aber Bruttium), auch Brittii, Berr-
rum, ı) Beertie, 1) Bottriccun, Landſchaft JItaicns,
die Südſpitze der Halbinſel, auf 3 Seiten alſo von
der See, im N. von Lucanien begrenzt, wo der
Lausfluß, in der Richtung auf Thurii verfolgt,
die Grenze bildete, j. Calabria. Der Apennin
durchzieht bis zur Siciliſchen Meerenge das Land
und läuft in mehrere Vorgebirge aus, an der Oſt—
lüſte Crimiſa, Lacinium, Cocynthum, an
der Südküſte Zephyrium, Promunt. Her-
enlis und Yeucopetra, an der Weſtküſte Seyl—
läum. Die wichtigſten Höhen des Apennin jind
der Elibanus und der Silawald. Inter den
nicht bedeutenden Flüſſen find zu merken auf der
Wejtjeite der Laus, auf der Oftjeite der Crathis
und Neäthus, Trefflich gedieh in dem an Wald—
triften reichen Lande die Viehzucht; ein eigentüm-
liches Produkt ift das Pech des fichtenreichen Sila-
walbdes. Die alten Bewohner waren die One:
trer, zu denen auch Sicnler eingewandert waren;
Bruma — Bubastis.
dann famen Stämme der Lucaner hinzu (445 oder
356 v. E.), die den Namen Bruttii, Bedrroı,
erhielten. Sie bewohnten meift nur die inneren
Teile des Landes, während die Küſten von griedji:
ſchen Kolonien bejeßt waren, und galten als roh
und barbariih. Im zweiten puniichen Kriege
wurden die Bewohner, welche fih Hannibal an-
geichloffen hatten, den Nömern unterworfen und
zur Strafe für Staatsjklaven erklärt; jeitdem „geriet
ihr Yand in Berfall. Die bedeutendften Städte
(anfangend im N. der Dftküfte): Betelta (Ilern-
Ada), j. Strongoli mit Ruinen, befannt durch jeine
tapfere Verteidigung gegen Hannibal_216 vd. E.;
Eroton (ÄAgurwr), j. Eotrone (j. d.); Scylacium
(navifragum Scylaceum, Very. A. 3, 553; Zuvl-
Adxıov, Zxvlkrjzov), j. Squillace, angebl. Grün:
dung der Athener, 1 Meile vom gleichnamigen
Meerbujen; Yocri Epizephyrii (Aongoi "Emıfe-
pogwı) mit 2 Burgen, 683 dv. E. von Lokrern
gegründete blühende Handelsjtadt, durch Dionyjios
dasjelbe Jahr zerjtört, dann twieder aufgebaut,
berühmt dur ihren Geſetzgeber Zaleukos und
einen reichen Tempel der Proſerpina. Au der
Weſtküſte: Rhegium (Prjywor), j. Reggio (j. d.),
Sehlläum am gleichnamigen Vorgebirge und der
ihmaliten Stelle der Meerenge; Medama (MEi-
dauer) oder Meſma, von den Lokrern gegründet,
mit berühmter Quelle, ‚Dipponion, von den
Römern Bibo genannt, j. Bivona, mit dem Bei-
namen WBalentia, Terina (Trpwa), Temeja
(Teufoe) oder Tempia, eine der älteften italijchen
Städte, nad einigen Homers (Od. 1, 184) fupfer-
reiches Temeja; Klampetia (Aaunirese) Im
Innern: Conjentia (j. Cojenza) am Grathis,
alte Hauptjtadt der Bruttier; Bandojia am Fluß
Acheron, wo Mlerander von Epeiros jeinen Tod
fand (Liv. 8, 24), in römischer Zeit verichwunden ;
Mamertium u. a. Strab. 6, 254 ff
Bruttius Süra, Bostrıog Zovgpug, befiegte
im J. 88 v. E. als Legat des Proprätors E. Sen:
tius den Feldherrn des Mithridates Metrophanes
zur See, jowie den Archelaos bei Chaironeia, und
ging dann wieder nach Makedonien in jeine ur:
iprüngliche Stellung als Yegat des Statthalters
C. Sentius zurüd. Plut. Sull, 11. App. Müthr. 29.
Brutus j. lunii ], 2 und Il, a, 1-9.
Brygi, Bovyoı, Bovyes, eine mafedontjche, un:
griechiiche Wölferjchaft nördlid von Bervia, die
noch zu den Zeiten der Perſerkriege dort wohnte,
dem Mardonios auf jeinem Zuge gegen Griechen:
land durdy nächtlichen Überfall Verluſte beibrachte
und von ihm den Berjern unterworfen wurde.
Ildt. 6, 45. Ein Zeil derjelben ſoll nad Mlein:
ajien ausgewandert jein und dort den Namen
Dovyeg erhalten haben (Hat. 7, 73), wenn bier
nicht ein anderes mit dem Namen der Phrygier zu:
jammenfallendes Bolt gemeint ift. Strab. 12, 550.
Val. aud) Plut. Brut. 45.
Bovdau |. Ayfin.
Bubassos, Buß«ssos, alte Stadt Nariens, öſtlich
von Knidos, von der eine Yandzunge und der
Bubasjische Meerbujen den Namen haben. Hdt.1,174.
Ov. met. 9, 644. Died. Sie. 5, 62.
Bubastis, Bovßeastıg, 1) ägyptiſche Göttin,
Tochter des Sonnengottes Na, als Bajt mit dem
Katzenkopf die Göttin der jinnlichen Luſt, als
Sechet mit Löwenkopf die Bekämpferin der finjteren
Mächte, von Herodot (2, 59 ff.) mit der Artemis
159
Bupona — Bicherwesen.
(Eileithyia) identifiziert. — 2) Bubajtis oder Bu-
baſtos, Bovßesrog, ägyptiſche Nomoshauptitadt,
rechts vom pelufiihen Nilarm; j. Tell Bafta, etwas
jüdlich von el Zakazikz Nejidenz der 22. Dynaſtie
(961 — 787 v. E.), mit prächtigem Tempel der
gleichnamigen Göttin, der hier alljährlich ein aus:
gelajjenes, von 700 000 Menjchen bejuchtes Freuden:
feft gefeiert wurde. Hdt. 2, 59. 67. 137. 156.
Or. met. 5, 325—531,
Bupöna j. Epona.
Buceülae j. Waffen, ®.
Bücherwesen. Die großartigite Bücherjanm-
fung (Bıßlodran, enotıjun Bıßlior) des Wlter:
tums war die zu Alerandreia von Ptolemaios Lagi
gegründete, von Ptolemaios Philadelphos beträdht:
lich erweiterte und mit einem Bibliothelar (Zenodot
von Ephejos) ausgeftattete Bibliothef. Diejelbe
zerfiel in 2 Abteilungen, die größere und urſprüng—
liche (1 weydin Bıußkodıjan) im Brucheion, einem
Teile der Königsburg und in der Nähe des Mus
feions; fie jol an 400 000 (Sen. tranqu. an. 9),
nach Gellius (6, 17) an 700000 Bände ftark, in
Flammen aufgegangen fein, als Cäſar die im Hafen
liegende ägyptiihe Flotte in Brand ftedte (Dio
Cass. 42, 38); die Heinere und jpätere (rg nal
Hoyaryo orouds®n abrijs) im Serapeion, angeb:
lich 42 800 Bücherrollen ſtark. Der Berluft der
erfteren wurde von Antonius durch die jogleich zu
erwähnende, 200 000 Rollen enthaltende pergame:
niiche Bibliothek erjegt (Plut. Ant. 58), die er der
Kleopatra jchenkte; unter Domitian wurden Die
alten Handichriften mit neu abgejchriebenen ver:
taucht (Suet. Dom. 20); doch find alle dieſe Schäße
im Laufe der Zeit verloren gegangen. Als Biblio:
thefare haben jich hervorgethan (außer Zenodot)
Kallimachos von Kiyrene, Ariftophanes von Byzanz,
Eratojthenes und Ariſtarchos von Samothrafe. —
Weniger berühmt, doc) in ihrer willenjchaftlichen
Bedeutung durchaus nicht geringer anzujchlagen
war die Bibliothef zu Pergamon, für deren reich:
paitige Ausjtattung die attalijchen Könige, nament-
lih Eumenes II. troß der vielfachen Hinderniſſe,
welche die Ptolemaier durch das Verbot der Bücher:
ausjuhr und durch die Vorenthaltung des Papyrus
in den Weg legten, fich mit leidenſchaftlichem Eifer
und mit dem herrlichiten Erfolge bemühten. Eine
ichlimme Folge diejer Eiferjucht zwiſchen den beiden
Königshäuſern war nächft der guten, daß man zu
Bergamon das Pergament erfand (lin. 13, 21, 70),
die Sucht, Bücher unterzujchieben. Bon diejer
Bibliothef gab es jtets fortgejeßte beurteilende
Kataloge (Tlivares), durch welche ein zwedmäßiger
Gebrauch jehr erleichtert wurde. Aufgeſtellt war
fie auf der Burg von Pergamon, in einem an die
nördliche Säulenhalle des Athenetempels fich an:
ichliegenden Gebäude (j. Pergamon). — Aud in
Griechenland jcheint frühzeitig ein ähnlicher Trieb
erwacht zu jein; Peiſiſtratos von Athen und Poly:
frates von Samos werden als Gründer von Biblio-
thefen genannt (Athen. 1,3 A. Gell, 6, 17); Euri-
pides, der Archon Eufleides, Ariftoteles, Theophraft
u. a. waren Beſitzer anſehnlicher Bibliotheken.
Auch wird in Athen ein Büchermarkt erwähnt,
wohl eine Stelle auf dem großen Hauptmarkte,
ohne da man weil, ob harten Bücher auf
demjelben feilgeboten wurden; zu Sokrates’ Zeit
war (nach Bödhs zweifelhafter Erklärung von Pat.
apol. 26, D. E) in der Orcejtra des dionyſiſchen
223
Theaters ein buchhändlerijcher Verlehr. Auf einen
jolchen Lafjen auch die Klagen bei Strabon (13, 608.)
ſchließen. Bon den Koſten und der Schwierigkeit,
welche die Anjchaffung diefer Sammlungen damals
verurjachen mußte, kann man fi einen Begriff
machen, wenn man bedenkt, daß jede einzelne Ab—
ichrift bejonders gemacht, follationiert und korri—
giert wurde. Vgl. Beder-Göll, Charikles II ©. 160 ff.
— Erjt bei den Römern finden wir gegen Ende
der Republik die erften Anfänge eines buchhänd:
leriſchen Betriebs, der ſich jtatt der heutigen Er—
leichterungsmittel der damaligen ungeheuren Sta:
venmajje bediente. Früher ließ jeder, der über eine
Anzahl gebildeter Sklaven zu verfügen hatte, von
diefen ſeine eigenen Schriften, aud) wohl die feiner
Freunde (3.8. Cicero die Annalen jeines Bruders,
j. ad Att. 2, 16), abjchreiben und ſuchte dann
durch Eintaujch andere zu erwerben. Cie. ad (u.
fr. 3, 4. Ciceros Freund, Pomponius Atticus,
trieb dies ins Große und gab jelber allen jeinen
SHaven Anleitung, gute Abjchriften zu bejorgen.
Nep. Att.13. Bon ihm rührte die Gründung eines :
förmlihen Buchhandels her, indem er bejtimmte
Verlagswerle annahm, 3.8. von Cicero die Quae-
stiones Academicae, den Orator, die Briefe, die
Neden gegen Antonius und für den Ligarius, und
den Vertrieb derjelben nicht bloß in Rom, jondern
auch in allen Städten Griechenlands bejorgte. Cie.
ad Att. 12, 6. 15, 13. 16, 5. 21. Mber neben
dem kaufmänniſchen hatte er doch aud) ein höheres
Intereſſe, welches jeinen ganzen Briefwechjel mit
Gicero durchzieht, der vor und nach der Abfaſſung
alles bis ins kleinſte Detail, ja jelbft jprachliche
Einzelheiten mit ihm durdging. Ein ſolcher Be:
trieb aber reizte zur Nacheiferung, und namentlich
waren es die Freigelaffenen, welche ſich mit der
Vervielfältigung von Schriftwerfen befaßten. Je
mehr Schreiber (librarii), wozu fich außer den
Sklaven und Freigelaſſenen aucd bald Freie, die
eines jolhen Erwerbs bedürftig waren, hergaben,
der Buchhändler oder Verleger aufitellen fonnte,
deſto rajcher lieh fich die Auflage liefern, indem
nicht, wie früher bei den Griechen und jpäter im
Mittelalter, ein Einzelner die Abſchrift machte,
jondern das Werk einer größtmöglichen Menge von
Schreibern diftiert wurde. Die Schnelligkeit, mit
der ein ſolches Diktat niedergejchrieben jein muß,
läßt fich einesteils jchon aus der Berühmtheit der
j. g. tironifchen Noten oder Abfürzungen, die von
Eiceros FFreigelafjenem Tiro (j. Tullii, 12.) er-
funden wurden, jchließen, andernteil® auch aus
einer Angabe des Martial ungefähr berechnen.
Diejer jagt von jeinem zweiten Buche (2, 1, 5):
der Schreiber made es in einer Stunde durch
(haec una peragit librarius hora). Die 93 Epi—
gramme desjelben enthalten außer den UÜberſchrif—
ten 540 Verſe, und ſomit würden auf die Minute
wenigitens 9 Verſe fommen. —
lage nicht größer zu jein, als die Zahl der Sklaven
betrug, über die der Buchhändler zu verfügen hatte,
jo ift Har, daß ſich bei der damaligen Schnell:
und zugleich Schönjchreibefunft der Bedarf in für:
zeiter Zeit befriedigen ließ. Uberhaupt ift es aud)
wohl zur Vermeidung jchmälernder Konkurrenz und
jofortiger Nachichrift durdy einen andern Buch—
händler ratſam gewejen, jogleich eine dem mut:
maßlichen Bedarf entiprechende Anzahl von Ab—
ichriften anzufertigen und wicht cher damit an die
Brauchte die Auf:
ns
z
224
Öffentlichkeit zu treten, als bis auch der größten
Nachfrage Genüge geicheben fonnte. Freilich mochte
da bisweilen wohl viel auf dem Yager zurücdblei:
ben und manches Eremplar den Motten zur Speife
werden (Hor. ep. 1, 20, 12) oder als Mafulatur
in die Kramläden zu Düten für Pfeffer und Zimmet
wandern (Mart. 3, 2); indeilen waren die Pro:
vinzialen minder anipruchsvoll und bezahlten gern,
was aus Nom in die verichiedenften Gegenden,
namentlich nad Spanien und Afrika (Hor. ep.
1,20, 13), verjandt wurde; jedod) aud) bei wirklich
gediegenen Sachen wurde diejer auswärtige Bedarf
in Anrechnung gebracht. Hor. a. p. 315. Gerade
diejer „Provinzialbuchhandel trug nicht wenig dazu
bei, den Ruhm ausgezeichneter Schrüftfteller über
die Marten der Stadt und Ftaliens hinaus zu
verbreiten. Kam doch ein Mann aus Gadir nad
Nom, nur um dem Livius zu jehen, und fehrte,
nachdem er das erreicht, unmittelbar im die Heimat
— M. Hertz, Schriftſteller und Publikum in
Rom [1553] ©. 39.) — Unter den verſchiedenen
uns überlieferten Namen von Buchhändlern und
Verlegern aus der Kaiferzeit waren die befannte-
ften: die Gebrüder Sofit als Verleger des Horaz
(Hor. ep. 1, 20, 2. a. p. 345), Tryphon, bei
dem Martial (4, 72. 13, 3) und Qnintiltan er:
ichienen, und Dorus, der zur Zeit des Nero die
Schriften des Cicero und des Livius verkaufte
(Sen. benef. 7, 6, 1). Die Buchhändler hießen ge:
wöhnlid) bibliopolae (Bıßklo» xdrıjkoı), doc auch
librarii. Ihre Läden (tabernae, stationes libra-
riae, libelli) waren nad ®ellins {18, 4) nament:
lih im vicus Sandalarius, außerdem aber auch
am Forum, um das Argiletum u. ſ. w., kurz im
den belebteften Teilen der Stadt. An den Pfeilern
und Eingängen (in pilis et postibus) waren Erem:
plare ausgeftellt und Anzeigen angeheftet (Hor.
sat. 1, 4, 71. a. p. 373). Boll war es bei —
immer, da ihre Läden zugleich auch zur Lektüre
und wiſſenſchaftlichen Unterhaltung dienten, wes—
halb man Freunde, die man nicht zu Hauſe traf,
hier am erſten aufſuchte. Catull. 55, 4. Auch das
auswärtige Sejchäft kann nicht unbedeutend ge—
weſen jein (Hor. ep. 1, 20, 30. Plin. ep. 9, 11),
und beliebte Dichter waren in ben entfernteften
Provinzen zu haben. Mit der Lejeluft ging aber
die Schreibjucht Hand in Sand, und die Buch:
händler als die Vermittler von beiden gingen be:
liebte Schriftfteller um Lieferung nener Werfe an
oder drängten zum Mbjchluß der verjprochenen,
wobei fie es nicht an den jchmeichelhaftejten Verfiche:
rungen fehlen liegen. Plin. ep.1,2. Quint. praef.
ad Tryph. Ein Honorar zahlten fie ficher nicht.
Dagegen jcheint der Verfaſſer ftets mehrere Frei:
eremplare erhalten zu haben, die er an jeine Freunde
und Gönner verichenfte. Mart. 2, 93. 7, 17.9, 100,
Die Bücher wurden von dem Berlegern nicht
rob, jondern mit vollftändigem Einband geliefert,
und dennoch war der Preis jehr billig. Inter
andern dahin zielenden Angaben des Martial lejen
wir (13, 3), daß die Xenien, die dieſes 13. Bud
bilden und die im der bei Teubner erjchienenen
Ausgabe 14 Seiten füllen, von dem Berleger
Tryphon für 4 Sefterzen (etwa 50 Piennige) ver-
fauft wurden, daß * ſie jedoch für die Hälfte
noch mit Vorteil verfaufen fonnte. Der Einband
war dergejtalt, daß die an einer Seite durch Leimen
zuianmengefügten Blätter (paginae; an einem
Bücherwesen.
hohlen Eylinder aus Holz, Knochen oder Elfenbein
bejejtigt wurden. Durch diejen Eylinder ging ein
drehbarer Stab, der unten und oben je einen diden
Knopf hatte (cornua, umbilici, vgl. Hor. epod.
14, 8), jomohl zur Befeftigung des Stabes als
auch zur Schonung des Buches, welches beim Leſen
auf denjelben ruhte und beim Imichlagen der
Blätter fich nicht auf dem Tiſche abichabte. Die
3 andern Seiten (frontes) hatten einen jchwarzen
Schmitt. Hinten am obern Ende der Rolle war,
wie bei unfern Büchern, auf einem aufgeflebten
Streifen Bapier der Titel (titulus, index) des Buches
mit rötlicher Schrift bemerlt. Hatte man es
genug gebraucht, jo wurde es zum Schuge gegen
Staub oder fjonftige Beihädigung in eine lim:
hüllung von rot oder gelb gefärbtem Bergament
(sillybus, (ie. ad Att. 4, 5) eingeſchlagen. Wert:
volle Bücher rieb man überdies mit Cedernöl ein,
um fie gegen Würmer und Motten zu jchüßen,
oder legte jie in Käftchen von Gedernholz. Hor.
a. p. 332. — Nur die cine Seite des Papiers
oder des Pergaments war bejchrieben, die andere
zur bdeutlicheren Servorhebung der Schrift mit
Farbe, namentlich mit Saffran, überzogen. Die
Schrift war bisweilen, ebenjo wie bei uns, in zwei,
auch wohl mehrere Kolumnen geteilt, die durch
Linien don roter Tinte getrennt wurden. Zu An:
fang und zu Ende des Buches war der Titel, bis-
weilen mit bunter Tinte, gejchrieben. Im allge:
meinen waren Abfürzungen im Gebrauch, mur
Prachteremplare wurden vollftändig ausgejchrieben.
In der Anwendung diejer Abbreviaturen waren
die Schreiber förmlich geübt, aber dennoch liefen
bei der Schnelligkeit, mit der gejchrieben wurde,
eine Maſſe Fehler mit unter, über die die Autoren
oftmals Klage führen, und deren manche als Hör-
fehler fih wohl in die noch vorhandenen Codices
der ſpäteren Zeit hinübergetragen haben, wogegen
die Berwechjelungen ähnlicher Schriftzüge vorzugs-
weile erft im Mittelalter durd die Abichriften der
Mönche entftanden. Fehler, welche durch Irrtum
des Autors entftanden und die ſich demnach in allen
Eremplaren vorfinden mußten, wurden nachträg—
lich in den noch auf dem Yager fich befindenden
verbejlert. Cie. ad Att. 13, 44. Die Größe der
Auflagen mußte je nach dem mutmaßlichen Abſatz
verschieden fein; Schulbücher zumal mußten in jehr
ftarten Auflagen geliefert werden. Gediegene Werte
fanden bei der damaligen Muße der Leſer und
bei der erwacdhenden Xiebe zur Litteratur einen
ungleich größeren Abſatz ald heutzutage; ja ſelbſt
offenbar ſchülerhafte Werte, wie die Denfichrift des
Regulus auf feinen verjtorbenen Sohn (Plin. ep.
4, 7), konnten in 1000 GEremplaren vervielfältigt
und in die Provinzen verichidt werden. Anſtatt
unjerer jeßigen Kritif, die erft hinterher folgt,
hatte die damalige Zeit die Sitte der Recitationen
({. Reeitationes), indem der Autor fein Werf
vor der Herausgabe einem gewählten Kreiſe von
Freunden vorlas und ſomit die Erinnerungen und
Einwendungen noch benuben fonnte. — Eine wohl:
ausgewählte Bibliothef gehörte damals zum feinen
Ton. Als die erfte Brivatbibliothef zu Nom wurde
die des Amilius Paulus gerühmt. Much L. Cor—
nelius Sulla nahm aus Athen die VBücherfamm:
fung des Apelliton mit fih nah Rum, und als
Lucullus bei feiner Beute in Aſien ein gleiches
Biel verfolgte, durfte (nad) Vitruv) in feinem neu:
8
Bueina — Bovkı].
erbauten Haufe eine Bibliothef fehlen, oftmals
freilich nicht jowohl des wiſſenſchaftlichen Bedürf:
niffes wegen, als vielmehr zum „Schmud der
Wände, jo daß unter jo vielen taujend Büchern
der Beliger gähnte und jein größtes Wohlgefallen
bloß an den Aufichriften und Titeln hatte. Sen.
tranqu. an. 9. Bald entjtanden aud öffentliche
Bibliothefen, wie in Heineren Städten, 5. B. Tibur
und Comum, die förmlich eingeweiht wurden (Plin.
er. 1, 8), jo vor allen in Rom. Die erjte wurde
von Aſinius Bollio im Atrium des Tempels der
Freiheit auf dem Aventiniſchen Hügel errichtet.
Plin. 7,20. Ov. trist.3, 1,71. Octavtan gründete
deren 2, nachdem Cäſar durch den Tod daran ver:
hindert worden war (Suet. Caes. 44), die octavia-
nijche (Dio Cass. 49, 43), der Stadt gejchentt, und
die palatiniiche (daj. 53, 1. Suet. Oct. 29), Die
fatjerliche. Vgl. Beder, Topographie S. 111. Die
von den nachfolgenden Kaiſern errichteten über:
trifft an Bedeutung und Berühmtheit beiweitem
die Ulpia des Trajan. (Zell. 11,17. Dio (ass. 68, 16.
Aus einem bei der Ausgrabung von Hereulaneum
in neuerer Zeit aufgefundenen Bibliothefszimmer
eines Brivatmannes, das 1700 Bücherrollen ent:
hielt, ıft die innere Einrichtung eines jolchen recht
anjchaulic; geworden. Bor allem mußte ein reich—
lies Tageslicht vorhanden fein, weil es zugleich
Lejezimmer war. Die Bücher ftanden oder lagen
in Schränfen (armaria), die rings an den Wänden
herum, auch wohl mitten im Zimmer aufgeftellt
waren, und deren Höhe nur jo viel betrug, daß
man jedes Buch bequem herabreichen konnte. Die
einzelnen Fächer diejer Schränfe hiefen locula-
menta, foruli oder nidi. — al. Schmidt, Ge—
ichichte der Dent: und Glaubensfreiheit S. 109 ff.
Söll, über den Buchhandel bei den Griechen und
Römern (1865). Becker-Göll, Gallus II S. 418 ff.
Fr. Schmig, de bibliopolis Romanorum (1857).
W. Schmitz, Schriftiteller und Buchhändler in Athen
(1876). Birt, das antife Buchwejen im j. Verhält
nis zur Litteratur (1882). Haenny, Schriftiteller
und Buchhändler im alten Rom (2. Aufl. 1885).
Bucina (nicht buceina), ein unſerm Waldhorn
ähnliches, ichnedenförmig gewundenes Inſtrument
aus Metall (Or. met. 1, 335), von den Hirten
(Varr. r. r. 2, 4. 3, 13), am meiften aber im
Heerwejen gebraucht. Cie. Mur. 9. Im Yager wurde
damit das Yeicyen zur Ablöjung der Wachen jowohl
bei Tage als bei Nacht gegeben (vgl. Disciplina
militaris, 8.). Wollte der Feldherr das Heer zur
Erteilung eines Befehls verjammeln (Lir. 28, 27),
oder jollte dasjelbe gegen den Feind ausrüden, jo
ließ er vor jeinem praetorium durd; die bucina-
tores das Signal dazu geben. Waren 2 Feldherren
mit ihren Heeren vereinigt, jo war es eine Ehre
für den, bei welchem diejes Signal (classicam,
j. d.) gegeben wurde. Caes. b. c. 3, 82. — Mit dem
Aufziehen der erften Nachtiwache, bei Sonnenunter:
gang, fiel in früheren Zeiten der Anfang des
Mahles im Teldherrnzelt zujammen, daher mar
jenes Signal auc zugleich das Zeichen des begin-
nenden hles. Pol. 14, 3. Das Ende desjelben
wurde auf gleiche Weile befannt gemadt. Tae.
ann. 15,30. Diejelbe Sitte war auch bei den Mafe-
boniern. Athen. 4, 2. 12, 9.
Budini, Bovöivo:, waren nach Herodot (4, 108)
ein zahlreiches Bolt, blauäugig und feuerfarbig.
Sie bejahen eine hölzerne Stadt Gelonos, in der
Reallegiton des Hafi. Altertums, 7. Aufl
225
jih Tempel hellenifcher Götter fanden, denn die
Selonen jeien urjprünglich Hellenen und fprächen
teils ſtuthiſch, teils helleniſch. Sie wohnten jen—
ſeits des Tanais, 15 Tagereiſen vom Maiotiſchen
Meere. Hiſtoriſch läßt ſich nichts über dieſelben
beſtimmen.
Rukcphala, Bovxigpaie, 1) Stadt am weſtlichen
Ufer des Hydaſpes, von Alexander dem Großen
nach jeinem Siege über den Boros gegründet und
nad) jeinem in der Schlacht gefallenen Streitroffe
benannt. Arr. 5, 19,4. 29,5. — 2) Borgeb. an
der Südoftfüfte von Argolis am Hermioniſchen
Meerbujen, wahricheinlich j. Kap Korafa. Praus.
2, 34, 8.
Bukephälos, Bovxfpalos, Bovnspdlag, das
berühmte Roß Aleranders des Großen, welches
diejer als Knabe allein hatte bändigen können,
ſeitdem als Leibroß behielt und noch im Tod chrte
(j. Bukephala, 1.). Es jtammte aus Thefjalien,
wo wahrſcheinlich eine bejondere Pferderaſſe diejen
Namen führte. Plut. Alex. 6.61. Curt. 6,5,18f.
Arr. 5, 19, 4 ff.
Bukoliker j. Theokritos.
BovAn, der Rat. Schon bei Homer finden
wir einen Rat der Edlen und Fürften der allgemei-
nen Heeresverjammlung entgegengejegt (11.2, 53 ff.).
Während in Ariftofratien die Häupter der edlen
Familien, durch Wahl oder Geburt dazu berufen,
einen Nat bilden, in dem ſich die Staatögewalt
fonzentriert, finden fich in demokratiſch organifierten
Staaten Ausſchüſſe aus der jouveränen Volksge—
meinde, die den Namen Wat, Bowirj, haben und
aus jährlic gewählten oder erloften Mitgliedern
bejtehen. Jene ariftofratiihen Senate führen, wie
in Sparta, meift den Namen yspovol« (Bovin]
yeodvrov). Die Befugniffe der Bovin find nun
in den einzelnen Staaten verſchieden; am genaueften
find wir von der Stellung der atheniſchen Bowarj
der Finfhundert, 7) Bovin ol werrandcıoı (nicht
tor erraxocior) genannt, unterrichtet, auf die
wir daher unjere Darjtellung beichränten wollen.
(Über den andern, nad) Zujammenjegung und Stel:
lung mehr ariftofratijchen athenijchen Nat auf dem
Areopag ſ. Areiopagos.) Der Nat bejtand nad)
Solons Einrichtung aus 400 Mitgliedern, 100 aus
jeder der 4 ioniſchen Phylen, die das 30. Jahr
zurüdgelegt hatten. Vom Zutritt zu dem Amte
ausgejchloffen war urjprünglich die lebte der jolo-
nifchen Vermögensklaſſen, die Thetes. Durch Klei—
jthenes wurde die Zahl der Mitglieder auf 500
gebracht, 50 aus jeder der neu errichteten 10 Heifthe:
niihen Phylen, und ftatt der Wahl trat wahr:
icheinlich dur ihn das Los ein (Bohnen, daher
irb nvduov Auyeiv). Durch Ariſteides endlich
erhielten auch die Thetes das Necht Bulenten zu
werden, jo daß jeder Bürger, der das 30. Jahr
überjchritten hatte nnd ſich im vollen Beſitze jeiner
politijchen echte befand, in den Kat kommen
konnte. Im J. 306 v. E. ftieg durch das Hinzu:
fommen von 2 neuen Phylen, welche nad Anti:
gonos und jeinem Sohne Demetrios Poliorfetes
benannt wurden, die Zahl der Buleuten auf 600,
Später fehrte man, twie es jcheint, eine Zeit lang
zur Bahl von 10 Phylen und von 500 Bulenten
zurüd, bis um 265 v. E. eine Ptolemais (nad)
Pt. Philadelphos) und 200 eine Attalis (nad)
Attalos I. von Bergamos benannt) hinzukam, und
unter Hadrian jogar eine 13. Phyle, Hadrianis,
15
—
to
verſammelt waren, das Recht einen Myrtenkranz
226 “ Bulis — Bulla.
errichtet wurde. Die Zahl der Mitglieder, welche | und Zirnsıg), jpäter in der @oAog, während bie
jeit dem Hinzutritt der Ptolemais und Attalis | Staatätafel im Prytaneion verblieb. Die Funktion
jedesfall® 600 war, wird jet wieder 509. Vor | eines der Fünfzig und die Zeitdauer der Funktion
dem Amtsantritt mußten die Mitglieder ſchwören, heißt Prytaneia (mevrarei«), die Fünfzig, die au
für das Befte des Staats jorgen und ihre Befug: | der Reihe waren, heißen movravesıg (über die andern
niffe nicht überjchreiten zu wollen. Perſönliche Bedeutungen j. Tgvravıg); puli) ngvraveiovse
Vorrechte der Buleuten für die Dauer ihre® Amtes | heit der Stamm, der den Vorſitz hat. Die Pry—
waren Freiheit vom Kriegsdienfte, ein bejonderer | tanen erlofen für jeden einzelnen Tag einen dmıord-
Platz im Theater und, wenn fie als Kollegium | ns aus ihrer Mitte, welcher den Borjig im Rate
und in der Vollsverſammlung hat und die Schlüfjel
zur Burg und zum Archiv, ſowie das Staatsfiegel
aufbewahrt. Später jedoch, bald nach dem Archon:
tat des Naufinitos (378 dv. E.), erlofte jener Epi:
ftates, wenn er den Rat berufen hatte, 9 mooedenoı,
einen aus jeder Phyle außer der weurarevovse,
und an einen diefer 9 „und jeine orumposdonı“,
wie es in den Anjchriften heißt, gibt der Epiftates
den Borfip in Nat und Bollsverfammlung ab.
Diejer heißt dann ebenfalld Zmorärng. Der Epi:
ftates der pri) worrarsvoro« hat nur noch den
Vorſitz unter den Brytanen, die Aufbewahrung der
Schlüffel und des Siegels jowie die Wahl jener
roosdgor, die Yin zevrarsdonse nichts weiter
mehr zu thun, als in der Polos verjammelt zu
bleiben und jeden Tag einen Zmor&eng zu wählen.
— Zum Rate gehörten ferner noch der yoruuaredg
6 »ar& novrarelav aAngodeiz, der für jede Pry—
tanie, gewöhnlidy nicht aus den Prytanen, erloft
wurde (nach dem Sekretär der erjten Prytanie:
ds reürog Lyewuudreve, wird zuweilen das Jahr
bezeichnet), er hatte die Aufbewahrung der Be—
ichlüffe zu veranlaffen; ferner ein vom Wat er-
wählter yoauuerstg rar Bovisvrör; drittens ein
und Berjonen: und Gewerbe: Steuer der Nichtbürger, | von der Volksverſammlung eingejegter, welcher die
zu verpachten und die Pachtſummen einzutreiben, | Erfeuntniffe in Nat und Bolfsverjammlungen vor:
wobei er jogar die jäumigen Pächter und deren |las. Alle 3 waren Bulenten. Dazu fam ein
Bürgen feſſeln konnte (Demosth. Timoer. 146); | Rontrolleur (dvruiygapevg rs Bovinjg) und eine
ebenjo fam es ihm zu, die Zölle jährlich zu ver: | Anzahl jubalterner youuuareis, ömoygaunereig
pachten. Ferner fand die Dokimaſie der Archon: | u. |. w. (j. [’eauuarenvg).
ten und vielleicht aller übrigen Beamten vor ihm) Bulis, Boödıs, 1) n B., Hafenftadt im ſüdl.
ftatt. Auch hatte er Gerichtsbarkeit, aber eine be- | Phofis, unfern der Bat von Antifyra, an der
ichränfte, denn er konnte nur Gelditrafen bis zu | Örenze von Boiotien -am Fuße des Helifon, ur:
500 Drachmen auflegen, während er ſchwere Ber: | jprünglich wohl eine phoinikiiche Anfiedlung, dann
gehen, die bei ihm angezeigt waren, an die Gerichte | von Korinth aus dorifiert. Die Bewohner lebten
oder an die Volksverſammlung zu bringen hatte. | vorzugsweije von der Fiicherei der Burpurichneden.
— Beſchlüſſe, die er faßt (natürlich nur in Sachen, | Straub. 9, 423. Paus. 2, 37,2. — 2) ö B., ein
die zu feinem Wirkungstreife gehören), haben für | Spartaner, erbot ſich neben dem Sperthias frei-
jein Amtsjahr Gültigkeit. Demosth. Arıstoer. 92. | willig für jein Vaterland durd den Tod den Zorn
Selbftändige Gewalt hatte er nur, wenn das Volk | des alten Heros Talthybios zu jühnen, welchen die
ihn zum abroxedrwg machte. Andoc. myst. 15. | Spartaner durdy Ermordung der perfiichen Ge—
Demosth. fals. leq. 154. — Die Verſammlungen | jandten auf jich geladen hatten. Der König Zerres
des Rats fanden außer an Feittagen täglich ftatt, | aber, zu dem fie ſich begaben, um fich feiner Rache
und zwar int Bovlsvrrjgiov, und waren in der | preiszugeben, entjandte fie wieder in ihre Heimat,
Negel öffentlih. Zur Erleichterung des Gejchäfts: | weil er die Spartaner nicht von ihrer Schuld Löjen
ganges und zur Leitung des Ganzen, auch um wollte. Der Zorn des Taltyybios gegen die Spar-
den Staat zu feiner Zeit ohne beratende Behörde | taner war nun gejühnt, ruhte aber noch auf dem
zu laffen, war der ganze Rat in 10 Teile nad) | Geichlechte der beiden Gejandten, die jelbjt davon
den 10 Stämmen, jede Abteilung aljo aus 50 Mit: | verjchont blieben, deren Söhne aber, Nifolaos und
gliedern beftehend, geteilt. Jede Abteilung Hatte | Aneriftos, geraume Zeit ipäter (430 dv. C. auf
die Verpflichtung, den 10. Teil des Jahres hin: | einer Geſandtſchaft nad Ajien vom Thraferfönige
durch, je 35 oder 36 Tage (das attiſche Mondjahr | Sitalfes an die Athener verraten und von dieſen
hatte 354, das Schaltjahr 384 Tage), im Schalt: | getötet wurden. Hdt. 7, 134—137. Thuc. 2, 67.
jahr 38 oder 39 Tage, nach einer durd; das Los | Luc. Dem. enc. 32.
beftimmten Ordnung, die Gejchäfte des Rats zu) Bulla, eine platte goldene Kapjel, welche nach
leiten und den ganzen Tag über beifammen zu altetruſkiſcher Sitte von den vornehmen, bald auch
jein, in der ®olog nahe am Bovisvrrjgror, in | allen freigeborenen Kindern an einem Bande um
alten Zeiten im /lpvrarsiov; hier jpeiften fie früher | den Hals getragen wurde (j. die Abbildung). Plin.
mit den Ehrengäften des Staates (j. Asloıroı)28, 4, 7. Cie. Verr. 1, 58. Die Knaben der
zu tragen. Außerdem erhielt, wahricheinlich jeit
der perikleiſchen Zeit, jeder der Buleuten für jeden
Sigungstag einen Sold von einer Drachme, wıodög
Bovisvrınög. Nac Ablauf des Jahres wurde der
ganze Rat nach der. Rechnungsablage, wenn er jein
Amt befriedigend verwaltet hatte, durch einen gol:
denen Kranz vom Volke geehrt, der dann in einem
Heiligtume aufbewahrt wurde. Die Opfer beim
Antritt des Amtes hießen elsırjgıe, die nad)
Vollendung des Amtes dire. — Die Geſchäfte
des Rats beftanden nun zunächſt darin, daß er
über alles, was vor das Volk gebradyt wurde,
vorher beriet (Plut. Sol. 19) und einen Vorbeſchluß
(zeoßovblsvue) fahte, eine Schrante der Demofra:
tie, die jpäter wohl zuweilen überjchritten wurde.
Diejer Stellung entſprach es auch, daß er die
Berichte der Feldherren empfing und fremde Ge—
jandte in die VBolfsverjammlung einführte. Außer:
dem übte der Nat nod eine jehr ausgedehnte
verwaltende Thätigfeit. Xen. resp. Ath. 3,2. Er
hatte die Aufficht über die gejamte Verwaltung,
namentlich über die (finanzen: er hatte die Staats-
gefälle, nämlid den Ertrag der Staatsgüter, Zölle
nn — — — — — — —
a
Bullis —
libertini trugen eine aus Xeder, bulla scortea.
Sie war urjprünglich Amulett, aber dieje Beſtim—
mung war jchon zu Varros Zeit vergeſſen. Mit
der toga praetexta wurde jie ab:
gelegt und den Göttern geweiht.
Bullis, Bovilids, Bullıg, St. im
J— jüdlihen Illyrien, nicht weit von
Apollonia, j. Khaifali. Caes. b. c.
3, 40. Die Einwohner heißen (daj.
3, 12) Bullidenses, bei Cie. Pis.
40, 96 Bullienser.
Bupälos j Bildhauer, 3. u.
u Hipponax unter lambogra-
DE phen.
I... |] Buporthmos, Bovrop#uos, ein
zu dem Gebiete von Hermione gehö—
rıger halbinjelartiger Bergvorjprung an der Küjte
von Wrgolis, wo ſich Heiligtümer der Demeter,
Kore und Athene befanden; i. Kap Mujali. Paus.
2, 34, 8.
Buprasion, Bovrgdsior, alte, früher jehr an-
jehnliche Ortichaft der Epeier im „hohlen Elis“
am linken Ufer des Lariſſosfluſſes, jpäter ver:
ichwunden (Hom. Tl. 2, 615 u. Ö.), wahrjcheinlich
wie eine eigentliche Stadt, jondern eine wohlbebaute
(aolurvoos) und bevölterte, im jpäteren Altertum,
wie heute, fajt ganz unbewohnte Gegend. Strab.
8, 340.
Bura, Boög«a, Stadt in Achaia, 373 v. E. zu:
gleich mit Helile durch ein furchtbares Erdbeben
zeritört und vom Meere verichlungen, dann aber
wieder aufgebaut. Am Fluſſe Bovenixög war in
einer Örotte ein Orakel des Herafles. Strab. 6, 385 f.
Ruinen eines großartigen Theaters find 1881 auf:
gefunden worden.
Burchäna, Bveyaris, Nordjeeinjel der Mün—
dung der Amijia (Ems) gegenüber, von Druſus
erobert, von einer wild wachſenden Bohnenart
auch Fabaria genannt; j. Borfum. Plin. 4,13, 27.
Strab. 7, 291.
Burdigäla, uralte Stadt der feltiichen BiturY-
ges Vibisci am weftlichen Ufer der Garumma (j.
Bordeaur, ſpaniſch Bordelos), bedeutender Handels:
vlaß, jpäter ein Hauptſitz der Wiffenjchaft und
Hauptjtadt der Provinz Aquitania secunda; Ge:
burtsort des Dichters Aujonius. Strab. 4, 190,
Eutr. 9, 10. Amm. Marc. 15, 11.
Bürger, Bürgerrecht j. Civitas.
Buri oder Burii, Boögo:, germanifcher Bolfs:
ftamm, nad) Tac. Germ. 43 in Sprache und Lebens:
weile den Sueben verwandt, der wahricheinlich an
der oberen Oder und an den Weichjelquellen feinen
Wohnfiß hatte. Frühzeitig mit den Römern be-
freundet, nahmen fie teil an den Feldzügen Tra
jans gegen die Dacier und jtanden den Kaiſern
Marc Aurel und Commodus gegen die Marko—
mannen und Quaden bei. Dio (ass. 71, 18. 72,2.
Bald nachher aber erjcheinen jie als Verbündete
diejer Völfer gegen die Römer. J. Grimm leitet
ihren Namen auf die W. bairan zurüd.
Burrus j. Afranii, 4. ımd Antistii, 7.
Bursa j. Munatii, 3.
Boös, 1) Opferfuchen in Form eines Horns.
— 2) eine athenifhe Münze, worauf ein Stier
geprägt war. Plut. Thes. 25. Bon Beftochenen,
die ſchweigen, wo jie reden jollten, das Spridy:
wort: Boüg &rl ylacan Beßnner, Boüv Iml yAuo-
ons pegzıv.
227
Busiris, Bovsıgıs, 1) Sohn des Aigyptos, von
der Danaide Automate ermordet. — 2) ein ägyp—
tiiher König, Sohn des Poſeidon und der Lnfia-
nafja, eifier Tochter des Epaphos, der die Fremd: .
linge, die in fein Yand famen, am Altar des Zeus
opferte. Apollod. 2, 5, 11. Herakles erjchlug ihn
jamt ſeiſem Sohne Amphidamas — eine jehr po:
puläre griechiſche Sage.
Bustuarii j. Gladiatores, 6.
Butes, Bovrng, auch Bovras, 1) Sohn des
Boreas, ein Thrafer, der, von jeinem älteren Bruder
Lykurgos verbannt, die Inſel Strongyle (das jpätere
Naros) beſetzte. Auf einer Raubfahrt nach Frauen
fing er in Thefjalien bei einem Fefte des Dionyſos
eine der feiernden Frauen, Koronis, und zwang fie,
ihn zu ehelichen. Koronis flehte den Dionyjos
um Race an, und Butes ward wahnfinnig, jo daß
er fich in einen Brunnen ftürzte. Diod. Ste. 5, 50.
— 2) athenijcher Heros, Sohn des Pandion umd
der Yeurippe, Bruder des Erechtheus, Gemahl der
Ehthonia, Pflüger und Stierhirt, Prieſter der Athene
und des erechtheiichen Poſeidon, von welchem das
priefterliche Gejchlecht der Butaden oder Eteo:
butaden fich ableitete. Die Sage macht ihn zum
Kriegshelden und Argonauten; als folcher heißt er
gewöhnlich Sohn des Teleon und der Zeurippe. —
Der atheniiche Argonaut ift dann wieder mit einem
3) ſiciliſchen Butes am Eryr verichmolzen worden.
Diejer gehört dem Kreiſe der Aphrodite an und
it eine dem Anchijes ähnliche Gejtalt. Aphrodite
gebar ihm den Erur, wie dem Anchijes den Mineias,
den die Dichter gern jeinen Bruder nennen. Bei
Diodor (4, 83) heißt er ein in Sicilien einheimi—
iher König. Indem die Sage ihn mit dem Nr:
gonanten identifizierte, dichtete fie, als die Argo-
nauten an den Sirenen vorbeifuhren, habe ſich
Butes allein durch deren Belang verloden laffen
ins Meer zu ſpringen; Aphrodite aber rettete ihn
und brachte ihn nach Lilybäum, wo fie mit ihm
den Eryr erzeugte. Apollod.1,9,25. Apoll. Rhod.
4, 913. — 4) Bater des in Mefjenien herrichen:
den Polykaon. Paus. 4, 2, 1. — 5) Pater der
Dippodameia, der Gemahlin des Beirithoos. Diod.
Sie. 4, 70. — 6) Sohn des Ballas, Athener. Or.
met. 7, 500. — 7) Argiver, Herrſcher über Rhodos.
Diod. Sie. 5, 59. — 8) und 9) zwei Trojaner, Be-
gleiter des Aineias. Verg. A. 9, 646. 11, 691 ff.
Buthrötum, Bovdowror, j. Butrinto mit an:
jehnlichen Ruinen, blühende Seeſtadt und jpätere
römijche Kolonie an der epeirotiichen Küſte, Ker-
fyra gegenüber, mit einer Eitadelle und einem Hafen
Pelodes (IInkadng, TIalüdes), der Sage nad) von
flüchtigen Troern unter Helenos erbaut. Dion.
Hal. 1, 51. Serv. in Verg. A. 3, 349.
Buto, Bovr@ oder -oös, 1) die Schußgöttin von
Unterägypten, von den Griechen für Leto erflärt.
Sie rettet die Kinder der Iſis, Horos und Buba-
ftis, vor Typhon auf die Inſel Ehemmis (j. d.)
2) Stadt mit vielbejuchtem Tempel und Orakel
der Göttin, an dem gleichnamigen See, durch
welchen der jebennptijche Nilarm flieht; jebt Tell
Ferain, nördlich von Sais. Hat. 2, 59. 83. 15%,
155 1.
— Bov&svrov, urſprünglich Pyxũs,
j. Policaſtro di Buſento, Stadt in Lucanien an
einem gleichnamigen Borgebirge im nördlichen
Winfel des Terinäijchen Meerbujens, angebl. ge:
gründet von Mifythos, Tyrannen von Mefjana,
15 *
Buxentum.
228
467 v. E., jeit 195 röm. Stolonie (Liv. 32, 29);
Überfahrtsort nach Sicilien. Strab. 6, 252.
Byblis, Bößlıs, Tochter des Miletos und der
. Karierin Eidothea oder der Kyanee, eine Tochter
des Maiandros, ftarb vor heftiger Liebe zu ihrem
Bruder Kaunos, der fie verjchmähte. Aus ihren
Thränen entjtand ein Quell. Ov. met. Maas fi.
Byblos, Büßlos, im U. T. Gebal, daber j.
Dichebeil, phoiniliſche Stadt zwiſchen Tripolis und
Berytos, an feljiger Küfte, während die Altſtadt
in einiger Entfernung vom Meere auf einer Berg:
höhe lag; Sig eigener Fürſten (Arr. 2, 20, 1),
deren legten Bompejus hinrichten ließ. Bier war
der Mittelpunkt des Aftarte- und Adonisfultus.
In der Färbung, die der Fluß Mdonis (6 km ſüdl.
von Byblos, j. Nahr Ibrahim) zu gewiſſen Zeiten
von der roten Erde annimmt, erfannte man das
Blut des von dem Eber getöteten Gottes. Strab.
16, 755.
Byrsa j. Karthago.
Byssos, ßöscos, viell. Baumwolle (£giov arö
Evlov, gossypiom arboreum). Die in Elis wach—
jende gelbe war ſehr teuer (Plin. 19, 4. Paus.
6,5, 2. 6, 26, 6. 7, 21, 14); die aus Indien ein-
geführte war jedesfalls wirkliche Baumwolle. Die
Römer benußten fie jeltener zum Kleiderſtoff als
Wolle. Häufig wird byssus ftatt linum gejagt
und umgefehrt, weil beide Stoffe große inne
feit hatten.
Byzacium, Bvfdxıor, bei Polybios Bukanis,
Bvscärıg, der mittlere Teil von Africa propria,
d. h. dem ehemaligen Gebiete von Karthago, jpäter
eine eigene Provinz, prov. Byzacena, grenzte im
S. an das innere Libyen, im D. an das Meer,
im N. an den nördlichen Teil von A. propria,
Beugitäna, im W. an Numidien und war jehr
fruchtbar und ergiebig. Unter den Städten jind
zu nennen: Hadrumeétum, Leptis minor,
Thyſdrus, Sufetula. Pol. 1, 29. Diod. Sie.
20, 8.
Byzantiner nennt man im engeren Sinne die:
Byblis — Cadus.
lieren. Die bedeutenditen find: Jonaras (+ 1118),
Niketas Akominatos oder Choniates (Fum
1216), Nifephoros Öregoras (71359), Lao—
nitos Chalfofondylas (F um 1463), melde
zujammen eine vollftändige Gejchichte von Conſtan—
tin d. Gr. bis auf die Eroberung Eonftantinopels
geben. Dieje Hiftorifer find gejammelt unter
Labbes Leitung Paris 1645—1711 in 36 Bänden,
welche in Venedig feit 1722 in 23 Bänden nad:
gedrudt find. Dazu famen jpäter noch 5 von ver:
ichiedenen Gelehrten bejorgte Bände, zuleßt Yeo
Diafonus von Haje (1829). Eine neue fritijche
und wertvolle Sammlung iſt unter Niebuhrs Lei—
tung erichienen: Corpus scriptorum hist. Byzan-
tinne (Bonn 1818 ff., 48 BB.).
Byzantion, Bv£drzor, von Milefiern unter
Byzas im J. 658 v. E. an dem j. g. Goldenen
Horn (Kovosxsgag), einem Bujen des Boiporos,
der einen trefflihen Hafen bildet, auf 2 Hügeln
gegründet zwiichen der Propontis und einer Ein:
bucht des Boiporos. Beim Herannahen des Kerres
gaben die Bewohner ihre Stadt auf und zogen
nad) Mejambria am Pontos. Doch erhob ſich nad
Berwüftung durch die Perſer (Hdt. 6, 33) und
nach deren Demütigung die Stadt bejonders durd)
die Bemühungen des Spartaners Baujanias wieder
zu einer bedeutenden See: und Handelsſtadt von
40 Stadien Umfang. Der jpartaniihe Einfluß
mußte im peloponnejiichen Kriege eine Zeit lang
dem athenijchen weichen; zur Zeit Philipps warfen
jich die Byzantiner den Athenern ganz in die Arme,
und dieje leifteten ihmen gegen den König jo nad):
drüdlichen Beiftand, daß den Athenern aus Danf:
barkeit das Bürgerrecht verliehen wurde (340 v. E.).
Auch des Andrangs ihrer thrafiihen Nachbarn er:
wehrte ſich die Stadt mit Glüd und blühte beſon—
ders durch Handel mit Getreide und geräucherten
Thunfiichen empor, eine Blüte, die jich noch fteigerte,
als die Römer ihr nicht allein ihre Gelege lichen
‚und ein anjehnliches Gebiet in Pontos abtraten,
ſondern auc einen Teil des bedeutenden Sund—
jenigen Gejchichtichreiber, welche die Geichichte des | zoll zugejtanden. Nun wurde die Stadt auch be:
oftrömischen Reichs oder des byzantiniſchen Kaiſer- feftigt. Sehr jchwer litt B. aber unter der Zerſtö—
reichs von Conftantin dem Großen (325 n. E.) an | rung durd den Kaiſer Septimius Severus(199n.E.),
bis auf den Untergang diejes Reichs 1453 ent:
weder im ganzen oder teilweife behandelt haben.
Ihr Wert befteht faft einzig darin, daß ſie die
ausichließlichen Quellen der mittleren Geſchichte
jomohl des byzantinijchen Neichs als der angren:
zenden Yänder find: weder reiner Stil noch Plan,
Urteil und Geichmad zeichnen fie aus. Sie find
oft parteilich; am meijten verdienen fie Glauben,
two jie die Gejchichte ihrer Zeit geben, während
fie früher oft ohne Urteil abichreiben oder kompi—
gegen den fie für den Pejcennius Niger Partei
genommen hatte. Erft unter Eonftantin dem Großen
erjtand fie aufs neue (330), indem er durch Hin:
uzichung mehrerer Hügel eine zweite Siebenhügel
Habt daraus zu machen juchte, die als neue und
prachtvolle Reſidenz des Neichs Constantinopölis
(Kovorarrıvodrolıg) genannt wurde (j. Conſtan—
tinopel oder Stambul). Der Umfang der befeftig:
ten und in 14 Regionen geteilten Stadt betrug
1'/, geographiiche Meilen.
C)
Cabillönum, bedeutende Stadt der Mduer in
Gallien am Arar, j. Ehalons jur Saone, anjehn:
liche Handelsſtadt, wo ſich römische negotiatores
aufhielten. Caes. b. g. 7, 42. 90. Strab. 4, 192.
Cabira j. Kabeıra,
Caeus j. Herakles, 9.
Caduceätor und Cadneöus j. Krjov£.
Cadurei, ein feltiiches Bolt in Aquitanien mit
der fejten Bergitabt Urellodunum. Die jpätere
eivitas Cadurcorum hieß Divöna, j. wahrichein-
lich Cahors. Caes. b. 4. 7,4. 64. 75.
Cadus ſ. Trinkgefüfse und Vasa.
*) Die auch im Griechiſchen vorfommenden Ramen j. unter K.
Caecilii,
Caeecilli, eine ausgebreitete und berühmte ple-
bejiiche gens, die bejonders im 3. Jahrh. v. €.
zu großer Auszeichnung gelangte: 1) 2%. Cäc.
Metellus, Konſul 251 und 247 v. E., Feldherr
gegen die Karthager im erften puniichen Kriege
auf Sicilien, ließ fih aus Furcht vor ihren Ele:
fanten auf feinen Kampf ein. Erjt 250 jchlug er
Dajdrubal bei deſſen Angriff auf Ranormos und
erbeutete viele Elefanten. Pol.1, 39. 40. Cie.r.p
1,1,1. Oros.4,9. Als magister equitum diente
er 249 unter Atilius Galatinus, 243 (Cie. Cut. m.
9, 30) wurde er pontifex maximus; als er bei
Rettung des Balladiums aus dem brennenden Beita-
tempel jein Geſicht verlor, erhielt er die Auszeich—
nung, ſich in den Senat fahren laſſen zu dürfen.
Cie. Scaur. 23, 48. Val. Max. 1,4, 5. Oros. 4,11.
— 2) D. Eäc. Met., deſſen Sohn, befleidete das
Konjulat 246 v. C. (Liv. 28, 10), die Diktatur 205
(Liv. 29, 1), war Decempir zur Aderverteilung 201
(Liv. 31, 4), Gejandter bei Philipp von Matedo-
nien 185, bei den Achaiern 183. Liv. 39, 24. 38.
Als Redner nennt ihn Eicero (Brut. 14, 57. 19, 77).
— 3) 2. Cäc. Met., des vorigen Bruder, juchte
nach der Niederlage bei Sannä einen Teil vorneh—
mer Römer zur Nuswanderung zu gewinnen, was
jedod) von Scipio verhindert wurde. Liv. 22, 53.
Oros. 4, 17. Er erlitt dafür im J. 214 die jchimpf:
liche Strafe, unter die Ararier verjegt zu werden.
Liv. 24, 18. 27, 11. In demjelben Jahre jedoch
erwählte das Bolf ihn zum Tribunen, Liv. 24,43,
— 4 M. Cäc. Met., jein Bruder, war im J. 208
plebejijcher Adil, 206 PBrätor, 205 Gejandter an
Attalos, um das Bild der Göttermutter aus Aſien
nah Rom zu holen. Liv. 27, 36. 29, 10. —
5) DO. Eäc. Met. Macedonicus, Sohn des
Lucius Metellus, als Prätor im 9. 148 v. C.
Beſieger des Andriflos oder Pieudophilippos von
Makedonien (Flor. 2,14. Vell. Pat. 1, 11), woher
er den Beinamen erhielt. Dann zog er gegen die
Adaier, um eine der römischen Geſandtſchaft in
Korinth widerfahrene Beleidigung zu rächen, und
ſchlug ihren Feldherrn Ktritolaos im Engpaß von
Thermopylai und bei Ehaironeia, konnte aber den
Krieg nicht zu Ende führen. Konfjul im 3. 143,
bejiegte er im nächften J. die Celtiberer. Liv. ep. 53.
App. Iber. 76. Val. Max. 9, 3,7. Flor. 2,16. Im
%. 131 wurde er als der erfte aus plebejiichem
Stande Cenſor, aber jeine Strenge zog ihm große
Feindichaft zu. E. Mtinius Labeo, den er aus
dem Senate gejtoßen hatte, verfolgte in als Volks⸗
tribun mit jeinem Haß und wollte ihn vom Tar-
pejiichen Felſen ftürzen, was nur durch die andern
Tribunen verhindert wurde. Liv. ep. 59. Gell. 1,6.
Cie. de dom. 47, 123. Auch mit dem jüngeren
Scipio ftand er nicht auf gutem Fuße, chrte aber
nach deſſen Tode das Andenlen des großen Feld—
berrn. Cie. off. 1, 25,87. Val. Max. 4,1, 12.
Als Feldherr gegen fein Heer ftreng, zeigte er
gegen die Feinde Güte und Menichlichleit; im
Kriege bewies er Klugheit mit Schlauheit gepaart.
Bol. Vell. Pat. 1,11. Cie. r. p. 1, 19,31. Er
hinterließ (Cie. Phil. 8, 4, 14) bei jeinem Tode im
J. 115 folgende 4 Söhne: 6) D. Cäc. Met. Ba:
learicus; bejiegte als Konſul die jeeräuberijchen
Bewohner der Balenriichen Inſeln (daher jein Bei:
name, Flor. 3, 8. Oros. 5, 13. Strab. 3, 167) und
führte römische Koloniften dahin, 123 v. E. Am
J. 121 triumphierte er (Cie. fin. 5, 27, 82) und
229
wurde im folgenden Cenſor. Seine Tochter Cä:
cilia Metella war Gattin des App. Claudius
Pulcher und Mutter des Prätors App. Claudius
und des Voltstribunen P. Elodius. — T) X. Cäc.
Met. Diademätus, Konful im J. 117 v. E,,
wirkte für die Zurüdberufung des Metellus Numi:
dieus aus der Verbannung im J. 99. Seinen
Beinamen hatte er von der Binde (diadema), welche
er lange Zeit zur Bedeckung eines Geſchwürs um
die Stirn trug. Plut. Coriol. 11. — 8) M. Cäc.
Met., Konful im. 116 v. C., ig auf Sar:
dinien 114. — 9) €. Eäc. Met. Caprarius
(ungewiß weshalb jo zubenannt, Anjpielung darauf
Cie. de or. 2, 66, 267), befiegte ala Konſul 113 v. C.
die Thrafer (Eutr. 4, 25) und verwaltete die Cen-
jur mit Metellus Numidiens im J. 102. Vell.
Pat. 2,8, 2. App. b. c. 1, 28. Cic. Sest. 47, 101.
Val. Ma«. 8, 5, 1. — 10) D. Eäc. Met. Celer,
Sohn des D. Metellus Nepos, Entel des Metellus
Balearicus, diente zuerft unter Bompejus als Legat
egen die am Kaukaſus wohnenden Albaner im
8 66 v. E., als deren König Oröſes die Römer
am Fluſſe Kyros (Kur) überfiel (Dio Cass. 36, 36F.;
vgl. Eutr. 6, 14. Plut. Pomp. 34), verwaltete
jpäter (63) die Prätur (Cie. Sull. 23, 65), ein Amt,
in welchem er die Berurteilung des Rabirius hinter:
trieb, widerjegte fih dem Treiben der Gatilinarier
in Oberitalien (Sall. Cat. 42) und veriperrte ihnen
den Weg nad) den Alpen (Sall. Cat. 57) im März
62 (Dio Cass. 37, 39); er erhielt als Prokonſul,
ohne Konſul gemwejen zu fein, Gallien als Provinz
(Cie. ad fam. 5, 23). Im J. 60 war er Konſui
(Hor.od.2,1,1). Dem Bompejus war er teild aus
perſönl. Gründen feind, da dieſer feine Gemahlin, des
Metellus Stiefichwefter, verftohen hatte, teils aus
politiichen, da Pompejus um die Gunſt des Volkes
buhlte, Metellus aber zur Optimatenpartei gehörte.
Daher widerjeßte er fich auch dem zu Sunften des
PBompejus wie des Volkes vorgeichlagenen agrariichen
Geſetze des Tribunen Flavius mit jolcher Feitig:
feit, daß das Gejeh nicht weiter zur Sprade fan.
Ihn unterftügten dabei Lucullus, Craſſus und Cato.
Dio Cass. 37, 49f. Plut. Luc. 42. Pomp. 46. Cat.
min. 31. Ebenjo feft trat er der Abficht jeines
Betters und Schwagers Elodius, in den plebejiichen
Stand zu treten, um Bolfstribun werden zu können,
entgegen. Cie. ad Att. 1, 18, 5. 2, 1,4. Nicht fo
glücklich war er hinfichtlic) des von Cäſar vorge:
ichlagenen neuen Adergejeges, welches nur defien
jelbitiüchtigen Zwecken dienen ſollte; Metellus mußte
ſich demjelben fügen ‘im X. 59), ebenjo Cato, jein
eifriger Mitfämpfer. Dio Cass. 38, 1—7. Cie. ad
fam. 13, 4. App. b. ce. 2, 10. Liv. ep. 103. Suet.
Caes. 20. Vell. Pat. 2, 44. 45. Er jtarb plößlich
im %. 59, und es fiel auf feine Gemahlin Claudia
(Tochter des Appius Claudius Pulcher und der
Cäcilia Metella) der Verdacht, ihn vergiftet zu haben.
Cie. ad Att. 2, 1.5. Cael. 24, 59. — 11) DQ.Cäc.
Met. Nepos, Bruder des vorigen, diente unter
Pompejus im 9. 67 v. E. als Legat gegen die
Seeräuber (Flor. 3, 6), dann in Afien und wurde
im J. 62 Bolfstribun. Als jolcher trat er zuerjt
gegen Cicero auf und unterjagte ihm, die beim
Schluſſe des Konjulats übliche Rede ans Volk zu
halten, jo daß Cicero, als er fein Amt niederlegte,
einfach erflärte, er habe die Republik (gegen Ca:
tilina) gerettet. Cic. ad fam. 5, 2, 6 ff. Plut. Cie. 23.
Im weiteren Verlaufe feines Tribunats verfolgte
230
Nepos den Cicero mit jeiner feindlichen Gefinnung,
fand aber entichiedenen Widerftand beim Senat,
welcher hinfichtlich der Gatilinarier Ciceros Ber:
fahren billigte. Cie. ad Att. 7, 13,5. Plut. Cie.
23,26. Alles, was Nepos that, gejchah im In—
terejie des Pompejus, den jener gern gegen Cicero
gebraucht hätte. Aber auch jein Kollege Kato hin:
derte jein gewaltthätiges Berfahren gegen den be:
rühmten Redner, es fam jogar zu Thätlichkeiten,
und Met. mußte fich zu Pompejus begeben. Mut.
Cat. min. 26 ff. Suet. Caes. 14 ff. Als diejer aus
Aſien zurüdtehrte, begleitete ihn Met. und trat
von neuem gegen Cicero feindlih auf. Da Rom:
pejus dem Cicero günftig geftimmt war, gab Met.
als Konjul jeine Einwilligung zu Ciceros Rückkehr
aus der Verbannung im J. 57. Cie. Sest. 23, 72.
Dio Cass, 39, 8. Seinen Berwandten Clodius
verteidigte Met. gegen Milo, entzog ihn der Unter:
fuchung, beförderte jpäter feine Bewerbung um
die Adilität (Cie. ad Att. 4, 3, 4) und ging dann
in feine Provinz Hilpanien. In der Frolge jcheint
zwiichen ihm und Cicero ein freundlicheres Ber:
hältnis geherricht zu haben. Cie. ad fam. 5,3. Als
Profonjul kämpfte er in der Provinz Hijpanien,
welche ihm durd Cäſar, dem er ſich anſchloß, aud)
ferner bewilligt war, gegen die friegerifchen Baccäer
mit abwechjelndem Glüde (56 und 55). Er ſcheint
bald nad) jeiner Rückkehr aus diefer Provinz ver:
ftorben zu fein. Dio (ass. 39, 54. 12) 2, Eäc.
Met. Dalmaticuns, Sohn des Calvus und Bruder
des Metellus Numidicus, erhielt feinen Beinamen
von einem fait thatenlojen Kriege gegen die Dal:
matier, welchen er als Konjul im J. 119 v. €.
führte. App. Illyr. 11. Als Genjor im J. 115
zeichnete er fi durch Strenge gegen den Senat |
aus. Cie. Cluent. 42, 119. Liv. ep. 62. -—- 13) Seine
Tochter, Cäcilia Metella, vermählte fich in zweiter
Ehe mit Sulla, zu welchem fie (87 v. €.) bei den
Unruhen des Cinna flüchtete, als er gerade vor
Athen ftand. Die ihr von den Athenern wider:
fahrenen Beleidigungen rächte Sulla durch ftrenges
Verfahren gegen die Stadt. Sie ftarb im X. 81;
noch vor ihrem Ende lieh ſich Sulla von ihr jcheiden.
Plut. Sull. 35. — 14) DO. Cäc. Met. Numidi:
cus, Bruder des Dalmaticus. Das erfte von ihm
Caeeilii.
den Saturninus (App. b. c. 1, 28), welcher im
J. 100 als Bolfstribun ein Adergejeß einbrachte, dem
ſich Met. entichieden widerjegte. Cie. Sest. 47, 101.
Liv. ep. 69. Als Marius und Saturninus feine Ber:
bannung in Vorſchlag brachten, ging er 100 frei:
willig ins Eril nach Mfien. Cie. Cluent. 35. de
dom. 31f. Plut. Mar. 29. Cat. min. 32. Flor.
3, 16. Mber ſchon im J. 99 kehrte er nach dem
Sturze des Eaturninus zurüd, nachdem aufer Ca—
lidius auch feine zahlreiche Berwandtichaft fich
dringend für ihm verwendet hatte. Cie. Plane. 28.
Val. Max. 5, 2, 7. Gell. 13, 28. App. b. ce. 1, 33.
Er ftarb wahrjcheinlich im 3. 91, der Sage nadı
an Gift, nadı andern gebrochenen Herzens. Cie.
ad fam. 1,9. Er war unbeftreitbar ein Mann
von großen Eigenschaften, ftreng und umfichtig als
Feldherr, von großer Ruhe des Gemütes und tief
befümmert über die Yage feines damals durch wilde
Barteiftürme zerrifienen Baterlandes. Sall. Jug.
43, 82. (ic. ad Att. 1, 16,4. Balb. 5, 11. Als
Nedner nennt ihn Cicero (Brut. 35, 135). llber:
haupt beſaß er wiflenichaftlihe Bildung und ver:
brachte daher bei. die Zeit jeines Erils in Nhodos
im Berfehr mit gebildeten Männern. Liv. ep. 69.
15) Sein Sohn, ©. Cäc. Met. Pins (jo ge:
nannt, weil er mit Bitten findlicher Yiebe Die
Nüdtehr feines Vaters betrich), verwaltete die Prä—
tur 89 v. C. (Cie. Arch. 4, 7. 29, 69. App. b. c.
1, 103), ſchlug im %. 88 als Proprätor die ita-
lichen Bundesgenofien und eroberte Benufia (App.
b. c. 1, 53), weigerte ſich aber 2 Jahre jpäter den
Befehl über das Heer gegen Marius, wie die
Soldaten es wünschten, zu übernehmen und begab
jih, als das Heer ſich deshalb auflöfte, nach Afrika.
Plut. Mar. 42. Im %. 83 ſchloß er fih an Sulla
an, ſchlug die Marianer in mehreren Treffen im
J. 82 (App. b. c. 1, 80), unterwarf dann ganz
Oberitalien nad) dem Siege bei Faventia (App.
b. c. 1, 87 ff.), wurde Konſul mit Sulla (80) und
führte dann den Krieg gegen Sertorius in Hiſpa—
nien. Plut. Sull. 28. Anfangs gegen feinen aus:
gezeichneten Gegner nicht glüdtich, ſchlug er ihn
darauf mehrere Male, ohne daß Pompeius, der
mit einem zweiten Heere nach Hiſpanien gejchidt
war, ihm beiftand. Nach Sertorius’ Tode (72)
verwaltete Amt war die Brätur. Im J. 109 v. E. | fehrte er nad) Rom zurüd und triumphierte, im
zum Konjul gewählt, übernahm er den Strieg gegen
Jugurtha (Sull. Jug. 43), den er nach Wiederher-
ftellung der erjchlafften Kriegszuct im Heere mit
Energie führte, während er ſich allen Verſuchungen
unzugänglich zeigte. Sall. Jug. 43. Den Jugurtha
bejiegte er zuerft am Fluſſe Muthul (daf. 48 fi.).
Als die eingeleiteten Unterhandlungen wegen Unter:
werfung des Jugurtha fich zerichlagen hatten, und
ihm der Oberbefehl verlängert war, griff Met. den
Jugurtha im folgenden Jahre wiederum an, jchlug
ihn und eroberte die Stadt Thala. Sall. Jug.
62. 68 ff. Oros. 5, 15. Er rüftete fich gerade den
Augurtha und den mit ihm verbündeten Nönig
Vochus von Mauretanien anzugreifen, als Die
Nachricht Fam, fein Legat C. Marius, der ſchon
lange gegen ihn intrigiert hatte, ſei zu ſeinem
Nachfolger ernannt (Sall. Jug. 73. 82). So nahe
am Biel, verlieh Met. mit gerechten Schmerze den
Schauplatz jeiner Thaten, erhielt jedody zu Rom
die Ehre des Triumphes. Vell. Pat.2, 11. Eutr.
4,27.
\
|
|
Scipio Najica.
J. 71. Eutr. 6,5. Darauf wurde er Pontifer
Marimus und ftarb wahrjcheinlih im %. 64. Um
feinen Ruhm zu verbreiten, begünftigte er die
Dichter, jelbft unbedeutende; mit dem Dichter Ar:
chias war er befreundet (Cie. Arch. 10, 26). —
16) DO. Cäc. Met. Pius Scipio, Entel der an
P. Scipio Nafica verheirateten Cäcilia, Tochter
des Macedonicus, und Sohn des P. Cornelius
Durh Adoption des D. Metellus
Pius fam er in die Familie der Meteller. Cie. Brut.
58, 212. Dio (ass. 40, 51. Cicero verdankte ihm
mehrere Mitteilungen über die Verſchwörung des
Eatilina (Put. Cie. 15) und verteidigte ihn (60v. C.),
da er als Boltstribun in Anklagejtand fam. Seine
Bewerbung ums Konjulat im %. 53 mißlang, da
der damals allgewaltige Bompejus allein zum Non:
jul gewählt wurde. Zar. ep. 107. Dio Cass. 40, 50.
Met. Scipio trat bald in ein engeres Berhältnis
zu dem mächtigen Manne, der feine Schweiter
Cornelia heiratete (Plut. Pomp. 55), wurde fein
Im %. 102 war er Genfor und verwaltete | Kollege im Konfulat und trat nun als offener
jein Amt mit großer Strenge, bejonders gegen | Gegner Cäfars auf, indem er im J. 49 beantragte,
Caecinae.
dab Eäjar jein Heer zu beftimmter Zeit entlaflen
follte, wenn er nicht für einen Feind des Staates
gelten wollte. Caes. b. c. 1,2. Bei der Vertei-
lung der Brovinzen erhielt er Syrien. Hier zeigte
fich feine Habſucht und feine Feigheit ebenjo, wie
jpäter im Striege gegen Gäjar, wenigitens nad)
Cäſars Darftellung; nicht einmal die Tempel waren
vor jeinen Räubereien ſicher. Im Bürgerfriege
wich er dem Kampfe gegen Cäſars Feldherrn Do:
mitius aus (Caes. b. c. 3, 36 jf.; anders freilich
Dio Cass. 41, 51), nahm au der Schlacht bei Phar—
jalos teil und ging von da nach Afrika, wo ihm
Cato den Befehl überließ. Wie früher, lieh er fich
auch hier in Fleinliche Streitigkeiten ein, obgleich
die Lage jeiner Partei ein einträchtiges Zuſammen—
halten forderte. Plut. Cat. min. 56f. Dio Cass.
42, 57. Vell. Pat. 2,54. Statt jein Heer zu
verftärfen, drüdte er auch hier die Provinzialen
und prahlte zugleich mit jeinen Thaten, che Cäſar
erichien, erlitt aber, zum Kampfe gezwungen, die |
große Niederlage bei Thapfus (46). Cues. b. A'r. |
79 ff. Flor. 4, 2, 665. Plut. Cat. min. 58 ff. Auf)
der Flucht nah Spanien an die Küften Afrikas
verichlagen, wurde er von Eittius, einem Feldherrn
Eäjars, gefangen genommen und tötete ſich jelbit
im %. 46. Cie. ad fam. 9, 18, 2. Flor.4, 2,68.
- 17) Seine Tochter, Cornelia Metella, von
der Yepida, vermählte jich nach dem Tode ihres
eriten Gemahls, des Sohnes des reihen Eraffus,
der mit jeinem Vater im parthiichen Striege (53 v. E.)
fiel, mit Pompejus (Plut. Pomp. 55. 74), im J. 52,
dem fie 48 auf jeiner Flucht nach Agypten folgte.
Nach feiner Ermordung ging fie nad) Italien, von
Cäſar unbeläftigt. Plutardy (Pomp. 55) rühmt jie
als eine geiftreiche und unter andern in der mathe-
matiichen Wiſſenſchaft wohl unterrichtete Frau. —
18) D.Eäc. Met. Ereticus, ein rauber, ftrenger
Soldat, erhielt 69 v. E. das Konjulat und über:
nahm als PBrofonjul (68) den Krieg gegen Kreta,
in dem er mit jolcher Härte gegen die Bewohner
der Anjel verfuhr, daß dieſe, zur Verzweiflung ge:
bracht, jich erboten, dem Bompejus ſich zu unter:
werfen. Bereits hatte Metellus mehrere Städte
eingenommen (Flor. 8,7), da erichienen, von Bom:
pejus geiendet, Detavius und Sifenna, jo daß Nömer
gegen Römer fochten, während Metellus ruhig,
ohne die Einmiſchung des Pompejus zu beachten,
den Krieg fortjeßte und auch die von des Octavius
Soldaten bejegten Städte wegnahm. Nach 3 Jah:
ren war Kreta unterworfen. Eutr. 6, 11. Just.
39, 5. Vell. Pat. 2, 34 f. Cie. Flace. 13, 30. Plut.
Pomp. 29. Dio Cass. 36, 1. Aber da inzwijchen |
der Kampf mit Batilina begonnen hatte und Me—
tellus an demijelben teilnahm, triumphierte er erft
im I. 62. Vell. Pat. 2,34. Kutr. 6, 16. Mit
Bompejus lebte er fortan in Feindſchaft und wider:
ſetzte jih der Beitätigung feiner im Aſien getroffe-
nen Einrichtungen. Vell. Pat. 2,40. Flor. 4, 2.—
19) 2%. Cäc. Met., Bruder des vorigen, jäuberte
die Injel Sieilien vom J. 70 v. E. An von den
Seeräubern und förderte den Wohlftand auf der
durch Verres' Räubereien hart gedrüdten Inſel.
Cie. Verr. act. 1, 9, 27. 2, 4, 10, 3, 65, 152. In
ipäterer Zeit bemühte er fich dagegen, den Verres,
mit dem er verwandt wurde, gegen fernere Klagen
der Einwohner zu fihern. Cie. Verr. 3, 53, 122.
Er ftarb im X. 68, bald nach Antritt jeines Kon—
julats, Dio Cass. 35,4. — 20) 2. Cäc. Met,,
I
231
weigerte fich als Tribun, dem Cäſar die Erbrechung
des Ärariums zu geftatten (49 v. E.) Cie. ad Alt.
10,4, 8. Plut. Caes. 35. Cäſar drohte ihn töten
zu laſſen, wenn er feinen Widerftand nicht aufgäbe.
Im 348 lieh ihn Cäfar daher aus Rom fort:
bringen, wohin er fich nad) längerem Aufenthalte
in Capua wieder begeben hatte. Cie. ad Att.11, 7,2.
21) V. Cäc. Baſſus, im J. 59 v. E. Quäſtor,
war ein Anhänger des Pompejus und floh nad)
der Schlacht bei Pharjalos nad) Tyros, wo er die
Rompejaner jammelte, allerlei faliche Berichte aus-
ftreute, dann die cÄlarianishen Truppen, weldye
ihren Feldheren ©. Julius umbracdten, zu ſich
berüber zog und jogar von Mrabern und Parthern
Hilfe erhielt. Zwei TFeldherren Cäſars fonnten
ihn nicht bezwingen, bis Caſſius im 3. 44 erjchien
und des Baffus Truppen durch Überredung auf
jeine Seite brachte. Baſſus blieb ungeftraft. Cie.
ad fam.12,18,1. Deiot.8,23. Dio Cass. 47, 26 ff.
(anderö App. b. e. 3, 77). — 22) D.Eäc. Niger,
aus Sicilien, gegen den Cicero die divinatio in
Caecilium hielt, weil er ihm die Anflage des
Verres hatte nehmen und jelbjt gegen denjelben
‚als Ankläger auftreten wollen. Er war ein dme-
Levdeginög Erftgonos, !voxos to lovöatksır (Plut.
Cie. 7), aljo ein Jude. — 233) 2. Eäc. Rufus,
Stiefbruder des P. Cornelius Sulla (Cie. ad Q. fr.
3,3, 2), juchte als Tribun (im J. 64 v. €.) ein
gegen Sulla verhängtes Urteil (de ambitu) rüd-
gängig zu machen und ihm den Zutritt zu Amtern
wieder zu verichaffen. Cie. Sull. 22,62. Den Cicero
unterftüßte er, ald derſelbe fih dem agrarijchen
Geſetze des Rullus widerſetzte (daſ. 23, 65). Auch
ſpäter machte er ſich um denſelben verdient, da er
die Aufhebung ſeines Exils betrieb. ic. post
red. in sen. 9, 22. Damals (57) Prätor (Ascon.
in Mil. p. 43), wurde er in einen Streit mit Clo—
dius verwidelt, der ihn haßte, weil er die Rückkehr
Eiceros aus dem Eril betrieben Hatte. Cic. Mil.
14, 38. — 24) Statius Cäcilius, von Geburt
ein Inſubrer (Gallier), fam, wahricheinlich als
Knabe friegsgefangen, um 220 v. E. nach Ron,
ichloß ſich nach jeiner Freilaffung namentlich an
den im %. 204 nad Rom gelommenen Emmius
ſ. d.) an uud ftarb bald nad ihm um 168. Gell.
4, 20, 13. Er Ddichtete nach dem Borbilde des
Plautus und Terenz Komödien, bei. nach Menander,
auf den etwa 16 Titel hinmweilen, in der Form
regelmäßiger als Plautus, dagegen fräftiger als
Terenz. Cicero (opt. gen. or. 1, 2) nennt ihn den
größten Komifer Roms; vgl. auch ad Att. 7,3, 10.
Hor. ep. 2, 1, 59. Quint. 10, 1,99, Wir fennen
etwa 40 Titel von Stüden desjelben; die Bruch:
jtüde find gejammelt von L. Spengel (1828) und
von Nibbed, scaenicae Rom. poes. fragm., Bd. 11
p. 35 ff.
Caecinae, cin aus Volaterrä in Etrurien ſtam—
mendes Gejchlecht: 1) A. Cäcina, im J. 69 (oder
68) v. E. von Cicero in einer Erbichaftsangelegen-
heit wegen eines Landguts ohne Erfolg verteidigt.
— 2) Sein Sohn, A. Cäcina (Cie. ad jam.6,9,1),
fämpfte auf der Seite des Bompejus wider Läjar,
gegen den er auch eine Schmähjchrift verfahte
(Suet. Caes. 75), die jeine Verbannung nach ſich
309, 48 v. E. Er ging nad) Aſien (47) und dann
nach Sicilien, wo ihn Cicero, der ihm jehr ge:
wogen war, mehrfach empfahl. Um Begnadigung
zu erlangen, jchrieb er ein anderes Buch, querellae
232
(Cie. ad fam. 6, 6, 8. Mit Cicero fiand er in
Briefwechjel, auch jchrieb er de Etrusca disei-
plina, Sen. quaest. nat. 2, 39. 49. 56, — a
Bolaterranus, wurde von Auguftus i 41
v. C. bei jeinen Unterhandlungen mit 2 —
gebraucht und ſtand bei ihm in großer —— Üie.
ad Att. 16, 8,2. App. b. c. 5, 60, — 4 A. Cäe.
Severus, betämpfte ben Aufftand ber rktmatier
und Pannonier unter den beiden Batos (6 n. E.).
Er war ein alter, rauher Krieger, der an 40 Feld—
zügen teilgenommen und mehrere Provinzen, zulett
im J. 14 und 15 n. E. UIntergermanien, verwaltet
und daſelbſt einen Aufftand der Legionen glüdlich
unterdrüdt hatte. Teae. ann. 1, 31 ff. 68 ff. 3, 38
- 539. Cäe. Alienus, ein FFeldherr des Galba,
von dem verlegt er zu Bitellius übertrat. Tae.
hist. 1, 53. Er zog mit einem großen Heere durch
das Yand der Helvetier und über die Penniniſchen
Alpen gegen Galba, erlitt eine Niederlage von
Othos Feldherrn Smetonius Panlinus, gewann
aber nachher die Schlacht bei Bedriacum über
Otho. Tac. hist. 1, 61 ff. Dio (ass. 64, 7 ff. Plut.
(+h. 7. Als Beipafian gegen den unfähigen Bi:
tellius die Waffen erhob, trug diejer ihm auf, die
Empörung zu dämpfen; Gäc. jedoch juchte feine
Truppen für Beipafian zu gewinnen, weshalb jie
ihn gefangennahmen. Den jpäter befreiten nahm
Veſpaſian guädig auf, aber Titus lieh ihn im
J. 79 wegen Teilnahme an einer Verſchwörun
gegen feinen Bater binrichten. Tac. hist. 3, 13
Suet. Tit. 6. Aur. Vict. ep. 20. Dio Cass. 66, 16.
Carcübum (ager Caecubus), Landichaft im
jüdlichen Latium am Cajetaniichen Weerbuien und
dem Fundaniſchen See, jumpfig, aber berühmt
durch ihren vorzüglichen Wein (Strab,. 5, 231.
Hor. od. 1, 20, 9. 37, 5. 3, 28, 3 u. Ö.), deflen
Pflege man jchon zu Plinius' Zeit verfallen lieh.
Plin. 14, 6
Caedieius, Marcus, ein plebejiicher Centurio,
Caecubum
wurde nach Roms Zerftörung durch die Sallier
Befehlshaber der nach Beji geflüchteten Bürger
und veranlafte die Herbeirufung des Camillus.
Liv. 5, 46.
Caelii j. Coelii.
Caenina, alte jabiniiche Stadt in Latium auf
dem Wege von Rom nach Tibur, die unter ihrem
Könige Acron mit Rom Krieg führte, aber unter:
lag und ſich mit ihm vereinigte. Liv. 1,9. Bon
Aeron trug Romulus spolia opima (f. d.) davon.
Prop. 5, 10, 6 ff.
Caeparins, Marcus, Teilnehmer an der cati-
linariſchen Verſchwörung (Cie. Cat. 3, 6, 14), wie:
gelte die Hirten in Apulien auf, wurde fpäter
gefangengenommen und im Gefängniſſe hingerichtet. |
Sall, Cat. 47. 56.
Caepio f. Fannii und Servilii.
Caere, bei den Griechen “Aywiie, angeblich von
Relafgern erbaut, eine der 12 alten etruſkiſchen
Bundesftädte, blühend und ftarf, bei Bergil die
Hauptitadt des Mezentius. Yange Zeit mit Rom
in Freundſchaft und Religionsgemeinfchaft (daher
angeblid der Ausdrud caerimoniae), nahm fie
beim galliſchen Brande die geflüchteten Priefter
und Bejtalinnen bei jih auf (Strab. 5, 220. Liv.
5, 40. 50) und erhielt dafiir das Bürgerrecht: ipäter
jedoch mit Nom verfeindet, verlor fie mit dem
suffragium die Hälfte ihres Gebiets (daſ. 7, 19 f.)
und die eigene Gerichtäbarkeit, wurde Präfektur
— (aesar.
und (unter Sulla) Militärtolonie. Jetzt Dorf Ger:
vetri mit intereflanten alten Gräbern.
Caorites hießen alle römijchen Bürger, weiche
das ius suflragii entbehrten (ſ. Caere). Im
engeren Sinne hießen Gäriten die außerhalb Roms
wohnenden Salbbürger, welche in Rom cenfiert
wurden und fein Stimmrecht hatten; im weiteren
Sinne aud diejenigen Bürger, melde von den
Genjoren zur Strafe in die Klaſſe der Eäriten
gejeßt worden waren. Über die tabulae Caeritum
J. Aerarii.
Caesar. Während die Benennung der römischen
Sailer durch den Beinamen Augustus, urjprünglich
.\ eine ehrende und über menschliche Berhältnifie er-
hebende Bezeichnung, Togleich bei dein erften Träger
desielben in den wirklichen Namen überging, dann
durch das Recht der Erbichaft auf jeden Nachfolger
fich übertrug und endlich jeit Bitellius dem Kaiſer
als ſolchem zulam, ging die Bezeichnung: Caesar
von der Familie aus umd bezeichnete 1) jeden
Prinzen aus faijerlihem Geblüte, ſei es durch Ge—
burt oder Adoption, der Ausficht auf einftige Nach—
folge haben jollte (Saius, Yucius, Tiberius, Druſus,
Germanicus, Britannicus und Nero; und nach dem
Ausiterben der wirklichen Cäſarfamilie: Piſo, Titus
und Domitian, Trajan u. j. w.). Nur Bertinar
verweigerte für jeinen Sohn den Cäſartitel bis zu
deſſen Mündigleit, damit er nicht durch den Glanz
des Namens und die Hoffnung, Die er gäbe, ver:
derbt würde, weshalb er ihm auch nicht am Hofe,
fondern bei feinem Water erziehen ließ. Dio Cass.
73,7. — Später bezeichnete diefer Titel 2) den
Kaifer jelber. Dio Cass. 46, 47. Auguſtus nämlich
hatte die Serrichaft faktiich unter dem Namen
Cäſar, als Erbe der Macht jeines Ndoptivvaters,
in Händen; auch Tiberius verweigerte alle jonftigen
Namen, zufrieden mit dem einzigen Cäjar, wie
er fich jelber nannte (daj. 57, 7). Als Otho fich
gegen Galba Cäſar (Suet. Oth. 11) erhob, ſuchte
er geflifientlich fein näheres Net an den Thron
äußerlich dur die Annahme des Namens Nero
zu bezeichnen und begünftigte die Akflamationen
des Volfs, das ihm Nero zujauchzte (Suet. Oth. 7
Tae. hist. 1, 78), weil er durch diejen Beinamen
die ausgejtorbene Cäjarfamilie wieder zu erneuern
ichien. Vgl. jedoch Dio Cass. 64, 8. Dagegen
Vitellius nannte ſich zumächit nicht Gäiar, jondern
Germanicus, wie er auch jeinen Sohn ebenio
nannte. Und allerdings war diefer Name für die
Nömer ein wohltönenderer, da das Andenken des
Sermanicus, des Sohnes des Druſus, von dem
man gejagt hatte, er würde bei längerem Leben
die freiheit wiederhergeitellt haben, noch lebte;
zugleich bezeichnete diejer Name ebenfalls die Ver—
I deiehant mit dem auguſteiſchen Haufe. Als ihm
jedoch die Herrichaft nicht mehr gehörte, juchte fein
Aberglaube vergebens Schub in der nunmehrigen
Annahme des Titels Cäſar (Teac. hist, 3, 58). Die
Soldaten des Drients, die weder den Otho Nero,
noch den Pitellius Germanicus genannt hatten
und feinen andern Kater fannten, als der auch
Cäſar hieß, begrüßten ihren Beipafian fogleich mit
dent Namen Gälar (Tac. hist. 2, 80), und Der
Senat fügte bald die Beſtätigung binzu. Nun:
mehr war der eigentliche Urfprung dieſes Namens
vergefien, und es lag in ihm die Andentung, da
der jedesmalige Kaiſer ſowohl durch Abſtammung
(Dio Cass. 53, 18), als auch überhaupt durch an:
Caesar — Caleulus.
geborene Majejtät verdiene, Erbe und Inhaber der
Macht des Julius Cäjar zu jein.
Caesar, C. Julius, j. lulii,
Caesaröa, Karsdes , Name vieler Städte,
1) in Kappadotien, früher Mazaca und Reſidenz
der dortigen Könige, von Tiberins 18 n. E. zur
Hauptjtadt der Provinz gemacht und mit jenem
Namen beehrt. Unter Balens blieb fie Hauptitadt
von Cappadocia prima. J. Kaiſarie. Plin. 6, 3.
Eutr. 7,6. — 2) C. Palaestinae, früher Ered-
torog xvoyos, don Herodes dem Gr. nebjt dem
Hafen jehr vergrößert und C. Augusta (LZeßaorn)
genannt, dann die gewöhnliche Reſidenz der römi—
ichen Profuratoren und die offizielle Hauptſtadt
des Landes (Tac. hist. 2, 78), j. Kaiſarije. Hier
begann der jüdische Krieg, und hier wurde Veſpaſian
zum Kaiſer ausgerufen. Ferner war C. der Ge:
burtsort des Kirchenhiftorifers Eujebios und des
eichichtichreibers Prokopios. 3) C. Paneas,
auch C. Philippi genannt, Stadt in Obergaliläa,
1. Banias. An der benachbarten Pangrotte ent-
ſpringt die Öftliche Jordanquelle. — 4) phoinikiſche
Stadt, nördlich von Tripolis, urſprünglich Arca
(ad Libanum), als Geburtsort des Kaiſers Ale—
zander Severus E. benannt. — 5) Hauptitadt
von Mauretanien, von Juba Il. jo genannt, von
Claudius zu einer Kolonie erhoben. Unter Balens
von den Mauren zerftört, war fie unter Juſtinian
wieder eine voltreihe Stadt; j. Scherichel. Strab.
17, 831. Procop. b. Vand. 2, 5.
Caesarion, Kaısaolor, Sohn der Kleopatra,
geb. im %. 47 v. E., erhielt ftatt jeines urjprüng:
lihen Namens Btolemaios diejen Namen mit Be:
willigung Cäſars. Suet. Caes. 52. Plut. Caes, 49,
Antonius begünftigte ihn wegen jeines Berhältnifjes
au Kleopatra, ernannte ihn zum Mitregenten über
Agypten und erklärte ihn im Senate für einen
Sohn Cäſars, zum großen Ärger Octavians, der
ihn nach der Schlacht bei Actium töten lieh. Plut.
Ant. 64. 81. 82. Suet. Oct, 17.
Caesennius, 1) Cäſ. Lento, machte unter
Eäjar die Schlacht bei Munda mit (45 v. E.) und
tötete den En. Rompejus auf der Flucht. Später
trat er auf die Seite des Antonius. Cie, Phil.
11, 13. 12, 20. 23. 13, 2. 26. 37. Flor. 4, 2, 86
(wo er Cäſonius beißt). - 2) €. Cäſ. Pätus,
reldherr des Nero (61 nm. E.) unter Domitins
Eorbulo im Kriege gegen Vologeſes, den König
der PBarther, wurde von leßterem bei jeinem Ber:
juhe, die von den Barthern belagerte Hauptftadt
Armeniens Tigranoferta zu entjeßen, bejiegt und
mußte einen ſchmachvollen Frieden jchlichen, wo—
für Nero ihn nad; feiner Rückkehr mit Verachtung
behandelte. Tac. ann. 15, 6. 8. 17. Dio (ass,
62, 215. Er ftarb unter Beipafian als Prokonſul
von Syrien.
Caesetius, 2. Eäj. Flavius, im J. 44 v. C.
Bolfstribun, nahm das der Bildjäule Cäſars auf:
geſetzte Diadem weg und zog die, welche Cäſar
König genannt hatten, zur Nechenichaft, wofür ihn
Gäjar aus dem Senat ftoßen lieh. Plut. Caes. 61.
Dio Cass. 44, 9 ff.
Caesia silva, ein Bergwald zwijchen Lippe und
Nfiel, j. vielleicht Wejelerwald oder Häferwald oder
nad J. Grimm) der Heiffiwald zwiſchen Eſſen
und Werden. Andere jegen ihn in die Gegend von
Coesfeld. Tac. ann. 1, 50. Den dort genannten
limes a Tiberio coeptus will man bei der Stadt
233
Dorften und die saltus obseuri in dem Haardt—
gebirge zwijchen Lippe und Ruhr entdedt haben.
Caesius j. Bassus, 2.
Caestus, ſtarke, rindslederne Riemen, worin
Eijen- und Bleiftüde an mehreren Stellen jich be:
fanden, und womit die Faufttämpfer (pugiles), oft
tödlich, auf einander losichlugen.
Caiöta, Amme des Aineias oder der Kreuſa oder
des Nicanius, nach welcher ein Borgebirge, ein
berühmter Hafen und eine Stadt in Campanien
(j. Gaeta) benannt waren. Verg. A. 7, 1f. Ov.
met. 14, 441. Cie. de imp. Un. Pomp. 12.
Cajus |. (raius.
Calabria, Kalapßele, wurde die flache Halb:
injel genannt, melde fich von Tarent bis zum
Japygiſchen Borgebirge in jüböftlicher Richtung
erjtredt und auch die Namen Meflapia, Japygia,
Salentina führte; fie wurde auch häufig au Apulia
(1. d.) im weiteren Sinne gerechnet. Es iſt ein teil—
weile fruchtbares, uriprünglich baumreiches Yand;
nur an Waſſer ift jtellenweife Mangel. Die Kultur
der jeßigen Provinz Otranto ift freilich durchaus
vernachläſſigt. Yu den alten ojkiihen Bewohnern
famen frühzeitig illyriiche Einwanderer, deren
Sprache jih bis in die Kaijerzeit erhielt, und
helleniſche Koloniften, angelodt durch die zum
Handel günftige Lage. Daher fanden ſich hier auch
bedeutende Städte: Brundifium ij. Brindiſi,
Hydruntumcd. Otranto)und Tarentum, weniger
bedeutend Uzentum, Uria (j. Oria), Nudiä ii.
NRugge), Yenca (j. S. Maria di Yeuca) u.a. Im
Mittelalter wurde durch die buzantiniichen Kaiſer
der Name auf die wejtliche Halbinfel Unteritaliens,
das frühere Yand der Bruttii, übertragen.
Calagurris, Kaldyovegis, 1) j. Kalahorra,
Stadt der Vaſcones am Jberus im tarraconenfischen
Hifpanien, römiſches Municipium und Geburtsort
des Rhetors Duintilianus. Am jertorianichen
Kriege wurde die Stadt nach heldenmütigem Wider
ftande erobert. Strab. 3, 161. Val. Mar. T, 6.
2) Stadt der lergeten im nordöftlichen Hifpanien,
j. Zahorre; die Einwohner Calagurritani. Caes.
b. c. 1, 60.
Calantien j. Kleidung, 11.
Calatöres, eigentlich eine Art Ausrufer (x«-
ksiv, calare), Diener zum Rufen oder Herbeiholen
(Plaut.), jpeziell die Diener und Aufwärter (nicht
Sklaven) der Pontifices und übrigen Priejter, die
bejonders Störungen bei den religiöjen Feierlich—
feiten verhüteten. Sie find feine Gemeindediener,
jondern perjönliche Diener des betreffenden Priefters.
Caleeus j. Kleidung, 10.
Caleulätor, griechiſch Aoyıorrjs, ein Berechner,
Nechenmeifter, teils Bud: und Rechnungsführer
in den Häufern der Großen (jonft dispensator),
teils Lehrer der Rechenkunſt, welchen die bereits
ertwachjenen Knaben bejuchten, um ſich in der für
die Römer jo wichtigen Nechenkunft auszubilden.
Er wurde beſſer bezahlt als der litterator. Über
das Verfahren beim Rechnen ſ. Marquardt, Röm.
Priv. Altert. 1 ©. 95 ff.
Caleülus, wjpos, eigentlich ein Steinchen, jo
wohl im Brettipiel als auch zum Zählen und
Rechnen, daher für das Rechenbrett und die Rech—
nung jelbft; bei Abftimmungen jpradı der weihe
Stein frei, der ſchwarze verurteilte, weshalb man
ealculus auch auf andere glückliche und unglüd-
liche Dinge übertrug. Die freiſprechende Stimmen:
234
gleichheit hieß culculas Minervae, weil dieje
Göttin bei dem Gerichte über Oreſt mit ihrer
Stimme (Yipos ron FAfov) ſich zu Gunften des
Beklagten entichieden haben jollte.
Calda, ein warmes, wahrjcheinlich gewürztes
Getränf, aus Wein und warmem Wafler beftehend.
Zur Bereitung und Warmhaltung der calda gab
es bejondere Gefähe mit doppeltem Boden, von
denen der äußere Kohlen oder warmes Waſſer auf:
nahm. Vgl. Becker-Göll, Gallus III ©. 441 F.
Caldarium j. Bad, Büder.
Calödonti, auch Calödönes, die Bewohner des
ichottiichen Gebirgslandes im Norden der Meer-
bujen des Elyde und Forth, feltijchen Uriprungs,
in deren Gebiet Agricola (j. d.) eindrang und dort
die äußerſte Grenze der römischen Provinz 309,
die aber bald wieder aufgegeben wurde, fühne
Jäger und Schwimmer. Die giften (feltiicher, nicht
aus dem lateinischen pietus abzuleitender Name)
find identijch mit ihnen, die Stoten famen ipäter
hinzu, angeblic) aus Irland eingewandert. Ihrem
Eindringen in die römische Provinz Britannien
vermochte jchon Septimius Severus im Anfange
des 3. Jahrh. nicht für die Dauer zu feuern; im
5. vr? riefen die Briten wider fie die Hülfe
der Sachſen an.
Calönus j. Fufii, 1. 2.
Cäles, gewöhnlid; im Plural, uralte auſoniſche
Stadt in Campanien, angeblich) von Kalais er-
baut, jeit 331 v. E. eine Kolonie, von den Witen
oft wegen des in der Nähe gebauten trefflichen
Weins (Calenum) erwähnt; j. Calvi. Hor. od.
1, 20, 9. Liv. 27, 9. 29, 15.
Caleti oder Calötes, galliiche Völkerſchaft an
der unteren Sequana und am Meere mit der Hafen:
ftadt Juliobona (j. Lillebonne). Caes. b. q. 2, 4.
7, 75. 8,7. Strab. 4, 189. 194. 199. Der Name
ift erhalten in dem Namen der Landichaft Caur.
Calidii, 1) O. Calidius, veranlafte, während
er Tribun war, im J. 99 v. E., daß Metellus
Numidiens aus dem Exil zurüdtehrte, weshalb
deſſen Sohn Pius ihn zur jest der Prätur
(79 v. €.) behülfli war. Cie. Plane. 28. 29.
Val. Max. 5, 2,7. Aus Hiſpanien — tt,
erlag er einer gegen ihn erhobenen Anklage. Cic.
Verr. 1, 13. 3, 25. — 2) Sein Sohn, M. Cali—
dius, PBrätor im J. 57 v. €. (Cie. p. red. in sen.
9, 22), wirkte mit andern für Ciceros Rückkehr
aus der Verbannung und beichügte jpäter den Milo.
Er juchte im I. 49 den Krieg zwilchen Cäſar und
Bonmpejus zu verhindern und ſchloß fich beim Aus:
bruch desjelben an Cäſar an, der ihm die Ber-
waltung der Provinz Gallia zn übertrug, two
er in Placentia ftarb. Caes. b. ec. 1, 2. Cic. ad
fam, 8, 4. Cal. hielt mehrere Reden für An—
geflagte, für den Scaurus und Gabinins, und hatte
jelbft einmal eine Klage wegen Amtserjchleichung
zu beftehen. Seine Reden, die fie durch Feinheit
der Sprache auszeichneten, werden jehr gerühmt.
Cie. Brut. 79, 274 ff. Vell. Pat. 2, 36. Quint. 10,
1, 23. 12, 10, 11.
Caliendrum, Hor. sat. 1, 8, 48 mit dem Zu—
ſatze altum, eine hohe Friſur oder Kopfbededung
bei den römijchen Frauen, wie es jcheint von auf:
getürmten Lodenreihen, als Erjaß der ——
eigenen Haare oder zur Mummerei dienend.
Caligae, Soldatenjhuhe, bei den gemeinen
Soldaten einfache Halbftiefeln, die die Schienbeine
Calda — Caligula.
bis zur Hälfte bededten, bei den höheren Ehargen
mit jilbernen oder goldenen Nägeln geſchmückt
(elavi caligarii, Plin. 34, 14), daher Suet. Cal. 52
speculatoria caliga; wogegen das einfache caligati
die gemeinen Soldaten bezeichnet (Suet. Oct. 25.
Tac. ann. 1, 41. Dio Cass. 57, 5).
Caligüla, Gains Cäjar Caligula, jüngiter
Sohn des Germanicus, erhielt feinen Beinamen
von den Eoldatenftiefelchen (caligae), welche er
als Knabe trug, da er während der Feldzüge jeines
Baters fich im Lager befand und unter den Krie—
gern auftwuchs. Er wurde am 31. Aug. 12 n. C.,
wahricheinlich zu Antium, von der Agrippina, der
Eufelin des Auguſtus, geboren, fam als Heiner
Knabe nach Germanien, wo Germanicus befehligte
(Suet. Cal. 8.9. Tac. ann. 1, 41), und begleitete
ihn jpäter nach Syrien. Bor den Berfolgungen
des mächtigen Mintfterd Sejan war er durch die
ihm von Tiberius bewiejene Gunst gejichert. Der
zwanzigjährige Jüngling übte fi dem Miftrauen
des Tyrannen gegenüber jo jehr in der Kunft der
Verjtellung, verbarg jo jchlau jeine Gefühle über
das Schichal feiner nächſten Verwandten, daf der
Kaifer ihm nichts anhaben Fonnte, obgleich er
glaubte, die wahren Gefinnungen des Kaligula zu
erraten. Suet. Cal. 10. 11. Tac. ann. 6, 20. 46.
Diejer gewann den einflußreihen Macro für fich
und beteiligte fih am gewaltjamen Tode des Ti-
berius (16. März 37). Tac. ann. 6, 45 ji. Suet.
Cal. 12. Tib. 73. Der Senat und das Bolt, welche
Galigula binfichtlich feines Charafters ganz und
gar zu täujchen gewußt hatte, riefen ihn zum Kaiſer
aus. Seine erften Handlungen verſprachen Gutes,
er verzieh den Mördern jeiner Verwandten, rief
die Verbannten zurüd, ftellte die Rechte des Volks
wieder her (Suet. Cal. 15. 16), jchaffte die Majeftäts:
prozeiie für Wort und Schrift ab, vollzog gemifien:
haft des Tiberius Teftament mit perfönliher Frei:
gebigfeit, verſprach nur in Gemeinjchaft mit dem
Senate regieren zu wollen und bewies fich milde
gegen fremde Fürften, die den Römern unterthau
waren. Dio Cass. 59, 2. Doc dauerte dieſer
pie Anfang nicht lange. Bald wütete er gegen
ſeine eigenen Angehörigen wie gegen feine Freunde
leich grauſam (Suet. Cal. 23 f}.), ließ die edelften
änner den wilden Tieren vorwerfen, um jeiner
Luft am Blutvergiehen zu frönen, jchändete Frauen
und Jungfrauen, ja feine eigene Schweiter Drufilla,
hielt jich zuletzt ſogar für eine Gottheit, verlangte
deshalb bald in diejer, bald in jener Göttergejtalt
öffentliche Verehrung (daj. 52) und trieb jeine Zoll:
heit jo weit, daß er jein Lieblingspferd zum Konſul
machen wollte (dai. 55). Er war es, der dem
ganzen römiſchen Bolfe Einen Kopf wünjchte, um
ihn abjchlagen zu fönnen. Suet. Cal. 30. Dio Cass.
59, 13. Dabei verjchwendete er die gejfammelten
Schäbe feiner Borgänger und plünderte zulegt
eine eigenen Unterthanen auf unerhörte iſe,
ja er wälzte fih nadt auf den | ringe gar ones
Schägen. Suet. Cal. 38 ff. Dio 59, 17. Ebenjo
trieb er es auf feinen Reifen in die Provinzen,
welche wahre Raubzüge wurden, und verübte dort
beim geringiten Berdachte die entieplichiten Grau:
jamfeiten. Da er auch die Ehre eines Triumphes
enießen wollte, zog er mit feinen Truppen gegen
Britannien, bielt am Strande an, lieh jeine Sol—
daten Mufcheln jammeln und zog nun als Sieger
heim nad) Rom. Suet. Cal. 46. Doch bald nad)
Calix — Calpurnii.
feiner Rückkehr fiel er durdy Meuchelmord (24. Jan.
4n), indem Caſſius Chären, Sabinus und andere
Anführer feiner Garden fich gegen den blutdürftigen
Tyrannen verjchworen und ihn umbrachten. Suet.
Cal. 565. Der Wiſſenſchaft trat er feindlich ge:
gemüber. Suet. Cal. 34. 53. — Caligula ift nicht
geiftig geftört gewejen, wie man im Altertume und
in neuer Zeit angenommen hat, vielmehr litt er
nur an einem ins Maßloſe gehenden Omnipotenz: |
ihwindel. Er hat methodisch feine Allmacht ent:
widelt, begründet und erweitert. Auch hat er es
wohl verjtanden, mit den Verhältniſſen zu rechnen.
„Nie ift der Abjolutismus wieder in jo nadter,
ihamlojer Weiſe hervorgetreten.“ Bol. Schiller,
Geſch. der röm. Natjerzeit (1883— 87) 1,1 ©. 304 ff. |
Calix j. Trinkgefäfse.
Cälönes (von den Alten jelbft auf »üdor, ein
Stück Holz, Steden oder Keule, ihre Waffe, zurüd:
geführt), Yaft: oder Packknechte, den Legionen zum
Auf: und Abladen des Gepäds, zum Holz: und
Wafferholen und anderen niedrigen Pienften bei:
gegeben. Ihre Stelle war bei dem Gepäd und
den Laſttieren (Caes. b. ec. 1,5). An Zeiten jchlaffer
Kriegszucht waren fie im übermäßiger Zahl bei
dem Heere. Tac. hist. 2, 87. Bisweilen unter die
leichten Truppen untergeitedt, waren fie ſchlechte
Kämpfer (Caes. b. 9. 6, 40), doch beim Plündern
ftets voran.
Calpurnfi, ein plebejiiches Geſchlecht, enins|
in mehrere Familien zerfiel: 1) Kalpurnius
Flamma, Kriegstribun im Heere des Atilius Ca: |
latinus, rettete durch Selbjtaufopferung ein römi-
iches Heer vom Untergange. Cato bei Gell. 3, 7. |
2) €. Ealp. Piſo, kämpfte in der Schlacht
bei Cannä, geriet in Gefangenſchaft und wurde
von Hannibal wegen Auswecjelung der Gefange:
nen nach Rom gejandt. Liv. 22, 61. Später ver:
waltete er mehrere Anter. — 3) E. Calp. Bio, |
befiegte im J. 185 v. E. als Proprätor die Gel:
tiberer und Yufitanier am Tagus (Zär. 39, 42)
und triumphierte im nächften Jahre. -——- 4) 2. Calp.
Piſo Frugi, Bollstribun 149 v. E.; Konſul 133,
Cenſor 120, erhielt wegen feiner Nechtichaffenheit |
den Beinamen Frugi. Cie. tuse.3,8. Verr. 4,49.
Er brachte zuerft ein Gejeg de pecnniis repetundis
ein. Cie. off. 2, 21. Brut. 27, 106. Als Konful
bejicgte er die empörten ficilifchen Sklaven. Er
war Gegner des E. Gracchus und jchrieb Annalen
in 7 Büchern, welche Yivius und andere Hiftorifer
vielfach benugten. Vgl. Beter, hist. Roman. rel, I
p. 118 ff. fragm. p. 765. Abhandlung von Lie:
baldt (1836). — 5) Sein Sohn, L. Pijo Frugi,
fämpfte unter jeinem Vater in Sicilien und ver:
waltete die Provinz Hifpanien um 112 v0. C. App.
Hisp. 99. Val. Max. 4,3, 10. — 6) &. Calp.
Beſtia, Gegner des Grachus, war Vollstribun
121 v. E. (Cie. Brut. 34, 128), führte als Konſul
im %. 111 den Krieg gegen Augurtha anfangs
fräftig, lich fih aber dann bejtechen und schloß
darauf einen nachteiligen Frieden. Lir. ep. 64.
Sall. Jug. 27fi. Flor. 3, 1. Eutr. 4, 26. Zur
Zeit des marſiſchen Krieges verlieh er, wie es
235
linas, wurde ſpäter von Cicero gegen den Bor:
wurf der Amtserichleichung verteidigt. Cie. Coel. 11.
— 8) En. Calp. Piſo, Anhänger Eatilinas, war
ipäter Gegner des PBompejus, dann Quäſtor in
Spanien, wo er von den Spaniern, denen er fich
durch Härte verhaft gemacht hatte, umgebradht
wurde. Sall. Cat. 18. — MM. Calp. Biio,
fämpfte unter Pompejus im Seeräuberfriege, dann
gegen Jeruſalem, 67 v. C. Wahricheinlich adoptierte
ihn ein gewiſſer Pupius, da er fortan Pupius Piſo
Calpurnianus heißt. Im J. 62 diente er dem
Pompejus im Kriege gegen Mithridates und wurde
Konſul im folgenden Jahre. Cie. ad Att. 1, 13.
Ascon. in Pis. p. 15. 10) 2. Galp. Piſo
Frugi, Entel von Nr. 4 und Sohn von Wr. 5
(Cie. Verr. 4, 25), ein Mann don großer Recht—
lichkeit und daher ein Gegner des Verres, mit dem
er zugleich im I. 75 Prätor war. — 11) C. Calp.
Piſo, Sohn des vorigen, war vermählt mit Ciceros
Tochter Tullia. Cicero jchäßte feinen durch treff—
liche Geiftesanlagen und vorzügliche Eigenichaften
des Herzens ausgezeichneten Schwiegerjohn jehr und
wurde durch deren frühzeitigen Tod (57) in große
Trauer verjeßt. Cie. Cat. 4, 2, 3. Vatin. 11, 26.
ad fam. 13, 31, 1. 14, 1, 4. ad Att. 3, 22, 1.
Sest. 31, 68. Brut. 78, 272. — 12) 2. Calp.
Piſo Eäjoninus, ein zu feiner Zeit höchſt ein-
flußreicher Mann, dem der Glanz jeines angeſehe—
nen Gejchlechts zu Hilfe fam, aber nicht frei von
Habgier. Seine Tochter Calpurnia war Käjars
Gemahlin, durch defien Anſehen er im J. 58 v. E.
Konſul wurde. Cicero, fein Gegner, fällt über ihn
und feine Verwaltung Makedoniens cin hartes Ur:
teil. Cie. Pis. 36. Val. Max. 8, 1,6. Im Bürger:
friege zwiichen Cäſar und Pompejus hielt er fich
von allen Parteien fern. Caes. b. c. 1, 3. Cie.
ad fam. 14, 14. Dio (ass. 40, 63. Nach jeines
Schwiegerjohnes Ermordung trat er den Gewalt—
thätigfeiten des Antonius kühn entgegen, obgleich
er in fpäteren Jahren fidy zur Partei desjelben
hielt. — 13) M. Kalp. Bibulus j. Bibulus.
— 14) En. Ealp. Pijo, vielleicht Sohn des En.
Piſo, der Anhänger Catilinas war (Nr. 8), war
Gegner des Bompejus, fämpfte unter Brutus und
Caſſius im Bürgerfriege und wurde von Muguftus
troß jeiner anerfannt republilaniichen Geſinnung
im Jahre 23 v. E. zum Konſul gemacht. Vell.
Pat. 2, 89. Caes. b. Afr. 18. Val. Mar. 6,2, 4.
— 15) Sein Sohn, En. Calp. Piſo, im}. 7 v. C.
Konjul, verwaltete Spanien mit großer Härte und
wurde im %. 17 n. E., als Germanicus nach dem
Orient gefandt wurde, wie es allgemein hieß, um
denjelben, dem er durchaus feindlich gefinnt war,
zu überwacen, zum Statthalter Syriens beitellt.
Als Germanicus in Antiocheia erfrantte und ftarb,
fiel auf Piſo der wahricheinlich nicht gerechtfertigte
Verdacht, ihn vergiftet zu haben. Tac. ann. 2, 43.
74.3, 12. Suet. Tib. 52. Den Tiberius nötigte
die laut ausgeiprochene Unzufriedenheit des Volkes,
den Piſo vor Gericht zu ftellen, doch wurde dieſer
noch während des Prozefies tot in jeiner Wohnung
efunden. Tac. ann. 3, 15 f. Suet. Cal. 2. Seinen
ſcheint, ein Förderer der Wünſche der Bundes: | Starrfinn und den Stolz jeines Gejchlechtes ver
genoffen, im J. 90 freiwillig Rom, als der Tribun | hehlte er jelbft gegen Tiberius nicht. — 16) C. Calp.
Barius eine Unterfuchung gegen alle diejenigen, | Piſo, von Caligula durch Entführung jeiner Gattin
welche diejen Krieg veranlaßt hätten, beantragte. | Oreftilla gefränft (37 n. E.) und verbannt (39),
Flor. 3, 1. App. b. e. 1, 37. — 7) 2%. Calp. | unter Claudius zurüdgerufen, ein Mann von edlem
Beftia, ein fittenlojer Menſch, Anhänger Cati- Charakter, dem die Meinung feiner Zeitgenofjen
236 Calumnia — Uampania.
den Kaijerthron bejtimmte. Er leitete eine gegen
Neros Leben gerichtete Verſchwörung, an der die
edeliten Männer teilnahmen, und ftarb nad Ent:
deckung derjelben eines gewaltjamen Todes, 65 n. E.
Ausgezeichnet durch Freigebigfeit und feine Sitten,
war er auch als Sadywalter allgemein beliebt. Tae.
ann. 15, 49 ff. Ihn verherrlichte unter Claudius
ein uns dem Namen nach unbelannter junger Dich:
ter (nad Haupt und Schenkl der Bukoliter Cal:
purnius, j. Calpurnii, 18.) in einem ung er:
haltenen epiichen Lobgedichte, das fich Durch Eleganz
und Gemwandtheit des Versbaues auszeichnet (car-
men ad Pisonem, laus Pisonis), zulegt heraus:
gegeben von Weber (1859) und Bährens, poet.
‚at. min, I p. 221ff. — 17) 8. Calp. Piſo
Licinianus, geb. 38 n. E., von väterlicher Seite
ein Nachtomme des Craſſus, von mütterlicher des
Pompejus, wurde am 10. Januar 69 n. E. von
Salba adoptiert und zu jeinem Nachfolger be:
ftimmt, aber nach wenigen Tagen gleih Galba
von den Soldaten der Leibwache nr Dthos An—
ftiften ermordet. Troß feiner Jugend bewies er
einen jeltenen Ent, Feſtigkeit und Sittenreinheit.
Tac.hist.1, 14 f. Dio (ass. 64,5 ff. Plut. Galb.8 ff.
— 18) (T.) Calp. Situlus. Unter diefem Namen
gingen 11 Eflogen im lateinijcher Sprache, in
welchen Theokrit und die vergiliichen Bucolica
nachgeahmt werden. Aus zahlreichen Anjpielungen
und aus der metriichen Form ergibt ſich, daf Die
7 erſten Eflogen im Anfange der Regierung Neros
verfaßt find, während die 4 legten von Nemeſianus
(1. d.) herrühren, aljo erſt im 3. Jahrh. n. E. ent:
jtanden jind, nad) Anhalt und Form den erfteren
durchaus nachjtehend. Alle dieje Dichtemgen hat
man früher fäljchlih zufammengeworfen und bes:
halb den Calp. in das 3. Jahrh. verjept. Vgl.
Saupt, de carminibus bucolicis Calpurnü et
Nemesiani (1854; opusc, I p. 358 ff.). Ausgg.
von Glaejer (1842), Bährens, poet. Lat. min.
III p. 65 ff. 176 ff., und 9. Schenfl (1885).
Calumnia, 1) im weiteren Sinne Ränke und
Chikanen, namentlich Rechtsverdrehung und Advo—
fatenfniffe; — 2) im engeren Sinne das Ber:
gehen defjen, welcher einen Unjchuldigen im Eivil-
oder Kriminalprozeh böswilligerweile belangt. Um
diejes Verbrechen zu verhüten, hatte man 2 Gegen:
mittel angeordnet: a) actio oder iudiecium ca-
lumniae, die Klage des unichuldig Angellagten,
welche derjelbe ſogleich nach erfolgter Freiſprechung
vor denjelben Richtern gegen den ungerechten Ans
Häger anftellen konnte. Der Kalumniator wurde,
wenn er eine falfche Eivilflage erhoben zu haben
vom Gerichte für jchuldig erklärt worden war, mit
Seldftrafe belegt, wenn er aber cine ungerechte
Kriminalklage nach dem Urteile der Richter an—
geftellt hatte, zufolge der lex Remmia (f. d.) mit
einem vor der Stirne gebrandmarft. b) ius
iurandum calumniae, der Schwur des Klägers,
daß er nicht chifanös Hage, und des Angeklagten,
daß er unſchuldig jei oder recht zu haben glaube.
Calvini, 1) T. Beturins Ealv., Konjul 334
und 321 v. E., ward mit jeinem Kollegen Sp. Poſtu—
mins von den Sammitern unter C. Bontius in den
Caudiniſchen Engpäflen eingejchlofjen und zu einem
ichimpflichen Frieden gezwungen. Zur Sühne des
vom römischen Senate nicht beftätigten Vertrages
wurde er an die Samniter ausgeliefert, von diejen
U
aber wieder zurüdgeichidt. Liv. 9, 1 ff. App. Samn.
3,45. — 2) E. Sertins Ealv., Konſul mit
E. Eajfius Longinus 124 v. E., befiegte als Pro—
fonjul im J. 122 die Salluvier im transalpiniichen
Gallien, gegen welche die Maffilier römiſche Hülfe
angerufen hatten, und gründete die nad jeinem
Namen benannte Kolonie Aquae Sextiae (j. Wir).
Liv. ep. 61. Vell. Pat. 1, 15.
Calvisti, 1) E. Calv. Sabinus, diente unter
Cäſar als Legat im J. 47 v. E. in Aitolien, welches
er von den Rompejanern jäuberte, dann 45 in
Afrika, das er als Provinz verwaltete. Antonius
bejtätigte ihn nach Cäſars ordung in derjelben,
ohne daß er fich jedod) gegen den vom Senat ge:
jandten Cornificius behaupten fonute. Caes. b. c.
3, 34 ff. Cie. ad fam. 12, 25, 1. Phil. 3, 10, 26.
Im J. 39 diente er dem Dctavian als Anführer
feiner Flotte, fämpfte bei Cumä, wurde aber, weil
er wenig Glüd hatte, abgejeßt. App. b. ce. 5, 81. 96.
Plut. Ant. 58f. — 2) €. Calv. Sabinus, Koniul
unter Tiberius, entging mit Mühe einer gegen ihn
erhobenen Anklage. Weniger glüdlid) war er unter
Ealigula, als eine neue Anklage gegen ihn erhoben
wurde, die ihn zum Selbftmorbe trieb. Tuc. ann.
4, 46. 6, 9. hist. 1, 48. Dio Cass. 59, 18. —
3) Von einem andern Calv. Sabinus erzählt
Seneca (ep. 27, 5 ff.), er habe ſich, um jeine Un:
wiſſenheit zu verbergen, gebildete Sklaven für hohe
Preife angeichafft, welche bei jeinen Gaftmählern
inter ihm ftehen und für dic —— vaſſende
rſe aus griechiſchen Dichtern zuflüſtern mußten.
— M Flavius Calv, verwaltete Agypten unter
Marcus Aurelius und ſchloß ſich dem Aufſtande
des Avidius Caſſius im J. 175 n. C. au. Dio
Cass. 71, 18.
Calvus j. Lieinii, 2—5.
Camalodünum (Camaldunum, Camulodunum),
benannt nach dem celtijchen Kriegsgott Camulus,
die erſte römische Militärkolonie in Britannien,
unter 8. Claudius angelegt, 50 n. E., und valida
veteranorum manu ausgerüftet (Tac. ann. 12, 32).
Der Name jcheint ſich in dem heutigen Maldon
bei Colcheiter nördlich von der Mündung der
Themje erhalten zu haben.
Camarina j. Kamarina,
Camönae j. Musae.
Camerinum (Camarinum), j. Camerino, mäd):
tige Stadt in Umbrien an der Grenze von Pice—
num, von den Römern erobert und mit einer
Kolonie verjehen. Liv. 9, 36. Die Einwohner
h. Cumortes.
Camers j. Clusium.
Camilla, Tochter des Königs Metabus aus der
volſtiſchen Stabt Privernum, der, von ran
Unterthanen vertrieben, fie zu einer jchnellfühigen,
jagd: und kfampfliebenden Dienerin der Diana er:
og. Im Kriege des Aineias gegen Turnus fand
ke dem leßteren bei, verrichtete in der Schlacht
ewaltige Thaten und fiel durd die Hand des
runs. Verg. A. 7, 803. 11, 432 ff.
Camilli und Camillne, d. i. Diener und Diene:
rinnen, hießen Kinder
beim Opferdienft des Flamen Dialis (in früherer
Beit jeine eigenen Kinder) und- überhaupt bei reli:
vo Handlungen als Diener gebraudt wurden.
ion. Hal. 2, 22.
Camillas j. Furii, Ill.
Campänla, ager Campänus, Kaurarvia (d. h.
Ebene, von campus, Liv. 4, 37. Plin. 3, 63),
ter Eltern, die zu Rom.
Campanus morbus — Canidius.
Landichaft Mittelitaliend am mare inferum oder
Tuseum, grenzte im NW. an Latium, im NO.
und D. an Sammium, im SD. an Lucanien Grenz—
fluß Silarus), im SW. ans Meer. Der nördliche
Teil vom Liris bis zum Veſuvius bildet eine
10 Meilen lange, 3 Meilen breite Ebene, die mach
Samnium zu durd Zweige des Apennin, den Berg
Tifata und den Taburnus, begrenzt wird,
während an der Küfte zwiichen Cumä und Nea-
polis der Berg Gaurus und weiter öſtlich der
Bejuvius liegt. Die wichtigften Borgebirge find
Mijenum (j. Punta di Mijeno) und das Prom.
Minervae (j. Punta di Gampanella) bei Sorrent,
der Inſel Capreä gegenüber. Die bedeutendften
Flüffe find von NW. an: Savo (Saone), Vol:
turnus (Bolturno), Clanius oder Glanis (ij.
Lagno), der an feiner Mündung den Liternijchen
See bildet, Sebethus (Fiume della Maddalena)
bei Neapolis, Sarnus (Sarno) bei Bompeji und
Silarus (Sele). Die Seen find alle Krater ehe:
maliger Bulfane: der Uucrinus, Avernus und
der Acheruſiſche. Überhaupt Hat das Land einen
vulfanifchen Charakter, und dies ift der Haupt:
grund jeiner ungemeinen, faft jprichwörtlich ge-
wordenen Fruchtbarkeit (Campania felix), bejonders
an Getreide, Obſt und Wein. — Die Bewohner
waren außer den griechiichen Einmwanderern in den
Kolonien die Campani, gemilcht aus Anfonern,
Etruffern und Samnitern, von welchen beiden letz—
teren die Etruffer ſeit etwa 800 v. E., die Sam:
niter etwa jeit 430 v. E. das Land beherricht
hatten; in der Nordede bei Teanum die Sidicimi
und im ©. die Bicentini. Die Bewohner Capuas
(Karbn), der größten und durch Handel reichen
und üppigen Stadt, übergaben fich, von den Sams
nitern bedrängt, 344 v. E. den Römern (Liv.
7,29 ff.), welche troß ihres mit den Sammitern
geichloffenen —S die Schutzbittenden an—
nahmen; ſo entſtanden die blutigen Samniterkriege,
die mit dem Siege Roms endigten. Im zweiten
puniſchen Kriege fielen die Campaner, ———
die Capuaner, zu Hannibal (der hier ſeine Winter:
quartiere nahm) ab, wofür ſie jehr hart gezlich-
tigt wurden, indem nad) der Eroberung der Stadt
(Liv. 25, 18ff. 26, 4 ff.) 70 der angejehenften
Männer hingerichtet, 300 edle Eampaner ins Ge:
fängnis abgeführt wurden, während man andere
in die latinijchen Städte verteilte; die übrigen
Bürger der Stadt wurden verkauft, nur die Nicht:
bürger blieben Bewohner derjelben, und Capua
bildete fein Gemeinweſen mehr, ein jährlich hin—
—— Präfeft übte die Rechtspflege. Liv. 26, 16.
urch ein Geſetz Julius Cäſars de agro Stellate
et Campano jollten 20 000 Bürger ald Koloniften
nad) Capua geichidt werden; als Kolonie erhob
fih die Stadt bedeutend, wurde nächſt Rom die
volfreichfte Stadt Italiens und hielt fich, jelbft nach-
dem jie für ihre Anhänglichkeit an Bitellius be—
ftraft worden war. Tac. hist. 8, 57.4,3. Durch
die Bölferwanderung aber zerjtört, wurde fie bei
Eafilinum als Nova Capua wieder aufgebaut. Bon
ber Größe der Stadt zeugen noch die Refte eines
Amphitheaters. Die hieſige Fechterſchule veran-
laßte den Sklavenkrieg des Spartacus. Andere
Städte waren von NW. an längs der Küſte: Vol—
turnum, Liternum, Eumä, Mijenum, Bajä,
Buteoli, Neapolis, Herculaneum, Bom-
peji, Surrentum, Salernum; im Lande: Tea—
237
num Sidieinum, Cales, Caſilinum, Calatia,
Nola, Abella, Atella, Acerrä, Nuceria.
Strab. 5, 242. Bgl. Beloch, Campanien. Topo—
graphie, Seichichte und Leben (1879).
Campänus morbus, Hor. sat. 1, 5, 62, bie
nah dem Scoliaften in Campanien bejonders
häufig vorkommenden, zu hornartigen Auswüchſen
werdenden Warzen, befonders an der Stirn und
den Schläfen.
Campestre ij. Kleidung, 10.
Campi lapidöi, meöior Audödes, hieß eine
8—10 IIME. große, mit fauftgroßen Siejelfteinen
bededte Fläche unweit Maffilia, wahricheinlich der
Grund eines ehemaligen Landſees; dazwiſchen wuchs
Gras und Thymian, welche eine gejuchte Nahrung
der Herden waren. %. la Crau. Strab. 4, 182.
Plin. 3, 4, 5. 21, 10, 31.
Campi macri, Maxo0l Kauroı, war der Name
einer großen Thalebene zwijchen Parma und Mu:
tina (j. Bal di Montirone), in der noch zu Stra-
bons Zeiten große Vollsverjammlungen ftattfanden.
Strab. 5, 216. Liv. 41, 18. 45, 12. Bon einem be-
juchten Viehmarkte ſpricht Barro (r. r. 2, praef. 6).
Die Wolle der dortigen Schafe wird gerühmt.
Campi Raudii, Ebene in Gallia transpadana,
nicht bei Verona, jondern wohl unterhalb Bercellä
ummeit der Mündung der Sefia in den Padus, wo
am 30. Juli 101 v. €. (Plut. Mar. 26) Marius
und Catulus die Eimbern aufs Haupt jchlugen.
Vell. Pat. 2, 12. Plut. Mar. 24 ff. Liv. ep. 68.
Campus Martius j. Roma, 12 und 17.
CanarTa j. Fortunatae insulae,
Candavia heißt eine bergige Gegend von Illh—
rieum, nahe der makedoniſchen Grenze, durch welche
die via Egnatin führte. Der Weg per deserta
Candaviae war jehr beichwerlich. (ie. ad Att.
3,7, 3. Plin. 3, 23, 26. Sen. ep. 31.
Candöla, die Kerze, d. i. eine mit Wachs (ceren)
oder Talg (sebacea) umgebene Binfe, war das
ältefte Beleuchtungsmittel, ehe die Ollampen auf:
famen, und erhielt fich jpäter mur in den Häufern
der ärmeren Klaſſe, während die Reichen die lu—
cerna gebrauchten.
Candeläbrum j. Beleuchtung, 3.
Candidätus ift der jich um ein öffentliches Amt
Bewwerbende, jo genannt von der weißen Toga,
mit welcher beffeidet er fich bei den die Wahl lei-
tenden Magiftraten vor den Wahlfomitien meldete
(nomen profiteri) und, wenn dieſe ihn annehmen
zu wollen (nomen recipere, rationem habere)
erflärt hatten, ſich ſodann dem Volke vorjtellte
und die Stimmen der Bürger erbat (ambire).
Candidätus prineipis j. Quaestor, 5.
Canidia, der Spottname einer Libertine, die
urſprünglich Gratidia geheißen haben ſoll. Horaz,
mit ihr zerfallen, rächte fih in Schmähgedichten
(sat. 1,8. epod. 5 und 17). Die Palinodie od. 1,16
ift Ichwerlich auf fie zu beziehen.
Canidins, P. Can. Erajins, einer der Feld—
herren des Antonius, zu deilen Gunften er das
Heer des Lepidus in Gallien, wo er damals (43
v. E.) diente, bearbeitete und den Anſchluß an ihn
bewirkte. Cie. ad fam. 10, 21. Als Antonius den
Krieg gegen die Parther (38) unternahm, befiegte
Canidius im %. 38 die Armenier, im J. 36 die
Iberer und Albaner und unterwarf das Land bis
an den Kaukaſus (Plut. Ant. 34), war aber weniger
glüdtich gegen die Parther. Plut, Ant. 42. Beim
238
Ausbruch des Kampfes gegen Dctavian war er
einer der freldherren des Antonius, drang auf die
Entfernung der Kleopatra vom Heere und befehligte
das Yandheer, verlieh dasielbe aber heimlich, als
des Antonius Flotte geihlogen war, und entwich
nah Agypten, um Antonius den Ausgang des
Kampfes zu melden. Plut. Ant. 63 fj. Später ließ
ihn Octavian hinrichten. Vell. Pat. 2,87. Oros. 6,19.
Caninefätes oder Canninefätes, auf Inſchrif—
ten Cannanefates, ein bataviicher Vollsſtamm,
wohnhaft auf der bataviihen Halbinſel zwiſchen
dem Meere und dem See Flevo (j. d.), zunächſt
den riefen. Sie wurden von Tiberius bejiegt
(4 n. C. Vell. Pat. 2, 105), erhoben fich jedoch
unter Caligula von neuem und nahmen jpäter an
dem Aufftande des Eivilis teil, wobei fie im 3. 71
die römische Flotte verbrannten. Plin. 4, 29, 32.
Tae. ann. 4, 73. 11, 18. hist. 4, 16. u. Ö,
Caninfi. eine plebejiiche Gens: 1) M. Cani—
nius Rebilus, Gejandter bei Perieus von Male:
donien im J. 170 v. C. Liv. 43, 11. — 2) E. Can.
Nebilus, nahm als Legat an Cäſars Freldzügen
in Gallien teil, 52 und 51 v. E. Caes. b. ꝗ. 7,83.
8, 245. Im J. 49 gebrauchte ihn Cäſar als
Unterhändler bei Pompejus. Caes. b. c. 1, 26. In
den afrifanijchen Feldzügen erlitt er mit Curio
eine Niederlage durch Juba von Numidien, aus
der er fich faum rettete, eroberte nach der Schlacht
Thapjus im J. 46, kämpfte darauf in Spanien
und wurde im %. 45, als der Kollege Cäſars
plötzlich ſtarb, noch am legten Tage Konſul. Cie.
ad fam. 7,30, 1. Plut. Caes. 658. Tae. hist. 3, 37.
Macrob. sat. 2, 3. — 3) C. Can. Gallus, Volks—
tribun im J. 56 v. E. und Anhänger des Pom—
pejus, dem dieſer die Ordnung der Angelegen:
heiten Agyptens übertragen wollte. Plut. Pomp. 49.
Mit Cicero ftand er in gutem Bernehmen. Im
J. 51 hielt er ſich in Griechenland auf; ob als
Prätor, ift ungewiß. An den Kämpfen zwiſchen
Cäſar und Pompejus nahm er feinen Anteil und
ſtarb im 3. 43. Cie. ad Att. 16, 14. — 4) A. Can.
Satyrus, war einer der Hausfreunde Giceros
und jcheint nicht ohne Einfluß gemweien zu fein.
Mit dem Wucherer Eäcilius (Cie. ad Att. 1,1, 8),
dem Oheim des Pomponius Atticus, hatte er einen
Prozeh wegen mehrerer von ihm angeblich be-
trügeriicherweiie gefaufter Güter.
‚annae, Karvaı, j. Canne, Flecken in Apulien
nordöjtlih von Ganujium, am rechten Ufer des
Aufidvus, bekannt durch den großen Sieg des Han-
nibal im 3.216 v. C. Die Schlacht wurde übrigens
höchit wahrſcheinlich auf dem linfen Ufer des Fluſſes
geihlagen. Liv. 22, 46 ff. Pol. 3, 113 ff. App. b.
Hann, 205. Abhandlung von H. Stürenburg (1388).
Cannutius j. Carfulenus.
Cantäbri, Kdvraßgoı, ein wildes, friegerifches,
erft von Auguſt durch den cantabriichen Krieg
25—19 v. E. völlig unterworfenes Bergvolk des
nördlichen Hijpaniens, defien Horaz (od. 2, 6, 2.
11,1. 3, 8, 22) öfter gedenft. Gäjar (b. q. 3, 23. 26.
b. e. 1, 28) verfteht unter ihrem Lande noch den
ganzen nördlichen. Küftenftrid Hiſpaniens bis zu
den Pyrenäen; jeit Auguſt war der Name merit
beichränft auf das weſtlich von den Afturen, öftlich
von den Bajconen begrenzte Yand (aljo heutiges
Bilcaya, nördliches Burgos, weitliches Guipuzeoa).
Städte waren: — im Gebirge (j. Rey-
noja), Coniana, Portus Victoriae (j. Santoha)
Caninefates
— Capena.
am Meere, Bleudium (j. Sautander) desgleichen,
Vellica u. a. Strab. 3, 155 ff.
Caunthärus od. zdr®agos, i. Trinkgefäülse.
Canticum hieß in der römiichen Komödie und
Tragödie und wohl auch in den Mimen eine Art
von Monolog, gejangartig unter Begleitung der
Flöte vorgetragen und zwar jo, daß der Schau:
ipieler das cantienm, da es viele Mimit und
körperliche Anftrengung erforderte, oft nur agierte,
die Necitation aber und den Gejang einem andern
überließ, welchen der Flötenjpieler mit feiner Flöte
begleitete. In diefem Teile des römischen Dramas
—— ſtarle Leidenſchaft und viel Affelt. Wäh—
rend der Dialog (diverbium) meiſt in iambiſchen
Senaren gehalten wurde, wechjeln die Metra in
den cantica häufig. Auch in den Handjchriften
find dieje beiden Partien durch bejondere Bezeidh-
nung bemerflich gemadt. In der jpäteren Zeit
wurden die cantica aud allein und vom ma
abgejondert gejungen. Vgl. G. Hermann, de canti-
cis in Roman. fab. scenicis (Opuse. I 2% ff.).
Ritſchl, canticum und diverbium bei Plautus
(Rhein. Muſ. 26, 599 ff. 27, 187 ff). Bol. auch
Komoedia.
Cantii, das gebildetite Volk Britanniens in der
üblichen Ede der Halbinjel bis zum Vorgebirge
Gantium, j. North Foreland (im heutigen Kent),
mit den Städten Dubrä (j. Dover), Durover:-
num (j. Canterbury), Lemanus Portus (ji.
Lymne), Rutupiä (j. Nichborougb), Durobrivae
(j. Nocefter) und namentlich Londinium (j.
London). Caes. b. q. 5, 14. Strab. 4, 199.
Canuleii, 1) Gaius, aus einer plebejiichen
Familie, war als Boltstribun im 9. 445 v. E.
Urheber des Gejeßes, das die Ehe zwijchen Pa—
trictern und Plebejern geftattete, und des Antrags,
daß das Volk die Konjuln aus beiden Ständen
nach Gutdünfen wählen dürfte. Liv. 4, 1.6. Cie.
r.p.%, 37. — 2) F Canul. ſchlug um 420 v. C.
als Tribun eine Aderverteilung vor. Liv. 4, 44.
— 3) 2 Eanul. Dives, verwaltete im J. 171
v. E. Spanien als Prätor. Da die Spanier häufig
Klagen über die römischen Beamten, namentlic)
über ihre Habjucht, führten, jo wurde von ihm im
Auftrage des Senats ein Gericht von Senatoren
angeordnet, um die erg id zu unterjuchen. Die
Spanier durften ſich die Verteidiger wählen, welche
jie wollten. Ganulejus brachte aber die Sache
nicht weiter, als daß 2 Prätoren ein freimwilliges
Eril wählten, worauf er in jeine Provinz ging.
Liv. 42, 28. 48, 2.
Canusium, Karovsıor, Stadt am rechten Ufer
des Aufidus in Apulien, j. Canoſa, griechijchen
Urjprungs und der Sage nad) von Diomedes ge-
gründet (daher die campi Diomedis, Liv. 25, 12),
jo dah die Bewohner auch noch bei Horaz (vat.
1, 10, 30) bilingues heißen; in frühefter Zeit mit
bfühendem Handel, jpäter gejunfen und römische
Kolonie, von Horaz (sat. 1, 5, 91) wegen jeines
ichlechten Brotes und feiner Wafjerarmut veripottet.
Hier fanden fich die Trümmer des bei Gannä ge-
ichlagenen Heeres wieder zujammen (Liv.22,50. 54;
hier erlitt aber auch Marcellus nach mehrmaligem
Siege über Hannibal eine Niederlage (208 v6.
Liv. 27, 12.
Capella j. Marcianus.
Capena, Stadt im jüdlichen Etrurien an der
flaminifchen Straße, früher oft in Abhängigkeit
Caper — Caracalla. 239
von Beji (Lir. 5, 8), ſpäter römiſches Muni— | hier befanntlich die 7 letzten Jahre jeines Lebens
eipium.
(j. Roma, 12.).
Caper, Flavius, römischer Grammatiker im
2, Jahrh. n. E., von Prijeian antiquitatis doctis-
simus inquisitor genannt, von dem de latinitate
oder de lingua latina, de dubiis generibus u. a.
Schriften von den jpäteren Grammatikern vielfad
eitiert werden, Die 2 unter feinem Namen er:
haltenen Heinen Schriften de orthographia und
de verbis dubiis (herausgeg. von Keil, grammat.
Lat., Bd. VII p. 92 ff. und 107 ff.) können nur
als dürftige Auszüge aus feinen urjprünglichen
Werken gelten. Vgl. auch Agroeeius.
Capillamentum und Capilli j. Haarputz.
Capita aut navia (navim), ein römijches Spiel,
wobei ein Gelditüd (as sextantarius) in die Höhe
getvorfen wurde und durch die niederfallende Seite,
die eine mit einem Venuskopfe, die andere mit
einem Schiffsjchnabel verjehen, Gewinn oder Ver-
Inft anfündigte. Or. fast. 1,239. Maer.sat.1,7,22.
Capite censi j. Servii, 1.
Capitis deminutio. Caput heißt wie status
der Rechtszuſtand und umfaht alles, was den
Menichen zum Bürger macht. Diejer Zuftand be-
zog fich auf 3 Berhältnifie: Freiheit, Bürgerrecht
und Familie. Darum unterjchied man: 1) status
libertatis, nad) welchem die Menſchen entweder
Freie oder Sklaven waren. Wer aus der Freiheit
in Sflaverei geriet, 3. B. durch Kriegsgefangen-
ichaft oder Kapitalftrafe, erlitt capitis deminutio
maxima, die größte Berjchlechterung des status.
— 2) status civitatis. Jeder, welcher im
römijchen Reiche lebte, war Bürger, oder Latiner,
ober Beregrinus (j. Civitas, Latium, 7. 8.,
Peregrinus). ®er die Eivität verlor, 3. B. durch
Eril, erlitt cap. deminutio media, — 3) status
familie. Jeder war entweder sui juris oder
alieni iuris, d. h. er war entweder pater familias
(). d.) oder ein dem Hausvater Untergebener. Auch
waren diejenigen sui inris, welche, ohne Hausväter
zu fein, in feines andern Gewalt jtanden, 3. B.
ein Kind, welches feine Eltern; Brüder oder Agna-
ten hatte, von denen es abhängig fein fonute.
Wenn jemand aus der Familie in eine andere
übertrat und dadurd die Rechte jeiner bisherigen
Familie verlor, jo war dieſes cap. deminutio
minima, 3.8. bei Adoption oder bei Verheiratun
eines Mädchens mit in manum conventio. Sal
Genz, Capitis deminutio (in Symbolae Joachi-
micae, .1880).
Capito. j. Ateii und Sinnius Capito.
Capitolinas mons j. Roma, 2. 9.
Capitolium j. Roma, 3. 9. 16.
Capraria, 1) von den Griechen Alyılog ge:
naunt, Heine Inſel zwiſchen Bopulonia und der
Nordipige von Eorjica, j. Capraja. Der Name ift
von dem wilden Biegen herzuleiten. Plin. 8, 81.
Mela 2, 122. — 2) eine der insulae fortuna-
tae, j. d.
Capröse, Kangeaı, Kargla, Heine Inſel an
der campaniſchen Küfte, dem Golf von Neapel
ſüdlich vorgelagert, j. Capri, hoch und felfig, aber
reizend gelegen und mit mildem Klima. Suet. Tib. 40.
Tae. ann. 4, 67 u. ö. In frühefter Zeit wohnten
Teleboer hier; jpäter gehörte die Injel den Bürgern
von Neapolis, denen fie 29 dv. C. Wuguftus ab-
faufte. Dadurch fam Tiberius in ihren Beſitz, der
’
Nach ihr war ein Thor Roms genannt | zubrachte und die Inſel mit herrlichen Gebäuden
en aber auch zum Schauplaß jeiner Lüfte
machte.
Gaprotina, römijcher Beiname der Nuno und
der derjelben als Feſttag geweihten Nomen des
Quintilis (Nonae Caprotinae, 7. Juli) zufolge der
uns von Plutard) (Camill. 33) erzählten Liſt der
Tutula oder Philotis, die im Kriege mit den Ya-
tinern duch ihr Anerbieten den Römern einen
Vorteil gewann. Jene hatten nämlich Weiber von
den Römern begehrt und wurden nun, da die ge:
nannte Sklavin auf ihren Vorſchlag mit andern
in der Tracht freier Frauen dem Feinde übergeben
worden war, von den mittelft eines Feuerzeichens,
das fie von einem wilden Feigenbaume (caprifi-
cus) aus unter dem Schube ihres Gewandes gab,
erbeigeeilten Römern jchlafend im Lager überfallen.
gl. Maer. sat. 1, 11. Die offenbar märcenhafte
Darftellung wird von andern anders erzählt.
Capsa, 1) Kapjel, Käftchen, Mappe, namentlich
and) der cylinderförmige Bücherbehälter, vgl. Seri-
nium,. — 2) Stadt des öftlichen Numidiens, in
der Landichaft Byzacium, wo fich die Schatfammer
des Jugurtha befand, von Marius zerftört, jpäter
von den Römern wieder aufgebaut (Sall. Jug.
89. 91); j. Gafja.
Capsarlus, ein Sklave, 1) welcher in den Bä—
dern die Kleider der Badenden bewahrte; 2) welcher
den Kindern jeines Herrn die Lampe und Schul:
bücher nachtrug (ſ. Beleuchtung, 3.), oder ſeinem
Herrn mit der capsa der Bücher nachfolgte.
Capüa, Karön, früher Volturnum, eine alte
und blühende Stadt Campaniens mit auſoniſchen
und etruffiihen Bewohnern. Ungeachtet der frucht-
baren Umgegend und des lebhaften Handels und
Gewerbfleiges konnte die Stadt ihre Freiheit nicht
behaupten, jondern erlag den friegeriihen Sam:
nitern, die ſie Capua nannten, 420 v. C. Liv. 4, 37.
Als die Bewohner jpäter wider dieje den Sidi—
einern beiftanden, mußten fie in Rom Hilfe fuchen
(Liv.7, 31. 9, 20 ff.), im zweiten puniſchen Kriege
‚aber dafür, daß fie anf Hannibals Seite traten,
hart büßen (j. Campanıa). Geitdem übte ein
jährlich wechielnder röm. Beamter dajelbit die Rechts:
pflege aus. Die Stadt, nicht mit Unrecht in den
Ruf der Weichlichfeit und Unfittlichkeit verfallen,
jant mehr und mehr. Julius Cäſar jchicdte, um
ihr aufzuhelfen, eine Kolonie u ebenjo Nero.
t. Caes. 20. Tac. ann. 13, 31. Die Berwüftungen
der Bandalen (456 ı. E.) und Araber (856) haben
nur bedeutende Trümmer, bejonders eines Amphi—
theaterd, davon übrig gelaflen, die etwa in der
Entfernung einer Stunde von der heutigen Stadt
(bei Sta. Maria Maggiore di Capua) zu finden
jind. ©. auch Campania.
Caracalla (aud) Een), M. Aurelins
Antoninus, Sohn des 2. Septimius Severus
von der Julia Domna. Herod. 4,1. Dio Cass.
77,2. Er war geb. am 4. April 188 n. E. (Dio
Cass. 78, 6) und wurde jchon in dem Kriege mit Al—
binus zum Nachfolger erklärt; jpäter, im parthiichen
Kriege, zum Mitregenten erhoben, erhielt er den
Auguftustitel. Sein Vater vermählte ihn mit der
Tochter eines jehr reichen Römers, der Plautilla,
welche er jedoch nicht liebte. Den Schwiegervater,
einen habjüchtigen, graujamen Mann, lieh er jpäter
unter dem Vorwande, er trachte ihm nach dem Leben,
240
hinrichten. Herod. 3, 11ff. Dio Cass. 75, 14. 76,38.
Gar., der diefen Namen von der gewöhnlich von
ihm getragenen galliſchen Kleidung erhielt (daj. 78,3),
verriet jchon frühzeitig ein graujames Gemüt und
gab ſich den größten Ansjchweifungen hin, worin
jein jüngerer Bruder Geta ihm gleich war; jonit
herrichte zwijchen den beiden Brüdern eine jolche |
Abneigung, daß der Darüber befümmerte Vater oft |
Anlaß fand, fie zur Eintracht aufzufordern, und |
endlich ſich genötigt jah, beide mit ſich zu nehmen, |
als er nach Britannien zog, um die von Norden |
in diejes Land eindringenden Barbaren zu züch—
tigen, 208. Dio Cass. 76, 7. Herod. 8, 14. Car.
benugte, zum Teil aus Eiferſucht gegen Geta,
dieſe Gelegenheit fich beim Heere beliebt zu machen
(Dio Cass. 76, 14), zettelte jogar eine Berichwörung
an und erlaubte füch jelbft Gewaltthätigfeiten gegen
den Bater, als diejer plößlich im 9. 211 ftarb,
nicht ohne daß der Verdacht einer Bergiftung auf
Car. fiel. Dio Cass. 76, 15. Spart. Sev. 18. {freilich
erreichte Gar. jeine Abficht nicht ganz, da das Heer
ihn nur zugleich mit feinem Bruder Geta als Im—
perator anerkannte, weshalb Car. nachdem er einen
ihimpflichen Frieden mit den Feinden eingegangen
war und fich Scheinbar mit jeinem Bruder verjöhnt
hatte, nah Rom echter (noch 211), wo er,
angeblid in der Notwehr, feinen Bruder in den
Armen der Mutter niederftoßen ließ. Dio Cass.
77,2. Zonar. 12, 12. Herod. 4,4. Aur. Vict.
Caes. 20, 32. Das Heer gewann er nun durch
Seldverteilung und ließ alle Anhänger, Diener
und Freunde jeines Bruders umbringen (Spart.
Car. 8. (fet. 6), darunter den berühmten Juriften
Bapinian, Krieg war das einzige, dem Car. bis
an jein Ende gleihmäßige Neigung entgegenbrachte.
Deshalb war Alerander der Gr. fein Ideal (Dio
Cass. 77, 7. Herod. 4, 8), und begierig ergriff er
die Gelegenheit, ſich als Feldherr zeigen zu können.
Als Alamannenſtämme in Gallien eingefallen waren,
übergab er feiner Mutter die Bertretung (Dio
Cass. 77, 18) und z0g eilends nach Deutichland
(213), um in das feindliche Gebiet einzufallen. Er
errang einen enticheidenden Sieg. Sodann ging
er zu erneuten Kämpfen an die Donau. Auch in
Thrakien jcheint er mit gotiichen Scharen Krieg
‚geführt zu haben. Spart. Car. 10. Dio Cass. 77,16.
Hierauf begab er ſich nad Aſien, die Oſtgrenze
des Reichs zu ordnen. Ein Aufftand in Agnpten
rief ihn auch dorthin: Alerandreia wurde hart be-
jtraft, der größte Teil der Bevölkerung getötet.
Dio Cass. 77, 22. Herod. 4, 8f. Spart. Car. 6.
Nachdem er im 9. 216 Arbela (Erbil) genommen
und einen Teil Mediens verwüſtet hatte, wendete
er ſich 217 gegen die Barther. Jedoch in der
Kähe von Garrhae wurde er infolge einer Ber-
Ihwörung, deren Seele der Gardepräfekt Macrinus
(Oros. 7, 18) war, noch nicht 29 Jahre alt, er:
mordet, am 8. April 217. Dio Cass. 78, 4. Zonar.
12,12. Herod.4, 18. Spart. Car. 6 f. Eutr.8. 20.
Aur. Vict. en. 21. Nach jeiner Konjekration, die
auf Verlangen der ihm treu ergebenen Soldaten
erfolgte, führte er den Namen Divus Antoninus
Magnus. Dio Cass. 78, 9. 18.19. Bgl. Schiller, | y
—* d. röm. Staiferzeit (1883—87) r 2 ©. 739
— 755.
Caraeöni (Caracini), Kagerijvor, Kaparivor,
fleiner Bolfsftamm im nördl. Sammium mit dem
Hauptorte Aufidena. Plin. 3, 106.
Caraceni — Carcer.
Carälis, Caräles, Kdoalıs, j. Cagliari, Stadt
am Meerbujen und Borgebirge gi. N. auf der Süd-
füfte der Inſel Sardinia, mit einem guten Hafen,
von den Karthagern gebaut, unter den Römern
Sitz des Prätors und mit dem römijchen Bürger:
| recht beichentt. Strab. 5, 224.
Caratäcus (minder "richtig Cataratacus und
Cartaces), em britanniſcher Fürſt aus dem Volke
der Catuellaner, führte einen unglücklichen Krieg
mit den Römern und fiel durch Verrat der Fürftin
Gartimandua in ihre Gewalt. Der Kaijer Claudius
ließ ihn nach Rom bringen und behandelte ihn
wegen jeines edlen Freimuts mit Milde, im J. 50
u... Tac. ann. 12, 33 ff. hist. 3, 45.
Carausfus, aus einer gallifchen Familie der
Menapier, zeichnete jich im Kampfe mit den Ba-
auden (ſ. d.) im Jahre 285 n.E. aus. Eutr. 9,21.
Da er zugleich mit dem Seewejen vertraut war,
gaben m Divcletian und Marimian, die dama—
ligen Kaiſer, den Befehl über eine Flotte, mit der
er die batavischen und galliichen Küften gegen die
Angriffe der germanifchen Seeränber verteidigen
jollte. Dies jcheint ihn auf den Gedanken gebracht
zu haben, nicht nur Schäße zu jammeln, jondern
auch ſich unabhängig zu machen, und als er des—
halb in Verdacht geriet und Marimian ihm nad)
dem Leben trachtete, jegelte er nach Britannien
und ließ fih mit Hülfe der Flotte und der dort
ftehenden Soldaten zum Auguſtus (287) ausrufen.
Eutr. 9, 215. Oros. 7, 25. Eumen. pan. 4, 12.
Bei den im römischen Reiche herrichenden Wirren
gewann er Zeit, fih im feiner Herrſchaft durch
Züchtigfeit als Feldherr und qute Verwaltung zu
bejejtigen, bis Conftantius, einer der Cäſaren, einen
Feldzug gegen ihn unternahm, aber nichts aus—
richtete (Kutr. 9, 22) und ihn als Mitregenten
anerfennen mußte (292). Doc genof Caraufins
die durch Thätigfeit und Talent errungene Gewalt
nur noch furze Zeit, da er im J. 298 durch Meuchel:
mord fiel. Kutr. a. a. D. Aur. Viet. (aes. 39,
Carbo j. Papirii, ], 1-4.
Carcer, össuorjoror. I. Die Sefängnisitrafe
itand in Athen im alten Zeiten jchon auf Nicht:
bezahlung einer Schuld an dem beſtimmten Ter-
min. Daher verloren viele athenifche Bürger ihre
Ehre und ihre Freiheit, bis Solon einer jolchen
Härte des Geſetzes in allen Privatverhältniffen ein
Ende machte (vgl. Dvi7j, 5.) Nachher konnten
nur noch die Staatsjchuldner und die ſäumigen
Staatspächter ohne weiteres Rechtsverfahren ge:
bunden und ins Gefängnis geworfen werden, wenn
der Rat es für zwedmäßig fand (j. Bavirj, 2.).
So konnten auch jogar jäumige Trierarchen von
den &mosrolsig gebunden werden. Sm öffent:
lichen Klagen fonnte demgemäß auch die Gefäng:
nisftrafe, wo fie nicht durch das Geſetz ſchon ge:
boten war, durch chärfung (meosriunue) hin-
zugefügt werden (vgl. Miltiades). Somit durften
Bürger nie gebunden noch verhaftet werden, wenn
nur 3 andere derjelben Klaffe für den Betref:
jenden ſich verbürgten. Freilich fonnte derſelbe
auch nur auf bieje Weife in den Fällen der eru-
yayı, Zpiiynars, Evdsıdıs und elsayyekle augen:
blicklicher Haft fich entziehen. Das Gefängnisweien
ftand unter den ae (j. Erden), nicht
nur injofern das Gefängnis jelbjt zur Strafe diente,
fondern auch infofern in demijelben die meiften
Leibes- und Lebensftrafen vollzogen wurden, be:
Carceres — (arrinas.
jonders die durch Schierling. Häſcher waren die
rogörcı und Önuöcın donkor. — II. Die Haft
wurde in Rom verichieden angewendet: 1) gegen
wiberjpenjtige und troßige Bürger, welche von den
Magiftraten verhaftet wurden, 2) gegen zahlungs-
unfähige Schuldner (j. Nexum), 3) gegen Ber:
tige oder Angeklagte, welche von der Flucht
abgehalten werben jollten, 4) jelten als eigentli
Strafe Dear ad continendos homines, non ad
puniendos haberi debet). In Rom gab es mehrere
Staatsgefängniffe. Das ältefte war der carcer
Mamertinus am Gapitolium (j. zn Ein
Ipäteres ee ieß Lautumiae, entlich
—— ußer der ———— ft 3*
dieſen Staatstertern fannte man auch Hausarre
mit militärijcher Bewachung und libera —*2*—
d. i. freie Haft im Haufe eines angeſehenen Bürgers
für vornehme Angeflagte. Eigentümlich war die
custodia militaris, wo Verbrecher und Soldat an
Eine Kette gefeflelt waren.
Carecöres j. Circus unter Roma, 20.
Cardöa (Carda), Göttin der T ürangeln (car-
dines) bei den Römern, daher Bewacherin
Hanjes und des Familienlebens. Ahr Feit fiel auf
den 1. Juni und war geftiftet von Junins tus,
Or. fast. 6, 101 ff. (wo fie Carna genannt wird);
vgl. Augustin. civ. d. 4, 8.
Carfulönus, Decimus, einer der Legaten
Eäjars im J. 47 v. C. im alerandriniichen Kriege
(Caes. b. Alex. 31), ſchloß ſich nach Cäjars Tode
den Anhängern der Republif an und wurde Volls—
tribun im 3. 44. Als jolcher war er Gegner des
Antonius (Cie. Phil. 3, 9, 28), der ihn fürchtete
und ihn im J. 43 mit T. Sannutius feines Sites im
Senate beraubte. Im Kriege bei Mutina fiel er
in einem Treffen gegen Antonius nad ruhmvollem
Kampfe. Cie. ad fam. 10, 33, 4. ad Att. 15, 4.
App: b. e. 3, 66 ff.
Carinae j. Roma, 3. 13.
Carinus, WM. Aurelius, Sohn des Kaiſers
Carus, älterer Bruder des Numerianus; beide wurden
im 3. 282 n. €. vom Bater zu Mitregenten er:
nannt. Garinus verwaltete, während der Bater
gegen die Parther zog, die abendländiſchen Pro:
vinzen von Rom aus, führte aber hier ein höchſt
ausjchweifendes Leben und wurde wegen feiner
er eit ein Gegenjtand des Vollshaſſes. Kutr.
9, 19. Vopise. Carin. 16f. Als jein Vater in
Aien das Dpfer einer Militärverjchwörung ge
worden (Vopise. Car. 8, 2—7. Aur. Viet. Caes.
38, 3—4. . 38, 3. Eutr. 9, 18, 1), im $. 283,
und Numerianus, der das zurüdführte, von
dem —— ften Arrius ermordet worden
war (Vopise. Num. 12. Aur. Viet. Caes. 38, 6—8.
ep.38,4—5. Eutr. 9, 19,2. Oros. 7, 24, 4), Ite
der Rat der Dffiziere zu Challedon den Diocletian
zum Kaiſer, 284. Vopise. Num. 13 ff. Aur. Vict.
Caes. 39, 1. Eutr. 9 9, 20, 1. Oros. 7,25, 1. Gegen
dieſen 309g Carinus, "wurde aber in der Schlacht
am untern (Morawa) geſchlagen und im
entſcheidenden Augenblide des Kampfes von einem
Zribunen aus Privatrache niedergeftoßen. Vopise.
Car. 18,2. Aur. Vict. Caes. 2, 12. ep. 38, 6—8.
Eutr. 9, 20, 2. Oros. 7, 26,
Carmölus mons, — waldreicher, frucht⸗
barer Bergrücken in Untergaliläa, der ſich von dem
—— Hügelland abzweigt und in nordweſtl.
tung, etwa 30 km lang, dem Meere zu ftreicht,
Reallerifon bes Hafj. Altertums. 7. Aufl.
241
wo er das Borgebirge Carmelum (j. Bear eg,
bildet, auf dem in Kaijerzeit ein Orakel fich
befanb; j. Dichebel Mar —— nach 1. Reg. 18.
Tac. hist. 2, 78. Suet. Vesp. 5
Carmenta |. Evander.
Carmentälis porta j. Roma, 8.
Carni, en ber von den Carniſchen Alpen
‚ Alpes) durchzogenen Landſchaft Carnia (jept
in), feltijchen Urjprungs, von denen wir wenig
wiſſen. Liv. 43, 5. Strab. 5, 206. Unter den Städten
derjelben find zu nennen: Julium Carnicum
(j. Zuglio), Forum Julii (ij. Eividale in Friaul),
Aquileja und Tergefte (j. Trieft).
‚Carnifex (carnufex), der Scharfrichter, welcher
—— der Sklaven und Fremden zu voll⸗
—— hatte. Sein Amt war ein ſehr verachtetes.
rger wurden vom Liktor hingerichtet; die Er-
drofjelung im Kerker lag den tresviri capitales ob.
Carnuntum, alte feltiiche Stadt Oberpannoniens
am Danuvius, jpäter bedeutende römijche Kolonie
und wichtiger (a enplaß, bejonders im Marlo-
mannenfriege, wo jie der Mittelpunkt der Opera-
des | tionen war, and) Stationsort der Donauflotte und
Quartier der 14. Legion.
gier ichrieb Marc Aurel
während eines dreijährigen
ufent a Ah (171-174)
einen Teil feines Werfes r@ zig tavror, bier
wurde auch Severus m Kaijer ausgerufen. Jetzt
bedeutende Ruinen bei Betronell und Deutſch—
Altenburg.
Carnütes, — e Vollerſchaft zwiſchen Liger
und Sequana mit den Hauptſtädten Cenabum
(j. Orleans) und Autricum N Ghartres). Unter
—— waren ſie eifrige Verfechter der Frei⸗
heit, wurden aber zuletzt zerſtreut. Uuex. b. . 2, 35.
6, 25. 56.6,2.4. 7, 2. 8, 5. Ein Teil war mit
andern galliichen Bölferichaften nach Ftalien ge:
zogen. Liv. 5, 34.
Carpätes, 6 Kauordens, j. Karpathen und Tatra,
nördliches Grenzgebirge Taciens gegen Sarmatien,
das von der Örenze Germaniens und Sarmatiens
in gerader öftlicher Richtung bis zu den Quellen
des Tyras (Drjeftr) und weiter füdöftlich des Hie-
rajos (Pruth) reicht.
Carpetäni, Kagrnraroi, oder Carpesii, iberi-
ſches Voll im tarracon. Hilpanien am Anas und
Tagus, mit der Hauptjtadt Toletum (j. Toledo).
Liv. 21,5. 16 u. ö. Pol. 10, 7.
Carptor oder scissor, der Zerleger oder Vor:
fchneider bei der röm. coena, der jein Amt oft mit
— ——— Birtuojitätübte. Juv.9, 109.
Sen. ep. 47
Carrhar, — Stadt in Meſopotamien (Ds:
roene), ſiidöſtl. von Edejja, am Sfirtos (j. Daijan),
-. Nebenfluß des Belichas (j. Belik), gelegen;
m U. T. Haran oder Charan, j. Haran; befannt
durch die Niederlage des Craſſus gegen die Parther,
der jodanı auf dem Marſch nad den armenijchen
Bergen jeinen Tod fand (9. Juni 53 v. E.). 1. Mos.
11, 31. 24, 10. Plut. Orass. 18 ff. Dio Cuss.
40, 16 ff.
Carrinas, 1) Gaius, fämpfte im erften Bürger:
friege unter Marius, be hligte (83 v. €.) ein Heer
egen En. Bompejus, owie 82, gegen Metellus
Bins, von dem er am Fluffe A sn n3 oder Äſis
eine Niederlage erlitt. Plut. Pomp. 7. App.b.e.
1, 87. Später von Pompejus bei Spoletium ge-
ihlagen, verjuchte er den in Pränefte eingejchloffenen
jüngeren Marius zu befreien, wurde aber von Sulla
16
242
bejiegt, gefangen genommen und hingerichtet. Eutr.
5,8. App.b. ce. 1,87 ff. — 2) Sein Sohn, Gaius
Garrinas, consul suffectus im X. 43 v. E. nach
dem Tode des Vibius Panja, war Anhänger Eä-
jars, für den er, freilich ohne Glüd, in Spanien
gefämpft hatte (45). Im Jahre 41 erhielt er dieje
Provinz zur Verwaltung; jpäter (38) dämpfte er
einen Aufitand in Gallien und jchlug die einge:
drungenen Sueben über den Rhein zurüd. App.
b. ec. 6, 92. Dio Cass. 51, 21. Im J. 36 focht er
gegen den jüngeren Bompejus auf Sicilien. App.
b. e. 5, 112. — 3) Carrinas Secundus, be
fannt als Rhetor, zog ſich durch feine Ausfälle
gegen Caligula den Ummwillen desjelben zu. Dio
Cass. 59, 20. — 4) Carrinas Eeler, Rhetor und
Senator zu Neros Zeit (65 n. E.), vielleicht der
Sohn von Carr. Secundus. Tac. ann. 13,10.15,45.
Carseöli, Stadt der Aquer nahe der jabiniichen
Grenze in rauber Gegend an der zum Adriatiſchen
Meere führenden Valeriſchen Straße, jpäter rö—
mijche Kolonie. Ruinen beim j. Earjoli. Liv. 10, 3.
27, 9. 29, 15.
Carsülae (Carsuli), in früher Zeit eine der be-
deutenditen Städte Umbriens, weftlich von Spo—
letium, fpäter verfallen (Tac. hist. 3, 60); j. Dorf
Gafigliano.
artöia, Kaornia, Stadt in Hiſpania Bätica
nahe dem fretam Herculis, jeit 171 v. E. römische
Soldatentolonie; j. Nocadille. Hier waren reiche
Gold: und Silberbergwerte. Liv. 38, 30. 43, 3.
Carthägo j. Karthago.
Cartimandüa, cine Fürftin der Briganten in
Britannien, durch deren Verrat ihr Yandsmann
Garatacus (ſ. d.) im J. 50 n. E. in die Hände
der Römer fiel. Später (53) ſchützten die Römer
fie gegen die Angriffe ihres eriten von ihr ver:
ftoßenen Gemahls Venutius (Tac. ann. 12, 36 ff.),
dem fie jedoch 16 Jahre darauf unterlag; mur mit
Hülfe der Römer rettete fie ihr Leben. Zac. hist.
3, 45.
Carus, M. Aurelins, wahricheinlich in Illy—
riceum geboren (Vopise. Car. 4, 2 jf.), diente unter
Probus als Befehlshaber der Prätorianer, bejtieg
den Kaiferthron im J. 282 n. C. (Vopise. Car. 8.
Prob. 22) und ernannte zum Schreden der Römer
jeine Söhne Carinus und Numerianus zu Mit:
regenten; dann kämpfte er gegen die Sarmaten,
endlich gegen die Berier, denen er Ktejiphon abnahm.
Vopisc. Car. 8. kutr. 9, 18. Oros. 7,24. Schon
war er im Begriff, erobernd in Aſien weiter vor:
udringen, als er das Opfer einer Militärver:
Uenörung wurde, tweil die Offiziere des Heeres
jeine Eroberungsiuft nicht teilten (Dezember 283).
Vopise. Car. 8, 2 ff. Aur. Viet. Caes. 38, 3f. ep.
38, 3. Eutr. 9, 18, 1. Oros. 7, 24, 4.
Carvilii, 1) Sp. Carvil. Marimus, Konjul
im %. 293 v. €. (Liv. 10, 9), bejiegte die Sam:
niter und Etrujfer (Liv. 10, 33 ff.) bei. bei Aqui—
lonia und erhielt dafür die Ehre des Triumphes.
Da er reiche Beute gemacht hatte, gab er jeinen
Soldaten große Geſchenke und erbaute einen Tem:
pel der Fortuna. Liv. 10, 46. Im J. 272 wurde
er wiederum Konſul, jchlug die Samniter aber:
mals und befiegte Tarent. Flor. 1,18. Oros. 4,3.
— 2) Sp. Carvil. Marimus, bejiegte als Kon—
jul im 3. 234 v. E. die Sarden und Eorjen. In
jeinem zweiten Konfulate, 228, jcheint er einen
Vorſchlag des Tribunen Flaminius über der:
Carseoli — Cassii.
verteilung gebilligt zu haben. Cie. Cat. m. 4, 11.
Zonar. 8, 18. Er joll im J. 231 das erſte Beijpiel
einer Ehejcheidung gegeben haben. Er ftarb als
Augur im J. 212. Dion. Hal. 2, 25. Liv. 26, 23.
Casa Romüli, eine alte mit Stroh bededte
Hütte über dem Yupercal auf der Höhe des Ger-
malus, in welcher Romulus bei Fauſtulus gewohnt
haben jollte. Sie wurde bis in die Kaiſerzeit, in
der fie mehrmals abbrannte, jorglih in ſtand
gehalten. Dio Cass. 48, 43.
Jasca j. Servilii, 18. 19.
Cascellius, Aulus, Schüler des Bolcatius,
Beitgenofje Eiceros, gehörte zu dem bedeutenditen
Juriſten feiner Zeit und war ein Mann von re:
publifanischer Gefinnung, der der Willfür Cäjars
und der Triumbirn unverzagt entgegentrat. Er
ichrieb ein Werk liber bene dictorum. Plin. 8,
40, 144. Hor. a. p. 371. Macrob. sat. 2, 6, 1.
Bol. Dirkſen, Schriften II ©. 435 ff.
Casilinum, Kasıkivror, Stadt Campaniens, am
rechten Ufer des Volturnus tordweitl. von Capua
(1. Nova Eapoa), zeichnete ſich im zweiten pumijchen
Kriege durch die ruhmvolle Verteidigung gegen
Hannibal aus (Liv. 23, 17 ff.), ſank aber jpäter
gänzlich, obwohl eine römische Kolonie dahin ge:
führt worden war. In diejer Gegend war es, wo
Hannibal den Fabius auf die befannte Weile
täujchte. Liv. 22, 15. Strab. 5, 2927.
Casinum, Kasivov, Stadt der Volſker in Ya:
tium, nicht fern vom linken Ufer des Liris, am
Fuße des Berges Caſinus, wo jetzt das berühmte
Kofter Monte Caſſino fteht. Die Stadt war in
den — 2 als röm. Kolonie angelegt
und jpäter röm. Municipium. Liv. 9, 28. Strab.
5, 237. Die Einwohner h. Casinates.
Caspii, Kdorwı, ein Bolf in der Nähe der
Kaſpiſchen Berge zwiichen den Flüſſen Kambyſes
und Kyros. Hat. 3, 92f. 7, 67. 86.
Caspii montes, Kdszız öen, das Örenzgebirge
zwiichen Armenien und Medien (j. Siah-Koh, d.i.
Schwarzes Gebirge), während im weiteren Sinne
wohl der ganze vom Kaukaſus jüdlich ums Kaſpiſche
Meer a Ten Zug darunter verftanden wird. Dort
befinden ſich auch die jogen. Kajpiichen Pforten
(Kdoriaı nvLaı), Girduni:Sirdara, ein faſt 3 Stun:
den langer Engpaß von der Breite eines Wagens
durch die jüdlichen Ausläufer des Elburz, zioifchen
ben Städten Rhagai und Thara, der einzige Weg
aus dem nordweſtl. Ajien in die nordöjtlihen Teile
des perfiichen Reiches und deshalb von den Perſern
mit eijernen Thoren gejperrt und bewacht (claustra
Caspiarum), übrigens nicht zu verwechjeln mit dem
oft gleich benannten Paß ſüdweſtl. vom Kaſpiſchen
Meer (ij. g. Albaniae portae). Arr. 3, 19, 2,
20, 2. 4. 7, 10, 6,
Caspium mare, n Kaonia« Pdlasca, aud)
Hyrcanum mare, "Tenavis Adurn, nach den an:
wohnenden Völkern, zwiſchen Seythia intra Imaum,
Hyrlanien, Atropatene, Albania und dem ajtat.
Sarmatien. Es galt nach einem allgemeinen, auch
bei Eratofthenes und Strabon herrichenden Irrtum
für einen Buſen des Drceans, obgleich jchon Herodot
(1, 2025.) bemerkt hatte, es jei ein für fich be:
itehendes Meer, und Btolemaios es als ein Binnen:
meer zeichnete. Strab. 11, 507 f. Arr. 5, 5, 4.
7, 16, 1 fl.
CassTi, eines der älteften römischen Geichlechter
von uripr. patriziicher Ablunft: 1) Sp. Caſſ.
Cassii.
Bifcellinus, der erjte aus diefem angejehenen
Geichlechte, der ſich im der Geichichte einen Namen
erworben hat, Als Konſul befiegte er im J. 502, €.
die Sabiner bei Cures. Liv. 2, 17. Dion. Hal.
5, 49. Im %. 501 wurde er der erjte magister
equitam, im %. 493 abermals Konjul, beförberte
die Einigkeit der beiden Stände nad) dem Auszuge
der Plebejer auf den Heiligen Berg und ſchloß ein
Bündnis mit den LYatinern (Liv. 2, 18. 21. 38.
Cie. Balb. 23, 55), wodurch fich beide Bölter von
der SHerrichaft der Etruſter frei machten. Sieben
Jahre jpäter (456) wurde er zum bdrittenmale
Konjul und brachte das erfte Adergejeg ein, nach
welchem das von den Batriziern in Bejiß genom- | Im
mene Gemeindeland unter die Bürger, Latiner und
Hernifer geteilt werden jollte. Der Senat war,
obgleich Caſſius mit dem Widerjpruche feines Kol-
legen Birginius und jelbjt der Tribunen zu fämpfen
hatte, weil er die Bundesgenofjien nah Rom ge
rufen, genötigt, in alles zu willigen. Näheres über
den Inhalt jeines Vorſchlags willen wir nicht.
Eaijius wurde aber nach Ablauf jeines Amtsjahres
vor Gericht gezogen, wegen Gebrauchs ftrafbarer
Mittel durch das Volk jelbft zum Tode verurteilt
und vom Tarpejiichen Feljen rät. gl. Schweg-
ler, röm. Geſch. II ©. Pr; Dion. Hal. 8, 69 ff.
Livius (2, 41) hat einige Abweichungen, nament-
lich jagt er, daf die Zuziehung der Bundesgenofjen
bei der Berteilung ihn beim Bolte tig ge:
macht habe, welches mit Neid auf die Be ——
derſelben ſah. Auch ging die e, ——— ter
habe, überzeugt, daß der patriziſche Stand durch
das Geſetz beeinträchtigt würde, den Sohn mit
eigner Hand — al. Max. 5, 8, 2. Daher,
meinte man, läme es, daß Lajlins’ Nachkommen
nicht mehr dem patriziichen Stande angehörten.
Andere freilich erflärten die Sache jo: die Nadı-
fommen hätten es verſchmäht, länger einem Stande
anzugehören, .in welchem ein Berwandtenmord be-
angen worden jei; vgl. Mommſen, röm. Geich. I
&. 279 (6. Aufl.). Nach jpäteren Schriftitellern ftrebte
er die Königswürde mwiederherzuftellen. Cic. r. p.
2, 27.35. Plin. 34, 9. — 2) D. Caſſ. Longinus,
führte 167 v. E. den Perjeus, König von Mate:
donien, in die Gefangenichaft nad) Alba (Liv. 45,42)
und jtarb als Konfjul im I. 164. — 3) Sein Entel,
2. Caſſ. Longinus, Prätor im 3. 11ı v. C.
verbürgte mit jeinem Worte dem Jugurtha bei
jeinem Aufenthalte in Rom periönliche Sicherheit
(Sall. Jug. 31); er fiel als Konſul (107) im cim-
brifchen Kriege in einer Schlacht gegen die Tigu-
riner. Liv. ep. 65. Caes. b. g. 1,7. Oros. 5, 15.
— 4) 2. Caſſ. Longinus Ravilla (wegen
feiner graugelben Augen jo genannt), gab im J.
137 ». €. koährend feine ribunats ein Geſetz,
daß fortan durch Tafeln abgeftimmt werden jollte,
— —
elbe ihr
bewies er große ©
auch Gerechtigteit und 2
Kose. Am. 30, 86. Brut. 25. 27. Vell. Pat. 2, ıv.
Val. Max. 3, 7,9. 8, 1,7. Diejelben Eigenichaf
ten zeigte er bei Verurteilung mehrerer innen
im %. 113. — 5) jein Sohn, £. Caſſ. Longi—
nus, ein der Optimaten, gegen er
als Tribun (104 v. €.)
Geſetzen durfte fein vom
Abgejegter
:/ Gemahlin Junia, teilnahm. Nachdem
243
— 6) €. Caſſ. Longinus, Decempir für eine
Aderverteilung im J. 173 v. E. (Liv. 42, 4), 171
Konjul (Liv. 43, 5), befam Gallien als Provinz
und zog im J. 170 ohne Geheiß des Senates aus
Gallien nach Makedonien. Auf dem Wege dahin
verübte er an den am Adriatiſchen Meere wohnen-
ben Bölfern Räubereien und andere Gewaltthätig—
feiten, weshalb fich diejelben durch Geſandte ın
Rom beichwerten. Der Senat jchidte Gejandte an
ihn, um ihn zur Rechenſchaft zu ziehen, und er-
flärte den beraubten Bölfern, er könne ungehört
den Gaffins nicht verurteilen. Liv. 48, 5. Die
Unterſuchung jcheint erfolglos geblieben zu fein.
Im I. 154 war er Cenjor und erhob jpäter gegen
den greifen Gato eine lage, gegen welche fich
derjelbe verteidigte. Gell.10,14. Plut. Cat. mai, 15.
— TE. so Longinus Barus, Konful im
3.73 v. C. lieh zufolge eines von ihm und feinem
Kollegen M. Terentius Varro gegebenen Gejehes
(lex Terentia Cassia) Getreide zur Berteilung
unter das Bolf auflaufen. Cie. Verr. 3, 70.5, 21.
Im Kampfe gegen Spartacus erntete er feine Lor—
beeren, da er als Prokonſul von ihm geichlagen
(nah Oros. 5, 24 — wurbe, 72. Liv. ep. 96.
Plut. Orass. 9. dh Cäſars Tode ward er ein
Opfer der von Dctavian und Antonius gebotenen
Achtungen zu Minturnä. App. b. e. 4,28. — 8) C.
Caſſ. Longinns, war Duäftor unter Craſſus
und nahm an dem Feldzuge gegen bie Parther
teil (53 v. E.), in welchem er, als feine heiljamen
re von Eraffus unbeachtet blieben, den Rüd:
zug der Heite des Heeres ficherte. / Tut. Crass. 27.
Dio Cass. 40, 28. Bei Carrhä entfam er aus der
Schlacht glücklich nach Syrien, welches er gegen
die Angriffe der Parther mutig und geſchickt ver:
teidigte. Plut. Crass. 29. Vell. Pat. 2,46. Cie.
Phil. 11, 13, 35. Im %. 51 fchlug er die Parther
völlig in der Nähe von Antiocheia. Dio Cass.
40, 28. Cie. ad Att. 5, 21. Im %. 49 ſchloß er
fih als Boltstribun dem Pompejus an, über deſſen
Flotte er den Befehl ehe worauf er Eäjars
Flotte an der ficiliichen Küſte ſchlug (Caes. b. e.
3. 101); auch bei Pharjalos kämpfte er mit, ergab
ſich aber einige Zeit nachher dem Gäjar, der ıhn
zum Legaten machte. Die Cass. 42, 13. Cie. ad
fam. 15,15, 2. Plut. Caes. 62. App. b. e.2, 111.
3, 2. Im den folgenden Jahren fjcheint er zwar
am Kampfe gegen den Pharnafes teilgenommen,
fih aber bald nadı Rom zurücdgezogen zu haben,
wo er mit Cicero in freundlichem Berfehre ftand;
von dort ging er im J. 45 nach Brunbifium, um
ben weiteren Gang der Ereigniſſe abzuwarten; er
blieb mit Cicero in Briefwechſel. Cie. ad fam.
15, 16f. Bei aller Anhänglichleit traute ihm
Cäſar doch nicht und jeßte.ihn gegen M. Brutus,
3. B. in der Prätur, zurüd, jo dat ſich mach und
nach bei Caſſius eine Abneigung gegen den ge-
)| waltigen Mann und deflen ehrgeizige Pläne ent:
widelte. Darans reifte bei ihm der Gedanke einer
Verſchwörung gegen Cäjar (Plut. Brut. 8 ff. Dio
Cass. 44, 14), an der Brutus, der ak de —*
en
eine Anzahl tühner, republitaniich gelinnter Männer
gewonnen hatten, führten fie in einer Senatsſitzung
an den den des März im J. 44 ihren
welche er |
ig auftrat. Nach jeinen ı durch Cäſars Ermordung aus. Plut. Brut. 14
olf Berurteilter und | Caes. 66. Suet. Caes. 82. Vell. Pat. 2, 56. Apr.
Senator jein. Ascon. in Cie. Corn. 78. b.e.2, 1135. Flor. 4,2. Der Senat gewährte
16*
244
zwar den Verſchworenen, welcde unmittelbar nad
der That auf das Capitol geflüchtet waren, Ver:
zeihung, doc Antonius reizte das Volk gegen fie
auf, und mehrere ergriffen die Flucht. Caſſius und
Brutus verließen Rom erſt jpäter, verloren ihre
Provinzen Syrien und Makedonien und erhielten
dafür Kyrene und Kreta ſowie den Befehl, Getreide
für das Volk aufzufaufen. Da beide in alien
ſich nicht für jicher hielten, legten fie abweiend ihre
Prätur nieder, worauf Antonius ihnen ein belei-
digendes Edift zujandte. Cic. ad fam. 11, 3,1.
ad Att. 14,5. App. b. c. 3, 8, etwas abweichend
Plut. Brut. 19. Beide begaben jih nun im Die
ihnen urjprünglich beftimmten Provinzen Syrien
und Makedonien. Caſſius gewann die in Syrien
und in andern Ländern Ajiens ftehenden Legionen,
worauf nad, Antonius’ Niederlage bei Mutina der
Senat dem Caſſius die Provinz Syrien bejtätigte.
Er jchlug jeinen Gegner Dolabella, dem der Senat
die Provinz kurz vorher, nachdem er fie dem Caj-
jius entzogen, gegeben hatte, in und bei Laodikeia;
Dolabella tötete ſich felbft. Vell. Pat. 2,69. App.
4, 60. Plut. Brut. 28. Flor. 4,7. Dio Case.
47,20. Als nun Antonius, Octavian und Lepi-
dus das Triumdirat geſchloſſen hatten, vereinigten
jih Brutus und Caſſius zur Rettung der Republik
gegen diejelben. Caſſius zog, nachdem er Rhobus
gezüchtigt (Plut. Brut. 30 f.) und in Ajien Steuern
eingetrieben hatte, nady Sardes (ba. 34), wo er
ſich mit Brutus vereinigte. Beide gingen nun
über den Hellespont nach Makedonien, lagerten
ſich mit etwa 100000 M. bei Philippi und er-
warteten hier das Heer der Triumvirn in günftiger
Pofition. Da Antonius in dem ausgejogenen
Lande jein Heer nicht halten konnte, griff er das
feindliche Lager an. Brutus, der den einen Flügel
befehligte, Begte zwar und eroberte Octavians
Lager, Eajjius aber, der aus feiner Stellung von
Antonius verdrängt war, gab, da er von dem Siege
des Brutus nicht unterrichtet war, alle Hoffnung
auf und lieh ſich durch einen Diener erjtechen.
Auf Thaſos wurde feine Leiche von Brutus be-
ftattet. Plut. Brut. 39 ff. Dio Cass. 47, 42 ff.
Flor. 4,7. App. 4, 107 ff. Suet. Oct. 13. Vell.
Pat. 2, 70. Unter Eiceros Briefen ad familiares
finden fidy (12, 11—13) Berichte von ihm; auch
ein vertraulicher Brief (15, 19). — 9) Sein Bru-
der, 2. Caſſ. Longinus, Anhänger Cäſars,
diente anfangs unter dieſem in Thellafien, ging
aber von da nad; Griechenland und nahm an der
Schlacht bei Bharjalos feinen Anteil. Boltstribun
wurde er im %. 44 v. E. und widerjeßte jich den
Plänen des Antonius, der ſich durch Ausſchließung
desjelben aus dem Senat an ihm rädjte. Cie. Piil.
3, 9,23. Als Antonius ſich mit Octavian ver:
jöhnt hatte, verlieh Caſſius Rom und ging nad
Alien; doch erhielt er von Antonius daſelbſt Ber:
zeihung (41). App. b.c.5,7. Caes. b.e. 3, 34 ff. 56.
Dio Cass. 41, 51. — 10) Sein Sohn, 2. Eaji.
Longinus, fämpfte unter jeinem Oheim €. Caſ—
find gegen Dolabella und fiel bei Philippi. App.
b. c. 4, 136. — 11) DO. Cajj. Longinus, nahe
verwandt mit dem Mörder Cäſars, ein Mann von
hartem Gemüte und habjüchtigem Charakter. Als
jolcher hatte er fich jchon im J. 54 v. C. in Spanien
durch Bedrüdung der Einwohner äußerſt verhaft
gemacht. Als Tribun jeßte er die Vorlefung des
Schreibens Cäſars im Senate durch (1. Januar
Cassii.
49 = 13. November 50 v. E.), mußte aber bald
zu Gäjar entfliehen, der ihn wieder nadı Spanien
landte (Cues. b. c. 2, 21. Dio Cass. 41, 1. 24), wo
jeine Erpreffungsjucht eine Verſchwörung hervorrief,
welche mit biutiger Strenge unterbrüdt wurde.
Aber mehrere Legionen empörten jich gegen ihn,
der Duäftor Marcellus jchloß fich ihnen an, Caſſius
wurde bei Corduba eingeichlofien, erhielt aber von
König Bogudes von Mauretanien Hülfe und ver-
ichaffte jich freien Abzug. Er dachte jeht indes
nur daran, die erpreßten Neichtümer zu retten,
verließ Spanien zu Schiffe, ging aber mit dem:
jelben und jeinen Schägen an der Mündung des
Iberus bei heftigem Sturme unter. Dio Cass.
42, 16. Gues. b. Aler. 48ff. b. Hisp. 42 ff. —
12) 2. Caſſ. Longinus, Nebenbuhler Eiceros
bei dejjen Bewerbung um das Konjulat (63), darauf
Anhänger Eatilinas und Unterhändler desjelben
mit den Allobrogern. Cie. Cat. 3, 4, 9. Sall.
Cat. 44. Nach Entdedung der Verſchwörung ver:
ließ er Rom, welches er hatte anzünden wollen,
und entzog fich jo der Strafe. Cic. Sull. 19, 53.
— 13) Eajj. Barmenjis, nahm teil an Cäjars
Ermordung, befehligte (43 v. E.) des Caſſius Flotte
an der ajiatijchen Küfte (Cie. ad fam. 12, 13),
ging nad) der Schlacht bei Philippi nad Sicilien
und vereinigte fich dajelbft mit dem jüngeren Pom—
pejus. App. b. c.5,2. Im J. 36 trat er zur
Bartei des Antonius über, mit dem er bei Actium
fämpfte. Bald nach der Schlacht ließ ihn Auguftus,
den er beleidigt hatte, hinrichten. Vell. Pat. 2, 87.
Val. Max. 1, 7,7. Oros. 6, 19. Er war aud) Did:
ter, jchrieb Briefe und Epigramme, zeichnete fich
aber bejonders durch feine Tragödien Thyeſtes
(verjchieden von der des Varius) und Brutus aus.
or. ep. 1,4, 3. Plin. 31, 2. Suet. Oct. 4. Weit:
ihichtige Monographie von U. Weichert (1836). —
14) C. Caſſ. Longinus, verwaltete Syrien unter
Claudius g n. E.), wurde von Nero, der darüber
ürnte, daß er das Bild des Mörders Cäjars unter
re Ahnenbildern hatte, in die Verbannung ge-
ſchickt, aus der erft Beipafian ihn zurüdrief. Tac.
ann. 16, 7. 9. Suet. Ner. 37. Plin. ep. 7,24. Als
Juriſt ftand er in großem Anſehen und jtiftete
eine eigene Schule, die Cassiani. Tac. ann. 12, 12.
Er hatte ein großes Werf über das ius civile
verfaßt, welches jein Schüler Arifto fommentierte
und Javolenus Prijens in 15 Büchern ercerpierte.
— 15) Avidius Cajj., mad) einigen aus der
Familie der Caſſier, nach andern ein Syrer (Dio
Cass. 71, 22), fämpfte in den Striegen des Marc
Aurel, eroberte und zerftörte unter 2. Verus die
Hauptſtädte der Parther, Sttefiphon und Seleufeia
(Dio Cass. 71, 2ff.), und jchlug im 3. 173 n. C.
die Sarmaten im Norden der Donau. Capitol.
Ver. 7$. Volc. Gall. Av. 4. Darauf befehligte er
in Syrien und Armenien, unterbrüdte einen Auf:
stand in Ägypten und ließ fih nun (175) von
jeinen Kriegern ald Kaijer ausrufen. Vole. Gall.
Av.7. Dio Cass. 71, 21. Sein jtolzer, herrſch—
lüchtiger Sinn konnte es nicht ertragen, nur zu
ehorchen; jein Feldherrntalent, das in vielen Kriegen
N bewährt hatte, verjprach jeiner Unternehmung
günftigen olg (Dio Cass 71, 22 ff.) Schon
tte er in wenigen Monaten faft ganz Borderajien
is zum Taurus unterworfen und Marc Aurel
ſelbſt zog gegen ihm ins Feld, da wurde er nach
dreimonatlicher Herrichaft ermordet. Dio Cnss 71,27.
Cassiodorius — (astra.
Volcat. Gall. Av. 8. — |
Capitol. M. Ant. 25.
16) 2. Eafj. Hemina, lebte um 146 v. C. Plinius
(13, 84) bezeichnet ihn als vetustissimus auctor
annalium ; die Fragmente jeiner annales bei Beter,
hist. Rom. rel. I p. 95. Fragm. p. 68 ff. —
17) €. Caſſ. Severns, Redner, lebte unter
4 rg Er war wegen feines verlegenden Wibes
— t und verwirkte dadurch ſeine Verbannung,
erſt nad Creta (8 n. C.), dann nach Seriphos
Tac. ann. 1, 72. 4, 21), wo er 33 n. C. ſtarb.
Die neue Zeit bedingte aud eine neue Form in
der Berediamfeit, die jich dem Tone der Deflama:
tionen näherte. Quint. 10, 1, 116. Tae. dial.
19, 26. Suet. Oct. 56. Calig. 16. — 18) Caſſius
245
Cãſar die Hauptitabt des Caſſ., jo daß er ſich ge:
nötigt jah Frieden zu ſchließen und Geifeln zu
geben, mit denen Cäſar aus Britannien abzog.
/aes. b. g. 5, 22 ff. Kutr. 6, 17. Oros. 6, 9.
Castra. Zwei Beichreibungen eines römischen
Lagers find uns aus jehr verſchiedenen Zeiten über:
liefert worden, von Polybios ans der Zeit der
puniſchen Kriege, alio gerade aus einer für die
innere Entwidelung des römijchen Kriegsweſens
überhaupt, durd den Einfluß der großen feind—
lichen Treldherren, Pyrrhos und Hannibal, jo wich:
tigen Epoche, und von Hyginus, der unter
Trajan lebte, aljo aus einer Zeit, wo bie römische
Kriegswifjenichaft Durch die eigenen großen Feld—
Dio j. Dio, 2. — 19) Eajjius Chärea j. | herren und durch die Belämpfung römischer Waffen
Chaerea. und römiicher Taktik mit gleichen Künften den
Cassiodörius Polybios
gem. Cassiodorus), Magnus
Aurelius Caſſ. Senator, geboren zu Scylla-
cium in Bruttii zwiſchen 460 und 465 n. C. aus
einer alten berühmten römijchen Familie, befleidete
unter Oboaler und ipäter unter dem oten:
fönige Theoderich und deſſen Nachfolgern Athala-
rih und Bitiges mehrere wichtige Staatsämter,
insbejondere als erſter Minifter und Staatsjefretär.
Als er ſich um 540 nad dem von ihm erbauten
Klofter Bivarefe (Vivarium) in Calabrien zurüd-:
gezogen hatte, war er hier teild mit theol. Studien
berhäfti t, teils für die be pa und Berbrei:
tung wiſſenſchaftlicher Kenntnifie unausgejegt thätig,
wie er denn auch viele Abichriften der Alten machen
lieh. Er ftarb hier 575, über 100 Jahre alt. — In
die legte Periode feines Lebens fallen die meiften
feiner zahlreichen Schriften; diejelben find teils
—S wie Chronica, welche von Adam bis
519 n. C. reihen, eine Gejchichte der Boten, welche
uns nur in der Bearbeitung des Jordanis (ſ. d.)
erhalten ift, und Variarum libri XII, eine Samm:
fung der von ihm in jeinen amtlichen Stellungen
verfaßten Schriftitüde; teils theologiſch und ency-
tlopãdiſch, wie die institutiones divinarum et
saecularium litterarum und de artibus et di-
sciplinis hberalium artium, in denen eine Über:
ficht der septem artes liberales (die Rhetorif bei
Halm, Rhetores lat. p. 495) für die Geiftlichen | La
gegeben war. Auch eine Kompilation de ortho-
graphia befigen wir noch a ng von 9.
Keil, gramm. Lat., Bd. VII. Wit einer höchſt
achtungswerten Kenntnis und Hochſchätzung der
alten 2itteratur verbindet Caſſ. einen tüchtigen
Charalter; jein Stil ift ſchwülſtig. Um bie Erhal:
tung der alten Schriftiteller hat er fich ſehr verdient
a . Bol. Battenbach, Deutichlands Geſchichts
quellen I ©. 55ff. (4. Aufl.).. Monographie von
A. Thorbede (1867).
Cassiterides insülae, Kassırsgldss vijooı,
Zinninfeln, hießen anfangs die britiichen Inſeln
überhaupt, woher die Bhoinifier Zinn und Blei
olten (Plin. 34, 16, 47), dann die weſtlich von
itannien gelegenen Scilly: oder Eurlinginjeln.
Cassivellaunus, ein Fürft der Britannier, ſtand
an der Spipe der Völler Britanniens, als Cäjar
von Gallien aus im J. 54 das zweitemal Die
Infel angriff. Caes. b. g.5: 11. Da die Britan-
nier im offenen Felde Römern feinen Wider:
fih Caſſ. in die unzu—
ftand leiften fonnten, 47
gänglichen Wälder zurüd und bedrängte von hier
rn Gipfel längſt erreicht hatte.
ennt nur die Einteilung der Legion nad Mani—
peln und in Hinficht der Waffen nach Principes,
Hastati, Triarii und Velites, und beichreibt das
ng eines damaligen konſulariſchen Heeres von
2 Legionen, mit Den dazu gehörigen Bundes:
enofien (socii); Hyginus dagegen trennt nad) der
u aus den Zeiten der erjten Bürgerkriege ſtam—
menden Einteilung in Kohorten mit gleicher Be:
waffnung (vgl. Acies und Legio) und beiehreibt
das Lager von 3 Legionen mit einer großen
Anzahl, freilich nicht notwendig dazu gehörender,
Truppenförper. Dagegen ift in der Entwidelung
der 3 dazwiſchen liegenden Jahrhunderte filr uns
eine ſcheinbare Lüde; aber diejen Mangel hebt
eine genauere Vergleichung der beiden überlieferten
Lagerbeichreibungen, wenn man die Andeutungen,
namentlich des Cäſar, Livius und Tacitus, dazu
nimmt, jo ziemlich wieder auf. Das polybiiche
Lager muß wegen der angebeuteten militärijchen
Veränderungen fort in den erjten Bürgerfriegen
Umwandlungen erfahren haben, und auch dieſe
müſſen fich bei den verichiedenen Einteilungen der
Legion und bei den Veränderungen in der Schlacht:
ordnung immer von neuem mit geändert haben;
aber dennoch jind die Grundverhältnifie desſelben
für die ganze fpätere Zeit maßgebend, und das
ger des Hyginus ift fein anderes, jondern weſent⸗
li ein aus dem polybiſchen hervorgegangenes, und
man fann das jpätere nicht verftehen ohne genaue
Einficht des älteren. — Im allgemeinen brachte
ein römiſches Heer nie eine Nacht ohne den Schutz
von Wall und Graben zu; war das Lager nur
r Eine Nacht beftimmt, jo hieß es castra, in
päteren Zeiten mansio; verweilte das Heer länger,
jo hieß es c. stativa, geichieden in c. aestıya
und hiberna. Bon dem Lager aus wurde die
Schlacht begonnen, nad) einer etwaigen Niederlage
diente e3 zum Aufluchtsorte (Liv. 44, 39; Daher
mußte es mit der größten arg und Sorgfalt
angelegt werden. Das günftigfte Terrain war der
Abhang eines janft abfallenden Hügels; vorzüg—
fihe Rüdfichtnahme aber erforberte die erreichbare
Nähe von Wafler, del, und Futter umd die ge:
funde Lage des Orts. Tae. hist. 2, 93. Um dies
alles jchon vorher zu —— und auszuwählen,
ſandte der Feldherr einen Tribun, mit einer je
nach der Nähe des Feindes bald größeren, bald
kleineren Abteilung von Soldaten, dem Heereszuge
voraus, urjprünglich in Begleitung eines Augur,
aus den Feind. Daſ. 5, 18ff. Dio Cass. 40, 3. | zur Vermeſſung des gewählten Yagerraumes, wes-
Nach Unterwerfung mehrerer Bölterjchaften eroberte | halb das römiſche Lager etwas Heiliges war vgl.
—
n
23
246
Diseiplina militaris); fpäter vertrat deſſen
Stelle ein eigener metator (castra metari). Die
Form des Lagers war bei Rolybios ein Quadrat
(quadrata), bei Hyginus iſt es um ein Dritteil
länger als breit (tertiata, micht dreiedig).
(praetorium, weil vor alters die Konſuln prae-
tores hießen) in möglichiter Nähe des Feindes
| diente (b).
(vgl. die Abbildung 1.) (a) Hier ftellte ſich der
Augur mit dem Geficht nad) der Nichtung bin:
Castra.
einem weißen Fähnlein (vexillum) bezeichnet.
Davor (nad der Stellung des Augur) dehnte fich
ein freier Naum aus (prineipium, prineipia), wo
die Altäre (arae), die Fahnen (signa) und die
Das | Rednerbühne des Feldherru (tribunal) jich befan-
erite war die Beltimmung des Treldherrnzeltes |
den, und der zum Verjammlungsort der Soldaten
Neben dem Prätorium lag in einiger
Entfernung links das Zelt (c) des Quäftors (quae-
storium), recht3 das (d) für die beiden Legaten
| (forum), deren Thüren nad) der Hinterfronte gingen.
I.
Ausmarich bes Heeres.
Einmarich
ichauend, von wo das römische Heer fam, und mit
dem Rüden den Feinden zugemwendet auf, und von
diefer Stellung des Augur aus hat Polybios, für
uns auffallend, diejenige Seite des Lagers, Die
vor ihm lag, und wo die nachfolgenden Römer
einziehen mußten, die Vorderfronte (modcunor,
fron-) genannt, dagegen die dem Feinde zugelehrte
Seite des Yagers die Hinterfronte. Auch die
beiden Seitenthore erhalten diejer Stellung gemäß
die Bezeichnung von dextra und sinistra (vgl.
unten).
bed Heeres.
Zu beiden Seiten vor dem Principium (b), 50°
von dem Quäftorium (ce) und Forum (d) entfernt,
wurden die Yeltpläge (e) für die 12 Tribunen
(jede Legion 6) und die 12 Präfecti (/) der Bundes:
genofjen mit roten Fähnlein bezeichnet. Bor diejer
Beltreihe blieb eine Straße von 100° Breite (via
prineipalis) frei (g), die zu den beiden Eeiten:
thoren (portae principales), dextra (Ah) und si-
nistra (1), führte. Dieje Strafe teilte das ganze
Der für das Prätorium erwählte Platz
(ein Quadrat von 200° Seitenlänge) wurde mit |
Lager der Breite nad in 2 ungleiche Teile, von
denen die Vorderfronte (den einmarichierenden Rö—
mern zugewandt) zwei PDritteile, die Hinterfronte
4
a
Castra.
dem Feinde zugewandt) ein Dritteil umfahte. Der
Länge nach wurde das Lager durch eine 50° breite
Strafe (vin praetoria), die von der Mitte des Prä-
torium und des Principium aus nach der Border:
fronte führte (k) und fich auch auf der entgegen:
gejepten Seite hinter dem PBrätorium fortiegte (A),
in 2 Hälften geteilt. An den beiden Musgangs:
punkten diejer Straße lagen die beiden Haupt:
thore, die porta decumana (!) an der Border:
ironte, dem Feinde abgewandt (jpäter aud) p. quae-
storia genannt, vgl. unter Liv. 10, 32.34.47.41, 2),
durch welches das römijche Heer einmarfchierte,
und die porta praetoria (m), dem Feinde zu—
— aus welchem das Heer ausmarſchierte.
tchren wir wieder zur via prineipalis (g) zurück,
jo wurde das Gros der Legionsjoldaten und der
Bundesgenojien (mit Ausichluß der extraordinarii,
vgl. Legio) in der Borderfronte je eine Legion
zu beiden Seiten der v. praetoria (k) dergeitalt
untergebracht, daß die Bundesgenofien ebenjo wie
in der Schlacht die Flügel einnahmen. Die Felt:
reihen wurden zunächſt mit eingeftedten Spießen
(hastae) bezeichnet, jo daß das anfonmtende Heer
ſich ohne weiteres zurechtfand; zu beiden Seiten
der Längenftrafe (v. praet.) lagen die Zelte von
je 10 Turmen römijcher Ritter (n), unmittelbar
dahinter die der Triarier (o), welche wegen ihrer
halben Stärte (vgl. Legio) auch nur halb jo viel
Zeltraum beburften. Der Ausgang ihrer Zelte
führte auf eine Nebenſtraße von 50° Breite (strigae,
doc heiten jo vorzugsweiſe auch die Zeltreihen
jelber). Ihnen zugewandt auf der andern Seite
der beiden Nebenjtrafen fampierten die Principes
(p), woran wieder unmittelbar die Haftati ſtießen
(q), deren Zelte auf 2 andere Nebenftrafen von
der angegebenen Breite führten. Bon den 10 Ko—
horten jeder Legion (zur Zeit des Bolybios aus
je einem Manipel Haftati, Principes und Triarii
mit den entjprechenden Leichtbewaffneten, velites,
beftehend) befand fich die erfte Kohorte zunächſt
der via principalis (g) und die zehnte am der
porta decumana (l). Zwiſchen den fünften und
ſechſten Kohorten war zur größeren Gliederung des
Lagers noch ein Breitenweg von 50° Breite an—
gelegt, via quintana (r), nad) der daran fampie-
renden cohors quinta benannt. Endlich auf den
beiden Flügeln, den Haftati (q) gegenüber, lagerten
die Bundesgenoffen, nah innen die equites (s),
nach außen, auf den Wall jchauend, die pedites (t).
— Die abgejonderten Corps der extraordinarii,
Zrlkenror (ein Fünfteil der zu jeder Legion ge-
Hörigen Bundesgenofien), fampierten in dem hinte:
ren Zeile des Lagerd an der porta praetoria (in),
und zwar — n Seiten der nach dieſem Thore
führenden Fortſetzung der v. praetoria (k’). Ihre
eltreihen liefen parallel mit dem Walle der Hinter:
nte und war auf der andern Geite zwijchen
denjelben und dem Prätorium (a) ein Abſtand von
100° Breite. Die equites extraordinarii fambier-
ten wiederum nach innen (w), die pedites (v) nad)
dem Walle zu. Die von —* Extraordinarii
abgeſonderten Leibwachen des Feldherrn, ablecti
—* und equites (dmökexror, vgl. Legio),
lagen neben dem Quäſtorium (c) und Forum (d),
ebenfalls die equites (w) nach innen und Die
pedites (=) nach außen. Daran jchloffen fich un—
mittelbar die Zelte der evocati (vgl. Dilectus
militum, 4.), jowohl egqrites (y) als pedites
247
(2), Rreiwillige, die nicht zu den gewöhnlichen Feld—
und Lagerdienjten herangezogen wurden. Und
waren endlich noch zufällig andere Truppen, etwa
externa auxilia (vgl. Auxilia), zugegen, jo
lagerten diefe neben den Ertraordinarii, — Zwi—
chen dieſem joeben bejchriebenen inneren Lager:
raum und dem Walle war auf allen Seiten ein
Abſtand von 200° Breite, damit der Feind nicht
etwa bei plöglichen Uberfällen Feuer auf die Zelte
werfen fünnte. Bon dieſem Raume aus begaben
ſich auch die einzelnen Abteilungen nach den für
fie bejtimmten Zelträumen, und endlich diente der:
jelbe noch zur gg der Gepädwagen und
au Unterbringung der Beute. Die Stärfe und
iefe des Walles und des Grabens war je nad)
den Umftänden verichieden, die Nähe des Feindes
erforderte auch größere Befeftigung. An der Border:
und Hinterfronte arbeiteten die beiden Legionen,
an den Geitenbefeftigungen die Bundesgenofien,
alle unter der Oberauffiht von 2 Tribunen, unter
den Kaiſern von einem eigenen praefectus castro-
rum, Ein Standlager (ce. stativa) bedurfte natür:
lich noch größerer Befeftigungen durch Staitelle,
ſowie der Wall auch mit PBallijaden und Bruit-
wehren (lorieae) verjehen war. Caes. b. g. 5, 40.
7, 72. 8, 9. Längs des Walles fampierten bei
Tage die Leichtbewaffneten (velites), die bei Nacht,
namentlich wenn der Feind in der Nähe war, vor
den Thoren im Bivonac lagen (daher (procubi-
tores). Der Troß der Offiziere und Ritter Reit—
fnechte, agasones, und Packknechte, calones) be:
fand ſich im Lager dort, wo fie zu thun hatten
(Caes. b. g. 6, 36), namentlich auch bei der Bagage
der höheren Offiziere, die außer dem Geprädraum
an Walle entlang in dem Raume zwilchen der
Beltreihe der Tribunen (e) und der Präfekten einer:
jeits und dem Quäftorium (c) und Forum (d),
jowie den Zelten der Ablecti (ww und «) anderjeits
aufgeftellt wurde. Die Marfetender (mercatores,
lixae) ftanden außerhalb der porta decumana am
Walle entlang ((aes. b. g. 6, 87. Sall. Jug. 44, 5),
wo fie, entfernt von dem Feinde, die meifte Sicher:
heit hatten. Tac. ann. 1, 66. Die Zelte (tem-
toria, pelles) waren von Leder und wurden mit
Striden an Bilöden ausgeipannt und befeitigt, die der
höheren Offiziere heißen tabernacula, In Winter:
lagern wurden zum Schutze gegen die Witterun
förmliche Hütten erbaut und mit yellen oder Stro
bededt, casae stramenticiae. Tac. ann. 13, 35.
Caes. b. q. 5, 43. Gewöhnlich lagen 10 Mann in
jedem Zelte zufammen und bildeten ein contu-
bernium, Seltgenstieniehaft, fie jelber hießen con-
tubernales, ihr Aufjeher decanus. — Bei
allmählihen Entwidelung und Wusbildung des
römijchen Lagers waren namentlich die beiden Ge—
fichtspunfte der Sicherheit, jowohl nah außen
als auch nach innen, und der Yeichtigfeit des
Burehtfindens maßgebend. Eben biefefben gal:
ten noch zur Zeit des Hyginus, wie zur Zeit des
Polybios; aber einesteils können diejelben Zwecke
auf verjchiedene Weile durch andere Mittel ebenio
vollftändig erreicht werden, andernteil® bedingen
Veränderungen in verwandten Beziehungen, wie
die überaus große Vervolllommnung der Fern:
waffen und des ſchweren Geichüges, die verſchie—
dene Einteilung der Legion, die Aufhebung des
BWaffenunterichiedes, jowie endlich der Umſchwung
des gejamten Kriegsweſens auch Veränderungen
6
-1
=
248
in der inneren Konftruftion des Lagers. Da nun—
mehr alle Abteilungen der Legion gleihe Stärfe
hatten, jo war die Raummverteilung der Zelte auch
gleich; nur die erſte Kohorte jeder Legion enthielt
die doppelte Mannjchaftszahl, demmad erhielt fie
auch doppelten Lagerraum. Außerdem aber gab
es jetzt eine Mafle jelbftändiger Truppenförper
neben den Legionen mit verſchiedenen Rangord—
nungen, die je nach ihrem Verhältniffe zu der
Perſon des Feldherrn in größerer oder geringerer
Nähe des Prätorium fampierten (vgl. die bei:
gefügte Tabelle II. des hyginiſchen Lagers nad)
Lange): zunächſt an der einen Seite die jungen
vornehmen Begleiter (comites imperatoris), an
der andern die Beamteten (officiales imperatoris),
jodann die verichiedenen cohortes praetoriae, die
jetzige Leibwache und die neben höherem Solde
zugleich einen höheren Rang einnehmenden equites
prastoriani und singnlares. Der Zwilchenraum
zwifchen dem Wall und den Zelten war anftatt
der früheren 200° auf 60° beichränft, da dieſe
gerade noch hinreichten, den obenangeführten ander:
weitigen Zweden dieſes Raumes zu genügen, und
gegen feindliches Feuer, bei der vermehrten Wir-
fung der Wurfmaſchinen, jelbft jene früheren 200’
nicht mehr Sicherheit gewährten. Die Sicherheit
im Innern, d. h. gegen den geheimen Groll der
Bundesgenoflen, juchte die alte Zeit in der Tei-
lung derjelben, weshalb im polybiichen Yager das
römifche Heer nach innen, die Bundesgenofjen nach
außen lagerten. Dieſe Rüdfichtnahme hörte auf,
nachdem allen italiihen Wölterichaften die Ehre
des Legionendienftes oder jeit Auguftus auch der
Dienft im jelbftändigen Kohorten von gleichem
Nange mit den Legionen offen ftand (cohortes
peditum und equitum, quingenarine und mil-
liariae, vgl. die Tabelle), und nunmehr die an
die Stelle diejer früheren socii getretenen auxilia
(V’annonii veredarii, Mauri equites, Getae, Daci,
Britones, Cantabri, Palmyreni) zu verfchiedenarti
an Abjtammung und Beitrebungen waren, als da
plögliche Gefahren von ihnen zu befürdten ſtanden.
Überdies ift es ja ebenjo leicht und ficher, Meute:
reien durch Einſchließung als durd Teilung zu
verhindern und zu unterdrüden. Daher jebt die
GEricheinung, daß die Legionen dem Walle zunächft
fampierten und das ganze innere Lager wie eine
Mauer umichlofien. Ihre Zelte waren von dem
übrigen Yagerraume durch die 4 viae sagulares
von je 30° Breite getrennt. Die übrigen Haupt:
ftraßen des früheren Lagers waren jelbit dem
Namen nach geblieben: die v. praetoria, 60° breit,
führte jebt von dem Prätorium zur porta prae-
torin, die beiden andern durch die Breite des
Yagers; die v. prineipalis war ebenfalls 60’, da-
gegen die v. quintana 30° breit. Die Neben-
ſtraßen (viae vieinariae) zwijchen den Zeltreihen
(strigae) hatten 10° oder 20° Breite, je nachdem
die Raumverhältnifje es geftatteten. Durch die prin-
eipalis und quintana wurde das um ein Drittel
längere als breite Lager (tertiata) in 3 Teile
geteilt: 1) praetentura, die Borbderjeite (jet dem
Feinde zugewandt), zwiſchen der p. praetoria
und der v. principalis; 2) latera praetorii, die
Flügel des Prätorium, in der Mitte des Lagers
zwiſchen v. principalis und quintana; 3) reten-
tura, die hintere Seite, von der quintana bis zur
p. decumanı. Mit der Anderung in der Bezeich:
Castulo — Catana.
nung der Lagerfronte hatten die beiden Seiten:
thore, p. principales, auch im Bergleich zu der
früheren Bezeihnung ihre Namen, dextra und
sinistra, vertauscht. Wenn fich durch die Anweſen—
heit einer größeren Anzahl von Legionen noch mehr
Ausgänge und Thore vernotwendigten, jo wurden
an den Enden der v. quintana ebenfalls Ausgänge
gelafien (Caes. b. g. 6, 37: wegre portas nostri
tuentur; reliquos aditus ete. b. c. 3, 54). Das
Prätorium lag in der Mitte des Lagers zwiſchen
der v. principalis und quintana, wie es aud)
früher der all war, wenn nur Eine Legion im
Lager fampierte. Bor demjelben war das Prin-
‚cipium oder Forum, der Berjammlungsort der
Soldaten (Tac. ann. 1,61. hist. 1,48.54.3,12.153),
mit den Altären, dem Auguratorium und dem Tri:
bunal. (Bon hier aus vermaf} der metator auch
das Lager, der Ort hieß groma, weshalb der Ber:
meſſer auch gromatiens genannt wurde.) Zu den
Seiten des Prätorium fampierten die obengenann-
ten Begleiter und Leibwachen des Feldherrn. In
der retentura befand ſich gerade hinter dem Prä—
torium an der andern Seite der v. quintana das
Quäſtorium, welches jet zur Aufbewahrung der
Seifen und der Beute unter Aufficht von Legaten
diente. Der Quäſtor folgte als jolcher nicht mehr
dem Heere; war er zugegen, jo war ihm ber
Befehl einer Abteilung übergeben (Üaes. b. g. 1, 52.
4, 22 u. Ö.), und er ſtand mit den Legaten gleich.
— In der praetentura lagen zu beiden Seiten
der v. praetoria parallel mit der v. principalis
die Zelte der Legaten und Tribunen in je 2 Belt:
reihen (scamnum ) hintereinander. Neu hinzu:
gefommen find noch in dem huginischen Lager die
Belte für die Handwerker (fabrica), die dem Heere
in einer eigenen Abteilung unter dem praefectus
fabrum folgten, daneben das veterinarium für
franfe Tiere; auf der andern Seite der v. prac-
toria die Zelte für die erkrankten Soldaten, vale-
tudinarium; vgl. Caes. b. q. 6, 36.
Castülo, Kaoralor, Stadt der Oretani im
tarraconenfiichen Hiſpanien, an der Grenze von
Bätica, an dem rechten Ufer des Bätis ummweit
feiner Quellen im &erichtsbezirt von Neufarthago,
röm. Municipium; j. Cazlona. Die nahen Berge
enthielten reiche Silbergruben ; Hannibals Gemahlin
war von hier. Der Castulonensis saltus ((aes.
b. c. 1,38) heißt j. Caftona la Binja und ift ein
Teil der Sierra Morena. Strab,. 3, 142. 148 u. ö.
Catalauni (Catelauni), galliihe Wölterichaft
(in der jegigen Champagne) an der Marne. Amm.
Mare. 15, 11. Eutr. 9, 9. Auf den Catalauniſchen
Feldern (Mauriacus bei Troyes) wurden die Horden
des Attila von Aötins im J. 451 n. E. geichlagen.
Catäna, Kardvn, vielleiht noch häufiger Ua-
tina, alte Stadt an der Dftküfte Siciliens, am
Südfuße des Ätna, am Flüßchen Amena oder
Amenanus, j. Catania. Gegründet von Ehalfidiern
aus Naros, 729 oder 730 dv. E., wurde die Stadt
bei der großen Fruchtbarleit der Umgegend bald
blühend. König Hieron von Syrafus verjegte die
Einwohner 476 nach Leontinoi, führte dagegen
10000 Syraluſier und Beloponnefier nad ber
Stadt, der er den Namen Aitne gab. Indeſſen
bemächtigten fich nach jeinem Tode die alten Be:
wohner ihrer Stadt wieder und ftellten auch den
alten Namen her, wurden aber wieder von Dio—
nyſios und fpäter von Agathofles überwältigt, bis
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Catapulta — Catullus.
die Stadt im erjten punifchen Kriege in die Hände
der Römer fiel. Liv. 27, 8. Katana blieb jedod)
aud in fpäterer Zeit blühend und volkreich (vgl.
Cie. Verr. 3,83, 192. 4, 23, 50) und gewann unter
Auguſt durch Rolonifierung mit Veteranen neuen
Aufichwung, jo daß es neben Mejlana von Strabon
(6, 268. 272) als die volfreichite Stadt der Inſel
genannt wird. Frühe hatte es, wie jegt, von den
Ausbrüchen des Atna zu leiden.
Catapulta j. Tormenta, 3.
Catellae, eine Art goldener oder filberner Hals-
bänder, aus Meinen Kettchen beftehend und über
der Bruft herabhängend, zum Schmud von Frauen
getragen (Hor. ep. 1, 17, 55); auch militärische
Auszeichnung (ſ. Dona militaria, 5).
Catervarsi wurden die beiden Parteien von
Gladiatorentämpfern genannt, wenn nicht bloß
2 Gegner, jondern ganze Saufen derjelben auf:
traten und den Anblid einer förmlidyen Schlacht
gewährten,
Catilina j. Sergii, 8.
Catilins, %. Cat. Severus, befleidete unter
Hadrian das Konfulat (120 n. E.) in Rom und in
den Provinzen hohe Staatsämter. Er war ‘Bro:
fonjul in Aſien (Corp. Inser. Gr. 3509), Legat in
Syrien (Spart. Hadr. 5), Bräfelt in Rom (daj. 24)
und wurde von Habrian diejer Stelle entjebt, weil
er gegen die Adoption des Antoninus Pius jich
ausſprach (Spart. Hadr. 15. 24). Er war mit dem
jüngern PBlinius befreundet. Plin. ep. 1, 22. 3, 12.
Catillns oder Catilus, Sohn (nad) andern
Enfel) des Amphiaraos, wanderte nad) der Sage
mit jeinen Brüdern Koras und Tiburtus aus
Argos nad Stalien und erbaute Tibur. Hor. od.
1,18, 2, vgl. 2, 6,5. Verg. A.7,670 ff. vgl. 11,640.
Catinnm, Nebenform catinus, auf Sicilien
»criror, ein Napf oder Schüſſel (vgl. Patina),
bald flacher, bald tiefer, als Koch- und Tijchgeichirr
dienend (Hor. sat. 2,4, 77), aber auch als Schmelz:
tiegel aus Porzellanerde. Plin. 33, 4, 69.
Catins, ein epilureifcher Bhilojoph in Rom, von
Cicero (ad fam. 15, 16) als Kürzlich (etwa 45 v. E.)
gejtorben genannt, von Quintilian (10, 1, 124) als
ın Epicureis levis quidem sed non iniucundus
auctor bezeichnet. -— Sicherlich eine andere Berjön-
lichfeit ift Catius, der bei Horaz (sat. 2, 4) die
Lehren der Kochkunſt und die Regeln der Tafel:
ordnung mit feierlihem Ernfte vorträgt, eine feine
Berjpottung der Gourmands.
Cato ij. Dersi:. 11.
Catönis disticha ift Name einer, wahrfchein: :
lich für pädagogiiche Zwede bejtimmten, aus dem
3.—4. nachehriftlichen Jahrhundert ftammenden, aus
4 Büchern beftehenden Sammlung von lateinijchen
Sprüchen in je 2 Herametern, während des Mittel:
alters hochgeſchätzt und vielfach überjeßt. Ausgg.
von Hauthal (1869) und Bährens, poet. Lat. min.
III p. 205 ff.
Catonius Iustus, bei Tiberius' Thronbefteigung,
14 n. C., von ben empörten pannonijchen Xegionen
an ihn abgeſchickt (Tac. ann. 1, 29), wurde unter
Claudius auf Befehl der Meſſalina umgebradt.
Dio Cass. 60, 18.
Catullus, 1) Gaius (nad andern, doch min-
der rihtig, Ouintus) Balerius Cat., Noms
größter Lyriker, wurde im 3. 77 v. E. (nach Lad):
mann; nach andern früher, etwa 87 oder 84) zu Berona
geboren und ftarb 30 3. alt 47 (oder um 54). Bon
24)
feinem Leben ift nur weniges befannt. Früh jchon
fam er in Rom mit den gebildetiten Männern
feiner Zeit in Verkehr und jchloß mit einigen der:
jelben engere Freundſchaft, wie mit dem Dichter
C. Licinius Calvus (ſ. carm. 50), mit Cornelius
Nepos (j. e. 1), mit dem Redner Hortenſius
(ſ. e. 65) u. a. Der Dichter beſaß eine Billa im
Gebiete von Verona auf der —— Sirmio,
die ſich vom Südufer in den lacus Benäcus (j.
Yago di Garda) erjtredt und von ihm als die
ſchönſte aller Halbinjeln gepriejen wird (ſ. e. 31);
außerdem hatte er eine Billa auf der Grenze des
jabinifchen und tiburtijchen Gebietes (j. ce. 44.
39, 10). Dennoch jcheinen jeine Bermögensumftände
nicht die beften geweſen zu fein (j. e. 10 und 13).
Er begleitete im 3. 57 den PBroprätor E. Memmius
nad Bithynien (j. ec. 28 und 10) und befuchte auf
der Rückreiſe das Grab jeines in Troas beitatteten
Bruders (j. c. 101), deſſen Verluſt er auf eine
jehr innige, wahrhaft ergreifende Weile betranert
(i. e. 65. 68). Jedoch den Mittelpunkt feines dichte:
rifchen Lebens und Schaffens bildete jein leiden:
ichaftliches Liebesverhältnis zu einer von ihm
Leſbia genannten Römerin, die mit wahrem Na:
men Clodia hieß und wahricheinlich identiſch iſt
mit der berüchtigten jüngften Schweiter des P. Clo—
dins Pulcher (j. Claudii, 20.), der mit Q. Me-
tellus Geler (7 60 v. E.) vermählten Elodia, einem
jittenlojen, doch durdy Reize des Geiſtes und Kör—
pers ausgezeichneten Weibe (j. Claudıi, 21.). Dem
Verhältnis zu ihr verdanten wir die edeljten Perlen
jeiner Poeſie. Als Leibia fich ſpäter auf die ge:
meinte Weije proftitwierte, trennte fich der Dichter
völlig von ihr (ſ. c. 76). Eat. bekleidete fein öffent:
liches Amt. Seine Abneigung gegen Cäſar, ‚den
er jcharf tadelt und aller Laſter bejchuldigt, nament-
lid des jchändlichiten Umganges mit Mamurra,
dem dafür Cäſar die Schäße aller ausgelogenen
Provinzen gejchenft habe (j. c. 29. 57. 102), jcheint
nicht auf politiichen Gründen, fondern auf perjön-
lihem Hafle gegen Mamurra zu beruhen. Die
fruchtbarfte Zeit der dichteriſchen Thätigfeit des
Eat. waren die wenigen Jahre feines ungejtörten
Verhältniſſes zu Elodia. —— Wir bejigen von Eatullus
im ganzen 116 Gedichte, von welchen 18, 19 und
20 in den beften Handichriften fehlen; wir haben
aber darin weder die ganze Zahl, noch die ur—
iprüngliche Ordnung der Gedichte; außerdem find
einige mehr oder minder lüdenhaft. Dem Anhalt
nach laſſen fih 2 Gruppen unterjcheiden: 1, iam—
biihe und polemifche, 2) Inriiche Gedichte. Die
erfteren find teils politiihen Inhalts, teils ſprechen
fie in beifenden Worten entweder Andignation
über unfittlihe Perjonen und Handlungen oder
Spott über Thorheiten und Albernheiten jeiner
Beit aus. Die Iyrijchen Gedichte find teils größere,
elegiichen oder erzählenden Inhalts, meist griechi:
ſchen Muftern nachgebildet, wie die dem Kalli—
machos nachgedichtete Elegie auf das Haar der
Berenike (j. c. 66), die Hochzeitslieder (j. c. 61. 62)
und das Epithalamium des Peleus und der Thetis
(j. e. 64); teils kleinere, der erotiichen und jo:
cialen Lyrif angehörige, in welchen Cat. eine
Anmut und Innigkeit der Empfindung und cine
Originalität der poetijchen Erfindung zeigt, die
ein reich begabtes Dichtergemüt und ein außer:
ordentliches Talent offenbaren. Auf diejem Ge—
biete der Poeſie hat ihm nicht bloß fein römiſcher
250 Catulus
Dichter übertroffen, jondern fteht er den griechi-
ſchen Lyrifern völlig gleich. Sierzu kommt, daß
Cat. der Inriichen Formen in hohem Grade mächtig
tft; er hat ſich zuerſt der griechiichen Versmaße
mit Erfolg bedient. Seine Spradye ijt einfach
und natürlich, läßt aber in einzelnen Formen
und Ausdrüden die ältere Zeit erfennen. — Aus—
gaben von Döring (1758 ff. und 1834), J. Eillig
(1823), E. Lachmann (1829, 1861 und 1874),
M. Haupt (mit Tibull und Properz, 5. Aufl. 1885),
AU. Roßbach (2. Aufl. 1860), 2. Schwabe (1862 f.,
bis jest 2 Bddez Tertausgabe 1886), R. Ellis
(2. Aufl. 1878), U. Müller (1870), Bährens (2 Bob.
1876-— 1885), Nieje (1884) und B. Schmidt (1887).
Gelehrter Kommentar von Ellis (1876); UÜber—
jeßungen von Th. Heyie (1855) und R. Weitphal
(1867). Monographie über ihn von D. Nibbed
(1863). — 2) 8. Balerins Eat. Mejjalinus
[. Valerii, 41. — 3) DO. Lutatius(?) Catullus,
ein Mimograph im 1. Nahrh. n. E., der als Poſſen—
reifer den Beinamen Urbicarius erhielt. Won ihm
werden 2 Stüde erwähnt: Phasma, das Gejpenft,
und Laureolus, der gefreuzigte Stlave, welches oft
geipielt ift. Heinrich zu Juvenal S. 467 u. 335.
Catülus j. Lutatii.
Caturiges, ein liguriicher Vollsſtamm in Gal-
lia Narbonensis mit der Hauptitadt Eburodu:
num; j. Embrun. Caes. b. q. 1, 10.
Candium, Stadt der Caudini in Sammium an
der Appiichen Strafe unweit der Caudiniſchen
Päſſe (fureulae Candinae) in den benachbarten
Taburnijchen Bergen, wo die Nömer 321 v. E.
durch die Samniter zu der befannten jchimpflichen
Ergebung gezwungen wurden; j. Montejarchio un:
weit der Forchia Caudina. Liv. 9, 1 ff. Cie. off.
3, 30. Cat, mai. 12. App. Samn. 4, 2 ff.
Caulonia, Kaviorde, oder Caulon, Stadt im
Lande der Bruttii, die früher Aulon oder Aulonia
geheißen haben joll, gegründet von Krotoniaten,
worauf aud) der bier jehr gepflegte Kult des del-
phiichen Apollon hinweiſt. Dionyſios von Syra—
fus zeritörte die Stadt (Strab. 6, 261. Diod. Sie.
14, 106), doch wurde fie wieder aufgebaut, aber
in den Kriegen mit Pyrrhos und zum drittenmale
im zweiten punifchen Kriege wieder zerftört, jeit
welcher Zeit jie verlaflen blieb. Liv. 27, 12. 15.
— Eine gleichnamige Stadt (oder Ealloniana) auf
Sicilien (j. Galtanifetta) ſoll von den Vertriebenen
erbaut worden jein.
Caupöna. 1) Wirtshäufer zum Logieren der
Neijenden (Hor. ep. 1, 11, 12) gab es in den
Städten und an den Landftraßen (deversorium
genannt), obwohl das Bedürfnis ſolcher Anftalten
wegen des verbreiteten Gaftrecht3 (hospitium) nicht
jo dringend war als bei uns. Vgl. Beder:Göll,
Gallus III ©. 27 ff. Friedländer, Darftellungen
aus der Sittengeich. Roms II ©. 37 ff. der 3. Aufl.
- 2) Auch Wein: und Speifehäufer wurden cau-
ponae oder tabernae genannt, welche vorzüglich
über die Straße verkauften. Eigentliche Reſtaurants
oder Garfüchen waren die popinae.
Causia, zavola, ein Hut mit breiterrempe zum
Schub gegen die Sonne, bejonders beim Sigen im
Amphitheater getragen, wenn des Windes wegen die
Deden nicht darüber ausgebreitet werden fonnten.
Plaut. Mil. 4,4, 41f. Mart. 14, 29. Val. Max.
5,1,4. — Außerdem heißt jo bei den Mafedoniern
(savole) eine Art Helme aus Häuten zum Schuße
— Celsi.
gegen die Kälte; endlich in der jpäteren Kriegs—
ſprache ein Schutzdach, vinea. Veg. dere mil.4, 15.
Cautio, von cavere, bezeichnet die Handlung
überhaupt, durch welche man ſich jicher ftellt. In
juriftiicher Hinficht ift diefes auf mehrfache Werie
zu erreichen: 1) auf reale Weife, z. B. durch Bürg-
jchaft oder Unterpfand; 2) durch Ichriftliche Doku—
mente, 3. B. Schuld: und Stipulationsurfunden,
Duittungen u. j. w. Endlich heißt cautio auch ein
bloßes Berjprechen (cavere ab aliquo, ein Ver—
iprechen von jemand ſich geben laſſen, Cie. Verr.
2,23). Wichtig war die cautio de dolo (Cie. of.
3, 14) oder das Veriprehen, daß man bei dem
beabfichtigten Geſchäfte feinen dolus im Sinne habe.
Die cautio damni infeeti (Cie. top. 4) bezieht ſich
auf die verlangte und gegebene Sicherheit, daß neue
Bananlagen (ob und unter der Erde) dem Nachbar
feinen Schaden an jeinem Eigentum bringen jollten.
Cavea, 1) der AZujchauerraum im römiichen
Theater, Amphitheater und Cirkus; zur Zeit der
römischen Republik, allerdings nur im Theater, be:
jonders die verichiedenen Abteilungen der Plätze
nach dem Range. Daher die Ausdrüde cav. prima
oder ima, Die vorderiten Reihen, cav. media,
ultima, summa, von den mittleren und hinteren
oder legten Bläßen. — 2) ein fejt verwahrter Be:
hälter im Amphitheater für die zum Nanıpfe be:
ftimmten wilden Tiere. — 3) metonymilch das ganze
Theater. Bgl. Theatron.
Cedrium, griechiich xedeıor, Gedernöl, gewon-
nen von dem Safte, welcher dem Gedernholze ent:
träufelte, wenn man es um das Feuer herumlegte.
Plin. 16, 11, 21. Man jchüßte durch Beitreichen
damit die Bücherrollen vor den Motten, daher car-
ınina linenda cedro (Hor. a. p. 332).
Celeres war der vielfach gedeutete Name (am
wahricheinlichiten von celer, ſchnell) für eine Reiter:
ſchar von 300 Mann, die Romulus fich zur Yeib-
wache aus den 30 Gurien in 3 Genturien erwählt
haben joll. Es waren aber dieſe Reitercenturien
die Neiterfontingente der 3 Stämme: der Kamnes,
Tities und Luceres. Später wurden fie durch Tar-
quinius Superbus verdoppelt und als centuriae
Ramnensium, Titiensium, Lucerensium priorum
et posteriorum bezeichnet. Ihr Anführer, tri-
bunus celerum, entipradh in jeinem Verhältnis
zum König dem fpäteren magister equitum in
dejien Verhältnis zum dietator. Später ftanden
an der Spige der einzelnen Abteilungen der durch
Servius Tullius erweiterten Neiterei seviri.
Celsi, 1) Celſus Albinovanus, ein freund
des Horaz, aus Wlbinova, wird als comes und
scriba des Tiberius und als Berfafjer Iyriicher
Gedichte (Hor. ep. 1, 3, 24. 8, 1) erwähnt. Auf
jeinen Tod jcheint fich zu beziehen Or.ex Pont.1,9.
— 2) Aulus Eornelius Eelj., jchrieb zur Zeit
des Tiberius ein großes enchklopädiſches Werk über
Landwirtichaft, Heilfunde und Kriegsweſen, von
dem fich nur Buch 6—13, die Heiltunde enthal:
tend, erhalten haben. Dieje 8 Bücher de medicina,
das einzige auf uns gekommene medizinische Wert
aus den guten Zeiten der römijchen Yitteratur,
behandeln nach Hippofrates und Aillepiades die
gefamte Medizin, mit gejundem Sinne und in
einfacher reiner Sorache („medicorum Cicero*).
Beſte Ausg. von Daremberg (1850). — 3) B. Ju:
ventins Celſ. und deſſen gleichnamiger Sohn,
lebten, beide Juriften, jener unter Bejpajtan, diejer
Celtae -
unter Hadrian. Der Sohn, welcher neben den
Namen des Baters aud die Namen T. Aufidius
Hoenius Eeverianus führte, hatte jih 95 n. €.
an einer Verſchwörung gegen Domitian beteiligt,
wurde 106 oder 107 Prätor (Plin. ep. 6, 5, 4)
und befleidete zweimal das Konſulat, zuleßt 129.
Von feinen Schriften werden erwähnt Digestorum
libri XXXIX, woraus in den Digejten jic 142 Stellen
finden, außerdem commentarii, epistulae und
quaestiones. — 4) Eeljus, um 170 n. C. An:
hänger Epifurs, Freund des Lukian, der ihm ſei—
nen ’AldEarögog widmete, verfahte ein Werk (dAn-
Ds Aöyos), in dem er das Ghriftentum lächerlich
zu machen und Gewaltmaßregeln von jeiten der
Regierung gegen dasjelbe zu veranlaflen juchte. Es
war nicht ohne farkaftischen Wit und bedeutenden
Scharffinn, aber ohne alles wirkliche Verſtändnis
des Ehriftentums geichrieben. Wir fennen es nur
aus der Gegenjchrift des Origenes (contra Celsum)
in 8 Büchern.
Celtae ſ. Galli unter Gallia.
Celtiböri, Keirißnoss, ein durch Miſchung ein-
gewanderter Kelten mit den urjprünglichen Bewoh—
nern, den Iberern, entitandenes Volt Hilpaniens,
welches beionders im Mittellande (doch auch zum
Zeil in Lufitanien und an der Nordküfte) wohnte,
auf der Hochebene, welche die Waſſerſcheide zwiſchen
den zum Iberus und den nach dem W. zu fliehen:
den Gewäflern bildet (das ſüdweſtliche Arragon,
Euensa, Soria und zum Teil Burgos). Die E.
waren das tapferfte Bolf des Landes, befannt find
ja die Bewohner Numantias durch ihren helden-
mütigen Widerftand (eine eingehende Schilderung
ihrer Sitten und Eigentümlichfeiten findet ſich
Diod. Sie. 5, 33). Daher war die Freundichaft
der Eeltiberer die mächtigfte Stüße der Römer
gegen KRarthago; ihre Feindſchaft führte jchon den
Untergang der beiden Scipionen herbei. Liv. 25,33.
Erſt nach dem Untergange des Sertorius war ihre
Kraft gebrochen. Sie zerfielen in mehrere Völler—
ichaften, in die Celtiberi im engeren Gimme im
©., die Arevaci im NW., Pelendones öftlich,
Berones deögleichen, mit den Städten: Elunia,
nördlich vom Durius, Numantia, Segontia,
Miacum, Bilbilis, Segobriga, Eontrebia.
Strab. 8, 161 ff.
Cenäbum (nicht Genal-um), Krvaßor, Haupt:
ftadt der gall. Bölferichaft der Carnutes am Liger,
jpäter civitas Aurelianum oder Aurelinnensis
urbs, daher j. Orleans, ein wichtiger Handelsplaß,
von Cäjar erbaut. Caes. b. g. 7, 11.
Cenomäni, Kervouero/, mächtiger feltiicher
Stamm von dem Hauptitamme der Aulerci im
eisalpın. Gallien, der fich nördlich bis Nhätien, im
NO. bis zu den Euganei, öftlich bis Venetia, jüd-
fih bis zum Padus ausbreitete, mit den Städten
Briria, Cremona, Bedriacum, Mantua,
Berona. Pol. 2, 17. Strab. 5, 216.
Cenotaphium ſ. Sepulerum, 5.
Censor und Census (die griechiſche iunsıs |.
unter Stantshanshalt, I, 11. und Solon, 3.).
Der römische Cenſus ift eine Einrichtung des Königs
Servius Tullins zur gerechten Regelung der Ab-
zn. und des triegsdienftes (f. Servii, 1.).
ach Dion. Hal. 4, 15 jollten „alle Römer fich
aufichreiben laſſen und endlich ihr Vermögen in
Geld ſchätzen, wobei fie jchrieben, wer ihr Vater
wäre; fie jollten ihr Alter jowie ihre Frauen und
Censor. 251
Kinder angeben, auch hinzuſetzen, an welchem Orte
der Stadt, oder in welchem Flecken des Landes fie
wohnten“. Steuerpflichtig und deshalb anzugeben
war nur, was fie ex ıure Quiritium bejaßen,
d. i. namentlich der Grundbeſitz mit Ausschluß des
ager publicus und der Provinzialgrundftüde. Alle
5 Jahre jollte ſolche Schatzung ſich wiederholen
und jedesmal mit einem Reinigungsopfer lustrum)
beichlojjen werden. Mit Eintritt der Nepublif ging
die Abhaltung des Genjus auf die Konfuln als
die Nachfolger der Könige über. Als jedoch im
3.443 dv. 8 die Plebejer die Teilnahme an der
höchiten Staatsgewalt unter dem Namen der tri-
buni militares consulari potestate erlangten,
juchten die Patrizier durch Abzweigung der Cenſur
ihrem Stande noch ein Vorrecht zu bewahren, nad)
Lir.4, 8 und andern Angaben, „weil die Konjuln
zur Beſorgung des Genius feine Zeit hätten“.
So gab es ſeit 443 v. E. eigene Eenjoren. Im
3. 350 dv. C. wurde auch diejes Amt den Plebejern
zugänglid. Die uriprünglich Sjährige Amtsdauer
der 2 censores wurde 434 v. C. durch Amilins
Mamercus auf 18 Monate beſchränkt. Dieſe Kürze
ihres Amtes hatte die notwendige Folge, daß ihr
uriprünalicher Hauptheruf der Vermögensſchatzung
vor der Beichäftigung mit politiichen Dingen zu:
rüdtrat. Schon die zweiten Genforen, 435, hatten
ein Amtslokal (villa publica in campo Martio,
Liv. 4, 22) eingerichtet und Erweiterung ihrer
Amtsbefugnifie erftrebt; wie ja überhaupt ihrent
freien Ermeſſen der mweiteite Umfang gleich bei der
Einjegung der Cenſur anheimgegeben war (Liv. 4,8.
Varr.1.1.5, 14, 81: censor, ad cuius censionem,
id est arbitrium, censeretur populus). Allmäh-
lich erlangten fie, nacheinander geſetzlich übertragen,
die censura morum im allgemeinen, ſodann die
Mufterung des Senates (lectio), bald auch des
Nitterftandes, die Aufficht über die öffentlichen
Bauten, ſowie iiber das Staatseigentum überhaupt,
endlich auch die Beauffichtigung der Tributverhält:
niffe. Alle diefe hinzugefommenen Pilichten der
censores, namentlich die politiiche Thätigfeit der
lectio senatus, wurden allmählich von der Zeit an
die Hauptjache ihres Amtes, als einerjeits durch die
unermehliche Beute des Amilins Baulus 167 v. E.
die Staatdabgaben der römischen Bürger aufhörten,
andererjeitd3 durch Marius die Hriegsdienftpflicht
eine allgemeine, auch die Befitlojen treffende wurde,
und die beiden urjprünglichen Geſichtspunkte ihres
Amtes (Abgaben und Kriegsdienft) in Wegfall
famen. Darum hob Sulla die Cenſur ganz auf
und übertrug die Bejorgung der Bauten und die
Aufficht über die Finanzen auf die Konjuln und
Prätoren, der Senat follte fich jelber ergänzen.
Einige Jahre nach feinem Tode, 70 v. E., wurde
jedoch die Cenſur wieder eingeführt, wahrjcheinlich
um in den durch Sullas Einfluß gebildeten Senat
demokratiiche Elemente zu bringen. Durch Cäſar
wurde das Amt als folches wieder abgeſchafft,
dafür wurde er 46 v. E. zum praefeetus morum
auf 3 Jahre, fodann 44 anf Yebenszeit erwählt.
Auguftus vereinigte ebenfalls als praefectus
morum die gejamte frühere cenjorijche Ge—
walt in feiner Berjon, bisweilen mit einem Amts-
genofien (Mgrippa), auch wohl mit ausgedehnterer
Vollmacht, als zur Zeit der Nepublif. Über alles
diejes jpricht er jelber in jeinem Monum. Ancyra-
num (j. d. Erklärungen von Zumpt und Mommijen).
—
-
*
-
252
So blieb es im allgemeinen für die jpätere Zeit,
mit wenigen Ausnahmen unter Claudius und
Beipafian. — Umkreis der amtlihen Wirk—
jamfeit in der Republik: 1) Bei der Ab—
ihäbung des Vermögens (censum agere)
mußte jeder Bürger die Wahrheit feiner Ausjagen
eidlich befräftigen (ex animi sententia). Ob dabei
noch eine uns unbekannte Schwurformel angewandt
wurde, wie Zumpt auf Grund von Gell. 4, 20. 22,21
mutmaßt, oder die angeführten Worte genügten,
wie Beder behauptet, bleibt unerörtert. Die Rich—
tigfeit der Angaben jedes einzelnen Bürgers zu
prüfen, waren die Cenſoren nicht verpflichtet, ob-
ſchon dazu berechtigt, wobei fie denn eintretenden
Falls Geldbuße zu verfügen hatten (Cie.r.p. 2, 35).
Sie nahmen die Selbjtichägung der Bürger (de-
ferre censum) an (accipere censum) und lichen
fie dur Unterbeamte in Liſten (tabulae cen-
soriae) eintragen. Das ganze Geſchäft hieß cen-
sere, ſowohl von jeiten der Bürger als auch der
Cenſoren gebraudt, von erfteren jedoch kommt
auch censeri vor. Nach vollendeter Aufnahme des
Berjonal: und Bermögensjtandes wurde die Ein:
teilung der Bürger vorgenommen und die Liften
der Ritter und der Bürger nad ihren Vermögens
Haflen von dem Cenſor entworfen (j. Servii, 3.).
Die Aufftellung der Lifte der Senatoren (lectio
senatus) erhielten die Genjoren erft durch die bald
nad) den leges Liciniae Sextiae gegebene lex
Ovinia. — Da fie hierbei auch moraliihe Schägung
halten mußten und nicht bloß das Bermögen ins
Auge fahten, jo erhielten die Cenſoren 2) aud) ein
allgemeines Sittenrihteramt. Manche Ber:
gehen, vorzüglich joldye, über welche fein Richter
entjichied, wurden gerügt und bejtraft, 4. B. jchlechte
Kindererziehung, Lüderliher Haushalt, unordent-
liher Lebenswandel, Ehelofigfeit, Härte gegen
Stlaven und Klienten, Jmpietät, überhaupt un:
wiürdiges Benehmen der Magiftrate, Meineid u. ſ. w.
Die Strafe hieß nicht poena, fondern ignominia
und nota, weil es Ehrenftrafen waren. Sie be:
ftand, je nadı dem Stande des Schuldigen, in Aus:
ftoßung aus dem Senat (senatu movere) oder
aus der Nitterjchaft (equum adimere), oder in Ver:
jeßung in eine niedrigere Tribus (tribu movere),
d. h. aus einer tribus rustien in eine minder
angejehene urbana, oder in Ausjtoßung aus den
Tribus überhaupt (tribubus omnibus movere),
wodurd; der davon Betroffene zum aerarius ge-
macht wurde, womit eine höhere Steuerbelaftung
verbunden werden fonnte (z.B. Amilius Mamercus,
Tav. 4, 24). Hieher gehört auch die Befugnis der
Eenjoren, Verbote gegen Luxus und dergl., zum
Schuße der altrömischen Sitte, zu erlaſſen (edıcta
cens.). — 3) finanzielle Thätigfeit ber Een:
foren. Da fie vermöge des Cenſus am befannteften
mit den von den Bürgern zu zahlenden Abgaben
waren (j. Tributum), und da fie überhaupt mit
den praktiſcheu Kenntniffen eines Finanzmannes
ausgerüftet fein mußten, jo erhielten fie noch andere
dahin einjchlagende wichtige Geſchäfte: a) Verpad):
tung der öffentlichen Grumdftüde, Nußungen und
Gefälle, aljo der Bergwerfe, Zölle, des Salz-
handels u. ſ. w. (j. Vectigal). b) Aufficht über
die Errichtung und Unterhaltung der öffentlichen
Gebäude und Anlagen, wie Tempel, Brüden,
Kloaken, Wafferleitungen, Mauern, Strafen, Mo:
numente u. a. Die Ausführung diejer opera
Censorinus — Üentumviri.
publiea übertrugen die Genjoren den Mindeſt—
fordernden (j. Locatio, 2.). c) Beraffordierung
und Bejorgung aller aus dem Schaße zu bezah:
lenden Dinge und Lieferungen, 3. B. Ausrüftung
des Heeres, Transport desjelben u. j. w. Alle
cenjoriichen Papiere und Rechnungen hießen ta-
bulae censorum. — In den Kolonien und Muni—
cipien hielten bejondere Genjoren die Schatzung
und jchidten die Liften nach Rom; aud in den
Provinzen gab es für diejes Gejchäft eigene Be—
amte. — Am Schluß des römiichen Genjus wurde
ein großes Luſtrum oder eine allgemeine Sühnung
des Volkes mit feierlihen Opfern gehalten (j.
Lustratio, g. €.).
Censorinus, 1) ein ®rammatifer aus dem
3. Jahrh. n. E., verfahte, außer verlorengegange:
nen grammatijchen Schriften (3. B. de accentibus),
eine noch vorhandene Schrift de die natali (238
geichrieben), worin er manche zum Zeil unbefannte,
bejonders aus Suetons Pratum geichöpfte, hiſto—
riiche Notizen gibt und namentlich den Einfluß
der Geftirne und Genien auf die Geburt des Men:
ichen behandelt. Es ijt eine Treftgabe zum Ge—
burtstage eines reichen Gönners E. Gärellius und
daher die affektierte rhetorische Darftellung zu er-
Hären. Ausgg. von D. Jahn (1845) und Hultſch
(1867). — 2) einer der jogenannten 30 Tyrannen
zur Zeit des Gallienus, wurde nach furzer Herr:
ihaft von den Goldaten wegen jeiner Strenge
umgebradt. Z’reb. Poll. trig. tyr. 33.
Centenius, 1) Gaius, erlitt al$ Proprätor im
%.217 0. E. nadı der Schlacht am Trafimenischen
See mit feiner Neiterei in Umbrien in einem Eng:
paſſe eine Niederlage durch Hannibal. Zav, 22, 8.
Pol. 3, 86. — 2) Marcus, mit dem Beinamen
Baenula, ein tapferer Genturio, wurde im J.
212 v. E. in Lucanien von Hannibal gejchlagen
und fiel jelbft. Liv. 25, 19.
Centesima j. Staatshaushalt, 20.
Centesimae j. Usura.
Centimäni j. Hekatoncheiren.
Centönes find mwollene nicht gewebte Matragen,
die im Kriege, namentlih bei Belagerungen, über
Holzbauten (Türme, Schirmdächer) zur Schwächung
der feindlichen Wurfgeichofle gelegt wurden, und
die man auch von der Mauer herab gegen die Wir:
fung des Widderftoßes anzubringen juchte. Cäſar
(b. e. 3, 44) erwähnt auch Tuniken und Mäntel
der Soldaten aus centones verfertigt, quibus tela
vitarent; auch Pferde: und Panzerdeden aus cen-
tones gab es (Veget. ars vet. 2, 59). — Da diejes
Wort urjprünglih ein aus Lappen zujammen:
geflidtes Kleid bezeichnet, jo nannte man jo die
aus Worten und Berjen anderer erg zu:
jammengeflidten ®edichte. Man hatte Homero-
centones bei den Griechen; in Rom wurden be-
fonders die Werle Vergils benußt, wie von Auſo—
nius in dem cento nuptialis und anderes in ber
lateinischen Anthologie, von Proba Faltonia
oder Falconia die bibliiche Geſchichte und von
andern, welche die heidniichen Verſe für chriftliche
Stoffe verwendeten.
Centrönes j. Ceutrones.
jentumvYri, ein (vielleicht) uraltes Richter:
follegium, im Gegenjag zu den für jeden Fall be-
fonders gegebenen Einzelrichtern. Dieſes Kollegium
entjchied über Eivilfachen das römijche Eigentum
betreffend (Cie. de or. 1, 38), vorzüglid über erb:
Centuria — Cestii.
rechtliche Streitigkeiten, ftand aber injofern dem
Kriminalgericht nahe, weil es im Namen des Volkes
richtete und aus den Zribus ausgehoben war
(105 Richter, je 3 aus jeder der 35 Tribus, ſpäter
180, welche in mehrere consilia geteilt waren).
Den Borfig hatten geweſene Onäftoren, jeit Auguft
die Decemviri, und Die ee ftand den
Prätoren zu. Als Symbol war dieſem Gericht Die
hasta eigentümlih. Die Prozeßform der alten
legis actio sacramento blieb dem Centumpiral:
gerichte, auch nachdem die lex Aebutia die legis
actiones aufgehoben hatte.
Centuria und Classis ſ. Servii, 1.
Centnripini, Kerrögıra, alte Stadt der Siculer
im Innern Siciliens am Symaithosfluß, ſüdweſtl.
vom Atna, j. Gentorbi, bedeutend durch Betreidebau,
unter den Römern blühend. Cie. Verr. 3, 45.4, 23.
5, 25. Centuripa jtatt des Namens der Bewohner
iſt ——— vgl. Leontini, nie Leontinm.
eparius ! Caeparius.
Cera, vgl. xneös,
Wachs, diente den Alten
1) als Screibmaterial,
indem hölzerne Täfel:
hen damit überzogen
wurden, worauf man
dann mit dem stilus
oder eijernen Griffel
ſchrieb, tabnlae cera-
tae; 2) zum Siegeln auf
Briefen und unter Doku:
menten, wenigſtens bei
den Römern; 8) de \
Wachömalerei in der En: %
fauftif (Plin. 35, 11,41);
4) in der Blaftif u
Modellen und bleiben:
den Werten (uneoria-
sreun), beionders nötig
für den Erzgieher, um
hohle Formen zu befom:
men. Auch bildete man
in täufchend ähnliher
Weiſe Früchte (namentlich in Alerandreia) darin,
Bilder von Göttern und Menjchen, bejonders von
Berftorbenen, imagines maiorum. Seltener ge:
brauchte man es zu Kerzen, eher zu Salben und
flaſtern.
Cerealia j. Demeter, 5.
Ceres j. Demeter.
Cerevisia, ein gallifches, aus Gerſte oder Weizen
gelochtes Getränk, welches von den Römern ver:
wurde. Auch bei den Germanen war es in
Gebrauch. Zacitus (Germ. 23) bezeichnet es als
umor ex .hordeo frumento in quandam simili-
tadinem vini corruptus, was fich auf die Wä-
rung bezieht. Die Griechen und Römer verabjcheu:
ten dies Getränf.
Ceriälis, 1) Unicius, zum Konſul defigniert
unter Nero, 65 n. E., ſchmeichelte ihm nach Ent:
dedung der pifonischen Berfchwörung, tötete ſich
aber bald darnadı jelbft, al3 man ihn dem Nero
ER BON hatte. Tac. ann. 15, 74. 16, 17.
— 9) [. Patillii, 2,
Cerretäni, ein befonders Viehzucht treibendes
iberiſches Volt in Hispania Tarraconensis, im
—— Cerdagna in den Porenäenthälern, ein:
geteilt in Juliani und Angustani, weil fie bon
255
Julius Cäſar die civitas, von Auguſt erweitertes
Gebiet erhielten. Plin. 3, 22f. Man rühnte die
von dort fommenden Schinten. y
Cervi find gabelförmige, von der Ahnlichkeit
mit einem Hirſchgeweih jo genannte, horizontale
Pallifaden, mit weit vorftehenden Spigen, „ipa:
nische Reiter”. Caes. b. y. 7, 72.
Cervidius, DO. Cerv. Scävola, ausgezeich—
neter Juriſt im 2. Jahrh. n. E., Lchrer des
berühmten Papinianus. Sein Hauptwerf waren
Digestorum libri XL, außerdent Responsorun
libri VI (vor 195), Quaestionum libri XX u. a,,
Schriften, die in den Bandekten vielfach benußt find.
Cörussa, Bleiweiß, griechiich wıunntior, be:
fonders von griechiichen ae und Jungfraueu
häufig zur Schminke gebraucht, während man zu
der roten Schminke vegetabiliiche Stoffe (tie
dyyovoa und pürog) nahm. Auch bei den Römern
fing jpäter, wenigſtens bei den Frauen, dieſelbe
Unfitte au.
CessTo, Übertragung einer Sache
oder eines Rechts auf einen andern
im allgemeinen; juriftiich gibt es
a) eine feierliche, vor dem Magi:
jtrate vorgenommene in jure cessio,
welche als Erwerbungs: und Beräuferungsart jchon
in der älteften Zeit vorkommt; b) eine private
cessio, urfprünglich nichts anderes als die einem
andern gegebene Erlaubnis, fich einer Sache oder
eines Rechts zu bedienen, vor Gericht ohne Wir:
fung, bis jie im der Kaiſerzeit einen weiteren
Umfang und juriftiiche Wirkſamkeit erhielt, z. B.
die bonorum cessio, jedoch nur mit Anwendung
der bei cessio in iure gültigen Yörmlichkeiten.
Cestii, ein plebejtjches Geſchlecht: 1) Gaius,
ein römiſcher Ritter, von Cicero mehrmals er:
wähnt (Flacc. 13, 31. ad Att. 6, 13, 1), vielleicht
identijch mit dem Prätor vom %. 44 v. E. (Phil.
3, 10, 26), der ein Gegner des Antonius war.
Ihm wurde nad feinem, mwahrjcheinlich ſchon 43
in den damaligen Brojfriptionen erfolgten, Tode
(App. b. e. 4, 26) von feinen Erben, zu denen
auch M. Agrippa gehörte, vor der Porta Oſtienſis
zu Rom das unter dem Namen der Pyramide
des Geftius befannte, Grabmal errichtet, das in
330 Tagen beendigt wurde und noch gegenwärtig
die Spuren von Walereien an den Händen und
an der Dede an ſich trägt. — 2) Ceſtius Gallus,
Statthalter von Syrien unter Nero, zog 64 n. E.
mit einem Seere wider die gegen die römijchen
254
Bedrüdungen fich empörenden Juden, drang im
Paläſtina ein, entriß ihnen die gemachten Erobe:
rungen wieder, wurde aber dann bon den durch
en aniise Weisjagungen entflammten Juden gänz-
lich geichlagen und hob, als er jidy des nördlichen
Teils von Jeruſalem bereits bemächtigt hatte, die
Belagerung wieder auf. Zac. hist. 5, 10. 13. Suet.
Vesp. 4. Joseph. antig. 20, 11, 1. b. Jud. 6,5. —
3) L. Ceſtius Pius, ein römischer Nhetor in der
augufteiichen Zeit, gebürtig aus Smyrna, madıte
ſich bejonders durch jeine Herabſetzung Ciceros be-
kannt. Zahlreiche Stellen aus feinen Deflamatio:
nen hat Seneca erhalten.
Cethögi j. Cornelii, 17—20.
Cetra, ein von den Hiipaniern entlehnter Schild
von Leder, der griech. meArn ähnlich (Liv. 28, 5),
weshalb dai. 31, 36 die griechifchen Beltaften cetrati
genannt werden. Überhaupt führten jpäter leicht:
bewaffnete Kohorten die cetra, daher cetrati, ce-
tratae cohortes. Caues. b. c. 1, 39. 70. 75.
Ceutrönes, 1) beigiihes Volk in der Nähe des
heutigen Eourtray oder Brügge in Wejtflandern.
Caes. b. g. 5, 39. — 2) Bolt in Gallia Provincia
an der oberen Niere, in den Thälern Maurienne
und Tarentaije. Caes.b.g. 1,10. Die Handſchriften
bieten an beiden Stellen aud) Centrones.
Cevenna (Cebenna) mons, rö Kfuusvov Öpos,
ein rauhes Gebirge im füdöftlichen Teile von
Sallien, wejtlih vom Rhodanus, Das in einer
Länge von 2000 Stadien im ND. bis Lugdunum
reicht, im SW. mit den Pyrenäen zufammenbängt,
die Grenze zwiſchen den Arvernern und Helviern
jowie zwiſchen Gallia Narbonenfis und Aquitania
bildete und ergiebige Goldgruben enthielt; j. les
ne Caes. b. g. 7, 8. 56. Strab. 4, 176 ff.
185 fl.
Chabrias, Yaßodaes, ein Athener, jchlug an der
Spige der Athener die Spartaner bei Aigina im
J. 388 v. E. durch Lift und unterftüßte dann den
Euagoras von Kypros, welcher ich gegen die Perſer
erhoben hatte, jehr thätig und wirkfam (Xen. Hell.
5, 1, 10 fj.), jowie jpäter den Nektanabis in Agyp-
ten (Nep. Chabr. 2) im %. 385. Er befehligte
die griechiichen Söldner desjelben, fehrte aber,
auf Berlangen der Berjer von jeiner Vaterſtadt
zurüdberufen, nach Athen zurüd. Diod. Sie. 15,29.
Des Sphodrias Ericheinen in Hellas mit einem
Ipartanischen Heere und die Beſetzung der Kadmeia
durch Phoibidas bewirften eine engere Verbindung
der geflüchteten thebaniichen Batrioten zur Be-
freiung Thebens, worauf die Annäherung Athens
und Thebens folgte. Als Agejilaos im X. 378
mit einem jpartaniichen Deere in Boiotien ein-
drang (Diod. Sie. 15, 30), fam Chabrias den The:
banern zu Hülfe, juchte erſt Spartas Bundes:
genofjen heim und erwartete dann das Heer des
Agejilaos bei Theben auf unerfteigliden Höhen
feiten Fußes, jo daß Agejilaos nach einigen miß—
lungenen Angriffen abziehen mußte. Nep. Chabr.1.
Diod. Sie. 15, 32. Sein kluges Verfahren erwarb
dem Chabrias großen Ruhm und den Dank jeiner
Landsleute. Nach dem von ihm gewonnenen See-
fiege bei Naxos, 16. Boẽdromion (Septbr.) 376
(Xen. Hell. ö, 4, 61. Diod. Sre. 15, 34. Plut.
Phoe. 6. Camill. 19) jandte jeine Baterftadt ihn
nach Thrafien, wo er Abdera von den Angriffen
der Barbaren befreite. Diod. Sie. 15, 86. Im
Kampfe zwijchen Theben und Sparta verteidigte
Cethegi — Chairemon.
'er 368 Korinth gegen die Thebaner mit Erfolg,
weniger glüdlich aber den Iſthmos gegen Epamei-
nondas. Xen. Hell. 7, 1, 25. Einer wegen Über:
gabe von Oropos an Theben gegen ihn erhobenen
Anklage entging er durch Freiiprechung (366). Nach
der Schlacht bei Mantineia fam er dem Könige
Zad)os von Agppten zu Hilfe und befehligte deſſen
Flotte gegen die Perſer. Plut. Ages. 27. Diod.
Sie, 15, 92. Nach dem unglüdlidhen Ende bes:
jelben hielt Chabrias ſich nicht lange in Athen auf
und ging 358 nach — mit dem Auftrage,
dem Nerjobleptes bei Erfüllung des mit Ghari-
demos gejchlofjenen Vertrages behülflich zu jein,
richtete aber, von Athen micht gehörig dazu aus:
gerüjtet, wenig aus. In dem Bundesgenoflenfriege
Athens kämpfte er mit vor Chios und fiel, als
das Schiff, auf welchen er ſich befand, faſt ver-
nichtet war, tödlich verwundet nach mutigem Kampfe,
im J. 357. Diod. Sie. 16, 7. Nep. Chabr. 4. Gr
war ein Mann von großen Auſehen (Nep. Chabr. 3)
und einer der erjten Feldherrn feiner Zeit, Pau—
janias (1, 29, 3) fand jein Grab zu Athen im der
Nähe der Gräber des Thraiybul und Phormion.
Vgl. Rehdang, vitae Iphicratis, Chabriae, Ti-
mothei Atheniensium (1845).
Chaerea, E. Cajjius, diente als Centurio in
Sermanien (Tac. ann. 1, 32), ſpäter ald Tribun
in der faijerl. Yeibwadre zu Nom. Seine weich:
lihe Stimme und fein fanftes Benehmen reizten den
Caligula zu manchen Schmähworten und höhniichen
Beleidigungen (er nannte ihn Priapus, Venus
u. ſ. w.), wodurd er ihm lächerlich zu machen
ſuchte. Aus Rache ftiftete Chären eine Verſchwö—
rung, um bei den bevoritehenden Spielen, bei
denen der Kaifer jelbit als Tänzer auftreten wollte,
ihn zu ermorden. Ghärea bradte ihm die erite
Wunde bei, und Ealigula erlag den Streichen der
Verjhworenen. Chäreas Bejtreben, nun die Ne:
publit wiederherzuftellen, war jedocdy vergeblich;
Glaudius wurde von den Soldaten als Kaiſer
begrüßt und ließ den Ch., weldyer mutig in den
Tod gung, und die andern Mörder jeines Borgängers
jofort hinrichten. Suet. Cal. 56 ff. Dio Cass.
59, 29. Buet. Claud. 11. Aur. Vict. (aes. 3.
Sen. de const. 18.
Chairömon, Xauprjuov, 1) tragijcher Dichter
in Athen um 375 v. E., der zur bedächtigen, ab:
wägenden Lejung diente und alle Mittel des aus-
drudsvollen maleriichen Stils (der yowgpıan Atkıs)
aufwendete, darum wegen der von ihm geforder:
ten Aufmerkſamkeit zur theatraliichen Darſtellung
nicht taugte, wie man auch Philemon pafjender
für Die Leſung, Menander für die Aufführung hielt.
Sein Stil ift überall fein, jentenzenreich, Durch Rede—
figuren erhöht und mit den wärmften malerischen
Farben übergofien, auch durch Gewandtheit des
glatten Bersbaues empfohlen. Seinen Geſchmack
charafterifiert Athenaios (13, p. 607) durch erlejene
Proben. Sammlung der Fragmente von Naud,
trag. Graeec, fragm. p. 606 ff. Monographie von
Bartich (1843). — 2) ein Stoifer, Vorfteher der
Bibliothek in Alerandreia, fam nach Suidas auf
eine Einladung nach Rom und leitete mit dem
Peripatetifer Alexander von Aigai die Erziehung
des Nero. Er jchrieb über die Hieroglyphen, jomwie
über Religion und Geſchichte jeines Baterlandes.
Die wenigen Bruchſtücke find gefammelt in Müllers
fragım. histor, Graee., Bd. Ul p. 495.
Chairepbon
Chairöphon, Xaugepar, der Sphettier, ein
edler und feuriger Verchrer des Sofrates (Plat.
apol. 5), der einjt zu dem delphiſchen Orakel fich
mit der Frage begab: ob jemand weijer jei als
Sofrates? und die Antwort erhielt: oopög Zo-
porkijs, copwmregog 6’ Eügimiöng, drögmr 6’
andvrov Zwrgirns coporarog. Vgl. über ihn
Xen. mem. 1, 2,48. 2, 3, 1. Er wird auch als
Berfafjer einer Tragödie, die Herakliden, genannt.
Chaironeia, Xagwvsıa, Stadt in Boiotien,
am Wbhange eines jteilen Felſens zwijchen dem
Kephiſos und dem Berge Thurion gelegen, befannt
durch Philipps Sieg über die Griechen, 7. Meta:
geitnion 338 v. C., und des Gulla Sieg über
Archelaos 86 v. E. (ſ. Orchomenos), jowie als
Geburtsort des Seichichtichreibers Plutarchos. Strab.
9,414. Bon der Stadt, jowie von einem kolofjalen
Löwen, der öftlidy von derielben als Denkmal der
in der Schlacht gegen Philipp gefallenen Thebaner
ſtand, haben jid) bedeutende Liberreite erhalten,
auf denen jebt das Dorf Kapräna fteht. Val. Viſcher,
Erinnerungen aus Griechenland ©. 590 ff.
Chaldaei, Xaldaioı, in den aliyriichen In—
ichriften Kaldu, im U. T. Kasdim, find urſprüng—
lich die ſemitiſchen Bewohner des babylonijchen, na-
mentlich ſüdbabyloniſchen Landes zwiichen Euphrat
und Tigris, die jedoch nicht aus Armenien (über
die dortigen Ehaldäer j. Chalybes), jondern
wahrjcheinlich aus Arabien ftammen. Später, nad)
dem Untergang des babylonifchen Reiches, wurden
die Briefter, welche ſich durdy ihr Willen, nament:
lid ihre aſtronomiſchen Kenntniffe, auszeichneten,
insbejondere Chaldäer genannt. In Rom hiehen,
jeitdem man zwiſchen — und Aſtrologie (ſ.
Astrologia) unterſchied, alle diejenigen Chaldäer,
welche die Kunſt zu verjtehen vorgaben, aus der
Konitellation der Seftirne die Zufunft zu bejtim-
men. Andere Namen waren: Babylonıi, astro-
logi, mathematici, genethliaci, planetarii, &xo-
relsauarıxod; ihre Kunſt hieß: mathesis, &«oreo-
koyia vorn) (vergl. unten), yerelıckoyie,
usrewpoioyia, krorelsonuerun. Nach ihr waren
günftige und glüdbedentende Seitirne (dyasomoın!
&orspss): Venus, Jupiter, Yuna, Virgo, Libra,
Taurus; unglüdverfündende (xaxoroıoi, malefiei):
Saturn, Mars, Scorpio, Capricornus; dagegen
Mercurius fonnte beides, Glück und Unglüd, be-
deuten, je nach den übrigen Berhältnifien (Fmi-
»oıvos korje). Zu Grunde gelegt wurde die Stunde
der Geburt und darnach das Horojlop (ognsRorus,
Due), d. h. eine Vergleihung des gerade in der
angegebenen Stunde vorherrichenden Geſtirnes mit
ber Stellung der übrigen, angejtellt. Dabei be-
dienten die Ehaldäer fich gewiſſer Halendertabellen
(zivansg, weshalb dieje Kunft auch mırarını) hieh,
im Gegenjate zu xaronını), der Ajtronomie), in
denen der Auf» und Untergang, die Bewegung und
Entjernung (positus ac spatia, Tac. ann. 6, 21)
der Geftirne für jeden einzelnen Tag angegeben
waren. Um dies aber auf die Geburtsjtunde zurück
uführen, gab es wieder Redyentabellen, aus denen
e außerdem auch die für irgend ein Vorhaben
günftige Zeit des Beginnens berechneten; daher
die Ausdrüde numeri Babylonii und Thrasylli,
Chaldaicae rationes. Hor.od. 1, 11,2. Juv.6, 576,
Diod. Sie. 2, 305. Wenngleich die Chaldäer zum
Teil vielfacd Betrüger waren, die die Leichtgläubig:
feit und den natürlichen Trieb der Menjchen, den
|
— Chalkis. 255
Schleier der Zukunft zu lüften, jelbjtiüchtig be-
nußten, und die alten Autoren oftmals von der
Nichtigkeit und Unzuverläſſigkeit diefer Wiſſenſchaft
iprechen (Cie. div. 2, 42 ff. Gell. 14, 1), jo findet
jich doch daneben jelbft bei den durch fittlichen Ernſt
Hervorragenditen eine Dinneigung zu dem Glauben
an dieſe Kunſt. Mus dieſem Grunde war der
Zulauf zu ihnen zahlreich und der Einfluß für den
jedesmaligen Machthaber gefährlich, woraus jich
wiederum das ſtets erneuerte Verbot wider fie und
or Ausweifung aus Rom und Italien, jelbit ihre
eftrafung mit dem Tode erklärt. Doc, konnte
alles dies weder dieſe Richtung noch den Glauben
an fie und ihre Benußung augrotten, zumal da
die Kaiſer, den Anjchauungen und Begriffen ihrer
Zeit unterworfen, mit Übertretung der eigenen
Gebote vorangingen. (Berühmt war namentlic)
der Chaldäer Thraſyllus, freund des Tiberius,
Tac. ann. 6, 21.) Sie tauchen deshalb bis in die
fpäteften Zeiten des römischen Heidentums immer
wieder auf, und es ging der Ausipruch des Taci-
tus (hist. 1, 22) in lung: mathematici, genus
hominum potentibus infidum, sperantibus fallax,
quod in ceivitate nostra et vetabitur semper
et retinebitur. Qgl. Häbler, Aitrologie im Alter:
tum (1879).
Chalkedon ſ. Kalchedon.
Chalkidike, Xalxıdızı), große Halbinjel Ma-
fedoniens, zwijchen dem Thermaischen und Strymo-
nijchen Meerbujen, mit den 3 kleineren Halbinjeln
PBallene (früher Phlegra) im W., Sithonia in
der Mitte zwijchen dem Toronaiichen und Singi—
tiichen Meerbujen, und Akte im Dften. Sie hatte
ihren Namen von chaltidiichen Anfiedlern erhalten.
Thuc. 1, 58. 2, 79. 5,31. Die befanntejten Städte
auf ihr waren: Olynthos, Botidaia, Mende,
Alanthos, Stageiros.
Chalkioikos j. Pallas Athene, 4.
Chalkis, 7) Xairig, 1) die bedeutendite Stadt
der Inſel Euboia an der jchmaljten Stelle des
Euripos, über den jchon in früher Zeit eine Brücke
hrte, unter welcher noch jebt die Ebbe und Flut
taffermühlen treibt. Die Stadt, wahrſcheinlich
aus einer Anfiedlung phoinikiiher PBurpurfiicher
hervorgegangen (dab. der Name, von yalan —
xccAxn, Burpurichnede), war wegen ihrer Yage und
Befeftigung eine Feſtung erften Ranges und galt
neben Demetriad in Magnejia und Afroforinthos
als eine der 3 Feſſeln Griechenlands (meidaıEiln-
256
vıral). Lir. 32, 37. Sie wurde ariftotratiich von
den "Immoßoreı regiert, bis Perikles dieje vertrieb;
bis dahin hatte fie zahlreiche Kolonien (nach Ehal-
fidife in Makedonien, Naros in Sicilien, Kyme u. a.)
ausgejandt. In der Nähe war die Quelle Are-
thuja und die fruchtbare Lelantiſche Ebene mit
Eijen- und Supfergruben und warmen Quellen.
Der Redner Iſaios und der Dichter Lykophron
waren dort geboren, der Philojoph Ariſtoteles
geftorben. Strab. 10, 445 ff. — 2) Stadt in Vito:
lien, an der Mündung des Euenos, am Fuße des
Berges Chalfis, daher auch Hypochalkis genannt.
Strab.10, 451 u.d. Thue. 1, 108.2, 83. — 3) Stadt
in Epeiros an des Quelle des Acheloosfluſſes am
Pindosgeb., j. Khaliki. — Auch andere Städte
führten diefen Namen.
Chalybes, Xaivßss, jpäter auch Ehaldäer ge:
nannt (Xen. Cyr. 3, 1, 24), armeniſch Chalti, wie
auch der höchite armenijche Gott Chaldi heit, aber
mit den babylonifchen Ehaldäern (j. Chaldaei)
durchaus nicht verwandt; ein rohes, bejonders vom
Fiſchfang und Bergbau lebendes Bolt im öftlichen
Pontos, an der Örenze von Armenien. Sie galten als
die Erfinder der Bearbeitung des Erzes, und weil
die Griechen wohl von ihnen in älterer Zeit ihren
Stahl erhielten, nannten jie denjelben zdlvp. Strab.
12, 549 ff. Verg. @. 1, 58. Plin. 7, 197.
Chamaildon, Xaucıldor, aus Herafleia am
Pontos, peripatetiiher Philojoph, Verfaſſer zahl-
reiher Schriften teils philojophiichen, teils und
namentlich litterarhiftoriichen Inhalts, die bis auf
Bruchjtüde verloren find. Abhandlung von Köpfe
(1856).
Chamävi, Xduaßoı, germanijches Volk in un:
mittelbarer Nachbarſchaft der Chattuarii zwijchen
riefen und Brufterern, etwa zwiichen Ems und
Zuyderſee. Dort ift im Mittelalter der Gau Hama:
land. Tac. ann. 13, 55. Germ. 33. 34.
Chaönes, Acoveg, eins der 3 Hauptvölfer in
Epeiros, in der Landichaft Chaonia, zwijchen dem
Thyamisjluffe und den Sterauniichen Bergen; fie
galten für Bapßapoı (Thue. 2, 68. 80 ff.).
Chaos, ro Adog (von zdo, yalvo, yasaw), nad)
Hesiod. theog. 116 der „gähnende” unermeh:
liche Weltraum, der zuerft vor allem vorhanden
war, der dunkle, Icbendige Urquell alles Yebens
in der Welt. Mus ihm entjtanden Gaia, Tartaros
und Eros. Darauf erzeugte Chaos das Erebos
(die Urfinfternis) und die Nacht, Nacht und Erebos
zeugten Mither und Hemera. Gaia gebiert den
Uranos, die Gebirge und den Pontos; Gaia und
Uranos zeugen die Titanen, Kyllopen und Hefaton-
cheiren. Spätere, namentlich auch die Bhilofophen,
verjtanden unter Chaos (dad Wort fäljchlich von
zeisher ableitend) eine verworrene Majie, aus
welcher ſich die Welt geftaltete. Or. met. 1,5 ff.
Nac der Yehre der Orphiker zeugte die ewige Zeit
(Chronos) das Chaos. Nach einem andern Philo:
jophen ging Chaos aus Caligo, dem Urduntel,
hervor und zeugte mit diefem Nacht und Tag,
Erebos und Vlther.
Charädra, Xagdöga, Stadt in Phokis am Cha:
radros, einem rechten Nebenfluß des Kephiſos, auf
hohem Felſen. Adt. 8,33. Paus. 10, 33,6. Gleich:
namige Städte lagen in Epeiros und Mejjenien.
Charädros, Xdocdoos, 1) rechter Nebenfluß des
Kephiſos in Bototien; 2) Fluß in Achaia; 3) Neben:
fluß des Inachos in Argolis; 4) Fluß in Meffenien,
Chalybes — Charidemos.
durch die Ebene von Stenyklaros ftrömend; 5) Platz
in der Nähe von Argos, wo vor dem Eintritt des
Heeres in die Stadt über Militärvergehen gerichtet
wurde (Thue. 5, 60); 6) Hafenftabt im weftlichen
Kilitien.
Charax, Xcdoa£, a) Städtename: 1) Stadt im
nördlichen Medien, unweit der Kaſpiſchen Pforten,
jüdöftl. von Nhagai und vom h. Teheran. —
2) Stadt im jüdlichen Babylonien, an der Mün:
dung des Euphrat und Tigris von Alexander ge:
gründet und deshalb Alerandreia genannt; jpäter
von Antiochos III. weiter obeu, wahrſcheinlich am
Einfluß des Choaſpes, ald Antiocheia neu aufge:
baut; in der Partherzeit (130 v. E.) nach dem
arabijchen Fürften Spafines X. Eracivov benannt,
Hauptit. des Heinen Reiches Charatene oder Mejene.
— 3) Stadt auf der Weftfüjte Corfifas, j. Cargheſe.
— b) Eharar der Hiftorifer, aus Pergamos, im
2. Jahrh. n. E., verfahte nad Suidas 40 Bücher
Elinvinor lsropıor, bisweilen aud) Xporınd ge:
nannt. Ob er auch ’IraAırd gejchrieben, ift zweifel:
haft. Sammlung der Bruchjtüde bei Miller, fragm.
hist. Graee. Ill p. 636 ff.
Chares, Xcens, 1) ein athenijcher Feldherr,
machte fich bemerklich im J. 367 v. E., als er den
hliafiern Beiftand leiftete gegen die Argiver und
Sityonier. Xen. Hell.7,2, 18 ff. Died. Sie. 15,75,
Übrigens war er fein jehr glüdlicher Feldherr,
ohne Umficht, hart, habjüchtig und ungerecht, von
leichtfinnigen Frauen jelbjt auf feinen Feldzügen
umgeben, im Kampfe jelbjt feig, verjchwendertich
gegen das Bolf, das er dadurd gewann, jowie er
ſich auch nicht jcheute, durch Beitechungen feinen
Bwed zu erreichen. Diod. Sie. 15, 95. Einem jo
unzuverläjligen Manne, der bejonders die Bundes—
genoſſen Athens durch jein brutales Benehmen
gereizt hatte, vertrauten die Athener im Kriege
mit jenen ihre Flotte an, mit der er troß eines
furchtbaren Sturmes und gegen den befieren Rat
jeiner Mitfeldherren, Iphikrates und Timotheos,
eine Schladht wagen wollte. Letztere ſchwärzte er für
ihren Widerſpruch in Athen an und bewirkte, daß
fie abgejeßt und mit hohen Geldjtrafen belegt
wurden. Diod. Sie. 16, 21. Nep. Tim. 3. Wis er
nun gar durch Unterftüßung des aufrühreriichen
Satrapen Artabazos den Perſerkönig gegen Athen
reizte (Diod. Sie. 16, 22), wurde er zurüdgerufen.
Als Philipp im J. 349 Olynth angriff, jandten
die Athener der befreundeten Stadt mehrere Male
unter Chares, dem fie ein Heer von Bürgern, nicht
von Söldnern mitgaben, Hülfe, ohne daß er die
Stadt retten konnte, 348. Cine fpätere ähnliche
Sendung desjelben zur Unterftügung von Byzanz
zog ihm, der von früher her diejer alten Bundes:
genojjin Athens verhaßt war, Zurückweiſung von
der Stadt und ihren Verbündeten zu. Defto bereit:
williger wurde dann Phofion aufgenommen. Plut.
Phoce. 14. In der Schlaht bei Chaironeia, in
der er mit Kyſikles Anführer war (Died. Sie. 16, 85),
fand er wahrjcheinlich feinen Tod. — 2) f. Bild-
hauer, 12.
Charidömos, Xagi/önuos, 1) aus Oreos auf
der Inſel Euboia, trat, nachdem er anfangs gegen
Athen gefochten hatte, unter Jphifrates als Soldat
in eine atheniſche Söldnerichar. Wegen eines gegen
Athen verübten Berrats flüchtete er (360 v. E.)
zu Kotys von Thrafien, trat jedoch bald wieder
beim athen. Heer unter Timotheos ein und wurde
Charikles — Charmides.
Bürger von Athen. Darauf ging er zu den griedhi-
ſchen Söldnern unter den Nhodiern Memmon und
Mentor, welche gegen einen perjiihen Satrapen
tämpjten, fam aber auch hier durch eine an ihnen
verübte Treulojigfeit in Bedrängnis, aus welcher
er, che die von ihm gerufenen Athener unter
Kephijodotos helfen konnten, durch die Nachſicht
des perjiichen Statthalters Artabazos gerettet wurde,
359. Nach dem Tode des Kotys, dejien Tochter
Eharidemos geheiratet hatte (358), kämpfte er mit
jeinem Schwager Kerjobleptes gegen Athen, ein
echter Eondottiere, bis innere Unruhen in Thrakien
beide zum ‚Frieden nötigten. Da er jedoch Ver:
juche machte diejen zu umgehen, zwang ihn Chares
mit einem athenifchen Heere zur Ruhe und Nach:
giebigfeit. Bald aber verjudte er von neuem
mehrere von Athen beihügte thrafijche Häuptlinge
zu vertreiben, ließ jedoch die Athener über feine
Abjichten beruhigen und verſprach, ihnen Amphi-
polis wieder zu verichaffen, was jedoch auch nad)
dem ihm günftigen Vorſchlage des Ariftofrates an
dem Widerjtande des Demojthenes und Euthyfles
icheiterte. — 2) aus Athen, wurde mit dem Redner
Antiphon im J. 359 v. C. vergeblich als Gejandter
zu Philipp geichidt, ihn um Beiftand gegen Am:
phipolis zu bitten, und kämpfte jpäter gegen ihn
in Chaltidife. Nach der Schlacht bei Chaironeia
dachte man daran, ihn an die Spige des Heeres
zu ſtellen, zog indes Phofion vor. Plut. Phoe. 16.
Nach Philipps Tode, von dem er die Athener zuerft
unterrichtete, forderte Alerander unter andern auc)
feine Auslieferung, begnügte ſich indes mit der
Verbannung (335). Plut. Phoc.17. Arr. 1,10,4.6.
Er jloh zu den Perjern, mißbilligte aber die kriege:
riſchen Anftalten derjelben jo freimütig, daß Da:
reios ihn im 3.333 hinrichten lieh. Curt. 3,2, 10 ff.
Diod. Sie. 17, 30, 2 ff.
Charikles, Xagırkös, 1) Sohn des Apollodo-
ros, nahm am peloponnefischen Kriege als Admiral
teil und war nach dem Falle Athens einer der
bedeutendften unter den Dreißig. Xen. Hell. 2, 3,2.
— 2) Phokions Schwiegerjohn, ließ ſich von Har—
valos beſtechen und entzog ſich der Bollziehung des
TZodesurteils durch die Flucht. Plut. Phoc. 21 ff. 33 ff.
Chariklo j. Teiresias.
Chariläos, Xagllaog, auch Adgılkog, König
von Sparta, nachgeborner Sohn des Polydeltes,
Neffe des Gejeßgebers.Uyfurg (Hat. 8, 131. Plut.
Lye. 3), belämpfte die benachbarten Argiver und
Tegeaten, wurde aber von den letzteren bejiegt,
gefangen genommen und nur gegen die Zuſage, jie
nicht wieder anzugreifen, losgelafjen. Paus. 2, 36,4.
3, 2, 5. 7, 3. 8, 5,49. 48, 4.
Chariomöros (d. h. Heerberühmt), Aagıounjoos,
beherrichte während der Regierung des Domitian
die Cherujfer. Der Kaiſer unterftüßte ihn mit Geld,
als die Chatten ihn wegen jeiner Freundſchaft mit
Rom vertrieben hatten. Div Cass. 67, 5.
Charis, Chariten, Xagıs, Xagıreg, Gratiae.
Die Ehariten hießen Töchter des Zeus und der
Hera oder der Ofeanide Eurynome, oder des Helios
und der Wigle (Glanz), und waren den Griechen
die Göttinnen der Anmut, der gejelligen Freuden,
des heiteren, feſtlichen Lebens. Heſiod (theog. 907)
nennt 3 Ehariten: Euphroſhne (feftliche Freude),
Aglaia (feftlicher Glanz) und Thalia (blühendes
Glüd). Sie find befreundet mit den Mujen, den
Göttinnen des Gejanges, und wohnen mit ihnen
Reallerifon des Uaſſ. Altertums. 7. Aufl.
257
auf dem Olympos; fie geleiten die Aphrodite, die
Beitho die Göttin der Überredung) und den Wohl:
redner Hermes, denn ohne die Armut vermögen
dieje nicht zu wirken und zu fejleln. Die Werte
der Kunſt dürfen der Anmut nicht entbehren; darum
it Charis bei Homer (Z1. 18, 382) die Semahlin
des Hephaiftos. Die Ehariten wurden in ältejter
Zeit befonders von den Minyern in Orchomenos ver:
ehrt, wo der König Eteofles ihren Dienſt einge:
führt haben jollte. Bon da fam ihr Dienjt an
den Helifon und in andere Gegenden Griechenlands.
In Sparta verehrte man 2 Chariten, Kleta und
Phaenna, Schall und Schimmer, auch zu Athen
nur 2: Auxo, Wadstumförderin, und Hege—
mone, Führerin. Hier jcheinen fie alte Witterungs:
göttinnen gewejen zu jein, ähnlich den Horen, mit
denen fie auch ſonſt häufig in Verbindung er:
icheinen; doch ftehen fie dDiejen, nachdem fie einmal
die oben angegebene Bedeutung angenommen haben,
entgegen wie menschliches Leben der Ordnung der
Natur. — Dargejtellt werden die Ehariten gewöhn-
lih in der Dreizahl vereint, da der Begriff der
Geſelligkeit bei ihnen vorherricht; es jind jchlanfe,
blühende, jungfräuliche Geftalten mit freundlicher
Gefichtsbildung. Attribute: muſikaliſche Inſtru—
mente, Myrten, Rojen, Würfel.
Charisii, 1) Flavius Sojfipater EChar., j.
Grammatiker, 6. — 2) Aurelius Arcadius
Ehar., ein gelehrter Juriſt gut Zeit Konftantins
des Gr., aus dejien Schriften Auszüge in den Pan—
dekten fich befinden. Er war magister libellorum
und jchrieb de officio praefeeti praetorii, de
muneribus eivilibus, de testibus u. a.
Charisteria, Yagısrijore, 1) Dankfeſt zu Athen
für die Wiederherftellung der Demokratie durd)
Ihraiybul, am 12. Boedromion gefeiert (Aagıorrjgı«
&levieolas). Vgl. Mommſen, Heortologie ©. 217.
— 2) Geſchenke des Dantes für Heilung oder Net:
tung aus Gefahr, in Tempeln dargebracdht, nament:
lih Darftellung geheilter Glieder, VBotivgemälde
von Sciffbrüchigen u. dgl.
Chariton, Xcoitor, 1) cin Jüngling, berühmt
durch ſeine Freundſchaft mit Melanippos aus Agri:
gent. Als der Tyrann Phalaris, dem Ch. nad)
dem Leben trachtete, dieſen hinrichten lajjen wollte,
befannte ji) Melanippos als jeinen Berführer,
der Tyrann aber, durch diejen Edelmut gerührt,
ichenfte beiden das Leben und forderte nur die
Verbannung aus Agrigent. Aelian. v. h. 2, 4. —
2) aus Aphrodijias in Phrygien, um 400 n. E.,
ichrieb einen Roman mit einfacher Handlung und in
leicht fließender griechiicher Sprache in 8 Büchern:
Chaireas und Kallirchod, der ung noch erhalten
it; herausgeg. von d'Orville (1750) und von
Hercher, script. erot,. Graec, II p. Uff
Charmädas, Xapuddag, afademijcher Bhilojoph,
Schüler des Karneades, um 110 v. E., Yehrer der
Bhilojophie und Rhetorik zu Athen, von einigen
als Stifter einer 4. Afademie angejehen. Kicero
ichreibt ihm große Beredjamleit (acad. pr. 6, 16)
und ausgezeichnetes Gedächtnis (divina prope me-
moria, de or. 1, 11. 18. 2, 88. duse. 1, 24, 59)
zu. Vgl. Madvig zu Cie. de fin. p. 620,
Charmides, Xagwöns, Oheim Blatons, der
nach ihm einen jeiner Dialoge benannt hat, fiel
mit jeinem früheren Bormund Kritias zur Zeit der
Dreibig im Treffen am Fluſſe Kephijos, 404 v. C.
Xen. Hell. 2, 4, 19. mem. 3, 7,1.
17
258
Charoiädes, Xaegoıcöns, Feldherr der Athener, | Chatti, Xcdrro, deutſches Volk, treten mit
fiel (427 v. E.) im Kriege gegen Syrafus, gegen | diefem Namen erft zur Zeit der germanischen Feld—
welches er mit einer Flotte der Stadt Leontinoi | züge des Drufus hervor. Sie erjcheinen als rüftige
zu Hülfe geichidt worden war. Thuc. 3, 86. 90, | Kämpfer gegen die Römer, aber auch im Streite
Juſtin (4, 3) nennt ihn Chariades. mit den ihnen benachbarten Hermunduren und
Charon, Adgov, I) Sohn des Erebos und der | Cherujfern. Zac.ann 1,55 f.2,7.25.41.88.12,28.
Nyr, der greife, häfliche, ſchmutzige Fährmann der | hr Land nimmt einen bedeutenden Naum in der
Unterwelt, der die Schatten der beerdigten Toten | Form eines Dreiecks ein, deſſen eine Spitze um
über die Flüſſe der Unterwelt jet (nachhomeriich). | den Taunus an den Rhein reicht, die andere im
Er erhielt als Fährgeld (vaüior) einen Obolos, | oberen Werrathale liegt und die dritte unter der
den man dem Toten in den Mund legte. Lebende | Diemel bei den Chamaven und Cheruifern endigt.
durfte er nur ausnahmsweije überjegen. Verg. A. Die Adrana durchfließt ihr Gebiet. Tacitus (Germ.
Charoiades — Xeipovoulae.
6, 295 fi. — 2) Eh. von Lampſakos, Hiftorifer,
j. Aoyoyodgoı.
Charondas, Xapardag, aus Katane auf Siei—
lien, lebte wahrjcheinlich in der Mitte des 7. Jahrh.
v. E. und gab jeiner Geburtsjtadt wie den andern
chaltidischen Pflanzftädten Siciliens und Staliens |
Geſetze, die ſich durch ihre ethiſche und juriftiiche
Schärfe neben denen des Zaleufos, mit welchem er
bisweilen verwechielt wird, anszeichneten. Seine
Geſetze enthielten das, was ihm aus andern Ge—
jebgebungen das Beſte jchien (Diod. Sie. 12, 117,
eigentümlich war ihnen nad) Ariftoteles (pol. 2, 9, 8)
nur die Zmiounwıg perdoueprvgör, die Anklage
wegen falichen Zeugniffes. Jede Anderung der
Geſetze erjchwerte er dadurch, daß er feſtſetzte, ber,
welcher einen Geſetzvorſchlag machte, jollte mit einem
Stride um den Hals erjcheinen, um erdrofjelt zu
werden, wenn der Vorichlag durchfiele. Diod, Sıc.
12, 17. Als er, eben vom Lande zurüdfehrend,
gegen fein eigenes Geſetz bewaffnet in der Ver:
jammlung erjchien, tötete er, darauf aufmerliam
gemacht, jich jelbft. Diod. Sie. 12, 19. Sen. ep.
90,6. Val. Ma«x.6, 5, 4. Bgl. Gerlach: Zaleufus,
Eharondas, Pythagoras (1858).
Charta j. Bißkos.
Charybdis ſ. Skylla.
Chasuarii, eine Völkerſchaft im nördlichen Ger—
manien, nach Zac. Germ. 34 im Rüden d.h. öftlich
der Chamaven wohnend, aljo wohl zwijchen Ems
und Wejer zu Inchen.
30 ff.) hat fie genau charakterifiert; ihr Name lebt
in dem heutigen Heſſen. J. Grimm, Geſch. ber
deutjchen Spr.K.21.
nauci, XKadxor,
Kaöyoı, populns
inter Germanos
nobilissimus, qui
que magnitudi-
nem suam malit
iustitia tueri (Tae,
Germ. 35). Sie
—— ihre Wohn:
ige zwiichen Ems
und Elbe am Ocean,
die großen von den
fleinen (Tac. ann.
11, 19) durch die
Weſer getrennt, die
heutigen Oſtfrieſen.
Bei Tacitus (ann.
1, 38) haben ſie
römiſche Beſatzung;
fie jenden (daſ. 1,60.
2, 17) den Römern
Hülfstruppen. Spä:
ter empören fie fich
mit den Frieſen und
fämpfen im bata-
viſchen Kriege gegen die Römer. Plinius (16, 1—2)
ichildert ihr Yand in dem düfterften Karben. Der
Name wird von goth. hauhni „die Hohen“ ge:
deutet; ob von der Körpergröße oder vom Stolze,
ı bleibt dahingeftellt. Hügelbewohner find es ſchwer—
lich geweien.
Cheilon, Xdor, Xior, 1){.Sieben Weise,
— 2) Nebenbuhler des fpartaniichen Geſetzgebers
Lykurg, vor welchem er ein Vorrecht zum Thron
zu haben behauptete, da er dem alten Hauſe der
Proffiden angehöre, jener aber nicht von königl.
Abſtammung jei. Lykurg mußte, als Cheilon einen
großen Teil der Bürger durch Berfprechungen von
derverteilung gewonnen hatte, fliehen, um nicht
| ermordet zu werden, bis Cheilon ſpäter durch die
' Bürger jelbft genötigt wurde die Flucht zu ergreifen.
Pol. 4, 81.
Cheilönis, Xeıloris, Tochter des ipartan.
Königs Leonidas, Gattin des Kleombrotos, folgte
erft ihrem Vater, dann ihrem Gatten in die Ber:
bannung. Plut. Agis 17.
Cheiromanteia j. Divinatio, 12.
Cheiron j. Kentauren.
Xergovogia, die mimische Bewegung und
Darftellung, insbejondere die Aktion der Hände,
in der griech. Orcheftit; außerdem auch eine in der
Palaiftra geübte Art des Schattenfampfes (snın-
ueryle), worin der angehende echter die beiten
Xeroorovix — Chimaira.
Stellungen und Bewegungen einübte und nament-
lih die Arme auf das gejchidtejte zum Angriff
und zur Verteidigung anwenden lernte. — Auch ein
Name der zugeiyn.
Xsıporovie, Aufheben der Hände, die ge:
bräuchlichfte Art der Abjtimmung in den griech.
Berjammlungen jowohl bei Staatsverhandlungen
als auch bei Wahlen; häufig nannte man dies
unpissoher, daher das Reſultat yıjpıoua. Die
Abftimmung der Minorität hie Arozeıgororia.
Bei den einzelnen Phylen jcheint diejelbe Hand—
lung gewöhnlich aigesıg geheifen zu haben. Die
alſo gewählten Beamten hießen zeıgorarnrol oder
algperol im Gegenſatz der durd das Los beftimm-
ten, der xAnewrol oder zvausvroil. Aeschin. Tim. 21.
Ötes. 18. 27. Xen. mem. 1, 2, 9.
Aslıdorte, ein Frühlingsfeft auf Rhodos im
Monat Boidromion, an welhem fingende Kinaben
durch die Straßen zogen und Gaben im Namen
der Schwalbe jammelten. Das Lied der zelıdo-
rısrei, gekıdorıcuög, jollte einer der 7 Weiſen,
Kleobulos von Lindos, gedichtet haben ‘Athen. 8,
p. 360b, wo der Tert des Liedes mitgeteilt ift).
Chelidoniae, Xslıdorını, eine Gruppe von
3 Heinen feljigen Inſeln füdlic der Heinafiatischen
Landichaft Lykien, j. Khelidonia, gegenüber dem
Ehelidonijchen oder Heiligen Borgebirge,
Xelıdorin äxen. Strab. 14, 666.
Xeriorn, eine peloponnefische Silbermünge mit
dem Gepräge einer Schildkröte auf dem Rüden,
daher der Name. Boeckh, metrol. Unt. S. 83. 86.
Uhemmis, Azunıs, auch Afußıs, 1) uralte
Nomoshauptitadt in Oberägnpten, rechts vom Nil,
j. Achmim; die heilige Stadt des Gottes Chem,
der von den Griechen bald mit Perjeus (jo Hat.
2, 91), bald mit Ban (daher der andere Name
Banopolis) identifiziert wurde, Geburtsort des
Dichters Nonnos (5. Jahrh. n. E.). Strab. 17, 813.
— 2) jchwimmende Inſel in dem See Buto (j. d.)
in Unterägppten, mit einem Sorostempel. Adt.
2, 156. Mela 1,9.
Cheops, Xtoy, äguptiich Chufu oder Chaum—
Ehufu (daher bei Diodor Féuuis gen.), König des
alten Reiches von Memphis, aus der 4. Dynalftie,
um 3050 dv. E.; Erbauer der größten Pyramide
von Gizeh, welche urjprünglich an jeder Seite der
Grundfläche 233 m breit, 146 m hoch war. Hat.
2, 124 ff. Diod. Sie: 1, 63.
Chephren, Xeponr, ägyptiſch Chafra, der zweite
Nachfolger des Cheops, um 3000 dv. E.; Erbauer
der zweitgrößten Pyramide von Gizeh (133 m hoch).
Hat. 2, 187,
Chersonesus, 7) Xegoornoos, attiih Xeggo-
vnoog. Die Halbinjeln, welche jo bezeichnet wur:
den, find: 1) die thrafiihe Ch., auch m dp’
"Ellnozövro und häufig nur Cherjones genannt,
die in füdmeftlicher Richtung langgejtredte Halb-
injel Thrafiens zwiſchen dem Thrakiſchen Meer
und dem SHellespont, welche bei Kardia durch einen
nur 36 Stadien breiten Iſthmos (den eine Mauer
Ihügte) mit dem Feſtlande zujammenhing; das
weitl. Borgeb. am Eingange des Hellespont hieß
Maſtuſia, j. Elles:burun. Die Griechen (Athener)
hatten hier jeit dem 7. Jahrh. Ktolonien angelegt,
wurden dann aber durch die Perjer verdrängt,
worauf Makedonien, Antiochos von Syrien und
endlich die Römer in Beſitz famen. Hat. 6, 33 ff.
Jetzt heißt fie Halbinjel der Dardanellen oder von
25)
Gallipoli. — 2) die taurijche oder jEythijche
Ch., die j. Krim, Halbinjel im Pontos Eureinos,
hing durch die Schmale Yandenge Taphros oder
Taphrai (j. Berefop) mit dem Lande der noma:
diichen Stythen zujammen. Ein Gebirgszug 309
jich längs der jüdlichen Küfte von ®. nad ©. Das
jüdlichjte Vorgebirge im W. war Kriu Metopon
(Kgioö Merwmori,, j. Kap YWitodor; noch etwas
weiter weftlic lag das Borgeb. Barthenion,
durch den Dienjt im Tempel der Artemis Tauro-
polos mit Menjchenopfern bekannt. Der fimme:
riiche Boſporos jcheidet die Halbinjel von der Dft:
füfte des Pontos. Reich ift fie an Salzjeen. Der
wejtliche Teil wird auch wohl die herakleiiſche
Cherſoneſos genannt, wo fi) Serafliden aus
Pontos angefiedelt und eine Stadt Cherjonejos
gegründet hatten. S’rab.7, 308. — 3) Ch.magna,
Borgeb. und Hafen in Afrika (Marmarila), j.
Raratin. — 4) die ſüdlichſte Spike der Inſel Sar:
dinta, j. Capo Teulada. — 5) Stadt auf Kreta
am Borgeb. Zephyrion. — 6) die cimbrijche
Ch. die j. jütifche Halbinjel, j. Cimbri.
Außerdem führten Landipigken bei Sinope, am
Athos, bei Teos, bei Karthago u. a. diefen Namen.
Cherusci, Angoödoxor, ein zuerit von Cäſar
(b. 4. 6, 10) erwähnter Stamm der Germanen,
nachher ein Völkerbund, wohnten im mittleren
Deutſchland zwijchen Weſer und Elbe jo, daß eine
Spike ihres Gebietes noch über die Wejer hinüber-
ging, wo fie mit Brufterern und Chatten grenzten.
Yu Cäſars Zeit trennte fie die silva Bacenis von
den Sueben; nad) Tacitus bildete ihre Nordoit:
grenze ein latus agger in der Gegend zwijchen
Minden und Hameln. Drujus fam bei jeinem
Bordringen bis zur Elbe, 9 v. E., zuerjt in ihr
Gebiet. Anfangs wurden jie von den Römern
abhängig und einzelne traten in ihre Dienjte; als
aber Quintilius Varus fie zu bedrüden anfing,
verbanden fie ſich mit den ihnen ſonſt verfeindeten
Chatten, mit den Marien und Brufterern und
ſchlugen ihn unter Arminius’ Anführung, 9 n. E.,
im Teutoburger Walde (f. Arminiusi. Mehr als
die Einfälle des Germanicus im J. 15, während
der Streitigkeiten zwiichen Armin und Segeit,
und 16, wo Armin auf dem Felde Idiſiaviſo ge-
ichlagen ward, jchadeten ihnen die inneren Spal-
tungen. Der zwijchen Armin und Maroboduus, 17,
ausgebrochene Krieg brachte die Yangobarden und
Senonen auf ihre Seite (Tae. ann. 2, 4. 44 ff. ),
und der aus Rom geholte Jtalicus, Sohn von
Armins Bruder Flavus, fonnte nur mit Hülfe der
eriteren feine Fürftenwürde behaupten. Tac. ann.
11, 16. 17. Innere Zwietracht und Kämpfe mit den
Ehatten brachten jie immer mehr herunter, das jieht
man aus der Schilderung des Tacitus (Germ. 36);
ipäter jchwinden fie aus der Geſchichte. Der Name
muß don hairu, Schwert, abjtammen, ijt aljo dem
Sinne nad) den Namen der Saxones gleid).
Chiliarchos, zillaezos, zukdeyns, bei den
Makedoniern der Anführer einer EChiliardia; vgl.
Exereitus, 7. — Bei den Berjern war der
Chiliarch der oberjte der Generale, der Anführer
der königl. Leibwache und zugleich eine hohe Staats:
perjon, der Erjte nach dem König, der dieſem über
alles Bortrag zu Halten hatte.
Chimaira, Xlucıga, ein feuerhauchendes, gött:
liches Ungeheuer, vorn ein Yöwe, hinten ein Drache,
in der Mitte eine Ziege, von Amijodaros, König
17*
260
in Sarien, aufgezogen und von Bellerophontes
(1. d.) getötet (41. 6, 179 ff. 16, 329); nad) Hefiod
(theog. 319) Tochter des Typhaon und der Echidna,
ein Ungeheuer mit 3 Köpfen, eines Löwen, einer
Ziege und eines Drachen. Spätere verbinden dieje
beiden Vorftellungen auf verjchiedene Weiſe mit:
einander. Man verjegte fie nach Phrygien, Libyen,
Agypten, Indien und erflärte jie pragmatifierend
für ein Bild der vulfanischen Beichaffenheit Lykiens.
Urjprünglich ſcheint fie in Sikyon und Korinth zu
Haufe gewejen zu ſein, als ein dunkles, winter:
ches Weſen, ähnlich dem Python. Sikyon und
Korinth führten das Bild der Chimaira auf ihren
Münzen.
Chionides, Xıorlöns, Aroviöng, aus Athen, um
450 v. E., wird ald mgwrayawıorns rg doyadug
xwuodies, d. h. als erfter, der einen urkundlich
aufgezeichneten Sieg bavontrug, bezeichnet, jedes:
falls der Komiker, deſſen Stüde zuerjt eine kunſt—
mäßigere Behandlungsweije zeigten. Nur wenige
Bruchftüde aus 2 Stüden find erhalten. Bgl.
Meinele, hist. erit. com. Gr. p. 27 ff. Rod, com.
Att. fragm. I p. 4f.
Chios, Xlos, Inſel im NW. von Samos, der
vom Gebirge Mimas gebildeten ioniſchen Halbinjel
gegenüber, 60 Stadien vom Feitlande. Die 18',,
O Mr. große, äußerſt fruchtbare Inſel lieferte den
bejten griechifchen Wein, jchr guten Marmor und
den beiten Maftir, außerdem Feigen und feinen
Thon. Die höchſte Spike der bergigen Inſel war das
IIskıradov ögogimM.; das ſüdöſtl. Vorgeb. hieß
Pojeidonion, die Südipige Phanai (j. Fana
oder Kap Maftico). Die älteften Bewohner, Xioı,
waren tyrrheniſche Pelaſger oder Yeleger, zu denen
fich nachher Kreter, Karier und Euboier gejellten,
bis jpäter die Jonier fie in er, nahmen. Die
Hauptftadt Chios (auch ionische Bundesftadt) mit
gutem Hafen lag in der Mitte der Oftküfte und war
BVaterftadt des Homer (?), des Tragifers Jon und
des Sejchichtichreiber8 Theopompos; etwas nörb:
lich lag Delphinion (j. Delphino) mit gutem
Hafen; an der Weftküfte Bolijjos. Strab. 14, 645.
Chirogräphum, im w. ©. die Hanbdichrift, im
e. ©. eine Schuldverfchreibung des Debitor. Das:
jelbe war auch Syngrapha. Der von Ps.- Ascon.
zu Cic. Verr. 1, 36 gemachte Unterjchied zwiſchen
beiden Urkunden ift falich.
Xıror |. Kleidung, 1.
erg Kleidung, 2.
Chlo@ j. Demeter, 3.
Chloris j. Neleus, Flora und Winde, 6.
Choaspes, Xodorns, 1) Fluß in Medien und
Sufiana, j. Kerkha, berührt in feinem Oberlauf
Stadt und Berg Bagiftana (j. Behiftan) mit der
großen Dareiosinichrift, flieht dann weitlih an
Suja vorüber und mündet in den vereinigten Euphrat
und Tigris. Er ijt berühmt durch jein klares,
wohljcdhmedendes Wafjer (dt. 1, 188). Ob der
Eulaios (lat), von dem PBlinius (6, 27. 31, 3)
Chionides — Choros
dasjelbe ausjagt, mit dem Ch. oder mit dem öft-
licheren Parallelfluß, dem h. Karun, identisch ift,
fteht noch nicht feit. — 2) Fluß in Indien, j. Kunar;
mündet von N. ber in den Kophen (j. Kabul),
einen wejtl. Nebenfluß des Indos. Strab. 16, 697.
Curt. 8, 10, 22. Bei Arrian (4, 23, 2) heißt er
Kong.
Xoeg ſ. Dionysos, 8.
Choirilos, XoreiAog, 1) einer der ältejten atti-
ichen Tragifer, Nebenbuhler das Pratinas, Phryni-
chos und Aiſchylos, und zwar ſchon jeit DI. 64
(524), jcheint über das Satyripiel, als Anfang der
Tragödie,, wenig oder nie hinaus gekommen zu
jein. Er ſoll dreizehumal geftegt und 160 Dramen
gedichtet haben. Bruchitüde haben fich nicht er:
halten. — 2) Choirilos von Samos j. Epos, 5.
Choros, xogös, chorus, bezeichnet eigentlich einen
umgrenzten Tanzplatz (daher ebevyogog als Epi-
theton von Städten bei Homer) und ift wahrichein:
lich mit xoerog, hortus verwandt. Dann bedeutet
das Wort 1) eine jede größere oder Kleinere Anz
zahl von Berjonen, die im Reigentanz bei reli-
giöſen Feiten und feierlihen Aufzügen :auftraten;
2) in der griechiichen Tragödie und älteren Ko:
mödie eine bejtimmte Anzahl von Schanipieleri,
die als teilnehmende Zeugen der eigentlichen Hand:
lung beimohnten und bejtimmte Ruhepunkte der:
jelben durch Geſang und Tanz ausfüllten. Chöre
waren an den dionyſiſchen Feſten der urjprüng-
lie und hauptjächlichite Beitandteil der Feſtfeier
und wurden die Grundlage der Tragödie und Ko:
mödie; ihre Gejänge und Tänze zu der Opferhand-
lung bildeten die eigentliche Sehfeier. Nach und
nad) trat zwijchen den einzelnen Zeilen und Ab:
ichnitten ihrer Gejänge eine Berjon auf, die durch
Erzählungen oder auch durch Unterredungen mit
den Ghorperjonen das Bublitum unterhielt und
den Gejamtchore einige Ruhe und Erholung ver:
ichaffte. Hieraus entwidelte ſich nach und nad) der
Dialog und das eigentliche Drama. Der Chor trat
zurüd, wurde gewiljermaßen Nebenjache und Bei:
wert und erhielt diejenige Geltung und Stellung,
welche er in den erhaltenen Tragödien und Komö—
dien einnimmt.
beſtimmte Anzahl von Perjonen (in der Tragödie
12, jeit Sophofles, der jedoch im Wias die alte
Zahl beibehalten zu haben jcheint, 15, ebenjo im
Satyrdrama früher 12, ipäter 15, in der Komö—
die 24), welche in der Rolle von erfahrenen, ver-
ftändigen, leidenjchaftslojen Männern oder Greifen,
Frauen, ja auch Jungfrauen auftreten, mit den
Verſonen der Handlung in irgend einer Beziehung
und Verbindung ftehen und jern von leidenichaft:
licher Teilnahme, ruhig und überlegt, bald ratend,
bald tröftend, auch aufmunternd und warnend, die
Handlung auf der Bühne begleiten, ohne thätigen
Anteil an derjelben zu nehmen. Da, wo die Hand:
lung einen gewiflen Nuhepunft erreicht hat, im
den Zwiſchenalten, jingt oder recitiert er größere
lyriſche Stüde, die mit der Handlung in einer
Verbindung ftehen, und wodurd er auf dieje ein:
zuwirken jucht, und zwar, wie neuere Unterjuchungen
feftgeftellt haben, in der Weile, daß bald alle Cho—
reuten, bald der Halbchor, bald fleinere Abtei:
lungen, 3. B. 3 (£vyd), bald nur einzelne Perſonen
fingen. Auf dieſe Chorgejänge, deren Vortrag
auc mit ausdrudsvollem Tanz und Mimik begleitet
war, legten die Tragifer großen Wert; fie wurden
In dieſen ericheint er als eine :
19
=
Chosroös — Uhrysogonus.
forgfältig und mit vieler Kunft ausgearbeitet. Die
261
zogodıddore«rog auch einfach dıdcax«log genannt)
jpäteren Tragiker, von Agathon an, vielleicht auch | eingeübt, dem auch ein Öeznorgodidder«kog zur
ihon Euripides, ließen zumeilen die Chorlieder
außer Verbindung mit der Handlung und wende:
ten jogenannte Zußölıne an. Wo der Chor nicht
fingt, jondern ipricht, vertritt ihn gewöhnlich der
Führer desjelben, »ogvpaiog (au yeumv ron
z0g00, &oyww Xog00, yogokfxrng u. ſ. w. genannt),
in einzelnen Fällen die Führer der Halbchöre, wa-
orordraı. Der Chor hatte jeinen eigentlihen Platz
in der Orcheftra und verlieh dieje gewöhnlich nicht
cher als am Ende des Stüds. Ausnahmsweiſe
befand er fich auch auf der Bühne, entweder größ:
tenteils, wie in den Eumeniden des Aiſchylos, oder
in einzelnen Scenen, 3. B. im Didipus auf Kolonos
des Sophofles (856 ff.). Selten trat er während
der Handlung ab und erjchien ipäter wieder. So
im Aias des Sophofles, in der Alteftis und Helena
des Euripides. Das erjte Auftreten des Chores,
gewöhnlich den Zuſchauern von ber rechten Seite,
hieß mdeodos und erfolgte entweder nad) Gliedern,
xar& orolyovg, d. h. in der Tragödie und im
Satyripiel 3 Mann breit und 4 (bezw. 5) Mann
tief, in der Komödie 4 Mann breit und 6 Mann
tief, oder (jeltener) nach Rotten, war“ fuyd, d. h.
in der Tragödie und im Satyrſpiel 4 (bezw. 5)
Mann breit und 3 Mann tief, in der Komödie
6 Mann breit und 4 Mann tief; das Abtreten
während des Stüdes hie uerdoraoıs, das zweite
Auftreten Zmimdgodog (j. B. Soph. Ai. 866 ff.
Aeschyl. Eum. 307 ff.); jein Weggang am Ende
des Stücks Äpodog. Der Chor blieb das ganze
Stüd hindurd nicht immer in einer und derjelben
Stellung in der Orcheſtra, jondern veränderte nach
Beichaffenheit des Stüds und feiner Geſänge den
Platz. Häufig war feine Teilung in 2 Halbchöre
(4. B. Soph. At. 866 fj.); doch führte er noch weit
fünftlichere Bewegungen und Evolutionen, nament:
lih Tänze, aus. Diefe Tänze haben in den ver
ichiedenen Gattungen des Dramas veridriedene
Namen. Der Tanz in der Tragödie hieß dumeicır,
in der Komödie xöodat, im Satyripiel adkırnız.
Auch die Chorgelänge hatten beiondere Namen.
Tldgodos hieh der erjte des geſamten Chores nad
dem Prologe; srdoıua waren die Geſänge zwiichen
den einzelnen Epeiſodien d. h. Alten oder Ab—
ichnitten eines Trama; xouuol oder “ouuerın&
wein find Wechſelgeſänge zwiichen dem Ehore und
den Schauipielern. — Der Dichter, welcher jeine
Dramen zur Aufführung bringen wollte, hatte beim
Archon um einen Chor nachzuiuchen (zogöv alreiv);
erhielt er denjelben, jo hatte ein bemittelter Bürger
als zoenyös den Chor aus jeinen Mitteln zu ftellen
und für alles zu forgen, was zu feiner Unterhal-
tung, Ausftattung und Einübung nötig war, j.
Leiturgia, 2. Wegen Mangels an Choregen,
und da auch die Parabafe aus der Komödie ver-
ichwand, hörte endlich der fomiiche Chor zwiichen
403 und 389 dv. E. auf. Seine Rolle wurde hin-
fort wohl von einer einzelnen Perſon gegeben.
Tiefe Neuerung, die ihon Ariftophanes im Plutos
erlebt hat, blieb in der ſ. g. mittleren und neueren
Komödie und sing aus ihr in diejenige anderer
Völker hinüber. — Die zufammengebrachten Ehoreu:
ten, zogsvrei, weldhe aud vom Staate einen Yohn
befamen, hatten zuvörderft eine Prüfung zu be-
ftehen, wobei bejonders darauf gejehen wurde, daß
fie nicht Fremde waren. Sodann wurden jie vom
Seite ftand. Anfangs haben die Dichter dies Ge-
ichäft wohl jelbit bejorgt, wenigftens wird es vom
Aiſchylos beftimmt erwähnt. Die ſiegreichen Cho⸗
regen weihten als Denkmal * Sieges einen
vom Staate gelieferten ehernen Dreifuß oder Heine
Rundtempel aus Marmor, auf deren fuppelförmigen
Dächern diefe Dreifühe aufgeftellt waren. 2 ſolche
choregiiche Denkmäler haben fich in Athen erhalten,
eines aus dem Jahre 334 v. E. (ſ. L ysikrates)
und ein anderes, das jogenamnte Thraſyllos—
monument, aus dem Jahre 320, das oberhalb
der Cavea des Dionyjostheaters fteht.
Chosröös oder Osröös, Xoogons oder Ogeüns,
parthiicher König (etwa 108—130 n. E.), geriet
mit Trajan über Armenien in Streit, fämpfte un:
glüdlih 115 ff. und wurde jogar von Trajan für
abgejegt erflärt, erhielt aber von Hadrian die er-
oberten Provinzen zurüd. Dio Cass. 68, 17. 30.
Spartian. Hadr. 13. Aur. Vict. Caes. 13.
Chrysäor j. Gorgo.
Chryse, Xovon, n, 1) Stadt in Troas an der
Weftfüfte auf einem Hügel mit einem Hafen; nicht
fern davon lag der Tempel des Apollon Smin:
theus, an dem Chryſes, der Vater der Chryſeis,
riefter war, und der noch zu PBlinius’ Zeit ge:
zeigt wurde. Strab. 13, 604. Plin. 5, 30, 32. —
2) eine feine, Lemnos benachbarte Inſel, auf wel:
cher Philoftet nach Sophofles von einer Schlange
ebifjen wurde, die den heiligen Raum der Nymphe
Shryje bewachte. Später war dieje Inſel ſamt
der geheimnisvollen Nymphe vom Meere mwegge:
ſpült (Paus. 8, 33, 2). — 3) ſ. Dardanos. —
4) j. Phlegyas.
Chrysöis, Chryses j. Agamemnon und
Trojanischer Krieg, 4.
Chrysippos, Xovommog, 1) j. Atreus. —
2) der Stoifer, geb. um 282 vd. E., geit. um 208,
Sohn des Apollonios, aus Tarjos oder Soloi in
Kilikien, zu Athen Schüler des Kleanthes, vielleicht
auch des Zenon, nach anderen auch der Akademiker
Arkefilaos und Lafydes, nach Kleanthes' Tode deſſen
Nachfolger auf dem Lehrftuhle der Stoa. Ausge:
zeichnet durch Scharffinn und dialektiſche Gewandt⸗
heit, wurde er bald die Stütze der Stoa, ſo daß
von ihm gejagt werden konnte: el un yae nv
Xovboınnos, obn &v 7jv Zrod. Seine Produktivität
war außerordentlich; man legte ihm 705 Schriften
bei. Diog. Laert. 7, 7, 180. Er wandte ſich mehr
der praftiichen Seite und der Ethik zu, befämpfte
die dorwaltend theoretiiche Richtung der Peripa-
tetifer und legte den Grund zu einer naturgemäfen
Rechtslehre. Auch verfaßte er Kommentare zu Homer,
Heftod und Pindar. Monogr. von E. Peterien
(1827) und Baguet (1822). — 3) ein gebildeter
libertus des Cicero, der ihn jeinem Sohne Marcus
ugejellte. Als er legteren heimlich verlieh und
a noch anderer Vergehen jchuldig gemacht hatte,
erflärte Eicero die Freilaſſung für ungültig. Cie.
ad Att. 7,2, 8. 6, 3.
Chrysogönus, Xovoöyovos, X. Cornelius,
Freigelaffener und Günftling des Sulla, genof bei
dem Diktator ein Vertrauen, das ihn mit jeinem
Einfluffe den ſchändlichſten Mißbrauch treiben lich.
So lernen wir ihn im J. 80 dv. E. in falicher
Anklage und verruchter Antrigue durch die Rede
Eiceros für den Rofcius von Ameria kennen. Bgl.
262
Halm:Laubmann, Einl. zur Ausg. von Cie. Rose.
Am. 2f. der 10. Aufl.
Chrysopölis, Agvoorokıs, feſter Ort in Bi-
thynien am Boiporos, Byzantion gegenüber, j.
Sfutari, dergewöhnliche Überfahrtsort zwiichen Afien
und Europa. Xen. An. 6, 3, 16. Strab. 12, 563,
Chrysostömos j. Dio, 1.
Chrysoth@mis j. Agamemnon.
ChthonTos, X#ortos, 1) der Unterirdiiche, Bei-
name unterirdijcher Götter (j. Keligion, 4.i, wie
des Hades, Hermes, der Demeter, Periephone,
auch des Dionyjos; ol ABorıve, die Unterirdiichen,
die Schatten. — 2) der Erdgeborene; jo heißt
einer der 5 Sparten, welche am Leben blieben,
j. Kadmos, 1. — 3) der Einheimische, Bor
tod, Yandesgötter.
Xvrgot j. Dionysos, 8.
Cieer, die Kichererbie, ein jehr gewöhnliches
und wohlfeiles Nahrungsmittel der älteren Römer,
welches fie jogar gefocht auf den Straßen kaufen
fonnten.
Ciceröius, Gaius, ehemaliger Schreiber des
P. Cornelius Scipio Africanus, trat im Wettfampfe
mit deſſen Sohne X. (oder En.) Scipio bei der Be:
werbung um die Prätur freiwillig zurüd (174 v. E.),
wurde aber Prätor 173, befiegte die Corien, ver⸗
waltete dann die ihm übertragene Provinz; Sar:
dinien und triumphierte nach feiner Rückkehr nad) |
Rom ohne Genehmigung des Senats. Liv. 42,7. 21.
Mehrmals übernahm er in der Folge Sejandt-
ichaften nad; Jlyrien an den König Gentius. Liv.
42, 26. 45, 17.
Cieöro i. Tullii, 3—11.
Cilnius, €. Eilnius Mäcenas (der Gentil:
name Cilnius bei Tac. ann. 6, 11), ftammte aus
einem jehr alten Lucumonengeichlechte der etruri:
ichen Stadt Arretium, weldyes zum Teil könig—
liche Gewalt gehabt hatte. Hor. od. 1,1,1.8,29,1.
sat. 1,6, 1ff. Prop. 3, 9, 1. Frühzeitig, vielleicht
bald nad) Gründung der Republik, war es nad)
Rom übergejiedelt, ohne weder im Kriege noch im
Frieden fi auszuzeichnen, während andere meinen,
erſt Mäcenas (vielleiht von der Familie feiner
Mutter jo zubenannt) fei nach Rom gewandert.
Sein Geburtstag war der 13. Mpril (Hor. od.
4, 11, 13— 20). Das Geburtsjahr und auch der
Geburtsort laſſen ſich nicht beftimmen, doc fällt
jeine Geburt wahrjcheinlich zwiichen die Jahre
74—64 v. E. Er gehörte durch jeine Geburt dem
Nitterftande au. Erjt in der Zeit, ald Octavian
nicht ohne Ausficht auf Erfolg um die Herrichaft
rang, tritt Mäcenas hervor als einer der vertrau:-
teften Freunde desjelben und war dieſem bei der
Erlangung des Prinzipats im Kriege und im Frie—
den der getreuefte Ratgeber und Beiftand. Als
jolcher war er nicht nur daheim in Rom und Jtalien
thätig, bejonders wenn Oetavian und Agrippa auf
den ?reldzügen und im Lager beichäftigt waren,
jondern er begleitete den Octavian auch ins Feld,
wennſchon nicht als Mitlämpfer. Prop.2, 1,25— 31.
Hor. epod. 1, 1-4. Ties enge Verhältnis zu Oe—
tavian hatte außer in den übrigen ausgezeichneten
Eigenjchaften des Mäcenas bejonders darın jeinen
Grund, daß diejer nach jeinem politijchen Stand:
punft ein entichiedener Anhänger des monarchiichen
Prinzips war und in Octavian den Mann erfannte,
welder für die Übernahme des Prinzipats der
tüchtigfte und würdigjte jei. Als daher Dctavian
en — —__ Il [2
Chrysopolis — Cilnins.
nach dem Tode der Kleopatra nad) Rom zurüd:
fehrte und mit Agrippa und Mäcenas über die
Beibehaltung der Alleinherrichaft fich beriet, juchte
Mäcenas ihn von der Rotwenbigfeit derielben zu
überzeugen (Dio Cass. 52, 41). Schon 43 v. E.
war er im mutinenfifchen Kriege Begleiter des
Octavian. Infolge eines Auftrags vermittelte er
die Verheiratung Octavians mit der Scribonia, der
Schweiter des L. Scribonius Yibo, im J. 40. App.
b. c. 5, 53. Diejer war Schwiegervater des Sertus
Rompejus, welcher damals von Sicilien aus mit
jeiner Scemadt die Hüften Jtaliens bedrohte, und
Octavian hoffte, durch dieſe Ehe denjelben enger
an fich zu fmüpfen. Dio Cass. 48, 16. App. b. e.
5, 53. In demjelben Jahre erfolgte auf Bermitt-
fung des M. Coccejus Nerva der Abſchluß des
brumdifinifchen Friedens zwiſchen Octavian und
Antonius durch Mäcenas und Aſinius Bollio. App.
b. e. 5, 60—93. Vell, Pot.2, 76. Da Fulvia, die
Gemahlin des Antonius, lurz vorher geitorben war,
jo rieten Mäcenas und die übrigen Unterhändler
dem Okctavian, feine Schwejter Octavia mit Anto—
nius zu vermählen, und dieje Ehe kam auch zu:
ftande. Plut. Ant. 31 ff. App.b.c.5,64. Im J. 38
ſchickte Octavian den Mäcenas zu Antonius, um
| diejen zur Teilnahme an dem Kriege gegen Sertus
\ Bompejus zu bewegen, und nicht vergebens. App.
‚db. ec. 5,94. Antonius erjchien mit Hülfstruppen in
Tarent, und hier fam im J. 37 durch des Mäcenas
Mitwirkung das tarentiniiche Bündnis zuftande
(App. b. c.5, 93 jf.), unter Bermittlung der Octavia.
Plut. Ant. 35, In Verbindung mit diejem Er:
eignis ſteht wahricheinlich die Reife des Mäcenas
nah Brundifium, auf welcher Horaz und andere
Dichter denjelben begleiteten. Hor. sat. 1, 5.
Während des ficiliichen Krieges wurde dem Mäcenas
die Obhut über Rom und Italien übertragen, im
J. 36. Dio Cass. 49, ı6. App. b. c. 5, 99. 112.
Taec. ann. 6, 11. In diejer Stellung vertrat Mä-
cenas das Neichsoberhaupt während der Abweſen—
heit desjelben, und zwar als Privatmann, nicht
als öffentlicher Stantsbeamter (etwa als praefectus
urbi), wie er denn überhaupt nie ein eigentliches
Staatsamt befleidet hat. Schon vorher war er
während des Strieges zweimal nad) Rom gejandt
worden, um das wegen der Hungersnot unzufrie-
dene Volk zu beruhigen, jowie er aucd gegen die
zunehmenden Räuberbanden wirkſame Vorkehrungen
traf. Die Gewalt, weldye er als Stellvertreter des
Octavian ausübte, war vorzugsweije eine polizei-
liche, um die Sklaven und die aufjäjligen Bürger
im Zaum zu halten; er war dabei nicht nur mit
der richterlihen Gewalt bekleidet, jondern teilte
auch als Höchitlommandierender in Rom die Parole
aus (Sen. ep. 114), jo daß er wohl die ganze Mi-
litär= und Civilgewalt in Händen hatte. Tac. ann.
14, 53. Vell. Pat. 2, 88. Zum zweitenmale ver:
trat er dieſe Stellung 31 während des actijchen
Strieges. Dio Cass. 51, 3. Seine damalige Abjicht,
dem Octavian nad) Aetium zu folgen (Hor. epod.
1, 1-4), führte er wahrjcheinlich nicht aus, jedes:
falls war er nicht lange dort. Er war vielmehr
meiftens als Stellvertreter in Rom und erjtidte
damals durch Entfernung des M. Lepidus, des
Sohnes des Triumvirs, der gegen Octavian eine
Verſchwörung angezettelt hatte, einen neuen und
ra pn Bürgerfrieg im Keime. Well. Pat.
2,88. Liv. ep. 133. Prop. 2, 1, 30 ff. Lepidus
Cimber — Cimbri.
wurde dem Dctavian nach Actium zugeſchickt und
hingerichtet. App. b. e. 4,50. Frei von verloden:
dem Ehrgeize und zufrieden mit jeiner Stellung
zu Auguftus, riet er im J. 22 diefem, feine Tod):
ter Julia, die Witwe des Marcellus, mit Agrippa
u verheiraten. Dio Cass. 54, 6. In allen admini-
Beatinen und diplomatischen Geichäften zeigte Mäce-
nas eine Gewandtheit und Cinficht, welche des
Erfolges jiher war und ihm den Muguftus jehr |
verband. Der perjönlihe Einfluß, den er als
Arbeiter im Kabinett und als Freund auf jenen
ausübte, wurde dadurd) geiteigert. Daher bewog
er bei mehreren Gelegenheiten mit Freimut den
Auguftus, bejonders wenn derjelbe in Gefahr ftand
zu leidenichaftlicdy zu werden, zur Milde und Scho—
nung. Im einem ſolchen alle hielt er durd die
denfwürdigen Worte: Surge tandem carnifex, den
Auguſtus bei einer gerichtlichen Unterfuchung davon
ab, über viele das Todesurteil zu jprecdhen. Dio
Cass. 55, 7. In jpäteren Jahren zog fih Mäcenas
von der Öffentlichen Thätigkeit in die Stille des
Privatlebens zurüd und hatte nicht mehr den Ein:
fluß der früheren Zeit bei Auguſtus. Tae. ann.
3, 30. 14, 53. 55. Durch Mihhelligfeiten, wie das
Verraten eines Staatsgeheimnifies an jeine Gattin
Terentia (nad) Suet. Oct. 66, vgl. Dio Cass. 54, 3),
durch das Verhältnis des Auguftus zu diejer (vgl.
Dio Cass. 55, 19 und 55, 7) u. a. wurde indes
die Freundſchaft beider nicht dauernd geftört, jon-
dern jie währte fort bis zum Tode des großen
Staatsmannes, In der That fühlte Auguftus nad
dem Tode desjelben den Berluft des ihm im Leben
jo ergebenen Mannes jchmerzlich. Dio Cass. 55, 7.
Sen. de ben. 6, 32, Mäcenas jtarb furz vor Hora—
tius gegen Ende des Jahres 8 v. E., vom Volke
wie von jeinen Freunden ohne Ausnahme tief be:
trauert. In den 3 legten Jahren jeınes Lebens
litt er an beftändiger Schlaflofigfeit und jchon
früher lange Zeit an einem unabläfligen Fieber.
Plin. 7, 57. In feinem Teftamente ſetzte er (nach
Dio Cass. 55, 7) den Auguftus zum Univerjalerben
ein. Bejtattet wurde er auf den Ejquilien, wo jein
Haus ſtand, welches eine bedeutende Höhe hatte
(Hor. epod. 9, 3. od. 3, 29, 5—12. Suet. Ner. 38.
Oct. 72); neben demjelben lagen jeine berühmten
®ärten. Hor. sat. 1,8,7. — Mäcenas bejaf einen
großen und männlichen Geift, der beionders in
enticheidenden Augenbliden thätig, wach und ge:
ihidt im Handeln ſich zeigte, aber ebenjo jehr
unter großer, faſt weibiicher Weichlichkeit litt. Sen.
ep. 92. Vell. Pat. 2, 88. Er war dann ein rechter
Lebemann und ergab jid) ganz dem Vergnügen und
der Yuft. Sen. ep. 19. Er bejah einen großen
Reichtum; dieſer befriedigte jeine (wie es jcheint
jelbjt von Auguſtus veripottete) Yiebhaberei für koft:
bare Steine, Gemmen, Ninge und Perlen (Macrob.
sat. 2, 4), jeine Vorliebe für Bantomimen (Dio
Cass. 54, 17), jein Gefolge von Parafiten (Hor.
sat. 2,8, 21 fi.) und jelbit von Verjchnittenen (Sen.
ep. 114). Seine Kleidung verriet den Weichling;
in herabhängender, ungegürteter Tunica, den Kopf
bis auf die Ohren u ging er durch die
Stadt. Jur. 12, 38. 39. ichrieb in Proja über
naturhiftoriiche Gegenftände, weshalb Plinius ihn
als Gewährsmann anführt; ferner über Gemmen
und ein Sympoſium (Sere. ad Verg. A. 8, 310);
außerdem dichtete er Feine poetiiche Tändeleien in
verjchiedenen Versmaßen (Sammlung der wenigen
263
Bruchjtüde von Bährens, fragın. poet. Rom,
p. 335 ff). Der Stil war weichlich, gejucht, unge:
wöhnlich, artete in Künſtelei und Affektation aus,
war voll von jalbungsreichen und gefräujelten
Worten und daher verkehrt und unverjtändlid)
(Sen, ep. 114. (Juint. 9, 4,28. Suet. Oct. 86);
daher war auch jeine Beredſamkeit, zu der er An:
lage hatte, eine entartete (Sen. ep. 19), feine Rede,
voll übertriebenen Schmudes und Künſteleien im
Ausdrud, ein vollfommener Abdrud jeiner ganzen
Lebensweiie (Sen. ep. 114. Taec. dial. 26). Aber
er war Verehrer der jchönen Kunſt und ein großer
Gönner der Dichter. Horaz, welcher durch Barius
und Bergil bei Mäcenas eingeführt war (Hor. sat.
1,6, 51), wurde von ihm im J. 33 mit dem
Sabinum beichenft (od. 2, 18, 14) und blieb ihm
ftet3 nahe befreundet. Mäcenas empfahl ihn noc
in jeinen legten Willen dem Auguftus. Vergil war
nicht minder mit Mäcenas befreundet und wurde
durch ihn in feinen Studien weſentlich gefördert.
Durch Aſinius Pollio demjelben empfohlen, erhielt
er im J. 40 durch Mäcenas’ VBermittelung jein
väterliches Landgut zurüd. Mart. 8,56. Zum Danf
dichtete er die Georgica; zur Aneide wurde er von
Mäcenas ermuntert. Zu Mäcenas’ engeren Freun—
den und dem jich in jeinem Haufe jammelnden
Didhterfreiie gehörten auch 2. Varius Rufus (Mart.
12,4, 1), Domitius Marjus, durch feine Freigebig:
feit bereichert (Alart. 8, 56, 21), und Propertius,
der fich eifrig um jeine Gunjt bemühte. Prop.
3, 1, 735$. 9, 59. Monographien von Meibom
(1653), Lion (2. Aufl. 1846) und B. ©. Frandien
(1843).
Cimber j. Tillii.
Cimbri, Klußeoı, ein Bolf, weldyes mit 3 andern
Bölfern, den Teutonen, Ambronen und Tigurinern,
.113 v. E. und in den folgenden Jahren 6 römische
Heere ſchlug und die römische Herrichaft jenſeits
der Alpen bedrohte, jo dag noch in jpäterer Zeit
jein Name voll Schreden genannt ward. So gewiß
jene hiftoriichen Ereigniffe find, jo ungewiß iſt die
Herkunft des Bolfes. Der Name wird oft genannt:
Eimbern plündern ſpäter mit andern ofteuropätichen
Völkern den deiphiichen Tempel; Strabon fennt
fie an der Nordiee und am Ausflug des Rheines
(7,291 ff.), Tacitus(Germ. 37), Blinius, Ptolemaios
nennen fie zwilchen der Nord: und Dftjee, und von -
ihnen erhielt die jütifche Halbinfel den Namen der
„eimbriichen Cherſones“. Die römischen, faft gleich:
zeitigen, Schriftfteller nennen die Cimbern, welche
zu Ende des 2. Jahrh. v. E. Italien angriffen,
jtet8 Germanen; die germaniiche Abkunft der Teu—
tonen ift unbeftritten, und es ift wahricheinlich, daß
beide, die Cimbern und Teutonen, aus dem Norden
Deutichlands und Nordalbingien herauflamen in
den Eüden, wo fie ſich mit den galliihen Tigu-
rinern und den Ambronen ähnlihen Stammes
vereinigten. Plutarch (Mar. 11) jagt: mit dem
Namen Kiußeor hätten die Germanen Räuber
(Anordg) bezeichnet. Deshalb hat man den Namen
auf das agj. cempa, ahd. chempho zurüdgeführt,
wobei jedoch der Yaut b Schwierigkeit macht. Darum
hat Zeuß auch an agj. cimban d. i. pecten, cerista
gedacht. Die Zufammenftellung mit Cimmerii und
mit den feltiichen Kymren ift falſch. — Unbekannt
ift die Veranlaffung, welche diefe Völker aus ihren
Sitzen trieb, am wahrjceinlichiten war es die den
Germanen angeborene Wanderluft. Mit der Bitte
264
um Bewilligung von Yand erjchienen fie in Illy—
ricum und Kam und befiegten 113 den En. Pa—
pirins Carbo bei Noreja, als diejer ſich hinterliftig
und treulos erwies. Trotz ihres Sieges wendeten
ſich die Cimbern und Teutonen nach Gallien, wel:
ches fie furchtbar verheerten; nur die Belgen jchlugen
die Feinde im offenen Felde zurüd. Caes. b. g.
2,4. 7, 77. Nachdem fie unter ficherer Bedeckung
ihre Beute in Aduatuca gelafjen (da. 2,20), zogen |
jie füdlich in die röm. Provinz und erneuerten hier
ihre Bitte um Land mit dem Verſprechen, den | rechtlich «antiquarische Schriften einem
twieder abgemiejen, | Juriften gleiches Namens angehören.
Nömern im Kriege zu helfen:
' geichlagen.
älteren geitgenoffen Q. Fabius Pictor in grie—
Ciminius mons — Circeii.
feite zu nehmen, wurde er von Mago
urüd:
Liv. 27, 26. Er fchrieb, gleich fei
einem
hijcher Sprache, Annalen, die oft mit Auszeich-
nung genannt werden. Fragmente gejammelt von
Beter, hist. Rom. rel. I p. 40 ff. fragm. p. 31 ff.
Trefflihe Monographie von M. Her (de Luciis
Cinciis, 1842), der auch nachgewiejen hat, daß die
Schriften de fastis, de comitiis, de consulum
potestate, de officio iurisconsulti u. a. ſtaats⸗
jüngeren
Her und
ichlugen fie * M. Junius Silanus 109 (Liv. Peter ſetzen dieſen in die Zeit Ciceros, während
ep. 66. Flor.
Scaurus, den an des Konfuls 2.
3,4) und 107 den M. Aurelius | Pluß (de Cinciis rer. Rom. scriptoribus, 1865)
Caſſius, ſich für die augufteiiche Zeit enticheidet und, nad)
welcher kurz vorher von den Tigurinern gejchlagen | dem Vorgange Mommfens, die |. g. Annalen des
und
Im $. 105 (6. Oft.) befiegten fie ein 80000 Mann
itartes Heer unter En. Manlius Marimus, der mit
D. Servilius Cäpio die mit ihnen verbündeten |
etötet worden war. Caes. b. q. 1,7. 12. 13. Cincius für eine Fälſchung dieſer
geit hält. —
2) M. Eine. Al., bekleidete 204 v. E. das Volke:
tribunat und war Mitglied der an Scipio u
Sieilien abgejchidten Gejandtichaft (Liv. 29,
Tektofagen und deren Stadt Toloja angegriffen | 193 Präfeft von Piſä. Liv. 34, 56. Als Erin
hatte. Faſt fein Bote blieb, der nad) Rom die
furchtbare Nachricht von dem Siege der Feinde
bringen fonnte, den die Umeinigkeit der römischen |
Feldherren erleichtert hatte. Sall. Jug. 113. Plut.
Jaecull. 27. Marius wurde jeßt nach fiegreicher
|
Rückkehr aus Afrifa viermal hintereinander zum |
Konſul ernannt, während die Cimbern nach Hiſpa—
nien gezogen waren. Plut. Mar. 14. Hier von
den Geltiberern zurüdgejchlagen, kehrten fie nach
Gallien zurüd, und während die Teutonen und Am—
bronen den Weg über die Seealpen Juchten. zogen
ſie ſelbſt gen Noricum. Bei Aquä Sertiä wurden
in zweitägiger Schlacht die Ambronen und Teu—
tonen von Marius geſchlagen und vernichtet, Som—
mer 102. Liv. ep. 68. Plut. Mar. 15ff. Gegen
die Cimbern glaubte DO. Lutatius Gatulus die
Alpenpäfle nicht behaupten zu können und hatte fich
am Athefis (Erich) verichangt, wurde aber gezwungen
das Lager zu verlaffen, und nun ergofien fich die
Scharen über das fruchtbare Land, bis Marius,
gum fünftenmale Konful, ſich mit dem Profonful
atulus verband und fie auf den Raudiſcheu Fel-
dern bei Bercellä vernichtete, am 30. Juli 101.
Liv. ep. 68. Plut. Mar. 24 ff. Vell. Pat. 2, 12.
Man kann im diejem, uns freilich nur jehr unvoll:
» ftändig und, was die Zahl der Getöteten betrifft,
jehr übertrieben von den Alten dargeftellten Buge
‚ver Cimbern das Borjpiel zu dem Zuge des Arioviſt
und ähnlichen Zügen erbliden, welche jpäter den
Sturz des römischen Neiches zur folge hatten. Vgl.
Koh. Müller, bellum Cimbrieum (1772). Pall-
manı, die Cimbern und Teutonen (1870). B. Sepp,
die Wanderung der Eimbern und Teutonen (1882).
Ciminfus mons, auch saltus Cim. und silva
Ciminia genannt, j. M. Cimino, bewaldeter Berg:
rüden in Etrurien zwijchen dem | See von Volſinii
(Boljena) und dem Ciminiſchen See (Yago di Ron:
eiglione). Zir. 9, 11. 36. 10, 24. Flor. 1, 12, 3.
Cinära, Name einer früh verftorbenen Freundin
des Horaz, vielleicht derjelben, die er auch unter
den Namen Lalage und Glyeera bejungen hat.
Hor. od. 4, 1, 4. 13, 21. ep. 1, 7, 28. 14, 33.
Cineti, 1) 2. Eine Alimentus, befehligte
als Prätor im $. 210 v. C. als Proprätor 209
in Sicilien und wurde um das J. 208 von Han:
nibal gefangen genommen. Liv. 26, 23. 27, 7.
Bei dem Verſuche, Locri Epizephyrii von der See: \ Ruinen Citta:
‚gab er die lex Cincia de donis et muneribus.
Liv. 34, 4. Cie. Cat. m. 4, 10,
Cineinnätns (d.h. Lodentopf), 2. Quinetius,
Repräfentant des alten Römertums mit feiner fitt-
lien Strenge und patriotiichen Einfachheit, zog
als consul suffectus 460 v. E. für den gefallenen
Konjul Balerius gegen die Boljter. Nachdem. er
auch auf die Stimmung der ftreitenden Volks—
parteien glnftig eingewirft und das Anfehen des
Senats ag Harn hatte, fehrte er gegen Ende des
Jahres in die ländliche Stille zurüd, wurde aber
ichon im J. 458 wieder vom Piluge nadı Rom
als Diktator geholt, weil die Aquer und Sabiner
den Konſul Minucius hart bedrängten. Nach einem
glänzenden Siege kehrte er mit reicher Beute
triumphierend heim und eilte dann nach 16tägiger
Verwaltung der Diktatur wieder auf das Land
zurüd. Liv.3,25 ff. Dion. Hal. 10,25. Flor.1, 11.
Cinerarii oder Ciniflönes ſ. Servi, 6.
Cingetörix, ein Trebirer, Rebenbuhler des
Indutiomarus um die derrſchaft war ein An—
hänger der Römer (Caes. b. 4. 5, 3. 4. 56) und
erhielt nach der Unterjochung feines Volkes die
höchſte Eivil- und Militärgewalt (daſ. 6, 8).
Cinithii, Völkerſchaft des nördlichen Afrikas,
in der Nähe der Heinen Syrte wohnend, nad
Tacitus (ann. 2, 52) haud spernenda natio
Cinna, 1) €. Helvius, j. Helvii, 6.
2) |. Cornelii, 25-27.
Cippus, 1) eine fteinerne Säule auf einem
Begräbniffe, überhaupt jede fteinerne Säule mit
Inkhriften, 3-2. Legionenverzeichniffe x. — 2ein
von Cäjar (näher beichrieben b. g. 7, 73) vor Alefia
zum weiteren Schuße der jchon vorhandenen Werfe
angelegter Verhau, aus oben zugejpigten Stänmen
mit ftarfen Aſten beftcehend, in 5 hintereinander
gezogenen Gräben eingejenft und unten feft ver:
bunden. Die ebenfalls zugeipigten Äſte ragten
darüber hervor (delibrata ac praeacuta cacu-
mina). Aus dem Zuſatze des Cäjar: hos cippos
nominabant hat Napoleon geichloffen, es ſei dies
eine neue Erfindung Cäſars geweſen.
Cireeii, uralte, angeblid von den Söhnen
der Kirle zuerft beivohnte, jpäter auf Tarquinius
Superbus als Gründer zurüdgeführte Küftenjtadt
Yatiums mit gutem Hafen; j. Eircello mit den
Becchin. Liv. 1, 56. Plin. 8, 5, 9.
Cireuitio — Clanis. 265
Mela 2, 4,9. In der Nähe das promunturium
Circeium auf einer durch die Bontinischen Sümpfe
vom Feſtlande fait ganz abgejchiedenen Yandipige,
wohin manche alte Erflärer die Cage von der
Kirke verlegten. Strab. 5, 232.
Cireuitio, 1) der 3 Fuß breite äußere, mit
Bruftwehren veriehene Gang um die Belagerungs-
türme. Vgl. Belagerung, 4. — 2) die Kon:
trollierung der Wachen, j. Disciplina mili-
taris, 8. :
Cireumseriptor,, der Übervorteiler, Betrüger,
bejonders derjenige, welcher die Unerfahrenheit der
Jünglinge oder der Pupillen bei feinen Betrüge:
reien mißbraucdte. Cie. Cat.2,4,7. Phil. 14, 3,7.
Jur. 15, 135 (wo Heinrih S. 511 die Bedeutung
genau entwidelt).
Cireumralläre f. Belagerung, 2.
Cirens ſ. Roma, 17. 20.
Ciris, Name eines Heinen, fälfchlich dem Vergil
zugeichriebenen, doch aus guter Zeit ftammenden,
wertvollen Epos, das in 541 Herametern den Berrat
der Stylla an ihrem Bater Niſos (j. Nisos, 1.)
und ihre Berwandlung in den Vogel Eiris (nei-
eis) erzählt. Der unbekannte Dichter, jünger als
Bergil und mwahricheinlich ein Freund Meffallas,
hat namentlich Bergil und mehr noch Catull nach—
geahmt, ja ganze Verſe aus beiden entlehnt.
Cirta, Kier«, Stadt der Mafiylier im Binnen:
lande Numidiens, auf fteilem Felſen an einem
öftlichen Nebenfluß des Ampfaga gelegen, die größte
und reichite Stadt des Landes in fruchtbarer Gegend,
jeit Micipfa Refidenz der Könige, jpäter römische
Kolonie und 312 n. C. dem Kaifer Eonftantin zu
Ehren Eonftantina benannt; daher jett Conftantine
(arabijc Kientina). Sall. Jug. 21. Liv. 30, 12.
CisTum j. Vehicula.
Civilis, Julius (Elaudius?), ein Bataver
von edler Abkunft, war, nachdem fein Bruder Julius
Paulus, des Berrats angeflagt, hingerichtet worden,
ihon mehrere Male unter Nero und Bitellius ein-
gekerkert, aber wieder freigelaffen worden, 67 ff. n. C.
Nach Beipafians Thronbefteigung rief der erbitterte
Eivilis jeine Landsleute zu den Waffen. Den Ba:
tavern, welche wegen der Wichtigfeit ihres Yandes
bisher von den Römern als socii behandelt, jeßt
aber durd römischen Drud gereizt waren, ſchloſſen
ſich die benachbarten deutfchen Stämme, bejonders
die riefen, an. Civilis jchlug die Nömer am
Rhein zu Wafler und zu Lande, bejiegte darauf
den Legaten Munins Lupereus und belagerte dann
die Feitung Castra vetera (Xanten), durch 8 bar:
barifche Beteranenfohorten, die im römischen Heere
dienten, verftärft, 69. Tac. hist. 4, 12 ff. Die
von Beipafian gefandten Truppen, welche die
Feſtung zu entjegen juchten, kämpften mit Mangel
und empörten jid) deshalb. Die durch ſolche Er:
eigniffe entftandene Aufregung fachte Eivilis noch
mehr an und rief jelbft in Gallien einen Aufftand
hervor, wo die dort ftehenden Legionen ſich ihm
anichloffen, während der römische Feldherr Flaccus
Hordeonius ruhig in Mainz ſaß und die Empö—
rung Nahrung gewinnen lieh. So gelang es dem
Eivilis, deſſen Umficht und Talent zahlreihe Scha—
en zu den Waffen rief, Cıstra vetera einzunch:
men und 2 Legionen zu fchlagen. Tuc. hist. 4, 33 ff.
55 ff. 62. Da nun aber die Sallier mit den Ba-
tavern nicht im Einflang handelten, jo wurden
Feldherrn, dem tüchtigen Betillius Gerialis, beſiegt,
fowie auch Civilis bei Betera gänzlich von dem:
jelben gejchlagen. Tae. hist. 5, 14 ff. Obgleich
die Aufitändiichen noch mächtig genug waren, jo
icheint doch eine friedlichere Gefinnung bei den
Batavern fich geltend gemacht zu haben, als Ge:
rialis nad) der Inſel der Bataver übergeiebt war;
es fam eine Verſammlung und in derjelben ein
Friedensſchluß zuftande. Tuc. hist. 5, 23—26. Die
Unterredung zwiſchen den beiden Heerführern fand
auf einer in der Mitte abgetragenen Brüde des
Nabaliafluffes heute wohl Led) ftatt, aber mit
den eriten Worten des Givilis bricht die Dar:
ftellung des Tacitus ab. Der eigentliche Zweck
des Krieges, Befreiung von dem fremden Joche,
war nicht erreicht, aber auch das Verhältnis der
Bataver nicht erjchwert, fondern ihnen Steuer:
freiheit bewilligt (Tuc. Germ. 29). Vgl. Meyer,
der Freiheitskrieg der Bataver unter Eivilis (1856).
Civitas, das Bürgerrecht. Bis auf Servius
Tullius waren nur die Patrizier eigentliche Bürger
(j.Servius Tullius unterServii, 1.), jeit dieſem
Könige auch die Plebejer oder Neubürger. Die
Rechte des Vollbürgers waren 1) im öffentlichen
Leben a) ius suflragii, das Stimmrecht in den
Gomitien, b) ius honorum, das Recht, alle obrig:
feitlihen Stellen erlangen zu dürfen, welches die
Plebejer während des Ständelfampfes nad) und
nach erlangten und jeit 337 v. E., als Publilius
Philo als erfter plebejiicher Prätor erwählt war,
vollftändig beſaßen, c) jeit der lex Valeria vom
J. 509 v. E. auch das ius provocationis, Das
Recht, gegen Todesurteile der Magiftrate (mit Aus:
nahme des Diktators) an das Volk zu appellieren,
ein Necht, das fpäter auch auf Bermögensbuhen,
die von den Magiftraten verhängt wurden, aus:
gedehnt ward, d) feit den leges Porciae (zwilchen
dem zweiten und dritten puniichen Kriege) aud)
Freiheit von allen entehrenden Strafen, wie Nuten-
jtreiche, Krenzigung oder Beitichenhiebe; — 2) in
privatrechtlicher Hinficht a) comubium, das Recht,
eine nach dem Civilrecht gültige Ehe jchliehen zu
fönnen, b) commercium, das Recht, römijches
Eigentum zu erwerben. — Die Eivität wurde er:
langt durch Geburt von römijchen Eltern, durch
Manumiffion (ſ. Libertinus) und durch die in
einer lex oder einem plebiscitum ausgeiprochene
Verleihung. Diefe ſtand urfprünglich den römischen
Königen, jpäter den Genturiat:, hernach den Tri:
butcomitien zu. Man war aber jpariam damit
und bejchenfte zuerft nur die nach Nom lber
fiedelnden mit der Civität, fpäter ganze Städte
und Bölfer (ſ, Municipium und Caerites,.
Kaiſer Baracalla dehnte die Civität anf alle im
römischen Reiche lebenden freien Perſonen ans,
was er nur that, um den Fiſkus zu bereichern.
Das Bürgerrecht ging verloren durch capitis demi-
nutio maxima, unter Umftänden durch Verban—
nung, ferner durch Verfauf in die Sklaverei und
freiwillige Auswanderung. — Uber die beichränfte
Eivität j. Municipium und Latium, 6 ff.
Clanis, 1) Fluß Campaniens, auch Glanis oder
Clanius, j. Yagni, bildet in jeinem unteren Laufe
den Liternifchen Sumpf und nimmt diejen Namen
an (vgl. Campania). — 2) rechter Nebenfluß
des Tiberis in Etrurien, entipringt bei Cortona,
t fließt bei Cluſium vorbei und mündet nicht fern
jene unter Julius Tutor von dem neuen römischen |
von Bolfinii; j. Ehiana. Plin. 3, 5.
266
Classiarii bildeten die Bemannung der Schiffe,
wozu nur die ärmeren Bürger (capite censi) und
Areigelaffene genommen wurden. An den erjten
Zeiten haben wohl die Bundesgenofien die Flotten—
joldaten gejtellt, daher socii navales, classici,
die denn auch den Legionsjoldaten (milites) an
Nang nachſtanden, auch anders bewaffnet waren.
Liv. 27, 17. Bald mußten bejondere Seejoldaten
ausgehoben werden (zur Zeit des zweiten puni:
ſchen Ntrieges, vgl. Liv. 22, 57), die als classiarii
immer noch nicht in gleicher Ehre mit den Legionen
ftanden, objchon fie jegt diejelbe Bewaffnung hatten,
weshalb fie auch bisweilen ohne weiteres zum Yanbd-
dienft verwendet wurden (Tiae. hist. 1, 87), und
ſehr eiferfühtig auf die Einftellung in Legionen
waren. Liv. 32, 23. Suet. Galb, 12.
Classiei hießen zunächjt die zu einer classis,
vorzugsweije zu der erften Klaſſe gehörigen römi—
ichen Bürger, als die vornehmiten (Gell. 6, 13),
außerdem die Flotten: oder Seejoldaten (ſ. Clas-
siarii); ſpeziell die Schriftjteller erften Ranges
nad) dem ſ. g. Kanon der alerandriniichen Gram:
matifer.
ClassTfeum war das durch die militärischen
Mufifinftrumente gegebene Zeichen zum Beginn
der Genturiatcomitien (Varr. 1.1.5, 92) und der
Schlacht. Zunächſt wurde auf dem Zelte des Feld—
herrn (praetorium) als allgemeine Aufforderung,
ſich zu dem bevorftehenden Kampfe bereit zu machen
(Caes. b. q. 2, 20), eine rote Fahne (tunica rubra,
sagum rubrum, vexillum flammeum) aufgejtedt,
jodann von allen Spielleuten der Legion zuſam—
men (Taec. ann. 1, 68: cornua ac tubae conci-
nuere, Veg. 2, 22: tibieines et cornicines pa-
riter canunt) das Zeichen zum Antreten gegeben
(classicum ceanere, auch intranf. classicum canit).
Der Befehl dazu durfte nur von dem Imperator
ausgehen und nur in jeiner Gegenwart ausgeführt
werden. Dasjelbe Zeichen ertönte aber auch, wenn
ein Soldat wegen eines Verbrechens mit dem Tode
bejtraft wurde. Veg. 2,22. Auch bei Hinrichtungen
vor der Stadt Rom erllang jpäter das classicum.
Tac. ann. 2, 32, 2
Classis j. Centuria.
Clastidium, Kiaoridıor, Stadt der Ananes
in Liguria, Municipium, unweit des Padus, j.
Gajteggio. Hier erfochten die Römer unter M. Clau:
dius Marcellus (j. Marcelli, 1.) einen großen
Sieg über die Gallier, 222 v. E. Pol. 2, 34. Liv.
21,48. 29, 11. 32, 29.
Claudiänus j. Claudii, 32.
ClaudYi (Clodii), ein urjprünglich ſabiniſches
Geſchlecht, das im 6. Jahrh. v. E. unter Atta
Clauſus nach Nom wanderte und daſelbſt unter
die Ratrizier aufgenommen wurde (bis ſich jpäter
ein plebejiich gewordener Stamm davon abzweigte),
ausgezeichnet durch Standhaftigkeit und Thatkraft,
aber auch durch unbengjame Härte. — 1) Atta
(Attus) Clauſus, in Rom Wppius Claudius
Sabinus genannt (Plut. Popl. 21. Liv. 2, 16),
zog wegen Feindichaft mit feinen Landsleuten
jamt jeinen Klienten nach Rom (504 v. E.), wo
fie die Claudiſche Tribus bildeten. Ziv. 4, 3. 10, 8.
Taec. ann. 11, 24. Dion. Hal. 5, 40. Suet. Tib.1.
Der in Rom bald zu großem Anjehen gelangte
Mann behandelte jeine Schuldner mit großer Härte.
Tao. 2, 21f.. Denjelben Sinn offenbarte er 494
beim Auszuge des Volles auf den Heiligen Berg,
Classiarii — Claudii.
jowie 492 bei einer Hungersnot, und machte ſich
dadurch beim Volle äußerſt verhaßt (Lie. 2, 29.
Dion. Hal. 7, 15), ebenio jpäter bei der Sache des
Goriolanus. Dion. Hal. 7,47 ff. — 2) Sein Sohn,
Appius Claud. Sabinus, gab zuerit den Nat,
den Widerjprucd; eines Tribunen, den er jelbit
(483 v. E.) bei feiner Bewerbung um das Konjulat
erfahren hatte, dadurch zu entfräften, daß man
andere Tribunen dagegen gewann. Liv. 2, 43 ff.
Dion. Hal. 9, ıf. Ws Konful im J. 471
war er gegen die Einführung der Tributcomitien
(Liv. 2, 56 f.) und übte Strenge gegen das Heer,
das ihn im Kampfe gegen die Bolifer verlafjen
hatte. Live. 2,59. App. 2,7. Bon den Tribunen
Duilius und Sicinius wegen Verlegung der ge:
heiligten Berjonen der Tribunen vor das Volks—
gericht geladen, ftarb er noch vor der Verurteilung
an einer Kranfheit, nad) andern endigte er durch
Selbftmord, im 3. 470. Liv. 2,61. Dion. Hal.
9, 51f. Zonar. 7,26. — 3) E. Elaud. Sabinus,
jein Bruder, zeigte gleich unbeugiame Härte gegen
die Plebejer, wie jein ganzes Gejchlecht, jo daß er
beim Aufitande des Herdonius (460 v. E.) es vor:
z0g, ihn mit fremder Hülfe zu bezwingen, ftatt
ſich gegen die Plebejer nachgiebig zu zeigen. Lir.
3, 15 ff. Dion. Hal. 10, 14ff. Auch bei andern
Gelegenheiten bewies er jeine Abneigung gegen
die Plebejer, wie bei der Frage wegen Ba.
rung der Tribunen und im Nampfe gegen die
Decempirn (457 und jpäter 449) und bei der Ber:
handlung über die Wahl von Plebejern zum ton:
julate. Dion. Hal. 10, 30. 11, 55f. Lie. 4,6. —
4) Sein Neffe, App. Claud., brachte die Wahl
der Decempirn in Vorjchlag und wurde jelbft einer
derjelben. Ziv. 3, 325. Bei der Neuwahl von
Decempirn im J. 451 v. E., bei der er fich jelbit
wählte, änderte er fein Benehmen gegen das Bolt
(Liv. 3, 35 f. Dion. Hal. 10, 59 ff.), bedrüdte das:
jelbe und maßte jich ſogar die Leitung des Heeres
in einem mit den Nachbarvöltern ausbrecdhenden
Kriege an. Aber die meuchlerijche Ermordung des
waderen Siccius Dentatus, des römischen Rolands,
welche die Decempirn veranlaßt hatten (Liv. 3,42 ff.),
ſowie die Niederlage der Decemvirn im Felde und
die Gewaltthätigfeit gegen die Verginia erregten
den Zorn des geplagten Volkes, —* Folge der
Sturz der Decemvirn war. Appius endigte nad)
einigen durch Selbftmord, nach andern wurde er
hingerichtet. Liv. 3, 56. 58. Dion. Hal. 11,3 ff. 46.
— 5) App. Elaud. Erajjus (Eraijinus), als
Kriegätribun im 3. 403 v. E. Gegner der Volts-
tribunen, jchlug (396) vor, die in Veji gemachte
Beute unter die Soldaten als Sold zu verteilen.
Liv. 5, 20. Er war gegen die Wahl der Plebejer
zum Konsulate, die dennoch durchging (367), ſchlug
als Diktator die Hernifer, 362 (Lir. 7, 6 ff.), und
itarb 349 bald nad) Antritt feines Konjulats.
Liv. 7,245. — 6) Appius Claud. Caccus,
Genjor im 3. 312 v. E. Als folder legte er iu
Rom eine Wafferleitung an (Liv. 9, 29), wodurd
er den Bürgern gutes Trinkwaſſer verjchafite, ebenjo
die berühmte Appiſche Straße, welche vom Cape:
nischen Thore 20 deutiche Meilen weit ging und
jpäter bis Brundifium fortgejept wurde. Frontin.
aquaed. 1, 5. Liv. 9, 29. Diod. Sie. 20, 36.
Außerdem ergänzte er den Senat durd Söhne
von Freigelaflenen (Diod. a. a. O. Lir. dv, 30,
Suet. Claud. 24), aber nicht durch Plebejer, wie
Claudii.
es ſcheint, vielleicht, weil er nur bürgerliche Tüch—
tigfeit dabei zur Geltung bringen wollte. Auch
nahm er alle niedrig geborenen Bürger im die
ribus auf, um die Madıt der Plebs zu Schwächen.
berhaupt zeigte er fich auch jelbit ala Feind der
Plebejer, indem er fie vom Konjulate auszujchließen
fuchte und im J. 300 ihre von den Tribunen Q.
und En. Ogulnins vorgeichlagene Aulaffung zu
priefterlichen Ämtern befämpfte. Liv. 10,6 ff. Im
I. 310 mußte er, wie es jcheint, die Cenſur, welche
er über die geſetzmäßige Zeit hinaus befleidet
hatte, durch die Tribunen gezwungen, niederlegen.
Liv. 9,35 ff. Konſul war er zum erftenmal 807,
dann im %. 296, wo er gegen die Samniter
fümpfte und diejelben und die mit ihnen ver-
bündeten Etruffer (Liv. 10, 19) befiegte, ſowie
noch einmal als Prätor im 3. 29%. Im hohen
Alter erblindete er (daher fein Beiname), hielt aber
deflenungeachtet, ald Pyrrhos' Abgejandter Kineas
den Senat zum Frieden zu ftimmen juchte, eine
(von Cie. Brut. 16, 61 gerühmte) feurige Rede
dagegen und bewirkte die Abweifung des Sejandten
(279). Just. 18, 2. Plut. Pyrrh. 18f. Liv. ep. 18.
Cie. Brut. 14, 55. Cat. mai. 6. App. Samn. 10.
Flor. 1, 18, 20. Das Altertum erfannte in ihm
auch den Begründer der Jurisprudenz (Liv. 10, 22)
und der Grammatik, indem er die Unterjcheidun
von R und S durch die Schrift einführte und Z
verbannte; jogar von Dichtungen wird berichtet
(Cie. tuse. 4, 2, 4). Abhandlungen von Saal (1842)
und Siebert (1863). — 7) Sein Bruder, Appius
Elaud. Eauder, Konjul 264 dv. E., führte im
Beginn des erjten puniſchen Krieges ein römiſches
Heer nah Sicilien hinüber, ſchlug die Karthager
vor den Thoren Meflanas (Pol. 1, 12) und jpäter
den Hieron bei Syrafus. Frontin. strat. 1, 4.
Zonar. 8, 8. er jeinen Beinamen Cauder vgl.
Sen. brev. vit. 13. — 8) ®. Elaud. Pulder,
Sohn des Eäcus, Konful 249 v. C. lieh, als die
Augurien bei einem beabfichtigten —— auf die
feindliche, bei Drepana liegende, Flotte Unglück
weisſagten, die heiligen Hühner ins Meer werfen.
Liv. ep. 19. Val. Max. 1,4, 3. Cie. div. 1,16, 29.
Gell. 10, 6, 2. Er erlitt eine vollftommene Nieder:
lage (Pol. 1, 49) und mußte nach jeiner Rüdtehr
einen Diktator wählen, ernannte aber zum Spott
feinen Freigelafienen, Claudius Glicia, dazu. Einer
Verurteilung wegen jeiner Religionsipötterei ent—
ing er nur durch eine Naturericheinung (Val.
ar. 8, 1, 4), wurde aber bei einer neuen An-
Hage wegen Berlegung der Majeftät des Bolfes
—— Geldſtrafe verurteilt. Er überlebte ſein
ißgeſchick nicht lange. Pol. 1, 52. Cie.n.d.2,3.
die. 2,38. — 9) Appıus Elaud. Pulcher, Sohn
des P. Claudius, focht mit in der Schlacht bei
Cannä als Tribun (Liv. 22, 53), bemühte fich im
3. 215 v. E., den Hieronymus von Syrafus für
Kom zu gewinnen, und nahm unter Marcellus
teil an der Belagerung von Syrafus. Liv. 24,27 ff.
Im 5%. 211 ftarb er au einer vor Capua erhalte:
nen Wunde. Liv. 26, 6. 16. — 10), Sein Bruder,
Appins Elaud. Pulcher, diente 198 und 197
v. E. unter Flamininus in Gri
Griechenland als Kriegs ſich
tribun (Liv. 32, 35 ff.), dann 191 gegen Antiochos
und die Yitolier (Liv. 36, 10. 22), gelangte zur
Prätur 188, erhielt das Konfulat 185, ſchlug die
Ligurier (Lir. 39. 32) und leitete jpäter mehrere
267
lier. Liv. 39, 33 ff. 44, 25. — 11) Claudia
Duinta, des vorigen Schweiter, nahm im J. 204
v. E. das Bild der idäiſchen Göttermutter in
Empfang. Liv. 29, 14. Suet. Tib. 2. Aurel, Vict.
vir. ill. 46. — 12) E. Claud. Pulchex, Bruder
der vorigen, bekleidete mehrere hohe Amter und
wurde im J. 177 v. E. Konful, verjäunte aber
bei feiner Abreife nah Iſtrien die üblichen Ge:
fübde und mußte fich wieder nach Nom begeben.
Darauf ging er abermals in feine Provinz, be-
fiegte die Jitrier, nahm mehrere Städte ein (Lir.
41, 11 2 und zog dann gegen die Ligurier, welche
er am Fluß Scultenna ſchlug. Im J. 176 befiegte
er fie abermals und nahm die von ihnen eroberte
römische Kolonie Mutina wieder ein (Lie. 41, 14).
Im J. 171 kämpfte er gegen Berjeus (Liv. 42, 10)
und erlangte im J. 169 die Cenſur mit Ti. Sem:
pronius Gracchus, der ihn jpäter von einer An—
Hage wegen feiner in der Cenſur geübten und
namentlich gegen die in Nom ohne Urlaub an:
wejenden Soldaten und gegen die Zollpächter ge:
richteten Strenge rettete. Liv. 43,16. Val. Max.
6,5, 3. Cie. r.p. ap. Gell, 7 (6), 16, 11; vgl.
Liv. 44, 16. Beide vereinigten die Mehrzahl der
‚reigelafienen nad) längerem gegenfeitigem Streite
in Eine Tribus im J. 169, Liv. 45, 15. Er ſtarb
im 3. 167 als ee Liv. 45, 44. — 15) Ap—
pius Elaud. Bulder, ſchlug im J. 143 v. €.
als Konjul nad einer von den Salajiern, einem
Alpenvolle, erlittenen Niederlage diejelben völlig
und triumphierte eigenmächti feiner Rücklehr,
wurde aber von” jeiner Tochter Elaudia, welche
Veſtalin war, von weiteren Folgen gerettet. Er
war Geguer des Scipio Amilianus. Im J. 136
wurde er Genjor und ftarb 133, kurz mad) dem
Tode feines Schwiegerjohnes, des Ti. Gracchus.
Liv. ep. 53. Oros. 5, 4. Cie. Coel. 14, 34. Val,
Mar.5,4,6. Plut. Tib. Graech. 4. Vell. Pat. 2, 2.
Cicero rühmt ihn als Redner (Brut. 28, 108.) —
14) Appius Elaud. Pulcher, Prätor im J. 89
v. E., verlor 2 Jahre jpäter fein Heer, das zu
Cinna überging, weshalb ein Tribun ihn zur
Nechenichaft zog. Da er nicht erichien, mußte er in
die Verbannung gehen. Cie. de dom. 31, 83. 32, 84.
Konſul war er im J. 79, Cie. Plane. 21, 51. har.
resp. 1. Oros. 5,23. — 15) Sein Bruder, C. Claud.
Pulcher, erlitt durch Spartacus, gegen den er
das erſte Heer führte, eine Niederlage am Bejup.
Oros. 5, 24. Flor. 3, 20. — 16) €. Elaud,
Bulcher, Gegner des Tribunen Saturninus im
3. 100 v. E., gebrauchte zuerft als Ädil Elefanten
bei den Spielen (Cie. off. 2, 16, 57), verwaltete
ipäter (95) Sieilien und zeichnete ſich durch feine
Berediamfeit aus. Cic. Brut. 45, 166. — 17) Ap—
pius Elaud., öffnete im J. 87 v. C., als
Marius und Cinna Rom angriffen, ihnen das
Thor des Janiculum und erleichtete ihnen die Ein-
nahme der Stadt. App. b. c. 1,68. — 18) Ap=
pius Eland. Buldher, Sohn des unter 14) ge:
nannten, Schwager des Lucull, unter weldhem er
gegen Mithridates fämpfte, im 3.70. Plut. Lue.207.
Sein raubjücdhtiger und habgieriger Charakter zeigte
bei mehreren Anläflen. In Griechenland raubte
er (61) Bilder und Statuen und bedrüdte während
feiner Verwaltung Kilifiens die Einwohner ſchwer
(53). Er war Gegner Ticeros, deſſen Rücklehr aus
dem Eril er zu verhindern juchte, jöhnte ſich aber
Gejandtichaften nad Mafedonien und an die Yito- | ipäter mit ihm aus (Cie. ad fam. 1, 9, 4. 19),
268
obgleich er in der Folge Eiceros Wünſche, der als |
Prokonſul des Appius Nachfolger in Kilifien wurde,
unbeachtet ließ, ja fich jogar über ihn bejchwerte,
weil Cicero eine Gejandtichaft nach Rom, die für
die angeblich trefiliche Verwaltung des Appius
danken follte, verhinderte. Seine Habjucht zeigte
jich auch bei Antiohos von Kommagene, den er
beichüßte, und in jeiner Anklage des früheren Statt: |
halters von Syrien, Gabinius, von dem er zur
Abwendung der Klage Geld zu erhalten hoffte.
Cie. ad Qu. fr. 3,2,3. Ahnlich zeigte er fich im
%. 54, indem er als Konſul (dai. 2, 10, 1. 13, 3.
3, 4, 6) jamt feinem Kollegen Domitius Aheno—
barbus mit den Bewerbern für das, nächite Jahr
einen betrügeriichen Kontrakt einging, der beiden
Konſuln große Summen einzubringen veriprach.
Cie. ad Att. 4, 18, 2. ad Qu. fr. 2, 15, 4.3, 1,5.
Kaum entging er einer Anklage. Cie. ad Att.4, 16,6.
TDanır verwaltete er Kilikien (53—51) in der jchon
angedenteten Weije und verlangte nach jeiner Rück—
fehr wegen, wie es fcheint, glüdlicher Bekriegung
der kilikiſchen Bergvölfer einen Triumph, erhielt
ihn aber nicht. Als Cenſor zeigte er (50) große
Strenge, reinigte den Senat von unmwürdigen Mit:
gliedern, namentlich von den zahlreichen Frei:
gelafjenen, ſowie dem Gejchichtichreiber Salluft
wegen feines Lebenswandels, und ftich viele Nitter
aus ihrem Stande. Dio Cass. 40, 63 f. Cie. ad Att.
6,9, 5. Schol. zu Hor.sat.1, 2, 41ff. Ein Streit
mit dem Tribunen Curio (Dio Cuss. 40, 63 f.) 309
ihm Cäſars Feindichaft zu, vor dem er (49) aus
Nom fliehen mußte, worauf er von Pompejus
Griechenland als Provinz befam (Oros. 6, 15 nennt
ihn Censorinus) und auf Euboia kurz vor der
Niederlage des Rompejus ftarb. Zucan. 5, 120 ff.
Sein Sinn und Gemüt entiprachen überhaupt ganz
der Weile jeines Geichlechtes, dabei war er nicht
ganz frei von Aberglauben (Cie. legg. 2, 13, 32),
indem er an die Aufpicien glaubte, vgl. Cie. die.
1, 58, 132. Er verfahte eine Schrift de augurali
disciplina, während er Augur war. Cie. ad fam.
3, 4. vgl. 9, 3. 11,4. Varr.r.r.83,2,2. In der
Seichichte feines Volles war er wohl bewandert
und ein tüchtiger Redner. Cie. Brut. 77, 267.
Eine ihm von den danfbaren Bewohnern von
Herenlaneum vor ihrem Theater errichtete Reiter:
ſtatue hat fich erhalten. — 19) E. Claud. Pulcher,
Bruder des vorhergehenden, Prätor im 3. 56 v. E.,
Proprätor 55 in Aſien (Cie. Scaur. 15, 35. Schol.
Bob. in or. pro Scaur. 374. vgl. Cic.ad Att.4,15, 2),
welches er durch Erprefiungen bedrüdte, jo daß er
nach jeiner Rückkehr angeflagt wurde; indem er
aber jeinen Ankläger beſtach, entging er der Ver—
urteilung (51). Cie. Scaur 10. ad fam. 8, 8, 2.
Dio Cass. 39, 25. — 20) Sein Bruder, ®. Clo—
dius (jo nennen fich in der letzten Beit der Ne:
publif einige ftatt Claudius) Pulcher, nahm
unter jeinem Schwager Lucullus am Kriege gegen
Mithridates teil, fand aber bei ihm nicht viel
Anerfenmung und reiste deshalb das Heer zum
Aufjtande. Plut. Luc. 34. Publius ging darauf
nad Kilikien und fiel in die Hände der Seeräuber,
wurde jedoch von ihnen freigelafien. Dio Cass.
35, 14. 17. 38,30. Nachdem er ſich zumächit nach
Syrien begeben und auch hier Unruhen erregt |
hatte, ging er nach Rom (65 v. E.), wo er von
dem durch ihn in Anklageftand veriegten Catilina |
bejtochen wurde, wenn er aud an der Verſchwö—
Clandii.
rung desjelben ſich ſchwerlich beteiligte. Cie. Pis.
10, 23. Wegen eines Frevels gegen die Bona dea
angellagt, an deren Feitfeier er jich (Ende 62) in
weiblicher Kleidung in Cäſars Haus geichlichen
hatte, entging er der Strafe durch dasſelbe Mittel
der Beſtechung. Cie. ad Att.1,12,3. Mil. 27.
Suet. Caes. 6. Plut. Caes. 9. Cie. 28. Dio Cass.
37, 45. Cicero wurde bei diefem Anlaffe jein hef—
tiger Feind und lieh ihn feine Feindichaft auf jede
Weiſe fühlen, obwohl Elodius als Voltstribun fein
gefährlicher —*— werden konnte. Clodius ſchloß
ſich enger an Cäſar an (59) und wurde nod in
demjelben Jahre, nachdem ein Plebejer ihn adop:
tiert hatte, zum Bolfstribun gewählt. Cic. de dom.
16, 41. Plut. Cat. min. 33. Dio Cass. 38, 12.
Suet. Caes. 20. Er bemühte fih nun durch Ge:
treideverteilung und durch neue Geſetze jowohl das
Volk als auch die Nitter und den Senat für fich
u gewinnen (Dio Cass. 38, 13 f.), ebenfo die Kon—
—* durch Zuſicherung der ihnen beſonders er—
wünſchten Provinzen, und richtete dann ſeine An—
griffe gegen Cicero durch das eg wer einen
römischen Bürger ohne Urteil und Recht getötet,
folle mit dem Bannfluche belegt werden (Plut.
Cie, 30. Vell. Pat. 2, 45. Cie. ad Att. 1, 13,3.
14, 5), was auf Gatilina und deſſen Anhänger
Bezug hatte. Gegen die von Cicero und deſſen
Freunden angelegten Trauerkleider übte man nicht
nur Spott, jondern jchritt auch mit Gewalt dagegen
ein (Cie. de dom. 21, 54. Plut. Cie. 31), und
Cicero mußte, von allen, auch von Cäſar, verlafien,
in die Verbannung gehen, und zwar, nach einem
neuen Borichlage des Elodius, in eine Entfernung
von 400 Mill. von Rom. Cie. ad Att.3, 4. de dom.
18, 47. Dio Cass. 38, 17. Ciceros Befigungen
wurden von Elodius vermwüftet und zerjtört (Plut.
Cie. 33. App. b. c. 2, 15. Cic. Mil. 32, 87. Pis.
11, 26); defien Haus faufte er felbft und mahte
fi dabei noch Nachbarwohnungen an, wobei Gift
und Willtür jeder Art nicht gejpart wurden.
Cie. Sest. 24, 54. 26, 56. Plut. Cie. 33. Dio Cass.
39, 11 ff. Elodius war faft Herr von Rom und
ſetzte jelbit den Pompejus in Schreden, jo daß
fich derjelbe lange Zeit in jeiner pre. ein-
aeichloffen hielt. Auch den Cäſar verichonte der
übermütige Tribun nicht. Die Verjuche, Ciceros
Rückkehr zu bewirken, jcheiterten. Erſt im 3. 57
machte einer der Tribunen den |. wieder,
aber Elodius, deſſen Tribunat bereits abgelaufen
war, ſcheute fich nicht, mun zu offener Gewalt zu
—— Dio Cass. 39,7. Plut. Cie. 33. Cie. Sest. 35.
is. 29. Mil. 14. ad Att. 3,20, 3. Den Tribunen
Milo behandelte er ebenjo gewaltiam, ohne daß
eine Klage half, und verübte in Mißhandlung von
Perſonen, in Zerftörung Öffentlicher Gebäude un-
geichent und ungeftraft die größten Gewaltthätig-
feiten. Als Eicero endlich zurüdfchrte und fein
zerftörtes Haus wieder aufzubauen begann, ver:
hinderte Clodius es gewaltjam. Cie. ad Att. 4, 3,2.
Dio Cass. 39, 20 f. Als er im I. 56 üdil wurde,
klagte er deshalb den Milo an, der Eiceros Partei
nahm und deffen Wohnung gegen einen Angriff
des Clodius verteidigte, worauf Cicero die Geſetz—
tafeln des Tribunen vom Capitol entfernte. Diejer
hatte mittlerweile mit Pompejus wieder ein freund-
| liches Verhältnis angefnüpft und beförderte defien
Bewerbung um das Konfulat. In den nächiten
Jahren lebte Clodius ruhig in Rom und beichäf:
Claudii.
tigte jid mit Anklagen und Berteidigungen, bis |
er im %. 52, als Milo das Konjulat juchte und |
Elodius ſich ihm widerjeßte, auf der Appijchen
Straße nahe bei Bovillä von Milos Gefolge ge-
tötet ward (j. Milo). Cie. Mil. 10, 17 ff. App.
b. c. 2,205. 32. Plut. Cie. 35. Dio Cass. 40, 48 ff.
Zar. ep. 107. — 21) Seine jüngfte Schweiter,
Elodia, Gemahlin des D. Metellus Eeler, deſſen
Tod ihr vorgeworfen wurde (60 oder 59 v. E.).|
Den Cicero, der ihre Hand verſchmäht hatte, haßte
fie, er rächte ſich aber an ihr in einer Verteidi-
gungsrede für den M. Eälius, den fie der Gift:
mijcherei angeflagt hatte (j. Coelii, 4). Cie.
Cael. 14, 20 ff. Plut. Cie. 29. Diejes jhöne und
geiftreiche, aber jittenloje Weib (Bowmıs, Cie, ad
Att. 2, 9, 1; quadrantaria Clytaemnestra, Cael.
ap. Quint. 8, 6, 53) iſt wahrjcheinlidh die von
Gatull als Leſbia bejungene Freundin, j. Catul-
lus, 1. — 22) Sertus Elod., verfahte die Geſetz—
vorjchläge des Elodius, dem er aud in allen
Nuchlofigkeiten getreulich beiftand. Einer Anklage
durd Milo entging er glücklich durch die Partei:
verhältnijfe. Später verbannt, ward er von An-
tonius, jedoch mit Vorwiſſen Eiceros, zurüdgerufen.
Cie. ad Att.14, 13. Mil. 13,33. — 23) E. Elaud.
Gentho, im J. 200 v. E. im makedoniſchen Kriege
Legat, verteidigte gegen König Philipp die Stadt
Athen und eroberte Chalkis. Liv. 31, 14. 22. —
24) Sein Bruder, Appius Claud. Eentho,
Prätor im %. 175 v. C., erhielt Spanien ala
Provinz und befiegte die Geltiberer. Liv. 41, 31.
Im 3. 172 wurde er an Perſeus nad) Makedonien
gejandt; 2 Jahre jpäter von den Illyriern ge-
ſchlagen. Liv. 42, 25. 43, 11. — 235) C. Elaud.
Nero, kämpfte zuerjt unter Marcellus im J. 214
v. E. auf Sicilien und eroberte als Prätor nad
langer Belagerung Capua, 211. Liv. 26, 14. Noch
glänzenderen Ruhm gewann er, nachdem er in den
nächiten Jahren in Spanien und Jtalien gelämpft
hatte, während jeines Konjulats im J. 207 gegen
Hannibals ausgezeichneten Bruder Hafdrubal, den
er jchon von Spanien her fannte. Als er hörte,
daß derjelbe über die Alpen gegangen jei und im
Umbrien jtehe, brach er, Sannibal täufchend, mit
feinem Kollegen Livius Calinator (j. Livii, 6.)
aus Unteritalien nad Umbrien auf und befiegte
in der blutigen Schlaht am Metaurus unweit
Sena Gallica jeinen Gegner völlig, deffen Haupt,
in Hannibal3 Lager geworfen, diejem die Botichaft
des Unglüds bringen mußte. Liv. 27, 43 ff. Pol.
11,1,3. App. Hann. 52 ff. Hor. od. 4, 4, 37 ff.
Val. Max. 4, 1, 9.7, 4, 4. 9, 3,1. Flor.3, 6.
Beide Konjuln triumphierten. Liv. 28, 9. — 26) Ti.
Elaud. Nero, war im $. 204 v. E. Prätor in
Sardinien, Konjul 202 mit Scipio (Liv. 30, 27),
jegelte nad) Afrila ab, ohne feine Rüftungen voll:
endet zu haben, und mußte, mehrmals von Stür:
men überfallen, mit geſchwächter Flotte wieder um:
fehren. Liv. 30, 27. 31, 39. — 27) Ti. Elaud.
Nero, von Eicero zu jeinem Schwiegerjohne aus:
erjehen, während die Tochter Tullia ſich unter:
deſſen in Abwejenheit des Vaters jchon mit dem
Dolabella verlobt hatte. Cie. ad Att.6,6,1. Unter
Gäjar diente er im alerandrinischen Kriege und |
wurde jpäter Bontifer, wollte aber gleichwohl nad)
defien Ermordung die Mörder belohnt willen.
Suet. Tib. 4. Im perufinischen Kriege hielt er cs
mit 2. Antonius, ging nach Beendigung desjelben ı
269
zum jüngeren Bompejus über, kehrte nad) Her—
jtellung der Einigkeit zwijchen den Triumpirn nach
Ron zurüd und überlieh dem Octavian auf deſſen
Wunſch jeine Gattin Livia, von der er 2 Söhne
hatte, Tiberius Nero und Drujus Nero. Er ftarb
furze Zeit nachher. Dio Cass. 48, 15.44. Vell.
Pat. 2, 75. Taec. ann. 5, 1. — 28) Ti. Claud.
Nero, römiſcher KRaijer, j. Tiberius, 1. —
29) Elaudius, Kaifer und Nachfolger des Cali—
gula im 3. 41 nm. E., eigentlih Ti. Claudius Nero
Germanicus, Sohn des Drufus Nero und jüngerer
Bruder des Germanicus, geb. 1. Auguſt 10 v. E.
zu Lugdunum in Gallien, hatte jchon als Knabe
von jeinem Oheim Tiberius, wie jpäter von Cali—
gula, manche Zurüdjegung wegen jeiner geringen
Gaben und wegen Stränflichkeit zu erdulden. Suet.
Olaud. 2ff. Dio Cass. 60, 2. Als Caligula er:
mordet wurde, geriet er in große Angft und ver:
jtedte fich, wurde aber von den Soldaten der Leib—
wache aufgefunden umd zum Imperator ausgerufen,
unter Zujicherung des Schußes ihrerjeits, jo daß
der Senat, der daran gedadyt hatte, die Republik
wieder herzuftellen, ihn anerkennen mußte. Suet.
Claud. 10. Dio Cass. 60, 1. Zonar. 11, 8. Aur.
Viet. Caes. 3. ep. 4. Er erlich eine allgemeine
Amneſtie, ließ aber feines Vorgängers Mörder
hinrichten. Im Anfange feiner Regierung trat er
bejcheiden und ohne Anmaßung auf, traf manche
wohlthätige Mafregeln, ſchaffte die Majeſtätsgeſetze
ab, verfuhr rüdjichtsvoll gegen den Senat, erbaute
Wajjerleitungen und unterjtügte die ärmere Klaſſe
der Bürger. Er war aber jchwac von Charakter
und ließ fich von Weibern beherrihen. Bon Natur
zur Furchtſamkeit geneigt (Suet. Claud. 12. Dio
Cass. 60, 6. 12. Taec. ann. 11,6. 12, 23), wollte
er dennoch friegeriiche Unternehmungen ausführen
und z0g nad) Britannien, verlich es aber nad)
furzem Aufenthalte wieder, im %. 43. Dio Cass.
60, 19ff. Taec. Agr. 13. hist. 3, 42. 44. Suet.
Claud. 17. Bon jeiner erjten Gemahlin PBlautia,
welche ihm einen früh verjtorbenen Sohn, Drujus,
und eine Tochter, Claudia, gebar, und jeiner zwei:
ten, Alia Bätina, von der er eine Tochter, Antonia,
hatte, ließ er ſich jcheiden und heiratete die be-
rüchtigte Mefjalina (j. Valerii, 37.), welche ihm
eine Tochter, Octavia (f. Octavii, 13.), und einen
Sohn, Britannicus (j. d.), gebar, und nad) deren
Hinrichtung feine Nichte Agrippina (j. Agrip-
pina, 2.), die ihn bewog, ihren Sohn erfter Ehe,
Nero, an Kindesjtatt anzunehmen und dadurd) den
Britannicus von der Thronfolge auszuſchließen.
Tac. ann. 12, 25 ff. Suet. Olaud. 39. Bergebens
fuchte er diejen Schritt rüdgängig zu machen und
jeine Ehe aufzulöjen, jeine eigene Gemahlin tötete
ihn durch Gift, 12. Dftober 54, worauf Nero durd)
die Prätorianer als Kaiſer begrüßt und durd den
Senat bejtätigt wurde. Dio Cass. 60, 14—16. 34.
Tac. ann. 12, 64 ff. Suet. Claud. 44.46. Sen. lud.
3,4. Plin. 11, 37, 73. Claudius juchte auch als
Schriftfteller zu glänzen und jchrieb in griechiicher
Sprache 2 Werke über tyrrhenifche und farthagtiche
Geſchichte, in lateinijcher eine Gejchichte jeit dem
Tode Cäſars und eine Selbftbiographie, welche
von jeinen Zeitgenofien, wie alle jeine litterariichen
Arbeiten, gering geihäßt und belacht wurde, ferner
eine Schrift zur Verteidigung Ciceros gegen die
Angriffe des Aſinius Gallus (Suet. Claud. 11.44),
vielleicht die befte jeiner Schriften. Auch in der
270
Grammatik juchte er etwas zu Teiften und erfand
im J. 47 3 neue Buchjtaben (J für das konſo—
nantijche ©, 7 für bs und ps und F für den Mittel-
laut zwijchen ı und u), welche nad) feinem Tode
natürlich wieder außer Gebrauch famen. Gern
trat er aud) als Redner bei verichiedenen Anläffen
auf. Tae. ann. 13, 3. Der Reſt einer von ihm
gehaltenen Rede de civitate Gallis danda wurde
im %. 1524 auf 2 chernen Tafeln zu Lyon auf-
gefunden. Da Tacitus (ann. 11, 24) einen Aus:
zug diejer Rede gibt, find auch in den Ausgaben
diejes Schriftjtellers jene Tafeln mitgeteilt. Vgl.
Lehmann, Claudius und Nero und ihre Zeit (Bd. I
1858). Abhandlungen von A. Ziegler (187982).
— 30) M. Aurelius Flavius Claud. Go:
thicus, aus Jllyrien gebürtig, ein ausgezeichneter
Krieger unter den Kaiſern Decius und Balerian,
auch unter Gallienus im Kampfe gegen Aureolus.
Nah Gallienus’ Tode von den Soldaten zum
Kaiſer ausgerufen, trieb er die Mlemannen über
die Alpen zurüd und führte darnach von Rom aus
über das weite Reich eine ftrenge, aber gerechte
Herrichaft (268— 270 n. E.). Treb. Poll. Claud. 1 ff.
In feinen Bemühungen, die Ruhe und Ordnung
im Innern herzuftellen und zu fichern, wurde er
durch die Soten aufgehalten, welche über die Donau
drangen und furchtbare Verwüſtungen anrichteten.
Claudius jchlug jie in 3 Schlachten bei Naiffus,
ftarb aber jchon 270 zu Sirmium an der Weit,
56 Jahre alt, leider zu früh für das zerrüttete
Neich, welches er 2 Jahre lang mit fejter Hand
regiert hatte. Eutr. 9, 11. 31) DO. Elaud.
Duadrigarius, Zeitgenoffe des 2. Cornelius
—— von Livius öfters erwähnt 3. B. 6, 42.
‚19), ſchrieb Annalen Roms vom Galtifchen
Ba bis auf jeine (db. h. Sullas) Zeit in
mindeftens 23 Büchern, ein Werf von hohem Werte.
Die Sprache war altertümlich, troden, ohne elegan-
ten Satzbau, doc jedesfalls jehr nach dem Ge—
ichmade der Zeit des Fronto und Gellius, welchem
legteren wir auch die meiften Bruchftüde verdanfen.
Gell. 15, 1. 9, 13. Monographie von 2. Gieje-
bredht ( 1831) ); ; Sammlung der Fragmente von Peter,
hist. Rom. rel. Ip. 205 ff. fragm. p. 136 ff. —
32) Elaud. Elaudianus, geboren vielleicht zu
Alerandreia, fam um das 35. 395 n. E. nach Rom
und fand hier an dem trefflichen Bandalen Stilicho
einen Gönner und Freund, bei welchem er fich
mehrere Jahre zu Mailand aufgehalten zu haben
jcheint (bis 400). Er beffeidete Amter, unter andern
das Tribunat, und lebte zulegt zu NAlerandreia;
wie lange er den Sturz feines Gönners (408), der
ihm in Rom ein Denftmal errichten lieh, über:
lebt hat, bleibt ungemwiß. Unter den Dichtern der
jpäteren Kaiferzeit ragt Claudian durch Reichtum
der Phantafie, Vielfeitigfeit, Eleganz, Kraft und
Reinheit der Sprache hervor, wenn er gleich ſich
nicht immer von Schwulft und rhethoriichen los:
feln frei gehalten hat. Den Stilicho preift er in
feinen Gedichten de laudibus Stilichonis und de
bello Getico, ebenfo den Honorius in mehreren
Gedichten auf jein Konſulat; während er die da—
maligen Miniſter des oſtrömiſchen Reichs, Rufinus
und deſſen Nachfolger, den Eunuchen Eutropius,
in 2 Gedichten (in Kufinum et Eutropium) geißelt.
Außerdem bejigen wir von ihm ein unvollendetes
Epos: RKaptus Proserpinae in 3 oder 4 Büchern,
ausgezeichnet durch glänzende Schilderungen, jo-
Clavarium — Cleopatra.
wie ein Fragment von 129 Verjen aus der griechiich
geſchriebenen Gigantomachia, ein Gedicht de bello
Gildonico (Sieg des Kaijers "Honorius über einen
afrilanischen Häuptling Gildo) und außer andern
noch Epigramme, Epijteln und Idyllen. Auch hin:
ſichtlich des reichen hiftorifchen Stoffes find jeine
Werle von erheblichem Werte. Die ihm zugejchrie:
benen Epigramme in griechiicher Sprache gehören
einem jüngeren Dichter gleiches Namens, vielleicht
einem Sohne umjeres Dichters, an. Ausgg. von
Heinfius und Burman (1760), 3. M. Gesner (1759)
und 2. Jeep (2 Bdd. 1876 ff). ©. auch Drusi
und Marcelli,
Clavarium ſ. Dona militaria, 1.
Clavus, ein Purpurftreif, breit oder jchmal,
latus oder angustus, meldyer an der vorderen
Seite der Tunika vom Halfe bis zum unteren
Saume herablief (tuniea laticlavin und angusti-
clavia). Der erjte war eine Auszeichnung der
Senatoren, der zweite der Nitter. Dies Abzeichen
hat ſich aus der tunica palmata der Beamten
entwidelt.
Cledonins, ein Grammatifer aus Rom, lehrte
in Eonftantinopel (im 5. Jahrh. n. €.) und ver:
faßte eine uns erhaltene ars, einen fortlaufenden
Kommentar zu Donatus, der vielleicht aus Schul-
vorträgen hervorgegangen iſt. Gedrudt bei Keil,
gramm. lat. V p. 9—79.
Clemens, 1) Romanus, einer der j. g. apofto:
liſchen Väter, vielleicht der Phil. 4, 3 erwähnte
GurEpyög des” Apoftels Paulus, als Biſchof von
Nom Verfaffer eines Briefes an die Korinther
(vollftändige Handſchrift erit 1875 aufgefunden;
Ausg. von Gebhardt und Harnad 1876), geftorben
gegen 100 n. C. Die andern Schriften unter jei-
nem Namen find unedht. — 2) von Alerandreia,
Titns Flavius El., wohl aus Athen, zuerſt Heide,
aber von aller Weltweisheit unbefriedigt und troß
aller Reiſen in jeinem Wahrheitsdurjt ungeftillt,
erst als Mann Ehrift geworden, Schüler und (jeit
190 n. E.) Nachfolger von PBantainos, dem Bor-
jteher der Ratechetenjchule zu Alerandreia, dech 202
durch die Verfolgung unter Septimius Severus
nad) Baläftina vertrieben, dort gegen 220 geftorben.
EL. iſt der erſte große Vertreter der alerandrini-
ichen Theologie, welche die antife Philojophie in
den Dienft.des Chriftentums zu jtellen ſuchte, um
jo den Glauben zum Wifjen, zur Gnoſis zu er:
heben. In diefem Sinne will fein dreiteiliges
Hauptwerf „die ſtufenweiſe Hinanbildung des Men:
ichen zur Vollkommenheit“, wie er ſelbſt agt, dar⸗
ſtellen. Der Aoyog moorgentinög meög "Ellnveas
zeichnet das Heidentum als Borftufe zum Ehriften-
tum, der nadayoyög (3 Bücher) entwidelt die
hriftliche Sittenlehre als Regel für die Lebens:
ordnung, die arewuareig oder orgauera (8 Bücher,
doch das achte unecht) beſprechen die wichtigiten
Fragen der chriftlichen Gnoſis in bunter Reihe und
abfichtlich verhüllender Redeweiſe (beides joll der
Name „Teppiche“ andeuten). Als — zum
xcidcyoyos iſt uns der ältefte chriſtliche Hymnus,
ein etwas ſchwülſtiges Lied auf Chriſtus, erhalten.
Über die Stellung des Chriſten zum irdiſchen Gut
enthält die Schrift: is 6 owfousrog mÄovcıog;
trefjliche Bemerkungen. Ausgg. von Bictorius ( 1550),
Sylburg (1592 u. Ö.), Potter (1715, 2 Bbd.), Klotz
(1831 ff., 4 Bdd.), Dindorf (1868 f., 4 Bdb.).
Cleopätra ſ. Kleopatra.
Clepsydra — Coceeii.
Clepsydra, »Aspvödg«, Wafleruhr, eine Hohl:
fugel (zwdie) mit einem durch Pfropfen (une)
verichließbaren Hals (avbAos) zum Einfüllen des
Wafjers und mehreren Heinen Öffnungen (revmrj-
nere), die einen Durhhichlag (N®uos) bildeten und
wodurch das Wafler allmählich durchjiderte, fich
gleichjam heimlich durchitahl (wAerreıv). Sie wurde
als Zeitmefjer namentlich bei gerichtlichen Verhand—
lungen gebraucht. Scipio Naſica Corculum (j.
Cornelni, 16.) brachte die Wafjeruhren nad) Ron,
wo jie in der Kaiſerzeit jehr gewöhnlich wurden.
©. audy Attika, 13.
Cliens ſ. Patronus.
Clio j. Musae, 3.
Clitamnus, Flüßchen im füdlichen Umbrien bei
Spoletum, aus einem Plin. ep. 8, 8 beichriebenen
tryſtallhellen Borne in einem Cypreſſenhaine ent:
ipringend, ergießt ſich bei Mevania linfs in die
Tinia, einen linten Nebenfluß des Tiber; j. Eli:
tunno. An feiner Quelle befand ſich in einem
uralten Enprefienhain ein Heiligtum des gleich:
namigen Gottes. Verg. @. 2, 146.
Clivas Capitolinus oder sacer j. Roma, 10,
Cloäcae j. Roma, 3.
Clodia und Clodius j. Claudii, 20. 21. 22.
Cloelii (od. Cluilii), ein patrizijches Geſchlecht,
welches aus Alba ftammte (Liv. 1, 30): 1) C. Clö—
fius od. Eluilius, der legte König von Alba Longa,
ftarb während eines Feldzuges gegen die Römer.
Nach ihm hieß noch in jpäterer Zeit der Graben,
den er um fein Lager gezogen, fossa Cluilia; das
Geichlecht zog nad) Rom. Dion. Hal. 3, 2ff.4. Liv.
1,22. — 2) Elölia, eine heroiiche röm. Yung:
frau, welche aus der Gefangenſchaft des Porjena,
dem fie mit andern römiichen Jungfrauen als
GSeijel übergeben war, entjloh, durch den Tiber
ihwamm und nad; Nom zurüdtehrte. Uber der
Senat ließ fie wieder zurüdbringen, worauf Porjena,
der ihren Mut und hohen Sinn bewunderte, fie
frei ließ und ihr geftattete, fich eine Anzahl anderer
zur Begleitung auszuwählen. Sie wählte die jüngjten.
Andere erzählen dieje That von der Valeria, der
Tochter des Publicola (Liv. 2, 13. Plut. Popl. 19.
Val. Max. 3, 2, 2); noch andere deuten fie auf
die Venus Cluilia. Serv. ad Verg. A. 8, 646. —
3) D. Clöl. Siculus, Konful im 3. 498 v. C.,
ordnete fich jeinem Kollegen T. Lartius, den er mit
der Diktatur befleidete, freiwillig unter. Liv. 2, 21.
— 4) T. Clöl. Siculus, bekleidete hohe Amter
in Rom und fiebelte ſich mit einer von ihm ge
führten Kolonie zu Ardea, im Lande der Nutuler,
an, 442 v0. CE. Liv. 4, 11. Diod. Sie. 12,34. —
5) Elöl. Tullus, Geſandter zu Veji beim Könige
Tolumnius, wurde von diejem ermordet. Liv.4, 17.
Diod. Sie. 12, 80. — 6) Eldl. Grachus, ein
Aquer, fämpfte 458 v. E. an der Spike feiner
Landsleute gegen ein römisches Heer, welches gegen
ihn gejandt und von ihm eingejchloffen wurde.
Aber jeinerjeits don Lincinnatus umringt, mußte
er von den Aquern an Rom ausgeliefert werden.
Liv. 3, 25f. 4, 9f. Dion. Hal. 10, 22 ff. .
Cluentius, 1) Yucius (nah Eutrop Aulus),
Anführer der italiichen Bunbesgenofjen gegen Rom,
ichlug den Sulla bei Pompeji, erlitt aber von ihm
eine Niederlage bei Nola und fiel jelbft. Kutr. 5,3.
App. b. e.1,50. Val. Max. 1,6,4. — 2) Aulus
Eluent. Habitus, Sohn eines römischen Ritters
zu Larinum in Samnium, deffen Tochter Eluentia
271
auf Betreiben ihrer eigenen Mutter Sajfia von
ihrem Manne verſtoßen wurde, damit die Mutter
ihn heiraten konnte. Nach Ermordung ihres zweiten
Mannes heiratete ſie den Mörder wieder, welcher
den jungen Eluentius, feinen Stiefiohn, durch Gift
aus dem Wege zu räumen juchte. Diejer vereitelte
aber den Anjchlag und verflagte feinen Stiefpater,
der in der Verbannung ftarb. Später wurde
Eluentius von jeiner eigenen Mutter angeflagt,
den Stiefvater ermordet zu haben, indes durd)
Eiceros Berteidigungsrede glänzend gerechtfertigt.
Bergl. Cie. Cluent.5, 11. Den gleichnamigen Sohn
desjelben verteidigte Cicero ſpäter in jeinem Streite
mit Statins Albius Oppianicus (Cie. Oluent.15,44).
Cluilii j. Cloelii.
Clupea j. Aspis.
Clusiun, Kioöccıor, j. Ehiufi, eine der Zwölf—
ftädte Etruriens, früher Gamers genannt. Die
Stadt lag am Clanis auf einer Anhöhe in der
Nähe eines Kleinen Sees, jowie an der nach Nom
führenden clodijchen Straße, und tritt als Reſi—
denz des Königs Porjena deſſen Denkmal fi in
der Nähe befand, Plin. 36, 18) früh in der römi—
ichen Geichichte hervor, ſowie jpäter beim Einfall
der Gallier. Liv. 2, 9. 5, 36. 10, 25.
Clutorius j. Lutorius Priscus.
Cluvfi, ein urfprünglich aus Campanien ſtam—
mendes Geichlecht, welches jpäter in Nom jehhaft
war: 1) Faucula Eluvia, brachte den Römern,
welche Hannibal zu Capua gefangen hielt, Lebens—
unterhalt. Liv. 26, 335. — 2) E. Cluvius, diente
als Legat unter Amilius Paulus in Makedonien
gegen Perjeus im J. 168 dv. E. Lir. 44, 40. —
3) M. Elup., leitete die Geldgeichäfte Ciceros
den er auch bei jeinem Tode zum Miterben er:
nannte. Cie. ad Att. 6, 2,3. 13, 46, 3. — 4) M.
Cluv. Rufus, von Tacitus (hist. 4, 43) dives
et eloquentia clarus genannt, war Konjul vor
41 dv. E., Augenzeuge von Caligulas Ermordung,
Konjul suffeetus unter Claudius (45), unter Galba
Statthalter in Spanien, darnadı) Anhänger des
Bitellius, vor dem er ſich jiegreich gegen eine An—
flage verteidigte. Tac. hist. 1,8. 76. Suet. Ner. 21.
In jpäteren Jahren, vermutlich nachdem er ſich
von den Gejchäften zurückgezogen, trat er als Hijto-
rifer mit einem Werfe über die Zeit von Caligula
bis Nero und die Ereigniffe der nächſten Zeit nad
deſſen Tode auf, das Tacitus mehrfad) (3. B. hist.
4, 43. ann. 13, 20. 14, 2) erwähnt. 3 jcheint
fir Tacitus’ Hiftorien, für Suetons alba, Otho
und Bitellius und für Plutarchs Galba und Otho
eine Hauptquelle gemwejen zu fein. Plin. ep. 9, 19.
Coaetöres, 1) agminis, obgayol, wurden die
Bugichließer genannt, die darauf zu achten hatten,
daß fein Soldat anf dem Marjche dejertierte. Tac.
hist. 2,68. — 2) exactionum, und wohl auch
coactores allein, hießen alle Leute, die Schuldiges
beizutreiben oder Ausftehendes einzuziehen hatten,
Diener der argentarii bei den Berfteigerungen in
den atriis auctionariis, wofür fie einen beſtimm—
ten Anteil vom Werte erhielten. Der Bater des
Horaz (sat. 1, 6, 86. Suet. wit. Hor.) und der des
Beipafian (Suet. Vesp. 1) befleideten ein jolches
Amt, von dem wir nicht willen, ob es eim öffent:
liches oder privates war.
Coceeii, ein angejehenes, wahricheinlich aus
Umbrien ftammendes Geſchlecht: 1) M. Coce.
Nerva, Konful 36 v. E., Unterhändfer zwiichen
272
Antonius und Dctavian und beider Freund. Hor.
sat. 1,5,28. — 2) M. Eocc. Nerva, Konjul
vor 24 n. E,, curator aquarum 24—33, ftand in
vertrautem Verhältniſſe zu ZTiberius, deſſen Hand:
lungen er jedod) jo wenig billigte, daß er aus
UÜberdruß ſich durd; Hunger das Leben nahm. Zac.
ann.-4, 58. 6, 26. Dio Cuss. 58, 21. In der Juris:
prudenz war er ein Schüler des Labeo und Lehrer
des Proculus. — 3) Sein gleichnamiger Sohn,
Tac. ann. 15, 72 als praetor designatus erwähnt,
wird gleichfalls unter den nahmhaften Juriften ge:
naunt; er war der Vater des Kaiſers Nerva (j. d.).
Cochlear, ein Löffel, welder an dem andern
Ende eine Spige hat, während ligula in ovaler
Form auälief.
Codänus sinus, j.Rattegat u.Sund. Plin.4,13,27.
Codex, ein aus mehreren Wachstafelu (tabellae)
zujammengejegtes Bud. Später erhielten diefen
Namen auch die aus Papier und Pergament be:
ftehenden Bücher. Kleine Wachstafeln hießen co-
dieilli, welche oft als Nadjträge zu Teftamenten
benußgt wurden.
Coelii, (Caelii), ein plebejifches Gejchlecht, aus
welchem folgende Männer hervorzuheben find: 1) X.
Eöl., kämpfte als Yegat (169 dv. E.) gegen Perjeus
und erlitt cine Niederlage bei Ujcana. Liv. 43, 21.
- 2) E. Eöl. Caldus, Volkstribun im J. 107
v. E., veranlaßte das Sejeh, daß auch über Hoch—
verrat die Abjtimmung durch Täfelhen ftattfinden
jollte (Cie. legg. 3, 16, 36), gegen feinen Feind
Bopilius wegen dejien chimpflichen Vertrages mit
den Tigurinern. Oros. 5, 16. Im J. 94 war er
Konſul (Cie. Mur. 8. 0. Cie, pet. cons. 3, 11),
ging dann nad) Spanien, kämpfte im J. 83 mit
den Marianern gegen Sulla und Pompejus und
wurde von leßterem geichlagen. Plut. Pomp. 7. -
3) Sein Entel, C. Eöl. Caldus, erhielt als Prä-
tor im %. 50 v. C. bei Ciceros Ab ange aus
Ktilifien die Verwaltung der dortigen Statthalter:
ichaft. Cie. ad fam. 2, 19. — 4) M. Cöl. Rufus,
geboren nicht vor 83 v. E. (in einem Municipium,
vielleicht Cumä), hatte den Cicero zum Lehrer in
der Beredjamfeit und wurde im J. 66 mit Gati:
lina befreundet, ohne an jeiner Verſchwörung Anteil
zu nehmen. Einige Jahre jpäter bejuchte er Afrika
und bewarb fich im J. 59 um die Quäftur. Darauf
geriet er jelbjt infolge eines gegen Sempronius
Atratinus erhobenen _Prozefies wegen Wahlum:
trieben durch deſſen Sohn in eine Anklage (56);
Cicero verteidigte ihm indefjen mit Erfolg gegen
dieſe, wie gegen eine zweite Anklage von feten
der berüdtigten Elodia (j. Claudiı, 21.) Cie.
Cael. 2,3. 19, 44. ad Qu. fr. 2, 13. Darnadı
bewarb er jid um das Tribunat (52), erhielt das:
jelbe und jegte zu Gunften Cäſars durch, daß diejer
ji) aud) von jeiner Provinz aus um das zweite
Konſulat bewerben dürfte. Nach Ablauf jeines
Tribunats bewirkte er die Verbannung feines in
Elodius' Gewaltthätigfeiten verwidelten Kollegen
D. Bompejus Rufus. Val. Max, 4, 2, 7. (ie. ad |
fam. 8, 1, 4. Ciceros Berdienfte um ihn veran-
laßten einen Briefwechiel zwilchen beiden. Beim
Ausbruche des Bürgerkriegs verlieh er die Opti-
matenpartei und ſchloß fih an Cäſar an, zu dem
er fid) nadı Ravenna begab. Caes. b. c. 1,5. Dio
Cass. 41, 2. Nachdem er ihn auf jeinem Zuge
nach Spanien (49) begleitet hatte, erhielt er von
ihm die Prätur, aber nicht die einflußreichere |
Cochlear — Cohors.
ftädtifche, welche dem Trebonius zuteil wurde, was
ihn jo jehr beleidigte, daß er einen Aufftand ver:
anlaßte, infolge dejjen der Senat gegen ihn ein-
ichritt und ihn abjeßte. Cie. ad fam.8, 17. Eölius
mußte flüchten und juchte erjt in Verbindung mit
Milo, den er aus Mafjilia herbeigerufen, nad) defien
Tode allein in Unteritalien eine Empörung zu er:
regen, wurde aber bei Thurii getötet, 48. Quint.
6, 3, 25. Cues. b. ec. 3, 20ff. Dio Cass. 42, 22 ff.
Seine Briefe an Cicero, wichtig für die Geſchichte
feiner Zeit, befigen wir noch in Ciceros rief:
jammlung ad familiares Bud 8; von jeinen
Reden dagegen, welche Cicero wegen ihrer würde:
vollen Sprade (Brut. 79, 273) lobt, und welche
neben einer großen Lebhaftigfet der Diktion eine
gewiffe Härte des Stils nady dem Vorbilde der
älteren Periode an fidy trugen (Tac. dial. 21.25),
find nur wenige Fragmente vorhanden. Quint.
10, 1,115. Abhandlung von Wegehaupt (1873). —
5) M. Edöl. Binicianus, anfangs Anhänger des
Bompejus, dem er im 3. 53 v. E. zur Erlangung
der Diktatur behülflich zu jein juchte, trat jpäter
zu Gälar über und focht unter ihm gegen Phar—
nafes. Caes. b. Alex. 77. — 6) Eöl. Anipater
j. Antipater, 6. — 7) Eöl. Aurelianus j.
Aurelianus, 2.
Coömptio j. Mancipatio und Manus.
Coena j. Mahlzeiten, 8.
Cognatio iſt die natürliche, auf gemeinjame
Abjtammung begründete Berwandtichaft, welche
aljo auf den rauen beruht, im Gegenjaß zur
agnatio (}. d.).
Cognitio, im weiteren Sinne jede richterliche
Unterjuchung und Entſcheidung eines Magiftrats
im Gegenjaß zu der eines Richters, wird gewöhn-
lich durch den Zuſatz: extra ordinem bezeichnet.
Cognitor, 1) der gerichtliche Stellvertreter einer
Partei. In der ältejten Zeit war Stellvertretung
nur bei wenigen Sachen gejtattet, jpäter, nad)
Aufhören der legis actiones, wurde diejer Gebrauch
freier, j. Proeurator. — 2) der Jdentitätszeuge,
welcher den Namen und den Charakter einer Ber:
jon bezeugt. Cie. Verr. 1, 5. 5, 65.
Cognömen j. Nomen, Il.
Cohors bedeutet urjprünglich nur die Vereini-
gung mehrerer Truppen Fußſoldaten) zu einem
Ganzen. Pol. 11, 23: resig onsigag‘ rouro dr
»uheiraeı To oörrayua ro» neLöv napa Poualoıg
»Ödoorıg. In der Manipularlegion des Polybios
bildeten 3 Manipel, je einer der Haftati, Prin—
cipes und Triarii, eine Kohorte, deren die Le—
gion alfo 10 hatte. Als im ziveiten punijchen
Kriege (Liv. 29, 24) eine Verſtärkung des fonju-
larijchen Heeres für nötig befunden wurde, fügte
man nicht eine Yegion hinzu, jondern mehrte die
Anzahl der Principes und Haftati je mad) dem
Bedürfnis (die Triarii blieben immer diejelbe An—
zahl); daher unterjchied man cohortes trecenariae
(120 princ., 120 hast., 60 triar. , quadringenuriae
(170 princ., 170 hast,, 60 triar.), quingenarine
(220 princ., 220 hast., m) triar.) und sexcenariae
(270 prince., 270 bast., 60 triar.). Als jeit Marius
mit dem Waffenunterjchiede auch die Manipel-
einteilung als maßgebend aufhörte, zerfiel die Legion
in 10 Kohorten von je 400-500 Mann. Unter
den Kaiſern beftand die erſte Kohorte jeder Legion
aus der doppelten Anzahl der Mannſchaft, daher
wurde fie cohors millıaria genannt, im Gegen:
Collatia
lage gegen Die übrigen 9 von durchſchnittlich 500
Manıt, daher cohortes quingenariae. Das Fuß—
volt der dazu gehörigen Bundesgenoflen richtete
— Columna.
273
einer Gottheit und Gemeinſamkeit der Begräbnis:
jtatt (Pflege der Gräber), dagegen sodalitas be-
zeichnet ſpeziell die religiöje Brüderichaft, daher
ſich jtet3 nach der Einteilung der Yegionsfoldaten | 3.8. sodales Titii, sodalıtas germanorum Luper-
und hieß zum Unterſchiede cohortes alariae. Außer- corum u.a. Solche Sodalitäten waren auch die für
dem werden aber von Gälar (b. ce. 1, 39. 70, 75) | den Kult der vergötterten Kaiſer errichteten sod.
noch coh. cetratae erwähnt, jo genannt von ihren
ledernen Schilden (cetra)., — Cohors prueto-
ria bildete die Leibwache des Teldheren und be:
ftand zuerft aus den ableeti der Bundesgenofien.
Augustales, Claudiales, Flaviales u. a. — 2) Uralt
waren auch die Handiwerferinnungen, collegia opi-
ficum, die zu einer zahllofen Menge heranwuchſen.
— 3) Militäriſche NRorporationen wie coll. Ger-
Salt. Cat.60. Außerdem wählte PB. Scipio Africanug ' manorum, Martensium, veteranorum u. a. —
unter demjelben Namen ſich noch aus den Nittern | 4) Vereinigungen zur Feier von Spielen Liv. 5, 50.
eine Leibwache aus, und endlich wurde auch noch — 5) Coll, tenniorum, Leichentaffentollegien,
die ganze nähere Umgebung des Feldherrn (der ' welche ihren Mitgliedern nach deren Tode ein an-
Quäjtor, die Yegaten,
comites, Schreiber, Dolmeticher, Herolde, Arzte,
Liltoren, Accenſi u. ſ. w.) colors praetoria oder
praetoris genannt. Che. Verr. 2, 4. Auguftus be:
hielt diejen Namen bei und errichtete 9 (Tac. ann. | der verichiedenen Kollegien war
4, 5; nad) Dio Cass. 55, 24 unrichtig: 10) cohor-
tes praetoriae don je 1000 Mann für die Ruhe
Italiens, deren Zahl von Claudius auf 12 erhöht
wurde. 3 Kohorten waren von ihmen ſtets zu
Rom und zwar zuerft bei den Bürgern einquar-
tiert (Suet. Oct. 49), die übrigen waren in andern
umliegenden Städten Italiens untergebracht, bis
Tibertus jie auf Beranlaflung des Sejan um 18
n. E. jämtlih nad Rom verlegte und ihnen an
der Ringmauer Roms vor der porta Viminalis
ein eigenes Yager anwies, castra praetoria. Suet.
Tıh. 37. Dio Cass, 59, 19, 5. Sie bildeten nebit
den equites praetoriani die faijerliche Garde (vires
et robur exercitus, Tae. hist. 1, 87) und hatten
aufer höherem Rauge und Solde das Vorrecht
von
0 Jahre). Bon Bitellins wurde diefe Garde auf-
gelöft, weil fie für Otho gegen ihn gefochten hatte
(dal. 2, 67. Suet. Vit. 10); dafür errichtete er 16
neue cohortes praetoriae (Tae. hist. 2, 93) und
4 coh. urbanae anitatt der von Auguftus für die
polizeiliche Sicherheit Roms bejtimmten 3 coh,
urbanae, die ebenfalls an dem Kriege gegen Bi-
tellius teilgenommen hatten (daj. 1, 895. Auguftus
nur 16 Dienjtjahren «die Legionsjoldaten ,
efaunten und freunde oder | ftändiges Begräbnis fihern wollten. — 6) Coll.
in weiterem Sinne find die ftädtiichen Kommunen
(eivitates, municipia, colonine) und der Staat
jelbit. Die innere Einrihtung und Verfaſſung
Kir ähnlich, z. B.
in Beziehung auf gemeinfames Vermögen, Vor:
fteher (magıstri), Begründung und Auflöſung,
Privilegien u. j. w. Die meilten Korporationen
vereinigten ſich an beftimmten Tagen zu fejtlichen
Mahlzeiten.
Collina f. Tribus, Collina porta j. Roma, 5.
Collis hortörum j. Koma, 5.
Colonia. 1. Unter den jehr vielen mit diejem
Namen bezeichneten Städteanlagen iſt bejonders
zu nennen Colonia Agrippina oder Agrippinen-
sis (die Einwohner Agrıppinensex) am Rhenus
(i. Köln am Rhein). Früher eine Stadt der UÜbier
(oppidum UÜbiorum, Tae. ann. 1, 36), wurde fie
50 n. E. auf Betrieb der Gemahlin des Kaiſers
Claudius, Agrippina, die hier geboren war, kolo—
niltert und nach ihr benannt, erhielt das ius Ita-
lieum und bob ſich zu einer bedeutenden Größe
und Blüte. Tue. hist. 1,57 u. ö. — II. ſ. Aiı-
eovgia, B.
Colum, Sieb oder Durchichlag, gewöhnlich von
Metall, mit Heinen Löchern verjehen und zum
Klären der Flüffigfeiten, bejonders des Weines,
angewandt.
Columbarium, 1) Taubenhaus; 2) das Innere
hatte jie dem etwaigen praefectus urbi zur Ber: |; der Grabgewölbe mit Niſchen (loculi, lecti, solia),
fügung geftellt. Später verſchmolzen diefe beiden !j. Sepulerum, 6.
Truppengattungen und gab es deren nur 14 Ro:| Columella, %. Junius Moderatus, geb. zu
horten, bis Conftantin d. Gr. dieje Garde ganz Gades, Zeitgenofle des Seneca und des Kaiſers Nero,
aufhob und die castra praetoria, als den fort: hielt ſich eine Zeitlang als Tribun in Syrien auf
dauernden Sit der ftets wiederfehrenden Militär: | und ſtarb wahrjcheinlich zu Tarent.
revolutionen, zeritörte.
Collatia, Stadt 5 Millien öftlich von Nom am
Anio, Wohnort des Tarquinius Gollatinus, wo ©.
Tarquinius und jeine Begleiter die Lucretia beim
Spinnen trafen; j. Lunghezza. Liv. 1, 38. 57.
Collatinus |. Tarquinii, 3.
Collegium (conleg. bi8 zu Auguftus), eine
Verbindung mehrerer Menſchen (wenigſtens 3), welche
zujammen eine fogen. juriftiiche oder moralische
Perſon ausmachen. Weiteren Umfang hat die Be:
deutung von sodalitas; ordo und eorpus find
jpätere Namen. In nicht technifchem Sinne wird
geiagt collegium consulum, praetorum, tribu-
norum 4. ſ. w. denn dieje find unter fich Kollegen,
bilden aber nicht Eine Perjon. — 1; Die älteften
römischen Korporationen waren, wie überhaupt alle
Gemeinichaftlichleit auf den sacra beruhte, reli-
giöfer Natur und für gewiſſe Kulte eingeführt.
Collegium umfaßt beides, Pflege des Kultus
Realleriton bes Mafi. Atertums. 7. Aufl,
Sein Werl
ı über die Olonomie (de re rustica) in 12 Büchern
‚(darumter das zehnte, Über den Gartenbau, in Nach
ahmung des von ihm verehrten Vergil in Hera:
metern), um 62 n. C. geichrieben und einem ge
wiſſen B. Silvimus gewidmet, iſt in einer ſchmuch
reich chetorifierenden, aber fließenden Sprache mit
Geiſt und Einficht abgefaßt. Außerdem haben wir
noch von ihm, vielleicht aus einem früher ge
ichriebenen, aber verloren gegangenen ölkonomiſchen
Werke in 4 Büchern, eine Abhandlung über Baum:
zucht, de arborıbus. — Ausgg. im den Seriptores
rei rust, von 3. M. Gesner und 3. G. Schneider;
Einzelausg. von Reß (1795).
Columna, griechiſch ornArn oder orülog, auch
xior, eine Säule, urjprünglic nur zum Nuten,
eine Stüße oder eine Säule a. Tragen eines
Daches, anfangs wohl aus Baumftänmen oder
unbehauenen Steinblöden, die erft allmählich eine
edlere Bejtalt befamen. Sie fanden ihre Anwen—
18
274
dung in jedem Haufe und Tempel, da die Säu⸗
Columna.
ktov; 3 vertiefte Ringe (anuli oder Zvrouei Tiefen
lenhalle ein wejentlicher Teil berjelben war, und | da herum. Dagegen um das darüberliegende, freis-
daher überhaupt in allen Gebäuden, aber auch auf förmige, nach oben breiter werdende Poljter (Fyi-
Gräbern und überhaupt bei Monumenten (vgl. |
Haus, Templum, Sepulerum). Unterichieden
wurden im Griechenland 3 Säulenordnungen, die
“. *
4 — GER \
zu Athen
Bartbenon
dorijche, die ioniſche und die forinthijche.
— Die dorijche und iomijche treten faſt gleichzeitig
auf, und dorijch wurde der ältere Bauftil, obſchon
er anfangs gerade in nmichtdorijchen Staaten wie
in Athen geblüht zu haben jcheint, fpäter wohl nur
im Gegenſatz gegen den im Hleinafiatiichen Jonien
nach Baujanias jeit DI. 33 gebräuchlichen Bauftil
genannt. Beide find, wie ®. W. Forchhammer
(über —— der Baukunſt, 1856) nachgewieſen
hat, eine Nachahmung der Holzarchitektur. Die
Höhe der doriſchen Eäule ift gewöhnlich — 5,
unteren Säulendurchmeflern; die Säulenweite (an
der jchmalen Seite der Tempel (ge 6 oder 8
zu Stehen, wenn an der langen 13 oder 17 waren)
ift defto enger, je älter die Tempel find, aber doc
un. 1'/, des Säulendurchmeſſers. Die dorische
Säule hat gar feine Bafis, jondern fie fteht un—
mittelbar auf der xenmis (nonmidou«) oder dem
suggestus des Tempels. Der Schaft (onümos,
»avkög, oou« zlovog) ift
mit 20 (oder 16 oder
auch 24)halbfreisförmigen
Bertiefungen (deßdwaoıs,
striatura; gaßdor, dıe-
Erouere, striae, canali-
euli, .—. der:
gejtalt umgeben, daß die:
jelben in jcharfen Win:
feln zufammenftoßen; die:
jelben wurden erft nad
Aufftellung der Säule ein:
emeißelt. Die einzelnen
armortrommeln (opor-
övkor, ororövkoı), aus
denen der Schaft zuſam—
mengejeßt ift, und die auch
durch ein in der Mitte
um Stüd
edernholz unverichiebbar
gemacht werden, jchwellen bis zur Mitte der Säule
unmerklich an (Fvraoıg) und verjüngen fich dann
nach oben (contractura); ihre Fugen find nad)
außen durch Schleifung unfichtbar gemacht. Die
oberfte Trommel, durch eine horizontale Kerbe
von den übrigen gejondert, war aus Einem Stüd
mit dem Kapitäl (nepdiuior, nepair, nıovören-
ro», Zriagavor, eapitulum) und hieh Ömorgeg
Stapitäfe nebit Gebält
vom Barthenon.
ı) doriſch.
‚(dmmorvsıon), ein jchlichter, ftei-
vog) liefen 3 erhöhte Ringe, wahrſcheinlich um
etwaigen, Tropfenlauf zu ver:
hüten. Uber dem Ecinos lag
eine vieredige und vierfantig
behauene Dedplatte, &ße&, aba-
eus genannt, Das lebte ver-
mittelnde Glied zwiſchen der
ftügenden, nach oben ſtrebenden
Säule und dem horizontalen
Gebälk (Born). Zunächſt ruhte
nämlich darauf der Architrav
nerner Balken, von Säule zu
Säule reichend. Auf ihm lagen
vortretend die Enden der Quer-
baften, eins über der Säule,
eins zwiſchen 2 Säulen, vor
deren Köpfen je eine Platte mit
2 Hohlichligen in der Mitte und
je einem halben auf jeder Seite
Triglyphen, rolylugor) an:
gebraht war. Die Zwiſchen—
räume der Triginphen (Me—
topen, ueröra) wurden bald
auch von innen mit Relief—
platten verlleidet (Sogugos,
Fries). Uber den Uuerbalten
des Dachs (Triglgphen und Me
topen) lag dann ſchließlich wieder
ein ziemlich vortretender Yängs-
balten, das Kranzgeſims, yei-
cor, corona, oben in gleichen
— mit kleinen
ioniſch
ähnchen oder Nagelköpfen, grie 2)
iſch orayorıg genannt, wie
deren auch 6 unter jeder Triglyphe jahen, ver—
ziert. — Die ioniſche Bauart iſt architektoniſch
nicht ſehr von der doriſchen verſchieden, wohl aber
in den Ornamenten. Wäh—
rend die doriſche zu der voll—
endeten Schönheit ihrer Ver—
hältniſſe den Eindruck ein—
facher Kraft und ſicher be—
ründeter Würde hinzufügt,
oun die ioniſche durch J—
kere Formen und zierliche
Anmut dem Auge mehr zu ge:
—* Die ioniſchen Säulen
ind verhältnismäßig höher
(8, — 9", untere Säulen:
durchmefler), entfernter ge:
ftellt und geringer geichwellt.
Sie find ſchon darum höher,
weil fie auf einer Bajis '
jtehen, welche nad) unten den
Übergang von der jenfrechten
Linie zu der horizontalen
Linie des suggestus auf
angenehme Weije vermittelt.
Die Bafis ift entweder die attijche: auf einer vier:
edigen Platte (mAvdos) eine oneio« (sreipe),
ein rögog oder rodyıkog, torus, und wieder eine
oreiga; oder eine tomische: 1 vieredige Plinthos,
2 roöyıloı und 1 oneiow, welche jich nach oben
etwas veriüngen. An den Säulen laufen 24 Kanne—
Bon Tempel de
Erechtheus.
2) ioniſch.
Columna.
275
fierungen, tiefere und jchmälere, in die Höhe, die | Säulen , columnae caelatae, dergleichen ſich am
nicht mehr durch jcharfe Kanten, jondern durch
—
Bom Anthemion der
ionifhen Säule.
Seitenanfiht des ioniſchen
Kapitäls
ichmale Flächen (sroyes, scamilli) getrennt find.
Das ümorgayıjkor ift hier zu einem drdfuon
geworden und trägt
ſtatt der Kannelie—
rung 5 Blätter in er:
habener Arbeit. Über
demjelben liegt ein
ganz Heiner mit jo-
genanntem Eierjtab
(dorgeyakos) in Re:
lief verzierter Echi—
n08; und darüber
zuweilen noch wieder
eine Heine omeige.
Dann fommt das
vieredige Politer
(zoıo/, volntar), auf
dem vorn und hinten
eine Menge von klei—
nen Linien oder Ka—
nälen nebeneinander
hinlaufen und ſich
in den gewundenen
Hörnern der Volu—
ten (EAunes) zu Hei-
nen gewölbten Plat-
ten (öptaiuor) ver-
einigen. Bon den
beiden Seiten ſieht
dies Polſter wejent:
lich anders aus. Über
den Boluten liegt
wieder ein Fleiner
bierediger, mit Eier-
ftäben verzierter
Abacus. Der Ardıi-
trav bejteht aus 3
etwas übereinander
vortretenden Ballen
(faseiae, raurleaı);
vor den auf diefem
Arhitrav liegenden
Baltenköpfen liefeine
einzige große Ber:
kleidung, der eigent-
liche Fries (Beuynös),
hin, der, im Reliefmit
Menſchen oder Tier:
figuren geſchmückt,
Sopoôeoos heißt.
Eine Abart der ioni—
ſchen Säulen ſind die
— ſtulpierten, dah
unten am Schaft mit
Columna eaolata. Reliefs geſchmückten
Artemistempel zu Epheſos fanden (ſ. die Abbil-
dung). — Bei der Forinthiihen Säule find
Bafis und Schaft wie bei der ioniſchen; das Anthe:
mion aber hat das ganze Kapitäl übermwuchert,
indem es hier aus einem Kelch (adiadog) von 8
und darüber noch 8 Atanthusblättern mit andern
Verzierungen dazwijchen bejteht, aus denen 4 nach
oben in Form der Vo:
Iuten gerundete Stengel
(narkol) mit Fleineren
Blättern herauswachlen.
Darauf liegt ein Feiner,
nach oben breiter wer:
dender Abacus, und dann
das ionijche Gebälf. Die:
ſes korinthiſche Kapitäl
ſoll nad) Vitr.4,1,9 von
dem Architelten und Bild» +
auer Kallimachos aus
then‘j.Baukunst,6.),
der ſich durch zierliche
Eleganz im Detail aus:
zeichnete, ungefähr um
415 v. E. erfunden und
icheint an dem Tempel
der Athene Alea in Tegea
(395 v. E.) zuerjt ange:
wandt worden zu fein;
es war darin nämlich zwijchen einer dorijchen
und einer ionijchen auch noch eine dritte, eine
forinthiiche Sänlenjtellung. — Die griechischen
Säulen haben im allgemeinen nur als Träger
eines Daches ihre architektonische, ihre vollendetite
Anwendung. Sie vermitteln, namentlich in ihrem
Kapitäl, die vertitale aufftrebende, ftügende Linie
mit der langgejtredten horizontalen, welche in
ernfter Würde über dem ganzen Bau des griech:
{chen Tempels, als die beherrichende, ſchwebt. Nach
allen Seiten zeigen fie die größte Symmetrie der
Verhältniffe. Die ruhige Majeftät und die ord-
nende Macht der Götter, die in dem Tempel felber
Bon einer Stoa zu Athen.
3) forinthiich.
4) römische Sänfte.
wohnen, fich im myſtiſchem Dunfel gegen alles
Profane abjchließend, ift in diejer Form, welche
alles Phantaftiichen entbehrt, aber nad) außen nur
einfache imponierende Schönheit zeigt, plaftiich ver-
förpert. — Allmählich aber wurden die Säulen
. | ein befonderer Schmud aller Prachtbauten, nament:
lich der Stoen und Bajilifen. Die Halbjäulen und
die Karyatiden (4. B. am Erechtheion aus Marmor
18*
276 Colus —
gebildete Korbträgerinnen) jeien nur mit einem
Worte erwähnt. Später famen die Säulen viel-
fad) auch einzeln ftehend, und zum Teil von au—
jehnlicher Größe, als Ehrenjäulen für ausgezeichnete
Männer vor. — Die Römer haben feine neue
Säulenform erfunden; meiftens bauten fie in fo:
rinthiichem Stil. Die jogenannte römische oder
—— 0 Säule (composita) ift nur eine
überladene Abart der forinthiichen; das Napitäl
nämlich vereinigt diefe und die iomijche Art. Die
toſtaniſche oder etrujfijche Säule, eine Abart |
der doriichen, mit einfacher Bafis und einfachem |
Kapitäl, hatte einen gegen ihre Höhe verhältnis:
mäßig diden Schaft und, da fie nicht Steinplat- ,
ten, jondern einen hölzernen Architrav trug, eine |
viel weitere Säulenftellung; fie hatte überhaupt |
den Charakter der Einfachheit und Kräftigfeit, jo
daß fie jelbjt rustica genannt ward. — An ein: |
zelnen Säulen in Rom werden uns namentlich)
folgende genannt: a) die des Antonin aus Granit, |
vom Senate errichtet und 1705 gefunden; b) die
29%, m hohe des Marc Aurel aus weißem Mar-
mor, von Papſt Sirtus V. ausgebeffert und dem
Apoftel Paulus geweiht; c) die des Trajan,
113 n. E. auf dem forum Traiani errichtet, die
Ichönfte von allen und noc auf ihrem Platze jtehend,
aus 34 Stüden weißen Marmors, 39m body mit
ihrem Poſtament (orvloßerng), inwendig hohl
und mit einer Wendeltreppe von 185 Stufen ver:
fehen; die äußerlich fie zierenden, in 22 jpiral-
fürmigen Windungen fie umziehenden Reliefs ent:
halten Scenen aus dem daciſchen Feldzuge mit
2500 menschlichen Figuren (ihre Spike trägt feit
1589 die Bronzejtatue des Apoftels Petrus); d) die
des Cäſar mit der Inſchrift Parenti patriae auf
dem Forum, 20 Fuß hoch, aus numidiichem Mar:
mor, nach Cäſars Tode von Dolabella zerftört;
e) Maenia, eine ftarfe Säule, die einen Balkon
vor dem Hauſe ihres Erbauers Mänius trug, wo
über Sflaven, Diebe und Schuldner Gericht ge:
halten wurde, daher ſolche Verbrecher columnarii
hießen; f) rostrata, mit den befannten Schiffs:
ichnäbeln des Duilius; g) bellica vor dem
Bellonatempel am Carmentaliichen Thore, von wo
aus der Konjul die Kriegserllärung gegen feind-
liche Bölfer zu jprechen pflegte. In Kom jtanden
auch einzelne Säulen (col., auch pilae) vor der
in irgend einer Halle angebrachten Bude (taberna)
eines Buchhändlers mit dem ausgehängten Ber:
zeichnis der nen erjchienenen Schriften. Hor. sat.
1,4, 71. — Auch Berge oder Felien, bejonders
hervorragende Borgebirge, wurden in übertragenem
Sinne Säulen genannt, z. B. die Borgebirge Calpe
und Abyla, welche die heutige Straße von Gibraltar
bilden, Säulen des Herkules; die äußerſte Süd—
weitipige Italiens col. Rhegia u. j. w.
Colus, griechiich NAardrn, der Woden beim
Spinnen, d. h. der Stab, um den die zum Spin:
nen beftimmte, gefrempelte Wolle (roAuren, mollis
lana, tractus) gebunden wurde, gewöhnlich aus
Rohr gemacht. Die Spinnerin nahm den Woden
in die Linfe, zog mit der Rechten einen Faden
aus der Wolle (orjuov« »ardysır, filum dedu-
cere), drehte ihn mit den Fingerſpitzen feit, be:
feftigte ihn an dem Hafen (&yxıoreor) der Spindel
(ärgexros, fusus) und legte ihn um dieje herum.
Indem fie num den um die Stange der Spindel
herumgehenden Wirtel oder Wirbel (opovdvkog, |
Comissatio.
verticillus, turbo) mit dem Daumen und Zeige-
finger drehte (ärganror Fhlsasır, fusum versare)
und zugleich den angefeuchteten Faden vom Woden
länger auszog, wurde der Faden
(striuw», filum) gedrillt (ore£-
Yeır, versare oder torquere)
und widelte fih um die Spin:
del auf, melde nun an dem
Faden hing (j. die Abbildung,
die eine Frau darftellt, welche
ftehend und in der Linfen den
Woden haltend, mit der Rech—
ten den Faden auszieht, an
dem die Spindel hängt). War
die Spindel voll, jo riß man
den Faden ab (stamen abrum-
pere), ftreifte das geſponnene
Fadentnäuel (Awsrrje, glomus)
von der Spindel ab (fusos evol-
vere) und legte es in den gewöhnlich aus Flecht—
wert bejtehenden Spinntorb (zdiadog, radiagos,
calathus, quasillus). &. aud) Fusus.
Comes, 1) Begleiter der Provinzialitatthalter
und der Feldherren, namentlich Freunde und Ber:
wandte und andere junge Leute, die ſich für ihre
fünftige Staatscarriere ausbilden wollten (Caes.
b. g. 1, 39). Dieje Sitte blieb auch unter den
Katfern, wenn fie jelber in die Provinzen gingen
(Tac. ann. 1, 47). Im Feldlager hatten fie ihren
bejonderen Pla neben dem praetorium (j. unter
Castra das Lager des Hyginus). — 2) Seit
Eonftantin dem Gr. wurde comes ein Titel für
alle Hof: und Staatsdiener. Dieje comites zer:
fielen in 3 Rangllafjen, bezeichnet durch viri
illustres, spectabiles, clarissımi. Au den illn-
stres gehörten außer Dem quaestor sacri palatii
(deſſen Stellung der des heutigen Reichskanzlers,
cancellarius, gleicht) und dem magister officivrum
(Hofmarjchall) der comes sacrarum largitionum
oder c. sacri aerarii (Finangminifter), der comes
rei privatae, Berechner des gejamten Kronver—
mögens, ſowie jämtliche weiteren aktiven oder wirt:
lichen Beifiger des Staatsrates (j. Consisto-
rium). In der zweiten Nangllaffe, viri specta-
biles, jtanden die comites in consistorio,
Staatsräte, die nur auf Einladung an den Be:
ratungen teilnahmen, wozu auch professores und
Rechtsgelehrte ernannt wurden. Der dritten Nang:
Hafje, viri clarissimi, gehörten unter andern
der comes auri an, (wahricheinlich) Oberaufjeher der
faijerlihen Silberfammer, comes vestis sacrae,
Vorſtand der faijerlichen Stleiderfanmer, comes
stabuli (Oberjtallmeifter ?), comes castrensis, Ober:
hofmeiſter, d. h. Beauffichtiger der gejamten Hof—
dieneridhaft.
Cominii, aus plebejiichem Gejchlechte, Publius
und Lucius, 2 Brüder, Hagten im 3. 66 v. C.
ben früheren Tribunen Cornelius wegen Majeitäts:
beleidigung an, mußten aber der Gewalt weichen
und fliehen. Bei der jpäter ernenerten Anklage
verteidigte Kicero den Cornelius. Die Rede des
P. Cominius lobt Cicero (Brut. 78, 271) fehr, ſo—
wie auch Aſconius, zu deſſen Zeit fie noch eriftierte.
Comissatio, ein Trinfgelag, welches nach der
coena oder Hauptmahlzeit gehalten wurde. Solche
Gelage dauerten oft in die Nacht hinein und ſtan—
den nicht in gutem Rufe, weil es dabei laut, ja
jogar wild heraing.
Comitia —
Comitia, die ordentlihen römischen Bolfsver: |
fammlungen. Sie übten die Bolfsgewalt oder die |
Hoheitsrechte aus; der Senat hatte nur die Bor:
beratung über das dem Volke Vorzulegende neben
der Enticheidung über alle Adminiftrativjachen, |
die Magiftrate waren zur Ausführung der von
dent Volle und dem Senate gefahten Beſchlüſſe
verpflichtet. 1) Comitia curiata, jo genannt
von den 30 Curien der Altbürger oder PBatricier,
weldye unter den Königen bis Servins Tullius
die einzigen Bürger waren (j. Curia und Pa-
tres). Dieje Comitien wählten die Könige und
erteilten ihnen das imperium, entichieden in Pro—
vofationsfällen und waren in diejer Beziehung
die Oberrichter, endlich hatten fie in vielen, auf
die Familienkreiſe der Curialen bezüglichen Ver:
hältnifien großen Einfluß. So wurden vor ihnen
die Teftamente gemacht und Adoptionen vollzogen.
Durch Servins Tullius verloren die Euriatcomitien
die meiften der genannten Befugniſſe und behiel-
ten nur a) die Enticheidung in den erwähnten
Familienſachen, b) die Erteilung des imperium
durch die lex curiata de imperio, c) die Be-
ftätigung der in den Genturiatcomitien gefahten
Beſchlüſſe, welches Recht ſie aber bald verloren.
‚Früher präfidierte der König, jpäter Nonjuln, Prä:
toren oder Diktatoren. Die Abjtimmung geichah
nach Eurien; gegen das Ende der Republit wurden
die 30 Eurien durd 30 Liltoren vertreten, und
mit dem 3. Jahrh. der Kaiſerzeit erlojch der letzte
Schein diejer Berfammlung. — 2)Comitiacen-
turiata, jo genannt nad) den 193 Genturien, in
welche Servius Tullius die ganze Bürgerichaft der
Patricier und Blebejer geteilt hatte (j.Servii, 1.).
Die Magiitratswahlen, Legislation, Jurisdiktion
in Brovolationsjällen, auch die Enticheidung über
einen Aungrifistrieg, waren von Servius Tullius auf
dieje von ihm geftifteten Gomitien übertragen
worden. Die erwähnte Jurisdiktion erweiterte jich
aber zu einer vollftändigen Obergerichtsbarfeit in
allen Kapitaliachen (durch die lex Valeria, 509 v. E.,
und Durch die XII Tafeln). Ohne YZuftimmung
des Senats lonnte fein Comitialbeihluß zuftande
fommen, aber dieie Zuſtimmung janf immer mehr
zu einer leeren Formalität herab. Der Verjamm:
lungsort war der campus Martios (Gell. 15, 27),
das Präſidium hatten die höheren Magiftrate, auch
die Interreges. Diejen ftand es zu, die Frage
an das Volf zu richten (rogatio gen.): velitis,
iubeatis Quirites (j. B. bellum indici u. dergl.),
worauf die Abftimmung der Eenturien begann und
jo lange fortgeiegt wurde, bis ſich die Majorität
ergab, was jehr häufig Schon nach dem Suffragium
der Ritter (18 Cent.) und der erften Klaſſe (80 Uent.
der ‚all war. Die Bürger jtimmten vor alters
mündlich, jpäter jchriftlih (per tabellas, mit
Stimmtäfeldhen). Bei legislativen Comitien jchrieb
man A., d. h. nein (antiquo), oder U. R., d. h
ja (uti rogas, jo wie du vorjchlägit); bei Wahlen
bezeichnete man die Tafel mit dem Namen des
Kandidaten; bei gerichtlichen Comitien jchrieb man
A, d. h. absolvo, oder Ü., d. i. condemno, oder
N.L., d. h. non liquet; die diribitores (j. d.)
ermittelten die Majorität der Stimmen. — 3) Co-
mitia tributa, die tributim von den höheren
patricifchen Magiftraten berufenen Bürgerverjamm:
lungen (jeit 449 v. E.); fie erhielten ihren Namen
von den lofalen Tribus, in welche Servius Tullius
.| ih mit der Monarchie,
217
Stadt und Land geteilt hatte (j. Tribus). Dem:
nad) waren alle in den Tribus eingejchriebenen
Bürger dieſe Comitien zu befuchen berechtigt, d. h.
Patricier und Plebejer, je nachdem fie zu der einen
oder der andern Tribus gehörten, während fie bei
den Eenturiatcomitien nad dem Cenſus geordnet
waren. — Zu unterjcheiden jind fie von den con-
cilia plebis (Gell. 15, 27), welche von den tribuni
plebis berufen wurden und welche als Berjamm:
lungen der plebs auch dann galten, wenn that:
ſächlich Patricier dabei erichienen. Die conciliu
plebis hatten anfangs nur Angelegenheiten der
plebs zu enticheiden, erhielten jrab das Recht
tribuni plebis und acdiles plebei zu wählen,
während ihre legislative Kompetenz, d. i. die all:
emeine Verbindlichkeit der plebiscita, auf welche
* die lex Valeria Horatia von 449 v. C. und
die lex Publilia von 339 dv. E. bezog, erft durch
die lex Hortensia von 287 v. E. definitiv feit:
geitellt wurde. Die Jurisdiftion war anfangs eine
auf Grund der lex sacrata und des plebiscitum
leilium 492 v. C. angemaßte, wurde aber durch
die lex Aternia Tarpeia 454 v. C. und die
Geſetze der Decempirn innerhalb gewiffer Grenzen
anerfannt, jo da in der Folgezeit alle auf hohe
Vermögensbußen lautenden Ertenntniffe der Tri:
bunen und Adilen von den concilia plebis be-
ftätigt oder verworfen werden mußten. — Die
cumitia tributa hatten dagegen: 1) die Wahl der
niederen Magiftrate, d. h. der Quäſtoren, Adilen,
XXVI viri, und der außerordentlichen praefecti
annonae, duumviri navales, triumviri coloniae
deducendae u. a.; 2) legislative Befugnis, inden
die höheren patriciichen Magiftrate anftatt der
umjtändlicheren comitia centuriata meift die be-
quemeren comitia tributa bei ihren Geſetzesan—
trägen benußten. Die Abjtimmung erfolgte ſowohl
in den comitia tributa, als aud in den con-
eilia plebis nach Tribus. Bei Priejterwahlen
wurden nur 17 Tribus, wahricheinlich durch das
Los erwählt, zum Stimmen berufen. Cie. de T.
agr. 2,7. ine große Veränderung der Gen-
turiatcomitien wurde dorgenommen, nachdem die
Tribus bis auf 35 gebracht waren; man verjchmolz
nämlich die Genturien mit den Tribus, um die
Eomitien demofratiicher zu machen. Die Bürger
einer jeden Tribus ftellten ſich nach 5 Klaſſen in
2 Hälften, seniores und iuniores, jo daß jede
Tribus 10 Genturien enthielt (2 der erjten Klaſſe,
2 der zweiten u. 5. f.), alle 35 Tribus alio
350 Genturien, neben denen die 18 Neitercenturien
und wahricheinlich auch die 4 Handwerfercenturien
nebit der centuria capite censorum fortbejtanden.
Unter den erjten Kaijern verloren die Comitien
ihre alten Rechte (Tiberius übertrug auch noch die
Wahl der Brätoren auf den Senat, Zac. ann. 1,15).
Nach 2 Jahrhunderten hörten fie, als unverträg:
anz auf.
Comitia caläta, „feierlich berufen von den
Prieftern‘ (calare),. Hier wurde vorgenommen
1) die Jnauguration der Flamines und des rex
sacrorum, 2)die sacrorum detestatio(j.Sacra),
3) die Abfaſſung der Teftamente. Wahrjcheinlich
waren com. calata nur com, curiata. Gell. 15,27.
Comitiäles dies j. Dies, 3.
Comitium, ein Ort in Non, zwiichen Dem
Forum und der Curia (wahricheinlich weitl. der
Basilica Aemilin) belegen und für Vollsverſamm—
Comitium.
278 Commeatus
lungen beſtimmt.
ichwere Strafen wurden hier vollzogen. Liv. 22,57.
Plin ep. 4, 11, 10. Tac. Agr. 2.
Commeätus ift der Urlaub, den die Soldaten
auf gewiffe Zeit erhielten, jei es zur Beſorgung
nottwendiger Sejchäfte oder auch zum Vergnügen.
Tac. Agr. 5. Der Mifbrauch diejer Einrichtung
wurde allmählich ein Berderb der römischen Dijci-
plin. ©. Beneficiarıus.
Commentarsi oder aud) commentaria, ab:
aqeleitet von commentari, Dies bedeutet die ge—
ſamte geiftige Thätigfeit, welche der Produktion
in der jchriftlichen Aufzeichnung vorausgeht, bei
dem Wedner aljo die Vorbereitung des Stoffs
durch Nachdenten (meditatio) oder Aufichreiben
von Notizen, Entwerfen der Dispofition, Aus—
führung und Diftieren einzelner Teile (Cie. Brut.
88, 301). Daher commentatio (Brut. 105) dieſe
Thätigfeit und commentarium die Skizze einer
Rede (Brut. 164. de or. 1, 23, 108). Hiervon ijt
die Anwendung auf jede leicht hingeworfene jchrift:
lihe Darftellung gemadt. Cäſars Denkwürdig—
feiten heißen commentarii im Gegenjaß zu dem
eigentlidhen scribere historiam (Cie. Brut. 262).
Sodann wurde das Wort gebraucht von den Auf:
zeichnungen, welche ſich die Lehrer für ihre Vor:
lefungen machten, aljo von den Kollegienheiten
(Madvig zu Cie. fin. p. 621), wie dies von den
Inftituttonen des Gaius Dernburg (1869) nachge:
wiejen hat, und wie Quintilians in«titutio ora-
toria gleichfalls aus einem Hefte hervorgegangen
ift. In demjelben Sinne gebrauchen die Griechen
brourijuere und ayolınd brourruare (Xchrs d«
Aristarchi stud. Hom. p 24). — In der römijchen
Yitteratur werden erwähnt commentarii regum,
Aufzeichnungen über Funktionen der Könige, comm.
pontiticum, fafralredhtliche Notizen, comm. augu-
rum, censorum, consulum und anderer Beamten,
die fich wohl auf den Geſchäftskreis derjelben be-
zogen haben.
Commerefum, das Recht, ftrengrömijches Eigen:
tum zu erwerben und zu übertragen, welches nur
der römijche Civis haben fonnte. Später gab man
jowohl einzelnen Peregrinen als ganzen Kommu—
nen diejes Recht (ſ. Latium, 7.).
Comminiänus, ein lateiniicher Grammatiker des
vierten chriftl. Jahrhunderts, der bejonders von
Eharifins benußt ift und nicht jowohl für Gelehrte
als für Schüler gejchrieben zu haben jcheint. Val.
Keil, gramm. lat. I p. XLVIII.
GCommins wurde von Cäſar zum Fürften der
unterworfenen Atrebaten gemacht und nach Britan-
nien gejandt, um die Einwohner zur Unterwerfung
aufzufordern, 55 v. C. Caes. b. g. 4,21. Aus
der Sefangenichaft, in die er geriet, befreite ihn
Cäſar, den er auch auf feinem zweiten Zuge be-
gleitete. Ihm zuliebe geitand Cäſar den Atre—
baten manche VBergünftigungen zu (daf. 7, 76). Als
aber ganz Gallien ſich erhob, trat er gleichfalls
zur Sache jeines Baterlandes über und kämpfte bei
Aleſia (daj. 7, 76) und jpäter, wenn auch unglüd:
lich, in Belgien gegen die Römer. Ein Verſuch des
Yabienus, ihn zu ermorden, mißlang. Im J. 51
zog er germaniiche Hülfe herbei, floh aber nad)
mehreren Niederlagen. Später unterwarf er fich
jo weit, daß er an einem ihm beftimmten Orte
jeinen Aufenthalt nahm, mußte jedoch aud) von da
wiederum und zwar nach Britannien entflichen.
Auch Hinrichtungen und andere |
— (ommodus.
Commodätun, Leihvertrag, wonad) ein Gegen:
ftand unter der Bedingung der unverjehrten Zurüd:
gabe einem andern unentgeltlich zum Gebrauche
übergeben wurde. _
Commödus, L. Älius Aurelius, oder, wie
er fi als Kaifer nanıte, M. Aurelius Com:
modus Antoninus, dem Marc Aurel zu Lanu—
vium von der Fauſtina geboren am 31. Auguft
161 n. E., obwohl mande ihn zu einem Sohne
der Fauftina von einem Gladiator machen. Lampr.
Comm. 1. Schon im J. 166 empfing er den Titel
Cäſar, dann 172 den Beinamen Germanicus, wahr:
icheinlich als er den Water nach Germanien be:
qleitete. Mit dieſem zog er nad) dem Orient gegen
Avidius Caſſius im J. 175, 14 %. alt. Lampr.
Comm. 2. Im J. 176 zum Nmperator ernannt,
wurde er im X. 178 mit Bruttia Crijpina ver:
mählt und folgte dem Bater gegen die ins Reid)
eingebrochenen Germanen und Sarmaten. Dio (ass.
71, 22. 33. Capitol. M. Ant. 27. Auf dem Feld:
zuge ſtarb Marc Aurel plößlich zu Vindobona;
ohne Schwierigkeit folgte ihm Commodus. Kurze
Zeit nachher kehrte E., der einige Erfolge über
die Feinde davongetragen zu haben jchien, des
Krieges überdrüffig nad) Rom zurüd. Dio Cass.
72, 1f. Zonar. 12,4. Aur. Vict. Caes. 17. Hier
zeigte er ſich anfänglich feineswegs als ein völlig
ichlechter Menjch (Herod. 1,7. Dio (ass. 72, 1;
anders Lampr. Comm. 1), ja, er war jogar eine
Beitlang beliebt (Herod. 1, 7. 17); da ihm aber
die zum Herrſcher nötige Urteilsfähigfeit und Selb-
ftändigfeit abging, und da er eine unmännliche
ÜÄngftlicheit und Furchtiamfeit beſaß, unterlag er
bald ganz dem böfjen Einfluß feiner Umgebung
und jeinen Günftlingen. Zunächſt lieh er ſich von
Berennis leiten, der als Gardepräfekt fait ſchranken—
los herrichte und den Senatoren die Offizierftellen
zu entziehen juchte, übrigens das Neich fräftig und
geſchickt leitete. Beim Sailer verdächtigt, wurde
er getötet im J. 185. Zonar. 12, 4. Lampr.
Comm. 6. Sn folgte in der Gunſt des Herrichers
Kleander, ein reigelaffener, der auch mit 2 Kollegen
ipäter die Gardepräfeltur inne hatte. Herod. 1,9.
Amm. Mare. 26, 6. Lampr. Comm.6. Da er jeine
Stellung in eigenmäctiger Weiſe mißbrauchte,
3. B. alle Amter, die Senatorenwürde u. j. w. ver:
faufte, wurde auch er gejtürzt, 189. Lampr. Comm.
7. 14. Dio Cass. 72, 13. Zonar. 12,4. Herod.
1, 12. Bu der Finanznot, die unter Commodus
im Innern des Neiches berrichte, fam ‚eine Reihe
von auswärtigen Kriegen, die die Schwachheit und
Unfähigfeit des Naifers immer mehr offenbarten.
Dazu wütete die Pet im Neiche, auch gingen Teile
der Stadt Rom in Flammen auf. Nadıdem (183)
eine Verjchwörung gegen das Leben des Kailers
mißlungen war, richtete fi) deflen feige Graujamfeit
gegen feinen ganzen Hof. Lampr. Comm. 10. Bon
diejem wurde er daher auch geſtürzt. Wie der
Kaifer früher jeine Gattin Bruttia Criſpina wegen
Verdachtes einer Verſchwörung verbannt hatte, jo
jah jebt jeine Nonfubine Marcia, die bisher viel
bei ihm gegolten, ſamt mehreren Hofbeamten in
den gleichen Berdacht geraten, harter Beitrafung
entgegen. Diefer zuvorzulommen, beichlofien die
Bedrohten die Ermordung des Kaijers, und ein
jtarfer Athlete mußte denjelben erdrojieln, am
31. Dezember 192. Dio Cass. 72,22. Zonar.12, 5.
Lampr. Comm. 17. Herod. 1, 165. Aur. Pict.
Compensatio — Confluentes.
Caes. 17. Bol. Zürder, Commodus, in Büdingers
Unter. z. röm. Kaiſergeſch. (1868) I ©. 223 ff.
Schiller, Geſch. d. röm. Staiferzeit I, 2 ©. 660 ff. |
Krafauer, Commodus und Pertinax (1883).
Compensatio, Tilgung einer Schuld durd) eine
gleichartige Gegenforderung, welche bei den Klagen
bonae fidei von jelbft eintrat, während fie bei
actiones strieti juris nur dann vorgenommen
werden durfte, wenn fie in die Prozefformel auf:
genommen war.
Comperendinatio hieß die Feſtſetzung eines
gerichtlichen Termins auf den dritten Tag (dies
perendinus), welche jowohl von den Parteien er:
beten als von dem Richter angeordnet werden konnte.
An dem Formmlarprozejie heißt comper. der neue
zweite Termin, welcher angejeßt wurde, wenn die
Sache in dem erjten Termine nicht zur Entichei:
dung gelommen war. Sie unterjchied ſich von der
ampliatio dadurch, daß in der comper. eine Ent:
jcheidung folgen mußte. Auch in dem Kriminal:
prozefie konnte fie angewandt werden.
Compitalia j. Lares.
Compromissam hieß der Vertrag der prozej:
jierenden Parteien, ſich dem Urteilsipruche des ge:
meinjam von ihnen zu wählenden Schiedsrichters
(arbiter) zu unterwerfen, mit Stipulierung einer
Helditrafe für den Wortbrücigen.
chiſche Verfahren vgl. ’Erıreomi).
Compsa, Köuye, j. Conza, Stadt der Hir-
piner in Samnium an den Quellen des Aufidus.
Lir. 23, 1. 24, 20. 44.
Comum, Köyuorv, j. Como, Stadt im cisalpi-
nischen Gallien, an der Weitipige des Lacus La-
rius (Comerjee), von den Römern, bejonders von
Cäjar, der 6000 Koloniften in ihr anficdelte, zu
einer blühenden Kolonie gemacht, welche zugleich
als Vorpoften gegen die Alpenvölter diente, Ge-
burtsort der beiden Plinius. Berühmt war die
Stadt durch ihre Eifenfabrifate. Strab. 5, 213.
Liv. 33, 46. Plin. ep. 1, 13.
Coneäni, ein wilder cantabrijcher Volksſtamm
im nördlichen Hiſpanien, mit der Stadt Concana.
Hor. od. 3, 4, 34. Mela 3, 1, 10.
Concha j. Trinkgefülse.
Coneilium, 1) jede Verjammlung überhaupt.
— 2) Verfammlungen nur eines Teiles des röm.
Vollks, z. B. der Plebejer im Gegenjage zu comitia
(j. Comitia) — 3) Zuſammenkunft der Völker
und Städte, welche zu einem Bunde vereinigt
waren, auch der Provinzialjtädte, etwa wie die
neuere Landesgemeinde. Solche Bundesverſamm—
[ungen hielten die Latiner, Etrujfer, Samniter u. ſ. w.,
um die gemeinjamen Intereſſen zu beraten.
Concordia, römijche Perjonififation der Ein:
tracht, vornehmlich der Eintracht der Staatsbürger
untereinander. Wenn Zwieſpalt im Staate beige:
legt wurde, baute man der Concordia einen Tempel.
Den erften gelobte ihr der Diktator Camillus im
I. 367 v. E. während eines Streites der Patricier
und Plebejer; nach Beilegung desielben wurde er
in der Nähe des Forums erbaut. Plut. Cam. 42.
Die Gründung anderer Concordiatempel ſ. Liv.
9,46. 22, 33. Plut. Gracch. 17. Livia weihte der |
Goncordia einen Tempel als der Eintracht der Ehe.
Or. fast. 6, 637. Feſte derjelben am 16. Januar
und 30. März (da. 1, 639. 3, 881). Dargeſtellt
wurde jie als Matrone, im linfen Arme das Füll—
Für das grie:
279
horn, in der rechten Hand einen Olzweig oder
eine Scale haltend.
Coneubina ift eine mit einem unverheirateten
Manne zuſammenlebende unverheiratete Frau nie—
drigen Standes. Ein ſolches Verhältnis war nicht
anjtößig, aber entbehrte aller rechtlichen Folgen,
welche die Ehe hatte; die Stinder galten als
unehelich.
Condietio, 1) gemeinjame Verabredung (der
etiva infolge derjelben entftandene Prozeh hieß
actio strieti iuris), jodann Ankündigung und Ya-
dung; 2) jede perjönliche Klage, welche ihren Namen
von der alten legis actio per condictionem (d.h.
Ladung, ji am dreißigſten Tage vor Gericht ein—
zufinden) empfangen hatte, obwohl die Ladung
nach Einführung des Formularprozejies ganz ab:
gefommen war. Die Kondiltionen gingen immer
auf ein Certum, d. h. eine bejtimmte Geldjumme.
Condrüsi, ein Volk germanifchen Stammes im
beigiichen Gallien, am rechten Ufer der Maas,
norböjtlic) vom Ardennerwald, zwiichen den Tre:
virern, deren Klienten fie waren, und den Eburo-
nen — aljo im Reg.Bezirk Machen und der Pro:
vinz Lüttih. Ihr Name hat fi erhalten im
Namen der Landichaft Condroz zwiſchen Huy und
Lüttich. Caes. b. g. 2, 4. 4, 6. 6, 32.
Confarreatio, die ältejte religiöje Eingehungs:
form der Ehe unter den Patriciern, welche den
Eintritt der frau in die rechtliche und joziale
Semeinichaft des Mannes bewirkte. Die Frau ftand
zu ihrem Marne filiae loco, denn fie ging aus
der Hand bes Vaters in die manus des Ehegatten
über (Cie. top. 4, 23: mulier viro in manum
convenit); F zugebrachtes Vermögen ging in den
Beſitz des Mannes, für ſich fonnte fie nichts er—
werben, nur für den Mann. Dieje Beitimmungen
wurden allmählich für die immer mehr nad)
Emanzipation jtrebenden rauen drüdend, daher
war ichon zu Tiberius' Zeiten dieſe Art der Ehe:
ſchließung viel jeltener geworden, jo daß Schwie—
rigfeiten entftanden, die gejegliche Auswahl für die
Stellen der Veftalinnen und der famines Diales,
die nur aus jolhen Ehen bejegt werben durften
(legtere mußten auch jelber in Ehen durch con-
farreatio geichloffen leben), innezuhalten. Des:
halb jeßte Tiberius, den tieferen Grund der Vernach—
Lälligung durchichauend, zur weiteren Empfehlung
der confarreatio ein Geſetz durch, daß auch die
durch confarreatio verheirateten Aaminicae Dia-
les nur in sacris (sacrorum causa) in der Gewalt
des Mannes verbleiben, im übrigen in dem ge:
mwöhnlichen rechtlichen Berhältniffe anderer Frauen
ſtehen jollten. Tac. ann. 4, 16. Die confarreatio
hatte ihren Namen von dem farreum libum, denn
das charakteriftiiche Element in dieſer Eheſchließung
it das Faropfer (farreum), dem das aujfpicale
Schafopfer vorausging und ein Schweineopfer folgte,
welches die nun Verheiratete in Gemeinichaft mit
ihrem Ehegatten als mater familias darbradıte.
Gai, 1, $. 112. &. Diffarreatio und Ehe, 11.
Confessio hieß das Geftändnis des Beflagten
oder Angeflagten. Durch confessio war ein Eivil-
prozeß beendigt, ohne daß ein Urteil nötig war,
indem der Eingeftändige ohne weiteres zur Zah—
fung oder Leiftung des Verſprochnen angehalten
werden konnte; aber im Kriminalprozeh war auch
nach dem Geftändnis ein Urteil unerläßlich.
Confluentes, Stadt am Einfluß der Mojella
280
in den Rhenus, in Niedergermanien, j. Coblenz.
Suet. Cal.8. Amm. Mare. 16, 3.
Congiarfum |. Largitio, 11.
Congius j. Malse.
Coniuratio (coniurare), uriprünglich die ge:
meinichaftliche Vereidigung der Soldaten bei einem
plöglich ausgebrochenen Kriege, tumultus ‘+ose
non abituros esse); auch die ſchleunige Anwerbung
derjelben (evocatio) mitteljt des Ausrufs: qui rem
publicam salvam esse vult.
Conqnisitöres, Werbeoffiziere, welche bei dro—
henden Kriegen und in gefährlichen Zeiten, wie
z. B. int zweiten puniſchen Kriege, vom Senate oder
dem Machthaber den Auftrag erhielten, in den
ihnen bezeichneten Gegenden alle zum Kriegsdienſte
Zauglichen aufzufuchen und einzujtellen. Hiergegen
ichüßte nicht die vacatio aetatis, Liv. 23,32. 25,5.
Caes. b. Alex. 2, Cie. ad Att. 7, 21.
Consecratio j. Apotheose.
Consentes dii, bei den Römern die 12 höchiten
Götter, welche Jupiters Nat bildeten und die gegen-
wärtige Weltordnung leiteten, 6 männliche und 6
weibliche: Jupiter, Neptunus, Bulcanus, Apollo,
Mercurius, Mars, Juno, Minerva, Ceres, Benus,
Veſta, Diana, Bei den Etrnifern waren bie dii
consentes ein den Jupiter beratender Berein von
12 geheimnisvollen namenlojen Göttern unterge:
ordnieten Ranges. — Die dii consentes machten
uſammen mit den dii seleeti(Saturnus, Janus,
Rhea, Drcus oder Pluto, Liber, Sol, Yuna, Genius)
bei den Romern die dii magni (unrichtig bei
Meueren dii maiorum gentium) aus, die dii
minores (unricdhtig minorum er) dagegen
umjahten die dii indigetes (einheimiiche, unter
die Götter verfebte Heroen, wie Aneas, Romulus
und dii Semönes {bon semi, Halbgötter?).
Dieſen dii magni und minores treten als dritte
Kaffe von Göttern an die Seite die fremden Gott:
heiten, dij peregrini.
Considii, 1) Quintus Cons., ein Blebejer,
476 v. C. Tribun, beförderte die Vorſchläge wegen
eines agrariichen Geſetzes und verflagte den Konſul
Menenius als angeblichen Urheber des Todes der
Fabier in der Schladyt an der Eremera. Liv. 2, 52.
— 2.0. Eoni., Freund des Prätors Verres, aber
ſonſt ein Mann von großer Sewiflenhaftigfeit und
Eelbitändigfeit, mahnte zur Zeit des Gatilina, als
Hom von großer Geldnot bedbrängt wurde, feinen
jeiner Gläubiger. Einft, in einer ſchwach bejuch-
ten Senatsfigung, äußerte er gegen Cäſar, die
Senatoren wären aus Furcht vor Cäſar micht er:
ichienen. Und als diejer fragte, warum er denn
jelbft zu fommen gewagt habe, antwortete er, er
jet zu alt, um den Tod zu fürchten. Plut. Caes. 14.
Cie, ad Att. 2, 24,4. — 8) C. Conſ. Yongus,
verlich zur Bewerbung um das Konfulat im J. 50
vd. €. Afrika, das er als Proprätor verwaltete,
nachdem er die Verwaltung diejer Provinz dem
Ligarius übertragen hatte. Nach jeiner Rücklehr
im J. 49 hatte ſich cin anderer in den Befit
Afrikas gejegt, worauf Eon. Hadrumetum befeßte
und längere Zeit behauptete. Caes. b. c. 2, 28,
b. Afr. 3.4. Dem Cäſar widerſetzte er fich, führte
von Hadrumetum aus Krieg gegen ihn und verlieh
den Ort erft nad Scipios Befiegung mit feinen
Schägen, wurde aber von den ihn begleitenden
Afrifanern beraubt und getötet. Unes. b. Afr. 38.
43. 86. 93. — 4) M. Conj. Nonianus, ver:
Congiarium — Constantinus
waltete im 3. 52 v. E. die Prätur und ericheint
| während der Bürgerfriege al3 Anhänger des Pom—
pejus. Cie. ad Att. 8, 11b,2. — 5) P. Conſ.,
‚einer der Befehlshaber Cäſars in den galliichen
Feldzügen, in Denen er fich auszeichnete. (Caes.
bg. 1, 218.
Consilium, 1) der aus rechtstundigen Männern
zuſammengeſetzte Mat, welcher den rechtiprechen:
den Magiftraten Konſuln, Prätoren u. f. w.) bei:
ſtand, j. v. a. adsessores, auch unter der Mon:
archie beibehalten (Die Cuss. 57, 7. 60, 4). —
2) Consilium iudicum, eine Abteilung der ge:
jamten Richter, weldye über ein Berbrechen ent:
ſcheiden jollten. Auf fie beziehen ſich die Redens—
orten in consilium ıre, cons, dimittere, de cons.
sententia u. a. Auch die Centumvir: bejtanden
aus 4 Confilien oder Ktollegien. — 3) Consilium
im e. ©. bezeichnet ein ftehendes Kollegium von
10 Perſonen (in Rom) oder von 20 (in den Pro:
vinzen), welche dem Meagijtratus bei gewiſſen Ge:
ichäften der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. bei
Manumiifionen u. dgl., zur Band gingen.
Consistorium hieß ſeit Diveletian der kaiſer—
lihe Staatsrat, welcher aus den angejeheniten
Männern beftand und ſich mit dem Kaiſer über
Yegislation, Adminijtration und Juſtiz beriet ſ
Comes) Schon Anguſtus hatte ſich bei feiner
neuen Bejchgebung vom Senate einen engeren Nat,
aus 15 durch Los auf 6 Monate erwählten Se:
natoren beftehend, erbeten. Pio Cass. 53, 21. Suet,
Get. 35. Im J. 12 n. E. wurde diejer Staats
rat auf 20 für 1 Jahr erwählte Mitglieder aus:
edehnt und Tiberins zu deſſen Borfiger ernannt.
ie ausgedehnten Befugniffe diejes Rates |. Div
(ass. 56, 28. — Uriprünglicy hieß consistorium
wohl der Saal, in weldyem ſich diefe Näte ver:
jammelten.
Constans, der dritte Sohn Conſtantins des
Großen und der Fauſta, geb. etwa 323 n. E., wurde,
10 Jahre alt, Cäſar und erhielt nady feines Vaters
Tode Afrila und alien, wozu er nach seines
Bruders Eonftantinus’ II. Tode noch einen großen
Teil des Reiches hinzufügte. Zos. 2, 3%. 42. Aur.
Viet. ep. 41. Durch Schmeichler verführt, gering
geihägt vom Heere wegen jeiner Yiebhaberei für
die Jagd, wurde er bei einem Mufftande des
Magnentins von feinen eigenen Soldaten verlafjen
und auf der Flucht in den Pyrenäen ermordet, 350.
Über jeinen Charakter f. Amm. Mare. 16, 7.
Constantia, 1) Schweiter Eonftantins des ®r.,
Gemahlin des Licinius (313 m. E.), nahm fich, als
Diefer von ihrem Bruder bejiegt war, jeiner bei
Eonjtantin anfangs mit Erfolg an. Sie ftarb 327.
— 2) Name mehrerer nad ihr oder den K. Con—
ftantinus benannten Städte in Phoinitien, Bald:
ftina, Kypros ꝛc.
Constantina ſ. Cirta.
Constantinopölis j. Byzantion.
Constantinus, 1)E. Flavius Valerius Au—
relins Claudius, geb. den 28. Febr. 274 n. E.
entweder zu Naifus in Möften oder zu Drepanon
bei Nilomedeia. Er war von Augend auf mit dem
Kriegsdienfte beichäftigt, und deshalb wurde jeine
wiſſenſchaftliche Ausbildung vernachläfligt. Als jein
Vater Conjtantius zum Gälar ernannt wurde (292),
diente er dem Piocletian und deſſen Auguſtus
Galerius in ihren Kriegen im Orient, wurde aber
von dem leßteren, der den Gonftantius fürchtete,
—— ————— nn — — — — — — — — — — —
Constantinus.
mit Argwohn betrachtet und von demjelben nad
der Abdankfung des Piolectian nicht zum Cäſar
ernannt, jondern in jeiner Umgebung zurüdbe-
halten, bis jein Vater endlich die Entlafjung des
Sohnes durchießte, worauf dieſer ſich jchleunigit
zu ihm begab und am Zuge gegen die in Britan:
nien eingefallenen Bitten teilnahm. Zus. 2, 8. Als
Eonftantius auf dieſem Zuge erkrankte, ernannte
er den Sohn zum Nachfolger mit Zuftimmung des
Heeres, obſchon Conſtantin jich anfänglich weigerte.
Eumen. pan. 8, 4. Am Todestage jeines Vaters
(25. Juli 306) rief das Heer ihn zum Kaiſer aus,
während Galerius, der jeinen Angrimm darüber
Hugerweije unterdrüdte, ihn nur als Cäſar aner:
fannte. Darauf jehlug Eonit. die Germanen am
Rhein (Futr. 10, 3) und jicherte die Grenzen. An
den nun ausbredyenden Kämpfen zwijchen Galerius
und dem alten Marimian, der jeinen jich zum
Kailer in Rom aufiverfenden Sohn Marentius
unterftüßte, beteiligte jich der kluge Conſt. nicht
(Aur. Niet Caes. 40. epit. 58. Zos. 2, ©), obgleich
Marimian ihm jogar jeine Tochter Fauſta ver:
mäbhlte; er beobachtete vielmehr den Gang der Sache
mit jcharfem Auge, um für ich den Gewinn daraus
zu ziehen. Nach der Flucht jeines Echwiegervaters
aus Nom verjuhr er auch gegen diejen, der in
jeiner Herrichiucht ihm zu bejeitigen juchte, mit
Strenge und zeigte dabei eine falte Berechnung,
indem er jelbit die Bande des Blutes nicht achtete,
wenn er nur perjönlichen Vorteil gewinnen fonnte.
Er drängte jeinen Schwiegervater zur Flucht nadı
Maijilia, zwang ihn zur Ergebung und mötigte
ihn zum Selbitmord oder lieh ihn hängen. Kutr.
10, 3. Aur. Viet. Caes. 40. Nach Balerius’ bal-
digem Tode begann Eonft. nun jeinen Nampf mit
den übrigen Mitregenten Yicinius, Mariminus und
Marentius und bahnte ſich durch denjelben den
Weg zur Alleinberrichaft. Den Marentius, den
in ganz Italien verhahten Sohn des Marimian,
alſo jeinen Schwager, beiiegte er nach einem blutigen
Kriege im nördlichen Italien, bejonders in der
Schlacht bei Taurinum. Kumen. pan. 8, 16. Kutr.
10, 3. Dabei jol ihm jein Labarum (nad) einem
ihm im Traume erjchienenen Kreuze mit der An:
ichrift rorro vixa), eine geweihte Fahne mit dem
Beiden des Kreuzes und dem Monogramm Ghriftus
(X), welche der Behauptung der Chriſten gemäf;
während der Schladyt vom Himmel fiel und ihm
den Sieg verlieh, große Dienfte geleiftet und fein
zum Teil aus Ehriften beftehendes Heer begeiitert
ben, im J. 312. Musch. vit. Const. 1, 27 ff.
och einmal jchlug er den Marentius bei Nom an
der Tiber, in welcher diejer feinen Tod fand (312).
Die Römer erwiejen dem Sieger nad feinem Ein-
zuge die größten Ehren (313). Nach der Berhei-
ratung jeiner Schweiter Eonftantia mit Yicinius(313)
und nad) dem bald darauf erfolgten Tode des
Mariminus war Eonft. jchon jetzt eigentlicher Herr
des römischen Reiches. Er trachtete aber nach dem
ganzen, unbeftrittenen Befite desjelben. Kutr.
10, 5. Als es nun zwiſchen ihm und Licinius zum
Streite fam, bejiegte er den leteren bei Cibalis
in Bannonien (8. Oft. 314), dann bei Mardia in
Thrafien und zwang ihn zur Abtretung eines
Teiles feiner Länder. Eutr. 10, 5. Zos. 2, 18 ff.
Doch begann nad) verjchiedenen Kämpfen mit ger-
manischen Bölfern ein abermaliger Krieg gegen
Licinius. Wie immer ji die heidniichen Schrift:
— — — — — — — —
— — — —— — — — — — — — — — — — —
281
ſteller gegen Conſt. erklären und ihm Wortbrüchig—
keit, Treuloſigkeit und Herrſchſucht vorwerfen, ſo
auch diesmal, während die chriſtlichen ihren Helden
vergöttern und alle ſeine Kämpfe als den Weg
zur Ausrottung des Heidentums durch den end—
lichen Sieg des Chriſtentums darſtellen. Conſt.
gewann einen Sieg bei Adrianopel, während ſein
Sohn Criſpus die Flotte des Licinius ſchlug (323).
Licinius, gänzlich beſiegt in der Schlacht bei Chry—
jopolis, j. Stutari (18. Sept. 324), unterwarf ſich
und erhielt das Veriprechen der Sicherheit, endete
aber troß diejes eidlichen Verſprechens bald her-
nad) durch gewaltiamen Tod. Eutr. 10, 6. Aur.
Viet. Cues. 41. Zos. 2, 22. Conſt. hatte nun
jein Biel erreicht; er beherrichte das große, weite
Neich der Gäjaren jebt allein. Zugleich jiegte mit
ihm, wenn er auch erjt auf dem Sterbelager Die
Taufe .. das Chriftentum, bejonders jeit
der großen zu Nilaia abgehaltenen Kirchenverſamm—
fung, an der er jelbit teilnahm, im I. 325. Doch
ſchändete er jeinen Sieg durch Greuelthaten gegen
jeine nächiten Angehörigen. Seinen trefilichen, be:
gabten ältejten Sohn Criſpus ließ er ermorden,
vielleicht durch feine dem Stiefſohne abgeneigte
Gemahlin Faufta bewogen, cebenjo einen Sohn
des Licinius, zuleßt lieh er die Fauſta jelbit in
Dämpfen erjtiden, als er jein Unrecht gegen Erijpus
erfannt und feine Mutter Helena ihm die heftigiten
Vorwürfe wegen feiner Grauſamkeit gemacht hatte.
Zos. 2,29. Amm. Mare. 14, 11, 20. Bielleicht
wurde er durch jein eigenes gequältes Gewiſſen
zum Chriftentum geführt, weldyes ihm Vergebung
für jeine Sünden bringen jollte. Gleichzeitig that
Conſt. einen Schritt, der die nachherige Teilung
des Reichs anbahnte, indem er von Rom, welches
er ebenjo wenig liebte, wie die Bewohner der
ewigen Stadt ihn, den Sib des Reiches nad) dem
an der Grenze zweier Erdteile vortrefflich gelegenen
Byzantion verlegte, die Stadt Lonjtantinopolis
nannte und fie aufs prachtvolljte ausbaute. Die fol:
genden weniger unruhigen Jahre waren mehrfachen
Berbeflerungen im Innern gewidmet. Zos. 2, 33 ff.
Aur. Viet. Caes. 41. Amm. Marc. 19, 2. 21, 10.
Dabei verteilte er 333 und 335 zur befferen Über:
ficht über das Ganze die Provinzen unter jeine
Söhne, welche er zu Cäſaren ernannte. In den
legten Jahren jeines Lebens trug er ſich mit dem
Blane, die von den Perſern entriffenen Teile des
Reiches am Euphrat wieder mit demjelben zu ver:
einigen, und rüftete fi) zu einem Feldzuge genen
den Perſerkönig Sapores, als ihn der Tod plöß:
lid) auf jeinem Landſitze bei Nifomedeia über:
rajchte, den 22. Mai 337. Butr. 10, 6 ff. Er ftarb,
nachdem fein jpäterer Biograph, der Biſchof Eufe-
bios, ihn durch die Taufe ins Chriftentum aufge:
nommen hatte, und fand in Konftantinopel feine
Srabjtätte, wo er in der Apoſtelkirche beigeſetzt ward.
Die Ehriften machten ihn zum Heiligen ; fie hatten
durch ihn den Sieg errungen, das Chriſtentum
war Staatsreligion geworden, er hatte dasielbe
eſchützt durch eigene Geſetze, beſonders durd das
dit von Mailand vom J. 313, das den Übertritt
zum Chriftentume unbedingt freiftellte, nachdem im
Jahre vorher ein gemeinschaftlich mit Licinius ge—
gebenes Toleranzedikt für alle Kulte vorausge-
gangen war. Kuseb. vit. Const. 8, 14. — Eonit.,
der jchon als junger Mann fich durch körperliche
Schönheit und jeltenen Mut auszeichnete und jpäter
282
eine qute Erziehung genofjen hatte, war doc) nicht
frei von großen Fehlern, deren Urjache teilweije
in feiner Erziehung und in den Verhältniffen und
Wirren der Zeit lag. Das Urteil über ihn lautet
je nach dem chriftlichen oder heidniichen Stanbd-
punkte verichieden. Den Beinamen des Großen
verdient er weniger durch die Energie, welche für
die Neugeftaltung des zerrütteten Reiches erforder:
lid) war, als wegen der Schwierigfeiten, mit denen
er kämpfen mußte, und der glüdlichen Vereinigung
der zerjtüdelten Teile zu Einem Ganzen. Seine
Verdienite find nicht gering. Er ficherte die Rechts—
pflege, ichüßte die Unterthanen vor Bedrüdungen,
beförderte Künfte und Wiffenichaften, gründete
Nechtsichulen, unter andern zu Berytos in Phoi-
nifien, und änderte das Kriegsweſen, indem er die
zu einer Macht im Staate gewordenen Prätorianer
auflöfte, eine neue Anordnung in der Zahl und
Stellung der Feldherrn traf und das Heer in 2
Teile teilte, deren einer im Felde dienen, der andere
die Nuhe im Innern aufrecht erhalten jollte. Den
ganzen Sof bildete er neu, vielleicht etwas zu ſehr
nad) orientalijchem Mufter. Die jchon von Dio—
cletian eingeführte Teilung des Neiches in 4 Haupt:
teile (Orient und Agypten, Illyrien mit allen
Ländern bis ans Nigaiifche Meer, Italien mit
Weftafrifa und den Yändern bis an die Donau,
Gallien mit Britannien und Spanien) behielt er
bei, ftellte 4 Statthalter an die Spitze und übergab
diejen die Juftiz, die Volizei und die Finanzen. Sie
bildeten den Berbindungspunft zwiichen den Unter:
thanen und dem Kaiſer. Jeder Teil zerfiel wieder
in Heinere Provinzen; jeder Beamte hatte beftimmte
Auszeichnung, Gehalte und Titel. Die Abgaben
ordnete er gleichfalls nen, führte aber auch neue
läftige ein, namentlich Kaufpreis für Amter und
andere Taren. Val. %. Burdhardt, die Zeit Kon—
ftantins d. Gr. (2. Aufl. 1880). — 2) Conſtan—
tinus 11, jein ältefter Sohn, im J. 316 m. C.
geboren, jchon im nächiten Jahre Cäſar, erhielt eine
vortreffliche Erziehung. Ruhm erwarb er in einem
Kriege gegen die Sarmaten, welche fich zum Frieden
bequemen mußten. Nach des Vaters Tode befam
er Gallien, Spanien und Britannien. Bald darnadı
geriet er mit feinem Bruder Conjtans in Krieg,
der unglüdlich für ihm endete, da er bei Mauileja
geichlagen wurde und auf der Flucht im einem
Fluſſe umfam. Zos. 2, 21.41. — 3) Conſtan—
tinus III., warf ſich bei der im weſtrömiſchen
Neiche herrichenden Verwirrung im J. 407 n. €.
in Gallien, Spanien und feinem Baterlande Bri-
tannien zum Naifer auf und behauptete fich eine
Beitlang mit Hülfe germaniicher Stämme. Zos.
5,27. 6, 2f. Nach dem Tode jeines Sohnes
Eonftans, welchem Honorius die Würde eines Cäſar
hatte zugeftehen müſſen, fämpfte er zuerjt gegen
den Gerontius, dann gegen den Feldherrn Con—
jtantins, der ihn und feine deutjchen Hülfstruppen
bei Arelate befiegte. Der gefangene Eonftantin
wurde zu Rom hingerichtet, 411. Oros. 7, 42.
Constantius, 1) Chlorus (Flavius Balerius),
Bater Eonftantins des Gr., war ein Sohn des Eutro-
pins und einer Tochter des Kaiſers Claudius 11.,
Chlorus genannt nach jeiner Lieblingsfarbe. Er
wurde von den beiden Kaiſern Diocletian und
Marimian zu einem der Cäſaren ernannt, da man
einfah, daß bei der Menge der das Reich bedrängen:
den Feinde Einer nicht imftande ſei, das Ganze
Constantius,
zu regieren. Gonft., der jchon unter den früheren
Kaiſern mit Auszeichnung gedient, und den jchon
Carus hatte adoptieren wollen, erhielt Gallien,
Spanien und Britannien, trennte ſich auf Dio—
cletians Wunsch bald hernach von feiner Gemahlin
Helena, der Mutter des großen Conftantin, und
heiratete Marimians Stieftocdhter Theodora. Zos.
2,8. Oros. 7, 25. Er ſchloß vorläufig Frieden mit
Garaufius, der ſich in Britannien Fetgeießt hatte,
289 n. C., rüjtete fih aber im J. 292 zum neuen
Kampfe gegen ihn, schlug die Franken, ficherte
Gallien und war im Begriff nach Britannien über:
zulegen, als er die Nachricht von der Ermordung
des Garaufius erhielt, 293, dem Allectus, der
Mörder, gefolgt war. Eutr. 9, 22. Diejen griff
Eonft. an und unterwarf die Juſel wieder, 296.
kutr. 9,23. Im J. 298 befiegte er die in Gal:
lien eingedrungenen Alemannen im Gebiete der
Lingoner bei Bindonifja. Kumen. pan. Const.
6, 4—6. Zos. 2, 34. Oros. 7, 25. Als Diocletian
im J. 305 die Negierung niederlegte und mit ihm
Marimian, wurden Conſt. und Galerius Auguſte,
jener, als der ältere, war auch der erite, jtarb
aber jchon am 25. Juli 306 auf einem Feldzuge
egen die in Britannien eingefallenen Pilten zu
—— Eutr. 10, 1. Aur. Vict. ep. 43. Conſt.
war zwar Heide, aber wohlwollend gegen Die
Ehriften, vielleicht auch innerlich dem Ehriftentume
zugeneigt, dabei einfach, uneigennüßig und bei den
ſonſt hart bedrückten Unterthanen beliebt. —
2) Conſtantius II, ein Sohn Conſtantins des
Gr., geb. den 13. Aug. 317 n. E., ansgezeichnet
gleich —— ſeiner Brüder durch körperliche und
geiſtige Bildung, wurde ſchon im J. 324 Cäſar,
heiratete 336 und war beim Tode ſeines Vaters
im Orient. Zos. 2, 39. Bei der Teilung erhielt
er Ägypten und Afien und ficherte durch Ermordung
zahlreicher Verwandten jeine Herrichaft. Er hatte
heftige Kämpfe mit den Perſern zu beftehen, denen
er zahlreihe Schlachten lieferte, bejonders die für
ihn fiegreiche bei Singara in Mejopotamien, 348.
Amm. Marc. 18, 4. Sein durch frühzeitige Aus—
übung der Herrichaft verhärtete8 Gemüt verleitete
ihn zu manchen Graufamfeiten. Als im Nahre 350
mehrere Nebenbuhler ſich erhoben, bejeitigte er den
einen, jeiner Schweiter Conftantia zweiten Gemahl,
Vetranio, den andern, Magnentius, befiegte er in
der blutigen Schlacht bei Murja an der Donau, 351.
Zos. 2, 42 ff. Aur. Viet. Cues. 41. Oros. T, 29.
Conſt. eroberte Bannonien; Rom, durd; Magnen:
tius’ Grauſamkeit erbittert, unterwarf fich jenem;
Magnentius tötete fich jelbft zu Lugdunum im
J. 358. Amm. Mare. 14, 5. Aur. Vie. Caes. 42.
Eutr. 10, 12. Conſt. nahm Gallien ein und ſchloß
Frieden mit den benachbarten Alemannen, lieh aud)
jeinen früber verjchonten, ja jogar aus dem Kerker
‘auf den Thron berufenen und als Cäſar mit der
Führung des Perjerfrieges beauftragten Better
Gallus, der ſich durch Ausichweifung und Grau:
jamfeit zur Regiernng unfähig bewies, zur Ver—
antwortung ziehen und hinrichten (354), während
der 24jährige Bruder desjelben, Julian, nur auf
Bitten der Eufebin, Gemahlin des Conft., gerettet
ward. Amm. Marc. 14, 10f. 15,2. Zos. 3, 2.
Nach kurzem Aufenthalte zu Rom zog Eonft. gegen
die Sarmaten und Quaden, welche er jchlug. Amm.
Mare. 17,12. Nicht lange darnach brach ein neuer
Krieg mit dem Perjerfönige Sapores aus, vor
Constitutum
dem fich der Kaiſer nach Syrien zurückzog, während |
gleichzeitig Julian in Gallien Ruhm erwarb und,
von den Truppen zum Auguftus ausgerufen, des
Conft. Miftrauen erregte, jo daß er auch gegen
ihn fich rüftete. Neue Einfälle der Perſer veran—
laßten ihn ins Feld zu rüden; da es aber zu feiner
entjcheidenden Schladyt fam, beichlof er, den Aulian,
von dem er unbedingte Unterwerfung forderte, an:
zugreifen, und brach vom Euphrat auf, ftarb jedoch
unterwegs in Milifien, im J. 361. Amım. Mare.
18,5. 19, 11.20,8 ff. 21, 3-—7.22,2. Kutr. 10,15.
Oros. 7, 29. Julian wurde nunmehr ala Herricher
des ganzen Reichs anerfannt. — Conit., troß feiner
vortrefflichen Bildung fein großer Fürſt, war ab:
hängig von Schmeichlern und Dienern, dabei mif;-
trauijch, wenn auch gewandt und mähia; ebenjo
wenig ein bedeutender Feldherr, obwohl vom Hlüde
begünftigt. 3) Eonftantius, Feldherr des
Honorius (407 n. E.), befiegte zuerſt den Geron—
tins, dann den Ujurpator Gonftantin, der die
Alemannen und Franken zu feiner Hülfe berbei-
gerufen hatte. Als Gemahl der Placidia, der
Schweiter des Honorius, erhielt er vom diejem,
obihon nicht freiwillig, den Titel eines Auguftus
und die Mitregentichajt, jtarb aber jchon im nächiten
Jahre. Zos. 5, 27. 6, 2ff. Oros. 7, 42.
Constitütum ift ein Bertrag, welcher das Ber-
iprechen enthält, eine bereits beftehende Verbind—
lichfeit zu erfüllen; wurde derjelbe nicht gehalten,
jo trat die pecuniae constitutae actio ein.
Consualla j. Neptunus unter Poseidon, 6.
Consul, Die revublitaniichen Vertreter der 510
v. E. vertriebenen Könige waren die beiden Konfuln
(pari potentia), urjprünglic) praetores (praeire)
genannt, bis nach und jeit der Decempiralverfaflung
der Name consules (dreror) vorherrichend wurde.
Ihre Wahl (creare) erfolgte in den Centuriat:
comitien auf 1 Sahr, bis zum 9. 366 v. C. nur
aus den Batriciern. Nach ihnen wurden, wie in
Athen nach dem &eywr Enimwruos, die Jahre be:
nannt (gewöhnlich mit Auslaffung eines et), Cie
traten ıhr Amt feit 154 dv. E. regelmäßig am
1. Januar an. Ahnen, als den beftellten tutores
reipublicae, muhten alle Magiftrate, mit Ausnahme
der tribuni plebie, geherchen, während einer Dit:
tatur cefiierte ihre Amtöthätigfeit. Won ihrer Ent:
fcheidung Hand die Appellation an das Volk durd)
die lex de provocatione (j, Provocatio) frei.
Übrigens konnten fie für ihre Amtshandlungen
nach Riederlegung ihrer Würde zur Nechenichaft
gezogen werden. In der Stadt hatten fie Fein
Imperium, das wurde ihnen erjt dann, wenn fie
ins Feld zogen, bejonders durch die Curiatcomitien
übertragen und erhielten fie dadurch das ins vitae
necisque. In Rom hatten fie das Hecht, den Senat
und die Bollsverjammlung (Centuriatcomitien) zu
berufen und in beiden den Vorſitz zu führen (us
cum populo et patribus agendi). Die Berufung
der comitia tributa fcheint ihnen feit der lex
Valeria Horatia 449 v. C. (Lir. 3, 71. 72) eben:
falls freigeftanden zu haben, weil infolge derielben
auch die PBatricier fich gezwungen jahen, in den:
felben durch Stimmenabgabe ihre en zu
vertreten. Das Oberrichteramt wurde den Konfuln
im Jahre 366 dv. E. abgenommen und auf bie
neu gegründete Magiftratur der Prätoren über:
tragen, wie fie jchon früher 443 dv. C. durch Er:
richtung einer befonderen Geniur (j. Censor, 1.)
283
der Abhaltung des Cenſus und der Beauffichtigung
über die Finanzen überhoben worden waren. Außer:
gewöhnliche, ehrende Geſchäfte, etwa Einweihung
eines Tempels, Ernennung eines Diftators, ver:
anlaften oftmals Streit unter den beiden Kollegen,
in Ermangelung eines gütlihen Ausgleichs ent:
ihied das Yos. In Zeiten innerer und äußerer
Gefahr befamen fie von dem Senate durd das
senatus consultum extremum (Üxes, b. c. 1, 5):
videant consules, ne quid respublica detrimenti
capiat den Nuftrag, einen Diktator zu ernennen
(dicere); ala diefe Würde jedocd außer Anwen:
dung fam, wurde durd) jenen Auftrag das Konſul—
amt faktiich zur biktatoriichen Gewalt gefteigert,
indem die Konfuln dadurch auch domi imperium
atque iudieium summum (Sall, Cat. 29. Cie.
Mil. 26) erhielten. Freilich ſchützte den Cicero
dies alles nicht, perjönlich zur Nechenjchaft gezogen
zu werden. — Pie Zweizahl (die par potestäas) *
war für das Konſulat wejentlich, daher bei cin:
tretenden Todesjall des einen Konſuls der andere
fofort die Wahl eines nenen Kollegen anzuordnen
hatte (comitia ad subrogandum oder sufhcien-
dum consulem); der Erwählte hieß consul suffec-
tus mit völlig gleicher Macht mit dem cons. ordi-
narius. Die Unterlaflung ſolcher Wahl war be:
unruhigend für das Bolf, fam auch jelten vor,
obwohl gleich im Anfang der Republik Publ. Ba:
lerius einige Zeit sine collega regierte. Im J.
499 dv. E. unterließ man die Wahl wegen der
Kürze der noch übrigen Amtszeit, im J. 67 v. E.
wegen reltgiöjer Bedenken, da der jchon erwählte
cons, suffectus ebenfalls noch vor Antritt feines
Amtes ftarb. Ganz ungejeglid) blieb Carbo nadı
dem Tode des Cinna 83 v. E. ohne Kollegen, und
daß man 51 dv. E. den Pompejus zum consul sine
collega wählte, geichah nur, um den Namen und
die Umverantwortlichleit eines Diktators zu ver:
meiden. Im Felde hatte jeder Konſul 2 Ye:
gionen nebſt den dazu gehörenden Bundesgenofien
(exercitus consularıis), im Oberbefehl wechſelten
beide Tag für Tag. Kämpften fie an verjchiedenen
Orten, jo grenzten fie gegenjeitig räumlich ihr
Gebiet ab (provincia von provincere, der Erite,
Mächtigere fein). Agierte nur Einer im Felde, fo
hieß er consul armatus, im Gegenfaß zu dem in
Rom verbleibenden Kollegen (cons. togatıs). Ihre
insignia waren in der Stabt je 12 lietores mit
den Rutenbündeln (fasces; Die Beile nahmen fie nur
im Felde an); bei dem geichäftsführenden Konſul
(euins fasces erant, penes quem fasces erant,
der Wechiel geichahb monatweije) fchritten die 12
lietores in langer Reihe voran, während fie bei
dem andern hinterher gingen; in frühefter Zeit
hatte der letztere nur einen bloßen accensus (1.
Accensi), der ihm voranf ging. Über die Pro:
vinzen einigten fich beide gütlich (comparare,
parare inter se provincias), wo nicht, mußte das
Los enticheiden (sortiri provincias). Doch ftrebte
oftmals der Senat darnadh, dieje Beftimmung feiner
Enticheidung vorzubehalten und die Provinzen extra
sortem, extra ordinem zu verteilen. Etwaige
Nellamationen der ſich beeinträchtigt glaubenden
Konſuln bei den Tribunen oder dem Volke wurden
felten vergebens angeftrengt. — Mit der räumlichen :
Bunahme des römischen Neiches reichten die beiden
Konſuln nicht mehr zur Führung der Kriege aus,
da half man fidy durch Vermehrung der Prätoren
Consul.
—
284
und teilte die Provinzen in prov. consulares und
praetoriae, worüber die Beitimmung jedesmal vom
Senate abhing; weil jedoch bei demjelben oftmals
perjönliche Rückſichten vormwalteten, io ſetzte die
lex Sempronia de provinciis consularibus des
E. Gracchus 122 v. E. feit, daß die Beitimmung,
welche Provinzen konſulariſche jein jollten, ſchon
vor der Wahl der Konſuln ftattfinden müßte. —
Im letzten Jahrhundert der Republik traten durch
Sulla dDurchgreifende Veränderungen in Bezug auf |
den Amtstreis der Nonjuln ein. Ste blieben fortan
während ihres Amtsjahres in Nom, dadurch ver:
loren jie ihre Hauptſtärke, das militärijche imperium.
Eine natürliche Folge davon war, daß fie mit ihrer
nunmehrigen Amtsmacht den Staat dem Ehrgeize
einzelner gegenüber nicht mehr zufammenhalten
fonnten. Durch den Einfluß jolcher einzelner her—
vorragender Männer ging denn faktiic die Be:
deutung des Konſulats während der Bürgerfriege
verloren. Sulla als Diktator ließ zugleich dennoch
das Konſulat bejtehen, es war nur ein Schatten
der früheren höchſten Amtsgewalt. Cäſar regierte
als Konſul 50 v. C. nicht jowohl kraft jeines Kon- |
iulates als thatjächlich nadı der Macht des Trium: |
Consus — Uopa.
Alle Beamte durften Gontionen halten, aber am
häufigiten thaten es die Konjuln und Vollstribunen.
Der Plab war willfürlih, gewöhnlid) auf dem
Forum. Auch die in jolhen Verſammlungen ge:
haltenen Reden heißen contiones.
Contractus, im weiteren Sinne jeder Vertrag,
im engeren der ftreigeivilrechtliche d. h. Hagbare
Vertrag, im Gegenjaß zu pactum.
Contubernium, 1) in militärifcher Beziehung
die Zeltgenofjenichaft im Lager (gewöhnlich 10 unter
einem decanus, vgl. Castra. 6.). — 2) bezeid)-
net es das Verhältnis derjenigen jungen vorneh—
men Römer zu ihrem Imperator, die fich freiwillig
demjelben zu ihrer friegerijhen Ausbildung an—
ſchloſſen (comites). Sie jelber hießen contuber-
nales und jpeilten mit dem Feldherrn im Präto-
rium zujammen. Cic. Plane. 11. Cauel. 30. —
3) Stlavenehe, welche rechtlich nicht als Ehe gilt.
Ebenſo hieß die Mifheirat zwiſchen Freien und
Sklaven, die nicht als Ehe angejehen wurde.
Contumacia (von contemnere), im e. ©. Un—
gehorjam gegen die Befehle des Magiftratus oder
des Nichters, vorzüglich Nichtericheinen vor Ge:
richt. 1) Im Civilprozeß wurde der nicht erjchei-
virats, daher die Ohnmacht jeines Kollegen Bibulus. | nende Bellagte condemmiert, der nicht ericheinende
Fompejus war, ohne Konjul zu fein, in Wahrheit |
mächtiger als die erwählten Konfuln. Die vielen
Konſulate des Cäjar neben feiner Diktatur waren
nur noch formelle Sache, und die jcheinbare re:
publilanijche Sewifienhaftigkeit, für einen halben |
Tag noch einen consul suffectus wählen zu lafien,
diente mur zur Täuſchung des Volfes. Noch ein:
mal im J. 43 dv. C. nach Cäſars Tode lebte das
Konjulat in Hirtins und Panja als verfafjungs:
mäßige Obmact im Staate auf, doc das neue
Triumdirat drüdte es wieder herab. Es blieb
unter den Naijern bejtehen, wurde aber allmählich
Titelwejen und wurde nur für wenige (6 oder 4
oder 2) Monate verliehen, damit möglichit viele
Anhänger durch diejes formell immer noch höchite
Staatsamt geehrt und belohnt werden könnten;
ja bald wurden auch bloß insignia consularia
ohne Amt verlichen, daher der Unterjchied zwiſchen
consulatu funeti und consulares honorariı. Einen
wirflich reellen Nußen hatten die viri consulares
noch dadurch, daß die beiden reichiten Senats:
Provinzen, Aſia und Afrika, jährlich an die beiden
älteften consulares vergeben zu werden pflegten.
Die wirklichen (ordinarıi) Rontuln hatten jegt nur
eine Art von Yurisdiltion, Bejorgung der Spiele
im Cirfus und der für den Kaiſer anzuftellenden
Feftlichfeiten, auch verblieb ihnen das Präfidium
im Senate. Vgl. Brambach, de consulatus mu-
tata inde a Caesaris temporibus ratione (1864).
Asbach), zur Geſch. des Konſulats in der röm. Kaiſer—
zeit (1882).
Consus j. Neptunus unter Poseidon, 8.
Contio (aus conventio), die von einem Ma-
giſtratus berufene Bolfsverfammlung, um dem
Bolfe etwas vorzutragen, im Gegenjage zu comitia,
wo das Volk zur Entjcheidung zuſammenkam (Gell.
auf dem principium verjammelt ward, um den
Vortrag des Feldherrn zu vernehmen. Contionen
wurden vor den Comitien gehalten, um Geſetzes—
vorſchläge zu empfehlen oder davon abzuraten
(sundere und dissuadere), auch um dem Volke
Bericht über einen vollendeten Krieg zu erftatten u. ſ.w.
13, 14); aud die des Heeres, wenn es im 1 den
Kläger verlor den Prozeh und fonnte ihn wicht
wieder erneuern. — 2) Im Striminalprozeh erlitt
der abweiende Angeklagte aquae et ignis inter-
ı dietio, oder jein Vermögen wurde mit Bejchlag
belegt, ipäter wurde er auch in der Fremde requi-
riert. Der ausbleibende Ankläger wurde angejeben,
als nehme er jeine Anklage zurüd, ſpäter erlitt cr
Strafe wegen jeines Ausbleibens.
Conubium j. Ehe, II
Conventus, 1) der Gerichtstag, welchen der
Statthalter in den größeren Städten der Provinz
anberaumt hat (Caes. b. g. 1, 54. 6, 44 u. Ö.);
2) der Ort, an welchem das Gericht gehalten wird,
und der ganze dazu gehörige Sprengel (Caes. b.
Alex. 56); 3) die Vereinigung der in einer Provinz
lebenden römijchen Bürger, welche eine Art von
Korporation zu bilden pflegten. Cie. Verr. 2, 13.
Gaes. b. ec. 1, 14.
Convivium, griehijch ovumdoror (vgl. Mahl-
zeiten), oürösızvor, ein Gaftmahl oder Schmaus,
bejonders leidenschaftlich geliebt und geübt von den
Römern, aber auc mit begeifterter Ausſchmückung
von ihren Pichtern gepriejen. Bei den Griechen
war die Unterhaltung mehr jelbjtthätig, bei den
Römern traten mannigfaltige Ergetungen für Auge
und Ohr in den Banjen ein. Das Trinfen wurde
nach griechiſcher Weile und ſyſtematiſch gehand-
habt, ein rex oder arbiter bibendi (Baoıkevg oder
svurooi«eyos) ernannt, das Maß der Becher, die
Stärke der Miſchung vorgeichrieben und allerlei
Sitten dabei beobachtet, wie ad numerum bibere,
wobei man jo viele Becher leerte, als der zu feiernde
Name Buchjtaben enthielt oder man ihm Yebens:
jahre wünjchte. Stränge (coronae) und Salben
(unguenta) durften natürlich nicht dabei fehlen,
jo wenig wie die Spendungen (libationes) und
Lederbifien (bellaria). Hieher gehört auch das
in der Runde Trinfen (eircumpotatio) beim Yeichen-
mahle, das jo ausartete, daß bejondere Geſetze der
Decemwvirn (wie früher des Solon in Athen) den
Gebrauch abjchafften. Cie. legg. 2, 24, 60.
' Copa, femin. zu caupo, die Schentwirtin, Titel
eier Heinen Elegie von 19 Diftichen mit lebens:
Copiae — Cornelii.
luftigem Tone und Inhalt, gewiß aus augufteiicher
Zeit, doch ſicher nicht von Bergil, dejjen Namen
jte in einigen Handjchriften trägt.
Copiae j. Sybaris,
Coponli, 1) Titus, aus Tibur, wurde jpäter
Bürger von Rom und ftiftete ein plebejiiches Ge:
ichlecht, um 150 v. E. Cie. Balb. 23,53. — 2) X.
Kop., Senator um 134 v. E,, ———— das
Bündnis mit dem jüdiſchen Fürſten Johannes
Hyrkanos. — 3) M. Cop., genannt von Cicero
(Brut. b2, 194. de or. 1, 39, 180), hatte einen Pro—
zeß mit M'. Eurius, um das J. 91 v. C. — 4) C.
Cop. focht unter Craſſus gegen die Parther (53 v. C.)
und ſicherte nach der Niederlage bei Carrhä den
Rüdzug der Römer, Plut. Crass. 27. Im J. 49
ſchlug er fi auf die Seite des Bompejus, während
er die Prätur verwaltete (Cie. ad Att.8, 12 A 4.
die. 1, 32, 68. Vell. Pat. 2, 83), bejehligte deſſen
Flotte und entging der Achtung jpäter nur durd)
die hochherzige Aufopferung jeiner rau. Er lebte
noch bis furz vor der Schladht bei AUctium. Caes.
b.c. 3,5. App. b. e. 4, 40. Cic. ad Att. 8, 12, 4,
— 4) Bildhauer zur Zeit des Pompejus, ſ. Bild-
hauer, 17.
Coptos, Korrög, Korro, alte oberägyptijche
Nomoshanptitadt, unterhalb von Thebai, wegen
ihrer Lage an der öftlichen Nilbiegung wichtig für
den Handel mit Arabien und Indien über die
Hafenftädte Leuklos Limen (j. Koſer) und Bere:
nife; j. Kuft. Juv. 15, 28. Strab. 17, 815.
Coquus. Das Kochen bejorgten in dem alten
Rom die Hausfrauen oder die Sklavinnen. Später
mietete man einen Koch vom macellum bei feit:
lichen Gelegenheiten. Mit zunehmendem Luxus
wurde ein eigener Koch angeftellt. Coquus, jagt
Yivius (39, 6), vilissimum antiquis mancipium
et aestimatione et usu in pretio esse et quod
ministerium fuerat, ars haberi coepta. Unter:
geordnet waren ihm servi fornacarii für den Bad:
ofen und focarii für den Herd, opsonatores für
den Einfauf der Eßwaren, pistores für die ver:
ichiedenen Arten des Gebäds und culinarii als
Gehülfen. Der Oberkoch heit archimagirus (Juv.
9, 109).
Cora, 7; Kög«, latinifche Stadt im Gebiete der
Boljfer (j. Eori), von hohem Witer, worauf die
Reſte fyflopiicher Mauern und die Sage der Grün:
dung durd den Argiver Koras deuten; fie litt in
den Boljferfriegen durch die Römer jehr. Lir.
2, 16. 8, 19.
Corbülo j. Domitii.
Cordüba, Kogövßn, eine der bedeutenditen
Handelsitädte Hiipaniens, und in Bätica nächſt
Gades und Hiſpalis die größte, am rechten Ufer
des von hier an jdiffbaren Bätis; j. Cordova.
En. Corn. Scipio Afina (D).
2. Corn. Scipio Aſina (6).
En. Corn. Scipio Ealvıs (9).
2. Corn. Scipto Nafica (15).
®. Corn. Scipio
—
afica Corculum,
P. Corn. Scipio Africanus major (10).
BP. Corn, Scipio (12).
285
Sie war die erjte Kolonie der Römer, um 154
v. E. angelegt und mit ausgezeichneten Koloniſten
bejet, daher Patricia genannt i Mela 2,6). Später
war jie Hauptftadt der ganzen Provinz, Sitz des
Statthalter und des höchſten Gerichtshofes. Die
beiden Seneca und der Dichter Lucanus waren
bier geboren. Strab. 3, 141f.
Corfinium, alte Hauptjtadt der Päligner in
Samnium in der Nähe des Fluſſes Aternus (j.
Ruinen von ©. Pollino bei Pentima), war im
Bundesgenofjenfriege Mittelpunkt des Bundes und
zur Hauptftadt der nen zu begründenden Herrichaft
beftimmt, weshalb fie eine Zeitlang Italica
(auf Münzen Italia oder Bitelio [offiich]) genannt
wurde. Caes. b. c. 1, 16ff. Vell. Pat. 2,15. Üie.
ad Att.8,3,7.5,2.
Corinthus j. Korinthia.
Coriolänus j. Marcii, 4.
Coridli, Waffenplag und vielleicht Hauptjtadt
der Boljfer in Yatium, jchon früh von C. Marcius,
der davon den Beinamen Coriolanus erhielt, zerftört
und in jpäterer Zeit jpurlos verjchwunden. Lir.
2, 35. 3, 71. Plut. Coriol. 8.
Corippus, mit vollem Namen Flavius Ere-
jeconiusCor., aus Afrika, verfaßte in der zweiten
Hälfte des 6. Jahrhunderts n. C. 2 epifche Gedichte
eg Tendenz, lohannidos s. de bellis
ibycis 1. VIII und de laudibus lustini Augusti
(565 bis 578 n. E.) 1. IV. Die Form derjelben
ift guten Muſtern, namentlich Bergil und lau:
dian, nachgebildet und fließend, der poetiiche Wert
dagegen ein geringer. Ausgaben von J. Belfer
(mıt Merobaudes, 1836), Partſch (1879) und Pet—
ichenig (1886).
Cornelfi, eines der angejehenften Gejchlechter
Roms, welches in patriciiche und plebejijche Zweige
zerfiel. Die ältefte Linie war wohl die patriciiche
der Maluginenjes, welche jedoch ſchon im 5. Jahrh.
Roms ihre Bedeutung verlor. — Die bedeutenditen
Männer diejer Familie find: 1). Corn. Maln:
ginenjis, Konjul 459 v. E., eroberte das ab-
trünnige Antium (Liv. 3,22 ff. Dion. Hal. 10, 20)
und verteidigte die Decemvirn. — 2) M. Corn.
Malug., Decemvir 450 v. E., kämpfte unglüd-
lich gegen die Mauer und wurde nach Abjeßung
der Decemvirn verbannt. Liv. 3, 35. 40f.
3) U. Corn. Coſſus Malug., Konſul 425 dv. E.,
tötete im Kampfe den Yar Tolummius, König von
Beji, mit eigener Hand und brachte zuerjt nach
Romulus die spolia opima nad Rom (Lir. 4, 19.
Prop. 5, 10, 23 ff. Plut. Marc. 8), wurde 426
trib. mil. cons. pot. (Liv. 4, 30 fj.). — 4) Sein
gleichnamiger Sohn, Diktator 385 v. C, jtillte die
Manlianifchen Unruhen (Liv. 6, 11-13. 16). —
Wichtiger die Scipionen*), jo benannt, weil ein
*), %. Corn. Scipio.
2. Corn. Ecipio (7).
BP. Corn. Scipio (8).
2. Eorn. Scipio Aſiaticus (11).
—
—
Eornelia, Gattin 2. Corn. Scipio Nfiaticns
Schwiegerfohn des Africanıs major (16). Defien Adoptiv: des Zi. Sempro⸗
| john: nius Gracchus (2%).
P. Corn. Scipio Hafica Serapio (17). B. Eorn. Scipio 2.Corn. Scipio Aſiaticus (13).
Ämilianıs Niricanus
minor Numantinus (18).
286
Eornelier jeinen blinden Vater pro baculo regebat
(Maerob. sat. 1, 6): 5) En. Corn. GScipio
Aſina, befam diejen Beinamen, als er einen mit
Gold beladenen Ejel als Unterpfand auf das
Forum we. (Macrob. sat. 1, 6), und geriet im
J 260 dv. C. bei Lipara in karthagiſche Gefangen:
ichaft (oder wurde nach andern zu einer Beiprechung
je das feindliche Admiralſchiff eingeladen und feit-
gehalten), aus der Negulus ihn befreite. Glüch—
licher fämpfte er im J. 254 als Konſul auf Sici-
lien. Pol.1, 21, 38. Polyaen. 6, 16, 5. Flor.2, 2.
— 6) Sein Sohn, P. Corn. Scipio Ajina,
befämpfte als Konſul 221 dv. E. glüdlich die iftri-
ichen Seeräuber, verlor aber den Kopf, als Hans:
nibal im 3. 211 gegen Rom zog, und riet, mur
Rom mit aller Macht zu verteidigen. Liv. 26, 8.
— 7) 2, Corn. Scipio, eroberte als Konjul im
J. 239 v. E. Eorjica und Sardinien. Liv. ep. 17.
Kutr. 2,20. — 8) Sein Sohn, B. Corn. Sctpio,
Konſul im 3. 218 v. C., juchte von Maifilia aus,
wohin er fein Heer zur See führte, Hannibals
Einfall in Jtalien zu verhindern und ſchiffte fich,
als jener ihm auswich, mit einem Teile jeines
Heeres nah Jtalien ein, um denjelben am Fuße
der Alpen zu empfangen. Am Tieinus gejchlagen
und verwundet, z0g er ſich hinter die Trebia zus
rüd, an welcher jein für ihn fommanbdierender
Kollege Sempronius eine Niederlage erlitt. Liv.
21, 17. 39. 45 f. 52 ff. Pol. 3, 65 ff. 405 Nach
ſeiner Wiederherſtellung ging er nach Spanien,
wo inzwiſchen ſein Bruder 9) Gnäus Corn.
Scipio Calvus bereits feſten Fuß gefaßt, den
Karthager Hanno bei Seiſſis geichlagen und aud)
die puniiche Flotte an der Mündung des Ebro
befiegt hatte. Darauf befreiten beide Brüder bie
in den Händen der Karthager befindlichen ſpaniſchen
Geiſeln, deren freundliche Behandlung ihnen die
Zuneigung der Spanier verichaffte, jchlugen den
Hafjdrubal bei Jbera und den Mago bei Illiturgis
und abermals bei Intibilis, 216 und 215. Zur.
21, 60. 22, 19 ff. 23, 26 ff. 48. Nach wiederhol-
ten Siegen und nad der Einnahme Sagunts
(Liv. 24, 41. 48) fiel Publius in einer blutigen
Schlacht gegen die Karthager und den jpaniichen
Fürften Indibilis mit feinem ganzen Heere, worauf
ji) Gnäus, von jenen verfolgt, zurüdzichen mußte,
aber auf dem Marjche von den Feinden in öder
Gegend ereilt, umringt und niedergehanen wurde,
wahrjcheinlich 212. Liv. 25, 32 ff. — Des Publius
Sohn war 10) P. Corn. Scipio Africanus
major. Schon als Jüngling zog er die Bewunde—
rung jeiner Landsleute auf N, is er im Neiter-
gefechte am Tieinus feinen er rettete. Liv.
21,46. Flor. 2,6. Im J. 216 v. €. fodt er
bei Cannä, 19 Jahr alt, als Tribun und ver
hinderte den von einer Anzahl von Jünglingen
aefahten Plan, Jtalien zu verlaffen. Liv. 22, 53.
Sein Mut und feine Talente zeigten jich in glän-
zender Weife, als (211) die Nömer nad) dem Unter:
gange der Scipionen in Spanien ein neues Heer
nach diejem Lande zu jenden beichloffen. Scipio
allein trat auf und bewarb fi um den Ober:
befehl, fein älterer Feldherr meldete ſich. Die edle
Geſtalt des Jünglings und feine begeifterte Rede
an das Volk bejeitigten alle Bejorgniffe desjelben
wegen feiner Jugend, und er wurde gewählt. Scipio
landete im J. 210 an der Mündung des Ebro und
begann den Feldzug mit einer glänzenden Waffen:
Comelii.
that, der Eroberung des feften und mit zahlreichen
Vorräten für die puniſchen Heere wohl verjehenen
Neufarthago. Die hier in feine Gewalt geratenen
ipaniichen Geiſeln behandelte er gütig und gab fie
frei. Dadurch gewann er alle Herzen, und bald
traten zahlreiche ſpaniſche Häuptlinge und Städte
zu ihm über. Liv. 26, 18. 41 ff. 51. 27, 7. 28, 35.
Pol. 10,2ff. Der Sieg bei Bäcula über Haj-
drubal jicherte Scipios Eroberungen, 209 (Lir.
27, 18 ff. Pol. 10, 37 f.), ee diejer die
neuen Rüftungen Hajdrubals und defien Zug nach
Italien nicht hindern konnte. Dafür unterwarf
jih ihm im J. 207 nad) einem neuen Siege über
Hajdrubal, Gijgos Sohn, ganz Spanien, und er
dachte nun an einen Zug Ze Afrifa (Liv.28, 14),
welchen er durch einen Bejuch beim numidiichen
Könige Syphar vorbereitete. Liv. 28, 17f. Nach
der Dämpfung eines Aufftandes von 8000 Sol—
daten und der Einnahme von Gades war Spa—
niens Beſitz geleert, und Scipio begab ſich im
J. 206 nad) Rom. Liv. 28, 38. Konſul im J. 205,
drang er auf einen ** nach Afrika, konnte
ſeinen Plan aber, bei großem Widerſpruche älterer
Männer, welche noch immer den Hannibal fürchteten,
nicht durchſetzen und mußte ſich damit begnügen,
daß ihm mit der Provinz Sicilien die Erlaubnis
egeben wurde, nach Afrika überzuſetzen, wenn es
ür Rom heilſam wäre. Mit Hülfe der Bundes—
genoſſen rüſtete er nun ein Heer und eine Flotte
aus und ging nach Sieilien. Doch beinahe hätten
eiferſüchtige Gegner ſeine Zurückberufung durch—
geſetzt, indem ſie im Senate heftige Anklagen gegen
ihn wegen ſeiner dem Legaten Pleminius, der in
Loeri ſcheußliche Verbrechen begangen hatte, be—
wieſenen Nachſicht erhoben; we rechtfertigte fich
Scipio, und ihr Plan jcheiterte. Liv. 28, 40 ff.
29, 1. 16ff. Im J. 204 fjegelte Scipio nad)
Afrifa hinüber, wo der von den Karthagern be-
leidigte Mafiniffa, König von Numidien, ihn er:
wartete, während Syp fih den SKarthagern
ugewendet hatte. Nach vergeblicher Belagerung
ticas (204) drug Scipio die Karthager und ihren
Bundesgenofien Syphar bei einem lÜberfalle im
%. 203; leßterer wurde nicht lange darauf Ge:
fangener. Nun riefen die Karthager Hannibal aus
Italien zurüd, ſuchten jedoch inzwiichen durch
Friedensanerbietungen Zeit zu gewinnen. Ein
furzer Waffenftillftand wurde durch Plünderung
römischer Schiffe von jeiten des karthagiſchen
Pöbels wieder gebrochen, während der aus Italien
angelangte Hannibal nad) vergeblichen Unterhand:
lungen mit den Römern von Scipio im Juli oder
Auguft 202 zwiihen Zama und Naragara eine
gänzliche Niederlage erlitt und feiner Baterjtadt
dringend riet, Frieden zu fchließen, der unter höchſt
nachteiligen Bedingungen für Karthago zuftande
fam. Liv. 29, 23 ff. 30, 3 ff. 25 ff. Pol. 15, 1 ff.
Nep. Hann. 6. App. Pun. 40 ff. Den fiegreichen
Feldherrn ehrte Rom durch den Beinamen Afri—
canus und einen glänzenden Triumph; die Een:
joren machten ihn wiederholt zum princeps se-
natus. Er ging im J. 193 als & iedörichter
zwischen Kartbags und Mafiniffa nach Afrika. Als
die Römer (190) dem Antiochos von Syrien den
Krieg erklärten und 2. Scipio, dem Bruder des
Africanus, den Befehl übertrugen, wurde Publius
jein Legat. Die Schlaht bei Magnefia am Si:
pylos nötigte den Antiochos zum Frieden mit Nom.
Cornelii.
Nach Scipios Rücklehr regten fich jeine Treinde und |
Neider, welche ihm jchon früher entgegengetreten
waren, von neuem (Liv. 35, 10. 37, 1. 34 ff.) und
Hagten beide Brüder vor dem Bolfe der Beſtechung
durch Antiohos an. Die Sache ift nicht ganz Har.
Einer Beitrafung entging Publius nur durch jeine
Entfernung auf jein Landgut bei Liternum und
durch die Vermittelung des Tribunen Ti. Gracchus.
Gell. 4, 18. Lir. 38, 56. Dort ftarb er in ländlicher
—— — wahrſcheinlich 183. Er war ein
Freund griechiſcher Litteratur und Bildung, was
ihm die jtrengeren Römer zum Vorwurf machten.
Ihn erfüllte die römiſche Superftition, die ihn
nichts ohme die Gottheit thun lieg und vielleicht
den Gedanten in ihm befejtigte, daß das glückliche
Gedeihen jeiner Thaten ein Werk der ihn be-
ſchützenden Götter jei, wie anderjeits aud) das Bolt
der jeften Überzeugung war, ein jo großer und jo
wunderbar begabter Mann müſſe unter göttlicher
Obhut jtehen, ja wohl gar von göttlicher Herkunft
jein. Als Redner lernen wir ihn fennen bei Livius
(38, 51); vgl. Gell.4, 18. Auch nach Cicero (Brut.
19, 77) war er non infans. Abhandlung von Ger:
lad} (1868). — 11) 2. Corn. Scipio Aſiaticus,
der Bruder des vorhergehenden, befannt durch jeine
Kriegführung gegen Antiochos den Gr. von Syrien,
den er bei Magnejia bejiegte; doc gebührt wohl
nicht ihm, der eben fein beionderer Feldherr war,
jondern dem einfichtsvollen Rate anderer der Ruhm.
Liv. 37, 59. Nach dem Feldzuge ward er wegen
Unterjchleijs angellagt; es wurden ihm jeine Güter
entzogen, jedoch unterftüßten ihn fortan feine
Freunde und Verwandten. Im J. 184 v. C. be-
warb er fich vergeblich um die Genjur; Cato wurde
Eenjor und nahm ihm fein Nitterpferd. Liv.
39, 40. 44. Plut. Cat. mai. 18. Cicero rühmt ihn
als Redner (Brut. 47, 175). — 12) P. Eorı.
Scipio, Sohn des älteren Mfricanus und Adoptiv
vater des P. Corn. Scipio Amilianus Africanus
minor Numantinus, ein Mann von höchſt zarter
Sejundheit, aber großer Gelehrſamkeit. Cicero jagt
von ihm (Brut. 19, 77): si corpore valuisset,
in primis habitus esset disertus: indicant
cum oratiunculae tum historia quaedam Graeca
scripta dulcissime. gl. Cie. off. 1, 38, 121.
Cat. m. 11, 35. — 13) P. Corn. Scipio Ami-
lianus Africanus minor Numantinus, der
zweite Sohn des Amilius Paulus und Adoptiv—
john des vorigen (Cie. Brut. 19, 77. Arch. 7, 10.
Cat. m. 11, 35. off. 1, 33, 121). Er ijt 185 v. €.
geboren. In der Schlacht bei Pydna (168) zeichnete
er fi, faum 17 J. alt, rühmlich aus. Plut. Aem.
Paull. 22. Mit großer Liebe widmete er fich dem
Studium griehiicher Wifjenichaft, worin Banaitios
und der Sejchichtichreiber Polybios jeine Lehrer
waren. Im übrigen nahm er ſich den ehrwür—
digen älteren Cato zum Mufter und bemühte fich,
die Tugenden, melde Rom einft groß gemacht
hatten, zu erwerben. Im J. 151 meldete er ſich
freiwillig zum SKriegsdienfte in Spanien, zeichnete
ſich Hier aus, machte fich bei den Spaniern beliebt
und e eine Sendung nad Afrifa, woher er
von Mafinifja Elefanten holte, glüdlich aus. Vell.
Pat. ı, 12. Flor. 2, 17. Liv. ep. 48. Beim Aus:
bruch des dritten punischen Krieges ging er als
Zribun nad) Afrita und erwarb jich daſelbſt durch
en Mut, durch jeine Talente und durch jeine
ichteit im ſoichem Make das Bertrauen des
287
Heeres und jelbit die Achtung der Feinde, daf er
als Konſul im J. 147, da die bisherige Krieg:
führung die Bezwingung Narthagos nicht hatte
vollbringen können, den Befehl über das Heer in
Afrika erhielt. Liv. ep. 505. App. Pun. 112 ff.
al. Max. 8, 15, 4. Nachdem er die zerrüttete
Kriegszucht wiederhergeftellt hatte, jchritt er zum
Angrit auf Karthago, deſſen einzelne Stadtteile
er nacheinander einnahm und endlich auch die feite
Burg eroberte. So fiel Karthago im J. 146 nad)
heldenmütigem Widerjtande. Pol. 39, 1f. App.
Pun. 127 ff. Liv. ep. 51. Vell. Pat. 1,12. Bei jei-
ner Rücktehr wurde er mit großen Ehren empfangen.
Im J. 142 verwaltete er die Cenſur mit Ernit
und Strenge, wirkte bejonders dem herrichenden
Luxus entgegen und unterjuchte nach Ablauf jeines
Amts auf Befehl des Senats den Zuftand Afiens-
und Ägyptens. Gell. 4, 20. Darauf erhielt er im
J. 134 in jeinem zweiten Konjulate den Befehl
gegen das bisher unglüdlich befämpfte Numantia
in Spanien, mußte aber auch jetzt zuerſt die Kriegs:
e> wiederheritellen, ehe er an die Belagerung der
tadt ging, welche er troß hartnädiger Gegenwehr
einnahm und zerftörte, im J. 183. App. Iber. 85 ff.
Liv. ep. 57 ff. Vell. Pat. 2,4. Flor. 2, 18. In—
zwiichen waren die grachiichen Unruhen ausge:
brochen. Scipio war ein Schwager der beiden
Srachen, deren Pläne er nicht aus Prinzip (wie
er denn überhaupt dem Volke nicht abgeneigt war),
jondern aus Furcht vor einer YZerrüttung Roms
durch innere Unruhen mißbilligte.e Da er aus
diejer Anficht fein Hehl machte, vericherzte er zum
Zeil die Gunft, in der er beim Bolfe ftand, immer
aber war jein Anjehen eig groß genug, um das
Bolf von leidenſchaftlichen Ausbrüchen abzuhalten.
Cie. Lael. 25. Bollends aber brachte er fich um
die Vollsgunſt, als eine beabjichtigte Ackervertei—
lung unausgeführt blieb, und mit Mühe entging
er der Wut des Volkes, 129. In der Nacht darauf
jtarb er plößlich eines unerwarteten Todes; man
bezeichnete unter andern namentlich den Bapirius
Carbo als jeinen Mörder. Cie. ad fam. 9, 21.
Liv. ep. 69. App. b. c. 1, 20. Vell. Pat. 2, 4.
Scipio, mit Polybios innig befreundet, war ein
Mann von ausgezeichneter Bildung und großem
Edelmute; das hichal der erbitterten Feinde
Roms, der Karthager, beweinte er auf den ran-
chenden Trümmern ihrer Stadt, indem er dabei
an das einftige Schidjal feiner tief verderbten
Baterftadt dachte. App. Pun. 132. Er war nicht
unbedeutend als Nedner (Geil. 5, 19) und gründ-
liher Kenner griechiicher Litteratur (Cie. de or.
2, 37, 154. Vell. Pat. 1, 18). Bon jeinen Reden
jind nur wenige Fragmente erhalten. Bal. Ger—
lad), hiftor. Studien II ©. 46 ff. — 14) 8. Corn.
Scipio Ajiaticus, kämpfte ala Konjul im J. 83
dv. E. mit E. Norbanus gegen Sulla, wurde aber
von jeinem Heere verlafjfen und geriet in Sullas
Gewalt, der ihn jedoch aus der GSefangenichaft
entließ. Liv. ep. 85. Eutr. 5, 7. Plut. Sull. 27 5.
App. b. ce. 1, 80ff. Er ftarb im Eril zu Maijilia.
Er war Schwiegervater des P. Sejtius. Cie. Nest.
3,7. — 15) P. Corn. Scipio Najica, erhielt
im %. 204 v. C. den Muftrag, das Bild der
idäiichen Göttermutter nah Rom zu holen. Liv.
29,14. 35, 10. Im J. 193 kämpfte er in Spanien
mit Glüd und wurde im J. 191 Konful. Seinen
Vetter BP. Scipio verteidigte er gegen die wider
288
ihn erhobenen Bejchuldigungen. Er jcheint ein
Mann von großer Nechtlichkeit gewejen zu jein, da
ihn die Spanier bei Unterſuchung der von mehre—
ren Statthaltern gegen fie verübten Bedrüdungen
zu ihrem Sachwalter wählten. — 16) ®. Corn.
Scipio Najica Corculum, Schwiegerjohn des
älteren Nfricanus, diente unter Amilius Paulus in
Makedonien und unterwarf als Konſul (155 v. E.)
die Dalmatier. Liv. ep. 47. Wis Cenſor jowie als
Konſul zeigte er große Strenge. Er war im Inter—
eſſe Noms ein Gegner der Zerſtörung Narthagos.
Aur, Vict. vir. ill. 44. Plut. Cat,mai, 27. App.8,69.
Ihm verdankt Nom den erjten Gebrauch der Waffer:
uhren (j. Clepsydra). — 17) ®. Corn. Scipio
Naſica Serapio, übernahm zuerft im J. 149 v. C.
eine Sendung nad) Narthago wegen Auslieferung
der Waffen, wurde Konſul im %. 138, zeigte bei
der Aushebung große Strenge und wurde vom
Tribunen Euriatins, der ihm den Namen Serapio
wegen jeiner Ahnlichteit mit einem Opfertierhändler
gab, angefeindet. Aus Haß gegen die Volkspartei
war er ein Gegner des Ti. Gracchus, weshalb der
Senat ihn der Rache des Volkes durch eine Sen:
dung nach Aſien entziehen mußte, wo er bald
darauf ftarb, im J. 132. App. 8, 80. Val. Max.
9. 14, 3. Plut. Tib. Gracch, 21. — Die Zweige
der Yentuli und Sullae j. unt. d. Art. — Ein
anderer Zweig der Gornelier find die Gethegi:
18) M. Corn. Cethegus, Bontifer Marimus und
Prätor (213 und 211 v. E.), Konſul 204, jchlug
als Prokonſul im folgenden Jahre in Inſubrien den
Mago, einen Bruder Hannibals. Zar. 30, 18.
Nach Kicero (Brut. 15) war er ein begabter Redner.
— 19) C. Eethegus, befiegte im J. 197 v. E.
als Konſul die Gallier in Oberitalien und jchlichtete
einige Fahre jpäter die zwiſchen Karthago und
Mafinifia ausgebrochenen Streitigkeiten. Liv. 32,
2871.34, 62. — 20) B. Eethegus, wurde (58 v. E.)
von Sulla geächtet, dem er fich jpäter demütig er-
gab. Troß der Flecken feines Privatlebens gewann
er nad) Sullas Tode großen Einfluß. Cie. Cluent.31.
parad, 5, B. 21) E. Eethegus, Freund des
Gatilina, von heftigem und tollfühnem Charafter,
verriet ſich durch jeinen Brief an die Allobroger
und twurde mit Yentulus bald nad Entdedung der
Verſchwörung hingerichtet. - - Der Zweig der Dola:
bellae: 22, ®. Korn. Dolabella Marimus,
beſiegte im J. 283 v. &. als Konſul die Senonen.
Pol. 2, 195. — 23) En. Dolabella, ein An-
hänger Sullas, Konſul 81 v. E., bezwang die
Thraker. Nach der Verwaltung der Provinz Make—
donien wurde er 77 von Cäſar repetundarum
angeflagt, aber nad) der Verteidigung des Cotta
und Hortenjins freigeiprochen. Suet. Caes. 4. App.
1, 100. Vell. Pat. 2, 43. Plut. Sull. 28. —
24) En. Dolabella, machte jich während der
Berwaltung der Prätur in Kilikien berüchtigt, wo
er mit Berres raubte und plünderte, weshalb er
nach jeiner Rückkehr nad) Rom einer Anklage, zu
welcher jein Genoſſe Verres die Beweije Tieferte,
unterlag und in Die Verbannung gehen mußte.
Cie. Verr. 1, 16, 44 ff. -- 25) ®. Corn. Dola:
bella, ein den größten Ausichweifungen ergebener
Yüftling, gewann durch jein Benehmen die Zu:
neigung der Tochter Giceros, der Tullia, mit
welcher er ſich verlobte, che noch der Bater jeine
Genehmigung erteilt hatte. Cicero wünjchte dieje
Heirat nicht, weil Dolabella eben den Appius
Cornelii.
Claudius, deſſen Freundichaft er juchte, angeklagt
tte. Im Bürgerfriege jtand er anfangs auf der
Seite des Pompejus, ging aber im J. 40 v. E.
zu Cäjar über und fämpfte unter demjelben, jedoch
nicht bejonders glüdlid. Nach Rom zurückgekehrt,
wurde er nach jeiner Adoption durch einen Ple—
bejer Lentulus Boltstribun und juchte mun unter
heftigiten Kämpfen mit andern Kollegen ein Geſetz
wegen Schuldenerlaflung durchzubringen, erreichte
aber jeinen Zwed nicht, da Cäſar, inzwiſchen zu—
rüdgelehrt, denjelben vereitelte. Cie. ad Att.6,6,1.
ad fam. 14, 14. Gr mußte den Gäjar nun nad)
Afrifa und Spanien, two er verwundet wurde, be-
gleiten: er jollte Nonjul werden; Cäſars Tod ver—
eitelte dies jedoch. App. b. e. 2, 12%. Cie. Phil.
2,32. Vell. Pat. 2, 58. Zwar jchloß er nun ſich
Cäjars Mördern an und wütete jelbjt gegen eine
columna des großen Toten, beruhigte ſich aber,
als Antonius ihm die Provinz Syrien verſchaffte,
wohin er, troß feines Nebenbuhlers Caſſins, ab:
ging. Unterwegs brachte er Gelder zuſammen und
lie den Trebonius, einen bon Gähars Mördern,
zu Smyrna umbringen. Wegen diejer Berbrechen
in die Acht erklärt, wurde er von Caſſius an:
gegriffen und Laodikeia, jein Aufenthalt, eingenom-
men, worauf er ſich durch einen Soldaten töten
ließ. Plut. Ant. 11. Brut. 26. Vell. Pat. 2,60. 6%.
Dio (ass. 47, 29. Cie. ad fam. 12, 15. Seine
Gattin Tullia jtarb vor ihm, nachdem fie 2 Söhne
geboren hatte, nach furzer, micht glücklicher Ehe,
und auch Cicero, der ihn jonft liebgewonnen hatte,
wandte fich wieder von ihm ab. Abhandlung von
Wegehaupt (1850). — 26) %. Corn. Cinna, zeich-
nete ſich zuerjt im italischen Bundesgenofjenfriege
aus und erhielt im J. 87 v. E. das Konſulat als
Anhänger der Bolkspartei. Bon Sulla bei dejien
Abgange nach Aſien durch einen Eid verpflichtet,
die beitehenden Einrichtungen wicht anzutaften,
machte er dennoch jofort mehrere Borjchläge, welche
u bheitigen Kämpfen Anlaß gaben und ihn zur
Flucht aus Rom mötigten. Mit Hülfe der bei
Nola lagernden Truppen nahm er Nom ein, gab
den Sklaven die Freiheit und mußte in den erjten
Tagen den nadı Blut dürjtenden Warins gewähren
laffen, bis er, um den Greueln desjelben Einhalt
zu thun, mit Sertorius eine große Anzahl der
mordenden Sklaven niederhauen ließ. App. b. e.
1,64 ff. Flor.3, 21. Cie, Phil,8,2. Mit Marius
auch im %. 86 Konſul, nad) defjen baldigem Tode
mit L. Balerius Flaccus, auch 85 und 84 (mit
En. Papirius Garbo), rüjtete er mit aller Kraft
gegen den aus Syrien zurüdlchrenden Sulla, 84,
wurde aber in demjelben Jahre bei einem Auf:
ruhre von den Soldaten getötet. Lie. ep. 83. Vell.
Pat. 2, 24. App. b. e. 1, 78. — 27) Sein Sohn,
L. Corn. Cinna, ein Schwager Cäſars, fehrte
nad) längerem Aufenthalte bei Sertorius nadı Nom
zurüd, lobte die Mörder Gäjars als Prätor im
3. 44 v. E., weshalb die alten Krieger des Er-
mordeten ihn einſt Öffentlich mit Steinen warfen.
Beim Leichenbegängms entging er der Vollswut
nur durch Berwechjelung mit einem Anhänger
Gäjars, Helvius Einna, welcher umgebracht wurde.
Plut. Caes. 68. Brut. 18. Suet. Caes. b, 8. —
25) En. (nah Caſſius Dio %.) Corn. Cinna
Magnus, nahm, obwohl von Dctavian vielfach
begünftigt, doch an einer Verſchwörung gegen ihn
teil, der ihm abermals verzieh und ihn dadurch
Cornelius Nepos — Corsica.
ganz für jich gewanı, 5 v. C. Die Cass. bb, 14.
Sen. de clem. 1, 9. — 29) Cornelia, die Tochter
des älteren Scipio, vermählt mit Ti. Sempronius
Grachus ij. Sempronii, 13.). — 30) Corne:
lia, Tochter des erften Cinna, Gemahlin Cäjars,
Mutter der Julia, jtarb im J. 68 v, C. Siehe
auch Cossi und Sullae. — Minder bedeutend
find die Mitglieder der Zweige Mammulae und
Merulae. — Außer der patriciichen Linie gab
es plebejifche Eornelier Balbi ij. d.).
Cornelius Nepos j. Nepos.
Cornieülum, alte latinifche Stadt an den gleich:
namigen Bergen, nördlich von Tibur, befammt als
Stadt der Eltern des Servius Tullius; j. vielleicht
Monticelli. Liv. 1, 38.
Cornifleli, 1) Quintus Corm., aus plebeji:
ſchem Stande, Mitbewerber Liceros um das Kon:
ſulat (64 v. E.) Nach Entdedung der catilinari:
ihen Verſchwörung wurde der an ihr beteiligte
E. Eethegus jeiner Obhut übergeben. Cicero hatte
mit ihm Berfehr. Cic. ad Att. 12, 14,2. Sall.
Cat. 47. — 2) Sein Sohn, DO. Corn, Anhänger
Eäjars, zu deſſen Gunften er im %. 48 v. E. Illy—
ricum unterwarf. Cues. b. Aler. 42. Nach längerem
Aufenthalte in Rom jandte ihn Cäjar (46) nad
Syrien (Cie. ad fam. 12, 18, 1), worauf er nad)
defjen Tode die Provinz Afrika vom Senate erhielt
und fie glüdlich gegen den von Antonius gefandten
Statthalter behauptete, 44. Cie. ad fam. 12, 25,1.
Später ſchloß er fich dem jüngeren Bompejus an
und fiel im J. 41 im Kampfe gegen die Trium:
virn. Liv. ep. 123. App. b. c. 4, 36. Dio Cass.
48, 17, Gicero, der ihm feinen orator fandte,
ftand, nach jeinen Briefen (ad fam. 12, 17—30)
zu ſchließen, in freundlichem Berhältniffe zu ihm.
Auf Duintilians Zeugnis find ihm mit guten
Gründen die Khetorica ad Herennium beigelegt
worden (j. die Ausgabe von E. L. Kayſer, 1854).
Ob er identiich mit dem Dichter, welcher unter
Catulls Freunden ericheint (Catull, c. 38. Or.
trist. 2, 436), und einem Grammatiler diejes Na:
mens ift, bleibt zweifelhaft. — 3) 8. Eorn.,
Ankläger de3 jüngeren Brutus (Plut. Brut. 27),
fämpfte ald Anhänger Octavians im %. 38 v. C.
und machte (36) einen ruhmvollen Nüdzug mit
den ihm anf Sicilien anvertrauten Truppen, wo—
für er das Jahr darauf Konſul wurde. Dio (ass.
49, 5—T7. App. b. c. 5, 80. 86. 111 ff. Well,
Pat. 2, 79.
Cornüa, 1) Blasinftrumente, ſ. Musica, 8.
— 2; Im Seewejen der Römer bezeichnet das Wort
die Enden der Raaen, griehiich drunegum. —
3) In der Schladhtreihe heißen jo die beiden äußer:
ften (Flügel, daher cornu dextrum und sinistrum,
wo die alae sociorum aufgeftellt waren.
Cornüti, 1) Gaius, Tribun (61 v. E.) und
Prätor (57), wird von Cicero, um deſſen Nüdfehr
aus dem Eril er ſich verdient machte, wegen feiner
Sittenftrenge als Pſeudo-Cato gelobt. Gic. ad Att.
1, 14,6. — 2) M. Eorn., befehligte im marfiichen
Kriege als Legat und wurde im J. 87 v. E. durch
die. Lift feiner SHaven von dem Tode, womit ihn
die Marianer bedrohten, gerettet. App. b. c. 1,73.
Plut. Mar. 43. — 3) M. ECorn., verwaltete im
5. 43 v. GE. die jtädtiiche Prätur und vertrat zu:
gleich die abwejeuden Konſuln Hirtius und Panja.
Cie. Phil, 14, 14, 37, Als er bei der Annäherung
Reallegiton des tiaſſ. Altertums. 7. Aufl.
289
des Dctavian nach dem Tode der beiden Konſuln
von jeinen Soldaten verlafien wurde, tötete er ſich
jelbft. App. b. e. 3, 92. — 4) 2. Unnäus Corn.,
geb. zu Leptis in Afrifa 20 n. E., ein freimütiger
und rechtlicher Dann, daher dem Nero unangenehm
und von ihm auf eine einjame Inſel verbannt,
Freund und Hatgeber des Dichters Perſius, deſſen
Satiren er aus jeinem Nachlaffe überfam und die
berbe, bittere Sprache darin milderte, Anhänger
der Philoſophie der Stoiker, deren Lehren er treu
befolgte. Er jchrieb aufer andern teils rhetori-
ichen, teils philoſophiſchen Schriften in griechiicher
Sprache eine noch vorhandene Schrift: wegl rs
rar Heor pioewg, heransgeg. von Oſann (1844),
Die Scholien zu Perfius, Cornuti commentum
betitelt (am beiten abgedrudt in D. Jahns Mus:
gabe), ftanımen nicht von diefem E., jondern aus
viel fpäterer, vielleicht farolingischer Zeit. Unter
demjelben Namen haben wir ziemlicdy breite Scho-
lien zu Juvenal.
Corollarfum, von corolla, wahrjdeinlich mit
ergänztem aurum oder nes, zunächſt ein aus gol:
denen und filbernen Blumen verfertigter Kranz,
wie in der fpäteren Zeit der Nepublif und in der
Kaiferperiode an Schauspieler oder Freunde zum
Gejchent gegeben zu werden pflegte; daher jede
freiwillige Zugabe, Vergütung, Douceur 20. Cie.
Kerr. 3, 50, 118. 4, 22, 49,
Coröna, j. 1) Sternbilder, 6; 2) Dona
militaria, 5.
Corsica, Koosını), Kogois, doch gewöhnlich bei
den älteren Griechen 7 Äverog, 159 Meilen
große Inſel des Mittelmeeres nördlid; von Gar:
dinien und von dieſem durd die 90 Stadien
(8 Millien) breite Meerenge rappos, fossa (j.
St. Bonifazio) getrennt. Das in feiner ganzen
Länge die Anfer durchziehende, über 2600" hobe
Gebirge Aureus Mons, rö Xgrooör ögos, j. Monte
d'Oro, teilt diejelbe in eine Öftlihe mäßig an:
gebaute Hälfte und in eine bloß mit Wald bededte
weitliche; im W. liegt audy noch das Gebirge
Rhoetium (j. Punta dei Pinſolo. Das nördlichite
Borgebirge ift das Prom, sacrum (legöv &xgor),
j. Capo Corſo. Unter den Flüſſen find zu merken:
an der Dftfüfte der Tula, j. Solo, der bei Ma:
riana mündet, füdlicher der bei Aleria mündende
Rhotanus (Poravog), j. Tavignano. Außer den
genannten Städten find die wichtigsten an der Dit:
füfte im N. Mantinorum urbs, bei dem heu:
tigen Baftia, und Elunium (j. St. Catharina);
an der Weftieite: Genturium (j. Porto di Een:
turi), Urcinium dj. Orcine), Bauca;z an der
Südküſte Marianum und Bella. Der befte Hafen
war der Syracusanus Portus (Zvgaxoarog kur),
j. Golfo di Porto Becchio. — Hauptprodufte waren
Schiffsbauholz, Pech, Teer, Honig, Wachs und
Vieh. — Die Bewohner des ziemlich rauhen Landes,
Corsi (Kogso/), galten als rohe, meift von Vieh:
zuct und Raub lebende, den Aderbau vernad):
läjfigende Barbaren. So faht fie Strabon auf,
etwas befler jchildert fie Diodor (5, 14). Sie
waren ſehr gemifcht, indem zu Bewohnern iberi-
ſchen Stammes ſich jehr viele Ligurer, jowie Tyr-
rhener, Sarthager und Griechen gejellt hatten;
legtere gaben aber ihre einzige Kolonie, "Alain,
Aleria, bald wieder auf. Die Römer, welche nach
dem erften punifchen Kriege in Beſitz der Inſel
famen (j. Cornelii, 7.), verbanden jie mit Sar:
19
290 Cortona — Crates
dinien zu Einer Provinz und führten unter Sulla| Cosroös ſ. Chosroös,
und Marius Kolonien Babin. Strab. 5, 224. Cossi, eine zum cornelijchen Gejchlechte (j. d.)
Cortöna, Kögoror«, Koörwv, bei den Römern | gehörige Familie, aus der folgende Männer her-
meift Crotona, die Einwohner -Crotonenses ge: | vorragen: 1) 2. Eorn. E. Maluginenjis. —
nannt, j. Cortona, Stadt im öftlichen Etrurien, | 2) U. Corn. Eojj. Maluginenjis. — 3) der
nördlid) vom Trafimeniichen See am Fluß Elanis, | gleichnamige Sohn desjelben. S.Cornelii, 1-3.
eine der älteften Zwölfftädte, vielleicht Hauptjtadt | — 4) P. Corn. Rutilus Eojjus, zu wieder:
des nördlichen Etruriens wie Tarquimii des ſüd- holten Malen Trib. militum, erfodht 408 v. C.
lihen. Liv. 9, 37. Diod. Sie. 20, 25. Als Kolonie | als Diktator einen unbedeutenden Sieg über die
der Römer fam jie nicht zu großer Blüte, doc | Voljfer bei Antium. Liv. 4, 57. — 5) U. Corn.
zeugen noch die pelajgiichen Mauerrejte von ihrer | Coſſus Arvina, Magister equitum unter dem
Bedeutſamkeit in alter Zeit. Diktator T. Manlius Torquatus 349 v. C., Konjul
Coruneanti, 1) Tiberius, ein Plebejer, fämpfte | 343, mußte gleich beim Ausbruch des jamnitischen
(280 v. €.) als Konſul ruhmreich gegen die Etrujfer | Krieges in Samnium einfallen, wo er aber auf
und Pyrrhos (Eutr. 2, 12) und wurde im J. 2583 einem ungünftig gewählten Terrain vom Feinde
der erfte plebejiiche Pontifer Marimus. Liv. ep. 18. — Pr und nur durch die Kühnheit und
Cie. Brut. 14,55. n.d. 1,41, 115. de dom. 54, 139. | Klugheit feines Legionstribunen P. Decius Mus
Ein Freund des M’. Eurius und Fabricius, ftand | gerettet ward, jo daß er einen entjcheidenden Sieg
er wegen feiner ftaatsmännischen Weisheit und in der Gegendxder Caudiniſchen Päſſe davon trug.
Frömmigkeit, ſowie wegen jeiner juriftiichen Kennt: | Liv. 7, 28 ff. Er feierte einen Triumph, erhielt
niſſe in großem Anjehen. Cie. Lael. 5, 18. Cat. ım.| das Konfulat und 322 die Diktatur. Liv. 8, 17. 38.
6, 15. 9, 27. — 2) E. und 3) 2. Eorunc., 2 Brü: | — 6) P. Corn. Coſſus Arvina, Konful im
der, gingen als Gejandte im J. 230 v. C. nach J. 306 dv. E., zog mit einem Heere gegen die
Illyrien zu der Königin Teuta, deren Unterthanen | Samniter und befiegte fie. Ziv. 9, 42f. Im J. 294
durd; ihre Seeräubereien den Römern mandherlei | war er Cenſor, 288 zum zweitenmal Konful.
Schaden zugefügt hatten. Einer der Brüder jprah | Cossinii, 1) 2. Cojjinius, ein Freund des
mit ſolcher Freimütigkeit, daß Teuta die jchon ab: | Cicero und Atticns, gehörte dem NRitterftande an.
ereiften Gejandten wieder zurüdholen und den | Cic. Balb. 23,53. ad fam. 13, 23,1. — 2) Eofji-
Redner umbringen ließ (Pol. 2, 8); nad Florus nius, gleichfalls aus ritterlihem Stande, Freund
(2, 5) wurden beide getötet (nadı Appian jchon | des Nero, ftarb bei einer Krankheit durch die
vor der Landung). App. Ill. 7. Oros. 4, 13.| Schuld eines unmwiffenden Arztes, welcher ihm Gift
Liv. ep. 20. eingab. Plin. 29, 30, 93.
Corvinus j. Valerii, 33. ossutiänus Capito, benußte unter Claudius
Corvas, 1) römijches Cognomen, ſ. Valerii, 11. |jeine Stellung als Sachwalter zu unerlaubten
— 2) j. Belagerung, 16. Selderwerb. Nicht beſſer machte er es unter Nero
Cosa, richtiger Cossa, auf Münzen Colonia | als Statthalter von Kilifien, 56 n. C. Bon den
Julia Cossa, Stadt Etruriens, welche nach dem Kilikiern deshalb verklagt und verurteilt, jedoch
Falle von Falerii in die Neihe der Zwölfſtädte durd die Vermittelung feines Schtwiegervaters
eintrat, in der Nähe des Meeres am Berge Argen: | Tigellinus gerettet, rächte er fich jpäter an dem
tarius, mit gutem Hafen, Portus Herculis (nod) | Anwalt der Hagenden Kilitier, Thraſea Pätus,
j. P. d’Ercole), jeit 275 v. E. römische Kolonie; | durch eine Anklage desjelben. Tae. ann. 11, 6.
j. Ruinen Anfidonia. Liv. 22, 11. 33, 24. Tac.| 13, 33. 16, 21 ff. 28 ff.
ann, 2, 39, Costum, costus, griechiſch #doros, xöoror, die
Coseonli, 1) Marcus, fiel im I. 203 v. E. | Wurzel eines indiſchen Strauch, gehört nebft nar-
als Kriegstribun im Kampfe gegen den Farthagi: | dum, dem Blatte einer Pflanze, zu den wohl:
ichen Feldherrn Mago in Oberitalien. Liv. 30, 18. | riechendften indifchen Spezereien; beide hießen
— 2) C. Coſe., kämpfte als Prätor im J. 89 v. E. | daher auch vorzugsweije radix et folium. Plin.
im Bundesgenofjenkriege gegen die Samniter mit | 12, 12, 25. Hor. od. 3, 1, 44.
wechjelndem Glüde und unterwarf mehrere der) Cotta j. Aurelii und Aurunculeius,
aufitändiichen Völkerſchaften. Er jcheint jpäter (78)] Cottiae Alpes j. Alpes.
in Dalmatien glüdlich gefochten zu haben. Eutr.| Cottius, 1) König mehrerer Alpenvölfer, wurde
6, 4. Oros. 5, 23. — 3) E. Eofe., Prätor im | von Auguftus an die Spike der von den Römern
J. 63 v. C., protofollierte nad) Entdedung der | unterworfenen Bölkerichaften in den Weftalpen ge:
catilinarifchen Verſchwörung als Mitglied der dazu | ftellt und legte Straßen durch die Gebirge an;
ernannten Kommilfion alle die Verſchwörung be: | aud)- errichtete er im I. 8 v. E. zu Ehren des
treffenden Ausjagen. Gie. Sull. 14, 41. Im J. 62 | Auguftus den noch erhaltenen prächtigen Triumph;
verwaltete er ald Profonjul das jenfeitige Spa: | bogen zu Segufio (Suja). Amm. Mare. 15, 10, 2.
nien und wurde nad feiner Rüdlehr in einen | — 2) Sein Sohn, M. Julius Cottius, Präfelt
Repetundenprozeh verwidelt. Er ftarb im J. 59 | der Cottifchen Alpen, erlangte durch Claudius eine
in Campanien. Cie. Vat. 5, 12. ad Att. 2, 19, 4. | Vergrößerung feines Gebietes und den Königs:
— 4) C. Eojc., Tribun 59 v. E,, 2 Jahre jpäter | titel. Nach Ad Tode wurde dasjelbe von den
Adil, Nichter in der Sache des Seftius 56, dar: | Römern unter Nero in Beſitz genommen und zur
nad) Prätor und 47 bei dem Aufftande der cäja- | Provinz Alpes Cottiae gemacht. Dio Cass. 60, 24,4.
rianiichen Legionen ermordet. Er war mit Cicero | Swet. Ner. 18. Eutr. 7, 14.
ſehr befreundet. Cic. Vat.7, 16. Plut. Caes.51. —| CovinnarYus j. Essedum.
5) D. Coſe., gelehrter Grammatifer im 1. Jahrh. Crassus f. Lieinii, 8-19. u. Papirii, Il, A.
v. C. — 6) ein Epigrammendichter zur Zeit Mar: | rates, Flechtwerk aus biegſamen Zweigen,
tial® (Mart. 2, 77. 3, 69). das im Kriege mehrfach angewendet wurde, 3. B.
Cremera — Üulex.
als Bedeckung der Brüden (Caes. b. g. 4, 17), oder
als Bruftwehren auf Lagerwällen (Veg. 1, 24),
oder zur Ausfüllung von Gräben (Caes. b. g. 7, 79),
auch als Schanzförbe, hinter denen die Schleu—
derer und Bogenjchüßen die feindliche Beſatzung
der Mauern beichoffen. Caes. b. g. 7, 81. Über
eine eigentümliche Art jolcher mit Steinen gefüll:
ten Körbe, metellae, und deren Beſtimmung ſ.
Belagerung, 4.
Cremöra, rechtes Nebenflüchen des Tiber, bei
Fidenä miündend, befannt durch den Untergang
des fabiſchen Geſchlechts, 479 v. E.; j. Balca.
Liv.2, 48 ff. Dion. Hal, 9, 5 ff. Ov. fust. 2, 195 ff.
Cremöna, Kosuorn, noch j. Cremona mit Rui-
nen, öftli) von der Mündung der Addua in den
Padus an leßterem Fluſſe, im Lande der Ceno—
manen, wichtiger Grenzpoften gegen die galliichen
Bölfer und 219 v. E. kolonifiert (Lir. 21, 25) mit
den Rechten eines Munieipiums. Tac.hist.3, 30.34.
Slänzende Gebäude und das größte Amphitheater
Italiens ſchmückten die Stadt, welche im vitelliani-
ſchen Kriege im J. 69 n. E. von den Soldaten
des Beipafian furdtbar zerjtört wurde. Tac. hist.
3,29 ff. 34. Erft im Mittelalter ftieg fie wieder
zu namhafter Bedeutung empor. Strab. 5, 216.
Cremutius Cordus, Aulus, ein Gefchicht:
ichreiber aus dem Zeitalter des Auguft und Tibe-
rius, durch feine Freimütigfeit dem leßteren. ver:
dächtig. Die ruhmvolle Erwähnung des Brutus
und Caſſius in jeinem Gejchichtswerte wurde ihm
zum Verbrechen geftempelt; und obgleih er zu
jeiner Rechtfertigung auf das Beiipiel des Livius
und Aſinius Pollio fich berief, konnte er doch der
Hinrihtung wohl nur durch einen freiwilligen
Hungertod entgehen, 25 n. C. Geine Tochter
Marcia, an welche Seneca ein eigenes Troftichreiben
richtete, joll des Vaters Schriften, welche zur Ver:
brennung verurteilt waren, gerettet haben, ohne
daß fie jedoch auf uns gekommen find. Tac. ann.
4,34. Suet. Tib. 61. Dio Cass. 57, 24. Quint.
10, 1, 104 (wo nad der genialen Konjektur don
Nipperdey zu leſen ift: habet amatores, nec
immerito, Cremuti libertas, quamquam ceir-
cumcisis, quae dixisse ei nocuerat). Abhand-
lungen von Jul. Held (1841) und Rathlef (1860).
Crepidae j. Kleidung, 10.
Cretio j. Erbrecht, 1) 5.
Crimen ſ. Delietum.
Crispinus, 1) ein ftoifcher Tugendichwäßer, von
Horaz (sat. 1, 1, 120. 3, 129. 4, 14. 2, 7, 45) ver:
fpottet. Die Scholien nennen ihn Plotins Criſp.
und fagen: hie poeta fuit, qui sectam stoicanı
versibus seripsit. — 2) ein äghptiicher Slave,
der bei Domitian in große Gunft fam. Juv. 1, 24.
4,1.—3)f.Quintii, B,5—7.— 4). Commodaus.
Crispus ſ. Constantinus und Sallustius.
Crustae, aud wohl emblemäta, hießen bei den
Nömern die an Meinen Kunftwerfen, z. B. Trink—
gefäßen, in Relief — oder auch ein—
geſchnitzten Arbeiten, die gleichſam als Überzug
oder Rinde dienten, eine Art Stuccatur oder
Muſivarbeit. Außer Bernſteinbechern mit zier—
lichem Schnitzgebilde waren beſonders goldene be—
liebt, in welche man Edelſteine einſetzte, teils un—
geſchnittene ganze, teils gravierte Halbedelſteine,
die, um anderswo zum Zierat zu dienen, heraus—
—— werden fonnten, auch wohl in Ring—
äftchen oder Daftyliothelen verwahrt wurden. Cie.
291
Verr. 4, 23. Plin. 35, 12, 45. Juv. 5, 38. — Auch)
nannte man jo feine Stüdchen Marmor von ver:
ichiedener Art und farbe, womit man die Fuß—
böden der Häujer auslegte, jonft pavimenta sectilıa
(Suet. Caes. 46) oder emblemata vermiculata.
2al. Cie. de or. 3, 43. Daher en auch Künft:
fer, die mit dem Grabftichel Injchriften oder Ber:
zierungen in Metall arbeiteten und fie mit Emaille,
Gold oder Silber ausfüllten, cerustarii. Plin.
23, 12, 55.
Crustumerfa oder -um, jabinijche Stadt nörd:
li von Rom und Fidenä, unfern vom linken Ufer
des Tiber, eine der erjten Eroberungen des römi-
ichen Staats; j. Monte rotondo. Zar. 1, 9. 2, 19.
5, 37. Die Einwohner Crustumini.
Ernx, die Kreuzesftrafe, welche aus dem Auf:
hängen an der arbor infelix hervorgegangen ift,
war die härtefte Strafe und wurde eigentlich nur
bei Stlaven angewendet (servile supplicium, ser-
viles eruciatus, Tac. ann. 3, 50), jpäter auch bei
Beregrinen und Bürgern, welche humiles waren.
Straßenraub, Seeräuberei, Meuchelmord, Aufruhr
und Hochverrat wurden am Kreuze gebüßt. Der
Delinquent wurde, eine furca oder ein patibulunı
tragend, unter Geißel- und Rutenhieben an ben
Ort der Erekution geführt und an der crux, dem
an der Richtftätte aufgerichteten Pfahle, fo hinauf:
gezogen, daß das patibulum die Querbalten des
Nreuzes bildete. Mit den Händen ward er an
diefes, mit den Füßen an den Pfahl feitgenagelt.
Die evangelifche Darftellung des jein Kreuz tra:
genden Heilandes widerftreitet der römijchen Sitte
nicht, obwohl neben patibulum fertur, damnati
in erucem azguntur, tolluntur, cruci affiguntur
ſich eruei figere nicht findet. Unterjuchung vom
Standpunkte hriftlicher Archäologie von Zeitermann
in 2 Leipz. Programmen (1866, 1867).
Crystatlina, sc. vasa, Waren don reinen,
weißem und durchjichtigem Glas, was wir aud)
Kryitallglas nennen. Plin. 37, 2, 11. Juv. 6, 155.
Cubital, eine Art Armpolfter oder bequemes
Kiſſen, welches man beim Eſſen oder anderm Liegen
unter den Arm jchob; bisweilen auch zum be:
quemeren Anlegen des Kopfes, wie bei den Griechen
das moogxepdiuor. Hor. sat. 2, 3, 255.
Cubitus j. Male.
Cueullus ſ. Kleidung, 10.
Culeita, eigentlich jeder mit Federn, Wolle,
Stroh oder andern Dingen geftopfte Sad, daher
bisweilen aud im Kriege gebraucht, um dem Stoße
des feindlichen Sturmbods zu wehren; bejonders
aber ein Pfühl oder eine Matratze, oft von jehr
prächtiger und foftbarer Art, wie fie beim Eſſen
auf das Speijejofa (lectus) gelegt wurden. Cie.
tusc. 3, 19. Suet. Tib. 54 u. ö.
Cülens, 1) der lederne Sad, in welchen die
parrieidae eingenäht wurden, ehe fie in den Fluß
hinabgejentt wurden. Cie. Rose. Am. 15. 16. 25.
Heinrich zu Juvenal ©. 344. — 2) ein Maß, |.
Mafls,
Cülex, eins der Hleineren angeblich vergiliichen
Gedichte, in welchem der Schatten einer getöte-
ten Müde eingeführt wird und jeine Beftattung
wünscht, „in Bezug auf Kompofition und Ausfüh—
rung ebenjo jchülerhaft, wie mufterhaft hinfichtlich
des Versbaues“; mwahrjcheinlich aus der zweiten
Hälfte des 1. chriftlichen Jahrhunderts. Es jcheint
die Nachdichtung eines von Vergil gedichteten, aber
19*
292
von diejem vernichteten Gedichts zu fein; andere
halten es in jeinem Kerne für eine Jugendarbeit
des Vergil, die durch zahlreiche Jnterpolationen
(vielleicht von Schülern einer Rhetorenichule) ihren
jeßigen Umfang erhalten habe (jo Rich. Hilde:
brandt in feiner Abhandlung, 1887).
Culpa, im w. ©. jede unfittliche oder rechts:
verlegende Handlung, im e. S. Nichtanwenden der
nötigen Sorgfalt ohne animus nocendi. Dieje
Lehre ift im Eivilrecht wegen des für culpa zu
leiftenden Schadenerjages und im Mriminalrecht
wegen der Diftinftion der Verbrechen jehr wichtig.
‚umae j. Kyme.
Canöus, 1) eine feilförmige Abteilung der Zu:
ſchauerſitze im Theater, Amphitheater und Cirlkus,
gebildet durch die Treppen und Stiegen, welche
von der unterften bis zur höchſten Sigreihe hinauf:
liefen; griehiich »eoxig (f. Theatron, 4.) —
2) eine feilförmige Schlachtordnung, um auf einer
Stelle den Angriff zu konzentrieren und durchzu:
brechen. Veg. 3, 19f. Caes. b. g. 6, 40. In der
gemeinen Soldateniprache wurde jolcher Keil mit
einem Schweinsfopf verglichen und caput por-
einum genannt. Veg. 3, 19. Man entging diejem
Stoße durd den ſ. g. forceps, Zange, d. i. einen
umgelehrten cuneus in Geftalt des Buchitaben V;
man lieh den Keil in die Offnung hineindringen
und griff ihn alddann von den Seiten an. Liv.
39, 31. In der Schlacht bei Cannä (Liv. 22, 47)
ichlugen die Römer den Andrang eines Keils
zurüd; indem fie aber zu eifrig nachdrangen und
derſelbe immer weiter hinter die übrige Schlacht—
reihe zurückwich, wurden fie überflügelt. — Bis—
weilen ift cuneus gleichbedeutend mit phalanx
(Liv. 32, 17), eine tiefgeftellte, ſchmale Abteilung
(daj. 8, 10), auch wohl im allgemeinen nur ein
dichtes Viered. Zac. hist. 4, 20.
Cunicüli, Cunieularii j. Belagerung, 5.
Copa, ein großes irdenes Weingefäß, welches
im Keller lag, wie die dolia und seriae. Dieje
wurden vor dem Gebrauche ausgepicht.
Cupido j. Eros.
Cupra maritima, anjehnlidhite Seeftadt in
Bicenum, j. Ruinen Grottamare in der Nähe des
N. Marano, mit einem jchönen, angebli von Pe—
aſgern erbauten, von Hadrian reftaurierten Juno:
tempel. Strab. 5, 241. Mela 2, 4.
Copressus, auch nad) dem Griech. cyparissus,
ein immergrüner (semper virens, Linn.) jüblicher
Waldbaum, wächſt einheimiſch auf Kreta, vorzüg—
fih auf den Idaiiſchen Bergen, und ohne große
Pilege. „Die weibliche, in Byramidengeftalt, unter:
brach die gereiheten Fichten oder Zirbelbäume der
römiichen Gärten (Verg. @. 4,112); aus der männ:
lihen zog man, wie aus Buchsbaum, gejchorene
Heden und VBorftellungen von Landſchaften, Jagden,
Flotten.“ Voß zu Verg. @. 2, 84. Er erhebt ſich
in jehr hohen Phramiden und gibt das dauerhaf:
tefte Bauholz. Hom. Od. 17, 340. Verg. E. 1, 25.
Er war wegen des dunflen jchwärzlichen Grüns
feiner Blätter dem Pluton geheiligt und wurde
vor den Häuſern Geftorbener, um den Scheiter-
haufen, am Grabe aufgepflanzt (darum funebris,
Hor. epod. 5, 17; feralis, Verg. A. 6, 216. Or.
trist. 3, 14, 21; invisa, Hor. od. 2, 14, 23), nad)
der Erflärung des Feſtus ideo, quia huius gene-
ris arbor caesa non renascitur,
Cura j. Tutela.
Culpa — Curiatins Maternus.
Curatöres, urſprünglich außerordentliche Be—
amte, welche die Aufficht über gewifle Dinge führten;
in der Kaiſerzeit jchr gewöhnlich, z. B. alveiet ripa-
rum, denen die Sorge für die Ufer des Tiber oblag,
aquarum, Inſpeltoren der Aquädulte, cloacarum,
der Kloaken, frumenti, mit der Berteilung des
Getreides beauftragt (j. Largitio), monumen-
torum publicorum tuendorum, operum publi-
corum, pecuniae publicae, tabularum publi-
carım, viarum, regionum 1. a., deren Bedeutung
aus dem Titel, den fie führten, erhellt. Auch hatten
manche Korporationen Euratoren, welche auf In—
ichriften oft genannt werden.
Cures, -ium, Ävgsis, j. Dorf Correſe, die
alte, von den Sabinern gegründete Hauptitadt
des Volls, von der der Name Quirites berrühren
jollte, Heimat des Titus Tatius und des Numa.
Lit. 1, 13.
Curötes j. Kureten unter Zeus und Rhea
Kybele,
CurYa. Jede der 3 patriciihen Tribus Ram:
ues, Tities und Luceres zerfiel in 10 Eurien oder
Abteilungen, jo dah e3 zujammen 30 Eurien waren.
Liv. 1, 13. Jede Eurie, als großer Gejchlechter:
fompler, enthielt eine Anzahl, nad) der Anficht
einiger gerade 10 gentes und hatte bejondere
sacra, zu welchem Behufe eine jede Eurie einen
Verſammlungsort und einen Opferplaß bejaß, eben:
fall curia genannt. Aus den Eurien wurden die
Senatores und Equites genommen, alle Eurialen
aber waren Mitglieder der Euriatcomitien. Bon
den Namen der 30 Eurien fennen wir nur wenige,
$ B. Titia, Faucia, Calabra, Forienfis u. a.
dach der Sage waren fie von den ſabiniſchen
Frauen hergenommen. Liv. 1,13. — Curiae hießen
auch gewijje Verfammlungsorte, 3. B. des Senats.
Über dieje curiae, namentlich die des Tullus Hofti-
lius und die nad) dem Brande 52 v. E. erbaute
curia Iulia, j. Roma, 8. 10,
Curiatli, Drillingsbrüder aus Alba —*
welche im Kampf zwiſchen Rom und Alba um die
Herrſchaft mit den ihnen verwandten Horatiern,
gleichfalls Drillingen, kämpften und nach Erlegung
zweier Horatier von dem letzten derſelben durch
Liſt einer nach dem andern getötet wurden. Liv.
1,24ff. Dion. Hal. 3, 13 ff. 22. 29. Der eine
von ihnen, Attus Euriatius, war mit einer Schweiter
der Horatier verlobt. So nad) der gewöhnlichen
Erzählung. Nach neueren Unterfuchungen jcheinen
beide Namen, der der Euriatier wie der der Ho:
ratier, jo viel ald PBatricier zu bedeuten: aljo
Männer patriciichen Standes fümpften miteinander
(nit Männer aus dem gemeinen Volke), weshalb
auch dem Janus Guriatius, d. h. dem Gotte der
Batricier, ein Altar errichtet wurde. Später eriftierte,
angeblid aus Alba verpflanzt, in Rom ein Ge-
ichlecht der Euriatier, aus welchem Livius (3, 32)
einen Konjul für 453 v. E. und (daj. 33) einen
Decempir nennt. Aus jpäterer Zeit wird für das
Jahr 401 v. E. ein Volkstribun P. Curiatius
genannt (Liv. 5, 11f), jowie im %. 138 v. C.
ein Bolfstribun C. Curiatius vorfommt, welcher
die Konfuln des Jahres einkerfern lieh, weil fie die
Befreiung von der Aushebung nicht hatten zuge:
jtehen wollen. Liv. ep. 55. Cie. legg. 3, 9, 20.
Val. Max. 3, 7, 3.
| Curiatins Maternus, Sachwalter zur Zeit des
| Domitian in Rom, war zugleich Redner und Dichter.
Curii — Curtii.
In Tacitus’ dialogus de oratoribus tritt er ala
eine Hauptperfon und als Lobredner der Dicht:
funft, in welcher er ſich jelbft verjuchte, auf. Er
verfahte ng ion einen Thyeftes und eine Medea,
behandelte aber auch Gegenftände aus der römischen
Geichichte, 3. B. den Cato, Domitius; doch ift nichts
auf uns gefommen. Er jcheint 91 m. E. durch
Domitian getötet worden zu fein (Dio Cass. 67, 12).
Curji, 1) M. Eur. Dentätus, aus plebe:
jiichem Gefchlechte, ein homo novus (Cie. Mur.
8,17), trat zuerjt ald Bolkstribun gegen Appius
Claudius Cäcus auf, als derielbe der Wahl eines
Plebejers zum Konſulate entgegenwirkte, und jchlug
290 v. E. als Konful die Samniter völlig, darauf
die Sabiner, die unterworfen und römijche Bürger
wurden. Kutr. 2,9. Vell. Pat. 1,14. Im J. 275
erhielt er abermals das Konſulat, rüftete mit aller
Kraft und mit ftrenger Truppenaushebung gegen
Pyrrhos und befiegte denjelben in der enticheiden:
den Schlacht bei Beneventum, wodurch er Rom
befreite. Cie. Cat. m. 16, 55. Val. Max. 6,3, 4.
Flor. 1, 18. Nach einem glänzenden Triumphe
wählte F das dankbare Volk zum drittenmale
zum Konſul, worauf er die von neuem aufgeſtan—
denen Völker Unteritaliens unterwarf (274). Er
ſtarb 272 bald nach Antritt der Cenſur. Er war
ein Muſter ſeltenſter Einfachheit, Unbeſtechlichkeit
und Uneigennützigkeit, daher auch Gegenſtand des
beſonderen Lobpreiſes der Dichter (vgl. Hor..od.
1, 12, 41), Repräjentant der altehrwürdigen Sitte.
Nach — der Sabiner nahm er von dem
gewonnenen Lande nur ein kleines Stückchen für
fih, wie ed der geringfte Bürger bejaß, und be-
baute es mit eigenen Händen, jo oft er in den
Privatftand zurückkehrte. Dort wies er einft die
Geſchenke der jammitiichen Abgeordneten zurüd,
indem er fagte, er wolle lieber ſolche bejiegen,
welche Geld hätten, als es jelbft haben. Plut. Cat.
mai. 2. Cic. Cat. ın. 16, 55. Front. strat. 4, 3, 12.
Val. Max. 4, 3,5. Auch von der großen, dem
Porrhos abgenommenen Bente eignete er fih nur
ein hölzernes Opfergeräte zu. — 2) M. Eur,
befannt aus einem Erbichaftsprogeile vor 91 v. C.
Er war durch substitutio pupillaris von einem
gewiſſen Coponius zum Erben eingejegt. Als aber
diejem gar fein Sohn geboren wurde, erhob ein
Verwandter des Erblafliers Einiprache als Inte:
ftaterbe. Somit lag ein Konflikt zwiichen dem
scriptum und der sententia vor. Scävola ver:
teidigte die Ansprüche des Coponius, weil die
Bedingung des Teftaments nicht eingetreten wäre;
Craſſus machte die Willensmeinung des Teftatord
geltend. Eicero jchildert die Verhandlungen jehr
lebhaft (Brut. 52, 195) und kommt auch jonft oft
darauf zurüd, wie de or. 1, 39. 57. 2,6. 32. 54.
— 3) M. Eur, ein freund des Cicero und
Atticns, lange Zeit Negotiator in Patrai, ſetzte
jene Freunde zu Erben ein. Cicero rühmt ihn
wegen feiner Humanität (ad Att. 7, 2,3. Vgl. ad
fam. 7, 28 ff.). — 4) D. Cur., natus haud obscuro
loco, Teilnehmer an der catilinarifchen Verſchwö—
rung, deren Pläne er an Yulvia und Cicero ver:
riet (Sall. Cat. 23. 26).
Caro, 1) der Borfteher einer jeden Curie, der
oberfte eurio maximus; fie beforgten die Eurial:
jacra. — 2) f. Seribonii.
Curiosolites, gallifche Völterichaft in der Land—
ſchaft Aremorica (\. d.), deren Name in Corjeult
293
bei St. Malo fich erhalten hat. Caes. b. g. 2, 34.
2, 3.7. 2,
Currus, 1) arcuatus, ein mit Leinwand be:
dedter Magen, deffen fich befonders die flamines
bedienten. Liv. 1, 21. — 2) C. falcatus, Zgue
dosrarnpöoor, Sichelwagen, auf allen Seiten
von langen fjcharfen Sicheln umgeben, der, mit
ftarfen Roſſen beſpannt, raſch in die feindlichen
Haufen hineinjagte; ein vorzugsweiſe, wenn nicht
ausjchließlich, im Drient vorfommender Gebrauch,
den Curtius (4, 35) genau bejchreibt. Über die
essedarii bei den Galliern und die covinnarii bei
den Britanniern j. Essedum. — Über den cur-
rus triumphalis ſ. Dona militaria, 2.; über:
haupt vgl. Wagen.
Cursor j. Papirii, II, B.
Curtli, 1) Mettius Curtius, aus einem wohl
uriprünglich patricifchen Gejchlechte, wird als der
erſte dieler Familie genannt. Er war ein Sabiner,
fämpfte nach dem fabinifchen Aungfrauenraube mit
jeinen Landsleuten gegen die Römer, wobei er in
einen Sumpf geriet, aus dem er nur mit genauer
Not entlam, und fiedelte ſich nach der Berföhnung
mit den Römern in Rom an. Liv. 1, 12f. Plut.
Rom. 18. — 2) M. Eurt., ein mutiger Jüngling,
ftürzte fich, wie es heit, 362 v. E. in einen auf
dem Forum wahrjcheinlich durch ein Erdbeben ent:
——— Schlund, den man durch keine, noch ſo
arf hineingeworfene Erde ausfüllen konnte, auf
ſchön geſchmücktem Roffe mit dem koſtbarſten Schatze
hinein, um, dem Orakelſpruch gemäß, den Zorn
der Götter zu ſühnen, worauf ſich der Schlund wieder
ſchloß. Liv. 7, 6. Dio Cass. fr. 30. 45, 32. 68, 8.
Vielleicht hängt die Sage mit dem eben genannten
Mettius Eurtius zufammen. — 3)D. Eurt. Rufus,
Verfaſſer des Wertes de rebus gestis Alexandri M.
in 10 Büchern (wovon die beiden eriten verloren
find). Über das Zeitalter dieſes Hiftorifers fehlen
uns faft alle näheren Angaben, daher man bei
Beftimmung desjelben von Auguſt bis Theodofius
hinuntergeht (Schriften darüber von Hirt, Butt:
mann, Zumpt, Berger, Wiedemann, Eufner,
Tenffel Studien S. 387 u. a.). Sein Vater war
wohl der Quäſtor Curtius Rufus (jpäter Prätor,
legatus pro praetore in (ermania superior,
Konſul, zuletzt Profonful in Afrika, Tac. ann.
11, 20 f.), und unſer Hiſtoriker lebte demnach unter
Claudius. Dazu paffen denn aud des Curtius
eigene Worte (10, 9, 3 ff.), worin er den Zuftand
des makedoniſch-perſiſchen Reiches nach Aleranders
des Gr. Tode mit dem des römischen Reiches vor
dem Anfange der SKaiferherrichaft vergleicht und
darlegt, wie nad; der inneren Berrüttung infolge
der Bürgerfriege ein gejegnetes Regiment wieder—
hergeftellt worden fei, woran er den Wunſch knüpft,
e3 möge in bderjelben Familie (eiusdem domus)
recht lange fortdauern. Der hier erwähnte prin-
ceps, deſſen ortus lucem caliganti (vielleicht An:
jpielung auf den Namen Ealigula) mundo reddidit,
ift dann Claudius, die nox bie Nacht vom 24.
zum 25. Januar 41 n. E., wo Caligula ermordet
und Claudius auf den Thron erhoben wurde.
‚Andere beziehen minder richtig diefe Worte auf
die Bürgerfriege nad) Neros Tode und verlegen
den Eurtius in Veſpaſians Regierungszeit. — Er
ſtand wahrjcheinlich noch im beiten Mannesalter,
als er fein Geſchichtswerk jchrieb. Es ift nicht frei
von Verftößen, namentlich gegen die Chronologie
294
und Geographie, und die Schlachtenbeichreibungen
verraten jchr wenig technische Kenntniffe. Er ift
auch zu jehr von Mlerander eingenommen, was
zum Teil an den von ihm, wenn auch nicht direkt,
benußten griech. Onellen, den Werfen des Kleitarchos
und Megafthenes (denen auch Diodor folgte), liegen
mag. ie eingeflochtenen Reden ſowie manche
Schilderungen haben viel Anziehendes und Leben—
diges. Seine Sprache, welche bisweilen jehr blühend
und poetiich wird, verrät die Spuren des filbernen
Beitalters. Das Werk ift mehr vom rhetoriichen
als vom hiftorijchen Standpunkte aus zu beurteilen.
— SHauptausgg. von J. Mützell (2 Bde. 1841) und
Zumpt (1849); Schulausgg. von Mützell (1843),
Zumpt (2. Aufl. 1864) und Vogel (2 Bde. 2. Aufl.
1875 ff. 1. Bd. 3. Aufl. 1885). Tertausgg. von
Baumſtark (1829), Foh (1851), Hedide (1867) und
Vogel (1880). Abhandlung von Kind (1583). ©.
Dofjen, etude sur Quinte Curce (1887).
Curülis j. Magistratus, A.
Custodia ſ. Carcer.
Custos, ]) Dezeihnung des paedagogus; 2) der
Aufjeher über die Stimmurnen in den Comitien,
welcher freiwillig oder erbeten oder erloft zugegen
Curulis — Daidala.
erg um Unterſchleif zu verhüten; vgl. Diri-
rıtor,
Cutiliae, alte jabinijche, angeblich) von Onotrern
egründete Stadt öſtlich von Reate, jpäter ver:
nahen ‘Lie. 26, 11), in deren Nähe Veſpaſian
auf jeiner Billa ftarb. Suet. Vesp. 24. Dem Waſſer
des ces, an dem fie lag (lacus Cutiliae, Aquae
Cutiliae), wurden Heilfräfte zugeichrieben. Plin.
8, 18, 16.
Cymbalum, »vußeior, ein hohles, bedenför-
miges Inſtrument, meift von Meffing, mit gellen:
dem Tone, vorzugsweije bei den Bacchanalien und
Kybele-Feſten gebraucht. Liv. 39, 8.
Cypriänus, ÄAvrgıevög, Thajcius Cäci—
lius, geb. um 200 n. E., wahrjcheinlicy zu Kar:
thago, dort zuerft heidniſcher Nhetor, dann jeit
248 Bilchof; fein jelbjtändiger und tieffinniger
Geiſt, wie jein Vorbild Tertullian, aber in Thaten
und Schriften (de unitate ecclesiae u. a.) ein
begeijterter und weiſer Kirchenfürſt, geitorben ala
Märtyrer unter Valerian 14. Sept. 258. Haupt:
ausg. jeiner Werfe von Hartel (1868— 71, 3 Bde.).
Biogr. von Nettberg (1831) und Fechtrup (1878).
Cyrus ſ. Kyros.
D.
Dacia, das heutige Königreich Rumänien, Bufo-
wina und Siebenbürgen, war reich an Getreide,
Holz und Metallen, im Süden mehr eben, im
Norden jehr gebirgig. Hauptflüſſe waren außer
den Grenzflüffen Danuvius (Donau) und Hiera-
fus (Pruth) Aluta und Marifia (Maroich).
Die Einwohner, IJäxoı, Daci, ohne Zweifel thra-
fiihen Urjprungs, waren mächtig und Eriegeriich,
zugleich durch Sittenreinheit ausgezeichnet. Auguftus
nahm ihnen ihre Befigungen jüdlich von der Donau
in Möften ab; doc, erſt Trajan, der gegen ihren
— und tapfern König Decebalus einen hei:
tigen Rampf beitand (101--107 n. E.), unterjochte
fie und führte römiſche Anfiedler ins Yand, welche
raſch römiſche Sprache und Kultur unter ihnen
verbreiteten (dah. noch ihr jegiger Name Rumänen).
Hadrian teilte das Yand in die 2 Provinzen D.
superior (mweftlich) und D. inferior (dftlich). Seit
Sallienus (257) räumten die Römer das Land und
überließen es den eindringenden germanijchen Völ—
fern, namentlich zur Zeit der Bölferwanderung
den Soten, mit welchen die Urbewohner verwandt
waren. Sauptitadt des Landes zur Zeit der Er:
oberung durch die Römer war Sarmizegetuja,
die Reſidenz des Decebalus; militäriiche Hauptſtadt
der Nömer Apulum, nad den Martomannen:
friegen des Marc Aurel reorganifiert als munici-
pium Aurelium Apulum, neben dem auch eine
colonia Aurelia Apulum erjcheint; j. Karlsburg.
Hor. od. 3, 6,13. Teac. hist. 3,46. Dio Cass.
51, 22 ff. Plin. 4, 12. Eutr. 8,6. gl. E. Goos,
Studien zur Geographie und Geichichte des Traja—
nifchen Daciens (1874).
Iades vuagpızui |. Beleuchtung, 2.
Dadicae, Sadrxaı, perfiicher Volksſtamm, welcher
mit den Sattagyden, Aparyten und Gandariern
die fiebente Satrapie bildete, wahricheinlich ſüdlich
von Margiana (j. d.). Hdt. 3, 1. 7, 66.
Dadüchen j. Eleusinia, 6.
Dahae, JSaaı, ein weit verbreitetes Volt ſty—
Par Stammes, bejonders an der Ditieite des
Kaſpiſchen Meeres, am Oros und Margos — im
heutigen Turkeſtan. Wir finden fie als Reiter in
den Armeen des Dareios, des Alerander und des
Antiochos des Gr. Arr. 3, 11, 3.28, 9.5, 12, 2.
Curt.7, 3. Liv.35, 38.37, 38. Nach Tacitus (ann.
11, 10) jchied fie der Fluß Sindes von den Ariern.
Daidäla, Saldare, |) geographiich, 1) Ge—
birge an ber Infijchen Grenze in dem von den
Rhodiern bejegten Landſtriche von Karien, der
Peraia der Rhodier; jüdlich davon lag am Glau—
liſchen Meerbufen die Stadt Daidala. Lir. 37,22.
— 2) Stadt in Indien (Curt. 8, 10. Just. 12,7),
deren Lage aber ungewiß ift. II, Weite des
Zeus und der Hera in Boiotien, an welchen man
die Ehe diejer beiden Gottheiten finnbildlich dar-
ftellte. Hera jchmollte mit ihrem Gatten und hatte
ihn verlaflen. Da verfertigte Zeus ein Holzbild
(daidakor) und führte es in bräutlicher Berhüllung
auf einem Wagen nach dem Kithairon, unter dem
Borgeben, daß er Blataia, die Tochter des Aſopos,
als jein Weib heimführe. Hera eilte voll Eifer:
jucht herbei, rih der Braut das Gewand ab und
erfannte das Schnitzbild. Hierauf verjöhnte fie
ſich mit dem Gatten und jebte fich ſelbſt auf
den Brautwagen. Zum Andenfen ftiftete jie das
Daidalenfeit, an welchem das Bild der Hera, bränt:
lich angezogen und eine Brautführerin zur Seite,
auf einem Wagen in feierlicher Prozeffion auf den
Ktithairon geführt ward. Man unterichied Die
großen unddie Fleinen Daidalen. Die legteren
wurden von den PBlataiern etwa alle 7 Jahre (?)
durch eine bräutliche Prozeifion gefeiert, wozu fie
das Bild der Hera aus einer Eiche fertigten, die
fie in einem Hain bei Alalkomenai gefällt. An
den großen Daidalen, welche alle 60 Jahre
Daidalion — Daktylen. 295
von den gejamten Boiotern gefeiert wurden,
waren 14 an den Heinen Daidalen gefertigte Schniß: |
bilder für die 14 Bundesftädte bereit; dDieje wurden |
dann von den Städten in einer durchs Los be-
ftimmten Ordnung in gemeinjamer Prozeſſion auf
den Gipfel des Kithairon geführt, wo die einzelnen
Abteilungen der Hera eine Kuh und dem Zeus
einen Stier opferten und zulegt durch Verbrennung
der Bilder den großen 6Ojährigen Feſteyklus
ichloffen. Paus. 9, 3.
Daidalion j. Keyx.
Daidälos, Salderog, Daedalus (eig. der Künft-
ler, von dauddiin), * des Metion oder des
Palamaon, Enkel des Eupalamos, Urenkel des
Königs Erechtheus zu Athen, Zeitgenoſſe des Theſeus
und Minos. Er galt für den Erfinder der Stand:
bilder, welche ausjchreitend und mit geöffneten
Augen dargejtellt wurden, und mannigfacher Werl:
zeuge, wie der Art, der Säge, des Bohrers, der
Seßtvage u. dgl. Auch war er ein gejchidter Bau:
meifter. Seinen Schwefterjohn Talos, jeinen Lehr:
ling, der die Töpferjcheibe, das Drechjeleijen u. a.
Werkzeuge erfand, tötete er aus Künftlereiferjucht
und mußte deshalb aus Athen fliehen. Er ging
nach Kreta zu dem König Minos, dem er bei
Knojos das Yabyrinth, ein überirdiiches Gebäude
mit vielen Irrgängen, als Wohnung des Ming:
tauros erbaute. Außer mehreren andern Kunſt—
werfen jchuf er hier aud einen Tanzplatz für des
Minos Tochter Ariadne, welchen Hephaiftos auf
dem Schilde des Adyilleus nachbildete II. 18, 590).
Da Daidalos der Ariadne den Faden gab, mit
welchem fich Theſeus in den rrgängen des La:
nern zurecht fand, jo wurde er von Minos
nebjt jeinem Sohne Ylaros in das Labyrinth
eingeichloflen; aber Daidalos beſtach die Wächter
und entfloh mit feinem Sohne auf Flügeln, die
er funftvoll aus Federn zujammengejebt hatte,
über das Meer. Bei dem Fluge erhob ſich Jlaros
allzuhoch, jo dab die Wärme der nahen Sonne
das Wachs, welches die Federn zujammenhielt,
jchmelzte und er in das Meer (das JIkariſche) ſtürzte
und ertranf. Ov. met. 8, 183 ff. Sein Leichnam
trieb an eine Inſel in der Nähe von Samos
Ilaria), wo er bejtattet ward. Daidalos fam nad)
Gumä in Unteritalien, wo er dem Apollon (Eumäus)
einen Tempel erbaute. Verg. A. 6, 14 ff. Prag:
matifierende Erklärer erzählen, Daidalos (oder auch
Ilaros) habe die Segel erfunden und jei mitteljt
derjelben der Herrſchaft und den VBerfolgungen des
Minos über das Meer entflohen. Bon Cumä fam
Daidalos nad) Kamikos in Sicilien zu dem König
Kotalos; Minos, der ihm nacdhgeeilt war, forderte
ihn von Kokalos zurüd, aber die Töchter des
Kolalos, die den Daidalos wegen feiner Kunft
liebgewonnen hatten, töteten Minos. Much nad
Sardinien joll Daidalos gelommen jein. Er ftarb
auf Sicilien. Nach anderer Sage ging er mit
Thejeus von Kreta nady Athen zurüd. — Daidalos
ift der mythiſche Ahnherr des Daidalidengeichlechtes
En u weldem auch Sofrates gehörte, und
myiythiſche Repräjentant der attiſchen und der
fretiichen Kunft. Vgl. Bildhaner, 1.
Daimon, Jaluor, Dacmon. Bei Homer heift
der Gott Hess oder daduwr, ohne daß durch beide
Wörter verichiedenartige Weſen bezeichnet werden.
@eös bedeutet den Gott für fich in feiner jeligen
datum in Bezug auf den Menjchen, injofern er
auf das Schidjal wohlthätig oder verderblich, gütig
und fürdernd oder jchredend einwirkt. Später aber
entjtand eine bejondere Mittelflaffe von göttlichen
Weſen, die man Daimonen nannte. So jagt
Heſiod (opp. et dd. 122), daß die Menjchen des
goldenen Geichlechts nad; ihrem irdijchen Leben
Daimonen geworden feien, gute überirdiiche Weien,
Hüter der Menjchen, welche, unfichtbar überall auf
Erden umherjchwebend, die Obhut haben über Recht
und Unrecht und Reichtum gewähren. Doc hält
man dieje Stelle des Hefiod für jpäter eingeichoben,
da der Daimonenglaube nicht jo hoch hinaufreiche.
Die Philojophen haben die Lehre von den Dai:
monen erſt recht ausgebildet; ſeitdem man be:
gonnen hatte, auch die Heroen als höhere Wejen
zu verehren, ftellte man in die Mitte zwiichen
Götter und Heroen die Daimonen, welche, während
die Götter immer mehr von einer VBermilchung
mit der Welt fich zurüdzogen, in die entjtehende
Kluft zwiichen Götter und Menſchen eintraten,
als Mittelwejen, die den Menjchen nahe jtanden,
empfindungs: und leidensfähig waren wie dieſe
und in ihre Schidjale thätig —*— Nach
Platon (syw»p. 202 E) bringen fie, den chriſtlichen
Engeln ähnlich, die Befehle und Gaben der Götter
zur Erde nieder und tragen die Bitten und Gebete
der Menſchen zu den Göttern hinauf. Von den
Philoſophen (die Neuplatoniker des erſten chriſtlichen
Jahrhunderts haben die Daimonenlehre beſonders
ausgebildet) gingen dieſe Borftellungen auch in den
Vollsglauben über, wo jie dann in dem Kulte der
Heroen und dem Totendienfte die weitere Nahrung
fanden. Die unfichtbar den Menſchen umfchweben:
den Daimonen, welche Süd und Unglüd bringen,
teilte man nach diejem Unterſchiede in gute und
böſe Daimonen, in Schußgeifter und Plagegeifter
(diAdorogss), für Einzelne und ganze Geichlechter,
für Städte und Länder. Durch Sofrates und die
platonijche Schule fam der Glaube auf, daß jedem
Einzelnen ein Daimon zugegeben fei, der ihn von
jeiner Geburt an jchüge und moralisch leite, und
wie man jchon die Daimonen in gute und böje
eteilt hatte, jo gejellte man mit der Zeit jedem
inzelnen einen guten und einen böjen Daimon
zu. — Bei den Römern find die dii Indigetes, wie
Romulus, Äneas, Latinus, jowie die Genii ähn:
liche Wejen. Die Juden und Ehriften haben jpäter
alle heidnifchen Götter für Daimonen erklärt, und
zivar für böje Daimonen, Teufel.
Daktylen, idaeische Daktylen, Tôciot
Icarviloı, uralte phrygiſche Daimonen am da,
denen die Auffindung und erfte Bearbeitung des
Eifens zugeſchrieben ward, riefig und überftart.
Der Begriff von Daimonen künſtlicher Metall:
arbeit dehnte fich allmählich jo aus, daß fie für
Künftler überhaupt und fogar für magijche Zauberer
angejehen wurden. Als phrygiiche Daimonen famen
fie in Verbindung mit Rhea-Kybele, deren Funft-
fertige Diener fie waren, und wurden infolge
davon mit den Kureten und Korybanten zufammen:
geitellt; auch mit den jamothrafiichen Kabeiren und
den Teldyinen wurden fie verwechjelt. Ihren Namen
Icarvkor erhielten fie von ihrer Kunftfertigfeit;
er bezeichnet Finger, Kunftfinger; Cicero (n. d.
3, 16) überjegt ihn mit Digiti. Der phrugiichen
Daltylen werden 3 genannt: Kelmis (Schmelzer,
Ruhe und Abgeſchiedenheit von der Menfchenwelt, | von xnAEo, jhmelzen), Damnameneus (Hammer,
296 Daktyliotheka
von daurdeo, bändigen) und Afmon(Ambos). Man
verſetzte fie aud) mit dem Dienfte der Rhea-Kybele
an den Ida in Kreta; hier waren ihrer 5 an der
Bahl, nebjt dem idaiiichen Herafles. Auch nahm
man deren 10 (5 männliche und 5 weibliche), 52,
100 an, vielleicht nad) der Zahl der Städte Kretas.
Daktyliothöka, ein jchön gearbeitetes Käftchen
zum Aufbewahren der Ringe. Mart. ı1, 59.
Val. auch Gemma.
DalmatYa (Delmatia), Jaluarie (Seluarie),
ein Teil des alten Jllyricums, ungefähr dem jeßigen
Dalmatien entjprechend, bildete einen jchmalen
Küftenftrih vom nördlichiten Winfel des Adria—
tiichen Meeres und vom Fluß Titos bis an Die
Grenze von Epeiros. Die Hauptjtadt hieß Del:
minium (JSeludvıor oder Saluor); unter andern
Städten, im ganzen 10, ragten Salonä (beim
ij. Spalatro) und Scodra, die Hauptitadt des
Gentius, hervor. Die bebiſchen Gebirge durchzogen
das Land, an deſſen von Buchten zerriffenen Küften
zahlreiche größere und Heinere Inſeln Tagen. Es
war fruchtbar an Wein, DI und Getreide. Die
Dalmatier trieben Jagd, Fiicherei, Viehzucht, haupt:
fädhlich aber Seeraub, worin fie durch die Be:
ichaffenheit ihrer Küſten begünftigt wurden. Zuerſt
werden fie 156 v. E. erwähnt, als der Konful
M. Figulus fie befriegte; fie wurden befiegt und
ihr Land verheert. Einen gleichen Ausgang hatte
der Feldzug des Cäcilius Metellus gegen fie, der
auch Salonä eroberte. Zu Cäſars Zeit jchlugen
fie, ftets durch ihre Berge geihüßt, mehrere rö-
miſche Heere, unterwarfen ſich ihm ſpäter und
empörten ſich wiederum nach ſeinem Tode. Erſt
Auguftus bezwang fie (35—383 v. E.), nachdem
ſchon (39) Afinius Pollio fie mit Glück befämpft
hatte. Hor. od. 2, 1,16. An dem Aufftande der
Bannonier (5 n. €.) unter Bato beteiligten fie jich,
wurden aber nad; Unterdrüdung desjelben völlig
unterworfen und bildeten fortan einen Teil von
Illyricum. Strab. 7,315. Liv. 44,31. Plin. 3, 22.
App. Ill. 11 ff. Vell. Pat. 2, 110 ff.
Dalmatius, 1) Stiefbruder Eonftantins des Gr.,
Sohn des Eonftantius Chlorus und der Theodora
(jedody nicht, wie einige meinen, identijch mit
feinem Bruder Hannibalianus), ftarb noch vor
Eonjtantin, der ihm zum Genjor erhoben hatte.
— 2) der Sohn des erjtern, jcheint von großen
Anlagen und gelehrter Bildung geweſen zu jein,
weshalb Conſtantin der Gr. ihn jehr hochhielt und
im %. 335 n. C. zum Gäjar ernannte. Er bezwang
das empörte Cypern, erhielt von Conftantin bei
der Teilung des Reichs die thrafiichen Yänder und
fam nad) defien Tode in einem Soldatenaufitande
um. äButr. 10, 9. Aur. Viet. Caes, 41.
Damälis, Scuekıs, oder Bits, Boös, Vorgebirge
und Ort am Eingang des thrafiichen Boſporos,
Byzantion gegenüber, das heut. Dorf Karel Sarai
Hier ſoll Fo, der die Kalchedonier eine eherne Kuh
errichteten (Pol. 5, 43), hinübergeſchwommen, und
Damalis, die Gemahlin bes athenischen Feldherrn
Chares, begraben worden jein.
Damarete, Sauegern, Bemahlin des Tyrannen
elon. Diod. Sie. 11,26. Nach ihr ijt benannt
das Damareteion, JSauagfrsıor, eine ficil.
Münze, im Werte = 4 attijchen Drachmen, die fie
nad) Diodor im J. 480 v. E. zuerjt hatte jchlagen
lafien.
Damascus, Sauaoxög, im A. T. Dammeſek, j.
— Damokles.
Dimeſchk, die uralte, noch heute blühende Hauptftadt
von Koileiyrien, oftvon ganz S Syrien, aufder Kreuzung
verjchiedener Handelsftraßen , in herrlicher, waſſer—
reicher Ebene am Fluß Chryſorrhoas oder Bardines
(j. Barada) gelegen. Bon David erobert, aber jchon
unter Salomo wieder jelbjtändig, im 9. und 8. Nahrh.
den Reihen Israel und Juda gefährlich, jeit 732
in affgrifchem Befit, dann nacheinander unter baby-
loniſcher, perfischer, ſeleukidiſcher, jeit 64 dv. E. unter
römiſcher Herrſchaft, doch zugleich unter naba—
täiſcher Hoheit, wurde D. 100 n. E. von Trajan
zur Provinz Syrien geſchlagen, und hob ſich ſeitdem
noch mehr. Diocletian namentlich errichtete große
Baffenfabriten, in welchen die berühmten Klingen
gefertigt wurden. Arr.5,11,9.15, 1. Curt. 3,12 ff.
Strab. 16, 755 f.
Damasippus, 1) 2. Junius, ein durd feine
Ähtungen und Tötungen von Mitgliedern der
jullanischen Partei, worunter Carbo, Scävola (Pon—
tifer), Antiftins u. a. waren, berüchtigter Marianer,
der nach Sullas Siege mit dem Leben büßen mußte.
Sall. Cat. 51, 832. Cie. ad fam.9, 21,3. Vell. Pat.
2, 26. Val. Max. 9, 2, 3. — 2) Ein anderer
Licin. D. ericheint bei Cicero (ad fam.T, 23, 2.
ad Att.12, 29,2. 33, 1) als Liebhaber von Statuen,
Käufer und Lerfäufer von Parks und ijt wahr:
icheinlich identijch mit dem von Horaz (sat. 2, 3)
eingeführten Tugendſchwätzer, der nach Vergendung
jeines Vermögens fich der ftoifchen Philofophie in
die Arme warf.
Damusithjmos, Sauacidvuos, Sohn des Kan:
daules, Fürft von Kalynda in Marien, wurde in
der Seeſchlacht bei Salamis mit feinem Schiffe
von der fliehenden Artemiſia zu ihrer eigenen
Rettung in den Grund gebohrt. Hat. 7, 98.8, 87.
Damastes, 1) j. Theseus. — 2)D. aus Sige,
griech. Hiftorifer, jüngerer Beitgenoffe des Herodot
und Hellanikos, defien Schüler er genannt wird,
ſcheint namentlich eine griech. Geſchichte gefchrieben
zu haben. Vgl. Müller, fragm. hist. Graee. II
p. 64 f. IV p. 654.
Damia ſ. Auxesia.
Damnum, ber verjchuldete Schaden, im juri:
ftijchen Sinne der widerrechtlich bereits angerichtete
oder drohende Schaden, für welchen der Urheber
Erſatz geben mußte. Häufig find folgende Ber:
bindungen: 1) damnanm iniuria datum, d. h.
der durch Verlegung der einer andern Berjon ge:
hörigen Tiere oder Sklaven bereitete Schaden,
welcher ſchon zufolge der XII Tafeln erjegt werden
mußte. Die lex Aquillia (im 2. oder 3. Jahr:
hundert dv. €. ?) modifizierte diefe Beftimmungen
und führte die actio legis Aquilliae ein. (ie.
Brut. 34, 131. Tull. 8, 11. 41f. — 2?) damnum
infectum, ber nod nicht vollbrachte, aber durch
den drohenden Einfturz oder durch die neue An—
‚legung nachbarlider Baulichfeiten bevorftehende
Schaden. Der leidende Teil hatte, wenn er nicht
eine Kaution dom Nachbar erhalten Fonnte, das
Recht einer Klage. Cie. top. 4. Verr. 1, 56. gl.
Cautio,
Damökles, Sauorköjs, ein Günſtling des älteren
Dionyfios von Syrakus, dem diejer durch das
mitten in der reichjten und glänzendften Fülle ihm
über dem Haupte jchtwebende Schwert die Unficher:
heit und Gefahr irdiſcher Hoheit Te
. tusc. 5, 21, 61. vgl. Hor. od. 3, 1, 17. Pers.
3, 40. Amm. Mare. 29, 2.
Damon — Daphnephoria. 297
Damon ſ. Phintias. Beſchützung gegen die verfolgenden Wigyptiaden
Asuosie, das Zelt des fafedaimoniichen Königs | behandeln die Inerıdeg des Aiſchylos.
im Felde, welches zu der ihm vom Wolfe gegebenen | _„Panaster, -ris, Fluß in Sfythien, mit dem
Ausrüftung gehörte. Mit ihm wohnten darin die | früheren Namen Tyras (Treag), |. Diyeftr, auf
Polemarchen und andere Männer aus den "Oporoı | den Karpathen entipringend, ftrömt im füböftlichen
(i. d.), die für alles forgten, was der König und Laufe zwiichen Sarmatien und Dacien und ergießt
die Polemarchen bedurften (Xen. resz. Lac. 13, 1, ſich nordöftlich vom Danuvius bei der Stadt Tyras
15, &), of zeel dauocier. Xen. Hell. 4, 5, 8. | G. Alfjerman) in den Pontos Eureinos. Er ift
40% 14, j früh Iiffber. Hdt. 5, 51 u. n —
ME Yandarii, Savddgror, oder Dandaridae, Völ—
sa en Te ferichaft an der Palus Mäotis und am nördlichen
er ‚m Arm des Kubanfluffes. Tac. ann. 12, 15f.
Danäß j. Perseus, Danuvius (nicht DanubYus\, Saronßıos (vom
Danai |. Graecia, 10. feltifchen Adj. dan, fortis), früher After, ö”/orgos,
Danaides j. Dannos.
s ter, Hifter, ein Name, der vom unteren Laufe
Adevazxn, ber Obolos, den man den Berftor: | des Fluffes zwiſchen PBannonien und Möfien auch
benen als Fährgeld (ranlor) für den Eharon in
jpäter gebraucht wurde, war nach den Anfichten
den Mund ftedte, urjprünglich eine Meine perfische | der Alten der größte Strom Europas, der in Ger:
Münze. manien auf dem Abnöbaberge (Tac. Germ. 1) ent:
Danäos, Savads, Sohn des ägyptiſchen Königs
iprang, dann im öftlihen Laufe Germanien von
Belos (defien Eltern Poſeidon und Libye waren) | Rhätien und Noricum, Pannonien von Dacien und
und der Anchinod, Repräſentant der achaiijchen
Dacien von Möfien jchied und endlich in folgen-
Danaer. Die gewöhnliche Sage machte ihm aber | den 7 Miündungen in den Pontos Eureinos mün—
zu einem Ägypier und erzählte, er jei aus Chem:
dete: Peufe oder fsobr oröun, Ndpexor or., ro
mis in Oberägypten mit feinen 50 Töchtern, den |xwlör ar., werdöcrou«, Bogsiov ar., Praydka
Danaiden (Saveldrs, nach ihrem Großvater auch oder pilor or. (von ©. nah N. gerechnet; jetzt
Beliden genannt), vor den 50 Söhnen jeines | find die Miündungen weſentlich anders). Erſt in
Bruders Aigpptos, die einen Aufftand erregt |der Römerzeit wurden Urjprung und Yauf des
hatten, nach Argos geflohen und habe dajelbft durch | Fluffes befannter, während früher die Borftellungen
einen Nichterfpruch der Argiver die Herrichaft er: | darüber ſehr verworren waren. Schon Hefiodos
halten ({. Gelanor). Er baute die Burg von Argos | (theog. 338) fennt den Fluß, der nach Aiſchylos
und lehrte das Graben der Brunnen. Die Söhne | von den Hyperboreiern und den Rhipaien fommt,
des Aigyptos aber folgten ihm und warben um nach Herodot (2, 33. 4, 47 ff. 99) von Pyrene her
jeine Töchter. Danaos vermählte fie, aber befahl | aus dem Keltenlande ganz Europa durchſtrömt.
jeinen Töchtern, in der Nacht die Bettern im | Teilweije lieh man ihn * ins Adriatiſche Meer
Schlafe zu ermorden. Dies thaten die Danaiden fließen (Diod. Sie. 4, 56. Strab. 7, 317). Der
und begruben die Köpfe der Gemordeten in Lerna; | Name ijt deutjch in Tuonouwe, Donau umgeformt.
nur Hypermneſtra verichonte ihren Werlobten | Strab. 7, 305. Plin. 4, 12, 79.
Lynkeus (vgl. Hor. od. 3, 11, 25 ff.\. Die Da-| Daphne, AScprn, 1) ſ. Apollon, 4. — 2) j.
naiden wurden für diefe Frevelthat in der Unter: | Delphisches Orakel. — 3) die von Seleufos
welt beftraft, indem fie ewig Waffer in ein durch: | Nilator, König von Sprien, dem Apollon geweihte
föchertes Faß ſchöpfen mußten, ein Bild nie endender, | Vorſtadt von Antiocheia in Syrien (ſ. Antio-
vergeblicher Arbeit. Andem man den Mythos von |cheia, 1.), auch Epidaphne genannt, mit einem
den Danaiden von der Naturfeite auffaht, erflärt | bochberühmten Tempel des Apollon und der Arte:
man fie als Repräfentanten der Flüffe und Quel- mis, welder 362 n. E. ein Raub der Flammen
len des trodenen argivifchen Landes (moArdtyıor | wurde. NAiylrecht und Spiele waren mit ihm ver:
Aeyos), welche jährlich im Sommer verfiegen. Sie | bunden. Liv. 33, 49. Ein naher Luithain von
wurden in Argos verehrt, weil fie das Yand mit | Kyprefien und Lorbeerbäumen, 80 Stadien im
Brunnen verjehen hätten, und 4 Brunnen waren | Umfang, in herrlicher Gegend, machte den Ort zum
ihnen dajelbft geweiht. Eine derfelben, Ampmone, | Lieblingsaufenthalte der Seleufiden, des Pompejus
war die Geliebte des Poſeidon, der ihr zuliebe | und der jpäteren Römer. Die Uppigfeit der Sitten
eine Duelle gleiches Namens entipringen Tief. |(Daphniei mores) machte indes jpäter den Drt
Danaos ward von Lynkeus ermordet, oder ftarb | verrufen. Bier ftarb im J. 19 n. E. Germanicns.
eines natürlichen Todes und hinterließ dem Lynfeus | Tac. ann. 2, 83.
die Herrichaft. Als Abas, der Sohn des Lynkeus Daphnephoria, 7) Saprnpogte, ein dem Apol:
und der Hypermneſtra, der jpäter Abai in Phofis | Ton in Delphoi und Tempe und in Boiotien zur
baute, feinem Vater die Nachricht von dem Tode | Erinnerung an feine Sühne von dem Morde des Py—
des Danaos bradıte, beſchenkte ihn derjelbe mit | thon begangenes Feſtiſ. Delphisches Orakel).
dem Schilde des Danaos, der die wunderbare Kraft | In Theben ward es dem Apollon Aimenios alle
hatte, Bollsaufruhr zu beichwichtigen. Abas hängte | 9 Jahre gefeiert. Ein fchöner Knabe (daprıpo-
ihn in dem Tempel der Hera auf und ftiftete der | eos), der den Apollon vorftellte, trug in feierlicher
Göttin die heraiifchen Spiele Hocie). Das Grab: | Prozeffion zu dem Tempel des Bottes einen mit
mal des Danaos ftand auf dem Marktplabe zu | Lorbeer, Blumen und Wollenbinden geichmüdten
Argos; auch Lynkeus und Hypermneſtra, die Ahnen | Dlivenjtab, der oben mit einer ehernen Kugel, an
des Berjeidengejchlechts, hatten in Argos ein ge: | welcher Fleinere Kugeln herabhingen, und weiter
meinjfames Heiligtum. Die Sage von Danaos und | unten mit einer ähnlichen, etwas Feineren Kugel
den Danaiden, von ihrer Ankunft in Argos, ihrer | verjehben war. Die Kugeln bedeuteten Sonne,
Aufnahme bei dem Könige des Landes und ihrer | Mond und Sterne; das Feſt hatte aljo zugleid)
298
einen aftronomijch = chronologiichen Sinn.
9, 10, 4. Phot. bibl. p. 988 (Höſchel).
Daphnis, Acigris, der ſchöne jugendliche Heros
der Hirten auf Sicilien, ein Liebling der Götter,
bejonders der Mufen und Nymphen. Er war der
Sohn des Hermes und einer Nymphe, Jäger und
Ninderhirt, gejchict im Blajen der Syrinx. Seine
Mutter ſetzte ihn in einem Thale der Heraitichen
Berge in einem Lorbeerhaine (daher der Name,
von dapen) aus, und Nymphen oder Hirten er:
zogen ihn. Nais oder Nomia liebte ihn, und er
verſprach ihr, ſich mit feiner andern Jungfrau zu
verbinden. Da er aber jein Berjprechen brach,
ftrafte ihn die frühere Geliebte mit Blindheit (oder
verivandelte ihn in Stein). Hermes entrüdte ihn
in den Himmel und lieh auf der Stelle, wo dies
geichah, eine Duelle (Daphnis) hervoriprudeln, an
welcher die Sicilier jährlich opferten. Das Gejchid
des Daphnis war ein Hauptgegenftand der bufo-
lichen Dichtung; er ſelbſt joll die erften Hirten—
Sa gejungen haben. Bei Theofrit (id. 1 und 7)
Paus.
at die Sage eine andere Gejtalt; hier ſtirbt
aphnis durch den Zorn der Aphrodite aus Liebes—
jehnfucht nach einer unerreichbaren Seliebten (Xenia),
weil er ein Mädchen floh, das er nad) dem Willen
der Aphrodite lieben jollte. See verherrlicht in
der 5. Efloge unter der Perjon des Daphnis den
42 dv. E. von den Triumvirn vergötterten Cäſar.
Dara oder Daras, j. Kara-Dere, ftarfe Grenz:
feftung im nördlichen Mejopotamien gegen Perjien,
nicht weit von Nijibis, gegründet 507 vom Kaifer
Anaftafios, dah. auch Anaftafiopolis geheifen, oft
genannt in der Gefchichte jener Zeit.
Dardäni, Sagdaroı, 1) Bewohner der Land:
ſchaft Dardania in Obermöjien, dem heutigen
Serbien, nördlich vom Stardosgebirge bis zum
Fluſſe Margus (j. Marowa), ein ſchmutziges, aber
mufifliebendes Volk. Ihre Hauptftadt hie Scupi.
Liv. 40, 57. Caes. b. c. 3,4. Strab. 7, 315, 316.
— 2) j. Dardania, 3.
Dardania, Sagdavde, 1) j. Dardani, 1. —
2) Stadt in Kleinafien am Hellespont am Fuße
des da, von dem alten Könige Dardanos ge:
gründet und defjen rang Kerne Il. 20,216). —
3) Heine Landſchaft über Troas, von Aineias be-
erricht; bei Homer fommt nur der Name der
ewohner Idodavoı vor, was mit Towes gleid)-
bedeutend gebraucht wird.
Dardänos, 1) 6 Sdodaros, Sohn des Zeus und
der Elektra, der Tochter des Atlas, der mythiſche
Stammherr der Troer (und durch Mineias der
Römer). Er wanderte aus Arkadien nad) Samothrafe
und von da eg Phrugien; hier gab ihm der
König Teufros Land zur Erbauung der Stadt
Dardania. Seine erfte Gemahlin Chryſe hatte bei
ihrer VBermählung das Palladion und die — ⸗
tümer der großen Götter von Athene als tigt
erhalten; Dardanos richtete dieſen Göttern auf
Samothrafe ihren Dienft ein und nahm die Götter:
bilder mit nad) Dardania, von two fie jpäter durch
jeine Nachkommen nad) Troja famen. Seine zweite
Gemahlin war Bateia, die Tochter des Teufros;
mit dieſer zeugte er den Erichthonios, den reichiten
der Menjchen, den Vater des Tros. Il. 20, 215 ff.
Nach einigen ftammte Dardanos aus Kreta oder
aus Stalien oder aus der Gegend von Troja jelbft.
Val. Plut, Cam. 20. Jagdariöng heißen bei Homer
jein Entel Priamos, Jlos und Anchiſes — 2) 7)
Daphnis — Dareios.
Iipdarogs, Stadt an der Küfte des Hellespont,
am Borgebirge gl. N. jüdlih von Abydos. Hier
fiel im peloponnefischen Kriege eine für die Athener
ünftige Seefchlacht vor. Thuc. 8, 106 ff. Aus
Bietät erflärten die Römer die Stabt nebjt Jlion
für frei im Frieden mit Antiochos dem Gr. (Lir.
38, 39); hier wurde endlich durd einen Frieden
der erjte mithridatische Krieg beendigt, j. Mithri-
dates, 8.
Dareikos j. Münzen, I.
Dareios, J«gziog, Darens, altperf. Därajavanih,
Name mehrerer Könige von Perjien, nad) Herodot
(6, 98) „der Sträftige‘ oder „der Ordnung Haltende‘
bedeutend: 1) Dareios I, Sohn des Hyſta—
ſpes (altperfiich Biftäipa), König 521—485 v. C.,
diente unter Kambyſes im Feldzuge gegen Ugypten
und bejtieg nach der Ermordung des falichen
Smerdis (Gumata), des Nachfolgers des Kambyſes,
wie es heißt infolge der Liſt jeines Stallmeifters
Dibares und des bei den Berjern üblichen Pferde:
orafels (Hdt. 3,70. 84) den perjiichen Thron. Durch
Heirat verband er ſich der Familie des Kyros, der
er jchon durch Abſtammung angehörte, noch näher.
Sein Beftreben war teil® auf die Vergrößerung
feines Reichs, teils auf die gute Verwaltung des:
elben gerichtet. Anfangs brach ein allgemeiner
ufftand gegen ihn aus, und die unterjochten
Völler juchten ihre Unabhängigkeit wieder zu er-
ringen, jo daß ſich der König rap allein auf das
vor dem empörten Babylon ftehende Heer verlaflen
fonnte; aber nach Unterwerfung diejer gewaltigen
Stadt, wobei ihn angeblich die Aufopferung
Bopyros unterftüßte (dt. 3, 160 ff. Just. 1, 10),
elang ihm die Wiedereroberung der abgefallenen
en Be (bis 519), und er unternahm dann mit
700 000 Mann im 3. 513 (?) den Feldzug gegen
die Skythen. Während er über den Phrafticen
Bojporos nad) Europa ging, jchidte er die Flotte
an die Donau, um eine Brüde über diejen Strom
zu ichlagen. Die thrafifchen Stämme, jowie die
Seten wurden unterworfen. Bei der Brüde lieh
er die Heinafiatifchen Griechen zur Bewachung (auf
60 Tage) zurüd. Nachdem ihn die Skythen durd)
Burüdweichen immer tiefer in ihre Steppen hinein=
gelodt und das Land verwüftet hatten, mußte er
den — — erreichte nach großen Ver—
luſten die Donau, wo nur Hiſtiaios (ſ. d.) die
durch Miltiades’ Rat (ſ. d.) fait ſchon überredeten
Griechen abgehalten hatte, die Brüde zu vernich-
ten, und fehrte nach Aſien zurüd. Hdt. 4, 87 ff.
Der in Thrafien zurüdgelaffene Feldherr Mega-
bazos gewann außer dem Dften und Süden dieſes
Landes noch Makedonien, während Dareios das
Neid im Dften bis zum Indos erweiterte. Der
Perg der ioniſchen Griechen, den er troß des
diejen von feiten der Aihener und Eretrier gelei-
jteten Beiftandes im 5. 494 nach der Seeſchlacht
bei Lade unterdrücte, veranlaßte ihn, zur Unter:
werfung der Griechen in Europa Vorbereitungen
zu treffen. Sein —— Mardonios wurde
im J. 493 ausgeſandt. Die Flotte ging zum
groben Zeil am Vorgebirge Athos zu Grunde;
8 ge eroberte zwar Thrafien und Make:
donien, erlitt aber große Berlufte und mußte zurüd:
fehren. Nun verlangte Dareios durch Gejandte
von den Griechen Unterwerfung, nur Athen und
Sparta weigerten fich die perfiiche Oberhoheit an-
zuerfennen und mißhandelten die Gejandten. Daher
Dares —
fandte Dareios den Datis und Mrtaphernes mit
einem großen Heere und einer Flotte nad) Griechen: |
land; Eretria auf Euboia, wurde zerftört, feine
Einwohner nah Ajien in die Gegend von Suſa
verpflanzt, Athens Beftrafung aber durch die Nieder: |
lage der ®Berjer bei Marathon (400) vereitelt.
Plut. Arist. 5. Hdt. 6, 94 ff. 102ff. Nep. Milt.5.|
Reitere Pläne des über die Niederlage ergrimme |
ten Königs verhinderte deſſen Tod im J. 485.
Hdt. 7, ı ff. Zum Gedächtnis feiner eriten Thaten
ließ D. in Medien, am Oberlauf des Choaipes,
an der Felswand des Berges Bagiftana (j. Behi:
jtun), hoch über der Strafe von Babylon nad
Ekbatana, ein aroßes Neliefbild und eine lange |
Inschrift im perjiicher, ſuſiſcher und babylonijcher
Reilichrift und Sprache anbringen, welche in unferen
Tagen als wichtigites Hülfsmittel für die Entzif:
ferung der affpriichen Dentmäler gedient hat. Diod. |
Sic. 2, 13. 17, 110. — 2) Dareios Il, Nothos
(eigentlich Ochos), König 424—405 v. C. ein un—
ehelicher Sohn des Artarerres Langhand, bahnte
ſich durd; Ermordung feines Bruders den Meg
zum Throne, hatte mit vielen Empörungen zu
fämpfen und lieh fich von feiner klugen Gemahlin
Paryſatis beherricen. Durch Beitehung und Lift
dbämpfte er die meiften Unruhen, nur Ägypten,
wo ſich Ampyrtaios zum König aufgeworfen hatte,
fonnte er nicht wieder unterwerfen. Am pelopon:
nejischen Kriege nahm er feinen unmittelbaren An—
teil. Dareios ſtarb 405, ohne, wie Paryſatis
wünſchte, ihrem Yieblingsiohne Kyros die Herr:
ſchaft zu hinterlaffen. Xen. An. 1, 1. — 3) Da:
reiosIll.,RKodomannos, König 336 —330 v. E.,
ein Enfel des zweiten Artarerres, wurde don dem
ägyptiſchen Eunuchen Bagoas nach des Arjes ge:
waltijamem Tod auf den Thron erhoben. Just.
10, 3. Diod. Sie. 17, 5. Dareios, ein Fürſt von
edlen Eigenichaften und angenehmer Körpergeftalt,
bejaß indeſſen mehr die Tugenden eines —28*
mannes als eines Fürſten, der ein ſo zerrüttetes
Reich, wie das perſiſche, regieren ſollte. Zwar trat
er Fräftig gegen den Bagoas auf, den er töten
ließ, als derjelbe ihm nach dem Leben trachtete,
aber im Kampfe gegen Alexander den Gr. fonnte
er das Reid) nicht retten. Er ftarb nach der Schlacht
bei Gaugamela durd den Verrat des Beſſos (j. d.)
und feiner Genoſſen, 3300. C. Arr. 3, 19 ff. Curt.
5, 7ff. Diod. Sie. 17, 73. Just. 11, 15.
Däres, Scons, Priefter des Hephaiftos in Troja |
(Hom. Il.5,9ff.), galt für den Verfaſſer einer
vorhomeriichen Ilias, welche auf Palmblätter ge:
fchrieben und von Ailian (var. hist. 11, 2) nad)
feiner Ausjage gejehen war, aber wahrjcheinlid)
nie eriftiert hat. Unter feinem Namen (Dares
Phrygius) geht eine ins Lateiniiche überjegte Schrift |
‚ de excidio Troiae, deren Berfafjer fich für Cor:
nelius Nepos ausgibt; in Wirlklichkeit iſt fie, wie
der trodne Ton und der fümmerliche Stil beweijen, |
ein Erzeugnis etwa des 5. Jahrhunderts, wenn:
gleich aus verlorenen Quellen geihöpft. Sie bildet
die Grundlage für die mittelalterlichen Dichtungen
über Trojas Untergang. Ausgg. von Dederich
1835 und mit Dictys 1837); am beiten von
eifter (1873). Bgl. Dunger, die Sage vom
trojan. Kriege in den Bearbeitungen des Mittel:
Decemviri.
alters (1869). Beet, über Dares von Phrygien
(1871). ®gl. au) Diktys, 2.
Dassarötae, Sasoapijreı, Bewohner der Land: |
299
ſchaft Dafjaretia im griehiichen Jllyrien, an der
weitlichen Grenze Makedoniens, mit der Stadt
Lychnidos an einem See (j. Ochrida). Liv. 27,32.
45, 26. Strab. 7, 316. 318,
Datämes, Sarduns, Sohn eines Kariers Ka—
mifjares, erhielt wegen jeiner im Kampfe gegen
die Kaduſier bewieſenen Tapferkeit Kappadokien
als Satrapie von Artaxerxes Mnemon, der ihn
auch jonft wegen feiner großen Berdienfte jehr
auszeichnete und bevorzugte. Darüber von deu
übrigen Günftlingen angefeindet, empörte er fich
egen den König und focht lange mit Glück und
ent gegen dejien Heere, fiel aber endlich durd)
Berrat. Nep. Dat. Diod. Sie. 15, 91, 2ff.
Dataphernes, JSarapeovns, ein Genoſſe des
Beſſos, den er fpäter an AMlerander verriet (Arr.
3,29, 6. 30), wurde nachmals an Alerander, gegen
den er fich an einer Verſchwörung beteiligt hatte,
ausgeliefert. Curt. 7, 5, 21 ff. 8, 3, 16.
Dätis, Järıs, ein Meder, der befannte Feldherr
de3 Dareios 1. (j. d.) Hyftaipis im Kampfe gegen
die Griechen, der in Verbindung mit Artaphernes
(ſ. d.) mehrere Injeln des Aigaiiſchen Meeres er:
obernd und verwüſtend durchzog und 12. September
490 v. C. bei Marathon gejchlagen ward. Hadt.
6, 94 ff.
Daton, Säror, der durc die Gold: und Silber:
minen des Bangaiosgebirges jprichwörtlich gewor-
dene Küſtenſtrich Maledoniens am Strymonijchen
Meerbujen, der Inſel Thaſos gegenüber. Hat. 9,75.
App. b. c. 4, 104. Plin. 4, 11.
Daulis. Saviız 0d. Javide, j. Dorf Davlia,
Stadt in Pholis, an der Strafe von Orchomenos
nach Delphoi, auf einem fteilen, ijolierten Fels—
rüden des Barnajjos gelegen, mit einer kyklopiſchen
Burg, wohin die Sage den Mythos von Tereus,
Profne und Philomela (die daher Thuc. 2, 30
n Javlıdg, Catull. 65, 14 Daulias genannt wird)
verlegt. Hom. Tl. 2, 520. Thuec. 2, 29. Sie galt,
zuerft von Terxes, jpäter am Ende des pholiſchen
Krieges nochmals zerftört, noch in römiſcher Yeit
wegen ihrer Yage als eine ſtarke Feſtung. Liv. 32, 18.
Dauni und Daunia j. Apulia und Italia, 10,
Daunos j. Diomedes,
Dea Dia j. Arvales fratres.
Decebälus, Jerdßarog, eigentlich) Dorpaneus,
jo daß der Name Decebalus jo viel als König oder
| Fürft der Dacier bedeutet, war Beherricher der
daciichen Bölferichaften und veranlafte durch jeinen
Einfall in die Provinz Möfien einen —8 des
Domitian gegen ihn (Tac. Agr. 41. Suet. Dom. 6.
Oros. 7, 10), deſſen Feldherr Fuſeus jedoch gänz—
lich geſchlagen wurde. Erſt der Feldherr Julian
beſiegte den tapfern Gegner (Dio (ass. 67, 10) in
einem neuen Feldzuge; aber andere Unfälle, welche
die Römer trafen, nötigten Domitian zu einem
wenig ehrenvollen Frieden und zum Tribut (Dio
Cass. 68, 6), wahricheinlicdy im J. 90 n. C. Erft
Trajan befiegte den Decebalus in einem aber:
maligen Kampfe in mehreren Schlachten, eroberte
jeine Hauptjtadt Sarmizegetufa und zwang ihn zur
Unterwerfung (103). Als Decebalus den Frieden
brach, bejiegte ihn Trajan im J. 106 gänzlich,
worauf Decebalus fich felbjt den Tod gab. Sein
Neich wurde römische Provinz. Dio Cass. 68, 6 ff.
Bol. Franke, Geſch. Trajans ©. 118.
Decemprimi j. Senatus, 1.
Decemviri, ein obrigfeitliches Kollegium, aus
300
10 Männern zufammengejegt und nach ihren Funk—
tionen verschieden bezeichnet: 1)Decemviri agris
dividundis, eine nicht ftändige mit der Aifigna-
tion des ager publicus beauftragte Kommilfion |
(Liv. 31, 4). — 2) Decemviri legibus scri-
bundis oder ferendis, zufolge der lex des |
Tribunen Terentilins Ara aus den Batriciern |
451 dv. C. erwählt, um die durch Herfommen ge:
heiligten Geſetze jchriftlich aufzuzeichnen und da= |
durd) zunächſt der richterlichen Sir der Koufuln
Schranken zu jeßen. Bugleich aber war diejes ein
treffliches Mittel, die beiden Stände der Patricier
und Plebejer durch die Gleichheit vor dem Nechte
zu verjchmelzen. Alle andern Magiftrate, jelbit
das Tribunat (ſowie auch die provocatio), wurden
einftweilen aufgehoben, jo daf einer diefer 10 Män-
ner die Staatsregierung, namentlich die Nechts-
pflege, verwaltete, während die übrigen 9 ihrem
Hauptberufe (Abfaſſung der Geſetze) oblagen. Jeder
führte die Obergewalt und fasces Einen Tag, fo
da die Neihe allemal in 10 Tagen herumkam
(Liv. 3, 33: decumo die ius populo singuli red-
debant). Der jedesmalige praefectus iuris (Liv.
3, 33) hatte die Infignien des geichäftsleitenden
Konſuls (12 fasces), die übrigen je 1 accensus,
Im erften Jahre wurden 10 Gejegtafeln fertig.
Bei Abfaffung derjelben joll ein gewifler Hermo—
doros, ein flüchtiger Philojoph aus Ephejos, Hülfe
(interpres legum) geleiftet haben. Plin. 34, 11.
Pompon. de orig. iuris 1, 4. Cie. tuse. 5, 36. Die
entworfenen Geſetze wurden zunächſt zur öffent:
lihen Prüfung ausgeftellt (Liv. 3, 34), ſodann
nad vorgenommenen Berbeflerungen in den Cen—
turiatcomitien gutgeheißen und in chernen Tafeln
eingegraben auf dem Comitium aufgeftellt. Zu—
gleich ftellte fich allgemein die Notwendigkeit von
noch 2 Ergänzungstafeln heraus, deshalb wurde
die er, auch noch für das fol-
dee Jahr, 450 v. C. beibehalten. Doch die
ecempirn twaren nach Ablauf ihrer geiegmäßigen
potestas nicht gejonnen, ihr Amt niederzulegen,
jondern fuchten es in unrechtmäßiger Weiſe (po-
tentia) auch noch für 449 v. C. beizubehalten,
ficherlich mit ftilljchweigender Einwilltaung der
Batricier, denen ftet3 noch die (damals cejfierende)
Tribunengewalt verhaßt war. Die infolge der
tyrannischen Willfür des Appius (Haupt der De:
cembirm) gegen die Verginia hervorgerufene se-
cessio der Blebs auf den Heiligen Berg machte
der Decemdiralgewalt ein Ende und traten die ver:
fafjungsmäßigen Verhältniffe von 2 Konſuln und
jährlichen Tribunen (fowie auch die provocatio)
wieder ein. Appius und Oppius töteten fich jelber
im Sefängniffe, die übrigen 8 gingen in die Ver—
bannung, ihr Vermögen wurde eingezogen. Liv.
8, 44-58. — 3) Decemviri stlıtıbus iudi-
candis, ein uraltes, rätjelhaftes Richterfollegium,
welches die Prozeffe über freiheit, Eivität u. dgl.
entfchied. Sie wurden neben den Tribunen und
aediles plebis für saerosancti erflärt durch die
leges Valeriae Horatiae und waren deshalb wohl
Nichter in Sachen der Plebejer. Das Zeichen ihres
Gerichts war die hasta (hastae pracesse). Die
betreffenden Stellen find: Liv. 3, 55. Cie. Caecin. 33.
de dom. 29. legq. 3,3. Varr. 1.1.9, 85. Digest.
1,1,2. Auguſtus machte fie zu Präfidenten des
Gentumpiralgerichtshofes und nahm fie nur aus
den Nittern, in welcher Eigenfchaft fie ſich ſehr
Decentius
a ———————— [
— Deeii.
lange hielten. Suet. Oct. 36. Dio Cuss. 54, 26. Plin.
ep. 5, 21. Spart. Hadr. 2. Bgl. 8. A. Schneider,
e centumviralis iudicii apud Roman. origine,
Bumpt, über den Urjprung des Centumviralgerichts.
— 4) Decemviri sacrorum f. Divinatio, 15.
Decentins, Bruder des Magnentius, im I. 351
n. E. zum Cäſar ernannt, wurde in Gallien von
den Alemannen befiegt und tötete fich jelbit, 353.
Amm. Mare. 15, 6. 16, 12.
Deeiäni, 1) E. Appulejus Dec, befannt
(99 dv. E.) als Volfstribun dur feine Anflage
des Balerius Flaccus (Cie. Flace. 32, 77) und
des Tribunen Furius, mußte wegen feiner Ber:
teidigung des Saturninus nach Pontos zu Mithri-
dates flüchten. — 2) Sein Sohn, C. Appulejus
Dec., Negotiator in Pergamon, war Gegner des
Flaceus, Sohnes des Valerius Flaceus, weil der:
jelbe ihn im J. 59 v. E. wegen Gewaltthätig:
feiten gegen die Einwohner von Wpollonis in
Lydien verurteilt hatte. Cie. Flace. 29, 70f. —
3) Dec. Catus, Profurator Britanniens zur Zeit
eros, mußte wegen feiner Habſucht vor den
empörten Britanniern nach Gallien flüchten, 61 n. €.
Taec. ann. 14, 32.
Deecidli, 1) 2. Dec. Sara, aus Spanien ge:
bürtig, wurde von Cäſar, unter dem er gegen Pom—
pejus gefochten hatte, zum Bollstribunen (44 v. €.)
ernannt, focht darnach als Anhänger des Antonius
bei Mutina mit, befehligte dann einen Teil des
Heeres im Kriege gegen Brutus und Caffins und
fand jpäter als Statthalter von Syrien im Kampfe
gegen die PBarther und Labienus jeinen Tod, 40.
Cie. Phil. 8, 9, 26. 11, 5, 12. 13, 13, 27. Vell.
Pat. 2,78. Dio Cass. 48,24. — 2) Sein Bruder,
Der. Sara, befchligte ald Quäftor unter ihm in
Syrien, wo er Apameia verteidigte, ſich indes nach
des Bruders Tode dem Labienus ergeben mußte.
Dio Cass. 48, 25.
Decii, ein angejehenes plebejiiches Geſchlecht
zu Rom. Eimer der berühmteften derjelben ift
1) P. Dec. Mus, welcher als Kriegstribun im
%. 343 dv. E. das von den Samnitern umringte
römische Heer rettete und zur vollftändigen Belte-
gung derjelben wejentlich beitrug (Liv. 7, 34 ff.),
mofür er reich belohnt und hoch geehrt wurde.
Am J. 340 Konful mit T. Manlins Torquatus
gegen die Latiner, gewann er im Kampfe gegen
die Yatiner einen glänzenden Sieg, indem er, dazu
veranlaft, wie es heißt, durch ein Traumgeficht,
fich freiwillig dem Tode opferte. Liv. 8, 6 ff. Cie.
div. 1, 24, 51. tusc. 1, 37, 89. — 2) Sein Sohn,
BP. Dec. Mus, Konful 312 v. E., kämpfte 3 N
jpäter unter dem Diktator 8. Papirius Curſor
gegen die Samniter, darauf 308 als Konſul gegen
die Etruffer und war (300) für die Rechte ——
Standesgenoſſen thätig, denen er die Teilnahme
am Pontifikat erwarb. Liv. 10, 7ff. In den Jahren
297 —295 kämpfte er abermals gegen die Sam-
niter und deren Bundesgenofjen und ftarb in der
Schlacht bei Sentinum, indem er, wie berichtet
wird, gleich feinem Vater, ſich den unterirdiichen
Göttern weihen lieh und in dem dichteften Neihen
der Feinde den Heldentod fand. Seine Aufopferung
begeifterte feine Krieger, und fie errangen den
Sieg. Liv. 10, 27 ff. — 3) Defien Sohn, P. Dec.
Mus, wurde Konful im Kriege mit Pyrrhos
(279 v. €.) und nahm an der Schlacht bei Aſeu—
um teil, in welcher er fich, Vater und Großvater
Decimii — Deditiecii.
gleich, den Todesgöttern geopfert haben joll. Zonar. |
8,5. Eutr. 2, 13. Liv. ep. 13. Cic. tusc. 1, 37,89.
— 4) P. Dec., belangte als Bolfstribun (121 v. E.)
den Konjul %. Opimius wegen Gewaltthätigfei-
ten, wurde aber jpäter (115) vom Konjul Amilius
Scaurus, dem er nicht die ihm zufommende Achtung
erwiejen, ſchimpflich behandelt. Cic. de or.2, 30,132.
Aur. Vict. vir. ill. 72. Cicero (Brut. 28, 108)
nennt ihn als nicht unbegabten, aber ftürmijchen
Redner. — 5) Ein anderer P. Dec. wird von
Cicero mit Spott behandelt, weil er fich, in Er—
innerung an feine Vorfahren, wegen jeiner Schul-
den geopfert, d. 5. um von ihnen frei zu werden,
fi) dem Antonius angejchlojjen habe. Er wurde
im mutinenfiichen Sriege von Octavian gefangen
genommen, aber wieder frei gelajien. Cie. Phil.
11, 6,13. App. b. e. 3, 80. — 6) C. Meſſius
Duintus Trajanus Dec., römiſcher Kaiſer
249— 251 n. E., jtammte aus der Nähe von Sir-
mium in Bannonien, aus einer römischen oder
wahricheinlicher romanifierten Familie. Unter Phi—
lipp führte er den Srieg gegen die Goten, wurde
hierbei von den Truppen zum Kaiſer ausgerufen
(Ende 248), und Philipp verlor gegen ihn bei
Verona Schladht und Leben. Aur. Vict. Caes. 28.
ep. 28. Eutr. 9, 3. Oros. 7, 21. Zonar. 12, 20.
Zos. 1, 22. Auch als Kaijer hatte D. Kämpfe mit
den Goten zu beftehen, die in Maſſen ins Reich
einfielen. Nachdem ihnen ein Handftreich auf Niko:
polis, wo ihnen D. ſich entgegenftellte, nicht ge-
glüdt war, warfen fie ſich in den Balfan, D. zog
ihnen nach, wurde aber bei Berda in Mafedonien
bejiegt und entfam mit Mühe und Not. Die Goten
verwüſteten Thrakien und Makedonien, gingen dann
aber über die Donau zurüd. In den Sümpfen
der Dobrudiha, wo ihnen D. den Rückweg ver:
legen wollte, jand er, wie es jcheint, von jeinem
Feldherrn Trebonianus Gallus hierbei verräterijch
im Stiche gelafjen, mit jeinem Sohne Herennius
Etrufeus fämpfend den Tod. Jordan. Get. 18.
Zonar. 12,20. Zos. 1,23. Aur. Viet. Caes. 29
ep. 29. Eutr. 9,4. „D. war vielleicht ein tüch—
tiger Soldat; aud) mag er viele perjönliche Vor
züge gehabt haben. Jedesfalls war er fein Staats
mann.” Bol. Schiller, Geſch. der röm. Kaijer:
zeit I, 2 ©. 803 ff.
Deeimfi, ein angejehenes Gejchleht in Sam-
nium, ausgezeichnet durch Reichtum und Adel:
.
1) Rumerius Dec., zeichnete fi) im 3. 217 v. €. |
in einem Treffen des M. Minucius gegen Han—
nibal aus. Liv. 22, 24. — 2) E. Dec. Flavus,
diente (209 v. E.) unter M. Marcellus und focht
rühmlich gegen Hannibal. J/ir. 27, 14. — 3) &.
Dec., ging als römischer Gejandter an den Hof
des Antiochos und Ptolemaios (170 v. E.) und
verfuhr gegen die Rhodier, welche im Bunde mit
Berjeus von Makedonien gegen Rom feindjelig ge
handelt hatten, mit großer Milde. Im J. 169 war
er Prätor Peregrinus. Liv. 43, 15. 44, 19. 45, 10.
Declamäre, declamatio und declamätor |.
Rhetores.
Decoctor, der Berjchwender, welcher jein Ber-
mögen durchgebracht hat. Solche Menjchen waren
in Rom jehr veradjtet und erlitten eine cenjorijche
Nüge. Nach der lex Roscia (j. d.) nahmen die
Banferutteurs im Theater einen befonderen, weniger
anftändigen Pur ein.
rötum, Befehl, Beſchluß, Urteil oder Gut—
301
achten eines Kollegiums (z. B. decreta senatus,
j. Senatus consultum), eines Magiftratus
(3. B. decr. tribunorum, consulum u. ſ. w.), der
Augurn oder eines Richters, in welchem letzteren
"alle es identiich mit sententia gebraucht werden
fonnte, jpäter auch decreta prineipis, faijerliche
Entſcheidungen in zweifelhaften Nechtsfällen.
Decüma sc. pars, der Zehnte des Getreides,
welchen die Bebauer des ager publicus (f. d.) an
den Staat abzugeben hatten. Davon hieß das
Behntland ager decumanus,
Decumäna porta j. Castra, 4.
Decumäni j. Publicani.
Decurfa, 1) eine Abteilung von 10 Perſonen
überhanpt, weldhe bei den patriciichen Gurien,
Nittern und Senatoren die ältejte Anwendung fand.
Auch die Richter und die meiften Kollegien waren
in Decurien geteilt, ohne daß der Begriff der
Behntheit immer feitgehalten worden wäre. Darum
ift decuriare jchlechtweg j. v. a. einteilen.
2) j. Ala.
Decurio, 1) der Vorfteher einer decuria, 3. ®.
bei den Nittern und in den Kollegien, auch wenn
die Abteilung mehr oder weniger als 10 Mit-
glieder zählte. — 2) der Senator in den Muni—
cipaljtädten und Kolonien, ſ. Senatus muni-
cipalis. — 3) j. Dux, 4.
. Decursio, decursus, 1) eine militäriiche
Übung, ein Manöver des ganzen Heeres, das die
Nefruten daran gewöhnen jollte, den Fahnen zu
folgen und in Reih und Glied zu bleiben (Zav.
23, 35. 24, 48), zur Zeit der Republik nament-
lih dann vorgenommen, wenn das Heer über:
wiegend aus Tironen bejtand und der Feind nod)
Ruhe lieh, und überaus anftrengend, da es außer
Erhaltung der Ordnung vorzüglich auf jchnelle
törperliche Bewegung unter der Yajt des Gepäds
anfam. Durd Auguftus wurde die Decurfio drei-
mal in jedem Monat vorgejchrieben (Veg.1, 9. 27.
3, 4), außerdem auch bei auferordentlichen feier:
lihen Gelegenheiten bejonders angejagt (Suet.
Ner. 7). — Berjchieden davon ift 2) die decursio
funebris, zegidgourj, ein Umzug um den Grab:
| hügel eines im Felde Gefallenen, chon bei Homer
(11. 23, 13) und von Vergil (A. 11, 188), nament-
lich aber von Statius (Theb. 6, 213) beichrieben
und auf der Bafis der columna Antonini Pıi bild-
| lich dargeftellt. Vgl. Liv. 25, 17,6. Tac. ann. 2,7.
' Dedicatio, die feierliche Einweihung und Er-
Öffnung eines öffentlichen Gebäudes, bejonders dic
Weihung eines Tempels (dedicare aedem deo,
aber auch ded. deum, 3. B. Hor. od. 1, 31, 1),
entweder durch einen der Konſuln, oder durch dei,
der den Tempel gelobt und erbauet hatte, oder
durch 2 eigens vom Bolfe erwählte Kommifjarien
(duumviri dedieando templo). Dieje neben einem
Prieſter faßten die Thürpfoften an, während der
Oberprieſter eine jchriftlich verfaßte Weihformel
vorjagte, welche jene Beamten nahipradhen. Zum
Schluß bezeugte das Volk in lauten Zurufen jeine
' Glüdwünjche.
Deditieli, 1) die Unterthanen der Römer, welche
mit den Waffen in der Hand unterworfen worden
waren und fich deshalb das Härtefte gefallen lajien
mußten, namentlich Ablieferung der Waffen. Auch
die hießen deditieii, welche freiwillig die Herrichaft
der Römer annahmen, und deren Schidjal in Be—
ziehung auf Freiheit, Steuern und Kriegslaften
|
|
302 Deductio — Deiphobos.
ganz von der Willfür der neuen Herren abhing.| Deiöces, Inisans, nad) Herodots (1, 73. 96 ff.)
Eine ſ. g. lex enthielt die näheren Beftimmungen, | Erzählung der erfte mediiche König, der nad) der
während die socii ein foedus hatten. — 2) Eine ' Befreiung von dem afiyriichen Joch gewählt wurde,
tiefjtehende Kaffe der Freigelaſſenen wurde feit der | um im dem zerrütteten Yande für Hecht und Orb-
lex Aelia Sentia (4 n. E.) dediticii genannt. Dieſe nung zu forgen, dann allmählich fi) immer mehr
konnten weder Bürger noch Latini werden (wohl | Gewalt verichaffte, jic mit einer Leibwache umgab,
aber ihre Nachfommen), weil fie als Sklaven früher | durch ein ftrenges Zeremoniell fich abſchloß, Efba-
eine entehrende Strafe erlitten hatten (Suet.Oct.40). | tana als Nefidenz erbaute und nad 5öjähriger
Deductio, 1) die Begleitung des Patronus | Regierung (700 — 647 v. E.) den Thron feinem
durch die Klienten und Freunde, namentlich zum | Sohne Phraortes hinterließ; in den afigriichen In—
Forum oder campus Martius, — 2) das Heim | fchriften unter dem Namen Dajaufu als einer der
führen der Braut nad) dem Haufe des Bräutigams, | unterworfenen mediſchen Fürften öfters (um 715)
j. Nuptiae, 3. ‚erwähnt; ohne Zweifel der Gründer der Dynaftie,
Defensor, 1) ſ. dv. a. patronus, Sadjwalter. —
2)Def.civitatis hie vor Eonftantin d. Gr. der mit | das mediſche Volk einigte und führte.
Bejorgung eines Gejchäfts von einer Stadt Beauf-| Deion j. Aiolos.
tragte, wie actor oder procurator. Später wurde | Deiöneus j. Ixion.
es ein ftehendes Amt, deſſen Inhaber die Bürger) Deiotärns, Inior«oog, Tetrarch von Galatien,
gegen Bedrüdungen der Statthalter und andere | ein eifriger Anhänger der Römer, unterftübte die
Unbilden jhügen follte und Anteil an der Juris: | in Ajien gegen Mithridates Krieg führenden römi:
welche in dem Befreiungsfampfe gegen die Afiyrer
diftion in geringeren Fällen befam. ſchen Feldherrn aufs thätigfte. Daher erhielt er
Deianeira j. Acheloos undHerakles, 11f. von Yucull und Bompejus, die fich feiner Hülfe
Deidameia j. Neoptolemos. erfreuten, manche Auszeichnungen (73 ff. v. E.),
Deieetum, das unvorfichtige Hinauswerfen oder | und der Senat ehrte ihn durch den Königstitel und
Hinansichütten (effusum) auf die Strafe, wurde | durch Vergrößerung jeines Gebietes. Cic. Deiot.
mit dem doppelten Erjaß des etwaigen Schadens | 5, 13. 13, 37. Phil. 2, 37, 94. Caes. b. Alex. 68.
beftraft. Auch in den Kämpfen gegen die Barther (51 und
Atiyua, die Warenprobe, nad) der der Groß: | 50) leiftete er Hülfe. Beim Ausbruche des Bürger:
händler (Zuzrogog) verkaufte. Die Proben wurden | friegs zwiichen Cäfar und Pompejus erflärte er
teils herumgetragen, teils wurden fie an eimem | fich für lepteren, nahm teil an der Schlacht bei
bejonders dazu beftimmten Ort, der für Athen ſich Pharjalos und flüchtete, nach dem unglüdlichen
im Beiraieus befand und ebenfalls deiyua hie | Ausgange derjelben, nach Afien, um jein von Phar:
(j. Attika, 15.), ausgeftellt. nakes, dem Sohne des Mithridates, angegriffenes
Deinarchos, Jeivagyog, der legte und wenigjt | Reich zu verteidigen. Caes. b. c. 3, 4. An diejen
bedeutende der in den ſ. g. alerandriniichen Slanon | verlor er faft fein ganzes Reich und wurde nur
aufgenommenen 10 attiichen Redner, Sohn des | durd Cäſar jelbft, dem er ſich unterworfen und
Softratos und um 361 dv. E. in Korinth geboren, | Zahlungen zu leijten veriprochen hatte, gerettet (47).
fam früh nach Athen, wo er Schüler und Freund | Caes. b. Aler. 65 ff. Cie. Deiot. 5, 14. Dio Cass.
des Theophrait und Demetrios von Phaleron war, | 42, 46. Cäſar verzieh ihm feine Verbindung mit
und lebte von der Musarbeitung von Neben für | Bompejus und lieh ihm den größten Teil jeines
andere. In politischer Beziehung war er ein An: Reiches. 2 Jahre ſpäter (45) wurde er von jei-
hänger des Antipater und Raflanber. 307 ver: | nem Enfel Kaftor und jeinem Arzt Philippus an:
bannt und nad) Chalkis auf Euboia gezogen, wurde | geflagt, dem Cäſar früher, als derjelbe nach dem
er erſt 292 durch die Vermittelung des Theophraft | Zuge gegen Pharnafes an des Dejotarus Hofe
zurüdgerufen. Den 7TOjährigen, faft erblindeten —— fand, nach dem Leben getrachtet zu
Greis, den ein gewiſſer Proxenos um ſein Ber: | haben. Seine eigenen Verwandten, beſonders fein
mögen gebracht hatte, lieh nad) dem Tode feines | Schwiegerjohn Brogitarus (f. d.) und fein zweiter
Gönners Antipater Polyiperchon hinrichten, um | Schwiegerjohn Kaftor (Bater des oben genannten
290. — Deinarhos galt als ein Nachahmer des | Kajtor, Saofondarius mit Beinamen), der neidiſch
Demofthenes, erreichte ihn jedoch weder an Kraft | darüber war, daß D. für feinen gleichnamigen Sohn
noch an Klarheit, daher jcherzhaft Anuocderns 6 | vom römijchen Senat den Königstitel erbeten, jchei:
»gidivog genannt. Bon jeinen zahlreichen (min: |nen die Anklage betrieben zu haben. Cicero ver:
deftens 58) Neden haben ſich 3 erhalten: gegen | teidigte den Angellagten, wie es jcheint mit dem
Demofthenes (von mehreren angezweifelt), gegen | Erfolge, daß Cäſar vorläufig die Sache fallen ließ.
Philofles und gegen Ariftogeiton. Ausgg., außer Nach deifen Tode nn. der durch eine große
in den Orat. Attici von Reiske, Bekker, Dobion, | Geldjumme gewonnene Antonius (oder vielmehr
Baiter und Sauppe, E. Müller, von Mäpner | defien Gattin Fulvia) den D. auch in feinen
(1842% Blaf (2. Aufl. 1888) und Thalheim (1887). | früheren een. Freilich hatte der König
Deino ſ. Gorgo. ſchon vor diejer Enticheidung eigenmächtig jein
Deinokrätes j. Bildhauer, 12. Land wiedererobert. Cie. Phil. 2, 37, 95. ad Att.
Deinomänes j. Gelon. 14, 12,1. Troßdem ging jein Wunſch, jeinem
Deinon, Jeivor, aus Kolophon, —— Sohne das Reich zu hinterlaſſen, nicht in Er—
Alexanders des Gr., ſchrieb in einem großen, ITeéo— | füllung: es folgte ihm, als er ftarb (40), fein Enkel
sırd betitelten, Werte die Geſchichte der afiatifchen | Kaftor und dann fein Feldherr Amyntas. Dio
Reiche bis zum J. 340 v. C. Nep. Con. 5. Plin. | (ass. 48, 33,
10, 136. Cie. div. 1, 23, 46. Trogus PBompejus, | Deiphöbe j. Sibylla.
Plutarch (vit. Artax.) u. a. jcheinen ihn viel be: Deiphöbos, Inipoßos, Sohn des Priamos und
mußt zu haben. ber Hekabe, Freund des Nineias und des Paris,
Asinvov
nad) Hektor einer der eriten Helden unter den
Troern (Il. 12, 94. 13, 156). Er und Baris jollen
den Achilles getötet haben. Schon Homer bringt
ihn mit Helena zujammen; er begleitete fie zu dem
hölzernen Roſſe der Griechen (Od. 4, 276); daher
läßt ihn die jpätere Sage (Eur. Troad. 962) ſich
nach des Paris Tode mit ihr vermählen. Da er
jtets gegen die Auslieferung der Helena geftimmt
hat, trifft ihm nächſt Paris und Hektor der Haß
der Griechen am meiften. Sein Haus wird bei
der Eroberung der Stadt von Odyſſeus und Mene:
laos zuerjt zerftört (Od. 8, 517), und er jelbft wird,
von Helena verraten, von Menelaos ſchmählich ver:
ftümmelt. Verg. A. 6, 494 ff.
4Jeirvor |. Mahlzeiten,
Aszadovgoı, die 10 Dligarchen in Athen,
einer aus jeder Phyle, die nach der Niederlage der
Dreißig, von Lyſander unterftügt, eine furze Zwi—
jchenregierung mit unbejchränkter Gewalt führten,
bis infolge des Vergleiches durch Pauſanias die
Demokraten zurüdfchrten. Die 10 zogen fich eben:
falls nad) Eleufis zurüd bis zur Herſtellung des
inneren Friedens durch die Amneſtie des Thraſy—
bulos. Xen. Hell. 2, 4, 24. Lys. Eratosth. 54.
Aexdrn, 1) ein von Alfibiades und von den
andern atheniſchen Feldherrn im %. 411 v. C.
bei Byzanz eingerichteter Schiffszoll für alle nicht:
atheniichen Schiffe, die aus dem Pontos famen
(Xen. Hell. ı, 1, 22), und wohl auch für bie,
welche in den Bontos einliefen. Das Zollhaus
(dÖsnerevrijgior) befand fih in Chryjopolis im
Gebiet von Chaltedon. Durd) die Niederlage bei
Nigospotamoi ging der Zoll verloren. Ums J. 392
richtete ihn Thrafybulos wieder ein und verpachtete
ihn. Xen. Hell.4, 8,27. Durch den antalkidiichen
Frieden ging er mwahrjcheinlich wieder verloren
(387). Daß derjelbe eine jehr reichlihe Einnahme:
quelle für die Athener geweſen ſei, läßt ſich aus
dem überaus lebhaften Handelöverfehr auf diejer
Straße ſchließen. Wo Zehntenhäuſer (dexarev-
tige) erwähnt werden, tft immer von Seezöllen
die Rede. — Übrigens fommen Zehnten, Zehnten:
päcdter (dexaravar), Zehnteneinnehmer (dexern-
2070.) auch jonft noch vor; erftlich von den Früch—
ten der Ländereien, als Abgabe von einem nicht
freien Beſitz. So forderte der Tyrann den Zehn:
ten von allen Unterthanen, jo hatte der atheniſche
Staat Zehnten von jeinen Domänen, jo bejonders
die Tempel, welche entweder durch Schenkung oder
durch Eroberung in den Beſitz von Grundjtücden
famen, aber gegen den Behnten diejelben an
andere überließen. So veripradhen die Hellenen
nad glüdlicher Beendigung des perfiichen Kriegs
alle Staaten, welche dem Feinde Beiſtand geleiftet,
dem delphiichen Gotte zu zehnten (dexaredsır),
d. h. ihre Grundſtücke zehntpflichtig zu machen.
Hat. 7, 132. Zweitens als dragyrj; von irgend
einem gewonnenen Gute. Der Zehnte davon wurde
den Göttern in irgend einer Form als Weihgeichent
gebradt. Das Standbild der Athene Promachos
auf der Burg zu Athen war ein Weihgeichent von
dem Behnten der zu Marathon gemadjten Beute.
Paus. 1, 28, 2. Bon allen Konfisfationen und
Bußen —— der 10. Teil in Athen dem Schatz
der Stadtgöttin, der 50. dem der andern Götter;
auch der 10. Teil der Tribute fam in den Schaß
der Athene. — 2) in Athen ein Familienfeſt, das
am 10. Tage nad) der Geburt eines Kindes ftatt:
2
|
303
fand. Dies Feit begehen h. dendenv Dusıv ober
Eorıöv. Das Kind wurde von den Berwandten
beichenft und erhielt gewöhnlich an diefem Tage
jeinen Namen. Die Feier diejes Feſtes galt auch
als Beweis, daß das Kind vom Bater anerkannt jei.
Dekeleia j.-Attika, 17.
Delatio nominis j. Proze[s, II, 27.
Delätor, Angeber oder Anzeiger folcher Ber:
gehen, welche Bermögensitrafen nad) ſich zogen.
Unverjhämte Menſchen machten daraus im der
Kaiferzeit ein einträgliches Gewerbe, denn fie er:
hielten beftimmte Anteile don der beizutreibenden
Strafe; und troß aller Strafen, mit denen die
falſchen Delatoren Unjchuldiger bedroht wurden,
rare das Unweſen nicht auf. Auch Tiberius be:
trafte fie oftmals, doch war er nicht geneigt, das
Unweſen abzuichaffen, vielmehr nannte er die de-
latores custodes iurum, dagegen Tacitus (ann.
4, 30) genus hominum publico exitio repertum
et ne poenis quidem unquam satis coöreitum.
Delegatio, Bezahlung einer Geldſumme durch
Anweiſung auf einen Dritten, ſ. Litterarum
obligatıo.
Delictum, im Gegenjaß gegen crimen (ein Ber:
gehen gegen den Staat, daher auch crim. publi-
cum genannt) ein Vergehen gegen einen Einzelnen
(3. B. Raub, Diebjtahl, Injurie), welches den Ber:
legten zu einer privaten (daher auch delictum
privatum) Schadenerjagklage berechtigte.
Delion, Zrjlıor, j. Ruinen bei Dilifi, Heine
Stadt Boiotiens im Gebiete von Tanagra am
Euripos, mit einem groben, nad) dem Mufter
des deliichen gebauten Apollontempel, welchen die
Athener im peloponnefiichen Kriege als Feſtung
gebrauchten; im J. 424 v. C. erlitten fie hier eine
Niederlage durch die Boioter. Thuc. 4, 90. 100,
Strab.9, 403. Cie, div.1, 54. Liv. 31, 45. 35, 50.
Dellius, Quintus, aus dem Ritterftande und
Negotiator, wurde nach manchem Wechjel der Bar:
teien Anhänger des Antonius, der ihn nach Agyp—
ten jandte, um Kleopatra zu holen (im J. 41 v. E.).
Plut. Ant.25. Darnach begleitete er den Antonius
(36) auf jeinem Feldzuge gegen die Parther und
ging fur; vor der Schlacht bei Actium aus Furcht
vor der von ihm beleidigten Kleopatra zu Dctavian
über (daher wegen jeines politiihen Wanfelmuts
desultor bellorum ejvilium genannt. Sen. suas. 1).
Dio Cass. 50, 13. Vell. Pat. 2, 84. Er joll eine
Geichichte des Kriegs gegen die Barther verfaht
haben. Strab. 11,523. Plut. Anton. 59. Vielleicht
an ihn richtete Horaz od. 2, 3.
Dölos, Anlos, j. Mitra Dili, die Heinjte der
Kykladen, aber hochberühmt und heilig als Ge:
burtsjtätte des Apollon und der Artemis; bei den
Dichtern führte fie auh die Namen Kurdia,
Oorvyia, Alauvöie. Der Hauptberg, ein rauber
Sranitfels, hieß Abr#og, ein Bad) ’Ivomdg. Der
Sage nad) ließ der Erderjchütterer Poſeidon durch
einen Schlag jeines Dreizads die Infel dem Meere
entjteigen (daher der Name — fihtbar), die nun
unftät umherſchwamm, bis Apollon jie zwiichen
Mykonos und Gyaros feſſelte. Nach der Zeritö-
rung von Korinth (146 dv. C.) ward fie, nament—
lich wohl ihrer günftigen Lage wegen, allgemeiner
Handelsplag, bejonders Sflavenmarkt; ungeheure
Neichtümer wurden hier aufgehäuft, welche nur
die Heiligkeit des Ortes ſchühßte, denn die Stadt
jelbft hatte feine Mauern; aber Menophanes, der
— Delos.
304
Delphi — Delphisches Orakel.
Feldherr des Mithridates, plünderte und verwüftete | ihrer Schweiter Phoibe, welche es als Patengeichenf
fie aufs ſchmählichſte, während die Berjer fie gejchont
hatten. Adt. 6, 96 ff. Cie. de imp. Cn. Pomp. 18.
Der pradhtvolle Apollontempel lag nahe am Hafen;
bei demjelben wurden alle 5 Jahre feftliche Spiele
gehalten, zu denen die griechiichen Staaten Ge:
Jandtichaften jchidten (Bewprar, das Schiff Hewgis,
die Teilnehmer Hewgol unter dem deyudiwgos).
Die ionifche Bevölferung der Inſel war unter des
Kodros Söhnen hieher gekommen und im J. 506
v. E. durch attiiche Kleruchen verftärft worden;
bier befand fich jeit 476 der Bundesichaß der atti-
ſchen Symmadjie (Thue. 1, 96), hier wurden die
Berlammlungen gehalten, bis um 454 der Schaß
nach Athen fam. Plut. Arist. 25. Pericl. 12. —
Da nichts Totes auf Delos begraben werden durfte,
jo brachte man alles auf die nahe Inſel "Preis
oder 'Pıijvsıa, j. Megali:-Dili. Jetzt ift Die Inſel
eine troftloje Einöde, deren Trümmer jelbit all-
mählich verjchwinden, da fie von den Ummohnern
als Baumaterial benußt werden. Strab. 10, 4857.
Im J. 1883 veranftaltete Ausgrabungen haben
zur Entdedung eines Theaters und eines großen
Privathauſes geführt; aud) die Fundamente des
Tempels und andrer®ebäude jind bloßgelegt worden.
Delphi ij. Phokis, 2.
4deipivıa, ein eit des über Sturm und Meer
gebietenden Frühlingsgottes Apollon in Athen am
6. Munychion (Seeausfahrtsfeft). Eine Anzahl von
Nungfranen begab ſich mit Bittzweigen in den
Händen in den delphiniſchen Tempel des Gottes,
um ihn zu verehren. Plut. Thes. 18.
Delphinion, Jeipivrıor, 1) Stadt an der Dit:
jeite der Inſel Ehios, jet und mit jchönem Hafen.
Thuc. 8, 38. 40. — 2) Safenort bei Oropos in
Attila mit einem Orakel des Amphiaraos. Strab.
9,403. — 3) Gerichtshof in Athen am Tempel
des Apollon Delphinios, wo über die gerichtet
wurde, welche behaupteten, einen Mord mit recht:
licher Befugnis begangen zu haben; |. "Epfrau.
Delphinus, auch Delphin, deipiv, delgpis,
der Delphin, 1) eine Heine Walfifhart, Symbol
des Meeres und jeiner Götter, zugleich eine Hin—
deutung auf die Serfahrten und den Seehandel
der Alten. Die Geſchwindigleit des Tieres, feine
Luft, fi den Schiffen anzufchließen, bejonders
von der Pfeife der Schiffer gelodt, feine Sprünge
auf dem Meere beim Herannahen eines Sturmes,
anjcheinend eine Warnung für die Schiffer, waren
Gegenſtand und Beranlafiung zu dichterifcher Auf:
fafjungsweije. Plin. 9, 24 ff. Dies ging in den
Mythos über: Melikertes, mit welchem no fich
in die Wogen geftürzt hatte, wird vom Delphin
nad Korinth getragen. Ahnlich die Geſchichte mit
Arion (j. d.), defien Weihgejchent jchon zu Herodots
(1, 23) Beit in Tainaron gezeigt wurde. Es war
wohl das Bild des Pojeidon. — 2) j. Stern-
bilder, 3. — 3) eine delphinartige Kriegsmaſchine
auf den Schiffen, beftehend in einem Pac wo Stüde
Blei oder Eijen, das mit Rollen und Striden an
den Segelftangen herabhing und mit großer Kraft
auf die feindlichen Schiffe geichleudert ward, um
fie zu durchbohren. Thuc. 7, 41. Arist. Equ. 762,
S. aud) Spina. — Auch verjchiedene delphin:
ähnliche Prunfgeräte hießen jo.
Delphisches Orakel. Nach Aiſchylos Kum.1 ff.)
war die Urprophetin Gaia zuerft im Beſitz des
Drafels; fie übergab es ihrer Tochter Themis, dieje
(yeritlıor doc) ihrem Enkel Poibos Apollon
überlich. Nach andern Sagen beſaß zuerft Gaia
mit der Promantis Daphne, einer Nymphe des
Gebirges, das Drafel, dann Gaia nebft Pojeidon;
Gaia überlieh ihren Anteil der Themis, dieſe
darauf dem Mpollon, der auch den Anteil des
Poſeidon für Kalaureia eintauichte. Dem homeri:
ſchen Hymnos auf den puthiichen Apollon zufolge
nimmt Apollon, von Delos fommend, bald nad
feiner Geburt Bejiß von dem Drafel, indem er
den es bewachenden Drachen Python (oder Del:
phyne), einen Sohn der Gaia, mit feinen Rfeilen
erlegt und kretiſche Männer aus Knoſſos als jeine
Priejter einjeßt. Zur Sühne des Mordes des
Python und zur Beichwichtigung des Zornes der Ge
mußte Apollon flüchten und 8 Nahre (ein großes
Jahr) dienen. Ein alle 8 Jahre wiedertehrendes
seit der Delphier ftellte ſymboliſch dieje Buße des
Apollon und jeine Reinigung dar. Ein Knabe,
der den Apollon vorftellte, zog, nachdem man eine
Hütte vor dem Tempel, die Hütte des Python,
angezündet hatte und Hals über Kopf Davon:
geflohen war, mit einer Prozejlion von Delphoi
aus durch Lokris, Doris, über den Dite, durch das
Land der Ninianen und Malier bis nach Tempe
hinauf, wo er durch allerlei Sühngebräucdhe ge:
reinigt ward. Erjt nadı feiner Reinigung nahm
Apollon Befiß von dem Orakel, um den Willen
feines Baterd Zeus den Menjchen zu verkünden
und eine fchönere, gefittetere Zeit heraufzuführen.
Die Orakelſtätte war eine aufregende Dämpfe aus:
hauchende Erdipalte, über welcher das «dvror des
großen Apollontempels erbaut war. Durch eine
Biege, welche an demjelben in Berzudungen fiel,
jollten fie einft Hirten entdedt haben. Über der
Spalte jtand ein folofjaler hölzerner, mit Gold
befleideter Dreifuß, auf welchem ein Gerät lag,
welches als Aeßns oder gıadkn oder xunkog oder
64uog, lateiniſch cortina, bezeichnet wird. Es war
dies eine horizontale oder nur wenig vertiefte
runde, durchbrochene Blatte, über welcher die weis—
ſagende Priejterin auf einer Art Seffel ihren Plaß
nahın. In älterer Zeit war die Bythia eine Jung:
frau, jpäter eine rau über 50 Jahre in jung:
fräulicher Kleidung. In der blühendften Zeit des
Orakels wechſelten 2 Bythien ftets in dem Dienite,
und noch eine dritte diente als Stellvertreterin.
Die Leitung des Oralels lag unmittelbar in der
Hand einer Anzahl ariftofratijcher Familien. Dieje
ernannten aus ihrer Mitte ein Kollegium von
5 Männern, die die Aufficht über das Heiligtum führ:
ten und die PBriejter des Tempels jowie die Pythia
beriefen. Die rechte Zeit der Befragung war ur:
jprünglih nur der jicbente Tag des Frühlings—
monats Bvscıog (der Geburtstag des Gottes, ım
Anfang des Frühlings, um die Tag: und Nacht:
leiche), jpäter eine bejtimmte Zeit in jedem Monat.
Doch gab es natürlich eig Nufgar dropopüdsg.
Über die Reihenfolge der Befragenden (#eomgo-
zo), welche dem Tempel Gejchente gaben, entichied
das Los. Mit dem Lorbeerfranze und wollenen
Binden geihmüdt, brachten fie dem Gotte Gebet
und Opfer (renorijeıa) dar. War gemäß den
Opferzeihen der Tag der Befragung ein günftiger
(«isie), jo bejtieg die Pothia nach vorbereitenden
Waſchungen und Reinigungen, mit goldenem Haar:
puß und im langem, fließendem Gewande, den
Delphoi — Demades.
Dreifuß und jprach, begeiftert durch die auffteigen-
den Dämpfe, die Weisſagung, welche, wenn fie
nicht ſchon in Verſen beftand, von im Dienft
ftehenden Dichtern verfifiziert wurde. Versmaß
und Sprache waren epijch; in jpäterer Zeit jedod)
gebrauchte man die Proja. Dieje Sprüche wurden
meift in ſymboliſcher Form gegeben und hatten
etwas Dunkles und Vieldeutiges. Eine Sammlung
von Drafeljprühen, wie man fie öfter benußte,
um fich daraus Rats zu erholen, hatte ſchon Peiſi—
ftratos (Hdt. 5, 90). Zu dem jonftigen Perſonal
des Drafeld gehörten die oo, die Opferpriefter
und Oberaufieher des Tempels aus den 5 delphi—
ſchen Brieftergeichlecdhtern, die moopnraı, die Orakel:
prieiter oder Nusleger, moögmoloı yuradzeg, Diene:
rinnen, zsgınyrjead, Herumführer der fremden. —
Das delphiiche Orakel ijt uralt, wiewohl jünger
als das dodonaiiiche; jchon zu Homers Zeit iſt
der pythiſche Gott und fein Drafel berühmt. Od.
8, 79. Es übte von alter Zeit her einen vielfachen
Einfluß auf die Verhältniſſe der griechiichen Staa:
ten (j. Apollon, 2.), der jeine erfte Begründung
wohl in dem pythiſchen Amphiktyonenbunde (j.
Amphiktyonen) hatte; namentlich genoß es hohe
Autorität bei dem doriſchen Stamme, zumeift in
Sparta. Auch Barbarenvölter ehrten es, jo be-
fonders die Indiichen Könige (Hdt. ı, 18. 14. 19.
25. 46 ff.) und die Völker Staliens. Bei den
Hellenen ftand es in Blüte bis ungefähr zum
peloponnefiichen Kriege, bis zur Zeit der herein-
brechenden Aufflärung. Zum Teil lag an ihm
jelbft die Schuld des Verfalls, indem es durch
politiihe Parteinahme und Bejtechlichteit Miß—
trauen gegen fich erregte und ſich Verachtung zu:
og, jo daß Eicero (div. 2, 57) im Sinne griedi-
ſcher Bhilojophen und bejonders der Römer, denen
das Drafelwejen fremd blieb, jagen fonnte: cur
isto modo iam oracula Delphis non eduntur,
non modo nostra aetate, sed iam diu,
iam ut nihil possit esse contemtius? Zur
Zeit Hadrians hob fi) das Dratel wieder etwas;
aber die Dinge, über die man es befragte, waren
jegt nicht mehr politifcher Art, jondern meift
Heinliche Privatangelegenheiten. Bon den Kirchen:
pätern befämpft, von den Kaifern geplündert und
mißhandelt, ward es endlich von Theodofius dem Gr.
um 390 n. €. gänzlich geichloffen. — Der große,
prächtige Tempel des pythiichen Apollon,
welcher über dem Erdichlunde erbaut ftand, war
von einem weitläufigen, mit zahlreichen Statuen
und jonftigen Weihgeichenten, Schathäufern und
Leschen angefüllten, Tempelhoje (Peribolos) um:
geben. Die Reichtümer des Tempels famen nicht
bloß von den Gaben für gegebene Orakel, jondern
auch von Geichenten an Zehnten, die infolge
freudiger Begebenheiten geweiht waren. Die meijten
hellentichen Staaten, ja jelbjt auswärtige, hatten
dort Thelauren, und es fam auch vor, daß der
Tempel jelbft Geld jogar nad) auswärts lich (Thue.
1, 121). So war aljo auch hier wie in Delos das
amphiktyoniiche Bundesheiligtum eine Stätte des
Geldhandels und der Geldhülfe, gewiffermaßen eine
Börje. Der ältefte Tempel, den Agamedes und
Trophonios gebaut haben jollten, war 518 v. E.
abgebranmt (Hat. 2,180. 5, 62); er ward prächtiger
in dorifchem Stile wieder aufgebaut von den durch
Beififtratos vertriebenen Altmaioniden, welche den
Bau für 300 Talente übernommen hatten. Die
Bealleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
305
Bollendung diejes Neubaues fcheint jehr lange Zeit
erfordert zu haben, da die Biebelgruppen, von den
Bildhauern Prarias und Androfthenes ausgeführt,
erft um 430 vollendet wurden. Es war, wie die
wenigen Überrejte zeigen, ein großer Hypäthral:
tempel ({."Traı$gog), der im Innern ionifche,
im Außern dorische Architeftur hatte. In den
Giebelfeldern befanden ſich auf der Borderjeite die
3 delphiſchen Gottheiten Artemis, Yeto und Apollon
unter den Mufen, auf der Hinterjeite Dionyjos
mit den jchwärmenden Thyiaden nebſt dem ſich
neigenden Bejpann des Helios. Vgl. Welder, alte
Dentm. 1S. 151— 178. Den Hauptbalfen ſchmück—
ten goldene Schilde der bejiegten Perſer und Gallier,
—* beide den Tempel bedroht hatten. In dem
mit vielen Weihgeſchenken gefüllten Pronaos ſah
man die weiſen Sprüche: Pobe seavror und
Mnöir äyav, jowie das jchon den Alten dunfele
Ei. Bol. Göttling, Abhandl. 1 ©. 221. Bei diejen
Sprüchen der Weijen ftand die Statue des Homer.
In dem Tempel jelbjt befanden ſich an der Weit:
jeite die Bildjäulen der Moiren, des Zeus Mo«-
oayerns und des Mpollon Morgayerns: ferner
ftand dort die goldene Bildjäule des Apollon und
davor der Opferherd, auf welchem ein ewig bren-
nendes Feuer unterhalten wurde. Auch jah man
dort neben dem Opferherd das Bild des Erdnabels,
einen mit Binden ummidelten Blod von der Form
eines abgeftumpften Kegels aus weißem Marmor,
dupekos tg yijs, mit den auf beiden Geiten
ftehenden goldenen Bildern der Adler, welche einft,
von den entgegengejegten Enden der Erde von
Zeus abgejandt, hier zujammengetroffen waren,
woraus man erfannte, daß dieje Stelle der Mittel:
punft der Erde wäre. Hinter der Eella des Tem:
pels befand fich zunächit ein Gemach, in welchem
die das Orakel ——— wartend ſich nieder—
ließen; von da aus ging man in das tiefer ge—
legene, höhlenartig überbaute Adyton, in welchem
ſich der Erdſchlund und darüber der Dreifuß be—
fand. In dem Adyton ſtand eine goldene Statue
des Apollon und ein alter Lorbeerbaum. Die
Pythia aß, bevor ſie den Dreifuß beſtieg, von den
Blättern des Lorbeers und trank aus der Quelle
Kaſſotis, die im Peribolos entſprang. Vor dem
Eingange des Tempels ſtand der große Brand—
opferaltar und dabei das eherne Bild eines Wolfes,
des dem Apollon geheiligten Tieres, ſowie der
große goldene Dreifuß, welchen die Hellenen nach
der Schlacht bei Plataiai geweiht hatten (Hat.
9, 81): ein goldenes Beden auf einem ehernen
Seftell von 3 ineinander gewundenen Schlangen,
deren Hälfe oben auseinander gingen. Ein Teil
diejes Geſtells ſcheint ſich in Konftantinopel er-
halten zu haben, deſſen Echtheit mit Unrecht be-
itritten worden ift. Vgl. Frid, das Platäiſche Weih-
geſchenk in Konftantinopel (1859). Paus. 10, 5,5 ff.
9,1. 24, 1 ff.
Delphoi j. Phokis, 2.
Delta ſ. Aigyptos und Nilus.
Delübrum (luere), eigentlic) der Entjühnungs-
oder Neinigungsort, der Tempel, bejonders die
jtille, heilige Wohnung der Götter, daher vorzugs—
weife, wie bei den Griechen veös, der Plab, two
die Bildſäule der Gottheit und der dazu gehörige
Altar ftand. Die Alten gaben jehr verjchiedene
Erklärungen de Namens. Macrob. sat. 3, 4, 1.
Demädes, ZInudöns, ein Athener niederen
20
306
Anueyayög — Demeter.
Standes, Sohn eines Fiſchers, joll als Ruder: | Kleomenes' I., wurde von diejem im Bunde mit
fnecht gedient haben, ſchwang ſich aber durch jein
redneriiches Talent zu hohem Anjehen empor, frei:
lich zum Nachteil des Staats, denn er war ein
Gegner des Demojthenes, gegen den er auftrat, |
wie er auch jpäter jeinen Tod befördert haben joll. |
Nachdem es ihm durd jeine |
Plut. Demosth. 28.
Frreimütigfeit gelungen war, ſich und jeimen bei
Ehaironeia gefangenen Mitbürgern die Freiheit
zu verichaffen (Diod. Sie. 16, 87), war er ganz im
Sinne des makedoniſchen Königs thätig und wußte
fich auch Mleranders Gunft zu erhalten, wie es
ihm denn in Gemeinjchaft mit Phofion gelang,
des heftig erzürnten Königs Nache von Athen ab:
zuwenden. Plut. Demosth. 23. Seine Verſchwen—
dung und Üppigfeit brachten ihn mehrmals in
Geldftrafen und jogar in Atimie. Als er an Anti-
pater gejendet wurde, um —— bewirken, daß die
maledoniſche Beſatzung aus Munichia zurückgezogen
würde, ließ dieſer, da aufgefangene Briefe ein
Komplott des Demades gegen ihn bewieſen, ihn
ergreifen und hinrichten, 318 v. C. Diod. Sie. I8, 48.
Sein Charakter war aller moraliſchen Grundſätze
bar, den Schiffbruch (vevdyıor) Athens nennt ihn
Plutarch; dabei ſprach er aber, ſelbſt aus dem
Stegreif, ſo trefflich und mit ſo vielem Witz, ſo
unwiderſtehlich, daß er ſelbſt dem Demoſthenes die
Spitze bieten konnte. Schon Cicero und Quinti—
lian kannten feine Schriften von ihm. Cic. Brut.
9, 36. or. 26, 90. Quint. 2, 17, 12. 12, 10, 49.
Plut. Demosth.8.10. 11. Abhandlung von Lhardy
(1834).
Anuayoyos, Die Demagogie ift ein eigen:
tümliches Erzeugnis der griedhiihen Demofratien
und bejonders ın Athen zu einem das Gemein:
wejen gefährdenden und untergrabenden Grade aus-
gebildet. Es war Prinzip in Athen (und über:
haupt in Demofratien), die Macht der Magijtrate
möglichjt zu bejchränfen und alle Angelegenheiten
jo viel als möglich vor die Vollsverſammlung zu
ziehen. Unter dem Schuße der Nedefreiheit (dan-
yogi«) konnte fich daher eine Macht ausbilden, die,
rein auf dem perjönlichen Anjehen und bejonders
der Beredjamkeit beruhend, das leichtbewegte Volt
lenkte; dies war die Demagogie. Der Demagoge
(auch die Ausdrüde meoordrng roö drjuov, tod
ö. roosorag fommen vor) lenkte ohne alle amt-
liche Berantwortlichkeit nur durch die Kraft jeiner
Nede das Boll. Solange die alte Sitte galt und
die Achtung vor dem Geſetze im Wolfe lebte, trat
das Gefährliche des Verhältniſſes nicht hervor, und
unter Perikles' demagogiicher Leitung entwidelten
fich die Kräfte Athens zu der höchjten Höhe helle:
nilchen Lebens. Aber jchon Perikles riß die legten
Dämme, die der Demagogie im Wege ftanden,
nieder, und bald nad —— Tode finden wir
Kleon an der Spitze des Staates, der durch Kech
heit und Unverjchämtheit das Bolt beherrichte. Die
Geſetze wurden nicht geachtet, Parteiungen ent:
ftanden, und die jchlimmften Leidenichaften ber
Maſſe wurden als Hebel für den Ehrgeiz der
Einzelnen (die Nachfolger des Perikles) gebraucht.
Thufydides jchon jagt (2, 65): of d2 doregor, looı
airol uärlor moög dkkrjkovg Övreg ul Ögeyo-
ueror tod mgürog Enaorog yılyveodaı, dredmorro
ra” Ndorüg ro Iniuw r& modyuara Evdıdoreı.
Demarätos, Anudoarog, 1) Sohn des Arifton,
Königs von Sparta, Gegner des ziveiten Königs,
Leotychides, welche beide ein dunkles Gerücht über
jeine Geburt zu jeinem Nachteile benußten (Hat.
6, 63 ff.), geftürzt und flüchtete, verjpottet und ver-
höhnt, zum Perſerkönig Dareios, der auf jeinen
Nat den Terxes zu feinem Nachfolger ernannte.
Hdt. 7, 3. Als dieſer jeinen großen Zug gegen
Griechenland unternahm (480 v. E.), begleitete ihn
Demaratos ; jeine Ratichläge und Warnungen blie-
ben jedoch unbeachtet. Adt. 7, 101 ff. Diod. Sie.
11, 6. Des Demaratos Nachkommen herrichten
noch im J. 399 v. C. über ein fleines Gebiet in
Miolis. Xen. An. 7, 8, 17. Hell. 3, 1,6.
2) Dem. aus Korinth, floh vor dem Tyrannen
Kypſelos nad Targuimi in Etrurien; er iſt der
Bater des Targuinius Prijeus. Cic. tusc. 5, 37, 109.
r.p. 2, 19, 34. Liv. 1, 34.
Demarchen j. Jijuoı.
Demöter, Snunrne, Ceres, die Tochter des
Kronos und der Rhea, Schweiter des Zeus (Hesiod.
theog. 454), war als die göttlihe Mutter Erbe
(Inujene = Tij-wirne) die Göttin der Pflanzen
welt und namentlich des Getreides. Sie war eine
milde, jegenbringende Göttin, die Ernährerin der
Menſchen. Bei Homer, der von Krieg und Schlady:
ten und weiten Meerfahrten fingt, wird fie, wie
auch Dionyfos, jelten genannt und findet fich micht
unter den Göttern des Dlympos. Er erwähnt nur
den Mythos von Demeter und Jafion (Od. 5,125;
vgl. Hesiod. theog. 969), welche auf dreimal ge:
pflügtem Saatland in dem fruchtbaren Kreta den
Plutos (Reichtum) erzeugen; aber Zeus erichlägt
aus Eiferfuht den Jaſion mit dem Blitz. Der
Mittelpunkt ihres Mythos und Kultus ift das
Verhältnis zu ihrer Tochter Perjephone, welche von
Hades geraubt ward (j. Persephone). Homer
erwähnt diefen Mythos nicht, doch fennt er bie
Abftammung der Perjephone von Zeus und Demeter
(Il. 14, 326. Od. 11, 217); in dem homerijchen
Hymnos auf Demeter (Nr. 4.) dagegen wird er
weitläufig erzählt. Demeter jucht die geraubte Tody: :
ter 9 Tage lang, am zehnten erfährt jie von dem
helljehenden Helios, da fie Hades entführt hat.
Nun wandert fie trauernd und dem Zeus, mit
deſſen Willen Perjephone geraubt ift, zürnend, auf
der Erde umher, bis fie in Geſtalt eines alten
Weibed unter dem Namen Ana (die Suchende)
nach Eleufis fommt, in das Haus des Keleos
(Sohnes des Eleufis), deſſen Gemahlin Metaneira
ihr die Pflege ihres Heinen Sohnes Demophoon
anvertraut. Diejen wollte die Göttin unfterblich
machen ; jie jalbte ihn mit Ambrofia und hielt ihn
nachts ins Teuer. Als aber einſt Metaneira fie
des Nachts bei dem Werke betraf und vor Schred
laut aufichrie, gab Demeter erzürnt das Werk auf;
dem Demophoon aber wurde doch, weil er auf
dem Schoße der Göttin geruht hatte, ewige Ehre
zu teil. Demeter gab ſich nun als Göttin zu er-
fennen; fie lieh fich einen Tempel bauen an dem
Duell Kallichoros und lehrte die Menjchen ihren
Dienft. Den Olympos aber mied fie und die Erde
machte jie unfruchtbar, bis Zeus ihren Zorn be:
Ihwichtigte, dadurch, daß er Berjephone aus der
Unterwelt heraufholen ließ. Zwei Dritteile des
Jahres darf die Tochter auf der Oberwelt bei der
Mutter weilen ({. Persephone). Bevor Demeter
mit der Tochter in den Olymp ging, lehrte fie die
Herricher von Eleufis, Triptolemos, Diofles, Eu:
De
tv
-
Demetrias — Demetrios.
molpos und Keleos, den Gebrauch der heiligen
Opfer und die eleufinichen Weihen. Eleujis war
ein uralter Sit des Demeterfultus; fie wurde hier
bejonders verehrt als die Lehrerin des Aderbaues,
welche dadurdy die Gründung fejter Wohnfige ver:
anlafte und bürgerliche Ordnung, Ehe und fried—
liches Leben einführte; daher ihr Beiname Qcouie,
Osouopögos, Gejeßgeberin. Über ihre Mpfterien
»in Eleufis j. Eleusinia. Das Rhariſche Feld
bei Eleufis wurde jährlich feierlich gepflügt, zum
Andenken daran, daß hier das erjte Getreide gejäet
worden war. TZriptolemos, der Sohn des Eleufis
(oder auch Sohn des Keleos und an die Stelle
des Demophoon gejeßt), hatte hier einen Altar
und die jogenannte Tenne des ZTriptolemos; er
joll den Pflug erfunden und im Auftrag der De:
meter den Aderbau und die damit verbundene
Kultur verbreitet haben, indem er auf einem
Drachenwagen auf der Erde umherzog. Auch De-
meter jelbft joll, während fie, die Tochter juchend,
umbertwanderte, an vielen Orten den etreidebau
gelehrt haben. Als die Göttin der Erde, welche
die Bilanzen und befonders die Saaten aufiprofien
läht (Arnosdage, die Heraufienderin der Gaben,
Xlön, die Grünende), war Demeter auch eine unter:
irdiiche Göttin (zdord«) und trat fo in alter Zeit
an vielen Orten mit Poſeidon, dem Nepräjentanten
des feuchten Elements, in eheliche Berbindung.
4 Der Dienjt der Demeter war in alter pelajgiicher
Zeit (daher TIekaayig) allgemein in Griechenland
verbreitet, in Theflalien, Boiotien, Attifa, Megara,
Korinth, im ganzen Peloponnes u. |. f. Bon
Megara und Korinth fam er nach Sicilien, das
307
wegen feiner ruchtbarfeit ein Lieblingsaufenthalt
der Demeter wurde. Hier wurde "ihr und” ihrer
von Hades beim Blumenpflüden geraubten Tochter
im Frühling und Herbſte eine Reihe von Feſten
gefeiert unter dem Namen Ardespöor«, soyd-
wie, Avanakuneigie, Kögsın, Ocouopögıe. Seit
der dorijchen Wanderung wurde durch das ÜÜber-
wiegen der dorijchen Bildung der diejem Helden-
ftamme fernftehende friedliche Demeterkult au vielen
Orten Griechenlands zurüdgedrängt, bis ihn all:
mählich der neu auflebende Einfluß des ioniſchen
Stammes wieder zu allgemeinerer Geltung brachte
und don Wttifa aus auch wieder in neuer Form
in den Peloponnes einführt. Geopfert wurden
der Demeter außer Stieren und Kühen bejonders
Schweine wegen ihrer Fruchtbarkeit, dann Früchte
und Honigwaben; heilig war ihr die Ähre, der
Mohn, der Objtbaum u. ſ. f. Von der Kunſt
wurde fie der Hera ähnlich dargeftellt, nur mütter-
licher, weicher und milder, mit einem Ahrenfranze,
mit der myſtiſchen Fadel, mit dem Fruchtkorb (mie
| auf dem beigefügten pompejaniichen Wandgemälde),
Ahren, Mohn in den Händen. In fpäterer Zeit
wurde fie mit Ge und Rhea-⸗Kybele vermengt. —
Die Römer identifizierten Demeter mit ihrer
und verehrten Diehe ganz mach griechischer Weiſe
(Cie, Balb. 24). Sie war bejonders eine Göttin
der Plebejer, welche ihr im Frühlingsmonat April
das Feſt der Gerealien (Cerealia) und die ludi
Cereales feierten. Op. fast. 4, 393. Man begab
fich in feftlihem Aufzuge in den Eirfus, wo Wett:
rennen mit Pferden veranftaltet wurden, die 8 Tage
lang dauerten, trug weiße Kleider, und die Plebejer
jandten ſich Blumenfränze zu und veranjtalteten
fich feftliche Mahlzeiten. Opfertier war das Schwein.
Auch vor der Ernte opferte der Landmann der
Göttin der Feldfrüchte ein Schwein (porca prae-
eidanea) und die Erftlinge der Ernte (praeme-
tium). Den erften Tempel erhielt Ceres in Rom
496 v. E. von A. Boftumius während einer
Hungersnot am Cirkus unterhalb des Aventimus,
des Hauptjißes der Plebs. Die Römer vermeng-:
ten in jpäterer Zeit die Göttin mit Tellus.
Demetrias, Inunrgeds, ftark befeitigte, theſſa—
liiche Stadt der Landichaft Magnefia im innerften
Winkel des Pagaſaiiſchen Meerbujens, gegründet
um 290 v. E. von Demetrios Poliorfetes und ge:
bildet durch Zuſammenlegung zahlreicher Ortichaf-
ten (Neleia, Pagafai, Jolkos u. a.), lange einer
der Schlüffel Griechenlands (midaı "Elinwinai),
infolge ihrer günftigen Lage wichtiger Handelsplat
und oftmals Rejidenz der Könige von Mafedonien.
Hier landete Antiochos der Gr. in feinem Kriege
mit den Mömern. Ruinen auf der Höhe von Go—
ritza. Liv. 32, 37. 35, 31. 39, 23. Pol. 17, 11.
Strab. 9, 436. Nach ihr heißt bei Livius (28, 5)
der Pagaſaiiſche Meerbujen sinus Demetriacus.
Demetrios, Snurjrgos, 1) Dem. Poliorke—
tes, Tolioountijs, Sohn des Antigonos, geb. 334
od. 335 v. C., nahm frühzeitig teil an den Nämpfen
jeines Vaters gegen Eumenes, PBtolemaios, Lyſi—
machos und andere Feldherrn Nleranders um den
Nachlaß des großen Königs (317 ff.). Sein großes
Freldherrntalent und fein Mut wurden freilich oft
durd Ungeftüm und jugendliche Hitze verdunfelt,
wie in der von ihm verlorenen Schlacht bei Gaza
(312) gegen Ptolemaios von Aghpten; jene erfteren
Eigenichaften aber lichen ihn bald nachher in
20*
eres:
or
308
Syrien einen glänzenden Sieg über die Ägypter
gewinnen. Plut. Demetr. 5.6. Diod. Sie. 19, 80 ff.
Ein Zug gegen Seleukos, den er zwar die Stadt,
aber nicht die mutig verteidigte zweite Burg von |
Babylon entriß, endigte mit einem baldigen Rück—
zuge im J. 311. Plut. Demetr. 7. In den folgen: |
Demetrios.
mit Vorwürfen und bejchenfte fie reichlih. Plut.
Demetr. 33. Nachdem auch die Spartaner im
Eurotasthale geichlagen waren, zog Demetrios raſch
nach Makedonien, wohin ihn Mlerander, Bruder
des jungen Königs Antipater, rief. Da derjelbe
ſich aber wantelmütig zeigte, fih an Pyrrhos von
den Jahren vertrieb er nicht nur die ägyptiſchen Epeiros wendete und ſich der Hülfe gern entichla:
Truppen, welche die Küftenftädte Kilifiens bejegt
hatten, jondern befreiteauch Athen (307) von der Herr:
ſchaft des Kafjander, eroberte Munichia, zog trium:
phierend in die Stabt ein, welcher er reiche Ge—
ſchenke an Getreide und Schiffsholz in Ausjicht
jtellte, und wurde zum Dank mit Föniglichen Ehren
belohnt. Von feinem Vater zum Kampfe gegen
Btolemaio8 abgerufen, jegelte er nad) Kypros,
ichlug des Ptolemaios Bruder Menelaos in einer
Schlacht und belagerte die Hauptſtadt Salamis.
Die Erfindung und Aufftellung großartiger Kriegs:
majcdhinen bei der Belagerung, die ihm den Bei-
namen des Städteeroberers, den ihm die Geſchichte
von diefer Zeit an gibt, verichaffen jollte, brachte
die von Menelaos tapfer verteidigte Stadt erft
dann in jeine Hände, als er den zu Hülfe eilenden
PBtolemaios in einer Seeſchlacht befiegt hatte.
Seitdem nahmen Antigonos und Demetrios den
Königstitel an, 306. Plut. Demetr. 8 ff. 15 ff. Diod.
Sic. 20, 45 ff. Dagegen mißlang die Belagerung
(304) von Rhodos, und er mußte mit der Inſel
Frieden jchließen. Hierauf eilte er wieder nad)
Griechenland, defjen Befreiung das erjte Mal nicht
ganz gelungen war, und wo Kaſſander Athen be:
drohte (Herbſt 304). Bei Demetrios’' Ankunft zog
fid jener zurüd, Demetrios bradhte den Winter
in Athen zu und gab ſich hier raujchenden Ber:
gnügungen und Schwelgereien hin. Auch einen
Zeil des folgenden Jahres verweilte er dajelbit,
mußte aber (302) Athen und Griechenland ver:
lafjen, um jeinem Bater gegen die verbündeten
Feldherren Kafjander, Lyſimachos, Seleufos und
Ptolemaios Hülfe zu bringen. In Borderajien
fam es (301) bei Ipſos in Phrygien zur entichei:
denden Schlacht, in welcher Antigonos und Deme—
trios eine gänzliche Niederlage erlitten. Put.
Demetr.29. Diod. Sie.21,2. Der erftere fiel, und
der legtere entlam nur mit einer geringen Schar
Fußvolk und 4000 Neitern nach Ephejos. Seine
Hoffnung, mit jeiner Seemadjt und im Befite der
bedeutenbften Injeln und Seeſtädte Aſiens von
Athen aus, ald dem Mittelpunfte feiner Unterneh:
mungen, den Gegnern die Spige bieten zu fünnen,
icheiterte an dem feſten Entichluffe der Athener,
ihn nicht aufzunehmen (Plut. Demetr. 30), worauf
der in der Gefahr erfinderiihe und thatkräftige
Demetrios die Sühtenlänber Thrakiens verwüſtete
und ſich dann mit Seleukos, welcher gegen ſeine
bisherigen Verbündeten Mißtrauen zu hegen anfing,
verband. Seleukos heiratete des Demetrios Tod)
ter Stratonife, weldhe der Vater ihm jelbjt nad)
Syrien zuführte. Als aber Seleutos jeinem Schwie-
gervater vorichlug, Kilifien, welches diejer auf dem |
Zuge nad) Syrien in Bejiß genommen hatte, gegen
eine entjprechende Geldjumme ihm abzutreten, weis
gerte Demetrios jich, jammelte, von neuem ent:
ichloffen fich ein Neich zu gründen, ein Heer und
eine Flotte und brach nach Griechenland auf, um
298. Er eroberte Nigina und Salamis, dann
Athen, rächte jich aber nicht an der Stabt vn ichlufjes und der Yaune.
id) |
ihres bewiejenen Undanfes, jondern begnügte
gen hätte, lie Demetrios ihn ermorden (294) und
wurde zum König ausgerufen, züchtigte dann die.
unruhigen Boioter und nahm Theben nach harter
Belagerung ein. Plut. Demetr. 37.39. Just. 16, 1.
Er behandelte es aber milde, z0g dann nach Epei—
ros, deſſen König Pyrrhos die dem Demetrios
feindlihen Witolier unterftügte (289), und kehrte
nad Verwüftung des Landes nah Makedonien
zurüd. Plut. Pyrrh. 7. Demetr. 41. Während
hier die Abneigung der Einwohner gegen den jchwel:
geriichen, ungejtümen und deſpotiſch auftretenden
König immer höher jtieg, trug fich diejer mit hoch:
fahrenden Plänen zur — * der einſt
von ſeinem Vater beſeſſenen aſiatiſchen Länder.
Zu dieſem Zwecke traf er (289 58) jo umfaſſende
und bedeutende Rüftungen zu Waller und zu Yande
— gegen 110000 Mann und 500 Schiffe brachte
er, zum Zeil durch die gewaltjamften Mittel, zu:
ſammen —, daß Seleufos, Lyſimachos und Ptole-
maios ein Bündnis gegen ihn jchloffen, dem auch
Pyrrhos beitrat. Aber wie er die Zuneigung der
Matedonier durch Verachtung ihrer nationalen Sitte
und Hochmut verjcherzt hatte, jo gab ſich bald in
jeinem Heere eine ſolche Unzufriedenheit Fund, daß
er, noch vor dem Ausbruche des eigentlichen Kampfes
von den Soldaten verlaffen, heimlich entfliehen
mußte (288). Flut. Demetr. 41 ff. Pyrrh. 11.
Er begab ſich nadı Griechenland und von da, nach
der Belagerung Athens, nach Kleinafien. Put.
Demetr. 46. Mad) einigen glüdlichen Unterneh:
mungen zog er fich vor Agathofles, des Lyſimachos
Sohn, nad Phrygien zurüd, wurde aber von diejem
genötigt, fi) von da in das Gebiet des Seleutos
u flüchten, dem er fich ergeben mußte, da eine
— Krankheit ihn zwang, den verzweiflungs—
vollen Kampf, den er anfangs gegen Seleukos in
Kilikien, begonnen hatte, aufzugeben, zumal da
dieſer ihm auch die Flucht zur See abgeſchnitten
hatte (287 oder 286). Zwar wies Seleufos große,
ihm von Lyſimachos für den Fall, daß er Deme:
trios töten laſſe, gebotene Geldjummen entrüftet
zurüd, aber er jchenfte aud) den Bitten um deſſen
Freilaſſung fein Gehör. Plut. Demetr. 46 ff. Dem.
jelbjt gab alle Hoffnung auf Beilerung jeiner Lage
auf; er jtarb nad) dreijähriger Sefangenichaft 252
oder 281 zu Apameia in Syrien. Die Griechen
aller Länder ehrten ihn noch im Tode. Dio Chrys.
44, p. 598. Plut. Demetr. 52. Demetrios war
ganz das Bild feiner aufgeregten Zeit, fühn bis
ur Verwegenheit, leidenſchaftlich oft bis zur Un:
ejonnenheit, im Augenblide der Gefahr bejonnen
und thatkräftig und von raſchem Entjchluffe, zu
abenteuerlichen Fahrten geneigt, voll hochfahren
der, oft überichtwenglicher Bläne, dabei wigig und
geiftreih, voll Anmut und feiner Bildung, aber
auch ausjchweifend und jeglicher Luſt ergeben, oft
mehr einem Condottiere des Mittelalters ähnlich,
zu anderen Zeiten wieder ein wahrhaft großer
Feldherr, kurz ein Mann des augenblidlichen Ent:
Über jeinen Charakter
j. Died. Sie. 20, 92. Droyſen, Geſch. des Helle:
Anywonvare.
nismus 11 2, 112 ff. 315 ff. — 2) Demetrios II,
Sohn des Antigonos Gonatas und Entel des De:
metrios Poliorfetes, herrichte 10 Jahre lang über
Makedonien unter heftigen Kämpfen mit den an—
grenzenden Völkern, von 239—229 v. E. „Just.
28, 1,3. — 3) Demetrios 1. Soter, Zwrrje
(welchen Beinamen ihm die Babylonier gaben, die
viel von ihrem Satrapen Timardhos, von welchem
er jie befreit, zu dulden gehabt hatten), Sohn des
Seleufos Philopator, verlebte jeine Jugend als
Geijel in Nom. Bon da entwich er nad) des Vaters
Tode, da der Senat feine Bitte um FFreilaffung
nicht gewährte, heimlich, um feine Rechte gegen
jeinen Bruder Antioches geltend zu machen, viel:
leicht nicht ohme unter der Hand vom Genate,
welcher öffentlich den Antiochos anerkannt hatte,
unterftügt zu jein, da derjelbe die Händel in der
ſyriſchen Königsfamilie benußte, um Syriens Macht
zu brechen. Pol. 31, 23. Raſch (161 v. E.) bemäd):
tigte fi; Demetrios des Thrones und wurde von
Rom anerfannt. Pul. 32,4 ff. Im Kriege gegen
die Juden fämpfte er meist unglüdlich. Der Trunken—
heit ergeben, machte er ſich dadurch und durch feine
graufamen Handlungen in Syrien verhaßt und
fiel im Kampfe gegen Wlerander Balas, 150,
Pol. 33, 14. — 4) Sein Sohn, Demetrios II.
Nilator, Nixdrog, fam in früher Jugend als
Geiſel jeines Vaters gleichfalls nad) Rom, kehrte
aber bald nad, Syrien zurüd und beftieg nad
Alerander Balas’ Vertreibung mit Hülfe des Btole:
maios Philometor den väterlichen Thron (147 v. E.),
auf dem er fich unter fortwährenden Wufftänden
jeiner Unterthanen nur mit Hülfe fremder Söldner
und des Maffabäers Jonathan behaupten konnte.
1. Makk. 11, 39. Just. 35, 2. Als er aber die dem
legteren gegebenen Berjprechungen brach, verlor
er faſt jein ganzes Neich, welches er nur mit Mühe
wiedergewann. Ein anfangs glüdlicher, nachmals
unglüdlicher Zug gegen die Parther brachte ihn
in die Gefangenjchaft ihres Königs Arſakes (140),
der ihn mit feiner Tochter verheiratete. Just. 36,1.
Mehrmalige Verſuche zu entfliehen miflangen. Erft
ein Krieg jeines Bruders Antiochos mit den Par:
thern verichaffte ihm die Freiheit und nach des
Antiochos Tode den Beſitz von Syrien wieder
(130); er wurde aber 4 Sahre jpäter bei einem
Aufitande ermordet. Just. 39, 1. — 5) Deme:
trios aus Phaleron, daher PBhalereus, ö
Pahngevs, mit Beinamen, Sohn des Phanoſtratos,
geb. um 345 v. E,, war ein Zögling des Philo-
jophen Theophraft und des Komikers Menander.
Ihm wurde von 318—307 von Kaſſander die Lei—
tung des atheniichen Staats übertragen, welche er
mit jo glüdlihem Erfolge führte, daß die dank—
baren Athener dem verdienten Manne zahlreiche
(360) Statuen errichteten. Cie.r.p. 2,1. Nep.
Milt. 6. Als jedoch Demetrios Poliorketes Athen
eroberte, mußte er flüchten, und das wanfelmütige
Volk lief fid) durd; des Demetrios Gegner jogar
zu einem Todesurteil gegen ihn bereden. Plut.
Demetr. Seff. Nach furzem Aufenthalte in Theben
begab er ſich zu Ptolemaios Lagi nad) Aleran-
dreia, der fich feines Rates oft bediente, wurde
aber von deſſen Sohn Ptolemaios Philadelphos
in die Berbannung nad) Oberägypten geichidt und
ftarb nach dem %. 283, wie es heißt, durch den
Biß einer giftigen Schlange. Demetrios war nicht
nur ein jehr tüchtiger und begabter Staatsmann
309
(Cie. legg. 3, 6, 14), jondern auch ein Freund der
Wifjenichaften (wie die durch ihn in Athen veran—
ftalteten Vorträge der homeriſchen Gedichte bewei—
fen) und ein ausgezeichneter Redner und Gelehrter.
Cicero (or. 27. Brut. 9. 82. de or. 2, 23) und
Duintilian (10, 1, 80) rühmen feine Beredjamfeit,
bejonders wegen ihrer Anmut, wenngleich er fich
ihon der gefälligen Manier der jpäteren Redner
näherte. Wir fennen von jeinen zahlreichen Schrif:
ten auf dem Gebiete der Geichichte, Philofophie,
Grammatik und Beredjamfeit nur die Titel; auch
bon jeinen Gedichten haben ſich feine erhalten.
Eine unter jeinem Namen erhaltene Schrift zei
Egunvsiag (herausg. von Göller, 1837, und im
9. Band von Walz’ Khetor. Graeci), eine qute
Zufammenftellung der auf den redneriichen Aus:
drud und eine richtige Darftellung bezüglichen
Vorſchriften, ſtammt aus jpäterer Zeit. — 6) ſ.
Bildhauer, 6. — 7) ein von Horaz mit geringer
Achtung erwähnter Dichter oder richtiger Defla-
mator. Schol. zu Hor. sat. 1, 10, 18. — 8) De:
metrios aus Sunion, lebte in Rom zur Raijer-
zeit von 40—90 n. E., war kyniſcher Philojoph
und führte die Forderung der Bedürfnislofigkeit in
dem Iururiöfen Rom praftiich durch. Dies ver:
ichaffte dem zerlumpten Bettler die Achtung der
bedeutendften Männer. Thrajea widmete feine
legten Stunden einem Geſpräche mit ihm über die
Unjterblichfeit, und Seneca juchte feine Unterhaltung.
Sen. ben. 7,1.8. Suet. Vesp. 13. — 9) Demetrios
aus Gadara, ?reigelaffener des Pompejus, bei
dem er in Hoher Gunft ftand und durch deſſen
Frreigebigfeit er zu großem Neichtume gelangte.
Plut. Pomp. 2.40. Cat. min. 13. — 10) ein Günft:
ling Cäſars, wurde nach deſſen Tode von Antonius
zum Statthalter von Kypros gemadt. Dio Cass.
48, 40. — 11) ein einflußreicher, aber läftiger
Mann, von Cicero (ad fam. 16, 17) erwähnt. —
12) jein Freigelaffener, Demetrios Bellienus
genannt. Vgl. über ihn Cael. bei Cic. ad fam.
8, 15. 16, 22. — 13) Demetrios ausSkepſis,
ö Zxrjipıog, griechiſcher Geſchichtſchreiber, Verfaſſer
eines Tiowinog dianoouog in 30 Büchern, worin
er die homeriſchen Realien nad Ariſtarch und
Hegefias aus Troas behandelte. Sammlung der
Brucftüde von Müller, fragm. histor. Graec. IV
>. 382 ff., Stiehle (Philologus, Bd. V ©. 528 ff.
7 ©. 344 ff.) und Gäde (1880). Abhandlung
von Bohle (1858).
Ammiörgare, in Athen die von den Poleten
(j. Staatshaushalt, I, 13.) eingezogenen (dn-
usVev, Önuooısdeırv, Kroygdpsır) und zum Bejten
des Staates verkauften Güter von Privatleuten,
über welche in der erjten Volksverſammlung jeder
Protanie dem PVolfe Nachricht gegeben werden
mußte; die VBerzeichnifie derjelben (vgl. Aroyea«gprj)
waren auf Tafeln an verjchiedenen Orten aufge:
ftellt. — Die ungerechte und verberbliche Strafe der
Güterkonfiſtation war im Altertume jehr häufig.
Sie fand bei Staatsjchuldnern und Ehrlojen häufig
ftatt und fogar regelmäßig, wo auf Verbannung
(außer durch den Dftratiimos), Verlauf in die
SHaverei oder den Tod erfannt war. Sie fonnte
daher bei den verichiedenften Verbrechen eintreten,
3. B. bei Mord, Tempelraub u. ſ. w. Namentlid)
wurden auch Schugverwandte häufig don ihr be-
troffen, beſonders wenn fie durd Reichtum die
Habjucht reisten. So wurde mit Verkauf der Perſon
310
und Verluſt des Bermögens beftraft, wer unrecht:
mäßigerweiſe das Bürgerrecht ausübte und in
einer gegen ihn angeftellten Stlage (yeagyr, Eeriag)
verurteilt war, oder wer, wenn cr aus feinem
Demos durch Seyprigiors ausgeftoßen war, durch
Appellation an ein Gericht den Nechtsweg betrat
und bier zurüdgemwiejen wurde, ober wer als Metöfe
die Metöfenfteuer nicht erledigte (Rlage neroixdor).
Anntovgyoi, 1) Abteilung der thejeiichen Volks—
einteilung in Attifa (ſ. Dvir, 1.) — 2) Beamte
in einigen Staaten, 3. B. im achaiiichen Bunde,
in dem die 10 Deminrgen zu den höchſten Obrig:
feiten gehörten. Lie. 32, 22. 38, 30. Pol. 28, 6.9.
— 3) ). Opifices.
Demochäres, Inuoraens, Schweſterſohn des
Nedners Demofthenes, gehörte zu den ausgezeich:
netiten Männern Athens. Gebildet von jeinem
Oheim, befämpfte er mit größter Mraft die mafe:
donische Partei (Plut. Demosth. 21. Demetr. 24),
als Demojthenes geftorben war.
Einfluß des Demetrios Voliorketes (307 v. E.),
der die Demokratie in Athen twiederheritellte, ihn
traf aber auch der Wechiel des Schidjals, indem
er bald (303) aus Athen vertrieben twurde, im
J. 298 zurüdfehrte und jeine von Demetrios
abermals unterftügte Vaterſtadt befeftigte und zu
fihern ſuchte. Mit mehreren Gejandtichaften an
die Herrſcher Matedoniens und Ägyptens betraut,
der Finanzen und gute Verwaltung um Athen
verdient. Er ftarb wahricheinlich 280, ein Mann
von edler, patriotiicher Gefinnung. Pol. 12, 13 ff.
Fine Gejchichte feiner Zeit in mindejtens 21 Büchern
ift nicht auf uns gefommen. Plut. Demosth. 30.
Gie, Brut. 83, 283. Bal. Müller, fragm. histor.
Grace. ll p. 445 ff.
Demodökos, Jnuödoxog, der blinde Sänger
des Phaiakenkönigs Alkinoos, der, als Odyſſens
bei diejem als Saft war, beim Mahle vom Streite
des Odyſſeus und Achilleus, von der Liebe der
Aphrodite und des Arcs und von dem hölzernen
Pferde der Griechen fang. Od. 8,44 ff. Später hielt
man den Sänger, welchen Agamennon bei Ally:
taimnejtra zurückließ Od. 3,267), fürden Demodotos.
Ange, die Unterabteilung der Meifthenijchen
Phylen (ſ, auh Dvirj,s.). Kleiſthenes ſchuf zum
Behuf der Verwaltung anftatt der bisherigen Ein—
teilung des Volkes und Landes in 4 Phylen, welche
beitehen blieben, aber ohne politifche Geltung nur
auf ihre ſakralen und religidjen Aufgaben bejchräntt
waren, ein neues Syſtem, deſſen Grundlage die
längft vorhandenen EHeineren und größeren Ort:
ſchaften (djuor) waren. Dieje Berwaltungsbezirte
brachte er durch allerlei Veränderung auf 100 und
legte aus je 10 derjelben eine Phyle zufammen.
Die 10 Phylen hatten kein fortlaufendes Gebiet,
denn die Demen einer und derielben Phyle waren
oft durch dazwiichen liegende Gebietsteile einer
andern Phyle unterbrochen. Die einzelne Phyle
jollte feine im fich zuſammenhängende Bürgerjchaft
bilden, die Verſammlungen der Phylen (dyoga)
fanden darum in der Hauptſtadt Athen ftatt. Die
Zahl der Demen vermehrte fich jpäter; zu Strabons
Zeit gab es 174. Strab. 9, 39%, Roß Demen von
Attika, 1846) führt 161 Namen auf, Leake (Demen
von Attifa, über. von Weſtermann, 1840) 199,
Darunter manche zweifelhafte; Öelzer in Hermann?
griech. Staatsaltertümern ©. 707 ff. (5. Aufl.) 182,
Ahn bob der!
lungen erivarb.
machte er fich in der Zwiſchenzeit durch Regelung |
Anwoveyol — Demokedes.
zu denen nocd 8 unjichere fonımen. Urjprünglich
war die Einteilung auf den Grundbeſitz baſiert,
in der Art, da jeder zu dem Demos gehörte, in
dem er jeinen Beſitz hatte; jpäter, da die Beſitz—
verhältwiffe fi änderten, fonnte der Fall vor-
fommen, daf jemand Grundftüde aucd in einem
fremden Demos beſaß. Ein folder Beſitz hieß
fyurnorg, und es war für denjelben an den Demos,
in dem er gelegen war, eine Abgabe (Fyarmrızor)
zu bezahlen. Die Demen hatten ihre Namen teils
nach den Heineren Städten oder Flecken, teils von
Geſchlechtern, z. B. Bovradaı. Dies iſt wohl fo
zu erflären, daß, wo ein Geichlecht an einem Orte
zuſammenwohnte, auf den Demos der Name des
Geſchlechts fich übertragen hatte. Notwendig aber
iſt es feineswegs, dab z. B. jeder, der zum Ge—
ichlechte der Butaden gehörte ÜErsoßovradaı zur
Unterjheidung vom Demos), deshalb auch dem
Demos dieſes Namens angehörte. Alle Bürger
mußten zu einem Demos gehören, und bei ihrer
offiziellen VBeneunung jeßte man zu ihrem Namen
und dem des Vaters noch den Namen des Demos
3. B. Inuoodeirng Inuocdevovg Iluiarızng). Am
18. Jahre wurde ein jeder in das Ankıweyınor
yonuuureiov eines Demos eingeichrieben, zwei
Jahre jpäter in den wivrag duninsıworindg, woburd
er das Hecht der Teilnahme an den Volksverſamm—
Verbunden waren die einzelnen
Mitglieder des Demos (önuorer) durch gemein:
ichaftliche Sacra (lre« Önuorınd). Sie hatten ferner
gemeinschaftlihen Gemeindebefig, Gemeindegefälle,
Semeindeausgaben; auch hatten fie in Fällen der
Not Beiträge (slspogei) an die Staatstafle zu
zahlen. Zur Belorgung der ganz jelbitändigen
Semeindeverwaltung hatten die Demen eigene Be:
amten, namentlich einen Borfteher (Ööruugros) und
einen Berwalter (randag), legteren bejonders für
die Seldangelegenheiten. Der Demarch batte die
Ortspolizei zu üben, die Gemeindeverfammlungen
zu berufen und zu leiten, die ſchon erwähnten Fe
gifter, jedoch mit Zuziehung der Verjammlung, zu
führen, neue Mitglieder nach Bewilligung der Ber:
jammlung aufzunehmen u. j. w. Bejonders wichtig
war die Befugnis dieſer Verſammlung, vorfonmen:
den Falles die Unterfuchung über ſolche zu führen,
welche unrechtmäßigerweije in das Bürgerrecht
ſich eingeichlichen hatten. Lag der Berdadjt vor,
daß Eindringlingeimegeyyoarroı)vorhanden wären,
jo wurden auf Vollsbeſchluß die Demen angewieſen,
ihre Verzeichniſſe einer Reviſion zu unterwerfen.
Die im Verzeichniſſe befindlihen Namen wurden
vorgelejen. Über jeden der Borgelejenen, dejien
Bürgerrecht angezweifelt wurde, fand eine Abſtim—
mung (deampsgpeorg) Statt. Derjenige, gegen den
die Abjtimmung ausfiel (dmoyngıadeis), ſchied
damit ohne weitere Folgen für feine Perſon aus
der Zahl der Bürger. Wer aber gegen diejen Aus—
ſpruch Appellation (fpearg) einlegte, hatte, im Falle
der Berurteilung, Verluft der Freiheit, Vermögens—
fonfilfation und Berfauf in die Stlaverei zu ge:
wärtigen. Die demojthenijche Nede gegen Eubu—
lides ıft für einen Athener geichrieben, welcher Durch
die erfte und einzige in allen Demen zugleich ab:
gehaltene Diapfephifis aus jeinem Gau ausgeftohen
worden var.
Demokedes, Snuornöng, geb. zu Kroton in
Unteritalien, fam als Züngling nad Aigina, wo
er fih als Arzt einen Kuf erwarb, bon dort nach
Anuoxorwor — Demonax.
Athen und danı nach Samos, von wo der Perſer—
fönig Dareios J. ihn an feinen Hof berief. Nach—
dem er dejien verlegten Fuß geheilt hatte, kehrte
er, reich belohnt, trotz des vom Könige ausge-
jprochenen Wunſches, ihn als Leibarzt bei fich zu
behalten, nad) feiner Baterftadt zurüd. Als er hier
in Verbindung mit der arijtofratijchen Partei die
Volkspartei befämpfte, mußte er fliehen und fiel
durdy die Hand des Demokraten Theages, der den
auf des Demoledes Leben geſetzten Preis dadurd
verdiente. Demofedes ijt das Haupt der erſten in
Griechenland blühenden medizinischen Schule. Hat.
3, 129 ff. Bgl. auch Ärzte.
Anmdxorvor, Örwor, Önuoorı, Gefängnis:
wärter, Scharfrichter, Henkers- und Folterknechte,
in Athen die Untergebenen der Eilfmänner (ö raw |
irdsna bmngerng bei Plat. Phaed. p. 116 B).
Annoxgaria |. Staatsformen, 10,
Demokritos, Snuöxgıros, geboren zu Abdera
in Thrafien zwiichen 470 und 460 v. E., mithin
bedeutend jünger als Anaxagoras und noch zur
Zeit des Sofrates am Leben. Sein Bater do
jehr reich gewejen jein und Zerxes auf jeinem Zuge
nad Griechenland bewirtet haben. Der Sohn
verwandte nad des Baters Tode das anjehnliche
Vermögen auf Reiſen nach Agypten und in das
innere Morgenland. Die Angaben, daß er 80 Jahre
darauf zugebracht, daß er ſich jelbft geblendet habe
(Cie. fin.5, 29,87) u. a., beruhen teils auf offenbarem
Mifverjtändniffe (m [mivre] = 5, m’ = 80), teils |
auf der Sucht nach Wunderbarem. Ebenjo beruht
die Angabe von jeiner Einweihung in die Geheim:
niffe der Magier auf einer falichen Auslegung von
Hdt. 8, 120; eine andere Nachricht läßt ihn jogar
zu den Gymnoſophiſten nach Indien gehen. Zurüd:
gefehrt in feine Vaterftadt, jcheint er bald, zum
Verdruſſe jeiner Mitbürger, von den öffentlichen
Angelegenheiten jich zurüdgezogen und philojo:
phiichen und naturwiſſenſchaftlichen Studien ergeben
zu haben. Er ftarb in hohem Wlter, 361. — D.
gilt mit jeinem Lehrer Leulippos als der eigent:
lihe Begründer der Atomiftif. Er nahm eine
in der ganzen Welt verbreitete göttliche Subftanz
an, bejtehend aus bejonders gearteten Atomen von
der jubtilften Beichaffenheit (dei obela, nöcuov
vrx); von ihr ftammen nicht bloß die einzelnen
Götter, jondern aud die Seelen der lebendigen
Beien, denen durd Einatmen beftändig Teile dieſer
in der Luft verbreiteten Subjtanz als Nahrung
zugeführt werden. Cic. n. d. 1, 43, 120. Er be:
hauptete einen Unterſchied der Subftanzen nur nach
der Quantität, nicht nach der Dualität, indem es
von ihm wie von Leukippos heift: oroızei« ubr
zo mAnges nal vb nevor Elval paoı, Alyovreg ro
nv Öv, ro Ö8 ui) ÖV, rovrwv di zb ulv mlnosg
nal orspeov ro ÖV, ro Öb nevov Ye nal uarow
zo an ör. Er unterjchied ferner die Borftellung
von dem Weſen; nad der Meinung (vun) iſt
Warmed, Naltes, Hartes, Süßes und Bitteres;
nach der Wahrheit (rej) nur die Unteilbaren und
die Leere. Die Seele nannte er fugelförmige Atome
(röumw r& opwıgosıdi) pyuyhv Akyeı) und lieh ſich
auf den Prozeß des menschlichen Bewußtſeins,
namentlid auf die Erflärung des Urjprungs der
Empfindungen ein. Xoebtere erflärte er nämlid)
dadurdh, da von den Dingen gleihjam feine Ober:
flächen ſich ablöjen, die in die Augen und Ohren
bineinfließen. Die Dinge jelbft aber jind in ewiger
all
| Bewegung in dem leeren Raume, daher gibt es
unendliche, an Größe unterichiedliche Welten (vgl.
Cie. acad, pr. 17, 55); in einigen jei weder Sonne
noch Mond, in einigen größere als bei ung, in
andern mehrere; die Abftände zwiichen ihnen jeien
ungleih, auch einige im Zunehmen, andere im
Abnehmen begriffen; einige berielben jeien ent:
blößt von allen Geichöpfen, Pflanzen und allem
Feuchten. Was die einzelnen Atome betrifft, io
jind fie der Qualität nach gleichartig, aber der
Seftalt nach jehr verichieden; ald die wirkende
Urjache aber, die fie zujammenbringt, fann nicht
ein bewußtes, denfendes, vernünftiges Prinzip,
ein vods, jondern mur ein blindes Ungefähr, der
gebieteriiche Zufall oder das Schidjal angenom-
men werben (ex his effectum esse caelum atque
terram, nulla cogente natura, sed concursu
quodam fortuito, Cie. n. d. 1, 24, 66). Es fonnte
mithin fich ein Glaube an eine die Welt regierende
und erhaltende Vorjehung mit dieſer materialifti-
ihen Auffaſſung nicht vereinigen laffen; wohl aber
mußte die Vorſtellung von einzelnen aus der gött-
lihen Subftanz gewordenen Gebilden, von allerlei
Erjcheinungen (eidwi«), jegenbringenden (dy«-
Horoıd) und verderblichen (xuxoroı«) (animantes
imagines, quae vel prodesse nobis soleant vel
nocere, Öic. n. d. 1, 43, 120), fih daran an:
ichließen, die im Traume wie im wachen Zuftande
durch den Körper in unjere Seele dringen und durch
hörbare und fichtbare Außerungen als Weisjagungen
der Zukunft gelten müſſen. Als Ziel aller Er:
fenntnis jegt er die Gemütsruhe (ebdvule, aber
auch jonft noch mit den verichiedenften Namen von
| ihm benannt), aber nicht die der bloß finnlichen
Luft, vielmehr eine fittliche, von Leidenjchaften un:
| bewegte (xa«® 7» yalnvag nal sboradtüg 7) wuyn)
didyeı, bmo undsvög ragarrouern Pößov 7) Ösıoı-
dauuorlag 7) &lkov rıvög ndtovs). Darum hat
vermutlich die Sage ihn zu dem ſtets lachenden
(yelaoivog), den Heraklit aber zu dem ftets wei:
nenden gemacht. Seine zahlreihen Schriften, unter
welchen namentlich ein wıxgög dudnoouog hervor:
gehoben wird, umfaßten die verichiedenften Ge—
biete: Ethik, Phyſitl, Naturgejhichte, Mathematik,
Technik, Mufit, und waren in einem blühenden,
ihwungvollen, faſt dichterijchen, doch von abderi—
tiichen Idiotiſmen nicht freien Stile geichrieben
(Cie. or. 20, 67); in der römiichen Kaiſerzeit von
Thraiyllos gefammelt und in Zetralogien verteilt,
find fie doch frühzeitig verloren gegangen und nur
in ſpärlichen Bruchjtüden auf uns gelommen.
Sammlung der Fragmente von Mullad (1843).
Abhandlung von Liard (1873).
emönax, Snuörvaf, aus Kypros, geb. wahr:
icheinfih 90 n. E., lebte zur Zeit Hadrians, folgte
der ftoiichen, dem Kyniimos verwandten Richtung,
wonac Unabhängigkeit von äußeren Gütern, Selbit:
genügjamleit (etragreıa) und dadurd erlangte
innere Ruhe ald das Biel erſchienen. Er wollte
durch milde, freundliche Belehrung befjern, widmete
ſich Staatögeichäften und genoß hoher Achtung.
Er erreichte ein jehr hohes Alter, verurteilte fich
aber, faſt hundertjährig, um den Schwächen des—
jelben zu entgehen, zum Hungertode. Die Athener
' begruben ihn pracdtvoll auf Koften der Stadt;
die Philojophen trugen die Bahre zu Grabe. Den
fteinernen Sitz, auf weldem er ausgeruht hatte,
| hielt man heilig. Sein Freund Lulianos widmete
312
Demophanes — Demosthenes,.
jeiner Schilderung eine gleichnamige Schrift; andere | Nunmehr fehrte er nad) Athen zurüd daſ. 3, 114)
und machte jchon im nächiten Sommer (425) ſich
Schriftfteller gedenten jeiner nicht.
Demophänes j. Ekdemos.
Demophöon oder Demöphon, ZJnuopswr,
nuopör, 1) ſ. Demeter, 2. — 2) Sohn des
Thejeus und der Phaidra, König in Athen (ji.
Diomedes, 2.), Er fämpft in der nachhomeriſchen
Sage vor Troja und erwirkt die Freiheit jeiner
Großmutter Aithra, welche als SHavin der Helena
(Il. 3, 144) nady Troja gekommen jein jollte.
Paus. 10, 25, 3. Auf der Heimfahrt von Troja
verlobte er ſich mit Phyllis, der Tochter des thra=
kiſchen Königs Sithon; vor der Vermählung aber
reijte er noch in die Heimat, um jeine Angelegen:
heiten zu ordnen. Da er über die beftimmte Zeit
ausblieb, erhängte ſich Phyllis; fie ward in einen
Baum verwandelt. Or. her. 2. Die Herafliden
Ihüßte D. in Attika vor dem fie verfolgenden
Euryſtheus und erlegte diejen in der Schlacht ( Eur.
Heraclidae). Sein Bruder ift Afamas (j. d.), der
ebenfalls vor Troja fämpfte.
Immorointor hießen die ins Bürgerrecht auf:
genommenen Nichtbürger. Die einzelnen Staaten
. ihre Bürgerliſten geichlofien (vgl. über
parta Hdt. 9, 33. Paus. 3, 11, 6). Auch in
Athen waren die Gejege über die Aufnahme ftreng
und erjchwerend. Demosth. Neaer. p. 1375. Nur
Verdienfte um das Volk jollten dazu berechtigen
(evögayadla lg tor önjuor a.a.D.). Sodann jollte
ber Vorſchlag in 2 aufeinander folgenden Volks—
verjammlungen wiederholt werden; und in der
zweiten Boltsverfammlung mußte der Vorgeichla:
gene wenigitens 6000 in heimlicher Abftimmung
abgegebene Stimmen für ſich haben; jelbft dann
fonnte der Vorſchlag noch (wie alle Gejege) ein
Nahr lang durdy eine year) nagaroumr ange:
fochten werden. Troß dieſer Vorſichtsmaßregeln
fam aber in jpäterer Zeit Verleihung bes Bürger:
rechts Ye oft vor, häufiger als es für den Staat
zuträglih war. — Die Neubürger, auch Bası
rzoliree und xar& Yripıoua molireı genannt,
wurden einer Phyle und einem Demos zugeteilt,
ihre Nachkommen wurden demnächit in eine Phratrie
eingeführt. Sie jelbjt fonnten weder Archonten
werden noch Vrieſterſtellen befleiden; ihre Kinder
aber, in bejtimmten Fällen erjt ihre Kindeskinder,
traten in den Beſitz des vollen Bürgerrechts ein.
Demosthenes, Snuooderng, 1) der Sohn des
Aıtifthenes, zeichnete jich als Feldherr der Athener
im peloponnefiihen Kriege aus. Nm Sommer
426 d. C. fegelte er mit 30 Schiffen um den
Beloponnes herum zum Scuße der Bundesge-
noffen im Weften. Nach Berwüjtung des Gebiets
von Leufas beſchloß er, die Aitoler anzugreifen,
dann Doris und Phofis zu erobern und jo in
Boiotien einzufallen. Doc der Plan mißlang, da
er mit Yand und Kampfart der Mitoler unbelannt
war; er fendete die Schiffe zurüd nach Athen,
blieb aber ſelbſt zu Naupaktos aus Furcht vor dem
Born der Athener. Thac. 3, 91 ff. In Naupaktos
jedoch leiſtete er die wejentlichiten Dienite, als der
Spartaner Eurplochos mit 3000 Hopliten die Stadt
angriff. Er ſchlug ferner denjelben beim amphi—
lochiſchen Argos vollftändig und ſäete Zwietracht
zwijchen den Beloponnefiern und ihren Bundes:
genofien dadurch, daß er nur den erfteren freien
bzug gewährte; ein zweites Heer der Ambra-
fioten wurde leicht gejchlagen. T’huc. 3, 102. 105 ff.
um die Athener aufs neue verdient, indem er
Polos in Meffenien einnahm und die auf der
Inſel Sphakteria gelandeten jpartanijchen Hopliten
dort einſchloß, ja fie auch endlich zur Übergabe
zwang, obwohl der Demagog Kleon (ji. d.) fich den
Ruhm diefer That zuichrieb. Thuc. 4, 2 ff. 29 fi.
In der folgenden Zeit hatten des D. Unterneh:
mungen gegen Megara freilich nicht den gewünſch—
ten Erfolg, doch wurde die Hafenſtadt Nifaia
behauptet. Thuc. 4, 66 ff. Als durch die Maf-
regeln des Spartaners Gylippos fich die Yage der
Athener auf Sicilien jehr bedenklich geftaltet hatte
und Nikias um jchleunige Hülfe bat, wurde Ende
414 Eurymedon mit einigen Schiffen vorangejchidt,
dem im Frühling 413 D. mit einer Flotte folgte.
Thuc. 7, 16 $. 20. 26.31.33.35. 42. Ohne Schuld
des D. mihlang aber der Angriff der Athener auf
Epipolai (einen Teil von Syrakus, j. Syracu-
sae). Thuec. 7, 43. D. ſah nun feine Mög:
lichfeit auf Erfolg und ſchlug dem Nifias daher
vor, abzuziehen oder wenigſtens das Landheer in
andere Stellungen rüden, die Flotte in See ftechen
zu laffen. Doch Nikias ging darauf nicht ein, der
günftige Yeitpunft zur Rückkehr blieb unbenugt,
und als Nifias doc endlich dieje als notwendig
erfannte, ging wegen abermaliger Unentichlofien:
heit desjelben (Mondfinfternis) zuerſt die Flotte
verloren, dann aber erlitt auch das Yandheer eine
Niederlage, Niktias und D. wurden Gefangene
und von den erbitterten Syrakuſanern getötet, im
Sept. 413. Thuc. 7, 47. 49. 69 ff. 75 ff. 56. — Den
D. zeichnete Unternehmungsgeift, aber auch umſich—
tige Beionnenheit aus; er veritand einen Kriegsplan
ftrategiich zu entwerfen, aber auch durch Erfafjung
des günftigen Moments die taftiiche Ausführung.
Er verftand den Kampf mit Hopliten ebenio wie
mit leichten Truppen, den Feind zu überrajchen
war jein Element. Sein perjönlicher Charakter
war untadelig. Staatömann war er nicht, und
deshalb gelang es ihm auch nicht, eine einheitliche,
fonjequente Führung des Kriegs durchzuſetzen, da
er in der Volksverſammlung nichts vermochte. Die
Andeutungen über D. in des Ariftophanes Rittern
widerjprechen bei richtiger Auffaffung dem Ge—
fagten nicht. — 2) D. der Redner, Sohn des
Demojthenes, aus dem Demos Raiania ([Taıarıevg),
eb. in einem angejchenen glänzenden Haufe wahr-
cheinlich DI. 98, 4 od. 385/4 v. E., verlor 7 Jahre
alt feinen Vater und jein Vermögen größtenteils
durch treuloje VBormünder. Sein Lehrer in der
Beredſamkeit war zunächſt Njaios (er erhielt 10 000
Drachmen), doc hatte D. mit allen Nachteilen zu
fämpfen, welche ein fchwächlicher Körper und mangel:
haftes Organ ihm entgegenftellten; durch Beharr:
lichkeit überwand er alles. Plut. Demosth. 4. 6 ff.
Die Nachricht, daß er auch ein eifriger Schüler
Platons gewejen jei, ift befonders von den Römern
(Cie. de or. 1,20. off. 1,1. or. 4) verbreitet worben,
aber wenig glaublich. Seine redneriiche Laufbahn
betrat er mit der Klage gegen jeinen Vormund
Aphobos und deſſen Schwager Onetor, doc
jelbft die Verurteilung des Aphobos bradyte ihn
nicht zu jeinem Vermögen, nnd er mußte ich
ſchließlich mit einer ipärlichen Abfindung für jeine
großen Berlufte begnügen. Dies Unglüd führte
ihn auf die rednertiche Laufbahn. Durch diejen
Demosthenes.
Prozeß hatte D. fich aber die Feindichaft des ein-
flußreihen Meidias zugezogen, der gewaltiam
in des D. Haus einbrady, jedoch 8 Jahre lang ſich
der Ausführung des ihn verdammenden Urteils
zu entziehen wußte; ja er ging jo weit, daß er
im 3. 354, ald D. die Choregie bei den großen
Dionpfien übernommen hatte, jich thätlich an ihm
vergriff. Auch diesmal wußte Meidias den Prozeh
in die Länge zu ziehen, bis er durch jeine Bitten
den D. bewog, denjelben fallen zu laſſen; D. that
es, nicht weil er 30 Minen erhalten, wie fein
Todfeind Aiſchines berichtet, jondern weil er einjah,
daß er gegen die Mittel feiner Feinde augenblid:
lich nichts vermöge. Um diejelbe Zeit (355) war
D. gegen Leptines und Androtion auch öffent:
lid vor dem Bolfe aufgetreten. Durch dieje und
andere Reden hatte er fich zu jeiner großen poli-
tiihen Laufbahn vorbereitet; feit dem Auftreten
des Philippos von Makedonien fällt jein Leben
mit der Gejchichte Athens zujammen. Philippos
hatte jeit dem J. 358 ſich allmählich der atheniichen
Beligungen im N. Griechenlands, der Städte Am:
phipolis, Pydna, Potidaia, Methone bemächtigt
und durch allerlei Kunftgriffe die Athener fern zu
halten und zu bethören gewußt. Daß dies zum
Untergange der griechischen Freiheit führen müjje,
ſah D. Har ein und ſprach es jeit 351 in feinen
philippijchen und olynthiſchen Neden ebenjo
entichieden aus. Die damaligen Verhältniſſe Athens,
die Indolenz des Volkes, der Mangel eines dem
Philipp gewachlenen Feldherrn nahmen freilich
jeinen Borjchlägen den Erfolg, befonders da Aiſchines
(j. d.) in jeder Beziehung als Freund der male:
doniichen Politif und als Feind des D. auftrat.
Immer bleibt es das Verdienſt des D., nicht bloß
die Gefahr jcharf erfannt, jondern auch erjt die
einfichtsvollen Bürger, dann die Mehrzahl des
Bolfes zu jeiner Überzeugung gebracht zu haben.
Bergebens Hagte D. den Aischines des Hochverrats
an, weil er den Frieden mit Philipp zum Nachteile
Athens zu verzögern ftrebe (345); 2 Jahre jpäter
wiederholte er jeine Anklage. Als 341 Philipp
immer drohender vordrang, juchte D. ein allge:
meines Bündnis gegen den König zuftande zu
bringen. Auf feinen Rat wurde Pholion mad)
Euboia geichidt und vertrieb die von Philipp ein:
gejegten Tyrannen. Eine goldene Krone, an den
Diomyjien 310 ihm gegeben, war der Lohn des D.,
defien Bemühungen auch die folgenden glüdlichen
Kriegsthaten gegen Berinth und Byzanz zuzu—
ichreiben find. Aber nicht bloß nad außen war
D. thätig, im Innern ftellte er die Vergeudung
der Staatägelder ab und jorgte für eine Umge: |
Aber |
Als Bylagore zu
ftaltung der Leiftungen für das Seewejen.
bald drohte größere Gefahr.
Delphoi (340) veranlafte Aifchines den zweiten
heiligen Krieg, in welchem Philipp felbft gegen |
Athen vorrüdte. D. allein blieb bei dem allge:
meinen Schreden Meifter jeines Muts, forderte
von der Rednerbühne zur Bejonnenheit auf, brachte
ein Bündnis zwilchen Athen und Theben
und in 2 Heinen Treffen jiegten die Griechen. Da
brach die Niederlage bei Ehaironeia (D. hatte als
Hoplit an dem blutigen Kampfe teilgenommen)
im Auguft 338 alle dieje Hoffnungen. Aber troß
der Bemühungen der mafedonijchen Partei ward
dem D. der ehrenvolle Auftrag, die öffentliche
Leichenrede für die in der Schlacht Gefallenen zu
Feige |
1;
I
313
halten; Ktejiphon ftellte jogar den Antrag, für die
bisher bewicjene Aufopferung dem D. eine goldene
Krone zu ſchenken und dies durch öffentlichen Auf:
ruf bei den großen Dionyfien zu verkünden.
Aiſchines, der Führer der mafedonischen Partei,
trat Dagegen auf, aber nachdem fich die Sache
8 Jahre lang verzögert hatte, ſiegte D. in feiner
Nede vom Kranze (mepl oreparov) gegen des
Aiſchines Rede nar« Krnsupürrog, und Aiſchines
ging in die Verbannung. D. wurde auch durd)
das Vertrauen feiner Mitbürger zum VBorfteher der
neu gebildeten Getreidekafle ernannt. Nach Philipps
Tode ward D. jofort Stifter einer neuen Verbin:
dung gegen Makedonien, doc) Aleranders jchwere
Rache gegen Theben zerjtörte jofort den Bund,
und nur durch Vermittelung des feilen Demades
gelang es, des D. und Lyfurgos Auslieferung zu
verhindern. — Bald fand der Parteihaß Gelegen-
heit, gegen D. aufzutreten. Als Harpalos mit den
geraubten Schägen NAleranders nach Athen kam
und durch Beftechungen den Krieg gegen die make—
donijche Herrichaft in Athen zu entzünden juchte,
fam auch D. (gewiß mit Unrecht) in Verdacht, ge:
meiner Beitechung fich zugänglich gezeigt zu haben.
Die Nichtbezahlung einer Gelditrafe brachte ihn
in den Kerker, aus dem er entjloh; mit jeuchtem
Auge blidte er von Aigina und Zroizen nad)
Attika hinüber. Da ericholl die Nachricht von Ale:
xanders Tude 323 — ganz Griechenland geriet in
Bewegung, D. fpracd und bewirfte überall in
Griechenland Erhebung gegen Makedonien, mit
einem Dreiruderer ward er nah Athen zurüdge-
führt und feftlich empfangen (Plut. Demosth. 27),
der Sachwalter der Freiheit. Als aber Antipater
und Krateros jiegten, wurden D. und feine Freunde
in Anklageſtand verjegt und auf Demades’ An—
trag zum Tode verurteilt. D. war auf die Inſel
Stalaureia bei Troizen in den Tempel des Poſei—
don geflüchtet und gab fich hier den Tod durd)
Gift (Plut. Demosth. 29 f.), am 16. Byanepfion
DI. 114, 3 12. Oftober 322). Athen ehrte jein
Andenken durd eine cherne Bildjäule auf Kalau—
reia. Viele Büften von ihm find noch heute er:
halten. — Solange Tüchtigkeit der Gefinnung und
Konjequenz jittliher Beftrebung, nicht der äufere
Erfolg, Maßſtab der Beurteilung bleiben, wird
D. als Menſch und Staatsmann den größten und
edeljten Geiſtern aller Zeiten beizuzählen fein. Seine
Neben jind der Harjte Spiegel jeines Charalters.
Als Redner veradhtete er, nur die Sache jelbt im Auge
behaltend, allen überflüfligen Schmud, er war fein
Redelünftler, jondern ein Redner. Wahrheit der
Iberzeugung treibt ihn und erwirbt ihm die ge:
rühmte devorns; Hare Anordnung des Stoffs,
Schärfe der Gedantenentwidlung, Entichiedenheit
der Gefinnung treten hervor in einer Sprache, die
großartig ift und doc) jchlicht, ernſt und doch ge:
fällig, gedrängt und doc; fließend, lieblich und doch
eindringlich. Vgl. die Charakteriftit bei Cicero
(Brut. 7—13, befonders 8 und vd). — Das Alter—
tum fannte 65 Reden des D.; unter den uns er:
haltenen 61 find entichieden einige unechte.
Das Hauptwerk über ihn ift A. Schäfer, Demo:
jthenes und feine Zeit (2. revid. Aufl. 1885 fi.,
3 Bbd.); vgl. außerdem A. G. Beder, Demofthenes
als Staatsmann und Redner (1815 f.; 2 WBobb.),
und Dem. ald Staatsbürger, Redner und Schrift:
iteller (1830). D. Haupt, das Leben und jtaats:
314 Denarius
männiſche Wirfen des Dem. (1861). Bla, die
attiiche Beredfamleit, 3. Abt. 1. Abichn. (1876).
— Gejamtausgaben außer in den Sammlungen
der Oratores Attiei von Reiske, 3. Bekker, Dob-
fon, Baiter u. Sauppe, E. Müller, von W. Dindorf
(3. Aufl. 1855, 3 Bbd.; 4. umgearb. Aufl. von Blaf,
1. Bd. 1885. 2. Bd. 1888), 3. Belfer (1854 .,3 Bbb.),
Bömel (1843 ff. 2 Bdd.). Ausgewählte Reden von
Doberenz (1848 ff.), Wejtermann (zuerjt 1852 ff., |
3 Bdd.; 1. Bd. 8. Aufl. 1883), Görgel (1883 ff.);
Ausgg. der Philippiichen Reden von Franke (3. Aufl.
1875), Rehdantz (7. Aufl. von Blaß, 1884 ff.), 9.
Weil (2. Aufl. 1881), der übrigen Staatsreden von
9. Weil (2. Aufl. 1883); Ausgg. einzelner Reden
von F. A. Wolf, Buttmanı, Diffen, Funkhänel,
ER. Weber, M. H. E. Meier, Rüdiger, Bömel,
9. Lipſius.
Denarius j. Münzen, II.
Dendrophöri, Jerögogpögor, zunächit im gottes-
dienftlihen Sprachgebrauche diejenigen, die zu
Ehren einer Gottheit, 3. B. Dionyjos, Kybele, mit
der Wurzel ausgeriffene Bäume bei Brozejjionen
durch die Stadt trugen. Im bachiichen Kult hat
Silvan dieſe Aufgabe und ericheint daher mit
dem Wurzelichoß einer Eyprefle (Verg. @. 1, 20:
teneram ab radice ferens cupressum). — Ber:
ichieden davon ift die Zunft der Dendrophoren,
die das Material zu öffentlichen Gebäuden herbei-
ichaffen mußten und in der römischen Kaiſerzeit
als eine geichloffene Genofienichaft (collegiati, cor-
porati) ericheinen.
Denunciatio heißt im Civilprozeß Mitteilung
der anzuftellenden Klage von jeiten des Klägers
an den Bellagten (Cic. Caec. 32), Privatverab:
redung der Parteien, ſich vor Gericht einfinden
zu wollen, Aufforderung an die Zeugen, vor Ge—
richt zu erjcheinen, endlich jeit M. Aurelius die
gerichtliche Ladung des Bellagten. Im Kriminal-
prozeß ift denunciatio die Anzeige eines Ber:
bredyens, ohne eigentlihe Accuſation, worauf in:
quifitoriiches Berfahren folgte.
Deo j. Demeter, 2.
Depontäni hiefen die Argei oder sexagenarii,
welche nach uralter Sage durch Hinabwerfen von
dem pons sublicius in den Tiber getötet wurden.
Später bezog man den Ausdrud depontani ſcherz—
weife auf die den jechzigjährigen Greifen angeb-
lid) verjagte Teilnahme an den Comitien und auf
das Hinabftoßen derjelben von den Stimmbrüden.
Cie. Kose. Am. 35, 100. Bgl. Argei.
Deportatio ijt die unter den erſten Kaiſern
aufgelommene Art des Erils, wodurd dem Ber:
bannten eine beftimmte Inſel oder Stadt als Auf:
enthaltsort angewiejen wurde. Nechtlich ftand dieje
Strafe der alten aquae et ignis interdictio ziem—
lid) gleih. Der Deportierte erlitt capitis demi-
nutio media und verlor die Civität, gewöhnlich
auch fein Vermögen.
Depositum, eine mit der Verpflichtung der
Burüdgabe anvertraute Sache. Wer derjelben nicht
nachlam, erlitt Infamie. Wer aber ein Depofitum
fälfchlich ableugnete, jollte nach Beftimmung der
AU Tafeln zur Strafe das Doppelte zahlen.
Akgara, repidiena, Spielzeug, das den
Kindern um den Hals gehängt wurde. Bei aus:
geſetzten Kindern dienten ſolche dEfpae als Er:
fennungszeichen (yroglouere). Eur. Ion 1430.
Dio Chrys. or. 4, 25.
— Dertosa.
Derbe, S£foßn, bedeutende, feſte Stadt in Ly—
faonien, füdöftlich von Jkonion, Sig des Tyrannen
Antipater, des Freundes Eiceros. Ein Bewohner
der Stadt heit Derbes. Cie. ad fam. 13, 73,
Strab, 12, 569,
Derketis und Derk&to, Jeoxiris, Sroxero,
forrumpiert aus Ardeyarız, d. h. die Aitarte des Ate
(eines nordiyrijchen Gottes, in Lydien Attis), Die
Göttin der Liebe und Fruchtbarfeit, Die Schirmherrin
des Mauerrings der Städte, hauptjächlich zu Ailalon
und Bambhfe (Hierapolis in Syrien) verehrt. Die
Tauben und Fiſche waren ihr heilig. Sie jelbit
hatte fich in einen Eee geftürzt, war in einen
Fiſch verwandelt worden und wurde deshalb, wie
der Philiftergott Dagon, mit einem Fiſchleib dar:
geftellt. Daraus erflären fich die in Joppe loka—
lifierte Sage von Perjeus und Andromeda und
die Erzählung des Ktefias von Semiramis als
der Tochter der Derfeto. Hdt. 1, 105. Diod. Sie.
2,4.30. Lucian. de dea Syria c. 14. 33. 39. Strub.
16, 748,
Derkyliidas, Seorviklöas, Seorvildag, ein
Spartaner, zeichnete jich jchon 411 v. C. im pelo:
ponnejischen Kriege in Wjien aus (Thuc. 8, 61 f.),
noch mehr aber jeit 399, als er den Befehl über
das jpartanijche Heer in Worderafien übernahm.
Durch Wiederherftellung der erſchlafften Kriegszucht,
durch energijche Kriegsführung, Durch jeltene Schlau:
heit (er hieß deshalb Siſyphos, Xen. Hell. 3, 1,8)
ewann er große Erfolge über die Perjer, deren
Satrapen Tiffaphernes und Pharnabazos er hinter:
ging, den einen gegen den andern gebrauchend.
Er eroberte einen großen Zeil der unter Pharna:
bazos ftehenden Landſchaft Aiolis und erhielt des:
halb die Verlängerung jeines Kommandos für das
Fahr 398. Zuerſt traf er Mafregeln zum Schuße
der griehiichen Einwohner auf dem Cherjonnes
egen die Thrafer, darauf verabredete er mit
harnabazos einen Einfall in Karien, wo Tifja:
—— Güter beſaß (Xen. Hell. 3, 1, 9 ff.), wurde
aber von Pharnabazos treulojerweije verlafien und
von ihm und Tiffaphernes mit einem Angriffe
bedroht. Aber im entjcheidenden Augenblide, als
die Heere am Maiandros einander fampfgerüftet
gegenüberftanden, ihlugen beide Satrapen aus
Scheu vor der Tapferkeit der Spartaner dem Der:
fyllidas einen Waffenftillftand vor, der bis zur
Beftätigung der eigentlichen Friedensbedingungen
(Unabhängigkeit der ionischen Städte von den
Perſern einerjeits, Rüdzug der Spartaner anderer:
jeits) durch Perſien und Sparta gelten jollte (397).
Xen. Hell. 3, 2, 1 ff. Diod. Sie. 14, 39. Als jedoch
der Perjerkönig ſich gewaltig rüftete, und Agefilaos
deshalb mit einem neuen Heere nad Jonien ge:
jandt wurde, hielt fi Derkyllidas nod einige
Beit beim Heere auf und rettete (394) den Yale:
daimoniern Abydos (Xen. Hell. 4, 8, 2), als nad
Konons Seefiege bei Knidos Athen fein verlornes
Übergewicht zur See wieder gewann. Daj. 4, 8, 2 ff.
Wir finden ihn in Abybos bis zum J. 389 (Xen.
Hell. 4, 8, 32); über jeine jpäteren Schidjale ift
uns nichts befannt.
Dertöna, 7) Sfodor, j. Tortona, bedeutende
Stadt und feit 100 v. E. römiſche Kolonie mit
dem Beinamen Julia im cispadanifchen Gallien
an der Straße zwiſchen Genua und BPlacentia.
Strab. 5, 217. Cic. ad fam. 11, 10.
Dertösa, Jegrüoe, j. Tortoja, Stadt der Jler:
Desertor — Diadema.
caonen im tarraconenfiichen Hijpanien am linken
Ufer des Iberus nicht weit von dejlen Mündung,
an der Hauptitraße von Balentia nach Tarracon.
Suet. Galb. 10. Strab. 3, 159 f.
Desertor |. Disciplina militaris, 10.
Designätor (richtiger dissignator), 1) Aufjeher
über die Pläge im Theater. — 2) Ordner des
Leichenpomps, welcher zur Handhabung der Bolizei
einen Liktor und Accenjus bei fich hatte. Mor. ep.
1, 7, 6. Sen. benef. 6, 38, 4.
Asouwrnigıor |. Carcer.
Aforoıva, Herrin, Göttin, Beiname mehrerer
öttinnen, der Aphrodite, Demeter und bejonders
der Berjephone bei den Arkadiern.
Desultöres, «roßdrar, 1) Reiter, weldye in
den griedhiihen KRampfipielen (in Olympia von
DI. 71 bis 84. Paus. 5, 9, 1f.) in vollem Laufe |
des Pferdes herabjprangen und mit dem Zaume in «
in der Hand nebenher liefen. — 2) im Kriegs: | mitian. Suet. Dom. 13. Dio Cass. 67, 13,
heere des Hannibal und jpäter der Römer die
numidiichen Weiter, von Livius (35, 28) auch
Tarentini genannt, die 2 Pferde hatten und im
beftigften Kampfe mit voller Rüftung von dem
ſchon ermüdeten Pferde anf das andere hinüber:
jprangen. Liv. 23, 29,
Detestatio sacrörum j. Sacra.
Deukalion, JSevxallor, 1) Cohn des Pro:
metheus und der Klymene, Herrſcher im thejjali:
ichen Phthia, Gemahl der Byrrha, der Tochter des
Epimetheus. Als Zeus durd die große Flut das
jündige cherne Geſchlecht der Menſchen vernichtete,
rettete fih Deufalion nach dem Willen des Zeus
mit feiner Gemahlin in einem Schiffe, das er fich
auf den Rat des Prometheus gebaut hatte. Nach
9 Tagen landete er auf dem Parnaß oder dem
Othrys, und opferte dem Zeus Phyrios (Flucht:
ſchirmer). Das Drafel der Themis in Delphoi
antwortete ihm auf die Frage, wie ein neues
Menichengeichlecht entftehen könne, mit den Wor—
ten: Hüllet euch beide das Haupt und löſt die ge-
gürteten Kleider, Werfet jodann die Gebeine Der
großen Erzeugerin rüdwärts. D. erflärte fich die
Gebeine der großen Mutter als die Steine der
Erde, und beide warfen nun Steine hinter fich.
Die Steine des D. wurden Männer, die der Pyrrha
Weiber (Aäag, der Stein, Aaös, das Voll). Apoll.
Ithod. 3, 1085 ff. Apollod. 1,7, 2. Or. met. 1, 260 ff.
D. z0g nun vom Parnafjos herab nad Opüs oder
Kynos im öftlihen Lokris. Nach Strab. 9, 432
herrichte er in dem phthiotijchen Theflalien. Auch
in Athen jollte er gewohnt und das Heiligtum des
olympiichen Zeus erbaut haben. In der Nähe
des Tempels des Zeus zeigte man jein Grab: das
der Pyrrha war in Kynos. Der urjprüngliche
Wohnort des Deulalion war Dodone, der ältefte
Sit der Sage von der großen Flut. — Die Kinder
des D. und der Pyrrha find: Hellen (der Stamm:
vater der Hellenen, Herrſcher in Phthia und durch
die Nymphe Orſeis Vater des Aiolos, Doros und
Zuthos), Amphiktyon, Brotogeneia u. a. —
2) Sohn des Minos und der Bajıphaö (Hom. I.
13, 451), Urgonaut und falydonischer Jäger, Vater
des Jdomeneus (dab. Sevnuklöng genannt).
Deus als faiferlicher Titel. Wenngleich Auguftus
ihon von den Dichtern deus genannt wurde, je
dachte damals noch feiner im Ernfte an eine Ber:
götterung desjelben bei jeinen Lebzeiten, und war
dies nur eine feine Schmeichelei der gebildeten ı
315
Gejellichaft, die nach damaligen Begriffen durch:
aus nichts Anſtößiges enthielt. Daß aber Caliqula
fi) heros und deus begrüßen ließ und in jeinen
Ediften fich felber deus ac luppiter nannte, war
Ausbrud) jeines Wahnfinns, und es erjchien den
Nömern jelber lächerlich, wenn er in feiner Klei—
dung und den äußeren Attributen bald diejen, bald
jenen Gott, ja jelbjt verichiedene Höttinnen vor:
ftellte. Dio Cass. 59, 26. 28. Selbſt noch unter
Nero war der Grundſatz: daß göttliche Ehren dem
Fürften erft dann zufämen, wenn er aufhöre auf
Erden zu wandeln, der vorherrichende, bis endlich
niedrige Schmeichelei des dejignierten Konſuls Ani:
cius Gerialis ihm Bergötterung bei Lebzeiten vor:
ichlug, die er jedoch ablehnte. Tac. ann. 15, 74.
Der erjte, welcher ſich offiziell in Briefen und
Edikten den Titel dominus et deus beilegte und
in allen Schreiben jo genannt wurde, war Do:
Gute
Pe verbaten fi von dem jchmeichelnden Men:
ichengeichlechte diejen Titel, doch die jpäteren fan:
‚den Gefallen daran, wenn fie nicht etwa wie Cara:
calla ihn deshalb ablehnten, um auch noch diejes
Antriebes zu ehrenwerten Handlungen überhoben
| zu jein. Dio Cass. 77, 5.
Deverra (von deverrere, ausfegen). Um das
Haus der Wöchnerin gingen in Rom des Nachts
3 Männer; der eine hieb mit einem Beil in die
Schwelle an der Vorder: und der Hinterthüre, der
zweite ſtieß mit der Mörjerteule darauf, der dritte
fehrte jie mit einem Beſen. Dieje Zeichen der
Kultur (das Fällen der Bäume dur die Art, die
Bereitung des Mahls durch die Mörjerteule und
das Zuſammenkehren der Früchte mit dem Bejen)
follten den jchredenden Silvanus, den Waldbewoh:
ner, abhalten, in das Haus zu dringen und die
Wöcnerin zu quälen. Die Schubgötter, welche
durch jene Geremonien bezeichnet wurden, waren
Deverra, Intercidona (von intercidere) und
Pilummus (von pilum, Mörjerfeule). August.
civ. d. 6, 9.
Devotio, Weihung als Opfer für die Götter,
bejonders für die unterirdijchen, indem man fid)
entweder ſelbſt für das Baterland feierlich dem
Tode weihte, wie die jenatorijchen Greife beim
Einzug der Gallier in Rom (Lit. 5, 41) und die
Decier (Liv. 8, 9, wo die Formel, vgl. 7, 6), oder
verwünjchend einen andern, ein feindliches Yand
oder eine Stadt, wie Gabit, Fregellä, den Göttern
bes Todes überantwortete (die Formel bei Macr.
sat, 3, 9). Corp. Inser. Lat. 1, p. 208.
Dexippos, Jefırzos, B. Herennins, Rhetor
und Hiftorifer im 3. Jahrh. n. E., verfahte 1) r«& uer«
AltEavögor in 4 Büchern, Geſchichte Griechen:
lands und Maledoniens nach Alerander dem Gr.;
2) zoorınn, lorogia in 12 Büchern bis zum Tode
des Kaiſers Claudius (270 n. E.); 3) Ixvtınd,
Sejchichte der Kriege Noms mit den Goten. Frag:
mente geſammelt von Müller, fragm. hist. Graee.
III p. 660 ff., und von Dindorf, hist. Graec. min.
Ip. 165 ff.
Dia, Sie, 1) älterer, poetijcher Name der Anjel
Naros. Diod. Sie. 5, 50 ff. Catull. 64, 52. —
2) j. Kreta, d.
Diabateria j. l'allas Athene, 4.
Diadema (diddnue, von dıadew), eine Schmale,
nur in der Mitte breitere Stirnbinde aus Seide,
Wolle oder Garn zum Schmude der Fürften. Das
516
Diadem der
war mit dem Symbol der heiligen Schlange ver:
jehen; das bachiiche (xerjdsuror), das die Kunſt
bejonders bei dem indiihen B. hat, umwindet
Stirn und Scläfe mit herabhängenden Enden;
das perfiiche war um die aufrechtitehbende Tiara
(oder Kidaris) geichlungen, von blauer, weißdurch—
agnntüichen Gottheiten und Könige |
wirkter farbe. Der Umftand, daß Antonius dem
Cäſar ein ſolches an den Yupercalien aufſetzte, be-
förderte feine Ermordung. Cie. Phil. 2, 34, 85 ff.
Die Kaiſer enthielten jich zuerſt dieſes gehäffigen
Schmudes; aber Piocletian führte das Diadem
ein, und Eonftantin der Gr. jchmücdte es noch mit
1—2 Reihen von Perlen und Edelfteinen.
Hadızadia, eine beiondere Art der Rechts:
händel in Athen, WPrioritätsitreit. Sie trat ein, |
wenn zwei oder mehr Perſonen ausichlieliche An-
ſprüche auf eine und diejelbe Sache zu haben be-
haupteten, oder wenn es ftreitig war, wer unter
mehreren Perſonen zu einer bejtimmten Leiſtung
verpflichtet jei. Die Diadikafie läßt ſich nicht auf
bejtimmte Fälle beichränfen. Am häufigften kam
fie bei Erbichaftsitreitigfeiten und Leiturgien vor,
ebenjo bei Konfiifationen, wenn jemand die ein:
gezogenen Güter oder einen Teil derjelben bean:
ipruchte. — Das Beanſpruchen des Nechts oder
Beſitzes, welches jchriftlich aeichehen mußte, bieh |
kupıoßnreiv, erriygdgsodaı eupıoßirnow. Beim
Erheben des Einſpruches war eine Baraftafis (f. d.)
zu erlegen. Meier und Schömann, Att. Prozeß
©. 471 ff. der 2. Aufl. Bgl. auch Erbrecht, 4.
und Leiturgia, 5.
Atıadoyos, der Nachfolger, jvezieller Name für
die Nachfolger Aleranders in den getrennten
Neichen der großen makedoniſchen Monarchie bei
den jpäteren Siftorifern; außerdem hieß jo der|
Neuplatoniter Broflos (112 n. E.) als Nach—
folger des Syrianos. Vgl. J. G. Droyſen, Geſch.
der Diadochen (2. Aufl. 1878). Geſch. der Epigonen
(2. —* 1878).
Diadumeniänus ſ. Macrinus.
Diadumönos j. Bildhauer, 6.
Diagöras, Jıaydeag, 1) einer der größten
hellenischen Athleten, gebürtig aus Rhodos, Zeit:
genofje Pindars, der ihm die 7. Olympionife ge:
widmet hat. Er war megiodordang, d. h. er hatte
als Hauptlämpfer in allen 4 großen heiligen Spie:
len gefiegt, und begeifterte durch fein Beifpiel jeine
Söhne und Enkel zu gleichen Siegen. Als 2 jeiner |
Söhne in Olympia als Hieroniten gelrönt wurden, |
festen fie ihre Kränze dem Bater auf und trugen
ihn im Triumph unter dem Aujauchzen und
Glückwünſchen der ihm Blumenkränze zuwerfenden
Menge umher. Da rief ein Yafedaimonier: Stirb,
Diagoras, denn in den Himmel wirft du nicht auf:
fteigen. Cie. tusc. 1, 46, 111. Plut. Pelop. 34.
Seine Statue von Kallikles ftand in Olympia. —
2) Sohn des Telefleides, mit dem Beinamen
Hrog, um die Mitte des 5. Jahrh. v. E., Zeit:
genoffe des Pindar und Simonides, des Demokrit,
Protagoras und Sokrates, verlieh früh feine Hei-
matsinjel Melos und lebte größtenteils in Athen.
An feiner Jugend mit der Boefie (Dithyramben
und DOymmen) fich beichäftigend, ſchloß er ſich
jpäter der atomiftiichen Philofophie und Demokrit
an und wurde jo zu einem Gegner jowohl ber
Volfsreligion als der Myfterien. Demgemäß leug: |
nete er die herföümmlichen Götter, veröffentlichte |
Awdınaoia — Arnrie.
und verfpottete die Myfterien, in die er fich hatte
einweihen laſſen, und hielt andere von der Teil: ,
nahme daran ab. Dies erbitterte die Athener
jo, daf fie einen Preis auf jeinen Kopf jeßten
(Aristoph. Av. 1073. mit d. Schol.) und jeine
Schriften vernichteten. Er floh nach Korinth, wo
er geftorben jein joll. (ic. n. d. 1,1, 2.23, 68.
42, 117. 3, 37, 89. 2 furze —— er Ge⸗
dichte ſ. bei Bergk, poet. Iyr. Graec. III p. 562
der 4. Ausg.
Maygageis |. Erıyoaugeis.
Diaios j. Achaia, 3.
Diaita, Sara, ganz allgemeiner Ausdrud für
jedes Zimmer, jo für Speijefaal, Schlafzimmer,
Sartenjalon u. j. w., ja jogar für ein ganzes Logis
oder einen Flügel des Hauſes. — Auch die ſchieds—
richterliche Musgleihung ſ. Jıeirnrig).
Merenens. Schiedsrichter. Zur Vermeidung
der meijt Foftipieligen Prozeſſe vor den ordent:
lichen Gerichtshöfen der Heliaften fonnten die Par:
teien in Athen in Civilfachen die Entfcheidung
eines Scyiedsrichters, Diaiteten, nachjuchen. Es
gab öffentliche Schiedsrichter, aus bejahrten Män-
nern gewählt, und durch Ubereinfommen der Bar:
teien gewählte Privatichiedsmänner. Eriterer gab
es nach einer Inſchrift (bei Rob, Demen ©. 22)
vom %. 325 v. E. wenigftens 104. Bejoldet waren
fie nicht, doch hatte der Kläger und der Berklagte
jeder 1 Drachme als Gebühr (maoderasıs) und
1 Drachme bei jedem Friſtgeſuch zu bezahlen. Sie
fonnten jederzeit wegen Vergehen in ihrer Amts:
führung durd eine Eisangelie bei den Logiften
belangt werden; die Strafe, die fie traf, wurde
jedesmal nad) der Größe des Vergehens abgeſchätzt
(&yav ruunzog). — Was die Kompetenz der Diai-
teten betrifft, jo konnte jede Eivilfache an fie ge:
bracht werden, und in den älteiten Zeiten bildeten
fie vielleicht eine Inſtanz, die nicht übergangen
werden durfte. In der demoftheniichen Zeit aber
war dies durchaus nicht der Fall, jondern es ſtand
dem Stläger frei, jeine Sache durch den prozeß—
einleitenden Magiitrat fogleih bei den Heliaſten
anhängig zu machen. Man wählte indeflen gern
die Diaiteten, einmal der geringeren often wegen,
und ſodann, um die Inſtanz nicht zu verlieren.
Es fonnte nämlich unter allen Umftänden von der
Enticheidung des Diaiteten Appellation (Fgpesıs)
an den Richter jtattfinden. — Die Einführung des
Nechtshandels vor den Diaiteten entiprady dem
Verfahren, wie es in allen Civilſachen geſetzlich
war. Der Kläger hatte fih aljo an den fompe-
tenten Magiftrat zu wenden (d. h. an den Magi:
ftrat, der auch in einem Seliaftenprozefie in vor:
| Tiegendem Falle die Hegemonie gehabt haben würde).
| Diefer übergab dann, wahrjcheinlich ohne vorher:
gehende Unterfuchung und Inſtruktion, die Sadıe
einem einzelnen durch Los beftimmten Diaiteten.
Weiter hatten die Parteien die gewöhnlichen Eide
(dimuosie, arrouocie) zu leiften. Sodann wurde
nach jorgfältiger Unterfuhung (die Zahl der Ber:
handlungen war wohl nicht beftimmt) das Urteil
(inögpasız, yröcız) geſprochen und von dem Magi:
ftrate, der die Sache an den Diaiteten ee
hatte, verfündet. Erichien eine Perſon nicht an
dem Schlußtermine (xver«), ohne eine durch einen
Eid (dmwuosi«) erhärtete Entſchuldigung, jo wurde
in contumaciam erfannt. Das Rechtsmittel, deſſen
man fich gegen Rontumacialurteile bedienen konnte
Diakria — Dictator.
(Neftitutiond- oder Nullitätäflage), rn» Fonuor
(Ödanp) kurılegeiv, hieß bei Verurteilung durch
den Diaiteten ri» u) ovoar irrilaygsiv. Es be
jtand in der eidlich befräftigten Angabe von Grün-
den, die den Berurteilten am Erjcheinen verhindert
hatten. Die Sache wurde dann, wenn der Oppo-
nent mit jeiner Berufung durchgedrungen war,
einem andern Diaiteien übertviejen. Übrigens
fonnte, wie jchon erwähnt, gegen alle Urteile eines
Diaiteten Appellation (Üpsaıg) eingelegt werben.
Die Sache fam dann vor die Heliaften, die- aljo
in diefen Falle die zweite Inſtanz bildeten. —
Privatjchiedsmänner erwählten ſich die Parteien
durch Kompromiß (Zmrgomrj), der eidlich und auch
durch Stellung von Bürgen befräftigt wurde. Dem
Spruche eines ſolchen fompromifjartichen Schieds:
richters mußte man ſich, mwenigitens im Zeitalter
der Redner, im voraus unterwerfen; Appellation
war nicht geftattet.
Diakria j. Attika, 6. 17. und Parteien,
Diaktöros j. Hermes, 2.
Dialektik , n) dıaksrrın), bei Platon Bezeich-
nung der Logik oder der Methode des höchften
ipefulativen Denkens; Nriftoteles dagegen unter:
ſchied wiſſenſchaftliche Schlüffe von bloß dialefti-
ichen oder Wahrfcheinlichkeitsichlüffen. So wurde
die Dialektif allmählich zur Kunſt des dialektifchen
Scheins, und wurde deshalb der Name duwkexrı-
xoi, dialeetici, jpraiett für diejenigen Philofophen
gebraucht, die beim Disputieren ſich allerlei Kunft-
griffe und Spikfindigfeiten bedienten. Übertragen
wurde diejer Name dann auf mehrere philoſophiſche
Schulen, bejonders+ die megariſche oder eriſtiſche
und die ftoiiche; außerdem hat eine Schule, ge:
ftiftet von dem Karthager Kleitomachos, einem
Schüler des Karneades, —* dieſen Namen.
Aaueprvgpia, eine Art der Einrede gegen die
Bufäffigfeit der Einführung eines Prozeſſes, welche
durch Bengen geltend gemacht wurde, zum Unter-
ſchied von einer andern Form der Einrede, welche
der Betreffende perjönlich erhob (regaypayrj). Am
befannteften ift die dıauegrvgle, durch welche ein
Aſcendent jein Recht an dem Nachlaß eines Ber-
ftorbenen geltend madt. Er behauptet (dieume-
rvgeirae), geftügt auf das, was die Zeugen aus:
fagen (diemeprugpoösı), daß die Erbichaft nicht
Zreidınog jei. Der en Zeil der jtreitigen Summe
wird ald raganaraporr) niedergelegt und geht an
den Gegner verloren, wenn diejer durch eine Klage
Yevdouagrvgıör beweijen fann, daß die Anfprüche,
welche jener als nächfter Verwandter durch jeine
Öraucprvple geltend macht, nichtig find. Berlor
der Kläger gegen den Zeugen des Beklagten umd
erhielt er nicht wenigftens den fünften Teil der
Stimmen, jo verfiel er der Zrwßeil« (j. d.). Vgl.
auch Prozels, 7. 9.
dıanaoriywoıs, die Geißelung der jparta=
nijhen Knaben am Altare der Artemis Orthia,
wahrjcheinlich religiöjen Urjprungs, ein Erjaß der
diejer Gottheit zulommenden Menjchenopfer, in der
317
Abhärtungsmittel ausgeübt. Plut. Lye. 18. Athen.
8, 350C. Paus. 3, 16, 7 ff. Cie. tusc. 2, 14.5, 27.
Diäna j. ——
Maypnyısız |. Jjuoı.
Dias ia, r& Jıdowe, ein Hauptfeft des Zeus
Meikixgrog (Sühnzens) zu Athen, am 23. Antheſte⸗
rion (einem Tage des Göttergornes) zur Sühne
des Volls mit unblutigen Opfern am Jliſos in
der Nähe des Zeustempels gefeiert. Thuc. 1, 126.
Doch wurden bei andern Gelegenheiten dem Zeus
Meilichios auch blutige Opfer gebracht. S. Momm-
jen, SHeortologie ©. 381 ff.
Diaskeuase, Diaskenastes ſ. Homeros, 7.
Diatröta sc. pocula oder vasa, Gefäße mit
durchbrochener Arbeit, namentlich cälierte Glas—
vajen, die in den Gräbern oft noch gefunden
werden, und deren Schönheit uns hohe Bewunde—
rung einflößt.
Diaulos j. Gymnasium.
Dietätor (jelten magister populi, in einer
uralten von Liv. 7, 8 erwähnten lex auch prae-
tor maximus genannt). Dieje außerordentliche
Magiftratur wurde 9 Jahre nach Bertreibung der
en (501 vd. E.) zum erjtenmal und jpäter öfter
ellt (in asperioribus bellis aut in eivili motu
diffieiliore). Dies war bie legte Zuflucht (ulti-
mum consilium Liv. 4, 56, extremum Üaes. b. c.
1, 5) nicht nur bei auswärtigen Gefahren (Liv.
8, 12), jondern auch bei inneren Unruhen (Liv.
2, 30), weshalb denn auch dieje Diktatur bei dem
niederen Voile jo verhaft war (Liv. 2, 18). Übri-
er bedurften die Diltatoren, ebenjo wie die
onjuln, einer ausdrücklichen ertragung des
imperium dur die Euriatcomitien (Liv. 9, 838.
Dion. Hal. 5, 70), was natürlich) dann nicht nötig
war, wenn fie nur für ———— beſondere
Geſchäfte ernaunt wurden, z. B. den Jahres—
nagel im capitoliniſchen Jupitertempel einzujchla=
gen (dietator elavi figendi causa), die Comitien
während der Abwejenheit der Konjuln zu halten
(diet. comitiorum habendorum causa), den
Genjus und namentlich die Senatsergängung vor—
unehmen, Öffentliche Spiele zu feiern, Kultus:
andlungen zu vollziehen (3. 9 dict. feriarum
tinarum causa), auferordentlihe Sriminal-
unterfuchungen (quaestiones) anzuftellen u. ſ. w.
Urjprünglich hatte der Diktator die ganze abjolute
Königsgewalt, ja jogar ohne Provofation (Liv. 2, 18:
neque provocatio erat, neque ullum usquam
nisı in cura parendi auxilium), er war aljo un-
umichränft, was nachher mit der zunehmenden
Macht der Plebs abgeändert wurde. — Der Dif:
tator wurde aus der Zahl der gewejenen Konſuln
enommen. Die bisherigen Konſuln und andern
agiftrate — die Volfstribunen ausgenommen —
mußten ihre Stellen niederlegen, traten aber wieder
ein, wenn der Diktator von feinem Amte zurüd:
trat. Außer dem ihm durch Übertragung des im-
perium zu teil gewordenen unumjchränkten Mili-
tärbefehl zu der in der Not zum Staatöruder
berufene Diktator auch unbeichränfte Oberrichter:
hiſtoriſchen Zeit ein durch die lykurgiſche Geſetze gewalt. Um einem übrigens fait niemals vorfom:
vorgejchriebenes Erziehungsmittel, um die |
agung —
ebun
nge an ſtandhafte
chmerzes zu gewöhnen. Es fam vor, da
Gegeißelte tot, ohne einen Laut des Schmerzes
auszujtoßen, vor dem Altare niederfiel. Noch zur | bald er jeinen Auftrag vollzogen hatte.
menden Mißbrauch diefer hohen Gewalt zu be-
egnen, hatte man beftimmt, daß die Diktatur
pas 6 Monate dauern follte, und die Sitte
orderte, daß der Diktator auch vorher Ei jo:
er die
Beit der römischen Raifer wurden Geißelungen als | Finanzen hatte er feine unbedingte Verfügung.
318
Bon Anfignien hatte er außer der sella curulis
und der praetexta anfangs 12, jpäter 24 lictores
mit fasces und secures. Die Ernennung des
Diftators ging vom Senate aus, welcher in ſchwie—
rigen Zeiten darüber Beſchluß fahte und die Kon—
juln (videant consules, ne quid respublien de-
trimenti capiat) beauftragte, einen Diftator zu
ernennen (dicere, jelten crcare, facere). Vgl.
Consul. Dieſe Senatsberatung wird an den
meiften Stellen erwähnt (3. B. Zir. 7, 3. 6, 21.
26. 8, 15ff. 9, 7), und wenn an einigen Stellen
nur der ernennende Konful genannt wird, fo ift
das 8. Consultum als etwas ſich von jelbft Ber:
ftehendes ausgelaffen. Daß die tribum militares
consulari potestate ebenfalls einen Diktator er:
nennen konnten, lag in ihrer Vertretung der Kon:
ſuln, doch da der Wortlaut des alten Geſetzes einen
ernennenden Konjul vorjchrieb, mußten erft die
befragten Augurn die erhobenen Bedenken (reli-
gionem) bejeitigen. Liv. 4, 31. Nah der Er:
nennung wählte ſich der Diltator einen magister
equitum als Gehülfen und vorkommenden Falls
auch als Stellvertreter. Derjelbe war feinem Dit:
tator zu dem ftrengjten Gehorjan verpflichtet, und
wenn einmal, wie durch Minucius Rufus, diejes
enge Band zerrifjen wurde, jo lag das in der
Eigentümlichkeit der Wahl des Fabius Marimus,
der in Abmwejenheit eines ernennenden Konſuls von
dem Volke, und deshalb nur zum Prodiktator
erwählt worden war. Liv. 22,8. Für die Ple—
bejer wurde die Diktatur zum eritenmal 356 v. E.
zugänglich. Live. 7, 17. 22. — Gegen das Ende
der Nepublif hatte man 120 Jahre feinen Diktator
gehabt, bis Sulla zum dietator reipnblicae con-
stituendae gemadjt wurde. Auch Cäjar nahm die
Diktatur wiederholt an, bi er zuleßt wenige
Wochen vor jeiner Ermordung dietator perpetnus
wurde (Dio Cass. 44, 8); aber Antonius jchaffte
durch eine lex diejes Amt fir immer ab. Cie.
Phil. ı, 1. 13.5, 4. Deshalb ſchlug Muguftus die
Würde aus, und fie wurde niemals wiederher—
geitellt. Suet. Oct. 52. Vgl. Bardon, die römische
Diktatur.
Dietätor Latinus hieß der Vorftand des lati—
nifchen Bundes, welcher an die Stelle der albani:
ichen Könige getreten war. Es ift aber nicht ent-
ichieden, ob der albaniſche Diktator regelmäßig
zugleich der Diktator von Sejamtlatium war, oder
ob die Hegemonie unter den verjchiedenen Dikta—
toren in Latium wechjelte. Die Thätigleit diejes
Bundespräfidenten zeigte ſich in der Yeitung der
Bundesverjammlungen, in der Anordnung der
ferine Latinae, in oberpriefterlichen Handlungen
u. j. w. Bgl. Lorenz, de dietatoribus Latinis
et munieipalibus (1841).
Dietätor munieipälis. In den meiften Städten
Latiums bildeten duumviri die höchſte Obrigfeit,
doch in Lanuvium, Aricia, Cäre, Nomentum, Fi:
denä ftand ein alleiniger Diktator an der Spitze,
deſſen Name ſich bis in die ſpäteſten Zeiten erhielt.
Didaskalia, dıdaorarle, heißt 1) gewöhnlich
ein Öffentliches Denkmal, eine Tafel, oder auch
eine Schrift, in welcher über die Aufführung von
Schaufpielen, von Komödien jowohl als auch von
Tragddien, Nachricht gegeben war, indem der
Dichter, Zeit und Ort der Aufführung, die mit:
fämpfenden Dichter und der Beifall, den die Stüde
erhalten hatten, genau angegeben und verzeichnet
Dictator Latinus — Dido.
waren. Es waren alio fritijche Repertorien über
die aufgeführten Stüde, hurze Dramaturgien, von
dıdcdorsır, nämlich do@ux, docere fabulam, ein
Ausdrud, welcher: ein Stüd zur Aufführung brin-
gen bezeichnete. Die Berzeichniffe beftanden in
then zunächſt in Tafeln, mit Inſchriften Diejes
Inhalts verjehen, welche ihren Blag im Theater
erhielten; Heine Bruchitüce derjelben find erhalten
(Corp. inser. Att. II, 977 a.b). Von diejen öffent:
lichen Denfmälern wurden jpäter Abjchriften ge:
macht, ihr Inhalt chronologiſch geordnet, in be:
fonderen Schriften mit Bemerkungen und Erläute:
rungen der Sammler niedergelegt, die gleichfalls
didasnakler biegen. Ariftoteles ſoll zuerft eine
folche Schrift verfaßt haben. Ihm folgten aleran:
drinifche Gelehrte, wie Difaiarchos, Kallimachos,
Ariftophanes von Byzanz, Ariftarchos u. a., aus
deren leider verlorenen Schriften die färglichen An
aben der Grammatifer und Scholiaften in den
rqumenten zu den einzelnen Tragödien und Kto:
mödien gefloſſen find. — Äühnliche Berzeichnifie,
3. B. von Attius, gab es bei den Römern, wie
die furzen Notizen über die Zeit der Aufführung,
über den Komponiften der cantica und über bie
Hauptrollen vor den Stüden des Terentius er:
fennen laffen. Vgl. Ritichl, Parerga ©. 263. 325.
— 2) ſ. v. a. die aufgeführten Stücke jelbft, vgl.
Tetralogia.
Didji, eine angejchene plebejiihe Familie zu
Rom: 1) T. Did, war um das J. 100 v. C.
Statthalter von Makedonien, befiegte die Skor—
diifer und triumphierte über Makedonien. For.
3,4. (ie. Pis. 25, 61. Im J. 98 wurde er Konſul
und erhielt dann als Prokonſul das Diesjeitige
Spanien, wo er die Baccäer gänzlich ſchlug, mehrere
ihrer Städte eroberte (App. Hisp. 99 f.) und dann
die Celtiberer wiederholt befiegte und über fie
triumpbhierte, 93. Plut. Sert. 3. Er fiel als Legat
im marfischen Striege im %. 90 (nach andern 89).
Vell. Pat.2,16. Or. fast. 6,567 }. — 2) E. Did.,
diente unter Cäſar als Legat (46 v. €.) gegen
den jüngeren Bompejus in Spanien, wo er mit
Glück gegen ihn fämpfte und ihn bei Gades zur
See behente, aber bei der Landung ſelbſt durch die
Iufitanifchen Soldaten desjelben feinen Tod fand.
Caes. b. Hisp. 37. 40,
Dido, Jıda, oder Elisa, Elissa, "Elıcca,
Tochter des tyriſchen Königs Mutton, vermählt
mit deſſen Bruder Sicharbaal (Sichäus Vera. A.
1, 343, oder Akerbas), einem Priefter des Mel:
fart oder Herafles, Schweſter des Pygmalion, mit
weichem fie ſich in die Herrichaft teilen follte. Als
aber diejer den Sicharbaal, nad) feinen Schäßen
lüftern, ermordete, floh Dido mit ihren Weich:
tümern, von einer großen Menge von Tyriern
begleitet, übers Meer und landete zuerft auf
Kypros. Von da gelangte fie nach glüdlicher Fahrt
ans Ufer von Afrika; hier kaufte fie von dem
König Jarbas jo viel Land, als mit einer Stier-
haut belegt werden konnte, jchmitt aber die Stier-
baut in — Streifen und umſpannte damit
einen beträchtlichen Raum, auf dem fie die Burg
Boria ven Fell) erbaute. Verg. A. 1,338 ff. So
wurde jie die Gründerin von Karthago (angeblid)
846, nad) andern Nachrichten 826 oder 814 v. E.).
Da die Stadt bald mächtig emporblühte, jo warb
Jarbas, um ſich in ihren Befit zu jeßen, um bie
Hand der Dido, indem er im Berweigerungsfalle
Didyma
mit Krieg drohte. Um der Ehe mit dem Barbaren
zu entgehen, errichtete fie einen Scheiterhaufen und
geb ſich auf demſelben mit dem Schwerte den
od. Sie wurde von den Karthagern als Göttin
verehrt. — Verſchiedene Züge in dieſer ganzen Sage,
namentlich die Selbjtverbrennung, ſtammen unver:
fennbar aus dem Mythos don der wandernden,
todbringenden Göttin Ajtarte. In Karthago wurde
eine ftrenge Göttin Dido durch Menjchenopfer, ihre
Schweiter Anna (d. h. die anmutige) (Verg. A.
4, 9) a einen fröhlichen Dienft geehrt. Just.
18, 4 ff.
Didyma j. Miletos.
Didymos, Jiövuog, einer der berühmteften
griehiihen Grammatifer, geb. 63 v. C. erhielt
wegen jeiner großen jchriftjtelleriichen Thätigkeit,
über weldye die Alten (Athen. 4 p. 139d. Sen.
ep. 88) fabelhafte Angaben überliefern, den Bei:
namen zalnevrspog. Yhm wurden 3500 oder gar
4000 Schriften beigelegt, beionders zahlreiche Werte
über Homer (darunter wepl rijg ‘Agıordpyov diop-
Paoewg, jein Hauptwerk), außerdem über Pindar,
Sophofles, Ariftophanes und andere Dichter, ſo—
wie über die attiichen Nebner. Fragmentſamm—
lungen von M. Schmidt (1854) und A. Ludwich
(Ariſtarchs homer. Tertkritit, ı. TI. ©. 175 ff.).
Abhandlungen von La Roche (1859) und Ludwich
(1865).
Auges, UreQwor j. Haus, 2. 4.
Dies, Tiueox (vgl. auch Aperoi nufguı),
bezeichnet ſowohl den natürlichen (naturalis) als
den bürgerlichen (civilis) Tag. Jener ift die Zeit
von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergange;
umgefehrt die Zeit vom Untergange bis zum
Wiederaufgange der Sonne heißt Nacht, nox,
vo&, myiythiſch und homeriſch (/T. 14, 259) die
Bändigerin der Götter und Menjchen, der jelbit
Zeus mißfällig zu fein ſich ſcheut. Dagegen wurde
der bürgerlihe Tag, vvydrjusgor bei den
Griechen, weil er Nacht und Tag umfahte, bei
den Alten jehr verjchieden beftimmt: die Baby:
lonier rechneten von Morgen bis Morgen, die
Umbrer von Mittag m Mittag, die Griechen
von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang , die
Römer, wie wir, don Mitternacht bis Mitter-
nacht. Bei Homer, wie in der ganzen Zeit bis
zu ber alerandriniichen Epoche, fommt eine Ein:
teilung des Tages in Stunden nicht vor; viel:
mehr wird die Zeit nad) dem Stande der Morgen:
röte und der Sonne bejtimmt, wobei man wohl
einen Bor: und Nachmittag (Od. 9, 56 ff.), einen
Morgen, Mittag und Abend (Il. 21, 111. Od.
7, 288), Nas oder roewl, new rs Nufgag, u£oov
Nueg oder weonußgie, und deiln (jelbit wieder
zerfallend in dein meol« und d. öwia) oder
Örlelor Tucg untericheidet. Im übrigen Half
man fich durch einen Reichtum von Bezeichnungen,
die meift den Beichäftigungen des täglichen Lebens
entlehnt waren, 5. B. mindodeng rüs &yopäg oder
zeol an Dovoav kyogar. Seit der Erfindung des
babylonijchen Chronometers oder der Sonnenuhr
(mölog oder wpolöyıor Tlıanor, anıoöngLnor)
und des Schattenzeigers (yrouwv) teilte man ben
Tag in 12 Stunden, die je nach der Jahreszeit
bald länger bald kürzer waren. Die Nacht hat
bei Homer wie der Tag 3 Teile (Il. 10, 252):
die Abenddämmerung oder einbrechende Nacht
(Famegog, arepag), die Mitte der Nacht (vuxrög
— Dies. 319
&uolyöos) und den zum Morgen bin dämmernden
Teil der Nacht (dupılvun vöE, I1. 7, 433, vgl.
dyyihdı 8’ Hay). Später nahm man, bejonders
wohl durch die Gewohnheit im Kriege, 3 Nacht:
wachen (puianer) an, jede zu 4 Stunden. — Der 2
bürgerlihe Tag der Römer hatte folgende Ab:
ichnitte: nox media und de media nocte, die
Zeit unmittelbar nach Mitternacht, gallicinium,
die Zeit des Hahnenjchreis oder das Grauen des
Tages, canticinium, die Zeit, wo die Hähne zu
—— aufhören, diluculum, der anbrechende
orgen, mane, der Frühmorgen, ad meridiem,
meridies und de meridie, die Zeit eben vor oder
gegen Mittag, der Mittag ſelbſt und die Zeit
unmittelbar darnach; suprema, die legte Zeit des
Tages nebit dem Sonnenuntergange, vespera, die
Zeit vom Sonnenuntergange bis zu Aufgang des
Abendfterns, erepusculum, die Abenddämmerung,
dann die Zeit des Lichtangündens, prima luce
oder luminibus accensis; concubium, die Zeit
des Schlafengehens, intempesta nox, die tiefſte
Nacht, deren Zeit nicht weiter abgeteilt wird,
darauf ad mediam noctem und media nox. Auch
bei ihnen fommt erft jeit dem öffentlichen Ge—
brauche der Sonnen: (horologium solarium oder
solarium deseriptum, durch 2. Bapirius Curſor
etwa 291 v. E. vor dem Kriege mit Porrhos nad)
Rom gebradht) und Wafleruhr (solarium ex aqua)
durch den Cenſor L. Philippus (164 v. E.) und
den Scipio Nafica (im $. 159 v. E., auch für die
Nacht, j. Clepsydra) eine eigentliche Stunden:
einteilung vor. Seildem wurde die Nacht zur Beit
der Tag: und Nachtgleiche von 6 Uhr abends bis
6 Uhr morgens, der Tag von 6 Uhr morgens bis
6 Uhr abends gerechnet. Die Nacht beftand aus
4 vigiliae zu je 3 Stunden; nebenher zählte man
auch die Nacht nah Stunden. Dieſe Stunden
waren aber natürlich je nad) dem Ab: oder Zu—
—— des Tags kürzer oder länger, nur daß die
ſechſte Stunde des Tags immer Mittag 12 Uhr
und die ſechſte der Nacht Mitternacht blieb, ſo daß
man von da aus einen ſicheren Anhaltspunkt zur
annähernden Berechnung erlangt. — Nach den :
verichiedenen Sweden waren die Tage verichieden
eingeteilt: für die Rechtspflege in dies fasti
und nefasti, an welchen der Prätor lege agere
oder die 3 Wörter: do, dico, addico ausiprechen
durfte oder nicht. Varro l.1.6,29. Ov. fast. 1,48.
Die dies fasti zerfielen wieder in dies fasti co-
mitiales und dıes fasti non comitiales. Jene,
an denen nicht blo der Prätor lege agere, jon-
dern auch die zujtändigen Magiftrate cum populo
agere (d. h. Volksverſammlungen, comitia) halten
und den Senat berufen durften, heihen daher
ſchlechthin dies comitiales, dieje, an denen nur
das lege agere, nicht aber das cum populo
agere ftattfinden durfte, heifen im engeren Sinne
dies fasti. Solcher dies fasti im engeren Sinne
gab es jährlich 45, fie waren im römijchen Ka—
lender mit F. bezeichnet, dies comitiales 194.
Außer diejen gab es noch gemijchte, dies fissi
und intercisi (in den Kalendern bezeichnet durch
EN, d. 5. endotereisi — intereisi), an denen c3
nur zu gewillen Zageszeiten erlaubt war, jene
3 Worte zu fprechen. Dies nefasti waren jolde,
an welchen aus religiöjen Gründen weder Ge:
richtsfigungen noch Comitien gehalten werden durf:
ten, und zwar entweder dies feriati, d. h. alt-
©
320 Diespiter — Jızaorızor.
hergebrachte Felt: und Freudentage (dies nefasti | jchreibung Griechenlands nach feinen natürlichen,
im engeren Sinne, 48 an Zahl, in den Kalendarien | politifchen und fittlichen Verhältniſſen, mit ein:
mit N’ bezeichnet), oder dies religiosi (j. d.) oder | gelegten Dichterftellen, wovon nur 2 Fragmente
vitiosi oder atri, d. h. Unglüdstage, z. B. der | übrig find. Eine ihm beigelegte Schrift megi uov-
Jahrestag der Schlaht am Cremera (57, in den | oo» dyavor, worin aud wohl die von ihm
Kalendarien durch N bezeichnet). Bon der Eintei- | herrührenden didajfaliichen Notizen vorfamen, war
lung der Tage in dies fastı und nefasti ift prin- vermutlich nur ein Teil jenes Werls. Eine iam:
zipiell zu unterjcheiden eine nicht prinzipiell auf | biiche Bejchreibung Griechenlands, &vaygaypı tig
das lege agere und cum populo agere bezüg: |'EAA., von der 150 jchlecht geichriebene Verſe noch
lihe Einteilung der Tage in jafraler Sinti, | vorhanden find (herausg. mıt Sfymnos von Chios
nämlich in dies festi und profesti, Feſt- und von Meinele, 1846), ift ſchwerlich echt und wird von
Werkeltage. Doc berührt fich dieje gottesdienft: | einigen dem Dionyſios, Sohn des Kalliphon, bei:
lihe Einteilung mit der andern, die zwar auf | gelegt. Seine von Cicero (ad Att.2, 12,4.11,2, 3)
religiöfem Grunde ruht, aber weſentlich politisch | geichäßten philojophiichen Schriften find ſämtlich
ift. Endlich ift auch noch die altertümliche Ein: | verloren gegangen. Sanımlung der Fragmente von
teilung in dies puri und religiosi (atri) zu er: | uhr (1841) und von Müller, fragm. hist. (iraec.
mwähnen; die dies religiosi galten dem Bolfe in II p. 225 ff. i
Bezug auf die Vornahme gewiffer Handlungen, | Aıxaoral xara Önuovs, ol reooapdaorre
3. B. zur Gingehung der Ehe, zum Antritt einer | (früher 30 an der Zahl, nad dem Archontat des
Neife und dhrgleichen, als bedenklich.
Diespiter |. Iupiter unter Zeus, 9.
Diffarreatio war die feierliche Auflöjung einer
durch confarreatio (j. d.) gejchlofienen Ehe. Die
Gegenwart der Priefter war notwendig, weil Opfer
vollbracht wurden, gerade wie bei der confarreatio,
nur im entgegengejeßten Sinne (j. Divrortium).
Digentia, ein Bach in Latium, der am Lucre-
tilis entipringt und fi in den Anio ergießt. Er
heißt jet Licenza und ift durch Horaz (ep. 1, 16, 12
und 18, 104), auf deffen Bejigtum er entiprang,
als jehr falt bekannt.
„Pigitius, Sertus, diente unter P. Scipio dem
Alteren, von dem er wegen Tapferkeit, die er
bei Eroberung von Neukarthago (210 v. €.) be:
wiejen hatte, eine Mauerfrone erhielt. Liv. 26, 48.
Wahrjcheinlich befehligte er (nach andern fein Sohn)
im J. 200 im diesjeitigen Spanien, fämpfte indes
unglüdlich dafelbft. Liv. 34, 43. 35,1. Im J. 190
diente er unter 2. Scipio Mjiaticus, um Schiffe
zufammenzubringen. Liv. 37, 4. Ob er berjelbe
S. Digitius ift, der im 9. 174 Gejandter in
Maktedonien war (Liv. 41, 22), läßt ſich nicht
enticheiden.
Dii magni, minöres, indigötes, selecti,
semönes, peregrini j. Consentes dii.
"Aimökıa, Arnökıa oder Bovpörıe. ıd,
ein uraltes atheniſches Feſt, am 14. Skiropho—
rion (in der Drejchzeit) dem Zeus als Stabthort
(Z. rolısög) an einem Altar auf der Burg (Paus.
1, 24, 4) gefeiert.
Stier beftand, wurde die Heiligkeit des Aderftiers
inmboliich dargeitellt. Der Priefter, der den Stier
erichlug, Bovporog, mußte, jobald er den Streid)
geführt hatte, entfliehen, und man zog das Beil
ſtatt feiner zu Gericht und weihte es dem Fluche,
indem man es ind Meer warf. Die Haut des
Stiers, deffen Tötung dadurch gerechtfertigt wurde, |
da er don dem heiligen Opferforne auf dem
Altar gefreffen hatte, wurde ausgeftopft und das
jo wiederhergeftellte Tier an einen Pflug geipannt.
dixaı ano Gvußöoiwr |. Erxinrog mökıg.
Dikaiarchia j. Puteoli.
Dikaiarchos, Jıralaoyos, Dicaearchus, peri:
patetiicher Philojoph aus Meſſana in Sicilien,
Schüler des Nriftoteles neben Wriftorenos und
Bei dem Opfer, das in einem
Eukleides, wohl wegen der Gehäſſigkeit der Be:
zeichnung reı@xorre, auf 40 erhöht), Gaurichter,
eine nach ficherem Zeugniſſe bereits von Solon
‚eingejegte, jpäter durchs Los ernannte Behörde.
Was ihre Kompetenz betrifft, jo hatten fie un:
bedeutendere Privatiachen, z. B. leichte Realinju—
rien (ddaaı alalag und Bıaiov), Bagatelljachen
bis zu 10 Dracdhmen, jelbftändig als Richter zu
enticheiden; wichtigere Sachen hatten fie den Diai-
teten oder SHeliaften zur Enticheidung zu über:
| geben. Demofthenes ftellt fie als eine unbeden-
\tende Behörde dar, in die nur Ärmere träten;
aud) läßt fich nicht mit Sicherheit enticheiden, ob
ihre Yurisdiltion jih auf die ländlichen Demen
bejchräufte, oder ob jie die ſtädtiſche Gerichtsbarkeit
in den erwähnten Bagatellfachen hatten; erjteres
ift wahrjcheinlicher. Demosth. Pantaen. 33. Isoer.
antidos. 237.
dıxaorngıo» bezeichnet, wie das deutjche Ge—
richtshof, zunächſt lofal die Stätte des Gerichtes,
fodann aber aud) das in dem Lokal verjammelte
Nichterfollegium. Die Zahl der Gerichtshöfe in
Athen läßt ſich nicht ermitteln. Außer dem Areo—
pag und den Ephetenhöfen, die ausichliehlich für
die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit beftimmt
waren, hat es aber noch eine nicht geringe An:
zahl von Heliaftenhöfen gegeben. Der Name für
die Gejamtheit der Heliaften ift nlıaa, das Wort
bezeichnet aud) das Hauptlokal des Berichtshofes,
dejfen Lage nicht feit fteht. Außerdem aber gab
es für die einzelnen Seftionen der Heliaften eine
Anzahl von Lokalen, 3. B. das Note (porrıxoör),
das Dreiedige (redywror) u. ſ. w., die zum größten
Teile wohl in der Nähe der Agora lagen. Bon
jolchen Gerichtslofalen find die Amtslofale der
3 erjten Archonten zu jcheiden, wo eine Klage, die
zur Borftandichaft des betreffenden Archonten ge:
hörte, angebracht wurde, aber nicht abgeurteilt zu
werden pflegte. Die 6 unteren Archonten hatten
ihr Amtslofal im Thejmothefion, begaben fich aber,
wenn fie einer heliaftiichen Sektion präfidierten,
in deren Lolal.
Aıxaorıxöv, uiohög Öinaorınög, auch roim-
‚Bolor Tımorınov, der Nichterfold im Athen,
| eingeführt von Perifles. Derjelbe betrug zuerft
1 Obolos für jeden Gerichtstag ; jpäter wurde er,
Theophraftos, lebte meiftens im Beloponnes und durch Kleon, von 1 auf 3 Obolen erhöht, indem
ichrieb (außer einer Tijg meododog) Blog "EAlddog | die Angabe von einer vorhergegangenen Erhöhung
in 3 Büchern, eine hijtoriich = geographiiche Be: | auf 2 Obolen auf Mißverſtändniſſen beruht. Zur
Dike — Alan.
Dedung der jehr bedeutenden Koften (nach einer
Angabe des Ariftophanes betrug der Richterjold
jährlih 150 Talente) dienten zunächſt wohl die
Brotaneien (r« ngurarsia), größere Gebühren,
weldhe in faft allen Privatllagen und wenigen
öffentlichen von beiden Parteien niedergelegt wur:
den. Der unterliegende Teil büfte jein Geld
ein und erftattete außerdem dem obfiegenden das
feinige. Wusgezahlt wurde der Sold von den
Kolafreten (j. d.), und zwar nach jeder einzelnen
Serichtsverjammlung. eder Richter erhielt beim
Eintritt in den Gerichtshof ein Täfelchen (ovu-
Bolor), weldyes er nadı der Siyung abzugeben
hatte, um dafür den Richterfold in Empfang zu
nehmen.
Dike, Idaun, die Göttin der Gerechtigkeit,
eine Tochter des Zeus und der Themis, eine der
Horen (Hesiod. theoy. 901), Beichügerin des Nechts
und der Gerichte. Wenn ein Nichter das Recht
verlegt, jo verklagt jie ihn am Throne des Zeus,
deſſen Beijigerin (magedgos) fie iſt. Hesiod. op.
et d. 256. Soph. O. C. 1377. Da fie durch ihre
Wirkſamkeit Gejehmäßigfeit, Frieden und Ruhe
bringt, jo heißen ihre Schweftern bei Hefiod Eu:
nomia und Eirene und ihre Tochter bei Pindar
(pyth. 8, 1) Heſychia. Bei den Tragifern tritt
te mit den Erinyen verbunden als unbeugjame,
ftreng ftrafende Göttin auf, welche dem Frevler
das Schwert in die Bruſt ftöht und die Strafe,
wenn auch fpät, in jein Haus bringt. Aesch.
Choöph. 639. 947. Sie hat den Beinamen Aitraia,
Sternenjungfrau; als ſolche lebte jie im goldenen
Zeitalter auf Erden, im ehernen Seitalter aber
ging fie, die lebte unter den Göttern (Op. met.
1, 150), zum Himmel. Da glänzt jie als Stern:
bild im Tierfreife unter dem Namen Jungfrau.
AMzxn, das Recht, die Gerechtigkeit. Als Gott:
heit perjonifiziert; die ewig waltende Macht, die
die Thaten der Menjchen richtet, Lohn und Strafe
verteilend, der Urjprung alles Rechtes, von der die
ewigen ungeichriebenen Geſetze (ypapoı rvöuoı)
ausgehen. („Dike und Nemejis, die beiden reinjten
Götterbegriffe des Altertums, an welche der ein-
fach erhabene Sinn der Griechen die ganze Welt-
regierung knüpfte.“ W. v. Humboldt zu Aesch.
Agam. p. II.) Hieraus fließen dann die weiteren
Bedeutungen des Wortes: Gericht und Tag des
Gerichtes, und als Mittel zur Wiederherftellung
des zerftörten Mechtszuftandes: die Buße, Strafe.
Aber auch der Rechtshandel jelbft und vorzugs:
weile die Klage (actio), die ja denjelben Zweck
hat, ein geichehenes Unrecht auszugleichen, heißt
ferner din, mag nun die gejchehene Rechtöver-
legung privater (jo daß der einzelne Unrecht er:
litten hat) oder öffentlicher Art jein. Der ein:
zuichlagende Weg (wir haben ausichließlich den
athenijchen Prozeß im Auge) beftand aljo darin,
dah der Kläger (0 dınacdusvog) unter einer be-
ftimmten Form ſich an die einleitende Behörde
(den year) wendet und ihn, unter Angabe des
Klagegrundes (Fyrinue), um Einjegung eines Ge-
richtes bittet, um zwiſchen Kläger (dıorwv) und
Bellagten (pedyor) zu enticheiden. Wenn nun
die din in der angegebenen weiteren Bedeutung
nad) mehreren Bunften hin unterjchieden werden
fönnen, jo liegt doch der weſentlichſte Unterjchied
für das atheniiche Necht in der Verjchiedenheit des
Gegenſtandes der Klage, des Fyainue. Derjelbe
Realleriton des Mafj. Altertums. 7. Aufl.
321
fann nämlich bejtehen 1) in der Verlegung eines
individuellen Rechts oder Intereſſes; 2) ın der Ver—
legung eines Rechts der Gejamtheit, entweder un-
mittelbar, 3. B. durch einen Angriff auf die bejtehende
Verfaſſung, oder mittelbar, wenn ein Verbrechen,
3. B. ein Mord, verübt ift, das unmittelbar nur
den einzelnen trifft, im jeinen Folgen aber die
Sicherheit der Geſamtheit jelbft gefährdet. Erſtere
(die Privatllage) heißt dy@r Ting, dan löle,
ölan im engeren Sinne; lehtere (die öffent:
liche Klage), die ftets ein Delikt zum Gegenftande
hat, &ywr Önuscrog, d. Önuocd«, yeagr) (vgl.
auch I’eagyrj). Untericheidende Merkmale beider
Arten von Klagen find: 1) eine dan (natürlich
im engeren Sinne) fann nur der unmittelbar Ber:
legte (oder für ihm fein »Üugeos) anftellen, öffent-
liche Klagen (ausgenommen die povırd, die nur
von den Verwandten des Getöteten oder Verletz—
ten, ift es ein Sklave, von dem Herrn desjelben
verfolgt werden fünnen) ein jeder Bürger, der im
Belige feiner Rechte ift (6 BovAouevog, olg fEsarır).
2) An Privatllagen fällt mit wenigen Ausnahmen
die Buße oder der ftreitige Gegenſtand ausſchließ—
lih dem gewinnenden Teile zu Ausnahmen bei
der ZEovins und ZEuıp£cewg dian, ſ. nad:
her), abgejehen davon, daß mehrmalige Berurtei-
lung öfters Atimie nad) ſich zog und es den Rich—
tern bei einzelnen derjelben frei jtand, noch eine
Prostimefis hinzuzufügen, 3. B. bei der d. xAo-
as Gefängnis. (ES Aber dies bei Klagen ftatt,
die, da fie abgejehen von der Beſchädigung des
einzelnen aucd gegen Verlegung der öffentlichen
Ordnung gerichtet find, jchon nahe an die öffent:
lichen Klagen hinanftreifen.) Im öffentlichen Kla—
gen fällt mit wenigen Ausnahmen die Strafe ganz
oder zum Teil dem Staate anheim, der hier nicht
allein dem einzelnen zu feinem Nechte verhilft,
jondern durch Strafen die Gejamtheit vor An:
griffen einzelner zu jichern jucht. 3) In Privat:
flagen werden Proytaneien erlegt (r« revrarsia,
|. Jıraorınöov undProzels, 5., unterjchieden von
rapdorasıg, welche, außer bei Diaiteten, nur der
Kläger erlegt), im öffentlichen Klagen nicht. In
diefen wird dagegen, mit Ausnahme der yo. xa-
*b0ewg (j. T’e«ynj), der Kläger, wenn er nicht den
fünften Teil der Stimmen erhält oder vor richter:
licher Entjcheidung von der Klage abjteht (mas in
Privatflagen ftets erlaubt war), mit einer Buße
von 1000 Drachmen belegt und verliert das Recht
eine ſolche Klage wieder anzuftellen. — Nach dem
Gegenftande der Anklage, dem FyaAnue, werden
die dla im engeren Sinne eingeteilt in d. eos
va und d. xcerci rıvog. Erſtere begreifen die
Klagen in fi, in denen es jih um Rechte an
Sachen (Eigentumsreht, Recht an einer fremden
Sache) handelt, die in rem actiones, oder um
Rechte an Handlungen, zu welchen eine Perjon
durch Vertrag verpflichtet ift, in personam actio-
nes. Die dixaı xard rıvog dagegen richten fich
gegen den, welcher ein Delift begangen hat, 3. B.
die 6. »Aonüg, Ö. alias, d. Wevdouegrugiwv
u. ſ. w. Gie begreifen aljo im allgemeinen die:
jenigen Privatflagen in ji, in denen gegen den
Berklagten, außer auf die Erfüllung feiner Ver:
bindlichfeiten gegen den Kläger, nod auf die
Buße an den Sant erfannt werden fonnte (pönale
Klage). Einige Arten derjelben find: alxlag dan,
gegen den gerichtet, der einen Freien ſchlug, um
21
322
ihn zu Fränfen, ohne geichlagen zu jein; der Kläger
ſchätzte die Größe der Beleidigung, etwaige Körper:
verlegung, in Geld, welches bei Verurteilung des
Beleidigerd dem Kläger zufiel; wer daranf ver:
zichtete, konnte dasjelbe Vergehen durch eine yoa pr;
vßoeewg verfolgen, bei der die Buße dem Staate
—— Zvoınlov Ölan, gegen den Mieter er—
oben, der jeine Miete, vapnod dan gegen den
ächter, der feine Pacht nicht zur rechten Zeit
bezahlt hatte; dieje und die svrdnzör maga-
—— d. wurden auch gegen den, dem der
efig eines Hauſes und Grumdftüdes gerichtlich
abgeiprochen war, der aber deilenungeacdhtet nicht
aus dem Befige wich, angewendet, um ihn zur
geblung des Ertraged des ihm abgeiprochenen
—— an den ſiegreichen Kläger zu nöti—
gen; Euipioewng oder Apwıgkacewg Ö. gegen den,
r fich der Beichlagnahme eines von einem an-
dern beanjpruchten SMaven (vgl. Jodlos, 5.)
widerjeßte; Zmırgorijg dan oder yoapr), die Klage
gegen den Vormund wegen jchlechter Verwaltung
des Vermögens feines Mündels, z. B. wenn er
dasjelbe nicht verpacdhtet hatte (oixor wisdoör ift
der technifche Ausdrud), oder wenn er fich offen:
baren Betrug hatte zu ſchulden fommen laſſen.
Die Öffentliche Klage fonnte während der Minder—
jährigfeit des Mündels von jedermann angeftellt
werden. Sie war ſchätzbar und 309 im Fall der
Verurteilung wahrjcheinlich immer die Entſetzung
des Bormundes nad jih. Die Privatllage konnte
nach geendigter VBormundichaft von dem Mündel
gegen den Vormund angeftellt werden (Demofthenes
gegen Aphobos). Sie verjährte 5 Jahre nach ge:
endigter Vormundſchaft. Die dan und die yoagn
Zmırgomijg gehörten dor das Forum des Archon.
Ferner obalag ddan, durch die der Kläger ſich an
das ganze Vermögen des Bellagten hielt, wenn
. B. die Zvoınlov und xugrod dan nichts ge:
olfen hatten; Yerdouaprvgör d. gegen den, der
aljche Zeugen aufgeftellt hatte, wofür er wahr:
cheinlich auch noch eine ſchätzbare Buße erlitt (vgl.
rozels, 15.); Atırouagrvplov Ö., gegen den auf
Scyadenerjaß, der gegen jein Veriprechen vor Ge:
richt nicht als genge erichienen war; Zonuog Ö.
ſ. Prozels, 14. . auch T’e«gpr; und die be-
jonderen Formen der öffentlichen Klage doxıuaci«,
siduva, dnayayı, elsayyekla, Evösıkıgs, Lpi;-
ynoig, pdsıg, bpnynos, wgoßolı].
Dikte j. Kreta, 1.
Diktynna und Diktynnaion ſ. Britomartis
und Kreta, 1.
Diktys, Siarvs, 11). Persaus.—D. Creten—
ſis, aus Gnoſſos auf Kreta, angeblicher Begleiter des
Idomeneus zum trojaniichen Kriege und Berfafler
eines Tagebuchs — über die Ereigniſſe
desjelben, welches, auf Palmblätter in phoinikticher
Sprache geichrieben, mit ihm in jeiner Geburts:
ſtadt begraben worden fein jol. Dort ſoll es zur
Beit des Kaiſers Nero, als jein Grab durch ein
Erdbeben geöffnet wurde, in einer bleiernen Kapjel
aufgefunden worden fein. E3 wurde, der bisherigen
Annahme nad, von einem damals febenden Praris
oder Euprarides verfaßt, dem Kaiſer überreicht
und infolge des großen Aufjehens, das es machte,
von einem gewien Septimius im 4. Jahrh. ins
Lateinische überſetzt und vielfach, namentlich von
den jpäteren Bnzantinern, aber auch von den mittel:
hochdeutſchen Dichtern, welche antife Stoffe be:
Dikte — Dilectus militum.
handelten, benußt, bis es rag im 15. Jahr.
twieder verjchwunden fein jollte. In Wahrheit hat,
wie 9. Dunger (Dietys-Septimius, 1878) jcharf:
finnig nachgewiejen hat, ein griechiſcher Diktys nie
erütiert, jondern die Ephemeris ift ein, wahrſchein—
lih im 4. Jahrh. n. E. entjtandenes, römijches
Originalwerk und der Verfaffer fein anderer als
der X. Septimius, der fid) nur als Überjeger nennt.
In der Sprache zeigt fich fleißige Benutzung und
Nachahmung Sallufts und bejonders Bergils.
Ausgg. von A. Dederich (1832 und 1837) und
Weiler (1872).
Dilatio, Bertagung eines Prozefjes im weitejten
Sinne, welche wegen Krankheit, fehlender Zeugen,
mangelnder Bewerje nad) Gutbefinden des Richters
bewilligt werden fonnte. Bejondere Arten der
dilatio waren ampliatio und comperendinatio.
Dileetns milfium. Über die Aushebung
des Heeres in den früheren Zeiten der römischen
Republik, als die Vermögenseinteilung des Servius
Tullius dabei noch maßgebend war, finden fich in
den alten Autoren, namentlich Bolybios (Buch 6),
folgende Angaben: Alle Jahre wurden 2 fonju-
lariſche Heere von je 2 _n aus den 5 eriten
Vermögensklaffen ausgehoben; man legte jpäter
dabei die Einteilung des Volkes nad) Tribus und
die darnach auf eftelten Namenregifter iy Grunde.
Liv. 4, 46. Wenn nicht eine augenblidliche Ge:
fahr zur Eile zwang (wo denn aud) die Proletarier
ſich zum einftweiligen Kriegsdienſte ftellen mußten
und Waffen vom Staate erhielten, militia tumul-
tuaria, @ell. 16, 10), jo dauerte der ft der
Aushebung 30 Tage. Fest. s. v. iusti sc. dies.
Zunächſt wurden die erforderlichen 24 Militär:
tribunen (für jede Legion 6) ernannt, und zwar 10,
welche ichon 10 Feldzüge, und 14, welche 5 Feld—
üge mitgemacht hatten. Die Wahl derjelben ge:
—* urſprünglich durch die Konſuln; doch ſeit
361 dv. C. hatte das Volk ſich die Ernennung
von 6 (Liv. 7, 5) und jeit 311 v. €. durch die
lex Atilia Marcia von 16 (Liv. 9, 30, doch j.
ujchle, der ftatt seni deni mutmaßt seniores
eni) vorbehalten. Die vom Volke gewählten
hießen comitiati, die vom Feldherrn ernannten
rufuli. Seit 207 v. E. wurden alle 24 vom Bolfe
gewählt, jo daß den Konſuln mur noch die Er-
nennung für die außerordentlicherweije aufgeitell-
ten Legionen verblieb (Liv. 27, 36); indeflen ver-
zichtete es bisweilen auf Ausübung diejes Rechtes.
Liv. 42, 81. Bon den beiden Legionen jedes
Konjuls erhielt die eine aus der Gejfamtzahl der
Tribunen 4 ältere und 2 jüngere, die andere
3 ältere und 3 jüngere. — Die Militärpflichtigen
mußten ſich auf dem Capitol (jpäter auch auf dem
Marsfelde) verjammeln, wo die Konjuln anf ihren
Amtsftühlen (sellae curules), umgeben von den
24 Tribunen, ſaßen und aus einer Lifte die kriegs—
pflichtigen Mitglieder jeder Tribus nad) Namen,
Stand und Alter aufrufen ließen (eitare). Bon
je 4 in allen Beziehungen ungefähr Gleichſtehenden
wählten die Tribunen jeder Legion mit, der Reihe
nach, abwechſelndem Vorrechte der erſten Wahl ſich
ihren Mann aus, wodurch es möglich wurde, daß
in jede Legion Jüngere und Altere, Kräftige und
Schwächlinge gleichmäßig verteilt wurden. Außer:
dem aber wurde bei diefer Aushebung auch noch
auf Namen von guter Vorbedeutung geſehen, und
waren alle jolhe ſchon in den angefertigten Ne:
—
10
=
*
Dilectus
ge der Tribus vorangeftellt. Cic. div. 1, 45.
r die Aushebung des Fußvolks abgemacht, jo
erfolgte die der Nitter aus den 18 Uenturiae
equitam; jpäter, ald nicht bloß Mitglieder der
18 Centuriae equitum, ſondern alle Bürger, die
den census equestris bejaßen, zu Pferde dienten,
geihah die Aushebung der Neiterei vor der der
Legionen; e3 wurden jeder Legion 300 equites
zugeteilt. Endlich wurden dieje Konffribierten
(eonseripti) als triarii, die Alteſten, principes,
die Kräftigjten, und hastati, die Jüngeren, dazu
noch velites, die Armſten, als Leichtbewaffnete und
Plänkler (milites volıtes oder volitantes) einge:
teilt (centuriare). — Als aber zur Zeit der Bürger:
friege durch und jeit Marius der Gejichtspunft
geltend wurde, den Soldaten zu nehmen, wo man
ihn fand, und man ohne Rüchicht auf den Cenſus
nur auf körperliche Tüchtigkeit jah, ging der Bürger
in dem Soldaten unter, und es dienten die Heere
nunmehr nicht dem Staate, jondern nur ihrem
Anführer. früher war jeder verpflichtet, vom 17.
bis zum 46. (Gell. 10, 28), eventuell bis zum
50. Jahre (Liv. 42, 34) in das Heer einzutreten,
jo oft er aufgerufen wurde, doch er ging nad
Beendigung des Feldzugs wieder in die Heimat und
—— cker zurück. Seit dem zweiten puniſchen
iege aber war es ſchon Sitte geworden, daß die
Soldaten nicht eher entlaſſen wurden, als bis der
Krieg zu Ende war, oder das 45. Lebensjahr fie
vom Dienſt befreite. Allmählih jegten ſich 16,
dann 20 Jahre als die Zeit des Kriegsdienſtes
feit, und diefe Zahl wurde aucd von Auguftus bei
jeiner neuen Geftaltung der Militärverhältnifje bei-
behalten und galt, mit furzer Unterbrechung unter
Tiberius (Tac. ann. 1, 36. 52), bis in die jpätere
Kaiferzeit. Nach Verlauf diejer Dienftjahre trat
jedoch noch nicht volljtändige Befreiung vom Kriegs:
dienfte ein, es jei denn, daß die Soldaten fich
diejelbe durch Empörung erziwangen; jondern jie
wurden einjtweilen bis auf Weiteres in Kolonien
entjandt, oder fie mußten beim Heere (in jogleich
weiter unten zu erwähnenden Verhältniffen) bis
zur Entlafjung (missio, j. d.) verharren. — Hier:
nach find die evocati und vexillarii zu unter:
jcheiden. Erftere waren der Form nach zwar als
veterani entlafjen und hatten von ihrem Anführer
zum Lohne ihrer Dienjte Ländereien angewieſen
erhalten, doch mit der Berpflichtung, beim eriten
Aufgebot (nominatim evocare) fich wieder zu den
alten Fahnen zu verjammeln. Erft wenn fie wieder
in Dienjt traten, hießen fie evocati. Doch folgten
fie auch gern dem Rufe gleichgefinnter oder über:
upt ihre Hülfe in Anjpruch nehmender Nach—
olger. Sall. Cat.59. Cie. ad fam. 15, 4,4. Diejer
Wiedereintritt in das aftive Heer gab ihnen eine
höhere Stellung, oft auch den Rang der Gentu-
rionen (Caes. b. c. 1, 3); als foldhe wurden jie
durdy das ganze Heer verteilt (daſ. 3, 88). Sie
waren Fußſoldaten, objchon ihnen nah Cäſar
(b. g. 7, 65) wegen ihres höheren Ranges die Hal:
tung eines Pferdes erlaubt war. Octavia zog
die von Cäſar entlaffenen und mit Ländereien
bejchenkten veterani, 10000 an der Zahl, als
evocati wieder an ſich. Dio Cass. 45, 12. App. b. e.
3,40. In der neuen Militärordnung des Auguftus
verjchtvanden jie als bejondere Truppengattung
und fommen evocati nur jtet3 einzeln vor; es
find entweder die noch lebenden früheren evocati
323
des Auguſtus (Swet. Oct. 56: evocato quondam
suo), oder es ift eine militärijche Charge vom
Range der Eenturionen (Tuc. ann. 2, 68), deren
Abzeichen (vitis) fie auch nad) Dio Cass. 55, 24
führten; doch unterjcheidet derjelbe (daj.) fie als
ein jelbftändiges Corps von Offizieren (ovornue
idıor) noc) zu jeiner Zeit («el vür). Kaijer Galba
nannte ein neu von ihm eingerichtetes militäriiches
PBagencorps (aus Fünglingen des Nitterjtandes)
evocati, welde die Wade vor feinem Schlaf:
gemach hatten. Suet. Galb. 10. Wahrſcheinlich ge:
Örte der von Otho zur Ermordung des Yaco
Tac. hist. 1, 46) bejtimmte diefen evocati an.
ber die evocatı der früheren Ar vgl. Kraner,
Einleit. zu Caes. b. g. p. 49f. — In Bezug auf die
vexitlarii als eigene Truppengattung der Kaiſer—
it müſſen wir die Zeit der erjten Kaiſer von der
päteren trennen. er Wendepunft trat unter
und jeit Nero ein. Daher bezeichnet auch Tacitus
in den Annalen mit vexillarıi etwas anderes als
in den Hijtorien und dem Agricola. Dieje Be:
nennung der vexıllarii ald bejonderer Truppen:
gattung datiert jeit der definitiven Militärordirung
des Auguſtus, doch nicht in der Weile, daß Die:
jelben vorbedadht eine Stelle in derjelben erhalten
hätten, fondern ihr Urjprung war die Not und
der Mangel an neuen Soldaten. Nach Dio Cuss.
55, 23 war nämlich mit Aufhebung einer früheren
ln Beftimmung aus dem 3. 12 v. E.
(dal. 54, 25) feſtgeſetzt, daß die Legionare 20 Yon
bei den Fahnen zu verbleiben und alsdann jofort
ihr praemium an Land in Empfang zu nehmen
hätten. Doch die Not zwang, dieje Veteranen
nur formell aus dem Legionsverband zu entheben
(dımissio, ſ. d.) im übrigen diejelben unter anderem
Namen (Tae. ann, 1, 17: alio vocabulo) unter
einem bejonderen vexillum als vexillarıi bis auf
unbejtimmte Zeit weiter dienen zu laffen, ohne
irgend eine Erleichterung ihrer früheren Arbeit.
Bei dem Aufftande der germanischen Legionen nad)
den Tode des Auguſtus traf Germanicus das
Abkommen mit ihnen: ihre Vexillarii jollten im
bejonderen Corps, von aller jonjtigen Arbeit be-
freit, nur zur Abwehr des Feindes verwendet
werden (Tae. ann. 1,36). Dieje ihnen mit 16 Jah-
ren rege gewährte Erleichterung wurde bald
durch ein Dekret des Tiberins (daj. 1, 78) wieder
auf 20 Dienftiahre für das ganze Heer jejtgejegt.
Demnad) jind vexillarii die bei den Legionen nad)
20 Dienftjahren, bei den Prätorianern nad) 16
Jahren aus ihren Regimentern entlaffenen (dimissi,
exauctorati) Soldaten, die jedocd bis zu ihrer
völligen Verabjchiedung (missıo) unter einem ve-
xillum weiter dienten und im ruhigen Zeiten im
demjelben Lager verblieben, oder als Bejagung
in die Nebenländer der ._. geſchickt wurden,
im übrigen aber, von jeder Lagerarbeit befreit,
nur zur Abwehr des Feindes verpflichtet waren.
ie untericheiden von diejfen Corps der vexillarii
ind die Ausdrüde: vetus miles (Caes. b. g.
6, 40) und veterani (Caes. b. ec. 3,28. b. Afr.1.
Tac. ann. 1, 26. 39) ald Bezeichnung ganzer Le:
tionen oder der dienftältejten Soldaten, im Segen:
age der jüngeren, namentlich der Rekruten (tirones).
Die vexilla legionum (Tae. ann. 4, 73. Agr. 18)
bezeichnen auch in diejer Zeit nie, wie noch Nip:
perdey und. Heräus mit Wald) ammehmen, die
vexillarii, jondern jtet3 entweder die Neiterei (aud)
21*
militum.
—
-1
324
ſonſt vexilla equitum genannt), oder ein von der |
zugehörigen Legion ablommandiertes Detachement,
unter einem vexillum fämpfend, während der |
Adler bei der Legion verblieb (Tac. hist. 2,89.100).
Als nämlich Nero den Zug gegen die Völfer am
Kajpiichen Meer plante, wählte er aus den einzel-
nen Legionen des Abendlandes eine bejtimmte
Anzahl (2000?) Soldaten aus, die unter Berillen
die Erpedition mitmachen jollten. Solche Abkom—
mandierung wiederholte fich in den darauf folgen:
den Bürgerfriegen bis zum Ruin ganzer Legionen.
Vol. Pfibner, Annalen des Tacitus S. 127—134,
unter den früheren außer Lipfius, Ernefti u. j. w.
Wald, Tacitus' Agricola S. 240 ff. Hertel, Erfurs
> Tacitus’ Agricola. — Nachdem durch die lex
lautia Papiria 89 v. E. allen italiichen Bundes:
genoffen das Bürgerrecht verliehen war, worauf
durch ganz Ntalien für den Legionendienft Aus:
hebungen ftattfanden, wurden von dem Feldherrn
entweder Legaten oder auch Senatoren mit diejem
Geichäfte beauftragt (conquisitores), wobei jich
denn wohl mehrere durch Lift, noch mehrere durch
Beftehung dem Kriegsdienfte entziehen konnten,
obſchon das Verbrechen der Umgehung des Kriegs:
dienftes mit dem Tode, wenigftens mit Entziehung
der Freiheit beftraft wurde. Cie. Caec. 34. Val.
Max. 6, 3f. Suet. Oct. 24. Sonſt gab Befreiung
(vacatio militiae) nur erwiejene förperliche Un: |
tüchtigfeit (causaria vac,, causarii. Liv. 6,6), ein
Alter von 50 Jahren oder Aufweifung der geſetz—
lichen Feldzüge (iusta, emerita stipendia), Ver-
waltung einer Magiftratur oder einer Prieſter—
würde (Plut. Cam. 41), jowie endlich) ausnahms-
weiſe jpezielle Belohnung von VBerdienften. Cie.
Phil. 5, 19. Liv. 39, 19. Stellvertretung fand
uriprünglich nicht ftatt (die angeführte Beweisitelle
dafür, Liv. 42, 34, ift jaljch verftanden), und fommt
bis zur Zeit des Trajan, wo fie geielich erlaubt
war (Plin. ep. 10, 39), feine Andentung davon
vor. — Sobald der Grundſatz der förperlichen Tüch—
tigkeit bei der Aushebung vormwaltete, war es
natürliche Folge, daß die YFreigelaffenen, die jonft
nur mit den Proletariern zu dem weniger chren-
vollen Flottendienſte ausgehoben wurden und nicht
milites, jondern classicı oder classiarii (j. d.)
hießen, ebenfalls zu der Ehre des Legionendienites
gelangen konnten (vgl. Caes. b. Afr. 36), obſchon
fie bei der erften Erteilung diefer VBergünftigung
(im Bundesgenofjenkriege) nur 12 eigene Kohorten
bildeten. Pompejus und Cäſar hielten jogar unter
auswärtigen Bölfern Aushebung zur Errichtung
neuer Zegionen. Caes. b. c. 3,4. Cie. Phil. 5, 5,12.
Dasjelbe that Brutus in Makedonien. Man be:
lohnte diefe vernaculae legiones, wie man
fie zum Unterfchiede von den übrigen Legionen
benannte (Caes. b. Hisp. 7. 12. b. c. 2, 20), bei
der —— ganz wie die römiſchen Bürger—
ug mit Adern (Verg. E.1, 70); Cäſar hatte
olche insgejamt mit dem römischen Bürgerrecht
beichentt. Ja, man zog endlich jogar die Sklaven
und Gladiatoren gegen das Geſchenk der Freiheit
zum Kriegsdienfte heran, ſowohl als Reiter (Caes.
b. e.1, 24. b. Afr. 19. 76) als auch in die Le—
gionen (Plut. Brut. 45); jelbit ihrem Seren ent:
laufene Sklaven verjchmähte Sert. Pompejus nicht,
doch gab Octavian diejelben in ihre früheren Ver—
hältnifje zurüd. — Unter den Kaiſern fehrte man
zunächft zu einer ftrengeren Servorhebung des
Dimissio.
römiichen Bürgerrechts als Erfordernis des ehren-
vollen Legionendienftes zurüd und nahm nur in
Beiten der Not zu Sklaven und reigelaffenen
jeine Zuflucht. Später, während der faiferlichen
Bürgerfriege unter Nero, Galba u. ſ. w., erhob
man die Frlottenjoldaten, die feine Bürger wareır,
zu legiones adiutrices und bejchentte fie erft bei
der Entlafjung mit dem Bürgerrechte. Im allge:
meinen galt aber der Grundjat, daß in den Le—
gionen nurrömifche Bürger dienen durften, weshalb
auch bei vorfommenden Abweichungen davon die
einzelnen jogleich bei der Einftellung dazu erhoben
wurden. Dies Gemiſch veranlafte ſchon unter
Auguftus die geborenen Bürger zur Errichtung
von cohortes oder alae civium Romanorum (vo-
luntariorum), vgl. das Teftament des Auguftus,
Tac. ann. 1,8. Doch auch in dieſe drangen bald
fremde Elemente ein. Bis Nero wurden feine
neuen Legionen errichtet, doch war öftere Aus:
hebung von Mannjchaft, als Ergänzung der alten
bejtehenden, oder bei Teilung einer Legion in 2
verichiedene, notwendig; dabei galt der Grundſatz,
die Ausgehobenen nach den in den entfernteren
Provinzen fampierenden Legionen zu verteilen
(Tac. ann. 13, 7. 16, 13), damit fie durch feine
Bande der Natur oder Verwandtichaft etwa zu
Ungehorjam verleitet würden. — Die prätorijchen
Kohorten, als der geehrtefte Kriegsdienft, waren
das Vorrecht der italiichen Bölfer, die Yegionen
und Hiülfsvölfer ergänzten fich aus den Provinzen,
und gingen die Verdienten aus den Hülfsvölfern
in die Legionen, aus dieſen in bie prätoriichen
Kohorten über. — Ein beftimmtes Maß war für
die Konjfriptionen nicht vorgefchrieben. Soldaten
von 6 Fuß oder wenig darunter ftellte man wohl
in die erften Kohorten ein, oder trieb Spielerei
damit, wie Nero. Suet. Ner. 19. — Die Ausge-
hobenen mußten erft als tirones eingeübt werden,
wofern der Krieg micht zu Abweichungen davon
zwang; jie befamen zwar Sold, galten aber nod)
nicht für milites, da fie noch feiner Legion zuge:
teilt waren. Bevor dies geihah, mußten jie in
Eid (sacramentum) genommen werden. Zur Zeit
des Polybios leifteten fie deren zwei, den einen
fogleich nach der Aushebung, den andern bei Be:
ziehung des erften Lagers. Seit Marius gab es
nur Einen Soldateneid, der übrigens ftet3 auf die
Perſon des Feldherrn (iurare in verba consulis),
ipäter des Kailers lautete. Die Worte desjelben
find nicht genau befannt; vgl. Gell. 16, 4. Die
Soldaten antworteten, nachdem Einer aus ihrer
Mitte diejelben vorgelefen hatte (praeire verba):
idem in me. Die Bürgerfriege führten eine oft:
malige Erneuerung des Eides ein, doc war dies
auch jchon zur Zeit des Scipio vorgelommen, vgl.
Liv. 28, 29. Berjchieden von dieſem sacramen-
tum war ein anderer freiwilliger Eid, iusiuran-
dum, durch den ſich die Soldaten unter fich zur
Tapferfeit verpflichteten. Caes. b. e. 1, 76. 3, 13.
Bol. Harfter, die Nationen des Nömerreihs in
den Heeren des Kaiſers (1878).
DimissYo. In der republifanischen Zeit gab
e3 für den Soldaten nur Eine missio, die nicht
nach gewijjen Jahren, jondern nach Abjolvierung
von 20 Feldzügen für den Fußſoldaten, von 10
Feldzügen für den Weiter (legitima stipendiı)
erfolgte. Liv. 23, 25. Durch Muguftus wurden
20 Dienftjahre für die Legionen und 16 für die
—
9
Dindymene — Diocletianus.
325
Prätorianer feitgejeßt, mac deren Berlauf die 1789), Emperius (1844), 2. Dindorf (1857). Ber:
missio iusta oder Lonesta mit einem praemium loren iſt feine Gejchichte der Geten, Trerınd. —
an Land oder Geld eintreten jollte. Durch manche
Striegsverlufte und andere Urjachen gebrady es
indes an der notwendigen Anzahl der Soldaten
für das jtehende Heer. Daher bildete jich all:
mählich die Praxis aus, daß die Veteranen nad
Ablauf ihrer gejeglichen Dienftjiahre dennoch nicht
aus dem aktiven Dienſt entlaffen werden konnten.
Doc ſuchte Auguftus der Form zu genügen und
entließ jolche Veteranen aus dem Legionsverbande,
behielt jie aber unter anderem Namen (Tae. ann.
1, 17: alio vocabulo d. i. vexillarii) unter einem
bejondern vexillum beim aktiven Heere mit all
ihren bisherigen Dienftverpflichtungen (eosdem
labores perferre) und auf ganz unbeitimmte Zeit.
Daher forderten die pannoniichen und germanijchen
Legionare bei ihrer Empörung nad) dem Tode des
Auguftus eine gejesliche Negelung ihres Kriegs:
dienjtes (certis sub legibus militia iniretur).
Germanicus gewährte ihnen im Drange der Not
ihr volles Verlangen, jo daß fortan auch die Le—
gionen ebenjo wie die Prätorianer nad) 16 Dienft-
jahren noch 4 Jahre als vexillarii beim Heere
zu verbleiben und nur die Verpflichtung hätten,
mit Befreiung von allen übrigen Dienften den
Feind abzuhalten (Tac. ann. 1, 36). Tiberius be-
ftätigte dieſe Vergünftigung, ftellte jedoch bald
darauf die urjprüngliche Zahl von 20 Dienftjahren
wieder her. Alsdanı erfolgte die dimissio (d. i.
die vorläufige Entlaffjung aus der Legion) und
ipäter (nad) unbejtimmter Beit) Die wirkliche
(missio) aus dem Dienfte. Val. Dilectus mı-
litum, 5.
Dindymöne j. Rhea Kybele.
Dindymon, Sivövuor, 1) Berggipfel auf der
Halbinfel in der Propontis, welche die Stabt
Kyzifos trug, mit einem jchon durch die Argo—
nauten gegründeten Heiligtum der Kybele; j. Kapu—
Dagh. Apoll. Rhod. ı, 985. — 2) Gebirge an der
Grenze von Phrygien und Galatien, wejtlich von
der Stadt Peſſinus, gleichfalls der Kybele heilig,
weldye daher Dindymene heißt; j. Murad-Dagh.
Dio, Sir, 1) Ehryioftomos Coccejus
(nicht Eoccejanus), geb. zu Pruſa in Bithynien
um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. E., aus
angejehener Familie, jorgjam erzogen, beichäftigte
fih anfangs mit nA u darnach mit philo-
ſophiſchen Studien, in welchen er der Lehre ber
Stoifer zugethan war. Unter Domitian hielt er
fi einige Zeit in Rom auf, wurde von diejem
aber bald aus der Stadt getrieben, durchwanderte
darauf die Donauländer des römijchen Reiches
und fehrte beim Regierungsantritte jeined Freun—
des Eoccejus Nerva nad) Rom zurüd, wo er von
ihm und jeinem Nachfolger Trajan hoch gechrt
wurde. Nach einem kurzen Aufenthalte in Fa
Baterjtadt (100) fam er nochmals nad) Rom und
ftarb dajelbit, ungewi5 wann. Seine ausgezeich:
neten Reden (80 an der Zahl, darunter eine un:
echte, der Kogırdrandg), welche ihm den Beinamen
Chryſoſtomos verſchafften, eigentlich mehr Aufſätze
philoſophiſchen und moraliſchen Inhalts, in einer
ſehr geſchmackvollen Form und reinen Sprache,
beſitzen wir noch jebt; fie zeigen uns den Verfaſſer
als einen glüdlichen Nachahmer des Platon, Demo:
fthenes und Aiſchines und als den beiten Stiliften
feiner Zeit. Ausgg. von J. J. Reiske (1784.
——— —— — — —— —— — — — — — — ——— — — — — — — —
— 2) Sein Enkel, Dio Caſſius Coccejanus
(richtiger Caſſius Dio), geboren zu Nikaia im J.
155 n. C., ſtammte aus ſenatoriſcher Familie und
erhielt eine ſorgfältige Erziehung. Im reiferen
Alter trat er (1866—190) in Nom als Redner auf,
wurde Senator, jpäter Prätor (194) und verwaltete
unter Macrinus (218) Bergamos. Später befleidete
er zweimal das Konfulat, verwaltete nacheinander
Afrifa, Dalmatien und PBannonien und verlebte
die letzten Jahre feines Lebens in Campanien,
nachdem er ji mit Mühe dem Zorne der durch
jeine ftrenge Zucht ergrimmten Prätorianer unter
Beihülfe des Alerander Severus entzogen hatte.
Nach dem zweiten Konjulate ging er in jeine
Baterftadt zurüd und ftarb dajelbjt. Auf dieWeijung
der ottheit im Traume jchrieb er eine Negierungs:
geichichte des Commodus, begann dann jeine große
römiſche Geichichte (Poweisrn ioroplae) und fand
den Mut und die Kraft fie fortzufeßen und zu
vollenden durch neue Träume, in welchen Tyche
ihm die Unfterblichkeit verhieß. 22 Jahre hat er
an dem Werfe gearbeitet. Es enthielt, mit Aineias
beginnend, 80 Bücher, in Dekaden abgeteilt, und
war jo gearbeitet, daß er die Ereignifje feiner Zeit
am ansrührlichften daritellte. Dio Cass. 72, 18.
VBorhanden find davon Buch 37—54, vom den
übrigen mehr oder minder bedeutende Bruchſtücke
und vom 60. Buche an Auszüge des Kiphilinos,
eines Mönchs zu Gonftantinopel im 11. Jahr:
hundert; die Fortſetzung bis Eonftantin den Gr.
ift natürlich aus jpäterer Zeit, wahricheinlich von
einem Chrijten. Seine Darftellung und Sprade
ift jorgfältig, oft beredt, mitunter aber aud) ſchwer—
fällig. Die Hauptjache find ihm die Kriegsthaten
und ſpäter die Hofgeihichten, neben denen er eine
Staatsgeichichte zu liefern nicht vermag. Die Vor:
fechter der Freiheit find dem Hofmann verhaßt.
Überall tritt jeine abergläubiſche Wunderjucht hervor.
Ihm scheint hauptſächlich als Mufter Polybios vor:
—— zu haben, den er in Beurteilung der
eigniſſe und ihrer Entſtehung nachahmt, ohne
ihn indes erreichen zu können; in einzelnen Partien
auch Thukydides und bei den bolitichen Betrad):
tungen im den eingeflochtenen Reden die Redner
der Haffiichen Zeit. — Unterjuchungen über Dios
Quellen von Wilmanns, Baumgartner, Posner,
Graßhof, Ehriftenjen, Sidel, Grohs u. a. Ausgg.
von Fabricius und Reimarus (1750 —52), F. W.
Sturz (1824 ff.), 3. Belfer (1849), 2. Dindorf
(1863 ff.).
Dioeletiänus, C. Aurelius VBalerius, re:
gierte das römijche Reich von 284—305 n. C. Er
war ein Dalmatier, der Sohn eines Freigelaflenen,
führte von feiner Mutter den Beinamen Diokles,
trat in Kriegsdienfte als gemeiner Soldat und
diente unter Yurelian und Probus. Wls er einjt
in Lüttih in einem Wirtshauſe ſaß und jeine
täglichen Ausgaben berechnete, ſprach eine bei ihm
ftehende Druidin zu ihm: Pfui, Diofles, ſchäme
did, deines Geizes. Auf jeine Antwort: Laß mic)
nur erſt Kaijer jein, dann ſoll es anders werden,
antwortete fie ihm: Du wirft es werden, wenn du
einen Eber (Aper) getötet haben wirft. Seitdem
trug er ſich mit dem Gedanken jeiner göttlichen
Beitimmung, wenn er auch jahrelang denjelben
nie ausiprad). Er zeichnete ſich aus und ftieg bald
326
zu hohen Würden empor. Vopisc. Numer. 14 ff.
Mit feinem jpäteren Genofien Marimianus, der
des Diofles überlegene Bejonnenheit, Vorficht und
Tapferkeit anerkannte, wurde er jchon frühzeitig
befreundet. Nach Probus’ Tode folgte er dem
Carus zum Kampfe gegen die Perjer, und als Carus
während desfelben das Opfer einer Militärver:
ichwörung ward (Aur. Viet. Caes. 38. ep. 38.
Eutr. 9, 18. Oros. 7, 24), und feine ſchwachen Söhne
fich nicht behaupten konnten gegen Aper, den Be:
fehlshaber der Yeibwache, wählte der Rat der Offi—
ziere am 17. Sept. 284 in Chalkedon zum Kaiſer
den Diocletian, wie er fi von jet genannt zu
haben jcheint, der den Aper (Eber) tötete, Aur.
Vict. Caes. 39. Kutr. 9,20. Oros. 7, 25. Zonar.
12, 30. Nach Überwindung feiner Gegner und
Nebenbuhler, die er mit großer Milde behandelte,
gejellte er fich den Marimianus als Gehülfen in
der Regierung bei, indem er ihn (285) zum Cäſar
erhob und jpäter zum Auguftus ernannte. Mari:
mianus befiegte zunächit die Baganden (Bauern,
die fich empört hatten) in Gallien ohne Schwierig:
feit (Eutr. 9, 20. Oros. 7, 25. Zonar. 12, 31),
hatte langwierige Kämpfe mit germanischen Scharen
und vermochte gegen Caraufius (f. d.), der fich in
Britannien eine Herrſchaft gegründet hatte, nichts
auszurichten. Aur. Vict. Caes. 39. Eutr. 9, 21.
Beide Herricher nahmen 293 noch 2 Mitregenten
an, Galerius und Gonftantius, und teilten die
Regierungsgewalt, wobei Diocletian durch geiftige
Uperlegenheit die Oberherrichaft behielt. Kutr. 9,22.
Aur. Viet. Caes. 39. Er dämpfte mit großer Härte
(295) Unruhen in Agypten, während Galerius nad)
einem anfangs unglüdlichen Feldzuge im zweiten
die Perſer befiegte und fie zu einem den Römern
vorteilhaften Frieden nötigte. Amm. Marc.14, 11,10.
Eutr. 9, 24. — legte Dioeletian zur Siche—
rung der öſtlichen Grenzen Feſtungen an. Zur
Feier ſeiner zwanzigjährigen Regierung ging er
nach Rom, zog ſich aber durch ſeinen Geiz den
Haß des Volles zu, weshalb er die ihm überhaupt
nicht liebe Stadt bald wieder verließ, um nad)
feiner gewöhnlichen Refidenz Nilomedeia in Klein:
afien zurücdzufehren, 304 (nach andern 303). Cine
ichwere Krankheit, welche ihn unterwegs befiel,
förperliche (nach chriftlichen Schriftftellern auch
geiftige) Schwäche brachten in ihm den jchon jeit
längerer Zeit gehegten Entſchluß zur Reife, abzu:
danfen. Rielleicht lag es überhaupt in feinem Plane,
daß, um Zwiftigfeiten zu verhüten, jeder der Herr:
ſcher nach 20 Jahren zurüdtreten jollte. Er führte
feinen Entihluß zu Nifomedeia am 1. Mai 305
aus, überließ feinen alten und 2 nenernannten
Mitregenten die Herrichaft und z0g ſich auf feine
Billa bei Salona in jeinem Geburtslande Dalma-
tien zurüd, wo er fich beionders mit Gartenbau
beichäftigte und die jpätere Aufforderung, den Thron
noch einmal wieder einzunehmen, beharrlich ab:
wies. Hier ftarb er im Nahre 313. Aur. Viet.
ep. 39. Eumen. paneg. Const. 15. Die von ihm
gegründete Verfaſſung, beftehend in der Negierung
mehrerer einander untergeordnneter Herrſcher, be:
währte jih nur, jolange er an der Spige ftand;
fie fiel durch Conſtantins Ehrgeiz und größeres
Talent. Mit feiner Organifation hängt es zu—
fammen, daß er die Provinzen vermehrte, damit
aber audy die Zahl der Beamten. Die Etifette
und den äußeren Pomp feines Hofes entlehnte er
Diodoros.
vom perfiichen Hofe. Durd die Verminderung
der prätorianifchen Legionen ward der Tyrannei
der Prätorianer entgegengetreten. Seine Mitre:
genten ehrten Diocletian jelbft nadı feiner Thron:
entjagung; um jo weniger acdhteten und liebten ihn
die chriftlichen Schriftiteller, welche die im den
Jahren 303 und 304 von ihm auf Betrieb des Gale—
rius veranlaften Verfolgungen der Ehrijten, welche
fih jogar im Kaiferpalafte unter den Hofbeamten
fanden, nicht vergeflen fonnten. Selbit die heidni—
ſchen Schriftiteller tadelten feinen Geiz und feinen
orientaliichen Pomp, obgleich er durch mancherlei
dem Ehriftentum entlehnte Einrichtungen (wie jpäter
Julian) das fintende Heidentum zu heben und als
öffentliches Religionsſyſtem, dem er jelbft als Ober:
priefter diente, gegenüber dem jiegreichen Chriften:
tum zu erhalten fich bemühte. Aus dem Gedanken,
den Thron auf die Religion zu ftüßen, entiprangen
die Chriftenverfolgungen. Vgl. Vogel, Kaiſer Dio—
cletian (18571. Theod. Preuß, Kaiſer Diocletian
und feine Zeit (1869). Bernhardt, Diocletian in
jeinem Verhältnis zu den Ehriften ze)
Diodöros, Jısdagos, 1) mit dem Beinamen
Kronos, aus Jaſos in Karien, ein Philoſoph der
megarischen Schule, Iebte am Hofe des Ptolemaios
Soter und war als Dialektifer berühmt. Diog.
Laert. 2, 111. Strab. 14, 658. 17,838. — 2) aus
Tyros, ein Beripatetiter, Schüler und Nachfolger
des Kritolaos und der jechite Leiter der Schule
des Ariſtoteles. Vacare omni molestia cum hone-
state erklärte er für das höchſte Gut (Cie. fin.
5, 5, 14). — 3) der PBerieget, Zeitgenoſſe des
Theophraft, jchrieb eine Periegeje Attifas, von der
ein wenigſtens 3 Bücher umfaffender Teil den
Titel wegl urnudro» (über Grabdentmäler) führte.
Plut. Them. 32, vit. X orat. p. 849. — 4) mit dem
Beinamen Siculus, 6 Zinedihrng, aus Agyrion
auf Sicilien, lebte unter Julius Cäfar und Auguftus.
Von jeinem Leben wiffen wir nur, daß er, um
die Schaupläße hiſtoriſcher Begebenheiten fennen
zu lernen, 30 Jahre lang Europa und Aſien be:
reifte und fich zum Teil in Nom aufbielt. Died.
Sie. 1,4. Qu einem geordneten Überblid wollte
er das bereitö gewonnene hiſtoriſche Wiflen zu einer
Univerjalgeichichte zufammenftellen. Mit Benutzung
der Hilfsmittel, die Rom ihm bot, verfahte er,
nicht vor 21 v. C. die Bußluodren forogınn in
40 Büchern, wovon 6 die Urgeichichte, 11 die Zeit
von den Troerfriegen bis zum Tode Aleranders,
und 33 Die Zeit von da bis zum Anfang des gal
liihen Kriegs (60 v. E.) umfahten. Erhalten find
davon Buch 1-5: Winthologie und Urgeſchichte
der Drientalen und Griechen, und 11—20: von
den Perſerkriegen (480 v. E.) bis zu den Kriegen
der Nachfolger Aleranders, eben vor der Schlacht
bei Ipſos (301); auferdem anjchnliche Bruch:
ftüde. — Die Darftellung ift in dem mythiſchen
Teil ethnographiich, nachher annaliftiich, daher der
Zuſammenhang nur ein äußerlicher, ohne tiefere
Einfidht in die Gründe der Begebenheiten. Statt
ſcharfer Charakteriftif der Völker und Perjonen
gibt er meiftens nur einzelne Züge und gewiſſe
Eigentümlichteiten. Ohne poetiichen Sinn huldigt
er in der Mythologie dem Euhemerismus (j.Euhe-
meros): in der Geichichte jucht er das Walten
einer zeoror« nachzuweiſen. Seine Glaubwürdig—
feit ift abhängig von feinen Quellen, in deren
Benugung er ohne jchärfere Kritik verfahren zu
Diodotos — Diogenes. 327
fein jcheint; jchon die Sprache erinnert öfters an | berühmtefte der kyniſchen Philojophen, geit. 323,
die Berjchiedenartigfeit derjelben, indeſſen laſſen Als fein Vater Hifefias wegen Münzfälſchun
fie fich nur durch Vermutung nachweiſen. Theopomp, | vertrieben wurde, floh der Sohn mit ihm na
Ephoros, Timatos, Ktefias, Kleitarchos, Hieronymos, | Athen, wo diefer nach anhaltenden Bitten von
Diyllos, Philinos, Diodotos, Durisund Megafthenes, | Antifthenes (. d.) als Schüler aufgenommen wurde,
auch ar und Pojeidonios und für die ältefte | Er bildete nicht allein das Syſtem des Lehrers
römiſche Geichichte Fabius Pictor jcheinen befonders mit größter Konſequenz fort, jondern ging aud)
benugt. Für uns ift fein Werf bei allen Mängeln | namentlich in der praftijchen Anwendung weit
in manchen Abjchnitten der alten Geſchichte, vor: | über dasjelbe hinaus. Die Bedürfnisloſigkeit ver:
üglih Siciliens, Hauptquelle und, obgleich öfters | folgte er ge äußerfte und machte fich dadurch,
Verafiogense Begebenheiten willtürlich in Ein Jahr | obwohl er eben nach Freiheit und Unabhängigkeit
ujammengedrängt werden, jehr wichtig. Der Stil | jtreben wollte, zu einem Sflaven feiner ſelbſtge—
iſt einfach, deutlich und Kar, leidet jedoch zuweilen | wählten Prüfungen und Entbehrungen. Er fämpfte
an Breite und Einförmigfeit und entbehrt der | oft mit dem Hunger, genof die jchlechteiten Speiien,
rechten Lebendigkeit und Friſche. — Ausgg. von fonute aber rohes Fleiſch doch nicht verbauen und
Weſſeling (1746), Dindorf (1826, 1828 ff., 1842 ff. | jammelte im Notfalle Almojen. Des Tags trieb
und nochmals 1866 ff.) und 3. Bekler (1853 f.; neue er fih ohne Schuhe, ohne Mantel, mit langen
Ausg. von F. Vogel, 1888 f.). Unterfjuchungen | Barte, einen Stod in der Hand und einen Querjad
über j. Quellen von Collmann, Bolquardien, =: der Schulter, in den Straßen und auf den
Petersdorfi, ©. F. Unger, Bröder, G. 3. Schnei: | Marktplägen Athens umher; machts ſchlief er ge-
der, Krall, Klüber, Haale, Nöfiger, Rößler, wöhnlich in der Stoa des Zeus, jo daß er wohl
Bohler u. a. äußerte, die Athener hätten ihm einen prächtigen
Diodötos, Jıödoros, 1) ein Geſchichtſchreiber Aufenthaltsort bauen laſſen, jonft auch in einem
aus Erythrai, deſſen (verloren gegangene) Tage: | Falle aus Thon, oder vielleicht richtiger in einem
bücher Aleranders d. Gir., "Epnusgides Alekdvögon, | feinen thönernen Haufe, das der Spott der Athener
von Plutarh und Diodor von Sicilien benugt | ein Faß (midog) nannte. Auf einer Reife nach
worden find. Vgl. Müller, seriptor. Alex. Magni Aigina wurde er von Seeräubern ergriffen und nad)
p. 134 ff. — 2) ein Stoifer von großer Gelehr: | Kreta gebracht; als er hier als Sklave verkauft
jamfeit, Lehrer des Cicero, namentlich in der | werden follte, fragte man ihn, was er denn ver—
Dialektif, in deſſen Haufe er lebte und ftarb (59 v. C.), ftehe?, worauf er antwortete: Menſchen zu gebieten,
und den er deshalb aud zum Erben jeines Ver- und dem Herold auszurufen befahl: ob jemand
mögens (100 000 Sefterzien) einjegte. Obwohl er | einen Herrn kaufen wollte? Zeniades aus Korinth
im Alter erblindete, fuhr er doc eifrig im Studium | kaufte ihn und vertraute ihm die Erziehung jeiner
der Riffenjhaften fort. Cie. ad fam. 18, 16, 4. Kinder au. Seitdem lebte er den Sommer in
tusc. 5, 39, 113. n. d. 1, 3, 6. ad Att. 2,20, 6. | Korinth, den Winter in Athen; dort traf ihn einſt
Diogenes, Jıoy&rns, der Zeusentiprofjene, ein | Alegander der Gr. im Kraneion, von dem er fich
im Wltertume häufig vorfommender Name; die nur die Gnade erbat, daß er ihm aus der Sonne
bedeutenditen Männer diejes Namens find: 1) D. geben jr x worauf der König den befannten
von Apollonia auf Kreta, 6 Arollorıdeng, Un: | Spruch gethan haben joll: Wenn ich nicht Alerander
änger der älteften j. g. ioniſchen Bhilofophenichule, | wäre, möchte ich Diogenes jein (Cie. tuse. 5, 32, 92).
ö puoıxög genannt, etwas jüngerer Zeitgenofje des | Platon nannte ihn den toll gewordenen Sofrates
Anaragoras, Verfaſſer eines verloren gegangenen | (3. uaıwöuerog); ald D. in der Wohnung desjel-
Wertes zegi picews, das auf den Fall des bes | ben mit ſchmutzigen Füßen auf foftbare Teppiche
rühmten Meteorfteins bei Aigospotamoi Rüdficht | trat und daber bemerkte, er trete den Hochmut
nimmt, aljo nad) 405 dv. E. abgefaft fein muß. | Platons zufammen, antwortete diejer: Ja, aber mit
Er jtellte mit Anarimenes als Grundftoff (ey) | einem andern Hochmut. — Die Lehre hat er nicht
die Luft auf, woraus er alle Erjcheinungen der | ausgebildet und daher auch Schriften jchiwerlich
Natur, auch die menjchliche Seele, ableitete, und —— ſeine ganze Philoſophie ging in ſeiner
der er lebende, ſchaffende und denlende Kraft zu- Lebensweiſe auf. Ken Forſchung verwarf er,
fchrieb. Cie. n.d. 1, 12, 29: aöre utitur deo. Intereſſe für die fittlihen Verhältniſſe des Staats
Diog. Laert. 9, 57. Monographie von Panzer: | (daher zuerjt nosuomoAeng) und der Familie fühlte
bieter (1830). — 2) von Babylon, ö Baßvio-|er nicht. Daher ift auch jein Leben nur reich an
vıos, aus Seleufeia am Tigris, ſtoiſcher Philofoph | Anekdoten und wigigen oder beifjenden Antworten ;
und Schüler des — von deſſen Lehren | eine der beſten unter dieſen iſt die, welche er einem
er wenig abwich. Wegen jeines hohen Anſehens Tyrannen auf die Frage: aus welchem Erze man
als Haupt diejer Schule nadı Zenon (magnus et | Statuen gießen müfle? gab: Aus dem, woraus die
gravis Stoicus, Cie. off. 8, 12, 51) wurde er in! Bildjäulen des i08 und Wriftogeiton ge:
der berühmten Gejandtichaft mit dem Akademiker | gojjen wurden. jtarb, angeblich auf der Straße,
Karneades und dem Peripatetifer Kritolaos, 155 | zu Korinth in hohem Alter; dort und in jeiner
v. E., nad) Rom abgeordnet, was zugleich die erjte | Heimat wurden ihm Statuen errichtet. Vgl. Gött-
BVeranlafjung zur Belanntichaft der Römer mit | Ting, gej. Abhandlungen IS. 251 ff. — 4) Laërtios
riech. Philojophie gab. In feinem Hauptfache, der | Diogenes, aus Laörte in Kilikien, als Gramma—
Dintettit, war Karneades wieder jein Schüler. | tifer in Athen lebend, wahrjcheinlich in der Zeit
Seine zahlreihen Schriften aus verjchiedenen | des Kaiſers Hadrian oder einige Jahrzehnte jpäter,
Fächern find jämtlich verloren gegangen. Cie. de|dem wir ein Werk Blu» xal yrauav rar Ev
or. 2, 38, 157. acad. 2, 45, 137. tusc. 4, 3, 5. — | gılooopi« sböonumodorov in 10 Büchern ver:
3) der Kyniker, ö Kvor, geb. zu Sinope am |danfen, das zwar nur eine etwas unorbentliche
ontos Eureinos in Paphlagonien 404 v.E., der | Kompilation und oft wenig genan und kritiſch iſt,
328
im übrigen aber, von feiner Vorliebe für Epifur
abgejehen, ziemlich unparteiiich, für viele Gegen:
jtände der Geichichte der alten Philojophie eine
Hauptquelle und dur die Erhaltung zahlreicher
Bruchjtüde aus verloren gegangenen Schriften un:
ſchätzbar iſt. Beftimmt war das Werk cigentlich
für eine gelehrte Römerin Arria (j. d.). Der Tert
iſt —— bedeutend verfälſcht. Kommentare
dazu von Caſaubon und Menage (geſammelt in
der Ausgabe von Meibom, 1692, ſowie von Hübner
und Jacobitz, 1830 ff.); Ausgg. von Hübner (1828 ff.)
und Cobet (1850).
Atotxı os xar& aoueg, die unter den Mitteln
zur Serjtellung eines ariftofratiichen Zuftandes
vorfommende Auflöjung der großen Stadtgemein-
den und Berteilung derjelben in Meinere Ortichaf:
ten, wie Xenophon (Hell. 5, 2, 7) von dem Ber-
fahren der Lakedaimonier nach dem antallidiſchen
Frieden in Mantineia berichtet.
Diökles, Jıorins, 1) ©. des Orfilochos, Entel
des Alpheios, Herrſcher von Pherai in Meſſenien,
deffen Söhne Krethon und Orfilochos mit gegen
Troja zogen. Hom. Od. 3, 488. Il. 5, 5411. —
2) ein Heros in Megara, dem die megariichen
Jünglinge das Feſt Sıöndcıa feierten, weil er einft
in einer Schlacht einen geliebten Jüngling mit
Aufopferung feines eigenen Lebens gerettet hatte.
Schol. Theoer. 12, 18. — 3) Herrſcher in Eleufis,
ſ. Demeter, 2. — 4) ein Dichter der alten att.
Komödie, angehlid aus Phlins; nur die Titel von
4 Stüden find erhalten. — 5) ein Syrafufier, der
im peloponnejifchen Kriege die barbariiche Behand:
lung der gefangenen Athener verjchuldete. Darauf
arbeitete er ein Geſetzbuch aus und begründete die
demofratifche Berfaffung, wobei er anordnete, bapı
um die Staatsämter geloft werden jollte (413 um
412 v. E.). Nach einem ungünftigen Kampfe gegen
die Karthager (409) wurde er durch feinen Gegner
Hermofrates geftürzt und ging ins Eril. doch
icheint er bald zurücgefehrt zu Fein. Weil er gegen
jein eigenes Geſetz mit dem Schwert bewaffnet in
die Boltsverfammlung fam, joll er fich jelbft getötet
haben. Diejelbe Sage geht freilid auch von Cha:
rondad. Diod. Sie. 13, 19. 338. — 6) D. Kary—
ftio3, fo genannt von feiner Baterjtadt Karyſtos
auf Euboia, als Arzt gefeiert in der Zeit vor
Ariftoteles (Plin. 26, 2) und oft bei den griechi—
ihen Arzten citiert. — 7) ein —2** aus der
* des Auguſtus, oft in den rhetoriſchen Schriften
Senecas erwähnt. — 8) D. von Peparethos,
griechiſcher Hiftorifer um den Anfang des zweiten
puniſchen Krieges, joll namentlich über die Ur:
geſchichte Roms (»riaıs "Poung) geichrieben haben.
lut. Romul. 3. 8. Vgl. Müller, fragm. list.
Graec. III p. 74 ff.
Diolkos, dloAxog, hieß eine breite Fahrbahn,
welche den forinth. Hafen Lechaion mit der Bucht
von Schoinns am Saronischen Meerbujen verband,
auf welcher Waren und Fleinere Fahrzeuge über
den niedrigen Rüden des en geichafft wurden.
Strab. 8, 335. 380. Arist. Thesmoph. 618.
Diomedes, Jıounöns, 1) Sohn des Ares und
der Kyrene, ſ. Herakles, 9. — 2) Sohn des
Tydeus, einer der Epigonen (j. Adrastos). Nach
dem Epigonenzuge nimmt er als König von Argos,
Nachfolger feines Großvaters Adraſtos, teil an
Ni
Awırıouog — Diomedes.
Adrastos). Hom. Il. 2,559 ff. Vor Troja ift er
bei Abweienheit des Achilleus in der Schlacht und
im Rat der mutigfte von allen, der mit ftets vor:
ftrebender und mutvoller Tapferkeit, unteritügt von
Athene, felbft Götter anzugreifen fich nicht jcheut.
11.5. Als (II. 8, 66 ff.) die Achaier in der Schlacht
fliehen, gibt er durch einen fühnen Angriff auf
Hektor der verlornen Schlacht eine günftige Wen:
dung und wird nur Durch den vor jeinen Noffen
niederfahrenden Blig des Zeus zurücdgetrieben.
11. 10, 220 ff. erbietet er fich zuerft zur nächtlichen
Kundſchaft, geht mit Odyſſeus aus dem Lager,
tötet den trotichen Kundichafter Dolon und über:
fällt den thrafiichen König Rheſos in feinem Lager
(daf 470 ff.); j. ferner ZZ. 11, 310 ff. Nach nad):
homerifcher Sage raubte er mit Odyſſeus, indem
fie durch einen unterirdiichen Gang in die Burg
drangen und die Wächter erjchlugen, das Bild der
Ballas, das Palladion (Verg. A. 2, 163), welches
er jpäter entweder nach Argos bradıte, oder De:
mophon ihm bei einer Landung in Attifa raubte.
Nach Eroberung Trojas fommt er glüdlich nach
Argos zurüd. Od. 3, 180. ber jeine weiteren
Schickſale erzählt die nachhomeriſche Sage jehr
verichiedenes. Aphrodite zürnte ihm, weil er jie
vor Troja verwundet hatte (11. 5, 330. 410), und
verleitete daher jein Weib Nigiale oder Aigialeia,
eine Tochter oder Enkelin des Adraſtos, zum Ehe:
bruch mit Sippolytos oder Nometes oder Kylla—
baros; deshalb verlieh er nad feiner Heimlehr
entweder freiwillig oder von der Ehebrecherin ver:
trieben das Land und zog nad Mitolien, der
Heimat jeines Vaters Tydeus, wo fein Großvater
Oineus noch lebte. Diejen hatte fein Bruder Agrios
aus der Herrichaft vertrieben. Diomedes erichlägt
den Sohn des Agrios, Epopeus, und jegt feinen
Großvater (nach andern den Andraimon, |. d.)
twieder in die Herrichaft ein. (Manche jegen diejen
Zug nad Mitolien zwijchen den Epigonenzug und
den trojanischen Krieg und laffen Oineus mit nad)
Argos ziehen.) Auf der Rüdfahrt nach Argos wird
Diomedes verichlagen und fommt nad) Jtalien ins
Land der Daunier; er fteht dem König Daunos
(Sohn des Lyfaon, Bruder des Japyr und Peu:
cetins) gegen die Meflapier bei und erhält zum
Dante Beben Tochter Euippe zur Ehe und Die
Herrichaft des Yandes. Mit diejer Gemahlin zeugt
er den Diomedes und Amphinomos. Er ftirbt in
Daunien oder Argos, wohin er zurüdgelehrt war,
oder verjchwindet auf einer der nach ihm benann—
ten, im Adriatiichen Meer gelegenen Diomediſchen
Infeln, wo auch fein Grabmal fein jollte. An
der Dftküfte Italiens ſoll er mehrere Städte und
Heiligtümer, befonders der Athene, gegründet haben :
Beneventum, Argos Hippium (Argyripa, Arpi),
Ganufium (Hor. sat. 1, 5, 92), Brundufium u. a.
Strah. 6,283f. Die Diomed&öi campi in Apulien
waren nach ihm benannt. In Italien wurde er
in vielen Städten als Heros verehrt, in Argyripa,
Metapont u. ſ. mw. Auch in Griechenland galt er als
Heros. In Argos wurde an dem Feſte der Athene
mit dem PBalladion der Schild des Diomedes in
feierlihem Zuge einhergetragen und fein Bild im
Inachos —— Er war bier überhaupt ein
eng mit Athene (die ihn zum Gotte machte, Pind.
nem. 10, 7) verfnüpftes Wejen, weshalb er aud)
dem trojaniſchen Kriege in Gemeinschaft mit feinen | bei Homer in engere Beziehung zu den olymp.
treuen Genoſſen Sthenelos und Guryalos (ſ. | Göttern geſetzt wird als irgend ein anderer Held.
Diomeia — Dionysios,
329
al. 71.5. — 3) latein. Grammatifer, j. Gramma- | nnd errichteten ihm als dem Wiederherfteller der
tiker, 6.
Diomela j. Herakles, 13.
Aıwpooie, errouocie. Nach athenischem Rechte
—* bei der Einbringung des Prozeſſes beide
arteien, ſowohl der Kläger als der Beklagte, ihre
Behauptungen zu beſchwören. Dieſe Eide hießen
diwuosle und arrauocie ; die Ausdrücke find bei
den Rednern faft gleichbedeutend «5. auch Pro-
zes, 6.)
Dion, rö JSior, Dium, 1) Borgeb. an der Nord-
feite Kretas, j. Kap Dia. — 2) Stadt am Fuße
des Dlympos und am Thermaiichen Meerbujen in
Pieria in Makedonien (Thuc. 4, 78), j. Mala:
thria, benannt nad) einem Beustempel, zu Poly:
bios’ Zeit ſehr angejchen. Pol. 4, 62. Liv. 41,7.
Hier wurden die zum Andenlen der am Granikos
Gefallenen von Lyſippos gegoflenen Neiterftatuen
aufgeftellt, die jpäter nah Rom famen. Arr.
1, 16, 4. — 3) Stadt auf der chalkidiichen Halb:
injel Akte. Hdt. 7, 22. Thuc. 4, 109. — 4) Stadt
auf Euboia am Vorgebirge Kenaion. Hom. Il,
2, 538. Strab. 10, 446.
Dion, Sir, 1) ein edler Syrafufier, geb.
409 dv. E., Sohn des Hipparinos, Bruder der Ari—
ftomache, der Gemahlin des älteren Dionyjios, deren
Tochter Arete er heiratete. Früh wurde er von
Platon für die Philojophie gewonnen, ftand aber
ungeachtet feiner Freimütigkeit und Sittenftrenge
auch in Anjehen bei dem älteren Dionyſios. Doc)
juchte er vergebens auf diejen, jowie jpäter auf
jeinen Sohn heilſam einzuwirken. Durch Philiftos
verbächtigt, wurde er 366 verbannt und ging nad)
Griechenland, wo er, hochgeachtet, im Umgang mit
Philoſophen lebte, bis die Tyrannei des jüngeren
Dionyfios und die Berfolgung feiner Familie
(Arete wurde dem Timofrates vermählt, jein Sohn
Aretaios oder Hipparinos zu Ausichweifungen ver-
lodt) ihn beftimmten, mit jeinem Bruder Megakles
und dem Serafleides den Verjuch zur Befreiung
des Vaterlandes zu machen Mit 800 Söldnern
ichiffte er fih in Zakynthos auf 3 Schiffen ein
und wurde mit Freuden in Syrafus aufgenommen,
357; indes behauptete der aus Italien zurückge—
fchrte Dionyſios die Burg. Es folgten längere
Kämpfe. Unterhandlungen mit Dionyſios und ein
herbes Betragen entzogen ihm die Gunſt des
Volkes. Als Herafleides und Sofis ihn verdäch—
tigten, als ob er jelbjt nach der Tyrannei ftrebte,
og er mit feinen Söldnern zu den Leontinern,
Da aber die 25 Strategen die Stadt micht zu
ſchützen vermochten, wurde er in der Not wieder
herbeigerufen. Ohne Verlangen nach Rache über-
nahm er abermals den Oberbefehl und überlieh
dem Serafleides das Kommando der Flotte. End-
fih gelang es ihm, die Burg zur Übergabe zu
wingen. Als er nun bei aller Einfachheit und
äßigung doc, größere Strenge zeigte und beſon—
ders die zügelloje Demofratie in eine Ariftokratie
umzugeftalten ftrebte, fanden die Demagogen wieder
williges Gehör bei dem Volke. Durd die Hin-
richtung des SHerafleides verlor er noch mehr die
Bollsgunft. Diefe Stimmung benugte der Athener
Kallippos (Kalliftratos); er ftiftete, während er
liftigerweife fih bei Dion einjchmeichelte, eine
Berihwörung an, und Dion wurde von ihm und
feinen Genoſſen in feinem Gemache ermordet, 353.
Nach jeinen Tode betrauerten ihn die Syrafufier
|
|
ı Freiheit auf öffentliche Koften ein Denkmal. Plut.
Dion. Nep. Dion. Diod. Sie. 16. — 2) j. Dio.
Diöne, Jıovn, Tochter des Oleanos und der
Tethys (Hesiod. theog. 353), oder des Uranos
und der Ge, eine Titanin, von Zeus Mutter der
Aphrodite. Hom. Il. 5, 370. Daher heißt Aphro—
dite Sıworeie und jogar auh Iıorn. Dione var
zu Dodona die Gemahlin des Zeus, ftatt ber
Hera, und enthielt uriprünglich diejelbe Idee wie
der dodonaiiiche Zeus in weiblicher Geftalt (Zeug,
Jıög, Aichun, luno); da aber das dodon. Orakel
früh von andern verdunfelt wurde, jo ward Dione
von Hera ganz von der Seite des Zeus_verdrängt
und trat jo in den Hintergrund, daß fie von
manchen nur für eine dodonaiische Nymphe ange:
jehen wurde.
Dionysia ſ. Dionysos, 6.
Dionyslädes, Jıorvsdöng, aus Tarjos in Ki—
lifien, ein tragiicher Dichter in der Zeit nad
Alerander dem Gr., in die tragiiche Pleias aufge:
nommen. Strab. 14, 675. Es wird von ihm ein
dramatiiches Skizzenbuch, zapanrijoes oder pılo-
xwumdog, erwähnt, eine Art Theater-Almanadı.
Dionysische Künstler j. Schauspiele, &.
Dionysios, Jıorvorog, 1) der Phofaier, An:
führer der Jonier im Aufftand gegen Berfien, 309
nach der Schlacht bei Lade in die weitlichen Meere,
um als Freibeuter gegen Tyrrhener und Karthager
u fämpfen. Hat. 6, 11. 17.— 2) der Wltere,
ohn des Sermofrates, geb. 431 v. C. focht mit
Auszeichnung gegen die Karthager, mit denen
Syrafus jeit 410 Krieg hatte. Mod. Sie. 13, 87.
Durch Anklage der Feldherren, welche Agrigent
verloren hatten, verdrängte er, unterftügt von Phi:
liftos, diejelben und wurde ſelbſt unter die neuen
Freldherren gewählt. Nachdem er durch Zurück—
berufung der Verbannten jeine Partei verftärft
und das Heer durch erhöhten Sold an jid ge
feffelt, wurde er nad Bejeitigung feiner Kollegen
alleiniger Feldherr; jetzt verichafite er ſich eine
Leibwache, zog nach Syrafus und erflärte fich zum
Herrn der Stadt, 406. Cie. tusc. 5, 20. Zwar
erlitt er eine Niederlage bei Gela, fein Heer machte
einen Aufjtand, indes durch Abtretung von Himera
und Agrigent erlangte er Frieden; und nun jicherte
er feine Herrſchaft durch Herbeiziehung von Miet:
foldaten, beſonders Gampaniern, Befeftigung des
Stadtteild Ortygia und durch Eroberungen (Jod.
Sie. 14, 7), im 3. 406. Er heiratete die Tochter
des Feldherrn Hermokrates und nad deren Tode
zu gleicher Zeit die Ariſtomache, Schweiter des
Dion, und die Lofrierin Doris. Am J. 399 war
er im Befit des nichtfarthagischen Siciliens. Nach
großen Püfkungen (Schiffe mit 5 NRuderbänfen und
Katapulte) begann er den zweiten Krieg gegen
Karthago, 397. Er belagerte Motye, aber vor
der überlegenen Macht des Himilfo mußte er fich
nach Syrafus zurüdzichen und wurde hier belagert.
Er verteidigte ſich indes glüdlih, gewann die
Bürger durch Herablaſſung und Mäßigung und
wurde endlich gerettet durch eine Veit im Lager
der Karthager, 396. Diod. Sie. 14, 45. Himillo
Drag die Trümmer jeines Heeres zurüd, doch
etzte Mago den Krieg fort, bis die Karthager 392
Frieden jchloffen und Tauromenion abtraten.
Inzwiſchen zeigte fich feine Härte darin, daß er
viele Bürger, um Geld für den Krieg zu erhalten,
330
hinrichten ließ. Jetzt wandte Dionyjios jeine An
griffe gegen die griechiichen Städte in Unteritalien,
die Krotoniaten wurden bejiegt, Rhegion nach
11monatlicher Belagerung durch Hunger zur Über:
gabe gezwungen und hart behandelt, 387. Diod.
Sie. 14, 10f. 1115. Nach mehreren Friedens:
jahren, in welchen Beziehungen zu Sparta ange:
fnüpft und die Secherrichaft auf dem Adriatiſchen
Meere befeftigt wurde, fing er einen dritten Krieg
Dionysios.
| jeiner Grauſamkeit müde, zur Rettung der durd)
‚innere und äußere Wirren zerrütteten Stadt die
| Mutterftadt Korinty um Hülfe. Timoleon fam
und zwang den Dionyfios, die Burg zu übergeben
und die Regierung niederzulegen, 343. Diejer jegelte
‚mit feinen Schägen nadı Griechenland und lebte
ſpäter in Korinth als Privatmanı, in wirklicher
‚oder verjtellter Dürftigfeit und Gemeinheit. Cie.
tusc. 3, 12, 27. Diod. Sie. 15, 16. 16, 69 f. Plut.
gegen Karthago an, in welchem er über den Mago | Dion und Timoleon. Just. 21,5. — 4) aus Kolo—
bei Kabala fiegte; er erlitt dann aber eine Nieder:
lage bei Kronion und mußte im Frieden einige
Abtretungen an Karthago machen, jo daß der
Halyfos die Grenze wurde, 383. Diod. Sie, 15,13 ff.
Nach Bereitelung feiner Anichläge gegen Epeiros
und Delphoi begann er einen vierten Krieg gegen
Karthago. Anfangs war er glüdlich, doch jeine
Flotte ward im Hafen von Eryr vernichtet, worauf
ein Waffenftillftand folgte. Bald darauf ſtarb er,
367, durch Unmäßigfeit oder Gift von jeinem
Sohne, oder vor Freude über einen tragiichen Sieg.
Diod. Sie, 15, 74. Unmenſchliche Grauſamkeit
gegen Naheſtehende, hervorgerufen durch ein grenzen:
lojes Miftrauen, und Gottlofigleit befleden das
Andenken des D. (Val. Max. 1, 1. 4, 7.9, 17.
Plut. Dion 5. Cie. tusc. 5, 21 und 22); doch darf
anderjeits nicht vergeflen werben, daß an ihm ge:
legentlich auch befjere Regungen hervortraten und
daß er fi) während jeiner Herrichaft große Ver:
diente durch Rettung des ficiliichen Hellenentums
vor den Karthagern erworben hat. Vgl. die Mono:
graphie von Baß (1881). — Aus Eitelkeit und
einer franfhaften Neigung für die Tragödie wollte
er Dichter jein ohne Talent. Seine Gedichte wurden
von Philogenos freimütig getadelt, in Olympia
verhöhnt; indes in Athen erhielt er 367 für eine
Tragödie (Aurga "Errogog) den Preis. Fragmente
bei Naud, trag. Graec. fragm. p 616. — 3) D.der
Jüngere, Sohn des vorhergehenden von der
Lokrierin Doris, in jeiner Jugend aus Miftrauen
verwahrloft, folgte dem Vater in der feitbegrün-
deten Herrſchaft (367 dv. E.) und beendete, da er
ohne kriegeriſchen Geift war, jchnell den Krieg
mit den Karthagern; auch jonft ift jeine Regierung
ohne bedeutende friegerijche Ereigniffe. Da er von
Natur weder grauſam noch unfähig war, jo hoffte
Dion ihn durch Platon mit dem ethiichen Gehalt
des Königtums zu erfüllen, und Platon fam herbei,
um den Verſuch zu machen, hier das Heil eines
Staats durd das Walten eines zur Tugend ge:
bildeten FFürften zu gründen. Bwar wurde er
jehr ehrenvoll empfangen, indes durch Schmeichler
(Philiftos) wurde bald der Einfluß der Befleren
zunichte gemacht. Dion wurde verbannt, Platon
Dagegen, an den eine gewille eiferjüchtige Liebe
den Dionyſios feffelte, nur ungern entlafjen. Auf
die Verjprechungen und Einladungen des Dionys
fam Platon noch einmal nad Sicilien, fehrte indes
ebenjo fruchtlos, nicht ohne Mifhandlungen und
Gefahren, zurüd, 360. Bald verſank Dionyfios
in alle Lajter und Yaunen der Tyrannis, und die
Bande der Herrichaft loderten ſich. Während eines
Zuges gegen die Lucaner fam Dion zurüd, be:
ſetzte Syrafus, und auch die Burg mußte ihm
jpäter übergeben werden. Dionyfios ging nad)
dem italifchen Yocri und herrichte dort mit gleicher
Brutalität, bis er 346 wieder zur Herrichaft in
Syrafus gelangte. Die Sprakufier jedoch baten,
phon, j. Maler, 3. — Bon Scriftitellern
diejes Namens jind die bedeutendften: 5) D. aus
Milet, einer der Logographen, jüngerer Zeitge:
nofle des Hekataios, lebte bald nach 500 v. E.;
er jcheint in den Ilegoıx& oder r& ueygı Jagelov
den erjten Berjuc gemacht zu haben, Begebenheiten
der nächjtvorhergehenden Zeit hiſtoriſch darzuftellen.
Ob er auch eine megujynorg olaovufvng geichrie:
ben, ijt nicht zu enticheiden. Vgl. Müller, fragmı.
hist, Graee. IIp. 5 ff. — Er wird öfter verwechſelt
mit 6) D. von Samos aus der alerandrintichen
Zeit, welcher ein mythologiiches Handbuch in Proja
(zuxdog) und vielleicht auch andere mythologiſche
und hiftoriiche Werke verfahte, welche Hauptquelle
für die erften Bücher des Diodor waren. Vgl.
Müller, fragm. bist. Graec. 11p.9 ff. — T)D.aus
Sinope, Dichter der neueren Komödie um 350
v. E. Die erhaltenen Bruchitüde, darunter ein
längeres von 43 Berjen (Athen. 9, 404), |. bei
Meinele, fragm. com. Graec. III p. 543 fi.
(Ip. 775 ff. d. Mein. Ausg.), und Kod, com.
Att. fragm. II p. 423 fi. 8) D. Thrar
(HeiE), Schüler des Ariſtarch, ungefähr 100 v. C.,
verfaßte die erfte wifjenichaftliche griechiiche Sprach—
lehre, r¥ yoauuarırı), die großen Ruhm er:
langte, aber in ihrer jegigen Geſtalt interpoliert
ift. —* in Bekkers Anecd. Graec, Bd. 11,
und von Ühlig (1884). — 9) D. von Myti—
lene mit dem Beinamen ö Zxvroßpayio» Leder—
arm), jchrieb um 100 v. E. mythologiſche Schrif-
ten, die Diodor dem dritten und vierten Buche
feiner hiſtor. Bibliothef zu Grunde legte. — 10) D.
von Halifarnajjos, fam, wie er jelbjt erzählt,
am Ende des Bürgerfrieges zwiſchen Antonius
und Auguftus, aljo um 30 v. de nah Rom, lebte
dort 22 Jahre, wahrjcheinlich als Lehrer der Rhe—
torif, und jtudierte dabei römiiche Sprache und
Litteratur; geit. um 8 v. C. Außer einigen, uns
nur dem Namen nach befannten, hiftoriichen Werfen
ichrieb er "Pouainn doyaokoylae in 20 Büchern,
von der mythiſchen Gejchichte der italiſchen Völker
bis zum —— der puniſchen Kriege, wo das
Werk des Polybios anfängt. Erhalten ſind die 10
erſten Bücher vollſtändig, das elfte zum größten
Teil (bis 443); von den übrigen nur Bruchitüde.
D. bemüht ji, die Berwandtichaft mit dem Griechen:
tum, jowie die Weisheit der römiſchen Geſetzgeber
und Staatöordner nachzumweifen, um dadurd den
Griechen die Unterordnung unter Rom erträglicher
zu machen. Er weift hin auf das Walten der
Götter in der Gejchichte, läßt Kriegs: und Ber-
faſſungsgeſchichte abwechſeln und mijcht vielfach
Reden ein. Sein Urteil ift verftändig, doch nicht
gründlich, denn er vermischt Griechiſches und Rö—
miſches ſowie die verichiedenen Zeiten; es fehlt
ihm an poetiicher Auffaffung des Altertums und
an Verftändnis der eigentümlich:römischen alten
Verhältniffe. Doch ift er neben Yivius Hauptquelle
Dionysos.
für die alte Berfaffungsgeihichte Noms, vielfach
benußt von Plutarch, Appian und Caſſius Dio.
Der Stil, der vielfahe Nachahmung des Thuky—
dides und Polybios verrät, ift fließend und nicht
ohne Anmut, trägt jedoch vorzugsmweije einen rheto-
riichen Eharalter. — Erjte Ausg. von R. Stephanus
(1546 ff.), Ausg. mit latein. Über. von Kießling
und Prou (1886); Handausgaben von N. Kieß—
ling (1860 ff. 4 Bbd.) und Jacoby (1885 ff.). —
331
gemein hat, daß er der Berbreiter milderer Sitten,
der Kultur ift (Qssuopogng).
Dionyjos wie die Demeter, dieje friedlichen Gott:
heiten, jelten; fie find nicht im Vereine der olym-
pilchen Götter, jondern weilen freundlich auf der
Erde bei dem Menichengeihleht. Aber Homer
fennt doch jchon den orgiaftiichen Dienst des Gottes
(Il. 6, 130 ff.). Seinen Urjprung hatte der Dienft
wahrjcheinlich bei den mythiſchen Thrafern in
Außerdem haben wir von Dion.: a) rhetoriiche | Boiotien; deshalb ift auch Boiotien das Geburts-
Schriften: megi ovrdfoewug Öroudror (de com- | land des Dionyjos.
positione verborum), herausgegeben von Schäfer
(1809) und Göller (1815), reyen 6nroginn, in
ihrer jeßigen Geſtalt nur ein Auszug oder ver:
fälſcht; b) fritiich-äfthetiiche Schriften: rör mu-
Laor zaganrrjges, mipl tor doyalov Öntögwv
vrournuersouol, Beurteilungen des Thufydides,
Demofthenes u. a.; c) Briefe. Gejamtausgaben
feiner Werte von Sylburg (1586) und Reiske
(1774 ff. 6 Bod.). — 11) D. der PBerieget. Un:
befannt ijt jein Vaterland (Charar, Byzanz, am
wahricheinlichiten Alerandreia) und unficher feine
Zeit (zur Zeit Sullas [|Mommjen], unter Auguftus,
Domitianus oder Septimius Severus). An feiner
egjynorg olovu£rns hat er die Damals bekannte
Welt in 1187 forreften und wohlflingenden Sera:
metern beichrieben, älteren und jüngeren Quellen
bunt durcheinander folgend. Bon Späteren wurde
jein Gedicht viel benugt und fommentiert, nament:
lih von Euftathios; von Rufus Feſtus Avienus
‘{. d.) und dem Grammatifer Prijcian (j. d.) ins
Lateiniſche überſetzt. Ausgg. von &. Bernhardy
(1828) und C. Müller (geogr. Graec. min., Bd. II).
— 12) Dionyjius@ato,j.Catonis disticha
und Gnomische Poesie,a.€®. — 13) D. von
Byzanz, verfahte vor 196 n. E. eine Beſchreibung
des thrafiihen Boiporos, drämiorg Boorögonv,
von der Bruchftüde, teils im griechiichen Original,
teils in lateinischer Überjegung, erhalten find.
Dionfsos, Jıovvoog, Jıhvvoog, Béxxos,
Bacchus, Liber, der Sohn des Zeus und der
Semele (Hom. Il. 14, 325), ift der Gott des
Weines und des Weinbanes, der durch die Gabe
des Weines des Menſchen Herz erfreut (zdpu«
Beoroisır) und Sorgen und Leiden vericheucht
(.Ivaiog, Sorgenlöjer), zugleich aber aud dem
Körper Gejundheit und Gedeihen verleiht; er ift
jomit ein Netter (swrrje) im geiftiger und leib-
licher Hinficht. Durch feine Gabe werden die Men:
ſchen zu heiterer Gejelligfeit, zu friedlichem Ge:
nuffe des Lebens zujammengeführt; daher find die
Ehariten, Eros und Aphrodite gern in feiner Ge—
jellichaft. Er ift ein Freund der Mufen und för—
dert ihre Künfte (Meirousvog), das Drama und der
Dithyrambos verdanken feinem Kulte Entftehung
und Ausbildung. Auch dem Apollon tritt er nah,
vermöge jeiner begeifternden Kraft befähigt er zur
Weisjagung; er jelbft ift ein largöuevrıs, ein Arzt
durch Weisjagung, und hatte an manchen Orten
Drafel, befam Teil am Drafel zu Delphoi. In
Bezug auf die Natur erhielt der Gott, der die
Rebe hegt und pflegt, eine allgemeinere Bedeu:
tung, er wurde überhaupt ein ‘Förderer des Wachs—
tums, der Blüten und der Früchte (Diorög von
pkoiw, floreo, Ardeig, Ardıog, Jerdgteng, Vys,
der durch die Feuchte Befruchtende) und nahm jo:
mit an der Wirkſamkeit der Demeter teil, mit der
er auch in Bezug auf das Menjchenleben das
Seine Mutter Semele, die
Tochter des Kadmos, wohnte in Theben. Sie erbat
fi auf Anftiften der eiferfüchtigen Hera von Zeus,
daß er ihr in jeiner ganzen Herrlichkeit ericheine,
und als ihr nun Zeus, durch fein Verſprechen
gebunden, mit Blig und Donner nahte, ergriff
die Flamme Scmele und das Haus, und fie gebar
jterbend ein unreifes Kind, welches Zeus jih in
die Hüfte nähen und, als es gezeitigt war, der
Ano, Gemahlin des Athamas in Orchomenos, zur
Bilege übergeben lich. Als aber Hera den Athamas
in Saferei verjegte und Ino flüchtete (ſ. Atha-
mas), twurde der junge Gott den Nymphen in
dem Waldthal Nyia (daher Jıorvaog) übergeben
und bon dieſen, in einer Höhle verborgen, mit
füher Nahrung aufgezogen. Das uriprüngliche
Nyſa, wenn nicht bloß ein Ort der Phantaſie, war
wohl in Boiotien; jpäter verlegte man es nad)
Thrafien, Arabien, Judien u. j. w. Von Boiotien
verbreitete fich der Dionyjosfult nach Attika, au
den Parnaß, nad Sifyon, Korinth, nach den Inſeln,
wie Naros, Leſbos u. ſ. f. Auf Naros ift Mriadne :
(j. Theseus) jeine Gemahlin, mit der er den
Dinopion (Weintrinfer), Euanthes (der Blühende)
und Staphylos (Traubenmann) zeugte. Der Kultus
des Dionyjos verbreitete ſich ſpäter als der der
olympiichen Götter über ganz Griechenland, und
da er durch feine Weichheit und Hinneigung zu
einem üppigen Xebensgenuß in einem gewiſſen
Gegenſatze zu dem erniten und ftrengen Charalter
des Dienftes der Olympier, namentlich des jo ein:
flußreichen Apollondienftes, ſtand, jo fand jeine
Einführung an vielen Orten Widerjtand. Darauf
deuten viele Mythen, namentlich auch der (Il.
6, 130 ff. erwähnte) Mythos über Lykurgos, den
Sohn des Dryas, König der Edoner in Thrafien.
Dieſer verjcheuchte die Ammen des trunfenen Dio:
nyjos don dem nyſeiſchen Sefilde, daß fie die hei:
ligen Geräte auf die Erde fallen ließen und Div:
nyjos jelbit ind Meer jprang, wo Thetis ihn
aufnahm. Deshalb haften ihn die Götter, und
Beus blendete ihn und fürzte fein Leben (Homer);
nad) jpäterer Sage juchte nach dem Frevel des
Lykurgos Unfruchtbarkeit jein Yand heim, und er
verfiel in Wahnjinn, im welchem er jeinen Sohn
für eine Rebe anjah und tötete, ebenſo jeine Gattin;
da aber die Unfruchtbarkeit fortdauerte, führten
ihn die Edoner anf den Pangaios, wo ihn Dio-
uyſos von Pferden zerreißen ließ oder des Dionyſos
Panther ihn zerfleischten. Apollod. 3, 5, 1. Soph.
Ant. 955 ff. In Argos verjegte Dionyios die jei-
nen Dienst fliehenden Weiber in Raſerei, daß fie
ihre eigenen Kinder töteten und verzehrten. Tyr—
rhenijche Seeräuber, die ihn am Ufer des Meeres
geraubt hatten, verwandelte er in Delphine, mit
Ausnahme des Stenermanns, der in ihm den Gott
erfannt hatte (j. Akoites, vgl. auh Pentheus).
Wohin der Gott fam, jegte er feinen Dienft ein;
Homer nennt den ‘
117
4
5
332 Dionysos.
fiegreich zog er mit jeinem dienenden Schwarme glieder zum Opfer beftand. Die Feier war ver:
von Mainaden oder Baldantinnen, von Satyrı |
und Silenen, welche den mit Reben und Epheu
ummwundenen Thyrſosſtab als Waffe führten, in
bunden mit allerhand bäuerischen Luftbarfeiten,
burlejlen Tänzen und neckiſchen Scherzen, in welchen
der Keim zu der ausgebildeten dramatijchen Poefie
Hellas und dem Barbarenlande umher bis ins | lag; wandernde Schaujpielertruppen führten ihre
ferne Indien. Diejer bafchantifche Zug nad) Indien
wurde erjt nach Alerander ausgedichtet als mpthi-
ſches Gegenbild zu dem Zuge des Mafedoniers.
Nachdem der Gott fich in aller Welt Anerkennung
verichafft hatte, führte er feine Mutter aus der
Unterwelt in den Olympos, wo fie als Thyone
(Ovavn, die Rajende, er jelbit @vwrevg) der Un:
iterblichfeit genof. — Der Kultus des Dionyſos
hatte von alters her den Charakter fröhlicher Heiter:
feit. Plutarch jagt von demfelben: „Vor alter Zeit
nos,
feierte man das Balchosfeft ganz einfach, aber doch |
fröhlich genug; voran im Zuge wurde ein Krug
mit Wein und Reben getragen, dann kam ein Bod | feiert,
Stüde auf, meiftens jolche, die ſchon in der Stadt
geipielt worden waren. Eine bejondere Ergetzlich—
feit an dem mehrere Tage dauernden Feſte waren
die Aſtolien (Adorwde), wobei Knaben zun Ge:
lächter der — mit einem Fuße auf ge:
füllten, mit Ol beftrichenen Schläuchen umber:
iprangen. Zu derjelben Zeit feierte man zu Eleuſis
und Athen das Tennenfeit, AAöe, ein dem Dio—
der Demeter und der Berjephone gemein:
ihaftlih begangenes Feſt. — Das nächſte Feſt
waren 2) die Lenaien, Arvam, im Monat
Gamelion (Januar-Februar), in Athen jelbit ge:
eine Fortiegung gleidylam der ländlichen
und dann noch Einer, der einen Korb mit Feigen | Dionyſien; denn fie waren uriprünglich ein länd-
trug.“ Später verichwand dieſe Mäßigung immer
mehr, man überlich ſich einem ausgelaflenen Ein:
nentaumel und z0g mit raufchendem Lärm von
Flöten, Pauken und Beden unter dem Ausrufe
ebod in trunfener, ausjchweifender Raſerei umher, |
zerriß Tiere und aß das blutige Fleiih. Daher
erhielt Dionyjos den Namen Bdxyos, der Yärmende
(nicht vor Anafreon),
lihen Feten (Nyftelien) rajende Weiber, welche
unter dem Namen Bathantinnen, Mainaden,
Thyiaden, Mimallonen, Bajjariden (nad
dem bunten langen Gewand, Baſſara; D. jelbit
heißt Baflareus), Biftoniden die Begleiterinnen
des Dionyſos vorftellten.
ftammte wahrfcheinlich aus Thrafien und war bie
Veranlaffung, daß Dionyjos mit Kybele und Atys
in Berbindung EA 3 und mit Sabazios iden-
tifiziert ward, mit ajiatiichen Gottheiten, die eben:
falls in wildem Taumel verehrt wurden. Unter
Dionyios Sabazios verftand man den Reprä—
jentanten des blühenden Lebens der Natur, welches
dem Tode verfällt und wieder erwacht. Diejelbe
Idee liegt dem Dionyjos:Zagreus (dem Zer—
riffenen) zu Grunde, welchen die Orphifer in die
Mopiterien der Demeter und Perjephone einführten.
Sie erzählten, Dionyfos: Zagreus, der Sohn des
Zeus und der PBerjephone, von dem Bater auf den
Thron des Himmels gejegt, jei von den Titanen
zerrifien worden, Zeus habe fein zudendes Herz
verichlungen und den Dionyſos aufs neue erzeugt.
An den Myſterien der Demeter hat Dionyjos den
Namen Jakchos ("Inxyog) und tritt, als Kind
vorgeftellt, als Köopog der Köon, Perjephone, an
die Seite; er ift ihr Bruder oder Bräutigam. —
Von den Feiten des D. erwähnen wir den diony—
fischen Feſtkyklos in Attifa, der aus 4 Hauptfeiten
beitand, welche vom Spätherbft oder Dezember
bis zum Frühjahre reichten. 1) Die Heinen
oder ländlichen Dionyjien, Jıordae r& xar’
&ygpovg, v dypois, rà unge, im Monat Pojei-
deon (Dezember-Januar) auf dem Lande gefeiert,
zu einer Zeit, wo man auf dem Lande wenigſtens
den jungen Wein zum erftenmal ablieh und koftete.
Ein Feſt der Weinlefe konnte es nicht fein, ba
dieje höchftens bis zum Anfang November dauerte.
Ariftophanes (Acharn. 241 ff.
Baxysiog, Boöuiog, Eirog. |
Eine Hauptrolle jpielten bei diefen zum Teil nächt: |
|
|
Diejer lärmende Dienft
263 ff.) gibt ein |
lebendiges Beiipiel dieſer Freier, deren Hauptteil |
in einer feierlichen Prozejlion der Familienmit-
m
liches, im Bezirk Lenaion gefeiertes Weinfeft für
Athen und die nächſte Umgegend, bei welchem das
Trinfen des jungen Weines die Hauptſache war.
Bu den Feſtlichkeiten gehörte ein großer Schmaus,
zu weldem die Stadt das Fleiſch lieferte, dann
eine Prozeſſion durch die Stadt mit den bei Dio-
npfosfeften üblichen Nedereien 2E «uasar; aud
Tragödien und bejonderd Komödien famen zur
Aufführung. — In den folgenden Monat auf den
11.—13. Anthejterion fielen 3) die Antheite:
rien, Ardeorrioıe. Am erften Tage derjelben
feierte man das Anzapfen des nun völlig aus—
gegorenen Weins (TIdolyıc, Faßöffnen); am
zweiten Tage, dem Kannenfeſte (of Xosg), tranf
man den neuen Wein bei einem großen öffent:
lihen Mahle um die Wette; wer jeine Kanne zu:
Diopeithes.
erft geleert hatte, erhielt einen Schlau Wein als
Preis. Die wichtigfte Handlung an diefem Tage
war das geheime Opfer, welches die Gemahlin des
Arhon Bafıleus dem Dionyjos in jeinem Tempel
in dem Lenaion brachte, und die Vermählung
derjelben mit dem Gotte. Der dritte Tag heißt
Avrooı, Topffeſt, weil man an demjelben Töpfe
mit gefochten Hüljenfrüchten als Opfer für den
chthoniſchen Hermes und die Seelen der Verſtor—
benen ausftellte. — 4) Die großen oder ftädti-
ihen Dionyiien, L. neydia, r& ar’ üorv,
r« Corina, auch Atorvᷣcice ſchlechthin, wurden
vom 8. bis 13. Elaphebolion (März:April) gefeiert
und zogen durch ihren Bomp eine große Menge
Bolls vom Lande und aus der Fremde in Die
Stadt. Das alte von Eleutherai nad Athen ge:
fommene Holzbild des Gottes wurde am zweiten
Tage in glänzender Prozejfion vom Lenaion nad)
einem fleinen Zempel auf dem Wege nad ber
Atademie, in welchem es fich wahrjcheinlich früher |
befunden hatte, und wieder ins Lenaion zurüd in
die Mitte der großen Feſtverſammlung gebradıt;
dabei ertönten von jubelnden Chören zu Ehren
des I. 2evdkorog Dithyramben, welche von den
beühmteften Dichtern zu dieſer eier gedichtet
waren. Komödien und Tragddien, und zwar neue
Stüde (naıvois rgayadois), wurden an den 3 legten
Tagen mit dem größten Aufwand vor einer un:
geheuren Zahl von Einheimijchen und Fremden
aufgeführt, weshalb man auch in diejen Verſamm—
ungen öffentliche Auszeichnungen, wie die Be:
333
fränzung des Demofthenes, befannt machte. Bal.
Boeckh, Feine Schriften, Bd. 5, ©. 65—152.,
IM. Mommijen, Heortologie ©. 323 ff. 345 ff. 387 ff.
— In der künſtleriſchen Darftellung ift die ältere
Form des alten oder indiichen D. in majeftätiicher
Gejtalt mit reichem Haupt: und Barthaar, mit
Klaren, blühenden Zügen, in faft weiblicher, afiatifcher
Kleidung (Hauptjtatue der S. 332 beigefügte ſ. g.
Sardanapalos, im Mujeum des Batıcans), von
der jpäteren des jugendlichen Dionyjos zu unter:
jcheiden. Diejer, im Alter des Epheben, hat eine
weiche, ineinander fließende Muffulatur und halb
weibliche Körperformen, träumerische Züge voll
unbejtimmter, jüher Sehnſucht; eine Mitra und
ein Kranz von Neben und Epheu umgeben das
weiche, langgelodte Haar, ein leichtes Rehfell iſt
gewöhnlich über den nadten, behaglidh und bequem
angelehnten Körper geworfen (j. die obige Statue
aus dem Mujeum des Louvre). Die Kunft liebte
ihn in Gejellichaft von Mainaden, Satyrn, Si:
lenen, Kentauren, Nymphen und Muſen (Hiacog
heißt ein jolcher Batchoszug) darzuftellen; er jelbit
hält fi) in der Mitte diefes trunfenen Getümmels
in jeliger Ruhe, oft in Verbindung mit der holden
Braut Ariadne. Heilig find ihm die Nebe und
der Epheu, Panther, Luchs und Tiger, der Eiel,
ber Delphin, der Bod. — Dem griehiihen D.
entipricht der römische Weingott Bacchus oder
Xiber (bei den Sabinern Loebasius), dem eine
Libera zur Seite ſtand. Beide Namen find
wahrjcheinlich bloße Überjegungen von Aogog und
Koöga, doch führten die Römer fie gewöhnlich auf
liber, frei, zurüd wegen der freiheit und Aus—
gelaffenheit ihres Dienftes. Der Kult des Liber
fam wahrſcheinlich von den Griechen Unteritaliengs
zu den Römern wie zu andern italtichen Völker—
ſchaften. Man feierte ihm am 17. März die
Liberalien (Or. fast. 3, 713 ff.) mit Schaufpielen
in der Stadt; auf dem Lande beging man jein
Feſt wie in Attifa mit allerlei Iujtigen Scherzen
und fröhlichen Liedern. Verg. G. 2, 385 ff. Das
Feſt der Liberalien hatte Liber gemeinjam mit
Geres, mit welcher er und Libera überhaupt als
ländliche Segensgottheiten in enger Verbindung
ftanden. So war der von Aulus Poftumius im
J. 496 v. E. gebaute Tempel der Ceres zugleich
aud jenen beiden Gottheiten geweiht. Neben dem
öffentlichen Dienfte ſchlich ſich in Rom auch die
geheime Bacchusfeier ein, die Bachanalien
(Opyın), welche bei näctlicher Weile mit der
\ größten Schamlofigleit begangen wurden, jo daß
der Senat im 9. 186 v. E. mit aller Strenge
gegen bdiejelben einfchreiten muhte (SCons, de
‚ Bacanalibus). Liv. 39, 8 ff. Doc) dauerten jie
‚im geheimen bis in die KRaijerzeit fort. Libera,
| welche jonft feinen bejonderen Kult hatte, galt in
diejem Geheimdienft für die Gemahlin des Liber
und wurde deswegen mit Ariadne identifiziert.
Diopeithes, ZJıoreidns, von Sunion, Zeit:
genofje des Demofthenes, einer der befjeren athe:
niſchen Feldherren aus den lebten Zeiten der rei:
heit, der indes oft unfähigeren den Platz räumen
mußte. Als Philipp von Makedonien während
des Friedens die griechiichen Städte auf dem
Cherſoneſos unterwerfen wollte, trat ihm Diopei—
thes hindernd entgegen, 343 v. C. Demojthenes
verteidigte den in Athen von Philipp wegen
Friedensbruches verklagten D., und jelbjt Phokion
334
Diophanes — Diphilos.
riet zum Widerjtand. Demosth. de Cherson. und | und den andern wiederum im Hades weilen wolle;
Phil. III. So begann der legte Krieg mit Philipp, | Bolydeufes wählte das leßtere.
340. D. fiel bald nachher im Kampfe.
Diophänes, Jıopdvns, ein griechticher Redner | eines fterblidh:unfterblichen Lebens,
aus Moptilene um 140 v. E., von Cicero (Brut.
27, 104) Graeciae disertissimus genannt, Lehrer
des Ti. Öracchus und Teilnehmer jeiner politiichen
Beftrebungen, daher auch mit demjelben umgebradıt.
Plut. Tib. Gracch. 8. 20.
Diophantos, Jıöparrog, 1) ein bedeutender
Nedbner, Freund des Demofthenes und Zeuge für
diefen gegen Mifchines, 352 v. E., Urheber des
Borichlages einer Feitfeier zum Dante für die
Götter, weldhe Philipp verhindert hätten, durch
die Thermopylen in Griechenland einzudringen.
Demosth. de fals. leg. 436 u. d. — 2) ein Ma:
thematifer, aus Alegandreia, vielleicht im 4. Jahrh.
n. E., war der erſte Schriftiteller über den jekt
Algebra genannten Teil der Mathematik. Er jchrieb
13 Bücher Agıdunrind, von denen die 6 erften
erhalten find, doch nicht in der urjprünglichen
Geſtalt. —* von Bachet (1621); deutſche Über:
jegung von O. Schulz (1821).
Diöres j. Amarynkeus und Automedon.
Dioskorides, Jıooxoglöng, 1)j. Anthologia
graeca. — 2) ſ. Gemma, — 3) Bedanius
Diost., ein griedifcher Arzt aus Milifien, der
unter der Regierung Neros furz vor Plinius lebte.
Bon ihm haben wir 5 Bücher megl Ding lergı-
zig, welche lange Zeit als Hauptwerk über die
materin medica gegolten haben. Die oft als
jechjtes und jiebentes Buch hinzugefügten Alexi-
pharmaca und Theriaca gehören vielleicht einem
jüngeren D. aus Alerandreia an; auch die Schrift
reol ebroplorwr amıar re nal avrdirtwv pag-
ucaov iſt nicht echt. Die befte Ausgabe ift von
Kt. Sprengel (1829, 2 Bbb.).
Diosküren, JSıssrovgor, d. i. Söhne des Zeus,
Kaſtor und Bolydeufes (Rollur), die Söhne der
Yeda und Brüder der Selena und Klytaimneſtra,
zu Amyklai geboren. Sie gelten entweder für die
Söhne des Tyndareos, daher Tyndariden ge:
nannt, oder des Zeus, der nach jpäterer Sage fie
in Geftalt eines Schwanes gezeugt haben —*
weshalb man ſie J aus einem Ei hervorgehen
ließ. Nach Homer ſind ſie ſchon vor dem tro—
janiſchen Kriege von der Erde verſchwunden, „doch
auch unter der Erde von Zeus mit Ehre begabet,
leben ſie jezt um den andern Tag und jetzo von
nenem fterben fie hin; doch Ehren Ei fie
gleidy den Göttern.” II. 3, 236. Od. 11, 298. Es
waren 2 Heldenjünglinge, von denen Kaſtor als
Noffebändiger (immodauog), Polydeutes als Fauft:
fämpfer (mb ayadog) ausgezeichnet war. Sie
machten einen Yug nach Attika, um ihre von
Thejeus entführte Schwefter Helena wieder zu be-
freien, begleiteten die Argonauten und befämpften
die Söhne des Aphareus, das und Lynkeus,
deren Bräute Phoibe und Hilaeira, Töchter ihres
gemeinjfamen Oheims Leufippos, die Leukippiden,
fie geraubt und geheiratet hatten (j. Idas). Als
in dieſem letztern Kampfe Kaftor, welcher der ſterb—
lie Sohn des Tyndareos jein follte, fiel, bat
Bolydeufes, der unfterbliche Sohn des Zeus, aus
Liebe zu dem Bruder jeinen Vater, daß er aud
jterben dürfte. Zeus aber lieh ihm die Wahl,
ob er bei ihm ewig im Olympos wohnen oder
mit dem Bruder zugleich einen Tag im Olymps
So erllärte die
ipätere Sage den von Homer erwähnten Wechſel
Beide waren
urjprünglich wahricheinlich altpeloponnefiiche (ftrei-
tende) Kichtgottheiten, welche von den eingedrungenen
Doriern adoptiert und als ritterliche Heroen ver:
ehrt wurden. Zu Sparta waren fie Schirmer des
Staats und Vorfteher der Gymnaſtik; jpäter ver:
mengte man fie mit den jamothrafijchen Kabeiren
und machte fie zu Geleitern der Schiffer und zu
Scirmern der Gaftfreundichaft (ji. QzoEirıe).
Als Zeichen ihrer Nähe betrachtete der Schiffer die
St. Elmsfener. Die Weite der Dioskuren hießen
Jogroögerae oder auch Ardasır, von Aransg gleich
Avanrıs, die Herricher und Obwalter, wie die
Diosfuren an manchen Orten, namentlich zu Athen,
genannt wurden.
Diospölis, Jıög mölıs, 1) ſ. Kabeira. —
2) St. in Unterägypten, j. Menzale. Strab. 17, 802.
— 3) f. Thebai, 2. — 4) 2. 7) mixed, j. Hau,
Stadt in Thebais in Agypten, Hauptſtadt des
Nomos Diospolites. Strab. 17, 814. — 5) D. oder
Lydda, Stadt in Paläftina (im Stamm Benjamin),
j. Ludd.
Diotima, Mtotiuc, nach der, wahricheinlich
fingierten, Darftellung Platons im Sympofion eine
Priefterin aus Mantineia, von welcher Sofrates
die Lehren über das Wejen der Liebe empfängt,
die Platon ihn in jenem Geſpräche vortragen (akt.
Diotimos, Jıörıuog, 1) atheniicher Flotten—
befehlshaber im Kriege zwiſchen Korinth und Ker—
fyra, Sohn des Strombicyos, Vater des Strom:
bichides. T’huc. 1, 45. 8, 15. 2; athenijcher
rlottenbefehlshaber in dem perfiich-atheniichen See:
friege gegen Sparta. Xen. Ilell. 5, 1, 25. —
3) aus dem attischen Demos Euonymia, Sohn des
Diopeithes, Flottenbefehlshaber 338 dv. E. und
Anhänger des Demojthenes. Alexander der Gr.
verlangte im J. 335 feine Auslieferung. Arr.
1, 10, 4,
Diotröphes, Storgepns, befam 411 v. E. den
Auftrag, auf Thajos die Demokratie aufzuheben
und oligarchiiche Berfaffung einzuführen; nachdem
er aber die Inſel verlaflen hatte, fiel diejelbe von
Athen ab. Thuc. 4, 53, 1.8, 64, 1.
Dioxippos, Jındımrzog, 1) fomijcher Dichter in
Athen, der Zeit der neueren Komödie angehörig.
Von jeinen Stüden find 4—5 den Titeln nad)
und aus einzelnen Bruchftüden befannt. Bal.
Meinele, fragm. com. Graec. IV p. 541 ff.
2) D. aus Athen, berühmter Fauſtkämpfer. Er
war Beitgenofje und Begleiter Aleranders des Gr.
und überwand im Zweikampfe ohne Waffen einen
bewaffneten Dtatedonier. Deshalb von den Male:
doniern beneidef und fäljchlich des Diebſtahls be-
zichtigt, gab er fich jelbft den Tod, 326 v. C.
Diod. Sic. 17, 100. Curt, 9, 7, 16 ff.
DiphYlos, Sipılos, 1) Dichter der neueren
attiſchen Komddie aus Einope, Zeitgenoſſe des
Menander und Philemon, lebte in Athen und ftarb
in Smyrna. Gegen 100 Stüde joll er geichrieben
haben, von denen etwa 50 nach ihren Titeln und
aus Bruchjtüden noch befannt jind. Er mählte
bejonders mythiſche Stoffe und machte von der
Allegorie oft Gebrauch; einfach und natürlich war
jeine Sprache, dabei rein und dem älteren Atti—
cismus angemejjen. Mit Menander und andern
Diphridas — Diseipliva militaris,
Dichtern der neueren Komödie bot diejer geiftreiche
Dichter den römiſchen Komikern die Mufter und
Vorbilder für ihre Stücke; Plautus’ Casina und
Rudens jind nach Dramen des D. gebildet; vgl.
auch Ter. Adelph. prol. 10. Sammlung der rag:
mente bei Meinefe, fragm. com. Graee. IV (Bd. II
p. 1066 jr der Heinen Ausg.), und od, com. Att.
fragm. II p. 541 ff. — Verichieden von ihm
ift 2) ein älterer Dichter Diphilos, Verfaſſer von |
einer Thejeis und von Spottgedichten. — 3) ein
tragiicher Schaufpieler zur Zeit des Pompejus.
Cie. ad Att.2,19,3. — 4) ein Schreiber und
Vorlejer des 2. Erafjus. Cie. de or. 1, 30, 136.
— 5) ein Bhilojoph, Schiiler des Efphantos und
Stilpon. Diog. Laert. 2, 113. — 6) ein Stoifer,
Zeitgenofje des Panaitios. Diog. Laert. 5, 84.
- 7) ein anderer Stoifer, der wegen jeiner ge:
fünftelten Unterjuchungen das Labyrinth genannt
wurde. Luc. sympos. 6.9 u.d. — 8) ein gelehrter
Arzt aus Siphnos (fyflad. Inſel) unter Lyfimachos,
einem Nachfolger Aleranders des Gr., der ein
umfafiendes Werf über die den Kranken und Ge:
junden zuträglichen Nahrungsmittel geichrieben hat.
— Endlih 9) ein Architeft, der über das Ma:
ſchinenweſen geichrieben hat. Vitr. praef. lib. 7.
Cie. ad Quint. fr. 3, 1.9.
Diphridas, Sıypglöas, ein tüchtiger ſpartani—
icher Feldherr, wurde 393 dv. E. nad Aſien ge:
ſchickt, um den Befehl über das Heer des Thibron
zu übernehmen. Xen. Hell. 4, 8, 20—23. Ein
Ephor gleiches Namens (Plut. Ages. 17) iſt viel-
leicht mit ihm identifch.
Ap&tga ij. Kleidung, b.
Diplöma, dirlou«, eine Urkunde, aus 2 au:
jammengelegten Blättern beftehend (tabulae du-
plices), die in früherer Zeit dem im Namen des
Staats Reijenden ad cursum publicum gegeben
wurde, Damit er das zur Reiſe Nötige jchnell erhielte;
aljo eine Art Reiſepaß. Nur jo kennt das Wort
Eicero; in der Kaijerzeit dagegen war es jedes
von höchſten Magijtrat ausgefertigte Schreiben
zur Empfehlung, Beglaubigung, Erteilung irgend
eines Vorteils oder eines Brivilegiums u. dgl. m.
Cie, Pis. 37. ad fam. 6, 12. Plin. ep. 10, 14 u.Ö.
Suet. Oct. 50 u. Bd.
Diptfcha, öixtuya, zujammengefaltete Schreib-
täfelhen, uriprünglich einfach und zum Haus:
gebraud), bei den jpäteren Römern meiſt aus Elfen:
bein, Gold oder Silber, inwendig mit Wachs
überzogen, dienten zu Aufzeichnungen von vor:
übergehendem Werte. Wenn fie mehrere Tafeln
enthielten, hießen fie triptycha, polyptycha, ta-
bulae duplices, triplices u. ſ. w. Die römischen
Konfuln pflegten beim Antritte ihres Amtes koft-
bare Diptycha aus Elfenbein zu verſchenken, deren
äußerer Dedel mit Schnigwerf verjehen war. Die
erhaltenen find gejfammelt von Gori in dem the-
sauras diptych. (1759. 3 %ol.), die in Jllyricum
gefundenen, aus den Jahren 131 bis 167 n. E.
ſtammenden von Mommſen, Corp. inser. Lat. III
p. 921. Man verwandte fie gern zu Einbänden
foftbarer Handichriften. — Ein ftarter Gebrauch
wurde jpäter in der chriftlichen Kirche von ihnen
gemacht.
Dirae j. 1) Valerii, 27. — 2) f. Erinyen.
Diribitor. Bei den Comitien waren Diribi—
toren angejtellt, welche die abgegebenen Stimnt-
täfelhen aus den Stimmtiften (cistae) nahmen
335
und diribierten (diriböre = dishibere), d. h. ord-
neten und zählten, um die Majorität der Centurien
oder Tribus zu ermitteln. Cie. Plane. 6, 14. 20.
Pis. 15, 36. Der PDiribitor bezeichnete bei Wahl:
comitien die Stimmenzahl durch Punkte unter dem
Namen der Kandidaten, woher der Ausdrud ent:
ftand: puncta ferre, d. h. Stimmen erhalten.
Cie. Cuec. 22. Mur. 34. Hor. a. p. 343. llnter
Auguft entjtand zu diefem Behufe auf dem Mars:
feld ein bejonderes Gebäude, diribitorium ge:
nannt. Vgl. Wunder, Var. Lect. praef. p. 126.
Dirke j. Amphion und Thebai.
DiscessTo, die im Senat üblihe Abſtimmungs—
weife, bei Faſſung eines Beſchluſſes auf die eine
oder andere Seite zu treten, wo die Urheber der
verjchiedenen Vorſchläge Pla genommen hatten
(discedere in sententiam, ire oder pedibus ire
in sent., tıansire). Über dieſe und andere Ab:
ftimmungsweijen j. Senatus, 3.
Diseiplina militäris. I. Die militärifche Diſei—
plin ging bei den Griehen mit ihrem ganzen
Staatsleben und mit dem verjchiedenen Charakter
Hand in Hand. Der Spartaner war zu Haufe
ein Mufter der Ordnung und Gejegmäßigfeit, es
bedurfte daher bei ihm für den Kriegsdienst einer
bejonderen Dijeiplin nicht. Geborene Oberfeld-
erren mit unumfchränkter Macht, jedoch in der
usübung ihrer Machtfülle bald durd) die jie be:
gleitenden Ephoren überwacht (Xen. resp. Lac. 13.
Nep. Paus. 3), waren die beiden Könige (Aristot.
pol. 3,9, 2), oder bei Minderjährigfeit derjelben
ihr Vormund, jpäter, feit Demaratos auf einem
Buge gegen die Athener (kurz dor den Perſer—
friegen) aus Eiferfucht gegen jeinen Mitkönig Kleo—
menes Zwiſt erregte, gewöhnlich nur der eine. Der
Krieg war für die Spartaner die Probe der Er:
ziehung und nur eine Fortjegung des übrigen
ftaatlichen Lebens, die Schlaht und der Tod in
derjelben eine Ehre und Freude; daher jchmüdten
fie ji) beim Beginn der Schladht wie zu einem
Feſte und nahmen den Sieg wie etwas ſich von
jelbft Verftehendes auf. — Dagegen ſtach die
Beweglichkeit des ioniſchen Charakters bei den
Athenern ſehr ab, Während dieje in ihrer ge:
wandten Leichtigkeit imftande waren, den Augen:
bli und die wechſelnden Berhältnijje der Schlacht
zu benußen und durch fühne Angriffe den Sieg
zu erringen, konnte der ſpartaniſche, in den Regeln
der ftarren Ordnung gefejlelte, Charakter feine
Abweichung von denjelben dulden, und wurde z.B.
der Feldherr Iſadas von den Ephoren mit einer
Strafe von 1000 Drachmen belegt, weil er, ob:
ihon jiegreih, ohne die volle Nüftung, wie es
ſich nach den vollftändigen Negeln der Kriegsord—
nung geziemte, den Angriff unternommen hatte.
Plut. Ages.30. Xen. resp. Lac. 9,5. Auch bei den
Athenern galt der Tod fürs Vaterland als etwas
NRühmliches, aber fie redeten und dichteten viel
davon (Aöyoı Zmırdpioe), während der Spartaner
es als bloße Pflichterfülung anjah. Strenge Sub: :
ordination fonnte gar nicht von dem Freiheits—
gefühl der fich ihres perjönlichen Wertes und ihrer
politifchen Rechte bewußten athenifchen Bürger ge:
fordert werden, was ſich namentlich nad einer
verlorenen Sclaht durch die Auflöjung aller
Difciplin befundete. Thuc. 7, 14: yaleral yüg
al bufregar poceıs kobar. Doch wirkte diejem
auflöjenden Elemente in der militärijchen Diſei—
te
336
plin das jonftige Plichtgefühl, die Vaterlandsliebe
und die Ausſicht auf äußere Vorteile, auf Beute,
Ruhm und Ehre, Statuen und Aderverteilung, ent:
gegen, jowie auch die Beitimmung von mehrfachen
Strafen wegen entehrender Handlungen während
des Kriegs, die von dem Gerichte, deſſen Vorſtand
die Strategen waren, oder auch von dem Über:
befehlshaber allein, der an fi airoxg«rwg war,
aber nad) Beendigung jeines Amtes vor dem Volks—
gerichte belangt werden konnte, verhängt wurden.
— Bei den Matedoniern bildete fich das Söld—
nerheerwejen mit jeinen zum Teil ftrengen, zum
Teil aber aud; wieder loderen Verhältniſſen aus.
Die wirklichen maledonijchen Strieger beſaßen aber
wohl bei aller hervortretenden Subordination
manche Freiheiten und Rechte, denen jelbjt ein
Alerander nicht immer widerſtehen konnte. —
Il. Die Kriegspdifeiplin bei den Römern ift der
rund der römischen Staatsgröße. Was Nom
über ein Jahrtaufend war, war es durd) den un—
bedingten Gehorſam der Untergebenen gegen ihren
Feldherrn. Diejem Verhältnis lag durdaus fein
moralijches Prinzip zum Grunde, nur Patriotismus
und Ordnung hielt die äußere Ehre des Soldaten,
und in den ————— Zeiten um ſo feſter, auf—
recht. Auch dem römiſchen Soldaten war urſprüng—
lich, wie dem Spartaner, das Lagerleben eine
Fortſetzung des bürgerlichen Staatslebens, jo daß
ihm aljo im Felde nichts von dem erlaubt war,
worauf zu Haufe cenjoriiche Rüge erfolgte. a,
die Strafen waren im Dienjte härter, da der Feld—
herr unbedingte Gewalt über Yeben und Tod hatte,
wie es Cicero in den Büchern de legibus (3, 3)
mit den Worten formuliert: militiae ab eo, qui
imperabit, provocatio ne esto — militiae sum-
mum ius habento, nemini parento. Wenngleich
in den legten Beiten der Republik die ganze Dijci-
plin durch das Beifpiel der Feldherren und Führer
litt, ging doch damit nicht die Anerkennung jener
ftrengen und jtarren Gerechtigkeit unter, die mehr:
mals den Vater als Feldherrn den Tod über den
eigenen Sohn verhängen ließ. Liv. 8, 7. 30. Val.
Max. 2, 17. Um jo milliger unterwarf fich der
römiſche Soldat, ———— freier Bürger, aller
der Strenge, welche der Dienſt zur Erweiterung
ſeines Reiches von ihm erheiſchte. Als unter der
Kaiſerherrſchaft ein ſtehendes Heer aus andern
Beſtandteilen als in den alten Zeiten der Nepublit
fich bildete, juchte Auguftus den alten Geift des
Soldatenlebens nach den die Difeiplin mannigfach
auflöjenden Unruhen der Bürgerfriege wieder zu
beleben. Deshalb wurde dem Soldaten feine Zeit
und Gelegenheit gelafien, zu erichlaffen und jeine
rg zu vergeljen. Der Krieg war bie befte
Schule der Difciplin. Heere aber, die feinen Feind
hatten, wurden durch bejondere vorgeichriebene mili-
Diseiplina
tärijche Übungen (Weget. 1, 27), 3. B. ambulatio |
(f. d.) und decursio (j. d.), in Thätigfeit erhal-
ten; und in joweit dieje nicht ausreichten, ver:
wendete man ihre Hände und Kräfte zu öffent:
lihen Anlagen von KRunftitraßen und Bauten von
Amphitheatern und dergl. Es war Grundjaß,
alles, was man zum Kriege gebrauchte, im Lager
jelbjt anzufertigen. Wenn ım langen Friedens—
militaris.
befolgt werden mußte. Tac. ann. 11, 18. 13, 35.
Übungen im Springen und Schwimmen mußte
jelbft der Troß (lixae und agasones) mitmachen.
Überhaupt wiederholten ſich außer, den bejonderen
Zagerarbeiten im Felde diefelben Übungen, welche
die Gymnaſtik erforderte. Namentlich wurde die
Kraft, Gewandtheit und Gejchidlichkeit der Sol-
daten durch die f. g. palaria geübt, ein Exerci—
tium, welches darin beftand, daß man mit doppelt
ſchweren Stoßwaffen auf einen durch einen Pfahl
(palus, stipes) von 6 Fuß Höhe fingierten Feind
eindrang. Veget. 1, 11. Die Leitung folder
Übungen war den älteren Soldaten gegen Liefe-
rung bon doppelten Getreideportionen übertragen.
Das Augenmerf aller folder Übungen ging dahin,
daß die Soldaten ihre Waffen wie Glieder ihres
Körpers gebrauchen und in ihrer Gewalt haben
lernten und Selbitvertrauen befamen, das feine
Wunden und jelbit den Schlacdhtentod nicht jcheute.
Cie. tusc. 2, 16. Das Lager als ihre Heimat und
Wohnung umfchloß auf dem Prineipium ihre Aitäre
und ihre Fahnen und in der Kaijerzeit die Bildnifie
ihres Imperators, weshalb diejer ein heiliger
war und es mit Entrüftung erfüllte, wenn die
heilige Scheu vor demjelben nicht von meuterijchen
oder gemeinen Handlungen abjchredte.
(zur Beit des Polybios) von einem Teile der
Legionen die Lagerwälle an der Border: und
Hinterfronte, dagegen von den Bundesgenofien die
an den beiden Seiten aufgeworjen waren, wurde
der Lagereid (vgl. Sacramentum unter Di-
lectus militum, 9.): „Nichts zu ftehlen und
das Gefundene feinem Belißer zurüdzugeben oder
den Tribunen zu bringen“ ( Pol. 6,33. Grell. 16, 4)
von den Tribunen abgenommen. Die jpezielle
Lagerdijeiplin beftand in der beftimmten und ftreng
geordneten Handhabung der Wachen im nern
des Lagers (excubiae, Tageswacen, vigiliue,
Nahtwachen) und nad) aufen gegen den Feind,
stationes. Dieſe leßteren verjah zur Zeit immer
1 Kohorte Fußvolk und 1 Turma Neiterei an
jedem Thore (Caes. b. g. 4, 32. 6, 37), fowie auch
eine Anzahl Leichtbewaffneter (je 10 velites an
jedem Thore) und der leichten Bundesgenofien.
Die ganze Länge des Walles war der Wache der
velites übertragen. Seit Amilius Paullus wurden
die Thorwachen um Mittag (Liv. 44, 33) abgelöft.
Bei Nacht lagen die Leichtbewaffneten vor dem
Lager im freien, und ftanden Reiterabteilungen
außerhalb der Thore auf Wache. Der Wachdienſt
im Innern des Lagers jowie die Neinigung und
polizeiliche Aufficht der öffentlichen Plätze lag nad)
der von Polybios beichriebenen Einrichtung den
Haftaten und Principes ob, die Triarier jahen
auf die Pferde der Neiterei, daß durch dieje fein
Tumult oder Unordnung und Schaden angerichtet
werde; auch leifteten fie die Ehremmache bei dem
Feldherrn vor dem Prätorium. Die Nachtwachen
(vigiliae) zerfielen in 4 gleiche Abteilungen von
Untergang bis zu Aufgang der Sonne, jede zu
3 Stunden, die man nad) der clepsydra, Waſſer—
uhr, berechnete. Veget. 3, 8. Das Zeichen des
Aufziehend und der Ablöſung wurde dur die
bucına gegeben (Liv. 25, 16); nach Veget. 3, 8
zeiten das Heer einer Provinz entartet war, wurde | das Anfziehen durch die tuba, die Ablöfung durch
als Heilungsmittel ſtets die alte Einrichtung aus |
rücgerufen, die denn freilich, als ungewohnt und |
nie gefannt, um jo brüdender war, aber doch
die cornua, Die Nadıtparole (tessera), welche
aus irgend einem bezeichnenden oder willtürlidhen
Worte, 3. B. laboremus (Spart. Ser. 23), Her-
-
Nachdem 7
10
Discordia —- Diskos.
eules invictus, beftand, wurde von dem Feldherrn
an die Tribunen und Bräfelten und Neiteranführer
(decnriones) ausgeteilt, dieje jchrieben fie auf Heine
Täfelhen und fügten ee jede Truppengattung
den Anfangsbuchſtaben (H. P. T.) und den Namen
tesserarius hinzu, Dieſer wurde nämlich von
jeder zehnten Kohorte zu den Tribunen abgejandt
und holte für feinen Genturio das Täfelchen ab;
von da wurde es zu dem betreffenden Genturio
der neunten —— u. ſ. w. geſchickt, ſtets in
Gegenwart von Zeugen, bis es noch vor Einbruch
der Nacht mit den Unterſchriften der einzelnen
Centurionen zu den Tribunen zurückkam, ſo daß
etwaige Nachläſſigkeit ſogleich bemerkt und beſtraft
werden konnte. Die auf die Nachtwache aufziehen—
den Soldaten erhielten jeder ein Heines Täfelchen
(tessella), mit dem Namen feiner Abteilung und
der Wachezeit bezeichnet. Diejes wurde ihm bei
der Bijitation der Wachen abgenommen; war er
auf jeinem Poften eingejchlafen oder von demjelben
weggegangen, jo wurde dieje Pflichtvernachläffigung
durh Zeugen aufgenommen. Das Gejchäft der
Bifitation (cireuitio, die Bifitatoren circuitore«)
lag zur Zeit des Polybios täglich je 4 Reitern
der Legion ob, zur Kaijerzeit den Genturionen;
doch jahen oft auch die Tribunen, jelbjt der Ober:
feldherr und die Legaten nad. Bon den nicht
im Wachdienjte beichäftigten Soldaten durfte fich
feiner weiter vom Lager entfernen, als der Trom-
petenichall reichte. — Fehlte jemand gegen die
feftgejegte Dienftordnung, jo traf ihn unerbittliche
Strafe. Die Oberfeldherren hatten jelbft unter den
Kaijern unbejchränkte Strafgewalt; nur über die
höheren Offiziere, die fie bis dahin ebenfalls mit
dem Tode bejtrafen konnten (Cie. legg. 3, 3. Val.
Max. 2, 7, 87), durften fie nad) einer Beitimmung
des Auguſtus fein Todesurteil verhängen. Dio
Cass. 52, 22. In den erjten 2 Jahrh. n. E. war
die nächſte Sorge für die Lagerdifciplin auf den
praefectus castrorum übertragen, deren bei jeder
Legion einer fein mußte, weil jede ihr befonderes
Winterquartier hatte. Die Würde wurde nur alten
und erprobten Genturionen übertragen. Bgl. Wil:
manns, Ephemeris epigr. 3p.81. Unter Eonftantin
wurde die militärifche Gerichtspflege 2 Auditorien
übertragen, von denen das eine für die Fußſol—
daten, das andere für die Reiter beftimmt war.
— Todesſtrafe ſtand auf jede Vernachläſſigung der
Subordination, und wurde diejelbe vor dem Decu:
manijchen Thore entweder durch die dazu beitellten
Sflaven und Gladiatoren (Tac. ann. 1, 22) oder
durch die speculatores vollzogen. Ihr am nächiten
ftand das fustuarium, namentlich unter den
Kaifern, doch auch in den Zeiten der Republik
gebräuchlich, wobei der Tribun den Verurteilten
mit einem Stod berührte und die Legionsjoldaten
ihm mit Stöden und Steinen fo zujegten, daß
er gewöhnlich jeinen Geift aufgab. Dieje Strafe
wurde in dem PBrincipium des Lagers vollzogen
(Liv. 28, 24) und traf den, welcher fi in Bezug
Ka ben Wachdienft Vergehen oder ſchwere Nach—
läffigfeit Hatte zu jchulden kommen lafjen, den
Dieb im Lager, falihen Zeugen, Dejerteur (Liv.
5, 6f., desertor; jo hieß aber, wer über den ge:
gebenen Urlaub, commeatus, ausblieb oder jich
vom Heere weiter entfernte, ald man die Trompete
hören konnte; bei den Griechen hieß er Asımo-
Tdrens und mußte zum Spott 3 Tage lang in
Realleriton des Hai. Altertums. 7. Aufl.
337
weiblicher Kleidung auf dem Markte jigen) u. j. mw.
War eine ganze Abteilung,-namentlich wegen Feig—
heit oder Meuterei, diefer Strafe verfallen, jo wurde
jie jelten an allen vollzogen (Liv. 28, 28), wie
an der Legion in Rhegium im Kriege gegen Pyr—
rhos (271 v. E.), jondern man wählte durchs Los
den je zehnten Mann aus (decimare) und während
der Katjerzeit in gemilderter Form den je zwan—
zigften oder hundertſten (decimatio, vicesimatio,
centesimatio); dagegen wurden die Centurionen
gewöhnlich geftäupt und enthauptet. Liv. 2, 57.
Gelindere Strafen für geringere Vergehen waren
rer förperliche, durch den Rebſtock (vitis), das
bzeichen der Genturionen, und von diejen ver:
hängt, zwar nicht entehrend, aber doch bisweilen
Grund zu Empörungen; härter und jchimpflicher
war die Züchtigung mit Rutenftreihen (virgae);
ferner Berfürzung des Soldes (aere dirutus) und
der Beute (pecuniaria multa), Abnahme der
Waffen auf bejtimmte Zeit, Degradation, durch
die ein Nitter unter die Fußſoldaten, und dieje
unter die Leichtbewaffneten verjegt wurden, zeit:
weilige Entfernung aus dem bisherigen Contuber-
nium, auch wohl Kampieren außerhalb des Lagers,
Wachdienſt ohne militärijche Kleidung, bisweilen
auch barfuß, munerum indictio, auch Erercieren
unter dem Gepäde, und endlich Verabreichung eines
ichlechteren Brotes aus Gerfte ftatt ſonſt aus
Weizen. Außer der für das Vergehen beftimmten
Strafe wurde oftmals nod) die jgnominiosa missio,
die entehrende Ausftogung aus dem Heere, aus:
geiprochen, die jelbft ganze Heeresabteilungen traf.
Liv. 8, 34.
Discordia j. Pris.
Diskos, dioxog, die Wurficheibe, eine runde
oder ovale platte, in der Mitte etwas ftärfer, nad)
ber Peripherie zu jchwächer auslaufende Scheibe
ohne Handhabe, weldye, wenn fie von Stein war,
eigentlich droxog, auch Altos oder Aäg (Hom. Od.
8, 190 u. ö.), wenn fie von Eijen war (und dann
wohl bejonders grofj), oöAog (Hom. Il. 23, 826 u. Ö.)
genannt wurde, wiewohl dieje Unterjcheidung nicht
immer gleihmäßig jo angegeben wird. Das bei
den Alten (auch bei den heutigen Griechen, be-
ſonders den Balifaren) jo beliebte Dijkosipiel
(dıoxoßokle) beftand darin, daß die Scheibe auf
eine angegebene Wurfweite oder überhaupt am
weiteften geichleudert wurde; wer am weitelten
warf, war Sieger, e8 mochte nun vorher ein Zeichen
(siju@) verabredet jein oder nit. War fein ou
vorhanden, jo bezeichnete man die Stelle, wo der
fallende Diſtos zuerſt den Boden berührte, und
entichied fo nad) der Weite den Sieg, daher ömee-
—— — übertreffen. — „Beim Abwurfe legte
ich der Oberleib in einer mehr oder weniger be—
trächtlichen, nach der rechten Seite hin gebildeten
Krümmung vor, und zugleich beugte ſich das Haupt
ſo weit rechtshin, dal die Augen die linfe Seite
des Oberleibs überjchauen konnten ; der rechte Arm
bewegte fi nun von unten zuerft rüdwärts bis
zur Höhe der Schultern und beichrieb dann in
rascher Bewegung vorwärts einen Bogen, wodurch
dem Diſtos Schwung und Richtung aus der Tiefe
in die Höhe gegeben wurde (d. zarwuddıng, Hom,
Il. 23, 431): der Schwerpunft des Leibes ruhte
beim Abwurfe bald auf dem rechten, bald auf dem
linken Fuße, welcher dann in diefem Momente
das Knie ein wenig bog, während der andere Fuß
2
22
338
Dispensator — Divinatio.
entweder in noch ftärferer Bewegung rückwärts zu mufifalifchen Mimen umgeftaltet, welche anftatt
gehalten oder in geringerer Krümmung —
geſtellt wurde; der Werfende folgte nun dem der
Hand entſchwebenden Diſkos einen oder auch wohl
mehrere Schritte nach.“ Friedreich, Realien in
der Il. und Od. ©. 351f.) Durch den Wurf ent—
ſtand ein ſchwirrendes, ſauſendes Geräuſch, eine |
natürliche Folge der linſenförmigen, die Luft
ſchärfer und raſcher durchſchneidenden Geſtalt des
Diſtos. Es war eine gute Vorübung zum Kriege,
namentlich für die Fertiglkeit im ſicheren Stein—
wur. Die Beichreibung eines Wettfampfes haben
wir bei Statius (Theb. 6, 646 ff.); unter den einen
Dijfoswerfer (dısxoßorlog) darftellenden Statuen
war die des Myron die berühmtefte (ſ. Bild-
hauer, 4.). ®gl. übrigens Gymnasium, Gym-
nastik und Bötticher, Olympia ©. 107 ff.
Dispensätor hieß der in vornehmen Käufern
mit Führung der Kaffe und der Rechnungsbücher
beauftragte Slave, der Buchführer und Zahl:
meifter, welcher dem Herrn auch Nechnung ab:
zulegen hatte (Suet. Galb. 12. Vesp. 22. Tac. hist.
1, 49); j. auch Procurator, 1.
Dissignätor j. Designator.
Dithyrambos, SıdVg«ußos, balchiſches Feit-
lied (jchtwerlich verwandt mit rirvgog = odrvgos,
jondern wohl perfiiches Wort), das, in den älteften
Beiten zugleich mit dem Kulte des Dionyjos ver:
mutlich in Phrygien oder Lydien entitanden, dem
begeifterten Charakter diejes Kultus gemäß in wild
aufgeregter, ftürmifcher Weiſe die Thaten und die
Geſchicke des Dionyjos zur Frühlingsfeier bejang.
Ju Attifa, auf den ioniſchen und aiolischen Inſeln,
in Boiotien, in Phliüs, Sifyon, Korinth und an
andern Orten mit blühendem Balchosdienfte wurden
jolche Lieder von fchwärmenden Zügen der Batchos:
verehrer in roher kunſtloſer Form gejungen, bis
Arion (j. d.) dem Dithyrambos in Korinth die
erſte künftleriiche Begründung gab und ihn anti:
ftrophiich von Chören (auxkıor yopor), aus denen
ipäter die Tragödie hervorging, vortragen ließ.
Seine weitere Ansbildung erhielt der Dithyrambos
befonders in Athen, wo an den glänzenden Dio-
nnpiosfeften die ausgezeichnetiten Lyriker mit ihren
Dithyramben wettfämpfend auftraten, wie Laſos
von Hermione (um 500 v. E.), Simonides von!
Keos, Pindar u.a. In den Dithyramben diefer
älteren Dichter herrichte allerdings ein hoher
Schwung der Begeifterung, eine ftürmijche Bewe—
gung in Sprache und Rhythmus; aber männliche
Nraft und Würde hielt noch das bewegte Gemüt
in Regel und Schranfen. Seit Melanippides
von Melos (dem jüngeren) dagegen (um 415 v. E.)
begann die Ausartung des Dithyrambos; die Muſik
gewann die Oberhand über die Poeſie und ward
weichlih und vertünftelt; man erging fich mit
ichranfenlojer Rhantafie in hohlen, pomphaften
Phraſen und ſchwülſtigen, unnatürlichen Bildern,
hob den antiftrophiichen Bau auf und vernach-
läffigte alle bisherigen Regeln des Rhythmus. Die
namhafteſten Dichter diejer Periode der Ungebunden-
heit und des Verfalls waren Philorenos von
Kythera (geit. 380 v. E.), Kineſias von Athen
und Phrynnis von Mptilene (um 415), Timo:
theos von Milet igeft. 357 v. E.), Berfaffer einer
Skylla, Kyllops, Yaertes und Elpenor, und jeine
Zeitgenoffen Bolneidos und Teleſtes. Durch
dieje Männer wurde der Dithyrambos allmählich
von Ehören von einzelnen Birtuojen aufgeführt
wurden. Was den Jnhalt anlangt, jo hatten ſchon
die älteren Dichter auch Gegenstände aus der he:
roiſchen Mythologie gewählt, Helden und Heldinnen,
die gleidy dem Dionufos Kämpfe und Leiden zu
erdulden gehabt hatten. Darin folgten ihnen dann
die Späteren. — Bon Dithyramben find nur Bruch-
ftüde übrig geblieben (am beiten gejammelt von
Bergk, poet. Iyr. Graec. P. I11.); doch gibt uns
der Ehor in Euripides’ Balchen (64--165) das
Bild eines Dithyrambos. Vgl. Hartung im Philol.
1 ©. 397 ff. und M. Schmidt, diatribe in dithy-
rambum poetarumque dithyr. reliqnias (1845).
Divinatio, T) die Kunſt und Gabe der Weis-
fagung, bei den Griechen uarrını) sc. regen. Der
Glaube an das Vermögen der Menfchen zu weis:
jagen, vermöge einer durch die Gottheit gewirften
Kraft ohne die gewöhnlichen Mittel des Verftandes
den Willen der Götter zu erfunden und das Zu—
fünftige vorauszuſehen, findet fich in den Reli—
gionen des Altertums allgemein verbreitet und hat
namentlich auch bei Griechen und Römern cine
Menge eigentümlicher Gebräuche und Anftitutionen
hervorgerufen, die mit dem verjchiedenen Lebens—
verhältniffen diejer Bölfer aufs innigſte verfloch—
ten find. Er beruht auf der Überzeugung, daß
die Götter in fteter Mchtiamfeit und Fürſorge
den Menichen ihren Willen offenbaren wollen.
Schließen wir hier die Mitteilungäform der un:
mittelbaren Nede eines Gottes, an den Menfchen,
wie fie in alter mythiſcher Zeit im Verfehr der
Götter und Menichen vorgelommen fein ſoll, aus,
fo bleiben noch für die Zeit, wo die Götterwelt
als den Menichen ferner ftehend betrachtet wurde,
2 Arten göttliher Offenbarung übrig; entweder
nämlidy vernimmt der Menſch die —J
innerlich ohne äußere, ſinnliche Zeichen, oder äufer-
lich durch Vermittelung erft zu deutender finnlicher
Zeichen. Aus diefen beiden Offenbarungsformen
find die beiden Arten, in welche alle Divination
zerfällt, — — die j.g. natürliche oder
funstloje (®rog) und die fünftliche(Ürregrog)
Divination. A) Die funftlojfe Pivination.
Das Charakfteriftiiche diefer Divinationsart ift ein
Ergriffenjein, des Menichen von dem göttlichen
Geifte, ein Überftrömen des göttlichen Geiftes in
den menjchlichen, eine njpiration, indem der
Menſch, durch eine Heömrevorog ögun, einen furor
divinus getrieben, das von der Gottheit Einge-
gebene auszufprehen, ein Organ des göttlichen
Seiftes wird, ohne jedoch, wie dies wohl auf der
niedrigften Stufe der Naturreligion der Fall ift,
jeine menschliche Individualität aufzugeben und
zu einem willenlojen Werkzeuge herabzufinfen. Die
edelfte und höchite Form dieſer Divination zeigt
ſich im Prophetentum der Hebräer, wo erleuchteten
Gemütern in unvermitteltem, ftetigem Berfehr mit
der Gottheit bei Harer Bejonnenheit und dem Be:
wuhtjein ihrer Freiheit die Offenbarungen Gottes
ſich erſchließen; es finden fidy übrigens ſchwache
Spuren derſelben auch im griech. und röm. Heiden:
tum. So hat 3. B. der homeriicde udrıs im
engeren Sinn, wie Kalchas, der die Gegenwart,
Vergangenheit und Zukunft kennt, bei völliger
Freiheit des Bewußtſeins eine fortwährende In—
ſpiration, die micht erſt durch irgend einen äußeren
Anlaß gewedt werden muß; bei ihm ift die Scheide:
tz
-
Divinatio,
339
wand zwiichen göttlichem und menjchlichem Willen | Zyxo/unsıs, incubatio, bei den Traum und Toten:
aufgehoben.
Bewußtſeins ift in dem Heidentum nie recht zum
Siege gelangt; es treten in ihm mehr jolche For—
men der göttlichen Offenbarung hervor, bei denen
das Subjekt mehr in ungeiftigen, bewußtlojen Zu—
ftänden jich befindet, die mweisiagende Kraft jich
auf einzelne Momente bejchränft und durch irgend
eine Äußere Vermittelung gewonnen wird. Bon
diejer niederen Art der funftlojen Divination unter:
icheiden wir 3 Arten: die Efftaje, die Träume,
die Orakel. 1) Die Ekſtaſe (Cie. div. 1, 31) ift
ein momentaner Zujtand ungewöhnlicher Aufge:
regtheit, in welchem die divinatorijche Kraft her:
vortritt, indem die Seele des Menjchen, von dem
körperlichen abgezogen, in einen innigeren Verkehr
mit dem Göttlichen getreten iſt. Die Seele hat
nach der Anficht der Alten dieſe Divinationskraft
von Natur in unvolllommenem Grade; Damit fie
aber gelöft und zur Thätigfeit gewedt werde, be:
darf es gewiſſer äußerer, meift ungeiftiger Ein:
wirfungen. Die elementarischen Kräfte des Waffers,
der Erde, des Feuers vermögen durch ihre Ein:
wirfung auf den Körper jene Kraft frei zu machen;
bejonders auch tritt fie hervor bei franfhaften
Körperzuftänden und namentlich im Augenblide des
Todes. Plat. Apol. 39C. Cie. div. 1,30.38. Auch
bei Homer findet fich diefe letztere Art der Weis:
fagung (Od.18, 153. II. 6, 447, 22, 358.16, 843 ff.).
Das weibliche Geſchlecht hielt man für bejonders
befähigt, in joldye weisjageriiche Efftaje verjegt zu
werden (Haflandra, die Eibyllen, die Pythia). —
2) Der Traum galt für eine momentane Offen:
barung der Gottheit; im dem eigentümlichen,
zwijchen Bewußtſein und Bewuhtlofigkeit ſchweben—
den, Zuftande des Schlafes jchien die menschliche
Seele bejonders emipfänglich für den Verkehr mit
der Gottheit und für göttliche Mitteilungen. „Der
Traum ſtammt von Zeus‘ (Hom. Il. 1,63). Einen
Traumgott, der jpäter wohl vorkommt (Paus.
2, 10, 2), fennt Homer aud ZI. 2, 6 nicht. Die
Traumerjcheinungen find in einen Scheintörper
gefleidete wejenloje Geftalten; aber ftatt ihrer tritt
auch zumeilen der Geiſt eines Berftorbenen (Ba:
troflos, I1. 23, 65) oder eine Gottheit jelbit (Od.
6,13) ein. Die Traumbilder ftehen in der Gewalt
der einzelnen Sottheit, welche fie jendet, und haben
nur für die Dauer des Traumes ein furzes Schein-
leben. Was dieſe Traumericheinungen ausſprechen,
ift eine einfache Offenbarung, welche feiner Erflä:
rung bedarf; daneben aber gibt es eine andere
Art von Träumen, welche ihre Offenbarungen auf
ſymboliſche Weije in einem Bilde darftellen (Od.
19, 535 ff.) und darum einer Deutung unterworfen
find. Das Geſchäft der kunſtgerechten Traumans:
legung übt der Örsiıpoxgirns, der auch brsipond-
kog heißen fan. Die Offenbarungen des Traumes
gelten übrigens ſchon bei Homer nicht durchgängig
für zuverläjlig. Er untericheidet zwiſchen täujchen:
den und wahren Träumen (Od. 19, 560 fj.); ſelbſt
der Gott lann durch den Traum betrügen wollen
(11. 2, 1 ff.), weshalb ſich der Menſch nach Strite:
rien für die Zuverläſſigkeit des Sefichts und die
rebliche Abficht des traumjendenden Gottes umzu—
fehen hat. Auch ift nicht jeder Traun bedeutjam.
Neben der Beachtung der zufälligen Träume ift
bei den Griechen und Römern noch die abjichtliche
Beranjtaltung zur Einholung von Träumen, die
Allein dieſes Übergewicht des freien | orafeln merfwürdig. — 3) Orakel. Die Drafel-
jtätte heit uarreiov, yenorijgıor, das Befragen
des Drafeld zojodeı, der Orakelſpruch zenauos,
udvrevun, prun, Heongdmıor, HEoparor, koyıor;
mit Aoyıov ftimmt das lat. oraculum, von os,
oris, orare, am meijten überein; xensumdog oder
zonswoköyog heilt der begeifterte Seher; indes
verftcht man unter zenswoidyog auch jowohl den
Drafeldeuter und Ausleger, als den, weldyer Orakel
jammelt und joldhe in feinem Bejig befindliche
Drafel mitteilt oder anwendet. Das Gemeinſame
und Eigentümliche der Orakel iſt, daß bei ihnen
die Weisjagung an eine beftimmte Örtlichteit und
einen Tempelfultus gefnüpft ift, und daß als das
vermittelnde Organ zwiſchen dem Menſchen und
dent Gotte eine anſäſſige Priefterichaft dajteht.
Solche Stätten, an welchen eine an Bildung höher
jtehende Briefterjchaft, die Beſchaffenheit und lber:
ie des Orts benugend, ein geordnetes Dralel:
inftitut gegründet hatte, deſſen Autorität durch
den Glauben an die Nähe des Gottes legitimiert
war, und das jich durch jeine Weisjagungen ſtets
von neuem beglaubigte, genofjen ein größeres Ber:
trauen als die vereinzelten Zeichen der Götter und
die zufälligen Träume. — Eine bejondere Art nun
diejer Drafel waren die oben genannten Traum:
und Totenoralfel (vexvouarreia, verpouarreia,
Yozorouresi«), welche größtenteil® mit dem Kult
von Heroen oder jonftigen chthoniſchen Weſen ver:
bunden waren. Hieher gehören die Heiligtümer
bes Sehers Amphiaraos zu Dropos, des Amphi-
lochos und Mopſos in Kilifien, des Kalchas und
Podaleirios am Borgebirg Garganus in Apulien,
des Aſklepios zu Epidauros, in deren Tempeln
man ſich, um göttliche Offenbarungen namentlich
zur Heilung von Kranken zu erhalten, auf dem
elle des Opfertieres zum Schlafen niederlegte.
An ſolchen Stätten der Totenorafel ftiegen die
sidwiae der Toten aus’ der Erde hervor und er:
ichienen im Traume (bisweilen auch den Wachen:
den auf den Gräbern), vorzüglich durch Totenopfer
und Anrufung der chthoniſchen Mächte zum pro-
phetiichen Dienjte hervorgerufen. Dieje Art von
Drafeln wurde bejonders von dem Aberglauben
des gemeinen Lebens gejucht. — Bon viel höherer
Bedeutung waren bei den Griechen die Spruch:
orafel, wo die Offenbarung durh den Mund
eines Menschen geichah, wo Männer oder Frauen
in efftatiichem Yuftande, der gemeiniglich durch
phyſiſche Einflüſſe, durch Quellen u. dgl. hervor:
gerufen wurde, Worte hören liegen, die dann von
den Prieftern des Heiligtums zu Sprüchen ver:
bunden und auf vorgelegte Fragen angewendet
wurden. Der in diejen Drafeln waltende Gott
war borzugsweile der Weisjagegott Apollon, der
den Willen jeines Vaters Zeus, des Urquells aller
Weisiagung, dem Menfchengejchlechte Fund that.
Das berühmtefte Spruchorafel war das zu Delphoi
(j. d.). Bon ähnlicher Art waren die zu Abai in
Phokis (Hat. 1, 46. 8, 33. Soph. Oed. T. 899),
zu Widepjos in Euboia (Strab. 10, 445), am Berge
Btoon (Hat. 8, 135), zu Hyſiai (Paus. 9, 2, 1) in
Boiotien, zu Argos, wo fich die weisjagende Prie—
fterin durch das Blut des Opfertieres begeijterte
(Paus. 2, 24, 1). In Sleinafien waren die be:
deutenditen das Drafel des Harischen Apollon bei
Kolophon und das des didymatischen bei Milet.
22*
6
340
Das klariſche Drafel wurde der Sage nach von
Kretern unter Anführung des Rhakios gegründet,
der die von Delphoi ausgejandte Tochter Des Tei-
reſias, Manto, heiratete, woraus man die Ber:
bindung des Hariichen Drafels mit dem delphiichen
erfennt. Die Weisjagung hatte hier ein Prieſter,
der in Die heilige Grotte ftieg und, nachdem er
2 von dem begeifternden Waller getrunten, jeine
ntworten in Verſen gab. Tac. ann. 2, 54. Das
Orakel zu Didyma (Hdt. 6,19. Strab.9,421.14,634)
war wohl auch eine fretiiche Gründung. Den erften
Tempel joll Brandhos, ein Sohn des Apollon und
der Stammovater des dortigen Prieſtergeſchlechts
der Branchiden, gebaut haben. Wie in Delphoi
weisſagte hier ein Weib, das den Saum jeines
Kleides und feine Füße aus der Quelle benegte
und den daraus aufiteigenden Dampf an ſich 309.
— Eine dritte Klaſſe von Drafeln waren Die
Zeichenorakel. Zu dieſen gehörte unter andern
das Drafel des Zeus zu Olympia, deſſen Briefter
die Jamiden waren, und das in älterer Zeit jehr
befjucht war. Dan weisjagte aus dem gejchlachte:
ten Opfertier und den Erjcheinungen während des
Opfers. Adt. 8, 134. Strab. 8, 353. Xen. Hell.
4, 7,2. Ähnlich war die Weisjagung im Iſme—
nion des Apollon bei Theben. Auch das berühmte
dobonaiische Drakel (j. Dodon. Orakel unter
Zeus, 4.) war ein Beichenorafel; es wurde näm:
lid) dort aus den Bewegungen der Blätter ber
heiligen Eiche (puilouerreia), dem Murmeln des
Quells und dem Tone eherner Beden geweisjagt.
Bei dem Drafel zu Delos prophezeite man aus
dem Rauſchen des Lorbeers. Die Zeichenorafel,
deren Zeichen jehr verichieden jein fonnten, reichten
ſchon mehr zu der fünftlichen Mantik hinüber, da
hier eine Deutung der Leichen notwendig war.
Und auch bei den Spruchorafeln fand mehr oder
weniger jchon eine funftvolle Vermittelung ftatt,
infofern nicht unmittelbar der Befragende jelbit,
jondern das dem Gotte naheftehende und von ihm
injpirierte Orakelperſonal, die Priefterichaft, die
dem Profanen unverftändliche Offenbarung empfing
und erjt durch ihre Deutung dem Konfultierenden
9 verſtändlich machte. — Die Drafel ftammen aus
der ältejten griechiichen Zeitz Schon Homer erwähnt
das dodonaiiſche (Ud. 14, 327. II. 16, 235) als ein
geordnetes und hebt an dem pythijchen feinen
Neichtum hervor (JI. 9, 404). Auch muß Ddiejes
ſchon einen politifthen Einfluß gehabt haben (Od.
8, 80). Eine bei weitem größere Bedeutung aber
erhielten die Orakel feit der dorijchen Zeit; na—
mentlih hat ich jeitdem das delphiſche gehoben,
jo daf es alle andern,! auch das dodonaiische, weit
überjtrahlte. Die Wirkſamkeit der Orakel in dieſer
Beit für Kultur und Sitte und der politijche Ein-
fluß derjelben muß jehr hoch angeichlagen werben.
Solange eine gebildete Priefterichaft, unterftüßt
von den Beiten und Weijeften des Volkes, fern
von Eigenfucht, im Dienfte des Baterlandes, der
Neligion und der Sittlichkeit wirkte, blieb ihr
Einfluß und ihr Anſehen beftehen; beides aber
ſchwand, jeit mıt dem Verfall des Nationalgeiftes
die Orakel PBarteizweden dienten und die Priefter-
ſchaft bei Uberhandnehmen des Unglaubens und
Aberglaubens nur ihren Vorteil und ihre Bereiche:
rung, oft durch Mittel des Trugs und der Täujchung,
juchte. — Bei den Nömern und überhaupt bei den
italiichen Volkern gab es in ältefter Zeit wohl
Divinätio.
auch Orakel ähnlich den griechiichen, allein fie find
bei ihnen gegen die jpäter zu bejprechenden Arten
fünftlicher Divination ganz in den Hintergrund
getreten. — B. Die fünftlihe Divination.
Cie. div. 1, 49. 2, 11. Das Charalteriſtiſche der:
jelben ift, daß fie nicht auf einer innerlichen gött-
lichen Inſpiration beruht, jondern auf Beobachtung
und Deutung gewiſſer Zeichen, welche die Gottheit
jendet, weshalb diefe Art von Divination als eine
Kunft erjcheint, die 3. B. bei Homer als ein förm—
liches Gewerbe neben das der Arzte, Herolde u. ſ. w.
gejtellt wird. Od. 17, 383. Sie hat es bei dem
Aufiuchen des übernatürlichen Zujammenhangs der
gegebenen Zeichen zu einer gewiflen feften Methode
gebracht, obgleich fie ſich dabei nicht auf die ge-
wöhnlichen Schlüfje des Verſtandes ftüßt, jondern,
da ihr Gebiet das des religiöjen Gefühls und der
Phantaſie ift, einem abenteuerlichen, phantaftifchen
Kombinieren verfällt. Diefe Art von Divination
ift bei den Griechen und Römern ſehr verbreitet.
Jede ungewöhnliche Erjcheinung galt als ein Zeichen
göttlicher Offenbarung, als r&pas, signum, um jo
mehr, je bedeutender der Lebensmoment, und je
erregter die Gemütsftimmung war, mit der bie
Erſcheinung zufammenfiel. Ein jolches regag fonnte
ein ungejucht jich darbietendes jein, oder es war
von dem Menjchen gejucht und durch irgendwelche
Beranftaltung herbeigeführt. a) Griechen. Bei
Homer herrſcht die erſte Klafje von Zeichen, die
ungejuchten, vor. Die hauptjächlichiten rigar«
oder srur« bei ihm find Erjcheinungen am Himmel,
dem Site der Götter, namentlich des Zeus, der
vorzugsweije ald Urheber der regara gilt, wie
Donner und Blik, Regenbogen, das plößlidhe Er:
jcheinen eines großen, hochfliegenden Vogels (olwros),
eines Adler, Habichts, Reihers, weil dieje als
Boten der Götter aus dem Olympos angejchen
werden. Much das unerwartet und bedeutjam zu:
treffende Menjchenwort (prjun, zinda»), das Nie:
fen u. ſ. w. waren regare, jelten jedoch fommen
widernatürliche Erjcheinungen vor, wie der Blut:
regen. Il.11, 53. 16, 459. Od. 20, 345 ff. 12, 394.
Bedeutfam war bei mandyen diejer Erjcheinungen
die Richtung recht3 oder links (11. 2, 353.12, 201),
oder die Zeit, 3. B. nad) einem Gebet. In allen
dieſen Fällen ergab fich die Deutung leicht von
jelbft; fie fündeten meift auf einfache Weije Glüd
oder Unglüd an. Dft aber traf ein repag fo mit
air Dandlungen zufammen, daß ihm ein
beftimmterer Gehalt untergelegt werden mußte, und
dann war die deutende Kunſt der Mantik nötig,
die von dem jachverftändigen udrrıs geübt ward,
der, von dem fsgsug veridhieden, als Dolmeticher
des göttlichen Willens, als meoprirns, Heonrgonos,
daftand. Dieſe udrreıg find entweder fürftlicdhe
Seher, wie Amphiaraos, Helenos, oder Önwoseyor.
Od. 1, 416. 15, 255. 17, 383. Als Unterarten
der uerrsıg nennt Homer die olwvonrdl.o. oder
olorıorad, augures (Od. 1,202), und die dvoaxooı,
haruspices (Il. 24, 221), doch ohne genauere An:
gabe ihres Eharafterd. Zuweilen wurde ein jolches
regag auch don einem Nichtzünftigen durch un—
mittelbare Eingebung erklärt. Bedeutungstraft
hatten dabei bisweilen bloß Nebenumftände, wie
Ort und Zahl (Il. 8, 245 ff. 2, 300 ff.); oft aber
enthielt das reo«s eine ſymboliſche Darftellung des
Zufünftigen ſelbſt. Od. 15, 525 ff. 2, 146 ff. II.
12, 2005. — In ſpäterer griechiſcher Zeit hatte
11
12
Divinatio.
dieje Mantik auch noch ihre Geltung, wiewohl fie,
von den Drafeln in den Hintergrund gedrängt,
vorzugsweife bei Privatangelegenheiten in An—
wendung fam. Es fommt aufer den vorherge-
nannten ungejuchten Beichen noch eine Menge
anderer vor, wie Sonnen: und Mondfinfternifie,
Kometen, Sternijhnuppen, Stürme, NAustreten von
Flüffen, die Bewegung und der Geruch des auf-
fteigenden Dampfes (»arrouerreia); bedeutjam
waren ferner allerlei Tiere, Spinnen, Hajen,
Schlangen, bejonders aber Vögel, denen vor allen
eine geheimnisvolle Natur zugeichrieben ward. Man
beachtete ihren Flug, ihr Sigen, ihre Laute. Diejes
olorobg oder ögridag yravar war die Kunſt des
olworıoriis oder olwromöiug. — Bon der Weis-
jagung aus gejudhten Zeichen erwähnen wir bie
aus den Ein:
geweiden der
Opfertiere (lego-
nevreiae, lego-
ororla), welche
in Griechenland
vielfach geübt
wurde. Die Be:
ſchauer der Ein-
geweide heißen
Pouooxönon, le-
g00x0r0L, Yvo-
ororor, onkay-
- Yrooxdror, Tma-
tooxönoı. Das:
bon verſchieden ift die von den mupxooı getriebene
Zurvgonarreia, die Weisfagung aus dem Bren-
nen der Opferflamme, welche von Amphiaraos her:
ftammen jollte. Eine tiefer ftehende Art von Mantif,
wobei der Menſch auf eine abergläubiiche Weiſe den
Zufall jo zu jagen herbeiführt, um in ihm eine gött-
liche Offenbarung zu finden, ift die anyonavrei«
oder vögouevrsi«, wobei man acht hatte, ob ein
Gegenftand im Waſſer ſchwamm oder unterjanf,
oder die durch einen ins Waſſer geworfenen Stein
verurjachten Kreije beobachtete, ferner die xoaxı-
vonarrsia, die Weisjagung durchs Sich. Man
hängte ein Sieb an einen oder mehrere Fäden
auf und nannte, während es fich umdrehte, meh:
rere Namen; bei welchem es ftille ftand, der galt
für den Geſuchten. Dahin gehört auch die yeı-
eouarrsi« oder die Kunſt, aus der Hand und
deren Linien zu weisjagen, von Ariftoteles bereits
erwähnt, von Artemidor im 2. Jahrh. n. C. zur
Theorie erhoben. Vgl. auch Axinomantıa.
Val. Hermann, Lehrbuch der griech. Antiquitäten,
Bd. 2 (2. Aufl. 1857). Nägelsbah, Homer. Theo:
logie, 4. Abjchnitt. Nachhom. Theol., 4. Abichnitt.
— b) Römer. Bei dieſen war die funftvolle Di:
vination viel wichtiger und ausgebildeter als bei
den Griechen. Die Benennungen der bedeutungs:
vollen Zeichen, die Hier in Frage kommen, find
ostentum, portentum, monstrum, prodigium,
omen. Portentum oder ostentum bezeichnen ge:
wöhnlich außerordentliche Erjcheinungen in der
leblofen Natur, monstrum und prodigium un:
——— Erſcheinungen in der Menſchen- und
ierwelt, und zwar iſt monstrum eine widernatür—
liche Erſcheinung. Dieſen Bezeichnungen ſichtbarer
Zeichen gegenüber bedeutet omen vorzugsweiſe ein
hörbares. Ubrigens find die Unterſchiede dieſer
Ausdrücke nicht immer ſtreng feſtgehalten. Wir)
341
wollen im Gegenſatz zu den hörbaren Zeichen, den
omina, die ſichtbaren prodigia nennen. Beide
treten bejonders als ungejuchte Zeichen auf. Die
Prodigien wurden bei den Römern in ungewöhn:
licher a und Mannigfaltigfeit beobachtet, da
der Geijt dieſes Volles mit bejonders abergläubi-
ſcher Aufmerkſamkeit auf jolche Dinge gerichtet war.
Die Geichichtsbücher des Livius erwähnen deren
eine große Zahl. War ein prodigium eingetreten,
jo war, zumal wenn es Unglüd vorausverfündete,
eine procuratio, Sühnung, nötig. Der Menſch
fonnte, wenn er das Gehörige beobachtete, nötigen=
falls durch Gebete und Sühnungen, befonders mit
Hülfe der Priefterjchaft, das drohende Unglück
abwenden und fich der göttlihen Gnade wieder
verfihern. Die gewöhnlihen von Privaten wie
vom Staate gebrauchten Sühnmittel waren Gebete,
Bittgänge, Opferfefte, Göttermahle u. dgl. Liv.
1, 20. 31. 4, 21. 5, 13. 21, 1. In vielen Fällen
lag es auch in der Willtür des Subiekts, ein
Zeichen anzunchmen und auf ſich zu beziehen, oder
es von ſich zu weijen, oder ihm durch jchnelle Be:
fonnenheit in dem Augenblick, wo es fich auf:
drängte, eine paffende glüdliche Deutung zu geben
und jo das jcheinbar Ungünftige in Günjtiges zu
verwandeln. Auf diejelbe Weije verhielt fich der
Menſch auch gegen das omen, unter dem man im
engeren Sinne jedes profane gejprochene Menſchen—
wort verftand, jofern es als Vorzeichen gefaßt
ward. Ein omen hatte nur Bedeutung für den
Menjchen, wenn er es annahm (accipio omen,
placet omen, oder non ad me pertinet). Auf
den Sinn des Sprechenden fam e3 bei dem omen
nicht an; die Hauptjache war die Auffaſſung deſſen,
der das Geiprochene auf ſich bezog. Dielem war
es in vielen Fällen ganz in feine Willfür gejtellt,
welchen Sinn er ihm beimefien, ob er das omen
ald bonum oder malum annehmen wollte; bei
jolchen Wörtern und Ausdrücken jedoch, die an
und für fich etwas Ginftiges oder Ungünftiges
bezeichneten, hatte die jnbjeftive Willkür eine Grenze.
Der Nömer bewies fich, troßdem daß ihm manche
Freiheit gegen omen und prodigium vergönnt
war, doc im höchſten Grade furchtſam und vor:
fichtig gegen dasjelbe. Bei feierlihen Handlungen
juchte man jede derartige Störung mit der ängjt:
lichiten Vorficht fernzuhalten. Der Opfernde ver:
üllte fich das Haupt, um fic gegen jede ungehörige
richeinung abzufchliegen; man machte bei dem
Opfer Muftt, damit man feine jchlimmen omina
hörte; bei Truppenaushebungen und beim Cenſus
rief man zuerſt ſolche auf, die günftig lautende
Namen trugen, wie Salvius, Balerius u. dgl. —
Die zweite Klafje fünftlicher Divination, welche
fein zufällig fich darbietendes Zeichen benußt, jon-
dern abfichtlih Offenbarungen jucht, knüpfte bei
den Römern ihre Weisjagungen an feſt bejtimmte
Erjcheinungen und wurde als eine wirkliche Kunſt
nad) traditioneller Wiſſenſchaft durdy dazu berufene
Körperichaften geübt. Die jo entitandenen In—
ftitute waren öffentlich fanktioniert und hatten einen
vielfachen, tief eingreifenden Einfluß auf den Staat;
fie hatten bei den Römern diejenige Stellung und
Wirkſamkeit, welche bei den Griechen den Orakeln
zufam. Dieje öffentlich und inftitutmäßig wirkende
Divinationsweiie zerfällt in 4 Arten: die Sortes,
die fibyllinifchen Bücher, die Harufpicien und die
Augurien. Ihrem Rang und ihrer öffentlichen
—
=.
16
-
Bedeutung nach find die legten die wichtigften.
1) Sortes, Losorakel. Die wichtigften waren
die zu Pränefte und Cäre. Die Entftehung und
Befragungsart des zu Pränefte gibt Cicero (div.
2,41) an. Eichene Stäbchen mit eingejchnittenen
uralten Buchftaben, in dem Tempel der Fortuna
aufbewahrt, wurden durch die Hand eines Knaben
gezogen und darnach die Antwort erteilt. Macrob.
sat. 1,23. Suet. Cal. 57. Domit. 15. Die sortes
zu Cäre waren ähnliche Stäbchen. Andent fie ein:
ichwanden, fiel zuweilen ein Stäbchen aus dem
Bündel heraus, und die darauf jtehende Jnſchrift
diente dann als Weisfagung. Lir. 21, 62. 22, 1
> (sua sponte sortes attenuatae). — 2) Die fibyl:
linifhen Bücher Tarquinius Brijeus oder
Superbus hatte von der cumäiſchen Eibylla (deren
Prophezeiungsanftalt Bergil[ A. 3,441 ff. | beichreibt)
3 (oder 9) Bücher Weisſagungen erworben, in
denen man nach angeltellter Unterfuchung Prophe—
zeiungen über wichtige Vorfälle des römiſchen
Staats zu finden glaubte. Lactant. 1,6, 7. Gell,
1, 19. Plin. 13, 18. Zu diejen famen die Orakel
der Sibylla zu Tibur, die auf dem Anio und Tiber
nach Rom getrieben worden jein jollen, und die
fogenannten Bücher der Gebrüder Marcii. Diefe
carmina Marciana waren in lat. Sprache geichrie-
ben (Liv. 25, 12), während die fibyllinifchen Bücher
griechifch abgefaht waren. Xeßtere wurden auf
dem Eapitol in einem Gewölbe des Jupitertempels
in einem fteinernen Käftchen aufbewahrt. Als fie
im %. 84 v. C. durch eine Feuersbrunſt zerjtört
wurden, machte man aus den überall verbreiteten
Sprüchen eine neue Sammlung; Auguftus und
Tiberius nahmen eine neue Sichtung derjelben
vor. Sie befanden ſich jeit Auguſtus in 2 goldnen
Schränken unter dem Fußgeftell der Statue des
Apollo im Tempel des Apollo Palatinus. Suet.
Oct. 31. Die Aufficht diefer Bücher und die Weis:
fagung aus denjelben war dem Kollegium der
Interpretes oder Sacerdotes Sibyllini übergeben,
das anfangs, wahrjcheinlich ſchon zur Königszeit
(Liv. 3, 10. 5, 13), aus 2, jeit 367 v. E. ans 10
(5 Batriciern und 5 Plebejern, vgl. Liv. 6, 37.42),
unter Sulla und Auguft aus 15 Prieftern bejtand,
Duumveiri, Decemviri, Quindecemviri sacrorum,
saeris faciundis. Frei von allen andern Staats:
dienten hatten fie die Pflicht, auf Befehl des Se-
nats und in Gegenwart von Magiftratsperjonen
die heiligen Bücher aufzujchlagen (adire, consu-
lere, inspicere libros), um die Ausfichten einer
wichtigen Unternehmung, die von den Göttern
verlangte Sühnung von Prodigien u. dgl. zu er:
funden. Liv. 3, 10. 5, 13. 6, 37. 7,27. 10,8. Die
fibylliniichen Weisſagungen erhielten ihr Anſehen
jehr lang und genofien jogar jpäter von chriftlicher
Seite eine gewiſſe Anerkennung. — 3) Haruspi-
ces oder Aruspices, Opferfchauer, im weiteren
Sinn Wahrjager und Zeichendeuter. Die Ablei-
tung des Namens ift unficher; einige führten ihn
auf fsgooxörog, andere auf haruga — hostia
zurüd. Sie waren Weisjager aus Etrurien, wo
man jeit alter Zeit eine ausgebildete Divinations-
lehre beſaß. Dieje Difeiplin (Etrusca diseiplina)
war ein göttliches Geſchenk; fie follte von Tages,
einem Enkel Jupiters (Ov. met. 15, 553), den
Etruſtern übergeben worden fein und wurde in
ordentlichen Büchern (libri Tagetici, Etruseci) auf:
bewahrt. Sie ward in Rom jchon früh aufgenom:
Divinatio.
| men und mit dem römischen Auguralweſen vereinigt;
doch waren die Harufjpices in Nom während der
ganzen Zeit der Republik feine Römer, jondern
Etrujfer, weldye man, wenn es not that, aus
Etrurien holte. Sie ftanden als fremde Mietlinge
| den aus den vornehmften römischen Familien genom-
| menen Augurn nicht glei, genofien aber dod)
große Ehre. In der republifaniichen Zeit bildeten
die Harufpices Fein WPriefterfollegium; erft der
Kaijer Claudius gründete ein den übrigen Priefter:
ſtänden gleiches Kollegium der Haruſpices (Taec.
ann.11, 16) aus 60 Mitgliedern mit einem Magister
publiens an der Spike. In diefes Kollegium, das
bis zur Zeit des Honorius 419 n. E. fortbeftand,
traten wahricheinlich auch geborene Römer ein.
Die Hauptgejchäfte der Haruſpices in Rom waren
a) die procuratio prodigiorum. Prodigien
fonnten zwar auch durch die Decemviri, Pontifi-
ces, durch den Senat und durch die Konſuln ge:
deutet und gejühnt werden, eine höhere Anftanz
jedoch bildeten die fibylliniichen Bücher und die
höchfte die haruspices ex Etruria acciti. Lir.
27, 39. 32, 1. 24, 10. Auch in Brivatangelegen:
heiten diejer Art wurden die Harufpices bisweilen
befragt. Ihre responsa fcheinen fie jchriftlich ab-
gegeben zu haben. b) die ars fulguratoria,
Die Römer gebraudyten die Harufpices bloß, um
Dlige zu bejtatten und zu ſühnen. Jeder Blitz
nämlich, der einen befannten Ort getroffen hatte,
wurde gelühnt: der Blik wurde begraben, indem
man das getroffene Erdreich zuſammenfaßte und
an derjelben Stelle mit einem Feuerftein, dem
Symbole des Blitzes, einſcharrte; der Ort wurde
ringsum eingejchlofien, blieb aber oben offen. Daher
hieß er puteal; auch bidental nannte man ihn
von dem bei der Sühne gejchladhteten zweijährigen
Opfertier. Die Klaffe der ———— denen die
Sorge des Blitzes oblag, hieß fulguratores. Bei
den Etruffern hatten fie außer der Sühnung des
Blitzes aud die Beobachtung desjelben; bei den
Römern aber kam dieſe den Magiftraten und
Augurn zu. ce) die extispicina, Eingeweide—
han, welche in Rom in der Zeit vor Eicero die
in Mifkredit gefommene Vogelſchau verdrängte.
An dem Opfertier wurde bejunders die mit der
Galle zufammenhängende Leber, dann die Lunge,
das Herz, die Netzhaut u. ſ. w. zum Behufe der
Weisſagung unterjucht. — 4) Augures, Bogel-
ichauer, in älterer Zeit auch auspices genannt.
Neben der Beobachtung jonftiger Zeichen war die
Bogelichau ein Hauptgejchäft der Mugurn. Sie
bildeten ein angejehenes Priefterfollegium, das von
Romulns eingelegt und von Numa bejtätigt worden
jein joll. Romulus wählte 2 (oder 3) Augurn,
aus jeder Tribus einen, durch Numa famen 2
weitere hinzu (Liv. 10, 6. Cie. div. 1, 15. r. p.
2, 14. 26); vielleicht jedoch ift es richtiger anzu:
nehmen, daß die urjprüngliche Zahl von 3 Augurn
durch Tarquinius Prifeus verdoppelt wurde. Als
im %. 300 v. €. durch die lex Ogulnia auch
Plebejer an dem uriprünglich patriciichen Amte
Teil erhielten, wuchs die Zahl auf 9 (4 Patricier,
5 Plebejer); Sulla ſetzte 15 ein (Liv. ep. 89), und
dieſe Zahl blieb die regelmähige, Julius Cäſar 16
(Dio Cass. 42, 51). as Kollegium, in dem die
größte Einigkeit Herrchen mußte, hatte das Necht,
jich jelbft durch die Wahl neuer Mitglieder zu er-
| gängen, bis 154 v. E. durch den Bollstribun En.
18
1!
—
Divisor —
Domitius Ahenobarbus (lex Domitia de sacer-
dotibus) die Auswahl aus 3 Denominierten dem
Volle oder vielmehr einer durch Ausloſung von
17 Tribus gebildeten Minorität des Volkes über:
tragen wurde. Die Augurn wurden inauguriert,
d. h. fie traten ihr Amt nur nach vorausgegangenem
Augurium an; ein glänzendes Jnaugurationsmahl
(even aditialie), dem alle Augurn beiwohnen
mußten, durfte nicht fehlen. Ihr Amt erlofch nur
mit dem Tode. Ihre äußere Auszeichnung war
die traben, das Staatskleid, purpurn und fcharlad)
geftreift, und der lituus, ein fnotenlojer Krumm⸗
ftab. Auch hatten fie Yandbejig im vejentijchen
Gebiet. Die Wiljenihaft der Augurn hieß ius
augurum oder augurium und war in gewifjen
Schriften aufbewahrt (Cie. legg. 2, 13. n. d.2, 4);
ihre Entſcheidungen auf vorhergegangene Anfragen
(referre ad augures) hiehen decrota oder responsa
augurum. (ie. div. 1 28. 36. Während
jedermann zufällige Zeichen —— und erlennen
konnte, war es das Amt der Augurn, den Willen
der Gottheit nach Regeln zu erforjchen und Be:
dingungen auszuſprechen, unter denen die Zeichen
eriheinen mußten und günftig oder ungünftig
waren. Dieje Zeichen waren von fünferlei Art:
signa ex cauelo, ex avibus, ex tripudiis, ex
quadrupedibus, ex diris, a) Die signa ex
caelo, die bedeutenditen von allen, waren ful-
mina, Blitze, fulgura, Wetterleuchten, tonitrua,
in der Augurnſprache manubiae lovis genannt.
Cie. div. 2, 18—21. Fest. p. 129 M. b) signa
ex avibus, Die Bögel zerfielen in oscines,
folche, die durch ihre Stimme (Nabe, Krähe, Eule,
Specht, Hahn), und alites, jolche, die durd) ihren
Flug bedeutjam waren (Adler, Geier). Der Augur
befragte (consulebat) oder beobachtete jie (serva-
bat, observabat); beftätigten fie ein begonnenes
Unternehmen (addicere, admittere, secundare),
jo hießen jie addictivae, adınissivae, praepetes,
-ecundae; im entgegengeiehten Fall, wo fie ab-
dieebant, arcebant, monebant, refragabantur,
hießen fie adversae oder euphemiftiich alterae,
e)Diesigna ex tripudiis oder auguria pulla-
rin, Beichen durch die freſſenden Hühner, traten,
da jie kurz und bequem waren, vielfach an die
Stelle der Beobadjtung de caelo und ex avibus;
fie wurden bei Eomitien und namentlich vor einem
Krieg und einer Schlacht gelucht, weshalb den
Feldherrn jedesmal ein pullarius in den Krieg
begleitete. Der pullarias, Hühnerwärter, hielt
junge —— (pulli) in einem Käfig eingeſchloſſen;
wenn dieſe, aus dem Käfig herausgelaſſen, haftig
auf die vorgetworfene Speije (offa pultis) losftürzten
und fie jo begierig fraßen, daß aus ihren Schnäbeln
wieder Stüde auf den Boden fielen, jo war dies
ein günftiges Augurium und hieß tripadium soli-
stimum. Cic. div. 1, 15. 2,34. Wenn dagegen die
Hühner nicht fragen” oder den Käfig gar nicht oder
langjam verließen oder davonflogen, jo galt dies
für ein Unglüd verheigendes Zeichen. gi isweilen
erzwang man ein günftiges Zeichen durch Aus—
hungern der Hühner oder erlog ein joldhes (Liv.
10, 40). d) auguria ex quadrupedibus
oder pedestria, von vierfüßigen Tieren, wenn
3. B. einem ein Fuchs, ein Hund u. j. w. über
den Weg lief, wurden mehr als Privataugurien
betradytet und fönnen, da fie ungejuchte Zeichen
waren, nur uneigentlich als Augurien gelten, info:
343
fern fie von den Augurn auch nach bejtimmten
Regeln erklärt wurden. Dasſelbe galt e) von den
Zeichen ex diris. Unter dira (dirus = malus,
ominosus, gravia mala portendens) verftand man
jedes zufällige jchlimme Zeichen, das nicht zu den
4 vorhergehenden gehörte, z. B. Anſtoßen mit dem
Fuße, Reißen des Schuhriemens, Niefen u. dgl.
— Die signa ex cnelo und ex avibus mußten
von einem bejtimmten Ort aus beobachtet werden.
Man wählte dazu immer einen erhöhten Buntt
mit weiter Ausſicht; in der Stadt wurden die
auspicia urbana von dem auguraculum auf der
Burg aus vorgenommen, Die Zeit der Beobad):
tung war gewöhnlich um Mitternacht bei heiterem
Himmel und windftiller Luft. Nach verrichtetem
Opfer und Gebet begrenzte der Augur mit dem
lituus das Gebiet (templum) am Himmel und
auf der Erde, innerhalb dejien er jeine Beobach—
tungen anftellen wollte (templum capere, facere),
und weihte es. In dieſem Raume jchied er wieder
ein engeres templum ab zur Aufſchlagung feines
Zeltes (tabernaculum capere), das mit Pfählen,
pießen, Leintüchern und Brettern eingezäunt ward
(locus saeptus, templum linteatum) und nur
Einen Ausgang haben durfte. Daun jegte er ſich
mit verhülltem Haupte nieder und erwartete die
Zeichen. Nach etruſtiſcher Diſeiplin richtete der
Augur ſein Antlitz nach Süden, ſo daß der Oſten,
die Seite des Lichts und des Glückes, ihm zur
Linlen, der Weſten, die Seite der Finſternis und
des Unheils, zur Rechten war. Die glücklichen
Zeichen waren alſo sinistra, die unglücklichen dextra.
Verg. A. 2, 693.9, 631. Op. fast. 4, 833. Bei
den griechiichen Scheru war es umgekehrt; fie wen—
deten ſich mit dem Angeficht gegen Norden, jo daß
ihnen aljo die rechte Seite Glüd, die linfe Unglüd
brachte; und diejer Sprachgebraudy findet ſich auch
uf bei römischen Dichtern. Hor. od. 3, 27, 15.
ei den Aufpicien war eine Hauptiache das silen-
tium, daß alles in Stille und ohne irgendwelche
Störung vor fi ging. Außer der Beobachtung
(spectio) gehörte aber zum Geſchäfte des Augurs
die nuntiatio, die Verfündigung des Beobachteten,
welche, wenn fie unglüdlid) und hemmend war,
obnuntiatio, hieß. — Bgl. Marquardt und Momm—
jen, Handbuch der römijchen Altertümer, Bd. 6
(2. Aufl. 1886). — 11) Divinatio im juriftiichen
Sinne ift die richterliche Unterjuchung darüber,
weldyem von mehreren Anflägern vor Gericht die
Anklage zu übertragen ſei. Die andern, welche
ebenfalls diejelbe Anklage anftellen wollten, wurden
von dem Oberrichter entweder zurückgewieſen oder
erhielten die Erlaubnis, fid) al$ subscriptores (j.
Subscriptio) anzureihen. Much die Rede, welche
die zukünftigen Ankläger hielten, um ihre An:
iprüche auf die Anklage geltend zu machen, hieß
divivatio, z. B. die Rede Ciceros gegen Cäcilius
welcher fich auch als Ankläger des Verres gemel:
det hatte.
Divisor. Als bei den Wahlcomitien Bejtech-
lichkeit einrig, machten manche Leute ein Gejchäft
daraus, für die Kandidaten die Stimmen zu er
faufen. Sie jchloffen mit den Kandidaten einen
Accord und übernahmen das ganze Gejchäft gegen
eine vorher ausgemachte Geldjumme; ſ. Amli-
tus, Interpres und Sequester.
Divitiäeus, 1) beim Anfang des gallifchen Krie—
ges das Haupt einer Partei unter den Aduern,
Divitiacus.
zu
344
mußte eine Zeitlang feinem Bruder Dumnorig,
der an der Spike der nationalen Partei fich mit
den Helvetiern und Arioviſt verband, nachitehen,
hob ſich dann aber wieder durch engen Anichluß
an Cäſar und die Römer. Nach Befiegung der
Helvetier bat er im Namen vieler Bölfer um
Unterftüßung gegen Wriovift uud nahm teil an
diejem Kampfe, jowie im folgenden Jahre am Kriege
gegen die Belgier. Später jcheint er fein Anjchen
wieder verloren zu haben. Caes. b. g. 1,16 ff. 2, 5.
10. 14f. 6, 12. Als er ſich in Rom aufbielt, hatte
er Ciceros Belanntichaft gemacht, der ihn dir.
1, 41, 90 als Druide bezeichnet. — 2) ein mäch—
tiger König der Sueffionen, bei Cäſar (b. g. 2, 4)
erwähnt.
Divodürum, jpäter Mediomatrici, Hauptftabt
der Mediomatrifer im belgiichen Gallien an der
Moſella, im Mittelalter Metis oder Mettis, daher
jept Metz. Tac. hist. 1, 63. Amm. Mare. 15, 1.17,1.
Divortium (von disverto, auseinandergehen,
daher die Nebenform divertium) h. eigentlich die
Eheicheidung, welche von beiden Seiten ausging,
im Gegenjaß von repudium d. h. einfeitiger Auf—
löſung. Bon jeher galt in Nom, von feiten bes
Mannes, völlige Freiheit der Eheicheidung, mit
Ausnahme der patriciichen onfarreationsehen,
welche urſprünglich unauflöslich waren (Dion. Hal.
2, 25), bis auch für diefe auf Grund eines Ber:
brechens der Frau die diffarreatio als Eheichei:
dungsform eingeführt wurde. Nur die confarreier:
ten Ehen der Briefter blieben für alle Zeiten un-
auflöslih. Obwohl aber die Scheidungen geftattet
waren, jo ſah man doch die Ehe für etwas jo
Heiliges an, daß diejelben nur im alle der ftrengiten
Notwendigleit vorfamen. E83 eriftierten rechtliche
Sceidungsgründe (Plut. Rom. 22), und das Fa:
miliengericht hatte darüber zu unterjuchen. Wer
diejes hintanjegte und fich leichtfinnig trennte, erlitt
eine cenforifche Nota. Val. Max. 2,9, 2. Auch
die XII Tafeln ſprachen von den Scheidungen,
ohne daß wir die Beftimmungen kennen. Cie. Phil.
2, 28. Troßdem erzählen mehrere Schriftfteller,
daß die erfte Eheicheidung in Rom erft 234 v. C.
vorgefommen jei (Gell. 4, 3. 17, 21. Val. Max.
2, 1,4), was aus vielen Gründen unmöglich ift.
Man muß vielmehr annehmen, daß diefe Scheidung
die erfte ohne BVerjchuldung der rau vollzogene
Trennung war, woraus man jpäter die abjolut
erfte machte. Seitdem trat Rillfür an die Stelle
der alten Zucht und Sitte, Miffallen oder ber
Wunjc eine neue Ehe einzugehen genügten. Sulla
at 5, Cäſar 4, Pompejus 5, Antonius außer der
leopatra 4 Frauen gehabt, und Giceros Tochter
3 Männer. Cicero jchied fich von feinen beiden
Frauen ohne bejondere Beranlaffung. In der
Kaiferzeit wurde e8 noch jchlimmer. Die Frauen,
welche nach und nach ebenfalls das Recht, fich zu
fcheiden, erlangt hatten, machten davon in derjelben
leichtfinnigen Weife Gebrauch. Es gab jedod) ver:
mögensrechtliche Nachteile für den jchuldigen Teil,
j. Dos und Prozefs, 28. Unter den chriftlichen
Kaiſern trat größere Strenge und Beichränfung
der alten Scheidungsfreiheit ein. — Die Formen
der Scheidung waren, abgejehen von der diffarrea-
tio, urfprünglich wohl nicht gejeßlich ag ee
Der Mann jagte zur frau: res tuas tibi habeto
oder agito, foras exi u. dgl. Auch Fündigte man
Divodurum — Joxıuacie.
Auguſt zur gejeblihen Form erhob, und was im
Beiſein von 7 Beugen geichehen mußte. Endlich
ſchickte man die Scheideformel jchriftlih (libellus
divortii). — Remancipatio ift nur Auflöſung
der manus, |. d.
Diyllos, Sivilos, aus Athen, ſetzte die allge:
meine Geſchichte des Ephoros von 357 bis 336
und in einem andern Werke bis 296 v. E. fort.
Val. Müller, fragm. bist. Graec. II p. 360 f.
Doctor. Wer andere etwas lehrte, hieß in
fpäterer Zeit bei den Römern doctor oder pro
fessor; namentlich auf die Lehrer der Philofophie
(Tac. ann. 14, 52. 16, 34) und der Grammatif
(Suet, gramm. 1), fowie überhaupt der freien
Kiünfte (liberalium artium, Suwet. Caes. 42) an:
gewandt. Auch beim Heerweſen hießen jpäter die,
welche die Refruten in —* und Schwenkungen
einübten, doctores, 3. B. cohortis, sagittariorum,
auch armorum doctores oder campidoctores.
Dodöna ſ. Epeiros.
Dodonalisches Orakel ſ. Zeus, 4.
Aoxıuaote ift die Prüfung der Befähigung
jemandes zu einer gewilien Stellung im Staate
oder in der Bollsgemeinde. Sie findet z. B. ftatt
bei der Aufnahme in das Andıngyınör, wobei
unterfucht wurde, ob der Aufzunehmende Anſprüche
auf das Bürgerrecht habe, ob er alſo von bürger:
lihen Eltern abftamme u. j. w. (daher doxıu«-
oHdijwaı joviel wie zig Ardpag Lyyodpestaı).
Bejonders wichtig war in Athen die Dokimafie
der Beamten. Diefelbe fand nach der Wahl vor
Antritt des Amtes vor dem Rate oder vor einem
Serichtshofe ftatt. Bei den Archonten (ob audı
bei andern Behörden, iſt ungewiß) kommt ein
doppeltes Verfahren vor, zuerft vor dem Kate, Es
wurden dem Kandidaten gewifle Fragen vorgelegt
(rangiveww); beantwortete er diejelben nicht ge:
nügend, oder bezweifelte ein Kläger feine Berech—
tigung, jo wurde die Sache an einen Gerichtshof
en der jchließlich über die Zulaſſung des
Kandidaten entichted. Das Verwerfen besjelben
hieß dmodonnageır. Die vorgelegten Fragen be:
zogen ſich durchaus nicht auf die individuelle Be:
fähigung zu dem anzutretenden Amte; dieje wurde
vielmehr in dem demofratiichen Athen bei jedem
Bürger vorausgeſetzt und Fonnte bei der Übung
und Kenntnis, die die Öffentlichteit des Staats:
lebens einem jeden verjchaffte, und bei der verhält:
nismäßig geringen Bedeutung und Wirkamfeit
der einzelnen Zweige der vielfach zerjpaltenen
obrigfeitlichen Gewalt im allgemeinen wirklich vor:
ausgejegt werden. Nur bei Amtern, die eine be:
ſondere technische Fertigkeit und Erfahrung voraus:
legten, wie 3. B. die militärischen Amter, mögen
die vorgelegten fragen auch vielleicht auf die
bejondere Befähigung des Kandidaten zu dem be:
ftimmten Amte ſich bezogen haben. In der Regel
aber juchte man durch die Prüfung nur zu ermitteln,
ob der Ermählte die zur Übernahme eines Amtes
notwendigen bürgerlihen Eigenichaften habe: ob
er von bürgerlichen Eltern abftamme (bei den
Arhonten wurden früher bürgerliche Eltern und
Großeltern, eine echte Abftammung Fa reıyorias,
erfordert), ob er gewiſſen Staatsfulten (des Zeus
Herfeios und des Apollon Patroos) zugethan jet,
ob er die geſetzmäßigen Kriegsdienfte geleiftet, ob er
im vollen Befite der bürgerlichen Rechte (nicht
die Ehe mündlicd dur einen Boten auf, was |“rıuog) ſei, ob er das geſetzmäßige Alter (bei den
Dolabella —
345
Dominus,
Mitgliedern des Rates das dreißigſte Jahr) erreicht | genommen, aber in der jorgjameren juriftiichen
habe u. ſ. w. In der älteren Zeit Fam bei den
Archonten noch die Frage nad dem Vermögen
hinzu, die natürlich jeit Arifteides, durch den die
Befähigung zum Archontat auf alle Klafjen aus:
—— wurde, fortfiel. Auf die Dokimaſie der
eamten beziehen jih 3 im Genate gehaltene
Reden des Lyſias, gegen den Euander, der zum
Archon gewählt war, jowie gegen Philon und für
Mantitheos, beide zu Mitgliedern des Rates er:
wählt. Bol. Meier und Schömann, att. Prozeß
©. 235 ff. der 2. Aufl. — Zu erwähnen ift noch
die doxıuao/a Inröowr. Die Redner wurden zwar
in feiner ®eije zu den Beamten gerechnet, da jeder,
der fich dazu für berufen hielt, vor dem Volke
auftreten durfte. Doc war dies Auftreten nur
dem geftattet, der im Bollbefig der bürgerlichen
Hechte (Erirıuos) war. Wer nun durch richter:
liches Erkenntnis &rıuog geworden war und fich
dennoch öffentliches Auftreten in der Bolfäver-
jammlung erlaubte, gegen den fonnte eine Endeiris
angewendet werden (vgl. ’Arında). Wer dagegen
eine Handlung begangen hatte, die gejeßlich Atimie
nach ſich zog, ohne daß er jedoch durd; Richter: |
ſpruch ſchon mit dieſer Strafe belegt war, gegen
den fonnte eine drayyeklc dorıuasiag angeftellt
werden, wenn man 3. B. behauptete, daf; er fich
der jchlechten Behandlung der Eltern (ndrwaıg
yov£or), der Feigheit (Seide) oder anderer mili-
tärifcher Bergehen jchuldig gemacht, daß er fein
väterliches Erbgut (r« margoa) verichwendet habe
u. ſ. w. Angekündigt wurde dies Verfahren dem
Redner von dem Ankläger in der Bollsverjamm-
lung; bis nad ausgemachter Sache mußte fich der
Redner mwahrjcheinlich des Auftretens enthalten. |
Die einleitende Behörde waren die Thejmotheten.
Die Folge für den jchuldig befundenen Bellagten
war offenbar, daß die wegen der vorgeworfenen
Handlung ihn treffende Atimie jet gerichtlich gegen
ihn ausgeſprochen wurde.
Dolabella j. Cornelii, 21—24.
Doliche, Jollyn, 1) Stadt einer Tripolis im
nörblichften Teile von Theffalien an der Weſtſeite
des Olympos, wahrjcheinlich beim heutigen Kaftri.
Liv. 42, 53. 44,2. — 2) Stadt der Laubichaft
Kommagene in Syrien, berühmt durch warme Bäder
und den Tempel des Zeus Dolichenos; ſpäter
Dulut. — 3) = Dulichion, ſ. Echinades,
4oAıyos |. Gymnasium, Gymnastik.
Doliönes, Jolloveg, eine myſiſche Wölferichaft
bei Kyzikos zwijchen den Flüffen Aiſepos und
Rhyndakos. Sie nahmen die Argonauten liebreich
auf und lieferten ihnen dann durch Mifverjtändnis
bei nächtlicher Weile eine Schlacht. Apoll. Khod.
1, 936 ff. Strab. 12, 575. Plin. 5, 40.
Dolium, ein irdenes großes, fürbisförmiges
Beingefäß, aus welchem der Wein nad) vollendeter
Gärung in die Amphoren (ſ. d.) abgezogen (de-
fundere) wurde. Hölzerne Fäſſer famen erſt auf,
nachdem man bieje in Gallien kennen gelernt hatte.
Plin. 14, 21. Bgl. auch Vasa, 2.
Dolon j. Diomedes,.
Dolöpes j. Graecia, 10.
Dolus, ein Wort, das auch in ber griechijchen
und oſtiſchen Sprache erfcheint, ift im Lateinijchen
vox media und wird daher mit den Prädifaten
bonus und malus verbunden bis in das 5. Jahrh.
d. St. Seitdem wird e3 in dem Sinne der Arglijt
Sprache als dolus malus bezeichnet, bis aud)
* die nachläſſige Redeweiſe Eingang fand. Eine
efinition des Sulpicius Rufus ſteht bei Ulpian
(Dig. 4, 3,1. 52; machinatio quaedam alterius
decıpiendi causa, cum aliud simulatur et aliud
agitur, oder des Labeo: est omnis calliditas,
fallacia, machinatio ad circumveniendum, fal-
lendum, decipiendum alterum adhibita. Er:
weitert wurde der Begriff, al$ man ihn der bona
fides entgegenftellte und damit alles bezeichnete,
was den Forderungen der bürgerlichen Sitte über
Treue und Nedlichkeit wiberftreitet. Die jebigen
Juriften haben darin den Betrug gefunden; mit
Unrecht, weil dies den Begriff zu eng faht. Wichtig
ift die Lehre im Obligationenrecht, weil dolus zum
Erſatz des Schadens verpflichtet. Im Kriminal-
recht ift dolus malus mehr der rechtswidrige Vor:
fat und die böje Abjicht als die Handlung jelbit.
Bei den meijten Vergehen fam jchr viel darauf
an, ob fie mit oder ohne dolus verübt waren,
d. h. ob die böje That beabfichtigt war, oder ob
fie eulpä oder casu geihah; die Strafe richtete
fi ganz nach der Abjicht.
Dominium, Eigentum und Eigentumsrccht.
Diefes hatte urfprünglich nur der römische Bürger,
weil diejfer allein commercium bejaf (. d.), und
man nannte dasjelbe dominium iustum, ex iure
Quiritium. Dem echtrömijchen Eigentum ftand
das natürliche gegenüber, dominium in bonis
genannt, das Eigentum der Peregrinen, welche
des ftrengrömifchen nicht fähig waren. Die ältefte
Eigentumsflage ift die vindicatio (j. d.), neben
welcher noch andere eingeführt wurden.
Dominus, der Herr, wird bald von dare
(geben), bald und richtiger von domare (daude,
janjfr. dämjämi [zähmen]) abgeleitet; die von
Fest. p. 67 M. überlieferte Form dubenus jcheint
verichrieben aus dumenus, Nach urjprünglicher
römifcher Anſchauung konnte jemand Herr nur
über Sachen fein (vgl. Dominium), und da die
SHaven als ſolche galten, ftand der dominus den
servis gegenüber. In den früheften Zeiten waren
auch die Kinder im wirklichen dominium des
Vaters, daher ift die Sitte, daß Väter fich von
ihren Kindern dominus nennen lichen, wie wir
fie von Sueton (Oet. 53) und Martial (1, 82)
erwähnt finden, gewiß eine uralte. Als in der
Kaijerzeit die feinere griehiihe Bildung immer
mehr alle Umgangsverhältnifie durchdrang, wurde
dominus und domina gewifjermaßen als blofjes
Formwort zunächſt im vertraulichen Umgange von
Brüdern gegen Brüder (Sen. ep. 105), von dem
Manne gegen die Frau (Suet. Claud. 39) und
umgefehrt (Verg. A. 4, 214) gebraucht, wie auch
bei den Griechen die Gattin dzsroıre hieh; doc
auch in fremderen Berhältniffen nannten Männer
die erwachjenen Qungfrauen domina, xvol«, und
grüßten ſich fernftehende Belannte mit der all:
gemeinen Anrede dominus, auch domine frater
(Sen. ep. 3). — Namentlid) war e3 aber in der
Kaijerzeit das Streben niedriger Schmeichelei, die
Imperatoren mit diefem Namen als die einzig
würdigen Herren zu ehren. Auguſtus und Tibe-
rius verbaten fich aufs ftrengfte folche Bezeichnung
(der eritere durch ein eigenes Edilt, Suet. Oct. 53)
als eine Beihimpfung, da fie nicht über Sfaven,
jondern als principes über freie Römer herrichen
346 Domitianus
wollten. Zac. ann. 2, 87. Suet. Tib. 27. Caligula
ichon lieh ſich diejen Titel gern gefallen (Dio Cass.
59, 3), Domitian verlangte ihn (Swet. Dom. 13),
und die meiften Nachfolger (Nurelian und Julian
verbaten fi) ihn) nahmen ihm ohne weiteres au;
jelbft Trajan, von dem Plinius (pan. 2. 7. 45. 55)
jo jehr die Unterjcheidung der dominatio und des |
principatus, des princeps und dominus rühmt,
wird im allen Briefen von demfelben (ep. 10)
domine angeredet. Auf Münzen kommt die Be: |
zeichnung des Kaiſers als dominus erft jeit Cara:
calla vor.
Domitiänus, T. Flavius, geb. 51 u. G.,
wurde unter der Regierung feines Baters Veſpa—
ſianns und feines Bruders Titus, die jeinen leiden:
Ichaftlihen Ehrgeiz fürchteten, in mannigfacher
Weiſe zurückgeſetzt und von wichtigeren Staats: |
geichäften ferngehalten. Durch jolche Behandlung |
erbittert und mißtrauiſch gemacht, folgte er feinem |
Bruder Titus als Kaiſer (14. September 81 bis
18. September 96) und führte die Zügel der Herr:
ſchaft mit autofraticher Strenge und Härte. Ent:
ichlofien,, der Sleichberechtigung von Fürſt und
Senat ein Ende zu machen, übernahm er 84 die
Cenſur und befleidete fie bis zu jenem Lebens: |
ende. Dio Cass. 67, 4. 53, 18. Da er fich bier-
durch das Recht der lectio senatus wahrte und
fomit dieje Körperichaft nach Belieben zujammen:
feßen fonnte, jo war es um die Bedeutung Des
Senats geichehen, der deshalb dem Kaiſer be:
ftändig Oppofition machte und fein Regiment haßte.
Suet. Dom. 23. Plin. ep. 1, 12. pan. 48. Bei
diefer im Innern herrſchenden Mißſtimmung juchte
der Herrſcher eine Ableitung durch äußere Kriege:
durch fie hoffte er fein Regiment zu ftärfen und |
zu fichern. Britannien verwaltete (jeit 78) der
Schwiegervater des Tacitus, Agricola (ſ. d.), der
eine Reihe von Feldzügen bis zum J. 85 unter:
nahm, in weldem er von D. abberufen wurde.
D. jelbft zog von Gallien aus, wohin er ſich an:
geblich zur Abhaltung eines Genjus begeben hatte,
84 mit Erfolg gegen die Chatten. Dio ass. 67,5.
Suet. Dom. 6. Aur. Vict. 11. Eutr. 7, 23. Auch |
an der Donau gab es Kämpfe zu beftchen. Am
J. 86 drangen die Daker, geführt von Decebalus
(Dio Cass. 67, 6), in Möfien ein. Gegen fie, ſowie
gegen die gleichzeitig ſich erhebenden Quaden, Mar:
fomannen, Sueben und Sarmaten (Jazygen) waren
die Römer wenig glüdlich: D. war gezwungen,
zunächſt mit den Dafern Frieden zu ſchließen, in
weldiem er dem Könige Decebalus Arbeiter, Geld
und wie es jcheint Handelsverkehr bewilligte, wo:
für diefer Bafall des Kaifers wurde. Dio Cass.
67, 7. Martial. 5, 3. 6, 10. Dieſem Friedens—
Ichlufje folgte ein weiterer mit den Quaden, Mar:
fomannen und Jazygen, der für D. ebenfalls nicht
ungünftig gewejen zu fein jcheint. Im Reichs—
regiment hat fid) D. durchaus als kluger und that:
kräftiger Herricher
fi, entjprechend jeinen ——— Grundſätzen,
in jeder Beziehung Selbſtändigkeit und nie hat er,
ſich von Günftlingen leiten 2* Städtiſche wie
Provinzial-Beamte mußten beſtändig ſeiner ſtrengen
Kontrolle gewärtig ſein, und die Geſchworenen-
gerichte wurden ſorgfältig von ihm überwacht. |
Eine peinlich geübte Polizeiaufſicht mußte jeinen
mancherlei Mafregeln Geltung verſchaffen. Dabei
befferte er die Finanzen des Reichs, machte große |
gezeigt. Bor allem bewahrte er
— Domitii.
Geſchenke an das Boll (Dio (ass. 67, 4. 8f. Suet.
Dom. 4. 9), gab demjelben glänzende Spiele und
erübrigte auch noch Geld zu koftipieligen Bauten
(Suet. Dom. 5) und zur Erhöhung des Soldes
feiner Truppen. Suet. Dom. 7. Zonar. 11, 19.
Doch alles dieſes vermochte nicht die Oppoſition
der durch D. machtlos gewordenen ſenatoriſchen
Kreiſe zu erſticken. Wuchs ſchon hierdurch das
Mißtrauen des Kaiſers, ſo wurde dieſer geradezu
zum Menjchenfeinde nach dem Aufftande des Sa:
turninus. Suet. Dom. 10. Aur. Viet.ep. 11. Jetzt
‚wurde gegen die ariftofratiiche Oppofitionspartei,
der aud die griechiſchen Philojophen angehörten,
mit Ausweiſungen und Hinrichtungen vorgegangen
(Dio Cass. 67,13. Zonar. 11,19. Tac. Agr. 2. 45.
Plin. pan. 47. ep. 1,5. 3, 11 u. ö.), jept fanden
Delatoren wieder ein reiches Feld für ihre ehrloje
Thätigkeit, und Majeftätsprozeffe waren an der
Tagesordnung. Doc wurde dem Kaiſer ſchließlich
nicht von der Wriftofratie, jondern vom Hofe der
Untergang bereitet. D. hatte jchon früher (Jan. 96)
jeinen_ des Hochverrats verdächtigen Better la:
vius Sabinus (Dio (ass. 67, 14. Suet. Dom. 15),
ueuerdings deſſen Bruder Flavius Clemens (Suet.
Dom. 10) ermorden laflen. Sept fürchtete die
‚Kaijerin Domitia Augufta, deren Liebhaber, der
Tänzer Paris, auf des Herrichers Geheiß getötet
worden war, für ihr Leben, obwohl D. fie wieder
zu Gnaden angenommen hatte. Dio Cass. 67, 3.
Zonar, 11, 28. Suet. Dom. 3. Sie ftiftete eine
Verſchwörung, die Teilnehmer derjelben überfielen
den Kaiſer und ermordeten ihn. Dio Cass. 67,15 ff.
Zonar. 11, 19. Suet. Dom. 14. 17. Eutr. 7, 23.
— Der Litteratur wendete D. reges Intereſſe zu.
Selbſt Dichter (Suet. Dom. 2. 18), pflegte er Um—
gang mit Statius und Martiali$ und wurde als
freund der Litteratur von Walerius Trlaccus,
Silius Italieus und Duintilian verherrlicht. Mo:
nographie von Imhof (1857). Bgl. Schiller, Geich.
der röm. Naiferzeit |, 2 ©. 520—538.
Domitii, eine anjehnliche plebejiihe Familie
‚mit den beiden Sauptzweigen der Ahenobarbi
‚und Calvini. A. nr mertwürdigiten Männer
aus bderjelben find: I. Ahönöbarbi (ahenea
barba, rötlicher Bart, nad) einer mythiſchen Er:
zählung von einem Beftätigungszeichen, das die
Dioskuren für den Sieg am Negillerjee gegeben
._ jollten, Suet. Ner. 1 f. Plut. Aem. Paul. 25):
‚ En. Dom. Ahenob., weihte als curulischer
bir 194 v. E. einen Tempel des Taunus (Liv.
33, 42) und führte Krieg mit den Vojern, bis ihr
Sand verwüjtet und die Unterwerfung erzwungen
war (daſ. 35, 22. 40. 36, 37). — 2) Sein Sohn,
En. Dom. Ahenob., war 167 v. E. unter den
Abgeordneten, die mit 2. Ämilius Paulus die
Angelegenheiten in Mafedonien oröneten. Liv.
45, 17. — 3) Sein Sohn, En. Dom. Ahenob.,
Konſul 122 v. C., belämpfte ſiegreich die Allo—
broger und Arverner (Cic. Font. 12, 26), zum Teil
mit Hülfe feiner die Feinde ichredenden Elefanten.
' Vell. Pat. 2, 10. Als Cenſor ftieh er 115 un—
würdige Mitglieder aus dem Senate (Cie. Cluent.
42, 119. Liv. ep. 62); von ihm war aud) die via
Domitia in Gallien angelegt. Cic. Font. 4, 8.
— 4) Sein Sohn, En. Dom Ahenob., Konjul
96 v. C., gab als Tribun 104 die lex de sacer-
dotiis, wonach die Priefterftellen nicht mehr durch
Kooptation von den Priejtertollegien, jondern vom
Domitii. 347
Volke durch 17 erlofte Tribus bejegt werden follten
(Cie. Lael. 25, 96 und daſ. Senffert; leg. agr.
2, 7, 17), nachdem ein ähnlicher Borjchlag des
Tribunen €. Licinius Craſſus an der Behauptung
des Augurs E. Yälius, daß derjelbe auf die Ent:
weihung der religio sacrorum ausgehe, geicheitert
war. Vell. Pat. 2, 12.
M. Amilius Scaurus ſ. Cie. Deist. 11, 31. Val.
Max. 6,5,5. Wis Eenfor mit 2. Eraffus, dem
berühmten Redner, 92, erließ er ein Edift gegen
die neu erftandenen lateinischen Rhetorichulen als
ludos impudentine (Plin. 17, 1. Gell. 15, 11)
und ward mit jeinem Kollegen in eine altercatio
verwidelt, bei welcher diejer ihm os ferreum und
cor plumbeum vorwarf. Cie. Brut. 44, 164, Suet.
'er. 2. — 5) Sein Bruder, 2. Dom. Ahenob.,
Konful 94 v. E., befämpfte den Tribunen Satur:
ninus 100 und wurde als Sullaner auf Marius’
Befehl durch den Prätor Damafippus in der curia
Hostilia ermordet. Val. Max. 9,2, 3. Flor. 3,21. —
6) Deſſen Sohn, En. Dom. Ahenob., Schwieger:
john des Einna, von Sulla 82 v. E. als Maria:
ner geächtet, ftellte zu Elupea in Afrika fich an die
Spitze jeiner geflüchteten Parteigenoſſen, fiel aber,
von Pompejus bei Utica bejiegt, in den Border:
reihen fämpfend. Plut. Pomp. 10ff. Val. Max.
6, 2,8. — TI) LE. Dom. Ahenob. (Sohn von
Nr. 4), Freund Eiceros, Konful 54 dv. E., vir
neque satis constans et ingenio truci (Suet.
Ner. 2), ®atte der Porcia, der Schweſter des
Cato Uticenfis, unverjöhnlicher Feind Gäjars, zu
deffen Nachfolger in Gallien er beftimmt ward.
Caes. b.c. 1,6. Er jammelte ein Heer zu Corfi—
nium in Sammium und wollte zu RBompejus in
Apulien ftoßen, was aber durch Pompejus' Aus-
bleiben und Cäſars Dazwiſchenkunft vereitelt ward.
Seine Truppen unterhandelten für fich mit Cäſar
und erhielten freien Abzug. Er fiel in Cäſars
Hände, der ihn großmütig ſamt der Kriegstaffe
entlich (daj. 16 ff.). Bei Pharlalos ſtand er dem
Antonius gegenüber auf dem rechten Flügel, floh
aber bei dem Siege Cäjars aus dem Lager auf
eine Anhöhe, wo die Neiter des Antonius ihn ein:
holten und niederhieben (daſ. 3, 99). Cie. Phil.
2,29, 71. App. b.c.2,82. — 8) Sein Sohn,
En. Dom. Ahenob., nahm an den legten Schid:
falen feines Vaters bei Corfinium und Pharjalos
teil, erhielt aber von Cäſar Erlaubnis zur Rüd-
fehr nach Stalien. Bier ſchloß er fich der Ver—
ihwörung gegen Cäſar an (Cie. Phil. 2, 11, 27)
und folgte jpäter dem Brutus nach Makedonien.
Suet. Ner. 3. Als Anführer der Flotte im Joni—
ſchen Meere vernichtete er die Schiffe der Trium:
virn gänzlich, überlieferte aber nad) der Schlacht
bei Philippi die von ihm befehligte Flotte dem
Antonius, mit dem er fid) durch Vermittelung des
Aſinius Pollio ausgejöhnt hatte. Er verlieh ihn
jedoch wieder, als er jein Verhältnis zur Kleo—
patra fennen lernte, und ging zu Octavian über,
ftarb aber bald nadıher. Tac. ann. 4, 44. Suet.
Ner. 3. App. 4, 86ff. 115f. Dio Cass. 50, 13.
Uber jeinen Streit mit
fand vor. Die Cass. 55, W. Tuc. ann. 1,63. 4, 44.
Er war anmahend und roh und gab Gladiatoren:
ipiele mit beifpiellofer Graufamleit. Suet. Ner.
4.6. Er jtarb 25 n. C. — 10) Sein Sohn, En.
Dom. Ahenob., Gemahl der jüngeren Agrippina,
der Tochter des Sermanicus, Bater des Kaiſers Nero,
verwaltete als Profonful Sicilien und war ein
höchft verworfener Menſch. Suet. Ner. 6.
Il. Calvini: 1) En. Dom. Calv. Marimus,
Konſul 283 dv. E., jchlug mit feinem Amtsgenofien
Dolabella die verbündeten Sennonen, Bojer und
Etruiter völlig, die großen Schreden in Rom ver:
breitet hatten. Später war er aud) Diltator und
der crite Cenſor aus plebejiihem Stande (280).
Pol. 2, 195. — 2) En. Dom. Calv., Konful
53 dv. E. mit M. Balerius Meffalla, nachdem eine
frühere Bewerbung nach geübter Bejtechung fehl:
geſchlagen war. ic. ad Att. 4, 16. Anhänger
Gäjars, befehligte er in der Schlacht bei Pharſalos
das Mitteltreffen (Caes. b. c. 2, 42. 3, 34. 78. 89)
und ward nad) derfelben als Statthalter Cäfars
vom König Dejotarus unterftügt, bei deſſen im
%. 45 von Cicero geführter Berteidigung er zu:
egen war. Cic. Deiot. 5, 14. 11,32. Während
Säfar in Ägypten beichäftigt war, wollte er Mithri:
dates’ Sohne Pharnafes, dem Könige des bojpo:
ranischen Reichs, der erobernd durch Kolchis nad)
Kleinarmenien, dem Lande des Dejotarus, und
Kappadokien vorgedrungen war, auf Dejotarus’
Bitten entgegentreten, wurde aber mit leßterem zu—
fammen bei Nifopolis geichlagen. Dio Cass. 42,16,
Caes. b. Alex. 34 ff. 65ff. App. b. e. 2, ©».
Mithr. 120. Darauf führte er die flotte der
Triumvirn im Joniſchen Meere, die (j. Domitius
Ahenobarbus, 8.) verloren ging, und befämpfte
in Spanien die aufftändiichen Gerretaner, wofür
ihm, wenn auch erft jpät, die Ehre eines Triumphes
zu teil ward. Dio Cass. 48, 42. — B. Inter
den bemerkenswerten Frauen diejer Familie find
folgende zu nennen: 1) Domitia, Tochter des
2. Dom. Ahenob. (Nr. 7), Tante des Kaiſers Nero,
der fie im hohen Alter vergiften lich, um fich ihres
Vermögens zu bemächtigen. Suet. Ner. 34. Teac.
ann. 13, 19. — 2) Ihre — Dom. Lepida,
Mutter der Meſſalina, wurde auf Anſtiften der
Agrippina hingerichtet. Suet. Ner. 7. Claud. 26.
Tac. ann. 11, 37. 12, 64 $. — 3) Flavia Dom.
(Domitilla), eine Freigelafiene, Gemahlin des
Veipafian und Mutter des Titus und des Do-
mitian, ftarb, noch ehe ihr Gemahl Kaifer wurde. —
4) Dom. Longina, Tochter des Eorbulo, die
ichöne, aber ausjchweifende Gattin Domitians, die
von ihm wegen ihres Umgangs mit dem Tän-
zer Paris eine Zeitlang verftoßen ward mud
ſpäter eine Verfchwörung des Petronius zur Er-
mordung des Kaiſers veranlahte. Dio Cass. 66, 3.
26. 67, 3. 15. — Andere, nicht zur gens Domitia
gehörige, Domitier find: 1) Dom. Ufer f. Afer.
— 2) 8 Dom. Nurelianus j. Aurelianus.
— 3) En. Dom. Eorbülo, Bruder der Eäjonia,
der Gemahlin des Kaifers Caligula, ausgezeichneter
— 9) Sein Sohn, L. Dom. Ahenob., Konful | Feldherr, der als legatus pro praetore von Ger-
16 vd. E., Prokonſul von Afrika 12 v. E., ver: | manıa inferior über die von Gannaſeus geführten
mäbhlt mit der älteren Antonia, Tochter des Trium-
virs Antonius und der Octavia, führte als Statt: |
halter von Illyricum (vielleicht auch von Rhtia |
und Roricum) ein Heer über die Elbe und drang
weiter als irgend ein Nömer vor ihm in Deutich:
Ehauci an der Wejermündung (47 n. E.) und,
nachdem er zwilchen 50 und 54 Prokonſul von
Alien geweſen, feit 54 Legat in Armenien und
Syrien, in Armenien über Tiridätes und deſſen
Bruder Vologeſes, König der Parther (58 und
—
348
63 n. E.) die größten Siege erfocht, zugleich aber
Milde mit Rechtichaffenheit im jeltenem Maße ver:
band. Dies erwedte Neros Eiferfucht, der ihm
daher, als er nad) Griechenland beordert war, nad)
Kenchreai das Todesurteil entgegenichidte, defien
Vollftredung jener im J. 67 durch Selbitmord zu-
vorfam. Tac. ann. 11,18 ff. 18,6 ff. 34 ff. 14, 23 ff.
15, 3ff. 9 ff. 25 ff. hist. 2, 76. Dio Cass. 62, 19 ff.
63, 6. 17. 66, 3. Er jchrieb Memoiren über feine
Erfahrungen im Orient (von Plinius d. ä. und
Tacitus Öfter benußt), wovon fich nichts erhalten
hat, war ausgezeichnet als Redner und berühmt
durch die Äprichwörtlid gewordene Größe und
Stärle jeines Körpers. Juv. 3, 251. Val. Egli
in Büdingers Unterfuchungen zur römifchen Kaiſer—
eichichte, Bd. 1 ©. 336— 343. — 4) Dom.
arjus, ein angejchener Dichter der augufteiichen
De unterrichtet von Orbilius, Beitgenofje und
Freund des Vergil und Tibull (Horaz nennt ihn
niemals), auf deſſen —— Tod er ein in
den Tibullhandſchriften ſtehendes elegiſches treff—
liches Epitaphium verfaßte, das für die Beſtim—
mung der Zeitverhältniffe Tibulls wichtig iſt. Er
ichrieb ele —* (amores oder, nach ſeiner Ge—
liebten, Melaenis) und epiſche (Amazönis; eine
wißige Anfpielung darauf enthält vielleicht Hor.
od.4,4,18 ff.) Gedichte, auch beißende Epigramme,
von denen eins uns erhalten ift, ſowie Fabeln
(fabellae). Quintilian (6, 3, 102) erwähnt von
ihm eine Schrift de urbanitate; aber es iſt nicht
nachweisbar, daß diejelbe in Proja verfaßt war.
Vol. Weichert, poet. Lat. rel. p. 241—269, und
Bährens, fragm. poet. Rom. p. 346 ff.
Domna, Yulia D., aus Emeja in Syrien,
Tochter des Baſſianus (Herodian. 5, 3, 2), zweite
Gemahlin des Septimius Severus und Mutter des
Garacalla und Geta, ftarb bald nach dem Sturze
Caracallas, vielleicht freiwilligen Todes. Dio Cass.
78, 30. Herod. 4, 13, 16.
Domus j. Haus,
Dona militaria. Die militärischen Geſchenke
und Auszeichnungen waren erftlih allgemeine
und bejtanden als ſolche in Geldverteilungen an
jeden einzelnen nad dem Verhältnis feines ge:
wöhnlichen Soldes, Liv. 39, 5. Namentlich in
der Kaijerzeit wurde dad donativum nicht für
allgemeine Berdienfte, jondern bei feierlichen Ge—
legenheiten, die fi auf die Perſon des Fürſten
oder auf Glieder des Faiferlichen Hauſes bezogen,
3. B. bei Thronbefteigungen, an Geburtstagen
u. ſ. w., ausgezahlt, oft aud nur einftweilen ver:
fprochen und die Erfüllung auf ſpätere Zeit ver-
jchoben. Tac. hist. 4, 19. Suet. Cal. 46. Gewöhn—
li war damit ein congiarium für das Volt
verbunden. Zac. ann, 12, 41. Suet. Ner. 7. Eine
eigene Art des donativum war das clavarium,
Nägelgeld, zur Anichaffung oder Erhaltung der
Soldatenjchuhe (caligae). Taec. hist. 3, 50. —
Domna — Dona militaria.
licherweife zum Prokonſul beftellt war, nach der
Befiegung der Karthager in Spanien nicht trium:
phieren er (Liv. 28, 38. Val. Max. 2, 8, 5),
Beendigung des Krieges (Ziv. 26, 21) und Er-
— der Grenzen des römischen Reiches. Liv.
39, 29. Dion. Hal. 11, 59. Auch mußte der Feld—
herr in Einer Schladyt wenigitens 5000 Feinde
erlegt haben. Wer eine jaljche gab der gefallenen
Feinde angab, war nach der lex Maria l'orcia
(63 v. E.) ftrafbar. Die Nichtigkeit der vor dem
Senate angegebenen Zahl mußte vor dem Quaestor
urbanus bejchworen werden. Val. Mar. 2,8, 1.
Den nad Ablauf ihrer Amtszeit als Profonfuln
triumpbhierenden Feldherren mußte durch einen
Boltsbeichluß für den Tag des Triumph das
Imperium bewilligt werden. Liv. 26, 21. 45, 35.
Weil der Feldherr vor einem Triu
nicht betreten durfte, jo verjammelte fich der Senat
zur Anhörung feines Berichts außerhalb, gewöhn-
lih in dem Tempel der Bellona. Liv. 31, 47.
An dem von dem Senate zu dem Triumphe be-
ftimmten Tage hielt der Imperator im Gefolge
feines Heeres und von der ganzen Stadt begleitet
feinen feierlichen Einzug durch die porta trium-
phalis bis auf das Capitol. Er jelber ſaß auf
einem — und mit 4 weißen Roſſen be—
ſpannten Wagen (Liv. b, 23. 10, 7), oft von ſeinen
Kindern umgeben. Liv. 45, 40. Taec. ann. 2, 41.
Seine fonftigen Verwandten und jeine Klienten
gingen neben jeinem Wagen in weißen Togen;
dagegen erichien der Triumphator in dem Gervande
des Jupiter (Juv. 10, 36), in der tunica palmata
und der toga pieta, mit Lorbeer befränzt. Ein
öffentlicher Sflave ftand hinter ihm auf dem Wagen,
eine goldene Krone über feinem Haupte haltend
und ihm zurufend, daß er ſich feines Glückes nicht
überheben möge. Bor eigentlichen Zuge wurde
die Kriegsbente auf Wagen vorgeführt, die Namen
der bejiegten Völker und die Abbildungen der
übertvundenen Länder und Städte, darauf die her:
borragenden Gefangenen in Feſſeln, umgeben von
ne Angehörigen; doch zogen Diele nicht auf das
apitol, jondern Bars ve der Wagen des
Triumphatord zum Forum gelangte, in die Ge-
fängmifie geführt und oftmals fogleich getötet.
Cie. Verr. 5, 30. Liv. 26, 12. Dio Cass. 40, 41.
Hinter den Gefangenen folgten die für den Jupiter
Capitolinus beftimmten Opfer, und dann unmittel⸗
bar vor dem Triumphwagen die Liktoren mit den
fasces laureati; um fie herum hatten die Mufi-
fanten (cornieines) und Sänger zum Abſingen
der Triumphlieder ihren Platz. An den Triumph:
wagen ſchloß ſich das fiegreiche Heer, jeder Soldat
mit Lorbeer geihmüdt und in dem Glanze feiner
errungenen Belohnungen und Ehrenzeichen (Liv.
45, 38), alle mit dem Gejchrei: lo triumphe!,
was unaufhörli von dem begleitenden und um:
wogenden Volke wiederholt wurde. Hor.od.4,2,49.
Unter den bejonderen Auszeichnungen für ein: Auch jangen fie Loblieder auf die Großthaten ihres
zelne, wegen beiwiejener Tapferleit und militärijcher
Tüchtigkeit verliehen, ragt en ft der Triumph
(triumphus, #eia«ußog) de
Während der republilanischen Zeit wurde derjelbe
auf Bitten und Antrag des Feldherrn vom Senate
verliehen. VBorbedingungen der Verleihung waren
urſprünglich ein jelbjtändiges ordentliches Magi-
jtrats - Jmperium (suis nuspiciis rem gerere),
weshalb PB. Cornelius Scipio, der auferordent-
miſchten. Dion. Hal. 2, 34. 7, 72,
3 Feldherrn hervor. | 45, 38. Plut. Aem. Paul. 34. Suet. Caes. 49. So
Feldherrn, unter die fie bisweilen jcherzhaften Spott
Liv. 39, 7.
ging ber Bug nad) dem Capitol, wohin ſich jchen
vorher der Senat in weißen Kleidern begeben
tte. a. brachte der Triumphator dem Jupiter
einen Danf und fein Opfer dar und deponierte
jeine goldene Krone und einen Teil der Bente;
darauf wurde das Heer mit jeinem Anteil an der
he die Stadt 2
r
-
=
Dona militaria. 349
Beute entlajien; das Ganze beſchloß ein feierliches | Tac. ann. 3, 21. b) corona muralis aus Gold,
Mahl, bei welchen die Konfuln, objchon eingeladen, | für den, welcher zuerjt die Mauer einer belagerten
nicht erichienen, damit niemand von höherem Im- | Stadt eritieg;
perium gegenwärtig ſei (Val. Max. 2, 8, 6). — | deshalb hatte
Wurde der Antrag des Feldherrn auf einen Triumph | fie auch die Ge—
vom Senate abgelehnt, jo fam es vor, daß er | jtaltderMauer:
eigenmächtig auf dem Albaniſchen Berge triums | zinnen.Liv.26,
phierte; der erite, welcher dies that, war Bapirius | 48. ühnlich
232 v. €. (Val. Max. 3, 6,5); bisweilen fand | war c) die co-
auch eine Appellation an das Bolf mit Erfolgjrona ea-
ftatt, zuerft 447 v. C. Liv. 3, 63f. Dion. Hal.|strensisoder
11, 50. Unter den Kaijern mußten die Feldherren vallaris,
auf den Triumph jelber verzichten, da fie ſtets ebenfalld von
unter den Auſpicien ihres Kaiſers die Kriege führ: | Gold und für
ten und deshalb nur dieſer triumphieren fonnte; den, welder
dagegen erhielten fie als Auszeichnung die orna- | zuerjt den Wall
menta oderinsignia triumphalia d. h. das | eines feind-
Recht, bei feierlichen Gelegenheiten in der toga | lichen Lagers
picta, der tunica palmata, mit dem scipio ebur- | betrat; jowie
neus und corona laurea zu ericheinen, die Er- auch d) co-
richtung einer Bildjäule des Siegerd in diefem|rona nava-
Schmude und, wenn ein Feldzug vorangegangen | lis, an der gol—
war, die — — supplicatio (Dio Cass. dene Sciffs-
44, 24. 31. Suet. Tib. 9. Tac. ann. 4, 18. 44. | jchnäbel waren,
12, 3), wobei jedoch oftmals nicht die Thaten, ſon- für den, wel:
dern die Hofgunft entichied. Tac.ann.1,3.4,23.26. | cher zuerit ein
— Waren die Bedingungen zu einem Triumphe | feindliches
nicht vorhanden und jchien dennoch eine Auszeich: | Schiff erftieg
nung angemefien, jo trat in ber — en |(Plin. 7, 39,
eit die ovatio (ZAdrrwr Holaußog) ein. Der | 115. Mio Cass.
Feldherr zog zu Fuß (daher megös Beiaußos, |49, 14), aud)
Dion. Hal. 9, 36) oder zu Pferd ein und war rostrata
nur mit der toga praetexta befleidet und nur mit| corona
Morten geihmüdt. Auch brachte er nicht einen|(Verg. A. 8,
Stier, wie der Triumphator, zum Opfer, jondern | 684. Plin. 16,
ein Schaf (Gell. 5, 6), weshalb einige den Namen |4) und clas-
der Opation von ovis ableiten (Serv. ad Verg. A.|sieca coronu
4, 550), dagegen andere von dem Nusrufe der|(Vell. Pat. 2,
Bewunderung O! O! (Fest.s.v.ovantes). Dion. | 81) gemannt.
Hal. 5,47. Dio Cass. 54,8. Liv. 3, 10. 26, 21 u. d. | Endlidy e) die
4 — Die andern militäriichen Belohnungen und |corona ob-
Ehrenzeichen lagen in der Hand und Enticheidung |sidionalis,
des Anführers, weshalb auch nach einer Be: | nicht von dem
ftimmung des Auguftus im der Kaiſerzeit der | Feldherrn an
Feldherr nicht mit den Auszeichnungen geſchmückt jeine Soldaten
werden konnte, die er jelber zu verteilen die Macht | verlichen, ſon—
hatte. Sie bejtanden zunächſt in Kronen und | dern ihm jelber
hießen, außer den oben "on angebeuteten coronae von einer be:
triumphales aus Lorbeer, unter den jpäteren | lagerten Stadt
überreicht, die
er von der Se:
fahr, befreit
tte; fie be—
and aus Gras
(graminea).
Jav. 7, 37.
Plin. 22,3. —
Andere gerin:
gere Ehrenzei:
chen waren ein
Spief(hasta)
oder Becher
Corona triumphalis. Corona ovalis. —— *
Kaiſern aus Gold (Plin. 22,3, 4), und cor. ovales Bruft:
aus Myrten, a) corona civica (@ell. 5, 6) aus |gehäng (pha-
Eichenlaub, für die Rettung eines Bürgers, daher |lerae) für die ;
die Inſchrift ob civem servatum. Liv. 10, 46. | Reiter, doch Corona obsidionalia.
350
wurden fie auch als Schmud der Pferde ver:
teilt (Zar. 32, 52). Beide Auszeichnungen er:
Donatio -— Doris.
daſelbſt und im fünften Bande die Kommentatoren
|(Servins, Pompejus u. a.) hat druden lafien.
hielten diejenigen, weldye bejonders zur Ürrei- Anderes der Art ift noch in Dielen Handjchriften
chung eines Sieges mitgewirkt hatten, vgl. Verg. |
A.6, 760. Sall. Jug. 85.
Armipangen, torques und ceatellae, Hals:
bänder (Tuc. ann. 2, 9. 3, 21), aus gewundenen
Ketten mit filbernen oder goldenen Fäden be: |
ftehend, jene fürzer und bisweilen noch mit Edel: |
fteinen geſchmückt, dieje länger und über die Bruft |
hinabhängend; endlih cornicula, Selmverzie:
rungen aus Silber. Auch Heine Fähnlein wurden
verteilt und zwar vexilla eaerulea für See:
joldaten (Suet. Oct. 25) und vex. purpurea
für die Anfanterie. Endlich wurde für manche |
auch als Belohnung das gelieferte Getreide ver:
doppelt, weshalb die jo beichenften duplicarii
oder duplarii hießen. Liv. 2, 58. 7, 97,
Donatio, das Nechtägeichäft, durd) welches
jemand Stiüde feines Vermögens auf einen an—
dern aus Freigebigkeit überträgt. Die Ubertra-
gung erfolgte urjprünglich jogleich mit allen Förm—
lichfeiten, d. h. durch inaneipatio, in jure cessio
oder traditio. Schenfungsverjpredhen ohne jofor:
tige traditio des Gefchenfs waren vor alters
ungültig, wenn fie nicht eine bejondere Form
hatten, 3. B. stipulatio. — Verſchwendung durd)
Geſchenke war dem römischen Eharafter fremd (Pol.
32,13), und als fie dennoch bei dem jteigenden
Lurus namentlich zur Erreichung politiſchen Ein:
Hufjes jedes Maß überftieg (bejonders in Nen-
jahrs⸗ und Geburtstagsgejchenfen), jo beijchränfte der
Senat jogar die Freiheit derjelben, j. Lex Cincia.
Donatio ante oder propter nuptias. Einem
alten Herkommen zufolge, welches erft die chrift:
lichen Kaiſer gejeblich beftätigten, pflegte der Gatte
vor Anfang der Ehe jeiner zukünftigen Frau eine
Summe Geldes zu jchenfen, welche zur Sicherung
ihrer Mitgift diente und nach dem Tode des
Mannes der Witwe und den Kindern ein jorgen:
freies Auskommen fichern jollte.
Donatio inter virum et uxörem. Schen—
fungen unter Ehegatten waren ganz unterjagt, weil
durh Schenkungen und einfeitiges Vermögens:
interefle die innige Gemeinschaft der Gatten ge:
ftört und die Reinheit und Würde der Ehe auf:
gehoben würde. Später waren fie erlaubt, doc)
gingen fie erft nach dem Tode des Schenfenden
in das Eigentum des Beſchenkten über und hießen
dann donatio mortis caussa.
Donativum j. Largitio, II, und Dona mi-
litaria, 1.
Donätus, 1) Älius, ein römifcher Gramma:
tier und Rhetor um 350 n. E., vom Kirchenvater
Hieronymus als jein Lehrer bezeichnet. Die mwejent:
lich aus denjelben Quellen, wie die Lehrbücher von
Charifins ſ. d.) und Piomedes (j. d.), geichöpfte
ars Donati grammatici urbis Romae befigen
wir im einer fürzeren Bearbeitung (ars minor),
welche die 8 Nedeteile in fatechetiicher Form be:
handelt, und in einer ausführlichen ars gramma-
tica in 3 Büchern, die von den Späteren vielfach
fonmentiert ift. Die erftere blieb nach Bejeitigung
der mittelalterlichen S$rammatif das Hauptlehrbuc
für den Elementarumterricdht und wurde deswegen
frühzeitig im rulographiichen Druden verbreitet.
Beide ftehen jebt in dem vierten Bande Der
Grammatieci latini von Keil, ©. 867 ff., der eben-
des Mittelalters vorhanden. — Außerdem jchrieb
Ferner armillae, | Donat einen Kommentar zu den Komödien des
Terenz, der uns bis auf den zum Heautontimoru«
menos, wenn auch nur in einer Kompilation aus
‚ mehreren Kommentaren, erhalten ift und jowohl
das jprachliche als das jachliche Verſtändnis jehr
fördert (abgedrudt in den Ausgaben des Terenz\.
Ein Kommentar zu Vergils Georgica und Aneis
ift nur aus zahlreichen Anführungen bei Servius
befannt. 2) Nicht zu verwechieln mit ihm
ift ein etwas jüngerer Grammatiker, Tiberius
Claudius D., wahrjcheinlich um 400 n. E., von
dem eine, nicht wertloje, aber mit fritifcher Vor—
ſicht zu benutzende, Lebeusbeſchreibung Vergils
und einige Bruchſtücke eines Kommentars zur
Äneide ſtammen, die jedoch entweder unecht oder
verfälſcht ſind. Außerdem beſitzen wir von ihm
einen Kommentar zu der ars Donati und eine
metriſche Kompilation, Centimeter.
Donüssa, Jovoösc«, 1) Städtchen in Achaia,
von den Sikyoniern zerftört. Paus. 7, 26, 13. —
2) Inſel im Aigaiiſchen Meere, öftlich von Naros,
wohin zur römischen Kaiferzeit Verbannte gejchidt
wurden. Tac. ann. 4,30. Bergil (A. 3, 127) nennt
fie viridis, nicht, wie Servius meint, wegen des
grünen Marmors, der dort gebrochen wurde, jon:
dern wegen der Wälder und Felder. Jetzt Denoja
oder Stenoja.
Dorieus, Jogıers, 1) Sohn des Anarandridas
und Bruder des Königs Kleomenes 1. von Sparta,
fowie des Leonidas 1. und des Kleombrotos. Da
er ſich für befähigter hielt für den Thron als
jeinen Bruder Kleomenes, verlieh er unzufrieden
jein Vaterland (um 520 v. E.), ging nad) Libyen,
danı nach Sicilien und fiel hier im Kampfe mit
den Egeſtäern und Bhoinikiern. Hat. 5, a1 ff.
7, 153. 205. Diod. Sie. 4, 23. — 2) Sohn des
auch durch Bindaros’ Siegesgejang (ol. 7) ver:
herrlichten Athletenheros Diagoras von Rhodos,
—* zu Olympia als Banfratiaft'3 Siege errungen,
8 Preije in den Sfthmien, 7 in den Nemeen, 1 in
den Pythien — er war aljo Beriodonife. Thue.
3,8. Paus.6,7, 1. Während des peloponnefischen
Kriegs zwangen ihm die politiichen Berhältnifie
auf Rhodos, ſich nach Thurioi in Großgriechen—
land zu begeben; ſpäter zurüdgefehrt, fämpfte er
eifrig auf ſpartaniſcher Seite, ward jedoch dabei
von den Athenern gefangen genommen, aber jeines
Nuhmes wegen wieder freigelaffen. Xen. Hell. ı,
5, 19. Paus. 6, 7,1.
Döris, Jogis, a) Berjonenname, j. Nerens.
— b) Ländername: 1) eine Heine, nad ihren
früheren Einwohnern, den Dryopern, auch Dryopis
genannte, faum 4 TIME. große Landſchaft Mittel:
griechenlands zwiichen Nitolien im W., Thefjalien
im N., den ozoliichen Lokrern und Pholis im ©.
und den epilnemidijchen Lofrern im D., wichtig
nur als Wiege der doriichen Staaten. Zwiſchen
Dite, Kallidromos, Korar und den Ausläufern des
Barnafjos zieht fich das vom oberen Yaufe des
boiotischen Kephiſos (Mavroneri) und von deſſen
Nebenfluſſe, dem Pindos, durdhftrönte Yändchen
hin; es it ranh und unfreundlic. Die 4 Städte
Pindos (bald zerftört), Erineos, Kytinion und
Boion (j. Mariolates) bildeten die jogenannte
Doriskos — Dracontius. 351
doriſche Tetrapolis, über deren Verfaſſung uns | in den reichen Familien belief fie fich wohl auf
Nachrichten fehlen; jeit dem Falle Spartas waren | 1 Million Seftertien. Tae. ann. 2, 86. Jur. 10,335,
fie mit Nitolien vereinigt. Das rauhe, abgejchlofiene | Die Beftellung (constitutio) der dos fonnte auf
Gebirgsland gewährt einen färglichen Ertrag (daher | mehrfache Art geichehen: 1) durch fürmlidyes jo:
der Spottname Aumodagısis). Strab. 9, 427. — | fortiges Hingeben derjelben (datio), 2) dur das
2) der Theil Kariens an der Hleinafiatiichen Küfte | Berjprechen, eine dos geben zu wollen, und zwar
und diejenigen nahen Inſeln, deren dorifche Be: | entweder mit promissıo (feierliche Stipulations-
mwohner, um 950 dv. C. eingewanbert, fich zu einem | form) oder mit «dietio, d. h. einfaches münbliches
Städtebunde, der jogenannten doriſchen Hera= Zuſagen, ebenjo bindend als promissio. Der Hatte
polig, verbunden —— Knidos und Hali- wurde ſelbſtändiger Herr und Verwalter ber dos,
farnajios auf dem Feſtlande, Jalyſos,Liundos, | obwohl er ftets daran denfen mußte, fie zu reſti—
Nameiros auf Rhodos und Kos auf der aleich- tnieren. Die dos profeetitia mußte nämlich zu-
namigen Inſel. Hdt. 1, 144. Die Bundesfeſte rüdgegeben werden, wert die Gattin zuerſt ſtarb,
und Berjammlungen wurden bei dem triopiſchen während die dos adventitia bei dem Gatten blieb.
Heiligtume (rö Tigsominör fepor) auf dem Bor: | Schied ſich der Gatte willtürlich oder betrug er fich
gebirge gleiches Namens bei Knidos zu Ehren des | jo jchlecht, daß die Frau fi von ihm zu fcheiden
Apollon und der Demeter gefeiert. Die Bundes: | befugt war, jo mußte natürlich auch die Rückgabe
gejebe wurben jo ftreng gehalten, daß jelbft Hali- | der dos erfolgen. War dagegen die Frau an der
farnafjo® vom Bunde ausgejchloffen wurde, als| Scheidung ſchuld, jo gab der Mann nicht die ganze
nur einer jeiner Bürger ſich gegen den triopiichen dos zurüd, ſondern machte, wenn jie vor ber
Apollon vergangen hatte. Hat.a.a. D. In der! Heirat ausdrüdlich fejtgeießt war, Abzüge davon,
Geſchichte ericheinen die Dorter bei Herodot (7, 93) | nämlich retentio propter liberos (für die Kinder)
als Unterthanen des Xerres, bei Thulydides (2, 9) | und propter mores (wegen der fchlechten Sitten
als Bundesgenoffen der Athener. Troß der an: | der Kran). Wenn die rau adulterium begangen
jehnlichen Macht von Halitarnaffos und Rhodos | hatte, bekam jie vor alters nichts von der dos
iptelte der Bund feine bedeutende Rolle. zurück, ſ. Prozefs, 28. Die Klagen auf Zurück—
Doriskos, Jog/sxog, Ebene und feſte Stadt in | gabe der dos waren actio ex stipulatu und actio
Thrafien an der Mündung bes Hebros, wo Kerges | rei uxoriae oder de dote, wenn der Mann ic)
auf feinem Zuge gegen Griechenland eine Zählung | nicht bejonders zur Yurüdgabe der dos verpflichtet
und Mufterung feines Heeres veranftaltete. Hdt.| hatte, daher actio bonae fidei. Cie. top. 15.
7,58 ff. Liv. 31, 16. om. 3, 15.
Doros, Aõceos, mythiſcher Stammherr der
Dorier, Sohn des Hellen und der Nymphe Orſeis,
Bruder des Xuthos und Aiolos, Vater des Teltamos,
oder Sohn des Apollon und der Phthia (Hellen
wohnte in Phthia), oder des Pojeidon. Apollod.
1, 7, 3. 6.
Dorylaion, Jopvl«ıor, Stadt in Phrygien am
Thymbris, bedeutend bejonders als Mittelpunft
ber nach Bejfinnis, Jkonion und Apameia führenden |
Strafen, jowie durch warme Bäder (Cie. Flace. |
17, 39); j. Eski Scheher.
Strab. 12, 576.
Iogvpöenma bezeichnet als Kollektivwort das
auf dem griechiichen Theater neben den Haupt—
perjonen auftretende Gefolge, welches aus Tra—
banten (dopvpögor', Statiiten (xmpa reöswre,
er& nos.) u. a. beitand.
A0ogvgögoı, die bejoldeten Leibwachen, welche
die Tyrannen zum Schuße ihrer Herrichaft unter:
hielten, meift aus Fremden beftehend, wie denn
auch Wriftoteles (pol. 3, 9, 4) es als charafteri:
ftiichen Unterjchied zwiichen rechtmäßigen Königen
und Tyrannen anführt, daf jene von den Bürgern,
dieje von den Fremden fich bervachen laſſen. Xen.
Hier. 5, 3.
Dos (über gol& |. Ehe, 3.), die Mitgift, das
dem Manne von der Frau zugebracdhte Vermögen.
Varr. 1.1.5, 176. Das Geben der dos war eine
Ehreniache für den Bater der Braut, und der Staat
begünftigte das Beben derjelben als Beförderungs:
mittel der Ehen. Die von dem Bater gegebene
dos heißt profeetitia, d. h. von dem Familien:
vermögen herrührend, die von einem andern oder
von der Braut jelbft oder von dent Staat an
Töchter verdienter Männer beftellte adventitia.
Sp gering die Summe der dos in alter Zeit war,
io hoch ftieg fie in den Zeiten des Luxus, und
Diod. Sie. 20, 108.
Dosithöus Magister, ein Grammatifer, ber
zu Anfang des 3. Jahrhunderts n. E. griechiichen
Unterricht in Rom erteilte, und von dem im
16. Jahrhundert durch den Nechtägelehrten Eujas
in St. Gallen ein Werk "Eounveiuer« in 3 BB.
aufgefunden worden ift, das in ben beiden erjten
Büchern eine latein. Srammatif und ein latein.:
griech. Gloffarium enthält, im dritten, wohl von
fremder Hand hinzugefügten, aber viele Ubungs—
ftüde, namentlich eine Sammlung von Ansiprüchen
und Beicheiden, des K. Hadrian mitteilt, denen
eine lateiniſche Überjegung beigegeben ift. Letzteres
Buch ift herausgegeben worden von Ed. Böding
(1832), die grammatica fat. und griedy. von H.
Keil (1869 — 1871, dann im VII. Bande der gram-
mat. Lat.). Das in dem dritten Buche enthaltene
juriftiiche Stüd de inris speciebus et manumis-
sionibus haben die Juriften auf verichiedene Ber:
faſſer achte führt, wie auf Gajus (Dirkſen) oder
Baulus oder Scävola.
Dossennus galt wegen Hor. ep. 2,1, 173 fälich-
lih als Atellanendichter. Es ift aber vielmehr der
Name des budeligen (dorsum) Benteljchneiders,
welcher eine der ftehenden Figuren in den Atellanen
abgab, j. Atellanae fabulae,
Dotion, Sarıov neölov oder &pyos, Name einer
offenbar nach ihrer Fruchtbarkeit benannten Ebene
im jüböftlichen Theflalien, in der die beiden Seen
Neſſonis und Boibeis (ſ. d.) lagen, zum Teil Eigen-
tum der Bewohner von Lariſſa. Strab. 9, 442.
Drachma j. Münzen, |,
Draconarius j. Signa, a. €.
‚Draeontius, mit vollem Namen Blojiius
Amilius Dracontius, Advolat zu Narthago
zu Ende des 5. Jahrh. n. C., ein Mann von nicht
geringer dichteriicher Begabung und einer für feine
Zeit ſtannenswerten Velefenheit im der römijchen
352
Drakon — Dreifsig Münner.
Litteratur, verfaßte aufer Gedichten chriftlichen | niſchen Einrichtungen, die einem bereits beftehenden
Inhalts, wie dem Heraömeron in 3 BB. und der
Satisfactio an den Bandalenlönig Guthamund
(484— 496), eine Reihe Feiner Gedichte, 3. B. Hylas,
raptus Helenae, deliberatio Achillis an corpus
Hectoris vendat, Medea. Geine Maflofigkeit
in Bildern und im Anhäufen rhetor. Flojfeln ver:
rät den Afrikaner mit feiner wilden, ungezügel-
ten Bhantafie. Ausgabe der, Heinen Gedichte von
F. von Duhn (1873). — Die Ähnlichleit der Spra
und Metrit und die vielfache Übereinftimmung in
Gedanken und Halbverjen maden es jehr wahr:
icheinlich, daß auch die ſ. g. Orestis tragoedıa,
ein Epos von 974 Herametern, von ihm herrührt.
Ausgg. von E. W. Müller (1859), J. Mähly (1866),
Schenfl (1867) und Peiper (1875). Gejamtaus:
gabe von Bährens, poet. lat. min. V p. 126 ff.
Drakon, Jodxwv, 1) Archon 621 v. E., ber
erfte Gejeßgeber Athens, vermochte die Unzufrieden-
heit des von der herrichenden Ariftofratie hart be-
drängten und in bitterer Not lebenden Bolfes, das
der Willfür der richterlichen Gewalt gegenüber eine
ichriftliche Geſetzgebung verlangt hatte, nicht zu
beruhigen, weil die beftehende Berfaffung faſt
durchaus unverändert blieb, er vielmehr nur das
alte Herlommen, beſonders Strafbeftimmungen,
eſetzlich machte und die Willfür der im ältejten
ellas üblichen Blutradhe durch Die Gerichtshöfe
der Epheten hemmte. Die Strenge feiner gr
die nicht auf perjönliche Härte des Dr., jondern
auf die ftrengere Denkweiſe der älteren Zeit zurüd-
zuführen ift, war jchon im Altertum fprichtwörtlich
(das drafon. Geſetz jei mit Blut geichrieben, fagte
der Redner Demabdes); doch ift jelbft nach den
mangelhaften auf uns gefommenen Nadjrichten über
die Geſetze (Deouo/) manches ber Art als über:
trieben anzujehen. Plut. Sol. 17. Die auf Tötung
bezüglichen Geſetze (ol Yorıxol vöuor) bejtanden
auch unter Solon fort. Über die Strenge feiner
Geſetze ſ. Aristot. pol. 2, 9, 9; auch gegen lebloſe
Segenftände. Paus. 6, 11, 6. — 2) Grammatiler
und Metrifer, aus Stratonifeia in Karien, um
100 n. E., Verfaſſer zahlreicher Werke. Die unter
feinem Namen erhaltene Schrift sel ufrgwr
(herausg. mit Tzeßes von G. Hermann, 1812,
und Lehrs in feiner Ausgabe von Herodianı
seripta tria, 1848) ift nur ein aus jpäter Zeit
ftammender Auszug.
Drakonische Verfassung (j.Drakon). Manche
Spuren leiten uns darauf hin, daß das alte ge:
ſchlechtlich ariftofratiiche Band der Stämme, Phra-
trien und Geſchlechter, welches die Staatseinheit
in Attifa umjchlang und erhielt, ſich dort früh
gelöft habe (vergl. Navxpapla). Die Loderung
diejes ftrengen Verhältniſſes, das durch neue
Staatsformen noch nicht erjeßt war, führte zu
anarchiichen Bejtrebungen und inneren Zwiſtig—
feiten, infolge deren Unficherheit des Eigentums
und der Berjonen notwendig eintreten mußte. Der
erſte kräftige Verſuch, dieſer Berwilderung entgegen:
zutreten, ift die drafoniiche Geſetzgebung. Wir
wiffen von derjelben bei dem Mangel an Über:
lieferungen mit Sicherheit nicht viel mehr zu jagen,
als daß die Geſetze das Übel durch eine graufame
Strenge zu heilen juchten. Eine neue Verfaſſung
icheint von Drakon nicht beabfichtigt geweien zu
jein, wie Ariftoteles (pol. 2, 9, 9) ausdrüdlich be:
richtet, der die einzige Eigentümlichfeit der drato-
Gemeinwejen gegeben wären, in der Härte der
Satzungen ſieht. Die Tendenz jeiner Geſetze ift
alfo wahrjcheinlich die geweſen, dem Berfalle der
altariftofratiichen Berhältniffe durh Anwendung
der äußerſten Mittel entgegenzuarbeiten. Ob eine
organische Einrichtung wie die Naufrarien, die
vielleicht ebenfalls den Zwed hatte, dem Zerfall
der alten Berhältniffe durch Anwendung neuer
Mittel entgegenzuwirfen, von Drakon herrührte,
muß dahingejtellt bleiben (vgl. auch Navxgaeie).
Irrtümlich ift dagegen die Angabe des Pollux,
daß er die Ephetenhöfe eingeſetzt habe (ſ, EKe—
raı). Übrigens war der Erfolg der drakoniſchen
Geſetze ſo wenig den Mbfichten des Geſetzgebers
entiprechend, daß durch den Streit der lofalen
Barteien, der Bediaier, Baralier und Diakrier, ſowie
durch den kyloniſchen Aufſtand der Staat an den
Nand des Verderbens geführt wurde und mur
durch das Einjchlagen ganz neuer Bahnen gerettet
werden konnte.
Drama und dramatische Poesie j. Komoe-
dia und Tragoedia.
Drangiäna, Soayyırrr, Satrapie von Ariang,
das heutige Sedichiftan, deren Bewohner Drangai
(Sodyyaı) oder Yarangai u. ä., d. i. Seeantwohner
.. (von dem Zendiworte Zaraja, See, wie die
nwohner dem in ihrem Lande gelegenen, von
den Griechen Areia benannten See nannten). Adt.
3, 93. 117. Arr. 3,21, 1.7, 6, 3. 10,5. Curt. 6, 6.
Dravus, Jedßos, j. Drau, rechter Nebenfluß
des Danuvins, entipringt auf den Noriichen Alpen
bei Aguntum, durchjtrömt in rajchem Laufe No-
rienm und Bannonien, nimmt den Murius (Mur)
als nördlichen Nebenfluß auf und fällt bei Murſa
(ij. Eſſek) in den Hauptjtrom. Strab. 7, 314. Plin.
95
3, 25.
Dreifsig Männer, 1) in Athen. Im Herbft
405 dv. E. war die Schlacht bei Nigospotamoi ge-
liefert (f. Peloponnesischer Krieg). Gleich
nad) derjelben organijierte ſich in Athen die oli—
garchiiche Faltion unter 5 Ephoren, und die trüge:
riiche Gejandtichaft des Theramenes zwang Die
Stadt, fich zu ergeben, am 16. Munychion (März 104).
Lyjander wandte fid) darauf gegen Samos, den
Oligarchen die Ordnung der inneren Verhältniſſe
überlafjend. indes durch die Beratungen über
die Berfafjungsänderung und die verjuchte Gegen-
revolution der Demokraten wurde die Sache mehrere
Monate verzögert, bis Theramenes den Lyſander
wieder herbeirief, um durch den Anblid der Gewalt
die Widerjpenftigen einzuſchüchtern. Nachdem dieſer
unter Flötenſpiel die Mauern hatte niederreiien
laflen, trat Drafontides, ein nichtswürdiger Menich,
mit dem Borichlag in der Bolksverfammlung auf,
die Staatsverwaltung an 30 Männer zu übergeben.
Bei der Unterftüßung des Theramenes und den
Drohungen des Lyiander war der Widerftand der
Volkspartei vergeblich. Xen. Hell. 2, 3,2. Bon
den Ephoren wurden 10, von Theramenes 10 und
aus der anmwejenden Menge vom Demos 10 ge:
wählt, und diefen 30 Männern (bei den Niteren
ol roıdxorre, erſt bei Späteren ganz unpafiend
ol roidaorr« rögarvoı), Auguſt 404, nicht die
eigentliche NRegierungsgewalt übertragen, jondern
nur der Auftrag erteilt, die Grundgeſetze des Staats
burchzujehen und mit der veränderten Lage der
Dinge in Einflang zu bringen. Die auferordent-
Dreifsig
fihen Vollmachten jollten mit der Vollendung der
geſetzgeberiſchen Thätigfeit wieder erlöichen. Die
meijten waren früher Mitglieder des Rats der Vier-
hundert gewejen. Dem gemäßigten, aber ſchwan—
tfenden Theramenes und jeinen Anhängern ftanden
zur Geite die rückſichtsloſen Ultra : Oligarchen:
Charikles, früher Haupt einer Hetairie, und bejon-
ders Kritias, ein nad) allen Seiten hin gebildeter
Geift, Schüler des Sofrates, Philojoph, Dichter
und Redner, deſſen Grauſamkeit nicht das Ergebnis
der Laune war, jondern die Konjequenz einer durch
philojophijche Abftraftion gebildeten Idee. Die
Dreißig beachteten ihre eigentliche Aufgabe wenig,
jondern gingen nur darauf aus, ſich die Organe des
Staats dienftbar zu machen und jeden Widerſpruch
zu entfräften. Die Amter wurden durch Männer
ihrer Bartei bejeßt, in den Senat nur Oligarchen
berufen. Die Gerichte wurden dem Senate über:
tragen, doc unter Vorſitz der Dreißig, die ſich die
Entjcheidung in Anklagen auf Hochverrat jelbft
vorbehielten. Im Peiraieus, dem Herde demofra-
tiicher Bewegungen, wurde eine polizeiliche Behörde
von Zehnmännern eingejegt, die Eilfmänner, eine
Erefutivbehörde in liquiden Kriminalfällen, aus ganz
ergebenen Individuen, unter weldhen Satyros be:
ſonders berücdhtigt wurde, zufammengejegt und als
jtet3 bereite® Werkzeug der Gewalt benußt. Zur
Sicherheit wurden von Sparta 700 Mann zur
Bejepung der Burg unter dem Harmoften Kallibios
bewilligt, außerdem hatten die Herricher eine athe-
nijche Reiterjchar im Solde. Die Macht des Demos
aber wurde gebrochen, indem nur 3000, in einen
Katalog eingetragen, volle Bürgerrechte behielten,
von denen feiner ohne Bewilligung des Senats
getötet werden durfte; die übrigen (ol Fin x«-
reAoyov) wurden entwaffnet und das Kriegsgerät
auf die Burg geihafft. Um endlich auch die Eu
lagen der früheren Bolfsfreiheit zu vernichten,
wurde der rhetorijche Unterricht unter ftrenge Auf:
ficht geftellt und die unteren Schichten von aller
höheren Bildung fern gehalten, auch die Schiffs:
werften für 3 Talente zum Abbrechen verkauft (die
Umfehr der Nednerbühne nad) dem Lande, um
den Ausblick auf das Meer zu hindern, ift eine
Fabel). Wie fi Theramenes jchon den legten
Maßregeln widerjegt hatte, jo wurde jein Wider:
ſpruch lebhafter, als unter dem Worgeben, die
Stadt von Frevlern und Sylophanten zu fäubern
und die übrigen Bürger zur Tugend und Gerech—
tigfeit anzuhalten, die Gewalt ſich mehr und mehr
gegen die Individuen richtete. Allein das Prinzip
der Humanität wurde überflügelt von der Konſe—
quenz des Terrorismus; Kritias ließ den Thera-
menes, nach einem vergeblichen Verſuch ihn zu
gewinnen, als Verräter hinrichten, und ungehin:
dert jchritt die Gewaltherrichaft jeßt immer weiter.
Xen. Hell. 2, 3, 21 ff. 51 ff. Cie. tusc. 1,40. Diod.
Sie. 14, 4. Aus Habjucht wandten ſich die Ty—
rannen zuerjt gegen die reichen Metoifen, deren
eine Anzahl, worunter Bolemardyos, der Bruder
des Redners Lyſias, aus ihren Häufern geichleppt,
hingerichtet und ihr Vermögen eingezogen wurde.
Veiſon und Theognis waren dabei bejonders thätig.
Dann erjtredten jich die VBerfolgungen auch auf die
Bürger: Anhänger der Demokratie, Reiche oder
politijch Andersgejinnte. Viele wurden hingerichtet,
entweder ganz ohne Gericht (kxgıroı) oder nad)
icheinbarer Unterſuchung; im ganzen 13—1500
Realleriton des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl.
Männer. 353
| (2eon, der Salaminier Niferatos, Sohn des Nitias,
yfurg, der Großvater des Nedners Syfurg u a.);
mehr ald 5000 wurden aus der Stadt, dann auch
aus dem Peiraieus und dem Lande vertrieben. Dio«t.
Sie. 14, 32. Doc, von innen und von aufen war
ichon der Sturz der Gewalt vorbereitet. Gegen
die immer herber hervortretende Tyrannei Des
Kritias und Eharifles erhoben Pheidon und wahr:
ſcheinlich auch Eratofthenes im Geifte der Mäßigung
Oppojition; an den Grenzen jammelten fich die
Verbannten, bejonders in Theben unter Thraiy:
bulos, Archinos, Anytos u. a. Thraſybulos bejepte
im Winter mit einer Heinen Schar die Grenzfeite
Phnle, jeine Macht wuchs bald auf 700; die Ty-
rannen juchten vergeblich den Thrajybulos auf ihre
Seite zu ziehen, ein abgejandtes Heer wurde bei
Acharnai geichlagen, und, die Gefahr erfennend,
ficherten fie fich jchon einen Zufluchtsort in Eleufis.
5 Tage nad der Schlacht bei Acharnai bejegte
Thrafybulos den Peiraieus, die Dreißig rüdten mit
ihrer ganzen Macht gegen ihn aus, im Demos
Munichta kam es zum Kampfe, wobei Kritias
jelbft getötet und das Heer der Tyrannen bejiegt
ward. Xen. Hell. 2, 4, 19. In Athen traten nun
Spaltungen ein; von den 3000 verjagte die Majo:
rität den Tyrannen den Gehorjam, und dieje zogen
fih, 8 Monate nad ihrer Einjeßung, bis auf
Pheidon und Eratofthenes, nad Eleuſis zurüd;
10 Männer (Serxadoüyor), meift gemäßigte Dli:
archen, traten an ihrer Statt an bie Spike der
Verwaltung. Dieje jegten indes den Krieg gegen
die Demokraten im Peiraieus fort, deren Unter:
nehmen eine gefährliche Wendung nahm, als Ly—
fander mit einem angeworbenen Heere heranzog.
Dody bald folgte der König Paufanias als Ober:
feldherr mit der Abficht, dem unheilvollen Kriege
ein Ende zu machen. Nach einigen unbedeutenden
Gefechten fing er Unterhandlungen an, und ein
Friede kam zuftande unter der Bedingung, daß ein
jeder in den ungeftörten Bejig feines Eigentums
zurüdfehren folle mit Ausnahme der Dreihig, der
Eilfmänner und der Zehnmänner im Peiraieus.
Plut. Lys. 21. Am 12. Boidromion Auguſt oder
September 408) zog Thrafybulos mit den Seinigen
wiederum in die Stadt ein und brachte der Athene
ein Opfer auf der Burg; eine allgemeine Amneftie
wurde beſchworen, und GEufleides erhielt wahr:
icheinlich jofort das Archontat. Diejenigen von
den Dreißig, die nad) Eleufis gezogen, gaben zwar
nicht gleich ihre Sache auf, das Volt aber z0g in
Maſſe gegen fie aus, ihre Führer wurden zu einer
Unterredung herangelodt und hinterliftig ermordet;
andere fielen jpäter, da ihnen das Betreten der
meiften griechiichen Städte verwehrt wurde, den
Athenern in die Hände. Monographie von Scheibe,
die oligarchiiche Ummälzung zu Wthen (1841).
Groſſer, die Amneftie des Jahres 403 v. E. (1868).
— Ih in Rom. Triginta tyranni hießen in
der römischen Kaiſerzeit nach Trebellius Pollio eine
Reihe (20— 25) von Ufjurpatoren, welche fich unter
Gallienus (250—260 n. E.) in den Provinzen des
Neiches für unabhängig erflärten und von ihren
Heeren den Kaijertitel erhielten, aber meift ein
gewaltjames Ende nahmen. Die bedeutenditen find
Tetricus und Obdenathus nebſt deilen Gemahlin
Benobia. Der Name iſt eine jehr unpaſſende Nach—
ahmung der Dreifigmänner Athens. Vgl. Hoyms,
Geichichte der j. g. 30 Tyrannen (1852).
25
354
Drepanius j. Pacatus.
Drepänon, Jo:ravor, d. h. Eichel. Von meh:
reren nad) der fihelförmigen Gejtalt jo genannten
Landzungen und Hafenftädten, 5. B. auf der Süd—
wejtjeite der Inſel Kypros (j. Rap Kephalos und in
Adaia (j. d.), ift bejonders zu merlen Drepanon,
auch Speravae, Stadt und Hafen auf der Nord:
weſtküſte Siciliens, j. Trapant, angelegt zu Anfang
des erjten punifchen Krieges vom Karthager Ha:
miltar (Diod. Sie. 23, 14) und für Karthago jeiner
Lage nah als Sciffsftation jehr wichtig, jpäter
ebenjo für die Nömer. Pol. 1, 46. Liv. 28, 41.
Agögog j. Gymnasium, Gymnastik.
Drucntia, Jooverrias, j. Durance, linker Neben—
fluß des Rhodanus, entjpringt auf den Cottijchen
Alpen und mündet bei Avenio Avignond; jehr
reißend, im Altertum jchiffbar. Liv. 21, 31. Strab.
4, 179.
Druiden, Druides, Druidae, Jovldc«ı, der
neben dem ritterlichen Adel in Gallien herrſchende
Priejterftand. Sie bildeten feine eigentliche Prieſter—
fafte aus einer bejtimmten Anzahl von Familien,
jondern waren eine geichlofiene, aus verichiedenen
Klaſſen oder Graden beftchende Korporation mit
einem lebenslänglichen Oberpriejter an der Spike,
zu welcher, da fie den vornehmften Stand im Staate
ausmachte und von allen Staatslaften frei war,
fi viele Jünglinge jelbft aus den erjten Adels-
familien hinzudrängten. Obgleich fie nicht von dem
Volke abgejondert lebten, führten fie doch ein —
eingezogenes Leben und unterſchieden ſich äußer—
lich durch eine Ordenskleidung, welche in einem
furzen, vorn zugeſteckten Unterkleid mit eng zu:
gehenden Armeln und in einem Mantel bejtand.
Sie waren die Priefter und Lehrer des Volks in
eiligen und profanen Dingen, jchlichteten Die
Streitigfeiten der einzelnen und ganzer Staaten,
waren die Arzte und Weisjager und überhaupt die
Träger des gejamten geiftigen Lebens des Volls.
Bei dem Volke ftanden fie im höchſten Anſehen
und hatten auf die Öffentlichen wie Privatverhält-
niffe einen großen Einfluß; wen jie wegen eines
Vergehens oder wegen einer Widerjeglichkeit mit
dem Banne belegten, der war von dem ganzen
Volke geflohen. Jährlich hielten fie einmal zu einer
beftimmten Zeit im Lande der Garnuten, welches,
wie man glaubte, in der Mitte von ganz Gallien
lag, an einem geweihten Orte eine Sigung, in der jie
den aus allen Gauen zuſammenkommenden ftreiten-
den Parteien Recht ſprachen. Ihre Wiſſenſchaft
war eine Geheimlehre, die auf finnbildliche, alle:
gorijche Weije gelehrt wurde und nicht jchriftlich
aufgezeichnet werden durfte. Die Nenaufgenom:
menen brauchten oft 20 Jahre, um in deren vollen
Beſitz zu kommen. Außer der gejanten religid-
jen Dijeiplin Iernten fie Ethif und Rechtskunde,
Mathematik, Aitronomie und Naturlehre, Heiltunde
und Weisjagung, alles mit myſteriöſem Aberglauben
in reichem Maße untermilcht. Der Hauptſitz diejer
Druidenlehre war Britannien (und hier die Inſel
Mona), und von da follte fie nach Gallien ge:
fommen fein. Bei ihrem religiöjen Dienjte, der
bejonders in heiligen Eichenhainen, auf einjamen
Bergen und Inſeln geübt ward, wurden jogar
Menjchen geopfert. Als Cäjar nad) Gallien fam,
waren die Druiden noch im vollen Beſitz ihrer
Würde und ihres Einflufjes; jobald aber durch
Nomanifierung des Yandes die alte nationale Ne
Drepanius
— Drasi.
ligion der Kelten unterging, ſchwand auch nach
dem Berlufte ihres politischen Einfluſſes das prieiter:
liche Anjehen der Druiden. Bon Kaiſer Tiberius
und dann von Claudius wurde die Druidenreli:
gion verboten und verfolgt. Suet. Claud. 25.
Seitdem zogen fie ſich von der Öffentlichkeit des
Lebens in ihre Schulen zurüd und wirkten noch
im Geheimen durd; Mantif und Zauberei bei dem
Volfe fort bis in jpätere chriftliche Zeiten. — Auch
Druidenfrauen, Druiädes, Druides, werden
als Weisjagerinnen genannt; doc) weiß man nichts
Näheres über ihr Verhältnis zu den Druiden.
Hauptitelle: Caes. b. g. 6, 13. 14. 16. Bgl. Strab.
4, 197. Mela 3,2. Amm. Marc. 15, 9, 8,
Drusi (über den Namen Suet. Tib. 3): 1) M. Li—
vius Druſ. Kollege des E. Grachus in deſſen
weitem Tribunat, 122 dv. E., wurde von den
ptimaten gewonnen, um die jenatorischen Rechte
egen die Eingriffe des Grachus zu verfechten.
Als Gracchus ie durch die rogatıo de suffra-
giis sociorum das Mihfallen des Volkes erregt,
trat Drufus, des Grachus Vorſchlag auf Gründung
von Kolonien überbietend, mit dem Vorſchlag auf,
daf die ärmeren Bürger durd Gründung von 12
(italijchen?) Kolonien zu je 3000 Aderlojen ver:
jorgt werden jollten. Während darauf Gracchus
2", Monate von Rom entfernt war, um an der
infolge der lex Rubria nach Karthago geführten
Kolonie als Triumvir teilzunehmen, gelang es jeine
Partei jo jehr zu ſchwächen, daß er nicht zum
drittenmale zum Tribun gewählt wurde. Drujus
aber, als patronus senatus gefeiert, wurde im
J. 112 Konſul, erhielt Macedonien als Provinz
und bejiegte die Skordijfer. Cie. de or. 3, 1, 2.
Flor. 3, 4, 5. Plut. C. Gracch. 7 ff. — 2)-M. Li:
vius Druj., Sohn des vorigen, ein Mann von
unbejcholtenen Sitten und glängender Beredſam—
feit. Freund des Adels und bemüht, die geſunkene
Macht des Senats zu heben, aber zugleich begierig
nach Volksgunſt (Cie. de or. 1, 7, 24), wollte er
die damaligen Übeljtände, Berarmung der Volks—
mafje, Käuflichfeit der Gerichte und Gegenjat
zwiſchen Bürgern und Nichtbürgern, rajch entfernen,
rechnete aber dabei zu jehr auf Reinheit des Willens
bei den Parteien. dis Bolkstribun im J. 91 0.6.
erneuerte er mehrere Geſetze der Gracchen über
Aderverteilung, Nornipenden u. j. w., ſchlug vor,
daß die Gerichte den Nittern, deren Barteilichkeit
fih bejonders im Prozeß des Rutilius gezeigt,
wieder entzogen und dem durch 300 Ritter ver:
mehrten Senat zurüdgegeben werden jollten (lex
iudiciaria), endlich daß die italiichen Bundesge:
nofjen das römische Bürgerrecht erhalten jollten
(lex de eivitate sociis danda). Wenn ſchon die
Neform der Gerichte den Ritterſtand gegen ihn
aufgeregt und auch viele der Senatoren nicht be:
friedigt hatte, jo fand der folgende Vorſchlag
Widerftand bei allen Parteien. urd; die Gunit
des Volkes zu großer Macht erhoben, ſetzte er die
l. iudiciaria, den Vorjchlag über die Getreide:
ipenden und die Anlegung von Kolonien durch.
Aber der Wunſch den italifchen Bundesgenoſſen
das Bürgerrecht zu erteilen ftürzte ihn. Als ent:
ſchiedenſter Gegner trat der Kondul Bhilippus auf,
und jeine Feinde ruhten nicht eher, als bis er in
jeinenm eigenen Hauſe von einem Meuchelmörder
getötet war. Seine Gejege wurden aufgehoben,
die Italiker begannen den Bundesgenofienfrieg.
Drusilla.
Cie. de or. 1,7.3,1. Mil.7. Vell. Pat. 2, 13.
App.b.e. 1, 355. Aur. Viet. vir. ill. 66. Cie.
legg. 2, 6. — 3) Nero Elaud. Druf., Sohn des
Ti. Claudius Nero ſ. Claudii, 27.) und der
Livia, aber geboren im dritten Monate, nachdem
dieje mit dem Auguſtus vermählt war (Suet.
Claud. 1), im %. 38 v. C. Nachdem er früh die
Quäſtur befleidet, wurde er im %. 15 gegen bie
Rätier geichict; er jchlug dieje auf den Tridentini:
ichen Alpen und eroberte ihre Bergfeften (Hor. od.
4, 4 und 14), dann aber überließ er den Krieg
dem Tiberius, folgte dem Auguftus nad Gallien,
um die Niederlage des Lollius zu rächen, und
blieb da, als Augustus nad) Rom zurüdfehrte. In
jeinem fünfundzwanzigften Jahr übernahm Drufus,
gleich jehr durch Schönheit des Außern als durch
Seiftesbildung und milde Sitten ausgezeichnet,
bewährt in Regierungsgejchäften und der Krieg—
führung, die Laft des germanischen Krieges. Zur
Unterwerfung Germaniens ergriff er die umfaffend-
ſten Maßregeln, legte 50 Kaftelle am Rhein an
und begann wahricheinlich jchon im erjten Jahre
(13 dv. C.) die Moles oder den Agger Drusi bei
Eleve zur Regulierung der Rheinausflüffe (vollendet
von Paullinus Pompejus 55 n. E., Tac. ann.
13, 53), jowie die Fossa Drusiana, einen Kanal
zwiichen Rhein und Gala (Mifel), um durch dieje
und den Flevo (Zuiderjee) in den Ocean zu ge:
langen und die Germanen auch zu Wafjer anzu:
greifen. Im J. 12 dämpfte er zuerjt einen Aufftand
in Gallien, jchlug dann, von der Inſel der Bataver
feinen Ausgang nehmend, die Sigambern und
drang in das Land der Ufipeter ein, darauf ſchiffte
er in den Dcean, bemäcdhtigte fich mehrerer Anjeln,
mworunter Burchanis (Borkum), gewann die riefen
zu Bundesgenofjen, jchlug (mad einer nicht ganz
wahrjcheinlichen Nachricht des Strabon) die Bruf:
terer auf der Ems und geriet im Lande der Chaufen,
als jeine Schiffe durd die Ebbe aufs Trockne
famen, in große Gefahr, woraus ihn die Frieſen
retteten. Nach Rom zurüdgefehrt, wurde er Praetor
urbanus, aber mit dem Frühling eilte er im J. 11
wieder zum Striege, bejiegte die Sigambern und
Ufipeter, ſchlug eine Brüde über die Yupia (Lippe)
und drang durch das Yand der Eherujfer bis an
die Bijurgis (Wejer) vor. Hier wurden vielleicht
die Tropaea Drusi errichtet. Mangel an Lebens:
mitteln, das Nahen des Winters und Prodigien
nötigten zur Rückkehr; auf diejer aber geriet das
Heer in große Gefahr in einem Engpaß bei Arbalo
(Plin. 11, 17, 55); nur durch die Sorglofigfeit der
Feinde, die, des Sieges gewiß, ſchon die Beute
verteilten, wurde es gerettet. 2 Burgen ließ Dru—
jus in diefem Jahre errichten: Aliſo am Zuſam—
menfluffe der Lippe und Alme (wahricheinlich j.
Dorf Elfen bei Paderborn) und eine im Lande
der Chatten (Caftel bei Mainz oder die Saalburg).
Nachdem Druſus in Nom mit den Aufignien des
großen Triumphes jeinen Einzug gehalten, kehrte
er mit Auguftus und Tiberius nach Gallien zurüd.
Nur ein Zug gegen die bisher den Nömern ver:
bündeten Chatten wird uns aus diefem X. (10)
berichtet; Zeit und Kraft wurde wahrjcheinlich vor:
zugsweife auf Befeftigungsanlagen verwendet. —
Fürs nächte Jahr zum Konſul beftimmt, eilte
Drujus im J. 9 noch vor Antritt des Amtes an
den Rhein, drang in das Yand der Chatten, bejiegte
die Marfomannen, wandte ſich dann ohne Zweifel
355
weiter nörblich, eröffnete den Herchniichen Wald
und gelangte über die Wejer bis an die Elbe; an
beiden Flüſſen joll er militärijhe Stationen er:
richtet haben (For. 2, 30). Auf dem Rüdzuge
ftarb er an der Saale, nachdem er einen Monat
vorher bei einem Sturze mit dem Pferde fich eine
ichwere Verlegung zugezogen hatte, gegen Ende
des %. 9. Dio Cass. 55, 1. Zonar. 10, 35. Lit.
ep. 140—142. Strab. 7, 292. Seine Leiche wurde
nad Italien gebracht; am Rheine aber wurde ihm
in Moguntiacum (Mainz) ein Triumphbogen und
ein Kenotaphium errichtet. — Er hinterließ von
der jüngeren Antonia, Tochter des Antonius
und der jüngeren Octavia, 2 Söhne, Germanicus
und Claudius. — 4) Druj. Cäjar, Sohn des
Tiberius und der Vipſania Agrippina, geboren
15. Oftober 15 v. E., wurde nad) dem Regierungs-
antritt des Vaters nad) Pannonien gejchidt, um
einen Aufftand der Legionen zu dämpfen, was
ihm durch geſchickte Benutzung zufälliger Ereignifie,
wie eine Mondfinfternis, und Beſtrafung der Schul:
digiten gelang. Tac. ann. 1,24 ff. Im J. 15n. C.
war er Konjul; 17 ging er nad Jllyricum, um
die germaniichen Angelegenheiten zu überwachen;
die von Marbod drohende Gefahr wendete er ab,
indem er die Germanen zu innerem Streit anregte.
Als Konsul, 21, widerjegte er fich dem Vorſchlag
des Severus Gäcina: fein Magiftratus dürfe jeine
Gattin mit in die Provinz führen. Nachdem er (22)
Teilnehmer an der tribunicifchen Gewalt geworden,
wandten fi) gegen ihn die Nachftellungen des
Sejan; derjelbe verdächtigte ihn dem Tiberius, ver:
führte feine Gemahlin Livia (Livilla), die Schweiter
ftändnis mit derjelben dur den Eunuchen Lygdus
umbringen. Tae. ann. 4, 11. Dio Cass. 56, 11.
57, 22. Zonar. 11,2. So ftarb er im %. 23 mit
Hinterlaffung zweier Kinder, des Tiberius, jpäter
von Caligula aus den Wege geräumt, und der
Aulia. Obwohl den Sailer diefer Schlag jehr
hart traf, geftattete ihm doch fein Stolz nicht, feinen
Schmerz zu äußern. — 5) Druj., jüngerer Sohn
des Germanicns und der Agrippina, wurde, als
des Tiberius Sohn, Drufus, (23) an Gift geftorben
war, jamt feinem älteren Bruder Nero vom Kaiſer
dem Senate als fünftiger Kaiſer empfohlen. Tac.
ann. 4, 8.9. 12. Suet. Tib. 54. Sejan aber, jelbjt
nach der Krone lüftern, jchwärzte die Agrippina
mit ihrem Anhange beim Kaijer an, der zunächſt
die Partei der Agrippina vernichtete und leßtere
mit ihren Söhnen militärijch überwachen ließ. Zac.
ann. 4, 67. Später (29) wurde Drufus, des Hoch—
verrats bezichtigt, im Palatium eingeferfert. Als
aber nad) der Entdedung der Verſchwörung des
Sejan (31) Tiberius von wilden Menjchenhafje
erfüllt war, mußte auch Drufus (im %. 33 n. C.)
ſterben, vielleicht weil Tiberius eine Verbindung
‚von Sejans Genoffen mit ihm fürdhtete. Suet.
Tib. 54. Cal.T.
Drusilla, 1) jüngfte Tochter des Germanicus,
zuerft mit E. Caſſius Yonginus (Tac. ann. 6, 15),
Ipäter mit Amilius Lepidus (Dio Cass. 59, 11)
vermählt. Ahr Bruder Galigula, der mit ihr in
jträflihem Berhältniffe gelebt haben joll, lieh
fie nach ihrem Tode vergöttern und ihr unter
| dem Namen Panthea Spiele feiern und Altäre
errichten. Suet. Cal. 24. — 2) Tochter des jü-
‚diichen Königs Herodes Mgrippa 1. (j. Bere-
23*
Ina Germanicus, und ließ ihn endlich im Einver:
356
nike, 3.), Gemahlin des Profurators Felir. Act. |
|
apost. 24, 24.
Dryädes j. Nymphae.
Drymaia, 7) Sovuad« (Sovuog, Hdt. 8, 33),
Stadt im nördlichen Phokis, mit einem Tempel der
Dryades — Joöülog, dovloouvn.
nipeln, die von nun an die Bemannung ber rd:
miſchen Schiffe bildeten, hinübergejandt und jo der
Kampf einer Landichlacdht ähnlich gemacht werden.
So — ging Duil. der karthagiſchen Flotte
bei Mylä entgegen; die Manöver derjelben waren
Demeter ; Ruinen beim j. Glunitza. Paus. 10,33, 12. | vergeblich, die Schiffe wurden von den Enterbrüden
Drymos, JSevwog, 1) ſ. Drymaia. —
Attika, 16.
Dryöpes j. Graecia, 10.
Dryops, Sevoy, Sohn des Tlußgottes Sper: |
cheios und der Danaide Polydora, oder des (arka—
diichen) Lylaon und der Dia, oder des Apollon und
der Dia, einer Tochter des Lyfaon, Stammherr der
urjprünglich am Spercheios und Parnaſſos, jpäter
im Beloponnes wohnenden Dryoper. Die dryopi:
ſchen Aſinaier in Meflenien verehrten ihn als
ihren Stammvater und begingen ihm zu Ehren
ein Jahr um das andere ein myſtiſches Feſt. Paus.
|
'
2) |. |
4, 34, 6ff.
Dubis j. Arar.
Ducenarius, eine erft jpätere Bezeichnung für
1) einen Offizier über 200 Mann, namentlich bei
den faijerlihen Haustruppen; — 2) für die Burcau-
chefs von manden Magiftraten, jo genannt, weil
diejelben häufig vorher jene Militärcharge befleidet
hatten; — 3) für einen Einnehmer der Steuern,
vielleicht der von Tiberius anjtatt der früheren
centesima berordneten ducentesima. Tac. ann.
2, 42. — 4) Unter Auguftus bezeichnet es einen
Nichter aus der letzten (infimo censu, 200 000
Seftertien) der 4 Richterdecurien ſ. ludex, 3.).
Duellöna j. Bellona.
Duilfi und Duillii (die alten Formen find
Duelius und Duellius), ein A Geſchlecht:
1) M. Duil,, unterſtützte als Tribun im J. 471
v. C. die lex Publilia und war fortwährend der
Vertreter ſeines Standes. Als die Decemvirn im
dritten Jahre (449) unrechtmäßig ihre Gewalt be—
haupteten und vielleiht Tyrannei übten, veran:
late er die Plebs, welche ſchon im Aufftande den
Aventinus * hatte, auf den Mons sacer aus:
zumwandern. Durch Unterhandlungen mit dem Senat
wurde das Decemvirat abgeichafft; die tribunicische
Gewalt wurde wiederhergeitellt. Duilius aber war
die Seele des Kollegiums. Auf feinen Antrag
wurden wieder Konſuln gewählt, ebenjo feſtgeſetzt,
daß von ihnen Provofation and Volk freiftände.
Durd die leges Valeriae Horatiae wurde die
Verfaſſung feftgeftellt, die Decemvirn wurden vor
Gericht gefordert; aber als Appius Claudius und
Oppius ſich durch Selbjtmord der Strafe entzogen,
und die Patricier weitere Berfolgungen fürdhteten,
wurden die Mitjchuldigen auf des Duilius Antrag
begnadigt. Liv. 2, 58. 61. 3, 52 ff. 59. 64. Ein
Duilius war unter den Decemvirn. — 2) C. Duil,,
Konjul 260 v. E. Als fein untüchtiger Kollege
En. Cornelius Scipio Afina mit 16 Schiffen ın
dem Hafen von Yipara eingejchlofien und gefangen
worden war, übernahm er, der bisher an der
Spitze des Landheeres in Sicilien —— hatte,
den Oberbefehl über die Flotte. i
ieſe war eine
neue Schöpfung der Römer und daher beſonders
an Mandvrierfähigleit der Farthagiichen ee
wachjen. Die Erkenntnis davon hatte die n:
dung der Enterbrüden (corvi) veranlaßt. Diejelben
fonnten von einem Mafte auf dem Borderteil, an
dem fie befeftigt waren, auf das feindliche Schiff
hinabgelaffen und vermittelit derjelben die 2 Ma: |
erfaßt, 50 Schiffe erobert und zerftört, und Duil.
errang den erften Seefieg. Pol. 1, 20ff. Eutr.
2,20. Zonar. 8, 10. Er feierte einen Triumph
und erhielt die lebenslängliche Auszeichnung, daß,
ı wenn er vom Gaſtmahl heimfehrte, ein Fackelträger
ihm vorleudhten, ein Flötenbläſer ihn begleiten
durfte. Cie. Cat. m. 13,44. Liv. ep. 17. Flor. 2,2.
‘al. Max. 3, 4. Ein Dentmal (Columna rostrata)
mit einer Inſchrift verherrlichte den Sieg. Die
uns erhaltene auf diefer Säule angebrachte Jnſchrift
ift wohl erit unter K. Claudius mit gejuchter Nadh-
bildung archaiftiicher Redeweiſe angefertigt. Vgl.
Ritichl, priscae latin. monum. XCV., und opuse,
IV p. 183. 240, jowie Mommfen, Corp. 1.L. Ip. 37.
Duketios, Jovxzrios, ein Sifuler, vereinigte,
als im 5. Jahrh. dv. E. die griechischen Kolonien auf
Sicilien ihre Tyrannen vertrieben und Demofratien
gründeten, dann aber in innere Kriege verwidelt
wurden, die Eingebornen, um fie vom Jocht der
Fremden zu befreien, 451. Gejchlagen von den
Syrafufiern, ging er nach Korinth, lehrte aber
jpäter zurüd und ftarb in Sicilien um 440. Diod.
Sie, 11, 76. 12, 29.
Dalgubnii oder nad) andern Handichriften Dul-
gibini wird bei Tacitus (Germ. 34) ein deutſcher
Stamm genannt, öftlih von den Mngrivariern,
aljo um den Fluß Aller und das heutige Celle;
Ptolemaios nennt Jovkyovurıoı jüdlid von den
Langobarden — vielleicht hatte das Volk jpäter
jeine Sige geändert. Der Name jcheint „die Ber:
wunder, Krieger” zu bezeichnen.
Dulichion ſ. Echinades.
AobAos, doviosurn, Stlave, Sflaverei, Stla-
venftand. — Der —— der perſönlichen Unfrei—
heit war bei den Griechen, wie in ſeinen Urſachen,
ſo in ſeiner Erſcheinung verſchiedenartig. Wir
finden nämlich in vielen Staaten einen Zuſtand
der Unfreiheit, der in ſeiner Erſcheinung und in
ſeinen rechtlichen Verhältniſſen der Leibeigenſchaft
der neueren Zeit entſpricht. Als Urſache dieſes
Verhältniſſes fann man im allgemeinen die Unter:
werfung der urjprünglichen Bewohner durch einge:
wanderte jiegreihe Ankömmlinge bezeichnen. Die
Unterworfenen traten zu dem neuen Herren des
Landes dur) Vertrag oder unbedingte Unterwerfung
und —— in ein Abhängigkeitsverhältnis,
das verſchiedene Abſtufungen der Unfreiheit zuließ
und in den einzelnen Ländern von einander ab—
weichende Erſcheinungen darbietet. So finden wir
in Theſſalien die Peneſten, in Sparta die Heloten,
über deren Stellung wir am genaueſten unter—
richtet ſind (das Nähere darüber ſ. unter Helo-
tes). — Von dieſen Leibeigenen unterſchieden find
die eigentlichen Sklaven, die dodkoı (obgleich auch
die Beneften, Heloten und andern Leibeigenen mit
diejem Namen bezeichnet werden), deren Unfreiheit,
urjprünglid” durch Gefangennehmung im Kriege
(ichon bei Homer, Od. 1,398) oder Verlauf (jo
von der Euryfleia, Od. 1, 430, vom Eumaios, daj.
15, 482) entjtanden, fid) auf ihre Nachlommen fort:
erbte. Veranlaßt ift dies Verhältnis durd das,
beionders in den Staaten, die feinen Stand der
©
0
Aoölos, dovioovrn.
Yeibeigenen hatten, hervortretende Bedürfnis, die | hatte, durd die ein anderer verlegt war.
357
War
niederen Arbeiten, deren Beſorgung des freien | eine ſolche Handlung im Auftrage des Herrn ge
Staatsbürgers (moAdlrngs) unwürdig jchien, durch ſchehen, jo war, wie es fcheint, gegen ihn auch
Nichtbürger ausführen zu laffen. Als erfter Staat, | die Klage zu richten.
Segen einen entlaufenen
der förmlichen Sklavenhandel trieb, wird Chios | SHaven konnte von jeiten des Herrn (ſowie aud)
genannt. — Die rechtliche Begründung des Ber-
hältniffes bei den griechiichen Philojophen und
|
jedes andern, der ein Intereſſe dabei hatte,
jemanden als Sklaven anerkannt zu jehen) eine
Staatslehrern hängt eng zufammen mit der im | drayoyı) angewendet werden, d. h. man konnte
griechiichen Vollsbewußtſein tief eingewurzelten
Unterjcheidung des Hellenentums und Barbaren:
tums (vgl. auch Barbari). Seiner Natur nad
herricht der Grieche über den Barbaren (Arist.
pol. 1,2). Dieje Anſchauung, verbunden mit der
Notwendigkeit der häuslichen DPienftleiftung, die
der Herr nicht durch Automaten wie die des Dai-
dalos oder Hephaiftos verrichten laſſen konnte
(Arist, pol. 1, 4), lich einen Zweifel an der Recht:
mäßigfeit der Sklaverei gar nicht auffommen.
Sache der Humanität war es dagegen, hellenischen
Kriegsgefangenen den Losfauf zu geftatten. Die
SHaven waren daher urjprünglich faft alle bar:
bariſcher Herkunft, bejonders Phryger, Thraker,
Stythen. Sklavenmärkte waren beſonders auf Delos,
Chios und zu Byzantion, doch hatte auch Athen
einen ſolchen. Bei der Betrachtung der redht-
lichen Berhältniffe der Sklaven haben wir vorzugs—
weife auf Athen Nückficht zu nehmen. Der Sflave
war nicht nur der Diener, jondern der wirkliche
Befip des Herrn, eine Sache, der willfürlichen
Berfügung des Herrn anheimgegeben. Die Schroff:
heit und Härte diejes Berhältniffes, das ftreng:
genommen einer vollkommenen perjönlichen Necht:
lojigfeit gleichfommt, wurde indeſſen durch die
Humanität und Gefittung der Athener bedeutend
gemildert. Tötung eines SHaven wurde gerichtlich
verfolgt (Epheten im Palladion hatten darüber zu
richten); ebenſo war die Mifhandlung ("Pers),
wenigſtens in gewiflen Fällen, gejeglicher Ahndung
unterworfen. Selbft der Herr durfte den Sklaven
ohne Richteripruch nicht mit der Todesftrafe be:
legen, wenngleid) die Strafe des Herrn, der den
SHaven getötet hatte, nur in einer religidfen Buße
beftand. — Der graufamen Behandlung des Herrn
fonnte fi) der Sklave durch Flucht zu einem Aſyle,
namentlich zum Thejeion, entziehen und von dort
aus um den Berkauf an einen andern Herrn bitten
(rgücıv alreiv). Ob und in welchen Fällen der
Herr genötigt war, der Forderung nachzugeben,
fteht nicht feit. — Im übrigen war die rechtliche
Sphäre der Sflaven, ihrer Stellung als Befit des
Herrn gemäß, äußerft beſchränkt. Sie ermangeln
der Rechtsfähigkeit und können daher auch feine
Klage anftellen. Dies Recht hat nur der Herr, in
dejien Beſitz fie ftehen, und für den die Verletzung
eines SHaven zugleich eine Kräntung feines Eigen:
tumsrechtes ift. Anders war es mit jolchen Skla—
ven eines Ausländers, die, in Athen wohnhaft,
auf Rechnung des Herrn oder gegen eine Abgabe
(eropogd)felbftändig ein Seichätt betrieben. Dieje
wurden als Freie angejehen und behandelt. Much
als Zeugen durften He nicht auftreten; doc galt
ihre Ausjage, die ftet3 mit der Tortur verbunden
war, für ein gerichtliche Beweismittel von großem
Gewichte. (Über das Verfahren bei der Tortur
vgl. Basavıarng.) — Eine Klage gegen Sklaven
(ftet8 vor den Diaiteten) fonnte wohl nur in dem
Falle angeftellt werden, wenn der Sklave ohne
Auftrag jeines Herrn eine Handlung begangen
|
den flüchtigen Sflaven auf der Straße oder in
Wohnungen (ausgenommen find natürlich Orte,
die das Niylrecht haben) aufgreifen und in feine
Wohnung bringen (äysır, aysır els dovlsier)
Erhob der Sklave jelbft, oder ein dritter, in deſſen
Gewalt er ſich gerade befand, dagegen Wiberjtand
(epatoeoıg, PEatprsıg, Epuıpsioheı, FErıgeicher),
jo fonnte der dymr eine dan dpaıgkoeug an:
ftelfen, entiweder beim Archon oder, wenn der in
Anſpruch Genommene für einen nichtbürgerlichen
Freien galt (vgl. ’Aoxnj), beim Bolemarchen. Konnte
er fein Eigentumsrecht nachweifen, jo hatte der
Bellagte ihm Schadenerjaß zu Teiften und außer:
dem an den Staat eine Buße zu zahlen. — Eine 6
ı befondere Stellung nahmen in Athen die Staats:
|
ſtlaven (oladraı Önuscror, Önudsıo:) ein, die zu
niederen Berrichtungen im Dienfte des Staates
gebraucht wurden. Solche waren zunächſt die |. g.
Skythen oder Bogenſchützen, ein Corps anfangs
von 300, dann 600, endlich 1200 Mann (von einem
gewiffen Speufinos, der die Errichtung diejes Corps
bewirkt hatte, auch Speufinier, Zmevolvioı, ge:
nannt). Sie dienten als Gendarmen oder Poli:
zeifoldaten und hatten ihr Wachthaus anfangs auf
dem Markte, fpäter auf dem Areopag. Auch im
Kriege wurden fie gebraucht. — Außer ihnen werden
noch 200 Hippotoroten genannt. Ferner waren
die niederen Diener der öffentlichen Beamten, Aus:
rufer, Schreiber, Häſcher, Büttel, Gefangenwärter,
Nacrichter u. ſ. w., meiftenteils, die legteren
immer, öffentliche SHaven, ebenfo auch die Arbeiter
in der Münze. Solche Leute hatten unzweifelhaft
Eigentumsrecht und einen eigenen Haushalt (weis
otxoövreg) und ftanden in der Fähigkeit Prozefle
zu führen wahrjcheinlich den Schußgenofjen gleich.
Aus diejer bevorzugten Stellung läht ſich auch
ichließen, daß fie gewiß nie an einen Privaten
verfauft wurden. — Die Behandlung der Sklaven
war natürlich von der Sinnesart des Herm ab:
bängig; im allgemeinen läßt ſich indeflen nicht,
wie ſchon erwähnt, in Abrede ftellen, daß bei den
Athenern die Behandlung der Sklaven ziemlid)
milde war, und daß fie in Athen eine größere
Freiheit genofjen als in andern Staaten. Zum
Teil mag dies von der Milde des atheniichen Cha:
rakters herrühren, zum Zeil mochte die Klugheit
bei der ungeheuren Menge der Sflaven eine ge:
wife Schonung derjelben rätlich machen. Xenophon
(resp. Ath. 1, 10) führt ala Grund der größeren
erolaote der atheniihen Sklaven den Umſtand
an, daß fie fich in der Kleidung nicht vom Volke
unterschieden und daher auch Mifhandlungen und
Schläge von jeiten anderer wenig zu erbulden
hatten, da niemand fich der Gefahr ausjegen mochte,
einen Bürger zu beleidigen, in der Meinung, es
mit einem Sklaven zu thun zu haben. Der Zutritt
zu den Tempeln und Heiligtümern, ſowie Teil:
nahme am häuslichen Sottesdienft und öffentlichen
Feiern war den Sflaven im allgemeinen nicht
verwehrt. — Die Preije der Sklaven waren nad) 7
.n
=
358
ihrer Gejchidlichkeit und Tüchtigkeit ſehr verſchie—
den, in Athen gewöhnlich zwijchen 1 bis 10 Minen,
obgleich auch höhere Preije vorfommen; Nikias
3. B. faufte einen Aufſeher in die Bergwerte für
1 Talent. Die Berfaufspläße hießen xuxdoı. Der
Stlavenmarlt ſcheint gewöhnlid am Neumond
(vovunvie) ftattgefunden zu haben (Arist. Equit.
43 mit dem Schol.). — Bon den durdy Kauf er:
worbenen Sklaven werden noch die im Hauſe ge:
borenen (olxörgıßes, wenn beide Eltern Sklaven
find, aud) &upldovior), deren Zahl jehr beträcht-
lih war, unterjchieden. Die Anzahl der Sklaven
in Attila belief jich in den blühenden Zeiten auf
ungefähr 365 000 gegen 90 000 bürgerliche Be:
wohner; das Verhältnis war aljo ungefähr wie 4:1.
— Die Stellung der Sklaven war verichieden nach
den Verrichtungen und Dienften, die fie zu leiften
hatten. Zum Teil hatten fie die häuslichen Ge:
ichäfte in der weiteſten Ausdehnung zu bejorgen,
den Herrn oder die rau auf Ausgängen zu be:
gleiten (es galt als Zeichen großer Einfachheit,
daß die Frau des Phokion ſich nur von Einer
Sklavin begleiten lieh), ald rawdayayol die Er:
ziehung der Knaben zu bejorgen, diejelben in die
Gymnaſien und Schulen zu begleiten und zu be:
auffichtigen. Auch der ärmere Bürger hatte wenig:
ftens Einen Sklaven zur Bejorgung jeines Haus-
weſens; in jeder mäßigen Haushaltung brauchte
man deren viele zu allen möglichen Geſchäften.
Außer diejen Hausiflaven gab es aber noch andere,
welche außer dem Hauſe als Handwerler und
Fabrifarbeiter dienten und eine verhältuismähig
jreiere und unabhängigere Stellung hatten. Sie
arbeiteten entweder auf Rechnung Des Herrn oder
hatten von ihrem Erwerb demjelben eine Abgabe
(Lropogd) zu zahlen. So wurden die Sklaven
in Bergwerfe vermietet gegen eine tägliche Abgabe
an den Herrn; auch nahmen fie für eigene Rech:
nung Arbeiten in Accord, übernahmen auch viel:
leicht die jelbftändige Bebauung von Adern gegen
einen dem Herrn zu entrichtenden Pachtpreis. Ein
Beiipiel der andern Urt, wo die Sklaven unmittel:
bar auf Rechnung des Herrn arbeiteten, haben
wir an Demofthenes’ Vater, der in feiner Waffen:
fabrif 302 oder 303, in einer Sänftenfabrit 20
Sklaven beichäftigte. — Beim Eintritt eines neu:
gefauften Sklaven wurde Naſchwerk (aaragvouere,
reayrjuera) ausgeftreut der guten Vorbedeutung
wegen. — Freilaffungen famen aus verjchiedenen
Gründen nicht jelten vor, 3. B. durch Verkauf an
eine Gottheit, namentlich auch durch Yosfauf der
Sklaven von dem, was fie ſich erjpart hatten;
wahricheinlich jedoch fonnte der Herr jeine Ein:
willigung verweigern. Auch fam es vor, daß
Sklaben, die im Seedienft (wobei jie befonders als
Ruderer gebraucht wurden) jich ausgezeichnet hatten,
wie bei den Arginuſen, maflenmweis freigelaffen
wurden. Auch nad der Schlacht bei Chaironeia
wurden bie mitlämpfenden Sklaven (auch bei Ma:
rathon jchon haben Sklaven mitgeftritten) für frei
erflärt; dasjelbe fand ftatt als — für die
geſchehene Anzeige ſchwerer Verbrechen. Auch teſta—
mentariſche Freilaſſungen (dmeisvdigwarg) ſind
nicht ſelten. — Die Freigelaſſenen (dmressudzgon,
!&ekevdegon) traten in das Verhältnis der Metoilen
und waren an den ehemaligen Herrn ald mooorarns
gebunden, der gewiſſe Lerftungen von ihnen zu
Dumnorix — Duumrviri.
berechtigte diefen zu einer Klage arosrasiov, die
im Falle der Verurteilung erneute Sklaverei zur
Folge hatte, im Falle der Frreifprechung denjelben
von allen Pflichten gegen den weosrdrng befreite
und den freigebornen Metoiten gleichftellte (ſ. auch
ZEvos). Vgl. Becker-Göll, Charikles III ©. 1 ff.
Dumnörix j. Divitiacus,
Duris, JSoögıs, von Samos, griechiſcher Hiito-
rifer um 250 v. E., jchrieb "/orogiaı (audy "EAln-
vırd und Maxsdorınd genannt), die dom J. 370
anfingen und wenigjtens noch den Demetrios Poli:
orfetes behandelten; z@ wegi Ayattorkta, Laulor
ago: (d. h. Annalen) u. a. Werke. Er war ein
vielgelejener Schriftfteller und wird oft von Diodor,
Plutarch, Athenaios u. a. angeführt. Sammlung
der Bruchftüde von Hullemann (1841) und von
Müller, fragm. hist. Graee, II p. 466 ff.
Durfus, JSoögog, j. jpan. Duero, portugiej.
Douro, bedeutender Fluß Hijpaniens, entipringt
auf dem Idubeda im Gebiete der Pelendonen,
ftrömt bei Numantia vorbei, bildet danı Die Grenze
zwiſchen Yufitania und dem tarraconenfischen Hiſpa—
nien und mündet zwijchen Kale und Yangobriga
(beim heut. Oporto) ins Atlantiiche Meer. Rechts
nimmt er den Areva, Pijoräca (j. Piſuerga)
und Aſtura (j. Esla), lints den Cuda (j. Coa)
auf. Er jollte goldhaltig jein. Strab. 3, 153. 162.
Sil. 1, 234.
Durocortörum, Hauptjtadt der Nemi im bel:
giſchen Gallien, j. nach dem jpäteren Namen Remi
Reims, wichtig als Mittelpunkt mehrerer ſich Freu:
zender Straßen. Caes. b. g. 2,3. 6, 41.
Duronia, cine in der Nähe der Gaudinijchen
Päſſe gelegene Stadt der Samniter. Liv. 10, 39.
Duronii, eine plebejtiiche gens: ı)%. Dur,
im J. 181 v. E. Prätor, verwaltete Apulien und
erhielt dazu Sitrien, um den Seeräubereien der
Jitrier zu ftenern. Liv. 40, 18. Ihm wurde die
Unterfuchung über die Bacchanalien übertragen.
Die Seeräuber im Ndriatifhen Meere züchtigte er.
Liv. 40, 42. — 2) M. Dur, von dem Genjor
M. Antonius aus dem Senat geftoßen, 98 vd. E,,
weil er ald Tribun ein zur Bejchränfung des
Aufwandes bei Sajtmählern gegebenes Geſetz kaſſiert
hatte, rächte fich durch eine gegen diejen angejtellte
actio ambitus, welche jedod) erfolglos blieb. Val.
Max. 2, 9, 5. Cie. de or. 2, 68, 274,
Duumviri (duoviri) hießen in den römijchen
Municipien und Kolonien die beiden höchiten Ma:
giftratsperjonen, welche alle Jahre wechielten. In
der Kaiſerzeit bildete ſich aber der Unterichied, daß
die Municipien in der Regel Duatuorbiri, die
Kolonien dagegen Duumpiri hatten. Ihr vollftän:
diger Name war duumviri inri dieundo, und ihr
Amtsdienjt glih im feinen dem der römijchen
Konſuln, obwohl fie niemals Konjuln hießen, jon:
bern nur etwa im Scherz jo genannt wurden,
wie Cie. Pis. 11. de dom. 23. Sie waren die
oberjten Stadtrichter, Präfidenten des ftädtiichen
Senats und Aufſeher über die ganze ſtädtiſche
Verwaltung. Sie trugen die praetexta und wurden
von 2 Liltoren begleitet, welche Stöde trugen.
Die Wahl derjelben geihah in der SKaiferzeit
allenthalben von dem Municipalienat, früher auch
in den Municipalcomitien, und nur Municipal:
jenatoren waren jpäter wählbar; doch verlor diejes
Amt in der Kaiſerzeit viel von feinem alten An—
beanipruchen hatte. Undanfbarfeit gegen den Herrn | jehen, weil ihre Jurisdiftion jehr beichräuft wurde
ts
Duumviri capitales — Dux.
und die Freiheit der Städte überhaupt zu ſinken
begann.
Duumviri capitäles j. Perduellio
Duumviri naväles, auferordentlidye Seeprä:
felten, Momirale, bejorgten die Einrichtung und
Ausrüftung der Kriegsichiffe und scheinen auch
Oberanführer der Flotten gewejen zu fein, wie
Appian (Samn. 7, vgl. Pol. 3, 25) den Duumvir
Cornelius im Kriege gegen die Tarentiner er:
wähnt. Die Einſetzung diejes Amtes beftimmt
Living (9, 30) auf 312 dv. E.
Duumviri acdi faciundae und acedi dedi-
candae beforgten nad) erhaltenem Auftrag den Bau
oder die Weihung eines Tempels. Liv. 28, 42.
7, 28.
Duumviri sacrörum oder sacris faciundis
oder Sibyllini f. Divinatio, 15.
Dux, 1) jeder Heerführer zu Lande und zu
Waſſer. In den Zeiten der römischen Republif
war der Konſul der erfte Befehlshaber jeines
Heeres, oder die tribuni militum consulari po-
testate, jo oft dieje in der Zeit von 445 — 366 v. E.
an Stelle der Konſuln gewählt waren. In Reiten
der Gefahr befam der Konſul, welder gerade die
fasces hatte (Liv. 8, 12), von dem Senate den
Auftrag, einen dietator (f. d.) zu erwählen. Der:
jelbe mußte aus der Zahl der Konjularen ernannt
werden (dieere, Liv. 2, 18), eine Regel, die oft
verlegt worden ift. Inter ihm fommandierte ein
von ihm ernannter magister equitum. Doch war
dies immer nur ein zeittweiliger und vorüber:
gehender Oberbefehl. Wenn beide Konfuln bei dem
Heere gegenwärtig waren, jo wechſelte ihr Befehl
Tag um Tag (Lir. 22, 41); reichten fie aber nicht
hin für die Führung der aufgeftellten Heere, ſo
verlängerte man den vorjährigen Konſuln ihr im-
perium (prorogare) und ſchickte jelbft Prätoren in
die Provinzen zur Übernahme des militärischen
Oberbefchls. Bor dem Abgange aus Rom zogen
dieje Oberbefehlshaber auf das Eapitol, um dort
Opfer und Gelübde darzubringen, und von da
gingen fie, mit dem Feldherrnfleide (paludamen-
tum), einem wollenen, purpurbejegten Gewande,
angethan (Liv. 42, 49) und von ihrer cohors prae-
toria umgeben, ins Feld. Diejer Generalftab be:
ftand aus dem Quäſtor, den Legaten und den
Kriegstribunen jamt den Präfelten der Bundes:
genoſſen. Die Beitimmung des Quäſtors war
jedoch (außer bei bejonderem Auftrage) nicht die
eines Befehlshabers, fondern er hatte die Geld:
angelegenheiten und Die Berproviantierung des
Heeres zu bejorgen. Die Legaten ernannte für
gewöhnlich der Senat nach den von dem Feld—
herrn gemachten Borjchlägen (Cie. ad Qu. fr. 1, 1);
die öfter vorfommende willfürliche Wahl derfelben
durch die Feldherren jelber war an ſich ungejeglich
(Cie. Sest. 14), bisweilen ausdrücklich erlaubt (Liv.
44, 18). Sie wurden aus der Bahl der geweienen
Beamten entnommen; jeder Konjul hatte meiftens
2 Legaten, deren jeder 3 Liktoren führte. Liv. 29,9.
Cie. ad fam, 12, 30. Die eigentlihen Anführer
der Pegion aber waren die Kriegstribunen,
deren 6 bei jeder Legion ftanden (über ihre Wahl
j. Dileetus militum, 1.). Ihr Befehl wechielte
jo, daß auf 2 Monate 2 alle Tage fich ablöften,
jo da jeder im Jahre zweimal auf 2 Monate an
die Reihe fam und jowohl im Sommer an dem
Felddienſte als aud im Winter an dem Lager:
359
dienfte teil hatte. Zir. 40, 41. Ebenjo war es
mit den Präfelten der Bundesgenofjen; über
ihre Verpflichtungen im Lagerdienſte vgl. Disei-
plina militarıs, 8. Das Abzeichen ihres Amtes
war ein goldener King, im Lager bejaßen fie eine
Wade. — Unter den Subalternoffizieren (duces :
minores) nahmen die Genturionen die erite
Stelle ein. Sie waren Anführer der Centurien,
deren jeder Manipel 2 hatte. Sie wurden durd)
die Tribunen aus der Zahl der eingeftellten hastati,
prineipes und triarii dergeftalt ernannt, daß die
erften 10 jeder Waffengattung centuriones prio-
res und die legten 10 cent. posteriores hießen.
Je ein cent. prior und posterior befehligten zu:
jammen einen Manipel, jener die eine Genturie
auf dem rechten, dieſer die andere auf dem linken
Flügel, doch mit Unterordnung des leßteren; bei
eintretenden Berhinderungsfällen des cent. prior
verjah der cent. posterior die Stelle desjelben.
Den höchſten Rang unter den cent. priores nahm
der don allen zuerjt ernannte als Genturio des
erften Manipels der Triarier ein. Man jah bei
ihm anf Rriegserfahrung und Tapferkeit, da er zu:
gleich Mitglied des Kriegsrats war, in welchem
die höheren Offiziere (duces maiores), die Legaten,
der Quäftor und die Kriegstribunen, ſaßen, und
ihm der Legiondadler anvertraut wurde. Er hieh
zur Unterjcheidung von den übrigen centurio
primi pili (die Manipeln der Triarier hießen
pili), primipilus oder geradezu primus cen-
turio. Liv. 7, 41. 25,19. Die Centurionen ber
Haftati und Principes hiefen: centurio primi
hastati oder primus hastatus, secundus u. |. w.,
primus princeps u. |. w. Das Abzeichen der Een:
turionen war feit Scipio Amilianus der Nebftod
(vitis, daher vite donari), außerdem in der Schlacht
ein Helmbuſch. Ihr Dienft war die Aufficht bei
den Lagerarbeiten, Einübung der Manipeln in
Waffen und Märichen und die Bifitierung der
Wachen. Unter den Eenturionen ftanden als Unter:
offiziere die optiones, cbenfalld 2 bei jedem
Manipel; ihre Stellung war am Ende der Een:
turie, daher heißen fie als Zugſchließer bei den
griechiſchen Schriftſtellern ore«yor, früher nannte
man fie auch accensi. Uriprünglich wurden ſie
von den Tribunen beftimmt, jpäter überließ man
ihre Wahl den Centurionen jelber, daher optio
von optare. Außerdem erwählten die Centurionen
fih aus ihrem Manipel 2 fräftige und tüchtige
Soldaten zu Fahnenträgern, signiferi ober
vexillarii (von vexillum, der Standarte des Ma-
nipels). Der zweite diente als Erjakmann des
eriten, wenn derjelbe verwundet oder gefangen war.
Endlich war noch über je 10 Mann ein decurio
(decem) als Unteranführer geſetzt. Bei der
Legionsreiterei (300 bei jeder Legion) war der
praefeetus equitum Mnführer. Er hatte
30 decuriones unter fih, von denen jeder je
10 Mann, die erjten 10 überdies noch die Turmen
(jede von 30 Reitern) fommandierten. — Nachdem
die Einteilung der Legion nad) den 3 verjchiedenen
Waffengattungen verwiſcht war und die 30 Ma-
nipeln der Legion 10 Kohorten bildeten, erhielten
ſich doch die früheren VBenennungen der Gent:
rionen, z. B. oetavus princeps, primus hastatus.
Caes. b. c. 1,46. Durch die eingetretene Wichtig:
feit und den Vorrang der erften Kohorte mußte
aber auc) das Anfehen aller Centurionen derjelben
360 Dyardanes —
fteigen, daher find (nach Rüſtow) die von Cäſar
jo vielfach erwähnten centuriones primorum ordi-
num (b. 9: 1, 41. 5, 28. 37. b. c. 1, 74) oder
primi ordines (b. g. 5, 30. 6, 7) nicht mehr die
oben angegebenen: primus pilus, primus hastatus
prior, primus princeps prior, ſondern jämtliche
Genturionen der erften Kohorte (vgl. Tac. hist.
3, 22), die nunmehr auch Mitglieder des Kriegs—
Dyspontion.
verdiente Militärperfonen, welche bei dem Abſchied
diejen ehrenden Titel empfingen.
Dyardänes, bei Strabon (15, 719) Oldarng,
Nebenfluß des Ganges, vermutlich der heutige Brah:
maputra, nährt Krokodile und Delphine. Curt.8,9.
Dymänes j. dvin, 9.
Dymas, 1) j. Priamos. — 2) j. Aigimios.
Dyme, Stun, Nymae, 1) Stadt im weftlichen
rat3 waren (Caes. b. g. 5, 28). Überhaupt trat die | Achaia (f. d.), erſt nach 750 v. E. durch Zuſam—
ZTüchtigkeit und das Anfehen der Genturionen viel‘ menfiedelung der Bewohner von 8 Hleineren Ort:
mehr hervor, jeitdem man in den legten Beiten ſchaften gebildet, wohin Pompejus kilifiihe See:
der Republik anfing, bei der Bejegung des Tri-
bunats weniger auf militärische Erfahrung und auf
Berdienft zu jehen, als auf Gunft und Geburt, da
junge vornehme Leute (Cues. b. g. 1, 39), nament: |
lih aus dem Ritterftande (Caes. b. a. 3, 7. 10),
jogleich im zweiten (Cie. Brut. 89, 304), ja fogar
im erften Dienftjahre (Hor. sat. 1, 6, 48) zu Tri:
bunen ernannt wurden. Daher fam es auc, da
Cäjar anftatt der beiden Tribunen, die zur Zeit
Führer der Legion fein follten, den einzelnen
Legionen tüchtige Leute aus der Zahl der Legaten
zu Unführern gab. Caes. b. g. 2, 20. 5, 24. 7, 45.
5 — Auguſtus erhob diefen Gebrauch zu einer fejten
Einrihtung und ernannte zu Kommandeuren der
einzelnen Legionen die legati (Tac. ann. 1, 44.
4, 73. 14, 32; über den von Tacitus [hist. 1, 82]
erwähnten praefectus legionis j. ’raefeetus),
die zum Unterſchiede von den legatis consuluri-
bus, den Gtatthaltern der Provinzen, auch legati
praetorii (Tac. Agr. 7) hießen, weil fie gewöhn:
fi aus der Zahl der prätorijchen Männer genom—
men wurden. Unter ihnen befehligten die Tribu:
nen, bie jedoch in Notlagen auch jet wohl noch
die a: Führung der Legion übertragen erhiel-
ten. Zac. hist. 3, 9. Sie wurden ebenfalls vom
Kaifer ernannt (Suet. Tib. 41), waren aber im
allgemeinen ohne bejondere tüchtige Kriegserfah—
rung, weil die Söhne der Senatoren (Suet. Oct. 38)
und Ritter mit diefer Würde ihre friegerifche Lauf:
bahn begannen; und da die erjteren das Recht
hatten, mit Annahme der männlichen Toga auch
den latus clavus an der Tunika zu tragen, fo
unterfchied man die tribuni laticlavii von den
angusticlavii. Suet. Oth. 10. Seit Claudius
war der Andrang der jungen Leute zum Tribus:
nate jo groß, dab die wirklichen Stellen im Heere
gar nicht mehr ausreichten, weshalb er denn über:
zählige Tribunen (-upra numerum, imaginariae
wilitiae genus, Suet. Claud. 25) ernannte, Um
jo mehr mußten jeßt die Genturionen Erfahrung
befigen und um jo höheres Anjehen geniehen,
namentlich) die centuriones primorum ordinum,
Ihnen wurden von Auguftus Die Augustales,
von Beipafian Flaviales genannt, als außer:
ordentliche (extraordinarii) Centurionen beigejellt.
Zu den höheren Offizieren famen in der Kaifer:
zeit nod) der praefectus castrorum, der das
ganze Lagerwejen überwachte (Tac. ann. 1, 32.
14, 37), und der praefectus fabrüm, Chef
der Handwerker, Hinzu, unter deſſen Befehl aud
die Wurfmaſchinen ftanden (da. 2,20. 15, 9), beide
im Range der Tribunen. — 2) Seit Diocletian
militärijche Oberbefehlshaber in den Provinzen. —
3) Titular:Duces im faiferlichen Konfiftorium und |
eu — —
— — — — — — — — vv —
räuber verpflanzte; j. Karavoſtaſis. Strah, 8, 378.
2) Stadt in Thrafien, an der Egnatiichen
Strafe und am Fluſſe Hebros, j. Feredjik.
Avvası 25 (Övvaorelia), der Bewalthaber. Nach
älterem Sprachgebrauch), 3. B. bei Herodot, werden
mit diejem Ausdrude die Meineren Machthaber in
nichtgriechiichen Yändern bezeichnet. Wriftoteles ge:
braucht das Wort zur Bezeichnung einer bejtimm:
ten Staatsform, der ausgearteten Oligarchie. Die
Dynaftie ijt ihm (pol. 4, 5, 1) die form der
Oligarchie, öra» deyn un ö röuog, all’ ol &g-
govres; fie fteht zur geſetzlichen Dligardhie in
eben dem Verhältniffe, wie die Ochlofratie zur
Demofratie und die Tyrannis zur Monarchie.
Dieſer Gebrauch des Wortes ift aber wohl nicht
erft von Ariftoteles fejtgeftellt worden, jondern hat
ihon früher gegolten. Bei Thufydides heißt es
von den Theflaliern: zl un dvvaoreie uälkor )]
lsovoui« 2yomrro; und in der Nede der Thebaner
gegen die Plataier (Tihur. 3, 62, 2) wird die
Ayapyia loovouog der Övraorei« Öklywr, die
zur Beit der Perjerfriege bei den Boiotern ge-
herricht hat, entgegengeftellt und dabei bemerft,
daß dieje Staatsform der Tyrannis am nächiten
jtehe (yyvrdrw rugdrrov) Mthenagoras (Thuc.
6, 38, 2) ftellt rugarridag nal Övraoreiag adi-
xovg zujammen. Es ift jomit die Dynaftie in ihrer
eigentlichen Bedeutung als die ungejegliche Ge:
waltherrichaft Weniger zu fallen, jowohl von der
rvgarrig wie von der Ölıyapyia loovouog unter:
ichieden. So wird man alfo 3. B. auch die Dreißig
in Athen nicht als Torannen, jondern als Dynaften
zu bezeichnen haben. Vgl. auch Staatsformen,
griechiſche.
Dyras, Aöocs, j. Gurgo, theſſaliſcher Fluß in
Phthiotis, der ſich ſüdlich vom Spercheios in den
Maliſchen Meerbuſen ergoß, während er jetzt dem
Spercheios zufließt (j. die Karte zu Thermo-
pylaı\ Hdt. 7, 198.
Dyrrhachium j. Epidamnos
Dysanles, Svoaving, Bater des Triptolemos
und Eubuleus, Bruder des Keleos, führte, nad) der
Sage der Phliafier, von Jon aus Eleufis ver:
trieben, in Phlius die Myſterien der eleufinischen
Demeter ein. Paus. 1, 14, 2. 2,14, 2. Er war ein
Heros des Aderbaues, urjpr. Disaules, der „zwei—
mal Furchende“, wie in Pheneos ein Trisaules,
ein im Jahr „dreimal Pflügender“ (Paus. 8, 15,1).
Zu Phlius befand ſich fein Grab neben dem des
Aras, „des Pflügers“.
Dysoros, JSucwpor öpog, ein von N. nah ©.
bi8 an den Thermaischen Meerbujen jtreichendes
ı Gebirge Makedoniens mit Goldminen. Hdt. 5, 17.
Dyspontion j. Elis, 5.
Ebora — Eeuleus.
361
E.
Eböra, Name mehrerer Städte auf der heipe: | licher des V.
rischen Halbinfel: 1) Stadt in Yufitanien mit dem
Beinamen Liberalitas Julia, zwijchen Tagus und
Anas, j. Evora. Plin. 4, 35. — 2) Eböra oder
Ebüra, j. St. Yucar di Barrameda, fefte Stadt der |
Turduler, öftlih von der Mündung des Bätis.
Eboräcum j. Brigantes.
Ebüdae insulae oder Haebudes, "Eßovdaı
»60:, werden von Btolemaios und Plinius (4,16, 30)
genannt unter den Inſeln des weftlihen Dceans;
die jeßigen Hebriden. ©. auh Haemodae.
Eburönes, ’Eßovpwvsg, belgiſche Bölterfchaft,
welche zwiſchen
270 genannten Phorlys und der
Reto), oder des Tartaros und der Ge, ein räube-
riiches, furchtbares Ungeheuer, zur Hälfte Jung:
frau, zur Hälfte Schlange (qiöre). Sie wohnte
mit Typhaon bei den Arimern (Kilikien) und zeugte
mit ihm den Hund des Geryones Orthros, den
Kerberos, die lernaiiſche Hydra, die Ehimaira, die
Sphinr, den nemeiſchen Löwen, die Stylla und
andere Ungeheuer. Hesiod. theog. 306 ff. Argos
Panoptes überfiel jie im Schlafe und tötete fie.
Echinädes, ’Ezırddss, hießen die an der Mün-
| dung des Acheloos (j. Akarnania) angejchwenm:
hein und Schelde wohnte, mit ten, jehr fruchtbaren Inſeln, welche natürlich vielen
der Hauptitadt Aduatuca. Caes. b. g. 6, 32. Sie | Veränderun en unterworfen waren, j. Kurbolares.
waren mit den Condruſen Schußgenoffen der Tre | Sie werden ſchon von Homer (Il. 2, 625) erwähnt.
virer gewejen; zu Cäſars Zeiten ftanden fie unter | Strabon nennt eine derjelben dollya und identi:
der Herrſchaft des Ambiorig (j. d.) und Eatuvolcus. | fiziert fie wohl mit Unrecht mit dem homerijchen
Ihre Empörung nahm ein trauriges Ende, indem | Jovklgıov (Od. 1,246. 14, 335. 16, 247); es ift
Gäjar ihr Land einer furdhtbaren Verwüftung preis: | wahrjcheinlich die größere, "gerade vor dem Aus:
gab. An ihre Stelle treten die Tungri. Liv. ep. | fluffe des Acheloos gelegene, jetzt O&si« genannte
106. 107. Caes.b.g. 2,4. 4,6.5,24 fj.6,34. 35. 43. | Jmiel.
Ebüsus, "Eßvoog, d. h. Fichteninfet, j. Jviza,
die größte der Pityuſiſchen Inſeln an der Oſtſeite
Hiſpaniens, gebirgig und wenig fruchtbar, doch
bekannt durch ihre Feigen, Harz und Pech; die
Stadt gleiches Namens, ee jetzt, hatte einen
trefflichen Hafen. Strab. 2, 123. 159. 167. Am
zweiten puniſchen Kriege berannten die Römer die
Stadt vergebens, vermwüfteten aber die Inſel. Liv.
22, 20.
Ecetra, ’Eyerge, eine feite Stadt der Volſter,
vielleicht ihre Hauptſtadt, füdlih von Anagnia,
ſüdweſtlich von Ferentinum, wird in den Volſker—
friegen als wichtiger Punkt wiederholt genannt,
Liv. 2, 26. 3, 4. 6, 31. Dion, Hal, 10, 647.
Echekrätes, "Erengdeng, aus Phlins, war
einer der legten Phthagoreer, der nach den Ber:
folgungen feiner Schule in Großgriechenland ſich
über Rhegion nach Phlins begeben hatte, zu welcher
Stadt als Geburtsftadt der Vorfahren ihres Meifters
die Pothagoreer in genauerer Beziehung geitanden
zu haben ſcheinen. Paus. 2, 13, 2. Der Umftand,
daß Phaidon dem E. in dem befannten Dialoge
des Platon die leßten Geſpräche und den Tod des
Sofrates mitteilt, jcheint auf eine nähere Berbin-
bung Platon mit E. zu deuten; nad Cie. fin.
29, 87 und Val. Max. 8,7, 3 hat Platon zu
dot in Italien den Unterricht des Echefrates
genoffen.
Ech&mos j. Herakles, 15.
Echötlos, Echetlaios, "Eyerkog, ’Eyeriaiog.
In der marathoniichen Schlacht erichien ein Mann
im griechiſchen Heere in ländlicher Tracht, der eine
Menge Feinde mit dem Pfluge erjchlug und nad
der Schlacht nirgends zu jehen war. Die Athener
befragten deshalb das Drafel und erhielten die
Antwort, fie jollten den ger eros Echetlos (Fyerin,
die Bflugiterze) verehren. Paus. 1, 15, 3. 32, 5.
Echötos, "Eyeros, ein graufamer Köni
Epeirod, der die Fremden auf gräßliche
in
blendete. Hom. Od. 18, 85. 21, 308.
Echidna, "Exiöve, Tochter des Ehryfaor und
der Kalliroe (Hesiod. theog. 295, oder wahrſchein⸗
ı Jung
eiſe
verſtümmelte und ſeine einzige Tochter Metöpe |
Strab. 10, 458. Plin. 4, 12, 19, 53.
Exirog, eine metallene oder auch irdene Kapſel,
in der die bei der Inſtruktion eines Prozeſſes in
Athen von beiden Parteien geſammelten Beweis—
mittel bis zum Gerichtstage aufbewahrt wurden.
Demosth. Con. 27. Steph. 1, 58.
Echinos, ’Eyivos, 1) Stadt in Alarnanien am
Ambrafiihen Buſen Min. 4, 1, 2, 5), vielleicht
Hafenplaß der eine Stunde landeinwärts gelege-
nen Stadt Thyrion (Xen. Hell. 6, 2, 37). —
2) Hauptjtadt der Myrmidonen in Phthiotis (Thei-
jalien), jpäter der Malier, am Malijchen Bujen;
Aristoph. Lysistr. 1171 (wo fie Extroos heißt),
j.Afhinos. Dem. Phil. 3 p. 120. Liv. 32, 33. 33, 13.
Echinus, 1) ein als Speije beliebtes Schal—
tier, Meerigel. Mart. 13,86. — 2) ein Spülgefäh.
Hor. sat. 1, 6, 117.
Echion, ’Eyior, 1) j. Kadmos, 1.
2) Sohn des Hermes und der Antianeira, in
Alope wohnend, kalydoniſcher Jäger und Argo—
naut. Pind. pyth. 4, 179. Ov. met. 8, 310.
3) j. Maler, 6,
Echo, Axch (Widerhall), eine boiotische Oreade,
welche, von Hera bejtraft, weder zuerft zu reden,
no, wenn ein anderer redet, zu ſchweigen ver:
mag. Einjam im Walde lebend, entbrannte fie von
Liebe zu dem jchönen Jäger Narkiſſos (Nar-
cissus) von Thejpiai, dem Sohne des Kephifos
und ber Xeiriope; von dem Spröden verichmäht,
verichmacdhtete jie aus Kummer, daß ihr Gebein
zu Felien ward und nur nod die Stimme von
ıhr übrig blieb. Narkifjos aber mußte zur Strafe
jein eigenes Bild lieben. Er betrachtet in der
Duelle jein Bildnis und verzehrt ſich in unbefrie-
digter Selbjtliebe; er wird zur Blume gleiches
Namens. So löſen ſich beide in unbefriedigter
Liebe auf. Or. met. 3, 341—510. — Echo ift auch
eine Te des Ban und erzeugt mit ihm die
(. b.).
Eculöus (auch equuleus, von equus) bezeichnet
eine Foltermaſchine, melde, weil fie aus einem
Querbalten mit 4 Fühen beftanb, hnlichfeit mit
einem Pferde hatte. Es handelte ſich um eine Aus:
redung der Hände und Füße, j. Tormenta, 1.
362 Edessa — Egmatia.
Edessa, n "Eödsooe, 1) früher Trrhod oder! practoris. Auch die Kaiſer erließen Edikte, ſowie
Sjrod geheifen, von den Makedoniern auch An- die kaiferlichen höheren Beamten, bejonders der
tiocheia Nallirrhod genannt, Stadt im nordweſt- praefeetus urbi und praefectus praetorio.
lichen Teile Mejopotamiens, in der nach ihr be) Editfo, 1) actionis, die in Gegenwart des
nannten Landſchaft Ofroöne, j. Urfa, am Fluſſe Oberrichters vorzunehmende mündliche Mitteilung
Sfirtos; Hauptjtadt des oſroẽniſchen Reichs (von der Klage von ſeiten des Klägers an den Be:
132 v. C. bis 216 n. E.). Der Kaiſer Caracalla klagten, während denuneiatio die private Mit:
wurde hier ermordet. Unter Kaiſer Juftin I. wurde | teilung genannt wurde. — 2) ed. instrumen-
fie durch ein Erdbeben zerftört, unter dem Namen torum, gerichtliches Vorlegen von Urkunden und
Juftinopolis aber wieder aufgebaut. — 2) Stadt
der makedoniſchen Landſchaft Emathia, E Vodena, |
am Fluß Ludias und der via Egnatia, nad) |
Just. 7, 2 früher Aigai genannt (. d.). Strab.
7, 323. 10, 449. Plut. Pyrrh. 43. Liv. 45, 28.
Edetäni, ’Hösravol, Völlerſchaft im tarraco-
nenſiſchen Hiſpanien mit den Städten Valentia,
Saguntum, Sucero u. a., aljo ein Teil der heu-
tigen Provinz Valencia. Sedetani heifen fie bei
Living (28, 24. 34, 20).
Edictäles hiefen i in der Raijerzeit Nechtsichüler,
welche das prätoriſche Edikt ſtudierten, was ge—
nn im zweiten Studienjahre neichah.
Edietum, Verordnung, Befehl und Belannt-
machung einer obrigfeitlidhen Berion, entweder von |
vorübergehender Bedeutung oder das ganze Amts:
jahr hindurch geltend. Zu den vorübergehenden ge:
hören die Ankündigung der Comitien, der Senats:
ſitzungen, der Feitipiele, eines iustitium u. f. w.;
zu den dauernden die polizeilichen Verbote und |
Bejtimmungen der Cenjoren, jowie das Edikt der
Lolfstribunen, im welchen jie (wahricheinlich) er:
Härten, unter welchen Bedingungen jie ihre Amts: |
hilfe gewähren würden. Am engeren Sinne iſt
edietum die von einem Necht Iprechenden Magi:
ftratus getroffene Beftimmung, jowohl für einen
bejonderen Fall als ganz allgemein und bleibend
für die Jurisdiltion beftimmt. Bon höchiter Mich: |
tigfeit iſt das jährliche Edift des ftädtiihen Prä—
Beweismitteln, namentlich jchriftlichen. — 3) edi-
tio iudicum, |. Judex, 3.
Edöni, "Höorss, ’Höwvol, thrafisches Wolf zwi:
ı [den den Flüffen Strymon und Neftos, wurde
‚jeit Philipp II. u. Mafedonien gerechnet. ‚Bei den
| Dichtern, Bas Horaz (od. 2, 7, $% wird der
Name für — — — 109. Hat.
7, 100.
etion, 'Herior, 1) König der Kilikier im hypo—
plakiſchen Thebe (Mofien), 7 ter der Andromache,
der Gattin des Hektor. Als Achilleus Thebe ein:
nahm, erjchlug er ihn mebft 7 Söhnen und er-
richtete ihm en Grabhügel aus Erde. Unter
der Beute befand fich eine jchtwere eilerne Wurf-
icheibe, die einft Eetion geworfen und Achill jpäter
als Kampfpreis bei den Leichenjpielen des Patro-
klos ausjehte, ferner das Roß Pedaſos nnd eine
foftbare Phorminx, welche Achilleus in feinem Zelte
ſpielte. I1. 6, 396. 415 ff. 9, 186. 16, 152. 23, 826.
- 2) König von Jmbros, Saftfreund des Lylaon,
eines Sohnes des Priamos; dieſen kaufte Eetion,
als er, von Acillens gefangen, nach Lemnos ver:
fauft worden war, los und jandte ihn nach Arijbe
am SHellespont. Hom. IT. 21, 40 ff. — 3) Bater
des Podes, ein Trojaner. 1. 17, 575. 4) Bater
des Kypſelos, des Tyrannen von Korinth. Paus.
2,4,4.
Effätum hieß die Weiheformel oder das Gebet,
welches der römijche Angur bei der Weihung eines
tors, auch album praetoris genannt, in welchem Bezirks oder Plaßes (templum) zum Zwede feiner
das Sewohnheitsrecht und die fortichreitende Rechts: | Augurien jprad); daher auch dieje Abgrenzung eines
entwidelung repräjentiert wird. Demnach war das | | Bezirks durch die ſymboliſche Sprucdhformel jelbft
prätorijche Recht (ius honorarium und praeto- techniſch effari templum hieß.
rium), auf aequitas bafiert, dem ftrengen Eivil-| Egerla, ’Hysgia, aud) Aegeria, Alysode,
recht entgegengeiegt. Jenes war mild und ſchuf italiſche weisſagende Quelluymphe oder Camene,
allmählich freie Rechtsinſtitute, welche die Härte | Gemahlin des Königs Numa, mit der er geheime
des alten Civilrecht3 Tinderten und einjchränften, | Zufammenkünfte hatte, und nach deren Nat er in
4. ®. die bonorum possessio, das prätorifche , Nom jeine gottesdienftlichen Einrichtungen machte.
Eigentum in bonis, die prätoriichen DObligatio- |
nen u. a. Obgleich die Evdifte alljährlich erſchie⸗
nen, fo waren bie nachfolgenden von den früheren |
jelten weſentlich verſchieden und jchlofjen ſich in
den Hauptſachen immer an die erſteren an. Bon |
Hadrian empfing dies album praetoris eine um- |
fafjende nene Redaktion, jo da es von nun an
nur unbedeutende Ergänzungen erhalten zu haben |
icheint, aber unter den Rechtsquellen fortwährend |
einen Hauptplatz einnahm ‘genannt Edietum,
perpetuum). Das Edift der Adilen handelte |
von dem Marktverlehr, von dem Schadenerjab für,
die bei dem Verkauf nicht angegebenen Fehler,
z. B. bei Vieh oder Sflaven. In den Pro: |
— gaben die Statthalter ein beſonderes ed.
provinciale, weldjes dem Edikt des ſtädtiſchen
Prätors nachgebildet war. Gic. ad Att. 5, 21. 6,1.
Verr. 1,43. 45. 46. Alle dieje genannten Editle
wurden jedes Jahr bei dem Amtsantritt des Magi-
ſtratus, auf Holz, Stein oder Erz geichrieben, öffent:
lich aufgejtellt. Das prätoriiche hieß auch album
‚famen, weihte Numa den Eamenen.
Liv. 1, 19. Hain und Grotte, wo ee
“vw. 1, 21
Die Römer haben ihr helfende Kraft bei den Ent:
‚bindungen zugejchrieben, und deshalb bradıten
ſchwangere Frauen ihr Opfer. Paulus bei Fest.
p. 77. Es gab 2 Hatne nebjt Quelle der Egeria;
der eine war bei Nom vor dem Capeniſchen Thor,
‚wohin Numa gewöhnlich gegangen jein ſoll, der
andere bei Aricia am Heiligtum der Diana Ne:
morenfis (ſ. d. unter Artemis). Sicher joll Egeria
nach des Numa Tod 2 ade und vor Trauer in
eine Quelle — Te Ov. met. 15, 485; vgl.
fast. 3, 259.
Egesta j. Segesta.
Egestas, die darbende Armut, als Göttin per-
jonifiziert und bei römiſchen Pichtern mit andern
Schreckgeſtalten am Eingange der Unterwelt anf:
‚ geftellt. Verg. A. 6, 276. Stil. 13, 585.
Eyyünoıs |. Ehe, 3.
Eyxolumoıs |. Divinatio, 4.
Egnatia, ’Eyvari«e, oder Gnatia, Gnathia,
Egnatii
365
Ehe.
Seeſtadt Unteritaliens in Apulien am Mdriatifchen | vierte Legion von Antonius abgefallen und zu
Meere; j. Ruinen bei Torre D’Ugnazzo. Der Ort | Octavian übergegangen ivar.
verdanfte jeine Berühmtheit dem Umſtande, da
bier die Appiſche Strafe and Meer ſtieß; die jen:
feitige Fortſetzung derjelben über Dyrrhachium,
Apollonia, Theſſalonike und Byzantion führte nad) |
Ehe. I. Bei den Griechen (yauos). Der Zweck
der Ehe bei den Griechen war, rechtmäßige Nach:
tommenschaft zu erzielen und auf dieje Art einer
dreifachen Pflicht zu genügen, gegen die Götter,
ihr den Namen der Egnatiſchen Strafe (vgl. | denen man Diener hinterlaflen joll (Plat. leyg. 6,
Epidamnos). Horaz (sat. 1, 5, 97) berührt
Gnatia auf der brundifinifchen Reife und nennt
es Iymphis iratis exstructa, entweder wegen bes
ichlechten Waſſers, oder weil es, am Fuße eines
Hügels gelegen, durch die herabrinnenden Wafler
fotig war. Strab. 6, 282. 7, 322. Mela 2,4, 7.
Exnatii, ein famnitisches Geichlecht. Der älteſte
desjelben ift wohl 1) Egnat. Mecennius, welcher
feine Frau, die gegen das Gejeh Wein getrunfen
hatte, umbrachte, ohne von Romulus geftraft zu
werden. Plin. 14, 13. — 2) Gellius Egnat.,
befehligte im J. 296 v. C. die Samniter und be:
redete die Etrujfer zum Kampfe gegen Rom, wurde
aber von den Römern angegriffen, als er zum
Fouragieren ausgezogen war, und gejchlagen. Liv.
10, 165. Auch im folgenden Jahre erlitten die
verbündeten Samniter, Gallier und Umbrer unter
feiner Anführung bei Sentinum eine Niederlage,
in der er bei Erftürmung des ſamnitiſchen Lagers
durch die Römer fiel. Liv. 10, 21. 29. — 53)
Marius Egnat., wurde zur Zeit des E. Gracchus
von einem römiſchen Konſul im Übermute körper:
lich gemißhandelt. Gell. 10, 3. — 4) Sein Sohn
ift wahricheinlih Marius Egnat., im italiichen
Bundesgenofjentriege (90 dv. C. Feldherr der Sam:
niter, vielleicht einer der von den Italern erwähl:
ten PBrätoren. In den von ihm gelegten Hinter—
halt geriet wohl das römische Heer unter L. Cäſar,
der zum Entiage von Acerrä ausgezogen war, in
der Nähe des Mons Mafficus und wurde gänzlich
vernichtet. App. b. c. 1,45. For. 3, 18. Im fol-
genden Jahre fand Egnatius in einer Schlacht gegen
die römischen Prätoren Cofconius und Lucceſjus
feinen Tod. Liv. ep. 75. Nach Ausjöhnung der
Bundesgenoffen mit Rom finden wir Egnatier als
Mitglieder des römijchen Senated. — 5) Ein
Eanatius nahm unter Craſſus teil an deſſen
Partherzuge, aus dem er ſich mit wenigen Neitern
rettete, 53 v. C. Plut. Crass. 27. — 6). Egnat.
Rufus (Cie. ad fam. 13, 43 und 74), wird von
Kicero im J. 55 v. E. als ein reicher, dienftfertiger
Mann gerühmt. — 7) Sein Sohn war vielleicht
M. Egnat. Rufus, Adil im J. 21 v. C., ein
beim Bolle wegen des Mutes, den er bei Feuers:
brünften bewiejen hatte, jehr beliebter Mann.
Später tradhtete er dem Octavian nach dem Leben
und twurde deshalb hingerichtet. Suet. Oct. 19.
Dio Cass. 53, 24. Vell. Pat. 2, 91. — 8) ein
Dichter, ſchrieb de rerum natura nadı Macrob.
sat. 6,5. — 9 P. Egnat. Eeler, ein Stoifer
zur Zeit Neros, veranlaßte durch feine heuchleriiche
Freundſchaft die Verbannung jeines Freundes Barca
Soranus, den er verriet. Unter Beipafian erlitt er
infolge einer Anklage diejelbe Strafe. Jur. 1, 133,
3, 116. Tac. ann. 16, 32.
Egnatuleius, Lucius,
p. 773 E), gegen den Staat, deſſen Beſtehen man
durch Hinterlaffung von Nachkommenſchaft fichern
joll (in Sparta, wo das individuelle Leben ganz
in dem Staate aufging, war dies fogar der einzige
Zweck der Ehe, und die Ehelofigkeit [yes |
daher jogar mit einer gewifjen Atimie belegt, Plut,
Lye. 15), und endlich gegen das eigene Geſchlecht,
von deſſen Erhaltung zugleich) auch die fortdauernde
Erfüllung der Pflichten gegen die Berftorbenen,
Ausihmüdung ihrer Gräber, Ausübung der Fami—
Itenfacra, bedingt war. Die Liebe im modernen
Sinne trat gegen diefe Rüdjichten volllommen in
den Hintergrund und war überhaupt dem helleni:
ichen Altertume fremd, daher denn auch bei der
Wahl der Braut vorherrichend äußere Nüdjichten
auf Mitgift, Geſchlecht u. j. w. das Enticheidende
waren. Dh wählte daher der Vater für den Sohn,
da es auf perjönliche Neigung durchaus nicht an:
fam, wie denn auch eine ſolche bei der Ein-
M.|gezogenheit, in der 3. B. in Athen das weibliche
Geſchlecht Tebte, ſich gar nicht bilden konnte.
Das erjte Erfordernis einer rechtsgültigen Ehe :
war für Athen, auf das wir hier bejonders Rüd:
ficht nehmen, daß Gatte und Gattin bürgerlicher
Abkunft (Lorös und Korn) waren. Die Kinder aus
der Ehe eines Bürgers und einer Nichtbürgerin
waren illegitim (voFor) und hatten nach dem Tode
des Vaters nur auf ein Gejchent von höchitens
1000 Drachmen (rodeı«) Anipruch, waren aud)
bereit3 nad) jolonischem Geſetze vom Bürgerrechte
ausgeichloffen. Dieje Beftimmung wurde zweimal,
durch Perikles (460 v. E.) und durch cin Geſetz
des Ariftophon unter dem Archon Eufleides (403
v. E.), erneuert. Bigamie war nicht erlaubt, doc)
fam es vor, daß der Mann neben der rechtmäßigen
Gattin (yauern), Lyyunen, bei Homer #ongıdin
&koyos) noch ein Kebsweib (mailen) hatte, ein
Verhältnis, das jchon bei Homer vortommt. Ber:
wandtichaft war fein Hindernis; es werden jogar
Ehen zwiichen Halbgeichwiltern erwähnt, wenn:
gleich diejelben nicht eben häufig waren und von
der allgemeinen Sitte wahrjcheinlich nicht gebilligt
wurden. Geſetzlich verboten war die Ehe zwiichen
Halbgeichwiftern von derjelben Mutter (uterini).
Bei entiernteren Berwandtichaftsgraden galt die
Ehe zwifchen Verwandten jogar für wünfchenswert
und war in einem gewiflen Falle geſetzlich geboten
(\. Erixingog unter Erbrecht, 2). —
Verheiratung mußte gejeßlich die Verlobung (Fy-
yönois) vorangehen, indem die Braut von dem
Vater, oder wer ſonſt ihr xderog (Bruder, Agnaten,
Bormund) war, dem Manne feierlich verlobt wurde
(dudoövaı, Zyyvar vom Kyrios, Eudodnvan, dy-
yundvaır von der Frau, Fyyrisacden vom Ver:
lobten). Der Mangel diejer Förmlichkeit ſchloß
aus patricifchem Ge: | die Kinder. jowohl von ihren ftaatsbürgerlichen
ichlechte, erhielt auf Ciceros Antrag die Vergün: | Rechten, als aud don der Phratrie des Baters
ftigung, fich vor der vom Geſetz beftimmten Zeit | und von Erbanjprücen aus.
Bei der Verlobung
um höhere Staatsämter bewerben zu dürfen (Cie. | wurden die Ehepaften aufgejebt und die Mitgift
Phil. 3, 3. 4, 2. 5, 19), weil auf jeine Veran: |
lafjung, al3 er Quäſtor war, im J. 44 v. C. die,
(nool& oder Peer) beftimmt, deren —** fein
gejegliches EHehindernis war, aber für unſchicklich
Der :
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ws
—
RN
6
364
galt, jo daß zuweilen, um ein ſolches Mißver—
hältnis auszugleichen, wohlhabende Bürger fich
vereinigten, um aus eigenen Mitteln unbemittelte
Bürgerinnen auszuftatten. Diejelbe wurde nicht
Eigentum des Mannes, jondern er hatte nur den
Nießbrauch. Außerdem befam aber die Braut
noch mannigfaltige Ausftener mit, welche freilich
von Solon auf ein gewiſſes Maß beichränft ward
(Plut. Sol. 20). Die Inkurgiichen Gejeße unter:
jagten, um nicht mehrere Güter in den Beſitz eines
einzelnen gelangen zu laffen, jegliche Mitgift. —
In der heroifchen Zeit ift das Verhältnis umgefehrt,
indem der Mann die Frau durch Geſchenke (Zöva)
gewinnt, —— fauft. Aristo“. pol. 2, 8.
Dem Hochzeitstage gingen verjchiedene Ge:
bräuche voran. Den Schußgöttern der Ehe (Bol
yanıjkıoı) wurde ein feierliches Opfer (r& meorE-
ksıa yduov oder meoydusıe) dargebracht, dem
Zeus und der Hera, der Artemis, den Moiren
und auc wohl den Deoig Zyruploıs. Am Tage
der Hochzeit nahmen Bräutigam und Braut ein
Bad, wozu das Wafler aus einer wohl für jede
Stadt beftimmten Quelle, für Athen aus der
Kallirrhoe (jeit Peififtratos Zvvedagovrog) geichöpft
wurde. Die Waflerträgerin (ob auch Knaben als
Wafjerträger, ift zweifelhaft) für das Aovrgo» vuu-
pıror heißt Aovrgopögog. In dem Haufe der
Braut wurde nad) mancherlei Geremonien, von
uecı yıyvyoır' är).
denen wir jedoch nichts Näheres wiflen, das Hoc:
zeitsmahl (yauog, Holen yauızn) abgehalten, wo:
bei die Frauen mit der Braut von den Män—
nern getrennt jaßen. Die Hochzeitsgäfte galten
als Zeugen der gejchlofienen Berbindung. — Gegen
Abend nad dem Mahl wurde die Braut vom
Bräutigam (vdugpıos) jelbit auf einem Wagen
(£p’ auden) heimgeholt, in welchem jie zwiſchen
dem Bräutigam und einem nahen Berwandten, dem
ragdvvupog oder zdpoyog (von öynue, Wagen),
jaß. In Sparta herrichte jtatt diefer Heimführung
die Sitte, daß der Bräutigam die Braut, natür:
lih mit Zuftimmung der Eltern, raubte. Plut.
Lye. 15. — Bei einer zweiten Ehe des Mannes
fand die Heimführung der Braut nicht ftatt, jon-
dern fie wurde ihm durd einen Verwandten oder
Freund (vvupaymyög) zugeführt. — Dem Zuge des
Brautpaares, das mit fejtlichen Kleidern, Kränzen
und Salben, die Braut auch mit einem Schleier,
geihmüdt war, wurden Fackeln vor: und nach:
getragen. Die Mutter der Braut zündete die Hoch:
zeitsfadel an. Unter Abfingung des Hymenaios
mit Flöten: und Kitharenbegleitung ging der Zug
in das mit Laubgemwinden geihmüdte Haus des
Bräutigams, wo bei der Ankunft Naſchwerk (xara-
zUsuere) ausgeftreut wurde. Darauf folgte öfters
noch ein zweites Hochzeitdmahl. Als ein bejonderes |
Hochzeitsgeſchenk werden bei dem Mahle die Seſam—
fuchen (meupere oder niaxoüs yauınög fa anad-
uov merommevog) erwähnt. Nah dem Mahle
wurde die Braut von der Brautführerin (vuupev- |
tere) dverjchleiert in das Brautgemady (Halauaog,
raordg) geführt, vor deſſen Thüre das Epithala-
mion gejungen wurde. Nach der Hochzeit (ob gleich
am folgenden Tage, Zravlıe, oder erft am dritten
Tage, iſt zweifelhaft) wurden der frau vom Manne
und Verwandten und Freunden Geſchenke (dva-
Ehe.
rateten Frau war das Frauengemach (yuramo-
virıs, |. Haus, 2.) Die Mahlzeiten waren ge:
meinjchaftlich, außer wenn Gäſte bei dem Manne
jpeiften. Die Thätigleit der frau bezieht ſich auf
die Berwaltung des Hauswejens, die bei dem ein-
gezogenen Leben der atheniichen Jungfrauen oft
erjt in der Ehe gelernt werden mußte, und auf
‚die Erziehung der Kinder, der Knaben bis zur
Zeit des Unterrichts, der Mädchen bis zur Ber-
heiratung (j. Erziehung, 9.) Sie hatte alio
die Aufficht über Vermögen, Sklaven, Wirtichaft,
Küche, in reicheren Häufern von einer raue unter:
fügt. Ihnen lag die geſamte tranfenpflege ob,
die fih auch auf die Sklaven eritredte. Daß in
ärmeren Häufern die Hausfrau manche Verrich—
tungen jelbft zu bejorgen hatte, die ſonſt nur deu
Sklaven zufamen, veriteht fich von jelbft. — Das
Berhältnis der Gatten untereinander war im all:
gemeinen mehr auf gegemjeitige Achtung, als auf
Liebe in unfjerem Sinne begründet. Der Mann
war der Herr und das anerfannte Oberhaupt des
Hauſes, wenn auch der Fall nicht jelten eintrat,
daß perjönliche Eigenfchaften oder die Größe des
mitgebradhten Vermögens der Frau ein Über:
gewicht über den Mann gaben, daher ſich auch
Platon gegen jede Mitgift ausipricht (legg. 6
p. 774 C: Üßeıs ÖE Arror yuvaıkl nal dovicde
ransır) nal Gvelcdhepog dia yorjuare toig yıl-
In Sparta, wo ber Mann
dem Haufe weniger angehörte, war die Stellung
der Frauen eine freiere, und ihre Herrichaft eine
allgemein anerfannte. Bei Plutarch (Zye. 14) jagt
eine Fremde zu einer Spartanerin: Mov«aı to»
dvögov Gpyers bueig al Adraırar. — Mit großer
Strenge wurde bei den Athenern auf die eheliche
Treue von jeiten der rau gehalten, wenngleich
Berbrechen der Art in Athen viel häufiger waren
als in Sparta, wo der Ehebruch in älterer Zeit
ein unerhörtes Verbrechen war. In Athen hatte
der beleidigte Ehemann das Recht, den Ehebrecher
auf der Stelle zu töten. Die rau traf Atimie,
wie auch den Gatten, wenn er fie bei fich behielt.
In diefem Falle war alfo die Scheidung der Ehe
gejeglich geboten; aber auch jonft trat diejelbe
häufig ein und war, bejonders für den Mann, mit
geringen Schwierigkeiten verbunden, j. Amorfu-
zeırv. Vgl. Becker-Göll, Charifles III S. 361 ff. —
ll. Bei den Römern hatte die Ehe von Anfang \
an eine gewifle Heiligkeit (digaitas matrimonvi,
Cie. Cluent. 12), vgl. Liv. 1, 9: illas (die ge:
raubten Sabinerinnen) in matrimonio, in so-
cietate fortunarum omnium civitatisque et, que
nihil carius humano generi sit, liberorum fore.
Urjprünglic und ſelbſt noch in der Zwölftafel—
gejebgebung hatten das ius conubii, d. i. die
ähigfeit, eine römifch gültige Ehe einzugehen,
nur Bürger besjelben Standes, bis die lex Ca-
nulein 445 v. E. den Batriciern und Plebejern
gegenfeitiged conubium verlieh. Mit der Aus:
dehnung der Civität verbreitete fich diejes ius co-
nubii dann über Latium, fpäter über ganz Italien,
endlich unter Caracalla über das ganze römifche
Neid. Peregrinen und Sflaven ermangelten des
conub:um gänzlih. Die in einer Ehe, ohne das
Recht des conubium, erzeugten Kinder folgten
xolvarijgie, örrpıe, weil fie jeßt fi unver: |nacdh der lex Minicin dem Stande der Mutter,
jchleiert zeigen durfte) gebraht Auch der Mann
wurde bejchenkt. -— Der Aufenthalt der verhei:
|
mit Ausnahme des Falles, wenn dieje eine römijche
Bürgerin war. In früherer Zeit ging mit einem
=]
—
—
10
Ehescheidung — Eid. 365
matrimonium iustum bie Frau aus der väter: — feinem Scepter, Odyſſeus bei ſeinem Herde. Be:
lichen potestas in die Gewalt ded Mannes über | teuerungen im täglichen Leben bei Göttern und
(in manus venire, conventio in manus), Die Heroen famen Häuf er vor, und da man das Ab—
Folge davon war, dat ihre Mitgift, dos (ihr ganzes ſchwãchende des vielfachen Gebrauchs fühlte, griff
Vermögen, omnia, quae mulieris fuerunt, viri | man, wie Sofrates gern that, zu vermeintlich un:
fiunt, dotis nomine, Cie. top. 4), in das Ber: | verfänglichen Formeln (beim Hunde, bei der Gans,
mögen des Mannes überging, doch mußte er die: | bei der Hand, Platane zc.), die doc jhon immer
jelbe bei einer etwaigen Scheidung, die ohne Schuld | ein trübes Zeugnis gaben, wie ſehr die jtrenge
der Frau erfolgte, wieder herausgeben. Die Frau, | Wahrhaftigkeit aus dem Leben gewichen jei. —
welche in manum mariti convenit, hieß mater-
familias, fie gehörte dem Gatten wie eine Tochter
an (filiae loco) und war ganz in dejjen Familie
und Agnatenverband übergetreten. Soldes ma-
trimonium iustum wurbe auf breierlei Weijen
geſchloſſen: 1) durch confarreatio, (j. d.);
2) durh co&mptio, eine Art Sceinkauf (aus
dem uralten Kauf der Gattin entjtanden); die
Formel des Mannes war: An sibi materfami-
lias esse vellet, der frau: se velle; 3) durch
usus (gewijjermaßen Verjährung oder Ujucapion),
wenn die Frau 1 Jahr lang ohne Unterbrechung
in des Gatten Haufe blieb. Nach der Zwölftafel—
ejeßgebung (Gell. 3, 2) hob die Entfernung der
Frau 3 Nächte hintereinander aus dem Haufe des
Mannes die manus, d. i. die Gewalt des Mannes
über jeine Frau, auf. Sie war alddann nicht
mehr waterfamilias, jondern matrona oder uxor
tantum, hatte als ſolche (in patria potestate
oder sui iuris) Dispofitionsrecht über ihr Ver:
mögen, fonnte aber aud) ihren Mann nicht mehr
beerben. Übrigens war auch dieje durch usus ge:
ſchloſſene Ehe noch ein iustum matrimonium und
wurde jpäter, namentlich unter den Kaijern, über:
wiegend die gewöhnliche Ehefchliefung. — Über
die Hochzeitögebräuche j. Nuptiae, vgl. Con-
enbina. Über die Scheidung j. Divortium.
Vgl. Beder: Göl, Gallus 11 ©. 5ff. und das
Hauptwerk: U. Roßbach, über die röm. Ehe (1853).
Ehescheidung j. Aroreureır und Divor-
tium,
Eid. I. Bei den Griechen, ögxos. Hier ift der
Eid, anders wie bei ben Römern, urjprünglid)
aus dem Gefichtäpunfte eines religiös : fittlichen
Inftituts zu betrachten, zu dem erjt jpäter Die
bürgerlich = rechtliche Bedeutung Hinzutrat. Der
Schwörende ftellte fi) unter den Bann des an-
gerufenen Gottes, der jeinen Meineid ftrafen
fonnte, entiweder nad) Belieben, oder in der durch
die Eidesformel jelbft ausgejprochenen Weiſe. Der
oberfte Rächer alles Meineids ift Zeus (öpxıog);
darum tritt audy der Horkos, der jchon früh ein
eigenes dämonijches Wejen und nach Hejiods Theo-
gonie (804) ein Sohn der Eris ift, bei Sophofles
(0. ©. 1767) ald Diener an die Seite des Zeus,
während bei Euripides (Med. 209) die eidrächende
Themis ögxia« des Zeus genannt wird. Der
Schwörende mußte, Blid und Hand zum Himmel
gerichtet, daftehen. Bei welchen und wie vielen
Göttern geihworen wurde, war jehr veridjieden.
Die Heliaften in Athen ſchwuren ihren Richtereid
bei dem’ Apollon patroo8 (oder Bojeidon), der
Demeter und dem Zeus; in den Blutgerichten des
Areopag fommt auch der Schwur bei den Erinyen,
in dem Eide der Epheben bei ihrer Wehrhaft-
machung die Anrufung von mindeftens 6 Gott:
heiten vor. Die Götter jelbft ſchwören beim Styr,
der Macht des Todes (Hom. 11.2, 755. Od. 5,1814.
Hesiod.theog. 400. 775 —806); Achilleus ſchwört bei
Die Eidesleiftungen pflegten mit Libationen und
ſelbſt mit blutigen Opfern, wobei bisweilen Hände
‚ oder Waffen in das Opferblut getaucht wurden
und die ſymboliſche Bedeutung eines zu erleidenden
gleichen Schidjals mit dem Ziere zu Grunde lag,
verbunden zu fein; dieje hießen Spxı«, daher vpxı«
teure» don dem unter feierlicher Eidesleiftung
geichloffenen Vertrage, ähnlich wie orovöar und
orevöscdh«ı dafür gebraudht werden (vgl. aud)
Hom. Il. 3, 245 ff. 19, 250 ff.). Zu der eierlid):
feit der Handlung trug befonders auch die Heilig:
feit des Orts und die vorgeitellte Bräjenz der Gott:
heit oft wejentlich bei. Bisweilen find die Eide
mit Handlungen verbunden, die das Ganze als
ein unmittelbar wirkendes Gottesurteil oder Ordal
erjcheinen laffen (Soph. Ant. 264 ff.; vgl. Palieci);
dies jchlo ſich mit bejonderer Wirkung an einige
Ortlichleiten an, bei denen die Vergeltung des
Meineids für unausbleiblich und unverzüglich galt.
Die Strafe für den Meineid lag daher überhaupt
außerhalb der menſchlichen Gerichtsbarkeit, aus:
ichließlich in den — der Götter; eine Jo
zıopxrlag tommt jo wenig als eine geſetzliche Be:
ftrafung vor. Die ölaun Yerdoucrprugiür (ſ. d.
unter Jan) war nur auf Schadenerjaß gerichtet.
— Die Eidihwüre bezogen ſich aber nicht bloß
auf Vergangenes und Thatjächliches, fondern dien:
ten auch zur Einjchärfung der Gewiflenspflicht,
daher die zahlreichen Amtseide. So ſchwuren in
Sparta die Könige wenigitens beim Regierungs:
antritt, den Gejegen gemäß zu regieren, und die
Ephoren (wahricheinlich zum öfteren wiederholt),
daß fie jenen die königliche Macht ungemindert
beitehen lafjen wollten; die Mitglieder der Bovir
(j. d.) in Bezug auf alle Pflichten und Verrich—
tungen des Rats, die Preisrichter bei den ver:
ichiedenen Agonen, die Bürger, die Väter bei ber
Einjchreibung ihrer Kinder in die Phratrie des
Vaters in Bezug auf die legitime Geburt derjelben,
der Ephebe beim Eintritt in den Kriegsdienft. Am
zahlreichften find die gerichtlichen Eide, und nicht
bloß wurde, was fich von jelbjt verfteht, der Rich—
ter zur gewiflenhaften Rechtiprehung eidlich ver-
pflichtet, jondern auch beim Beginn des Prozejies
der Kläger ” feine lage, der Beklagte auf jeine
Einrede vereidigt (j. Prozels, 6.), ebenjo jehr
oft der Zeuge vor feiner Ausjage, oder bei der
Ablehnung derjelben, wo die eidliche Verſicherung,
daf er feine Kenntnis von der Sache habe (diw-
uool«), notwendig war; ebenjo bei Friſtgeſuchen,
die einer eidlichen zur (ürwuocde« und
von ber Gegenpartei dvrouooie« oder drdtunw-
uooie, j. Prozels, 7 bedurften. — II. Bei den
Römern, ius iurandım, der bürgerliche Eid,
im Gegenjaß zu sacramentum, dem Soldateneide.
Anwendung des Eides bei den Römern: 1) der
Soldateneid, ſ. Dilectus militum, 9.; 2) im
Völkerrecht bei Abichliegung der foedera durd; Die
Fetialen, j. Foedus; 3) im Staatsrecdht, a) bei
366
dem Antritt eines Amtes, allemal in den erften |
5 Tagen geſchworen mit dem Gelöbnis, die Ge:
ſetze treu beobachten zu wollen, b) an dem Ende
des Magiftratsjahres, daß man die Geſetze befolgt
habe, ec) der Eid der Senatoren und Magiftrate,
auch unliebjame, aber durd) das Volt zum Geſetz
erhobene Beftimmungen — und aufrecht
zu erhalten, d) der nad Cäſars Tod eingeführte |
Eid der Senatoren, die acta principis aufrecht
erhalten zu wollen, e) der Bürgereid bei dem
Genjus, j. Censor, 3.; 4) im Kriminal— und |
Eivilprozeh, a) der Nichtereid, j. Judex, 4.;|
b) der Calumnieneid der Parteien, j. Calumnia; |
e) der Eid der Parteien in inre vor Konftitwierung
des indieium, Wenn die eine Partei der andern
den Eid zujchob (deferre), jo mußte dieje ſchwören
oder den Eid zurückſchieben (referre), wo nicht, jo
verlor fie den Prozeß; d) Eid der Parteien in
indicio zur Ergänzung des Beweiſes; e) ius|
iurandum in litem, Eid des Forderungsberech—
tigten, wodurch er den Wert der Sache oder die
zu fordernde Summe, die der andere nicht geleiftet
hatte, beftimmte; f) der Beugeneid, j. Testis; |
Eidothea —
Eisayyeila.
errichtet. Nep. Timoth. 2. Paus. 1, 8, 3. 18, 8.
In Rom erhielt Pax am 4. Juli 13 v. C. einen
Altar auf dem Marsfelde, auf welchem jährlich
geopfert wurde (Or. fast. 1, 709. 3, 882); er wurde
errichtet vom Senat, weil Auguftus damals be-
deutende Unruhen in Gallien und Spanien unter:
drüdt hatte. Vgl. Mommien, res gestae d,
Augusti p. 31. Die ffriedensgöttin wird dar:
geitellt als jugendliches Weib mit dem Füllhorn,
dem Olzweig, dem Scepter, mit Ahren, weil im
Frieden der Aderbau gedeiht, den Plutos, den
Sott des Neichtums, im Arme (ſ. die Abbildung
zu Plutos). — Als eine der Horen ift Eirene
Tochter des Zeus u. der T ige Hesiod. theog. 902.
Eigevesg iioeves) hießen in Sparta die Jüng—
linge vom zwanzigſten bis zum breißigften Jahr,
und zwar die jüngeren mowreige:, die älteren
oparpeig. Sie waren zum Dienft in der Linie
verpflichtet und berechtigt (vgl. Plut. Lye. 17), die
Scharen (dyekaı) der Knaben zu beauffichtigen und
ihre Spiele jowie die körperlichen Übungen zu leiten.
Eiresiöne j. Pyanepsia u. Homeros, 9.
Eirkte oder Erkte, Eloxrn (Pol. 1, 56), hodh-
5) im privatrechtlichen Fällen und im gemeinen | gelegene Bergfefte im nordweftlichen Teile Sict-
Leben, namentlich in obligatorischen Berhältnifien.
— So ſchimpflich es war, unnötig zu jchmwören,
jo fonnte ſich andrerjeits niemand einem gejeß-
lid) vorgejchriebenen Eidſchwure entziehen; mur die |
Veftalinnen brauchten nicht zu jchtwören, und der
tlamen Dialis durfte es nicht einmal. Die Mein:
eidftrafe j. Periurium.
idoth&a ſ. Proteus,
EidvAAıorv |. Theokritos,
Eixoorn, Als die durd den Tribut und die
außerordentlichen Kriegsſteuern (j. Jeyvooko-
yscv) erſchöpften athenischen Bundesgenoflen nicht
mehr imftande waren, ihren Verpflichtungen regel:
mäßig nachzukommen, und zwar zu einer Zeit, wo
die Athener des Geldes mehr als je bedurften,
führte man im %. 413 vd. C. ftatt der direkten
Abgaben einen Bafenzoll, den zwanzigſten Teil
(elisoorn) aller aus: und eingehenden
vgl. Thue. 7, 28, 4. Uber bereits im J. 409 find
wieder Tribute gezahlt worden, aljo ward jebt
diejer Zoll aufgehoben.
aren, ein;
‚liens, auf dem heutigen Monte Pellegrino bei
— bekannt als Stützpunkt der Punier im
erſten puniſchen Kriege.
Eisayyeiia, eine beſondere Form der Klage
bei den Athenern, angewendet bei auferordent:
lichen, bejonders erſchwerenden oder gemeingefähr-
lichen Berbrechen. Cie unterſchied ſich von den
‚übrigen yoapar wohl durd die Form der Klage
ſelbſt, worüber wir indefjen nicht unterrichtet find,
jodann durch die bejondere Art der Einführung
und Gefahrlojigkeit für den Kläger, der weder, wie
bei den Privatllagen (drxcı), Paraftafis zu zahlen
oder rovrarsia miederzulegen hatte, noch auch,
wie bei den andern Öffentlichen Klagen (yorpai),
wenn er den fünften Teil der Stimmen nicht er:
hielt, von der üblichen Seldftrafe (1000 Drachmen)
betroffen wurde. Erjt im %. 330 v. E. etwa, als
wegen der Sefahrlofigkeit Anklagen diejer Art zu
ſehr ſich gehäuft hatten, wurde fir die dritte Art
in dem erwähnten alle die Buße von 1000 Drad):
men für den Kläger feftgejegt. Die beiden andern
Eileithyla, Eilsövwie, ’Eleidwie, ion. Eikn- | blieben gefahrlos. Ferner unterichied fie fih von
Prıc und Elsvdo, die Geburtsgöttin. Homer | jenen durch die augenblidlichen Folgen für den
nennt mehrere Eileithyien, Töchter des Zeus und | Angellagten und zum Teil wenigjtens, wie jchon
der Sera (ZI. 11, 269. 19, 119); in der Einzahl
fommt Eileithyia, die in Kreta bei Amnijos eine
Grotte hat, vor: I/om. Il. 16, 187. 19, 108. Od.
19, 188. Hesiod. theog. 922 (wo fie Tochter der
Hera und des Zeus heift). Much Hera jelbit jomwie
Artemis heißen als bei der Geburt helfende Göttin—
nen Eileithyien. Der Dienft der Eileithyia war
heimiſch auf Kreta, von wo er fich mit dem apol-
liniſchen Dienjte über Delos nad) Attifa und weiter
verbreitete; fie hatte Heiligtümer und Standbilder
an vielen Orten. Der Name deutet auf die Ge—
burtswehen, von edv, elLLo; andere ziehen ihn
zu dem Stamme ZAn®-, die Kommende.
Eion, ’Hiov, Safenftadt von Amphipolis an
der Mündung des Strymon, j. Contefja. Hdt. 7, 25.
113. 8, 118. T’hue. 1, 98. Xen. Hell. 1, 5, 16.
Eira j. Ira.
Eiröne, Elgrjven, Pax, Göttin des Friedens.
Zu Athen wurden ihr nach dem Siege am Eury-
medon und dem des Timotheos bei Leukas Altäre
angeführt, durch den bejonderen Charakter der
Verbrechen. Es fommen 3 verichiedene Arten der
Eisangelie vor, 1) gegen die Diaiteten (ſ. d.),
2) die elgayy. nannoewg (j. d.), welche vor das
Forum des Archon gehörte (gegen die, welche
Eltern, Gattinnen, Erbtöchter, Unmündige miß—
handelten oder übervorteilten), und 3) eine beim
Nat der Fünfhundert oder dem Bolfe anhängig ge:
machte Eisangelie. Die dritte Art ift ein außer:
ordentliches, von dem gewöhnlichen Gerichtsgange
abweichendes Berfahren, welches bei auferordent-
lichen Verbrechen eintrat, d. h. wenn der Kläger
nachweiſen konnte, daß durd das betreffende Ver:
gehen der Staat in feinen Antereffen unmittelbar
oder mittelbar verleßt ſei. Hypereides in jeiner
Nede für Eurenippos beipricht den vouos elseyyrl-
rınog und zählt Fälle auf, in denen die Eisangelie
angewandt werden fünne. Seine Aufzählung ift
aber unvollftändig, da wir diefe Klagform ange:
wandt finden in Fällen, welche er nicht erwähnt.
Eisayoyeis — "Erxinole.
367
Bei unjerer unvollftändigen Kenntnis läßt fich nur | der Rechtshändel anhängig gemacht wurde (vgl.
jo viel jagen, daß die Eisangelie nicht auf die deyn —Aexorres). Aber au
von Hypereides genannten Vergehen beichränft
werden fann; den vollen Umfang ihrer Anwend—
barfeit fennen wir jedoch nicht. An vielen Fällen
hing e3 wohl vom Kläger ab, ob er zur Berfol:
gung eines Verbrechens ſich der Eisangelie oder
einer andern Klageform bedienen wollte. — Das
Verfahren bei Eisangelien war durch ein beſon—
deres Geſetz (vöuog elgayyekrınög) beitimmt. Was
die beim Senate eingebradte Eisangelie betrifft,
jo wurde zuerjt eine Klageichrift (elsayyekda) bei
den Protanen eingereicht. Nahmen dieje oder der
Senat diejelbe an, jo wurde der Angellagte ver:
haftet, außer wenn er 3 Bürgen ftellte, eine Ver:
günftigung, welche bei der Anklage auf meodocle
oder xardAvaıg tod drjuov wegfiel. Bei der nun
folgenden Verhandlung im Senate ward zuerjt
über Schuld oder Nichtichuld des Angeklagten ab:
geftimmt. Fiel die Abftimmung gegen den Ange:
Hagten aus, jo bejtimmte der Senat entweder die
Strafe innerhalb des ihm zuftehenden Strafmahes
von 500 Pradmen, oder wenn dieſe Strafe nicht
für ausreichend befunden ward, jo wurde die Sache
an die Thejmotheten zur Aburteilung durch ein
heliajtiiches Gericht verwiejen. Der weitere Pro:
zeßgang entſprach dem gewöhnlichen Gerichtsver:
fahren. — Auch fam es vor, daß der Senat die
Enticheidung über die Eisangelie vor das Bolf
brachte; das Berfahren in diejem Falle war dann
im wejentlichen dasjelbe, wie bei den unmittelbar
beim Bolfe eingebrachten Eisangelien. Zur Ein-
bringung diejer war die erfte regelmäßige Volks—
verjammlung jeder Prytanie beitimmt. Nachdem
der Kläger und Bellagte gejprochen (auch andern
zum Reden vor dem Bolte Berechtigten ftand es
frei, für oder wider den Kläger zu jprechen; außer:
dem hatten die Staatsanwälte, ovrnjyogoı, die
Pflicht, die Anklage zu unterjtügen), wurde über
Ablehnung oder Annahme der Eisangelie ent:
ichieden; im Fall der Annahme wurde der Ange:
fHagte (mit den oben angegebenen Mopdififationen)
verhaftet, jodann in einer der nächiten Woltsver:
jammlungen darüber abgeftimmt, ob das Volt das
Urteil jelbft fällen oder die Sache durch die Thejmo-
theten an einen Gerichtshof gelangen laſſen wollte.
Im erfteren Falle wurde, wo bejondere Straf:
bejtimmungen fehlten, zuerft über die den Ange:
Hagten im Falle der Schuld treffende Strafe,
jodann im einer der folgenden Verſammlungen
ftammtweije, doch jo, daß die einzelnen Stimmen
zufammengezählt wurden, über die Schuld oder
Nichtichuld des Angeflagten abgeftimmt (jo bei der
Eisangelie gegen die Feldherren nach der Schlacht
bei den Arginujen). Am alle der Verweiſung
an den Gerichtshof wurde, wo Strafbeſtimmungen
fehlten, die Strafe im voraus durch Vollsbeſchluß
feſtgeſetzt. Auch das Erwählen der Anfläger (meo-
Baliodaı xarıyogor) bei der gerichtlichen Ber:
handlung war Sache des Volkes. Eine VBorladung
(zeogrincıs) fand, da mit der Annahme der
Eisangelie Verhaftung oder Bürgichaftsftellung des
Angeklagten verbunden war, nicht ftatt (j. Pro-
zels, 3.).
Eisayoyeis, allgemeine Bezeichnung der pro-
zeßleitenden Behörden. Borzugsweije gehören hieher
die Archonten, deren Hauptthätigkeit die Einleitung
der Prozeſſe war, und bei denen die Mehrzahl |
die andern Be:
hörden, 3. B. die Logijten und Strategen, hatten
die Gerichtsbarkeit in den in ihre amtliche Sphäre
fallenden Berbrechen, jo die Strategen in allen
Militärvergehen. Bejonders zu erwähnen als pro:
zeheinleitende Behörde find noch die Eilfmänner
(. "Erdexe), vor deren Forum die Apagoge,
Endeiris und Ephegeſis rür xaxoreyar (j. Ka-
»oöeyoı) gehörte, und deren Aurisdiktion aljo
eine jehr ausgedehnte war. Bol. im allgemeinen
noch Prozels, A.
Eisırngıe |. Bovin, 2.
Eisgpogad |. Staatshaushalt, I, 10. 12,
Ekbatäna, ’Erßdrara, Ayßdrave, altperj. Hag:
matäna, j. Hamadan, Hauptitadt von Medien und
wegen ihrer fühlen, quellreihen Lage Sommer:
rejidenz der perjiihen und jpäter der parthiichen
Könige. Hdt. 1, 98. 3, 64.92.110.153. Curt. 5,8.
Arr. 3,19, 2. 4, 7,3. 7,4, 1. Xen. Cyr. 8, 6, 22.
An. 3,65, 16. Strab. 11, 522. 524. Gie war jehr
alt, nach Herodot (1, 98) von Deioles gegründet,
und bejonders die feite Burg von wunderbarer
Pracht (goldenes und filbernes Getäfel), welche die
Habgier Aleranders und der Seleufiden reizte.
Ekdemos, "Exönuog, und jein Freund Demo:
phanes, Inuopdrns, waren 2 angejehene Bürger
aus Megalopolis, welche als Schüler des Afade:
milers Wrfejilaos Die Philojophie bejonders auf
das praktische Leben und den Staat anzuwenden
juchten. Aus Megalopolis hatten fie den Tyrannen
Ariftodemos, aus Sikyon mit Aratos den Nifolles
vertrieben und hatten dann in Kyrene das Staats:
wejen geordnet, worauf fie ſich nach ihrer Rückkehr
der Erziehung des Philopoimen mwidmeten. Put.
Philop. 1. Arat. 5. Pol. 10, 25.
"Exdıxos (ecdicus), der Staatsanwalt, der die
Intereſſen des Staates vertreten und bejonders in
Sachen des Fistus als Anwalt und Kläger für ihn
auftreten mußte, jonft cognitor civitatis genannt.
Cic. ad fam. 13, 56. Plin. ep. 10, 110.
"Exsxeıgia heit der Gottesfriede, welcher allen
F Feier eines auch von auswärts beſuchten Feſtes
eiſenden überall in Griechenland zugeſagt war,
wo die Abhaltung dieſes Feſtes öffentlich durch
einen Herold war angekündigt worden. Nament-
ih war mit Abhaltung der Nationaljpiele ein
jolches ficheres Geleit verfnüpft, und die Dauer
desjelben war ein Monat, der deshalb ein Heiliger
hieß (legounvde). Während desjelben ruhten alle
öffentlichen und Brivatfeindieligfeiten. Man führte
diefe Anordnung für Olympia auf den Iphitos
zurüd, weshalb der Diſtos, auf welchem die Formel
diefer Waffenruhe eingegraben war, 6 "Ipirov
Öionog hieß. Paus. 5, 20, 1.
’Exzxinoie, Boltsverfammlung, in den griech:
ichen Republifen der eigentliche Sit der Souveräne:
tät, in den verichiedenen Staaten aus verjchiedenen
Elementen zufammengeiegt und mit verichiedenen
Befugniffen bekleidet. Wir haben vorzugäweije die
atheniiche und ſpartaniſche drxänade zu betrachtei.
— h Die atheniſche drxinola, die Verſamm—
lung des ganzen Bolfes, der Bürger von 20 Jahren
an (cyoged jind die VBerfammlungen der Phylen
und Demen). In jeder Prytanie (j. Bovinj, 4.)
wurden 4 ordentliche (vouınoı) Berjammlungen ge:
halten, die erite hieß “vod« (in früheren Zeiten
wohl die einzige in der Prytanie); zuweilen werden
368
auch alle 4 ald xvgıwı bezeichnet. An bejonderen |
Fällen, die eine rajche Erledigung erforderten,
wurden die Bürger, aud vom Lande, zu einer
außerordentlihen Berjammlung (suyxAnrog oder
»arärıntog E., auch xararinore) berufen. Für
jede der ordentlichen Beriammlungen waren be:
jtimmte Klaſſen von Gegenftänden feſtgeſetzt, 3. B.
für die erfte die Epicherrotonie der Beamten, die
Anflagen wegen Staatsverbredden, die Belannt:
machung der fonfilcierten Güter und der bei den
Gerichten angemeldeten Erbaniprüche; für die zweite
die Bittgefuhe an das Boll und Anträge auf
Begnadigungen; für die dritte die Verhandlungen
mit auswärtigen Staaten; für die vierte endlich
religiöje und öffentliche Angelegenheiten insgemein.
Außerdem mußten der Regel nad) von den Bor:
fipenden die Gegenftände der Verhandlung burd)
Anſchläge vorher befannt gemacht werden (meo-
yodpsır Iurinolav, Gegenta: xrincie drrpo-
Yoapog). An welchen Tagen der Prytanie biejelbe
ftattfand, und ob in allen Prytanien an denjelben
Zagen, läßt fich nicht angeben. — Die Berufung
geſchah durch den Zmisrdrng der meurdveıg, ſpäter
der modedgo: (j. Bovinj, 4.); bisweilen, nament:
lid; in Kriegszeiten, durdy die Strategen. Ladung
durch die Herolde brauchte wohl nur zu den xur«-
xınolaı zu geichehen. Ort der Berfammlung war
in früheren Zeiten der Markt, dann bejonders
die Puyr und jeit dem 3. Jahrhundert gewöhnlich
(außer bei den Beamtenwahlen) das Theater, in
bejonderen Fällen aud) das Theater im Peiraieus.
Am Eingange erhielt jeder ein Täfelchen, gegen
defien Abgabe er den Sold (FxxAnsıwsrındv), be:
ftehend in 1, jpäter in 3 Obolen, ausgezahlt erhielt.
Das Eindringen Unberechtigter hatten die 6 Lexi—
archen und ihre Diener zu verhüten. Wer zu
ſpät fam, verlor den Sold. — Die Eröffnung der
Verſammlung geihah durch Opfer (mepisrı«) und
Gebet. Sodann bradte der Borfigende, der die
Verſammlung berufen hatte (j. das Nähere unter
Bovinj, 4.), den Gegenjtand der Verhandlung zur
Sprache. Zuerft erfolgte eine Abftimmung darüber,
ob das Volk dem den Antrag gewöhnlich beglei: |
tenden Senatsgutachten beitreten wolle (yraunr
— svußdilsodeaı £ls ror dnquor). Die Ab:
timmung darüber hieß eorsıgororie.
Verhandlungen, die folgten, wenn man ſich für
eine weitere Disfutierung ausgejprochen hatte,
fonnte jeder teilnehmen, der nicht Atimie verwirft
hatte. Die Dolimafie der Redner bezog ſich allein
auf die Unterfuchung, ob der Nebner im Beſitz
der bürgerlichen Rechte jei (ſ. Joxıuucla).
Offizielle Redner gab es nicht, es herrichte viel:
mehr lonyogie, obgleich natürlich zu allen Zeiten
einzelne durch ftaatsmännische Tüchtigkeit und
Überlegenheit ausgezeichnete Männer, oft auch durch
Bungenfertigfeit und Schmeichelei beim Bolte be:
liebte Demagogen, das Reden vor dem Volke zum
eigentlichen Lebensberufe machten: wie denn ja
die Voltsverjammlung das einzige Feld für die
Thätigfeit des Staatsmanns war. — Während der
Rede war der Redner befrängzt, zum Beichen der
Unverleplichkeit. Wich er aber von dem vorliegen:
den Gegenftande ab, oder verging er fich gegen
Sitte und Geſetz, jo ftand es dem Borfigenden zu,
ihn von der Neduerbühne und jelbjt aus der Ber:
fammlung entfernen zu lafjen und in eine Strafe
bis zu 50 Dradhmen zu nehmen. Bei größeren Ber:
An den |
Exrinola.
gehen fonnte er dem Senate oder der nächften Bolfs:
verjammlung zur Beſtrafung übergeben werden.
Yu der jpäteren Zeit indes, als leichtfertige De:
magogen den Ton angaben, wurden dieje Beftim:
mungen nicht mehr mit der alten Strenge aus:
geführt. Da die Verſammlung in feiner Weije
an das Probuleuma des Senat gebunden war,
fo ftand es jedem Redner frei, jelbft einen Antrag
zu ftellen, der dem Senatsgutachten leicht gerade
entgegengejegt jein konnte. Ein folder Antrag
wurde während der Berjammlung bei den Bor:
' figenden eingereicht, die entichieden, ob derſelbe
dem Volle zur Abjtimmung vorzulegen jei (dm-
unpizer, £riyeigorovia» oder Öaysıpororiar
dıdöorean, Enırpincıw unpifeodeı, Zmaysır Ypiipor),
wobei jedoch ein einziger, wenigſtens der Zm-
srarng, gegen den Beſchluß der übrigen, auf die
Gefahr einer Frdsidıs Hin, die Abftimmung, wenn
der Antrag geiebwidrig war, hindern konnte (wie
Sokrates in dem Prozeh der Strategen, |. Plat.
Apol. p. 32). a, jeder aus der Verſammlung
fonnte Einjpruch erheben, indem er eidlich erflärte
(bnöuvvodan, brwuocle), den Antragfteller wegen
gejegwidrigen Antrages (ragavouwr) belangen zu
wollen. — Die Geftattung der Abjtimmung über
einen geiegwidrigen Antrag fonnte in gewiffen
Fällen Atimie nad) ſich zichen. — Die Abftimmung
erfolgte durch Handaufheben (zeıpororeiv, ysıpo-
rovicc), in perjönlichen Fragen, wie im Gerichte,
durch Stimmtäfelden oder Steinchen (wiyo«), daher
unpiksode:, was indefjen auch ganz allgemein
für abftimmen gebraucht wird. Der Beihluß heißt
Yripıoue. Derjelbe wırd in das Öffentliche Archiv
eingetragen, oft in Erz oder Stein eingegraben,
und an Öffentlichen Orten aufgeftellt. Die Form
der Beichlüffe it aus folgenden Inichriften zu er:
jehen: "Edo&er ri) Bovi) nal ro Öjum" Kexgonis
?rgurdveve, Mvnoideog Lypauucdreve, Eörelöng
Ineordreı. Kualklas eine (ftellte den Antrag)
Grodıdödrar u. ſ. w. (aus DI. 86, 3. 434/30. E.).
Zumeilen tritt auch eine nähere Zeitbeftimmung,
nämlich Archontenname, Angabe der Prytanie und
des Tages derjelben hinzu, 4. B. 'Eri Navaırinov
&ogoveog, — Ernl rg Imnodoorridog EBdöuns
rovravsiag (aus DI. 100, 3. 378/7 dv. &.) und
dvdrn nal elnoorh rijg movraveiag (aus DI. 109,4.
341/0 v. E.); die Angabe des Prytanientages, jelbft
des Monatstages ift in jpäterer Zeit das Gewöhn—
liche. — Seit DI. 100, 3 wird der Zmısrarng nicht
mehr aus den Prytanen genommen, jondern aus
einer pvin un revravedovon,. Seit 369/8 v. €.
nachweisbar wird diejer Zmisrarng in den Defreten
bezeichnet und mit rör mooddgwr Imewrjipıke oder
| ixsereres und jpäter, nachweisbar 314/3 v. E.,
wird hinzugefügt »«@l ovumgosdgo. Über die Be:
deutung diefer Perjonen ſ. Bovir. Nach dem
Schluſſe der Berhandlungen wurde die Verſamm
| fung von dem Borfigenden durch den Herold ent:
lajien. Eine —— trat ein, wenn die Ver—
handlungen nicht zum Abſchluß gekommen waren,
oder wenn Blitz und Donner oder andere dıoon
‚ adaı die Fortſetzung der Verſammlung hinderten.
— Übrigens war der Antragfteller, auch für den
Fall der Annahme, ein Jahr lang für feinen
Antrag verantwortlid und konnte maparouwr be:
langt werden (vgl. T’e« pr). — Die Geichäfte und
ı Befugniffe der Boltsverjammlung waren folgende:
1) Mitwirkung bei der Geſetzgebung. In der eriten
or
=
Exrrinoia.
Volksverſammlung des Jahres ftellten die Vorſitzen- Bei der mgußoAr] (j. d.) war das Urteil des Boltes
369
den die Trage, ob alle Gejege unverändert bei: | nur ein vorläufiger Ausipruch, der auf das Urteil
behalten werden jollten, oder ob Beränderungen
notwendig wären. Zur befferen Überſicht hatten
zugleid die Thejmotheten etwaige widerjprechende
Geſetze oder veraltete, aber noch nicht förmlich
aufgehobene Beftimmungen zujfammenzuftellen und
dem Volke vorzulegen. Außerdem ftand es jedem
andern frei, Anträge der Art zu macen. Die
nen vorgejchlagenen Geſetze (an die Stelle jedes
aufzuhebenden Geſetzes mußte ein neues treten)
wurden zur allgemeinen Kenntnisnahme öffentlich
ausgeftellt. Das Volk wählte nun Verteidiger der
alten Gejeße (svrrjyogoı und aurdızoı), und in der
dritten Bolfsverjammlung Nomotheten (vouotzra:)
aus den Heliaften des laufenden Jahres, vor denen
ein förmlicher Prozeh des alten und des neuen Ge:
jeßes ftattfand. Erlteres verteidigten die Synegoren,
legteres die Antragfteller. Die Nomotheten hatten
unter Vorſitz der Thejmotheten die Enticheidung,
die indeflen, wenn ſie für ein neues Geſetz ausfiel,
gerade wie ein Piephiima, durch eine yoxgn
rapavouor angegriffen werden konnte und von
einem NRichteriprudy ihre Beftätigung oder Ber:
werjung zu erwarten hatte. Das ganze Verfahren
hieß Zmıgeigororia vouor. In den Zeiten des
Verfall jegte ſich das Volk über dieje ftrenge
Form oft hinweg und lie feine Beichlüffe (pr-
pisuere) an die Stelle der Geſetze treten. —
2) Die Wahl der Magiftrate, joweit diejelbe durch
zrıgororia« geſchah und nicht nad) der jpäteren
demofratiihen Einrichtung durchs Los beftimmt
wurde. Beftehen blieb die Wahl bei den Beamten,
deren Stellung bejondere Fachtüchtigkeit oder Ga:
rantie in Bezug auf das Bermögen erforderte, jo
bei den Militär: und Finanzbeamten und einigen
andern. Die Wahlverfammlungen, deren Seit
ſich nicht mit Sicherheit beftimmen läßt, heißen
Loyerpsoiaı. Den Vorſitz hatten bei denjelben die
9 Archonten. Die Bewerber hießen orovödezgaı,
das Bewerben heißt deywıgesıateıv, onovdapyıar.
Abjegung der Beamten konnte ftattfinden, und es
wurde daher in der erften Berfammlung jeder
Protanie von den Archonten die Frage geitellt,
ob die Beamten in ihrem Amte zu belafjen, oder
ob Abjegungen nötig jeien (dmiysipororia ur
coyovrwr vder deyar). — 3) Beichlüffe gegen
einzelne, öorgaxısuog. Die Verbannung durch den
Oſtrakiſmos iſt keineswegs als Strafe anzujehen
und war aud) für Ehre und Bermögen des Ver:
bannten ohne nachteilige Folgen. In einer Ber:
jammlung vor dem Beginn der jiebenten Prytanie
wurde gefragt, ob ein joldhes Verfahren gegen
einzelne (natürlid aus politijchen Gründen) nötig
icheine. Wurde die Frage bejaht, jo hatte in einer
VBerjammlung auf der Ayood jeder den Namen
—* den er verbannt wünſchte, auf einer Scherbe
geſchrieben anzugeben. Wer 6000 Stimmen gegen
ſich hatte, mußte die Stadt auf 10, ſpäter auf
5 Jahre verlaſſen, konnte aber durch Vollsbeſchluß
wieder zurüdbernfen werden. Der lebte durch
Dftrafiijmos Verbannte war Hyperbolos (417 v. E.);
wahrjcheinlich verſchwand die ganze Einrichtung
mit den euflidiichen Reformen (ſ, Eukleides, 1.).
— 4) Richterliche Befugniſſe hatte das Volk nur in
außerordentlichen Fällen, die durch Eisangelie ver:
folgt wurden, und aud hier hatte der Gerichtshof
meist die legte Entſcheidung (j. Elsayyskle).
Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl.
des Gerichtshofes rechtlich feinen Einfluß hatte, —
Anklagen gegen Magiftrate wurden beim Volke
angebracht durch die meoßoAr,, natürlidy von Rich:
tern entjchieden. — 5) Endlich hatte das Volt,
unter gejeglich beftimmter Mitwirkung des Rates,
die oberjte Enticheidung in allen Staatsangelgen:
heiten: über Krieg und Frieden, Bündnijje und
Verträge. Die Vollmachten der Gejandten gingen
vom Bolfe aus. Zurückkehrende Gejandte, ſowie
Sejandte fremder Staaten wurden in der Volks—
verjammlung empfangen, nachdem fie vorher ſich
im Rate vorgejtellt hatten. Die Verwendung der
Öffentlichen Gelder, wie die Beränderung der Tribute
und Zölle hing von der Enticheidung des Volkes
ab. Ebenjo wurden die Angelegenheiten der Re:
ligion, z. B. Aufnahme neuer Kulte u. ſ. w., vom
Volke jelbft verwaltet. Sodann erteilte neben
andern Körperſchaften das Volk Ehren und Rechte
an einzelne, 3. B. Bekränzung, Speifung im Pry—
taneion. Endlid war die Erteilung des Bürger:
rehts an Fremde Sache des Bolls. Vgl. das
Hauptwert: Schömann, Je comitiis Athenien-
sıum (1819). — Il. Exxinole in Sparta. Die
Zuninole (doriſch «Ade) beſtand aus den jämtlichen
Bollbürgern im urjprünglichen Sinne des Worts,
ehe unter der herrichenden doriichen Bevölkerung
jelbft Unterjchiede eingetreten waren, d. h. alſo
aus allen Spartiaten, die das dreifigfte Lebensjahr
zurüdgelegt, ihren Bürgerpflichten Genüge geleijtet
und feine Atimie verwirft hatten. Daß, wie einige
wollen, auch die Perivifen teilgenommen haben,
ift jehr unwäahrſcheinlich. Die Bolksverfammlung
war, wenngleich, jolange alle politische Macht
jih in der yegoval« fonzentrierte, mit jehr be-
ſchränkten Befugniffen, der Sitz der Souperänetät
in Sparta. Sie hatte die Vorjchläge der Gerufia
oder der Könige zu verwerfen oder zu genehmigen,
durfte ſich jedoch feine eigenmächtigen Verände—
rungen derjelben erlauben. Alle Zujäße der Art
fonnten von dem Könige oder dem Scnate für ungül—
tig erflärt werden. Eine Debatte fand in der Negel
nicht ftatt, da das Recht, in der Verſammlung zu
reden, von der bejonderen Erlaubnis der Obrig:
feiten abhängig war. Die Abjtimmung erfolgte
ziemlich formlos durd) lauten Ruf (Bon) ob yrpw,
Thuc 1, 87) und nur, wenn die Entjcheidung
durd) den Ruf zweifelhaft war, durd eine secessio
in partes. Der Ort der Berfammlung, die ftehend
abgehalten wurde, während man in Athen jaß,
war, nach der Vorſchrift Iykurgs (Plut. Lye. 6),
zwiichen Babyfa und Knakion, uer«$v Baßunag
te »ai Äranıaros, d. h. innerhalb des Bezirks
der Stadt (j. die Karte zulLakonika), in jpäterer
Beit die fogenannte Skfias an der Agora. Wis
jpäter im 4. Jahrhundert durch Abnahme der bürger:
lichen Bevölkerung und bejonders durch das Gejek
des Epitadeus, welches freie Verfügung über den
Grundbeſitz durd Schenkung bei Lebzeiten oder
für den Fall des Todes gejtattete, die uriprüng:
lihe, in den jogenannten lykurgiſchen Inſtitu—
tionen begründete, Vermögensgleichheit bedeutende
Veränderungen erlitt, und auf dieje Art die Bürger:
ichaft fich) in 2 Klaſſen, die Begüterten oder Gleichen
(öuooı) und die Beringeren (brousloveg), ge:
ipalten Hatte, wird neben der Verſammlung des
gejamten fpartiatiichen Volles noch eine Verſamm—
24
9
—
370
fung der Homoien angeführt, die in diejer Beziehung
Farinror hießen. Xen. Hell. 2, 4, 38. 6,3, 3.
5,2, 11.33. Wie die Befugniffe beider Verſamm—
lungen abgegrenzt waren, läßt ſich nicht ermitteln.
— Die Gegenftände, welche der Enticheidung der
Bolfsverjammlung anheimfielen, waren die Wahl
einiger Obrigleiten und der Senatoren, die Ent:
icheidung der königlichen Erbfolge in zweifelhaften
Fällen, Freilaffung von Heloten, Gejeßgebung,
Enticheidung über Verträge, über Krieg und Frie—
den (j. u. a. die Verhandlung über Krieg und
Frieden Thuec. 1, 6788). — Auch in andern
doriichen Staaten, z. B. in den fretiichen Städten,
waren Die Befugniffe der Vollsverſammlung ebenjo
beichränft als in Sparta. An den Worten des
Ariftoteles (pol. 2, 10): "Enninalag Ö8 kerfgovan
rüvres' avola Ö’ obderög dorır AIR 1) avvenı-
urplaaı r& Öoxodrra roig ylegovaı xal roig nö-
suorg liegt indefjen gewiß nicht, daß fie nicht das
Verwerfungsredht gehabt haben. — Der achaiiſche
Bund hielt jährlich 2 ordentliche Volksverſamm—
lungen (1 im Frühjahr und 1 im Herbjt) in Aigion,
ipäter auch in andern Städten, wo nad Städten
abgejtimmt wurde. Pol. 4, 37. 2, 54.
Exxinsıworıxov, der Bolfsverammlungs:
jold, nicht von Perikles, jondern wahrjcheinlich
erft einige Zeit nach dem peloponnefiichen Kriege
eingeführt, früher 1, jpäter 3 Obolen betragend,
nad jeder Berjammlung zu beziehen (ſ. Exrxin-
cle, 2.). Die Koften, die dem Staate aus dieſem
Solde erwuchien, beliefen fich auf jährlich 30 bis
50 Talente. Arist. Kccl. 284. 303. 315. 404,
Exxinrevew |. Prozels, 3,
"Erxintos aölıc. Eiußole find die Verträge
zwijchen 2 Staaten über das Verfahren, welches
bei Rechtshändeln beiderjeitiger Staatsangehörigen
eingehalten werden jollte; die daraus hervorgehen:
den Prozejle hießen diuaı amd avußoior. Näheres
über Verträge der Art, wie fie z. B. Athen mit
vielen Staaten ebgehehtofien hatte, ift nicht befannt.
Auch mußten die Beftimmungen der Verträge jehr
verjchieden jein, da fie fich natürlich den Geſetzen
der fontrahierenden Staaten anſchloſſen. Ein all:
gemeines Verfahren aber war es, daf der in dem
fremden Staate unterliegende Teil an die Gerichte
des eigenen Staates, vielleiht auch, daß der in
jeinem Staate unterliegende in der fremden Stadt
appellieren (Zxnakeiv) tonnte. Die Stadt, an welche
die Appellation ging, hieß dann IrxAnrog wölıs,
der Prozeh lan Funinros. In Athen wurden
Prozefie der Art bei den Theimotheten angebradt.
— Nach den Grammatitern heißen die Prozeſſe der
unterworfenen Bundesgenofjen, die befanntlich ihre
Prozeſſe in Athen führen laffen mußten, ——
d. and avußokor, wobei es indeſſen zweifelhaft
icheint, ob nur die Prozeffe der Athener mit Unter:
thanen, oder auch die der Unterthanen verjchiedener
Staaten, oder endlich auch die der Unterthanen
desjelben Staates mit diefem Namen bezeichnet
worden find. — Über die Abſchließung jolcher Ver:
träge Athens mit freien Staaten ift noch zu be:
merten, daß die Verträge Gültigfeit hatten, jobald
eine atheniſche Kommiſſion (dixaarijigoror) unter
Borjig der Thejmotheten fie beftätigt hatte, ohne
daß dem andern fontrabierenden Staate alsdann
noch geitattet worden wäre, Veränderungen zu
beantragen. Die Gejandten des andern Staates
mußten daher die Vollmacht haben, nicht allein
Exxincıasrınov — Eknomos.
die Verhandlungen zu führen, jondern auch zum
Abſchluß zu bringen und den Vertrag zu ratifi-
zieren. — Noch tft hinzuzufügen, dab Erxinros
rölıs auch den Staat bezeichnet, der von 2 andern
ftreitigen Staaten zum Schiedsrichter erwählt wird
(Aufträgalgericht.
Exxvxinne, eine Theatermafchine, durch welche
der Hintergrund der Bühne geöffnet und dem Zu—
ichauer das Junere des Palaftes oder Hauſes dar-
geitellt wurde. Ihre Einrichtung ift nicht genauer
befannt und läßt ſich fchwerlich aus den wenigen
Stellen, die ihrer gedenken, ficher ermitteln. Höchſt
wahricheinlich ift es eine Heine hölzerne Bühne
gewejen, die durch die großen Thüren der Scenen-
wand hervorgerollt und dann, wenn das Innere
wieder unfichtbar werden jollte, wieder zurüdgerollt
wurde. Minder richtig haben andere die Anficht
aufgejtellt, daß die Scenenwand von beiden Seiten
auseinander: und zurüdgezogen und jo die Dar-
jtellung innerer Räume bewirkt worden jei. Es
gründet fich dieje Anficht vorzüglich auf Verg. @.
3, 24 und Sen. ep. 88. Solche Ekkyklemen-Scenen
fommen vor Aesch. Agam. 1372, vgl. 137%. 1438.
Soph. Ant. 1293. Ai. 334 ff. Kur. Med. 1314.
Hippol. 869. Electr. 1187. Aristoph. Acharn. 408.
Thesmoph. 96. — VBerjchieden davon war Die
!Enoren (f. d.).
Eklipsis (ecl.), &xAsımpıs, die VBerfinfterung der
——— Sonnen- und Mondfinſternis, ſonſt
defectus solis, lunae; ſchon frühzeitig ein Gegen—
ftand aufmerfjamen Nachdenkens bei den Griechen.
Thales von Milet war der erite, der die be-
fannte Sommenfinfternis (585 v. E.) vorhergeſagt
und auf ihre wahre Urjache zurücdgeführt haben joll.
Ebenjo Fündigte der römische Kriegstribun Sul:
picins Ballus, jpäter Konſul neben Marcellus,
am Tage vor der Niederlage des Königs Perjeus
von Makedonien eine Finfternis an. Plin. 1, 10.
Eklöga (ecl.), 2#4oyrj, ein auserlejenes Schrift:
ftüd, meist zum Vorleſen bejtimmt, aber auch wohl
ausgewählte Poeſien aus größeren Sammlungen.
Bisweilen werden von den Grammatifern Die
Epifteln und Satiren des Horaz jo genannt; dor:
zugsweile gebraucht man aber den Ausdruck von
den butoliichen Gedichten des Bergil, ohne daß
der Dichter jelbjt ihn dafür angewandt hat, und
er ift jeitdem dem Schäfergediht und der Idylle
eigen geblieben.
Ex3oyeis. außerordentliche Kommiſſionen oder
Beamte in Athen (auch Enrnrai, dmıygapeis, ovi-
Joyeis genannt) zur Eintreibung rüdjtändiger Zah—
lungen von Einzelnen oder von den Städten der
tributpflichtigen Bundesgenofien. Regelmäßig era
ten die Bundesgenofjen den Tribut an den großen
Dionyfien nach Athen, wo 10 durchs Los ernannte
Apodelten (j. Stautshaushalt, I, 13) fie in
Empfang nahmen.
"Exruegrvgia |. Prozefs, 9.
Eknömos, "Errouog Aöpos, Berg an der Süd—
füfte Siciliens am rechten Ufer des jüdlichen Himera,
jegt Monte Sant’ Angelo; hatte jeinen Namen
(ruchlos, geſetzwidrig) angeblidh von dem afragan:
tiniichen Tyrannen Phalaris, der hier jeinen be-
fannten ehernen Stier (worin die Berurteilten
gebraten wurden) aufgeftellt hatte. Bier hatte
Dion (357 v. E.) bei jeinem Unternehmen eine
Stüße. Plut. Dio 26. Im Jahre 257 v. E. be-
jiegten die Koönſuln M. Atilius Regulus und M.
Ekphantides
Manlius Vulſo hier die farthagiiche Flotte. Pol.
1, 25 7.
Ekphantides, 'Exparriöns, einer der älteften
Dichter der alten attijchen Komödie, früher als
Ktratinos, der als ein jüngerer Zeitgenoſſe über |
—* ſpottete und ihm den Namen Karies, der
auchmann, erteilte, weil feine Darftellung den
kaungor yagarrijoc nicht hatte; auch habe er fich |
bei jeinen Stüden von jeinem SHaven Choirilos |
helfen lafien. Nur wenige Fragmente jind übrig,
jicher befannt nur der Titel eines Stüdes, Ldrvont. |
Schol. Arist. Vesp. 151. Bgl. Meineke, com.
ar — II p. 12f. Kock, com. Att. fragm.
p. 2 f.
Ekphantos, "Expavros, 1) führer einer demo—
fratiihen Partei auf Thajos, befreite 409 v. C.
Thaſos von der lakedaimoniſchen Verfaſſung und
übergab die njel den Athenern. Demosth. Lept.
p- 474. — 2) ein Pothagoreer aus Syrafus, einige:
male bei Stobaios erwähnt.
"Exgpvilogogia (Lapvklopogeiv), das vor:
„A
läufige Ausſtoßen unwürdiger Mitglieder des athe-
niſchen Rates durch ihre Amtsgenoſſen; der Name
des vom Amte zu Entfernenden wurde von den
graen ihn ftimmenden Buleuten auf Blätter des
Ibaums gejchrieben. Es folgte dann eine genauere
Unterfucdung. Aeschin. Timarch. 129.
Elaia j. Aiolis,
Elaios, "Eicuog, Küftenfluß in Bithynien, weit-
lich von Herafleia Bontife mündend. An jeiner
Mündung lag eine Stadt gleiches Namens.
Elaiüs oder Elöüs, ’Elcwoüsg, ’Elsons, 1) alte
Ktolonie der Teier an dem Borgebirge Maftufia
auf dem thrafiichen Cherjones, befannt durch das
Grabmal des WProtejilaos. Jidt. 6, 140. 7, 33.
Thuc. 8, 102. 107. — 2) ein Demos in Attika.
— 3) Stadt auf der Inſel Tenos. — 4) Heine
Inſel nördlich von Rhodos, nahe an der Küſte des
reftlandes, auch Elaiufja genannt, j. Gavaliere.
Strab. 14, 651.
Eläos, "Eicos, feiter Ort in der Nähe von Ka:
Indon in Mitolien, von Philipp Ill. von Mate:
donien 219 v. E. erobert. Pol. 4, 65.
Eiagnßoktaw |. Jahr I, 9.
Elateia j. Phokis.
Elätos, "Eierog, 1) ein Stentaur. — 2) Son |
des Arfas und der Yeaneira, König in Arkadien, |
Gemahl der Laodike, Bater des Styumphalos, Aipytos,
371
Elegie, tò Zisyeia, ſpäter 9) lsyeie, eine
Gattung der lyriſchen Poeſie. "Eleyzior bezeichnet
ein Diftichon, die Verbindung des Herameters und
Bentameters, und unter r& ZAeyeiw oder N dAsyela
verjtand der Grieche jedes in Diftichen abgefahte
Gedicht ohne alle Rückſicht auf jeinen Inhalt. Man
darf daher in der griechiichen Elegie urſprünglich
nicht die heutige Bedeutung eines Trauer: und
Nlageliedes juchen, obgleich das dem W. FAsysior
zu Grunde liegende FAryog dem Griechen einen
Weh- und Trauergefang bezeichnete, der von der
Flöte begleitet wurde. Da in der dem Phrygiſchen
engverwandten armenijchen Sprache clögn „Rohr“
(etAog) heißt, jo mag FAryos, wozu lsysio» Ad:
jeftivum ift, ein zur Flöte gejungenes Lied, eine
lötenmelodie, und Elegie jedes zur Flöte gejungene
Yied geheißen und alle lebhaften Gefühle, Freude
und Schmerz, Liebesluft, Trauer um die Toten
und Kampfesmut umfaßt haben, während der kla—
gende Ton erjt in der alerandrinifchen Zeit herr:
ihend wurde. Die Elegie hat ſich um den Anfang
der Olympiaden bei dem ioniihen Stamme in
Kleinafien, bei dem auch das Epos entjtand und
blühte, aus dieſem hervorgebildet, fie ift der erfte
ſchüchterne Schritt von dem Epos zur Lyrik; in ihr
tritt der Dichter, der in der epiichen Poeſie hinter
feinem aus der Vergangenheit gewählten Gegen:
ftande verborgen ſteht, jelbjt hervor mit jeinem
Wollen und Wünfchen, um in die Gegenwart ein:
zugreifen. Aber zu einem freien, hohen Schwunge
der Gedanken, wie er in der ausgebildeten Lyrik
herricht, vermag der Elegifer ſich noch nicht zu
erheben; der Stoff, in dem er ſich bewegt, nicht,
wie bei dem Epiter, ein großartiges Bölferleben
und gewaltige Kataftrophen eines ganzen Volkes
umfaflend, ſondern aus der nächiten Umgebung,
aus den Berhältniffen des engeren Vaterlandes
und des gejelligen Privatlebens gewählt, übt noch
zu jchr jene feſſelnde Macht über den Geift des
Dichters, jo daß er gleich dem Epifer nur mäßigem
Fluge ſich überlaſſen kann. Dem ift dann das
dem epilchen Versmaße naheitehende Diftichon
ganz angemeflen. Auch in der Sprache und dem
Dialekte ſchließt ich die Elegie an das Epos an;
fie gebraucht mit geringen Abweichungen den epiſch—
ioniſchen Dialekt — Man kann 3 Epochen der
elegiſchen Dichtkunſt unterscheiden nad) den Stäm:
men, welche jie gepflegt haben. Die Anfänge ge:
— Elegie.
Kyllen, Bereus (Apollod. 3, 9, 1. 10, 3), wanderte | hören den Joniern, ihnen folgen die Attifer, den
vom Kyllene aus nad Phofis und baute Elateia. | Beſchluß machen Alerandriner.
Paus. 10, 34, 3. — 3) Lapithenfürſt zu Yarifja in
Thefjalien, Vater der Argonauten Kaineus und
Polyphemos und des Iſchys, häufig mit dem Ar:
fadier vermiſcht.
Eläver, j. Allier, linter Nebenfluß des Liger
(Xoire), entipringt auf dem Mons Gevenna und
bildete in jeinem nördlichen Yaufe zulegt Die Grenze
zwijchen den Biturigern und Bojern (Caes. b. q.
7, 34. 35. 53), in jpäterer Zeit zwiſchen Aquitania
und Gallia Yugdunenfis, Er mündete bei Novio—
dumum (Nevirnum, j. Nevers) in den Liger.
Eibo, ’EAßo, eine Inſel im Nildelta zwijchen der
phatnifchen und tanitiichen Mündung, im h. See
Menzaleh. Auf derjelben fand der blinde König
Anyſis gegen den Withiopier Sabafon und jpäter
Amprtaios gegen die Perſer Schuß. Aldt. 2, 140.
Thue. 1, 110.
Klea j. Velia,
den Feind anjpornt.
Als Begründer
der Elegie gilt bei den Griechen meiftens Kalli—
nos von Ephejos um 776 v. E. oder nadı andern
ipäter (um 652). Bon jeinen Lebensverhältnifjen
ijt nichts befannt; wir befigen nocd eine Elegie
friegeriihen Inhalts von ihm, in welcher er jeine
erichlafften Landsleute zum mutigen Kampfe gegen
Wahricheinlich hatten auch
jeine übrigen Elegien friegeriihen und poli-
tiichen Charakter, wie teilweije die feiner nächjten
Nachfolger, des Tyrtaios, Solon, Phoky—
lides, Theognis und teilweile des Archilo—
hos(j.Jambographen), Mimnermos, Xeno—
phanes. Zu den älteren Elegiendichtern gehört
auch Ajios von Samos, der zugleich Epiker war
(j. Parodia). Die politiiche Elegie liebt es, kurze
Sprüche (GGnomen, Sentenzen) politifcher und ethi-
ſcher Natur als Reſultate gewonnener Lebens:
weisheit einzuflechten; daher werden die obigen
241*
372
Dichter, wie Solon, Theognis, Kenophanes, auch
gnomiſche Elegifer genannt. Mit der Zeit zog
jich die Elegie vom politifchen Leben in die be:
jcheidenen Kreiſe des Privatlebens zurüd, wodurd)
daun bejonders die jympotijche (die Elegie des
heiteren Mahles), die erotijche (Liebeselegie) und
thremetiiche Elegie (Tranerelegie) entjtand. Die
Anfänge der iympotiichen Elegie gehen bis auf
Archilochos zurüd, die threnetiiche Elegie hat be-
fonders Simonides von Keos ausgebildet, die
erotijche Mimnermos. Der Borläufer der aleran-
drinischen Kunſt ift Antimadhos (um 400 v. E.);
bejonders traten in diejer hervor Alerander der
Aitoler, Hermejianar, Phanofles, Erato—
ſthenes, Philetas und Kallimachos. Es ward
eine mehr gelehrte Dichtung, die auf die römijche
Dichtung diejes Namens einen großen Einfluß ge:
übt hat, bejonders auf Properz. Die Elegien
wurden zum Zeil, bejonders die politiichen, in
größeren öffentlichen Berfammlungen, meiftens aber
bei feſtlichen Mahlen (Sympoften) vorgetragen.
Bei den leßteren wurde der gehobene, lebhafte
Vortrag gewöhnlich durch Flötenjpiel eingeleitet
und hier und da unterbrochen. In ſpäterer Zeit
wurden wahrſcheinlich auch threnetiiche Elegien
öfters für den Gejang mit Flötenbegleitung fom:
poniert. — Beſte Sammlung der Fragmente der
griechiichen Elegifer von Bergf, poet. Iyr. Graeei
P. 11. (4. Aufl. 1882); Überjegung von ®. E. Weber
(1826) und Hartung (1859). Auswahl von Schneide:
win (1838) und in den Anthologien von Stoll
(1. Bd., 5. Aufl 1882) und von Buchholz (3. Aufl.
1880 ff.). — In Rom wurde die Elegie befonders
jeit dem Ende der Republif gepflegt. Catull
eröffnet die Reihe, ihm folgte Cornelius®allus,
am meisten treten Tibullus, Bropertius und
Dvidius (Or. trist. 4, 10, 51ff.) als treffliche,
ihren griechiichen Borbildern überlegene Elegien—
dichter hervor, und noch im erften chriftlichen Jahr:
hundert blieb die Elegie Modedichtung. Bejonders
die erotijche wurde bearbeitet.
Eleios, ’Hiziog, Heros von Elis: 1) Sohn des
Bojeidon und Vater des Augeias, König der Epeier.
Paus. 5, 1, 6.7. — 2) Sohn des Tantalos, nad)
dem Elis benannt jein joll. — 3) Sohn des Am:
phimachos, zur Zeit des doriichen Einfalls König
in Elis. Paus. 5, 3, 4.
Elektra, ’Hidzroa (die Strahlende), 1) Tochter
des Dfeanos und der Tethys, von Thaumas Mutter
der Jris und der Harpyien. Hesiod. theog. 265.
— 2) eine der Pleiaden, deren eigentümlicher Sitz
Samothrafe war. Hier gebar fie dem Zeus den
Jaſion und Dardanos (f. d.), der fich im troiſchen
Lande eine Herrichaft gründete, und die Harmonia
(ſ. Kadmos, 2.) Das Palladion ſoll fie nad
Sion gebracht und ihrem Sohne Dardanos über:
geben haben. Das Elektriſche Thor von Theben
war nach ihr benannt. Nach jpäterer Sage war
fie Gemahlin des italiichen Königs Korythos, dem
fie den Jaſion und Dardanos geboren haben joll.
— 3) Tochter des Agamenmon. Sie ift von tiefftem
Hafle gegen die Mörder ihres Vaters, Klytaim—
neftra und Aigiſthos, erfüllt und wird von diejen
aufs unwürdigſte behandelt. (Soph. El. 86 ff.) ; fie
jorgt für die Vollführung der Blutradhe, indem
fie den kleinen Dreftes (j. d.) ins Ausland rettet.
Elektron, fjlsrreor, electrum, hatte jchon im
Nltertume eine doppelte Bedeutung, indem man
Eleios — Elektron.
bald eine Metallmifchung von ewa 4 Teilen
Gold und 1 Teile Silber (Plin. 33, 4. 23; nad)
Olen enthält das vom Schlangengebirge in Si:
birien fommende „Electrum‘ Gold mit einem
ESilbergehalte von 36 Prozent), bald den Bernftein
(Plin. 37, 11, 1.) darunter verftand. Paus. 5, 12, 6.
Selbft für Homer ift die Frage, welches von beiden
darunter zu verftehen, immer noch nicht ganz ent:
ihieden: Millin, Voß und Buttmann erflären es
für Bernftein, Nitzſch, Wahsmuth, Hoffmann u. a.
denken au die Metallmischung. Die Enticheidung ift
nicht leicht, möglicherweije ift e8 an den 3 Stellen, wo
es bei Homer vorfommt, bald das eine, bald das
andere. Denn Od. 4, 73, wo Telemach die Schäße
des Hauſes bewundert, und es in Verbindung mit
Kupfer, Gold und Silber genannt wird, kann mur
an die Metallmifchung gedacht werden; Dagegen
Od. 15, 460 und 18, 296, wo ein mit Elektron
verziertes goldenes Band erwähnt ift, möchte wohl
(don um des Plurals willen, MAexrgoıcır) der
Bernftein und zwar die Bernfteinforallen zu ver:
ftehen fein, die als perlenartige Austattung dienen
mochten. Bereinigen läßt fich beides (nadı Hüll-
mann) durch die Annahme, dab unter Ef. über-
haupt die Edelfteine, ihres jchimmernden Glanzes
wegen (nierrog, Sonne), zu verftehen jeien, da
ſonſt weiter bei Homer feine Edeljteine vorfommen.
Bei Hefiod (scut. 141 ff.) findet es fih am Schilde
des Herafles vor. Der Bernftein, beionders fein
durchicheinender Glanz, wird mehrmals von den
attijchen Tragifern erwähnt; jo nennt Sophofles
(Ant. 1037) das 1jleurgov, Hellgold, Silbergold,
von Sardes. Nach Philemon wurde EI. von ver-
ichiedener Farbe, weiß, wachsartig, rötlich, in
Skythien an einigen Stellen gefunden; Kalliftratos
nennt eine eigene Art desjelben, die von goldähn:
licher Farbe ſei und leicht brenne; Pauſanias (5, 12,5)
erwähnt eines im Tempel des olympijchen Zeus be-
findlichen Bildniffes des Auguft aus El., welches
er dem EI. ald Metall gegenüberftellt; in Vergils
Aneide (8, 624), bei der Beichreibung der Rüftung
des Aineias, ift es ein Metall, welches nebjt Eijen
und Gold von SHephaiftos verarbeitet wird. —
Den Bernftein gebrauchten die Alten zum Räuchern
in den Tempeln und als Frauenſchmuck, befonders
zu Hals: und Armbändern, Fingerringen, Heinen
Gefäßen, Waffenzieraten, Amuletten. Am höchſten
geihäßt wurde der dunkle (hochgelb oder rötlich),
bejonders der von der Ähnlichkeit mit der Wein-
farbe „Falerner“ genannte, am wenigſten der weiße
und wachsgelbe. Der Handel damit war zuerft
in bhoimififchen Händen; doch ift er wahrjcheinlich
ausichlieflich auf dem Wege des Landhandels vom
Baltiichen Meere (Oſtſee) zwischen Oder und Weichiel
über Bannonien und Thrafien ſowie Oberitalien
zu den füdlichen Bölfern gefommen. Die Etrujfer
namentlich jchafften ihn von den Mündungen des
Padus über ihre Städte Hadria und Spina nadı
Griechenland und in den Orient. Daher wird der
PBadus zum Eridanus (ſ. d.), an deſſen Ufern nach
der Sage die Schweftern des Phaöthon, in Bappelu
verwandelt, Thränen um den Bruder vergiehen,
die zu Bernftein werden. Or. met. 2, 364}. In
der römischen Kaiferzeit fam der Bernftein in
ſolcher Menge nah Nom, daß er ganz im Werte
anf. Die Germanen nannten ihn glesum (Glas)
(Taec, Germ. 45), weshalb die Römer eine von
ihnen entdedte vorzügliche Bernfteininfel, Die Aufte-
—
Eleos — Elephantus,
raria oder Anftrania hie, als Gleſſaria (viell. h. YUme:
fand) bezeichneten. Vgl. Waldmann, der Bernftein
im Altertum. Eine hiftor.:philol. Skizze Fellin, 1883).
El&os, "Eisos, Mitleid, hatte als Dämon zu
Athen auf dem Markte einen Altar, zu welchen
rlüchtlinge, die den Beiftand der Athener juchten,
ihre Zuflucht nahmen, wie Adraftos und die Hera:
fleiden. Die Athener waren die einzigen unter
den Hellenen, welche das Mitleid göttlich verehr:
ten. Paus. 1, 17, 1. Apollod. 2, 8, 1.3, 7,1.
Elephantine, ’Eieparrivn, j. Diejiret Aſſuan,
Nitinfel, 7 Stadien unterhalb der Natarakten,
der Stadt Syene gegenüber, mit einem Tempel
des Knuphis und dem Nilmefjer bei der gleich:
namigen Stadt. Hier war die Grenze gegen Nithio-
pien. Hdt. 2, 17. 20. 28. 69. 3, 19.
Elephantis, ’Elepavris, eine Schriftjtellerin
zur Zeit der erften römischen Kaiſer, zeichnete ſich
durd den unzüchtigen lafeiven Ton ihrer Schriften
in Broja und Poeſie aus. Suet. Tib. 43.
Elephantus. Dieſes Tier hat eine doppelte
Bedentung in der alten Gejchichte, in der Kunſt
und im Kriegswejen. A. In der Kunſt. Yange,
che man den Elefanten jelbjt kannte, wurde das
Elfenbein (Z1!pag, ebur) neben Gold, Elektron
u. j. w. zu Verzierungen verwandt. Hom. Od.4,73.
8,404. Paus. 1, 12,4. Homer nennt das Tier
nod wicht, und ZAfpas ijt bei ihm das vielfach
neben Bold und Silber zur Zimmerdeforation ver:
wendete Elfenbein, was es aud) wohl urjprünglich
bezeichnet hat, jo daß das Tier erft darnach be:
nannt worden ift. Herodot iſt der ältefte auf ung
gelommene Schriftfteller, der das Tier mit diejem
Namen benennt. Bei Homer wird das Elfenbein
bei den verichiedenften Gegenftänden angebracht:
ein Schlüffel mit elfenb. Griff fommt Od. 21,7,
ein mit Elfenbein und Silber gezierter Seflel
daj. 19, 56, ein mit Elfenbein, Gold und Silber ge:
ziertes Bett 23, 200, eine Schwerticheide von ge:
glättetem Elfenbein 8, 404 vor. Bor Troja erjcheint
fein Sellene damit, wohl aber hat der Trojaner
Mydon mit Elfenbein geſchmückte Pferdezügel (ZI.
5, 583). Geglättet gab es das blendendite Weiß
(Od. 18, 196); es jcheint auch, daß man es mit
Purpur zu färben verftand (IT. 4, 141), Die
Griechen erhielten aus Indien (wegen der jchöneren
Farbe vorgezogen) und aus Afrika Elefantenzähne
von bedeutender Größe. Durch Spalten und Zer—
jägen (24. gıorog), durch) Erweichung, Spaltung
und Biegung (Sen. ep. 90), eine verlorene, aber
im Altertume jicher vorhandene Kunſt, bildete man
Platten von 12 bis 20 Zoll Breite. Dieje wurden
nun, gewöhnlid mit Gold verbunden (zovosls-
pdrrira eydiuare), zur jchmücdenden Belegung
von Geräten, Waffen, Fhüren u. a., jowie jpäter
zu Bildfäulen verwandt. Die einzelnen, bejonders
nadten Teile wurden durch Sägen, Schaben und
Feilen in Elfenbein dargeftellt und dieje dann über
einem Kern von Holz, Thon und Metallftäben,
meiftens wieder in Verbindung mit Gold, zujam:
mengejebt; doch bedurfte das Zuſammenhalten der
Elfenbeinftüde bejtändiger Yen: Anfeuchtung
mit DI diente befonders zur Konjervierung. Schon
um die fünfzigfte Olympiade wird dieje Kunſt er:
wähnt; die größten Werke des Pheidias waren
diejer Art. — Auch bei den Römern diente das
Elfenbein zu mancherlei Schmud; die sella curulis
beftand daraus (Liv. 27, 4; daher ebur curule,
373
Ov. fast. 5, 51); Bildniffe der Götter (Verg. G.
1, 480), Geräte, bejonders Tiichgefähe, mufitalische
Inſtrumente, wie Flöten, Yeiern u.a. wurden daraus
verfertigt oder wenigitens damit belegt.
Kriegsmwejen. 1) In den Kriegen Aleranders
des Großen gegen Aſien erichienen die Elefanten
zuerjt in dem perjiichen Heere, in geringer Anzahl
von den verbündeten Indern geftellt. Arr. 3, 8.
Paus. 1, 12,4. Aus dem indiichen Zuge entjendete
Alerander 200 Elefanten nad Karmanien. Daß
er jie jelber in jeinem Heere verwenden, doch nicht
die bisherige Hauptbedeutung der Hoplitenphalanz
aufgeben, jondern gerade aus beiden Gründen feine
Verbindung der maledoniichen und perfiihen Na—
tionalwaffen ins Leben rufen wollte, iſt mit großer
Wahricheinlichkeit in der Geſchichte des griechiichen
Kriegsweiens von Rüſtow und Köchly ©. 365 f.
nachgewieſen. Die Nacyfolger Aleranders nahmen
diefen Plan nicht auf, jondern die Stärke ihrer
Heere beruhte ganz auf der Zahl der Elefanten.
Diejelben wurden aus Judien bezogen, weshalb der
dortige Satrap, Eudemos, von allen Barteien viel
umworben wurde. Seleulos beſaß in der Schlacht
bei Ipſos 400 — 480 Sriegselefanten. In der
Schlacht war gewöhnlich ein Leitelefant (nyor-
utvros), auf defjen Erlegung es den Feinden vor—
üglich anfam. Diod. Sic. 18, 33 fj. Ein voll:
Aandig ausgerüfteter Elefant trug einen Turm
auf jeinem Süden, der gewöhnlich mit 4 Bogen:
ſchützen bejegt war zur Dedung und Beihüsung
des Tieres. Der Führer ſaß mit dem Rüden an
den Turm gelehnt auf dem Naden desjelben.
Später verfah man fie auch mit einem Stirnpanzer
(frontale) und pußte fie überdies noch mit blofem
kriegeriſchem Schmud aus, 3. B. durch Federbüſche
(eristae). Lir. 37, 40. Nach Bolyainos (4, 3, 6)
führten die Gegner zur Abwehr der durch Die
Elefanten drohenden Gefahr Schweine bei ihrem
Heere mit fich, die fie mit flüſſigem Pech beftrichen,
dann anzündeten und auf die Elefanten lostrieben,
wo dieje dann durch das Gejchrei und die fenrige
Erjcheinung der Tiere jcheu gemacht wurden und
gegen ihre eigenen Heere umfehrten. Daher gab
Antigonos den Indern deu Befehl, für die Zu—
kunst ſtets Schweine mit den Elefanten zuſammen—
zuhalten, damit fie daran gewöhnt würden.
2)
eine höchſt läſtige Erſcheinung, da beim erſten Zu—
ſammentreffen mit Pyrrhos 282 v. E. ihre Pferde
aus Scheu vor jenen Tieren umbogen und auch
die Reihen des Fußvolls mit in die Unordnung
und Flucht hineinzogen. Liv. ep. 13, 7. Just.
18, 1. Plin. 6, 8. Daher mußten fie, nachdem das
Glück erft einige ſolche Tiere in ihre Gewalt hatte
fommen laffen, die Pferde förmlich an den Anblid
derjelben gewöhnen; bald aud) jahen fie, daß, wenn
diejelben nur erft verwundet wären, fie mit noch
größerem Ungeftüm fich rüdwärts wandten und
unter den Ihrigen gräßliche Niederlagen anrichteten.
Liv. 27, 14. Diejem vorzubeugen, gab Hajdrubal
den Befehl, daß die Führer der Kriegselefanten
in ſolchem Fall diefelben mit einem jpigen Eiſen
den Ohren, wo der Kopf jih an den
aden jchließt, jogleich töten jollten. Lir. 27, 49.
Aber auch mit Feuer konnten fie jcheu gemacht
werden, weshalb die Nömer eigens dazu einge:
richtete (Liv. ep. 13, 38) Wagen, mit Pferden be:
ipannt und mit Soldaten bejeßt, gegen die Ele:
B. Jm :
Für die Nömer waren die Elefanten ebenfalls :
—
374
fantenlinie entſandten, um ſie mit Geſchoſſen und
Feuerbränden zu überjchütten. Schwierig war es,
diefe Tiere über Meere und Flüſſe zu transpor-
tieren; man mußte fie namentlich dadurch täufchen,
daf der Bretterboden der eigens zu dieſem Zwecke
eingerichteten flachen Fahrzeuge mit Erde bedeckt
wurde. Liv. 21, 28. Pol. 3, 46. Bon den Römern
wurden die Elefanten anfangs lucaniſche Ochſen
(bos Luca) genannt, weil fie diejelben zuerjt in
Lucanien jahen, und der Ochſe bis dahin nad
ihrer Kenntnis das größte Tier war. Liv. ep.
14, 34. Nachdem fie deren mehrere erbeutet hatten.
wendeten fie diejelben ebenfalls im Kriege, zum |
erftenmal gegen Bhilipp von Makedonien, an (Liv.
31, 36); doch haben jie nie einen wejentlichen Be:
ftandteil des römischen Heeres ausgemacht. Die
an fih ſchon unglaubliche Nachricht (io (ass.
60, 21: nal maguansvı] Ye El ri; orgareia mol)
tor re üllorv xl Pleparror ngoovveikento), daß
der Kaiſer Claudius auf jeinem Zuge gegen die
Britannier auch Elefanten hatte, iſt höchit wahr:
ſcheinlich eine Berwechjelung mit der leg. V. Alauda,
die das Snfigne eines Elefanten führte. — Man
benußte die Elefanten lieber zur Beluftigung im
Cirkus. Die verjchiedenen Arten von Elefanten:
fämpfen, welche als die Spige und der Glanzpunkt
der venationes gewöhnlich bis zum lebten Tage
aufgejpart wurden (Cie. ad fam. 7, 1), 3. B. gegen
Bären, Stiere, auch mit Bogen bewaffnete Nu:
midier, erwähnen Livius (44, 18) und namentlich
Blinius (8, 6 5.); vgl. Plut. Pomp. 52. Auch noch
unter den Kaijern, 3. B. Commodus (Dio Cass.
72, 10), werden Elefanten im Cirfus angeführt.
Dabei hatten die Römer eine außerordentlich hohe
Meinung von den Eigenjchaften und der Klugheit
diejer Tiere; Cicero (a. a. D.) ftellt fie beinahe den
Menſchen gleich, und Plinius jchreibt ihnen (8, 1)
jogar eine religio siderum, Solisque et Lunae
veneratio zu. Als Zugtiere hat fie zuerft Pom—
pejus verwendet, dann blieb es ein Worrecht der
Kaifer, Elefanten zu halten. Nur dem Gornifticius
hatte Auguftus geitattet, mit Elefanten zu fahren,
jo oft er von einem Gaftmahl nach Haufe zurüd:
tehrte (Dio Cass. 49, 7).
Elephönor, ’Elsprjivop, Sohn des Chalfodon,
Fürft der Abanten auf Euboia, z0g mit gegen
Troja, wo er durch Agenor fiel. Hom. Il. 2, 540.
4, 463.
Eleüs j. Elaiüs.
Eleusinia, r& ’Elsvoirı«, der Kultus der
Demeter und Perjephone zu Eleufis, der gegen
2 Meilen von Athen an der Grenze von Megaris
aelegenen Stadt des gleichnamigen attiichen Demos
(j. Attika, 16.). Wahricheinlich beftand derjelbe
in alter Zeit nur in einfachen ländlichen Feſten,
die fich auf Aderbau, auf Saat und Ernte und auf
Gründung eines gefitteten Lebens bezogen ; jpäter
befam er aber, indem man an die Vorftellung von
dem Erfterben und Aufleben des Samentorns, das
in der Gejchichte der Perjephone fein mythiſches
Gegenbild hat, tiefere religiöfe Ideen über Un:
fterblichteit knüpfte, einen entichieden myſtiſchen
Charakter, er wurde zu einem Geheimfultus, in
welchen der einzelne ſich durch befondere myſteriöſe
Gebräuche einweihen laffen mußte, und deſſen Ge—
heimniffe er auf feine Weife in die Öffentlichkeit
bringen durfte.
Elephenor — Eleusinia.
eingeſetzt ſ. Demeter); zu diefem Demeter: und
Berjephonetult fam aber jchon früh, wahrichein:
lid) aus Boiotien durch die Thrafer, deren Re:
präjentant Gumolpos (j. d.) ift, der Kultus des
Tionyios » Jafchos. In jpäterer Periode machten
die Orphiker ihren Einfluß auf das eleufinische
Götterſyſtem geltend, indem fie, die bisherige
hellenijche Beſtimmtheit der Götterindividuen auf:
löjend, die thrafiich-phrugiichen Gottheiten Rhea—
Kybele, Dionyjos- Jagreus und Hefate mit Demeter,
Jakchos und Perjephone verſchmolzen. — Der eleu—
ſiniſche Dienft wurde in der ältejten Zeit nur von
den GEleufiniern geübt; jeit der Bereinigung von
Eleuſis aber mit Athen zu Einem Staate, die in
der Bejiegung des Eumolpos durd den athenijchen
König Erechtheus mythiſch dargeftellt wird, nahm
Athen an dem Gottesdienit in Eleufis teil und
verichaffte ihm eine weitere Verbreitung. Bon
diefer Zeit an wurden die jährlichen Feſte der
eleufiniichen Götter zum Teil im Athen, zum Teil
in Eleuſis gefeiert, doch jo, daß Eleufis immer
der Hauptſitz des Kultus blieb. Die Feſte bezogen
ji) auf die wechlelnden Zuftände der Periephone,
deren Hinabgang irddodog) zur Unterwelt und
Vermählung mit Hades im Herbſte, wo das Ge:
treide von den Feldern verichwindet und Das
Winterforn in die Erde verjenft wird, durch ganz
Griechenland gefeiert wurde, während man im
Frühjahr ihre Rückkehr (krodog) zur Oberwelt
und zur Mutter, jowie ihre Vermählung mit dem
blühenden Dionyſos beging. Darnadı zerfiel die
eleufiniiche Feitfeier in die des Frühlings und die
des Spätjahrs.
feft die feinen Eleufinien, welche im Monat
Anthefterion (sebruar: März) in der Vorſtadt Agrai
am Iliſos beim Eleufinion vr Hyowıs unter
myſteriöſen, aber im einzelnen nicht bekannten
Gebräuchen gefeiert wurden. Sie jollten dem Hera—
es zu Gefallen geftiftet worden jein, weil diejer
nach den damaligen Gejepen als Fremder nicht
in die großen Elenfinien habe eingeweiht werden
fünnen; vgl. Struve, Bilder: Kreis von Eleufis
(1870). Am Spätjahr feierte man zwijchen der
Ernte: und Saatzeit vom 15. Bordromion (Sept.
Dft.) an 9 Tage lang die großen Elenjinien.
Die Aufeinanderfolge der Tage ift ſchwer zu be:
jtimmen. An den erjten Tagen fanden allerlei
Vorbereitungen zu dem Hauptteile des Feſtes ftatt,
Opfer, Reinigungen und Wajchungen bei einem
Feſtzuge zum Meere (Üiade uvoraı), Falten, lär:
mende Umzüge und dergl. Am jechiten Tage hielt
man auf der „Heiligen Straße” den großen Jalchos—
zug von Athen nach Eleujis, an dem außer den
Prieftern und Obrigfeiten Taujende von Myſten,
mit Myrte und Eppich befränzt, mit Ahren und
Adergerät und radeln in den Händen, teilnahmen.
Der * als deſſen Führer der lärmende Jakchos
alt, nahm wahricheinlich an dem ſtädtiſchen Eleu—
inion, einem Tempel an der Agora an der nord:
weftlichen oder ſüdweſtlichen Ede der Burg, jeinen
Anfang und wurde in der zweiten Hälfte des
Tages unternommen, jo dal; man nach einem Wege
von 2 Meilen mit Einbruch, der Nacht in Eleuſis
ankam. Unterwegs jielen allerlei Yuftbarfeiten vor,
wie die Nedereien an der Brücde über den Kephiſos
bei Athen, die j. g. yeprgısnol.,
als fie die geraubte Perſephone fuchte, ihren Dienft | folgenden Nächten auf der Thriafiihen Ebene an
Am Frühjahr waren das Haupt: :
Nach der An :
Demeter felbjt hatte in Eleufis, | funft in Elenjis wurden in der nächjten und den
ts
=
Eleusis —
der Küfte des Eleufiniichen Bujens und um den
Quell Kallihoros, jowie in dem großen, von
Berifles prachtvoll ausgeführten Myſteriengebäude,
uvotinog onxog (relsorıiigior, uiyagpov, Evd-
»rogor), verichiedene Feſtlichkeiten veranftaltet,
welche das traurige Sucen der verichwundenen
Berjephone und deren endliches freudiges Wieder:
finden darjtellten. Den Übergang von dem Suden
zum Finden, von der Trauer zur freude bildete
der das vorausgehende Faften beichließende Genuß
des xuxeor, des Mijchtrants aus Wafler, Mehl
und Bolei, den einft Demeter nach langem Trauern
und Falten im Haufe des Keleos zu Eleujis zuerft
nenojien haben jollte. Den Schluß der ganzen
Feier machte die ſ. g. Illnuogon, eine Wafler:
ipende aus eigentümlichen Gefäßen, von denen
man mit dem einen gegen Aufgang, mit dem
andern gegen Niedergang jpendete. Die nächtliche
Feier von dem Jakchoszug an bis zur IIAnuoyor,
begingen mwahricheinlid die Myften und Epopten
gelondert an verichiedenen Orten. Die nämlich,
welche fih in die Myſterien einmeihen liefen
(Fremde bedurften bloß eines Attifers als Myſta—
gogen, Einführers in die Myſterien), wurden in
der Regel zuerft an den Heinen Eleufinien im
Frühjahr in die Heinen Myſterien (r@ uıxg& wv-
sorge) eingeführt und —— dann als Myſten
(uvora) im Herbſte desſelben Jahres an den
großen Myfterien (r« ueyala wvorngie) der großen
Elenfinien teil, gelangten aber erſt im folgenden
Jahre an den großen Eleujinien als Epopten
(fröxreı, d. h. Schauende) zur völligen Weihe.
Während nun wahricheinlich die Myſten ihre nächt—
lihen Umzüge auf dem Thriafiichen Felde hielten
und wohl auch in die Vorhallen des Tempels zu:
gelafjen wurden, begingen die Epopten in dem
relsorieior eine geheime Freier, welche bejonders |
in einem heiligem Drama (dg@ue uvorızor) be:
ftand, bei dem ihnen die Geſchichte der Demeter,
der Berjephone und des Jalchos durch VBorzeigen
verichiedener Heiliger Symbole unter Ausrufungen
und Gejängen mit großer Pracht dargeftellt wurde.
Dabei wird bejonders der erjchüitternde Übergang
vom Dunkel zur Helle, von Angft zur freude und
bejeligenden Anſchauungen hervorgehoben. Plutarch
jagt davon (de an. fr. 6, 2, p. 270 der Ausg. von
Hutten): „Zuerſt Irren und ermüdendes Haken:
laufen und durd eine gewiſſe Dunkelheit ängſt—
liche und weiheloje Wanderungen; dann vor der
Weihe jelbjt alles Harte, Schauern und Zittern
und Schweiß und Erftaunen. Hierauf aber trifft
fie ein wunderbares Licht, oder nehmen fie lieb-
lihe Orte und Auen auf, voll Stimmen, Reigen
und ehrivürdig heiligen Geſängen und Erſchei—
nungen.“ Die Epopten jcheinen, analog dem
Schickſal der Perjephone, durch Bilder von Tod
und Scattenwelt zu heiterem, jeligem Leben im
Lichte Hindurchgeführt worden zu jein, aus dem
Tartaros ins Elyſion. So erwedten diefe ſymbo—
lichen Darjtellungen, ohne jedod) von irgend einer
dogmatijchen Belehrung über neue Heilswahrheiten
begleitet zu jein, in dem Geweihten felige Hoff:
nungen über das jenjeitige Yeben. „Dreimal jelig
jene Sterblichen, jagt Sophofles (fr. 753 Naud),
welche dieje Weihen geihaut haben, wenn fie zum
Hades hinabgehen; ihmen it allein ein Leben in
der Unterwelt, den andern eitel Drangſal und
Not.“ Es ift natürlich, daß je nach der Bildungs:
Eleuteti. 375
ftufe der einzelnen ihre Auffaſſungen und Deu:
tungen verjchieden waren; der Ungebildete mochte
fich ziemlich rohe und finnliche Vorftellungen von
dem jenfeitigen Leben machen und die zu erwar-
tenden Freuden nicht als Lohn für einen ſittlich—
reinen Wandel, jondern lediglich als Folge der
Weihe und der Teilnahme au der geweihten Ge-
noſſenſchaft betrachten, während er die Ungeweih:
ten ohne Unterſchied als zu ewiger Bein verdammt
anjah. Darum ließ man ſich oft noch auf dem
Sterbebette in die Myſterien aufnehmen. — Die
Dberaufficht über dieje Eleufinien hatte der Archon
Bajileus, dem 4 vom Bolfe gewählte Epimeleten
zur Seite ftanden, und zwar wurden 2 aus ben
Geichlechtern der Eumolpiden und Kergfen, 2 aus
allen Athenern gewählt. Die Prieftertümer waren
im erblichen Beſitz alter heiliger Geſchlechter. Das
höchite Priefteramt war das des Hierophanten
(feg0pEVrnS, dem eine legoparrıg zur Seite ftand,
d T& uvorjow ÖsıRrbor), welcher dem Geſchlechte
der Eumolpiden angehörte. Ihm lag bei dem
myftifchen Drama das Zeigen ‚der heiligen Sym:
bole (deifıs tor legör) ob. Übrigens jcheint er
diejes wie manches andere mit dem Daduden
(dadodyog) gemeinschaftlich gehabt zu haben, beiden
wird vorzugsweile das uveir 1& ’Elevairıe zu:
geichrieben; eigentümlidh aber muß dem Hiero—
phanten das Singen gewejen jein, wornach das
Bejchlecht der Eumolpiden benannt war, während
dem Daduchen das Ehrenamt des Tradelhaltens
als bejondere Funktion zukam. Das Daduchen:
amt beſaß früher das von Triptolemos ſtammende
Geichlecht der Kallias und Hipponikos, jpäter bis
in die lehten Zeiten des Heidentums die Lyko—
miden. Der Hieroferyr (Herold) und Epibo—
mios (iegoxnjev& und !mıßourog, ö Zmi Bous,
Aufjeher des Altars) hatten ebenfalls mehrere
Funktionen, die ſich bejonders auf die Bejorgung
der Opfer bezogen zu haben jcheinen, gemein. Das
Geſchlecht der erfteren leitete fich von Hermes und
einer Tochter des Kekrops, oder von Keryr, dem
Sohne des Eumolpos, her. Die eleufinifchen Briefter-
geichlechter bildeten einen heiligen Rat, welcher die
FEnynos tor leghr nal dalwor und einen Teil der
Gerichtsbarkeit in betreff des eleufinifchen Kultus
in Händen hatte. — Die eleufiniihen Myſterien
itanden lange bei den Griechen in hohem Anjehen.
Ihren Glanzpunkt hatten fie erreicht zur Zeit zwi—
ichen den Berjerfriegen und der Periode der Auf:
Härung, und jelbft in diejer Periode der Auf:
Härung famen Frivolitäten und Zeichen des Un:
glaubens nur bei einzelnen aus den höheren
Ständen, wie bei Altibiades und jeinen Genoflen,
vor, während der Staat und die Gejamtheit des
griechiichen Volkes die Achtung vor ihrer Heilig:
feit bis in die Kaiferzeit hinein bewahrte. Nach
den Antoninen begannen die Herftörungen in
Eleufis, und nachdem gegen Ende des vierten
Jahrh. die Mönche im Gefolge des Weftgoten
Alarich die heilige Stätte völlig verwüſtet hatten,
hob Theodojius die Geheimfeier ganz auf. — Bal.
D. Müller Art. Eleusinia in der Allg. Encykl. 1,
BD. 33 ©. 268— 296. Baumeifter, Kulturbilder aus
Griechen!. ©. 43 ff. Mommijen, Heortologie ©. 222 fi.
Eleusis oder Eleusin j. Attika, 16.
Eleuteti (zweifelhafte Lesart), eine der galli:
ſchen Völkerſchaften, qui sub imperio Arverno-
rum esse consuerunt (Caes. b. g. 7, 75).
—
5
—
*
-
376
Eleutherai j. Attika, 16.
"ElsvSEgre, ri, 1) ein uriprünglich an die
ältere jpartanische Symmachie angejchloffenes Feſt
aller griechifchen Stämme, welche gegen die Berjer
efochten hatten. Es war nad der Schlacht bei
Eleutberai — Blis.
genannt wird, aufnchmend. Südlich des Vor:
gebirges Ichthys mündet der aus Arkadien font:
mende Alpheios (j. Rufia) (ſ. D.), von deſſen
Nebenflüſſen folgende hieher gehören: rechts der
Erymanthos (Doana), zum Teil Grenzfluß
lataiai zu Ehren des Zeus "EAevfegrog geftiftet | gegen Arkadien, Kladeos, Enipeus; lints der
und jollte jährlih zu Plataiai ftattfinden. Bald! Diagon (arfadiicher Grenzfluß), Dalion, Acheron,
aber wurde ein Lokalfeſt daraus. Strab, 9, 632. | Selinus. In Triphylien Hi zu nennen der Ani—
Plut. Arist. 21. — 2) ein Feſt auf Samos zu gros (Fluß von Hagios Alidoros), der homerijche
Ehren des Eros, der die Männer anfeuere, im | Mervnjiog (77.11, 722), mit dem Nebenfluß Afidas
Kanıpfe für Freiheit und Ehre treu zuſammen- | oder Jardanes, der an der Mündung die ftinfenden
zuhalten. — 3) Feſt der aus ber Sflaverei Frei: | Yagunen von Kaiaffa bildet; noch füdlicher ber
gelafjenen. meſſeniſche Grenzfluß, die Neda (j. Buzi). —
"Eizvdegoidzwreg h. die Bewohner Lako- Der Kylleniſche Meerbuſen, von der Hafenftadt :
niens, Heloten und Perioifen, welche ſeit dem Kyllene benannt, reicht ſüdlich bi zum Vorgebirge
Falle der Macht Spartas zur Zeit des Philo: | Chelonatas; zwiſchen diefem und Jchthys liegt der
poimen für unabhängig erklärt worden waren und | Chelonatiſche Bufen, an den fich jüblich der
in römijcher Zeit einen Städtebund (ro xowor Kypariſſiſche ſchließt.
rar "Elsvdegolannror) bildeten. Es waren ur:
jprünglich 24 zumeift an der See gelegene Städte;
Augufus beftimmte ihre Zahl auf 21. Strab.
8, 366. Paus. 3, 21, 6f.
Elieius j. Juppiter unter Zeus, 9.
Elimeia oder Elimiötia, 'Eidusı«, "Elımörıg,
jübmweftliche Landichaft Makedoniens, zu beiden
Seiten des Halialmon j. VBitritzafl.), mit der
Stadt Elyma. Arr. 1,7,5. Thuc. 2, 99. Liv.
31, 40. 42, 53. 45, 30. Strab. 7, 326. Die Ein:
wohner h. ’Elıuöra. Tihuc. 2, 99.
lis, Mis oder ’Hlsla, nad) dem einheimischen
Dialekte Valid, Valeia, Fälıs, Falsie, „Tief:
land“, weitliche Landichaft des Peloponnes, grenzte
im N. an Adyaia, im D. der ganzen Yänge nad)
an Arkadien, im S. an Meflenien, im W. an
das Joniſche Meer und zerfiel in 3 Hauptteile:
1) Elis im engeren Sinne im N, deſſen weitlicher
Teil das „hohle Elis“, 7) »orlr) "Hiıg, der öſtliche
Gebirgsbezirt Alröreia hieß; 2) Bifatis oder
Pijara in der Mitte, 3) Triphylia, das Ge-
birgsland im S. Dieje anfangs politiiche Ein:
teilung war fpäter bloß lokal. Die Gebirge von
Achaia und Arfadien reichen von N. und DO. ins
Land: der felfige Sfollis (j. Santa Meri) im N.,
wahrjcheinlich die homeriiche wEren Nierin, der
a {j. Dlönos, 2225 m hoch) und Lam—
peia (j. Aftras) mit leuchtendem Schneehaupt im
NO.; ſüdlich daran ſtößt die 600m hohe Hoch—
flähe Pholoë (j. Plateau von Lala) an der ar:
fadiichen Grenze, deren öftliche Nusläufer Kodrıor
und Zxvon» Sdripds (ein Paß) find; durch Tri:
phylien endlich ziehen fidy im weftlicher Richtung
das Phellungebirge (j. Palatia), die Grenze gegen
Piſa bildend, Minthe (ij. Alvena), 1220m hoc,
und Lapithos, die weitliche Fortiehung des Ly—
faion bildend. Die Küfte ift meift flach, jogar
jumpfig, nur 2 Punkte treten dort mit Höhen ber:
vor, das Vorgebirge Chelönätas (j. K. Torueje),
Borgebirge Ichthys (j. Katafolo), in alter Zeit
wohl Heine Inſeln, die durch Anſchwemmungen
mit dem Lande verbunden und zu Halbinjeln um:
gebildet wurden. — Die Bewällerung ift reichlich.
ie Grenze gegen Achaia bildete der Lariſos.
Der Beneios (j. Fluß von Verveni und, nad)
der Bereinigung mit dem Ladon, Gaftuniotifos)
fommt vom Erymanthos und durchitrömt in weit:
licher Richtung das hohle Elis, von ©. her den
eleifhen Ladon (j. Ticheleby), der auch Selleeis
Häfen bietet die Küſte
faft gar nicht. — Das Klima ift geiund und an:
genehm, wo nicht die feuchten Niederungen das
Gegenteil bewirken. In den Ebenen gedeiht Wein:
und Aderbau und die trefflihe Byſſosſtaude
(unter allen belleniichen Landichaften hat E. allein
die Kultur der Baummollenftaude), die Höhen bie:
ten herrliche Weiden, und dies alles, verbunden
mit der heiligen Ruhe, verichaffte dem Lande den
Namen eines ewigen Frucht: und Luftgartens. —
Zu den alten Antohthonen des Dinomaos und
Belops jollen vor Homer 2 verwandte theflalische
Völker, die Epeier und Aitoler (bei der Stabt
Elis), gelommen fein; in Triphulien werden Kau—
fönen und Minyer aus Lakonien genannt;
mehrere Städte der Ießteren wurden von den
Eleiern zerjtört. Udt. 4, 148. Die Bevölkerung
war bedeutend, nad Elinton etwa 186 000 M.
auf 46 (nach andern gegen 60) TIM.; fie ſprach
einen weder zum bdoriichen noch zum agioliſchen
gehdrigen Dialeft. — Städte im eigentlichen
lis: Buprafion, bei Homer (Il. 11, 756) das
weizenreiche genannt, wohl feine Stadt, jondern
eine wohlbebaute Gegend, die jetzt faſt unbewohnt
it; Myrjinos, ſpäter Möyrtuntion, Kyllene,
befeftigte Hafenſtadt von Elis, der anichnlichen
Hauptitadt des Yandes, vom Peneios durchitrömt,
von Oxylos gegründet, doc offen erft 471 v. €.
entitanden, mit Afropolis und 3 großen Gym:
nafien; Bylos, das eleiſche genannt, zum Inter:
ichiede vom triphulifchen und meſſeniſchen, am
Zadon, 70 Stadien nordweitlih von Olympia am
Zuſammenfluß des Ladon und Peneios gelegen ;
Ephura, alte Pelajgerftadt am Selleeis. — In
der Afroreia lagen die feiten Grenzorte Laſion,
Thrauftos oder Thraiftos, Thalamai, Alion,
Eupagion und Opüs. — In PBifatis: Pija
(n Tlio@, Ilioe), alte Hauptſtadt von Pelops'
Neiche, von den Spartanern nach dem Dritten
‚ meflenischen Kriege jo gänzlich zerftört (455 v. E.),
das Weſtende des Peloponnes, und jüblich das |
dak man jchon im Altertum an ihrer Exiſtenz zwei:
felte; Olympia, am rechten Ufer des Alpheios,
feine Stadt, ſondern weitläufige Anlagen von
Tempeln, Dainen u. j. w., am inftuffe des Kla—
deos in den Wlpheios (j. Olympia), befannt
durdy die Kampfſpiele. Bon Ofympia nad Elis
führte am Fuße des Gebirges an der Hüfte hin
die Heilige Straße, an weldher Dyspontion
(1: Porgos) Tag, im Kriege zwiſchen den Eleiern
und Piſaiern zerftört; Darpinna, Kyleſion,
bedeutende Stadt, Yetrimoi (beim heutigen Hagios
Elisa — Emancipatio.
Koannes), Pheia. — An Triphylia: Epita:
lion, das homerische Thryoiiia, ſüdlich vom Al—
pheios nahe der Mündung; Stillüs, am Selinüs,
bon den Spartanern dem Zenophon gejchentt (Paus.
5, 6,4. Xen. An. 5, 3, 7. Hell. 6, 5, 2). Nörblid) |
davon der Feld Typaion, von welchem die Weiber
geitürzt wurden, die bei den olympijchen Spielen |
zugeſchaut hatten. Samikon oder Samos, wichtig |
als militäriicher Punkt, weil e8 den Engpaß zwi:
ichen dem Minthegebirge und den Lagunen ber
Hüfte beherrichte, mit einem Tempel des ſamiſchen
Pojeidon, wo die Bundesfefte der Triphulier ge: |
Das triphuliihe Pylos (nicht,
feiert wurden.
Neftors Sitz, ſ. Pylos) am Mamaosfluſſe, Le—
preos (j. Strowitzi), Epeion, das homeriſche
cñuritou Alxö, Pyrgos u. a. Strab. 8, 335 ff.
Val. Eurtius, Peloponnejos II ©. 3. Burfian,
Geogr. von Griechenland II ©. 267 ff.
Elisa (Elissa) j. Dido.
Eiltuevıov, eine Hafenabgabe in Athen für
die Benußung des foftipieligen Hafens, deren Höhe
fich nicht mit Sicherheit angeben läßt und die nicht
mit dem Aus: und Eingangszoll, welcher '/,. des
Wertes betrug (werenxooen), verwechſelt werden
377
*
Elpinike j. Kimon, 2.
Elusätes, galliiches Volk in Aquitania mit der
Hauptftadt Eluja, j. Ruinen Eintat bei Eauze.
Caes. b. q. 3, 27.
Elymäis, ’Eivuels, Landichaft in Sufiana an
der Grenze von Perſis (im A. T. wird ganz
Suſiana Elam genannt), bewohnt von einem mäch—
tigen und friegerijchen, aber zugleich räuberijchen
Volfe, den Elymaiern, welche ſich beionders als
Bogenichügen hervorthaten. Strab. 16, 744 f. Liv.
37, 40.
Elymos oder Helymos, "Elvuog, ein Tro-
janer, natürlicher Sohn des Anchijes, Bruder des
Eryr, welcher vor Aineias mit Segeſtus oder
| Ageitus, Aceſtes (ſ. Aineias) nah Sicilien ins
‚ Gebiet der Sifaner an den Fluß Krimiſos wan—
‚derte. Die hier ſich anfiedelnden Trojaner nann:
| ten fih nah ihm Elymer.
' Eiysii oder richtiger Elisyi werden von Tacitus
‘(Germ. 43) zu den Völkern Ingiichen Stammes
gerechnet. Aus Vergleihung mit Ptolemaios, der
‚eine Ortichaft Lugidunum (nad) der Gradbeſtim—
mung das heutige Liegnig) nennt, hat man die
| Gegend des jegigen Dis in Schlefien als Wohnfig
darf. — Die Perjonen, welde mit dem Einneh: dieſer Völferjchaft beftimmt.
men dieſer Abgabe beichäftigt waren, hiehen ZAA:-
uerısral, Hafenzöllner. Sie ftanden im Dienſte
der Zollpächter (relöveı, j. d.) und hatten nament:
lich auch darauf zu achten, daß feine Umgehungen
vorfamen.
Ellopia, ’Elloxie, 1) Heine Landichaft im N.
der Inſel Euboia am Borgebirge Kenaion. Adt.
8, 23. — 2) alter Name der von den Ellopes oder
Hellopes bewohnten Umgegend Dodonas und einer
gleichnamigen Stadt.
Elogia ftammt nicht etwa von ZAsyeior, weil
die römische Sitte nichts mit jenem griechijchen
Namen gemein hat, jondern von eligere und be-
zeichnet zunächit die hiftoriichen Aufjchriften, mit
welchen in den Stammbäumen (stemmata) der Ge—
ichlechter diejenigen Familienglieder, welche curu:=
liiche Amter befleidet hatten, ausgezeichnet wurden.
Später wurden dergleichen Familiendenkmäler aud)
in Tempeln aufgeftellt, deren noch vorhandene
Beijpiele Mommijen (Corp. I. L. I p. 277 ff.) ge:
jammelt hat. Seltener fcheinen diejelben an Sta:
tuen und Hermen angebracht worden zu fein. Erjt
Auguftus ließ auf dem nad) ihm benannten Forum
Statuen berühmter Römer von Aineias und Ro:
mulus an aufitellen (Suet. Oct. 31. Hor.od.4, 8, 13)
und mit Elogien verjehen, von denen eines auf
Marius jicher, einige andere wahrjcheinlich erhal:
ten find, Much in andern Städten wie Arezzo,
Pompeji find dergleichen gefunden. S. Mommjen
a. a. D. ©. 288. Erft dadurch ift Klarheit in
dieje Denkmäler gekommen, die man bei Zell (die
römijchen Elogien, 1847) oder Söttling (Opuse.
p. 139) durchaus nicht findet.
Elpönor, ’Eirrjvog, einer der Gefährten des
Odyſſeus, jung und Teichtfinnig. Bei ihrem Aufent:
halte bei Kirfe hatte er fich am Abend vor der
Abfahrt zur Unterwelt trunfen auf das Dad) des
Hauſes zum Schlafe gelegt, ftürzte in der Nacht
bei dem entftehenden Lärm des Aufbruchs herab
und brach den Hals. An der Unterwelt veripricht
ihm Odyſſeus, ihn zu bejtatten, was bei jeiner
Rückkehr zur Inſel der Kirke geichieht. Od. 10, 552.
11, 51 ff. 12, 10.
Elysion, ’Hivcıor redlor (Flur der Hinkunft),
ipäter bloß ’Hivcıor, Nijoo: uaxdoor, Insu-
lae beatorum, fortunatorum, Ins. for-
tunatae. Bei Homer (Od. 4, 563 ff.) ift es ein
ichönes Gefilde, "Hivoror nedlor, am Wejtrande
der Erbe diesjeits des Dfeanos, wo die Menſchen
mühelos in Seligfeit leben; dort ift fein Schnee,
fein Winterfturm und fein Regen, jondern ewig
wehet leiſer Zephyr herüber von dem Dfcanos, die
Menschen zu kühlen. Da wohnt der blonde Rha-
damanthys, und dahin kommen auch andere Lieb—
linge des Zeus, ohne den Tod zu jehen, tie
Menelaos, weil er ein Eidam des Zeus iſt. Bal.
Eur. Hell. 1676. Heſiod (op p. et d. 167 ff.) jpricht
von Inſeln der Seligen, vjcor uexdgwr, an dem
Dfeanos, wo die Heroen des vierten Menjchen-
geichlecht3 unter der Herrſchaft des Kronos nad)
dem Tode ein jeliyes Leben führen. Pindar (ol.
2, 61 ff.) macht einen Unterjchied zwijchen Elyſion,
dem unter der Erde befindlichen Aufenthalte der
Guten, und den Seligen Inſeln. An diejen leßteren
Ort des höchſten Glüdes kommen nach orphiſch—
pythagoreiſcher Lehre diejenigen, welche dreimal
unſtraͤflich den Kreislauf durch Ober: und Unter—
welt Elyſion) durchwandelt haben; hier ift die
Burg des Herrichers Kronos, der ſich den Rha—
damanthns als Beifiber und Nichter erwählt hat;
es wehnen da Peleus und Kadmos und Adhilleus.
— Die lateinischen Dichter folgen den Griechen
in ihren Schilderungen des Elyfiums. Vergil
(A. 6, 541 ff.) bringt es wie die jpäteren Griechen
in Verbindung mit der Unterwelt. Man ſuchte
dieje Phantafiegebilde auch in der wirklichen Welt
(Eanariihe Inſeln, Madeira), jo daß von einer
Auswanderung dahin die Rede fein konnte (Tor.
epod. 16, 41. Plut. Sert. 8).
Emaneipatio,. Die Freilaffung des Sohnes
aus der väterlichen Gewalt wurde bewirkt, indem
der Bater vor dem Magiftratus feinen Sohn au
einen dritten (pater fidueiarius genannt, der Ber:
trauensvater, welcher den Sohn nicht behalten zu
wollen veriprochen hatte) mit feierliher Man:
eipation zum Scheine dreimal verkaufte, denn bie
318
XII Tafeln jagten: si pater filium ter ve-
num duit, fılius a patre liber esto. Nach
jedem der 3 Scheinverkäufe remancipierte der Ber:
trauensvater den Sohn an den wirklichen Bater |
(iducia inter bonos agier, Cie. off. 3, 15), worauf
diejer den Sohn förmlich in Freiheit jeßte, jo daf |
diejer nun micht mehr in der patria potestas
ftand, ſondern sui juris wurde. Erſt in den legten
Zeiten der Kaiſer famen dieje eigentümlichen For: |
malitäten außer Gebrauch.
Emathia, ’Hucdie, alter Name von Mafedo-
nien (Hom. Il, 14, 226), davon eine Landſchaft
Matedoniens zwiſchen den Flüſſen Haliakmon und
Arios, durchſtröͤmt von dem Ludias, der Urſitz
des mafedonifchen Königtums, mit den Städten
Beroia, Nigaiai oder Yigai, jpäter Edeija,
wo Philipp 11. ermordet wurde, Europos, Ido—
meine, Kition, Kyrrhos u.a. Auch eine Stadt
diejes Namens wird erwähnt (Ziv. 43, 7. 44,44).
‚Emathion j. Eos.
Eußerngıov, 1) ein Marichlied in Anapäjten
(Tyrt. fragm. 15. 16 Bergb) und die Marichmufif
bei den Spartauern, auf Flöten von hellem Ton
(anLoig Lußarnglorg) geblafen; 2) ein bei der
Einichiffung dargebrachtes Opfer.
Emblöma, Zußinue, eine metallene fompafte
Neliefplatte, welche mit Blei in andere —— 4
gefäße eingelötet wurde und zu deren Schmuck
diente. Dünnere Rlättchen und Streifen, welche nicht |
ein, ſondern aufgelötet wurden, hießen erustae.
Andeutungen j. Cie. Verr. 4, 23. Auch die in die
Moſaik-Fußböden eingelegten feineren mufivischen
Stücde heißen emblemata vermiculata. Lueil. bei
Cie, de or. 3, 43, 171. or. 44, 149. Brut. 79, 274.
Embolima, ’Eußoluue, Stadt in Judien (Arr.
4,28, 7), von Eurtius (8, 12, 1) Ecbolima genannt.
Embolium, Zußölor, bezeichnet ein Spiel,
das den Zwiſchenraum zwijchen der Aufführung
von 2 Dramen ausfüllt, komiſchen Inhalts oder
den Tänzen der Mimen entiprechend. Auf leßteres
führt die Anwendung bei Cie. Sest. 54, 116. Die
Mime Galeria Copiola zur Zeit Sullas heißt bei
Plinius (7, 47, 158) enıboliaria, tie exodiarius.
Uber den Uriprung des Namens Arist. poet. 18.
Emesa, "Euss«, bei den Byzantinern —
ji. Homs, Stadt in Syrien, öſtlich vom Orontes— |
fluſſe, ſpäter Hauptſtadt der Provinz Phoinikia
Libanejia, unter Caracalla römijche Kolonie, Bater:
ftadt des Alerander Severus. An dem prächtigen
Sonnentempel war der Kaiſer Heliogabal Ober:
priefter. Im J. 273 n. E. ſchlug Aurelian bier |
die Zenobia. Herodian. 5, 3. Vopise. Aurel. 25.
Emmaüs, Euucoos, jpäter Nifopolis, j. Am: |
twäs, nad) %. Latrun, Stadt in Paläftina an der
Emathia —
ſchaft in Mgrigent.
‚ andere.
Eimpedokles.
den zu haben. Teleftes, ein Tänzer des Aiſchylos,
joll den Inhalt der Gejänge durch Tanz zu ver:
finnlichen bejonders berftanden haben. Als eine
bejontere Art der Emm. wird der Eipiouös ge:
nannt, entweder ein Schwertertan;, da der Chor
oft aus Bewaffneten beftand, oder weil man durch
Ausftreden der Hand den Gebrauch und die An-
wendung des Schwertes nachahmte.
Emmenidae, ’Euusvidaı, ein edles Geichlecht
in Gela und Agrigent, feiteten fich von Polyneiles
ab. Durch fie wurde der Tyrann Phalaris geftürzt
um 550 v. E.; jie führten dann ſelbſt die Herr—
Der berühmtefte unter ihnen
war Theron 488 — 472, Teilnehmer an dem Siege
bei Himera, deſſen grauſamer Sohn Thraſydaios
vertrieben wurde, 470. Pindar war mit ihnen
verwandt und befreundet. Pind. ol. 2,5. 3, 38.
"Euunvor dizaı find in Athen jolche Prozeſſe,
in denen die Enticheidung innerhalb des dreißigſten
Tages nach der Anhängigmahung der Klage er:
folgen muß. Es gehören dahin die dia Lumogı-
x, Zoarınal, werokkmar, mogoındg und einige
Demosth. Apatur. 23. Halonn. 12.
Emödi montes, ro 'Wuwdor Ögog oder ö 'H.,
‚d. i. Himöta — Schneegebirge, jept der öftliche Teil
des Himalayagebirges, beginnt im W. am Imaos
und ftreicht in gleicher Parallele mit dem Tauros
im jüdöftlihen Bogen durch India extra Gangem
bis nach Serica hin. So Plinius (6, 17, 21) und
Btolemaios; nach andern hieß jo die nordöftliche
Fortſetzung des Parapanijos (j. Belurtagh).
Imaus.
"Euraoıs, doriſch das Recht des Grundbeſitzes
in einem fremden Staate (attijch Eyarnars); |. aud)
ZEVOR.
Empedökles, 'Eunsöorkjs. der Philoſoph, geb.
aus einer edlen und reichen Familie in Agrigent
um 490 v. E. Wie jein Water Meton teilgenom:
men an der Vertreibung des Tyrannen Thraiy:
daios 470, jo ftürgte er 444 die Nriftofratie, jchlug,
für politijche Freiheit begeiftert, die ihm angebotene
Königswürde aus und führte eine reine Demo-
fratie ein. Er jcheint, einen Ausflug nach Thurioi
—5* in der Heimat geblieben zu jein; im
” eren Alter aber, als er die Bollsqunft ver:
oren hatte, verlieh er jeine Baterjtadt und ging
nach dem Peloponnes; jeinen Feinden gelang es
jeine Rüdfcehr zu hindern, und er ftarb in der
Fremde um 430. Ausgezeichnet als Staatsmann,
Naturkundiger, Philoſoph, Redner und Arzt, galt
E. zugleich als bejonderer Liebling der Götter, im
Leben als Wunderthäter, nachher als Heros. Be—
wunderung feiner freunde und Haß feiner Feinde
hüllten die Geſchichte jeines Lebens und bejonders
e
—
Strafe von Joppe nach Jeruſalem (22 Millien ſeines Todes in ſchwer zu entwirrende Fabelu—
oder 176 Stadien entfernt), wurde mehrmals er: | Bei geringerem Maße der Wirkſamkeit gleicht er
obert und verbrannt. — Berichieden davon ift ein | dem Pythagoras, wenn er auch feine Genofjen:
zweites Emmaus, 60 Stadien von Jeruſalem, j. ſchaft ftiftete wie diefer. Er beichränfte ſich nicht
Cubeibi, wo eine Kirche an dem Orte fteht, da | auf naturphilojophiiche Spekulationen, jondern übte
Ehrijtus den Jüngern das Brot brach. Ev. Luc. | audy eine politiiche Thätigkeit (vielleicht nicht jern
24, 18. | von der Aufftellung einer gewiflen politiichen
Euneisıe hieß der Tanz im der griechifchen | Theorie) und war der erfte, der theoretiſche
Tragödie. Er war im Gegenſatz zu dem Tanze der | Grundjäße öffentlicher Beredſamkeit aufitellte. —
Komödie Kordax) und des Satyripiels (Sikinnis) E. hinterließ bloß poetifche Schriften, die einen
würdig, ernft und gemefien, ohne deshalb aus: | Übergang bilden von den mythiſchen Kojmogonien
drucksvolle Pebhaftigleit auszufchliegen. Er jcheint | zur eigentlihen Spefnlation. Sein Hauptwerk
hauptjächlich in einer dem Inhalte der Chorgefänge | wird unter dem Namen megi pucswg (Puoınd)
angemefjenen Geftifulation mit den Händen bejtan: angeführt, es umfahte 2000 Verſe in 3 Büchern,
"Eurtiogor — "Eurtogog. 379
wovon das erfte die allgemeinen Gejeße des Seins | Erponent, des ägyptiſchen Wejens ift, und daf; alle
und die Lehre vom AU, das zweite die Entitehung ſicheren Überlieferungen über die Weltanſchauung
der einzelnen Naturwejen, das dritte die Bildung der Agypter ſamt den Bild- und Bauwerken, die
und Entwidelung des Menjchen, bejonders die, auf uns gelommen find, ganz einfach mit der Yehre
Lchre von der Seele, enthielt. Die radtapuor (an:
geblid; 3000 Berje) waren eine Art Ethil und
enthielten vielleicht die Lehre von der Seelen:
wanderung; außerdem wurde ihm beigelegt ein
Aoyos largırög, ein Ärztliches Lehrgedicht, ſowie,
jedoch ohne Gewähr, Tragddien und mehrere poli⸗
tiiche und Hiftoriihe Schriften. E. jchrieb im
ionischen Dialekt und wurde zu den Muftern des.
harten und ftrengen Redeſtils gezählt; die zahl:
reichen Fragmente beurkfunden eine bilderreiche und.
gedanfenjchwere_ Darftellung. Die Fragmente find
gejammelt von Sturz (1805), Karjten (1838), Stein
(1852) und von Mullach in den Fragm. philosoph.
graec. (1860). — Wie E. der Schüler des Anara= |
goras, Parmenides, Pythagoras, Herafleitos u. a.
genannt wurde, jo jcheint er verjucht zu haben, liche Schule genannt,
die ioniſche She die eleatiiche Metaphyſik und |
die pythagoreiſche Harmonienlehre zu kombinieren. |
In der mythiſch-poetiſchen Entwidelung erjchienen
folgende Hauptpunkte: Nichts entfteht und vergeht,
Werden und Vergehen ift nur Mijchung und Tren= | der ihr
nung Des Gemilhten. Urſprünglich jind 4 Eile:
mente (Sıonere), mpt hiſch enannt: Zeug —
"Hen re geg£oßıog EAN Aldo
wreug Noris # n|ins 2
dargvössce, daneben 2 geftaltende Prinzipien, | von Kos,
des E. zufammenjtimmen und darin ihre Erflä-
ruug Finden.
kEureiogor, Beamte in Sparta zur Aufficht
über das Marftweien, wohl mit richterlicher Ge—
walt in ihrer ————
Emphyteusis, Lugpoörtvois, ein dem Eigen:
tum nahe stehendes dingliches Pachtverhältnis und
unjerem „Erbpacht“ analog. Dasjelbe bildete ſich
erjt im 3. Jahrh. n. C., und zwar in Griechen:
land, wo faijerliche Grundftüde gegen eine gewifle
Abgabe (pensio, reditus, vectigal, canon) in
Erbpacht gegeben wurden. Die agri vectigules
der republikaniſchen Beit hatten viel Ähnliches mit
dieſ ejem —— Verhältnis.
mpirici, Zumeigixoi, wurde diejenige ärzt—
die im Gegenſatz der dog:
matiſchen, welche auf Spekulation und allgemeine
Theorien ihre Kunſt begründen wollte, den von
Hippofrates vorgezeichneten Weg der Erfahrung
betrat, fich aber freilich auch in dem Kampfe mit
egenüberjtehenden Schule oft zur un:
wiſſenſcha tlichen, materialiſtiſchen — hin:
reißen ließ. Sie beftand etwa von 280 dv bis
2. Jahrh. n. E.; ihr Stifter war PBhilinos
he erloſch mit dem bejonders gefeierten
pılda und veinog. Dieje 6, die auch Seelen und Lehrer derjelben, Theudas von Laodikeia.
Götter genannt werden, find urſprünglich verbun:
den im opeipos (mythiich geichildert ald das gol: |
dene Zeitalter, in welchem Kypris allein in der
Welt herrichte), welcher geiftig aefaht die Welt:
harmonie ift, die Einheit des Alls und der wahre
Gott, materiell das Zujammenjein der Elemente,
das Chaos. Durch die Macht des veinog fommt
Bewegung in die Elemente, jie trennen fich; die
pille aber verbindet fie wieder zu Geſtalten. Durd;
ein Auffteigen von jchlecht verbundenen Bildungen
zu volltommneren — anismen entjtehen die Tiere;
die höchſte Stufe ijt der Menich, im welchem das
euer und die pılda vorwalten; die Seele aber
ftcht als eine Vereinigung aller Elemente mit
allem in Berbindung; jo ruht das Erfennen und
Denten in den Sinnen: die vonaıg ift aisdnaıg.
— Doch fommt €. dabei aud) auf ein höheres
Geiſtiges, wenn er eine reden Övvanıs erwähnt,
Emporium, Zumögıor, hieh der Stapelplat
der Waren, aber auch jede vorzugsweije dafür ge:
eignete Stadt; der Tummelplag der Großhändler
(vgl. "Eunogog). Das berühmtejte war im Bei-
ratens zu Athen, wo der jür Handelsichifie be:
jtimmte Teil des „großen Hafens“ mit diejem
Namen bezeichnet ward, demmächjt auch die Um:
gebung des Hafens mit jeinen Magazinen (sro«d),
dem Bazar für Proben, welcher zugleich als Börie
diente re Jeiyua). — In Rom war ein empo-
rium am Wventinus, angelegt von den Äüdilen
M. Ämilius Lepidus und 2. ümilius Paullus,
193—174 v. C.
Emporium, EmporTae, griechiich ’Eurogsiov
und "Eurögıeı, Stadt und Hafen ber Indigetes
in Hilpania Tarraconenfis an einer ins Mittel-
ländiſche Meer vorjpringenden Spite der Pyre—
näen, j. Ampurias; uriprünglich phofaiische Kolonie
einen inneren Drang des Gleichen zum Gleichen, | von Maſſilia aus, jpäter blühendes römisches Mu:
als oberes Prinzip in dem wechjelnden Objiegen | nieipium und von Gäjar begünstigt. Strab. 3, 159.
der wiberjtreitenden Kräfte, fowie einen Ölnaiog |
koyos ovraywvıföusvog ri) pehle, auch Moöo« |
beruht auf einem Großhändler, unterjchieden vom «trorwing und
allgemeinen ewigen Weltgeſetz (kvdyan), überall | »drnkog.
genannt. Die Ethik des E.
durch Luft und Himmel verbreitet; damit wird
verbunden eine pythagoreiſche Aitetik und Diaitetik,
damit die durch Verbrechen verunreinigte Seele
durch Reinigung und Läuterung wieder ſich er—
hebe und in ihre frühere Stellung gelange; dazu
dient auch die Wanderung durch Tiere und Pflanzen.
Hier ift es indes jchwer, in der poetijchen Eintlei-
dung den wahren Kern zu erfennen. Neben der
Seele werden auch Daimonen erwähnt, die dom
Sphairos Losgerifjien und verbannt find, ſowie
neben den obgenannten Göttern auch die Götter
der Bolfsreligion, —- In der Monographie: Empe:
dofles und die Äghpter, von A. Gladiſch (1858)
wird der Nachweis verfucht, da E. gleichjam der
Liv, 21, 60. 26, 19.
"Eunxogo 6 uxcolu, vgl. Mercatura), der
Der atromwing verkauft die don ihm
jelbjt produzierten Waren, wie der Landmann, der
die Landesprodufte zur Stadt bringt, der Hand:
werfer, der jeine Waren, das Mädchen, das jeine
Kränze feil bietet. Der »dmrnkog iſt dagegen der
Kleinhändler, Krämer, Detaillift, der aufgelaufte
Waren, befonders auch Eßwaren, auf dem Marfte
oder auch jonit in der Stadt in VBerfaufsbuden
und Läden (xamnleiae) wiederverfauft (daher auch
mahıyadmankog). Übrigens war das Gewerbe des
»crenkog Vo dverachtet, daß nur Leute aus der
niedrigjten Volksklaſſe ih damit abgaben (daher
eyopalog Bezeichnung eines — Menjchen).
Angejehener war der Großhändler, wenngleich aud)
die perjönliche Ausübung diejes Gewerbes wohl
380 "Eureogog.
nicht zu allen Zeiten frei von Makel war. Die Bequemlichkeit des heutigen Handels, namentlich)
Zurooie umfaßt den geſamten großen Handels: | der Kommiffionshandel, fehlte den Alten. Der
verfehr zur Sce, und bereits im heroischen Zeit: | Eigentümer der Ladung fuhr jelbft mit oder jchidte
alter finden ſich Spuren derjelben (Od. 1, 184. | einen zuverläffigen Bevollmächtigten mit. Schiffs:
Il. 7, 467. 23, 740 ff., Taufchhandel), wenngleich | eigentümer oder Needer waren gewöhnlich mehrere
in dieſer Zeit die Phoinifer, mit denen jchon früh beiſammen, doch auch einzelne legten ihr Geld auf
die Kreter wetteiferten, die eigentlichen Vermittler | dieje Art an. Das Geld zu Handelsunternehmungen,
des großen SHandelsverfehr3 waren. Verbunden | die meift von Fremden betrieben wurden, pflegte
findet fi der Seehandel damals noch mit der | von Kapitaliften gegen Verpfändung der Ladung
für nicht unehrenhaft geltenden Beichäftigung mit bis zu 36 Prozent verlichen zu werden. Davon
der Sceräuberei. Thue. 1,5. Der Saupthandels: | verjchieden ift die Bodmerei, die darin bejteht, daß
plaß für jene Zeit war in Griechenland Korinth, | der Reeder zur Ausrüftung des Schiffes zu einem
allmählich famen andere Staaten, wie Nigina, Chios den landesüblichen bei weitem überjteigenden Zins:
und Athen, empor; die Richtung auf die Sce und fuß Geld aufnimmt, wofür dann das Schiff nebit
in die Ferne Äpricht fich ichon im Argonautenzug Yadung jelbit Unterpfand war. Der Gläubiger
und im trojaniichen Ariege aus und war durch übernimmt alle Gefahr für Schiff und Ladung;
diefe Unternehmungen gefördert worden. Die | Fahrt und Nüdfahrt (da das Sarsınur meiſt du-
Schiffsbaukunſt wird ausgebildet (ber Korinther | poregörkov» d. h. für Hin: und Rückfahrt ge:
Ameinofles baut den Samiern die erjten Trieren); | geben ift, röxog vavrınög duporsgörkovg) tit dem
die Griechen treten in die erjte Reihe der ſee- Reeder vorgejchrieben, die Fälle, wo er von ber
fahrenden Nationen; daher das Übergewicht der | angegebenen Fahrt, in Hoffnung auf größeren
Küftenftaaten gegen die Binnenlandichaften. Be: | Gewinn, abweichen darf, find feftgeiegt, willtür:
günftigt wurde der SHandelsverfehr durch demo- | liche Abweichungen werden meift mit einer feſt—
fratiiche Berfaffungen, obichon das oligarchiiche | geſetzten KRonventionalftrafe gebüßt. Die Nüdzah:
Korinth, wie im Mittelalter Venedig, ftets einen | lung erfolgte bei Darlehen auf einfache Hinfahrt
hohen Rang einnahm. Der Hanpthandelsplag twurde | (Fregönriovs) nad) Vollendung der letzteren an
aber Athen, das feine hervorragende Stellung in
diefer Beziehung auch nach dem peloponnefiichen
Kriege behielt. Die Entwidelung der Scemadht
hatte natürlich auch die Entwidelung der Handels: |
marine mächtig gefördert und unterftüßt. Dazu
Perſonen, weldhe die Gläubiger gewöhnlich mit:
ichidten, bei Darlehen auf Hin: und Nüdfahrt
(&uporspörkovg) nach der Zurückkunft des Schiffes
an die Gläubiger felbit. Zahlte der Schuldner
nicht, jo fonnte ſich der Gläubiger nicht nur an
famen noch mannigfache ftaatliche Einrichtungen, | Schiff und Ladung als Hupothef, jondern an das
die dasjelbe Ziel vor Augen hatten, Befreiung
anze Kapital des Schuldners halten. Erlitt ein
der Seefahrer vom Kriegsdienfte, Beltimmungen | Schiff oder eine Ladung bedeutenden Schaden auf
über Maße, Gewichte und Handelsrecht, Beamte, | der Fahrt, jo übernahm der Gläubiger als Ber:
Handelöverträge mit andern Staaten (svußoA«, | ficherer dieſen Verluſt und erhielt dafür die Über:
1. Erxinrog aokıs). Die Vertretung der ein- |refte der Ladung oder das Wrad. — Durdy Ale:
zelnen Staaten im Auslande in Handelsangelegen: | anders Eroberungen erlitt auch der Handelsverfehr
ee hatten die mod&eron, die mit unferen Kon- große Ummwandlungen, und Alerandreia wurde das
uln verglichen werden können (vgl. moo&erog unter — * für den Welthandel, der ſich unter
Z£vog). Nach Athens gänzlicher Schwächung | der römijchen Herrichaft direft bis nach Indien
blühte eine Zeitlang noch der Handel von Rhodos. | und in das Innere don Afrika erftredte. Der
Ein Reſultat der Handelsthätigkeit und des See: | Mittelpunkt für den eigentlich griechiichen Verkehr
verfehrs waren die zahlreichen griechiichen Aflanz- wurde Rhodos. — Geregelt wurde der Verkehr in
ftätte, die die Küfte des Mittelländiichen Meeres | Athen durch die vouoı Zumogıxol (aud) röuos
bededten; dal; das Emporblühen diejer jelbft wieder | Zumogırög Folleltiviich). Namentlich war die Aus—
auf den Verkehr wirkte und denjelben auferordent: | fuhr von Bauholz und Getreide ftreng verboten,
lich hob, ift natürlich, zumal da durch die Kolonien | die Einfuhr aber bejonders begünſtigt; daß jedoch
der Berfehr mit den im Innern des Landes woh: |durd Colon alle Ausfuhr mit Ausnahme des
nenden Barbaren ermöglicht und vermittelt wurde. | DIS verboten worden jei, ift ein Irrtum Plu—
So bildeten fich bejonders folgende Straßen für tarchs (Sol. 24).
Deito ftrenger aber waren auch
den großen Handelsverfehr: 1) die öftliche, nad) | die Strafen gegen Übertretungen der Handelsgeſetze.
der Küſte Kleinaſiens und ins Binnenland, mit
dem Haupthandelsplatz Ephejos; 2) die nordöftliche, |
von den KyMaden durch das Aigaiische Meer nad)
Thrafien, der Propontis und dem Pontos; Haupt:
pläge: Pantifapaion, Phanagoria, Olbia, von wo
Das Bedürfnis nach Getreide war fo groß, daß
Ausländer, die mit Getreide in Athen einliefen,
wenigftens 2 Pritteile davon in Athen verlaufen
mußten. Gegen Spekulanten war ein Gejek ge:
richtet, welches bei Todesftrafe den Anfauf von
Strafen tief ins innere Skythien gingen; 3) die | mehr als 50 Scheffeln Getreide auf einmal zum
jüdöftliche und füdliche, nach Kypros, Agypten und
Kyrene, von da in das Innere von Airit
platz war Naufratis; 4) die nordiveftliche, nach dem
Konifchen und Adriatiſchen Meere (Epidamnos);
5) die weitliche, bis an die Säulen des Herkules
(Maflalia). Die Gegenftände des Großhandels
waren die mannigfaltigiten, beionders Getreide
(aus den Kolonien am Simmeriichen Bojporos,
Sicilien, Agypten), griechiiche Weine, Schiffsbau—
holz, Sklaven, Haustiere, Metalle u. j. w. — Die
eigenen Vorrat verbot. Die Prozefle, die aus dei
a; Haupt: | Handelsverhältnifien entſtehen, aljo alle Prozeſſe
von Kaufleuten, inſofern ſie ſich auf die Zumogie
beziehen, heißen Ira Zurogınad. Natürlich konn:
ten auch hier Übertretungen ftattfinden, die einem
Kriminalverfahren unterivorfen . waren (vielleicht
begreift der Ausdrud Irxaı Lurogıxal auch dieje
Fälle in fich). Gegen derartige Übertretungen
wurde pdoıg angewendet; die Fälle gehörten vor
das Forum der Zrıueintal rod Zumoglov ober
Emptio venditio — Enkaustik.
der Thejmotheten. — Au Eivilprozefien waren
ebenfalls die Thejmotheten Vorjigende. Das Ge-
richt wurde aus Sachverſtändigen zujammengejeßt,
namentlich den Nautodifen ie Prozeſſe fanden
in den Wintermonaten vom Boẽdromion bis zum
Munychion ftatt. Dieſe Iaaı waren Fuunror,
d. h. zwiichen der Anhängigmadhung und Entichei:
dung durfte nur Ein Monat verfliehen. Der |
unterliegende Teil hatte, bei Vermeidung augen- |
blidliher Einterferung bis zur Bezahlung, dem |
Urteile jogleich nachzuklommen. — Wenn auch im
allgemeinen alle Waren im Handel gleich waren |
381
Endrömis, eine grobe, warme Dede {vestis
villosa), die die Athleten nach vollendeter Übung
umbingen, um fich nicht zu erfälten. Urjprüng:
lich ift Zrdeouig der Jagdſtiefel; das Wort hat
bei der Berpflanzung eine andere Bedeutung er:
halten.
Endymion, ’Erdvuion», der ſchöne Schläfer und
Geliebte der Selene. Die Sagen über ihn weijen
um Zeil nad Elis, zum Teil nach Karien. In
lis war er Sohn des Wethlios (vgl. CedRog, der
| Wettfampf) oder des Zeus und der Kalyfe, König
des Landes, Bater des Epeios, Nitolos und
und jedem verfäuflich, jo fommt es doch dor, daß Paion, die er um die Herrichaft in Olympia einen
ſowohl im Intereſſe der finanzen einzelne Handels: | Wettlauf halten lieh; Epeios fiegte.
zweige monopolifiert wurden, als auch gegen feind- |
liche Staaten des Drudes wegen gänzliche —38
ſperre eintrat.
Emptio venditio, der Kauflontrakt, welcher
gegen das Ende der Republif durch die actio
Endymion
euer mit Selene 50 Töchter: dieſe bezeichnen
ie 50 Mondmonate der Pentaöteris zwiſchen den
olympijchen Spielen. Sein Grabmal war in Olym-
pia. — Nach anderer Sage zog er hinüber nad Ka—
rien, oder er war ein fariicher Jäger oder Hirte,
empti oder venditi geichüßt wurde. Dieje Klage | der auf dem Berge Yatmos in einer Grotte in
hatte der Käufer wegen der nicht erfolgten Er-
füllung des Kontraftes oder der Verkäufer wegen
nicht gezahlten Staufgeldes anzujtellen.
Emptor, 1) bonorum, der Käufer einer Kon:
kursmaſſe, j. Bonorum emptio. — 2) fami-
liae, der Sceinfäufer, welcher bei *tofafung
eines Mancipationsteftamentes nötig iſt, Te-
stamentum und Mancipatio.
Eurvgouavreia ſ. Divinatio, 12.
Empüsa, "Eurovoa, ein nächtliches Geſpenſt und
menſchenfreſſender Popanz mit Eſelsfüßen, mit dem
man die Kinder ſchreckte. Zu den Empuſen rechnete
man auch die Lamien und Mormolyken (A«-
ala, Moguolv«n, Mogus), weldhe jchönen Jüng-
lingen das Blut ausjaugten und ihr Fleiſch ver:
ehrten. Sämtliche derartige Schredbilder, zu denen |
an den Kläger verurteilten Beklagten,
(fo, Alphito, Gorgo gehörten, nannte man wog-
golvxsia. — Empuja war aud Schimpfwort für
lüderliche Frauen (3. B. die Mutter des Aiſchines.
‚Enaröte j. Aiolos, 1.
"Erdeißıs, eine der derayayı) (j. d.) verwandte
Klageform bei den Athenern. Das Untericheidende
derjelben in der Form von andern Klagen beftand
wohl darin, daß der Kläger ohne vorhergehende
Borladung des Bellagten durch feine Klageichrift
den Borftand des Gerichts veranlafte, den Be:
klagten zu verhaften oder zur Bürgichaftäleiftung
anzuhalten. Welche Fälle alle zu diejer Klage
gehörten, läßt ſich nicht genau ermitteln. Sie
wurde angewendet gegen denjenigen, der ſich die
Ausübung bürgerliher Rechte anmaßte, die ihm
durch das Geſetz oder infolge eines richterlichen
Erfenntnifies verjagt war, jo gegen die Staats:
jchuldner und andere der bürgerlichen Rechte Be-
raubte (&rıuor), die Öffentliche Klage anftellten,
vor dem Volk redeten und andere Rechte aus:
übten, die ihnen nicht zuftanden (vgl. Arınla).
Auch gegen Mörder konnte Zvdsıdıs angewendet
werden, in welchem alle, ift nicht Mar; wohl
wenn der Mord notoriich war, jo daß es fich nicht
um eine Unterſuchung (»gloıg), ſondern nur um
eine Strafe (rruwgie) handelte. Auch konnten dieje |
von jedem, nicht bloß von den eigens dazu vor
den Blutgerichten Verpflichteten oder Berechtigten,
belangt und vor ein heliaftiiches Sericht unter
dem Borjig der Elfmänner (j. "Erder«) gezogen
werden.
Endoios j. Bildhauer, 2.
ewigem Schlummer liegt; Selene liebt den ſchö—
nen Yüngling und jteigt \allnächtlich vom Himmel
herab, um ihn zu küſſen und bei ihm zu ruhen.
Endymion ift nach diejem Mythos Perſonifilation
des beichleichenden (dvdvw) Schlafes, er ruht im
Berge der Bergefienheit (Adruog für Adduog von
Icdw, Aurddro, wie Anro ftatt And), geküßt
von Selene, der Freundin des Schlummers. Es
ift eine Naturdichtung, die von dem Mondunter:
gang an den weißgrauen Felſenwänden des Yatmos
entjtanden ift. Als Selene zur Artemis wurde,
wandelte ſich Endymion in einen jchönen Jäger
oder Hirten des Gebirges.
'Evsyvoaoia oder Evsyvoaouös (dveyvod-
Sei, Zvigugu kußeiv oder pfgsıv), dad Zwangs—
mittel der Pfändung gegen den zu einer Zahlung
wenn der:
jelbe öreprjuegog war, d. h. den beftimmten Zah:
lungstermin verfäumte, oder wenn irgend welche
Bürger fich weigerten, eine Leiturgie zu überneh—
men. Der Kläger konnte die Pfändung allein aus:
üben oder fich von dem Demarchen eines Gaues
begleiten laſſen. Wurde man an der Pfändung
an, jo fonnte man die diun obalag (j.
Ian, g. €.) gegen den Zahlungspflichtigen an—
wenden, und half das nichts, jo trat die dden
Ekoving ein, infolge deren der Verurteilte nun
zugleih mit derjelben Summe Staatsfchuldner
wurde. Fuhr der Berurteilte fort fich zu wider:
jegen, jo wurde er als Staatsjchuldner &rıwog.
Engyion, ’Eyyviov, Engium, Stabt_ im nörd—
lihen Sicilien am Monalosfluß, der Sage nad)
bon Kretern gebaut, wahrſcheinlich aber —
mit einem Tempel ber „großen Mutter“; j. viel—
leicht Gangi. Jlut. Mare. 5. Cie. Verr. 3, 48.
4, 44. 5, 72,
Enipeus, "Erızesög, 1) Flußgott in Theflalien,
geliebt von Tyro, der Tochter des Salmonens;
in jeiner Geftalt zeugte Poſeidon mit Tyro die
Swillingsbrüder Pelias und Neleus (Od. 11,235 ff.),
‚und mit Jphimedeia die Aloaden. Ov. met. 6, 116.
— 2) Flußgott in Elis, wohin aud der Mythus
von Tyro verlegt wird. "Strab. 8, 356. — ©. audı
Elis und Peneios.
Enkaustik, dynavarınn (teyvn), eine von den
Alten häufig jowohl in gewöhnlicher Handwerks—
thätigfeit als auch im Kunſthandwerk und zur
‚ Herftellung von Gemälden angewandte Maltechni,
382 Enkelados
deren Eigentümlichfeit darin bejtand, daß die Far—
ben durch Einbrennen, auch mit Hülfe von Wachs,
inniger mit der zu bemalenden Fläche verbunden
wurden. „Die enkauſtiſche Wachsmalerei nahın,
in Anbetracht der Leuchtkraft ihrer mit dem Spatel
(rfsrpog) aufgetragenen und mit glühenden Stäb-
chen (6aßöror) verarbeiteten Farben, im Altertum
etwa die Stellung der modernen Ölmalerei ein.
Doc) eignete fie fi der Mühſamkeit ihrer Technit
wegen nur für Heinere Bilder“ (Wörmann). liber
den Umfang der Anwendung und manche Einzel:
heiten der Technik läßt fich Sicheres nicht jagen.
Vgl. Donner, Eint. zu Helbig: Wandgemälde der
vom Beind verichütteten Städte Campaniens (1868).
‚Enkelädos j. Giganten.
Eyxoutov, encomium, urjprünglich der Lob—
gelang, womit der Feſtzug oder »öuog bei den
helleniſchen Spielen den Sieger begleitete, zum
Unterichied von dem Zmırixıor, welches der Chor
feierlich im Tempel vortrug; jpäter jede Lobſchrift,
Lobrede, Lobgedicht.
"Eyzuxltos madeie, dyayı, Iyainkıae ue-
Pure hieß nach dem Sprachgebrauche des Ari:
jtotele& jowohl der Kreis der Kenntniſſe, ala auch
der Unterricht und endlich die einzelnen Lehr-
zweige, die als ein Bedürfnis der gebildeten oder
freigeborenen Nugend angejehen wurden. Der
neuere Begriff der Enchflopädie ift (nad Quint.
1, 10, 1) fälichlich daraus abgeleitet worden. ©.
Erziehung, 13.
Enna oder Henna, "Erra, j. Caſtro Giovanni,
eine uralte, fejte Stadt der Sikuler in der Mitte
der Inſel (öuperög LEineilag) am See Pergos
(j. Pereuſa oder Laghitello), an der Straße, welche
von Katana nad Alragas führte, in herrlicher
fruchtbringender Gegend (Weizen), weshalb hier
das Hauptheiligtum der Demeter war und von
hier auch Pluton die Kore oder Berjephone ge:
raubt haben ſollte. Jetzt ift die Gegend öde und
unfruchtbar. Während des Sklavenkriegs unter
Eunus war hier der Hauptjammelpla der Sflaven.
Cie. Verr. 3, 18. 83. 4, 48. Lir. 24, 37. Or. met.
5, 385 ff. Diod. Sie. 5, 3. Strab. 6, 272.
Ennaötöris, ’Ervaernois (von dvd und Frog),
in der griechiichen Chronologie ein Zeitraum von
8 Jahren (daher aud) bisweilen öurasrneis, oktab-
teris genannt), jo daß mit dem neunten — ein
neuer Eyflus begann. Sie beſtand aus 2922 Tagen,
die in 96 wirflice und 3 Schaltmonate verteilt
waren, und hie ein großes Jahr (ufyag dvıanv-
rös). Wahricheinlich iſt diejes der ältejte aſtrono—
miſche Enflus, nach dem in Athen gerechnet wurde;
ficher eriftiert fie jeit Solon. Gab es vor dieſer
Beit eine andere Periode, jo war dies die Trie-
teris. Als Urheber der Ennaöteris gilt Kleoftratos
von Tenedos zwiſchen Herodot und dem attischen
Aitronomen Meton (432 v. E.); ihr erjter Ur:
jprung ift jedoch in alten Feitperioden zu juchen.
o fommt im apollinifchen Kultus der Lu se
Guflus vor, die puthiichen und die olympiichen
Spiele waren urjprünglich ennasteriih. Durch
Teilung in 2 Hälften entjtand aus der Ennaöteris
die Pentaëteris und aus dieſer durd die Hal: | nationalen Epos zu erjegen.
— Ennius.
zwar daran anjchlofjen, aber einen mehr bakchiſchen
Charakter verraten. Plutarch (quaest. gr. 12) be:
ſchreibt diejelben näher und erzählt namentlich
von dem Urſprunge des leßtgenannten Feſtes fol-
gendes: In einer durch große Dürre herbeigeführ:
ten Hungersnot jei ein armes Mädchen zum Könige
gefommen und habe flehentli um Brot gebeten ;
der König habe im Zorne ihr (fie hieß Eharila)
feinen Schub ins Gejicht geworfen, fie aber im
Grame darüber fich erhängt. Da habe die Pythia
bei jteigender Not den Ratfragenden zum Bejcheide
—— Die Not werde jo lange ſteigen, bis
harila verjöhnt jei. Und durch große (alle 9 Jahre
wiederholte) Opfer jei der Zorn der Götter be-
jänftigt worden.
’Evv£a ödol hieß die Gegend in Thrafien, wo
nachher Amphipolis gegründet wurde. Hdt.7, 114.
Thuc. 1, 100, 4, 102.
Enneakrünos j. Attika, 4.
Ennlus, Quintus, wurde im J. 230 v. E.
in Rudiä, einer ojfiijhen Stadt Calabriens (dab.
Calabrae Pierides Hor. od. 4, 8, 20), geboren.
Cie, Brut. 18, 73. Gell. 17, 21,43. Seine Er:
ziehung in dem griechiich gebildeten Unteritalien,
mwahricheinlich in Tarent jelbit, machte ihn früb-
zeitig mit der griechiichen Litteratur vertraut.
Während des zweiten puniichen Krieges wurde er,
wie es jcheint, zum Kriegsdienst für das römische
Heer ausgehoben und fam als Soldat nach Sar:
dinien, wo er die Aufmerkſamkeit Gatos auf fich
zog, als Ddiejer als Quäſtor im %. 204 auf der
Rüdreife aus Afrifa die Inſel berührte Nep. Cut. 1.
Cato nahm ihn mit fich nad Nom, wo er bald
eine bleibende Wohnftätte fand und durch Privat:
unterricht im Griechiichen und Lateiniichen jeinen
Unterhalt gewann Seine Kenntnis der griechiichen
Spradhe und XLitteratur und feine mit großem
Beifall aufgenommenen Stüde erwarben ihm die
Freundſchaft der römijchen Großen, unter denen
er bejonders von dem fein gebildeten ®ejchlechte
der Scipionen geehrt wurde. Cie. Arch. 9, 22.
de or. 2, 68,276. Nm J. 189 begleitete er den
Konjul M. Fulvius Nobilior als Zeuge und Herold
jeiner Thaten auf feinem Zuge nach Mitolien (Cie.
tusc. 1,2. Aur. Viet. wir. ıll. 52, 3); aber erft
jpät, um das Jahr 184, gelangte er durch den
Sohn jeines eben genannten Freundes, D. Fulvius
Nobilior, in den Beſitz des römischen VBürgerrechtes
(Cie. Brut. 20) und eines Heinen Landgutes in
Bicenum und lebte auch dann noch in beichränften
Verhältniffen. Er ftarb an der Gicht im ſiebzigſten
Lebensjahre, 168. Cie. Brut. 20. Cat. mai. 5. —
Ennius’ dichteriſche Thätigfeit umfahte alle Gebiete
der Poeſie, vorzugsweije aber beruhte jein Ruhm
auf dem großen hiftoriichen Gedichte Annales
(jpäter Romais betitelt), welches in 18 Büchern
(der Symmetrie wegen in 6 Triaden gegliedert) in
chronologiicher Folge die geſamte römihche Geſchichte
von der Ankunft des Aineias bis zu den Zeiten
des Dichters herab behandelte und durch ſeinen
Inhalt ebenfo wie durch die poetiſche Darftellung
ganz geeignet war, den Römern den Mangel eines
Er gab in jeinen
bierung die Trieteris. — Unter demjelben Namen | eriten Büchern die erfte zuſammenhängende Er:
wurden aud in neunjähriger Wiedertehr mehrere | zählung der römiſchen Sagen und ſchilderte in den
Feſte gefeiert: Ferrrjgror (Lerriigie) in Delphoi
als Nachahmung des Kampfes Apollons mit dem
pythiſchen Dracen, 'Howig und Xaofi«, die fid)
folgenden mit bejonderer Vorliebe die großen
Kriegsthaten der jpäteren Zeit, deren Zeuge der
Dichter zum Teil jelbft gewejen war. Ennius
Ennodius — Eos.
jegte in demjelben zuerjt den Hexameter an die
Stelle des bisher gebräudjlichen ſaturniſchen Berjes
und that damit den enticheidenden Schritt, Die
lateiniiche Sprache für die vollftändige Aufnahme
der griechijchen Metrif geſchickt zu machen. Außer:
dem jchrieb er eine große Anzahl von Tragödien, |
in denen er fich genau am griechiiche Mujter, na-
mentlich des Euripides Medeia, Hekabe, Andro—
made u. a.), angeichloffen zu haben jcheint, ſowie
auch praetextae (Ambracia und Sabinae). Weniger
bedeutend waren jeine Komödien, von denen wir
2 Titel, Caupuneula und Pancratiastes, feımen. |
Ferner werden ihm Saturae (mindeftens 6 Bücher)
beigelegt, nicht Satiren in dem jpäteren Sinne
des Wortes, jondern, der urfprünglichen Bedeutung
des Namens entiprechend (ſ. Satira), Mijchgedichte
von höchſt verichiedenem Inhalte und in ebenjo
verichiedenem Metrum, twelche einen jehr mannig-
faltigen Stoff in einem freien und ungebundenen
Tone behandelten. Zu den Satiren gehörten wahr:
ſcheinlich mehrere der ſonſt dem Ennius beigelegten
Gedichte, größtenteild Überfegungen oder Bearbei:
tungen griechijcher Originale: Sota, genannt von
den jotadiichen Berfen, in denen es gejchrieben war;
Praecepta oder Protrepticus; Hedupha-
getica (fäljhhlidh Hedypathia), eine Schilderung
von Lederbifjen nach einem griechiichen Gedichte
von Archeftratos; Euemerus, eine Darjtellung
griechiicher Götterjagen nach den Grundjäßen des
Euhemeros (j. Euhemeros); Epiharmus, na:
turphilojophiichen Inhaltes, in trochätichen Tetra:
metern, endlih Epigramme. Ob das Gedicht
Scipio, eine Verherrlihung des Siegeszuges des
älteren Scipio Wfricanus, zu den saturae gehört
habe oder eine Tragödie (praetexta) oder ein Epos
in trochäiichen Tetrametern geweſen ſei, bleibt
zweifelhaft; am wahrjcheinlichiten ift die legte An:
jicht. — Der jpäteren, nach den feinften Regeln
griechiſcher Kunft gebildeten Poefie gegenüber galt
Ennius als der Vertreter der nationalrömiſchen
Poeſie. Was ihm an Kraft der Form fehlte, erjeßte
er durch die Kunft feiner Phantafie, welche jich
ebenjo jehr in einer jchöpferiichen Sprachbildung
als in echt poetiichen Schilderungen zeigte.
trist. 2, 22. Luer. 1, 118 ff. Daher wurde er auch
383
Ennömos, "Ervouos, 1) Bundesgenofje der Troer
in Myjien, berühmt als Wahrjager aus dem Bogel-
fluge. II. 2, 858. 17, 218. — 2) ein Troer, don
Odyſſeus getötet. ZI. 11, 422.
‚Evoıztov dien |. Alan.
Evwguoria war bei den Spartanern eine don
Lykurg eingerichtete Genoſſenſchaft für die Bildung
des Kriegsheeres. Hat. 1,65. Sie beitand nad)
Thufydides (5, 68) aus 32, nach Xenophon (Mell.
6, 4, 12) aus 36 Mann Fußvolk). Zwei Enomo-
tien bildeten eine werrnnoorig (Anzahl von 50;
daher auch die Annahme, daß eine frouori« ab:
weichend von den beiden bejtimmten Angaben mur
aus 25 Mann beitand). Diefe verjchiedenen Ans
gaben beziehen ſich auf je einzelne Fälle, da das
jedesmalige Aufgebot (Aoyos) nad) den gerade vor:
liegenden Berhältniffen verjchteden war (ſ. Exer-
eitus, 1.) Zwei Pentekoſtys machten einen
02059, vier Lochos eine uöpe aus, Xen. r. Lac.
11,4. Herodot, deijen Kenntnis hierin wohl un-
genau ift, nennt Triafaden (überhaupt nur bei ihm
vorfommend) als Unterabteilung der Enomotie.
Enöpe, ’Evorn, Stadt in Lafonien, nahe der
Grenze von Mefjenien, welche Agamemnon dem
Achilleus als Mitgift verjpricht ; ſpäter ift der Name
verſchwunden und Gerenia üblich. ZI. 10, 150. 292.
Entella, "Erreil«, alte Stadt Siciliens im
weftlichen Teile der Inſel am Krimiffos, für die
Geichichte der Inſel zu den Beiten der Dionyſe
nicht unwichtig. Diod. Sie. 14, 9. 15, 73. 16, 67.
Cie. Verr. 3, 43. 103. — Einen Fluß gleiches Na:
mens in Etrurien nennt Ptolemaios.
Entoria, die Tochter eines römischen Land—
mannes, gebar dem Saturn, welder ihren Bater
bejucht hatte, 4 Söhne: Janıs, Hymmus, Fauftus
und Felir. Saturn unterwied den Landmann im
Anbau und in der Bereitung des Weins, und diejer
unterrichtete darin auch jeine Nachbarıı, welche
dann, von dem Getränke beraujcht, ihn fteinigten.
Deshalb erhängten fich die 4 Söhne der Entoria.
Bei einer jpäteren Hungersnot, weldye man als
Strafe des Gottes auslegte, ftiftete Lutatius Ca-
tulus einen Tempel und darin einen Altar mit
— Geſichtern am Tarpejiſchen Felſen. Bgl. Ikarios.
Enyalios, ’Ervalıog, Beiwort des Ares, ſelten
in der ſpäteren Zeit troß der veralteten Form | bei Homer als Adjektiv, öfter jubftantiviich als
eifrig geleſen, in der Schule erflärt und kritiſch | Name des Gottes (IT. 13, 519. 22,132 u. 8.) Einen
behandelt. Bezeichnend ift Quint. 10,1,88: Einniura | befondern Dämon diejes Namens wollte man jonft
sicut sacros vetustate lucos adoremus, in quibus | in dem attiſchen Ephebeneide finden. Jetzt ift das
grandia et antiqua robora non tantam habent | Komma zwijchen Aens und "Er. geftrihen. Der
speciem quantam religionem. Sammlungen j. | Name kommt von ’Ervo, der Berjonifilation des
Fragmente von J. VBahlen (1854), Luc. Müller | Kriegsgetümmels.
(1884) und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 58ff.;| Enfo j. Bellona, Gorgo und Rhea Ky-
der ‚ragmente jeiner Dramen von Ribbeck in ſ. bele.
Scaenicae Roman. poes., fragm., fritijche Beiträge | Eordaia, ’Eogdaf«, oder Eordia, "Eogdia,
bejonders von Bergf. Dal. L. Müller, O. Ennius. | eine von den illyrijchen Eordi bewohnte Landichaft
Eine Einleitung in das Studium der röm. Boefie | des jüdlichen Matedoniens am — &ı und
(1884), Haliakmonfluß, durch welche die Egnatiſche Straße
Ennodius, Magnus Felix Enn., 473—521 ging, mit den Städten Kellai, Arniſſa, Phiſta und
n. E., aus Gallien, Biſchof von Pavia, verfaßte Galadrai. Hat. 7,185. Thuc. 2,99. Pol.18, 16,3.
außer andern Schriften eine nicht wertloje Bio: 34, 12, 8. Liv. 31, 39 f. 33, 8. 42, 53. 45, 30.
graphie feines Vorgängers Epiphanius, einen un: | Eos, ’Has, Aurora, die Göttin der Morgen:
erträglich jchmwüljtigen Panegyricus auf König röte, Tochter des Hyperion und der Theia, Schweiter
Theodorihh den Großen und 9 Bücher Briefe; | des Helios und der Selene. Hesiod. theog. 371.
außerdem 2 Bücher Gedichte, die eine gewifle Ge: , Der Name Tas, aiol. «twg, fommt von &nue,
wandtheit der Form zeigen, doch von metriichen | «dw, wehen, weil mit dem Anfange des Frührots
Fehlern nicht frei find. Nusgaben von Hartel (1882) | gewöhnlich Windhauch verbunden ift; ſo fonmt
und Bogel (1885). | Aurora von aura. Die rojenfingrige (sodod«
384
»tuÄog, „von den 5 blaßroten, perpendbifulär am
Horizonte aufjteigenden Lichtjtreifen, die man in
Enayyskla —
Kleinaſien und Griechenland [überhaupt im Süden] |
vor dem Aufgange der Sonne wahrnimmt“, Ameis
zu Hom. Od. 2,1), hellglängende Göttin im Safran:
gewande (goronerkog, vgl. Verg. A. 7,26: Aurora
in roseis fulgebat lutea bigis) erhebt ſich des
Morgens in aller Frühe von ihrem Lager aus
dem Okeanos und bringt, indem fie mit ihrem
Geſpann weißer und rötlicher Roſſe ihrem Bruder
Helios voran an den Himmel fährt, den Menjchen
und Göttern das Licht des Tages. So ift fie bei
Homer die Göttin des Tagesanfgangs, des Tages:
lihts im allgemeinen, aber nicht die Göttin der
Tagesdauer; erft bei den Tragifern wird fie der
Hemera gleich, welche bei Heltod, noch von Eos
verichieden, eine Tochter der Nyr und des Erebos
ift (theog. 124, vgl. 748). Die Göttin des Früh
rots, welche nody beim Flimmern der Sterne mit
Windeshauch ſich hebt, gebar dem Sternenmann
Aitraios die Winde Argejtes, Zephyros, Boreas
und Notos, jowie den Heosphoros und die übrigen
Sterne (Hesiod. theog. 378); wie die hinwegraf-
fenden Sturmesgöttinnen, die Harpyien, entführt
fie Menjchen, jedoch nur, um ihrer Liebe jich zu
erfreuen, jo den Tithonos, den Sohn des
troijchen Königs Laomedon. Zeus gewährte ihr
für denjelben ewiges Leben. Allein fie hatte nicht |
um ewige Jugend für denjelben gebeten; daher
trodneten jeine Glieder aus, und es jchwand feine
Stimme. Sie verichloß ihn daher in ein Gemad)
(Hom. hymn. in Ven. 3, 219 ff.) oder verwan:
delte ihn in eine Cikade. Die Vergänglichkeit der
Schönheit der Eos wird auf den grau gewordenen
Gatten übertragen. Sie gebar dem Tithonos den
Emathion und Memnon (Flesiod. theog. 934),
den König der Aithiopen, welcher vor Troja fämpft
und von Achilleus erlegt wird. Auch den Orion
entführt fie, den Kleitos, den Sohn des Mantios
(Od. 5, 121. 15, 250), und von dem Gipfel des
Hymettos in Attila den Kephalos, den Gatten
der Profrid. Op. met. 7, 700 ff. Einen Kultus
hatte Eos nicht. Dargeftellt wird fie entweder auf
dem Wagen, in prächtiger Gejtalt, oder als Führerin
der Sonnenroſſe, eine Fadel in der Hand. —
Bei den lateiniſchen Dichtern ift Aurora ganz
gleich mit Eos.
"Ereyyekia hieß in Athen die in der Volks—
verſammlung ausgeiprochene, bisweilen ſelbſt eid—
lich befräftigte Erklärung, eine Kriminalklage gegen
jemanden anftellen zu wollen (doxıuaolav rıvl
irxayy&khsır), befonders gegen Nedner und Staats:
männer, die vor dem Volke auftreten wollten, ge:
richtet, um im Vorwege das in fie gejegte Ber:
trauen zu jchwächen.
'Eraywoyn hieß 1) der magiſche Bannſpruch,
womit man namentlich die unterirdiichen Götter
zum Beiftande der Menſchen oder böje Geifter
zum Schreden eines andern heraufbeichwor, oft
verbunden mit Zmwdr) (Plat. legg. 11, 933. r. p.
2,364 C); — 2) in der Logif und Rhetorik die
Induktion, der Beweis aus der Erfahrung, vom
Einzelnen zum Allgemeinen auffteigend, im Gegen:
ſatze des eigentlichen Syllogiimos.
Epakria j. Attika, 6. 17. ,
Epakten, ?rxaxral (nu£oaı), die Überjchußtage,
die durch die Zufammenftellung zweier ungleicher
Epameinondas.
Bahl), welche das Sonnenjahr vor dem Mondjahre
voraus hat.
Epameinondas, "Erausıravdag, boiotiſch "Er«-
uer., der Thebaner, Sohn des Polymnis, aus einer
edlen, aber unvermögenden familie, war um 418
v. E. geboren. Bis zu feinem vierzigiten Jahre
verivandte er jein Leben auf körperliche und geiftige
Ausbildung, bejonders hatte auf ihn die Lehre
und der Umgang des Bythagoreers Lyſis aus Tarent
Einfluß, der in jeinem Haufe eine Freiftätte ge:
funden hatte. Plut. mus. 31. Cic. de or. 3, 34.
Paus.9, 13,1. Nep. Epam. 2. Die politiiche Rich—
tung der damaligen PBythagoreer bewahrte ihn
indes davor, ſich einem beichaulichen Philojophen:
leben hinzugeben. Seine gymnaſtiſchen Übungen
hatten friegeriiche Tüchtigkeit zum bejtimmten Ziel,
und neben Bhilojophie, Mufif und einer ftrengen
Tugendübung, die ſich in Entſagung des Sinnen:
reizes, Berihmähung des Reichtums und aller
Weichlichkeit, Selbftverleugnung und Beſcheiden—
heit äußerte, war dody Thätigkeit und Aufopferung
für Baterland und Mitbürger die höchite dee
jeines Lebens. Gerade aber weil ihm vielleicht
unter allen Griechen die hohe Aufgabe einer Re—
publil zum Harjten Bewußtjein gelommen war,
hielt er ch fern von politischen Barteiungen, obwohl
ihn die engjte Freundſchaft mit Pelopidas u. a.
vereinigte. Daher blieb er ungefährdet, als von
Leontiades mit Hülfe der Spartaner die demokra—
tijche Partei geſtürzt und eine Dligardyie eingeführt
wurde, 383; von feiner Armut und philojophiichen
Zurüdgezogenheit jchien man nichts zu befürchten.
Doch arbeitete er für die Zukunft, indem er mit
Sorgidas eine Schar von Jünglingen an fich 309,
fie in republifanischer Tugend heranbildete und je
öfters veranlaßte, ſich mit der ſpartaniſchen Be:
jagung im Wettlampf zu mejlen. Plut. Pel. 18.
Polyaen. 2, 5, 1. Er hielt jich fern von der Ber:
ſchwörung, die 379 unter der Leitung des Pe-
lopidas und Mellon die Dligarchen ftürzte (Plut.
gen. Soer. 24), weil er e8 für unrecht hielt, einen
Bürger ungerichtet zu töten, und den Mißbrauch
der durd; Gewalt wiedergewonnenen Freiheit fürd)-
tete; doch nad) vollbrachter That war er die zuver—
läſſigſte Stüge der neuen freiheit. Durch das
Auftreten mit feiner Schar bewirfte er, daß die
Bürger fich allgemein für die neuen Verhältniſſe
erflärten, dagegen Ausbrüche der Rache gegen die
geftürzte Partei unterdrüdt wurden und alle Kräfte
zur Befämpfung der auswärtigen Feinde fich ver:
einigten. Es trat wieder hervor eine Bolfsver:
fammlung, daneben ein Rat, 7 Voiotarchen ftanden
an der Spike des Staates. Die jpartaniiche Be:
fagung auf der Kadmeia wurde zum Abzug ge:
wungen, in den meiften boiotijchen Städten erhob
Mn die Demokratie und erklärte fich für Theben,
gegen Sparta wurden die Wthener zu Bundes:
genofjen genommen. Nocd im Jahre 379 machte
Kleombrotos eine Friegeriihe Demonftration gegen
Theben. 378 und 377 führte Agefilaos größten:
teil$ vor und um Thejpiai den Krieg, 376 zog
Kleombrotos wieder herbei, fehrte aber am Kithairon
um; dann verjegten die Spartaner den Krieg auf
die See. Nichts Entjcheidendes war ausgeführt;
war war Boiotien verwüftet, aber die Kraft und
—* Selbſtvertrauen der Thebaner war gehoben.
Die folgende Zeit benugten diejelben, um die
Zeiträume entjtehen, nmamentlid die (11 an der boiotiſchen Städte unter ihrer Hegemonie zu ver:
Epameinondas,
385
einigen; mit Härte und Granjamfeit wurden die | Nüczuge umgeht er den, den Spartanern zu Hilfe
—— geſinnten Städte Plataiai, Theſpiai,
chomenos zur Symmachie gezwungen und ſpäter
wegen Abtrünnigfeit zeritört, Blatatai 373, er
ipiai 372, Orchomenos 364. — Während diejer
Beit nahm Ep. feine hervorragende Stellung ein;
ohne Zweifel war er thätig, das Heer heranzu-
bilden; oft mahnte er ge Milde und Menichlichkeit
egen die Befiegten. ß er aber bisher bejonders
Rontsmännifche Thätigfeit entwickelt, icheint Daraus
hervorzugehen, daß er zuerft bedeutend hervortrat
als thebanijcher Gelandter auf dem Friedenskon—
greß in Sparta, 371. Schon 374 hatte Athen
einen Frieden mit Sparta abgeichloflen, der aber
feinen Beſtand gehabt; jeßt veranlafte er aufs
neue riedensunterhandlungen. Zurückziehung der
ipartaniichen Harmoften und Autonomie der grie:
chiſchen Städte waren die Bedingungen. Als aber
Ep., der ſich jchon bei den Berhandlungen als
großer Redner gegeigt hatte, verlangte, für die
oiotischen Städte den Frieden zu bejchwören, und
erflärte, Theben würde die Hegemonie über die:
jelben nur aufgeben, wenn Sparta Lakonien frei:
gäbe, da tilgte Agefilaos den Namen der Thebaner
aus der Friedenslifte und kündigte ihmen Krieg
an (Juni 371). Kleombrotos riüdte jofort mit
feinem Heere aus Phokis über Ambryios, Thiſbe
und Kreufis in die Ebene von Leuftra. In Theben
herrichte Mutlofigteit; Ep. hatte jein Feldherrn—
talent noch nicht bethätigt, doch gewann er 3 der
Boiotarchen für den Kampf, trat dem Aberglauben
des Volkes entgegen — bald wurden auch befiere
Wahrzeichen verkündet — und zog mit einem
eere, welches nach Entlaffung der unzuverläſſigen
heipier nur ungefähr 6000 Mann betrug, den
an Zahl weit überlegenen Feinden entgegen; indes
es galt Freiheit und Baterland. Sein Scharfblid
erfennt, daß es darauf anfomme, die geſchloſſene
Phalanx der Spartaner durch eine hinter der Fronte
gebildete und mit aller Wucht anftürmende Un:
grifföfolonne zu jprengen und zu verwirren; jo
entjteht die jchiefe Schlachtordnung (Ao&ı palays,
j. Acies, 3.); er ftellt jeinen linken Flügel 50 Mann
och auf und läßt dem jchwach beießten rechten
ich zurüdzichen. Nachdem die boiotijche Reiterei
bie jpartanifche geworfen hat, während Belopidas
mit der heiligen Schar die Feinde hindert ſich zu
entfalten, dDurchbricht Ep. unaufhaltiam die Phalanx;
der König Kleombrotos und über 1400 Mann im
ſpartaniſchen Heere werben getötet, Anfang Juli371.
Xen. Hell. 6, 4, 4. 12. 15. 7, 1,35. Diod. Sie,
15, 51 ff. — Nach der Schlacht bemühen fich die
Thebaner um Bundesgenoffen, in Athen wird die
Siegesbotſchaft fühl aufgenommen; Jaſon, Tyrann
von Pherai, geht einen Bund ein, aber bemüht,
als ittler zwiſchen den Parteien Einfluß in
Griechenland zu gewinnen, beftimmt er jie, dem
—— Heere freien Rückzug zu gejtatten.
Ep. Milde ftimmt dem bei. — Eine Folge des
Sieges war der Abfall der meiften peloponnefischen
Städte vom jpartaniihen Bunde, der Argiver,
Eleer und Arkader, welche Megalopolis gründen.
Bon diejen gerufen, geht Ep. nadı dem Pelopon-
nes, 370, bringt ein Heer von 50-70 000 Mann
zulammen, dringt in Lakonika ein, fteht indes
von einem Angriff auf Sparta ab, wendet fich
nach Meflenien, gründet Meflene am Fuße des
Ithome und ftellt Mefienien wieder her. Auf dem
Nealleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
ziehenden, Iphikrates, übernimmt allein die Ver:
antwortlichteit wegen des 4 Monate zu lange be
Heideten Boiotardyats und bejchämt dor Gericht
jeine Gegner, 369. Diod. Sie. 15, 62 ff. — Im
Sommer unternimmt er einen zweiten Feldzug
gegen die Zafedaimonier, bejiegt das Heer berjelben,
welches das Dneijche Gebirge (am Jithmos) bejegt
hat, und dringt in den Peloponnes ein; allein als
auch Dionyfios von Syrakus den Spartanern Hülfe
ſchickt, verläuft der Krieg wenig glüdlid, die Er:
oberung von Sifyon ift der einzige Gewinn. Die
Thebaner, aufgebracht über die anjcheinende Er-
folglofigteit, entjegen den Ep. jeines Amtes. —
Eine Zeitlang richteten fih die Anftrengungen
der Thebaner nur nach dem Norden. Als Pelo—
pidas hinterliftig von Alexander von Pherai ge:
fangen war, jandten fie ein Heer unter Kleomenes
nach Theffalien. Ep. diente ald Gemeiner im
Heere; als aber diejes durch ungeichidte Führung
in Gefahr fam, übernahm er * allgemeines Ver⸗
langen den Oberbefehl und führte das Heer zurück;
—— zweiten Feldzug zwang er den Alexander
zur Freigebung des Pelopidas und Iſmenias, 368.
Diod. Sic. 15, 71 ff. Nach einem vergeblichen Ber:
juche des Berjerfönigs, einen allgemeinen Frieden
zuitande zu bringen, zog Ep. zum bdrittenmal
nach dem Peloponnes und gewann Achaia für die
thebanische Syummachie, 367. Andes vermochte er
nicht die zerrütteten Verhältnifie feit und bleibend
zu ordnen. Die Kraft der Thebaner wurde durch
die fortwährenden Kriege zu jehr in Anfpruch ge:
nommen, die Peloponnefier jagten fich wieder 108
vom Bunde, PBelopidas fiel in Theſſalien, 364,
und Epameinondas jcheint eine Zeitlang von der
Leitung der Angelegenheiten durch Faktionen zu:
rüdgedrängt worden zu jein. Er bemühte ſich in
den folgenden Jahren Theben auch zur Seemacht
zu erheben, veranlafte den Ban von 100 Trieren,
lief auch mit der Flotte aus und gelangte bis
Byzanz, doch fehrte er bald zurüd, ohne etwas
Größeres ausgerichtet zu haben; bei der Abneigung
der Thebaner gegen das Seeweſen hatte die Sache
feinen Erfolg; doch gab ſie vielleicht Veranlaſſung
% dem jpäteren Abfall der Bundesgenofjen von
then. Just. 16, 4. Diod. Sie. 15, 78. — Als
aber im Peloponnes die Dinge ji) immer unglüd:
licher geftalteten, die Achaier und Eleer abfielen,
und die Arkader unter fi in Uneinigfeit gerieten,
da rüdte Ep. zum viertenmal (362) zur Hülfe
der noch treuen Bundesgenofjen (Argos, Meſſene,
Tegea, Megalopolis u. a.) in den Peloponnes ein.
Zwar gelang es ihm nicht, Sparta unverbereitet
zu überfallen (Xen. Hell.7, 5,9. Pol. 9, 8, 3),
doch drang er auf den Markt vor, danı aber
wandte er ſich, das Gefährliche jeiner Lage er:
fennend, nad Mantineia, und bier fam es zur
Schlacht (Anfang Auli 362). Nachdem die feind-
fichen Reiter durch die in einem Keil aufgeftellte
und mit Fußvolk gemiichte thebaniiche eiterei
——— waren, ſtürzte ſich Ep. ſelbſt in
en — die Phalanx wurde durchbrochen, das
gange eindliche Heer ergriff die Flucht, aber in
em NAugenblid des Sieges war Ep. tödlich ver:
wundet worden. Noch lebend wurde er aus dem
Schlachtgetümmel getragen; als ihm aber jein
Schild gebracht war und er vernahm, daß Die
Thebaner gefiegt hatten, lieh; er die Lanzenipige
25
386
aus der Wunde ziehen und verichied ruhig und
heiter. Fern von aller Eitelkeit, fonnte er Hi nicht
verhehlen, daß Thebens Größe von feiner Perjön-
lichteit bedingt war. Deshalb riet er in feiner
Sterbeftunde, als er gehört hatte, daß auch jeine
Hauptleute Jolaidas und Diophantos gefallen, jeinen
Mitbürgern, Frieden zu jchließen, was einem gänz-
lien Aufgeben des bisher verfolgten Strebens
gleichfam. I. Xen. Hell. 7, 5, 4 ff. Plut. Pelop.
und Ages. Paus. 9, 13-—15. Nep. Epam. Bgl. Bauch,
Epam. und Thebens Kampf un die Hegemonie
(1834). Pomtow, das Leben des Ep., jein Charakter
und feine Politik (1870). W. Viſcher, Ep. (Kleine
Schriften, Bd. I, 1877).
Epäphos j. Apis und lo.
Epaphroditos, Er«peodıros, 1)gelehrter Gram—
matifer, der als Freigelaſſener zur Zeit Neros aus
Agypten nach Rom kam und dort bis zur Regie:
rung Nervas lebte, Verfaſſer von (verloren ge:
gangenen) Kommentaren zu Homer, Hejiod, Pindar
und andern Dichtern. — 2) ein Geheimjchreiber
und Bertrauter des Nero; der Philoſoph Epiktet
war jein Sflave. Tac. ann. 15, 55. Suet. Ner. 49.
Dom. 14.
"Eragıror, die nad) der Bereinigung der ein-
zelnen arkadiſchen Städte zu einer großen Vollks—
gemeinde (of wögıor), infolge der durd die Schlacht
bei Leuftra bewirften Schwächung der Lakedai—
monier, aus den Kontingenten jener gebildete be:
waffnete Macht (5000 an der Zahl), welche die
Befehle der gemeinichaftlichen Obrigkeit auszuführen
hatte. Xen. Hell. 7, 4, 22. 33. 36. 5, 3.
Epei, ’Erecoi, jeit alter Zeit Bewohner von
Nord-Elis, welche ihren Namen von Epeios, dem
Sohne des Endymion, herleiteten (11. 2, 619); der
Sage nad) waren fie aus Thefjalien gefommen.
Nach Ephoros (Strab. 10, 464) waren jie 6 Menschen:
alter vor dem troiichen Kriege unter Anführung
des Aitolos nad) Aitolien hinübergegangen, hatten
die Kureten vertrieben und ſich mit ihnen ver:
miſcht, „offenbar eine Umfehr des wirklichen Ver:
Eur: hervorgerufen durd; das Beftreben, den
oberern, wie dies die Witoler und Epeier in
Elis find, ein mythiſches Anrecht auf das von ihnen
eroberte Land zu verichaffen‘ (Burfian). Sie find
wie die Nitoler und Lolrer dem Volksſtamme der
Leleger zuzuzählen.
Epeigeus, ’Ersıyevs, Sohn des Agakles, ein
Myrmidone, welcher wegen der Ermordung jeines
Vetterd aus Budeion zu Peleus floh und mit
Achilleus gegen Troja 309, wo er von Sektor im
Kampfe getötet wurde. IT. 16, 571.
Epeios, ’Ereiög, 1) j.Endymion. — 2) Sohn
des PBanopeus, ein Funftverftändiger Heros, der,
unterjtüßt von Athene, das ilische Roi baute und
zugleich als Fauftlämpfer ausgezeichnet war. Od.
8, 402. 11,523. II. 23, 664. 839. Verg. A. 2,264.
Er fam von den Kykladiſchen Inſeln nad Troja
und ſoll jpäter das italische Piſä und Metapont
gegründet haben. Spätere Sagen ftellen ihn als
einen Feigling hin, jo daß jeine Feigheit zum
Sprichwort wurde.
Epeiros, "Hreıpos (Feitland), Epirus, die weit:
liche Landichaft Nordgriechenlands, etwa 200 TM.
groß, grenzte im W. an das Jonifche Meer, im O.
an ne gi im N. an Illyrien, im ©. an den
Meerbujen von Ambrafia, Afarnanien und Aito—
lien. Zur Zeit der Nömer wurde noch ganz Akar—
Epaphos — Epeiros.
nanien dazu geredet. Die rauhen, bis zu 2000.
hohen Gebirge, durch vulkaniſche Einflüffe zerflüftet,
— dem Lande etwas Schauerliches, nur am
gg von Ambrakia findet jich eine größere
Ebene, jonft Meine Teile und bejonders die über
400m hohe Hochebene beim heutigen Janina mit
einem See, dem ein fichtbarer Abfluß fehlt. Die
Kerauniſchen Berge bilden die Grenze gegen N.,
auslaufend in dem Borgebirge Afroferaunion
(ij. Gloſſa, ital. Linguetta); im D. ftreift das rauhe
Pindosgebirge (j. Grammos), gegen ©. 2600 m
hoch — Tymphe, Lakmon, —— ſind Namen
einzelner Teile —; in der Mitte findet ſich der
Bas von Phaika (j. Paß von Dugliana), die
Hauptſtraße zwiſchen Epeiros und Thefjalien, zum
großen Teile nur ein jchmaler, im Winter wegen
der großen Schneemafien oft wenigftens für Saum-
tiere ungangbarer Pfad. Nah dem Innern zu
bei Dodona sog fid) das Tomaros= oder Tma:
ros gebirge (j. Olytzifa, die Gegend Tomarofhoria).
Auf dem im nordöftlichen Winkel des Landes liegen:
den Hochgebirge Lakmon entipringen 4 Flüſſe: der
Ados geht nach Nordweiten, der mafedonijche
Halialmon nach Nordoften, der theflaliihe Pe—
neios nad Südoften, der Arachthos (Aratthos)
nad) Süden; der am füdweftlichen Fuße diejes
Gebirges entipringende Fluß trug bis zu jeiner
Vereinigung mit dem aus der Dolopia kommen:
den Acheloos den Namen Inachos. Außerdem
ift zu erwähnen der Acheron mit dem Kokytos
(j. Acheron). — Die urjprünglich pelajgtichen
Bewohner, die fich jelbft T’gxızor genannt zu haben
ſcheinen, wurden durch Berührung mit den Jllyriern
mehr und vide barbarifiert (Thuc. 2, 80. Strab.
7, 321 u. ö.); fie zerfielen in die Chaoner (Xdorss)
im NW. bis zum Thyamis, die Thejproter
(Csoxgwroi) jüdöftlich an der Küſte, die Moloſſer
(Mokooool) landeinwärts nördlih vom Ambra:
fiihen Meerbuien. Außerdem werden noch Atha-
manen, Helloper, Kafjopaier, Atintanen u. a. ge
nannt. Der mächtigſte diejer Stämme waren
anfangs die Chaoner, die nach Thufydides (2, 80)
unter 2 jährlich wechjelnden Anführern aus einem
alten Gejchlecht ftanden; ſpäter jedoch bemächtigten
fih die aus dem Stamme der Aiakiden ftammen:
den Könige der Molotter der Hegemonie, umd
König Pyrrhos vereinigte alle Landſchaften von
Epeiros zu einem Geſamtſtaate von nicht geringer
Bedeutung, die freilich durch die Römer gebrochen
wurde. Strab. 7, 322. Etwa jeit Bejpafian bildete
Epirus mit Akarnania eine eigene Provinz. —
Städte in Chaonia: Antigonmeia, Dritos
(Erifo), nördliche Grenzitadt gegen Illyrien, fol:
chiſche Kolonie mit trefflichem Hafen, beide jemjeit
der Kerauniſchen Berge gelegen; Balaijte, wo Cäſar
im Kriege gegen Pompejus landete (Caes. b. c.
3,6. App. b. e. 2, 54), j. Baleafja ; die Hafenſtädte
Phoinike, Banormos, Oncheſmos; Buthro—
ton (Butrinto). — In Theſprotia: Ephyra
und Kichyros an der Mündung des Acheron;
Nikopolis oder Actia Nicopolis (j. Preveſa mit
bedeutenden Ruinen), Aktion gegenüber am Am:
bratiichen Weeerbujen von Auguftus nach der Bes
fiegung des Antonius (31 v. E.) gebaut, unter
Conftantin d. Gr. Hauptjtadt von Epeiros; Pan:
dojia, Elatreia od. Elatia (Liv. 8, 24), Bitia
und Bucheta im Lande der Kaflopaier. — In
der Molosjis: Rajjaron, Dodöna (Sadhrn,
Eperatos — "Egesız.
Jodor) am Fuße des Tomaros, nad) neueren
Ausgrabungen —* wahrſcheinlich in der rauhen
en am Südufer des Sees Pambotis (See von
Janina) ſüdweſtlich vom j. Janina im Thale von
Ticharafovifta gelegen, bei Homer (J1.2,750.16, 234)
„das winterliche‘‘, Övgreiusgos, genannt. Hochbe-
rühmt war Dobd. durch jein Orakel (das ältefte in
Griechenland), über deſſen Entjtehung die Priefter
des Zeus im ägyptiſchen Theben jagten, 2 heilige
Weiber jeien durch Phoiniter aus Aghpten geraubt,
die eine jei nach Libyen, die andere zu den Hel—
lenen verfauft worden; jo jeien die Orakel von
Ammon und Dodona entitanden. Hdt. 2, 54. Die
Dodonaier jelbit aber erzählten, 2 ſchwarze, wilde
Tauben jeien aus dem ägyptiſchen Theben ge:
flogen, die eine nach Libyen, die andere nach Do:
dona; dieje habe fich hier auf eine Eiche geſetzt
und mit menſchlicher Stimme befohlen, dort ein
Drafel zu gründen. Herodot meint, die Frauen
* e man wohl mit Bögeln verglichen, wegen der
emden Sprache und Hautfarbe; als fie dann der
pelaſgiſchen Sprache fundig geivorden, habe man
ejagt, fie hätten mit menjchlicher Stimme ge—
prochen. Den Mittelpunkt des Heiligtums bildete
die heilige Eiche des Zeus (deüs, Pnyög), an deren
Fuße ein Duell jprubdelte; das Gemurmel desjelben
und das Rauſchen der Eiche wurden durch die
iefterinnen, welsıdöeg, gedeutet. In fpäteren
eiten fam die Weisjagung durd das Jodwr«ior
zehntor hinzu. Zwei Säulen von gleicher Höhe
ftanden nahe bei einander; auf der einen jtand
ein Knabe mit einer Peitiche, auf der andern ein
ehernes Beden, welches bei dem Luftzuge von den
Drahtichnuren der Peitiche berührt wurde. Strab.
7, 3275. — Als die ältefteu Bewohner werben
"Erkoı oder "Eiloreg genannt. Vgl. Gerlach, Do:
dona (1859). Über die Streitfrage, ob es neben
dem epeirotiichen Dodona noch ein theſſaliſches
egeben habe, das Il. 2, 750 und 16, 234 gemeint
En vgl. at im Bhilol. XXI ©. 196 gegen
Unger, ebenda. XX ©. 577. — Außerdem wurden
zu Epeiros oft 100 gesane Argos Amphilo—
chiton, öftlich vom Ambrakiſchen Meerbujen ſ. Ti
und Ambrafiai.R. des gleichn. Meerbujens (j. d
— Bgl. über Epeiros Burfian, Geographie von
Griechenland I ©. 9 ff.
Eperätos, ’Errje«rog, 1) ein jpartaniicher
während des peloponnefiichen Krieges. Xen. jan.
2, 3, 10. — 2) aus Pharai in Adaia, ein den
Makedoniern zugethaner Feldherr des achaiiſchen
Bundes und Gegner des Aratos, der natürlich die
Hülfsmittel des Bundes wenig im wahren RER
desjelben benußte. Pol. 4, 82, 8. 5, 91,
Epeunakten j. Helotes.
"EgpnBßos. 2 Jahre (oder im zweiten Jahre)
nach Eintritt der Mannbarkeit (dml dusrig npr-
sa»reg), im —— Lebensjahre, wurden in
Athen die jungen Männer durch Eintragung in das
Antıapyınöov (dad Gemeindebud ihres Demos) für
volljährig und bürgerlidy jelbftändig erflärt. Der
Eingetragene leijtete jeinen Bürgereid im Heilig:
tum der Agraulos (Lycurg. Leoer. 76. Pollux
8, 105. Plut. Aleib. 15), wurde wehrhaft ge:
* befam das Recht vor Gericht aufzutreten,
u verheiraten u. j. w. Jsae. Arist. 12. De-
—— . II, 20.24. Das Recht, an der Volls—
re teilzunehmen , erhielt der Ephebe
erit 2 Jahre jpäter, durch Eintragung in den
387
niveE Lunınsworınog, im zwanzigften Xebensjahre,
nachdem er vorher 2 Jahre als Grenzwächter (me-
eiroLog) gedient hatte. Von da an konnte er im
Kriegsdienfte auch zu auswärtigen Striegen ver:
wendet werben. Abgejehen von diejer engeren und
genauen Bedeutung des Wortes gibt es jedod) noch
eine weitere, nach welcher knßos jeder dem Knaben:
alter entwachſene junge Menjch genannt werden
fann. In der Kunſt jehen wir junge Leute diejes
Alters mit furzgeichorenem Haar im Gegenſatz zu
Knaben und Männern, melde das Haar länger
tragen (our). Dieje” Haarjchur fand vor dem
dmi dusrig Npijoc« ftatt, wahr] — im ſechze *
ten Jahre, und vielleicht hie dieſem Alte
der dritte Tag des —————— . Apaturia)
— (von xovoci, #800).
Ja (ber Bei- oder Danebenfigende) hieß
Mau e Agoniſt, der bei einer ungleichen Kämpfer
zahl bei — Entſcheidung des —8* nicht mit ge—
Koffen war und nun aljo bis zulegt fi igen mußte,
um dann mit dem übrig gebliebenen Sieger den
legten entjcheidenden Kampf mit friichen Krä en
u beitehen. Plut. Sull. 29. Pomp. 59. Eine
— darauf vielleicht Soph. Ai. 610.
‚Epnynsıs |. Anayoyı,.
Eynurgis, ephemöris, 1) ein Tagebuch, Neije:
journal, wie bei den Römern, die das griechiiche
Wort jedoch mitunter auch gebrauchen (Cie. Quint.
18, 57. Nep. Att. 13, 6), commentarii und dia-
rium, und w ar ſowohl in militärijcher als ge-
ſchichtlicher Beziehung; auch kommt es in dem
Sinne eines täglichen Rechnungsbuchs für Ein—
nahme und Ausgabe vor. — 2) ein Kalender,
vielleicht erjt bei den Römern (Juv. 6, 573), und
da bejonders bei den Nitrologen, die darın Die
Stellung der Geftirne für jeden Tag verzeichneten,
um jo für die Wahl der zu beftimmten Geſchäften
vorteilhaften oder ungeeigneten Zeiten vermeintliche
Anhaltspunkte zu haben. Bgl. Chaldaei.
Eyeoıe, ziü, ein nächtliches Feſt der epheii:
ichen Artemis mit Ausjchweifungen jeder Art, zu
welchem nur Männer, unverheiratete Frauen und
Sflavinnen zugelaffen wurden.
Ephesiae litterae, ’Epicı« yoduuere, nannte
man gewilje rätjelhafte Formeln (6), welche von
or | den idaiiſchen oder phrygiſchen Daktylen erfunden
(daher auch phrygiſche genannt), nad) andern an
der Bildſäule der epheſiſchen Artemis eingejchrieben
jein jollten; der Aberglaube legte denjelben, wenn
man jie als Amulette bei * trug, zauberhafte
Wirkungen bei. Athen. 12, 548 c.
"Eyeoıs, die Appellation. Gegen den Ausipruch
eines Heliaftengerichtes konnte eine eigentliche Ap:
pellation nicht jtattfinden. Nur beim Kontumacial⸗
verfahren konnte der Verurteilte unter dem Ein:
wande, daß feine Entichuldigung der Abwejenheit
unrechtmäßigerweile nicht berüdfichtigt worden,
oder daß er ohne eigenes Verſchulden die nt:
ſchuldigung verjäumt habe, auf Reſtitution antragen
(zijv un over drrikugeiv, wenn die Sache vor
Diaiteten [j. d.], ri» donuor dvrilageiv, wenn fie
vor Richtern verhandelt war). Dagegen jand Häufig
Appellation von einem Spruche eines öffentlichen
Diaiteten jtatt an ein Heliaftengericht (dpeiva eis
ro dinaorigior, eis roug dinaordg), mit Nieder:
legung einer bejonderen Gerichtsjportel, des magd-
Boior, von jeiten des Appellierenden (j. Jıar-
25*
388
Ephesos — 'Egfrau.
eneig). Val. Meier und Schömann, att. Prozeh an einen eigenen Gerichtshof die Richtergewalt
S. 984 ff. d. 2. Aufl.
juluf, bedeutende ioniiche Zwölfftadt in Kleinafien
i
der Archonten jehr beichränft wurde. Nach Bollur
—— "Epeoog, j. Ruinen beim Dorfe Aya- hat es uͤrſprünglich 5 Ephetenhöfe gegeben, denen
Solon den Areopag hinzugefügt hätte. Wir fin-
am Fuße der Berge Koreflos und Pion (Prion), | den aber jpäter nur 4 Gerichtsftätten der Epheten,
an der Mündung des Kanitrosflufles; jüdlich von
der Stadt floß der Bad) Kenchreios. Der berühmte
Tempel der Artemis (das Artemifion), dejien
Bau vom Knoſſier Eherjiphron um 590 v. E. begon:
sen und mad) 120 Jahren vollendet worden war,
wurde von Deroftratos verbrannt in der Nacht, da
Alerander der Ör. geboren ward (21. Juli 356 v. E.);
aber die Heinafiatiichen Griechen bauten ihn unter
Leitung des Deinofrates in ſolcher Größe und mit
jolcher Pracht wieder auf, da er zu den 7 Wunder:
werfen der Welt gerecdinet wurde. Es war ein
ionischer Dipteros (j. Templum 3.), viermal jo
groß als der Barthenon, die Säulen, im unteren
Teile des Schaftes teilweije jfulpiert d. h. mit
Reliefs geihmüdt (columnae caelatae), 60 Fuß
hody. Die Lage des Tempels ift erit im I. 1871
durd) Ausgrabungen des Engländers J. T. Wood
ermittelt worden; er ſtand im Nordoften der Stadt
twilchen dem Berge Pion (Brion, und der fteilen
nhöhe, auf der das Kaſtell von Ayaſuluk erbaut
ift, etwa 200m weftlich von Ayaſuluk. -- Eph.,
wohl eine Aulage der Phoinifer, war der Sage
nad) von Amazonen gegründet, dann von Karern
und Lelegern bewohnt, bis es von Androflos, dem
Sohne des Kodros, in Befiß genommen wurde.
Die Stadt war immer mächtig geweſen, ftieg aber
bejonders nach dem Falle Milets (494 dv. E.) zur
reichiten und mächtigften unter allen ioniſchen
Städten auf; unter den Kaifern war jie die he:
deutendfte Stadt der Provinz Aſia. Der frühere
Seehafen, Panormos, ift jet durch die Alluvionen
des Kayſtros verjandet; außerdem gab es 2 künſt—
lich gegrabene Häfen im Flußbette des Kayſtros,
deren einer bis an das Artemifion reichte. — Eph.
war die Heimat des Elegiendichters Nallinos, des
Nambographen Hipponar, des Philojophen Hera:
fleitos, der Maler Apelles und Parrhafios, des
nachmals aus jeiner Vaterftadt vertriebenen Ser:
modoros (Cie. tusc. 5, 36), der den Decempirn in
Rom bei Abfaffung ihrer Geſetze hülfreiche Hand
geleiftet haben joll, u. a. Bal. Strab. 14, 640 f.
Suhl, Ephesiaca (1843). Hyde Clarfe, Ephesus
(1868). E. Eurtius, Beiträge zur Gejchichte und
Topographie Kleinafiens (1872). Deri., Ephejus
(1874). Wood, discoveries at Ephesus (1877).
Egyerar, Richterfollegium in Athen, deſſen
Einjegung von alten Überlieferungen in die my:
thiiche Zeit, von Pollur (8, 124) mißverſtändlich
auf Drafon zurüdgeführt wird. Unter den ver:
ichtedenen Ableitungen ift die eine: moög Bw dpie-
rar, aljo Appellationsridhter, nicht ohne ſprachliche
Bedenken, nach andern waren ſie „Anweiſer“ des
Rechts, die Anweiſung zu geben hatten, wie in
jedem Falle gegen den Wngeflagten oder Ber:
urteilten zu verfahren jei. Es waren ihrer 61,
ausichließlih aus dem Adel erwählt (aeısr'rönr
eiorterreg), und fie hatten über Blutjachen zu
richten. Sie waren aljo wahrjcheinlich in Eivil-
ſachen nur Appellations:, in Kriminalſachen aber
gewiß öfters erfte und zugleich einzige Inſtanz.
Ihre Einjegung ſcheint einen neuen Sieg der at-
tiichen Gejamtarijtofratie über das Archontat zu
bezeichnen, indem durch Zulaſſung der Appellation
|
een nn nn nn nn nn nn nn
—
ini ITIailadio, Iri HIeipırio, tal Tgvraveio
und 2r bosarroi, und haben daher für die ältere
Zeit nicht ohne Wahrjcheinlichkeit noch ein fünftes
Gericht, &r Ilgvrareio, anzunehmen, in dem die
IIgvräreıg rar Navagdewr ridıteten ıwgl. Na v-
»gagla). — Den wictigeren Teil der Blutge-
richtsbarfeit über vorfäßlichen Mord, Tötung durd)
Gift, böswillige Verlegung, Brandjtiftung ꝛc.
entzog Colon dem Ephetenfollegium und übertrug
ihn dem von ihm neuorganifierten Areiopagos (j.d.).
In der nachſoloniſchen Zeit haben die Ephetenhöfe
2“ Bedeutung größtenteils verloren. Es blieb '
ihnen nur noch die —— über gewiſſe Fälle,
die zum Teil ihre praktiſche Bedeutung verloren
hatten, indefjen wegen des religiös altertümlichen
und heiligen Charakters, der dem Blutrechte bei:
wohnte, bejtehen blieben. Sie richteten ftets als
anzes Kollegium unter dem Borfige des (deywr)
lie Die Fälle, die vor den einzelnen Ephe—
tenhöfen zur Entjcheidung famen, waren folgende:
1) Am WBalladion wurde entjchieden, wenn der
Mörder behauptete, daß der Mord ohne Borbe:
dacht vollbracht jei (porog anovdsıog). Wurde auf
porog drovsıog entichieden, jo mußte der Mörder
das Yand jo lange verlafjen, bis er von den Ver:
wandten des Getöteten die Erlaubnis zur Rüd-
fehr erhalten hatte. 2) Am Delphinion wurde
povog dinceos gerichtet, 3. B. wenn jemand aus
Notwehr einen andern erichlagen hatte. Zu De:
mofthenes’ Zeit jcheinen dieje beiden Gerichtshöfe
verdrängt und ihre Gegenstände den Heliaften über:
tragen worden zu jein. 3) Am Prytaneion wurde
nad) althergebracdhter Sitte über lebloje Gegenftände
und Tiere gerichtet, die den Tod eines Menfchen
veranlaßt hatten. Der Gegenſtand mußte infolge
eines förmlichen Gerichts über die Grenze geichaft
werden. 4) Das dınaarıjgior !v Bosarroi, einem
Orte an der Küfte in der Nähe des Hafens Zea
(j. Attika, 15.), betraf einen ganz bejonderen
Fall, wenn jemand, wegen unfreiwilligen Wordes
flüchtig, in der Zeit einen andern Mord begangen
hatte. Da er das Land nicht betreten durfte, jo
wurde er, in einem Nahne ftehend, von den Epheten
wegen des neuen Mordes vernommen. Wurde cr
verurteilt, jo traf ihn lebenslängliche Verbannung.
— Eine neue Anficht über die Epheten hat zuleßt
L. Yange (die Epheten und der Areopag vor Solon,
1874) aufgejtellt und icharflinnig begründet. Nach
ihm jind die Eph. nicht bloß der Blutgerichtsbar:
feit wegen eingejeßt worden, jondern übten jie als
Mitglieder der vorjolonijchen eupatridiichen Bowär,
Ev Agsio adyo, die aus 60 lebenslänglichen Mit:
— beſtand, von denen jährlich 9, von der
ule ſelbſt aus ihrer Mitte beſtellt, unter dem
Namen deyorres oder zovrarsıg die Regierung
übernahmen, während die übrigen 51 unter dem
Namen von Iperar (ot 2p' Fraıg, Vorjteher der
Vollbürger, Eupatriden Gegenſatz von dnuos]),
d. h. Bürgervorfteher, teils an den Beratungen
der Bule teilnahmen, teils entweder bei vorjäß:
lihem Morde in Verbindung mit den Archonten
auf dem Areopag oder in den übrigen Fällen unter
dem Vorſitze des (dey.) Baorkerig als des damaligen
Ephialtes — "Egogoı.
Lorftehers der Archonten an den übrigen 4 Wahl:
ftätten richteten. Die Einjebung durch Draton ist
nach ihm unmöglich. Vgl. auch Philippi, der
Areopag und die Epheten (18741.
Ephialtes, ’Epidirns, 115. Aloaden. — 2)ein
Gigant ſ. Giganten.ı — 3) ein Malier oder
Trachinier, der dem XKerres einen Seitenweg über
den Kallidromos zeigte (beim j. Dorfe Dratofpelin)
380
reits von Lykurgos, nach andern von Theopom—
pos (757 v. E.), was aus inneren Gründen größere
Wahricheinlichkeit für fich hat, wenn nicht vielntehr
ihre Macht durch ihn zu einer das Königtum be-
ichränfenden und fontrollierenden geworden iſt.
Ihre Macht ift eine richterliche und verwaltende
zugleich. Sie hatten (Arist. pol. 3, 1, 7) die diuag
rov ovußolaior (Livilprozeffe), die Geruſia die
auf welchem Hydarnes eine perſiſche Heeresabtei: | d. porındg zu enticheiden. Ihre richterliche Macht
lung den Spartanern bei Thermopylai in den
Rüden führte. Hat. 7, 2135. Died. Sie. 11, 8.
FFrontin. 2,2,13. Bon den Amphiktyonen geächtet,
wurde er ſpäter in Antifyra erichlagen. Sowohl
Herodot als Kteſias geben an, dab auch andern
Berfonen diejer Verrat zugeichrieben wurde. —
4) ein Athener, Sohn des Sophonides, nicht, wie
er öfter bezeichnet wird, ein ummwiürdiger Demagog,
jondern ein chrenmwerter Bürger, arm und dennoch
freigebig, an Gerechtigkeit und Uneigennüßigfeit
dem Wrifteides und eh vergleichbar ( Plut.
(im. 10), Genoſſe des Perikles ın feinen demo-
fratiichen Tendenzen. Er widerjegte fich dem An:
trage des Kimon, den Spartanern gegen die em:
vörten Seloten Hülfe zu jenden (Plut. Cim. 16),
und beantragte, die Gejeßtafeln des Solon von
der Burg auf den Markt und in das Protaneion
zu bringen (Poll. 8, 128); beionders aber ift jein
Name gefmüpft an die im J. 461 v. E. beichloffene
Schmälerung der Macht des Areiopagos (j. d.).
Arist. pol. 2,9, 3. Er wurde, wahrjcheinlich auf
Anftiften der oligarchiichen Partei, im J. 457 er:
mordet. Plut. Per. 10. — 5) ein atheniicher De:
magog der antimafedoniichen Bartei, deſſen Aus:
lieferung von Alerander nach der Yeritörung von
Theben verlangt wurde, der aber nach Berjien floh
(Plut. Demosth. 23. Arr. 1,10, 4 f.) und bei einem
Ausfalle aus Halikarnaß das Leben verlor, im
Herbſte des J. 334. Diod. Sie. 17, 26 f.
Ephippium, Zpirmıior, auch Zpiamıe sc. orgw-
uarc, die Pierdedede, die fid bei den Griechen
bald in einen förmlichen Sattel mit Gurten (Fro-
zor) verwandelte und mit vielfahem Schmud ver:
iehen wurde. Ebenjo gingen bei den Nömern dieſe
Pferdedecken bald in vollftändige Sättel über,
ipäter mit föftlichen und foftbaren Zieraten ver:
ſehen. Auch die galliiche Neiterei Taſars waren
ephippiati equites, deshalb wurden ſie von den
Germanen, die nichts für jchimpflicher und un:
männlicher hielten, als den Gebrauch der Pierde-
deden, veradhtet. Caes. b. q. 4, 2. Bal. Equus, 2. |
Ephippos, "Egınzos, Dichter der neueren atti—
ihen Komödie, von dejien Dramen jich nur wenige
Titel und Bruchitüde Se haben, gei. von
Meinefe, fragm. com. Gr, Ill p. 322 ff. (Ilp. 657 ff.
erweiterte fich bald, indem ihnen die ebduraı der
Behörden zufielen (die neugewählten Ephoren hatten
dabei über ihre Vorgänger zu richten). Die übrigen
Behörden konnten jie noch während ihres Amts:
jahres zur Verantwortung ziehen und ihnen ſelbſt
eine Gelditrafe auferlegen, die Könige mit einge:
ichlofien. In Prozefien gegen die Könige auf Tod
und Leben traten jie als Ankläger auf; der Ge:
richtshof war in dieſem Falle die Gerufia. So
ſehen wir, wie aus ihrer richterlihen Befugnis
ſich allmählich ihre ausgedehnte politiihe Gewalt
entwidelte. — Ihre aufergerichtliche Ihätigfeit
bejtand urjprünglich, ihren richterlichen Befugniſſen
entiprechend, im der Aufficht über den Markt, d. h.
den gejamten Bandelsverlehr Spartas. Auf dem
Marfte hatten jie auch ihr Amtslokal (dereior).
Mit der richterlichen erweiterte ſich aber auch ihre
politiiche Gewalt jehr raich, jo daß fie bald die
einflußreichite Behörde Spartas wurden und als
Vertreter des gejamten Volkes (daher auch mit
den römischen Volkstribunen verglichen, ein Ver-
gleich, der indeflen mur in einigen Beziehungen
paßt) zuerjt ein Gegengewicht gegen Könige und
Serufia bildeten, bald ein Übergewicht über die:
jelben gewannen, welches die Infurgiiche Verfaſſung
gefährdete und allmählich untergrub. Sie erhielten
das Oberaufjichtsrecht über die geſamte öffentliche
Zucht; jie konnten ichon früh das Wolf berufen
und Gejege vorjchlagen, fie Tonnten Gejandte zu:
laſſen oder abweijen und übten überhaupt großen
Einfluß auf die äußere Politit; fie hatten das
Recht, in Kriegszeiten Heere abzujenden, wenn es
ihnen beliebte, fie beitimmten wahricheinlich die
Größe der Mannichaften, jie ernannten die Feld—
herren (meiſt die Könige), beichränften diejelben
durch Beigeordniete (ovußovkor, T’hue. 5, 63; ipäter
folgten 2 von ihnen dem Könige im den Strien,
Xen. Hell. 2, 4, 36), konnten fie durch die Skytale
zurüdberufen. Die Duelle ihrer großen Macht
iſt die duninade, deren eigentliche Vertreter fie find.
Nach einjähriger Amtsverwaltung traten jie in
den Privatitand zurüd. Für wichtige Mafregeln
war die Übereinftimmung der Mehrheit im Kolle-
gium erforderlid. Das Zunehmen ihrer Macht
bezeichnet das Wachjen des oppofitionellen Elements
d. Hein. Ausg.), und Stod, com. Att. fragm. II | in der Berfaffung und jomit die Veränderung in
p. 250 ff
"Epödıor, das Neijegeld (Diäten), welches aus |
der inneren und äußeren Politik des Staates (fie
vertreten im den hellenischen Händeln die unruhige
der athenijchen Staatstaffe den Bffentlihen Ge: | Kriegspartei den Königen und der Gerufia gegen:
landten gezahlt zu werden pflegte und 2—3 Drad): | über).
ſeinem Verſuche, die lykurgiſche Verfaſſung wieder:
e. 1) ſpartaniſche Behörde, aus fünf herzuſtellen; und Kleomenes III. mußte jeine Re—
— — d. h. zu Anfang des
men täglich betrug. Aristoph. Acharn. 66.
jährlich im
lafoniichen Jahres, aus dem Volke, uriprünglid)
von den Königen ernannten, jpäter vom gejamten
Volke defignierten Mitgliedern beftehend, teils für
Ihrer Macht erlag der edle Agis Til. bei
formen mit der Aufhebung des Ephorats beginnen.
Nach jeinem Falle durch die Niederlage bei Sellafia
(221 v. €.) wurde auch das Ephorat wiederher-
geitellt. Noch iſt zu bemerken, daß etiwa jeit DI. 14
(724 v. E.) der erſte Ephor Zrorvuog des Jahres
die Nechtspflege in Privatitreitigleiten, teils um
ftellvertretend Die Funktion der Könige auszuüben. war. — Auch in andern, namentlich dorijchen
Eingejegt waren fie nad einigen Nachrichten be: | Staaten, 5. B. in Meſſene, There, Kyrene, Hera:
390 Ephoros — Epicharmos.
Hleia, gab es Beamte diejes Namens. Bgl. D. |archen mitgegeben wurden, um fie zu beraten.
Müller, Dorier I ©. 111 ff., Schömann, griechifche | Thuc. 8, 61.
Altert. 1S. 237 ff. Schäfer, de ephoris Lacedaem.) 'ExıBoAn bezeichnet eine in Geld beftehende
(1863), Dum, Entft. und eig? de3 jpart. | Bolizei: oder Ordnungsitrafe, die ein Magiftrat
Ephorats (1878), — 2) 5 Männer, die von dem | (nicht bloß die eigentl. @egowres, jondern aud) die
Hetairien der Oligarchen in Athen nach der Schlacht | auf beftimmte Frıft und mit beftimmtem Mandat
bei Aigospotamoi als geheimer Centralausſchuß ernannten Kommiffare, Zmiueintei, ja jelbft die
eingejept wurden, um die gemeinfamen Intereffen | Choragen und vielleicht auch die Trierarchen ), ſowie
der Verſchworenen wahrzunehmen und durch ver: | der Rat und ber Wreopag innerhalb eines be:
räteriiche Maßregeln der Verteidigung der Stadt | ftimmten Maßes bei VBergehungen, die in feinen
gegen Lyſandros Hinderniffe in den Weg zu legen. | Amtskreis fallen, von Amts wegen jelbftändig auf:
us. Eratosth. 43 ff. erlegen konnten (£mußolüg Edmißdllsır), während
Ephöros, "Epogos, aus Kyme in Niolis (etwa | bei — Vergehungen oder im Falle, daß die
zwiſchen 405 und 330 v. E.), Sohn des Demophi—- ZmıßoArj nicht wirkte, der Geſetzesübertreter gericht:
los, genoß zugleich mit Theopompos den Unter: lich zu belangen war. So wurde, wer Waiſen
richt des Iſokrates und wurde von diefem auf die | beleidigte, vom Archon, in deſſen Obhut diejelben
Behandlung der älteren Geichichte geleitet. Strab. | ftanden, entweder, wenn die Beleidigung eine ge:
13, 622. Cie. de or. 2, 13, 57. Mit vielem Fleiß | ringere war, jelbftändig in Strafe genommen, oder,
jammelte er den Stoff durch Reifen und aus den | bei ſchwereren Kränkungen, vor Gericht gezogen.
mannigfaltigiten Quellen, faßte zuerit den Plan | Appellation gegen eine ZmißoAr ſcheint zuläifig
einer allgemeinen Völkergeſchichte (r« xa#oLov, | geweien zu fein. Unbelannt ift die Höhe der Summe,
Pol. 5, 33), verließ aber dabei ganz die Mythen: | innerhalb deren die Strafbefugnis der einzelnen Be:
eit und begann mit der Rückkehr der Herafliden. | hörden bejtand. Abhandlung von Siegfried (1876).
In 30 Büchern ftellte er dar die Begebenheiten) Epibomios j. Eleusinia, 6.
bis zur Belagerung von Berinthos im J. 310 v. C. Epichäris, ’Eriyagıs, eine römiſche FFreigelaj:
(nad) Suidas 750 Jahre); jedoch wurde das dreißigfte | jene, welche wahrjcheinlich als Geliebte eines Bru—
Bud, von dem heiligen Kriege an, feinem Sohne | ders des Seneca (der auch in die Sache verwidelt
Demophilos beigelegt. Diod. Sıc. 16, 14. Athen. | war) Kunde von der Verſchwörung des Piſo 65
6, 232 d, Eph. ging aus von der geographiichen |. E. erhalten hatte und nun auf alle Weife die:
Beichreibung der einzelnen Länder, deutete vor: | jelbe zu fördern ſuchte. Zwar konnte ihr anfangs
fommende Mythen * hiſtoriſche Weiſe und berei- nichts bewieſen werden, als Voluſius Proculus,
tete durch Einführung des räſonnierenden Elements | Nauarch auf der Flotte zu Miſenum, fie dem Nero
den Pragmatismus des Polybios vor. Die Dar: | verraten hatte; als man aber ipäter der Verſchwö—
ftellung hatte einen rhetorifchen Anftrich, janf aber | rung näher auf die Spur fam, jpannte man fie
doch, ungeachtet der Korrektheit und Neinheit des | auf die Folter. Indes vermochte feine Beinigung
Ausdruds, öfters zur Monotonie hinab. Sein viel | fie zur VBerräterin zu machen; fie benußte vielmehr,
gelejenes, viel bewundertes, doch auch ſchwer ge: | als jie abermals zur Folter getragen wurde, die
tadeltes Werf, cine Hauptquelle des Diodor von | Belegenheit, um ſich mit einer aus dem Bujen
Sieilien, auch von Strabon, Trogus Pompejus, | gezogenen Binde an der Lehne des Seflels zu er:
Plutarh und Paufanias viel benußt, wurde im | drofjeln. Zac. ann. 15, 51. 57. Dio Cass, 62, 27.
alerandriniichen Zeitalter fortgejegt von Diyllos Polyaen. strat. 8, 62.
von Athen, Piaon von Plataiai und Menobotos picharmos, 'Erigaguos, aus Kos, geb. um
von Berinth. Noch wird ihm ein Werk euprjucıc | 540 v. E., Sohn des Elothales, eines Arztes, ein
in 2 BB. beigelegt. — Sammlung der Bruch: | berühmter griechiicher Komiker, verlieh frühzeitig
ftüde von Meier Mary (1815) und von Müller, ſeine Baterjtadt und hielt fich abwechjeind in ver:
fragm. hist. Graee. I p. 234 ff. Bgl. auch | jchiedenen Städten Siciliens, befonders in Megara,
Skymnos. auf. Nach Zeritörung diefer Stadt fam er nach
Ephyra, ’Egvg) (ob aiol. für page = Warte?), | Syrafus, wo er unter Hierons Regierung als
velaigiicher Städtename: des jpäteren Korinthos komiſcher Dichter jich hervorthat. Dort foll er auch
($ d.), in Elis am Selleeisfluß (77. 2, 659. 6, 152), |in einem Alter von 90 Jahren geftorben jein,
in Theffalien (jpäter Krannon), in Aitolien (“nun | etwa 450. Bon diejem jeinem Aufenthalte in Si-
’Eg., Thuc. 3, 106. 111), in Epeiros und zwar | cilien heißt er Siculus (Ve, tuse. 1,8, 15. ad Att.
in Thejprotien (jpäter Kichyros). T’huc. 1,46. Dies | 1, 19, 8). In früheren Jahren joll er ſich der
icheint auch das von Homer (Od. 1, 259, ſ. dazu | Philojophie des Pythagoras zugeneigt haben, auch
Nitzſch) genannte Ephyra zu jein, während andere | Arzt geweien jein, jpäter aber widmete er fich
hier das elifche finden. Strab. 8, 338. Noch andere | ausichließlich der Komödie. Ihm verdankt die
halten das Ephyre der Ilias und der Odyſſee für | jogenannte doriſch-ſieiliſſche Komödie ihre Aus:
identiich und zwar für eine Binnenftabt im Argos. | bildung zu einer geregelten, kunftvolleren Form,
Außerdem hieß fo eine Inſel im Argoliichen | wofür neben ihm auch Phormis und Deino—
Meerbujen. lochos, nah ihm Sophron und Kenarhos
ExıBaraı heißen im allgemeinen alle Berjonen | wirkten. Als echte Dramen des Epicharmos wur:
auf dem Schiffe, die nicht zur eigentlichen Beman= | den 35 anerfannt, deren Titel ſich auch jegt noch
nung gehören, die Reifenden und namentlich die | herausfinden laſſen. Bruchſtücke find mur in ge—
Seeſoldaten. Dieſe wurden in Athen meift aus | ringer Zahl und mit unechten vermiicht vorhanden
der legten Bermögensklaffe, den Theten, genommen | (gejammelt am beiten von A. O. F. Yorenz, 1864);
und nur im —— Fällen aus den von keinem Stücke läßt ſich aus denſelben Plan
höheren Klaſſen. Thac. 3, 16. 8, 24. — In und Inhalt mit einiger Sicherheit angeben. Die
Sparta hießen jo die Bürger, welche den Naus Mehrzahl der Titel bietet leere Namen, nur wenige
Ir __®
Eruysıporovie — Epigramm.
treten in einem helleren Lichte hervor, z. B. Aßces
yduos, Apaıorog oder Kouasrei. Andere gaben
Scenen und Abenteuer aus gangbaren Mythen:
freien, wie Bovorgıg, Auvrog, Kurlarp, Odvassig
vevayög, Toooc nal IIpouadevg, Lerpijweg u. |. w.
Was Plan und Ofonomie im allgemeinen be
trifft, jo laffen die Winfe der Alten (Hor. ep.
2,1, 58) erlennen, daß der Dichter nach Art der
römijchen comoedia motoria zu eilen pflegte und
einen einfachen Stoff ohne Vertiefung der Charak—
teriftit und ohne funftvolle Verwicklung raſch er-
vonierte und dem Ende zuführte. Der Dialekt
jeiner Stüde galt für gut doriih. Einfach, aber
nicht ftreng forreft behandelt waren jeine Metra;
am liebjten gebrauchte er den trochäiichen Tetra—
meter im Dialoge (metrum Epicharmium).
’Eriyeigorovia hie ein doppelter At des
Beichlufjes durdy Stimmenmehrheit in Athen: 1) 2.
rör vöuwr, die alljährlich in der erften Boltsver:
jammlung vorgenommene Geſetzreviſion, worauf
die Nomotheten für das Weitere zu jorgen hatten,
ſ. Enrinole, 6.; — 2) &. rör deyür, bie in
der erften Bolfsverjammlung jeder Prytanie wieder:
holte Betätigung der Amter, indem der Archon
fragte: el Öonel nalöüg apyeır Taaorog, wobei es
iedem freiftand eine Beichtwerde vorzubringen (mgo-
Bdlleohaı, mgoßoirj, j. d.) und auf die Entfer-
nung eines Beamten anzutragen. Die auf dieje
Weile Verworfenen (drogsiporovovuero:) verloren
ihren Kranz und wurden juspendiert, bis die Sadıe, |
welche gegen fie vorlag, durch ein heliaftiiches Ge—
richt entichieden war.
Epidamnos, ’Eridauvos, bedeutende Handels:
ftadt am Adriatiſchen Meere auf einer Halbinjel
im griechiichen Illyrien, Kolonie der Kerfyraier.
Die Streitigkeiten beider waren mit Veranlaſſung
zum peloponneitichen Kriege. Thuc. 1, 24 ff. Hier
begann die Egnatijche Straße nad) Öyzantion,
eine Fortjegun
man fih in Beat us einichiffte.
verwandelten den Namen, der ominös an damnum
erinnerte (Plaut. Men. 2, 1, 39), in Dyrrha=
chiumz; ji. —— oder Draſch. Liv. 29, 12. Caes.
b.e.3, 13 ff. Cie. ad fam. 14, 1.3. Plane. 41.
ad Brut. 1, 6.
Eridevgie, rü, ein Felt zu Athen, wahr:
icheinlich am vierten Tage der eleuſiniſchen Myſte—
rien zu Ehren des Ajflepios gefeiert. Paus. 2, 26, 8.
Bol. Mommien, Heortologie S. 250.
Epidauros j. Argos, 7.
Epidauros Limöra j. Lakonika, 6.
’Erxıdöseıc. in Athen freiwillige Beiträge der
Bürger und Metoifen an die Staatsfaffe, direkt
oder 3. B. durch Übernahme einer Leiturgie außer
der gejeglichen Reihenfolge. Demosth. Mid. 13.
160. 165. Phorm. 38. Lycurg. Leoer. 110. Gegen:
der Appiſchen in Jtalien, von wo|
Die Römer Urſprung nad eine poetiſche Aufichrift auf
391
ſich in diejer Beziehung eine ähnliche Trennung
zwijchen Adel und Voll, wie in Nom vor dem
canulejiichen Gejege, jo daß Epigamie nur zwiichen
den Angehörigen des herrihenden Standes ſtatt—
fand; Nichtbürger dagegen, auch die Metoifen, waren,
jelbft in dem jonft gegen Fremde jehr humanen
Athen, von der Epigamie ausgeichloffen; und nur
in bejonderen Fällen wird Epigamie durch Volts-
beichluß verliehen zugleih mit dem Bürgerrecht,
jowohl an einzelne, als auch bisweilen an ganze
Staaten, 3. B. an die Plataier. Nah Lyſias
(ünto rg nolır. $ 3) fcheinen die Euboier Die
Epigamie befommen zu haben, ohne Bürger von
Athen zu fein.
pigenes, ’Erıyerng, 1) aus Sikyon, ein alter
griechiither Tragifer, lebte noch vor Theipis und
gehört den erften Anfängen der griechiichen Tra:
ödie an. Sonſt nicht näher befannt. — 2) ein
ichter der neueren attiichen Komödie, Zeitgenofie
des Antiphanes. 5 Stüde find den Titeln nad)
befannt und wenige Bruchjtüde erhalten, gefammelt
von Meinefe, fragm. com. Graeec. III p. 537 ff.
(II p.773 d. Heineren Ausg.), und Kod, com. Att.
fragm. Il p. 416 ff. — 3) Sohn des Kriton und
Schüler des Solrates. Xen. mem. 3, 12,1. —
4) Sohn des Antiphon aus Mthen, gleichfalls
Schüler des Sokrates. -- 5) aus Rhodos, hatte
eine jet verlorene Schrift über den Yandbau ver:
faßt. — 6) mit dem Beinamen Gnomonikos, aus
Byzanz, Aftronom, deffen Schriften verloren find,
der aber von PBlinius (7, 5, 56 und 57) und von
Seneca (nat. qu. 7, 3 und 6) erwähnt wird und
jeine Kenntnis von den Chaldäern erhalten hatte.
Epigonen, ’Eriyovra, 1) j. Adrastos, —
2) Name eines fyfliichen Gedichtes (j. Epos, 4.),
das von einigen dem Homer beigelegt wurde.
Hdt. 4, 32. Bgl. Kinkel, ep. Graee. fragm. I
p. 13.
Epigramm, /xiyoauue, it dem Wort und
einem Weihgejchent, einem Grabmal, einem Kunft:
werk, um unter Angabe des Weihenden oder des
Berfertigers und mit Bezeichnung des Zwedes den
eiftigen Gehalt des dem Auge ſich darbietenden
Segenftandes auszudrüden. Die Haupttugend eines
ſolchen Heinen Gedichtes war bei aller Einfachheit
Schärfe und Abrundung des Gedantens und des
Ausdruds. Schon die Älteren Dichter, Archilochos,
Sappho u. a., haben ſich in Abfaſſung von Epi:
grammen verjucht; der eigentliche Begründer aber
der epigrammatischen Kunft war Simonides von
Keos. Seine Epigramme, zum großen Teil für
die Monumente der Kämpfer in den Perjerfriegen
gedichtet, find vollendete Mufter poetiicher Auf:
faffung, ausgezeichnet durch Schärfe des Gedankens
und großartige Einfachheit. — Das Epigramm diente
jag ift eldspopd, vom Staate ausgejchriebene |aber nicht bloß als Aufichrift für wirkliche Gegen:
ordentlihe Steuer. ftände, ſondern man fingierte auch ſolche Auf:
’Erıyauie, das römische conubium, das Recht ‚schriften, z. B. auf Grabmäler von Dichtern und
der Ehegenofjenjchaft, welches ſowohl im griechiichen | Philofophen und auf berühmte Kunſtwerke; man
als im römischen Altertum (man denke an die | wählte jich ferner bedeutjame Situationen aus den
Kämpfe der Plebejer um die Erlangung des Co— | äußeren Leben, um in geiftreichen Kombinationen
nubium mit den Batriciern) für den Ausdrud | den inneren Kern desjelben zur allgemeinen Sen:
der politiihen Zujammengehörigkeit galt, indem |tenz zu erheben oder ein Feines artiges Bild zu
die Alten jehr viel auf undermijchte Reinheit der | entwerfen. So wurde das Epigramm zum Sinn:
Abſtammung hielten. Im allgemeinen beitand |gedicht und Gelegenheitsgedicht. Amt meijten
Epigamie zwiſchen den jämtlihen Bürgern des: | wurden dieje legten Arten des Epigramms von
jelben Staates; nur in einigen Dligarchien findet | den Nlerandrinern bearbeitet, zu einer Zeit, wo
392
die griechiiche Poeſie die Kraft zu größeren Pro:
duftionen verloren hatte. In Dielen fleineren
Gedichten aber entfaltete der poetiiche Sinn der
Griechen nocd immer eine große Anmut und Fein:
heit, Bieljeitigteit und Gemwandtheit. Die Stoffe
waren gewöhnlich aus dem Kreiſe der Litteratur
und Kunft und aus dem Privatleben gewählt. Die
von den Alerandrinern geübte Epigrammendichtung
wurde in der folge bis in die römijche und by-
zantiniiche Kaiſerzeit, allerdings oft mit wenig
Seift, aber gewöhnlich doch noch mit einigem
Geſchick, fortgejegt. Über einzelne Epigrammen-
dichter der Griechen vgl. Anthologia Graeca.
— Bei den Römern hat das Epigramm in der:
jelben Mannigfaltigkeit wie bei den Griechen jeine
Pilege gefunden. Bon Ennius an laffen fich die
Dichter verfolgen, die in dem 7. Jahrhundert und
in dem augufteifchen Zeitalter zahlreicher werden.
Unter Domitian tritt Martialis, ipäter Auſo—
nius hervor. Über die Sammlungen vgl. An-
thologia Latina. — Das dem Epigramm
geeignetjte Versmaß tft das Diftichon; doch wurden
bisweilen auch andere Maße angewendet. Der
Dialekt des griechiichen Epigramms ift gewöhnlich
der tomiiche, doch wich man auch je nach der
Örtlichleit davon ab.
’Eriygageis oder diaygagpeis, Imıyvauonss,
atheniiche außerordentliche Beamte, hatten die Bei-
träge umzulegen, welche von einzelnen Nontribueuten
zu einer Steuer zu erheben waren, 5. B. von den
Symmoriten (bier auch &xAoysig genannt), von den
Bürgern zur edspogd u. j. w.; fie mußten auch die
jäumigen Bahler belangen.
Epikaste j. Oidipus,
"Erixingos |. Erbrecht, 2.
Epiknemidii ji. Lokris, 4.
Epikrätes, ’Erısodrng, aus Ambrakia, Dichter
der neueren attiichen Komödie um 350 vd. E., ver:
band mit Geijt und Witz Gewandtheit im Aus—
druck und metriiche —* Von 7 Stücken ſind
Fragmente übrig, geſammelt von Meinete, fragın.
vom. (Graec. Ill p. 365 ff. (Il p. 680 ff. d. klein.
Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. II p. 282 ff.
Epiktötos, ’Erixenrog, geboren zu Hierapolis
in Phrugien, lebte lange in Rom als Sklave des
Epaphroditos, eines Günftlings des Nero, der ihm
ipäter, ergriffen von jeinem hohen und freien
Seifte, die Freiheit gab. Epiftet hörte darauf den
Muſonius Rufus, und ganz eingenommen für die
Lehre der Stoa, juchte er he in Rom zu verbrei:
ten, doch ohne bejonderen Erfolg. Als nad einem
Befehl des Domitian 94 n. E. alle Philoſophen
Rom verlajjen mußten, ging er nad) Nitopolis in
Epeiros, lebte da bis in die Regierungszeit des
Hadrian, lehrte nach der Weije jeines Borbildes
Sokrates durch freies Gejpräh in Hallen und auf
Plätzen und jammelte eine große Anzahl Schüler,
zu denen namentlich Arrian und Favonius gehör:
ten. Schriftliches hat er nicht hinterlaflen. Da:
gegen veröffentlichte Arrian nach dem Tode des
Vehrers die ’Erıixrijrov Ödiargißei, in 8 Büchern,
bon welchen 4 erhalten find, und ftellte unter dem
Namen ’Eyysipidöior die Hauptpunkte der Lehre
des Epiftet in einer Reihe furzer Sätze zujam:
men. Beide Werke hat Schweighäufer mit dem
Kommentar des Simplifios und einigen fpäteren
Paraphraſen herausgegeben (1799 f. in 5 Bbb.),
nad ihm Dübner (1840). Ausg. des Encdeiridion
"Emygageis
— Epikuros.
von Heyne (3. Aufl. 1783). — Fern von dem ge:
wöhnlichen Hochmut der damaligen Stoiker juchte
er dem bereits abfterbenden, fi) beionders in Dia-
feftit und Phyſik gefallenden griechiihen Stoi—
cismus eine durch fofratiiche Gedanfen gemilderte
Tugendiehre entgegenzuftellen. Für Erörterungen,
die nicht der Erwedung und Belebung der Sitt-
lichfeit ſich förderlich erweiien, hat er feine Muße.
Darin entjagt er der anmaßlichen Weisheit der
Stoa und neigt jich einer * eklektiſchen Rich:
tung zu. Die Logif hatte beſondere Bedeutung,
injofern fie zur Selbſtkenntnis, jowie zur Unter:
icheidung zwiichen Gutem und Böſem anleitete.
Die Ethik begründete er nicht auf dem Prinzip
früherer Stoifer, in Harmonie mit der Natur zu
leben, jondern er ging aus von dem Menichen
ſelbſt. „Einiges fteht in unſerer Macht, als Mei:
nen, Begehren, Abneigung u. j. w., anderes nicht,
als unjer Leib und Leben, Ruhm, SHerrichaft,
überhaupt alles, was nicht unjere That ift. Nur
in jenes Gebiet gehört das Gute und Böſe. Gut
it, was der wahrhaften Natur des Geiftes ent-
ſpricht, bös, was derjelben zumwiderläuft; das
Böſe ift aljo ein Irrtum, Was nicht in unierer
Macht ftcht, ift für uns ein ddıdpopor; und die
Tugend beiteht nun bejonders in der Abwehr
diejer äußeren Dinge, die unſere Freiheit ftören.“
Der höchſte Grundſatz des Lebens und der Lehre
des Epiftet war daher Geduld und Enthaltiamteit
(Ereyov nal ereyov). Im ganzen ift aber jeine
Ethik weniger gerichtet auf eine objektive Ent:
widelung der Ideen und wiflenichaftliche Begrün—
dung, als auf praftiiche Anwendung (dv ıi zer-
os rar Hewpnudror) Die Pivinatton verwarf
er nicht, räumte ihr aber feinen bejonderen Wert
ein, als zu den Äußeren Dingen gehörend, da=
egen wich er ab von den älteren Stoifern durdy
Annahme von Dämonen oder Genien, die Zeus
jedem Menichen beigegeben, um ihn überall zu
begleiten und zu bewachen.
piküros, 'Erixovgos, Stifter der nach ihm
benannten epifureiichen Bhilojophie oder Schule
der Epifureer (Epieurei, ’Ertnovgeion), aus dem
attijchen Demos Gargettos, geb. 342 v. C., 309
mit jeinem Vater Neofles in einer atheniſchen
Kolonie nach Samos, kehrte aber im Alter von
18 Jahren, während Ariftoteles in Chaltis lebte,
nach Athen zurüd, wo er das Studium von Demo:
fritos’ Philoſophie fortjegte und mit dem Pla—
tonifer Kenofrates und mit Theophraſt Umgang
pflegte. Zuerſt als Lchrer eines philojophiichen
Spitems trat er in Mytilene auf Leibos und zu
Lampſakos in Kleinaſien auf und ſetzte dieies von
jeinem 36. Lebensjahre an in Athen fort, wo er
in einem von ihm angelauften Garten einfach
und enthaltiam den Wiffenjchaften lebte. Das Lob
Giceros (fin. 2, 25: bonum, comem et huma-
num) tönt auch in andern Zeugniffen des Alter:
tums nach; als er im 71. Jahre feines Alters
jtarb, folgte ihm eine jeltene Liebe und Verehrung
jeiner dankbaren Schüler. Dieje bildeten auch
unter fich eine fefte, fait geichlofiene Vereinigun
und hingen jo treu an des Meiſters Syſtem, da
außer dem Metrodoros feiner genannt wird, der
eine Anderung oder weitere Ausführung desjelben
verjucht habe, was auch wohl in jeinem Wejen
und Charakter begründet lag. — Epikurs Philo:
jophie bildet einen gewiſſen Gegenſatz zu der ſtoi—
Epikydes — "Enuueyie.
*3 letztere ſetzte den Begriff als das Wahr
te das Sein zu einem gedachten, Epi
. 2* alle Gewißheit auf — Bahr.
* mung und dieſe wiederum auf Empfindung
beruhen; er nahm damit im weſentlichen die Lehre
der enaiter (ih. ——— ) wieder auf und
erhob diejelbe zu en iſſenſchaftlichkeit. Die
Philoſophie > t ihm in Kanonif, Metaphvfif,
Phyſik und Ethik. In der erften diejer Dijcipli-
nen macht er die 3 Stufen der Erfenntnis in der
Empfindung, «lsdneıg, der Voritellung, medinwıs,
und der Meinung, Soda, deutlich. Die inneren
Empfindungen oder Affelte find die Kriterien für
das Praktische; fie find doppelter Art, Befriedigung
und Schmerz, die erfte als dem Empfindenden ans
gehörig, alle pofitiv, der andere als ihm fremd,
alſo negativ. Aber jowohl hieraus als aucd aus
jeiner Metaphyfif gehen nur dürftige piychologiiche
Wahrheiten und Grundjäge des Erfennens hervor.
Unſere Beziehung zu den Gegenftänden, die wir
erfennen, denft er fich ungefähr jo: Bon der Ober-
fläche der Dinge geht ein beitändiger Fluß aus,
der jehr fein und darum für die Empfindung wicht
jehr bemerkbar ift, weil der Gegenstand jelbit noch
beharrt und ſich nicht verändert. Weil aber die
Ablöjung der Oberfläche feine Tiefe hat, fo be-
wegt fie ſich äußerſt ſchnell durch die Luft und
geht ſo in uns über, daß wir es nicht merken,
aber doch ein Zeugnis unjerer Zuftimmung er-
teifen. Erlaugt die Vorſtellung diejes nicht für
fich und geht im uns eine jolche Veränderung mit
ihr vor ſich, daß die Empfindung nicht mehr rein
ift, jo entjteht der Jrrtum. Dies hängt mit ber
Atomenlchre des Leufippos und Demokritos zu—
jammen und gt nicht wejentlich über diejelbe
hinaus. Die Atome haben nad ihm keine Eigen:
ichaft, außer Figur, Schwere und Größe, fie ändern
fih nicht, während alle Eigenichaften der Ber-
änderung unterworfen find. Dieje Veränderung
und Unterbrehung ift die andere Seite zu den
Atomen, das Leere. Der Einfluß hiervon auf die
—— der Welt, ihrer Entſtehung und Regi
iſt leicht zu erfennen, die teleologiiche —
ng der Stoifer, insbefondere die Weisheit
des Scöpfers bei ihrem Plan und Endzwed, fällt
ganz; weg, und alles wird durch ein äuferliches,
—— Zuſammenkommen der Figurationen der
mmt. Die Seele beſteht ihm aus den
feinften = rundeiten Atomen, noch ganz anders
als das Teuer; fie ift ein feiner Geift, der durch
die ganze Zufammenhäufung des Körpers zeritreut
rg ift und an der Wärme desjelben
eil hat. Endlich machte er in der Ethik nach der
einieitigen Form abftrafter Einzelheit das Prinzip
der Empfindung geltend, und zwar nach der Seite
des Geniehens, des abjoluten Fürfichhabens, in
gleicher Weije wie die Stoifer, nur im der ent:
gegengejegten Richtung des abjofuten Entbehrens.
Er machte daher, wie die Kyrenailer, die „dor
oder das Vergnügen, die jinnlihe Luſt, zum
Prinzipe des Handelns, wenn er es auch ebenfalls
betonte, dab es jehr darauf anfomme, welche
unter den verichiedenen Weijen des Genuſſes die
Dauerndfte und befriedigendite jei. Er tradhtete
nach der durch Bernunft zu erwerbenden Glück⸗
jeligfeit; denn es jei vorzuziehen, mit Vernunft
unglüdlih zu jein (sbloylorwg &ruzeiv) als mit
Inserat glüdlih (dAoylorag ehrugeir). Frei—
395
e | heit von and und Begierde (Aragadia) und
erg ovia) gelten als die höchiten Ver—
nügungen ( —— ndoral). Darum
rei ihm auch die Götter die Ideale des
jeligen Lebens, die fich natürlich nicht um das
fümmern dürfen, was dieſe ihre Seligkeit jtören
oder trüben fanıı, und darum in den Zwiſchen—
räumen der Welt wohnen, wohin fein Ungentad)
der Erde, fein Sturm und Regen dringt. Das
Weſen derjelben ift ungerjtörbar (&pdagror), ihre
Erkenntnis evident (Zvapyıs). — Epilur hat zwar
zahlreiche Schriften hinterlaffen, aber jie find micht
auf uns gefommen, und wir kennen daher jein
Spitem fait mur aus der mangelhaften Darjtellung
des Diogenes von Yaerte, der uns aber das Teſta—
ment desjelben, 3 Briefe (von denen freilich nur
der erfte und dritte als vollfommen authentiſch
gelten können, während der zweite als ein Auszug
aus dem Werfe nepl picsas au betrachten iſt
und 44 moraliſche Ausſprüche („ugıaı oder önrai
dokeı [eine Art von Katechismus der epikureiſchen
Lehre, ſchwerlich von Epikur jelbft ‚herrührend] )
aufbewahrt hat; auch die in Herculaneum auf:
gefundenen Fragmente von ſeinem Hauptiverfe
(megl picewg in 37 BB.) geben uns wenig Auf:
klärung (herausg. von J. € Drelli. 1818). Die
Briefe über Phyſik und "Meteorologie hat Schnei:
der (1813) —— Die epikureiſche Phyſik
haben wir in dem aus ezeichneten Lehrgedichte des
Römers Lucretins. in unverdächtiges Zeugnis
über jeine moraliichen Anfichten gibt Sen. de vit.
beat. 12 und 13, demm nur feine Gegner haben
ihn als einen Füftling geichildert. Ausgezeichnete
Sammlung der Sragmente nebſt Unterfuchungen
über Epifuros’ Leben und Schriften von Uſener
(Epicurea, 1887).
Eoikydes, "Erınböng, 1) ein athenifcher De-
magog, Nebenbuhler des Themiftofles. Plut.
Them. 6. — 2) ein in Karthago geborener Syra—
fufier, wurde zugleich mit jeinem Bruder Hippo:
frates zu Hieronymos nach Syrafus geichidt, um
die farthagiichen Intereſſen zu fördern, 215 v. C.
Als nad) Hieronymos’ Ermordung die Syrakuſier
fich wieder den Römern zumandten, begab er ſich
zu den Leontinern und wiegelte dieje auf, dann
ehrte er nach Syrakus zurüd, leitete zum Teil
die Verteidigung gegen Marcellus, wandte ſich
nach der Eroberung von Syrakus nach Agrigent
und ſcheint, als dieſes von M. Valerius Lävinus
erobert wurde (210), nach Karthago zurüdgefchrt
zu, fein. Liv. 24, 6. 23. 25, 23. 40. 26, 40.
es Peer Erjagmänner, suffeeti. Um
bei der Erledigung eines Amtes durch Entſetzung
oder Tod dasjelbe ſogleich wieder bejegen zu kön—
nen, wurden im voraus für jeden Beamten, jo:
wie für die Buleuten Erjagmänner beitimmt (Fxd-
sro rar Auyörrov Eregog Zmehdygaver), Die
dmilagövres hießen und in dem erwähnten Kalle
—— in das erledigte Amt eintraten. Der Aus:
ruck gilt jedoch nur für jolche Ämter, die durchs
Los bejegt wurden. Für die durch Wahl bejegten
trat in jedem —— Falle Nachwahl ein.
Demosth. Aesch. Ütes. 62.
Erıuegia, Schupbündnis zur Verteidigung,
im alle einer der Verbündeten mir tiffen wird,
während ovuuayia ein Schuß: und Trugbündnis
bezeichnet (were robs aörong Lybooös nel pikovs
vouisew). So ſchließen die Athener mit den
394
Kerkyraiern feine Symmachie, um nicht, im Kalle
eines Angriffes der Kerkyraier gegen Korinth, zum
Bruche des Bündnifjes mit den Peloponnejiern
genötigt zu fein, wohl aber eine Epimachie für
den Fall, daß jemand Kerkyra oder Athen oder
die beibderjeitigen Bundesgenofien (svuuezgoı) ans
griffe. Thuc. 1, 44.
’Ertueintel, eine Art Beamten in Athen,
welche fich von den &pyovres im eigentlichen Sinne
dadurch unterichieden, daß fie meiſt nur für einen
bejtimmten Zweck (3. B. Bejorgung Öffentlicher
Bauten, gewiffer FFeitfeiern) ernannt wurden, viel-
fach nicht vom Volke, jondern von den einzelnen
Phylen, ferner meiftens feine Vorftandichaft in
Prozeffen (nyenorca) hatten und ſchließlich der
Bränung vor dem Antritt (doxımuaoi«) gewöhnlich
nicht unterworfen waren. Dft ift die Grenze zwi—
chen Zrıueisıe und deyrj nicht zu ziehen, 3. B.
Aeschin. Otes. 398, wo jcharfe Unterfheibung ber:
mißt wird. Eigentliche Epimeleten (Kuratoren)
find die Zmusintel rör gulör (Ü. Dolı, 8.).
- Dagegen gibt e8 2 Arten von Zmuueintat,
weiche allen Bedingungen nach wirkliche Beamte
find: die 10 Zmiueintei tod Zumogiov (Hafen:
polizei) und die 10 Zmiusiyrel rar reuolow
(Borfteher der Werfte).
Epimenides, ’Erweriöns, aus Whaiftos
(Knoffos) auf Kreta, war allgemein befannt und
gefeiert als ein von den Göttern mit geheimnis-
vollen Gaben auägeftatteter Sühn- und Weihe:
priefter. Schon von früher Zeit an jind jein
Leben und feine Wirkſamkeit durch jagenhafte und
wunderbare Fabeln ausgeichmüdt worden {er jollte
lange Jahre in einer Höhle geichlafen haben, jollte
nur Malven und Aſphodelos genießen u. j. w.).
Tod find wir deshalb durchaus wicht genötigt,
ihn (wie das z. B. neuerdings Nieje und Rohde
gethan) ganz in die Fabelwelt zu verweiſen. Nach
der jüngeren Überlieferung wird die —
des Epim. in Athen mit der Sühnung des kylo—
niichen Frevels in Verbindung gejebt. Hiernach
ließen Die wir als es die durch das Kvio-
veıov äyos (ſ. Kylon) befledte Stadt zu ent—
jühnen galt, den Epim. berufen, der durch Süh—
nungen und Stiftungen die Stadt reinigte und
weihte, den beunruhigten Gemütern ihre Ruhe
wiedergab und als Freund des Solon deilen Ne:
formen anbahnte, indem er der Bürger Herzen
für Gerechtigkeit und Eintracht gewann, im J.
596 5. Plut. Sol.12. Die ältere und glaubwüdigere
Überlieferung aber läßt den Epim. nicht infolge
des fylonischen Frevels nach Athen berufen werden,
jondern auf Befehl der Pythia infolge einer Reit,
welche in der Stadt wütet. Diog. Laert. 1, 109,
Da nun nah Platon (legg. 1, 642 D) Epim.
10 Jahre vor dem Zuge der Perjer in Athen er-
ſchien, und da aus einer Grabinfchrift (Corp. I. A.
1, 475) mit Klarheit erhellt, daß wirklich um das
J. 500 Athen von einer Peſt heimgelucht worden
ift, „Jo wird man ohne Bedenken annehmen dür—
fen, daß bei diejer Gelegenheit Epim. die Stadt
reinigte, und dab man jpäter jeine Wirkſamkeit
mit Solon in Beziehung ſetzte.“ Vgl. Bufolt,
griech. Gejch. (1885 ff.) I ©. 508 ff. Monographie
über Epim. von Schulte (1877). — Einige kojmo:
gemiice Lehren wurden auf ihn zurüdgeführt. |
on mehreren Gedichten und proſaiſchen Schrif-
ten, die ihm beigelegt wurden, mögen am erjten
Emueintal — Epistola.
Orakelſprüche (zensuor) und Sühnlieder (nadag-
wol) ihm angehört haben. Bekannt ift daraus ber
Spruch auf die Kreter im Briefe des Paulus an
Titus 1, 12,
Epimötheus j. Prometheus.
Erinogroı, Theten in Athen, welche um den
jechften Teil des Ertrages die Ländereien der
Reicheren beftellten; daher auch Zurnuöguoı ge
nannt, ſ. Duknj, 4.
’Ertvixıe, ri, bei den Griechen 1) die Sieges-
eier zu Ehren eines Siegerd an den großen Feſt—
pielen, in einem großen Feſtmahle b nd, ent⸗
weder von dem Sieger jelbit oder von deſſen
Freunden veranftaltet. — 2) "Enirinıa (deunze),
die Siegeslieder, welche zu Ehren des Siegers
edichtet waren und oft wohl bei dem Mahle ge:
—— wurden. Solche drırizı« hat Simonides
und namentlich Pindaros gedichtet (Hor. od. 4,
2, 17 ff.), j. Pindaros.
Epiöne j. Asklepios, g. €.
Erıirapnerig oder Erıanduwr, die Erbtoch-
ter in Sparta = Zmiringog in Athen, ſ. Erb-
recht, 2.
Epiphanela, ’Erıpaveıc, 1) Stadt im öftlichen
Kilifien, wenig nördlich von Iſſos und eine Tage-
reife von den Amaniſchen Pforten, im Seeräuber:
friege durch Pompejus mit Piraten bevölkert.
Cicero (ad fam. 15, 4) erwähnt die Stadt bei
Gelegenheit jeiner Kriegszüge in diejer Gegend.
Der frühere Name war Diniandos. — ?2) alte
Stadt in Oberjyrien am Orontes, von den Bewoh—
nern Hamath genannt, von Antiochos IV. umge:
naunt, j. wieder Hamah.
’Erısnuaiveohau |. Aoyısrad.
’Erısiteor, arme Leute, welche um die Koft
dienten. Plat. r. p. 4, 420A.
’Erioxoro:ı , Aufjeher, die die Athener bis:
weilen zu den Bundesgenoffen jchidten, um die
Angelegenheiten derjelben zu fontrollieren, politijche
Agenten, ähnlich den Harmoften der Spartaner.
Arist. Av. 1023 u. Schol.
'Erisrareı rar Önuocior toyor, im Auf:
trage des Volkes von den einzelnen Phylen er:
wählte Beamte in Athen zur Bejorgung öffent:
licher Arbeiten, Bauten und dergl. Es gehören
zu ihnen z. B. die reıyomouol, rapgomoıoi, reıngo-
rorol; es gab auch jolche der Waflerleitungen, der
Tempel, der Gymnafien. Aeschin. Ctes.27 ff. Die
Gelder zur Herftellung der betreffenden Arbeiten
wurden aus der Staatsfafje angemwiejen. Daß die
fmordrar r. d. &. in Sachen, die in ihren Amts:
freis fielen, die gerichtliche Hegemonie hatten, läßt
ſich vielleicht annehmen. Über den Zmıor. des Rats
j. Bovinj, 4.
Epistöla (epistula). Die Briefe der Griechen
und Römer wurden auf Holztäfeldhen, welche mit
Wachs überzogen waren (t«hellae, pugillares, j.
Diptycha), oder auf Papyrus (charta) mit
einer Art jchwarzer Tinte Tuſche) geichrieben.
Darauf faltete man das Papier zujammen oder
legte die Täfelchen aufeinander a. fnüpfte einen
Faden herum (obligare), den man dann verfiegelte
(obsignare sigillo, opeayis) und die Adreſſe hin-
zufügte. Plaut. Bacch. 4, 4, 64. (ic. ad Att. 8,5.
Vornehme Römer jchrieben die wenigften Briefe
jelbit, jondern fie hatten dazu Sklaven oder Frei:
gelafjene, genannt librarii ab epistulis, ama-
nuenses, Die Verjendung bewirkte man durch
’Enisroleig — Epodos.
Privatluriere, tabellarii genannt. Erft in ber
Kaiferzeit wurde eine Art Boftinftitut organisiert,
j. Postwesen. — Zu Anfang des Briefes ftand
regelmäßig der Name des Abjenders, welcher den
Empfänger begrüßt, 3. B. M. Tullius Cicero C.
lulio Caesari s. d. (salutem dieit‘; zum Schluffe
fagte man gewöhnlich vale oder cura ut valeas,
Der gewöhnliche Gruß der Griechen war zeige
und am Schluſſe geweo. Dat Beder:Göll, Cha:
ritles II ©. 158 ff. Gallus II ©. 456 ff.
’Exrısroleug. jelten ’Erisroliepögog (Xen.
Hell. 6, 2, 25), in Sparta Unterbefehlähaber zur
See, dem Nauarchen beigegeben, zum Teil wohl
zur Kontrolle. Lyſander wurde Epiftolens des
uarchen Arakos, da niemand —— Nauarch
ſein durfte, erhielt aber gleichwohl den Befehl über
die Flotte. Xen. Hell. 2, 1, 7.
Epiströphos, ’Eriorgopos, 1) Sohn des Ar—
onauten Iphitos, Enkel des Naubolos in Phokis,
ührte mit feinem Bruder Schedios die Phokier
nach Troja. /1. 2, 517. — 2) Sohn des Euenos,
wurde von Adyilleus auf dem Zuge gegen Lyr—
neſſos (in Myſien) getötet. II. 2, 692. — 3) Heer:
führer der Halizonen, ein Bundesgenoffe der Troer.
Il. 2, 856. — 4) Vater des Amphimneftos, welcher
fegtere zu den vielen Werbern um die Hand der
Tochter des Kleifthenes von Sikyon gehörte. Hat.
6, 127.
Epitädens, ’Erırdöevs, ein jpartanischer Ephor,
gab wahricheinlich zur Zeit der Nachfolger des
Ageſilaos ein Geſetz, welches geftattete, durch Schen—
fung oder Teftament einem andern nach freier
Wahl feine Güter zu überlaffen, und wahrjchein-
lich auc die Vererbung auf Töchter zulieh. Die
Folge davon war, daß der Grundbeſitz in die Hände
weniger und bejonders der Erbtöchter fam, und daf;
die Zahl der grumdbefigenden Bürger immer mehr
vermindert wurde. Plut. Agis 5. Arist. pol. 2, 6.
Epitalion j. Elis.
’Erırdgros (scil. Aöyos), d. i. Leichenrede,
hieß in Athen bejonders die Rede, welche zur Feier
der Beftattung der im ruhmvollen Kampfe für das
Baterland Gefallenen von einem von jeiten des
Staates dazu aufgeforderten Redner gehalten wurde.
Dieſe öffentliche Verkündigung des Ruhmes der
Gefallenen jollte die Überlebenden zu gleicher
Tapferkeit anjpornen. Zuerſt ſcheint Ariſteides
durch die Leichenrede auf die bei Plataiai Ge—
bliebenen diejer Feier eine größere, allgemeinere
Bedeutung gegeben zu haben, und die bedeutend:
ſten Redner Pielten leitdem den Vortrag ſolcher
Reden für rühmlih. So hielt Perikles die epi-
taphiiche Rede auf die bei Samos, und daun die
von Thulydides (2, 35 ff.) mitgeteilte Rede auf die
in den en Jahren des peloponnefiichen Krieges
Gefallenen. Allmählich fam es dahin, daß micht
nur von Staats wegen jolche Neden gehalten, ſon—
dern diejelben überhaupt zum ehrenden Andenken
ausgezeichneter Männer abgefaht wurden, wie wir
denn willen, dab Gorgias, Lyſias, Iſokrates, Hy—
pereides und Demoſthenes ſolche verfaßt haben.
In jpäterer Zeit, wo das Öffentliche Leben und
die Berdienfte um dasjelbe feinen Stoff mehr geben
konnten, boten ihn die Privatverhältnifie der ein—
zelnen. So ift die große Zahl ſolcher Prunkreden,
die das Altertum fannte, erflärlich und die Ge—
nauigfeit, mit welcher die Rhetoren darüber han-
dein. — Ahnlich find die laudationes funebres
395
der Römer, die freilich ihrem panegyrifchen Cha—
rafter nad) feine lanteren Quellen der Gefchichte
waren. gl. Cie. Brut. 16, 61. legg. 2, 25.
Epithalamium j. Lyrische Poesie, 5.
"Erirenos heißt in Athen, wer im vollen Beſitze
jeines Bürgerrechtes und mit feiner Art der Atimie
belegt ift. Bal. Arınla, &rınog.
"Erırgonn ift in Athen der Kompromiß, den
2 ftreitende Barteien eingehen, die Entſcheidung
ihrer Sache Privatichiedsrichtern, nicht den öffent:
fihen Diaiteten (ſ. d.) zu übertragen (dmirok-
reohaı Ölcırar). Isoer. Callim. 11. trapez. 19.
Demosth. Apat. 14. Bei diejem Verfahren fiel
die Zuläſſigkeit einer weiteren Appellation fort.
'’Erxirgorxos, der Vormund vaterlojer Waiſen
in Athen, welcher, wenn eine teitamentariiche Ver:
fügung des Vaters (»Ugıog) darüber nicht vor:
handen war, oder wenn der vom Vater Ernannte
untauglic war oder die Vormundſchaft abichlug,
vom Archon mit beionderer Rüdjichtnahme auf die
nächiten Verwandten beftimmt ward. Es konnten
ein oder mehrere Vormünder ernannt werden. Ein
Vormund, der jein Amt fchlecht verwaltet hatte,
fonnte durch die dmırgonijs dran oder yoapıj be:
langt werden, j. Ian. — Der Ausdrud (Auf:
jeher, Beichüger) fommt auch als Beiname mehrerer
Sötter vor, 3. B. des Hermes. Pind. ol. 1, 106.
Epizephyrii ſ. Lokris, 6.
"ErwBelle, eine Buße, den fjechiten Teil des
ftreitigen Gegenſtandes betragend (einen Obolos
von der Drachme, die in gewiffen Privatprozefien
der Kläger, wenn er nicht den fünften Teil der
Stimmen erhalten hatte, an den Gegner als Ent:
ihädigung zahlen mußte. Ber der drziyoagpı)
($. d.) traf diefe Buße auch den urjprünglichen
Beklagten, wenn er in feiner Gegenflage nicht den
fünften Teil der Stimmen erhalten hatte, des—
gleichen bei der zaguyguprj. In welchen Magen
die Epobelie eintrat, ift zweifelhaft, da wir nicht
willen, was unter den ddx«ı Yonuarızai, in denen
fie nach der Angabe von Grammatifern eintrat,
zu verftehen ift. Daß fie in VBormundichaftstlagen
eintrat, willen wir aus Demofthenes; wahrſchein—
lich trat fie auch in Handelsklagen ein. — In
öffentlichen Prozefien fand fie micht ftatt, außer
wahricheinlich in der Phaſis (vgl. Basız) neben
der Buhe von 1000 Drachmen, welche in allen
öffentlichen Klagen außer in der Eisangelie ge:
zahlt wurde. Bei der Phaſis aber trat deshalb
doppelte Strafe ein, weil hier, neben dem Intereſſe
des Staates, auch noch das einer Privatperſon
verfolgt wurde. Vgl. Meier und Schömann, att.
Prozeß ©. 947 ff. der 2. Aufl.
Epöcha, Moxn, ein Stilljtands: oder Anhalts-
punft von bejonderer geichichtlicher Wichtigkeit, der
eben deshalb den Beginn einer neuen Zeitrechnung,
Aera, bildet. Lebteres (eigentlich Plural von aes,
daher Rechnungspoften, gegebene Zahl in der
Mathematif) ift die von einem ſolchen Zeitpunkte
an gerechnete Nahresreihe, z. B. Weltära (jeit Er:
ſchaffung der Welt), chrijtl. Ara (jeit Chriftus). In
dem gewöhnlichen Sprachgebrauche bezeichnet Ara
auch einen längeren oder kürzeren Zeitraum, etwa
wie „Beriode”.
Epödos, Zroöös, Nachgeſang, ber legte Teil
eines lyriſchen Gedichtes, der nach der Strophe
und Antiftrophe geiungen wurde. Gedichte mit
jolhen Schlußgefängen hießen Zawdırd. Solche
396 "Enotxor
Gedichte find die des Pindar und viele Chor:
gejänge in den griechiſchen Dramen (3. B. Soph.
Oed. Col. 1211 ff. Trach. 497 ff). — 2) der in
einem Gedichte nad beitimmten Zwiſchenräumen
wiederfehrende Refrain, wie bei Theofrit (Id. 1)
und Bergil (E. 8). Solche Schaltverje hießen auch
versus intercalares oder epiphthegmatici. —
3) eine bejondere Gattung Iyriicher Gedichte, in
denen auf einen langen Bers ein fürzerer (Imwdog
scil. orixog d. h. Nachvers) folgt, mit Ausschluß
des elegiichen Diftihon, wie fie Horaz in jeinen
Epoden dem Archilochos, dem Erfinder diejer Gat-
tung, was die form betrifft, genau nachgebildet
hat, wenn aud) der jatiriiche Anhalt der Gedichte
des Archilochos nicht überall beibehalten worden ift.
"Erorzxor, in eine ſchon gegründete Kolonie
(droıria) meist mit ungleichen Rechten nachgejandte
Anfiedler (vgl. Krüger zu Thuc. 2, 27, 1).
Epöna, römiſche, urſprünglich wohl feltiiche
(zuerft von Juvenal erwähnte) Göttin der Zucht
der Pierde, Ejel und Maultiere und Schugpatronin
der Fuhrleute, Maultiertreiber und Stallknechte,
weit und breit in Atalien und beionders den ro:
maniſierten Ländern in den Ställen, wo ihre Bilder
— Epos.
| Zieinum; j. Jorea. Nach dem Ausipruch der jibyl-
linifchen Bücher jendeten die Römer 100 v. E. eine
Kolonie dorthin (Brut. bei Cic. ad fam. 11, 20. 23);
von den Salafjern überfallen und zerftört, wurde
fie wieder aufgebaut und jpäter Municipium. Trac.
hist. 1, 70. Strab. 4, 205.
Eporedörix. Cäjar nennt 2 edle Äduer, welche
beide ohne weitere Untericheidung diejen Namen
führten, wahrjcheinlih Water und Sohn. Der
erftere befämpfte die Sequaner jchon vor Cäjars
Zeit und geriet im J. 52 v. E. in deſſen Gewalt,
als Bereingetorir, der galliiche Feldherr, feine
Landsleute zum Kriege gegen die Römer vereinigt
in Caes. b. q. 7, 67. Der jüngere Eporedorig
efehligte die Neiterei der Aduer, welche dem Cäſar
gegen Gergovia zu Hülfe z0g. nes. b. g. 7, 30.
Als der Anführer des Fußvolles der Aduer, Lita-
viens, dasjelbe unter falſchen Boripiegelungen von
der Vernichtung der Reiterei und dem Tode ihres
Anführers durch die Römer zum libertritt zu den
verbündeten Galliern unter Vereingetorix zu ver:
anlaſſen juchte, entdedte und vereitelte Eporedorir
dies Vorhaben. Aber unmittelbar daranf fiel der:
jelbe mit jeinem Kollegen Biridomarus unter dem
angebracht waren, verehrt. Außer einer Trank: | Borwande, den flüchtigen Litavicus verfolgen zu
ipende wurden ihr Schweine geopfert. Zahlreiche | wollen, von Cäſar ab, wiegelte die Ädner auf
Bildwerfe von ihr haben fich an allen Siten römi- daſ. 7, 54 f.) und vereinigte ſich mit Vercinge—
icher Truppen erhalten. Der Name kommt her |torir, welcher zum Anführer der Gallier gewählt
von dem feltiichen epo „Pierd“. Neben Epona ver: | wurde (daj. 7, 63), obſchon Eporedorir für fich
ehrte man eine Bubona, Göttin der Nindviehzucht.
"Erxoivvuot, 1) x. oder doynyiraı, die alten
attiſchen Stammheroen, nad) denen Kleifthenes feine
Phylen benannte (j. Pvi7,T.). Sie hatten Bild:
jäulen auf der dyopd. Auch die Demen hatten
ihre Zrorvuuoı. — 2) (nicht offizielle) Bezeichnun
der Behörden in den verichiedenen Staaten, na
deren Namen das Jahr bezeichnet wurde. In
Athen war es der erfte Archon (j. Aeyii, Ao-
zorrsg), in Sparta die Ephoren, jpäter die Pa:
tronomen, in Argos die Briefterin der Hera (Thue.
2, 2: Zul Xovoldog dv Hoysı rors nerrixorre
övoiv dtorr« Frn leowuerng), in Boiotien für
den Bund der oberite Boiotarh, in Kreta der
zewroxosuog, im acaiiichen Bunde der Gram:
matens u. |. m. — 3) die Erwrunor (ol tor NAı-
xıör) in Athen, die Archonten, injofern fie zur
Bezeichnung |
dienftpflichtigen 42 Altersklaflen vom achtzehnten
bis jechzigiten Jahre dienten. Bei der Einzeich—
nung der Epheben wurde der Archon desielben
und des vorhergehenden Jahres mit eingetragen,
jo daß der Archon gewiflermaßen der Ir@wrvuuog
dieſer Altersflaffe wurde, und daß man diejelbe
mit Bezeichnung ihres Eponymos einberief. —
4) ein Beamter in Athen in der Kaiſerzeit, deſſen
Befugniſſe wir nicht fennen.
Epöpeus, ’Erozevs, Sohn des Bojeidon und
der Kanake, Bruder (oder Sohn, Paus. 2, 1, 1)
des Aldeus, fam aus Theſſalien nah Sikyon, wo
er König ward. Er raubte die Antiope (j. Am-
phion) aus Theben oder nahm fie auf ihrer
Flucht auf und ward deshalb von ihrem Vater
Nykteus befriegt; beide ftarben an ihren Wunden.
Apollod. 3, 5, 5. Paus. 2, 6, 1. 11,1.
Epoptes j. Eleusinia.
Eporedia, ’Eroogedi«, Stadt im cisalpinischen
Gallien an der Duria, im Lande der Salaffer an |
der Strafe von Auguſta Prätoria Aoſta) nad)
der zum Kriegsdienſt einzuziehenden |
ſelbſt wohl eine gleiche Hoffnung gehent hatte. Er
‚ erhielt jpäter neben Commius, Birtdomarus und
' Vercajfivellaunus den Oberbefehl über das zum
Entja von Aleſia beftimmte Heer (daſ. 7, 76).
Nach der Unterwerfung der aufgeitandenen Gallier
verjchwindet fein Name aus der Gejchichte.
Epos, 1. bei den Griechen. Homer bezeichnet
die epiichen Lieder überall mit dem Worte dor),
während ihm Zmog, Zre« Wort, Rede, Erzäh—
lung und Geſchichte bedeutet, im Gegenja von
undos, das den Nebenbegriff der jubjektiven Ge:
ftaltung und Darftellung des Gejchichtlichen hat.
Erjt ipätere Schriftiteller von Pindar an gebrauchen
fren, um die Dichtkunſt, bejonders die epijche im
Gegenjaß zur Igriichen, zu bezeichnen. — Schon
die einfache Betradhtung, dab ein jo vollendetes
Epos, wie das homerijche, nicht plöglich und ohne
Vorgänger im Volke entftehen konnte, muß uns
überzeugen, daß ſchon vor Homer die epiiche Poeſie
geübt worden if. Nur daraus erklärt fich bei
Homer unter anderm die Feſtigkeit und Beſtimmt—
heit in den Vorftellungen von der Welt und den
Söttern, die ftehenden Epitheta der Götter, die
furzen Erwähnungen von Helden und Heldenjagen,
wie des Perieus (Il. 14, 320), der Hlesjagen,
der Argonauten (Od. 12, 66), welche durch Be:
handlung in früheren Gedichten jo befaunt gewejen
jein müſſen, daß Homer nur durch eine leiſe An:
deutung den ganzen Sagenkreis in das Gedächtnis
feiner Hörer zurückrufen konnte. Wahricheinlich
entjtand, wie die griechiiche Poeſie überhaupt, jo
bejonders auch der epiiche Geſang bei dem gejang:
reichen Volke der Thraker in Pierien, am Olympos
und am Helikon, von dem der Dienft der Muſen,
der Gejangesgöttinnen, ſich über Hellas verbreitete,
und deſſen Sänger Eumolpos, Orpheus, Mujaios,
Thamyris als die Väter aller Voefie galten. Wenn
auch die Poeſie diejer mythiſchen Sänger dorzugs:
| weife als eine Priefterpoefie myſtiſch-enthuſiaſtiſcher
._
*
Epos.
Art ne wird, deren Erzeugniſſe Koſmogo—
nien, feliprüdhe, Hymnen und dergl. wareıt, jo
ericheint doch Thampris (Il. 2, 594) jchon mehr
als ein epijcher Sänger, ähnlich einem Phemios
und Demodolos. Jene dem K dienende Hym—
nenpoefie nahm allmählich einen epiſchen Charakter
an, indem jie, wie ein Teil der homeriichen Hym—
nen, die Geichichten der Götter, ihre Thaten und
ihre Leiden erzählte. Mit diefen mythiſchen Über:
lieferungen von den Göttern und ihrer Verehrung
floſſen dann die Gejchlecht3: und Stammesjagen
der Fürſten und Bölfer zufammen, um den Stoff
für das entitehende Epos abzugeben. Die Sänger
vor Homer, welche bei Feſten und muſiſchen Wett-
fämpfen auftraten und an den Höfen der Fürſten
die Mahle durch ihren Gejang erheiterten,, wähl-
ten fich aus dem reichen Sagenichage der Vorzeit
irgend eine Begebenheit von geringer Ausdehnung
ur Verherrlihung aus, wie Demodokos bei den
hniaten die Liebe des Ares und. der Aphrodite
und aus dem troijchen Sagenfreis den Streit bes
Acillens und Odyſſeus und die Eroberung Trojas
durch das hölzerne Pferd (Od. 8, 74. 266. 499),
Phemios, der Sänger auf Ithaka, den Freiern
die traurige Heimfahrt der Achaier von Ilios jang
(Od. 1, 826). So wurde der epiiche Gejang ohne
Zweifel in einem großen Teile Griechenlands ſchon
lange vor Homer geübt, eine bejondere Ausbil-
dung aber ward ihm bei dem ionijchen Stamme
zu teil, der unter dem glüdlichen Himmel Klein-
ajiens und der Inſeln in geiftiger Bildung und
namentlich auch in der Boejie den übrigen Stäm—
men vorauseilte. Und in diefem Stamme hat vor
allen Homeros das Epos zur höchiten Stufe der
Ausbildung erhoben. Von den älteren Sängern
überfam er jeine Stoffe und die metrijche Form,
den daktyliſchen Hexameter, jowie einen ſchon feſt
beſtimmten epiſchen Stil, welche beide, von ihm
noch weiter ausgebildet, für alle Zeiten vom griechi—
ſchen Epos beibehalten wurden; weſentlich aber
unterſchied er ſich von ſeinen Vorgängern dadurch,
ß er, während jene nur einzelne Handlungen
aus der Heroenwelt in kurzen Gejängen behandel-
ten oder aud längere Reihen von Abenteuern
äußerlich aneinander fügten, einen Gegenſtand
aus der Sagenmafje herausgrifi und in künftlicher
Kompojition nad dem Gejege der Einheit einen
ganzen Sagenfreis mit jeinen bedeutendften Hel—
den zur Entwidelung brachte. So jind feine
Schöpfungen Jlias und Odyſſee der Urtypus
des Heldenepos geworden und geben für die
Eharafterifierung diejer Gattung überhaupt den
Maßſtab ab; das Eharakfteriftiiche iſt zubige, leiden-
ſchaftsloſe, aber lebendige Darftellung der objef-
tiven Welt, welche für das Heldenepos das ideale,
von Wundern und großen Thaten erfüllte mythiſche
italter mit jeinen Göttern und Heroen iſt (i.
omeros). Beridieden von dem objektiven
heroiſchen Epos des Homer ift das didaktiſche,
religiössfittliche Epos des ungefähr 100 Jahre
nach jenem lebenden Aioliers Hejiodos aus dem
boiotiſchen Aſtra und jeiner Schule ſ. Hesio-
dos). Dem homerijchen Epos dagegen ſchloſſen
fi enger die j. g. kykliſchen Epifer bei ben
Joniern an, welde, ungefähr von dem Anfan
der Olympiaden an, in homeriicher Weije, d
nicht mit homeriſcher Kunſt und homeriſchem Geifte
dichtend, ihre Werke ſo mit Ilias und
397
verknüpfen ſuchten, daß das Ganze einen großen
nıythologiihen Kyklos aus dem troiſchen Sagen-
freife und der verwandten Heldenjage bildete. Bal.
Welcker, der epiiche Eyflus oder die homeriſchen
Dichter (2 Bdod., 2. Aufl. 1865 — 1882), Es
mangelte ihren Gedichten an wahrer Einheit, an
homerijcher Ausführung und Motivierung , fie
wendeten jich zur Wllegorie, zur Reflexion und
Bhilojophie und wichen von Homer vielfach im
Mythos ab, wurden aber von den Tragifern viel:
fach benutzt. Zu den Kyflifern gehört Stajinos
(nad andern Hegejias) von Kypros um DI. 1,
der in den kypriſchen Gedichten (r& !rn ru
Köngıe) die Begebenheiten von der Hochzeit des
Peleus und der Thetis bis zum Anfang der Jlias
erzählte (Abhandlungen von Henrichien, 1828, und
Schlie, 1874); Arktinos von Milet zu derjelben
Beit, dichtete ein Epos, defjen eriter Teil, Ai—
thiopis, jich unmittelbar an das Ende der Jlias
anjchliegend, in 5 Büchern den Zug und den
Untergang des Withiopenfürften Memnon, den Tod
des Achilleus, den Waffenjtreit und den Selbft:
mord des Wins behandelte, während der zweite
Teil in 2 Büchern die gerftörung Trojas
(Ikkov egsıs) umfaßte. Leſches (vielleicht fein
Eigenname, jondern ein Appellativum, den in
der Adayn vortragenden Sänger bezeichnend) von
Mytilene, um 708 v. E., nach andern erjt um
650, dichtete die Eleine Jlias (Pkg mıngd) in
4 Büchern als Ergänzung der größeren, die Be-
gebenheiten des Krieges von dem Waffenftreite
und dem eriten Auftreten des Neoptolemos bis
ur Einnahme der Stadt behandelnd.” Zwiſchen
ie Gedichte des Arktinos und Leiches und bie
Ddyffee traten die Noftoi (Rüdfahrten der Helden
von Troja) des Agias oder Hegias aus Troizen
in 5 Büchern; eine Fortſetzung der Odyſſee end:
li war die Telegonia de Eugammon von
Kyrene in 2 Büchern, um 570 v. C., worin als
unmittelbare Fortiegung ber Odyſſee die Geichichte
des Odyſſeus von jeiner Rückkehr bis zu jeinem
Tode erzählt ward. ferner gab es eine kykliſche
Didipodeia (ob von Kinaithon?), Thebais
(Abhandlung von dv. Leutih, 1830), Epigonen,
Alkmaionis u. j. w. Neben diejen Gedichten her
fief eine bedeutende Anzahl hiſtoriſch-geneg—
logijher Epen, die größtenteild im griechischen
Mutterlande entitanden waren, 3. B. die Nav-
nentın Ern eines unbelannten Berfafiers, die
fäljchlich dem Hefiodos (j. d.) beigelegten »ardio-
og yrraındr und weydia: Hola, die Chronif
des Eherjias, die Kogırdiand des angeblichen
Eumelos u. a. Sammlung der fyragmente der
Kykliker und der gleichzeitigen Dichter von Dünger
(1889) und Kinfel (Epicorum Graee. fragm. Vol. 1,
1877). — Bon den Kyflifern an, von wo an die
Beit der Reflerion bei den Griechen begann und
die lyriſche und jpäter die dramatiſche Voeſie ſich
ausbildete, tritt das Epos, defien Charakter ob:
jeftive Beihauung ift, in den Hintergrund und
verliert jeine Popularität. Was bei Homer der
natürliche Ausfluß eines glüdlich ſchaffenden Ge—
nius ift, war nad und nach eine feſte Regel ge:
worden, der man mit fünftlicher Berechnung nach:
zufommen juchen mußte, und über der lebendigen,
phantajievollen Kunft der Darftellung erhielt das
toffliche des Mythos und der Hiftorie das Über—
dyſſee zu gewicht. — So bereitete ſich allmählich in einer
[ei |
=
-1
398
Zeit des Übergangs und der eg in welcher
Beijandros von Kamiros auf Rhodos, um
648 v. E. (Herafleia, in 2 Büchern, in welchen
er zuerft die Abenteuer des Helden mit injtemati-
jcher Auswahl vortrug), Kenophanes von Kolo:
phon, geboren um 620 (oder 568) (Krisıg Kolo-
porog), Panyajis von Halikarnaß, um 480
Herakleia in 14 Büchern), u. a. dichteten, das
hiſtoriſche Epos vor, das von Ehoirilos aus
Samos, um 404, durch jeine Perjeis (Geichichte
der Perjerfriege) vertreten wird (vgl. das vortreff-
liche Wert von Näfe: Choerili Samii quae super-
sunt, 1817. Nachtrag 1827), jowie das gelehrte
heroiiche Runftepos des Antimachos von Ko—
lophon (j. d.), eines Zeitgenofjen von Choirilos,
dem mehrere in der alerandriniichen Periode folg:
ten, doch jo, daß die meiften fich Gegenftände von
geringerem Umfange zur Behandlung wählten. Wir
nennen unter den NAlerandrinern Kallimachos
(j. d.), Rhianos von Bene auf Kreta, um 275
—195 v. E. (Hodxisıe, 'Ayaeind, Mesonvırad),
und Euphorion (f. d.). Apollonios Rhodios
(j. d.) juchte, abweichend von jeinen Zeitgenofjen,
zu der Einfachheit des Homer zurüdzufehren, ohne
jedody fein Ziel zu erreihen. — Ungefähr im
5. Jahrh. n. C. lebte die epiiche Poeſie durch die
Studien der Rhetorik und Sophiftif in dem j. g.
mythographiſchen Epos noch einmal für furze
Beit zu einem Scheinleben auf. In dieje Zeit fallen
Duintns (Köivrog) Smyrnäus (Calaber ge:
nannt, weil eine Handſchrift feines Gedichtes in
Ealabrien im 15. Jahrh. — worden war),
in jeinem Epos r& ned’ "Oungor ein geiftlojer
Nachahmer des Homer (Ausg. von Köchly, 1850;
Textausg. 1853), ferner Nonnos aus Banopolis
in Agypten, der in feiner Jugend als Heide ein
Epos Bassagınd oder Jıovvawnd (die *2*
von Dionyſos) und ſpäter als Chriſt eine epiſche
Metaphraſe des Evangeliums Johannis dichtete.
Beide ſind erhalten. Er iſt der eigentümlichſte
Dichter jener Zeit, neu durch beſondere Behand—
lung des Hexameters, durch ungewöhnliche, rhe—
toriſch⸗ leidenſchaftliche Sprache, ge Aa Phan⸗
taſie und überſpanntes —*— Eigenſchaften, die
das damalige ſchlaffe Zeitalter wohl für einige
re anjprechen konnten, aber dem &
08 völlig widerftreiten. Ansgg. der Dionyſ. von
Gräfe (2 Bdd. 1819 ff.) und von Köchly (2 Bd.
1858); der Metaphraje von Paſſow (1834) und
Scheindler (1881). Wahrfcheinlih in den Anfang
des 6. Jahrh. fallen Tryphiodoros oder Tri:
phiodoros, ein Grammatiker aus Ägypten, der eine
TAov Aloorg dichtete (Ausgg. von Bernie, 1819,
und Köchly, 1860), Kolluthos aus Lyfopolis in
Agypten, von dem eine derayı) 'Ekfvng erhalten
ift (herausg. von Lennep, 1747, Bekker, 1816, und
Abel, 1880), und Mujaios (j. d.), deſſen Feines
Epos r& na” "How nat Adarögov ſich durch Lieb-
fichleit und Wärme der Empfindung auszeichnet
und jedesfalls das beite aus der Kaiferzeit it.
oh. Tzetzes, gelehrter aber geichmadlojer Gram—
matifer aus Sonftantinopel, beſchließt im 12. Jahrh.
durch jeine Nliafa das Epos der Griechen. Ausgg.
von Jacobs (1793) und Belker (1816). — Neben
dem jich an Homer anjchliegenden mythiſchen oder
heroiichen Epos, deſſen Geſchichte wir eben ver:
folgt haben, geht das ſ. g. didaktiſche Epos
der Hellenen her, anlehnend an die Poeſie des
rakter des
Epos.
Hejiod. Zu diejer Klaſſe gehören die philoſophi—
ichen Lchrgedichte des Xenophanes zwiichen 58U
und 480 dv. E. (megi pücewg), Barmenides aus
Elena, geb. um 516 v. E. (ziel puccog), Em:
pedofles aus Afragas, um 444 (pvomd u. a.),
und das alerandriniiche Lehrgedicht, in denen beiden
das Dichterifche dem Sachlichen untergeordnet ift.
Unter den alerandrinijchen Lehrdichtern erwähnen
wir Aratos von Goloi (j. d.) und Nifandros
von —— um 150 v. C., von welchem noch
Ongraend (Mittel gegen den Biß giftiger Schlangen)
und Alrkıpdouare (Mittel gegen vergiftete Spei—
jen) übrig find, beide dunkel, ſchwerfällig und ohne
dichterifchen Wert (befte Ausg. von D. Schneider,
1856), während andere, wie Die von Ovid in den
Metarmorphofen viel benugten "Ersgowovusra in
5 Büchern, verloren find). In der jpäteren römi-
ichen Zeit vor und nad Chr. yo ſich dieſes
trockene, unpoetiſche Lehrgedicht der Medizin, Aſtro—
nomie, Geographie und anderer praktiſchen Fächer
ort bis zu den Byzantinern. — Die alexandrini—
chen Gelehrten ſtellten in dem ſ. g. Kanon der
Epiker als die vortrefflichſten auf: Homeros,
Heſiodos, Panyaſis, Antimachos und viel:
leicht Choirilos. — II. Bei den Römern tritt
das Epos jofort mit den Anfängen ihrer Litte—
ratur auf, denn bereits Livius Andronicus
überjegte die Ddyffee und Nävius behandelte jo:
gleidy die Zeitgeichichte in jeinem bellum Puni-
cum. Ennius wählte ftatt der Saturnier das
daktyliſche Versmaß der Griechen und gab durch
feine Annales das Mufter und Vorbild für die
Behandlung der nationalen Gejchichte. Nach ihm
würden Hoftins, Yurius, Accius zu nennen
jein, wenn ſich ihre hiſtoriſchen Epen erhalten
—— Cicero dichtete einen Marius und beſang
ein eigenes Konſulat, P. Terentius Barro
Atacinus den Sequanerkrieg Cäſars, und in der
erſten Kaiſerzeit fehlte es nicht an ſolchen, welche
die Ereigniſſe ihrer Zeit in Epen und Panegyriei
verherrlichten. Später kam Lucanus mit der
Pharsalia, Silius Italicus mit Punica, bis
Claudianus dieſe Richtung mit feinen zahlreichen
panegyriichen Epen abichlieft. Die Vorliebe für
alerandrinische Studien, welche ſich in dem erjten
Sahrhundert v. E. in Rom allgemein zeigt, führte
zu der Pflege des heroiſchen Epos, aber das
meijte, was auf diejem Gebiete der Kunftpoefie
ger wurde, ift verloren, wie die Epen des
arro, Helvius Einna, Bedo, Furius Bi:
baculus, Julus Antonius, Domitius Mar:
jus, Amilius Macer u. a; nur Statius
(Thebais, Achilleis), Balerins Flaccus (Ar-
gonautica), Claudianus (raptus Proserpinae,
(Gigantomacbia) find erhalten. Die Mitte zwi—
ſchen beiden Richtungen nimmt VBergilius ein
mit der Aeneis, die durch die Behandlung der
einheimiichen Sagen den allgemeinjten Beifall er:
hielt und in der Art der Ausführung Mufter für
die rn wurde. — Mit großer Vorliebe
haben die Römer zu alien Zeiten das Lehr:
edicht behandelt; die Darftellung der epikurei—
hen Philojophie durh Lucretins, die Georgica
des Vergilius, die Dichtungen Ovids find ber:
vorzuheben, aber auch im dem jpäteren Zeiten
dichteten Gratius Faliſeus (Cynegetica), Ma:
nilius und verichiedene Bearbeiter des Aratos
(Astronomica), Columella und Palladins
je
Eppius —
(Landbau), Auſonius (Mosella), Avienus (Geo:
graphie); ja zuletzt werden Lehrbücher für Rhetorik
und Metrif in diejer Form eg t, 3. B. von
Zerentianus Maurus (de litteris, syllabis,
metris).
Eppilus, Marcus, Anhänger des Pompejus
im N 49 v. E., focht nach defien Tode in Afrika
unter Seipio und unter Sertus Bompejus. Cie. ad
Att.8, 11 B 1. Bon Cäſar wurde er (b. Afr. 89)
nad der Schlacht bei Thapius wg
kprius Marcellus, lebte zur Zeit Neros und
zeichnete ſich durch jeine Beredjamfeit aus. Ge—
boren zu Capua in niedrigen Verhältniſſen, be:
fleidete er ſchon frühzeitig hohe Amter, wurde
Prätor, dreimal Prokonſul (Taec. ann. 12, 4) unter
Claudius und Nero und war unter dem legteren
Statthalter in Vorderafien, wo er ſich durch Er—
prefjungen verhaßt machte. Teac. ann. 13, 33.
Später betrieb er bejonderd das Geſchäft eines
Angebers, namentlih gegen den edlen Thrajen;
ie unter den folgenden Kaijern zogen ihm jeine
früheren Ungebereien viele Berfolgungen zu, be-
jonderd durch den Schwiegerjohn Thrajeas, den
Helvidius Priſcus. Tac. ann. 16, 22. 38. hist.
4, 6— 10, Eprius wußte fich jedoch jpäter bei
Veſpaſian in Gunft zu ſetzen, jo daß alle An—
Hagen unjchädlich wurden. Tae. dial. 5. 8. hist.
4, 435. Als aber eine von ihm gegen Beipafian
angezettelte Berihmwörung entdedt wurde, fam er
der Hinrichtung durdy Selbftmord zuvor, im J. 79
nu. C. Dio Cass. 66, 16.
Epülae, Epülum, bei den Römern die jeier-
lichen, öffentlichen Mahlzeiten bei Götterfeften,
Tempelweihen, Amtsantritten (bejonders prieiter-
lichen), Triumphen, Leichenbegängnifien n. j. w.
(epulae sacrificales, funebres u. j. w.). Epulae
ißen ſolche Mahle befonders, wenn jie mit Spie-
en verbunden find, während die bei Tempelweihun-
en und Amtsantritten auch coenae heifen. Das
‘pulum ludorum causa wurde bei den Spie-
len im Cirkus dem Volke von den Üdilen gegeben
(Liv. 31, 4. 33, 42). Die vornehmen, reichen
Römer entwidelten bei ſolchen Schmanjereien einen
ungeheuren, ſtets wachjenden Luxus; daher wurden
die Coenae Pontificum und, bejonders die
Epulae Saliares wegen ihrer Üppigfeit ſprich—
wörtlich. Hor. od. 2,14, 25.1,37,2f. Cie. ad Att.
5,9. Da jie jich uriprünglich an die gottesdienit-
liche Feier anichloffen, jo war ihre Anordnung und
Beauflichtigung in älterer Zeit den Pontifices über:
tragen; aber jeit 198 v. C. waren dazu tresviri
epulones beftellt. Liv.33,42. Cie. deor.3,19,73.
hre Funktionen und Vorrechte ſ. Cie. har. resp. 10.
päter ftieg ihre Zahl auf 7, 3. 3. Cäſars auf 10.
Epulönes j. Epulae.
Equiria j. Mars unter, Ares.
Equitätus. Bei den Agyptern_ finden. wir
uriprüngli ftatt der Reiterei mur Streitwagen,
bei den Aſſyrern beides nebeneinander, Die
Berjer und ebenfo ipäter die Parther betrachte:
ten die Neiterei als den Kern ihrer Heere. — Auch
in dem heroijchen Zeitalter der Griechen gab es
feine Reiterei, jondern Streitwagen, doch find die
ya ihon früh als Neitervölfer berühnt.
dt. 7, 173. 196. Selbſt die ſ. g. Ritter (Immeis)
bei den Spartanern, ein Corps von 300 Mann
(Hdt. 8, 124. Dion. Hal. 2, 13) und Leibwache
der Könige, kämpften wenigjtens immer zu Ruß,
399
aud die Sfiriten, im NO. von Lakonien, jtellten
als bejonderes Kontingent feine Keiterei, wie man
mit Unrecht aus Xenophon Gyr. 4, 2, 1) ge
ichloffen hat, jondern Fußvoll. Thuc. 5, 67. Xen.
Hell. 5, 4, 52f. Erſt im peloponnefiichen Sriege
wird die Aufitellung von einer Abteilung ſpar—
taniicher Neiterei als etwas Ungewöhnliches er:
wähnt. Xen. Hell. 4, 5, 11. r. L.11, 2. Wber
auch jpäter, als zu jeder Mora Hopliten noch eine
Mora Neiterei unter dem Befehle eines Hippar-
moften hinzufam (Xen. Hell. 6, 4, 105.), blicb
diejelbe unbedeutend. — Etwas bejjier war die
Neiterei bei den Athenern geitaltet, die anfangs
nur 100, in der marathoniichen Schlacht gar feine
Reiter hatten, aber gleich nad) den Perſerkriegen
ſchon anfingen 300, hernach 600 Reiter aufzuftellen
und dieje Zahl beim Beginn des peloponnejiichen
Krieges auf 1200 erhöhten (Thuc. 2, 13), zu denen
noch die Immoroforaı famen. Im allgemeinen war
bei den Hellenen das Verhältnis der Reiterei zum
Fußvolf wie 1:10. Ihre Verwendung in der
Schlacht war eine jehr bejchränfte und ziemlich
unmejentliche, an geſchloſſenes Fußvoll ftürmte fie
nicht heran, wie fie überhaupt nicht Die 5
Bedeutung durch den Chok kannte; nur Reiterei
oder fliehendes Fußvolk griff ſie an. Ihr Stand-
punkt in der Schlacht war auf den beiden Flügeln,
weshalb es auch 2 Hipparchen gab. — Bei den
Boiotern findet fich die der germaniichen Sitte
ähnliche Vereinigung von Reiterei und leichtem
Fußvolk (Aumemor). — Philipp und Alerander von
Makedonien erkannten mehr die Bedeutung der
Neiterei, weshalb der erftere namentlich Berbin-
dungen mit Theflalien anfnüpfte und von dorther
nicht bloß bejjere Pierde einführte, —— auch
die verſchiedenen Stämme bewog, in ſeinen Dienſt
zu treten. Sie bildeten das Corps der Sariſſo—
phoren, leichte Reiterei, ungefähr 1000 Mann in
8 Jen. Die ſchwere Reiterei, gegen 3000 Mann,
beſtand aus Mafedoniern und zerfiel in (wahr—
icheinlich) 15 Ilen. Eine eigene jechzehnte le
bildete die königliche Reitergarde ald Agema (j. d.).
Ulerander vermehrte jeine Reiterei außer durch die
theflalifche auch noch durch die griechiiche Bundes-
—— Diod. Sie. 17, 57. Überhaupt be-
urfte er der Neiterei nad Yertrümmerung des
schen Reiches in großer Anzahl zur energijchen
Berfolgung der verichiedenen flüchtigen, aber doc)
noch fortwährend Widerftand leiftenden Völker—
ichaften. Zur leichteren Beweglichkeit teilte er die
Jen in 2 Lochen und die gejamte Neiterei in
2 Chiliarchien, doch war dies alles wie auch noch
andere jpätere Anderungen in der Geftaltung der
Neiterei vorübergehend. — Bei den Römern trat
leich uriprünglicdy die Reiterei neben den Fuß—
Podaten hervor. Schon unter Romulus gehörten
zu dem Heere die Celeres (ji. d.), 300 Reiter in
3 Centurien, doch hatten fie feine Enticheidung in
den Schlachten, jondern beruhte die Stärke des
Heeres zu allen Zeiten auf dem Fußvolk (Legion).
Was fie an Reiterei außer der ihrigen bedurften,
mußten die Bundesgenofien (in doppelter Zahl)
jtellen. Deren Stelle in der Schlacht war eben-
falls auf den Flügeln, daher equites alarii (bundes⸗
genöffische Neiterei), unterjchieden von equites le-
gionarii (römijche Reiterei). Uber die Bewaffnung
der römischen Reiterei vgl. Waffen, 12. Yu be-
merfen find noch die barbarischen equites cata-
Equitatus.
gs
—
400
phracti, aud loricati (Tae. hist. 1, 79. ann.
3,43. Verg. A. 11, 771 und dai. Cervins), die
nebſt ihren Pferden vom Kopf bis zu den Füßen
mit einem Scuppenpanzer von Gijenbleh auf
einer ledernen oder leinenen Unterlage bededt
waren. Uber die Unterabteilungen und Befehls—
haber vgl. Celeres und Dux, 4. Allmählich
fing man an, mit der Neiterei abgeiondert von
den Legionen zu agieren, jo jhon im jugurthini-
ſchen Kriege. Sall. Jug. 55. 99. Daher auch die
Ericheinung, daß die Römer jelber gar feine
Neiterei mehr ftellten, wie es wenigftens in den
Kriegen des Cäſar feititeht (db. 9. 1, 42). Auch
unter Auguſtus und den nachfolgenden Kaijern
gab es feine aus römischen Bürgern beftehende
Neiterei, wohl aber wurden aus den equites s0-
ciales jeder ion 120 equites legionum (Tae.
ann. 4, 73) zuerteilt (Joseph. b. Jud. 3, 6,2). Erit
feit Beipafian fommen wieder alae civium Roma-
norum vor, Mannjchaften aus den Bundesgenofien,
die während ihres treuen Dienftes das römijche
Bürgerrecht erhalten hatten. Es gab alae quin-
genarise und miliariae, indem man jeit
Marius unter alae nicht mehr die jämtliche Mann-
ichaft der socii (Liv. 23, 45. 25, 21. Pol. 6, 26),
jondern nur die Neiterei verjtand. Gell. 16, 4.
Cie. off. 2, 13. Die alae quıng. zerfielen in 16
(vgl. Tae. hist. 2, 14), die miliar. in 24 Turmen
und ftanden unter praefecti alarum mit Tribu:
nenrang (Swet. Oct. 38), worin Claudius jedod)
eine Anderung eintreten lieh. Swet. Claud. 25.
Ihre Bewaffnung beitand im allgemeinen nad)
Joſephos (db. Jud. 3, 5, 5) in einem Schwerte an
der rechten Seite, einem langen Wurfipiche (oder
Spieße, hasta, Tac. ann. 14, 37), Köcher und 3
langen Bfeilen, in Brufthbarniich und Helm. Auch
die Vereinigung von Reiterei und Fußſoldaten
fand unter Veſpaſian ftatt, nachdem jchon Cäſar
dieje germaniiche Sitte dadurch eingeführt hatte,
daf die antesignani neben und zwijchen den Reitern
fämpften (Caes. b. c. 3, 75. 84; vgl. b. g. 8, 13).
Veſpaſian bildete jogenannte cohortes equi-
tatae oder equestres, aus 120 Neitern und
600 gr beitehend, alle leichtbewaffnet.
Joseph. b. Jud. 3, 4, 2. Später gab es cohor-
tes equitatae quingenariae und milia-
riae (120 Reiter und 380 Fußſoldaten, 240 Reiter,
760 Fußioldaten).
Equites haben in verjchiedenen Zeiten eine ver:
idyiedene Bedeutung gehabt. 1. Zeit, von Romu-
Ins bis zu den Grachhen. Während der Königszeit
waren equites ein Zeil des römijchen Heeres,
aljo von rein militärijcher Bedeutung. Romulus
ließ aus jeder der 3 Urtribus, der Ramnes, Tities,
Yuceres, 100 equites auswählen, auf jede ber
30 Eurien famen 10 equites. Je 100 bildeten
eine Genturie und trugen den Namen der Tribus,
welche jie repräjentierten, je 30 machten eine Turma
aus und je 10 hatten einen Decurio. Alle jtanden
unter dem Tribunus Celerum (f. d.). Die wei:
teren, bei der Zunahme der römischen Bevölferung
wiederholt nötigen Änderungen bis Servius Tul-
lius werden von den römischen Schriftitellern (Liv.
1,30. 36. Cie. r. p.2,20) jelber zu verjchieden an-
gegeben, als dab hier etwas Beitimmtes gejagt
werden könnte. Seit Servius Tullius war ein
gewiſſer Cenſus nötig, um Ritter zu werden. Alle,
welche in den 18
enturien ftanden und jpäter |
Equites.
von den Konſuln, jodann von den Cenſoren (alle
5 Jahre bei dem Genjus) ernannt und in das
Album eingetragen wurden, erhielten vom Staate
einen equus publicus, d. h. Geld zu dem An—
fauf eines Kriegsroſſes, aes equestre (jpäter
10 000 asses) nebit einem Beitrag zur Unterhal:
tung des Nofies, aes hordearium (2000 asses)
ı). Aes), Solange der Ritter den equus hatte,
ftimmte er in den 18 Nittercenturien, doch konnte
er das Roß auch behalten, nachdem jeine Dienftzeit
abgelaufen war, ja jogar auch noch, wenn er in
den Senat gelommen war, bis ein von (icero
(r. p. 4, 2) erwähntes Plebijcit beftimmte, daß der
eques bei dem Eintritt in den Senat den equus
publieus abgeben und demzufolge auch nicht mehr
in den Rittercenturien jtimmen jolle. Seit 408
v. C. bildete fich eine neue Nitterjchaft, equites
equo privato, indem fich bei der Belagerung von
Beji viele junge Leute von dem Rittercenjus als frei:
willige equites meldeten und auf eigenen Roſſen
dienen wollten. Der Senat nahm das Anerbieten
an, doch en fie micht den Wang der equites
equo publico, auch nicht das Stimmredt in den
18 Genturien. Seitdem aber der ältere Scipio
Africanus im zweiten punifchen Kriege viele Hülfs-
truppen zu Pferde angenommen hatte, wurde dies
allmählich zur Kegel und verichwanden römijche
equites ganz aus den Heeren. Damit hörte die
militäriihe Bejtimmung der equites auf, ber
equus publicus wurde nicht mehr gegeben, blieb
jedoch als bloßer Titel bis in die Kaiferzeit. Anftatt
der aufgehobenen militäriihen Beſtimmung der
equites treten diejelben allmählich als ein Befon:
derer bürgerlicher Stand im Staate, ald equester
ordo, eine Mittelftufe zwiichen Senat und Bolt,
auf. Bgl. Gerathewohl, die Neiter- und Nitter:
centurien zur Leit der römijchen Republif. —
2. Zeit. Dieſe liche Stellung wurde nament-
lich durch die lex iudiciaria des C. Sempronius
Gracchus 123 v. E. begründet. Dieje verordnete,
daß alle, welche den Nittercenins (400 000 Seit.
= 1000 000 Sertantaraffe) und ein gemwifles Alter
hatten, zu Richterftellen befähigt jein jollten. Bald
aber fing man an, alle Bürger von 400 000 Seit.,
welche zu dem Wichteramte berufen waren oder
dazu berufen werden konnten, Ritter zu nennen.
Die Staatspächter, publicani, als die reichiten,
bildeten den Kern diejes neuen Standes (j. Publi-
cani), und wenn ihnen auc bald und wiederholt
das Nichteramt entzogen wurde, jo waren doch
diefe publicani als Wertreter des jetzigen ordo
equester und als Geldarijtofratie ein bedeutendes
Gegengewicht gegen den ordo senatorius. — Die
ritterlihen Infignien waren: 1) trabea (j. d.),
2) angustus clavus an der Tunica (j. Tunica
unter Kleidung, 8.), 3) anulus aureus (j. Anu-
lus), 4) ein bejonderer Platz im Theater jeit ber
lex Koscin theatralis, auf den jogenannten quat-
tuordeeim sedes, — Auguſtus ſprach die Erb»
lichteit des Ritterftandes aus und erhob diejenigen
equites, welche den jematorijchen Cenſus beſaßen,
zu equitesillustres. Bejonders waren jeit Auguſtus
die equites equo publico zu dem höheren
Dienfte berufen. Aus ihnen nahmen die Kaijer
ihre amici, comites, Räte, rs Beamte, Statt:
halter, praefecti aller Art u. ſ. w. Auch verlieh
der Kaiſer den Titel eques equo publico (dem
ein equns publicus wurde gar nicht mehr gegeben)
*
Equus —
zur Belohnung am- gebdiente Offiziere. Als Kor:
poration hatten die unter Seviri und dem Prin-
ceps iaventutis ftehenden 6 Ritterturmen (jo waren
fie eingeteilt im Bug an die alte Einteilung
in Ramnes, Tities, Luceres priores und poste-
riores) feine Bedentung. Zuweilen traten fie aber
zuſammen, jo zur Begehung alter sacra und zur
—————— welche vor alters der Cenſor bei
dem ins alle 5 Jahre gehalten hatte, dergeſtalt,
daß jeder einzelne vor den Genfor trat, um bier
geprüft und gebilligt zu werden (mit den Worten
traduc equum) oder Ausftoßung zu erleiden (vende
equum). Auguftus ordnete die recogmitio all:
jährlih an umd ftellte fie mit der alten trans-
vectio in Berbindung. Diefe an den Iden des
Julius zu haltende FFreierlichleit beftand in einem
Aufzug der geihmüdten Ritter vom Tempel des
Mars oder des Honos über das Forum nad dem
Eapitolium. Auch an den Geburtstagen der Kaiſer,
bei der Wahl eined Batronus und bei andern ge:
ringfügigen Gelegenheiten trat das Rittercorvs
njammen. — 3. Zeit. Als Eonftantin die Re—
—* nach Byzanz verlegte, ſanken die Ritter—
turmen in Rom zu einer ſtädtiſchen Ritterkorpo
ration herab, welche ihren Rang zwiichen dem Senat
und den Zünften hatte. Sie beiahen noch einige
ing ar und wurden von einigen Kaiſern begün-
ftigt. Endlich ichlief das Inſtitut ganz ein.
Equus, 1) im natur: und fulturhiftoriicher Be:
ziehung, von den Alten nicht bloß als nützlich,
fondern auch als beionders edel ıTamos zhyerıis
und mutig (z&r 7 yiowr. Brubr oim dublscer
Soph. kl. 25, geihäßt. Wegen ijeiner Schnelligkeit
laſſen die Dichter es von den Winden abftammen,
wegen jeiner ganzen Bortrefflichleit ofi von Götter:
pierben entiprofien oder von Göttern erzogen jein.
Auch ſteht es unter dem Schutze beionderer Gott:
heiten, 3. B. der Epina if. D.: -' in ber
,, deren Bildnifie oder Statuen in Pierbe-
fällen aufgeitellt waren. Als weientliches Mittel
erleichterten s wird es mit dem Schiffe
zıb Ihbenclıen, aukerbem Keorene
Sicilien. Die Römer entr at aen
ichaiten. Auch ber :
. sseyusis. dgasiisır zur.
401
zurüdgeführt (Very. @. 3, 115 ff.) und von Xeno:
phon litterariich behandelt (megl inmınis). Belon
ders mutigen Tieren wurde ein Gebiß mit eifernen
Stacheln oder. Zähnen (frena lupata, Hor. od.
1, 8, 6. Or. trist. 4, 6, 3) angelegt. Sättel, ſonſt
elitellae, —— (ipäter »tapine) und Hufeiſen
waren im frühen Altertum nicht befannt, obwohl
man leßteres jchon aus dem homeriichen Beiwort
zehnorovg hat ſchließen wollen; die solene ferreae
aber bei den fpäteren Nömern mwurben ns
nicht mit Nägeln angeihlagen. Deden auf ben
Pferden hatte man wohl (equi constrati, Jin.
21, 54, ſ. Ephippium), wenn auch nicht immer
(die Germanen verachteten fie, Caes. b, g. 4, 2).
Die Jugend übte ſich an hölzernen Pferden auf
dem Marsfelde im leichten Hinaufſchwingen, auch
gi die Lanze oder ein Eflave oder ein fleiner
od, auf der Landſtraße auch bie an ber Seite
ftehenden Steine. — 3) |. Sternbilder, 8,
Equus Tutieus oder Aequım Tutieum, flei-
nes Stäbtchen der Hirpiner (im füblihen Sam-
nium), befannt bejonders, weil Horaz (sat. 1,5, #7,
es nicht nennt, nach dem Scholiaften aber meint:
‚oppidulo, quod versu dieere non est, Doc
ſtimmt weder die Lage dieſes Ortes (lie. ad Att.
6, 1, mit der Reiſeroute des Horaz, noch würde,
getrennt, der Name in einem Hexameter unmög:
‚lich ſein.
Er, Ho, Sohn des Armenios, ein Pamphnlier,
‚der, als er in einer Schlacht gefallen war, 10 Tage
fang ohne zu verweien fliegen blieb und barauf
auf dem Scheiterhaufen wieder lebendig warb und
‚erzählte, was er in der Unterwelt geiehben. Man
‚führte feine Geichichte oft Beweile ber Un:
fterblichfeit der Seele an. t.r.p. 10, p. 614 B,
Cie. 7. p. 6,3, 2.6,6.7,7. Val. Mar. #, ert. 1
wo der Name Pheres lautet,.
- Eräna, 5) "Eoave, 1, Stadt an ber Beitfüite
Mefteniens in der Rähe bes Borgebirges uva:
riifion. Strab. #, 34%. - - 2, Sauptort ber (Eleu:
therofilites am Amanosgebitge Iweig bes Tauros ,
genannt von Cicero /ad fam. 15, 4, bei Gelegen
beit einer dortigen Nriegsunternehmungen.
"Egaroı, uriprünglih Mahlieiten, die von ge:
meimihattlichen Beiträgen 'orußoiul, vie Marle
"Egavor.
‚ bieh erußoior.: beitritten wurben, wie 4 ®. bıe
‚ Pinditien und Swiſttien bei den Zoriern: ſodaun
in Athen Berbindungen zu vericdiebenen 3weden,
‚ namentlıh um zu beitimmtien Zeiten auf gemein
ichaftlıhe Koiten zu ichmauien und ſich zu wer
gnügen; viele berielben waren auch Aiuiigenofien:
Beitrag hieij Zgarog: Die St:
glieder biehen Zgurıoraid. ne Borkteher dgurdpzur
ober doqusparıcral. — Unter bemieiben Kamen
wurden Bereine, wenn auch wur aut geurfie Zeit,
zu gegemieitiger Umterkügeng m Unsiitsiscen
geitlorien, haupriätiıh darch Ge.iveritine, /gm
sn. siogogul. gopal: Ben Britrag eiriorberm,
mas wohl! ım ber Keuel der Berarmiz ie.5H that,
Sieh: Fouror wilris. eriiizew, wish,
igariisır rise rı. ıbm herzeben: 1l;-
ie Emstäzser über:
2222 bez Die Berplihters iomch. sm Gegen:
Keckeru 0:5 zıh 35 termuineemr Seriterkanang
Der Seuräge, werm er im befiere ürmeizse gel
ma war. Tu rett.hen Berbi.r-är der Spur
mwerez barh eigene Geiene arızer.t sum diem-
sızei „ vr Daraus Mermersimmsn Meiner
£,
402
feiten hießen ddxmı Zgavınal (5. B. wenn ein
Mitglied bei der erfteren Art jeinen Beitrag ver:
weigerte; oder bei der zweiten, wenn ——
obgleich er in der Lage war, ein Ögpinue ZE
Zodrvov nicht zurüdzahlte). Die Prozefie mußten
binnen Monatsfrift abgemacht werden. Prozekein-
leitende Behörde waren wahricheinlich die Theimo-
theten. -— Schon von Homer (Od. 1, 226) wird
der fgarog genannt.
Erasinides, "Egasıridng, 1) atheniicher Feld—
herr, welcher im 5. 406 v. E., obwohl er die See:
ichlacht bei den Arginuſen mitgewonnen zu Athen
mit 4 ſeiner Amtsgenoſſen wegen verſäumter Be—
ſtattung der Toten und Rettung der Schiffbrüchigen
in eln geworfen und auf ganz ungeſetzliche
Weiſe zum Tode verurteilt wurde. Der Demagog
Archedamos hatte ihn vorher wegen ——
öffentlicher Gelder und Pflichtverletzung währen
jeiner Strategie angellagt. Xen. Hell. 1, 5, 16.
6, 16.7, 2. 29. — 2) Feldherr der Korinther,
welcher den Syrafujiern während der Angriffe der
.. im peloponnefiichen Kriege Hülfe brachte,
m J. 414. uc. 7, 7.
Erasinos, Focotros, häufiger Flußname in
Griechenland, j. bei. Argos, 3.
Erasisträtos, ’Eo«slorearog, 1) ein Athener,
Bater des Phaiax und wahrjcheinfich derjelbe,
welcher unter den 30 Tyrannen zu Athen genannt
wird. Thuc. 5,4. Xen. Hell. 2,3,2. — 2) ein
berühmter Arzt aus Julis auf eos, war um 304
v. C. Leibarzt des Seleutos Nifator. Ihm ver:
danfte die Heilfunde große Fortſchritte in der
Anatomie, ja er war nahe daran, den Kreislauf
des Blutes zu entdeden. Seine Schüler, Erafi:
ftrateer genannt, bildeten eine eigene Schule.
Plin. 29, 1,8. Plut. Demetr. 38.
Eräto j. Musae, 3.
Eratosthönes, ’Eoaroodirng, 1) einer der
30 Tyrannen, Anhänger des milderen Theramenes,
blieb bei der Flucht der Dreißig nad Eleufis mit
Pheidon in Athen unter dem Schutze des Ammeſtie—
defrets. Doch wurde er von Lyſias in der einzigen
von diejem jelbit gehaltenen Rede auf Leben und
Tod angeflagt, als Mitichuldiger an dem Tode
feines Bruders Polemarchos. Das Reſultat ift
uns nicht befannt. Las. in Eratosth. Xen. Hell.
2, 3,2. — Auf einen andern des Namens bezieht
fich die Nede des Lyſias de caede Kratosthenis. -
2) E. aus Kyrene, der größte Geograph Griechen:
lands und bedentender PBolyhiftor, geb. 275 v. E.,
genoß in Alerandreia den Unterricht des Syfanias
und Kallimachos, fam dann nach then und hörte
dajelbit die Philojophen Arifton von Chios, Arke—
filaos u. a. Aus Athen berief ihn Ptolemaios II.
Euergetes nad Alerandreia zurüd und au ihn
nad Kallimachos zum Borftcher der großen Biblio-
thef im J. 230, eine Stellung, in der er wenigitens
bis nahe vor jeinem Tode blieb; faſt erblindet
Toll er eines freiwilligen Todes gejtorben fein (195).
Seine Schüler waren Ariftophanes von ‚Byzanz,
Mnaſeas u. a., indeflen willen wir weniger von
jeiner Thätigfeit als Lehrer; bagegen bezeichnet
jeinen Ruhm als Gelehrten eine Reihe von Bei:
namen, die ihm Bewunderung oder Neid beilegte:
zevradlor u. a.; der Beiname Pjr« war aber
ohne Zweifel nur eine äußere Eharakteriftif, nicht
ihm beigelegt, weil er in allem Wiſſen die zweite
Stufe einnahm; er jelbjt nannte ſich Yılokoyog
Erasinides — Erbrecht.
als Freund fiberaler Bildum jeder Art (Suet.
gramm. 10). Obgleich in feinem Objelt menſch—
lichen Wiflens Fremdling, wandte er ſich doch mit
Beijeitejeßung der techniſchen Grammatik und Kritik
beſonders der hiſtoriſchen Seite der Altertums—
wiſſenſchaft, ſowie den aufblühenden exalten Wiſſen—
haften zu. Er hinterließ außer Gedichten, darunter
die berühmte Elegie Erigone (i. Ikarios) und Das
mathematijch:aftronomijche Epos Hermes Samm⸗
lung der Fragmente von Hiller, 1872), eine große
Anzahl Schriften, die ſich auf Mathematif, Philo-
fopbie, Litterärgejchichte (mepi rijs gxulus —R
das) und Chronologie (zE0v0ygapiaı, Olwurıo-
viacı) bezogen und ſich auch durch Reinheit der
Sprache — Sein Hauptwerk waren die
3 Bücher Teoygapınd oder I'soygapovusve, in
welchen er va eine wiſſenſchaftliche Geographie
—— Das erſte Buch enthielt eine Kritik
der Quellen, beſonders der poetiſchen Nachrichten,
und die phyſikaliſche Geographie, das zweite die
mathematiiche Geographie auf dem Grunde einer
bejtimmten Gradmeſſung, das dritte die Choro—
graphbie. Das Werk ift nur aus ipäteren Be-
nußgungen, bejonders ee Auszug des Strabon,
befannt. — Erhalten find unter des Eratofthenes
Namen nur ÄAereoregıouol, eine trodene Auf:
zählung von 475 Sternen in 44 Sternbildern mit
Angabe der fih daran fnüpfenden Mythen (ber:
ausgeg. von Maaß, 1878); jedesfalls ein viel
jpäteres Machwerk, entweder eine griechiiche Be-
arbeitung von Hygins (j. d.) Poeticon Astrono-
micon, welches aus —— poetiſcher Dar⸗
ſtellung des Himmelsgewölbes ("Egnijs) ausgezogen
u ſein ſcheint, oder Excerpte aus Deutmeniasen zu
ratos (j.d.). Ausgg. der Bruchitüde von G. Bern:
2. a und E. Müller in der Didotichen
Fusgae des Herodot (1844); der geographi chen
von H. Berger (1880). Val. Maaf, analecta Erato-
sthenica (1883).
Erbreeht, 1) Attiiches. Die Erbfolge
Athen hing davon ab, ob der Erblafier ı ein
ment gemacht hatte, oder nicht. Bor Solon war
dies nicht geftattet, jondern es blieb das Vermögen
beim Gejchlechte (yEros). Die jolonifche Geſetz—
gebung hob diejen Zwang auf und gejtattete, für
den Fall, daß feine legitime Dejcendenz da wäre,
teftamentarijche Verfügung; es war jogar geftattet,
über jein Vermögen aud dann zu verfügen, wenn
die Deſcendenz nur weiblich war, aber in ber
Art, daß die Erben die Töchter heiraten mußten.
Die Erbeinjeßungen geichaben, da es ſich um Fort:
ſetzung des Geſchlechts handelte, unter der Form
der Adoption, die jelbjt da, wo jie von dem Kinder:
lojen verjäumt war, von den Verwandten nachge-
holt zu werden pflegte (va u) dvavvuog yernrar
ö oixog). Daher durfte aud der Adoptierte nicht
in das Haus des Vaters zurückehren, ohne in dem
des Adoptivvaters Kinder hinterlafien zu haben.
Blieb der Adoptierte finderlos, jo war eine neue
Adoption nicht geftattet, und das Vermögen fiel
an den Seitenverwandten zurüd. — Iſt fein Tefta:
ment binterlafien, jo daß alſo die Juteſtaterbfolge
eintritt, ſo gelten folgende Beſtimmungen (Haupt⸗
ſtelle: Demosth. Macart. p. 1067, $ 51): Haupt⸗
grundjag ift, dak Männer und Deicendenten von
Männern den Borzug vor Weibern und Deicen:
denten von Weibern haben, injofern dieje nicht
ein näheres Stammhaupt als jene mit dem Erb-
—
in
=
—
Erebos.
lafier gemein haben. Die nächſte Berechtigung
haben die direkten männlichen Nachlommen, Kin—
der, Enfel u. j. w. Sit feine männliche Nachkom—
menſchaft vorhanden, jo geht die Erbfolge auf die
Töchter über, die in diejem Falle Zminingoı (jpäter
zingoröuo; in Kreta marpwıoöroı) heißen. Auf
die Erbtochter hatte aber, da diejelbe nicht ſowohl
als jelbftändige Erbin, jondern als Mittel, die
Erbihaft auf Männer zu übertragen, angejehen
wurde, der nächite männliche Berwandte Anſprüche,
die jo weit gingen, daß er fie jelbjt dem Mann,
mit dem fie jih vor Erlangung des Vermögens
verheiratet hatte, ftreitig machen fonnte. Die Nähe
der Anſprüche wurde durch ein gerichtliches Ver—
fahren ermittelt (j. unten). Arnie Erbtöchter(Hnec«ı)
fonnten von dem nächiten Berwandten gerichtlich
beanjpruchen, fie zu en oder feinen Vermö—
ensumftänden gemäß auszuftatten. Die Sorge
fir die Erbtöchter, ſelbſt noch während der Ehe,
hatte der Archon, der ihnen zugefügte Beleidigungen
innerhalb jeines Strafmafes ort ahnden oder ge-
richtlich verfolgen fonnte (j. Kdrwaıs). — Waren
Söhne da, jo beichränfte ſich das Erbrecht der
Töchter (Imizgomoı) auf eine Mitgift, die ihr
»dorog ihnen zu geben hatte, die aber im Falle
der — Kinderloſigkeit an jenen zurüd-
fiel. Nad dem Tode des Mannes fonnte die
Tochter in das Haus des vrgıog zurüdfehren oder
in dem der Kinder bleiben, denen dann, jobald
ie mündig waren, die Mitgift zufiel. — In zweiter
inie, wenn feine Deſcendenz vorhanden iſt, folgen
die Kollateralverwandten (ovyyereis), nad dem
oben angegebenen Grundſatze, zunächit die Brüder,
dann deren Söhne, Enfel u. ſ. w., dann bie
Schweitern mit ihren Nachkommen. Bei den ent:
teren Sollateralen, die nicht von demjelben
er mit dem Erblaffer abftammen, ging die
Erbfähigfeit nur bis ins dritte Glied. — Illegi—
time Kinder (»6®o:) hatten fein ——
Erbſtreitigkeiten. ren natürliche Deſcen—
denten vorhanden, ſo war die Erbſchaft nicht ſtreitig
(dveridınog) und wurde ohne weiteres von dieſen
in Befig genommen. War dies nicht der Fall und
war die Erbichaft noch niemandem zuerkannt, jo
hatte der fie Beanipruchende, auch wenn er durd)
Teſtament adoptiert war, einen Antrag deshalb
Antis, tmörneoie tod aArjgov) beim Archon zu
machen (kayydvsır, Zmidindteohar roö nkjoon),
was zu jeder Zeit, außer im Monat Skirophorion,
dem legten des attiichen Jahres, geichehen konnte.
Der Antrag ward ausgeftellt, in der nächſten zugd«
Zuninsia vorgelejen und gefragt, ob jemand die
Anſprüche beitreite und ſeinerſeits Aniprüche er-
hebe (dugpısßnreiv, erg rg der Unter:
fchied beider Ausdrüde nicht Mar). Trat niemand
mit Aniprüchen auf, jo jprach der Archon fie dem
u (dmöindfeırv), der geat ie beanfprucht hatte.
raten mehrere mit Anfprüchen auf, jo fand ein
Rechtsſtreit ftatt, der dundınaala ron RArpov hieh
und auf dem Nechtswege entichieden wurde. —
Benn die Erbſchaft ſchon jemandem zugeiprochen
war, jo konnte bei jeinem Leben und noch bis 5
Jahre nach ſeinem Tode von jedem, der ſich be:
rechtigt glaubte, die Erbichaft ihm ftreitig gemacht
werden, was ebenfalls zu einer diadınaola roü
»ingov führte. — Ganz dasjelbe Verfahren galt
bei Aniprüchen auf eine Erbtochter, die von dem
en ungzertrennbar war (dıedızasia rs
405
Zmirirnjgov). — 1) Nömiiches. Die Erbichaft nad
den Formen des alten jtrengen Civilrechts hieß
hereditas, im Gegenjat zu dem neueren und
freieren prätoriichen Erbrecht, j. Bonorum pos-
sessio. Im Teftament konnten einer oder mehrere
zu Erben eingejegt fein (heredis institutio), jedod)
galten alle Miterben für Haupterben und empfingen
dem Teftament zufolge Quoten der Erbichafts.
mafje. As galt als Einheit der Mafle, und die
12 unciae (Zwölftelbrüche) als Teile derjelben.
Der Univerjalerbe hieß daher heres ex asse; Die
coheredes waren nad ihren Erbidaftsteilen be:
re heres ex triente d. i. Erbe des dritten
eild, ex parte dimidia, ex deunce d. i. Erbe
bon 11 Teilen, ex uncia, Erbe von einem Zwölftel.
Dieje Teilungen hätten durch Legate leicht um—
angen werden fünnen, allein es galt als Ehren-
ache, zu Erben eingejeßt zu werden. Die Erben
mußten commercium haben (j. d.), darum fonnte
ein 2 nicht Erbe jein. Ein jolcher konnte
nur Fideilommiſſe erhalten (j. Fideicommis-
sum) Auch die frauen waren ausgeichlofien
(f. Lex Voconia), und die juriftiichen Berjonen
waren nur zu Fideikommiſſen befähigt, bis fie
unter den Kaifern auch Legate erwerben durften.
Die angebotene Erbſchaft mußte von den Erben
angetreten werben, wozu die sui (db. h. Kinder und
Frau in manu) und necessarii heredes (Sflaven)
feine befondere Form anzuwenden brauchten. Doc
in jpäterer Zeit erteilte ihnen der Prätor das
Recht, die väterliche Erbſ unter Umſtänden
abzulehnen (abstinendi beneficium). Die andern
Erben hatten ihre Geneigtheit (adire hereditatem)
zu erfennen zu geben, was durch cretio geichah
(durch eine ausdrüdliche Erflärung) oder ftillichwei-
gend durch pro herede gestio. Mit dem Antreten
übernahm der Erbe das Vermögen des Erblaffers,
aber auch die Schulden und die auf dem Vermö—
gen laftenden sacra, weshalb eine ine sacris
hereditas für ein großes Glüd galt. Yagen Gründe
vor, die das Antreten der Erbichaft nicht als
wünjchenswert erjheinen ließen, jo durfte er fie
ablehnen (repudiatio hereditatis). — Heredi-
tas legitima heißt die geießlich beftimmte ober
Inteftatjucceffion, welche neben der teftamentari=
ichen Erbfolge fteht. Starb ein Römer ohne Tefta-
ment, jo beerbten ihn zuerjt die in feiner Gewalt
befindfichen Perfonen (Frau in manu und finder,
d. h. die sui), welche zufammen sui hießen. In
Ermangelung der sui erbten die Agnaten und,
wenn auch dieje nicht vorhanden waren, die Gen:
tilen. In der Kaiſerzeit wurden die Agnaten zu
Gunften der Kognaten immer mehr zurüdgeießt.
Den ohne Teftament verftorbenen Libertus beerbten
ebenfalls die sui und, wenn dieſe fehlten, der Pa-
tronus oder deſſen Kinder und nach bdiejen die
Gentilen des Patronus. — Die Enterbung hieß
exheredatio. Nadı dem alten Rechte fonnte
jeder, welcher jeinen nächſten An —— nichts
zuwenden wollte, dieſe in ſeinem Teſtamente über:
ehen praetérire), aber zu Ciceros Zeit wurde es
auch und Geſetz, die Kinder, welche nichts erhalten
jollten, im Zeftamente namentlich zu erwähnen und
zu bemerten, aus welden Gründen fie enterbt
werben jollten. Cie. Caec. 25. Rose. Aın. 19. Die
andern ndten, welche nicht? erhalten joliten,
brauchten nicht bejonders erwähnt zu werben.
Erebos ij. Chaos und Unterwelt, 1.
26*
5
|
——
* —
u!
404
Erechtheion, "Eofzdeior, hieß auf der Burg
zu Athen der uralte, von Kefrops erbaute Tempel
der Athene Polias mit dem vom Himmel gefalle-
nen Schnitzbilde der Göttin, an der Stelle wo
Athene mit Poſeidon um den Beſitz des Landes
geitritten hatte (der offizielle, inſchri tlich bezeugte
Name war: 6 veng 6 fu mileı dv Wo ro doyaior
dyakuc). Der damals von ihr geichaffene Ol—
baum und der von Poſeidon hervorgerufene Salz:
quell befanden ſich in demielben. Athene hatte
das Heiligtum gemeinfam mit Bojeidon:Erechtheus,
neben welchen auch nod als dritter Schußgott
Zeus: Poliens verehrt ward, deſſen Altar unter
m Oibaum ftand. Nachdem das Heiligtum von
XKerres zerftört worden, erneuerte man es glän:
zend in der perifleiihen Zeit; doch fällt feine
Erechtheion — Erembı.
jtalt einer Schlange gehabt haben, ein Symbol
der Autochthonie. Athene übergab den Knaben
den Töchtern des Kefrops, Agraulos, Bandroios
und Herje, in einer Kite mit dem ®erbot fie zu
öffnen. Als Mgraulos und Herſe dennoch die Kiſte
öffneten, jahen fie das Kind von einer Schlange
ummunden («oder das Kind als Schlange) und
wurden von der Schlange getötet, oder fie ftürzten
ich, von Wahnfinn ergriffen, von dem Felſen der
Burg herab ins Meer. Grechtheus ward durch
tg des Amphiktyon König von Athen,
fegte den Dienft der Athene ein und baute ihr
einen Tempel auf der Burg, wo fein Dienft mit
dem der Athene und des Poſeidon gemeinschaftlich
war (j. Erechtheion). Den Streit der Athene
und des Bojeidon um Attifa joll er entichieden haben.
Au Mm — —
Kinn
Bollendung erſt gegen Ende des peloponnefiichen | D
Krieges (407). Da das Heiligtum von alter Zeit
her aus 3 zujanmenhängenden Tempeln beitand,
der Athene, des Poſeidon-Erechtheus (das eigent-
liche Erechtheion) und der Pandrofos, und man
bei ber Wiederheritellung das alte Terrain bei:
behielt, jo erhielt es eine jehr unregelmäßige
Grundform. Über den Bau haben fich ſehr inter:
eſſante Infchriften erhalten, aus denen O. Müller,
Bödh, Thierih u. a. dic Dangeichichte des Tem:
pels feitgeitellt haben.
Erechtheus, ’Egsydens, in älterer Beit Die:
jelbe Perſon mit Erihthonios, "Egıyboruosg,
erit jeit Euripides (/on 280) von demjelben ge⸗
ichieden, ein athenifcher Heros, der mit dem Athene:
dienſt eng zujammenbing. Er war ein Sohn ber
Erde (oder der Atthis, der Tochter des Kranaos,
und Des — und ward aufgezogen von
Athene. ZT. 2, 547. Zur Hälfte ſoll er die Ge:
Da er zuerft ein Viergeſpann anjdjirrte, jo ward
er als „Fuhrmann unter die Sterne verjegt. Mit
der Najade Prarithea erzeugte er den Pandion,
der von ihm die Herrichaft erbte und mit Beurippe
die Brofne und Philomela und die Zwillinge
Erehtheus und Butes (j. d.) erzeugte. Ere—
htheus (ber zweite, urjprünglich aber biejelbe
Berjon mit E. 1.) ward König von Athen und durch
Prarithea Bater von Ketrops, Bandoros, „2
tion, Orneus, Brofris, Kreiüja, Chtho
nia, Dreithnia. Apollod. 3, 15, 1. Als
chtheus den den Eleujiniern gegen bie Athener
beiitehenden Thrafer Eumolpos, einen Sohn des
Bojeidon, im Kampfe erlegte, verlangte Poſeidon,
dab eine Tochter ded E. geopfert werde, und es
ftarben freiwillig zujammen die 4 Scheitern.
Erechtheus aber ward auf Pojeidons Bitte von
Beus mit dem Blitz erichlagen.
Erembi, ’Egsußol, ein Bolt, weldyes Homer
"Eonuos dien
nahe den Sidoniern nennt (Od. 4, 84), nadı Hella:
nitos und den meiften alten Geographen Trog—
lodyten (von ga, Erde, und Zußaiver), welche
öftlich von Agypten in Arabien wohnten. Andere
verjegten jie nach Kypros, noch andere rechneten
fie zu den Yithiopen.
"Eonuos dien ij. Iinn uud Prozels, 14.
s oder Eressos j. Lesbos.
Eretria j. Euboia.
Eretriei j. Menedemos.
Erötum, "Honrov, alte Sabinerftadt aut Tiberis,
wurde zur Römerzeit bald unbedeutend; j. Grotta—
Marozza. Liv. 3, 26. 29. 42. 26, 11. 23. Verg. A.
7, 711. Strab. 5, 228.
Ereuthalion ji. Areithoos.
"Eeyadeis ij. Dvanj, 2.
Ergäne j. Pallas Athene,
Ergastülum, Bor alters hieß ergastulum der
Schuldturm, in welchen die reichen Schuldherren
die infolventen Schuldner einjperrten und zur Arbeit
benutzten. Liv. 2, 23. Bon Juvenal (14, 24) wird
ein carcer rusticus genannt ald das Sflavenge-
fängnis, welches die reichen Römer auf ihren Pillen,
jeltener in ihren ftädtiichen Wohnungen hatten.
Hier wohnten die vincti compede fossores (Or.
trist. 4,1, 5), d.h. die Sflaven, welche die harten
Freldarbeiten gefeflelt beiorgen mußten (.Servi, 2.).
Erginos j. Herakles, #4., Agamedes und
Argonauten, 2.
rianthos, ’Egiavdog, aud) Erianthes, "Egidv-
ds, genannt, Repräfentant von Theben, als nad)
dem Ende des peloponnefiichen Krieges über das
Geſchick Athens beraten wurde. Paus. 10, 9, 9.
Auf feinen Antrag ftimmten die Thebaner und
Korinther für gänzliche Vernichtung Athens; die
Rhofier widerſprachen zuerſt. Plut. Iys. 15.
Eriboia (Eeriboia) j. Aloaden.
Erichthonjos j. Dardanos u. Erechtheus.
Eridänos, ’Hoıdaros, 1) mythiſcher Strom, als
—— Sohn des Oteanos und der Tethys.
Hesiod. theog. 338. Homer mennt ihn nicht.
Herodot (3, 115, erwähnt ihn als einen im Weiten
Europas ins nördliche Meer flichenden Strom,
von dem der Bernitein herfomme, der ihm aber
nicht weiter befaunt ei.
Härte man den Eridanos für den Padus in Cber:
italien, weil bier das Hauptlager für den Bern-
fteinhandel war; vgl. Padus. Er wird aud in
die Unterwelt verjeßt. — 2) Nebenfluß des atheni-
ichen Jlifos, ſ. Attika, 4.
Erigöne j. Ikarios und Orestes,
Erigönus, ’Egıydv, rechter Nebenfluß des Arios
in der maledoniichen Laudſchaft Paionia, j. ſlaviſch
Tzerna, türfiich Karaſu. Arr.1,5,5. Lir. 31, 39.
39, 53. Es ſcheint der vom Herodot (4, 90) ge:
nannte Agrianes zu jein.
Erineos j. Doris.
Erinna, "Howrve, berühmte griechiiche Dichterin
1}
In fpäterer Zeit er: |
— Erinyen. 405
metern beftehende, verloren gegangene ’Hiaxdrn, die
Spindel; von ihren Epigrammen find 3 erhalten.
Bol. Welder, kl. Schr. II ©. 145 ff. Berg, poet. Iyr.
Graee. III p. 141 ff. d. 4. Aufl. — Das noch eriftie-
rende Inrifche Gedicht eds "Payne in 5 japphiichen
Strophen mit der Überichrift: Melırvo 7) uükdor
"Heivrn Asoßle, in welchem Nom als Weltbeherr:
icherin gepriejen wird, gehört nicht der Erinna,
jondern der Melinno an; dieje war wahrjcheinlich
eine Griechin aus Loeri Epizephyrii in Unter:
italien zur Zeit des Pyrrhos oder des erften puni-
ihen Krieges. Vgl. Welder a. a. ©. ©. 160 ff.
Erinyen, ’Egırdg oder "Epewrig, -Veg (janstr,
Saranjüs), Eumeniden, Etueriddss, Furiae,
die alten furchtbaren Göttinnen des zürmenden
Fluchs und der rächenden Strafe. Wenn im Men-
ſchenleben gegen heilige Rechte —— wird,
wenn namentlich die Bande des Blutes freventlich
verlegt werden, die Eltern von den Kindern, der
ältere Bruder von den jüngeren Geſchwiſtern ſchwer
und Schmählich gefränft wird, jo erheben fich gegen
den Frevler die Erinyen und ftellen dur ihre
Strafe die verlegte jittlihe Weltordnung wieder
her. Der Unwille über die jchmachvolle Kränkung
bricht in dem Fluche (ed, daher heißen die Eri-
men bei Miichylos Agad; neben den Er. nennt
die Agd Soph. El. 111) hervor und ruft die im
Erebos wohnenden Rachegöttinnen du Strafe des
Zünders auf (daher TIoıwvad, die Strafenden, bei
Aiichylos); fie verfolgen ihm mit ihrer furchtbaren
Macht auf der Erde und ftrafen ihm jogar noch
unten im Hades. Od. 11, 279. I1.9, 571. 21, 412.
Übrigens erweiterte ſich die Vedeutung der Eri:
nyen; ſchon bei Homer haben auch die Bettler,
die Schupflehenden und Gaftfreunde ihre Erinyen,
weiche die ihnen angethane Schmah rächen (Od.
17, 475,; fie ftrafen jeden Frevel in menſchlichen
Berhältnifien, den Mord, den Meineid u. ſ. mw.
Il. 19, 259, vgl. Hesiod. op. et d, 803. Ya, fie
führen den Menichen jelbft zu Lbermut und Ber:
biendung, daß er in Sünde und in Unglüd ver:
fällt. Od. 15, 283. Il. 19, 87. Auch bei den Tra:
gifern jind die Erinyen oft allgemein Berberben
bringende, ftrafende Gottheiten ; vornehmlich aber
treten jie als Nächerinnen auf, wenn die durch die
‚Natur geheiligten Rechte der Familie verlegt find;
ſo verfolgen fie beionders die Muttermörbder Oreftes
+7. d. und die Abb. S. 406, und Altınaion j. d.) jowie
‚ Didipus (j. d.), der den Bater erjchlug und mit der
‚ Mutter im Ehebunde lebte. Sinnverwirrend, wahn:
ragen ren verfolgen fie den Frevler wie Hunde
ein gehegtes Wild und fingen ihm den ſchauer—
fihen Erinyengefang, der fellelnde Bande um ihn
ihlingt. Doch unerweichbar find die Göttinnen
nicht; wenn der Sünder gebüßt hat und gereinigt
ift von feiner Schuld, ſo laflen fie ab von jeiner
Verfolgung und werden wohlwollende Göttinnen,
Etbuerldes. — Homer ipricht bald von Einer
aus der Sporadeninjel Telos oder aus Teos oder | Erinys, bald von mehreren, doch nennt er ihre
Tenos oder Rhodos, angeblich Zeitgenoifin und | Zahl, ihre Namen und ihre Abſtammung nicht.
Freundin der —2* alſo um 600 v. C. Wegen Bei Heſiod /theog. 185) find fie Kinder der Gaia,
ihres Aufenthaltes bei dieier hieß fie auch -Asopi« | entiprofien aus dem Blute des von jeinem Sohne
und Mersinveie. (Mehrere alte Schriftiteller machen , Kronos verftümmelten Uranos; fie verdanken alio
fie zu einer Zeitgenoffin des Redners Temojthenes, | ihren Urfprung einem Frevel gegen die Bande
wodurch Neuere, z. B. Bergl, bewogen wurden, | des Blutes. Aiſchylos nennt fie Töchter der Ryr,
2 Pichterinnen diejes Namens anzunehmen.; Sie: Sophofles des Stotos Finſternis und der Ge.
jtarb als Jungfrau von 19 Jahren. Tas be: ' Aesch. Eum. 321. Soph. O. C. 40. 106. Tie
rühmtefte ihrer Gedichte war die aus 300 Hera: , Treizahl findet ſich zuerft bei Euripides, und bie
406
Namen Alelto (Anxaro, die nie Raftende), Ti:
jiphone (Tioporn, die Nächerin des Mordes)
und Megaira (Meyaıga, die Feindliche) erft bei
Apollodor. In Attila, wo jie ein Heiligtum am
Areopag und auf dem Hügel Kolonos hatten,
hießen fie vorzugsweije Semnai (Leuval Heai,
die Ehrwürdigen); der Name Eumeniden war
in Sikyon heimiſch; in der arkadiſchen Landſchaft
Parrhaſia hatten fie den Beinamen Marlaı, die
in Najerei verjegenden (die jchwarzen und bie
weißen, d. h. die zürmenden und die verjühnten,
Paus. 8, 34, + ff.). — Die Idee der Erinyen hat
jich urjprünglich aus der Vorftellung der Demeter:
Erinys, der zürnenden Demeter, entwidelt, welche
in Boiotien und in Arkadien in uralter Zeit ver-
ehrt ward und durch ihren Zorn furchtbar in dem
Labdatidengeichlechte zu Theben, zu welchem Didi:
pus’gehörte, waltete. Als Opfer brachte man den
Eripbyle
|
— Eros.
Eriphjle ij. Alkmaion und Amphia-
raos.
, "Egıs, Göttin der Zwietracht, des
Kampfes und Streites, „Hein anfangs, aber in
furzem hebt fie an den Himmel das Haupt und
fchreitet auf der Erde“ (1. 4, 440) Gie tft
Schweſter und Begleiterin des Ares im Kampf,
mit unerjättlicher Blutgier weilt fie noch froh im
Getümmel, wenn alle andern Götter jchon die
Schlacht verlaffen haben. Il. 11, 3. 74. 20, 48.
Bei Hefiod (theog. 225 ff.) ift fie Tochter der
Nacht, Mutter der Mühjal, der Vergeflenbeit, des
Hungers, der Schmerzen, des Mordes, der Kämpfe
und Schlachten, des Haders, der Trugreden u. ſ. w.
Aber neben diejer verderblichen gibt es noch eine
gr Eris, die Perſonifikation des et
esiod. op. et d. 11ff. — Die römiidhe Dis-
bertragung
cordia (Verg. A. 8, 702) ift eine
Erinyen weinloje Spenden und jchwarze Schafe
dar. — Geftalt und Ausjehen dieſer furchtbaren
Gottheiten, die von Menichen und Göttern ge:
haft und geflohen wurden, war grauenerregend.
Aiſchylos, der jie zuerft auf die Bühne brachte,
ftellte fie den Gorgonen und rpyien ähnlich
dar, als häßliche alte Frauen mit Schlangenhaaren,
biutigen Augen, vorhängender Zunge und ge:
fletichten Zähnen; fie trugen lange ſchwarze Ge-
wänder mit blutrotem Gürtel. Euripides ſtellte
ſie weniger grauenhaft dar, als ſchnelle, geflügelte,
iungfräuliche Jägerinnen mit Fackeln und Schlangen
in den Händen. Dieje Form wählte auch gewöhn:
lid; die bildende Kunft (j. d. Abbildung). — Die
Furiae (Dirae deae) der römijchen Dichter
find eine Übertragung der griechiichen Erinyen.
Sie werden gewöhnlich als quälende Wächterinnen
der Verbrecher in die Unterwelt verjegt, fommen
aber bisweilen auf die Oberwelt, um den Men:
ichen blutige Mordgedanten und Wahnfinn einzu:
jlößen. Very. A. 6, 570. 605. 7, 324 ff. Or. met.
4, 451. 481.
der griechiſchen Eris und ericheint deshalb auch
im Gefolge der Bellona.
"Egiorıxoi j. Eukleides, 2.
Eros, "Eowg, "Eoog, Amor, Cupido, der
Gott der Liebe. Bei Homer wird er noch wicht
genannt; bei diejem ift nur Aphrodite die liebe:
erwedende Göttin. Heſiod dagegen nennt ihn
(theog: 120) unter den ältejten Göttern: zuerit
ward das Chaos, dann die Erde und Tartaros
und Eros. Eros ift aljo hier die einigende und
bindende Macht, durch die alle Wejen der Welt
entjtehen und zu harmoniſcher Ordnung gebracht
werden. Zu Theipiai verehrte man diejen alten
Naturgott unter dem Symbol eines —* Steines
und feierte ihm alle 5 Jahre die Erotidien
(Egwridıe oder ’Egurıe). — Ganz verſchieden
von diejem koſmiſchen Eros iſt die Vorftellung von
Eros, wie er bei den jpäteren Pichtern als der
jüngſte der Götter auftritt. Diejer it ein jchöner
Knabe, entweder dem Yünglingsalter oder dem
Kindesalter nahe, voll Lift und Schalfheit ein
graufamer Peiniger der Menjchen und der Götter;
Eros —
jelbit den Zeus und die eigene Wutter Aphrodite
verſchont er nicht. Auf goldenen Flügeln fliegt
er umber, bewajfnet mit dem Bogen und dem
mit Pfeilen gefüllten Köcher, und verwundet alles,
was lebt auf Erden und im Himmel, im Meer
und in der Unterwelt, Als jeine Eltern gelten
gewöhnlich Aphrodite und Ares, aber aud) Zeus
und Aphrodite, Hermes und Aphrodite, Zephyros
und Jris; oder es heißt, die Eltern des Eros
jeien unbelannt, er habe eine Mutter, aber feinen
Bater u... In jpäterer griechiicher und römi—
ſcher Zeit umgab man den Eros mit einer Menge
gleichartiger Wejen, junger Eroten, Amoret-
ten, und gejellte ihm einen Bruder Anteros zu,
den Gott der Gegenliebe, der durch jein wett:
eiferndes Spiel den fleinen Eros zum Wachſen
brachte. — Eros war nicht bloß der Gott der
Liebe zwiichen dem beiden Gejchlechtern,, jondern
auch der Liebe und Freundichaft unter den Män—
nern, zwijchen Männern und Yünglingen und
stnaben. Darum war die heilige Schar der the:
banijchen Jünglinge dem Eros geweiht, und in
Athen ehrte man ihn als Vefreier der Stadt, weil
das Freundespaar Harmodios und Nriftogeiton
die Stadt von der Tyrannis der Peiſiſtratiden be—
freit haben jollte. — In jpäterer Zeit brachte
man Gros in die verſchiedenſten Situationen zu
Piyche, der Berjonififation der menschlichen Seele,
die oft unter dem Bilde des Schmetterlings oder
als Jungfrau mit Schmetterlingsflügeln dargeftellt
ward. Gros ift entweder in Liebe mit ihr ver:
einigt, oder er quält fie, bejonders unter dem Bilde
des Schmetterlings, indem er dieſen über eine
Fackel hält, ihm die Flügel ausreift und dergl.
Apulejus hat in jeinen Metamorphoien 4, 28--
6, 24; aus den verichiedenen Situationen dieies
Mothentreijes eine anmutige märdenhafte Erzäh:
Erotianos. 407
J gebildet folgenden Inhalts: Ein König hatte
3 Töchter, von denen Pſyche die jüngite und
ihönfte war. Eros liebte jie uud brachte fie au
einen abgejchiedenen Ort, wo fie in Liebe mit ihm
vereint lebte, ohne ihm jedoch je zu jehen und
ohne ihn zu fennen. Sie lieh ſich aber wider fein
Gebot von ihren böfen Schweitern, die fie beſuch—
ten, verleiten, nach feinem Antlig zu forjchen, und
wurde deshalb von ihm verlaflen. Sie juchte ihm
unter taujend Mühjalen, bis fie endlich, durch die
erduldeten Leiden von der Befledung gereinigt,
wieder mit ihm auf ewig vereinigt ward. Ihre
Tochter hie Glückſeligkeit. Apulejus hat dieſer
Erzählung einen phifofophiichen Sinn untergelegt;
Eros ift hier ein großer Dämon, der die Menjchen
‚zum Guten und dadurch zur Glüdieligfeit erzieht,
eine Borftellung, welche jhon vor ihm von andern
Philojophen, wie von Platon im Sympofion, aus:
gebildet worden ift. — Die Kunft ftellt den Gros
| entweder als einen ihönen reifen Knaben au der
Grenze des Yünglingsalters dar, oder als ein an-
mutiges, oft geflügeltes Kind. Letztere Darftellung
ift die jpätere. Seine Attribute jind Bogen, Bieile,
Köcher, Fadeln. — Außer Theipiai und Athen ver:
dehrte man ihm beionders zu Sparta, auf Kreta
und Samos, zu Megara u. a. a. D. eben ihm
eriheinen oft Bothos und Himeros, Berio:
nififationen der Sehnſucht und des Berlangens,
Tyche, das Glück, Beitho, die Chariten und
Muſen. — Der römiſche Amor oder Cupido
iſt eine bloße Übertragung des griechiſchen Eros,
welcher oft Himeros und Pothos gleibedeutend ift.
Eros, "Eows, 1, ein Schauipieler in Rom, der
zuerft mißfiel, ſpäter aber, als er ji zum Schau:
ipieler ©. Roſeius in die Lehre begeben hatte,
durch deſſen Unterricht einer der bedeutenditen Ko—
möden ward. Cie. Rosc. Com. 11, 30. — 2) ein
Sklave des Triumvir Antonius, der von Antonius
das Schwert erhielt, um ihn zu töten, sich jelbit
aber damit vor den Augen desſelben ermordete.
Plut. Ant. 76.
Erotiänos. ’Eowrieros. ein griechiicher Gram—
matifer zur Zeit des Nero, ſchrieb ein Gloſſar zu
den Werten des Hippofrates rar zag’ "Innungc-
408 Erotidien — Erziehuug.
reı etrn ovvaywyn), welches wir, wenn auch Athener Butes. Butes ſprang als Teilnehmer
nicht in ſeiner urſprünglichen Faſſung, noch be: | der Argonautenfahrt, als die Argo an den Sei:
figen. Ausgabe (zugleich mit den Gloſſ. des Galenos renen vorbeifuhr, durch den Geſang derjelben ver-
und Herodotos) von Franz (1780). lockt, ins Meer, ward aber von Aphrodite nad)
Erotidien ji. Eros. Lilybaion gerettet, wo fie mit ihm den Eryr
Errhephoria ji. Arrhephoria. zeugte. Diejer ward König der Elymer am Berg
Erneii, 1) E. Eruc., aus plebejiihem Stande, | Eryr. Er war ein gewaltiger Fauftlämpfer, der
war Ankläger des Sert. Roſeius aus Ameria im | dem Herafles ein Rind von der Herde des Ge—
3.800. C. Den Charakter jeiner Beredjamfeit | ryones nahm und deswegen in einen Kampf mit
bezeichnet der Beiname Antoniaster; er war ein | demjelben geriet, in dem er getötet ward. Apollod.
ungeſchickter Nachahmer des Antonius. Cie. Rose. | 2, 5, 10. — 2) (auch Eryeus), jetzt St. Giuliano,
Am. 16. — 2) ©. Eruc. Elarus, der Sohn | ifolierter 751m hoher Berg auf Sicilien im ®.
eines Sadmalters (‘Plin. ep. 2, 9, #4) gleiches | mmweit Drepana, auf deilen Höhe der angeblich
Namens und der Septicia, erlangte die Quäſtur, von Aineias gegründete (Verg. A. 5, 759. Teac.
das Volfstribunat und zweimal (zulegt 146 n. E.) ann. 4, 43), reiche Tempel der Venus Erheina
das Konſulat. Spart. Ser. 1. Als Legat nahm er, ftand, deren Dienft ein etwas lafciver war. Cine
“im parthijchen Kriege Seleuleia ein (Dio Cass. am weſtlichen Abhange des Berges liegende Stadt
68, 30); auch Stadtpräfelt ift er geweſen (frell. | gleihes Namens wurde von den Karthagern zu
7,6, 12. 13, 18, 2). Als gelehrten Dilettanten | Purrhos’ Zeit und dann abermals im erften puni:
bezeichnet ihn Gellius (13, 18). — 3) Eruc. Ela: | jchen Kriege zerftört und die Einwohner nach Dre-
rus, Konſul 192 n. E., entging glüdlich der von | pana verjegt. Bon ihren Mauern haben fich be-
K. Commodus beabiichtigten Ermordung, fand aber | deutende Reſte erhalten. Hat. 4, 45. T’huc. 6, 2.
einige Jahre fpäter durch Severus den Tod. Dio
Cass. 72, 22. 74, 9. Spart. Sev. 13.
Eryeina ſ. Aphrodite, 2.
Erymanthos, ’Eovuardos, 1) Webirge, ij.
Achaia und Arkadıa. — 2) Fluß, ſ. Al-
pheios.
Erysichthon, ’Eovsi’ytwr, 1) Sohn des Trio-
pas in Theflalien, der frevelnd in den Hain der
Demeter einfiel und die heiligen Bäume fällte, um
ſich einen Speijelaal zu bauen; dafür wurde er
mit nie zu ftillendem Heißhunger («idwr) beitraft.
Der Name bedeutet „Erdaufreißer“, d. h. „Pflüger“.
Qgl. Mestra. — 2) Sohn des Kelrops und der
Agraulos, der das Bild der Eileithyia von Delos |
nach Athen bradıte. Er jtarb kinderlos noch zu
Lebzeiten ſeines Vaters. Paus. 1, 2, 6. 18, 5.
Apollod. 3, 14, 2.
Erytheia j. Herakles, ®.
Erjthrai, ’Eovdgaı, ’Eovdgeai, 1) Stadt in |
Boiotien, zu Pauſanias' Zeit verödet, in der Nähe
des Schlachtfeldes von Plataiai (Idt. 9, 15. 19),
öftlich des jehigen Dorfes Katzula, jchon /7. 2, 499
genannt und Mutterjtadt von 2) einer der 12 ioni—
ichen Städte Kleinajiens, auf einer Kralbinjel ge: |
fegen, welche die Berge Mimas und Korykos der
Inſel Ehios gegenüber bilden; j. Auinen Ritri. |
Der Kodride Knopos nahm fie in Beſitz, daher
auch Knopupolis. Hdt. 1, 142. Strab. 14, 64.
2 Tempel des Herakles und der Athene Polias
waren von hohem Alter. — 3) Küftenftadt der
ozoliichen Lokrer öjtlich von Naupaktos. Z,iv. 28, 8. |
Erytlıraeum mare, Kubrum mare, 7) ’Eovdoc |
Pdiasoe, hieß zunächſt, wohl nach der Farbe der
Korallenbänte, der Meerbujen zwiichen Arabien,
Sufiana, Perſis und Rarmania (vgl. Taac. Agr. 12),
jpäter sinus Persicus genannt (j. d.); dann über: |
haupt das Meer zwiichen Indien, Arabien und
Afrika, mit Inbegriff des Berfiichen und Arabijchen |
Meerbujens (Hdt. 1, 1.2, 168; ebenio in Pjeudo:
Arrians zegimkoug tig 'Eg. Bai.); jpäter, z. B.
bei Ptolemaios und Agathemeros (two für jenes
gejamte Meer der Ausdrud "Ivdınor weiayog auf: ,
fommt), nur der Meeresteil zwijchen der Strafe
Bab:el-Mandeb und der Sübdoftküfte Arabiens.
Eryx, "Eov£, 1) Sohn der auf dem Berg Eryr
verehrten Aphrodite und des Pojeidon oder des |
Died. Sie. 4, 83, Strab. 6, 372.
Verr. p. 256.
Eryximächos, "Eoväiueyos, Sohn des Au:
menos, ein angejehener Arzt in Athen, der die
Vorträge des Sophiften Hippias gehört hatte. In
Platons Sympofion p. 186—188 E hält auch er
einen Bortrag über die Liebe.
Erziehung, I. griechiiche. Auch in der Er:
ziehung tritt, wie im allen Kreiſen des Öffentlichen
und Privatlebens, die Stammpverichiedenheit bei
den Griechen far und deutlich hervor. Während
bei dem doriichen Stamme und namentlich in
Sparta, wo alles darauf gerichtet war, die ganze
Eriftenz des einzelnen an den Staat zu knüpfen
und in demjelben aufgehen zu laſſen, jchon in
der Kindheit der einzelne der Familie entfremdet
Zumpt zu Cie.
‚wurde und das Ziel jeiner ganzen Ausbildung
ausſchließlich Tüchtigkeit und Brauchbarteit für die
Zwede des Staates war, herrichte bei dem ioni-
ichen Stamme, als deffen Nepräjentanten wir hier
Athen betrachten können, eine freiere Anficht von
dem Berhältnis des einzelnen zur Gejamtheit, in
der Art, daß bei den Athenern, ohne Vernach
läffigung der Staatsinterejlen (die ja auch dem
atheniihen Bürger das Höchite jein jollten), auch
die andern Seiten und Beziehungen der menſch—
lihen Natur Anerkennung fanden und eine jelb:
ftändige Berechtigung behaupteten, und daß na:
mentlich eine vom Staate nicht unmittelbar ab-
hängige und demjelben nicht unmittelbar dienende
Bildung (madeca) nicht nur gejtattet war, ſon—
dern bis zu einem gewiſſen Grade jogar gefordert
wurde, indem der Mangel einer joldyen für des
jreien Bürgers nicht würdig galt. Dieje Eigen:
tümlichkeit der Athener, über die ſchon Thukydides
im Gegenjaß zu Sparta jo jchön wie treffend fich
ausipricht (vgl. u. a. die Rede des Perifles 2, 35 ff.),
mußte natürlich auf die Erziehungsgrundjäge einen
weſentlichen und entjcheidenden Einfluß ausüben.
— A) Die Quelle für die Erziehung im Heroen- :
alter ift hauptſächlich Homer (natürlich faft aus:
ichließlih für die Erziehung der Herrſcher und
Fürſten, Basıkeis, äraxres, da der dijuog überall
ſehr in den Hintergrund tritt und als ungeglie-
derte, wenn auch keineswegs rechtloje, Maſſe er:
icheint). Die erjte Nahrung und Erziehung erhielt
-
5
Erziehung.
409
das Kind von der Amme und von der Mutter. | die Kinder der Aufjicht des Pädagogen (zuda-
Einem einzelnen Sohne oder einer Tochter wurde
wohl ein Gefährte beigejellt (Bhoinig und Batro:
tlos dem Achill; Eumaios der Ktimene). Leſen
und jchreiben fonnte man noch nicht. Die Mädchen
lernten wohl weben und jpinnen. Gymnaſtiſche
und agoniftiiche Übungen waren gewiß ſchon früh
ausgebildet (vgl. IT. 23, 306 ff). Der eigentliche
heroiſche Repräjentant der Erziehung ift aber Chei—
ron, der —— des Jaſon, Achilleus und an—
derer jugendlicher Helden. Er unterrichtet ſie in
Jagd: und Waffenübungen, in der Heilkunde (de-
zen) und Kräuterkunde, im Gejang und Saiten:
ipiel (uovon), in der Wahrjagelunft (uawrızı))
und in Recht und Gejehen (dixwoourn); er lehrt
fie den Eid heilig zu halten, die Götter zu fürd)-
ten und ihren Zorn zu jühnen. — Gehen wir
jegt auf die Erziehung in der hiftorifchen Zeit
über, jo jehen wir, wie fich diejelbe aus diejen
ge + nach den Stämmen verichieden entwidelt
bat. hrend nämlich in Sparta Knaben und
Mädchen zufammen auf diejelbe Weile erzogen
wurden, blieben die Mädchen in Athen durchaus
der häuslichen Zucht der Mutter überlafien und
fernten daher auch gewöhnlich nur einige weib-
liche Arbeiten; die Ausbildung der Bürgerjöhne
Dagegen blieb ebenfalls gänzlich Privatjache. Der
Staat baute ihnen weder Schulhäujer, noch ftellte
er Lehrer an. Die Paläftren und Gymnasien dien:
ten nicht ausichliehlich der Jugend. Der Unter:
richt zerfiel in Gymnaſtik, Mujit und Grammatif.
Unbemittelte werden ihre Söhne früh zum Ges
ichäft angehalten haben. Sonft dehnte fich die
Unterri it bis zum Ephebenalter aus, aljo
verhältnismäßig weiter als bei uns; und in der
Zeit, da ſchon ein wiflenichaftliches Treiben be-
gonnen hatte, in den Hörjälen der Sophiften und
Rhetoren bis weit über das Yünglingsalter hin:
aus. Denn die Griechen „waren fich bewußt, daß,
um in das Staatsl einzutreten und an der
Leitung der öffentlichen Angelegenheiten teilzu-
nehmen, jorgfältige Vorbereitung und Reife des
Geiftes erforderlid jei. In unreifen Jahren fich
um die Staatsangelegenheiten zu befümmern, galt
für ungebührlich, und wohlgefittete Jünglinge jah
man nicht leicht auf dem Markte oder in den Ge:
richtslofalen”. —- B) In Athen wurde das nen:
geborene Kind nach dem eriten Bade in Windeln
(oxdepyara) gewidelt. Am fünften oder fiebenten
ober zehnten Tage nad) der Geburt wurde es
durd; die Augpıdgume (j. d.) feierlich in die Fa—
milie aufgenommen. Die Ammen, rirdaı, rıdj)-
ve: (denn die wohlhabenden Mütter ernährten die
Kinder jelten jelbft), waren meift Sflavinnen, aber
auc arme Bürgerinnen, auch Lakonierinnen, letztere
bejonders geſucht. Sodanı fam das Kind in die
Hände der Wärterin, reopog, die das Kind pflegte
und es herumtrug (auch um es einzuichläfern,
Wiegen, sbrirnra nAwidıe, erit ſpät vorkommen).
Klappern, erepundia, wiarayal, auch Puppen
»öger, und jponftiges Spielzeug fehlten nicht.
Mittel der Zucht waren ungen, aber auch
Schläge; auch jchredten die Wärterinnen die Kinder
durch allerlei Schredbilder und Fabeln (uoguorv-
as, Boizelor, j. Empusa) von Unarten ab.
Auch die Ammenmärden, wötor, jpielten eine Rolle
als die erfte geiftige Nahrung des Kindes. — Vom
ſechſten Jahre an bis zum Ephebenalter wurden
‚
— m — — — — — — —— —— nn ——— — — — — — —— — —
=
yayög) anvertraut. Diejer war in der Kegel ein
Stlave, und zwar nicht immer, wie man es hätte
erwarten follen, ein vorzüglich gebildeter. Sein
Geichäft beitand darin, die Knaben überall zu
begleiten, namentlich in die Schule (dudauanwi.sior)
und in die Paläftra. Er ift nicht Lehrer, jondern
Erzieher und joll einen jittlihen Menichen aus
dem anvertrauten Rinde machen. Der erjte Unter:
richt, den der yonuuerıorijg erteilte, bejtand im
Leſen (auf deutliche und beftimmte Ausjprache
wurde gehalten) und Schreiben, yeduuer« uar-
Parsır. Die Schulen waren Privatanjtalten, und
eine Aufficht des Staates über dem Unterricht fand
gar nicht oder in jehr beichränftem Maße itatt,
daher die Ärmeren, im Gegenjage zu den disv-
Hong merwdevuiror, oft früh zu einem Hand:
werf übergingen; ja es mochte in einzelnen, wie
wohl jehr jeltenen, Fällen vorfommen, daß Kinder
ganz ohne Unterricht blieben. Der Staat führte
ber die Schulen nur eine polizeiliche Überwachung.
Die Elementarlehrer ftanden übrigens nicht in be:
jonderer Achtung, da viele ſich ohne Beruf und
Neigung nur des noch dazu geringen Erwerbes
wegen mit dem Unterrichte beichäftigten. Natür-
lich gab es unter ihnen auch angejehene und ge:
achtete Männer. Die Einnahme’der Lehrer beftand
ausichliehlich im Honorar, welches wohl nach dem
Rufe und der Tüchtigfeit derfelben verichieden war.
Der Unterricht begann am frühen Morgen und
dauerte auh am Nachmittage fort. Geſetz bei
Aeschin. in Timarch. p. 35 erwähnt, daß feine
Schule weder für das Lejen noch für die Gymnaſtik
vor Aufgang der Sonne geöffnet, noch nach Son:
nenuntergang offen gehalten werden dürfe) Yu
dem Lejen und Schreiben famen im dıdaonuksior
auch noch die Anfangsgründe des Rechnens. —
Nach Vollendung des Glementarunterrichtes trat
bei dem yowuuerındg ein höherer Unterricht ein,
der bejonders im Lejen, Auswendiglernen und Vor:
tragen poetiicher Stüde beftand. Grundlage dieſes
ganzen Unterrichtes waren neben ethijchen Gedich—
ten und Fabeln die Gejänge des Homer, deſſen
Anjehen und Herrichaft in der Schule die ab-
weichenden Anſichten einiger Philoſophen, die ihn
wegen leichtfertiger Ansichten von den Göttern aus
der Schule verbannt willen wollten, nicht zu er:
ichüttern vermochten. Homer blieb die Quelle und
der Mittelpunft der helleniſchen Bildung: ihn lern—
ten die Knaben, die fich Bücher nicht leicht an—
ihaffen konnten, durch Hören auswendig und zwar
in jeher großem Umfange, Bon Homer ging man
u andern Dichtern über. — Neben diejem gram-
matijchen Unterrichte trat dann etwa im dreizehn:
ten Jahre der muſilaliſche ein, der nicht allein des
Vergnügens wegen betrieben wurde, jondern um
die Stunden der Muße, wie Ariftoteles jagt, au:
ftändig hinzubringen, um des »alög oyoldker
willen, jo dab die Muſik nicht unbedingt not:
wendig für die waıdei«, aber ala edelſte Beichäf-
Kigung während der Muße des Freien bejonders
würdig war. Die große ethiſche —— der
Muſik haben die Griechen ſchärfer erkannt als die
Neueren. Die Hauptinſtrumente waren in Athen
do und Auge; die Flöte ſtand nicht immer
in gleichen Anjehen, da man zu derjelben nicht
fingen konnte und das Flötenjpiel die ruhige Hal-
tung der Seele zu jtören jchien. Erft jeit der
-]
=
410
Mitte des 4. Jahrh. ift das Beichnen ein all: |
gemeiner Lehrgegenftand in den Schulen. Beiler
erging es den mathematijchen Fächern, die von
Anfang an Männern und Zünglingen von Philo-
jophen und Sophiften vorgetragen wurden nnd im
5. Jahrh. jchon allgemeiner Unterrichtsgegenitand
für Knaben waren. — Ein weientlicher Teil der
rcrdsle war ferner die Turnübung in der Paläſtra
und dem Gymnaſium, die gewiß nicht vor dem
fiebenten Jahre begann und vom Leichten, den
Hindlichen Kräften Entiprechenden (Ballipiel, Yaufen,
Springen) ftufenweis zum Schweren (Ringfampf,
Fauſttampf, Pankration) fortichritt. Damit ver:
bunden waren Übungen im Schwimmen, wie aud)
in der Orceftit. Im Ephebenalter trat als Bor:
bereitung zum eig wie die Übung in den
Waffen und in der Reitkunſt ein. Den Unterricht
in der Gymnaſtik leiteten die Paidotriben, Die
Sophroniften jahen auf Anftand und Ordnung,
die Aleipten hatten die diätetiſche Aufficht und
beiorgten das Einreiben mit Of. Die Zucht war
ftreng, und auf Anstand, edle Haltung (sirooude)
und Sitte (addons) wurde ein bejonderes Augen:
merk gerichtet. — Abgeichlofjen wurde die geiltige
Ausbildung durch den Unterricht bei den Sophiiten
(3. B. Gorgias, Protagoras) und Rhetoren (io:
frates), der bejonders die Rhetorik, Philojophie
und Staatsfunft umfahte. Diejer höheren Aus:
bildung fonnten indeſſen jih nur Reichere er:
freuen, da die Honorare für dieſen Unterricht
jehr bedeutend waren. So liefen ſich Iſokrates
und Ariftippos 1000 Drachmen für ihren Unter:
richt zahlen, Protagoras jogar 100 Minen. Dabei
wurden die Honorare mit Strenge gefordert und
ohne Nachiicht eingetrieben. Übrigens blühten die
Schulen der Sophiften bejonders nad) der Zeit
de? peloponnefischen Krieges, als mit dem Ber:
falle der alten Sitte auch die ftrenge Zucht der
Jugend gelunfen war und Zügellojigfeit, zum Teil
Frechheit an die Stelle der alten Beicheidenheit
und Ehrerbietung gegen das Alter getreten war,
ein Verfall, den unter andern Ariftophanes bitter
beklagt. Das Bedürfnis nach diejem höheren Unter:
richte trat ein, als die alten einfachen und Haren
Verhältniſſe zerrüttet waren und der Auflöjung
Erziehung.
wie jchon bemerkt, die Erziehung den Zweck, den
einzelnen vollftändig dem Staate zu unterwerfen
und in demjelben aufgehen zu laffen. Ein Fami—
lienleben gab es nicht. _ Schon gleich nach der
Geburt entichieden die Alteiten der Phyle über
das Leben des Kindes, das bei einer günftigen
Entſcheidung bis zum jiebenten Jahre in der Fa—
milie blieb. War das Kind häßlich oder ſchwäch—
lich, jo wurde es in eine Bergfluft am Tangetos
ArodEreaı) geichlendert. Vom fiebenten Jahre alſo
an gehörte der Knabe dem Staate volljtändig a
und wurde der öffentlichen —— überwieſen.
Gegenſtände des Unterrichtes waren Gymnaſtik, die
beſonders Stärkung und Abhärtung bezweckte, und
erſt in zweiter Reihe alles, was zur geiſtigen Aus—
bildung gehörte, Leſen, Schreiben (beides noch
wenig allgemein) und Kenntnis des Homer, der
auch den Spartanern nicht fremd war, jowie Mufit,
alles einfach, mit Verſchmähung aller Neuerungen.
Diejer Erziehung ro) wurden die Vollbürger
und Mothafen ſ. Helotes) und vielleicht mit
Beichränfung auch die Halbbürtigen (roter) teil:
haftig. — Vom jiebenten Jahre au hießen die
Knaben wervile,. Mit dem zwöliten Nahre trat
num härtere Lebensweiſe und Behandlung ein. Die
Kuaben mußten das ganze Jahr im Mantel, ohne
Epiton, ohne Schuhe, zubringen und auf die ge:
wöhnlichen Bequemlichfeiten des Lebens verzichten.
Sie wurden einer der Bora: naldwr (Schar) zu:
gewielen, die wieder mehrere Aus (Rotten) umfahten.
Segen das ſechzehnte Jahr hießen ſie oudenve:,
die älteften unter ihnen weileigenig. Die bereits
2 Jahre dem Knabenalter entwacjeren hießen
eipereg, aus denen bereits Auficher über die Kna—
ben in den len entnommen wurden. Die Lei:
tung der Erziehung hatten der mawdorönos (zur
Rollziehung der Strafen waren ihm die Maſtigo—
phoren untergeordnet ) und dic 5 Bidvos, welche
über die gymnaſtiſchen Übungen und die Wett-
kämpfe gejebt waren. Die kunſtmäßige Orcheftit
trat bejonders bei den Gummopaidien hervor. Zu
den Einrichtungen, die Gewandtheit und Abhär-
tung bezwedten, gehörte ferner noch die Erlaubnis,
heimlich Lebensmittel zu entwenden, jowie die
»ovrreie (j. d.). Wie den Knaben, jo wurde, im
anheimfielen, als die geiftige Thätigkeit ausein- geraden Gegenjage zu Athen, auch den Mädchen
anderging und jich ausbreitete, jo daß die aus eine gymngſtiſche Erziehung zu teil, doch an ge-
dem praktischen eben und dem täglichen Umgange, | jonderten Übungsplägen. Daher fand man in den
wie aus der beftändigen Beteiligung der einzelnen | jpartanischen rauen einen fait männlichen Cha:
an dem Gejamtleben des Staates erworbene Be- ralter und eine gewiſſe Derbheit. — Der gumna-
fähigung und Tüchtigkeit nicht mehr ausreichte, ſtiſchen Ausbildung ftand die muſilaliſche zunächit ;
die mannigfachen Intereſſen des öffentlichen Lebens | überall aber herrichte das Geſeß der Einfachheit
und die erweiterten Kreije der Bildung ohne theo-
retiiche Ausbildung vollſtändig zu umfaſſen. —
Die Ausbildung des weiblichen Gejchlechtes geſchah
ausichlieglih im Haufe und wurde wohl nur
von den Müttern und Wärterinnen bejorgt, daher
höhere Bildung beim weiblichen Gejchlecht (und
dies iſt eine der tiefiten Schattenfeiten des griechi—
ichen Lebens) fajt immer mit fittlicher Leichtfertig-
feit und Zügellofigfeit verbunden iſt und fich fait
nur bei Hetären findet. Die Familie war wohl
der Si und Mittelpunkt der Zucht, nicht aber der
Bildung, die daher in manden Beziehungen io |
auflöjend auf das griechiiche Leben gewirkt hat.
Bol. Stoll, Bilder aus dem altgriechtichen Leben
©. 3925. — C) Jun Sparta, das wir als Ver:
treter des dorichen Stammes betrachten, hatte,
und eine entichiedene Abneigung gegen Neuerungen.
Die vierjaitige poguy& blieb das herrſchende In—
ftrument, von welchem ihre Chöre und Paiane
begleitet wurden. Wenn im übrigen der Unter:
richt jich auf die yoduuer«e beichränfte, jo darf
man ich die Spartaner doch nicht als ungebildet
denfen. Das Yujammenleben, von einer groß:
artigen Staatsidee getragen, entwidelte Geiftes-
ichärfe und Gewandtheit, die fich in jenen berühm-
ten furzen, aber ichlagenden Antwoten (Be«xvio-
yia) äußerte. Daß ihre hervorragenden Männer
die politiihen Verhältniſſe jcharf und geiſtvoll
aufzufaflen verftanden, zeigt jowohl der Gang der
Geſchichte ſelbſt, wie es auch durch die Reden
bewieien wird, die Thukydides den Führern ihrer
Politit und ihrer Heere in den Mund legt. —
13
14
Erziehung.
Bon dem Berfalle des politiichen Lebens der
Hellenen wurde die hellenifche Bildung nicht gleich:
mäßig betroffen. Zwar verlor fie an Friſche und
Lebendigkeit, gewann aber an Ausdehnung und
Spftematif. Die Wiſſenſchaften jchieden ſich fach—
mäßig, und in den Hauptpläßgen der Bildung und
Gelehrjamfeit, Athen, Alerandreia, Rhodos, Zur-
jos, entwidelte fid) der Anbegriff der Wiſſenſchaf—
ten, welche den höheren Bildungsfreis ausfüllten,
die dyaurkıog maıdeie: Grammatik, Rhetorik, Phi:
loſophie oder Dialektit, Arithmetif, Muſik, Geo-
metrie mit Geographie, Aftronomie. So ragte die
griechiſche Bildung noch unmittelbar beftimmend
und herridend in eine Zeit hinein, in der das
ariechiiche Leben längft abgeftorben war, und jelbit
der römische Sieger mußte, wenn auch widerſtre—
bend, jeine eigene Bildung und Wiffenichaft aus
dem befiegten, äußerlich und innerlich zerfallenen
Hellas holen. Bgl. Beder : Göll, Charifles IL
S. 19. Bernhardy, Grundriß der griechiichen
Lit. I ©. 60f. — 1. Römiſche Erziehung.
Dem Charakter des Volles gemäß mufte die Er:
ziehung bei den Römern eine von der griechiichen
wejentlich verichiedene fein. Ging die legte Arbeit
dieies Volles auf den Krieg und auf das Recht
hinaus, jo mußte auch das junge Seichlecht mehr
für praktiſche Zwede herangebildet werden. Yu:
gleich darf aber nicht vergeſſen werden, einerjeits,
daß die Grundlagen des römijchen Volkslebens
auf Aderbau, alſo Bejig und Erwerb beruhten,
und andererjeits, daß in einem höheren Maße das
weiblihe Geſchlecht zu jeinem Nechte gelangt,
und eine größere Annerlichkeit im Leben der Fa—
milie hervortritt. Es ift nicht der humane Beruf,
jondern das praftiiche Staatsbürgertum, zu welchem
der junge Römer heranreifen joll. Bildung und
Wiſſenſchaft löſen jich mehr vom Leben ab, und
aus dem Bolfe wächſt allmählich ein bejonderer
Stand der Gebildeten und Gelehrten hervor. Völlig
jelbftändig ift allerdings auch nadı diefer Seite das
römiſche Yeben nicht; es lehnt jich in vielen Stüden
an das etrujfiiche an und teilt mit demielben
im allgemeinen das ariftofratiiche Element, das auch
in der Erziehung, gegenüber der demofratijchen bei
den Athenern, fich geltend macht, ſowie die ſpezielle
Anweilung zur gottesdienftlichen Lehre als einem
von einem bejonderen Kreije des Volles zu be:
wahrenden Hetligtume. Eigentümlich war aber
ohne Zweifel dem römischen Beben die viel größere
Adhtung und Würde der frauen (mater familias),
die zuerit als Erzieherinnen der Söhne und Töch—
ter auftreten und in glänzenden Beiipielen, wie
die Mutter Coriolans, der Grachen u. a., eine
große Madıt über ihre Söhne offenbaren. Tae.
dial. 28. Agr. 4. Cie. Brut. 58, 210 ff. — Sobald
ein Kind geboren war, wurde es vor den Vater ge:
legt, um angenommen oder verftoßen zu werden.
Hatte er es einmal von der Erde aufgehoben, jo
wurde es dann aufrecht geftellt, jo daß es mit den
Füßen die Erde berührte, ein ſymboliſches Zeichen
feiner Erhaltung; damit verpflichtete fich der Vater
zugleich zur Erziehung desjelben (tollere infan-
tes, suscipere liberos). Die Knaben wurden am
neunten, die Mädchen am achten Tage (nundinae)
411
Spielwer! "erepundia) gejchentt, jelbjt von den
Sklaven; dies wurde am Halje getragen und hatte
daher vom Klappern (crepare) jenen Namen,
Hierauf folgte wohl die Einſchreibung ins Bürger:
buch im Tempel der Lucina, wobei ein Feines
Geldſtück gezahlt wurde (bei Knaben ein Qua:
drans, bei Mädchen ein Sertans). Der Befit von
Kindern gab den Vätern einen unbedingten Bor:
zug und ſelbſt ftaatliche Vorrechte; dies zeigte ſich
in der Bevorzugung derer, die viele Kinder hatten,
bei der Verteilung des vejentifchen Gebietes, und
ipäter in dem ius trium liberorum ſeit Auguft
u. dgl. m.; eben damit hing auch die große Ge—
walt der Väter über ihre Söhne zujammen, jo
daß fie, jolange fie nicht emancipiert waren, das
Recht zu ihrem Verkaufe, ja jelbjt, wenigftens in
Verbindung mit der familie, über Leben und Tod
hatten, und auch dann noch, wenn die Söhne er:
wachen waren und Staatsämter befleibeten, das
väterliche Anſehen (patria potestas) höher galt
als ihre Staatswürde. Hierin lag freilich zugleich
ein Ausdrud der Strenge des römischen Charakters
und des jelbftändigen Hanges zum Gebieten, wäh:
rend bei den Griechen Humanität und richtiges
Gefühl eine frühere Selbitändigkeit der Jugend
eintreten ließ. — Die Ausjegung fand nur bei
früppelhaften oder mißgeftalteten Kindern ftatt;
ein beſonders häufiger Pla für diejelbe war der
Gemüſemarkt in der elften Stadtregion neben der
colamna lactaria, um mitleidige Seelen zur Er:
nährung des Kindes durch Milch zu beivegen —
gewiljermaßen das erfte Findelhans. Bol. Ex-
positio infantum. — Die erſte Erziehung ge:
ſchah zur Zeit der Nepublit im elterlichen
Haufe unter den Mugen und der Leitung der
Mutter, deren Sorgfalt fich jo gut über die erniten
Beichäftigungen, wie über die Erholungen und
Spiele erftredte. Bejonders vorlichtig war man
in der Wahl der zur Wartung und Bedienung
nötigen Sklaven, paedagogi, damit fie nicht durch
üble Reden und fchlechte Sprache den Kindern
ichadeten (Quint.1,1,3). Zucht und Strenge jollte
die unverdorbene Natur behüten und der Seele
| die frühzeitige Weihe zu den edlen Künſten (bonav
Ihm v geben. Sie erftredte ſich gewöhnlich bis
|
zum vollendeten fünfzehnten Lebensjahre (vielleicht
in älterer Zeit am Schluffe des jechzehnten Jahres,
aber ſchwerlich nad) dem Ermefjen des Vaters zur
beliebigen Zeit, wenn fie auch unter Umftänden
jpäter eintrat), oder bis zur Annahme der toga
virilis, die der Jüngling vor dem Nichterftuhle
des Prätors an den Liberalien (17. März) empfing;
hierauf wurde er im Tempel der Juventus in die
libros iuniorum eingejchrieben und brachte dann
in Begleitung feiner Jugendgenofien den Göttern
ein feierliches Opfer auf dem Capitol. Bis dahin
trugen alle langes Haar und, wenn fie nicht Kinder
von reigelaffenen waren, die toga praetexta
und die goldene bulla (j. d.), leßtere in einer
goldenen Kapſel an einer Kette. Die Teilnahme
der praetextati an den Verhandlungen des Senats
hörte mit dem Papirius (befannt wegen feines
würdigen Benehmens gegen die neugierige Mutter)
auf. Voran ftand die Zucht zur Mäfigung und
nad) der Geburt durch Opfer gereinigt (dies Iu- | Enthaltjamfeit: die Yünglinge durften vor dem
stricus, ein häusliches Feit, Suet. Ner. 6). Bei | dreißigiten Jahre feinen Wein trinfen; dann die
diejer Feierlichleit erhielten die Kinder zugleich | lebendige hohe Achtung vor dem Alter, die, den
ihren Namen (dies nominum) und befamen allerlei | Römern eigentümlich, doch auch von gleicher Ach—
—
6
—
—
20
412
tung und Scheu vor der Jugend begleitet war
(Juv. 14, 47: maxima debetur puero reverentia)
und bei gemeinjamen Mahlzeiten und Feſten mit
dem von der Flöte begleiteten Lobgeſange auf die
Thaten der Vorfahren erhöht ward. Erziehung
und Unterricht waren eng verbunden; Cicero und
der Vater des Atticus verjchmähten es nicht, ihre
eigenen Söhne im früheften Alter ſchon zu unter:
weijen. So lehrte der ältere Cato jeinen Sohn
nicht blo die Elemente, jondern auch die Geſetze
und Gebräuche jeines Volkes, übte ihn aber aud)
in allen Künften der Gymnaſtik. — Die nächſte
Zeit der durch die toga vırilis erlangten größeren
perſönlichen Selbſtändigkeit galt als ein Probejahr
der Aufführung; mit dem jiebzehnten Lebensjahre
pflegte der junge Römer in das Heer einzutreten.
Mit demjelben Zeitabjchnitte hörte aucd die Be-
gleitung der (in der älteften Zeit ganz unbelann-
ten und erft aus Griechenland bieher verpflanzten)
aus den Sklaven genommenen Pädagogen auf, die
allerdings wohl nur in den reicheren Familien
Esquiliae — Essedum.
geben wollten.
welcher Grammatit und Rhetorik untereinander
und letztere wieder mit der Philoſophie jtand,
macht uns erflärlich, da in die ganze Erziehung
des Volkes ein jophiftiiches Weien einzudringen
drohte, das, verbunden mit manchen der Bolfs-
tümlichfeit nachteiligen Wirkungen, jogar ein ernftes
Öffentliches Einſchreiten veranlafien konnte. So
wurde denn 161 v. E. den Philojophen und Rhe—
toren der Aufenthalt in der Stadt unterjagt; da
wir indefjen nicht fange nachher Karneades, Kris
tolaos und Diogenes in verjchiedenen Syſtemen
der Philojophie und mit mannigfaltiger Begabung
nicht ohne glüdlichen Erfolg in Rom als Lchrer
auftreten jehen, jo dürfen wir daraus wohl ent:
nehmen, dab der römische Sinn darum doc einem
ernjten Studium der Philoſophie nicht abwendig
gemacht worden war. Cato fand dies freilich jehr
gefährlich und riet deshalb, die römischen Jüng—
linge, die nur auf Gejeg und Obrigkeit hören ſoll—
ten, mögqlichit bald von ihnen zu entfernen. Auch
vorlamen, es aber nie zu einer gewiffen Geltung | trieben bald nachher die lateiniſchen Rhetoren ihr
brachten, vielmehr immer mit Argwohn betrachtet | Unweſen wieder mit bejonderer Frechheit. Es er-
wurden, obwohl man ihnen ipäter einen Teil des ſchien daher wider fie das mihbilligende Edilt der
Unterrichts anvertraute und in der Kaiſerzeit jeder , Cenjoren En. Domitius Ahenobarbus und L. Lici—
Knabe im Hauſe einen eigenen Pädagogen befaut. |
Sie führten ihre Zöglinge in die Schule (Suet. | ihnen neuen Vorſchub und verichaffte ihnen, wie
gramm. 23. App. b. c. 4, 30,, ins Theater, wo | den Arzten (bis dahin Sklaven) und Lehrern der
ihnen Auguft einen eigenen Plat neben ihren ' freien Künſte, das Bürgerrecht, jo daß vom nun
Schülern anmwies, und an andere öffentliche Orte. Jan die eigentlichen Berfolgungen berjelben auf-
Den erjten ludus litterarius joll in Rom ein | hörten, während gegen die Philojophen noch öfter
Frreigelafiener Sp. Carvilius zwijchen dem erjten | (5. B. unter Veipajian, 74, und Domitinn, 94
und zweiten puniſchen Kriege errichtet haben, aber |. E.) Bejtimmungen erlaſſen wurden. Auguitus
fiher hat es ſchon vor ihm Schulen gegeben. | lie jeine Entel durch einen Freigelaſſenen, den
Der GElementarlehrer (litterator, jpäter nach dem | Grammatifer Verrius Flaceus, unterrichten, der
Griechiihen grammatista oder allgemein ludi ſeine Schüler miteinander wetteifern ließ und
magister genannt) erhielt an den dus das | den Siegern Belohnungen in guten und jeltenen
Schulgeld in monatlichen Raten, aber während der | Büchern erteilte (Anfang der Schulprämien). Auguit
Monate Juli bis Oktober fiel der Unterricht und | wies ihm und jeiner Schule das Haus des Eatilina
auch das Honorar aus. Gelehrt wurde Leien, | auf dem Palatium und eine jährliche Einnahme
Schreiben und Rechnen, für welches in ſpäterer von 100 000 Sefterzien (ungefähr 17500 Marfı
Zeit die bereit3 erwachſenen Knaben den Unter: jan. Für die Römer war ein neues und heiljames
richt eines caleulator benusten. Seit dem zwei: | Bildungsmittel geworden, dab Cicero zum erjten-
ten punischen Kriege trat der Unterricht des gram- | mal es unternommen hatte, philojophiiche Gegen:
matieus hinzu, durch welden die Bekanntichaft | jtände in römischer Sprache wiſſenſchaftlich zu be=
mit der griechiichen Litteratur vermittelt wurde. | handeln. Je fahlicher und anziehender feine Dar-
Selejen und erflärt wurden griechiiche und latei- jtellungsform für die vorwärts jtrebenden Römer
nius Graffus 92 v. E. Julius Cäſar aber leiftete :
niſche Dichter, auch Projaifer; jelbit die Werfe
der Dichter der augufteiichen Zeit traten frühzeitig
unter den Lchrgegenftänden auf. — Eine weient:
liche Anderung brachte hierin im legten Jahr:
hundert der Republit die Eröffnung der Rhe—
torenichulen hervor, indem Erziehung und Unter:
richt immer mehr vom häuslichen Leben getrennt
wurde, jo daß infolge deffen die Erziehung fait
ganz zurüdtrat und der Unterricht der hauptſäch—
war, um jo mehr mußte das Nachdenken über die
ernftejten und tiefften ragen des Lebens ein Gegen—
ftand des Strebens aller Gebildeten werden, wenn
es auch die Sehnfucht nach einer ee er Er:
kenntnis nicht zu ftillen vermochte. Vgl. Beder-Göl,
Sallus 11 ©. 61ff., Bernhardy, Grundriß der röm.
Litt. ©. 35 ff, Stoll, Bilder aus dem altröm. Leben,
S. 471 ff, Rothenberg, die häusliche und öffent:
liche Erziehung bei den Nömern (1887) und im
liche oder alleinige Zwed blieb. Indem aber zu: | allgemeinen Krauſe, Geſchichte der Erziehung, des
gleich auch der Mangel an pofitiven Kenntniſſen Unterrichts und der Bildung bei den Griechen,
immer fühlbarer wurde, trat an die Stelle des Etruflern und Römern (1851). Uſſing, Daritellung
Wiſſens der leere Schein, und jene Schulen wur: des Erziehungs: und Unterrichtswejens bei den
den Anftalten der Unverjchämtheit und Zuchtlofig- Griehen und Römern, deutih von Friedrichſen
feit, was in den edleren Gemütern einen heftigen | (neue Bearbeitung 1885). Grasberger, Erziehung
Gegenkampf hervorrufen mußte. Krates von Mallos und Unterricht im klaſſiſchen Altertum (1864 —
war der erfte, griechiich redende Lehrer der Gramm: | 1881, 3 Bdd.). — Alles Weitere hierüber, was zum
matik auf römijchem Boden; ihm folgte bald in | eigentlichen Unterricht gehört, ſ. unter Schul-
lateiniſchem Vortrage ber Whetorit L. Plotius | wesen.
Gallus und fand viele Zuhörer, obwohl manche Esquiliae j. Koma, 3. 5. 14.
noch den Übungen im Griechiichen den Vorzug | Essödum, teils ziveis, teils vierräderige Streit:
Die enge Verbindung aber, in 21
Is
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ts
Esubii — Etruria.
wagen (bigae, quadrigae falcatae, Caes.b. Aſr. 75),
mit Sicheln verjehen, die namentlich von den Bel:
gen und Britanniern in N ron angewandt
wurden, um die feindlichen Reihen zu jchreden
und in Verwirrung zu bringen. Caes. b. g. 4, 38.
Die Wagenfämpfer werben gewöhnlich essedarii,
von Tacitus (Agr. 36) covinnarii genannt. — In
Rom ahmte man dieje Kämpfe in den Spielen nad).
Suet. Cal. 35. Claud. 21. Auch gebrauchte man
* Wagen als een e leichte Neifewagen.
ssubii (nicht Ksuvii), keltiſches Bolt in der
Normandie, in der Nähe der Aulerci. Caes. b. g.
2, 34. 3, 7.5, 24.
Eteobutaden j. Butes, 2.
Eteökles j. Charis und Oidipus.
Eteöklos j. Iphis.
Eteönos, ’Ereworög, Stabt in waldiger Berg:
gegend des jüblichen Boiotiens mit einem Heilig:
tum der Demeter, worin das Grab des Didipus
gezeigt wurde; jpäter Sfarphe genannt. 11.2, 497.
Strab. 9, 408.
Etovissa, bei Ptolemaios (2, 6, 63) 'Hroßne«
oder ’Hrößnue, Stadt der Edetaner im tarraconen-
fiihen Htipanien, nahe der Küſte, wahricheinlich
das h. Segorbe. Liv. 21, 22.
Etruria oder Tuscia, grieh. Tveonmie, Tvo-
onvie, Landichaft Mittelitaliens, grenzte im W.
an das nach ihr benannte Meer und den Macra:
fluß, der fie von Ligurien jchied, im N. an den
Apenninus (Gallia Eispabdana), im Often und Süd—
often an Umbrien und Latium, wo der Tiberis
die Grenze in einem Bogen bildete. Die Vorberge
des Apennin bededen das Land — bejonders treten
hervor der Mons Argentarius (j. M. Argen—
taro), bei Eoja ind Meer hinausragend, weit nad)
der vom Tiber gebildeten Ede zu der Saltus
Ciminius und Soracte. Unter den Flüſſen find
zu nennen der TZiberis mit jeinen weftlichen Zus
flüſſen Clanis und Gremera; der Arnus,
Umbro, Albinia, Armenta, Marta, Minio; unter
den Scen der Lacus Trajimenus (Tarfumennus,
j. 2. di Perugia) zwiichen Cluſium und Perufia
(Schlacht 217 v. E.), an der Küfte 2. Prelius (2.
di Eajtiglione), 2. Bolfinienjis (L. di Bolfena),
L. Eiminius (2. di Vico), 2. Badimönis (Laghetto
di Baflano) und L. Sabatinus (X. di Bracciano). —
Das Land war außerordentlich fruchtbar, Aderbau,
Biehzucht, Jagd, Fiſcherei blühten; daneben In—
duftrie: Leinenweberei in Targuinii und Falerii,
Wollenſpinnerei, Töpferkunft und Vaſenmalerei,
Erzgieherei.— Die ältejten Bewohner, wahricheinlich
Zigurer und Siculer, wurden von den Um
verdrängt; angeblich 290 Jahre vor Roms Erbauung
fiedelten fich namentlich im füdfichen Teile pela)-
giiche Tyrrhener an, zu welchen jich ein aus Rätien
eingewanderter Stamm gejellte, der fich jelbit Ka-
sena oder Ra-enna (Paofvaı, verwandt mit Raeti)
nannte, während die IImbrer Turskumnumen oder
Tuseomnome, Griehen und Römer Tovexoı,
ooı, Tusei, Etrusci, Thusci ſagten. Nach
der märdhenhaften Erzählung Herodots (1, 94) war
ein Zeil der Hleinafiatiichen Luder unter Tyrſenos,
dem Sohn des Atys, nad Italien gewandert und
hatte dajelbit den Namen Tyrſener angenommen.
Strab. 5, 219. Dieſer Überlieferung folgten die
Römer der augufteiihen Beit (Verg. A. 2, 781.
8, 479. 9, 11. 10, 155. Or. met. 3, 583. Hor. sat.
1, 6, 1) und erfannten fie von Staats wegen an.
413
Dionyjios von Halitarnaf; (1, 28, 30) jicht jie da
egen als ein Urvolf an. Keine diejer Annahmen
ann als richtig gelten: weder ift die etruſtiſche
Nation über das Meer gefommen, noch ift fie von
einer Heinen Landſchaft —— en, noch iſt ſie
in Italien autochthon , ſon ift vielmehr von
den Alpen und der Boebne her, wo ihre Herrichaft
vom Meerbujen von ug im Often bis zu den
Seealpen im Weiten reichte, in großen Völkerzügen
zu Lande und in langen Zwiſchenräumen in bie
italiſche Halbinjel eingewandert, hat die einhei-
mijchen Völkerſchaften fich zeitweilig unterwürfig
hinab und an der Weitküfte bis nad Campanien
inab geherricht (Niffen). — Die Etrujfer ragten
n politischer, le und fünftleriicher Bildun
vor den andern italijchen Völkern hervor, wesha
die Römer vieles von ihnen entlehnten, 3. ®. die
baulichen Einrichtungen des Hauſes und Tem:
pel, die Inſignien der Magiftrate, die öffentlichen
Spiele u. j. w. Sie bildeten einen aus 12 Städten
beftehenden Bund mit ariftofratiicher Verfaſſung,
der in den beiden eriten Jahrhunderten Roms jeine
höchſte Blüte hatte, bis die Kämpfe mit den Rö—
mern ihrer Oberherrichaft ein Ende machten. In
diefen Städten waren die herrichende Saite die
Lueumonenz fie allein waren zu den Gtaats-
und Priefterwürden berechtigt. Aus ihnen wurden
die Könige gewählt. — Die Sprache der Etrujfer,
in der zahlreiche auf uns gefommene Anjchriften
abgefaht find, tft ein noch immer ungelöftes Pro:
bien. Zwar glauben in neueſter Zeit Corſſen
(über die Sprache der Etruifer, 1874 ff, 2 Bbod.),
Deede und Bugge gegen DO. Müller, Stidel, Kiepert
u. a. eriwiejen zu haben, daß diejelbe ein Glied
des indo-germanijchen Sprachſtammes und mit den
übrigen alt:italifchen Sprachen verwandt geweſen
jei, allein andere, wie Windiſch, Aufrecht und
Breal, leugnen dies wiederum und find geneigt,
fie zu den ſinniſch-turaniſchen Sprachen zu rechnen,
und noch andere leugnen in beftimmteiter Weile
die Möglichkeit, die jfer in einen beitimmten
Sprachſtamm einzuordnen. — Wenn im folgenden
mehr als 12 Namen von Bunbesjtädten genannt
werden, jo jcheint dies daher Rn fommen, daß
manche eine gemeinfchaftliche Stimme hatten; die
wichtigften 12 find mit * bezeichnet. Städte von
NW. an: Luna (j. Luni bei Sarzana)
an der Macra und an der Amiliichen Straße, jeit
179 v. C. römische Kolonie, mit trefflichem Hafen
und jchönen Marmorbrühen; YUuca, j. Yucca, am
Auſus, jei Auguftus von Ligurien zu Etrurien
brern geſchlagen, 178 v. C. Kolonie; *Piſae, j. Piſa,
ſchon von zo. gegründet, am Arnus 20 Sta-
dien von der Mündung, mit jehr gutem Hafen
und in der Nähe warmer Heilguellen (aquae Pi-
sanae), feit 182 v. E. Kolonie; Piftoria, j.
Piſtoja, befannt durch die Niederlage und ben Tod
des Gatilina, 62 dv. E.; *Faeſulae, j. Fieſole,
auf einem Hügel, Hauptwaffenplag des Catilina,
von Sulla durch Veteranen folonifiert; $loren-
tia am Arnus im Mittelpunfte mehrerer ſich freu-
nder Strafen, im 1. Jahrh. v. E. angelegt, j.
Firenze; *Arretium (j. d.), j. Areszo; *Eortöna,
j. gl. N., alt und feit, vielleicht Ha dt bes
nördlichen Teiles, unweit der Quellen des Elanisfl.;
*Bolaterrae, etruffiich Belathri, j. Bolterra, die
ößte der Bundesftädte, auf fteilem Felſen und
| Kart befeftigt: ihr bis zu der inmpfigen Küſte,
=
—
-
414
Bada Bolaterrana (noch j. Maremma Bolterrana),
reichendes Gebiet enthielt Mineralquellen, Salinen,
Alabafterbrüche; zu ihr gehörte PBopulonia und
die Inſel Jlva (j. d.); Sena, jeit Auguft Kolonie
und Sena Julia genannt, j. Siena; *Betulo:
nia, unter der römischen Herrichaft ganz gejunfen,
von wo die Römer die Inſignien ihrer Magiftrate
und den Gebraud der Tuba entlehnt haben jollen;
*Ruſellae in der Nähe des L. Brelius; *Elu-:
jtum (f. d.), j. Ehiufi; Peruſia, j. Berugia, auf
einem Berge zwiichen dem Trafimenischen See
und Tiberis, jpäter römiſches Municipium mit den
Nechten einer Kolonie, von Octavian in dem ſ. g.
pernjiniichen Kriege (41-40 vd. E.) gegen L. An:
tonins zeritört, jpäter aber mit dem Beinamen
Auguſta wiederhergeſtellt; Volſinii, etruſtiſch
Velſunga, j. Bolſena, nn. auf fteiler Höhe ge—
legen, aber, nachdem die Römer dies alte ©. (1.
Orvieto) zerftört hatten, am nordöftlichen Ufer des
Sees gl. N. im Thale wieder aufgebaut; Satur:
nia, früher Murinia, an deren Stelle im Bunde
Ruſellae trat; Coja (j. d.) und Volei, früher
vielleicht audy Bundesjtadt; *Tarquinii, j. Rui:
nen mit der wichtigen unterirdiichen Nelropole am
Hügel von Gorneto, wahrſcheinlich Bundeshaupt:
jtadt, wenigftens im jüdlichen Teile, am linfen
Ufer der Marta, Baterjtadt der Tarquinier, außer:
dem berühmt durch Bajenfabritation und Lein—
wandmanufafturen; Sravifcae in der jumpfigen
Küftengegend, daher Cato ihren Namen von gravis
aër ableitete, römische Kolonie 183 v. E., quter
Wein; Centum Gellae (j. Eivita Vecchia),
früher unbedeutender Küſtenflecken, jeit Trajan aber
mit herrlihem Hafen (Trajanım) verjehen und be-
deutend; Pyrgi, die reiche Hafenftadt von Gaere,
mit berühmtem Tempel der Eileithyia, von Dio:
nyjios dem Alteren im J. 384 v. E. geplündert;
*Caere (j. d.), Aljium (ij. d.), Forum Caſſii,
> FF. Clodii; Ferentinum, Geburtsitadt des Kaiſers
Otho; *Falerii, auch Falefia und Falifei (DarE-
eo, Darioxoı), Aequum Faliſcum, auf felfiger
Höhe (Plut. Cam. 9. Or. am. 3, 13, 5) an der
Flaminiſchen Straße, von einer nicht etrujtischen,
jondern den Latinern verwandten Bevölferung be:
wohnt (vgl. Deede, die Faliſter, 1888). Sie führte
viele Kriege mit den Römern, bejonders zur Yeit
des Gamillus (Liv. 5, 27. Plut. Cam. 10), au die
ſich ein Freundichaftsbündnis ſchloß. Als aber
bei der allgemeinen Erhebung der Etrujfer im J.
293 v. E. auch F. ſich anſchloß, mußte nach der
Befiegung das Volk jeine Höhe verlaffen und fich
in der Ebene anjiedeln (Lie. 10, 46). Mn der
Stelle der alten Stadt gründeten die Römer jpäter
Colon. lunonia Faliscı. Bejonders verehrt wur:
den hier Juno und Minerva. Opferftiere, Magen:
würjte, Yeinwandmanufalturen gaben der Stadt
gleichfalls Ruhm. Capena; Feicennium in der
Nähe des Soracte, j. wohl Eitta Eajtella, befannt
durch die feicenniniichen Verſe ſ. d.); Sutrium,
ji. Sutri; Nepöte, 1. Nepi, Sieg des Camillus
395 dv. E.; Beji (Orion), 12 Millien nördlich
von Rom auf jteilem Felſen am Fluß Cremera,
befannt durch feine Kämpfe mit Rom, bejonders
durch den 10jährigen, an den trojaniichen Krieg
erinnernden, Kampf unter Camillus (404--395
v. E.,, mit berühmtem Junotempel. Liv. ö, 7 ff.
Nach der Eroberung ſank die Stadt jo, daß Flo—
rus jagt: wer erinnert jich noch, daß es Bejenter
Euadne — Euboia.
gab? — Bol. im allgemeinen Strab. 5, 718 ff.
D. Müller, die Etruſter (2 Bdd. 1828. Neu bearb.
von Deede. 2 Bdd. 1876 ff.).
Euadne, Eöcörn, 1) j. lamos. — 2) Tochter
des Jphis, Gemahlin des Kapaneus. Sie liebte
ihren Gatten jo jehr, daf fie ſich mit defjen Leichnam
verbrennen ließ. Kur. Suppl. 987. Apollod. 3,7, 1.
Euagöras j. Evagoras.
Euamerion j. Asklepios.
Euangölos, Eüdyyslog, 1) ein talentvoller
Sklave des Perikles, der ein von Philopoimen ge-
ſchätztes Werf über Kriegstunft, Texrınd, geſchrie⸗
ben haben joll. Plut. Philop. 5. — 2) ein griechiicher
Dichter der neueren Komödie. Vgl. Meinele, fragm.
com. Graec. IV p. 572. — 3) einer der Sprecher
in den Saturnalien des Macrobius, der den Bergil
angreift.
kuäthlos, Ei«diog, ein reicher Jüngling, der
bei Protagoras um hohen Preis die Redekunſt
gelernt hatte, ohne jedoch irgend einen Erfolg in
eigenen Leiftungen zu zeigen. Quint. 3, 1, 10.
Euboia, Eüßoı«, Euboea, j. ital. Negroponte,
griech. Egribos oder Evvia, eine Inſel, welche ſich
von NW, nah SD. wie ein langgezogener or
wall längs der Küfte von Boiotien und Attika
erjtredt, 1200 Stadien (25 M.) lang, daher auch
Manrgis genannt. Die Breite wechſelt zwiſchen
6 und 320 Stadien; der Flächeninhalt beträgt
76 IM. Ein ödes, z. T. reich bewaldetes Kalt:
gebirge durchzieht die nel, genannt Telethrion
(1. Galtzades) im N., Dirphys (ji. Delphi) und
Kotylaion in der Mitte, Oche (j. Hagios Eltas)
im ©. Die höchſte Kuppe des Dirphys erreicht
eine Höhe von 1745 m, Die jchroffe Dftjeite war
wenig für Städtegründungen geeignet, Herodot
(8, 23) nennt dort Stranddörfer, zöu«ı rapatı-
‚assıaı; der Wejtabhang dagegen bietet zum Teil
fruchtbare Ebenen, 3. B. die noch jegt mit Wein:
gärten, Olbaum: und yeigenpflanzungen und Ge—
treidefeldern bededte Lelantiſche Ebene bei Ehal:
fis, lange Zeit ein Gegenjtand hartnädiger Kämpfe
zwiichen den Bewohnern von Challis und Eretria.
Dieje Ebenen an der Weftjeite führten den paſſen—
den Namen r& Kod.«, denn die Gebirge der Inſel
und des nahen Freitlandes geben ihnen eine mulden—
förmige Gejtalt. Für einen Zufammenhang der
Injel mit dem Feitlande ſpricht die Übereinjtim-
mung zwiſchen den gegenüber liegenden Küſten:
dem Dite entipricht das hohe VBorgebirge Kenaion
(j. Yithada). Die Inſel könnte ohne große Lücken
an das Feſtland herangejchoben werden, jegt tremnt
beide das Euboiijche Meer, der Euripos (Edgımog),
an der jchmalften Stelle nur 240° breit und wegen
jeiner geringen Tiefe (78 Fuß) nur für flache
Schiffe pailterbar. Unter den Worgebirgen find
außer Kenaion zu nennen im N.: Artemijion mit
einem Tempel der Artemis Proseda, in defjen Nähe
die Seejchlacht gegen die Berjer vorfiel, 480 v. E.;
im D. Eherionejos; im ©. Kaphareus (ij.
Kawo Doro), two im J. 480 200 Perſerſchiffe Schiff:
bruch litten, Geraiftos (KR. Manbdilo) und Leuke
Alte (j. Parimadi). — Unter den unbedeutenden
Bächen find zu merfen der Budoros an der Dit:
füfte und der Yelantos, welcher die Ebene gl. N.
durchitrömt. — Aderbau und Viehzucht gaben guten
Ertrag, in der Lelantiſchen Ebene war auch Kupfer
und Eiſen, bei Karyſtos Marmor und trefflicher
Ajbejt. — Als Bewohner nennt Homer die Aban—
Eubulides — Eudoxos. 415
tes, im N. jahen ferner die Heſtiaier und, Schreiber gewejen war; durd) jeinen Einfluß nahm
Elloper, im ©. Dryoper und bejonders aus | die Klage gegen den legteren eine günftige Wen-
Attika fommende Jonier (mit Chalfis und Ere: | dung für den Angeflagten. Als Gejandter an
tria) jchon vor den troijchen Zeiten. Seit 446 v. 5. | Philipp wurde er bon demjelben gewonnen und
war €. ganz in der Gewalt der Athener. Später ſchloß den ungünftigen Frieden 346. Er jtarb vor
fielen die wichtigften Bläge in die Hände der Mafe: | Demofthenes 330 v. C. Theopompos gibt von ſei—
donier; die Römer fügten die Inſel zu der Pro: | nem Charakter feine günftige Schilderung. Einiges
vinz Makedonien. — An der Wejtküfte lagen von | daraus fteht bei Suidas s. v., anderes Athen.
N. nach S.: Aidepſos (Lipſo) mit warmen, jchwefel: | p. 166e. Vgl. Schäfer, Demofthenes 1 ©. 164 ff.
haltigen Quellen (j. d.); Orobiai mit berühmten | — 3) aus Wlerandreia, ein Philojoph der jfep-
Orakel des jelinuntijchen Apollon, 426 v. E. durch | tiichen Schule. — 4) aus Mefjene in Sicilien, ein
ein Erdbeben zerjtört, j. Oroviaes; Chalkis (j. d.); | Pothagoreer.
Eretria mit dem Hafen Porthmos (P. Bufalo),| Euchenor, Eögrjvog, 1) Sohn des Korinthiers
die zweite Stadt der Inſel, 490 v. E. von dem | Polyidos, wurde von Paris verwundet und jtarb,
Berjer Datis zeritört, der die Bewohner nad Suſa wie ihm der Vater gemweisjagt hatte. IT. 18, 668.
mitnahm (Hat. 6, 99 ff.), bald darauf mit Hülfe — 2) Sohn des Aigyptos, von jeiner Gemahlin,
Athens von zurüdgekehrten Flüchtlingen etwas jüd- | der Danaide Jphimedufa, ermordet. Apollod. 2, 1,5.
licher unter dem Namen Neu:Eretria wieder) Eucherius, Bijchof in Lugdunum (yon) 434,
aufgebaut, Heimat des Menedemos, des Stifters | geftorben etwa 450, deſſen Schriften (z. ®. de
der eretrijchen Schule; Amarynthos mit berühm- | contemtu mundi et saecularis pbilosophiae) ſich
tem Artemistempel; Styra; Karyſtos mit Mar- | in den Sammlungen der Kirchenväter finden. —
morbrühen. An der Oſtküſte: Kerinthos, Heine | Eine chriftlihe Dichterin Eucheria gehört dem
Seejtadt am rechten Ufer des Budoros; an der 6. oder 7. Jahrhundert an.
Nordtüfte Hiftiaia oder Heftinia, wegen ihres) Eudamidas, Eidawidag, befehligte im J. 384
Weines von Homer (Il. 2, 537) geprieien. von v. E. ein gegen Olynth gejandtes ſpartaniſches
Perikles zeritört und unter dem Namen Oreos Heer. Da jein Bruder Phoibidas, ftatt ihm zu
mit 2000 Kleruchen kolonijiert. Unbekannt ift die | Hülfe zu kommen, in Theben blieb, jo fonnte er
Lage des von Herafles zerftörten Dichalia (j.\jih nur geringer Erfolge erfreuen. Xen. Hell.
Herakles, 12.) Strab. 10, 444 ff. 5, 2,24. Nach einer Angabe bei Diodor (15, 21)
Eubulides, Eißoviröng, 1) aus Milet, juchte | jo er in einer Schlacht gegen die Olynthier be-
die dialektiſche Kunſt jeines Lehrers Eufleides von | jiegt, nach Demofthenes gefallen jein.
Megara weiter auszubilden, wobei er dem Spotte| KEudemos, Edönuog, aus Rhodos, nächſt Theo:
der komiſchen Dichter nicht entging, und war aud) | phraft der Hauptichüler des Ariftoteles. Gell. 13, 5.
als Komöddiendichter thätig. joll als Lehrer | Er war Arzt und Mathematiter, verfahte eine Ge—
des Demofthenes diejen durch anhaltende Übung | jchichte der Geometrie und Witronomie und ſchrieb
dahin gebracht haben, den Buchftaben R, den er | Kommentare zu Ariftoteles’ Phyſik, mit dem cr
nicht berausbringen fonnte, auszuſprechen. - |in jeinen Anjichten durchaus übereingeftimmt zu
2) Bildhauer zu Athen, der nad) Baujanias (1,2,5)| haben ſcheint. Von einigen wurde er als Ber:
ein Denfmal aus 13 Statuen, der Athene, dem |jafler der nach ihm benannten "Höına Erörusıe
Zeus, der Mnemoſyne, dem Apollon und den | bezeichnet. Sammlung der Bruchjtüde von Spengel
Muſen bejtehend, gefertigt und geweiht hatte. Sein | (2. Aufl. 1870).
Name findet fid) auf mehreren in Athen gefun:| Eudöros, Eüdwgos, 1) Sohn des Hermes und
denen Inſchriften. der Bolymele (ipäter Gemahlin des Echefleus),
Eubülos, EößovAog, 1) Sohn des Euphranor, | einer der 5 Führer der Myrmidonen unter Achil:
Dichter der neueren griechiichen Komödie, lebte um | leus vor Troja Il. 16, 179. — 2) ein peripate-
376 dv. E. und ſoll 104 Stüde gedichtet haben. | tijcher Philojoph zu Alerandreia, der eine bon
Fragmente und Titel von mehr als 50 Komödien | Strabon (17, 790) erwähnte Schrift über den Nil
haben ſich erhalten, gej. von Meinele, fragm. com. | verfaßt hatte.
Graee. III p. 203 ff. (Ip. 594 ff. d. Hein. Ausg.),| Eudoxia, Eidokl« oder Eidoxie, 1) Tochter
und Kod, com. Att. fragm. Il p. 164 ff. Er be: | des Franfenhäuptlings Bauto, Gemahlin des K.
arbeitete bejonders mythiſche Stoffe und verjpottete | Arcadius und Mutter Theodojius des Jüngeren,
die älteren Tragifer, namentlich den Euripides, in | Hauptfeindin des Chryſoſtomos, geftorben 404 n. E.
Parodien. Biele Sätze der Lebensweisheit find | — 2) die 401 n. E. geborene Tochter des Philo—
erhalten; fie zeichnen ſich durch ihren feinen, glän- jophen Leontios, Athenais, Eud. genannt, nachdem
zenden Stil und durd Grazie aus. — 2) aus ſie zum Ghriftentum übergetreten und 421 Ges
dem attijhen Demos Anaphlyſtos, ein viel: | mahlin des Kaiſers Theodoſius II. geworden war.
geltender Redner und Demagog, Liebling des Volts, | 445 zug fie nadı Jeruſalem und ftarb dajelbit 460.
aber von dem machteiligften Einfluß, bejonders | Ihre Dichtungen behandelten gejchichtlihe und
in der Finanzverwaltung, durch das Geſetz, daß die | bibliiche Stoffe. Vgl. Gregoropius, Athenais (1882).
berihüfe aus allen Kafjen zum Theorikon . d.)| — 3) die Gemahlin des Kaiſers Conftantin X.
verwandt werden, und jeder mit dem Tode beitraft | Doufas, jpäter des Nomanos Diogenes, die zulept
werden jolle, der eine Änderung beantrage. Erjt | jeit 1071 im Kloſter lebte, verfaßte ein hiſtoriſch—
fur; vor der Schlacht bei Chaironeia wurden dieje | mpthologiihes Wörterbuch Touict (Violarium),
Überjchüffe ihrer urjprünglichen Bejtimmung, der welches Villoiſon zuerſt in den anecd. Graech
Kriegstafle, zurüdgegeben. — Eubulos war ein 1781 herausgegeben hat. Neue Ausgabe von Flach
heitiger Gegner des Demofthenes, dem er gegen: | (1880).
über ftand in der Verteidigung des Meidias und| Eudoxos, Eüöogos, 1) aus Knidos, geboren
des Aiſchines (de falsa legat.), welcher früher ſein um 408 v. C., Schüler des Platon, vom deſſen
416 Euenos —
Lehren er aber jowohl in Phyſik als Ethik abwich,
während er ſich den Anfichten des Anaxagoras
und Ariftipp zuneigte, lebte einige Zeit in Agyp—
ten und führte um 370 eine neue Berfaffung im |
jeiner Baterftadt ein. Er war außerdem Arzt, be:
jonders berühmt aber ald Mathematifer, Ajtronom
und Seograph, gab zuerjt für die Kugelgeſtalt der |
Erde mathematijche Beweije und führte die Ein:
teilung derjelben in Zonen ein. Er legte Stern:
warten an, machte Beobachtungen und verbefierte
die von Kleoftratos 540 v. E. erfundene Oktaëteris
zur —— des Sonnen: und Mondjahres.
Zahlreiche Schriften werden ihm beigelegt. Die
Darousva nal Soonueieı arbeitete Aratos (j. d.)
in ein Gedicht um. — 2) aus Kyzikos, um 100 v. €.
Seine Beobachtungen auf Reifen wurden von
Strabon (2, 98 ff.) benust.
Enönos, Eünvog, Eimvög, 1) zwei griechiiche
elegiiche Dichter aus Paros, von denen einige
Heine Fragmente übrig find, ohne daß man den
Verfaſſer der einzelnen Stüde beftimmen fann. |
Der eine von ihnen (ob der Ältere oder der jüngere, |
ift ungewiß) war Zeitgenoffe des Sokrates und
deſſen Xehrer. Plat. Apol.p.20B. Phaed.p.60D.|
Phaedr. p. 267 A. — Bon einem dritten Dichter
diejes Namens jcheinen einige erotifche Elegien
herzurühren, die jih im der Anthologie finden. |
Vgl. Bergf, poet. Iyr. Graec. II p. 269 ff. der
4. Aufl. — 2 Fluß, ſ. Aitolia. — 3) ſ. Idas. |
Evsgy£ınz, Wohlthäter, in Griechenland ein |
Ehrentitel, der Ausländern, die fi um einen
Staat bejonders verdient gemacht hatten, oft in
Verbindung mit Prorenie und andern Privilegien
erteilt wurde.
Eugammon j. Epos, 4.
Eugandi, ein nicht feltiicher Stamm in den
Nätiichen Alpen, der jüdlich bis in die Gegend von
Verona und Patavium hinabreichte, wo mod) jeßt
die Euganeiſchen Berge den Namen bewahren. Zu
ihnen jcheinen auch die Camuni (im j. Camonica-
thale) und die Triumpilini oder Trumpli
(im j. Trompiathale) gehört zu haben. Livius (1,1)
jegt. ihre Site zwiichen den Lariſchen See und
Athejis bis zum Adriatiſchen Meer, von wo fie
durd; die Heneter verdrängt wurden.
Eugraphius, von dem wir ein commentum zu
Terenz bejigen, muß vor dem 10. Jahrhundert
gelebt haben. Er hat nur aus älteren Scholien
———— und beſitzt deshalb keinen ſelbſtändigen
Wert.
‚Eugubium und Eugubinae tabülae j. Igu-
vıum.
Euheme@ros, Eörjuegog, wahricheinlich aus dem
ſiciliſchen Meſſana, lebte am Hofe Kafianders und
war ein Anhänger der kyrenaiſchen Schule, welcher
mehrfach Gottlojigfeit vorgeworfen wurde. Er war
Verfaſſer der ock &vaygapıj oder der heiligen
Tempelinfchriften, worin er erzählte, wie er auf
einer Sendung nad Arabien und den jüdlichen
Meeren nad der Inſel Panchaia gekommen jei
und dort auf einer goldenen Säule im Tempel
des Zeus Triphylios die ganze Urgeſchichte der
Welt von Uranos an eingejchrieben gefunden habe.
In diefer Einfleidung entwidelte er die Anficht,
daß die ganze Götterſage nichts als menjchliche,
ins Wunderbare gezogene Geſchichte jei; daß alle
Hötter und Heroen nur durch Kraft und Einficht
hervorragende Menichen gemwejen, denen man nach
Eukleides.
dem Tode göttliche Ehre erwiejen; die hanptiäch:
lichften Stätten ihres Kultus aber jeien ihre Grab
jtätten. Cie. n. d. 1, 41, 119. Sext. Emp. ade.
math. 9, 17. Solche Anfichten waren nicht nen,
fie fanden eine Stüße in dem Heroenkult und den
Apotheojen der Fürften, bejonders aber in den
kretiſchen Sagen von der Geburt und dem Grabe
des Zeus. Schon die ioniſchen Hiſtoriker (Hefa-
taios, Herodoros u. a.) und dann Ephoros hatten
dieſe pragmatiſch-hiſtoriſchen Grundſätze bei man—
chen Mythen in Anwendung gebracht, aber erſt
von Euhemeros wurden ſie fonjequent durchge:
führt, jo daß die erhabenften und phantafiereichiten
Mythen ganz ind Gemeine herabgezogen wurden,
und daher das Syſtem Euhemerismus genannt.
— Beſonnene Schriftfteller, wie Kallimachos und
Eratofthenes, waren über dieje von allem geiftigen
und ideellen Gehalt entblößte Lehre entrüftet;
indes zu einer Zeit, wo der religiöje Glaube und
die alte Götterwelt jehr abgeihwächt waren, mußte
fie bald Anklang finden. Diodor ift ganz von
diefer Richtung durchdrungen. Ennius hat Die
Schrift des Euhemeros lateinifch bearbeitet (Cie.
n.d. 1,42, 119. Augustin. civ. d. 7, 2#), ob in
trochäiſchen Tetrametern oder in Proſa, ift zweifel:
haft. Die Kirchenväter, bejonders Yactantius, haben
von dieſem Werfe Notiz genommen, um dadurch
den heidnifchen Götterglauben zu befämpfen. Bgl.
Krahner, Grundlinien zur Geſch. der römischen
Staatsreligion (1837), ©. 37. Gerlach, hiſtor.
Studien I ©. 152 ff.
Eöxisıe, Feſt der Artemis Eufleia. Xen. Hell.
4,4, 2.
Enkleides, Eönisiöns, 1) Archon Eponymos
in Athen 403 v. E., OT. 94, 2, Mit jeinem Ar—
chontat jollte im Athen eine ganz neue Ara be-
ginnen durch Erlafjung einer Amnejtie und Wieder:
herjtellung der ſoloniſchen Gejeße, deren Reviſion
dem Nikomachos übertragen wurde (Lys. in Nicom...
Auch in der Litteratur bildet das Jahr Epoche
durdy Einführung des ioniſchen Alphabets mit 24
Buchſtaben. Plut. Arist. 1. — 2) Stifter der me-
gariichen Schule, Meyagızod, beſuchte von jeiner
Heimat Megara aus ungeachtet der ihm deshalb
drohenden Lebensgefahr bei Nacht und in Weiber:
feidern den Sofrates (Geil. 6, 10) und gewährte
nach dem Tode desjelben jeinen Schülern, nament:
lih dem Platon, ein Aſyl in Megara, wodurch
ſich bei aller Berjchiedenheit der Anfichten zwiſchen
beiden eine fortwährende Freundichaft bildete. Er
juchte die Lehre der Eleaten, die er ſchon früher
jtudiert (Cie. acad. 2, 42), mit der des Sokrates
zu kombinieren, indem er die abjtrafte All-Eins—
lehre jener mit einem ethiichen Gehalt belebte durch
den Satz, daß es mur Ein Wahres gebe, welches
das Gute jei, aber auch mit andern Namen, Heos,
Yeornoıg, voög, benannt werben fünne; wobei bie
Mannigfaltigfeit und das Werben der Dinge ge:
leugnet wurde, In der Berteidigung diejer Lehre
gegen die Nejultate der Erfahrung zeigte ſich die
zweite Seite des Eukleides, die ſophiſtiſche Dia:
leftif, die mit Zurüdjegung der Ethit und Phnfit
von feinen Nachfolgern Eubulides und Diodoros
Ktronos weiter ausgebildet wurde und der Schule
den Namen der ’Egısrixol oder Jıalerrıxol ber:
ichaffte. Er joll 6 Dialoge verfaht haben (Diog.
Laert. 2, 108), die verloren find. — 3) berühmter
Matbematiter, lebte um 300 v. E. in Alerandreia;
Eukrates — Eumenes.
417
von feinen 2ebensverhältniffen ift nichts befannt.! der ihn hielt, bewies er auf ber großen Hochzeit
Er verfaßte: 1) Zroryei« (elementa matheseos)
in 13 Büchern, denen Hypſikles um 170 v. C. ein
14. und 15. hinzufügte (herausg. von Gamerer
und Hauber, 2 Bbd., 1824 ff., von Neide, 1825,
von Auguſt, 2 Bdd., 1829). Dieje Elemente
brachten frühere Verſuche im Vergeſſenheit und
wurden ungeachtet einzelner Unrichtigfeiten bis in
die neueften Zeiten als Mufter eines Lehrbuches
angejehen. Proflos und Theon von Mlerandreia
ichrieben darüber Kommentare; auch Boẽtius folgt
hauptiächlid; diejer Schrift. Nach den arabijchen
Überjegungen find die erjten lateinischen Bearbei-
tungen gemacht, durch welche dieje Schrift im
Mittelalter befannt wurde. — 2) Sedouev« (data),
Zujammenftellung der für die einzelnen Fälle der
geometrijchen Analyfis gegebenen Stüde, in 90 (95)
Sägen; 3) JIogiouare, in Bruchftüden bei Pappos
erhalten. Andere mathematiiche Schriften find ver:
foren gegangen. Auch 2 Schriften über die Theo-
rie der Muſik werben ihm beigelegt. Sicherer ift
die Echtheit eines erhaltenen aftronomiichen Wertes,
Dawöuere betitelt. — Geſamtausgaben jeiner Werfe
von Gregory (1703), Beyrard (1814), Heiberg und
Menge (1883 ff., 5 Bdd.).
Eukrätes, Eüxgdrng, zur Zeit Kleons, der
iein Gegner war, in Athen einer der angejehenjten
Demagogen. Im Kampfe mit Kleon ftand jein
Sohn Diodotos ihm treu zur Seite (Thuc. 3, 41 f.);
—— zog er ſich vor Kieon zurück. Über ſeinen
tand ſ. Arist. Fquit. 129.
Eumaios j. Odysseus, 7.
Eumölos, Etunkog, 1) j. Admetos. — 2) epi:
ſcher Dichter aus Korinth, um 750 v. E., dichtete Ko-
gırtiard, wovon eine projaifche Bearbeitung dem
Paujanias vorgelegen hat, Eigwri« (die Sage von
Europa und der Gründung von Theben), Bovyorie,
Tıravouayia u.a. Sammlung der —— Bruch⸗
ftüde von Marckſcheffel: Hesiodi, Eumeli, Cinae-
thonis, Asii et carminis Naupactii fragmenta
(1840), und Kinkel, epic. Graee. u Ip. 185 fi.
Abhandlung von Wiliich (1875).
nmeneia, Eiusveı« oder Etusvia, Stadt in
Phrygien an der Strafe von Dorylaion nach Apa—
meia, von Attalos II. gegründet und nad jeinem
Bruder und Borgänger es U. benannt; j.
Iſchikli. Strab. 12, 576. Kutr. 4, 2.
Eumönes, Eöufrns, 1) aus Kardia in Thra-
fien, geboren um 363 v. E., ſtammte Plut. Eum. 1.
Nep. Eum. 1) aus einer angejehenen Familie. Da
fein Vater mit König Philipp von Mafebonien in
freundichaftliher Verbindung jtand, fam Eum. als
achtzehnjähriger Füngling an deffen Hof und wurde
Geheimjchreiber des Königs (bis zum Tode besjel:
ben (336). Gleiches Anſehen geno er bei Ulerander
dem Gr., welcher jeine Fähigkeiten, Treue und
Klugheit nad) Verdienſt zw ſchätzen wußte. Defto
mehr haßte der mafedonische Adel in ihm den
Griechen und behandelte ihn oft mit großer Ab—
neigung, obgleich feine Klugheit, in der man
Schlauheit und Verſchlagenheit zu jehen meinte,
diejelbe unjchädlich zu machen wußte. Alerander
jelbft mußte nicht jelten eingreifen, um den Haß
des Adels gegen Eum. zu beichwichtigen und na—
mentlich feinen Liebling Hephaiftion zur Fried—
fertigfeit gegen denjelben zu ftimmen. Nicht mit
Unrecht indes warfen die Mafedonier dem Star:
zu Sufa, auf der er ihn mit Artonis, einer Toch—
ter des Artabazos, im %. 324 vermählte. Plut.
Eum. 2. Curt. 10, 4. Jedoch zeigte Eum. (gleich
Epameinondas) fich bei Lebzeiten Aleranders mehr,
wie es jcheint, ald Staatsmann, denn als Feld—
herr. Letztere Eigenſchaft entwidelte er in Ber:
bindung mit erfterer in glänzender Weije erft nad
Alexanders Tode, als grenzenloje Verwirrung über
das miühevoll erfämpfte und jeines Hauptes beraubte
Neich hereinzubrechen drohte. Bei dem jofort ein—
tretenden Streite um die Herrichaft enthielt er fich
als Grieche jeder Teilnahme, wirkte aber, als Thät-
lichkeiten bevorftanden, zur Ausjöhnung (Plut.
Eum. 3) und jchloß ſich eng an den Reichsverweſer
Berdiflas und an das von diejem vertretene kö—
niglihe Haus an, weshalb er bei der folgenden
Teilung der Provinzen Paphlagonien, Kappado—
fien und die Pontosgegenden bis Trapezunt (Died.
Sie. 18,83. Plut. Eum. a. a. D.) erhielt, die er
aber erft erobern jollte. An dem Zuge des Leon:
natos nach Europa teilzunehmen, lehnte er ab,
unterwarf jeine Satrapie, in der er fich ein tüch—
tiges eingeborenes Heer bildete (Plut. Eum. 4),
erhielt von Perdikkas eine Vergrößerung derjelben
vor deſſen Zuge gegen Ptolemaios (Nep. Eum. 3)
und übernahm es, demjelben den Rüden zu decken
und Afien gegen Antipater und Krateros zu ver:
teidigen. Er bejiegte zuerft den untreu gewordenen
Satrapen Neoptolemos von Armenien und dann,
als die Unterhandlungen mit Antipater und Kra—
teros jich zerichlagen hatten, auch den legteren, im
3. 321. In derjelben Schlacht tötete Eum. im
perjönlihen Kampfe den zu Srateros en
Neoptolemos, während Krateros ebenfalls jeinen
Tod fand. Plut. Eum. 5 ff. Nep. Eum. 3. Diod.
die. 18, 29 ff. Just. 13,8. Da aber die in Eumenes’
Heere dienenden Mafedonier über den Tod des
bei ihnen jehr beliebten Krateros tief betrübt waren,
lieg Eum. die Leiche jeines ehemaligen Freundes
feierlich beftatten. Nichtsdeftoweniger trat ſeitdem
die Abneigung der Mafedonier gegen Eum. immer
ichärfer hervor, und derjelbe wurde, als die Nach—
richt von Krateros' Fall bald nach des Perdikkas
Ermordung nad Agypten gelangte, dort nebit
vielen andern Anhängern des Reichsverweſers ge:
ächtet, verteidigte aber auch fortan die königliche
Sadye mit Talent und Erfolg und bildete ſich in
feinen Gebieten ein zuverläſſiges Heer, mit dem
er dem Antigonos, der jeitdem immer mehr und
mehr an Bedeutung gewann, die Spite bot und
von 319— 8316 in ruhmvollen und zum Teil glüd-
lichen Kämpfen entgegentrat. Aufs glänzendfte be:
währte Eum. jein seldherrntalent nicht nur im
größeren Schlachten, jondern aud in der Bertei:
digung der uneinnehmbaren Bergfeftung Nora in
Kappadotien, aus welcher er endlich heimlich ent:
wid. Er hatte während jeiner Einſchließung in
Nora die größten Beweiſe von Mut, Schlauheit
und Erfindungsgabe gegeben, zugleich aber aud)
von jeiner unverbrüclichen Anhänglichkeit an Ale:
randers Haus, welche auch nicht durch die größten
Verheifungen und Anerbietungen feiner Gegner
gelodert werden konnte, Als endlich Antigonos
des gewandten Gegners nicht Herr werden fonnte
(j. Antigonos, 1.), juchte er die Mafedonier in
Eumenes’ Heer zu gewinnen. So gelang es ihm,
dianer Habjucht und Geiz vor. Wie hoc Aleran: | den gefürchteten Mann in jeine Gewalt zu bekom—
Reallexiton des Haff. Altertums. 7. Aufl.
27
418
men. Cum. jtarb eines gewaltjamen Todes, un:
gefähr 45 Jahre alt, 316. Mit ihm fiel die legte
Stüße des föniglihen Haujes. Auch als Schrift:
jteller zeichnete er fich aus und verfahte Zpnusgdöes
AktEdvöpov, Tagebücher über die Züge Aleranders,
welche von alten Schriftitellern jehr gelobt werden.
Ael. var. hist. 2, 23. Vgl. Droyſen, Geich. des
Hellenismus (2. Aufl. 1877-78). — 2) Eume:-
nes I, Herricher von Pergamos 263— 241 v. C.,
Neffe des Philetairos (j. d.), erweiterte jein Reich,
bejiegte Antiochos J. (Soter) in einer Schlacht bei
Sardes und ſchützte Künfte und Wiffenichaften. —
Seine Neffe, 3) Eumenes Il., Sohn Attalos’ 1.,
regierte über Pergamon von 197—159 dv. C. und
war ein treuer Freund der Römer faft jein ganzes
Leben hindurch. Diejer Freundſchaft verdantte er
auc bedeutende Vergröferungen feines Heinen
Neiches. Er beteiligte jih an der Unterdrüdung des
Tyrannen Nabis von Sparta, 195 (Liv. 34,26 ff.),
unterftügßte Rom im Kampfe gegen Antiochos den
Gr. von Syrien (ſ. d.) (Liv. 35, 39. 36, 42 fi.
Pol, 21, 8) und bewirkte durch jein Erjcheinen in
Rom, da ihm ein großer Teil Vorderajiens bis
zum Taurus zu teil wurde. Liv. 38, 39. Im
Kriege mit Prujias von Bithynien, dem Hannibal
mit — Rate zur Hand ging, unterlag er und
wurde nur durch die Einmiſchung Roms gerettet, 183.
Nep. Hann. 10. Liv. 39, 51. Ebenſo überwand
er mit Noms Hülfe Pharnates von Bontos (Pol.
25, 4f.) und geriet darnach in Streit mit den
Rhodiern, welche in Rom ſich über ihn bitter be:
ichwerten (172). Liv. 42, 14. Obgleich aber die
Römer jelbit dieje Streitigkeiten zwijchen Eum.
und jeinen Nachbarn durch die ihm angetwiejene
Stellung abiichtlich herbeigeführt hatten, um ihn
nicht zu |. werben zu lafjen, jo liefen fie ihn
dod nicht im Stich und nahmen ihn, als er im
J. 172 nad Rom kam, zum großen Arger des
älteren Cato mit großen Ehren auf. Plut. Cat.
mai. 8. Bei der Rückreiſe durch Griechenland ge:
riet er, vielleicht auf Anftiften des Perſeus von
Makedonien, in große Lebensgefahr und entfam
nur mit Mühe. Das Gerücht von feinem Tode
war jhon nach Ajien gelangt, und fein Bruder
Attalos machte Anftalt, den Thron zu bejteigen,
als Eum. jelbft erjchien. Am Kriege der Römer
gegen Perjeus nahm er teil (Liv. 42, 55 f.), jedod)
nicht mit dem früheren Eifer für Rom, da ihn
die Abhängigkeit von demjelben drüdte, jo daß er
jogar in Unterhandlungen mit Perjeus trat. Das
vergaßen ihm die Römer nicht, bedrängten ihn
auf alle Weije, reizten, obgleich erfolglos, jogar
den eigenen Bruder gegen ihn auf, verjagten ihm
die Erlaubnis, in Rom zu ericheinen (Pol. 30, 17),
und forderten zulegt alle Feinde des Eum. auf,
ihre Klagen gegen ihn vorzubringen. Sein Bruder
Nttalos (j. Attalos, 4.), den er, um ihn zu ver-
teidigen, nach Rom jandte, wurde daſelbſt mit
Auszeichnung behandelt. Mit feinen Brüdern über-
haupt lebte er in großer Eintracht. Zugleich förderte
er Künfte und Wiſſenſchaften, hatte an jeinem Hofe
eine Neihe ausgezeichneter Schriftiteller, wie Krates
von Mallos, das Haupt der jog. pergamenijchen
Srammatiferjchule, gründete die berühmte perga=
meniſche Bibliothek (vgl. Wegener, de aula Atta-
lica, 1836) und jchmüdte jeine Hauptſtadt mit
herrlichen Baumwerfen (j. Pergamon, 1.).
jtarb im 3. 159,
Fumeniden — Eunapios.
Eumeniden j. Erinyen.
Eumenius, geboren um 255 n. E., Lehrer des
Eonftantius Ehlorus, folgte demjelben längere Zeit
auf jeinen Feldzügen und brachte jeine ſpätere
Lebenszeit in jeiner Baterftadt Auguſtodunum (j.
YAutun) in Gallien zu, wo er als Yehrer der Rhe—
torif auftrat und ſich um die Schule dajelbft hoch
verdient machte. Er gehört zu den lateinijchen
Banegprifern. Wir bejigen noch 4 Reden von ihm,
welche fich vor andern Arbeiten der Art dadurd)
vorteilhaft auszeichnen, daß fie nicht jo ſehr in die
gewöhnlichen Fehler übergroßer Lobhudelei ver-
fallen: die Rede pro instaurandis scholis, 297,
den panegyricus auf Conftantius Chlorus, in dem-
jelben Jahr zu Trier gehalten, außerdem einen
panegyricus auf Eonjtantin und eine gratiarum
actio an denjelben, gehalten 310 oder 311. Gedrudt
find fie in den Ausgaben der Panegyriei von
Eellarius, Arnpen, Jäger u. a., am beiten in der
von Bährens (1874).
Eumolpidae, Eöuolzidaı, eins der beiden alt:
priefterlichen Geichlechter in Athen — das andere
war das der Kerpen —, die unter der Aufficht
des Archon Bafileus dem Kultus der eleufiniichen
Mofterien vorjtanden. Aus ihnen wurden die vor-
nehmſten Prieſter erwählt, die zugleid; mit der
Priefterin der großen Göttinnen, Demeter und
Ktore, und zahlreicher Dienerjchaft nicht nur die
einzelnen Bejucher weiheten, jondern namentlich
auch zu der mimijch:orcheftiichen —— der
Schickſale der beiden Göttinnen mitwirkten. Schon
ihr Name deutet auf die Hymnen und Gebete.
In Prozejien wegen Berlegung der Mofterien
hatten fie richterliche Gewalt. Andoc. myst. 28. 31.
Demosth. Androt. 27. Im übrigen j. Eleusi-
nia, 5. 6.
Eumolpos, EiuoAzog, Sohn des Poſeidon und
der Ehione, der Tochter des Boreas, ein in Eleujis
eingewanderter Thrafer, Krieger, Priefter der De-
meter und Sänger. Er hilft den Eleujiniern im
Kriege gegen Athen und wird von Erechtheus (j. d.,
jamt jeinen Söhnen Phorbas und Jmmarados
erichlagen. Oder: Erechtheus und Immarados fallen,
und man jchließt Frieden unter der Bedingung,
daß die Eleuſinier jich den Athenern unterwerfen,
aber die Feier der Myſterien allein bejorgen.
Dieje Myſterien der Demeter und des Dionyjos joll
Eumolpos geitiftet (Hom. hymn. in Cer. 154. 476)
und nebſt den Töchtern des Keleos bejorgt haben.
Der Dienft blieb bei jeinem Gejchledhte, den Eumol—
piden (j. d.). Einem €. werden Weihungslieder
(teisrad) und die Erfindung des Weinbaus und
der Baumzucht zugeichrieben. Wegen jeiner man-
nigfachen Beziehungen nahm man mehrere Eumolpos
ai: 1) den Thrafer, deſſen Sohn Keryr der Stamm:
vater des attiichen Gejchlechts der Ärjgvxes war;
— 2) den Sohn des Keryr; — 3) den Sohn des
Mufaios, den Gründer der Mofterien. — 4) E.
heißt der geichmadloje Dichter, welchem bei Pe—
tronius die Troiae halosis (ec. 89) in Senaren und
das bellum civile (ce. 110—124) in $erametern
in den Mund gelegt find.
Eunapios, Ebrdmiog, griechifcher Rhetor in
der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. E., ge:
boren zu Sardes, gebildet in Athen, lebte jpäter
in feiner Heimat als Rhetor und Arzt. Feind des
Er | Epriftentums, verfaßte er in affektierter Sprache
Pioı Yıloodpwor zul copıorar, Biographien von
Euneos — Euphron.
419
23 Sophiften jeiner Zeit (befte Ausgabe von Boifjo: | men und dasjelbe beherrichen. Da aber die Scholle
nade, 1522, in 2 Bbdb.), und eine Fortjegung der | bei der Inſel Kallifte oder Thera verloren ging,
Sejchichte des P. Herennius Derippos (j. Dexip- | jo mußte der Anbau Libyens von da aus geichehen,
pos), bis zum %. 404, zg0vınn lorogi« uer«
HIedımmov in 14 Büchern, wovon fich größere
Bruchitüde erhalten haben (herausgeg. von Bekler
und Wiebuhr, 1829, und von L. Dindorf, hist.
Graec. min. I p. 205 ff.).
Eun&os, Euneus, Eöürnog (ionijch), Eüwevg,
Eöveog (der gute Schiffer), Sohn des Jajon und
der Hypſipyle, der Königin auf Lemnos, König
von Lemnos, im Handelöverfehre mit den Griechen
vor Troja. Hom. Il. 7, 468. 23, 747.
Eunomia j. Horae.
Eunömos, Eöronog, König von Sparta aus
dem Haufe der Eurhpontiden, Vater des Königs
Bolndeltes und des Lyfurgos, wurde bei einem
Aufitande erftochen. Plut. Lye. 1.
Eunüs, Eövovg, ein Syrer und Sklave zu
Enna auf Sicilien, gewann durd allerlei Gau:
feleien, durch die er in den Ruf eines Zauberers
tam, jeine Mitjflaven, ftellte ſich an ihre Spitze
und veranlafte den erjten ficiliichen Sflavenauf:
ftand. In kurzem hatte der von den Sklaven
zum Könige gewählte Eunus ein zahlreiches Heer
gejammelt, mit welchem ſich ein zweites unter
Kleon vereinigte, jo daf mehrere Hunderttaujend
unter den Waffen jtanden. Der Aufſtand, deſſen
Keime ſich vielleicht jhon in den Jahren 141 und
140 v. E. bildeten, brady im Jahre 134 aus.
Nach mehreren Niederlagen römilcher Feldherren
gelang erjt dem Konjul Rupilius im %. 132 die
Bezwingung der Sklaven. Der flüchtige Eunus
wurde in einer Höhle aufgefunden, ſtarb aber noch
vor jeiner Hinrichtung. Plut. Sull. 36. Liv. ep.
56.59. Flor. 3, 19. Diod. Sie. fragm. 34.
Eupalämos j. Daidalos.
Eupalion, Eördlov, Stadt der ozoliſchen
Lokrer, nordweſtlich von Antikyra, mit einem Hafen
Erythrai. Thuc. 3,95. 96. Strab. 9, 427. Liv. 28,8.
Evxargidar |. Duin, 1.
Eupeithes, Eöreidng, vornehmer Jthakejier,
Bater des Antinoos, wollte den Tod jeines Soh—
nes an Odyſſeus rächen, indem er die aufrühre-
riſchen Ithakeſier gegen diejen führte, wurde aber
von Laertes getötet. Od. 1, 383. 16, 424. 24,
469. 522.
Evgpnuie, die heilige Stille, die jeder Opfer:
handlung und jedem Einleitungsgebete zu der:
jelben vorausgehen und durch eine beftimmte Er:
mahnung, eipnule dorw oder eupnweire, bei
den Römern favete linguis, angefündigt werben
mußte. Bei den leßteren fam die Vorftellung von
der notwendigen Abwehr unglüdlidher Vorbedeu-
tungen hinzu.
kEuphemos, Eöpnuos, Sohn des Poſeidon und
der Europa, der Tochter des Tityos, Gemahl der
Laonome, der Schwejter des Herafles, ein Phlegyer
aus Panopeus in Pholis, jpäter in Tatnaron
wohnend, falydonifcher Jäger und Argonaut, der
durch Bergünftigung jeines Vaters auf dem Meere
wandeln fonnte. Als die Argonauten an den
Tritonjee famen, übergab Triton in Gejtalt des
Eurppylos dem Euphemos eine Scholle des Landes.
Medeia weisjagte, wenn Euphemos die Scholle in
die Sebirgsichlucht von Tainaron werfe, wo der
Eingang zur Unterwelt fein jollte, jo würden jeine
Nahfommen im vierten Gliede nad Libyen kom—
jo dab erft der Nachlomme des Euphemos im
fiebzehnten Gejchleht, Battos, von Thera aus
nad Libyen ziehen und Kyrene gründen fonnte.
Pind. pyth. 4. Hdt. 4, 150.
Euphorbos, Eögpogßos, Sohn des Panthoos,
ein tapferer Troer, der zuerjt den Patroflos ver:
wundete und dann von Menelaos getötet‘ wurde.
Hom. Il. 16, 806. 17, 1ff. Menelaos weihte jeinen
Schild in dem Tempel der Sera bei Mylenai.
Pothagoras, der die Seelenwanderung annahm,
behauptete, zuerjt diefer Euphorbos geweſen zu jein.
Diog. Laert. 8, 1, 4. Hor. od. 1, 28, 10 ff.
Euphorion, Eöigogier, 1) Sohn des Adil:
leus und der Helena, auf der Inſel Leufe (j.
Achilleus, 6.) erzeugt, jo genannt, weil fein
auf Leute al$ IIovz«gyng verehrter Vater Achil—
leus den Schiffern glüdliche Fahrt verlich. — 2) aus
Athen, Vater des Dichters Ailchylos. — 3) Sohn
des Aiſchylos, der mit Stüden jeines Vaters nad)
deſſen Tode viermal fiegte, auch mit einer eigenen
Tetralogie den Sieg gegen Sophofles und Euri:
pides erlangte. 2 Berje desjelben find erhalten
bei (lem. Alex. strom. 5, p. 718. — 4) aus Chalfis
auf Euboia, geboren um 276 v. E., gejtorben als
Bibliothekar des ſyriſchen Königs Antiochos des
Gr., gelehrter und fruchtbarer Dichter und Schrift-
jteller ganz im. Sinn und Geift der gelehrten Ale:
xandriner. In jeinen Gedichten hatte er eine ge:
juchte Ausdrudsweije und dunkle Sprade. Außer
projaijchen Werfen verfaßte er Epen (Holodog,
Moyori& u. a.), Elegien und Epigramme, von
denen nur wenige Verſe übrig find. Die Römer
jtellten ihn hoch (Verg. E. 10, 50. Quint. 10,1, 56),
der Elegifer Cornelius Gallus ſoll ihn nachgeahmt
und übertragen haben (cantores Euphorionis,
Cie. tuse. 3, $ 45). Gelehrte Monographie von
Y. Meinefe (1823), neu bearbeitet in den Anu-
lecta Alexandrina (1843), p. 1—168,
Euphränor, Eögpedvwg, j. Bildhauer, 9.
und Maler, 6.
Euphrätes, Eögedeng, hebräiſch Phrath, alt-
perſiſch Ufratu, wird gebildet durch 2 Quellflüſſe
aus dem armenijchen Hochland, einen jüdöftlichen,
Arſanias (j. Murad: Su), aus der Gegend des
Banjees, und einen nordweitlichen (j. rat), aus der
Nähe von Erzerum, durchbricht oberhalb von Samo:
fata den Taurus, tritt dann in das mejopotamijche
Steppenland ein und vereinigt ſich heutzutage bei
Korna mit dem Tigris, um 20 Meilen unterhalb
(unter dem gemeinjamen Namen Scat:el:Arab)
in den Perſiſchen Meerbufen zu münden. Neben:
flüffe von links: der Bilehas (j. Belit) mit dem
Stirtos (j. Daijan) bei Nikephorion (Nafla), und
der Chaboras (Chabur) bei Kirkeſion (Abu:
Serai). Kanäle: auf der Weitjeite der Naarjäres
und der Ballafüpas, jener oberhalb, diejer unter—
halb von Babylon; vom Euphrat bis zum Tigris
hinüber der Naarmaldha (j. d.) nebſt 3 anderen.
Hdt. 1,180, 185. 193. Xen. An. 1, 4, 11. Strab.
11, 521. 527, 16, 746.
Euphron, Eöipgwor, 1) ein Bürger in Sikyon,
der mit Hülfe der Armen ſich der oberjten Ge—
walt in der Stadt bemächtigte. Bon den Reichen,
welche er bedrüdte, wieder vertrieben, ging er nach
Theben, wo er ermordet wurde, im J. 366 v. C.
27*
420
Xen. Hell. 7, 1,44ff. 2, 11ff. 3,2. — 2) ein
Dichter der neueren griechijchen Komödie um 315
v. C. Nur wenige Fragmente find erhalten, ge
jammelt von Meinefe, fragm. com. Graec. IV
. 486 ff. (II p. 1128 ff. der Mein. Ausg.), und
od, com, Att. fragm. III p. 37 ff.
Euphrosjne j. Charis,
Eupölis, Eörolıs, einer ber vor, üglichften
Dichter der Älteren attischen Komödie, Zeitgenoſſe
des Kratinos und Ariftophanes, mit denen er oft
zufammen als Repräfentant der alten Komödie ge-
nannt wird (z. B. Hor. sat. 1,4, 1). Er war der
Sohn des Atdeners Sofipolis, trat jchon in feinem
fiebzehnteg Jahre auf, wahrſcheinlich unter fremdem
Namen wie Ariftophanes, und jiegte fiebenmal. Er
verlor vor dem Schluffe des peloponnefischen Krie—
es jein Leben. Uber jeinen Tod find wider:
prechende Sagen vorhanden; jein Grab zeigte man
an mehreren Orten. — Eupolis und Ariftophanes
find die Meifter der alten Komödie. Es ift na—
türlich, daß diefe beiden, durch Talent, Kühnheit
und Wig nahe verwandt, eine Zeitlang zuſam—
mengingen, dann aber wieder bei jo vielfachen
Veranlafjungen zur Eiferjucht fich tremmten und
in heftiger Fehde ihre poetischen und moralifchen
Schwächen gegenjeitig einer beißenden Kritif unter:
warfen. Die Alten erteilen dem E. das höchite
Lob, fie rühmen feine plaftiiche Darftellung und
roßartige Phantafie, fie bewundern jeinen edlen
dem und erhabenen Patriotismus, den feinen
Scherz, den treffenden Spott und die höchfte Grazie;
dagegen bezeichnen fie ald Schattenfeiten den Hang
ur — und Sinnlichkeit. Die Zahl ſeiner
Stücke wird verſchieden, bis auf 20, angegeben;
von 15 laſſen ſich ſicher Titel, von 12 Fragmente
(gejfammelt von Runfel, 1829, Meineke, fragm.com.
Graec., Bd. IIp.426 ff. [Ip. 158 f der Klein. Ausg.],
und Rod, com. Att. . 1 p. 258 ff.) nad:
weijen. Die berühmteften waren: ISnuor, welches
Athens verkehrte Stantsverwaltung und die Über:
grifie der Demokratie lächerlich machte; IIoAsız,
ezog ſich auf die Bedrüdungen der Bundesitaaten
von Athen; Barreı, war gegen Alkibiades’ und
feiner Kameraden —— *— Privatleben ge:
richtet; KöoAaxes, verjpottete den reichen und jchwel-
geriichen Kallias und jeine Schmaroger (jiegte
422 dv. E. über Ariftophanes’ Frieden); Magınäs
(fiegte 421), gegen den Demagogen Hyperbolos,
der Kleons Rolle in Athen jpielen wollte, gerichtet.
Eupompos’j. Maler, 4.
Euripides, Eögımlöng, der dritte der 3 größten
griechiichen Tragifer, defjen Dramen uns zum Teil
noch erhalten jind. Er war geboren nach der ge:
möhnlichen Angabe 480 v. E. auf der Inſel Sa—
lamis, gerade am Tage der berühmten Seeichlacht,
wie eine Fabel jagt. Seine Eltern waren beim
Herandringen bes perjiichen Heeres aus Athen ges
flüchtet und hatten mit vielen andern Einwohnern
von Athen auf diefer Inſel einen Zufluchtsort ge-
—3— Richtiger ſcheint die Angabe, daß 485 v. C.
ein Geburtsjahr ſei. Sein Vater hieß Mneſarchos
oder Mneſarchides und war —— ein Krämer
oder Schänkwirt (wdrenkog); die Mutter hieß Kleito
und joll eine Gemüjehändlerin (Aagavsrwlıg) ge:
weien jein. Daß Euripides’ Vater in Athen nicht
par unbemittelt geweſen jei, dürfte man aus der
orgfältigen Erziehung ſchließen, die er feinem | Satyripiele,
N 4 Er wurde mit Eifer in |driner nennen 78 Stüde, unter denen fie 3 für
Sohne angedeihen lie
Euphrosyne — Euripides.
den gumnaftiichen Künften geäbt, um für die Agonen
fähig zu werden, und der Knabe joll auch einmal,
wahricheinlih an den —— geſiegt und
den Preis erlangt haben. Auch habe er einmal
an den Thargelien zu den Knaben gehört, die den
Fefttänzern den Wein reichten, eine Ehre, welche
nur Söhnen edler und einheimifcher Familien zu
teil wurde. Ferner joll er auch die Malerei ge-
trieben haben; ein Gemälde von ihm habe man
fpäter noch in Megara gezeigt. Alle dieje Dinge
ehören, falls jie ficher und gewiß find, dem
abenalter und der früheren Jugend des Dichters
an. Denn ald Jüngling ſchloß er fid) bald dem
Anaragoras an, der damals in Athen mit großem
Beifall lehrte, jpäter hörte er auch die Sophiften
Prodifos und Protagoras, und mit GSofrates
chloß er eine innige, lebenslängliche Freundſchaft.
on ber phitofophifchen Richtung, welche Eur.
durch Anaragoras erhielt, von deffen Lehren und
Philojophemen find unverfennbare Spuren in €.'s
Tragödien vorhanden, ebenjo von feiner Empfäng-
lichkeit für die rhetoriichen Künfte der Sophiften,
die er im jeinen Tragödien anzumenden und zu
den gleichfalls nicht unterlaffen hat. Diejen
philojophtichen Studien jcheint E. jeine Augendzeit
hauptfächlich gewidmet zu haben; dagegen ift von
einer Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten,
von einer Bewerbung um Ämter, kurz von poli-
tiichen Beftrebungen in E.’3 Leben nirgends eine
Nachricht zu finden. Aber auf die eigene Lebens-
weile und Gemütsart jcheint der eifrige Verkehr
mit Anaragoras eingewirft zu haben. Er war
nämlich mürrifch (uıooy&Aog), finfter und wenig
ugänglich. Für feine Zurücdgezogenheit und be-
Ionbers ür feine ausschließliche Beichäftigung mit
den Wiflenichaften jpricht aud die Nachricht von
der —— Bücherſammlung, die er gehabt
haben ſoll. Ob der ihm oft vorgeworfene Weiber—
haß, den man in mehreren —— beſonders
im Hippolytos, finden will, in dieſem mürriſchen
Charakter oder in des Dichters ehelichen und häus-
lihen Berhältniffen feinen Grund gehabt, läßt fid,
nicht beftimmt jagen; jedesfalld muß er dem weib-
fihen Gejchlechte ein unermüdliches Studium Fi
gewandt haben, aus welchem in feinen Stüden
ebenjoviel Ehre als Schande für dasſelbe her-
vorgeht. E. mar zuerſt verheiratet mit einer
Tochter des Mneſilochos, Choirine oder richtiger
Ehoirile. Dieje gebar ihm 3 Söhne. Der ältejte
war Mnejarchides, ein Kaufmann, der andere
Drnefilochos, ein Schauspieler, der dritte der Er
namige Euripides (nach andern des Dichters Neffe),
der nach des Vaters Tode einige Tragddien des:
felben auf die Bühne brachte. Seine rau wurde
ihm aber untren, und er verftieß jie. Darauf
heiratete er die Melito, die aber nicht beffer war
und ihn jelbft wieder verlief. — Wann €. die
dramatifche Laufbahn rt fteht ebenfalls
nicht feit. Nach einer an fi wahricheinlichen
Nachricht trat er in feinem ſechsundzwanzigſten
Fahre, nach andern jchon 18 Jahte alt zuerit auf.
Zu dieſer Didaffalie gehörten die Peliaden, ein
I verlornes Stüd. Bon jegt an hat E. unaus:
g et mit den damals lebenden ir ge feine
hätigfeit dem Theater gewidmet. Die meiften
Biographen geben ihm 92 Dramen, darunter 8
rro dagegen nur 75; die Alexan—
Euripides.
unecht hielten. Somit fommen auch bei diejen
75 Stüde heraus. Nachweisbar find etwa 80 Titel.
Sefiegt hat E. nur viermal. Die Aufführungszeit
ift nur von wenigen Stüden genau befannt. Die
große Anzahl jeiner Dramen, verglichen mit
den wenigen ihm zu teil gewordenen Siegen und
Preifen, zeigt nicht geringe Beharrlichkeit, auf der
einmal betretenen Bahn mutig fortzugehen, unbe:
irrt durch die Oppofition der Komiker und durch
die nicht günftigen Urteile der Preisrichter. Daß
aber jeine Poeſien viel unter dem Volke verbreitet
und befannt gemwejen fein müfjen, kann die Sage
lehren, daß viele der in Sicilien gefangenen Athe-
ner ihre Rettung und ihren Unterhalt der Kennt—
nis euripideiicher Tragödien verdankten, indem ſie
durch Recitation von derfen und Stellen aus ihnen
die Bewohner der Inſel rührten und entzüdten.
Erft ſpät im hohen Alter begab ji E. von Athen
weg: nad pay er feines Dreftes (408) ging
er nämlich na agnejia, wo er als öffentlicher
Saft m wurde. Daß der Grund dieſer
Auswanderung die beftändigen Spöttereien der
Komiker und die unangenehmen häuslichen Ber:
hältniffe gewejen, ift wenig mwahricheinlih. Bald
darauf begab er fih nah Pella in Makedonien
an den Hof des Königs Archelaos, wo er, mit
dem Tragifer Agathon, dem Mufiler Timotheos und
dem Maler Zeuris vereinigt und vom Könige hod)-
geehrt, die beiden legten Fahre feines Lebens ver:
brachte. Er ftarb um DI. 93, 2 oder 406 v. E.,
nad einer wenig glaubmwürdigen Sage von Jagd:
bunden tödlich verwundet. — €. Hi te ſich ads
Dichter mehr und mehr dem Geifte ne Beit;
die frühere Tragödie wurde durch ihn vorzüglich
auf die nadte Wahrheit des wirklichen Lebens
herabgebradht. Er jchilderte die Menichen feiner
Zeit, wie fie im Leben wirklich waren. Dabei
brachte er die Ergebniffe und Grundjäße der da—
maligen Bhilojophie auf die Bühne und bediente
fih einer ſophiſtiſchen Dialektik. Lange Erzäh:
lungen in den ihm eigentümlichen Brologen, jowie
die oft vorfommende Löſung des Knotens durch
einen Gott — den j. g. deus ex machina —
zeigen, daß ihm die dramatijche Handlung und
deren natürliche Entwidelung weniger am Herzen
lagen. So ſtehen auch die Chorgejänge mit der
Handlung und den Charakteren nicht mehr in dem
innigen, beziehungsvollen Zufammenhange, wie bei
Aiſchylos und Sophofles; fie erjcheinen mehr als
etwas Hergebrachtes und Übliches, das beibe-
halten werden mußte, ohne eigentlich an fich not:
wendig zu jein. Musgezeichnet ift aber E. als
Kenner des menschlichen Herzens und feiner Yeiden-
ichaften. Mitleid und —— zu erregen, iſt
ihm ein Hauptzweck, daher bei den Alten roayı-
xorarog genannt. Als Anhänger des Anarago:
ras befindet er fich mit dem Volksglauben und
dem Inhalte der Mythen oft in Widerjpruch, indem
er fie entweder als umwahr verwirft oder edle
Charaktere und Handlungen als Hein und gemein
darftellt. Ariſtophanes fieht ihn gleichſam als
Nepräjentanten der ganzen neueren Richtung an,
welche die Tragödie durch E. und feine Zeitge—
nofjen erhielt, und veripottet daher ihn vorzugs:
weile, namentlih in den Fröſchen. Er hat ihn
als Dichter und Organ der Ochlofratie hingejtellt
und damit einen Maßſtab zur Beurteilung des E.
gegeben, den in jüngfter Zeit jeine unbedingten
421
Lobredner (wie Hartung) oder Tadler nicht genug
beachtet haben. — Erhalten find von E. 18 Tra—
gödien und 1 Satyrdrama: 1) 'Exdßn, vor 423
aufgeführt, enthält das Sühnopfer der Polyrena
am Grabe Achills und Hekabes Rache an Poly:
meftor, dem Mörder des Polydoros. 2) Opearns,
408 aufgeführt, eins der ſchwächſten Stüde. Oreftes
wird als Muttermörder von Tyndareos, jeinem
Großvater, angeflagt. Menelaos wird von Oreftes
um Hülfe und Beiftand gebeten, verweigert jie aber.
Da beichließt Oreſtes, um fich zu rächen, Helena
zu töten; jie wird aber von Apollon gerettet, und
es fommt eine Doppelheirat zwiichen Drejtes und
Hermione, Pylades und Elektra zuftande. Das
Stüd hat viele Ähnlichkeit mit der Alkeſtis und
war vielleicht für bdenjelben Zweck gearbeitet.
3) Bolrıoceı, nah dem Ehore phoinikifcher Jung-
frauen benannt, hat den Tod der feindlichen Brü:
der, Eteofles und Polyneifes, zum Inhalte. Es
ift dies eines der legten Stüde, die E. in Athen
aufgeführt hat, aber jeinem Werte nad gewiß
feines der geringften. 4) Mnösıe, 431 aufgeführt,
Hache der Medeia an ihrem Gatten Jaſon, der
im Begriff fteht, ji) mit der Tochter des Königs
Kreon von Korinth zu verheiraten. Sie tötet
leßtere, mordet die eigenen Kinder und entflieht
auf einem Drachenwagen nad Athen zu Aigeus.
5) Immöhvrog oreparnpögog, 428 aufgeführt und
mit dem erften Preije ausgezeichnet. Diejes Stüd
jtellt die Liebe der Phaidra, der Gattin des The:
jeus, zu ihrem reinen Stiefjohne Hippolytos dar.
Phaidra vermag die Schmach der Beihämung von
ihrem Stiefjohne nicht zu ertragen. Sie jtirbt,
verleumdet aber vorher den Sohn beim Vater,
welcher den Sohn verbannt und jeinen Tod ver:
anlaßt. Die Unschuld des Hippolytos wird am
Ende von Artemis offenbart. Denjelben Stoff hatte
der Dichter in einer andern Weife jchon früher
einmal behandelt in dem verlorenen "ImmoAvrog
»alvmröuerog. Medeia und Hippolytos find unter
den erhaltenen Dramen die Meifterftüde, die des
Dichters Dramaturgie in höchjtem Glanze und voll:
fommenfter Form zeigen. 6) Alxnerıg, 438, der
Zeitfolge nad) das erfte ung erhaltene Stüd. Ale:
ſtis weiht fich, um das Leben ihres Gatten Adme—
t08 zu verlängern, freiwillig dem Tode; Herakles,
welcher früher bei Admet gaſtliche, Aufnahme ge:
funden hatte, führt fie aus der Unterwelt zurüd.
Das Stüd gleiht mehr einem modernen Schau:
ipiele als einer antifen Tragödie und hat, bejonders
am Ende, fomijche Züge. Es wurde an der vierten
Stelle der Tetralogie aufgeführt anftatt eines Satyr—
ipiels; daher bieler Gharalter. 7) Avögoudyn,
nach 420, enthält den Tod des Neoptolemos, welcher
zuerit Sektors Witwe Andromache nad) Trojas
Einnahme, dann des Menelaos Tochter Hermione,
die verlobte Braut des Dreftes, geheiratet hat.
Oreftes, darüber erzürnt, läßt ihn umbringen,
nachdem er jeine Braut nad Sparta zurüdgeführt
hat. 8) "Inerıdes, wahrſcheinlich um 420 aufge:
führt. Die Mütter der 7 vor Theben gefallenen
Heerführer begeben ſich mit dem argiviichen Könige
Adraftos nach Eleujis zu Thejeus und bitten ihn,
die von Kreon verweigerte Beitattung der Toten
u erzwingen. Thejeus bringt die Leichname nad)
leute, wo fie verbrannt werden. Adraſtos ver-
jpricht, daf die Argiver nie gegen Athen kämpfen
werden. Die Tragödie hat mehrfache politiiche
422
Beziehungen auf den Streit der Athener mit den
Boiotern nach der Schlacht bei Delion. 9) ’Ipı-
yirsıa 1 dr Abkldı, gleich den Bakchen erſt nad)
des Dichters Tode zur Aufführung gebracht. Iphi—
geneia wird in Aulis dem ihr beftimmten Opfer:
tode durch Artemis jelbft entrüdt, melde eine
Hindin unterjchiebt und die Jungfrau zu ihrer
Priefterin in Taurien macht. Der Schluß Diele geift-
reihen Dramas (®. 1506 P iſt unecht. 10) Igyı-
yevcıa ij Ev Tavoots. Oreſtes kommt mit Pylades
zum König Thoas nach Taurien, um auf Apollons
Befehl das Bild der Artemis zu holen. Er ſoll
dort der Landesſitte gemäß geopfert werden, wird
aber von ſeiner Schweſter Ihigeneia erlannt. Beide
entwerfen einen Plan zur Flucht, Artemis hält
den Thoas von ihrer Verfolgung ab. 11) "Pjoog
(unecht), aus dem zehnten Buche der Ylias, die
nächtliche Erpedition des Odyſſeus und Diomedes
ins feindliche Lager, Tod des Dolon und des thra:
kiſchen Fürſten Rheſos. E.hatte einen Rheſos gedich:
tet; das vorhandene Drama jedoch iſt die Schüler:
arbeit eines unbefannten Berfaflers. 12) Tomddes,
415. Jlions Untergang und das traurige Los des
Königshaufes des Priamos werden in einzelnen
Gemälden und Situationen, die bunt aneinander
er find, geichildert. 13) Baryaı; Balchos’
nkunft in Theben, Pentheus’ Ermordung durch
jeine eigene Mutter Agaue ald Strafe dafür, daf
er fich dem Dienfte des Gottes widerjeßte, find der
Anhalt. 14) "Hoanlsidar, um 421. Die Nach—
fommen des Serafles, von Euryſtheus verfolgt,
fuchen Schuß in Athen beim König Demophon,
der ihn gewährt, Euryitheus wird befriegt, gefangen
und das Opfer ihrer Rache. Nicht ohne Dolititche
Beziehung auf die Undankbarkeit der doriichen Be:
völferung im Peloponnes. 15) "Eiern, 412. Nach
Trojas Einnahme fommt Menelaos nad Agypten,
findet dort die Helena und erfährt, daß er und
die Griechen um ein Trugbild vor Troja gefämpft
haben. Der dortige König Theoffiymenos mill
Helena heiraten; durch Lift entkommt fie glücklich
mit ihrem Gatten Menelaos. 16) "wor, vielleicht
um 420. Jon, Sohn des Upollon und der Kreuſa,
Tochter des Königs Erechtheus in Athen, wird als
Kind von feiner Mutter ausgelegt, in Delphoi
aber unter den Prieftern von der Pythia zum
Tempeldienft erzogen. Apollon bringt den König
Xuthos, deſſen Gattin Kreuſa ift, durch ein Dratel
zu dem Glauben, dat Jon fein vor der Ehe er:
zeugter Sohn ſei. Kreuſa will den ungefannten
Sohn und den für treulos gehaltenen Gatten töten,
ebenjo Jon an der ihm unbekannten Mutter den
Mordverfuh rächen. Non wird von jeiner Mutter
erfannt und von Zuthos zum Nachfolger beftimmt.
17) "Hoankijs umıvouerog, um 422. Der von Hera
in Wajerei verjeßte Herakles tötet feine Gattin
Megara und feine Kinder. Zum Bewußtſein zurüd-
gekehrt, büßt er durch Sühnopfer fein Vergehen
und jucht in Athen Ruhe. 18) ’Hifarga, das
ſchwächſte Drama, enthält den Muttermord der
Klytaimneſtra, durch Drejtes und feine Schweiter
Eleftra volläogen. 19) Kurkomp, das einzige er:
haltene Satyrdrama, gibt die Blendung des Ky—
klopen Polyphemos durch Odyſſeus nach den neunten
Buche der Odyſſee. Der Chor befteht aus Satyrn,
die mit ihrem führer Silenos an die Inſel ver:
ichlagen worden jind. — Um die Kritik und Er:
flärung des Euripides, deſſen Tert durch Inter—
Euripos — Europa.
polationen und die Nachläffigfeit der Abjchreiber
ſchwer gelitten hat, haben ſich Waldenaer, Porſon,
Elmsley und &. Hermann, in neuerer Zeit bejon-
ders Kirchhoff und Naud verdient gemacht. —
Sejamtausgg. von Musgrave (1778, wiederholt
von Morus und Bed, 1778 f.), von Matthiä (1813 ff.)
und von Kirchhoff (1855). Tertausgaben von 2.
Dindorf (1825), W. id (1841; 1855 f.),
Kirchhoff (1867), W. Dindorf (5. Aufl. 1868) und
U. Naud (3. Aufl. 1871). Anfang einer neuen
frit. Ausg. von Prinz (jeit 1878, bis jetzt drei
Stüde). Unvollendet die Ausgaben von Borjon
(4 Stüde, 1797 u. d.), Seidler (3 Stüde, 18127F.),
G. Hermann (8 Stüde, 1831 ff.), von Pflugk und
Klotz (11 Stüde, 1829 ff., einzelne Stüde in meh-
reren Auflagen). Ausgewählte Fra g. von W. Bauer
(1870 fi). — Ausgg. der Phoinijjen von Valcke—
naer (1755 und 1802), Geel (1846) und Kinfel
(1871); der Medeia von Elmsley (1818; 1822),
Kirchhoff (1852), Schöne (1853), Wedlein (2. Aufl.
1880), von Arnim (1886), S. Meller (1886); des
Hippolytos von Baldenaer (1768), Mont (1811;
1821), Barthold (1880) und Wedlein (1885); der
Alfeftis von Mont (1816; 1823), G. Hermann
(1825), W. Dindorf (1834); der Andromache von
Lenting (1829); der Hiketiden von ©. Hermann
(1811) und v. Wilamowig:Möllendorf (1875); der
beiden phigeneien von Markland (1771; 1811);
der Iphig. in Aulis von Water (1845); der Tau:
riihen Fphig. von Schöne (1853, 3. Aufl, von
Köchly, 1872), Wedlein (2. Aufl. 1888) und Zieg-
ler (2. Aufl. 1886); des Rheſos von Bater (1837);
der Troades von Kirchhoff (1852); der Balchai
von Elmsley (1821), ©. Hermann (1823), Schöne
(2. Aufl. 1858) und Wedlein (1879); der Hera-
fliden von Elmsley (1813); des Jon von ©. Ser:
mann (1827) und van Herwerden (1875); des
rajenden Serafles von G. Hermann (1810). Die
beiten Überjegungen haben Donner (3. Aufl. 1876)
und Fritze (voll. von Kock, 1856 ff.) geliefert. Über:
egung ausgew. Dramen von M. Bruch Sa;
Scholia in Euripidem ed, Schwartz (Vol. 1.
1888).
Euripos ſ. Euboia.
Euröpa, Eöeorn, 1) Beiname der Demeter
in Boiotien (die finfternächtliche.. — 2) j. Eu-
phemos. — 8) Tochter des Phoinir und der
Berimede (Hom. Tl. 14, 321), nach jpäterer Sage
eine Phoinikierin, Tochter des phoinifiichen Königs
Agenor und der Telephafja. Zeus verwandelte fich
aus Liebe zu ihr in einen Stier und trug fie auf
jeinem Rüden übers Meer nad) Kreta. Mosch. id. 2.
Ov. met. 2, 850 ff. Hor. od. 3, 27,25. Hier zeugte
er mit ihr den Minos, Rhadamanthys und nach
ipäterer Sage den Stammbelden von Lykien, Sar-
pedon. Später ward Aiterion, Sohn des Teuta—
mos, König in Kreta, ihr Gemahl; er erzog ihre
und des Zeus Söhne und hinterließ ihnen die
Herrichaft über die Inſel. Sie genoß in Kreta
unter dem Namen "EAlwris göttliche Ehre und hatte
dort ein Felt "Eilorıe. Die Deutung der Sage
auf die von dem Himmelskönig Zeus in der Geftalt
des Sonnenftiers vom Aufgange nach dem Unter:
gange getragenen Mondgöttin iſt jehr aniprechend.
— 4) Tochter Philipps II. von Makedonien und
der Kleopatra (j. Kleopatra, 4.). — 5) der Meinfte
der 3 von den Alten unterjchiedenen Erbteile,
defien Name wohl nicht von einer griechiichen
Euros —
Wurzel (Etrewsen, weit anzuichauen, longe patens),
ſondern von dem hebräiſchen 277, Abend, griechiſch
Fosßog, abzuleiten it, alſo „Weſtland“ bedeutet
(ohne Zweifel phoinifiihe Benennung). — Zuerſt
ericheint der Name in Hom. hymn. Apoll. 251. 291,
wo aber nur das nördliche Griechenland bezeichnet
wird. Deutliche Kunde findet fich zuerft bei Herodot
(4, 36. 42. 45), der es indes noch umentichieden
läßt, ob €. im Norden begrenzt werde. Gegen
Often nahm man früher den Phajis, Arares und
das Kajpiihe Meer ald Grenzen an, fpäter aber
den Fluß Tanais und die Maiotis. Über die Größe
herrichten jo unrichtige Vorftellungen, daß ſelbſt
Plinius Europa noch für den größten Erbteil hält
und ihn %,, der ganzen Erdoberfläche einnehmen
läßt. Die Borzüge Europas dur die Mannig—
faltigfeit feiner Terrainverhältniffe und die daraus
ſich ergebenden Vorteile für die Entwidelung feiner
Bewohner erfannte ſchon Strabon.
Euros j. Winde, 3,
Eurötas j. Lakonika, 4.
Euryäle j. Gorgo.
Euryälos j. Adrastos, Diomedes, 2. und
Nisos, 2.
Euryänax, Eiovdraf, ein Spartaner und
Sohn des Dorieus, neben PBaufanias Anführer
der Spartaner bei Plataini. Hdt. 9, 10. 53.
Eurybätes, Eievßarns, 1) Ithakeſier, Herold
des Odyſſeus vor Troja, häflich, aber dem Odyſ⸗
jens treu ergeben und darum von ihm geehrt.
Hom. Il. 2, 184. Od. 19, 244. — 2) Serold des
Agamemnon. Hom. Il. 1, 320. ®, 170.
Eurybätos. Etgößaros, 1) ein Epheſier, defien
Name neben dem des Phrynondas jprichwörtlich
für einen Verräter war (Plat. Protag. 327); er
hatte den Kroifos, welcher ihn zur Anmwerbung
von Truppen nach Griechenland geſchickt hatte, an
Kyros verraten. — 2) ein Lakedaimonier, der erite
Olympionike im Ringfampf, DI. 18. — 3) Schiffs:
befehlshaber aus Kerfura (Thue. 1, 47) in der
Seeſchlacht gegen die Korinther bei den Sybota—
inſeln.
Eurybla, Föoußic, 1) Tochter des Pontos und
der Sata, Gemahlin des Titanen Koios, Mutter
des Aftraios, PRallas und Berjes. Hesiod. theog.
239. 375. — 2) Tochter des Theipios, welche dem
Herafles den Polylaos gebar. — 3) Amazone, von
Herafles getötet.
KEurybiädes, Etevßcöns, Sohn des Eur:
Heides, Oberbefehlshaber der griechiſchen Flotte
im Kriege gegen Xerres. Obgleich er jich als Feld—
herr wenig bewährte, vielmehr fich mut: und ratlos
zeigte, erteilten die Spartaner ihm doch nach dem
Siege bei Salamis den Preis der Tapferkeit, dem
Themiftofles den der Weisheit. Hdt. 8, 2. 42,
74. 124. Plut. Them. 11. 17.
Eurydämas, Eöovddues, 1) Sohn des Aigy—
ptos, von feiner Bemahlin, der Dannide Pharte,
ermordet. — 2) ein Teilnehmer der Argonauten:
fahrt. — 3) Freier der Benelope, von Odyſſeus
getötet. Od. 18, 297. 22, 283. — 4) ein troiicher
Seher, der die Kunft der Traumdeutung veritand.
Il. 5, 149. .
Eurydike, Eögvöidan, 1) . Orpheus. — 2) Ge:
mahlin des Neftor, eine Tochter des Klymenos. Od.
3, 452. — 5) Gemahlin des Kreon zu Theben.
Soph. Ant. 1180, Bei Heliod (scut. Herc. 83) heift
fie Henioche.
— 4) Gemahlin des Jos, Tochter:
423
des Adraſtos. Apollod. 3, 12, 3. — 5) Gemahlin
des Afrifios. Apollod. 2, 2,2. — 6) ſ. Audata.
— 7) Tochter der Kynna (j. d.), hieß vor ihrer
Verheiratung Adea (Arr. bei Phot. bibl, 92
p. 70b 2 Bk.); fie wurde mit Philippos III. Arrhi:
daios vermählt. War ihr Gatte ein ſchwachſinniger
Menich, jo zeichnete fie jich Durch männliche Energie,
Stolz und Kühnheit aus. Mit Olympias, der
Mutter Aleranders des Gr., und dem Reichsver:
wejer Polyſperchon lebte fie in Feindſchaft, da:
gegen förderte fie eifrig den Kaſſander (f. d.), durch
den fie politiichen Einfluß zu gewinnen hoffte.
Just. 14,5. Im J. 317 v0. E, fam fie jamt ihrem
Bemahl in die Gewalt der Olympias, nachdem fie
diefer und dem Polyſperchon vergebens in offener
Feldſchlacht Widerftand zu leiften verjucht hatte.
Athen. 13 p. 560 f. Diod. Sie, 19, 11. Just. a.a.D.
Dlympias rächte fich auf Schaudererregende Weife an
ben Gefangenen erit durch Einferferung und Ent:
ziehung von Nahrung, dann durch Tötung des
Philippos. Als auch jegt noch Eur. ihre Kühn:
heit bewahrte und die Königsherrſchaft als ein ihr
gebührendes Erbe von Dlympias forderte, fchidte
ihr dieje ein Schwert, einen Strang und einen
Becher mit Gift und hieß fie wählen. Darauf
machte Eur. ihrem Leben durch Erhängen ein Ende.
Diod. Sie. a. a.D. Aelian. v. h. 13, 36, Paus.
8, 7, 7.1, 11, 4 Just. a. a. O.
Euryklela, Eögvxisıe, Tochter des Ops, treue
Sklavin im Haufe des Odyſſeus, von Yaörtes in
ihrer Jugend gefauft, Amme des Odyſſeus und
Erzieherin des Telemachos. Sie erfannte den heim:
gefehrten Odyſſeus zuerit beim Fußwaſchen an
einer Narbe und benachridhtigte Penelope von der
Heimfehr des Gatten. Od. 1,429. 4, 742.19, 353 ff.
22, 391 ff. 23, 1 ff.
Eurylöchos, Eögtkogos, Berwandter und Ge:
fährte des Odyſſeus; ihn traf das Los mit der
Hälfte der Schar zur Wohnung der Kirke zu gehen,
und er erging allein von dieſen der Verwand—
lung in Schweine. Auf der Inſel Thrinatia ver:
leitete er jeine Genoffen, einige von den Rindern
des Helios zu jchlachten, und brachte dadurch fich
und den andern den Tod (j. Odysseus). Od.
10, 203 ff. 11, 23. 12, 339 ff.
Eurymedon, Etevufdor, 1) j. Giganten.
— 2 Wagentenfer des Agamemnon (Hom. Il.
4, 228), mit diefem von NWigifthos erjchlagen. -
3) Feldherr der Athener, wurde im 3. 427 v. E.
und nochmals 425 nad Kerkyra gejandt, um die
Demofraten zu unterftüßen, befiegte 426 Tanagra,
ging 425 mit einer Flotte nah Sicilien, ohne
etwas auszurichten, wurde jedoch im 9. 415 aber:
mals dahin geſchickt und fiel 413 vor Syrakus.
Thuc. 3, 807. 85. 91. 115. 4, 2f. 8. 46f. 65.
7,16. 31. 33. 35. 425. 49, 52, — 4) j. Köprüfu,
ichiffbarer Fluß Pamphpliens, der bei Aipendos
vorüberfloß und 60 Stadien unterhalb ins Meer
mündete, berühmt durch den Sieg des Kimon,
wahricheinlich im 3. 466 (oder 467) v. C. Thue.
1, 100. Xen. Hell. 4, 8, 30.
Eurynöme, Eöovroun, 1) j. Charis. — 2jeine
zweite Schaffnerin des Odyſſeus. Od. 17, 495.
19, 9%.
Eurypylos, Evevnulog, 1) Sohn des Enai—
mon, König von Ormenion in Theſſalien, zog mit
40 Schiffen vor Troja, wo er, einer der Haupt:
helden, ſich zum Zweifampf mit Heftor erbietet.
Eurypylos.
424
Die von Paris gefchlagene Wunde heilt Patroflos.
Hom. Il. 2, 736. 7, 167. 11, 575 ff. 809 ff. 15, 390.
Eur. erjcheint auch als Heros von Hyria (hier ift
er Sohn des Pofeidon und der SKelaino, der
Tochter des Atlas) und als König in der Gegend
von Kyrene, auch ift er in den Kult des Dionyſos
Aiſymnetes verflochten. Hephaiftos hatte ein von
ihm gefertigtes Bild des Dionyjos in einer Kifte
dem Dardanos übergeben, welder es als Schub:
rg aufbewahrte. Bei der Teilung der troi-
chen Beute fiel die Kifte dem Eurypylos zu; als
er fie öffnete, verfiel er in Wahnfinn. Das del:
phiiche Orakel befahl ihm, um geheilt zu werben,
jolfe er die Kifte da meihen, wo er Menſchen
träfe, die ein fremdartige® barbariiches Opfer
bräcten. Er fam nad Arod in Achaia, wo man
der Artemis Trillaria den jchönften Jüngling und
die Ihönfte Jungfrau als jährliches Opfer brachte.
Der blutige Dienft wurde abgeſchafft und der des
Dionyjos-Aiiymnetes (d. i. Herr) dafür eingeſetzt.
Paus. 7, 19, 1. 6ff. 21,7. — 2) Sohn des Po—
jeidon und der Aitypalaia, König der Meroper in
Kos, von Herafles auf der Heimfahrt von Troja
etötet. Mit feiner Tochter Ehalfiope zeugte Hera:
es den Theſſalos. Hom. Il. 2, 677. A L
2,7,1. — 3) Sohn des Telephos und der Aftyoche,
der Schweiter des PBriamos, König in Myfien, fam
dem Priamos zu Hülfe und ward nad vielen
tapferen Thaten von Neoptolemos getötet. Od.
11, 519. Seine Mutter war von Priamos durch
das Geſchenk eines von Hephaiſtos gefertigten
oldenen Weinftods, welchen Zeus dem Tros als
egengeſchenk für Ganymedes gegeben hatte, be:
wogen worden, den Sohn in den Kampf ziehen
zu laffen. Er war nad) dem Tode des Memnon
und der Benthefileia der legte Helfer der Troer.
Eurysäkes |. Aias, 2.
Eurysthönes j. Herakles, 16.
Eurystheus j. Herakles, 3. 6.
Eurytion, Eögvrior, 1) ein Kentaur des Pelion,
Peirithoos. Er befand fich jpäter bei denen,
welche die Höhle des Pholos ftürmten (j. Hera-
kles, 7.), und ward von SHerafles getötet. —
2) ein Sohn des Aftor aus Phthia, Argonaut
und kalydoniſcher Jäger, reinigte den flüchtigen
zu. vom Morde des Phokos und gab ihm jeine
ochter zur Ehe (f. Aiakos), wurde aber unabjicht:
lih von ihm getötet. — 3) Sohn des Lykaon,
Bruder des Pandaros, Bogenſchütze, Begleiter des
Nineiad. Verg. A. 5, 495. — 4) Rinderhirt des
Geryones. Hesiod. theog. 293.
Eurftos, Eögvrog, 1) Sohn des Hermes und
der Antianeira, Zwillingsbruder des Echion, Argo-
naut, heit auch Erytos, "Egvrog. Apoll. Rhod.
1,51. Pind. pyth. 4, 179. — 2) Sohn des Me: | Xen
laneus, König von Dichalia, Vater der Jole, ſ.
Herakles, 4. 11. 12. — 3) einer der Molio:
niden, j. Herakles, 8. — 4) j. Giganten.
Eusebios, Eöseßıog, der Water der Kirchen:
geichichte, durch den Beinamen Pamphili (scil.
amicus) von E. von Emeſa und E. von Niko:
medeia unterjchieden, geboren zu Cäſarea in Pa—
läftina um 265, Bijchof dajelbft 313, geitorben 340.
Seine duninsıworınn; forogle in 10 3
bis 324 und fand mehrere namhafte Fortſetzungen.
Die Biographie Eonftantins ift eine On Apo:
theoje des Kaijerd. Sehr wichtig ift jein Chroni-
con, eigentlich zarrodarı, loroglx, ın 2 Teilen.
Eurysakes — Eöövva.
Bon dem erjten, einem Grundriß der Weltgeichichte
bis 325 n. C., waren lange Zeit nur griechiiche
Fragmente vorhanden, nad welchen Joſ. Scaliger
(1606) den Berfuch einer Rekonftruftion machte;
den zweiten Teil, einen Auszug aus dem n
in Tabellenform, hatte Hieronymus frei ins Latei—
nijche übertragen und bis 378 fortgejegt. 1792
wurde eine armeniſche Überjegung des ganzen
Werkes aufgefunden. Ausgg. von Auger (1818),
Mai (1818 und 1833), befonders aber von Schöne
(1866— 1875. 2 Bdd. mit dem gejamten Mate:
rial). Noch find zu nennen 2 apologetiiche Werte
mit vielen wertvollen Notizen aus dem Haffischen
Altertum: meomagaoxevun) ebayyslın), praepa-
ratio evangelica (Heidentum und Judentum), in
15 Büchern, und &nödeıkıg ebeyy., demonstra-
tio evang. (das Chriftentum), in 20, jetzt nur noch
10 Bücher. Ausg. der prarp. von Gaisford (1843,
4 Bbdd.); der demonstr. von demj. (1852, 2 Bdd.).
—— von Dindorf (1867 -1871,4 Bdd.).
ustathios, Ebordörog, 1) aus Kappadokien,
ein Neu: Platonifer, Schüler des Jamblichos, aus:
gezeichnet durch Beredſamkeit, übernahm 358 n. E.
eine Sendung des Kaiſers Conſtantius an den
Perjerfönig Sapores (Amm. Marc. 17, 14), die
zwar ohne Erfolg war, ihm aber große Achtung
bei den Perſern brachte. -— 2) geb. in Konſtan—
tinopel, Erzbiſchof in Thefjalonife im 12. Nahrh.,
Berfafier eines Kommentars zur Ilias und Odyſſee
(ragerßolel els mw ’Iıdda nal Odvcseıen), der
zwar nur aus abgeleiteten Quellen geichöpft iſt
und für die Kritif wenig Wert hat, aber für die
Erklärung die Schäße ausgebreiteter Gelehrjamteit
bietet. Seine Bedeutung hat durch die Scholien
verloren. Erjte Ausg. Rom 1542— 1550 in 4 Fol.,
wiederholt Leipzig 1825—1830 in 6 Quartanten.
Auch Kommentare zu des Dionyfios Erdbejchrei:
bung mm erhalten) und zu Pindar Hat er
verfaßt.
uterpe j. Musae, 1.
Euthydömos, Eöswönuos, 1) Feldherr der
Athener, der im J. 421 v. E. die Urkunde des
durch Nikias vermittelten Friedens mit unter:
eichnete (Thuc. 5, 19) und jpäter (414) bei der
icilifchen Erpedition nebjt Menander dem franten
Nikias beigegeben wurde. Thuc. 7, 16. — 2) atti-
ſcher Sophift, geboren auf Chios, hielt jich längere
Zeit in Thurit auf, bejonders befannt durch den
jeinen Namen führenden Dialog des Platon. —
Platon erwähnt aber auch noch (r. p. 1, 328B)
3) einen E., Sohn des Kephalos und Bruder
des Redners Lyſias. — 4) Sohn des Diofles,
Schüler des Sokrates und von dieſem bejonders
geliebt, ö zuÄdg genannt. Plat. symp. 222 B.
. mem. 4, 2,
Euthykrätes j. Bildhauer, 11.
Euthfmos, Eidvuos, ein berühmter Fauſt—
fämpfer aus dem italiichen Lokri zur Zeit des
Xerxes. Er befreite die Stadt Temeſa Temeſſa)
von dem böjen Geifte Polites (einem Genoſſen des
Odyſſeus), dem jährlih eine Jungfrau geopfert
werden mußte. Daun joll er von der Erde ver-
ſchwunden jein, ohne eigentlich zu fterben. Paus.
üchern reicht | 6, 6, 4
’ I u
EöbSvra (in ipäterer Gräcität eb®orn) be:
ichnet bald in weiterem Ginne jede Art recht:
ichen Verfahrens und die in demſelben erfannte
Buße, bald in engerer und eigentümlicher Be—
Eöövror — Evagoras.
iehung das rechtliche Verfahren und die in dem:
Beiden erfannte Buße gegen ſolche, welche irgend
einen Zeil des gemeinen Weſens verwaltet hatten
und davon Rechenschaft abzulegen hatten, eine
Verpflichtung, die ſich auf alle atheniſchen Magi:
ftrate erjtredte und bei den jährlichen ordentlichen
Beamten wahrſcheinlich insgefamt in den eriten
30 Tagen nad niedergelegtem Amte ftattfand.
Die über die Amtsführung zu gebende Auskunft
beftand bei den Magiftraten, die irgend mit öffent:
lichen Geldern zu thun hatten, aus dem Aoyos,
der eigentlihen Rechnung, und den ebdvuraı oder
einem mehr oder weniger ausführlichen Bericht
ihrer ganzen Amtsführung; bei einer Behörde, die
nichts mit Geld zu thun Hatte, nur aus dem
legten Stüd. Die Behörde, welche die Rechen:
ſchaft abnahm, waren die Logiſten, bei denen
auch jeder als Kläger gegen den Rechnungspflich-
tigen auftreten fonnte, wegen allgemeiner Mi:
bräuche in der Amtsführung, wegen unterjchlagener
Gelder, Beitehung, Berrats u. ſ. f. Die Logiften
leiteten dann nach geichehener Borprüfung Die
sidvrer bei einem heliaftiichen Gerichtshofe ein.
©. Aoyısral., Meier und Schömann, attischer
Prozeh S. 257 ff. der 2. Aufl.
Eö$vro: |. Aoyıorad.
Euthynöos, Eööuvoog, 1) ein Athener, gegen
den Sokrates eine noch vorhandene Rede hielt.
- 2) ein Thejpier, der dem Agefilaos die Abficht
des Epameinondas meldete, auf Sparta los zu
marjchieren, wodurch es den Spartanern möglich
ward, ji) zur Segenwehr zu rüften und die Ein:
nahme der Stadt zu verhindern. Plut. Ages. 34.
Ev&$urova |. lormenta, 3.
Eutropius, Eörgömiog, 1) ein römischer Ge—
ichichtichreiber im 4. Jahrh. n. E., von unbelannter
Herkunft, vielleicht der Eutr., welcher unter Con—
ftantin dem Gr. die Stelle eines Geheimfchreibers
befleidete, nahm an Julians Feldzuge gegen die
Barther teil Futr.10, 16,1) und ſchrieb außer andern
Schriften im Auftrage des Kaiſers Valens (praef.
und 7, 12) um 367 ein breviarium ab urbe con-
dita, unrichtig breviarinm historine Romanae
ad Valentem genannt, in 10 Büchern. Er mag
um 370 geftorben jein. Jenes Werfen umfaßt
die ganze römijche Geſchichte von der Gründung
der Stadt bis zum Tode Jovians, 364, mehr die
äußeren Begebenheiten, namentlich die Kriege und
Siege der Republif, als die innere Entwidelung
oder die fulturgeichichtlichen Zuftände behandelnd.
Erft die 4 legten Bücher, weldye die Raifergejchichte
enthalten, —— auch genauere, durch Unbefangen—
heit und Unparteilichkeit ſich empfehlende, Cha
rafteriftifen der Regenten. Die leicht verftändliche
und jelbft forrefte Darftellung hat dieje Überficht
bei den Zeitgenofjen bis auf die neuere Zeit jehr
empfohlen und das Buch in die Schulen gebrad)t,
aus denen es nicht lange erft und noch nicht ganz
verdrängt ift. Diejem Beifalle verdanfen wir auch
die verloren gegangene griechifche Überjegung des
Lykiers Capito (zur Zeit Juftinians) und die noch)
faft vollitändig erhaltene, für die Kritik des Eutr.
nicht unmichtige, des Paianios (ſ. d.). Das Ber:
iprechen , auch die Gejchichte des Balentinian und
Balens zu jchreiben und zwar maiore stilo und
maiore scribendi diligentia (10, 18), ift nicht
erfüllt. Ausgg. von Cellarius (1678 u. d.), Haver—
famp (1729), Berheyf (1762), Tzichude (1796),
425
Dietich (1849), Hartel (1872), Droyien (1878),
Wagener (1884) und Kühl (1887). — 2) der ver-
rufene Eunuch und Günftling des Kaijerd Arca-
dius, urjprünglid ein Sklave. Er fam zuerjt zu
Anjehen unter Theodofius dem Gr., wurde dann
von Arcadius jehr begünftigt (395 n. €.) und
ftürzte den Minifter Rufinus, an deſſen Stelle er
trat. Im J. 398 zum Konful ernannt, zeichnete
er fich durch Habjucht, Feigheit und Graujamteit
aus, begünftigte den Alarich, feindete dagegen den
edlen Bandalen Stiliho an, jtatt daß er gegen die
Goten das zerrüttete Reid mutig hätte verteidigen
folen. Bon dem ſchwachen Arcadius wurde er
(399) den ungeftümen Forderungen des Goten
Gainas und der Kaiſerin Eubdoria geopfert, er-
langte mit Mühe die Zuficherung des Lebens,
wurde aber bald danach zu Ehalfedon, wohin man
ihn aus feinem Erile auf Kypros gebradıt hatte,
umgebrad)t.
Eutychides j. Bildhauer, 13.
Evagdras, Eiayogag, 1) Ev. I., König von
Salamis auf Kypros, ftammte aus der uralten
Herricherfamilie der Stadt, welche jedoch die Ge:
walt an einen Phoinifier verloren hatte. Isoer.
Evag. 8. Dadurch war Kypros unter perfijche Bot:
mäßigkeit gelommen. Nach dem Sturze desjelben
floh Evagoras, welcher bis dahin in Salamis ge:
lebt hatte, nach Kilifien, um den Nachftellungen
der Mörder des Tyrannen zu entgehen, ging aber
von hier, nur von Wenigen begleitet, zurüd nad)
Salamis (410 v. E.) und befreite feine Baterftadt,
über welche er nun die Herrichaft erhielt, in der
er fih mit großem Erfolge um die Einführung
griechiicher Bildung bemühte (daſ. 10). Er hob
dur jeine großen Talente die Macht und den
Wohlftand der nah und nach unter jeine Herr:
ſchaft geratenen Inſel zu jeltener Blüte (da. 20 f.)
und bot zugleich zu friedlicheren Verhältniffen mit
dem Berjerfönig Artarerzes II. Mnemon die Hand.
Nachdem er jo Fine Herrichaft gefichert hatte, unter:
ftügte er den von den Berjern begünftigten Athener
Konon, den er nach der Eroberung Athens gern
bei fich aufgenommen hatte, jo fräftig, daß die
danfbaren Athener nad) der durch den Sieg Konons
bei Knidos erfolgten Wiederherftellung ihrer Un:
abhängigfeit dem Evagoras im J. 391 Schiffe zu
Hülfe jandten, als derjelbe von den Perſern an:
gegriffen wurde. Diod. Sie. 14,98. Ev. ſchloß mit
dem Könige Aloris von Ägypten ein Bündnis,
brachte die Küftenländer Vorderaſiens gegen die
Berjer in Aufftand und- veranlaßte dadurch den
Artaxerxes im J. 387 nad dem für Griechenland
jo ungünftigen Frieden des Antalfidas zu bedeu-
tenden Rüftungen. Ev. fonnte zwar die Yandung der
Berjer nicht verhindern (vgl. Xen. Hell. 4, 8, 24.
Isoer. Evag. 22.23. Diod. Sie. 14, 110. 15, 2, 8),
ichnitt ihnen aber die Zufuhr ab und verteidigte
ſich mit Mut und Entichlofjenheit. Erft eine Nieder:
lage jeiner Flotte bei Kition (Died. Sie. 15, 3),
nach der Salamis von den Feinden eingeichlofien
wurde, und das Scheitern jeiner Hoffnung auf
Hülfe bewog ihn zu Unterhandlungen. Jedoch
Uneinigfeiten unter den perfiichen Heerführern er
leichterten ihm bald wieder die Verteidigung feines
Neiches, und nach zehnjährigem Kampfe erlangte
er (376) einen ehrenvollen Frieden. 2 Jahre jpäter
fiel er durch die Hand eines Meuchelmörders. Died.
Sic. 15, 47. Der athenijche Redner Iſokrates rühmt
426
mit Recht nicht nur feine Talente als Herricher,
jondern auch jeine Bildung und Tugenden. —
2) Ev. Il., Enkel des vorigen, Sohn des Niko:
kles, erhielt, nach kurzer Herrichaft von Protagoras
geftürzt, mit Hülfe Berfiens feine Herrichaft wieder,
verlor fie aber jpäter an bdenjelben Brotagoras,
der ihn in Suja verleumdet hatte, und ftarb, zu:
nächſt zum Satrapen einer vorderafiatiichen Pro:
vinz beftellt, dann flüchtig wegen Erprefjungen,
auf Kypros eines gewaltiamen Todes. Diod. Sie.
16, 42 ff. Vgl. Engel, Kypros I ©. 286 ff.
Evander, Eiarödoog, Sohn des Hermes und
einer arfadiihen Nymphe, oder der Weisjagerin
Garmenta, die auch Nikoftrate und Themis ge:
nannt wird, oder Sohn des Echemos (j. Hera-
kles, 15.) und der Timandra. Er foll 60 Jahre
vor Trojas Zerftörung eine pelajgiiche Kolonie
aus PBallantion in Arkadien nach Latium geführt
und auf dem Balatinischen Berge an der Stelle,
wo Später Rom ftand, eine Stadt gegründet haben,
welche nach feinem Großvater (oder Sohn oder
Entel) Pallas PBallanteum, Balantium, Pa:
latium genannt ward. Er brachte zu den rohen
Bewohnern Latiums den Gebraud der Schrift,
die Mufit und andere Künfte und führte den
Kultus der Geres, des Neptunus Confus, des Her:
fules, des Inkaiischen Pan, der in Latium Faunus
oder Inuus genannt ward, ein. Ziv.1, 6.7. Or.
fast. 1,471 ff. 5, 99. Dion. Hal. 1, 31—33, Strab.
5, 230 (f. Herakles, 9.). Bei Bergil (A. 8) ift
er jowohl wie jein Sohn Pallas, deſſen tragijches
Ende in dem Kampfe im zehnten und elften Buche
der Aneide erzählt wird, ein Bundesgenoſſe des
Aineias. Er wurde zu Nom unter den einheimi:
ſchen Heroen Indigetes) verehrt und hatte einen
Altar am Moventinifchen Hügel. Seine Mutter
Carmenta oder Carmentis, melde ihn nad
Yatium begleitet haben jollte, hatte an dem nach
ihr benannten Carmentalifhen Thore am Fuße
des Gapitols ein Heiligtum (Verg. A. 8, 335 ff.),
wo ihr am 11. und 15. Januar die Carmenta:
lia gefeiert wurden. Teil an diejem Feſte hatten
ihre Sefährtinnen Borrima (oder Brorja, Ante:
vorta) und Boftvorta, von denen jene die dunkle
Vergangenheit, dieje die Zukunft verkündete.
Erventus, Bonus Eventus, urſpr. der Gott
des Gedeihens der Keldfrücte, dann über:
haupt des guten Erfolges und glüdlihen
Ausganges. Er jcheint hervorgegangen aus der
Idee des griechiichen Triptolemos und von Unter:
italien mit dem Bacchus- und Ceresdienſt nad
Non gefommen zu fein. Gr wird dargeftellt als
jugendlicher Heros auf geflügeltem Dracenwagen,
in der rechten Hand eine Opferichale, in der lin:
fen Mohn und Kornähren, Füllhorn. Auf dem
Capitol ftand jeine Bildfäule neben der der bona
Fortuna; auf dem Marsfeld hatte er einen Tempel.
Eviectio ift die von jeiten des wirklichen Eigen:
tümers zu bewirtende Zurüdforderung feines Eigen:
tums, welches gegen fein Willen und Willen in
andere Hände gelommen ift. Selbit in dem FFalle,
wenn der unrechtmäßige Befiger die arripierte
Sache verfauft hatte, war der Käufer zur Der:
ausgabe verpflichtet, ohne Schadenerjag. Deshalb
juchte derjelbe beim Kaufe fich durch die praesta-
tio evictionis, d. i. die ausdrüdlich ausgeiprochene
Haftung des Verkäufers, ficher zu ftellen.
‚vocäti ſ. Dilectus militum, 4.
Evander — 'Eäelıyuög.
EFEciyyt Aoc hie auf dem griedhiichen Theater
der Bote, welcher das in dem Innern der Häujer
Vorgefallene berichtete, 3. B. einen Mord, wie
Soph. Ant. 1277 ff. und Oed. Tyr. 1223 ff. Der
&yyelog dagegen trat von außen ber auf und
meldete das, was im Freien und in der Ferne
geichehen war.
"ESatg&oewg od. Apagiceog dien. Siun.
Exauctoräre (das Subft. exauctoratio ift nicht
nachweisbar) war in früheren Zeiten gleichbedeu-
tend mit missionem dare und behielt im gewöhn:
lichen Leben auch fpäter diefe Bedeutung (Lam-
prid. Alex. Sever. 52: tantae severitatis fuit in
milites, ut saepe legiones integras exauctora-
verit. Plin. ep. 6, 31. Suet. Oct. 24). Als aber
bei Beginn des Principats mit den neuen Mili:
täreinrichtungen auch neue Ausdrüde und Bezeich:
nungen ſich vernotwendigten und namentlih an
die Stelle der früher zer: 20 stipendia erfolgten
missio eine dimissio (j. Dileetus militum, 5.)
trat, fam der nicht offizielle Ausdrud exauctorare
ins Schwanten, jo dab ſchon die vorläufige Ent:
lafjung aus dem Legionsverbande (dimissio) mit
dem Sorte exauctorari bezeichnet wurde (Tac.
ann. 1, 36), während derjelbe Ausdrud auch noch
mit der vollftändigen Entlaffung (honesta missio)
fämtlicher prätorianifchen Kohorten durch Vitellius
(Tac. hist. 2, 67) als gleichbedeutend galt (nuper
exauctoratos, Tac. hist. 2, 96).
Exceptio, Einrede, Einwendung des Bellagten
gegen den Kläger, wodurd er das Klagerecht des
Klägers, das er an ſich nicht beftreiten konnte, auf
Grund der aequitas (ſ. d.) ausichliegen wollte und
auf eine Ausnahme vom ftrengen Rechte Anſpruch
machte. Eine dieſer Erceptionen war exc. pacti,
ne intra certum tempus petatur. Gai. 4, 116.
Excubiae j. Disciplina militaris, 7.
Exeusatio, Bejreiungs: oder Entichuldigungs:
grund, mwodurd man ein Amt oder läjtiges Ge—
ihäft von fich ablehnt, z. B. als Richter, Vor:
mund, Municipaljenator (decurio) u. j. wm. Am
häufigften war die exc. aetatis, d. h. wegen
hohen Alters.
Exödra (exhedra), 1) eine halbrunde, mit Sigen
verjehene Niiche der Säulenhalle in den Gymna—
jien, wo man fich zu unterhalten pflegte; — 2) in
den Privathäufern gewölbte Salons, deren beide
Enden in einen Halbkreis mit einer an der Wand
umberlaufenden Banf zum Sitzen ausliefen. In
heißen Tagen waren ſie ein wegen der angeneh:
men Kühle gejucter Platz, um dort Siejta zu
halten. Nocd mehr wurden fie als Konverſations—
zimmer benugt. ic. de or. 3,5. n. d. 1,6.
’ESelıyaös. Bei den griechiichen Hopliten:
heeren (Bhalanr) ftanden in der erjten Linie
(Fronte) die tüchtigften Krieger, je weiter nach
hinten die jchwächeren, welche nicht jomohl zum
Kampfe als zum Nacdrängen beitimmt waren.
Daher war, wenn der Feind zufällig nicht von
vorn, -jondern etwa gerade von hinten angriff,
eine vollftändige Umftellung der Fronte notwendig
(Eontremarich). Die Er rajche Ausführung dieies
GEontremariches hieß EEeAıyuos. Derfelbe wird bei
den griechiichen Schriftitellern unterichieden in
Eontremarih nah Rotten (dEeiıyuös xark
Aöyovg oder xar& orlgoug) und nach Gliedern
(rar& $Zuya). In der Ausführung verjchieden
—
Exequiae — Exereitus.
waren der lafonifche, makedoniſche und perfiiche
Ereligmos.
Exequlae j. Bestattung, II, 6.
Exereitia armörnm waren die verjchiedenen
Arten von Waffen: und Marjhübungen. In der
alten, ftrengen Zeit der Römer war freilich jchon
die Gymnaſtik der Knaben und Jünglinge eine
Vorbereitung zum baldigen Kriegsdienite, doch be—
traf dies im ganzen nur die allgemeine Borbil-
dung und Abhärtung. Sobald jie mit dem ſieb—
zehnten Jahre ausgehoben waren, warteten ihrer
zunächit ſchon manche Übungen, die fie daran ge:
wöhnen jollten, in Gemeinſchaft und in Reih’ und
Glied nach dem beitimmten Takte zu marjchieren.
Aber jobald fie als wirkliche milites (vgl. Di-
lectus militun, 2.) einer Legion zugeteilt
waren, traten jpezielle Übungen ein, die unter der
Kaijerherrichaft gnejeglich in beftimmten Zeitpunt:
ten vorgeichrieben waren, und zu denen die einzel:
nen Feldherren je nach dem Bedürfnifje und ihrer
eigenen Energie noch andere Übungen anorbneten.
Namentli in den Winterlagern, aber auch jonit,
wenn der Krieg ruhte, zogen die Soldaten unter
ihren Eenturionen, auch wohl unter der Leitung
eines bloßen ductor armorum (der als folder
doppelten Proviant befam, Veg. 1, 13) aus, um
Marihübungen (vgl. Ambulatio) anzuftellen,
die oftmals in Zaufübungen (cursus), doch mit
Aufrechterhaltung der Ordnung, übergingen. Liber
die vollftändigen Manöver vgl. Decursio. Über
die übrigen mehr vereinzelten Übungen, z. B. An:
leitung zum Angriff auf einen fingierten Feind,
palaria, Unterriht in dem Gebrauche und der
Anwendung der größeren und Heineren Wurf:
geihoffe, armatura, Spring: und Schwimm-
übungen, saltus, natatio, vgl. Disciplina
militaris,5. Auch waren bei allen diejen Übun—
gen Belohnungen und für die Untüchtigen und
Unfertigen Strafen angeordnet, die namentlich in
Duantität und Qualität des verabreicdhten Brot:
getreides beitanden. Zu unterjcheiden von diejen
rein militärijchen Übungen find noch die ander:
weitigen Verwendungen von ganzen Legionen und
einzelnen Abteilungen zu allerhand Bauten, 3. B.
Straßen, Amphitheatern, Kanälen u. j. mw.
Exereltns. I. Bei den Griechen kann in der
heroiichen Zeit von ber organijchen Gliederung
eines Kriegsheeres, wie es in dem Begriffe von
exercitus liegt, noch nicht die Rede ſein. Später
war die Organijation bes Heeres ein vollftändiger
Abglanz ihrer bürgerlihen Staatseinrichtungen,
daher betrachteten fie das Hecht des Kriegsdienites
als einen nur den Freien, und unter diejen dem
Mehrbefigenden aucd in höherem Maße zukom—
menden Borzug, der aber augleich ‚auch die Wehr-
pflicht mit einſchloß. Mit den Anderungen der
bürgerlichen Volfseinteilung aber mußte auch zu:
gleih die Einteilung des Heeres mwechieln. Wie:
derum treten hier die beiden griechiichen Haupt:
völfer in den Vordergrund, und ift bei den wenigen
Kenntniffen, die wir von den übrigen haben, an:
zunehmen, daß das Heerweſen derjelben nicht be-
deutend und weſentlich von dem jener beiden ab:
wich. — Bei den Spartanern war das Verhältnis
der Spartiaten, Berioiten und Heloten maßgebend.
Die erfteren, die Herrichenden, Bürger der Stadt
Sparta, zerfielen in 5 Gemeinden (“öueı), jede
ftellte einen Aoyog, der je nach der zufälligen und
427
wechielnden Anzahl der Semeindeglieder oder auch
nad) der Gejamtgröße des für nötig erachteten
Aufgebot3 an Zahl verichieden jein Fonnte. Die
Ephoren hatten hierüber die nähere Beitimmung,
und waren die Spartiaten vom ziwanzigften bis
jechzigiten Lebensjahre Friegspflichtig; vom acht:
zehnten bis zwanzigften Jahre übten fie wahr:
ſcheinlich einen Polizeidienft im Lande. Uber die
Geſamtſumme der ftreitbaren Männer liegen feine
Angaben vor, bei Blataiai waren es 5000. Alle
dienten als jhwerbewaffnetes Fußvolk (mii-
rar), jelbit die jogenannten Ritter (immeis), eine
Elite von 300 Mann (Hat. 1, 67. 7, 205. 8, 124)
als Ehrenwahe des Königs. Die Berioiten,
Bewohner der LYandjtädte, dienten ebenfalls als
Hopliten, doch in bejonderen Corps, waren aber
nie ftärfer ald das Heer der Spartiaten, obſchon
jie an Anzahl im allgemeinen diejelben weit über:
trafen. Bei Plataiat waren es ebenfall® 5000.
Diod. Sie. 11,4. Die Heloten folgten den Spar:
tiaten ald Diener (Beodnorres) und Schild:
träger (breorıorel) nur im perjönlichen Dienite
der Herren, nicht als Teil des Heeres. Doc lag
es in Zeiten der Not zu nahe, aud) fie, oder einen
Zeil derjelben, dazu zu verwenden, wo fie dann
als ueyınoı yıRod, d. h. leihtbewaffnete Strei:
ter, ericheinen, doch nicht in der jpäteren Beben:
tung von Xeichtbewaffneten als eigenen Heer:
haufen im Gegenjage gegen die Hopliten. In
der Schlacht bei Plataiai waren 35 000 Heloten,
7 auf 1 Spartiaten gerechnet. Hdt. 9, 28. 30.
Gewöhnlich werden dieje Heloten bei Angabe der
Stärte des jpartanifchen Heeres nicht mitgerechnet.
Sie bildeten aber oftmals in der Phalanr die
hinteren Glieder und gaben dadurd; dem Ganzen
einen größeren Drud; ihre weitere militärische Be:
ftimmung war, die durch die Waffen der immer
weiter vorrüdenden Hopliten verwundeten und ge:
fallenen Feinde vollends zu töten (deshalb xo-
evrnpögor, Keulenträger) und ihre eigenen ber:
wundeten Herren aus der Schlacht zu retten (Zov-
xrijots, Retter). In dieſer einfachen früheren
Gliederung des ſpartaniſchen Heeres brachte ein—
mal der große Verluſt an Vollbürgern durch das
Erdbeben in Lakonien (465 v. E.) ſowie auch der
Ausbruch des dritten meſſeniſchen Krieges (465—
455 v. E.) durchgreifende Veränderungen hervor.
Die Unterdrüdung der Aufftändigen war gemein-
ichaftliches Anterelte der Spartiaten und Berioifen,
deshalb lag, zumal bei der munmehr höchit ge:
ringen Zahl der erjteren, die militärifche Gleich:
jtellung beider und ihre Berjchmelzung in dem
Hoplitenheere jehr nahe. infolge davon mußte
aber auch die frühere Gemeindeeinteilung von
5 Komen und den diejen entiprechenden 5 Kochen
einer neuen weiter greifenden und auch die Pe:
rioifen mit einjchließenden Berteilung der ftreit:
baren Mannſchaft in 6 Moren (uogaı) weichen.
Jede Mora zerfiel in 4 Lochen, 8 Pentekoſtyen und
16 Enomotien; die Anführer waren der Bole:
mardh, die Lochagen, Bentefonteren und
Enomotardhen. Doc, z0g diejes Heer nie ganz
in den Kampf, jondern nur je nach dem Bedürfnis
der erite oder die beiden erjten Kochen jeder Mora,
ber dritte (die Alten) und vierte (die Jünglinge)
dienten in der Negel nur zur Verteidigung der
Stadt. Außer diefen 6 Moren blieben die oben-
erwähnten Immeis beftehen, und jtellten außerdem
to
—
428
noch die Skiriten (in dem heutigen Mainotten—
lande) ein eigenes Corps, von dem wir nur wiſſen,
daß es Fußloldaten mit leichteren Waffen waren.
Die Heloten find nach dem dritten mefjenifchen
Kriege (455 v. E.) ganz aus dem fpartanijchen
Heere verichwunden. Über die Reiterei, die erft
gegen Ende des peloponnefifchen Krieges bei den
Spartanern erjcheint, vgl. Equitatus, 1. Wurde
in den Zeiten nach dem peloponnefifchen Kriege
ein Heer weit aufer Yand geichidt, jo hatte das:
felbe eine mwejentlich andere Zuſammenſetzungz es
beftand aus Perioiken, Neodamoden, Mothaten
und Heloten, und nur 30 Spartiaten folgten dem
Feldherrn als deſſen Adjutanten und Ratgeber.
Verſtärkt wurde jolches Heer durch Werbungen
unter den Bundesgenoſſen. — Bei den Athenern
wurden nach den Anordnungen des Solon nur
die 3 erjten Steuerflaffen als Hopliten ausgehoben;
auch bier waren die Immeis (die zweite Klaſſe
weiter nichts als Hopliten. Die vierte Klaſſe
(Theten, Sires) bildete bejondere Corps und wurde
zum Seedienft und zu Lande als Leichtbewaffnete
(mit Bogen) auf Stantsfoften ausgehoben. Nach
der Einrichtung des Kleifthenes (510 v. E.) lie:
ferten die 10 Phylen auch 10 griaf Hopliten,
deren jede in 5 vevxgwglar zerfiel. Dede Phyle
hatte ihren orea@rnyös, jämtliche Strategen
zogen ins Feld und wechjelten täglich in dem
Oberkommando. Jeder Athener war vom acht:
zehnten Jahre (Fpnßos) bis zum jechzigften zum
Kriegsdienfte verpflichtet. Die Jünglinge wurden
erft 2 Jahre lang innerhalb der Grenzen zum
Kriege vorbereitet. Sie bildeten ald meg/moloı
die Beſatzungen der nach den Perſerkriegen an-
gelegten Grenzfeftungen und verjahen den Wach—
dient im Lande. Sie dienten in leichter Rüftung
und wurden nur ausnahmsweile über die Grenze
geführt, wie Thuc. 4, 67. Auch in Athen (wie
in Sparta) marjchierte nur eine beftimmte Anzahl
aus jeder Phyle außerhalb Landes, deren Stärfe
je nach dem jedesmaligen Bedürfnifie mechjelte.
Solches teilweiſe Aufgebot hie ebenfalls puAn
oder rafıg. Die Zurüdbleibenden bildeten die Be:
ſatzung der Stadt, die bisweilen wohl durch die
Metoiten (anjällige Fremde) verftärft wurde. Außer:
dem ftellte Athen ein anjehnliches Neitercorps, im
Anfang des peloponnefifchen Krieges 1200 Mann,
vgl. Equitatus, 1. — Solange der friegerifche
Sinn bei den Griechen unter den Bürgern vor—
herrſchend war, erjchienen die Soldtruppen, die
etwa die Tyrannen, wie Beififtratos und Poly:
frates, aufitellten, nur als etwas Borübergehendes,
namentlich gaben fich die Arkadier und Karier dazu
ber. Hdt. 1, 77. 2, 163. 3, 4. 11. Epochemachend
aber war für die Geftaltung von griechiichen Söld:
nerheeren die von den Spartanern unterftügte Wer:
bung des perjiihen Bringen Kyros von 13 000
Mann Griechen, die nach dem alle des Kyros
den berühmten Rückzug unter Zenophon (400 v. E.)
machten und jogleid) wieder Dienjte in dem par:
taniichen Heere nahmen, welches den belleniichen
Städten Kleinafiens gegen den Perſerkönig unter
Agejilaos zu Hülfe gefandt wurde. Durch jie fam
ein ganz nenes Element in die griechiichen Heere.
Die früher etwa vorfommenden Werbungen gaben
vorzugsweife eine leichte Truppengattung, nun—
mehr drangen die Söldner aud in das eigentliche
Heer (Hopliten), und wenngleich die griechiichen
Exereitus.
Staaten (im engeren Sinne) nur für den gerade
gegenwärtigen Krieg die Soldaten mwarben und
mieteten, jo findet fi doch jchon der Anfang von
ftehenden Söldnerheeren bei den Fürften der
im Norden Griechenlands wohnenden Bölterichaf:
ten, namentlich Jaſon von Pherai. An die Stelle
der früheren Strategen und Polemarchen traten
jet Söldnergenerale, Iphikrates, Chabrias
u. ſ. w.; je berühmter fie waren, und je mehr
Geld die einzelnen Staaten, welche fie in Dienft
nahmen, ihnen gewährten, deito mehr Zulauf zu
ihren Fahnen. hr Name war ebenfalld ore«-
enyös, fie fendeten ihre Hauptleute (Aoyayol')
aus, und dieje brachten Compagnien verichiedener
Truppengattungen von je 100 Mann, alle Aoyoı
genannt, zufammen. Da dieje Söldner fich aber
ihre ziemlich Foftipielige Bewaffnung jelber halten
mußten, jo war der Sold (wıodös, die eigentliche
Löhnung, und oırngecıor, oirog, BVerpflegungs:
geld) ziemlich bedeutend, bei den Reitern —*
höher als bei dem Fußvolk. Außer den Hopliten
fommt in dieſen Söldnerheeren leichtes Fuß:
volf vor, von leichterer Rüſtung und für den
Fernkampf bewaffnet, dxovrıora! Speerſchützen,
ro&öraı Bogenihüßen, opgerdornira: Schleu—
derer, alle dieje ohne Schild und deshalb mit dem
allgemeinen Namen yuurnires, yonwod, Ungerüftete,
oder wıLol bezeichnet. Bon ihnen find die durch
Iphikrates geichaffenen Beltaften zu unterſchei—
den, leichtes Linien-Fußvolk, gewiſſermaßen eine
Mitteltruppe zwiſchen dem eigentlichen leichten Fuß—
volf und den Hopliten, mit weniger ſchweren Schuß:
und verlängerten Angriffwaffen, j. Waffen, 7.
— In der Schlacht bei Ehaironeia fanden dem
ariechiichen Heere von etwa 50 000 Mann zu Fuß
und einiger Reiterei von jeiten Philipps 30 000
Mann zu Fuß und 2000 Weiter entgegen. Ale—
rander begann die Zertrümmerung des perfiichen
Neiches mit 30000 Mann zu Fuß und 4500 Rei:
tern, in Makedonien blieben unter Antipater
12 000 Mann zu Fuß und 1500 Reiter; zu dem indi-
ichen Feldzuge ftanden ihm 160 000 Mann (40 000
Makedonier und 120 000 Nfiaten) zu Gebot. Dieje
foeben angedeuteten 3 Zeitpunfte find in der Ge—
ftaltung des makedoniſchen Heerweiens zu unter:
ſcheiden. Die Hauptitärfe war die Bhalanr der
Hopliten, aus freien, aber nicht adeligen Ma:
fedoniern bejtehend, eine dichte, 16 Mann tief
ftehende, undurddringliche und troß aller Präciſion
in der Bewegung ziemlich jchwerfällige Mafle.
Vierzehn: bis jechzehnfühige Yanzen (odgısaaı)
ragten von den 5 erjten Gliedern dem Feinde ent:
gegen, und dahinter lagen die Lanzen der übrigen
Glieder auf den Schultern der Vordermänner.
Oftmals war foldhe Phalanx auch nur 12 Mann
tief. Sie wurde auch Taris (rafıg) genannt und
bejtand gewöhnlich aus 4000 Mann, obichon dieſe
Bahl von der zufälligen Bevölkerung der 6 make—
donijchen Landesbezirke abhing, deren jeder eine
Taris ftellte. Daher find die Unterabteilungen
auch nicht an eine beftimmte Zahl gebunden:
4 yıkiaprlaı (die Fronte der Taris nad hinten
hin in 4 Teile geteilt), jede Chiliarchie 4 ovr-
rayuera (ebenjo), und wiederum jedes Syntagma
4 rergapylaı. Leichter bewaffnet und beweglicher
war das Corps der Hypaſpiſten (Trabanten),
doch zu unterjcheiden von der jogleich zu erwäh:
nenden leichten Truppe der Schüßen. Ihre Be:
10
Exercitus.
waffnung ift nicht beftimmt angegeben, doc läßt
fi) aus ihrer ganzen Beftimmung als mehr und
rajcher angreifendes Corps ſchließen, daß fie anftatt
der Sarifje ein langes Schwert führten. Sie waren
ein ftehendes Corps und als jolches tüchtig ein:
ererciert. Im Kriege, wo ihre Zahl wohl noch
bis e 6000 Mann verftärkt fein mag, bildeten fie
die Yagerwache des Königs. Außer diefem Heere
der eriten makedoniſchen Zeit (6 Taren jchmweren
Fußvolts, jede zu 4000 Mann, und 6000 Mann
leichteren Fußvolls, Hypaſpiſten) finden wir noch
in der erjten Zeit Aleranders ein Corps Schüben
von 2000 Mann, die in agrianiihe Speer:
Ihügen (dxorriorad) und makedoniſche Bogen—
ſchützen zerfielen. Bon der Neiterei war die aus
der mafedonischen Ritterjchaft beftehende, ſchwer—
bewaffnet, mit der Stoßlanze (döpv, Evoror), 3000
Mann ftarf und in 15 Ilen geteilt, wozu als
jechzehnte das Agema der Ritter, die TLönigliche
Ehrengarde (An Baoıkınn)) trat; dazu famen ala
feichte Reiterei 8 Jlen Sarijjophoren, die mit
der oben beichriebenen Sarifje von 14—16 Fuß
Länge bewaffnet waren. Vgl. Equitatus, 2.
Dieje ſoeben dargeftellte Gliederung des mafebo:
niſchen Heeres unter Philipp war auch wejentlich
in dem Heere Aleranders gegen Perſien beibehal:
ten. Dazu famen aber die Kontingente der grie:
hiihen Bundesgenoſſen, ſowohl Fußvolk als
auch Reiterei, und die Söldner, ſchweres Fuß—
volf. Als aber nach Zertrümmerung des perſiſchen
Reiches e3 dem Alerander einmal wegen rajcherer
ein der einzelnen, noch im Widerftand be-
harrenden Bölterichaften auf den Beſitz von leich—
ten Truppen vorzüglid anfam, und er auf der
andern Seite auch die Afiaten allen feinen übrigen
europäiichen Bundesgenofien in dem Verhältniſſe
von bloßen Unterthanen gleichitellte, und er über:
haupt die Nationalitäten verwiichen wollte, mußte
jein Heer mehrfache Änderungen erleiden, die fich
ſelbſt auf die VBenennungen der größeren Abtei-
lungen erftredten. Zu den früheren Garden famen
jetzt auch noch unter andern die Argyraſpiden
(ſ. d.) mit filberüberzogenen Schilden. Der ur:
iprünglich Meine Troß des mafedoniichen Heeres
nahm ins Unendliche zu, da mit der unermehlichen
Beute aud die Bequemlichkeit des Soldaten ftieg
und wegen des langjährigen Dienjtes nunmehr
Weiber und Kinder eine Beigabe des Heeres waren.
Über die Anwendung der fchweren Geſchütze ſ.
Tormenta, 2. und über die Elefanten ſ. Ele-
phantus, B. 1.). Vgl. Rüftow und Köchin, Ge:
chichte des griechiſchen Kriegsweſens (1852), und 9.
royſen, Heerweſen und Kiriegführung der Griechen
(1. Hälfte. 1887). — II. Bei den Römern hieß
exercitus jede größere oder geringere, für ſich ab:
geiondert und jelbftändig agierende Truppenmaffe,
daher bezeichnete in den früheren Zeiten der römi—
ſchen Republik exercitus consularis das aus
2 Legionen beftehende Heer jedes Konſuls.
Kaijerzeit hieß außer der Gefamtheit der Legionen
jelbft Eine Legion, wenn fie die ganze Beſatzung
einer Provinz ausmachte und als jolche allein _den
Krieg führte, wie 3. B. in Wfrifa, exercitus. Über
die Öliederung der Legionen und die Aushebung
derjelben j. Legio und Dilectus militum.
Über die urjprüngliche Heerverfaffung von Romulus
bi8 Servius ſchwanken die Angaben der römijchen
dur | (
429
weil der allmähliche Zuwachs der römischen Be:
völferung ja ſtets veränderte Heereseinrichtungen
notwendig machte. Am allgemeinen jcheint feit:
uftehen, daß nach Vereinigung der 3 Stämme
* Ramnenjes, Titienſes und Luceres das Heer
aus 3000 Mann zu Fuß (aus jeder Tribus
1000 Mann) und 300 Reitern in 3 Genturien
beitand, vgl. Dion. Hal. 2, 2. Plut. Rom. 13.
Die Celeres (j. d. und Equites, 1.) waren
gerade diefe 300 Reiter. Durch Servius Tullius
wurden die politijchen Rechte und militäriichen
Pflichten nad) dem Grundjaße, daß, wer mehr
befige, auch mehr für die Verteidigung des Vater:
landes einzuftehen habe, geregelt. War der Feld—
ug zu Ende, jo begab fich jeder wieder zu jeinem
fluge, und wer diesmal Feldherr gewejen war,
diente das nächſte Mal in einer vielleicht weit
niedrigeren Stellung, und miemand fand darin
eine — —— oder auch nur den Trieb, von
der ſtrengſten Subordination und Diſciplin ſich
für entbunden zu halten. Die durchgreifende und
von Anfang bis in die ſpäteſten Zeiten dauernde
Einteilung des römiſchen Heeres war die Legion,
deren numeriſcher Beſtand jedoch nach den ver—
ſchiedenen Zeiten ſeit Servius Tullius zwiſchen
4200 bis 6000 Mann wechſelte; das Beſondere
über dieſelbe j. Legio. Im allgemeinen zerfiel
die Legion in die 3 beſonderen Truppenreihen:
hastati, principes und triarii (vgl. Acies
und Legio) nebft den organiſch damit verbundenen
leichten Truppen (accensi, velites) und der
geringen Reiterei (300 Mann) zur Dedung der
Flügel (alae). Der Übergang des Königtums in
die Republik änderte zunächit nichts in militärischer
Dinficht, nur daß nunmehr anftatt des Königs die
beiden Konfuln Anführer der Heere waren. Dod)
gehörten feit dem Vertrage mit der jabinifchen
Eidgenoffenichaft 494 v. E. zu dem römischen
Heere noch die Bundesgenoſſen (socii), zu
jeder Legion ebenjo viele bundesgenöſſiſche Truppen
mit gleicher Bewaffnung und Einteilung, nur daß
fie an Neiterei die doppelte Anzahl ftellten; dar—
über vgl. Equitatus, 3. und über das Weitere
Socii. Als die Römer ihre Macht über die
Grenzen Italiens hinaus ausdehnten, famen außer:
dem nod die Hülfstruppen verbündeter oder
unterworfener Könige zu dem Heere (auxilia, auxi-
liares), doch in mehr für ſich abgejondert von den
Legionen beftehenden Corps. Über den weiteren
Unterjchied ziwifchen ihnen und den Bundesgenoflen
vgl. Auxilia. Sie dienten urjprünglid nur als
leichte Truppen; als aber durch die lex Iulin
und die lex Plautia Papiria alle italiſchen Völker—
ſchaften mit dem Bürgerrechte auch die Verpflich:
tung zu dem Legionsdienfte erlangt hatten, mußten
die auxilia die Stelle der früheren socii vertreten.
— Mietsjoldaten fanden fi) zuerjt im römi-
ichen Heere zur Zeit des zweiten puniſchen Krieges
213 v. E.), indem man die Geltiberer in Hiſpa—
nien für denjelben Sold mietete, für den fie früher
den Karthagern gedient hatten. Liv. 24, 49. Dod)
hat das Söldnerweien der griechiichen Heere durch:
aus feinen Anfnüpfungspuntt auf römischem Boden
finden können; indefjen wenngleich die römischen
Soldaten auch zugleich römijche Bürger waren,
und jelbft nach dem durch die Vürgerfriege ver
änderten Charakter der römischen Heere im ganzen
Schriftjteller jelber, aus dem natürlichen Grunde, | die Forderung des Bürgerrechtes zur Aufnahme
1:
1
=
430 Exheredatio
unter die Fahnen aufrechterhalten blieb, indem in
entgegengeiegten Fällen entweder fogleich bei der
Aushebung dasjelbe verliehen oder doch wenigjtens
veriprochen wurde: jo waren dennoch jeit Marius
die römischen Soldaten in .. nichts anderes
als gerade Söldnertruppen. arius und nad)
ihm die andern Heerführer jahen nicht mehr auf
das Vermögen der zur Aushebung Herbeigezoge:
nen, jondern nur auf körperliche Tüchtigfeit, wes-
halb denn aud die bis dahin von dem eigent-
lichen Yegionendienfte ausgeichlofjenen Capite censi
eine willlommene Ergänzungsmannjchaft darboten,
ja ſelbſt Freigelaſſene und Sklaven mit dem Geichente
der Freiheit und des Bürgerrechts nicht verichmäht
wurden. Die frühere Ausübung der Bürgerpflicht der
freien Bürger war nunmehr ein Kriegshandwerk
geworden, und ftatt der früheren, dem Staate und
deſſen Berherrlihung dienenden Heere waren fie
jegt eng mit dem Intereſſe ihres Feldherrn ver:
sunden. Allerdings mag dieje Veränderung zum
Teil mit dem hochfahrenden ee des Marius
(Sull. Jug. 86) verbunden gewejen jein, doch würde
jie nicht Beftand gehabt haben, wenn jie nicht in
der ganzen Zeitrichtung gelegen hätte, und der
Ktriegsdienft jchon vielen eine drüdende Laſt war
und dagegen den Beſitzloſen eine erwünjchte Ge—
legenheit zur Bereicherung bot. Sall. Jug. 84 f.
— Mit dem früheren Charakter des römischen
Bürgerheeres ſchwand denn auch die Einteilung
in Haſtati, Prineipes und Triarii; die Legions-
joldaten waren fortan alle gleichbewafinet (vgl.
Waffen, 9.). Endlih mit Einführung des Prin:
cipats trat ein ftehendes Heer auf. Die 45 Le—
‘ gionen, welche vor der Schladht bei Actium vor:
—
handen waren, vereinigte Auguſtus in 23, ſeit 6n.E.
25 Legionen, die er durch jeine Provinzen ver:
teilte, nur Afrika, obgleich Senatsprovinz, befam
1 Legion. Dazu kamen die auxilia in gleicher
Stärle. Tac. ann. 4,6. Dio Cass. 55, 24. Neh—
men wir den damaligen Beftand der Legion zu
6000 Mann — bejtimmte Angaben fehlen darüber,
zur Zeit des Trajan waren es nur 5250 Mann —,
jo beftand das ftehende Heer mit den Hülfsvölkern
aus ungefähr 300 000 Mann. An der Spike der
einzelnen Heere jtanden die Statthalter der Bro:
vinzen, Legaten, zum Unterſchiede von den Be—
fehlshabern der einzelnen Legionen, die ebenfalls
Xegaten hießen, legati pro praetore consulari
potestate genannt, die ein feſtgeſetztes jährliches
Gehalt bezogen (Dio Cass. 52, 23. 53, 13); über
ihre Machtbefugnis ſ. Legatus. Zu diefem durch
die faijerlichen Provinzen verteilten Heere kamen
nod die zum Schutze Roms und Italiens er:
richteten 9 Kohorten der Brätorianer (Zac. ann.
4, 5; doch Jrio Cass. 5ö, 24 gibt, irregeleitet
durch die Zahl der jpäteren Zeit, 10 coh. prae-
toriae an), Kerntruppen und höheren Ranges als
die Legionsjoldaten, aud) piae vindices ge
nannt, weil ihnen der Schuß des Kaiſers anver:
traut war, und 3 cohortes urbanae, jowie
endlich no 7 cohortes vigilum, die freilich,
urjprünglich aus Freigelaſſenen beftehend und nur
als Feuer: und Polizeiwache beitimmt, damals
noch nicht zu dem eigentlichen Heere gerechnet
werden können (vgl. Cohors). — Nach Augujtus
bildete fich allmählich, wie es denn auch jchon in
der Abficht desjelben lag, durd die Einrichtung
des ftehenden Heeres ein fürmlicher Soldaten:
— Exilium.
ftand heraus im Gegenjaß gegen die bürgerlichen
Stände, und zu immer größerer und bejtimmterer
Grwedung eines jogenannten Gorpögeijtes wurde
den Soldaten ein Privilegium nad) dem andern
verliehen, 3. B. für die Ausgedienten bei den
öffentlichen Schaujpielen der Ritterplaß, Erleichte:
rung in der Abfaffung von Teftamenten, Befreiung
von Abgaben aud nach der Entlafjung. Wenn-
gleich Auguftus durch mannigfache Anordnungen
die in den Bürgerkriegen gejunfene Difeiplin (vgl.
Disciplina militaris), und zwar auch mit
Erfolg, wieder zu heben juchte, jo lag doch jchon
in der Hervorrufung eines förmlichen Soldaten:
jtandes der Keim zu allmählicher Depravation des
Heeres, der jelbjt nachfolgende tüchtige Kaiſer gar
nicht mehr widerftehen konnten. Denn nachdem
Tiberius troß aller jonjtigen militärifchen Strenge
die Macht und das Anjehen des Präfectus Prä-
torio (j. d. unter Praefectus) zu einer dem
Unfehen und Beftehen des Kaiſerthrones jelber
gefährlihen Höhe erhoben, und Claudius durch
übertriebene und unverdiente Gunftverleihungen an
die Soldaten das ganze Heerweien nody mehr in
eine falihe Bahn gebradyt hatte, half es weder
dem alba nocd dem Bejpajian, die alte bewährte
Zucht wieder Zr vg zu wollen. Es fehlten
ihnen dazu ſchon die tüchtigen Werkzeuge und
Anführer. Die Soldaten waren einmal an Geld:
erwerb gewöhnt; wer ihnen aljo das meifte bot,
war, jolange feiner mehr gab, ihr Liebling. Nun:
mehr hatten nicht die Kaijer, jondern die Col:
daten das Regiment in Händen. Zu dieſer mili:
täriſchen Sittenverderbnis fam auch noch während
der kaiſerlichen Bürgerkriege durch Vitellius die
Schwächung des Heeres durch ein- und wohl zwei—
malige Teilung der urſprünglichen kräftigen Le—
gionen, jo daß Tacitus (hist. 4, 14 f.) dieſelben
nur noch bloße Schattenlegionen (inania nomina
legionum) nennen fonnte. Mit Hadrian trat frei:
fih eine durchgreifende Veränderung im ganzen
Heerweſen ein; doch wenngleich der Berfall des
ganzen römifchen Heerwejens dadurch aud) in etwas
verijchoben wurde, jo konnte derjelbe doch nicht
ganz verhindert werden, und anftatt der früheren
kräftigen Römerweije, die mit den Waffen in der
Hand nad außen unterhandelte, war das Heer
allmählich jo erjchlafft und heruntergelommen, daß
der Friede mehrmals von den Barbaren erfauft
werden mußte. Dio Cass. 73, 6. 77, 14. — Die
25 Legionen des Auguftus waren nad und nad)
und zunächit bis Nero durch Teilung einer Legion
in 2 (leg. 22 und leg. 15), dann durch Errich—
tung ganz neuer unter Trajan bis auf 30 Legionen
vermehrt worden. Unter Hadrian bejtand das
Heer in den Provinzen außer den Hülfstruppen,
die nunmehr in lojerem VBerbande mit den Legionen
ftanden und mehr jelbjtändig in der Schlacht agier—
ten, aus 28 Legionen, jede wiederum 6000 Wann
(unter Trajan 5250 Mann). Wenn aber die jpätere
Zeit außer einer großen Zahl anderweitiger Trup—
ven das Heer im Orient auf 70 Legionen, im
Decident auf 62 angibt, jo liegt darin feine
enorme Vergrößerung des Heeres gegen früher,
jondern es waren nur ebenjo viele 1000 Mann,
als die Zahl der Legionen angab.
Exheredatio j. Erbrecht, 6.
Exilium, gvyı (deipvyla, lebenslänglich),
Entfernung von der Heimat (ex solo). Abgeſehen
15
Eäırjgia — Exuperantius.
vom Oſtrakiſmos fommt fie als geſetzliche Strafe
beim Blutbann oder Gericht über porıxd vor. Im
übrigen hat fie ihre Stelle im politischen Leben
und tritt namentlich bei bürgerlichen Unruhen
häufig ein; in diefem Falle iſt fie vielfach mit
Atimie und Bermögenstonfijfation verbunden (f.
Ustrakismos). — An Rom umfafte exilium
in der Königäzeit und in der republifaniichen Pe—
riode die freiwillige und die gezwungene Verban—
nung. Eine eigentliche Landesverwerjung gab es
urjprünglich nicht, jondern nur einen Bann, aquae
et ıgnis interdictio, die Unterjagung des gemein-
jamen Waſſers und Feuers, wodurd es dem damit
Belegten unmöglich gemacht wurde in Rom zu
leben. Dieſer Bann wurde jomwohl gegen eine
Berjon ausgeſprochen, welche fich freiwillig entfernt
hatte und durch den Bann von der Rückkehr ab:
gehalten wurde (Cie. Caec. 34), als gegen jolche,
welche durch den Bann zur Auswanderung ge:
zwungen wurden; denn wenn der Davon Betroffene
ın Rom geblieben wäre, jo galt er als vogelfrei
und durfte von niemand aufgenommen und ge:
jchügt werden. Mehrere Verbrechen waren mit
dieſem von den Comitien, ſpäter auch von den
quaestiones perpetuae auszujprechenden Banne
bedroht, wie Majejtätsverbrechen, venelicium, in-
cendium, vis publica u. a., und der Bejtrafte
verlor die Rechte des Bürgers (capitis deminutio
media, j. d.). Jedem Angeflagten ſtand es frei,
vor jeiner Kondemnation Rom zu verlaflen und
in einem andern Staate Bürgerrecht zu erwerben;
fo fonnte man ſich 5. B. zur Zeit, als die oppida
Latina noch jouverän waren, nad) Tibur, Prä—
nejte u.a. D. in ein iustum exilium begeben. Liv.
26, 3. Cie. de or. 1, 39. Konfiifation war mit
diefer Strafe an fich nicht verbunden, jondern
anfangs wurde VBermögenstonfijfation nur bei den
Berbreden angewendet, welche in der älteften
Zeit des Staates mit sacratio capitis bedroht ge:
weſen waren. Das Nähere ſ. unter Publicatıo.
— Gegen das Ende der Republif fam aquae et
ignis ınterdietio faft nur ald Landesverweiſung
vor, 3. B. bei T. Annius Milo, P. Rutilius Ru-
fus, A. Gabinius, L. Memmius, T. Munatius
Plancus Burja u. a. Im 1. und 2. Jahrhundert
der Kaijerzeit ging dieſe Strafe in die depor-
tatio über (j. d.), neben welcher fich die mildefte
Art des Erils, die relegatio (j. d., bildete.
Bgl. Hartmann, de exilio apud komanos inde
ab initio bellorum civilium usque ad Severi
Alexandri princeipatum (1887).
Esırngta |. Bovin, 2.
Exodium, 2&ödıor, eigentlich Musgang einer
Aufführung, Schluß, heißt bei den Römern ein
heiteres, luſtiges Nachſpiel, welches nadı ernithaf:
ten Dramen zulegt aufgeführt wurde, etwa wie
bei den Griechen die Satyripiele nach den Tragö—
dien. Schon frühzeitig gab es ſolche Farcen;
als aber die Atellanen ſ. d.) einheimiich wurden,
gebrauchte man neben den mimi jene gewöhnlich
zu biejem Zwecke, daher Exodia und Atellanae
fabulae faſt identiich und exodium Atellanicum
(Suet. Tıb. 45) im Gebrauch. Der in diejem Nach—
ipiele auftretende Poſſenreißer hieß exodiarius,
Eiwpooi« bedeutet in Athen 1) die Ableh—
nung eines Amtes (einer Leiturgia) unter eidlicher
431
Erhärtung der Gründe, 3. B. wegen Schwäche oder
Krankheit (das Ablehnen Ffoururau, l&ourvedaıu);
2) den Schwur eines Zeugen, daß er von der
Sache nichts wife; 3) die Einrede gegen Zuläſſig—
feit einer Klage.
"Eiworge (von 2Eotlo, hinausftoßen), 1) eine
Theatermafchine, die ähnlichen Zweck wie das El—
fyflema (f. d.) hatte, nämlich etwas aus dem Innern
der Häujer zu zeigen. Sie jcheint eine Art Balfon,
der im oberen Stodwerfe angebracht wurde, gewejen
zu fein. — 2) ſ. Belagerung, 14.
kxpilatio hereditätis, Entwendung von Erb-
ichaftsgegenftänden vor Bejignahme des Erben, hat
bei den Römern bis in die jpätejte Stailerzeit
nicht als Diebjtahl (furtum) gegolten. Unter Marc
Aurel wurde ſolche Entwendung als crimen extıa-
ordinarium (j. Extra ordinem, 2.) beitraft,
nachdem jchon Hadrian den Erben die Zurüdforde:
rung folder Entwendungen durch Senatsbeſchluß
zugejtanden hatte.
Expositio infantum, das Kinderausiegen, war
nach romulischem Recht, d. h. durch altes Herfom:
men, geftattet, vorausgeſetzt daß der Vater das
Kind vorher 5 am nächſten wohnenden männlichen
Verwandten zeigte, welche zu unterjuchen hatten,
ob das Kind als Mifgeburt oder allzugebrechlich
ausgejegt werden dürfe. Dion. Hal. 2, 15 (vgl.
Erziehung, 16.). Dasjelbe beſtimmten die All
Tafeln. Cie. legg. 3, 8. Troß dieſer Beichränfung
verfuhren die Bäter ziemlich willfürlich und ſetzten
Kinder auch aus andern Gründen aus, 3. B. aus
Armut, ohne daß der Staat einzugreifen wagte.
Ter. Hec. 3, 3,40. Dio Cass. 41,1. Plin. ep.
10, 71. NIS unmoraliſche, unnatürliche Hand:
lung galt es aber immer. Suet. Cal. 5. Gejeße
dagegen erſchienen erft in dem 2. Jahrhundert n. C.,
welche von den chrijtlichen Kaiſern jeit 374 ge
ichärft wurden. Noch im 5. Jahrhundert Flagt
Hierofles darüber, day man beftändig Kinder aus-
jeße, weil man ein zu dürftiges Ausfommen für
jie fürchte, aber ſelbſt er erklärt, daß es eine Kon:
jequenz der Ehe jei, alle oder dody die meijten
Kinder zu erziehen.
Exsilium ſ. Exilium,
Extispices j. Divinatio, 17.
Extraordinarii j. Legio und Castra, 5.
Extra ordinem hieß im allgemeinen alles,
was von dem geltenden Gejek und von dem alten
Herkommen abweicht (im Gegenjaß von legitimus
ordo u. j. w.), jpeziell 1) cognitio extraordi-
naria, d. h. der neue Eivilprozeh, welcher von
dem alten ordo abweicht, und der neue Kriminal—
prozeh, j. Prozefs, B. — 2) Orimen extra-
ordinarium, Berbreden, welches außerordent—
li unterjucht und beftraft wird, weil es in den
früheren Gejegen nicht verpönt ift. — 3) Poenu
extraordinaria u. dgl.
EsovVing dien |. Ersyvgaoia.
Exuperantius, Julius, im 4. oder 5. Jahr:
hundert n. E., ift Verfaſſer einer in einer einzigen
Handichrift erhaltenen epitome, einer auf Salluft
beruhenden furzen und oberflächlichen Darjtellung
des erjten Bürgerfrieges, herausgegeben zuerit von
Sylburg (1585), dann als Anhang vieler Aus—
gaben des Salluft, einzeln zulegt von Burfian
(1868).
432
Fabianus Papirius — Fabii.
F.
Fabiänus Papirius, ein römischer Philojoph
zur Beit des älteren Seneca, ein Mann von ernſtem
jittlichem Lebenswandel und ausgezeichneter Be:
redjamfeit (Sen. ep. 40), hielt öffentlihe Vorträge
über Philofophie, jchrieb (Sen. ep. 100) philojo-
phiſche Schriften und verfaßte auch ein natur:
geichichtliches Werk (causarum naturalium libri),
Monographie von Höfig (1852).
Fabli. Die patriciidhe gens Fabia rechnete
fich zu den älteften römischen Geſchlechtern (fie leitete
ihr Geſchlecht von Herkules und einer Tochter des
Evander ab, daher Herculea gens, Or. fast. 2,237);
wahrſcheinlich waren fie jabinischen Urfprungs, der
Sage nach bildeten fie die Genoffen des Remus
bei der feier der Yupercalien. Or. fast. 2, 375 ff.
Aur. Vict. or. gent. Rom. 22. Die Fabier und
die Quintilier, letztere die Genoſſen des Romulus,
hatten wohl die Opfer bei dieſem Feſte zu beſorgen.
Prop. 5, 1, 26. So waren alſo die Fabier an:
fänglich zugleich Prieſter. Nach Plinius (18, 3)
hatten fie ihren Namen von faba, Bohne, alio
bebeutete Fabii jo viel als Bohnenpflanzer; nad)
Plutarch (Fab. Max. 1) und andern war Fabüi
aus Fovii oder Fodii entjtanden, d. h. Wolis:
grubenjäger. Die bedeutenditen Männer aus dieſem
GSeichlechte find: 1) DO. Fabius Vibulanus, be:
Heidete im J. 485 v. E. das Konſulat, befiegte
die Bolffer und Aquer und wurde abermals Konſul
im %. 482, in welchen er gegen die VBejenter Krieg
führte. Liv. 2,41 ff. Er fiel 2 Jahre jpäter als
Broprätor im Kampfe gegen die Etruffer. Liv.
2,46. Dion. Hal.9, 11.— 2) Käſo Fab. Vibul,,
bes vorigen Bruder, Quäſtor 485 v. C. Dem Bolte
verhaßt, ward er doch Konſul im X. 484 mit 2.
Amilius, dem er im Kampfe gegen die Volſtker
Hülfe brachte, widerjeßte ſich ſowohl in dieſem
Konjulate einem vorgeichlagenen Ackergeſetze, als
auch in feinem zweiten (481) einem ähnlidyen des
Tribunen Jeilins und fämpfte glüdlich gegen Beji,
obwohl ihn jeine Leute im Stiche liefen. Im fol-
genden Jahre entichied er unter dem Befehl jeines
ruders Marcus, welcher damals Konful war, eine
Schlacht gegen die VBejenter zu Gunften der Römer.
Liv. 2,43. 46. Seine menjchenfreundliche un
lung der Berwundeten gewann ihm und jeiner
Familie die Liebe des Volkes, welches bis dahin
den Fabiern wegen ihres Widerſpruchs gegen die
Adergejege gegrollt hatte. Ziv. 2,47. Daher wurde
er (479) wiederum zum Konful erwählt und riet
num, obtwohl vergebens, dem Senat zur Aderver:
teilung. Liv. 2, 48. Darauf führte er glückliche
Kriege mit den AÄquern und Vejentern und erhielt
Erlaubnis, mit ben männlichen Mitgliedern feines
Geſchlechtes die Grenzen gegen Bert zu ſchützen.
Daraus entipann fich der Kampf der 306 FFabier
Ov. fast. 2, 195ff. Dion. Hal.
Eutr. 1, 15, Gell. 17, 21) nebft ihren |
Glienten am Flüßchen Eremera, worin die ganze |
(Liv. 2, 49 ff.
9, 16 ff.
Schar nach heldenmütigem Widerftande vernichtet
wurde. Das ift wohl die einfachite Darftellung
eines Ereigniſſes, welches von den Alten oft er:
wähnt und vielfach ausgeichmücdt worden iſt. Nicht
unwahrſcheinlich ift die Angabe, die Fabier jeien
auf einem Zuge von der Grenze nad Rom, wo jie
Opfer ihres Gejchlechtes am Feſte der Yupercalien
Darzubringen hatten, in einem Hinterhalte vernichtet
worden. Der Tag ihrer Niederlage wurde fortan
als ein Unglüdstag betrachtet, das Thor, aus wel:
chem fie in den Kampf hinansgezogen waren, hieß
fortan porta scelerata. Nur Einer von dem Ge—
ichlechte joll ald Knabe in Rom zurüdgeblieben
jein, obgleich ichon die Alten zum, Teil an der
Richtigkeit diefer Angabe zweifelten. Übrigens warf
das Boll den Patriciern vor, den Untergang der
Fabier dadurd veranlagt zu haben, daß nichts zu
2 Rettung geichehen wäre. — 3) M. Fab.
Vibul. Bruder des vorigen, Konjul im J. 483 v. E.,
befriegte die Bolifer, wurde abermals im %. 450
zum Konſul erwählt und befiegte die Vejenter,
wobei jein Bruder Duintus fiel, weshalb er den
ihm bewilligten Triumph ablehnte. Liv. 2, 46 fi.
Val, Max. 5,5,2. Den Sieg erfodht er haupt:
jächlich durch den Ingrimm feiner von den Feinden
verhöhnten Soldaten. Auch er ftand wegen der
den Verwundeten bewieſenen Sorgfalt beim Bolfe
in großer Gunft. Er fiel im Gefechte an der Ere-
mera. Dion. Hal. 9, 15. — 4 8. Fab. Vibul.,
des vorigen Sohn, der einzige der Fabier, der zur
Beit ihres Unterganges in Kom als Knabe zurüd-
geblieben fein joll, wurde Konjul im %. 467 v. E.
(Liv. 3, 1) und 465, bejiegte die Aquer in mehre:
ren Schlachten, bewirkte die Führung römiſcher
Koloniften nach Antium und trat 462 dem Bor:
ſchlage des Tribunen Terentilius, die fonjularifche
Gewalt zu beichränfen, entgegen. Liv. 3, 9. In
den folgenden Jahren führte er römiiche Heere
mit Erfolg gegen die benachbarten Bölfer, wurde
im J. 450 einer der Decembirn mit Appius Clau—
dius und [ud als folcher wegen jeines engen An:
ichluffes an Appius den Haß des Vollkes, mie es
icheint, nicht unverdient auf ſich. Ziv. 3, 41. Nach
dem Sturze der Derempirn jcheint er, mit ihnen
verbannt, im Eril gejtorben zu fein. Liv. 3,58. —
5) Sein Sohn, M. Hab. Vıbul., war Konjul im
3. 442 v. E. (Lie. 4, 11), bewirfte die Führung
einer Kolonie nach Ardea, kämpfte 437 gegen die
Vejenter, 431 gegen die Aquer und war Kontifer
Marimus im Ra 390. Bei der in dieſem Jahre
ftattfindenden Einnahme Roms durch die Gallier
joll er das Leben verloren haben. Liv. 5, 41. —
6) Sein Bruder, Numerius Fab. Vibul. fämpfte
421 vd. E. als Konjul mit den Hauern und wurde
ı 415 und 407 Kriegstribun mit fonjulariicher Ge:
Imwalt. — 7) Auch fein anderer Bruder, O. Fab.,
bekleidete 423 v. E. das eritere, 416 und 414 das
| legtere Amt. — 8) Numerius Fab. Ambuſtus,
|der Sohn von Nr. 5, eroberte (406 v. ©.) die
Stadt Anrur im Lande der Volſter als Kriegs—
tribun, bei welcher Gelegenheit er uneigenmüßig
auf feinen Benteanteil verzichtete. Zie. 4, 59.
Im J. 891 war er unter den an die Gallier nadı
Elufium abgejchidten Gejandten. Ziv. 5, 3öf. —
9) Käſo Fab. Ambuftus, war mehrere Male
Striegstribun, bejonder® im Kriege gegen Beji
(401 v. E.). Lir. 5, 12. — 10) ©. Yab. Ambu:
ſtus, Bruder des vorigen, gehörte zu der an die
Fabii.
Gallier, welche Elufium (391 dv. E,) bedrohten,
abgehenden Gejandtichaft (Liv. 5, 35), nach deren
Fehlſchlagen die Gejandten am Kampfe gegen die
Gallier teilnahmen, dafür aber, ftatt an die er-
bitterten und darüber fich beichwerenden Gallier
ausgeliefert zu werden, vom Wolfe zu Kriegstri—
bunen für das X. 390 erwählt wurden. Die Nieder:
lage der Römer an der Allia rächte die Schuld
der Bejandten. Erſt nach der Befiegung der Gallier
durch Camillus wurden die Gejandten zur Rechen:
ichaft gezogen; Fabius aber ftarb vor dem Urteils:
ſpruch. Plut. Cam. 18. Liv. 6, 1.— 11) M. Fab.
Ambuftus, Sohn von Nr. 8, befiegte in feinem
eriten Konjulate (360 dv. E.) die Hernifer (Ziv. 7, 11),
im zweiten die Faliſter und Tarquinier (356), deren
Priefter Furien ähnlich mit brennenden Fackeln
und Schlangen vor der Schlachtreihe auf: und
nieder rannten und anfangs den Römern Schreden
einflößten (Liv. 7, 17); im dritten jchlug er (354)
die Tiburtiner. Im J. 351 wurde er Diltator,
weil man das licinifche Geſetz wegen Gleichberech—
tiqung beider Stände zum Konſulat umgehen wollte.
Liv. 7, 22. — 12) M. Hab. Ambuftus, Sohn
des Käſo Trab. Ambuftus. Eine feiner Töchter
war an den Plebejer E. Licinius Stolo, die zweite
mit dem Batricier Serv. Sulpicius verheiratet.
Eine der eriteren von der letzteren zugefügte Be-
leidigung veranlaßte Fabius, den Licinius Stolo,
der 369 d. E. Tribun war, in Verbindung mit
dem jpäteren Rolfstribunen L. Sertius, in der
Durchführung jeiner Pläne zu unterftügen (Liv.
6, 34— 36), obwohl er jpäter der patricifchen Partei
fich wieder zugewendet zu haben jcheint. Liv. 7, 17 ff.
— 13) C. ab. Ambuftus, kämpfte als Konful
im J. 358 v. E. unglüdlich gegen die Tarquinier.
Liv. 7,15. — 14) €. Fab. Betas, vielleicht
ein Bruder des vorigen, zeichnete fich, noch jung,
zur Zeit des galliichen Krieges im J. 390 v. ©.
aus (Zär. 5, 46, 52), indem er zur Darbringung
eines Opfers vom Capitol herab durch das galliſche
Heer ging und ebenjo wieder fic dahin zurüdbegab.
Flor. 1,13. — 15) DO. ab. Marimus Rul:
lianus, Sohn von Nr. 11, verwaltete die Aoilität
im 3. 331 v. E. und lieferte als magister eqni-
tum gegen den Willen des Diktatord Papirius
Eurfor den Samnitern eine fiegreihe Schlacht
(Liv. 8, 30 ff.), im J. 325. Doch entging er durch
die Fürbitte des Senats und Volles der Strafe
des erzürnten Diktators. Konful im Jahre 322,
tämpfte er abermals gegen die Samniter, ebenſo
als Diktator im J. 315, in welchem er bei Yautulä
in Latium von den mit großer Macht andringen-
den Feinden eine Niederlage erlitt. Liv. 9, 23.
Zum zweitenmale Konſul im 9. 310, vertrieb er
die Etrujfer, welche Sutrium belagerten (Died.
Sic. 20, 27. 35; vgl. Liv. 9, 33 ff.), und beichlof;
dann einen Einfall in Etrurien, weshalb er zur
Erforichung des Landes Kundichafter vorausjandte
(Lie. 9, 36) und mit einer umbrijchen Bölterichaft
ein Bündnis ſchloß. Dann drang er durd) den
Ciminiſchen Wald in Etrurien ein, jchlug die Etrujfer
bei Berujia, eroberte ihr Yager (Liv. 9, 37) und
zwang den Norden Etruriens zum Frieden. Diod.
Sic. 20,85. Hierauf nötigte er die jüdlichen Städte
Etruriens und die mit ihnen verbündeten Umbrer
zur Unterwerfung (Zar. 9, 39). Wbermals zum
Konful für das Jahr 308 erwählt, befiegte er die
Samniter, Marjer und Päligner und jchlug darauf
Reallexiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl,
433
die gegen Rom anrüdenden Umbrer bei Mevania.
Lir. 9, 41. Nuc in den nächiten Jahren führte
er in mehreren Feldzügen den Oberbefehl, jcheint
aber nicht immer mit gleichem Glücke gefämpft zu
haben; auch arbeitete Appius Claudius in Rom
jeinem Einfluffe entgegen. Erft als Cenfor (304)
gelangte er zu neuem —— Er ſtellte mit ſeinem
plebejtichen Kollegen P. Decius Mus gegen die
revolutionären Reformverjuche des App. Claudius
das Übergewicht der tribus rusticae her, indem
er die turba forensis auf die tribus urbanae
beichräntte. Liv. 9, 46. Dann wurde er zum
viertenmale Konſul im I. 297, jchlug die Samniter
am Berge Tifernus (Zar. 10, 15), erhielt das Kon—
ſulat wiederum 295, wie im %. 297 mit Decius
Mus, drang bis in das Gebiet der jenonifchen
Sallier vor und rächte die Niederlage einer rö-
mijchen Legion in Etrurien durch den großen Sieg
bei Sentinum über die verbündeten Gallier, Sam-
niter, Etruffer und Umbrer. Decius ftarb in der
Schlacht den Heldentod fürs Vaterland (Pol.2, 19.
Liv. 10, 27 f.), Fabius hielt in Rom einen glän-
zenden Triumph. Eine Niederlage jeines (292)
zum Konful erwählten Sohnes D. Fabius Gurges
in Campanien bereitete dem Bater, welcher ohnehin
ichon mit der Freindichaft der Appier zu fämpfen
hatte, vielen Kummer; ihm wurde indes die Ge—
nugthuung zu teil, als Unterfeldherr jeines Sohnes
dielem zu einem großen Siege über den berühm-
ten jammitischen Feldherrn Pontius behülflich zu
fein. Nach feinem Tode trug das dankbar jeiner
Thaten und Berdienfte fich erinnernde Wolf frei-
gebig zu den Koſten feiner Bejtattung bei. Aur.
Viet. wir. ill. 32. — 16) Sein Sohn, der jchon
erwähnte Q. ab. Mar. Gurges, erhielt diejen
Beinamen von feiner verjchwenderiichen Lebens—
weije, zeichnete fich aber jpäter durch ftrenge Sitten
aus, erlitt 292 v. E. als Konſul eine Niederlage,
befiegte dann den Sammiter Bontius, jchlug in
jeinem zweiten Konſulate (276) die Sammiter und
ihre Bundesgenoffen noch einmal und fiel in jeinem
dritten Konſulate (265) im Kampfe mit den em-
pörten Sklaven vor Rolfinii in Etrurien. Flor.
1, 21. — 17) DO. Fab. Marimus VBerrucojus
(wegen einer Warze auf der Lippe), von Späteren
Cunetator genannt, wie e3 jcheint eine chren-
volle Bezeichnung, weil er durch jein Zögern Rom
rettete (Einn. bei Cie. off. 1, 24, 84 und (at. mai.
4, 10), auch Ovieula wegen feines janften Eharafters
zubenannt, diente reühgeitig jeiner Baterftadt in
den höchiten Ämtern. Nachdem er im J. 233 v. C.
als Konjul über die Ligurier triumphiert (Zonar.
8, 18) und darauf die Cenſur (230) verwaltet
hatte, gelangte er zwei Jahre jpäter abermals zum
Konsulate und jchloß mwahricheinlich während des-
jelben einen Bertrag mit dem Karthager Hasdrubal.
Pol. 2, 13. Wach der Eroberung Sagunts durd
Hannibal ging er an der Spitze einer Gejandtichaft
nach Karthago (av. 21, 18), von wo er nad der
befannten Erzählung, daß er jeine Toga hinge:
halten und den NKarthagern die Wahl zwiichen
Krieg und Frieden gelafien, den eriteren nach Rom
zurücdbrachte. Im J. 217 nad) mehreren Nieder:
lagen der Römer zum Prodiktator erwählt, lagerte
er fich bei Arpi dem Feinde gegenüber, jede ent:
icheidende Schladyt vermeidend. Dem hin- und
herziehenden Hannibal folgte er auf dem Fuße
und blieb ihm jtets zur Seite. Als jener ſich nad)
z 28
434
Campanien zurüdzog, juchte Fabius ihm den Weg
in einem Gebirgspajie zu verjperren, wurde aber
von Hannibal überliftet, indem diejer ihn durch
eine Zahl von 2000 Ochjen, an deren Körner
brennende Neifigbündel gebunden waren, täujchte.
Als Fabius bald darauf nad) Rom ads und ins
wiichen ſeinem magister equitum, Minucius, das
'ommando übertrug, benutzte derjelbe des Fabius
Abwejenheit, diejen in Rom zu verunglimpfen und
den an jich jchon wegen jeines Zögerns nicht ge—
ringen Unwillen des Volkes gegen ihn noch höher
zu jteigern, jo da auf Antrag eines Volkstribunen
as Volk dem Minuctus die Teilnahme am Ober:
befehle zugeftand. Plut. Fab. 1. 4ff. Pol. 3, 87 ff.
Lav. 22, 8. 10. 15. 24 ff. Aber eine dem jo be:
günftigten Minucius vom Feinde beigebrachte Nie-
derlage bewog diejen, freiwillig fich) dem Fabius
wieder unterzuordiien. Bald hernad) legte Fabius
aus eigenem Antriebe den Oberbefehl nieder. Liv.
23, 30. Plut. Fab. 13. Als die Nachricht von
der Niederlage bei Cannä nad Rom fam, ftillten
des Fabius weile Maßregeln die Aufregung und
gaben dem Bolfe Mut und Bejonnenheit zurüd.
Im J. 215 wählte man ihn abermals zum Konſul
und übertrug ihm den Krieg in Campanien, in
welchem er mehrere abgefallene Städte unterwarf.
Liv. 23, 39. Auch für das folgende Jahr zum
Konſul erwählt, eroberte er wiederum eine Reihe
von Städten und durchzog verheerend die abge:
allenen Städte Unteritaliens, mied indes auch
jeht jedes Aufammentreffen mit Hannibal, weil
er noch immer überzeugt tvar, daß Nom daraus
Vorteil zöge, wenn der Feind im vergeblichem
Hin: und Herziehen feine Kraft aufriebe. Auch
in den nächjten Jahren fämpfte er bald als Legat
feines zum Pan erwählten Sohnes Duintus,
bald als erg en elbft gegen Hannibal, namentlich
bei Zarent, das 212 an Hannibal verloren ge:
gangen war, wurde inzwijchen princeps senatus
(Jav. 27, 11) und eroberte danı (209) Tarent
wieder (Liv. 27, 15 ff. Plut. Fab. 21 ff. Cie. Cat.
m, 4, 11), wo er reiche Beute machte. Deshalb
feierte er einen glänzenden Triumph. Fabius ftarb
im J. 203 und erlebte aljo das Ende eines Krieges,
an dem er jo rühmlichen Anteil genommen hatte,
nicht. Das römische Volk betrauerte feinen Tod
tief. Liv. 30, 26. Ruhe und Bejonnenheit, gepaart
mit Mut und Gelbjtverleugnung, waren Haupt—
dlge jeines Charakters. In feinem jpäteren Alter
emächtigte ſich des jonft jo edlen, milden Mannes
grämliches Wejen und Eiferfucht, namentlich gegen
jüngere Männer, 3. B. Scipio, deſſen hochjtreben:
dem, jugendlichem Sinne er oft heftig entgegen:
trat (Liv. 28, 40 ff). Bgl. über ihn Cie. Cat. m.
4, 105. Cicero rühmt feine Nednergabe (Brut.
14, 57). — 18) Sein Sohn, DO. Fabius Mar.,
that jeine erjten Sriegsdienjte im J. 217 v. €.
unter jeinem Bater, wurde Konjul 213 (Liv. 24, 43)
und zeichnete ji) durd die Eroberung von Arpi
in Apulien aus. Liv. 24, 44 ff. Er jtarb plöglich,
wahricheinlih um 207. —_ 19) DO. Fab. Mar.
Ämilianus, Sohn, des Ämilius Paulus und
Bruder des Scipio Amilianus, von einem Fabier
adoptiert (180 v. E.). Flut. Aem. Paul. 5. Wls
Freund des Bolybios (Pol. 32, 10) genoß er defien
belehrenden Umgang, wurde im J. 154 als Ge—
jandter zu Pruſias geichidt (Pol. 33, 6) und ver-
waltete im J. 145 das Konſulat, während dejien
Fabii.
er mit Glüd gegen Viriathus kämpfte. Liv. ep. 52.
Cie, Lael. 25, 96. — 20) Sein Bruder, OD. Fab.
Mar. Servilianus, befämpfte gleichfalls als
Konjul (142 v. E.) Viriathus, gegen den er in
rauſamer Weije den Krieg führte. — 21) 0. ab.
Dar. Allobrogicus, ein Sohn des Trab. Amti-
lianus, führte in feiner Jugend ein loderes Leben,
welches er jedoch im reiferen Alter a focht,
mit Hilfe feines Oheims, des Scipio Mfricanus,
zuerft als Quäftor gegen Numantia und nahm im
3. 132 v. E. am Sklavenkriege auf Sicilien teil,
jedoch nicht mit Auszeichnung. Darnad) verwaltete
er Hijpanien als Proprätor und zog jic wegen
der ihm zur Laſt gelegten Bedrüdung diejer Provinz
auf Beranlafjung des jüngeren Gracchus, des Volls—
tribunen, einen Verweis zu. Als Konjul befiegte
er im J. 121 die Allobroger in Gallien in einer
großen Schlacht, wofür ihm ein glänzender Triumph
u teil wurde. Liv. ep. 61. Vell. Pat. 2, 10. Als
edner mennt ihn Cicero (Mur. 36). Er erbaute
den nach ihm fornix Fabianus benannten Triumph-
bogen. — 22) DO. Fab. Mar. Eburnuus, Kon:
jul im J. 116 v. E., wurde jpäter, als er jeinen
ungeratenen Sohn mit dem Tode bejtraft hatte
((ros, 5, 16), deshalb verurteilt und ins Exil ge
ſchickt. Cie. Balb. 11, 28. — 23) DO. Fab. Mari:
mus, ein Enfel des Allobrogicus, diente unter
Cäſar in Hilpanien als Legat (46 v. E.). Wegen
der großen von ihm geleifteten Dienfte ernannte
ihn Cäſar im folgenden Jahre zum Konſul. Z’lut.
Cues. 58. Er jtarb plöglich am 31. Dezember 45.
— 24) Baullus Fab. arimus, 11 v. C.
Konjul, ein Anverwandter des Dichters Dvid und
Freund des Augujtus, welchen er im J. 14 n. C.
auf dejjen geheimer Neije zum Agrippa Poſthumus
begleitet haben jollte, bei dem er aber in Verdacht
fam, feiner Gemahlin über dieſe Zuſammenkunft
mit Agrippa Mitteilungen gemadıt zu * die
Livia davon in Kenntnis geſetzt haben ſollte. Er
ſtarb bald nachher. Bgl. Hor. od. 4,1. Or. er
Pont. 1, 2, 119. 4, 6, 9. Tae. ann. 1,5. — 35) D.
Fab. Pictor, aus einer Seitenlinie des fabiſchen
Geſchlechtes, welche von der Liebe ihres Ahnherrn
für die Malerei den Beinamen empfing (Plin.
35, 4, 7), geboren um 254 v. E., diente in den
Kriegen gegen die Gallier und Hannibal, wurde
im J. 216 zum delphijchen Orakel gejendet (Liv.
22, 57. App. Hamm. 27) und war der erjte
Nömer, welcher, jedoch gleich Cincius Alimentus
in griechiicher Sprache (Dion. Hal. 1,6), in feinen
Annalen eine Gejchichte Noms jchrieb, welche Li:
vius (4. B. 1, 44. 2, 40) oft benußte. In derjelben
bearbeitete er die Gejchichte feines Bolfes von
Aineias an bis auf jeine Zeit herab, legtere na—
türlich ausführlicher, da er als zagenzeuge Erleb-
tes berichten lonnte (vgl. Dion. Hal. a. a. O.). Auch
die älteren römischen Sagen jcheint er in jein
Werk verwebt zu haben. Polybios (1, 14. 58) und
Dionyfios (4, 6. 30) tadeln ihn zwar mehrfach,
ori ihn jedoch oft als Hauptquelle benugt, ebenſo
!ivins; und noch jpätere Gejchichtichreiber, z. B.
Diodorus Siculus und Plutarch, jchägten ihn jehr.
Das griechiſche Werf ift auch im einer lateinischen
Bearbeitung vorhanden geweien, von der es zwei—
jelhaft ift, ob jie der Verfaſſer jelbft oder ein an-
derer ausgeführt hat. Manche (Mommijen) denten
an eine vielleicht ältere lateinische Abfafjung durch
denjelben Verfaſſer, Peter dagegen an 2 berühmte
Fabrateria — Falces.
435
Annaliften des Namens Fabius; jedesfalls ift die Jihm Fabr. die erfte Nachricht gegeben haben joll,
lateinijche Bearbeitung jpäteren Urſprungs als die | einen Waffenſtillſtand geichloffen hatte, unterwarf
griechiſche. Ob %. auch über das ius pontificium
geichrieben, ijt zweifelhaft. Beſte Sammlung der
Fragmente von Peter, hıstor. Kom. rel. I p. 5 ff.
109 ff. fragm. p. 6 ff. Val. im allgem. Peter,
rel. p. LXIX ff. und Nitzſch, die römiſche Anna—
tiftif (1873), ©. 267 ff. — 26) Serv. Fab. Pic-
tor, ein jehr gebildeter Redner und Kenner der
älteren römischen Gejchichte, lebte zur Zeit des
älteren Cato und jchrieb de ıure pontificio, wovon
bei Cicero, Gellius und anderen noch Bruchſtücke
erhalten jind. Cie. Brut. 21, 81. — 27) Fab.
Ruſticus, ein Freund des älteren Seneca, jchrieb
eine nicht auf uns gefommene Geſchichte Neros.
Taec. ann. 13, 20. 14, 2. 15, 61. Agr. 10 (recen-
tium eloquentissimus auetor). Da er im Teſta—
mente des Dajumius, das uns durch eine berühmte
Inſchrift (abgedr. bei Wilmanns, exempla inser.
Lat. [1873] I p. 100 ff.) überliefert ift, erwähnt
wird, muß er 108 oder 109 n. E. noch am Leben
gewejen jein. Auf ihn bezieht ſich vielleicht Quint.
10, 1,104. — 28) E. Fabius Balens, vgl. Tae.
hist. 1, 52.
Fabrateria, Stadt der Bolffer in Latium am
Trerusfluß, jpäter römijche Kolonie, j. Falvaterra.
Liv. 8, 19. Cie. ad fam. 9, 24. Cluent. 68, 192,
Jur. 3, 224.
Fabrieii, ein hernifisches Geſchlecht aus der
Stadt Aletrium. Der berühmtefte Mann diejes
Geſchlechts, 1)E. Fabr. Luſeinus (der einäugige),
fiedelte, vielleiht bald nad) 306 v. E., aus Ale—
trium nach Rom über, als die meiften hernikiſchen
Städte mad) ihrer Bejiegung durch den Konjul
Marcius das römijche Bürgerrecht ohne Suffra—
gium hatten annehmen müffen. Liv. 9, 43. Ale—
trium gehörte zu den Städten, die fich nicht empört
hatten und ihre Rechte behielten. Daher kam Fabr.
bald zu großem Anjehen in Rom und wurde vom
Senat als Gejandter nach Tarent geichidt, um
die Stadt vom Kriege gegen Rom abzumahnen,
285, jedod) dajelbft gegen das Völkerrecht längere
Zeit gefangen gehalten. Als Konſul befiegte er
(282) die Yucaner und Bruttier bei Thurit und
befreite die von ihnen belagerte Stadt. Liv. ep. 12.
Val. Max. 1, 8,6. Außerdem gewann er bedeu—
tende Beute, drang nad) freiwilliger Unterwerfung
der Hleineren griechiichen Kolonien bis Rhegion
vor und ließ daſelbſt eine Legion zurüd. Pol. 1,7.
Val. Mar. 1, 8,6. Die dankbaren Thurier ehrten
ihn jehr. Plin. 34,6. An der Schlacht bei Hera—
Heia (280) nahm er wahrjcheinlich teil und ging
im Berlaufe des Krieges als Gejandter an Pyrrhos
nad) Tarent wegen Auswechjelung der Gefangenen.
Alle Lockungen, alle Anerbietungen des Königs,
ihn zu gewinnen, jcheiterten an der unbejtechlichen
Kechtlichleit des F.; doch nahm er die (wahrjchein-
lich) unentgeltliche Entlafjung der Gefangenen an
(nad) andern durften fie nur nach Rom gehen zur
Feier der Saturnalien). Plut. Pyrrh. 18. Die
Erzählung, Pyrrhos habe den Römer durch einen
Elefanten jchreden wollen, gehört wohl der Sage
an. Plut. Pyrrh. 20; vgl. 26. Val. Max. 2,7, 1.
Später fämpfte er als Legat in der Schladjt bei
Aujeulum in Apulien, 279. Als Pyrrhos darauf
wegen jeines beabfichtigten Zuges nad Aufculum,
vielleicht auch veranlagt durch die ihm drohende
Vergiftung (Plut. Pyrrh. 24. Gell. 3, 8), wovon
Fabr. die Yucaner, Bruttier, Tarentiner und Sam:
niter, 278 (vgl. Aemilii, III, 2). Eutr. 2, 13 ff.
Als Cenſor (275) ftieß er den habjüchtigen P. Cor:
nelius Rufinus wegen Berjchwendung und Luxus
aus dem Senate. Cie. Lael. 11. Well. 17, 21.
Liv. ep. 14. Fabr., dem feine Redlichkeit —J
nie geſtattet hatte, Reichtümer zu ſammeln, ſtarb
arm, aber hochgeehrt. Cic. tusc. 3, 23. Seinen
Töchtern gab der Staat ſpäter eine Ausſtattung
(Val. Mar. 4, 4, 10). — Weniger befannt find
aus dieſem Geſchlechte 2) C. Fabr. Yujcinus,
Prätor Urbanus 195 v. C., Legat des L. Scipio
Aſiaticus 190 (Liv. 37,4); — 3) D. Fabr., Bolte-
tribun, verteidigte 57 v. C. Cicero gegen Elodius
und jchlug des Redners Rücklehr aus der Ber:
bannung vor, mußte aber der Gewalt des Elodius
weichen. Cie. Sest. 35f. — 4) Unter den Kaijern
lebte A. Fabr. Bejento, welcher wegen Schmäh:
jchriften gegen Priefter und Senatoren, jowie wegen
anderer Ungehörigfeiten unter Nero 62 angeflagt
und verbannt wurde. Zac. ann. 14, 50. Unter
Domitian Konjular und als Angeber berüchtigt,
erfreute er fich der Gunjt Nervas. Plin. ep. 4, 22.
9, 13. 19. Jur. 4, 113 ff.
Fabüla (von farı), jede Sage und Erzählung,
bejonders eine erdichtete, auch der Inhalt und
Segenftand eines Drama, wie das griechiiche Wort
autos, dann das Drama jelbjt, fowohl Komödie
als audy Tragödie und Satyripiel. Eine römijche
Komödie mit griechiichem Stoffe und nad) griechi—
ſchen Originalen hieß fabula palliata; war Stoff
und Haltung römiſch, jo hieß jie fab. togata, und
dieje war wieder praetexta oder trabeata oder
auch tabernaria, j. Komoedia. — Bei den Grie:
chen gab es aud) eine Tierfabel (aivog). Vgl.
Aisopos und Babrios. Schon bei Hejiod (op.
et d. 303) kommt die Fabel vom Habicht und der
Nachtigall vor. Vgl. DO. Keller, Unterjuchungen
über die Geſchichte der griechiichen Fabel (1862).
— Die ältefte römische Fabel ift die des Denenius
Agrippa vom Magen und den Gliedern (Liv.
2, 22). Phädrus bearbeitete eine Anzahl äjo:
piicher Fabeln in 5 Büchern, Nad ihm gab
Flavius Avianus äſopiſche Fabeln in elegiſchem
Versmaße heraus.
Faces, griechiſch d@des, Fackeln, ſ. Beleuch-
tung, 4.
Factiönes, Bezeichnung der Parteien in Bezug
auf die Wettrennen in den circenfiichen Spielen,
die ſich durd ihre Farben, rot (russata), blau
(veneta), grün (prasina), weiß (albata oder can-
dida), unterjchieden, wozu noch unter Domitian
die aurea und purpurea famen, die jedoch bald
wieder eingegangen zu jein jcheinen; die Gunſt
der Zuſchauer gegen die eine oder andere führte
jpäter zu höchft blutigen Kämpfen. Bgl. Auriga
und Heinrich zu Juvenal S. 439.
Faenus j. Fenus.
Faesülae j. Etruria, 3.
Falariea |. Belagerung, 6.
Falces waren im allgemeinen jcharfe Werkzeuge,
um etwas abzujchneiden, und deshalb nach vorn
zu gefrümmt. An Größe waren fie, je nad) ihrer
näheren Bejtimmung, verichieden, jo daß wir Dies
Wort bald Hippe, bald Sichel, bald Senje
überjegen fünnen. Je nad) der jpeziellen Beſtim—
28*
456
mung hatte man falces arborariae (Cat. r. r.
10, 3), vinitoriae (Colum.4, 25), putatorine,
frumme Gartenmeſſer. Die Sicheln und Senfen
zum Einernten des Getreides und des Graſes be—
jchreibt Plinins (28, 28), eine größere (f. maioris
compendii) zum Mähen, eine Heinere (alterum
genus brevius ltalicum) zum bloßen Abjchneiden
des GBetreides. Man ſchnitt nämlich damals das
Getreide nur dicht unter den Ahren ab und jam-
melte diejelben in Körben, dazu fonnte man mur
die Sichel (falx messoria) gebrauchen. Das
Stroh wurde jpäter zur Pachbededung oder zu
Viehfutter abgemäht. Hierzu, ſowie auch zum Mühen
des Graſes fonnte man ſich nur der Senien (fal-
ces foenariae) bedienen (Colum. 2%, 21: f. ve-
ruculatae, Senſen mit langem Stile. Eine
Hleinere Senje (falx ad pabulandum) gehörte
auch zur Ausrüftung des römischen Soldaten,
wozu noc ein Riemen kam, um die Fourage zur
bequemeren Fortichaffung zuſammenzuſchnüren. Bei
Belagerungen wurden falces, fihelfürmige
Hafen, an langen Stangen und Ballen ( Feg.4, 14)
gebraucht, um die Wälle und deren Bruftwehr
(Caes. b. g. 7, 86) zu zerftören, oder Steine aus
der durch den Widder (aries) bejchädigten Mauer
herauszureißen (f,murales. Liv. 38,5: asseres
faleati). Die Belagerten juchten von der Mauer
herab die fulces mit Schlingen (laquei, Üaes. b. q.
7, 22) oder eifernen Klauen (ancorae ferreae,
auch lupi) zu fallen und in die Höhe zu ziehen,
wo fie dann das Eifen abbradyen. In der See:
ichlacht gegen die überaus hohen Schiffe der Be:
neter bediente Cäſars Flottenführer Brutus fich
ſolcher an fangen Stangen befeftigter falces (ähm:
fi den f. murales, Cues. b. 9.3, 14), mit denen
man die feindlichen Segeltaue zu faſſen fuchte und
durch Heranziehen zerichnitt, jo daß die Segel auf
die Schiffe niederfielen. Als Kriegswaffe dienten
den Barbaren die frummen Säbel ixomiödrc), aus
dem Morgenlande ftanımend, von den Kömern
enses falcati genannt, und außerdem nod) cur-
rus falcati, quadrigae falcatae, Sichel:
wagen, ausführlich von Livius (37, 41), beſchrieben,
die jedoch nie bei den Römern Eingang fanden
und geradezu ein inane ludibrium genannt wur
den, weil fie Durd die ſcheu gemachten Pferde
ebenio verderblich für Die Ihrigen als für Die
Feinde werden konnten.
Falerii ji. Etruria, 6.
Falernum vinum, ein Ergebnis des ager
Falernns am mons Massiens in Campanien, galt
nächſt dem Gäcuber für den beiten der italiichen
Werne und war von hellgelber Farbe. Er durfte
weder zu jung noch zu alt jein, vom fünfzehnten
Jahre an war er am beiten. Man mijchte ihn
wohl mit Wafler, Honig und Chierwein (Hor. sat. |
1, 10, 24. 2, 2, 15. 4, 24. 8, 16. od. 2, 11, 185.
Horaz ift überhaupt feines Yobes voll (od. 1, 27,10.
2,6, 19 u. ö6.). Anziehende Erzählung bei Sil. It.
7, 163. gl. Weber, de agro et vino Falerno
(1855).
Falisei j. Etruria, 6.
Falsum. Fälſchung und Betrug waren im
älteften römischen Recht nicht kriminell ftrafbar,
jondern nur einzelne Arten, z. B. Ablegen eines
falichen Yeugnifies, nach den XII Tafeln. @ell.
20,1. Die lex Cornelia de falsis bedrohte Teſta—
ments: und Münzfälichung mit aquae et ignis
Faleri — Fannii.
interdietio. In der Kaiſerzeit wurde der Ktreis
des falsum durd; SConsulta und kaiſerliche Geſetze
jehr erweitert und ausgedehnt, z. B. auf jede Ur—
kundenfälſchung, Beftechlichteit der Advolaten u. ſ.w.
Die Strafe war jetzt deportatio et omnium bo-
norum publicatio.
Fama j. Ösen.
Fames |. Atos.
Familia von dem oſtiſchen famel, famulus)
heißt im w. ©. alles, was einer Berjon angehört,
jowohl Menjchen als Sachen. ZLir. 3, 55. 45, 40.
Im e. ©. bezeichnet familia 1) alle einem pater
familias unterworfenen Perſonen, wie Frau, Kinder,
Sflaven; — 2) alle einem pater familias unter:
tworfenen freien Perſonen, d. h. alle Familien—
glieder, weldye unter dem Hausvater ftehen, Die
Hausgenoſſenſchaft; — 3) die Mitglieder einer
größeren Familie, weldye Ein cognomen führen
und fich als Agnaten angehören, jogar die Mit:
glieder einer gens (Lir. 9, 29. 38); — 4) die zu
einem Haufe gehörenden Sflaven, bei denen Die
Scheidung einer fam. rustica und urbana eintrat
if. Serviı, 4.1); — 5) das Vermögen Beritorbener
(Liv. 2, 41).
Fannii. Der erfte, welcher aus diefem plebeji-
ichen Geſchlechte genannt wird, ift 1) E. Fannius,
beteiligt als Bolfstribun im J. 187 v. E. an der
Verurteilung des L. Scipio Aſiaticus. Liv. 38, 60.
- 2) Sein Sohn, C. Hann. Strabo, gab im
J. 161 v. E. ein Aufwandsgeieß. Gell. 2, 24, 2 ff.
— 3) 6. Fann., des vorigen Sohn, Konſul im
3. 122 (Plut. ©, Gracch. 8 ff.) und Gegner des
C. Gracchus, obgleich er ihm die Erlangung des
Konſulats verdanfte, als Medner genannt von
Gicero (Brut. 26). — 41. Fann. Strabo, nahm
teil an der Eroberung Karthagos, deilen Mauern
er mit unter den eriten erftieg, und fämpfte gegen
Viriathus, 122 Konful. Plut. Tib. Gracch. 4. App.
Hisp. 67. Er liebte philojophifche Studien und
führte die Lehre der Stoifer in Rom ein. Ihm
wird (Cie. Brut. 26) die Abfafjung eines geichicht-
lichen Wertes nach Art der Annalen beigelegt,
dejien Zuverläſſigkeit von Salluft in jeinen Hiſto—
rien hervorgehoben wurde, und das M. Brutus
in einen Auszug gebracht haben joll. Cie. ad Att.
12,5. Es zählte mindeitens 8 Bücher und war
nicht ohne Eleganz geichrieben. Die jpärlichen
Fragmente j. bei Peter, hist. Rom. rel. I p. 138 ff.
fragm. p. 87 ff. Vielleicht find 3) und 4) Eine
Berjönlichleit. — 5) M. Fann, einer von den
Richtern des Sert. Roſeius Amerinus (Cre. Rose.
Am. 4. — 6) L. Fann, ein Anhänger des Ser:
torins, zwiichen welchem und dem Mithribates er
jein Bündnis vermittelte und zu dem Zwecke jelbit
nach Spanien reifte. Später fchrte er zu Mithri-
dates zurüd,. Plut. Sert. 24. Oros. 6,2. — TE.
Fann. Gegner und Anfläger des Elodius 61 v. C.,
ſpäter wahricheinlich Anhänger des Sert. Bompejus,
von welden er zu Antonius überging. App. b. c.
5, 139. — 8) Ein anderer iſt wohl ©. Fann.,
welcher als Tribun im %. 58 v. C. Gegner Cäſars
war (Cie. Sest. 53). Er ftarb bald nach dem Tode
des Pompejus, anf deflen Seite er geftanden hatte,
41706 9 C. Fann. Eäpio, ftarb als
Teilnehmer an einer Verſchwörung des Terentius
Barro Murena ſ. d. unter Lieinii, E, 5.) gegen
‚ Augustus, nachdem er ſich längere Zeit mit Hülfe
eines Sklaven verborgen gehalten hatte, durch
Fanum
Hentershand. Suet. Oct. 19. Tib. 8. Vell. Pat.
2, 9. 10) Kann. Quadratus, Schwelger
und Schmaroger zu Rom, war von niedriger Ge-
finnung und ließ, während er durch jchlechte Verſe
zu glänzen juchte, feine Tadelfuht an befleren
Dichtern aus, bejonders an Doraz, vgl. Hor. sat. |
1, 4, 21. 10, 80. — 11) C. $ann., zur Zeit des,
jüngeren Plinius, jchrieb ein von diejem (ep. 5, 5)
gerühmtes, aber unvollendetes Werf über die unter
Nero Hingerichteten oder VBerwiejenen. — 12) Fan:
nia, nahm aus Dankbarkeit wegen eines früher
ihr geleisteten Dienftes den C. Marius auf jeiner
Sucht (88 v. E.) gaftlich in ihrem Haufe zu Min:
turnä auf. Plut. Mar. 38.
Fanum. Unter den Städten des N. find zu
merken: 1) 5. Feronige in Etrurien zwiichen
PBijä und Luca, j. PBietra Santa. — 2) 8. For:
tunae, große Stadt Umbriens an der Mündung
des Metaurus, j. Fano, verdankte ihren Namen
einem berühmten Fortunatempel; Triumphbogen
des Nuguftus. Caes. b. ce. 1, 11. Tac. hist. 3, 50.
Fartor (von farcire), der Geflügelhändler und
Mäfter. Weniger ficher ift, ob fartor auch Wurft:
macher bezeichnet hat.
Fasces, vermittelit eines Riemens von roter
Trarbe gefmüpfte Rutenbündel aus Ulmen: oder
Birkenholz (virgae), aus deren Mitte ein Beil
(securis) hervorragte. Diejes ſymboliſche Zeichen
der Amtögewalt überfamen die römijchen Könige
aus Etrurien. Nach Vertreibung der:
jelben befamen die Konjuln 12 lieto-
res, die, jeder ein Rutenbündel auf:
recht tragend, einerhin:
ter dem andern, dem
jedeömaligen consul
maior während feines
Amtsmonats (j. Con-
sul, 2.) vorangingen.
Liv.24,44. Bald nad
Errichtung der Repu—
blik, jchon durch Vale—
ring PBublicola, wur:
den die Beile aus den
fasces innerhalb der Stadt Rom herausgenommen.
Die Protonſuln behielten ihre 12 fasces; von dem—
felben Publ. ging auch die Sitte aus, die fasces vor
dem Bolfe, als Son nunmehrigen Innehaber der
maiestas, zu jenfen (demittere. Liv. 2,7. Flor.1,9.
Plut. Public. 10). Dem Diktator famen 24 Lil:
toren zu, die Prätoren hatten außerhalb Roms wie
die Proprätoren 6 (innerhalb der Stadt wahr:
icheinlih 2), die Faiferlichen Legaten 5 Liktoren.
Die Eenjoren entbehrten der fasces, weil fie feine
erefutive Gewalt bejaßen, ebenjo jpäter die faijer-
lichen Profuratoren. Siegreiche Feldherren um—
kränzten die fasces mit Lorbeerzweigen (fasces
laureati). Cie. Ligar. 3. Caes. b. e. 3, 71. Unter
den Kaiſern waren dieje fasces laureati eine Aus:
zeichnung verbienter Feldherren für bedeutende
friegeriiche Erfolge, bisweilen auch ohne joldhe
Berdienfte (Tac. ann. 13, 9). Die fpäteren Kaiſer
bedienten fich für ihre Perſon nur mit Lorbeer
umfränzter und mit goldenen Zieraten geichmild:
ter Faſces.
Fasciae, Bänder, 1) Haarbinden, f. oder vit-
tae crinales; — 2) Bujenbänder, die Stelle des
modernen Schnürleibes vertretend; — 3) Schenfel:
und Beinbinden, f. crurales, aud) genannt fascio-
— Fasti. 437
lae, feminalia, ernralia, tibialia, mit welchen
ı man die Beine umwidelte, was aber für ein Beichen
der Weichlichfeit galt. — 4) Binden um den Leib
und um den Hals, ventralia und focalia.
Faseinum bedeutet Bezauberung, Beherung
und zugleidy das Mittel gegen diejelbe. Griechen
wie Römer glaubten nämlich an feindliche, neidische
Dämonen, welche durch das Glück des Menjchen,
bejonders wenn er in froher Zuverficht fich ein
unbedachtiames Wort des Eigenlobes und des
Selbitgefühls entichlüpfen ließ, gereizt würden,
ihm zu jchaden und jein Glück zu vergällen. Auch
böfe, neidiſche Menfchen follten die Macht haben,
durch böjen Blick, böjes Wort und andere Bau:
bereien zu jchaden. Gegen joldye dämoniſche Ein:
wirfungen fuchte man fich durch allerlei Mittel
zu Ichüßen, welche mooßaordvın, fascina hiehen.
Hieher gehörte bejonders das Tragen von Amu—
letten bei Kindern und Erwachſenen; das Bild des
deus Fascinus, defjen Kult den Veſtalinnen
oblag, hängte man den feinen Kindern um, und
triumphierende Feldherren banden es unter ihren
Wagen. Solche Amulette waren gewöhnlich obicöne
Figuren, eine bejondere Art von Ringen, gewiſſe
Worte und Namen, die man gejchrieben bei fich
trug u. ſ. w. Much gewiflen Handlungen jchrieb
man eine jchügende Macht gegen Berzauberung
zu, bejonders dem Ausipuden; man ſpuckte ſich
3. B., wenn man fich jelbjt lobte, dreimal in den
Bufen (Theoer. 6, 39. 20, 11. Tibull. 1, 2, 96);
wenigftens vergaß man bei jolcher Gelegenheit
nicht, die Formel: praefiscine! oder absit invidia
verbo! auszufprechen. Plaut. Cas. 5, 2, 43. Asin.
2, 4, 84. Das lateinijche Wort wird mit Baoraivo
in Berbindung gejet.
Fasti 1) j. Dies, 3. — 2) der römijche Ka—
lender, d.h. das Verzeichnis der dies fasti (Sprud):
tage), nefasti, interoisi, comitiales, mit Aufzählung
der auf jeden Tag fallenden Feſte, Spiele, Opfer
u. dgl. und Hinzufügung von Notizen über ge:
Ichichtliche Ereigniffe jowie Angaben über den Auf:
und Untergang von Sternbildern, urjprünglich von
den Pontifices geführt, jeit 304 v. C. auch von
PBrivatperjonen behandelt und veröffentlicht (Liv.
9, 46), wie denn Ovid einen poetischen Feſtlalender
unter dem Namen Fasti verfahte (f. Ovidius).
Bruchſtücke amtlicher und nicht amtlicher (3. B. fasti
Praenestini von Berrius Flaccus) fasti, auf Stein
gegraben oder gemalt, haben ſich erhalten, am
beiten herausg. von Mommſen im 1. Bande des
Corp. Inser. Lat. — 3) die einen Anhang des
Kalenders bildenden und daher ebenfalls fasti ge:
nannten Fahresverzeichniffe mit Angabe der epo—
nymen Magiftrate (fasti consulares, praetorii),
der jeweiligen Briefter (fasti sacerdotales, fasti
fratrum arvalium), der in jedem Jahre gefeierten
Triumphe (fasti triumphales). Bruchftüde auch
jolcher fastı find auf uns gefommen, namentlich
die berühmten fasti Capitolini (jo genannt nad)
ihrem jeßigen Nufbewahrungsorte, urſprünglich auf
einer Wand des Gaftortempels oder der Regia
[f. d.] eingegraben), ein hronologiiches Verzeichnis
der Konfuln, Cenſoren, Diltatoren und Neiter:
obrijten, ebenfalls abgedrudt Corp. Inser. Lat.,®d. 1
p. 415 ff. Beſondere Ausg. der fasti consulares von
Cäſars Tode bis Diocletian von Klein (1881), der
fasti praetorii von Wehrmann (1875) und Hölzl
(1876); der fasti censorii von de Boor (1873).
438
Fatum j. Moira, 4.
Fatüus und Fatüa j. Faunus.
Fannus (von faveo, der günftige, gute) war
den Römern ein Gott des Feldes und Waldes und
ein Bejchüger der in Feld und Wald mweidenden
Herden. war aljo ein dem Silvanus ver:
wandtes Weſen und ward mit dem griechischen
Weidegott Pan identifiziert (j. Evander), Wie
Ban liebte er es in den Wäldern die Menſchen zu
neden und zu jchreden, und dieje Luft trieb ion
auc in die Wohnungen der Menjchen, um fie im
Scylafe zu beängftigen; daher hieh er Incubus
(der Alb). Eine bejondere Eigenjchaft an ihm ift
die Gabe der Weisjagung; an den Standpunften
feiner Drafel, die fich in Waldgegenden befanden,
legte man fich auf dem Felle eines geopferten
Schafes nieder und erhielt die Weisjagung im
Traume durc Bilder und Töne. Verg. A. 7, 81.
Or. fast. 4, 649. Bon der Weisjagung hatte er
den Namen Fatuus, Fatuellus (v. fari).
galt für einen Sohn des weisjageriichen Picus
und Entel des Saturnus, war durch die Nymphe
Marica Bater des Yatinus (Verg. A. 7, 45) und
wurde von pragmatifierenden Schriftftellern für
einen König von Satium erflärt. Durch griechiichen
Einflug wurden auch Fauni in der Mehrzahl wie
Silvani angenommen und mit den Nymphen in
Berbindung gebracht. — Die Faunalia wurden
am 5. Dezember von Hirten und Landleuten im
Freien begangen. Man opferte Böde mit Wein-
und Milchſpenden und hielt fröhliche Schmäuje;
das Vieh ließ man frei in den Wäldern umber:
ichweifen, und auch den Sklaven gönnte man an
diefem Tage eine Iuftige Freude auf Wiejen und
Kreuzwegen. Hor. od. 3, 18. Als Herdengott hatte
Faunus den Beinamen Lupercus (= Wolfsab-
wehrer, richtiger * von lues und parcere, alſo
== averruncus luis), und unter diefem Namen
wurde ihm am 15. Februar das von Romulus
und Remus eingejegte Feſt der Yupercalien
(Lupercal, Lupercale sacrum, Lupercalia) zur
Sühne der Hirten und Herden gefeiert. Es wurden
ihm an diefem Feſte Ziegen oder Böde mit eigen:
tümlichen Sühngebräuchen geopfert; man berührte
zwei herbeigeführten Jünglingen die Stirne mit
dem blutigen Opfermeijer und wiſchte jogleich die
Blutjleden wieder mit in Milch getauchter Wolle
ab, worauf die Nünglinge auflachten. Nach dem
Opfer und Opferichmaus jchnitten jich die Prieiter,
die Yuperci hießen, aus den Fellen der Opfer:
tiere Riemen und liefen von der Opferftätte, dem
Lupercal am Balatiniichen Berge, nur mit einem
aus denjelben Fellen geichnittenen Schurze befleidet,
durch die Stadt. PVerheiratete rauen gingen ihnen
gern entgegen und ließen ſich mit den Riemen
ichlagen, im Glauben, da dies den Segen der
Ehe bherbeiführe und reinige und ſühne. Ov. fast.
2,267. Deshalb nannte man diejen Tag dies
februatus, von februare, reinigen und jühnen;
februum, Reinigungsmittel, aber hieß das Fell,
und der Monat des Feſtes Februarius. — Dem
Taunus jtand ein gleichbedeutendes weibliches
Wefen zur Seite, Fauna oder Fatua, aud
Luberca genannt.
Fausta, jüngere Tochter des Kaiſer Marimia:
nus, zweite Gemahlin Gonftantins des Gr., auf
deſſen Befehl im Bade erftidt.
Faustina, 1) Annia Galeria %, Gemahlin
Fatum — Felix.
des Kaiſers Antoninus Pius, Schon im dritten Jahre
ihrer Ehe geftorben, zu deren Gedächtnis eine Er:
ziehungsanftalt für Waifenmädchen geftiftet wurde.
Capit. Ant. P.5ff. — 2) Annia %, Gemahlin
des Marcus Aurelius Philojophus, Tochter der
vorigen, begleitete ihren Gemahl auf jeinen Feld—
zügen und ftarb in dem Vieus Halala am Fuße
des Taurus im X. 175 n. C. Capit. Ant. Phil, 26.
Dio Cass. 71, 29.
Faustülus j. Acca Larentia.
Favonius, 1) Marcus, Nachbeter des älteren
Gato (Catonis simius), beivarb fih im J. 60 v. €.
vergeblih um das Tribunat, war Mitglied des
Senats (Plut. Cat. min. 32) und Gegner der Trium—
virn, vorzüglich des Bompejus, über deſſen zu große
Gewalt er jich ereiferte. Er wurde im J. 53 zum
Adil erwählt. (Plut. dal. 46), bejonders durch den
Einfluß des jüngeren Cato. Mit großem, in jener
Zeit oft gefährlichem Freimute widerjegte er fich
Er | dem ehrgeizigen Streben des Pompejus fortwährend
(Dio Cass. 39, 34 ff.), erlangte im %. 49 die Prä-
tur und wollte im folgenden Jahre von feinem
Vergleich mit dem anrüdenden Cäſar wifjen, wes—
halb er jetzt fich jogar dem Pompejus anſchloß,
den er auch im Unglüd nicht verlieh und auf jeiner
Flucht begleitete; erſt mach deſſen Tode fchrte er
nah Rom zurüd. Plut. Pomp. 67. 71. Cie. ad
fam. 8, 9,5. Caes. b. c. 3, 36.57. Cäſar benadigte
ihn. Nadı dejien Ermordung wegen jeiner Ber:
bindung mit Brutus und Caſſius geächtet, geriet
er bei Syilippi in die Gefangenschaft der Trium:
virn und wurde auf Befehl des Octavian hinge-
richtet. Suet. Oct. 13. Plut. Pomp. 60. Brut. 34.
Eicero nennt ihn mehreremal ald Redner (ad Att.
2, 1.4, 16). — 2) j. Zephyrus unter Winde, 3.
Favorinns, Paßogivog, Nhetor unter Kaijer
Hadrian, aus Arelate in Gallien, Schüler des Dion
Chryſoſtomos und befreundet mit Plutarch und
Fronto, verfaßte in griechiicher Sprache encyklo—
pädiſche Werte, 3. B. TIarrodaxı) forogie, Aro-
urnuoredueare, Ivouoloyınd, galt jedoch auch als
Kenner der römijchen Litteratur. Abhandlung von
Marres (1853).
Febris, Perſonifikation des Fiebers; doch ver:
ehrte man nicht die Krankheit ſelbſt, jondern die
Göttin, welche fie abzuwenden vermochte. Sie hatte
in Nom 3 Tempel, darunter einen auf dem Pala—
tinus; Heilmittel, welche man bei Kranken ange:
wendet hatte, wurden in dieje Tempel gebradıt.
Cie, n. d. 3, 25, 63. legg. 2, 11, 28,
Februarius j. Jahr, Il, und Faunus a. €.
Felicitas (Faustitas, Hor. od. 4, 5, 18), die
Berjonifitation des Glüds, der Glüdjeligfeit, dar—
geftellt ald Matrone mit Füllhorn, Modius und
Gaduceus. Sie hatte einen Tempel in der fünften
Region (Cie. Verr. 4, 2, 4. 57, 126), der unter
dem Kaiſer Claudius abbrannte.
Felix, Antonius (jo Tac. hist. 5, 9), oder
Claudius, Freigelafiener des Kaiſers Claudius,
verheiratet mit Drufilla, einer Enfelin von Anto—
nius und Kleopatra, ſpäter mit der gleihnamigen
jüngiten Tochter des Königs Herodes Agrippa 1.,
Brofurator von Judäa etwa 52—60 n. E,, in
jeiner Berwaltung rüdfichtslos und grauſam, jo daß
unter dem politiich und religiös fanatifierten Volke
ein Aufftand auf den andern folgte, und F. nad)
feiner Abberufung und Erſetzung durch den tüch-
tigen Porcius Feitus (60-62) einer Beltrafung
Fenestella — Feralia.
auf die Klage der Juden nur durch Verwendung
feines Bruders Pallas bei Nero entging. Tue.
ann. 12, 54. Suet. Claud. 28. Act. apost, 24.
Fenestella, römijcher Hiftorifer, ftarb 70 Jahre
alt im J. 19 m. E., lebte aljo unter Auguftus und
Tiberius. Er jchrieb Annalen, welde von der
Königszeit an bis zum Untergange der Republif
gingen und von römiſchen Schriftitellern oft genannt
werden. Er hatte überall bejonders auf die recht:
lichen und Fulturgeichichtlichen Verhältniſſe Rück—
ficht genommen und wird deshalb namentlich auch
von den Grammatifern, 3. B. jchon von Aſeonius,
angeführt. Abhandlungen von Mercklin (1844) und
Poeth (1849). Sammlung der Bruchjtüde von
Peter, histor, Roman. fragm, p. 272 ff. — Die
unter dem Namen 2. fen. herausgegebenen Bücher
de magistratibus et sacerdotiis Komanorum find
eine Fälichung von Fioechi (Floceus, F 1452).
Fenestrae ſ. Haus, 11. und Belagerung, 8.
Fennius (Faenins) Rufus, praefectus an-
nonae unter Nero, ein Mann von jeltener Un—
eigennüßigfeit und Redlichkeit, wurde ſpäter Be:
fehlähaber der Leibgarde. Tuc. ann. 14, 51. Bei
dem Fürjten gegen den bintdürftigen und laiter-
haften Tigellinus (ſ. d.) zurüdjtehend und jeines
Lebens nicht mehr ficher, hop er fich (65 n. €.)
der Verſchwörung des Pilo an (Tae. ann. 15, 50),
verriet aber nach Entdedung derjelben eine Ge—
noffen und, um feig jein Leben zu retten, ſogar
den Seneca; Nero lieh ihn aber gleichwohl hin:
richten. Tac. ann. 15, 66 f.
enus (richtiger faenus, von feo, wie roxog
von rare) ift gleichjam die Frucht des ausgeliehenen
Kapitals, der von dem Gläubiger einzunehmende
Zins. Usura ift fachlich dasjelbe und bedeutet
die für den Gebrand von dem Schuldner zu zah-
lende Vergütung. Varr. 1.1.5, 183. Schon unter
den Königen Big fi der Gläubiger von dem
Schuldner Zinſen auszubedingen, und zwar von
nicht geringer Höhe, jo daß ſchon damals die
Armen über den Zinjendrud fagten. Zu dem hohen
Zinsfuß fam ein anderer Übelſtand, nämlich die
große Härte, welche in der gewöhnlichen Darlehns—
form lag, dem nexum (.d.). Scharenweije ſchmach⸗
teten die armen Plebejer in den Schuldtürmen
(ergastulum) der reichen Batricier, die alljährlichen
Kriege richteten den häuslichen Wohlſtand der erjteren
zu Grunde, und nur die leteren zogen Borteil
von den erfochtenen Siegen, namentlich dadurch,
daß die Plebejer nicht zu dem Genuſſe des eroberten
ager publieus gelangen fonnten. Mehrmals er:
folgte Aufruhr und Seceifion, mehrmals wurden
Borjchläge gemacht, dem Übel zu jteuern, aber ftets
wuhten die Batricier es jo einzurichten, daß nur
vorübergehende Mafregeln getroffen wurden, 3.8.
Frreilafjung der Schuldgefangenen, Stundung der
Binfen u. dgl. Liv. 2, 23—33. So hatte allınäh:
Ih das Wort fenus die Bedeutung von wuche—
riſchem Zins angenommen. Die Xll Tafeln gaben
wirkliche Abhülfe. Die Hauptitelle ift Tae. ann.
6, 16. 17: ne quis unciario faenore amplius
exerceret. Nach der früheren Erklärung jollte
unciariom faenus ’/,, des Kapitals jährlich be—
zeichnen, das würde aljo für das zehnmonatliche
Jahr 8'.,, für das zwölfmonatliche 10 pro Cent be:
tragen. Dagegen hat Nipperdey (j. zu Tuc. ann.
6, 16) mit Necht bemerkt: „Die Römer berechneten
ihre Zinjen monatlich. Unciarium faenus ift Y,,
439
und semunciae '/,, für das ey monatlich,
alfo 1 umd "/, pro Cent jährlich. Diejer Ausdruck
fann micht anders erflärt werden, als alle übrigen,
in denen die Zinſen mit Bruchteilen der Einheit
(de3 as) angegeben werben, von welchen es feſtſteht,
daß fie das monatliche Zinsquantum vom Hundert
bezeichnen.“ Doc kamen dieje Beftimmungen bald
wieder in Bergefjenheit. Nachdem die lex Licinia
Sestia (j. d.) durch Abzug der bis dahin zuviel
bezahlten Zinjfen von dem Kapitale eine Erleich:
terung gewährt hatte (376367), ernenerte die lex
Duilia Maenia 356 v. €. (Liv. 7, 16, 1) die Be-
ftimmmung der XII Tafeln und bedrohte die Wucherer
mit harter Geldfirafe. Bald darauf, 346 v. E.,
wurde der Zinsfuß auf die Hälfte herabgejekt,
faenus semuncijarium (Liv. 7, 27, 8), ja endlich
wurde durch die lex Genucia 341 vd. E. das Dar:
leihen auf Zinſen ganz unterfagt (vetita versura,
Tac.). Liv. 7, 42. App. b. e. 1, 54. Trobdem be-
egnen wir bald darauf maßlojer Willfür und
Däufigen Beitrafungen des Wuchers, welcher ganz
gewerbmäßig betrieben wurde. Auch fehlte es nicht
an einfchräntenden und prohibitiven Gejeben, 3. B.
lex lunia, Valeria u. a. Mittlerweile war durch
den Berfehr mit Ajien und Griechenland ein neuer
Zinsfuß in Nom aufgefommen, usura cente-
sima, d. 5. monatlich 1 pro Cent, aljo jährlich
12 pro Cent. Dieſer hielt ſich und blieb bis in
die jpäteften Zeiten die anerfannte Norm; wenn
auch Wucherer jehr oft mehr nahmen und das
Doppelte oder noch mehr erpreften. Vgl. 3. B.
Cic. ad Att. 5, 21. 6, 1. 2. 3, wo wir erjehen,
daß die Römer auch in den Provinzen jchamlojen
Wucher trieben, obwohl die lex Gabinia (f. d.)
gerade den Schuß der Provinzialen gegen den rö-
miichen Wucherer bezwedt hatte. Auch unter den
Kaiſern blieb die alte Klage über Zinswucher
(Tac. ann. 6, 17), und die Verbote waren nicht im:
ftande, das Unweſen ganz auszurotten. Juſtinian
jeßte den Zinsfuß auf 6 pro Cent herab. — In
alter Zeit trieben die Patricier den ——
faſt ausſchließlich, ſpäter wurde ſolcher Wucher für
eines Senators unwürdig gehalten und verblieb
dieſes Geſchäft dem inzwiſchen neu gebildeten Stande
der equites, vorzüglich den Staatspächtern (publi-
cani) und Geichäftsmännern (negotiatores), jowie
den Bankfiers und Wechslern —— doch
waren auch viele andere reiche Leute feneratores.
Die Zinſen wurden monatlih an den Kalenden ein:
fajltert. Der früher gejtattete Anatokiſmos, d. h.
das Zufammenziehen des Kapitals und der rück—
ftändigen Zinſen am Ende des Jahres zu einem
neuen Sapitale, trug nicht wenig dazu bei, bie
Reichtümer der feneratores zu vermehren.
Feralia oder Parentalin, ein Feſt, welches
man zu Rom am 21. Februar den Berftorbenen
feierte. Man glaubte, daß an diefem Tage den
Seiftern der Toten geftattet jei, auf der Oberwelt
umberzujchweifen, und bradte den verftorbenen
Berwandten Sühnopfer und ehrte ihre Gräber.
Or. fast. 2, 569. An dem auf die Treralien fol:
genden Tage vereinten ſich die lebenden Anver—
wandten zu einem frohen Liebesmahl an dem Feſte
der Cariſtia oder Chariftia. Ov. fast. 2, 617.
Wenn man die Parentalia von den Feralia unter:
jcheidet, jo verfteht man unter ihnen Sacra privata,
die am Todes: oder Begräbnistage einer gewiſſen
Perfon begangen wurden.
440
Fercülum, 1) ein ®ang der coena (j. d.),
eigentlih die große Schüfjel oder das große Brett,
auf welchem die verichiedenen Speijen hereinge:
bracht wurden, und jodann die Speifen ſelbſt; —
2) eine Tragbahre, 3. B. für die Götterbilder bei
Prozejlionen, oder für andere Gelegenheiten.
Ferentarii, früher gleichbedeutend mit rorarii
(vgl. Acies, 6.), find auch jpäter (Sall. Cat. 60),
jelbft noch unter den Kaifern (Zac. ann. 12, 35)
jedesfalls eine leichte Truppengattung, die als
Plänfler (iaculatores, quos antea Ieroniarios
nominabant, Veg. 3, 14) das Gefecht vorberei-
teten und begannen, nach Barro (1. 1.6, 3, 92)
Neiterei, nad) Vegetius (1, 20) Fußvolk und mit
Scyleuderern (funditores) zufammengejftellt.
Ferentina, eine latinijche Gottheit von unbe-
fannter Bedeutung, vielleicht gleich Diana. Am
Fuße des Abaniihen Berges war ihr ein are
(lucus Ferentinae) geweiht, wo die Latiner Ber:
jammlungen zu halten pflegten. Zir. 1, 50. 52.
Ferentinum, 1) Stadt in Etrurien, richtiger Fe—
rentium, Geburtsort des Kaiſers Dtho, j. Ruinen
"erento. Suet. Oth. 1. Plin. 3, 5. Strab. 5, 226.
- 2) Stadt der Hernifer in Latium, im zweiten
punijchen Kriege zerftört und dann koloniſiert; j.
Ferentino. In dem nahen Hain am Bach der
Ferentina (j. d.) hielten die Latiner ihre Bera—
tungen. Liv. 1,50. 2,30. 4,51. 9, 43. 10,34 u. ö.
Taec. ann. 15, 53.
Feretrius j. lIupiter unter Zeus, 9.
Feriae. Die Tage des Jahres teilten die Rö—
mer in dies festi, die dem Dienſte einer Gottheit
geweiht waren, und dies profesti, Werfeltage,
an denen die gewöhnlichen Öffentlichen und Privat:
geichäfte betrieben wurden. Die dies festi hießen
auch feriae, bejonders wenn fie mehrere Tage
nacheinander dauerten. Man teilte fie ein in feriae
publieae und privatae; die legteren wurden
von einzelnen Perſonen oder familien begangen,
z. B. bei Geburtstagen, einer Totenfeier (feriae
denicales) u. f. f. Die publicae find legiti-
mae, die regelmäßigen Feittage, und die concep-
tivae, welche entweder jährlich auf bejtimmte oder
willfürliche Tage (deshalb indictivae) oder auch
außerordentlich angejeßt wurden. Die feriae im-
perativae wurden bei bejonderen Fällen des
Slüds oder Unglüds angejagt. Solche feriae im-
perativae waren die fenovemdiales. Liv. 1,31.
Durch die Bearbeitung der Fasti in Mommijens
Corp. I. L. I p. 293—412 ift der römische Feit-
falender für das ganze Kahr Hargeitellt.
Feriae Latinae, uralte Bundesfeftverfammlung
der latinischen Städte unter der Hegemonie von
Alba Longa. Nach Zerſtörung desjelben und der
Überjiedelung der Einwohner nah Rom ftellten
ſich die römischen Könige an die Spike des Bundes
und vollzogen das jährliche Bundesopfer zunächſt
in dem Tempel der Diana (Liv. 1, 45) auf dem
Aventiniſchen Berge, ſpäter wieder auf dem Alba—
nischen Berge (j. Monte Cavo). Dieje feriae La-
tinae wurden jelbft nach mehrmals wiederholten
Kriegen mit den Latinern und bei ganz veränder-
ter ftaatlicher Stellung von Rom und Latium bis
in die jpäteften Zeiten beibehalten, und jährlich
mußten fich die beiden Konſuln zweds Darbringung
eines Opfers nach dem Albanijchen Berge begeben.
Auf die Zeit ihrer Abwejenheit wurde in Rom
ein praefectus urbi gewählt (j. d., 3.), aud) prae-
Ferculum — Festus.
fectus feriarum latinarum genannt. Liv. 5, 17.
21,635 u. Ö.
Feriae scholärnm. Bejondere Schulferien gab
es in Griechenland wohl nicht. An Rom waren
regelmäßige Schulferien an den Saturnalien und
Duinquatrien (Hor. ep. 2, 2, 197. Plin. ep. 8,7),
unregelmäßige an den Tagen der Spiele und an:
derer öffentlicher Feſtlichkeiten. In den Elemen:
tarjchulen gab es 4 Monate Sommerferien, näm-
li) von den den des Juni bis zu denen des
Oftober, was wegen der Wein- und Dlivenernte
wedmäßig war. Hor. sat. 1, 6,75. Mart. 10, 62.
dgl. Beder-Söll, Gallus II ©. 88 ff.
Feronfa, eine altitalifche Göttin, am Berge
Soracte im Lande der Capenaten, wo es an das
der Latiner und Sabiner grenzte, verehrt. Sie
hatte dort einen heiligen Hain und einen jehr reichen
Tempel und erhielt die Erftlinge der Früchte zum
Opfer. In der Nähe wurden ftarfe Märkte ge:
alten. Dionyfios von Halifarnaf (2, 49) nennt
he Avrdnpöoog, Pılooriparog oder Ilsgsep6rn.
Liv. 26, 11. 27, 4. 33, 26. Strab. 5, 226. Ihr
Sohn war Herilus, König in Pränefte, dem fie
3 Seelen gegeben hatte, jo daß er dreimal von
Evander getötet werden mußte. Verg. A. 8, 561 ff.
Feroniae lueus hieß ein Hain der Göttin
Feronia (f. d.) nebft reichem Tempel bei Capena
in Etrurien am Soracte, wo ein bejuchter Markt
gehalten wurde. Liv. 1, 30. 26, 11. 27, 4. 33, 26.
Verg. A.11,785. Dion. Hal. 3, 32. — Ein anderer
Hain der Feronia mit Quelle befand ſich nach Horaz
(sat, 1, 5, 24) in der Nähe von Anxur.
Ferüla, griechiſch vde®ng, eine Staude, die auf
ftarfen, äftigen Stielen mit vielem Marfe 10 F.
und nocd höhere Blätter und gelblidy blühende
Dolden treibt. Man jchnitt Ruten zur Züchtigung
daraus. Hor. sat. 1, 3, 120. Juv. 6, 479. Bal.
auch NaesnmE.
Fescennina carmina f. Satira.
Fescennium j. Etruria, 6.
Festüca hieß der Stab (aucd, virga, vindicta),
welchen der Herr feinem bisherigen SHaven bei
dem feierlichen Entlafjungsafte (j. Manumissio)
auf das Haupt legte. Plaut. mil. 4, 1, 15. Pers.
5, 88. Daraus wurde jpäter ein Badenftreich, den
der Freizulaſſende empfing.
Festus, 1) Sertus Bompejus. Als in der
Zeit des Auguftus viele Ausdrüde bei den älteren
Schhriftjtellern für die damalige ftart veränderte
Sprache unverftändlich zu werden anfingen, jchrieb
der gelehrte und in jeiner Zeit allgemein verehrte
Srammatiter und Altertumsforjher M. Berrius
Flaceus ein ausführliches Werf unter dem Titel
de significatu verborum, in welchem er in alpha—
betijcher Folge (jeder Buchſtabe umfahte mehrere
Bücher) nicht mur veraltete Wörter erflärte, jondern
auch die Bedeutung der älteften Staatseinrichtungen
und religiöjen Gebräuche mit großer Gelchriamteit
erläuterte. Aus dieſem Werfe veranitaltete der
ſonſt gänzlich unbefannte Grammatifer ©. Bon:
pejus Feſtus, wahrjcheinlich im 2. Jahrhundert
n. E., einen Auszug in 20 Büchern unter dem:
jelben Titel, welcher dem Bedürfnis der damaligen
Zeit bejjer entiprady, als das ausführliche Wert
des Verrius, und diejes bald ganz verdrängte. Der
Auszug des Feſtus aber wurde von dem Priefter
Paulus (ohme fichere Berechtigung gewöhnlich
Diaconus zubenannt) unter der Regierung Karls
Fetialegs — Fidueia.
des Großen aufs nene in einen dürftigen Auszug
gebracht, indem die gelehrten Ausführungen, twelche
auc in dem Buche des Feſtus noch ftehen geblie-
ben waren, ganz weggefallen und nur furze Er:
flärungen von einzelnen Ausdrüden, aber meijtens
mit den eigenen Worten des Feſtus, übrig ge:
blieben find. Nur diefer legte Auszug ift uns voll:
ftändig und in vielen Handjchriften erhalten; von
dem Werte des Feſtus befiben wir nur größere
Bruchftüde, welche in einer einzigen aus dem
11. Rahrh. ftammenden, jehr verjtümmelten Hand:
ſchrift (jet in Neapel) erhalten und durch eine Menge
von auserlejenen grammatijchen und antiquarifchen
Notizen von der höchſten Wichtigfeit find. Hauptausg.
von Otfried Müller (1839; nene unveränderte Ausg.
mit Anhang 1880); Tertausg. von Egger (1838).
— 2) Rufus Feftus, j. Rufus, 3.
Fetiäles (nad) Servius zu Verg. A. 1, 62 von
fides oder foedus, wofür Ennius aud) fidus jagte,
nad) 2. Yange von fateri, fari, fas, aljo „Sprud):
männer”). Dem von Numa oder Ancus Marcius
eingejegten Kollegium der Fetialen, das aus 20,
nah Flin. 28, 2 aus 15 Mitgliedern beftand, lag
ob, unter heiligen Gebräuchen den Krieg anzu—
fündigen und Friedensverträge abzuſchließen. Sie
wurden aus den angejehenjten Familien durch
Kooptation lebenslänglich gewählt und waren un:
verleglih. Hatte ein Wolf dem römijchen Staate
eine Beleidigung zugefügt, jo gingen gewöhnlich
4 Fretialen in die nächite Grenzftadt desjelben und
forderten Genugthuung (res repetere. clarigatio);
erfolgte dieje binnen 30 Tagen nicht, jo gingen
fie wieder bis zur feindlichen Grenze, und der
Sprecher warf unter den Worten: bellum iustum
indico facioque eine Lanze (hasta ferrata, san-
guinea praeusta) ins feindliche Zand. Liv. 1, 32.
4, 30. Dion. Hal. 2, 72. Als diefe Ceremonie
an ber Grenze wegen der Ausdehnung des Reichs
nicht mehr möglich war, verlegte man fie zur Zeit
des Pyrrhos in die Nähe des Tempels der Bellona.
Ov. fast. 6, 205. Serv. ad Verg. A. 9,53. Auch
in jpäteren Zeiten fehrte dieſe Sitte wieder; 3. B.
Octavian erflärte durch jolche Ceremonie der Kleo—
patra den Krieg (Dio Cass. 50, 4) und Antoninus
(177 n. €.) den Skythen (da. 71, 33). Bei Frie—
densſchlüſſen jchlachtete der pater patratus (ein
jedesmal aus der Mitte des Kollegiums dazu er:
nannter Fetial) ein Schwein mit fteinernem Mteffer
(foedus icere, ferire, percutere) und warf dann
das Meſſer weg mit den Worten: si sciens fallo,
tum me Diespiter salva urbe arceque bonis
eiciat, ut ego hunc lapidem, Anders Liv. 1, 24:
Tu, Iuppiter, populum Romanum sie ferito,
ut ego hunc porcum hic feriam. Id ubi dixit,
porcum saxo silice pereussit. Much bei andern
italiichen Bölferjchaften fommen die F. vor. Fest.
s. v. Feretrius.
Fibrenus, ein Flüßchen, das Ciceros Grundftüd
in Arpinum berührte (Cie. legg. 2, 1, 1. 3, 6)
und fi in den Liris ergoß; j. Fiume della Pojta
oder Fibreno.
Fictilia j. Vasa, 1.
Fietio, eine durch das prätorifche Recht ge:
ſchaffene Milderung des ftarren Rechts, eigentlich
eine Rechtsumgehung, nach welcher etwas als ge:
ichehen oder als vorhanden angenommen werden
fol, wenn es auch nicht der Fall ift. So z. B.
ward für manche Klagen ein PBeregrinus als Bür-
441
ger dvorgeftellt, weil er die Klage als Peregrinus
nicht hätte anftellen können, oder es wurde jemand,
der in der Kriegsgefangenſchaft geftorben war, um
feinem Teftamente Gültigkeit zu verichaffen, an-
geſehen als einer, der in der Freiheit gejtorben.
Fidei commissum hieß die in dem Teftament
ausgejprochene Bitte des Erblaffers an die Erben,
einzelne Teile der Erbichaft an gewiſſe Berjonen
auszuhändigen, welche nad) dem ftrengen Recht
gar nicht oder nur eine geringe Summe hätten
erben dürfen, 3. B. an Peregrinen, Frauen u. a.
Bis auf Auguft hing es ganz von der Fides und
Pietät der Erben ab, ob fie die letzte Bitte er:
füllen wollten; jeit Muguftus wurden die Fidei—
fommifje auch rechtlich anerfaunt und zulegt den
Legaten ganz gleichgejtellt.
Fideiussio ift die jpätere, allgemeinfte Form
der Bürgichaft, welche wahrſcheinlich aus dem prä-
torijchen Rechte ftammt. Auf die Frage: idem
fide tua esse iubes? antwortete der Bürge: fide
mea esse iubeo und verpflichtete fich dadurch.
Fidönae, jeltener Fidena, eine Meile norbd-
öftlich von Rom zwiichen Tiberis und Anio auf
dem jeßigen Feljen Giubileo gelegene Stadt, ge:
hörte urjprünglich zum Gebiete der Sabiner, ſchloß
fich aber ftet3 an Beji an, jo daß die Römer zu
mehreren harten Kriegen gezwungen waren und
im J. 437 v. E. die Stadt zerftörten, worauf die-
jelbe fich nicht wieder zur Bedeutung erhob, fon:
dern nur als Landgemeinde fortbeftand. Liv.
1, 14. 27. 4, 17. 22. 31. Zur Zeit des Tiberius
ftürzte das jchlechte hölzerne Theater ein, wobei
20 000 (Suet. Tib. 40) oder gar 50 000 (Tae. ann.
4, 62) Menſchen umtamen.
Fidentia oder Fidentiöla, j. Borgo S. Do:
mino, Stadt im cisalpiniichen Gallien, an der
Strafe von Placentia nad) Parma. Hier fiegte
Sulla im %. 82 v. C. über Carbo. Vell. Pat.
2, 28. Liv. ep. 88.
Fidepromisslo, eine alte civilrechtliche Bürg—
ichaftsform, von der die Peregrinen urjprünglich
ausgejchloffen waren. Hier wurde gefragt: idem
fide tua promittis?
Fides, Berjonififation der Treue im Halten der
Beriprehungen und Eide. Sie hatte von Staats
wegen (f. publica) einen jehr heiligen Dienft,
welchen Numa eingejegt haben jollte. Liv. 1, 21.
Er hatte ihr ein Heiligtum erbaut und ein Feſt
angeordnet, an welchem ihre Priefter, während fie
ihr Weihrauch opferten, die Hände bis an Die
Fingerſpitzen umhüllt hatten. Ein Tempel mit
einer Bildjäule der Göttin im weißen Gemwande
(f. candida, Hor. od. 1, 35, 21) jtand auf dem
Eapitol in der Nähe des Jupitertempels (Cie. n. d.
2, 23, 61); im diefem, von A. Atilius Calatinus
(j. Atilii, 1.) erbauten Tempel wurden Staats:
verträge aufgeitellt. Ihre Symbole und Attribute
find Uhren und Früchte, verichlungene Hände und
eine QTurteltaube.
Fidius deus ſ. Sancus.
Fiducla, eine Abmachung, welche bei der auf
get beichränften Übergabe einer Sache mit dem
ertrauen der Zurückgabe geihah, die aber ur:
ſprünglich nur von der Fides des letzteren abhing.
Diejer Vertrag wurde angewendet bei Übergabe
eines Pfandes (j. Pignus) oder eines Depofitum,
ebenjo bei der Emancipation (j. Emancipatio).
Die Erfüllung des Verſprechens galt als heilige
442
Pflicht und fonnte durch eine actio fidueiae er-
zwungen werden.
Figülus ſ. Nigidius.
Fimbria j. Flavii, 7. 9. 10,
Finanzen j. Staatshaushalt,
Firmieus, AJulius Firm. Maternus, ein
lateinifcher Schriftfteller des 4. Jahrh. n. E., jchrieb
außer andern Büchern um 336 ein größeres Wert
Matheseos libri VIII an den Profonful Mavor:
tius Pollianus (355 Konſul), das aber nur aftro:
logiichen Inhalts ift und ſich hauptjächlih über
den Einfluß der Geſtirne auf das Leben und
die Schidjale der Menjchen verbreitet. Erft im
13. Jahrh. wird es erwähnt, jeit 1551 ift es nicht
wieder gedrudt, mweil die Aftrologie ihre Bedeu—
tung verloren hat. Selbft Leſſings Ergänzungen
(8b. 9 ©. 409—430 der Lachmannſchen Ausgabe)
haben noch feinen zur Verbeflerung des jehr ver:
dorbenen Tertes und jchlecht geichriebenen Buches
veranlafien können. Vergleiche über feine Sprache
die Abhandlung von 5. Drefiel: lexikaliſche Be-
merfungen zu Firm. Maternus (1882). — Noch
befiten wir unter demjelben Autornamen eine
chriftlich = apologetifche Schrift: de errore profa-
narum religionum ad Constantium et Constan-
tem Augustos, welde den Polntheismus vom
euhemeriftiichen Standpunft aus befämpft und die
weltliche Gewalt zur Unterdrüdung der Myſterien
und der fonftigen Nefte des heidniichen Glaubens
geradezu aufruft, Die Abfaffungszeit derjelben
(zwifchen 343 und 348) fowie die genaue Kenntnis
mehrerer klaſſiſchen Schriftteller und der orienta-
liichen Religionen würde für die Identität des
Verfafjers mit dem eritgenannten Firm. Maternus
jprechen, der ja inzwiſchen zum Chriftentum über-
getreten fein könnte. Aber es jcheint feftzuftehen,
daß diejer noch 354 ein Heide war. Ausgg. von
Burfian (1856) und Halm (1867, zufammen mit
Minucius Felix).
Firmum j. Picenum,
Fisens,, eine von Auguftus neben der Staats:
fafje (aerarium, ſ. d.) eingerichtete faijerliche Pri:
vatichatulle, über die der Kaiſer jelbftändig ver:
fügen fonnte. Sie wurde gefüllt durch Einnahmen
aus den faiferlihen Provinzen jowie aus den
faijerlichen Gerechtſamen in den jenatorijchen Pro:
vinzen (j. Procurator und Tac. ann. 2, 47),
durch Erbichaften, die dem Kaiſer durch Teftament
zufielen, bisweilen auch durch eingezogene Güter
Verurteilter, infomweit fie frühere Schenfungen aus
der laiſerlichen Kafie betrafen. Zac. ann. 4, 20.6, 2.
Fistüla j. Syrinx.
Flabellum, Fächer und Wedel, um Inſekten
zu verfcheuchen und um Kühlung zuanfächeln. Sie
waren aus Pfauenfedern und dünnen Solzplatten
und andern leichten Stoffen kunſtreich verfertigt.
Flacens, 1). Horatii, 6. — 2) €. Balerınd
Fl., ein römischer Epifer des 1. Jahrh. n. E.,
wahricheinlich ein Rrovinziale, vielleicht aus Hiſpa—
nien ftammend, lebte in Rom, wo er das Amt
eines Quindecimvir sacris faciundis befleidet zu
haben fcheint, und ftarb frühzeitig, jedesfall$ vor
90, weil Duintilian (10, 1, 90) mit den Worten
multum in Valerio Flacco nuper amisimus jei-
nen kurz vorher erfolgten Tod beflagt. Die in
Handichriften ſich findenden Beinamen Balbus
Setimus find unficher und nicht
u erflären.
Tem Kater Veipafian hat er fein —
ches Gedicht
Figulus — Flamen.
Argonautica in 8 Büchern gewidmet, das uns
nicht bloß fehr verdorben, jondern auch unvoll—
ftändig in dem letzten Buche überliefert it. Daß
er fih in Bezug auf den Stoff an Apollonios
von Rhodos (ſ. d.) angeichloffen hat, ift unzweifel
haft, aber er hat jein Gedicht auf einen größeren
Umfang angelegt und wenigitens 12 Bücher be-
abjichtigt. Hauptſache ift die malerische Bejchrei-
bung der Gegenden, welche die Argonauten auf
ihrer fahrt berühren. Hat er in einigen Teilen
durch Lebendigkeit der Schilderung, jchärfere Cha:
rafterzeihnung und Motivierung der Begeben-
heiten fein Vorbild übertroffen, jo fteht er ihm
in andern Teilen wegen feiner jchwülftigen Über:
treibungen, rhetorifhen Ausjchmüdungen, uns
pafjenden Bilder und Bergleichungen nad. Dies
macht auch das Berftändnis ebenjo ſchwierig als
die mühjelige Gelehrſamkeit, die er in Täftiger
Fülle entwidelt. Sein Vorbild in der Sprache war
Vergil, dem er freilich an Klarheit und Geichmad
weit nachiteht. Dieje Härte und Dunkelheit ift
die Beranlaffung geweſen, daß jein Werk fchon im
Altertum weniger beachtet worden ift. — Altere
Ausgg. von N. Heinfius (1680) und PB. Bur—
man (1702 und 1724), neuere von Thilo (1863),
Schenkl (1871) und Bährens (1875).
Flagellum, Geißel oder Knute, aus Leder
geflochten und durch allerlei Mittel empfindlicher
gemacht, jpäter fogar gegen die Chriften mit ein-
geflochtenen Bleitugeln (plumbatae). Nur die
Sklaven wurden damit gezüchtigt (Juv. 6, 478),
in gelinderer Form mit der scutica (Hor. sat.
1, 3, 119); außerdem diente es als Peitiche zum
Antreiben der Tiere; ſ. auch Verbera.
Flamen, Flamines (a filo filamen, quod
per syncopam flamen dieimus, Prise; in
neuerer Zeit von flare, d. h. vom Anblajen des
Feuers, richtiger wohl von flag- [Hagrare] ab:
aeleitet, „der freuerzünder‘). Die Flamines waren
in Rom Priefter einzelner Gottheiten, 15 an der
Zahl, zum Teil wenigftens von Numa (Liv. 1, 20)
eingejebt und in fpäterer Zeit vom Pontifer Mar.
inauguriert. Ihr Amt (flamonium, nicht flami-
nium) war lebensfänglich, fonnte aber bei gewiſſen
Fällen verloren gehen. Sie trugen einen Hut
(apex, |. d.), woran ein furzer Zweig mit Wolle
war, oder ftatt des Hutes ein Band (klum) um
die Prieftermüße, weil es ihnen nicht erlaubt war,
ganz barhaupt zu gehen. Sie zerfielen in Fla-
mines maiores, die aus patricifchen, und F},
minores, die auch aus plebejiichen Geichlechtern
ewählt wurden. Die Fl. maiores waren der Fl.
)ialis, Fl. Martialis und Fl. Quirinalis,
Zu den minores gehörten unter andern der Fl.
Voleanalis, Pomonalis, Carmentalis, Floralis.
In der Kaiferzeit famen zu den 15 Flamines auch
noch Flamines vergötterter Kaiſer. Der vornehmfte
unter allen war der Fl. Dialis, der Priefter des
Aupiter. Er hatte als Auszeichnung einen Yiltor,
die sella curulis und die toga praetexta, hatte
nad) altem Recht Sib im Senate, durfte aber in
alter Zeit fein Staatsamt befleiden (Ziv. 4, 54, 7).
Er mußte durch gewiflenhafte Beobachtung von
allerlei Borjchriften die Reinheit und Heiligkeit
feiner Perſon zu erhalten juchen. (Geil. 10, 15.
So durfte er nicht reiten, fein Heer unter Waffen
jehen, nicht fchwören, feinen Ring tragen, er fei
denn durchbrochen, feinen Knoten an fich tragen
Flaminia — Flavii.
Ring und Knoten find Zeichen der Feflelung),
durfte niemanden arbeiten jehen und dergl. mehr.
Er mußte aus einer durch Confarreatio gejchloffe:
nen Ehe entiprofien fein und jelber in ſolcher Ehe
leben, die nicht aufgelöft werden konnte (Tac. ann.
4, 16. Gell. 10, 15); .ftarb feine rau, jo mußte
er fein Amt niederlegen. Plut. quaest. rom. 50.
Er durfte früher feine Nacht, jpäter feine 2 Nächte,
auch nicht öfter als zweimal im Jahre, außer der
Stadt bleiben, damit er die täglichen Opfer des
Jupiter bringen fonnte. Tac. ann. 3, 71. Nur
im Notfall verrichtete dieje jeine Gemahlin, die
Flaminica Dialis. Dieſe war ftet3 Priefterin
der Juno; fie trug ihr mit purpurnem wollenem
Bande durchflochtenes Haar in Form einer Pyra—
mide (tutulus), hüllte das Haupt in einen Schleier
(Hammeum) und trug ein langes Kleid von Wolle
und auch mit Wolle genäht, wahrjcheinlich purpurn
(Gell. 10, 15, 27), ihre Schuhe waren don einem
geopferten Tiere (Serv. ad Aen. 4, 518). Geit dem
eriten Bürgerkriege (der lebte am. Dialis, Merula,
tötete jich jelbit 86 v. E.) blieb diejes Prieiter-
tum unbejegt bis 13 v. E. (Tac. ann. 3, 58), nad)
Dio Cass. 54, 36 bi 10 v. €.
Flaminia via f. Via.
Flaminica j. Flamen.
Flaminii, eine plebejiiche Familie: 1) C. Fla—
minius, Urheber eines Adergejeßes im J. 232
v. E., das er als Bolfstribun (Pol. 2, 21, 7) troß
des Wideripruches des Senats (vermutlich 228,
Cie. Cat. m. 4, 11) durchſetzte, wenngleich erft nach
langen und heftigen Kämpfen, im denen er auch
mit feinem eigenen Bater in Konflikt geriet. Cie.
a.a. DO. Brut. 14. Prätor im J. 227, machte er
ſich in feiner Provinz Sicilien jehr beliebt. Liv.
33, 42. Als Konful ſchlug er 223 die infubriichen
Gallier an der Addua (Liv. 22, 6), wenngleich die
ihm feindlichen Optimaten, welche die Konſulwahl
für ungefeglich erklärten, feine Zurüdberufung nod)
vor der Schlacht veranlaft hatten; doch gehorchte
er diejem Befehle nicht. Pol.2,32f. Plut. Mare. 4.
Liv. 21, 63. Als Cenjor (220) legte er die via
Flaminia und den circus Flaminivus an. Später
erwarb er fih, als Gegengewicht gegen den Haß
der Optimaten, die Gunst des Volles in hohem
Grade, bejonders da er der einzige Senator war,
der das gegen den Handel der Senatoren gerichtete
Geſetz des Tribunen Claudius unterftügte. Darauf
übernahm er, zum zweitenmal Konſul, den Ober:
befehl gegen Hannibal, wurde aber, al3 er feinem
Gegner unvorjichtig entgegenzog, am Trafimeni:
ichen See gänzlich geichlagen und fiel ſelbſt in der
blutigen Schlacht. Liv. 22, 3 ff. Plut. Fab. Mar. 27.
Pol. 3, 77 ff. App. Hann. 8 ff. Nep. Hann. 4. —
2) Sein Sohn, E. Flam., focht unter Scipio im
I. 210 v. C. in Spanien, ward darauf Adil und
ichenfte dem Bolfe eine große Menge Getreide.
Nachmals Prätor, kämpfte er wiederum in Spa—
nien (193) mit Glüd. Als Konſul (187) befiegte
er die Ligurier (Liv. 39, 1); auch gründete er im
3. 181 die Kolonie Aquileja (Liv. 40, 34). Biel:
leicht hat er an der Erbauung der Straße nad)
diejer Kolonie einigen Anteil. — 3) E. Flam.,
mit M. Plätorius iudex quaestionis de sicariis
im 3. 66 v. E. (Cie. Cluent. 53), vorher curuli-
cher ÜUdil. — 4) E. Flam. von Arretium, mur
befannt als einer der Teilnehmer an der Ber:
ſchwörung Catilinas. Sall. Cat. 36.
443
Flaminini f. Quintii, €.
Flavfi, Name ſabiniſcher, tuſtiſcher und anderer
altitalifcher Familien: 1) M. Flav., Bolfstribun
im %. 328 und 323 v. E. Liv. 8, 22. 37. —
2) En. Flav., Schreiber des Appius Claudius
Cäcus, wahricheinlich ein Sabiner, curuliſcher Ädil
304 v. C. Mit Unterjtüßung jeines Patrons ftellte
er ein Verzeichnis der dies fasti und nefasti auf
dem Forum auf (Liv. 9, 46) und legis actiones
composuit d. h. er verfaßte ein juriftifches Wert,
ius Flavianum nach ihm benannt, in welchem die
Formeln und ſymboliſchen Handlungen, mit denen
Klagen einzuleiten waren, zufammengejtellt waren.
Cie, Mur. 11, 25. de or. 1, 41, 186. Val. Max.
2,5,2. — 3) Flavius oder Flavus, ein Yu:
caner, verriet den Profonjul Ti. Sempronius
Gracchus im zweiten punijchen Striege (213 v. E.)
den Karthagern, fo da er ben Tod fand. Lir.
25, 16. — 4) Ein anderer Flav. war Kriegs—
tribun im römischen Heere (210 v. E.). — 5) Flav.
(nach andern Fulvius) Flaccus, Senator, verriet
dem Ti. Gracchus im J. 133 v. E., daß man feine
Ermordung beabfichtige. Plut. Tib. Gracch. 18. —
6) E. Flav. Fimbria, ſchwang ſich (als homo
novus) aus niederem Stande zu hohen Amtern
empor (Cie. Verr. 5, 70) und wurde Konſul (104
v. E.). Wegen Erpreffungen während jeiner Pro—
vinzialverwaltung, angellagt, wurde er troß des
Beugniffes des Amilius Scaurus freigeiprocen.
Cicero, der einen weiſen Richterfpruch von ihm an:
führt (off. 8, 19, 77), nennt ihn (Brut. 34, 129)
auch als Redner. — 7) E. Flav. Bujio, aus
dem MNitterftande, Gegner des Tribunen Yivius
Drufus und feines Geſetzes wegen Beftechung der
als Nichter fjungierenden Ritter, 91 v. E. Cie.
Cluent. 56. — 8) E. Flav. Fimbria, Genofie
des Marius und Einna, ein Menjd von der größ—
ten ZTollfühnheit und Ruchlofigfeit (Cie. Hose.
Am. 12), tradhtete dem DO. Mucius Scävola nad)
dem Leben, ging mit dem Konſul L. Valerius
Flaccus im J. 86 v. C. nach Miien, erwarb ſich
bier durch allerlei Künfte die Gunft des Heeres,
geriet mit dem Konful in Streit, erregte eine
Meuterei gegen ihn und tötete den flüchtigen, aber
von ihm verfolgten und eingeholten Konjul zu
Nitomedeia in Bithynien. Plut. Sull. 23. Oros.
6, 2. Fimbria befiegte den Mithridates darauf
in mehreren Treffen, bejtrafte die Anhänger Sullas
mit Härte und verübte die größten Grauſamkeiten.
Als aber Sulla (84) jelbft nach Aſien kam, jchlug
diejer ihn bei Thyateira in Lydien und belagerte
ihn. Als Fimbria nad) vergeblichem Verſuche,
Sulla durch Meuchelmord zu töten, ſich von dort
nach Pergamos geflüchtet hatte, ließ er ſich da—
jelbft durch einen Sklaven den Tod geben. Vell.
Pat, 2, 24. Plut. Sull. 23 ff. — 9) Sein Bruder,
Flav. Fimbria, diente im Kriege gegen Sulla
unter Norbanus (82 v. E.) und ftarb durch Meuchel:
mord. — 10) 2. Flav., Zeuge gegen Berres (Cie.
Verr. 5, 59), römijcher Ritter. — 11) €. Flav.,
freund des Calpurnius Piſo, Schwiegerjohnes des
Cicero. Cie. ad fam. 13, 31. — 12) 2. Flav.,
Prätor im J. 58 v. E., von Cicero jehr begünftigt.
Cie. ad Qu. fr. 1, 2,3. Als Tribun (60) brachte
er ein Adergejeß zu Gunften der Beteranen des
Pompejus ein. Cie. ad Att. 1, 19. Später jcheint
er es mit Cäſar gehalten zu haben, der ihm Sici-
lien übertrug. — 13) €. Flav., Freund des Bru-
444
tus, fiel bei Bhilivpi. Plut. Brut. 51. — 14) Flav.
Gallus, Kriegstribun unter Antonius, fiel in
deifen parthiichem Feldzuge. Plut. Anton. 42 f. —
15) Flav. Scävinus, Senator zur Zeit Neros,
nahm teil an der Berfchwörung des Pifo. 7Tac.
ann. 15,49 ff. — 16) Flav. Subrius, diente
unter den Prätorianern als Tribun und war nad)
Tacitus (ann. 15, 49 ff.) einer der entſchloſſen—
ften Teilnehmer an der Verſchwörung Piſos. —
17) Flav. Caper, ſ. Caper. — 18) Flav. Phi:
foftratos ſ. Philostratos, 2. — 19) f. Ve-
spasianı,
Flavus (der Blonde), 1) ſ. Flavii, 3.
2) Bruder des Arminius (f. d.), diente im römischen
Heere und nahm an dem Zuge des Germanicus
nach Germanien im J. t6n.®. teil. Tac.ann.2,9 f.
Flevo lacus, See Germaniens im Gebiete der
Frifii, hart an der Küſte; durch ihn ging ein Arm
des Rhenus, Flevum ostium, noch jest Blie—
ftrom genannt. Eine Inſel befand fih in dem:
jelben. Mela 3,2,8. Durch mächtige Sturmfluten,
die in das Feſtland einbrachen, ift er im 13. Jahrh.
in einen Meerbufen verwandelt worden, den heu—
tigen Zuyderſee.
Flora, die römiſche Göttin der Blüte und bes
Rrühlings, deren Dienft Titus Tatius angeordnet
und der Numa einen bejonderen Flamen Floralis
eingejeßt haben joll. Ahr Tempel befand ſich in
der Nähe des Eircus Marimus. Vom 28. April
bis zum 3. Mat feierte man ihr die Floralia,
an denen man die Thüren mit Blumenkränzen
ſchmückte und jih, mit Blumen befränzt, cinem
fröhlichen, ausgelafjenen Xebensgenuffe überlich.
Die Frauen trugen dann bunte $tleider, was jonjt
verboten war, Op, fast. 5, 183. Die Floralia
find ſchon 241 v. E. geftiftet und 173 ein ſtehendes
Feſt geworden. Or. fast. 5, 277. Tac. ann. 2, 49,
Die dabei üblichen circenfiihen Spiele wurden von
den Adilen, curulischen und pilebejiichen, veran:
ftaltet. — Flora wurde einer griechiſchen Früh:
lingshora ähnlich dargeftelt. Man identifizierte
fie mit der griechiichen Chloris (der Blühenden'),
der Gemahlin des Zephyros und Mutter des Kar:
pos (Frucht).
Floralia ſ. Flora.
Florentia j. Etruria, 3.
Floriänus, M. Annius, Bruder des Naifers
Tacitus (ſ. d., 2.), wurde nach deifen im April
276 n. E. erfolgten Tode als Kaiſer anerkannt,
fam aber bereit? nad 3 Monaten, im Begriff
gegen den Gegenkaiſer Brobus zu Felde zu ziehen,
zu Zarjos durch eine Soldatenverfhwörung um.
Vopise, Flor. 1. Zos. 1, 64.
Florus, 1) Julius, gehört zu den jüngeren
Freunden, twelche Horaz durch Gedichte geehrt hat.
Der dritte Brief des erften und ber zweite des
zweiten Buches der Briefe find an ihn gerichtet.
In dem erfteren finden wir ihm unter der gelchr:
ten Umgebung des Tiberius, als diejer im J. 20
v. C. von Auguſtus mit einem Deere nach Arme:
nien gejandt wurde, um dort Tigranes als König
einzufeben (Vell. Pat. 2, 94. Tae, ann. 2, 3), in
dem andern gleichfalls unter den Begleitern des
Tiberius, wahricheinlich in dem pannoniſch-dal—
matiichen Feldzuge (11 v. Ei. Daß Horaz jein
Talent hochſchätzt, daß er ihm als Redner oder
Sadywalter oder Dichter gleich günftigen Erfolg
veripricht, zeigt ep. I, 3, 20—25 ganz dentlich.
Flavus — Florus.
Das amabile carmen ift nicht auf Liebesgedichte
zu beichränten, jondern paßt auf alle Fleineren
Dichtungen. Borphyrion, der Scholiaft, nennt ihn
satirarum scriptor und läßt von ihm eine Aus:
wahl aus den Werfen der ausgezeichnetſten Sati-
rifer, des Ennius, Lucilius und Varro, veranftal:
ten. Uber feine Berhältniffe iſt Genaueres nicht
befannt, und die Beziehung auf gleichnamige Ber:
ſonen jener Zeit durchaus unficher. M. Seneca (con-
trov. 9, 2, 23) nennt einen Florus unter den Zu:
hörern des berühmten Rhetors Latro, Duintiltan
(10, 3, 13) einen Julius Florus in eloquentia
Galliarum princeps, und Tacitus (ann. 3, 40)
bei dem Aufftande der Gallier 20 n. E. gleichfalls
einen Julius Florus ald exstimulator acerrimus
inter Treviros (j. Iulii, 14.). Eine an ihn ge:
richtete Ode des Horaz, die 1778 in Rom gefunden
und von Billoijon zuerjt befannt gemadht tft, wird
jest niemand mehr für echt halten. — 2) Florus,
der Gejchichtichreiber, lebte im 2. Jahrh. n. E.,
etwa unter der 117 beginnenden Regierung Ha—
drians, jedesfall® nach Trajan (praef.: a Caesare
Augusto in saeculum nostrum hand multo
minus anni ducenti, quibus inertia Caesarum
quasi consenuit atque decoxit, nisi quod sub
Traiano prinecipe movit lacertos et praeter
spem omnium senectus imperii quasi reddita
inventute reviruit), und ftammte wahricheinlich
aus Wfrifa. Uber jeine Berjon herrichen wegen
der vielen gleichnamigen Männer: jehr verichiedene
Anfichten. Die beiten Handichriften nennen ihn
Julins, nicht 8. Annäus Florus, fein Buch nicht
epitomae de gestis Romanorum Il. IV, jondern
epitomae de Tito Livio bellorum omnium an-
norum DCC libri II, Wichtige ältere Ausgg. von
Salmafius (1609 u. ö.), Grävins (1680) und be-
jonders Dufer (1722; Neudrud 1832), die neueften
von D. Jahn (1852) und Halm (1854). Florus be—
handelt die Kriegsgeſchichte Roms von der Zeit
der Könige bis zu der Negierung des Auguftus
und scheidet die Epochen nad den 4 Menſchen—
altern der infantia (250 J.), adulescentia (gleich:
falls 250 J.), iuventus et quasi robusta matn-
ritas und senectus (200 %.) und hält eine be:
ftimmte Anordnung und Gruppierung der Begeben-
heiten feit. Eine Denge von Berftöhen gegen die
geichichtfihe Wahrheit und gegen die Wichtig:
feit in den Zeitangaben geben dem Buche nur
eringen Wert, der durch die ſchwülſtige und ge:
—— Darſtellung, die deklamatoriſche UÜber—
treibung ſelbſt in der ſtark dichteriſch gefärbten
Sprache Vergil, Horaz, Lucan, Silius, auch Tacitus
ſind viel benutzt) nicht erhöht wird. Der Rhetor
iſt nirgends zu verfennen, dem es um einen Ba:
negyrifus auf Rom, um Unterhaltung von ver:
bildeten Lejern oder Hörern zu thun war. Troß-
dem ift er von ben fpäteren Hiſtorikern Jordanis,
Oroſius u. a., auch von den Ehroniften des Mit:
telalters viel benußt und deshalb in fehr verberb-
tem Buftande uns überliefert. Jener Titel des
Werkchens ift Veranlafjung gewejen, daß man ihm
auch die projaiichen epitomae des Livius zu:
geichrieben Hat, wozu fein genügender Grund vor:
liegt. — 3) ein Dichter, der mit Hadrian perfön-
lich befannt und, wie man aus einer, in fcherzhafte
Verſe gefaßten, Heinen Korreſpondenz (Spartian.
Hadr. 15) erficht, ziemlich vertraut war. Es ift
jedesfalls derjelbe, deifen der Grammatifer Cha:
445
rifius zweimal als Brieffteller® an Hadrian und | foedera abzuſchließen. Manche wurden durch groß:
als Dichters gedentt. Ihm find auch im Rieſes mütige Behandlung treue socii, andere wurden
Anthol. lat. 1 p. 101 und 168 mehrere Gedichte | durch harte Verträge aller Widerftandsmittel be:
zugejchrieben. Ein in Brüfjel entdedtes Fragment | raubt u. j. w. Liv. 34,57. Als nach dem Bundes:
über die frage Vergilius poeta an orator macht | genofjenfriege ganz Ptalien die Givität erhalten
es wahrſcheinlich, daß dies P. Annius Florus ift, | hatte, hörte die Bedeutung der foedera für Ita—
ein Afrikaner, etwa unter Veipafian geboren, der, | lien ganz auf, und jeitdem konnte es nur außer:
von Domitian bei dem agon Capitolinus (90 n. C.?) italiſche geben, deren Zahl aber immer Heiner
gekränkt, Rom verlieh, lange in der Welt umher: | wurde, da ſich Rom alles unterthänig machte. End:
jtreifte und zu Tarraco in Hijpanien in der jelbft- | lich blieb der Ausdrud civitates foederatae nur
Fluch — Fontes.
ewählten Thätigfeit de3 Jugendunterrichts Be-
——— fand. Ihn mit dem Hiſtoriker zu iden—
tifizieren, wie Mommſen und Halm thun, bleibt
wegen des Namens bedenklich. Vgl. Annii, 7.
— 4) Julius Florus, ein galliſcher Häupt—
ling, ſ. Iulii, 14.
Fluch j. Gebet.
Focus, der alte Feuerherd im Atrium (j. Haus,
7. 11.). Bei Familientrauer wurde auf dem Herde
fein Feuer angezündet. Juv. 3, 214.
Foedus hieß im weiteren Sinne jeder Vertrag,
im engeren der mit religiöjen Feierlichkeiten ab-
geichlojfene Staatsvertrag. Die älteften römiſchen
foedera waren a) aequa, d. h. zur Regulierung
eines gegenfeitigen Nechtsftandes (amicitia, pax
esto), 3. B. mit den Aquern, Boljtern, Samni-
tern u. a., oder zur Begründung des engiten
Bundesverhältniffes, zu Schuß: und Trußverbin:
dung, wahre Allianz: Traftate (3. B. mit Yatium,
mit den SDernifern, j. Latium, 6.); b) foed.
non aequa, Friedensverträge zwijchen dem Sieger
und dem Befiegten, in denen gewöhnlich der letztere
allerlei Opfer bringen mußte, um dadurd Frieden
und Fortdauer feiner Gelbftändigfeit zu erhalten.
Mit Roms wachſender Macht und fteigender Größe
gewannen die foedera einen ganz andern Cha:
rafter. Nach den famnitifchen Kriegen wollten die
ftolz gewordenen Römer die Völker Italiens nicht
mehr mit ſich auf gleichen Fuß ftellen oder als
gleichberechtigt anerkennen. Die foedera waren
nun nicht mehr zweifeitige, auf gleicher Baſis und
auf gegenjeitigem Vorteil beruhende Berträge, jon:
dern fie wurden immer mehr einjeitige Zugeſtänd—
nifie, die der Mächtige dem Schwächeren einräumte.
Foedera aequa des alten Typus waren jehr jelten
(außer etwa mit dem Wuslande) und beftanden
eigentlih nur dem Namen nad), z. B. mit Ca:
mertum, Iguvium, Maffilia, Saguntum, Rhodos
u.a. Diele Föderierten hießen liberi, liberae
civitates, liberi populi, liberi reges ; doc; wurden
diejelben Namen auch auf die übertragen, welche
foedere non aequo den Römern untergeordnet
waren. Sehr zahlreich dagegen find die foedera
non aequa und zwar a) ?rriedenstraftate nad)
geendigtem Striege, z. B. mit Karthago, Antiochos
u. a., b) Berträge mit fremden Staaten und
Königen, welche ſich freiwillig aus Furcht vor dem
römiſchen Namen und um ſich durch diejes foedus
Sicherheit vor Rom oder andern Feinden zu ver:
ſchaffen, angeichlofien hatten, 3. B. Mafinifia,
Dejotarus u. a. Dieje hiefen socii et amici,
eivitates sociae u. j. w., dem Namen nach frei,
in der That römijche Bajallen mit der VBerpflich-
tung, Hülfstruppen, Schiffe u. ſ. mw. zu jeder Zeit
an Rom zu ftellen. Die gewöhnliche Formel war:
eosdem hostes se habituros, maiestatem po-
puli Romani comiter se conservaturos, Mit
großer Staatöweisheit verftanden die Römer die
‚noch für einige privilegierte Provinzialftädte. —
Formalitäten. Unter den Königen hing das
Abſchließen eines fordus von dem Könige ab, der
dabei zuvor den Rat des Senats einholte. Nach
Einführung der Nepublit war YZuftimmmng des
Senats, jpäter auch der Tributcomitien notwendig.
Dann erjt vollzogen die Fetialen an der Grenze
oder an dem in Rom jelbit beftimmten Platze die
mit Eidihwüren und Opfern verbundenen Gere:
monien. Der Pater patratus legte den Eid
im Namen des römischen Volkes ab. Wichtige
foedera wurden häufig auf Erztafeln eingegraben
und auf dem Eapitolium aufgejtellt, teils an den
Tempelmanern, teils im Archiv, ſ. Tabularium.
Follis j. Spiele, 10.
Folter j. Basavıarı)s.
Fonteii, ein plebejiihes Sejchlecht aus Tuſeu—
fum (Cie. Font. 18, 41), zog wohl erft jpät nad)
Rom: 1) Ti. Font. Erajjus, foht unter P.
Scipio im J. 212 v. E. in Spanien und führte
nach dejien Tode mit dem Ritter Y. Marcius den
Befehl über die Römer. Liv. 25, 34. 26, 17. —
2) Ti. Font. Capito, befehligte von 178--176
v. C. in Spanien. Lir. 40, 59. — 3) M. Font.,
wurde 91 dv. G. mit dem Prokonſul Servilius,
defien Legat er war, in Aſeulum getötet, als Ser-
vilius die von Rom abgefallenen Bewohner der
Stadt wiederzugewinnen verjuchte. Diejer Bor:
fall war das Signal zum Ausbruch des Bundes:
genofjentrieges. Cic. Font. 18, 41. — 4) Gein
Sohn, M. Font., triumvir monetalis. Quäſtor,
durch Sulla Legat in Spanien (Cic. Font. 16,,
von 74—72 v. E. Proprätor im narbonenfiichen
Gallien, in Rom wegen Erprejlungen belangt, von
Cicero (in einer teilweije erhaltenen Rede) im
J. 69 verteidigt und wahrjcheinlich verurteilt. -
5) P. Font., adoptierte als imberbis adule-
scentulus den P. Clodius, welcher damit in ein
plebejiſches Geichlecht hineinfam. — 6) Font.
Eapito, Freund des Antonius, Begleiter des
Mäcenas, als diejer von Octavian im J. 37 v. C.
abgejandt wurde, den Frieden zwijchen Antonius
und Octavian wiederherzuftellen (Hor. sat. 1, 5,32).
Später holte er im Auftrage des Antonius Kleo—
patra nach Syrien. — 7) Sein Sohn, E. Font.
Eapito, Stonjul im %. 12 n. C., darauf Pro—
tonjul in Aſien. Tac. ann. 4, 36. — 8) Font.
Agrippa, Prokonſul in Wjien unter Veſpaſian,
dann in Möſien, fiel gegen die Sarmaten. Ze.
hist. 3, 46. — 9) Font. Magnus, ein Bithynier,
Redner zur Zeit des jüngeren Plinius (ep. 5, 20,4),
der jeine Zungenfertigfeit und langen Perioden
mißbilligt.
Fontes, die Quellen, waren den Römern, wie
alle fließenden Gewäſſer, heilig. Man opferte
ihnen Blumen, Wein, DI, Kuchen, Schafe und
Böckchen. Fons oder Fontus, der Duellgott,
der Sohn des Janus und der Quellnymphe Yu:
446 Forentum
turna, hatte ein Heiligtum auf dem Janiculum.
Am 13. Oltober feierte man ein allgemeines Quell:
feit, Fontinalia, Kontanalia, an welchem man
die Brunnen befränzte und Kränze in die Quellen
warf. Varr. 1.1.6, 22.
Forentum, Stadt an der Grenze von Apulien
und Yucanien in der Nähe des Bulturberges und
Benufias, nach Horaz (od. 3, 4, 16) in fruchtbarer
Feldmark niedrig gelegen (humile For.), aber jtarf
befejtigt (Lir. v, 20); fie wurde im %. 315 v. E.
von den Nömern genommen. Plinius rechnet die
Stadt zu Apulien, das heutige Forenza liegt ſchon
in dem früheren Yucanien.
Fores, die Flügelthüren, im Gegenjaß zu val-
vae oder Klappthüren, j. Haus, 5.
Formiae, Poguicı, Stadt in Yatium am Caje—
taniſchen Meerbujen und an der Appiichen Straße,
beim j. Mola di Gaeta, jehr alt, aber jchon früh
mit dem römischen Bürgerrecht bejchentt. Liv. 8, 14.
38, 36. Die Gegend lieferte einen trefflichen Wein
(Hor.od.1,20, 11) und war mit zahlreichen Land—
häujern bejegt, unter denen Eiceros Formianum
befannt ijt (Cie. ad Att. 2, 14. 4, 2. ad fam.
16, 10), in deſſen Nähe er den Tod fand. App.
b. c. 4, 19. Strab. 5, 233.
Formüla. Nachdem der alte jchwerfällige und
unbequeme Legisaktionenprozeh (j. Legis actio)
durd; die lex Acbutia (und 2 leges Juliae) ab:
geichafft worden war, trat ein neues Verfahren
an dejjen Stelle, der j. g. Formularprozeß (liti-
gare per formulas). Diejer hat jeinen Namen
von den Formeln, welche der Brätor dem Richter
bei jedem Prozeh gab, und in welchen eine In—
ftruftion oder Anweiſung lag und namentlich die
Gründe der Enticheidung angegeben waren, nadı
welchen der Richter zu verurteilen oder freizu—
ſprechen hatte. Die formulae ftanden in dem prä:
torijchen Edikt verzeichnet (Cie. Jose. com. 8), und
der Kläger wählte unter Umftänden eine aus, um
deren Berleihung er den Prätor bat. Dieje Bor:
verhandlungen vor dem Prätor hießen ius, in
iure, an welche ſich das eigentliche iudiecium, das
Verfahren vor dem iudex, anſchloß, jobald der
Prätor die Formula gegeben hatte. Die Formel
hatte als Hauptbejtandteile: 1) demonstratio, den
Stlagegegenftand, 2) intentio, das Verlangen des
Klägers, 3) condemnatio, den Befehl des Prä-
tors an den Richter, zu condemmieren oder zu
abjolvieren, und zuweilen 4) adiudicatio, die Er-
laubnis, bei Teilungsprozefjen die Teilung vor:
zunehmen und jeder Bartei das Ihrige zuzufprechen.
Nebenbeftandteile der Formel, welche nur bei man-
chen Prozeſſen vorfamen, waren die exceptiones
(j. d.), praescriptiones und sponsiones (j. d.). —
Auch wurde formula ftatt actio gebraudt, 3. B.
formula de dolo ftatt actio doli. — Im An—
fange der Kaijerzeit fing das Formularverfahren
oder der regelmäßige ordo iudieciorum an außer
Gebrauch zu fommen; der Prätor oder richtende
Magiftratus entichied nun jelbjt, formulae wur:
den nicht mehr gegeben. Diejer Prozeß hie; daher
extra ordinem, obgleid er der regelmähige
wurde,
Fornax bedeutet den Ofen, und man dachte
jih eine Göttin diejes Namens, die dem Röſten
des Getreides im Ofen, bevor es gemahlen wurde,
vorjtand. Numa jeßte diejer Göttin das Feſt
Hornacalia ein; es war fein ftehendes, jondern
— Forum.
wurde von dem Gurio Marimus, dem oberjten
Eurienvorfteher, angefündigt und fiel in den Februar.
Es wurde mit fejtlihen Schmäujen nad) Eurien
begangen. Or. jast. 2, 527. Die, weldye an diejem
Fejte die Opfer verjäumt hatten, feierten jie an
dem letzten Tage der Quirinalien (17. Februar)
nach, weshalb diejer Tag feriae stultorum hie.
Fornix, jowohl der Schwibbogen, als das durd)
mehrere jolcher Schwibbögen gebildete Gewölbe.
Horaz (sat. 1, 2, 30) bezeichnet damit den Aufent-
halt jeiler Dirnen. Vgl. Suet. Caes. 49. Bei Livius
(36, 23) find fornices gemwölbte Öffnungen in
den Feſtungsmauern, um allenthalben Ausfälle
— zu können.
'ors
Fortüna I. Tyche.
Fortunätae insülae, «{ röv uaxdew» vijcoı,
j. Canariſche Anjeln, im W. Afrikas, vor der
Mündung der Flüſſe Maſſa und Daradas. In
dem Bürgerfriege zwilchen Marius und Sulla
wollte ſich Sertorius dorthin zurüdzichen (Plut.
Sert. 8. Flor. 3, 22); ebenjo jpäter Statius Se-
bojus (j. Statii, 4.) Sie waren jehr reizend
und reih an Obſt aller Art. Bon WR. nad ©.
find bejonders folgende 6 zu nennen: 1) Apro—
jitos (Argösırog), j. Lancerota, nad) andern
Palma; 2) Junonis Inſula (Heag v.), j. Fuer:
taventura, 3) Pluitala oder Pluvialis (Tiovı-
take), j. Ferroz 4) Kaſpeiria oder Capraria
Kaoreıpie), j. Gomera; 5) Kanaria (Kavapıa)
oder Planaria, j. Canaria, nady der Menge der
Hunde benannt; 6) Ninguaria (Uonvallis), aud)
Nivaria, wegen des mit Schnee bededten Pils, j.
Teneriffa. — Weiter nördlich — 625 Stadien —
lagen die Purpurinjeln, Purpurariae insulae,
zu denen gewiß aud die Inſel Junonia (Hows
oder Abroidike vijoog), j. Madeira, gehörte. Plin.
6, 36.
Forum ijt I) im allgemeinen ein Ort, wo viel
Bolls zujammenftrömt, jei es zu Gerichtsverhand:
lungen oder zu Märkten oder in jonftiger Ber:
anlafjung, wie auch in dem von Polybios be-
ichriebenen Lager (j. Castra, 3.) der Naum neben
dem Prätorium, das Zelt der beiden Xegaten,
Forum genannt wurde. In ipäterer Zeit hieß
Forum im Yager der Berfammlungsort des ganzen
Heeres (früher prineipium genannt) vor dem prae-
torium, wo die Nednerbühne (tribunal), die arae
und das auguratorium fid) befanden. — Il) Der
Berjammlungsplag des Volkes, bejonders für Ge—
richte und Märkte. In Rom mehrte fich die Zahl
der Fora mit dem Wachstum der Stadt; auf
einigen wurden Gejchäfte des Staats und der
Bürger abgemacht (fora civilia), auf andern Kauf
und Verkauf getrieben (fora venalia), 3. B. dem
Forum boarium und Forum olitorium. — Auch
die zahlreihen Städtenamen diejer Art verdanken
ihre Entjtehung ſolchen Gerichtspläßen oder Jahr:
märften. Bejonders find zu merten: 1) F. Appii
in den Bomptinifchen Sümpfen an der Appijchen
Straße, j. Treponti. Cie. ad Att. 2, 10. Hor,
sat. 1,5,3. 2) F. Aurelii in Etrurien an ber
Aureliihen Straße, j. wohl Eajtellaccio. Cie. Cat.
1,9, 24. 3) F. Cornelii im cispadanijchen
Gallien, j. Jmola, zwiichen Bononia und Faventia,
dom Diktator Sulla gegründet. Cie. ad fam. 12, 5,2.
4) F. Gallorum ım cisalpinischen Gallien zwi:
ſchen Wutina und Bononia (j. Eaftel Franco). Hier
Fosi — Frontinus.
fiegte Hirtins über Antonius, der kurz' vorher den
Banja gejchlagen hatte. Cic. ad fam. 10,30. App.
b. c. 3, 68 ff. 5) F. lulii oder luliam, j. Fre—
jus mit bedeutenden Ruinen, von Julius Käjar
600 Stadien nordöftlih von Majjilia angelegt
(54 v. E.) an der Mündung des Urgenteus (j.
Urgens), Heimat des Elegiendichters Gallus und
des Julius Agricola. Zur Kaiſerzeit anferte hier
ein Zeil der Flotte. Zac. ann. 2, 63. 4, 5. hist.
2, 14. 3,43. Agr. 1. 6) F. Vulcani (n zoö
"Hoaistov &yogd), eine rings eingejchloffene vul—
fanifche Ebene in Campanien bei Puteoli, j. Sol:
fatara. Strab. 5, 247. — ll) Im Sinne als Ge:
richtsjtand: a) im Eivilprozejje. Dem Forum
des Königs und darauf der Konjuln waren alle
Bürger unterworfen. Über Streitigteiten der Bürger
und Beregrinen enthielten die foedera die not:
wendigen Beitimmungen, und Necuperatoren pfleg:
ten zu entjcheiden (j. Kecuperatio). Als Kom
fein Gebiet vergrößert und fremde Provinzen er-
obert hatte, mußte der Kläger fi) an das Forum
des Bellagten wenden. Der Wrovinziale wurde
vor jeiner ftädtiichen Obrigfeit oder vor dem Statt:
halter belangt, der römijche Bürger in jeiner Hei—
matjtadt oder in Rom. Fremde, weldye nicht aus
Provinzen jtammten, fonnten in Rom vor dem
praetor, qui ınter cives Komanos et peregrinos
ius diceret, oder in ihrer Heimat verklagt werden.
— b) im Kriminalprozejje. Uber römijche
Bürger richteten die Magijtratus in Rom, über
Berbrechen zwijchen Römern und Beregrinen richtete
gewöhnlich der Staat des beleidigten Teiles, zu:
folge des foedus. Als Roms Gebiet ſich weit aus:
gedehnt hatte, galt in den Provinzen der Grundſatz,
da jich der Ylnfläger an das Forum des An—
gellagten zu wenden habe (forum domieilii), neben
welchem das forum delieti commissi Aus:
dehnung gewann, d. h. der Ort, wo das Ber:
brechen vorgefallen war. Peregrinen, die nicht
reine Unterthanen waren, wurden von dem römi—
ihen Magiftraten gerichtet, wenn man ihrer hab-
haft war. Unter den Kaiſern brachten Willkür
und Gunft manche Anderungen hervor, doch die
Statthalter der Provinzen behielten ihr altes Recht.
Fosi, ein deutjcher Stamm, mur von Tacitus
(Germ. 36) genannt. Darnach waren jie den Ehe:
rujtern benachbart, wurden auch in den Sturz der:
jelben verwidelt. Ihr Name ijt wohl erhalten iu
Fuhſe, einem Nebenfluß der Aller.
Fossae, wie im Griechiſchen zepgor, hießen
mehrere Kanalanlagen, jo 1) F. Corbulonis,
auf der Bataverinjel angelegt von Domitius Cor:
bulo zur Verbindung der Maas und des Rheins
— die Yage ift jegt nicht mehr zu ermitteln. Tae.
ann. 11, 20. — 2) F. Mariana, ein Kanal an
der öftlihen Mündung des Rhodanus, von G.
Marius angelegt, um den Schiffen das Einlaufen
zu erleichtern. Plut. Mar. 15. — 3) F. Neronis,
jollte den Averner See bei Bajä mit der Tiber:
mündung in einer Yänge von 160 Millien ver:
binden, fam aber nicht zujtande. Suet. Ner. 31.
— 4) F. Drusianae hießen Kanäle, welche in
den 3. 12 und 11 v. E. an der rechten Seite
des Rhenus von Drujus gegraben wurden (Suet.
Claud. 1); nad Tacitus (ann. 2, 8) fonnte man
durd) eine F. D. aus dem Rhein in den Zuyder—
fee und in den Dcean gelangen. Genaueres läßt
ſich nicht beftimmen. — 5) F. Philistinae, ver:
447
banden den unteren Padus mit dem Atheſis ver-
mitteljt des Tartarusflujfes. Plin. 3, 16,
Framöa, eine von Tacitus (Germ. 11.13.18. 24)
erwähnte Waffe der alten Germanen, bezeichnet
warjcheinlich die ann. 2, 21. hist. 5, 18 erwähnten
und Fußvolk und Neiterei gemeinschaftlich zukom—
menden praelongae hastae. Mit dem Pfriem
hat das Wort nichts gemein. J. Grimm hält es
für Franca, Streitart.
Franei, ein aus Sigambrern, Ehamaven, Amſi—
bariern, Bructerern, Chatten bejtehender Bund
germanijcher Bölter am Niederrhein, zuerjt genannt
ums 3. 240 n. C. Vopise, Aurel. 7. Die ran
fen bejchleunigten durch ihre Einfälle in das rö-
miſche Gebiet das Sinfen der römifchen Macht,
drangen in das nördliche Gallien ein, vermijchten
ſich mit der Bevölkerung und nahmen zum Zeil
deren Sitten an. Nachdem ihr König Chlodwig
486 bei Soifjons den römijchen Feldherrn Sya—
grius, bei Tolbiacum (oder Zülpich?) 496 die Ala—
mannen und 507 umweit Boitiers (bei Boullon
oder Boulon) die Weſtgoten geichlagen hatte, wuchs
ihre Macht bald zu welthiftorijcher Größe unter
den Karlingen.
Fregellae, Bosyiilaı, j. Opio bei Ceprano,
bedeutende Voljferftadt in Latium am Liris, von
den Römern im Sammiterfriege eingenommen und
folonifiert 327 v. E. (Liv. 8, 22), von 2. Opimius
125 zerjtört, weil jie fih auf Grund einer Ber:
abredung mit den übrigen Kolonien empört hatte.
Belannt war der Wein der Gegend. Strab. 5, 233.
Liv. ep. 60, Vell, Pat. 2, 6.
Frento, Fluß in Unteritalien, j. Fortore, an
der Nordiweitgrenze Apuliens ins Adriatiiche Meer
mündend, galt zugleich mit dem ins Tyrrheniſche
Meer jtrömenden Silarus als Grenze von Mittel:
und Unteritalien. Nordwejtlich erjtredte ſich längs
des Adriatiſchen Meeres das jehr fruchtbare Ge:
biet der ojkisch redenden Frentani (urfpr. ren:
trani), der ager Frentanus, 7) ®gerrarn. Strab.
ö, 241f. Liv. 9, 16. 46. Caes. b. c. 1, 23.
Frigidarium, das Zimmer des falten Bades
(j. Bad) und das falte Bad jelbit.
Friniätes j. Briniates,
Frisii, Goccciot, Dosicıoı, deutjches Volk, das
durch allen Wechjel der Zeiten jeinen Namen be:
hauptet hat, an beiden Ufern des Rheins, nahe
jeiner Mündung, rings um die weiten Seen, welche
jegt der eine Zuyderjee (Flevo 1.) begreift, an der
Meerestüfte hin bis an die Ems. Sie grenzten
ſüdlich an die Bructerer, öftlid an die Chaufen.
Cäſar kennt ihren Namen noch nicht; jeit Augufts
Beiten waren fie den Römern befannt und erleg:
ten einen geringen Tribut. Tac. ann. 4,72. Den
Drufus unterftügten fie treu, bis großer Drud
eines römiſchen Befehlshabers fie veranlaßte, ſich
zu erheben und fich die Freiheit zu erfämpfen,
28 n. C. Corbulo bejiegte jie aber 47 n. C. und
wies ihnen beftimmte Grenzen an, die fie unter
Nero vergebens auszudehnen juchten. Tac. ann.
4, 72. 11, 19. 13, 54. Später nahmen fie an dem
Aufftande der Bataver unter Eivilis teil. Teac.
hist. 4, 79. Tacitus (Germ. 34) teilt fie in
größere und fleinere, vielleicht find die legte:
ren identijch mit den Friſiavonen des Plinius
(4, 15).
Frontinus, Sertus Julius, von unbelannter
Herkunft, geboren um 40 u. C., erſcheint zuerjt
448
im J. 70 n. E. als Stadtprätor (Tuc. hist. 4, 39),
worauf er unter PBetilius Cerealis dem Feldzuge
in Britannien 75 bis 78 beimohnte und nad) defien
Tode jelbit an die Spike des Heeres trat, mit
dem er große Schwierigfeiten glücklich überwand
(Tae. Agr. 17) und die Siluren bejiegte, wie er
auch in den germanijchen Kriegen ſich rühmlich
ausgezeichnet hat. Unter der Regierung Domitians
lebte er zurücdgezogen von Staatsgeichäften und
mit litterarijchen Arbeiten bejchäftigt bald in Nom
(Plin. ep. 5, 1), bald in ländlicher Abgejchieden-
heit (Mart. 10, 58). Nerva zog ihn wieder her:
vor und übertrug ihm 97 die Stelle eines cura-
tor aquarum, welche immer von den angejehenften
Männern des Staates verwaltet worden war. In
dem Augurate ward der jüngere Plinius 103 fein
Nachfolger (ep. 4, 8). Die Verwaltung eines dop-
pelten Konſulats (das erfte wird in das Jahr 74
gefallen jein, das zweite 100, nachdem er 97 con-
sul suffeetus gewejen) ift aus Martial (10, 48)
gefolgert. Gejtorben ift er um 105. Die Aner-:
fennung, welche er fich durd feine amtliche Wirt:
famteit verschafft hatte, und die ihm die Zeit:
genoffen zollten (princeps vir, Plin. ep. 4, 8),
ließ ıhm auch mit Beltimmtheit auf Nachruhm
rechnen (Plin. ep. 9, 19). — Seine Schriften find
1) die beiden agrimenforifchen de agrorum qua-
litate und de eontroversiis libri IT, welche in
Auszügen aus der Vermiſchung mit ipäteren her-
ausgeichält zu haben Yachmanns Verdienſt ift. Die
Berhältniffe der Limites, die Anfänge und erften
Grundſätze des Yimitierens, Anweiſung zum Aus:
meſſen eines ders find der Anhalt; daß er
zu gemeinen Feldmeſſern in der Handwerksſprache
redet, wird einem Unbefangenen nicht auffallend
jein und darf am wenigften zur Annahme eines
andern Berfaflers führen. 2) Strategematön (Stra-
tegematicön) libri IV, eine Sammlung von Anel:
boten, welche manche, ſonſt nicht befannte geichicht:
liche Notizen enthält und in einem viel ausgebil-
deteren Stile geichrieben ift als die früheren Schrif-
ten. Die Schrift iſt vielfad) interpoliert; das vierte
Bud; weicht wejentlich von Frontins Art ab und ijt
höchſt verdächtig. (Nitere Ausgg. von Dudendorp
und Schwebel; neue Ausg. von Gundermann,
1588.) 3) Liber de aquis (aquae ductibus)
urbis Romae, eine Dentichrift, die er im An:
fange feiner Verwaltung der Wafjerleitungen im
Jahre 97 zu feiner eigenen Unterweifung und
Nichtichnur abfahte und nad) Nervas Tode voll:
endete und herausgab, und die über Anlage, Bau
und Unterhaltung jener für Nom wichtigen Bau:
werte viel Intereffantes enthält. Ausgg. von De:
derich (1841) und von Bücheler (1858). Gejamt:
ausgg. von teuchen (1661) und von Dederich (1855).
Verloren ift ein taftifches Werk de re militari, das
Vegetius benußgt hat und rühmend erwähnt.
Fronto, M. Cornelius, unter Domitian oder
Nerva zu Eirta in Afrika geboren, nennt unter
jeinen Lehrern die Rhetoren Athenodotos und Div:
nyſius Tenuior. In Rom gelangte er als Lehrer
der Beredjamfeit und als Sohtalter u hohem
Anjchen und gewann die bejondere Gunſt der
Kaiſer Hadrianus und Antoninus Bius, jo da
ihm die Erziehung der failerlihen Prinzen M.
Aurelius und 2. Berus übertragen wurde. Sie:
dur und durch rhetoriichen Unterricht erwarb er
ſich anjehnliche Reichtümer, von denen er präch—
Fronto — Frumentatio, Frumentum.
tige Bauten unternehmen und den Parf des Mä-
cenas faufen fonnte. Im Sommer 143 n. E. er:
hielt er auf 2 Monate die fonfulariihe Würde;
von der Verwaltung einer prokonſulariſchen Pro:
vinz wußte er fich in Nüdficht auf feine ſchwäch—
liche Gejundheit (er litt an PBodagra ) frei zu
machen. Dieje Kränklichleit und viele Unglücks—
fälle in der Familie (er verlor 5 Kinder durch
den Tod und hinterließ nur eine Tochter Gratia
verbitterten ihm feine bejten Yebensjahre. Um das
Nahr 170 ift jein Tod erfolgt. — Fronto ftand
bei feinen Zeitgenoffen in dem größten Anſehen;
als Romanae eloquentine non secundum, sed
alterum decus bezeichnet ihn Eumenins (panegqyr.
Const. 14), und eine ganze Reihe von Zeugniſſen
weift ihm in der Geichichte der römischen Bered-
jamfeit jeinen Plab neben den gefeiertiten Red—
nern an. Eine eigene Schule, die Frontoniani,
nahm ihn als Mufter und Vorbild. Diejem glän-
zenden Rufe haben die im Jahre 1815 durch den
Kardinal A. Mai in einem aus dem 6. Jahrh.
ftammenden überjchriebenen Bergament:Eoder der
ambrofianijchen Bibliothef zu Mailand und in der
vatilanischen in Nom entdedten Schriften diejes
Mannes nicht entiprochen. Es ift hauptjächlich die
Korreijpondenz des Konjulars mit Antoninus Pius,
mit Marcus in 2 Büchern und mit %. Verus,
nebſt einigen Antworten diejer Fürften, unter denen
Marcus Antoninus in der ganzen Liebenswürdig—
feit jeines Charakters ericheint, epistularum ad
amicos 11, II, welche faft nur Empfehlungsichrei:
ben enthalten, außerdem längere Schreiben willen:
ichaftlichen, beionders rhetorijchen Inhalts. Dazu
fommen hiftorifche Fragmente de bello Parthico,
prineipia historiae, und rhetorijhe Prunfftüde,
wie laudes fumi et pulveris, laudes negligen-
tiae, Arion u. a. Much eine Anzahl von griechi—
ſchen Briefen hat jih in jenen Palimpſeſten ge:
funden. Bieles andere ift verloren und gewiß
nicht zum Nachteile des Mannes, der ohne dieſe
Entderungen viel mehr gerühmt werden würde. So
jehr nämlich feine Bemühung, dem Übergewichte
der griechiichen Sprache und Litteratur entgegenzu-
arbeiten, Anerkennung verdient, jo jehr die ſchwül—
ftige Form der Afrifaner, gegen die er anfämpfte,
Tadel verdiente, jo wenig richtigen Geſchmack ver:
rät doch jeine Empfehlung der älteften Autoren,
jeine Berwerfung der eigentlichen Klaſſiker. Seine
Schriften machen nad der Seite der Darftellung
einen ebenjo unangenehmen Eindrud als wegen
der Dürftigfeit des Inhalts und der Beſchränkt—
heit des Urteils. „Sein Stil ift mühjelig aus
Arhaismen und veralteten Autoren zuſammen—
geiegter Hausrat, ein buntgewirkter Gento, mit
dem er die Blöfen jeiner Armut an Wiflen und
Gedanken verhüllt; aber an jo geiftlofen Studien
zehrt er mit einem peinlichen Fleiß, der an Fana—
tismus grenzt“ (Bernhardy). — Ausgg. von N.
Mai (1815; 1823; 1846), Niebuhr (1816, mit
Beiträgen von Buttmanın und Heindorf) und Naber
(1867). — Die Schriften, die man vor jener Ent:
dedung ihm zuichrieb, die exempla elocutionum
und de differentiis vocabulorum (herausgegeben
von 9. Keil im VII. Bande der grammatıcı La-
tini), gehören einem fpäteren Grammatiler Aru—
fianus Meifius an, der jchwerlidy Schriften Frontos
benutzt bat.
Frumentatio, Frumentum. Unter dem all:
Frusino — Fufi.
gemeinen Namen frumentum begriff man Roggen,
Gerſte, Weizen, Hafer, Hirfe u. a. Die Behand:
lung des Säens und Erntens war bei den Grie—
chen und Römern etwas verichieden, wurde aber
bei den leßteren mit methodiicher Aufmerkjamfeit
behandelt und daher auch wiſſenſchaftlich bearbeitet.
Nach Barro jüete man gewöhnlich von der Herbit-
gleiche bis gegen die Winterjonnenmwende; die Ernte
begann, wenn das Ahrenfeld gleihmäßig gelb zu
werden anfing. Alsdann wurde mit der falx
messoria das Getreide nahe unter den Ihren
abgejchnitten und dann erſt das ftehengebliebene
Stroh dicht am Boden abgemäht, um es zum
Deden der Gebäude oder zu Futter zu verwerten.
Varr. r. r. 1, 50: stramenta stantıa in segete
(d. h. auf dem Ader) relinqguunt, ut posten sub-
secentur. Die Ahren wurden in Körben auf die
Tenne gebracht, die fich meift auf freiem Felde
befand (j. Aren). Die Griechen banden jie in
Garben, wie wir. Auf die Tenne wurden die
Uhren mit dem Schnitt gegen Süden gelegt, dann
durch Lafttiere oder Dreſchwagen und Schleifen
‘trahae, tribula) zertreten, und das reine Getreide
Schliehtich in Körben geborgen und in die Scheu:
nen oder Magazine (granaria, horrea) gebracht,
bisweilen auch, zu längerem Aufbewahren, in
Gruben (scrobes) gelegt. Bor dem Mahlen (1.
Mola) wurde das Getreide gedörrt, um das
Zerftampfen oder Mahlen zu erleichtern. — Als
Italien durch das Überhandnehmen des Luxus und
durch die Anlegung von Billen mit Gärten und
Seen nicht mehr den Getreidebedarf decken konnte,
bezog Rom jeinen Bedarf namentlich aus Sicilien,
ipäter unter den Kaifern auch aus Agypten und
Airifa. Die Provinzialen waren zur Lieferun
gegen Zahlung verpflichtet. Diejes Getreide hieß
rumentum emtum. In Rom wurde dasjelbe
entweder umſonſt oder für einen niedrigen Preis
unter die ärmeren Bürger verteilt (frumentatio),
früher durdy die Ädilen, fpäter hatten befondere
praefeeti annonae die Verpflichtung, für recht:
zeitige Berproviantierung der Stadt Sorge zu
tragen. Für das Bedürfnis der Statthalter und
ihrer ganzen Kohorte hatten die Provinzialen
Getreide ebenfalld gegen Entſchädigung zu liefern,
ſolche Lieferung hieß frumentum in cellam,
und wenn der Statthalter fich für das Getreide
von den Einwohnern den Preis bezahlen lieh,
hieß es frumentum aestimatum. — Inter
trumentatio verfteht man auch das Herbei—
holen von Getreide für das Heer aus Feindes—
gebiet. Caes. b. q. 6, 39. Liv. 31, 36. — Fru-
mentarii waren ein eigenes Corps, Mannſchaf—
ten aus den verjchiedenften Legionen.
Frusino, ®govowor, j. Froſinone, Stadt der
Hernifer in Latium an der Präneftiniichen Straße
im Thale des Eofafluffes, von den Römern kolo—
nifiert, befannt durch ihre vielen Prodigien. Liv.
10, 1. 26, 9. 27, 37 u. Ö.
Fucinus lacus, j. Lago di Gelano oder Ca—
piltrano, See Mittelitaliens im Gebiete der Marjer,
das Bajlin, in welches ſich die Gebirgswäfler des
Apennin ſammelten, ohne da ein fichtbarer Abfluß
vorhanden war. Nachdem unter Kaifer Claudius
vergeblich eine Ableitung in den Tiber verjucht
worden war, fam unter Hadrian eine jolche, wern
auch nicht vollftändig, in den Liris zuftande. In
neuefter Zeit (1854— 1865) ift der See durch An-
Reallexikon des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
449
fegung eines Tunnel3 nach dem Liris auf Koſten des
Fürften Torlonia troden gelegt worden. Suet.
Olaud. 20. Tuc. ann. 12, 56. Strab. 5, 240.
Fucus, pöxos, bezeichnet 1) eine Algenart (fucus
marinus; j. Orjeille), welche benußt wurde, um
bei den Konchylienfarben mit untermijcht zu wer-
den (nicht etwa zur vorausgehenden Grundierung
der in Purpur zu färbenden Wolle). Plin. 26,10, 66.
Hor. ep. 1, 10, 27. od. 3, 5, 27. — 2) Schminke,
eine vom Drient nad) Griechenland und von da
nad Jtalien gekommene Sitte, die in jpäterer Zeit
jehr überhand nahm. Die Augenbrauen machte
man Schwarz mit jchiwarzgebranntem Kalt des Spieß—
glajes (stibium, ordunıg) oder mit einer Kienruß—
farbe (Juv.2, 93); die Wangen blühend mit Mennig
(minium, wulirog) oder mit dem Wurzeljafte einer
Pflanze; die Haut weiß mit Bleiweiß (cerussa,
»lurPog); die Adern an den Schläfen malte man
blau und erhöhete die Feſtigkeit diejer Farben
durch Honig und Wachs. Man bediente ich dazu
einer Bürfte oder des Fingers.
Fufleius, C. Fuf. Fango, urſprünglich Söld—
ner, wurde Senator und von Octavian zum Statt:
halter von Afrifa und Numidien ernannt, geriet
aber in Krieg mit T. Sertius und tötete ſich nach
einer Niederlage ſelbſt. Dio Cass. 48, 227.
Fufidii, ein plebejiiches Geſchlecht, wahrſchein—
lich aus Arpinum: 1) L. er Freund des M.
Amilius Scaurus, der ihm feine Autobiographie
(in 3 Büchern) widmete (Cie. Brut. 29), ftand in
dem Rufe eines tücdhtigen Juriften. — 2) Fufid,,
von niederer Geburt, gelangte durch Sulla zu hohen
Ehren, fämpfte jpäter,gegen Sertorius in Spanien,
wurde aber von ihm geichlagen. Plut. Sert. 12.
3) DO. Fufid., im J. 46 v. C. Adil zu Ar—
pinum, wird von Cicero erwähnt (ad fam.13, 11.12).
— 4) Jurift zur Zeit Bejpafiaus, jchrieb quaestio-
nes. — 5) ein von Horaz (sat. 1, 2, 12 ff.) ver-
jpotteter Wucherer.
Fafii (fäljchlich Fusii), eine plebejiiche Gens,
wahricheinlich aus Cales in Campanien, daher ihr
Beiname Caleni. Der erfte, der aus diejem Ge—
ichlecht genannt wird, ift ı) DO. Auf. Calenus,
ein Gegner des Ti. Grachus, deſſen Ermordung
er dem Scipio Nafica hoch anrechnete. Cie. Phil.
8,4, 13. — 2) 4. Sul, belangte 98 v. E. den
M'. Aquilius repetundarum; die Berteidigung
desjelben übernahm der berühmte Redner M. An-
tonius (Cie. Brut. 62. off. 2, 14). — 3) D. Auf.
Ealenus, im J. 61 v. C. Bolfstribun, veranlafte
durch jeinen Borjchlag, den berüchtigten Clodius
jeinen ordentlichen Richtern wicht zu entzichen,
gegen Erwartung vieler Gegner des Elodius die
Freiſprechung desjelben. Cie. ad Att. 1,16. Darauf
ergriff er als Prätor Partei für Cäjar (59) und
leiftete diejem wejentliche Dienfte, focht auch unter
ihm als Legat im galliichen Kriege, 51. Cars. b. q.
8,39. Dasjelbe that er im Kampfe gegen Pom—
pejus, zuerft in Spanien. Cie. ad Att. 9, 5. (aes,
b. ce. 1,87. Auf der Rückkehr aus diefem Lande
verlor er einen Teil der ihm anvertrauten Flotte
Sr b. e.3, 14.26) und unterwarf darnadı einen
Teil Griechenlands, wohnte der Schlacht bei Phar—
falos indes nicht bei. Caes. b. ec. 3,55. Am 3.
47 ernannte Cäſar ihn zum Konſul. Nach dem
Tode Cäſars ſchloß er fih an Antonius an (Cie.
Phil. 8, 4) und trat namentlich gegen Cicero auf,
den er von früher her hafte. Er ftarb im 3. 41.
29
450 Fuleini — Fulvii.
— 4) Fuf. Geminus, Statthalter in Pannonien |(cogi, coneiliari, mıleiche:), daß man die Fäden
unter Auguſtus. — 5) da Ange Konſul im | des Gewebes nicht mehr ficht. Darauf wird das
3.29 n. E., ein Günftling der Livia, jpäter auf Be: | Fabrifat gewaſchen, geſchwefelt, getrodnet und
fehl des Tiberius hingerichtet. Tac. ann. 5,1.6,10.| durch die spina fullonica, yrapırı) änarde, eine
Fuleinii. Genannt werden: 1) E. Fulc., als | unferer Kardendiftel verwandte Diftelart, gerauht.
Sefandter Roms von den Fidenaten ermordet im | Zulegt folgt das Bürften, Scheren und Preſſen.
J. 438 v. E. Liv. 4, 17. — 2) 2. Fulc. Trio, Alle diefe Arbeiten find anf den Bildern ber
zur Zeit des Tiberius, Giünftling des Gejan,
Konſul im 3. 31 n. E., trieb das Geſchäft eines
Angebers und jtarb durch eigne Hand im Gefäng:
niffe, in welches ihn eine Anklage geführt hatte.
Tac. ann. 5, 11. 6, 4. 38.
Fulgentius, Fabius Planciades Fulg,
Grammatifer aus Afrika, verfahte um 520 n. €.
in geziertem und bombaftiihem Stile eine Anzahl
Schriften, von denen 4 erhalten find, darunter
Mythologiarum libri III. Abhandlung von Jung:
mann (Ritjchl, Acta societ. philol. Lips., Bd. ].).
Fullo, aud) lavator oder lotor, griechiſch «r«-
peig oder yrapevg, der Walfer, welcher die neu:
gewebten Kleider appretiert und die unreinen ſowohl
|
fullonica, officina fullonum, xrapeior, einer
im 5.1825 in Bompeji gefundenen und 1826
ausgegrabenen Walferwerfftatt, deren Wände
mit entiprechenden Gemälden verjchen find,
dargeitellt (j. die Abb.). — Die fullones bil:
deten eigene collegia und sodalicia und be:
gingen am 19. März das Feſt ihrer Schutz—
gottheit, der Minerva. Or. fast. 3, 821. Für
die Benubung der Öffentlichen Wafferleitungen
ahlten fie eine Abgabe. Bol. Blünmer,
echnologie und Terminol. I ©. 157 ff.
Fulmen j.Divinatio, 17.und Zeus, 9.
Fulvii, ein plebejiiches Gejchlecht, welches
wäjcht als auch glättet, vestimenta lavare, polire, | aus Tuſculum ftammte (Cie. Planc. 8,20). Esgab
expolire, interpolire u. f. w. Das farbige Ge: | verjdiedene Zweige diejes berühmten Geſchlechts:
wand wird in naſſem Zuftande unter Beimiſchung I) Bätini, dazu gehört 1) M. Fulv. Bät., Kon:
von Walfererde (creta) und Urin in Trögen oder | jul im %. 299 v. E., beitegte die Umbrer. Zar.
Gruben (lacunae, lacus, wAvvo/) getreten (terere, | 10, 9. — 11) Eentumali, dazu gehört 2) Em.
Aanriker), geiclagen (rörreır) und gezogen, wo: | Fulv. Marimus Gentumalus, befiegte als
durch die weichen intchlanfäben fi) jo verfilgen | Konſul (298 v. E) die Samniter bei Bovianum
Fumarium — Funditores.
und fämpfte als Proprätor gegen die Etrujfer.
Liv. 10, 26. — 3) En. Fulv. Gent., geriet im
3. 219 v. C. in Ligurien in Hannibals Gefangen:
ihaft. — 4) En. Fulv. Gent., befiegte im J.
229 v. E. als Konjul die Königin Teuta von
Syrien (Pol. 2, 8 ff.) und fiel (210) im Rampfe
gegen Hannibal bei Herdonea in Apulien. Liv.
27,1. — 5) M. Fulv. Eent., traf als Prätor
(191 v. €.) die erften Rüftungen gegen Antiochos
von Syrien. Zir. 35, 20. — Ill) Flacei, darunter
6) D. Fulv. Flaceus, fchlug als Konful die
Gallier (237 v. E.), wurde PBontifer Marimus im
J 216 (Liv. 23, 21), dann Prätor, rüſtete gegen
Sardinien, wurde abermals Konjul 212, fämpfte
glüdlih gegen die Karthager unter Hanno in
Gampanien (Liv. 25, 13) und ſchützte durch recht:
zeitiges Erjcheinen das von Hannibal bedrohte Nom.
Darauf eroberte er Capua wieder (211), deſſen
Einwohner hart von ihm geftraft wurden. Liv.
26, 8ff. Später beffeidete er noch einmal das
Konſulat (209). — 7) En. Fulv. Flacc., Bruder
de3 vorigen, erlitt als PBrätor eine Niederlage von
Hannibal bei Herdonea in Apulien und mußte
deshalb nach Tarquimii in die Verbannung gehen.
Lie. 25, 20. 26, 2f. — 8) D. Fulv. Flace.,
Sohn von 6), befiegte als Prätor im %. 183 v. C.
die Eeltiberer (Ziv. 40, 16) mehreremale, ward
von ihnen aber auf jeiner Rückkehr nad) Rom im
J. 182 im Gebirge überfallen. . Doch befiegte er
fie. Liv. 40, 30 ff. Er wurde Konful im J. 179
und unterwarf die Ligurier, dann Genjor und
ipäter Bontifer. Er endigte durch Selbftmord. Liv.
42,28. — 9 M. Fulv. Flacc., Konjul 1250. C.,
ſchlug die Ligurier und Gallier und verteidigte als
Anhänger der Grachen das Adergejeh derjelben.
Er fiel bei der Unterdrüdung des zweiten gracchi—
ichen Aufitandes 121. Cie. Phil. 8, 4. Als mittel:
mäßigen Redner nennt ihn Gicero (Brut. 28). —
10) Serv. Fulv. Flacc., befiegte während jeines
Konjulats die Illyrier, 135 v. C. Nach Cicero
(Brut. 21) war er auch Redner. — IV) Nobi:
liores, wozu gehören: 11) Serv. Fulv. Nobi-
lior, beſiegte als Konſul (255 v. E.) im erften puni—
ichen Kriege die Karthager. — 12) M. Fulv. Nob,,
erlangte (191) nach fiegreihem Kampfe in Hijpa-
nien Die ray ern einer ovatio (Liv. 36, 21),
befiegte als Konſul (189) die Aitoler (Ziv. 38, 4 ff.)
und verwaltete nachmals die Cenſur. Er war ein
entjchiedener Freund gricchiiher Bildung. Bei
dem Feldzuge gegen die Witoler nahm er Ennius
als Begleiter mit, was ihm Gato zum Bormwurfe
machte. Auch hatte er die Kriegsbeute zum Bau
eines Tempels der Muſen verwendet. Cie. Arch. 11.
— Gein ältefter Sohn, 13) M. Fulv. Nob., war
Konful 159 v. E.; der jüngere, 14) Quintus, war
gleich feinem Bater ein Bönner des Dichters Ennius
(Cie. Brut. 20). — V) Eurvi, darunter 15) M.
Fulv. Eurvus, Konjul im %. 305 v. C. gegen
die Samniter, welche er bei Bovianum bejiegte.
Zir. 9, 44. — VI) Bombaliones, dazu gehört
16) M. Fulv. Bomb,, der unbedeutende Vater
der Fulvia, welche zuerſt Gemahlin des berüch—
tigten Clodius war, von welchem fie eine Tochter
Claudia hatte, die an Octavian verheiratet war,
dann des Curio, fpäter des Triumvir Antonius,
Sie hatte mehr männlichen als weiblichen Charak—
ter und erjchien nicht jelten im Lager. Sie ftarb
nad Octavians Siege auf der Flucht zu Sikyon
451
in Griechenland. Cie. Phil. 3, 6. Vell. Pat. 2,74.
— VI Gillones, unter welden am befannte-
ften ift 17) ©. Fulv. Gillo, der unter dem
älteren Scipio (203 v. E.) ald Legat diente (Liv.
30, 21) und jpäter die Brätur befleidete. — Außer:
dem werden noch genannt 18) B. Fulv. Nervas
tins, Gegner des Milo, —— 19) Fulv. Aure—
lius, tüchtiger Unterbefehlshaber des Otho. Tac.
hist. 1, 79.
Fumarium, die Rauchkammer, die benußt wurde,
um den Wein milde zu machen (j. Vinum, 4.),
aber auch zum Trodnen des frisch gefällten Holzes
diente. Colum. 1,6, 20.
Funäles equi, die Nebenpferde, welche nod)
neben dem eigentlichen Gejchirr angeſpannt waren,
die homerifchen maenogoı. Suet. Tıb. 6.
Funalia, Pechfackeln oder Kerzen aus Werg und
dünnen Striden (funis), fodanı auch im weiteren
Sinne Leuchter zum Auffteden der Wachäferzen,
ja jogar jpäter für Nandelaber gebraucht.
Funambüli, Seiltänzer, auch schoenobatac
und neurobatae genannt, gewöhnlich dem Sklaven:
ftande angehörig.
Fundanii, plebejijchen Standes: 1) E. Fund.
Fundulus, ftand als Konful im J. 243 v. C.
dem Hamilfar Barkas auf Sicilien gegenüber und
wies den wegen Auslieferung der Toten zu ihm
geichicdten Herold der Bunter jchnöde ab, während
Hamilfar, an den fich Fund. jpäter mit dem gleichen
Verlangen wendete, in edler Weife die Leichen der
gefallenen Römer herausgab. Dio !. Sie. 24,9, 2 f.
— 2) C. Fund., Anhänger des Bompejus, darauf
des. Cäſar (Caes. b. Hisp. 11), befreundet mit
Eicero (Cie. ad Q. fr. 1, 3, 10). — 3) M. Fund,,
geriet in einen Prozeß, in weldem ihn Cicero
66 dv. E. verteidigte. @. Cie, pet. cons. 5, 19. —
+4) Fundania, Tochter des E. Fundanius und
Gemahlin des M. Terentius Barro, des berühm:
ten Gelehrten. Varr. r.r. 1, 1,1.
Fundi, Doöwdor, j. Fondi, Stadt und jpäter
Munieipium in Latium im ager Caecubus an der
Appiichen Straße unweit des nad) ihr genannten
lacus Fundanus, mit fyflopijchen Mauern, die
auf hohes Alter hindeuten. In der Nähe wuchs
trefflicher Wein. Liv. 8, 14.19. Hor. sat. 1, 5,34.
Funditöres, operdorijr«ı, auch mit libritores
verbunden (Tuc. ann. 2, 20. 13, 39), Schleuderer,
jene mit der funda Steine oder Bleifugeln (glan-
des), dieſe größere Steine mit Hülfe der lora
(Riemen) werfend, bildeten eine leichte Truppe in
dem Heere der Römer, namentlich aus Balearen
beitehend. Schon in der Alias (13, 599 f.) wird
eine Schleuder aus ſehr feiner Wolle erwähnt;
jpäter beitand fie aus Binjen und meiftens aus
Leder. Die beiden daran befindlichen Riemen,
welche der Schleuderer in die Hand nahm, und
deren einen er während des Herumjchwenfens in
der Luft losließ, beftanden (nad) Liv. 38, 29) aus
mehreren zufammengenähten Schichten, um durch
Bermeidung des Schlenkerns größere Sicherheit
im Treffen zu erzielen. Die damit geworfenen
Steine oder Kugeln, von Thon und mit Brennftoff
angefüllt, oder von Blei (giandes, uolvßdildzs)
und mit einer Spitze verjehen (Liv. 38, 21), jollen
mit überrajchender Wirkung abgeſchoſſen worden
jein. Verg. A. 9, 688. Ov. met. 14, 825. Sen.
quaest. nat. 2, 57. Solcher glandes haben Sich
viele erhalten (j. d. Abb. ©. 452). Sammlung der
29*
452
Inſchriften der erhaltenen glandes von ange: | den Aquern eine Niederlage, befiegte fie aber nach—
meifter (Ephemeris epigraphica Corp. inser. Lat. | her gänzlich (Liv. 3, 4); er ftarb an der Peſt 453.
suppl. Vol. VII. 1885). gl. VBergk, Inſchriften Dion. Hal. 10,53. — 6) Agrippa Fur. Medull,,
römijcher Schleudergeſchoſſe (1376). Vervolllommnet Konjul im 3. 446 v. E., fämpfte fiegreich gegen
Fungus — Furii.
wurde dieje Waffe in der Kaiſerzeit durch die Stod:
ſchleudern (fustibali', an denen ftatt des einen
Niemens ein 4 Fuß Janger Stod befejtigt war
(Veg. 3, 14), und die mit beiden Händen geichwungen
wurden und größere Maflen und Gewichte fort-
ichnellten. Man nannte dieje Waffengattung fundi-
balatores oder fustibalatores. Beide Arten
von Schleudern waren eine gefährliche Kriegswaffe,
da fie gegen 600 Fuß Entfernung nody mit ziem:
licher Sicherheit ihr Ziel trafen.
Fungus, der Schwamm, eine beliebte Speife,
namentlich die boleti, Morcheln (tubera) u. a.
Hor. sat. 2, 4, 20 f.
Funus j. Bestattung, 1.
Furca, ein aus 2 Schenfeln beitehender gabel-
förmiger Halsblod, welcher den eg auf
die Schulter gelegt wurde, jo daf die Arme an
beide Seiten der Gabel gebunden werden konnten.
Dieſer Blod wurde zur Strafe Sflaven auferlegt,
welche davon furcifer hießen, was übrigens ein
ganz gemeines Schimpfwort wurde (Plaut. Amph.
1, 1,129 u.8.). Much legte man die furca Sklaven
auf, welche gegeißelt oder gefreuzigt werden jollten.
Sehr jpät heißt furca auch jo viel als Galgen,
patibulum.
Furcülae Caudinae j. Caudium.
Furiae ſ. Erinyen.
Furii, ein patriciiches Gejchlecht, welches fich
bejonders in den Kriegen gegen die Gallier her:
vorthat. Es ftammte wohl aus Tuſeulum, wie
Inſchriften beweiſen. Unter den au diefer gens
gehörigen Familien find zu nennen I) Phili, deren
berühmtefte Mitglieder: 1) ®. Fur. Philus,
Nonjul 223 dv. C. und als folder fiegreich gegen
die Gallier, jtarb als Cenſor, 214. Liv. 24, 11.
18. 43. — 2) 2. Fur. Bhilus, nahm als Konful
(136 dv. E.) jeine Gegner Metellus und Q. Pom—
vejus mit fid) als Legaten nach Spanien, wobei
er wegen jeines Verfahrens gerühmt wird. Er war
ein Freund des Scipio und Yälius und wird von
Cicero (Brut. 28. de or. 2, 37) als Redner und
Gelehrter gerühmt. In Eiceros Schrift de re
publiea tritt er als Sprecher auf. — 11) Medul—
limi; dazu gehören: 3) Sp. Fur. Med., welcher
als Konjul (481 v. E.) gegen die Aquer glücklich
friegte. — 4) P. Fur. Med., fämpfte als Legat
egen die Aquer (464 dv. E.) und fiel mit jeiner
Schar. Liv. 3, 5. — Sein Bruder, 5) Sp. Fur.
Med. Fuſus, erlitt als Konſul (464 v. E.) von
die Boljfer, wobei er den Fahnenträgern Die
Fahnen wegriß und fie in die Feinde jchleuderte.
| Liv. 3, 66. 70. — 7) 2. Fur. Med,, fiebenmal
' Kriegstribun mit konſulariſcher Gewalt, wurde
Konſul 413 v. €. (Liv. 4, 51) und befiegte die
Bolifer. Liv. 4, 545. — 8) 2. Fur. Med,, diente
als Legat unter M. Furius Camillus gegen die
Boliter. Da er mit des Konſuls Vorficht unzu—
frieden war, lieferte er den Feinden eine Schlacht,
würde aber eine gänzliche Niederlage erlitten haben,
wenn ihn nicht Camillus gerettet hätte. Gleich—
wohl wählte 2 Camillus jpäter gegen andere
Feinde zum Kollegen. Liv. 6, 23 ff. — Sp. Fur.
Med., gleichfalls, wie die beiden vorigen, Kriegs—
tribun, führte ein Heer gegen die Boljfer, deren
Land er verwüftete. Liv. 6, 31. — Ill)@amilli:
10) M. Fur. Camillus, legte ſchon im X. 431
v. E. in der Schladht am Algidus (gegen Boljker
und Mquer), in welcher er Ah durd; Tapferkeit
auszeichnete, den Grund zu jeinem nachmaligen
Ruhme. Plut. Cam. 2. Nm 9. 403 wurde er
Eenjor (Val. Max. 2, 9, 1) und in den Jahren
401—381 jechsmal Kriegstribun mit konſulariſcher
Gewalt. Nachdem er fich in den Kriegen gegen
die Faliſter ausgezeichnet hatte (Liv. 5, 12), erhielt
er als Diktator den Oberbefehl gegen Veji, eroberte
im zehnten Jahre der Belagerung (396) dieje Stadt
(die erfte Eroberung außerhalb der Grenzen Ya-
tiums) und machte reiche Beute. Liv. 5,21. Diod.
Sic. 14,93. Plut. Cam.5. 2 Fahre jpäter gewann
er TFalerii, gegen das er ausgezogen war, wie es
heißt, durch jeinen Edelmut. Liv. 5, 27. Darauf
ing er, der Unterſchlagung eines Teiles der in
zeji gemachten Beute bejchuldigt (vielleicht infolge
des erneuerten Ständehaders), in die Verbannung,
mit dem ausgeſprochenen Wunjche, wenn er Unrecht
leide, möchte Rom feiner bald wieder bedürfen.
Liv. 5, 32. Nach der Niederlage an der Allia
und der Einnahme Noms durch die Selten wendete
der Senat ji in der Not an ihm und ernannte
ihn abermals zum Diktator, 390. Liv. 5, 46. Er
jammelte die überall zerftreuten Flüchtlinge, zog
gegen Nom und jchlug, wie berichtet wird, nadı
Bejiegung einiger Abteilungen das Hauptheer der
Feinde völlig. Liv. 5, 49 ff. Suet. Tib. 3. Plut.
Cam. 22—29. hm wurde dafür der Ehrenname
pater patriae beigelegt. Dann baute er die zer:
jtörte Stadt wieder auf (Liv. 5, 50 ff. 6, 4) und
| hinderte die vorzüglich von den Plebejern beabjich:
tigte UÜberfiedelung nah Veji. Hierauf legte er
jein Amt nieder, erhielt e$ aber im J. 389 von
neuem und befiegte die Boljfer, Etruffer und Äquer
(Liv. 6, 1,4). Noch mehreremale war er Diktator
(im ganzen fünfmal), zulegt 367 gegen die wieder
eindringenden Kelten, welche er in der Nähe von
Alba gänzlich bejiegte. Liv. 6, 38.42. In den
Streitigfeiten um die, Adergejeße des Licinius,
deren Gegner er war (367), fonnte er die Nechte
feines Standes nicht jchügen und mußte wegen
eines Widerftandes gegen die Geſetze in die Eurie
üchten (vgl. Plut. Cam. 42); ihm gelang e8 wohl,
die Annahme jener Geſetze eine Yeitlang aufzu:
halten, nicht aber, fie abzuwenden. Im %. 364
ſtarb er an der Belt, welche damals grafjierte.
*
Furina — Furtum.
455
Livius (7, 1) feiert mit Recht das Lob des ausge: | — Aus einem andern Zweige diejes Geſchlechtes
zeichneten Mannes. — Sein ältejter Sohn, 11) Sp.
Fur. Cam., wurde Prätor 365 v. E., der zweite,
12) 2. Fur. Cam., Diktator 350 und befiegte die
Gallier bei Alba (Liv. 7, 23 f.), fiherte dem Senate
den Beſitz des Konſulats und befiegte als Konſul
im 3. 349 die Gallier bei den Pomptiniſchen
Sümpfen. — Gein Brubdersjohn, 13) L. Fur.
Eam., unterwarf 338 dv. E. als Konjul Latium,
wofür ihm und feinem Kollegen außer dem Triumphe
die jeltene Ehre zu teil wurde, daß ihnen Reiter:
ftatuen auf dem Forum errichtel wurden. Die La:
tiner behandelte er mild und jchonend. Liv. 8,13 f.
— Zur Kaijerzeit brachte zuerft nach langer Zeit
den Namen des Geſchlechts wieder zu Ehren 14) M.
Fur. Cam. Konſul 8 n. C., welder im %. 16
unter der Regierung des Tiberius die aufrühre-
riſchen Numidier unter Tacfarinas unterwarf. Tac.
ann. 2, 52. Er ftarb wahrjcheinlich im J. 37. —
15) Sein Sohn, M. Fur. Cam. Scribonianus,
Statthalter von Dalmatien, erregte 42 n. C. einen
Aufftand gegen Claudius, wurde aber jchon nad)
5 Tagen auf der Inſel Liffa getötet. Zac. hist.
1, 89. 2,75. Suet. Claud.13. — IV) Aculeones,
darunter 16) E. Fur. Viſellius Aculeo, ein
naher Verwandter Ciceros, von dem er (de or.
1, 43. 48) wegen feines Scharffinns und feiner
Kenntnis des Civilrechts jehr gerühmt wird, be:
freundet mit dem Redner Craſſus. — 17) Gein
Sohn, E. Biſellius Varro, diente 79 v. E. als
Kriegstribun in Aſien und zeichnete fich nachher
durd; feine Rednergabe aus. Als Better Ciceros
wirkte er für defien Rückkehr aus der Verbannung.
Cie. Brut. 264. ad Att. 3, 23, 4. — 18) C. Fur.
Aculeo, wurde als Duäftor des Scipio Aſiaticus
wegen Verdachts, von Antiochos Geld genommen
zu haben, verurteilt, 188 dv. C. Liv. 38, 55. —
V) Bibaculi, darunter 19) Lucius, ausgezeich—
net durch Frömmigkeit. — 20) M. Furius Bib,,
nach des Hieronymus nicht zweifelloſer Angabe
eb. 103 v. E. zu Eremona, nicht unbedeutender
ichter, verfahte namentlich Spottgedichte in der
Art Catulls (Quint. 10, 1, 96), ferner ein Sam:
melmwerf, Incubrationes genannt (Plin. praef. 24),
vielleicht and) ein Epos über Cäſars galliichen
Krieg. Zweifelhaft ift, ob ihn Horaz (sat. 2, 5, 40 f.)
veripottet; noch fraglicher, ob er mit dem von dem:
jelben (sat. 1, 10, 36f.) als turgidus Alpinus
(1. d.) bezeichneten Dichter, dem Berfaffer einer
Aethiopis und eines Gedicht3 über den Rhein,
identisch ift. Nach Porphyrio zu der letztern Stelle
hieß Alpinus mit wahrem Namen Cornelius Al:
pinus. Gell. 18,6. Sammlung der wenigen Bruch:
ftüde in 2. Müllers Ausgabe des Catull, ©. 89,
und in Bährens’ fragm. poet. Rom. p. 317 ff
VI) Burpureones; dazu gehört 21) &. Fur.
Burpureo, der unter Marcellus im J. 212 v. €.
gegen Hannibal diente, darauf die Gallier und den
Rarthager Hamilfar bei Eremona (Liv. 31, 5. 21),
jpäter 197 die Bojer in Oberitalien befiegte. Ziv.
33, 37. Nach dem Frieden mit Antiochos d. Gr.
leitete er die Verhandlungen, 190. Liv. 37,55. —
VID Bacili; dazu gehört 22) E. Fur. Bacilus,
Konjul 441 v. C. 435 Cenjor zur Abhaltung einer
Boltszählung. Liv. 4, 12.22. Die Cenſur ver:
waltete er mit Strenge und ftieh den früheren
Diktator Amilius aus Ka Tribus. Im J. 426
ftammte 23) der Dichter U. Fur. Antias, aus
Antium gebürtig, Freund des Q. Lutatius Catulus,
des Kollegen des Marius im Konfulate 101 v. E.,
und Berfafjer eines aus mindeftens 11 Büchern
bejtehenden Gedichts, betitelt Annales, von dem
nur wenige Verje vorhanden find. Bergil ſoll ihn
nachgeahmt haben. Macrob. sat. 6, 31 ff.
Furina, eine Göttin der Römer, deren Bedeu:
tung schon zu Barros (1. 1.6, 3, 56) Zeit unbe:
fannt war. Vermutlich war fie eine unterweltliche
Gottheit. In ihrem Haine jenjeit des Tiber ver:
or &. Gracchus das Yeben. Plut, Ü. Gracch. 17
(wo er der Hain der Erinyen genannt wird). Sie
hatte einen Flamen und ein Feſt Furinalia, am
25. Juli gefeiert.
Furnii, ein plebejijches Gejchlecht aus den letzten
Zeiten der Republik: 1) E. Furn., im J. 500. €.
Bollstribun, ein Freund Giceros (Cie. ad fam.
8, 11, 2), im %. 49 Anhänger Cäjars, von welchem
er mit einem Briefe an Cicero gejandt wurde
(Cie. ad Att. 9, 6, 6), nad) Cäjars Tode Anhänger
des Antonius, jo jehr ihm auch Cicero dies wider:
riet (Cie. ad fam. 10, 25). Antonius gebrauchte
ihn im perufiniicheı Kriege als Vermittler bei
Octavian, nahm ihn dann mit zum parthiichen
Feldzuge im 3. 39 und übertrug ihm (35) die
Statthalterichaft von Ajien, ein Amt, in welchem
er einen Kampf mit dem flüchtigen Sert. Bon:
pejus zu bejtehen hatte. App. b. c. 5, 30. 75. 137 ff.
Nach des Antonius Befiegung begnadigte Octavian
den Furnius, der im J. 29 zum Konſular ernannt
ward. Dio Cass. 52, 42. Die fpäteren Jahre
feines Lebens jcheint er in Ruhe den Wiffenichaf-
ten gewidmet zu haben. Auch als Redner wird
er mit Ehren genannt. Cic. ad fam.10, 26. Tac.
dial. 21. Plut. Ant. 58. — Sein Sohn, 2) €.
Furn., kämpfte als Legat im J. 25 v. E. unter
Augustus gegen die Geltiberer, welde er 3 Jahre
ipäter ald Statthalter von Spanien gänzlich unter:
warf. Dio Cass. ö4, 5. Er ftarb bald nad) Er:
fangung des Konfulates, 17 0. C. — 3) Furn,,
vielleicht des ebengenannten Sohn, wurde im J.
26 n. E. auf Befehl des Tiberius wegen Ehebruchs
mit der Claudia Pulchra hingerichtet. Zac. ann.
4, 52.
Furor ijt ſowohl völlige Rajerei als Verrüdt:
heit, welche für den Menichen in rechtlicher Be:
ziehung manche Folgen hat. So z. B. fteht der
furiosus unter der Cura jeiner Agnaten und Gen:
tilen, ift unzuredinungsfähig wegen verübter Ver:
brechen, fann feinen Vertrag eingehen u. ſ. w.
Furtum (von ferre), der Diebftahl. Schon in
den XII Tafeln gab es furtum manifestum, d. h.
wenn der Dieb auf der That ertappt wurde, oder
wenn jemand bei einer von dem Beftohlenen an—
geftellten Hausſuchung, die nach früherem Nechte
erlaubt war, als Dieb befunden wurde. Dieje
Hausjuchung durfte der Bejtohlene aber nur nadend
und mit einem Gürtel und einer Schüffel verjchen
vornehmen (furti per lancem et licium concep-
tio, Gell. 2, 1. 11,18. 16, 10). Dem furtum mani-
festum ftand furtum nec manifestum gegenüber.
Der fur manifestus wurde gegeifelt und dem Be:
jtohlenen zugeiprochen, der nec manifestus hatte
den Wert des Geftohlenen doppelt zu erjeben.
Der fur nocturnus fonnte impune getötet werden,
fämpfte er gegen die Bejenter unglüdlich. Liv. 4,31. der fur diurnus nur dann, wenn er fich mit einer
454
Waffe gegen den Befiger wehrte. Später traten
Milderungen ein, jo daf der fur manifestus nicht
mehr Kapitalftrafe erlitt, jondern durch vierfachen
Erjaß büßen jollte. In der Kaiferzeit wurden
einzelne Arten des Diebftahls als bejonders ftrafbar
bezeichnet und extra ordinem friminell geahndet,
3.8. Vichdiebftahl, Tafchendieberei, Einbrud) (bei
Nacht verübt, noch ftrenger, poena metalli).
\lber das furtum pecuniae publicae ſ. Pecu-
latus. Endlich aber konnte jeder Diebftahl als
ftriminalvergehen angejehen werden, und der Ber:
legte Fagte nad feinem Belieben civil oder Friminell.
FustuarYum j. Disciplina militaris, 10.
Fusus, &rgaxros, die Spindel, und colus,
nAardın, der Woden. Über das Spinnen j.
Fustuarium
— Gabinii.
Colus. Der Spindel bedient man ſich jchon bei
Homer; fie ift bei der Helena von Gold. Für die
zu jpinnende Wolle hat man ein eignes länglid)
rundes Körbchen von Flechtwerk, bisweilen von
Silber. Die Göttinnen erjcheinen fogar mit gol:
dener Spindel (yevankdxaroı), bejonders Athene
als Vorjteherin der weiblichen Handarbeiten. Auch)
bei den römifchen Frauen ift das Spinnen (lanam
facere) eine der hauptjächlichiten Beichäftigungen
(Hor. ep. 1, 13, 14. Ov. met. 4, 220 ff.), daher jie .
auch auf Statuen gewöhnlich mit einer Spindel
erſcheinen. Der in das Haus des Verlobten ein:
ziehenden Braut pflegte ein mit Wolle angelegter
Woden voraufgetragen zu werden. Das Spinnrad
ift neuere Erfindung.
G.
Gabäli, Taßereis, eine galliiche Völlerſchaft in
Aquitanien, ſüdlich von den Arvernern, im heutigen
Gevaudan in den Gevennen, trieb Bergbau und
Biepguät. Caes. b. q. 7, 64. 75. Strab. 4, 191.
Gabli, Teßıoı, j. Ruinen bei Eaftiglione, Stadt
in Latium zwijchen Rom und Präneſte am Gabi:
nischen See, eine der älteften und mächtigften
Städte des Tatinischen Bundes, eine Gründung
von Alba Longa. Romulus jollte hier erzogen
jein (Plut. Kom. 6. Dion. Hal. 1, 84); —*
bemächtigte ſich Tarquinius Superbus ihrer durch
Lift (Liv. 1, 53), dann aber verfiel fie früh.
Hor. ep. 1, 11, 17. Hier blühte ein alter Kult
der Juno. Die ungehenern Steinbrüche der Gegend
boten namentlich nach dem Brande Roms unter
Nero zum Wiederaufbau der Stadt treffliches Ma:
terial (Gabinum saxum igni impervium). Zac.
ann. 15, 43.
Gabina via, eine Straße, die von Rom nad
Gabii führte. Auf ihr joll Camillus die von Nom
abziehenden Sallier eingeholt und faft gänzlich ver:
nichtet haben. Plut. Cam. 29. Liv. 5, 40.
abinTi, ein plebejiiches Seichlecht: 1) Gabin,
Befehlshaber zu Scodra in Allyrien, 167 v. E.
Liv. 45, 26. — 2) Aulus Sabin., Urheber einer
lex tabellaria, 139». C. Vgl. Cie. legg. 3, 16, 35.
— 3) A. Gab,, fiel im Kriege gegen die Bundes:
aenofien, 89 v. C. Flor. 3, 18, 13.— 4) A. Gab,,
Kriegstribun, fämpfte unter Sulla bei Chaironeia,
85 v. E,, und wurde dann von ihm mit einem
Anftrage an Murena nad Aſien gejandt. — 5) A.
Sab., im J. 67 v. E. Volkstribun, zeichnete fich
durch feine blinde Anhänglichkeit an Pompejus
aus und machte mehrere Geſetzesvorſchläge, nament:
lich den, daß dem Pompejus die höchſte Gewalt
für den Seeräuberfrieg übertragen werden jollte.
Cie. de imp. Pomp. 17. Plut. Pomp.25. Im J. 66
ging er mit Bompejus als Legat nad Ajien, nahm,
obgleich mit geringem Ruhme, am Kriege gegen
Mithridates und (65) gegen die Barther teil, ging
hierauf nach Judäa und jchlichtete hier den Streit
zwiſchen Hyrkanos und Ariftobul zu Gunsten des
leßteren, wofür er wie überall in Alien große Geld:
jummen empfing, mit denen er feine Schulden
bezahlte. Jm 3. 61 wurde er Brätor, 58 Konful.
Plut. Pomp. 48. Caes. 14. Dio Cass. 38,13. Caes.
b.g. 1,6. Er erhielt Syrien als Provinz, betrieb
— — ———— nn EEE
mit dem berüchtigten Clodius Ciceros Verbannung
und wirkte mit ſeinem Kollegen Piſo im Intereſſe
der Triumvirn, beſonders des Pompejus, trotz der
Gegenbemühungen Catos und einer, wiewohl ver:
geblichen, Anflage des Gabinius. Auch nach Clo—
dius’ Zerwürfnis mit Pompejus blieb er diefem
ergeben. Cie. Mil.27. de dom. 25. Dio Cass. 38,30.
Im %. 57 ging er als Prokonſul nah Syrien,
befiegte die aufftändiichen Juden unter Alexander
bei en. baute mehrere zerjtörte Städte
wieder auf und orbnete die Verwaltung des Yan:
des. Plut. Ant. 3. Dagegen war er nicht glücklich
im Kampfe gegen die Araber. Durch feine Erprei:
jungen, welche ihm abermals erfledlihe Summen
zur Bezahlung jeiner Schulden einbrachten, erregte
er neue Aufftände. Auch im J. 55 behielt er gegen
die Sitte Syrien, unterdrüdte den jüdiichen Auf:
ftand, ſetzte dann auf Bompejus’ Geheiß den Ptole-
maios Auletes wie als König von Agypten
ein (Cie. Phil. 2, 19. Just. 42, 4. Caes. b. e,
3,4. 103. Dio Cass. 39, 55 ff.) und bereicherte jich
durch Geſchenke und Erpreffungen. Die während
feiner Abwejenheit in Syrien und Judäa gejtörte
Ruhe ftellte er wieder her und jchlug den an der
Spite des Aufftandes ftchenden Alexander am
Tabor. Am Ende des J. 55 mußte er Syrien
jeinem Nachfolger Craſſus übergeben. Unbeachtet
zog der jelbjtfüchtige Mann (im %. 54) in Rom
ein. Cie. ad Qu. fr. 3, 1,9 Bon allen Seiten,
vom Senate, von Cicero, der gegen ihn zeugte,
von den Konfuln, Tribunen, Rittern wurden An:
Hagen gegen ihn geichleudert; indes Gab. vertei:
ge fih und wurde freigeiprocdhen (Ce. Pis. 21.
Phil. 2, 19. ad Att. 4, 16, 5), freilich nur durch
Beftehung und durch Hülfe des Pompejus. Cie.
ad Qu. fr. 3,4. Er erlag aber bald einer neuen
Anklage wegen Erpreffung und mußte troß Ciceros
Verteidigung ins Eril gehen. Dio Cass. 39, 55. 68,
Cic. Rab. Post. 4. Im %. 49, nad Ernennung
Cäſars zum Diltator, durfte er zurüdtehren. Gegen
Pompejus focht er nicht mit, erft nad) deffen Tode
diente er dem Cäſar, ging auf deffen Befehl nach
Illyrieum, erlitt von den Dalmatiern eine Nieder:
lage bei Salona und ftarb in diejer Stadt, 47.
Caes, bell. Alex. 42. Sein größter Fehler war
jeine Verjchwendung, die ihn wieder zu Erprej:
jungen in den Provinzen trieb. In leßteren ging
Gabinus cinctus — Gaia.
er nur darauf aus, fich zu bereichern, weshalb er
allgemein gehaßt war. Bor allen gram war ihın
Gicero, der ihn als das jchwärzejte Ungeheuer
ichildert (Cie Pis. 17. al Qu. fr. 3, 1). — Sein
Sohn, 6) A. Gabin. Sıjenna, fämpfte mit |
Ruhm unter jeinem Bater in Syrien, 57 v. E,,
und verwaltete basjelbe während deſſen Abwejen:
heit in Ägypten. Dio Cass. 39, 56. — T) P. Gabin.
Capito (au Cimber Gabinius), ein eifriger und
thätiger Anhänger Eatilinas, der mit den Allo—
brogern verhandelte, wurde jpäter hingerichtet. Sall.
Cat. 17. 40. Cic. Cat. 3, 3.
Gabinus einetus hieß bei den Römern eine
eigentümliche Schürzung der Toga, welche bei
heiligen Gebräuchen üblich war (Verg. A. 7, 612.
Liv. 8, 8. 10, 7); die Gürtung geſchah nicht mittelft
eines bejondern Gürtels, jondern mit einem Teile
der Toga jelbit, dem über die linke Schulter zu:
rüdgejchlagenen Zipfel, der gürtelartig unter der
Bruft um den Körper gezogen und gefnotet ward.
Bis zur Einführung des sagum war diefe Gürtung
die allgemeine militärijche Kleidung gewejen. Sie
blieb dann für beftimmte feierliche Gelegenheiten,
3. B. bei der Offnung des Janustempels; auch
vollzog der Konjul bei Eröffnung eines Feldzuges
die dabei erforderlichen Kultushandlungen in einer
jo gegürteten Toga. Der Gebrauch fam wohl von
den Gabinern, wenngleich des Servius Erzählung,
die Gabiner hätten einſt, während fie beim Opfern
beichäftigt waren, bei einem feindlichen Angriff
nicht Zeit zu ordentlicher Rüftung gehabt und ſich
jo gerolien, wohl eine mühige Erfindung ift.
abröta silva, Taßeijt« Vin, ein Hauptwald
Germaniens, wahrſcheinlich der Böhmerwald, nad)
andern der Thüringerwald bis zum Fichtelgebirge.
Strab. 7, 292.
Gadära, 7& Tddage, j. Ruinen Mkes, eine
große feite Stadt in Paläftina Peräa am Fluß
Hieromax in der fruchtbaren Landſchaft Gadaris,
Heimat des Epikureerd Philodemos und des Sa:
tirendichterd Menippos. Strab. 16, 759.
Gades, -Jum, r& T’dödsıga, j. Cadix (alter Name
Aphrodifias), alte von den Bhoinikiern (unter dem
Namen Gadir d. h. Feftung) gegründete See: und
Handelsftadt in Hiſpania Bätica, außerhalb der
Säulen des Heralles, auf einer Inſel Erytheia
(j. Xeon). Ein an der jchmalften Stelle nur ein
Stadium breiter Meeresarın, über ten eine Brüde
führt, j. Buente de Suazo, verbindet die Inſel mit
dem Feſtlande, wo fich eine Hafenftadt, j. Puerto
S. Real, befand. Nach dem erften puniſchen Kriege
bemächtigten fid) die Karthager der Stadt, im
zweiten ergab fie fidy freiwillig den Römern und
erhielt dadurch manche Vorzüge, jowie jpäter durch
Cäſar das Bürgerrecht; fie war ein Municipium
(munieipium Augustum) und führte den Namen
Augusta lulia urbs Gaditana. ©. war bedeu:
tende Hanbelsftadt (gejalzene Fiſche), aber aud)
durch feine üppigen Sitten befannt. Bon Gades
aus erhielten die Römer nicht bloß die jchwarzen
Sklaven und Sklavinnen, jondern auch die üppigen
Tänzerinnen (Gaditanae), welche in der Kaiſerzeit
fehr in Mode waren. Heinrich zu Juvenal ©. 433.
An Einwohnerzahl wurde es zu Strabons Zeit
nur von Rom übertroffes. Unter den Gebäuden
find ein Heraflestempel mit Orakel und ein Kro—
nostempel zu erwähnen. Strab. 3, 168 f.
Gadrosia, Taödgwoie, jpäter auch Gedrosiu,
455
Trögwoie, die jüdöftliche Landſchaft der perſiſchen
Provinz Ariana, das heut. Beludſchiſtan, grenzte
im ®. an Karmanien, im N. an Drangiana und
Arahofia, im D. an India, im ©. an das Ery—
thraiische Meer. Das Land, an der Hüfte jandig,
unfruchtbar und dürr, war bewohnt von einem
dunfelfarbigen Bolfe, den afiatifchen Aithiopen;
das Junere dagegen ift teilweije fruchtbar und wohl
bewäfjert. Strab. 15, 721. Arr. 3, 28, 1.6, 22, 1.
23, 1. 27,1.
Gaesäti, Tarocraı, T’ssodrar, gehörten zu den
Völkern, weldye in dem galliichen Kriege von den
Nömern bei Klajtidium am Padus (222 v. C.)
geichlagen wurden, wahricheinlich jo genannt von
der Bewaffnung mit dem gaesum, Wurfipief; (j. d.);
fie werden meift für Gallier gehalten, waren aber
vielleicht germanijchen Stammes. Pol. 2, 22 7. 33f.
Plut. Marcell. 3. 6.
Gaesum, urjprünglich wohl ein keltiiches Wort,
doch von den Römern mehrfach gebraucht (Liv.
26,6. Caes. b. g. 3, 4), bezeichnet eine gallijche
Angriffswaffe, nad Feftus einen jhweren Wurf:
ſpieß (dopv Öloslöneor). Tapfere Männer hießen
darnach bei den Galliern Gaesati (Serv. ad Verg.
A. 8, 662). Dieſe Waffe ging auch durd die
Etrujfer (Liv. 9, 36) auf die Römer über, die ihre
leichten Truppen damit bewaffneten. Liv. 8, 8.
aetüli, [wirovioı, ein weit ausgebreitetes
Bolt des nordweitlichen Libyens zwijchen dem Atlan:
tiſchen Dcean im W., Mauritanien und Numidien
im N., den Garamanten und dem Gebirge Ujar-
gala im D. und dem Fluß Nigir im S. — alſo
das ſüdliche Marokko und der weitliche Teil der
Sahara —, entweder Stammesgenofjen ihrer nörd:
lichen Nachbarn oder ein Mifchvolf von einheimi=
ſchen Libyern und eingewanderten Mfiaten, rohe
Nomaden (Sall. Jug. 80), als deren Stämme die
Autololes, die Pharufier, die Darä und die Me:
lanogätuler genannt werden. Als Hauptprodufte
des Bandes werden Purpurjchneden und ausge:
zeichneter Spargel erwähnt. Die Gätuler wurden
von Marius begünftigt und gingen in der Folge
von Juba zu Cäſar über. Caes. b. Aler. 32. 55.
Strab. 27, 826. 829 u. Ö.
Gaetüulieus j. Lentuli, 9.
Gala, Ge, Tai«e, I, Tellus, die Erde,
wurde jeit ältefter Zeit als eine ehrwürdige Göttin
verehrt, die alles Leben aus ihrem Schoße gebiert
und an ihrer Bruft trägt und nährt. Als dieſe
Allmutter Erde war fie in Dodona mit dem be:
fruchtenden Himmelsgott Zeus in Berbindung; dort
jangen die Priefterinnen: „Zeus war, Zeus ift
und Zeus wird fein; o größefter Gott Zeus!
Früchte jpendet die Ge; drum nennet Mutter die
Gaia!“ Bei Homer wird die glorreiche Göttin bei
Eidſchwüren neben Zeus, Helios, Himmel und
Unterwelt angerufen und erhält als Opfer ein
ihtwarzes Lamm (/7. 3, 103. 278. 15, 36. 19, 258).
Die zeugungsfräftige uralte Göttin jpielt in den
Theogonien eine ausgezeichnete Rolle; ſie ift Mutter
einer zahlreichen Nachkommenſchaft, befonders ſtam—
men von ihr finftere, furchtbare Wejen und ge:
waltige Niejen, wie Tityos. Od. 11, 576. 7, 324,
Nach Hejiod (theog. 117. 126 ff. 183. 233) entitand
fie nach dem Chaos und, erzeugte aus fich jelbjt
den ihr gleichen Himmel (Uranos), die Gebirge
und den Bontos, dann mit Uranos die Titanen,
Kyklopen und Hefatondheiren, aus dem Blute des
456
verjtümmelten Uranos die Erinyen, die Giganten
und melischen Nymphen (Gottheiten des mordenden
Kampfes), mit Pontos den Nereus, Thaumas,
Phorkys, die Keto und Eurybie. Auch die Auto:
chthonen heißen ihre Kinder, wie Erechtheus (71.2, 548,
Aeovge hier gleih I). Sie ift die Nährerin der
Menichen und bejonders der Jugend (zorgorgo-
og), und weil die zur Weisjagung begeifternden
Dämpfe der Erde entjteigen, ift fie eine Weisjage:
göttin. Das delphiiche Orakel gehörte ihr in alter
Beit. Sie ward verehrt zu Athen, Sparta, Delphoi,
Olympia u. a. O. Erhaltene Bildniffe der Göttin,
nicht zahlreich und teilweife — zeigen
fie gewöhnlich in voller matronaler Geſtalt mit
langem, wallendem Haar (3. B. im Gigantenfries
zu Pergamon). Mean vereinigte fie im jpäterer
Zeit mit Kybele und Demeter. — Ebenjo braditen
die Römer ihre Tellus mit Ceres zuſammen.
An den Saatfrften (feriae sementivae) opferte
man die ihr von Numa eingejegten Fordicidia
(Schlachtung trächtiger Tiere). Or. fast. 1, 657.
4, 629, Der Tellus ftand bei den Römern eine
männliche Gottheit von gleiher Bedeutung, Tel:
lumo, zur Seite.
Gaius, der Name eines der angejehenften rö-
mifchen Nechtögelehrten, deſſen Lebensumftände
unbelannt find, und deffen Lebenszeit annähernd
zu bejtimmen erft in nenerer Zeit möglich gewor:
den ift. Seine Jugend fällt in die Zeit Hadrians;
unter Marc Aurel hat er noch gelebt. Unter einer
größeren Anzahl von juriftiichen Schriften haben
die 161 n. E. abgefaften Institutionum commen-
tarii quattuor, welche eine wiſſenſchaftlich geord—
nete Überficht des römischen Privatrechts enthielten
und in dem erften Buche die Lehre von den Fa:
milienverhältniffen, in dem zweiten und dritten
die Lehre von den VBermögensverhältnifien, in dem
vierten endlich die von den Aktionen behandelten,
in den Rechtsſchulen wegen ihrer Faßlichkeit für
Anfänger allgemeinen Eingang gefunden und Jahr:
hunderte hindurch die Grundlage der Borlejungen
gebildet. Bruchftüde davon waren in der Collatio
legum Mosaicarum et Romanarum, in den Pan:
deften, bei Boẽtius, Priſcian u. a., in der lex
Romana Visigothorum enthalten, das vollftändige
Werk aber verloren, bis es Niebuhr anf der Reiſe
nach Rom im J. 1816 glüdte, in der Bibliothek
des Domfapiteld zu Verona eine Handichrift des
Hieronymus zu entdeden, unter welcher, mit Ab:
rechnung einiger Lücken, das ganze Werk des Gaius
in jeiner uriprünglichen Geftalt aefunden wurde.
Der Fleiß deuticher Gelehrten, Göſchen, Bekker,
von Bethmann-Hollweg, Bluhme, 8. Lachmann,
A. W. Heffter (ſ. d. Ausgg. von Ed. Böding, 1841,
1865 und 1866, auch die Sammlung von Huſchke),
hat die Handfchrift entziffert, und die erfte Ansgabe
(1820) eine ſolche Negiamfeit auf dem Gebiete
der Rechtsftudien hervorgernfen, daß man mit der
Auffindung des Gains den rechten Anfang der
hiftorifchen Schule machen kann und mit ihm erft
genane Einficht z. B. in die Aktionen erhalten hat.
Im Anftrage der Berliner Akademie hat W. Stude:
mund ein Apographum des Coder genommen und
(1874) eine fallimitierte Ausgabe — Abdrud
von Krüger und Studemund (2. Aufl. 1884), von
Huſchke (1878). Vgl. Dernburg, die Inftitutionen
des G. ein Kollegienheft (1869).
Galaesus, weniger richtig Galesus, T’«Aicog,
Gaius — Galatia.
Tainoös, ein Kleines, 5 Millien öftlih von Tarent
ftrömendes Flüfchen, an welchem Hannibal bei der
Belagerung der Burg von Tarent j. Lager aufichlug
(Liv. 25, 11. Pol. 8, 35), berühmt durch die fein:
wolligen Schafe, welche an feinen Ufern mweideten.
IHor. od. 2, 6, 10. Verg. @. 4, 126.
Galaktophägoi, Telaxropdyor, ein von Ptole—
maios genanntes Bolt im afiatiichen Skythien,
bejonders von Milch lebend.
Galateia, Galaten, Teidreıe, Tochter des
Nerens und der Doris, cine Meernymphe, unter
der das jtille, glänzende Meer perjonifiziert iſt.
T1.18,45. Hesiod. theog. 250. Späteren Dichter
ift die Liebe des Kyklopen Bolyphemos zu ihr ein
häufiger Gegenftand aumutiger Dichtung. T’heoer.
6. 11. Polyphem verfolgt fie mit rajender Liebe,
fie aber will von dem ungejchlachten Liebhaber nichts
willen, denn fie liebt den jchönen Akis, den Sohn
des Taunus und der Symaithis. Aus Eiferfucht
zerichmettert der Kyklop den Afis mit einem Fels—
blod; Atis wird zur Quelle. Op. met. 13, 750 ff.
Galatia, 7) Talarie, oder Gallograecia,
Takkoyganta, IT‘ 1, 'Ellnvis, bildete feit dem
3. Rahrhundert v. E. eine eigene Landichaft in
Kleinafien, melde im W. an Bhrugien, im ©. an
Lylaonien und Kappadokien, im DO. an Pontos,
im RN. an Bithynien und Paphlagonien grenzte.
Der nördliche Teil war rauhes Gebirgsland, der
füdliche Steppe und Salzwüſte, enthielt aber auch
fruchtbare Ebenen und Viehweiden, bejonders für
feinmwollige Schafe (und Angoraziegen). An der
Nordgrenze lag der Olympos und das Ormi—
niongebirge, im W. der Dindymosz; unter
den Flüffen ift der Sangarios (j. Salaria) mit
jeinen Nebenflüffen und weiter öftlich der Halys
zu merfen. Die von Nifomedes J. von Bithynien
278 v. C. herbeigerufenen, jeit 275 von der Nieder:
donau und Thrafien eingewanderten keltiſchen oder
galliichen Stämme, mit griechifcher Form Galatai,
Takörer, ſpäter wegen ihrer Vermiſchung mit
Griechen Gallogräci, Teikoygaımol, genannt,
verbreiteten fich zuerft erobernd über das ganze
vordere Aſien, bis um 235 Attalos I. von Perga-
mos fie befiegte und auf die obigen Grenzen be:
ichränfte. Ste zerfielen in 3 Hauptſtämme: die
Trofmer (Hauptftadt Tavia) öſtlich vom Halys,
die Teftojagen (Hauptftadt Ankyra, j. Angora,
ſ. Ancyra, 1.) weitlid von demjelben, und die
Toliftobojer (Hauptjtadt Peſſinns) noch weiter
weftlich. Die einzelnen Teile wurden politiich, da
fie in 4 Gaue geteilt waren, Tetrardhien genannt,
an deren Spitze jogenannte Tetrarchen ftanden, bis
Dejotarus zur Zeit des Pompejus das Ganze unter
ſich vereinigte und als römischer Bundesgenofie
mit dem Titel eines Königs von Rompejus den
weftlichen Teil von Pontos und Mleinarmenien
erhielt (65 v. E.). Auguſtus machte unter deffen
Nachfolger Ampyntas im J. 25 dv. E. das Yand
mit Ancyra als Hauptitadt zur Provinz, die jpäter
durd; Paphlagonien und das ſüdliche Phrygien
noch vergrößert wurde, Außer den 3 jchon ge:
nannten Städten find für die Geſchichte des Dejo—
tarus die beiden in der Nähe von Peſſinns gele—
genen Kaftelle Yırcejum (bei Strabon Blovxior),
jeine Nefidenz (Cie. Deiot. 6, 17. 7,21), und Reion
(Ntor), jeine Schatzlammer, außerdem Gordion,
die alte phrygiſche Rönigsftadt, zu merken, Strab.
12, 566 ff.
Galba —
Galba,1)Servinsleine Zeitlang &ucius)Sul-
picius 6 aus edlem Geſchlechte, wurde auf einem
Landſitze bei Terracina geboren im J. 5 v. E. am
24. Dezember und war mit Auguſtus' Gemahlin
Livia durd Adoption feiner Stiefmutter verivandt.
Neih und angejehen, ftieg er rajch zu hoben
Würden und wurde Konſul im J. 33 n. &. Statt:
halter von mehreren Provinzen, unter andern auch
von Ober-Sermanien, wo er mehrfach fiegte, that
er ſich bald als Feldherr hervor und zeigte große
Strenge. Den Nufforderungen, unter den auf
Auguftus folgenden Kaiſern die Herrichaft an fich
zu nehmen, obgleidy ſchon Tiberius ihm einft die:
jelbe prophezeit haben ſoll (Tuc. ann. 6, 20. Dio
Cass. 57, 19), widerftand er, verwaltete unter
Elaudins Afrika (Suet. Galb. 7. 8. Dio Cass.
60, 9), unter Nero, nady längerer Zurüdgezogen:
heit, 8 Jahre lang, das tarraconenfiiche Spanien.
Als aber der Statthalter von Ballien, E. Julius
Linder, der den Sturz Neros beabjichtigte, Galba
den Borfchlag machte, fich zum Kaiſer wählen zu
laſſen, ging er auf deſſen Vorichlag ein. An Rom
bot nunmehr der Sardepräfeft Numpidius Sabinus
den Garden große Summen im Namen Galbas
an, dieje fielen von Nero ab, der Senat entichied
fid ebenfalls für Galba, Nero gab fich ſelbſt den
Tod, und Galba ward, troß feines hohen Alters,
allgemein als Herricher anerkannt (Juni 68). Bon
Otho begleitet famı er nach Nom. Aber von Geiz
und SHabjucht erfüllt, ſowie von jchlechter Um—
gebung beeinflußt, verweigerte er den Soldaten
die verjprochenen Belohnungen, auch entfremdete
er fich Diejelben durch Verlezung ihres Corps:
geiftes und durch übergroße Strenge. Ebenfo be:
ging er, ein furzfichtiger Regent, in der Civil:
verwaltung viele große Fehler. Zwar juchte er
der überall wachſenden Gärung dadurd) entgegen:
zuwirfen, daß er den mwaderen X. Calpurnius Piſo
Frugi Licinianus zu feinem Mitherricher und Nach—
folger erfor. Aber Piſo genoß beim Heere feine
Spmpathien, und Dtho, der ſich in jeiner Hoff:
nung von Galba zum Nachfolger ernannt zu wer:
den getäujcht jah, veranlafte eine Empörung der
Garde, infolge deren Galba jamt Piſo und feinen
Sünftlingen ermordet, Otho aber auf den Thron
erhoben wurde (15. Jan. 69). Tae. hist. 1, 7—49.
Dio Cass. 63, 22 ff. Suet. Galba. Plut. (ralba. —
2) König der galliichen Völkerſchaft der Sueifiones
zu Cäſars Beit. Caes. b. g. 2, 4. 13. Außerdem
vgl. Sulpieii, 9. 11. 12. 18. 21.
Galönos, TaAnvös, Claudius, ein Arzt, deſſen
Lebens: und Bildungsgeichichte uns aus zahlreichen
Andentungen in feinen Werfen befannt if. Er
wurde 131 n. E. in Pergamon geboren. Sein
Vater Nikon, ein Geometer und Architekt, war ein
ebenjo wohlhabender als tenntnisreicher Mann und
ließ dem Sohne eine jehr forgfältige Erziehung
geben. In feinem fünfzehnten * ſechzehnten
Lebensjahre benutzte er beſonders den Unterricht
ausgezeichneter Philoſophen von den verſchiedenen
Schulen, welche ſich in ſeiner Vaterſtadt aufhiel—
ten, namentlich der Peripatetiker, die ihn frühzeitig
zu einem eifrigen Studium der Schriften des Ari—
ſtoteles und Theophraſt anleiteten. In der Medizin
unterrichteten ihn Satyros, Ficianus, Stratonikos,
Alianus Meccius und Aiſchrion. Nach dem Tode
ſeines Vaters begab er ſich, einundzwanzig Jahre
alt, nah Smyrna, um Pelops, den Anatomen,
457
und den Platonifer Albinus zu hören, dann nach
Korinth zu Nemefianus und nach Alerandreia, wo
ihn anatomifche Studien unter Heraflianos feflel:
ten. 158 fehrte er nach Bergamon zurüd und er:
hielt die ärztliche Behandlung der Gladiatoren,
was für ihn die befte Schule der Chirurgie wurde.
164 ging er, vierunddreifig Jahre alt, nadı Nom,
wo er durch glüdliche Kuren, durch öffentliche
Vorträge und litterariiche Thätigfeit zu großem
Anjehen gelangte. Der neidiichen Anfeindungen
jeiner ärztlichen Kollegen überbrüffig, verlieh er
Rom nach einem dreijährigen Aufenthalte, machte
eine wiffenjchaftliche Reiſe durch mehrere Länder
und Tief ſich danı im feiner Baterftadt nieder.
Schon nad einem Jahre beriefen ihn die Kaiſer
Marc Aurel und Lucius Berus nad Italien zu:
rüd; er traf fie, aber auch die Pet, in Nauileja.
Die Kaiſer begaben ſich nach Rom, wohin er ihnen
folgte und Leibarzt des jungen Commodus wurde,
Hier ſchrieb er mehrere feiner bedeutendjten Werke,
von denen ein Teil bei dem Brande des Friedens:
tempels zu Grunde ging. Noch unter Pertinar
und Septimius Severus war er in Rom; geftor-
ben ift er in den erjten Jahren des 3. Jahrh. —
Die hohe Adytung, welche ihm die Zeitgenoſſen
zollten, wird durch die Verehrung, welche er bei
der Nachwelt fand, noch übertroffen. Sie ift be:
gründet auf eine wiflenjchaftliche Thätigfeit, der
an Anfang die feines andern Schriftftellers im
NAltertume gleichfommt. 125 Schriften allgemei:
neren Inhalts find verloren gegangen; von den
medizinischen find noch 100, offenbar echte, er:
halten, 18 werden bezweifelt, von 19 find mehr
oder minder beträchtliche Fragmente vorhanden,
24 find untergeichoben. Sie beziehen fich auf alle
Zeile der Medizin, find aber am großartigiten in
der Anatomie und Phnfiologie, wenn man Die
Schwierigkeiten diejes Studiums erwägt. 9 Bücher
zepi drerommor Lyyrıpjoewv handeln von den
Mufkeln, den Organen der Verdauung, des Atmens,
dem Gehirn und Rüdenmarf. Dahin gehören auch die
Werte megl dorür, mepl pleßür aal dornginr,
neol vevpwr kvarouiig, reol urijrgag Graronijs,
neol uvor xurjasog, migl rwr tig dramrois
altıov, negl onfguerog, meol Öoperoswg Öbeyd-
vov u. a. Die Phyſiologie lernen wir vorzüglich
aus den 17 Büchern jeines Hauptwerkes zei
rosiag ror lv drdonnov sauer: uogior, welches
nachzumeijen jucht, daß jeder Teil des Körpers
nah dem Plane einer höheren Intelligenz und
jeinem Zwede durchaus entiprechend gebildet ift.
Es ift wahrhaft von religiöfer Wärme durd)-
drungen. Much in der Pathologie hat er die
Schärfe feines Geiftes bewährt, fein Hauptwerk
zepl tor nenordorwr rönwor umfaßt 6 Bücher;
zeol Öiapopäg voonudror, meel tor Er roig
voojuacır alrıor, wepl vunrtoudtor diapogäs,
neol rar Lv raig vöcorg Kaıparv, wegl dtapogüg
rvgerör, megl Övgnvodag, neol mÄnjdoVg, meoi
roöuov al maluodo xal omaouodo al Glyovs,
eo uaprouoö; auch der Kommentar zu den
Aphoriſmen des Hippofrates und die damit in
Verbindung ftehenden gegen Lykos und Julianus
gehören hicher. In der Semiotif hat er in ver:
ſchiedenen Schriften die Lehre vom Pulfe behan-
delt, über die fritiichen Tage und über die Kriſe
geichrieben und bejonders die Einwirkung und
den Einfluß der Träume hervorgehoben, wobei er
Galenos.
458
natürlid” den Borurteilen feiner Zeit ſich nicht
hat entziehen fönnen. Für bie Arzneimittellehre
ſchrieb er megl ngdaewg ai öurduswg rov an)lov
pagudıav in 9 Büchern, negl Övrduswg Pap-
udaov rõor url TomovVg in 10 Büchern, zeol
cvvPiceng papudaov xar& yern in T Büchern;
auch die 2 Bücher meol drriöorwr und megl rg
ngranjg gehören hieher. Ju der Therapie ver:
fuhr er nad Hippofratischen Grundſätzen; auch er
geht darauf aus, den krankhaften Zuftand durd)
einen entgegengeiegten zu betämpfen, Hitze durch
Kälte, Trodenheit durch Anfeuchtung u. |. mw. zu
heben. Seine regen largınn war lange Zeit als
Lehr: und Schulbuch vorherrſchend und vielleicht
unter allen feinen Schriften am meiften verbreitet;
die Begamevrinjs uedöodov Pußkiae (14 DB.) ber:
teidigen die hippofratiiche Heilfunde; die Schriften
über Aderlaß, die Verhaltungsregeln für einen
epileptijchen feranten, die Gejundheitsichre in
6 Büchern, 3 Bücher von den Kräften der Nah:
rungsmittel, von den guten und jchlechten Säften
der Nahrungsmittel, über den Gerftentrant, über
Blutegel u. ſ. w. müſſen hieher gezählt werden.
Auf die Diätetik legte er großen Wert. Die Chi:
rurgie lieh er nicht ungeübt und unbearbeitet,
obſchon er diejelbe namentlich in Non den Chi—
rurgen von Profeſſion überlich. — Viele feiner
Schriften find auch in arabiſchen, lateiniſchen,
jogar hebräijchen Überfeßungen vorhanden, ein
Beweis für das hohe Anjchen, das er jelbjt im
Abendlande genojien hat, und das bis in das
16. Jahrh. unerjchüttert blieb. Manches liegt mod)
handichriftlich verborgen. Die ungeheuere ‘Pro:
duftivität macht es erflärlih, dah die Form in
diejen Werfen häufig vernachläſſigt und nichts
weniger als Haffisch erjcheint. Er leidet auch hier
an den Fehlern feiner Zeit, an Breite und Weit:
ichweifigfeit, an dialektiichen Spipfindigteiten und
unfruchtbaren Wortflaubereien, bleibt aber troß:
dem einer der —— Geiſter des Alter—
tums, den ſeine Fachgenoſſen ganz mit Unrecht
vernachläſſigen. — Geſamtausgabe ſeiner Werke von
C. G. Kühn (20 Bod., 1821 -1833); Ausg. der
Heinen Schriften von Marquardt, Iwan Müller
und Helmreich (1. Bd. 1884).
alöpsos, TaAnyos, 1) Stadt an der thraki—
ſchen Küſte zwiichen Strymon und Nejtosfluf,
öftlih von Apollonia, welche Perſeus nad) der
Schlacht bei Pydna auf der Flucht berührte; auch
im peloponnefischen Kriege wird fie genannt. Thuc.
4, 107. 5,6. Plut. Aem. Paull. 23. Liv. 44, 45.
- 2) Stadt in Ehaltidife am Toronciischen Meer:
bujen zwiſchen Torone und Sermyle. Ildt.7, 122.
GalerYus, 1) M. Sal. Trahalus, nach den
Falten Konful des 3. 68 n. E., wird von Quin
tilian als ein ausgezeichneter Redner gepriejen,
der Yebhaftigkeit mit einer trefflichen Stimme ver:
bunden habe. @uint. 10, 1, 119. 12, 5,5. 10, 11.
In Rom herrſchte die Anficht, daß er für den
Kaiſer Otho die von diefem vor dem Senat und
dem zer gehaltenen Reden verfertigte._ Tac.
hist, 1,90. Troßdem blieb er nach Othos Sturze,
von des Vitellius “ro. Galeria beichüßt,
unbehelligt. Tac. hist. : 2) j. Maxi-
ınianus, 2.
Galörus und galörum, nach Gellius (10, 15)
eine Kopfbededung, ohne Ränder zum Unterichiede
von dem petasus, die im freien, auf Reifen und
Galepsos — Gallia.
auf dem Felde getragen wurde. Sie beftand aus
Fellen (Serv. ad Verg. A. 2, 685) und wurde aud)
von Soldaten gebraucht (Ve erg. 4.7, 688), nament:
lich von den velites (Pol. 6, 22). As opfbebedung
des flamen Dialis durfte der galerus nad) Barro
(Gell, 10, 15) nur von weißer farbe fein. Wegen
der Ähnlichkeit hießen die Rerüden der rauen
(aud) der Männer) galericula, auch galeri (Juv.
6, 120). Der blonde, jchwarze oder rötliche Kopf:
aufjaß, welchen vor der Einführung der Maifen
die Schaufpieler trugen, hieß ebenfalls galerus.
Galilaia, Tara, der nördliche, früher jehr
fruchtbare Teil von Reitpaläftina, der im W. an
Phoinikien und das Meer, im N. an Syrien, im
D. an den Jordan und den See von Genezareth
oder Tiberias (auch „Galiläiſches Meer’ genannt),
im ©. an Samaria grenzt. Ober: oder Nord:
galiläa, das Gebiet der Stämme Afjer und Naph—
tali, ift ein ichönes Bergland, während Nieder:
ober Südgaliläa, der Sit des Stammes Sebulon
und eines Teils von Iſaſchar, aus einer Reihe
terrafjenförmiger Hochebenen bejteht. Die Bewoh—
ner waren bon jeher und namentlich jeit der Er:
oberung durch Tiglath Pilefar 11. (734 v. €.)
ftart mit Nichtiuden vermijcht, deshalb und wegen
ihrer platten Sprache von ihren Bollsgenofjen ver:
achtet, ſtets furchtlos und unruhig. Aus der Bibel
find die Berge Tabor und Gilbon, die Städte
Kapernaum, Magdala und Tiberias am
See, Kana und Nazareth im Juneren, Nain,
Zejreel und Megiddo im Süden befannt.
Strab. 16, 760.
GalinthYas, Takırdıdg, die Tochter des Proi—
tos in Theben, welche durch die faljche Nachricht,
ihre Freundin oder Herrin Allmene habe einen
Knaben geboren, während die Barzen und Yucina
der Hera zu Gefallen durch Verſchränkung der
Hände die Geburt zu verhindern juchten, diejelben
jo in Schreden ſetzte, daß fie die Hände öffneten
und Herakles nun wirklich geboren wurde. Zur
Strafe wurde fie in ein Wiejel (yaA7) verwandelt;
Herakles aber baute ihr ein Heiligtum. Op. met.
9, 280 ff. (wo fie Galanthis heißt).
Gallaecia, früher Callnecia, Aallamnde, |.
Salicia, der nordweftlihe Winkel Hifpaniens mit
Bewohnern teltiichen Stammes, die als bejonders
roh galten, im ®. und N. vom Atlantiichen Meere,
im O. von den Aſturen begrenzt, im ©. von Luſi—
tanien durch den Durius gejchieden. Sie zerfielen
in die jüdlich wohnenden Callaeci Bracarii, nad)
der Hauptftadt Bracara, j. Braga, genannt,
und in die C. Lucenses mit der Stadt Yucus
Augufti, j. Yugo, mehr im N.; die Nordoftede
nahmen die Artabri ein. Außer den genannten
Städten ift zu merfen Brigantium bei Corunna,
mit großem, noch vorhandenem Leuchtturm. Strab.
3, 147. 152, 155 u. ö.
Galli j. Rhea.
Gallia, 1) 7) Keirıxn, ſpäter Telarie, aud)
G. Transalpina (N ümegdireıog Keltınnj) oder
ulterior im Gegenſatz zu G. Cisalpina oder
eiterior (Oberitalien) genannt, hatte unter Auguftus
folgende Grenzen: im ©. das Mittelmeer, bier
Gallicus sinus genannt, und die Pyrenäen gegen
Hiipanien, im W. das Atlantiiche Meer, im NW.
das fretum Gallieum und den Germaniſchen Ocean,
im D. den Nhenus (gegen Germanien), den Barus
und die Alpen gegen Italien, jo daß der Name
Gallia.
außer dem heutigen Frankreich noch Belgien, einen
Teil der Niederlande, das überrheinifche Deutich:
land und einen großen Teil der Schweiz umfaßte.
Die früher jehr ungünftigen Berichte der Römer
über Boden und Klima änderten fich bei genauerer
Kenntnis. Das Innere durchziehen mäßige Höhen:
züge. Das Grenzgebirge gegen Hijpanien find die
Pyrenäen, gegen Stalien die Alpen; der Mons
Cebenna (ro Aruuevor Ögog), j. Cevennen, zieht
fich in jüdlicher Richtung und in einer Länge von
250 römijchen Meilen an der Weftjeite des Rho—
danus auf der Grenze von Mquitania und Gallia
Narbonenfis hin, ein einzelner Berg desjelben war
der M. Lefora (j. Lozere) bei Anderitum. Der
M. Jura (Iooas) zieht vom Lacus Lemanus bis
zum Rhenus; ein Öftlicher Teil ift M. Bocetius
(1. Bözberg). Nördlich ſchließt fich daran M. Vo—
jegus (nicht Vogeſus), franzöfiich les Vosges,
deutih Wasgau, Vogeſen, längs dem Rhein bis
zur Mojella ftreichend; die Arduenna silva
endlich (j. Ardennen mit der Eifel) reicht vom
Rhenus weſtlich bis zu den Scaldis: (Schelde:)
Duellen. — Bon den Flüſſen ftrömen zum Mittel:
meer: Barus (j. Bar), Rhodanus (Rhöne) mit
Arar (jpäter Saucona, daher jebt Saöne) nebit
Dubis (Doubs) und Bardo (Card) rechts, Jjara
(Siere) und Druentia (Durance) lints; Atar
(Ande), Telis (Tet); zum Ocean: Aturius (Adour),
Garumma (Garonne) mit Tarnis (Tarıı) und
Beronius (Aveyron), Oltis (Rot), Duranius
(Dordogne) rechts; Carantonus (Charenteß Liger
(Loire) mit Elaver (Allier) lints, Sartha (Sarthe)
und Meduana (Mayenne) rechts; Sequana
(Seine) mit Jcaunus (Nonne) und Ebura (Eure)
lints, Matröna (Marne), Zara (Dife) und
Arona (Aisne) rehts; Samara (Somme); zum
Germaniichen Dcean: Scaldis (Schelde), Mofa
(Maas) mit Sabis (Sambre); Rhenus (Rhein)
mit Ararius (Mar), Helella (JUN), Nava (Nahe),
Mojella (Mojel) nebjt Saravus (Saar). — Unter
den Scen ift bemerkenswert der Yacus Lemanus
(Asucrog‘, j. Lac I,&man oder Genfer See, von
dem Rhodanus durchitrömt. — Das Land war
reih an allen Getreide: und Objtarten, trefflichen
Bäumen, aud) Pferden, Rindvich, Schweinen, Hafen,
Gänſen u. j. w.; das Minerafreich gab reichen Er:
trag an Gold, Kupfer, Blei, Eijen, Kryſtall. —
Als Ältefte Bewohner der jüdlihen Teile werden
genannt: im W., von Garumna und Rhodanus
eingejchlofjen, die Jberer, hier Aquitanier ge:
nammt, darunter der bedeutendfte Stamm die
Vaſken in den Pyrenäen, daher das Land im
Mittelalter Basconia (Gascognei; im DO. in den
Alpen die Ligurer, bei den Griechen Adyves, ein
den Selten wahrjcheinlich nicht ftammverwandtes
Volk, mit den Stämmen der Salluvii oder Salyes
und der Vocontii. Beide wurden teild verdrängt,
teils unterworfen (an der Südküfte erft um 300
v. €.) durd die von D. und N. her eingewander:
ten Feltiihen (Kelraı) oder galliichen Völlker,
weldye außerdem auch jeit älteiter Zeit die briti-
ſchen Inſeln, das weftlihe und jüdliche Germa—
nien und fämtliche Oberdonauländer bewohnten.
Sie teilen ſich ihren noch jeßt lebenden Dialekten
nad in wenigitens 3 große Zweige: den norb:
weftlichen gäliſchen (eigentlidy gadhelischen), dem
die ren und Ecoten angehören, den eigentlich
459
riſchen meift im SD., zu dem die jüdlichen Bri—
tannier, die Helvetier, Bojer, Bindelifer und die
ſüdöſtlichen Stämme bis nach Kleinafien hinein
gehören. Bon dem mittleren Stamme, welcher den
Griechen zuerft an der ligurifchen Küfte befannt
ward, wurde der Name Kdlraı im griechiichen
Sprachgebrauch auf die ganze Nation übertragen,
während die Nömer dafür den Namen Galli (d. 5.
die Krieger, von dem Schlachtgeſchrei) (griechiſch
Takcrar) anmendeten, der auch den oberitalifchen
Keltenvölfern als Galli Cisalpini eigen war. Der
—— Stamm dieſer Namen findet ſich ſchon
ei den Alten in dem Namen Tinres, Ging.
Tañg ſtatt Tg. Die Kelten waren wohl nicht,
wie die meiften der Alten annahmen, Ureinwoh:
ner, ſondern glei den andern Indogermanen
wahrjcheinlich von Dften (aus Afien ?) eingewan:
dert. — Nördlich von der Sequana und Matrona
wohnten die Belgen (auch verwandt mit den
Gadhelen), denen ſich am linken Ufer des Rheins
Germanen (in Germania superior und inferior)
anfchloffen und vermijchten. — Die Bewohner
Galliens waren fräftig, tapfer und Eriegeriich, aber
auch oft unbejonnen und neugierig, unzuverläffig
und wanderluftig (Einfälle in Stalien). Sie zer:
fielen in eine Menge unabhängiger Bölferichaften,
die zur Zeit, als Cäſar fie befriegte, eine meift
ariftofratiiche PVerfafjung hatten. Nachdem die
Römer die oberitaliihen Gallier befiegt hatten,
drangen fie 128 dv. E., von den Mafjiliern gegen
die Salyer zu Hülfe gerufen, über die Alpen und
machten 122 den füdlichen Teil zur Provinz, ge:
wöhnlich nur Provincia genannt (jpäter Prorv.
Narbonensis, daher jeht Provence). Julius Cäſar
(j. Einteilung db. g. 1, 1) unterwarf jeit 58 v. C.
den größten Teil, worauf Auguftus 27 v. E. ganz
Gallien auf Grund der früheren Einteilung in
4 Teile teilte: Gallia Narbonensis (die frühere
Provincia), mit der Hauptjtadt Narbo (118 erfte
römische Kolonie außerhalb Jtaliens), deren Ver—
waltung dem Senat überlaffen wurde, G. Aqui-
tania (zwijchen Pyrenäen, Atlantiſchem Ocean,
Liger und Gevennen), G. Lugdunensis (nördlich
bis jenjeit der Sequana) mit der Hauptftadt Lug—
dunum, und Belgica, dieſe 3 unter je einem jelb-
ftändigen faiferlihen Statthalter. Der atlantische
Küftenjtrich, bejonders au der Meerenge, führte
ohne Nüdficht auf die Bevölferung den Namen
Aremorica, von feiner Lage am Meer (keltiich
mör). Unter Conftantin dem Gr. oder Diocletian
zerfiel das Land in 14, noch jpäter in folgende
17 Provinzen: a) G. Narbonensis, 1) Narbo-
nensis I. mit der Hauptftadt Narbo Martins
(j. Narbonne), 2) Narbonensis Il. mit Aquä
Sertiä (Mir), 3) Alpes maritimae mit Ebu—
rodunum (Embrun), 4) Viennensis mit Bienna
(Bienne), 5) Alpes Graiae et Penninae mit Ci:
vitas Centronum (Centron). b) G. Aquitania in:
6) Novempopulana mit Elufa (Eauze), 7) Aqui-
tania J. mit Civ. Birurigum oder Avaricum
(Bourges), 8) Aquit. II. mit Burdigala (Bor:
deaur). ce) G. Lugdunensis in: 9) G. Lugd. 1.
mit Lugdunum (Lyon), 10) Lugd. II. mit Noto:
mägus (Rouen), 11) G. Lugd. II. mit Eiv.
Turonum (Tours), 12) G. Lugd. IV, mit Eiv.
Senonum oder Agedincum (Sens). d) Belgica
in: 13) Belgica I. mit Eiv. Trevirorum (Trier),
feltifchen, im mittleren Gallien, und den Eym= | 14) Belgiea II. mit Durocortorum oder Eiv.
460
NRemorum (Reims), 15) Germania J. (superior)
mit Magontiacum (Mainz), 16) Germ, II, (in-
ferior) mit Colonia Agrippinenjis (Köln),
17) Maxima Sequanorum mit Vejontio (Be:
jangon). — Die Völkerſchaften und Städte ſ. unter
den einzelnen Artikeln. Die oft wiederkehrenden
Endungen in den Städtenamen haben folgende
Bedeutung: aber, Mündung; böna, Grenze; briga,
Burg; briva, Brüde; dunum, Hügel; durum, Burg;
mägus, Feld; nemetum, Heiligtum; rigum, Gra—
ben; ritum, Furt. Seit dem 4. Jahrh. n. E.
wurden die Namen der einzelnen Völkerſchaften
faft durchaus auf deren Hauptftädte übertragen,
woraus zum Teil die heutigen Namen der Städte
entjtanden find. Strab. 4, 176 ff. — 2) Gallia
cisalpina und trans- und cispadana, j.
Italia, 12.
Galliönus, P. Licinius, Sohn des Kaiſers
Balerian, lebte 218— 268 n. E. Sein Leben fällt
in die Zeit der jogenannten 30 Tyrannen, unter
welchen das Reich durch Einfälle der Nachbar:
völfer und innere Unruhen tief erjchüttert wurde.
Sein Vater ernannte ihn 253 nad Ranfe 254)
zum Cäſar. Nach deſſen Gefangennehmung durch
die Perjer beftieg er den Thron 259, ohne weiter
an des Vaters Befreiung zu denfen. Den Ode—
natus ernannte er zum Statthalter für das Morgen:
land, während er felbjt mit wiederholten Auf:
ftänden in den europäiichen und afrikanischen
Provinzen und mit verichiedenen Gegenfaijern zu
fämpfen hatte. Auch die Goten befiegte er eig wie
mal. In Rom, wo er einen großen Teil jeiner
Regierung verlebte, gab er ſich einem jehr jchwelge:
riichen Leben hin, förderte aber auch Künfte und
Wiffenfchaften, wie er überhaupt große Talente
beſaß. Er ftarb im März des 3. 268, als er den
Aureolus, der fich empört hatte, in Mailand be:
lagerte, durd die Hand eines Menchelmörders.
Sein Leben hat Trebellius Pollio gejchrieben. Zos.
1,37 ff. Treb. Poll. Gallienus.
Gallii, ein plebejisches Gejchlecht: 1) Q. Gal—
fius, Adil 67 v. E., von Calidius im J. 65 de
ambitu und wegen Bergiftungsverjuches angeHagt,
wurde von Cicero verteidigt (Q. Cie. pet. coms.
5, 19. Cie. Brut. 80), freigeiprochen und erhielt
in demjelben Jahr die Prätur. — 2) Seine Söhne,
D. und M. Gallius, rächten den Vater an Ca:
lidins. Marcus ift im J. 47 Anhänger Cäjars,
dann des Antonius; Quintus wurde eines Mord-
verjuches gegen Oetavian bejchuldigt und auf deſſen
Befehl hingerichtet. Cie. ad fam. 8, 4, 1. App.
b. ce. 3, 95. Suet. Oct. 27.
Gallinarfa, 1) Inſel im Ligurijcen Meere,
füdlih von Albium Ingaunum, öde, aber wegen
ihres Reichtums an Hühnern befannt und genannt
von Barro und Columella, j. Iſola d’Albergo. —
2) G. silva, Fichtenwald in Gampanien bei
Eumä zwijchen den Miündungen des Volturnus
und Clanis. Cie. ad fam. 9, 23. Jur. 3, 307.
Gallio, Name zweier Rhetoren der Kaijerzeit:
1) 2. Junins Gallio, ein Freund des Ovid
und des Rhetors Seneca, Berfafler einer von
Duintilian citierten rhetorischen Schrift und von,
noch im 5. Jahrh. vorhandenen, Dellamationen,
adoptierte Senecas ältejten Sohn (dem Bruder des
Philoſophen L. Seneca), Annäus Novatus, welcher
jeitdem 2) 2. Junius Gallio hieß. Auch er war
ein trefflicher Rhetor und von jehr mildem Cha:
Gallienus — Gl.
rafter; deſſen ungeachtet Tieh ihn Nero 65 n. €.
hinrichten, wenn er fich nicht ſelbſt das Leben
genommen hat. Tac. ann. 15, 73. Dio Cass. 62, 25.
Er war im J. 55, als der Apoftel Paulus feine
zweite Miffionsreife machte, Prokonſul von Achaja
(Acta apost. 18, 12‘.
Gallograecia j. Galatia;
Gallonii, ein plebejiiches Geſchlecht: 1) P.
Gallon., ein Sc;welger zur Zeit der Grachen,
der fein Vermögen in foftbaren lederen Mahlzeiten
verſchwendete, weshalb Lucilius ihn verjpottete.
Laeil. ap. Cie. fin. 2, 8, 24. 28, 90. Hor. sat.
2, 2,47. — 2) E. Gallon., wurde im J. 49
v. C. als Anhänger des Bompejus in Spanien
zum Befehlshaber von Bades ernannt, doch mußte
er nad der Niederlage der Pompejaner dieje Stadt
verlaffen und fliehen. Caes. b. ec. 2,18.
Gallus, I. Berjonenname: 1)j.Sulpiecii,10.
— 2) C. Alins Gall., ein Juriſt im 1. Jahrh.
v. E., Verfaſſer einer vielleicht alphabetiich an:
gelegten Schrift de significatione verborum, quae
ad ıus eivile pertinent, deren Fragmente Heim:
bach (1823) und Huſchke in der lurisprud, ante-
iustinianea (4. Aufl. 1878) gejammelt, haben.
— 3) Hlius Gall., Statthalter von Ägypten,
unternahm auf Augufts Befehl eine Erpedition
nach Arabien 24 v. E., bei welcher er viel Un:
lück unterwegs und hartnädigen Widerftand der
Bewohner jenes Landes erfuhr, jo daß er nad)
einem halben Jahre mit fümmerlichen Reften
feines Heeres nach Alerandreia zurüdtehrte. Plin.
6, 28. Dio Cass. 53, 29. Strah. 16, 780. 17, 819.
— 4) C. (oder En.) Cornelius Gall., geb. zu
Forum Julii in Gallien 69 v. E., aus unedlem
Geſchlechte entiprofien, aber durch die Gunft des
Auguſtus zu ———— Würde erhoben und von
demjelben, als er Ägypten zur Provinz machte,
zum erften Statthalter (praefectus derjelben ein:
geſetzt iim I. 30). 2. Pinarius Scarpus hatte,
von dem unglüdlichen Ausgange der Schlacht bei
Actium unterrichtet, die Truppen, auf deren Unter:
ftügung Antonius rechnete, dem Gallus übergeben,
der aus Afrika gegen ihn heranzog. Der glüd-
liche Ausgang der Unternehmung gegen die Hafen:
ftadt Paraitonion und die Sefangennehmung der
Kleopatra verichafften ihm jene ausgezeichnete
Stellung, in welcher er unabhängig vom Senate
dem Princeps allein verantwortlih war. Dio
Cass. 51, 9. Aber das Glück dauerte nicht
lange; die Härte und Anmaßung, mit welcher er
auftrat, machten ihn zu Rom verdächtig, Ber:
leumdungen famen Hinzu; er machte deshalb im
%. 26 in feinem dreinndvierzigften Lebensjahre
durch freiwilligen Tod feinem Leben ein Ende.
Suet. Oct. 66. — Gallus ift zunächit als Redner
thätig gemwejen und nicht ohne Namen geblieben
(Donat. vit. Verg. $ 38); doch haben wir bloß
Kunde von 2 Reden in Pollionem (Quint. 1,5, 8)
und in Alfenum Varum (Serv. ad Verg. E. 9, 10).
Wichtiger ift er als Dichter durch 4 Bücher Elegien,
in denen er eine unglüdliche Liebe zu der Lycoris
in zufammenhängenden Liedern, etwa in der Art
bon Properz’ Ennthia, beſang. Er ift der ältejte
unter den römischen Elegitern (Or. trist. 4, 10, 53.
am. 3, 9, 63 f9, injofern Catullus und Calvus
weniger auf diefem Gebiete der Poeſie ſich ver-
jucht haben. Da er fih an griechiiche Vorbilder,
hauptjächlich an Euphorion, anſchloß, jo mag ber
Gamala —
harte Stil diejes Vorgängers auch ihm das Prä—
difat durior zugezogen haben, mit welchem ihn
Duintilian (10, 1,93) charalterijiert. Einiges über
Inhalt und Charakter jeiner Gedichte läßt fich aus
den Gedichten Vergils, jeines Jugendfreumdes, ab:
nehmen, der ihm nicht bloß im der fechiten Efloge
gehuldigt, jondern auch die zehnte gewidmet und
einen Abjchnitt der Georgiea beftimmt hat, Much
die übrigen Beitgenofien, PBroperz (3, 32, 91),
Dvid (am. 1, 15, 30) und Martial (8, 73, 61),
gedenken feiner anerfennend. Barthenios widmete
ihm feine erotiichen Erzählungen. Die von A. Ma—
nutius 1590 zuerſt herausgegebenen Difticha auf
Lycoris und 3 Epigramme (abgedrudt bei Rieſe,
Anthologia latina, 1869 f., 914— 917) find Pro:
dufte ciner jpäteren Zeit, tmahrjcheinlid; des
15. Jahrhunderts, Eentonen aus den Dichtern der
augufteiihen Zeit. Das pjendovergiliiche Gedicht
Ciris will ihm Völker, der 1840 und 1844 eine
Monographie über ihm gejchrieben hat, beilegen
nad dem VBorgange von Voß. — 5) |. Constan-
tius, 2. — Il) Flußname: rechter oder Öftlicher
Nebenfluß des Sangarios in Bithynien, der von
Modra am Dlympos in nordweſtlichem Yaufe her:
abkommt, j. Mudurly-ſu. Strab.12,543,
— 1 Naturgeſchichthich: gal-
lus, der Haushahn, war dem Mars
heilig wegen jeiner Streitluft, feiner
Wachſamleit und weil er durch Krähen
den Sieg verfündigt {wie dem Themi—
tofles den Sieg über die Perſer, den
hebanern den über die Spartaner);
ferner dem Ajculapius, jowie der Göttin
der Nacht und den Laren, weil er das
Haus durch jeine Wachſamkeit ſchützt.
Durch Themiftotles jollen die Hahnen—
fämpfe (kiserpvorouaziaı) eingeführt
worden fein. Tanagra, Rhodos, Chalfis
und Medien lieferten die beften Kampf:
hähne. Die Tiere wurden mit Knob—
lauch gefüttert und die Beine mit
iharfen Sporen bewaffnet. Auf einem
Tiſche jtellte man die Tiere zum Kampfe
gegenüber. Wetten wurden Dabei an:
geſtellt. An Abbildungen auf Gem:
men und Bajenbildern fehlt es nicht.
©. Altarovörwm» dymreg.
Gamäla, fefte Stadt auf einem,
einem Kamelrüden ähnlichen, Hügel
am Dftufer des Sees Genezareth in
Paläftina, Tiberias gegenüber, wurde
von Beipafian erobert und zerjtört.
Suet. Tit. 4.
Taunsie, Mahlzeit, die bei der
Einführung der Frau in die Phratrie
des Mannes den Phratoren gegeben
wurde (yaunddar elsp£geiv). Demosth.
Kubul. 43. 69.
Gamelion j. Jahr, 1. .
Gandärae, Tavödgaı, Tarddgıoı,
j. — indiſches Volk in ber
Landſchaft Tardapirıg am rechten, jüb-
lihen Ufer des Kophen (j. Kabul), achörte zur
fiebenten Satrapie des Berjerreiches und zog and)
mit gegen Hellas. Hdt. 3, 91. 7, 66. — Namens:
verwandt jind die Gandaridae, Terdagidaı,
zwiſchen Akeſines (ji. Tichanab) und Hydraotes (ji.
Navi), deren König, ein Großneffe des Poros,
461
Plut.
Ganymedes.
von Alexander dem Gr. vertrieben wurde.
Alex. 62. Strab. 15, 699.
Gangaridae, Tayyagidaı, Bolt an den Mün—
dungen des Ganges mit der Hauptft. Gange, eigent:
lich Banga genannt, mit den Gandariden nicht zu
verwechieln. Curt. 9,2,2. Just. 12,8. Strab.15,719.
Ganges, T’ayyns, j. Gangä, Sanges, teilt ganz
Indien in Border: und Binterindien (India in-
tra G. und exira G.), nad) den Alten der größte
Fluß der Erde, entipringt auf den Emodijchen
Bergen, flieht füdlich bi$ zur Stadt Gange, dann
öftlich bis Balibothra, nimmt 19 ſchiffbare Neben-
flüffe auf und ergieht fih nach Strabon und
Blinius in einer, nach Mela und PBtolemaios in
5 (oder 7) Mündungen in den nad ihm benann:
ten sinus Gangeticus Die Alten geben dem
G. meiftens eine Breite von 80--100 Stadien
(2—2'/, Meilen), während Diodor von Sicilien
(2, 37. 17, 93.) richtiger von 32 Stadien (etwa
6 km.) ſpricht. Strab. 15, 689, 702. 719.
Ganos, I'«rog, einer der 3 felten Pläbe in
Thrakien an der Bropontis, welche der Thrafer:
fünig Seuthes den aus Afien zurüdfehrenden Zehn:
taujend auszuliefern verhieß. Xen. An. 7, 5, 8.
5
EU
m
El
Ganymödes, Tarvaniöng (heiter gefinnt, Herz
erfrener), altlateiniich Catamitus, 1) Sohn des
Königs Tros, Bruder des los und Aſſarakos,
der Ichönfte der Sterblichen, welchen die Götter
in den Himmel vaubten, daß er dort ewig lebe
und dem Zeus den Becher fülle. 41. 20, 231 ff.
462 Garamantes
Später nahm man an, Zeus habe ihn entführt,
entweder durch feinen Wdler oder jelbjt in Geftalt
eine Adlers. Hor. od. 4, 4, 1ff. Verg. A. 5, 254.
Ov. met. 10, 155. Als Entgelt für den Sohn
gab Zeus dem Tros ein Geſpann göttlicher Roſſe.
II. 5,266 (vgl. Eurypylos, 3.). Ceit Pindar
(ol. 1, 44) wird der jchöne Mundjchent der Götter
und bejonders des Zeus der Geliebte des Ichteren.
Da er ald Schenf die Urne führt, identifizierte
man ihn jpäter mit dem Dämon der Nilquellen,
und Aſtronomen verjegten ihn als Waflermann
unter die Sterne. Die Kunft ftellte ihn dar als
zarten angehenden Jüngling mit der phrygiſchen
Miüpe, mit Zeus oder dem Adler zujammen, vom
Adler geranbt. — Abbildung (S. 461): der von
dem Mdler de Zeus in -den Himmel getragene
Sanymedes, mit dem Hirtenftab in der Rechten,
Statue des Batifan (nad) Leochares). — 2) Name
eines Eunuchen, der Achillas tötete und Cäſar an:
griff. Caes. b. Aler. 4. 6. 383.
Garamantes, I[wgduerres, ein Volk des in-
neren Mfrifa, bejonders in der Daje Phazania
(j. Fezzan), aber auch weiter nach ©. hin an beiden
Seiten des Girfluffes, aljo im Lande der jetzigen
Tibbos, einem Teile von Sudan und Bornu bis
nad) Darfur hin. Sie trieben teils Aderbau und
Viehzucht, teil® Handel. dt. 4, 174. 183. Ihre
Städte waren Gira am ®ir, j. vielleicht Gerara,
Garama, j. Dicherma in Fezzan, CHdamus, j. Gha—
dames. Durch den Zug des 2. Cornelius Balbus,
19 v. E., und den Aufftand des Tacfarinas famen
die Römer in nähere Berührung mit den Gara-
manten. Liv. 29, 33. Tac. ann. 2, 52. 3, 20. 74,
4,23. 26. hist. 4, 50. Strab. 17, 835.
Gargänus mons, rö Ideyavor Ögog, j. unter
verjchiedenen Namen Monte Gargano, Calvo, Ori:
gone u. ſ. w., die zwijchen der Frentomündung
und der Stadt Sipontum fich halbkugelförmig ins
Adriatiſche Meer ausbuchtende Hüfte Apuliens, im
Umfang 300 Stadien, bejegt mit Eichenwaldung.
Hor. od. 2,9, 7. ep. 2, 1, 202, In der Nähe lag
das Matiniiche Geſtade (Hor. od. 1,38, 3.4, 2,27).
Auf dem Gipfel des zu ihm gehörigen Berges be:
fand fid) ein Denkmal und Drafel des Kalchas,
am Fuße ein Denkmal des Podaleirios. Strab.
6, 284
Gargaphia, Taeyapla, eine Thalquelle bei
Plataiai, die Mardonios trüben und verftopfen
ließ, um die dabei gelagerten Griechen zu ver:
derben (Hdt. 9, 25. 47: ovverdgufer »al ovr-
!ywoar).
Gargarenses, I'«oyaosis, ein den Amazonen
benachbartes (mythijches) Bolf am Kaufajos. Zur
Erzielung von Kindern lebten beide 2 Monate im
Jahre zujammen, worauf dann die Knaben zu den
Gargarenjern famen, die Mädchen bei den Müt—
tern blieben. Strab. 11, 504,
Gargäron, rö Tdeyagov oder r& Taoyaoı,
die füdliche Spite des Fdagebirges in Troas (die
nördliche hieß Kotylos), 1750 m Hoch, mit einem
Tempel des Zeus, IT. 8,48. 14, 292. 352. —
Die Stadt Gargara, r& Tdoyaoa, lag am Adra—
myttiſchen Meerbuſen zwischen Afjos, deſſen Kolonie
es war, und Antandros. Strab. 13, 583. 606.
Gargettos j. Attika, 16.
Gargilius Martiälis, im 3. Jahrh. n. E,,
verfahte aufer einer Schrift über die Lebensweiſe
— Garten.
über die Landwirtichaft, das reiche Belejenheit,
gejundes Urteil und jorgjame Quellenbenugung
zeigte. Anſehnliche Stüde, namentlich über Objt
(de pomis) und Rinderzucht (de cura boum),
haben ſich erhalten, heransgegeben von Bal. Roje
(1875).
Garten, hortus, »7mog. Gärten werden jchon
bon Homer erwähnt als Beſitz des Altinoos auf
Sceria und des Lairtes auf Ithaka mit mannig:
faltigen Fruchtbäumen. Die Griechen gaben ver:
hältnismäßig jehr wenig auf Gartenanlagen, da
fie des häuslichen Familienlebens ziemlich ent-
behrten (vgl. übrigens Haus, 3. a. E.). — Die
perfiichen Satrapen (Nyros der jüngere fand daran
bejonderes Gefallen) legten ſich Baumgärten und
Barfanlagen (maedsdsıcor) an. Aus noch früherer
Zeit berühmt find die j. g. hängenden Gärten
der Semiramis (eigentlich der Anyitis, Gemahlin
Nebufadnezars) in Babylon. — Der Nömer ver-
ftand unter hortus im Singular meijt einen Nuß-
und Semüjegarten, mochte derjelbe am Wohnhauſe
der Stadt oder außerhalb derjelben „oder in einer
Billa gelegen fein, welche in der Älteren Sprache
(Plin. 19, 4, 19) dieje Benennung ſelbſt hatte.
Der Bearbeiter eines joldhen Gartens hie holitor
(Hor. ep. 1, 18, 36), oft audy vilicus, weil diejer
(ein Sklave) die Aufjicht über das Gärtnergeichäft
mitführte (Juv. 3, 228. Sen. ep. 12); dagegen ijt
hortulanus eine jpätere Benennung. Anders ver-
hält es fid) mit dem Plural horti, welcher einen
Luft: oder Kunftgarten bezeichnet, daher auch hor-
tuli = Sartenanlagen. Der Grund diejes Sprad)-
gebrauch® liegt in dem Begriffe der Mannigfaltig-
feit, jowohl der Beete ald auch der verjchtedenen
Plätze für befondere Zwecke, ald pomaria, rosaria,
topiaria, viridaria, platanones, murteta u. dgl.
Derartige Anlagen fanden fich meift bei den Billen
(daher die Vertaufchung der Ausdrüde horti, hor-
tuli und villa, Cie. off. 3, 14), ſ. Plin. ep. 5, 6.
Der Kunftgärtner, welchem das Bekleiden der
Terrafjen mit allerlei Schlingpflanzen, als Epheu,
Immergrün, Bärenflau, die zierliche Einfafiung
und Gejtaltung der Beete, der fünftlihe Schnitt
der Bäume zu allerlei Formen oblag, hieß topia-
rius (Cie. parad. 5, 2. ad Qu. fr. 3,1, 2). Selbft:
verftändlich werden große Parkanlagen in emi-
nentem Sinne horti genannt. Bu den berühm:
teften derjelben mag zu zählen fein der Park des
Hortenjius auf jeinem Yaurentinum, der aus
einem Walde von 50 Morgen bejtand, ip welchem
allerlei Wild gehegt wurde (Colum. 3, 13); ferner
der große Luftgarten des Lucullus, welchen der:
jelbe zu Nom auf dem Binciihen Berge (collis
hortorum genannt) angelegt hatte. Er wurde
jpäter ein Befigtum der faiferlichen Familie. Tac.
ann. 11, 1. 32. 37. Plut. Lue. 37. 39. 81. Xu:
cullus jcheint den orientaliichen Gartengejchmad
nah Rom verpjlanzt zu haben. Dem Beijpiele
desjelben folgte Pompejus, dejjen umfangreiche
Anlagen (nordweitlich von Lucullus’ Gärten) ſpä—
ter M. Antonius erftand (Plut. Pomp. 42. 44).
Diejer hatte jedoch noch eine derartige Schöpfung
neben Cäſars Gärten (Dio Cass. 47,40). Letztere
lagen jenjeit des Tiber (Mor. sat. 1, 9, 18), wur:
den bei einem Beſuche der Kleopatra und ihres
Semahls von derjelben zeitweilig zum Arger der
PBatrioten bewohnt (Cie. ad Att. 15, 15. Dio Cass.
des Kaiſers Alerander Severus ein größeres Werk | 43, 27) und von Cäſar dem römijchen Bolfe ver:
Garum — Gausape.
macht (Suet. Caes. 83. Tae. ann. 2,41). Auguſtus
verwendete einen Zeil derjelben zu einer Nau:
machte, um dem jchaufuftigen Volke die Darftellung
einer Seeſchlacht zu geben. Im Thale, welches
den Quirinal von dem Pincius trennt, waren die
großartigen horti Sallustiani gelegen, welche
von dem Neffen des Gejchichtichreibers in den
Beſitz der Kaiferfamilie übergingen (Tac. ann.
13, 47). Auf dem Ejquilin hatte Mäcenas ſich
einen Parkgarten geihaffen, von deſſen Palaſte
(turris Maecenatiana) man eine weite und wahr:
haft entzüdende Ausficht genof. Nach jeinem Tode
wurde auch dieſer ein Beſitztum der Kaiſer (Zac.
ann. 15, 39. Suet. Ner. 31). Eine bejondere Be-
rühmtheit erlangten während ber Kaijerzeit die
im Vatikaniſchen Thale gelegenen horti Gai, jpäter
horti -Gai et Neronis genannt. €. Caligula
hatte Ddiejelben von feiner Mutter, der älteren
Agrippina, geerbt und darin einen Heinen
Eirfus angelegt, den ein ägyptiſcher Obelift (der
dritte in Rom) jchmüdte (Plin. 36, 11,15). Nach
der Ermordung desjelben fam der Park an den
Kaiſer Claudius und von diefem durch die jüngere
Agrippina an deren Sohn, den Sailer Nero,
welcher die herrlichen horti dem Volke öffnete,
die jedoch Privateigentum ber faijerlihen Familie
blieben (Tae. ann. 15, 44). An die eben genann-
ten horti ftießen den Fluß aufwärts die Gärten
der Domitia, der Tante Neros, nach deren Tode
jie in Neros Beſitz famen. Sie warcır ein Lieb-
lingsplaß des Hadrian, der hier das nach ihm
benannte, aber erſt durch Antoninus Pius voll-
endete Maujoleum (moles Hadriani) baute. ‘Wie
aber alle dieje großartigen Gartenanlagen nad)
ihrer inneren Natur beichaffen gewejen, darüber
gehen ung, mit Ausnahme etiva der beiden Land—
häuser des Blinius (ep. 2, 17 und 5, 6), Die er:
wünjchten Nachrichten ab. Am allgemeinen läßt
ſich nur behaupten, daß die unmittelbar an Nom
ftoßenden Gärten den Weichen angehörten, bie
nad Verſchiedenheit ihres Geſchmads entweder der
Kunſtnatur oder der Naturkunft huldigten. Eigent:
liche Hausgärten hatten die Römer faft gar nicht
oder doch nur in früheren Zeiten. Diejen Mangel
erjegten einigermaßen die beiden freien Räume
innerhalb des Haufes, nämlich das hinter dem
atrium liegende cavaedium und das mit dieſem
in Verbindung ftehende Tänglicdye Viered, peristy-
lium genannt. Im erfteren war ein mit dem
friicheften Grün (viridarium) umzogener Najen:
platz, in defien Mitte ein Wafferbehälter ftand;
auch ein alter Familienbaum, meift laurus, be—
Ichattete diejen anmutigen Hausraum, und, je
nachdem es das Lofalverhältnis zuließ, durften
Blumen nicht fehlen. Das größere, mit einer
Säulenreihe gezterte, Beriftyl enthielt ſchon mehr
eine eigentliche ° Gartenanlage. Inmitten berjelben
plätjcherte ein Springbrunnen, Rofen ftreuten hier
ihren Wohlgeruch aus, und während der jchattige
Myrtenhain flüfterte, raufchte der Wind durch hohe
Platanen und Pinien oder Lotosbäume. Das
traute Familienleben fand in dieſem kühligen
Raume feine Weiheftätte. Und wenn der ercen-
triihe Sinn der römijchen Großen fogar Gärten
mit Blumen und Bäumen auf den Dächern (so-
laria) anlegte (Sen. ep. 122), jo freute fich der
Arme feines Fenftergärtchens, in welchem er Gar:
tenjalat, Peterjilie, Naute, Fenchel, auch wohl
463
einige Blumen 309. Was aber dem gemeinen
Bürger in der Weltftadt Rom an Naturgenüffen
abging, das fiel dem entfernteren Brovinzbewohner
als ein glüdliches Los zu. Davon zeugt das auf:
gefundene Bompeji, wo in den Häuſern und
um diejelben Gärten mit ſymmetriſchen Formen
nad) Art des franzöfiichen Geſchmacks angelegt
waren. Die Beete und Nabatten waren meijt mit
Buchsbaum eingefaßt. Die vorzugsweije in den
Gärten gepflegten Blumen waren von unjeren
jeßigen faum verjchieden. Für die Königin aller
galt die Roſe, die jogar im Winter getrieben oder
aus Ügypten, jowie aus Neufarthago bezogen
wurde. Den Winter hindurch verwahrte man die
Gewächſe in Glashäuſern (Mart. 8, 14). Den
Tafeln der Neichen m. auch im Winter die
Weintrauben nicht, gleichwie die Gärtner des Ti-
berins das ganze Jahr hindurdy Gurken und Me-
lonen in Bereitschaft hielten. Ein Verzeichnis von
Blumen und Gemüſen findet ji bei Columella
(im zehnten Buche de cultu hortorum), ein Gar:
ten: und Wirtichaftsfalender bei demfelben (11, 3).
Garum, eine aus dem Blute und den Einge-
weiden gewifler Seefiiche (namentlich des scomber)
bereitete Sauce, wontit man die Auftern beträu:
felte, oder welche man auch als Reizmittel genoß,
etwa wie unfern Kaviar. Plin. 31, 7, 43. Hor.
sat. 2, 8, 46.
- Garumna, Garunna, Garunda, ö Tagovväs,
. Garonne, im Unterlaufe Gironde, Hauptjtrom
en firömt von den Pyrenäen fommend
in nordweftlicher Richtung, ift 2000 Stadien weit
ihiffbar und erlangt bei Burdigala (Bordeaur)
eine jeeähnliche Breite, jo daß Ebbe und Flut
bemerkbar find. Die wichtigiten Nebenflüfje find
rechts: Tarnis, j. Tarn, mit dem Veronius,
j. Aveyron, Oltis, j. Lot, Duranius, j. Dor:
dogne. An den Quellen des Fluſſes wohnien die
Garumni. Caes. b. g. 3, 27. Strab. 4, 193.
Gauda, Maftanabals Sohn, Mafiniffas Enfet,
— und geiftig gleich ſchwach Sall. Jug. 65
saugamela, r& [avyaunke, Ort in der afiy-
riſchen e Aturia, zwiſchen Ninive und
dem großen Zab (Lylos), am Bumodos, bekannt
durch die Entſcheidungsſchlacht zwiſchen Dareios und
Alerander (1. Dftober 331 v. E.), minder rid):
tig auch Schlacht bei Arbela genannt. Arr. 3,8,7.
6, 11,5. Plut. Alex. 31. Curt. 4, 9, 10. Strab.
16, 137.
Gaulos j. Melita.
6Ganrus mons, Gaurani montes, ein vulfani-
ſches Gebirge Campaniens zwiichen Cumä und
Neapolis bei Puteoli, mit ausgebrannten, zu Seen
gewordenen Kratern, jo bejonder® dem Averner
ee. Dort befindet fich auch die &yop« ron Hyad-
srov, die j. Solfatara. Strab. 5, 246. Die Abhänge
trugen die edelften Neben des Falerner: und Maſ—
fifer: Weines. Belannt durch den Sieg des Kon-
ſuls M. Valerius Corvus über die Samniter,
343 dv. 6. Liv. 7, 32 ff.
Gausäpe, leinenes Zeug, welches durch bejon-
dere Bearbeitung auf der einen Seite zottig war.
Bald aber machte man gausape aud aus Wolle
(Plin. 8, 48) und verwendete diejen Stoff zur
paenula (daher gausapina, Mart. 14,145). Außer:
dem gebrauchte man ihm zu Abwiichtüchern (Hor.
sat. 2, 8, 11), Tafeltüchern (Mart. 14, 138), Über:
zügen” toftbarer Tiſche u. j. w.
464
Gaza, Tee, 1) eine der 7 nördlichen Grenz:
feftungen in Sogdiana, von Alexander dem Gr.
wegen Empörung erftürmt und in Brand geftedt.
Arr.4, 2, 1. 3. — 2) ©., richtiger T’dfare, Haupt:
ftadt der medischen Landichaft Atropatene, Sommer:
refidenz der medijchen Könige, am Südufer des
Matianiichen Salziees (j. Urmiajee), 45 Meilen
norbweftlid von Efbatana. Strah. 11, 523, —
3) die füdlichſte und bedeutendfte der 5 Philifter:
ftädte, ftarfe Grenzfeftung auf einem Hügel in der
fruchtbaren Ebene, aber auch lebhafte Handelsitadt
mit dem Hafen Majumas; nad Strabon (16, 759)
7, nach Arrian (2, 26, 2ff. 27, 6 ff.) 20 Stadien
vom Meer entfernt; ägyptiſch Kazatu, daher bei
Herodot (2,159. 3, 5) Kaövrıg, j. Ghazze. Alexan—
der der Gr. eroberte die Stadt Ende 332 nach
fünfmonatlicher, Alerander Jannäus 96 v. C. nach
einjähriger Belagerung. In der römiſchen Kaiſer—
zeit 67 n. C. von den Juden zerſtört, war G. bald
wieder die größte Stadt Baläftinas, ein Hauptfik
der helleniftifchen Bildung. Curt. 4, 5, 7 ff. Diod.
Sie, 17, 48.
Gebet. Das Gebet (ebyrj, Dankgebet Erauvog),
begründet in dem Gefühle menjchlicher Abhängig:
feit von den Göttern und in der Überzeugung von
ihrer Macht und Bereitwilligfeit zu helfen, wurde
an die einzelnen Götter, in deren bejonderer Macht
und unter deren bejonderem Schutze man zu ftehen
glaubte, oder and an jämtliche Götter zugleich
gerichtet, teils um für einzelne Fälle ihre Hülfe
zu erjlehen, teils um für empfangene Wohlthaten
zu loben und zu danfen, oder um überhaupt die
Anerkennung menjchlicher Abhängigkeit bom gött:
lichen Willen auszufprechen. Eine feite Gewähr
für die Erhörung gab es nicht, obgleich man dem
Gebete bejonders frommer Menſchen bei Griechen
und Römern eine auferordentlihe Wirkung zu—
jchrieb (j. Aiakos); aud) fand der Heide in jeinem
Gebete nie den bei dem Ehriften auf den Glauben
an die barmherzige Liebe Gottes in feinem Sohne
begründeten Troſt; die Ergebung des Griechen und
NRömers beruhte vorzugsweiſe auf der Vorſtellung
von der Macht der Götter. Bei Homer, wo meiftens
Bittgebete um eine einzelne Gnade in einem jpe:
ziellen Falle vortommen, hat das Gebet eine
beftimmte, feite Form; nad) der Anrede der Gott-
heit folgt meift die Bitte nebft der Begründung
eines Anſpruchs auf Erhörung, indem man fich
auf früheren Beiftand fowie auf dargebrachte Opfer
u. dgl. beruft. II. 5, 115. 1,37. 451. Bor dem
Gebete wurden Waſchungen ald Symbol innerer
Reinigung vorgenommen (Il. 6, 266. Od. 2, 261.
Or. fast. 4, 778), während desjelben erhob man
die Hände (manus supinae),. Wenn man zu Meer:
gottheiten betete, jo ftredte man gewöhnlich die
Hände gegen das Meer (IT. 1, 351, vgl. Dagegen
Od. 9, 526), wenn zu einem unterirdiichen Gotte,
gegen die Erde. 11.9, 568. Im Tempel wandte
man ſich gegen den Altar und das Bild des Gottes,
oder man umfaßte den Wltar. Platon jagt, daß
jedes Unternehmen mit der Anrufung der Götter
beginnen jolle, und daf es für einen tugendhaften
Mann das Schönfte jei, wenn er die Götter durch
Opfer verehre und durch Gebete und Gelübde fort:
während Gemeinjchaft mit ihnen unterhalte. Ge:
wöhnlich wurde eine Dreizahl von Göttern ange:
rufen. Der Römer verhüllte fich gewöhnlich beim
Gebete, indem er die Toga jchleierartig über dem
Gaza —
Gelanor.
Hinterfopfe in die Höhe zog, während beim grie-
chiſchen Ritus mit unbededtem Haupte gebetet und
geopfert ward. Griechen und Römer gaben ihren
öffentlichen Angelegenheiten eine religiöje Weihe;
jo eröffneten die Griechen mit einem Gebet an
Zeus die politiichen Verſammlungen, Kriegsunter—
nehmungen, die Spiele, das Theater u. j. w.
Ahnliches thaten die Römer bei Beginn ihrer Co:
mitien, Senatöfigungen, Boltsmufterungen.
Eine bejondere Art des Gebetes war die Ver:
wünſchung oder der Fluch (ded, deal, dirae,
exsecrationes), der entweder von einzelnen bei
tiefer perjönlicher Verlegung (Didipus gegen jeine
Söhne) oder offiziell von dem Staate durd) die
Priefter über den Frevler (z. B. Alfibiades) aus:
geiprochen wurde, indem man von den Göttern,
bejonders den unterirdiichen, das Berderben des:
jelben erflehte. In Athen wandten fidy die Prieſter
bei dem Ausipruche des feierlichen Fluches gegen
Abend und jchwangen biutrote Gewänder durch
die Yuft. Die Römer verfluchten feierlich eine zu
erobernde Stadt, nachdem jie vorher die Götter
evociert hatten. Vgl. v. Laſaulx, über die Gebete
der Gr. und R. (1842); über den Fluch bei Gr.
und R. (1843).
Gedrosia j. Gadrosia.
Geganli, ein patriciiches Geſchlecht, gehörte zu
den älteften familien Roms und ftammte wahr
jcheinlich aus Alba. Liv. 1, 30. Genannt werden:
1) T. Geg. Macerinus, Konſul im J. 492 v. C.,
und 2) jein Bruder, 2. Geg., welche eine in die-
jem Jahre herrichende Hungersnot durch Getreide-
auffauf linderten. Liv. 2,34. Dion. Hal.7, 1.
— 3) M. Geg. Macerinus, Konſul in den
Jahren 447, 443, 437 v. C. befiegte die Boljler
und verwaltete die im J. 443 eingerichtete Cenſur
435. Liv. 4, 22ff. 9, 33. — 4). Geg,, fand
jeinen Tod beim Aufftande des Saturninus, 100
v. C. Oros. 5, 17.
Gela, 7) !’ia, Stadt an der Südküſte Siciliens
am Fluß al. N. (j. Fiume Dliva), wahricheinlich
beim h. Terranuova, gemeinjam gegründet von
Antiphemos aus Lindos auf Rhodos und Entimos
aus Kreta (690 oder 689 v. E.) und demmach von
doriſcher Sitte und Berfafjung. Die bald mächtig
getvordene Stadt wurde jpäter durch ihre noch
mächtigere Tochterftadt Akragas verdunfelt und
teilte mit andern ſiciliſchen Städten das Schidjal,
fremden und einheimijchen Tyrannen unterworfen
zu jein; Gelon, Hieron, Thrafybulos ftammten aus
ihr. Zu Strabons Zeit war die Stadt nicht mehr
bewohnt. Strab. 6, 272. — Nördlich von G. lagen
die fornreihen Geloiſchen Gefilde, Teloo»
editor; daher hat G. aud) das Beiwort die „mweizen-
reiche” zugopogos erhalten, angeblich von Aiſchylos,
der hier jtarb und beftattet wurde.
Gelänor, I’sAcvrop, Sohn des Sthenelas, Ab-
fümmling des Inachos, König in Argos, als Danaos
ins Land fam. Als Danaos, der gleichfalls von
Inachos abftammte, auf die Herrichaft von Argos
Anſpruch machte und das argivische Volk fich zur
Enticheidung hierüber verjammelte, fiel ein Wolf
in die vor der Stadt weidende Rinderherde und
bezwang den Stier. Die Argiver jahen dies als
ein Zeichen der Götter an und entichieden zu
Gunſten des Danaos, der, wie der fiegreiche Wolf,
bisher nicht unter ihnen gelebt habe. Wad) des
Aiſchylos Schußflehenden ift im Argos bei der
Gelduba — Gellii.
Ankunft des Danaos Pelaſgos König. Er ver:
teidigt den Danaos und feine Töchter gegen die
Söhne des Wigyptos, wird befiegt und verläßt
das Land; die Argiver aber wählen den Danaos
zu ihrem König.
Geldüba, feiter Ort der Ubier in Untergerma:
nien, nahe am Rhein bei Novefium (Neuß), I. Dorf
Selb zwijchen Kaiſerswerth und Urdingen, Stand:
quartier der zehnten Legion und angeblich eins der
von Druſus am Rhein angelegten Kaftelle. Tae.
hist. 4, 26. 32. 35. 583. Plin. 19, 5, 28.
Tel£ovres ſ. GuII, 2.
Gellfas, TeAldas, ein reicher, angejehener Agri—
gentiner zur Zeit der höchſten Blüte der Stadt,
um die Mitte des 5. Jahrh. v. C. Er kann als
echter Typus des agrigentinischen Charakters gelten.
Seinen großen Reichtum wendete er in der un—
eigennüßigften Weije zur Unterftügung feiner Mit-
bürger an, indem er offene Tafel hielt, arme Mäd—
chen ausftattete, Reiſende beherbergte, die Not
linderte. Val. Mar. 4,8. Diod. Sie. 13,83. Obgleich
unanjehnlichen Körpers, bejaß er hellen Berjtand
und treffenden Wig. Als er einft als Gejandter
in die Bollsverfammlung eines Meinen Städtchens
trat und ſich ein allgemeines Gelächter über ihn
erhob, jprady er ganz gelafjen: man jolle fich nicht
wundern, es jei Sitte bei den Mgrigentinern, zu
mächtigen Städten Gejandte von großer Statur,
in geringe Städte aber Heine Leute zu enden.
Als im %. 406 bei Eroberung der Stadt die War:
thager auch die Tempel nicht jchonten, zündete er
den Ballastempel an und rettete fo ſich und das
Heiligtum vor Beichimpfung und Entheiligung.
Diod. Sie. 13, 90,
Gellii, ein fammitiiches Gejchlecht; aus diejem
ftammten: 1) Sell. Statius, Anführer der Sam:
niter im J. 305 v. E., wo er von den Römern
gefangen genommen wurde. Liv. do, 44. — 2) Bell.
Egnatius, einer der tüchtigften Jamnitijchen
Feldherrn, fiel (295 v. E.) in der Schlacht bei
Sentimmm (j. Egnatii). Liv. 10, 19 ff. — Später
fiedelte fich diejes Gejchlecht in Nom an. Genannt
werden aus demjelben noch 3) 4. Gell. Popli—
cola, geb. um 120. C. Konful im J. 72, darnach
wahrjcheinlih Profonjul von Achaja (Cie. leyg.
1, 20), als welcher er in Athen die Streitigkeiten
unter den Philoſophen beilegen wollte; er war ein
Feind des Prätor Verres (Cic. Verr. 1, 48). Am
Kampfe gegen Spartacus nahm er rühmlichen An-
teil und befiegte den Unterfeldherrn desſelben,
Grirus, in der Schladht am Garganus, 72 (Plut.
Crass. 9. Cat. min. 8); doc) erlitt er jpäter durch
Spartacus jelbft mehrere Niederlagen. App. b.e.
1,117. Eutr. 6,7. Flor. 3, 20, 10. Im J. 70
erhielt er, nach langer Unterbrechung diejes Aıntes,
die Cenſur, die er jehr ftreng verwaltete. Bekannt
ift, wie damals der Konſul Bompejus, als er den
Genforen fein Pferd vorführte, die Frage, ob er
allen Feldzügen, die das Geſetz verlange, bei:
gewohnt, mit den Worten beantwortete: Ya,
allen und zwar unter meinem eigenen Oberbefehl!
Plut. Pomp. 22. Val. Max. 5, 9, 1. Gell. 5, 6.
Im Seeräuberfriege befehligte Gellius als Legat.
Den Eicero achtete er jehr hoch, weil er die cati-
linariiche Verſchwörung entdedt und vereitelt hatte.
Cie, Pis.3. Gell. 5, 6. Daher nahm er jich auch
ipäter des Vorjchlags, Cicero aus der Verbannung
zurüdzurufen, eifrig an. Er wird wiederholt von
Reallerifon des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
465
Cicero ald ausgezeichneter Redner genannt Brut.47.
ad Att. 12, 21). — 4) Sell. Boplicola, Bruder
des vorigen, freund des Clodius und daher hef-
tiger Gegner Ciceros, frühzeitig der Ausſchweifung
und der Zügellofigkeit verfallen. Cie. Sest. 51.
ad Att. 4, 3, 2. — 5) 2. Bell. Boplicola, Sohn
von Nr. 3, wurde von einer gegen ihn erhobenen
Anklage, feinem Bater nad) dem Leben getracdhtet
zu haben, freigeiprochen, rechtfertigte jedoch jpäter
den Berdadht, da er im J. 43 v. E. ſowohl dem
M. Brutus, als auch dem Caſſius nachitellte.
Val. Mar. 5, 9, 1. Begnadigt auf Fürbitte feiner
Mutter, warf er ſich dem Antonius in die Arme
und wurde dafür Konjul, 36. Er kämpfte auf
defien Seite in der Schlacht bei Actium. Dio
Cass. 49, 1. Plut. Ant. 66. — 6) En. Selling,
Beitgenojje des %. Cälius Antipater, jchrieb in
wenigjtens 27 (977) Büchern Annalen von Roms
Gründung an in großer NAusführlichkeit. Samm:
lung der —— Bruchſtücke bei Peter, histor.
Roman. rel. I p. 165 ff. fragm. p. 92 ff.
7) Aulus Gellius, in früherer Zeit fälfchlich
Agellius genannt, ein römijcher Schriftfteller aus
dem 2. Jahrhundert n. E. Genaueres über fein
Geburts: (etwa 130) oder Todesjahr, ſowie über
feine Familie wiffen wir nicht. Jedesfalls hat er
eine jehr qute Eraiehung genofjen und bereits in
Rom bei Sulpicius Apollinaris grammatijche
(7, 6. 13, 16. 18, 4), bei T. Laftricius (13, 20)
rhetorifche Studien gemacht und fich außerdem des
näheren Umgangs mit Fronto und Favorinus er:
freut (19, 8). Behufs der philofophiichen Studien
ging er nach Athen (19, 8), wo er den Unterricht
des Platonikers Calviſius Taurus genoß (1, 26.
12, 5. 17, 8), oft in dem Haufe desjelben verfehrte
und auch auf Heineren Reifen ihn begleitete. Auch
andere Philojophen wurden von ihm gehört, wie
Peregrinus Proteus (12, 11. 8, 3); ſelbſt Herodes
Attieus nahm ihn freundlich auf (1, 2). Nach
jeiner Rückkehr übertrugen ihm die Prätoren richter:
liche Funktionen (14, 2. 12, 13), die ihn jedoch
nicht verhinderten, den Umgang mit ausgezeich—
neten Gelehrten, wie dem Philoſophen Favorinus,
fortzujegen und gelehrte Studien zu betreiben.
Eine Frucht derjelben find die uns erhaltenen
Noctium Atticarum libri XX, von denen blof
das achte verloren gegangen iſt. Den auffallenden
Namen des Buches erklärt er ſelbſt daraus, daß
er e3 in langen Winternächten in Attika bereits
begonnen habe. Es enthält Ercerpte aus allerlei
Schriftjtellern, griechiichen und römiſchen (bejon:
ders älteren), furze Aufzeichnungen aus den Ge:
ſprächen mit gelehrten Zeitgenofien, die fich ſowohl
auf Sprachliches als auf Antiquarifches und Litte:
rarhiftorijches beziehen. Da er ſich überall als
einen ehrlichen und beicheidenen Mann zeigt und
in der Benubung jeiner Quellen Gewiſſenhaftigkeit
an den Tag legt, jo hat der Inhalt feines Werkes
für uns einen hohen Wert und bietet eine reiche
Fundgrube dar. Seine —— freilich leidet
an allen Mängeln jener Zeit und der Schule der
Frontoniani, zu welcher er gehört; fie iſt affektiert
durch das Haſchen nach altertümlichen, durch das
Bilden von neuen Ausdrüden, breit und prunfend,
und nur verfehrter Gejchmad konnte ihn als vir
elegantissimi eloquii et multae ac facundae
scientine preijen (August. civ. dei 9, 4). Der
jehr verdorbene Tert (früher am beften von oh.
30
466
Ariedr. und ac. Gronov 1706 herausgegeben)
hat neuerdings an M. Herb (1883-85, 2 Bdd.;
Heine Ausgabe, 2 Bdd. 2. Aufl. 1586) einen aus:
gezeichneten Bearbeiter, an F. Weiß (1875, 2Bbb.,
einen geichmadvollen Überjeger gefunden. Abhand—
lungen von Theod. Bogel (1860) und Friedländer
(1869). Vgl. M. Herb, opuscula Gelliana (1886).
«elon, Tor, aus Gela auf Sicilien, Sohn
des Deinomenes, der die 4 Söhne Gelon, Hieron,
Polyzelos und Thraſybulos hinterlich, war wegen
jeiner Tüchtigfeit Befehlshaber der Neiterei unter
dem Tyrannen Hippokrates, der jchon die Nach:
barjtädte unterworfen hatte. J/dt. 7, 164. Nach
deſſen Tode (wahricheinlih 491 v. E.) un er
die Negierung zuerit für die Söhne desjelben,
dann im eigenen Namen. Als in Syrakus die
Gamoren (d. i. Reichen), von dem Volk und den
Sflaven vertrieben, nach Kaſmenai flohen, führte
er fie zurüd; Syrafus ergab ſich ihm; er verlegte
dahin die Herrichaft (485) und überlieh Gela jeinem
Bruder Hieron. Seine in furzer Zeit über den
größten Teil von Sicilien ausgedehnte Macht be:
feftigte er durch die Vermählung mit Damarete,
der Tochter des Theron von Agrigent, die Stadt
Syrakus aber vergrößerte er, indem er alle Ein-
wohner von Kamarina, die von Bela und vom
eroberten Megara zum Teil dahin verpflanzte. Die
von &erres bedrohten Griechen baten ihm (im
Winter 481/80) um Hülfe, da er aber jelbit von
den Karthagern bedroht war, verweigerte er die-
jeibe und war jogar bereit, fich den Berjern, wenn
fie fiogen würden, zu unterwerfen. Ildt. 7,157 — 165.
Im Frühſommer 480 griffen die von dem Schwie:
gerjohne des von Theron vertriebenen Terillos
von Himera, dem Anarilaos, herbeigerufenen Kar:
thager Sicilien mit großer Macht unter Hamilkar
an, wurden aber bejonders durch das friegeriiche
Talent des Gelon bei Himera zu Waller und zu
Lande gänzlich geichlagen. Pind. pyth. 1, 146.
IIdt. 7, 165. 166. Daß die Schlacht an demielben
Tage mit der Schlacht bei Salamis ftattgefunden,
erzählten jpäter die Sifuler. Ebenjo iſt es wahr:
icheinlich eine Erfindung Späterer, welche die fici-
liſchen Kolonien, weil fie das Mutterland nicht
unterftügt hatten, entichuldigen, dagegen die Hu:
manität derjelben hervorheben wollten, daß die
Karthager, von den Perſern angeftiftet, Sicilien
angegriffen hätten, und daß ein Friede abgeichlofien
jei unter der Bedingung, daß die Ktarthager jich
der Menichenopfer enthalten jollten. Jdiod. Sie.
11, 20. Nach dem Siege erlangte Gelon durd)
Milde gegen Bundesgenofjen und Befiegte allge:
meinen Ruhm, wurde als Netter und Wohlthäter
gefeiert und vom verjammelten Volke als König
begrüßt. Diod. Sie. 11, 26. 27. Die Inſel blühte
im Güde der Ordnung und des friedens. Wenige
Jahre darauf (wahricheinlich im Herbit 478) ftarb
er an der Waflerfucht und wurde als Heros ver:
ehrt. Diod. Sie. 11, 38. Hieron folgte ihm im der
Regierung.
Gelöni, T'sAoroi, ein jarmatijcher Stamm am
Bornfthenes, verwandt mit den Budinern (Hat.
4, 108. 123), mit der Stadt Gelonos, hatten die
Sitte des Tättowierens, daher pieti Geloni bei
Vergil (@F. 2, 115, 3, 461). Soraz (od. 2, 9, 23.
20, 19. 3, 4, 35) bezeichnet durd fie die Ferne
Gelon — Gemma.
Gemelli colles, Gebirgszug Siciliens, der von
der Mitte der Anjel (an den Quellen des nörd-
lihen Simerajl., j. Fiume Grande) in jüdweftlicher
Richtung in der Gegend der jelinuntiichen Ther:
men das Meer erreicht. Plin. 3, 8, 14.
«emini j. Servilii, 6. 8. 9. 10,
Geminii, wahricheinlich, wie jo manche andere
Familien, aus Tuſculum ftammend: 1) Gem. Met
tius (Mäcius), latiniicher NReiteroberft im Kriege
gegen Rom 340 v. E., beftand einen Zweilampf
mit Manlius, dem Sohne des römischen Konjuls.
Liv. 8,7. — 2) Anhänger des Bompejus, ermor:
dete den M. Brutus, den freund des Lepidus.
Plut Pomp. 16. — 3) befannt dadurd, daß er
jeinem Freunde M. Antonius offen den ihm aus
der Verbindung mit der Kleopatra entjtehenden
Nachteil darlegte, 31 v. E. ut. Ant. 59. — 4)E.
Gem. Rufus, Mitglied des römischen Senats,
Freund des Sejanus, wurde von Tiberius des
Hochverrats bejchuldigt und zum Tode verurteilt.
Zwar fjuchte er fich zu retten, indem er dem Kaijer
einen Teil jeines Vermögens vermachte, gab fich
aber, al3 dies nicht gelang, jelbjt den Tod. Tae.
ann. 6,14. Dio Cass. 58, 4.
Gemma, griehiich Atos, eine Gemme, künſt—
lich geichnittener wertvoller Stein. Schon im ent-
fernteften Altertume beichäftigte man fich mit der
Kunſt, edle Steine zu gravieren und zu polieren;
von Babylonien und Ägypten kam diejelbe nad) Bor-
derafien und Griechenland. Aber hier wurde ſie
vervollfommmet und, bei den bejchräntten Grenzen,
auf die jie ihrer Natur -w angewiejen ift, bei-
nahe bis zum höchſten Maße der Vollendung ge:
bracht. Man pflegte dazu die jchönften und an
Farben mannigfaltigften, aber minder jpröden zu
nchmen, befonders den Adyat, Amethyſt, Karneol,
Jajpis und Onyr, weniger den Mquamarin (Be-
rylius oder Smaragdus Seythieus), Saphir (Hya-
einthus), Topas (Chrysolithus), am wenigjten
den Diamant (Adamas) und Nubin (Carbuncu-
lus). Die Bearbeitung, wie uns die Alten fie
ichildern (Plin. 37, 4. 15, 76) wid von der unjrigen
wenig ab. Wenn nämlich der Schleifer (politor)
den Stein bearbeitet und ihm eine ebene oder
gewölbte Form gegeben hatte, griff ihn der Stein:
jchneider (scalptor oder sculptor, cavarius) mit
eifernen, mit nariihem Staube und Ol bejtriche-
nen Juſtrumenten, bald mit runden, bald mit
jpigigen und bohrartigen, bisweilen aber auch mit
der in Eiſen gefaßten Diamantipike an. Ob die
Künftler ji dabei der Vergrößerungsgläjer be-
dienten, ift ungewiß. Am häufigften getragen
wurden die Steine in Ringe gefaßt. An diefem
Falle lieferte der Steinjchneider fie an den Gold-
ſchmied (aurifex oder anularius) ab, der fie ein-
faßte. Die Figuren wurden entweder vertieft
eingejchnitten (gemmae sculptae, exsculptae,
iraykvpa, Yntaglios), oder auf der Oberfläche
hervorragend (caelatae, farur«, Kameen), ent—
weder einzeln oder verbunden, hinter: oder neben:
einander (capita iugata) oder gegeneinander ge—
fehrt (adversa) oder von einander weggewandt
(aversa). Die erfteren wurden hauptſächlich zum
Siegeln, die legteren zum Schmude gebraucht.
Der Ring hieß daxrukıog, anulus, das eingegra-
bene Bild, neben welchem ſich gewöhnlich noch der
und die Hoheit. Sie wohnten etwa in der jegigen | Name des Beſitzers darauf befand, ape«yis (j. d.),
Ufraine,
spoayddıor, die fie bearbeitenden Künftler daxrv-
Gemonine,
koylöpo:, scalptores anuloram, anularii. Als
Sulla, Lucullus, Pompejus u. a. Sammlungen
ſchöner gejchnittener Steine (danrvilıuodijauı) aus
Griechenland und Kleinafien nah Rom gebracht
hatten, erwachte und verbreitete ug Fein hier die
Liebe dafür, und Sullas Stiefjohn Scaurus, Pom-
pejus jelber, Cäſar u. a. legten ſolche Samm—
lungen an, ohne dab jedoch Nom jemals aus:
gezeichnete Künftler darin hervorgebracht hätte. So
verlor dieje Kunſt, als fie vom Hofe der Pto-
lemaier auf den des
Auguſtus überging, für
welchen Diojkorides
arbeitete, jchon viel an
reiner Schönheit des
Stil, gewann dafür
aber ein eigenes römi-
iches Gepräge wieder. -
Unter allen a
malen find dieſe in
größter Anzahl auf
uns gekommen; ſie
fingen aber erft dann
an recht zahlreich zu
werden, als der groß—
artige Kunſtſtil zu er-
löſchen begann. Auch
in dieſer Beziehung
at die Gemme große
hnlichfeit mit dem
Epigramm der grie
chiſchen Anthologie,
und beide fünnen lich
gegenfeitig zur Er:
läuterung dienen. Der
erjte anerfannte Mei-
fter im Steinfchneiden war Pyr—
goteles, der allein Mleranders
Bild in Stein ſchneiden durfte;
aber den Gipfel diejer Kunſt be-
zeichnet der Kameo Gonzaga, jebt
im Beſitz des Kaiſers von Ruß—
land, das Bruftbild des Ptolemaios
Philadelphos und jeiner Schwefter |
und Gemahlin Arfino? (nad) andern Olympias
und Alerander) (ſ. Abb. 5.). Diefer Onyr eines uns
unbelannten Künftlers ift das Schönfte, Zarteſte
467
und Geiftreichjte, was im diefer Art auf uns ge:
fommen, wogegen ein denjelben Gegenftand behan:
deinder jchöner Wiener Nameo nur als jchwache
Nachahmung erjcheint. Ein anderes vortrejfliches
Kunstwerk it ein Sardonyr aus der eriten Kaiſer—
zeit, der, durch die Tempelherren nach Europa ge:
bradıt, in Frankreich verjchwand, aber am Ende
des 16. Jahrhunderts von Kaifer Rudolf II. für
12 000 Dufaten gekauft ward und jeitdem in der
Sammlung der Altertümer Eu Wien fich befindet.
Weniger ſchön und wertvoll ift ein tiberianischer
Achat in Baris (mit 25 Figuren, die Familie des
Auguſt und die von ihm befiegten Nationen dar:
ftellend), den Graf Balduin von Flandern aus
dem byzantinijchen Kaiſerſchatze dem heiligen Lud—
wig verehrte. Dieje beiden find die größten unter
allen uns befannten gejchnittenen Steinen. Ein
Achatouyr, früher im herzoglihen Muſeum zu
Braunjchweig, 12 Figuren in 3 Feldern enthal:
tend, bezieht fi) wahrjcheinlich auf die Myſterien
des Dionyjos und der Demeter. Eine Gemme des
Michel Angelo mit einer ländlichen Scene (Wein-
feje) gehört jchwerlich dem Altertume
an. Auch gab es gemmae astriferne
mit dem Geburtszeichen und der Kon—
ftellation der Planeten, als Amulette
am Halje getragen. — Die hier bei-
gegebenen SHolzichnitte ftellen dar:
1) die 5 griechiichen Helden, die fich
über die Heerfahrt gegen Theben be-
3 raten, mit den etrujfiichen Namen
. ) (einer der älteften vertieft geſchnitte—
| nen Steine etruſtiſcher Arbeit aus der
Berliner Gemmenjammlung); 2) die
figende Iſis mit dem Horus auf dem
Schoß (f. d.); 3) den Zeus Nigiochos;
4) Seburtsfeit des Dionyſos, auch als
Weinlefe und Kelterfeſt bezeichnet ;
5) die Köpfe des Ptolemaios Phila-
delphos und der Arfinoe nach mut:
maßlicher Annahme). Bgl. auch die
Abbildung zu Wrtifel Giganten,
— Verzeichnis der Gemmenſchneider
bei Brunn, Gejchichte der griechiichen Künſtler I
S. 448 ff. j
Gemonfae, Die senlae Gemoniae oder, wie
30*
468 Genauni
Plinius fie nennt, gradus gemitorii (Seufzer:
jtufen) bezeichnen eine in einen Felſen ausgehauene
und zum Tiberis führende Treppe, auf der die
Leichname der im Carcer Hingerichteten durch Hafen
in den Fluß geichleppt wurden. Die Lage diejer
Gemoniae ift von den Erflärern verichieden ange:
geben, entweder am Abhang des Aventinus oder
des Capitolinus. 2 Stellen (Val. Max. 6, 3, 3
und Dio Cass. 58, 5) fcheinen für den M. Capito-
linus zu jprechen, andere geben keinen Anhalt.
Genanni, Tevadvos, ein rätifcher Stamm, wohn:
ten auf dem rechten Ufer des Athejis (Etſch) zwiſchen
den Benoftes, Triumpilini und Euganei und töte-
ten alle männlichen Gefangenen, jelbft die Frucht
im Mutterleibe, wenn fie dieſelbe für männlich
hielten,-daher bei Horaz (od. 4, 14, 10) implaci-
dum genus. Drufus bejiegte fie jamt den Breuni
Hor.a.a. ©. Plin. 3, 29. Strab. 4, 206.
Genärva (nicht Geneva oder Genua), j. Gentve,
Genf, Stadt der Allobroger am Austritt des Rho—
danus aus dem Lacus Lemanu- auf der Strafe
° von Vienna nad Aventicum. Hier führte eine
Brüde über den Fluß. Caes. b. g. 1, 6.
Teveoıe, r&, im weiteren Sinne Tage zu
Ehren der Berftorbenen, im engeren ein allge:
meines Totenfeft in Athen, am fünften Tage des
Boidromion zum Andenken an die BVerftorbenen
gefeiert. Der eigentlihe Name für diejes Feſt
ſcheint Nexvoı« oder Neweseıe geweſen zu fein.
Val. Mommſen, Heortologie ©. 209 ff.
Genethliäci ſ. Chaldaei.
Teve$2ıog nutge und re yerediıe hieß
der Geburtstag und die jährlich wiederkehrende
Feier desjelben bei Lebzeiten der Perſon; die Er:
innerungsfeier des Tages für den ſchon Berftor:
benen hieß yerdare (f. d.). Die Beoi yerdlıoı
find die Schutzgötter der Geburt, wahricheinlich
Zeus, Hera, Artemis, ſowie and) die Stammgötter
der familien, Geſchlechter, Voller, = zargnoı.
Die Beol rargoor und die Iro& zarpo« find in
Athen vom Privatfult zu verjtehen (wozu auch der
Kult des Apollon rargwos gehörte); auf öffent:
lihen Kult deuten die Ausdrüde dep& märpın,
Hol märpıor.
Genius. von geno, redupl. gigno, bei den Römern
eigentlich der Gott der Lebenserzeugung. Jeder
Menſch hat feinen Genius, der ihn als jein beſſeres
Ich, gewilfermaßen als der Inbegriff feiner Höheren
GSeiftesanlagen, von der Geburt bis zum Grabe
ſchützend geleitet und mannigfach auf jeinen Lebens—
weg einwirkt. Darum feierte man bejonders an
Seburtstagen, jowie am Hodhzeitätage und bei
anderen wichtigen Abjchnitten des Lebens feinen
Genius mit Opfern und Weihrauch, Wein und
Blumen und überlieh fi ihm zu Ehren einem
frohen Lebensgenuffe. Denn der Genius will, daß
man das von ihm geichenkte Leben froh geniehe
und durch weijen Genuß verlängere; jich das Yeben
erheiteryg heißt daher: jeinem Genius zu Gefallen
leben (indulgere Genio), fid) das Leben verküm—
mern heißt: den Genins beleidigen (defraudare
Genium). Hor. ep. 2, 1, 144. 2, 187. Plaut. Aul.
4, 9, 15. Terent. Phorm. 1,1,10. Nach dem Tode
bleibt der Genius auf der Oberwelt und weilt gern
an dem Grabe jeines Schüßlings. Der Genius ift
vorzugsweije der gute Geift des Menjchen; doc)
wie der Grieche einen zarodaruor neben dem
eyadodalunv annahm, jo glaubten die Nömer
— Gens,
auch ar böſe Genien. Die Genien der Frauen
hießen Junones. Wie der einzelne Menſch jeinen
Senius hatte, jo auch jede Familie und Genoffen-
ichaft, Städte und Staaten (Genius publicus, (i.
populi Itomani, Liv. 21, 62). Auch gab es Ge-
nien der Orte und Gegenden (Genii locorum),
der Bäder, Theater u. ſ. w. Die Ortögenien dachte
man ſich gewöhnlich in Geftalt von Schlangen,
welche von vorgeftellten Früchten eſſen (Verg. A.
5, 84 ff); den Genius der Menjchen dagegen jtellte
man dar als Jüngling in der Toga mit verhüll-
tem Haupte, mit Schale und Füllhorn. Man iden-
tifizierte den Gemus mit dem griechiichen Dämon.
Gens. Cicero definiert die gentiles (top. 6)
durch: qui inter se eodem nomine sunt, ab in-
genuis oriundi, quorum maiorum nemo servi-
tutem servivit et qui capite non sunt deminuti,
Darnach bedingt der Ausdrud gens nicht die ge-
meinschaftliche Abftammung und urjprüngliche Bluts:
vertwandtjchaft, jondern bezeichnet die bei der Grün-
dung des römischen Staates feftgeiehte Vereinigung
von je 10 Familien zu einer Curie mit gemein:
ſamen sacra, gleihem Nomen (entweder herge-
nommen von einer in der Euric hervorragenden
Familie oder einem aus ihrer Mitte hervorgegan-
genen tapjfern Anführer) und gejchlofienem Acker—
befig. So Niebuhr, Röm. Geih. Doc da ftatt
gens aud in demjelben Sinne genus gebraucht
wurde (Liv. 2, 46. 10, 3.5. Gell. 15, 27), fo ift
die Annahme gemeinfamer Abjtammung und ur:
iprünglicher Berwandtichaft die gewöhnliche. Die
Erflärung war jchon bei den Nömern nicht Har
vorliegend, wie aus einem Prozeſſe der patricijchen
Claudier mit den plebejiichen Marcellern (beide
gehörten zur gens Claudia) über die Hinterlafien-
ſchaft eines Libertinus hervorgeht; die erfteren
machten ihre Aniprüche geltend vermöge der zens,
die legteren vermöge der stirps (Cie. de or. 1, 39).
Jedesfalls gehörten in jpäterer Zeit viele Familien,
die entweder nie in Berwandtichaft geftanden hatten,
oder deren Blutsverwandtjchaft wenigſtens nicht
mehr nachtweisbar war, zu Einer gens; jomit find
familiae Interabteilungen der gens, obwohl das
Wort familia ungenau zuweilen ftatt gens ge-
braucht wurde vgl. Familia). In jeder gens
find zu unterjcheiden die vollberechtigten wahren
Gentilen und die untergeordneten Gentilen (j. d. ,
Freigelaffene und Elienten, welche den Namen der
gens haben, aber feine andere Gerechtſame befigen
als den Schub der gens und der Familie, welcher
jie angehören. (re. a. a. O. Die älteften gentes
fonnten nur patriciich fein, da Patricier die ein-
zigen Bollbürger waren, und vermutlich gab es
irgendwann einmal eine geſchloſſene Anzahl der
gentes in den 3 Urtribus der Ramnes, Tities
und Luceres. Die von Tarquinius Priſeus in
den Patricierftand erhobenen plebejiichen Familien
hießen geates minores, im Gegenjag zu den Nant-
nes, Titied und Luceres als maiores, An die Stelle
der ausgeftorbenen gentes wurden unter den Kö—
nigen und jpäter mehrmals neue aufgenommen,
aber es gejchah immer jeltener, und jo ſchmolz die
Zahl der uriprünglichen patriciihen gentes jehr
zufammen (. Patres). Seit Servius Tullius
erhoben ſich auch plebejiiche Familien, welche die
Gentilrechte unter fid) ausübten, aber des Ans
teils an den Eurien, Aufpicien u. |. w. entbehrten.
Ofters fanden ſich in einer gens patriciihe und
Gentius — Genueii.
plebejiiche familiae, 3. B. in der gens Claudia,
Cornelia, lunia u. j. w. Dies geſchah, wenn
eine plebejifche Familie patricifch wurde, während
die verwandten Familien Plebejer blieben, oder
wenn ein Patricier durch Mifheirat (d. h. vor der
lex Canuleia) plebejiiche Kinder zeugte, oder wenn
Neubürger den Namen defjen erhielten, welcher
ihnen die Givität ausgewirft hatte, 5 B. Die
jullanifchen Cornelier. — Die Rechte der Gen:
tilen: 1) Rechte des einzelnen an die gens. Hie—
her gehört der Anſpruch auf Schuß, Unterftüßung
und Vertretung in jeder Not und Berlegenheit,
z. B. bei gerichtlicher Anklage, bei Befangenicaft,
bei Unmündigfeit (j. Tutela). Auch hat jeder
Anrecht auf das der gens gemeinjame Eigentum,
wie das sepulcrum, in welchem alle Gentilen be:
ftattet wurden, und auf die gemeinjamen snera,
welche jedocd in jpäterer Zeit als eine unbequeme
Verpflichtung angejchen wurden. — 2) Nechte der
gens an den einzelnen. Der einzelne war im
Intereſſe der gens Beſchränkungen unterworfen.
So 3. B. war die gens gegen die Gefahr ge:
ſichert, das Vermögen eines Gentilen zu verlieren,
und daher konnte fein Teftament, feine Arroga:
tion ohne Zuftimmung der gentiles vorgenommen
werden (j. Adoptio). Ebenjo hatten die Gen:
tilen auch Erbredht an dem Vermögen des ohne
Teſtament und ohne Hinterlaffung von sui und
agnati verftorbenen Genofien. Aus der Sorge
für das Gentilvermögen erflärt ſich die cura tu—
riosi und prodigi, wenn fein Agnat da war
(j. Tutela). Endlich ift zu gedenfen, daß jeder
einzelne an die Beſchlüſſe (decreta) der gefamten
grens gebunden war, 3. B. verbot die gens Manlia
den Vornamen M., die gens Claudia den Bor:
namen 2 — 3) Berhältniffe der gens zum Ge—
famtjtaat (beziehen ſich nur auf die patricijchen
Geichlechter). Bei jeiner Gründung bejtand der
Staat aus lauter gentes, und nur Diejenigen
hatten bürgerliche Rechte (3. B. Stimmrecht in
den Komitien), welche einer gens angehörten. Mit
Servins Tullius hörte die Erklujivität der Ge—
jchlechterberechtigung auf, indem eine andere Bajis
für die Entwidelung des bürgerlichen und militä:
riichen Lebens der Römer, nämlich der Ceuſus,
bejtimmt worden war. Die bleibenden Vorzüge
der patriciichen Gejchlechter beichränften fich auf
die jafralen Berhältniffe, fowohl in Beziehung auf
die Aufpicien, als auf einige nur den Patriciern
zugängige priefterlicdhe Ehrenjtellen. Was die Gen:
tilfacra betrifft, jo ift zu bemerfen, daf manche
lediglih sacra privata waren, während einige
zu den publica gezählt werden müſſen, nämlich
jolche, welche der Staat gewiſſen Gejchlechtern als
erblichen Verwaltern zugeteilt hatte. Solche sacra
waren Die der gens Aurelia, lulia, Pinaria
Fabia u. j. w. In der Staiferzeit hörte die Be:
deutung der alten gentes ganz auf, und der Be:
griff ward immer mehr identijch mit Familia.
Gentius, bei den Griechen Terdıog und T’v-
rıos, König Jllyriens (des Stammes der Yabeaten)
und Bundesgenofie des makedoniſchen Königs Ber:
ſeus gegen die Römer. Er fam jehr jung zur
Regierung, zeichnete fich aber durch feine Wildheit
und Trunfjucht aus, wie ſich dies in der Ermor:
dung jeines Bruders Plator oder Pleuratus und
in der Bedrüdung jeiner Unterthanen zeigte. Pol,
29, 5. Liv. 44, 30. Durch jeine Seeräubereien
—
469
und ſeine Verbindung mit Perſeuns hatte er die
Aufmerkſamleit der Nömer auf fich gelenkt fchon
um 180 und 172 v. E, wo Gejandte von der
Inſel Iſſa den Römern jeine Abfichten mitteilten,
die num im J. 170 durch eine Flotte von 8 Schiffen
und ‚eine Abteilung von 4000 Mann Landtruppen
die Anwohner Jllyriens zu ſchützen juchten. Liv.
40, 42. 42, 26. 43, 9. Das Bündnis zwilchen
beiden Königen fam erft 168 förmlich zuftande,
worauf Gentius 2 römische Geſandte, M. Berperna
und L. PBetilius, auf Perſeus' Antrieb gefangen
jepte. Liv. 44, 27. Plut. Aem. Paul. 13. Auf
den Rat des mafedonijchen Gejandten Bantauchos
griff er mun die den Römern verbündete Stadt
Bafjania an und lieh durch jeine Bootsflottille das
Gebiet von Dyrrhachium und Apollonia verwüiten.
Liv. 44, 30. Der römifcherjeits zur Führung des
Krieges ernannte Prätor L. Anicius bejiegte mit
leichter Mühe die illyrijche Flotte und eilte dann
mit dem Landheere zum Schube Baſſanias herbei.
Sentius floh in feine Hauptjtadt Scodra, mußte
ſich aber, nachdem fein Heer geichlagen war, dem
Sieger auf Gnade und Ungnade ergeben, welcher
ihn mit feiner Familie nach Rom fendete. Anicius
hatte den Krieg in 30 Tagen vollendet (Liv.
44, 3032) und feierte im folgenden Jahre einen
Triumph, bei weldyem die Gefangenen aufgeführt
wurden. Dann wurde Gentius den Spoletinern
und, da dieje ihm micht bewachen wollten, den
Iguvinern in Gewahrfam gegeben. Illyrien wurde
durch Senatsbeichluß für frei erflärt, doch aber
zur römijchen Provinz gemadt. Liv. 45, 26. 43.
Plut. Aem. Paul. 29. — Die herba Gentiana hat
von ihm den Namen erhalten. Plin, 25, 7.
Genüa, T’evova, j. Genöva, Genua, wichtige
Handelöftadt der Ligurier am Ligurifchen Meer:
buſen, weshalb fid) die Römer jhon vor Beginn
des zweiten punijchen Krieges derjelben bemäch—
tigten. Während desjelben nahm fie der Karthager
Mago ein und zerftörte fie (Lie. 21, 32. 28, 46.
30, 1); die Römer bautey fie jpäter wieder auf.
Liv. 30, 1. Strab. 4, 201 ff. 211. 216f.
Genueli, ein patriciiches und ein plebejiiches
Gejchlecht, zu den älteften römijchen Gejchlechtern
gehörend: 1) T. Gen., im %. 476 v. E. Volks—
tribun, Urheber eines Ackergeſetzes. — Dasjelbe
war der Fall mit 2) En. Gen., Bolfstribun
473 v. E,, fiel durch Meuchelmord. Liv. 2, 54.
Dion. Hal. 9, 38. — 3) M. Gen. Augurinus,
Konjul 445 v. E., Gegner der Rogationen des
Ganulejus. Z.iv. 4, Uff. — Sein Bruder, 4) T.
Sen., vielleicht mit einer Plebejerin verheiratet,
ichlug 445 v. E. die Ernennung von 6 Kriegs—
tribunen (consulari potestate) vor ftatt der bis:
er Konfuln, deren 3 Patricier und 3 Plebejer
ein jollten, um die Rogation des Canulejus um:
wirfjam zu machen. Dion. Hal. 11, 56. 60f. —
5) En. Gen. Augurinus, Sohn des M. Ge-
nucius, Kriegstribun 399 und 396 v. E., fiel im
Kampfe gegen die Falijter. Liv. 5, 18. — 6) X.
Gen. Apdentinenfis, des vorigen Enkel, ein
Plebejer, Konſul im 3. 365 v. E., zum zweiten-
male 362, verlor gegen die Hernifer, die ihn in
einen Hinterhalt lodten, das Leben. Liv. 7, 1.6.
Diod. Sie. 16, 4. — 7) 2. Gen., gab als Bolfe:
tribun (341 v. E.) eine lex de fenore, welche alles
Binsnehmen verbot. Liv. 7, 42. — 8) E. Gen,
einer der erften Augurn aus plebejiichem Stande,
—
te
470 Genusus —
300 v. E. Lie. 10,9, — 9 C. Sen. Clepſina,
plebejijcher KRonjul im J. 276 v. E., zum zweiten:
mal 270, und 10) vielleicht jein Bruder, L. Gen.
Elepiina, Konjul 271 v. C. Einer von beiden,
wahricheinlich der erſtere Mommſen ſetzt das Er-
eignis ind J. 270) z0g gegen die empörte cam:
panische Legion in Ahegium, erftürmte nach langer
Belagerung die Stadt und lieh die Campaner ud
andern Italiker ftäupen und enthaupten, die vor:
gefundenen Römer jandte er nach Rom zur Be-
ftrafung. - Pol. 1,7. Liv. ep. 15. Oros. 4, 3. —
11) Bolfstribun 241 v. E., erlitt eine Beichimpfung
durch die Faliſter, weshalb dieje befriegt wurden.
Plut. ©. Gracch. 3. Bielleicht ift er derjelbe mit
dem Brätor Gen. Eippus, dem einft nach der
Rücklehr aus der Schlacht Hörner aus der Stirn
wuchſen (Or. met. 15, 564 ff.); als ihm geweisjagt
worden war, er würde König werden, jobald er
nad) Rom zurücdtehre, begab er fich lebenslänglich
ins Eril. Vgl. Val. Mar. 5, 6, 3. — 12) M
Geu— fiel als Kriegstribun im J. 193 dv. E. gegen
die bojiichen Gallier. Liv. 35, 5.
Genüsus, T’erovaos, Fluß Illyriens, der 3 geo—
graphiiche Meilen jüdlih von Dyrrhachium mündet,
J. Schkumbi öder Uichlomobin; dort lieferte Cäſar
den Pompejanern ein glüdliches Neitertreffen.
Caes. b. c. 3, 75. Lir. 44, 30,
Geographia, yeoypapia, von yea, yi) und
yodpew, bezeichnet bei den Griechen und Römern
gewöhnlich, was wir Erdbejchreibung nennen, wird
jedoch von den Griechen auch im Sinne eines
Erdabrifies, einer Landkarte (ſonſt wiva& yeoyoa-
ıros, lat. tabula) gebraucht. Die Entwidelung
der Geographie als Wiſſenſchaft haben die Alten
nicht zuftande gebracht; ihre geographijchen Kennt:
nifle haben jich im Verlaufe von 4 Perioden all-
mählich entwidelt, und wir betrachten im der
Sejhichte der alten Geographie: 1) die
müythiiche Geographie von den älteften Zeiten bis
auf Herodotos (444 v. E.); 2) die hiſtoriſche Geo—
graphie bis auf Eratofthenes (276 v. E.); 3) die ſyſte⸗
matiſche Geographie bis auf Btolemaios (160 n. E.);
4) die mathematische Geographie (bis 476 n. E.).
Erjte Beriode. Die älteften jchriftlichen geo—
grapbiichen Nachrichten liefern uns die Anschriften
der Ägypter, der Babylonier und Aſſyrer; find es
dort nur Nufzählungen der unterworfenen Yänder,
fo befommen wir hier auch Berzeichnifle von Städten,
Flüſſen und Gebirgen, die nach der geographiichen
Lage geordnet find. Die biblijche Erzählung von
dem Paradies mit 4, aus Einem Strom fich ab:
zweigenden Flüſſen: Piſon Indus oder Ganges ?),
Gihon (Ni ?), Hidelel (Tigris) und Phrat (Euphrat),
erflärt fihh aus der Unvolltommenheit der geogra:
phiſchen Borftellung. Auch den Jiraeliten war die
Erde eine runde, vom Meer umfloſſene Scheibe.
Das meifte von ihrem geographiichen Wiſſen ver-
danften fie den Phoinikiern, welche durd ihre
Handelsjahrten den Stoff der Länderkunde wenig:
ſtens vergrößerten. — Bei den Griechen gaben die
Dichter die erften Andeutungen, zuerſt unter ihnen
Homer. Nach ihm umflieht der Strom Ofeanos
die Erdicheibe; im W. hat er eine Einftrömung ins
Meer (Od. 10,508. 12,1), im D. liegt der Sonnen:
teich. Od. 3,1. Hellas bildet die Mitte der Scheibe,
und zunächſt der Berg Olympos als Sit der Götter.
Tas cherne Himmelsgewölbe ruht im W. auf dem
Atlas, eine ähnlihe Wölbung nach unten enthält
a ———————————————————————eeee————e — — — —— — —
Geographia.
den Tartaros. Bon den Himmelsgegenden nennt
H. nur den Dften (moös ja rt’ jelıor re) und
den Welten (meös Loyor), Tag: und Nachtjeite.
Od. 13, 241. /1. 12, 240. Nur Hellas und Klein-
afien kennt der Dichter genauer, außerdem nennt
er noch Thrake mit den —— und Abiern,
Phoinife im O. und das Land der Erember,
Aithiopen und Arimer, etwas nördlicher; im ©.
Aigyptos und Libye und das Land der Yotophagen ;
im W. mehrere fabelhafte Anfeln, unter denen
etwas deutlicher Thrinakia mit den Kuflopen und
Yaiftrygonen hervortritt. Die fabelhafte Anfel
Ogygia bildet im NW. den Mittelpunft des Meeres.
Jenſeit des Ofeanos im W. wohnen die Kimmerier.
Hefiodos (um 800 v. E.) fennt jchon in Jtalien
die Tyrrhener und Yatiner, den Atna, die Ligyes
in Gallien u. |. w.; Iſtros, Phaſis, Neilos find
ihm bekannt. Bei den Kyklikern, bei Binde:
ros (522—442 v. E.) und Aiſchylos (525
.)456 v. E.) finden wir bereits 4 Himmelsgegenden
und die 3 Erdteile Afien, Libyen und Europa
zwiichen Phafis, Nil, Säulen des Herakles, Kim-
meriſchem Boiporos; der Ofeanos ericheint jchon
als Meer. Schiffahrt und Gründung zahlreicher
Pflanzitädte hatten dabei entichieden fördernd ge:
wirkt. Die Philoiophen der ioniſchen Schule, :
Thales, Anarimander, Anarimenes, befonders aber
Pythag oras (um 548 v. E.), Anaxagoras, He:
rafleitos, Demofritos waren nur bemüht über Ge—
ftalt und Bejchaffenheit der Erde Aufllärung zu
geben; Pythagoras fam zuerjt zur Anficht von
einer Erdfugel. Die jogenannten Yogographen
oder die älteſten Hiftoriler vor Herodotos, bejon:
ders Hekataios (510-486 v. GE.) und Hella:
nifos (496-411 v. E.), legten in ihren Werfen,
3. B. einer yjs meolodog des eriteren, die all-
mählich erweiterten Nenntniffe nieder. Die Yänder
am Mittelmeer, bejonders Iberien oder Hilpanien
und Italien, der Bontos und jeine Umgebungen
find ihnen jchon genauer befannt. Ihre Kennt—
niffe endigen im W. mit den Säulen des Heralles,
im N. mit dem thrafiichen Gebirge, dem Vontos
und Kaufajos, im DO. an der Grenze des perfiichen
Neiches; im S. fennen fie wenig. — Endlich er:
weiterten Entdedungsreiien die Kenntnifle.
Auf Befehl des ägyptiſchen Königs Necho haben
Phoinifier um 600 dv. E. Afrifa umſchifft. Sfular
von Karyanda (in Karien) machte 515 auf Befehl
des Dareios Hyſtaſpis eine Entdedungsreije den
Indos hinab, dann der Küfte entlang bis zum
Arabiſchen Meerbujen. Um 500 umjcdifite der
Karthager Hanno die Weftfüfte Afrifas bis zur
Sierra-Leone-Küſte und gründete Kolonien, wäh-
rend gleichzeitig Himilko im N. Die britiichen
Inſeln entdedte. -— Zweite Periode. Herodo—
tos (484-408 v. E.) bereifte einen großen Teil
der damals befannten Welt ſelbſt und legte das
Ergebnis jeiner jcharfen Beobachtungen und jorg:
fältigen Forichungen in feinem biftorischen Werte
nieder. Die ovalrunde Erdjcheibe teilt er in
2 große Hälften, deren nördliche Europa und Nord-
aſien oberhalb des Bhafis und Kajpiichen Meeres,
die jüdliche den übrigen Teil Afiens und Libyen
(welches nur ein Teil von jenem jei) umfaht. H
fennt auch den Kaſpiſchen See ſchon als Binnenjee.
Der Arzt Kteſias (400 v. E) legte in feinen
(verlorenen) Schriften viele neue, obwohl zum Teil
fabelhafte Nachrichten über den Dften, bejonders
u
‘
ler}
Geographia. .
über defien Bewohner, ihre Sitten und Gebräuche,
nieder, Zenophon (445—355 v. E.) giebt durch
Autopfie befonders qute Nachrichten über die
Euphrat: und Tigrisländer und Kleinafien; für
Griechenland enthält dann des Thulydides (471
--400 v. E.) Werk reiche Beiträge. Außerdem trır:
gen Ephoros, Theopompos und bejonders Eudo—
xos (um 360 v. E.) zur Förderung der Erdkunde
bei: nach letzterem ijt die Erde eine in 5 Zonen
geteilte Kugel,
Naturmerfwürdigfeiten der Yänder Rückſicht. Un:
gleich größer aber wurde der Umfang der griechischen
Länderkunde, namentlih im ©. und D., durch
Aleranders Feldzüge und die in deren Folge
im Orient fich bildenden griechiichen Neiche und
KRolonieftädte; namentlih trugen hierzu bei die
Seleufiden durch Kriege in Indien), die Yagiden
und Btolemaier (durch Entdedungen an der Küſte
Arabiens und Afrikas); die Ausmeſſung der von
den makedoniſchen Beeren zurüdgelegten Wege durch
Ingenieure (Bnueriorei), jowie die wenn auch
unvolllommenen Beobachtungen der geographiichen
Breite mittelft des mittäglichen Scyattens gaben
ichon feitere Grundlagen für die Konjtruftion der
Ktarten (Erdlarten des Dikaiarchos aus Meflana
310 dv. E.). Mriftoteles (384--322 v. E.) und
jeine Schüler Theophraftos und Herafleides
aus Bontos gaben die wichtigjten Bereicherungen.
Ariftoteles bewies die Kugelgeſtalt der Erde und
nahm eine füdliche Hemtphäre an. Im NW.
unternahm Pytheas von Majlilia 334 v. E. cine
Entdedungsreije und brachte genauere Nachrichten
über die britiihen Anjeln wie über die Küſten
Galliens und Germaniens; er entdedte auch dic
Inſel Thule (Jsland?). Dritte Periode.
Auf ſolche Beobachtungen geftügt und von der rich:
tigen Anficht der Kugelform der Erde (deren Umfang
zu 250000 Stadien — 6250 Meilen berechnet)
ausgehend, fonıte Eratofthenes von Alerandreia
(276--196 v. E.) ein volljtändigeres Syſtem der
Geographie aufitellen. Durch den von ihm in 60
Teile geteilten Aquator dachte er ſich die Erdfugel
in 2 gleiche Hälften geteilt. Er zog auf der Erd—
fugel 8 Baralleltreije und 7 Meridiane; da er jich
diejelben aber rechtwinklig ſchneiden lieh, jo ver:
jchob er die Form der Yänder. Das öſtliche und
nördliche Afien, das weitliche und jüdliche Afrika,
nach unjerer Auffaflung, fehlen ihm eigentlich ganz;
bejonders bemerfenswert iſt die faliche Richtung
der atlantischen Küſte von Afrika, jowie die An—
nahme einer Berbindung des Kaſpiſchen Sees (dem
ſchon Herodot richtig als Binnenjee erkannte) mit
dem nördlichen Meer, welcher fi) nad) vorhandenen
Spuren allerdings früher weiter nördlich eritredte.
Des Eratofthenes Gegner war der große Aſtro—
nom Hipparchos (um 150 v. E.), welcher viele
Irrtümer berichtigte und mamentlich durd Zu
ziehung der Aitronomie die Geographie feiter be:
ründete. Nicht minder verdient machte fih Po—
Are (am 150 v. E.), jowie in den Werfen
des Hiftorifers Bolnbios (205—122 v. E.) ſchätz—
bare Beiträge aus den Nejultaten jeiner Reifen
in Gallien, Hilpanien, Libyen, Agypten fich finden.
Dem Strabon (66 v. E. bis 24 n. E.) verdanlen
wir das erfte noch vorhandene große und jnite-
matijch geordnete, die ganze Erde umfaſſende Wert
über die alte Erdlunde in 17 Büchern. Er benußte
alle Werke jeiner Vorgänger mit Umjicht und
auc nahm er auf Produkte und |
471
fonnte die durch die Kriege der Römer belannten
Gegenden des Weſtens genauer beichreiben als
frühere (j. Strabon); für den Dften und Süden
hatte etwas früher Marinos aus Tyros dasjelbe
gethan. Sehr wichtig für die Konſtruktion richtiger
Narten wurden namentlich die jeit Auguſtus (zuerft
durh M. Mgrippa) angeftellten Bermeflungen
aller Straßen des römischen Reichs, welche Ber:
mejlungen in der j. g. peutingerjichen Tafel
(um 230 n. E.) (Musgg. von Mannert, 1824, Des:
jarding, 1868 ff., und Miller, 1885) und in dem
Itinerarium Antonini und Hierosolywitanum (im
4. Jahrh.) niedergelegt find. Außer den Hiftorikern
diefer Periode ift hier als Duelle noch zu nennen
des Bomponius Mela (geb. um 40 n. GE.)
Schrift de situ orbis in 3 Büchern und der ältere
Plinius (23-79 n. E.) in feiner naturalis hi-
storia. — Vierte Periode Die ſchon von
Eratofthenes und Strabon auf einen wiflenjchaft-
lichen Standpunft erhobene Geographie bearbeitete
Klaudios Ptolemaios (um 140 n. E.) zuerft
in ftreng geometrijcher Weife, und jein Buch (yen-
yoapırı) vpnynsıs) blieb bis zum 16. Jahrh. das
allgemeine Lehrbuch der Erdkunde und bildet nebjt
dem Werfe des Strabon noch jeßt die Hauptquelle
und Grundlage der alten Geographie. Sein Haupt:
verdienſt befteht, außer der weit vollftändigeren
Aufzählung der einzelnen Völler, Städte, Flüſſe,
Berge u. ſ. w., darin, daß er die Grenzen der
Länder, den zus und das Ende der Gebirgs-
üge, der Juſeln, Meerbufen, Quellen und Mün-
—— der Flüſſe und die Lage der Orte nach
Graden der Länge und Breite genau beſtimmt und
dieſes Maß beiſetzt. In den ſeinem Werke beige—
ebenen Karten wendet er auch ſchon eine richtige
ßzrojeltionsart an und zieht Parallelen und Meri—
diane nicht mehr als gerade, ſich rechtwinkelig
durchichneidende Linien. Die nördliche Küfte Germa-
niens freilich fennt er nicht genauer, über die Geſtalt
der Oſtſee, ſowie über Geftalt und Größe Stan:
dinaviens hat er unrichtige Vorftellungen. Das
öftliche Ajien kennt er bis zu den Sinae (China),
dem Gangetiihen Meerbujen (j. Bengaliicher B.),
der goldenen Halbinfel (Malacca) und Java. Dann
aber glaubt er an einen Zufammenhang Njiens
und Afrikas und zieht deshalb die Küfte Hinter—
indiens jüdlich herum, wodurd; der Indiſche Ocean
zum Binnenmeer wird. — Im einzelnen verboll:
ommmete ji) die Topographie noch bejonders
durh Arrianos (im 2. Jahrh. n. E.), vornehm:
lich durch den Bericht über eine auf Befehl des
Kaiſers Hadrian im J. 137 unternommene Um—
ſchiffung des Schwarzen Meeres. Für Griechenland
iſt das Werk des Pauſanias (um 174 n. C.)
ſehr wichti Endlich iſt noch das bedeutende
Werk des — * aus Byzantion (zu Anfange
des 6. Jahrh. n. E.) zu erwähnen, FKOnixnci, ein
mit großem Fleiße aus fajt 300 Schriftjtellern
zufammengetragenes Lerifon in alphabetiicher Form
über Länder, Völker und Berge; wir befiten nur
noch einen von Hermolaos zu Ende des 7. Jahrh.
gemachten Auszug. — Beſte Ausgabe der Geo—
graphi Graeci minores, d. h. aller griechischen
Geographen außer Strabon, Pauſanias, Ptole:
maios und Stephanos von Byzanz, von C. Müller
(185561, 2 Bdd. mit Mtlas); Sammlung der
Geographi Latini minores von W. Rieſe (1878).
Bol. Berger, Gejchichte der Erdkunde der Griechen
-]
472
(1. Band 1869). Kiepert, Yehrbuch der alten Geo:
graphie (1878), ©. 1-14.
Geometria ſ. Mathematica.
Tewgogoı, in Athen einer der |. g. thejeiichen
Stände (ſ. Dvirj, 1.). — An manden, nament—
lih doriſchen, Staaten, wie Syrakus, bezeichnet
der Ausdrud (doriih Yyausgoı) den grundbe:
ſitzenden Adel, der, jelbjt in der Stadt als dem
ftaatlichen Mittelpunfte wohnend, auf den Land—
befißungen Bauern hatte. Das Verhältnis ift im
allgemeinen durch Einwanderung und Unterdrüdung,
oder doc wenigitens Bejchränfung der früheren
Beliger, entjtanden.
Geononſei heißen die Schriftiteller der Alten,
welche über den Aderbau und die Landwirtichaft
ejchrieben haben (yewrorınd). Bon griechiſchen
Schriften diefer Art befigen wir wenig: von Xeno—
phon den Olxovounög Aoyog, manches in den
Schriften des Ariftoteles und jeines Schülers
Theophraftos. Aus diejen und aus einer großen
Neihe von Schriften anderer, die uns verloren ge:
angen find, kompilierte Kaſſianos Bajjos aus
Bitönnien auf Befehl des Kailers Eonftantin VI.
um das Jahr 950 ein nod vorhandenes Werk in
20 Büchern unter dem Titel T’ewrorınd. Ausgabe
von J. N. Niclas (1781 in 4 Bbd.). — Weit reicher
iſt dieſer Zweig der Litteratur bei den Nömern
vertreten, da zur Zeit der Freiheit der römische
Staat den Yandbau bejonders ehrte und pflegte.
Der Senat ließ das Werk des Starthagers Mago
überjegen. So tritt denn M. Borcius Cato
Geometria —
Germania.
in den Nubajee münde (der h. Yaou und der
Zichadjee?). Plin. 5, 1,1.
Geraistos j. Euboia. — Geraesticus portus
war ein Hafen der Teier. Lir. 37, 27.
Geraneia j. Graecia, 3. und Megaris.
Tegaros, 1) ein Krahn, um Laften aus dem
Schiffe zu heben oder um Wafjer auszujchöpfen;
auch zur Bezeichnung einer Flugmaſchine auf dem
Theater gebraucht, mittelft welcher Götter und
Heroen auf die Bühne herabitiegen oder aufwärts
durch die Lüfte emporgehoben wurden. — 2) eine
Art Tanz, von Knaben und Mädchen mit ver:
ichlungenen Händen beionders auf der Inſel Delos
aufgeführt, vermutlich im Frühlinge beim Weg:
ziehen der Straniche. Er jollte aus der Zeit des
Theſeus, der ihn nach der Rettung aus dem La—
byrinth mit den Befreiten tanzte, ftanımen, und
jeine künſtlichen Sclingungen jollten die Win:
dungen des Yabyrinths barftellen, wenn fie nicht
vielmehr den Flug der Kraniche nachahmten.
Geräsa, r& Tococ, bedeutende Stadt in Ba:
läftina Peräa, von deren Glanz noch die mächtigen
Ruinen (Dicheraich genannt) zeugen, nördlich von
Jabbok, jüdweitlid von Boftra. Plin. 5, 16.
Gerenla, [’senrie, oder (ker&nos, [’tenvos,
nad) €. Curtius das j. Zarnata, in Meffenien
(jpäter zu Lakonien gehörig), wo Nejtor entweder
geboren war oder wohin er fich geflüchtet hatte,
während Serafles Pylos zerftörte, daher Tee.
innör« Neorwg, auch I’eg. ovgog Ayawr. Il.
10, 150. 292. Strab. 8, 340. 360. Sept bringt
Genjorius mit einem in jpäterer Überarbeitung | man das Wort bald mit yegag, bald mit yipwr
noch vorhandenen Werke de re rustica auf; nad) | in Verbindung und erflärt es „altersfriich“.
ihm zwei Sajerna, Bater und Sohn, und En.
Scrofa Tremellius, deren Schriften verloren
find. Das — Werk dieſer Gattung, des
M. Terentius Varro aus Reate 3 Bücher de
re rustica, befigen wir noch; es zeichnet fich durch
Gelchriamfeit, gebildete, wenn auch eintönige
Sprache und Ordnung aus, Vergils Greorgica
behandeln die Landwirtichaft dichteriih. In der
Kaiferzeit vollendeten Julius Hyginus, Cor:
nelius Celjus, Julius Atticus und Julius
Gräcinus diefe Wilfenichaft, X. Junius Mo:
deratus Eolumella jchrieb dann um 50 n. €.
ein Werf de re rustica in 12 Büchern in jchöner
Spradhe, ja das zehnte Buch über den Gartenbau
fogar in Berjen; er führte jomit die Landwirt:
ſchaft in den Kreis der allgemeinen Litteratur ein.
Das Werk fand namentlih gute Aufnahme in
Südgallien und Hifpanien, und fortan bildete der
Aderbau einen Unterrichtszweig in den höheren
Lehranftalten. Im 3. Jahrhundert fchrieb Gar:
gilins Martialis, im 4. Jahrhundert entitand
zum Gebrauche der Schule das Kompendium des
Palladius (Rutilius Taurus Amilianus). —-
Sammlungen der scriptores rei rusticae latini
von J. M. Gesner (1735 in 3 Bbd. und 1773 in
2 Bd.) und von Schneider (1794—96 in 4 Vbb.).
Eine neue Ausgabe hat H. Keil begonnen (Bd. 1.
1882-1884).
Ger, Teig, Gir, Fluß Qunerafrifas, der auf
dem Gebirge Ujargala entjpringen und fich dann
auf feinem öftlichen Laufe in 2 Arme teilen follte
(nach Ptolemaios), deren einer nordöftlich in den
See Chelonides münde (der h. in den Tittenjee
fließende Bar el Ghazal?), der andere ſich unter
der Erde verliere, dann wieder hervorfomme und
Gergis, Gergithos, Gergithes, T’foyıs, T’fe-
yıdog, Stadt in Troas, nördlid” vom da nicht
fern vom Granifosfluß, Sig der Teufrer. Nach
der Zerſtörung Trojas gründeten die Weite der
Bewohner im Verein mit Myſiern diefe Stadt in
weinreicher Gegend; zu Augujts Zeit war fie jchon
verjchwunden. Hdt. 5, 122. 7, 43. Xen. Hell.
3, 1, 15. Liv. 38, 39.
Gergovla, Stadt, vielleiht Hauptitadt der gal-
liichen Arverni (in der jebigen Auvergne), wahr:
icheinlich auf einem 744 m hohen Berge, 6 tilometer
jüdlich von Clermont-Ferrand, deren Name in der
Domaine Gergovie fid) erhalten hat. Cäſar juchte
die Stadt vergebens zu nehmen. Caes. b. g. 7, 4.
34. 44, 46.
Germälus ſ. Roma, 2.
Germanla, 7 T’souavie, von den Römern zum
Unterjchiede der am linken Rheinufer liegenden
germanischen Provinzen (j. Gallia g. E.) Ger-
mania Magna, G. Transrhenana oder Barbara
genannt, wurde im W. durch den Rhenus von
Gallien, im ©. durch den Danuvius von Vinde—
licien, Noricum und Pannonien, im D. durch die
ſarmatiſchen und dur die Biftula-Gebirge von
Sarmatien gejchieden, während im N. das mare
Suebicum (Dftjee) und m. Germanicum (Nordjee)
nebjt den beide verbindenden sinus Codanus (Kat:
tegat und Sund) und Lagnus (Belt) es von Skan—
dinavien jchieden, welches jedoch unter dem Namen
Scandiae insulae von den Alten mit hinzuge-
rechnet wurde, jo daß dann der Oceanus septen-
trionalis oder das Nördliche Eismeer die Grenze
machte. Das Land wurde feit Cäjar und auch nur
notdürftig bekannt, ettwas genauer in ©. und W.;
die Schilderungen von der Rauheit und Unfrucht-
Germania
barfeit desjelben (Tac. Germ. 1. 5. hist. 4, 73)
find ftets im Vergleich zu den gefegneten Ländern
am Mittelmeer zu nehmen, und namentlich fcheint
die oft wiederfchrende Klage über die germaniichen
Sümpfe übertrieben, wenngleich allmähliche Lich—
tung der Waldungen hierbei vorteilhaft gewirkt
haben wird. Im N. war das Land eben und
jumpfig, in der Mitte und im ©. gebirgig und
waldbededt. Der ganze zufammenhängende Walb-
gebirgsgürtel Mitteldeutichlands vom Rhein bis
zu den Karpathen hieß Hercynia silva (Ee-
xvvie DAn, Ogrvrie, von dem feltiichen ar, er,
* dem Subſt. eyn die Höhe), nach Cäſar (b. q
24) 60 Tagereifen lang, 9 breit; jpäter —*
3 vorzugsweiſe der Teil zwijchen den Sudeten
und Rarpathen. Bejondere Namen find Abnöba
(Schwarzwald), Alpii montes (r«& AAmı« ögn) od.
Alba (Rauhe Alp), Meliböcus (Harz), Semana
(Erzgebirge), Sudeti montes (Thüringer Wald),
Gabreta (Böhmerwald), Asciburgius mons
(z6 dexıßovgyıovr ögog) wahrſcheinlich mit den
Bandaliihen Bergen (Hiejengebirge), Luna
(Böhm.:Mähriiches Gebirge), die Sarmatiſchen
Berge (Anfänge der Karpathen), Taunus, d. i.
keltiſch Höhe (j. „die Höhe“, Taunus am Rhein und
Main), Rhetico (Siebenhaar: und Nothaarge-
birge?), der saltus Teutoburgiensis (Djning,
zwiſchen Lippe, Ems, Wejer). Im höchiten Norden
wird noch das Gebirge Sevo (Kiölen) genannt,
herabreichend bis zum Codaniſchen Bujen, deſſen
Spitze das promunturium Cimbrorum (Stagen
in Jütland) war. Außerdem werden noch genannt
Caesia silva im Lande der — lucus Badu-
hennae bei den Frieſen, Naharvalorum silva
zwijchen Oder und Weichjel. — Flüffe: 1) Rhenus
mit jeiner jüdlichen Mündung, Bahalis oder Vaca—
Ius (Waal) genannt, mit den Nebenflüflen (rechts)
Nicer (Nedar), Moenus (Main), Yaugöna oder
Logana (Lahn), Siga (Sieg), Rura (Ruhr), Lup—
pia (Lippe). 2) Danuvius (Donau) mit: (lints)
Nava (Naab), Regäanus(Regen), Cuſus Guſen),
Margus (March), Aucha (Waagh, Granua Gran).
3) Viſtula (Weichſel, deutſchen Urſprungs), deren
Nebenflüſſe nicht genannt werden. 4) Viadus oder
Vindrus (Obidadog, Oder), von den Anwohnern
auh Sunbus genannt. 5) Albis (Elbe) mit
Sala (thüringifche Saale). 6) Viſurgis (Wejer)
mit Adrana (Eder). 7) Amijia oder Amifins
(Ems). 8) Bidrus (Bechte). Unter den Seen ift
bejonders der Flevo (Zuyderſee) zu merlen, durch
welchen ein Arm des Rhenus (j. der Blieſtrom
floß. — Eine Schilderung des Landes und feiner
Bewohner giebt Tacitus in jeiner Germania. Pro:
dufte des Landes waren Urochſen, Wijente, Elen:
tiere, Bären, Eber, Rinder, Pferde, Jagdhunde,
Schweine, Schafe, Gänfe, Fiſche, Bienen; das
Pflanzenreich lieferte viel Holz, aber fein edles
Obſt; Getreide, bejonders Gerjte, Hafer, Weizen,
Bohnen, große Nettige (nach Plinius von der Größe
eines Fleinen Kindes); auch an Metallen fehlte es
nicht. Das harakteriftiiche Hauptproduft an der
Nordfüfte war der Bernftein. — Das jeßige
Deutichland bewohnten zur Zeit des Anfangs hifto-
riſcher Kunde von Nordeuropa zum großen Teile,
bejonders aber im ganzen Süden an der Donau
und im Weften zu beiden Seiten des Rheins, Völker
feltijhen, und zwar vorzugsweije Iymrijchen
Stammes (j. Gallia, Bewohner). So erflärt ſich
473
die gr feltijche Benennung der Flüffe und Ge—
birge. Namentlich werden von feltijchen Völker—
ichaften angeführt die Volcae Tectojages im
dftlichen Teile des Herchniſchen Waldes, die Bojer
an der oberen Elbe (davon Boiohaemum, Beeheim,
Böhmen), die Helvetier, urjprünglich am Main
und Nedar und bis zu den Alpen, erjt im 1. Jahr:
hundert v. E. weiter ſüdwärts gedrängt, und Fleinere
Bölferichaften wie Turonen zwiichen Main und
Nedar, Kampi am Gabretawald. Der Name der
Bewohner der deutjchen Waldgebirge, Germäni
(Tsouavoi‘), d. h. wahricheinlich Wäldner, Wald—
landbewohner (nach andern: Nachbarn), ift Felti-
ſchen Urjprungs, wurde zuerft von Cäſar und
überhaupt von den Römern auf die ganze Maſſe
der deutichen Bölfer ausgedehnt und wird auch
jeßt beibehalten, da ein einheimiicher Name für
das ganze Volk ſich nicht findet. Die Römer im
2. und 3. Jahrh. n. C. nannten auch wohl die am
DOftufer des Rheins entjtchenden Bölferbündniffe
der Alemannen und jpäter der Franken Ger:
manen, im Gegenſatz zu den Küſtenvölkern und
dem der Sueven an der Donau und im Innern.
Auf Grund einer mythiſchen Stammfjage (Tae.
Germ. 2) zerfielen die Germanen in 3 große Haupt:
ftämme: Ingävonen (Ingväonen) Hermino:
nen (richtiger als Hermionen) und Iſtävonen
(richtiger als Iſeävonen), mit patronymijcher Form
von den Söhnen des Mannus d. h. des Menichen,
des denfenden Wejens. „Es ift ein vergebliches
Bemühen, die verſchiedenen Völlerſchaften, welche
in der Gejchichte auftreten, auf dieſe Stämme zu:
rüdzuführen” (Ranke). Doch umfahten vielleicht
die erjten die Völker an der Küſte, bejonders der
Nordjee, mit altfriefiichem und altſächſiſchem Dia:
left, die zweiten die Völker im Mittellande und
längs der Donau, mit althochdeutihem Dialett,
die Hermunduren, Semnonen, Marcomannen; die
legten endlich die Völker des weſtlichen Deutſch—
lands am Rhein. — Nach ihren Wohnfigen unter:
jcheiden wir unter den Germanen folgende Bölfer:
1) Völker des Küjtengebiets vom Rhein bis zum
Baltiichen Meere (von W. nad) D.): Friſii vom
Blieftrom bis zur Ems, Cha uci in den Moorniede-
rungen von der Weſer bis zur Elbe; im inneren
Laude au der Ems die Amſivariiz öftlich an der
Weſer die Angrivarii (fpäter Engern) mit den
Foſi und Dulgibini; jenjeit der Elbe (im fpäteren
Nordalbingien) die Sarones, der Kern der jpäte:
ren Bölfervereinigung d. N., die Heineren Völker
der cimbriichen Halbinfel, welche bei den Germanen
Gartris hieß, die Chaviones oder Aviones,
Eduſii (Sed.) oder Eudoji, die Harudes, die
Angeln, Angili, in der noch jeht jo genannten
Landſchaft Schleswigs, die Spardoni, Teutones
oder Juti. 2) die Völker im Mittellande und
an der Donau: Eherujci, Chatti (Vorfahren
der jpäteren Heflen) mit der Stadt Mattium, Der:
munduri (die jpäteren Thüringer). 3) die Völker
im WVeften: die Sugambern oder Sigambern,
die Ubier, Ujipier und Tencterer, die Marier,
Bataver, Tubanten, Chamaven, Chattu:
arier und Bructerer. — Oftgermaniiche Stämme,
die Plinius zufammen Vandilier oder Vindi—
lier nennt, waren: die Semnones zwiſchen Elbe
und Oder, nördlich von ihnen die Yangobardi
und Barini an der unteren Elbe, die Yugioncs
oder Yigii in den Ebenen der oberen Oder und
474
MWeichfel, die Marcomannen und Quaden in
Böhmen und den angrenzenden Yändern, an der
unteren Donau die Baftarner und Beufiner.
Die äußerſten öftlihen Grenzvölter endlich find
Burgundionen, Rugier, Sfiren und Gut:
tonen (aud Gotonen, Gotti, ſpäter Gothi gen.).
— Städte hatten die alten Germanen fat gar
nicht, die vorhandenen Namen laffen fich ihrer Lage
nad) nicht immer ficher bejtimmen. Die Städte am
Rhein und an der Donau waren römische Anlageıt.
Germanicus Caesar, Sohn Des Nero Clan:
dius Druſus und der jüngeren Antonia, der Tochter
des Triumvirs Antonius und der jüngeren Octavia,
Neffe des Tiberius, Adoptivenfel. und Sroßneffe
des Auguſtus, geboren 24. Mai 15 v. E., erhielt
nebft jeinem Bruder durch Senatsbejchluß den
Beinamen Germanicıs, führte denfelben aber vor:
zugsweije vor jeinem Bruder Claudius, dem nadı:
maligen Maifer. Auguftus hatte Tange Zeit Die
Abjicht, den trefflichen Rüngling zu feinem Nach:
folger zu ernennen, und gebot \päter dem dazu
bejtimmten Tiberius, ihn zu adoptieren. Suet. Tıb.
15. 52. Tae. ann, 1,3. Dio Cass. 55, 13. Seine
eriten Xorbeeren gewann er mit Tiberius im Kriege
gegen die aufrühreriichen Banuonier, von T--Un.E.,
und erhielt dafür ſpäter die Ehre des Triumphes.
Im zweiten Jahre nach der Niederlage des Varus
dar n. €.) drang er unter jeinem Adoptivvater in
Deutichland vor und lagerte inmitten des Yandes.
Dod) überließ er die Fortjegung des Kampfes dem
Tiberius und ging im Winter nach Kom, wo er
(12) das Konfulat verwaltete. Pio Cass. 56, 26.
Als Konful übernahm er die Berteidigung der
Angellagten oft jelbjt und erwarb fich die Zunei—
gung und Liebe des Volkes in hohen Grabe.
Nachdem er am 16. Januar 13 triumphiert hatte,
begab er fi an den Rhein, ohne indes in diejem
oder dem folgenden Jahre Wichtiges zu unter:
nehmen; er begmügte ſich mit der Berteidigung
der Nheingrenze. Dio (ass. 57, 3. Vell. Pat.
2, 123. Auf die Nachricht vom Tode des Auguſtus
(14) erhoben fich die germanischen Legionen gegen
Tiberius und wollten den Germ. zur Übernahme
der Führung zwingen (Fell. Pat. 2, 125. Dio
Cass. 57, 4. Tac. ann. 1, 31. 35; nad) Dio Cuss.
57, 5 und Zonar. 11, 1 wurde er jogar ald Im—
perator ausgerufen); es gelang jedoch jeiner Be:
redjamfeit und jeinem Edelmute, die Ruhe unter
den menterijchen Yegionen herauftellen und dem
neuen Kaiſer die Treue des Heeres zu fichern,
obgleidy es nicht ohne blutige Strenge gegen die
Empörer abging. Darauf ging er eigenmächtig
über den Rhein, drang bis über die Ems vor, jchlug
die Marier, zerftörte ihr Heiligtum, den Tempel
der Tanfana, und fam unter heftigen Kämpfen
mit den Germanen glüdlich wieder über den Rhein.
Tae. ann. 1,49. Tiberius freute fich zwar über
die Siege, wurde aber auf das Anſehn des Wer:
manicus beim Heere eiferfüdhtig, ohne daß er es
zunächſt wagte ihn zurückzuruſen. Germanicus ging
inzwiſchen (15) zum zweitenmale über den Rhein
und befiegte die Chatten, während fein Feldherr
Käcina die Cherniter jchlug. Zae. ann. 1, 55.
Tarauf zog er auf Bitten des Segeftes (wiederum
eigenmädtig) gegen die Cheruſter unter Arminius
und ſchlug fie. Als darauf Arminius die deutichen
Bölfer aufwiegelte, unternahm Germanicus, der
wegen ſeiner Siege den Titel Imperator erhalten
Germanicus Caesar.
hatte, einen neuen Zug gegen die Cheruſter und
Bructerer, drang bis an die Ems vor, verwüſtete
alles Yand rings umber, beftattete im Teutoburger
Walde die Gebeine der unter Varus gefallenen
Krieger (Taec. ann. 1,57 ff.), lieferte dem Arminins
eine bintige Schlacht und trat dann, ftet3 von den
Deutſchen verfolgt und angegriffen, den Rückzug
an. Im J. 16 beichlo er einen neuen Einfall
in Germanien, indem er einen Teil feines Heeres
über den Nhein gehen lief, während er jelbit von
ber Juſel der Bataver her an der Mündung der
Ems landen wollte. Bon hier aus drang er über
die Weſer vor, jchlug den Arminius auf dem
eampus Idiſiaviſo, dann nochmals weiter öſtlich
(etwa in der Gegend des Steinhuder Meeres) und
trat dort den Rüchzug an die Ems au, wo er jein
Heer wieder einſchiffte und nach Überftehung eines
heftigen Sturmes unter jchweren Berluften mit
den Reſt der Flotte wieder heimfehrte. Tae. ann.
2,6-—-25. Suet. Cal. 3. Dio Cass. 57, 18. Da die
Germanen fich aber nad) jeinem Abzuge jogleich
wieder empörten, jann er auf nene Unternehmungen,
als Tiberius ihn zurüdrief. Er wurde in Rom
mit Jubel empfangen und hielt am 26. Mai des
Jahres 17 einen glänzenden Triumph. Tae. ann.
2,26. 41. Strab. 7, 201. Daranf jandte ihn der
Kaiſer nah Afien zur Ordnung der dortigen An—
gelegenheiten (17). Vorher bereijte er Griechen:
land, wurde glänzend aufgenommen und ging dann
nach Syrien, ordnete die Berhältniffe der einzelnen
Provinzen, erwarb dem Reiche neue und bejuchte
dann Agypten. Zuc. ann 2,43. Vell. Pat. 2,129.
Inzwiſchen hatte der Statthalter von Syrien,
En. Piſo (ij. Calpurnii, 14.), der von Tiberins
angemwiejen war, dem Germ. eine Bolitif auf eigene
Hand unmöglich zu maden, defien Anordnungen
umgeftoßen oder wenigitens ganz illuſoriſch ge:
macht. Jae. ann. 2, 69. Als Germanicus aus
Syrien zurüdfam, verfiel er plöglich in eine Krank—
heit, wie er und feine Umgebung meinten und er:
Härten, von Piſos Gattin Plancina vergiftet. Er
ftarb im Oftober 19. Zwar wurde gegen Piſo die
Bejchuldiaung auf Bergiftung des Germanicus er:
hoben, doch hat fidy bei dem gerichtlichen Berfahren
die Schuld des Angeklagten keineswegs nachweiien
laſſen. Tac. ann. 2, 82. 3,11. Suet. Cal. 1. Plim.
n. h. 11, 37, 187. Groß war die Trauer im ganzen
Reiche, am größten in Nom, wo fie fidh bei der
Ankunft der Niche durch den tiefften Schmerz fund:
gab. Nur Tiberius und Livia jcheinen denjelben
nicht geteilt zu haben. Zac. ann. 3, 1 ff. Allgemein
beliebt bei allen Ständen, ein Mann von den edeljten
Herzenseigenſchaften, der jeltenften Bildung Red—
ner und Dichter, Suet. Cal. 3. Ov. ec Pont.
4,8, 65 ff.), hatte er große Hoffnungen erwedt.
Seine Neden rühmen die Alten ſehr; auch grie—
ciiche Komödien hatte er verfaht. - - Wir befiben
von ihm (wie von Eicero und Avienus) eine poe—
tiiche Bearbeitung des Lehrgedichts von Aratos
unter dem Titel Claudii Caesaris Arati V’haeno-
mena, die fich durch dichterifchen Schwung und
geichidten Versbau auszeichnet und ſchon im Alter:
tume fommentiert worden ijt. Mit Unrecht hat
man jie dem Domitian zugejchrieben. Ausgg. (mit
Phädrus) von Drelli (1831), Giles (1835), ſamt
den Scholien von Breyſig (1867) und in Bährens'
poet. Lat, min. I p. 142 ff. — Nbhandlung von
Bingerle (1867).
Germanii — Gesetzgebung.
Germanii, T’sgucrıor, perfiiher Stamm. Hdt.
1, 125.
Germinii, Völkerſchaft des nördlichen Epeiros
mit dem Kaftell Chimaira. Caes. b. c. 3, 6.
Gerrhaei, Drgpaior, Bewohner der reichen und
mächtigen Stadt Gerrha an der Oſtküſte Arabiens
nicht fern (200 Stadien) vom Erpthratiichen (Ber:
fiichen) Meerbujen; die Stadt hatte 5 Millien im
Umfang. Strab. 16, 766. 778.
— en wen ytoorrwr), der Rat der Alten,
Name der oberiten Staatsgewalt in ariftofratischen
Staaten (ſ,. Bovin). An Sparta beitand die
Gerufia aus 28, mit den beiden Königen, die
Stimme und den Vorſitz im Senate hatten, aus
30 Mitgliedern. Sie mußten das jechzigite Yebens:
jahr überjchritten haben und wurden auf Lebens—
zeit gewählt, und es galt, früher wenigjtens, für
die größte Auszeichnung und höchſte Belohnung
der Tugend, in den Senat zu gelangen (&gsrijs
«Vlov, Demosth. Lept. p. 489). Seitdem die
Trennung der Homoien von den übrigen Bürgern
eingetreten war, wurden die Öeronten natürlich aus
den erjteren gewählt. — Die Gerufia war nad)
Lyfurgos’ Einrichtung die wichtigfte und einfluß:
reichfte Staatsbehörde, die Macht der Könige wie
die der Eklleſia bejchräntend. Schon die Lebens:
länglichteit und Unverantwortlichteit ihrer Mit:
glieder gab ihr eine hervorragende Stellung. Ihre
Thätigfeit war eine doppelte, einmal eine richter:
liche über gewifle ſchwere Bergehungen, die mit
Tod oder Atimie beftraft wurden, namentlich über
Berbreden der Könige, ſodann eine politische, indem
in der Gerufia die dem Bolfe vorzulegenden Ge:
feße und Beichlüffe vorberaten wurden. Eine Be:
ftätigung der Senatsbeichlüffe dur das Volk war
im allgemeinen notwendig. Mit dem wachſenden
Einfluſſe des Ephorats, das fich befonders auf die
Ekkleſia ftüßte, mußte das Anjchn der Gerufia, an
deren Spige die Könige ftanden, wie der Iyfur:
giichen Einrichtungen überhaupt finten. — Ahnlich
war bei den Kretern die Macht der Gerufia, die
auch als Bovir bezeichnet wird. Die Zahl der
Mitglieder belief ſich wahrjcheinlih auf 28 oder 30.
Erwählt wurden fie aus den 10x00u0«u(j.Kreta, 6.)
nach tadelfreier Bollendung ihres Amtes — Die
homeriichen Geronten find die „Volksälteſten“, d. h.
die vornehmiten, dem Oberlönige zur Seite ftehen-
den Häupter der edeljten familien, wo der Begriff
des Alters zurüdtritt, wie im senatus in Ron,
der signoria in Venedig, bei dem seigneur in
Frankreich.
Geryönes ſ. Herakles, 9.
Tas avadaogos, Üderverteilung, nebjt dem
Schuldenerlai (rorör droxorn)) eine der Maß—
regeln, die in gricchtiichen Staaten beim Siege des
Demos über die herrichende Dligarchie einzutreten
pflegten. Über den weijen und vermittelnden Weg,
den Solon, dem Verlangen der Volkspartei nad)
diejen Maßregeln gegenüber, einſchlug, die |. g.
osısdydeıe, ſ. Doukn, 5.
Gesetzgebung. I. In dem urjprünglichen Zu:
ftande des hellenijchen Staats wie des Staats
überhaupt erjcheinen die Geſetze (vouor) nicht als
etwas Gewordenes, Werdendes und Veränderliches,
fondern als die jejte Macht, die den Staat be:
ftimmt, unvderänderlich und ohne nachweisbaren Ur:
fprung (j. auch Ayeagpoı vounı). Der König als
Repräjentant der Richtergewalt iſt der oberfte Ber:
475
walter und Ausleger der Geſetze. Wo nach dem
allmählichen Abfterben der patriarchaliſchen Staats-
form die aus dem Yuftande innerer Zerrüttung
hervorgegangene Bildung neuer Berhältnijje und
Beziehungen der ftaatlichen Elemente unterein:
ander auch neue Gejege, um die ſich trennenden
und befeindenden Elemente zu vereinigen ılmd zu:
fammenzuhalten, notwendig machte, war der ge:
wöhnliche Weg der, daß die gejeßgeberiihe Thä—
tigfeit einem einzelnen, in allgemeinem Bertrauen
ftehenden Manne übergeben wurde. So finden
wir im epizephyriichen Lokri Zaleufos, in Katana
Charondas, in Laledaimon Lykurgos, in Athen
Drakon und Solon durd das Bertrauen ihrer
Mitbürger zur Herſtellung eines neuen und ge:
ordnneten Staatswejens berufen (j. auch Aisy-
mnetes). Wo nun aber einmal geordnete und
gejegmähine Zuftände vorhanden waren, wurde das
Aufheben bejtehender und das Einführen nener Ge:
jebe ſehr erichwert, jo auch in dem demofratiichen
Athen, jo lange wenigitens als wirklid das Geſetz
und nicht die Willfür der Efflefia den Staat be:
herrichte, jolange nicht Yrp/suere« an Stelle der
vouor gejegt wurden. Die Geſetzgebung war viel:
mehr nach der jolonijchen Berfafjung der Gewalt
der Boltsverfammlung jo weit entnommen, daß in
derielben (in der erjten zur Nevifion der Geſetze
beitimmten Verſammlung des Jahres) nur etwa
mangelhafte Punkte bezeichnet und Wünjche aus:
geſprochen, Vorſchläge gemacht wurden; die Ent:
jcheidung fiel dann den aus der Yahl der ge:
ſchworenen SHeliaften entnommenen Nomotheten
anheim (j. Demosth. Lept. p. 485). Uber das
Verfahren vor den Nomotheten, weldyes dem ge:
richtlichen Verfahren entiprady, |. Exrrinale, 6.
— 11. Eine Hauptitelle über die Entwidelung der
römischen Gejeßgebung findet ſich in einem Ex—
kurje des Tacitus (ann. 3, 26--28). Nach ihm
war der erjte wirfliche Gejebgeber unter den Nö:
mern Servius Tullius, die Vorgänger begnügten
ſich mit einzelnen Beitimmungen. Dod werden
von andern auch jchon Gejepe des Romulus und
der nächjten Nachfolger mit wörtlichen Eitaten er-
wähnt; man nannte fie im allgemeinen regine
leges (commentarii regum, (ic. Rab. 5, 15), die
jedoch nah Dion. Hal. 3,36 nur eine Samm—
lung von Formeln des jafralen Rechts waren.
Sie jollen von einem Papirius gegen Ende der
Königszeit (ius Papirianum ) gejammelt worden
jein. Einen Kommentar dazu verfahte Granius
Flaccus zur Zeit des Cäjar (liber ad Caesarem
de indigitamentis scriptus). Auch Kaiſer Clau—
dius juchte noch Geſetze des Könige Tullus Hoſti—
lius hervor (Taec. ann. 12, 8). ic Gejebgebung
des Servius Tullins beruhte auf ariftotratiicher
Srundlage, imfofern fie auf dem Unterjchied des
Vermögens und dem ftaatlichen Übergewicht der
Reichen bafierte. Nach Vertreibung der Nönige
wurden wieder nur einzelne Geſetze gegen Die
Übergriffe der Batricier gegeben, die aber doch die
‚Freiheit der Bürger ſchützten und den Streit der
beiden Stände im ganzen in organiiche Bahnen
feiteten, bis die Zwölftafelgeſetze der Decempirn
451 und 450 v. E. die gejchriebene Grundlage
alles jpäteren Nechts für die Nömer ichufen. Wir
fennen Fragmente nur aus den zerjtreuten An—
gaben jpäterer Autoren, namentlich aus Cicero
de legibus, aus Feſtus und aus Gaius, bisweilen
476
mit der Angabe der betreffenden Tafeln (vgl.
Tabulae, 5... Den erjten Verſuch der Wieder:
herftellung und Anordnung derjelben machte Jacob
Sothofredus in jeinen quatuor fontes iuris ci-
vilis (1653); vervollftändigt find fie von Dirkſen
(1824), in neuerer Zeit von R. Schöll heraus:
gegeben: Legis duodecim tabularum reliquiae
(1866). Tacitus datiert von dieſen 12 Tafeln an
den Verfall der römiichen Gejeßgebung (duodecim
tabulae finis aequi iuris). Die leges Liciniae
Sextine 366 v. C. ficherten den Plebejern die
ftaatliche Gleichjtelung mit den WBatriciern. Die
nun zunächit folgenden 2 Jahrhunderte waren
wegen der fortdauernden Kriege mit auswärtigen
Bölfern der Entwidelung der Gejeßgebung nicht
günftig, fie brachten vielmehr die Liciniſchen Ge:
jepe in Vergeſſenheit und jchufen in Verbindung
mit andern Berhältniffen ein Proletariat, das
früher oder jpäter den gänzlichen Ruin des römi-
ihen Staatswejens drohte. Die wohlgemeinten
Neformverfuche der beiden Grachhen, 134—122
v. E., von vielen angejehenen und hervorragenden
Männern des Staats an fich gebilligt, doch von
vornherein als ein vergebliches Unternehmen an:
gejehen, erregten jchlieglich den volliten Haß der
Nobilität gegen die Geſetze der auch nod heute
verſchieden beurteilten Männer. Gewiß iſt, daß
auf Grund dieſer Geſetze und ihrer weiteren Kon—
ſequenzen durch Saturninus und Druſus die Demo—
fratie ihr Haupt erhob und mit dem Untergange
der Nepublif zur Monarchie überführte. Zwar
jtellte Sulla durch jeine Reformgejehgebung 82 v. C.
(f. Leges Corneliae) das Übergewicht der Ari:
ftofratie, freilich in derjelben Einjeitigkeit, wieder
her (vgl. Zachariä, 8. Cornelius Sulla), doch jo:
gleich nach feinem Tode im J. 78 regte jich wieder
die Oppofition der Demokratie mit wechjelndem
Erfolge. Da konnte die Geſetzgebung es nur zu
jogenannten ſtets wiederholten privilegia bringen
(in singulos homines latae quaestiones). I
J. 52 v. E. befam endlich Bompejus Auftrag, im
Staate wieder geſetzmäßige Zuftände zu begründen
(Leg. de vi und de ambitu, Dio (ass. 45, 51 ff.
App. b. c. 2, 23. 24). Er jelber jedoch trug fein
Bedenken, ſich über jeine eigenen Geſetze zu ftellen
(suarum legum auctor idem ac subversor, Cie.
ad Att. 8,3, 3). Plut. Pomg. 55. 56. Und nun
gar in den folgenden 24 Jahren bloßer perjön-
licher Machtbeftrebungen und Antriguen zwijchen
Cäſar und Pompejus, und darauf des letzten
Ningens der Nepublif wurde alles Heilige mit
Füßen getreten und das Recht verkehrt (non mos,
non ius). Erſt mit der Kaiſerherrſchaft durch
Auguftus kehrten geordnete Zuſtände wieder durch
Geſetze, die den Verhältniffen der Fürftenherrichaft
und den Erfordernifjen des Friedens gemäh waren.
Auguftus ftellte dieje feine Geſetzgebung unter den
Schuß und die Aufficht jedes Bürgers (custodes
legum inditi). Sofort bildete ſich ein fürmliches
Geſchäft der Öffentlichen Ankläger (delatores),
namentlich jeit im J. 9 n. E. die lex Papia
Poppaea durch verheißene Belohnung dazu an:
lodte. Bald verfolgten dieje Delatoren a per:
jönliches als das Staatsintereffe und brachten un:
jägliches Elend über alle Familien, bis endlich
20 n. C. Tiberius durd eine Kommiſſion von
15 Männern zwar nicht die lex Pap. Popp. auf: | und die Olympier.
Gessius Florus — Giganten.
liche Erleichterung gewährte. Das Anftitut der
öffentlichen Gejegeswächter dauerte aber noch lange
im römischen Staate fort; wenn auch oftmals mit
den bärteften Strafen belegt, erhoben fie ftets
wieder ihre jelbftjüchtige Stimme (Tac. ann. 4, 30:
genus hominum publico exitio repertum et ne
poenis quidem unquam satis coörcitum). All:
mählic ging in der Trolgezeit die Geſetzgebung
auf den faiferlihen Willen über, die pofitive Quelle
der Geſetzgebung war verjiegt, aber doch erwarb
fi) Juſtinianus (ſ. d.) durch die formelle Zuſam—
menftellung des römischen Nechts in dem corpus
iuris und durch die Abfaffung der 4 Bücher in-
stitutiones unbeftrittenes Verdienſt für alle Folge:
zeit. gl. luris consulti.
Gessius (nicht Cestius) Florus, aus Klazo—
menai in Kleinafien, jeit dem 3. 64 n. E. Pro:
furator von Judäa, rief durch feine Erprefjungen
und feine Grauſamkeiten den jüdiichen Krieg her:
vor (6. Auguſt 66), der auch nad dem Falle
Jeruſalems (2. September 70) erft im J. 72 ganz
beendigt wurde. Teac. hist. 5, 10. Suet. Vesp. 4.
Joseph. bell. Jud. 2, 14 ff.
Gestatio hie überhaupt das Herumtragen in
der Sänfte (lectica); jodann der in den Billen
und Gärten reicher Römer für das Herumtragen
angelegte bejondere Raum (ein breiter, wenn auch
nicht immer geradliniger Gang), welcher unjeren
Allen ähnlich gewejen jein mag.
Gestio, 1) pro herede gestio, die ftilljchwei:
gende Antretung einer Erbichaft,, indem der Erbe
Handlungen vornimmt, welche nur dem gejeblich
beftimmten Erben zukommen; — 2) gestio sc. ne—
gotiorum, die Geichäftsbejorgung des Vormundes
für jeinen Mündel mit jpäterer Nechnungsablegung.
Geta (Antoninus) f. Caracalla.
Getae, T’erar, ein thrafiiches, eigentlich mit
den Dakern identijches Bolt (leßterer Name ift
römijch feit Auguſts Zeit), zu beiden Seiten des
Siter (True. 2, 96. Hat. 4, 93) von der Mündung
aufwärts bis zur Theiß um die Flüſſe Marifia
(Marojch), Aluta (Oltu oder Alt), Hierajos (Sereth).
Das um 50 v. E. gegründete getiſch-dakiſche Reich
des Byrebiſtas zerfiel bald nad) defien Tode zur
Zeit des Anguftus. Unter Decebalus icharte ſich
zu Domitians und Trajans Zeiten noch einmal
eine bedeutende Macht zufammen, die aber Trajan
106 n. E. völlig befiegte, jo dal das Land römijche
Provinz wurde und bis 274 blieb. Die Geten
waren ein religidjes Volt, welches nach Strabons
Bericht fi tieriicher Nahrung enthielt. Strab.
7, 294 ff. Bol. auch Gothi.
Giganten, Tiyag, iyanzes, Gigrantes, bei
Homer ein riefiges, frevelhaftes Menichengeichlecht
in der Gegend von Hypereia, alfo in der Nähe
von Thrinakia, doch wie die Kyflopen und Phaia-
fen den Göttern verwandt. Ahr König war Eury—
medon: dieſer wurde jamt jeinem Bolfe wegen
feines Frevels von den Göttern vertilgt. Od. 7, 58.
206. 10, 120. Bei Hefiod (theog. 185) find jie
ha der Gaia, entiprofen aus dem Blute des
verjtümmelten Uranos, gewaltig und groß. Die
jpäteren Dichter vermengten die Giganten oft mit
den Titanen, und man erfchuf, wie es von alter
Zeit her eine Titanomachie gab, auch eine Giganto:
machie, einen Kampf der Giganten gegen Zeus
Die riefigen Giganten mit
bob, aber dod) für den Augenblid manche perſön- ſchuppigen Drachenjchwänzen ftatt der Füße, mit
Giskon — Gladiatores.
langem Haupt: und Barthaar und furchtbarem
Antlig (von der Kunſt zum Teil geflügelt, ein:
zelne auch mit Löwenkopf und Löwentatzen, andre
Dagegen ganz menſchlich dargejtellt), griffen auf
den Phlegraiiichen Feldern (in Theflalien, auf
dem mafedonijchen oder thrafiichen Pallene, in
Arladien, Sampanien, im äufßerjten Weiten, immer
aber in vulfanischen Gegenden) mit relsblöden
und Baumſtämmen den Himmel an; aber Zeus
und die Dlympier in Berbindung mit Herakles
töteten fie alle. Apollod. 1, 6,1f. Or. met. 1, 151.
gemadht: Altyoneus und PBorphyrion (beide
zeichneten jich im Gigantenfampf bejonders aus),
Agrios, Ephialtes, Pallas, Enfelados,
Kiytios, Thoon, Hippolytos, Polybotes,
Eurytos, Chthonophylos, Eryjidhthon,
Ochthaios. Manche derjelben werden unter Bul:
fanen liegend gedacht. — Die großartigite und
zugleich mannigfaltigite Darftellung der Giganten
477
zeigt der folojjale Fries von Pergamon (j. in
Berlin, ſ. Pergamon), die altertüimlichite der
in Olympia in den legten Jahren aufgefundene
Giebel vom Schaphaufe der Megareer (etiwa aus
der Mitte des 6. Jahrh. v. E. und wahrſcheinlich
ein Werk aus der Schule des Dipoinos und
Styllis, her 3.). — Abbildgn.: 1) Dar:
ftellung von Zeus niedergefämpften Giganten
auf einem berühmten Cameo aus Sardonyx in der
föniglichen — zu Neapel, einem Werke
des Athenion. — 2) Gruppe aus dem Giganten:
fries von Pergamon: Athene im Kampf mit einem
geflügelten Giganten, gefrönt von Nife, während
Se, die Mutter der Giganten, mit flagender Ge:
bärde aus der Tiefe auftaucht.
Giskon, I\orwr, I!onwr, Name mehrerer
farthagiücher Feldherren: 1) ein Sohn Hamilfars,
flüchtete nach der unglüdlichen Schlacht am Himera—
fluß nad Selinns. — 2) ein Sohn Hannos, zeid):
nete fih im Kampfe gegen Timoleon als tüchtiger
Feldherr aus, 340 dv. E. Plut. Timol. 34.
3) befehligte um 241 v. C. in Lilybaion und
führte die Söldner in Heinen Scharen nad) Afrika
inüber, wogegen freilid) die Karthager mit der
uszahlung des Soldes jo lange warteten, bis
der ganze Haufe verjammelt war. Auf den Wunſch
der Söldner fam Gijfon wegen Abſchließung eines
Vertrages in ihr Lager. Auf Veranlafjung des
Spendios aber, eines ihrer Anführer, wurde ©.
gefangen genommen und jpäter, um eine Aus:
jöhnung zu verhindern, unter großen Marterı ge:
tötet. Pol. 1, 66 ff.
Glabrio j. Acilii.
Gladiatoren- oder Fechterkrieg j. Spar-
tacus.
Gladiatöres. Die Gladiatorenjpiele waren ur: 1
ſprünglich bei den Etrujfern Leichenſpiele, welde
an die Stelle der zum Andenfen der Verſtorbenen
478
vollzogenen Menjchenopfer getreten waren (Tertull.
de spect. 5, 6); aber bei den Römern verjchwand
dieje Bedeutung bei ihrem Freiheitsſtolze bald
vor dem Vergnügen, welches das Anjchauen des
Todesfampfes der Sklaven, .die nach ihren Be-
griffen weder moraliihen noch politiichen Wert
hatten, gewährte (vile damnum, Tae.). Zu ihrer
weiteren Empfehlung trug die Rüdjicht auf die
Erziehung und die Erhaltung des friegerijchen
Sinnes der Römer bei, der durch fie für jede
menſchliche Negung gegen Feinde abgeftumpft wer:
den mußte, ſowie auch endlich der zum Bewußt—
jein gekommene Gedanke, daß ſolche Sladiatoren-
fümpfe ein höchſt förderliches Mittel wären, fich
der Gunst des großen Haufens zu verfichern. Mit | Er
jolchen Sophijmen verteidigen Cicero (tuse, 2, 17),
Plinius (pan. 33) und Seneca die Gladiatoren-
fämpfe gegen Stimmen, welche diejelben ein grau—
james und allem menſchlichen Gefühl widerftre-
bendes Schaufpiel nannten. Als Leichenjpiele treten
uns die munera gladiatoria in Nom zuerſt im
J 265 dv. C. entgegen, durch die beiden Brüder
M. und D. Brutus zu Ehren ihres verftorbenen
Vaters auf dem forum boarium gegeben. Lir.
ep. 16. Val. Mar. 2, 4,7. Mehrere andere Gla-
diatorenfämpfe, welche bei den Bejtattungen be—
rühmter Männer ftattfanden, werden auch jpäter
erwähnt; die eigentliche Ausbildung diejes In—
ftituts aber fällt erft in die lebten Zeiten der
Nepublif. Auch Cäſar veranftaltete ein Gladia—
torenjpiel auf dem forum (Plin. 15, 20), ſowie
überhaupt bei der Anlage neuer Städte in Jtalien
der Marltplaß ſtets mit Rüdficht auf die Gladia—
torenfämpfe angelegt wurde. Gegen Ende der Ne:
publif (der erfte E. Scribonius Curio, 53 v. E.)
wurden eigene Amphitheater dazu erbaut (j. Thea-
tron, 175.) mit offener Arena. — Die Gladia—
toren waren gewöhnlich Kriegsgefangene, die früher
einem lanista übergeben wurden, um in jeder Weije
für eine tapfere, geſchickte und intereffante Kunſt—
darjtellung eingeübt zu werden. Bald unterhielten
dieje Yaniftae auf eigene Hand eine hinlänglich
große Anzahl von Gladiatoren (familiae gladia-
torum, lanistarum, ludi gladiatorii genannt) und
vermieteten oder verlauften davon an diejenigen,
welche dem Bolfe ſolches Schaufpiel veranftalten
wollten. Ja jelbft jeder mächtige oder reiche
Römer hielt fid) jolche Gladiatoren, die in jenen
unruhigen und bewegten Zeiten, wie fie der Kaiſer—
herrichaft voraufgingen, vielfaches Elend für den
Staat und mannigfaches Unglüd für den einzelnen
herbeiführten, wie namentlid aus den Streitig-
feiten des Milo und Elodius hervorgeht. Unter
den Kaiſern entjtanden failerliche Fechterſchulen,
wie 3. B. Domitian in der Hauptjtadt 4 anlegte.
In Pompeji hat man eine Gladiatorenfajerne ge:
funden, deren innere Einrichtung auf eine Familie
von 122 Gladiatoren jchließen läßt. Bei dem
Lanifta mußten die Gladiatoren eine bejtinmte
Diät beobadhten (sagina gladiatoria, Tac. hist.
2, 58. Plin. 36, 69), weshalb jie früher wegen
ihrer Koſt aus Serftenmehl auch hordearii ge:
nannt wurden (Plin. 18, 14). Auf beftimmte all-
gemeine Waffen fam es nicht an, es genügte, wenn
ein Gladiator fi nur in irgend einer Art des
Kampfes einübte und auszeichnete. Hatte der tiro
jein erjtes Öffentliches Auftreten glüdlich beftanden,
jo erhielt er ein elfenbeinernes Täfelchen (tessera
Gladiatores.
gladiatoria) mit der Inſchrift SP., jeltener SPECT.,
oder SPECTAT. (spectatus), von denen fich mach
Ritſchls Nachweiſung (die tesserae gladiatoriae
der Römer, 1864; Opusc. IV p. 572) eine große
Zahl erhalten hat (gefammelt und herausgegeben
von Mommijen, Corp. inser. Lat. I p. 717 ff.).
Ermwarb er fich wiederholt durch Tapferfeit und
Sejchidflichkeit bei der Aufführung der Sladiatoren:
fämpfe die Zuneigung des Wortes, fo wurde er
auf Öffentliches Verlangen von dem Yanifta oder
dem, welcher die Spiele gab (editor munerum),
mit der rudis (ij. d.) beſchentt, wodurch er zwar
noch nicht die Freiheit an ſich, wohl aber die Be—
freiung von weiterem Gladiatorendienſt erlangte.
jelbjt hieß alsdann rudiarius und weihte
jeine bisherigen Waffen in dem Tempel des Her:
fules. Hor. ep. 1, 1,2. Bisweilen aber lichen
fie ſich zu den SHadiatorenipielen für großen Lohn,
auctoramentum «j. d.), Wieder anwerben. Suet.
Tib. 7. Selbft auch freie, in ihrem Vermögen
herabgefommene Männer, unter den Kaiſern jogar
vornehmen Standes (Juren. 2, 143), traten für
folches auctvramentum in den Feſtſpielen auf.
Dieje auetorati mußten aber vor dem Auftreten
in der Arena einen Eid ablegen, ihr Leben im
Kampfe nicht jchonen zu wollen. Daß gar Frauen
in der Mrena kämpften (Suet. Domit. 4. Tue.
ann. 15, 32), und zur beionderen Ergeplichfeit
auch Zwerge (nani, vgl. Stat. silv. 1, 6, 57), ift
nur einzelne Erjcheinung. — Die Mbhaltung eines :
munus gladiatorium wurde durch öffentlichen An—
ichlag (edietum) von dem editor des Kampf:
ipieles angekündigt, bisweilen auch mit Abbil—
dungen der Fechter (Mor. sat. 2, 7, 95 ff. Plin.
35, 7); die weiteren Anordnungen enthielt ein vor:
her ausgegebenes und weithin in die Provinzen
verichicttes Programm, libellus; unter den jpä:
teren Kaiſern geſchah die Ankündigung auch in
der Staatszeitung. Dieje Programme enthalten
die Beranlaffung des Feſtes (3. B. in Pompeji
nr, 1196: pro salute domns Angnstae), den
Namen des editor munerum, die Zahl der auf:
tretenden Paare, die in Bompeji bis zu 30 fteigt,
und das Datum; außerdem wird die Art der
Kämpfe hinzugefügt. Sobald der feſtliche Tag er:
ichien, zogen die paarweiſe geordneten Gladiatoren
in feierlihem Aufzuge nach dem Amphitheater;
hier in der Arena bejtimmte der Lanifta die be:
jonderen Paare und zeigte dem editor die ver-
ſchiedenen Waffen zur Prüfung vor. Suet. Tit. 9.
Nachdem die Gladiatoren einige Zeit das Publikum
durch Sceintämpfe mit ftumpfen Waffen (arma
lusorin) oder durch die ventilatio, d. h. durch
Werfen und Fangen der hasta, unterhalten, oft
auch gelangweilt (Sen. ep. 117) hatten, gab die
Tuba das Zeichen zum ernften Kampfe. Das
Kommando war: ponite iam gladios hebetez,
pugnatur iam acutis. Sodann bezeichnete der
Laniſta die Menjur, innerhalb welcher der Kampf
geführt werden jollte. Der in dem Zweilampf
Unterliegende konnte, wenn ihm die Wunde noch
Hoffnung zum Leben ließ, durch Erhebung des
Beigefingers das Mitleid und die Gnade des Volfes
anflehen (misericordiam populi tentare, provo-
enre ad populum, exorare populum); die Ge:
währ der Bitte hieß missio und wurde von den
Zujchauern durch die Emporhaltung der geballten
Hand mit eingezogenem Daumen (pollicem pre-
Gladiatores.
nere, Hor. ep. 1, 18, 66. Plin. 28, 2) verliehen,
dagegen die Tötung durch die ausgeftredte Hand
(verso pollice, Juv. 3, 36) ausgeiproden. Doc)
die zum Tode (ad gladium) Berurteilten, wenn
fie als Fechter auftreten mußten, fonnten nicht
begnadigt werden. Plinius (a. a. ©.) erwähnt die
unmenjchliche Erjcheinung, daß bisweilen das Blut
der Gefallenen von Leuten, die mit jchlimmen
Krankheiten behaftet waren, getrunfen wurde. Die
Leichname wurden mit Halen (unei) aus der Arena
durd die porta Libitina des Amphitheaters in
das spoliarium gejchleppt und dort begraben. —
Der editor muneris (auch munerarius ge:
nannt) hatte, wenn er eine WPrivatperjon tar,
während der Dauer der Spiele das Recht, die
Magiftratsinfignien anzulegen; jpäter unter Ti—
berius wurde das Necht, ſolche Spiele dem Volke
zu geben, nach jenem Unglüd, dad mit dem Ein:
jturz eines dom Atilius bei Fidenä jorglos er:
bauten Theaters über 50 000 Menſchen herein:
brach, auf die wirflid Bermögenden (ne quis
gladiatorium munus ederet, cui minor qua-
dringentorum milium res, Tae. ann. 4, 62 f.)
beichräntt. In dem Testen Jahrhundert der Re:
publit wurde es auc Sitte, daß gewiſſe Magi-
ftratsperjonen die Pflicht hatten, Gladiatorenſpiele
dem Bolfe zu veranftalten. Das Volk beanspruchte
jolche als Anertennung und Belohnung feiner durch
die Wahl bezeugten Gunſt, und die Unterlaffung
derjelben hatte auch leicht die Entziehung der
Volksgunſt zur Folge, zumal es durch ein von
Eicero durchgejegtes Gejeß (de ambitu) verboten
war, während der 2 Jahre vor der Bewerbung
um ein Amt joldye Fechterſpiele zur günſtigen
Stimmung des Volkes zu geben. Cie. Vat. 15.
Namentlich lag es den Adilen ob, jobald fie ihr
Amt angetreten, durch die munera aedilium Dant
und Bitte für die Zukunft auszufprechen. Darin
lag denn auch die Erſcheinung begründet, daß
einer immer den andern zu überbieten juchte und
die Sladiatorenipiele nicht nur am fich bis zu einer
enormen Höhe der geftellten Fechterpaare ftiegen,
jondern der Luxus auch noch andere Ergeblich:
feiten durch Tierkämpfe oder durch Gegenüber:
ftellung von Tieren und Menjchen (vgl. Bestiarii)
hinzufügte. Dieſe munera aedilium dauerten je
nad) der Stimmung der Herricher bald bejchräntt,
bald erweitert bis im die ſpäteſte Kaiſerzeit fort.
Auguftus gab auch Geſetze über die Gladiatoren:
fämpfe (er beichränktte die Zahl auf 60 Paare
und machte die Erlaubnis zur Abhaltung der:
jelben vom Senate abhängig, ſowie er auch die
Oberaufficht jämtlicher Spiele und Feitlichkeiten
den Brätoren übertrug, fie aber zugleich jelber zur
Beitreitung und Abhaltung von Gladiatorenipielen
verpflichtete. Dazu wurde ihnen eine beftimmte
Summe aus dem Ararium zur Beihülfe gegeben
und, um den Wetteifer zu verhüten, die Bes
ftimmung getroffen, daß feiner mehr darauf ver:
wende als der andere. Tiberius verordnete noch
weitere Beichränfungen (Suet. Tib. 34. Tac. ann.
4, 63), aber unter den folgenden Kaifern fielen
diefelben wieder weg. — Bei der Unterſcheidung
und den verjchiedenen Benennungen der Gladia—
toren jind die allgemeineren Namen bon den
fpeziellen abzujondern. Die gladiatores meri-
diani und bestiarii dienten zur Ergekung,
wann feine ordentlichen wirklichen Gladiatoren
479
fämpfe (ordinarii) ftatt hatten; die bestiarii
des Morgens oder Vormittags gegen wilde Tiere
(wozu ſich jelbft Kaiſer hergaben, jonft nur zum
Tode verurteilte Verbrecher oder entlanfene Sta:
ven), die meridiani des Mittags (Suet. Claud. 34),
nad Beendigung der venatio. Die Kämpfer waren
nur mit einer furzen Tunika befleidet und hatten
nicht die geringite Schutzwaffe, weshalb fie mit
Gewalt und mit Schlägen zum Kampfe getrieben -
werden mußten. Sen. ep. 1, 7. Die gladiatores
bustuariı fämpften am Zeichenhügel (ad bnstum,
rogam), die eubicularii beim Gaftmahle im
cubiculum, eine von den Campanern (Liv. 9, 40)
in jpäterer Zeit nach Nom verpflanzte Sitte. Die
ordinarii ‚bezeichneten nur einen Gegenjaß jo:
wohl gegen die eben erwähnten meridiani, Die
weder geübt noch mit ordentlichen und beftimmten
Schutzwaffen verjehen waren, als auch gegen die
eatervarii,. die maſſenweiſe gegeneinander foch—
ten (catervatim, gregatim pugnantes). Aus
Sueton (Dom. 10) hat man auch einen gladiator
munerarius entnehmen wollen, in gleicher Be:
deutung mit ordinarius, doch ijt es dort der editor
muneris d. h. Domitian jelber. Gladiatores po-
stulatieii und fiscales (in der jpäteren Kaiſer—
zeit) waren faiferliche Sladiatoren, in jeder Be-
ziehung ansgezeichnete, deren Auftreten das Bolt
durch Öffentlichen Aufruf vom Kaijer zum Schluſſe
des Feſtes erbat. Suet. Dom. 4. Sie hießen and
Caesariani, aulici. Die von Sueton (Cal. 26)
erwähnten pegmares waren wohl alte ausgediente
Sladiatoren, die auf einem Brettergerüft (pegina)
aufgeftellt waren und von Galigula den wilden
Tieren entgegengeftellt wurden. — Die ordentlichen
Sladiatorentämpfe fanden jo ftatt, daß Gegner mit
verjchiedenen Waffen einander befämpften. Zu—
jammengehörig waren der retiarius und se-
eutor, jener mit einem Netze, das er jeinem
Gegner über den Kopf zu werfen juchte, und in
der linken Hand mit der fuscina, einem Drei-
zad, zur Tötung des mit dem Netze umſchloſſenen
Gegners veriehen, ohne Kopfbededung und nur mit
einer Tunika befleidet (Suet. Cal. 30. Claud. 34.
Juv. 2, 143), diejer mit Helm, Schild und Schwert
bewaffnet. Gelang dem retiarins der Wurf mit
dem Netze nicht, jo mußte er vor feinem Verfolger
secutors fliehen; doc) fiegte er — durch
—* Geſchicklichkeit, da er auf der Flucht immer
wieder das Netz zu neuem Wurfe zurichtete. In
jpäterer Zeit traten anftatt der retiariı auch Ia-
quearii auf, die außer einem kurzen Schwerte
eine Schlinge führten, die fie zum Wurfe über
den Kopf des Gegners Fünftlich zufammenlegten.
Einem retiarius wurde auch wohl ein murmillo
(genannt von der feinen Helm zierenden Figur
eines Fiſches, wopuvAog) gegenübergeftellt. Er war
nach Feitus auf galliihe Weile bewaffnet, mit
Helm, Schild (scutum) und Schwert. Gewöhnlich
aber ftand dem murmillo ein Vhraex mit thra:
tiichen Waffen, einer parma und sien, einem
furzen, frummen Schwerte, gegenüber. Die eben—
falls nach ihren famnitischen Waffen Samnites
benannten Gladiatoren waren jehr vollftändig be-
waffnet, mit einem oben breiteren scutum, das
nad unten feilförmig zulief, um eine rafchere Be:
wegung des Kämpfenden zu geftatten, mit Bruft-
harniſch, Beinſchienen am linten Beine und einem
durch einen Helmbuſch verzierten Helme. Ziv. 9, 40.
.
—
480
Gladius — Glaukos.
Obwohl fie zu den ordentlichen Gladiatoren (ordi- | de gladiatura romana (1881). Buſchmann, Bilder
narıı) gehörten, die immer gegen anders bewaffnete
ihre Gegner.
damals hoplomachi (Suet. Cal. 35) genannt.
Abbildungen jolher Kampficenen auf einem zu
Nennig gefundenen Mojailfußboden hat von Wil:
motwsiy in Bonn herausgegeben; wichtig ift auch
ein in Pompeji gefundenes großes Basrelief,
welches die mannigfachen Situationen der Gla—
diatorenfämpfe darſtellt (nr. 1182 bei Zange—
meifter). Vgl. Overbed, Bompeji S. 164 ff. der
3. Aufl. — Außer diefen eben genannten kom—
men noch vor (gleiche Waffen): die essedarii,
eine Nachahmung galliider Kämpfer auf einem
mit 2 Pferden J—— Wagen, essedum (Caes.
b. g. 4, 33. Suet. Cal. 35); die andabatae zu
Pferde (Cie. Sest. 56) mit einem Helme, der das
ganze Geficht bededte, die mit dem Speere (spi-
culam) blind aufeinander anjagten (Cic. ad fam.
7, 10), daher das Spricdywort: andabatarum more
pugnare (Mart. 5, 24) von Gegnern, die beide
ſich nicht den eigentlichen Streitpunft Har gemacht
haben; endli die dimachaeri, erft im jehr
jpäter Zeit, in jeder Hand mit einem furzen
Schwerte verjehen. Außer der rudis (f. d.), die
immer die Hauptbelohnung des Gladiators bildete,
wurde der Sieger mit der palıma gladiatoria als
bloßem Siegespreis bejchenft (Suet. Cal. 32. Cie.
Itose. com. 6, 17), unter und jeit Auguftus auch
mit Geld. Suet. Oct. 45. Unter Commodus wird
eine eigene Kaffe erwähnt, aus der Gladiatoren
vor ihrem Wuftreten Heinere Summen, Com:
modus jelber jehr große, ausgezahlt erhielten. —
Die Gladiatorenjpiele wurden 9* früh von Rom
aus nach den Provinzen verpflanzt, z. B. durch
Seipio nach Karthago. Liv. 38, 21 In Italien
war namentlich Campanien die Heimat der oben
genannten Gladiatorenſchulen. Mehrmals wurden
dieſe Schulen wegen der ungeheueren Sklaven—
maſſen, die dort ihre Ausbildung fanden, eine
große Gefahr und Plage für Nom. Spartacus,
mit Crixus und Unomaus aus der Schule des
Lentulus entiprungen, nahm feine Zuflucht hier:
hin und verſammelte aus dem verichiedenen Gla—
diatorenſchulen Gampaniens, namentlih Gapuas,
in furzem 10000 Mann um fich, die nur mit der
größten Anftrengung nad vielen Berluften und
mehreren Niederlagen vernichtet werden konnten.
Wiederum wurde Nom unter Nero durch einen
Aufftand der Sladiatoren zu Pränefte in Schreden
gelebt. Zac. ann. 15, 46. An den Bürgerfriegen
zwijchen Otho und Vitellius wurden die Sladia:
toren auch in das Heer aufgenommen und leiite-
tea ihrer ganzen Einübung nach dann die beiten
Dienfte, wenn es zum Handgemenge gefommen
war. Im übrigen waren fie gejuchte Werfzeuge
zur Bollbringung von Mordthaten. Suet. Dom. 17.
— Die Gladiatorenjpiele erhielten ſich bis in die
ſpäteſten Zeiten, jelbjt das Chriftentum war nicht
imftande, fie ganz zu bejeitigen, da politiiche
Gründe und die Unficherheit des Thronbefißes die
Kaiſer zwangen, durch diejes Meittel fich in der
aura popularis feftzujegen und die Vollsgunſt zu
erfaufen, denn der ni. Haufen jchrie nach wie
vor nach panis et eircenses. gl. riedländer,
Sittengeihichte Noms, 2. Teil, 11,2. P. I. Meier,
fämpften, jo finden ſich doch feine Angaben über |
Bur Zeit der Kaiſer fommt der | -
Name nicht mehr vor, wahrjcheinlich wurden fie
aus dem alten Rom, ©. 139 ff.
Gladins, 1: das Soldatenichwert, j.Waffen, 10,
- 2) das Richtſchwert, verdrängte das uralte Beil
bei allen Erefutionen, war aber früher eigentlich
nur bei den Soldatenhinrichtungen gebraudjt wor:
den (j. Securis). Zu den mit Enthauptung be:
ftraften Verbrechen gehörten Majeftätsverbrechen,
Meuchelmord u. ſ. w. — Das ins gladii als
Necht über Leben und Tod der Soldaten wurde
von den Kaiſern den Statthaltern der faijerlichen
‘Brovinzen verliehen. Die Statthalter der Senats:
provinzen hatten diejes Necht nicht.
Glans j. Funditores.
Glaueia ſ. Servilii, 20.
Glanke, 1) j. Argonauten, 6. — 2) j. Te-
lamon unter Aiakos.
Glanklas, TAarxdag, 1) ein gelehrter Arzt
und einer der früheiten Erflärer des SHippofrates.
— 2) ein Erzgießer aus Aigina, etiwa um 500 v. E.,
ſchuf namentlich Statuen olympiicher Sieger, 3. B.
des Gelon und des Theagenes von Sifyon. Paus.
6, 9, 5. 9. 10, 3. 11,9.
Glaukos, TL«öxog, 1) ein weisjageriicher Meer-
gott, mit dem gewöhnlichen Beinamen morrıog,
der in der Argonautenjage ungefähr diejelbe Rolle
ipielt wie Proteus in der ee und Nereus
in der Herallesjage. Uriprünglich war er ein Gott
der Schiffer und Fiſcher zu Anthedon in Boiotien;
von da ging er als Heros in die Argonautenjage
über. Er war Baumeifter und Steuermann der
Argo, der nach der Schlacht der Argonauten mit
den Tyrrhenern ein Meerbämon ward und dem
Jaſon weisſagte. Die Anthedonier erzählten, GI.
jei ein YFilcher und Taucher gewejen, der, als er
einst halbtote Friiche auf ein Kraut geworfen und
dieje dadurch wieder munter und lebendig werden
jah, von dem Kraute ai und nun ſich plößlich
getrieben fühlte, ins Meer zu fpringen, worauf
ihn Dfeanos und Tethys zu einem hülfreichen
Gotte machten, dem Schutzpatrone der Filcher und
Taucher Er war ein ähnlihes Weſen wie Meli—
fertes. Man nannte auch Delos jeinen Wohnſitz;
dort joll er mit den Nerciden geweisjagt und den
Apollon in der Weisjagung unterrichtet haben.
As jein Vater gilt Kopeus oder Polnbos oder
Bojeidon oder Anthedon. Man dachte fih ihn
als reis mit einem in einen Fiſchſchwanz aus-
gehenden Leibe, mit langem, ftruppigem Bart und
Haupthaar. Bgl. Gaedechens, Gl. der Meergott
(1860). — 2) ein Korinther, Sohn des Siinphos
und der Merope, welcher mit Eurymeda den
Bellerophontes zeugte. Hom. Il. 6, 152. Er
ward bei den Leichenjpielen des Pelias in Jolkos
von jeinen wütenden Roſſen zerrifien und galt
auf dem Iſthmos für einen Dämon, der die Pferde
beim Wettrennen jchen machte (Taegafırros). Er
ftand zu Bojeidon, der aud) als Vater des Belle—
rophontes genannt wird, in enger Bezichung und
war wahrſcheinlich urfprünglich dasjelbe Weſen mit
dem vorigen. Was in Boiotien in dem Fiſcher
und dem Gott Glaufos vereint war, jcheint man
in Korinth getrennt zu haben, jo daß das Gött—
lie auf Melikertes, das Menjchliche auf den Heros
Glaukos übertragen ward. — Der Urenfel diejes
Glaukos war 3) Glaufos, der Sohn des Lylier-
fürften Hippolochos, eines Sohnes des Bellero:
phontes. Diejer ift einer der tapferjten Bundes:
TAaö& — Gnomische Poisie.
genofjen des Priamos vor Troja, Gajtfreund des
Diomedes. Hom. Il. 2, 876. 6, 119 ff. 12, 309 ff.
387. 14, 426. 16, 490 ff. — Er ward von dem
Telamonier Nias getötet. — 4) Sohn des Minos
und der Paſiphaë, fiel als Knabe, indem er eine
Maus verfolgte, in ein Honigfah und ftarb. Der
Bater erhielt von den Kureten die Auskunft, in
jeinen Herden befinde ſich eine Kuh, welche von
4 zu 4 Stunden weiß, rot und ſchwarz werde;
wer auf dieje den beiten Vergleich machte, würde
das Kind finden. Da die einheimischen Seher ihm
die Antwort ſchuldig blieben, löfte Bolyidos aus
Argos oder Korinth, ein Seher und dionyſiſcher
Briefter, Urenfel des Melampus, das Rätjel, indem
er die Kuh mit einer allmählich reifenden Brom—
beere (oder Maulbeere) verglid. Man fand den
Stnaben, und Bolyidos ward mit dem Leichnam
eingeichlofjen, damit er ihn lebendig mache. Eine
Schlange näherte fich dem Leichnam und ward von
dem Seher erjchlagen ; da kam eine zweite Schlange
und erwedte jene durch Auflegen eines Krautes.
Polyidos belebte mit demjelben Kraute nun auch
den Glaufos, welchen der Seher jeine Kunſt lehren
mußte. Als er jedoch nad Argos zurüdging, hieß
er den GI. ihm in den Mund jpuden, worauf er
die Wahrſagetunſt wieder vergaß. Apollod.3,3,1.2.
An die Stelle des Bolyidos tritt auch Aſklepios.
Verborgene Wiffenichaft kann vermittelt des Spei-
chels, der die Zunge neßt, übertragen und genom—
men werden. Uhland, Schriften Bd. 6 ©. 223.
— 5) bedeutender Bildhauer aus Chios zwijchen
DI. 22 und 45, ſoll das Löten des Erzes erfunden
und fih um das Härten und Erweichen desjelben
durch Feuer und Waſſer verdient gemacht haben.
Ein Wert desjelben weihte Alyattes von Lydien
nad) Delphoi. Hdt. 1, 25. Paus. 10, 16, 1.
Tao j. Noctua.
Glossa, yAöcc«, bedeutet jchon früh Mund-
art, Dialelt, — dıdkenrog, dann aber bezeichnete
man damit auch jpezieller einzelne Wörter, die
einer bejonderen Mundart angehörten, Provin:
zialijmen oder fremdländijche Ausdrücke oder minder
gebräuchliche Wörter der älteren Sprade. In
Griechenland, bejonders in Athen, beichäftigte man
ſich ſchon früh damit, jolche, nicht jedem verftänd-
liche, Wörter zu jammeln und zu erflären, und
während früher das Wort ſelbſt „Gloſſa“ hie,
fam jpäter die Benennung für die Erklärung in
Gebraud. In der maledonijch römischen Zeit
wendeten die Grammatifer in dieſer Beziehung
auch jolden Wörtern ihre Aufmerfjamfeit zu,
welche im Laufe der Zeit eine veränderte Beben:
tung erhalten hatten. Man hatte hierbei beſon—
ders den Umterricht und die ftiliftiiche Bildung
im Auge. So erhielt das Wort eine immer weitere
Ausdehnung und bedeutete überhaupt Ausdrüde,
die zu dem angeführten Zwed erklärt wurden.
Man jammelte fie in Slojjarien, welde von
den [Lwscoyg@po: zujammengeftellt wurden. Zu—
nächjt finden wir dies in Griechenland, und die
Werke des Heſychios, Suidas, Pollux, das Ety-
mologicum magnum u. a. bewahren noch zahl:
reiche Refte derjelben. — In Nom machte die
Unverftändlichfeit der älteren Werke frühzeitig Er—
Härungen einzelner veralteter Ausdrüde nötig, die
in alphabetijcher Folge von Berrius und jpäter
von Nonius zujammengetragen wurden. Zahl—
reiche Slofjographen fand bejonders Plautus. Aus
Nealferiton des Mafi. Mtertums. 7. Aufl.
481
jolchen reichen Sammlungen find die vielen Gloſ—
jare hervorgegangen, die im Mittelalter entjtan:
den und in jehr verjchiedenen Handjchriften erhal:
ten find. Einzelne derjelben find herausgegeben.
Eine Sammlung und Sichtung des großen Mate:
rials ijt jehr zu wünjdhen. Einen dantenswerten
Anfang hat dazu G. Löwe gemacht; vgl. deſſen
Prodromus corporis glossariorum latinorum
(1876) und Glossae nominum (herausgegeben von
Götz, 1884). Götz u. Gundermann, Glossae latino-
aecae et graecolatinae (1888) — Inſofern ſolche
kurze, oft den Schriftjtellern beigejchriebene Erflä:
rungen von unkundigen Abjchreibern mit in den
Tert hineingefchrieben wurden, hat Gloſſe, Gloſ—
jema die Bedeutung eines fremdartigen Einſchieb—
jels erhalten. Als ım 11. Jahrh. in Stalien, be:
jonders in Bologna, durch Jrnerius das Studium
des römischen Rechts wieder aufblühte, wurden den
juftinianischen Nechtsbüchern Bemerkungen ſprach—
licher und ſachlicher Art beigefügt, welche man
Glossae interlineares oder Glossae marginales
nannte, je nachdem fie zwiſchen- oder nebengejchrie:
ben waren.
Glycöra, Tivxfo«, 1) ein armes Mädchen aus
Sifyon von großer Schönheit, beichäftigte fich mit
dem Winden von Kränzen. Ein im Altertum jehr
berühmtes Gemälde des Paufias, der fie liebte,
ftellte jie als Blumenwinderin — oreparorköxog
— dar. Plin. 35, 123. — 2) der wahrſcheinlich
fingierte Name einer Geliebten des Dichters Horaz
(od. 1, 19, 5. 30, 3. 3, 19, 28). Auch eine Ge:
liebte des Dichters Tibull hieß jo (Hor.od. 1,33, 2),
vielleicht die von ihm bejungene Nemeſis.
Glykon, IRöxwr, 1) ein griechiicher Lyriker,
nach welchem ein bejonderes Metrum benannt iſt.
— 2) ein Bildhauer aus Athen, Verfertiger der
Koloſſalſtatue des farneſiſchen Herkules (j. die Ab—
bildung zu Herakles). Sie wurde, jcheint es,
zur Zeit Caracallas nad) Rom gebracht und ift in
dejien Thermen aufgefunden worden. — 3) ein
Nhetor mit dem Beinamen Spiridion (Quint. 6, 1,
41), deſſen der ältere Seneca jehr häufig gedenft.
Gnatia j. Eguatia.
Gnidos und Gnidus j. Knidos.
Gnipho, M. Antonius, aus Gallien, be-
rühmter Rhetor in Nom in der erjten Hälfte des
1. Jahrh. v. C. Als feine Schüler werden be:
jonders Cicero und Atejus Philologus (j. d.) ge:
nannt; jein Hauptwerk führte den Titel de latino
sermone. Suet. gramm. 7. Quint. 1,6, 23.
Gnomische Poäösie, in uriprünglicdyer Straft
und Friſche ein Erzeugnis des helleniſchen
Lebens. In einem Bolfe, das die innige Ver:
einigung des sapere und fari jo glänzend beur:
fundete, mußte notwendig der fürnige, jinnvolle
Spruch, yroun, sententia, in welchem Gedanfe
und Form ſich aufs volllommenfte zujammen:
ichlofien, einen unbedingten Wert behaupten.
Keiner ihrer Dichter entbehrte derjelben, die voll:
endetjten, wie Sophofles, PBindar u. a., haben
ohne Abfichtlichfeit den reichſten Schatz davon.
Diejenigen, von denen die Gnome jpeziell ge-
pflegt wurde, wandten jie als Ratſchläge und
Lehren auf das praftiihe Leben an, deſſen reich:
haltige Beobachtungen und Erfahrungen darin
niedergelegt wurden. Und da Hecht und Sitte,
Geſetz und Lehre in ältejter Zeit noch wenig von
einander gejchieden waren, jo erjchienen die ältejten
31
482
Sapungen und Gewohnheitsrechte meift in der
Bejtalt von Gnomen, deren dichteriiche Form der
Jugend die fejte Einprägung erleichtert. „Das
Eigentümliche in allen diefen Sprüchen ift nicht
eine bejondere Weisheit, jondern eine tüchtige Ge—
finnung, die ſich ihrer eigenen Grundjäße bewußt
wird, und dies wieder nicht durch Reflerion, ſon—
dern durch ein plößliches Einleuchten. Nimmt
man diejen Gefichtspunft, jo begreift man auch
die Bewunderung, ich möchte jagen, den freudigen
Schred, den Sätze, wie „Erkunde did) jelbit“,
„Folge dem Gott“, bei den Zeitgenofjen hervor:
brachten, indem jie ein allen innerlich Bewußtes
mit Energie und Klarheit zu aller Genüge aus:
ſprachen.“ (8. DO. Müller, Dorier 2, 391.) Gno—
men fanden ſich aud) eingegraben in öffentlich auf:
geftellten Säulen, wie an den Hermenjäulen in
Athen. Das dafür gewählte Versmaß iſt gemöhn:
lih der Herameter oder das Piftihon. Ihrem
fünftleriichen Charafter nah ift die gnomiſche
Dichtung ein Element der elegiichen Boefie (j.
Elegie) und zunächſt der politijchen neben:
geordnet. Neben Solon und Xenophanes,
Urhilohos und Mimnermos ragt am ent:
Ichiedenften Theognis als Meifter in diejer Gat:
tung hervor; ihm geiftesverwandt ift Phofylides,
während Aiſopos, Simonides, Euenos ſchon
in die begrenztere yorm des Epigramms hinüber:
gehen, innerhalb deifen fich in dem jpäteren Zeit:
alter noch eine große Schöpfungsfraft zeigte, wenn
auch mehr als Erzeugnis der Kunft denn des
Lebens. Mit dem Eintritt des didaktischen Lehr:
gedichts war der Raum für die Gnome verſchwun—
den. — Bei den Römern war fie nur ein Kunſt—
produft; wir haben eine derartige Sammlung
Disticha unter dem Namen des Dionyjius
Cato in 4 Büchern. Ausg. von Hauthal (1869).
Gnomon j. Solarium.
Tyogınoı, die Angejehenen, eine der vielen
Bezeichnungen der Bornehmen und Adligen, im
Gegenjage zum Önuog, den zanoi, Ösıloi, rovn-
ooi. Andere Bezeichnungen waren: dmıpaveis, die
Erlaucdhten, zaglerres, zur Bezeichnung der fei:
neren Bildung der höheren Stände, ebenjo Zmı-
sıneig, ferner mAovcıoı, mazeig, ebrropoı, Kakol
»ayatot, die Waderen, Braven, Anftändigen, ein
Ausdrud, der, wie das engliihe gentleman, nicht
bloß einen ftändifchen Unterjchied bezeichnete; fer:
ner die &gıoror und Peirıoror, die faſt ausſchließ—
lich nicht den inneren Wert, jondern die politische
Stellung bezeichnen; endlich Ausdrüde, Die das
Hervorragen oder die Macht bezeichnen, die ümei-
g0xoı und Övreroi.
(nosos j. Kreta, 4.
Gobryas, Toßevas, altperfiih Gaubaruva,
1) Feldherr des Kyros, der im Sommer 539 v. C.
Babylon einnahm und zum Statthalter des Yandes
ernannt wurde (jo mach neuentdecten Inſchriften,
wozu vielleiht Xen. Cyr. 7, 5, 24. Plin. ö, 30
zu vergleichen find). — 2) ein Perſer, der mit 6
andern den falichen Smerdis (Sumata) entthronte,
indem er den Magier ergriff und mit ihm rang,
weshalb der hinzufommende Dareios erſt nad)
wiederholten Nufforderungen des Gobryas, nötigen:
falls ihm jelbjt zu treffen, von jeinem Dolche Ge—
brauch machte und den Betrüger erſtach. Gobryas
fämpfte mit Dareios gegen die Skythen jenfeits
der Donau. Sein Sohn war der befannte Mar:
Gnomon — Gordiani.
donios. Hdt. 3, 70 ff. 4, 132 ff. 7, 2.5. Just. 1, 9.
— 3) Feldherr des Artarerres Mnemon. Xen.
An. 1,7, 12.
Golgi, Toiyol, Stadt auf Kypros, in Der
fruchtbaren Binnenebene bei Jdalion; phoinifiiche
Gründung, jpäter Kolonie von Sifyon, j. Athiene,
two neuerdings ein Tempel mit interefjanten Stul-
pturen aufgededt worden ift. Zheoer. 15, 100.
Catull. 36, 14. 64, 96. Taus. 8, 5, 2.
Gomphi, Töugpor, theſſaliſche Grenzfeftung gegen
Epeiros (in Heftiaiotis), die weſtlichſte Stadt des
Landes, ſüdweſtlich von Triffa, von Cäjar zerftört,
jpäter aber wiederhergeftellt (Caes. b. c. 3, 80. Liv.
31, 41.32, 14 u. d.), j. Paläa Epijfopi beim Dorfe
Selanthi.
Gonnos, Gonni, Törros, -oı, j. Lykoſtomon,
wichtige Feſte am weftlichen Eingang des Thales
Tempe, am rechten Ufer des Peneios, Stadt der
Berrhaiber im thefjaliichen Pelaſgiotis. Die Stadt,
bon der ſich bedeutende Mauerreite erhalten haben,
bedte außer dem Eingange zum Tempe noch eine
zweite Straße, die über die öftlichen Vorberge des
Olympos nach Makedonien führte. Nach den Kriegen
der Matedonier und Römer wird der Ort nicht
mehr genannt. Hdt. 7, 128. 173. Pol. 17, 23.
18, 10. Liv. 36, 10. 42, 53. 54.
Gordiäni, Vater, Sohn und Enkel: 1) M. An:
tonius Gord. Airicanus (nad einigen Anto-
minus), der berühmten Familie der Grachen ent:
iproffen und mütterlicherjeits, wie es hieß, mit
Trajan verwandt, beſaß großen Reichtum und
Bildung und war auch auf litterarijchem Gebiete
thätig. Als achtzigiähriger Greis wurde er im
Frühjahr 238 n. E. in Afrika, dem er als Pro-
fonjul vorftand, von aufftändiihen Bauern zum
Kaiſer gegen Mariminus ausgerufen. Frei von
Ehrgeiz, erflärte er jich doch zur Annahme der
Würde bereit, da ihm jonft der Tod jicher gewejen
wäre, und da er auf die Unterftüßung der jena-
toriſchen Kreije Roms rechnete. Capit. Gord. 2——4.
8.9. Max. 14. Herod.T, 5. 6,1f. Zonar. 12, 16.
Zos. 1, 14. Er erfor fich jeinen Sohn zum Mit:
regenten (Capit. Gord. 9, 6), und fie fanden wirt:
fi) beim Senat, jowie bei Soldaten und Bolf
Anerfennung. Capit. Mar. 14. 16. Gord. 10f.
Herod. 7, 7, 2f. Aber im Kampfe gegen den von
ihnen abgejegten Statthalter von Numidien, Ca—
pellianus, und die dritte Legion, die dem Mari:
minus treu geblieben war, fand Gordian der Sohn
jeinen Tod, worauf der Vater, um nicht in die
Gewalt des Feindes zu geraten, durch Erhängen
jeinem Leben ein Ende madıte. Capit. Mar. 19.
(rord. 15 f. Herod. 7, 9. Zonar. 12, 17. — 2) M.
Antonius Gord. Africanus, Sohn des
vorigen, war ein emergielojer Menſch, der mehr
Vergnügen am Umgange mit jeinen zahlreichen
Frauen, als an Beſchäftigung mit ernften Dingen
fand. Capit. (rord. 15. 19. Bgl. audy Nr. 1. —
3) M. Antonius Gord., ein Enkel des älteren
G. mußte nach dem Tode der beiden vorigen vom
Senate neben den Kaifern Pupienus und Bal-
binus zum Cäjar erhoben werden. Capıt. Max. 20.
(ord, 22. Nach der Ermordung der legteren (238)
wurde er, ein Knabe von ungefähr vierzehn Jahren
(Capit. Gord. 22. Max. et Balb. 3), von der
Garde zum Auguftus ausgerufen. Capit. Gord. 227.
Max. et Balb. 14. Anfangs war er ohne allen
Einfluß, als er aber im J. 242 die Tochter eines
Gordion — Gorgo.
waderen Offiziers, des Timefitheus, heiratete und
legteren zum Gardepräfeften ernannte, ward dief
fein treuer Berater und fräftiger Leiter. Capit.
Gord. 24 f. Begleitet von Timejitheus brach Gord.
(242) mit einem Heere nad) Aſien auf zum Rampfe
gegen den Perjertönig Shapür |. (Sapor), der
das Neid bedrohte. Unterwegs bejiegte er die
Sarmaten und Goten und jchidte fich ſchon, nad:
dem der Perſerkönig in einer Schlacht bejiegt
war, zum Bormarjche auf Ktefiphon an, als fein
Schwiegervater plößlich ftarb (243). Capit. Gord.28.
Hierauf wurde Gord. bei einem Soldatenaufftande,
den der nenernannte Gardepräfekt Philippus er:
regt hatte, ermordet, und leßterer zum Kaifer aus:
gerufen (Anfang 244). Capit. Gord. 30. Zonar.
12, 18. Zos. 1, 19. Aur. Vict. ep. 27. Caes. 27.
Gordion, Iögdıor, Topdisıor, alte Rejidenz
der phrugiichen Könige, am mittleren Laufe des
Sangarios, nad) Ritter das jpätere Juliopolis
(was Mordtmann beftreitet), der Sage nad) ge=
baut von Gordios, Bater des Midas. Als diefer,
ein einfacher Landmann, auf jeinem Acker mit
Pflügen beſchäftigt war, jebte ſich ein Adler auf
das Joch, welches Zeichen ein weisjagendes Mäd-
chen aus Telmifjos auf Verleihung der Königs:
würde deutete. Und jo fam es; denn die Phrugier,
denen das Drafel befohlen hatte, zum König den
zu wählen, der ihmen zuerft mit einem Wagen
auf dem Wege zum Tempel des Jupiter begegnen
würde, trafen den Gordios und riefen ihn zum
Könige aus: er wurde Gründer einer Dynaftie,
deren Könige fich abwechſelnd Gordios und Midas
nannten, und die erjt im 6. Jahrh. v. E. erloſch.
Strab. 12, 568. Hadt. 1, 14. 35. 45. Der glüd:
bringende Wagen wurde in dem Tempel auf:
gejtellt; den daran befeftigten Fünftlichen Joch—
fnoten zerhieb Alerander; nach andern löſte er
ihn durch Auszichen des Pflocks wirklich. Arr.
2, 3,1. Curt. 3, 1,15, Plut. Alex. 18.
Gorgias, Ioeylag, 1) aus Leontinoi, nad)
einigen ein Schüler des Empebofles, kam, jchon
ziemlich bejahrt, im J. 427 v. E. mit Tifias als
Geſandter jeiner Baterjtadt nach Athen, um Hülfe
gegen Syrafus zu verlangen. Daſelbſt erregte er
Aufſehen durch die Neuheit jeiner Redeweiſe;
einige Beit jpäter begab er fich bleibend nad
Sriechenland, durchwanderte die griechiichen Städte
und gewann durd Brunfreden in Privatverſamm—
lungen (Zrıideikeis) und durch Unterricht Geld und
Ruhm. Bulegt finden wir ihn im thejjaliichen
Lariſſa, wo er, über hundert Jahre alt, nach So:
frates, vielleicht erjt 375, ftarb. In feiner Schrift
nepl Tod un) Örrog 1; mepl Pocewg ging er aus
von der Lehre der Eleaten, daß die Wahrheit
eine ſich durchaus gleiche, widerjpruchsloje Einheit
jei, und indem er den philojophiichen Gründen
das Einleuchtende der Erfahrungsvorftellungen ent:
aegenjeßte, die verjchiedene Bedeutung der Worte
(3. B. eva) auf’eine Ipipfinbige Weiſe benugte,
fam er zu den jleptijchen Rejultaten, 1) daß nichts
jei, 2) da, wenn auch etwas jei, es doch nicht
erfannt werden fönne, 3) daß, wenn auch etwas
jei und erfannt werden könne, es doch nicht mit:
teilbar jei. Den Namen eines Tugendlehrers
lehnte er ab, ging auf das Wejen der Tugend
nicht ein, jondern jchilderte nur, worin die Tugend
des Mannes, des Weibes u. ſ. w. bejtehe; umfitt:
lihe Grundjäge werden ihm nicht vorgeworfen.
483
Die Lehre, daß es feine Wahrheit gebe, übertrug
er auch in das Gebiet der Beredjamteit; dieje ver:
wandelte ſich ihm im eine dialeftiiche Kunſt zum
willfürlichen Bejahen und Berneinen, in die Kunft,
gan unabhängig von der Kenntnis der Sache den
enschen zu überreden, aljo eine bloße Schein:
funft. Plat. Gorg. 447. Men. 73. Dabei hatte
er indes Verdienſte um die formelle Ausbildung
der Beredjamkeit. Anknüpfend an die Gicilier
Korar und Tifias, die jchon die Redekunſt gelehrt
und Anweiſungen dazu gejchrieben hatten, trat
er zuerft als Lehrer der Beredjamfeit in Griechen—
land auf. Da aber das Ohr der Griechen noch
hauptjählich an Poeſie gewöhnt war, jo beruhte
jeine Theorie auf Gebundenheit und rhythmiſcher
Architeltonit der Rede; bejonders in den rheto:
riichen Figuren, Antithejen und Iſokolen hatte er
feine Stärke (yopyıdteır, Topyleıa syijuere). Sein
Unterricht der Jugend bezog ſich auf kunftvolle
Ausbildung, jowohl im Gejpräh als in fort:
laufender hede die Methode war ſehr unwiſſen—
ſchaftlich und beſtand in der Mitteilung von ge—
wiſſen Kunſtgriffen, ſolche Wendungen, Trug—
ſchlüſſe u. ſ. w. einübend, die am häufigſten
Anwendung finden mochten. Nur gegen den
Rhetor G. wendet ſich Platon in ſeinen Dialogen.
Monographie von Foß (1828); außerdem ver—
leiche Frei im Rhein. Muſeum Bd. 7, ©. 527.
Bias, die attijche Beredjamfeit von Gorgias bis
Lyſias (2. Aufl. 1888), ©. 47 ff. — Die unter
des Gorgias Namen erhaltenen Reden Encomium
Helenae und Apologia Palamedis (abgedrudt
in ben orat. Attici von Belfer Bd. 5, jowie von
Baiter und Sauppe, Bd. 2) find unecht. — 2) Zu
unterjcheiden ift von ihm ein Rhetor aus Athen
(Quint. 9, 2, 102), deſſen Unterricht der junge
M. Cicero benugte (Cie. ad fam. 16, 21, 6), jedoc)
ipäter auf den Hat des Vaters aufgab. Bon ihm
ſtammten 4 Bücher meol oynudrov dıavolag xal
Atkeog, die wir in der bverfürzten Übertragung
des Rutilius Lupus zum Teil noch haben (ſ.
Lupus).
Gorgidas, Topyidag, ein Thebaner, hatte in
früherer Zeit das Amt eines Dipparchen befleibet,
blieb nad) der Einnahme der Kadmeia — ——
ten von den Oligarchen in Theben, obgleich er
mit den Verbannten in Verbindung ftand. Put.
gen. Socr. 5. Mit Epameinondad jammelte und
bildete er eine Schar von \ünglingen (Plut.
Pelop. 14. 18), die nach der Vertreibung der Dli:
garchen zuerjt hervortrat, ſich in der Schlacht bei
egyra ım J. 375 v. E. auszeichnete und jpäter
von Belopidas zur heiligen Schar organifiert
wurde. Gorgidad war Boiotard) 378 (Polyaen.
2, 5, 2); jonjt wird er faum mehr erwähnt.
Gorgo, Gorgönen, T'ogya. Homer redet nur
von dem Haupte der Gorgo (Topyein nepaiı)),
einem furchtbar blidenden Schredbilde des Hades
und auf der Wigis des Zeus. Hom. Od. 11, 634.
Il.5,741. 8,349. Bei Hefiod (theog. 270) wer:
den 3 genannt, Stheno (die Gewaltige), Eu—
ryale (die Weitichweifende) und die fterbliche
Meduja (die Herrichende), Töchter des Phorkys
und der Keto (Bopxides). Sie wohnen am Weft:
rande der Erde in der Nähe der Hejperiden, ge:
flügelte, furchtbare Wejen, mit jchredlichem, ver:
fteinerndem Blid, mit Schlangenhaaren und mit
Schlangen gegürtet. Später wurden fie, bejonders
31*
484
Meduſa, von der Kunſt als jchöne Nungfrauen
gebildet. Mit Meduja verbindet ſich Bojeidon und
zeugt mit ihr Chryſaor (Water des Gerhones und
der Echidna, Hesiod.theog. 287) und PBegajos, die,
als ihr von Perjeus (j. d.) das Haupt abgeichlagen
wird, herborjpringen. Hesiod. theog. 278. Wahr:
icheinlich repräjentieren die Gorgonen die furdht:
bare Seite der Athene, welche felbft bisweilen
Gorgo heift. Die Schweftern der Gorgonen find
die Graien (Topaiaı), Berjonifitationen des Alters.
Hefiod (theog. 270) nennt deren 2, Bephredo und
Enyo, jchönwangig, grauhaarig von Geburt an;
ipäter wird noch eine dritte, Deino, hinzugefügt.
Bei Aiſchylos (Prom. 793) find fie ſchwanengeſtaltig,
haben ein gemeinjchaftliches Auge und einen ge:
meinichaftlihen Zahn; fie wohnen in dem Gorgo-
neiſchen Gefilde von Kifthene (in Libyen), weder
von Sonne nod Mond beichienen, in der Nähe
der Gorgonen, als deren Wächterinnen fie gelten (i.
auch Empusa). Bol. Rojcher, die Gorgonen (1879).
Gorgobina (nidht Gergovia), Stadt der aus:
gewanderten galliichen Bojer zwiſchen Liger und
Elaver in unbeftimmter Lage, vielleicht das heu—
tige Eharlieu an der Loire oder St. Parize:le:
Ehatel zwiichen Allier und Loire. Caes. b. g. 7, 9.
&orgophöne j. Perseus, 1.
Gortys, Gortyna j. Kreta, 5.
Gossyplum , nad) PBlinius’ (19, 14. 12, 39)
Beriht ein Strauch des oberen Agyptens, aus
dem feine, weiche, weiße Gewänder verfertigt
wurden, die bejonders zu heiligen Zwecken der
Priefter dienten. Einige halten den Stoff für
feinen, andere (z. B. Blümner) richtiger für eine
Art des baummwollenen Byſſus.
Goti, Gotönes (Tac. ann. 2, 62), auch Gut-
tones, Tudwrsg (Plin. 37, 2), ſcheinen urjprüng:
li an der unteren Weichjel bis zum Pregel ihre
Wohnfige gehabt zu haben. Gegen die bejonders
von J. Grimm aufgeftellte Ndentifizierung mit
den thrakiſchen Geten jprechen viele Gründe (Holk-
mann, Kelten und Germanen ©. 14—18). Dice
Giotones des Tacitus juchten an einem aestuarium
des Dceans den Bernftein, den fie an die Teutonen
verfauften. — Bielleicht ganz verichieden von ihnen
find die Goti, die mit den Bastarnae identiſch
zu fein fcheinen. Später, im 3. Jahrh. n. C.,
finden wir fie als ein mächtiged Bolf in den
Küftenländern des Schwarzen Meeres, von mo
aus fie die römiichen Grenzprovinzen beunruhig-
ten und in häufige Kriege mit den Römern ge:
rieten, bejonders jeit Caracallas Zeit. Nach und
nad) zogen fie ſich ſüdweſtlich nach Dacien hinein,
zur Zeit des Kaiſers Philippus (244), drangen
über die Donau in Möften ein und eroberten
nad; Vernichtung eines römischen Heeres die Stadt
Adrianopolis, rüdten von hier jüdwärts nach Ma:
fedonien und jchlugen den Kailer Decius 251 in
den Sümpfen der heutigen Dobrudicha, wobei der:
jelbe den Tod fand. Durd ihre Niederlaflung
am Schwarzen Meere waren fie zu weiten See:
zügen veranlaßt worden und famen einerjeits bis
Trapezunt, anderjeits durch die Meerenge bis in
den Ardipelagus hin, wobei fie zahlreihe und
bedeutende Seeftädte an den Küſten von Afien ver:
heerten. Zosim. 1,32 ff. Oros. 7, 22. Der weitefte
Seezug eritredte fih im J. 269 bis Kypros. An
demjelben Jahre wurden fie vom Kaiſer Claudius II.
gänzlich bejiegt, erneuten ihre Einfälle indes bald
Gorgobina — Graecia.
wieder. Nurelian überließ ihnen Dacien. Um
330 drangen fie über die Donau und bejtanden
mit Conftantin dem Gr. heftige Kämpfe, mußten
ſich jedoch endlicdy zum Frieden bequemen. Futr.
10, 4. Unter ihrem Fürſten Hermanrich blieben
fie den Römern fern. Um jo gefährlicher für Nom
war ber blutige Kampf der Soten gegen Balens IIL.,
welcher in der Schladht bei Ndrianopel Sieg und
Leben verlor, 378. Die Verwüſtungen der öftlichen
Provinzen des Reiches dauerten fort. Später mach—
ten fie, nachdem jeit der WBölferwanderung das
Volt nad feinen Wohnfigen in Oft: und Weit
goten geichieden wurde, unter Alarich jelbft Ein-
fälle in Stalien bis zum Tode diejes jugendlich-
kräftigen Fürften (400-410). In jpäteren Zeiten
jtifteten fie in Stalien (Dftgoten) und Spanien
(Weftgoten) mächtige Reiche. Sie zerfielen in zahl:
reihe Heinere Stämme, welche unter bejonderen
Führern ftanden. Seit Eonftantin hatten die häu-
figen Berührungen mit Rom auf die Milderung
ihrer Sitten und die Verbreitung des Chriſten—
tums (Uffilas) unter ihnen großen Einfluß, und
namentlich waren es wohl römtiche Kriegsgefangene,
ſowie die öfteren Einfälle der Goten in die griechijchen
Provinzen, welche fie mit der griechiichen Sprache
und dem griechiſch geichriebenen Evangelium be-
fannt machten.
Gotini oder Cotini (vgl. Korıvoi bei Dio (ass.
71, 12, 3), ein von Tacitus (Germ. 43) erwähntes,
im Nüden der Marfomannen und Quaden, d. h.
nördlich von der Donau an den vorderen tarpathen,
wohnendes Bolt, vielleicht keltischen Urjprungs und
Nachkommen der Bolcer:Tektojagen.
Grachi j. Sempronii, E, 11-—18.
Gradivus j. Mars unter Ares,
Graecia, bei den Griechen 7) "Elldg, grenzt
im NW. an das griehiiche Jllyrien, im N. an
Makedonien, während an den 3 andern Seiten
das Meer die Grenze bildet, im W. das Joniſche,
im ©. und D. das Aigaiiſche Meer. Es zerfällt
feiner Gliederung nah in Nordgriehenland,
das wellenförmige Bergland zwiſchen dem
Ambratiichen und Malifchen, dem Korinthiichen
und Saronifchen Meerbujen (das eigentliche
Hellas, Graecia propria, j. Livadien), die Pe—
loponnejos und die ihrer Bildung nach zu
Griechenland gehörigen Inſeln. — Die nörb-
liche Grenze gegen Jllyrien und Makedonien bildet
feine zujammenhängende Berglette, jondern ein
zelne Gebirgsglieder, namentlih die Kerauni—
ſchen oder Afroferauniichen Berge (ſ. Akro-
keraunia), endend mit dem gleichnamigen Vor—
gebirge (ji. C. Gloſſa oder Linguetta), während
im öftlichen Teile der 2973 m Pr und waldige
Olympos (Olvumog), j. Elimbos, bei den Tür-
fen Semevat Evi d. i. Sit des Himmliſchen, fich
erhebt, der Sit der Götter und bei Homer Mittel-
punft der ganzen Erde. Durd die Mündung des
Beneios unterbrochen — Thal Tempe — ſetzt
ji) das Syſtem des Olympos als Oſſa (Ocs«),
j. Biffavo, und Belion (IIjkor), j. Pleſſidi, längs
des Meeres im jüböftlicher Richtung bis zum Vor-
gebirge Sepias (j. Hagios Georgios) fort; während
der 2700 m hohe Bindos (j. Grammos), in jeinen
nördlichen Teilen Lakmon und Tymphe genannt,
die Grenze gegen Epeiros bildend und die Waſſer—
icheide zwiichen dem Adriatiſchen und Aigaiiſchen
Meere bezeichnend Theflalien durchzieht und oſt—
vi
Graecia
wärts den 1700m Hohen Othrys (j. Mavrika)
entjendet, welcher den Maliſchen vom Pagaſaiiſchen
Meerbujen jcheidet und nad ©. mit dem Ty—
phreitos und Bomios in MWitolien zuſammen—
hängt. Der 2150m hohe Dite (Oirm), j. Kata:
vothra, ftreiht am Südufer des Spercheios in
öftlicher Richtung, bildet dort den berühmten Paß
der Thermopylen und hängt mit dem Kne—
mis zufammen, der mit Kallidromos, Btoon,
Meſſapios eine au der Oſtküſte des Feſtlandes
ſüdwärts ftreichende Höhentette bildet, während
nad Attifa hinein in der Richtung auf den
Korinthifchen Meerbujen Barnajios, Helifon,
Kithairon, Barnes, Bentelifon, Hymettos
ftreihen. Die Gebirgsgruppen Akarnaniens und
Aitoliend hängen mit dem Pindos zujammen
(Korar, Taphiaſſos, Chalkis, Arafynthos,. Mit
den Berggruppen Mittelgriechenlands ftehen in
offenbarem Zujammenhange die Inſeln, — auf
ihnen ſetzen fich die Gebirge fort: Aſtypalaia
(1. Stampalia) gehört feinem Charakter nach zu
Europa, Kos jhon zu Aſien. Euboia, Andros,
Tenos und Mykonos schließen fich an den Othrys—
zug, Keos, Syros, Paros, Naros, Aſty—
palaia bilden die Fortſetzung der andern Reihe
über Sunion. — Wejentlich ohne Zuſammenhang
mit dem andern Gebirgsinfteme ift das der Pelo-
ponnejos, denn der Korinthiiche Iſthmos liegt an
jeinen — Punkten nur etwa 80m über dem
Meeresjpiegel. Die Ejelsberge, Oneia (j. Ka—
rydhi), und die Kranichberge, Geraneia (j. Ma-
friplagi), lagern nördlich in Megaris vor. Ab—
gejehen von den Halbinjeln, welche hier und da
ausgebildetere Gebirgszüge der tg bietet der
eigentliche Kern des peloponnefischen Hochlandes
(im NO. in Arkadien) ein Chaos dichtgedrängter
und doch wieder vielfach zerriffener Mafjen. Haupt:
gebirge find Kyllene (j. Biria) und Ergman:
thos «j. Dlonos) im N. Arkadiens, von denen
nadı den verichiedenen Richtungen Zweige aus:
laufen: Arachnaion zwijchen Argolis und Kto:
rinthia, Artemijion, Barthenion, Barnon
im D. Arkadiens, Mainalos und Taygetos im
©. — Eine treffliche Charalteriftit der peloponne:
fiichen Gebirge f. bei A. von Roon, Grundzüge
der Erbfunde II ©. 645. — Wejentlich unterjcheidet
fi) die ganze Dfthälfte von Hellas von der weit:
lichen durd jene merkwürdigen rings geichlofienen
Gebirgsteflel, welche teil zu Landjeen wurden,
teils bewohnbare, ſehr ergiebige Ebenen bilden.
Das großartigfte Beijpiel bietet Theflalien nörd-
lich vom Othrys, bevor der Peneios durchbrach,
der Boibeisſee, die Gegend um den Kopaisſee in
Boiotien und die zahlreichen Keffel in Arkadien
(bei Stymphalos, Pheneos, Mantinein, Tegea).
WReitgriechenland zeigt in Epeiros nur Ein Bei—
jpiel diefer Art am heutigen See von Janina
(Bambotisjee). — Außer den jchon genannten Bor:
gebirgen Nordgriechenlands, Alroleraunion im
W. und Sepias im D,, find zu merken im eigent:
lihen Hellas: Antirrhion, das mit dem pelo-
ponnefiihen Rhion an der engften Stelle des
Korinthiichen Meerbujens die jogenannten Heinen
Dardanellen bildet; Sunion (j. Kap Kolonnacs),
Attilas Südſpitze; Hera Afrata (i. Hagios Niko:
laos), Weftipige des Iſthmos, Olmtat, ebenda:
jelbft. In der Peloponnejos gegen N.: Araros
(i. Bapa), Rhion, Drepanon (Drepano), Nord:
485
ſpitze der Halbinjel, Speiraion, dem Südende
von Salamis gegenüber; im D. Skylaion (ij.
Shtylü; im ©. Malea (j. Malia), Tainaron
(j. Matapan), Südſpitze der Halbinjel, Afritas
(Gallo); im W. Koryphaſion, Kyparijiia (ij.
Xyli), Ichthys (ji. Katakolo), Ehelonatas (j.
Slarentja), Weitipige der Peloponnejos. — Daß
Sriechenlands Boden von vulkaniſchen Elementen
burchdrungen ift, beweijen die heißen Quellen und
häufigen Erdbeben jeit den ältejten Zeiten. Treff:
liche Charakteriftif von Forchhammer, Hellenika
©. 2. — Bei etwa 1130 "IM. Flächeninhalt
enthält Griechenland 340 M. Küſten, mas das
Verhältnis von 1 M. Küfte zu 3/, TIM. gibt,
während in Italien das Verhältnis wie 1:8 oder
9, auf der pyrenäiſchen Halbinfel wie 1:25 ift;
am günftigften ift das Verhältnis im eigentlichen
Hellas (1: nicht völlig 2'/.), wo auf 284 T IM.
115 M. Küfte kommen. — Bemwäflerung. Zahl:
reich find die Flüſſe und Bäche, aber auch durch—
gängig unbedeutend und bejonders jo wallerarı,
daß die meiften nur Gießbäche (zeiu«geoı) find,
die im Sommer austrodnen. hr kurzer Lauf
erflärt ji) aus der geringen Breite des Landes
(zwiichen Kap Atroferaunion und dem Thermai-
ichen Buien 35 M., zwilchen dem Ambrafijchen
und Maliichen Meerbujen 17 M., in der Mitte
der Peloponnejos nur 12 M.), ihr Waffermangel
aus der ſchwachen Bewaldung der Berge. Die
bedeutenditen find: Peneios (j. Salambria), in
Theſſalien, 24 M. lang, Spercheios (j. Hellada),
14 M. lang, ebendajelbit, Acheloos (j. Aipropo:
tamo), zwiichen Witolien und Alarnanien, 26 M.
lang, N ehrt (ij. Phidari), in Mitolien, 12 M.,
Kephijos (j. Mavroneri) in Phokis und Boio—
tien, 10 M. fang, Aſopos (Njopo), 8 M. lang,
an der attijch:boiotiichen Grenze. An der Belo-
ponnejos: der Alpheios (j. Rufia), 16 M. lang,
der Eurotas (Jri), 11 M. lang, in Lalonien,
der Bamijos (j. Mavrozumenos), in Meffenien,
der breiteite Fluß der Halbinjel, aber von jeiner
nie verfiegenden Hauptquelle (j. Kephalophryji) an
nur 100 Stadien = 2", M. lang, obwohl Bäche
in ihn fallen, die 8 M. von der gt ent:
fpringen. Der Grieche wußte daher das Wafler
u ichägen (&gıorov usv Göwp, Pind. ol. 1, 1),
Pet Athen konnte nur aus 2 Quellen ftets Wafler
ihöpfen, und bei den Mainoten (im alten Lako—
nien) gilt der Beliger einer Eifterne für einen
reihen Mann. — An Seen find zır nennen: der
See Bambotis (j. Sce von Janina), in Epeiros
in der Gegend des alten Dodona, Boibeis ij.
Karlasjee), in Theflalien, Xynias (j. Xini Limni),
desgleihen, Kopais (j. Sce von Topolia oder
Livadia), in Boiotien; mehrere Seen in Nitolien
und Alarnanien; der See von Stymphalos
oder die Metopa (j. Sce von Zarafa), der See
von Pheneos (j. Sce von Phonia) und von
Orhomenos (ji. von Kalpati), in Arfadien. Auf
den rings umgebenden Wiejen mweideten zahlreiche
Herden. — Meerbujen: der Pagaſaiiſche Bujen
(B. von Bolo) im D., der Maliſche Buſen (B.
von Yamia oder Bituni), zwiſchen Nordgriedyen:
land und dem eigentlichen Hellas; der Saroniſche
Bujen (B. von Egina), zwiſchen Attika und Ar:
golis, mit den Baten von Eleufis und Kenchreai;
der Argolijche Bujen (B. von Nauplia), der
Lakoniſche Buſen (B. von Marathonifi), der
[21
9
*
486
Meſſeniſche Buſen (B. von Koron), der Kypa—
riſſiſche, Chelonatiſche, Kylleniſche Buſen,
alle 3 an der Weſtſeite der Peloponneſos; der
Bujen von Korinthos (B. von Lepanto oder
Korinth), deffen Zeile der Kriſſaiiſche Bujen
(B. von Salona oder Galaridi), der Bujen von
Antilyra (B. von Aiprapitia), der Halkyoniſche
Bujen; der Ambrafifche Bujen (B. von Arta).
Das Euboiifhe Meer mit der Opuntifchen Bai
(B. von Talanti) und dem Euripos lag zwi-
ichen dem Feitlande und Euboia. — Eine außer:
ordentliche Abwechſelung zeigt das Klima, das die
Alten hoch preijen (Zidt. 3, 106 ff.); allein für
jeine jüdliche Lage ift Griechenlands Klima etwas
fühl. Im März ift es in Mefjenien Sommer, in
Latonien Frühling, in Arkadien Winter. Im
Sommer herrjcht in den Ebenen oft eine furcht:
bare Gut, der Winter befteht meijt nur aus Stür-
men mit Gemwittern und dichten Regengüffen («BeE-
sparog Önßeos). — Mannigfach find auch die
Produkte: reichlich gab es die verjchiedenen Stein-
arten, bejonders Marmor; von edlen Metallen fand
fich im ganzen wenig (Siphnos, Thajos, Yaurion),
Kupfer (gaixos) auf Euboia, Eijen (sdöngos) eben-
dafelbit und in Lalonien. Das Pflanzenreich gibt
alle Baumarten jüdlicher Gegenden, Saubere auch
den Olbaum, den Weinſtock und Feldfrüchte, letz—
tere freilich beim Mangel brauchbaren Ackerlandes
in nicht hinreichender Menge, ſo daß andere Län—
der, namentlich Thrakien, die Pontoslüſten und
Agypten, aushelfen mußten. Im Tierreich ſind
beſonders Ziegen, Schafe und Fiſche zu nennen.
Neifende Tiere fanden ſich nur jparfam; Löwen
werden nur im mythiſcher Zeit erwähnt. Hat.
7, 126. Eine große Landplage waren die Heu:
ichreden. — Nordgriehenland enthielt die
beiden Landichaften Epeiros im W., Theflalien
im D.; das eigentlidhe Hellas von ®. an:
Akarnania, Nitolia, das Land der ozoliichen Lo—
frer, Doris, das Land der öftlichen (epiknemidi—
ichen und opuntifchen) Lokrer, Phokis, Boiotien,
Attika, Megaris; die Peloponneſos: Korinthia,
Sityonia, Phliafia, Adyaia, Eleia, Meffenia, La:
fonifa, Argolis, Arkadia. — Inſeln im Joni—
ihen Meere: Kerkyra, Leukadia, Sephallenia,
Ithaka, Zakynthos, Kythera; im Saroniſchen
Buſen: Kalaureia, Aigina, Salamis; im Aigaii—
ſchen Meere: Euboia, weiter nördlich: Lemnos,
Samothrafe, Thaſos; dann die Kykladen, um
Delos herumliegend; im Kretiſchen Meere: Kreta.
— Name und ältefte Bewohner Einen ge:
meinjfamen Namen für ganz Griechenland kannte
die ältejte Zeit nicht. Hellas bezeichnete urſprüng—
lich nur eine Stadt in Thefjalien, dann (zu Homers
Zeiten) den füdlihen Teil von Theſſalien, weiter
Mittelgriechenland, im Gegenjaß zur Peloponnejos,
welche letztere indes feit den Perſerkriegen hinzu:
gerechnet wurde. In makedoniſcher Zeit hieß alles
Land jo, wo Hellenen wohnten. Der Name Grae-
cia war bei den Römern gebräuchlich; Tg«ıxoı
biegen urfprüngli nur die Umwohner von Do:
dona. Als römische Provinz hieh das Yand (außer
Theffalien, Epeiros, Akarnanien, den wejtlichen
Inſeln und Kreta) Achaia. — Als ältejte Be—
wohner werden genannt Karer und Leleger,
letztere namentlih in allen Süd: und Weftküften-
ländern Lakonien, Meflenien, Elis, Witolien,
Lolris, Pholis, Euboia), wozu vielleicht auch die
Graecia.
Kaukonen in Nitolien und NAlarnanien, Hyan—
ten, Abanten, Aonen in Phofis, Boiotia,
Euboia gehören, wahrjcheinlich den jpäteren Helle:
nen urberwandt und dem illyriichen Stamme an:
gehörig. Außerdem ericheint für die Urbewohner
in faſt allen Teilen Griechenlands und darüber
hinaus (in Italien, Kleinafien) der faft nur my—
thiiche Name der Pelajger (in Thefjalien aud)
ipäter in der Landichaft Pelajgiotis und an den
Nordküften des Aigaiiſchen Meeres in dem der tyr—
rheniſchen Pelaſger fortdauernd), mit welchem wahr:
jcheinlich, ſoweit es ſich bei der Schwierigkeit der
Unterjuchung beftimmen läßt, dasjelbe Bolt be-
zeichnet wird, welches ſich in hiſtoriſcher Zeit, unter
veränderten politiichen Berhältniffen, Hellenen
nannte, während manche Gelchrte in ihnen ein
jemitijches Volk erbliden (jo noch neuerdings
Kiepert und ©. Erufins), andere fie für Jlinrier,
alio Verwandte der heutigen Albanejen, halten.
Die Hellenen jchieden noch in hiftorischer Zeit alle
mit fremden Nationen vermifchten und auch in
der Kultur tiefer ftehenden nördlichen Stämme
(Epeiroten, Matedonier, Jlyrier, italiiche Pelaſger
u. j. w.) von ſich aus; urjprünglich gehörte der
Name einem Stamme im jüdlichen Thefjalien an,
in Phthia und defien Pflangorten (Banbellenion
auf Migina), von wo er ſich erjt durch die Am:
phiftyonie der 12 Völker (zu Thermopylai) und
durch die doriiche Wanderung nad Süden ver:
breitete. In heroiſcher Zeit werden nur einzelne
Stämme genannt. Als uranjäffige, jpäter helle:
nisch gewordene Stämme werden genannt im
Süden: 1) Arfader mit den Kynuriern; Da—
naer (wohl ungriechiiches Wort) in Argos; 3) Jo—
nier (uripr. ’/dFores, daher altperfiih Jauna,
ſanskritiſch Javana, ägyptiſch Uinin, hebräiich
Javan),' ſowohl in der Peloponneſos längs der
Nordküfte, als in Attila und auf der Nordfüjte des
Ktorinthiichen Bujens jowie auf Euboia; 4) Kad—
meier im füdlichen Boiotien — auch tyrrheniiche
Belajger genannt; im N. traten neben den theſſa—
liichen Pelaſgern (wozu Haimonier, Magneten,
Drooper, Doloper, Berrhaiber u. j. w. gehören)
als eigentliche hellenijche Stämme auf: 5) Do—
rer, zuerjt am Olympos, dann ſüdlicher am Dite
und Parnaſſos; 6) Achaier im ſüdlichen Theſſa—
lien, dann eingewandert in der Peloponneſos
(Argos, Lakonien, Pija am Alpheios); 7) Aioler
(in der Mythe auch Minyer) in Wefttheflalien,
dann Hauptbevölferung Mittelgriechenlands, mit
Ausnahme Attifas, als Boioter, Lofrer, Pholer,
Nitoler, Alarnaner. — Durch die große Völler—
bewegung (nach der gewöhnlichen Annahme jeit
1124 v. E., nach heutiger Forjchung jeit früheftens
1050 v. €.) gejtaltete ſich die auch in hiftorijcher
Beit fortbeftehende Verteilung der Bevölkerung
jo, bob Thejjaler, aus Epeiros gefommen, das
nach ihnen benannte Land einnahmen. Nun wan-
derten die aioliihen Boioter aus Theflalien
nach dem von ihnen genannten Boiotien, Die
Aitoler gingen teilweije zu den verwandten
Epeiern in Elis, die Dorer bejegten die jüdliche
und öſtliche Peloponnejos (mit ihnen zum Zeil
Dryoper) und verbreiteten ſich jelbft nach Kreta;
die Achaier, durch die Dorer zum Teil aus ihren
Sitzen verdrängt, nahmen die ionifche Küſte der
Peloponneſos dauernd ein und wanderten außer:
dem nach Leſbos und dem nordweftlicden Klein-
10
11
Graecia Magna — Grammatiker.
afien, wo fie die aioliſchen Kolonien gründeten;
die peloponnejiihen Jonier bejegten Euboia und
die meiften Aufladen, jowie mit andern aioliſch—
pelaſgiſchen Stämmen die Indische Küfte und grün:
deten die ioniſchen Kolonien. — Hauptwerk über
die Geographie des alten Griechenlands: Burfian,
Geographie von Griechenland (2 Bbd., 1862— 72).
Lolling, Hellen. Yandestunde u. Topographie (Jwan
Müllers Handb. d. klaſſ. Altertumswiſſenſchaft III
©. 101 ff). Für Schulzwede: Bobrit, Griechen:
land in altgeogr. Beziehung (1842). Buttmanı,
furzgef. Geographie von Altgriechenland (1872).
Graecia Magna, 7) ueydin'Ellds, wurde zuerjt
von Bolybios das untere Jtalien genannt, jüdlich
von den Flüffen Silarus und Frento, wegen der
zahlreichen, feit dem 8. Nahrh. v. E. angelegten
griechiſchen Anfiedelungen, befonders um den Taren:
tinischen Meerbujen herum, wohlverjtanden, injofern
fich ſolche Anfiedelungen dort befanden. An und
für ſich wurde der Name nicht für Unteritalien
gebraucht, jondern nur für die griechischen Stäbte
und ihre Gebiete. Strabon nennt jogar die Hellenen
Italiens und Siciliens das „große Hellas“.
Graeeostäsis j. Roma, 8.
Graien j. Gorgo und lersens.
Mgauuareior, 1) mit dem Zuſatz Ankıepyı-
”or, hieß in Athen die von jedem Demarchen in
feinem Demos geführte Bürgerlifte. Jeder voll:
jährige Bürger (daher der Name An&ırgzırdv, von
Angıs, Erbteil; fie konnten ihr Vermögen jelbft
verwalten) wurde hier durch Wermittelung Des
Baters oder eines Verwandten eingetragen, nad):
dem jeine Berechtigung dazu geprüft war. Die
Einzeichnung geſchah jährlih einmal an einem
bejtimmten Tage, an welchem die Amtswahlen in
den Demen ftattfanden, zu Ende des Jahres oder
im Anfange des neuen Jahres. Lycurg. Leoer. 76.
Aeschin. Timarch. 18. Auf Grund diejer Ge:
meindebücher wurden alle andern Bürgerverzeich:
niffe, deren die Behörden zu verichiedenen Zwecken
bedurften, zufammengeftellt. — 2) Das xoıwör
oder po«rogixöor yonuu. war das Stammregifter
der Mitglieder der Phratrien. Marpocrat. s. v.
Teauparevg. Rede Behörde in Athen hatte
ihren Schreiber, der ihr entweder beigegeben oder
von den Beamten ſelbſt gewählt wurde. Die meiften
Mitglieder diefer jehr zahlreichen Klaſſe nahmen
eine jehr untergeordnete und wenig geachtete Stel:
lung ein, daher fie auch aus der nicdrigiten Rolls:
Hafle, zum Teil aus den Staatsfflaven, genommen
wurden. Eine angejehenere Stellung hatten fol:
gende: 1) der yoauuersvg xarı movraveiar, der
für jede Prytanie aus den Buleuten erloft wurbe
und dem die Bewachung der während feiner Pry—
tanie von ihm abgefahten öffentlichen Schriftftüde
anvertraut war, wohl berjelbe, deſſen Name den
Biephiimen älterer Form (ſ. "Errinsil«, 5.) vor-
gejeht war; 2) der yoauuaredg rg Boving (aud)
rar Bovksvrür), durd; Cheirotonie vom Kate er:
wählt und mit der Bewahrung der Gejeße beauf-
tragt; 3) der yeuuuareug rg moltwg (auch Ye.
tod Örjuov oder rüg Bowijs »al roö Önjuov oder
vroyganuuarerig genannt), vom Bolfe erwählt. —
Hier find auch nody die beiden dvrıyoaupeis zu
erwähnen, welche die Kontrolle und Kontrafignatur
beionders der vorzulegenden Rechnungen hatten:
1) der Arrıygapeig rs Bovins, der die finan-
ziellen Schriften des Rates zu fontrajignieren und
487
in jeder Prytanie einmal über die eingelaufenen
Gelder dem Volke Rechenſchaft abzulegen hatte,
durch Cheirotonie, ſpät erft durch Los erwählt;
2) der erriyoageug tig Öroınnaens, wahricheinlich
ebenfall$ vom Volke erwählt, der dem Schagmeijter
(rawlag rg dtornnjoewg) zur Kontrolle und Kon—
trafignatur der Nechnungen beigegeben war. — Im
Aitoliſchen Bunde gehörte der yonuuereög nebit
den Strategen und Dipparchen zu den von Bundes
wegen erwählten höheren Bundesbeamten, cbenjo
im Achaiiſchen Bunde.
Grammatiker, I) Griechiſche. Schon früh trat
bei den Griechen das Beftreben hervor, die Geſetze
der Sprache nad ihrem inneren Zuſammenhang
zu betrachten und zu entwideln, und jo finden fich
denn ſchon bei Platon, bei dem dies Beſtreben ſich
namentlich zuerſt zeigt, die Ausdrücke yoruuerındg,
yoaumerınn) (reyvn), welche ſich anfangs freilich
nur auf die Berhältniffe der Buchjtaben, yoduuare,
bezogen. Mit der Lehre der allerdings nicht jehr
angejehenen yoauuerıorai begann bei den Griechen
der erfte Elementarunterricht. Bald ging man über
das bloße mechaniſche Leſen in dieſem Unterrichte
hinaus, und wenn je Lehrer ihre Schüler über
den Inhalt des Geleſenen aufklären wollten, mußten
ſie Gelehrſamkeit beſitzen und einen richtigen Text,
z. B. des Homer, herſtellen können; ſo trat die
Kritik und die Hermeneutik mit hinzu, wenn:
gleich von eigentlichen Gelehrten noch nicht wohl
die Rede jein kann. Erſt in den alerandrinifchen
Beiten wurde in der Sprachwiſſenſchaft Bedeuten:
des geleiftet. Der Beruf des Grammatikers, die
yorunarınn, umfahte nun die ganze Gelehrſamkeit
über das Nltertum, und yoeduuar« waren die
Schätze der Litteratur in formaler und realer Be:
ziehung. So jagt Cicero (de or. 1, 42): in gram-
maticis conclusa est pottarum pertractatio,
historiarum cognitio, verborum interpretatio,
pronuntiandi quidam sonus. So wurde alfo der
yoaumermög als Spradjlehrer mit dem gYılokoyog
und dem xeırınög gleichbedeutend, wenngleich man
bei genauer Scheidung eriterem namentlich das
hiftorische Willen, die Erklärung der Worte und
Sachen, letzterem die philofophijche Seite der Sprad):
berichtigung zuwies. Man teilte nun die Gram—
matit in 3 Teile: rö reyvınor, d. i. Kritif und
Grammatik im engeren Sinne, rö lorogındv, Erflä:
rung der Sachen und des Sinnes, und rö Ödıwire-
eorv. Dionyfios Thrar (j. Dionysios, 8.) nennt
6 Teile: Bortrag, Erklärung des Inhalts, kurze
Sach- und Worterflärung, Etymologie, Analogie,
Kritik. Bald unterichied man auch höhere und
niedere Grammatik. — Bei der Univerialität der :
alerandrinijchen Grammatiker ift es begreiflich, daß
fich ihre Thätigkeit nicht auf einzelne grammatiſche
Unterjuchungen bejchräntte, jondern auch namentlich
Recenfionen ganzer Werte, vorzüglich der home:
riichen Gedichte, herzuftellen juchte; auch entwarfen
fie Verzeichniffe der für Haffiich gehaltenen Schrift-
ſteller. Die bedeutendften Grammtatiler waren:
Benodotos (280 dv. E.), Ariftophanes aus
Byzantion (221 bis 180), Ariftarchos von Samo:
thrafe (um 160), Krates von Mallos, der Gegner
der Alerandriner (um 170), DionyfiosThrar(60),
Didymos aus Alerandreia (30), Hoilos, Nike:
piades, Tryphon aus Alerandreia zur Zeit des
Auguftus, Ains Dionyfios ans Halifarnafjos
(jeit 31 dv. E. in Nom), Apollonios Dyjfolos
12
*
-
488
aus Alerandreia unter Hadrian und Antonin, fein
Sohn Älius Herodianos, Drafon aus Stra-
tonite, Hephatition, Yehrer des Kaiſers Verus,
Dionyſius Caſſius Longinos (um 250 n. E.),
Proklos, Arkadios, Dofitheos, Leſbonax,
Georgios Choiroboſtos. Abgedrudt ſind fie in
der Aldina (1495—1524, 6 Bdd.), in den anec-
dota Graeca von Billoifon, 3. Better, L. Bad):
mann und Gramer, fowie in den Schriften von
Lehrs, Friedländer und Lenz. Beginn einer frit.
Gejamtausgabe Leipzig (Teubner) 1878 (Apollonü
Dyscoli scripta minora a Rich. Schneidero
edita). — UI) Römijhe. In Rom murde das
Studium der Grammatif nach vereinzelten dahin
einschlagenden Unterfuchungen bei den älteiten
Hiltorifern zuerft durch den griechiichen Gramma—
titer Strates angeregt, der im J. 159 v. E. mit
einer Gejandtichaft des Königs Attalos von Per:
gamos nach Rom fam und dajelbft während eines
längeren Aufenthalts Vorträge über die griechiiche
und lateiniſche Sprache hielt. Teils waren es an:
geichene Staatsmänner, welche ihre Muße gelehr:
ten Arbeiten widmeten, teils bildete ſich eine eigene
Klaſſe von Gelehrten, welche neben dem mündlichen
Unterricht, den fie erteilten, wiflenjchaftliche Werte
über grammatijche Gegenftände jchrieben. Doc)
ftanden die eigentlich grammatiichen Arbeiten noch
lange Zeit hinter den antiquariichen und litterar:
hiftorijchen zurüd und bejchränften ſich meijtens
auf die Erflärung der einzelnen Schriftiteller und
veralteter, ſchwer verjtändlicher Wortformen. Die
bedentenditen Grammatifer diejer älteften Periode
find: Aurelius Opilius, außer der Erklärung
älterer Dichter ‚befannt durdy ein grammatijches
Wert Musae; Alius Stilo Präconinus, be-
jonders auf etymologische Unterjuchungen gerichtet,
und vor allen der Schüler des leßteren, M. Teren:
tins Barro aus Reate, der mit feiner alles um:
fafjenden Gelchriamfeit auch den grammatijchen
Studien einen neuen, nachhaltigen Aufſchwung gab.
Durch eine ähnliche Gelehrjamteit wie Varro zeid):
nete fich ungefähr um diejelbe Zeit B. Nigidins
Figulus aus, der außer mehreren philojophiichen
und antiquarifchen Schriften auch commentarii
grammatici fchrieb; ferner Santra (de verbo-
rum antiquitate), Sinnius Capito, außer
andern grammatischen Schriften durch eine Samm:
lung und Erklärung von Sprichwörtern befannt,
und Atejus mit dem Beinamen philologus.
Eine Begründung der Formenlchre verfuchte Cäſar
in dem Buche de analogia ad M. Terentium
Varronem. In der augufteiichen Beriode wurden
die grammatischen Studien in Verbindung mit
antiquariichen bejonders durd; Verrius Flaccus
und Julius Hyginus fortgeſetzt. Als Erflärer
ciceronischer Schriften war um diejelbe Zeit D.
Aſconius Pedianus (aus Bedum in Latium)
ausgezeichnet. Die Kritif und Erflärung der Dich:
ter, namentlich des Vergil, wurde gegen Ende des
1. Jahrhunderts n. E. in bedeutender Weije gefördert
durch den gelehrten Grammatiter M. Valerius
Brobus aus Berytos, unter deflen Namen wir
noch einen Kommentar zu Bergils Bucolica und |
Georgiea bejigen.
Grammatliker.
Auch von Suetonins werden ung mehrere gram—
matische Schriften genannt. — Eine neue Epoche 5
für das Studium der Grammatik beginnt mit der
Zeit Hadrians, der die Schulen der Grammatifer
mit Vorliebe begünftigte. Bon nun an traten die
inftematischen, ausſchließlich auf die Sprache gerich—
teten Werle mehr und mehr hervor; zugleid) aber
beichränfte man ſich auch darauf, aus den Wrbei-
ten der Vorgänger das für den Zweck der Schule
Dienlihe auszuziehen und zuſammenzufaſſen, ftatt
durch jelbitändige Forichungen eigenes Material
zu gewinnen. In diefer Weife erftreden fich die
grammatiichen Werte von den jpäteren Zeiten des
römijchen Kaiferreichs bis weit in das Mittelalter
hinein; und auf jolchen Kompilationen, Ercerpten
und Überarbeitungen beruht vorzugsweiſe unfere
Kenntnis von der Lehre der römijchen Gramma:
tifer, da von den älteren Schriften nichts vollftän:
dig erhalten ift. Sie find für uns weniger durch
die Spuren der alten Theorie, welche ſich in den—
jelben finden, als durch die Eitate aus den älteren
Schriftftellern und durch die archaiftiichen Wort:
formen, deren Wunde fie uns erhalten haben, wich:
tig. Der größte Teil diejer Schriften enthält eine
ſyſtematiſche Darftellung der Grammatik, welche
mit dem Namen ars bezeichnet zu werden pflegt.
Dieſe ift fast ausjchliehlich auf die Formenlehre
gerichtet, welche nach den 8 Nedeteilen, wie fie
fich in der Theorie der Grammatifer ausgebildet
hatten, nomen, pronomen, verbum, adverbium,
participium, coniunetio, praepositio, interiectio,
abgehandelt wird. Daran ſchließt ſich meiftens
eine Behandlung der Metrit und Profodie, der
Redefiguren (de tropis et figuris) und des Fehler:
haften in der Sprache (de barbari-mo et soloe-
cismo). Die wichtigften Grammatiter diejer Art
find: Flavius Sojipater Charijius, wahr:
icheinlich im 4. Jahrhundert. Seine ars gramma-
tica in 5 BB. (leider nicht vollftändig erhalten)
beiteht fast ganz aus einer höchſt ungejchidten Zu:
fammenjtellung von Ercerpten aus älteren Gram—
matifern, namentlich Cominianus, PBalämon und
Julius Romanus, von denen beionders die legteren
reich an wertvollen Eitaten aus der älteren Yitte-
ratur find. Wenig jpäter, wie es jcheint, jchrieb
Diomedes de arte grammatica 3 BB., die an
vielen Stellen wörtlich mit dem Werte des Chari—
ſius übereinftimmen, aber weit planmäßiger ange:
legt find. Befonders wichtig ijt das dritte Buch.
Von Priſeianus aus Cäſarea, im Anfang des
6. Jahrhunderts, Lehrer der Grammatik in Con-
ftantinopel, haben wir außer mehreren Heinen
grammatischen Schriften institutiones grammati-
ene in 18 BB., von denen die beiden legten de
eonstructione die Syntar behandeln, das ausführ:
lichite Werk über lateiniiche Grammmatif, das uns
erhalten ift und als Hauptquelle für die Kenntnis
der lateinischen Sprache lange eifrig gelejen ward.
Neben ihm hat für die jpäteren Zeiten Feiner unter
allen lateinischen Srammatilern größere Bedeutung
gewonnen, als Alius Donatus (im 4. Jahrhundert),
der ſonſt auch als Verfaſſer eines uns erhaltenen
Kommentars zu Terenz bekannt ift. Die ars,
Als Lehrer der Grammatik | welche jeinen Namen trägt, in 2 Abteilungen oder
blühte um diejelbe Zeit O. Remmius Balämon;|editiones, gibt einen jehr kurz gefahten Abriß
und von den grammatiichen Studien des älteren | des gewöhnlichen grammatiichen Syſtems, wurde
Plinius geben jeine libri dubii sermonis, von |
denen zahlreiche Fragmente erhalten find, Zeugnis. |
aber eben deshalb lange Zeit hindurch als Lehrbuch
benußt und in vielen, zum Teil jehr ausführlichen
Grampius mons — Toagı).
Kommentaren erflärt und erweitert. Die bedeu:
tendften unter den legteren find mehrere Schriften
unter dem Namen des Servius (Maurus Servius
Honoratus, Verfaſſer eines Kommentars zu Ber:
gil) und Sergius, und das weitichweifige com-
mentum des Bompejus. Den Namen des Pro:
bus tragen außer einigen Heinen Abhandlungen
eine ars, welche eine ausführliche und gut geordnete
Darftellung der Grammatit, aber ohne bejondere
Gelehrſamkeit, gibt, und der Auszug institutiones
grammaticae in 2 BB. Mit dem berühmten
Grammatiker des 1. Jahrhunderts haben indes
beide nichts als den Namen gemein. Ebenjo ver:
hält es ſich mit der dürftigen ars grammatica
des Palämon. Ahnlicher Art wie die genannten
Schriften find die zum Teil jehr jpäten artes von
M. Claudius Sacerdos, Eledonius, Wiper,
Auguftinus u. a. Andere behandeln einzelne
Zeile des ganzen Syſtems abgejondert, wie Pho:
ca$ de nomine et verbo, Conjentius de no-
mine et verbo und de barbarismo, Eutychius
de discernendis conineationibus, Macrobius
de diflerentiis verbi graeeci et latini. Vorzugs—
weije metrijhen Inhalts ift das Buch des Teren:
tianns Maurus de literis, syllabis, pedibus
et metris, ein Gedicht von 3000 Berjen in ver:
jchiedenem Metrum, wahrjcheinlich erft aus dem
3. Jahrhundert. Noch ausführlicher it derjelbe
Gegenjtand behandelt von Marius Bictorinus,
einem berühmten Rhetor des 4. Nahrhunderts, in
den I:bri IV artis grammaticae. Kürzere Schrif-
ten über die Metrif haben wir unter den Namen
des Marius Plotius Sacerdos, Cäſius
Baſſus, Atilius Fortunatianus, Marimus
Bictorinus, Rufinus, Mallius Theodo:
rus und Beda. Als Schulbuch für die Metrif
wurde lange Zeit hindurch benugt Servius de
ventum metris, eine trodene Aufzählung der ver:
ſchiedenen Bersarten mit beigefügten Mufterverjen.
Mit bejonderer Sorgfalt endlidy wurde in der
fpäteren Zeit der Abjchnitt dv» orthographia be:
handelt, woran ſich leichte etymologiſche und andere
grammatijche Bemerkungen anſchloſſen. Die dahin
einjchlagenden Schriften, welche die zweifelhaften
Wörter in alphabetijcher Reihenfolge aufzählen und
beipredhen, tragen den Namen des Flavius Caper,
an den fich noch eine Schrift von Agroecius
anſchließt, TerentiusScaurus(berühmter Gram—
matifer zur Zeit Hadrians), Velius Longus,
Caſſiodorius, der eine Zuſammenſtellung von
orthographiſchen Excerpten aus 12 älteren Gram—
matikern gibt, und Beda. Aus den Arbeiten der
alten Ölofjographen und Grammatifer ift das Bud)
des unwiſſenden und oberflählichen Nonius Mar:
cellus de compendiosa doctrina per literas
(im 4. Jahrhundert n. E.) gezogen, eine Zuſam—
menftellung altertümlicher Wortformen und Aus:
drüde, in verjchiedenen Abjchnitten alphabetiich
geordnet und ohne alle Kenntnis der Sache ange:
legt, aber durd die reiche Beiſpielſammlung aus
alten Scriftftellern von hohem Wert (herausg.
von Wercier 1583 und 1614; von Gerlach u. Roth
1842; neuefte Ausgabe von Luc. Müller, 2 Bdd.
1887.88). Das legte Werk, das noch auf einem Stu:
dium älterer Quellen beruht, find die origines des
Iſidorus, Bilchofs von Sevilla im 7. Jahrhundert,
eine Art von Encyklopädie aller Wiſſenſchaften in
einem dem Bedürfnis der Zeit angepaften Aus:
48)
zuge. — Altere Sammlungen der lateinischen Gram—
matifer von D. Godefroi (Sothofredus) (1595) und
El. Putſche (1605); neuere begonnen von Linde:
mann (1830), jebt kritiſch berichtigt jeit 1856 von
9. Keil (1856 — 1880, 7 Bdd.) nebjt einem supple-
mentum von Hagen (1870).
Grampius mons j. Graupius,
Granii, ein plebejiiches Geichlecht: 1) Q. Gra—
nius, feinem Berufe nach ein praeco, ein geijt:
reicher Menſch, den Cicero bejonders wegen feines
altrömijchen Wißes (Brut. 46) rühmt und neben
Lucilius nennt. Er ſchonte die angejeheniten Män-
ner nicht und ftand im Freundſchaft mit Craſſus,
dem Tribunen Livius Drufus und andern ange:
jehenen Männern. Cie. Plane. 14. ad fam. 9,15.
— Seine Söhne find 2) En. Gran. und 3) D.
Gran., von welchen einer wahrſcheinlich jpäter
Stiefjohn des Marius wurde und fich von Min:
turnä aus zur Sce vor den Anhängern Sullas
rettete. Plut. Mar. 37. 40. — 4) Gran. Flaccus
in libro quem ad Caesarem de indigitamentis
scriptum reliquit (Censorin. de die nat. 3, 2);
er lebte im_1. Kahrhundert v. C. — 5) Gran.
Marcellus, zur Zeit des Tiberins Statthalter
von Bithynien, wegen Erpreflungen angeflagt im
Jahre 15 n. E. Tae. ann. 1, 74. — 6) Gran.
(Savius) Silvanus, Mitverjchworener des Piſo
gegen Nero (65 un. E.), mußte als Tribun den
Seneca verhören und tötete fich ſpäter felbft, ob:
gleich er begnadigt war. Zac. ann. 15, 60. 71. —
7) Gran. Serenus, unter Hadrian, nahm jich
der Ehriften gegen den Kaiſer mit Erfolg an.
Oros. 7, 13. — 8) ran. Licinianus, römijcher
Hiftorifer im Zeitalter der Antonine oder auch
noch jpäter (nah Madvig im 3. oder 4. Jahr—
hundert), von defien Annalenwerke 1853 in Yondon
durch de Yagarde und Pertz Bruchjtüde des ſechs—
undswanzigften, achtundzwanzigſten und jechsund-
dreiigften Buchs in einem codex palimpsestus
aufgefunden worden find, die die Gejchichte der
Jahre 163 und 780. C. behandeln. Die erjte Aus:
gabe beforgte Berk (1857), eine kritiſche jüngere
Philologen der Bonner Schule (1858), die ihn mit
Unrecht für einen Zeitgenofjen Eiceros und Sallufts
halten, deffen Werk ſpäter interpoliert worden jei.
Granikos, [’oavınos, Fluß in Myſien, auf
dem Kotylos, der nördlichen Spitze des Ida, ent:
jpringend und durd die Ebene Adraftein in die
Propontis mündend zwischen Priapos und Kyzikos;
befannt durch die erite Schlacht Aleranders gegen
die Perjer (Mai 334) und den Sieg des Lucullus
über den Mithridates (Frühling 73 v. E.); |.
Zichantichai. Strab. 13, 587. Arr. 1,13, 1. Diod.
Sie. 17, 18. Plut. Aler. 16 ff. Zucull. 11.
T'ergn, Schriftllage, bezeichnet im weitern Sinn
jowohl jeden öffentlihen Rechtshandel als auch
jede Form der Klage bei öffentlichen Nechtshändeln,
im engeren Sinne eine beitimmte Form der lage
bei öffentlichen Rechtshändeln, die nämlich, bei der
man nur eine jchriftliche Klage einzureichen hatte,
zum Unterjchiede von den Klageformen, bei denen,
wie bei der Endeiris, Apagoge u. j. w. zu der
Einreichung der Ichriftlichen Klage noch ein anderes
eigentümlidhes Verfahren hinzulam. Angewendet
werden konnte fie in allen Fällen, für die die Ge—
ſetze nicht eine beftimmte andere Klageform, z. B.
die drayoyn und Zpriynaıs, feſtgeſetzt hatten.
Wenn yeapr aud für Privatllage gebraucht wird,
—
ts
—
490
jo iſt dies eine Ungenauigkeit des Ausdrucks (vgl.
Slam). — Die hauptjädhlichften Arten der lage Geſetze zu hindern oder wenigftens aufzuheben.
Gratia — Gratius.
Händen der Demagogen wurde, die notwendigiten
find: Ayanldov yocyr, eine, wie es heißt, | Es fonnte nämlich jeder Vollsbeſchluß (yıjpıou«),
ſchon von Solon gegen Eheloſe feitgejegte Klage, | wie auch jedes Geſetz, ſowohl vor als auch nad)
über deren Folgen für den Bellagten, wenn er
ichuldig befunden wurde, wir nichts wiſſen.
gehörte ihrer Natur nad vor das Forum des
Archon. — Bei den Spartanern famen nur Klagen
xaxroyamiov und öypıyawlov, wegen unpafjender
oder zu jpäter VBerheiratung, vor. — Ayeaplov
yeapn iſt die Scriftllage gegen den Staats:
ſchuldner, der, ohne feine Schuld bezahlt zu haben,
aus dem Verzeichnis der Staatsſchuldner ‚ausge:
ftrihen war. So jagt wenigitens Demofthenes
gegen Theofrines (p. 1338, 15), indem er die
Meinung widerlegt, als ob gegen den, welcher gar
nicht eingetragen war, dieje Klage angeftellt werden
fünne. Sie gehörte vor das Forum der Theimo:
theten. Die Strafe ift unbefannt, wahrſcheinlich
ihäßbar. — Akoylov yoagprj, Klage gegen rechen:
ichaftspflichtige Beamte, die feine Rechenſchaft ab:
gelegt hatten. Forum: mwahrjcheinlich die Logiſten.
Die Folgen der Klage find unbefaunt. — Avarv-
uaylov yea«gpn, gegen den angeftellft, der, zum
Kriegsdienft auf der Flotte ausgehoben, ohne jein
Schiff zu verlaffen, an der Schlacht feinen Anteil
nahm. YJurisdiktion: die Strategen; Strafe: Atimie.
— Ardganodıouod yoapıj, gegen dröge-
zodıordg gerichtet, d. h. gegen den, der freie
Männer zu Sklaven macht oder fremde Sklaven
ihrem Herrn raubt. Die Klage gehörte zur Juris—
diltion der Elf-Männer. Strafe: Tod, vgl. "Er-
dena. — Anooraclov yoapn |. Sovkog, 9.
— Anpooraclov ypapr. Da jeder Metoife
und jeder Freigelaffene in Athen einen Patron
(reoordrng) haben muhte, jo fonnte gegen den,
der einen ſolchen nicht hatte und jeine bürgerlichen
Geſchäfte jelbitändig verwaltete, beim Polemarchen
eine Schriftflage angeftellt werden; mit welchen
folgen für den Angellagten, wiſſen wir nicht.
Diejelbe Anklage fcheint auch als mildere Form,
ftatt der drayoyı ueromdov, gegen den zumeilen
angeftellt worden zu fein, der jein Schußgeld
(usrofxıor) nicht bezahlte. — Apylas yoapi
war eine Anklage, die wegen Müßiggangs oder
Seichäftstofigfeit beim Areopag erhoben ward,
jobald namentlidy dieje den Angehörigen zum Nach:
teil gereichte. Die Strafe, falls einer für jchuldig
erfannt ward, bejtand zuerjt in einer Geldbuße,
im Wiederholungsfalle in Atimie. -— Aazrßelag
yoagpr umfahte viele Fälle in fich. Für koeßeı«
galten alle Augriffe auf die Gottheit, Ableugnung
und Verſpottung derjelben, Einführung nener Kulte,
Entweihung des Heiligen, Abweichung von den
Gebräuchen des Kultus, Verſäumnis der den Toten
gebührenden Pflichten, Ausplaudern der Myſterien,
Ausgraben Öffentlicher Olbäume, Umgang mit Ber:
ſonen, die mit Blutſchuld behaftet waren. Das
Forum war der Mreopag, bisweilen finden wir
jedoch auch, daß Heliaften in diefen Fällen gerichtet
haben. Das Verfahren war bis auf wenige Aus—
nahmen jchäßbar, wie 3. B. in dem Prozeſſe bes
Sofrates. — ’Erırgonüg yeagn ji. Iinn. —
IIagaröuor yea«pn, eine Klage, die den Zweck
hatte, die demokratische Berfaffung in Athen gegen
alle Angriffe, die auf dem Wege der en
gegen dieſelbe gerichtet werden fönnten, zu Ichüßen;
die aber ſpäter oft ein heillojes «Mittel in den
er der Beichlußfaflung, durd eine yo. rugaroumv
Sie | angegriffen werden, weil der Antrag mit einem
noch beitehenden Gejehe in Widerſpruch ftände,
oder jchädlich für den Staat wäre, oder Formfehler
enthielte. Die Anfündigung einer wage. ye. mußte
mit einem Eide (ünwuoci«), fonft auch gericht:
lihem Friſtgeſuch begleitet werden, des Inhalts,
daf der Kläger eine =. ye. anjtellen wolle. Die
nächſte Folge davon war, daß die Berhandlung
ausgejegt oder, wenn der Beſchluß ſchon gefaßt
war, das Gejep bis zur gerichtlichen Entſcheidung
juspendiert wurde. Der Urheber des Gejeges hatte
noch bis zu einem Jahre nad) der Annahme des:
jelben perjönliche Berantwortlichkeit für dasjelbe.
Die Strafe, die den verurteilten Angeklagten traf,
war willfürlidh; cs fonnte jelbit auf den Tod
erfannt werben. Sedesfalld verlor, wer dreimal
regaröunv verurteilt worden war, ipso facto
das Recht, Anträge zu ftellen. Mit der Berur:
teilung war natürlich das Geſetz oder Piephiima
ohne weiteres aufgehoben. Forum: die 9 Archon—
ten. gl. Meier und Schömann, attijcher Prozeß
©. 233 ff. der 2. Aufl.
Gratia, 1) j. Charis. — 2) die Gemahlin des
Rhetors Fronto, dem fie 5 Kinder gebar. — 3) Eine,
der Mutter gleicdinamige, Tochter derjelben war
mit C. Aufidius Victorinus vermählt und hatte
2 Söhne, deren einer, Victorinus Fronto, bei dem
Großvater erzogen wurde, der andere frühzeitig in
Sermanien jtarb.
Gratiänus j. Valentinianos J.
GratidYi, jtammten aus Arpinum: 1) M.
Gratid., Urheber einer lex tabellaria für feine
Baterftadt, gegen welche der Großvater Ciceros,
obwohl er feine Schweiter zur Gattin hatte, ener:
giſch auftrat. Cie. legg. 3, 16. Er war ein Mann
von feiner Bildung und ein jehr tüchtiger Redner
(Cie. Brut. 45), fämpfte unter M. Antonius (dem
Redner) gegen die Eilifiichen Seeräuber und fiel
in diejem Kriege 103 v. C. — 2) M. Gratid,,
diente von 61—59 dv. E. unter D. Cicero als Legat
in Aſien. Cie. Flace. 21. — 3) Gratidianus,
M. (E.) Marius, Sohn des zuerft genanuten
M. Gratidius und von dem Bruder des C. Ma—
ring an Kindesftatt angenommen. lm 84 v. €.
war er zum erften= (Cie. off. 3, 20. Plin. 33, 46.
Sen. de ira 3, 18), im Jahre 82 zum zweitenmale
Prätor. Er wurde von Sulla geächtet und von
Gatilina ermordet. Val. Mar. 9, 2, 1. Ascon. in
or. in tog. cand. p. 75.
Gratius, richtiger Grattius, mit dem Beinamen
Faliscus, der jeine Heimat Falerii bezeichnen
ſoll, ift ein Beitgenofje des Dvid, der feiner (ex
Pont. 4, 16, 34) mit Anertennung gedentt. Bon
jeinen Lebensumftänden wiffen wir nichts; daß er
fein Slave geweſen, ergibt ſich aus einer Stelle
des jeinen Namen tragenden Gedichts über die
Jagd, Uynegeticn. Sprache und Ton desjelben
tragen die unverfennbarften Zeichen des auguftei-
ichen Beitalters. Es umfaht 536, gegen den Schluß
verſtümmelte, Hexameter. Diejes Gedicht bildete
mit Ovidii Halieutien und Nemesiani Cynege-
tica Eine Sammlung und empfiehlt fich durch ein:
fache Anlage, angemefjenen Ton, fräftigen und
Graupius mons — (Giryphus, Gryps.
förnigen Ausdrud, durch eine reiche und edle, von
aller Affektation entfernte Sprache, durch harmo-
nijchen Bersbau, durdy originelle Auffafjung und
Behandlung des Stoffes. Daß er nod) ein ver:
lorenes Gedicht de aucupio gejchrieben habe, wird
vermutet. Ausgg. von Stern (mit Nemefianus,
1832), Haupt (mit Dvids Halientica und Neme:
fianus, 1838) und Bährens im 1. Band der poet.
Latini minores (1879), p. 29 ff.
Graupius mons, Gebirge oder Berg in Cale-
bonia, in deſſen Nähe Agricola die Britannier unter
Anführung des Ealgacus jhlug. Tuc. Agr. 20 ff.
„Die faliche Lesart Grampius hat Lokalgelehrte
des vorigen Jahrhunderts auf den Einfall gebradıt,
das Gentral:Gebirge Hochſchottlands Grampian
Mountains zu taufen“ (Kiepert).
Graviscae, uralte etrurifche Stadt im Gebiet
von Tarquinii, in den Maremmen, jeit 183 v. C.
römijche Kolonie, befannt durch ihren guten Wein,
aber ebenjo durch die feuchte Luft (gravis aör),
woher nad) Cato der Name. Liv. 40,29. Plin. 14, 8.
Griphi, yeöpor, eigentlich „Netze“, bedeutete
namentlich in der ſpäteren griechiichen Zeit der
Alerandriner metaphorifch eine jchtwierige Art von
Rätjeln in Poejie und Proja, bei deren Löſung
der Scharffinn bejonders in Anſpruch genommen
wurde; dadurch eben scheinen fie ſich von ben
alviyuere zu unterjcheiden. Athenaios führt viele
Griphen an. Sie haben Ahnlichkeit mit den fran—
zöſiſchen Calembourgs. Als Beijpiele mögen dienen:
"Errogae or Ilpıduov Atoumione daravevr dveo,
diejer Sıoandng ift natürlich Achill, „der vom Zeus
beratene“. Oder auch der von Platon angeführte
Griphos des Klearchos: Ein Mann, der zugleich
fein Mann war, jah einen Vogel, der fein Vogel
war, auf einem Holz, das fein Holz war, jigen
und tötete ihn mit einem Stein, der fein Stein
war, d. i.: Ein Berjchnittener jah eine Fledermaus
auf einer Nartherjtaude figen und tötete jie durch)
einen Bimfteinwurf.
Groma, das funftlofe, bei der Vermeffung die:
nende Jnftrument, wohl eine latinifierte Form für
yröoua in dem Sinne von yrouwr, norma, dem
rechtwinflichten Maßſtabe. Es waren 2 freuzweife
in rechtem Winfel zufammengefügte Arme, an deren
Enden dünne, durch Gewichte beichwerte, Fäden
dergejtalt angebradjyt waren, daß der Feldmeſſer
von einem Faden zum andern vijierend die Rich—
tung, in welcher die Mefftangen aufzuſtecken waren,
genau beitimmen fonnte. Das Kreuz war auf
einem Gejtelle (ferramentum) drehbar. Bei den
Römern wurde urfprünglich (erit jpäter gab es
eigene agrimensores) feine Stadt, kein Tempel
gegründet, fein Ader verteilt und fein Lager ab:
geitedt, ohne daß die Vermeffung unter Leitung
des Augurs dor ſich ging (vgl. Castra, 2.). Dabei
gab es jedoch nad) den verjchiedenen römischen
Völferelementen auch verjchiedene Ritus, die aber
als ſolche eben nur äußerliche Berjchiedenheiten,
z. B. in der Stellung des Augurs nad) Dften
ſabiniſcher Ritus), nad) Süden (etrujfiiche Sitte),
in der Benennung der mit dem Pfluge zu ziehen:
den Linien u. j. w. enthielten, im wejentlichen aber
auf Eins hinausfamen. Nach beiden, jowohl dem
ſabiniſchen als etruſtiſchen Ritus, wurden 2 Linien:
decumanus limes von W. nad) O. (auch prorsus
limes im Verhältnis zu der Stellung des jabini-
ihen Augurs genannt) und der cardo oder truns-
491
versus bon N. nach S. gezogen; der Durchſchnitts—
punkt beider hie; mundus. Noch verichieden
von den beiden genannten Vermeſſungen war die
latinifch-griechiiche, die bei einem vieredigen Po—
mörium (weshalb das anfängliche Rom auf dem
Balatinischen Berge auh Roma quadrata hieß,
Dion. Hal. 1, 88. 2, 65) den decumanus von N.
nach S. und den cardo von DO. nach W. bezeich—
nete und den oben erwähnten mundus als Durch:
jchnittspuntt groma oder gruma nannte. Erft
mit dem Ende der Nepublit erlangte die groma-
tiſche Kunſt eine Bedeutung als jelbitändige Pro—
fejlion. In Auguſtus' Zeit fallen die erften Anfänge
der hier einjchlagenden Yitteratur; der erjte uns
erhaltene Schriftiteller ift Frontinus aus der
Zeit des Dioeletian, der ausjchließlich die juriſtiſche
Seite der Gromatik behandelt; nur wenig ſpäter
it Hyginus, deſſen Werk nur zum Heineren
Teile erhalten ift, und Balbus. Daran jchlieht
fi) das Bud) des Siculus Flaccus de condi-
tionibus agrorum. Balbus, ein Offizier unter
Trajan, hat in der expositio et ratio omnium
formarum die Nejultate wiffenichaftlicher geome—
trijcher Studien zujammengeftellt, wahrjcheinlich
nad) einem griechiichen Originale Herons. Auch
aus jpäterer Zeit ift vieles teils mit, theils ohne
Namen erhalten. Nach Mommjens Vermutung ift
die uns vorliegende Sammlung der eig a
Schriftfteller aus dem Bureau des Bicarins der
Stadt Rom, weldyer eine Anzahl Menjoren unter
fih hatte, im 5. Jahrhundert hervorgegangen.
Ausgg. der Gromatifer von Rigault (1614), Goes
(1674) und bejfonders Ladımann (1848-52. 2 Bdd.).
Grumentum, eine im zweiten punijchen Kriege
öfter genannte (3. B. Liv. 23, 37. 27, 41) be:
deutende Stadt im Innern Lucaniens, am Yu:
jammenfluß de3 Sora und Veiris, j. Saponara.
Strab. 6, 254.
Gryllos, T'evAlos, 1) der Vater des Geichicht:
ichreibers Xenophon; — 2) der Sohn des X.,
welcher tapfer fämpfend in dem Hülfsheere der
Athener bei Mantineia 362 v. E. fiel; die Athener
nahmen für ihn jogar den Ruhm in Anſpruch, den
Epameinondas tödlid) verwundet zu haben. Jaus.
8, 9, 5. 10, 8, 11.
Gryneia oder Grynion, Toüurse, Tovrıor,
fefte Hafenftadt an der Südgrenze von Myſien
(Aiolis), 50 Stadien füdlid) von Elaia, am Elai—
tiichen Buſen, befannt durch einen Tempel und
ein berühmtes Drafel des Apollon, ſowie durch
die Erftürmung durch Barmenion, der die Bewoh—
ner als Sklaven verkaufte. Strab. 13, 618. 622.
Haät. ı, 149. Diod, Sie. 17, 7. Xen. Hell. 3,1, 6.
Wahricheinlich ift dasjelbe castrum Grynium,
welches Pharnabazos von jeiner Satrapie Phry—
gien) dem Alkibiades jchenfte mit einem Ertrage
von 50 Talenten. Nep. Aleib. 9.
Gryplus, Gryps, »phis, Dos, -mög, ber
Greif, ein fabelhaftes Tiergeſchlecht mit einem
Löwenleib, Kopf eines Adlers und Flügeln, von
der Sage an die Rhipäengebirge verjegt, wo fie,
zwijchen den Shperboreern und den einäugigen
Arimajpen wohnend, das Bold des Nordens be:
wachen. Die Arimajpen kommen zu Pferd und
fämpfen mit ihnen um das Gold; daher Freindichaft
zwiichen Roß und Greif. Die Vorftellung von
ihnen ftammte aus Babylonien, two fie jehr alt
war; bei den Griechen jcheinen fie zuerjt Heſiod
492
und Arifteas in feinem Gedicht von den Arimajpen,
dann Herodot erwähnt zu haben. In späterer
Zeit jegte man fie als Goldwächter auch nach In—
dien, Withiopien u. j. w. Sie fommen oft auf
Bildwerfen vor, die Köpfe als Trintgefähe ge:
ftaltet, in Arabejfen, Götterwagen zichend u. ſ. f.
Haät. 3, 116. 4, 13. 27. 79. 152.
Gubernaeülum, znödkıor, ſ. Schiffahrt, 4.
Gugerni, germanijche Völkerſchaft am Tinten
Ufer des Niederrheins, nördlich von den Ubiern,
mit den Ortichaften Castra vetera (j. Kanten) und
Colonia Traiana. Tac. hist. 4, 15. 26 u. ö. ann.
1, 45. 58. ‚
Gnlussa, Tolöoons, [’oloocns, Sohn des Mafi-
niffa, Königs von Numidien, vertrat im Jahre
172 dv. E. jeinen Bater in Nom gegen die Anjchul:
digungen der Karthager und war im Jahre 151
Gejandter desjelben in Karthago. Hier aber feind-
lich behandelt, rächte er die Beleidigung. durch
Befiegung der Karthager. Liv. 42, 23 ff. 43, 3.
Nach feines Vaters Tode wurde er gemeinschaftlich
mit jeinen Brüdern Micipfa und Maftanabal König
von Numidien und kämpfte im dritten puniſchen
Kriege mit den Römern gegen Karthago. Pol. 39, 1.
Er jtarb vor dem Jahre 118 und hinterließ einen
Sohn Maifiva. Sall. Jug. 5. 35. App. Pun.
70 ff. 106 ff.
Gustus oder gustatio, das Voreffen der coena,
j. Mahlzeiten, 8. Außerdem wurde gewöhnlid)
mulsum genofjen, eine Art Met, ſ. Mulsum.
Auch hieß gustus ein Heines Frühftüd, 3. B. nad)
dem Bade.
(uttus j. Vasa, 3.
Gyäros, Tödeos, j. Giura, eine wenig über
1 Meile lange und an der breitejten Stelle etwa
",, Meile breite Inſel der Kyfladen zwijchen Keos
und Tenos, die in der Naijerzeit einer der ge:
fürdhtetiten Verbannungsorte für Staatsverbrecdher
war. Jetzt ift fie unbewohnt. Strab. 10, 485.
Tae. ann.:3, 68. 69. 4, 30. Juv. 1, 73.
Gyes j. Hekatoncheiren.
Gygaeum stagnum, Tvyaln Aurn, jpäter
Kolon, jet Mermere:göl, ein See Lydiens, 40
Stadien nördlid von Sardes. Auf der Hochebene
zwifchen feinem Südufer und dem Hermosfluß
liegen die Gräber des Gyges und der andern alten
Könige. Jldt. 1, 93. Strab. 13, 626. Plin. 5, 30.
Gyges, Toöyns, Sohn des Daſtylos, Indischer
König (nah Hat. 1, 8ff. 716-678, wahrſchein—
lich etwa 686650 vd. E.), Gründer der Dynaſtie
der Mermmaden (bis 546). Auerft Leibwächter und
Günſtling des Königs Nandaules, ftürzte er diejen
durch eine Balaftrevolution, über die wir nur un:
fichere, meift märchenhafte Berichte (von einem Hof—
ſtandal oder einem Zauberring) befigen, und ließ
ſich durch das delphijche Orakel als Herricher be—
jtätigen. Er war ein tüchtiger Nriegsmann, der
Myſien und Troas untertwarf, Magnefia und Ko:
lophon eroberte; doch mußte er, um ſich der don
Norden her eingefallenen Kimmerier zu erwehren,
dem afiyriihen König Afjurbanipal huldigen (um
660) und fand, als er im Bunde mit Pſammetich
von Agypten wieder abfiel, im Kampf gegen die
abermals eingebrochenen Scharen den Tod. Plat.
Gubernaculum — Gymnasium, Gymnastik.
edlen Spartaners (Nleandridas) und einer Helotin.
Im Sahre 414 v. E. führte er Flotte und Heer
der Spartaner und Berbündeten nad Sicilien zur
Unterftüßung der Syrafufier gegen Athen. Er
landete mit feiner nicht bedeutenden Macht bei
Himera, drang, von den Himeraiern unterftüßt,
gegen Syrafus vor, eroberte Epipolai, erlitt zwar
einige Berlufte gegen Demofthenes, bewirkte aber
doch durch jeine große Tüchtigkeit bis zum Sep:
tember 413 die Vernichtung der athenifchen Streit:
fräfte und die Gefangennahme des Nitias und De:
mojthenes, die wider feinen Willen von den Syra—
fufiern hingerichtet wurden. Thuc. 6, 93. 104. 8, 13.
Plut. Nie. 19. Nachher befledte er feinen Ruhm
durch Raub an öffentlichem Gute und mußte, um
ſich der Strafe zu entziehen, ans der Heimat ent-
weichen. Plut. Lys. 16f. Nic. 28. Diod. Sic.
13, 106.
Gymnasiarchia j. Leiturgia, 2.
Gymnasium, Gymnastik. Die Gymnaſtik war
eines der eigentümlichiten Anftitute des griechiichen
Lebens, jhon bei Homer in voller Blüte und zu
allen Zeiten gepflegt und gefeiert, wenn fie auch,
die zuerſt dem Schönheitsjinn ebenſowohl diente,
wie fie die Kräfte und Gewandtheit des Körpers
zu entwideln bezwedte, jpäter in mannigfache Ent:
artungen verfiel und daher von dem praftiichen
Römer nicht eben günftig beurteilt wurde. — Der
Platz der Übungen, die unter dem Namen der
Gymnaftif bear wurden, war das Gymna—
ſium (yuardsıor) und die Baläftra (maladorge),
letere die eigentliche NRingichule, die in Athen
neben den Gymnaſien, z. T. wohl wegen der Ent-
fernung der lebteren von der Stadt, entftand und
borzugsweije, wenn auch nicht ausſchließlich, zur
Übung für die Jugend gebraucht wurde. Bon ein:
fachen, mit Säulenhallen umgebenen, Höfen ent-
widelten fi) die Gymnaſien zu größerer Aus-
dehnung und Pracht. Keine griechiiche Stadt war
ohne Gymnaſium, und größere Städte, z. B. Athen,
r.p.359. Just. 1, 7. Cie. off. 3, 9, 38. Strab.| hatten deren mehrere. „ Bitruv (5, 11) hat eine
13, 590. 14, 620.
vollftändige Beichreibung gegeben. Das Gymnaſium
Gylippos, T’yAırzog, ein ſpartaniſcher Feldherr, enthält zunächit einen großen Hof (megisrsltor),
aus der Klaſſe der Mothonen, d. h. Sohn eines von einem Umfang von 1200 Fuß (2 Stadien),
Gymnesiae insulae — Gypsum.
auf 3 Seiten von einfachen Säulengängen (A),
gegen Mittag von einem doppelten (B), einge:
Ihloien, innerhalb defien fich das Ephebeion (U),
ein Übungsplatz der Jünglinge, befand, au beiden
Seiten mit Bädern (frıgidaria, tepidaria, caldaria)
und andern Räumlichkeiten (D—Q) verjehen. In
den übrigen Hallen befanden jich die Eredren, two
Bhilojophen, Rhetoren u. a. zu Unterhaltungen zu:
jammenlamen, mit fteinernen Bänfen an den Wän-
den. Der große freie Raum, der von dem Beriftyl
eingejchloffen war, wurde zu Übungen und Spielen
(spargiorigior, I) benupt. An diejen Teil des
Gymnaſimms, teils ihn einschliehend, teils ſich an ihn
anſchließend, reihten ſich mun noch verichiedene
Säulengänge (5), worunter die Evarod (T), welche
auf beiden Seiten eine Erhöhung für Spaziergänger
und in der Mitte eine Vertiefung für die Kämpfe
hatten; mit Bäumen bepflanzte Spaziergänge (raga-
Öoouideg, V) und das Stadium mit Sıgen für eine
große Zuſchauermenge (MW). Auf würdige Aus:
Ichmüdung der Gymnaſien, namentlich mit plaftiichen
Kunſtwerken, wurden große Koften verwendet. Ge—
hoben wurde die Bedeutung der Gymnaſien noch
durch die großen Nationalipiele, bei denen die in
der Baläjtra erworbene Kunft vor ganz Griechen:
land jich zeigen fonnte. — Die Übungen und Kämpfe
geichahen nadt; der Körper wurde von Mleipten
gejalbt, um ihn gejchmeidiger zu machen. Die ver:
ichiedenen Übungen waren: 1) der Wettlauf (deo-
nog oder or«dıor), oft auch verdoppelt (ddavkog),
auch mit Waffen (ömlırar oder ümkrng deouog);
eine Art desjelben war der dolıyos, der ſich viel-
leiht bis auf 24 Stadien, aljo mehr als eine
halbe Meile, erftredte. Das or«dıov galt als eine
für Knaben ganz befonders geeignete Übung. 2) der
Sprung (due); 3) das Ningen (mein, malaıouo-
sorn, raraßinrınn), der eigentliche Kern der hel-
lenischen Gymnaſtik; 4) die dıszoßorde, Diſtoswurf,
das Werfen mit der Wurficheibe; 5) das Spieß—
werfen (xorrıawög). Dieje 5 einfachen Kampfarten
zufammengejegt bildeten den Fünfkampf (merr«-
or), in einem PBentameter des Simonides zujam:
mengefaßt: dAum, oder, Ölanor, Üxorre,
rdınv. Indem die 5 Kampfarten zujammengefaßt
und an Einem Tage vorgeführt wurden, wurden
natürlich der Kämpfer immer weniger, jo daß für
das Ringen nur 2 blieben und einer derjelben als
Sieger im Pentathlon hervorging. Bgl. Binder,
über den Fünffampf (1867). 6) der Fauſtkampf
(rbE, ruyunj, die Agoniften zuyudyoı, muxreı),
eine der jchwerften Kampfarten, bei der die Hände
mit Riemen ummunden waren, die man jpäter
noch mit Nägeln und Budeln bejebte; 7) das
reynpdrior, eine Verſchmelzung des Fauft: und
Ningfampfes, bei der die Hände ohne den Kampf:
riemen waren, dem heroiichen Zeitalter unbekannt.
Der Fanfttampf und das Panfration wurden bei
den Spartanern nicht geübt. Es verfteht ſich von
jelbft, dab die vollfommene Ausbildung in den
ſchwierigſten diejer Nampfarten nicht ſowohl Sache
der Erziehung war, als vielmehr den Nämpfern
von Fach, den eigentlichen Athleten (CBAnrar‘),
zufam. Die Lehrer in der Gymnaſtik waren die
yvuracral und madoreißear ; die erfteren die ans
gejeheneren, die das Ganze der Gymnaſtik auch
theoretiijh umfaßten, während die Baidotriben den
Unterricht in der Ausführung der einzelnen Übungen
erteilten. — Bal. Ehr. Beterjen, das Gymnaſium
493
der Griechen (1858). Baumeifter, Denkmäler des
Haffischen Altertums | S. 609. — Bei den Römern
hat die Gymnaſtik nie jo allgemeinen Eingang ge:
funden, wie bei den Griechen. Die Leibesübungen
galten nur als eine Vorſchule zum Kriege.
Eymnesine insülae ſ. Baleares,
Tvurnres (oder T'ogrnjocoe), in Argos die—
jenigen unter den unterwworfenen alten Einwohnern,
die zu den Siegern in ein perjönlich unterthäniges
Leibeigenichaftsverhältnis traten, in der Art wie
in Sparta die Heloten. Ihren Namen haben jie
daher, daß fie auch zum leichten Kriegsdienft ge:
braucht wurden.
Gymnopaidien, Tvarorasdiaı, ein berühmtes
in Sparta im Juli 6—10 Tage lang gefeiertes
Feſt. Die Feftlichfeiten beftanden in einer mannig-
faltigen Mifchung von muſikaliſchen, orcheitiichen
und gummaftiichen Übungen, bei welchen die Spar:
taner ſich an der Schönheit des eigenen Dajeins,
namentlich an der Jugend der Stadt erfreuten,
jo daf die religidjen Beziehungen wenn auch nicht
ganz wegfielen, jo doch jehr in den Hintergrund
traten. An diejen Tagen hob der Spartaner die
ſonſtige Abgeichlofienheit auf und bewirtete eine
Menge zuftrömender Fremden. Die Stiftung des
Feſtes wird in DI. 27, 3 (670 v. E.) verlegt; jeit
der Schlacht bei Thyrea in Argolis (DI. 59. Hdt.
1, 82) wurde durch dasjelbe zugleich das Andenken
der 300 in jenem Kampfe gefallenen Spartaner
efeiert. Es hatte eine jo hohe Geltung, daß man
4 nicht leicht durch irgend ein ſtörendes Ereignis
von dem Begehen desſelben abhalten lieh. Thue.
5, 82. Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut. Ages. 29. Plat.
reg. I, 633 C. Athen. 15, 678 b. vgl. 14, 630.d.
631 b,
Gymnosophistae, Tvurosogısrai, hieß eine
Klaſſe der indischen Weifen, die nadt im den
Wäldern lebten; es gab ihrer 2 Selten, Brad)
manen nnd Samander. Eurtius (8, 9, 31) nennt
fie Sapientes; vgl. Plut. Aler. 61.
Tvvarzeior oder Turaızwrirıg j. Haus, 2.
T'vvatzovröuor vder Tvra@ız0x00uor, eine
wahrjcheinlich von Demetrios Phalereus eingejegte
Behörde in Athen, welche die Luxusgeſetze hand—
habte. Sie hatten 3. B. darauf zu jehen, daß bei
Hochzeiten und andern Mahlzeiten die Zahl von
30 Gäften nicht überfchritten würde. Ebenjo hatten
fie die Aufficht über den Pub der Frauen, über
die Ausftattung der Wohnungen und dergleichen.
Ob fie durd das Los oder durch Wahl beftimmt
wurden, läßt fich nicht mit Gewißheit ermitteln.
Behörden desjelben Namens finden fi auch in
andern griechiichen Städten, 3. B. in Chaironeia,
Samos, Andania und in &yrakus. Athen. 6,
245 a-—-c.
Gyndes, Toröns, linfer Nebenfluß des Tigris,
aſſyriſch Turnat, daher bei Plinins (6, 132) Tor
nadotus, jpäter auch Sıdkog oder Lihug genannt,
j. Dijala, entjpringt auf den Bergen von Matiene
in Medien (dem jpäteren Atropatene), fließt durch)
Aſſyrien und ergieht fich Seleufeia gegenüber in
den Hauptjtrom. Auf dem Zuge gegen Babylon
teilte Kyros ihn in 360 Arme, von welcher Teilung
jet feine Spur mehr ift. //dt. 1, 189. 202. 5, 52.
Gypsum, yoypos, der Gips, wurde teils aus
Steinen gebrannt, 3. B. in PBhoinifien, Syrien,
teils gegraben, 3. B. auf Kypros. Er wurde be:
nußt zu Verzierungen an Gebäuden, dann aber
494
auch als NAufbewahrungsmittel für ſchöne Früchte,
indem fie damit überftrichen wurden, und jelbit
als mildernde Zuthat des Weins. Auvenal (2, 4)
gebraucht geypsum für eine Büſte aus dieſem
Stoffe. Über die vielfache Verwendung des Gipfes
zu techniichen und künftleriichen Zweden vgl. Blüm-
ner, Technologie und Terminologie Il ©. 139 ff.
Gyrtöne, ['ver»»n, jpäter I’'verav, Stadt in
der theflaliihen Landichaft Pelaſgiotis, unterhalb
Lariſſa am Peneios, ſchon von Homer (Il. 2, 738)
genannt. Thuc. 2, 22. Pol. 14, 5. Liv. 36, 10.
42, 54. Strab. 7, 329. 9, 443. Die Bervohner der
Gegend hießen früher Phlegyer. Die Zeugniſſe der
Alten über ihre Lage find jehr unbeitimmt.
Gythion oder Gytheion, Tistor, Tvdeior,
j. Marathonifi, Hafenftadt in Lafonien am ger
tiichen (einem Teile des Laloniſchen) Buſen, in jehr
Gyrtone — Hades.
günftiger Naturlage (Pol. 5, 19, 7) am Flüßchen
Gytheios. &. mit feinen gegrabenen Bajlins, Ar:
jenalen und einer Akropolis ift als Hafenſtadt
Spartas anzufchen. Hier hatte in den Perſer—
friegen die lafonische Flotte ihre Station (Plut.
Themist. 20. Arist. 20. Cie. off. 3, 11), im Jahre
455 dv. E. vernichtete der Athener Tolmidas daſelbſt
die Schiffe der Lakedaimonier, nad) der Schlacht
bei Leuftra (371) wurde die Gegend von Epa—
meinondas vermüftet (Xen. Hell. 6, 5, 24), 195
nahmen es die Nömer ein (Liv. 34, 29), worauf
G. zu den Eleutherolafonenftädten gerechnet wurde
und dem Achaiiichen Bunde bis zu deſſen Ende
angehörte. Auguſt ließ G. wiederherftellen. Es
wurde der Hanptitapelplag des lakoniſchen Handels.
Diejer Zeit der Nachblüte gehören die noch vor:
handenen bedeutenden Nuinen an.
H.
Haarputz. Griechen und Römer haben auf das
Haupthaar meift eine bejondere Sorgfalt verwandt,
was bei dem reicheren Schmude
desjelben in den füdlichen Yäns
dern um jo matürlicher war.
l. Die Griehen, namentlich
die Spartaner, ließen es lang
wachjen, nur die Knaben trugen
es kurz; gejchnitten wurde es in
der Barbierftube (xovgsior) vom
Barbier (xovgedg), der zugleich
für das zierliche Verſchneiden des
Bartes, das Schneiden der Nägel
u. ſ. f. zu jorgen hatte, weil alle
riechen das evsynuoreiv lieb:
ten. Die Abbildungen des Apol—
lon zeigen den altattiichen zew-
—— eine Flechte auf dem
orderfopfe (f. Apollon, Abb.
b und e). Das Nbichneiden des
Haares war auch ein Leichen
der Trauer. Schwarze Haare
waren wohl die gewöhnlichiten,
aber hochblonde die beliebteiten,
die man daher oft aud) künstlich
zu erzeugen ſuchte. Ein ftarfer,
voller Bart, zaywr Batug oder
deots, jchien ein Zeichen edler
Männlichkeit, und man lieh ihn
daher jowohl um die Wangen
(zoyav) als die Lippen (dmıjen)
und Kinn (yErcıov) wachſen (nur
in der Trauer jchnitt man ihn
ab), bi8 Alerander die Sitte des
Barticherens üblich machte. Bei
den Frauen wurde das lange
reiche Haar weder geflochten, noch
in künftliche Locken gedreht, jon-
dern meift nach hinten oder aud)
jelbjt über dem Scheitel in einen
Büchel oder Knoten zuſammen—
gefaßt und gebunden. Er reichte
ziemlich tief über die Stirne
herab, weil ein jchmaler Stirn:
bogen (vgl. tenuis frons, Hor.
od. 1, 33, 5) für jchön galt. Am
häufigften fieht man das Haar auf Bajenbildern
durch ein verichieden geforıntes Band oder durd)
ein hanbenartig umgejchlungenes Tuch, ein Netz
oder Ähnliches zujammengehalten. Dieje hauben-
artigen Kopfbededungen kann man in Netze (ze-
»orpekos), Haarläde, (odaxog) und Tücher (mirg«)
einteilen. — 11. Die Römer trugen bi 300 v. E.
langes Haupthaar und lange Bärte.. Damals
famen die erften tonsores aus Sicilien nad Rom;
der jüngere Scipio joll der erfte geweſen jein,
welcher 66 täglich mittelſt des Raſiermeſſers (no-
vacula) raſieren (radere) ließ. Doch hat ſich die
neue Mode erſt allmählich verbreitet. Das Haupt—
haar wurde entweder wellenförmig getragen oder
mit Hülfe eines Brenneiſens (calamistram) in
Löchchen (cineinni) gelegt. Die Moden haben
jpäter oft gewechjelt, und in der Kaiſerzeit famen
auch künſtliche Haartouren (capillamentum) in
Gebrauch. Die Tabernen der tonsores (j. d.)
waren ein beliebter Sammelplag für den Stadt:
Hatidh. Die frauen durchflodhten ihr Haar mit
foftbaren Nadeln, acus erinales, und trugen micht
bloß nachts, jondern der Bequemlichkeit halber
auch am Tage, zumal bei häuslichen Berridh:
tungen, ein die Haare umſchließendes Netz über
den Kopf (reticulum), das häufig aus Goldjäden
geftridt war (auratum), welche Sitte Juvenal
(2, 96) jogar an Männern rügt.
Hades , Aöns, epiſch Alöns und Aidwrevs,
IMovrov, Pluto, Dis, Sohn des Kronos und
der Nhea (Hesiod. theog. 453 ff.), Bruder des Zeus
und Bojeidon, der Herricher der Unterwelt, der
unterirdiiche Zeus (Zeug xaraydorıog, ävaß dvr-
oov, Hom. Il. 15, 188. 9, 457). Er herricht in
der Unterwelt, die ihm nach Befiegung der Titanen
bei der Verteilung der Weltherrichaft zugefallen
ift, zugleich mit ferner Gemahlin Perjephone über
die Schatten, wie Zeus mit Hera im Olympos
herricht. Dorthin ruft er ftreng und unerbittlich
die Seelen der Menſchen und hält fie eingejchlofien,
daß niemand zurüdtchren kann zum Licht des
Tages; daher jeine Beiwörter muAagrns, der Feſt⸗
—— nolvösyuwr und mwolvdfarng, Der
Vielanfnehmende, mayxotrns, der Allbettende. Bei
Homer (Tl. 5, 654) heißt er auch xAurömwäog,
der NRofjeberühmte, der Gott mit dem herrlichen
Hadranum — Hadrianus.
Rofjegeipanı, und man hat dies Beiwort auf den
Raub der Berjephone, welche er auf einem Wagen
zur Unterwelt holte, bezogen; allein es ift jehr
die Frage, ob Homer die Sage von dem Raube
der Perſephone kennt, wenigſtens erwähnt er fie
nirgend. Wahrjcheinlich liegt dem Worte die alte
Borftellung zu Grunde, dab Hades die Seelen
von der Oberwelt auf feinem Wagen hinabholt.
Später hat diejes Amt der Seelenführung Hermes
(pryorourös), wiewohl noch Pindar (ol. v, 34)
von dem Stabe des Hades ſpricht, mit dem er die
Schatten in jein Reich treibt. Die Scharen der
Toten, welche in des Hades Gewalt find, jcheinen
durd; die Rinderherden, die ihm von Menoitivs
im der Unterwelt und auf Erytheia gemweidet wer:
den, iumboliich bezeichnet zu werden. Den im
gewöhnlichen Leben und in den Myſterien üb-
lihen milderen Namen Pluton, poetiih Plu—
teus, erhielt Hades, weil er der in der Erdtiefe
herrſchende Gott it, aus welcher dem Menichen
aller Reichtum der Gewächſe rg wie der
Metalle fommt. Der in der Tiefe verborgene
und verborgen wirkende Gott (Aldns, der Umjicht-
bare) war im Beſitz eines gleih der Tarnkappe
495
dentjcher Sagen unfichtbar machenden Helmes; als
diefen Athene in der Schlacht vor Troja aufiekte,
fonnte jelbit Ares, der Gott, fie nicht ſehen. Zlom.
Il. 5, 845. Außer dem Raube der Berjephone
(j. d.) gab es von Hades ve Mythen. Als
Herafles den Neleus angriff (j. Harakles, 11.),
fam Hades den Pyliern zu Hülfe, ward aber von
Herafles verwundet. Hom. Il. 5, 395. Apollod,
2, 7,3. Pind. od. 9, 33. — Heilig war dem Hades
die Kypreſſe und der Narkifjos; man opferte ihm
ichwarze Schafe, indem man dabei das Antlitz
abwandte; wenn man ihn anrief, jo ſchlug
man mit den Händen die Erbe. Ilom. Od.
10, 527 ff. 11.9, 568. Es gibt wenig Statuen
und Büften von Hades; er wurde feinen Brü—
dern Zeus und Pojeidon ähnlich dargeftellt,
aber mit büfteren Zügen und mit in die Stirne
hangenden Haaren, gewöhnlich in weitem Ge—
wande und mit dem Scepter; er trägt den
Schlüffel der Unterwelt in der Hand und hat
ur Seite den Kerberos. Als Pluton wird er
Fanfter dargeftellt und hält ein großes Füll-
born. Über den Hades ald Ort, als Unter:
welt f. Unterwelt. — Die römiſche Vor:
ftellung des Pluto oder Dis (= dives, der
Reiche) jowie der Projerpina als der Herricher
der Unterwelt jcheint eine ziemlich fpäte Über:
tragung des griechiichen Pluton und der Per:
jephone zu fein. Beide werden wenigftens
nicht in den alten Formeln der Todesweihe,
wie des Decius Mus (Liv. 8, 9), worin Die
Mächte der Unterwelt angerufen werden, ge:
nannt.
Hadränum j. Adranum,
Hadria ji. Adria.
Hadrianopölis, Adgıwrovmokıs, j. Edirneh
oder Adrianopel, Stadt in Thrafien, in einer
weiten Ebene am Fluſſe Hebros, da wo fid)
der Tonjos (j. Tundicha) in demjelben er:
gießt, ift unter den vielen von Kaiſer Ha:
drianus benannten Städten die bedeutendite;
ihre Blüte fällt indes erit in die Zeit des
Mittelalter. Die Stadt war feft und wurde
von den Goten vergebens belagert; ausgezeich:
net waren bie hiefigen Waffenfabrifen. Kutr.
6,8. Amm. Mare. 14, 11. — Eine andere
Stadt des Namens lag in Kyrenaile, eine
dritte in Phrygien.
Hadriänus, P. Älins (oder Imperator
er Trajanus Hadrianus, wie er ſich
ad) der Thronbefteigung nannte), geboren
A den 24. Jannar 76 n. E. zu Rom, aus edlem
4 Geichlechte, welches aus Italica in Spanien
” ftamımte, war ein Anverwandter des Kaiſers
Zrajan und wurde nach dem Tode jeines
Baters unter deffen Aufficht erzogen. In jeiner
Jugend beichäftigte er fich eifrig, mit den Wiffen-
jchaften und trat frühzeitig in Staatsdienfte. Er
fam in jeinem fünfzehuten Jahre nah Spa:
nien, wo er auch Kriegsdienſte that; doch berief
ihm Trajan bald wieder zu fih nad) Rom. Rach
dem er mehrere Ämter bekleidet hatte, jandte ihn
Domitian gegen das Ende feiner Regierung nad)
Möfien, von hier aus brachte er dem Trajan nad
jeiner Mdoption durch Nerva die Glüdwünjche
des Heeres nach Rom. Hierauf fam er nach Ober:
germanien und übermittelte von hier, und zwar
zu Fuß reilend, dem Trajan im Jahre 98 Die
496 Hadrumetum
Nachricht von Nervas Tode. Jetzt vermählte er
ſich mit der Großnichte des neuen Kaijers, der
Sabina, begleitete denjelben in den Krieg gegen
Decebalus (101-107), erhielt darauf die Statt:
halterichaft von PBannonien, jomwie ſpäter die von
Syrien mit dem Oberfommando über das Heer
(Dio Cass. 68, 33. 69, 1. Spart. Hadr. 5.4.3.
Zon. 11, 23) und that fich jo hervor, daß Trajan
ihn als feinen Nachfolger in Ausficht nahm. Ob
freifih Trajan ſelbſt noch jeine Abficht, Hadrian
zu aboptieren, ausgeführt hat, oder ob erſt nad
des Kaiſers Tode deijen Gemahlin Plotina die
Adoption vorgenommen hat (Dio Cass. 69, 1), läßt
ſich nicht enticheiden, Thatjache aber ift, daß 9.
die Adoption im Auguft 117 (Spart. Hadr. 4) in
Antiocheia erfuhr, ſofort von den Soldaten als
Imperator begrüßt und vom Senate bejtätigt
wurde. Dio (ass. 69, 2. Spart. Hadr. 6. ber:
zeugt davon, da ohne neue Stenerauflagen die
GEroberungen Trajans nicht zu halten jeien, und
daf der inneren Verwaltung des Neichs mehr Für:
jorge zugewendet werden müſſe als bisher, gab H.
das parthiiche Neih auf. Spart. Hadr. 5. JDio
(ass. 69,5. Aur. Viet. Caes.14. Eutr. 8,7. Much
in Armenien jebte er wieder einen Bajallenfönig
ein. Spart. Hadr. 21. Doc ſchützte er überall in
den aufgegebenen Yändern die Grenzen durd) Be-
Iekigungen. Spart. Hadr. 12. Dio (ass. 69, 9.
bwohl fich das Heer unter feinem Kaiſer in
befjerem und fampfbereiterem Huftande befunden
hat als unter ihm, führte er nur dann Krieg, wenn
er mußte. So kämpfte er gleih im Jahre 117
glüdlih an der Donau gegen Norolanen und
Jazygen, die fich gegen Rom erhoben hatten.
Spart. Hadr. 55. Ferner führte er Krieg mit
den Juden, die er durch Gründung einer Militär:
folonie (Aelia Cupitolina) in Jeruſalem, durch
Errihtung heidniſcher Altäre an der Stätte des
alten Jehovahtempels, ſowie durch Bejeitigung der
jüdijchen Sitte der Beichneidung erbittert hatte.
Dio Cass, 69, 12. Zon. 11, 23. Spart, Hadr. 14.
Führer der Juden in ihrem Berzweiflungsfampfe
war Bar-Kokaba. Diejem wurde der tüchtige rö—
miſche Feldherr Julius Severus entgegengeftellt,
welcher den biutigen Krieg (in dem 580 000 Juden
getötet worden jein jollen) ziemlich ſchnell (im
Jahre 134) beendete und Bar-Kolaba gefangen
nahm. Dio (ass. 69, 135. Zon.11,23. Schon im
Jahre 118 war in Nom cine Verichwörung von
Dffizieren und Beamten gegen das Leben 9.3 ent:
det worden, deren Teilnehmer der Senat zum
Tode verurteilt hatte. Dio (ass. 69, 2. Spart.
Hadr. 7. Zwar bemädhtigte ſich jeit dieſer Zeit
bes Naijers eine gewiſſe Verbitterung, doch hinderte
ihn dieje glüdlicherweiie nicht, eine große organi—
ſatoriſche Thätigfeit im Innern des Reichs zu ent:
wideln, die eine „allmähliche Gleichſtellung der
Provinzen mit dem Mutterlande‘” bezwedte. Die
bejte Gelegenheit, die Bedürfniſſe des Reichs fennen
zu lernen, bot fi ihm bei jeinen langjährigen,
ausgedehnten Reifen, auf denen er, zum Zeil zu
Fuß, die römischen Provinzen von Britannien an
bis nach Ägypten durchzog. Faft überall hinterlieh
er jegensreihe Spuren jeiner Anmwejenheit, indem
er Tempel (Spart. Hadr, 19), Theater (Dio Cass.
69, 10), Waflerleitungen (Spart. Hadr. 20. Dio
Cass, 69, 5) und Straßen anlegte, Städte (3. 2.
mehrere Hadrianopolis) gründete oder durch reiche
— Haimos.
Geldipenden zu neuer Blüte brachte. Rom ver-
ichönerte er mit dem gewaltigen Tempel der Venus
und der Roma und durd Erbauung jeines Grab:
mals, deſſen Iberrefte in die Engelsburg (.
Roma, 22.) verbaut jind. Spart. Hadr. 19. Dio
Cass. 69, 23. Die Macht des Senats ſuchte H.
allmählih zu beichränfen. Bon Günftlingen hat
er fi nie beherrichen laflen (Spart. Hadr, 21),
auch das Berhältnis zu feinem Liebling, dem be:
fannten Antinous (j. d. 2.), wird ein edleres ge—
wejen fein, als man gewöhnlich glaubt. Dio Cass.
69, 7. 11. Spart. Hadr. 14. Aur. Viet. Caes. 14.
In Ermangelung eigener Kinder hatte er ben
X. Commodus Verus adoptiert, welcher indes zum
Süd für Nom bald darnach ftarb. Darauf be-
ſtimmte er den Titus Wurelius, der nachmals
Antoninus Pius (ſ. d.) hieß, zu jeinem Nadjfolger
unter der Bedingung, daß derjelbe den Sohn des
Verus, 2. Verus, an Kindesftatt annehmen jollte.
Capit. Ant. P. 1. Hadrian ftarb zu Bajä am
10. Juli 138. Bgl. Gregorovius, Kaijer Hadrian
(2. nengeichriebene Auflage 1884). %. I. Müller
in Büdingers Unterfuchungen zur römischen Kaiſer—
geſchichte. Bd. III S. 33 ff. Schiller, Gejchichte
der römischen Kailerzeit I, 2, 602 ff.
Hadrumetum ſ. Adrumetum.
Hadyleion f. Boiotia,
Haedi j. Sternbilder, 4.
Haedilia j. Sabini,
Haedüi j. Aedui.
Haemödae oder Aemodae, 7 Anjeln Germa-
niens, in der Nähe des Codaniſchen Bujens (Kat
tegat), vielleicht die Shetlandsinjeln, wenn fie
nicht identisch find mit den Haebudes insulae
"Eßovdcaı vijaoı) des Plinius und Ptolemaios,
worunter die jebigen Hebriden zu verftchen find.
Mela 3, 6,7. Plin. 4, 16, 30,
Haemonia oder HaimeonYa j. Thessalia.
Ayvıouoi |. Lustratio. _
Haimon, Aluor, 1) Sohn des Pelajgos, Vater
des Theffalos, don weichem Theffalien den älte-
ren Namen Haimonia erhalten haben jollte. Pin.
4, 7, 14. — 2) Sohn des Lykaon, Gründer von
Haimoniai in Arkadien. Paus. 8, 44, 2, — 3) ber
ſchöne Sohn des Thebaners Kreon, von der Sphinx
getötet. Nach Sophofles ift er mit Antigone, der
Tochter des Didipus, verlobt. Als dieje, von ſei—
nem Bater zum Tode verurteilt, ſich erhängt hatte,
ermordete er fich bei ihrer Leiche. Soph. Ant. 1236.
Nach Hygin (fab. 72) übergibt Kreon die Anti:
gone jeinem Sohne, fie zu töten; der aber ver-
birgt die Braut bei Hirten und gibt, als Kreon
die Sache entdedt, fich und ihr den Tod. — 4) ein
Rutuler. Verg. A. 9, 685.
Haimos, Haemus, 6 Alwog, tb Aluor Öpos,
j. bulgarijch Stara-Planina (d. h. altes Gebirge),
türtiich Kodſcha-Ballan oder einfach Ballan, ein
bedeutendes Gebirge Thrakiens, welches jih vom
Stomiosgebirge (j. Eurbetica : Blanina) öftlich bis
zum Schwarzen Meere erftredt, wo es nördlich
von der Stadt Mejembria in einem Borgebirge
(j. Kap Eminch) endigt. Obwohl nicht jehr hoch
(die übertriebenen Angaben der Alten widerlegt
ihon Strabon), in jeinen höchiten Gipfeln etwa
2300m, ift es doch oft und lange mit Schnee
bededt. Bon 7 Päſſen ift der weſtlichſte im Alter—
tum der wichtigite, die Succorum angustiae oder
Porta Traiani, zwischen Bhilippopolis und Serdica,
Atgecıs — Halikarnassos.
der heutige Sulu Derbend. Herodot (4, 49) dehnt
den Namen übrigens weiter aus, wie auch der
497
bujen, mit einem durch die Inſel Arlonnejos ge-
bildeten Hafen. Sie war ſtark befeftigt und hatte
Karthager Hannon in feinem Beriplus und Am: | im D. eine Alropolis (mit der berühmten Statue
mianus Marcellinus, Thuc. 2, 96. Strab,. 7, 313. | des Ares von Leochares), im W. am Meere die
Amm. Marc. 21, 10.
Algeaıs |. Xrıgorovia.
Halal, Alai, 1) Araphenides und Aixo-
nides j. Attika, 18. — 2) der innerjte nörd-
lichte Winkel des Peiraieus, ein von ihm durch
einen Damm abgejchnittenes jeichtes und ſchlam—
miges Wafferbeden, vielleicht zur Gewinnung von
Seejalz benugt. Xen. Hell. 2, 4, 34.
Halaisos, Acicös, Halaesus, unechter Sohn
oder Befährte Agamemnons, flüchtete nach der Er:
mordung desjelben nad Etrurien, gründete die
Stadt Falerii (j. Etruria, 6.) und gab den
alijfern den Namen. Ov. fast. 4, 73. am.
3, 13, 31 ff.
Halesa, “Alaıca und "Alesa, Stadt Siciliens
an der Nordküfte am Halejosfluffe j. Pittineo), j.
Ruinen bei Tuja. Sie war gegründet auf Ber:
anlafjung des Sifulerfürften Archonides von grie:
chiſchen Söldnern mit Beihülfe von Koloniften aus
Herbita. Die Lage beförderte den Verkehr, und
die Römer —— die Blüte noch mehr durch Er—
teilung der Rechte eines Municipiums und Steuer—
freiheit. Cie. Verr. 3, 73. 2, 7. ad fam. 13, 32.
Diod. Sie. 14, 16. Strab. 6, 266.
Haliakmon, "Alıdxuwr, j. Viſtritza, türkiſch
Indſche-Karaſu, Flug Maledoniens, entipringt auf
den Gebirge Tymphe an der Grenze von Epeiros
und Syrien, jtrömt erjt jüddjtlidh, dann nord—
öftlich und ergießt fich in den Thermaifchen Meer:
buſen. Ildt. 7, 127. Strab. 7, 330. Die Bezeid):
nung bei Gäjar (b. c. 3,36) als Grenzfluß zwiſchen
Makedonien und Thefjalien ift ungenau. Ziv. 42, 553.
Haliartos, "Aldagrog, j. Ruinen bei Mazi, alte
Stadt Boiotiens am jüdlichen Rande des Kopaiſchen
Sees und am Flüjchen Melas, wird als „gras:
reich““, zog, jhon von Homer (Il. 2, 50%)
enannt. Terxes zerftörte die Stadt, welche zur
Sache Griechenlands geftanden hatte, doch erlangte
fie bald wieder große Bedeutung. Thuc. 4, 95.
Als fie aber im Winter 171—170 dv. E. wegen
ihrer Anhänglichkeit an Perjeus von den Nömern
zerjtört worden war, hob fie fich nicht wieder be:
deutend; das fruchtbare Gebiet wurde den Athenern
auf ihre Bitte überlafjen und Hinfort durch athe:
niſche Landvögte (Zmuusinral) verwaltet. Liv.
42,63. Yu Pauſanias' Zeit verfielen die Tempel
ihon. Paus. 9, 32, 5. 33,3. Bor den Mauern
von H. verlor Lyjandros 394 v. C. Schlacht und
Leben. Xen. Hell. 3, 5, 18 ff. P’lur. Lys. 28 f.
Halieis, ‘Alıeis oder aud "Allan, der Name
einer alten Ortichaft in Argolis ſüdlich von Her:
mione, uriprünglic eine Niederlafjung hermio-
niſcher Fiſcher und Salzfieder, die durch Zuwan—
derung von Tirynthiern verſtärkt wude. Schon zur
Zeit Strabons ſcheint keine Ortſchaft dieſes Namens
beſtanden zu haben. Hut. 7, 137. Strab. 8, 373.
Halicyae oder Halyciae, "Alınvaı, Stadt auf
Sicilien zwiſchen Lilybaion und Entella; j. Salemi.
Yange hatten fie die Karthager in Befig; zu Cice—
ros Zeit war fie tributfreie Municipalftadt. Cie.
Verr. 2, 28. 3, 6. Diod. Sie. 14, 55. 22, 7.
Halikarnassos, "Alıraovasooög, j. Budrum mit
Ruinen, bedeutendfte Stadt in Karien am Ab:
hange eines fteilen Feljens am Keramiſchen Meer:
Reallerifon des Mafj. Altertums. 7. Aufl.
Burg Salmäfis (mit einer Quelle, deren Waſſer
verweichlihen ſollteß. Dorer aus Troizen und
Argiver hatten jie gegründet; jie gehörte zur do—
riichen Herapolis, aus welcher fie aber infolge eines
Zwiſtes ausgeftoßen wurde. Hat. 1, 144. 7, 99.
Unter den Tyrannen, welche dort herrichten, ijt
bejonders Lygdamis zu nennen, deifen Witwe
Artemifia bei Salamis für Kerges fämpfte, jodann
Maujollos (F 352 v. E.) und defien Schweiter und
Semahlin Artemifia, die Gründerin des Mauſo—
leion. Diejes Grabmal (Plin. 36, 30. 31), wahr:
icheinlich Schon unter Maujollos jelbjt entworfen
und begonnen, unter feiner Witwe Artemifia (351
— 348) weiter gebaut, aber erjt nad) deren Tode
anz vollendet, eines der 7 Wunderwerfe der alten
Welt, beftand aus einem vieredigen mit 36 Säulen
umgebenen Unterbau, 411 Fuß im Umfang und
37", Elle hoch, der die eigentliche Grablammer
enthielt; darüber erhob ſich ein ebenjo hoher Auf:
jaß, ein Tempel, in dem Maufjollos und Artemijia
göttliche Verehrung genofien, dejien Dad) fich in
24 Stufen zu einer Pyramide zujpißte, auf deren
Spike eine Duadriga aus Marmor von der Hand
des Pythis ftand. Die Architekten waren Satyros
und Pythis (Pythios, die Skulpturarbeiten waren
im Wettjtreit von Stopas, Bryaris, Timotheos
und Leochares auf je einer Seite gemadt. 1856
—59 find im Auftrage der englischen Regierung
unter Newtons Leitung die vorhandenen Weite
freigelegt und Werte griechiiher Skulptur von
teilweife hervorragendem Werte hervorgezogen
worden (j. in London); eine Neftauration des Denk—
mals hat aufer andern namentlich der Ardjiteft
Pullan verjucht (j. die Abbild.). — Alerander der Gr.
32
498
Halimus — Hamilkar.
eroberte und zerftörte die Stadt (Arr. 1, 20, 3 ff. | genannt, mündet nach furzem Laufe bei Mazara.
Diod. Sie. 17, 23 ff.), welche fich jeitdem nie wieder | Der größere Halyfos bildete meiftenteild die Grenze
recht erholen fonnte (Cie. ad Qu. fr. 1, 1, 8), doch | zwiichen den Gebieten der Starthager und der
ficherte ihr fefter Felfengrund fie vor den Gefah:
ren, die andern Städten durch Erdbeben drohten.
Tac. ann. 4, 55. — 9. war Baterftadt der beiden
Sefchichtichreiber Herodutos und Dionyſios. Strab.
14, 656.
Halimüs, ‘Aıuoös, attijcher Demos etwa 1",
Stunde jüdlih von Athen, mit Tempeln des He—
rakles und der Demeter, Geburtsort des Hiſto—
riferd Thufydides.
Halirrhothios, “Altpoötıog, Sohn des Po:
jeidon, der, al3 er in Attifa die Tochter des Ares
und der Agraulos, Alkippe, angriff, von Ares
erjchlagen ward. Ares ward wegen des Mordes
von Pojeidon auf dem Areopag, wo die 12 Götter
zu Gericht jahen, angellagt, aber freigeiprochen.
Apollod. 3, 14, 2.
Halitherses, ‘Aludfoons, Sohn des Majtor
in Ithaka, berühmter Wahrjager, der dem Tele:
machos gegen die Freier beiftand. Hom. Od. 2,
157. 253. 24, 451.
Halizönes, ‘Alıköreg, werden bei Homer (Il.
2, 856. 5, 39) unter den Hülfsvölfern des Pria-
mos genannt, das „ferne Alhbe“ war ihre Haupt:
ftadbt. Sie wohnten am Pontos in Bithynien
ald Nachbarn der PBaphlagonier; es find wahr:
jcheinlich die jpäteren Chalyber (Strab. 12, 544.
14, 677). Mertwürdig war nah Pauſanias
(1, 32,1) bei ihnen die Zahmheit der Bienen, welche
in enger Gemeinjchaft mit den Menjchen lebten
und bauten. Sie find nicht zu verwechieln mit
den ſtythiſchen Alazones.
Halkyöne j. Keyx.
Halöa j. Dionysos, 6.
Halonösos, ‘4.0vn00g5, Inſel mit gleichnamiger
Stadt im Aigaiiſchen Meere zwiſchen Skiathos
und Peparethos, befannt als Schlupfwinkel von
Seeräubern; diejer Inſel wegen fanden Streitig-
feiten * Athen und Philipp von Mate:
donien ftatt. Dem. Hal, 77. de cor. 248. Aeschin.
Otes. 83. Kiepert verfteht darunter d. heut. Hagios
Euftratios bei Lemnos, Burfian Stanzura zwiſchen
Ehelidromia und Skyros, andere Xeronifi bei os.
— Eine zweite ganz unbedeutende Inſel des N.
lag am Korpfiichen Borgebirge in Jonien.
Halos, "Alos, 6 und 7), Stadt in Phthiotis
auf einer fteilen Vorhöhe des Othrys, einft der
Hauptſitz des Gejchlechts des Athamas, gehörte zur
Herrſchaft des Achilleus; fie lag in der fruchtbaren
Athamantifchen Ebene nicht fern vom Amphryſos—
flug und unweit des Pagajatischen Meerbujene.
Seht Ruinen Kephalofi. om. Il. 2, 682. Hat.
7, 173. Strab. 9, 433.
Haltöres, «Arnjgss, benußten die Griechen, um
beim Springen dem Körper die gehörige Schwung:
fraft und namentlich bei dem Weitiprunge Sicher:
heit in der Richtung zu geben. Sie glichen in
der Form unjern Hanteln.
Haluntium j. Aluntium.
Halykos, "Avxog, Name zweier Flüſſe auf
Sicilien, die beide an der Südküſte münden. Der
größere, öftliche, j. Platani genannt, entipringt
auf den Nebrodiichen Bergen und ergießt fich bei
Herafleia Minoa ins Meer; er berührt in feinem
Laufe Salzquellen, daher vielleicht der Name. Der
kleinere, weitlicher fließende, j. Delia oder Arena
Hellenen auf Sicilien. Diod. Sie. 15, 17. Plut.
Timol. 34.
Halys, "Alvs, j. Kyſyl-Irmal, der größte Fluß
Kleinafiens, entipringt auf dem Antitauros, läuft
zuerft gegen W., dann aber, Salatien durchitrö:
mend, ald Grenzfluß zwiſchen Baphlagonien und
Pontos gegen N., wo er fih in den Pontos
Eureinos ergieft. Strab. 12, 546. Früher jchied
er das Indiiche Neich vom perfiichen (Hat. 1, 72.
Thue. 1, 16), jpäter mit dem Tauros Stleinafien
von dem andern Aſien.
Hamadryädes j. Nymphae, 4.
Hamaxitos, 7) Auafırös, Stadt an der ſüd—
weltlichen Küfte von Troas, nahe am Meere, nörd:
lih vom Vorgebirge Lekton; wahrjcheinlih von
Niolern gebaut, aber jchon zu Auguſts Zeit ver:
ſchwunden, da Lyſimachos die Bewohner gezwungen
hatte, nach Mlerandreia Troas zu ziehen. In der
Nähe waren die (an der Mündung des Tuzla noch
vorhandenen) tragaſaiiſchen Salinen, rö To«-
yasador «horı;yıor, nach welchen die ganze Küſten—
ftrede bis Lelton hinab Alnsıor medio» hieß.
Thuc. 8,101. Xen. Hell. 3, 1, 13. Strab. 10, 473.
13, 604 u. ö.
Hamilkar, — 1) Sohn des Mago, von
Gelon in der Schlacht bei Himera geſchlagen,
480 v. E., wobei er das Leben verlor. Mt. 7, 166.
— 2) H. Rhodanus, Gejandter der Warthager
an Alerander den Gr. 332 v. E., ein Mann von
großer Beredfamfeit. Troß aller jeiner Verdienſte
wurde er nad) feiner Nüdlehr hingerichtet. Just.
21, 6. — 3) Befehlshaber der Karthager auf Si:
ciltien zur Zeit des Ngathofles, zu deſſen Gunſten
er einen Frieden zwiſchen demjelben und den grie-
chiichen Städten zuftande brachte, weshalb die
Karthager ihn mit dem Tode bedrohten. Just.
22,25. — 4) befehligte im I. 260 v. E. auf Si—
cilien, fiegte bei Thermai (Pol. 1, 24), verlor aber
im Nahre 257 eine Seeſchlacht beim Borgebirge
Tyndaris. Als Negulus in Afrifa gelandet war,
wurde 9. (256) im Kampfe bei Adis (Diod. Sie.
23, 9) gefangen genommen und joll in Rom mit
Härte behandelt worden jein. — 5) 9. Barfas
oder Baraf (db. h. Bliß), ö Büexas, Bater Han:
nibals, einer der größten Feldherren Karthagos.
Seine Vaterſtadt fandte ihn im Jahre 247 v. E.
nach Sicilien, um den noch von den Karthagern
bejegten Teil der Inſel zu verteidigen. Da Kar—
thago dem jungen, tüchtigen Manne wenig oder
gar feine Mittel gewährte, jchuf er, durch die
reichen Gaben jeines Beiftes begünftigt, aus ange:
worbenen Söldnern, denen jomit des Feldherrn
Berjönlichleit die Vaterlandsliebe erjegen mußte,
ein Heer, welchem die Römer den Reit Siciliens
vergebens zu entreißen juchten. Bom Berge Erfte
(dem jegigen Monte Pellegrino bei Palermo) aus
(Pol. 1,59. Nep. Ham. ı) fämpfte er, nachdem er
in Vorpoftengefechten jeine Krieger zum Kampfe
gegen die römilchen Legionen vorbereitet hatte, in
jehr günftiger Stellung mehrere Jahre gegen die
Römer, durchitreifte das platte Land, rüjtete im
dem am Fuße des Berges liegenden Hafen eine
Flotte aus und brandidhagte die Küften Ftaliens
und Siciliens bis Kyme und Katana hin. Dann
bemächtigte er ſich von dieſem ſtark befeftigten
Hannibal.
Punkte aus aud) des Berges Eryr und befagerte
den auf der Spike des Berges liegenden und von
punifchen Uberläufern mit dem Mute der Ber:
zweiflung verteidigten Tempel der Venus Eryeina,
während die Römer ihn jelbjt von der Ebene aus
einichloffen. Immer mehr wuchs durch fiegreiche
Erfolge der Mut des Heeres, immer tüchtiger
wurde es, da rüjteten die Römer mit Anftrengung
aller Kräfte eine Flotte und befiegten die Kar:
thager in der Seejchlacht bei den Ägatiſchen Inſeln,
worauf Karthago einen Frieden ſchließen und Ham.
Sicilien räumen mußte, 241. Pol. 1, 20—56.
Diod. Sie. 24. Nep. Ham. 1. Nach jeiner Rückkehr
nah Karthago brach der Aufftand der Söldner
aus, denen der Sold nicht bezahlt werden Fonnte.
Sie rifjen ganz Numidien mit ſich fort und brach:
ten Karthago an den Wand des VBerderbens, bis
Ham. durd Lift und Gewalt den Aufſtand nieder:
ihlug, dabei aber mit Hanno (j. d.), dem Haupte
der arijtofratijchen Partei, in erbitterte Feindſchaft
geriet. Pol. 1, 88. Nach Befiegung der Numider
führte 9. feinen Plan aus, durch Eroberung des
an Metallen und ftreitbaren Männern reichen
Spaniens jeinem VBaterlande für das verlorene
Sicilien Erjag und dadurd die Mittel zum aber:
maligen Nampfe gegen Rom zu verichaffen. Er
ging hinüber nad) Spanien und gebot bei dem
großen Anfehen, in welchem jeit 241 feine Familie
in Karthago ftand, dajelbit faft als unbejchränfter
Herrſcher. Pol. 2, 1. Er bildete hier ein Heer,
welches feinem noch größeren Sohne das Mittel
zur Befämpfung Roms verichaffte, ein Heer, welches
jich jelbft durch die Schäße des eroberten Landes
erhielt, ohne Karthago etwas zu koſten, welches
aus diefem Lande jeine hauptjächlichite Ergänzung
und friegeriiche Kraft z0g. In den Jahren 236—
229 unterwarf er einen großen Teil Spaniens und
fiel zulegt in einer Schlacht gegen die Bettonen,
eine ſpaniſche Bölferjchaft in der Gegend des heu—
tigen Madrid. Just. 44, 5. App. 6, 5. 7,2. An
Spanien muß jeine Thätigfeit dauernde Spuren
hinterlaſſen haben, da noch ein Menjchenalter nad
jeinem Tode der ältere Cato bei allem Haß gegen
Karthago auärief, neben H. jei fein König wert
genannt zu werden. — 6) ein farthagiicher Feld—
herr, der 218 v. E. auf der Inſel Malta gefangen
genommen wurde. Liv. 21, 51. — 7) befehligte in
den legten Jahren des zweiten punischen Krieges in
Oberitalien, wo er no im Jahre 200 v. E. den
Kampf fortjegte und die Gallier gegen Rom aufwie—
gelte. Auf die Klage der Römer über jein Benehmen
wurde er in Karthago mit dem Erile beftraft und
jein Vermögen eingezogen. Er fiel im Jahre 197
in einer Schlacht als Anführer der Gallier gegen
die Römer (Liv. 31, 10. 19. 21; anders 33, 23).
Hannibaf, ’Avvißag, 1) ein Sohn Gijtos, kam
409 dv. €. den Segeftanern mit einem Heere zu
Hülfe, ftarb im Jahre 406 an der Peſt auf Sicilien.
— 2) befehligte um 265 v. E. eine karthagiſche
Flotte bei Lipara und verjuchte, jedoch vergeblich,
Mefiana, wo die Mamertiner ſich empört hatten,
in jeine Gewalt zu bringen. Darnach verteidigte
er (262) das von den Römern angegriffene Agri-
gent 7 Monate lang mit großer Gejchidlichkeit
und zog fid) mit dem Reſte der Bejaßung, als er
499
er den Tod am Krenze. — 3) Sohn des Hamilfar,
brachte dem hartbedrängten Lilybäum im Jahre
250 v. E. Zufuhr und z0g ſich darauf glüdlich
vor der überlegenen römijchen Flotte nach Depra—
non zurüd. Pol. 1,44 ff. Er fiel im Söldnerfriege.
Pol. 1, 86. — 4) der Rhodier, ein kühner Seeheld,
der im erjten punijchen Kriege mitten durch die
feindlichen Flotten hindurchfuhr und der Stadt
Lilybäum Hülfe brachte. Bei einem jpäteren Ver:
juche nahmen ihn die Römer gefangen. Pol. 1, 46.
— 5) ber ältefte Sohn des Hamilfar Barkas, ge:
boren 247 v. E. (nad) Mommjen 249), begleitete
feinen Bater als Knabe im %. 237 nad Spanien.
In dem feurigen Knaben pflegte und nährte der
Bater unverjöhnlichen roll gegen Rom. Lir.
21,1. Nep. Hann. 2. App. 7, 3. Pol. 3, 11.
Flor. 2, 6,2. Nach einigen blieb er jeitdem in
Spanien und erlernte im Sriegslager und unter
des Vaters Augen den Kriegsdienft, nach andern
fehrte er nach Afrika zurüd und kam erjt 224
(Liv. 25, 5) wieder nach Spanien. Doch tft das
erjtere wahrjcheinlicher. So erwarb er ſich eine un:
gewöhnliche Kriegserfahrung. Glänzende förper:
liche und geiftige Eigenschaften, große Gewandtheit,
Enthaltjamfeit, Ausdauer, Mut, Klugheit, Scharf:
finn zeichneten ihn aus, faltblütige Entſchloſſenheit
hielt ihn auch in der geöhten ing aufrecht.
Sein Feldherrntalent ftellt ihn unter die größten
Krieger aller Zeiten, jeine Gabe, die verjchieden:
artigen Beſtandteile jeines® Heeres zuſammenzu—
halten und zu einem harmonijchen Ganzen zu
verbinden, jeine Ausdauer und Aufopferung, durch
welche er ſich der Soldaten Liebe und unbedingte
Hingebung gewann und ficherte (Liv. 21, 4), fein
icharfer Verſtand, jein jchneller Blid machten ihn
eeignet zur Übernahme der großen Aufgabe, die
Fin Geſchlecht fich geftellt, Karthagos Demütigung
an dem gewaltigen Gegner zu rächen und dem
bedrohten Baterlande die Herrichaft über Rom zu
erringen. Nach des Baters Tode diente 9. unter
feinem großen Schwager Haſdrubal als Befehls—
(kan der Reiterei und zeigte in dieſer Eigen:
haft durch perjönliche Tapferkeit und glänzende
Führung den großen Feldherrn. So war es be:
greiflih, daß nach Hajdrubals Ermordung aller
Augen auf ihn gerichtet waren und das Heer, bei
dem die Macht war, den jungen Feldherrn mit
vollem Bertrauen an jeine Spige berief. Pol. 2,36.
3, 13. App. 6, 8. Er übernahm das Kommando
und führte es, wenn das Glüd ihm zulegt auch
untren wurde, mit jener Vorſicht und Thatkraft,
jener Bejonnenheit und Begeifterung, welche den
großen Mann kennzeichnen. Dabei bejaf er die her-
vorftechenden Eigenichaften jeines Bolfes, Ber:
ichlagenheit und Berjchmißtheit, welche ihn in plöß-
lihen und ungeahnten Überfällen und Xiften oft
überrajchende Erfolge erringen ließen, in hohem
Grade. Er übernahm nun 221 den Oberbefehl,
unterwarf Spanien bis an den Ebro, arbeitete an
der Ausbildung des Heeres unverdrofien und jam-
melte einen tüchtigen Generalftab um ſich, der aus
den langerprobten, bewährten Feldherren jeiner
Vorgänger beſtand. Dann that er den enticheiden-
den Schritt, der den Krieg mit Rom herbeiführen
mußte. Nach dem unter Hajdrubal zwiſchen Rom
die Stadt nicht länger behaupten fonnte, glüdlic) ‚und Karthago geichloffenen Vertrage jollte der
und von den Römern unbemerkt nah Lilybäum
zurüd. Pol. 1,17ff. Val. Max.7,3. Später ftarb
Ebro die Grenze der karthagiſchen Serrichaft bilden.
H. überjchritt nicht nur den Fluß, jondern be
32*
500
lagerte auch die griechische, den Nömern befreundete
Kolonie Sagunt, weldhe er nad hartnädigem
Kampfe (Juni 218) einnahm. Pol. 3, 17. Liv.
21, 7}. kutr. 3,7. Während die Nömer vergeb-
fiche Verſuche zur Bejtrafung des dreiften Feld—
heren in Karthago machten und den Krieg erklärten,
rüftete H., obſchon nicht mit völliger Buftimmung |
Karthagos, gewaltig, jicherte A rifa und Spanien |
fotten, verficherte |
durd) Starte Beſatzungen und —
ji der Treue der Spanier durch Beijeln und ver:
ſprach den Libyern nad Beendigung de⸗ Krieges
das karthagiſche Bürgerredht. Pol. 3, 39.
21,18. Im Spätjommer 218 brach er mit mehr
als 100 000 Manu und 37 Elefanten von Neufar:
thagoauf. In Italien wollte er Rom befiegen, denn
jonjt würde ohne Zweifel, jo meinte er, Rom das:
jelbe gegen Karthago in Afrika verſuchen. Es
galt, dem zuvorzukommen. Er überjchritt den Ebro,
ging, nachdem er ſich mit einigen Keltenftämmen
verjtändigt hatte, über die Pyrenäen und drang
nah Bejeßung der Pyrenäenpäſſe unter teten
Kämpfen gegen den Rhodanus vor. Dann überftieg
er unter geoßen Schwierigkeiten und Gefahren und
nach großen Berlufte, während die Römer jeinem
Heranzuge längs der galliichen Küfte entgegen:
jahen, fühn die Alpen, wahrjcheinfich den Mont
Genis (j. Alpes). Mit einem durch ftete Kämpfe
und unerhörte Strapazen gejchwächten Heere von
etwa 50 000 Mann erreichte er zum Schreden der
Römer Oberitalien, gewann durch kluge und milde
Behandlung die dortigen Gallier und verjtärkte
durch fie jein Heer. Dann jchlug er mit Hülfe
feiner trefflichen numidiſchen Reiterei die Römer
am Ticinus (nach diefem Fluſſe wird das Treffen
benannt, obgleidy es einen Tagemarſch von m
entfernt am Po geliefert ward), zog darauf über
den Bo und gewann die blutigen Schlachten an
der Trebia (Dezember 218) und am Trajime:
niſchen See (26. oder 27. Juni nach dem unbe:
richtigten Kalender, nach dem berichtigten April 217).
Liv. 21, 52 ff. 22,4. 7. Pol. 3, 68 ff. 82 ff. Plut.
Fab. 3. In Rom wählte man nun den DO. Fabius
Marimus zum Diltator, der in vorfichtiger Krieg:
führung den Narthagern jtets auf den Höhen nad):
folgte (216), zum großen Berdruß jeiner Soldaten,
und ſich weder durch Spott und Hohn noch durch
ihre Unzufriedenheit in jeinem Verfahren irre
machen ließ. Einem Überfall entging H. durch
Lift und durchzog die Gebirgslandichaften Hirpi-
nums und Sammiums, in denen er zwar reiche
Beute machte, aber nirgends Bundesgenofien fand.
Die mit Fabius unzufriedenen Römer nötigten ihn
zu einer Teilung des Heeres mit jeinem Magiſter
Equitum M. Minucius Rufus; indes ein diejem
zugeftoßener Unfall brachte den Zauderer (cunc-
tator) Fabius bald wieder an die Spike des gan:
zen Heeres. Liv. 22, 9 ff. 24 ff. Pol. 3, 90 ff. Als
aber die Zeit jeiner Diktatur abgelaufen war, wählte
man 2 neue Konfuln, 2. Amilins Paulus und C.
Terentins Varro, und durch des letzteren Schuld
ging (216) die biutige Schlacht bei Cannä ver:
loren und wurde das große 80000 Mann ſtarke
Heer, das Rom mit Anftrengung aller Kräfte zu-
5,1. Liv. | Berzweiflungsfampfe treiben.
Hannibal.
Liv. 22, 43 ff. Pol.3, 107 ff. Plut. Fab.15. ber
er wollte, weil er fich zu einem ſolchen Sclage
für zu ſchwach hielt, Rom erjt jeiner Stüßen in
Italien, der mittelitaliihen Bölterichaften — die
unteritaliichen hatten ſich größtenteils den Buniern
angejchlofjen — berauben und dann bie ijolierte
Stadt mit einem Schlage vernichten. Darum be:
gnügte er fich flugermeije damit, nad) der can:
nenſiſchen Schlacht die Stadt durch jein Erjcheinen
zu jchreden, wollte aber nicht durch einen Angriff
das noch nicht genug geſchwächte Rom zu einen
Er verbradite die
nächte Zeit im üppigen Gapua, deſſen mildes
Klima und Sinnenluft nachteilig auf fein Heer
einwirkte, verjtärfte ſich von Karthago aus, wenn
auch nur ungenügend, und rieb bie befte Kraft
jeines Heeres in zahllojen Heinen Rämpfen und
Städtebelagerungen auf, während in M. Claudius
Marcellus ihm ein fajt ebenbürtiger Gegner er:
wucs. Liv. 23, 14 ff. 35 ff. 25, 16 ff. App. 7, 28.
Sp durdyzog H. in dem dritten Zeitraume diejes
Krieges von 215— 208 Unteritalien, ohne Nom be:
zwingen zu können oder von feiner Baterjtadt ge:
bührend unterftüßt zu werden, und zog fich endlich,
nachdem die Hoffnung, von feinem Bruder Hajdrubal
Unterftüßung zu erhalten, durch deſſen Tod (207)
vereitelt war (j. Hasdrubal, 3.), in die äußerſte
Ede Italiens zurüd, bi$ er im Jahre 203 nad)
Seipios Landung in Afrifa nad) Karthago zurück—
gerufen wurde. Zie. 27.28. Pol. 11, 1,3. App.
5, 52ff. Flor. 2,6. Er traf ausgezeichnete Ver:
teidiguingsmahrepeln, unterlag aber jeinem großen
Gegner Scipio und dem numidiichen König Maji-
nifja in der Schlacht bei Naragara (andere Zama)
im Juli oder Auguft des Jahres 202, in der er
jeine ganze, auch von jeinen Gegnern auerkannte
Feldherrngröße aufs glänzendite bewährte. Pol.
15, 15. Liv. 30, 35. App. 8, 40. Mit wenigen
Reitern vom Schlachtfelde entfliehend, begab er ſich
nach Karthago, wo er dringend zum Frieden riet.
Liv. 30, 36 f. Nach deffen Abſchluſſe trat er an
die Spike der inneren Verwaltung und zeigte ſich
nicht minder groß als Staatsmann wie als Feld:
herr. Sichtbar blühte unter feiner Hugen, umſich—
tigen Leitung fein heruntergefommenes Baterland
wieder auf, erregte aber gerade dadurd den Arg—
wohn Roms. Diejes jchidte, von 5.3 Feinden,
den Optimaten und dem Könige Mafiniffa von
Numidien, angejtachelt, eine Kommiffion zur Unter:
juchung der gegen ihn erhobenen Anlagen nad)
Karthago, obwohl der edle und billig denfende
Scipto fid) jeder Einmilchung im die inneren An-
gelegenheiten Karthagos widerjegte. Der verleum-
dete H. mußte, um jein Leben zu retten, flüchten
(195, nad) Nep. Hann. 7 im Jahre 196; vgl. Lir.
33, 45—49. Jul. Obs. 50. App. 10, 2. Just. 31, 2
und fand bei Antiochos dem Gr. von Syrien gaft:
lihen Schuß. Diejen verfuchte er zu einem Ein—
falle in Italien zu bewegen, Antiochos jedod)
zögerte und lieh den günftigen Augenblid vorüber:
gehen (Liv. 34, 60. 36, 13. Pol. 3, 11); als er zu
jpät den Krieg im Jahre 190 begann, unterlag
er, da er 9.8 verftändige Natichläge unbeachtet
jammengebradht hatte, von H. nur mit 50 000 Mann | ließ. Liv. 36, 7 ff. 37, 23. Nep. Hann. 8. Seiner
durch weile Benutzung des Terrains und der Wit-
terung bis zur Vernichtung geichlagen.
verloren gemwejen, wenn 9.,
im Frieden mit Antiochos von den Römern be-
Rom wäre | dungenen Auslieferung entging 9. durd die Flucht
dem Hate Maharbals | zum Könige Prufias von Bithynien; von diejem
folgend, es jofort mit Energie angegriffen hätte. | an die ihn aud) dorthin verfolgenden Römer ver:
Hanno —
raten, gab er ſich durch Gift, welches er ftets bei
jih trug, jelbit den Tod, 183. Es jcheint, daß
nicht der Senat, jondern Flamininus der Urheber
diejer Verfolgung des greifen Flüchtlings gewejen
ift. Nep. Hann. 9 ff. Liv. 39, 51. Plut. Flamin.
20. Er hat ein Mlter von 64 (oder, wie Nepos
fagt, von 67) Jahren erreicht. Seine großen, ſel—
tenen Eigenſchaften, die unbeftritten anerlannt
werden, gleichen die ihm von feinen Gegnern vor:
geworjenen (Liv. 21, 4. 26, 38) Fehler der Un—
menjchlichleit, Unmwahrheit, Treulofigfeit, gegen die
ihn andere verteidigen, und welche wohl mit
größerem Rechte feinen — zur Laſt
fallen, volltommen aus (vgl. Mommien, römijche
Geich. 1 ©. 569 der 6. Aufl.). Dem merkwürdigen
Manne fehlte es, ungeachtet er im rauhen Sol:
datenleben aufgewachjen war, keineswegs an gründ—
liher Bildung, was auf feine Erzieher, den Vater
und Schwager, wohl ein günftiges Licht wirft.
Er erlernte noch im Alter vom Spartaner Sofilos
die griechifche Sprache, welche er ſprach und in der
er jelbft jchrieb. — Vgl. Rospatt, Unterfuchungen
über die Feldzüge Hannibals (1864), Winde, der
zweite punijche Krieg und der Kriegsplan der Kar—
thager (1841). W. Streit, zur Gejch. des zweiten
punischen Krieges nah der Schlaht von Cannä
(1887).
Hanno, "Avror, 1) der Seefahrer, ein Sohn
Hamilfars, befannt durch eine von ihm wahr:
jcheinlich um 470 v. E. oder vielleicht ſchon 510
unternommene Entdedungsreije längs der Nord:
wejtfüfte Afrilas, durch welche er die Macht und
den Handel Karthagos zu erweitern beabfichtigte
und auf der er viele Kolonien gründete. Die
urjprünglich in puniicher Sprache abgefaßte Neije:
beichreibung (megiakovg) wurde frühzeitig ins
Griechiſche übertragen und ift noch vorhanden.
Dieſer griechiſche Text ift mit den fjogenannten
Heinen Seographen oft herausgegeben (zulegt von
K. Müller, 1855), bejonders von Falconer (1797)
und Kluge (1829). — 2) befiegte den Reſt des von
Agathofles in Afrika zurüdgelaffenen Heeres im
Sahre 310 v. E. Diod. Sie. 20, 60. — 3) kämpfte
egen die Römer im erjten punifchen Kriege auf
Sicilien und erlitt eine Niederlage bei Agrigent
(Pol. ı, 18 f.), nachdem er zuerst qlüdlich geweien
war. — 4) der Große, Statthalter Libyens um
240 v. E., erregte hauptſächlich durch jeine Be:
drüdungen den Aufftand der Yibyer in Verbindung
mit den Söldnern, gegen die er als tüchtiger
Krieger den Oberbefehl befam. Er fiegte bei Utifa,
zog jidy aber dann jorglos zurüd, wurde von ben
Söldnern überfallen und erhielt den Hamilkar
Barfas zum Mitfeldherrn. Mit Erlaubnis des
Senates zu Karthago wählte das Heer, weil Hanno
aus Mifgunft den Hamilkar micht gehörig unter-
jtüßte, diejen zum Anführer. Pol. 1, 67. 74. Seit:
dem lebte Hanno mit ihm in erbitterter Feindichaft,
welche dur eine Ausjöhnung nicht dauernd be:
jeitigt wurde; denn nach Beitegung der Söldner
war Hanno Ankläger des Hamilkar, jedoch ohne
Erfolg. Pol. 1, 82 ff. Auch jpäter zeigte er jich als
Feind der Barkiner, namentlich des Hajdrubal
und des Hannibal, deren Macht er für gefährlich
hielt, ſowie er in ihrer Kriegsluſt gegen Rom ein
Unglüd für jein Vaterland ſah. Nach der Schlacht
bei Zama war er unter den Gejandten, die im
Namen Karthagos um Frieden baten. Er ftarb
501
in hohem Alter. Liv. 21, 3. 23, 12 ff. App. 8, 49.
— 5) erhielt den Befehl, die Pyrenäenpäffe zu be:
wachen, wurde aber von En. Scipio geichlagen. Liv.
21, 23. 60. — 6) Unterfeldherr Hannibals, deſſen
Übergang über den Rhodanus er ſehr gejchidt dedte.
Liv. 21, 27. — 7) befehligte bei Cannä den linfen
Flügel des karthagischen Heeres. Nach der Schlacht
fämpfte er in Interitalien, eroberte mehrere grie:
chiſche Städte, wurde 214 v. E. von Ti. Gracchus
bei Beneventum geichlagen, fiegte aber in Luca—
nien. Liv. 23, 37. 24, 1ff. 14ff. — 8) befehligte
im Jahre 211 v. C. ein Heer auf Sicilien, er:
litt aber durch Verrat eine Niederlage und ent:
fam nur mit Mühe nad Afrika. Liv. 26, 40. —
9) wurde in Spanien von Silanus gejchlagen.
Liv. 28, 1 ff.
Harli j. Arii.
Harma, "eur, 1) Flecken in Boiotien (bei dem
'j. Dorfe Kaftri), nicht weit von Tanagra zwijchen
Theben und Aulis (Hom. Il. 2, 499), ſoll genannt
fein nad) dem Wagen des Adraftos, der hier brach,
oder von Amphiaraos, der hier mit jeinem Wagen
von der Erde verichlungen wurde. Strab. 9, 404.
— 2) ein Heiner See in dem Gebiete von Theben,
‚öftlih von den Seen Kopais und Hylife. Nach
‚der Anficht einiger Gelehrten dagegen ijt Harma
nur ein anderer Name für den KHylike-See.
Harmätüs, "Aeueroös, Stadt und Borgebirge
der Südküſte von Troas, Methymna gegenüber,
wo der Spartaner Mindaros vor der Schlacht bei
Kynosſema (Juli 411) mit jeiner Flotte anferte.
Thue. 8, 101.
Harmodios, Aeuödıog, und Aristogeiton,
Agıoroysiror, 2 atheniiche aus dem Gejchlechte
der Gephyraier ftammende Fünglinge, verichworen
fich, gereizt durch eine Privatbeleidigung, die ver:
ichieden angegeben wird, aber jedesfalls in der
Lüfternheit des Hipparch ihren Grund hatte, zur
Ermordung der Beififtratiden. Am Feſte der Pan—
athenaien, Ende Juli 514 dv. E., überfielen fie,
ihre Dolce unter Myrtenzweigen verbergend, den
Hipparch und ftießen ihn nieder. Harmodios wurde
darauf von der Leibwache niedergehanen, Arifto:
geiton gefangen und von Hippias, nachdem er auf
der Folter die Frreunde des Tyrannen als Teil:
nehmer der Verichwörung angegeben, hingerichtet.
Haät. 5, 55jf. Thuc. 1, 20. 6, 54—59. Obgleich
die Tyrannei erjt 4 Jahre jpäter bejeitigt wurde,
jo galten Harmodios und Ariftogeiton doch in der
Folge als Wiederherfteller der Freiheit (Plat. symp.
p. 182. Arist. p01.8,8,9 B.p.1311 a). Ihre Nach:
fommen wurden durch die airnaıs &v Ilgvravsio
und andere Vorrechte geehrt; ihmen jelbjt wurde
fat Heroenehre erwieien und Bildjäulen errichtet,
ihr Andenten zu allen Zeiten durch Dichter, be:
fonders in den Tijchliedern (oxolız, magolvıc), ge:
feiert. Vgl. Corp. inser. Att. I, 8. Bergf, poet.
Ilyr. Gr. III p. 647 der 4. Aufl.
Harmonla j. Kadmos, 2.
Aguoorai (Xen. Hell. 4, 8, 39 &guosrigrg),
1) in Sparta, 20 an der Zahl, wahricheinlich
Vögte über die PBerioitendiftrifte. — 2) die Statt:
halter, welche die Spartaner zur Zeit ihrer durch
den peloponnefischen Krieg wieder erworbenen Hege—
monie in die abhängigen Staaten jchidten, um
als Befehlshaber ihrer Bejabungen die den Spar:
tanern ergebenen oligarchiichen Barteien zu ſchützen.
Der Übermut diejer Harmoften bejonders trug
e
Apuooref.
502
“Aguösvvor — Haruspices.
mit dazu bei, die jpartanische Hegemonie ebenjo | 2) ein griechiicher Aſtronom vor Meton, der fich be:
verhaßt zu macen, als es früher die athenijche
gewejen war.
Aouoovvor, Behörde in Sparta, die über die
Zucht der Frauen (dl rüg ebnoowiag rar yv-
vamav) zu wachen hatte.
Harpägo bezeichnet lange hölzerne Stangen (lon-
gurii), vorn mit eijernen Hafen bejchlagen (Liv.
30, 10: asseres ferreo unco praefixi, harpagones
vocant); in der Mitte wurden fie an einem Tau
befeftigt, das in einem galgenförmigen Gerüſte
herabhing. Man juchte mit dem eijernen Hafen
die Mauerzinnen zu fallen und fie durch Ziehen
an dem andern Ende der Stange niederzureißen.
Caes. b. 9. 7,81. In der Seeichlacht bezeichnete
es Enterhafen, ſchon bei den Griechen in Ge—
brauch, jpäter auch mit manus ferreae verwechſelt
(Curt. 4, 2; vgl. Caes. b. ce. 1, 59f.). ©. See-
krieg, d.
Harpägos, "Iorayos, 1) der vom mediſchen
Könige Aftyages mit der Tötung des jungen Kyros
beauftragte vornehme Meder, der dies Geſchäft
aber dem Hirten Mithradates übertrug und ba:
durch den Groll des Königs fich in dem Maße
zuzog, daß derjelbe, als er von der Erhaltung
des Kyros hörte, den Sohn des Darpagos heim-
lich töten und dem unglüdlichen Bater vorjeßen
ließ. Als diefer die unnatürliche That erfuhr,
verbarg er feine Nache bis zu gelegener Zeit und
führte dann mit Hülfe des geretteten Kyros die
Meder zum Aufſtande gegen ihren König, wobei
Aftyages blind genug war, den Harpagos an die
Spige jeines Heeres zu Stellen. Adt. 1, 108 ff.
1185. 123 u. d. Just. 1,4,6f. 5, 6. 6,8f. So
die Sage. Geſchichtlich fteht feit, daß Aſtyages
550 von feinen eigenen Truppen an Kyros aus:
geliefert wurde, und da Harpagos 546 den Iydi-
ihen Feldzug mitmachte und in den folgenden
Jahren Jonien, Karien und Lylien unterwarf.
— 2) Feldherr des Dareios Hyſtaſpis zur Zeit
des ioniſchen Aufitandes. Hat. 6, 28. 30.
Harpälos, “Aoralos, 1) ein Mafedonier und
naher Anverwandter des Antigonos, wurde vom
Hofe Philipps, an welchem er lebte, um 336 v. €.
durch den König verbannt, weil er Alexander
den Gr. gegen feinen Bater aufhegte. Plut. Alex. 10.
Arr. 3, 6,5. Mlerander der Gr. rief ihn zurüd
und ernannte ihn zum Schagmeifter (vgl. Demo-
sthenes, 2.). Wegen eines Vergehens entfloh
er um das Ende des %. 333 nad) Griechenland,
fehrte aber zum Könige zurüd, da diejer ihm
gänzlich verzieh. Als jedoch Wlerander jeinen
Feldzug nach Indien angetreten hatte, überlieh fich
Harpalos einem jchwelgerijchen Leben und ver:
praßte ungeheuere Summen, die in dem von ihm
verwalteten Schaße zu Babylon ſich befanden. Nach
Aleranders Rückkehr aus Indien floh er mit vielem
Gelde und 6000 Söldnern nad Attila, 324. Die
dem Alerander jonft feineswegs geneigten Athener
wiejen ihn jedoch zurüd, weshalb er vom Vor:
gebirge Tainaron aus die bedeutenditen Männer
und Redner Athens durch Beſtechung zu gewinnen
fuchte. Nun durfte er nach Athen kommen, wurde
aber, als Antipater feine Auslieferung verlangte,
troß des ihm zu teil gewordenen Schußes ver:
haftet; er entfloh nad Kreta, wo er ermordet
wurde. Diod. Sie. 17, 108f. Curt. 10,2. Paus.
1, 37. 2, 33. Plut. Phoc. 22. Alex. 10. 41. —
mübte, durch Aufftellung eines beftimmten Jahres:
cytlus eine übereinftimmende Jahresrechnung her:
beizuführen.
Harpalyke, Aoralvan, Tochter des Harpa—
Infos, Königs der Amymnaier in Thrafien, eine
durh ihre Schnellfühigfeit berühmte, in allen
männlichen Leibesübungen geichidte Heldin, die
nach dem Tode ihres Vaters in den Wäldern als
Näuberin lebte, endlich aber von Hirten in Schlin:
gen gefangen und getötet wurde. Verg. A. 1,316.
Harpäsos, “Aoracos, 1) linfer Nebenſtuß des
Maiandros in Starien (Ziv. 38, 13), bei der Stadt
Harpaſa vorbeifliehend, j. Als-tſchai. — 2) von
Xenophon (An. 4, 7, 18) genannter Fluß, ergoß
fid) in den Arares in Armenien.
Harpokration, ‘Aoxoxgarior, Balerius, ein
griechiicher Rhetor und Grammatifer, aus Aleran:
dreia, über defjen Lebenszeit die Anfichten zwi—
ihen dem 2. und 4. nachchriftlichen Jahrhundert
ichwanfen, da namentlich die Anführungen jpäterer
Schriftjteller kritiſch ziemlich unficher find (ſ. Meier,
opusc. II p. 151). Wir haben von ihm ein Asdı-
xov rar Öfna Inrögwr, teils gejchichtliche Nach—
richten über mehr oder minder befannte Berjonen
und Begebenheiten, deren die attiihen Redner
gedenken, teils Erläuterungen der bei denjelben
vorfommenden Ausdrüde aus dem Gerichtäweien,
zufammtengejtellt mit Benugung mancher jegt ver:
lorenen Quellen. Außerdem enthält das Wert
Beiträge zur Gejchichte der attiichen Beredſamkeit
und der griechiichen Litteratur überhaupt. — Die
Arbeiten der früheren Herausgeber diejes Werks,
Mauflac (1614), H. Valeſius und N. Vlancard
(1683), J. Gronov (1696) find vereinigt in der
Leipziger Ausgabe (1824, 2 Bdd.). Neuere Ausgg.
von J. Beller (1833) und W. Dindorf (1855).
Harpyien, "Aorvicı (von demdtwo), die Göttin-
nen des raffenden Sturmes (= Burllar). Bei
Homer, der ihre Zahl und ihre Namen nicht voll:
ftändig angibt und nur die Podarge, Fußichnelle,
nennt (/7. 16, 150), find es jchnelle Göttinnen,
welche die Menſchen, die ſpurlos verſchwunden
waren, geraubt haben ſollten. Hom. Od. 1, 241.
Hefiod (theog. 267) nennt fie geflügelte, ſchön—
lodige Göttinnen, Töchter des Thaumas und der
Elektra, mit Namen Aello und Ofypete. Später ver:
mehrte man ihre Zahl (Aellopus, Thyella, Kelaino
u. ſ. mw.) und machte fie zu geflügelten Mißgeftalten,
Vögeln mit einem Mädchengefidht (j. Abb. S. 503).
Sie fommen befonders in der Argonantenjage als
Plagegeiſter des blinden thrafijchen Schers Phi:
neus vor, dem ſie das Mahl rauben und ver:
unreinigen, bis die Argonauten Zetes und Kalais,
die geflügelten Boreasjöhne, fie vertreiben und
töten, oder bis zu den Strophadiichen Inſeln ver:
folgen, wo fie eidlich veriprechen, den Phineus
nicht mehr heimzufuchen. Hier trifft fie Aineias
(Verg. A. 3, 209 ff.). Nach ihrer Auffaffung in
der Argonautenjage erjcheinen fie nicht mehr als
die Göttinnen des raffenden Sturmes, jondern find
Repräjentanten des alles wegraffenden, ſchmutzigen
Hungers.
Harüdes, Charudes, Xagoödrs, nennt Ptole:
maios unter den Bewohnern der Kimbrifchen Halb—
injel. Sie dienten auch im Heere des Arioviſt.
Caes. b. g. 1, 31. 37. 51.
Haruspices |. Divinatio, 16. 17.
Hasdrubal
Hasdrübal, ‘4odgovßas, Name mehrerer be:
rühmter — ——— 1) Sohn Hannos, wurde bei
Adis (256 v. E.) von Megulus befiegt, erhielt
fpäter (254) den Befehl auf Sicilien und erlitt
250 von Metellus eine Niederlage bei Banorınos.
Pol. 1, 38 ff. — 2) Schwiegerfohn des Hamilfar
Barlas, ein talentvoller Mann und ausgezeichneter |
veldherr. Liv. 21, 2. Nach jeines Schwieger:
vater Tode (229) erhielt er den Oberbefehl in
Spanien, vollendete die Unterwerfung diejes Yandes
und gründete Neu-Karthago. Just. 44,5. App.
Hisp. 7$. Diod. Sie. 25, 10. 12. Mit den Römern
ſchloß er den befannten Vertrag hinfichtlich des
Ebro als Grenzfluffes. Ziv. 21, 2. Ihn ermordete
Harphie.
221 ein rachſüchtiger Spanier. — 3) Sohn des
Hamillar Barfas, jüngerer Bruder. des Hannibal,
einer der größten Feldherren Karthagos, befehligte
im zweiten puniſchen Kriege zuerft in Spanien,
weldyes er ruhmvoll gegen die beiden Scipionen
und andere römische Feldherren verteidigte, und
gewann glänzende Siege. Darauf von jeinem
Bruder Hannibal im Jahre 207 zu Hülfe gerufen,
zog er mit einem großen Heere über die Pyrenäen
und Alpen nach Ftalien, verband ſich mit den
oberitaliiden Galliern, ging über den Bo und
lagerte fih in Umbrien am Flüßchen Metaurus
in der Nähe der Meinen Stadt Sena. Hier wurde
er von den römiichen Konſuln Livius Salinator
und Claudius Nero nad) Heftigem Ktampfe bejiegt
— Hasta. 503
und fiel in der Schlacht. Liv. 27, 1 ff. Pol. 11,2.
App. Hann. 52 ff. — 4) ein Sohn Gijfos, kämpfte
unter dem vorigen in Spanien gegen die Römer
von 214 bis 207 v. E. und traf jpäter mit dem
älteren Scipio bei Syphar, König von Numidien,
zuſammen. Liv. 28, 18. Wegen feiner Tochter
Sophonibe, weldye zwar unfreiwillig aber aus
Baterlandsliebe fih mit Syphax, der den Kar:
thagern Unterftüßung verſprach, vermählt Hatte,
obgleich fie vorher mit Maſiniſſa verlobt geweſen
war, zerfiel er mit diefem heftig, befämpfte ihn
jpäter (205— 204), betrieb dann eifrige Rüftungen
gegen die in Afrika gelandeten Römer, war aber
unglücdlich und wurde feines Amtes als Feldherr
entjegt. Erſt auf Hannibals Berlangen wurde
er begnadigt und leiftete diefem gute Dienfte.
Die Schuld der Niederlage desjelben ſchob man
indefien ihm zu und mötigte ihn, durch ‚Gift
jeinem Leben ein Ende zu machen. Liv. 28, 18.
App. 8, 10. 24. 36. 38. — 6) 9. Calvus,
verlor ein Heer auf Sardinien, 215 v. C. Liv.
23,32 ff. 10f. — 7) ein farthagiicher Feldherr,
erhielt den Befehl, Hannibals Heer nach Afrika
überzuführen. — 8) 9. Hädus, Gegner der
barlinijchen Partei, war 201 v. E. als far:
thagijcher ?rriedensunterhändler in Rom und
erwies fich hier als kluger und gewandter Red—
ner. Liv. 30, 42. App. 8, 34. — 9) kämpfte
(151 dv. E.) anfangs mit Glüd gegen Maſiniſſa,
erlitt aber nachher eine Niederlage und erfaufte
den freien Rüdzug mit Annahme harter Be—
dingungen. Der Todesftrafe entging er durch
die Flucht. Später begnadigt, befehligte er
bei Einſchließung feiner Vaterſtadt ein Heer
außerhalb Karthagos, kämpfte oft fiegreich mit
den Römern unter dem Konſul Manilius,
mußte ſich aber endlich dod) nad) der Einnahme
des Stadtteils Megara in die Stadt werfen.
Hier feuerte er feine ag a zur Gegen:
wehr an, lähmte aber ihren Mut durch unzei—
tige Graujamfeit gegen römijche Gefangene;
darauf flüchtete er in die feſte Burg, in der
er nad) ftandhafter Gegenwehr zulegt verzagte,
jo daß er ins römische Lager floh und Scipio
um Gnade anflehte, während jeine Gattin jamt
ihren Kindern den Tod in den Flammen juchte.
Er ftarb in Stalien. App. 8, 80 ff. 114. 130.
Pol. 39, 2. Flor. 2, 15.
Hasta, ſabiniſch quiris, der Speer, die
Lanze, war urjprünglich identijch mit sceptrum,
scipio, festuca, vindieta und galt als Symbol
der Eroberung oder des durch Kriegsrecht ge-
wonnenen Eigentums, ſodann des römiſchen
Eigentums überhaupt. 1) Im Völkerrechte diente
die hasta bei Devotionen, indem der dem Tode fich
Weihende auf einer hasta ftand, und bei Kriegs:
erflärungen der Fetialen, welche die Yanze auf das
feindliche Gebiet warfen. — 2) Im ius publicum
brauchte man die hasta bei Öffentlichen Verkäufen
(praedae sectio, venditio bonorum proscripto-
rum) und Berpachtungen, welche die PBrätoren ver:
anftalteten. Ebenjowenig fehlte die hasta bei Privat:
auftionen, als einfaches Symbol des zu übertragen:
den Eigentums (Subhaftation). Desgleichen war
bei Gentumviralgerichten die hasta aufgepflanzt. —
3) Im Privatrecht ericheint die hasta bei dem
jolennen Mancipationsalt als festuca oder vin-
dieta. Bei der Hochzeitsfeier wurde mit der Hei:
—
-
—
—
-
504
nen hasta caelibaris das Saar der Braut ge:
ordnet, um die Gewalt des Mannes über jeine
Frau anzudeuten. — 4) Kriegswaffe der Triarier
und der Belites (hasta velitaris), ſ. Waffen,
9 10. — Bejonders zu bemerfen ift hasta
pura, eine militärische Auszeichnung für Tapfer:
feit (Sall. Jug. 85. Suet. Claud. 28), eine Lanze
ohne eiſerne Spitze; auch ein Attribut (Scepter)
von Göttern und Göttinnen fowie von hochitehen-
den Männern. Verg. A. 6, 760.
Hastäti ſ. Legio.
Haterfus, Quintus Hat. Agrippa, ein
Redner der augufteifchen Zeit, der, ein Enfel des
M. Marippa und des Aſinius Pollio, bis zum
Konſulate gelangte und hochbejahrt 26 n. C. ſtarb.
Tac. ann. 1, 77. 2,33. 3, 49. 4, 61. Suet. Tib.
27. 29. Proben aus feinen Reden finden ſich in
Menge bei dem Rhetor Seneca. Er zeichnete fich
mehr durch Fülle und Geläufigkeit als durch
Sorgfalt aus. Sen. ep. 40, 10. Sen. controv. 4.
praef. T—11.
Hatra, af’Arocı, Stadt in einer Daje des ſüd—
lichen Mefopotamiens, deren ftarfe Mauern den
Angriffen von Trajan (117 n. E.) und Septimius
Severus (198) widerftanden, damals Reſidenz des
Fürften der Wüftenftämme, doch 241 von Sapores |
erobert; j. die mächtigen Ruinen el-Hadhr, 6 Mei:
len weftlich vom Tigris. Dio Cass. 68, 31. 75, 10,
Herod. 3, 9.
Haus, I) griehiiches (nebjt einem Grund—
riffe, j. ©. 506). Die Konftruftion des griechiſchen
Hauſes ift bei dem Mangel an Überreften alter
Wohnhäufer, jowie bei der Abgeriffenheit, Ber:
wirrung und Unvollftändigkeit der Überlieferungen
(Bitruv ift am volljtändigiten, gibt indeifen auch
fein Hares Bild), die namentlich auf die Ber:
ichiedenheit der Bauart in den verichiedenen Zeit:
altern feine Rüdjicht nehmen und daher nicht
jelten Ungehöriges miteinander verbinden, von
großen Schwierigkeiten begleitet. Wir müſſen daher
das homeriſche Haus von dem fpäteren unter:
icheiden und jenes zunächſt ausführlicher beichrei-
ben, da es für das Berftändnis der homeriichen
Hedichte unerläflich ift. — Bon dem Haus des
Odyſſeus läßt fih aus den Andeutungen der
Odyſſee ein annähernd deutliches Bild gewinnen,
wenn man vorausſetzt, daß im allgemeinen die
größeren Häuſer auf eine und dieſelbe Art gebaut
waren, und dieje Annahme ift wohl, wenn aud
die Häuſer der Fürften vor denen anderer Leute
ſich ſehr auszeichneten, doch eine berechtigte. Den
ganzen Bau bezeichnet oixog mit Digamma. Er
bejtcht im wejentlihen aus 3 Teilen, einem
Frauengemach (Pdlanog), einem Männerjaal (uE-
yagpor) und einem Hofe (abAn). Jene beiden find
überdacht und bilden das eigentliche Haus, douog
oder döu«, auch im Plural döuoı oder dnuere,
auch ueyape und ſelbſt ueyagor genannt. Sie
find um jo höher gebaut, weil fie wenige Off:
nungen für frifche Luft und nur in der Mitte der
Dede eine Nauhöffnung haben. Sie hängen das
eine mit dem andern zujammen; das Ganze war
mit einer gemeinjchaftlichen Mauer (Foxog) um:
geben. — Durch dieſe Außenmauer führte zunächſt
von der Straße ein längerer Thorweg (meodve«)
in den Sof, welcher vorn und hinten durch hohe
und zweiflügelige Thüren oder ein zweiflügeliges
Thor verichloffen werden fonnte (Bugaı etepnees
Hastati — Haus.
Öimkddes vypnlad). Dieje ftanden gewöhnlich, wie
überhaupt alle Thüren bis auf die der Schap:
fammer, am Tage offen. Alle Thüren gingen
einwärts, ruhten auf Angeln oder Zapfen und
wurden durch lange, von Wand zu Wand gehende
Duerriegel gejchlofien. Der Thorweg hatte an
den Seiten weißgetündte Wände (dvamııc muu-
pavdorre). Der Raum zwijchen der äußeren
Straßenmauer und der vorderen Mauer des eigent:
lichen Hofes diente zur Einftellung von Rindern,
Maulejeln, Pferden und zur Aufbewahrung des
Miftes. Hier lag der treue Hund Argos, der den
Odyſſeus noch wieder erlannte. In diefen Thor:
weg fuhren Fremde mit ihren Wagen hinein, von
bier fuhren fie wieder ab; hier blieben die ab:
geichirrten Wagen ftehen. Diejer Thorweg (reo-
Hupe) iſt gemeint, wenn Odyſſeus zur Abiperrung
des Haujes die drgmı abAng zu ſchließen befichlt
(Od. 21, 240. 389; vgl. 23, 135 ff.), oder wenn
gejagt wird, daß die erichlagenen Freier dr’ av-
keins Dooyoı liegen, d. i. an der inneren Seite,
neben der Mündung dieſes Thorwegs, ebenda, wo
Odyſſeus den befiegten JIros placierte. Diejelbe
Thür heißt Od. 18, 102 «ltovong Hugaı. — Der
eigentlihe Hofplag nämlich hatte vor und neben
dem Thürweg eine überdedte Säulenhalle («idovo«
bang) und eine gleiche (aitoro« dnuarog) an
der entgegengeichten Vorderwand des eigentlichen
Hauſes, zum Schub gegen die Sonnenhike; in
der Mitte entlang war der freie Himmel. Dieſer
freie Raum hieß auch Eoxex, und es ftand ein
Altar des Zeüg Eoreiog darinnen (Od. 22, 333 ff.).
Hier waren gewöhnlich die Freier verſammelt,
außer wenn Gelage und Feſtlichkeiten fie zu den
Tiichen im Saale zogen. An den Seitenmauern
müſſen fenfterartige Yöcher geweſen fein, wenn die
freier Od. 16, 343 von hier aus das Schiff des
Antinoos erbliden fonnten (vgl. 16, 165). Hier
in der aitorsa Ömuarog waren am Morgen die
Dienerinnen bejchäftigt, die aus dem uEyapor ge-
holten Gegenftände, die amı Abend vorher gebraucht
waren, wieder zu reinigen, che die Freier kämen,
und bedienten jich dazu der Gerätichaften, die im
Tholos (Rotunde) lagen, d. h. auch im Bereiche
der abi. Der Hof nämlich bildet mit jeinen
verichiedenen Räumlichkeiten das Vorhaus (meo-
douog), und es ift &v aulj der Gegenjag von
Irroche Öduoıo (Od. 1,126. 18,237, vgl. 22, 203 f.).
Der Fußboden war wohl gejtampft (ddmedor rr-
»ror), vielleicht auch gepflaftert. Neben dem Hofe
in gleicher Linie mit der aidovs« Ömuwrog, alio
außer dem eigentlichen Haufe, lag auf der einen
Seite ein Zimmer (ofxog), in welchem 12 Mägde
auf ebenfovielen Handmühlen das nötige Getreide
mahlten, und auf der andern Seite ein fuppel:
fürmiges Küchengewölbe (BoAog), das zur Auf—
bewahrung von &erätichaften diente, die bei Gaft:
mählern und Gelagen gebraucht wurden. Beide
Gemächer hatten Thüren nach dem Hofe. — Aus
der «bin führte eine breite Vordiele (ufyas obdög,
auf welchem für Odyſſeus und Iros zugleih Platz
war), mit einer doppelten Schwelle, vorn und am
Ende, und Flügelthüren (voAlnral oan/drs und
&0 doagviaı) und geweihten Seitenwänden (dvo-
ic nauparoorre, Od. 22, 120) in den mit einer
hohen Dede (öeopn) überdachten Saal, das eigent-
liche ueyapor (füsradkog ueydporo). Die nach
dem Hofe zu gelegene Schwelle (obdög welurog)
—
»Der Herd (Zayden) war zugleich Opferaltar,
Haus.
war von geglättetem Eſchenholz mit Pfoften von |
hellbraunem Eyprefjenholz (oraduol xuraplacıror,
Od. 17, 340 ff), die innere Schwelle war eine
fteinerne (Adivog). _Auf der Diele jelbft war an
einem der langen Strebepfeiler, auf denen über:
haupt das Dad) ruhte (nloveg uangai), ein Speer:
behälter (dovgodsxn) angebracht, in den der Ein= |
tretende feine Waffe ftellte, ehe er das Speifezimmer |
betrat. Waffen des Odyſſeus pflegten auch im
Saale zu hängen oder zu ftehen (an den Zidun-
ro roiyoe) zwiſchen den Strebepfeilern, fie waren,
als Odyſſeus zurüdlehrte, vom Hauch geichwärzt.
Das Zimmer war natürlih, da gehörige Fenſter
nicht erwähnt werden, ziemlich dunkel (owıoerre,
vgl. ömor' üv oe douor xerıdwor, Od. 6, 302)
und rauchig (aldalderra); des Abends wurde cs
durd) Gejtelle mit Kienipänen und durch Gerdfeuer
erleuchtet. In dem feſtgeſtampften Eſtrich aus
Thon (neuraimedor ovdag) konnten Löcher ge:
macht werden, wie für die Arte bei der Probe
mit Odyſſeus' Bogen, jo dafj nachher das Blut
der Erichlagenen mit dem Staube fich miichte und
das Meinigen nur durch Abichaben geſchah. —
von
da verbreitete ſich der Fettdampf durch das ganze
Haus. Ameis denkt ihm nicht als feite Feuerſtätte,
jondern als tragbares Beden. Hier an den Gerd,
im binterften Zeil des Saales (uvros urydgov),
jegte fich auf einen Lehnſtuhl die Boniatentönigin
Arete (Od. 7, 141), bier auch Penelope, als fie
den Odyſſeus prüfen wollte, und ihr gegenüber
an der andern Wand, durch die Thür zum Tha—
lamos von ihr getrennt, an eine freiftehende Säule
Odyſſeus. Der Herd lag alſo nicht weit von ber
aewöhnlich offenen Thür zur Frauenwohnung. Hier
im Bereiche des Herdes genofjen Fremde das Gaſt—
recht (Od. 7, 153). Bier ging mit der Hinterwand
parallel quer durch den Saal eine Reihe von frei:
jtehenden Säulen (Od. 6, 307. 23, 90), auf denen
ein Durchzugsbalten (ufladgov, Od. 18, 150,
rooöyor, 19, 544) ruhte. Diejer diente zugleich
ald Träger der Deckbalken (doxod) und als Halt
für eine Art niederer Galerie oder Bühne (valal
arooducı, Funjtvoll verziert), die über dem hin-
+ terften Teil des Saales erbaut war und an dem
f diefer auf der rechten Seite war.
oberen Ballen gleichfam zu hängen jchien. (Die
Alten verjtehen unter den uroodune die zwiſchen
den Wandpfeilern gebildeten Niſchen oder aud die
Wanpdpfeiler jelbit, Döderlein gar die Querballen
der Dede.) Auch der Miſchkrug ftand im diejer
Gegend des Saales zu innerft, nahe dem Herde
(Od, 21, 146); gewöhnlich nimmt man an, daß
Aus diejem
Saal nun führte wiederum eine doppelte Flügel:
thür mit fteinerner Schwelle in den hinteren zwei:
ftödigen Falauog, die Frauenwohnung, die übri-
gend auch zuweilen ufyagor genannt if. Durch
eine Luke, Springthüre (öesodven), auf der rechten
Seite des Saales konnte man fich auf die Bühne
hinaufſchwingen und alsdann durch eine Thüre in
einen Gang (Auen) hinabgelangen, der außerhalb
des Hauſes auf der rechten Seite des Männerjaales
bis zu der Halle der Hausfronte und der vorderen
Thüre des Saales, und ebenjo nach der entgegen:
geießten Seite längs des hinter dem Männerjaale
gelegenen Frauengemachs zu den hinterften Nam:
mern des Hauſes führte, unter denen ſich auch
die Waffenfammer befand. Durch die Ögsodtven
505
ichlüpfte der Geishirt Melanthios, um aus der
Waffenfanmer Waffen für die freier zu holen.
Die Trrauenwohnung war zweiftödig; in dem
Frauengemad zu ebener Erde war die Hausfrau
gewöhnlich mit der Schar ihrer Mägde beichäf-
tigt, doch zog fich Penelope oft allein oder mit
ihren vertrauten Dienerinnen in den Oberjtod, den
Söller, zurüd, um dem lärmenden Treiben der
dreier ferner au jein. Dort in dem Oberjtod
webte fie auch das berühmte Gewebe, das fie in
der Nacht ftets wieder anfzog: im Dbergemad)
jchlief fie während der Abwejenheit ihres Gemahls,
auch jchliefen daſelbſt alle weiblichen Perjonen des
Haufes. Das Schlafgemach des Hausherren und
der Hausfrau aber war zu ebener Erde im In—
nerften des Haufes. Dort hatte ſich Odyſſeus jein
Ehebett fünftlich auf dem abgefuppten Stamm eines
grünenden Olbaums verfertigt (Od. 23, 192 ff.).
Zu den hinterften Räumen des Hauſes gehörte
die wohlverjchlofjene weite VBorratsfammer, welche
etwas tiefer als die andern Gemächer im Erd:
geihoß lag. Hier befand fich außer vielen und
mancherlei Vorräten und Koftbarkeiten auch der
berühmte Bogen des Odyſſeus. Ob die Waffen—
fammer des Odyſſeus mit der Borratstammer
derjelbe Raum war, ift zu bezweifeln; jedesfalls
gehörte auch fie zu den hinterften Sebäulichkeiten.
— Telemach hatte jein Schlafgemady neben der
avır, wahricheinlich joll e8 an der Scitenmauer
gedacht werden (Od. 1, 425), jo daß er von hier
bei der hohen Lage des Palaftes durd) die feniter-
artigen Löcher der Umfaſſungsmauer hindurch (vgl.
oben) einen weiten Fernblick über die Juſel genoß.
— Fremde pflegten ihre Schlafjtätte im Vorder:
hauje unter der aitovo« dmuarog angewiejen zu
erhalten, wahrſcheinlich nicht in beionderen Zim—
mern, wie das des Telemach eins war, wenngleich
folhe an der Seitenwand noch außerdem mögen
ang fein. — Im Männerjaal wurde getafelt.
es Morgens hatten die Dienerinnen die Tiſche
und Stühle wieder zu reinigen und die übrigen
Geräte zn gleichem Zwecke aus dem wey«gor durch
die Halle in den Tholos zu bringen. — Im Hofe
endlih und im Vorhaus wurden die Spiele mit
dem Diffos und was noch — hört, ſowie
die Unterhaltungen außerhalb Bee des dei-
arov abgehalten. Vgl. Iw. Müller, griech. Brivat-
altertümer (Handbuch der klaſſ. Altertumswiffen-
fchaft IV, 1. 1887), ©. 350 ff. — Bei dem jpä:
teren griechiichen Haufe berüdjichtigen wir aus-
jchlieglih Athen und vorzugsweije die Zeit vom
peloponnefischen Kriege bis zu Nlerander dem Ör.,
in der die altgriechiiche Bauart ſich noch unver:
miſcht erhalten hatte und die Einfachheit der Pri—
batwohnungen auch Reicherer noch einen Gegenſatz
geacn die Pracht und Grofartigteit öffentlicher
auten bildete. Letzteres gilt namentlich für die
Hänfer in der Stadt; —9 die Wohnungen auf
den Landgütern der mit größerer Pracht
ausgeſtattet waren, läßt ſich aus Thukydides
(2, 65) ſchließen, wo er von der Unzufriedenheit
der Athener jpricht, fih in die Stadt hinüber:
ige iedeln (vgl. auch 2, 16). Was nun die Bauart
er Stadtwohnungen betrifft, jo hatten diejelben
in der Regel 1 Stodwert mit 2 Abteilungen,
nach der Straße zu die Männerwohnung (drdgo-
ritis), im Hinterhauſe die Frauenwohnung (yv-
vaınsior, yuvvanswvirıg). Diejelbe war auch öfter
B
[27
506
in einem oberen Stodwerf (ömegwor, auch drjesg), | dor, auch Ayvısvs), auch wohl eine Herme. Zu
wo auch Wohnungen für Sklaven und Fremden
der Hausthüre (ableıog, wblsia, alluog oder
zimmer fein fonnten. Auf der Strafe vor dem |avke Buoa, auf dem beiftehenden Grundriß «)
A
el,
Griechiſches Haus
führten wahricheinlich zumeilen einige
Stufen (draßaduoi). Durch die Haus:
thüre, in der Flucht der Façade oder
auch etwas zurüdgeftellt, jo daß fid)
vor der Thüre noch ein meodvgor
oder zoorvlaror befand, trat man
in den Hausflur (Ödvompeior oder
Pugor), auf deflen einer Seite fid)
die Wohnung des Thürhüters, Bv-
oweög, auf der andern Ställe und
jonjtige Näume befanden. Aus dem
Thyroreion trat man in den Hof
(ehirj oder megıordkıor, A) der An:
dronitis. Die «tif iſt auf allen
4 Seiten mit bededten Säulengängen
(srowd) umgeben, auch meöoro« ge:
nannt, wenn darunter nicht bloß Die
zunächit am Eingange des Thyroreion
liegende und vielleicht die gegenüber:
liegende Halle zu verjtehen iſt. Um
die unter freiem Simmel befindliche
er herum liegen die Säle für die
Sympoſien der Männer (olnoı, &r-
doöres, OÖ), ferner ein Bejuchzimmer
mit Sigen (2E&ide«) und Heinere Zim—
mer (Öwudrır, olarjuare), zuweilen
Borratsfammern. In der abir) pflegte
der Altar des Zeug Egnziog zu jtehen.
— In der Mitte der dem Eingange
gegenüberftehenden Halle (das zarav-
rıxet rgooroon) befindet fich die wer-
avlog oder ufcaniog Buga, durch
die man in die (bei Heineren Häuſern
gar nicht vorhandene) abkr der yuvar-
zorirıg (I') gelangte (ueraviog, weil
fie hinter der hin) der Andronitis
liegt, ufoavAog in den Häufern, wo
die Gynaifonitis in u Stod:
werf, wie die Männerwohnung, liegt
und ihre eigene «bin hat, wo bie
genannte Thüre aljo wirflid in der
Mitte zwiichen "beiden atılad fidh be:
3
findet). Der Gang, der die beiden
ak verbindet, und in deffen Mitte
ſich die ueo. ©. befindet, heit weo-
aviog (m). Dieſe hintere abi) ift
auf 3 Seiten von Säulen umgeben;
an der der Mejaulosthüre gegenüber:
liegenden Seite begrenzen 2 Pfeiler
(bei Vitruv antae) einen nad dem
Hofe zu offenen Raum, eine Art
Saal, deſſen Tiefe um ein Drittel
Heiner war, als die durch) den Ab—
ftand der Pfeiler bezeichnete Breite
(novordg oder mapaords, m). Auf
beiden Seiten der Proftas liegen auf
der einen der Palauog (aud) meardg),
das eheliche Schlafgemach, auf der
andern der dupıdaiauog, defien Be:
ftimmung jebt als Schlafraum der
Töchter angenommen wird. Auf den
übrigen 3 Seiten des Beriftyls lagen
Haufe ftand gewöhnlich ein zum Haufe gehörender | die täglichen Speifezimmer (nur die Sympoſien,
Altar des Apollon Agyiens, oder ein den Gott | bei denen fremde Männer als Gäſte zugegen waren,
jelbft vorftellender Spibpfeiler (nior, xorosıdijg | wurden in der Andronitis gehalten) und Zimmer
Haus.
zu wirtichaftlichen Zweden (y). Auf der vierten
Seite befanden ſich hinter dem Thalamos, der
Proftas und dem Amphithalamos die lorwveg,
Säle für Webftühle und andere weibliche Arbei-
ten (I). Gegenüber der jchon erwähnten ufoav-
log 8. lag die nmala Bupae (x), die, wie es
icheint, aus den Hiftones in den Garten, der fich
wohl meiftenteil® bei dem Haufe befand, führte.
4 — Das obere Stockwerk (bmrepwor), wo fich ein
folches befand, gewöhnlich nicht über das ganze
Haus fich hinziehend, wurde meift als Sflaven-
wohnung und auch als Fremdenzimmer benußt.
507
Eigene an das Hausgebäude angebaute fremden:
wohnungen (hospitalın bei Bitruv) hat es wohl
nur in Ca fällen gegeben. In dem Haufe
des reichen Kallias 3. B. wohnen die vielen rem:
den nicht in einem bejonderen Haufe, jondern alle
bei dem Wirte jelbit, der jogar Wirtichaftszimmer
zu ihrer Aufnahme eingerichtet hat. Plat. Protag.
». 315 D. — Die Ausſchmückung des Haufes war
in früheren Zeiten einfach, ber Fußboden ein
Eſtrich, jpäter erſt getäfelt, die Wände geweiht.
Doch jchon Alkibiades zwang den Maler ga:
tharchos, jein Haus zu malen. Plut. Alcib. 26,
Außer den Malereien gab es noch mormil-
ucera (auch morxıddar), wahrſcheinlich Stucca:
turarbeiten am Gefims und an den Deden.
— Die Dächer waren meift Platt, doch find
auch hohe Dächer vorgefommen. Statt der
inneren Berbindungsthüren werden aud)
Vorhänge (merdouere) erwähnt. Die
Hausthüren öffneten fich meift nach innen (Zv-
doövaı vom Öffnen, dmiomdsasta:, dpel-
»voaodeaı vom Schliehen nach anfen); Thü:
ren, die nach außen fich öffneten, wurden
von Hippias dem Tyrannen beftenert. Wer
eintreten wollte, Fopfte an die Thür (ngovsır
ri» Dipar), Der Supwpös öffnete und
meldete den Fremden an. — Daß Fenfter (dvoddeg) vor:
fommen, ift unzweifelhaft. Das meifte Licht empfingen
übrigens die Zimmer durch die nach dem Beriftylion
führenden Thüren. — Die Heizung geichah zum Teil
durch Kamine, zum Teil durch tragbare Herde (Loydgaı,
IR loywolödes) oder Kohlenbeden (d»dedxın). — Im Gegen:
jabe zu den oladaı, den von deren Beſitzer mit der
| Familie bewohnten Häufern, hiehen größere Mietshäufer
| | 2 ovvornicr. Es ift jelbftverftändlich,. dah in der Wirt:
: lichleit mancdherlei Abweichungen von diejfem Normal:
plane vorlamen, bei dem Vitruvius ald Anhalt gedient
hat. Ein erhaltener Privatbau (in Delos) zeigt auch
N eine Eifterne. — Der Grundriß eines größeren Haufes
; - mit 2 Beriftplen (j. Abbildung ©. 506) ift aus Beders
Charikles genommen; dody müjjen wir annehmen, daß
| bei einer Wohnung mit 1 PBeriftyl diejes ungefähr die
\ h Einrichtung hatte, wie auf dem Beckerſchen Plan das
| Beriityl der Gynaikonitis, daß alfo die dem Flur gegen:
| überliegende Seite der ann feine Säulenhalle hatte,
daß hier die wgoordg (m) mit dem Altar der Hejtia
faq und auf beiden Seiten derjelben der Palauog und
iupiitcianog. Dahinter befanden ſich dann größere
Näume für die unter Aufficht der Hausfrau arbeitenden
Mägde. Auf die 3 Säufenhallen der abi) mündeten
verichiedene Gemächer, Borratstanımern,, Schlafzimmer
für die männlichen Mitglieder der Familie, für Skla—
ven und Fremde, Speifejäle u. ſ. w. In der Proftas,
J
Romiſches Haus
Erklärung der Buchflaben.
A vestibulum
R ostium., leihjam der Grenzicheide für den öffentlichen und
€ € 2 tabernae. Familienertehr, verjammelte fich die Familie gewöhn:
D atrium. lich zu den gemeinfchaftlichen Mahlzeiten, zu den Opfern
an dem Herde der Heftia u. ſ. f. Vgl. Beder-Göll,
Eharifles II ©. 105 ff. Hermann-Blümner, griechiſche
Privataltertümer, S. 143 ff. — ID) Römiſches. In
dem römijchen Haufe find die notwendigen und allent:
halben an derjelben Stelle wiederfehrenden Räume,
weldye gleichſam das Gerippe des Hauſes bilden, von
den ummejentlichen au trennen. Jene find vestibulum,
ostium, atrium, tablinum, fauces, cavaedium, peri-
stylium. Die Anordnung ift immer die gleiche; näm-
lid) das atrium ift der erfte Saal nad) dem Eintritt,
hinter demjelben Tiegt das tablinum und daneben ber
Korridor, fauces, welcher nad) dem inneren Hofe
E impluvium mit 2 fleinen Eifternen
F tablinum (mit Mojaitboben).
6 peristylium mit 2 Meinen Waflerbehältertt.
H viridarium.
I trielinium oder oocus (mit Mofailboden).
K cella ostiarii,
LLL3 Wohnzimmer oder Meine triclinia
M MM 3 cubicula,
N fauces (Storribor)
Oo Etubiergimmer.
P culina.
4 posticum (Hinterpforte).
908
oder cavaediam führt. Darauf folgen ein oder '
mehrere Periſtylien hintereinander, je nad dem
Vermögen des Hausherren. — Bor dem Hauſe
lag das vestibulum, auf 3 Seiten eingejchlofjen,
wenn das Haus 2 bis an die Strafe reichende
Flügel hatte, oder wenn die Hausthüre einige
Schritte in das Haus eingerüdt war. In der
Kaiſerzeit entitanden vor dem Haufe Säulen:
hallen. Die Thüre (fores) war von Holz, jpäter
oft mit Elfenbein und Gold gejichmüdt; fie öffnete
fih ftets nad) innen, während fie an den öffent:
6 lichen Gebäuden auswärts jchlug. Die valvae
waren eigentlich Klappthüren aus mehreren Ab—
teilungen oder Tafeln beftehend, welche zum gu |
jammenfchlagen eingerichtet waren. Die = re
hing aber nidyt wie bei uns in den Angeln, ſon—
dern es befanden ſich an derjelben teilförmige
Angelzapfen (cardines), welche in der oberen und
unteren Schwelle (limen superum und inferum)
eingelajfen waren. Das Verſchließen der Thüre
geichah vermittelt eines hölzernen Querbaltens
(sera) oder durch 2 ſich begeguende, miteinander
zu verbindende Riegel (repagula), oder durch
Riegel (pessuli), melde durch einen Schlüſſel
(elavis) vor: und rüdwärts bewegt wurden, ganz
unſeren Schlöffern analog. Die beiden erjten Arten
dienten, um bon innen, die leßteren, um auch von
außen zu verichließen. Endlich hatte man bei
Flügel: und Klappthüren noch Heine Riegel an
dem oberen und unteren Ende derjelben (wahr:
jicheinlich auch pessuli genannt), welche man in
die Schwelle und in den Thürfturz einſchob. —
7 Unmittelbar hinter der Thüre war die Hausflur,
ostium; doch umfaht diejes Wort im weiteren
Sinne auch den Eingang mit, nämlich Schwellen,
Pfoften und Sturz der Thüre, Im Oftium hinter
der Thüre hatte der Portier (ianitor, ostiarius)
eine Heine Loge (cella), wo ſich auch jehr häufig
ein Hund befand. An das Oſtium schloß ich
das atrium (corinthium, prächtig, mit Säulen;
Atrium corinthium,
tuscanicum, einfach, ohne Säulen), das des Lichts
oder Rauchs wegen eine größere oder Heinere Dad:
e
Atrium tuscanicum
*
Haus.
öffnung hatte. Dieſer Raum, welcher anfangs einem
Saal, ſpäter mehr einem Hofe glich, war vor
alters der Mittelpunkt des ganzen Familienlebens.
Hier ftand der Herd (focus) für irdifche und re:
ligiöjfe Zwecke (Platz der Penaten), und von dem
Schwärzen durch den- Rauch erhielt das atrium
jeinen Namen (jo jchon Servius; vgl. griechiſch
ueiadgor; nicht von «idgror); hier empfing man
die befuchenden Freunde und Klienten, hier thronte
die Hausfrau im Kreiſe der fleißigen Dienerinnen,
hier ftand der thalamus nuptialıs und die Geld—
fafie des Hausherren, hier wurden die Leichen auf
dem Baradebett ausgeftellt, hier wurden die Er:
innerungen an die Verjtorbenen aufgehängt (\.
Imagines). Als die alte einfache Sitte allmäh:
lich erlofh, als man große Gaftmähler zu geben
anfing und ganze Scharen von Beſuchern all:
morgendlich erjchienen, wurde das Verhältnis ein
‚anderes. Der alte Familienherd, die Penaten,
die Dienerinnen, der thalamus verjchwanden aus
dem Atrium, welches nur der große Empfangs:
jaal blieb. Die Dahöffuung mußte größer werden,
und die Notwendigfeit forderte Säulen, um das
Dad) zu ftügen. Unter der Öffnung (implurium)
war ein Heines Baſſin für das von den Dächern
herabfallende Regenwaſſer und daneben häufig ein
Springbrunnen angebracht. Gegenüber dem Ein-
gang an der hinteren Seite des Atrium befand
jih ein offener Saal, das tablinum, das We:
ihäftslofal des Hausherrn und Archiv (fo genannt
von tabula) der familie, neben welchem 1 oder
2 Korridore (fauces) nah dem inneren Hofe
(peristylium, cavaedium) führten, welcher
in feinem Hauſe fehlte und größer als das Atrium
war. Bededte Gänge jchloffen den offenen Mittel:
raum ein, im welchem fich eine Eifterne und ein
jliepender Brunnen befanden. Um das Baſſin
lagen Naienpläpe und Blumenanlagen (viridarıa).
- Die andern Räume, welche dem täglichen Ge—
brand) und dem Luxus dienten, wurden nad) der
Yolalität und nach dem Gefallen des Befißers um
das Mtrium und um die Höfe herum gruppiert,
nämlich die Heineren Wohn: und Schlafzimmer
(eubiceula), Speifezimmer (triclinia), Prachtſäle
(oeci, auch zum Speifen dienend), Gejellichafts:
und Konverlationslofale (exhedrae), Hausfapelle
(sacrarium oder Jararium), Bildergalerie (pina-
cothöca), Bibliothef, Bad (balineum), Sklaven—
zimmer (cellae servorum), teil3 im oberen Stod:
werk, teils im dem hinteren und abgelegenen
Näumen, Küche (culina oder coquina), Vorrats—
fammern (cellae penariae) für die Speijen, Wein,
Ol u. if. w., Bäckerei (pistrinum, welches auch
die Mühle mit im ſich begreift, ſ. d.), Tabernen
ij. Taberna. gl. auch Diaita, — Das Erb:
geichof diente zur eigentlichen Wohnung; nur ein-
zelne Teile des Haufes hatten ein oberes Stod:
wert, cenneula genannt, zu dem jchmale und
fteile Treppen führten. Das Dad endlich (i.
Tectum) war gewöhnlich flach und mit Wein:
reben, Blumen und Sträuchern bejeßt, welche
fleine Gärten solaria hießen. Damit nicht zu
verwechjeln find die jöllerartigen Vorbaue oder
Balfons, pergulae und maeniana. — Junere
Einrihtung. Der Fußboden (solum) war
niemals gedielt, fondern bejtand aus Eſtrich (pa-
vimentum, ruderatio, opus ruderatum) oder aus
Eſtrich mit Badjteinfcherben gemijcht (opus testa-
9
10
1
—
Hebe —
ceum und signianum), oder aus Steingetäfel von
vieredigen Marmorplatten (solum marmoreum,
pavimentum marmoreum). feiner war das pav,
sectile, aus geometrijch zugeichnittenen Stüden
verichiedenfarbigen Marmors bejtehend, und am
feinften pav. texellatum und musivum (Mojait:
boden). Die Heinen bunten Stifte der Mojait
waren von Thon, Glas, Marmor oder andern
Steinarten und wurden auf das funftreichite zu:
ſammengeſetzt, jo daß wertvolle Gemälde entjtan-
den. Die Wände (parietes), vor alters nur
geweißt (dealbati), wurden jpäter mit Marmor
belegt (crustae marmoreae). Die tectores und
marmorarii befleideten die Wände auch mit künſt—
lihem Marmor. Weit häufiger wurde die Malerei
zum Schmud der Wände angewendet, und zwar
malte man mehr auf naflen Kalt (ul fresco) als
auf trodenen (a tempera). In der Regel jchmitt
man Fries und Sodel von der Wand ab und
gewann einen gewaltigen Effeft, indem man die
hellſten Karben neben die dunfelften jeßte. Die
Gegenftände der Gemälde waren jehr mannigfach,
architektoniſch, hiſtoriſch, mythologiſch, landſchaft—
lich u. ſ. w. Es fehlten nicht einmal die moder—
nen Genrebilder und Stillleben. Die Decken er:
hielten ein zierliches Anjehen, indem man ein Netz
von Ballen machte, wodurch vertiefte Felder ent:
ftanden (lacunar, laquear), welche wir Eafjetinen
und Carrés nennen, und welche von den laquearii
foftbar gemalt und jowohl mit Stud als mit Gold
verziert wurden. Fenſter (fenestrae) waren im
Erdgeicho jelten, da die Zimmer desjelben nad
dem Atrium und Gavädium gingen und von diejen
durch die weite Thüröffnung Licht empfingen. Da:
gegen die oberen Stodwerfe hatten immer Fenſter
und auch häufig nach der Straße zu, doc waren
fie ziemlich Hein. Bor alterd waren die enter
durdy Läden oder Vorhänge (vela) verſchloſſen,
jpäter auch durch Marienglas (lapis specularis)
und jogar durch unjer Fenſterglas (j. Vitrum).
— Die Heizung geſchah durch Kamine (caminus,
focus), eherne Kohlenbeden und tragbare zierliche
jen, deren man mehrere in Pompeji gefunden
hat. In Ober:Ftalien, Gallien, Germanien heiz:
ten die Römer am häufigften durch Röhren (tubi
oder tubuli), weldhe von dem hohlen, durch Feuer
erwärmten Fußboden ausgingen (suspensura, hıy-
pocaustum) und die Wände durchzogen. Wuch
begnügte man fi) mit dem erwärmten Fußboden,
ohne daß Röhren damit in Verbindung ftanden.
In den alten Zeiten gab es wohl feine Eſſen,
und der Rauch entwich dur die Thüren oder
Fenſter oder dur die Dahöffnung des Atrium;
aber jeit den Zeiten des verfeinerten Luxus gab
es auh Scornfteine, wenn fie auch in Unter:
Stalien, wo man überhaupt der Heizung wenig
bedurfte, jelten waren. — Das Hauptcaralte:
riftiiche des römischen Haufes beftand hauptjäd):
lih in folgendem: 1) Der ganze Bau war von
außen unregelmäßig, niedrig und im ganzen un:
anjehnlih. Auch verwendete man wenig Schmud
auf die Außenjeite. Höchſtens lieg man in der
Mauer rote und gelbe Ziegel ſtreifenweiſe ab-
wechjeln, bis die jteigende Prachtliebe Säulen an
den Thüren oder Bildhauerei und Stuccatur hin:
zufügte. 2) Die inneren Räume waren, jomweit
jie für den Gebrauch der einzelnen dienten, klein
und heimlich, an das Atrium oder Cavädium ſich
“Hysuovie.
509
anjchließend und dadurch vor Zugluft und Sonne
trefflich geihüßt. Die den Mittelpunkt bildenden
offenen Hallen waren dagegen groß und vermittel:
ten den Verkehr zwijchen allen andern Zimmern.
Die Wirkung, welche ein römiſches Haus nad
innen auf den Beichauer hervorbracdhte, muß eine
bezaubernde gewejen jein. — Zur Verdeutlichung
ift ein Grundriß des 1824—1825 aufgefundenen
Haujes des tragiichen Dichters in Pom: _
peji nebſt einer Erklärung der einzelnen Teile
beigefügt (j. die Abb. S. 507). Vgl. Becker-Göll,
Gallus II ©. 213 ff. Marquardt, das Privatleben
der Römer I ©. 208 ff.
Hebe, "Hßn, Juventas, die perjonifizierte
ewige Jugend, Tochter des Zeus und der Hera
(Hesiod, theog. 950), Dienerin der Götter, welche
ihnen den Nektar einjchentt (Hom. Il, 4, 2), mit
dem vergötterten Heralles vermählt (j. Hera-
kles, 12.).. Sie ward an manchen Orten Grie-
chenlands verehrt. In Phlins und Sikyon heift
ſie Ganymeda und Dia. — In Rom hatte Ju—
ventas mehrere Heiligtümer; ſie war hier nicht
bloß Perfonififation der jugendlichen Mannſchaft,
auf der die Kraft des Staates beruht, jondern
auch der ewigen Nugendblüte des Staates jelbft.
Abbildungen, der Mutter Hera ähnlich, find jelten.
Hebros, "Eßeos, j. Marita, der Hauptftrom
Thrafiens, entipringt auf einem Gebirgsfnoten des
Stomios und Rhodope (Thuc. 2, 96), nimmt unter
vielen Nebenflüſſen bejonders den Tonſos (j.
Tundſchah) und den mit dem Tearos vereinigten
Agrianes oder Ergines (j. Ergine) auf, wird ſchon
von Philippopolis an jchiffbar und ergießt fich in
2 Armen, von denen der eine den Stentorisjee
bildet, als ein großer Fluß bei Minos ins Meer.
Hdt. 4, 90. 7, 59.
Hedoniker ſ. Aristippos.
Hegelöchos, Hycdoxos, 1) ein griechiicher
Scaufpieler, der bei der Aufführung von Euri
pides’ Dreftes V. 279 anftatt yalrjv' vew, ich jehe
Ruhe, ſprach: yalzv öew, ich jehe ein Wiejel,
und dadurch bei den Zuichauern ein allgemeines
Gelächter erregte. — 2) ein Anführer der maledo-
nischen Neiterei auf Aleranders Feldzuge in Niien.
Hegemöne j. Charis, Chariten.
"Hysaovia. 1) In den Berhältniffen der ein:
zelnen griechiſchen Staaten unter einander bezeich:
net Hegemonie das Übergewicht eines Staates
über die andern und die damit verbundene Leitung
der Bundesangelegenheiten (lateinijd principatas).
Natürlich ift diejes Verhältnis nad) den bejonderen
Bundesbejtimmungen, wie aud nach der Macht
des leitenden Staats, ein verjchiedenes geweſen;
im allgemeinen läßt fich indeffen darüber folgendes
angeben. Die_ einzelnen Staaten waren politijd)
unabhängig. Über Krieg und Frieden von Bundes
wegen entichied der Bundesrat, in dem alle ein:
zelnen Staaten gleiches Stimmrecht hatten. Der
leitende Staat bildete dagegen den Mittelpunft
der gemeinichaftlichen Beratungen, hatte die Füh—
rung im Kriege, forderte die Geldbeiträge ein
nud beftimmte, der wievielte Teil der fejtgejehten
Kontingente ausrüden follte, jandte den Kontin—
genten auch Oberbefehlshaber (Eevayovs). Bol.
aud; Zvuuayxle. — 2) In der attifchen Gerichts:
iprache ift nyenoria tod dinaornelov die Vor—
ftandichaft der Gerichte, die nach der Beichaffenheit
der vorliegenden Fälle verjchiedenen Behörden
510 _
zufam.
anzunehmen, den Prozeß zu inftruieren und bei
dem gerichtlichen Verfahren den Vorſitz zu Pe
— 3) Über die Hyeuori« rar ovunwogıör |. Lei-
turgia, 4.
Hegesander, 'Hyrjoavdgog, 1) Genoffe Xeno:
phons in der Zurüdführung der 10 000 Griechen
aus dem Innern Mjiens im ihre Heimat; val.
‚Xen. An. 6, 1,5. — 2) aus Delphoi, vielleicht
im 2. Jahrhundert v. E., Berfafler einer mindeſtens
aus 6 Büchern bejtehenden Schrift vrourijuere,
die enchflopädijcher oder vermijchter Art geweſen
zu fein fcheint und von Athenaios vielfach benußt
ward, und eines drournue dröpıdrrwr zal kyal-
ucdrov, alfo funftgeichichtlichen Inhalts.
Hegesias, "Hynoldas, 1) ein Anhänger der fyre:
naiſchen Schule, lebte im 3. en v. C. in
Alexandreia. Er hielt die Luſt für die Blüte und
den Zweck des Lebens; aber bei den vielen Un—
glüdsfällen, denen der Menſch ausgejegt ift, glaubte
er die Hoffnung, diejen Zweck zu erreichen, auf:
eben zu müſſen und erflärte daher, es ſei befler zu
——— als ſolches Los zu ertragen. Dieſe Lehre
trug er in ſeiner Schrift, Aroxuepregav genannt,
in jo grellen Farben vor, daß manche feiner
Schüler (Hegesiaci) Hand an fid) legten; er ſelbſt
aber befam den Beinamen ITsıowdavarog. Cie.
tuse. 1, 34, 835. — 2) Sophift und Nhetor aus
Magnefia am Sipylos, Tebte um 300 dv. C. Cicero
(Brut. 83, 286. or. 67, 226) nennt als fein Mufter
den Eharifios, der als Nachahmer des Lyſias be:
zeichnet wird. Heg. z0g eine einfacher gegliederte
Scyreibart vor, verdarb aber diejelbe in eine zer:
hadte (infregit conciditque numeros. (ic. or.
69, 230). Er wird als der Haupturheber des afia:
niſchen Stils bezeichnet und von bejonnen urteilen:
den Schriftftellern jcharf getadelt. Auch Aleranders
Geſchichte jcheint er geichrieben zu haben, aber
wenig glaubwürdig (Gell. 9, 4. Plut. Alex. 3).
Hegesilöchos, Hynoidoxos, 1) errichtete in
Rhodos nadı dem Sturze der Demofratie mit
feinen Freunden eine Dligarchie, unterftügt von
Maufollos von Karien, welcher Rhodos unter feine
Gewalt zu bringen ftrebte, int Jahre 356 v. C.,
machte fich aber berüchtigt durch jegliche Ausſchwei—
[ung und Biügellofigfeit des Lebens. Nach dem
ode des Maujollos machten fi) die Rhodier
wieder frei. — 2) im Jahre 171 v. E. Oberhaupt
von Rhodos und Freund der Nömer. Liv. 42,45.
Hegesinüs, 'Hynalvovs, aus Pergamon, um
185 v. C., afademijcher Philoſoph, Schüler des
Euandros und Lehrer des Karneades. (ic. academ.
2,6, 16. Diog. Laert. 4, 60.
Hegesippos, 'Hyrjoırros, 1) atheniicher Staats:
mann und Redner, Zeitgenoffe des Demofthenes,
nach der Meinung vieler Gelehrten Berfafler der
unter dem Namen des letzteren erhaltenen Rede
neol Akorrjcov. Bal. Schäfer, Demofthenes,
Bd. II ©. 440 ff. der 2. Aufl. Bla, attijche Be:
redjamfeit III, 2 ©. 116 ff. — 2) aus Melyberna
in Makedonien, jcdhrieb außer andern Werfen
Ileilınvınd und MAnciccuci, von Dion. Hal. 1, 49
unter die kvdgss doyaloı xal Adyov KEıoı ge:
rechnet. Bruchftüde bei Müller, fragm. histor.
Graec. IV p. 422 ff. — 3) Unter diejem Namen
ging lange Zeit eine (nach der Anficht mancher Ge:
lehrten von Ambrofius herrührende) Tateinische
Überjegung und Bearbeitung von Joſephos' Ge:
Die betreffende Behörde hatte die Klage |
Hegesander — Hekataios.
ichichte des jüdijchen Krieges, welche etwa dem
4. Jahrhundert n.E. angehört (herausg. von Weber
und %. Eäfar, 1864). Der Name ift aus Josephus
verborben. Abhandlung von F. Vogel (1880).
Hegesisträtos, "Hynolorgaros, 1) Sohn des
Beififtratos, der nach Vertreibung der Mytilenater
aus Sigeion durd feinen Vater die Oberherrichaft
gewann. Udt. 5, 94. — 2) ein Eleer aus dem
Geſchlechte der Telliaden. Hdt. 9, 37. — 3) ein
Sohn des Samiers Nriftagoras, der im Auftrage
feiner Landsleute vor der Seeſchlacht bei Myfale
zum König Leotychides fam und um Befreiung
Joniens vom perjiichen Joche bat. Hat. 9, 90 ff.
Hegias j. Bildhauer, 3. und Epos, 4.
Hekäbe j. Priamos.
Hekamöde, 'Exaurjön, Tochter des Arfinoos aus
Tenedos, welche, als Achilleus die Inſel eroberte,
die Sklavin Neſtors wurde. Hom. Il. 11, 624. 14, 6.
Hekataios, 'Ex«reiog, 1) Sohn des Hegejan:
dros, der Logograph, ftammte aus einem edlen
Gejchlecht in Milet (Hdt. 2, 143), geboren wahr:
ſcheinlich 549 v. E., geftorben bald nad) der Schlacht
bei Plataiai. Noch vor feinem politiichen Auf:
treten unternahm er weite Reiſen. Er nahm leb-
haften Anteil an den Angelegenheiten feines Vater:
landes während des Aufftandes gegen Perſien,
aber jeine weiſen Natichläge wurden nicht beachtet.
Hdt. 5, 36. 125. Selbjt die Berjer fjollen ihn jo
hoch geihägt haben, daß auf feine Bitte Arta:
phernes im Jahre 494 den ioniſchen Städten gegen
einen bejtimmten Tribut die Autonomie zurüdgab.
Diod, Sie. 10, fragm. 59. 9. brachte in die Ge—
Ichichtichreibung der Xogographen, die bisher nur
in der Umjchreibung der Dichter in poetiiche Proſa
beftand, Fortjchritt und eine neue Nichtung : teils
nämlich fing er an Kritik zu üben, die freilich nur
in einer pragmatiichen Deutung von einzelnen
Mythen beftand, teils wandte er fich nach vielen
Reifen der Gejchichte des Auslandes zu; Daher er
der erite Hiftoriograph genannt wird. Er hat 2
große Werte geichrieben, die meglodos yis und die
yersnkoyiaı, alle anderen Titel, wie wegujynas
und fsrogieı, find teil ungenaue Bezeichnungen,
teild® Titel einzelner Abſchnitte. Die meglodog,
eine Erläuterung der von ihm verbejlerten Erdfarte
des Anarimander, umfahte in 2 Büchern erit
Europa, dann Aſien und Libyen; mit Unrecht ih
die Echtheit derjelben im Altertum angezweifelt
(Arr. 5, 6, 5), aber ſchon von Eratofthenes be-
hauptet. Er jchrieb in unvermijchten ionijchem
Dialekte (ci dınkkarn anpdro "lddı nal ob we-
uywern), einfach und ſchmucklos. — Fragmente
find gejammelt von Fr. Ereuzer (1806), Klauſen
(1831) und Müller, fragm. histor. Graee. Ip. 1 ff.
— 2) Philojoph und Gejchichtichreiber aus Abdera,
begleitete NAlerander den Gr. auf jeinen Reifen
und war jpäter im Gefolge des Ptolemaios Yagi.
Er jcheint eine Gejchichte der nördlichen Gegenden
und ein Werf über Agypten geichrieben zu haben;
dagegen wird das ihm beigelegte Werl zeoi rür
lovdalor Pıßllor, woraus Photios bedeutende
Auszüge gibt, von manchen für unecht erklärt.
Müller, fragm. histor, Graec. II p. 384 ff. —
3) Tyrann don Kardia zur Zeit Alexanders Des
Gr., Gegner des Eumenes, der bei Alerander die
Befreiung feiner Vaterſtadt nicht durchſetzen Fonnte.
Später ging er als Gejandter zu Leonnatos, um
ihn nad) Mafedonien zu berufen. Plut. Eum. 3.
Hekate — Hekatompylos.
Hekäte, ‘Erdrn, Hecate, Tochter des Perſes
oder Berjaios und der Niterie, eine Titamin, oder
Tochter des Zeus und der Demeter oder der Hera,
Tochter des Tartaros u. ſ. w. Bei Homer geſchieht
ihrer feine Erwähnung; doch ſcheint fie eine alte
Gottheit geweſen zu fein, die aber erſt durch die
Orphifer in jpäterer Zeit zu meitverbreitetem An:
ſehen kam. Bon dieſen ift auch wahricheinfich die
Stelle im Hefiod (theog. 411-452) eingejchoben;
hier wird
ie al3 eine vor allen Titanen hochge—
ehrte Göttin gerühmt, welche im Himmel, auf
Erden und im Meere maltet (daher ro/uoepog
enannt), Glüd und Sieg, Weisheit, in den Ber:
ammlfungen und den Gerichten, glüdliche Schiffahrt
und Jagd, Gebeihen der zuß end und Wachstum
der Herden verleiht. Durch 9 Einfluß der Or—
phifer ward fie cine myſtiſche Gottheit und als
jolche mit andern myſtiſchen Böttinnen, wie Demeter,
Berjephone, Per Kybele, vermengt, Auch mit
Artemis, die ie bit Hefate hieß, ward fie identifi
ziert und wurde, wie dieje, eine Mondgöttin und
511.
Herricherin der Nacht. Mit Demeter und Berfe:
phone fteht fie ſchon (an zweifelhafter Stelle) in
dem homerifchen Hymnos auf Demeter in Be:
iehung; fie gewahrt den Raub der Perjephone,
ht e te mit Demeter und wird ihre geleitende
er (V. 25. 52. 441). So wird fie denn feit
den Tragifern eine unterirdifche Gottheit, welche
als Krataiis (Koarautg) furchtbar und gewaltig
unter den Schatten waltet umd zugleich als nädht:
liche, geipenftiiche Baubergöttin über die böſen und
ichädlihen Dämonen herricht,
die Geiſter der Toten aus der
Unterwelt ruft und die Men:
ichen durch Gejpenfter jchredt.
Ste ſchwärmt mit den Geiftern
der Toten in der Nadıt auf
Dreiwegen (dvrodi« ober zlvo-
dla, rerodirıg, trivin) und an
den meift an den Straßen
liegenden Gräbern (rvußıdı)
unther, von ſtygiſchen Hunden
begleitet; Die erichrodenen
Hunde verfünden durdy Heu:
len und Winjeln ihre Nähe.
Die Zauberinnen, welche in
der Nacht die durch ihr Mond:
licht gefräftigten Zauberfräuter
aufſuchen und ihre verderb-
lichen Beichwörungen vorneh—
men, ftehen unter ihrem Schuß
und haben ihre Kraft von ihr
gelernt. — Hefate, urſprünglich
wohl eine an den nördlichen
Küften des Nigaiifchen Meeres
verehrte Mondgöttin, hatte teils
Öffentlichen teils Geheimfult,
beionders zu Samothrale, Yem-
nos, in Theffalien (dem Lande
des Aberglaubens und der Bau:
berei), Aigina, Athen u. a. O.
Man ftellte ihr vor und in
den Häufern und auf Drei:
wegen feine Sapellen und
Hefateſäulen (Exaraie) auf
und ſetzte ihr an Dreimegen
am Anfang jedes Monats
Speifen ans, die von den Ar-
men verzehrt wurden. Ge—
opfert wurden ihr Hunde,
ſchwarze weibliche Lämmer,
Honig. Die Dichter ſchildern
ſie als eine furchtbare Ge—
ſtalt mit Schlangenhaaren und
Schlangenfüßen, mit 3 Köpfen,
mit einem Pferdes, einem
Hunds- und einem Löwenopf
(reinfpakos, triceps, trifor-
mis, tergemina u. |. w.). Die bildende Hunt
ftellte fie teils eingefaltig, teil dreigeftaltig und
dreiföpfig (jo auf dem berühmten &igantenfries
von Pergamon) dar, weil ihre Bildniffe oft an
Dreimegen aufgeftellt wurden. Ihre Attribute find
Hunde, Schlangen, Fadeln, Schlüſſel, Dolce.
Hekatombe |. Opfer.
Hekatompylos, "Exaröurvios, -ov, Hauptitadt
von Barthien, 1260 Stadien (etwa 32 Meilen)
nordöſtlich von den Kaſpiſchen Pforten, j. Schah:rud.
Den alten einheimischen Namen kennen wir nicht,
‚512
der griechijche joll von dem Zujammentreffen vieler
Straßen herrühren. Strab. 11, 514.
Hekäton, 'Exdror, Stoifer aus Rhodos, Schi:
fer de3 Panaitios, jchrieb wegl xadnaorrw» in
wenigitens 6 Büchern (Cie. off. 8, 15, 63. 33, 89)
und heint bei jeinen Zeitgenofjen wie bei Späte-
ren (Seneca erwähnt ihn wiederholt) in großem
Anſehen geftanden zu haben. Bon jeinen zahlreichen
Schriften, nnter welchen megl &yadar, m. dosrür,
a. naher, m. nagaöskov, megl reloug noch er:
wähnt werden, hat jidy nichts erhalten. Diog.
Laert. 7, 87. 9, 101. 110 u. ö. ®gl. Panaetii et
Hecatonis librorum fragmenta coll. Fowler
(1885).
Hekatoncheiren, 'Exaröygsıgss, -oı, Centi-
mani, hundertarmige Riejen mit 50 Köpfen, 3
an der Sant. Aigaion-Briareos (der gemwal:
tige Wogenmann, Hom. Il. 1, 401; hier ift jein
Vater Pojeidon), Kottos und Gyes, Söhne der
Gaia und des Uranos, aber gegen den Bater
feindlich gefinnt, weshalb diejer fie gefeflelt in
der äußertien Tiefe der Erde verborgen hielt. Im
Titanenfampfe führten die Olympier fie aus der
Tiefe der Erde hervor und gebrauchten ihre Hülfe
zur Bezwingung der Titanen. Dieje wurden jeit:
dem im Tartaros von den Hefatoncheiren bewacht
Iesiod. theog. 147. 617. 734. Sie find Repräjen-
tanten der gewaltigen Macht des Waflers.
Hektönes, "Exrijveg, werden unter den älteften
Bewohnern des afopiichen Boiotiens zur Zeit des
Ogyges genannt; eine Bet joll fie weggerafft habeı.
Paus. 9, 5, 1.
Hektor, "Exrrog, ältejter Sohn des Priamos
und der Hekabe, der Führer der. Troer im troja-
nischen Kriege, Schüßling des Wpollon. Hom. TI.
2, 816. Er ift der tapferfte Held der Troer, feſten
Herzens und ftets unerjchrodenen Mutes, den ſelbſt
Adyilleus anzugreifen ftugt (7. 3, 60.7, 113), ein
Mann von Be Edelmut, ein zärtlicher Gatte
und Bater, ein liebender Sohn und treuer Freund,
Obgleich er den Untergang Trojas ahnt, Fämpft
er doch mit ftet3 gleichem Mute, die Schmad
mehr jcheuend als den Tod und die Verteidigung
des Baterlandes als jein höchjtes Ziel betrachtend
(TI. 6, 392 ff., die jchöne Unterredung mit jeiner
Sattin, als er eben in die Schlacht zieht; 12, 243).
Wir erwähnen von seinen Hauptthaten in der
Schlacht die Verteidigung des verwundeten Sar-
pedon (IT. 5, 680 ff.), feinen Zweilampf mit Aias
dem Telamonier (7, 1f.), die Erftürmung des
griechiichen Walles und Sprengung des Thores
(11.12). Darauf zündet er die Schiffe der Griechen
an und erichlägt den Patroflos (77. 16, 816 ff.).
Bald nachher wird er von Achilleus (j. d.) getötet
(Il. 22, 330). Adilleus wirft den Leichnam vor
dem Totenlager des Patroflos in den Staub und
bejtimmt ihn den Hunden zum Fraße; aber Aphro-
dite jchügt ihm durd Salben mit Ambrofia vor
Verwejung, und als Adhill ihn dreimal um das
Grab des Patroflos jchleift (nach fpäterer Sage
wird er dreimal um die ganze Stadt gejchleift),
ſchirmt ihn Apollon vor jeder Verlegung. ZT. 24, 15.
Auf des Zeus Befehl gibt Achill den Leichnam
dem Priamos zurüd, Hektor wird im Hofe des
Balaftes ausgejtellt und beflagt und darauf feier:
lic verbrannt. Ende der Jlias. — Die Gemahlin
des Hektor ijt Andromadhe, Tochter des Eetion,
ein edles Weib; fie gebar ihm den Wityanar oder
Hekaton — Heliades.
Stamaudrios (Il. 6, 400 ff.), der bei der Erobe-
rung der Stadt von der Mauer hinabgejchleudert
ward, weil verfündet war, daf er dereinjt das von
den Griechen zerjtörte Reich von Troja wiederher:
ftellen würde. Ov. met. 13, 415,
Helöna, 'El£vn, 1) Tochter des Zeus (I1. 3, 426)
und ber Leda, der Gemahlin des lafedaimoniichen
Königs Tyndareos, oder Tochter der Leda und des
Tyndareos (Hit. 2, 112), Schweiter des Kaftor
und Bolydeufes und der Niytaimneftra, Timandra
und Philono?, das Ichönfte Weib ihrer Zeit. Als
Jungfrau ward jie von Thejeus entführt und nad)
Aphidna gebracht, aber von ihren Brüdern wieder
befreit. Tyndareos (j. d.) vermählte fie mit Mene—
laos, der König von Sparta ward und mit ihr
die Hermione zeugte. In deffen Abwejenheit wird
fie von Paris (j. d.), dem Sohne des Priamos,
mit vielen Schäßen geraubt und nad Troja ge:
bracht. Dies gibt die Beranlaffung zum trojani:
ſchen Kriege. 1.3, 40ff. 15655. Während des
Krieges weılt fie in Troja als Gemahliu des Paris
und von Priamos und den Troern, obgleich jie
unjägliches Leid über fie bringt, wegen ihrer
Schönheit bewundert und geliebt (IT. 3, 161 ff.);
fie jelbjt aber bereut den Leichtfinn ihrer Jugend
und befennt offen ihre Schuld. II. 3, 139. 171 ff.
* Herz ſtimmte ſich um für die Achaier und
ſehnte ſich nach der Heimat, nach dem früheren
Gemahl, ihren Eltern und der zurüchkgelaſſenen
Tochter. Od. 4, 260ff. Nach dem Tode des Paris
vermählte fie ſich mit rg Fa einem Sohne
des Priamos, was vielleicht Schon Homer annahm.
Od. 4, 276. 8, 517. Bei der Einnahme von Troja
war fie den Griechen behülflich und lieferte den
Deiphobos in die Hände des Menelaos (Verg. A.
6, 517 ff.); nach derjelben fehrt fie mit Menelaos
nach achtjähriger Irrfahrt in die Heimat zurüd,
two fie noch längere Zeit mit demfelben in Frieden
und Eintracht lebt. Hd. 4. Hier hatte fie in The:
rapnıe ein mit Menelaos gemeinjchaftliches Grab:
mal (Paus. 3, 19, 9). Nach anderer Sage wurde
fie nad) des Menelaos Tode von —E unehelichen
Söhnen vertrieben und floh nach Rhodos, wo ſie
an einem Baume erhängt ward, weshalb die
Rhodier der Helena Dendritis einen Tempel er—
richteten. Nach ihrem Tode follte fie auf der Inſel
Leute, mit Achilleus (ſ. d.) vermählt, fortleben. —
Helena wird von Homer zwar als ein ſchwaches,
aber nicht als ein gemeines Weib dargeitellt; in
ihrer Jugend erlag fie den Lodungen der Sinn-
lichkeit, aber der angeborne Adel ihres Gemütes
führte fie zur Neue und zur Vernunft zurüd (j.
noch Proteus). Bgl. Lehre, über die Daritel-
lungen der Helena in der Sage und den Schrift:
werfen der Griechen (in deflen Popul. Aufj. aus
dem Altertum, ©. 1ff.). — 2) Tochter des Paris
und der Helena. — 3) Tochter des Nigifthos und
der Klytaimneftra. — 4) Mutter Kaifer Conftan-
tins des Gr., die Chriſtin wurde. — 5) Tochter
Conſtantins des Gr. und der Fauſta, Gemahlin
des Yulianus Apoftata 355 n. E., geftorben 360.
Helönos j. Priamos.
"EiEnodıs, Name einer von Demetrios Polior:
fetes erfundenen und bei der Belagerung von
Rhodos zuerft angewendeten Belagerungsmajdine.
Diod. Sie. 20, 95. YVitr. 10, 22 (j. Belage-
rung, 14.).
Heliädes j. Helios,
“Hiıala — Heliogabalus.
"Hiieie, Hlıaoriig, NHlıdkesduı. Die Heliaia, |
wahrjcheinlih an den Markt ftoßend, war der,
rößte atheniiche Gerichtshof (urjprünglic über
ii eine Verſammlung bezeichnend, wie duxin-
ola«), nad) welchem dann auch das Kollegium der
Richter überhaupt Heliaia und Heliaften genannt
wurde, und zwar nicht bloß, wenn fie in der
Heliaia richteten. Die richterlide Gewalt wurde
in Athen von angeblich 6000 jährlidh aus dem
Volfe erlojten Geichworenen, die das dreißigite
Jahr überschritten haben mußten (dinasrei, Hiı-
orad), den „offiziell feitgejegten Aquivalent für den
Begriff marres Adrwaioı,“ ausgeübt (über den
Ort i feierlichen Verpflichtung j. Ardettos).
Wahrjcheinlich famen auf die einzelnen Phylen
gleiche Zahlen, nämlidy 600. Das Gejchäft der
Loſung bejorgten die Archonten. Dieſe 6000, die
jehr jelten alle zufammentraten, zerfielen in 10 Ab-
teilungen, aus je 500 Richtern beftehend (die 1000
übrigbleibenden wurden ohne Zweifel vorfommen:
den Falles zur Ergänzung gebraucht). Übrigens
war die Anzahl der Kichter nicht für alle Fälle
diefelbe; es famen 200, 300, und durch Bereini-
gung mehrerer Abteilungen 1000 oder 1500 Rich—
ter dor; zu diejen runden Zahlen fam immer der
für die Abftimmung notwendigen Ungleichheit
wegen noch Einer Hinzu. Nach geleiftetem Eide
erhielt jeder Geſchworene ein Täfelchen mit feinem
Namen, der Nummer feiner Abteilung, der er für
das Jahr angehörte, und dem Gorgoneion als
Stadtwappen. Bor jeder Sitzung fand durd) das
Los die immung der Gerichtsſtätten jtatt, die,
meift am Markte liegend, durch Nummern und
Farben unterfchieden waren. Bor dem Eintritt
in den Gerichtshof befam jeder Richter einen Stab
mit der Nummer und Farbe des Gerichtshofs und
eine Marke (suußolor), gegen die er den von
Perikles eingeführten Richterjold (1 Obolos, jeit
Kleon 3, reıaßolor HAıuaorınör) von den Kolakreten
erhielt. — Vgl. dagegen die treffliche Schrift von
M. Fränkel, die attiichen Geſchwornengerichte (1877),
der die herfümmliche Anficht, daß alljährlich aus
der Gejamtzahl der attiichen Bürger 6000 Ge—
ſchwornenrichter als Heliaſten ausgeloft worden
ſeien, (mit Recht) beſtreitet und beweiſt, daß von
einer nach Geſetz und feſter Sitte alljährlich be—
ſtellten und feſt beſtimmten Zahl ebenſowenig als
von einer Loſung oder Wahl der Heliaſten die
Rede ſein könne; Heliaſten ſeien alle Männer
reiferen Alters von mindeſtens 30 Jahren geweſen,
konſtituiert als eine Inſtanz über der die geſamte
Bürgerſchaft im ſich jchließenden Ekkleſia.
Helike, Facan, 1) die alte Hauptſtadt Achaias,
angeblich eine Gründung des Jon, mit einem Tem:
pel des Bojeidon Helitonios, dem Stamm-Heilig—
tuume der Achaier, 12 Stadien oberhalb der Mün—
dung des Selinüs. Hom. Il.2, 575. 8, 203. Durch
das jchredliche Erdbeben (373 v. E.), melches
Strabon, Paufanias (7, 24) und Diodor (15, 24)
erwähnen, wurde fie bei nächtliher Weile von
dem Meere verjchlungen und verſchwand jpurlos.
Auch das mehr landeinwärts gelegene Bura wurde
durch dasjelbe Erdbeben —— erhob ſich aber
bald wieder aus ſeinen Trümmern. — 2) j.Stern-
bilder, 2.
Helikön, "Eitor, berühmtes, oft genanntes
Gebirge im füdlichen Boiotien, mehr als 1749 m
hod), wald: und quellenreidy mit lieblichen Berg-
Reallegiton des Hafj. Altertums. 7. Aufl.
513
abhängen und Thälern, volllommen geeignet zum
Sitz der Muſen und des heilenden Apollon. Schattige
Wälder ziehen ſich längs den gras: und weiden-
reichen Abhängen hin, welde, vor allen Bergen
Griechenlands durch trefflichen Boden ausgezeichnet,
feine einzige jchädliche Pflanze, wohl aber viele
—— Kräuter * Hier ſprudelte der
ujenquell Aganippe (bei Nitra) und die Hippo—
frene, unterhalb deren der Mujenhain id befand,
geihmüdt mit zahlreichen Statuen beiten
Meifter. Paus. 9, 29—31. Der jetzige Name ift
Bagora.
eliodöros, "Hiısöogog, 1) genannt wegınyn-
rijs, aus Athen, verfahte eine von Plinius vielfad)
benuste Bejchreibung der Akropolis in 15 Büchern,
welche, vielleicht nur Teil eines größeren Wertes
über Athen, bis auf wenige Fragmente verloren
egangen ift. Er fchrieb um 150 dv. E. — 2) aus
Syrien, Rhetor zu Nom und Sekretär des Hadrian,
wurde jpäter Präfelt von Agypten und ijt Vater
des ausgezeichneten Feldherren Avidius Caſſius,
der jich gegen Marc Aurel auflehnte. Nicht ohne
Wahricheinlichkeit ift er mit dem Metriker Heliodoros
identifiziert worden, obgleich andere diejen in dem
rhetor, Graecorum longe doctissimus erfennen,
welcher den Horaz im Jahre 37 v. E. von Rom
nad) Aricia begleitete (sat. 1, 5, 2). So Bergk
und Ritſchl (Opusc. I p. 119). — 3) aus Emeja
in Syrien, * des Theodoſios, lebte gegen
400 n. C. und ſoll Biſchof von Trikla in <hella-
lien gewejen fein. In feiner Jugend jchrieb er
oorrayua rar neel Osayerıv nal Kapinlsıav
Aldıonınörv, einen erotiichen Roman in 10 BB.,
der die Reihe der erhaltenen griechiichen Romane
eröffnet, durch Anlage der Handlung, Durchführung
der Charaktere und moraliichen Gehalt das beite
Werk diefer Art. Er enthält die Abenteuer der
Charifleia, Tochter des aithiopiihen Königs Hyda—
jpes, und des Theſſaliers Theagenes, die, durd)
Liebe verbunden und oft getrennt, in allen Ge—
fahren des Todes und der Verführung die gelobte
Treue in unverleßter Keujchheit bewahren und
endlich am Throne des Königs von Mithiopien und
am Altar, auf welchem Theagenes geopfert werden
joll, den Lohn für ihre Treue empfangen. Ausgg.
von Schmid (1772), Koraös (1805, 2 Bbb.), 24
Belter (1855) und in der Sammlung der Exotifer
von Hirſchig (1856); deutiche Überjegungen bon
Söttling (1822) und Jacobs (1837).
Heliogabälus, 'Hiıoydßarog, oder Elagabalus,
römischer Kaiser, hieß eigentlich Varius Apitus
Baifianus, Sohn der Julia Soämis, Tochter der
Julia Mäfa, und dadurd nahe verwandt mit Ca—
racalla.. Nach des letzteren Tode verlieh jeine
Familie auf Befehl des Macrinus Antiocheia und
begab ſich nad) Emeja in Syrien; hier wurde
Baffianus zum Sonnenpriefter geweiht und nahm
den Namen des Gottes El-Gabel, Elagabalus, an.
Da jeine Ahnlichleit mit dem von den Soldaten
hochgeehrten Earacalla und feine Schönheit die dort
befindlichen Truppen in Erjtaunen jeßte, ward jeine
Großmutter veranlaßt, ihn für einen Sohn Cara-
callas auszugeben und den 17jährigen Jüngling
von den mit großen Gejchenfen beftochenen Krie—
gern unter dem Namen M. Aurelius Antoninus
us Mai 218 n. E.) er Kaifer ausrufen zu laſſen.
ac) des Macrinus Beſiegung zeigte er dem Senat
feinen Sieg an, brachte bie erite Beit feiner Re:
33
514
gierung in Nifomedeia zu, zog dann erjt nach Rom
und beichäftigte ſich hier, während er die Negierung
vernachläjfigte und feiner Großmutter überlieh,
versngbweile mit der Einführung des Sonnenkul—
tus und mit der Erbauung von Tempeln für den
Sonnengott. Im höchſten Grade ausichweifend
und mwollüftig, wurde er bald den Soldaten ver:
ächtlich, mußte feinen Better, den edlen Alerander
Severus, adoptieren, ward aber, als er das bereute
und diefem nach dem Leben trachtete, von, den
Soldaten ermordet (222). Sein Leben hat Äülius
Lampridius gejchrieben. Herodian. 4,12 ff. 5,1 ff.
Dio Cass. 78, 31 ff. 79, 3 ff. Zon. 12, 131.
Heliopölis, “Hklov eöhıg, 1) Stadt in Koile⸗
ſyrien, in dem Hochthal zwiichen Libanon und An-
tilibanon (daher 7 meös ro Arßdro), nahe den
Quellen des Fluſſes Lita (Leontes) gelegen, in ber
Landessprache Baaldach, j. Baalbek, von den Grie-
hen wegen des Kultus des Sonnengottes Baal
Heliopolis gen.; unter Auguftus römiſche Kolonie,
im Beitalter der Antonine mit prachtvollen Tempel:
bauten, dem großen Sonnentempel und dem Fleine-
ren Jupitertempel, in forinthiichem Stil geihmüdt,
von denen großartige Ruinen noch vorhanden find.
Strab. 16, 758. Plın. 5, 22. — 2) Nomoshaupt:
ftabt in Unterägypten, an der ſüdlichen Grenze
des Delta, 8 kun, nordöftlih von Memphis, an
bem Kanal vom Nil zum Nrabifchen Meerbujen;
ägypt. Anu, im U. T. On oder Beth-Schemeſch,
j. Matarie mit dem jchönen 20m hohen Obelijten,
dem einzigen Reft des reichen Tempels des Sonnen:
gottes Tum, welchem der hellfarbige Stier Mnevis
heilig war. An 9. befand ſich die berühmtefte,
and von Platon und Eudoros bejuchte Prieſter—
ichule, von welcher hauptſächlich die monotheiftiiche
Geheimlehre ausging. Ebenjo knüpfte jih an 9.
die Sage von dem Bogel Phoinir (j. d.). Schon
unter den Btolemaiern zerfallen, war die Stadt zu
Strabons Zeit bis aus die Tempelgebäude und
Priefterwohnungen gänzlich verödet. Hdt. 2,3.7 ff.
659. 73. Arr. 3, 1,3. Strab. 17, 803. 805 ff. Cie.
n.d.3, 21. Diod. Sie. 1, 84.
Helios, "Hiuog, ’Helıog, Sol, der Sonnen=|n
gott, Sohn des Titanen ‚ÖHperion und der Theia
(Tregiorlöng oder aud) "Tregior, vorzugsweiſe
Titan genannt), Bruder der Selene und Eos. Hesiod
. 371, Des Morgens fteigt er im Dften
aus der Bucht des Dfeanos (kluvn, Hom. Od. 3, 1)
auf, um den glänzenden Sonnenwagen mit dem
feuerſchnaubenden Roffegeipann am Himmel hinzu:
führen, und des Abends ſenkt er ſich im Weiten
in den Dfeanos nieder und fährt in der Nacht in
goldenem becherfürmigem Kahne um die Nord:
hälfte der Erde zum Oſten zurüd, wo er einen
prächtigen Palaft hat. Homer weiß; noch nichts
don einem Sonnenpalafte im Often; auch jpricht
er nicht don einem Wagen und Sefpann des
Helios und von der Rüdfahrt in dem Kahne. Helios
dringt mit jeinen Strahlen überall hin und fieht
alles ein daher ruft man ihn als den
Gott, der in das Berborgenite jieht, bei Eidſchwüren
und "Betenerungen an. Il. 3, 277. Auf der Inſel
Thrinakia hatte er 7 Herden Rinder und 7 Herden d
Schafe, jede zu 50 Stüd, welche fich nie mehren
noc mindern (Od. 12, 197; 1. Odysseus). Dieje
waren eine bildliche Beeihmung der Tage des
ut, das in alter Zeit aus 50 Wochen zu je
agen und 7 Nächten bejtand, Mit Nücdjicht
Heliopolis
„| Unterfuchungen jehr reduziert.
— Hellas.
auf dieje Vorſtellung hielt man dem Helios an
den Orten jeiner Verehrung gewöhnlich Herden
von weißer oder rötlicher Yarbe. Die Herden auf
Thrinalia wurden von den Töchtern des Helios
und der Neaira, Phatthuja (Pdog) und Lampetie
(duro), geweidet. Außer diejen — er mit
Verſe oder Perſeis den Aietes und die Kirke, mit
Klymene den Phaëkthon (paidwr iſt ein Beiwort
des Helios, Od. 5, 479). Dieſer Irre als er zum
Jüngling herangewachien war, jeinen Bater auf
und erlangte von ihm, daß er für einen Tag den
Sonnenwagen führen durfte. Da aber feine ſchwache
Hand die fenrigen Roffe nicht zu zügeln vermochte,
jo wich er bald nach oben, bald nad) unten von
der Bahn ab, fo daß er den Himmel und die Erde
verbrannte, und Zeus, damit nicht die ganze Welt
zerjtört werde, ihn mit dem Blitz erichlagen inufte.
Er fiel in den Fluß Eridanos. Seine Schweitern,
die Heliaden (Heliädes) oder Phaöthontiden,
beweinten ihn und wurden in Erlen (Verg.
6, 63) oder PBappeln verwandelt (Ov. er Ponto i
2, 31); aus ihren Thränen entſtand der Bernftein
(HRenrgov; Helios_heißt NAdnrwp, Il. 19, 398).
Ov. met. 2,1ff. Helios ward jeit Euripides mit
Apollon identifiziert, der alljehende Sonnengott
mit dem alltundigen Gotte der Weisjagung; daher
auch jein Beiname Doißos. Verehrt ward er an
vielen Orten, zu Korinth, Argos, Elis, auf Rhodos,
to jein tolofaies Bild an dem Eingange des
Hafens ftand. Gemweiht waren ihm der Hahn und
weiße Tiere, bejonders Pferde. Die Kunft ftellte
ihn dem Apollon ähnlich dar, nur mit vollerem
Gefichte.
Helisson, ‘Eisoov, —* ac borfommender
Flußname in Griechenland, beſonders ein rechter
Nebenfluß des Alpheios in Arkadien, an welchem
Megalopolis (ſ. d.) lag; j. Varvutzena oder Flüßchen
von Dawia.. Paus. 2, 12, 2.5, 7,1 u.
Hellanikos, "Eildvınos, ein —B
Aoyoygdgpoı), geboren in Mytilene auf eibos
um 480 v. C. (nad) einigen erft um 455), geftorben,
00: er die Schlacht bei den Arginuſen erwähnt,
406, vielleicht um 395, wenn er wirflid 85
Ya re alt geworden ift. Bon feinen Schriften find
28 Titel überliefert, welche Zahl ſich nach Prellers
ie zerfallen in
3 Abteilungen: 1) genealogijche, wie Jevnakubreıe,
Doguris, Arkavrıdg, Towırd, welche letztere nicht
als Teil der Atlantias zu betrachten find; 2) choro-
geapbiide: Ardiz bis auf den peloponnefifchen
eg, A lokınd oder Aeo wand, ITegeınd; 3) chro-
nologiſche: legsıcı riig”Hoas, Kagrsorinan. Alle
übrigen Schriften find unecht. Als unzuverläffig
bezeichnet ihn Strabon —8 451). — Fragmente
gelummel von Stu . Mufl. 1826) und bon
üller, fragın. hist. € F Ip. 45 ff. IV p. 629 ff.
Bal. ler, Berm. Aufſ. S. 23—68.
Hellanodikae j. Olympia, 5.
Hellas, "Eilds, eine Stadt in Phthiotis (Thej-
falien), nach der Sage von ag gegründet, zum
Gebiet des Achilleus hörig; auch das Gebiet
* Stadt ——— — und Aſopos hatte
eſen Namen. 683. 9, 395. Od.
11, 496. Hellas, =; —— (ber ‚Beloponnes), zu:
fammen na 'Elldda val uecor Aoyos (Od.
1, 344. 15, 80), bezeichnete — als Grenz⸗
punkte die Strede der von den ftammverwandten
Achaiern bewohnten Länder vom Norden bis zum
Helle — Helotes.
Peloponnes. Die jpätere Ausdehnung des Namens
j. Graecia, 8.
Helle j. Athamas,
Helleböros (Elleborus), £24XBogog, Nieswurz,
wovon die Alten jchon 2 Gattungen erwähnen,
niger zum Abführen und albus zum Erbrechen.
Der —— wuchs auf dem Dite, der zweite (nach
Strab. 9, 418) am en bei der phokiſchen Stadt
Antikyra, wodurch dieje Stadt eine Art Kurort
wurde, da er dort audy am beften bereitet wurde.
Wahrſcheinlich durch einen Zuſatz bereitete man
ein Wahnfinn heilendes Mittel daraus, das viel-
fah von Antikyra jelbjt herbeigeholt wurde, um
es unverfälicht zu erhalten; daher tribus Anti-
cyris caput insanabile, Hor. a. p. 300; vgl. ep.
2, 2, 137 und sat. 2, 3, 82,
Hellen j. Deukalion.
"Eiinvoraniar waren die atheniichen Beam—
ten, welche die Beiträge (Pögoı) der Bundesge:
noflen (zuerſt 460 Talente betragend, ftieg der
Tribut im peloponnefiichen Kriege bis gegen 1300
Talente) einzutreiben und die gemeinjame Bundes:
tale, die im Jahre 460 v. E. auf Antrag der
Samier von Delos nady Athen verlegt wurde, zu
verwalten hatten (vgl. Zvunaxie).
Hellespontos, 'Eilnszorrog, hieß die Meer:
enge, welche die thratiiche Cherſoneſos von Aſien
Troas, Kleinphrogien) trennt. Sie hatte ihren
Namen angeblich von Helle, der Tochter des Atha—
mas und der Nephele, welche auf der Flucht nad)
Kolchis Hier von dem goldvließigen Widder fiel
uud ertrant (mopduös Adauarridos”’Ellug, Aesch.
Pers. 69). Jetzt heißt dieſe Berbindungsitraße
des Aigaiiſchen Meeres mit der Propontis Dar-
danellenftraße, Straße von Gallipoli. Die engjte
Stelle ift zwiichen Sejtos und Abydos, wo Leander
durchgeichtwonmen fein joll, 7 Stadien oder 1350 m
breit ; im Jahre 1810 that Lord Byron ein Gleiches.
Auch hieß jo die Gegend am Hellespont, bejonders
in Afien (TAuc. 2,9. Xen. Hell. 1, 7,2), und ö
"Elinsmorriag ein vom Hellespont wehender Wind.
Hat. 7, 188.
"EA2oi |. Zeus, 4.
Hellopia j. Ellopia, 4.
Helörus, oder -um, "EAwgog, -or, j. Trümmer
Eolifieo S. Filippo, alte befeftigte Stadt auf der
Oſtküſte Siciliens, unweit der Mündung des gleid):
namigen Fluſſes (j. Tellaro) zwijchen Syrakus und
dem Borgebirge Pachynon. Die liebliche Gegend
wurde wohl aud) „das helorijche Tempe’ genannt.
Cic. Verr. 5, 34, 90, Liv. 24, 35. Hdt. 7, 154.
Pind. nem. 9, 40.
Helos, rö "Elog, 1) Flecken in Lalonien am
Meere (öftlih vom Eurotas) in einer jumpfigen
Niederung, die noch jetzt Helos heift. Bei Homer
(11.2, 584) ift es eine Seeftadt, fpalor mroiledgor.
Die Berjumpfung der Küfte hat den Verfall der
Stadt veranlaft. Strabon (8, 363) kennt fie als
Dorf. Über die Ableitung der Heloten von diejer
Stadt j. Helotes. Zu Baujanias’ Zeit lag die
Stadt jhon in Trümmern. Paus. 3, 20, 6. 22, 3,
— 2) Fleden in Elis am NAlpheios, zu Strabons
Beit unbelannt. Strab. 7, 350.
Helötes, "Eiores, Eflwres, Elläruı. Bei der
Unterwerfung der urjprünglichen Bevölferung des
Beloponnejes durch die jiegreichen doriichen Ein:
wanderer behielt ein Teil der Untertworfenen feine
perjönliche Freiheit, wie auc das Eigentumsrecht
515
an Grund und Boden (wenn auch ein Teil des:
jelben wohl an die Sieger überging), wofür fie
aber Tribut zu entrichten hatten, ohme jedoch des
Bürgerrechtes in dem von den —— gegründe⸗
ten Staate teilhaftig zu werden. Sie heißen mit
gemeinſchaftlichem Namen egiornoı, die Umwoh—
nenden, im Gegenſatze der Hauptjtadt der fiegreichen
Einwanderer; in Sparta behalten fie den Namen
des Landes Aunedaruorıoı, während die dorijchen
Sieger den Namen Zraprıäraı annehmen. Wohl
zu unterjcheiden von ihnen find diejenigen Unter:
worjenen, welche mit der politijchen Freiheit zu:
gleich Grundbeſitz und perjönliche Freiheit verloren
und vor den wirklichen gelauften Stlaven (doö4oı)
nur das voraus hatten, daß fie don dem Herrn
nicht getötet oder außer Landes verkauft werden
durften. Zur Bezeichnung dieſes Verhältniſſes,
welches nicht allein in doriſchen Staaten vorkommt,
finden wir verſchiedene Namen. In Kreta hießen
die Leibeigenen Klaroten oder Aphamioten („A«-
göraı, kyamıora, im Stadtrecht von Gortys
olxfss), in Silyon xogvenpögo:, in Argos yv-
uvñtes oder yrarjaoı; in Thefjalien ftehen die
Beneften in einem ähnlichen Berhältnifie. In
Sparta heißen ſie Seiloten oder Heloten, ein
Name, der ſchon im Altertum von der Etadt
Helos hergeleitet wurde, deren Einwohner infolge
eines Aufftandes unterjocht worden feien; andere
leiten ihn von den ſumpfigen Niederungen, Ein,
her, am wahrjcheinlichiten ıft aber wohl die von
Lennep aufgeftellte und von DO. Müller vertretene
Ableitung von m —= algew, aljo Eilwreg — vi
!E alyualorwov dovlor, wonach das Wort Kriegs
efangene bezeichnet. Die Heloten waren Staats:
Franen, ben einzelnen Familien nur zur Nutzung
überlaffen; fie wohnten auf den Gütern und be:
bauten diejelben. Bon dem Ertrage lieferten fie
einen gejeßlich beftimmten Teil ab, 82 Medimnen
Gerſte und ein Bejtimmtes an Ol und Wein; was
übrig blieb, gehörte ihnen. Sie mußten ferner
die Herren bedienen und auch Kriegsdienfte thun,
in der Regel als Leichtbewaffnete im Verhältnis
von 7 zu 1 zu den Epartiaten (Hdt. 9, 10. 28),
jelten als Hopliten (Thuc. 4, 80. 5, 34. 7, 19),
endlich ald Matrofen auf der flotte (Xen. Hell.
7,1, 12). Ihre Lage war wohl durd die ftrenge
Scheidung von den Epertinten gedrüdt, doch haben
ſpätere Schriftjteller auch etwas ſtark aufgetragen.
Sie ftanden zwiſchen den Freien und den gewöhn—
lihen Sklaven, konnten zu einiger Wohlhabenheit
va (Plut. Oleom. 23), ja unter Umijtänden,
ejonders für die Tapferkeit im Kriege, die Frei—
heit erhalten. Thuc. 7, 58. 4, 80.5, 34. Die wegen
geleifteter Dienfte freigelafienen hießen veodaum-
deıs (j. d.); die Erlangung des Bürgerrehts ge:
hörte zu den Seltenheiten, wie nach den Berluften
im zweiten meſſeniſchen Kriege bei den jog. Epeu:
nalten (Ersvvarroı). Die Modexes oder Mo-
doveg waren Helotenfinder, meijt wohl von ſpar—
tanijchen Bätern mit Helotinnen erzeugt, welche
mit den jungen Spartiaten erzogen wurden und
von Jugend auf die Freiheit und durch eine Art
von Adoption auch öfter das Bürgerrecht hatten;
ſolche Mothalen waren jelbjt Gylippos, Kallitra:
tidas, Lyſander. Das gejpannte Verhältnis bei
der numerischen Stärte der Heloten (vor der Schlacht
bei Leuktra etwa 224 000; nad D. Müller 56 000
Waffenfähige bei einer Gejamtbevölferung von
33*
516
400 000) forderte ftetS zur Hut und Vorficht auf,
wodurch die Vertilgung von 2000 Heloten (Thuc.
4, 80) ihre Erflärung findet, jowie das verrufene
(Plut. Lye. 28) Inftitut der Kovnreia (j. D.),
welches jich nach Platon (legg. 1, p. 633. 6, p. 763)
indes weniger blutig herausftellt. Die jungen
Spartiaten mußten vor ihrem Eintritt in den res
qulären Kriegsdienft zur Ubung bei jpärlicher Koft
bewaffnet das Yand bis in feine verftedteiten
Schlupfwinkel durchtreifen, wobei fie dann auf das
Thun der ftets verdächtigen Heloten ein wachjames
Auge hatten und jede Gejegwidrigfeit auf der Stelle
ftraften. Übrigens war die Tötung derjelben durch
den Herrn nicht erlaubt, Verlauf außerhalb Landes
unbedingt verboten; auch die Freilaſſung konnte
nur mit Genehmigung des Staates ftattfinden.
Helvetii, 'Elovrjrior, ein keltiſcher Stamm,
hatten urfprünglich das Land am Main und Nedar
und bis zu den Alpen inne, wurden aber im
1. Jahrhundert v. E. jüdlicher gedrängt. In die
Geſchichte treten fie zuerft zur Zeit des cimbrijchen
Krieges, wo die Abteilung der Tiguriner unter
Divico am Genferjee den Konſul 2. Caſſius jchlug,
jpäter aber nach der Niederlage der Cimbern
ungefährdet in die Heimat zurüdfehrte. Caes.
b. g. 1,7. 12. Nach Strabon (4, 192) und Cäſar
(b. g. 1, 2) wohnten fie zwijchen dem Juragebirge,
Senferjee, Rhodanus, Rhenus bis zum ——
und ſüdlich zum Teil bis zum St. Gotthard. Sie
hatten 400 vici und waren in 4 Gaue (pagi) ge—
teilt (Caes. b. 9. 1, 5. 12), von denen der berühm:
tejte der pagus Tigurinus; außerdem wird nur
der pagus Verbigenus genannt. Im Jahre 58
v. E. veranlafte der Häuptling Orgetorir (er jelbit
fam vorher um) einen Zug der Helvetier in das
füdliche Gallien, den uns Cäſar (b. g. 1, 6 ff.) be-
ichreibt, und der in Rom durd) jeine RS len
große Bejorgnifie erregte (Cie. ad Att. 1, 19); es
waren im ganzen 3685000 Menſchen mit 92.000
Kämpfern. 6000 Mann des verbigenijchen Pagus
famen um, 110000 Menjchen fehrten auf Cäjars
Befehl in ihre alte Heimat zurüd (b. d. 1,2. 30;
andere Zahlen giebt Strab. 4,193). Bon nun an
juchte man den ager Helvetiorum zu einem Grenz:
wall gegen den Andrang der Germanen zu machen,
weshalb Cäſar im Jahre 45 v. E. eine colonia
equestris zu Noviodunum (j. Nyon) am Genfer:
jee (Cie, Balb, 14) und jpäter Auguſt Augusta
Kauricorum (j. Augſt) anlegte; zugleich erhoben
fih Mventicum (j. Avenche oder Wiflisburg)
(Taec. hist. 1, 68) und Vindoniſſa am Arurius
(j. Windifch an der Aare) unweit der Mündung
in den Rhein. Die Landichaft erhielt fich manche
Rechte und wurde erjt allmählich in eine Provinz
verwandelt, deren Wohljtand erjt durch die jchred:
lihe Strafe erjchüttert wurde, als die Helvetier
den am Rhein ausgerufenen Kaifer Bitellius nicht
anerkennen wollten. Zac, hist. 1, 67ff. Seit
Beipafian verliert fich der Name der Helvetier
allmählich; die im 3. Jahrhundert nach Süden
dringenden Alemannen hielten ſelbſt längere Zeit
einen Teil des Landes beießt.
HelvidYi. Die Familie diejes Namens ftanımte
wahriceinlicdh aus Samnium. Als der erſte der:
ſelben wird 1) P. Helvid. Rufus genannt,
ein römiſcher Ritter, Freund des Cluentius. Cie.
Oluent. 70. — 2) Helvid. Prifeus, ftillte im
Jahre 51 n. E. die in Kappadotien und Armenien
Helvetii — Helvii.
| ausgebrochenen Unruhen, hauptſächlich durdy Milde
und Klugheit. Zac. ann. 12, 49. — 3) Helvid.
Priſcus, Sohn eines Primipilaren, aus Cluvia
‚im Gebiete der Caracent, ein Mann von republi-
fanischer Gejinnung, lebte zur Zeit des Nero und
Veipajian und hatte fich, nachdem ein Helvidius
Prijeus ihn adoptiert hatte, frühzeitig mit wiſſen—
ichaftlichen Studien, namentlich mit der ſtoiſchen
Philoſophie, beichäftigt. Zac. hist. 4, 5. Unter
Nero wurde er zuerjt Onäftor, dann Prätor, darnach
Xolfstribun, 56 n. E. Teac. ann. 13, 28. Allein
da er, gleich feinem Schwiegervater Thrajea Pätus,
aus jeiner Anhänglichteit an die Republik und
a legten Verteidiger fein Hehl machte, wies ihn
Nero im Jahre 66 aus’‘talien, worauf er bis zu
dejlen Sturze in Apollonia lebte. Tac. ann. 16, 28 ff.
Plin. ep. 7, 19. Nach jeiner Zurüdberufung durch
Salba im Jahre 68 beteiligte er fih an den
inneren Kämpfen unter diefem und den folgenden
Kaifern, trat mutig im Senat gegen den Wüftlin
Vitellius auf (Tac. hist. 2, 91) und zeigte au
unter Beipafian im Jahre 70 feine unbengjame
republifanifche Gefinnung. Da er dem Kaiſer
jowohl in als außer dem Senate entgegentrat,
verbannte derjelbe ihn, und als er auch danı nicht
aufhörte gegen ihn zu wirfen, wurde er, vielleicht
gegen des Kaiſers Willen, hingerichtet. Suet. Vesp.15.
Dio Cass. 66, 12. Anf Bitten jeiner Gemahlin
Fannia fchrieb Herennius Senecio fein Leben. Tac.
Agr.2. Plin. ep. 7,19, 5. — 4) Selvidius,
Sohn des eben genannten, wurde im Jahre 87
consul suffectus, lebte dann in ländlicher Zurüd-
gezogenheit, erregte aber doch durch ein Spottge-
dicht den Zorn Domitians und ftarb im Kerler, 93.
Suet. Dom. 10. Plin. ep. 9,13. Durch einen Sohn
desjelben (Plin. ep. 4, 21, 4) wurde die Familie
forterhalten und it noch am Ausgange des 2. Jahr:
hunderts nachweisbar.
Helvii, I) galliiche Völlerſchaft am rechten Ufer
des Nhodanus, etwa der Jlaramündung gegemüber,
mit trefflihem Weinbau. Ihre Hauptitadt hie
Alba Auguita (j. Alps). Cues. b. g.7,8. b.c. 1,35.
— II) Name eines plebejifchen Gejchlechtes: 1) M.
Helv., fiel als Kriegstribun 209 v. E. unter Mar—
cellus im Kampfe gegen Hannibal. Zir. 27, 1?.
— 2) En. Helv., fand als Kriegstribun im Jahre
208 v. E. im Kampfe mit dem Punier a
jeinen Tod. Liv. 30, 18. — 3) C. Helv., 198 0.6.
Prätor mit Cato, verwaltete Gallien. Lir. 32, 8.
— 4) M. Helv. Blajio, Adil 198 dv. E., dann
Prätor im jenfeitigen (ulterior) Spanien, bejtand
heftige Kämpfe gegen die Spanier. Auf der Rüd-
fehr aus feiner Provinz befiegte er die Eeltiberer
bei Jlliturgis, 195. Liv. 32, 27.34, 10. 5) Helv.
Mancia, auffällig durch feine Häßlichkeit, wes—
halb E. Julius Cäjar Strabo ihn öffentlich lächer-
lich machte. Cie. de or. 2, 66, 266. 68, 274. Quint.
6, 3,38. — 6) E. Helv. Cinna, im Jahre 44
v. C. Tribun, Anhänger Cäſars, fam bei dem
Leichenbegängniffe desjelben infolge einer Verwech—
jelung mit Cornelius Cinna durch das erbitterte
Volf um. Flut. Brut. 20. Mit 9. ift nach der
gewöhnlichen, freilich jehr zweifelhaften Annahme
Eine Perſon der gleichnamige Dichter, Freund des
Catull und Bergil, Verfaſſer eines Gedichtes pro-
pempticon Pollionis, bejtimmt vielleicht für eine
Reife, die Afinius Pollio im Jahre 46 v. E.
nad) Griechenland unternahm, fowie eines in ber
Hemera — Hephaistos.
" 517
Weiſe der alerandrinischen Dichter gedichteten Epos | räuber (legöcvior), Seeräuber (Ansrar), Beutel:
Smyrna, weldes den Mythus der unnatürlichen | jchneider (Bakarrıoroun:) waren.
— Ferner haben
Liebe der Myrrha zu ihrem Bater Kinyras bes ſie die Verzeichniffe fonfiizierter Güter zu führen,
handelte. 10 Jahre hat er daran gearbeitet (Un-
tull. 95, 9) und es dadurch nur unverftändlicdh ge-
macht. Auch auf andern Gebieten der Dichtkunit
hat er ſich verjucht.
in den l’oet. lat. reliq. p. 147 f Bährens, fragm.
poet. Rom. p. 323 und die Abhandlung von W.
Kießling (commentat. Momms. 351). — 7) Helv.
Blajio, Freund des D. Brutus, tötete fich ſelbſt.
— 8) M. Helv., befannt durch einen Feldzug
gegen ein pannonifches Volk im Jahre 34 v. C. —
9 Helv. Rufus, zur Zeit des Tiberius, erhielt
wegen Rettung eined Bürgers im Kriege gegen
Tacfarinas in Numidien eine Bürgerfrone. Taec.
ann. 3, 21. — 10) Helvia, aus eineralten Familie
in Corduba jtammend, Mutter des Philoſophen
Seneca, der aus der Verbannung eine Troftichrift
an fie richtete, die uns erhalten ift.
Hemöra j. Eos.
"Evdexe, oil, die Elfmänner (nichtamtlich auch
lmusinrel tov »anovgyor, und zur Beit des
Phalereers Demetrios auch vouopvilares genannt,
nicht zu verwechieln mit den früheren vouopvlansg),
waren eine wichtige Behörde in Athen, die die
Aufficht über die Gefängniſſe führte und die Voll:
ziehung der Strafen, namentlich der Todesftrafen,
zu leiten hatte, weshalb man jie aud mit den
römiſchen triumviri capitales verglichen hat. Ihre
Zahl beitand eigentlich nur aus 10 PBerjonen, die
durchs Los aus den Phylen ernannt wurden, aber
ein Schreiber, der an den Gejchäften einen jehr
wejentlichen Anteil hatte, wurde dem Kollegium
beigezählt, ohne wirklich Mitglied zu jein. Es
lag ihnen aljo ob, für die fichere Bewachung der
Gefangenen zu jorgen, diejenigen Gefangenen, Die
eingeiperrt waren, damit man für ihr Griheinen
vor Gericht Sicherheit hätte, zur rechten Zeit vor
den Gerichtshof zu fchiden, bei den Gefangenen,
die fi zur Strafe im Gefängnis befanden, dafür
zu jorgen, daß fie nicht vor und nicht nach dem
bejtimmten Zeitpunfte entlaflen würden u. dgl.
Wenn Staatsihuldner vor Tilgung der Staats:
ſchuld gejtorben waren, jo hatten fie wahrjchein-
lih für die Gefangenjegung der Söhne derjelben
zu jorgen. Ferner hatten fie auf ordnungsmäßige
Bollftredung der Todesurteile zu jchen. Ihre
Diener (bmnekraı; 6 ra» Evdsna brneerng [Plat.
Phaed. p. 116, 3] ift der Diener, der dem Sofrates
ankündigt, daß es Zeit jei den Giftbecher zu
trinfen) hießen auch rapaordra; zu denfelben
gehörten aud) die Scharfrichter (Örjuroı, Önuoaroe).
Sie hatten ferner über folche Verbrecher, auf deren
Vergehen gejeplih Gefängnis: oder Todesjtrafe
ftand, wenn fie auf der That jelbjt betroffen waren,
u richten und, wenn jie es eingeftanden, diejelben
—* zu beſtrafen, ſonſt aber eine gerichtliche
Unterſuchung einzuleiten und darin den Vorſitz zu
fühken. Dazu gehörten die drayayı), Frösıkız
und Zprijiynasg tor zaxoveywrv, d. h. joldher Mille:
thäter, die Lit und Gewalt angewendet und die
öffentliche Sicherheit gefährdet hatten, worunter
namentlich die Diebe und Hauseinbrecher (roıyw-
evyo«), Hleiderräuber (Aorodrraı), Menichenräuber
(eröganodıorai), Kaubmörder (poreis; darüber,
daß nicht jeder Mord die Klageform der arayayı)
nach ſich ziehen konnte, |. Araeyoyn), Tempel:
Zeus aus dem Himmel geworfen.
verborgen gehaltene Staatsgüter anzuzeigen und
den zwinral zum Verlaufe zu überweijen und
über daraus entipringende Rechtsftreitigfeiten den
Über ihn vgl. U. Weichert Prozeß zu inftruieren und dem Gerichte vorzuftehen.
Heniöchi, "Hr/oyoı, Seeräubervolf an der Nord—
oftfüfte des Pontos Eureinos, am Fuße der Kora—
riihen Berge. Zur Zeit des Mithridates wurden
jie von 4 Königen beherricht. J. Hainukh. Strab.
11, 495 f. Vell. Pat. 2, 40, Tac. ann. 2, 68.
Henna j. Enna.
Hephaistion, "Hpaısrior, 1) Sohn des Amyn-⸗
tas, Freund Mleranders des Br., j. Alexander, 7.
2) ein Grammatifer aus Wlerandreia um die
Mitte des 2. Jahrhunderts n. E., jchrieb ein viel:
leicht nicht ganz volljtändig erhaltenes dyzeigidıor
zegl uergwv al zoınucrog, das Hauptwerk des
Altertums über die Metrif, das troß aller Fehler
und Lüden bejonders wegen der vielen aus jeßt
verlorenen Dichtern entlchnten Beifpiele einen hohen
Wert hat. Uber die Metra ift in 16, über die
Gedichte in 15 Kapiteln gehandelt; den Anfang
machen 3 über Silbenquantität u. ſ. w., dann
folgen die einzelnen Bersarten, deren Eigenjchaf:
ten gezeigt und Beifpiele Dazu angeführt werden.
Es jind zu dem Buche doppelte Scholien, ſowie
Prolegomena von Longinos vorhanden. Ausgg.
von Gaisford (1810 und nochmals 1855) und von
Weſtphal (1866 als 1. Band der Scriptores me-
trici Graeci).
Hephaistos, "Hpaıorog, Volcanus, Sohn
des Zeus und der Hera, oder auch der Hera allein
(Hesiod. theog. 927), bezeichnete in ältefter Zeit
die gewaltige Naturfraft des Feuers, wie fie be:
jonders in vulfanischen Gegenden hervortritt, und
war ein mächtig jchöpferiiches Wejen; jeitdem er
aber in die Zahl der Olympier gejegt und dem
Zeus untergeordnet wurde, verlor er jeine um:
fafjende Macht und Bedeutung und ward ein
funftfertiger Wertmeifter, der durch die Macht des
Feuers die Metalle jchmilzt und bearbeitet (xAvro-
terug, nAuröcoyog, zahreig). So ericheint er
bei Homer; auf dem Olympos hat er jeine Werk:
ftätte mit 20 fünftlichen Blajebälgen (Hom. I1.
18, 470), er hat fih und den andern Göttern
eherne Paläfte gebaut (11. 18, 370. 1, 607); dem
Achilleus jchmiedet er die kunſtvolle Rüftung, dem
Diomedes einen Harniſch, für Pelops ein Scepter,
die Migis des Zeus (Il. 2, 101. 15, 309), die
Hunde des Alkinoos (Od. 7, 91), das Netz, in
welches er Ares und Mphrodite verftridt (Od.
8, 268ff.). II. 18, 478ff. 8, 196, vgl. 14, 238.
Od. 7,v1.24, 74. Nah Späteren hat er jeine
Eſſe im Atna, wo die Kyflopen jeine Gejellen find.
Wie das Feuer anfangs als ſchwacher Funke er:
icheint, jo ward Sephaiftos als lahmes (gwAög,
»vikorodior) und häfliches Kind geboren; deshalb
warf ihn jeine Mutter aus dem Olympos, aber
die Meergöttinnen Thetis und Eurynome fingen
ihn auf, und er weilte 9 Jahre bei ihnen und
verjertigte ihmen allerlei kunftvolle Geräte (77T.
18, 394 ff). Er fehrt in den Olympos zurüd;
da er aber einjt feiner von Zeus gemißhandelten
Mutter Hülfe leiften will, wird er abermals von
Er fällt auf
der Inſel Lemnos nieder, wo ihn ſintiſche Männer
—
518
freundlich empfangen (IT. 1, 590), und ſeitdem iſt
ihm dieſe vulfanische Inſel das liebfte Yand auf
Erden. Nach jpäteren Sagen ward er erft durd)
diefen Fall lahm. Seiner Lahmheit hat er durd)
die Kunft abzuhelfen gejucht, er hat fich 2 goldene
redende und fich jelbft bewegende Sklavinnen ge-
fertigt, auf die er fich fügt. IT. 18, 417. ie
Gemahlin des Hephaijtos ift in der Ilias Charis
(18, 382), bei Heſiod (theog. 945) Aglaia, in einer
Stelle der Odyſſee (8, 267), Die aber wahrjcheinlich
jpäteres Einfchiebjel ift, Aphrodite. Mit Athena,
der Göttin der Künfte, tritt er, befonders in Athen,
in nahe Verbindung, ohne ſich jedoch zu ihrer
Erhabenheit emporzujchtwingen; man feierte beiden
gemeinjame Feſte mit Fradellauf und ftellte ihre
Bilder in den Tempeln nebeneinander. Außer in
Athen und Lemnos wurde der Gott wenig verehrt.
Seine Feſte heißen "Hoywdsreız und Xalxsiw.
Bon der Kunſt wurde er dargeftellt als rüjtiger,
bärtiger Mann, an dem die Lahmheit nur leije
angedeutet war. — Der mit Hephaiftos identifi-
zierte Volcanus der Römer iſt feuer: und Herd—
gott und auch, wie Hephaiſtos, —— der
Gott künſtlicher Metallarbeit (Mulcıber, der
Schmelzer). Er hatte aber auch, —— wie die
Herdgöttin Veſta, eine politiſche Bedeutung. Das
Volcanal, die Kultusſtätte des V., eine über
dem Comitium erhöhte Fläche ohne Tempel, war
gleich dem Tempel der Veſta eine Art von Staats:
berd, an dem Berfammlungen der Patricier und
des Senats gehalten wurden. Die Tempel des V.
(ald Gottes der Feuersbrünſte) verlegte man lieber
außerhalb der Stadt. Seit er mit Hephaiftos iden-
tifiziert war, — man ihm Venus zur Gemahlin.
Sein Feſt Volcanalia fiel auf den 23. Auguſt
und ward durch Spiele in der flaminijchen Renn—
2 verherrlicht.
eptanömis |. Aigyptos.
Hera, "Ho«, "Hon, Juno, ältefte Tochter des
Kronos und der Rhea, daher Saturnia, auf:
gezogen im Hauje des Dfeanos und der Tethys
(Hom. TI. 14, 200), Schwefter und Gemahlin
des Zeus, mit dem fie nach ſamiſcher Vollsſage
300 Jahre im heimlicher Ehe lebte, bis er fe
öffentlich für jeine Gemahlin und für die Königin
der Götter erklärte. Doc ift fie bei Homer micht
in dem vollen Sinne, wie Zeus der Herricher des
Himmels und der Erde, die Königin des Himmels
und der Götter; fie ift mur als Gemahlin und
ältefte Schweiter des Zeus unter den Göttinnen
die erhabenfte und geehrteſte. Zeus felbit ehrt fie
hoch und teilt ihr Feine Natichläge mit; aber er
hält fie doch immer in den Schranfen ihrer unter:
geordneten Stellung. Denn oft pocht fie auf ihre
hohe Würde und auf ihre ehelihen Rechte und
verlangt mehr, ald Zeus ihr gewähren kann;
daher entjteht oft Hader und Hanf zwiichen den
Ehegatten. 11.1, 536 ff. Beſonders in der Alias
zeigt Hera dieſe Streitiucht, trogigen Starrfinn,
Strenge und Eiferjucht, Charafterzüge, die wahr:
icheinlich aus alten Herafleen in die Jlias über:
gegangen find; denn wie überhaupt die Geliebten
und die Kinder des Zeus, jo haßte und verfolgte
fie vor allen den Herafles. Als dieſer einft von
Troja zurüdjchiffte, beredete fie den Hypnos, daß
er den Zeus einichläferte, und regte jelbjt gegen
den Helden das Meer jo auf, daß er an den Rand
des Verderbens fam. Als Zeus erwachte und das |
Heptanomis — Hera.
Unheil jah, hätte er den Hypnos fiher ind Meer
ejtürzt, wenn dieſer nicht zu der ehrwürdigen
Rutter Nacht geflohen wäre; die Hera aber band
er in furchtbarem Zorn mit unlösbaren goldenen
Fefleln an den Ather und hängte 2 ſchwere Amboſe
an ihre Füße, und als die Götter ihr zu Hilfe
herbeifamen, warf er jeden, den er erfahte, über
die Schwelle des Himmels herab auf die Erde.
TI. 14, 249 ff. 15, 18 ff. Da fie mit Gewalt wenig
egen den ftarlen Himmelskönig ausrichten kann,
I wendet fie fich oft zu Muger Lift. Il. 19, 97.
14, 159 ff. An dem Kampfe um Ilios nimmt fie
leidenschaftlich Partei gegen die Troer und für die
geliebten Achaier; denn die Achaierftädte Argos,
Mylenai und Sparta find ihre —— die
Troer aber haßt ſie wegen des Urteils des Paris,
dem fie auch als Ehegöttin zürnen muß. II.4, 7 ff.
50. 24, 25. — Ihre Ehe mit Zeus — urfprüngs 2
lih die Verbindung des Himmels und der Erde
— ift der Grumdzug ihres Wejens, der aud als
fepög yduog bei den an ihren Feſten üblichen
Ceremonien am meiften in den Vordergrund tritt;
als das einzige wahre
Eheweib im Olympos
ift fie die Schüßerin
der Ehen und der Ge:
burten (reise, yaun-
ka, Luylae, eldei-
Bora), und bie Ge-
burtsgöttinnen, die |
Eileithyien, heißen &
ihre Töchter (71. 11,
270). Darum war ihr
der Granatapfel, das
Symbol der Ehe und
der Liebe, und ber
Kucdud heilig, der Ber:
fünder des Frühlings,
wo die Göttin mit
Zeus ſich vermählt
hatte. Außerdem war
ihr der Pfau und Die
Krähe geweiht. Die
Hauptorte ihrer Ber:
ehrung waren Argos
(daher Aoysia, Argiva), wo ihr Haupttempel
mit der herrlichen, von Polyklet aus Gold und
Elfenbein gefertigten Kolofjalftatue zwiſchen Argos
und Mykenai lag und alle 5 Jahre die He—
raien (Hoaie) mit Wettipielen gefeiert wur:
den, ferner Myfenai, Korinth, Sparta, wo jie
ald alyopdyog (Biegeneflerin, wegen des Ziegen
opfers jo genannt) einen Tempel hatte, Samos,
Rlataiat (). Daidala), Simon u. a. — Die
Kunft ftellt Hera dar als die hohe Gemahlin des
Zeus von edler erhabener Geftalt, in reifer blühen—
der Schönheit, mit —— ehrfurchtgebie⸗
tendem Antlitz, ſchöner Stirn, vollem Haar, großen,
ſtark geöffneten Augen (Boos). Ihre berühmteſte
Statue war die oben erwähnte von Polyklet zu
Argos; fie ſaß auf einem Throne, hatte eine Art
Krone (oripavog) auf dem Haupte mit den Bil-
dern der Ehariten und Horen, hielt in der einen
Hand den Granatapfel, in der andern ein Scepter
mit einem Kuckuck auf der Spike; über einen lan=
gen, nur Hals und Arme freilafjenden Ehiton war
ein Himation geworfen, das um die Mitte der
Geſtalt geichlungen war. Strab. 8, 372. Paus.
Heraei montes
2, 17,4. Der chelihe Schleier ift gewöhnlich nach
4 Dem Hinterhaupte zurüdgeworfen. — Die römische
Juno (gleihen Stammes mit Jovis) ward mit
Sera identifiziert und heißt infolge davon eine
Tochter des Saturnus und der Ops und Schweiter
des Jupiter. Sie war die Gemahlin des Jupiter
und Himmels: und Götterfönigin, und zwar mit
519
die Juno Sospita, deren Hauptlult zu Lanu—
bium war. Liv. 22, 1.8, 14. Eine andere Seite, 5
welde in dem Weſen der römischen Juno be:
jonders hervortritt, war ihr Verhältnis zu dem
weiblichen Gejchlecht und zur Ehe. Sie griff in
alle Berhältnifje des Weibes ein und geleitete es
durch das Leben, wie den Mann jein Genius,
weshalb auch die Genien der frauen Junones
hießen. Ihre hieher gehörigen Beinamen find:
Virginalis und Matronalis, Schützerin
der Jungfrau und der Ehefrau; ala Ehegöttin
heißt fie Jugalis, Domiduca, Unxia (vom
Salben der Thürpfoften, wenn die Braut in
das Haus des Gemahles einzog); Lucina
heißt fie als Geburtsgöttin. Die Ehefrauen
feierten ihr am 1. März (Kalendae femina-
rum) die Matronalia, indem fie befrängt
zu dem Tempel der J. Lucina auf dem Eſqui—
liniichen Hügel zogen und unter Gebeten für
das Glüd der Ehe Blumen weihten. Dies
Feſt war der Sage nah von Romulus zum
Andenlen an die Stiftung der Ehen rl
Op. fast. 3, 1795. Ein ähnliches Feſt feierten
die Frauen mit den Sklavinnen am 7. Juli der
— Herakleia.
4 Juno Caprotina (Biegenjuno) am Biegen:
er jumpfe, die ſ. 8; caprotinijhen Nonen
j (Plut, Camill. 33), j. Caprotina. Die
Sans war der römijchen Juno heilig, nicht
ber griechiihen Hera. — Abb.: a) fo:
2 -\ lofaler Kopf der Hera mit dem Diadem,
— in der Billa Ludoviſi zu Rom,
b) Statue der Hera, das Scepter
in der einen, eine Opferichale in
der andern Hand, in der Vatika—
nischen Sammlung.
eraei montes, r& "Hoai«
don, Gebirgszug auf Sicilien, der
fich in der Gegend von Engyion von den Ne:
broden abzweigt und im jüblicher und jüb-
öftlicher Richtung bis zum Borgebirge Pachy—
non ausdehnt. Diod. Sie. 4, 84.
Heraia, 1) ‘Hoad«, Stadt im SW. Ar—
fadiens, am rechten Ufer des Alpheios, unweit
der Grenze von Elis, im 4. Jahrh. v. €.
durch Vereinigung von 9 benachbarten Ort:
ichaften gebildet, bejaß mande Tempel und
Merkwürdigkeiten, deren Bejchreibung wir dem
Pauſanias (8, 26) verdanken. Vgl. Liv. 28, 8.
32, 5. 33, 34. Thuc. 5, 67. Xen. Hell,
6, 5, 11. — 2) "Head (Herafeit), j. Hera, 2,
Herakleia, "'Hoaxieıc, I. oft (etwa 40 mal)
vorfommender Städtename: 1) Stadt in Medien
(in Nhagiana), von den Mafedoniern gebaut.
— 2) 'H. IIörtov oder 7) &v Ilörro, j. Eregli,
bedeutende Stadt Bithyniens im
Lande der Mariandyner, nahe dem
Lykosfluſſe an jeiner Mündung in
den PBontos, 559 v. E. von mega:
riichen Anfiedlern angelegt, mit
trefflihem Hafen, der ihr bald zu
Handel und Macht verhalf, welche
gehe: Macht und in vollerem Sinne, als dies | unter der Herrichaft von Tyrannen kurz vor den
i
der griechiichen Hera der Fall war. Sie jteht
dem Jupiter Capitolinus herrſchend und Macht
verleihend ald Capitolina und Regina (Lir.
5, 22. 22, 1) zur Seite und bildet mit diejem und
Perjerfriegen noch wuchs, bis die Kriege des
Mithridates- ihre Blüte vernichteten, Mutterftadt
vieler Kolonien, ausgezeichnet auch durch Pflege
von Kunft und Wiflenichaft.
Hier war der Phi:
Minerva einen Dreiverein, der den römischen Staat | lofoph und Polyhiftor Herafleides geboren. Xem.
mächtig ſchützt. Politiſche Bedeutung hatte auch | An. 6,2. Strab. 12,542. — 3) Stadt in Maledo—
520
“Hoaxkeidaı — Herakleitos.
nien (in Lynfeftis), weftlich vom Erigon an der Chr. Geb., bearbeitete Hippofrates’ Schriften. —
Egnatiſchen Straße, unweit der nach Jllyrien füh: | 3) Her. Bontilos, aus Herafleia am Pontos, _
renden Engpäffe, j. Bitolia. Cues. b. c. 3, 79. — | reid) und von edler Familie, blühte um 340 v. C.
4) °H. Zwwrixn, Stadt in Thrafien in der Landichaft
Sintike, am Strymon norböftlich von Krefton. Liv.
42, 51. 45, 29. — 5) H. Tlegır®og, Stadt Thra:
Hiens an der Propontis, mit trefflichem Hafen,
alte Pilanzftadt der Samier; j. Eregli. — 6) H.
7 2» Toayive, Stadt des jüdlichen Theſſaliens in
der Landichaft Malis, ganz in der Nähe der Ther:
mopylen, im 6. Jahre des peloponnefiichen Krieges
von den Spartanern (6 Stadien von Trachis) ge:
Er war in Athen ein Zuhörer des Platon und
Speufippos; in jeiner Vaterſtadt nahm er teil an
dem Sturze des Tyrannen Klearchos, machte fich
aber jpäter verächtlich durch Betrug und Gaukelei
und joll vom Schlage gerührt worden fein, als
er durc ein faliches Orakel jeine Mitbürger ver:
anlaßte, ihn durch eine goldene Krone auszuzeich—
nen. Mehr ald 50 Werke wurden ihm zugeichrie:
ben, ethijchen, phyliichen, grammatiichen, hiftori-
gründet, 371 dv. E. von ben Theflaliern erobert | jchen und geographiichen Inhalts, welche durd)
und zerftört, befaß einen berühmten Artemistempel | Gelehrſamkeit anziehend waren, aber durch Ein-
und wurde, nachdem fie von den Maliern wieder ——— wunderbaren Märchen und kindiſchen
aufgebaut worden war und ſich 280 dem Aito- Fabeln
angel an Kritik verrieten. — Wir haben
liihen, 189—146 dem Achaiiſchen Bunde an: noch Bruchitüde && ro» "Hoanksidov zepl mokı-
geſchloſſen
und act Sie wird auch H. Phthintidis
genannt, weil der ganze Küſtenſtrich zu Phthiotis
gerechnet wurde. Liv. 36, 16. 22. 24. Just. 13, 5.
— 7) Stadt in Elis (Pijatis), nordweſtlich von
Olympia, am FFluffe Kytherios, mit einer heil—
kräftigen Quelle und einem eg der Nym:
phen. — 8) Name einer Inſel aus der zwiſchen
08, Naros und Amorgos liegenden Injelgruppe,
j. Raflia, wo fich Rejte einer kleinen befeftigten
Ortichaft erhalten haben. — 9) Pflanzftadt der
Tarentiner (432 dv. E. an der Stelle des alten
ioniſchen Siris) in Lucanien, an der Mündung
des Fluſſes Akiris in den Tarentiniſchen Golf, j.
Policoro. In diejer bedeutenden See- und Han:
delsftadbt fanden die Kongreſſe der griechiichen
Städte Unteritaliens ftatt, hier fiel im J. 280
v. C. die erfte Schladht zwijchen Pyrrhos und den
Römern vor. Plut. Pyrrh. 16. 17. 9. war der
Geburtsort de3 Malers Zeuxis. Vgl. Liv. 1, 18.
8, 24. Cie. Arch. 4 nennt fie civitas aequissimo
iure ac foedere, -— 10) 'H. N) Mıvda, Stadt auf
der Südküſte Siciliens, an der Mündung des
ae Halykos-Fluſſes, uripr. eine phoinikiſche
iederlafjung Namens Rus-Mellarth (d. h. Bor:
gebirge des Melfarth, des ſ. g. tyriſchen Herafles),
aber um 500 v. E. von Spartanern bejeßt und
Herafleia genannt. Hat. 5, 46. Ums Jahr 460
zerftörten die Karthager die Stadt (Diod. Sie.
4, 23), ftellten fie jedoch jelbft wieder her, da fie
ihnen der Lage wegen wichtig war; wie fie ihnen
denn auch im zweiten puniſchen Kriege als Stütz—
punkt ihrer Operationen diente. Liv. 24, 35.25, 40.
Seit 133 war fie römische Kolonie. Cie. Verr.
2, 50. 3, 43. Sept find nur noch Ruinen bei
Capo Bianco vorhanden. Strab. 6, 264. — Andere
minder wichtige Städte dieſes Namens gab es in
Indien, Libyen, Lydien, Karten u. |. w. — II. Feite
des Herafles, ſ. Herakles, 13.
"Hoazxkeidaı |. Herakles, 15.
Herakleides, "Howrksiöng, 1) Anführer der
Reiterei unter Dionyfios d. j., ſpäter landesflüchtig,
beteiligte fich an den Unternehmungen des Dion,
wurde aber nachher als Urheber von Unruhen er:
mordet (j. Dion), — 2) Name mehrerer berühm:
ter Ärzte: a) Vater des Hippofrates; — b) aus
Tarent, im 3. Jahrh. v. E, ein Mann von
großer Gelehriamteit, deſſen Gewiſſenhaftigkeit ge:
rühmt wird, nichts zu jchreiben, was er nicht jelbit
geprüft hatte. Er jchrieb meoi onevaoiag xal
doxıuasiag papudxor. — c) aus Erythrai um
atte, ſpäter von den Römern erobert | rsıör; da aber ein Werk diejes Namens nie er:
wähnt wird, fo ift es wahrjcheinlich, daß es eine
unechte Fragmentenfanmlung aus den Schriften
des Herafleides ift. Ausgabe von Schneidewin
(1847). Sammlung der Fragmente von Müller,
fragm. hist. Graec. II p. 197 ff. — Berjchieden
von diejem iſt 4) der Berfafler der adinyogdaı
Ouneral, Deutungen der homeriichen Mythen
im Sinne ber ſtoiſchen Schule zur Rechtfertigung
des Dichters gegen den — der Gottloſigkeit,
und einer Schrift wel dnisrwr, Erklärung alter
wunderbarer Fabeln auf natürliche Weile, der frei:
lich auch den Beinamen Pontikos führt, aber auch
Heralleitos heißt. Er gehört wahricheinlich in den
Anfang der Kaiferzeit. — 5) aus Milet, jpäter
nach Alerandreia übergefiedelt, um 100 v. E., be:
deutender Grammatiker, deilen Werke mepl xudo-
kung moogodleg und wegl Övgniltor Önuirov
von jpäteren Grammatitern vielfach benußt worden
find. Sammlung der Bruchjtüde von 2%. Cohn
(1884); Abhandlung von Frye (1883).
Herakleion, "Hodxleıor, war Name für jeden
ı Tempel des Herafles, dann aber auch Bezeihnung
mancher Städte und Vorgebirge: 1) Stadt in
Gampanien (j. Herculaneum). — 2) Stadt im
füdlichen Mafedonien am Thermaischen Meerbujen,
Liv. 44, 8. — 3) Stadt bei Gindaros in der ſyri—
schen Landichaft Kyrrheſtike, wo Ventidius den
Parther Pacorus ſchlug (9. Juni 38 v. Ei. Strab,
16, 751. — 4) Stadt in Agypten bei Kanopos,
an der herafleifchen (kanopiſchen) Nilmündung.
Hdt. 2, 113. Strab. 17, 788. Taec. ann. 2, 60. —
5) ſüdlichſtes Vorgebirge Italiens im Lande der
Bruttier, j. C. Spartivento.
Herakleitos, ‘Hodxisırog, Heraclitus, aus
Ephejos, blühte um 500 v. E., war aljo teilweise
nod) ein Zeitgenofje des Barmenides. Er zog ſich
von den Öffentlichen Angelegenheiten zurüd, wid:
mete fih ganz der Hiffenfchaft und Iebte in
der Einjamkeit nur der Philofophie. Von jeinem
Leben wiſſen wir äußerſt wenig; er ſoll feinen
Mitbürgern auf ihre Aufforderung die Teilnahme
an der Staatsverwaltung abgeichlagen und die
Einladung des Dareios Hyſtaſpis, nah Perjien
zu fommen und ihn der griechiichen Weisheit teil:
haftig zu machen, verneinend beantwortet haben.
9. Ichrieb angeblich nur Ein Werk, das nad
einigen die Inſchrift Modo«xı, nach andern zeol
pisiog trug; er hat es im Tempel der Artemis
zu Ephejos niedergelegt, und es jcheint ſpäter noch
vorhanden geweſen zu ſein. — 9. war jhon im
Herakleopolis
Altertume wegen jeiner Dunkelheit befamnt und |
bie deshalb sxoreıvög, was Cicero (n.d. 1,26,71.
fin. 2, 5, 15) ficher mit Unrecht als abjichtliche
Dunkelheit verjteht; fie beruhte wohl mehr auf
vernachläffigter Wortfügung und Mangel an Aus:
bildung der Sprache. Aber die größte Dunkelheit
jeiner Mhitofophie lag in der Tiefe feiner ſpeku—
lativen Gedanken; darum hat er eifrige Pileger
feines Syftems aiı Platon wie an Hippokrates
gefunden. Einige Hauptgrundzüge feiner Lehre
waren: ndrra giraı xal u) elvaı und oböir
uällor zo Öv tod ui) Övrog eivaı. Er geht aljo
über die Lehre der Eleaten von dem abjtraften
Sein noch hinaus; das Abjolute ift ihm die Ein-
heit des Seins und Nichtjeins, das Weſen befteht
ihm in der Veränderung, die Wahrheit und das
Prinzip alles Seins ift das Werden. Daher
auch die Bezeichnungen, daß alles fliehe (narr«
der), nichts beftehe noch je dasjelbe bleibe; daher
er die Dinge mit dem Strome eines Fluſſes ver:
feicht, mit dem Zuſatze, daß man nicht zweimal
in benjelben Strom hineinfteigen könne, Nur
Eins ift, jagt er bei Ariftoteles, was bleibt; aus
diejem wird alle® andere umgeftaltet. Er be:
Ichränfte ſich aber nicht auf das logiſche Gebiet,
fondern hat jeiner dee einen realen Ausdruck
gegeben. Um diejer naturphilofophiichen Richtung
willen ift 9. bisweilen zur ioniſchen Schule ge:
rechnet worden, bon der er ſich aber weſentlich
unterjcheidet. Er jagte unter anderem: Die Zeit
fei das erjte körperliche (richtiger: jinnliche) Wejen;
fie gilt ihm als die erite Form des Werdens, in
dem Anfchaubaren ift die Zeit das Erfte. Indem
er aber den Prozeh der Zeit näher auf phyſika—
liſche Weije beftimmen wollte, fand er das euer,
als das erſte Weſen; es ift die phyſikaliſche Zeit,
die abjolute Unruhe, das abjolute Auflöjen des
Beftehens, das immerwährende Vergehen und
Nichtbleiben. Und die Ericheinung diejes Elements
weiter verfolgend, fand er die ihm eigentümliche
Berwandfung des Beftimmten als Berdunftung
und Ausdampfung (dvadvulacıs); er beichrieb
deshalb auch an diefem realen Prozeſſe 2 ver-
jchiedene Seiten; das Feuer wird verdichtet zu
Feuchtigkeit, und zum Stehen fommend wird es
Wafler, das erhärtete Waſſer wird zur Erde; und
dies ijt der Weg nach unten (ödög adrw). Die
Erde wird dann wieder flüffig, und aus ihr wird
Feuchtigkeit, und aus diefer die Ausdünftung des
Meeres, aus der dann alles entiteht; dies ik der
Weg nach oben (ödös Ava). Gr nanıte die
“ Augen und Ohren jchlechte Zeugen (doch hielt er
die Augen für zuverläffiger als die Ohren), den
Logos die Richterin der Wahrheit, das Bewußt—
fein des Allgemeinen galt ihm allein als Bewußt—
fein der Wahrheit, den Irrtum ſah er in der
Vereinzelung des Denkens, das Böje in der Aus—
Scheidung vom Allgemeinen. Die Seele war ihm
unfterblich (öre Nueis dmodvrjonouer, tus puyüs |
araßıoör xal fir), und die trodenjte (feurigite) |
die beſte. Er jagte zwar, das Univerſum habe
fein Gott und fein Menjch gemacht, jondern wäre
und jei und bleibe ein immer lebendiges Feuer,
das ſich nad jeinem Maße entzünde und erlöjche;
aber die Lehre von dem allgemeinen Weltbrande
ift wohl eine Borftellung der Phantafie. Samm—
lung der Bruchitüde von Bywater (1877). Mono:
graphie von Schleiermacher in Wolfs Muſeum der
— Herakles. 521
Altertumswiſſenſch. Bd. 1. Schufter, Herallit von
Ephejos (1873). — 9 unter jeinem Namen er:
Itene Briefe rühren von einem helleniftiichen
uden aus der Zeit des Auguftns her. Abhand-
ung von J. Bernays (1869).
erakleopölis, "Hoanldovg mölıs. 1) "He.
asyahn, im A. T. Chanis, Nomoshanptitadt in
Mittelägppten jüdöftlih von Arfinod und dem
Mörisjee, auf einer von dem Hauptſtrom des
Nils und dem Jojephsfanal gebildeten Inſel, Sitz
bes Ichneumonkultus; j. Ahnas. Strab. 17, 789,
809. 812, — 2) "Ho. uxod oder Sethroi, Stadt
in Unteräggpten zwijchen Tanis und
von dem See Menzaleh bevdedt.
Heräkles, 'Hoaxkös, Hercules, das höchite
Ideal griechiicher Heldentraft, der Nationalheros
der Griechen, welcher, von Zeus, dem höchften Gotte,
und einem jterblichen Weibe entiproffen, mit ge:
waltiger Kraft begabt, die jchweriten Arbeiten auf
Erden vollführte und die Welt von Ungehenern
und allerlei Übeln reinigte, dann aber, nachdem
er gerungen und gelämpft, gedient und geduldet,
gefehlt und gebüßt, geläutert zum Olympos hinauf:
ging und die Unjterblichfeit gewann. Seine Thaten
wurden bereit vor Homer in Herakleen bejungen,
jo daß wir in Homer, der für uns die ältejte
Duelle ift, jchon die Hanptzüge der Heraflesjage
entwidelt finden. Bei ihm, wie bei Hefiod, tritt
H. ganz als griechiicher Held mit griechifcher Hel-
denbewafinung auf und gelangt in jeinen Thaten
nicht gar weit über die Grenzen Griechenlands
hinaus; jpäter aber gab ihm Peiſandros (650 v. E.)
in feiner Heraflee jtatt der gewöhnlichen Waffen
die Keule und als Kleidung die Löwenhaut. Man
erweiterte jeinen Sagenfreis, vermijchte ihn mit
ähnlichen Helden anderer Völker und trug deren
Thaten auf ihn über, nahm bejonders phoinikijche
und ägyptische Elemente auf und brachte nad
diefen orientalischen Anichanungen die Thaten und
üge des 9. in Beziehung zu dem Laufe der
onne. So wurden denn fait alle Länder der
befaunten Welt der Schaupla jeiner Thaten, und
es jammelte fi um feinen Namen eine jolche
Mafje von Sagen, wie um feinen andern Helden
der Hellenen. Wir teilen das Ganze nach den
Danptlebensabjchnitten. a) Abfunft und Ge—
burt des Herakles. 9. ftammte aus dem Ge-
ichlechte des argiviihen Perjeus; ſein menjchlicher
Bater Amphitryon war Sohn des Alkaios,
Entel des Berjeus umd — in Tiryns, wäh—
rend Elektryon, der Bruder des Alkaios, König
in Mykenai war. Als die Söhne des Pterelaos
mit den Taphiern in das Gebiet des Elektryon
eingefallen waren und ihm im Kampfe alle ſeine
Söhne bis auf Likymnios getötet und die Herden
ortgetrieben hatten, übergab Elektryon, in der
bſicht einen Rachezug gegen die Taphier zu unter—
nehmen, dem Amphitryon das Reich und ſeine
Tochter Altmene (d. h. die Stärke) zur Gemah—
lin, Amphitryon aber holte die geraubten Herden
in Elis, wohtn die Tapbier fie getrieben hatten.
Bei feiner Rückkehr erichlug er den Elektryon un:
verjehens oder abjichtlih und wurde nun von
Sthenelos, dem Bruder de3 Elektryon, ver:
trieben. Er floh mit feinem Weibe und Lily:
mnios nach Theben zu jeinem mütterlichen Oheim
Kreon, der ihn entjühnte und ihm mit mehreren
andern Helden die Inſel Taphos erobern half.
elufion, j.
2S
4
522
In Theben ward 9., während Amphitryon auf
dem Taphierzug abwejend war, von Zeus erzeugt.
Hom. Il. 14, 323. Od. 11, 266 (daher Onßayerıis,
nach jeinem Stiefvater Aupırpvorıdöng genannt).
An dem Tage, wo Altmene gebären jollte, rühmte
ſich Zeus in der Verſammlung der Götter, daß
heute ein Mann geboren werde, der über alle Um—
wohnenden herrichen würde, über die Männer des
Geichlechts, das von ihm ſtamme (bie Perjeiden).
Hera aber, durd das zuverfichtliche Wort gereizt,
ließ fich dasjelbe durd) einen Eid befräftigen und |
veranftaltete nun als Beburtsgöttin, daß an dieſem
Tage nicht Herafles, jondern von dem Weibe des
Sthenelos Eurpftheus geboren ward. Tl.19,95 ff.
So lam 9. in die Dienftbarteit des Eurpftheus,
eines viel jchwächeren Mannes. Dem 5. wurbe |
noch ein Zwillingäbruder, Iphilles, der Sohn
des Amphitryon, beigegeben. Hesiod. scut. Here.
Pind, nem. 10, 19. isthm. 7,5. Eur. Here. fur.
Heraclid. 37. 210. Alcest. 508. 512. 842. 9. war
urjprünglich der Heros der in Thefjalien wohnen:
den doriſchen Herafliden, welche ihn, als fie fich
des Peloponnes bemächtigt hatten, um ihren Beſitz
des Yandes zu legalifieren, zu einem Perjeiden in
Argolis machten, der der rechtmäßigen Anjprüche
auf dieſes Yand beraubt worden wäre Nach
Theben fam 9. teils durch doriſche Herakliden,
teild durch den von Delphoi aus ſich dorthin ver-
breitenden Apollonkultus. — b) Kindheit und
Jugend des 9. bis zu feiner Dienftzeit.
Als H. und Iphikles geboren waren, jandte Hera,
welche den Helden fein ganzes Leben hindurch
hafte und verfolgte, 2 ungeheure Schlangen zu
dem Yager der Kinder, um fie zu verderben; aber
H. ergriff fie und wiürgte fie zu Tode. So er:
zählt zuerft PBindar (nem. 1, 49 fj.), wie denn über-
haupt die Sagen diejes Zeitraums alle jpäteren
Uriprungs find. Homer jagt nur im allgemeinen,
dab H., von Zeus und Athene beſchützt, von Hera
verfolgt, in Kraft aufwuchs und im Wefühle jeiner
Kraft jelbit Götter zu verwunden wagte. Sein
Bater Ampbitryon unterrichtete ihm ſelbſt im
Wagenlenfen, im Waffentampf aber Naftor, im
Ningen Autolykos, im Bogenschießen Eurytos, in
der Muſik Eumolpos oder Linos, den er mit der
Leier erichlug, in den Wifjenfchaften Cheiron oder
Linos. Als er den Linos getötet hatte, ſchickte
ihn fein Vater aus Furcht vor feiner unbändigen
Kraft zu den Herden auf den Kithairon, wo er
den gewaltigen Fithaironiihen Löwen erſchlug.
Mit der Haut desjelben, oder nach andern mit der
des nemeljchen Löwen, umkleidete er ſich fo, daß
der Rachen ihm als Helm diente. Der Sophiit
Prodifos verlegte in dieſe Zeit jeines Aufenthalts
auf dem Kithairon die von ihm gemachte Fabel
von 9. am Scheidewege: Der Jüngling jah
einfam da, überlegend, welchen Lebensweg er ein:
ichlagen follte; da traten zu ihm heran 2 rauen,
von hoher, aber jehr verichiedener Geſtalt, die
Weichlichfeit indorr)) und die Tugend (&pern).
Jene malte ihm ein Leben voll üppiger Freuden
vor, dieſe zeigte ihm den miühevollen Weg zum
Ruhm; 9. wählte den Weg der Tugend. Xen,
mem. 2,1, 11. Cie. off. 1,32. Ws 9., achtzehn
Jahre alt, nach Theben zurücklehrte, traf er auf
die Geſandten des Erginos, des Minverfönigs in
Orchomenos, die zu Theben den jährlichen Tribut
bon 100 Ochjen holen wollten. 9. jchnitt ihnen
Herakles.
Nafen und Ohren ab, jandte fie gefeflelt nad‘
Haufe und zwang in dem darauf folgenden Krieg
die Orchomenier, den empfangenen Tribut Doppelt
zurüdzugeben. Aus Danfbarfeit gab ihm König
Kreon jeine Tochter Megara (Od. 11, 269) zum
Weibe. Bald darauf rief Eurpftheus, König in
Tirgns oder Mykenai, den 9. in feine Dienjte.
Er jollte, jo hatte es Zeus beftimmt, 12 Arbeiten,
die ihm Euryſtheus auferlegen würde, ausführen
und dadurch zur Unfterblichfeit gelangen. Wis
ihm das delphiſche Drafel befahl, dem Rufe zu
folgen, verfiel er in Wahnfinn, in welchem er feine
3 Kinder von Megara und 2 Kinder des Iphikles
ermordete. In jenem Orakelſpruch ſoll er zuerft
Heralles (Hga-xAfog) genannt worden fein, als
der Held, welcher durch der Hera Berfolgungen
Ruhm erlange, während er bisher Allaios oder
Alfeides (von dAxrj, Stärke) geheißen habe. Bon
feiner Naferei geheilt, begab ſich H. nach Tiryns
in die ec) Dienftbarfeit des Euryſtheus, in
welcher er 12 gewaltige Arbeiten ausführte. Homer
erwähnt von diejen bloß das Heraufholen des
Kterberos (11,8, 362. O1. 11, 623); von der Zwölf:
zahl ber Arbeiten weiß er nichts, fo wenig als
Hefiod, der des Nampfes mit dem nemerjchen
Löwen, mit der lernaiiſchen Schlange und mit
Geryones Erwähnung thut itheog. 287. 313. 327).
Bei den Dichtern der folgenden Zeit, bei Bindar
und den Tragifern, kommen alle von Eurpitheus
geforderten Thaten vor. Der beftimmt abgeichlofiene
Kreis der 12 Arbeiten ftammt wahrjcheinlich von
dem Epifer Beifandros (ſ, Peisandros, 4.).
Diefe 12 Arbeiten find: 1) der Kampf mit dem
nemeiichen Löwen, der unverwundbar war und
von Typhon und Echidna ſtammte. H. trieb ihn
in ſeine Höhle und erwürgte ihn in ſeinen Armen.
Als er das Tier nach Mykenai brachte, flüchtete
ſich der feige Euryſtheus, erjchredt durch die unge:
heure Stärfe des Helden, in ein chernes Faß unter
die Erde und befahl dem ©., in Zukunft die Be:
weile jeiner Thaten vor den Thoren der Stadt
zu zeigen. Apollod. 2, 5,1. 2) Die lernaiijche
Schlange (Hydra) im Sumpf Lerna füdlich von
Argos, ebenfalls von Typhon und Echidna ftam:
mend, mit 9 (100, 10000) Köpfen, von denen
einer unfterblid; war, jcheuchte 9. mit glühenden
Pfeifen von ihrem Lager auf und hieb ihr die
Köpfe ab. Da aber ftatt eines abgehauenen Kopfes
immer wieder 2 hervorwuchſen, brannte er Die
Stümpfe der Hälfe mit glühenden Baumſtämmen
ab; auf den unfterblihen Kopf aber warf er einen
großen Trelsblod. Mit der giftigen Galle der
Hydra bejtridy er feine Pfeile, jo daß ihre Wun:
den unheilbar wurden. Nolaos, der Sohn des
Iphikles, Gefährte und Wagenlenter des H., war
ihm bei diejem Kampfe behälflich. Deshalb wollte
Euryſtheus diejen Kampf nicht gelten fallen. Apol-
lod. 2,5, 2. 3) Der erymanthijche Eber, der
in Arkadien verwüftend haufte, ward von H. in
tiefen Schnee getrieben nnd lebendig gefangen.
Apollod. 2, 5, 4. Als auf dem Wege zu diejer
Jagd H. am Berge Pholod von dem Kentauren
Pholhos (Höhlenmann) mit gebratenem Fleiſche
gaftlich bewirtet ward und, um zu trinken, das
gemeinschaftliche Weinfaß der Kentauren öffnete,
griffen ihm die übrigen Kentauren mit Baumftäm-
men und Felsblöcken an; aber 9. trieb fie aus:
einander und verfolgte fie bis zu dem durch die
6
1
oo
Herakles.
Lapithen dom Pelion nad) Malen vertriebenen
Eheiron, der durch einen vergifteten Pfeil bes |
9. wider deifen Willen eine unheilbare Wunde
erhielt (ſ. Kentauren). Solde von Euryftheus
nicht aufgetragene Kämpfe hießen mdgseya, Neben:
arbeiten. 4) Die ferynitiiche Hirſchkuh auf
dem Berge Keryneia, zwijchen Arladien und Achaia,
oder auf dem arfadijchen Berge Mainalos (mai:
naliihe Hindin), mit goldenem Geweih und eher:
nen Läufen, der Artemis heilig, verfolgte H., da
er fie lebendig bringen jollte, ein Jahr lang, bis
er fie im Lande der Hyperboreer oder am Ladon
in Arkadien mit einem Pfeile in den Fuß traf
und fing. Apollod. 2, 5, 3. 5) Die ftympha:
liihen Vögel am See von Stymphalos in Ar:
fadien, mit ehernen Krallen, Flügeln und Schnä:
bein und mit Federn, die fie wie Pfeile abichojien,
jagte H. mit einer chernen Klapper auf und er:
legte oder vertrieb fie. Apollod, 2, 5,6. 6) Den
Gürtel der Amazonentönigin Hippolhyte
holte 9. für Admete, des Euryſtheus Tochter. An—
fangs wollte Hippolyte den Gürtel freiwillig geben;
allein Hera erregte einen Kampf, in welchem Hip—
polyte fiel. Auf dem Rückwege erlegte Herafles
bei Troja ein Seeungeheuer, dem Hefione, die
Tochter des Königs Laomedon, ausgejegt worden
war; da ihm Laomedon die vorher veriprocdhenen
Rofje, welche Zeus für den geranbten Ganymedes
gegeben hatte, verweigerte, zog er mit der Drohung
eines baldigen Krieges ab. Apollod. 2, 5, 9; vgl.
Hom. Il, 20, 145. 5, 638. 7) Der Bichhof
des Augeias. Wugeiad oder Augeas (Abyelas,
Adykas), Sohn des Helios oder des Phorbas oder
des Eleios, König der Epeier in Elis, hatte un—
geheuren Reichtum an Herden. 9. erhielt den
Auftrag, an Einem Tage den Vichftall desfelben
von dem Mifte zu reinigen; er that es, indem
er einen Fluß, nach einigen den Wipheios und
Peneios, durch den Hof leitete und jo den Mift
fortſchwemmte. Er hatte fih von Augeias dafür
den zehnten Zeil der Herden erbeten; da aber
Augeras erfuhr, daß ihm die Arbeit von Eurh—
ftheus aufgetragen war, verweigerte er den Lohn.
Apollod. 2, 5, 5. H. zog Deswegen mit einem
Heere heran, das aber, während er jelbjt erfranft
war, von den Neffen des Augeias, den Molio:
niden Eurytos und Siteatos, in den Engpäflen
von Elis durch einen Uberfall geichlagen wurde.
Dafür erihlug H. die Molioniden bei Kleonai in
Argos, dann verwüſtete er das Land des Augeias
und tötete ihn nebſt feinen Söhnen. Darauf
ftiftete er die olympischen Spiele. Apollod. 2, 7,2.
Pind. ol. 11, 24ff. 3, 13. 8) Den fretijchen
Stier, melden Bojeidon aus dem Meere hatte
fteigen lafjen, aber rajend machte, weil Minos
ihm nicht, wie er geheißen war, opferte, brad)te
9. lebendig nah Mykenai und lieh ihn dann
wieder frei. Er lief der attiichen Sage zufolge
ins Gefild von Marathon, wo ihn Theſeus fing.
Apollod. 2, 5, 7T. 9 Die Stuten des Dio—
medes. Diomedes, König der Biftonen in Thra:
fien, warf die Fremden feinen wilden Stuten zum
Fraße vor. H. bezwang ihn und ließ ihn jelbft |
von den Roſſen freſſen; dieje aber brachte er dem
Euryſtheus, der fie wieder frei ließ. Apollod.
2,5,8 10) Die Rinder des Geryones.
Gernones, Sohn des Chryiaor und ber Kallirrhos, |
auf der im äußerjten Weften im Ofcanos gelege:
523
'nen Inſel Erptheia wohnend, aus 3 vom Bauche
an zufammengewachjenen Körpern beftehend, beſaß
große Herden, die von dem Hirten Eurption
und dem zweilöpfigen Bunde Orthros (oder
Drthos) geweidet wurden. H. zog, jie zu holen,
durch Europa und Libyen, jepte an der Grenze
beider Erdteile (an der Straße von Gibraltar) die
ſ. g. Säulen des Herafles als Zeugen jeiner
weiteiten Fahrt und gelangte an den Dfcanos.
As ihn hier der nahe Helios allzuſehr brannte,
ipannte er feinen Bogen gegen ihn, und Selios
lied ihm wegen dieſer Kühnheit jeinen goldenen
Sonnentahn oder Sonnenbecher, auf dem er über
den Okeanos fuhr. Auf Erytheia erjchlug er den
Drthros und Eurytion und trieb die Rinder fort.
Geryones, dem Menoitios, twelder hier die
Rinder des Hades weidete, den Raub gemeldet
er eilte im nad), ward aber von 9. erichlagen.
uf dem Rückweg zog 9. über die Pyrenden und
die Alpen, durch Ligurien und Stalien. Apollod.
2, 5, 10. Als er fich bier im Lande der Aboriginer
bei der Stadt de3 Euander, Palantium, wo jpäter
Rom gegründet ward, der Ruhe überlieh, ftahl
ihm der furdhtbare Rieſe Cacus einen Teil jei-
ner Herde und zog die Tiere rüdmwärts in jeine
Höhle, damit die Fußſtapfen derjelben ihren Aufent:
haltsort nicht verrieten. 9. entdedte den Räuber
durch das Brüllen der Tiere und erichlug ihn
nad) gewaltigem Kampfe. Darauf opferte er dem
Bater Inventor (Jupiter); Euander aber, der
mit den Hirten der Gegend herbeigefommen war,
erbaute einen Altar (Ara Maxima) und opferte
dein H., weil er das Land von dem räuberiichen
Unhold befreit hatte. Die Familien der Botitii
und Pinarii wurden die Vorſteher des damals ein:
gejeßten und jpäter von den Römern beibehalte:
nen Herculeskultus. Liv. 1, 7. Verg. A. 8, 185 ff.
Ov. fast. 1,543 ff. In dieje weite Fahrt werden
noch mehrere andere dorgy« eingeichoben, der
Kampf mit Antaios (j. d.), mit Eryr (j. d.), mit
Atyoneus (ſ. d.). 11) Die goldenen Äpfel
der Heſperiden, welde einjt der Hera bei ihrer
VBermählung von Gain gejchentt worden waren,
wurden im äußerften Weiten von den Heſperiden
(ſ. Atlas) und dem Drachen Ladon bewacht. H.
jollte 3 derjelben nad) Mylenai bringen. Da er
den Ort, wo fie fi) befanden, nicht wußte, jo
mußte er lange umherirren; endlich gelangt er zu
Atlas. Diejer holt 3 von den Apfeln, während
9. für m den Himmel trägt. Bei feiner Rückkehr
hatte Atlas nicht Luft, den Himmel wieder auf:
zunehmen; er wollte jelbft die Äpfel zu Euryſtheus
tragen. Aber 9. bat ihn, nur für kurze Zeit noch
die Laſt zu tragen, damit er unterbejlen ſich ein
Bolfter um das Haupt legen könne, Atlas lich
ſich überliften, und 9. ging mit den Apfeln davon,
welche ihm Euryſtheus ſchenkte und er der Athene
weihte. Dieje aber brachte jie wieder an ihren
früheren Ort zurüd. Apollod. 2, 5, 11. 12) Das
Heraufholen des Kerberos aus der Unterwelt
war die ſchwierigſte aller Arbeiten, und darum
wird fie gewöhnlich als die lebte angenommen.
9. jtieg bei Tainaron hinab und erhielt von Hades
die Erlaubnis, den Hund zur Oberwelt zu führen,
wenn er ihn ohne Waffen bezwänge. H. würgte
und fejlelte ihn und brachte ihn zur Oberwelt;
nachdem er ihn dem Eurpitheus gezeigt, führte er
ihn wieder zum Hades. Apollod. 2, 5, 12; vgl.
11
—
ts
524
Hom. Il. 8, 362. Od. 11, 623. — d) Die Zeit
nad der Dienſtbarkeit. Nach Vollendung der
12 Arbeiten ift 9. feines Dienftes ledig. Er begibt
ſich nach Theben, vermählt jeine frühere Gemahlin
Megara mit Kolaos und zieht dann nach Dichalia
(in Theflalien, nad jpäterer Sage in Mefjenien
oder auf Euboia), um von dem König Eurytos
jih feine Tochter Jole zur Ehe zu erbitten.
Eurytos verweigert die Tochter, und da ihm gerade
damals von Autolykos jeine Rinder gejtohlen
wurden, hält er den 9. für den Dieb. Um ihn
zu rechtfertigen, geht Jphitos, des Eurytos Sohn,
mit ihm aus, die Rinder zu fjuchen; zu Tiryns
aber ftürzt H. den jungen Freund in einem Anfall
von Raferei von der Mauer, daß er ftirbt. Apollod.
2,6,1.2, vgl. Hom. Od. 21, 22. 9. muß des:
wegen auf Befehl des delphiichen Orakels der
Omphale, Tochter des Jardanos, Witwe des
Tmolos, Königin in Lydien (eigentlich wohl eine
Indische Göttin), 3 Jahre dienen. Bei dem Weibe
weibijch geworden, jpann er in weichlichen Kleidern
Wolle, während die Königin Keule und Löwenhaut
führte. Doch verrichtete er auch während diejer
Zeit männliche Thaten; auch fejlelte er damals
bei Ephejos die Kerkopen, verſchmitzte neckiſche
Kobolde; durch ihre Wibe aber ergeßt, lieh er fie
wieder laufen. Apollod. 2, 6,3. Seine und der
Omphale Nachlommen regierten bis 720 v. C. in
Lydien (j. Gyges). Nach feiner Rückkehr von
Omphale jchiffte 9. mit 18 Schiffen gegen Ilion,
um ſich an Yaomedon zu rächen. Die Stadt wurde
erobert und Laomedon ſamt feinen Söhnen, mit
Ausnahme des Podarkes, niedergeichoffen. Tela:
mon, der zuerjt die Mauer erftiegen, erhielt die
Hefione als Kampfpreis; dieje faufte den Bruder
Bodartes mit ihrem Schleier los, weshalb er
PBriamos (der Yosgefaufte) genannt ward. Darauf
fuhr 9. nach Griechenland zurüd und unternahm
den Zug gegen Augeias und dann gegen Pylos.
Hier vernichtete er das Geſchlecht des Neleus mit
Ausnahme des Neftor und verwundete den Hades,
der den Pyliern beiftand. Apollod. 2, 7, 2. 3;
vgl. Hom. Il. 20, 145. 5, 638. 14, 251. 15, 18,
11, 689. 5, 395. Bald darauf erwarb 9. Deia:
neira, die Tochter des Nitolerfönigs Dineus ſ.
Acheloos), und führte fie als Gattin nad
längerem Aufenthalt in Kalydon nad) Trachis,
wo er die Gajtfreundichaft feines Freundes Keyr
genof. Unterwegs tötete er am Fluſſe Euenos
den Kentauren Nejjos, der der Deianeira Gewalt
anthun wollte (Or. met. 9, 101 ff.), und im der
Nähe von Trachis den Anfnos, Sohn des Ares.
In diefem Nampfe ftehen ihm Jolaos und Athene
bei, während dem Kyknos Ares zur Seite jteht.
Ares jelbit wird von H. verwundet. Hesiod. scut.
Herc. Bon Tradis aus unterftügt H. den Aigi—
mios (. d.). Apollod. 2, 7, 7. — e) Lepte
Schickſale und Apotheoſe. Bon Trachis aus
unternimmt 9. einen Nachezug gegen Eurhtos, er
erobert Dichalia, erichlägt den Eurytos nebit feinen
Söhnen und führt die Role mit ſich fort. Als er
fih Trachis nähert, ſchidt ihm Deianeira, um jeine
Liebe an fich zu feſſeln, ein mit einem vermeint:
lichen Yiebeszauber, den ihr einft der fterbende
Neſſos gegeben, getränktes Prachtgewand; jobald
aber das Gewand an feinem Leibe warm geworden
üft, zerfrißit das für einen Liebeszauber gehaltene
Gift den Leib des Helden, jo daß er von furcht—
Herakles.
baren Schmerzen gequält wird und, tote von Wahn:
finn erfaßt, den UÜberbringer des Kleides, Yichas,
ins Meer jchleudert (Yihasfeljen). Als Deia-
neira hört, welches Unglüd fie angerichtet hat,
tötet fie fich jelbit, H. aber läßt ſich nach Trachis
bringen, und nachdem er feinem Sohn Hyllos
befohlen hat, Jole zu heiraten, geht er auf den
Dite, errichtet einen Scheiterhaufen, fteigt hinauf
und läßt ihn von dem vorübergehenden Poias
oder von deflen Sohn Philoftetes anzünden.
Für diefen Dienft gibt er ıhm feine Pfeile. Als
die Flamme lodert, fallen Blike vom Himmel,
und der verllärte Held fteigt unter dem Rollen
de3 Donners in einer Wolfe zum Himmel. Or. met.
9,134 ff. So hat ihn der Bater Zeus zu den
Unfterblichen erhoben. Ausgeſöhnt mit Hera, die
ihn im Leben verfolgt, lebt er ald Gatte der Hebe,
der ewigen Jugend, auf dem Olympos. Hebe ge:
bar ihm den Aleriares und Aniletos. Homer
erzählt nichts über die Art, wie H. geftorben, er
jagt nur, daß auch ihn, den gewaltigen Sohn des
Zeus, das Todeslos bändigte (71. 18, 117). Auch
weiß er noch nichts von der Vergötterung des H.;
nad) den bei ihm herrichenden Vorftellungen kann
9. nur ald Schatten in der Unterwelt eriftieren.
Die Stelle (Od. 11, 601 ff.), wo fein Schattenbild
mit geipanntem Bogen und furchtbarem Wehr:
gehente in der Unterwelt einherjchreitet, während
er jelbft im Olympos lebt, wiberftreitet unferer
Behauptung; allein die ganze Stelle ift jpäteren
Uriprungs, namentlich find die V. 602 und 603
erſt von Onomafritos eingejchoben. — f) Ber:
ehrung. 9. wurde gleich nach feinem Berjchwin:
den don der Erde der Sage zufolge von feinen
Freunden auf der Brandftätte durch ein Opfer als
Heros verehrt, worin ihnen bald die Nachbarn
und allmählich das gejamte Hellenenvolf folgten.
Als einem Gott opferte ihm zuerft der Athener
Diomos, Sohn des Kolyttos, und ſpäter alle
Griechen, jo daß ihm am verichiedenen Orten zu:
gleich Heroen- und Götteropfer dargebracht wurden.
Auch feierte man ihn durch Nampfipiele. Seine
Feſte heißen "Hodaksıe; ſolche gab es zu Sikyon,
zu Theben, Lindos, auf Kos und a.a.D. Zu Athen
feierte man ihm unter Scherz und Spähen die
FIöusıe. Als Mann der rat it 9. als Heros
Enagonios der Borfteher aller Gymnaſien und
Baläjtren; ihm weihen die abtretenden Gladiatoren
in Rom ihre Waffen. Als der ruhmreiche Sieger
(nadklrıros) und als der vom Kampfe ausruhende
Held erheiterte er fich gern durd) Mufit und Ge:
jang und fam jo mit den Muſen in Verbindung,
wurde als "He. Movsoayerng (Herc. Musarum)
verehrt. — In Italien genoß Hercules einen
ausgebreiteten Kultus, namentlich hatte er auch
in Rom viele Tempel und Heiligtümer. Wie cs
icheint, verband fih in Italien der griechiſche He:
rafles durch den Einfluß Großgriechenlands mit
einem alten italiichen Heros gleicher Art. Nach
Sicilien, Corjica, Sardinien, Malta, Gades in
Hiſpanien fam der Herakleskult durch die Phoini—
fier. Denn auch dieſe, ſowie die Agypter, Perſer,
Lyder, hatten ähnliche Heroden, die man mit der
Zeit mit dem griechischen Herakles identifizierte.
Bei den Galliern und Germanen fand man eben:
falls einen Hereules vor. Trac. Germ. 3.9. 34. —
Beinamen hatte Herafles eine große Menge,
wir erwähnen davon: dAs&ixanog, Unheilabiwender,
13
Herakles.
uviaygos, lnoxtövog, nogvorion, Fliegen--Wurm-,
Heujchredenvertreiber, meou«yog, Vortämpfer, zal-
kivırog, ruhmvoller Sieger, vietor, pacifer, cla-
viger, Kteulenträger, laborifer, Dulder, custos,
Kampfhüter, walaluwor, Ringer, und als foldher
önpayog, Bovpdyos, Yıilonörng, viel eſſender
und trinfender, öAuumıos, koynyerns, Stammberr,
ucvrıg, Weisjager (durh Würfel und Inkubation,
somnialis), ’/daziog, idatifcher Daktyl, — Heilig
waren ihm die Silberpappel, der Olbaum, der
Epheu, die warmen Quellen. — Die Kunft hat
ihn jehr häufig dargeftellt, als Kind, Jüngling
und Mann. Als Mann jtellte ion die ältejte
Kunft in Waffen dar; gewöhnlich aber tritt er auf
eu
rar
aammant
kmoseı
Ä
mit der Keule, mit Bogen und Löwenhaut, als
Bollender ungeheurer Kämpfe mit ftarfen Gliedern
und Muskeln, kurzem, ftierartigem Naden, breiter
Bruft, verhältnismäßig Heinem Kopfe und Heinen
Augen, ftarlem und kurzem Haar, mächtig vorge:
drängter Unterftirn, ** Antlitz. Die 12 Ar—
beiten des H. waren dargeſtellt auf den Metopen
des Zeustempels zu Olympia, von denen anſehn—
liche Bruchftüde auf uns gefommen find. Eine
berühmte, noch erhaltene Statue des Helden ift der
ſ. g. farnefifche Hercules in ausruhender Stellung,
dejien Abbildung hier beigegeben ift, das einem
Driginal des Lyſippos nachgebildete Wert des
Atheners Glykon. Der Held in augenblidlidyer
Abſpannung lehnt die Wucht feines müden Körpers
525
auf jeine mit der Löwenhaut gleichjam überpoliterte
Keule und blickt mit melancholiſchem Ausdrude auf
jein von Mühen und Drangjalen erfülltes Leben
nicht ohne Verſtimmung zurüd. — Die Hera:
fleiden, "Hoarkeidaı, Nachkommen des H., find
außerordentlich zahlreich. Vorzugsweiſe trug diejen
Namen der Stamm des Hyllos, der mit ben
Dorern in den Peloponnes zog, um die von ihrem
Ahnherrn früher unterworfenen Yande, wie Argos,
Lafedaimon, das meſſeniſche Pylos, wieder zu er:
obern. Bald nad) dem Tode des H. wurden jeine
Söhne, deren ältefter Hyllos war, don Euryſtheus
lg jie flohen von Trachis oder don Argos
und Myfenai aus, wo 9. zuletzt geherricht haben
follte, jchußfuchend nad Athen zu Thejeus. Eury—
ftheus kommt mit Heeresmacht, wird aber von den
Athenern und Herafleiden bei den Skironijchen Fel—
fen bejiegt und von Hyllos oder Jolaos erichlagen.
Malaria, Tochter des 9. und der Peiancira,
hatte ſich vor der Schlacht zum Heil ihrer Brüder
freiwillig dem Tode geweiht. Darauf fielen die
Herafleiden in den Peloponnes ein, wurden aber
durch eine Peſt vertrieben und zogen über Athen
nad) Thefjalien, wo Aigimios N d.) dem Hyllos
den dritten Teil jeines Landes abtrat. Nach drei
Jahren zog Hyllos abermals, nachdem er von Del:
phoi das Orakel erhalten hatte, die Herakleiden
jollten die dritte Frucht abwarten und auf der
Waflerenge in den Peloponnes dringen, mit einer
Schar Dorer über den Iſthmos nad) dem Pelo—
ponnes, um dem Atreus das Neich des Euryſtheus
zu entreißen, fiel aber (10 Jahre vor dem troja-
nischen Kriege) in einem Zweikampfe mit dem für
Atreus fämpfenden Ehemos, König von Arkadien,
Sohn des Neropos, auf der Grenze von Korinth
und Megara. Die Herafleiden hatten verſprochen,
wenn Hyillos falle, jo wollten fie in 50 oder 100
Jahren ihren Angriff auf den Peloponnes nicht
ernenern, und zogen fich daher zurüd. Der Sohn
des Hyllos, Kleodaios, und jpäter defien Sohn,
Ariftomachos, zur Zeit, wo Tifamenos,
Oreftes’ Sohn, im Peloponnes herrichte, wieder:
Se die Einfälle, aber famen gleichfalls um.
a ward endlich den Söhnen des Ariſtomachos,
Temenos, Krejphontes und Ariſtodemos,
vom Orakel der frühere Sprudy dahin erläutert,
daß die dritte Frucht das dritte Gejchlecht, und
die Wafjerenge das Meer zur Rechten des Iſthmos
fei; da aber der erfte Verjuch wegen eines an einem
Seher begangenen Frevels mißlang, und Ariſto—
demos vom Blig erichlagen wurde, wählten fie ſich
auf den Nat des Drafels, einen Dreiäugigen an
ihre Spitze zu ftellen, den Aitolerlönig Orylos,
der einäugig auf einem Maultiere ihnen aufjtich,
zum Führer und gingen nun bei Naupaftos
über Meer, befiegten und erjchlugen den Tija-
menos und teilten das eroberte Yand unter jich;
Temenos erhielt Argos, Kreſphontes Meflenien,
die Söhne des Ariftodemos, Profles und Eury—
fthenes, Laledaimon. Orylos mit jeinen Mitolern
jeßte fi im Elis feſt. Apollod. 2, 8, 1. —
Seitdem werden die Herafleidenzüge erſt geichicht-
lih. Die Brüder und ihre Nachkommen regieren
von jegt an über die Hanptländer des Peloponnes:
Argolis, Mefjenien und Lafonien; ein anderer
Heraffeide, Aletes, erhielt Korinth. Es zeigt ſich
in diefer Erzählung das Streben, die Eroberung
des Peloponnes als eine in den rechtmäßigen Anz
17
526
iprüchen der Herafleiden "begründete Wiederein:
nahme darzuftellen, mit Benugung der dorijchen
Hauptphyle der Hnlleer (TALeig oder "TAAoı), welche
auf den jchon traditionellen oder als mythiſchen
Repräjentanten diejer Phyle fingierten Hyllos zu:
rüdgeführt wurde. In Lakonien herrichten Hera:
Heiden bid zum Jahre 221 v. E., in den andern
Ländern verichwinden fie viel früher. — Wenn
die mafedoniichen Könige fi von Temenos
ableiteten und Herafleiden nannten (Hdt. 8, 137),
fo wollten fie damit ohne Zweifel ihre hellenische
Abkunft im Gegenjaß gegen das barbariiche Bolt
darthun. — Die Indische Dynaftie der Herafleiden,
die di ableitete von Herafles und einer Sklavin
des Jardanos und 505 Jahre lang vor den
Mermnaden über Indien herrichte (Hat. 1, 7),
ftand urjprünglic in Verbindung mit dem aſſyri—
ichen Heros Sandon, der Herakles von den Griechen
genannt wurde, und deutet hin auf eine Aus:
Dehnung der aſſyriſchen Macht über Lydien. — Auch
nad; Rom wurde der Mythus von 5. überfragen
und derjelbe dort mit einheimijchen Gottheiten,
dem ſabiniſchen Sancus u. a., identifiziert; er galt
als Gott des Segens, bejonders als der jegnende
Genius der römiſchen Stadtflur. Einige römijche
(Heichlechter, die Botitier und PBinarier, jowie die
Fabier leiteten fi) von 9. ab. Barro (Serv. ad
Verg. A. 8, 564) zählt 24, Cicero (n. d. 3, 16)
6, Lydus 7 Hercules. — Der von Tacitus unter
diefem Namen erwähnte Gott der Germanen ift
wohl Donar; der bei dem Beginne der Schlacht
bejungene (Germ. 3) ein Heros (primus virorum
fortium),
Herbessos, Foßnocös, meift Eoß. 1) Stadt
wiſchen Leontinoi und Syrafus in der Nähe des
Fluſſes Myla (Liv. 24, 30. 35), uriprünglich eine
Stadt der Sikuler, mit welcher Dionyfios der
ältere nach vergeblicher Belagerung einen förm—
lichen Frieden ſchloß. Im zweiten punijchen Kriege
belagerten und eroberten fie die Römer unter
Marcellus. — 2) Stadt in der Nähe norböftlich
von Akragas an der Quelle des Afragas, wojelbft
die Römer bei Belagerung letzterer Stadt ihr Depot
hatten, welches Hanno von Herafleia aus zeritörte.
Pol. 1,18. %. vielleicht li Grutti.
Herculanöum, "Hodaksıor, Stadt in Campa—
nien, füdöftlich von Neapolis am weſtlichen Fuß
des Veſuvius nahe dem Meere gelegen ; eine jehr alte
oſtiſche, ſpäter tyrrheniiche, dann von den Griechen
bebaute und endlich von den Römern folonijierte
Stadt, die durch den furdtbaren Ausbruch des
Veſuvius 24. Auguft 79 n. E. verjchüttet wurde,
nachdem jie 16 Jahre vorher durd ein Erdbeben
ichon bedeutend gelitten hatte. Dio Cass. 66, 23.
Auf der 50—100° diden Lava: und Aſchenſchicht
wurden die Orte Portiei und Refina gebaut. Durch
Graben eines Brunnens fam man im Jahre 1721
auf die Scene des alten Theaters und fand 3 weib-
lihe Statuen (die 3 Gewandfiguren in Dresden).
Seit 1738 erfolgten nun mehrere Ausgrabungen,
ein zwedmäßigeres Verfahren aber wurde jeit
1760 durch den Schweizer Karl Weber eingeleitet
und nach einem Stillftand während ber franzöji:
chen Revolution die Arbeiten eifrig fortgeleht,
bejonders unter Joſephh Napoleon und Murat
(1806-15). Die Ausbeute an wertvollen Sachen
und Gemälden ift jehr bedeutend, während die
Architeltonik nur wenig gewann, da zur Sicherung
Herbessos — Herennii.
ber darüber gebauten Stadt Portici das meifte
wieder verjchüttet werden mußte. Die Ausgra-
bungen haben übrigens gezeigt, dah H. eine Stadt
von bedeutendem Umfange und großer Wohlhaben-
heit war. Die jchönften Gemälde und Ornamente
ind in dem Werfe von Zahn trefflich dargeitellt.
Die zahlreichen 1753 er Bücherrollen ent:
halten hauptjählih Werke jpäterer griechijcher
Philoſophen, wie Epifuros und Philodemos, deren
Veröffentlichung jeit 1798 in den Herculanensia
volumina begonnen hat und 1873 bis zum 2. fasc.
des 8. Bandes gediehen mar.
Hercüles j. Herakles.
Herculöum fretum, ö "HodxAsıog mopduüg,
o xar& tag ormAag möpog, Meerenge zwiſchen
Mauretanien in Afrika und Hilpanien in Europa,
j Straße von Gibraltar; die Säulen des 9.
bilden in Mfrifa der Abylaberg (Aßvin), j.
Almina bei Ceuta, in Europa Kalpe, j. Gibraltar.
Hercülis promunturium, ro "Hodxlksıor,
1) Vorgebirge in Bruttii, die Südſpitze von ganz
Italien, j. Kap Spartivento. Strab. 6, 259. —
2) Vorgebirge Britannien, j. Hartland Point im
Kanal von Briftol.
Hercülis silva, ein dem Hercules heiliger
Wald in Deutichland (Tac. ann. 2, 12), öſtlich von
der Wejer, vielleicht das heutige Süntelgebirge.
Hercynla silva, auch Hercynius saltus, Her-
cynium iugum, "Eexvria vn, 'Eox. Öovuög,
Aonvuice, Ogxvvıa, Gebirge in Germanien. Ur:
jprünglich begriffen die Alten darunter wohl das
ganze zujammenhängende (60 ZTagereijen lange,
9 Tagereijen breite) Waldgebirge des mittleren
Deutichlands nördlicy von der Donau vom Rhein
bis zu den Karpathen und den Grenzen Daciens
(Oues. b. g. 6, 24. 25. Plin. 4, 12, 97. Tac. ann.
2, 45. Germ. 28. 30. Mela 3, 3); jpäter verjtand
man (3. B. Ptolemaios) darunter nur das Die
Sudeten mit den Karpathen verbindende Gebirge,
und die andern Teile führten bejondere Namen.
Bei Tacitus wird bald die Rauhe Alp, bald der
Taunus und der Wefterwald darunter veritanden.
Die Ableitung des Namens aus dem Keltifchen
führt auf die Partifel ar, er, und cyn, die Höhe;
andere haben minder richtig an das gotijche fair-
guni, Gebirge, gedacht. Mit dem Harze, der noch
im Mittelalter hart genannt wird, hat der Name
nicht gemein.
Herdonea, "Eodwrie«, bei den Gromatifern
(p. 260) Ardana, Stadt in Apulien, nördlich von
Ajculum, von Hannibal zerftört, der die Bewohner
nad) Metapont verjeßte. Strab. 6, 282. Liv. 25, 21.
27,1. 14. Doc bejtand der Ort noch in jpäterer
Beit; j. Ordona.
Herdonius, 1) Turnus Herd. aus Nricia,
wiegelte die latinischen Anführer gegen Tarquinius
Superbus auf und wurde auf deifen Anftiften er:
mordet. Liv. 1,505. — 2) Uppius Herb., ein
Sabiner, überfiel im X. 460 v. E, mit einer Schar
römijcher Klienten, Verbannten und Sflaven plöß:
lid) das Stapitol und bemächtigte fich desjelben,
wurde aber von den Römern und einem ihnen zu
Hülfe kommenden tuſculaniſchen Heere unter jei:
nem Feinde %. Mamilius befiegt, gefangen genom:
men und getötet. Liv. 3, 15 ff. 29.
Hereditas j. Erbrecht, II.
Herennii, jamnitischen Urjprungs: 1) €. Bon:
tins Her., der Sieger von Caudium, 321 v. C.
Herii — Hermeias.
Liv. 9, 1. Cie. Cat. mar. 12. — 2) C. Her., ſprüchen und Rätſeln zu ſchmücken.
E. | ohne dieje Beftimmung waren Hermen häufig auf:
Triumvir bei einer Aderverteilung, 218 v.
Lie. 21, 25. — 3) Ser. Baſſus, Senator zu
Nola, verweigerte die Übergabe der Stadt an
Hannibal, 215 v. E. Liv. 23,43. — 4) M. Octa:
vius Her, trieb große Handelsgejchäfte und
wurde einjt von Seeräubern überfallen, verteidigte
fi” aber mutig gesen fie. Macrob. sat. 3,6. —
5) M. Her, Konjul 93 v. C., mittelmäßiger
Nedner. Cie. Brut. 45, 166. — 6) &. Her., ein
angejehener Kaufmann, auf Berres’ Beichl in
Syrakus hingerichtet. Cie. Verr. 5, 59, 1556. —
7) €. Her., weigerte fih als Zeuge gegen €.
Marius aufzutreten, da deſſen Familie eine lien:
tin der feinigen wäre. Plut. Mar. 5. — 8) €.
Her., im J. 80 v. E. Bolfstribun. — 9) €.
Her., Legat des Sertorius, fiel in einer unglüd:
lihen Schlacht bei Valentia gegen Pompejus im
%. 750.6. Plut. Pomp. 18. — 10) C. Her.,
60 dv. E. Bolfstribun, Gönner des Clodius. Cie.
ad Att. 1, 18, 4. 19, 5. — 11) €. Her., lebte
zur Zeit Eiceros; ihm hat Cornificius (j. Corni-
ficiı, 2.) die rhetoriea ad Herennium gewidmet.
— 12) Her. Gallus, Scaujpieler, wurde von
Cornelius Balbus zu Gades in den Ritterjtand er-
hoben. Cie. ad fam. 10, 32. — Unter mehreren
Männern diejes Namens aus der Kaiferzeit find
am befannteften: 13) Her. Macer, beleidigte den
Galigula und zog fich deshalb den Unwillen des:
jelben zu. Sen. de const. 18. — 14) Her. Gallus,
fiel als Yegat im Kampfe gegen Claudius Civilis.
Tae. hist. 4, 70. 77. 15) Her. Senecio,
aus Hispania Baetica, verfaßte eine freimütige
Lebensbeichreibung des Helvidius Priſcus, weshalb
Domitian ihn 93 n. E. hinrichten ließ. Zac, Agr.
2. 45. Plin. ep. 4, 11. 7, 33. 16) Alius
Florianus Her. Modeftinus, der lebte der
älteren römischen Juriftenichule, Lehrer des Kaiſers
Mariminns Thrar und Schüler des berühmten
Ulpianus, lebte in der erjten Hälfte des 3. Jahrh.
n. C. und war 244 praefectus vigilum,. Aus
jeinen vielen Schriften, von melden wir feine
mehr bejißen, find zahlreiche Auszüge in die
Digeften übergegangen.
Herii, urjprünglid) ein ſabelliſches Geſchlecht:
1) Herius Potilius, vereitelte im J. 259 v. E.
eine Berichtwörung der zum Flottendienft aus:
gehobenen Samniten und Sklaven. Zonar. 8, 11.
— 2) Her. Pettius, Senator in Nola im %.
215 v0. E. Lir. 28, 43.
Herillos, "Hogıllog, ein Stoifer aus Karthago,
Schüler des Zenon, blühte um 260 v. C. Er
erflärte für das höchjte Gut (reiog) das Wiſſen
und Erkennen (dmiormun), nahm aber für bie
Menge, die nicht nach der Weisheit ftrebe, noch
ein anderes Gut (bmorelis) an, während er das,
was zwifchen Tugend und Yafter in der Mitte
liege, ald &dıdpogor bezeichnete. Cie. fin. 2, 13.
4, 14.15. 5,25. tusc. 5,30. Diog. Laert. 7, 165 ff.
Herilus j. Feronia.
Hermae, £guei, hießen vieredige, unten ſchmä—
fere, nad oben fich verbreiternde Pfeiler mit
Phallus und Kopf. Sie hatten ihren Namen da:
von, dab die Pelajger den Hermes ohne Hände
und Füße bildeten. In Athen * Hipparch
in der Mitte der Stadt Hermen ſetzen und mit
Epigrammen verſehen laſſen. Daher entſtand die
527
Aber auch
geſtellt. Sie bezeichnen wohl den älteſten Anfang
der Bildhauerkunſt und kamen von Griechenland
nach Italien, wo fie beſonders als Grenzicheiden
(termini, statuae viales) gebraucht zu ſein ſchei—
nen (vgl. Hermes, 4). Die Alten betrachten fie
auch als ein Bild ftupider Unthätigkeit. Juren.
8, 53. — Verjchieden find die fou«ie, Stein:
haufen, die auf unbefannten Wegen dem Wanderer
anzeigten, daß er fich von einer beftimmten Rich:
tung nicht verloren habe. Der Borübergehende
legte im Gefühl der Dankbarkeit feinen Stein
hinzu.
Hermaeum promunturfum, 'Eou«ior Aras,
'Eguala nee, 1) Borgebirge auf der Südſeite
der Inſel Kreta, die Südfpige der Weißen Berge
(Leufei, j. Kap Plafa. — 2) Vorgebirge in Afrifa
BZeugitana (bei den Römern Mereurii prom., Liv.
29, 27), die nordöftlichite Spite des Meerbufens
von Karthago, j. Kap Bon. Strab. 17, 832. 834.
Pol. 1, 29. 36. — 3) Borgebirge öftlih von Pa—
raitonion, am Heinen Katabathmos an der liby—
ihen Küfte; j. Nas el:Nandis. — 4) Drt und
Borgebirge am Thrakiſchen Bojporos (europäiiche
Seite), wo Dareios eine Brüde jchlug. — 5) Vor:
gebirge auf Lemmos. Aesch. Agam. 283. Soph.
Phil. 1459. — 6) 'Egueiog Aöpog, Hügel auf
Ithaka, hinter der Stadt, am Berge Neion. Hom.
Od. 16, 471.
Hermagöras, "Eouayöoas, 1) griechiſcher Rhe—
tor, der im 1. Jahrh. dv. E. durch ein bejonderes
Syitem der Rhetorif zu großem Anjehen gelangte
und der Begründer einer bejonderen Schule, der
Hermagorei, wurde (Cic. Brut. 76. 78. Plut.
Pomp. 42). Ihm ift befonders die jcharfe Unter:
iheidung der 4 ordosıs und überhaupt die Ent:
widelung des rhetorischen Fachwerks zu verdanken
(Cie, ine. 1, 11,16. Quint. 3, 6, 60). Cicero in
den Büchern de inventione folgt einem Gewährs:
manne, der fich wejentlih an Herm. angeſchloſſen
hatte; auch der ſ. g. auctor ad Herennium (j.
Cornifieii, 2.) hat ihn vielfach bemußt. -
2) Ein jüngerer Rhetor d. N. lebte unter Augustus
und Tiberins und war ein Schüler des Theodoros
von Gadara. Quint. 3, 1,18. Eine Schrift des-
jelben wegl mo@yuerınjg wird erwähnt.
Hermaphroditos, "'Eouapoddırog, mehr cine
Künftlerphantafie als ein Naturiymbol, wahrjchein-
ih aus dem orientaliihen Dualismus hervor:
gegangen; mythologiicher Sohn des Hermes und
der Aphrodite, von Nymphen auf dem da er:
zogen, als Knabe nach Karien gelommen, wo die
Nymphe der Duelle Salmäfis, im der er fich
badete, ” vergeblidy um Gegenliebe anflehte. Auf
ihr an die Götter gerichtetes Tlehen um ewige
Bereinigung mit ihm wurden ihre Leiber jo ver:
bunden, daß ein Doppelweien, halb Mann, halb
Weib, daraus wurde. Or. met. 4, 285 ff.
Hermarchos, "Eou«gyos, aus Mytilene, Schüler’
des Epikuros und defjen Nachfolger in der Xei-
tung der Schule. Seine Schriften lernen wir aus
Diog. Laert. 10, 25 fennen. Einen Brief des
Epikur am ihn hat Cicero (fin. 2, 30) erhalten.
Vgl. Madvig zu Cie, fin. p. 308.
Hermeias, Eousiag, 1) aus Kurion in Kypros,
in unbeftimmter Zeit, ift Verf. von 5, von Athe—
Sitte, in Paläften und Häujern Hermen mit Sinn: | naios (13, 563 d) uns erhaltenen, Choliamben,
528 Hermes.
in denen die Sceinheiligfeit der Stoifer ver | feine Spur von ihnen entdeden fan, und begibt
jpottet wird. — 2) von Mtarneus, ſ. Aristo-|fich dann wieder in feine Windeln. Aber Apollon
teles, ©. 139. entdedt den Dieb durch feine Weisjagung und
Hermes, 'Eouns, 'Egusies, Mercurius, Sohn | führt ihn, da er leugnet, in den Olympos vor
des Zeus und der Maia, einer Tochter des Atlas | Zeus, der ihm befichlt, die Rinder zurüdzugeben.
(Hesiod. theog. 938), auf dem artadijchen Berge | Als aber Apollon den Hermes die Lyra, die er
. aus der Schale einer
Schildkröte" gemacht
hat, spielen hört,
Ichenft er ihm für
das Inſtrument feine
Rinder, die Hermes
hinfort weidet; auch
gibt er ihm den gol—
denen dreiſproſſigen
Stab des Glücks und
des Reichtums und
heißt ihn zu den
Thrien, 3 geflügel:
ten Jungfrauen auf
dem Barnafjos, gehen,
um don ihnen die nie—
dere Weisjagung zu
lernen, während er
für ſich jelbit die höhere
Weisjagung behält.
Zeus aber macht ihn
zu dem Serolde” der
Götter, der zugleich
auch das Amt hat, die
Toten zum Hades zu
führen. Hom. hymn.
ın Merc. Diejer Hym⸗
nus hebt bejonders
hervor, wie Hermes,
der arladiiche Weide-
gott, durch feine Lift
und Gewandtheit zu
jeiner Würde und
hohen Stellung unter
den Dlympiern ge
langt, und wie er ſich
- mit Apollon, mit dem
- erurjprünglich manche
Eigenſchaften gemein
hatte, über den Kreis
ihrer beiderjeitigen
Wirkſamkeit ausein-
anderjeßt. Die King:
heit, Gewandtheit und
das Anſtellige in allen
Verhältniffen ift der
Grundzug in dem
Weſen des Hermes.
Wegen dieſer Eigen—
ſchaften iſt er auch ſeit
Homer der Herold
der Götter, der Eil—
bote, der Vollführer
von dem Willen des
a. Zeus, der ausrichtende
Bote, der durch feine
Kyllene geboren (daher Avkirjvıog). Kaum ges | Seichiclichleit alles zu gutem Ende führt (dıdaro-
boren, verläßt er die Windeln und die Höhle | E05, von dıdyo). Nirgends ift er, wie Jris, ein bloß
jeiner Mutter und ftichlt 50 Winder von den | verfündender Bote. Durd) feine Fuge Lift befreit er
Herden der Götter, welche Apollon in Bierien | Ares aus den Feſſeln der Aloaden, ſchützt Odyſſeus
weidet; er weiß; fie jo gejchidt zu führen und in | gegen die Nänte der Kirle (Od. 10, 277 ff.), führt
einer Höhle in Pylos zu verbergen, daß man | Priamos ins Zelt des Achilleus, tötet den Die Jo
Hermesianax. 529
bewachenden Argos (daher vielleicht der Beiname | andern Olympiern jeinen Platz nehmen mußte,
Aoysıpovrng). Als der Bote des Zeus ift er auch | büßte er von feiner bisherigen Machtfülle ein und
Führer der Träume, der Boten des Zeus, und | mußte fich zu der Stellung eines dem höchſten
Schlafgeber, der mit jeinem Stabe die Augen | Weltordner und Regierer untergeordneten Dieners
der Menſchen ſchließt und fie wieder zum Leben | bequemen; jedoch auch in diejer untergeordneten
erwedt.
Sclafengehen. Auch die übrigen Eigenjchaften des
Hermes, durch die er bejonders dem Menichenge:
ſchlechte als helfender und Glück und Wohlitand
bringender Gott nahe fteht, beruhen auf der Einen
Grundeigenſchaft desjelben, auf jeiner Gewandtheit
und anftelligen Lift. Er ift der Gott mannig:
faher Erfindungen, der Lyra und Spring,
der Buchjtaben und HZahlen, des Gottesdienftes,
des Olbaus u. j. w.; der Gott der Gymnaſtik
(drayarıog), der Gott der gewandten, Mugen Nede
(Aöyıog, Sacundus) und des Verlehrs, der durd)
Lift und Trug, jelbft durch Diebftahl und Meineid |
Deshalb jpendete man ihm vor dem | Stellung hatte er noch immer eine jehr mannig—
faltige Wirkſamleit. — Der ältefte Sitz jeines
Kultus war das pelajgiiche Arkadien, doc) wurde
er ſchon frühzeitig in ganz Griechenland er
Seine Bilder und Altäre ftanden an den Straßen
und Wegen, an öffentlichen Plägen und am Ein:
gang der Ningichulen. Dieſe Bildniffe waren
meijtens bloße Säulen mit einem Hermestopf, die
jog. Hermen oder Hermesfäulen (Eguai, |. Her-
mae) Man opferte ihm am vierten Tage des
Monats, und zwar Weihrauch, Honig, trodene
eigen, Kuchen, ferner Schweine, Lämmer, Böd:
lein, Widder, die Zunge der Opfertiere. Die Kunſt
bildete ihn als kräftigen, ſchlanken Jüngling, mit
ruhigen, einen feinen Verftand und freundliches
Wohlwollen befundenden Zügen, mit Flügeln an
den Sohlen (alipes) und einem flachen Neifehut
mit breiter Krempe (mir«sog), an den man jpäter
auc Flügel ſetzte. Er trägt in der Hand den
goldenen Zauberſtab (rgımernlog Hdßdog) des
Glücks und Segens, von defien 3 Sprofjen die
beiden oberen zu einem Knoten verjchlungen find
(Cadueifer), Man jah diefen Stab jchon früh-
zeitig für einen Herolditab an. Hermes wird aud),
obwohl jeltener, als Meiner Junge dargeftellt, mit
dem Geldbeutel in der Hand, oder mit ge:
bundenen Händen neben Apollon, in Bezug auf
den Rinderdiebftahl. — Der Mercurius der 5
Römer war urjprünglich ein Gott des Handels |
und Gewinnes, deſſen Name mit merx, mercari
zujammenhängt. Wegen dieſer Eigenichaft wurde
er mit Hermes identifiziert und erhielt dann auch
in der Folge die übrigen Eigenjchaften des grie-
chiichen Gottes. Er wurde bejonders von
den Kaufleuten verehrt. Dieje feierten ihm
am 15. Mai ein Feſt, an dem fie Weihrauch
5 opferten. An = Tage war im Jahre
495 vd. C. jein erjter Tempel in der Nähe
des Circus maximus geweiht worden, und
das Kollegium der Kaufleute (mercuriales;
ander Hor. od. 2, 17, 29, wo die Dichter
Mercuriales viri heißen) geftiftet. Liv.
2,21.27. Auch befand ſich vor dem Capeni—
ihen Thore ein Altar des Gottes bei dem
jog. Wafjer des Mercurius, wo die Kauf:
leute opferten und ihre Waren mit Wafjer be:
zum Wohlftand verhilft, wenn es nur mit einer | jprengten, um fie vor böſen Einflüffen zu ſchützen.
ewiſſen Anmut und ag pe getrieben wird.) Or. fast. 5, 673. — Mbbildungen: a) Hermes
Ferner ift er der Gott der Wege, der den Wan:
derer geleitet (Hyeusrıog, Zwödıog) und jelbit das
zufällige Glüd des Fundes (Fouaıor) gewährt;
die Toten führt er hinab zum Hades (Yuromounög,
Yozayoyos, Totenführer). Er ſchützt und mehrt
die Herden, er ift Herden: und Weidegott. Der
jegnende Gott verdient alfo mit Recht die Beinamen
lorovrıog, endante, dorng Zdwr, yagıdsrns. Schon
in vorhomerifcher, pelajgischer Zeit war er ein
gewinn- und jegenbringender Gott der ausgedehn:
teften Wirfjamfeit, ein Ordner und Füger, ein
Bermittler im Natur: und Menjchenleben, deſſen
Macht groß war im Himmel und auf Erden.
mit dem Dionyjosfnaben auf dem Arme, Mar—
morftatue, Originalwerk des Prariteles, 1877 in
Olympia ausgegraben (mit den Ergänzungen von
Schaper); b) Hermes, bei einer Sendung, die er
im Fluge vollführt, auf einem Felſenſitz zu kurzer
Raſt niedergelaflen, Bronzeftatue von Hereulaneum,
eines der beiten uns erhaltenen Bilder des Gottes.
Hermesiänax, "Eounsıivaf, aus Kolophon,
elegiicher Dichter zur Zeit Aleranders des Gr. und
jüngerer Freund des Philetas. Von jeinem aus
3 Büchern bejtehenden, nach dem Mufter von Anti:
machos’ Lyde gedichteten elegischen Werte Asovrıor,
das von jeiner Geliebten den Namen trug und der
Seit er aber in dem geordneten Götterſtaate des | erotifchen Elegie angehörte, find noch bei Athe-
Olympos ſich unter Zeus ftellen und neben den | naios (13, 597) 98 Verſe aus dem dritten Buche
Reallegiton des Mafl. Altertums. 7. Aufl.
34
nn m — — — — —
530 Hermini —
erhalten. Dieſes in ſachlicher und ſprachlicher
Hinſicht manche Schwierigkeiten darbietende Bruch—
ſtück erzählt in loſe anknüpfender heſiodeiſcher
Form Liebesgeſchichten von Dichtern und Weiſen,
die auf hiſtöriſche Wahrheit geringen Auſpruch
machen können. Der Dichter verarbeitet, wie die
fpäteren alerandriniichen Dichter, eine Fülle ge-
lehrten mythologiſchen und hiſtoriſchen Stoffes
und zeigt eine gewiſſe Leichtigkeit in der poetischen
Erfindung und in Behandlung der bier und da
affeftierten Sprache. „Der üble Zuftand des Tertes,
eines der verborbenften Denkmäler der griechiichen
Poeſie, verfümmerte den Genuß; langjam aber mit
großer Anftrengung hat die Kritik dieje Blätter
lesbar gemacht“ (Bernhardy). Ausgg. von ©. Her:
mann (Opusc. Bd. IV.), Rigler und Art (1828).
Abhandlung von Bergk (1844).
Herminli. Aus diejer Familie werden ge:
nannt: 1) T. Hermin. Mquilinus (Liv. 2, 10),
welcher dem Horatius Cocles anfangs in Verteidi-
gung der Tiberbrüde beiftand und auch jpäter im
Kampfe gegen Borjenna Ruhm erntete. Im Jahre
506 v. E. war er Konful; 10 Jahre jpäter fämpfte
er als Legat heldenmütig gegen die Latiner in
der Schladht am See Regillus (496) und tötete
den feindlichen Feldherrn Mamilius, fiel aber
darauf ſelbſt in der Schlacht. Liv. 2, 10. 20. —
2) Zar Hermin. Aquilinus (Continiſanus),
Konſul im Jahre 448 v. E. Liv. 3, 66. Des
legteren Vorname, jowie andere Zeichen deuten
darauf hin, daß Diele Familie aus Etrurien
ftammte. (Val. Max.) de praen. 4.
Herminius mons, rö 'Eoulvior Ögos, j. Sierra
Eitrella, Gebirge Lufitaniens, beginnt im N. am
Durius (Duero) und endigt in jüdwejtlicher Rich:
tung jtreichend an der Mündung des Tagus. Caes.
b. Alex. 48. Suet. Caes. 54. Dio Cass. 37, 52,
Herminönes falſch Hermiones) werden die
Bewohner des Inneren von Deutichland genannt,
wahricheinlich die oberdeutſchen Bölfer bis zur
Donangrenze (nach einem Stammbhelden Hermin,
defien Name in Jrmin erhalten zu fein jcheint).
Zu ihnen gehörten die Cherujfer, Chatten und
Hermunduren (j. Germania). Tac. Germ. 3.
Mela 3, 3.
Hermiöne, Koutéri, 1) Stadt in der Land:
ichaft Hermionia in Argolis am Fuße des Berges
Pron und am Hermioneischen Meerbujen (der Inſel
Hydrea gegenüber), meijt von Bewohnern dryopi—
ſchen Stammes bewohnt, auch Koutbu genannt;
j. Naftri. Als manche der bedeutenderen Städte
Griechenlands durdy die Zeitverhältniſſe janfen,
ftieg H., begünftigt durch feine ruhige, abgeichie:
dene Lage, und trat dem Achatiichen Bunde bei.
Pol. 2, 44. Pauſanias (2, 34) fand 9. mit jei-
nen Tempeln und Merfwürdigfeiten noch wohl
erhalten, darunter einen Tempel der chthonifchen
Demeter auf dem Berge Pron. In der Nähe des
Tempels war der Erdichlund, durch welchen He—
rafles den Kerberos aus der Unterwelt herauf:
gebracht haben jollte. Strab. 8, 373. — 2) Beiname
der Demeter und der Berjephone in Syrafus. —
3) Tochter des Menelaos und der Helena, vor
Troja von dem Vater dem Neoptolemos zur Ehe
veriprocdhen und nach der Rückkehr mit demjelben
vermählt. Hom. Od. 4, 4ff. In nachhomeriſcher
Sage war ſie vor dem Zuge gegen Troja dem
Oreſtes verlobt worden, welcher von Neoptolemos
Hermogenes.
ihre Abtretung verlangte und, von demſelben zurück—
ewieſen, die Delphier veranlafte, ihn zu ermorden,
Kb aber die Hermione aus dem Haufe des
Beleus entführte.e Zur. Androm. 890 ff. Oder:
Hermione war während des trojanischen Krieges
von ihrem Großvater Tyndareos dem Oreſtes ver—
lobt oder vermählt worden; Neoptolemos aber,
dem fie vor Troja verſprochen worden war, entreißt
fie dem Oreſtes und wird deswegen von dieſem
zu Delphoi ee Er Verg. A. 8, 327. Sie
gebar dem Oreſtes den Tiſamenos. Paus. 1,83, 8.
2, 18, 6.
Hermippos, "Egumxos, 1) ein Dichter der
alten Komödie in Athen, Sohn des Lyſis, Bruder
des Komikers Myrtilos. Suidas gibt ihm 40
Stüde, wir fennen nur 9 aus erhaltenen Titeln
und Bruchjtüden, die in metrifcher und jpradhlicher
Hinficht vortrefflich find. Ahr Inhalt war politisch
und namentlich gegen Perikles und Aſpaſia, and)
gegen Hyperbolos gerichtet. Auch Parodien (goo-
Kopogo.) und daupor in archilochiicher Weile joll
er gejchrieben haben. Sammlung der Fragmente
im 2. Bande von Meinefes fragm. com. (iraec.
(Ip. 138 ff. der Heinen Ausg.) und im 1. Bd.
bon Kocks fragm. com. Att. p. 224 ff. — 2) An—
hänger des Alerandriners Kallimachos, um 220
v. E., gewöhnlid) der Smyrnaier und Beripatetifer
genannt, verfahte ein größeres biographiiches Wert,
Bio, worin er die 7 Weilen Griechenlands, den
Pythagoras und jpätere Philojophen behandelte.
Nur unbedeutende Fragmente find erhalten, ge—
—— von Lozynsky (1832) und von Müller,
ragm. hist. Graec. III p. 32 ff. — 3) aus Bery—
tos, Schüler des Philon, jchrieb, wahricheinlich
unter Hadrian und Trajan, wel rar dıangepar-
rov !v nuıdele dovlor. .
Hermodöros, "Eguödogos, 1) aus Salamis,
baute den Marstempel im flaminiichen Eirfus zu
Nom und die navalia gegen Ende des 2. Jahrh.
v. C. Cie. de or. 1, 14, 62. — 2) aus Epheios;
von jeinen Mitbürgern vertrieben, joll er den
Decempirn bei der Redaktion des Landredts in
den XII Tafeln Hülfe geleiftet haben und dafür
mit einer Statue geehrt worden fein. Cic. tusc.
5,36. Plin. 34, 5. Strab. 14, 642.
Hermog&nes, "Eguoyzrns, 1) aus Tarjos, trat
ihon im fünfzehnten Jahre in Rom unter M.
Aurelius als Rhetor auf und erregte allgemeine
Bewunderung; aber jchon im vierundzwanzigiten
Jahre verlor er jeine Geiftesträfte, Harb indes
erft im Greilenalter. Wir haben von ihm 5 rhe—
toriſche Schriften, unter dem Namen rigen en-
zog) zufammengefaßt: 1) neel ardsswr, in
feinem acdtzehnten Jahre geichrieben, über die
Ausmittelung der bei bürgerlichen Streitigkeiten
bejonders in Betracht fommenden Punkte; 2) wei
sbofceor, Anweilung zum Entwerfen von Neden;
3) meol löenr, Über die Nedeformen, mit Bei-
fpielen aus Rednern, Dichtern und Philojophen;
4) megl uehödon Öerwörnrog, Über die zwedmähige
Anwendung der in der vorigen Schrift gegebenen
Anweiſungen; 5) meoyvurdeuare, rhetoriiche Bor:
übungen, überjept von Priſeian. Abgedrudt in
den Khetores Graeei von Walz, Bd. 1, von L.
Spengel, Bd. 2. — 2) Tigellius Herm., ein
Mufiter zur Zeit des Auguftus, Gegner des Horaz.
Hor. sat. 1, 3, 129. 9, 25. 10, 80. 90. Er i
zu unterjcheiden von dem Sänger Tigellins aus
Hermokrates — Herodianos.
Sardinien (Sardus Tigellius, Hor. sat, 1, 2, 3.
3, 3), deſſen Mdoptivjohn er geweſen jein joll.
'
531
Hermupdlis, "Eguovrokıs, Stadt des Hernies,
d. h. des Thot, 1) 7) meydin, ägyptiſch Chmun,
Hermokrätes, 'Eouoxgdrns, Sohn des Her: |j. Aichmunen, bedeutende Nomoshauptitadt an der
mon, ein patriotifcher und friegstüchtiger Syra-
fufier (Thuc. 6, 72), vereitelte den erſten Angriffs:
verfuch der von den Leontinern herbeigerufenen
Athener, indem er unter den ficiliichen Städten in
Gela einen allgemeinen Frieden zuftande brachte,
im %. 424 v. ‘ Thuc. 4, 58 ff. Als die Athener,
von den Segeſtanern gerufen, zum zweitenmal
heranzogen und jchon bei Rhegion lagen, forderte
er die Syrafufier vergebend zu Berteidigungs:
anftalten auf, der Demagog Athenagoras trat ihm
entgegen (Thuc. 6, 32 ff.); erjt als die Gefahr
wirklich hereinbradh, fanden jeine Ratichläge An-
Hang (415), Er wurde zum Feldherrn ermwählt,
juchte Hülfe in Korinth und Sparta und leitete
den Krieg gegen die Athener. T’huc.6,72.7,21.73.
Plut. Nie. 21.26. Er zog dann (412) mit einer
jieilifchen Flotte den Spartanern zu Hülfe, nahm
rühmlichen Anteil an mehreren Schlachten, wurde
aber 410 auf Antrieb des Diofles als NAriftofrat
verbannt. Thuc. 8, 85. Anfangs trug er die Ver:
bannung mit Ergebenheit, bald aber führte ihn
Sehnſucht nad der Heimat nad Sicilten zurüd;
er jammelte Mannjchaft zu Unternehmungen gegen
die Karthager, und als er dadurd das Volk für
fih gewonnen, gelang es ihm den Diofles zu
ftürzen (409); allein er jelbjt wurde nicht zurück—
gerufen. Da zog er mit 3000 Streitern heran;
zu fühn begab er fich mit geringer Mannjchaft
in die Stadt und wurde erichlagen (408). Xen.
Hell. 1, 1, 27 ff. Diod. Sie. 13, 63. 75. Geine
Tochter wurde vermählt mit Dionyſios dem älteren,
deſſen Bater ebenfalld Hermokrates hieß. Gute
Monographie von Riedel (1878).
Hermon, "Eouwr, der füdlichjte und höchite
(2650 m) Teil des Antilibanon, meiſt mit-Schnee be:
En Nordgrenze von Baläftina, j. Dichebel eich:
Schekh.
Hermonthis, "Eouordtig, ägyytiſch j. Erment,
oberägyptiſche Nomoshauptſtadt, 1 Meile oberhalb
von Thebai, linfs vom Nil, in der jpäteren Kaiſer—
zeit Standort der legio secunda Valentiniana.
Strab. 17, 817.
Hermos, "Eguos, Fluß Kleinafiens, entipringt
auf dem Gebirge Dindymos in Phrygien, fließt in
jehr gefrümmtem, erſt jüd-, dann nordweſtlichem
Laufe durch die Indische Ebene (wo ſich rechts der
Hyllos und Lykos, lints der Kogamos und der
Paktolos unterhalb Sardes in ihn ergiehen) und
mündet durch das "Epuov edler in den nad ihm
genannten Hermaiischen Bujen, den Meerbuien von
Smyrna. Der jegige Name ift Ghedizstichai. Hat.
1, 80. Strab. 12, 554. 13, 626 u. d. Arr. 1, 17,4
5,6, 4.
Hermundüri, 'Eguonröongo:, "Epuördognı,
d. h. die mächtigen, großen Duren, woraus der
Landesname Duringen, Thüringen, entitand, ein
großes und mächtiges Volk Germaniens, nördlich
von den Sudeten, öftlich von den Chatten, nord:
öftlih von den agri Decumates wohnend, im
lüdlichften Teil des heutigen Thüringens, in Fran—
fen und dem füdweftlichen Teile des Königreichs
Sachſen. Sie gehörten zu den Sueben, mit welchen
die Römer (unter Cäſar und Auguft) zuerft be-
fannt wurden. Vell. Pat.2, 106. Teac. ann. 2, 63.
12, 29. 30, Strab. 7, 290.
Südgrenze von Mittelägypten, lints vom Mil,
Antinoe gegenüber; am Anfang des Joſephkanals,
deshalb mit einem Zollamt für die den Nil herab-
fommenden Waren. Hdt. 2, 67. Strab, 17, 8127.
— 2) 7 wınod, Tema:en-der, j. Damanhur, Stadt
am kanobiſchen Nilarm, wejtlich von Sais. Strab.
17, 802 f.
Herniei, 'Egvixo/, Heine Völlerſchaft jabini-
ſchen Stammes (nad) Feſtus von herna, der Fels,
genannt), nördlich vom Fluß Trerus, traten 486
v. C. dem Latinijchen Bunde (wahricheinlich mit
16 Städten) bei (Zar. 2, 41) und wurden daher
zu Latium gerechnet. Nach wiederholten Kriegen
wurden fie 306 bejiegt, behielten aber ihre Geſetze.
Liv. 9, 425. Ihre Hauptjtadt war Anagnia
(ſ. d.); andere Städte: Frufino, Ferentinum, Ve:
rulä und Nlatrium.
Hero j. Leander.
Herödes, "Howöns, Name mehrerer jüdiſchen
Fürften, 1) 9. der Grohe, Sohn des von Gäjar
gum Profurator Paläftinas ernannten Idumäers
Antipatros, 41 dv. E. Tetrarch, 40-4 v. E. König
von Judäa (Baläftina) durch Bejeitigung der Mak—
fabäer, regierte Hug und energijch, aber tyranniſch.
— Bon jeinen Nachkommen find zu nennen: 2) ein
Sohn, H. Antipas (MAntipatros), Tetrarh von
Galiläa und Peräa jeit 4 v. E., verheiratet zuerit
mit einer Tochter des Nabatäerfönigs Aretas, dann
mit jeiner Nichte Herodias, 39 n. E. abgejegt. —
3) 9. Agrippa J., Bruder der Herodias, Sohn
eines Mriftobulos, 37 n. E. Tetrarch über das
nördliche Paläftina, 41 König über das ganze
Reich jeines Großvaters, geit. 44. — 4) deſſen
Sohn, 9. Agrippa II, jeıt 50 König über Teile
von Nordpaläftina, Bruder von Berenife und
Drufilla, geftorben 100. Strab. 16, 765. Tac. hist.
2, 81. 5, 1. 9. 11. ann. 12, 23. 18,7.
Herödes Atticus j. Atticus. 2,
Herodiänos, '"Howdıarog, 1) der Geſchicht—
jchreiber, — unter Marcus Aurelius,
um 170 n. @., geboren und um 240 gejtorben.
Bon feinen Lebensverhältniffen ift wenig bekannt.
Er jcheint von Geburt ein Grieche aus Syrien
gewejen zu jein, aber in Nom gelebt oder doc)
längere Zeit ſich dort aufgehalten zu haben; nad)
einer (freilich unficheren) Vermutung Borgheiis ift
er failerlicher PBrofurator und Legat in Sicilien
gewejen. Seine noch vorhandene römische Kaijer-
geſchichte, r)g wer& Migror Paoılelag lorogiaı
in 8 Büchern, ftellt die Ereignifje jeit dem Ende
der MNegierung des Marc Aurel von Kommodus
an bis auf Sordian III. (180 — 238) dar und
liefert getreu und wahr von diejer durch eine Fülle
der mannigfachiten Begebenheiten denfwürdigen
Beit ein anziehendes und ergreifendes Bild, wenn
er auch manches einzelne, auf die Staatsverhältnifie
Bezügliche, was wir jeßt ungern miffen, die Mus:
dehnung des römijchen Bürgerrechts unter Cara-
calla und das Umfichgreifen des Chriftentums,
überging, auch mehrmalige Verſtöße gegen die
Chronologie und geographiiche Irrtümer ſich zu
ichulden fommen ließ. Benugt ift jein Werf von
den Scriptores historiae Augustae, Ammianus
Marcellinus und Zofimos. In der neuejten Zeit
hat man verjucht, jeinen Wert als Geſchichtsquelle
34*
532
ſehr herabzuſetzen, und dabei vergeflen, daß er
uns mancherlet überliefert hat, worüber uns Caſſius
Div im unklaren läßt. Seine Sprache hat hier
und da Yatinismen, ijt aber frei von der geſuch—
ten und gefünftelten, in einem übertriebenen Atti-
cismus jich gefallenden Schreibweije feiner Zeit:
genoffen. Spuren einer Nachahmung der älteren
Klaſſiker, bejonders des Thufydides, nd mehrfach
zu bemerfen. Latein. UÜberj. von Ang. Politianus
(1493); Ausgaben von Irmiſch (1787 — 1805 in
5 Bdd.), F. A. Wolf (1792), Weber (1816), Yange
(1824), 3. Belfer (1826 und nochmals 1855) und
Mendelsjohn (1883; befter Tert). Vgl. Sievers, über
das Sejchichtswerf des H. im Philologus, Bd. 26,
19-43, 243 — 270. Bd. 31, 631 — 666 und die
Unterjuchungen der Schweizer in Büdingers Unteri.
zur röm. Kaiſergeſch, Bd. 1 und 3. Abhandlung
von Boldmanı (1859). — Verſchieden von diejem
und der Zeit nach etwas früher ift 2) 9. der
Srammatifer, 6 reyvındg, mit dem Beinamen
Alius, den er wahricheinlich in Nom bei feiner
Aufnahme als römilcher Bürger erhielt. Er war
in Alerandreia geboren, der Sohn des Apollo:
nios Dyſkolos, und kam wahrjcheinlih unter Marc
Aurel nach Rom. Bon jeiner umfangreichen jchrift-
ftelleriichen Thätigfeit find uns zahlreiche Bruch:
ftüde erhalten, die nad) den Vorarbeiten von Lehrs
(1848) und Mor. Schmidt (1860) mit großem
Fleiß gefammelt und gründlich erflärt hat W. Yen:
Herodiani reliquiae (1867-69, 2 Bbdb.). Er be:
handelte in 21 Büchern egl nadolın)g moocw-
das, feinem Hauptwerfe, die ganze Accentlehre
und die Lehre von Quantität und Eiritus.
Herodikos, "Hoodırog, 1) aus Selymbria, ge:
lehrter Arzt, hat zuerit die bei der Gymnaſtik
zu beobachtenden Gejundheitsregeln behandelt. Er
wird Lehrer des Hippofrates genannt. — 2) aus
Babylon, ein Grammatifer aus der Zeit vor Di—
dymos, don deſſen Schriften bei Athenaios ge:
nannt find zwumdovuere, abuumre Ibrourrjwere
und moüg ror Piiloowagarv.
Herodöros, 'Iloödweog, aus Herafleia am
Pontos, jebt nachgewiejen als ein dem Herodot
vorausgegangener Gejchichtichreiber um 500 v. E.,
alſo einer der ſ. g. Logographen. Aristot. h. a.
6,5. 9, 12. Plut. Thes. 26. Er verfahte r& xa#’
"Hoarıka in wenigjtens 17 Büchern, * Zweifel
eine Hauptſammlung der herakleiſchen Sagen, und
A0yorcuriuci. Sammlung der erhaltenen Bruch:
jtüde von Müller, fragm. hist. Graec. II p. 27 ff.
— Ein gleihnamiger Grammatifer aus der Zeit
des Laligula wird in Anführungen der Späteren
zuweilen mit ihm verwechjelt.
Herodötos, "Hoddorog. Unter allen, welche in
der griechifchen Litteraturgejchichte diefen Namen
führen, ift der berühmtejte der befannte Gejchicht-
ichreiber, der Bater der Geſchichte genannt
(Cie, legqg. 1,1, 5). Seine näheren Yebensverhält-
niffe find wenig befannt und zum Teil jagenhaft.
Er war geboren zu Halifarnafjos in Karien zwi—
ichen 490—480 v. E. und gehörte durch jeine Ab—
ftammung einer der angejehenen Familien diejer
Stadt an. Sein Vater wird Lyras genannt, feine
Mutter Dryo oder Nhoio, jein Bruder Theodoros;
unter jeinen Verwandten findet ſich auch der epiiche
Dichter Panyaſis, welcher durch Lygdamis, den
Tyrannen jeiner Vaterſtadt, das Yeben verlor.
Über die Jugendbildung des H. fehlen uns alle
Herodikos — Herodotos.
Nachrichten. Daß er mit dem Studium der älteren
Dichter, namentlich des Homer, begonnen, über:
haupt eine genaue Kenntnis der griechiichen Dichter
beſeſſen bat, fich dann die Kenntnis der Periegeten
und Logographen angeeignet haben mag, it aus
verichiedenen Gründen mehr als wahrſcheinlich,
obſchon Dahlmanı zu erweijen verjucht hat, daß
er außer SDelataios feinen Logographen benußt
habe. Auch jeine Reiſeluſt ſcheint jchon frühe er:
wacht zu fein, die durch den Aufenthalt in einer
durch Handel blühenden Seejtadt leicht erregt wer:
den fonnte, wenn nicht vielleicht politiiche Rück—
fihten hier mitwirften. Nach einer Notiz bei
Suidas hätte nämlich der Tyrann Lygdamis den
9. zu einer Auswanderung nach Samos genötigt,
wo er jein Werf ausgearbeitet habe; von da jei
er wieder nach Halifarnafjos zurüdgefehrt, habe
zur Vertreibung des Lygdamis mitgewirkt und jei
dann, von feinen Mitbürgern mit Neid und Miß—
gunft verfolgt, nad) Thurioi in Italien aus:
gewandert. In diefer Nachricht ift wohl ver:
ichiedenes durcheinander getvorfen. Jedesfalls aber
fallen in die Zeit feiner Jugend die ausgedehnten
See: und Landreifen (wahricheinlich 6), welche er
nach Aſien und Afrika, zunächſt nad Ägypten,
unternahm, ferner nach den Inſeln, Küſtenſtrecken
und Seehäfen von Kleinaſien und Griechenland.
Bol. Hermes, Bd. 6 ©. 392 — 486. Eine Über:
fiedelung von Samos nad) dem Feitlande, zunächit
wohl nach Athen, von wo aus er jpäter nad
Stalien zog, mag ihn auch mit dem Innern
Sriechenlands innerhalb und außerhalb des Pelo—
ponnes befannt gemacht haben; auch in dem jüd-
lihen Italien und Sicilien jcheint er umbergereift
zu jein. Er gedenft in feinem Geichichtswerte
öfter diefer Reifen und beruft fich zur Bekräftigung
jeiner Erzählung auf das an Ort und Stelle jelbit
Geſehene oder Gehörte, doch gewöhnlich mur ge:
legentlich, jo daß die folge der einzelnen Reifen
und die Zeit des Aufenthalts in den einzelnen Orten
genau zu beftimmen nicht möglich ift. Sie waren
aber ohne Zweifel jehr ausgedehnt und erjtredten
fich faft über alle, den Hellenen nur einigermaßen
ugänglihen Orte. Einen Hauptpunkt in den:
Fetben bildet das Wunderland Agupten, das er
bis zu den äuferften Grenzen im Süden durch—
wandert, genau beobachtet und getreu geichildert
hat. Vor dem 3. 456 ſcheint H. von jeinen fer:
nen Wanderungen nach Griechenland, nadı Samos
oder Athen, zurückgekehrt zu fein, beichäftigt, das
gejammelte Material zu dem Werfe zu verarbei-
ten, welches wir noch bejißen, wenn es auch
damals noch nicht in der Geftalt, wie es jept
vorliegt, und bis zu dem Ende zuftande gefom-
men H. Jedesfalls find aber einzelne Teile des
Ganzen, namentlich die, welche Ajien und den
Orient angehen, in jener Periode ausgearbeitet
Kirchhoff hat die Anficht aufgeftellt, daß H. dei
erften Teil bis 3, 119 bereits 445—443 in Athen
geichrieben habe) und im die vorliegende Form
gebracht worden. Wuch scheint er bei jeinen
Wanderungen durd; das hellenische Mutterland
den zeitweiligen Aufenthalt an bedeutenden Orten
dazu benutzt zu haben, einzelne von ihm aus:
arbeitete Abjchnitte und Teile einem Kreiſe, der
ih um ihn gejammelt hatte, öffentlich vorzuleſen.
Eine fotdee —*2 ſoll bei den olympiſchen
Feſtſpielen vor den verſammelten Hellenen ſtatt—
Herodotos.
gefunden haben; eine Erzählung, die, obgleich aus:
geſchmückt, doch darum in ihrem eigentlichen Kerne
als eine Thatſache beftchen kann. Noch andere
Borlefungen werden von alten Schriftftellern er:
wähnt; ſo eine zu Athen, eine andere zu Korinth
und eine dritte zu Theben. Für die Vorlejung
in Atben joll er nach Plutarch auf Antrag des
Staatsmannes Anytos eine Belohnung von 10 Ta:
lenten aus der Staatskaſſe erhalten haben. Einer
ſolchen Vorleſung joll Thulydides als Knabe bei-
gewohnt haben und jo ergriffen worden jein, daß
er Thränen vergofien und den Entichluß gefaßt
habe, ſich ebenfalls der Gejchichtichreibung zu wid:
men. Auf einen längeren Aufenthalt des 9. in
Athen läßt der Umftand ichließen, daß er an dem
Zuge teilnahm, der von dort aus im J. 444 nad)
Italien abging, um Thurioi zu gründen. Auf
alle Fälle hat er in Thurioi ſich längere Zeit auf:
gehalten, fich auch dort unabläijlig mit der Aus—
führung jeiner Gejchichte bejchäftigt. Im Herbſt
431 fehrte er nach Athen zurüd und förderte hier
das Wert; dann jcheinen politifche Verhältniffe
einen hemmenden Einfluß geübt zu haben. 429/28
gedieh die Arbeit bis zu dem Anfang des neunten
Buches, deſſen Reſte wohl 428 fertig wurden,
ſchließlich blieb fie ganz liegen. „Das ganze groß:
artig angelegte Werk blieb ein Torſo.“ Gejtorben
ift er um 424. Die neuefte Behandlung der Frage
iit die von Bauer (die Entſtehnng des herodotiichen
Geſchichtswerks, 1878; Herodots Biographie, 1878),
der mehr jcharflinnig als überzeugend zu beweilen
verjucht, daß Herodot zu verichiedenen Zeiten eine
Anzahl von unabhängigen Aoyoı gejchrieben und
dieje jchliehlich teils in Thurioi teils im Athen zu
einem zufammenhängenden Werte redigiert habe,
wobei jedoch zahlreihe Spuren der eriten Redak—
tion zurücdgeblieben feien., Zu den älteften Be:
ftandteilen des Werfes gehöre die Gejchichte des
Kerreszuges, zu den fpäteften die Schilderung
Agyptens. Sol Kirchhoff, die Entſtehungszeit des
herod. Geſchichtswerls (2. Aufl. 1878), und Hachez,
de Herodoti itineribus et scriptis, der für die
Abfaffung fogar 6 verfchiedene Zeiträume au—
nimmt. — Das Gejchichtswerf des H. in 9 Bücher,
jedes mit dem Namen einer Mufe bezeichnet, von
alerandriniichen Kritifern abgeteilt, iſt die erjte
bedeutende Ericheinung der Geſchichtſchreibung, die
wir fennen. 9. hat nicht mehr, wie die ſogenann—
ten Logographen (j. d.), die Geſchichte einer Stadt
oder eines Stammes geichrieben, jondern viele
verjchiedene Thaten aus Europa und Afien in eine
— —— hiſtoriſche Darſtellung gebracht.
r beginnt bei den Königen der Lyder und geht
bis auf die Perferkriege; er umfaßt alle hervor:
ragenden Thaten, welche in diefen 240 Jahren von
Hellenen und Barbaren vollbracht find. So charaf:
terifiert ihn Dionys von Halikarnaſſos. Gegen:
ftand und Anhalt machen das Werk zu einem
wahrhaft nationalen. Denn e3 joll zunächſt dar-
ftellen den Kampf zwiſchen Europa und Aſien,
dejien letzter Alt die in den Werjerfriegen er:
rungene freiheit Griechenlands ift. Diele Auf:
abe bildet den Mittelpunft des in fo viele Epi-
En und Digrejfionen ausjchweifenden Wertes,
in welches der Verfaſſer zugleich alles mit auf:
genommen hat, was er auf jeinen Wanderungen
über die Zuſtände der verichiedenen Länder und
Gegenden, über deren Geichichte und Merkwürdig—
533
feiten zu erfahren imftande geweſen ift. Auf dieje
Weiſe liegt dem ganzen Werfe eine innere Ein:
heit zu Grunde, die man gewiffermafen als eine
epijche bezeichnen kann, welche an die Zeit er-
innert, in welcher die ungebundene Rede der Proja
aus der epijchen Ausdrucksweiſe hervorgegangen
ift. Daneben aber ift nicht minder eine religidje
Anfiht (. 8. Hoffmeifter, die religiöje Weltan-
ichauung des Herodot, 1832) bemerkbar, die ebenjo
jehr den Kern des Ganzen bildet und 9. von
allen späteren SHiftorifern Griechenlands unter:
icheidet. Es ift dies der Glaube an eine über:
finnlihe Ordnung der Dinge, die, aufer der
Natur und dem Menjchen liegend, einem jeden feine
Beitimmung angewieſen und eine beftimmte Grenze
gejeßt hat, die er nicht überjchreiten fann, ohne
dDieje ewige Ordnung der Dinge zu ftören und
dadurch fich jelbit ins Unglüd zu ftürzen. Dieje
ewige Ordnung ericheint ihm als die Gerechtig—
feit (vEuecıg), die alles im Gleichgewichte erhält,
jedem das Seine zuweiſt und jeden innerhalb der
gejepten Schranken hält. So wird die Gottheit
(td @cior) zu einer Berwalterin der jittlihen Welt:
ordnung. In diefem Sinne hat man es auch auf:
zunehmen, wenn 9. von einem Neide (piorog)
der Gottheit fpricht und dieſe als ein neid-
erfülltes Wejen bezeichnet. Einen Fortſchritt
gegen die Vorgänger bezeichnet auch die von 9.
angewendete Kritif, indem er aus den verichiede-
nen Berichten den zuverläffigften hervorhebt oder
wenigjtens dem Leſer die Enticheidung überläßt.
AS feine Quellen nennt er Öpıs, yraun und
iron. Das Wert, im ionifchen Dialekte gejchrie-
ben, umfaßt einen Zeitraum von etwa 300 Jahren,
von den Zeiten des Königs Gyges an bis auf
die Schlacht bei Mykale, 479 v. ©: die Gejchichte
der Perierfriege ift am ausführlichiten behandelt.
Man hat bisweilen die Glaubhaftigfeit des 9. in
Zweifel gezogen, allein mit Abficht hat er gewiß;
nie täuschen wollen. Allerdings bilden den Grund—
ftod feiner Erzählungen über den Orient ausführ:
liche Geſchichten jagenhaften Charakters, die teils
dem Boltsmunde entnommen, teils jehr deutlich
von griechiicher Spekulation und Kombination be:
einflußt find. Auch feine Chronologie ift nicht
immer zuverläffig. Aber er hat uns manche wich:
tige authentiiche Nachricht erhalten und ift im
jenen auf Autopfie beruhenden Angaben gewiß
laubwürdig. Wo er Faliches und Ungenaues
agt, ift er jelbit im Irrtum gemwejen und falich
berichtet worden, und vieles, was man chedem
—* Fabel hielt, haben neuere und genaue Unter—
uchungen der Reiſenden als richtig befunden. Val.
F. E. Dahlmann, Herodot, aus I Buche j. Leben
(1823). — Ausgg. von H. Stephanus (1570 und
1592), Baldenaer und Wefjeling (1763), Schweig-
häufer, mit einem lexicon Herodoteum (1816),
Bähr (2. Aufl. 1856 ff., die Hauptausgabe für die
jachlihe Erklärung), H. Stein (186971). Schul:
ausgg. von Krüger (1855 ff., einige Hefte in 2. Aufl.),
Abicht (3. Aufl. 1874— 82; 1. Bd. 4. Aufl. 1884)
und Stein (5. Aufl. 1883 ff). Tertausgg. von
Stallbaum, Matthiä, 3. Bekker, Dietich (2. Aufl.
1884), Balm, Abicht, Stein (1884), Holder (2 Bbdd.
1886 ff.). Lateiniſche Überjeßung von Lor. Valla,
deutiche von Lange (2. Aufl. 1824), von Stein
(1875) u. a., engliiche mit gelehrtem Kommentar
von Rawlinſon (1858 ff.). — Außer dem SHiftorifer
534
werden noch erwähnt: 1) ein von Pindar in der
erjten iſthmiſchen Ode gepriefener Sieger aus The:
ben; — 2) ein olympijcher * „von Pauſanias
(6, 19) genannt; — 3) ein Bildhauer, Zeitgenoſſe
des Prariteles; — 4) ein gelehrter Arzt aus Tar:
fo8, Lehrer des S Empiricus; — 5) ein
unter Hadrian in Rom lebender Arzt, welcher in
großem Anfehen ftand.
eron, "Hgwor, ein in den mathematiſch—
mechanischen Wiffenichaften ausgezeichneter Aleran-
driner um die Mitte des 3. Sabrhunderts v. C.
unter Ptolemaios Philadelphos und Ptol. Euer:
geteh, von dem wir mur noch einige Schriften
efigen, wie die mrevuarınd d. i. von den Drud-
werfen, zeol wbroueroromtrör d. i. bon der
Verfertigung der Automate u. a. Andere auf die
Mechanik und Optik bezüglihe Schriften find
verloren. Ausgabe von —3304 (1864). — Ein
weiter Mathematiker diejes Namens, Lehrer des
roflos, fällt in das 5. Jahrhundert n. E.; ein
dritter erjt in das 7., ja vielleicht noch fpäter.
Heroopölis, ‘'Hooo» zölıs, Bitum oder Thufu
(im 9. T. Pithom oder Suftoth), j. Tell el-Mas:
chuta, Stadt in Unterägupten, im öftlichen Teil
des Wadi Tumilat, nicht weit von der Einmün—
dung des Trajansfanals in den Timjahjee. Nach
H. dig der weſtliche Arm des Arabiſchen Meer—
buſens, der übrigens damals weiter nach N. reichte,
sinus Heroopoliticus (j. Golf von Suez). Die
Landſchaft Gojen (mit der Stadt Koſem, Daxovee,
j. Fafus), in welcher fich die Niraeliten 400 Jahre
aufhielten, lag zwiſchen H, Tanis und Bubaftis.
Strab. 16, 759. 767. 17, 803 ff. Arr. 3, 5, 4.
7, 20, 8.
Herophilos, "Hoögpılos, ein ausgezeichneter
riechifcher Arzt aus Chalkedon in Bithynien,
Schüler des Praragoras von Kos, Anhänger des
Hippofrates, defien Schriften er fommentierte, lebte
zu Mlerandreia unter Alexander dem Gr. und den
erften Ptolemaiern. Er erwarb fih um die Ana:
tomie jehr große Berdienfte, hatte ungemein viele
Schüler und fchrieb über verichiedene Zweige der
Medizin, wovon und manches durch Galen u. a.
befannt iſt, ſonſt jedoch nur Bruchjtüde A uns
gefommen find. Er gab viel auf die Erfahrung
und ftellte zuerft eine Pulslehre auf; die empi-
riſche Schule wurde aber erft von einigen jeiner
Schüler gegründet.
Heros, Joos, der Held. Der Grieche verftand
unter den Hercen, den Helden der Vorzeit, Ideal—
bilder menschlicher Kraft und ritterlicher Geſin—
nung; fie waren ihm die Repräjentanten des Bolfes
aus alter Zeit, die Vermittler zwijchen dem Bolt
und feinen Göttern, welche, von den Göttern ent-
iproffen, die Wohlthäter ihres Geſchlechts, die
Gründer ihrer Städte und Staaten und der ge:
ſetzlichen Ordnung waren und wegen ihrer gött-
lihen Abſtammung und ihrer Großthaten nach
dem Tode von den Göttern ein vor den gewöhn—
lihen Sterblidyen ausgezeichnetes Los und don
den Menichen Verehrung erlangten. Die Herven
find weder rein hiftorisch al3 gewöhnliche Menichen,
noch rein ſymboliſch als blohe Begriffe zu fallen;
es jind Idealmenſchen, von der poetifierenden Sage
der AZufälligfeit und Beſchränktheit des gewöhn—
lichen Lebens enthoben und zu plaftiich jchönen
Andividualitäten verflärt. Manche von ihnen find
bloße Gebilde der Phantafie ohne hiſtoriſche Grund:
Heron — Herostratos.
lage, wie bejonders die jog. arlsraı oder olxıorad,
Stifter und Ahnherren von Städten, von Junungen
(3. B. Byzas, Gründer von Byzanz, Daidalos);
andere mögen wirklich) hiſtoriſche — ſein,
aber durch die Sagen den Schranken der hiſtoriſchen
Welt entrückt, wie die meiſten trojaniſchen Helden;
wieder andere ſind aus Göttern Heroen geworden,
wie Trophonios, oder repräjentieren wenigitens
als verjelbftändigte Perſonen eine Seite irgend
eines Gottes. Bei Homer ift faft nur von Herven
die Rede; jeder ritterliche, ehrenhafte, freie Mann
hat bei ihm den Namen Heros (()d.2, 15. 8, 483.
Tl. 2, 110); bejonders aber heißen jo die Fürften
und Mitglieder der edlen Gejchlechter, welche ihren
Urjprung von irgend einem Gotte ableiten (dio-
yervsig, entgegengejeht den dr£geg drjuonv); fie find
nur durch größere örperfraft den übrigen Menichen
überlegen; nur einzelne von ihnen, Lieblinge der
Götter, wie Menelaos und Rhadamanthys, find
dem Tode überhoben und gehen lebendigen Leibes
u feligem Leben ins Elyfion ein. Bon göttliher
erehrung aber finden jich erft bei Sehlod und
ben folgenden Epitern Spuren. Heſiod (opp. et
dd. 156 ff.) nennt zuerjt die Heroen Halbgötter
(nuldeoı, Homer nur II. 12, 23), jenes Gejchlecht
der Kämpfer vor Theben und Troja, ausgezeichnet
durch Gerechtigteit, Stärke und Heldenmut; nach
dem Tode leben fie gejchieden von den andern
Menſchen auf den Inſeln der Seligen. Bei Pindar
ftehen die Herven als übermenjchliche Wejen in
der Mitte zwijchen Menſchen und Göttern und
find Gegenftand religiöjer Verehrung. Der Kultus
derjelben jchloß fich vornehmlich an ihre Gräber
(nose) an, doch baute man ihnen mit der an
auch Tempel und Altäre an Orten, die ihren Grä—
bern fern lagen; bei den meiften aber war der
Kultus einzelner nur an einzelne Gegenden ge—
fnüpft. Gcheimes jegnendes Wirken der Herden
ald der Öalnores Emıyagıwı aus der Tiefe des
Grabes herauf, Ericheinungen bderjelben an ihren
Gräbern jowie in Schlachten und jonftigen Ge—
fahren, wo fie rettende Hülfe leiften (wie Theſeus
bei Marathon), bezeugen den Berehrern noch ihre
jtete Wirfjamfeit und Teilnahme. Der Kultus
beftand in einer eigentümlichen Art von Opfern,
die ih von den den Göttern dargebradhten Opfern
völlig unterfchieden; es waren Totenopfer (fra-
ylouera), deren Hauptbejtandteil eine Spende aus
Honig, Wein, Wafler, OL, Milh war. Dieje
Spenden (go«d) wurden bei einer &sydg« (Opfer:
herd) am Grabe des Heros in eine wejtlich vom
Grabe gemachte Grube gegofjen, indem man fich
mit dem Gejichte nach jten, der Gegend der
Finfternis und der Unterwelt, fehrte. Wenn dem
Heros Tiere geopfert wurden, jo lich man das
Blut in die Grube fließen und verbrammte das
Fleiſch. — In ſpäterer griechijcher Zeit wurden
auch hiftoriiche Berfonen zu Heroen erhoben, wie
Harmodios und Ariftogeiton und Brafidas, ja man
nannte jogar zulegt jeden Toten einen Seros, für
uaxapirng.
Herosträtos, 'Hodorgarog, aus Ephejos, der
berüchtigte Zerjtörer des jchönen Tempels der Ar—
temis zu Ephejos, den er, wie die Überlieferung
jagt, in derjelben Nacht, in der Alexander der Sr,
(356 v. €.) geboren ward, einäjcherte, jo daß mur
die Mauern und viele Säulen erhalten blieben.
Her. jand dafür einen graufamen Tod, aber der
Herse —
Beſchluß der ioniſchen Städte, feinen Namen, den
er bloß dadurch auf die Nachwelt hatte bringen
wollen, zur ewigen Bergefienheit zu verurteilen,
ift nicht in Erfüllung gegangen: Theopompos hat
ihn erhalten. Strab. 14, 640. Plut. Alex.3. Val.
Max. 8, 14. ext. 5. Gell. 2, 6.
Herse j. Kekrops.
Herüli, auch Eruli, "Egovior, "Egovkor, ger:
manifches Volk, wohnten urjprünglih in den
Steppengegenden am Schwarzen Meer und an der
Donau, waren als leichtbewaffnete Krieger ausge:
zeichnet und dienten nicht nur für Sold ihren ger:
maniſchen Yandsleuten, jondern jelbjt den Römern.
Zuerſt werden fie unter den Kaiſern Gallienus
und Claudius ald Bundesgenofien der Goten ge:
nannt, deren König Hermanrich fie fich jpäter
unterwarf. Auch am Rhein fommen jie bald darauf
vor, lafjen ficy dort nieder und dienen den Römern
jogar als Hülfstruppen, wie fie auch zur See um:
heritreifen (Amm. Marc. 20, 1. 27,1. 8) und jpäter
jih den Hunnen anichliegen. Sie ericheinen dem—
nad) als ein unſtetes Nomadenvolt ohne feſte
Wohnſitze, bis der Rugier Odoafer, dem jidy der
größte Teil der Heruler anſchloß, das wejtrömijche
Kaiſerreich vernichtet (476 n. E.) und fi zum
Könige von talien macht, nachdem fie bereits
nach dem, Zerfallen des Hunnenreichs fich an der
Donau fejtgejegt und mehrere deutjche Stämme
fich unterworfen hatten. Jedoch von diefen Stäm:
men empörten fich die Yangobarden, bejiegten die
Heruler und zerftreuten fie, jo daß ein Teil Auf:
‚nahme in Bannonien juchen mußte (512) und den
Oſtrömern zinsbar wurde. Aber unruhig, wie fie
waren, lehnten jie ſich auch hier bald auf. Ein
Teil kämpfte gegen das oſtrömiſche Reich, während
ein anderer ihm treu blieb und gegen die Dftgoten
in Italien unter Belifar ftritt. Überall zeichneten
fie ſich durch Mut und ungeftüme Tapferfeit aus,
aber auch durch ſchreckliche Verheerungsſucht und
HYügellofigfeit. Roh von Sitten, blieben fie unter
allen deutichen Völkern am längiten dem Heidentum
treu. Nad) dem Jahre 530 verichwinden fie gänz—
li) aus der Gejchichte.
esiödos, 'Holodos, epiicher Dichter des aioli-
ihen Stammes, der nad) der herrichenden Anficht
des Altertums entweder gleichzeitig mit Homer
oder noch vor demjelben gelebt haben follte, deſſen
Zeitalter aber jedesfalls um 100 Jahre nad) Homer,
etwa um den Anfang der Olympiaden, anzuſetzen
ift. Von jeinen Lebensverhältniffen wiſſen wir
aus jeinen eigenen Mitteilungen einiges. Sein
Bater Dios war aus dem aioliichen Kyme in die
frühere Heimat der Aioler, nad) Boiotien, in das
am Helifon gelegene Aifra gezogen (opp. et dd. 635),
wo Hefiod geboren ward und lebte und dichtete,
bis der Streit mit jeinem Bruder Perſes ihm die
Heimat verleidete. Er jcheint jih in Naupaftos
niedergelafien zu haben, in Oineon joll er ermordet
worden jein; jeine Gebeine aber jollen nad) dem
boiotiſchen Orchomenos gebracht wordeit jein, wohin
die Aſtraier nach der Zerftörung ihrer Stadt durd)
die Theipier übergefiedelt waren. Durch den am
Helikon verbreiteten Mujendienft und durch den
Verkehr feines Baterlandes mit den afiatischen
Aiolern, bei denen jchon längere Zeit die epiſche
Poeſie geblüht hatte, war Hefiod zur Dichtkunſt
angeregt worden; jeine Poeſie aber erhielt durch
das verichiedene Volksleben, in dem fie wurzelte,
535
fowie durch jeine eigentümlichen Yebensverhältnifie
einen von der homerischen Poeſie verichiedenen
Charakter. Während Homer, der Schöpfer des
ionijchen Heldenepos, in freier Phantaſie jich ſorg—
los an dem freudigen Leben der alten Heldenzeit
ergeßte, bildete Heliod, ein Hirte und Aderbauer,
aus einem gedrüdten, jorgenvollen Leben ſich em:
porringend, die ernite, refleftierende Gattung des
didaftijchen Epos von epiſch-religiöſem Charakter
aus. Unter jeinem Namen find erhalten: 1)’Eoy«
rail 'Huegar, Opera et dies, ein Gedicht, das
die Boioter I das einzige echte Werf des Hejiod
hielten. Heſiod war nach dem Tode jeines Vaters
bei der Teilung des Erbes von feinem jüngeren
Bruder Perjes, der die Richter beftochen, übervor:
teilt worden, und als nun Berjes nach Verſchwen—
dung feines Vermögens dem Bruder durch einen
neuen Prozeh feinen Teil entziehen wollte, ver:
faßte Hejiod das genannte Gedicht. Nachdem er in
dem eriten Teile den Bruder von feinem unge:
rechten Vorhaben abzubringen gejucht und ermahnt
hat, durch Arbeit ſich Vermögen zu erwerben,
gibt er ihm von V. 383 an Öfonomijche Lehren
über Aderbau, Schiffahrt, Haushalt u. dgl. Den
Schluß des Ganzen bilden die u£gee, in denen
man eine Art Bauernfalender zu finden geglaubt
hat. Das Ganze ift dDurchwebt mit Mythen, Fabeln,
Schilderungen und Sentenzen. Obgleich das Ge-
dicht einen geringen fünjtlerifchen Wert hat, indem
die einzelnen Teile loje und ohne beiondere Kunjt
der Kompojition miteinander verbunden, auch durch
Einfügung vieler ethiichen Sprüche, zum Teil in
alphabetiicher Ordnung (wie bejonders Lehrs er-
faunte), interpoliert find, wurde es doch von den
Alten wegen feines jittlihen Inhalts hoch gehal-
ten und von den Mlerandrinern philologiich be:
handelt. Ausgg. von Spohn (1819), Bollbehr
(1844) und Lennep (1847). Bgl. Lehrs, quaestt.
epicae (1837), und Steig, Hei. Werke und Tage,
nach ihrer Kompofition geprüft und erklärt (1869).
— 2) Qzoyord«a, der erjte Verſuch, die verwir:
rende Mannigfaltigkeit der an den verjchiedenen
Orten Griechenlands entitandenen Götterſagen in
Zuſammenhang zu bringen, die VBorftellungen von
der Entjtehung der Welt und der Götter, von dem
Nang und der Berwandtichaft derjelben in ein
Syſtem zu ordnen und miteinander zu vereinigen
und auszugleichen. Das frühere Altertum hat die
Theogonie als echtes Werf anerkannt, erit Pauſa—
nias ſpricht fie Heſiod ab, allein auf die Tradition
der Tempelführer am Helikon fich jtügend. Auch
unter den Neneren jind viele geneigt den Verfafler
bon dem aſkraiiſchen Dichter zu trennen, indem
man auf die Verichiedenheit des Tones und der
Behandlung, auf Abweichungen im Dialeft (ein:
zelne delphiiche Formen) und in der Behandlung
einzelner Mythen hinweiſt. Man hat fie in die
Zeit der Fälihungen unter Beiliftratos geſetzt oder
auc als ein Aggregat ſehr verichiedenartiger Be—
ftandteile betrachtet, was für einzelne Partien
auch nicht bezweifelt werden darf. Die neuere
Kritik hat die verfchiedenften Beriuche an dem Werte
gemacht und die abenteuerlichjten Vermutungen auf-
eitellt, die Bernhardy, Grundr. d. Griech. Litt. 11
& 302, forgfältig regiftriert. Musgg. von Wolf
(1783), Lennep (1843), Gerhard (1856), Welder
(1865) und Flach (1875). — 3) Aonig 'Hou-
|#»A&ovg, Scutum Herculis, ein kleines Gedicht,
Hesiodos.
—
536
welches den Kampf des Herakles im pagaſaiiſchen
Haine des Apollon mit Kyfnos, dem Sohne des
Ares, behandelt, defjen Hauptteil jedoch eine Be:
ichreibung des Schildes des Herafles nach dem
Mufter des homeriſchen Schildes des Achilleus
bildet. Doc ift dieſe Beſchreibung imjofern von
der homeriſchen verjchieden, als fie Nüdjicht auf
vorhandene Kunſtwerke nimmt, während die Bild:
werte auf dem Schilde des Achilleus reine Phan—
tajiegebilde find. Die Entjtehung des Gedichtes
fällt in jpätere Zeit; jchon Ariftoteles erklärte es
für nichthejiodeiih. Ausgg. von Heinrich (1802),
mit Wolfs Kommentar von Ranke (1840) und van
Lennep (1854). — Ein verlorenes hejiodeisches Ge—
dicht war der Kardkoyog yuraaov in drei
Büchern, ein genealogijches Gedicht, das von den
Liebeshändeln der Götter mit jterblichen Frauen
ausging. Von einem jüngeren Dichter rührten
die — — 'Holaı her, ein Gedicht, welches
die Abjtammung und Thaten berühmter Heroen
behandelte, indem es bei der Zujammenftellung der:
jelben an die Namen der Heldenfrauen antnüpfte,
mit denen die Götter jene Helden erzeugt hatten.
Das Verhältnis beider Gedichte zu einander ift
dunfel; wahricheinlih waren des gemeinfamen
Inhalts wegen beide jpäter zu einem Ganzen ver:
einigt. Ferner wurden dem Heſiod zugejchrieben
die verloren gegangenen Epen Melaumoöide,
Alyiurog, Krvrog yduos, ein Imidalduor
eig Inka nal Okrıv, Onolwug &lg Ardov nard-
«cıs und das Spruchgedicht Xeipwvog ümohijaaı,
ſogar eine Ogridonurrei«. Vgl. die gründliche
Schrift von Mardijcheffel: Hesiodi, Eumeli, Cinae-
thonis, Asii et carminis Naupaectii fragmenta
(1840). Kinkel, ep. Graec. fragm. I p. 78ff. —
Geſamtausgg. von Heinfius (1603 und 1613),
Grävius (1667), Lösner (1778), Gaisford (1814),
Höttling (3. Aufl. von Flach, 1878), Köchly und
Kintel (1. Bd. 1870); Tertausgg. von X. Dindorf
(1835), Schömann (1869), Köchly (1870), Flach
(1878) und Rzach (1584). Verſuch einer Zerlegung
der Gedichte in ihre Teile und einer ——
auf ihre urſprüngliche Form von Fick, Heſiods
Gedichte (1887).
Hesiöne ſ. Aiakos und Herakles, 8. 11.
Hesperia j. Hispania und Italia, 1.
Hesperiden und Hesperidenäpfel j. Atlas
und Herakles, 10.
Hesperium promunturfum, 'Eortoov äxo«
oder xegag, Vorgebirge an der Weftküfte Afrikas,
j. Kap Verde. Vielfach ließen die Alten mit dem:
jelben die Südküſte jenes Erdteils beginnen; nur
Hanno von Karthago ift unzweifelhaft weiter nach
Süden vorgedrungen. — Unter den Inſeln der
Hejperiden find bald die Kanarijchen Inſeln
(insulae fortunatae) und die Madeiragruppe (ins.
purpurariae, wegen der Rurpurfärbereien jo ge:
nannt), bald die Napverdiichen Inſeln gemeint.
Strab. 3, 150. Plin. 6, 36 f. Mela 3, 10.
Hestia, 'Eorie, /ordn (mit Digamma), Vesta,
Tochter des Kronos und der Rhea (Hesiod.
theog. 455), Schweiter des Zeus, die Göttin des
häuslichen Herdes. Bojeidon und Apollon warben
um ihre Ehe, aber fie ſchwur einen heiligen Eid,
Dafür verlieh ihr
Zeus die Ehre, daß fie auf jedem Herde als
ichügende Göttin verehrt werde; auch in den Ba:
läften der Götter war dies ihr heiliger Sig, und
allezeit Jungfrau zu bleiben.
Hesione — Hestia.
da man den Göttern auf dem Herde opferte, jo
brachte man ihr als der Vorfteherin des Opfers
beim Opferſchmauſe zu Anfang und zu Ende heilige
Spenden und verehrte fie in den Tempeln der
andern Götter. Darum wurde fie auch zugleich
mit Hermes, dem Erfinder des Opfers, verehrt.
Da der Herd als der Mittelpunkt des Haufes und
der Vereinigungsort der Familie galt. jo war
Heftia die Schüßerin der häuslichen Eintracht, des
Friedens und des Segens und ward als joldhe
zugleich mit Zeus angerufen. Hom. hymn. 4 in
Ven. 22—32. hymn. 24 und 29 in Vestam. Flücdht:
linge und Berfolgte juchten Schuß an dem Herde;
deshalb war Heftia die Göttin der Schußflehenden,
und da man bei dem Herde und dem gaftlichen
Tische des Zeus ſchwur (Hom. Od. 14, 159, 17, 156.
19, 302), war fie nebſt Zeus Schirmerin des Eides.
Stadt: und Staatögemeinden wurden angejchen
als größere familien, welche ihren gemeinjchaft:
lichen Herd und Mittelpunkt in den Prytaneien
hatten; darum hatte die Göttin ald mevrarirıs
in diejen ihr bejonderes Heiligtum (Hdlauog) mit
ihrem Standbilde und einem Herde, auf weldyem
ihr ein ewiges Teuer bon unvdermählten Frauen
unterhalten wurde. Das unauslöfchlich brennende
euer des heimatlihen Stadtherdes verpflanzten
die ausziehenden toloniften in ihren neuen Wohn:
ort. So iſt fie das Sinnbild bürgerlicher Eintracht,
gemeinfamen Wohnfiges und gemeinjfamer Gottes-
berehrung. Bejondere Tempel hatte die Göttin
wegen ihrer Verehrung in den Prytaneien wenige.
Geopfert wurden ihr einjährige Kühe, junge Saat, .
die Erftlinge der Früchte, Spenden von Waffer,
Wein und DI. Statuen von ihr waren jelten;
jie ward dargejtellt als ernſtes erhabenes Weib
mit Haren, einfachen Zügen. — Ber Homer wird
Heſtia ald Göttin nicht erwähnt, und man ift in
‚Zweifel, ob ihre Verehrung erft nad) jeiner Zeit
aufgefommen tft, oder ob fie, wie manche behaup:
ten, eine uralte Gottheit jei, deren aber Homer
zufällig nicht gedacht habe. Auf dieſem Zweifel
beruht auch die doppelte Annahme, daß Heitia das
ältefte oder daß fie das lüngfie von den Kindern
des Kronos gewejen jei. pätere Myſtiker und
Bhilojophen machten fie zu dem Herde des Uni:
verjums, dem Gentralfeuer der Welt, und ver:
mengten fie mit andern myſtiſchen Gottheiten,
Kybele, Gaia, Demeter. — Die römische
war gleich der Hejtia die Göttin des häuslichen
Herdes und Herdfeuers und wurde gemeinjam mit
den Laren und Penaten in jedem Hauſe verehrt.
Ihr Hauptdienft war aber der Öffentliche in dem
Veſta-Heiligtum, einem von einer Säulenhalle um:
gebenen, etwa 20 tiefen Rundtempel am forum,
an dem alten Königshaufe (Regia), das für den
Mittelpunkt der Stadt galt, und Worin nach der
Ktönigszeit der Pontifex Maximus, dem die Auf:
fiht über den Dienft oblag, wohnte. In dem
— wurde der Göttin von 6 Priefterinnen,
estales, Bejtalinnen (Liv. 1, 20), ein ‚ewiges
Feuer unterhalten, das am 1. März jedes Jahres
auf eine uns unbelannte Weije erneuert ward.
Diejes Feuer war gleihjam das Bild der Göttin,
eine Bildjäule war nicht in dem Tempel (Or.
fast. 6, 291); dagegen glaubte man, daß fich die
Penaten des Staates in demjelben befänden, aber
nur dem Bontifer Marimus und den Bejtalinnen
befannt wären. Die Beftalinnen, welche in dem
esta!
[57
—
Hestiaiotis — "Erauolaı.
neben der Regia gelegenen, in den lebten Jahren
durch Ausgrabungen au das Tageslicht gekomme—
nen jog. atrium Vestae wohnten, hatten mit der
größten Gewiſſenhaftigkeit ihren Dienjt zu verjehen;
erlojch das Teuer, was als ein großes Unglüd
des Staates angejehen ward, jo wurde die jhuldige
Priejterin von dem Bontifer Mar. gegeißelt, das
euer aber wurde dur Brennipiegel oder durch
Bohren oder Reiben von Brettern wieder ange:
zündet. Die Priefterinnen ftanden als geheiligte
Berjonen im höchjten Anjehen. Als Mädchen von
6—10 Jahren wurden fie für den Dienſt auser:
jehen, und dann mußten jie 30 Jahre in reinem
jungfräulihem Stande der reinen Göttin dienen,
worauf es ihnen erlaubt war, ins bürgerliche Leben
zurüczutreten und fich zu vermählen. Allein dies
geichah ſelten. Brady eine das Gelübde der Keuſch—
beit (Wergehen des incestus), jo wurde fie auf
dem Campus sceleratus lebendig begraben. —
Ein altes, auch von den Römern verehrtes Heilig:
tum der Veſta war zu Lavinium, der Mutterjtadt
der Latiner und der Homer. Dorthin jollte Aineias
das BVeftafeuer und die Penaten Trojas gebracht
haben. Wenn die römischen Konjuln und höheren
Beamten ihr Amt antraten, zogen fie nach Yavi:
nium, um dort im Bejtaheiligtume zu opfern. —
Jährlich am 9. Juni feierte man zu Rom die
Beitalien (Or. fast. 6, 249 ff.) mit Geremonien,
welche die Veſta als eine Göttin bezeichneten, die
die Familie mit dem täglichen Brote verjorgte.
Hestiaiötis, 'Eoriwörıg oder'loriamwörıg (lorı-
arrıg, Hdt. 1, 56), 1) Name einer der 4 thefla-
liihen Landſchaften (Tetradem), der weitlichite Teil
des Yandes, der im W. an Epeiros, im N. an
Makedonien, im D. an Belaigiotis, im ©. an
Theffaliotis grenzte. Es ift eine gebirgige Land—
ſchaft. Die Bewohner waren die —— He⸗
ftiaioten. Unter den Ortſchaften find bemerkens—
wert: Gomphoi, Grenzfeſtung gegen Epeiros und
von Cäſar zerſtört (Cues. b. c. 3, 80), ſüdöſtlich
davon Trilfa (j. Trikkala) am Lethaios, mit einem
uralten und berühmten Wiklepiostempel; Belin:
naion am Beneios; Metropolis; Athome,
von ihrer Yage „die klimmfelſige“, »Aıuarosso«
genannt, Oichalia, beide jchon von Homer ge-
nannt, desgleichen Olooijon, Mylai, Bhalan:
non u. a. — 2) Gebiet der euboiiichen Stadt
Heftiaia oder Hiftiaia. Hat. 7,175. 8,23. Sie
lag an der Norbdjeite der Anjel und wird jchon
von Homer (JI. 2, 537) genannt. 445 v. E. legten
die Athener eine Kolonie in Oreos (j. d.) an, mit
der fie die Bewohner des verlajjenen Hiftiaia ver:
einigten.
"Eorıdseıs, große Volksipeifungen in Athen,
die an gewiſſen Feittagen und bei Opfern jtatt:
fanden und von dem Theorifon beftritten wurden.
In der Zeit der Üntartung erreichten jie, in
Verbindung mit anderem auf die Zerftreuung und
Unterhaltung des Bolfes berechneten Aufwande,
eine Ausdehnung, welche den Staatsichaß erichöpfte.
— Die Eoriasıg ro» pvlstov (pulsrin& deinve)
war eine Leiturgie (vgl. Asıroveyla, 3).
Hesychios, 'Hovzios, 1) aus Alerandreia. Mit
diejem Namen iſt eine Sammlung von Glofien
und Namenserflärungen der griechiſchen Sprache
bezeichnet, deren Berfaffer unbelannt ift. Nach
Welders Meinung war Hei. ein Heide, lebte zu
Ende des 4. Jahrhunderts m. C. und verfahte auf
537
dem Grunde früherer Sloffographen, bejonders des
Diogenianos, jein Yerifon, welches, obwohl durd
Abjchreiber und Anterpolatoren jehr entitellt, dod)
ein ausgezeichnetes Denkmal griechiicher Lexikologie
und für das Verftändnis und die Kritif der grie:
chiſchen Dichter, Nedner und Hiftoriter von höchſter
Wichtigkeit ift. Wahrjcheinlicher ift, daß Hei. erit
im 5. Jahrhundert gelebt hat. Monographie von
K. F. Ranke (1831); Ausg. von Alberti und Ruhnken
(1746—66); die neueſte und beſte von Mor. Schmidt
(1857 ff. 4 Bdd.; Mleinere Ausg. 1864). — 2) aus
Milet, mit dem Beinamen Jlluftrius, im 6. Jahr:
hundert n. E., Verfaſſer eines für die Geſchichte
der griechiichen Yiteratur wichtigen litterarbifto:
riichen Lexikons: OvoueroAöyog 7) wiva& rar dv
raudeie Övouaorar, das uns nur aus dem von
Suidas gemachten Auszügen befannt ift. Samm-
lung der Bruchjtüde von Flach (1882).
etairen, Zraipuı (amicae), hießen bei den
Griechen die Buhlerinnen, die zuerft zahlreich in
Korinth auftraten (in Verbindung mit dem Kultus
der Aphrodite, j. Hierodulen), ſeit Solon, der
in ihnen zugleich einen Schuß für die unverleßte
Treue der Ehe juchte, auch in Athen waren, durd)
Geiſt und Feinheit im Umgange zum Zeil die aus:
gezeichnetiten Männer um fich jammelten, jogar
volitiiche Bedeutjamfeit erlangten, durch Bild:
jäulen verherrlicht wurden u. j. w.; fie bilden den
Mittelpunft der neueren griechiichen Komödie.
Genannt werden namentlih Aipajia, Thais, Myr—
rhina, Yamia, Thargelia, Yais, Yeaina, Theodota
und vor allen Phryne aus Thejpiai, die dem
Prariteles bei jeinen Darftellungen der Aphrodite
als Mufter diente. Vgl. F. Jacobs, vermijchte
Schriften, Bd. IV ©. 341 ff.
‘"Erargiaı hießen in den griechiichen Demokra—
tien die Vereinigungen der VBornehmen, die, um
jich gegen den oft unerträglichen Drud des Bol:
fe3 zu jchüpen, in Klubs zujammentraten. Dieje
Hetairien hatten zunächſt den Zweck der gegen:
jeitigen Unterſtützung, 3. B. bei Bewerbungen,
bei Prozeſſen u. dgl. Nah und nach wurde ihr
Einfluß bedeutender und ihre Tendenz immer ge
fährlicher, indem fie, ald mwohlgeordnete Geheim—
bünde organijiert, mit Konſequenz ein politijches
Prinzip, dem Demos entgegenzumirten, verfolgten
und, wenn die Gelegenheit ſich bot, fein Mittel
jcheuten ihre Pläne zu verwirklichen und ihren
leidenſchaftlichen Haß zu befriedigen. (Bon der
Heftigfeit und Rückſichtsloſigkeit des Parteihafles
gibt der von Mriftoteles [ pol. 5, 9] angeführte
Dligarcheneid ein Beilpiel: “al ro drum xunxd-
vovg Foouet, »al Bovision ö,rı &r Erw wandn.)
Die Organijation der Hetairien war um jo kräf—
tiger und ihr gefährlicher Einflu um fo größer,
als ihr Zujammenhang ein weit verziveigter war,
jo daß die Parteien der verjchiedenen Staaten mit:
einander in Berbindung jtanden. So ging aus
den athenifchen Hetairien in Verbindung mit
Sparta die Herrichaft der Dreißig hervor, nachdent
ihon vorher durch fie die bekannte oligarchiiche
Zwiſchenregierung eingeführt war. Natürlich jtüßte
ſich Lyſander bei jeiner willfürlichen Umgeftaltung
der Berhältniffe in den einzelnen Staaten ganz
bejonders auf dieſe Verbindungen. Ebenjo na—
türlich war es, daf der jet eintretende Drud der
herrſchenden Dligarchien Betairien der demofra-
tiichen Gegenpartei herborrief, deren Konflifte die
538
Staatsgewalt immer mehr untergruben und fo
nicht wenig zum Berfalle der griechiſchen Gemein—
weſen beitrugen. Vgl. Büttner, Geich. der poli-
tiichen Hetärien in Athen (1840).
Hetruria j. Etruria.
Hiarbas, ’Idoßas, 1) j. Iarbas. — 2) König
von Numidien, Verwandter des Jugurtha, erhielt
nah dem Falle des letzteren einen Teil feines
Neiches. Während der Kämpfe zwifchen Sulla und
den Anhängern des Marius ftand er (82 v. E.)
auf Seite der leßteren. Später, als die Marianer
in Afrika von Pompejus bejiegt worden waren,
mußte Diarbas fich ergeben und wurde getötet.
Sall, Jug. 111. Aur. Viet. vir. ill. 77, Plut.
Pomp. 12.
Hiberna f. Castra, 2.
Hibernia (Caes. b. q.5,13. Tac. Agr. 24. ann,
12, 32), richtiger Ivernia (tymriſch Vergyn, d. h.
die wejtliche), bei den Griechen früher "for,
jpäter Toveoria, das heutige Irland, war den
Römern jehr wenig befannt, da fie wohl Tauſch—
handel mit den Bewohnern trieben, nie aber fie zu
unterwerfen juchten (fie betraten das Yand nicht
einmal); Cäſar bielt es für halb jo groß als Bri-
tannia. Durch Agricolas Umſchiffung Britanniens
(84 n. E.) ward Yage und Zuſtand zuerjt genauer
beftimmt, bis jpäter Btolemaios Geftalt und Größe
der Inſel mit trefflicher Zeichnung der Küſten und
Buchten richtig angab, doch ihre Yage zu weit
nördlich jeßte. Unter den Flüſſen miündete der
Bargus, ij. Barrow, an der Südküfte, der Senus,
j. Shannon, am jüdlichen Teile der Weſtküſte.
Die Bewohner, Ivernii, waren Stammverwandte
der altfeltijchen oder gaeliſchen Bewohner des nörd—
lihen Britanniens; das Druidentum hatte hier
3. T. jeinen Siß, daher die Inſel aud die „heilige“
genannt wurde. Bon den VBölferjchaften der Inſel
wohnten die Briganten in der SO-Spitze (im
heutigen Werford) am Fluß Bargus, an der Süd—
füfte die Vodier, und nach Weiten fich anſchließend
die Ivernier, an der W.-Kiüfte die Bellebori, Gan—
ganen, Autinen, Nagnaten mit der bedeutenden
Küſtenſtadt Nagnata, j. Donegal, die Vennik—
nier, Darimi im N., an der Oſtküſte die Voluntier,
Eblaner mit der Stadt Eblana, j. Dublin, und
die Manarii mit der Stadt Manaria. Im Innern
werden noch 6 Städte, darunter 2 Nönigsfige (im
NO. und EW.), genannt.
Hiempsal, "/duweg, I) ein Entel des Mafinifia,
Sohn des numidischen Königs Micipfa (vgl. über
1) und 2) die Stammtafel unter Jugurtha), geriet
nad) dem Tode des Vaters mit feinem Bruder Adher—
bal und jeinem Better Jugurtha, mit weldyen er das
väterliche Reich teilen jollte, in Streit und wurde
auf Befehl Jugurthas ermordet, 117 v. C. Sall.
Jug.5ff. Flor. 3, 1. — 2) König von Numidien
mit Diarbas nach der Bejiegung des Jugurtha,
Bater Jubas ]., nahm den jüngeren Marius au
deſſen Flucht (im Jahre 88 dv. E.) bei fich a
(Plut. Mar. 40) und wurde im Jahre 81 durch
Hiarbas und die mit ihm verbündeten Marianer
des Thrones beraubt, bis Pompejus ihn wieder
einjegte (Plut. Pomp. 12) und jogar fein Reich
vergrößerte (75), obichen die ihm zugetvielenen
Yändereien durd ein Geſetz des Tribunen Rullus
dem römijchen Volke vorbehalten waren. Cie, leg.
agr. 1,4, 10. 2, 22, 58. Auch Cäſar jcheint (Suet.
Caes. 71) einen Nachkommen Mafinifjas, Majintha,
Hetruria — Hieron.
gegen Hiempſal begünftigt zu haben (61). Uber
jeine libri Punici — Sall Jug. 17.
Hiöra, cine der Miolifchen Inſeln, ſ. Aiolia.
Hierapödlis, "leodrolıs, 1) Stadt in einer
quellenreichen Oaſe Oberivriens, weftl. vom Euphrat,
mit einem vielbejuchten Derletotempel, in jpätrö-
miſcher Zeit Hauptitadt der jog. euphratenjiichen
Provinz; ſyriſch Mabog, daher zuerit Baußenn
genannt, j. Membidich. Plin. 5, 19. Plut. Ant. 37.
Strabons (16, 748) Angabe, dab 9. auch Edeſſa
geheißen habe, ift wohl ein Irrtum. — 2) Stadt
im jüdlichen Phrugien, ummeit von Laodifeia und
dem Maiandros; befannt durch ihre heißen Quellen,
welche ungemein viel Tuffftein abjegen. Strab.
13, 629.
Hierodülen, ieosdovAoı, Ärdges fegol, fegel
yuvalnsg und nagderoı leoal, Mit diefem Namen
bezeichnete man urjprünglich die dem delphiichen
Tempel dienenden Nungfrauen. Im weiteiten
Sinne waren es alle mit dem Tempeldienft einer
Gottheit verbundenen Berionen, alfo auch die
Prieſter; gewöhnlich verjteht man aber darunter
im engeren Sinne eine Klaſſe von Menjchen, die
die niederen Dienjte des Tempels und des Kultus
auszuüben hatten. Dieje waren zum Teil SHaven,
zum Teil aber auch freie Yeute beiderlei Geichlechts,
die aus freiem Entichluß oder durd fremde Stif:
tung Diener des Gottes wurden. Die freiwillige
Hierodulie bei den Griechen ift wahrjcheinlich durch
orientaliihen Einfluß entjtanden, wie-die leoo-
dovioı Fraioaı der Aphrodite in Korinth und auf
dem Eryr. In Alien war die Hierodulie im höch—
ften Grade ausgebildet; oft waren bei einem
Heiligtum 3—6000 Hierodulen, die, in verichiedene
Klaſſen geteilt, die Muſik und den Geſang bei
den Opfern, den Aderban und die Viehzucht auf
den zum Tempel gehörigen Yändereien, das Waſſer—
tragen nnd Holzhauen u. dgl. bejotgten. An mar:
chen Tempeln, namentlich der Aphrodite, opferte
das weibliche PBerional zum Erwerb des Heilig:
tums die Keuſchheit.
Hierokeryx j. Eleusinia, 6.
"Iegouavreia oder 'Iegooxonie |. Divi-
natio, 12,
"Iegoumvia, heilige Monatszeit, je nach dem
Feſt auf Einen oder —— Tage beſchränkt oder
auf einen Monat ausgedehnt. Während derſelben
ruhten alle Geſchäfte und durfte nichts, was den
allgemeinen Frieden und die Feſtfeier ſtörte, vor—
genommen werden. Für die größeren Feſte pflegte
ein Gottesfriede (Fxezeipfe, ſ. d.) angefagt zu
werden.
"Iegouvnuoves j. Amphiktyonen.
Hiöron, '/!owr, 1) der ältejte Bruder des
Gelon, war Negent über die Baterftadt Gela, als
Gelon die Herrichaft nach Syrakus übertrug (wahr:
icheinlich im Sommer 485 v. E.), und folgte dem:
jelben im der über ganz Sicilien ausgedehnten und
durch den Sieg bei Himera genen die Narthager
geficherten Herrſchaft 478. Doch nach dem Tode
des mächtigen Gelon, des „Netters und Wohl:
thäters”, erhoben ſich wieder die Faltionen gegen
Hieron, der für habjüdhtig, mißtrauiſch und ge:
waltthätig galt, ſchon früher mit dem Thraſybulos
den beiden andern Brüdern gegenüberftanden und
ſich gegen Gelon empört hatte. Nachdem er die
epizephuriichen Volrer von Anarilas von Rhegion
befreit hatte, Ächien ihm fein Bruder Polyzelos
Hieronymos.
gefährlich. Er beauftragte denjelben, an der Spitze
eines Heeres den Sybariten gegen Kroton zu Hilfe
u ziehen, aber Polyzelos floh, Nachitellungen be:
Fr tend, zu jeinem Schwiegervater Theron von
Agrigent; beide jtanden an der Spite des einhei-
mischen Adels, während ſich Hieron auf fremde
Soldtruppen jtügen mußte. Während auf beiden
Seiten Vorbereitungen zum Kriege getroffen wur:
den, — — dem Hieron Geſandte aus Himera
die heimliche Übergabe dieſer Stadt ſowie Teil—
nahme am Kriege gegen Theron. Dieſer wünſchte
daher den Frieden, und da auch Hieron am Kriege
mit Agrigent nicht viel gelegen war, kam noch in
letzter Stunde ein Ausgleich zuſtande. Die Be—
wohner von Naxos und Katanag wurden (476/5)
nach Leontinoi verpflanzt, und in Katana Pelo—
ponneſier und Syrakuſier angeſiedelt, auch erhielt
dieſe Stadt nun den Namen Aitne ſowie doriſche
Einrichtungen. Diod. Sie. 11, 48f. So ſicherte
H. durch deſpotiſche Maßregeln ſeine Herrſchaft,
ſpäter aber erwarb er ſich den Ruhm eines hoch—
finnigen Fürften und Beſchützers der Schwachen,
als er den Cumäern gegen die Etruſker uneigen:
nüßigen Beiftand Teiftete, 474, und die Agrigen:
tiner von dem graufamen Thraſydaios befreite und
mit ihnen unter Bewilligung ihrer Selbitändigteit
einen Bund jchloß, um 470. Died, Sie. 11,51 ff.
Pind. pyth. 1, 50.72 ff. ol. 12. Er bemühte fich den
Frieden zu erhalten, gewährte den Künften und
Wiſſenſchaften Schup und zog berühmte Dichter
an feinen Hof. Simonides mit feinem ler
Bakchylides erfuhr bejonders jeine Freigebigkeit
und jein PBertrauen und gewann bedeutenden
Einfluß, Pindar feierte ihn in mehreren Oden,
fcheint aber als Ariftofrat nicht mit ihm harmo-
niert zu haben; Aiſchylos war mehrmals in Sici-
lien und verfaßte da die Alrvieiaı mit eigentüm—
lich fieiliicher Fabel; Kenophon (ſ. d.) benannte nach
ihm eine Feine Schrift. Hieron ftarb 466 in der
von ihm nen begründeten Stadt Witne. Diod. Sie.
11, 66. Bgl. Lübbert, Syrakus zur Beit des
Gelon und Hieron (1875). — 2) 9. der Jüngere,
aus dem alten Königsgeichlechte, war jorgfältig
erzogen und hatte jid unter Porrhos zum Heer:
führer —— Just. 23, 4. Im Jahre 270 v. C.
als in Syrakus, wo ſchon lange Zwietracht und
Geſetzloſigkeit herrſchten, ein Aufſtand zu Gunſten
der Demokratie ausbrach, wurden von dem gegen
die Mamertiner ausgejandten und bei Megara
lagernden Soldheer Hieron und Artemidoros zu
Feldherren gewählt. Pol. 1,8 ff. Mit Hilfe der
befreundeten Ariftofraten fam Hieron heimlich in
die Stadt, dämpfte den Aufſtand und ordnete mit
Weisheit und Mäfigung die Regierung. Nachdem
er jich von den pair Soldtruppen befreit,
jih ein neues Heer geichaffen und damit die
Mamertiner bei Mylai geichlagen hatte, wurde er
um König ausgerufen. Durch Fuge Verwaltung
Puchte er, auf Bürgertruppen gejtüßt, die tief ge-
junfene helleniſche Macht wiederherzuitellen; doch
was er errungen, ging bald durch Einmilchung
der Nömer und Karthager wieder verloren. Als
unter den Mamertinern die römische Partei ob-
fiegte, verband fi) Hieron zuerft mit den Kartha—
gern, und beide beſetzten Meſſana; aber, geichlagen
von Appins Elaudins Caudex, ſchloß er ein Freund—
539
über ein verfleinertes Gebiet. Den Römern leiftete
er Hülfe im erften puniſchen Kriege, beionders
durch Schiffe und Proviant, aber auch die freund:
ichaft der Karthager ficherte er fih durch Unter:
ftüßung im Kriege gegen die aufrührerijchen Sold—
truppen, 241—238. Pol. 1,9 ff. 16 ff. 62. 83. 5,88.
Diod. Sie. exc. 22.23 ff. Zonar. 8,9 ff. Flor.2,2.
Im Nahre 248 erlicehen ihm die Römer den bis:
her bezahlten Tribut. infolge der Milde und
Weisheit, mit der er nach dem Frieden regierte,
lebte die alte Blüte von Syrafus wieder auf; er
jorgte durch weile Mafregeln für Gewerbe und
Aderbau, bei allgemeinem Wohlitande füllte ſich
fein Schab und wurde verwandt zu Prachtbauten
(das Schiff des Hieron) und königlichen Gejchenten
an die Römer und Griechen, bejonders an die
Rhodier nach den Erdbeben, 218. Plut. Marc. 14.
Theoer. 16. Den Römern bewahrte er die Treue
unter den mißlichiten Berhältniffen, unterjtügte fie
im zweiten puniſchen Kriege nach den Niederlagen
am Trafimenus und bei Gannä (Liv. 21, 19f.
22, 37), obgleich die Karthager alles aufboten,
ihn auf ihre Seite zu ziehen (Zar. 22, 56); ſelbſt
jein Sohn und Mitregent Gelon wurde gewonnen,
itarb jedoch vor dem Vater eines frühzeitigen
Todes (Liv. 23, 30). Noch als 90jähriger Greis
mußte Hieron den im Volke gärenden Aufftand
dämpfen und ftarb nach Sajähriger Herrichaft gegen
Ende des Jahres 216 (Liv. 24, 7. Pol. 7, 8); mit
ihm ſank die Herrlichkeit von Syrafus. Seinen
Palaſt bewohnten ſpäter die römischen Prätoren.
Cie. Verr. 4, 58, 118.
Hieronymos, '/eoorvuos, 1) aus Kardia, ein
jüngerer Zeitgenoffe Aleranders des Gr., ward
nad) deijen Tode don feinem Freunde Eumenes,
der fich nicht an Antigonos anschließen wollte,
zum Reichsverweſer Antipater gejchidt, um mit
diejem Verbindungen anzufnüpfen, 3200. C. Diod.
Sie. 18, 42. Nach des lehteren Tode bot er (319)
dem auf Nora eingeichloffenen Eumenes im Namen
des Antigonos Freundichaft und Waffenbündnis
gegen den neuen Neichsverwejer Polyſperchon an.
Daj. 18, 50. Mit Eumenes (316) bei Gabiene an
Antigonos ausgeliefert, wurde er von dieſem gnädig
behandelt (daf. 19, 44) und jpäter jogar zum Auf:
jeher der Niphaltfiichereien am Toten Meere ge:
macht. Daj. 19, 100. Nach Antigonos’ Tode ſetzte
ihn Demetrios als Harmoſten über Boiotien.
Hieronymos erwarb jich auch die Freundſchaft des
Pyrrhos, den er überlebte (Paus. 1, 13), und ftarb
hochbetagt in der Umgebung des Antigonos Go—
natas. Er war ein jorgfältig und nach den beiten
Materialien arbeitender Hiitorifer, deſſen Nachlaß,
die Hauptquelle für die Geſchichte der Diadochen
und deren Nachfolger bis über den Tod des Pyrrhos,
von Diodor (Buch 18—20) und Plutarch (im Leben
des Porrhos) benußt worden ift. Die Fragmente
bei Müller, fragım. hist, Graec. 2, 450 f. — 2) aus
Rhodos, ein Schüler des Aristoteles. Außer einer
Schrift wegl wehng werden bejonders häufig jeine
Troursjuere erwähnt. Auch Cicero gedenft feiner
wegen jeines Grundjages, daß Schmerzlofigfeit
das höchſte Gut jei (fin. 2, 3, 8. 5,5, 14. tuse.
2, 6, 15. 30, 84 u. Ö.). — 3) aus Syrafus, Sohn
des Gelon, Entel Hierons Il, nach deſſen Tode
er 216 v. E. Herricher von Syrafus wurde. Durch
ſchaftsbündnis mit den Römern, zahlte 100 Talente | Üppigfeit und Graufamfeit machte er ſich bald
und behielt unter römischen Schuße die Regierung verhaßt und fand durch eine Verichtwörung jeiner
540
Krieger nach nur dreizehnmonatlicher Regierung
jeinen Tod. Am zweiten punifchen Kriege unter:
jtüßte er die Karthager gegen die Römer. Pol.
7,2. Liv. 24,4 ff. Sil. 18. 14, 79ff. — 4) Hieron.
Sophronios Eujebios, Kirchenvater, geboren
um 335 zu Stridon in Dalmatien, jeit 386 Mönch
in Bethlehem, geitorben 30. September 420, „der
Vermittler griechifch-firchlicher und hebräiſcher Ge—
lehriamfeit für das Abendland, doch ohne Tiefe
des Charakters und des Geiſtes“. Bon feinen
ahlreichen Werfen find zu nennen: die Bibelüber-
End, welche die Grundlage für die Bulgata
geworden it, die Bearbeitung der Chronik des
Eujebios und die Schrift de viris illustribus
(herausgeg. von Herding 1879), eine Art kirch—
licher Litteraturgeichichte nad) dem Mufter der
damals noch vorhandenen, gleich betitelten
Schrift von Sueton. Musgg. von Erasmus
(1516 — 20), den Benediftinern (1693 — 1706)
und Ballarji (1734—42). Vgl. Zödler, Hier.,
jein Leben und Wirfen (1865).
Hierophantes j. Eleusinia, 6.
"Iegororoi, Behörde in Athen, die mit der
Abhaltung der religiöjen Feſte und der Bejor:
qung der Opfer, aber auch mit der Verwal:
tung der ölonomiſchen Angelegenheiten der
Tempel und der Aufjicht über die Gelder und
Koftbarfeiten zu thun hatte. Die 3 (oder 10)
ftgonool ro» oruror Deo (d. h. der Eume:
niden) wurden jährlich vom Mreiopag beitellt;
bon den andern degomorol ift die Art der Er:
nennung ungewiß. Ein Kollegium von 10 Die:
ropvien, die jährlidy durch das Los ernannt
wurden, mußte die vom Orakel befohlenen und
die pentaöterifchen Feitopfer bejorgen
Hierosolyma, xx '/sooo6Avu« oder bloß Zo-
Avne, hebräiih Neruichalajim, aſſyriſch Urſa—
limmu, Jeruſalem, arabijch el Kuds (die Heilige),
die ſtark befeftigte Hauptitadt Paläftinas, fait
in der Mitte von Judäa, im Stamme Ben:
jamin. Die Stadt lag auf einer Yandzunge,
die auf drei Seiten durd tief eingejchnittene
Thäler, öftlich durd das Thal Kidron (ipäter
Thal Kojaphat), füdlidy und weſtlich durch das
Thal Ben Hinnom, abgeichloffen, aljo nur im
Norden dem Feinde zugänglich war. Der nörd—
lihe Teil diejes Plateaus hieß Bezetha, d. h.
Dlivenort; der jüdliche war durdy eine Thal-
ſenkung, Tyropoion (d. i. Käjemacherthal) ge:
nannt, wieder im einen Öftlihen und einen
weftlichen Bergrüden getrennt. Strab. 16, 759 ff.
— Db das Salem zu Abrahams Zeit mit Jerujalem
identisch ift, fteht dahin. Später ftand auf jenem
Blateau eine Stadt Jebus, der Si der Jebufiter.
David eroberte diejelbe (um 1010 v. E.) und
machte fie zu feiner Refidenz ; doch lag die „Davids:
ſtadt“ mit der Burg Zion nicht, wie man lange
angenommen hat, auf dem weltlichen, breiteren
und um 33 Meter höheren Hügel, jondern ohne
Zweifel in der Mitte des öftlihen. Salomo (um
970) fügte einen Balaft und den Tempel auf dem
Berg Morijah, nördlich von der Burg Zion,
hinzu und umgab die beiden Stadtteile, die Ober:
jtadt Jeruſalem im engeren Sinne) im Weften
und die Davidsftadt im Dften, mit einer Mauer.
Unter jpäteren Königen, bejonders Jotham um 740),
Hiſtia (um 700) und Manafle (um 660), wurde
um den Hügel Ophel, im Süden von Zion, und
Er
7
2
ran.
Hierophantes — Hierosolyma.
um die nad und nad im Norden der Altſtadt
entjtandene Neuftadt eine zweite Mauer aufge:
| führt. Nach der HZerftörung durch Nebuladnezar
(Sommer 588) und nad der Rückkehr der Juden
unter Kyros (536) wurde die Stadt durch Eſra
und Nehemia (um 450) im alten Umfang, mit
der doppelten Mauer und dem Tempel, wiederher:
eitellt. Die ſyriſchen Könige legten um 170 v. E.
Kir ihre Beſatzung die ftarfe Burg Akra, wahr:
ſcheinlich nordweſtlich vom Tempel, an; nach der:
jelben wurde jpäter der ganze umliegende Stadtteil
benannt. Die Makkabäer riffen fie nieder und
errichteten dafür in jener Gegend zum Schuß des
Tempelberges die Feſte Barıs. Herodes der Gr.
verjtärkte die lehtere und benannte ſie dem Tri:
Ebenjo
umdir Antonius zu Ehren Antonia.
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1 Eherne oder 5 Misithor 10.Benfamins Ih. Di Term has el
kormthische Th. 6. Thor Gennatk 11. Finchther 14 +» Marinmne
2. Rassther T.Epkruinsther B.Schaftkor 12. Johuner Drucke
3. Wasseertkor B..Mittel Thor Di. Strphansthor 1. Daridi Hau
Drunnenthor BR Altes Thor %.Krkerthor 22.Krsmumär ul
führte er den Tempel neu und mit großer Pracht
auf, erbaute jich einen Palaft im Nordweſten der
Oberftadt, dabei 3 mächtige Befeftigungstürme,
jüdlih davon ein Theater, weſtlich vom Tempel
ein Rathaus u. j. wm. Endlid umgab Herodes
Agrippa I. (4144 n. E.) die weiter hinzugelom:
mene Borjtadt Bezethba im Norden mit einer
dritten Mauer. Nach hartnädiger Verteidigung
von April bis September 70 n. E. wurde Jeru-
falem (longe clarissima urbs orientis, non
Judaeae modo, jagt Plinius 5, 15) durch Titus
erobert und zeritört (Tac. hist. 2, 4. 5, 1.8 ff.
Dio Cass. 66, 4 ff. Oros. 7, 9. Joseph. bell. Jud.\,
dann jeit 130 von Hadrian unter dem Namen
Aelia Capitolina, jedoch mit Ausschluß des Ophel
und des jüdlichen Teiles des Wefthügels, wieder:
ı hergeftellt und beftcht im twejentlichen in dieſen
Hiketas —
Grenzen noch heute. Von den aus der Bibel be-
fannten Ortlichfeiten lag der Teich Bethesda wahr-
icheinlich nördlich vom Tempel, der Teich Siloah
am jüdlichen Fuße des Ophel, Gethjemane am
Wejtabhang des Olbergs jenſeits des Kidron,
Golgatha nad) der Tradition mitten im heutigen
Ehriftenviertel, aljo auch innerhalb der einjtigen
Vorſtadt, ohne Zweifel aber etwas außerhalb der
Stadtmauer, wohl im Norden oder Norbweiten.
_ Hikötas oder Iketas, "Iafrng, 1) Tyrann von
Leontinoi um 350 v. C. Die Syrakuſier riefen
ihn zu Hülfe gegen Dionyſios d. j.; als fie aber
jeine Pläne, fich jelbjt der Stadt zu bemächtigen,
wahrnahmen, baten fie die Korinther um Hülfe.
Er wurde von Timoleon (j. d.) bei Adranon ge:
ichlagen, bei einem zweiten Verjuche gefangen und
hingerichtet. Plut. Timol. 12. — 2) Herrider über
Syrafus nach Vertreibung des Menon, fing Krieg
an gegen die Agrigentiner, wurde aber nad) 9 Jah—
ren von Thynion geftürzt, 250 v. E. Died. Sie.
»2, 2ff. — 3) ein Pothagoreer aus Syrakus,
auch Nifetas genannt; Cicero legt ihm die Lehre
von der Bewegung der Erde um ihre Achje bei
(acad. 2, 39, 123).
Hilarotragoedia j. Rinthon.
Hilleviönes ſ. Scandia.,
Himera, 7) "/ufg« (verwandt mit ze/uapgos,
ziuıge), 1) bedeutende Stadt an der Nordküſte
Steiliens, öſtlich von Panormos, wurde 648 v. C.
von Chalkidiern aus Zankle gegründet. Thuc. 6, 6.
Dem agrigentiniſchen Tyrannen Phalaris ſcheint
die Stadt um 560 unterworfen geweſen zu fein.
Später herrichte Terillos, wurde jedoch von dem
Agrigentiner Theron verjagt und wendete fih an
die Karthager (Hat. 7, 165), welche einen großen
Heereszug unter Hamillkar reg rin bon Theron
aber und jeinem Verbündeten, Gelon von Syra-
fus, 480 dv. E. gejchlagen wurden. Nachdem die
Himeraier einmal vergebens verfucht hatten, die
Gewaltherrichaft des Thraſydaios (Therons Sohn)
abzujchütteln, gelang es ihnen jpäter mit Hülfe
des Hieron von Syrafus. Nun erhielt Himera
feine freie Berfafjung wieder und blühte empor
im Bunde mit Syrafus. Thuc. 7, 1. Als aber
409 Hannibal, Giſgons Sohn, einen Rachezug
unternahm, fiel die Stadt nad) verzweifelter Gegen:
wehr und wurde dem Boden gleich gemacht. An
der Stelle, wo 480 Hamilfar gefallen war, wurden
3000 Gefangene geopfert. eiter weſtlich erhob
ſich bald die Farthagiiche Kolonie Thermai (rw
@Efoun, Diod. Sie. 13, 59—62), befannt durch die
dem Herafles heiligen warmen Salzquellen (@se-
yal al "Iuegaiaı oder tor "Iusgalor), welche be:
jonders von den Römern gejhäßt wurden; wegen
ihrer Treue erhielt ſich Thermai ihr eigenes Gebiet
und freie Berfafjung. Scipio gab der Stadt einen
großen Teil der geraubten Bildwerfe zurüd. Cie.
Verr. 2, 85 ff. J. heit der Ort Termini. Himera
war Vaterſtadt des Dichters Stefichoros, Thermai
des Tyrannen Agathofles. — 2) Neben der Stadt
mündete der nördliche Himerafluß, "Iufgas,
entipringend auf den Gemelli colles, jetzt Fiume
di ©. Lionardo oder Fiume Grande. Strab. 6, 266.
— 3) Der füdlihe Himerafluß, j. Fiume Saljo
(wegen ber Salzquellen, die er berührt), ſtrömt
von den Mebroden in füdlicher Richtung herab
und mündet an der Südküſte. Er trennte die Ge—
biete der Karthager und der Syrafufier. Irrtümlich
541
glaubte man im Altertum, er habe Eine Quelle
mit dem nördlichen Fluß. Pol. 7, 4. Strab. 6, 272.
Liv. 24, 6.
Himerios, "Iuforog, ein griechiſcher Sophift,
Sohn des Rhetors Ameinias, aus Prufa in Bi:
thynien, geboren um 315, gejtorben um 386 n. C.
Um fich auszubilden, begab er ſich frühzeitig nad)
Athen, machte zu gleichem Zwecke mehrere Reifen,
ging dann wieder nach Athen zurüd und trat hier
als Rhetor auf. Seine berühmtejten Schüler waren
Bafileios und Gregorios von Nazianz. Der Kaijer
Julian ließ ihm zu fich nach Antiocheia kommen
und machte ihn zu feinem Sefretär. Nach deſſen
Tode fehrte er nach Athen in feine frühere Stel:
lung zurüd und lebte dort bis zu jeinem Tode.
Him. war und blieb ein Heide, zeigt aber in feinen
Schriften Mäfigung und Duldfamfeit gegen die
Ehriften. Seine Werte find nur teilweiie auf
uns gekommen. Photios fannte 71 Reden, ueifraı,
und Borträge verichiedenen Inhalts, von 36 der—
jelben hat er Wuszüge mitgeteilt. Bollftändig
erhalten find 24 Reden, zu denen noch Bruchjtüde
von andern hinzufommen. Es jind meift Prunk—
und Gelegenheitsreden, im Ton und Geift der
ipäteren Rhetorif gehalten, die, obſchon von den
Beitgenofjen bewundert, an übertriebenem Schmud,
an dunfeln Allegorien, an Schwulft und affeftier-
tem Wejen leiden. Ausgg. von Wernsdorf (1790)
und (mit Philoftratos, Kalliftratos und Eunapios)
von Dübner (1849). Abhandlung von Teuber
(1882).
"Juegos ſ. Aphrodite, 1. und Eros, g. €.
Himilkon, "/udxorv, ein farthagiicher Name:
1) ein Seefahrer, welcher um 550 v. C. durd die
Säulen des Herafles, der europäiſchen Küſte ent-
lang, bis zu den Binninjeln, d. h. Britannien,
gelangte. Plin. 2, 67. — 2) ein Feldherr der
Ktarthager, kämpfte im Jahre 406 v. E. unglüd:
li) auf Sicilien und tötete ſich 396 durch Hunger.
Just. 19, 3. — 3) überwand ein Heer des Archa—
gathos in Mirifa. Diod. Sie. 20, 60. — 4) ver:
teidigte Lilybaion gegen die Römer. Pol. 1, 42 ff.
— 5) ein farthagiicher Admiral, ſchützte im Jahre
217 v. E. die Küſten Hijpaniens, befehligte dann
ein Yandheer dort (Liv. 22, 19. 23, 28) und ftarb
nach ruhmvollem Kampf gegen die Römer auf
Sicilien an der Pet im Jahre 212. Liv. 24, 35 ff.
25, 26. — 6) 9. Phameas, ein tüchtiger Feld—
herr, beunruhigte im Anfange des dritten puntjchen
Krieges die Römer durdy zahlreiche, geſchickt aus:
geführte Streifzüge, ging aber darauf (148 v. E.) mit
2200 Neitern zu ihmen über, erhielt dafür vom
Senate große Gejchente und fämpfte fernerhin bis
zum Ende des Krieges für jeine meuen Bundes:
genpfien. App. Lib. 100 ff.
ipparchos, "Inz«oyos, 1) j. Hippias. —
2) Dichter der neueren attiichen Komödie. Erhalten
haben ſich Bruchftüde von 4 Dramen, abgedrudt
bei Meinele, com. Graec. IV p. 431ff. Nod,
com. Att. fragm. III p. 272 ff. — 3) berühmter
Mathematiker und Ajtronom, geboren in Nifaia,
blühte 160—125 v. E. in Rhodos und Alexan—
dreia. Er war ein Mann von unendlichem Fleiße
und ftrenger Wahrheitsliebe und wurde durch die
Genauigkeit jeiner mit jelbit erfundenen Inſtru—
menten (MAitrolabium) gemachten Beobachtungen,
jowie durd) die darauf beruhenden Berechnungen
und Beltimmungen der Schöpfer der eigentlid)
Hipparchos.
542 "Inrapyos —
wifjenichaftlichen Aftronomie. Seine Beobachtungen |
bezogen ſich zuerft auf den Auf und Untergang
der Geftirne, dann unterwarf er die gejamte
Aftronomie feiner Beit einer genauen Prüfung,
bejtimmte die Länge des Sonnenjahrs auf 5 Mi:
nuten weniger als die damals angenommene Zeit
von 365 Tagen 6 Stunden, berechnete Größe, Ent:
fernung und Bewegung von Sonne, Mond und
Erde und ar zuerft eine Zählung der Fir:
jterne, jowie Beſtimmungen der Örter nach Länge
und Breite. Bon jeinen zahlreichen Schriften find
nur erhalten rör Agdrov »ul Ebödkov Yaıvo-
ulvov Linyises in 3 Büchern und Zußenıs
Asregısuor, ein Fragment, welches fich bei Pto—
femaios findet. Erjte Ausgabe von PB. Bictorius
(1567). Sammlung der geograph. Fragmente von
Berger (1869).
"Irragxos (inndeyns). 1) In Athen waren
die beiden jährlich durch Wahl ernannten Hippar-
chen die Befehlshaber der Neiterei. 2 Hipparchen
waren nötig, weil die Neiterei in der Schlacht auf
beide Flügel verteilt war (j. Equitatus, 1.)
Ihnen untergeben waren die 10 Phylarchen (pr-
Aapyor), ebenfalls durch Wahl ernannt, welche die
Stelle bei der Neiterei hatten, wie die Tariarchen
beim Fußvolf. Xen. Hipp. 1,8. In ihrer Sphäre
hatten die Hipparchen auch gerichtliche zer
ſchaft. 2) Im Nitoliichen und Achaitichen Bunde
hieß jo nach dem (im Achaiiſchen Bunde nach
den 2) Strategen der bedeutendite Bundesbeante.
Liv. 38, 11. 30. Pol. 5, 1. 91. 25, 1. 22,13. —
3) Auch in Boiotien, Syrakus, Theffalien u. a. O.
finden wir Hipparchen neben Bolemarchen als an:
gejehene Behörden. .
Hippäris, "Inzagıs, Fluß des füdlichen Siei—
liens, der den Sumpf von Kamarina durchfließt
und unterhalb der Stadt ſich ins Meer ergieft;
j. Cammarana. Pind. ol. 5, 1. 27. Sil. Il. 14, 230.
Ixaeig oder ixans, in Athen die zweite Klafie
in der folonifchen Klaſſeneinteilung (j. Dun, 6.);
in Sparta ſ. Exercitus, 2.
Hippemolgi, "Inrnuoiyol, d. i. Roſſemelker
(Hom. Il. 13, 5), waren wohl jfythijche Nomaden,
die glein den Galaktophagen von Stutenmilc
lebten. Strabon (7, 302. 311) ſetzt fie in den
hohen Norden und rechnet fie zu den Kimmeriern.
Unter den Alten haben einige das Epitheton
eyavol ald Vollsname und inmnuoiyol als Epi:
theton genommen.
Hipplas, Innlas, 1) Sohn des Beijiftratos,
ftand mit feinem Bruder Hipparchos (ein dritter
Bruder, Thefialos, wird jelten erwähnt) jchon bei
der zweiten Vertreibung des Vaters 550 vd.
demjelben zur Seite. Hdt. ı, 61. Nad dem Tode
des Peififtratos (527 v. €.) folgte Hippias „als
Tyrann (Hdt. 5,55. Thue. 1,20), doch nahm auch
Hipparch eine hervorragende Stellung ein. Hippias
eigte ſich als einfichtsvollen und tüchtigen Herr:
fer, übte milde Gewalt, jehte die vom Bater
aufgelegte Abgabe von '/,, auf '/,, herab und lieh
die meijten Gejege in Kraft. Thuc. 6, 54. Doch
werden daneben auch tyrannijche Gewaltmaßregeln,
jelbft Eingriffe in das Eigentum und in die Pri-
vatverhältnifie, erwähnt. Dabei zeigt fich ein
Streben nad äuferem Glanz und eftgepränge;
dem Hipparch aber insbejondere wird die Sorge
für Geiſteskultur 5— Hdt. 7, 6. (Plat.)
Hipparch. 228, 6 C. Ein Kreis von Dichtern,
Hippokleides.
Anafreon, Simonides u. a., verfammelte fih in
Athen, und die Kunde der homerijchen Gedichte
wurde befördert. Nachdem aber Hipparch durch
Privatrache den Tod gefunden (514), wurde die
Herrſchaft des Hippias härter, und in Bejorgnis
vor einer Umwälzung knüpfte er Verbindungen
mit dem Auslande an. So gab er feine Tochter
dem Sohne des Tyrannen Hippoklos von Lam:
pſakos, Niantides, zur Frau, da dieje Fürften beim
Berjerkönige Einfluß hatten. Hat. 5, 94. Thue.
6, 59. Da veranlaßten die landesflüchtigen Alt:
maioniden, die vergebens verfucht hatten mit eigener
Macht zurüczufehren, nachdem jie im Auftrage
der Amphiltyonen den Tempel in Delphoi prächtig
aufgebaut hatten, einen Orakelſpruch, der den
Spartanern befahl, diejelben zurüdzuführen und
die Tyrannis zu ſtürzen. Hdt. 5, 62f. Der erfte
Feldzug unter Anchimolios mißlang, bejonders
durch die den Peiliftratiden zu Hülfe gefommene
thefialiiche Neiterei. Doc der König Kleomenes
unternahm jelbjt einen zweiten Angriff, und Dippias,
auf der Burg belagert, wurde, als jeine von ihm
—— fortgejchidten Kinder in die Hände feiner
einde geraten waren, zu einem Bertrage genötigt,
nach dem er Attila räumen mußte (510). Hat.
5, 63 ff. Er begab ſich nad Sigeion zu feinem
Baftardbruder Hegejiitratos und dann nad Lam—
pjafos, die Hoffnung auf Rüdkehr nicht aufgebend;
jelbft mit den Lafedaimoniern fmüpfte er dazu
Verbindungen an. Hdt. 5, 91. Erſt jpäter wandte
er ſich durdy Artaphernes an Dareios. Hdt. 5, 96.
Thuec. 6, 59. Diejen reizte er zum Striege gen
Athen, führte die Perjer nad) Marathon l dt.
6, 102) und ift nad) einigen in der Schlacht ge:
allen (Just. 2, 9), wahrjcheinlicher aber auf der
ückkehr nad Mjien im hohen Alter an einer
Kranfheit auf Lemnos geftorben. — 2) Sophijt
aus Elis, Zeitgenoffe des Sokrates, hielt Lehr:
vorträge und Brunfreden in den griechiichen Städte,
bejonders in Athen, war aber dabei ein Mann
von der größten Eitelfeit, wollte als Vielwiſſer
und Tanjendkünftler glänzen und erbot fich nicht
nur über jede aufgeworfene frage in einer längern
zufammenhängenden Rede ſich auszulaflen, jondern
war auch jtolz darauf, alles, was zum Putze eines
feinen Mannes gehöre, jelbft verfertigen zu können.
Xen. mem.4, 4 ff. Cie. de or. 3, 32. Seine Ruhm:
redigfeit ift befonders in den nach ihm benannten
platonischen Dialogen charakterifiert, in denen auch
jeines glüdlichen Gedächtniffes gedacht ift. Außer
philofophiichen werden auch thetorijche und hiſto⸗
riſche Schriften (dvaeygapr Olvumorıxör und
E. | Tewinög Aoyog) desjelben angeführt.
Irroßöoreı, Name der Adeligen und Arifto:
fraten in Chalkis (ol d' Inmoßöra Fualkorro ol
ruylıs röv Xalnıdior, Hat. 5, 77).
Hippodameia, 1) j. Achilleus, 2. — 2) j.
Pelops. — 8). Peirithoos. — 4) j. Aineias.
Hippodämos, ‘Imrödauos, aus Milet, bedeu:
tender Architekt um 440 dv. E., machte ſich durch
regelmäßige Anlegung von Städten, namentlich
dem Peiraieus, Rhodos und Thurioi, bekannt.
Abhandlung von K. F. Hermann (1841).
Hippodrömos j. Olympia, 3.
Hippokleides, ‘Inmoxrlelöng, ein durch Schön-
heit und Reichtum ausgezeichneter Athener, Sohn
des Tilandros. Von F berichtet Herodot (6,126 ff. ,
er habe jich mit vielen andern um Agarifte, die
Hippokoon — Hippomedon.
543
Tochter des Mleifthenes von Sifyon, beworben, | jeit 1838, und befonders von Ermerins, 1859 — 1863
habe aber dadurd, daß er bei einem Feſte ſich in 3 Bdd.) find gewiß viele teils untergeichoben,
mit dem Kopfe auf einen Tiſch ftellte und mit |
teils ſchon frühzeitig durch fremde Zuſätze ver:
den Beinen in der Luft jchlenferte, die anfangs | mehrt worden, hauptjächlich wohl von jeinen Söh—
gewonnene Gunſt des Kleiſthenes vericherzt. Das | nen Theffalos und Drafon und feinem Schwieger:
habe ihm aber feine heitere Stimmung durchaus | john Polybos. Schon Galenos juchte die echten
nicht geraubt, jondern er habe zu Kleifthenes ge: | und unechten Schriften zu jcheiden und einen
jagt: „Das kümmert den Hippofleides nicht” (ov
poorrig "Innonkelön) Nach Herodot ijt diejer
Ausſpruch jeit diejer Zeit von den Athenern ſprich—
wörtlich angetvendet worden, in Wirklichkeit wird
aber das Sprichwort wohl bei einem andern Anlaß
entjtanden und Die von Herodot erzählte Ge:
ihichte jpäter dazu erfunden worden jein.
Hippoköon, 'Irzoxdwr, 1) Sohn des Dibalos
und der Nymphe Bateia, Halbbruder des Tynda—
reos und Jlarios, in Sparta. Er vertrieb feine
Brüder wegen der Herrichaft, aber Herafles führte
den Tyndareos zurüd und erjchlug den Hippokoon
mit jeinen vielen Söhnen. Ikarios blieb in Akar—
nanien, wohin die Brüder geflohen waren; bier
zeugte er mit Polykaſte oder mit der Nais Peri—
boia die Penelope, Gemahlin des Odyſſeus, den
Alyzeus, Thoas u. a. Paus. 3, 1, 4. Apollod.
3, 10, 4,5. — 2) Thraferfürjt, Verwandter und
Begleiter des Rheſos vor Troja. Hom. I1. 10, 518.
— 3) Sohn des Hyrtafos, Begleiter des Nineias,
guter Bogenſchütze. Verg. A. 5, 492.
Hippokrätes, 'Inmoxrgdrns, 1) Vater des Pei—
fiftratos. — 2) Sohn des Altmaioniden Mega:
Mes und mütterlicher Großvater des Perifles. —
3) Bruder und Nachfolger des Tyrannen Kleander
von Gela, welcher 498 v. C. ermordet wurde.
Durch Treulofigfeit gegen die Einwohner von
Zankle vergrößerte er feine Macht, befriegte und
bejiegte die Syrafufier und erhielt nach einem
Vergleiche Kamarina. Er ftarb 491; fein Nach—
folger war ®elon. Hadt. 6, 23. Thuc. 6, 5. —
4) ein athenijcher Feldherr, Sohn des Ariphron,
fiel in der Schlacht bei Delion im %. 424 v. E.
— 5) der berühmte griedhiiche Arzt aus Kos, geb.
um 460 v. E. Nur weniges wiflen wir von jei:
nem Leben. Er gehörte dem Geſchlechte der Aſkle—
piaden an, und fein Großvater, Hippokrates 1.,
lebte in den Zeiten der Berjerfriege; jein Bater
hieß Herafleides, feine Mutter Bhainarete. Seine
eifte Bildung erhielt er jedesfalls durch feinen
Bater in der Heimat und durch andere koiſche
Ärzte; als andere Lehrer werden Herodilos aus
Selymbria an der Propontis, die Sophiften Pro:
difos von Keos und Borgias von Leontinoi, auch
Demofritos von Abdera genannt, wiewohl das
legtere Lehrer: und Schülerverhältnis nicht ganz
ficher ift. Schon frühzeitig jcheint er feine Hei—
mat verlaffen und weitere Reifen unternommen
zu haben, doch. läßt fich weder der Gang derjelben,
noch die Dauer des Aufenthaltes an den einzel:
nen Orten bejtimmt angeben. Much jein Aufent-
It in Athen während der Peſt im peloponnefi:
chen Kriege ift nicht ficher zu ermitteln, obwohl
er ji) dort während des Krieges einige Zeit mag
aufgehalten haben. Überhaupt 3 über ſein Leben
mehrfach verſchiedene Angaben und ſagenhafte Be—
richte vorhanden. Sein Name iſt ebenſo wie der
des Homeros Kollektivname geworden. Auch von
den ihm beigelegten Schriften (72 größeren und
Heineren; Sauptausgg. von E. G. Kühn, 1825,
3 Bod.; von Littrd mit franzöfiicher Überjegung
Kanon feitzuftellen und hielt höchſtens 13 für
echt. Die gegenwärtige Verfaſſung ftammt aus
der alexandriniſchen Zeit; die Echtheit aber, die
Albrecht von Haller von 18, Grunert nur von 8
annahm (j. E. Peteriens Monvgr., 1839), läßt
ſich faum von einer einzigen vollfommen nad):
weijen, obwohl gewöhnlich 6 Schriften als echt
gelten. Unter diejen find die Apogısuo! am
meiften verbreitet. Sie enthalten gleichſam den
Kern der ganzen Heillunde des H., deſſen Ver:
dienft um die Medizin darin befteht, daß er jie
zuerjt wiſſenſchaftlich begründete, indem er jich
gleich fern hielt von geiitlojer Empirie und von
trügerijchen Hypotheſen. Seine Theorie und Praris
gründeten fich auf langjährige und jcharfe Beob-
achtung und Erforfchung der menjchlichen Krank:
heiten. Dadurch vervolllommnete er die Patho:
logie und Therapie. Wuch die Chirurgie hob er.
Seine echten Schriften find im ioniſchen Dialekte
geichrieben und jpäter von Griechen, Nömern und
Arabern vielfach erflärt worden. 9. ftarb zu Yarija
in Theffalien jpätejtens 359 v. E. in hohem Alter
und erhielt dajelbjt auch ein Denkmal. — 6) Sohn
des Thefialos und Enkel des großen Arztes. Er
joll über verjchiedene Teile der Heilkunde geſchrie—
ben haben. — 7) Sohn des Drakon und gleich:
falls ein Enfel des berühmten 9., Zeitgenoſſe
Aleranders des Gr., Arzt in Makedonien und
Verfaffer medizinischer Schriften. — Nod gab es
unter diefjem Namen 2 medizinische Schriftiteller,
die Söhne des Thymbraios aus Kos, und endlich
einen Pythagoreer aus Chios, der ſich um die
Geometrie Verdienite erworben haben joll.
Hippokröne, "Inxov »orjen oder Inmoxorjvn,
j. Kryopigadi, Quelle auf dem etwa 1570m hoben
Gipfel der Hauptfette des Helifon in Boiotien,
entjtanden durch den Hufſchlag des Pegajos und
für die Mufen der Quell wahrer Begeisterung.
In der Nähe befand fich der mit herrlichen Statuen
geihmüdte Muſenhain. Mesiod. theog. 6.-Or. fast.
5, 7. Paus. 2, 31, 8. 9, 31, 3.
Hippolöchos j. Glaukos.
Hippoljte ſ. Amazonen und Herakles, 8.
Hippolytos, "Inrölvros, 1) Sohn des Thejeus
und der Amazone Antiope oder Hippolyte. Seine
von ihm verjichmähte Stiefmutter Phaidra ver:
leumdete ihn bei Thejeus (Zur. Hippolytus. Cie.
off. 1, 10. 3, 25); dieſer fluchte ihm und bat jei-
nen Bater Bojeidon, ihn zu verderben. Als nun
H. am Meeresufer binfuhr, jchidte Poſeidon einen
Stier aus dem Meer, daß die Pferde jchen wur:
den und ihn zu Tode jchleiften. Als feine Un:
ichuld befannt ward, tötete jich Phaidra; H. aber
ward (Or. met. 15, 489; anders Hor. od. 4, 7, 25f.)
von Aiflepios wieder zum Leben erwedt und von
Artemis nad Latium in den Hain der Egeria bei
Aricia gebracht, wo er unter dem Namen Birbius
herricht (j. Artemis). — 2) ein Gigant. Apollod.
i, 6, 2.
un we Innousdor, Sohn des Talaos
oder des Ariſtomachos, eines Bruders des Adra-
544
jtos, aus Argos, zieht mit Adraftos gegen Theben
(j. Adrastos), wo er fällt. Er hatte feinen
Herricherfiß in der Gegend von Lerna. JPaus.
2, 36, 8.
Hippomönes j. Atalante.
Hippon, ö ‘Inzuv, 1) 9. Negius, Basıkındg,
fpäter Hippone, in Numidien an einem Buſen
gleiches Namens, Anlage der Tyrier, von Maſi—
niffa zur Hauptjtadt gemacht (daher ihr Beiname
d Baorkırög, regius), jpäter römiſche Kolonie. Sall.
Jug.19. Liv. 29,3.32. Strab. 17, 832. H. wurde
430 n. E. durch die VBandalen zerftört, nachdem
der Biſchof Auguftinus während der Belagerung
rag in der Nähe große Eijenbergwerfe.
uinen beim j. Bona. — 2) 9. Diarrhytus,
JSdgevrog, richtiger Zarytus, auch Hippakra
und Hippagreta, j. Bizerta, in der römiſchen
Provinz Afrika (in Zeugitana), an einer tiefen
Meeresbucht und einem Landſee, weſtlich von
Utica, tyriſche Kolonie und ſtark befeſtigt, unter
den Römern eine freie Stadt. Plin. ep. 9, 33.
App. 8, 110. Mela 1, 7, 2.
Hippönax j. Iambographen.
Hipponikos j. Kallias.
Hipponion ſ. Vibo.
Hippondos j. Bellerophontes.
Hippophägoi, "Innopdyo:, d. i. Pferdeeſſer,
werden 2 Völker des afiatiichen Nordens genannt,
die jarmatiichen H. in der Gegend des heutigen
Perm, und die ſtythiſchen H., an der Dftjeite
des Imaos (Altai). Ptolem. 5, 9. 6, 15. Noch
jegt nähren jich die in jenen Gegenden wohnenden
Nomaden in ähnlicher Weije.
Hippotädes und Hippötes ſ. Aiolos, 2.
Hippothöon, 'Inno®oor, Sohn des Pojeidon
und der Mlope, einer Tochter des Kerkyon (j.
Theseus, 2.), Heros Eponymos der attijchen
Phyle Hippothoontis (j. Bvinj, 7.). Alope jehte
ihn aus, aber eine Stute nährte das Kind, Hirten
fanden es und zogen es auf. Als jpäter Theſeus
den Kerkyon überwunden und getötet hatte, über:
gab er dem Hippothoon auf jeine Bitte die groß:
väterliche Herrihaft in Eleufis. Alope war, nad):
dem die Geburt des Hippothoon bekannt getworden
war, von ihrem Vater zum Tode eingeterfert
worden, und Bojeidon hatte fie in eine Quelle
verwandelt, die man noch jpäter zu Eleufis zeigte.
Hippothöos, Innotoog, 1) ſ. Aipytos, 2.
— 2) Sohn des Priamos. Hom. Il. 24, 251. —
3) Sohn des Lethos, Enfel des Teutamos, der
den Troern pelafgiiche Hülfspölfer von Larija zu:
führte, von dem Telamonier Aias getötet. Hom.
II. 2, 840. 17, 288 ff.
Hippotoxötae, 'Irzoro&öraı. Im Anfange des
peloponnefischen Krieges zählte die attijche Reiterei
1200 M. (Thue. 2, 13); darunter befand fich auch
ein Corps leichter Kavallerie von 200 Bogen:
icdyügen (Immoro&örer, Thuc. 5, 84. 6, 94), wahr:
ſcheinlich aus gefauften Staatsjflaven beftehend.
— Auch in der jpäteren römischen Kaiſerzeit ftell:
ten die aſiatiſchen Voller Bogenjchügen zu Pferde
(hippotoxotae oder sagittarıı equites), die ſamt
ihren Pferden am ganzen Körper mit einem
Scyuppenpanzer verjehen waren, auch equites
cataphracti, loricati genannt (vgl. Equita-
tus, 3.).
Hippomenes — Hirtii.
Reihe hiftoriiher Schriften, wie Zinelind oder
zoorina« in 5 BB., vrioıg "Itallag, Apyolınd.
Die jpärlihen Fragmente find gelammelt von
Müller, fragm. hist. Graee. Il p. 12 ff.
Hirpini (Irpini), "/grivor, benannt nach dem
fabiniichen Wort birpus (Wolf), die füdlichite Völker—
ſchaft Samniums, bewohnten einen großen, jchd-
nen und fruchtbaren Bergfejfel der Apenninen, im
W. von Campanien, im ©. von Yucanien, im
D. von Apulien, im N. von den Caudinern ein:
geiatoften, mit den Städten Mclanum, Equus
uticns, Aquilonia, Compſa. Liv. 22, 13. 61.
23, 37. 27, 15. Strab. 5, 250,
Hirtii, Name einer Familie plebejiichen Stan:
des. Am befannteften ift A. Hirtius, Anhänger
Cäſars, der unter demjelben in Gallien 58 v. E.
diente, wo er jehr weichlich lebte (Cie. ad fam.
16, 27, 2). Beftimmtere Nachrichten finden wir
von ihm erſt im jpäterer Zeit. Er begleitete
Cäſar nad Rom, nach Ägypten und im 3. 47
nad) Antiocheia, wo er dem D. Cicero von Cäſar
Berzeihung auswirkte. Cic. ad Att. 11, 20. Wäh—
rend des Krieges in Afrifa lebte er auf feinem
Gute bei Tuſeulum, feierte prächtige Spiele zu
Pränefte und empfing dann Gäjar bei feiner Nüd-
fehr. Cie. ad Att. 12, 2,2. Cicero ftand mit ihm
in freundjchaftlichem Verkehre (ad fam. 7, 33.
9, 18. 20), Im J. 46 jchlug Hirtius als Prätor
ein Geſetz wegen Ausſchließung der Anhänger des
Pompejus von allen Amtern vor (Cie. Phil.
13, 16), erhielt von Cäſar die fonjulariichen Ehren:
zeichen (Suet. Caes. 76), folgte ihm im 3. 45 nad)
Hilpanien zum Kampfe gegen den jüngeren Bon:
pejus, war aber weniger mit dem Schwerte als
mit der Feder (Cie. ad Att. 12, 40) thätig. Mit
feinem Freunde Banja wurde er für das %. 43
zum Konſul defigniert; aber nach Cäſars Ermor-
dung z0g er ſich, wiewohl er zu Antonius hin:
neigte, allmählich zurüd und lebte, wenn er gleich
einigemale in Rom erichien, doch ruhig auf jei:
nem Landgute, wo er den Berfehr mit Cicero
eifrig pflegte. Cie. ad fam. 16, 24,2. Veßteren,
der — Schwiegerſohn Dolabella nach Syrien
zu begleiten wünſchte, bat er dringend in ſeiner
Nähe zu bleiben. Den Reſt des Jahres feſſelte
ihn eine ſchwere Krankheit ans Krankenlager. End—
lich trat er nach Wiederherſtellung am 1. Jan. 43
mit Banja das Koniulat an, jo wenig Vertrauen
man auch auf beide jegte, veranlafte im Senate
Beſchlüſſe zur Belohnung derer, welche fich gegen
des Antonius Anmahungen erhoben hatten, na:
mentlich des jungen Octavian, und zog dann mit
einem Heere ins Feld, war jedoch entichloffen, den
Ausgang der mit Antonius angeknüpften Unter:
handlungen abzuwarten. Cie. Phil. 7, 4. 10, 8.
Als dieſe ſich zerichlagen hatten, vereinigten ſich
beide Konſuln bei Bononia. Panſa verlor hier
ein Treffen, Hirtius dagegen ſchlug den Antonius
am 14. April 43 und lieferte dann demſelben die
Schlacht bei Mutina zwiſchen 25. und 27. April,
in welcher Antonius unterlag. Hirtius fiel, Banja
ſtarb am folgenden Tage an jeinen Wunden. Cie.
Phil. 14, 9f. ad fam. 10, 30. 12, 25. Op. trist.
4, 10,6. App. 3,66 ff. Vell. Pat. 2, 61. Tibull.
3,5, 18. Plut. Ant. 17. Einige warfen dem
DOctavian dor, den Tod der Konfuln veranlaft zu
Hippys, Taxrvs, aus Mhegion, lebte nad) | haben, um auf ihren Fall feine Macht d grün:
Suidas zur Zeit der Perjerfriege und jchrieb eine | den. Suet. Oct. 11. Tac. ann. 1, 10,
on ihm,
tS
Hirtuleius — Hispania.
einem woifjenjchaftlich gebildeten Manne, iſt das
achte Buch hinter Cäjars Kommentarien de bello
Gallico, vielleiht auch das bellum Alexandri-
num verfaßt.
Hirtulöius, wahricheinlih Quäftor im %. 86
v. E. (Cie. Font. 1, 2) und Urheber der Einfüh:
rung doppelter Rechnungen in Bezug auf das vom
—* Valerius in demſelben J. gegebene Geſetz
über die Herabſetzung der Schulden. Vielleicht iſt
er Eine Perſon mit jenem 2. Hirtulejus, welcher
als Quäſtor unter Sertorius in Hifpanien mit
Auszeichnung kämpfte und im J. 79 den Domi-
tins, ſowie im J. 78 den PBrofonjul Manilius be-
fie Aber von Sertorius im %. 76 am Bätis
— wurde er von Metellus bei Italica
beftegt und verlor im J. 75 gegen denjelben bei
Segovia Schlacht und Leben. Oros. 5, 23. Liv.
ep. 91. Flor. 3, 22.
His yes "Tanalız, j. Sevilla, berühmte Han:
delsftadbt der Turduler in Hilpania Bätica am
Bätis, der hier, 500 Stadien von feiner Mün—
dung, noch ſchiffbar für Seeſchiffe war, nächſt
Corduba und Gades die bedeutendſte Stadt der
Provinz und Sit eines conventus iuridicus. Bon
Cäſar erhielt jie den Namen colonia Iulia Ro-
mula oder Romulensium. Caes, b. c. 2, 18. 20.
b. Hisp. 27. 35. 42 u. öd. Strab. 3, 141. Nur
wenige Refte der alten Stadt find erhalten.
Hispania, "/oxari«, von den Griechen früher
Tßnoicc, von den Dichtern auch "Eszepi«, Hesperia
genannt, begriff im Altertum die ganze Byrenätjche
Halbinjel und hängt nur im N. durch die Pyre—
näen mit Gallien zujammen, während an dem
weftlichen Teile der Nordfeite der Aquitaniſche
Meerbujen, im W. der Atlantiihe Ocean, im ©.
bis zu den Säulen des Hercules derjelbe, von da
an öſtlich das Mittelländiihe Meer die Küften
befpülen. Außer den Pyrenäen an der Nord—
er find von Gebirgen zu merfen: an ber
ordfüfte im Gebiet der Bafconen, Cantabrer und
Afturen der Saltus Vasconum und der Vin—
dius; von diefem Zuge trennt fich in jüdöftlicher
Richtung längs des rechten Iberusufers hinftrei-
end der Ydubeda (Idorßfda), j. Sierra de
Dca, ©. de Lorenzo und de Albaracin, mit
verichiedenen Bweigen. Der Drojpeda oder
Drtojpeda (Ogröoreda), j. Sagra Sierra, be:
ginnt in der Mitte beim Jdubeda, anfangs rauh
und fahl, dann mwaldiger an der Ktüfte, und zieht
fich mach Bätica bis zu den Quellen des Bätis
hin; im füdlichen Teile heit er Mons Argen-
tarius. Längs der Südküſte von Bätica ftreicht
der Solorius (j. Sierra Nevada), an den fich
weſtlich bis zum Vorgebirge Kalpe der Jllipula
(i. las Alpujarras) anfchlieht. Zwijchen dem Bätis
und Anas liegt der Mons Marianus (j. Sierra
Morena), jteil und metallreich, deſſen öftlicher
Zweig, Saltus Castulonensis (S. de Cazorle), die
Verbindung mit dem Ortojpeda bildet. In Luſi—
tanien zwijchen Durius und Tagus ftreicht in ſüd⸗
weitlicher Richtung der Mons Herminius (j.
©. Eftrella). — Die bedeutendften Vorgebirge find
am Mittelmeere von NO. anfangend: Pyrene
(j. Cabo Ereuz) mit einem Tempel der Aphro-
bite; Tenebrium oder Dianium (j. Cabo
Nav), den Pityufischen Inſeln ‚gegenüber; Saturni
Prom. (Ptol. Zxoußpasia änge, j. Cabo de Pa:
los) öftlih von Neukarthago; Borgebirge des
Reallexikon bes Mafl. Altertums. 7. Aufl.
Eharidemos am Meerbufen von Urei (j. Cabo
de Gata); Kalpe (j. Gibraltar) an der Gaditani-
ſchen Meerenge; davon etwas weſtlich ITunonis
Prom. (j. Cabo Trafalgar); Prom,. Cuneus (j.
St. Maria), die Südipige de3 von ben Römern
Euneus genannten Winfels von Lufitanien zwi:
ihen dem Anasfluffe und dem Prom. Sacrum (j.
E. St. Vincent), der Südweſtſpitze; Prom. Bar-
barium (j. E. Eſpichel) und Prom. Magnum
(ij. C. la Roca), zu beiden Seiten der Tagusmün—
dung; Prom. Nerium oder Celticum id. €.
Finisterre), die Nordweitipike; Coru oder Tri-
leucum Prom. (Kagov üxeor ro »al Tioilev-
xov, j. E. Ortegal), die Nordipite. — Unter der
Menge von Flüſſen (mehr als 60 kennen die
Alten) find bemerkenswert an der Dftküfte: Alba,
Rubricatus (Llobregat), Jberus oder Hiberus
mit feinen Nebenflüffen (j. d.), Turia (Guadala—
viar), Sucro (Xucar), Tader (Segura); an der
Südmweftlüfte nah W. herum: Bätis (Guadal:
quibir) mit jeinen Nebenflüffen, Urium (Zinto),
Anas (Guadiana), Kallipis (j. Sadao) in Luſita—
nien, Tagus (Tajo und Tejo), Munda (Mon:
dego), Bacua (Bouga), Durius (Duero) mit fei-
nen Nebenflüflen (j. d.), Minius (Minho) oder
Bänis, Tamaris (Tambre); an der Nordküſte:
Navia, Meljus (Narcca), Nerva (Fl. von Ordunna).
— Hilpanien galt bejonderd in jeiner füdlichen :
Hälfte für jehr fruchtbar; ungleich waren die mitt:
leren Striche, die nördlichen Seile meift rauh und
minder ergiebig. Seine Produkte, befonders aud)
die des Mineralreiches, verichafften dem Lande
Wohlftand, vermittelt durch einen bedeutenden
Handel beſonders nad Rom. — Die Bewohner,
Iberes (I8n055) oder Iberi, deren Nachlommen
die ſprachlich mit feinem andern Bolfe verwandten
Balken (Eufcaldunac) find, waren von uns un:
befannter Abkunft und galten den Alten für Ur:
einwohner. Zu ihnen wanderten über die Pyre-
näen herüber Kelten; zu diefen gehörten nament:
lih die Völker der Weftküfte und des inneren
Hodhlandes: Vaccäer, Belendoner, Arevaler,
Beroner und Yujoner, fowie in dem ſüdweſt—
lihen Teile, dem jogenannten Cuneus, die Gel:
tici, wahrjcheinlid die Kyneten oder Kyneſier,
die Herodot (2, 33. 4, 49) am äußerjten Weftende
ale Nachbarn der Kelten kannte, die ſich mit jenen
zu Einem Bolfe vermijchten und nun Celtiberi,
-e8 (Kelridnoes) genannt wurden, namentlich im
Mittellande wohnhaft, während am Fuße der Byre:
näen im Lande der heutigen Vaſten bis auf den
heutigen Tag fich die iberifche Bevölterung rein
erhalten hat. An den Küften waren viele teils
phoinififche (und Farthagiiche), teils griechiſche
Kolonien; jpäter, aber nachhaltig in feinen Wir:
fungen, war der Einfluß der Nömer. Bis zum
%. 238 dv. C., wo die Karthager fih für den Ber:
luft Siciliens und Sardiniens in Hilpanien zu
entichädigen begannen, hatte man nur dunkle
Kunde von den phoinitiihen Kolonien Tarteſſos
und Gadeira (Bades). Am J. 229 wurde Neu:
farthago gegründet, und nad) und nach der jüd-
lihe Teil des Landes erobert. Als Hannibal
gegen den 228 mit den Römern abgeichlofjenen
Vertrag Saguntum zerftört und den Iberus über:
ſchritten hatte, begann der zweite puniſche Krieg,
welcher jeit 206 die Römer in den Beſitz des
jüdlichen Teiles ſetzte; die übrigen bisher freien
35
6
-
-)
546
Zeile wurden gänzlich erſt nach 200 %. unter:
worfen. Die Geltiberer unterwarf Ti. Gracchus
180— 178, ein Teil der Lufitanier untertwarf ſich
nach dem Fall Numantias 133, der nördliche Teil
erit jeit 61 (Julius Cäſar); und die Afturer und
GCantabrer wurden erit 22 dv. E. durch Augufts
Feldherrn Vipſanius Agrippa gebändigt. Die
frühere Einteilung in Hispania eiterior und ul-
terior hatte urjprünglidy ihren Grund im Laufe
des Iberus; durch Auguftus wurde die Provinz
eiterior — nach der Hauptftabt Tarraco, wohin
Auguftus den Sit der Regierung von Neufarthago
verlegt hatte, auch Tarraconenfis genannt —
jo erweitert, daß fie den nördlichen und öftlichen
Teil des Landes umfahte (Grenzen: der Durius
bis zur Stadt Septimanca, j. Simancas; dann
eine jüdwärts den Anas treffende Linie, welche
fihh dann ojtwärts wendet und, den Saltus Castu-
lonensis ſüdlich liegen lafjend, unterhalb Neu:
farthago and Meer reicht); ulterior zerfiel in
2 Provinzen, deren Grenze der Lauf des Anas
bildete: die weitliche Luſitania, die ſüdliche Bä—
tica, von dem Bätisflug genannt. Außerdem
war das Land nach den Ober:Gerichtshöfen in
14 Conventus iuridiei geteilt. — Die Haupt:
völfer in Qufitania waren: die Luſitani zwi:
ihen Tagus und Durius, öſtlich am Galtus
Herminius die VBettones, ſüdlich vom Tagus die
Geltici. Die bedeutendften Städte: Balja, ji.
Tavira, römifches Municipium an der Sübdfüfte,
Myrtilis, j. Mertola, am Anas, Bar Julia,
j. Beja, weftlich vom Anas, römifche Kolonie und
Sig eines Conventus iuridieus; GSalacia, j.
Nlcager do Sal, am Kallipus; Auguſta Eme:
rita, j. Merida, römijche Kolonie am Anas, in
welcher Auguftus Veteranen anfiedelte (daher der
Name), eine der bedeutenditen Städte Hiſpaniens,
Sitz eines Ober-Gerichtshofes; Eböra, j. Evora;
Norba Cäſarea am Tagus, j. Alcantara; Oli—
jipo, j. Liſboa, Lifjabon, am Tagus unmeit jeiner
Mündung; Salmantica (oder Hermantica), j.
Salamanca. — Die Hauptvölfer in Bätica waren:
die Turdetani zu beiden Seiten des Bätis, die
Turduli am öftlichen Ufer des Bätis und am
Singulis, die Baftuli an der Sübfüfte, an welche
ſich öftlich die Baſtetani anſchloſſen; gen
dem Anas und dem Marianusberge in NW. in
der Landſchaft Bäturia Die bätitchen Kelten.
Unter den 175 (nad Strabon jogar 200) Städten
des ſtark bevölferten Yandes waren die bedeutend-
ften: Aftigi, Bades (ſ. d.), Carteja, Malaca,
Slliturgis, Munda (j. wohl Montilla, etwa
35 km jüdlih von Corduba), Jlliberis, Hi—
ipalis, Jtalica, Corduba, Aſtapa, Bäcula
‘‘. d.). — Hilpania Tarraconenfis (größer als
die beiden andern zujammengenommen) bewohn:
ten folgende Bölfer: an der Dftküfte die Baſte—
tani mit den Städten Bafti (j. Baza), Aecci (ij.
Guadir) u. a, die Conteſtani mit den Städten
Garthago Nova, der gröften Handelsftadt des
Landes, Saertabis (j. Jativa), Ilici (Eiche) und
Lucentum (Alicante), die Edetani oder Sede—
tani mit den St. Balentia, Saguntum, Eto:
viſſa, Edeta Liria; die Jlercavones an beiden
Seiten des unteren Iberus mit Dertoja, die
Gejjetani mit Tarraco (Tarragona), der Haupt:
ftadt der ganzen Provinz, die Yacetani um den
Nubricatus mit Barcino (j. Barcelona) an der
Histiaia — Historia.
Mündung des Fluffes. Landeinwärts an den Pyre—
näen die Aujetani, Gerretani, die JIlergetes mit
Salduba oder Eäfarea Auguſta (j. Saragoſſa),
Dica und Jlerda (j. Huesca und Lerida); die
Bajcones mit Calagurris (im jertorianischen
Kriege 71 v. E. eritürmt, Geburtsftabt des Quin—
tilian, j. Calahorra) und Bompaelo (vielleicht
aus Pompejopolis verftümmelt, j. Ramplona); die
Barduli und Autrigönes mit Flaviobriga (j.
vielleicht Portugalete oder Bilbao); Cantabri
(ſ. d.) mit Juliobriga, Piſoraca (j. Herrera am
PBijuerga), Eoncanum und Blendium; die Aſtures
von der Nordfüfte bis zum Durius hinab mit
Legio Vll Gemina (Xeon), Aiturica Auguſta
Ne die Galläci im NW. in ber Band.
haft Galläcia und die Artabrer mit Brigan-
tium, Lucus Augufti, Bracara (j. Braga). Süd—
lih von den Aſturen im Innern wohnten die
Baccaei mit Pallantia (j. PBalencia); weiter
jüdöftlich die die Mitte des Landes einnehmenden
Geltiberi (j. d.), welche zerfielen in die Celt:
iberi im engeren Sinne im ©., die Arevaci im
NW., Pelendones und Berones öftlih, mit
den Städten Elunia, Segovia, Numantia
(j. Garray bei Soria), Segontia, Bilbilis,
Baterftadt des Martial, Segobriga, Contre—
bia. Die jüdmweftlichen Nachbarn der E. und die
bedeutendften Stämme der Halbinſel waren die
Carpetani zwiichen Tagus und Anas, mit To-
letum (j. Toledo), und die Oretani, an der
Grenze von Bätica, mit den Städten Oretum
und Caftulo (j. Ruinen Cazlona). Strab. 3, 137 ff.
Ptol. 2,4 ff. Plin. 3,1 ff. 4,20 ff. Mela 2, 6.3, 1.
Histiaia j. Hestiaiotis, 2.
Histialos, "/oreeiog, Tyrann von Milet unter
perfiicher Oberherrichaft, wie joldhe um 500 vd. €.
in vielen ionifchen Städten regierten, widerſetzte
ſich aus Selbftjucht, da das Intereſſe des Königs
und der Tyrannen zujammenfiel, dem Borichlag
des Miltiades, hinter dem in das Land der Stv:
then eingedrungenen Dareios die Donaubrüde ab:
zubrechen, um durch den Untergang des Heeres
die Befreiung der afiatischen Griechen herbeizu-
führen. Hdt. 4, 137 f. Nep. Milt.3. Dafür mit
einem Stridy Landes am Strymon befchentt, wurde
er jpäter dem Dareios verdächtigt und unter einem
ehrenvollen Vorwand nadı Suja berufen. Hdt.
5, 11. 235. Ws fein Schwiegeriohn Ariftagoras
jeinen Aufftand vorbereitete, trieb ihn Hiftiaios,
mit feiner Stellung unzufrieden, im geheimen dazu
an (daj. 5, 35). Er wurde von Dareios abgejandt,
um den Aufitand zu dämpfen, im J. 498 (daſ.
5, 105 ff); aber vom Satrapen Artaphernes in
Sardes geradezu als die Seele des Nufftandes
bezeichnet, floh er nach Chios und bejtimmte die
Ehier ihn nach Miletos zu bringen. Bon den
Milefiern nicht aufgenommen, mußte er nad) Chios
zurüdfehren. Hierauf wendete er fih nah My—
tilene und ging mit 8 mitilenaiiichen Schiffen
nach Byzanz (daj. 6, 1 ff.), trieb von da aus See:
raub, wurde aber von Harpagos gefangen genom—
men und auf Befehl des Artaphernes im Früh—
ling 494 in Sardes hingerichtet (daj. 6, 26 ff.)
Historia, fsrogi«, eigentlich die Erfundigung
oder Seichichtsforichung, demnächſt die Geichichts-
darjtellung, in der hellenischen Litteratur den An—
fang der Proſa bezeichnend. I. Bei den Griechen
erwachte erjt fur; vor den Berjerfriegen aus dem
Histria — Homeros.
Drange nach Thaten und der Luft an den Schid:
jalen der Vergangenheit das Bemühen, die Sagen
der Vorzeit aufzuzeichnen. Hier find zuerft die ſ. g.
Xogographen ($. d.), Aoyoypagoı (Thuc. 1, 21),
zu nennen, welcde ſich an die Ddichteriiche Dar:
jtellung der überlieferten Mythen anſchloſſen und
zum Zeil nur das poetiihe Gewand in ein pro-
jaijches verwandelten. Als der frühejte derjelben
verdient Kadmos von Milet genannt zu werden,
trefflicher jchon war Hefataios; außerdem Cha:
ron von Lampſakos, Hellanikos von My—
tilene, Atujilaos von Argos, Hippys von
Rhegion u. a. Bald jedoch wurden ihre Be:
mühungen durch den Vater der Geſchichte, Hero:
dot, verduntelt, der ald Lorogioypdpog die auf
Reifen und durch mündliche Erkundigungen ge:
jammelten” Züge um den Mittelpunft der natio-
nalen Kriege der Hellenen wider die Perſer einigte,
während Thukydides als auyyoapevs die ſelbſt—
erlebte Geichichte der inneren Kämpfe der Hellenen
ichilderte, die er in der Verbannung begann, ohne
das Werk überhaupt ganz zu vollenden. Er zeigte
fich zugleich als Schöpfer des Pragmatismus und
der vollendetiten Charakteriftif. Eine Fortſetzung
jeines Werles wurden die Eiinwind Kenophong,
der. zugleih in der MAnabafis ein einfaches und
anjchauliches Gemälde eines zum großen Zeile
von ihm jelbft geleiteten Heereszuges und in der
Kyrupaideia einen Fürftenjpiegel gab. Die Ge:
ichichtsbücher des Ktejias, der lange am Hofe
von Sufa lebte, Härten die ältere Gejchichte Aſiens
auf; Ephoros verfuchte zuerft eine Univerſal—
geichichte, blieb jedoch, wie Philiftos und Theo:
pompos, hinter den großen Meiftern zurüd.
In der alerandriniichen Periode bewahrten Ne:
archos und Onejifritos in den Darſtellungen
Aleranders nicht die nötige Unbefangenheit; Ti:
maios aus Sicilien, zwar etwas pathetifch, machte
fich jedoch um die Chronologie verdient; die baby:
loniſche Geſchichte jchrieb der Baalpriefter Be:
rojos zu Ehren des Geſchlechts der Seleufiden,
die ägyptiſche Manethon. Ausgezeichnete Samm—
lung der Bruchſtücke der griechiſchen Hiſtoriler von
Cari und Theodor Müller: fragmenta histori-
corum Graecorum (5 Bdd., 1841 ff.). — II. Bei
den Römern wird als der frühefte Geſchicht—
ſchreiber DO. Fabius Pictor (zur Zeit des
zweiten punijchen Krieges) genannt, der aber,
wie 2. Cincius Alimentus und E. Wecilius,
griechiſch ſchrieb. Wichtiger und das erſte Ge:
ſchichtswerk in lateinischer Sprache waren Catos
Origines, troden und formlos die Schriften des
2, Calpurnius Pijo und Caſſius Hemina.
Um jo wertvoller war die Bemühung des mit
römijchem Leben vertrauten Bolybios um die
Mitte des 2. Jahrh., die Zeit vom zweiten puni—
ſchen Kriege bis zur Unterjohung Griechenlands
univerjalh:Horifch und pragmatiich zu behandeln.
Von da an erhob ſich die Gejchichtichreibung
von der trodenen Annaliftif zur Hiftoriichen Kunſt.
2. Cälius Antipater und Balerius Antias
waren zwar noch troden und altertümlich, und
2. Cornelius Sijenna beſchrieb den Bundes:
genofjen- und Bürgerkrieg in gejuchter, harter
prache und mit Barteilichfeit, während Sulla
fein Leben in griechiicher Sprache beichrieb. €.
Julius Cäſar aber gab der Memoirendarjtellung
bei etwas jubjeltiver Haltung eine vollendete Form,
547
die jeine Fortſetzer nicht erreichten. Groß; dagegen
fteht durch jein Streben nach Wahrheitsliebe und
Unparteilichkeit, durch die Kunſt der Charafterzeich:
nung und Originalität der Sprade E. Sallu—
ftius Erifpus in jeinem bellum Jugurthinum
und Catilinariom, vor allen aber in feinen Histo-
riae da, die jedoch leider nur fragmentariich auf
uns gefommen find. Cornelius Nepos, der aus
den uns erhaltenen Schriften ſchwer zu beurteilen
ift, hat griechifche Mufter vor fich gehabt, außer
im Leben des Cato und Atticus. Livius dagegen
hat in umfafjender Anlage das juliſche Gejchlecht
und augufteiiche Haus durch jein großes Geſchichts—
werf von 142 BB. verherrlichen wollen. Wäh-
rend unter den erſten Kaiſern die eigentliche Zeit:
geichichte nur in den Actis diurnis behandelt
wurde, wendete ſich bei der Gefahr, die Gegen:
wart zu jchildern, der Fleiß der Darfteller mit
Vorliebe der Vergangenheit zu. Vellejus Pater:
culus verjudhte einen Abriß der römijchen Ge—
ichichte ohne große Selbftändigfeit der Beurtei-
lung; Balerıus Marimus jammelte allerlei
Thatjachen zu fittlich veredelndem Zwecke; Cur—
tius Rufus behandelte in vorwiegend rhetorischer
Haltung die Geichichte Aleranders des Gr. Groß
aber fteht durch ſittlichen Ernjt, vollendete Dar:
ftellung und die Kunft der Seelenmalerei Tacitus
da, mit prophetiihem Blid in die Zukunft jeines
Volkes und die Bedeutung der demjelben gegen:
überjtehenden germanifchen Stämme ausgeftattet
und in der biographijchen, bejyreibenden und rein
hiſtoriſchen Gattung gleich ausgezeichnet. Weniger
wertvoll in fünftlerijcher Beziehung, aber wichtig
als Sammlungen find die griechisch gejchriebenen
Arbeiten von Diodor von Gicilien, Dionys
von Halifarnaf, Caſſius Dio, Appian und
beſonders Plutarch. Etwas jpäter lebten der
grieciie fchreibende Arrian und unter ben
ömern Sueton, Florus, Juftin, Aurelius
Vietor, Eutrop; für bejondere Zeiträume find
wichtig Ammianus Marcellinus und die
6 Gejchichtichreiber der Kater. Die Überrefte der
Schriften der römischen Hiftorifer find geſammelt
von A. Krauſe (1833), Roth (Anhang zu Gerlachs
Ausg. des Salluft, 1552) und am beiten von Herm.
Beter (1. Bd. 1870; Tleinere Ausgabe 1883). —
Bol. im allgemeinen Ulrici, Charakteriſtik der an:
tifen Hiftoriographie (1833). Creuzer, die hijto-
riſche Kunſt der Griechen (2. Aufl. 1845). Ger:
lady, die Gejchichtichreiber der Nömer (1855). A.
Schäfer, Abriß der Quellenkunde der griechijchen
und römijchen Gejchichte (1. Abt. 3. Aufl. 1882.
2. Abt. 1881).
Histria j. Istria.
Homarion , Oudgıo» vder Audotor, hieh ein
öftlih der achaiiſchen Stadt Aigion gelegener,
dem Zeus Homarios oder Amarios (= Soma:
gyrios gewweihter Heiliger Hain mit einem Altar
der Heſtia, wo die achaiiiche Bundesverſamm—
lung zuſammenzutreten pflegte. Pol. 5, 98. Strab.
8, 385.887. ‚Paus. 7, 7,2. 24, 4.
Homöros, "Ouneos. Die Nachrichten der Alten
über Zeitalter, Lebensverhältnifjie und Schickſale
des Homer find größtenteils Mutmaßungen und
jagenhafte, zum Zeil ſymboliſche Erzählungen aus
jpäter griechiicher Zeit, aus denen die hiftoriiche
Forſchung mur geringe und unfichere Nejultate
ziehen fann. Vgl. Bernhardy, Grundr. der gried).
36*
-
548
Litt. I, 18.73. Die Deutung des Namens hat
ihon die Alten viel bejchäftigt. Ephoros wollte,
an die Sage anfnüpfend, den Blinden (ö un dgwr)
darin erfennen. Die Neueren denken bald an den
Meifter der epiichen Kompofition, den Zuſammen—
füger (duoö-&ew); andere an eine engverbundene
Sängerzunft (öuneoı, Gejellen), woraus der Name
für den idealen Ahnheren der Genoſſenſchaft ent:
lehnt jei; noch andere haben ihn mit dem Namen
des alten thrafiichen Sängers @duvgıg identifiziert
und ihn zu dem abjtraften Dichter gemacht; in
neuefter Zeit hat Bergk von jeder ſymboliſchen
Bedeutung der Geifel oder des Bürgen abgeichen
und einfach an der hiftoriichen PBerjönlichkeit feft:
gehalten. — Über das Zeitalter des Dichters
weichen die Alten jehr von einander ab. Während
Krates von Mallos behauptete, er habe vor der
Herafleidenwanderung gelebt, fette Ariftarch ihn
in die Zeit des ioniſchen Auszugs (1043), Theo:
pomp und Euphorion 500 Jahre nach dem tro-
janifchen Kriege an, fo daß die älteite ihm zu:
gewiejene Epoche von der jüngften nicht weniger
als 460 Jahre abfteht. Der Wahrheit am nächften
mag die Kombination des Herodot (2, 53) fom:
men, daß die Blüte Homers 400 Jahre vor feine
Zeit, aljo ungefähr um 854 v. C. zu ſetzen jei.
Ehenfo ftreitig wie das Zeitalter ift das Vater:
land des Homer. Gewöhnlich wurden 7 Städte
angeführt, die fid um die Ehre, jein Geburtsort
zu jein, ftritten. Ein Epigramm bei Gellius
(3, 11) nennt: Smyrna, Rhodos, Ktolophon, Sa:
lamin (auf Kypros), Jos, Argos, Athen, während
Variationen diefes Epigramms noch Kyme, Chios,
Bylos und Ithaka erwähnen. Manche von diejen
Städten jchrieben fih den Homer zu, weil home:
riſche Poeſie bei ihnen bejonders gepflegt wurde,
andere Anfprüche gründeten fih auf Kölonialver:
bindungen. Die älteften Zeugen weiſen auf die
ioniſche Küfte Kleinafiens und die benachbarten
Inſeln Hin, namentlich; auf Smyrna, Jos, Chios
und Kolophon. So wurde Smyrna ein frucht:
barer Boden für die epijche Poeſie, auf welchem
ein Homer erwachien konnte, den wir im Hinblid
auf den ganzen Charakter wie auf einzelne Züge
jeiner Gedichte für einen Jonier halten müſſen.
Über die Zuftände der epiichen Poefie vor Homer
j. Epos. Der große Schritt nun, weldyen Homer
in der Ausbildung der epiichen Poeſie vorwärts
that, bejteht darin, daß er, während die Dichter
vor ihm nur Meinere Zeile aus dem großen Ge:
biete der Sage in furzen Gejängen behandelten,
größere, abgeichloffene Ganze eines Sagentreijes
nach den Gejegen der poetijchen Einheit in künſt—
leriicher Kompofition zujammenfaßte. Der Sagen:
freis, aus welchem Homer die Stoffe für jeine
beiden großen Epen, Jlias und Odyſſee, nahm,
2 ift der troiſche. — Die Jlias behandelt einen
fleinen Zeitraum von 51 Tagen aus dem zehnten
Jahre des trojanischen Srieges, den Horn des
Achilleus und defien Folgen bis zum Tode Heltors.
Achilleus ift von Agamemnon durch den Raub der
Brijeis Schwer gefränft worden und hält jich da:
her, allen Griechen zürnend, von dem Kampfe
fern, bis fein heißgeliebter freund Patroflos, den
er, halb ermweicht durd; das Unglück jeiner Lands:
leute, in feiner Rüftung mit den Myrmidonen
hat ausziehen laffen, von Heltor in der Schlacht
erichlagen wird. Dies Ereignis ift der eigentliche
Homeros.
Mittel: und Wendepunft des Ganzen, der von
dem Dichter allmählidy und mit großer Kunſt her:
beigeführt wird. Vom Anfang des Gedichte an
werden wir mit dem Grunde des Zornes befannt=
gemacht, worauf alsdann die Kampfesfcenen folgen,
in denen e3 dem Dichter möglich wird, während
Achilleus grollend in feinem Zelte liegt, die eifı-
zelnen Haupthelden der Griechen, vor allem im
fünften Gejange Diomedes, in den Vordergrund
treten zu lafjen. Aber alle Heldenfraft und Tapfer:
feit ift fruchtlos, jo daß man mit fteigendem Ber:
langen dem endlichen Auftreten des Achilleus ent:
gegenfieht. So wird der große Held auch in jei«
ner Zurückgezogenheit verherrlicht; endlich tritt er
auf, aus einem verjöhnten Griechenfeinde ein
furchtbar ziürnender Troerfeind geworden, und
führt mit umwiderftehlicher Gewalt die erjehnte
Änderung des Kriegsglüds herbei: er rächt den
efallenen Freund durch Erlegung des SBeltor.
Während der erjte Teil der Alias nur langſam
und zögernd fortjchreitet, eilt der letzte rajcher
feinem Ziele zu. Doc endet das Gedicht nicht
unmittelbar mit dem Tode Hektors; erſt mit der
Auslieferung und Beftattung feiner Leiche, nach:
dem der wilde Zorn des Adyilleus ſich in eine
milde Wehmut umgeitimmt hat, fommt das Ganze
zu einem das erregte Gemüt des Hörers beruhigen
den Schluß. — Die Odyſſee behandelt die Rüd: :
fehr des Odyſſeus in einem engen Rahmen von
40 Tagen; aber auch in diefen engen Grenzen ift
ähnlich wie in der Alias eine Maſſe Begeben:
heiten zufammengefaht, jo daß die beiden Ge—
dichte uns eine Überficht über den ganzen tro-
janifhen Sagenfreis liefern. Die Odyſſee zerfällt
in 4 Sauptpartien. Die erfte („der abwejende
Odyſſeus“) umfaßt B. 1 —4. Während Odyſſeus
in weiter Ferne auf der Inſel Ogygia bei der
Nymphe Kalypfo weilt, drohen in feinem Haufe
die Freier feiner Gattin Penelope, fein ganzes
Vermögen zu Grunde zu richten; aber jein Sohn
Telemachos, der fich eben als Mann zu fühlen
beginnt, ift entjchloffen, ihrem Treiben entgegen-
zutreten, und unternimmt auf den Rat der Ballas
Athene hin eine Neife nach Pylos und Sparta,
um nad) dem Vater zu forichen. Der zweite Teil,
B. 5—13, 92 („der zurüdtehrende Odyſſeus“),
führt Odyfjeus von Ogygia zum Lande‘ der Phai-
alen, denen er feine früheren Irrfahrten und Aben:
teuer erzählt, und von da nach Ithaka. Im
dritten Teile, B. 13, 93 — B. 19 („der Rache
finnende Odyſſeus“), jchmiedet er mit feinem zus:
rüdtehrenden Sohne bei jeinem treuen Diener,
dem Sauhirten Eumaios, den Plan zur Rache an
den Freiern, welcher im vierten Teile, B. 20-24
(„der Rache übende Odyſſeus“), zur Ausführung
fommt. Auch die Odyſſee ift wie die Jlias ein
nad) einem kunſtvollen Plane angelegtes Ganze,
in welchen alle Teile auf ein ——— Ziel,
auf die Heimkehr und Rache des Odyſſeus, hin—
ſtreben und überall das Intereſſe auf den einen
Haupthelden gerichtet iſt; der Plan iſt um jo
kunſtvoller und verwickelter, weil mit der einfachen
Geſchichte von der Rücklehr des Odyſſeus eine
weite Handlung verflochten ift, das Auftreten des
——— gegen die Freier und ſeine Reiſe. So
ſpielen die Ereigniſſe und Handlungen auf ver—
ſchiedenem Felde, und während uns der Dichter
nach der einen Seite hin in die wunderbaren
Homeros.
Yänder der Ferne führt, läßt er uns auf der
andern Seite einen Blid thun in die zerrütteten
Verhältniffe von Ithaka und zugleich im Gegen:
jaß dazu im die friedlichen, behäbigen Verhältniſſe
anderer von Troja ſchon zurüdgelehrter Helden.
4 — Obgleich Jlias und Odyſſee in Ton, Sprade
und Bersbau im allgemeinen übereinftimmen, jo
aehört doc die Ddnifee einer in Bezug auf jo:
ciales, religidjes und fittliches Leben fortgejchritte-
nen Beit an, jo daß man die Entjtchung der
Odyſſee ſpäter als die der Ilias ſetzen muß; daher
die Annahme der ſ. g. Ehorizonten (XKwgifor-
reg, die Trennenden) unter den alten griechiichen
Örammatitern (Xenon, Hellanikos u. a.) und
mancher neueren Forſcher, daß Alias und Odyſſee
zweien ganz verichiedenen Verfaſſern (die vielleicht
an 100 Jahre voneinander abftänden) angehören.
Die Verſchiedenheit ift indes nad) mancher Anficht
nicht jo groß, daß man nicht annehmen fönnte, fie
jei einesteils durch die Beſchaffenheit der behan—
delten Gegenſtände jelbjt veranlapt und berube
andernteils auf der verichiedenen Anſchauungsweiſe
und Gemütsftimmung desjelben Dichters in einem
früheren und jpäteren Alter. Daher halten viele
an Homer als einer hiſtoriſchen Perſon feit, und
zwar ald dem Verfaſſer der Ilias und Odyſſee;
denn auch die in neuerer Zeit über die Perſön—
lichfeit des Homer und damit zufammenhängend
über die Entitehung der homeriichen Gedichte auf:
geitellten Hypotheſen, daß fie das Werk einer
Sängerichule oder Sängerinnung (Homeriden) jei,
die einen Homeros fich als ihren Heros eponymos
erdichtet habe, oder daß aus Heineren Liedern,
die zu verichiedenen Zeiten von verichiedenen Per-
fonen gedichtet worden, entweder jchon in älterer
Beit oder erit unter Berfiftratos, Jlias und Odyſſee
zuſammengeſetzt tworden feien (Lachmann), ent:
5 behren der ficheren Begründung. — Nimmt man
(mit Wolf) an, daß zur Zeit Homers und auch
lange nachher die Schreibefunft bei den Griechen
noch nicht für litterariiche Zwede verwendet wor:
den jei, ſo ift es für uns allerdings jchwierig,
uns von der Entjtehung und Verbreitung jo großer
Epen einen Begriff zu machen. Denn wenn wir
auch im. Hinblid darauf, da noch Männer zu
des Sokrates Zeit die ganze Ilias und Odyſſee
aus dem Gedächtnis wiederholen fonnten, den
Menſchen jener alten Zeit eine gleiche oder größere
Gedächtniskraft zutrauen, jo war es doch wohl
einem. Dichter faum möglich, ein größeres Werf,
das er entworfen und ausgeführt, ſowohl jeinem
eigenen als auch fremden Gedächtnis bis ins ein:
zelnſte vollftändig einzuprägen. Nun hat aber bie
Forſchung in den legten Decennien feftgejtellt, daß Die
Schrift jeit undenflichen Zeiten im Befige der Grie—
chen war, und daß wenigjtens zur Zeit der erften
Dlympiaden die Schreibefunft bei den Griechen in
allgemeinem Gebrauch war, ja manche neueren
Forſcher nehmen nicht ohne triftige Gründe an,
dab ſchon Homer jeine Gedichte niedergeichrieben
babe. War dies der Fall, jo hatte die Erhaltung
der Jlias und Odyſſee in ihrer Totalität und die
Verbreitung derjelben feine Schwierigkeit. Die:
jenigen, welche fich den mündlichen Vortrag der
bomerijchen Gedichte als Beruf erwählt, prägten
ji) die Worte des Dichters mit Hülfe geichriebe-
ner Exemplare ein. Denn die epiſchen Gedichte
waren, wenn fie auc hier und da von Freunden
549
der Poeſie gelejen wurden, hauptſächlich für den
mündlichen Bortrag beftimmt, fie wurden von
wandernden Sängern bei Feſten und jonjtigen Ver:
jammlungen vorgetragen, und dies war der Weg,
auf weldem die Mehrzahl der Nation die Werte
ihres großen Meifters fennen lernte. Man be-
hauptet, daß die j. g. Homeriben, Sänger:
innungen, welche den Homer als ihren Heros
eponymos anjahen und ehrten, jich ein befonderes
Verdienft um die Erhaltung und Verbreitung der
bomerijchen Gedichte erworben haben. Indes fennt
das Wltertum nur Ein Homeridengeichlecht auf
Ehios, das von Homer jelbjt abgeleitet wurde und
wahrjcheinlicd; von Smyrna aus, wo Homer lebte,
durch Niolier vertrieben, auf jener Inſel fich nie-
derlieh. Diefe Nachkommen des Homer mögen
Abjchriften feiner Gedichte beſeſſen und jich mit
dem Bortrag derjelben beichäftigt und auch jelbft
Dichter unter fi gehabt haben; aber dafür, dafı
fie eine eigentliche, von Homer geftiftete Sänger:
innung oder Sängerſchule gebildet hätten, haben
wir fein Zeugnis aus dem Altertum. Der Name
Homeriden ging bald auf alle Sänger über, welche
homerijche Gedichte vortrugen, auf die homeriſchen
Rhapjoden (j. d.), ein Name, der sp Te
einen Sänger bezeichnete, der einen epiſchen Stoff,
mochte er eigenes oder fremdes Werk fein, in
epijch recitierender Weife vortrug. Solche Sänger
trugen neben andern epiichen Gedichten die home:
riſchen Gejänge bei Feſtverſammlungen teils voll:
ftändig und in ihrem urjprünglichen Zuſammen—
hange, teils einzelne Bartien derjelben vor. Als
aber jpäter neben dem rhapjodiichen Geſang auch
andere Arten poetijchen Vortrags ſich geltend
machten, da reichte bei ſolchen Berjammlungen
die Zeit für den Vortrag der vollftändigen Epen
nicht mehr aus, und von mun an wurden Alias
und Odyſſee zerrifien und nur noch im einzelnen
fleineren Stüden vorgetragen (srogdönv deidsır)
und verbreitet. Bei der früheren wie bei ber
ſpäteren rt der Verbreitung geichahb es leicht,
daß von dichtenden Rhapſoden dem urjprünglichen
Ganzen einzelne Stüde zur Ergänzung und Er-
weiterung eingefügt wurden, und daß die einzel:
nen Lieder, in welche das Ganze zerriffen ward,
durch die vortragenden Rhapjoden manche Ande:
rung in Sprache und Ton erlitten und oft will:
fürlich verbunden wurden. Daraus lafjen ſich nad)
der Anſicht mancher Forſcher am einfadhiten die
Verichiedenheiten, welche man nod) heute in den
einzelnen Teilen der Ilias und Odyſſee entdedt,
erklären. Mit Nüdficht auf den Inhalt erhielten
die einzelnen Gefänge im Altertum bejondere Be:
nennungen, deren ſich Herodot, Platon u. a. bei
Anführungen, homerijcher Stellen bedienen, und
die ſich noch erhalten haben. — Um der durch die 6
Nhapjoden entjtandenen Verwirrung zu fteuern,
verordnete Solon zu Athen, daß die homerijchen
Geſänge bei den öffentlichen Vorträgen 2E vmo-
Boing (mit Zugrundelegung jchriftlicher Eremplare)
vorgetragen werden jollten. Dieje Manujfripte
enthielten wahricheinlich nur einzelne Teile der
homeriſchen Gedichte; erſt Beifitratos erwarb
jih im Verein mit mehreren (4) Dichtern, au
deren Spige der Orphiler Onomafritos von
Athen ftand, das Berdienft, Jlias und Odyſſee
aus den einzelnen Stüden, in welche jie allmählich
zerfallen waren, allerdings mit einigen zu Gunften
550
Athens gedichteten Heinen Einjchiebjeln, wieder
zu organijchen Ganzen zufammengefügt zu haben.
Zugleich verordnete er (wenn dies micht von ſei—
nem Sohne Hipparchos ausging), daß die Rha—
pioden die jo mwiederhergeftellten Gedichte an den
Banathenaien volljtändig und im Zujammenhange
vortragen jollten, und zwar 2& ümolryewg, d. h.
indem fie einander ablöften. (Plat.) Hipparch.
p. 228 B. — Die athenifche Recenfion des Bei:
jiftratos bildete wahrſcheinlich die Grundlage für
jämtliche an den verichiedenen Orten Griechenlands
befindliche Recenfionen der Ilias und Ddnfiee,
welche zum großen Teil jpäter im Original oder
in Abjchrift in der alerandriniichen Bibliothek ver:
einigt wurden; und nachdem von Beififtratos an
bis zum alerandriniichen Zeitalter ſich einzelne
ohne fejte Grundlage für ihre Kritik manche
Anderungen des Tertes und Einfchiebjel (Dia:
jfeuajen) erlaubt hatten, waren die gelehrten
alerandrinifchen Kritifer bemüht, wieder auf die
Recenfion des Peiliftratos zurüdzugehen. Diejelben
haben vielen Fleiß und große Gelehrſamkeit auf
die Kritif und Erflärung des Homer verwendet;
wir nennen unter ihnen außer dem trefflichen
Benodotos von Ephejos, dem (wahrſcheinlich
mit Unrecht) die Einteilung der beiden homerischen
Gedichte in je 24 Bücher zugejchrieben wird, und
Nriftophanes von Byzanz nebft jeinem Schüler
Kalliftratos den Ariſtarchos von Samothrate
(um 160 v. E.), einen Schüler des Ariftophanes,
den gelehrteften und um Homer verdienteften
Grammatiker der alten Zeit, der Fritijche Recen—
fionen und anägezeichnete erflärende Kommentare
dazu geliefert hat, deren Überreſte uns bejonders
in den trefflichen Wenetianifchen Scholien vor:
liegen, herausgegeben von Billoifon (1788), 9.
Belter (1825) und W. Dindorf (1875 ff.). — Die
Gedichte Homers waren für die Bildungsgejchichte
der Griechen von außerordentlicher Wichtigkeit; fie
waren die Grundlage aller höheren Bildung diejes
Volkes in Kunft und Wiffenichaft und das erite
Buch, das dem Knaben zum Unterricht in die
Hand gegeben wurde. Wie Herodot (2, 53) jagt,
hat Homer nebjt Hefiod den Griechen ihre Götter
gemacht, d. h. die religiöjen Borftellungen, welche
dieſe Dichter ausgeprägt haben, blieben maßgebend
für alle Folgezeit; und wie auf das religidfe
Leben, jo hatte Homer (jelbft durch Partien von
untergeordnnetem Kunſtwert, wie durch den Sciffs-
fatalog der Ilias) auch auf das moralifche und
ftaatliche Leben den größten Einfluß, jo daß es
uns nicht wundern fann, wenn wir ihn wie einen
Heros mit Altären und Tempeln geehrt jehen.
Und noch heute übt der Geiſt des großen Meifters
jeinen bildenden Einfluß auf die Welt; denn feine
Werte find für alle Zeiten Grundform und Mufter
ihrer Gattung. — Die homerifchen Gedichte zeich:
nen ſich durdy den umerichöpflichen Reichtum der
dargeitellten Welt aus; einfach, natürlich und wahr
führt Homer uns ohne jpannende Erwartung und
Überrajchung, aber mit ftets gleicher Lebendigkeit
feine bewegte Welt vor, während er jelbft an-
ipruchslos hinter derjelben verborgen fteht. Be:
wundernswert ift die Mannigfaltigkeit jeiner Hel—
dendharaftere; obgleich allen derjelbe Grundzug des
Eharafters, die Heldenmütigfeit, eigen ift, a iſt
doch jeder einzelne von den übrigen durch irgend
einen eigentümlichen Zug, durch Großmut oder
Homeros.
durd Weisheit oder durch Schlauheit, durch rohen
Übermut, Stolz, Bejicheidenheit u. j. mw. aus-
ezeichnet. Und dasjelbe mannigfaltig ausgeprägte
!eben wie auf der Erde ift in dem Olympos. Die
ſinnliche Natürlichkeit aber und die bisweilen ans
Nohe ftreifende Kraft wird veredelt durch einen
milden fittlichen Geift, der über das Ganze ver:
breitet ift. Die Sprache fließt ungeziwungen in
gleihmäßigem Strome dahin, einfad), wohltönend
und voll Anmut. Sie iſt das Mufter für alle
jpäteren Epifer und ſelbſt die Grundlage für die
Sprache der Iyriichen und dramatischen Poeſie und
der Proja geworden. — An die obige Darftellung,
die den fonjervativen Standpunft fefthätt, muß ſich
eine gedrängte Darftellung der homerischen Frage
anjchliegen, die jeit faſt 100 Jahren die beften
philologiichen Kräfte beichäftigt hat und ſobald
noch nicht zum Abjchluß gebracht jein wird. Ab—
gejehen von vereinzelten Stimmen der früheren
Beit (Hedelin, Bico, Wood) hat Fr. U. Wolf in
den Prolegomena It 3. Aufl. 1884) die Ge:
ſchichte der homeriſchen Dichtung entwidelt und
ift dabei, indem er einem jo frühen Zeitalter den
Gebrauch der Schrift für litterariiche Zwede ab:
iprah, zu der Anficht gefommen, dab wir in
Homer die dichteriiche Broduftion eines langen
Beitraumes vor uns haben, welche, allein durch
die Kraft des Gedächtnifjes erhalten, in der Beit
des Beififtratos gejammelt und vereinigt worden _
ſei. Wolf hat feine Forichungen nicht abgejchlofien,
aber durch das Gegebene in weiteſten Streifen
Intereffe für den Gegenftand erwedt. Nach ©.
Hermann hat ein Dichter den Zorn des Achilleus
und die Rücklehr des Odyſſeus in 2 wenig um:
fangreichen Gedichten bejungen, die durch Erweite:
rungen allmählich die gegenwärtige Geftalt erhal:
ten haben (ähnlich in neuefter Zeit B. Niefe in
feinem Werfe: die Entwidelung der homeriichen
Poeſie, 1832). K. Lachmann hat, geleitet durch
die Bergleihung mit dem nationalen Epos der
Nibelungen, die Ilias zuerft 1837 in einzelne
Lieder zerlegt (Liedertheorie), die von verjchiede:
nen Berfaffern herrühren und in fich abgeichlofjene
Ganze bilden. Auf dem Wege, die urjprüngliche
Ilias wiederherzuftellen, ift ihm Köchly getolat,
der nicht bloß in jeinen dissertationes (1850—
1859) den Anhalt des Gedichtes einer genauen
Analyje unterworfen, ſondern auch in feiner Aus:
gabe alle unechten Zuthaten (von feinen 16 Lie:
dern) auszujcheiden verjucht hat. Andere, bejonders
E. N. Hoffmann, Gijefe und Kluge, haben aus den
Eigentümlichleiten der Sprache und des Versbaues
den verjchiedenen Uriprung einzelner Bartien feitzu-
ftellen gejucht. Nachdem man fich bis dahin meift
auf die Ilias bejchränft hatte, ging A. Kirchhoff
(die homeriſche Odyſſee und ihre Entjtehung, 1859.
Die Kompojition der Ddyfjee, 1869; beide ver:
einigt 2. Aufl. 1879) auch an dieſes Gedicht, deſſen
echter Kern nach jeiner Anficht durch Umdichtungen
entftellt ift. Diefen Beftrebungen gegenüber fehlt
es nicht an eifrigen Belämpfern der Yiedertheorie
und jogenannten Unitariern, unter denen Nitzſch,
Nuphorn, Kiene, Bergk, Vollmann und bejonders
Kammer (die Einheit der Odyſſee, 1874) eine her:
borragende Stelle einnehmen, obgleich auch dieſe
weit entfernt find, die Integrität der Dichtungen
zu behaupten. Noch andere nehmen eine ver:
mittelnde Stellung ein, z. B. Ritjchl, der in Homer
=
Homerus Latinus
den Dichter der beiden großen Epen erfennt, die
er aus den einzelnen Liedern verichmolzen habe,
oder Grote, der die Einheit der Odyſſee zugibt,
aber aus der Alias eine Achilleis (B. 1. 8. 11. 22)
und eine Alias (B. 2. 7. 10) herausichält (ebenio
Friedländer 1853), oder Chriſt, welcher fich die
Ilias aus 40 Liedern entſtanden denkt, die er
4 Dichtern, 2 Hauptdichtern und 2 Nebendichtern,
beilegt, oder Fick, der 5 verichiedene Beitandteile
der Ilias annimmt u. ſ. w. Eine gute Zuſam—
menftellung gibt 9. Bonig, über den Urjprung
der homeriſchen Gedichte (5. Aufl. 1880). — Außer
Ilias und Odyſſee wurden von den Alten dem
Homer noch zugeichrieben die ſ. g. homeriſchen
Hymnen. Dieſe aber, jehr ungleih in Sprache
und poetifcher Anlage und zu jehr verjchiedenen
ar entitanden, gehören fiher den nachhomeriſchen
Jahrhunderten an, und zwar jcheint feiner Olym-
piade 1 zu erreichen, während die jüngften aus
der alerandriniichen Zeit ftammen mögen. Sie find
teilweile Werfe von Rhapſoden, welde fie zum
Teil als kurze Einleitungen ihren poetijchen Vor:
trägen vorausididten; die größeren Hymnen da—
gegen (auf den beliichen Apollon, den pythiſchen
Apollon, auf Hermes, Demeter und Aphrodite), welche
Sagen von lofalem Gepräge zum Teil mit großer
Anmut in einfacher altepijcher Weije ausführlich be:
handeln, jcheinen als Einleitungen zu Rhapjoden:
wettfämpfen an Feſten der betreffenden Götter
gedient zu haben. Außerdem bejigen wir noch
fälichlih unter dem Namen des Homer 16 klei—
nere, Erıygduuara genannte, Gedichte, unter
denen Kauıvog und Elgesinrn am anziehendften
find, ferner die Bargagopnvouayia (Froſch—
mäusler), eine Heine Parodie der Alias, vielleicht
im 5. Jahrh. v. E. entitanden, als deren Verfafier
Figres von Halifarnaf galt. Weit berühmter war
das jcherzhafte Epos Margites, das jelbit Ari:
itoteles (poet. 4) dem Homer zujchreibt. — Aus:
gaben: Ed. prince. von Demetrios Chalkondylas
(1488 f.), Schrevel (1655), Barnes (1711), Clarke—
Ernefti (1779), F. 4. Wolf (1794 u. ö.), G. Ser:
mann (1832), X. Beller (1843 und nochmals 1858),
Bäumlein (1864), W. Dindorf (zulegt 1884), A.
Naud (1874 ff). — Ausgg. der Ylias von Heyne
(1802 ff.; FM. Ausg. 1804), Spitzner (1832 ff.),
Döderlein (1863), Ya Roche (1873; Schulausg.
3. Aufl. 1883 ff), Düntzer (2. Aufl. 1873 ff.), Ri
9. Koch (1868 ff.), Fäſi-Franke (6. Aufl. 1879 ff.;
7. Aufl. begonnen 1888), Ameis-Hentze (1868 ff.;
4. Aufl. begonnen 1887), Stier (1886 ff.), Ehrift
(1884 ff.), Rzad) (1886 f.). — Ausgg. der Odyſſee
von Ameis:Henge (8. Aufl. 1884 ff.) B. 9. Koch
(1872 ff.), Fäſi (zuerft 1849; neu bearbeitet von
Kayſer, Hinrichs und Renner, 8. und 7. Aufl.
1884 ff.), Düntzer (2. Aufl. 1875 ff.), Weck (1886 ff.),
Eauer (1886... Anmerkungen zur Ilias von
Nägelsbach (B. 1—3; 3. Aufl. 1864), zur Odyſſee
bon Nigich (B. 1—12; 1826 fj.). Ausgg. der Ba:
trachomyomachie von Baumeijter (1852), Draheim
(1874) und Brandt (Parodorum epicorum Graec.
—reliquiae, Bd. I, 1888); der Hymnen, Batracho-
myomachie und fein. Gedichte von Algen (1786),
Franke (1828), Baumeifter (1860; Tertausg. 1874) |
und Abel (1886); der Hymnen und Epigramme |
von G. Hermann (1806), der Hymnen von Gemoll |
(1886). — Wichtige Hülfsmittel: I. Beller, home: |
riiche Blätter (1863 und 1873); Döderlein, home: |
— Honorarium. 551
riſches Gloſſarium (1850 ff.); Nägelsbach, home:
riſche Theologie (3. Aufl. 1884); A. Göbel, Lexi—
logus zu Homer und den Homeriden (1878 ff.);
Buchholz, die homeriſchen Realien (1871 — 85);
Ebeling, lexicon Homericum (1871—85). Schul:
wörterbücher von Cruſius-Capelle (9. Aufl. 1889),
Autenrieth (5. Aufl. 1887), Suhle u. a. Helbig,
das homeriihe Epos aus den Dentmälern er:
läutert (2. Aufl. 1887).
Homörus Latinus ſ. Pindarus Thebanus.
"Ouoroı. Nach der Inkurgiichen Verfaſſung
bildete die fiegreiche, eingewanderte doriiche Be:
völferung, im Gegenjage gegen die unterworfene,
aber perjönlich freie und bejigende urjprüngliche
Bevölferung, die Perioiken, und die geknechteten
Heloten (j. Helotes), die eigentlich herrichende
Boltsgemeinde. Die dur Lykurgs Einrichtungen
hergejtellte Gleichheit des Grundbeſitzes war Die
Grundlage der gleichen politiichen Berechtigung,
zu der der einzelne durch die jpartiatijche Er-
aiehung, die Lebensweiſe, die gemeinjchaftlichen
Syfjitien und. die andern, das Wufgehen der
Individualität in die große Staatsgemeinjchaft
bezwedenden, Einrichtungen befähigt wurde. Die
Berminderung der Bürgerzahl durch Kriege und
die durdy das Geſetz des Epitadeus (nad dem
peloponnejischen Kriege; eine genaue Zeitbeſtim—
mung läßt jich nicht geben) geftattete freie Ver:
fügung über den Grundbeſitz durch Schenkung bei
Lebzeiten oder auf den Tall des Todes bradıte
Ungleichheiten in dem Bejige hervor, die zur Er:
ichütterung der alten Berfaffung führten. Denn
indem bei der Ungleichheit des Befipes die Armeren
nicht mehr imjtande waren, in vollem Maße an
der alten Erziehung und der gemeinjchaftlichen
Lebensweije teilzunehmen, war es ganz folgeredt,
daß fie auch in ihren Berechtigungen gegen die
Vermögenderen zurüdtraten; letztere erhielten nun
ausjchliehlih den Namen der Gleichen (öworne),
der früher alle ſpartaniſchen Bürger als gleichbe:
rechtigte bezeichnete; die Minderbegüterten wurden
vmousloves (geringere) genannt, Die Homoien
bildeten wahrjcheinlich die wing& Funinaie, und
aus ihnen wurden die Geronten genommen, wäh:
rend die Hypomeiones nur den Zutritt zum Epho:
rat hatten und die civilen Rechte behielten. Xen.
resp. Lac. 3, 4. 10, 7. An. 4, 6, 14.
Homöle, Ousin oder "Ouskıor», der nördlichite
Punkt der theflaliihen Halbinjel Magnejia, ein
fruchtbarer, wafjerreicher Vorberg des Dffa (f. d.)
gegen das - Tempethal hin, nebſt einer gleich
namigen Stadt. Strab. 9, 443. Paus. 9, 8, 6.
Liv. 42, 38.
Honor, Honos, %Berjonififation der Ehre,
fteht in enger Verbindung mit Virtus, der Berjoni-
fitation friegerijcher Tapferkeit. Marcellus
erbaute beiden gemeinjchaftlich einen Tempel vor
der Porta Capena, welchen er in der Schlacht bei
Elaftidium am Padus (222 v. E.) gelobt hatte.
Da aber die Pontifices erklärten, 2 Gottheiten
fönnten einen Tempel nicht gemeinjchaftlich haben,
jo wurde neben dem erjten noch ein zweiter ge:
baut. Liv. 27, 25. Einen gemeinſchaftlichen Tem-
pel erhielten beide Gottheiten von Marius nad)
Bejiegung der Eimbern.
Honorarium, griechifch ri) oder wiodos, ein
ſchon in der vesubtilantichen Zeit von den Pro:
vinzialen den römischen Beamten gewährtes Ge:
552
ichenf, zuerjt in Naturalien bejtehend; unter den
Kaifern das Geld, das diejenigen Provinzialen
bezahlen mußten, die zu einem Amte, bejonders
zu dem eines Decurio (decurionatus), in ihrem
Orte gelangten. Plin. ep. 10, 113. 114. Dieje
Abgabe flo in die Gemeindekaſſe. Plin. ep. 10, 48.
Auch die griechiichen Redner ließen fich als
Sachwalter einer Partei für ihre Bemühung ein |
Honorar bezahlen, ebenjo geichah es aud bei den
Römern. Dagegen trat die lex Cincia 204 v. C.
auf: ne quis ob causam orandam donum mu-
nusve caperet. Dies fam jpäter in Bergefienheit,
und 3. B. Elodius und Curio ließen ſich gut be:
zahlen. Auguftus führte die Beftimmung der lex
Cinceia wieder ein. Dio Cass. 54, 18. Claudius
(Tuc. ann. 11, 5. 7) ließ Erleichterung eintreten
und jegte als höchites Maß des honorarium die
Summe usque ad dena sestertia feft, „doch in
der Weije, daß fein Lohn oder Geſchenk ausge:
macht oder verjprochen werden durfte, daß aber
nach Beendigung der Sache eine freiwillige
Nemuneration bi8 zu der angegebenen Summe
geitattet war“. Nero hob dieje Bejtimmung wieder
auf und erneuerte das Verbot der lex Cincia
(Tac. ann. 13, 5), lief jedoch jpäter eine beftimmte
Entihädigung zu (Suet. Ner. 17). Zur Zeit des
Trajanus jegte man in jophiftiicher Vereinigung
der lex Cincia und des Herfommens feft, dab bie
Parteien zuvor jchwören mußten, ihrem Advofaten
nichts gegeben, nichts jelber, auch nicht durch andere
verjprochen zu haben (nihil se ob advocationem
cuiquam dedisse, promisisse, cavisse), aber nad)
Enticheidung des Prozeſſes durfte der Rechtsan—
walt ein honorarium decem milium (etwa 900 M)
beanjprucden (Plin. ep. 5, 21). — Ebenjo wurde
jowohl in Athen als in Rom den Lehrern der
Künfte und Wilfenfchaften ein bonorarium bezahlt
(pretium disciplinae), vgl. Schulwesen. —
Die Arzte, vorzüglich bei den Griechen, empfingen
neben der Staatsbejoldung (Önuosıevorreg larpol
im Gegenſatze zu den Ödiwrevorreg, Privatärzten)
eine Bergütung von den behandelten Kranken,
söorgor (j. Arzte),
Honorius, Flavius, Sohn Theodofius' 1.,
wurde im Jahre 384 n. E. geboren, 393 zum
Auguftus erhoben und nah dem Tode jeines
Vaters im Jahre 395 Kaiſer des weſtrömiſchen
Neiches unter VBormundichaft des Bandalen Stilicho.
Der letztere frübte durch jeine Kraft und Energie
das wankende Reich, that aber nichts für Die
geiftige Entwidelung des unmündigen Kaijers, der
bis an feinen Tod ein Spielball jeiner Günftlinge
blieb. Solange Stilicho lebte, ſchützte er das
Reid) gegen die Einfälle deuticher Bölfer unter
Nlarich und (406) Nhadagais, den er bei Florenz
vernichtete,; als aber Honorius, obichon mit des
Stilicho Tochter vermählt, im Jahre 408 feinen
Schwiegervater hatte umbringen laſſen, da erlag
das Reich in den Jahren 408—410 den Anfällen
denticher Stämme, welche eine Provinz nad) der
andern abriffen und in denjelben neue Reiche
gründeten. Zuletzt mußte Honorius feinem fieg-
reichen Feldherrn Conſtantius feine zuvor mit
dem Weftgotenfönig Athaulph vermählte Schwefter
Placidia vermählen (417) und ihn zum Mitre—
genten annehmen (421). Er ftarb im Auguſt 423.
Zos. 5, 26 ff. 6, 2ff.
"Oxinres ij. UII, 2.
Honorius — Horae,
"Onrliraı, Deine: mit jchwerer Rüftung
in den Heeren der Griechen, waren in der Deroen:
zeit nur die unweſentlichere Beigabe des Einen
Edlen, Fürſten. Nach der dorischen Wanderung
änderte fi) das Kriegsweſen dahin, da die Ho—
pliten nicht bloß den hauptjächlichiten Teil des
Heeres, jondern das Heer jelber bildeten, und alle
übrigen, wie die etwaige Reiterei (vgl. Equi-
tatus), die Heloten u. j. w., für fich nichts galten.
In einer geichloffenen Phalanx vereinigt, kämpfte
nun das Heer in Maflen, im Gegenjage zu den
Einzeltämpfen der heroijchen Zeit. Die Gliederung
des Hoplitenheeres j.Exercitus und Phalanx.
Die Bewaffnung der Hopliten war nur auf den
Nahfampf berechnet, Aufgabe demnach durchzu—
brehen und zu fiegen. er Spieß wurde nur
zum Stoße verwandt, nicht zum Wurfe; er maß
7—9 Fuß und wurde bei bloßer Abwehr eines
anprallenden Feindes wohl in einen Seiteneinfchnitt
des großen Ovalſchildes (Lamis), der an einem
Wehrgehänge getragen und mittelft einer Hand:
habe (röer«E) regiert wurde, aufgelegt. Außerdem
führte der Hoplit als Angriffswaffe noch ein Schwert,
um Schutze einen ehernen Panzer, Helm und
Beinchienen, — alles zujammen gegen 70 Pfund.
In der Schlaht mußte er es jelber tragen, auf
dem Marjche nahm ihm einer feiner Sklaven einen
Teil ab (j. Traorıorijs), jo daß ihm ungefähr
40 Pfund blieben. — In dem makedoniſchen Heere
wurden die Hopliten Phalangiten, palayyiraı,
genannt, freie, aber nicht adelige Maktedonier. Ihre
Bewaffnung beftand in einem runden Schilde von
2 Fuß Durchmefjer und 10—12 Pfund Gewicht,
einem Lederfoller mit erzenen Bejchlägen, rundem
Filzhute und Beinjchienen; dazu kam ein kurzes
Schwert und der mafedonifche Spieß, die 15—16
Fuß lange Sarifja, odgıo«.
Hora j. Dies und Solarium.
Horae, "Roc, die Horen, Göttinnen der Orb:
nung in der Natur, der gleichmäßig wechſelnden
Jahreszeiten, welche durd; den Wechjel der Witte:
rung der Pflanzenwelt Gedeihen und Fruchtbarkeit
bringen. Bei Homer ftehen dieje blühenden Wit:
terungsgöttinnen in enger Verbindung mit Zeus,
dem SHerricher des Himmels; fie heißen feine
Dienerinnen und öffnen und jchliegen die Thore
des Himmels (Od. 24,344. Il. 5, 749), Namen und
Zahl nennt Homer nicht. Bei Heſiod (theog. 901)
heißen fie Töchter des Zeus und der Themis, mit
Namen Eunomia (Gejebmäßigkeit), Dike (Recht)
und Eirene (Friede). Aus diefen Namen erfennt
man, daß bei Heliod die Mitterungsgöttinnen
ſchon zu jittlicher Bedeutung gelangt find, welche
wie in der Natur jo auch im Menfjchenleben Orb:
nung und Geſetzmäßigkeit jchaffen und erhalten.
Man dachte fich gewöhnlich die Horen in der
Dreizahl, weil man 3 Jahreszeiten anzunehmen
pflegte, Frühling, Sommer und Winter; fpäter
ſprach man auch von 4 Horen; in ältefter Zeit
aber nahm man wahrjcheinlih nur 2 an. In
Athen verehrte man von alters her eine Frühlings:
hore, Thallo (Ballon von Ballo), und eine
Hore des Sommers, Karpo (Kap don naugmög).
Die Göttinnen, welde die Pflanzen zur Blüte
und Vollendung führen, ernähren aud die auf:
blühende Jugend und bringen das Thun der
Menjchen zu glüdlichem Ende. Hom. Il. 21, 450.
Theoer. 15, 104. Bon der Kunft werden jie teils
Horapollon
einzeln, teils in Gemeinſchaft dargeftellt als ſchöne,
jugendliche Geftalten, geichmüct mit den Erzeug-
niffen der verjchiedenen Jahreszeiten. Sie hatten
Heiligtümer zu When, Korinth, Argos und an
andern Orten.
Horapollon, 'Qg«xol,or, ein Name, der in die
Zeit der Verfchmelzung der ägyptiichen und heile:
nischen Nationalität gehört, wird bei Suidas zwei
Schriftftellern beigelegt, von denen der eine, aus
Bhenebethis in Agypten, unter Theodojius lebte,
der andere, einfach als Agypter bezeichnet, unter
dem Kaiſer Zeno. Vielleicht ift mit diejem der 9.
identisch, der, aus der Stadt Nilopolis ſtammend,
ein Werf über Hieroglyphen verfahte, welches ein
— Philippos im 4. Jahrhundert n. C. ins
riechiiche überjegte. Die Überjeßung ijt mehr
umijchreibend als interlinear, ja er hat manches
hinzugethan, was nicht in dem Original ftehen
fonnte. Auch Überjeßungsfehler laſſen ſich mit
großer Wahrjcheinlichkeit nachweijen. Die Erflä-
rung der Hieroglyphen geichieht meift in der Art,
daß zuerft die Bedeutung, dann das Zeichen an—
egeben wird, worauf dann eine längere oder
ürzere Erklärung des Zuſammenhanges zwiichen
Sinn und Bild folgt. Ausgg. von de Baum (1727)
und Leemans (1835).
Horatti, ein patriciiches Geſchlecht, was ſchon
der Name andeutet (ſ. Curiatii), von latiniſchem
Urſprunge. Buerft werden aus dieſem Gejchlechte
genannt: 1) die 3 Horatii, die den Kampf gegen
die Euriatier bejtanden. Lir. 1, 26. Der über:
lebende diejer Brüder, P. Horatius, foll im
orne feine Schweiter, welche den Tod ihres
räutigams, des einen erichlagenen Curiatiers,
betrauerte, getötet haben, jpäter aber vom Bolte
von einer deshalb erhobenen Anklage freigeiprochen
worden fein. Cie. Mil. 3,7. Val. Max. 6, 8, 6.
Liv. 1,26. An dieje Ereigniffe erinnerten noch
in jpätefter Zeit Denkmäler, Gräber und das Feld
der SHoratier in Rom. Publius (oder Marcus,
nad Cic. Mil. 3, 7) ſoll fpäter dic Zerſtörung
Albas ausgeführt haben: Dion. Hal. 3, 28 ff. —
2) M. Hor. Pulvillus, ein Naclonme des
vorigen, erfter römischer Konſul im Jahre 509 v. C.
(Liv. 2, 8. Plut. Publ. 12), joll ſchon bei ber
Vertreibung des letzten Königs mitgewirkt haben,
indem er das Heer bei Ardea zum Adfaiı bewog.
— Gein Bruder, 3) B. Hor. Cocles (der eins
äugige, Plin. 11, 37), rettete der Sage nad) im
Kriege mit Porjena Rom dadurch, daß er mit
nod 2 andern die Sublicifche Brüde gegen die
Etrujfer verteidigte, bis fie hinter ihm abgebrochen
war, worauf er ſich in den Tiber jtürzte und ans
jenjeitige Ufer ihwamm. Liv. 2, 10. Plut. Publ.16.
Dion. Hal. 5, 23. Cie. legg. 2,4, 10. off. 1,18, 61.
Für diefe Heldenthat belohnten ihn feine dank:
baren Mitbürger durch eine Statue und reiche
Geſchenke. — 4) E. Hor. Bulvillus, Sohn von
Nr. 2, Konſul ım Jahre 477 v. C. fämpfte fieg:
reich gegen Boljfer und Etrujfer (Liv. 2, 51) und
befleidete im Jahre 457 noch einmal das Konfulat.
Er ftarb 453 als Augur. Liv. 3, 32. — 5) M.
Hor.Barbatus, Gegner der Decempirn, 449 dv. C.,
nad) deren Sturz er die Patricier und das zum
zweitenmal aus der Stadt gezogene Bolt wieder
miteinander ausjöhnte. Liv. 3, 53. Konſul im
Jahre 449 (Liv. 3, 55), gab er mit feinem Kollegen
Valerius Publicola die berühmten leges Horatiae
|
J
553
Valeriae über die Gültigkeit der Tribusbeſchlüſſe
für das ganze Volk, über die Unverletzlichkeit der
Volkstribunen und einiger andern Beamten, zog
dann gegen die Sabiner ins Feld und kämpfte
gegen fie mit Glüd und Ruhm. Liv. 3, 57 ff.
en vom Senate verweigerten Triumph feierte er
auf Beſchluß des Volles. Liv. 3, 63. Zonar. 7,19.
— 6) D. Horatius Flaccus, geboren im Jahre
689 u. c. = 65 v. E. am 8. Dezember zu Venuſia
auf dem Grenzgebiete von Yucanien und Apulien,
in einer romantijch wilden, durch den braufenden
Aufidus (Dfanto) und den waldreichen Boltur aus:
gezeichneten Gegend. Als Sohn eines Freige—
lajjenen, wahrjdeinlich aus der tribus Horatıa,
hatte er auf die Stellung eines Freibürtigen
(ingenuus) Anſpruch. Sein Vater verlaufte das
von ihm erworbene Grunditüd, um nad) Rom zu
ziehen und dem Knaben eine bejjere Erziehung zu
geben. Das rührend liebliche Bild, das der Dichter
uns von der weilen und liebevollen Führung des
Baters entwirft (sat. 1, 6), macht dem Sohne wie
dem Vater gleih viel Ehre. Zur Bollendung
diejer feiner Bildung ging ex, vermutlich) bald
nach angenommener toga virilis, nach Athen und
widmete fi dort dem Studium der Philojophie,
indem er den Atademiler Theomneftos, den Peri—
patetifer Kratippos und den Epikureer Philodemos
örte, fich aber dabei die möglichite Freiheit geiftiger
ewegung bewahrte. Wie jchon in Rom, fam er
noch mehr in Athen mit einer ausgewählten Schar
begabter junger Römer aus den angejeheniten
Familien in engere Verbindung. Da drang die
Kunde von der am 15. März 44 gejchehenen Er:
mordung Cäſars nad Athen hinüber, und als im
Spätfommer Brutus erjchien, um Flotte und Heer
ur Erhaltung der Republik zu jammeln, faud er
ier an einer begeifterten Jugend ein freudiges
Entgegenfommen. Horaz, von Brutus zum Kriegs⸗
tribun erwählt, unterbrach ſofort ſeine Studien und
folgte den Fahnen des Brutus, entweder ſogleich
oder erſt im Frühjahr 43, bei welcher Gelegen—
heit er die ſpäter von ihm in einzelnen treffenden
Zügen vorgeführten Küſtenſtriche Kleinaſiens und
F des Archipelagos kennen gelernt haben
mag. Über die verhängnisvolle Schlacht bei Phi—
lippi im Jahre 42 haben wir ſein eigenes anziehen—
des Zeugnis (od. 2, 7), doppelt wichtig, weil wir
daraus die ganze Stellung des Dichter zur Re:
publif und zu der eingetretenen Alleinherrichaft
des Auguſtus ermeſſen können. Er ift mit Über—
zeugung konſervativer Anhänger der alten Form
und faſſung des öffentlichen Lebens; in dem
idealen Streben feines jugendlichen Sinnes ift es
ihm entgangen, daß der alte Geift längft daraus
gewichen ift, und daß ohne diejen die leer gewor—
dene Form nicht mehr bejtehen kann. Der Aus:
gang der Schlacht bei Philippi, in welcher er ben
Heldenmut der Unterliegenden nicht minder als
das Glück der Sieger erkennt, ijt ihm eim Beweis,
daf die alte Form unrettbar verloren iſt; hatten
ja doch auch die beiden Hauptverteidiger derjelben
fie en aufgegeben. Er bejchuldigt
fich jelbft dabei feiner Feigheit, ſondern bezeugt
nur den wunderbaren Schuß, in welchem er, *
dem er leider ſeinen Schild dort zurüchgelaſſen,
mitten durch alle Gefahren hindurch in jeine
Heimat geleitet worden tft. Bon nun an fonnte
feinem, durch die Erfahrung belehrten, Sinne nur
— Horatii.
954
dasjenige Streben und diejenige Kraft als eine
glückliche erfcheinen, durch welche die in wilden Auf:
rıthr tobenden Wogen des öffentlichen Lebens wieder
zur Ruhe gebradyt würden. In diefem Sinne
erichien ihm Dctavian als der Pacificator orbis
terrarum, der endlich die lang TE Ruhe
wieder brachte. — Inzwiſchen war jein Bater
wahrjcheinlich geftorben, und das väterliche Erb-
teil von den Siegern eingezogen; da trieb m die
fühn machende Armut, mit den erften Berjuchen
feines dichterifchen Talents ſich die Gunft mächtiger
Gönner zu erwerben (ep. 2, 2, 49f.). Die Dichter
Vergil und 2. Varius empfahlen ihn dem Mäce-
nas, der ihm zu ſich kommen, aber dann erjt nad
9 Monaten wieder rufen lieh und ihn unter die
Zahl feiner amici oder litterarifchen Gefellichafter
aufnahm, wahrjcheinlich im Jahre 39 (sat.1,6,54 ff.).
Durch ihn wurde er auch mit Octavian bekannt,
als diefer im Sommer 29 von den parthiſchen
und pannonifchen Kriegen nach Rom zurüdtehrte.
Vielleicht erft nad) der Bekanntſchaft mit Mäcenas
bat er die Anftellung als scriba quaestorius er—
worben, und da hierfür eine öffentlich zu ftellende
Kaution erforderlid) war, für die meiftens ein
Grundſtück verpfändet wurde (daher praedium),
icheint Mäcenas ihm (nach der nicht untwahrjchein-
lihen Vermutung Zumpts) gerade dazu das Sa:
binum (j. d.) geichenft oder das Geld zum Ankaufe
desjelben gegeben zu haben. Sein gewöhnlicher
Aufenthalt ift auch wohl von da an Rom geblie:
ben; doch finden wir ihn bisweilen in Tibur und
in dem an fich nicht reizenden, aber dem Dichter
jehr lieben Sabinum jelber. Verheiratet war er
nie. Allmählich ward er in der vertrauteften
Freundichaft des Mäcenas ein jo unentbehrliches
Glied, daß fich die Sehnſucht nad ihm bei dem
hohen Gönner bis zu krankhafter Schwermut
fteigerte. Und wie er es ihm gemweisjagt hatte,
ftarb er kurz nad) dem Tode des Mäcenas, im
faft vollendeten 57. Jahre feines Lebens, am 27. No—
vember 8 v. C. Seine Aſche wurde neben der
de3 Mäcenas auf den Ejquilien beigeſetzt. —
Horaz hat ald Dichter das große Verdienft, die
lyriſche Poeſie in ihren Shönften und ausgepräg:
tejten Formen, wie fie bis dahin nur die helle
nische Dichtung entfaltet hatte, auf den Boden
Latiums und Italiens verpflanzt zu haben. Er
iſt nach diefer Seite hin aljo allerdings mehr ein
poöta als ein vates; indefien fehlt ihm doc un:
verfennbar auch nad) einer andern Seite hin die
poetiiche Begabung nicht. Die dichterifche Richtung
und Stimmung it bei ihm nicht ein gemachtes,
ein fünftlerifches Erzeugnis, fondern ein Produkt
jeiner Lebenserfahrung. Durch das Scheitern der
Koeale feiner Augend geriet er in Konflikt mit
der Wirflichfeit; er fand Beruhigung und Wahr:
heit nur in einer Welt, die nicht unmittelbar um
ihn wirflid war. Er erfannte zunächſt und am
jtärfiten an ihr nur die einzelnen Auswüchſe, die
im täglichen Leben draußen in der vielbewegten
Weltftadt ſich Fundgaben, die aber dem Geifte der
ehrmwürdigen Ahnen nicht mehr entipradhen. Sie:
durch erwuchs ihm eine jatirifche Richtung, Die,
anfangs in voller Stärke hervortretend, mit der
Zeit allmählich milder, erniter, innerlicher wurde,
aber bis zu der legten feiner Dichtungen Hin nicht
völlig erlofchen ift. In der Mitte feiner Laufbahn
erhebt fie fich zu der Würde einer ernften und
Horatii.
tiefen fittlichen und religiöjen Mahnung, durch die
er, wenn auch vergebens, den entichtwundenen
Geift der edelften und reinften republifanischen
Zeit wieder heraufzubeichtwören bejtrebt if. Es
it auf dieſe Weije zugleich der Gang feiner dichte
riichen Entwidelung bezeichnet, wie er uns in
feinen erhaltenen Gedichten unverkennbar vorliegt.
Zugleich aber ift hierin ein Winf für die rechte
ürdigung feiner poetilchen Leiſtung gegeben;
nicht der Schwung oder die Tiefe, nicht die Neu:
heit der Gedanken oder die Fülle überrafchender
Wendungen, nicht der Glanz der Diktion (er hatte
fih offenbar für feinen Zwed Worte, Wendungen
und Strufturen bisweilen erft nad) Maßgabe der
metriſchen Form zu jchaffen) oder der Reichtum
an Bildern, für die das römiſche Idiom ſchwer
zugänglich blieb, ift es, was der horaziichen Poeſie
ihren eigentümlichen Reiz und Wert verleiht, ſon—
dern die Wahrheit der ar sera der Adel
der Gefinnung, die Natürlichkeit Gedanten,
und das alles in der einfachſten und anjprechend:
ften Form. Eben darum ift er, wie ihm jelbjt
eine kühne Ahnung jagte, der Liebling aller Zeiten
geworden. — Die Beitbeftimmung der einzelnen
von ihm abgefaßten Werke ift jchwierig. So viel
aber er feft: er hat zuerit die beiden Bücher
der Satiren, dann dad Buch der Epoden,
hierauf die 4 Bücher der Oden oder Carmina
nebft dem Säculargeſange, zulegt die 2 Bücher
der Briefe mit Einſchluß der j. g. ars poetica
verfaßt. Der große engliihe Kritiler Bentley
jtellte hierfür die, lange Beit angenommene, chrono:
logiſche Beſtimmung auf, wonad 1. Sat. zwiſchen
dem 26. und 28., Il. Sat. zw. dem 31. und 33,,
Epod. zw. dem 34. und 35., I. Carm. zw. dem
36. und 38., II. Carm, zw. dem 40. und 41.,
IU. Carm. zw. dem 42. und 48., 1. Epist. zw.
dem 46. und 47., IV. Carm. zw. dem 49. und
51. Lebensjahre des Dichters, das übrige zu einer
nicht näher zu beftimmenden fpäteren Zeit ent:
ftanden jei. Erft in neuerer Zeit hat Kirchner
die Unhaltbarfeit mehrerer diejer Anordnung zur
Grundlage dienenden Annahmen dargethan, ind:
bejondere die, daf der Dichter zur Zeit immer
nur Einer Gattung der litterariichen Produktion
fich jollte gewidmet haben, und daß alle Gedichte,
. B. eines Buches der Carmina, als fertig abge-
en anzujehen jein follten, che Gedichte eines
andern Buches derjelben entftanden, während doch
wahrjcheinlich die 3 erften Bücher der Carmina
zulammen herausgegeben worden find. Hiernach
würden die beiden Bücher der Satiren in die‘
Jahre 41—36, die Epoden 41-30, die 3 erjten
Bücher der Carmina 3918, das erfte Buch der
Briefe 27— 15, das vierte Buch der Carmina 18-—10,
das zweite Buch der Briefe 11—8 v. C. fallen.
Später ift jedoch auch diefe Annahme durch
mehrere deutjche Gelehrte, namentlich Grotefend,
Franke, Teuffel und Chriſt, noch im einzelnen
mehrfach modifiziert worden. Aus jeder diejer
Anordnungen geht aber jo viel hervor, daß der
verichiedene Charakter der Satiren und Epifteln,
in denen manche eine völlige Gleichheit haben
erfennen wollen, ſchon in diefer Zeit und Aufein-
anderfolge der Abfafjung begründet ift. — Früh:
geitig ift Horaz von den Grammatitern in dem
chulen erflärt worden; daraus find die Scholien
des Borphyrion erhalten und eine andere mit Un
"Op —
recht den Namen des Acron tragende Samm:
fung. Ausgg. von Pauly (1858 ff.) und Hauthal
(1864 ff.), des Borphyrio von Meyer (1874). — Die
Zahl der Handjchriften ift jehr groß, aber nur
wenige gehen in das Mittelalter zurüd. Einzelne
Anterpolationen müflen jchon früh ——
ſein und ſind auch von früheren Kritikern nicht
verkannt. Seitdem Hofman-Peerlkamp (1834
und 1862) in ſeiner Ausgabe der Oden an ihre
Beurteilung den Maßſtab höchſten Vollendung,
d. h. jeinen Maßſtab, gelegt und darnach „mit
der Konſequenz einer fixen Idee“ eine Anzahl von
Gedichten und Strophen für unecht erklärt hat,
iſt man in Deutſchland auf dieſem Wege fortge—
ſchritten, nicht gerade mit Gelehrſamleit und ſtrenger
Methode, wie etwa nur Martin, Linker, Haupt,
Scheibe, Meinefe, Heynemann (1871), fon:
dern mit jubjeftiver Willtür, wie Lehrs (1869)
und ganz befonders Gruppe (Minos 1859, Aacus
1872), zahlreicher jugendlicher Verſuche nicht ß
gedenten. — Gejamtanusgg.: Ed. princ. (vo. ©.
u. J. um 1470), von Lambin (1561 u. ö.), Cru—
auins (1579 u. d.), Bentley (1711 m. öd, meuejter Ab-
druck 1869), Fea (2. Aufl. 1821 ff.), Döring (1. Bd.
5. Aufl. 1839; 2. Bd. 3. Aufl. 1836; M. U
1830), Drelli (4. Aufl. 1885 ff.; kl. Ausg. 6. Aufl.
1881 ff.), Dünger (1849; Schulausg. 1868), Dillen:
burger (7. Aufl. 1881), Pauly (1855), Ritter
(1856 f.), Keller umd Holder (1864 ff.; El. Ausg.
1878), Lehrs (1869), Kiefling (3 Bdd. 1884—89);
Textausgg. von ne (6. Aufl. 1855), Meinefe
(3. Aufl. 1854), Stallbaum (1854), Ritter (1854),
Haupt (4. Aufl., bei. von Bahlen, 1881), Linfer
(1856), Luc. Müller (1874 u. ö.), Betjchenig (1888),
Keller und Häufner (2. Aufl. 1888) u.a. Ausgg.
der Satiren von Heindorf (3. Aufl. 1859), Kirchner:
Teuffel (1854 ff.) Hofman:Beerlfamp (1863), Krü—
ger (mit den Epifteln, 11. Aufl. 1885), Fritzſche
(1875 f.), Schü (1881), Breithaupt (1888) u. a.;
der Oden (und Epoden) von Jani — Aufl. 1809),
Mitjcherlih (1800), Hofman-Peerlkamp (2. Aufl.
1862), Obbarius (1848; Schulausg. 1856‘, K. W.
Naud (12. Aufl. 1885), Herbft (1866), Schüß
(2. Aufl. 1880), Luc. Müller (1882), Nojenberg
(1883) u a.; der Epifteln von Schmid (1828 ff.),
Obbarius (1837 ff, mur 1. Buch), Krüger (mit
den Satiren, 11. Aufl. 1885), Anton (1888) u. a.
Über des Dichters Leben und Freundeskreis dgl.
Weber, Horatius als Menſch und Dichter (1844);
Karſten, DQ. Horatins Flaccus —— von Schwach,
1863); Gerlach, Leben und a. des Horaz
(1867), Jacob, Horaz und feine Freunde (2. Aufl.
1889), Detto, Horaz umd feine Zeit (1888).
"Ogoı, in Athen fteinerne Ber die dor ver:
pfändeten Grundftüden als Zeichen der Verpfän—
dung aufgeftellt wurden. Ein Grundftüd durch
Aufftellung der Tafeln als Hypothek für eine
Schuld bezeichnen hieß dgyogifew ro zwgilor,
das Grundftüd jelbit apmgıoufror. Es wurde
auf der Tafel der Name des Archon, des Gläu—
—* und die ſchuldige Summe vermerkt (z. B.
imi Ocoppderov Üpyorrog Ögog yuglov ruwijg
lvopsıhouirng Bavoorgdra Iluıavıei dıoyıllaor
doazyusr). Sie entipracdhen alfo unjern Hypo—
thefenbüchern.
Horologium j. Solarium.
Horos, Oros, "208, 'Neos, ägyptiſcher Gott mit
Sperberfopf, Sohn von Dfiris (j. d.) und Iſis,
555
Bruder der Bubaftis (ſ. d.), „der Rächer feines
Baterd an dem argen Set (Typhon), d. h. der
Gott der immer wieder fiegreich über der Finſter—
nis auffteigenden Sonne, von den Griechen des:
halb Apollon genannt (Hdt.2, 144. 156), bejonders
in der oberägyptiichen Stadt Abtu (Apollinopo-
lis magna, » Edfu) verehrt. Weil er jeden
Morgen am Horizont neu geboren wird, heißt er
„Horos das Kind‘ (Harpehrod, Harpofrates),
und wird auch ald Kind, das noch nicht jprechen
fann, den Finger auf dem Mund, dargeftellt.
Den Griechen und Römern, zu welchen jeine Ber:
ehrung jpäter auch überging, galt er als der nad):
eborene, ſchwächliche Sohn des Dfiris und des:
—* als der Gott der Winterſonne, doch auch als
Repräſentant der Frühlingsvegetation, identiſch mit
Priapos (Plut. de Is. 19. 65. 68). Ferner machte
man ihn wegen jener Gebärbe zum deus silentii.
In diefer Bedeutung fommt er bei den Römern
gewöhnlich vor (Or. mıt. 9, 692. Varr. 1.1.4,
p. 17), daher der Ausdrud facere, reddere ali-
quem Harpocratem (einen zum Schweigen bringen,
Catull. 74, 4). Als der Gott des Geheimniſſes
und der Verichwiegenheit wird er auch der Gott
Hortensii.
.|des Familienlebens.
Horröum (ögeior, aıropvlaneior, drodıjun),
auch granarium genannt, ein zunächſt zur Auf
bewahrung des Getreides beftimmter Speicher,
entweder über oder unter der Erde (subterranea,
vinaria) gebaut oder auf Pfeilern ruhend (pensilia
oder sublimia). Die eriteren empfahlen fich durch
möglichit Iuftdichten Verichluß des Getreides, jo daß
es ſich lange halten fonnte, bei den letzteren war
der Quftzug das Hauptaugenmerk, um den Korn:
wurm (curculio) abzuhalten (Plin. 18, 30). Seit
E. Gracchus wurden don Staat® wegen horrea
angelegt, um die Ärmeren zur Zeit der Teuerung
mit Getreide zu verjorgen, was unter den Kaiſern
in ſehr ansgedehntem Maße geichah. Später
wirrden auch Magazine, ſowohl für alle jonftigen
Vorräte, Kaufmannswaren (horrea penaria), als
auch zur Aufbewahrung fonjtiger wertvoller Sachen,
unter andern auch von Büchern, jo benannt,
und ſelbſt öffentlich folche für Gelder und Koft-
barfeiten errichtet, worüber horrearii die Auf:
[Mt führten. Auch die Speifefammer mit ihren
orräten an Gewürzen u. ſ. w. heißt horreum
oder apotheca. Plin. ep. 2, 17.
Hortensii, ein plebejiiches Geſchlecht: 1) D.
Hort., Diktator im * 287 v. E., bewog das
aus Rom ausgezogene Volk zur Rückkehr. Er ſtarb
während der Amtsführung. Liv. ep. 11. Zonar.
8,2. — 2) L. Hort, z0g fich als Prätor wegen
feiner Räubereien in Thrafien und Griechenland
eine Klage und einen Verweis des Senates zu
(170 v. €.). Liv. 43, 4.7 ff. — 3) D. Hort. Hor-
talus (Drt.), der große römische Redner, war 114
v. E. geboren, alfo 8 Jahre älter als jein berühmter
eitgenoffe Cicero. Bereits im neunzehnten Lebens—
jahre trat er ald Sachwalter auf und widmete ficd)
diefem Berufe 44 Yahre lang. Dem marfiichen
Kriege hat er im Jahre 91 als Legionar, 90 als
Kriegstribun beigewohnt, von den einzelnen Staats:
ämtern die Ouäftur, 75 die Ädilität, in der er
es nicht verabjäumte fich durch glänzende Spiele
(Cie. off. 2, 16) und Getreideipenden das Bolt zu
gewinnen, 72 die Prätur (Cie. Verr. 1, 13, 38)
bekleidet, nach welcher er keine Provinz übernahm,
556 Hortus —
um unter den Augen des Volkes zu bleiben und
die Bewerbung um das Konjulat vorzubereiten.
Er wurde für das un 69 Konful, und damit
war der Höhepunkt in jeinem Leben und in jeiner
Kunft erreicht, von dem er raſch hinabgeftiegen
jein würde, wenn nicht das Konjulat jeines Rivalen
Cicero ihn zu erneutem Streben erwedt und einen
Wetteifer hervorgerufen hätte, der erſt durch den
im April 50 — Tod des Hort. ſein Ende
fand. So ſtarb er im vierundſechzigſten Lebens—
jahre, bevor die ſchweren Stürme über Rom her—
einbrachen, die ſein Lebensglück geſtört haben
würden. Cie. Brut. 1. In dem Beſitze eines
großen Vermögens hatte er mit Geſchmack feine
Häufer und Landgüter eingerichtet und nichts ver-
abjäumt, was zu einem nicht bloß behaglichen,
fondern auch üppigen Leben gehörte. Hausgeräte,
Gemälde, Statuen, Kunftichäge aller Art waren
fojtbar, der Reichtum feines Weinfellers, die Güte
feines Wildes und feiner Fiſche wurden gerühmt,
und über die Sorgfalt, mit welcher er als ein
echter piscinarius die Pflege der legteren bejorgte,
oftmals gejpottet. Bauen Tollen bei jeinem Augu—
raljhmaufe zum erftenmal auf der Tafel erichienen
fein. Er teilte hierin die Verdorbeuheit feiner
Zeit. Wie er andere als Sachwalter beſtach, jo
ließ er fich auch ſelbſt beftechen und verkaufte jeine
Überzeugung, jogar zu betrügeriichen Zweden. In
jeiner bolitiichen Stellung blieb er Optimat, be—
müht, alles zu bintertreiben, was die bejtehende
Ordnung der Dinge erjhüttern konnte. Obſchon
er nicht entjchieden genug auftrat und bei ernten
Gefahren ſchnell fich zurüdzog, jo machte * doch
ſein redneriſches Talent und ſeine kluge Vorſicht
zu einem hervorragenden Mitgliede ſeiner Partei,
von deren Kämpfen nur der Hang zur Bequem—
lichleit ihn abſchreckte. — Über den Gang ſeiner
redneriſchen Bildung wiſſen wir nichts; möglich
iſt, daß er den Unterricht des Archias genoſſen hat
(Cie. Arch. 3°, wie den des Molo von Rhodos,
der mehrmals in Nom war. Cic. Brut. 89, 307.
Sein Talent und fein Fleiß (Cie. Brut. 88, 302)
fiherten ihm vom Anfange an, jelbft neben einem
Erafjus und Antonius, neben Cotta und Sulpi-
cius, ein hohes Anſehen, in dem ihn nachher der
noch begabtere und noch eifrigere Cicero über:
flügelte. Neue Anftrengungen hatten feinen Er—
folg, feine Gutmütigfeit gönnte dem Cicero feinen
Triumph, er wurde socıus et consors gloriosi
laboris. Seine Stärke war der mündliche Vortrag.
Dabei unterftügte ihn ein ausgezeichnetes Gedächt—
nis (Cie. Brut. 88, 301), weldes es ihm leicht
machte, die Einteilung bei der Dispofition (partı-
tiones, Brut. 88, 302. Quint. 4, 5, 24) jcharf hin»
uftellen und am Schluſſe der Rede alle Argumente
Sicher refapitulierend zufammenzufaffen (collectio-
nes). Der Vortrag war jorgfältig ftudiert (vox
canora et suavis, motus et gestus etiam plus
artis habebat quam erat oratori satis, Cie. Brut.
88, 303) und erhielt dadurch einen faft —
Anſtrich. Gell.1,5. Val. Max. 8, 10,2. Die
glänzende, wort: und gedanfenreiche aſianiſche
Manier bezauberte die Jüngeren und die Menge,
fonnte aber in jeinen jpäteren Jahren nicht mehr
den früheren Eindrud maden. Cie. Brut. 95, 325.
Deshalb wendete er ſich auch mehr ertemporaler
Beredjamkeit als jchriftlicher Aufzeichnung feiner
Reden zu. Cie. or. 38, 132. Quint. 11, 3,8. Go
Hospitium.
ift es gelommen, daß nicht nur Feine jeiner Reden
uns erhalten ift, jondern jelbft nur jpärliche Notizen
von einigen 20 überliefert werden. Gegen Cicero
iprad) er in P. Quintium, mit @icero pro C. Ra-
birio, pro L. Murena, pro L. Sulla, pro L. Va-
lerio Flaceo, pro P. Sestio. Daß er über loci
communes gejchrieben, erhellt aus Quintilian
(2, 1, 11). Auch auf andern Gebieten hat er ſich
als Dilettant verſucht. Seine Gedichte nennt Ovid
(trist. 2, 441) wegen ihrer Schlüpfrigfeit improba,
Gellius (19, 9) ınvenusta, rudia und absona,
Catull (95, 3) hat ihm ficher wegen feiner Schmie-
rerei verjpottet. In Bezug auf feine annales
nennt ihn Cicero (ad Att. 12, 5, 3) einen bonus
auctor in rebus ad historiam pertinentibus,
und klare Behandlung rühmt Vellejus (2, 16, 2).
Monographie von E. Yuzac (1810). — 4) D. Hort.
Hortalus, der unmwürdige Sohn des vorigen,
vergeudete jein Vermögen; daher der Zwieſpalt
mit dem Bater. Cie. ad Att. 6,3,9. Beim Aus:
bruch des Bürgerfrieges war er Anhänger Cäſars,
befehligte eine Flotte an der Küfte Etruriens und
wurde don Cäjar zum Statthalter Matedoniens
ernannt, überlie aber nad) deſſen Tode die Pro-
vinz dem Brutus. Nach der Bejiegung desielben
fand er infolge der Projfriptionen den Tod, Plut.
Caes. 32. Brut. 25. 28. Cie. Phil, 10, 6. Die
Cass. 47, 21. — 5) Des Redners Tochter, Hor—
tenjia, gilt ald Beiſpiel weiblicher Beredſamleit.
Sie ſprach im Jahre 42 v. C. für fih und die
andern reichen Frauen und Erbinnen, welche die
Triumvirn bejtenern wollten, und erreichte zum
Teil ihre Abficht. Quint. 1, 1, 6. Val. Max.
8, 8, 8.
Hortus j. Garten.
Hospitium, Der griehijche Nationaldyaraf-
ter neigte fi im allgemeinen zu freundlicher Auf-
nahme und Behandlung der Fremden; ja jelbit
Mörder ftanden, wenn fie bei fremden Städten
um Schuß baten, unter dem a gr des Zeug
pbEros und Inerjeros und genoſſen Gaftrecht,
mochten es Vornehme oder Bettler fein. Im ganzen
erhielt ſich dieſe Auffaſſung bis in die jpätefte
eit. Von den Germanen rühmen Cäjar
(b. g. 6, 23) und Tacitus (Germ. 21) die unge:
meine Gaftlichkeit, e$ wurde für Frevel gehalten,
Obdach zu verfagen. — Dagegen war in Rom
der Fremde an fich rechtlos (j. Hostis), doch
half man diefem Zuſtande durch foedera und
hospitia ab, bei deren —— tesserae
hospitales gewecjelt wurden, welche man als
Ertennungszeihen für die jpäteren Nachkommen
treulich aufbewahrte. Diejes Jnftitut verpflichtete
die Gaftfreunde nicht bloß zu gegenfeitiger gaft-
liher Aufnahme, jondern auch zu Schu und
Hülfe in allen politijchen und ——————
heiten, z. B. zur Vertretung vor Gericht u. ſ. w.
Auch ging das Verhältnis auf die Nachkommen
über und wurde ftets heilig gehalten (Gell. 5, 13),
bis etwa eine Auffündigung des Bundes (renun-
tiatio) erfolgte. Cie, Verr. 2, 36. Sehr häufig
findet fi) darum paternus amicus et hospes
(Cie, div. in Caec. 20, 67). Doc nicht bloß ein=
zeine Familien der verjchiedenen Städte jchloffen
Gaſtbündniſſe, jondern jolches hospitium fonnte auch
von Rom von Staats wegen (hospitium publicum)
an einzelne für ausgezeichnete Berdienfte erteilt wer:
den, 3. B. an den Liparenjer Timafitheus, 393 v. C.,
Hostilia —
ber die römische Gejandtichaft nach Delphoi vor
Seeräubern geihügt hatte (Liv. 5, 28). Diejes
Verdienft wurde noch in feinen Nachfommen bei
der Eroberung der Inſel Lipara (252 v. €.)
er (Diod. Sie. 14, 9: tür re elspogür
teheig Cpijue nal Ehevßigovg Fmoinser). Auch
die etruſtiſche Stadt Cäre erhielt für die Auf:
nahme der römijchen Heiligtümer bei der Er-
oberung Roms dur die Gallier 389 v. C. das
hospitium (Liv. 5, 50), womit nach Gell. 16, 13
und Strab. 5, 210 das Bürgerrecht sine suffragii
iure verbunden war (vgl. Caerites). Auswärtige
Könige ehrte Rom noch bis in die Kaiſerzeit
außer dem Titel amicus et socius (Tac. ann.
4, 26. Caes. b. g. 1, 43) ebenfalld mit dem ho-
spitium publicum; wenn bdiejelben nad Rom
famen, wurden fie öffentlich empfangen und auf
Staatsfoften bewirtet. Umgekehrt jchloffen fremde
Städte mit 21 Römern ein hospitium,
womit gewöhnlich die Wahl des Römers zum
patronus verbunden war, wie viele Jufchriften
xeigen (j. Patronus).
ostilia, j. Dftiglia, Stadt in Oberitalien am
Padus, jüdlih von Verona, jüdöftlih von Mans
tua, auf der Straße von Verona nad) Bononia,
mit einem wichtigen Padusübergange. Tac. hist.
2, 100. 3, 9. 14. 21. 40,
Hostilii, ein altes, angejehenes Gejchlecht,
defien bedeutendſte Mitglieder folgende find: 1) 2.
Hoftilius Mancinus, fiel bei einer Rekogno—
jeierung im zweiten punijchen Sriege (217 v. €.)
mit feiner ganzen Schar. Liv. 22, 15. — 2) €.
Hof. Tubulus, verhinderte im Jahre 208 v. E.
ald Proprätor in Arretium einen Mufftand zu
Bunften Hannibals (Liv. 27, 22 ff.) und ſchlug im
Jahre 207 einen ftarlen Heerhaufen der Karthager
in einem glänzenden Treffen. Liv. 27,40. — 3) A.
und L. Hoft. Cato, waren im Jahre 201 v. E.
mit der Verteilung von Ländereien in Mittelafien
beichäftigt, fämpften unter 2. Scipio gegen An—
tiochos und wurden wegen Unterjchleifs angeklagt,
aber nur A. Hoft. ward für jchuldig befunden und
verurteilt (187). Liv. 31,4. 38, 55. — 4) A. Hoft.
Mancinus, führte als Konful im Jahre 1700. €.
den Krieg gegen Perjeus von Makedonien, ohne
bejonderes Glück zu haben, und mehr verteidi-
gungsweife. Doc ſchützte er die Bundesgenofjen
und hielt auf ftrenge Zucht im Heere. Liv. 43, 4 ff.
9. 11.44, 1. — 5) 8. Hoft. Mancinus, diente
als Flottenführer und Legat im dritten punijchen
Kriege 148 dv. E. Mehrere Feftungen, namentlich
Aipis, belagerte er vergeblich, doch eroberte er das
bei Karthago liegende Kaftell Magalia. Liv. ep. 51.
App. Pun. 110 ff. Nach der Einnahme Karthagos
veranfchaufichte er den Römern die Stadt und ihre
Lage durch Gemälde, welche er ihnen auf dem
Forum erflärte, Plin. 35, 4. Im Fahre 145 war
er Konſul. — 6) E. Hoft. Mancinus, Konjul
im Jahre 187 dv. E., erlitt durch die friegerijchen
Numantiner in Hijpanien mehrere Niederlagen
und ging darnadı mit ihnen einen Vertrag ein,
welcher in Rom beanjtandet wurde, weil man ihn
für zu jchimpflich hielt. Ti. Grachus war Damals
als Duäftor in jenem Seere, um deſſen willen
en bie Numantiner den Vertrag geichlofien.
n Bruch desjelben juchte der Senat im Jahre
136 durch WUuslieferung des Konſuls zu ſühnen,
die Numantiner aber nahmen dieſelbe nicht au. |
557
Später ftießen die Genforen ihn I oe aus dem
Senate; er ward jedoch nachmals wieder eingeiegt.
Liv. ep. 5öf. Plut. Ti. (#racch. 5. Vell. Pat. 2, 1.
Cie. off. 3, 80, 109. de or. 1, 40, 181.
Hostis hieß vor alter8 j. v. a. peregrinus
oder Fremder, denn damals war der Gegenſatz
wiſchen römijchen Bürgern und Fremden ein jehr
—— Der Fremde und der Feind waren iden—
tiſch. Cie. off. 1,12. Varrol.1.65,1,4. Plaut.
Cure. 1, 1, 5. Später aber wurde hostis die
Bezeichnung des äußeren Feindes, während per-
duellis den inneren Feind bezeichnete.
Hostius, ein römiſcher Epifer im Anfange des
7. Yahrh. d. St., beiang als Fortjeßer der Annalen
des Ennius das bellum Histrieum in mindeftens
3 Büchern. Vol. Weichert, poet. lat. vitae p. 3 ff.,
und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 138 f.
Hyaden, Tädes, „die Regnenden”, ein Stern:
bild am Kopfe des Stiers, mit defjen Aufgang
die regneriiche Zeit beginnt. Sie galten daher
ald Nymphen, welche durch die Feuchte nähren,
und als joldhe waren fie die Ammen des Diony:
jo8 und hießen nyſaiiſche Nyumphen; unter
dem Namen dodonatiiihe Nymphen waren jie
die Ernährerinnen des Zeus. Diejer verjegte fie
aus Dankbarkeit unter die Geftirne. Die Angabe
über ihre Abftammung, ihre Zahl und ihre Namen
find jehr verſchieden. Sie heißen Töchter des
Atlas und der Nithra oder der Bleione, Schweitern
ber Pleiaden, oder Töchter des Dfeanos oder des
Meliffens n. j. w. Ihre Zahl wird angegeben
auf 2—7. Hefiod nennt 5: Phaiſyle, Koro—
nis, Kleeia, Phaio und Eudore Von den
fonftigen Namen führen wir noh an: Althaia
(Amaltheia), Ambrofia; auh Dione, welche
zu Dodona des Zeus Gemahlin ift, heißt eine
Hyas. Weil man fi) das Sternbild als eine
Herde junger Eber vorftellte, gaben ihm die Römer
den Namen Suculae (sus = #g).
Hyakinthos, 'Tdxırdog, Sohn des Amyklas,
Gründer von Amyklai in Lalonien, und der
Diomede, wegen jeiner Schönheit von Apollon
geliebt. Aber auch Zephyros (oder Boreas) liebte
den Yüngling, und als einjt Apollon am Eurotas
fi mit dem Geliebten am Dijfoswerfen ergeßte,
trieb er aus Eiferjucht die Diſtosſcheibe auf das
Haupt des Hyakinthos, daß er ftarb. Apollon lieh
aus dem Blute des Erjchlagenen die dunfeln, mit
dem Sllagelaut AT — AI gezeidineten Blumen
leihes Namens entſprießen. Ov. met. 10, 162 ff.
ein Grab befand ſich unter dem Altar und Bilde
des Apollon zu Anıyklai (j. d.). Diejer früh vom
Tode dahingeraffte Jüngling bezeichnete, wie Ado—
nis, die aufblühende und fchnell dahinfterbende
Natur; darauf deutet das ihm zu Amyklai von
den Spartanern gefeierte Felt der Hyakinthien,
Hyakinthos.
Tanivdıa, welhe in den fpartaniichen Monat
Helatombaion (Juli) fielen und 3 Tage dauerten.
Am erften Tage veranftaltete man dem Hyakinthos
Herven= oder Totenopfer in ftiller Trauer, an den
beiden folgenden Tagen dagegen dem Apollon
fröhliche Feſtzüge und Wettipiele. Diejes Feſt
feierten die Spartaner noch bis in die Kaiſerzeit
hinein; es war nralt und wahrjcheinlich erjt durch
die Dorier mit dem Apollonkult in Verbindung
ebracht worden. — Nach anderer Sage war Hya—
inthos ein Sohn des Pieros und der Muſe Kleio,
von Thampris und Apollon geliebt.
558
Hyampeia j. Phokis, 3.
Hyampödlis, "Tdumoiız oder auch "Te, Stadt
in Phokis, öftlih vom Kephijos an dem Neben:
flüßchen Aſſos und an der Hauptitraße von Dr:
chomenos nad Boiotien, einige Minuten von dem
jeßigen Dorfe Bogdana, joll ihren Namen von
den aus Boiotien durch Kadmos vertriebenen
hanten erhalten haben. Terxes zeritörte bie
Stadt (Hdt. 8, 28), welche wieder aufgebaut,
aber von Philipp von Makedonien abermals, und
zwar gänzlich, zerftört wurde. Liv. 32,18. Umfang:
reiche Ruinen jind erhalten. — Das von Kenophon
(Hell. 6, 4, 27) erwähnte "Taurolırav rd reo-
dsrsıov ift das Ortchen Kleonai, nördlich davon
an der lofrijchen Grenze.
Hybla, MPac oder "TBAn, Name dreier Städte
auf Sicilien: 1) "TPAn n ueitor, Großhybla am
Symaithos, j. Paterno am Fluß Giaretta, am
füdlichen Abhange des Atna, urſprünglich Stadt
der Sifuler mit dem Kult der Göttin Hyblaia,
deren Priefter Zeichen: und Traumbdeuter waren.
Paus. 5, 23, 5. Die Hyblenses nennt Cicero
(Verr. 3, 43); jpäter war der Ort verlaffen. —
2) "TBAn "Hoala oder dldrrov, Stadt zwiſchen
Gela und Syrafus, vielleicht j. Ehiaramonte. —
3) "TBAn & Meyage, an der Dftküfte der Inſel,
nördlich von Syrafus. Dorer aus Megara fanden
das Städtchen Hybla (mit dem Beinamen T'ekeärız,
Tregsärıg, Tiaeleörıg) ſchon dor und nannten es
Megara (729 v. E.); Die Bewohner biegen Meyaosis
"Tpieior. Seit Gelons Zeit gehörte Hybla zum
Gebiet von Syrakus (Hdt. 7, 156. Thuc. 6,4.94)
und war zugleich eine Kleine Feſtung. Liv. 24, 80.
Thue. 6, 75. 94. Bon den Römern wurde die
Stadt im zweiten punijchen Striege durch Marcellus
erobert und zerftört (Zar. 24, 35); Cicero fennt
fie noch unter dem Namen Megaris (Verr. 5, 25).
Der von den Dichtern (Verg. E. 1, 5ö. Or. trist.
5, 13, 22) viel gepriejene hybläiſche Honig gehörte
dieſer Stadt an.
"Tpdeıs war juriftiich jede Beleidigung, dı «l-
srooveylas, Schändung des Körpers (5. B. Mif-
handlung von Sklaven), oder dız mAnyar, Schläge,
oder dı@ Adyor, Schmähungen. Die beiden eriten
Arten fonnten Gegenftand einer your; Üßerws
fein. Die Klage war ſchätzbar; es fonnte jelbit
auf den Tod erfannt werden. Forum: die The—
ſmotheten. — Auch heißt ößois die abfichtliche
That (dolus) im Unterſchiede von der unvorjäß-
lihen, &rn (culpa).
Hydaspes, 'Tö«orng, altindiſch Vitafta, j. Behät
oder Dichelam, unter den 5 linken Zuflüſſen des
Indos im Pandichab der meitlichite. Alexander
gründete an jeinen Ufern die Städte Bulephala
und Nikaia, leptere auf der Stätte feines Sieges
über Poros, und fuhr im November 326 auf dem
9. bis zu feiner Einmündung in den Aleſines
hinab. Arr. 5,4, 2. 8,4. 19,4. 6, 1, 1 u. ö.
Strab. 15, 691. 696.
Hydraötes, '"Tdo«wrns, richtiger bei Strabon
(15, 694. 697. 699) "Tagorıg, altindijch Iravati, j.
Navi, der mittlere Bandichabfluß. Arr. 5, 21, 4.
6,5,7.13, 1u. 6.
Hydraulus, tög«vilos, auch organon hydrau-
licum, eine von dem Mechaniker Kteſibios erfun-
dene Wafjerorgel, die 7 Pfeifen, teils von Bronze,
teils von Rohr, enthielt und in der durch Wafler
die Luftjäulen in Bewegung gelebt und jo die
Hyampeia -— Hyginus.
Töne erzeugt wurden. Zu der Zeit Neros erfand
man eine neue Konſtruktion. Das Spielen geichah
mitteljft einer Slaviatur. (ie. tusc. 3, 18, 43,
Plin. 6, 23, 26. Eine Bejchreibung davon gibt
Vitr. 10, 8.
Hydröa, 'Töof«, j. Hydra, Heine Inſel vor der
Bucht von Hermione an der argoliichen Küſte
(Hdt. 3, 59), etwas über 5 Stunden lang, durdh-
ichnittlih 1 Stunde breit; erjt in neuerer Zeit
als einer der wichtigften Seepläpe Griechenlands
wichtig und durd die hervorragende Teilnahme
der Bewohner am griechiichen Freiheitstampfe be:
rühmt geworden.
Hydrophorla, r&'Tögopögıe, die Waſſerſpende,
ein in Griechenland allgemein im Frühling ge:
feiertes Feſt zur Sühnung der chthonischen Götter
und der Berftorbenen. In Athen feierte man dies
Feſt am 13. Anthefterion und warf Totenopfer,
Kuchen aus Mehl und Honig, in einen Schlund
in dem heiligen Bezirfe der Ge und bes Dan
Olympios, in welchem am Beit der deufalioniichen
Flut ſich das Waſſer jollte verlaufen haben. Denn
man behauptete, das Feſt zur Erinnerung der in
diefer Flut —⸗ zu begehen. Paus.
1, 18, 7. — In Migina war dies Reinigungs— und
Sühnfeft dem Apollon geweiht und fiel in den
Monat Delphinios.
Hydruntum, 6 "Tögoös, j. Otranto, eine der
älteften Städte Calabriens an der Oftküfte, mit einem
trefflichen Hafen, bar ſpäter römiſches Municipium
und diente als Überfahrtsort nach Griechenland.
Liv. 36, 21. Cie. ad fam. 16, 9. ad Att. 15, 21.
16, 5. Strab. 5, 231.
Hygieia (Hygeia) j. Asklepios.
Hyginus, 1) €. Julius 9, aus Hifpanien,
ein ?Freigelafjener des Auguftus, erhielt von dem—
jelben das Amt eines Aufjehers über die pala-
tinijche Bibliothef. Suet. gramm.20. Seine Studien
waren teils grammatifche, in welchen er ſich aus:
zeichnete, teils antiquarifche; jedoch bejigen wir
von jeinen verfchiedenen und mannigfaltigen Werten
(de viris celaris, exempla, genealogiae, de situ
urbium Italicaram, commentaria in Vergilium,
de agricultura u. a.; j. auch Nep os) nichts mehr,
wenn nicht etwa der Hyginus, der als Berfafler
eines Wertes, fabularum liber (in 277 Fabeln),
und eines poöticon astronomicon (4 Bücher aſtro—
nomijchmathematifchen Inhalts) befannt ift, mit
ihm diejelbe Perſon ift, obgleich Sprade und
Inhalt beider Schriften. eher auf einen Berfafler
ipäterer Zeit (des Trajan oder der Antonine)
ichließen laffen. Vielleicht find dieje Werte Aus-
züge oder Bearbeitungen gleichnamiger Werte des
eriteren. ng fabulae von (1674),
Wunder (in den Mythographi lat., 1681), van Sta—
veren (in den Auctores mythogr. lat., 1742),
Bunte (1857) und Mor. Schmidt (1872); des
poet. astron. von van Staveren, Bunte (1875).
— 2) Berjchieden von ihm iſt Hyginus mit dem
Beinamen $Gromaticus, zur Zeit des Domitian,
Nerva und Trajan, von welchem wir eine Schrift
über die Feldmeßkunſt (heransg.. von Lachmann
in feiner Ausgabe der Schriften der römiſchen
Feldmeſſer) und über das Lager der Kaiſerzeit N
Castra) bejien (de castrametatione oder de
munitionibus castrorum), herausg. von L. Lange
(1848), Gemoll (1879) und N. von Domajzewsti
Hykkara — Hpypata.
(1887). Letztere Schrift gehört wahricheinlich einem
andern Berfafler und einer jpäteren Zeit (dem
3. Jahrh.) an.
ykkära, Taxccocc, alte Sikanerſtadt an der
Nordküfte Siciliens, mweftlih von Panormos, ge:
nannt bon einer Art Seefiſche; j. Earini. Am
peloponnefischen Kriege wurde fie don den Athe:
nern geplündert und dann den Segeftanern über:
geben. Thuc. 6, 62. 7, 13. Mit den in bie Sfla-
verei verfauften Einwohnern fam auch die Hetäre
Timandra, des Alfibiades Geliebte, nebſt ——
Tochter, der nachher ſo berühmten Lais, nach Athen.
Plut. Ale. 39.
Hylas, "TAug (Waldkind), Sohn des Dryoper-
fönigs Theiodamas und der Nymphe Menobdite
(oder des Herafles jelbft’, ein ſchöner von Herafles
559
Hymenaios, 1) j.Hymen. — 2) j. Lyrische
Poesie, 5.
Hymettos ſ. Attika, 2.
Hymnos j. Lyrische Poesie, 4.
"TraıdRoS (vaög), nach der herkömmlichen,
auf Vitr. 1,2, 5.3, 2 begründeten Anficht ein in
dem mittleren Raume der cella oder des eigent:
lichen vaog, wo die Bildjäule der Gottheit ftand,
mit feinem Dache verjehener Tempel. Smpäthral:
tempel waren 3. B. der Barthenon in Athen, der
Tempel bes Apollon bei Phigaleia in Artadien,
beide von Iktinos erbaut, der des Pofeidon zu
Päſtum, des Zeus in Olympia u. a. Zwar haben
2. Rob in jeinen Hellenifa und andere zu zeigen
fih bemüht, daß der Musdrud bei Vitruv nur
von einem noch undollendeten Heiligtume verftan:
den werden könne, daß joldhe
geliebter Knabe, den in Myſien die Nymphen aus
Liebe zu fich in ihren Duell hinabzogen (j. Ar-
gonauten, 4). Die Einwohner von Kios (jpäter
Brufias) feierten dem vergötterten Hylas ein Feit,
indem fie an der Duelle opferten und, den Namen
Hylas rufend, in den Bergen umberftreiften.
Hyle, "Tin ober "TA, Stadt am nördlichen
Ende eines Sees (Hylike, Minij Aurn, j. Likheri)
im jüdlihen Boiotien, Sitz des begüterten Ore—
ſbios (Hom. 11. 2, 500. 5, 708) und des Künftlers
Tychios, der den Schild des Aias verfertigt hatte.
Hom. Il, 7, 221.
"Yiieig ij. Herakles, 16. und drin, 2.
Hyllos, "Tilos, 1) Fluß in Lydien, nach Strab.
13, 626 jpäter Phrygios genannt, mündet in den
Hermos; j. Demirdihi. Mom. Il. 20, 392. Hdt.
1,30. — 2) Sohn des Herakles, ſ. Herakles, 15.
Hymen, Hymenaios, 'Tunr, "Tuerauos, der
Gott der Bermählung, welcher in dem Hochzeits—
gefang oder Hymenaios angerufen wurde, weil
er, jo erzählt die Sage, von Benisbeen entführte
Mädchen aus der Gefangenschaft befreit hatte. Mit
Bezug auf den SHochzeitögefang heißt er Sohn
des Apollon und einer Muje (Kalliope, Urania,
Terpfichore), Bruder des Jalemos (Erfinder des
nad) ihm benannten Trauerliedes ’"Iadkseuog) und
Orpheus, oder jeine Eltern find Magnes und
Kalliope, Dionyjos und Aphrodite; er war ber
Geliebte des Apollon, des Hejperos, des Thamyris,
ein Freund und Begleiter des Eros. Die Kunft
bat ihn dargeftellt als reifen Knaben mit ernfterem
Ausdrude als Eros, geflügelt, mit der Brautfadel
und dem SHochzeitäjchleier in der Rechten.
Oppäthraltempel wegen bes
ſchlimmen Einfluffes der Wit:
terung und wegen der Ge—
fahr des Zempelraubes un:
— möglich, dagegen alle bekann—
ten Tempel des Wltertums
mit einem vollftändigen ſchrä—
gen Dache und einer flachen
ede im Innern verjehen
und nur das reuerog oder
templum im engeren Sinne
des Wort3 in der Regel un:
bededt geweſen jei. Indeſſen
zweifelt jet niemand mehr
an der Erifteng ſolcher Hypä⸗
thraltempel, da jchon Der
Mangel an Fenſtern zu der
. Anlage eines offenen Mittel:
raumes führte und der offene Hof des Wohnhaufes
dem entſprach. Wie freilich dicke Öffnung (ömaior)
architektonisch geitaltet war, und wie fie bei ſchlech—
ter Witterung überdedt wurde, iſt nicht ficher zu
beftimmen.
Hypsipa, r& "Trauma, Stadt Lydiens in der
filbianiishen Ebene, nörblih vom Kayſtrosfluß.
Strab. 13, 627. Paus. 5, 27,5. Tae. ann. 4, 56.
Op. met. 6, 13. 11, 150. Plin. 5, 29, 31.
Hypänis, "Trarıs, 1) Fluß im europäiichen
Sarmatien, j. Bug, mündet bei Olbia; an feinen
Ufern wohnten die Mlazones. Hit. 4, 47. 52.
Strab.2, 107. 7, 306. Verg. @. 4, 370. Cie. tuse.
1, 39. — 2) Fluß im aftatiichen Sarmatien, aud)
Artıneieng genannt, j. Kuban, mindet bei Pha—
nagoria in den kimmeriſchen Boiporos. Strah.
11, 494. — 3) |. Hyphasis.
Trxaoaıaras, in dem griechiſchen Heere
der Schil dknappe (Sklave), weldher auf dem
Mariche feinem Herrn den Schild, auch wohl den
Helm, einen Teil des Gepädes und Proviant auf
3 Tage nachtrug. — In dem maledonijden
Heere hieß jo eine bejondere Gattung von Fuß:
volf, ſ. Agema, 8.
Hypäta, r& "Trxara oder 7 'Tadre, Trcirn,
noch jet Hypati oder Neapatra, Stadt der Ainianer
und Ditaier in Südthefjalien am nördlichen Ab:
hange des Dite, nicht fern vom Spercheios. Die
Aitolier hatten den feften Ort, als Schlüſſel Theſſa—
liens, bejegt und hielten hier öfter die Verfamm:
lungen der Abgeordneten des Aitoliſchen Bundes.
Lir. 36, 28. Pol. 21, 2. Eine heiße Seilauelle
und der Umſtand, daß in der Nähe guter Selle:
960
boros wuchs, hat die Stadt mit der theffalijchen ,
Zauberkunſt beſonders in Beziehung gebradt.
Hypatia, 'Trarie, Tochter des Mathematifers
Theon in Alerandreia, durch ftrenge Tugend eine
Bierde, durch Bildung und Gelehrſamkeit ein
Wunder ihres Geſchlechts. Nachdem fie in den
mathematischen und philojophiichen Wiljenichaften |
den trefflichiten Unterricht genoſſen hatte, nahm fie
den Rhilojophenmantel an und wurde um 383 n. €.
zur Lehrerin der platonijchen Schule in Aleran:
dreia erhoben. Obgleich tolerant gegen das Chrijten-
tumt, blieb fie doch Heidin, auch war fie nicht ver-
heiratet. Ihr Haus wurde ein Sammelplag der
ausgezeichnetiten Geifter, aber der außerordentliche
Beifall und Anhang, der ihr zu teil ward, beförderte
ihren Untergang, den fie durch chriftlichen Fanga—
tismus fand. Obgleich von dem Statthalter Oreſtes
geichüßt, wurde fie bei einem NAufftande der An—
hänger des Biſchofs Kyrillos gegen den Statthalter
auf der Strafe überfallen und in einer Kirche
graufam ermordet. Abhandlungen von Wolf (1879)
und Meyer (1886).
"Yanzooı |. Kreta, 6.
Hyperbhölos, “Tretoßorog, ein bon den griechi—
ſchen N bejonders Wriftophanes (vgl. Cie.
Brut. 62, 224), oft verjpotteter Volksredner in
Athen, von en Herkunft. Durch Handel mit
Lampen wohlhabend geworden, ſuchte er nad)
Kleons Tode alle großen Männer herabzufegen
und machte ji) dadurch beim Volke jo beliebt,
dab er jogar Oberbefehlshaber der Armee ward.
Seine Intriguen gegen Nifias, Alfibiades u. a.
fowie feine Unredlichfeit zogen ihm erſt die Ver-
bannung und nachher die Ermordung durch oli—
garchiſch Gefinnte zu, 411 0. C. Plut. Aleib. 13.
Nie. 11. Thuc. 8, 73. Arist. nub. 623. ran. 570.
thesmoph. 840. Acharn. 846.
Hyperboröi, "Tregßögeio:, ein fabelhaftes Volt,
defien Name ein nördliches Volk bezeichnet, das
jenjeits des Borcas wohnt, damit der falte Nord:
wind es nicht treffe. Herodot (4, 32—36) zwei:
felt an dem Borhandenjein eines folchen, wogegen
Plinius die Hyperboreer für ein beftimmtes bifto:
riſches Volk erflärt. Dichter und Geographen be:
mühten fich, den Hyp. im N. oder W. der Erde ihre
Site anzuweiſen. ratofthenes hielt fie für die
nördlihit Wohnenden. Unter den Neueren jeßen |
manche fie nach Skandinavien, andere nach Ger:
manien, andere nach Italien, noch andere an die
Nordjeite des Pontos. Troß fonftiger Wider:
iprüche und Gegenjäge ftimmen die Schilderungen
der Alten in der ethilch-religiöfen Auffafjung der
Hyperboreer. Sie find ein jeliges Volt in ihrem
Yand, wo ihnen nur einmal die Sonne auf: und
einmal untergeht, und die Früchte aufs jchnelljte
reifen. Weder Hader noch Streit fennen fie, nie
der rächenden Nemefis verfallend, dem Dienfte des
Apollon geweiht, der gern bei ihnen weilt (Ale.
fr. 2—4. ed. Bergk). Taufendjähriges Alter war
ihnen beftimmt, doch der Yebensmüde fürzte ſei—
nen Lauf durch feierlihes Hinabftürzen vom Felſen
in das Meer. Der ganzen Sage liegt ein Bu:
jammenhang Griechenlands mit den Urfigen des
apolliniichen Kultus im Norden Theflaliens zu
Grunde.
Hyperönor, 'Txeorjvoe, 1) einer der Sparten,
j. Kadmos, 1. — 2) Cohn des Troers Ban:
thoo8, von Menelaos erlegt. Hom. Il. 14, 516,
Hypatia — Hypnos.
17, 24. — 3) Sohn des Poſeidon und der Alkyone,
Bruder des Hyrieus. — 3, 10, 1.
"Tangkraı |. Aexn,.
Hyperides, "Tregeiöns (jüngere, duch In—
ichriften nicht geficherte Form "Trepiöng), einer
der 10 attijchen Redner, wahrjcheinfich jüngerer
Beitgenoffe des Demofthenes, Sohn des Glau-
fippos, aus dem Demos Kolyttos in Attifa, um
380 (nad einigen jchon 395) v. E. geboren. Er
war ein Schüler des Platon und Sokrates und
ſchloß fich in feiner politiichen Richtung an Die
patriotiihe und volfstümliche Partei des Demo:
ithenes an. Er erfuhr daher auch ähnliche Schid-
jale mit ihm; als nach Philipps Tode die Athener
und Thebaner ſich gegen Alerander vereinigten,
ſchloß er ſich diejen an, entging jedoch nad) er-
folgter Niederlage der —— der Auslieferung
glücklich. Nach Alexanders Tode erwachte ſeine
patriotiſche Hoffnung aufs neue, und er beteiligte
ſich eifrig bei dem lamiſchen Kriege. Als aber
auch hier die Griechiſchgeſinnten unterlagen, floh
er nach Aigina, wo er ergriffen und auf Anti—
paters Befehl (322 v. C) qualvoll hingerichtet
ward. — Von den ihm beigelegten 77 Staats—
reden erkannten die Alten 52 als echt an; wir
befigen jeit 1847 aus den in Ägypten gefundenen
Papyros die Rede für Eugenippos, den Imırd-
gıog (1856 gefunden), xar« Inuochetvoug und
Fragmente einer Nede für Lykophron. Dieje neuer
Entdefungen haben die Gelehrten viel beichäftigt.
Ausgg. von Tell (1861) und Blaß (2. Aufl. 1881);
ber Rede für Eur. und des Zmirdgiog von Cobet
2. Aufl. 1877). Erfte deutfche Überj. von Teuffel
(1865).
Hyperion, "Tmeoior, „der Sohn der dobe
urſpr. Beiname des Sonnengottes, z. B. Od. 1,
= eécdoiorionę, Od. 12, 176. Dann ie
fijiert ein Titane, Sohn des Uranos und der
Sata, Vater des Helios, der Selene und der Eos.
Hesiod. theog. 134. 371 ff. Apollod. 1, 1, 3.2, 2.
Hypermnestra j. Danaos.
Ta tvſ⸗vvog (verantwortlich). Die wirklichen
Staatsbeamten (doyad) im Gegenſatze zu den Sub:
alternen (Öörneeraı) waren in Athen der oberiten
Staatsgewalt verantwortlich, und es ift dieje Ber:
antwortlichleit und Nechenjchaftspflichtigfeit vor
den Euthynen und Logiften eines der Merkmale
der degj. ©. Eidvra.
Hyphäsis, "Tpasıs, auch Hypasis (Curt. 9, 1)
und "Travıs (Strab. 15, 697. 700), altindifch
Vipaͤſä, j. Vjaͤſa oder Bejas, unter den 5 Band:
ichabflüffen der vierte gegen D., bekannt durch
Aleranders Umkehr (Auguſt 326); eigentlich aber
der Nebenfluß des fünften, des Zadddens, Sa—
tadrıt, j. Satledſch. Arr. 5, 25, 1.29, 2 u. ö.
Hypnos, "Trvog, Somnus (von sopire), der
Schlafgott, Sohn der Nadıt (Nur), Zwillings—
bruder des Todes (Thanatos), mit dem er in
der Unterwelt wohnt. Hera jucht ihn in Lemnos
auf. Hom. Il. 16, 672. 14, 231. Hesiod. theog.
211. 758. Während der Tod, erbarmungslojen
Herzens und jelbft den Göttern Entjegen erregend,
ftarren Todesſchlummer den Sterblichen bringt,
verleiht der freundliche, Götter und Menſchen be-
herrſchende Schlaf (mavdauerog, Hom. Il. 24, 5)
ſüße Ruhe und macht Leid und Arbeit vergeſfen
Selbſt über Zeus hat er Gewalt; einft ſchläferte
er ihn auf Bitten der Hera ein, als dieſe den
“TroßoAeüg — Hystaspes.
von Troja zurüdfehrenden SHerafles verderben
wollte. Aber ald Zeus erwachte, hätte er im
Horn den Hypnos ind Meer geworfen, wenn ihn
nicht die Nacht, die Bezwingerin der Götter und
Menichen, gerettet hätte. Nichtsdeftomweniger lieh
er ſich jpäter nochmals von Hera, die ihm die
Charis Paſithea zur Ehe verjprach, zu einem ähn:
lihen Wagnis verleiten. Hom. Il. 14, 231 ff. An
dem Kaften des Kypſelos (ſ. d. 2.) zu Olympia
war die Nacht abgebildet, wie fie einen ſchwarzen
und einen weißen Knaben in den Armen hält,
mit der Unterjchrift: Thanatos und Hypnos. Paus.
5, 18, 1. Beide wurden von der Kunſt als ſchla—
fende Kuaben oder als Genien mit umgefehrter
Tadel gebildet. Attribute des Schlafes jind der
einichläfernde Stab, Mohn, ein Horn mit Schlum-
merfäften. Bei Dvid (met. 11, 592 ff.) wohnt der
Schlaf im Lande der Kimmerier in dunkler, ftiller
Grotte, umgeben von der Schar der Träume.
"Yaxoßosevg hieß der Souffleur auf dem grie:
chiſchen Theater, bei den Römern monitor. Über
jeinen Plaß auf dem Theater läht fich nichts Be—
ftimmtes jagen.
Hypocaustum, der unter dem Boden an:
gebrachte Heizapparat, deſſen Konftruftion aus
zahlreichen Trümmern erjichtlich ift, j. Haus, 11.
‚Yaoygauuarevs |. Tgaunarevg.
"Yaoxgırng j. Schauspiele, 6.
Hyporchöma j. L,yrische Poesie, 4.
‘"Yaooxnvıov, die Unterbühne, bezeichnet den
ganzen Raum unter dem hölzernen Boden des
Brojfenion, deſſen der Orcheitra zugelehrte Außen:
wand mit Säulen und Bildwerfen gejchmücdt war.
Aus ihm führten die zagmveıoı aAlunneg auf das
Brojfenion. Auf diejem Wege ftiegen die Geifter
Veritorbener und die Flußgötter empor.
——— "Tro#ißeaı (Hom. Il, 2, 505),
ein Ort, über den jchon die Alten verjchiedener
Meinung waren. Nah Strabon (9, 412) ver-
jtanden einige darunter das ſpätere Botniai in
Boiotien, andere wahrjcheinlicher die Unterftadt
von Theben; denn die Kadmeia, die Burg und
Oberftadt, war von den Epigonen zerftört und
zur Zeit des trojanischen Krieges nod) nicht wieder
aufgebaut.
ypothöca, ein Pfand, welches nicht als pignus
(Fauftpfand) dem Gläubiger übergeben wurde,
fondern denjelben injofern ficher ftellte, als es,
wenn der Schuldner nicht zahlte, zur Befriedigung
des Gläubigers verlauft wurde. Cic. ad fam. 13, 56.
Hypsaeus j. Plautii, 8.
Hypsipyle, Hypsipyleia, 'Tyından, "Npı-
rule, Königin auf Lemnos zur Zeit, als die
Argonauten dort landeten, Tochter des Königs
Thoas. Die lemnijhen Frauen hatten damals ihre
Männer, weil fie ihnen untreu geworden waren,
jämtlich ermordet; nur Hypſipyle hatte ihren Vater
heimlich erhalten, indem fie ihn entfliehen lieh.
Als dies die lemmilchen Frauen erfuhren, mußte
Hypſivyle fliehen; fie ward von Seeräubern ge:
fangen und an den König Lyfos in Theben, oder
an Lykurgos verkauft, den König in Nemea, wo
fie die Wärterin des Opheltes (j. Adrastos)
ward. Da Opheltes durch ihre Schuld von einer
Schlange getötet ward, wurde fie eingeferfert, aber
Reallexilon des Hafj. Altertums. 7. Aufl.
561
von ihren Söhnen Thoas und Euneos, die ſie
von Jaſon (Hom. Il.T, 468) geboren hatte, befreit.
Hyria, 'Teie, 1) See in Nitolien, jpäter Avaı-
udyeıe genannt (Strab. 10,460. Ov. met. 7,371 f.),
'j. See von Angelokaſtro. — 2) Heine Stadt am
| Euripos in Boiotien, nahe bei Aulis. Hom. Il.
2, 496. — 3) Stadt in Japygia (Apulien) zwi:
ſchen Brundifium und Tarent, auch Uria; j. Oria.
Hdt. 7, 170.
Hyrieus ſ. Agamedes und Amphion.
Hyrkania, 'Toxarie, altperſiſch Varkana, neu:
perſiſch Gurgan, j. Majenderan, wo noch jegt eine
Stadt (einft Hyrkania) und ein Fluß Dichordichan
heißen; die Landihaft im ©. des Kaſpiſchen
Meeres, das deshalb jeit Eratofthenes auch Hyr—
fanijches Meer genannt wird; im W. und SW.
von Medien, im DO. und SD. von Parthien be-
renzt; mit üppigen Küftenftrichen, fruchtbaren
Ihälern und reichen Wäldern, aber auch mit den
rauhen Höhen des Elburs und mit häufigen Erd—
beben. Als Bewohner werden genannt die Ta:
purer, die Amarder oder Marder am Fluß Mardos
(i. Kyſyluſen), die Selen im jeßigen Gilan und
die Kadufier gegen den Arares hin. Hauptjtadt
war Zadrafarta (j. wahrjcheinlich Aiterabad), öſt—
lich davon Tape. Die von Cicero (tuse. 1, 45) er:
wähnte Sitte, die Leihen Hunden und Bögeln
zum Fraß zu überlafien, * ſich auch bei Nach—
barſtämmen und wurde ſpäter durch das Aveſta
religiöſes Geſetz in ganz ran. Strab. 11, 508 ff.
Plin. 6, 23, 27. Arr. 3, 23 ff.
Hyrmine, 'Toulvn, Stadt in der hohlen Elis,
daneben das Borgebirge gleiche3 Namens oder
Oeuwe (Hom. Il. 2, 616), zu Strabons Zeit ver-
ichwunden. Strab. 8, 341.
Hyrnethia j. Dvin, 9.
Hyrtäkos, "Toraxos, 1) ein Troer, welchem
PBriamos, als er die Helabe heiratete, feine erjte
Gemahlin Ariſbe überließ, Vater des Aſios und
des Niſos. Hom. 11.2, 837. 13, 759. 771. Verg.
A.9, 177. 406. — 2) Bater des Hippofoon. Verg.
A. 5, 492.
Hyslai, "Towwi, 1) Stadt in Argolis (ſ. Ar-
golis, 5.) an der Grenze der Yandichaft Kynuria,
two die Argeier von den Lafoniern gejchlagen
wurden. Im peloponnefiichen Kriege wurde die
Stadt 417 v. E. von den Spartanern zerjtört.
Thuc. 5, 83. Bon den Mrgeiern wieder her:
geftellt, lag fie zur Zeit des Pauſanias in Trüm—
mern. Paus. 2, 24, 7. Strab, 8, 376. Ein Stüd
der Ningmauer hat jich erhalten. — 2) Flecken
in Boiotien, dit am Schlachtfelde von Plataiai.
Hät. 9, 15. 25. Thuec. 3, 24. Schon PBaujanias
fand den Ort in Trümmern.
Hystaspes, "Tordorns, altperſiſch Bilhtäcpa,
1) Statthalter von Parthien unter Kambyſes, aus
der jüngeren Linie der Achaimeniden, Bater des
Dareios I. Hat. 1, 209, 3, 70. 7, 11. 224. Die
Nachricht des Ammianus Marcellinus (23, 6), daß
9. bei den indischen Brahmanen Weisheit gelernt,
und HZoroafter unter ihm gewirkt habe, ift zum
mindeften eine Berwechjelung mit einem früheren
baftriichen König. — 2) der jüngjte Sohn des
Dareios 1. von der Atoffa, perſiſcher Heerführer
im 3. 480. Hat. 7, 64.
36
562
Jahr
IJ).
Jahr, Einteilung des Jahres bei den Griechen
und Römern. I. Bei den Griechen, die gleich
den Römern urſprünglich Mondmonate hatten,
hieß der erite Tag des Monats, der, an deſſen
Abend der Neumond aufging, vovunvie, dem
Apollon geheiligt; Vollmond war folglid Mitte
des Monats. Der Monat beitand aljo aus
29 Tagen und ungefähr 13 Stunden, man wech—
jelte mithin zwifchen dreißigtägigen (mArjgsıs) und
neunundzwanzigtägigen (xoilor) Monaten. lm
nun das Mondjahr mit dem Sonnenjahr auszu:
gleihen, jchob man ſeit Solon innerhalb eines
„großen Jahres (ufyag Lviavrös)“ von 99 Mo:
naten in jedem dritten, jechjten und achten Jahre
einen Schaltmonat (ur» Zußolıueiog) von 29 oder
30 Tagen ein, jo dab das gewöhnliche Jahr aus
354, das Scaltjahr aus 383 oder 384 Tagen
beftand. Aber auch das Schaltjahr (Teurneis)
war 7'/, Tage zu lang, und jo mußte denn, um
dies wieder zu heben, ab und zu der Schaltmonat
ausgelafien werden. Der Ajtronom Meton ftellte
zur Zeit des Perikles einen neunzehnjährigen
Eyflus (dvvsanaderaerneis) auf, der auch jpäter
benußt wurde. Das Kalenderwejen ſtimmte übri-
gens in den einzelnen griechiichen Staaten ebenjo:
wenig überein, wie die religiöjen Feſte. Das
attiihe Jahr begann mit dem erjten Neumond
nach der Sommerjonnenmwende (während das jpar:
taniſche mit dem Herbjtäquinoetium, das der Mio-
lier mit der Winterjonnenwende anfing); dadurch
entsteht folgende Reihenfolge der attiichen Monate:
1) "Exaroußemv, zweite Hälfte des Juli und erjte
des Auguft. 2) Meraysırvior, zweite Hälfte des
Auguſt und erjte des September. 3) Bondgouwr,
zweite Hälfte des September und erite des Oftober.
4) Ilvavsyıor, zweite Hälfte des Oftober und
erfte des November. 5) Mauuerrngior, zweite
Hälfte des November und erfte des Dezember. |}
6) Ioosıdenv, zweite Hälfte des Dezember und
erjte des Januar. 7) Teunkıow, zweite Hälfte des
Januar und erjte des Februar. 8) Ardtsornewr,
zweite Hälfte des Februar und erjte des März.
9) 'Eiupnpokmw, zweite Hälfte des März und
erfte des April. 10) Mowwvgior, zweite Hälfte
des April und erfte des Mai. 11) Ouopynkımm,
zweite Hälfte des Mai und erfte des Juni. 12) Ixı-
Eopogıor, zweite Hälfte des Juni und erjte des
Juli. Der Scaltmonat war ein zweiter Poſei—
deon, der in die Mitte des Jahres eingejchoben
wurde. Jeden Monat teilte man wieder in drei
Deladen: israuevov oder dogoufvovn, Edmi Ökr«
oder uecoüvrog, und Pihlvorrog, mavousvon,
Aryorros oder dmıörrog. Die Tage der lepten
(dritten) Defade wurden abnehmend gezählt, jo daß
der einundzwanzigite Tag des Monats dexdrn
pirrovrog hieß, der zweiundzwangzigite dvarn
privorrog u. ſ. f. Bol. 8. %. Hermann, über
griechiiche Monatskunde (1844). Bergk, Beiträge
zur griechijchen Monatsfunde (1845). — 11. Bei
den Römern joll Romulus das Jahr in 10 Mo:
nate geteilt und den erften nach jeinem göttlichen
Vater Mars Martins benannt haben, den zweiten
Aprilis von dem Aufgehen (aperire) der Knoſpen
an den Pflanzen, den dritten Maius nad der
I
|
75 2
Maja, der Mutter Mercurs, den vierten Junius
nad) der Juno, die übrigen nad) der Zahl Quin-
tilis, Sextilis, September, October, November,
December. — Numa PBompilius joll den Janua-
rius (vom Gotte Janus) und den Februarius
ginzu efügt haben, der von dem allgemeinen, am
chluſſe eines jeden Jahres (denn dies war an—
fänglich der legte Monat) dargebradjten großen
Sühnopfer (Februalia) jeinen Namen hatte; jo
entjtand ein Mondjahr von 355 Tagen. Um dies
mit dem Sonnenjahre auszugleichen, ließ er alle
2 Jahre einen Monat, mensıs intercalaris (-ius)
oder Mercedonius (Mercid.), zwijchen dem 23.
und 24. Februar einschalten. bhricheinlich aber
bezieht fich das zehnmonatliche Jahr des Romulus
nur auf die Berechnung der Waffenitilljtandsfriften
nach 10 wirklichen Mondumläufen, während der
römiiche Treitfalender von jeher aus 12 Monaten
(März bis Februar) beftand und mit dem Sonnen:
jahre durch die im jedem zweiten Jahre ſtatt—
findende Einjchaltung eines Schaltmonats auszu-
gleichen verjucht wurde. Der Anfang des Monats
wurde nad) dem Neumond bejtimmt; von einem
eigens dazu erbauten Hauje anf dem capitolini-
ſchen Hügel (Curia Calabra) aus mußte ein Be-
amter, jpäter der PBontifer Marimus, den Neu:
mond ausrufen (kalare, daher Kalendae). Da:
neben wurde die Mitte des Monats als Idus
bezeichnet (von dem etruffiichen iduare, teilen,
vgl. div-idere), den Eintritt des Bollmondes an-
zeigend; den neunten Tag vor den den, diejen
und den Tag der Iden mitgerechnet, nannte man
Nonae (von novem). März, Mai, Juli und
Dftober hatten 31 Tage, Februar 28, die übrigen
7 Monate je 29 Tage; es fielen daher in den 4
erftgenannten die Iden und Nonen auf den fünf:
zehnten, rejp. fiebenten Tag des Monats, während
ie in den übrigen auf den dreizehnten, rejp. fünf:
ten fielen. Die übrigen Tage wurden von diejen
aus rüdwärts als Vortage bezeichnet, jogar mit
der Form ante diem Kalendas u. j. w. — Da
das Verfahren, wodurd man Mond: und Sonnen:
jahr auszugleichen verſuchte, nicht ausreichte, Durch
die Nachläjligkeit und Willtür der Pontifices aber,
welche durch die lex Acilia (191 v. E.) Vollmacht
erhalten hatten nach Belieben einzujchalten, erſt
recht große Unordnung einriß und die Monate
des Kalenders, alſo auch die Feſte, ſich mit dem
Naturjahre nicht dedten, jo lieh Julius Cäſar
als Pontifer Marimus durch den alerandriniichen
Mathematiter Sojigenes einen verbeflerten Ka—
fender aufftellen, zu dejjen Einführung im J. 46
v. E. (annus confusionis ultimus) außer dem
gewöhnlichen Schaltmonat im Februar nochmals
67 Tage zwijchen November und Dezember ein-
eichaltet wurden. Es bekamen jebt auch Januar,
Sertilis und Dezember 31 Tage, die übrigen
(außer Februar) 30, jo daß ein Jahr von 365 Tagen
bergeitellt war. Der Quintilis wurde jeitdem
Cäſar zu Ehren Julius genannt (Cie. Att. 16, 4, 1);
ebenjo der Sertilis Auguft zu Ehren Auguftus.
Das Nalenderjahr begann nun mit dem 1. Janıar,
mit welchem Tage die Konſuln ſeit 153 dv. C. ihr
Amt angetreten hatten. Im Schaltjahr, wenn ber
Iakchos — Iambographen.
Februar 29 Tage hatte, wurden der vierundzwan—
zigite und fünfundzwanzigfte Tag sextus Kalen-
das Martias und das Jahr Bisextilis genamnt.
— Die Wochen teilten die Älteren Römer nad)
Markt: oder Gerichtötagen ein (nundinae von
novem dies), wo jie vom Lande zur Stadt famen;
unter den Kaifern zählte man nad fiebentägiger
Beit (hebdomades). Die ganze Jahresüberficht
hieß Kalendarium; darunter verftand man aber
auch ein Schuldbuch, weil an den Kalenden die
Zinſen bezahft werden mußten.
lakchos j. Dionysos, 5. und Eleusinia,
Ial&ömos j. Hymen.
Ialmönos j. Askalaphos.
Ialjsos, ’Ialvoos und "Idivsoog, ioniich "ImAv-
sog und Avocos, 1) Stadt auf Rhodos, nahe
der Nordipige der Inſel, j. Philerimos, mit der
Burg Oyigoea, jchon von Homer (Il. 2, 656)
genannt, urjpr. phoinifiiche Kolonie, um 1000
v. E. von Doriern erobert, eine der 6 Städte des
doriihen Bundes, doch wie Halifarnafjos vor:
wiegend ionijch, gründete 408 v. E. mit den beiden
andern Anjelftädten Kameiros und Lindos die neue
Hauptjtadt Rhodos und wurde von dieſer dann
weit überflügelt, deshalb von Plinius on: mit
ihr verwecjelt. Hdt. 1, 144. Thuc. 8, 44. Strab
14, 654f. — 2) Sohn des Kerkaphos, Bruder
des Lindos und Kameiros, mit denen er Rhodos
teilte, Gründer von Jalyjos auf Rhodos. Pind. ol.
7, 74. Cie. n. d. 3, 21, 54. Verr. 4, 60, 135.
Iamblichos, "Idußkıyos, 1) aus Babylon oder
Sprien, im 2. Yahrh. n. E., aßte ein dgaue-
rıxör, einen erotischen Noman (Liebesgejchichte des
Rhodanes und der Sinonis) voll feltiamer Aben-
teuer, in denen Magie und Theurgie eine große
Rolle jpielten. Ein Auszug ift bei Photios er:
halten. — 2) ein Neuplatonifer aus Chalfis in
Koileſyrien, zur Zeit Conftantins des Gr., Schü:
ler des Porphyrios und Anatolios. Wir befigen
5 Bücher jeines Werkes wegl IIvdayögor au
eng in 10 Büchern, deren jedes ein bejonderes
Ganze bildete. Das erſte Buch handelt weg Plov
IIv&eyogıxoö, wichtig, wenn auch nur eine un:
fritiiche Kompilation (herausg. von Kießling, 1815,
Weftermann [in Cobets Ausg. des Diogenes Laör-
tios] und Naud, 1884), von dem zweiten ift
ein mobrgentinög Aöyog £lg pilocoplar erhalten
(herausg. von Kiehling, 1812), von dem dritten
neol uehmuarırjg Emiorsjuns (Fragm. bei Bil-
foifon, Anecd. II p. 188— 225). Zweifelhaft iſt
die Echtheit des meol uvornelor Aoyog (heransg.
von Parthey, 1857). Kommentare über Blaton,
Ariftoteled und die chaldäiiche Philojophie find
verloren. — Unter Bermiihung der Lehren des
Pythagoras und Platon jomwie orientaliicher Reli:
gionsvorftellungen behandelte Jambl., „ein jdwär:
merijcher Myſtiker und unjelbjtändiger Kompila—
tor“, die Entjtehung der Götter (sol vonro/), der
Dämonen, Welt: und Menjchenjeelen und der
Materie durch allmähliches Herabfteigen von einem
lichten und vernünftigen Urwejen, lehrte die Not:
wendigfeit der Mantik und Theurgie zur Wieder:
vereinigung mit der Gottheit, wegen der Schwäche
und Sündhaftigfeit der Menfchen, juchte das helle-
niiche Altertum dem eig — zu
verherrlichen und erlangte ſelbſt den Ruhm eines
iligen und wunderthätigen Mannes, von deſſen
ten ſein Biograph Eunapios berichtet.
. | Dichtungsart ihre
563
Iambographen, l@ußoyodpoı. Ungefähr zu der-
jelben Zeit, wo bei den Griechen ſich die Elegie
aus dem bisher allein herrichenden Epos heraus:
bildete, entitand auch die iambiſche Poeſie; aber
während die Elegie durd Beibehaltung des dakty—
lichen Versmaßes und der epiichen Sprachweije
ſich noch eng an das Epos anſchloß, jchlug die
iambiiche Poefie, die es ſich ald Zweck vorgeſetzt
hatte, das Mangelhafte, Schwache und Schlechte in
den menjchlichen Verhältniſſen und der menich-
lihen Natur jchonungslos aufzudeden und anzu-
reifen, mutig und fed in fprachlicher und metri:
cher ng eine ganz neue, —— Bahn
ein. Die Sprache iſt, abweichend von dem Epos,
einfach und ſchmucklos und von der Ausdrucks—
weiſe des gewöhnlichen Lebens entlehnt; das iam—
biſche Versmaß aber gehört dem ſ. g. doppelten
aeg Een (yErog dımldonor) an, in wel-
chem die Arjis die doppelte Länge der Thejis hat,
und zeigt, gegenüber dem ruhigen, feierlichen dak—
tyliſchen Versmaße, in welchem Arfis und Theſis
von gleicher Länge find, etwas Leichtes, Beweg—
liches, te Angreifendes. Jambos hieß urſprüng—
lid) das an den Weiten der Demeter übliche Neden
und Spotten, und wahricheinlich hat die iambijche
erſte Entftehung in jener Eigen:
tümlichkeit des Demeterfultes (Jambe heißt eine
Magd der Demeter); ihre fünftleriiche Ausbildung
aber verdankt fie dem genialen Geifte des Archi—
lochos von Paros. ag muß als der eigent—
liche Schöpfer dieſer Dichtungsart und als Erfinder
des dabei angewandten iambiſchen Trimeters an—
—— werden, ſowie er denn überhaupt für die
usbildung der griechiichen Verskunſt von größter
Wichtigfeit ift, indem er eine große Menge neuer
Metren erfand. Er ſtammte aus einer edlen prie-
fterlichen Familie und war der Sohn des Te-
lefiffes, welcher DI. 15 oder 18 (720 oder 708
vd. E.) eine Kolonie von Paros nach dem gold:
reihen Thajos führte. Archilochos begleitete jei-
nen Vater dorthin; da er fich aber in feinen Er-
wartungen getäujcht fand, verlieh er die Inſel
wieder und begab fich, wahrjcheinlich nach längerem
Umbherwandern, nach Baros zurüd, wo-er in einem
Kriege gegen Naros gefallen jein jol. Er war
ein Mann von reizbarer Gemütsart, voll Bitter:
feit und Schmähjucht, der, im fich ſelbſt unglüd:
lich, mit jeiner Welt in fteten Kämpfen und Her:
würfniſſen lebte. Am meiften erfuhr jeinen Horn
die Familie des Lykambes. Diejer hatte ihm die
jüngere jeiner Töchter, Neobule, zur Ehe ver:
iprochen; jpäter aber brach er jein Wort und
wurde nun mit feinen Töchtern von Archilochos
in jo bitteren und jchonungslojen Jamben an:
gegriffen und geläftert, daß fie fich jämtlich aus
Scham und Verzweiflung erhängt haben jollen.
Hor. ep. 1, 19, 25. Ov. Ib. 58. nn auch diejer
—* Zug der Erzählung ſagenhaft iſt, ſo charakte—
riſiert er doch das Vernichtende der archilochiſchen
Jamben. Archilochos war als Dichter ſehr viel—
ſeitig; außer den Jamben dichtete er Elegien und
Epigranme, trochäiſche Tetrameter, Epoden, Hym—
nen u. ſ. w. Doch haben wir von ſeinen in alt—
ioniſchem Dialekte geſchriebenen Gedichten nur
noch eine Anzahl Heiner Fragmente (herausg. von
Liebel, 2. Aufl 1818, und Bergf, poet. Iyr. Graec.
II p. 382 ff. d. 4. er Auch in der Mufik leiſtete
Archilochos Bedeutendes. Die Alten hielten ihn jehr
36*
564
hoch; fie ftellten ihm mit Homer, Pindar und
Sophofles auf Eine Stufe. Cie. or. 1,2. Quint.
10, 1, 60. Val. Max. 5, 3. Vell. Pat. 1, 5, 2.
Longin. de subl. 33, 5. — An Archilochos ſchließt
ſich jein (jüngerer?) Zeitgenofje Simonides von
Amorgos, des Krines Sohn, an, der 2 Bücher
Elegien und 2 Bücher Jamben dichtete. Auf Samos
geboren, führte er eine Kolonie nad Amorgos;
ſonſt willen wir von feinen Lebensverhältnifjen
nichts. Bon jeinen Jamben jind Bruchitüde er:
halten, mworunter 2 längere, von 24 und von
118 Berjen. Das leßtere (carmen de mulieribus)
enthält eine allgemein gehaltene Schilderung weib—
liher Charaktere der Art, daß er die verichiede:
nen ſchlechten Eigenichaften der Weiber aus den
harakteriftiichen Eigenjchaften der Tiere herleitet,
von denen fie abjtammen jollen. Des Simonides
Jamben enthalten überhaupt allgemeinere Betrad)-
tungen des Lebens, Angriffe auf ganze Klaſſen
von Menjchen, nicht, wie die des Arcdhilochos, auf
einzelne Berjonen. Dem Archilochos jteht er an
Genialität und Kraft, wie an Grazie und Leich:
tigfeit weit nad. (Sammlung der Brucdhjtüde von
Welder, 1835, und Bergf, poet. Iyr. Graec. Il
P. 441 ff.) — Der dritte Nepräjentant der Jamben-
poejie iſt Hipponax aus Ephejos, um DI. 60
(540 v. E.) blühend. Er flüchtete vor den Tyran—
nen feiner Baterjtadt Athenagoras und Komas
nach Klazomenai; hier wahrjceinlich fam er in
Berwürfnis mit den beiden chiiſchen Bildhauern
Bupalos und Athenis, welche den Heinen, häß—
lihen Hipponax in einem Karilaturbilde dargeſtellt
hatten. Dafür rächte is der Dichter durch beißende
Jamben von folder Schärfe, daß audy fie ſich, wie
die Lykambiden des Archilochos, erhängt haben
follen. Hipponax fteht in der leidenjchaftlichen
Bitterfeit dem Archilochos nahe, er iſt geigrein
und witzig wie dieſer, ohne jedoch deſſen Feuer
und Begeiſterung zu haben; auch iſt er in ſeiner
Satire weniger perſönlich. Eigentümlich und neu
iſt er in Behandlung des iambiſchen Verſes; er
ſetzte nämlich in dem iambiſchen Trimeter an die
Stelle des letzten Jambus einen Spondeus oder
Trochäus, wodurch der Lauf des Verſes plößzlich
und auf lächerliche Weiſe gebrochen und gelähmt
wird. Man nennt ſolche Verſe Choliamben
(Hinkiamben, Skazonten). Außer den iambiſchen
Gedichten verfaßte Hipponax auch Parodien, als
deren Erfinder er von manchen genannt wird.
Athen. 15, 698b. Auch von ihm find nur noch
Bruchitüde vorhanden. — Wahrſcheinlich Zeitgenoſſe
des Hipponar war Ananios, dem auc von
einigen die Erfindung der Hinkiamben zugejchrie:
ben wird, während andere jo unterjcheiden, dab
Hipponar den Skazon, Ananios den Iſchiorrhogi—
fos, der auch im fünften Fuß jchon einen Spon:
deus hat, erfunden habe (Sammlung der Bruch:
ftüde des Hipponar und Ananios von Welder,
1817, der Choliamben von Meinele in Lachmanns
Ausg. des Babrios). — Unter den älteren Jambo—
graphen erwähnen wir nod den Solon, der in
jeiner humanen Weife den Jambos weniger zum
Angriff als zur Verteidigung gebrauchte gegen
ſolche, die ihn wegen feiner politiichen Thätigkeit
angriffen. Wir haben von feinen Jamben nod)
einige Fragmente, worunter ein größeres bon
21 Berjen. Bon jpäteren Jambendichtern nennen
wir Aiſchrion aus Samos oder Mytilene (332
Iamos — Janus.
v. E.), Phoinix aus Kolophon (um 308 v. E.),
Barmenon aus Byzanz, Hermeias aus Kurion,
Herodes oder Herondas aus der alerandriniichen
Periode, Erfinder der j. g. Mimiamben, kleiner
Charaktergemälde mit jpöttiicher Tendenz, von den
Nömern, 3. B. von En. Matius, nachgeahmt.
Beſte Ausg. der Fragmente der griechijchen Jam:
bendichter von Bergk, poet. Iyr. Graec., Bd. 1I.
— Auch die Römer haben den iambus in dem
carmen maledieum benußt. Die namhaftejten
Dichter in diejer Gattung find Furius Biba-
culus, Batullus, Calvus und Horaz in den
Epoden. Aus der Kaiferzeit können nur einige
Gedichte des Martial und Aujonius bieher
gerechnet werben.
lämos, "auos, Sohn des Mpollon und der
Euadne, einer Tochter des Poſeidon und der Bi:
tane, ein berühmter Scher und Stammvater der
Jamiden, des Scher: und WPriejtergeichlechtes zu
Olympia. Die Mutter hatte ihn in Arfadien am
Alpheios in dunklem Haine geboren und dajelbjt
unter blühenden Veilchen liegen lafjen; daher jein
Name. Bon Nipytos, dem Arkaderkönig in Phai—
jana, wurde er aufgezogen und ging, zum Jüng—
ling berangereift, auf Weiſung Apollons nach
Olympia, wo er aus den Stimmen der Bögel
und den brennenden Häuten der Opfertiere weiß—
fagte. Pind. ol. 6,29 ff.
Janicülum und Janicülus j. Roma, 2. 4.
Janitor (auch ostiarius), der Thürwärter in
dem Haufe der vornehmen Römer, ein Sflave,
der wie der moderne Portier einen Stab in der
Hand trug (Petron. 134), mit welchem er auch
wohl die Zudringlichen zurüdtrieb, |. Haus, 7.
Die Einlaß Begehrenden Hopften mit dem an der
Thür befeftigten Hammer (malleus) oder jogen
an der dort angebrachten Glode (tintinnabulum).
Suet. Oct. 91. Nach Nennung des Namens öffnete
der ianitor durch Wegichiebung eines leichten Rie—
gels, oder wies den 44 auf. Befehl des Herrn
ab. Cie. de or. 2, 68.
Janün. Nad Cicero (n. d. 2, 27) heißen die
Thüren der gewöhnlichen Häuſer (profanarum
aedium) januae im Gegenjaße gegen die Tempel:
thüren (fores). Sie waren aus Eichenholz, biswei—
len aud) aus Erz (Plin. 34, 3: Camilius aerata
ostia habebat in domo) verfertigt, und cbenjo
wie die valvae (j. Haus, 5. 6., namentlich Cie.
Verr. 4, 56) mit Gold und Elfenbein ausgelegt.
Die ianuae öffneten ſich nach innen, und es ge:
hörte zu befonderer Ehrenbezeugung, wenn jemand
jeine Hausthür nach der Strafe öffnen durfte (was
bei den fores der Tempel ftets ftattfand), 3. B.
P. Balerius Publicola und jein Bruder (Plin.
36, 15). In diejem Falle mußte vor Öffnung der
Thür drinnen angeflopft werden (pulsare), da—
mit die auf der Straße zufällig Gchenden gewarnt
würden.
Janus, 1) einer der vornehmiten römischen
Götter, dem fein Weſen der griechiichen Religion
entipricht. Er war der Gott der Eingänge und
Durchgänge, der Thüren und Thore, unter dejjen
Schu Aus: und Eingang eines jeden in Haus
und Stadt ftand. Darum trug er einen Schlüffel
in der Hand, mit dem er die Thüre jchlo und
öffnete (claviger, clusius, patuleius), und einen
Stab oder eine Rute, wie die an den Hausthüren
wachenden Sklaven. Seine Bilder, weldye an, Thü-
lapetos — Iapyges.
ren und Durchgängen angebracht wurden, hatten
2 Gefichter, die nach entgegengejegten Seiten, das
eine nach außen, das andere nach innen, jchauten
(geminus, bifrons, biceps), Er iſt aber nicht
bloß der Gott des Eingangs in örtlicher Bedeu:
tung, jondern aud in Bezug auf die Zeit und
jede Thätigkeit, er ift der Gott des Anfangs und
Beginnens im weiteften Sinne. Durch jeine Macht
erhält jedes Ding und jedes Werk in feinem Be:
ginne die jegnende Weihe und dadurch glüdlichen
Fortgang und Gedeihen; denn auf einem glüd:
lichen Anfang beruht auch der gute Erfolg. Janus
ift aljo ein in allen Berhältniffen waltender Gott
von hoher Bedeutung, der durch Verleihung eines
uten Anfangs fördert und ſegnet, der —* zu
Jupiter, dem Lenker aller Schickſale, verhält, wie
der erjte zum höchſten. Als der Gott des An-
fangs in Bezug auf die Zeit wurde er an jedem
Morgen von den Prieftern unter dem Namen
pater matutinus angerufen (Hor. sat. 2, 6,120),
denn er Öffnete am Morgen als der Thorhüter
des Himmels die Pforten des Olympos und ver:
ſchloß fie am Abend; ihm war der erjte Monat
des Jahres (Januarius) geweiht, und der erfte
Tag des Jahres (Kalendae Januariae) war fein
Hauptfeft. Es wurde ihm dann ein Opfer, das
bejonders aus einem Kuchen von Mehl beftand
(Jannal), gebradht, man enthielt fich aller Worte
von jchlimmer Vorbedeutung, wünschte ſich mit
freundlichen Worten Glüd und beichenfte ſich mit
Süßigfeiten, zum Zeichen, daß das Jahr jüh ver-
laufen möge. Auch jeder erjte Tag des Monats
war dem Janus heilig, er erhielt an demjelben
ein Opfer von Wein, Weihrauh und Früchten.
Die Sage, daß Janus zuerft vor Saturnus und
Jupiter in Italien geherriht und allen Göttern
ihre Tempel gegründet habe, beruht ebenfalls auf
der Bedeutung eines Gottes aller Zeitanfänge.
Bei jeder wichtigen Unternehmung rief man ihn
an, der Konſul erflehte beim Antritt jeines Amtes
feinen Segen, der Yandmann opferte ihm beim
Beginne der Saat und der Ernte (consivius); in
jedem Gebete rief man ihn zuerjt an, und bei
großen Götterfeften erhielt er die erften Opfer.
Eine bejonders feierliche Verehrung genoß der
Gott bei der Eröffnung eines Krieges, wenn das
Heer durch die erichlofjenen Thore ins Feld rüdte,
und wahrjcheinlich auch nach dem Friedensſchluß.
Numa hatte am unterjten Teile de3 am Forum
gelegenen NArgiletum einen ianus, eine Thorhalle,
zum Anzeiger des Kriegs und Friedens gemadıt;
geöffnet jollte er bezeichnen, daß der Staat unter
den Waffen ftehe, geichloffen, daß Friede mit allen
Völkern —— fei. Z.iv. 1, 19. Dieſer ianus war
dem Gotte Janus geweiht, deſſen Bildnis dafelbit
ftand; in jpäterer Zeit wird er gewöhnlich Tempel
— und heißt: Janus Geminus, J. Bifrons,
J. Quirinus (Hor. od. 4, 15, 8), portae belli von
Ennius ber bei Horaz (sat. 1, 4, 61) und bei
Bergil (A. 7. 607). Zenn der Beichluß zu einem
Kriege gefaht war, zog der Konful zu dieſem
Tempel des Janus und eröffnete die Doppelthore
desjelben, indem er die waflenfähige Jugend auf:
forderte, mit ihm das Thor zu durchichreiten.
Verg. A. 7,601 ff. Eine dem entiprechende Cere—
monie muß nach Abichlug des Friedens, wenn
das Janusthor geichloffen ward, ftattgefunden
haben. — Über Janus fiche Or. fast. 1, 63 ff. —
|
565
Dies war die Bedeutung des Janus bei den
Römern. Urſprünglich aber war er wohl, was
man bejonders im Hinblid auf die Etymologie
des Wortes (Janus = Zar — Zeus) und auf einen
mit Janus zufammengeftellten etruſtiſchen Auſpi—
calgott —— hat, ein Gott des Himmels
oder der Sonne neben einer Jana als Mond:
göttin, der die Wandlungen des Naturlebens be:
dingt und regelt, ein Jahres: und Zeitengott, der
das Jahr und die Monate und die Tage herauf:
führt. — 2) ein überwölbter Durchgang, Portal,
Schwibbogen, bejtehend aus einem jteinernen Ge:
wölbe mit Säulen und andern Verzierungen, mit
4 Thoren und Giebeln, daher quadrifrons. Solche
dienten teils als Prachtgebäude, teild als Ver—
jammlungspläge von Wechſlern, Kaufleuten u. a.,
aljo eine Art Börje, bei. ad medium Janum.
Bei Horaz (sat. 2, 3, 18. ep. 1, 1, 54) fommt
—— ein ianus summus et imus beim
areus Fabianus in der Nähe des Eaftortempels
vor; außerdem fanden fich ſpäter joldhe in allen
Regionen der Stadt, namentlich aber auch in den
Portifus und Tabernen, die das Forum rings
umgaben. Bei Livius (41, 32) leſen wir von
3 iani, welche der Cenſor Fulvins Flaccus 175
dv. E. zu Sinueſſa errichten lieh. Daß die Pracht;
liebe auch an ihnen immer höher ftieg, ift ſelbſt—
verftändlich; man wählte parijchen und andern
foftbaren Marmor dazu und zierte fie mit den
glänzenditen und reichiten Bildjäulen.
Iapötos, ’Tanerös, Sohn des Uranos und der
Gaia, ein Titane. Mit Ajia oder Klymene, den
Dfeaninen, erzeugte er den Prometheus, Epime:
theus, Atlas und Menoitios. Hesiod. theog. 507 ff.
Während die übrigen Titanen die wilden, ord: '
nungslofen Mächte der äußeren Natur bezeichnen,
iind die Söhne des Japetos blinde, feinem höheren
Geſetze fid) fügende Naturgewalten in der menſch—
lihen Seele; in ihnen find Zuftände und Eigen:
ichaften der Menfchennatur perjonifiziert, und zwar —
ftellen Atlas und Menoitios Eigenſchaften des
Gemütes, dagegen Prometheus und Epimetheus
Eigenichaften der menichlichen Berjtandesfraft dar.
Atlas ift der „gewaltige Träger“, feine Eigen:
ichaften find Ausdauer, Strebſamkeit, Standhaftig.
feit und Geduld. Der überjtolge Menoitios,
welchen Zeus wegen jeines Srevelfinned und feiner
übermütigen Kraft in den Erebos warf, bezeichnet
trogigen Mut, frevelhafte Überhebung, Zorn und
Leidenihaft. Brometheus, „Vorbedacht“, ver:
tritt die menjchliche, gegen die himmlischen Mächte
fich erhebende Klugheit und Verftandesfraft, Epi—
metheus, „Nachbedacht“, menſchliche Kurzfichtig:
feit und Unverftand. — Zur Strafe für die Teil-
nahme an der Empörung gegen Zeus figt Japetos
im Tartaros, Hom. Il. 8, 479. Er wird auch
unter die Giganten gezählt und heißt als ſolcher
Sohn des Tartaros und der Gaia.
Iapfdes oder Inapödes, "/dmödeg, ein Volks-
ftamm im römifhen Illyrien, im nörblichiten
Striche des inneren Landes an der Grenze des
heutigen Kroatiens. Sie waren ein illyriſch-kelti—
ſches Miſchvolk, das Feltiihe Waffen führte und
ſich tättotwierte. Im Jahre 128 v. E. wurden jie
von den Römern bejiegt, aber erſt unter Auguſtus
völlig mit Liburnien vereinigt. Liv. 43, 5. ep. 59.
Verg. @. 3, 475. Strab. 4, 207. 7, 313 ff.
lapjges, ’Idmvyes, Völlerſchaft in Apulien und
566
lapygium promunturium — Iberus.
Galabrien (daher zufammen von den Griechen noch | gelehrter, geboren 79, geftorben 138 n. E., aus
lange in römischer Zeit "Tarvuyi« genannt, Hat,
4,9%, Thuc. 7, 33. Pol. 2, 24, 11), die ihre Na-
tionalität bis in die erfte Zeit Noms erhielt, dann
gräcifiert und zulegt romaniſiert wurde. Pol. 2,24.
Strab. 6, 277. 280. 252. Zahlreiche uns erhaltene
Anschriften, bejonders Grabichriften, find Denkmäler
ihrer Sprache: diejelbe ift indogermanifch und „Steht
der hellenijchen jo nahe, daß man fie eine helleno-
barbariihe Mundart nennen kann“ (Niffen). ©.
Italia, 11. und Apulia.
Iapyzfum promunturfum oder Salentinum
prom., Tarvyliae dxga, Cüdojtjpike von ganz
Italien, mit welcher der Tarentinische Meerbujen
im D. ichließt, j. Capo di Yeuca. Strab. 2, 109.
123 u. ö.
Iapyx, /ärvg, 1) Sohn des Lylaon, nach andern
des Daidalos, wanderte mit einer Kolonie Kreter,
die nach ihm Japyger hießen, nach Jtalien. Strab.
6, 279. 282. Hat. 7, 170. — 2) j. Winde, 4.
Iarbas, ein Sohn des Jupiter Ammon und
König eines libyichen Volles, Während jeiner
Herrichaft fam Dido nach Libyen; er bot ſich ihr
zum Gemahl an, wurde aber von ihr verjchmäht.
Verg. A. 4, 196 ff. Just. 18, 6. Bgl. Dido.
lasion, 'Iasior, oder lasios, ’Idcıog (Hesiod.
theog. 969), Sohn des Zeus und der Elektra, einer
Tochter des Atlas, oder Sohn des Korythos und
der Elektra, Bruder des Dardanos, Liebling der
Demeter (Hom. Od. 5, 125), deshalb von Zeus
mit dem Bliß erjchlagen; j. Plutos. Mit Dar:
danos zog er von Kreta oder von Italien oder
von Arkadien aus nah) Samothrafe, wo er von
Zeus in den Müfterien der Demeter unterwiejen
wurde; auch in Sicilien joll er umhbergewandert
jein und die Myſterien der Demeter verbreitet
haben. Er wird als ein Dämon der frudhttrei:
benden Erde betrachtet und der Name von Inu
abgeleitet.
läson 1) j. Argonauten. 2) f. Pherai.
Täsos, "aoos, ein in der argiviichen Sage
häufiger Name: 1) Sohn des Phoronens, Bruder
des Pelajgos und Agenor. 2) Sohn des Argos
und der Euadne, Bater des Agenor, Großvater
des Argos Panoptes, — 3) Sohn des Argos
Banoptes, Water der Jo. LVepterer heit aud)
Sohn des Triopas, Enfel des Phorbas. — 4) Sohn
der Ko. Außer diejen argivischen Heroven nennen
wir noch — 5) den Sohn des Arfaders Lykurgos,
Semahl der Klymene, einer Tochter des Minyas,
Vater der Atalante. — 6) Bater des Ampbhion,
Königs der Minyer in Orhomenos. Hom. Od.
11, 283. — 7) Führer der Athener vor Troja.
Hom. Il. 15, 337. - - 8) König von Kypros. Hom.
Od. 17, 443.
läsos, "Iaoog oder Teccos, Stadt im weftlichen
Karien an einem nach ihr genannten Meerbujen
(Plin. 5, 29) auf einer dicht am Lande befindlichen
feinen Inſel, nur 10 Stadien im Umfang, aber
doch jchr wohlhabend durch ihren Frijchhandel.
Die Stadt wurde von Argeiern gegründet und von
Milejiern erweitert. Eine in der Nähe im Freien
befindliche Statue der Veſta wurde durch Regen
nie benegt. Thue. 8, 28. 29. Pol. 16, 12.17, 2.3.
Strab. 14, 658. Liv. 33, 30. Arr. 1, 19, 10. Jetzt
Ruinen Aſſyn Kaleſſi. J
Iatraliptae, largakeintau, j. Arate.
deſſen Schriften viele Auszüge in den Digeſten
ſich finden, bekleidete in Afrila und Syrien Be:
amtenſtellen. Er war Nachfolger des berühmten
Juriſten Cälius Sabinus. Plinius (ep. 6, 15) er:
wähnt ſeine dubia sanitas.
Inxarteés, Taſciorns. mit einheimiſchem Namen
Silis, j. Sir-Darja, Fluß in Turkeſtan, der auf
dem Imaus Seythicus (j. Thianſchan) entſpringt,
zuerſt nach N., dann nach W., endlich nach NW.
fließt, jo die Grenzprovinz des Perjerreihes, Sog:
Diana, von dem Gebiet der „nomadiichen Sfythen“
jcheidet und in den lacus Oxianus (j. Araljee)
mündet. Die Alten hatten von ihm jehr verwor—
rene Vorjtellungen, ließen ihn auf den montes
Comedarum (j. Mustagh) oder gar auf dem Can-
easas Indicus (j. Hindukuſch entjpringen und in
das Kaſpiſche Meer, das mit der palus Maeotis
zufammenhängen jollte, münden. Arr. 3, 30, 7.
Strab. 11, 507. 509 f. 518. Sie nannten ihn nicht
bloß oft Tanais, jondern verwechjelten ihn aud)
mit dem europäischen Tanais (j. Dom), vielleicht
auch mit dem Arares in Armenien (Hdt. 1, 202.
205. 4, 40). Am jüdlicyen Ufer des %., in der
Nähe von Kyreſchata oder Kyropolis, gründete
Alerander die Stadt Alskardgei« 1 dayden, j.
Kodſchend. Arr. 4, 1,3. 4,1. Cwit. 7, 6, 18. 25.
Ibera, Stadt weitli vom Iberusfluß, in der
Nähe des Meeres, der bedeutendjte Ort dieſer
Gegend im zweiten punifchen Striege nach Liv. 23,28.
Sonft wird die Stadt nicht weiter genannt. Hier
wurde Haſdrubal 216 dv. E. von den beiden Sci-
pionen gejchlagen.
Iberia, '/Bnod«, 1) — Hispania, j. d. — 2) bei
den Bnzantinern Georgia, daher jegt ebenjo oder
Grufien, war eine meift fruchtbare Ebene auf dem
faufafiichen Jfthmus, deren Grenzen im W. Kolchis
(die Mojchiichen Berge), im N. der Kaukaſos, im
D. Albanien (der Alazoniosfluß), im ©. Armenien
waren. Nur 4 Zugänge führten in das Land:
1) von Kolchis her bei dem Kaſtell Sarapana,
2) aus Armenien über den Kyrosjluß (Straße der
Römer), 3) aus Albanien über den Alazoniosfluf,
4) durch die Kaulaſiſchen Pforten aus Sarmatien.
Der Hauptfluß des Yandes war der Kyros (ji.
Kur). — Das Bolf, Jberes oder Iberi, beichäf-
tigte fich meift mit dem Wderbau und gehörte,
wenigitens in den herrſcheuden Klaſſen, wahrjchein:
lic zum iranifchen Stamme; es zerfiel in die 4
Kaſten der Edlen, der Prieſter und Richter, der
Krieger und Landbauer und der Baoriızol donkoı,
aljo Yeibeigenen. Unter den Städten ijt zu merfen:
Sarmozifa, d. i. Ahuramazdafeite, Hauptſtadt
am Kyros und dem jüdlichen Paſſe. Die heutige
Hauptitadt Tiflis fommt erjt ſeit dem 6. Jahr-
hundert n. E. vor. Seit Trajan gehörte das Yand
dem Namen nach zum römischen Reiche, fam aber
jeit Julian wieder unter perfiiche Herrichaft. Strab.
11,499 ff. Plin. 6, 10, 11.
Iberus oder Hiberus, "I/ßno, "/Bngos, j. Ebro,
einer der 6 Hauptjtröme Hijpaniens, entipringt auf
den cantabrıjchen ®ebirgen bei Juliobriga und
durchjtrömt dann im jüdöftlicher Richtung eine große
Ebene, 260 Millien weit, von der Stadt Baria
(ij. Varea an jchiffbar; unterhalb Dertoja mündet
er in einem Delta. Die ältere Einteilung des
Landes in ein diesjeitiges und jenjeitiges Hiſpa—
Javolönus Priseus, ein römiicher Rechts: | nien beruht anf dem Yaufe diejes Fluffes, wes—
Ibis — Ida.
halb man ihn auch häufig zu weit ſüdlich jebte,
ja fogar in den Ocean münden ließ. Seine Neben:
flüffe find links: Gallicus (j. Gallego), Siköris
(Segre) mit Einga; rechts: Salo (Kalon).
Ibis |. Ovidius.
Ibykos, "Buxog, aus Nhegion in Unteritalien,
Igriicher Dichter der Griechen, um DIL. 63 (528 v. E.)
blühend. Gr führte ein wanderndes Leben und
verweilte eine geraume Zeit zu Samos am Hofe
des Tyrannen Bolyfrates. elannt ift die Er:
zählung, dab er auf dem Wege zu den iſthmiſchen
Spielen von Räubern erichlagen, und der Mord
durch Kraniche (ſprichwörtlich ai "IBixov yegavoı)
ans Licht gebracht worden jei (vgl. über die Sage
Welder, H. Schriften 1 ©. 100 ff). Bon feinen
Gedichten, die in 7 Bücher zufammengefaßt waren,
find nur Bruchftüde erhalten (gejammelt von
Scneidewin, 1833, und von Bergk, poet. Iyr.
Graec. III p. 235 ff. der 4. Aufl.). Es waren zum
Teil lyriſche Gedichte, welche mythiſche Stoffe be:
handelten, zum Teil erotiihe Lieder. In jenen
ſchloß er fi in Bezug auf die Stoffe, auf poeti-
ſchen Stil und Sprade eng an Stefidioros von
Himera an; jelbftändiger dagegen war er in feinen
erotischen Gedichten, durch die er bejonders Ruhm
erlangt hat, und in denen fich eine jeltene Gut
der Leidenſchaft fund gab.
Icarium mare ſ. Ikaros, 1.
Icceins (in alten Handſchr. Itius), ein Freund
des Horaz, der den philojophiichen Studien mit
Eifer oblag, im Jahre 24 v. C. aber ſich an dem
Feldzuge beteiligen wollte, welchen der Statthalter
von Agypten Alius Gallus auf Befehl des Auguftus
gegen die Araber unternahm. Als Humoriſt hat
der Dichter mit freundichaftlihem Scherze in der
29. Ode des erften Buches feine Verwunderung
darüber ausgeſprochen. Ob cc. wirklich teilge:
nommen, ift nidyt befannt. Im Jahre 20 v. E.
finden wir ihn (ep. 1, 12) in Sicilien mit der
Landwirtichaft beichäftigt, neben welcher er die
Bhilojophie wieder betrieb. Ob er dort nur als
Profurator des Agrippa gelebt und durch deijen
reigebigfeit feinen Unterhalt gehabt, oder auf
eigene Hand in einer Heinen ficilifchen Stadt Acrilla
ein Gütchen bewirtichaftet hat, bleibt ungewiß. Den
Eharafter des Mannes hat Wieland als aus niedriger
Habjucht, ſchmutzigem Geize und dünkelhafter Auf:
geblafenheit zuſammengeſetzt geihildert und in A
dem Dichter einen Freund gegeben, deſſen ich dieſer
nur zu jchämen hätte Fr. Jacobs dagegen hat
eine Ehrenrettung des Iceius geliefert, die ſich
allgemeiner Zuftimmung zu erfreuen gehabt hat,
während wieder Jacob eine ganz andere Auffafjung
des Iceius, als eines heiteren, Carriere machenden
jungen Mannes von großer Gutmiütigfeit, ver:
jucht hat.
leöni oder (bei Ptolemaios) Simeni, Ziuevol,
mächtige Völkerſchaft an der Oftküfte Britanniens,
mit den Städten Samböritum (Cambridge), Combre:
tonium (Brettenham) und Benta (Caiftor bei Nor:
wich) — aljo im heutigen Norfolt und Suffolt.
— Sie waren tapfer und wehrhaft, wurden aber
troß ihrer Ergebenheit gegen die Römer von
567
verichiedene Küftenvölter der jüdlichen Meere, von
denen man, bei übrigens ſehr mangelhafter Kennt:
nis, wußte oder vorausjegte, daß fie größtenteils
von Filchen lebten. Die befannteren_ find: 1) die
im äußerften Oſten zwifchen dem Aquator und
dem Meerbujfen von Siam, Sinus magnus, woh—
nenden; 2) an der Küfte von Gedrofia am Erythrai—
iſchen Meere (Arr. 6, 28, 5), woſelbſt jett noch
ähnlich lebende Völker wohnen; 3) an der norb:
öftlichen Küfte des Glüdlichen NArabiens am Per:
fiichen Meerbufen; 4) in der Landſchaft Troglody:
tife in Afrika, am Arabifchen Meerbuſen jüdöftlich
von Agypten und Äthiopien, auf jehr niedriger
Kulturjtufe ftehend (Hat. 3, 19f. 23. Strab. 16,
7727.); 5) auf der Weſtſeite Afrikas ſüdlich vom
Mafitholosfluß (dem heutigen Gambia ?).
Ichthys j. Elis, 1.
Teilfi, ein plebejiiches Gejchlecht, welches die
Rechte und Antereflen des Volkes lange Zeit mit
roßem Eifer verfocht (Ziv. 4, 54): 1) Spurius
Fer einer der Abgeſandten des Volkes an den
Senat bei der Secejfion auf den Heiligen Berg
(493 v. E.), gab als Bollstribun (492) ein Geſetz
(nad) andern jpäteren Urjprungs), welches den
Tribunen bei jchwerer Strafe für den Unterbrecher
das Recht des freien Vortrages an das Volk zu
fihern bejtimmt war. Dion. Hal. 7, 17. ls er
nachher Adil war, follte er auf Geheiß der Tri:
bunen den Goriolan fejtnehmen, was die Patricier
gewaltjam verhinderten. Liv. 2, 58. Dion. Hal.
7, 26. Plut. Coriol. 17. — 2) E. Jeil. Ruga,
im Jahre 493 dv. C. gewählt für das neuerrichtete
Volkstribunat. — Sein Sohn, 3) 2. Jeil. Ruga,
Tribun im Jahre 456 v. E., verichaffte den Tri:
bunen das Recht der Senatsberufung, ſowie den
Plebejern den Apentiniichen Bügel. Dion. Hal.
10, 315. Wiedergewählt für das folgende Jahr,
fämpfte er zuerjt gegen die Konſuln wegen ihrer
Gewaltthätigfeit bei der Aushebung, dann gegen
die Patricier wegen eines Adergejebes. Dion. Hal.
10, 35 ff. Im Sahıre 449 verteidigte er ald Bräu:
tigam der Birginia feine Braut gegen Appius
Claudius (Liv. 3, 44 ff.) und brachte nach ihrem
Tode das ganze Volk gegen die Decemvirn in
Aufruhr, zog das gegen die Sabiner im Yelde
ftehende und gewonnene Heer herbei, bejeßte den
Heiligen Berg und leitete die Verhandlungen des
Volfes mit dem Senate. Daj. 3, 53. Nach ge:
jchehener Ausſöhnung z0g er den Appius Claudius
zur Necenichaft und fiherte durch ein Geſetz die
Unantaftbarfeit aller, die an der Bolfserhebung
vorher teilgenommen hatten (daf. 3, 54). — 4) X.
Jeil., vielleicht des vorigen Sohn,‘ Tribun im
Jahre 412 v. C., fchlug, aber ohne Erfolg, ein
Adergeje vor. 3 Jahre jpäter war er mit zwei
andern Jeiliern abermals Bolfstribun und jeßte
ein Geſetz durch, daß die Blebejer von 4 Quäftoren
3 aus ihrem Stande wählen dürfen jollten. Im
folgenden Jahre (408) erwarben fie den Plebejern
auch das Recht, an der Wahl von Kriegstribunen
teilzunehmen. Liv. 4, 55.
Ida, n "lön, "Ida, 1) Gebirge im weftlichen
Myſien, nördlich von dem Adrampttiichen Bufen,
'j. Razdagh, wald: und quellenreih (moivmid«g
diejen gemißhandelt, jo day fie fi) auf Antrieb | /7. 8, 47), bis zu 1750m hoch, mit 2 Hauptipigen,
ihrer Königin Boadicea (f. d.) empörten. Tac. Gargaron im ©. und Kotylos im N. Strab.
ann. 12, 31. 14, 31. Agr. 16.
13, 583. 602. — 2) Gebirge in der Mitte der Inſel
Ichthyophägl, ’/y$vopayoı, nannten die Alten Kreta, gegen Süden und Südweften fteil abſtür—
968
zend, deſſen höchiter, j. Pſiloriti genannter, Gipfel |
2460 m hoch und meift mit Schnee bededt iſt.
Idaea mater ſ. Rhea, Kybele.
Idaios, ’/dciog, 1) Sohn des Dardanos und der
Chryſe, der mit jeinem Vater aus dem Peloponnes
über Samothrafe nadı Phrygien wanderte und,
während jein Vater ſich in Troas niederlieh, die
nad) ihm benannten Idaiiſchen Berge am Hellespont
bejeßte. Hier führte er den Geheimdienft der
phrygiſchen Göttermutter ein. Dion. Hal. 1, 61. —
2) Herold der Troer. Hom. Il. 3, 248. 7, 276.
24, 325. — 3) Sohn des Dares, des troiichen
Briefters des Hephaiſtos. Hom. Il. 5, 11.
Idalion, ’Iöc4or, Stadt in der fruchtbaren
Ebene im Aunern von Kypros, zwijchen Golgoi
und Tamaſſos, auf den aſſyriſchen Inſchriften
Idial, j. Dali, urfprünglich phoinikiſche Gründung,
im 7. Jahrhundert v. C. jelbjtändiges Fürftentum,
im 4. zu Kition gehörig; von den Dichtern (z. B.
Verg. A. 1, 681. 10, 86) oft verwechjelt mit Pe—
dalion, dem ſüdöſtl. VBorgebirge von Kypros, auf
deſſen Höhe fich ein Tempel der Aphrodite befand,
die deshalb Idalia heißt. Strab. 14, 682. Bei 3.
fand jich eine Bronzetafel mit einer 31zeiligen
Inſchrift, bis jetzt der einzigen größeren in jenen
eigentümlichen Zeichen (j. Kypros); es ift nicht,
wie man zuerft meinte, ein Pachtkontraft, ſondern
ein Dekret zu Gunjten eines Militärarztes, vom
Jahre 364 v. E.
Idas, "das, 1) idaiiſcher Daktyl bei den Eleiern.
— 2) einer der Gäſte auf der Hochzeit des Ber:
jeus, don Phineus getötet. Or. met. 5, 90. —
3) einer der Begleiter des Diomedes, die von der
zürnenden Aphrodite in Vögel verwandelt wurden.
Or. met. 14, 504. — 4) Sohn des Aphareus oder
des Pojeidon und der Arene, aus Arene in Mefje:
nien, Bruder des Lynkeus und des Peiſos Apollod.
3, 10, 3), Gemahl der Marpejja, der Tochter des
Euenos. Während Apollon um Marpeffa warb,
entführte fie Ndas auf einem von PRofeidon ihm
geichentten geflügelten Wagen. Euenos und Apol:
lon jegten ıhm nach, und da ihn Euenos nicht
einholen konnte, ſtürzte er fich in den nach ihm
benannten Fluß; Apollon aber erreichte jenen in
Meffene. Der ftarfe Idas wagte mit dem Gotte
einen Kampf; aber Zeus trennte die Kämpfenden
und überlieh der Jungfrau die Wahl. Dieje wählte
den das, weil fie befürchtete, Apollon möchte fie
jpäter wieder verlaffen. Sie gebar dem Idas die
Kleopatra oder Altyone, die Gemahlin des Melea:
gros. Apollod. 1,7, 8f. Hom. Il. 9, 556 ff. Die
beiden Brüder, Idas und der icharfblidende Lyn—
feus, der durch die Erde und Steine hindurch:
bliden fonnte, nach ihrem Bater Uphareiden
genannt, die Heldenbrüder Mefjeniens, ähnlich den
lafedaimonijchen Diosfuren, nahmen teil an der
falmdonischen Jagd und dem Argonautenzuge; am
berühmteften aber ijt ihr Kanıpf mit den Dios-
furen, mit denen fie als Gejchwiiterfinder Apha—
reus war Bruder des Tyndareos) aufgewachien
waren. Sie entzweiten ſich einft wegen der Teilung
einer Herde, welche jie gemeinschaftlich als Beute
aus Arkadien weggetrieben hatten, und in dem
daraus entitehenden Kampfe erichlug das den
Kaſtor, Polndeufes den Lynkeus; Zeus aber tötete
den das mit dem Blitze. Apollod. 3, 11, 2. Pind.
nem. 10, 607. Nach einer andern Sage find die
Veranlafjung zu dem Kampfe die Töchter des
zz — — — — — —— —
Idaea mater — Idumaia.
Xeufippos, eines Bruderd des Tundareos und
Aphareus, Hilaeira und Phoibe (die Leufippiden),
welche, den Aphareiden verlobt, von den Dios:
furen entführt wurden. T’heocr. 22, 136 ff. Der
Kampf wird entweder nach Meſſenien, an das
Grabmal des Aphareus, oder nadı Lakedaimon
verlegt (Eur. Hel. 1466). Das Grab der Apha:
reiden ward zu Sparta gezeigt. Paus. 3, 13,1. —
5) zwei Helden des thebanifchen Krieges, der eine
aus Oncheftos in Boiotien, der andere aus Tai:
naron. Stat. Theb. 6, 553 ff. 7, 588.
Idisiaviso (Idisiavisus, nah Mülfenhoff Idi-
siavisa) hieß die Thalebene, wo Germanicus 16.1.6.
den Arminius ſchlug (Tae. ann. 2, 16: in cam-
pum, cui Idisiaviso [in der Handichrift: Idista-
eg Beeren Nadı der Bejchreibung derjelben
bei Tacitus ift wohl anzunehmen, daß 9. auf
dem rechten Ufer der Weſer oberhalb Minden in
der Gegend der Porta Weftphalica zu juchen ift.
Der Name bedeutet nad J. Grimm Walfgren:
wieſe, Jungfernhaide.
Idmon, "duor, 1) Sohn des Apollon und der
Aiterie, der Tochter des Koronos, ein Scher, der
den Argonautenzug mitmachte, obgleich er voraus:
ſah, daß er auf demielben feinen Tod finden
würde. Er ftarb im Lande der Marianduner in
Bithynien durd; Krankheit oder durch einen Eber
oder eine Schlange. Apoll. Iod. 1, 139. 436.
2, 815 ff. Die Megarer und Boioter, welche Hera:
kleia gründen follten, bauten auf Befehl Apollons
die Stadt um das Grab des Schers und verehrten
ihn als Stadtichirmer. — 2) Vater der Arachne.
Idomöneus, "/dopevevg 1) Sohn des kretiſchen
Deufalion, daher Jevrakrlöng, Enkel des Minos,
Urentel des Zeus, Fürſt der Kreter. Hom. II.
13, 449 ff. Od. 19, 172ff. Er war unter den
Freiern der Helena und zog jpäter mit 80 Schiffen,
begleitet von Meriones, dem Sohne jeines Halb:
bruders Molos, nad) Ilios, wo er einer der tapfer:
ften Helden ift und von Agamemnon vor allen
geehrt wird. Mom. Il. 2, 645. 4, 257 ff. Nach
der Zeritörung Trojas fehrte er glüdlicdy heim.
Hom. Od. 3, 191. Nach jpäteren Sagen geriet er
auf der Heimkehr in einen Sturm und gelobte,
dem Bojeidon für jeine Rettung das zu opfern,
was ihm bei jeiner Landung zuerit begegnen
würde. Ihm begegnete zuerit jein Sohn, und als
er diejen nun opferte, entitand eine Peſt, und er
ward aus dem Lande getrieben. Er begab fich in
das jalentiniiche Gebiet in Calabrien, wo er der
Athene einen Tempel baute, und jpäter nach Solo:
phon, wo er fich am Tempel des Harijchen Apollon
anfiedelte. Dort jol er auf dem Berge Kerfaphos
begraben liegen. Die Kreter aber zeigten jein
Grab zu Knoſos, wo er mit Meriones ald Heros
verehrt ward — 2) von Yampjalos, um 260
v. C., Schüler und Freund Epifurs, jchrieb sei
tor Zourgerinör und zepl Önuayoyar. Plut.
Per. 10. Demosth. 23. Fragmente bei Müller,
fragın. hist. Graec. Il p. 489.
Idothea j. Protens.
Idumaia, Edom, das Yand der Idumaei, ’/dov-
ueioı, eines den Iſraeliten ſtammverwandten Vol—
fes, das urjprünglich in der Arabah, der Einſenkung
zwiſchen dem Ailanitiſchen Bufen (Hafenftadt Elath,
Ale, Allava) und dem Toten Meer, jowie auf
dem Gebirge Seir weitlich und öftlich davon (Haupt:
ſtadt Selah, Ilerga) wohnte und von. den jüdiichen
Idus — TIlerda.
Königen öfters unterworfen wurde, jeit etwa 300
v. C. aber, von den Nabataiern verdrängt, den
Süden von Judäa einnahm. Strab. 16, 760.
Idus j. Jahr, II
Idyll j. Theokritos.
Jericho, "leoızo, "legıxons, feite Stadt in
Baläftina, 150 Stadien nordöftlich von Jeruſalem,
60 weſtlich vom unteren Jordan, in tropiich heißer
Thalebene, bekannt durch ihre Balmen, Rojen und
Balfamjtauden; in der Nähe j. er-Richa. Strab.
16, 763. Tac. hist. 5, 6.
Jerusälem j. Hierosolyma.
Igilfum, feine Inſel im Tyrrheniſchen Meere,
dem Mons Argentarius gegenüber; j. Giglio.
Caes. b. c. 1, 34.
Ignominia, aus in und nomen, |. vd. a.
malum nomen, unterjchied ſich von infamia nad
Fronto (de differ. verb.): ignominia impo-
nitur ab eo, qui potest animadversione notare,
infamia ex multorum sermone naseitnr, Solche
üble Nachrede entjtand z. B. infolge der Verlegung
der Trauerpflicht, eines doppelten Verlöbniſſes,
unzüchtigen Lebens, Auftretens als Schaujpieler
u. dergl. Ignominia war die durch ein richter:
liches Urteil oder cenjorijches Edift ausgeſprochene
Schande. Allmählich verwiſchte ſich diejer Unter:
ichied, indem die früher nicht vom Gejebe be—
rührten infamierenden Handlungen nad und nad
mit gerichtlicher Strafe geahndet wurden. Zu
Eiceros Zeit infamierte die Verurteilung bei allen
Ktriminalverbrechen, vorher nur bei einigen, die
im Geſetz bejonders angegeben waren. Konkurs
zog jtets infamia nad) de Die rechtlichen Nach—
teile der ignominia und der infamia im w. ©.
waren Berluft der Freiheit oder der Civität, der
infamis verlor das ius suffragii und honorum,
fonnte gerichtlich weder für ſich noch für andere
auftreten; er unterlag gewiſſen Beichränfungen in
Bezug auf Eingehung der Ehe u. ſ. w. Ob er in
allen Fällen vom Kriegsdienfte ausgeichloffen war,
iſt ziveifelhaft. Nach der allgemeinen Bolksanficht
lag aud) auf gewiljen Gewerben, die an ſich noch
nicht entehrten, eine ignominia (turpes, humiles,
viles personae).
Iguvium, auf der Tab. Peut. Agubium, um:
brijch tota ljovina, j. Eugubio oder Gubbio, an:
jehnliches Municipium in Umbrien, am jüdlichen
Abhange des Apennin, welches Cäſar nach dem
UÜberjchreiten des Rubico zu bejeßen fich beeilte
(b. e. 1, 42). In der Nähe an der Flaminiſchen
Straße jcheint ein Tempel des Jupiter Apenninus
gelegen zu haben, im deſſen Ruinen 1444 durch
einen Bauer 7 wohlerhaltene Erztafeln mit um:
brijchen Inſchriften gefunden wurden, welche fich
noch auf dem dortigen Nathaufe befinden und für
die Kenntnis der italiichen Dialekte von höchiter
Wichtigkeit find, indem wir dadurch über 1000 um:
brijche Wörter fernen lernen. Ausgg. von Aufrecht
und Kirchhoff (die umbriichen Spradydentmäler,
1849-51), Huſchke (1859), Breal (1875) und
Bücheler (Umbrica, 1883).
Ikaria j. Ikaros, 3.
IkarTos, Tachotos, 1) ein Athener, der unter
Pandions Regierung von Dionyjos, den er freund:
lich aufgenommen, die Rebe und den Wein erhielt.
Als er, um den Weinbau zu verbreiten, mit den
weingefüllten Schläuden im Lande umherfuhr,
und Hirten ſich an der Gabe beraujcht hatten,
569
wurde er von deren Genofjen erjchlagen, weil fie
glaubten, er habe jene vergiftet. Die Mörder
warfen ihn in einen Brunnen oder begruben ihn
unter einem Baume auf dem Hymettos; hier fand
jeine Tochter Erigone, "Heryorn, nad langem
Suden, von dem treuen Hund Maira, Maiga,
begleitet, das Grab und erhängte ſich an einem
Baume über demſelben (Erigone, die „frühgeborne
Rebe). Ikarios wurde mit feinem Becher als
Bootes oder Arfturos, Erigone als Jungfrau, Maira
als Hundsjtern an den Himmel verjegt. Die Athe:
ner aber wurden von Dionyſos durdy Belt und
Najerei der Jungfrauen bejtraft, jo daß dieje ſich
wie Erigone erhängten. Zur Abwehr des Unglüds
jtiftete man der Erigone ein Schaufelfeit, Alage,
und brachte ihr nebſt Jlarios Opfer von Früchten
dar. Nach Ikarios war ein attifcher Demos be-
naunt. — 2) j. Hippokoon, 1.
Ikäros, 6 "xagos, 1)j. Daidalos. — lca-
rium mare, ’Irdgıov meheyog, hieß der ſüdöſt-
liche Teil des Aigaiiſchen Meeres um die Inſel
Karos herum (und von ihr genannt), längs der Küſte
von Doris, Karien und Konien. Dem Mythus
nad) gab der hineingeftürzte Ikaros dem Meere
den Namen. om. Il.2, 146. Hadt. 6, 95. Hor.
od. 1,1, 15. Ov. trist. 1, 1,90. — 2) f. The-
stor, 1. — 3) n "Iaagog oder "Ixagla, j. Nikaria,
Inſel an der Heinafiatiichen Küſte, 80 Stadien
weitlich von Samos, zu den Sporaden gehörig,
etwa 300 Stadien im Umfang. Das nordöftliche
Vorgebirge hieß Drafanon oder Drepanon, in
deſſen Nähe ein gleichnamiges Städtchen lag; im
W. lagen die 2 Städtchen Dinod und Iſtoi mit
einer Reede und einem Artemistempel, Tauropo:
lion. Die Inſel war und ift reih an Bau- und
Brennholz, das nahe Meer hat großen Fiſchreich—
tum. Der Mythus bringt den Namen mit Ikaros,
des Daidalos Sohn, zufammen. Thuc. 3, 92.8, 99.
Arr. 7,20, 5. Strab. 10, 488. 14, 639. — 4) atti-
icher Demos, j. Attika, 16. — 5) Inſel des
Berjiichen Meerbujens, 120 Stadien von der Mün—
dung des Euphrat, rei an Wild, das nur zu
Ehren der Artemis erlegt werden durfte. Ihren
Namen empfing fie durch Alerander nad) Nr. 3.
Arr. 7, 20, 3. Strab. 16, 766.
Ikon\on, ’xörıor, Stadt in Kleinaſien, j. Konia,
in fruchtbarer Gegend, nach Zenophon (An.1,2, 19)
noch in Phrygien, jeit der Diadochenzeit als Haupt:
itadt von Lykaonien bedeutender, römijche Kolonie,
in der Zeit der Kreuzzüge als Hauptjtadt des
Seldichudenreiches oft genannt. Strab. 12, 568.
(ic. ad fam. 3, 8. 5, 20. Act. apost. 14.
Iktinos, "Ixtivog, Zeitgenofie des Perikles und
Pheidias, einer der berühmtejten Architeften Grie-
chenlands. Als jeine bedeutendjten Werke werden
genannt der Tempel der Demeter und Berjephone
zu Eleufis, der Tempel des Apollon Epifurios zu
Phigaleia und der Parthenon, j. Baukunst, 5.
und Phigalia. Paus. s, 41, 5. Strab. 9, 395 f.
Vitruv. 7, praef. 16.
lle j. Exercitus, 8.
Ilerda, ’M&oda, j. Lerida, Stadt am Sicoris
(Segre) auf einer Anhöhe und römijche Kolonie
in Hispania Tarraconensis, wo Julius Cäjar zu
Anfang des Bürgerfrieges die Legaten des Pom—
pejus zur Kapitulation brachte (2. Auguſt 49 v. E.).
Caes. b. c. 1, 41. 43. 45. ®gl. Hor. ep. 1, 20. 18,
wo es als ein Ort genannt wird, in melden,
570 Ilorgotes
wie auch in andern ſpaniſchen Küſtenſtädten, Trieb
nach römiſcher Bildung erwacht war. Lucan.
4, 144. 261.
llergetes, ’Ieoynres oder "IAsoyüraı, 'IReo-
yiraı, Völterjchaft im tarraconenfiichen Hifpanien
nördlid” vom Iberus, mit den Städten Celia,
Ilerda, Oſca und Salduba, als römische Mili:
tärkolonie Cäſarea Augusta geheißen (j. Sara:
goſſa. An der Geſchichte des zweiten punijchen
— wird ſie mehrfach genannt, teils auf Seiten
der Römer, teils ſich gegen dieſelben auflehnend.
l.iv. 21, 23. 61. 22, 21. 28, 33. 29, 13. 34, 11.
Strab. 3, 161.
Ilia j. Rea Silvia.
IHas j. Homeros.
Ilion j. Troia.
Iliöne j. Polvdoros,
Hlisos j. Attika, 4.
Iliheris, ’/Aıßeois, 1) Stadt der Turduler in
Hilpania Bätica nahe den Quellen des Singalis-
fluſſes; j. Elvira. — 2) Stadt am Nordfuße der
Pyrenäen im Gebiet der Sardones (in Gallia
Narbonenfis), an einem Fluß gl. N. (jonft auch
Tichis genannt, daher jebt Tac), an der Strafe
von Narbo nah Hilpanien, früher bedeutend,
dann heruntergefommen und von Conſtantin dem
—— dem Namen Helena erneuert; daher
j. Eine.
Illiturzis, Diturgi, Mrtoveyis, bedeutende
Stadt der Turduler in Hiſpania Bätica, auf
jteilem Felſen am Bätis, beim heutigen Andujar.
Im Jahre 210 v. E. nahm Scipio fie ein und
zerjtörte fie; in der Folge wurde fie mit dem Bei:
namen Forum Julium wieder aufgebaut. Liv.
28, 19. Über ihre frühere Parteiſtellung j. Lie.
23, 49. 24, 41. 26, 17.
Illyrienm (sc. regnum), rö ’IAAvgınor, bei
den Römern, "/Alvgis oder ’IAAvgia bei den Grie:
chen, umfahte alle öſtlichen Küftenländer am Adria—
tiichen Meere mit den dahinter liegenden Gebirgs-
landichaften (j. Dalmatien, Bosnien und Albanien).
1) Der nördliche Teil bildete jeit etwa 380 dv. C.
ein jelbftändiges Neich, das um 250 unter König
Agron die größte Ausdehnung erlangte, 168 aber
(j. Gentius) von den Römern vernichtet wurde,
jeitdem die eigentliche römische Provinz Illyria
(daher J. Barbara oder Romana) zwiſchen den
Flüſſen Savus und Drilon. Die Gebirge M. Albius
(j. Alben), Bebii und Adrius ziehen längs der
Küſte hin nad dem Innern zu. Die Einwohner,
ein roher, den Thrakern verwandter zahlreicher
Stamm, tapfer, aber als treulos verrufen, zer:
fielen namentlich in 3 Teile: die Japödes oder
lapydes (j. d.) im nördlichiten Teile des innern
Landes, die Liburni, ein mächtiges, als treffliche
Seeleute befanntes Volk (daher die jchnelljegelnden
naves Liburnae, |. d, denen Octavian zumeijt
den Sieg bei Actium verdantte. or. od. 1,37, 30.
epod. 1, 1), 176 v. E. von den Römern unter:
worfen, und die Dalmatae oder Delmatae,
in dem fjüdlichiten Teile des Landes bis zum
Trilon, welche nad) langen Kämpfen (ichon X.
Gäcilins Metellus 119 v. E.) erit 33 v. E. völlig
unterworfen wurden. Die Benennung Dalmatia
wurde dann weiter ausgedehnt (j. Dalmatia).
Die bedeutenditen Städte von N. herab waren:
Metullon, Hauptitadt der Japyden (j. vielleicht
Möttling), Arupium, Senia (j. Zengg), Jader
— Jlos.
(j. Zara), Salonae (bei Spalato), Stodra (j.
Stutari), eine fefte, ſchwer zugängliche Stadt im
Gebiete der Yabeates (Caes. b. c. 3, 25) an der
Südipige des Yabeätisices (j. See von Stutari).
Vor der Hüfte des Landes lagen viele zum Wein-
und Olbau jehr geeignete Inſeln, welche unter
dem Namen der Elementen zujammengefaßt
wurden: Guricta (j. Veglia), die beiden Apſyrtides
(ij. Eherjo und Diero), Arba (j. Arbe), Jija ii.
Lifla), Bharos (j. Yefina), Corcyra Nigra (j. ital.
Eurzola), Melita (j. Meleda) u. a. Sie wurden
ichon früh teils von Anjelgriehen, jodann um
380 d. E. von Dionyſios von Syrakus mit Kolo—
nien bejebt. Seit 250 gehorchten jie dem illyriichen
Reiche, bis von 150 an die Nömer ſich allmählich
in ihren Befig jegten. — 2) Das füdliche J., d. h.
die jüdlidh vom Drilon (j. Drino) belegenen Ge:
biete bis nach Epeiros herab, im DO. an Mafedo:
nien grenzend, aljo der größte Teil des heutigen
Albaniend. Das Sfardosgebirge bildete die
Grenze gegen Dalmatien, im Oſten lagen die
2300" hohen Kandaviichen Berge (ij. Lenia und
Gebirge von Elbafjan). Die Flüſſe Genuſos (i.
Schkumbii, Apjos (j. Uzumi, n. a. Beratino ),
A008 (j. Vovuſſa) u. a. floffen alle bis ins Adria:
tiiche Meer. Das Land war ſehr gebirgig und
ng zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet,
doc aber fruchtbar an den Küften. Die bedeu—
tendften Stämme der Bewohner waren die Tau:
lantier an der Küfte, die Dajjareten mehr im
Innern, desgl. die Parthiner. Das jchon jeit
Philipp II. mit Mafedonien vereinigt geweſene
Yand fam im Jahre 205 v. E. unter die Herr:
ichaft der Nömer, nachdem die von riechen an-
gelegten Küftenftädte Apollonia (j. Bollina) und
Epidammos (jpäter Dyrrbadion, j. Durazzo)
ichon jeit 229 v. E. unter ihrer Botmäßigfeit ge:
ſtanden hatten. Außer bielen find zu merfen:
Liſſos am linken Ufer des Drilon, j. Alejfio oder
Lieſch, Aulon (j. Avlona, ital. Balona) dftl. vom
Aroferaunifchen Vorgebirge, Hafenftadt von Apol:
lonia, Orikos (Dricum, j. Ericho); im Innern
Yychnidos (j. Ochrida) an dem nad) ihr benann-
ten anjehnlichen See Lychnitis.
Illyrischer Krieg j. Teuta.
Ilos, "IAog, 1) Sohn des Dardanos und der
Bateia, der Tochter des Teufros; als er kinderlos
ftarb, erbte jein Bruder Erichthonios die Herr:
Ichaft von Dardania. — 2) Sohn des Tros und
der Ktallirrhod, der Tochter des Stamandros, Entel
des Erichthonios, Urenfel des Dardanos, Bruder
des Aſſarakos, Ganymedes und der Kleopatra,
Vater des Yaomedon. Hom. Il. 20, 231 ff. Als
er einft in Phrugien in einem Wettlampfe gefiegt
hatte, gab ihm der dortige König 50 Jünglinge
und 50 Nungfrauen als Kampfpreis und dazu,
einem Oralel zufolge, eine jchedige Kuh, mit dem
Auftrag, wo fich diejelbe niederlege, eine Stadt zu
gründen. So gründete er auf dem j. g. Hügel
der phrygiſchen Ate die Stadt Alion. Er bat
nun Zeus, ihm irgend ein Zeichen zu jchiden,
und fand am folgenden Tage vor feinem Zelte
das Palladion. Apollod. 3, 12, 3. Den Tantalos
und defien Sohn Belops joll er aus Paphlagonien
vertrieben haben. Sein Grabmal befand ich in
der Ebene von Jlion, etwa in der Mitte zwiſchen
dem Schifislager der Achaier und dem Staiijchen
Thore. Hom. Il. 11, 166. 371. — 3) Sohn des
x
Ilva — Imperium.
Mermeros, Urenfel des Jajon und der Medeia,
im thejprotiichen Ephyra, von dem Odyſſeus Gift
zur Bejtreichung feiner Pfeile holen wollte. Er
aber verweigerte e8 aus Scheu vor den Göttern.
Hom. Od. 1, 259 ff. 2, 328.
Ilva, bei den Griechen Aldaln, Alddieım,
Aldaile, d. h. Rußinſel (fo aud Liv. 37, 153), j.
Elba, Inſel im Tuſtiſchen Meer, der Stadt Popu—
lonia gegenüber, zu der fie gehörte, mit reichen
Eijengruben (Verg. A. 10, 174) und vortrefflichem
Hafen an der Norbjeite Aoywog Auunv (j. Porto
Ferrajo), wo jchon Jaſon gelandet fein jollte,
Apoll. Ithod, 4, 658, Strab. 5. 223 ff.
Ilvätes, eine ligurijche Völkerſchaft im heutigen
Montferrat. Im Verein mit den andern galliichen
Völkerſchaften im cisalpinijchen Gallien empörten
fie fih, als nad Beendigung des zweiten puni—
ſchen Krieges die Römer gegen Makedonien ins
Feld zogen: fie griffen Placentia an, plünderten
und verbrannten es; Cremona zu nehmen, gelang
ihnen nicht. Als darauf die übrigen Gallier ſich
unterwwarfen, waren fie die legten. Liv. 31, 10.
32, 29. 31.
Imagines, die aus Wachs gefertigten Ahnen:
bilder oder Wachsmasken (cerae), welche in dem
Atrium der vornehmen Nömer in Heinen Schränten
(armaria) an der Wand hingen (Plin. 35, 2) und
durch Yaubgewinde dergeftalt verbunden waren,
daß fie in der Gejamtheit einen Familienſtamm—
baum bildeten. Darunter angebrachte tituli zeig:
ten Namen, Würden und Thaten des Verftorbe-
nen an. Die Wahl des atrium (prima aedium
pars) für die Schränfe begründet Valerius Mari:
mus (5, 8, 3) aljo: ut maiorum virtutes posteri
non solum legerent, sed etiam imitarentur,
Das ius imaginum beſaßen mur diejenigen, bon
deren Ahnen einer oder mehrere ein curulijches
Amt befleidet hatten. Pol. 6, 53. Sen. de ben.
3,28. Plin. 35, 2, 2. Juv. 8, 1 ff. Bei großen
Leihenbegängnifjen wurden die imagines voran:
getragen, indem in das hiftorische Koſtüm geflei-
dete Perſonen die Wachsmasken vor das Geficht
nahmen und die Ahnen repräjentierten. Auch die
imagines der verwandten Familien wurden zu:
weilen zur Verherrlihung der pompa funebris
dazu genommen. Abhandlungen von Eichjtädt
1805 f.) und Drygas (1872).
Imäos, rö Tuccor ögog, entſtanden aus dem
indischen Himälaja (d. i. Schneeftätte), bezeichnete |
571
Thälern, wie Samothrafe berühmt durch den Dienft
der Kabeiren und des Hermes. Von einer Stadt
gi. N. finden fich noch Trümmer (j. Kaſtro). Mil:
tiades eroberte von der thrakiſchen Cherſoneſos
aus die Inſel, die, gleich Lemnos, jeitdem im
dauernden Befige Athens blieb. Hom. Il. 13, 33.
24, 78, Hdt. 5, 26.
Immarädos j. Eumolpos.
Immunitas, aus in und munus, bezeichnet
1) Steuerfreiheit, wie fie fowohl einzelnen Perjo:
nen und Ständen (Suet. Oct. 40. Tac. ann. 13, 51)
als ganzen Gemeinden verliehen wurde, auf Zeit
bei großen Unglüdsfällen (Tac. ann. 2, 47), aud)
auf immer (Suet. Claud. 25). — 2) Freiheit von
Öffentlichen Dienftleiftungen (3. B. Kriegsdienſt,
Vormundichaft u. a.), welche entweder auf einem
gejeglichen Entichuldigungsgrund (excusatio) oder
einem Privilegium beruhte. Bgl. Beneficiarius,
Imperätor, 1) im w. ©. der Magiftratus,
welchem durch eine lex curiata de imperio das
imperium (f. d.) erteilt worden war, vorzugsweiſe
der Oberfeldherr, jolange er im Felde war. -
2) im e. ©. ein dem Feldherrn nach einem großen
Siege von den Soldaten auf dem Schlachtfelde
gegebener Titel (App. b. ec. 2,44. Caes. b. c. 2, 26),
welcher wiederholt erworben werden konnte (Tac.
ann. 1, 9), doc; mit der Rückkehr nad) Rom auf:
hörte; indeſſen gab er begründeten Anſpruch auf
die Verleihung eines Triumphes. Dieje Sitte
wurde jelbjt unter der Kaiferherrichaft zunächſt
beibehalten, bis endlich Bläjus unter Tiberius die
Reihe diejer Jmperatoren jchloß (Tae. ann. 3, 74).
Fortan nahmen die Kaifer jelber, da ihre Feld—
herren unter ihren Aujpicien kämpften, diefen Titel
für fih in Anſpruch (Tac. ann. 2, 18. 13, 41).
— 3) €. Julius Cäſar erhielt vom ‚Senat den
Titel Imperator in einem höheren Sinne, näm:
lid Tebenslänglich dauernd und auf die Nach—
fommenjchaft forterbend. Ebenjo gejchah es mit
Auguftus, und allmählich wurde imperator gleich—
bedeutend mit princeps oder Kaifer. Auch die
Prinzen erhielten durch faiferliche Gnade für Aus-
zeichnung gegen den Feind den mperatortitel
(imperatorıum nomen). Taec. ann. 1,3. 58.2, 26.
— Bur Zeit der Republit wurde der Titel im-
perator dem Namen nachgejegt, bei den Kaijern
ftand er voran.
Imperium heißt die höchſte Gewalt im Staate,
welche nur diejenigen Beamten bejaßen, denen die—
bei den Alten, bejonders bei Ptolemaios, nicht | jelbe ausdrücklich durch die lex curiata de imperio
bloß den weſtlichen Teil des befannten Gebirges
im N. von Indien, im Unterjchied von den Emödi
montes (j. d.), fondern auch die j. Mustagh und
Thianjchan genannten Gebirge, jo daß es ein
Scythia intra und extra Imaum gab. Strab,
11, 519. 15, 689.
Imbräsos, "uße«oog, früher Barthenios, ein
feiner, auf dem Gebirge Ampelos entipringender
Fluß der Inſel Samos, die nad) ihm früher auch
den Namen führte. Er floh an dem Heiligtum der
Hera bei der Stadt Samos vorüber; Hera jollte
an ihm geboren fein, daher Jmbraiia genannt über Leben und Tod der Bürger; wurde dann
(Apoll Khod. 1, 187). Auch für Artemis findet
fi diefer Beiname (Callim. h. in Dian. 228).
Imbros, "/ußeos, j. Imvros, griechiiche Inſel
im SD. von Samothrafe, weſtlich von der thra-
fiichen Cherſoneſos, voll hoher Berge (maıma-
k0200«) und Wälder, doc auch mit fruchtbaren
verliehen war, d. h. in königlicher Zeit der rex,
in republifanifcher die consules, der dietator, die
praetores,. Gie ift verichieden von der potestas,
derjenigen Amtsgewalt, die nicht bloß den ge:
nannten magistratus cum imperio, jondern auch
den andern Magiftraten zukam. Das imperium
fonnte über die Dauer der Amtszeit prorogiert
werden (proconsules, propraetores), aud ward
es bisweilen in aufergewöhnlicher Weije Privaten
verlichen. Es war in jeinem Urjprunge das höchſte
Befehlsrecht im Krieg und Frieden, mit dem Rechte
aber in republifanijcher Zeit in mannigfacher Weije
beichränft. Als Ausfluß desjelben ericheinen noch
am Ende der Republik: a) die Vorfteherichaft des
Bern Militärwejens nebjt dem Recht über
eben und Tod des Soldaten, doch nur im Kriege;
b) die Eiviljurisdiftion mit dem Necht, Ungehor:
572
jame durch Multen oder Gefängnis zu trafen. |
Das imperium der Konſuln war gegenüber dem
der Prätoren ein maius imperium, das der Prä-
toren gegenüber dem der Konjuln ein minus.
Das imperium der Statthalter in den Provinzen
war durch die Grenzen der Provinz bejchränft
(finitum); das imperium aber, weldies 3.
Pompejus im Seeräuberfriege erhielt, hieß, weil
es nicht auf eine einzelne Provinz beſchränkt war,
infinitum. Auch das imperium der Statthalter
fonnte prorogiert werden, bis die lex Julia de
provineiis (j. d.) im J. 46 v. E. dies für die
prätoriichen Provinzen verbot, für die konſulari—
ichen auf 2 Nahre bejchränfte.
Inächos, "Irazog, 1) der ältefte König von Ar-
nos, eigentlich der Gott des gleichnamigen Fluffes,
ein Sohn des Okeanos und der Tethys, der die
Argiver nach der deufalioniichen Flut von den
Bergen in die Ebene geführt und dieje wohnlich
gemacht haben fjollte, indem er die Gewäſſer der:
jelben in den nad ihm benannten Fluß zuſam—
menleitete. Als Poſeidon und Hera über den
Beſitz von Argos ftritten, entichied er zu Gunſten
der Hera und opferte ihr. Er galt für einen Ur:
einwohner des Yandes, ward aber von der jpä-
teren Sage für einen eingewanderten Agypter
erklärt. Er erzeugte mit einer meliichen Nymphe
oder mit jeiner Schwefter Argeia den Phoroneus,
Migialeus, die Jo und den Argos Panoptes.
Apollod. 2, 1, 1. 3. 4. — 2) der bedeutendite
Fluß der peloponnefiichen Landichaft Argolis, j.
Panitza, entipringt auf dem Berge Lyrkeion an der
Grenze Arkadiens, nimmt lints den Kephijos
und rechts den unter den Mauern von Argos vor:
beifließenden Charadros (j. Xerias) auf und
fällt dann in die nördlichſte Spitze des Argolifchen
Meerbujens; oft freilich verſumpft er, bevor er
das Meer erreicht. — 3) rechter Nebenfluß des
Acheloos, der im nördlichen Teile des Pindos ent-
ipringt und bei jeiner Bereinigung mit dem Ache—
loos denjelben an Größe übertrifft. — 4) rechter
Nebenfluß des unteren Spercheios, j. Viftrika.
Inarime j. Aenaria.
Inäros ſ. Artaxerxes, 1.
Incendium, abfichtlihe Brandftiftung, wurde
in den XII Tafeln mit harter, uns unbelfannter
Strafe bedroht. Die lex Cornelia de sicariis
jubjumierte diejes Verbrechen unter das Verbrechen
des Mordes, die lex Pompeia de vi und lex
Julia de vi aud unter das Verbrechen der Ge:
waltthat. Die Strafe war aquae et ignis inter-
dietio (ſ. Exsilium).
Incensus. Wer ji dem Cenjus entzog, wurde
als ein des Bürgerrechts Unwürdiger in die Sfla-
verei verfauft (Cie. Caec. 34), vor alters vielleicht
jogar mit dem Tode bejtraft. Ziv. 1, 44.
Incestus, incestum, von in und castus, be:
zeichnet I) in religidfer Hinficht Unkeuſchheit
der Zejtalinnen, j. Hestia, 4. und Entweihung
des Heiligtums durch andere Perjonen, wie 3. B.
Clodius angeflagt wurde, j. Claudii, 20.; —
2) verbotene Verbindung zwiſchen Blutsverwandten
oder Blutjchande, 3. B. zwiſchen Gejchwijtern u. ſ. w.
Incubatio j. Divinatio, 4. 6.
Index hieß in Nom derjenige, welcher Die
Thäter eines Verbrechens oder die zu einem beab-
fichtigten Verbrechen Verſchworenen bei der Obrig:
feit anzeigte. Eine jolde Anzeige hieß in Grie—
Inachos — India.
chenland urjrvars; die Behandlung derjelben war
im wejentlichen überall gleih. Ste war nur bei
großen Verbrechen gegen den Staat und das all-
emeine Beſte zuläjlig, 3. B. Branditiftung, Ber:
hwörung, Verrat u. ſ. w. In den Zeiten der
Republik machten bloß gemeine Perjonen, nament:
B. lich SHaven, ſolche Anzeigen und empfingen dafür
vom Senat und vom Vollke Belohnungen zuer-
fannt, wie Geld, das Bürgerrecht oder die Frei—
heit. Zahlreiche Beijpiele hat Livius (2, 5. 4, 46.
61. 8, 15. 18. 26, 14). Bol. Cie. Sull. 18. Cat.
3,4. In der Saiferzeit wurde den wegen Ma-
jeftätsverbredhen Angeklagten die Strafe erlaffen,
wenn fie fich bereit erflärten, Anzeige zu machen
(Tac. ann. 6, 7. 15, 71); es jcheinen die indices
großen Einfluß gehabt zu haben (daf. 6, 9).
India, ’Irdie, 7 ’Ivdınn, nannten die Alten
nad dem Grenzfluß Indos die große Länder-
maſſe, welche gegen N. an Scythia extra Imaum,
Serica und das Land der Sinae, gegen D. an
legtere und den Oſtlichen Ocean, gegen ©. an
den Indiſchen Deean, gegen W. (durch den
Indos gejchieden) an Gedrojien, Arachoſien und
das Land der Parapanijaden grenzte. Über die
Größe herrichten ſehr verichiedene, zum Teil ftarf
übertriebene PVorftellungen ("/, der ganzen Erb-
oberfläche). Ptolemaios, der an einen Zuſammen—
hang der Oftlüfte mit Afrila denkt, ſcheidet das
Ganze in India intra und extra Gangem (7
dvrög und Eurös Tayyov ’Irdınn). Von Gebirgen
find folgende anzuführen: in India extra Gangem
das Semanthiniſche an der Oſtgrenze, der
Maiandros links, ber ch I recht3 von
dem mittleren Brahmaputra; in India intra G.
der Urentos (indisch Riravanta) weſtlich vom
unteren Ganges, der Vindios (j. Vindhya), der
Bettigo (wahricheinlich j. die Ghats). Bon den
Flüffen münden in den sinus magnus (j. Bujen
von Siam) der Doanas (j. Mehlong) und So—
banas (j. Menam), in den sinus Gangeticus ij.
Bujen von Bengalen) der Beſynges (j. Saluen)
und Temalas (j. Irawadi). Das Tiefland von
India intra Gangem wird durch die Stromgebiete
des Ganges (indifch Femin. ag und des Indos
(indisch Sindhu) gebildet. In den erfteren, ver:
meintlich den größten Strom der Erde, mündet
rechts Diamuna oder Jomanes (j. Dihamna),
lints Didanes oder Dyardanes (j. Brahmaputra).
— In dem jüdlichen Tafelland (j. Dekhan) fliehen
nah D. Manädas (j. Mahanadi), Maijolos
(j. Godavari), Tynna (j. Krifchna) und Cha:
beros (j. Kaveri), nah W. Namädas (j. War:
bada oder Nerbuda). Über die Nebenjlüfje des
Indos ſ. d.; die Ebene an den 5 öftlichen heißt
jebt das Pendſchab, d. i. Fünfftromland. — Die
Bewohner von Borderindien, die Inder, "Indod,
Indi, welche fich ſelbſt Arja (die Edlen) nannten,
treten erſt ziemlich jpät in Berührung mit den
weltlichen Kulturvölkern und damit in das Licht
der Geichichte. Sie find etwa 2000 v. E. aus
dem Quellgebiet des Oxos und Jarartes, wo fie
mit den Jraniern zujammengelebt hatten, in das
„Siebenftromland“, d. h. die Thäler des Indos
und jeiner 6 Nebenflüffe, eingewandert und haben
dann im Kampf mit einer älteren, dunfelfarbigen
Bevöllerung das Gangesthal und die eigentliche
Halbinjel erobert. Aus der älteften Zeit ſtammen
die Opferlieder der Vedas; auf die Jahrhunderte
Indigetes — Indulgentia.
des Kampfes weift das große Heldengedicht Ma:
habharata zurüd. Später erjtarrte die Natur:
religion zu den Satzungen des Brahmanismus
mit der drüdenden Stajtenordnung, der ftrengen
Aiteje * den phantaſtiſchen Spekulationen. Um |
590 dv.
mildere gr“ des Buddhismus, melde mit
ihrer Predigt von Mäßigung und Mitleid als
dem Weg zur Erlöjung aus dem Sammer der
Welt a Eingang fand, aber etwa 700 n. E.
durch den neu erftarften Brahmanismus wieder
verdrängt wurde. Die vielbewunderten Tempel,
der Inder, und zwar die Freibauten (Bagoden)
wie die Grottenanlagen (von Ellora, Karli, Cal:
jette), find meiftens auch erft in nachehriftlicher Zeit
entſtanden. — Um 950 v. C. bezog Salomo in= u. ö. "Indica (B.).
diiche Produkte durch phoinifiiche Seefahrer aus
Ophir (wohl nicht in WBorderindien, jondern in
Südarabien). Die aſſyriſchen Kriegszüge haben
den Indos nicht erreicht. Kyros erſt unterwarf
die Affatener und Gandarer nördlich und ſüdlich
vom Kophen (j. Kabul); Dareios 1. machte 515
ftiftete der Fürftenjohn Gautama die ſtart überjchägte, wurde bejudht.
573
Theophila auf der Halbinjel Syraſtrene (dieje
j. Öugzerat), Barygäza (ij. Barotſch an der Mün—
dung des Namadas, und Muziris (j. wohl Mans
galore) jüdlih davon. Die Inſel Taprobane
oder Salike, j. Ceylon, deren Größe man freilid)
Am Oberlauf
‚des Indos lernte man die Derdai (j. Dardu)
als das goldfammelnde Volk Herodots, in Kajchmir
die Kajpeirer fennen. Die Halbinjel Malakka
nannte man „die goldene Eherjonejos“. Die
Bewohner von Bengalen hiepen die Gangariden
mit der Hauptitadt Gange und dem Hafen Tama—
lites (j. Kalkutta). — Hdt. 3, 94. 98 ff. 4, 40.
44. 7,655. Strab. 15, 685 ff. Mel. 3, 7,2. Plin.
6, 17, 21 ff. Ptol. 7, 1.2. Arr. An.b,6, 2. 7,20, 2
Kal. Laffen, indiſche Aitertund:
funde (4 Bdd. 2. Aufl. 1867 ff.). Dunder, Seid.
des Altertums, 3. Bd. (5. Aufl. 1879). Leimann,
Geſch. des alten Indiens (1879 ff.).
Indigetes j. Consentes Dii und Daimon.
Indigitamenta j. Pontificii libri.
Indos, ’Ivöös, Indus, indiſch Sindhu, d. h.
aus dem Lande rechts vom Indos jeine zwanzigjte | Strom, der große Fluß, welcher die Weftgrenze
Satrapie mit der Stadt Kaſpatyros (j. wohl Kabul)
und ließ durch Skylar den Fluß bis zur Mün—
dung befahren. Als Alerander im Frühling
326 den Indos überjchritt, traf er dort eine Reihe
bon Fürftentüimern und Republifen: in dem Hoch: |
thal von Kaſchmir das Reich des Abijares (Abhi-
jara), zwijchen Indos und Hydaſpes das des Tari-
les (Takichafila), zwiichen Hydaſpes und Aleſines
das des Poros (Paurava); dann öftlih vom
Hyarotes die Kathaier (Khattia), an jeiner Mün—
dung die Maller (Malava); am Unterlauf des
Indos wieder verichiedene Heine Reiche, jo das
des Mujifanos (Muicdika), Wlerander bildete
aus dem Fünfitromland die obere, aus dem Süden
die untere indische Satrapie und erbaute zur Siche:
rung feiner Herrichaft auf den Schlachtfeldern am
Hydaſpes die Städte Bulfephala und Nifaia, dem |
Indos entlang mehrere Städte jeines Namens,
im Delta den Handelsplat Rattala. Zwar mußte
Seleufos |. um 305 v. E. dieſes geſamte Gebiet ab:
treten an König Sandrafottos (Tichandragupta),
der das alte Reich von Magadha am mittleren
Ganges erobert und das große, ganz Nordindien
umfafjende Neid; der Prafier (IIp«owı, richtiger
Igd£ıor, indiſch Pratichija, d. h. die Dftlichen) mit
der Hauptjtadt TIediBode« (indiih Pataliputra,
j. Trümmer bei Patna) gejtiftet hatte. Da aber
dasjelbe jchon nach dem Eh jeines Enkels Aſoka
(263— 226) wieder zerfiel, ſo kam das Indosland
an das griechiſch-baktriſche, dann an das griechiſch—
indiiche Reich; im 1. Jahrh. n. E. ftand es unter
den parthijchen Königen, jeit 78 n. E. unter einer
ſtythiſchen oder ſaliſchen Dynaſtie. — So war
Indien, bei Herodot und Kteſias noch ganz das
Land der Wunder und Märchen, jeit Alerander
den Abendländern aufgeichlojien. Am Hof des
Sandrafottos und jeiner Nachfolger verweilten
Gejandte der Seleufiden und Ptolemaier, nament:
li Megafthenes, auf deſſen An = ſich Strabon
t. Noch beiier find dann Meta. Plinius und
Verfaſſer des Periplus maris Erythraei unter:
richtet, aus deren Schriften Ptolemaios und Arrian | (
ſchöpften. In der römiſchen Kaiferzeit,beftand ein
regelmäßiger Handelsverfehr zwijchen Ägypten und
der Weftlüfte Indiens, bejonders den Städten
von India intra Gangem gegen Gedrofia, Ara—
choſia und den Parapanijos bildet. Er entipringt
nad) den Alten am Südabhang des indiichen Kau—
fajos oder des Parapanijos (in Wirflichfeit auf
der Nordjeite des Jmaos), nimmt eine Menge be:
deutender Flüffe (nach Arrian und Strabon 15,
nach Plinius 19) auf und teilt fich 20 Meilen
vor jeiner Mündung in den Indiſchen Ocean in
2 Arme, welde ein Delta, die Inſel Pattalene,
bilden (Arr.5,4,1.6,18,2.20,1. Strab. 15, 688 ff.
‚696 ff.). Der weitliche Ausjluß hatte 3 Mündungen:
ro Zayana oröue (j. Pittyfluß); zo Zivrdwr or.
(j. Darrawayjluj), zo Novsoov or. (j. Nitjchel:
Huß); der Öftlihe 4: rö Kagıyor or. (j. Fittyfluß),
to Zinaga or., ro Zdßale or. und ro Awrı-
en or. (jeßige Namen unbelannt). Der Ake—
ines, welcher den Hydaſpes, Hydraotes, Hyphaſis
und Zadadros (3. d.) in dem Pendjchab (d. h. Füuf—
itromland) in jich aufnimmt, ift der bedeutendite
Nebenflug von links, wie der Kophen, j. Kabul,
von rechts. Arrian (5, 20, 9. 6, 14, 5) giebt dem
Indos an verjchiedenen Orten eine Breite von 15,
40 oder 100 Stadien. Sein Wafjer war bejon:
ders falt und meerfarbig. Curt. 8,9, 4. Alegander
und jeine Begleiter meinten jeltjamerweife, in den
Duellen des Aleſines die Nilquellen entdedt zu
ee nahmen aljo eine Berbindung zwiichen dem
til und dem Indos au. Arr. 6, 1, 2.
Indulgentia, Begnadigung eines Schuldigen,
ift möglich 1) vor der Strafientenz, 2) nach ges
fälltem Urteil vor der Volljtredung, 3) nach be:
gonnener Strafe. In der republifaniichen Zeit
war eine eigentliche Begnadigung vor oder nad)
der Sentenz unmöglich, und nur Aufſchub konnte
eintreten, z. B. durch Interceſſion oder Flucht zu
einem Aſyl. Wohl aber konnte vor angeſtellter
Anklage Senat und Voll bejchliefen, das Ver:
brechen aus Staatsrüdfichten ununterjucht zu lajjen
(j. g. Ammejtie). Liv. 3, 54. 7, 41. Nad ein:
getretener Eriljtrafe fonnte Begnadigung, in ın-
tegrum restitutio, durch Volksbeſchluß erfolgen
(j. Restitutio). In der Kaiſer rzeit war Be-
gnadigung, Niederichlagung und Straferlaß in
den Stadien des * und nach demſelben
etwas Häufiges, z. B. bei feierlichen Gelegenheiten,
514
* Geburtstag oder Regierungsantritt des Kaiſers
u. ſ. w.
Infamia j. Ignominia.
Infelix arbor, ein Unglüdsbaum, den unter:
irdiichen Göttern geweiht, im egenjaß der ar-
bores felices, Die arbor infelix diente, um die
Strafe des Aufhängens und Kreuzigens zu voll:
itreden.
Inferum mare hieh bei den Römern das
Tyrrheniſche Meer längs der ganzen Weſtküſte
Italiens von Ligurien bis Sicilien, im Gegen:
ja zu dem superum mare, dem Adriatiſchen
Meere. Mel. 2, 4,1.
lufüla, oriuue, eine Kopfbededung von weißer,
jeltener von rotgefärbter Wolle, bald als breite
Binde diademartig um den Kopf gelegt, bald wie
ein Turban um das Haupt gewunden, mit an
beiden Seiten herabhängenden Bändern (Serv. ad
Verg. A. 10, 538), Zeichen der Umverleglichfeit
und bejonders Attribut der aa ng Würde
(Cie. Verr. 4, 50), daher auch von den Beftalinnen,
jpäter auch von den Kaifern und höchiten Be-
amten (sacrosancti) getragen. Die religiöfe Grund—
bedeutung zeigt fich auch darin, daß Schupflehende
fie trugen (Caes. b. c. 2, 13), Opfertiere damit
geihmüdt, jelbft lebloſe Gegenftände an heiligen
Orten damit befleidet wurden.
Ingaevönes oder vielleicht richtiger Ingvaeones
ift der Name des dritten germanifchen Haupt:
jtammes, den Tacitus (Ferm. 2) auf einen Sohn
des Mannus, des Sohnes Tuiſcos, zurüdführt.
Es find wohl die germanischen Völlker des altmieder-
deutjchen, bejonders altfriefiichen und altſächſiſchen
Dialelts zwiſchen Nhein und Oder längs der
Küſte. Yu ihnen gehörten die Frieſen, Chaufen,
Amfivarier, Brufterer, Angrivarier (Engern), Saro:
nen, Angeln, Suardonen, Tentonen.
Iniuria, Ehrenkränkung und perjönliche Be:
feidigung überhaupt. Schon in den XII Tafeln
waren 2 Arten von Ehrenverlegungen verboten,
Spottgedichte und Pasquille (famosa oder mala
carmina), welde mit der Todesitrafe bedroht
waren (Cie. tuse. 4, 2. Hor. sat. 1, 3, 60 ff.), und
Ktörperverlegungen, welche mit Geld oder in der
Urzeit mit talio gebüßt wurden. Alle andern
Beleidigungen unterlagen einer Gelditrafe von
25 Alles. Das prätoriiche Edikt gejtaltete dieje
Beitimmungen förmlich um und führte für alle
Injurien die actio iniuriarum ein, mach welcher
der Verlegte eine, nach Necht und Billigfeit vom
Richter zu beftimmende, Geldentjchädigung empfing.
Als Iniurien wurden betrachtet a) körperliche Miß—
handlung aller Art, b) Störung im Hausrecht und
im Befit überhaupt (Cie. Caee. 12) (iniuriae atro-
ces), ec) Ehrenverlegung durch Schimpfen, Pas—
quille, Berleumdung u. f. w. Gegen die beiden
erfteren ſchritt Sulla durch jeine lex Cornelia de
iniuriis mit Kriminalftrafen ein. In der Kaiſer—
zeit fonnte man bei allen Injurien entweder eine
Kriminal- oder Eivilflage anjtellen.
Ino Leukothen j. Athamas.
Inscriptiönes ſ. Urkunden.
nn triumphalia j. Dona milita-
ria, 3.
Institor, römijcher Kleinhändler. Solche han-
delten entweder als Faktors oder Agenten größerer
Kaufleute oder aucd für eigene Rechnung, ſowohl
in offenen Tabernen (Juven. 8, 221) als herum:
Infamia —
Intercessio.
ziehend, wie unjere Hauſierer. Das Gejchäft war
ein verachtetes, weshalb nur Freigelaſſene nnd
geringe Leute es betrieben. Hor.od.3, 6,30 (dede-
corum pretiosus emtor). Doc war e3 einträg-
lih und verichaffte Anjehen, wie das Beijpiel des
C. Terentius Varro zeigt (Liv. 22, 25).
Iustrumentum umfaßt das zu einem Haufe
oder zur Betreibung eines Gejchäftes notwendige
Inventar. So 3. NY enthält das instrum. eines
Landgutes alle öfonomijchen Gerätichaften, Skla—
ven und Vieh. Im weiteren Sinne begreift in-
strum, aud) die ganze supellex.
Insübres, "Ivoovßgss, "Ivcovßgor, nächſt den
Bojern der mächtigite und zahlreichſte Keltenjtamm
in Italien, im transpadaniſchen Gallien, zwijchen
dem Fluſſe Tieinus und dem Yacus Yarius, mit
der Hauptjtadt Mediolanium (j. d.). Im Jahre
222 v. C. wurden fie von den Römern befiegt
und nahmen bald römische Sprache und Sitte an.
Liv. 5, 34. 38. 30, 1.
Insüla hieß ein ijoliert jtehendes Haus oder
ein Kompler mehrerer Häuſer, um welche rings
herum eine Straße führte. Oft verfteht man unter
ınsula ein großes, einzeln ftehendes, zu mehreren
Mietsmohnungen benußtes Haus, deren es in Nom
etwa 46 000 gab (im Gegenjaß zu den domus, Herr:
ichaftshäujern, deren Zahl in Rom 1790 betrug),
ja jogar die einzelne Mietswohnung jelbit. Der
Sklave, welder von dem Herrn des Haufes die
Aufficht über das Haus, die Vermietung und Ein:
kaſſierung des Mietzinjes erhalten hatte, hieß in-
sularius,
Intemelii j. Liguria.
Interamna, 1) Stadt im jüdlichen Umbrien
am Fluſſe Nar (daher die Bewohner Interamnates
Nahartes) und von einem aus demjelben abgelei:
teten Kanal umfloſſen. Sie lag an der Flamini—
ſchen Strafe und war der Geburtsort der Kaijer
Tacitus und Florianus. Cie. Mil. 17. Tac. hist.
2, 64. 3, 63. ann. 1,79. J. Terni. — 2) Stadt
der Boljfer in Latium mit dem Beinamen Yire-
nas, oberhalb der Mündung des Eafinus in den Liris,
römische Kolonie, die aber bald verfiel; j. Ruinen
Termini. Liv. 9, 28. 10, 36. 27, 9. 29, 15. Strab.
b, 237,
Intercaläris j. Jahr, II.
Intercessio, 1) Bürgichaft oder Verſprechen,
für die Schuld eines andern haften zu wollen,
welche Verpflichtung durch sponsio, fidepromissio
und fideiussio bewirkt wurde. Die lex Cornelia
machte gejegliche Beichränfungen der Bürgichaft.
rauen durften in der Naijerzeit — nicht Bürgen
ſein. — 2) Einjchreiten eines Magiſtratus gegen
feine Kollegen oder unter ihm ftehende Beamte
und der Bolfstribunen gegen alle. Gell. 14, 7.
Cie, legg. 3,3. Das Necht dazu folgte aus der
par oder maior potestas, bei den Tribunen aus
ihrem ins auxiliı in Verbindung mit ihrer Un:
verleglichfeit. Tac. ann. 1, 13. Selten find die
Beijpiele von Anterceifion eines Konjuls gegen
den andern, eines Prätord gegen einen andern
Prätor (par potestas), wie aud die Interceſſion
des Konſuls gegen den Prätor (fraft der maior
potestas). Häufig dagegen find Interceſſionen der
Iribimen, ſowohl untereinander, als auch gegen
Konfuln und Prätoren in Bezug magiftratijcher
Handlungen derjelben, insbejondere gegen progejiuas
Intereidona — Ion.
liſche Edikte, gegen Senatusconjulta und gegen
Rogationen.
Iutereidöna j. Deverra.
Intereisi dies j. Dies, 3.
Interdietum, ein Zwiſchenſpruch des Magi:
ſtrats zwijchen 2 Barteien, worin ein Befehl ent:
halten ift, welcher irgend ein faktiiches Verhältnis
ihügen jol. Wenn die Partei, an welche der
Befehl erging, nicht gehorchte, jo fam es zum
Prozeh, Kr welden eine formel nad dem ge:
gebenen interdietum gebildet wurde. Der Richter
unterjuchte die Sache und entichied wie in jedem
andern Prozeſſe. Die Interdikte waren gebietend
(restitutoria und exhibitoria) oder verbietend
(prohibitoria) und bezogen jich jowohl auf res
divini iuris als auf 2 die dem öffentlichen
Gebrauch dienten, z. B. agri publiei, Waſſer—
leitungen und dergl., und auf Privatjadhen. Am
wichtigjten waren die den Beſitz betreffenden In—
terdifte: a) retinendae possessionis, um
den Bejig, in dem fich jemand befand, vor Stö—
rung zu bewahren; b) recuperandae poss.,
um den verlorenen Befit wieder zu erhalten, 3. ®.
interd. de vi; c) adıpiscondae poss., um
den Bejit zu erwerben. Cie. Caee. 13.
Internum mare oder Intestinum m. (n foo,
ivrög Bdlassn, Mde 1) Bdiuse« Hat. 1, 185.
4, 39 u. d.), aud) wohl mare nostrum (N Nus-
Tepe, rap’ Nuiv, nad” Nuäg Oalasoe), war der
allgemeine Name des den Alten vollftändig be-
fannten Mittelmeeres, im Gegenſatz zu dem aufer:
halb der Säulen des Hercules flutenden Dccan. ;
Der Name mediterraneum mare fommt zuerft
bei Solinus (22, 18), aljo im 3. Jahrh. n. E.,
vor, findet aber viel jpäter feine Verbreitung.
Iuterpres, Mittelsperion, 3. B. bei Kauf ſ.
v. a. Mäfler, bei Geſprächen von Menichen ver:
ichiedener Abkunft j. dv. a. Dolmeticher (ſolche
begleiteten den Statthalter in die Provinz und
wurden im Senat bei vorfommenden Klagen zu:
gezogen, Cie. div. 2, 64), bei Beitechungen Unter:
händler. Cie. Verr. 1, 12. 3, 37. Auch hießen
interpretes die Erflärer und Deuter überhaupt,
z. B. auspiciorum (nämlich die Augurn).
Interrex (Zwiichentönig) hie der Magiftrat,
welcher nad des Königs Tode bis zur Neuwahl
die Stelle des rex verjah. Die Stelle befleideten
die Senatoren nad) einer durch das Los gebilde-
ten Reihenfolge. Liv. 1, 17. Cie. r. p. 2, 12. Der
interrex hielt allemal die Wahlcomitien (daj. 17).
Auch in der republifaniichen Zeit gab es Anter:
regen dann, wenn beide Konjuln geitorben waren
oder abgedanft hatten. In diefen Fällen wählte
der Senat einen interrex zur Abhaltung der
BWahlcomitien auf 5 Tage (Liv. 6, 41. 5, 31),
Wenn dieje Zeit, wie gewöhnlich, nicht ausreichte,
jo ernannte der Abtretende einen Nachfolger u. ſ. w.,
jo daß die Zahl der interreges wohl auf 14 ftieg
(Liv. 8, 23), bevor die Wahl der neuen Konſuln
beichafft werden konnte. In der Kaiſerzeit war
an diejes Amt nicht mehr zu denken,
Interrogatio, 1) Beiragen der Zeugen, j.
Testis. — 2) Befragen des Bellagten durch den
Kläger in Anmwejenheit des Prätors. Wenn der
Bellagte in der Autwort das Recht des Klägers
einräumte und Genugthuung gab, jo fam es nicht
zum Prozeß; wenn er aber leugnete, jo wurde
prozeß war int. ein bejonderer Alt, che es zur
Aufnahme eines Protokolls (inscriptio) fam, in:
dem der Ankläger Fragen an den Angeflagten in
betreff der Anflage richtete. Liv. 45, 37. Tac.
ann. 14, 46. 16, 21. Cic. Verr. 1, 5. 3, 95.
Intestabilis bezeichnete eine bejondere, mildere
Art der infamia, indem der intestabilis zur
Strafe das Recht verlor, ein Zeugnis abzulegen
oder andere ald Zeugen zuzuziehen, jo daß er
nicht einmal ein Tejtament machen durfte. Schol.
ad Hor.sat. 2, 3, 181. Pasquillanten wurden den
XI Tafeln zufolge jo beftraft. Im weiteren Sinne
hieß intestabilis ein ehrlofer, verächtlicher Menſch
Sall, Jug. 67. Tac. ann. 15, 55), und gewöhnlid)
echt improbus daneben.
Intibili, Stadt unweit Jliturgis in Hiſpania
Bätica. Hier fchlugen die Scipionen die Nar-
thager, welche die Stadt belagerten, 215 v. €.
Liv. 23, 49.
Io, ’/o, Tochter des argiviichen Königs Inachos
(oder des Jaſos oder des Argos u. j. mw.), Die
ihöne Wriefterin der Hera zu Argos. Wegen
ihres Liebesverhältnifies zu Zeus wurde fie don
der eiferfüchtigen Hera im eine Kuh verwandelt
und von Argos Panoptes (j. d.) bewacht. Hermes
erichlug den Argos im Auftrage des Zeus, aber
Hera machte die Kuh rajend und lieh fie durch
eine Bremſe verfolgen, jo daß fie auf der ganzen
Erde umberjchweifte, bis jie endlich in Agypten
ihre menjchliche Geſtalt wieder erhielt und von
Zeus den Epaphos gebar, der König von Agypten
wurde und Memphis erbaute. Apollod. 2, 1,3.
Or. met. 1, 5835. Boy des Epaphos Tochter
Libya ftammte Belos, von diefem Danaos und
Aigyptos. Daß Jo mit der ägyptiſchen Göttin
Iſis identifiziert wurde, hatte ſeinen Grund darin,
daß beide mit Kuhhörnern dargeſtellt wurden.
Aesch. Prom. 562 ff. — Jo (von live) bedeutet
die Wandlerin, die am Himmel himvandelnde
Mondgöttin, welche von dem mit 1000 Augen
bejäeten Argos Panoptes, d. h. dem Sternenhimmel,
gleichſam bewacht wird; die Sage verjeßte aber
ihre Irrfahrten vom Simmel auf die Erde. Die
Kuh mit ihren Hörnern ift ein Symbol des Halb:
mondes. Nach anderer Deutung ift Jo (für Jım,
vgl. Sıorn) vielmehr die Erdgöttün.
lobätes j. Bellerophontes.
lokaste j. Oidipus.
Ioläos ſ. Herakles, 7.
Iöle j. Herakles, 11. 12.
Tölkos, ’IoAxös, Stadt in der theffaliichen Land:
ſchaft Magnefia, auf einer Anhöhe an der immer:
ften öftlihen Bucht des Pagaſaiiſchen Meerbujens,
gegründet von Kretheus, berühmt durch Najon (der
bier geboren fein jollte) und die Argonanten, die
eine Sage von hier abjegeln läßt. Später verfiel
J., da die Bewohner zur Bevölferung des nur
7 Stadien entfernten Demetrias herbeigezogen
wurden, während der Name bejonders zur Be-
zeihnung der Bucht (Bolo), oberhalb deren die
alte Stadt gejtanden, noch im Gebraud) blich.
Iiv. 44, 12. 13. Hom. Il. 3, 712. Od. 11, 256.
Ion, "o», 1) j. Xuthos. — 2) Ion von
Chios, Zeitgenofje des Perifles, geftorben 422
v. C. in Athen, „ein beweglicher und weltfundiger
Jonier“, verfaßte außer profaifchen Schriften (4. B.
Eriönuder, d. h. Erinnerungen von feinem Aufent:
die Sache näher unterjucht. — 3) Im Kriminal: | halte in Athen, Sparta u.a. Städten, und Xlovariaıg)
576 Ionia —
Elegien, Dithyramben, Komödien und namentlicd)
Tragddien, die ſich mehr durdy Korrektheit und
Glätte als durch Originalität und Genialität aus:
— Nur ſpärliche Bruchſtücke ſind erhalten.
onographien von Nieberding 1836) und Köpfe
(1836 1; Sammlung der Fragmente bei Nauck,
trag. Graec. fragm. p. 732 ff. d. 2. Aufl.
lönla, "/ord«, kleinaſiatiſche Landſchaft an der
Meeresfüfte zwijchen Wiolis und Karien (von Pho—
faia und dem Hermos an bis hinab unterhalb
Milets). Als die Jonier nach der Einwanderung
der Dorier in den Peloponnes von den Achaiern
aus ihren Wohnfigen an der Nordfitjte vertrieben
wurden, wendeten fie jich nach Attifa und manchen
Inſeln; und ums J. 1044 v. E. (nach neuerer
Berechnung etwa 100 Jahre jpäter) führten die
beiden Söhne des Nodros, Neleus und Androflos,
zahlreiche Scharen Jonier an die lydiſche Küſte,
in eine der reizenditen Gegenden der ganzen Erde.
Hat. ı, 142. Eier bildete fih nun ein Bund von
12 Städten, nach dem Hauptvolfe der Joniſche
genannt. Die Namen diejer (bei den einzelnen
Artikeln näher betradhteten) Städte find: Pho—
faia, Ervthrai, Klazomenai, Teos, Le:
bedos, Kolophon, Ephejos (in Lydien), Mi-
letos, Myüs, PBriene (in Karien) — Dieje 10
lagen auf dem Feitlande —, Samos und Chios
auf den Juſeln diejes Namens. Bald jchloß jich
ihnen nod) das urjprünglich atoliihe Smyrna
an. Durd Handel und politiiche Freiheit erhoben
ſich die einzelnen Teile des Bundes (defien ge:
meinfame Angelegenheiten in dem IIavınrıor,
einem heiligen Haine am nördlichen Abhange des
BVorgebirges Minfale in der Nähe von Priene, be-
iprochen wurden) auf eine hohe Stufe der Kultur
und Macht, jo daß fie als die Wiege der ganzen
griechiichen Kunft und Wiljenjchaft zu betrachten
jind. Unter Kroifos wurden ſämtliche ioniſche
Städte auf dem Feftlande der lydiſchen Herrſchaft
unterworfen und famen nad dem Falle des Indi-
ichen Reichs 546 v. E. unter die perſiſche Herr—
ſchaft, bald auch Chios und Samos. Dieſe Ber:
hältniffe änderten in den inneren Angelegenheiten
des Bundes jehr wenig, wurden indes den frei-
heitliebenden Griechen jo unerträglich, daß im
J. 500 ein allgemeiner Aufftand der Jonier aus:
brach (j. Aristagoras), der aber nach der Ein:
nahme Milets (Ende Sommers 495) durch die
Perſer jo gänzlich unterdrüdt wurde, daß die
fleinafiatiichen riechen in den Berjerfriegen mit
Schiffen und Mannichaft gegen das Mutterland
ziehen mußten. In der Schlacht bei Mykale
(479) verließen aber die Jonier die Neihen der
Perſer und gingen zu den riechen über, worauf
Kimons Sieg am Eurymedon (469) ihre rei:
heit ficherte. Der Friede des Antalfidas (387)
brachte fie wieder unter perſiſche Herrichaft, nad
deren Ende fie unter Makedonien und Nom kamen.
Unter römijcher Herrichaft janfen die Städte gänz-
lich zu PBrovinzialitädten herab, in denen jedoch
Wifienichaft und Kunſt blühten. Erſt durch die
Osmanen verjhwanden die legten Spuren der
Blüte und des Wohlftandes. — Die Jonier waren
von allen helleniichen Stämmen der reizbarite,
ſinnlich erregbarite, aber aud im geiftiger Be:
ziehung der empfänglichite und thätigite. Dicht:
Jordanis.
freon, Thales, Anarimander, Anarimenes, Xeno:
phanes, Anaragoras, Dionyſios, Helataios u. a.
beweijen. Die beiden größten Maler, Apelles
und Barrhafios, waren geborene Jonier. Ein im
hohen Grade ausgebildetes Koloniſationsſyſtem ver-
breitete dieje Bildung nach den verjchiedenften
Seiten. Strab. 14, 632 ff.
lonium mare, ’lovıog zovrog, hieß ein Teil
des Mare internum oder Mittelmeeres, zwiſchen
Jtalien und Griechenland (von Hydruntum und
Orikos jüdlich) und an der weitlichen Küſte der
Inſeln Korkyra, KRephallenia, Zakynthos bis zur
Südfpige des Peloponnes. Die Griechen nannten
aucd das Adriatiiche Meer "/orıog uryög (Aesch.
Prom. 840), während man jpäter wohl auch das
Joniſche Meer mit unter dem Adriatiſchen begriff.
Den Namen leitete man gewöhnlich von dem der
Jo her (Aesch. Prom. 839 ff.); wahrjcheinlicher
aber fommt er von den ioniſchen Niederlafiungen
ei den wejtlichen Inſeln, bejonders auf Kephal—
enia.
löphon, ’/opar, Sohn des Sophokles von der
Nitoftrate, Vater des jüngeren Sophofles (Corp.
iuser. Att. II, 672, 37), joll den Bater als wa-
eapporär (j. Sophokles) vor dem Familien:
erichte der Phratoren verklagt haben. Er war
Feibft tragiſcher Dichter und fiegte mehrmals bei
Lebzeiten ded Vaters, mit defien Stüden die
jeinigen große Ahnlichleit gehabt haben jollen,
daher er beſchuldigt ward, denjelben ausgebeutet
zu haben, dabei aber froftig und langweilig (pv-
zoög al gangög) geweien zu fein. Er joll
50 Tragödien gedichtet haben; genannt werden
die Titel von 6 Tragödien, erhalten aber find
nur 2 Fragmente (abgedrudt bei Naud, trag.
Graec. fragm. p. 761ff. d 2. Aufl). Abhand⸗
lungen von Wolff (1852 und 1884).
loppe, "/örzn, 'lörn, uralte phoinifiiche Hafen:
ftabt, am jüdlichen Ende der blumenreichen Ebene‘
Saron; erjt durd) die Malfabäer gewonnen, von
Beipafian als Piratenneft zerftört; j. Jaffa, noch
immer der Hafen für das etwa 8 Meilen ent:
fernte Jeruſalem. Hieher verſetzten die Griechen
den Mythus von Andromeda, die Juden das Er:
lebnis des Propheten Jona. Strab. 16, 769.
lordänes, "logöarns, im A. T. Narben, der
einzige größere Fluß Paläftinas, entipringt auf
dem Hermon aus 3 Quellen, durdhitrömt das Land
in rajchem Laufe von N. nad ©., etwa 25 Mei-
fen lang, bildet die Seen Merom oder Sama—
honitis (j. Bahr Chule) und Genezareth oder
Tiberias (j. Bahr Tabarije, 208m unter dem Meer,
und mündet in das Salzmeer, den lacus Asphal-
tites (j. Bahr Lut, 394m unter dem Meere).
Strab. 16, 755. Tac, hist, 5, 6.
Jordänis (nicht Jornandes) oder Jordänes,
Biſchof oder Mönch gotifchen oder alanifchen Ur:
jprungs, jchrieb 551 und 552 n. E. 2 Gejchichts-
werfe, de origine actibusque Getarum (eine
Geichichte der Goten), ein flüchtiger und ungeichid:
ter, doc nad) dem Untergange des Originalwerkes
höchit wichtiger Auszug aus Gajjiodorius (j. d.)
(herausg. von Cloß, 1861 und von Holder, 1882,
überj. von Martens, 1884), und de summa tem-
porum vel origine actibusque, gentis Romanae
(früher de origine mundi oder de breviatione
funft, Philofophie und Geſchichtſchreibung gingen chronicorum genannt), eine aus den gewöhn—
von hier aus, wie Homeros, Mimnermos, Ana= lichſten Hülfsmitteln ohne alles Gejchid kompi—
Ios — Iphigeneia.
fierte Weltchronif (herausg. von Lindenbrog, 1611).
Treffliche Ausgabe beider Werke von Theod. Momm:
jen (1882). Ya. über ihn Wattenbach, Deutſch—
lands Geichichtsauellen im Mittelalter I ©. 62 ff.
(4. Aufl), und Mommjens Borrede.
los, 7) "los, j. Nios, eine der griechiichen Ky—
Hadeninjeln (von andern zu den Sporaden ge:
rechnet) zwijchen Thera und Baros, öftlih von
Sifinos, früher Phoinike; die Inſel ift 2 deutjche
Meilen lang und durchichnittlicy eine Meile breit,
iemlich fruchtbar und mit einem guten Hafen ver:
* Sie gehörte zu der deliſchen Amphiktyonie.
Homer foll hier geftorben und begraben jein; nod)
im 2. Jahrh. n. E. zeigte man den Fremden jein
Grab, das neuere Reiſende wiedergefunden zu
haben glaubten. Aus der hiſtoriſchen Zeit willen
wir nur, daf die Inſel dem älteren attijchen See:
bunde angehört hat. Die Einwohner h. ’Ijraı.
Paus. 10, 24, 2. Strab. 10, 484.
losöphos, ’Ioongpos, jpäter Flavius Joſe—
phus genannt, Sohn des Matthäus, ftanımte aus
einem WBriejtergeichlechte und war zu Jeruſalem
37 n. C. geboren. Er erhielt eine gelehrte Bil:
dung und ging im J. 63 nach Rom, wo er jich
die Zuneigung der Boppäa, der Gemahlin des
Nero, zu erwerben wußte. Nach jeiner Rückkehr
in die Heimat war er vergeblich bemüht, eine
Empörung der Juden gegen die Römer niederzu:
halten. Aulegt ſchloß er jich der Empörung jelbit
an, wurde Befehlshaber von Galiläa, geriet aber
in römiſche Gefangenjchaft, aus der ihn jedoch
jeine Prophezeiung von der fünf:
tigen Größe Veſpaſians befreite.
Suet. Vesp. 5. Er nahm den faijer:
lihen Familiennamen Flavius an,
war bei der erg en Jeruſalems
unter Titus und brachte ſein übriges
Leben in Rom zu, —————
Thätigfeit hingegeben, deren Früchte
in feinen meijt biftorijchen Schrif:
ten uns noch vorliegen. Dieje find:
1) eine Gejchichte des erften Krieges
der Römer mit den Juden in
7 Büchern (mepl roü ’lovdainon
roltuov oder 'lovdaini) iorogpia
zeol almoewg), urſprünglich in
ſyrochaldäiſcher Sprache geichrieben
um 75, aber ins Griechiiche über:
fegt; 2) Tovdatan doywokoyle in
20 Büchern, eine Gejchichte des
jüdiichen Volkes von Erſchaffung
der Welt bis zum zwölften Jahre
von Neros Regierung, geichrieben
93; 3) eine Selbftbiographie, Blog,
um 100, mit Supplementen zu
jeiner jüdischen Geſchichte; 4) eol
doyauörnrog 'lovöalaov nard "Ani-
arog, eine Streitichrift gegen
Apion; 5) eis Marnaßelovg Aöyog
7 negl alroxgdropos Aoyısuon,
eine Schrift, deren Echtheit be-
zweifelt wird. Won der erjten
577
Joviänus, Flavius, Sohn eines hohen römi-
ſchen Dffiziers, des comes Varronianus, geboren
zu Singidunum in Obermöfien, Offizier der Nobel:
garde (domestici), wurde im J. 363 n. E. von
dem Heere zum Kaijer ausgerufen. Amm. Mare.
25,5, 1ff. Kutr. 10,9. Der Umftand, daß jein
Vater ein verdienter Mann und er jelbit ein
eifriger Ehrift war, bewirkte jeine Wahl. Mit
dem Perſerkönig Shäpiür jchloß er einen unrühm-
liben Frieden auf 30 Jahre und mußte eine An:
ahl jeiter Städte abtreten, darunter das wichtige
Niſibis. Amm. Marc, 25, 6. Julians Gejepe
egen die Chriften hob er auf, übte indes kluge
Toleranz gegen das Heidentum und erflärte ſich
gegen die Zwijtigfeiten innerhalb der Kirche. Er
itarb, 33 Jahre alt, plößlih zu Dadaftana im
J. 364; jeine durch den mit dem Perſerkönig
abgeichlofjenen Frieden im ihrer militärischen Ehre
gefränften Soldaten jcheinen Rache an ihm genom:
men zu haben. Amm. Marc. 25, 10, 13.
Iphianassa, ’Ipıicvasoe, 1) eine der Töchter
des Proitos (j. d.). — 2) eine Tochter des Aga:
memnon bei Homer (Il. 9, 145. 287). Die ſpä—
teren Dichter nehmen neben ihr noch eine Iphige—
neia ala Tochter Agamemnons an.
Iphigeneia, "Ipıyeveı«, Tochter des Agame—
mnon und der Stiytaimmeftra; fie heißt auch
Tochter des Agamemnon und der Ajtynome, der
Tochter des Chryſes, oder Tochter des Thejeus
und der Helena, die von Kiytaimneftra an Kindes:
ftatt angenommen worden 1
ei. Als die Griechen
Schrift eriftiert eine lateinische Überjegung aus dem | im Hafen von Aulis durch eine Windftilfe, welche
4. Jahrh., die lange Zeit unter dem Namen Hege- | die von Agamemnon oder Menelaos erzürnte Ar:
sippus (j. d.) ging. Ausgg. von Haverfamp (1726), | temis gejandt hatte, von der Fahrt nach Troja
Oberthür (1783), W. Dindorf (1845 ff.), Imm. | abgehalten wurden, erklärte der Scher Kalchas,
Belfer (1855, 6 Bdd. 2. Aufl. von Naber, 1888 ff.) | daß Iph. der Artemis geopfert werden müſſe.
und B. Nieje (2 Bdd. 1885— 1887; fl. Ausg. 1888). | Agamemnon wurde durch die Bitten des Mene—
Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl, 37
578
laos vermocht, ſeine Tochter unter dem Vorwande,
daß ſie mit Achilleus vermählt werden ſollte, ins
Lager kommen zu laſſen und das Opfer zu be—
reiten. Artemis aber ſetzte während des Opfers
eine Hirſchkuh an die Stelle der Jungfrau und
entführte diefe in einer Wolfe nach Taurien, da—
mit fie dort ihre Priefterin werde. Bier verſah
fie lange Zeit den grauſamen Qempeldienft der
tauriichen Artemis, bis fie mit ihrem Bruder
Dreftes (f. d.), der, um das Bild der Artemis
nach Griechenland zu holen, an die Küfte gefom: |
men war, entfloh und nach Griechenland zurück—
fehrte. Kur. Iphig. Aul. u. Taur. Soph. El. 566 ff.
Pind. pyth. 11,22. Op. met. 12, 271}. er Pont.
3,2, 69 ff. — Artemis hatte an mehreren Orten
Griechenlands den Beinamen Iph., wie zu Ber:
mione, und die Taurier behaupteten, daß ph.
die von ihmen verehrte Göttin jei; nach Heſiod
follte Iph. nicht geftorben, fondern von Artemis
zur Hekate gemacht worden jein. Paus. 1, 43, 1;
vgl. Hat. 4,103. Man ertennt daraus, daß Iph. ur:
jprünglid eine bejondere Form der Artemis ge-
wejen jein muß, fie fällt zufammen mit der j. g.
tauriſchen Artemis ({. Artemis). Zu Brauron
in Attika, wo dieje Artemis verehrt ward, ſollte
ph. geitorben und beftattet ſein; auch hatte jie
bier einen Kultus. Much zu Megara zeigte man
ein Grab und Heroon derjelben. Nach anderer
Sage jollte fie, don Artemis mit Unſterblichkeit
begabt, unter dem Namen Orfilochia ald Gemahlin
des Achilleus (ſ. d.) auf der Inſel Leuke leben. — Die
beigefügte Abbildung, ein pompejaniiches Wand—
gemälde aus der casa del poeta tragico, jtellt
die Opferung der Iph. dar. Kalchas erwartet mit
dem Opfermeffer die Jungfrau, welche eben von
Odyſſeus und Diomedes über den Altar gehoben
werden joll, während ihr Vater verhüllten ee
zur Seite fteht. Eine Nymphe führt durch die
Lüfte auf Befehl der Artemis die ftellvertretende
Hindin herbei. Die Verhüllung des Agamemmon
erinnert an das Gemälde des Timanthes (Plin.
35, 10. Cie. or. 22, 74), in welchem die Steige:
rung in der Betrübnis der um den Altar Herum:
ftehenden ausgedrüdt war.
Iphikles, Iphiklos, "Ipınajs, "Ipırkog, -eUs,
1) Sohn des Amphitryon und der Alfmene, Halb:
bruder des Herafles (j. Herakles, 3. 4.), Vater
des Jolaos. Er nahm teil an der falydonijchen
Jagd und an mehreren Zügen des Herafles (gegen
Laomedon, Augeias, SDippofoon) und fiel im
Kampfe gegen die Söhne des Hippofoon, oder er
ward in der Schlacht gegen die Molioniden ver:
wundet und ftarb zu Pheneos in Arkadien, wo
er als Heros verehrt ward. 2) Sohn des
Theftios, falydoniiher Jäger und Argonaut. —
3) Sohn des Phylafos, Enkel des Deion, oder
Sohn des Kephalos, aus Phnlafe in Thefjalien,
ein ſchneller Läufer Hom. Il. 23, 636), Vater
des Podarkes und Proteſilaos. Er war reich an
Schönen Rindern, welche Melampus (ſ. d.) durd)
feine Schergabe gewann und dem Neleus nad)
Pylos bradyte. Hom. Il. 2, 705. 13, 698. Od.
11, 288 ff. Er beteiligte fih am Argonautenzuge.
Iphikrätes, "Ipixodrns, atheniicher Feldherr
von geringem Stande (fein Bater joll Lederarbeiter
gewejen jein), übernahm im forinthijchen Kriege,
20 Jahre alt, den Oberbefehl über die Miets: |
foldaten und unterlag mit dieſen im forinthijchen |
u — — nn — — —
— — — — — — —
Iphikles, Iphiklos — Iphikrates.
Hafen Lechaion den Spartanern (393 v. C.). Seit:
dem bemühte er ſich um die Organiſation der all—
emeiner werdenden Mietstruppen. Er bewaffnete
He mit Heinem, rundem Schild (mEirn), daher der
Name meirworei, gab ihnen einen um die Hälfte
verlängerten Spieh und ein Schwert don der
doppelten Größe des bisher gebräuchlichen, ftatt
des metallenen Banzers einen leinenen und machte
jelbft die Fußbelleidung bequemer. Nep. /ph. 1.
Diod. Sie. 15, 44. Just. 6, 5. Auch gewöhnte er
fie an jchmelle und pünktliche Bewegungen und
lorgte für regelmäßigen Sold. Durch ftrenge
Kriegszudt und Entwidelung der Kraft der ein:
zelnen zu Evolutionen (2EeAıyol, raxrınal dılE-
odor) bildete er eine der jpartanischen Phalanx
ewachſene Waffengattung. Died. Sie. 15, 44.
N Iph.2. Er machte nun Einfälle in die Ge-
biete der Phliafier, Sifyonier, Arkadier, verichaffte
fi aber zuerjt hohen Ruhm durd; Vernichtung
der ſpartaniſchen Mora der Hopliten, welche die
Bejakung don Lechaion bildete und die Amyklaier
bis vor Sifyon geleitet hatte (392). Xen. Hell.
4,5, 11ff. Plut. Ages. 22. Bald darauf wurde
er abgejegt, weil er ſich den Anmaßungen der
Argiver in Korinth widerjept hatte. Am Jahre
390 ging er nach Thrafien, um dort das Anſehen
der Athener wiederherzuftellen, befiegte auch den
ipartanifchen Sarmoften in Abydos, NAnaribios
(Xen. Hell. 4, 8, 31 ff.); aber Antalfidvas entriß
ihm im Kampfe und durch feinen Frieden die er-
rungenen Borteile. In den folgenden Nahren
icheint er Züge gegen die Thrafer gemacht zu
haben, ftellte die Herrichaft des Seuthes wieder
her, befriegte den Kotys (387—384), ſchloß aber
danı ein Bündnis mit ihm und heiratete feine
Tochter (382). Als die Perſer ſich an die Wieder:
eroberung von Agypten machten (380), jandten
die Athener auf Bitten des Wrtarerres, deſſen
Freundichaft fie damals juchten, den Iphikrates
als Führer des hellenischen Soldheeres; aber ent:
zweit mit Bharnabazos über die Belagerung von
Memphis, kehrte er, nachdem das perfiiche Heer
durch eine Nilüberſchwemmung aufgerieben war,
nach Athen —— 374. Nep. Iph. 2. Diod. Sie.
15, 29. Polyaen. 3, 9, 56. Hier veranlafte er
die Abſetzung des Timotheos und wurde jelbft
mit einer Flotte nach Kerkyra geichicdt, welches
die Spartaner unter Mnafippos belagerten. Die
Kerfyraier hatten zwar bei jeiner Ankunft jchon
mit eigener Macht die Spartaner gejchlagen, doch
gelang es ihm, die denjelben von dem Tyrannen
Dionyfios zu Hülfe gejchidten Schiffe wegzuneh—
men und ihnen durch Streifzüge Schaden zuzu—
fügen. Xen. Hell. 6, 2, 27 ff. Darauf vermwüftete
er die Küften Laloniend. Da ihn ſchon feit dem
Angriff auf Timotheos der Unwille der Bornehmen
getroffen, jo wurde er nach dem Frieden (371)
von Harmodios angeflagt, wahrjcheinlich wegen
der ihm geſetzten Bildjäule; er verteidigte ſich
aber in einer fräftigen Rede, die zwar von einigen
dem Lyſias beigelegt wurde, ihm aber auch ohne
Zweifel den Ruhm als Redner verſchaffte. Im
Jahre 369 jchidten ihn die Athener im Bunde
mit Sparta demjelben gegen Theben zu Hülfe;
er führte indes den Krieg ohne Energie und lieh
den Epameinondas ungehindert aus dem Pelo—
ponnes zurüdfehren (daj. 6, 5, 51). Bon 368 an
finden wir ihn mehrere Jahre in Thrakien, um
Iphimedeia — Isaios.
Amphipolis zu unterwerfen, doch errang er feine ! Berjonififation des den Himmel mit der
bedeutenden Erfolge; auch der Einfluß, den er
den Athenern durch Unterftügung der Witwe des
Amyntas, Eurydile, in Makedonien verichaffte, war
nicht bleibend. Als 357 der Bundesgenofientrieg
ausgebrochen, übergaben die Athener dem Chares,
zeug und Iphikrates den Oberbefehl. Diod.
Sic. 16, 3 Bei Samos jtanden fie den Feinden
—— weil aber, gegen die tolllühne Forde—
rung des Chares, bei einem entjtandenen Sturm
die beiden Fügeren Führer ſich weigerten die
Schlacht zu liefern, wurden fie der Verräterei an:
gellagt. Durch die Entichlofienheit des Iphikrates
entgingen fie zwar der Berurteilung zum Tode,
wurden aber doch mit einer Geldbuße belegt. ph.
begab ſich wahrſcheinlich nach Thrafien, wo er bis
u jeinem Tode, der ind Jahr 353 zu fallen jcheint,
ich aufbielt. gl. Rehdantz, vitae Iphicratis,
Chabriae, Timothei (1845).
Iphimedeia, Ipıusösıe, Tochter des Triops,
Mutter der Aloaden (ſ. d.).
Iphis, "/pıs, 1) König in Argos, Sohn des
Alektor, Entel des Anaragoras, Vater des Eteo:
flos, der mit den Sieben gegen Theben gezogen
fein joll, und der Euadne, der Gemahlin des
Kapaneus; feine Herrſchaft erbte Sthenelos, des
Kapaneus Sohn. — 2) Sohn des Sthenelos,
Bruder des Euryſtheus, Argonaut, der im Kampfe
mit Aietes fiel. — 3) ein Jüngling zu Salamis
auf Kypros, der ſich wegen der Hartherzigkeit der
von ihm geliebten Anaxarete, einer Jungfrau aus
dem Geſchlechte des Teukros, an deren Türe er:
hängte. Als Anararete aus ihrem Fenſter die
Leiche des Jünglings vorübertragen jah, wurde
fie von Aphrodite in Stein verwandelt. Or. met.
14, 698 ff.
Iphitos, “pırog, 1) ſ. Herakles, 11.
2) Sohn des Naubolos, Bater des Schedios und
Epiftrophos in Phofis, wie Nr. 1. Argonant.
Hom. Il. 2, 518. 17, 306. — 3) Sohn des Hai-
mon, des Pragonides, des Iphitos, Nachkomme
des Oxylos, in Elis. Er erneuerte mit Syturg
von Sparta die olympijchen Spiele. Paus. 5,4, 5.
Ipsos, wog, Heiner Ort’in P rygien, öftlich
von Synnada, befannt durch die Se Schlacht 301
v. E., in der Antigonos Thron und Leben gegen
Lyfimacho⸗ und Seleukos verlor. Plut. Pyrrh. 4.
Demetr. 285. Just. 15, 4. App. Syr. 55.
Ira, '/o« oder Eie«, Bergfefte in der nörd—
lihen Ede Mefieniens auf dem Berge Kerauſion,
unfern des Fluſſes Neda, berühmt durch des
Ariftomenes 11jährige Verteidigung im zweiten
meſſeniſchen Kriege. Daf die von Homer (77.9, 150)
erwähnte Stadt "en — nicht identiich iſt,
ſondern darunter das ſpätere Abia nahe an der
lakoniſchen Grenze zu verſtehen iſt, ſcheint ziem—
lich ſicher. Feht bei Homer "Iorj. Paus. 4, 17, 10.
20, 1. 5. 30,
Iris, I) ö — Fluß im weſtlichen Pontos,
eutſpringt auf dem Antitauros öſtlich von Comana
Pontica, fließt zuerſt in weſtlicher, dann in nord—
öſtlicher reg. nimmt von lints den Skylar,
von rechts den Lykos auf und mündet öftlich von
Amijos in den Bontos, j. Xſchil⸗ Irmak. Xen.
An. 5,6,9.6, 2,1. Strab. 12, 547. — 2) 1) Igıg (von
van, Bean oder von eiew, Sprecherin
— äyyekog), Tochter des Thaumas und der Elef:
tra, Schweiter der Harpyien (Ilesiod. theog. 265),
579
Erde
verbindenden Regenbogens, die Botin der Götter,
weldye den Verkehr der Götter untereinander und
mit den Menſchen vermittelt. Sie iſt eine modr,-
veuog, TuyEie, Gelkomovg (Hom. Il. 15, 170),
oldgeflügelte (gevaorregog) Jungfrau und trägt
türmenden Fu es die Aufträge der Götter auf
die Erde, ins Meer und in die Unterwelt. Hom.
Il. 24, 77. Hesiod, theog. 784 ff. Verg. A.9, 803.
Vorzugsweiie wird fie von Zeus und Hera ge:
jendet; bei jpäteren Dichtern ift fie bejonders
Botin und zugleich Dienerin der Hera. m der
Odyſſee, wo Hermes als Bote der Götter ericheint,
fommt Iris nicht vor. Von Hermes aber ift fie
inſofern verſchieden, als dieſer nicht nur ein Be—
ſteller und Bote, ſondern auch ein kluger und
erg die Dinge zu glüdlihem Ende führen:
er Gott ift, während Jris vorzugsweiſe nur das
Amt einer ausrichtenden Botin verſieht. Dadurd)
ift aber nicht ausgejchloffen, da fie nicht auch bis-
weilen einen Rat erteilt oder ſelbſt helfend ein—
reift. Hom. 11.23, 198 ff. 15, 203. — In Statuen
Anden fich dieje leichte, zarte Göttin nicht dargeftellt;
auf Vajen und Reliefs erſcheint fie als Leichte,
geflügelte Geftalt mit dem Hermesftabe, oder aud)
mit einer Kanne in der Hand, in der fie den
Wolfen Wafjer äutragen jollte.
Isagöras, "/o«yögas, ein athenijcher Ariftofrat,
ftritt mit Kleiſthenes um die Obergewalt; von
diejem, der das Bolf für jich gewonnen, verdrängt,
erhielt er Hülfe von den Spartanern, welche die
Ariftofratie zu erhalten ftrebten. Er vertrieb mit
Hülfe_ des Königs Kleomenes den Kleiſthenes mit
700 Familien und wollte einen Rat von 300 aus
ne Partei einjegen; aber von den unzufriedenen
thenern auf ber Bur belagert, mußten Die
Spartaner ſchon nach 3 —— mit Iſagoras nach
einem Vertrage abziehen; die Anhänger des Iſa—
oras wurden ermordet, im Jahre 508 v. E.
eitere Verſuche, Iſagoras den Athenern als
Tyrannen aufzudringen, mißlangen. /ldt. 5, 66 ff.
Thue. 1, 126.
Isaios, Io«dog, 1) der fünfte in der Reihe der
10 attiichen Redner, geboren in Chalfis, jedoch
atheniſcher Bürger, blühte in der erjten Hälfte des
4. Jahrhunderts v. E. (die erjte der erhaltenen
Neden ift 391, die letzte 353 verfaßt). Mır poli-
tischen Angelegenheiten jcheint er feinen Anteil
genommen zu haben. Er genoß den Unterricht
des Lyſias und Iſokrates, jchrieb dann Reden für
andere, bejonders in privatrechtlichen Streitig:
keiten (dixerıraf), und errichtete eine Redner—
ſchule. Demofthenes war jein Schüler, der feinen
Unterricht mehrere Jahre allein genof. Bon den
64 Reden, die zur Zeit des Plutarch vorhanden
waren, galten 14 für unecht; 10 und ein Teil der
11. jind noch erhalten, die jich alle auf Erbichaits:
angelegenheiten beziehen. Der Charalter jeiner
Nede iſt dem des Lyſias am ähnlichſten durch
Reinheit, Klarheit und Sorgfalt; er zeigt aber
eine mehr ausgebildete Kunſtform und erjeßt durch
Schärfe, Kraft und Gedrungenheit, was ihm an
Natürlichkeit und Leichtigkeit abgeht. — Abgedrudt
in den Sammlungen der griechiichen Nedner von
Reiſte, N. Bekker, Dobjon, Baiter und Sauppe,
GE. Müller; bejonders herausg. von G. F. Schö:
mann (1831), Textree. von E. Scheibe (2. Aufl.
1874) und Bürmann (1883). — 2) ein Sophift
37*
580
aus Ajiyrien, der hochbejahrt nach Rom fam und
unter Trajan lebte. Plinius (ep. 2. 3) und Aus |
venal (3, 74) jprechen mit Anerfennung von ihm. |
Sein Leben erzählt Philoftratos (vit. soph. 1, 20).
isära, ö "sap, 1) reihender linker Nebenfluß
des Rhodanus, kommt von den Alpen und ver:
einigt bei Valentia mit dem Hauptitrom; j.
Iſere. Hier erfoht D. Fabius Marimus Allo:
brogicus (j. Fabii, 22.) 121 v. C. einen Sieg
über die Allobroger und Arverner. — 2) rechter
Nebenfluß der Sequana in Gallien (j. Die), nimmt
von lints die Aröna (j. Nisne) auf.
Isauria, ’/oavgi«, der füdweftlihe Teil von
Lylaonien, anftofend an Bifidien und Kilikien,
ein rauhes, ſchwer zugängliches und wenig befann:
tes Sebirgsland auf der Höhe und am Nordab:
hange des Tauros, mit den beiden Seen Karalis
und Trogitis. Die wilden, friegerifchen Bewohner
beunruhigten ftet3 die Nachbarländer und nahmen
an den Seeräubereien der Kilikier lebhaften Anteil.
P. Servilius befiegte fie zwar 76 v. E. (deshalb
Iſaurieus gen., ſ. Servilii, 16.), Pompejus
ichlug das Yand 63 zu der Provinz Kilifien, und
Antonius jegte Amyntas, den König von Galatien
(36-25), zugleich über Fi. Aber immer wieder
entzogen fie ſich der römischen Herrſchaft und
unternahmen bejonders ſeit Alerander Severus in
Berbindung mit den wejtlichen Kilikiern, die nun
auch Iſaurier heißen, die verwegenften Züge, jo
daß endlich um ihr Gebiet ein Militärkordon ge-
zogen wurde. Gpäter traten manche in byzanti-
nische Dienfte; einer aus ihrer Mitte, Zenon, fam
auf den Kaiſerthron (474-491). Die fefte Haupt:
ftadt Jſaura wurde von Perdilfas (322 v. €.)
und von Gervilius zerftört, durch Umyntas an
benachbarter Stelle wieder aufgebaut, j. Ulubunar.
Nördli davon Lyſtra, j. Saradagh. Strab.
12, 5605. 14, 665.
Isidörus, Biſchof von Hilpalis (Sevilla), 599
—636, daher Hispalensis, Berfafler gelehrter
Sammelwerfe. Die Summe feiner Kenntniffe hat
er mit Benugung guter Quellen, 3. B. Suetons,
niedergelegt in jeinen origines s. etymologiae,
libri XX; die 5 erften behandeln die septem artes
liberales nebjt Medizin und Rechtswiſſenſchaft,
dann folgt Theologisches, 1. IK—NX haben bunt
enchklopädiichen Anhalt. Gejamtausg. von re:
valo (1797— 1803); Ausgg. der Etymologiae von
Otto (1833) umd Berker (1857); das Rhetoriſche
aud) in Kalms rhet. lat. p. 505 ff.
Isis, Yoıs, jeine der angejehenjten ägyptiſchen
Höttinnen, Tochter des Erdgottes Seb Kronos)
und der Himmelsgöttin Nut Rhea), Schwefter des
Oſiris Dionyſos), des Set (Typhon) und der
Nephthus (Nphrodite), zugleich Gemahlin des Dfiris,
Mutter des Horos und der Bubaftis (Hdt.2, 156).
Wenn Dfiris die ftrahlende Sonne, den befruchten:
den Nil, die zeugende Kraft bedeutet, jo ift Iſis
die Göttin des Öftlichen Himmels und darum auch
des a rg rege die don dem Nilwaſſer ge:
tränfte Erde, das mütterlihe Naturprinzip. Ahr
heiliges Tier ift die Kuh; fie jelbft trägt auf dem
Haupte die Sonnenjcheibe zwischen Kuhhörnern,
in der Hand das Blumenfcepter und das Henkel—
freuz;, das Snmbol des Yebens (Hdt. 2, 41. 132).
Die Griechen, welche die Kuhhörner für die Mond—
fichel, die Sonnenſcheibe für den Mond hielten,
machten die Iſis zu der lebenfpendenden Mond-
Isara — Isis.
göttin, wie denn die Alten ohmedies. dem Monde
einen Einfluß auf die Erzeugung und Ernährung
von Pflanzen, Tieren und Menjchen zujchrieben.
Da His mit dem von Set getöteten Oſiris zur
Unterwelt hinabftieg, jo wurde fie von den Griechen
den unterirdischen Gottheiten zugezählt, als Königin
der Unterwelt und Richterin der Toten, die den
Sclüffel der Unterwelt in Händen hat. Bon dort
fendet fie Erjcheinungen herauf und offenbart in
Träumen den Kranken wirfjame Heilmittel. Sie
wirft jegensreich oder verderblich auf die Menjchen:
welt ein, jchentt Blinden das Geficht und hilft bei
Geburten, ftraft aber auch mit Blindheit und andern
Gebrechen. So erhielt fie denn einen Wirkungskreis
ähnlidy wie Demeter, Perſephone und Hekate, oder
wie Artemis, Athene, Hera, oder aud) wie Nemefis,
Tyche u. ſ. w., und wurde vielfacd mit diejen
Göttinnen, befonders mit Demeter (Hat. 2, 59,
zujammengeworfen. Seit der alerandrinijchen Zeit
wurde fie auch eine Göttin des Meeres, melde
das Segel erfunden hatte, über die Winde gebot
und aus Sturmesnot rettete. Wie Demeter tritt
fie unter die Gottheiten der fittlihen Weltordmung
ein: fie wird zur Geſetzgeberin (Deauopögog), zur
Beichügerin der Ehe, zur Stifterin nnd Erhalterin
der Staaten; fie hat auch die Religion und die
Myſterien, in denen fie jelbjt verehrt wird, einge:
führt. So ift fie allmählich ein Wejen von der
umfaflenditen Bedeutung geworden, deſſen Macht
fich über Himmel und Erde erjtredt. Bon jpäteren
Philofophen wurde fie geradezu für die Grund—
jubitang der Welt erklärt, für die Eine göttliche
Macht, welche allen Einzelericheinungen im der
Natur, im Menjchen- und Götterleben zu Grunde
liegt. „Una, quae es omnia, den Isis“, wird fie
in einer Anfchrift angeredet. „En adsum“, jagt
is bei Apulejus (met. 11, 5. p. 241), rerum
Natura parens, elementorum omnium domina,
saeculorum progenies initialis, summa numi-
num, regina marium, prima caelitum, deorum
dearumque facies uniformis ete. — is und
Dfiris wurden allein von allen Göttern in ganz
Agypten verehrt, hauptfächlich zu Buto und Bufiris
im Delta, zu This oder Abydos im oberen Lande
und auf der Inſel Philai (Fidt.2, 42. 59. Schon
zu Herodots Zeiten war der Kultus der Iſis über
Üguptens Grenzen hinaus, 3. B. nad Kyrene
(Hdt. 4, 186), gedrungen. Seit Nlerander dem
Gr. verbreitete er ſich über alle von Griechen be-
wohnten Yänder. — In Nom findet jich eine Spur
davon ſchon im zweiten punijchen Kriege; wieder:
holt ausgetrieben (3. B. Tac. ann. 2, 85), erlangte
der Dienft der Göttin feit Veſpaſian im ganzen
Meiche Geltung. Der Kultus beftand in Yuftra-
tionen, Feitzügen und geheimen Weihen, entbehrte
aber mit dem wilden Klagegeheul und den bacchan—
tiichen Gebärden völlig der Würde und bildete
nicht jelten den Dedmantel für grobe Ausjchwei-
— Griechen und Römer pflegten, wenn das
eer wieder ſchiffbar wurde, einen feierlichen
Umgang zu halten und am 5. März (navigium
Isidis) der Göttin ein mit Weihgejchenfen gefülltes
Schiff darzubringen. Daher die Nachricht des
Tacitus (Germ. 9) von den Ponaufueben: Isidi
sacriticant, wobei natürlich irgend eine germaniiche
Gottheit gemeint ift (Grimm denft an Holda oder
Berdta). Die Briefter der Iſis zerfielen in ver-
ſchiedene Mlafien und Grade und waren einer
Ismaros — Isokrates.
ftrengen Lebensweije unterworfen; fie hatten ein
ne Haupt und ein langes leinenes
Sewand und trugen bei Prozejjionen vor dem
Geficht die Anubis Schafal:Maste, in der Hand
die Lotosblume, den Sclangenftab oder das
Siftrum (die den Set vericheuchende Klapper).
Plut. de Is. et Osir. Diod. Sie. 1, 14ff. Jurv.
sat. 6, 522.
Ismäros, "/su«gos, Stadt in Thrafien an einem
Berge gleiches Namens, wird ſchon von Homer
(Od. 9,40. 198) als Stadt der Kilonen genannt
und wegen ihres ftarfen Weines gerühmt. Verg.
E. 6, 30. @. 2, 37.
Ismöne j. Oidipus.
IsmenYas, "/ounvdag, 1) ein reicher Thebaner,
Br längere Zeit an der Spiße der dbemofrati-
hen Partei in feiner Vaterſtadt. Er zeigte fich
thätig bei der Wiederherftellung der Demofratie
in Athen, 403 v. E. Als Agejilaos die Perjer be:
drängte, joll er mit andern Demagogen, von Ti-
thrauftes durch Geld gewonnen, den korinthiſchen
Krieg angezettelt haben (Xen. Hell. 3, 5,1. 5,2,35);
gegen eine Beftechung ſpricht aber die Achtung,
die er rg Verne genoß. Im Striege bewährte
er ſich als Feldherr; er eroberte Herafleia und be-
jiegte die Photier bei Naryfos in Lokris (daſ. 3, 5).
Im Jahre 354 war er zugleich mit dem Haupte
der ariſtokratiſchen Parteı Leontiades Polemarch,
ſo daß ſich beide Parteien das Gleichgewicht ge—
halten zu haben ſcheinen. Nachdem aber Phoibi—
das mit ſeinen Spartanern die Kadmeia beſetzt
hatte, wurde Jim. verhaftet und ein anderer
Bolemard ernannt. Er wurde angeflagt, mit den
Berjern Verbindungen angelnüpft und den korin—
thiſchen Krieg veranlaßt zu haben, und, obgleich
er fi gegen dieje Beichuldigungen verteidigte,
dennoch als ein ränfevoller und unruhiger Menſch
verurteilt und hingerichtet. Daj. 5,2, 2555. Flut.
Pelvp. 5. — 2) vielleicht der Sohn des eben ge:
nanuten, gehörte zu den Thebanern, die, als Phoi-
bidas die Kadmeia beſetzt hatte, nach Athen flüch—
teten, und war jpäter Genoffe des Pelopidas bei
feiner Gefangenjchaft in Pherai 368 und bei jeiner
Geſandtſchaft an den Berjerfönig 367. Plut.
Artax. 22. Diod. Sie, 15, 71.
Ismenios, ’Iourjvios, 1) Beiname des Apollon
bei den Thebanern, deſſen Heiligtum Iſmenion
füdlih vor den Thoren Thebens am Iſmenos lag.
Hdt. 5, 59. — 2) Sohn des Apollon und der
Melia, von welchem der Fluß Iſmenos feinen
Namen erhalten haben joll.
Ismenos, "/sunvös, auch Ismenios, Teumuios,
enannt, Fluß Bototiens, der aus der Duelle Melia
üdlich von Theben am eier: (auf welchem
ein Apollontempel und Drafel, Hdt. 1, 52) ent:
fpringt, Theben durchfließt, ſich mit der Quelle
Dirle vereinigt und dann in den Sce Hylike
mündet. Seine Hauptquelle 5. jept Kephalari des
Hagios Joannes. Bgl. Thebai.
Isokrätes, "ooxedens, berühmter Redner in
Athen, war der Sohn eines wohlhabenden Atheners,
des Theodoros, der eine Fabrik von muſikaliſchen
nftrumenten beſaß und dem 436 v. E. geborenen
Sohne eine angemefjene Erziehung gab. Außer
den ESophiften Feifins, Prodifos, Protagoras und
namentlih Gorgias hörte er auch Sofrates und
erwedte in dem reife der Freunde desjelben große
Erwartungen. Wegen förperlier Shwäde und
581
aus Schüchteruheit trat er zwar nicht als Staats:
redner auf, juchte aber durch Unterricht zu nützen.
Damit erwarb er fich auch ein bedeutendes Ver:
mögen. Nach einer Angabe joll er au 100 Schüler
gehabt Hıben, von denen ein jeder ihm 1000 Drad):
men (etiva 780 .#) bezahlte. Auch jtand er im Ver:
fehr mit auswärtigen Fürjten (z. B. Philipp von
Makedonien, Nikofles und Euagoras von Kypros),
die ihn um Rat fragten, für die er Neden fertigte
und von denen er auch jürftliche Bezahlung er:
er Durch das allgemeine Unglüd feiner Vater:
tadt am Ende des elobonnck ken Krieges litt
auch Iſ., da fein Vater jein Vermögen verloren
hatte. Nach der Herrichaft der Dreißig ſchrieb er
unächft in Athen gerichtliche Neden, begab ſich aber
Ü ter, etwa 392, nach Chios und eröffnete dort
die zweite Periode jeiner Thätigkeit, die der Aoyoı
Zmidsınrınoi und ovußovkerrıroi. Nechdem er
fih als Lehrer auf Chios Ruf erworben hatte,
fchrte er 385 nach Athen zurüd. Indem er fid)
nun von Staatsämtern und der Rednerbühne fern
hielt, wirkte er dagegen als Lehrer durch Umgang
und Unterricht mittelbar auf die Verhältniſſe be—
deutend ein. Die Kunſt der Darftellung, ange:
fnüpft an große und wiürdige Stoffe, hob er hierbei
bejonders hervor: denn wer Reden verfertigen
wolle, die des Lobes wert jeien, müſſe fich auch
mit großen und würdigen Gedanken befajien und
an ibre Betrachtung gewöhnen. Sein großer Ruf
zog bald viele Schüler, ſelbſt Ausländer, an, die
3 bis 4 Jahre blieben; zu ihnen gehörten die
Nedner Iſaios, Lykurgos und Hyperides, die Hiſto—
rifer Theopompos und Ephoros und viele andere,
auch Konons Sohn, der jpäter berühmte Feldherr
Timotheos, der feine Erfolge bei der Gewinnung
von Bundesgenofjen der Milde und Gerechtigkeit,
die Zi. ihn gelehrt, zu verdanfen Hatte. Ein an:
derer Freund, der fyprifche Fürſt Nikofles, joll
ibm für eine Rede 20 Talente gegeben haben.
elehrend über des Iſ. Einfluß in weiten Kreifen
ift die berühmte Stelle des Cicero (Brut. 8, vgl.
auch de or. 2, 22). Aus Verzweiflung über den
unglüdlichen —— der Schlacht bei —
ab er ſich 338 ſelbſt den Tod. — Jſ., von ſchwacher
Stimme und ſchüchternen Weſens, ſchrieb ſeine
Reden nicht für den Vortrag in der Volfäver:
jammlung, jondern zum Lejen. Er joll 60 Reden
verfaßt haben, von denen noch 21 übrig jind,
meiſtens politiiche PBrunfreden. Die befanntejte
ift der Ilarnyvgırög, 380 veröffentlicht, eine Art
Feſtrede, in welcher in glänzenden Vortrage und
mit ſchwungvollem Batriotismus Athens Berdienfte
um Hellas aufgezählt werden, um nachzuweiſen,
daß diejer Stadt die — gebühre. Eine
Lobrede auf Athen und Attika iſt auch der TIer-
adnvainds, 339, und im Agsiomayırınös, um 355,
wird Die et der von Stleifthenes
abgeänderten joloniichen Berfaffung zum Zwecke
einer Wiedergeburt Athens empfohlen. Die Sprache
des Iſ. ift durchaus einfach und im reinften
Atticismus gehalten. Die größte Sorgfalt hat
er auf die technifche Ausbildung des Ausdruds
verwendet und deshalb den größten Ruhm als
Redefünftler erworben. Die Gegenüberftellung ent:
iprechender Satzglieder ift jein Streben, in dem
er eine große Mannigfaltigkeit zeigt. Die Alten
erwähnen, daß er den zunkog, die periodijche Ab-
rundung (Cxe. de or. 52 ff.), eingeführt habe. Die
582
Grundſätze, welche er bei feinem Unterrichte be:
folgte, hatte er in einer bejonderen zegrn ent:
widelt, welche bei den alten Ahetoren oft angeführt
wird. — Ausgg. in den Sammlungen der grie:
chiſchen Redner von %. Beller, Dobjon, Baiter
und Sauppe, E. Müller; bejfondere Ausgg. von
9. Wolf (1570), Lange (1803), Korais (1807),
Benjeler (2. Aufl. von Bla, 1878 5.); Auswahl
von Rauchenftein (5. Aufl. 1882) und DO. Schneider
(2 Bdd., 3. Aufl. 1886 f.).
’Ioovogia und 'Toorolıreiea |. Staatsfor-
men, 9.
’Iooteing |. Zivog, 2.
Issa, j. Lifla, Inſel im Mdriatiichen Meere an
der dalmatischen Küſte, von trefflichen Seeleuten
bewohnt, deren Schiffe, lembi Issaei, in bejon-
derem Rufe ftanden. Caes. b. c. 3, 9. Liv. 31, 45.
32, 21 u. d. Strab. 4, 315. 317,
Issedönes, Tocndöres, bei den Römern Esse-
dones, ein weit verbreitetes Volk in Seythia
extra Imaum bis nad GSerica hinein. Herodot
(1, 201. 4, 13. 255.) jegt fie öftlich von den
Maflageten, bis zum Fluß Oichardes hin. 2 Städte,
Iſſedon in Skythien und in Serica, werden bei
ihnen genannt.
Issos, ’/ooög, oder Issoi, "Iocol (Xen. An.
1, 2, 24. 4, 1), Stadt Milifiens, im innerften
Winfel des nad ihr genannten Iſſiſchen Meer:
bufens (j. Buſen von Sfanderun), noch zu Ale
randers Zeiten blühend, jpäter aber durch das
nahe Alerandreia er herabgefommen. Bier jchlug
im Jahre 333 v. E. Mlerander den Dareios. Strab.
14, 676. Arr. 2, 7 ff. Diod. Sie. 17,33 ff. Plut.
Alex. 32 ff.
Istaevönes oder Istvaeönes, der dritte der
von den Söhnen des Mannus hergeleiteten ger:
manijchen Stämme (Tac. Germ. 2). Jaf. Grimm
bat die Form Iscaevones vorgezogen und dabei an
die Entjtehung des erſten Menlhen aus der Eiche
edacht; andere an Istu. Nah Plinius (4, 99)
And es die am Rheine wohnenden Völkerſchaften.
Ister ſ. Danuvius.
Isthmia, r& Todue. Unter den großen Feſt—
jpielen der Hellenen waren nach den olympijchen
vorzugsweiſe bedeutend die ifthmijchen, welche auf
dem forinthiichen Iſthmos in der Umfaſſung eines
dem Poſeidon geheiligten meunn (IHocsudw-
vıov reuevog), bei einem Tempel des iſthmiſchen
Poſeidon, nad) Verlauf von 2 Jahren in der Mitte
des Sommers gefeiert wurden, und zwar auf der
Srenzicheide zwiſchen dem vierten und eriten, wie
wiſchen dem zweiten und dritten Olympiadenjahr,
I daß fie bald in den letzten bald in den erjten
Monat des olympifchen Jahres fielen. Den zwiſchen
den Feſten liegenden Zeitraum, Iſthmias (Ic#-
widg), —— man als eine Trieteris, deren
2 eine Olympiade ausfüllten. Die Sage läßt die
Iſthmien als Leichenjpiele zur Ehre des Meliker—
tes, eines Sohnes der Ino, geftiftet werden; jpäter
aber verwandelte jie Thejeus in Feſtſpiele des
ioniſchen Pojeidon (Plut. Thes. 25). Die Eleer
waren von dem Feſte ausgeichloffen, dagegen ge:
nofjen die Athener die Ehre der Proödrie; auch zahl-
ten diefe ihren Bürgern, wenn fie in den Kampf:
ipielen fiegten, eine Geldjumme von 100 Drach—
men. Die günftige Lage und der Reichtum Korinths
(der Vorfteherin der Spiele) verlichen den Spielen
vorzüglichen Glanz, der nad) den Berjerfriegen
’Ioovouie — Isyllos.
bejonders erhöht wurde, während des peloponne=
fiichen Krieges freilich etwas ſank, aber zur Zeit
des Achaiiſchen Bundes und jelbft nach der Zer—
ſtörung Korinths ſich wieder mehrte Sikyon hatte
nur einige Zeit die Leitung der Spiele, welche
nach Korinths Herſtellung an dieſe Stadt zurüd-
fam); die römiſchen Kaiſer ſchenkten dieſen Spielen
beſondere Aufmerkſamkeit. — Die 3 Hauptteile
großer Feſtſpiele, der gymniſche, der ritterliche
und der muſiſche Agon, finden ſich auch bei den
Iſthmien, ausgebildet wohl in der angegebenen
Ordnung: Wettlauf im Stadion und im Dolichos
Langlauf von 7 Stadien), Ring: und Fauſtkampf,
Banfration und Pentathlon bildeten den gummijchen
Agon (j. Gymnasium); Wettrennen mit dem
Viergejpann und Neiterrennen den ritterlichen
Agon; der muſiſche Agon, beitehend in Recita—
tionen von Gedichten und Inſtrumentalmuſik, fam
wahrjcheinlich erft in jpäterer Zeit Hinzu. — Das
Charafteriftiiche der 4 großen Spiele bejtand vor:
zugsweije darin, daß dem Sieger fein materieller
Gewinn zu teil wurde (wie bei Homer), fondern
nur ein Ehrenpreis, bejtehend in einem Kranze.
Bei den ifthmiichen Spielen beftand diejer Kranz
lange aus Eppich, oelıvor (Pind. nem. 4, 88.
ol. 13, 31), jo noch zur Zeit des Timoleon, DI. 110
(Plut. Tim. 26); A lange Zeit nach der Zerftö-
nung Korinths trat der Fichtenkranz, 7 wirwg,
an die Stelle. Niemand durfte fich während der
Spiele mit dem Kranze der Sieger ſchmücken; wer
dawider handelte, wie einmal Diogenes von Sinope,
wurde von den Nampfrichtern ermahnt, nichts
Sejekwidriges zu thun. Außer dem Kranze wurde
auch, wie bei den andern Spielen, dem Sieger die
Palme gereicht; ebenjo famen auch hier Öffentliche
Bekränzungen und Belobigungen einzelner ver:
dienter Männer und ganzer Staaten vor, nicht
minder wurden Verträge der hellenifchen Staaten
bier zu jchneller Kenntnisnahme auf Säulen eins
gegraben. Thuc. 5, 18. Während der Feſtfeker
erflärte einft (196 v. E.) der römische Feldherr
T. Duinctius Flamininus durch einen Herold die
Hellenen für autonom (Plut. Flam.12. Liv.33, 32),
ähnlich jpäter Nero (Suet. Ner. 22. 24). Der aud)
während der Iſthmien verfündete Gottesfriede,
Todumai ororded, wurde übrigens nicht jo ftreng
gehalten als der zu Olympia, woran wohl mit
die Lage jchuld war.
Isthmos ſ. Korinthia, 1.
Istria, ’/orgd«, oder Histria, der größere weit:
liche Teil der von dem Tergeftinijchen und von dem
Flanatiſchen Meerbujen eingeichlofienen Halbinfel
am nördlichen Ende des Adriatiichen Meeres. Die
Flüſſe Timavus, Formio, Ningus und Arfia bewäſſer—
ten dies von niedrigen Berghöhen (Caruſadius, j.
ital. Carſo, deutſch Karſt) aus Kalk durchzogene
Ländchen, deſſen Bewohner, die Iſtri oder Hiſtri,
eine rohe und wilde, dem Seeraub ergebene illy—
riſche Völkerſchaft, 177 v. C. von den Römern
unterworfen wurden. Liv, 41, 15f. Die wichtig:
en Städte waren Tergefte oder Tergeftum,
j. Trieft, Pola, j. gl. N., Parentium, j. Barenzo.
Strab. 5, 209. 215. Mela 2, 3, 12. 4, 4.
Istros j. Ar#is und Danuvius,
Isyllos, "IovAlog, von Epidauros, in der zweiten
Hälfte des 4. oder zu Anfang des 3. ——
v. E., Verfaſſer eines Paian anf Apollon und 4
andrer Gedichte, die vor einigen Jahren auf einer
—⸗
[57
Italia
Marmortafel zu Epidauros aufgefunden worden
find, doch ohne allen poetijchen Wert find. Bal.
U. v. Wilamowig:Möllendorff, Iſyllos von Epi-
dauros (18856).
Italia, 7) "reAle, oſtiſch Vitellium (angeblich
von dem oſtiſchen Worte vitlu [Tateiniich ne
Rind, eine etymologiiche Ableitung, deren Rich—
tigkeit neuerdings von Kiepert beftimmt in Abrede
geftellt wird, während Niffen den Stamm von
einer nach ÖraAög, vitlu benannten, früh verjchwun:
denen Bölterichaft Fıralol ableitet, andere an
das jemitishe Wort atal [Dunfel, Abend, aljo
Italia = Hesperia] denken), hieß anfangs nur
die jüdlichite Spitze der großen Halbinjel, die
im R. durch die Alpen und die Flüſſe Varus und
‚Arjia, im W. durch das Tyrrheniiche Meer, im ©.
durch das Sikuliſche, im O. durch das Adriatiſche
Meer begrenzt wird, nämlich das etiwa 120 Quadrat:
meilen große Gebiet vom Iſthmus zwiichen den
Buſen von Terina und Scylacium bis zur ficili-
jchen Meerenge; dann wurde der Name von den
Griechen allmählich auf ganz Unteritalien (von Po—
jeidonia im W. bis Taras im D.), und endlich
von den Römern nad) der Unterwerfung Unter:
italiens (266 v. E.) auf die Halbinjel bis zu den
Flüſſen Macra und Rubico, aljo auf ein Gebiet
bon etwa 2500 QOuadratmeilen, ausgedehnt, bis
Auguftus aud das Padus:Land (bisher das cis-
alpiniſche Gallien) mit einſchloß. Strab. 5, 209.
Andere, dichteriiche Namen (Verg. A. 1, 530) jind
Heiperia, das Abendland für die Griechen,
Auſonia (Opica), Onotria in Bezug auf ein-
zelne Bölterichaften. — Die Halbinjel wird im N.
don den nad S. ſchroff abfallenden Alpen halb:
bogenförmig eingejchlofien. An den jüdwetlichen
Teil diejes Bogens jchließt fich der Apenninus
(j. d.), anfangs in öftlicher Richtung etwa bis zu
dem h. Paß von Pietra mala, dann jüdöftlich der
Richtung der Halbinjel folgend. Nachdem das Ge-
birge in Sammium die Höhe von über 2900 m
erreicht, nimmt es an der Grenze von Sammium,
Lucanien und Apulien eine jüdliche, weiterhin ſüd—
weitliche Richtung an, durchzieht das weitliche
Bruttit und endigt beim Vorgebirge Leukopetra
(E. dell’ Armi). — Einen bejonderen Beitandteil
bildet im Norden das weite Bothal, einft ein
Bujen des Ndriatiichen Meeres, mit dem daran
den Gebirge, Oberitalien, bis zu Augufts
3 eit nad jeinen Bewohnern feltiihen Stammes
allia cisalpina oder citerior genannt. Der
Padus (f. d.) empfängt aus den Alpen jeine be-
deutendften Nebenflüffe: Duria minor und major
(Dora Ripera und Balten), Seſites (Sefia),
Ticinus (Teffin, Tieino), Addua (Ndda), Ollius
(Dglio), Mincius (Mincio), weldye legtere 4 die
Alpenjeen (ehemalige Fiorde) Lacus Berbanus
(2. Ma ger, 2. Yarius (X. di Como), L. Se:
Sans? d'Iſeo) und 2. Benacus (2. di Garda)
durchſtrömen. Vom Apennin aus ergießen ſich in
den Po: Tanärus (Tanaro), Trebia (Trebbia),
Tarus (Taro). Nördlich des Padus fließen dem
Meere zu: Atejis (j. d., j. Etich), nach dem Padus
Italiens größter Fl, Meduacus (Brenta), Bla:
vis (Piave, Tiliaventus (Tagliamento) und
Sontins (Iſonzo). — Das übrige Jtalien wird
durch den Hauptlamm des Apennin in eine Öftliche
und weſtliche Hälfte geteilt; außerdem zieht man
nod) eine Örenzlinie von D. nach W., gebildet durch
583
den Frentofluß (j. Fortore) und Silarus (j
Sele), und jcheidet darnach Mittel- und Inter: '
italien. Die Dftgälfte ift an Ausdehnung wie an
gina er Bedeutung die weniger bedeutende.
ie ans Meer auslaufenden Duerfetten geftatten
in ihren kurzen Thälern nur Heinen Flüſſen den
Lauf, die bedeutenditen find: Metaurus (Metaro),
jis (Ejino), Aternus (Aterno und Belcara),
Frento(Fortore), Aufidus Ofanto), welcher legtere
in jeinem unteren Zanfe eine dürre Ebene — Winter:
weide für die Herden der Gebirge — durchſtrömt.
Bwijchen beiden zulegt genannten erhebt ſich am Meere
vereinzelt die Höhe des Gargauus. Die größere
Wefthälfte ift auch mannigfaltiger teils durch die
dem Hauptfamm parallel. laufenden Höhenzüge,
teils durch vulfanische Einflüfe, welche die Bil-
dung des Bodens bedingt haben. Etwa vom Monte
Falterone an zieht ſich eine Gebirgsreihe parallel
mit dem Hauptlamm herab, welche die oberen
Alußthäler des Arnus (Arno) und des Tiberis
(Ziber) jcheidet, einen weftlichen Ausläufer ans
Meer entiendet (ben Mons Argentarius in
Etrurien), während die Gebirgsreihe ſelbſt fich am
rechten Ufer des Tiber in dem Mons Ciminius
und dem mehr einzeln liegenden Soracte fortjegt.
Südlid vom Tiber und feinem Nebenjluffe Nar
(Nera) jegt ſich die, Weftwand des Apennin zunächſt
im Sabiner:, Aquer- und Hernikergebirge
fort; vor ihnen —* dem Meere zu der Algi—
dus, die Albanerberge u. j. w. an dem rechten
Ufer des Trerus (Sacco oder Tolero), der in
den Liris (Garigliano) mündet, und
von den Bomptinijchen Sümpfen ans Meer
ftoßenden Voljkergebirge. Das zwiichen jenen Ge:
birgen und dem Hauptjtamm des Apennin liegende
Gebirgsland enthält den Keſſel des jebt ausge:
trodneten Laecus Fucinus (R. di Celano) und
die Quellen des in das Mdriatiiche Meer ſtrö—
menden Aternus, des in den Nar mündenden
Himella und Belinus, des Anio (Teverone),
der in den Tiber fällt, und des Liris. Zwiſchen
legterem und dem oberen jüdlichen Laufe des Vol:
turnus ziehen fich um Campanien in einem Bogen
die Höhen des Maſſieus (M. Dragone), Tifata
und Taburnus (M. Taburno) mit den Gaudini-
ſchen Päſſen, deren Ausläufer der Inſel Capreä
egenüber dad Promunturium Minervae (Bunta
Eampanella) ift: Gaurus und Veſuvius er-
heben ſich nahe dem Meere in diejer herrlichen
campanijchen Ebene, die vom unteren Yauf des
Volturnus durchflofien wird. Die ganze Boden-
formation, das Dajein vieler Feiner Seen zeigen
es deutlich, daß der Strich zwiichen dem Minerva=
vorgebirge hinauf bis zum M. Argentarius vul-
kaniſchen Einflüfjfen jeine Bildung verdankt. Der
nördliche Teil diejes Gebietes, von dem Tiber in
2 ziemlich gleiche Teile geteilt, ift es, der jeßt
den Namen der römijchen Campagna führt, ein
jet teils Ddürres, teil verjumpftes, dabei jajt
durchgängig ungejundes Yand, ſich aber in
der alten Zeit bis auf geringe Ausnahmen der
reichten Kultur und der dichtejten Bevölkerung
erfreute. Etwa 3 Meilen oberhalb der Tiber:
mündung liegen auf dem linken Ufer die 7 Hügel,
welche dazu beftimmt waren, die Stadt Rom zu
tragen, ſämtlich Tufffelſen von nicht mehr als
50m Höhe. — Wie oben erwähnt, nimmt das Ge:
birge etwa vom Mons Vultur ab eine jüdliche
“
ie jüdlich -
u
584
Richtung an und zieht durch Yucanien nach Bruttii,
wo es die Namen Elibanus und Silawald
führt; beide Yandichaften trennt das Flüßchen
Laus (Yao). Die Oftjeite, die Yandichaften Apulia
und Calabria begreifend, ift mehr eine Hochebene.
Der Bradanus (j. Bradano) jcheidet Apulien
von Lucanien. Aus den gegebenen Andeutungen
wird fich erfennen laflen, daß die Menge Heinerer,
durch die Gebirgszüge abgeichlofjener Thäler für
die Gründung eines —— Reichs nicht be—
ſonders günſtig war. Je geringeren Anteil alſo
die Natur des Landes an der Weltherrſchaft der
Römer hat, deſto höher werden wir die ſittlichen
und geiſtigen Kräfte zu ſchätzen haben, die dennoch
die Gründung einer ſolchen möglich machten. —
Die Bevölkerung der Halbinſel war eine höchſt
gemiſchte. Bei dem Duntel, welches in vieler
Beziehung über die dahin einichlagenden Verhält—
niffe herricht, läßt ſich etwa folgendes feſtſtellen.
im Po: Thale werden für die ältefte Zeit die
Tuffer oder Etrujfer, bei den Griechen Tyrr—
hener, als Bewohner genannt; neben ihnen die
Ombrifer oder Umbrer. Bom 6. Nahrhundert
v. E. au dringen nah und nach Kelten vom
Norden her ein und bemächtigen, fich des Yandes
oftwärts vom Apennin bis zum Ajis; im Apennin
jelbjt und weftlich dem Meere zu wohnten Yiqurer.
Kelten und Ligurer wurden von den Römern
durchaus als Barbaren behandelt. In Mittel-
italien ift das weiteft ausgedehnte Bolt zunächit
das der Umbrer; jie wohnten auf der Dftfeite
" des Apennin bis zum Sarganus hinab und hatten
-]
im W. noch das Yand bis zum Tiber inne. Zur Zeit,
als fie mit den Römern zufanmentrafen, waren
fie indes ſchon bejchränft auf ein micht ſehr aus:
gedehntes Gebiet am linken Ufer des oberen Tiber
bis zum Adriatiſchen Meere. Für die jpätere hifto-
rijche Zeit weit bedeutender find die Tufler oder
Etrujfer, griechiich Tyrrhener, mit dem einhei-
mischen Namen Raſenae genannt, welche den
Umbrern 300 Städte entriffen haben follen, einen
aus 12 Städten beftcehenden Bund gründeten und
fich nördlich und jüdlid; ausdehnten. Die Tyrrhener
waren (nad) Herodot) pelajgiichen Stammes und
aus Lydien übers Meer gelommen. Nimmt man
aber die Nachricht des Hellanitos von einer Ein:
wanderung aus Norden hinzu, jo ift es nicht
umvahricheinlich, daß fich diejen Elementen aus
Rätien ein Bolf, die Raſenge, zugejellte, und
daß aus deren Vermiſchung und Verbindung dann
das Volk der Tuffer entftand; jo wird aud) das
Borhandenfein von Tuffern in Norditalien befjer
erflärlich. — Der ſüdliche Zweig des umbriſchen
Stammes begriff diejenigen Völker, die bei den
riechen Aujoner oder Opifer (Offer) hiehen,
deren Sprache die offifche genannt wird. Dazu
gehören die Apuler im engeren Sinne, die eigent-
lichen Opiter, Ureinwohner des jpäteren Sam:
niums und Cantpaniens, die Yurunker (Murunei
— NAufonici), die Volſter und Hauer im öſt—
lichen Sebirgslande des ſpäteren Latium, und in
gewiſſer Hinlicht auch die Yatimer, indem wenig:
tens das Bolt der fogenannten Aboriginer
(Aßogıyives, deren Name nicht don origo abzu-
leiten, jondern auch auf die Aurunfer zurüdzu:
führen ift), welches, von N. her durch die Sabiner
aus dem Belinusthal um Reate vertrieben, über
den Anio wanderte und in Vereinigung mit den
Italia.
an der Weſtküſte wohnenden filuliichen und pela-
igiichen Ureinwohnern die latiniiche Nation bildete,
jiher aufonischen Stammes, unter deren Bölfern
den Djfern und Umbrern zunächit verwandt war.
Der Stamm der Sabiner oder Sabeller wohnte
urjprünglich in den Hochthälern des Gebirges am
Aternus, von wo aus fie bis zum Zuſammenfluß
des Anio und Tiber vordrangen. Eine eigentüm:
liche Sitte der Sabeller war das jogenannte ver
sacrum, der heilige Frühling; bei entftandener
Not nämlich gelobten jie den Göttern den Ertrag
des nächiten " rühlings zu weihen, worauf dann
Früchte und Tiere geopfert wurden, die Jugend
aber nach 20 Jahren ausgeichidt wurde, um ſich
eine neue Heimat zu juchen. So jollen die Bicen:
ter, die Herniker, Beftiner, Marruciner,.
Päligner, Marjer entjtanden fein, welche Iegtere
4 durdy ein Bündnis verbunden waren. Seit
450 v. C. ctwa verbreiteten fie fich unter dem
Namen der Samniten (abgeleitet von dem Kollek—
tivnamen Samnium = Gabinium, Savinium,
riechiſch Zevriraı) über das oſtiſche Süditalien ;
ie zerfielen in die Garacener oder Sariciner
im R., Bentrer, Caudiner, Hirpiner. Nörbd-
lich vom Frento lichen fich die Frentaner nieder.
Daß die Niederlaffungen der Sabeller an der Dit:
füfte noch weiter abwärts gingen, ift wahricheinlich.
Die Samniten jegten ihre Eroberungen auch an
der Wejtfüfte weiter fort. Zunächſt gegen SW.
nahmen fie jeit 440 v. E. das bis dahin ojkiiche
und tujfische (richtiger tyrrheniſche Kampanien
ein, deffen Hauptitadt Capua 437 v. C. fiel, worauf
420 die Etruffer ermordet worden fein jollen. Die
Campaner waren aus der jammitiich: offischen
Miſchung ein eigenes Volk geworden. Als griechijche
Stadt hielt fich jelbftändig nur Barthenope, jeit:
den wahrjcheinlich Palaiopolis genannt, indem flüch—
tige Kymaier daneben Neapolis bauten. Nördlich
vom Volturnus blieb das oſtiſche Volk der Sidi:
ciner (mit den Städten Teanum und Eales) von den
Samniten unabhängig. In Unteritalien breiteten
jich die Samniten feit 420 auch unter dem Namen
Yucaner über das alte Onotrien aus und er-
oberten den größten Teil des Binnenlandes, von
den griechiſchen Städten jelbit nur Pojeidonia
und Pyrus (jeitdem Päftum und Burentum);
ſeit 390 v. E. unterwarfen fich dieje Yucaner fajt
die ganze füdliche Halbinjel oder das alte Jtalien
in jeiner ng Bedeutung, welches um dieſe
Zeit — mit Ausnahme der Städte Grofgriechen-
lands — den Namen Lucania führte. Die ur-
ſprünglichen italisch - fituliichen Bewohner (Meor-
geten und Sifeler), bis dahin Unterthanen der
griechiichen Städte, verbanden ſich mit ihnen und
erichienen etwa 360 v. E. als jelbftändiges Volt
unter dem Namen Bruttii, griechifch Borrrioı
(die Siteler waren wohl Eines Stammes mit den
feltijchen Briten, f. darüber Sieilia,, welche den
ager Bruttius bewohnten. Die griechiichen zahl-
reichen Kolonien der unteritalijchen Küſte führen den
Namen Grofgriechenland ſ. Graecia magna).
Aus dem nachmaligen Jllyrien endlih waren
nach der Dftjeite Unteritaliens einzelne Stämme
übergegangen: Japyges, dasjelbe Volf, welches
die Römer Apuler nannten, und die Stämme
der Daunier, Peuketier (römiſch Pödicnler)
und Calabrer nebit den Mefjapiern oder Sa:
lentinern. Anderſeits werden allerdings die
10
1
—
LE
Italica
Peuketier und Meflapier nebft den unter den Si-
felern die jüdliche Halbinjel bewohnenden Chones,
die aucd mit dem umfafjenderen Namen Onotrer
bezeichnet werden, von urgriechiichen oder pela-
ſgiſchen Stämmen abgeleitet. Dies das Allgemeine
in Hinficht der Bevölferung. Über Yatium ins:
bejondere j. d. — Erit der neueren Sprad):
forjchung ift es gelungen, nad) den Überreſten der
einheimischen Sprachen außer den eingewanderten
Kelten 3 italijche Urftämme zu untericheiden, den
iapygiſchen, den etrujtijchen und den ita:
liſchen, von welchen der feßtere jich in 2 Haupt:
zweige jpaltet, das latinijche Idiom und das:
jenige, dem die Dialekte der Umbrer, Marier,
Boliter und Samniten angehören. Der iapy:
aiihe Stamm im füdöftlichen Italien, in Gala:
brien und Apulien, ſchwindet mehr und mehr beim
Beginn unferer geichichtlichen Kenntnis und wird
namentlich durch die Hellenen in Unteritalien jehr
bald entnationalijiert. Der italijhe Stamm
nahm das ganze mittlere Jtalien ein, er ift ſtamm—
verwandt mit den Hellenen, ein Glied des arijchen
Sprahjtammes. Der latinifche Zweig nahm den
ganzen Weiten, jüdlich vom Tiber bejonders Ya:
tium und Campanien ein; nur in dem eigentlichen
Latium hat er ſich rein erhalten. Der andere
Zweig begriff die UImbrer und Sammiten,
deren Sprachen, das Umbriihe und Dikijche
(porij Orızar, ra» Oorwv 1) dıd)enrog, lingua
obsca, osca), ji einander näher ftehen als dem
Yateinijchen. Vgl. Mommſen, die unteritaliichen Dia:
fette (1850). Bücheler, Umbrica (1883). Die Sprad):
denfmale der Etrujfer find bis jetzt noch zu
wenig erflärt, um diefem tolierten Stamm jeine
Stellung genau anzuweiſen (j. Etruria, 2.) —
Oberitalien von den Alpen bis Meacra und
Rubico zerfiel in: 1) Liguria (j. d) am Liguri-
ichen Meerbufen mit den Städten Nicäa (Nizza),
Aſta (Aiti), Genua (j. gl. N), Dertona (Tor:
tona). 2) Gallia cisalpina, jeit der Eroberung
Mediolaniums 222v.E. Provinz, durch den Padus
in eispadana und transpadana geſchieden. Im
W. wohnten die Tauriner, ein feltijch-ligurifches
Miichvolf, mit Nugnjta Taurinorum(j. Turin),
in der N.:Weftede die keltiſchen Salajlier mit
Augufta PBrätoria (j. Aoſta) und Eporedia
(ji. Jvrea), die feltifchen Inſubrer zwiichen Tiei—
nus und dem L. Yarius mit der Hauptitadt Me:
diolanium (j. Milano, Mailand); die Ceno:
manen mit Briria (Brescia), Cremona und
Berona; jüdlih vom Padus der mächtige Kelten:
jftamm der Bojer mit Parma, Mutina (Modena)
und Bononia (Bologna); öftlih von ihnen bis
zur Küfte die Yingonen mitRavenna. 3) Vene:
tia öftlih vom Atejis bis zum Timavus mit
Patavium (Badua) und Altımum (j. Dorf Al—
tino) und nördlich die Carniz und 4) das öftlic)
vom Timavus liegende Jftrien. Strab. 5, 209 ff.
— In Mittelitalien liegen an der Weftjeite
die Yandichaften: 1) Etrurta, gegen ©. und ©.
faft durchaus von dem Yaufe des Tiber begrenzt;
2) Latium bis ſüdlich über den Liris hinaus
mit den Yandichaften der Aquer, Herniker,
Voljfer und Aurunfer; 3) Campania; im
D. 4) Umbria, jüdlid bis zum Aſis und dem
Nar Nebenfluß des Tiber); 5) Picenum an
der Dftfüfte vom Aſis bis zum Salinus; 6) das
Land der Sabiner, Bejtiner, Marruciner,
— [thaka.
585
Päligner und Marjer; 7) Samnium mit den
Bölferjchaften, der Caracener, Bentrer, Eau:
diner, Hirpiner, und öftlih an der Küſte die
Frentaner, füdlicd bis zum Frento. — Unter:
italien endlich enthielt an der Dftjeite die Yand-
ichaften Apulia (mit Daunia und Peucetia) und
Galabria, im ®. Lucania und Bruttii.
Das Genauere j. bei den einzelnen Artikeln. Plin.
3, 38—138. Strab. 5, 209. Niſſen, Italiſche
Landeskunde (1. Band 1883).
Italiea, 1) Stadt im Gebiete der Turdetaner
in Hiſpania Bätica, eine im zweiten puniſchen
Kriege von Scipio gegründete und mit Veteranen
bevölferte Stadt, etwas nordweitlid von Hilpalis
am Bätis. Seit Auguſtus war die Stadt Muni:
eipium, fpäter erhielt fie den Namen colonia vic-
trix oder Ulpia. Zahlreiche und große Ruinen
bei Santiponce zeugen für die Größe der Stadt.
Sie war die Vaterjtadt der Kaiſer Hadrian und
Trajan, vielleicht aud) des Dichters Silius Jtalicus
(.Sılii,8.). Caes. b. c. 2, 20. b. Alex. 53. Strab.
3, 141. — 2) j. Corfinium.
Italfeum bellum j. Marsicum bellum.,
Italieus, 1) j. Silii, 8. — 2) Sohn von Ar:
minius’ (ſ. d.) Bruder Flavus, Fürſt der Cheruifer.
Tae. ann. 11, 16. 17.
Itälus j. Elektra, 5.
Itänos, "Iravog, Stadt an der Dftküfte der Juſel
Kreta, etwa ſüdlich vom VBorgebirge Salmonion,
hatte nach Herodot (4, 151) Purpurfärbereien und
bejah ein nicht unbedeutendes Gebiet.
Ithäka, '"/8dan, j. Ithali oder Thiafi, die Heine
3TIM. große), aber berühmte Inſel des Odyfjeus
an der Ditjeite von Kephallenia oder Same, von
Homer (Od. 9, 25) jedoch die weftlichite der
Injeln genannt. Ein Bergrüden durchzieht die
ganze nad NNW. jich eritredende Inſel (Od.
4, 605. 13, 195); die nördliche, 807 m hohe, Höhe
hie Nrjerov (j. St. Elias oder Anoi, Od.
9, 22. 13, 371), die jüdliche Nrjiov (j. Hagios
Stephanos, Od. 1, 186. 3, 81); auf die ſchroffen
Feljen paffen die homerijchen Beiwörter alydlıy
und xeavar. Die jept meiſt fahlen Höhen waren
nach Homer mit Wald bededt iNTjiov slvoaipvilor,
Il. 2, 632. Od. 1, 186. 9, 22 u. ö.), auch wafler:
reich nennt er das Land (Od. 13, 245). Im den
Heinen Thälern und an Abhängen wuchs viel Ge:
treide (Od. 13, 244), Wein, Feigen, Dliven (Od.
24, 245 .); desgleichen war die Viehzucht beden-
tend (Od. &, 606. 13, 246. 404. 14, 107). An der
Nordieite lag der Felſen Korax und die Bucht
des Phorkys nebſt der Duelle Arethuſa (Od.
13, 102 ff. 351). Der Hafen Rheithron (Od.
1, 186), j. Porto Molo, von NO. ſtark einjchnei:
dend, verjchmälert die Inſel in der Mitte (derjelbe
ift wohl der Au» moAvßerdijs, Od. 16, 324.352).
An dem Rheithron jowie an dem Fuße des Neion
lag die Stadt Ithaka (Od.3,81. 2, 397, 16,331),
j. Aöto bei dem jehigen Hauptorte Vathy, dod)
aber lag jie immer noch hoch (Cie. de or. 1, 44:
Ithacam in asperrimis saxulis tanquam nidulum
affixam) auf der jchmalen Stelle der Juſel. —
Die Angaben über die Ortlichkeiten find in den
verichiedenen Teilen der Odyſſee wideriprechend,
noch weniger entiprechen diejelben den jetzigen
Verhältnifien. Offenbar hat der Dichter die Juſel
niemals gejehen und lofale Einzelheiten erfunden.
Trogdem haben neuere Forſcher (Gel, Rühle
886
v. Lilienftern, Schreiber und ſelbſt Fr. Thierich,
j. fein Yeben Bd. II S. 333) noch jetzt alles Home:
rijche wiederfinden wollen, wogegen ſich Hercher
aus Autopfie ausipricht Hermes Br. l ©. 263—
2803 wieder abgedrudt in deſſen homer. Abhand:
lungen). Bol. 8. A. v. Baer, über die homer.
Yofalitäten in der Odyſſee. Nach dem Tode des
Verfaſſers herausgegeben von L. Stieda (1878).
von Warsberg, Donfleifche Landichaften (3 Bod.
1878). Ithala (1888).
Ithöme, '/doun, 1) Berg in der Mitte Mei:
ſeniens am rechten Ufer des Balyrafluffes (502m
hoch), nächſt Korinth das zweite Horn (xEgus)
des Peloponnes (Pol. 7, 11. Strab. 8, 361) von
Demetrios von Pharos genannt. Auf dem Gipfel
befand fich ein Heiligtum des Zeus Jthomatas,
des Yandgottes von Mefjenien, der ohne Tempel
und Bild mit Opfern und mufischen Wetttämpfen
verehrt wurde. Zugleich diente die mit ftarfen
Mauern umgebene obere Fläche als Burg und
Hauptfeitung des Landes. Während des eriten
meſſeniſchen Krieges (743— 724 v. E.) wurde dieſe
Burg heldenmütig 10 Jahre lang von Ariftodemos
gegen die Spartaner verteidigt und von leßteren
darauf eingenommen; bald aber ward th. aufs
nene befejtigt, jo daß fie ſpäter als Akropolis der
darunter liegenden Stadt Mefjene betrachtet wird.
Am füdlihen Fuße des Berges legte nämlich
Epameinondas im Jahre 369 die fefte, geſund
gelegene Hauptitadt Meſſene an, von welcher jich
noch merkwürdige und bedentende Ruinen finden.
Der Berg Jth. heift jetzt Vurlano. Thuc. 1,103.
Faus. 4, 26, 5fj. 2gl. den Plan zu Messenia
und die fchöne Schilderung von Viſcher, Erinne:
rungen und Eindrüde aus Griechenland ©. 442 ff.
— 2) fefte Stadt im weftlichen Theflalien, auf
fteiler Felshöhe gelegen, deren Bewohner jpäter
mit Metropolis vereinigt wurden. Strab. 9, 437.
Itineraria, Reijebücher, waren bei den Römern
doppelter Art (Veget. de re mil. 3, 6), entweder
It. adnotata s. scripta oder It. pieta, entftanden
aus den Vermeffungen und fartographiichen Dar:
ftellungen, weldie in der Naiferzeit angefertigt
wurden. Die It. seripta find Neiferonten (nad
Art unferer Wursbücher), welche die Namen und
Entfernungen der verichiedenen Orte, die man be-
rühren mußte, ohne weitere Bemerkungen ent:
hielten. Uns find folgende derartige Werfe erhalten:
1) die beiden Itineraria Antonini (dem Kaiſer
Antonin zugejchrieben, doch nicht vor Pivcletian
abgefaßt), das größere Diftancen zu Lande nad)
Millien, das Kleinere Diftancen zur See in
Stadien enthaltend. 2) Itinerarium Hierosoly-
mitanum oder Burdigalense vom Jahre 333,
enthält die Route eines chriftlihen Pilgers von
Burdigala nad Hieroſolyma, und von Herakleia
über * nach Mediolanium ſehr genau. Ausgg.
von Weſſeling (1735), Fortia d'Urban (1845),
Parthey und Binder (1848). 3) It. Alexandrı,
ein kurzer Abriß des Zuges gegen die Berfer,
hauptjächlich nach Arrian, für den Kaiſer Conſtan—
tinus angefertigt, herausgegeben zuerft von A.
Mai (1817) und jeitdem von €. Müller (in Düb-
nerd Ausgabe des Arrian, 1846) und am bejten
von Dietr. Vollmann (1871). — Von der zweiten
Klaſſe, den It, pieta, den erjten rohen Verſuchen
der Poſtkarten, hat ſich auch ein Eremplar erhal:
ten, die nach ihrem früheren Befiger, dem Augs—
Ithome — Jubn.
burger Ratsheren Konrad Pentinger, genannte
Tabula Peutingeriana (jegt in Wien) etwa aus
dem Sahre 230 n. E.; das vorhandene Eremplar
ift eine im Jahre 1265 zu Colmar gezeichnete und
folorierte Kopie auf 12 Pergamenttafeln in Folio
und umfaßt die ganze den Römern befannte Erde;
nur der Hiſpanien und Britannien enthaltende
Anhang ift verloren gegangen. Weder die Gejtalt
der Länder noch die geographiiche Lage ift darauf
berüdfichtigt, fondern nur die Entfernungen find auf
einem von W. nach O. gehenden Streifen bezeichnet,
das Zeichen der Stadt ift nach der Größe ver:
ichteden. Außerdem find die Flüffe und die Namen
der Länder angegeben. Ausgg. von Scheyb (1753),
Mannert(1824)und namentlidy Desjardins(1868Ff.);
Schulausgabe von Miller (Weltfarte des Eaftorius,
1888).
Itins portus, rö "Irıor, Hafenftadt der galli-
ichen Moriner, wo Cäſar feine Truppen vor jeiner
zweiten Überfahrt nad) Britannien fammelte (Caes.
b. q. 5, 2. 5. 8), nach Napoleons Ill. wohl richtiger
Meinung das h. Boulogne (aljo = Gesoriäcum),
nach dv. Göler Calais, nad Seller und Kiepert
Wiſſant, deſſen Hafen jebt freilich völlig verjandet
iſt. Abhandlung von Rud. Schneider (1888).
Itys ij. Philomele.
Juba, ’/ößas, 1) Juba J., König yon Numi:
dien, ein Sohn Hiempſals II. (j. die Stammtafel
unter Jugurtha). Nachdem jein Vater beim
Ausbruch des Bürgerkriegs zwijchen Marius und
Sulla ſich dem letzteren angejchlofien hatte, darauf
von Marius verdrängt, jedoch von dem jungen
En. Rompejus wieder eingejegt worden war, wurde
der Sohn durd die Verhältniffe auf Pompejus'
Seite gedrängt und zog fi Cäſars Feindſchaft
zu. Plut. Pomp. 12. App. b. c. 1, 80. Als näm:
lid Juba im 3. 63 v. C. im Auftrage jeines
Baters nad) Rom ging, um die Wirkungen des
von Cäſar unterftügten ſerviliſchen Ackergeſetzes,
welches für Numidien den Verluſt von Ländereien
nach ſich ziehen konnte, zu verhindern, berüchſich—
tigte man in Rom freilid) des Juba Verhältnis
zu PBompejus; allein im %. 62 beleidigte Juba
den Cäſar in der Perſon eines von ihm begünftigten
Numidiers, des Mafıntha, jo daß Cäſar den Juba
perjönlich antaftete. Suet. Caes. 71. Als nun
jpäter der Bürgerkrieg ausbrach, beftand Juba,
der von Cäſar feine Nachſicht zu hoffen hatte,
get einen heftigen Kampf gegen deſſen Feldherrn
. Scribonius Curio (49), welcher als Tribun vor:
geichlagen hatte ihm jein Reich zu nehmen. Vell.
Pat. 2, 54f. Juba lodte den Gelandeten durch
Lift in eine Ebene, umzingelte ihn bier und ver:
nichtete ihn jamt feinem Heere. Caes. b. c. 2, 40 ff.
Wegen diejer und anderer Thaten, bei denen es
Juba freilich nicht an Gewaltthätigkeiten und Treu:
lofigfeit hatte fehlen Taffen, erhielt er von Pom—
pejus den KRönigstitel. Als nun jpäter Cäſar jelbit
in Afrifa erichtien, erhob Juba, auf jeine Ber:
dienste pochend, Anjprüche auf den Oberbefehl über
die Pompejaner und hätte ihn von dem jonjt jo
ftolzen, aber unfähigen Scipio auch erhalten, wenn
ſich nicht Cato dem widerſetzt hätte. App. b. c.
2,46. Plut. Cat. min. 57 f. So übernahm Scipio
den Oberbefehl. Dadurch verlegt, zog ſich Juba
anfangs zurüd; als aber Cäſar in Nujpina ein-
aeichloffen war, zog auch Juba heran (47), wurde
jedod) zum Nüdzuge genötigt, da (wohl nicht ohne
—
Judaea — Judex.
Zuthun Cäſars) nicht nur von Weften
geborene, auf Jubas Macht eiferfüchtige Fürften
in fein Reich einbrachen, fondern auch ım Süden
desjelben mauriſche Stämme fich empörten. Caes.
b. Afr. 25. 57. 77. Nur dringende Bitten des
Seipio und zulegt die Auficherung einer Ber:
größerung jeines Reiches veranlaßten ihn, wieder
zum römischen Heere zu ftoßen (Die Cass. 43, 3),
worauf er den Seipio mit Hochmut behandelte
(Caes. b. Afr. 57). Nach der unglüdlichen Schlacht
bei Thapfjus (46), in der Juba zuerjt die Flucht
ergreifen mußte, fam er nad) Utica, von Cato hier
abgewiejen, nad) Zama, wo die Eimmohner die
Thore vor ihm verjchloffen und Br jogar die
Auslieferung feiner Familie und jeiner Schäße
verweigerten. So überall verlafjen und durch die
Niederlage feines lebten ar unter Saburra
gegen die Mauretanier und Gätuler unter dem
ömer Eittius entmutigt, fuchte er auf einer feiner
Villen Zuflucht. Hier gab er fi, mit dem Haſſe
feiner Unterthanen beladen, wahrſcheinlich mit
eigener Hand den Tod (nach andern tötete er erft
den Petrejus im Zmweifampf und ließ fi dann
von einem Sklaven eritechen), im J. 46.
Land wurde römijche Provinz und erhielt in dem
Seichichtichreiber Sallujtius feinen erften Statt:
halter. Caes. b. Afr. 98. App. b. c. 4, 53 f Dio
Cass. 43, 9. — 2) Sein Sohn, Juba Il., ge:
ftorben 23 n. C., wurde in Bama von Gahır
gefangen genommen und nach Kom geſchickt, wo
ihm iſee Erziehung zu teil wurde. Oectavian
vermählte ihn mit Kleopatra Selene, einer Tochter
des Antonius und der Kleopatra, und übergab
ihm dann im %. 25 v. E. nicht nur Numidien,
fondern auch Mauretanien. J. erwarb fich durch
eographijche und hiftoriiche Schriften (z. B. Ar-
und,
her ein⸗
Sein
eugni ründlicher Kenntniſſe ſind und von
lutar pian und Caſſius Dio vielfach be—
nutzt worden ſind, einen nicht unbedeutenden Ruf.
Plut. Ant. 87. Caes. 55. Abhandlung von Herm
Peter (1879). — 3) ein römijcher Artigraph des
8. Dr n. C., der in jeinen metrischen Schrif:
ten ſich an den Griechen Heliodoros und an Cäftus
Baſſus angejchloffen hat. Fragmente gejanmelt
von ten Brinf (1854), Wenbel in den symb. ad
bistor, script. rei metr. lat. p. 18-25 und Henfe,
act. soc. philol. Lips. 4 (1875), 1.
Iudaen, "Tovdad«, zunächſt die jüdlichfte und
wichtigite der 3 Landichaften Paläftinas diesjeits
des Jordan, das Gebiet des „Reiches Juda“, das
nach dem mächtigiten ifraelitiichen Stamm benannt
war, aber auc den Stamm Simeon und Teile
von Dan und Benjamin im fich begriff. Die
Grenzen bildeten im N. Samarta, ım D. der
Jordan und das Tote Meer, im S. Idumäa, im
W. Philiftän; doch verjtand man in der römischen
Kaiſerzeit unter Judaea häufig alles Land diesjeits
des Jordan oder auch ganz Paläftina. Strab.
16, 749. 760. Tae. hist. 4, 3. 5, 6. 9.
Judex, T) allgemein, 1) bezeichnet eine Ma-
giftratsperjon und zwar jowohl in der ältejten
Zeit des römischen Freiftonts (wo ſogar die Kon—
juln iudices heißen) als in der Kaiferzeit, wo
man deshalb iudices civiles und militares unter:
ſchied. — 2) Wichtiger ift die Bedeutung einer mit
der Unterfuchung und Entjcheidung eines Eivil-
oder Kriminalprozeffes beauftragten Privatperjon.
Poueinn lorogla«, nepi Asovelor), die
c
587
Im e. ©. ift index ein Kriminalrichter oder ein
Civilrichter A) Judex als Kriminalrichter.
Bor Einführung der quaestiones perpetuae gab
es feine eigentlichen iudices. Der Senat gab in
vorliegenden Fällen durch ein Senatsfonfult den
Tribunen den Auftrag, das Bolf zur Anordnung
eines Gerichtes und Ernennung eines Borfikers
aufzufordern (Liv. 4, 51). Seit aber die erjte
quaestio perpetua 149 v. C. durd die lex Cal-
purnia repetundarum (f. Repetundarum) ein-
eführt war, entwarf der praetor urbanus alle
Sr nicht durchs Los, jondern nad eiblicher
ag aus befter Überzeugung eine Lifte
der für die Quäftionen wahlfähigen Richter (album
indicum). Dieje hießen nach Rein (römifches Pri-
en selecti iudices, andere wagen bei
der Unficherheit der Angaben (Sen. de ben. 3, 7.
Cie. Cluent. 43. Verr. 2, 13) nicht, über diejen
Begriff zu entjcheiden. Nach Plinius (33, 2: de-
curiae pluribus discretae nominibus fuere, tri-
bunorum aeris et seleetorum et indieum) wer:
den selecti noch bejonders neben iudices erwähnt,
fie jcheinen eine bejondere Nichterdecurie (deren
jede immer einen Stand vertrat), aljo die Nitter-
decurie (Indices Senatorendecurie) bezeichnet zu
haben. — Bis auf die Gracchen waren die indices
nur Senatoren, aber von da an begann ein
langer Kampf der Stände um die Nichterwürbde.
€. Grachus nahm die Gerichte den Senatoren
und gab fie denen, welche 400 000 ertien be:
ſaßen (den bisherigen ritterlihen Genfus). Tae.
ann. 12, 60. Vell. Pat. 2,6. (Doc anders Liv.
7 60 und Plut. C. Gracch.5.) Die beiden leges
erviliae (Tae. ann. 12, 60: rursum Serviliae
leges senatui indieia redderent) gaben dem
Senate die Gerichte wieder zurüd, die lex des
Konjuls DO. Servilius Cäpio 106 v. C. vollitändig
und ausichlieglich, die bald darauf erfolgende lex
des Tribunen Servilins Glaucia nur teilweiſe,
indem nach irgend einem uns unbelannten Modus
Senat und Ritter gemeinjchaftlih Richter jein
follten. Im Gegenjage zu dem jempronijchen
Geſetze des E. Sempronius Gracchus, das aus:
ſchließlich die Ritter als Richter beitimmte, durfte
Tacitus auch das zweite ferviliiche Geſetz (des
Glauecia) als im Intereſſe des Senats bezeichnen
und von einer Zurüdgabe der Gerichte an den
Senat jprechen. Gegen dieſe Auffaflung würde
allerdings Aſconius (S. 79 zu Cie. pro .)
ſprechen, der behauptet, daß vor der lex Plautia
89 dv. E. niemals Senat und Nitter gemeinichaft-
lich das Richteramt verwaltet hätten, indeflen jchei:
nen auch jonft Schon im Altertume Verwechſelungen
der beiden leges Serviliae Ar efunden zu haben
—T Cie. inv. 1, 49). Verſchiedene Auffaſſungen
. Mommjen, Zeitfchrift für die Altert.-Wifenich
1843 Nr. 102 ff., Zumpt, de legibus iudierisque
repetund. p. 28. Der Tribun M. Livins
Druius (j. Drusi, 2.) wollte im 3. 91 v. €.
die Gerichte wieder ausichliehlich dem Senate über-
tragen und doch augleich auch die Ritter, welche
bis dahin nach der lex Servilia (des Glaucia) in
Semeinichaft mit dem Senate das Nichteramt ver:
waltet hatten, befriedigen. Daher ſchlug er vor,
es jollten zuvörderſt 300 Ritter in den Senat auf:
genommen werden (App. b. ce. 1, 35; jcheinbar
anders Vell. Pat. 2, 13), doch der Senat erflärte
das ſchon angenommene Gejeg für ungültig. Vgl.
154
588
Billy Strehl, M. Liv, Drufus Voltstribun 91 v. €.
(1887). Much die lex Plautia des M. Plau—
tius Silvanıs 89 v. E., welche die Wahl der
Nichter in der Weife dem Volle übertrug, daß
dasjelbe aus jeder Tribus 15 iudices (Senatoren,
Nitter, Plebejer) erwählte, galt nur furze Zeit.
Sulla berief durch jeine lex Cornelia iudi-
eiaria 81 v. E. die Senatoren wieder ausſchließ—
lid) zu Richtern. Die Beftechlichkeit dieſer ſena—
torijchen Nichter veranlafte die lex Aurelia
des L. Aurelius Cotta 70 v. E., nach welcher
3 Nichterdecurien aus den Senatoren, Rittern und
rartribunen genommen werden follten. C. Julius
Cäſar ſchloß die Tegteren wieder aus (Suet.
Caes. 41. Dio (ass. 43, 25), 46 dv. E., und M.
Antonius ftiftete 2 Jahre darauf an deren Stelle
eine Decurie aus Centurionen und Soldaten, was
der Senat im J. 43 wieder abichaffte. Auguftus
fügte den 3 früheren Nichterdecurien eine vierte
hinzu (Suet. Oct. 32: ex inferiore censu, quae
ducenariorum vocaretur; 200 000 Seftertien, d. i.
ducenta sestertia), deren Beftimmung die Ab:
urteilung geringfügiger Sachen jein jollte. Cali—
gula fügte nor eine fünfte Decurie hinzu. Suet.
Cal. 16. — Über das Alter, das zum Richter:
amte befähigte, ift die Hauptitelle Süuet. Oct. 32,
wo ri tige Rechnung jtatt der handjchriftlichen
Ba XX die Zahl XXV verlangt. Darnad)
onnte früher nur mit dem dreißigiten Jahre das
Nichteramt angetreten werden, Augnftus ſetzte das
erg Sp Lebensjahr feſt. Das Amt
auerte 1 u zu allen den Zeiten, wo die Rich—
ter nicht ausjchließlich aus den Senatoren genom:
men wurden. Dio Cass. 54, 18. — Die Gejamt:
zahl der iudices war in verjchiedenen Zeiten eine
verichiedene. Die lex Plautia beftimmte 525 Rich—
ter für alle Quäftionen, während die lex Servilia
(Glaueia) für die Nepetunden allein 450 verordnet
hatte. Auch Bompejus verfügte 52 v. E. für feine
Duäftionen 360 Richter. Auguſtus brachte die Zahl
der Richter auf 4000 und verordnete, daß zur Er:
leichterung des richterlichen Amtes wechſelsweiſe
jede der 4 Decurien 1 —— ſein ſolle; über—
dies un er auch noc 2 Monate Gerichtsferien
fejt (Suet. Oct. 32), die jedoch Galba wieder aufs
hob (Suet. Galb. 14). — Aus dem allgemeinen
album wurden die Richter für jede Quäſtio aus:
geloft, und aus der Richterzahl einer jeden Quäſtio
wurden bei jedem einzelnen Prozeß die Richter
gewählt (editio iudieum, iudices editieii, ic.
Plane. 15 ff). Doch war dies das jeltnere Ver:
fahren, das gewöhnlichere die Auslojung (sortitio
und subsortitio, wenn die Parteien einige ab:
gelchnt haben). Beftechliche Nichter wurden vor
alters mit einer Napitaljtrafe bedroht (Well. 20, 1),
ſpäter gelinde ge — B) Judex als Civil—
richter. Schon in der Ältejten Zeit pflegten Ma:
giftrate die Unterfuchung und Entjcheidung der
Prozeſſe Privatperjonen zu übertragen, welche an
die von dem Magiftratus erhaltene Inſtruktion
gebunden waren. Dieje Einrichtung, iudicis datio
genannt, wurde zur Negel und beftand, jolange
der ſ. g. ordo iudiciorum privatorum dauerte.
Später entjtand das Ertraordinarverfahren, nach
welchem der Magiftratus jelbit —— und
entſchied, und dieſes war ſeit dem 3. Jahrh. n. €.
das einzige. Anfangs waren die Nichter gewiß
Senatoren (Pol. 6, 17), darauf nahm man die
Judieia — Jugum.
Nichter auch aus den andern Ständen, zuweilen
wohl aus dem album, was Wuguft gejeglich be:
ftimmte. Der Magiftratus fonnte in jedem ein-
zelnen Falle nur den zum Richter machen (con-
stituere, collocare), mit welchem beide Barteien
zufrieden waren, und gewöhnlich lieh er den Kläger
vorichlagen (iudicem ferre). Der ernannte Richter
hatte das Recht, ſich Ratgeber zu nehmen (asses-
sores, consiliarüi), j. Assessor. Bereidigung
des Nichters war regelmäßig. — Unfähig zum
Nichteramt waren Taube, Stumme, Wahnfinnige,
infames u. ſ. w. Es gab aud einzelne Be-
freiungsgründe, 3. B. ein gewifjes höheres Alter
u. ſ. w. II. Judex pedaneus, gauaıdı-
xcorijs, ein Ausdrud der Kaiferzeit, bezeichnet
einen gegebenen Hilfs: oder Unterrichter, dem von
den Magiftraten einzelne ng zur Unter:
ſuchung überwiejen wurden. — III) Judex quae-
stionis hieß der Präjident einer Quaestio per-
petun, welder aber nicht Magiftratus war (j.
Quaesitorund Quaestio perpetua). Manche
glaubten mit Unrecht, iudex quaestionis K ein
untergeordneter Korte des präfidierenden Prätor
und in deſſen Abweſenheit dejjen Stellvertreter
geweien. An allen Stellen, wo iudices quaest,
erwähnt werden, ericheinen fie als Gerichtspräfiden-
ten, ohne einen Prätor über ſich zu haben, aber
gleichwohl waren fie feine ein Auer Da es
mehr Quäftionen als Prätoren gab, erhielten meh:
rere Quäjtionen Einen iudex quaest. zum Bor:
fteher, welcher bei jedem Prozeß bejonders beeidigt
wurde und während jeines Amtsjahres In
werden konnte. Cic. Cluent. 33 ff. 53; vgl. noch
'err. 1, 61.
Judicia j. Prozef/s, ]l.
Jugörum, ein römijches Flächenmaß, dem gric:
chiſchen mAddgov entjprechend, doch etwas größer,
240 Fuß in der Länge, 120 Fuß in der Breite,
28 800 Duadratfuß, ungefähr gleich unferm Mor:
gen Landes (Juchart). Der Name ftammt nad)
einigen bon iugum, weil es mit einem Stier:
ejpann an Einem Tage umgepflügt werden konnte.
I Anwendung auf die Uncialeinteilung des As
erfiel eS in 288 scrupula. — Zwei iugera bil-
— ein heredium, 100 heredia eine centuria,
4 centuriae einen saltus. Zwei iugera fielen
nämlich nad der Tradition uriprünglich jedem
Bürger als erb- und eigentümlich zu, wenn er
jeine Familie ernähren konnte.
Jugum, 1) das auf dem Naden der Zugtiere
ruhende, an der Wagendeichjel befeftigte Joch,
welches aus Holz verfertigt war. Dft war es ein
einfacher Bügel, gewöhnlicher aber mit 2 runden
Ausichnitten für die Wölbung des Nadens ver:
jehen, j. Vehicula. — 2) ein Querbalfen über:
haupt, 3. B. an der Wage, bei den Weinjtöden,
Jugurtha.
bei dem Webftuhl u. j. mw. — 3) dad iugum|
589
römische Sefandtichaft, welche den Streit zu ſchlich—
ignominiosum des Kriegsweſens, bejchrieben | ten gekommen war, wurde hingehalten und mußte
von Livius (3, 28).
Jugurtha, ’loyöodag, ein Sohn des Maſta—
nabal und Enkel des berühmten Mafinifja *),
Königs von Numidien. Sein Vater hielt ihn
vom Hofe fern, und erjt nad deſſen Tode lieh
ihn jein Oheim Micipfa, ein Schwacher Fürft, dem
mehr wiffenichaftliche Beichäftigungen am Herzen |
lagen als die Herrichaft, mit feinen beiden eigenen
Söhnen Adherbal und Hiempjal erziehen.
Jury. 10. Schon früh verriet Jug. große Talente,
welche um jo gefährlicher waren, je ungemeflenere
Herrichjucht er neben andern Fehlern zeigte. Schon
er förperlichen Vorzüge, jeine Gejchidlichkeit als
Reiter und Jäger empfahlen ihn feinen Lands:
leuten; ihre volle Liebe gewann er fich Durch kluge
Leitung der Staatsangelegenheiten unter feinem
ichwacen Oheim, der ihm die Zügel überlieh.
Daher ſchickte ihm diejer, um ihr zu entfernen,
mit einer numidischen Hülfsichar nach Numantia,
wo er mit Marius zufammen war. Sall. Jug. 8.
Seine kriegeriſche Tüchtigfeit gewann ihm bier
auch die Gunft der Nömer, und nad) jeiner Rück—
fehr entichloß ſich Micipja jpäter, um Jug.s Ein:
fluß in Rom und Numidien zu Gunſten jeiner
noch jungen Söhne zu benugen, ihn zu adoptieren
und mit jenen zum Erben einzufeßen. Im J. 118
v. E. ftarb Micipſa. Aber Ndherbal und Hiempjal
entzweiten fich bald mit ihrem Vetter. Eine Tei-
lung des Landes mißlang, da feine Einigung er:
zielt werden fonnte, und Sen. unter deſſen Schuß
die leßtwillige Verfügung Micipjas wegen der Nach:
folge gejtellt war, kümmerte fih um nichts. Aug.
erhob Anſprüche auf das ungeteilte Reich, lieh
Hiempfal durch Meuchelmord bejeitigen und nötigte
den Adherbal zur Flucht nadı Nom (Sall. Jug. 9 ff.
Flor. 3, 1), wo er Hilfe juchte (117). Als nun
der römijche Senat es an der Zeit hielt, ſich in
die Sache zu miſchen, jchidte Jug. Gejandte nach
Nom. Der jchlaue Numidier hatte im Lager vor
Numantia gelernt, wie man die ftolzen Römer
bearbeiten und gewinnen fonnte. Sie wuhten die
Sache zu Aug.s Gunften zu wenden, und wenn:
gleich ſelbſt Senatoren mit Schreden die begange—
nen Ungerechtigfeiten erfannten, fo beichloß doc
der Senat, daß das Reich zwijchen Adherbal und
ug. gleich geteilt werden jollte. Römiſche Ge—
fandte gingen deshalb nadı Afrika, numidiiches
Geld leitete ihre Handlungen; der größere, frucht-
bare Teil fiel an Aug. ıSall. 15 ff.). Auch den
andern wollte Jug. gewinnen, reizte den Adherbal
zum Kampfe, befagerte ihn in Eirta und ließ nad)
Eroberung der Stadt den unglüdlihen Fürſten
umbringen (Sall. 20—26. Diod. Sie. 34,31). Eine
+) Mafinifia 238—149 v. E.
Micipfa Guluſſa Maſtanabal
+ 118 ft vor 118 + vor 118
— —— — — | -
Adherbal Hiempſal 1. Maſſiva Gauda Jugurtha
rı2 t 117 + ı1 + vor 78 + 104
|
Diempfal I.
+ um 60
Sule I,
tr 46
|
Juba IT.
+ nad 1a n. C.
unverrichteter Sache zurüdfehren (112). Die Ein:
wohner Cirtas, jowie bie dort lebenden Italiker
fielen durch das Schwert. Auf die Nachricht von
diefen Ereigniffen, welche Rom mit Entrüftung
erfüllten, brachte im I. 112 der Voltstribun Mem:
mins, der fich mit Eifer der Sache annahm, fie
öffentlich zur Spradye und drängte den ſchwan—
fenden fried- (und geld) liebenden Senat zur
Sull. | Kriegserflärung, 111. Jug.s Gejandte wurben ab:
gewiejen, ein römijches Heer unter dem Konſul
Beitia (j. Calpurnii, 6.) erjchien in Afrika, meh—
rere Städte unterwarfen ſich, Nug.s Schwieger:
vater Bochus von Mauretanien gelobte den Rö—
mern Freundſchaft, Jug. jelbjt wurde mutlos. Doc
er fannte ein Mittel: Geld verichafite ihm Ruhe
und Frieden, der dem faulen Kriege ein Ende
machte (Sall. 28). Der Tribun Memmius indes,
von dem allgemeinen Unmillen in Rom unterftüßt,
ruhte nicht. Er ſetzte es durch, daß Jug., da er
fi) durch den Frriedensichluß unterworfen habe,
in Rom erjcheinen jollte. Derjelbe erhielt freies
Geleit und fam nadı Rom, vom Volke mit In—
grimm empfangen, gewann aber hier durch Be:
jtechung den Tribunen Bäbius, der ihm, als er
vor dem Bolfe reden follte, Schweigen gebot. Ya,
er lieh hierauf fogar den Maſſiva, jeinen Better,
welcher in Rom lebte und nun gleichfalls feine
Aniprüche auf Numidien geltend zu machen juchte,
durch feinen Bertrauten Bomilfar unter den Augen
de3 Senats umbringen (111), veranlaßte aber
durch dieje That den Wicderausbruch des Krieges
im %. 110 und mußte aus Rom flüchten (jein
berühmter Ausjpruch: o urbem venalem et cıto
perituram, si emptorem invenerit). Sall.Jug. 35.
Liv. ep. 64. Flor. 3,1. Oros. 5, 15. App. Num.1.
Der Konſul Albinus fand bei jeiner Ankunft das
römiſche Heer vollkommen zerrüttet, mit aufgelöfter
Disciplin, mehr Plünderer und Räuber, als Krieger.
Er richtete daher nichts aus, noch weniger jein
Bruder, der einen Zug gegen Jug. unternahm, auf
welchem dieſer fi) des Lagers der Römer bemäch—
tigte. Ein jchimpflicher Vertrag war die Folge
davon (109). Sall, Jug. 36. Nun aber regte
fid) die beleidigte Ehre der Römer, und O. Cäci:
lins Metellus erhielt den Oberbefehl. Nachdem er
die erichlaffte Kriegszucht mit unbeugjamer Feſtig—
feit wiederhergeftellt hatte, begann er die Feind:
jeligleiten und befämpfte, jelbft jeder Beitechung
unzugänglich, den numidiſchen König mit feinen
eigenen Waffen der Lift und Beſtechung. Sall.
Jug. 435. Er wählte tüchtige Unterfeldherren,
den Nutilius Rufus, E. Marius und andere, und
gewann, als Jug. einen Tg geleiteten Angriff
machte, nad heißem Kampfe die bintige Schlacht
am Fluſſe Muthul (Sall. Jug. 48 ff... Jug. be:
ichränfte ſich nun auf den kleinen Krieg, den er
mit Gewandtheit führte, während Metellus Nu-
midien verheerte und die Unterthanen zum Abfall
zu verloden juchte. Das von ihm belagerte Jama
wurde indes von ug. entſetzt (Sall. 55 ff.). Diejer
erbot ji) nun zum Frieden und zur Unterwerfung,
Bomilfar wurde von Metellus gewonnen, ſein
Berfehr mit den Römern aber von Jug. entdeckt
und mit dem Tode bejtraft, worauf die Unterhand-
lungen zwiſchen Aug. und Metellus abgebrochen
wurden, Der römische Konſul beftrafte einen Auf:
590
ftand der numidiſchen Stadt Vaga (Bacca) mit
er Strenge. Sall. Jug. 66 ff. Während nun
das
ahr 108 verfloß, ſuchte Metellus Jug.es Anz | jul
hänger durch Bejtehung zu gewinnen. Dann be:
jiegte er ihn in einer zweiten Schlacht (107), er:
oberte darauf das in der Wüſte liegende Thala,
aus dem Jug. und feine familie indes entfamen,
und nötigte ihn zur Flucht zu Bocchus, welchen
Jug. endlich zur Hülfeleiftung überredete, Beide
verbündete Könige erjchienen mit zahlreichen Rei:
teriharen bei Eirta, wo Metellus ihren Angriff
erwartete. Da erhielt er die Fränfende Nachricht,
da jein bis a Legat C. Marius, der ſchon
bisher gegen ihn Ränke geiponnen hatte, zum Konſul
erwählt und jein zn... geworden jei (107);
deſſen Berleumdungen, Metellus —F den Krieg
nicht energiſch genug, hatten in Rom Eingang
gefunden. Plut. Mar. 8. Sall. Jug. 78. Vell. Pat.
2,11. Metellus fehrte jchwer geräntt nah Rom
Ba wo man ihn durch einen Triumph und den
einamen Numidieus zu tröften fuchte. Marius
eroberte einzelne Städte, befonders Capſa, lieferte
Plänfeleien und Heine Gefechte, wodurch er fein
zum Zeil aus Neulingen beftehendes Heer ein:
übte und abhärtete, nahm dann eine freljenburg
ein, wohin Jug. feine Schäße hatte bringen laſſen,
und wurde am Fluſſe Molochat Mulucha) von
den vereinten Heeren des Bocchus und Jug. um:
ringt umd angegriffen (Sall. 87 f.). Anfangs ge:
wannen die Afrifaner einige Vorteile, in der Nacht
aber ließen ſie fi von den Römern überfallen
und gänzlich ſchlagen. Inzwiſchen erhielt Marius
Verſtärkung aus alien, beſonders an Neiterei,
durch Sulla, durch deſſen Geſchicklichkeit er bei
Cirta, wo Sullas talentvolle Leitung den Sieg
entichied, den Jug. abermals jchlug. Flor. 8, 1.
In Eirta überwinterten mun die Römer, und von
hier aus knüpfte Marius bald Unterhandlungen
mit Bochus an. Sulla ging als Gejandter an
ihn ab und leitete nun die Sache mit jolchem
Mute und jolcher Gewandtheit, daß Bocchus ſich
dahin entichied, den Schwiegerjohn gefeflelt an die
Römer auszuliefern, im 3. 105. Sall. Jug. 102 fi.
Plut. Mar. 10. Marius feierte nad) glüdlicher Be:
endigung des Krieges einen glänzenden Triumph,
den Jug. im königlichen Schmude und in Fefleln
zieren mußte. Val. Max. 6, 9, 14. Darauf wurde
er ins Tullianum („wie kalt ift euer Bad“ ſprach
dabei der Hinabgeftofene), das unterirdifche Stadt:
gefängnis, hinabgeworfen, in welchem er nad
jechstägigem Ringen mit dem Hungertode er:
drofjelt worden fein joll (104). Plut. Mar. 12,
Juliänus, 1) Salvius Julianus, ein be
deutender Jurift zur Zeit Hadrians, in Afrika
geboren und jpäter mehrere Male Konful, der Vor:
fahr des Kaiſers Didius Aulianus. Er hat bie
Edifte der Prätoren aus der Zeit der Nepublif
—— und geordnet (edietum perpetuum),
igestorum libri XC (woraus in Auftinians Di-
geiten zahlreiche Fragmente) und andere Schriften
verfaßt. — 2) M. Salvius Jul., ein tüchtiger,
beim Heere beliebter Feldherr unter Antoninus
Pius, dem jelbft, wenn er gewollt, der Thron
offen gejtanden hätte, wurde unter Commodus
hingerichtet. Lamprid. Comm. 3. 4. Dio Cass.
72,5. — 3) M. Didius Severus Sul, be:
kleidete jchon früh die bedeutenditen Reichsämter,
verwaltete im I. 178 u. C. Belgien, wo er mit
Julianus.
Auszeichnung gegen die Chaufen kämpfte, und er:
hielt zum Lohne von Marcus Aurelius das Kon—
at, 179. Den der Teilnahme an einer Ber:
ſchwörung Beichuldigten verbannte Commodus nad
Mediolanium, verwendete ihn indes bald wieder
im Staatsdienfte. Doc fcheint ſich Jul. jchon
damals jenem jchwelgeriichen Leben ergeben zu
haben, weldes frühzeitig feine Energie lähmte.
Als nad) - Commodus’ Tode und der Ermordung
des Pertinar 193 (28. März nad) Ranfe) der
erledigte Thron Öffentlih von den Prätorianern
feilgeboten wurde, erftand ihn Jul. für die Summe
von 25 000 Seftertien für jeden Prätorianer. So
zur Herridaft gelangt, wurde er zwar bon dem
Senate, den die 4 re der Soldaten bedroh)-
ten, beftätigt, genoß aber weder Ruhe noch Ge-
horjam. Bald erhoben die Legionen in den Pro—
vinzen die Fahne der Empörung; Septimius
Severus, von welchem er es am wenigiten er:
wartet hatte, rüdte gegen Nom und reizte Die
Prätorianer zum Aufftande; ein Soldat erſtach
ihn nad) jechsundjechzigtägiger Regierung (2. Juni
nach Ranfe). Herodian. 2,6 ff. Dio Cass. 73, 11ff.
Zonar. 12, 7. Spart. Did. Jul. 1ff. — 4) Fla—
vius Claudius Jul, mit dem Beinamen
Apostäta, Sohn des Julius Conftantius, eines
Bruders Conftantins des Gr., geboren 331 n. E.,
ar als Knabe eine tüchtige Erziehung, die ſich
bejonders auf Haffische Studien und alte Philo-
jophie erftredte. lm 344 entfernte ihn der arg:
wöhnische Vetter Conftantius nad Kappadokien,
um ihn der Gefahr des Prätendententums zu
entziehen. Gebetübungen und fromme Werfe, zu
denen er hier geziwungen wurde, machten ihm jchon
damals das Ehriftentum verhaft. Nach kurzem
Aufenthalte in Konftantinopel von Konftantius
nach Nifomedeia geſchickt, wurde er in jeiner Vor:
liebe für die althellenifche Neligion durch den Phi:
lofophen Marimus jo beftärft, daß er innerlich
mit dem Chriftentum brady und nur den äußeren
Schein aus Furcht beibehielt, 351. Als jein
Bruder Gallus getötet worden war, ſchwebte er
jelbft längere Zeit in Todesgefahr: nur der Für:
iprache der Kaijerin Euſebia verdanfte er feine
Nettung. Hierauf ftudierte er eifrig in Athen.
355 zum Cäjar ernannt und nad) Gallien gefandt,
um die Einfälle der Germanen abzuwehren, ge
wann er durch Mut und Talent das und
warf daher bald in offener Empörung die Maste
ab. Conſtantius ftarb auf dem Zuge gegen ihn,
und Yulian, dem fich alles unterwarf, trat (im
Dezember 361) in Konftantinopel die Herrichaft
als Kaiſer an. Er wollte das Heidentum auf
alle mögliche Weije wiederheritellen, heben und
veredeln, verbot den Ehriften in Grammatil und
Nhetorif zu unterrichten, wandte die Formen des
chriftlichen Kultus, die chriftlihe Sorge für die
Armen und die Sittlichkeit auf die heidniſche
Religion an, opferte und predigte als Pontifer
Marımus und führte dabei ein beinahe über:
trieben einfaches und enthaltiames Leben. Das
Judentum hob er, um dadurch das Ehriftentum
herabzudrüden: deshalb geftattete er den Juden
nad) —— zurückzukehren und dort zu woh—
nen, deshalb verſprach er ihnen den Jehovah—
tempel wieder aufzubauen. Nachdem er einen großen
Feldzug wider die Perjer gerüftet und ihre Frie—
densvorjchläge verworfen hatte, ſtürzte er fih an
Julii.
einem heißen Tage ohne Panzer in die Schlacht
und ſtarb, von einer Lanze verwundet, im Juni
363, nach einer Regierung von nur 1'/, Jahren.
Die Ehriften hielten jeinen Tod für eine Strafe
Gottes, und bald wurde das Gerücht verbreitet
und geglaubt, Julian jei von einem chriftlichen
Römer tödlih verwundet worden und habe jter:
bend gerufen: verdannag Telılade. — Die Urteile
der Alten lauten über ihn jehr verichieden, je nach
dem religidöjen Standpuntt. Während Zoſimos
den heidnijchen Kaiſer lobt und preift, überhäufen
ihn die hriftlichen Schriftfteller mit Tadel. Eutro—
pius (10, 16) nennt ihn liberalibus disciplinis
apprime eruditus, Graecis doctior, atque adeo,
ut Latina eruditio nequaquam cum Graeca con-
veniret, facundia ingenti et prompta. Daher
haben wir von ihm nur griehiiche Schriften und
epideiktiiche Reden, 63 Briefe, die aber nicht alle
echt find, mehr jophiftiiche Deflamationen als
Briefe, die Caesares, eine treffende Charakteriſtik
der Kaiſer von Cäſar an, und eine Satire auf die
Antiochener, die feiner gejpottet hatten. Geſamt—
ausgg. von Spanheim (1696) und Hertlein (1875 ff.
2 3bd.); die Caesares von Heufinger (1741) und
Serie (1783), die Briefe von Kepler (1828).
eine Stellung zum Chriftentum hat bejonders
theologiihe Monographien veranlaft, wie von
Neander (1812) und Mücke (1866 und 1869 in
2 Bdd.). Bgl. Teuffel, Studien ©. 168 — 190.
Lübker, Kaijer Julians Kampf und Ende (1864).
Node, Geſch. der Reaktion Kaifer Julians gegen
die chriftliche Kirche (1877). Vgl. aud) die Ab—
handlungen von Rendall (1879), Hecker (1886) und
Schwarz (1888).
Julii, ein uraltes römijches Geichlecht, welches
ohne Zweifel aus Alba Longa ftammte und feinen
Urjprung von dem Sohne des Aineias, Njcanius
oder Julus, herleitete. Als Tullus Hoftilius Alba
zerftörte, verpflanzte er die Aulier nah Rom.
Jiv. 1, 30. Tac. ann. 11, 24. Der erite aus
dieſem Geſchlechte, welcher genannt wird, ift 1) E.
Jul. Julus, 489 dv. E. Konjul. — 7 Jahre
ipäter befleidete 2) C. Julius, mit dem Bei:
namen Bilojus, Sohn des vorigen, dasjelbe
Amt und kämpfte, aber ohne bejonderes Glüd,
egen die Bejenter. Dion. Hal. 8, 91. — 3) €.
Sul, Konſul 447 v. E., vermittelte mit großem
Geſchicke die Streitigkeiten zwijchen Tribunen und
Patriciern. In feinem zweiten Koniulate (435)
focht er gegen die Vejenter. Liv. 3, 65. 4, 21. —
4) En. (E.) Zul. Mento, Konſul 431 v. E., lebte
in Zwift mit feinem Kollegen Duinctius Ein:
einnatus, weigerte ſich aber in Übereinftimmung
mit ihm, bei eınem Angriff der Aquer und Boljfer
einen Diktator zu ernennen. Ziv. 4, 26-29. —
b) L. Jul. Julus, nahm als Kriegstribun im
J. 401 v. E. am Kampfe gegen Veji, im J. 397
gegen Tarquinii rühmlichen Anteil. Ziv. 5, 9. 16.
— Dasjelbe Amt befleidete 6) 2. Jul. Julus
im J. 388 v. E. gegen Tarquinii und im J. 379
egen die Boljfer. Liv. 6, 4. 30. — Wus der
Familie der Cäjares (nad einigen von einem
mauriſchen Worte, das iſt Elefant, nad andern
vom ftarfen Haupthaare |caesaries] des Neu—
eborenen, oder aud von den blauen, lebhaften
ngen. Serv. ad Verg. A.1, 285. Spart. Helius 2)
find bejonders zu nennen: 1) ©. Jul. Cäſar,
focht als Prätor (208 v. E.) im zweiten puniſchen
591
Kriege. Liv. 27, 21. — DV 8. Jul. Eäjar,
fämpfte im 3. 90 v. E. als Konjul meift un:
lücklich gegen den Marius Egnatius und andere
Feidherren der italiihen Bundesgenoffen, nament:
lich bei Acerrä in Campanien. App. b. ce. 1, 39.
Darauf jchlug er ein Geſetz vor, durch Erteilung
des Bürgerrechts den weiteren Abfall der Bundes:
enojjen zu verhüten. Er verwaltete im J. 89 die
enjur und juchte während derjelben den Yurus zu
beichränfen. In den Unruhen des J. 87 wurde er
von den Marianern ermordet. Vell. Pat. 2, 15 ff.
Gell.4,4,3. Flor. 3, 21. Cie. de or. 3,3, 10.
Balb. 8. — Sein Bruder, 3) C. Jul. Eäjar
Strabo, bewarb jih im 3. 87 v. E. um das
Konfulat und veranlafte dadurd, da Marius ihm
entgegenarbeitete, Unruhen in Rom (Cie. Brut. 63).
Yur der Flucht vor Marius’ Nachitellungen kam
er durch Verrat eines ffreundes ums Leben (daj. 89).
Cicero rühmt jeine Beredſamkeit (de or. 2, 54.
off. 2, 14). Ganz bejonders zeichnete er ſich durch
humoriftiihe Begabung aus (de or. 3, 8). Es
werden erwähnt eine Rede pro Sardis 103 (Cie,
off. 2, 14) und eine oratio, qua Sulpicio re-
spondit im %. 88. Much in der Tragödie ver-
fuchte er fich (Cie. Brut. 48). — 4) 8. Jul.
Eäjar, Sohn von Nr. 2, im J. 64 v. E. Ktonful,
ftimmte für den Tod feines Schwagers Lentulus
Sura wegen defjen Teilnahme an der Verſchwö—
rung des Gatilina (Cie. Cat. 4, 6, 13), kämpfte
unter dem Diktator Cäſar in Gallien (Caes. b. g.
7,65. b. c. 1, 8), war jpäter Gegner jeines Neffen
M. Antonius, des Triumdir, und nahm teil
an der gegen denjelben erlaffenen Adhtserklärung.
Antonius vergalt ihm dasjelbe bald mit Gleichen,
verzieh ihm aber jpäter auf Bitten der Julia,
des Antonius und des Cäſar Schweiter. App.
b. ce. 4, 12. Vell. Pat. 2, 67. Plut. Ant. 19.
Cie. 46. — 5) 8. Jul. Cäjar, Sohn des vorigen,
Anhänger des Bompejus, kämpfte mit Cato in
Utica und übergab die Stadt nad) Catos Tode
dem Diktator Cäjar, wofür Cäjar dem um jein
Leben Flehenden verzieh. Bald darauf fand er
den Tod (Cie. ad fanl. 9, 7,1, wo auf den Dit:
tator die Schuld davon geichoben wird, vgl. Suet.
Caes. 75). — 6) C. Jul. Eäjar, jtarb eines plöß-
lichen Todes beim Ankleiden. Er verfahte eine
Geichichte Roms in griechifcher Sprache. — Eines
gleichen Todes ftarb 7) jein Sohn, E. Jul. Cäjar,
85 v. C., Bater des Diftators. — 8) C. Jul.
Eäjar (vgl. die Stammtafel), geboren am 12. oder
13. Juli, nady der gewöhnlichen, wohl richtigen
Annahme 100 v. E., alio 6 Jahre jünger als
Gicero und Bompejus, nach Mommſen jchon 2 Jahre
früher. Macrob. sat. 1, 12. App. b. c. 2, 106.
Sein Vater, C. Julius Cäjar (Nr. 7), der es
nicht über die Prätur hinaus bradıte, ftarb im
jechzehnten Lebensjahre des Sohnes; die Mutter
Aurelia, den angejehenjten Männern diejes hodı-
geachteten Gejchlechts nahe verwandt, hatte auf
feine fjorgfältige Erziehung den größten Einfluß
und wurde von ihm bis an ihr Lebensende (54)
mit größter Ehrerbietung behandelt. Der feine
Sinn für Korrektheit und Schönheit der Sprache,
den er jowohl praftijch in feinen Reden und Schrif:
ten, wie theoretijch in eigenen twiflenjchaftlichen
Arbeiten bewährte, ift ohne Zweifel in ihm früh
durch den Grammatifer Antonius Gnipho angeregt
und jpäter durch den berühmten Rhetor Molo,
2
592
den er als junger Mann auf Rhodos aufjuchte,
ausgebildet worden. Seine Anabenjahre fielen in
die Zeiten des marfiichen Krieges und in den
Anfang des Bürgerfrieges zwilchen Marius und
Sulla. Die vornehmften Männer jeiner Verwandt:
schaft ftanden auf jeiten der Optimaten und fielen
zum Zeil durch das Schwert der Marianer; aber
Marius jelbjt war mit Cäjars Vaterjchweiter ver:
mählt und zeichnete nad) jeinem Siege über die
Sullaner den dreizehmjährigen Neffen dadurch aus,
daf er ihn zum Aamen dialis erwählen lieh. Die
Erfahrungen feiner Jugend, die ihm weder vor
den Menſchen noch vor der Verfaſſung des Staates
Achtung einflöhen konnten, braditen die großen
Eigenichaften feines Geiſtes früh zu ungewöhn:
lidyer Reife; fo gewann er zu dem klaren Blid
in Perſonen und Berhältniffe, zu der natürlidyen
Offenheit und Freundlichkeit feines Gemütes, zu
der hochitrebenden Thatfraft und fühnen Unter:
nehmungsiuft die umfichtigite Bejonnenheit und
ruhigſte Selbftbeherrichung, wodurd es ihm mög:
lich wurde, ebenjo jehr die Kunft des Mugen Zu:
wartens unter unficheren —— wie des
raſchen Eingreifens im rechten Augenblicke zu
üben. — 1) (bis zum Jahre 60). C. wurde per:
ſönlich zuerft von dem furchtbaren Barteilampfe
infolge u. Vermählung mit Cornelia, der Toch:
ter des Cinna, berührt, die er, 17 Jahre alt, aus
Neigung geichloffen hatte, Sulla verlangte von
ihm (82) die Verſtoßung der Tochter des noch im
Tode gehaften Gegners; aber E. trug lieber die
Gefahren einer blutigen Verfolgung und wandte
fich, nachdem Sullas Zorn durch Fürbitte anderer
bejänftigt war, nach Aſien, wo er an der Unter:
drüdung des Aufftandes von Mytilene und dem
Kriege gegen die Seeräuber teilnahm und Be:
weije von perſönlichem Mute gab. Nach Sullas
Tode (78) kehrte er nah Nom zurüd, hütete ſich
aber wohl, an dem übereilten Unternehmen des
M. Lepidus zum Umſturz der jullanijchen Staats:
einrichtungen ſich zu beteiligen, das an der Über:
macht der Sullaner jcheiterte. Dagegen wagte er
es, einzelne unter diejen, den En. Cornelius Dola:
bella und E. Antonius, wegen Erprefjungen anzu:
Hagen, und erreichte, obgleich die damals ſenato—
riſchen Gerichte ihre Verurteilung vermeigerten,
den doppelten Bwed, die Unzufriedenheit gegen
die herrichende Partei zu jteigern und die Auf:
merkſamkeit auf jeine Talente und fein Beftreben
zu richten. Dennoch hielt er es für geraten, ſich
noch einmal dem Haſſe feiner Gegner durch einen
einjährigen Aufenthalt auf Rhodos zu entzichen,
wo er im Umgange mit Molo feine praftijch er:
probte Anlage zur Beredjamfeit zu der Vollendung
ausbildete, die Cicero jpäter zu dem Urteil veran-
laßte: illum omnium fere oratorum latine loqui
elegantissime (Brut. 72, 252. 74, 261). Auch
bot ſich ihm auf diejer Reife dadurch, daß er See:
räubern in die Hände fiel, erwünſchte Gelegenheit,
fowohl durch den feden Ubermut, durch den er ſich
von ihnen befreite, wie durch die Verwegenheit,
mit der er auf eigene Hand an ihnen die Züch—
tigung vollzog, in Rom von fich reden zu machen.
Nach jeiner Rückkehr nach Rom (73), wo er zum
Bontifer ermählt wurde, unterjtüßte er die Agi—
tationen des Tribunen €. Licinins Macer und
verfolgte dann einige Jahre, ohne durch öffentliche
Handlungen hervorzutreten, den wohlüberlegten
Julii.
Plan, fi durch freiwillige Geld: oder Getreide:
ipenden die Gunſt des Volkes zu gewinnen, indem
er die Schulden, im die er jich jtürzte, bei einer
ünftigen Entwidelung feines Schidials deden zu
Önnen hoffte. Dagegen vermied er es, jich an den
Kriegen gegen Sertorius, gegen Spartacus und
an dem zweiten mithridatijchen zu beteiligen, in
welchen der militärijche Ruhm mander Optimaten
ſich abnugte. Um jo mehr ift es zu bewundern,
wie der Mann, der den Krieg nur in unbedeuten-
den Kämpfen oder durd Beobachtung aus der
ferne fennen gelernt hatte, ihn mit genialer
Meifterichaft zu behandeln wußte, als feine Stunde
geichlagen hatte. Als Pompejus aus Spanien mit
dem Glanz des Sieges und den höchiten Anjprüchen,
welche den Argwohn der Nobilität erregten, zurüd:
fehrte und mit M. Crafjus (70) fein erjtes Kon:
fulat befleidete, bot E. ihm feine Unterftüßung
an und trat zu ihm in das Hug beredinete Ber:
hältnis, durdy) welches er ihn immer weiter auf
die Seite der Volkspartei zu drängen und mit
den Optimaten zu verfeinden, die Früchte diejer
veränderten Barteiftellung aber allmählich für fich
jelbjt zu gewinnen wußte. Die Heritellung des
Tribunats und die populärere Anordnung der
Gerichte durch die lex Aurelia, die unter jeinem
Ktonjulate zuftande fam (j. Judex, 3.), zog den
ganzen Haß der fullaniichen Partei auf Pompejus,
der freilich nicht die Gabe beſaß, die Volksgunſt
mit Kühnheit und Leichtigkeit zu feinem Zwecke
zu benugen. Bereitwillig unterftügte E. mit dem
Einfluß, den er bei der Menge gewonnen hatte,
PBompejus’ Beltrebungen, feinen Kriegsruhm zu
erhöhen, und trat fürs erjte gern hinter dem
Slanze des berühmteren Feldherrn zurüd, um
jpäter mit jeinem Beiftand ſich jeine eigene Macht
um jo ficherer zu gründen. — Das Jahr jeiner
Quäftur — wahrſcheinlich 68 — wurde ihm durch
einen zwiefachen Trauerjall in feiner Familie ge:
trübt, durch den Tod feiner Gattin Cornelia und
jeiner Batersichweiter, der greiien Julia, Marius’
Witwe. Aufſehen und den Unwillen der Optimaten
erregte es, dafj er für beide Frauen auf dem Forum
unter großem Beifall des Volkes Lobreden hielt,
in denen er das Andenken der ihm verwandten
Bollshäupter, des Marius und Cinna, zum erjten-
male jeit ihrem Tode öffentlich pries. Darauf
begleitete er den Prätor Antiftius Vetus ins jen:
jeitige Spanien, wo er Beweiſe von großer Ge-
ihäftstüchtigleit gab. Perſönlich verband er ſich
mit Pompejus damals näher durch jeine zweite
Vermählung mit der Pompeja, einer jeiner Ver:
wandten und Enkelin des Sulla, und öffentlich
unterftügte er (67), zum großen Verdruß des
Senats, den Antrag des Tribunen A. Gabinius,
dem Pompejus die Führung des Krieges gegen
die Seeräuber mit unbejchräntter Vollmacht zu
übertragen, und, nad der raſchen Beendigung
desjelben, im folgenden Jahre den noch weiter
gehenden des E. Manilius, der durch Ciceros
eifrige Vertretung jo bekannt geworden ift, aud)
den mithridatifchen Krieg und damit die Entſchei—
dung über den gelamten Orient in jeine Hände
u legen. Während PBompejus jo die volle Be-
Friedi ung jeines Ehrgeizes erlangte und 7 Jahre
lang * von Rom verweilte, hatte C. das freieſte
Feld, ſeine Stellung in der Gunſt des Volkes als
die unbeſtritten erſte zu befeſtigen. Gelegenheit
— — — — — ——— —— — ——— ——— —
km. Livia d. Kit. od. Livio Druſilla
ke vom ige Gem. Tib. Claudius Nero:
Nero Claudius Drufus (Druſus d. Hr)
Antonia d. Jüng., T. d. Triumvir Antonius u. d, jüngeren Octavia
|
us Zivta d. Jüng. Tib. Elandins Nero Germanicus
pina ob. Livilla 1. Gem. Vlautia Urgulanilla
; Gem. E. Caſar, 2 „ Min Bätine
©&.d. Agrippa, u. % „ Baleria Meſſalina
Druſus d. Yüng. 4 „ Morippina_d. Jüng, Witwe b.
En. Domitius
“ie “ he
1. 1: 2. 8. 3.
| Druſus Klaudia Antonia Detavia ib, Elaubins Germanicus
Gent, Kaif. gen. Britannicus
Nero
—— d. Juug. Druſilla Julia Livilla
1, Gem. En. Domitius Gem. V. Gem. M.
2. Crispus Baſſienus Caſſius Binieius
| 3. Kaiſf. Claudius Longinub
u. M.
AUmilins
Lepidus
..
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Julii.
593
dazu bot ihm befonders die furuliiche Ädilität, die | prätor die Verwaltung des jenfeitigen Spaniens,
r (65) befleidet e. E. benußte nicht nur die ge:
wöhnlichen ädiliciichen Mittel, durch prachtvolle
Bauwerke und durch glänzende Spiele jeine Popu—
larität zu erhöhen, jondern er lieh auch feinen
Zweifel über das Ziel jeines Strebens, indem er
einft zum freudigen Staunen der Menge die von
Sulla umgeftürzten Siegesdenfmäler des Marius
auf dem Kapitol wieder aufrichten ließ. Unbeirrt
durdy das heftige rollen der Optimaten verur:
teilte er als Vorſihender der quaestio de sicariis
den L. Luſeius und L. Bellienus, die fich zu Sullas
Beiten durch Ermordung Geächteter hervorgethan
hatten, und unterftüßte im Jahre 63 die Anklage
gegen C. Rabirius, der wegen der vor 36 Jahren
geihehenen Tötung des meuterijchen Tribunen
L. Apulejus Saturninus vor Gericht geftellt wurde.
Dieje Schritte zielten teils auf den Umſturz des
jullaniichen Syſtems, teild auf die Sicherung des
Tribunats bei ähnlichen Unternehmungen. Much
bei dem verwegenen Agrargeſetz, welches der Tri:
bun P. Servilius Rullus beantragte und Cicero
63 mutvoll und glüdlich bekämpfte, hatte E. ins:
geheim feine Hände im Spiel, nicht ſowohl um
das thörichte Beginnen ernftlich durchzuführen, als
um fich jelbjt für bejier berechnete Bläne der Art
die Wege zu bereiten. Die Volksgunſt, die er ſich
in fteigendem Maße gewann, verichaffte ihm in
diejem Jahre die Würde des Pontifer Marimus
und bald darauf die Prätur für das Jahr 62.
Bei der grenzenlojen Erbitterung, welche jeine
Erfolge ihm bei der bedrohten Ariftofratie erregten,
ift es nicht zu verwundern, daß, als die Entdedung
der catilinarijchen Verſchwörung den Staat in
Beitürzung verſetzte, E., wie es jcheint unver:
—————— auch der Teilnahme an dieſem frevel—
haften Unternehmen beſchuldigt wurde. Wenn C.
bei der Verhandlung im Senat über die Beſtra—
fung der Catilinarier gegen Cato die mildere An—
ſicht vertrat (Sall. Cat. 51), jo beruhte ſein Nat
teils auf richtiger Beurteilung der Berhältnifie,
deren Befolgung Cicero viel Trauriges erjpart
haben würde, teils auf einer natürlichen Scheu
vor blutigen Berfolgungen in bürgerlichen Unruhen,
welche durdy die Erinnerung an die Projkriptionen
wohl gerechtfertigt war. Als er bald darauf den
gefährlichen Antrag des Tribunen DO. Metellus
Nepos, daß Pompejus an der Spite des Heeres
nad Rom zurückkehren möge, unterjtügte, und
Cato, gleichfalls Tribun, die Gegenpartei führte,
fam es auf dem Forum zu den Ärgerlichjten Auf:
tritten, und der Senat entzog durd einen eignen
Beichluß dem Metellus und Cäſar die Ausübung
ihrer Amter. ener ging ins Yager des Pom—
pejus; E. aber beichwichtigte jelbjt die heftige
Aufregung der Wenge gegen die Optimaten und
machte durch großmütige Mäßigung dem Senate
jeine furdtbare Macht um —— — Im
Anfang des Jahres 61 kehrte Pompejus nach der
Beendigung des mithridatiichen Krieges, der Unter:
werfung Syriens und der Eroberung von Jeru—
jalem nach Rom zurüd und hielt nad Entlafjung
des Heeres jeinen glänzenden Triumph. Bon den
Optimaten mit Miftrauen angejehen und zur ge:
ſchidten Benutzung der Volkspartei nicht geeignet,
jah er fih auf die engere Verbindung mit 6.
angewiejen.
übernahm aber gern im nädjiten Jahre als Pro:
Neallerifon des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
Diejer fam ihm freundlich entgegen, |
| Tribus durchgejegten Antrag Erlaß des dritten
während welcher Bompejus in jeinem drüdenden
Verhältnis zu der eiferjüchtigen Ariftofratie das
Bedürfnis des Anichluffes an ihn nur noch leb-
hafter empfand. Inzwiſchen führte der Frevel des
Wüftlings Clodius, der am Feſte der Bona Dea
ſich verfleidet in das Haus des Pontifer Marimus
geichlichen, zu einer Trennung der Ehe Cäſars mit
der Pompeja. Das lehte Hindernis aber für feine
Abreife nach Spanien wurde durch die Bürgichaft
des reihen M. Erafius gehoben. — Geine Ber-
waltung Spaniens zeichnete fich ſowohl durch kluge
Benutzung der Gewalt der Waffen, die er jiegreich
in das Yand der Lufitaner und bis in das heutige
Gallicien hineintrug, wie durch Verbeſſerung der
Rechtspflege und der Steuer: und Schuldgeſetze
aus. Die günftige Gelegenheit, in der reichen
Provinz für jich jelbit, wie für den Staat Schätze
zufammenzuraffen, lieh E. jo wenig, wie die meijten
jeiner Amtsgenoſſen, fih entgehen. Im Juni 60
fehrte er mit dem friſchgewonnenen Feldherrnruhm,
der ihm noch zum höchſten Anjehn gefehlt hatte,
nach Rom zurüd, opferte aber die Ehre des
Triumphes für das höhere Ziel der Erlangung
des Konjulats auf. Unter jeinen Mitbewerbern
bewog er den 2. Luccejus zu feinen Gunften zurüd:
zutreten, und indem er jeine eigene ählung
mit glänzender Majorität erlangte, vermehrten
die Optimaten noch jein perjönfiches Übergewicht
dadurch, daß fie ihm den Bibulus (j. Bibulus, 1.)
* Kollegen gaben. Als der Senat ſowohl gegen
F. wie gegen Pompejus mit feindjeligen Beichlürfen
vorging und namentlich dem letzteren die Beftäti:
gung feiner Anordnungen in Ajien verjagte, brachte
GE. noch vor dem Antritt feines Konjulats das
wichtige Bündnis zuftande, durch welches er fürs
erfte jeden Widerftand gegen jeine Abfichten aus:
zufchließen gedachte, um ſpäter allein an die Spike
des Staates zu treten. Es gelang ihm, den Pom—
pejus zu überzeugen, da die ungeheuren Geld-
mittel, über die Craſſus gebot, für ihre Pläne nicht
zu entbehren jeien, und jo die bisherigen Gegner
auszujöhnen. Alle 3 ſchloſſen dann den geheimen,
durd; Eide befiegelten Bund, alle ihre Kräfte zu
den gemeinjam verabredeten Zielen ihrer Herrichaft
a vereinigen, „den Bund der Klugheit mit dem
uhme und dem Neichtum“, wie Drumann ihn
bezeichnet. Der Name des Triumpdirats ift
diejer unter Privatlenten gejchlofienen Berbindung
auch nur privatim gegeben; es ift fein offiziell
anerfannter, wie der der triumviri reipublicae
constituendae vom Jahre 43. Allein der weſent—
lich gleiche Zwed und Charakter beider furdytbaren
Bindniffe hat den Gebrauh in die Gejchichte
eingeführt, jie als das erjte und zweite Trium:-
virat zu unterjcheiden. — 2) 59-49. Als Konjul
des Jahres 59 ſetzte E. zuerjt eine Meihe von
Geſetzen durch, durch welche er ſich ſowohl die
unteren Stände als den Witterftand verpflichtete
und den Bompejus noch enger verband. Durd) das
julijche Mdergeieß erhielten etwa 20 000 Unbe—
mittelte alsbald ihre Berjorgung, und die Anwei—
jungen dauerten noch Jahre lang fort, obgleich
das Geſetz nie vollitändig durchgeführt worden it.
Den Rittern, welde als Pächter der Staatsein-
fünfte im mithridatiichen Kriege große Berlufte
erlitten hatten, erwirkte er durch einen bei den
35
594
Teils der Pachtſumme. Dem Bompejus erfüllte
er jeine lange gehegten Wünfche dadurch, daß er
ihm für alle Keine Anordnungen in Aſien die
bisher verjagte Beftätigung verichaffte. Zur ferneren
Befeftigung ihres Bundes gab E. in diefem Jahre
59 dem Pompejus jeine Tochter Julia zur Ge:
mahlin; er jelbjt aber vermählte fi) damals zum
drittenmal mit Galpurmia, der Tochter des *
nächſte Jahr deſignierten Konſuls L. Calpurnius
Piſo (j. Calpurnii, 12.). — Außer jenen mit
perjönlichen Zwecken zufammenhängenden Maß:
regeln traf er als Kontul noch mehrere gejehliche
Beitimmungen von allgemeiner Bedeutung, na—
mentlich zur Beichränfung der Willtür der höchiten
Beamten in der Verwaltung ber Provinzen. ber
wie jehr er auch durch dieſes Geje gegen die
Erprefjungen feine Einficht im einige der Haupt:
ihäden des Staates bewies, jo beſaß er doch weder
die Mittel, dem allgemeinen Berderben zu jteuern,
noch den Willen, jelbjt das Beiſpiel der Strenge
und Uneigennügigkeit zu geben. Zum Schluß
jeiner konſulariſchen Wirkjamtfeit ließ C. ſich durch
den unwürdigen Tribunen P. Vatinius ohne Se⸗
natsbeſchluß in den Tributcomitien das eisalpiniſche
Gallien ſamt Jllyrieum mit 3 Legionen auf 5 Jahre
als Provinz an Der Senat fügte aus
freien Stüden das jenfeitige Gallien und eine
vierte Legion hinzu, ficher in der Hoffnung, €.
durch den gefährlichen Krieg, der von dort drohte,
auf lange Zeit beichäftigt —* Auch Pompejus
und Craſſus mochten — e Gedanken hegen,
als ſie eie für die Ausrüſtung ihres Verbünde—
ten mit ſo ungewöhnlicher Kriegsmacht wirkten;
C. aber kdanute beide zu gut, um zu beſorgen, daß
es ihnen gelingen werde, ihm jelbit während jeiner
Abwejenheit in der Gunſt des Volfes den Borrang
abzulaufen,. Wichtiger war es für ihn, 2 andere
Männer, die er durch jein rüdjichtslojes Verfahren
beleidigt hatte, nicht an der Spige jeiner Gegner
in jeinem Rüden zu laſſen: Cicero und Cato.
Nachdem er vergeblich verjucht hatte, jenen, vor
deſſen ungemeinen Talenten er ſtets Die größte
Achtung hegte, durch —— Anerbie⸗
tungen auf ſeine Seite zu ziehen, ließ er es ge:
ichehen, daß P. Clodius, dem er felbft zum Über:
tritt aus Dem patriciichen in den plebejiichen
Stand und dadurch zur Erlangung des Tribunats
behilflich gewejen war, als Tribun unter andern
den Antrag ftellte: demjenigen Feuer und Waſſer
zu unterfagen, welcher ohne Urteil und Recht
einen römischen Bürger getötet habe; infolge deſſen
verließ Cicero jogleih Rom. Nicht minder ge:
lang es, Cato unter dem Vorwand eines ehren:
vollen Auftrags, die Inſel Kypros für das römische
Volk in Beſitz zu nehmen, für einige Zeit aus
Nom zu entfernen. Beide Mafregeln wartete er
noch in der Stadt ab und eilte dann im April
58 in feine Provinz, wo feine Gegenwart jchon
dringend notwendig war. — Die 9 Jahre jeiner
galliichen Kriegsführung und Verwaltung, von
denen er uns jelbjt in den Büchern de bello
Gallico den meifterhaften Bericht hinterlafjen hat,
zeigen die pr erg Eigenjchaften jeines
Geiſtes im glänzendften Lichte. Während er als
Feldherr mit bewundernstwürbiger Thätigteit und
ir eine reiche und große Provinz bezwingt
und fich jelbft eine ftets jchlagfertige Heeresmacht
ihafft, hält er unabläfig jeine Blide und feinen
Julii.
Einfluß auf die Dinge in Rom gerichtet, um im
rechten Momente die Schranfen niederzumerfen,
die ihn noch von der Alleınherrichaft trennen.
Freilich muß dor dieſem Streben feines Ehrgeizes
jede andere Nüdjicht verftummen. Ohne von Natur
zur Grauſamkeit geneigt zu fein, ſcheute er auch
vor dem Härteſten micht zurüd, wo es darauf
anfam, jein Übergewicht zu behaupten und war:
nenden Schreden zu verbreiten. Zugleich verjtand
er es im höchſten Grade, fich die aufopfernde An-
hänglichkeit jeines Heeres zu erwerben und ſich
eine große Zahl tüchtiger und ergebener Offiziere
heranzubilden. — Folgende Ereignifje des galli-
ſchen Krieges find die wichtigiten: Seit der Er—
oberung des eisalpiniichen Galliens furz vor dem
zweiten punifchen Kriege (222 v. E.) und der Be:
ründung der narbonenfischen Provinz mit den
Städten Aquae Sextiae und Narbo Martius (122
und 118), von welcher Marius die Eimbern und
Teutonen durch den blutigen Sieg bei Aquae
Sextiae (102) abwehrte, hatten die Nömer auf
diejer Seite feine Erweiterung ihres Beſitzes unter-
nommen. Die Eiferjucht der zahlreichen gallijchen
Stämme untereinander hatte diejelben weder im
Inneren zu größerer Macht gelangen laſſen, noch
der römischen Provinz ernftliche Gefahren bereitet.
Als E. im April 58 in Genava eintraf, war dieje
Stadt durch die Kunde von einem beabfichtigten
Einbruch der Helvetier in Schreden geſetzt. Nach:
dem er denjelben den Weg in die Provinz verlegt
hatte, wandten fie fich nordweftlich in das Gebiet
der Mduer (in der Bourgogne), wo fie auf Ein-
verftändnis rechneten, erlitten aber bei Bibracte
(Autumn) durch die Tapferkeit der römischen Legio-
nen eine jchwere Niederlage, worauf die zerftreu-
ten Nefte der Auswanderer in die Heimat zurüd-
fehren mußten. Tiefer noch wurde €. im die
Angelegenheiten der galliihen Völkerſchaften Hin:
eingezogen dur die Stellung, welde der ger-
warten Häuptling Ariovift unter ihnen eingenom:
men hatte. Bon den Sequanern gegen ihre ver-
urn Nachbarn , die Aduer, zu Hülfe gerufen,
atte er dieje beziwungen und jich auch unter jemen
eine Herrichaft gegründet, die er auf zahlreiche
ee germanische Scharen ftügte. Da er
8 Forderung, den galliichen Boden zu räumen,
ftolz zurückwies, wurde auch er in einem harten
Kampfe völlig befiegt und floh über den Rhein
zurüd, und €. ftand als Schugherr der befreiten
galliichen Völker da. Aber die Annäherung der
römischen Waffen erregte auch in den entfernteren
beigiihen Landichaften Unruhe. Die NRüftungen
bei allen Stämmen von der Maas bis zum Meer,
von denen C. Kunde erhielt, wurden als eine Ver—
ihwörung gegen das römiſche Volk ausgelegt, und
es wurde Nechenjchaft gefordert. Da fie nicht ge-
nügte, rüdte C. im nächſten Frühjahr (57) mit
den 8 Legionen, auf welche er willfürlich jein Heer
gebracht hatte, in ihr Gebiet ein. Nicht ohne hart:
näcige —— beſonders der Nervier, brachte
er alle Völkerſchaften zur Unterwerfung, ohne frei—
lich ihre Kraft für immer zu brechen. *7 Vor⸗
bereitung weiterer Unternehmungen ließ er die
Truppen zum Zeil ihre Winterquartiere an der
mittleren Loire beziehen. Die Zurüdweiiung der
Forderung von Lebensmitteln fürs römische Heer
jeiten der Bölfer in der Bretagne und Normandie
gab erwünschten Anlaß, weiter vorzudringen. Durch
Julii.
gleichzeitigen Angriff zu Lande und von der Hüfte
aus mit einer jchnell erbauten Flotte wurden aud)
fie im Sommer 56 genötigt, die Hoheit Roms
anzuerfennen. Während E. jelbit die Operationen
leitete, war fein Legat P. Erafius jo glücklich,
die aquitanischen Bölfer bis an den Fuß der Pyre—
näen zu bezwingen. Nachdem die galliichen Bölter
fo durch den erſten lÜberlauf zu einer Ruhe der
Betäubung gebracht waren, begegnete E. auf ſei—
nem nächiten Feldzug (55) deutichen Vollsſtäm—
men, Ujipetern und Zencterern, welche, von mäch-
tigeren vorgedrängt, auf dem Tinten Ufer des
Niederrheins neue Wohnſitze juchten und bei den
unterwworfenen Galliern leicht die Hoffnung der
Befreiung erregen Fonnten. Während der Unter:
handlungen, ‚die wohl von beiden Seiten in der
Abſicht der Überliftung geführt wurden, fam es
zu einem Kampfe, der mit der Vernichtung der
germaniichen Scharen endigte. Nur ihre Weiter,
welche bei der Schlacht nicht zugegen geweſen, ge:
langten ungefährdet über den Rhein zurüd ins
Land der Sigambrer. Das gab E. den Vorwand,
feine Waffen auch über den Rhein zu tragen, den
Deutſchen zur Einjchüchterung und zugleich um in
Nom in einem wichtigen Heitpuntt den Glanz
feines friegerijchen Ruhmes zu erhöhen. Auf einer
jorgfältig angelegten Brüde ging er oberhalb Bonn
über den Rhein, begnügte — aber, den Sigam—
brern und auch den Sueben, wie man ihm be—
richtete, Schrecken eingeflößt zu. haben, und kehrte
nach Furzem Aufenthalte zurüd. Noch mehr jegte
er die Römer in Erjtaunen, da er noch im Herbite
desjelben Jahres einen Übergang nach Britannien
ausführte, das damals noch fait völlig unbekannt
war. Bon der Hüfte der Moriner (bei Boulogne)
ging er aus, landete nicht ohne Gefahr und geriet
durch die Beichädigung, welche jeine Schiffe durch
Unwetter erlitten, im nicht geringe Bedrängnis.
Allein mit Bejonnenheit und Kaltblütigfeit wies
er die Angriffe der feindlichen Stämme zurüd,
zwang fie, einen Frieden durch das Veriprechen
von Geiſeln zu erfaufen, und führte jeine Truppen
glücklich an die galliiche Küfte zurüd. Der Senat
erfannte das Yuherordentfiche jeiner Thaten durch
den Beſchluß, ein zwanzigtägiges Dankfeſt zu
feiern, an. Im Frühjahr (54) wiederholte E. eine
Landung im jüdöftlichen Britannien, während er
feinen Legaten T. Yabienus mit einer anjehnlichen
Streitmacht in Gallien zurüdlieh. Der Wider:
ftand der Britannier unter Eajfivelaunus war be-
harrlicdyer und entichloffener, als das erſte Mal,
doch unterlagen fie der römijchen Kriegskunſt und
der eigenen Zwietracdht. €. begnügte jich mit den
Zeichen der Unterwürfigfeit und trat die Rück—
fahrt an, wohl wiſſend, daß er feine bleibende
Eroberung gemacht habe. Da brach gegen die
vereinzelten Heeresabteilungen ein furchtbarer Auf:
ftand, zuerjt bei den Trevirern durch Indutio—
marus und bei den Eburonen an der Maas durch
Ambiorig, aus. Die Legaten D. Titurins Sabinus
und 2. Aurunculejus Cotta wurden mit einer
Legion und 5 Kohorten niedergehauen. Im Lande
der Nervier (in Brabant, jüdlich von Brüffel) ent-
ging DO. Cicero nur durch heldenmütige Bertei:
digung des mit großer Übermacht beftürmten Lagers
demjelben Schidial, bis E. jelbft, der auf die erfte
Kunde von diejen Unfällen herbeigeeilt war, ihn
durch einen Fühnen Marſch entſetzte. Labienus,
595
der im Lande der treugebliebenen Remer (in der
Champagne) von den Trevirern unter Indutio—
marus angefallen wurde, jchlug den Angriff ab
und tötete den Führer, dag Haupt des ganzen
Aufftandes. Dadurch war fürs erite Ruhe gewon—
nen, aber um gründliche Rache zu nehmen, Tief
€. im cisalpinischen Gallien 2 neue Legionen aus:
heben. Soldier Übermacht vermochten die galli-
ichen Bölferichaften nicht ftandzuhalten: fie wur:
den (53) der Reihe nad) bezwungen, und vor allen
die Schuldigiten, die Nerbier, traf die Strafe der
Berwüjtung ihrer Landſchaft. E. ging darauf zum
zweitenmal, etwas oberhalb des vorigen Über:
gangspunftes, über den Rhein, begnügte jich da=
mit, die fliehenden Feinde vor fich her im die
Gebirge zurüdzutreiben, und vollzog auf dem Nüd:
marich zur Nahe für Sabinus und Cotta mit
großer Grauſamkeit die Züchtigung an den Ebu—
ronen in den Maad: und Sambregegenden; und
doch entging Ambiorir, der Urheber des Auf:
ftandes, * Verfolgern. Aber auch dies Straf—
beiſpiel ſchreckte andere Stämme nicht ab, ſondern
regte zu dem Verſuche an, ehe es zu ſpät wäre,
die noch ungebrochenen Kräfte zur Wiedereroberung
der Freiheit aufzuraffen. Der gefährliche Aufſtand
des J. 52 nahm bei den Carnuten in der Gegend
von Orleans durch Niedermetzelung römiſcher Kauf—
leute ſeinen Anfang und gewann ſeine Hauptſtärke
bei den Arvernern (Auvergne), an deren Spitze
der kühne und ehrgeizige Vercingetorix trat, der
den Aufruhr weit über die angrenzen n Sand:
ichaften verbreitete. Während Labienus zwilchen
Seine und Loire I Niederhaltung der dortigen
Bewegungen zurüdblieb, wandte ſich C. gegen die
Hauptpunfte, in denen die Feinde ihren Wider:
ftand konzentrierten. Mvaricum im Lande der
Bituriger Bourges) fiel nach verzweifelter Gegen-
wehr; Gergovia, die Hauptjtadt der Arverner (bei
Elermont), hielt fich troß der größten Anftren:
ngen der Römer. €. mußte nach jchweren Ver:
uften den Angriff aufgeben, als er die Hunde
empfing, daß auch die Äduer und Atrebaten, bisher
die treuejten der unterworfenen Stämme, in feinem
Rüden fich empörten. Er z0g daher den Yabienns
mit feinen 4 Legionen bei Agedincum (Sens) zum
Enticheidungstampfe an ſich, und auch die Feinde
vereinigten alle ihre Kräfte in und um Aleſia, im
Lande der Mandubier (in der Nähe von Dijon).
Nach blutigen Kämpfen drang E. bis in die Nähe
der Stadt vor, jchloß fie- durch ausgedehnte Be:
lagerungswerfe ein und ficherte fein Lager durch
die großartigften Anftalten gegen Überfälle von
außen. In diefen Verſchanzungen beftand er unter
ungeheuern Anftrengungen die verzweifelten An—
geiffe der Feinde. Mit ihrer Niederlage war das
Schickſal Galliens entichteden. Vereingetorix ergab
ſich dem Sieger, der ihn bis zu feinem Triumph
(46) in Haft hielt und dann töten lief. Die
duer unterwarfen jich. Dennoch war noch die
volle Thätigfeit des Jahres 51 nötig, um in ganz
Gallien die Reſte der weit verzweigten Empörung
zu unterbrüden. Nachdem dies endlich nelungen,
lag es in €.3 eigenem Intereſſe, die Kräfte der
Provinz zu fchonen, um fie für jeine Zwecke zu
benugen. Da ihm jchon 55 durch das Geſetz der
Konjuln Pompejus und Crafius das Profonjulat
Ba weitere 5 Jahre ernenert war, jo beſchloß er,
jo lange in Gallien zu verweilen, bis die Ange:
38*
596 Julii.
legenheiten in Nom zu feinem entjcheidenden Auf: | nicht abwejend fih um das Konſulat bewerben
treten reif waren. — Hier hatte jich ſeit E.s |jollte, mit großer Gejchidlichfeit dahin, daß er
Entfernung Bompejus zwiſchen der Nobilität, die | E.8 Refignation davon abhängig machte, daß auch
er gegen jich aufgebracht, und der Volkspartei, die | Bompejus zuvor jein Kommando niederlegen müßte.
er nicht zu leiten verjtand, in unbehaglicher Lage | Der Senat begnügte fih mit dem ſchwächlichen
befunden. Da fich Clodius nad Ciceros Bertrei: | Beichluß, jeder von ihnen jolle eine Legion zum
bung auch gegen ihm richtete und ſelbſt julifche | parthiichen Kriege abgeben; und da nun Bompejus
Geſetze anzutaften fich nicht ſcheute, jo jeßte Pom: |; von E. eine ihm früher gelichene Legion zurüd:
pejus mit E.8 Zuftimmung und durch den Bei: | forderte, jandte diefer ohne Zögern 2 Legionen,
ftand des T. Annius Milo (57) die Zurüdberu- | welche, da fie zunächſt in Italien blieben, aud)
fung Ciceros durch. Diejer bewirkte zwar, daß | unter den übrigen Truppen eine günftige Stim-
dem Pompejus bei der herrichenden Teuerung auf | mung für ihren glüdlichen Feldherrn verbreiteten.
5 Jahre die Aufficht über das Getreidewejen über: | Während deſſen gefiel ſich Pompejus in den Hul—
tragen wurde. Da ihm aber durd die Eiferjucht | dDigungen feiner Parteigenofjen, die immer lauter
der Optimaten jedes militärische Rommando ver: | zu offenem Kampfe gegen den eigenmächtigen Pro-
jagt blieb und E.S fteigender Kriegsruhm feinen | tonjul von Gallien drängten, ohne doc auf ernftliche
Neid erregte, jo beſchloß er, durch engeren Anſchluß Rüftungen gegen ihn Bedacht zu nehmen. Curio
an Grafjus jeinem fintenden Anjchen einen neuen |aber brachte gegen Ende des Jahres dem C., der
Aufihwung zu geben und zunächſt mit diejem |jchon, auf alles gefaßt, in Ravenna ftand, die
vereint das Konſulat zu gewinnen. Um ſich dazu | genauefte Kunde von dem Haß und der Unfähig—
C.s Mitwirkung zu fichern, hielten die Triumpirn | keit jeiner Gegner und riet dringend, einem An:
im April 56 eine Zufammenkunft in Yucca. Hier | griff zuvorzufommen. Doc beichräntte jich E. noch
fam zwiſchen ihnen der geheime Vertrag zuftande, | darauf, Curio an die Konjuln des Jahres 49 mit
nach welchem fie ſich gegenjeitige Unterftügung | einem Schreiben zu jchiden, worin er erflärte, er
zur Erreichung ihrer bejonderen Wünſche zufagten. | jei bereit in den Privatitand zurüdzutreten, wenn
Nachdem darauf die Konjulwahl des Pompejus | Bompejus ein Gleiches thäte; wenn man es aber
und Grafjus durch Lift und Gewalt durchgeiegt | von ihm allein verlange, um ihm zu verderben,
war, wurden durch die Nogationen des befreunde- | jo ſei er entichloffen, für feine Sicherheit zu jorgen.
ten Tribunen C. Trebonius dem Pompejus beide | Curio überreichte das Schreiben am 1. Januar 49 im
Spanien und Afrika, dem Craſſus Syrien, und | Senate, und die neuen Tribunen D. Eajfius Yon:
durch eine Rogation der Konſuln jelbit dem Cäjar | ginus und M. Antonius, C.s Anhänger, der Ich:
jeine galliihen Provinzen auf neue 5 Jahre zu: | tere fein früherer Quäftor, verlangten die Ber:
—— Allein da Pompejus nach Craſſus' leſung. Es entſteht eine heftige Debatte; der Senat
bgang nad) Syrien zum parthiſchen Kriege, in) ſtimmt für den Antrag des Metellus Ecipio, C.,
welchem er 53 umfam, in Rom blieb und auf| wenn er nicht vor einem bejtimmten Tage jein
jeine eigene Diktatur hinarbeitete, erregte er C.s Heer entlaffen habe, als Feind des Baterlandes
Argwohn, dem es nicht entging, daß jener ihn |anzufehen; aber bei dem Einfpruch der Tribunen
nur als ein Werkzeug zu benutzen gedachte. Durch | fanın er nicht zum Gejeg erhoben werden, bis am
den Tod der Julia, im Sommer 54, war ein 6. Januar Caſſius und Antonius aus der Curie
perjönliches Band zwiichen beiden zerriffen; durch | gewiejen, und damit der Krieg gegen C. erklärt
den Fall des Erafjus wurde der Gegenſatz zwiſchen wird. Die Tribunen flüchten verfleidet zu C. Der
ihnen der Enticheidung näher gerüdt. Stra die | Senat überträgt dem Bompejus die Führung des
Anarchie und die wildeite Unordnung in der Stadt, | Krieges, bewilligt alle Mittel zu demjelben und
in welcher Clodius von Milos Raubgefindel er: | verteilt die Provinzen an die zuverläffigiten Männer
ſchlagen wurde, aufs äußerſte gejtiegen waren, |der Partei. So kam der Bürgerkrieg zum Aus-
ließ Pompejus ſich für 52 zum alleinigen Sons | bruch. — 3) 49—44. C. unternahm den Kampf
jul erwählen. Um jeder Bewerbung Cis zuvor: | mit dem Entſchluß, die Alleinberrichaft über die
zufommen, nahm er fich ſpäter jeinen jeßigen | Stadt zu gewinnen, und im Beſitz der unbeding—
Schwiegervater, Metellus Seipio, zum Kollegen |ten Gewalt über fein friegsgeübtes Heer; Pom-
und ftüßte fih von nun am wieder entichieden | pejus, von dem Einfluß einer anmahenden Partei
auf die Partei der DOptimaten. Offener trat im | eingeengt und jelbjt immer in der Täujchung be:
nächiten Jahre 51 der Konſul M. Claudius Mar: | fangen, den Nebenbuhler leicht in feine Schranten
cellus, Pompejus’ eifriger Anhänger, mit dem | zurücweijen zu fönnen. Durd die rajche Über:
Antrage hervor, dem C. Nachfolger zu ſchicken, da | jchreitung des Rubico mit einer einzigen Legion
der galliiche Krieg beendigt jei, und dem Abwe- und 300 Reitern und die Beſetzung der Stadt
jenden die Bewerbung um das Konſulat nicht zu | Ariminum erreichte E. jeinen Zwed, unter jeinen
geftatten. Da er hiermit nicht durchdrang, be: | Gegnern Beftürzung zu verbreiten. Sofort gab
leidigte er jenen aufs empfindlichfte dadurch, dad; man die Verteidigung Roms auf; Capua follte
er das Bürgerrecht der latiniichen Kolonie Novum | zum Sit der Regierung gemacht werden. Aber
Comum im eisalpinifchen Gallien, welcher C. rö: |da C. ungehindert vordrang, da jeine galliichen
miſches Bürgerrecht verliehen hatte, micht rejpek: | Legionen in Anmarſch waren, und da der Ruf
tierte. Die Entſcheidung follte das Jahr 50 bringen, | feiner Milde ihm jchneller noch als die Waffen
für weldjes Pompejus abermals auf den Beiftand | die Städte öffnete, fam Pompejus bald zu dem
der beiden Konſuln L. Amilius Paulus und E. Clau- Entichluß, Italien zu räumen und in den öftlichen
dius Marcellus und des gewandten Tribunen E. | Brovinzen die Verteidigung zu führen. Nur Do:
Eurio rechnete. Aber legterer, durch E. gewonnen, | mitius, der ihm mit 30 Kohorten bis Corfinium
lenfte die Berhandiungen im Senate über die | entgegengegangen war, verjuchte Widerjtand, war
Forderung, daß C. jeine Truppen entlaffen und | aber Ge als E. bei den angefnüpften Unterhand:
mn — — —
Julii.
lungen den Führern Leben und Freiheit zufagte ,
und die Truppen in jeine Dienfte aufnahm. Für
ſolchen Abfall war es ein geringer Erjag, daß
T. Labienus, den E. unter allen jeinen Legaten
am meijten ausgezeichnet hatte, gleid) anfangs ſich
für den Senat erflärte. Durdy die Zögerung, |
welche C.s Marjch wegen der Verhandlungen mit
Domitius erlitt, gelang es dem Pompejus, ſich
mit dem größten Teil der Optimaten und einem
Heere don etwa 30000 Mann zu Brundijium
nad Dyrrhachium einzufichiffen. Ganz Ftalten war
ohne Schwertjtreih in C.s Händen, in Rom jelbit
fuchte er jede Furcht vor Gewaltmahregeln zu be-
jeitigen und jogar durd das Berjprechen, mit
Bompejus Unterhandlungen anzulnüpfen, die Hoff:
nung auf einen friedlichen Ausgang zu erregen.
Gleichwohl rüftete er unabläfjig und trug fein
Bedenken, fih in den Beſitz der für die äußerfte
Not des Staates im Saturnustempel aufbewahr:
ten heiligen Gelder zu jegen. Seine Feldherren
in die verjchiedenjten Gegenden verteilend, eilte
er jelbft nady Spanien, um ſich den ganzen Weiten
zu fichern, ehe er fi) nad DOften gegen Pompejus
wendete, und erreichte dies mit bewundernswür—
diger Schnelligkeit. Den Legaten des Pompejus,
Afranius und Petrejus, bewilligte er freien Abzug
zu PBompejus; ihre Soldaten traten meift in feine
Dienjte über. Nach 40 Tagen konnte E. Spanien
der Berwaltung des D. Caſſius übergeben und,
nachdem er auf dem Rückweg auch Maffilia zur
Unterwerfung genötigt, nach Italien zurücklehren,
wo er inzwiſchen zum Diktator ernannt war.
Sardinien und Sictlien waren in derielben Zeit
für ihn gewonnen; aber E. Curio hatte im Kampfe
gegen eine überlegene Macht bei Utica jeinen
Untergang gefunden, und auch E. Antonius hatte
fi) mit 15 Kohorten dem Pompejaner DOctavius
in Jlyricum ergeben müfjen. — Nach Rom zurüd:
gekehrt, benußte E. die unbejchräntte Macht, welche
ıhm die Diktatur gab, um in 11 Tagen, die er
in der Stadt verweilte, eine Reihe von populären
Mafregeln durchzujegen und unter gejeßlichen
Formen ſich und jeinen Anhängern alle höchſten
Staatsämter übertragen zu lafjen. Er bejeitigte
die durch Zahlung wucheriicher Zinjen veranlapte
Verarmung vieler Bürger, hob zahlreiche Verban—
nungsbeichlüffe auf, gab den Nachkommen der unter
Sulla Geächteten ihre bürgerlicdyen Rechte wieder
und erteilte den transpadanijchen Galliern, deren
Patronat er jhon vor feiner Provinzialverwaltung
geführt hatte, das römische Bürgerredt. Dann
ließ er fich jelbft mit P. Servilius Jlauricus zum
Konful für 48 wählen und eilte num, noch vor
Ablauf des Jahres 49, nach Brundifium, um den
Enticheidungstampf zu fuchen. — Pompejus hatte
inzwiſchen Feine Streitkräfte bedeutend vermehrt
und geübt. Außer 9 Legionen, einer Neiterei
von 7000 Mann und 500 Kriegsichiffen hatte er
auch von barbarijchen Fürjten und Bölfern zahl:
reiche Hülfstruppen an ſich gezogen. Er hatte zu
Theflalonife eine Art von Hofhaltung und Staats:
regierung eingejeßt, behauptete aber Dyrrhachium
als Mittelpunkt feiner militärijchen Stellung; an
der Spitze der Flotte ſtand M. Bibulus, E.8 alter
Nebenbuhler. Cäjar wagte es zu Anfang 48 mit
viel geringerer Madıt über das Joniſche Meer zu
gehen, landete glüdlich bei Oricum am Kerauniſchen
Borgebirge und bejegte diejen Ort und Apollonia.
597°
Aber da der Verſuch Dyrrhachium zu überrumpeln
jehlichlug, und jein Heer nach mehreren Verluſten
in Gefechten und durch Mangel an Lebensmitteln
in große Bedrängnis geriet, jo fahte er den kühnen
Entihluß, über die hohen epeirotifchen Gebirge
nad) Thefjalien zu gehen und in dem von den
Feinden bejegten Lande feinen Truppen Nahrung
und fich jelbjt ein Schlachtfeld zu gewinnen. Es
gelang ihm volltommen, und das pompejanifche
Heer folgte ihm in die Ebene von Pharſalos
nach. Im Vertrauen auf jeine Überzahl (etwa
45 000 gegen 22 000) und durch die Ungeduld jeiner
Umgebung gedrängt, gab Pompejus jeine Abjicht,
die Gegner auszuhungern, auf und bot die Schlacht
an, die E. über alles wünjchte. Sobald der An—
griff der überlegenen Reiterei an der Kaltblütig:
feit der erprobten Fußjoldaten E.3 jcheiterte, verlor
PBompejus jelbft und feine Oberoffiziere alle Be:
fonnenheit; die germaniiche und galliiche Reiterei,
die E. in jeinem Heere hatte, trieb die Gegner
ins Lager zurüd, und als er diejes ſogleich im
Sturmichritt angreifen ließ, erfolgte Verwirrung
und Flucht. Da E. jedem Gnade verheißen lieh,
der den Widerjtand aufgäbe, jo warfen die meijten
die Waffen weg, und ganze Kohorten ergaben
fih. Der Tag des enticheidenden Sieges, nad)
dem damals noch nicht berichtigten Kalender der
9. Auquſt, fällt nach unferer Rechnung auf den
6. Juni des Jahres 48. — Bompejus eilte, jeder
Faſſung beraubt, über Larija an die Küfte und
von dort über Mytilene nach Agypten, wo ihm
der elende König Ptolemaios, auf die Kunde von
jeiner Flucht, ein Boot mit Mördern entgegen:
jandte, die ihn vor der Landung niederftießen. €.,
der mit wenig Begleitern dem Flüchtling nad):
geeilt war, empfing bei jeiner Ankunft in Agyp—
ten Kopf und Siegelring des erichlagenen Feindes;
jeine Thränen über den ungeheuren Umſchwung
des Schidjals waren gewiß nicht erheuchelt. —
Mit der größten Berwegenheit behauptete ſich E.
darauf in dem Nönigspalafte der Ptolemater zu
Alerandreia und in einem gefährlichen Straßen:
fampfe gegen die zügellojen Rotten, durch welche
der Eunuch des Königs, Pothinos, ihn zu erdrüden
gedachte. Nachdem er einige Verſtärkungen an ſich
gezogen, blieb er Sieger, und da Ptolemaios um:
gelommen war, jeßte er deſſen Schwefter Kleo—
patra, die ihn durch ihre Reize gewonnen hatte, zur
Königin ein. Mit geringer Mühe jagte er dann den
bojporaniichen König Pharnafes, der ſich während
der Verwirrung des römischen Staates in Vorder:
ajien feftzujegen verjucht hatte, in die Grenzen
jeines fernen Königreichs zurüd — damals jchrieb
er jein berühmtes: veni vidi vici nad! Rom (Suet.
Caes. 37. Plut. Caes. 50) — und wollte ſich nun
gegen die Trümmer der pompejaniichen Partei
wenden, die jich unter Cato und Metellus Scipio,
Pompejus’ Schwiegervater, in Afrika, und unter
feinen Söhnen, Gnäus und Sertus, in Spanien ge:
jammelt hatten. Zuvor begab E. ich (gegen Ende 47)
nad) Rom, wo ihm inzwiichen das Konfulat auf
5 Jahre, die tribuniciiche Gewalt auf Lebenszeit
und die Diktatur zuerfannt waren. Auf dem Wege
vor Brundifium nach Rom empfing C. mit ss
herziger Berjöhnlichkeit viele angejehene Männer
der Gegenpartei, die ihm mit Vertrauen entgegen:
famen, feinen mit größerer Auszeichnung, als
Cicero, und wenn auch Berechnung der eigenen
598
Intereſſen dabei mitwirkte, jo chrt doch der hohe
Wert, den E. auf Eiceros Freundichaft legte, beide
Männer. In Rom lieh C. ſich nur jo viel Zeit,
um die äußere Ordnung herzuftellen, und ging
mit einem feinen Heere nach Afrika hinüber. Da
er die dort vereinigten Streitfräfte den jeinigen
weit überlegen fand, jo wartete er die Ankunft
einiger Verſtärkungen ab. Als aber die Feinde
ihn auf einer Halbinjel, auf welcher das feite
Thapjus liegt, abgejchnitten zu haben hofften,
brach er in ſtürmiſchem Angrifr durch und ver:
nichtete und zerftörte ihr ganzes Heer (den 6. April
46). Bon allen Führern hielt ſich nur Cato in
Utica mit einer ſchwachen Beſatzung und gab fich,
da Verteidigung unmöglich war, den Tod, zu C.s
Betrübnis, der ihm viel lieber durch Berzeihung
jeine Achtung bewiejen hätte. Numidien wurde
römische Provinz. — Bei feiner Rückkehr nach Rom
genoß E. die erften Früchte feiner Siege; er feierte
4 Triumphe (über Gallien, Ägypten, die Könige
Pharnates und Juba), durch mie gejehene Felt:
lichfeiten, Spiele, Bolfsipeifungen, Geld: und
(detreidefpenden wurde die Menge über die un:
beichränfte Herrſchaft Eines annes hinweg—
getäuscht. Zu einem bleibenden Andenfen weihte
er damals fein neu gegründetes Forum Julii und
den Tempel der Venus Genetrir und ließ den in
große Verwirrung geratenen Nalender mit Hülfe
des alerandrinischen Mathematiters Sofigenes in
Ordnung bringen und für die Zukunft feftftellen
(annus confusionis). — Abermals zum Diktator
für das J. 45 und zum alleinigen Konful erwählt,
brach er, nachdem er ihm völlig ergebene Männer,
wie Lepidus, Balbus und Oppius, zu Stadtprä:
feften eingefeßt, im Dezember 46 nad Spanien,
der letten Burg der Bompejaner, auf. Die Ber:
zweiflung gab den Söhnen des Bompejus, Gnäus
und Sertus, und den Männern, die bei ihnen das
legte Heil für fich ſuchten, u. a. dem Labienus,
für dieſen legten Kampf die größte Entichloffen:
heit und Ausdauer. Nachdem C. Monate lang
gegen fie vergebens jein freldherrntalent und jeine
Kräfte aufgeboten hatte, brachte er es endlich den
17. März 45 bei Munda, nördlich von Granada,
zur enticheidenden Schlacht. Sie ift die einzige
in diefem Bürgerfriege, in der hart und lange
geftritten worden ift. E. jelbft geriet in Lebens
gefahr und mußte die größten Anftrengungen
machen, um das Feld zu behalten und feine
Truppen zum Siege zu führen; endlich behauptete
er ihn. En. Pompejus, Attins Varus, T. Yabienus
fielen; ©. Pompejus fand Zuflucht bei den Gelti:
berern und hat nach C.s Tode noch eine bedeu:
tende Rolle geipielt. Die völlige Unterwerfung
Spaniens erforderte noch Monate; erft im Sep:
tember fehrte C. nach Rom zurüd. — Das Über—
maß don abgöttiicher Verehrung, welches ihn hier
empfing, war nicht geeignet feine geringe Achtung
vor den noch beitehenden Staatsformen zu ver:
rößern. Um fo auffallender ift cs, daß wir ihn
in der noch übrigen Zeit feines Wirkens nicht
von beftimmten Gedanfen einer Neubildung erfüllt
fehen. Das damalige Rom hätte vielleicht eine
fühne und rajche Ummwandlung der Verfaſſung, in
der fein entichiedener Wille nad) Alleinherrichaft
offenen Ausdrud gefunden hätte, beffer ertragen,
als das fortgejeßte Spiel mit Formen, die Feine
Wahrheit hatten. Die Macht zu den eingreifendften
Julii.
Anderungen wurde in feine Hände gelegt, die
Diktatur auf Yebenszeit, das Konſulat auf 10 Jahre,
die bejtändige praefectura morum, d. h. alle Be:
fugniffe der alten Cenſur, und in dem ihm als
Vornamen verlichenen Jmperatortitel auch der
Inbegriff der höchſten militärifchen Gewalt. Allein
an eine Umgejtaltung der Berfafjung hat er nicht
Hand gelegt, jondern ſich teils vor, teils nad) dem
hifpantichen Kriege mit denjenigen legislatorifchen
Mafregeln begnügt. die die Ruhe und Sicherung
des augenblidlichen Zuftandes bezwedten. Er ver:
ichärfte die Gerichte durch Aufhebung der Richter:
decurie der tribuni aerarii und durch neue Ge—
jepe über die Prozeffe wegen Gewalt und Majeftäts:
verbrechen; er reinigte die Stadt von einer Maſſe
brot: und geſchäftsloſen Geſindels und ſorgte für
Beichäftigung der Zurüdbleibenden ; er juchte den
übermäßigen Aufwand der Reichen in Bauten,
Kleiderpracht und Tafellurus zu bejchränten. Es
war ein plößlicher Übergang von. der leidenichaft:
lihen Aufregung zu einer thatenlojen Stille ein:
getreten, in welcher die Menge fich nicht mehr von
Demagogen ummworben, die Vornehmen fich ohne
Einfluß ſahen. Zwar gedachte E. keineswegs lange
mäßig zu raften: die gewaltigften Pläne von einem
Nachefriege gegen die Parther erfüllten feine Seele.
Aber er lieh doch während der 5 Monate feines
Verweilens in Rom, wo er Ddeutlid) genug jeine
Selüfte mach der Krone verriet, ohne doch mit
tühnem Griff fie fich aufzufeßen, den trüben Ele:
menten, die jich gegen ihn regten, Zeit, fich zum
gemeinjamen Ausbruch zu vereinigen. Unter den
mehr als 60 Berichworenen, welche meiftens ent:
weder alte und oft begünftigte Anhänger E.3 oder
von ihm mit Schonung und Auszeichnung be-
handelte Pompejaner waren, find M. Aunins
Brutus und C. Caſſius Yonginus die hervor:
ragendjten. Jener war von E., der ihn von früh
auf kannte und liebte, gleich nach der pharjaliihen
Schjlacht wieder aufgenommen und für das J. 44
mit der einflußreichen ftädtiichen Prätur betraut.
Er hing ehrlich an der Hoffnung, die alten Zeiten
der Republik wiederhergeftellt zu jehen, und hielt
dafür die Hinwegräumung feines Wohlthäters für
fein zu großes Opfer. Caſſius aber, der unter
Rompejus eine angejchene Stellung eingenommen
hatte, jah feinen Ehrgeiz durch E. nicht hinläng-
lid) befriedigt und fühlte fich noch zuletzt durch
die niedere Prätur, die jener ihm übertragen batte,
zurüdgejeßt; er ftillte durch C.s Mord die Rach—
jucht jeines finfteren Gemüts. Das Gerücht, daß
in der Verſammlung des Senats, die auf den
15. März 44 in das Theater des Pompejus auf
dem Marsfelde berufen war, ein neuer Antrag
auf Übertragung der Königswürde geftellt werden
follte, beitimmte die Verichworenen, dieſen Tag
und Ort zur Nusführung zu wählen. Im Senate
fonnte E. am wenigiten einen Anfchlag fürchten,
das Ericheinen der —J———— die alle Sena—
toren waren, am wenigſten auffallen. Obgleich
gewarnt durch drohende Anzeichen und durch
ängſtliche Vorſtellungen ſeiner Gemahlin Cal:
purnia, begab er Ni, auf einer Eänfte ge:
tragen, in den Senat. Alsbald wurde er durch die
Verſchworenen umringt und von feinen Freunden
abgedrängt. Tillius Cimber, der ſich unter einem
Vorwande ihm am meiften genähert hatte, gab
das Zeichen, indem er ihm die Toga von der
Julii.
Schulter riß, Caſca führte den erjten Streich, mit
wilder Blutgier folgten die andern. Auch Brutus
blieb nicht zurüd; daß C. den letzten ſchmerzlichen
Zuruf: „Auch du, mein Sohn!“ an ihn gerichtet
habe, wird von Sueton u. a. bezweifelt. Nach
kurzem Widerjtande verhüllte E. das Haupt und
lanf, von 23 Wunden bededt, an der Statue des
Pompejus tot nieder. — Nur zu bald zeigten bie
Verwirrungen der nächſten Zeit, die Öreuel der
wieder ausbrechenden Bürgerfriege und die kluge
Lift, mit welcher der nachfolgende Beherrſcher den
Staat umftridte, da Rom in Cäjar feinen größten
|
Mann verloren hatte. So jehr es zu beflagen
ift, daß die edlen Eigenjchaften jeines Geiftes durch
roße Berjchuldungen verdun:
elt wurden, jo darf man doc)
fagen, daß jeine Tugenden den
inneren Kern jeines Wejens
bildeten, feine Fehler meijt in
den Verſuchungen einer ver:
wilderten Zeit ihren Uriprung
genommen haben. Sein Ehr:
geiz lannte feine Schranten;
er hat ihn zum Siege durd)
unverantwortliche Thaten ge:
führt, und unmwürdige Men:
ſchen haben ſich ihm angehängt.
Und doch blieben bis aus Ende
feines Lebens da, wo er am
meiften nach jeiner Selbſt—
beftimmung handeln fonnte,
Wohlwollen, Offenheit und
Großmut die Grundzüge feines
Eharatters; Neid und Fleinliche
Intriguen waren feinem Wejen
fremd. Sein Leben haben dar: F
geitellt Drumann, Geſch. Roms, |
Bd. II ©. 120-762; Köchly 4
und Rüſtow, Ein!. zu den Kom:
mentarien über den gall. Krieg
©. 9-50, und Kaiſer Napo—
leon III., histoire de Jules
Cesar (1865 ff. 2 Bod., unvoll:
endet). Vgl. aud) von Göler,
Cäſars galliiher Krieg und
Teile seines, Bürgerfrieges
(2. Aufl. 1880, 2 Bbd.) und
Stoffel, histoire de Jules /
Cösar. Guerre civile (2 Bob.
1887). — Cäſars geijtige An—
lagen waren von jo bewun—
dernswürdiger Bieljeitigfeit,
daß er als Staatsmann, Feldherr, Redner, Ge: |
}
ichichtichreiber und in ganz verjchiedenen Fächern
der Wiſſenſchaft, wie in der Sprachfoxſchung und |
Mathematik, Großes geleiftet hat.
einigte er die größte Schärfe, Mlarheit und Leich: |
tigfeit der Auffaſſung mit der höchiten Thatkraft
und Ausdauer der Ausführung. Die uns erhalte:
nen Schriften, die 7 Bücher de bello Gallico
(herausgegeben 51) und die 3 de bello civili
(geichrieben confecto bello, aljo 45/44), tragen
in der ſchmuckloſen Einfachheit und Natürlichkeit
des Ausdruds und der Darftellung das Siegel
der get Überlegenheit und feinften Bildung
des Beiftes an ſich. Aueag: von Davis (1727),
Dudendorp (1737; neuer Abdr. 1822), Nipperden
(1847) und Dübner (1567), des bellum Gallicun:
Überall ver: , Tac. dial. 21).
599
bon Schneider (1840) und Holder (1882); Tert-
ausgg. von Nipperdey (3. Aufl. 1872), Hoffmann
(1856), Kraner (1861), Dinter (2. Aufl. 1884 ff.)
u. a. Zahlreiche Schulausgg., des bellum Galı,
von M. Seyffert (3. Aufl. 1879), Kraner (14. Aufl.
1886), Doberenz (8. Aufl., beſ. von Dinter, 1882),
Walter (1832 5j.), Menge (1883 ff.), Rheinhard
(6. Aufl. 1859) u. a.; des bell. civ. von Kraner
(9. Aufl. 1885), Doberenz (5. Aufl., bei. von
Dinter, 1854) u.a. Lexika von Merguet (1881 ff.),
Meujel (1. Bd. 1884— 87) und Menge und Breuf;
(begonnen 1884). — Die Zeitgenofien haben Cäſar
als Redner jehr hoch geitellt (Cie. Brut. 252. 2617.
Quint. 10, 1, 114); nur dem Cicero ſtand er in
der Beredjamfeit nach (Fragmente der Reden bei
Nipperdey S. 749 Ff.). Auch Berje hat er nicht
bloß in jeiner Jugend gemacht (Suet. Cues. 56.
Selbſt in den Winterquartieren
während des galliichen Krieges verfaßte er zwei
Bücher de analogia (Suet. Caes. 56. (Grell.19, 8, 3)
oder, wie Cicero (Brut. 72, 253) jagt: etiam in
maximis occupationibus ad te ipsum — de
ratione loquendi accuratissume scripserit, deren
Fragmente Schlitte de C. Julio Caesare gramma-
tico (1865) nach Lerſch (Sprachphilojophie 1, 129)
und Nipperdey (2. 753 ff.) gefammmelt Haben. Gegen
Ciceros Lobjchrift auf Cato richtete er duo Anti-
eatones, in denen er bei aller Anerlennung für
Cicero den Cato als lächerliche Perſon darftellte
(Suet. Uues. 56. Plut. Caes. 54. Plin. ep. 3, 12).
600
Nach jeinem Tode veranftaltete man audy mehrere
Sammlungen jeiner Briefe (Nipperdey S. 766—
783); erhalten haben jich einige Briefe von ihm
an Cicero u. a. in dem ciceronijchen Briefwechiel,
3. B. ad Att. 9, 6A; 7C; 10, 8B. — Die er:
haltenen Fortjegungen feiner Kommentare, nämlic)
de bello Gallico 1. VII, de bello Alexan-
drino, Africano, Hispaniensi, find wahrjcheinlich
auf 3 Verfaſſer ——————— nämlich de bello
Gall. 1. VIII und bell. Alexandrinum (herausg.
von R. Schneider, 1888, und in Walters Ausg.
des bell. Gall., Heft 4), die am beften ftilifiert
find, auf A. Hirtius, das ſchwülſtige bell. Afri-
canum vielleicht (nach der jcharfjinnigen Vermu—
tung von G. Landgraf) auf E. Aſinius Pollio
(j. Asinii, 1.), wieder auf einen andern das
bell. Hispaniense mit feiner „zerhadten und ftam-
melnden Darjtellung“. Bol. S. Preuß, vollitän-
diges Lerifon zu den pfeudo-cäjarianiichen Schrift:
werten (1854). — C. war von hoher, imponie-
render Geftalt; fein Geficht, durch Adlernaſe und
lebhafte jchwarze Augen ausgezeichnet, trug den
Ausdrud des Wohlwollens und der Freundlichkeit;
obgleich er periodiih an heftigen Kopfſchmerzen
und jelbjt an epileptiichen Yufällen litt, ftärkte er
die Geſundheit durch die kriegeriſchen Anſtren—
gungen und ging feinen Soldaten in Ertragung
der äußerſten Beichwerden mit feinem Berfpiel
voran. Sein Bild ift auf vielen Münzen und
in Bildwerfen uns erhalten. — 9) Sert. Jul.
Cäſar, Batersbruder des Diktators, befleidete im
J. 91 v. E., als der Tribun Livius Drufus feine
Sejehe gab, das ‚Konjulat. — 10) Sert. Jul.
Gäjar, des vorigen Enkel, foht im %. 49 v. E.
in Hiſpanien gegen die Pompejaner und twurde
in Syrien im 9 46 ermordet. Caes. b. c. 2, 20.
— 11) Julia, Tochter des Auguſtus, vermählt
zuerſt mit Marcellus, dann mit Agrippa, darauf
mit dem nachmaligen Kaiſer Tiberius, iſt berüchtigt
wegen ihres lockeren Lebenswandels (ſ. Octa-
vianus). — Ihre gleichnamige Tochter, 12) Julia
(von Agrippa), ergab ich gleithfalls einem aus-
ichweifenden Leben, weshalb Augustus fie aus Rom
verbaunte. Tuc. ann. 3, 24.4, 71. — 13) Julia,
Tochter des jüngeren Druſus, zuerſt mit Nero
Druſus, dann mit Sejan, dann mit Nubellius
Blandus vermählt. — 14) Julia Livilla, die
jüngite Tochter des edlen Sermanicus, geboren
im %. 18 n. E., war ihrem Bater jehr unähnlich.
Vermählt mit M. Vinicius, wurde fie wegen un:
fittlichen Verfehrs mit Galigula und wegen Teil:
nahme an einer Berfchwörung des Lepidus nach
der Inſel Bontia verbannt. Nach Caligulas Tode
zurüdgerufen und bald nachher auf Antrieb der
eiferfüchtigen Mefjalina abermals verbannt, wurde
fie auf Befehl des Claudius ermordet. Tac. ann.
6, 15. Suet. Cal, 24, 29. — 15) Jul. Florus
und Jul. Sacropir, 2 angejehene Gallier, ver:
anlaften im J. 21 nm. E. einen Aufftand der
Gallier. Florus gab fich nach einem unglüdlichen
Kampf im Ardennertvalde jelbjt den Tod, Sacrovir
tötete ſich nad) einer Niederlage durch den Legaten
Silius. Tac. ann. 3,40. 43. 4, 18. — 16) Jul.
Aquila, bejiegte den boiporanijchen König Mi:
thridates im J. 49 n. C. als diejer, von den
Römern entjeßt, feine Herrſchaft wieder zu er:
langen fuchte. Tac. ann. 12, 15 ff. — 17) C. Aut.
Binder j. Vindex — 15) Jul. Sabinus,
Iulis — Junii.
ein Lingoner, twiegelte in Berbindung mit ul.
Claſſicus und Jul. Tutor, 2 Trevirern, während
des Aufitandes des Civilis die Völker Galliens
zum Aufftande auf (Tae. hist. 4, 55.57. Dio Cass.
66, 3), legte ſich den Titel Cäſar bei, juchte die
Sequaner duch Waffengewalt zum Anſchluß zu
bewegen, wurde aber befiegt und flüchtete in die
unterirdijichen Räume eines Landhauſes, wo er
mit feiner treuen Gattin Epponina (Teac. hist.
4, 67) 9 Jahre lang lebte, endlich aber ergriffen
und in Rom auf Befehl Beipafians hingerichtet
wurde. Dio Cass. 66, 16. Plut. amat, 25. —
19) Julius Baſſus, von edler Herkunft, ver-
bannt von PDomitian, aber zurüdberufen von
Nerva, wurde Profonful in Bithynien. Als er
wegen diejer Verwaltung 103 oder 104 n. E. an:
geflagt ward, verteidigten ihn der jüngere Plinius
und Barenus Rufus mit Erfolg. 105 war er
Konjul. Plin. ep. 4,9. 5,20. 6,29. — 20) Julius
Baſſus, ein Nhetor, deifen Seneca in den con-
troversiae jehr häufig gedenkt. — Über andere
Julii ſ. Florus, Frontinus, Hyginus, Ob-
sequens, Secundus, Solinus.
lülis j. Keos,
Iülus, 1) j. Aineias. — 2) f. Antonii, 8.
Junfi, I) ein altes berühmtes Geſchlecht patri-
eiichen Urfprungs, von welchem zuerft 1) M. Ju:
nins, als aus trojanifhem Blute abjtammend,
— wird, vermählt mit einer Schweſter des
arquinius Superbus, ſamt ſeinem älteſten Sohne
von dem Könige umgebracht. Liv. 1, 56. — Der
zweite Sohn war 2) u Jun. Brutus, der angeb-
lid) von Tarquinius den letzteren Beinamen befam,
weil er fich blödjinnig ftellte, um fein Leben vor
dem mißtrauifchen Oheim ficher zu ftellen. Mon.
Hal. 4, 67. 77. Tarquinius gab ihn feinen
Söhnen unbedenflid; als Begleiter mit auf eine
Neife nad Delphoi, von wo fie mit dem Drafel-
ipruch heimfehrten, es werde in Nom einft derjenige
herrichen, welcher bei der Rückkehr zuerſt die Weutter
füjfen werde. Brutus deutete den Spruch allein
richtig auf die Erde als gemeinjchaftliche Mutter
aller. Cie. Brut. 14, 53. Liv. 1,56. Nadjdem er
die Rolle eines Blödfinnigen lange Zeit gut ge:
jpielt hatte, fand die Entehrung der Qucretia, Ge:
mahlin des Tarquinius Collatinus, durch Sertus
Tarquinius ftatt. Brutus war bei der Erzählung
von ihrer Schmakh und bei ihrem Tode gegen:
— Er ſchwur den Tarquiniern Rache, wiegelte
das Volk auf und ſetzte, während Tarquinius
Ardea belagerte, die Abjegung und Verbannung
desſelben durch. Zir. 1, 59. Auf die Kunde davon
eilte der König nach Nom, fand aber die Thore
verjchloffen, während inzwiſchen Brutus jich nad
Ardea begeben und das Heer zum Abfall bewogen
hatte. Brutus wurde mit Targuinius Collatinus
zum erften Konſul erwählt für das Jahr 509 v. C.
und entdedte durch Verrat eines Sklaven eine
von jungen Adeligen angejponnene Berichwörung.
Während Eollatinus jeine daran beteiligten Neffen
zu retten juchte, weshalb er nad) vergeblidhen Be-
mühungen Nom verlafjfen mußte, verurteilte Brutus
feine eigenen Söhne zum Tode und ließ fie vor
jeinen Augen hinricdhten. Liv. 2, 3 ff. Als cs bald
nachher Tarquinius gelang, mit Hülfe der Bejenter
und Etruffer ein Heer gegen Nom zu führen, fam
es zum Nampfe, in weldem des Königs Sohn
Arruns und Brutus nach hitigem Gefechte einander
Junii.
durchbohrten und von ihren Pferden herabjtürzten.
Liv. 2, 6. Cie. Cat. m. 20. tusc. 4, 22, 50. Dion,
Hal. 5, 14f. Tief betrauerte ihn das römische
Volt und ehrte fein Andenlen durch eine Bild»
fäule auf dem Kapitol. Mit ihm ftarb der patri:
eiſche Zweig der Junier aus; dejto zahlreicher find
in jpäteren Zeiten die plebejiichen Junier, obwohl
ohne Zuſammenhang mit jenem erlojchenen Zweige,
wie es jcheint. — II) Plebejer, a) Bruti: 1) 2.
AJunius Brutus, nahm den Beinamen Brutus
an, ohne da ihm VBerwandtichaft ein Recht darauf
gab. Er vertrat jeinen Stand bei dem Auszuge
auf den Heiligen Berg mit großem Eifer und wurde
einer der erſten Bolfstribunen. Dion. Hal. 7, 14 ff.
6, 70. — 2) Decimus Jun. Brut. Scäva,
Konjul im Jahre 325 v. E. mit Furius Camillus,
führte glüdlichen Krieg gegen die Veſtiner. Liv.
8,29. — 3) E. Jun. Bubulcus Brutus, Kon-
jul 317 und 313 v. E. Lir. 9, 20. 28. Zum
drittenmal 311 Konful, führte er einen rühm-
lichen Krieg gegen die Samniter, weshalb er im
Jahre 309 vom Diktator Papirius ald Magister
equitum in einen neuen Krieg gegen Samnium
mitgenofnmen wurde, wo er mit Ruhm kämpfte. Als
Diktator focht er im Jahre 302 gegen die Aquer.
Liv. 9, 30. 38. 10, 1. — 4) D. Jun. Brutus
Gallaecus, Konful 138 v. C. verwaltete Hiſpa—
nien, wo er den entwaffneten Anhängern des
Viriathus Ader anwies und das Land möglichit
von Räubern reinigtee App. Hisp. 71jf. Vell.
Pat. 2, 5. Er jchlug die Galläfer im nordweſt—
lihen Hiſpanien (daher fein Beiname) und trug
(bis zum Jahre 134) zur Beruhigung Spaniens
nicht wenig bei; er triumphierte deshalb 132.
Eutr. 4, 19. Cie. Brut. 47, 175. Er war ein fein:
— beredter Mann und ein Freund des
ichters Accius. Cie. Arch. 11,27. Brut. 28, 107.
— Sein Sohn, 5) D. Jun. Brutus, Konjul
im Jahre 77 v. E., Gemahl der Sempronia, die
Teilnehmerin der catilinarischen Verſchwörung war
(Sall. Cat. 25. 40), ftand jchon im Jahre 100 gegen
Saturninus auf jeiten der Partei, welche die alten
Buftände zu erhalten wünjchte; gleichjall® hochae-
bildet. — 6) Defien Sohn, D. Jun. Brutus, bis:
weilen Albinus genannt, weil U. Poſtumius Al-
binus ihn adoptiert hatte, geboren wahricheinlic)
84 dv. C. erntete jeine eriten Xorbeeren unter Cäſar
in Gallien gegen die VBeneter (56), deren Flotte
er entſcheidend jchlug. Später focht er gegen
Berceingetorir und bei Alefia. Im Bürgerfriege
befehligte er die Seemacht Cäſars im Jahre 49
vor Maſſilia, befiegte die Flotte der Gegner und
dämpfte in Gallien eine Empörung, wofür er von
Cäſar nach jeiner Rückkehr mit großen Ehren
überhäuft wurde. Caes. b. 4. 3, 11 ff. 7, 87. b. e.!
1, 36. 56 ff. Auch beitimmte Cäjar ihn zum Statt: |
halter des cisalpinischen Galliens und gab ihm!
viele andere Proben feiner großen Zuneigung. |
Vell, Pat. 2, 64. Dennoch ſchloß er ſich der Ber:
ihwörung gegen Cäjar an (Plut. Brut. 12), wie
es jcheint aus Überzeugung, daß das Wohl des
Baterlandes Cäjars Tod erheiſche. Nach Läjars
Tode begab er ſich in jeine Provinz. Als jedod)
Antonius fid) des Brutus Provinz geben lieh und
dieſem dafür Mafedonien beftimmte, jo erflärte
Brutus dem nicht Folge leiften zu wollen, fondern |
jammelte ein Heer, wobei Cicero ihn ermunterte
und unterjtüßte. Cie. ad fam. 11, 5.6.13. Raſch
— — — — —— — —— — — — — — —
601
rückte er nach Mutina, wo er ſich ſtark verſchanzte.
Hier wurde er von Antonius, obwohl der Senat
denſelben von ſeinem Beginnen abzuhalten ſuchte,
den ganzen Winter über belagert, bis Antonius
von Hirtius, Panſa und Octavian nad) mehrfachem
Zögern am 25. April 43 beſiegt und für einen
Feind des Valerlandes erklärt wurde. Brutus
hatte erft nach der Schlacht, an der er jelbit feinen
Anteil nahm, eine Zuſammenkunft mit Octavian,
mit dem er fich jeines Miftrauens ungeachtet
vereinigte. Als aber bald darauf Antonius von
neuem ein Heer jammelte, und einzelne Unter:
befehlshaber des Brutus zu ihm übergingen, auch
Octavian in Rom Cäſars Mörder zur Strafe zog,
beichloß Brutus, zu M. Brutus nad Maledonien
zu ziehen. Da inzwiichen 6 jeiner Legionen zu
DOctavian abfielen, mußte er die Flucht ergreifen.
Auf dem Wege nad Aquileja wurde er in den
Alpen von einem Gajtfreunde Gamillus, bei wel:
chem er Schuß juchte, verraten und feftgenommen,
worauf Antonius ihn durch abgejandte Mörder
töten lieh. Vell. Pat. 2, 64. 87. App. b. e.3,97f.
Dio Cass. 46, 53. — 7) M. Jun. Brutus, Ab:
gejandter des Senats an Sulla im Jahre 88 v. E.,
tötete ſich nach Befiegung der Marianer jelbit. —
8 M. Jun. Brutus, Vater von Nr. 9, jchlug
als Bolfstribun im Jahre 83 v. E. vor, nad)
Capua eine ftarfe römiſche Kolonie zu jenden,
was Cicero (de leg. agr. 2, 36, 98) ehr icharf
tadelt. Am Bürgerkriege hielt er zu Marins und
kämpfte im cisalpinischen Gallien, mußte aber
Mutina an Pompejus gegen freien Abzug über:
geben und wurde bald nachher von einem Diener
des Pompejus ermordet (77). Plut. Pomp. 16.
App.b. c. 2, 111. Cic. ad Att. 9, 14. Er war ein
gelehrter, des Rechts jehr fundiger Mann, ohne
eigentlich Redner zu fein. Cie. Brut. 62, 222.
Seine Gemahlin war die berühmte Servilia,
Stiefjchweiter Catos von Utica. Plut. Brut. 2. —
9) M. Yun. Brutus, Sohn des vorigen, geboren
85 v. C. Seine eben genannte Mutter leitete mit
Einficht und Sorgfalt die Erziehung ihres Sohnes,
wurde aber eines ftrafbaren Umganges mit Cäſar
bejchuldigt. Daß Brutus des letzteren Sohn ge:
wejen jet, ift freilich nur eine ziemlich grundloje
Erfindung, da Cäſar nur 15 Jahre älter war als
jener. Auf jeine geiftige und fittliche Ausbildung
hat das Beiipiel jeines Oheims Gato, auf welchen
er mit großer Verehrung hinblicte, entichiedenen
Einfluß gehabt. Die Neigung zu philojophijchen
und hiftoriichen Studien gab feinem Geifte eine
mehr bejchauliche als praftiiche Richtung, und wenn
er von jeinem Oheim in der Vorliebe für Die
alademiſche, nicht ſtoiſche Philojophie abwich, jo
bewahrte er fich dadurch wohl eine größere rei:
heit und Bieljeitigfeit der Intereſſen, ftärfte aber
weniger die Kraft jeines Willens für ein Har:
bewußtes und entichloffenes Handeln. Dennoch
gewannen ihn die Reinheit und Unbejcholtenheit
jeiner Sitten, der Ernſt Inc ganzen Wejens und
die Würde der Freimütigkeit feines Auftretens die
Achtung und Zuneigung der angeiehenften Männer
und ein unbedingtes Bertrauen in weiteren Ktreijen.
Im öffentlichen Leben wird Br. zuerit im Jahre
59 genannt, da er einer angeblichen Verſchwörung
gegen Pompejus mit bejchuldigt wurde; doch be-
fahl Cäſar jogleih die Anflage gegen ihn fallen
zu laſſen. Der Vorfall beweift, da auf den Namen
602
des jungen Brutus jchon bedeutendes Gewicht ge:
legt wurde. Doch hielt er ſich noch längere Zeit
von den Staatsangelegenheiten zurüd und begnügte
fih damit, im Gefolge jeiner angejehenen Ber:
wandten, im Jahre 58 des Cato bei deſſen Sen:
dung nach Nypros, im Jahre 53 des Appius
Claudius, jeines Schwiegervaters, der als Pro:
konſul nach Kilifien ging, fich in der ferne Ge:
ichäftsfunde und Erfahrungen zu jammeln. Ohne
Zweifel verwandte er feine Muße auf litterariiche
Beichäftigung und den Umgang mit griechiichen
Gelehrten und Philojophen, den er jehr liebte.
Wahrjcheinlich gehören die philofophiichen Schrif:
ten, die von ihm angeführt werden (über die Pflich—
ten, über die Geduld, über die Tugend), in dieſe
hi Zeit. Nach feiner Rückkehr nah Rom nahın
er jeine Stellung auf feiten der Optimaten, er:
Härte fich für Milo, deflen Tötung des Clodius
er als ein Berdienft um den Staat daritellte, und
verteidigte jeinen Schwiegervater, der wegen Miß—
brauchs feiner Amtsgewalt in der Verwaltung von
Kililien angellagt war. Daher entichied er ſich
auch beim Ausbruch des Bürgerfrieges (49) für
Pompejus, obgleich dreier einſt jeinen Bater getötet
hatte, ging anfangs mit PB. Seftins nach Ajien,
traf aber noch zu rechter Zeit in Griechenland ein,
um an den Gefechten bei Dyrrhachium und an
der Schlacht bei Pharjalos teilzunehmen. Cäſar
hatte, ſowohl aus perjönlicher Zuneigung, wie aus
Freundſchaft für feine Mutter Servilia, ausdrüd:
lich Befehl gegeben, a zu ichonen, und nahm
ihn auf jein erftes Gejuch chrenvoll bei ſich auf.
Plut. Brut. 5f. Lucan, 7, 556 ff. Br. hielt fich
zwar don dem fortgeichten Kampfe, in welchem
jeine bisherigen Barteigenoffen und jeine nächiten
Verwandten, namentlich Gato, unterlagen, zurüd,
nahm aber doc ſchon 46, noch vor Beendigung
des afrikaniſchen Krieges, von Cäfar die Verwal:
tung des ciSalpinifchen Galliens an, wo er wegen
feiner Berechtigkeit und Uneigennügigfeit den gün-
ftigften Huf zurückließ. Auch trug er fein Bedenken,
45, nach jeines Oheims Cato Tode, eine Lobrede
auf diejen herauszugeben und jich mit deſſen Tochter
Borcia, der Witwe des M. Bibulus, nachdem er
jelbit jeine Ehe mit Appins Claudius’ Tochter
Claudia gelöft hatte, aus Achtung und Neigung
zu vermählen. Cic. ad Att. 13,9,2. Um dieje Zeit
gab Cicero, welcher wie jener zwijchen der Liebe
zur Republik und der Bewunderung des geiftig
überlegenen und liebenswürdigen Cäſar hin= und
berichwanfte, ihm große Beweiſe feiner Achtung,
indem er ihm feinen Orator, die Bücher de finibus,
de natura deorum, die disputationes Tuscula-
nae und die paradoxa widmete und ihm im
Brutus die Hauptrolle zuerteilte. Vgl. Boiſſier,
- Cicero und jeine Freunde, ©. 377 ff. der deutjchen
Überjegung. Als indes Cäſar im September 45
jiegreich aus Hiſpanien zurückkehrte, ſchloß Brutus
ſich ihm an und empfing von ihm fürs Jahr 4
unter den 16 Präturen, die damals zum erſten—
mal eingerichtet wurden, als beſondere Auszeich—
mung die ſtädtiſche. Die unſelige Verſchwörung
gegen Cäſars Leben, welche in fanatiſchen und
haßerfüllten Gemütern reifte, iſt nicht das Werk
des Brutus; aber ſie glaubte ſich in den Augen der
Welt feine beſſere Weihe als die feines Namens
geben zu fünnen. App. b. c. 2,112. Dio Cass.
44, 12. Plut. Drut. V. Suet. Caes. 80. C. Caſſius,
Junii.
Gemahl feiner Stieffchtvefter Junia Tertulla (+ 22
n. C. Tae. ann. 3, 76), derjelbe Mann. der fich
vergebens auf die ftädtiihe Prätur Hoffnung ge:
macht hatte und deshalb Cäſar und ihm zürnte,
machte ihm die erften Anträge, und geheimnisvolle
Mahnungen, die an ihn als den Träger des glor—
reichen Namens des Befreiers von Rom ergingen,
übten auf fein edles, aber unflares Gemüt die
wohlberechnete Wirkung. Frei von perjönlichem
Ehrgeiz, aber in dem thörichten Glauben, alle die
verichiedenen Beitrebungen der Herrſchſucht und
der roheften Leidenjchaften, welche nur durd die
Hand des Mächtigen niedergehalten wurden, würden
nach defjen Falle fich für das Wohl der Republik
vereinigen, bot er jeine Hand zu der unglüdlichen
That und half fie am 15. März 44 in der Kurie des
Pompejus vollbringen. Wenn auch der befannte
Zuruf des fterbenden Cäfar an Br.: „Auch du,
mein Sohn!“ auf jpäterer Ausihmüdung der
tragischen Gejchichte beruht (App. b. c. 2,117. Suet.
Caes. 8%. Plut. Brut. 17. Dio Cass. 44, 19), jo
ift doch darin die gewiß wahre Vorausjeßung an:
gedeutet, daß nichts jeinen Tod mehr verbitterte,
als der Anblid des Br. unter feinen Mördern.
Als gleich nach der That unter den Urhebern ſich
weder Einigkeit noch Bejonnenheit zeigte, trug Br.
am meiſten zu dem völligen Mißlingen des Planes
bei, indem er Antonius, den gefährlichiten Gegner,
entichieden zu jchonen verlangt hatte und in die
öffentliche Leichenfeier auf dem Forum einwilligte.
Sie wurde das Mittel, troß einer jcheinbaren Ber:
jöhnung zwiſchen den Parteien, die Wut des Volkes
gegen die Mörder Cäſars aufzuftacheln. Die meiften
verließen Rom, auch Br. ging um die Mitte des
April auf jeine Güter, wo er noch bis zum Sep:
tember in der vergeblichen Hoffnung verweilte, daß
in Nom, weldjes völlig den neuen Gewalthabern,
Antonius und dem jungen C. Octavianus, über:
lafjen blieb, eine Umftimmung zu feinen Gunften
vorgehen würde. Er ging hierauf zuerft nach Athen
und gedachte Makedonien, das ihm noch von Cäjar
als Provinz zuerteilt war, in Beſitz zu nehmen.
Aber er blieb unthätig und umentjchloffen, bis
M. Antonius jeinem Bruder E. Antonius Mate:
donien zuiprechen lieh. Da jammelte Br. die
PBompejaner in diefen Gegenden und drängte den
C. Antonius auf Apollonia zurüd, wo er ihn im
März 43 zur Übergabe zwang und jpäter hin:
richten lief. Aber weder er noch E. Caſſius, der
in Syrien und Borderajien ftand, thaten Schritte,
um Stalien vor der Gefahr des im November
errichteten Triumvirats zu jchüben. ‚Br. ging ſogar
nad Alien zu E. Caſſius, um mit ihm Verab—
redungen zu treffen und ftärfere Nüftungen zu
betreiben, lieh; es aber darüber geichehen, daß die
Truppen der Triumdirn ungefährdet nad) Epeiros
übergingen und ſich Mafedoniens und Thrakiens
bemädhtigten. Caſſius hatte mit einem Zuge gegen
Rhodos, Br. mit einem Einfalle in Syrien, um
Geld aufzubringen, längere Zeit hingebracht. End—
lich vereinigten ſie ſich in Sardes, und nachdem
die Gefahr eines drohenden Zwieſpalts mit Mühe
abgewandt war, gingen fie über den Hellespont.
Das Heer, mit welchem fie ji in Makedonien an
den Päſſen des —— bei Philippi, lagerten,
war etwa 80000 Mann an Fußvoll und 12000
Mann an Neiterei ftarf. Die Truppen des An:
tonins und Octavianus waren anfangs viel weniger
Juno
zahlreich; aber man lich ihnen Zeit, fich zu ver:
ftärfen. Br. jtaud auf der linfen Seite in einem
abgejonderten Yager dem Octavianus, Caſſius auf
der rechten dent Antonius gegenüber. Die Stellung
der Heere war eine jo ausgedehnte, daß die Feld—
herren nicht die Uberficht über das Ganze behalten
fonnten. Obgleich daher Br. über Octavianus
einen entichiedenen Sieg davongetragen und ihn
bis ins Lager verfolgt hatte, gab Caſſius, deſſen
Truppen durch den ungejtümen Angriff des An-
tonius geworfen wurden, nach der Flucht der Seinen
alles verloren und lieh fich töten. Br. fanımelte
zwar die geichlagenen Caſſianer und bezog audı
mit jeinen fiegreichen Truppen ihr günjtiger ge:
legenes Lager, aber er hatte doch mit dem Tode
jeines Genofien Hoffnung auf Sieg verloren und
fühlte jeine Seele durch traurige Viſionen, die
ihm wiederholt erjchienen ſein jollen, umbüftert.
Um die Nampfesiuft feines Heeres zu erhalten,
hatte er ihm die Plünderung von Theflalonite
und Sparta im all des Sieges verjprechen müſſen;
aber als es 20 Tage nach dem erjten Treffen
durch die beftändigen Anreizungen des Antonius
twieder zur Schlacht kam, jchlugen fie fich doch
nicht mit der früheren Tapferteit. Zwar behauptete
Br. ſelbſt ſich auf feinem Flügel noch längere Zeit;
aber nachdem das übrige Heer in völlige Auflöſung
gebradit, und das Yager in feinem Rüden von
dem Feinde beſetzt war, flüchtete er fich mit einer
fleinen Schar auf einen benachbarten Hügel. Hier
ſtürzte er jich in der folgenden Nacht, da er ver:
gebens jeine vertrauteften Diener um den letzten
Dienſt gebeten hatte, in fein eigenes Schwert.
Antonius jchidte jeine Niche au jeine Mutter Ser:
vilia, die ihn überlebte. Borcia joll ſich auf die
Kunde von jeinem Untergange durch das Ver:
ihlingen glühender Kohlen getötet haben. Io
Cass. 47, 36 ff. Plut. Brut. 38. Vell. Pat.2,69 ff.
App. b. e. 4, 110 ff. Drumanı, Geſchichte Roms,
T. 3 und 4. — Von Br.s philofophiichen Schrif—
ten (er neigte zur alten Afademie in ben Büchern
de virtute, de ofticiis, de patientia) und jeinen
Neden ift uns nichts erhalten; 2 in Verbindung
mit E. Caſſius an M. Antonius gerichtete Briefe
enthält das elfte Buch von Ciceros Epp. ad fam.
Die unter jeinem Namen auf uns gekommenen
griechijchen Briefe find ein Machwerk der Rhetoren—
ſchulen. — Bielleicht identiich mit ihm ift der von
Gicero (Phil. 10, 25 f. ad Att. 2, 24, 2), erwähnte
D. Eäpio Brutus. — Ein anderer Zweig der
AJunier heißt b) Silanns: 1) M. Jun. Sil,
zeichnete fid) im zweiten puniſchen Kriege in Hiſpa—
nien aus, wohin er den Scipio (11 v. 6.) be:
—— und wo er den Mago und Hanno ſchlug
206). Er fiel im Jahre 196 im Kriege gegen die
bojijchen Gallier. Zir. 28, 1ff. 33, 36. — 9) D.
Jun. Sil. Manlianus, wurde von jeinem
eigenen Bater im Jahre 141 dv. E. nach jeiner
Rückkehr aus Makedonien wegen Erprefjungen ver:
urteilt, worauf er jich erhängte. Cie. fin. 1,7, 24.
— 3) M. Jun. Sil,, Honful im Jahre 109 v. C.
wurde don den Gimbern in Gallien gänzlich ge-
ichlagen. Flor. 3,3, 4. — 4) D. Jun. Sil., Stief:
vater des M. Brutus (Cie, Brut. 68, 240), Kon:
ſul 62 v. E., gab als dejignierter Konſul zuerſt
jeine Stimme ab bei Verurteilung der Eatilinarier
Sall. Cat. 50. Cie. Cat. 4, 4,7. Im Jahre 62 gab
er als Konſul mit Licinius Murena die lex Junia
— Junonis Promunturium.
— ñ —ñ —ñ — —ñ —ñ —ñ —ñ— — — —ñ— —ñ —ñ — — — — — — —— —— ——— ——
603
Licinia. Er wird von Cicero wegen ſeiner Redner—
gabe gerühmt. Cie. Brut. a. a. O Sein Sohn
war 5) M. Jun. Sil, Schwager des Lepidus
und Cäſars Legat in Gallien. Cues. b. g. 6,1
Nah Cäſars Tode ging er zu Antonius über,
womit jein Schwager unzufrieden war. Als er
fi) aber mit Antonius entzweit hatte, ſchloß er
jih an Sertus Pompejus an, bis ihm jpäter
Auguftus im Jahre 25 v. E. das Konſulat gab.
Cie, ad fam. 10, 34. Dio Cass. 46, 51. 53, 25. —
6) M. Aun. Sil., Konſul im Jahre 19 n. E.,
unter Galiqula Statthalter in Afrifa, wurde auf
Befehl desjelben, der feine Tochter zur rau hatte,
aus dem Wege geräumt. Zac. hist. 4, 48. Agr.4.
Suet, Cal, 23. Er zeichnete ſich durch Beredjam:
feit aus. Tac. ann. 3, 24. T) 2. Jun. Sit,
ein Mann von ausgezeichnetem Charakter, wurde
bon Nero, der in ihm einen Nebenbubler jah,
unter falichen Borwänden verbannt und bald darauf
im Jahre 65 n. C. ermordet. Tae. ann. 16, 7}.
— ec) Andere Junier find: 1) M. Jun. Bera,
Diktator nad) der cannenfischen Niederlage. Zir.
22, 575.23, 13 — DIN. Jun Pullus, verlor
feine Flotte im erften puniſchen Kriege in einem
Sturme und gab fich jelbjt den Tod. Pol. 1, 52 ff.
— 3) fun. Pennus, im Jahre 126 v. E. Volls—
tribun, Gegner des E. Gracchus. Cie. off. 3, 11,47.
— 4) Jun. Bläfus, Oheim des Minifters Sejamus,
diente, als Tiberius Kaiſer wurde, als Statthalter
in Bannonien, wo er mehrere Aufftände der Trup:
pen nur mit Mühe dämpite. Von Tiberius erhielt
er den Titel Imperator, der nach ihm feinem
wieder zu teil wurde. Tuc. ann. 1, 16ff. 3, 25.58.74,
Nach Sejans Sturze ſank fein Einfluß (31 n. &.),
im Jahre 36 muhte er fich das Yeben nehmen.
Tac. ann. 6, 40. — 5) Jun. Bläjus, des vorigen
Sohn, diente unter jeinem Bater in Pannonien
(Tae. ann. 1, 19) und jpäter mit Auszeichnung
unter demielben in Afrika. Zac. ann. 3, 74. Er
unterftügte den Bitellius, der ihn indes hate und
binrichten lieh, 69. Taec. hist. 3, 38. — 6) 6.
Junins, wurde als Unterjuchungsrichter in der
Sadıe des Cluentius wegen Berurteilung des
Oppianicus der Beitechlichleit angeflagt und ver:
urteilt. Cie. Verr. 1, 61, 157. Oluent. 20.27.29.33.
— TR. Jun. Arulenus NRufticus, ein au:
geſehener Römer, Boltstribun 66 n. E., Prätor 69,
ım Jahre 93 auf Domitians Befehl hingerichtet,
weil er den Pätus Thrajea und Helvidius Priſeus
wegen ihrer republitanischen Gefinnung in Schrif—
ten geprieien hatte. Suet. Dom. 10. Tae. Agr. 2.
ann. 16, 26, hist, 3, 80. Dio Cass. 67, 13. Er
war ftoifcher Philoſoph und ein Freund geichicht:
licher Studien. — 5) WM. Junius Grachanus,
Freund des E. Gracchus, Altertumsforicher, verfaßte
ein Wert de potestatibus in mindeftens 7 Büchern,
gewidmet feinem Freunde Pomponius, dem Bater
des T. Pomp. Atticus. Cie. legg. 3, 20, 49. Plin.
33, 2,35. 2 Abhandlungen von Merdlin (1840
und 1841),
Juno j. Hera, 4f.
Junönis Promunturium, rö rs "Hoas erow-
zierovr, 1) VBorgebirge an der Südſeite Hiſpa—
niens, j. Kap Trafalgar, welches die Straße des
Herkules im W. ſchließt. Mela 2,6,9. — 2) Bor:
gebirge am Korinthiichen Meerbufen, ein Ausläufer
der Geraneiſchen Berge, nördlih vom Iſthmos,
j. Kap Hagios Nifolaos, benannt nach einem bier
604
befindlichen Tempel und Drafel der Hera Akraia,
die von Medeia gegründet fein jollten. Xen. Hell,
4, 5,6.
Jupiter j. Zeus, 9.
Jura, ’Iöoag oder ’Iovgdswog, "lovgaaads, das
noch jegt diefen Namen führende, jehr holzreiche
Gebirge Galliens, nördlih vom Lemaniſchen See
bis in die Nähe des Rheins bei Augusta Rauri-
eorum ftreichend. Es bildete die nördliche Grenze
vom narbonenjishen Gallien gegen Gallia Belgica
und trennte die Sequaner auch von den Helvetiern.
Cäſar lieh (nach einer Anschrift) durch Sprengen
von Felſen einen alten Paß durch dasjelbe wegbar
machen: mons pertusus, j. Pierre pertuis. Caes.
b. g.1,2.6.8, Strab. 4, 208.
Juridieus war der von Marc Aurel einge:
führte Name der von Hadrian ernannten 4 ita=
liichen Diftriktsrichter. Hadrians Nichter hießen
eonsulares und hatten höheren Rang gehabt.
Später trat an die Stelle der 4 iuridieı eine
größere Anzahl jogen. correetores. Auf Jnjchrif-
ten fommen vor ein Jurid. Campaniae, regionis
Transpadanae und Apuliae. — Ganz verjchieden
ift der iurid, Alexandriae, welder unter dem
Präfekt von Agypten als Nechtsverwalter ſtand
und beichränfte Befugniffe hatte.
Juris consulti oder iure consulti, iuris
riti, i. auctores, i. prudentes, i. sacerdotes
u. ſ. w., die römischen Nechtsfundigen, die auf
die Fortbildung des Rechts einen großen Einfluß
hatten (j. Jus eivile). Ihre Stellung war in
den verjchiedenen Perioden jehr verichieden. Erſte
Beriode. Die Nechtsfunde ohne wifjenjchaftliche
Form und die Nechtsfundigen ohne bejonderen
Beruf. Vor alterd war die Rechtskunde ein
—— der Patricier und ſpeziell der Prieſter,
denn Civil- und Staatsrecht war mit dem
ius sacrum auf das engſte verbunden. Die 4
waren zwar nicht unbefannt, allein was zur An—
wendung des Nechts gehörte, befand ſich in den
Bontifitalbüchern verichloffen, 3. B. die Beſtim—
mungen über die Zeit der gerichtlichen Handlungen
und über die jolennen Formen. Demnach zeigte
ſich die Thätigkeit der rechtsfundigen Patricier in
Belehrung über die Gerichtstage und Abfafjung
der Nechtsformeln, bejchränfte ſich aber auf einen
engen Kreis von Freunden und Stlienten. Nadı
und nac wuchs das Anjehen der Plebejer, das
Privatrecht entzog fich den Feſſeln des ius sacrum
und hörte auf ein Eigentum der Batricier zu fein.
Das jogen. ius Flarıanum (j. d.), welches einen
Serichtsfalender und eine Zujammenftellung der
Klag: und GSeichäftsformeln erhielt, war hierauf
von wichtigem Einfluß. — Zweite Beriode. Die
Rechtskunde wird ein befonderer Beruf, aber eine
wahre Nechtswifjenichaft gibt es noch nicht. Die
Auriften (wie B. Sempronius Sophus, 304
v. C., Ti. Coruncanius, 254 v. C., M. Bor:
cins Cato Cenſorius, P. Mucius Scävola,
D. Mucius Augur u a.) waren angejehene
Männer, welche fi) auf eine bloß praftiiche Thä-
tigfeit bejchränften, indem fie auf dem Markte
(Cie. de or. 3, 33. legg. 1, 3) und zu Haufe im
beftimmten Stunden Rat und Gutachten gaben
(respondere), wenn fie befragt wurden (consulere,
davon consulti genannt), allerlei Rechtsurfunden,
wie Klagen, Tejtamente, Kontrakte, abfaßten (scri-
bere) und Kautionsformnlare auflegten (cavere).
Jupiter — Juris consulti.
Der Einfluß der Juriften auf die Geftaltung des
Nechts ſelbſt beitand in der Interpretation ber
Geſetze, namentlich der XII Tafeln. Ihre Bildung
beruhte nicht auf wiflenfchaftlichem Unterricht der
älteren NRechtöfundigen, jondern teils auf dem
Studium der Gejeße und der wenigen juriftiichen
Bücher (Erflärungen der XII Tafeln, Gutachten
über jpezielle Rechtsfälle und Formularbücher),
teils auf der perfönlidhen Gegenwart bei der praf:
tiſchen Thätigkeit eines mten Juriſten. Der
jüngere hieß auditor oder discipulus. Cie. Brut.
89. de or. 1, 43 ff. Mur. 11ff. — Dritte Pe—
riode, Die Rechtskunde ald wahre Wiſſenſchaft
(ars), welche Veränderung DO. Muciuns Scävola
Bontifer und Ser. Sulpicius Rufus durd)
ihre wifjenjchaftlihe Behandlung des Rechts her:
beiführten. Die jehr gewachſene Mafje der rö-
mischen Rechtsſätze .. eine tiefere Auffaflung
und ein gründlicheres Studium; dazu fam das
fich immer mehr geltend machende Prinzip der
aequitas und das ius gentium, welches die Ju:
riften mit, dem alten jtrengen Recht vermitteln
mußten. Überhaupt hatte der wiffenjchaftliche Geift
in Rom mehr Eingang gefunden, und die Ber:
fafjungsveränderung führte die edeljten Kräfte, die
ſich bisher dem Staat und der Beredjamfeit ge:
- | widmet hatten, der Rechtswiſſenſchaft zu. Der
Einfluß der Juriften ftieg, ald Auguftus verord—
nete, daß die responsa derſelben bei ftreitigen
Nechtsfragen vor Gericht Geſetzeskraft haben jollten.
Gell. 4, 2. 13, 13. Vor allem aber ftrebten die
Auriften darnach, ſyſtematiſche Einheit des Rechts:
itoffes herzuftellen, die Gejege zu erflären und das
alte Recht durch Anwendung des ius gentium zu
ergänzen und zu verbefiern. Die Bildung ruhte
noch auf dem alten praftiichen Unterricht, aber
dazu kamen fürmliche Nechtsichulen (Geil. 18, 13),
aus denen die Fakultäten in Rom, Konftantinopel
und Berytos hervorgingen. Die Lehrer hießen
professores iuris eivilis, die Schüler studiosi,
welche ein honorarium oder salarium zu zahlen
hatten. Die Hauptjuriften waren bis Auguftus
außer den beiden oben genannten E. Aquilius
Gallus, C. Älius Gallus, BP. Alfenus Ba:
rus, E. Trebatius Tefta, U. Eajcellius.
Seit Auguftus bildeten ſich 2 bejondere Schulen,
Proeuliani (geftiftet von O. Antiftius Zabeo,
benannt nach —— Schüler Sempronius Proculus)
und Sabiniani (von E. Atejus Capito ftam:
mend, benannt nad jeinem Schüler Majurins
Sabinus). Zu jenen gehörten die beiden M. Coc—
cejus Nerva und PB. Juventius Celſus,
Novatins Brijcusn.a., zu dieſen Maſurius
Sabinus, E. Caſſius Yonginus, Javole—
nus Priſcus m. ſ. w. Mlle aber wurden durch
folgende 5 verdunfelt: Gaius, ÄAmilins Papi-
nianus, Julius Paullus, Domitius UI:
pianus und Herennius Modeftinus. Die
jehr —— Schriften waren: 1) Geſetz- oder
Ediktkommentare, 2) Rechtsſyſteme, 3) Quellen—
ſammlungen, 4) responsa und quaestiones, 5) re-
gulae, sententiae, opiniones u. |. w. — Vierte
Periode. Der Verfall der römischen Jurispru-
denz. Daran war teil$ die Deipotie der Kaiſer,
teils die Verflahung und Berderbtheit des rö—
mijchen Lebens überhaupt jchuld. ie Juriſten
waren nur auf Gelderwerb bedacht und vernach—
läſſigten die ernften Studien. Um jo größer wurde
Juris dietio — Jus italieum.
der Einfluß der oben erwähnten jogen. Haffischen Ju:
rijten, deren Schriften an die Stelle der responsa
traten und volle Gejepesfraft hatten. Die große
Menge, der hohe Preis, die häufigen Wider:
ſprüche der juriftiichen Bücher hatten für Die
Rechtspflege viel Unbequemes, weshalb Kaiſer
Juſtinian alle Schriften ercerpieren und die Er:
cerpte nach einem gewillen Plane zufammenitellen
ließ (j. Justinianus). Auch in Weftrom haben
die deutichen Fürften Sammlungen des römtjchen
Rechts veranftaltet, jo König Alarich II. 506 das
breviarium Alaricianum, bei den Burgunden 472
die lex Burgundionum, König Erich die lex Vi-
sigothorum.
Juris dietio, die Civilgerichtsbarfeit, war ein
Teil des imperium und ftand nur den höheren
Magiftraten zu. Das Wort iuris dietio hat eine
doppelte Bedeutung: 1) im nicht ftrengem Sinne
umfaßt i. d. die ertraordinären Funktionen, die
mehr zu dem imperium als zu der eigentlichen
1. d. gehören, und die jogen. freiwillige Gerichts:
barteit, 5. B. das Recht, bonorum possessio,
missio in possessionem und in integrum resti-
tutio zu erteilen; 2) die eigentliche i. d. beftand
im Erteilen eines richterlihen Urteil (decretum)
oder in der Ernennung eines Richters (iudieis
datio). Sprichwörtlich fahte man die i. d. in
3 Worten zujammen: dare (iudicem), dicere
(sententiam), addicere (rem). Ov. fast. 1, 47.
Varr. 1. 1. 6, 30. — Die Magiftrate, welche die
Richtergewalt übten, waren der König, dann die
Konſuln, dann die Prätoren und teilweife die
euruliichen Ädilen, in den Städten die Stadt:
magijtrate und Präfelten, in den Provinzen die
Statthalter. In der Haiferzeit traten die Konjuln
und PBrätoren in den Hintergrund, dagegen hatten
die praefecti praetorio und urbi oder deren
Bicarii die höchfte Inſtanz erhalten. Über die
Gerichtsbarfeit der Statthalter |. Provincia.
Jus, 1) im objektiven Sinne eine Rechtsnorm
für das Thun und Laflen der Menjchen, und zwar
jowohl ein jyftematischer Inbegriff von Rechts:
beftimmungen, 3. B. ıus civile, gentium, pontifi-
cium, praetorium, oder ein Teil desjelben, als
das von dem Magijtratus gejprochene Recht (ius
dicere und reddere); 2) im jubjettiven Sinne
die durd das objektive Hecht begründeten Befug-
nifje und Rechtsverhältnifie der Menjchen, 3. B.
ius cogmationis, gentilicium, Quiritium, Latii
u. j. w.; 3) in abgeleiteter Bedeutung a) der In—
begriff der von dem Prätor vorgenommenen Alte
(im Gegenfaß zu iudicium), b) der Ort, wo Recht
geſprochen wurde (in ius vocare), endlich c) die
Rechtswiſſenſchaft (iuri operam dare).
Jus Aeliänum j. Jus Flavianum.
Jus eivile, 1) das pofitive durch die XII ta-
bulae und deren Kommentare firierte Recht des
römischen Bolfs im Gegenjaß zu ius gentium
und ius naturae (Cie. top. 2); — 2) das Civil—
recht im Gegenſatz zum Kriminalrecht (Cie. Caec. 2.
Verr. 1, 42); — 3) das durd den Einfluß der
Juriſten (juris consulti) gebildete Recht, jo viel
als auctoritas iuris peritorum (f. Juris con-
sulti).
Jus commüne, das allgemeine Recht im Ge:
genjaß zu ius singulare oder proprium, welches
eine Abweichung oder Ausnahme von dem ftrengen
Rechte enthält.
605
Jus Flaviänum. Wenngleich durch die XII
tabulae das ius im allgemeinen den Wlebejern
befannt war, blieben die Patricier und die Bon:
tifices doc) noch immer in ausjchließlichem Willens:
befiß von den dies fasti und nefasti, die nicht
alljährlih an beftimmten Tagen wiederfehrten,
aber dod) die Nechtsgültigfeit eines Rechtsgeſchäf—
tes bedingten. Ein Schreiber des Appius Clau—
dius Cäcus, der Plebejer En. Flavius, der fich
Kunde darüber verichaffen fonnte (Plin. 33, 1:
consultando assidue sagaci ingenio), verfahte
einen Gerichtsfalender (fasti) und machte mit dem:
jelben zugleich aud) die legis actiones (in dem
Sinne von legitimae actiones), d. i. eine Samm-
(ung der Klag: und Gejchäftsformeln, öffentlich
befannt, 304 v. GE. Liv. 9, 46. Cic. Mur. 11.
ad Att. 6, 1. Diejes Werk nannte man das ius
Flavianum. Dieſe nunmehr aud) den Plebejern
befannte Rechtswiflenichaft (Cie. de or. 1, 41, 186)
juchten die Patricier dadurch wieder hinfällig zu
machen, daß fie gewiſſe notae erfanden, d. h. neue
einjchränfende Beftimmungen, andere Rechtsfor—
meln, die ihre Hülfe und ihren Rat nun dod)
noch in Streitjachen wieder notwendig machten
(Cie. Mur. 11: notas quasdam composuerunt,
ut omnibus in rebus ipsi interessent). Dieje
neuen Bejtimmungen veröffentlichte 204 v. E.
Alius Catus (Konful 198 v. E.), jo daß man
diejes ius Aelianum mit Redit eine Erweite—
rung des ius Flavianum hat nennen fünnen. Es
bejtand dieſes Werf aus 3 Teilen (tripartita),
deren eriter die XII Tafeln, der zweite die inter-
pretatio derfelben, der dritte die legis actiones
enthielt.
us gentium und ius natürae. Aus den
Nechten der einzelnen fremden Völker bildete ſich
in Rom durch den Peregrinenprätor ein bejonde:
res pofitives Recht für die Peregrinen, ius gen-
tium, welches dem Verkehr der Beregrinen unter fich
und mit den Römern zu Grunde lag. Es berubte
dasjelbe auf der höchſten Billigfeit und der natu-
ralis ratio, d. h. dem gemeinjamen natürlichen
Rechtsbewußtſein der Menjchen, und deshalb hielt
man ius gentium und ius naturae für gleichbe:
deutend, als allgemeines oder natürliches Menjchen:
recht. Cie. top. 13. off. 8, 3, 5. 17. Sest. 42. Wenn
man aber ius gentium und ius naturae getrennt
findet, dann ift ius naturae im engjten Sinne
zu verftehen, nämlich als die Nechte und Verhält-
niffe, welche fich auf die in der Natur der Menjchen
und Tiere gemeinfam liegenden Triebe gründen,
3. B. Ehe, Kinderzeugung. Auct. ad Her. 2, 13.
Cie. off. 1,4. fin. 3,19. Das ius gentium war
von großem Einfluß auf das römische Recht (ius
eivile), indem manche freie Formen des i. g. durch
das prätorijche Edift in das römiſche Recht aufs
genommen wurden (j.Edietum). — Einige Male
heit ius gentium auch das Völkerrecht, ius belli
et pacis, zu welchem das Jnftitut der Fetialen
gehörte. Cie. Rab. Post. 15.
Jus honorarium (honor = magistratus) iſt
das prätorifche Recht, welches in dem Edikt nieder:
gelegt ift, hervorgegangen aus dem Billigfeits-
prinzip und aus dem ius gentium.
Jus italicum erhielten nur Kolonien, und zwar
icheint diefes Recht unter Auguſtus entitanden zu
jein, indem er die durch Beteranenfolonien ver:
triebenen Italiker in Brovinzialtolonien führte und
606
deren Nechte nicht jchmälern wollte. Dieje Rechte
waren: 1) libertas d. h. das Hecht der freien Ver:
fafjung und jelbjtändigen VBermögensverwaltung, | 1
2) iminunitas, d. h. Befreiung von Kopf: und
Grundſteuer, der die anderen Provinzialftädte unter:
tworfen waren, 3) die Fähigkeit des Bodens, in
quiritariichem Eigentum zu ftehen, jo daß die
Formen des römischen Rechts, wie usucapio,
maneipatio u. a, anwendbar waren. Als die freie
Verfaſſung und die Steuerfreiheit der italiſchen
Städte unter Diocletian aufgehört hatte, dauerte
das ius Italicum in den Provinzen noch fort.
Jus iurandum j. Eid, II,
Jus Latii j. Latium, 7f.
Jus liberörum (trium, quatuor, quinque).
Die lex Julia und Papia 'Po paea fnüpften an
den Befit mehrerer Kinder bejondere Privilegien,
weldye bald noch erweitert und auch ſolchen Per:
jonen verlichen wurden, welche gar feine Kinder
oder wenigjtens nicht die gejeßliche Zahl hatten.
Plin. ep. 2, 13. 10, 2. 95. Das ius lib, verlieh
Borzug bei Amtsbewerbungen und bei der Ver:
teilung der Provinzen, Befreiung von läftigen
Amtern, Milderung von Strafen und allerlei Vor:
teile im Erbrechte.
Jus natürae j. Jus gentium.
Jus oseüli, die alte Beſtimmung, dab fich die
Frauen und ihre und ihres Gatten Cognaten bis
zu dem Grade der Gonjobrinen füfjen durften,
erklärt fich durch die ſymboliſche Auffaffung des
Kuſſes, welcher als ein Zeichen des bel ae re Bei
Familienfreifes angejchen wurde. Pol. 6, 2. Plut.
kom. 1. Die jpätere Kaiſerin Agrippina feſſelte
unter dem Scheine diejes ius osculandi ihren
Oheim Claudius, jo daß er fie den übrigen
Bewerberinnen um jeine Hand vorzog. Suet.
Claud. 26. Tac. ann. 12, 3. Dio Cass. 60, 31.
Daß Tiberius das ius osculi überhaupt durch ein
Edift (Suet. Tib. 34: quotidiana oscula prohi-
buit edicto) aufgehoben, it nicht anzunehmen; es
bezieht fich auch auf die Sitte des kaiſerlichen Hof:
ceremoniells, nach der der Kaiſer ihm nahejtchende
oder befreundete Männer mit einem Kuſſe begrüßte
und entließ (Suet. Ner. 37. Oth. 6). Dies hatte
fih bald zu einem bloßen Handkuß geftaltet ( Tac.
ann. 6, 50. Suet. Tıb. 72. Cal. 56), was jedoch
die Römer immer als Hochmut der Kaijer aus:
legten, weshalb Plinius (paneg. 24, 2) es von
Trajan jo hod) rühmt, daß er dieje Ermiedrigung
der Bürger nicht zulieh.
Jus Papiriänum hieß eine von Papirius ge:
machte Sammlung der jogenannten königlichen Ge:
jeße, d. h. der älteften Beitimmungen des jafralen
Nechts. Vgl. Gesetzgebung, |
Jus pontiflefum, im weiteren Sinne j. v. a.
ins sacram oder divinum, das Safralredıt (Kul—
tus, Safralverfafjung und Divination,, deſſen
Kenntnis und Handhabung den Prieftern ange= |
hörte (Liv. 1, 10. 20); — im engeren Sinne das
die pontifices betreffende Recht in ihrem Berhält:
nis zu dem Staate und deſſen Inſtituten.
Jus privätum und publicum. Das crite
umfahte die Rechte und Verhältniffe der in einem
Staate lebenden Individuen untereinander (Cie.
top. 2), das zweite begriff die Rechte des Staats
gegen die Bürger und die Berhältniffe der Bürger
zum Staate. Es enthielt daher die geſamte Staats:
verfafjung und Staatsverwaltung, aljo ins sacrum,
Jus iurandum —
‚Justinianus.
die Nriegsverfafjung, das Finanzweſen, den Civil:
brogeh und das Kriminalrecht. Liv. 3, 34. Gell.
20. Cie. Brut. 59.
Ya Quiritium bezeichnet urjprünglih das
Bürgerrecht, welches im Innern den einzelnen
Bürgern gewährt ift, alio vorzüglich das privat:
rechtliche Element der Civität, 3. B. domınium
ex iurs Quiritium, während ius civitatis das
Recht des Bürgers im Berhältnis zum Ausland,
alio vorzüglich das publiziftiiche Element bezeich-
nete. Aus diejer Urbedeutung erklärt es fich, wie
man in der Raijerzeit jagen konnte, der Peregrine,
welcher Bürger werde, erhalte ius civitatis (weil
er gleichſam von aufen eintrat), der Latiner,
welcher Vollbürger werde, erhalte ins Quiritium
(weil er jchon Halbbürger war und bloß den ihm
noch fehlenden Reſt der Civität befam). Civitas
ift etwas Allgemeines und Ungeteiltes, ius Qui-
ritium iſt nur ein Teil der Givität geworden,
der dem Yatinus an dem VBollbürgerrecht mangelt.
Plin. ep. 10, 22. 23. 105. 106. 108.
Jus sacrum und divinum j. Jus pontifi-
C iu ın.
Jus seriptum und non seriptum. Das erſte
umfaßt alles Recht, welches im jchriftlicher Form
hervortritt, aljo Gejeße des Volfes, Senatus Kon—
julte, kaiſerliche Geſetze, die Edikte der Magiftrate,
die responsa der uriften. Als non scriptum
wird nur das Herkommen genannt, quod usus
comprobarit.
Jus strietum, das alte ftarre Civilredht, im
Legenſatz zu dem Billigkeitsprinzip (wequitas).
Daher unterschied man actiones strieti juris und
bonae fidei, j. Actio.
Justiniänus, oftrömischer Kaiſer, geboren am
11. Mai 482 zu Taureſium in Illyrien, erhielt
eine gute juriſtiſche Bildung unter Theophilus.
Als Konjul im %. 520 ſuchte er durdy glänzende
Spiele für ji zu gewinnen und erlangte auch bei
der Unfähigkeit feines Oheims Juſtinus immer
mehr Einfluß auf die Regierung. Nody vor dem
Tode desjelben wurde er am 1. April 527 zum
Kaiſer ernannt. In feiner langen Regierung (er
ftarb am 14. November 565) hat er gegen die
Feinde jeines Reiches durch diplomatiiche Künſte,
durch Beitechungen, aber aud im offenen Kriege
gefämpft. Feldherren, wie Belijar und Naries,
haben darin Tüchtiges geleiftet. Die bedeutendften
Kriege hat er geführt gegen die Perjer, die Van:
dalen und die Oſtgoten in Jtalien. — Hier fommt
er in Betracht, weil unter jeiner Negterung das
Recht in dem Corpus juris formell zujammen-
geftellt ift. Unter Tribonians Xeitung wurden
zuerft die kaiſerlichen Konftitutionen in den zwölf
Büchern des codex Justinianeus vereinigt; dann
wurden die Auszüge aus den Schriften der Juriften
in den 50 Büchern Digesta gejichtet und jchlieh-
lid) ein neues Lehrbuch in den 4 Büchern In-
stitutiones ausgearbeitet. Gleich nachher famen
die Novellae, meift in griechiicher Sprache, hinzu.
Mag ihn auch die Eitelkeit bei diejem Unterneh:
men geleitet haben, unbeftritten ift, daß durch dieje
Kodififation die Schäße der alten Jurisprudenz
zum Teit erhalten find, die uns ſonſt wohl ganz
verloren gegangen jein würden. In andern Dingen
war jeine Eitelfeit die Triebfeder, 3. B. bei den
zahlreichen Bauten (mie bei der Sophienkirche),
bei welchen er unermeßliche Summen verſchwendete,
—
Justinus — Juvenalis.
daher er bei jeinem Tode einen leeren Staatsihaß
hinterließ. Seiner Gemahlin Theodora, der Tochter
eines Bärenmwärters, geftattete er zu großen und
nachteiligen Einfluß und lieh ihr als Mitregentin
Treue jhwören. Uber jein dämoniiches Wefen und
die Folgen feiner Regierung äußert ſich Profopios
(Anecd, Bud 12).
Justinus, in einer guten Handichrift M. Ju:
nianus Juſtinus genannt, ein römijcher Ge—
ſchichtſchreiber, vermutlich zur Zeit der Antonine
(nach manchen erft im 3. Nahrh.), ift Berfafler
eines Auszugs aus dem — hiſtoriſchen
Werle des Trogus Pompejus, welcher unter Auguſtus
lebte (j. Pompeii, 20.), unter dem Titel historiae
Philippieae in 44 Büchern. Dies gibt ung eine
allgemeine Weltgejchichte, hauptſächlich jedoch ma—
kedoniſche Geſchichte, ohne ſorgfältige chronologiſche
Reihenfolge der einzelnen Begebenheiten, von Oro—
ſius viel benutzt und im Mittelalter ſehr geſchätzt.
Vagl. Rühl, die Verbreitung des Juſtinus im Mit:
telalter (1871). Die einfache, gedrängte Dar:
jtellung bat, wenn fie auch nicht immer vor den
Augen der Kritik beftehen kann, viel_Anziehendes
und ijt noch immer zu empfehlen. — Ältere Ausgg.
von J. Bongarjius (1581), N. Voſſius (1640),
Gräbius (1688 u. 6.), Abr. Gronov (1719; neue
Ausg. 1827 ff.), 3. F. Fiſcher (1757); neuere von
Benede (1830) und Fittbogen (1835); Tertausgg.
von Jeep (1859; El. Ausg. 1862) und F. Rudi
(1886); Schulausgg. von Hartwig (2. Aufl. 1859),
Domle und Eitner (1865).
Justitia, römiſche Berjonififation der Gerech—
tigfeit, gleich der griechischen Dike (Aſtraia), |.
Aequitas. Gie verließ im eijernen Zeitalter
zulegt von den Himmliichen die blutbefledte Erde.
Or. met. 1, 150. fast. 1, 251.
Justitiam bezeichnet einen Stillftand der Ge—
richte und ein Stoden jämtlicher öffentlicher Ge:
ihäfte. Diejer Stillftand wurde von dem Senate
und den Magiftraten in Zeiten der Not, der Ge-
fahr und der allgemeinen Beftürzung angeordnet
(decernere, edicere, indicere) und nach Bejeiti-
gung der Gefahr wieder aufgehoben (remittere,
exuere). In der Kaiſerzeit fand iustitium nur
bei Staatstraner ftatt, und zwar bei Todesfällen
der Kaiſer oder in der faiferlichen Familie (j. B.
Tae. ann. 1, 16. 50).
Justus Fabius, vermutlich ein angejchener
Nhetor, Beitgenoffe des jüngeren Blinius (Plin.
* 1, 5, 8. 11. 7, 2) und Tacitus, der ihm den
dialogus de oratoribus gewidmet hat.
Juturna, latinische Quellnymphe (Nails, Or.
fast. 2, 606), der man am 11. Januar, an welchem
Tage ihr bei ihrer Quelle auf dem Gampus Mar:
tius ein Tempel geweiht worden war, zu Nom
das Feſt Juturnalia feierte. Or. fast. 1, 464.
Sie galt für eine Schweiter des Turnus, welche,
von Jupiter geliebt, mit der Unſterblichkeit und
der Herrichaft über die Gewäſſer bejchenft ward.
Verg. A. 12, 138 ff. Ov. fast. 2, 5850 ff. Dem
Janus gebar fie den Duellgott Fontus. Das
Waſſer ihrer Quelle zwijchen Yaurentum und Ardea
am Albanischen Berge, mit dem bei Ardea min:
denden Flüßchen Numicns oder Numicius ſich ver:
bindend, jollte Heilkräfte (daher Ableitung von
invare) enthalten, ebenjo das Waſſer der Juturna
auf dem Campus Martins, das für das reinfte,
heiligjte und wohlthätigite gehalten und zu Nom faft
607
bei allen Opfern gebraucht wurde. Auch ein Teich
auf dem Forum in der Nähe des Dioskurentempels
bieh nach ihr lacus Juturnae. Or. fast. 1, 708.
uvävum (Claudium Juvavum), j. Salzburg
mit zahlreichen Altertümern, am Fluß Iſonta oder
Ivarus (?), j. Salzach, Stadt in Noricum, in einem
weiten, fruchtbaren Thale am Nordabhange der
Gebirge. Mehrere hier zufammenlanfende Strafen
gaben in der jpäteren Zeit dem Orte eine große
Bedeutung.
Juvenälis, Decimus Junius, wurde unter
der Regierung des Claudius um das Jahr 47 n. C.
zu Aquinum im Boljferlande (Juv. 3, 319) geboren.
Er bejuchte nach dem gewöhnlichen Bildungsgange
der damaligen Zeit die Schulen der Grammatiker
und Rhetoren in Nom (1, 15), diente dann als
Tribun im Heere und befleidete jpäter im feiner
Vaterftadt das Amt eines Genjord. Die ſchwere
Beit der Regierung Domitians veranlafte ihn, fich
von dem öffentlichen Leben zurüdzuzichen. Zorn
und Schmerz über die Berderbtheit der Zeit führte
ihn zu der Satirendichtung (1, 30: ditlicile est
satiram non scribere. 89: facit indignatio ver-
sum). Seine Hauptthätigfeit fällt in die Negie-
rung Trajans, wo nad) langem Drud eine freie
Betrachtung der nächiten Bergangenheit gejtattet
war, und erftredt ſich bis in die Zeit Hadrians
(15, 27: consule Junco, im %. 127). Nad) einigen
Erzählungen foll er wegen freimütiger Außerungen
in jeinen Satiren von dem Kaijer (Trajan oder
Hadrian, feinesfalls Domitian) verbannt worden
jein, vermutlich unter der Form einer militärischen
Verſchickung, entweder nadı Britannien oder (vgl.
15, 45) nach Agypten. — Wir bejißen von Juvenal
in 5 Büchern 16 Satiren, welche zum größten
Teil Schilderungen aus den Zeiten Domitians
enthalten. Mit genauer Kenntnis des Lebens ver-
bindet er ein großes Talent für Sittenfchilderung:
in wenigen bezeichnenden Zügen führt er einzelne
Perſonen und Begebenheiten vor, an denen er die
Bermworfenheit, welche ſich in allen Berhältnifien
des Lebens bis in die höchſten Kreiſe hinauf zeigte,
in den grellften Farben Ddarftellt, indem er das
Laſter mit unverhohlener Offenheit in feiner häß—
lichſten und gemeinften Geſtalt aufdelt. Dabei
eigt er überall eine chrenhafte Gefinnung, welche
ka mit Abichen von den entarteten Zuſtänden
feiner Umgebung abwendet und ſich nad den
Tugenden der großen Vorzeit zurüdjehnt. Nur
jelten wird der bittere, ftrafende Ton jeiner Satire
von einzelnen komiſchen Scenen unterbrochen. Ob:
gleich jein Stil eine ftarfe rhetorische Färbung
bat, jo tragen feine Schilderungen doch durchaus
den Charakter der Wahrheit und gewähren uns
ein anjchauliches Bild von der Größe des fitt-
lichen VBerderbens, das neben dem höchſten Glanze
des äußeren Lebens in den Zeiten der Kaiſerherr—
ichaft in Nom um fich gegriffen hatte. Mit Un:
recht ift die Echtheit der beiden letzten Satiren
von einigen Gelehrten beftritten worden, während
Ribbeck für juvenaliih gar nur die 9 eriten
Satiren, die elfte und allenfalls noch die jech-
zehnte, die übrigen für Arbeiten eines jeichten
Schwätzers und philiftröfen Phrajenmachers hält,
ohne überzeugende Sründe dafür beizubringen. Die
erhaltenen Scholien find Excerpte aus einem etwa
400 in Ron verfahten Kommentar, der von einem
belejenen Grammatifer verfaßt jein muß (am bejten
608
Juvencus — Kabeira.
herausgegeben von D. Jahn in jeiner Ausgabe von , dichtete fabulae palliatae (j. Palliata). Samm:
1851); eine zweite Klaffe von Scholien ftammt
wohl erjt aus der farolingijchen Zeit und ift wert:
los. — Ange: von Henninius (1685 und 16%),
Ruperti (2. Aufl. 1819), Weber (1825), Heinrich
(1839), O. Jahn (1851, bejte frit. Ausg.), Weid-
ner (2. Aufl. 1889); Tertausgg. von K. F. Hermann
(1854), Ribbed (1859), O. Jahn (2. Aufl., mit
— und Sulpicia, i886); Überjegungen von v.
iebold (1858), Hertzberg und Teuffel (1864 ff.).
Juveneus, C. Bettius Aquilius Juven—
cus, ein ſpaniſcher Preſbyter im 4. Jahrh. n. E.,
verfaßte eine historia evangelica in 4 Büchern
und die historia veteris testamenti, in epiſchem
Versmaße und mit der Phrafeologie der römischen
Epifer, jedoh in ſchon ſchwankender Projodie.
Ausg. von F. Arevalo (1792).
Juventas j. Hebe.
JuventYi, wanderten um 380 dv. E. aus Tufen-
lum nad) Rom, wo fie bald zu großem Anjehen
— 1) T. Juv., fiel als Tribun in einer
chlacht gegen die Gallier, 197 v. E. Liv. 33, 22.
— 2) T. Juv. Thalna, Prätor im J. 194 v. E.
Liv. 34, 42. — 3) WM. Juv. Thalna, Konful
im 9. 163 dv. E., nachdem er jchon 170 Volks—
tribun gewejen war, unterwarf als Konſul die
Inſel Korfifa und ftarb vor Freude in dem Augen-
blide, wo ihm das Senatsjchreiben eingehändigt
wurde, fach dem jeine Verdienfte durch die Feier
eines öffentlichen Dantfeftes belohnt werden ſoll—
ten. Val. Max. 9, 12,3. Plin. 7,53. — 4) M.
Juv. Laterenfis, diente wahrjcheinlich im Kriege
gegen Mithridates, wurde nachher Duäftor, fam
nn nad Siyrene und gab feine Bewerbung um
das Tribunat im J. 59 v. E. auf aus Abneigung
gegen Cäſar und deſſen Adergejeß (Cie. Planc.
5, 13), Später foll er an einer Verſchwörung
gegen Pompejus fich beteiligt haben. Cie. ad Att.
2, 24,3. Sein Berhältnis zu Cäfar z0g ihm auch
wohl eine Niederlage bei der Bewerbung um die
eurulifche Adilität zu, 55. Cie. Plane. 5, 12. 22, 52.
Sein Mitbewerber Plancius fiegte, wurde aber
furz nachher von Juv. angeflagt, daß er geſetz—
widrige Wahlgenofjenichaften gebildet habe. Cicero,
der dem Blancius jehr verpflichtet war, übernahm,
troß feiner Freundſchaft mit Jup., die Verteidigung
des Plancius und erlangte deſſen Freifprechung.
Später wurde Juv. Prätor und Augur (Cie. ad
fam. 8,8, 2. ad Att. 12, 17). Nach Cäſars Tode
war er Legat des Lepidus in Hiſpanien (43) und
juchte diejen mit Munatius Plancus, dem Statt:
halter Galliens, gegen Antonius zu gewinnen,
richtete aber nicht3 aus, jondern mußte jehen, wie
die Soldaten des Lepidus zu dem heranrüdenden
Autonius übergingen, und gab fich, bis zum Tode
republifanijcher Gefinnung treu, jelbft den Tod.
Cic. ad fam. 10, 23. Vell. Pat. 2, 63. Dio (ass.
46, 51. — 5) ein jüngerer Zeitgenoſſe des Terenz,
lung der ſpärlichen Bruchftüde von NRibbed, com.
Lat. rel. p. 82f. — 6) Juv. Eeljus, An:
hänger des Juriſten Proculus, war angeiehener
Juriſt zur Beit des Veipafian. — 7) Sein Sohn,
. Sud. Celjus, gleichfalls ein ausgezeichneter
Juriſt, wurde von Domitian 95 n. E. wegen Teil-
nahme an einer Verſchwörung vor Gericht gejtellt,
rettete fid) aber, ohne irgend jemand anzugeben,
durch Schmeichelei und Liſt, indem er die Sache
bis zum Tode des Tyrannen hinzog. Nerva und
Trajan zeichneten ihn aus, und der legtere machte
ihn zum Konjul, ein Amt, das er (129) unter
Hadrian zum zweitenmal befleidete. Letzterer zog
ihn in jeınen Rat. Spart. Hadr. 18.
Ixion, ’/Eor, Sohn des Phleghas oder des
Ares, König der Lapithen oder Phlegyer, Bater
des Peirithoos (daher Ixionides genannt, Prop.
2, 1, 38. Or. met. 8, 566). Als Deioneus, ber
Vater feiner Gemahlin Dia, die Brautgejchente
von ihm forderte, lud ihn Ixion zu jich ein und
ftürzte ihn im eine mit Feuer gefüllte Grube —
das erite Beifpiel von Verwandtenmord. Da ihn
niemand von diefem Morde reinigen wollte, ent—
jühnte ihn Zeus und zog ihn ſogar an die Tafel
der Götter. Aber der Undankbare ertrug, gleich
Tantalos, nicht das Glüd, das die Gnade der
Götter ihm gewährte; er trachtete nach der Liebe
der Hera. Für feinen Frevel ward Jrion in der
Unterwelt geftraft, indem er, mit Händen umd
Füßen an ein feuriges Nad gebunden, rajtlos
umbergetrieben wurde. Pind. pyth. 2, 21. Or.
met. 4, 461. Bei Homer findet er ſich noch nicht
unter den in der Unterwelt beftraften Berbrechern.
Mit einem von Zeus geichaffenen Woltenbilde,
das der Hera ähnlich war (Nephele), joll Jrion
die Kentauren gezeugt haben.
Iynx, "Iny£. 3 Wort bezeichnet einen Bogel,
den Wendehals, der durch jeine auffallende Un—
ruhe und Aufgeregtheit ein Sinnbild leidenſchaft—
licher Liebe wurde, und dem man eine magiſche
Gewalt, Liebe zu erregen, zujchrieb. — Mytho—
logiih machte man die Jynx zur Tochter der
Peitho, der Echo, des Pan, und dichtete, jie habe
den Zeus durch Zaubermittel an fih und an Jo
zu feſſeln gejucht und jei dafür von Hera in den
leichnamigen Vogel verwandelt worden. Jaſon
bo zuerſt von Aphrodite gelehrt worden fein, den
ogel Jynx auf einen vierjpeichigen Kreijel zu
ſpannen und unter Zauberjprüchen herumzudrehen,
um jo Medeias Liebe zu erweden. Pind. pyth.
4,213 ff. Dies war die gewöhnlichfte Art, den
Vogel als Liebeszauber anzuwenden. Wegen diejes
Gebrauchs hat das Wort and überhaupt die Be-
deutung magijchen Liebreizes erhalten, und be:
jonders heißt jo der dreis oder vierjpeichige, mit
purpurnen Wollenfäden ummundene Bauberfreijel
(j. Thever. id. 2).
K.
Kabalia j. Milyas.
von Eupatoria oder Magnopolis; Hauptquartier
Kabeira, r& Kaßsıoa, auch Sebafte, ſpäter des Mithridates, der hier von Lucullus 72 v. C.
Neokaijareia genannt, j. Nikſar; Stadt im mittleren | geichlagen wurde. Strab. 12, 556f. Plut. Lac. 14.
Pontos am Lykos, etwa 150 Stadien jüdöftlich | App. Mithr. 78.
[0
Kabeiren — Kaxwoıc.
Kabeiren, jicherlid von z*7"22, die Gewal—
tigen, die Großen, ein Kreis von 7 oder 8 phoi—
nifiichen Gottheiten, die Genien der Ordnung und
des Kechtes, die Lehrer des geheimen Wiffens und
überhaupt aller Künfte, die Schußgeifter auf den
fühnen Meerfahrten; von den aus Boiotien Ber:
triebenen auf Yemnos, Jmbros, Samothrafe vor:
gefunden und dann umgebildet; in myſteriöſem
Kultus verehrt. Adt. 2, 51. 3, 37. Ahr von Bau:
ſanias (9, 25) genanntes Heiligtum nahe bei Thebai
ift 1887 aufgededt worden. Strab. 10, 470 ff.
Kadmeia j. Thebai, 1.
Kadmos, Adöuos, 1) Sohn des phoinifiichen
Königd Agenor und der Telephafia, Bruder der
Europa, des Phoinix und Kilix. Als Europa von
Zeus geraubt worden war, jandte Agenor jeine
Söhne aus, fie zu juchen, mit dem Befehle, nicht eher
zurüdzufehren, als bis fie die Schwefter gefunden.
Kadmos, von feiner Mutter Telephafja begleitet,
fam nach Thrafien, wo dieje ftarb; darauf wandte
er ſich nach Delphoi und erhielt das Drafel, von
dem Suchen der Schweſter abzuftehen, aber einer
Kuh zu folgen und da, wo fie ſich niederlege, eine
Stadt zu gründen. An Phokis fand er in der
Herde des PBelagon eine Kuh, wie fie ihm vom
Orakel bezeichnet worden war, folgte ihr nadı
Boiotien und gründete an der Stelle, wo jie ſich
niederlegte, die Stadt Theben, deren Burg nad
ihm Kadmeia genannt ward. Als er die Kuh
(der Erde, der Athene, dem Zeus) opfern wollte,
ihidte er einige Gefährten zu der nahen Duelle
des Ares, um Wafler zu holen. Diefe aber wurden
von dem Drachen des Ares, einem Sohne des
Ares und der (Demeter) Erinys Tilphoja, welcher
die Quelle bewachte, getötet, und nun ging Kad—
mos jelbjt zur Quelle und erſchlug den Dracden.
Die Zähne desjelben jäete er auf Athenes Rat,
und es wuchſen bewaffnete Männer aus denjelben
hervor, welche ſich untereinander befämpften und
erichlugen bis auf 5: Echion (Schlangenmann),
Udaios (Bodenmann), Ehthonios (Erdentjprofiener),
elor oder Peloros (der Niefige), Hyperenor (ber
bergewaltige). Ov. met. 3,1. Dieje furchtbaren
Erdenjöhne, die Spartoi (Gejäete), waren die
Stammheroen des thebanijchen Adels, auch nennt
ſich oft das ganze thebanische Bolt das Gejchlecht
der Sparten; das Hervorwachſen aus der Erde
aber bezeichnet die Autochthonie. Für den Mord
des Drachen mußte Kadmos dem Ares 8 Jahre
(ein großes Jahr) dienen, und darnach erhielt er
von Athene die Herrſchaft über Theben, und Zeus
gab ihm die Harmonia (Eintracht), Tochter des
Ares und der Aphrodite, zur Gemahlin. An der
Hochzeit auf der Kadmeia nahmen alle Götter teil;
Kadmos gab der Harmonia als Brautgejchent ein
Gewand (mirkog) und ein von Mphrodite oder
von Europa erhaltenes Halaband, an denen das
Berderben hing. In Samothrafe, wo ein Teil
der alten Bewohner Thebens zur Zeit der dori:
ichen Wanderung fich —— und thebaniſche
Sagen und Kulte mit einheimiſchen verbunden
hatte, erzählte man, Kadmos habe fich hier, nach—
dem er die jamothraliichen Weihen empfangen,
mit Harmonia vermählt, dieje aber jei eine Tochter
des Zeus und der Elektra, Schweiter des Dardanos
und FJafion. Die Kinder beider waren: Autonoe
(Mutter des Altaion), Ino (Mutter des Meli—
tertes), Semele (Mutter des Dionyjos), Agaue
Reallexikon des Tlafi. Aitertums. 7. Aufl.
609
(Mutter des Pentheus) und Bolydoros. Später
zog Nadmos mit Harmonia nad Illyrien, wo er,
nebit Harmonia in Drachen verwandelt, ins Elyſiſche
Gefild einging. Or. met. 4, 563 ff. Nach einer
andern Sage fam er zu den Encheleern in Epeiros,
bejiegte die Jllyrier und wurde König von Epeiros.
Apollod. 3, 5, 4. Strab. 7, 326. — Kadmos (von
272, der Oſtmann), der auszicht, die Europa
(277, das Wejtland) zu juchen, der Schrift, Erz:
rüftung, Burgbau und künftliche Bewäflerung ein:
führt, ift in Thebai, auf Samothrafe und Thajos
der Repräſentant phoinitiichen Wejens. In Thebai
namentlich weift eine Reihe von Spuren auf eine
phoinikiſche Anfiedelung hin. Seine Berbindung
mit der Harmonia ift nichts anderes als die hei:
lige Hochzeit des Mellart mit der Aſtarte. —
2) Kadmos von Milet, um 550 v. E., ein Zeit—
genofje des Sefataios, einer der älteften Logo—
graphen (ſ. Aoyoygdgpoı), deilen Exiſtenz Müller
in den fragm,. hist, Graec, überhaupt bezweifelt
hat, und den auch A. Schäfer für eine mythiſche
Berjon erklärt. Er jchrieb angeblidh xr/sıg Mı-
Areov nal rg ÖAng lorins in 4 Büchern, eine
Schrift, die Dionys (de Thuc. 23) für unecht hält.
Kado:, die Stimmurnen bei gerichtlichen Ab-
ftimmungen, eine für die verurteilenden, die andere
für die freifprechenden yijpor. Seit Eufleides gab
es in Athen nur Einen »ddog (zadloxog) und
verichiedene wipor, ſchwarz und weiß, oder ganz
und durclöchert (irenros und diersrgunnufen).
©. Prozels, 13,
Kadusier, Aadovsıoı, Friegeriiche Völkerſchaft
in dem Gebirge an der Weftjeite des Kaſpiſchen
Meeres, jüdlich vom Mrares, gute Schleuderer
und Bogenſchützen. Strab. 11, 508. 523. Arr.
3, 8, 5. 19, 3. 7. Lir. 35, 48.
Kaikos, Kaixog, Fluß in Myſien, j. Balyr:
Tichai, entipringt am Fuße des Temnos in der
Landichaft Teuthrania, nimmt den Myfios, Se:
linüs und Keteios auf und fällt, nachdem er bei
Bergamon die Fruchtebene ro Kaizov medlor
durchftrömt Hat, in den Meerbujen von Claia.
Hdt. 6, 28. Xen. An. 7, 8, 8. Arr. 5, 6, 4. 7.
Strab. 18, 616.
Kaineus, Kawverg (d. h. Würger, von xaro),
Sohn des Elatos und der Hippeia, Vater des
Koronos, ein Yapithe aus Gyrton in Thefialien
(11.2, 746. Apoll. Rhod. 1, 57 ff.). Er jollte ur:
jprünglich eine Jungfrau Namens Kainis (Caenis)
gewejen und von Poſeidon auf ihre Bitten im
einen Mann verwandelt und unverwundbar ge:
macht worden jein. Op. met. 12, 172 ff. Verg. A.
6,448. Er nahm teil an der kalydoniſchen Eber:
jagd und am Argonautenzuge. In dem Kampfe
der Lapithen mit den Kentauren auf der Hochzeit
des Peirithoos wurde er von den Kentauren ge:
tötet, indem fie wegen feiner Unverwundbarteit
ihn durch eine Mafje über ihn geworfener Bäume
und Steine in die Erde verjenften; oder er ward
in einen Vogel verwandelt. Or. met. 12, 459 ff.
Kexwors bezeichnet im juriftifchen Sinne
1) jchlechte Behandlung der Eltern und Adoptiv:
eltern von feiten der Kinder durch Worte oder
Schläge, Verſagung der Subfiitenzmittel (von
welcher Pflicht nur uneheliche Kinder frei waren),
Nichterweifung der legten Ehre; 2) Mißhandlung
der frau von jeiten des Mannes (auch eheliche
Untreue gehört wohl hieher); 3) pflichtwidrige
39
3
610
Behandlung der Epifleren von jeiten ihres Mannes
oder der zu ihrer Verheiratung und Ausſtattung
verpflichteten Anverwandten (ſ. Erbrecht, 2.);
4) jchlechte und ungeiepliche Behandlung der Uns:
mündigen, bejonders von jeiten ihrer VBormünder
(boparor »arwaıg). — Verfolgt werden fonnten
dieſe Vergehen durch eine Schriftllage oder eine
sigayyekla (j. d.), vielleicht auch in gewiffen Fällen
auf privatrechtlichem Wege durd eine ddan, Die
x. Öbopara» auch durch Apagoge. Schäßbar: wer
der x. yorcov jchuldig erflärt war, verfiel in
Atimie. Forum: der Archon.
Kaxotrsgvıov dien i. JIlun.
Kaxovgyoı, Miflethäter, die Sf und Gewalt
anwenden, im techniichen Sinne gemeine Ber:
bredher; |. "Erdsxa« und Anrayayı.
Kalals, Adlars, Sohn des Boreas und der
Dreithhia, Bruder des Zetes (Boreaden), beide
geflügelt. Or. met. 6, T11ff. Sie nahmen teil
am Yrgonautenzug, befreiten, als fie nach dem
thrafiichen Salmydeſſos zu Phineus famen, ihre
Schweſter Kleopatra, die an Phineus verheiratet,
aber auf Betrieb der zweiten rau desjelben mit
ihren Söhnen gefeflelt war (Soph. Ant. 966), über:
gaben die Herrichaft den Söhnen des Phineus und
ſchickten die Stiefmutter in ihre Heimat Stythien
zurüd. Oder: fie befreiten den Phineus von den
Harpyien (ſ. d.). Nach einigen famen die Boreaden
bei der Verfolgung der er um, oder fie
wurden von Serafles in der Nähe der Kykladen—
injel Tenos erſchoſſen. Auf letzterer waren ihre
Gräber mit Grabjäulen, deren eine von Boreas
im Winde bewegt werben jollte.
Kalämis j. Bildhauer, 4,
Kalänos, Kdiavog, einer der f. g. Gymno—
jophiften oder Brachmanen, den Alerander der Gr.
in Indien fennen lernte; er begleitete den König
nach PBerfien und endigte, als er von einer Krank:
heit befallen wurde, jein Leben durch freiwilligen
Tod auf dem Scheiterhaufen. Arr. 7, 3. Strab.
14, 686. 15, 715 ff. Plut. Alex. 69. Sein ein:
heimijcher Name joll Sphines gewejen jein.
Kalaos, caläthus, auch rdAagos, ein lilien:
fürmiger Korb der frauen zum Zwede ihrer weib—
lichen Arbeiten, bejonders zur Aufbewahrung von
Garn und Wolle, aber auch von Früchten, Blu:
men u. dgl. m. Bei den Römern war dies der
qualus (vgl. Hor. od. 3, 12, 4) oder quasillus;
woher der Name der jpinnenden Dienerinnen,
quasillariae. Speziell hieß »dladog der heilige
Aruchtlorb der Demeter, der am 4. Tage der
Eleufinten in feierlicher Brozeilion auf einem hei:
ligen Wagen unter dem Vollsrufe: Xaipe Zıj-
unreo herumgeführt wurde.
Kalaureia, 7; Kalavosıc, j. Boros, Inſel mit
gleichnamiger Stadt im Saroniichen Meerbufen
an der argoliichen Hüfte, der Stadt Troizen gegen:
über (deren Reede dadurch gebildet wurde), mit
der Heinen Inſel Sphairia, j. Damale, durch
eine Sandbant zufammenhangend. In die Frei:
ftatt des (in Trümmern bei Palatia noch vor:
handenen) Pojeidontempels, der feit alter Zeit
Mittelpunkt einer Amphiktyonie von 7 jeefahrenden
Staaten (Praſiai, Nauplia, Hermione, Epidauros,
Nigina, Athen, Ordhomenos) war, die erſt durch
den Eintritt von Argos und Sparta (ftatt Nauplia
und Prafiai) ihre Bedeutung verlor, flüchtete fich
Demofthenes und gab ſich durch Gift den Tod,
Kaxoreyviov dinn — Kallias.
worauf er innerhalb des heiligen Bezirks bejtattet
wurde, 12. Oftober 322 v. EC. Plut, Demosth. 29
Paus. 1, 8, 2. Strab. 8, 374.
Kalchas, Kdlyas (aalyelvo), Sohn des The:
ftor, aus Mykenai (oder Megara), der befannte
Seher, der die Griechen nach Troja begleitete. Er
jagte in Aulis den abfahrenden Griechen ex pas-
serum numero die Dauer des Krieges voraus
und deutete vor Troja den Zorn des Apollon.
Hom. Il. 1, 68. 2, 300 ff. Or. met. 12, 19 ff.
Nach einem Orakel jollte er fterben, wenn er auf
einen befjeren Seher treffe; dieier war Mopjos,
mit dem er im Haine des klariſchen Apollon bei
Kolophon zufammentraf, und der ihn in der Weis:
fagung bejiegte. Kalchas jtarb aus Gram oder
tötete fich jelbit. In Daunien hatte er ein Hervon
und Orakel, an welchem man, auf dem Felle eines
ſchwarzen Widders jchlafend, die Weisjagung er:
hielt. Strab. 6, 284. 14, 642. 643. 668.
Kalchedon, Kalyndar (auf Münzen Kaiza-
dor), weniger richtig Aalundaor, Stadt Bithy—
niens am jüdlichen Ende des Bojporos, Byzantion
gegenüber, Kolonie der Megarer 675 v. E., be-
deutende Handelsſtadt, ſank dadurch, daß Niko:
medes von Bithynien einen Teil der Bewohner
nach Nikomedeia führte (140 v. E.). Später hieß
ſie AJuftinianca und war Hauptort der Provinz
Bithynien oder Pontica prima. Hier befand ſich
ein berühmtes Oralel und ein Tempel des Apollon;
auch war der Bhilojoph Xenokrates hier geboren.
Jetzt Kadi-Köi. Hdt. 4, 144. Thuc. 4, 75. Xen.
An. 7, 1,20. 2, 24. Strab. 7, 320. 12, 563.
Kallias, Kalilas, ein Name, der oft in einem
der reichiten und vornehmften Sefchlechter Athens
wiederfehrt, zu dem auch mehrere mit dem Namen
Hipponikos gehören. Dieje beiden Namen wech:
jelten jpäter in dem Geichlechte, jo daß ſtets der
eine Kallias, der folgende Hipponifos hich (Ab—
handlung von Welzel, 1888): 1) Hipp., bereicherte
ſich durch den ſchlechten Gebrauch, den er von einer
ihm durch Solon (Plut. Sol. 15) binfichtlich der
Scuildentlaftung gewordenen Mitteilung machte.
— 2) Kall., ein reiher Mann, jiegte in den
puthiichen und olympiichen Spielen und faufte des
verbannten Beififtratos Beſitzungen. Hdt. 6, 121.
— 3) Sein Sohn, Hipp., genannt Ammon, joll
die von einem der (490 dv. E.) nach Perjien weg:
geführten Eretrier ihm amvertrauten Schätze für
jih) behalten haben. — 4) Sein Sohn, Kall.,
war in Athen der reichjte Mann feiner Zeit (Plut.
Arist. 25) und joll einft in einer Grube Schäße
gefunden haben, die ihm ein Perjer zeigte. Später
wirkte er bei Artarerres Makrocheir für eine Ver:
jtändigung mit Perjien (449). Hdt. 7, 151. Plut.
Cim. 13. — 5) Sein Sohn, Hipp., vermehrte
die vom Water ererbten Schäße. Seine frau ver-
lieh ihn und heiratete den Perifles, jowie feine
Tochter Hipparete den Alfibiades. Er kämpfte für
jeine Baterftadt im peloponnefiihen Kriege und
fiel in der Schlacht bei Delion, 424 v. C. Thuc.
3, 91. — 6) Sein Sohn, Kall.,,ein leichtfinniger
Menich, der in die Hände von Barafiten fiel und
mit ihnen jein großes Vermögen vergeudete, ver:
ftieß eine Frau nach der andern und führte einen
höchſt unordentlichen Lebenswandel. Im J. 392
v. E. diente er unter Iphikrates in Korinth und
war dann Gejandter Athens in Sparta. In jei-
nen letzten Lebensjahren war er jo arm, daß er
Kallibios —
Mangel litt. Xen. Hell. 6, 3, 4. — 7) Sein Sohn,
Hipp., war Schwiegerjohn des Alkibiades. —
8) Ein anderer Kall., wohl aus anderer Familie,
fiel bei Botidaia (432 v. E.), nachdem er jchon
445 den bdreißigiährigen Frieden mit Sparta ge:
ichlojjen. Thue. 1, 61. 63. — 9) Tyrann von
Chaltis auf Euboia um 350 v. E., beabjichtigte
‚die Eroberung der ganzen Inſel mit Hülfe des
mafedonijchen Königs Philipp. Aber weder bei
diejem noch in Theben fand er Unterftügung für
jeinen Plan und wandte fi nun an Athen, mit
welchem er früher (350) in Krieg verwidelt ge:
wejen war (343). Demojthenes beförderte die An:
gelegenheit aus Feindſchaft gegen Philipp, Doc
fam Ddiejelbe nicht zuftande, troß der Hülfe, die
ihm gegen die von ghilipp in mehreren euboiiſchen
Städten eingejegten Tyrannen geleiftet wurde. Er
lebte zuleßt mit feinem Bruder Taurofthenes in
Athen und erhielt das attiiche Bürgerrecht (341).
— 10) fomijcher Dichter in Athen, der jedesfalls
der älter Komödie angehört, Sohn des Lyſi—
machos, jüngerer Zeitgenoſſe des Kratinos und
Verfaſſer von 6 Stüden, von denen jpärliche Bruch:
ftüde vorhanden jind. Einem Kallias, der von dem
Stomifer jchwerlich verjchieden jein dürfte, wird von
Athenaios eine Tocuucrixi, roaywöi« beigelegt,
eine rätjelhafte Dichtung. Bernhardy, Gr. d. gried).
Litt. 2, 2 ©. 30, ftellt die Vereinigung mit dem
Komiker in Abrede und vermutet in dem jeltfamen
Werk eine Formenlchre des tragischen Stils. —
11) ein Syrakuſier, fchrieb ein geichichtliches Wert
über die Thaten des Agatholles bis zu deſſen Tode,
289 v. E., in 24 Büchern (r& weol Ayadtonlia),
von welchem noch einzelne Bruchftüde vorhanden
find, —— bei Müller, fragm. hist. Graec. II
p- 3827.
Kallibfos, Kaildßıos, befehligte die Spartaner,
welche zur Beihüßung der Dreifig im 9. 404
v. C. in Athen als Bejagung lagen. Plut. Lys. 15.
Xen. Hell. 2, 3, 14.
Kallikrätes, Kallırgarns, 1) ein Baufünft:
ler, mit Jftinos Erbauer des PBarthenon (j. Bau-
künstler, 5.); — 2) ein Feldherr der Syrafufier
im Kriege gegen die Athener (415 v. E.), der im
Kampfe gegen Lamachos fiel; — 3) ein Achaier,
der 1000 angejehene Mitbürger an die Römer
verriet und auslieferte; — 4) ein griechijcher Ge-
jchichtjchreiber aus Tyros, um 280 n. E., der das
Leben des Kaiſers Nurelian fchrieb. Flav. Vop.
Aurel. 4.
Kallikratidas, Kallızgaridas, ein Spartaner,
wurde im J. 406 v. E. der Nachfolger Lyſanders
im Oberbefehl der den Athenern an der afiatischen
Küfte entgegengeftellten Flotte und gewann jic)
durch jeine Offenheit und Redlichkeit, ſowie durch
feine Tüchtigfeit jehr bald allgemeine Anerfen:
nung, jo jchwierig auch durch die Ränke der Partei
Lyſanders jeine Stellung war. Es gelang ihm,
den Athener Konon, nach einem Berlufte von
30 Schiffen, bei Mytilene einzuichliehen und den
Verjuc des Diomedon, der ihn befreien wollte,
zu vereiteln. Die Athener hatten unterdes eine
über 150 Segel ſtarke Flotte aufgebradit, um
Konon zu entjegen, diejelbe ftellte ſich zwiſchen
Leibos und dem Feitlande bei den Arginufiichen
Infeln auf. Mit 120 Schiffen (50 hatte er zur
Überwachung Konons zurüdgelaffen); wollte nun
K. einen nächtlichen Angriff unternehmen, indes
Kallimedon. 611
ein Gewitter vereitelte den Plan, und am folgen
den Morgen ftand ihm die ftärfere feindliche Flotte
fampfbereit gegenüber. Sich vor der Übermacht
zurüdzuziehen hielt er für jchimpflich; er begann
daher den Kampf, defjen Ausgang noch Feinesiwegs
zum Nachteil der LYaledaimonier entichieden war,
als ein unglüdlicher Sturz des K. von jeinem
Schiffe ind Meer feinen Untergang und dadurd)
die Befiegung des linken Flügels der Lakedaimo—
nier und weiter die Flucht derjelben herbeiführte.
Xen. Hell. ı, 6, 1—33. Plut. Lys. 5 ff.
Kallimächos, Kaillueyog, 1)|. Bildhauer, 6.
— 2) Nachkomme des Battos (daher Battiades
bei römischen Dichtern, 3. B. Or. trist. 2, 367),
aus dem berühmten Gejchlechte der Battiaden zu
Kyrene, daher oft 6 Kvenvarog genannt, lebte im
Alerandreia, wo er von Ptolemaios Bhiladelphos
ins Mujeion berufen und um 260 v. E. Vorſteher
der königlichen Bibliothel wurde, welches Amt er
bis zu En Tode (um 240-230) verwaltete.
Er war ein Manı von der umfajjenditen Gelchr:
ſamkeit, der durch mündliche Lehre wie als Schrift:
jteller einen ausgedehnten Einfluß auf Mit- und
Nachwelt übte und für einen der erften Selchrten
und Dichter unter den Alerandrinern galt. Zu
jeinen Schülern (Kakkınayeıor) gehörten die be:
rühmteften Gelehrten der damaligen Zeit, wie
Eratojthenes, Ariftophanes von Byzanz, Apollonios
Rhodios u. a. Er ſoll an 800 teils proſaiſche,
teils poetische Schriften verfaßt haben. Bon jei-
nen Poeſien find uns erhalten 5 epiihe Hymnen
und ein Hymnos (auf das Bad der Pallas) in
elegiichem Versmaß und doriichem Dialekte, ohne
bejonderen poetiſchen Wert, aber wichtig für uns
durch die im ihnen niedergelegte Gelchrjamteit.
Ausgezeichneteres leiftete er in jeinen Epigram—
men, von demen wir noch 60 übrig haben, und in
der Elegie. Die Römer ftellten jeine Elegien jehr
hoch (Quint. 10, 1, 58. Or. ex Pont. 4, 16, 32)
und nahmen fie fi zum Mufter. (Eine Nachbil-
dung ift Catulls Gedicht de coma Berenices [66];
Dvids zwanzigite Heroide hat die „Kydippe” des
K. zum Vorbild.) Erhalten find nur noch Bruch—
jtüde. Bu den verlorenen Gedichten des Nalli:
machos gehörten die Airıe, 4 Bücher in elegijchen
Dijtihen, welche eine Mafje von Mythen und
antiquariichen Gegenständen umfahten, und "ExdAn,
ein epijches, viel — und ſtudiertes Gedicht.
Im allgemeinen zeichnete er ſich in ſeinen Ge—
dichten weniger durch dichteriſches Talent, als
durch Gelehrſamkeit in Sprache und Sachen und
durch künſtlichen Vortrag aus (quamvis ingenio
non valet, arte valet, Ov. am. 1, 15, 14). Bon
jeinen zahlreichen projaischen Schriften hiftorijchen
und grammatiichen Juhalts waren von bejonderer
Wichtigkeit die [Ivanıs (tav Ev adon nardei« Öiw-
kauparror nal or svreygayper) in 120 Büchern,
ein beurteifender Katalog der Bücherſchätze der
alerandrinischen Bibliothek, nach bejtimmten Fächern
überjichtlich geordnet. Dieſes Werk iſt als der
Anfang der alerandrinischen Litteraturgejchichte an:
zufehen; von Späteren wurde es ergänzt und durch
Kommentare erläutert. — Nusgaben von Ez.
Spanheim (1697), 3. N. Ernefti (1761), Blom—
field (1815), 9. Meinefe (1861), D. Schneider
(2 Bbd., 1870— 74, Hauptausgabe); Tertausgabe
von dvd. Wilamowig-Möllendorff (1582).
Kallim&don, Kallınzdor, mit dem Beinamen
39*
612 Kallinos —
o Kagaßog, ein gemeiner Verräter, deſſen jchie:
lende Augen und Schlemmerei, bejonders in Fi—
ichen, oft von den Komilern erwähnt werden. Da
er zur makedoniſchen Partei gehörte, ergriff er im
J. 322 dv. E. nach dem Aufftande Athens gegen
Makedonien die Flucht und beförderte durch jein
Zureden den lamiſchen Krieg. Antipaters Sieg
führte ihn in feine Vaterftadt zurüd, bis er im
J. 318 zur Zeit der Verurteilung Phokions, in
deſſen Schidjal er verflochten war, abermals flüch—
ten mußte, um dem Tode durch den Giftbecher
zu entgehen. Plut. Phoc. 27. 33 ff. Demosth. 27.
Kallinos ſ. Elegie.
Kalliöpe i. Musae, 3.
Kalliphon, Kallıyar, ein von Cicero (fin.
2,6, 11. 5, 8, 25. tusc. 5, 30, 85. off. 3, 33, 119)
mehrfach angeführter griechiücher Philojoph, ber
die Prinzipien der Luſt (Ndorn, voluptas) und
der Sittlichleit (nalonayatle, honestas) zu ver:
einigen und darin das Ziel des menjchlichen Lebens
zu erfaſſen ftrebte.
Kallirrhö®, Kallıpoon (die jchönftrömende),
1) Tochter des” Dfeanos, von Ehryjaor Mutter des
Geryones. Hesiod. theog. 981. — 2) Tochter des
Acheloos, f. Alkmaion. — 3) Tochter des Ska—
mandros, Gemahlin des Tros, Mutter des Ilos
und Ganymedes. — 4) eine falydonifche Aungfrau,
= von Korejos, einem Priefter des Dionyfos.
a fie den Bewerber verichmähte, und deshalb
Dionyjos auf Bitten des Priefters die Einwohner
mit Bahnfinn heimjuchte, jollte einem Orakel zufolge
K. zur Sühnung des Gottes von Korejos geopfert
werden; aber diejer, von neuer Liebe ergriffen,
opferte ſich am Altare für fie, und K. tötete ſich
darauf am einer nach ihr benannten Quelle. Paus.
7, 21,1. — 5) Name einer Quelle in Athen, ſ.
Attika, 13. — 6) Beiname von Edefla in Meſo—
potamien (j. d.). — 7) Stadt mit heißen Dlineral-
quellen, öſtlich vom Toten Meere.
Kallisthönes, Kallıc$Eevng, 1) geboren um 360
v. E. zu Olynth, Neffe des Philofophen Arifto:
teles, von dem er zugleich mit Alerander dem Gr.
unterrichtet wurde. Darauf lebte er zu Athen,
wo er fich bejonders mit Geſchichte beichäftigte.
Als Mlerander feinen Zug gegen Berfien antrat,
begleitete ihn Kalliſthenes, zog jich aber fpäter,
als Alerander, durch Schmeichler verdorben, Die
friechende Verehrung feiner Perſon nad perfifcher
Sitte verlangte, deifen Unwillen zu, da er fich
diefem Gebrauche, als des Griechen unwürdig,
widerjeßte. Curt. 8, 5. Da fein Freimut und jeine
ftrengen Eitten, jowie fein rauhes Wejen dem
Könige immer mehr mißfielen, ließ diejer feinen
AJugendgefährten in Anla einer Verſchwörung, an
der teilgenommen zu haben er bejchuldigt wurde,
in Ketten legen, und Kal. iſt dann während des |
indischen Feldzuges (327) nad Ariftobulos’ Bericht
als Sefangener geftorben, nad) Btolematos’ Angabe
gefoltert und dann gehängt worden. Plut. Alex.
52 ff. Arr. 4, 14, 1. — Seine hiftorifchen Schrif-
ten waren Ellnvund in 10 Büchern, die Jahre
387—357 umfafiend, wegl roö irgod zmoltuon,
Maxsdorind und Ogaxıxd und vielleicht ein me-
oirkovg, wenn diefer nicht don einem aleich:
namigen Sybariten verfaßt ift. Die Thaten Alexan—
ders hat er in den Ilsocır« behandelt. Auch
naturhiſtoriſche Studien, wofür er dem Umgange
mit Theophraſt während jeines Aufenthalts in
Kallistratos.
Athen große Vorliebe verdanfte, nahmen ihn in
Anſpruch. Seine Hiftoriihen Schriften wurden
von jpäteren Gejchichtichreibern Aleranders oft be-
nußt. Vgl. Weitermann, de Callisthene Olyntlı.
comm, quattuor (1838—42). Fragmente bei Geier,
Alexandri histor. scriptor. p. 232—272, u. Müller,
script. histor. Alex. m. p. 1 ff. (Anhang zu Düb—
ners Ausgabe des Arrian). — Ein unter jeinem
Namen erhaltenes, romanhaft ausgeſchmücktes Werf
über Alerander, die Hauptquelle für die mittel:
alterlichen Bearbeitungen der Aleranderjage (3. B.
die lat. Mlerandreis des Gualtherus de Castel-
lione und das mittelhochdeutiche Aleranderlied des
Piaffen Lamprecht), iſt ein ſpätes Machwerf, viel:
leicht im 4. Jahrhundert n. E. in Ägypten ent:
ftanden, Ausgg. von Müller (in Dübners Ausg.
des Arrian), und H. Meujel, N. Jahrb. f. Phil.
Suppl. V (1871). Bgl. Zacher, Piendocalltithenes
(1867). — 2) ein attiicher Redner, der bei dem
Anmarſch des Philippos am Ende des phofifchen
Krieges die Stadt in Verteidigungszuftand jegen
ließ und jpäter unter den von Harpalos Bejtochenen
genannt wird. Ob die von Deinarchos verfahte
elsayyekla nar& Karlıc$irovg auf ihn oder einen
andern des Namens fidy bezieht, iſt ungemwiß.
Kallisto, ÄKallıcsro, Tochter des Lylaon, oder
des Keteus, oder des Nykteus, aus Arfadien,
Jägerin und Begleiterin der Artemis, mit der
Beus den Arfas zeugte. Bon der zürnenden Hera
(Ov. met. 2, 476) oder von Zeus, um jie der Hera
zu verbergen, in eine Bärin verwandelt, ward fie
von Artemis erjchoffen und von Zeus unter dem
Namen Arktos unter die Geſtirne verjegt (j.Stern-
bilder, 2.). Oder: als Arkas auf der Jagd jeine
Mutter in Geftalt einer Bärin eben erlegen will,
verwandelt Zeus beide in Geftirne, den Arkas in
den Arkturos. Das Grab der Kallifto befand fich
in Arfadien 30 Stadien von der Duelle Krunoi
auf einem Hügel, auf dem der Tempel der Artemis
Kalliſto (der ſchönſten) ſtand. In Kallifto hat ſich
das Attribut der arkadiſchen Artemis Kalliſto zu
einer beſonderen Perſon verſelbſtändigt.
Kallisträtos, Kalllorgaros, 1) berühmter athe—
nifcher Redner aus Aphidna, deſſen Beredjamfeit
den Demofthenes mit Liebe für die Redekunſt er:
füllt haben ſoll. Als Strateg befehligte er im
„Jahre 377 v. C. mit Timotheos und Chabrias,
im Jahre 373 mit legterem und Iphikrates; K.
aber bemühte fich, friedliche Verhandlungen ein:
zuleiten, und ging zum Abſchluß eines Friedens
nah Sparta I mit Kallias, Seine Rede
über Oropos, welches der Zankapfel zwiichen Athen
und Theben war, begeifterte den Demojthenes und
erwarb dem Redner wohlverdienten Ruhm. Spätere
Mißhelligfeiten mit feinen Mitbürgern trieben ihn
nach Methone, dann nad) Daton und Byzanz ins
Eril, aus welchem er ohne Erlaubnis heimfehrte
und hingerichtet wurde. Xen. Hell. 6,2, 39.3, 3.10.
Lycurg. Leoer. 983. — 2) Schüler des Ariftopha=
nes don Byzanz (um 150 v. E.), war einer der
forgfältigiten Erilärer der alten Schriftiteller, unter
denen Homer (diogdorırd und gegen Ariſtarch
roögs rag Aderijocıg), Ariftophanes, Euripides,
Pindar und andere genannt werden. Mbhandlung
von Schmidt in Naucks Sammlung der Fragmente
des Ariftophanes von Byzanz (1848). — 3) Sophift,
etwa im 3. Nahrh. n. E., lieferte nach dem Beijpiele
der beiden Philoftratos (j. Philostratos, 2. 3.)
Kallixenos — Kameiros.
in einer Zapodesıg benannten, troden und affek—
tiert ftilifierten Schrift eine wertloje Beichreibung
von 14 Statuen des Stopas, Prariteles und an—
derer berühmter Künstler; zugleich mit den einores
der beiden Philoftratos herausgegeben von Jacobs
(1825), mit den gef. Werfen der beiden Phil. von
Kayſer (2. Aufl. 1853) und von Weftermann (zugl.
mit Eunapios von Boiſſonade und Himerios von
Dübner, 1849).
Kallixönos, Kalklevog, ein Athener, beredete
das Bolf zur Hinrichtung der Feldherrn, die (406
v. E.) bei den Nrginufen gefiegt hatten. Bald
darauf, als dasjelbe die Verurteilung bereute, ent:
. ging er einem ähnlichen Schidjale zwar durch die
Flucht, tötete ſich aber, als ihn jpäter nad) jeiner
Nüdfehr (403) die Verachtung des Bolfes traf,
durdy Hunger. Xen. Hell. ı, 7, 8ff.
Kallon j. Bildhauer, 3.
Kaior zayasoi, uriprünglich ein Ausdrud
für die fittlihe und bürgerliche Vortrefflichkeit,
bezeichnet in der Sprache der Wriftofraten, wie
yrogınoı u.a. Ausdrüde, die Bornehmen im Gegen:
jape u der Mafle, den xaxo/, zorneol u. ſ. w.
alpe, Kdizn, 1) ſ. Abyla columna. —
2) Klang kıunv, Hafenjtadt in Bithynien, weit:
lid von Herafleia, am Fluß Kalpas, j. Flecken
und Hafen Kerpe. Xen. An. 6, 4, 1ff. Strab.
12, 543.
Kalydon, Kalvdor, Stadt in Witolien in der
Nähe des rechten Ufers des Euenos, auf einem
Vorſprunge des Arakynthos, nebſt Pleuron die
Hauptftadt des Landes; hochberühmt zu Homers
Zeit (II. 2, 640. 9, 589), in der Gage befannt
dur des Meleagros (ſ. d.) Jagd auf den faly:
donischen Eber. Noch zu Cäſars Zeit war fie be:
feftigt (Caes. b. c. 3, 45), ſant aber unter Auguftus
dur) die Anlage von Nifopolis. Ruinen der
Mauern, Thore, der Afropolis und des Theaters
—— jetzt unweit des Dörfchens Bochori vor:
anden.
Kalykadnos, Kalvxadvog, auch Kcdkvövos,
bedeutender Fluß Kleinafiens, entipringt an der
Grenze von Iſaurien, durchſtrömt in jüdöftlichem
Laufe Kilifien und mündet unterhalb Seleufeia;
j. Seleph oder Ghök-Su, derjelbe Fluß, in wel:
chem Friedrich I. Barbarofja 1190 ertranf. Strab.
14, 670.
Kalynda, Kalvrda, Stadt im ſüdöſtlichen Karien
am Fluß Aron, deren Bewohner unter ihrem Könige
Damaſithymos in der Schlacht bei Salamis auf
jeiten der Perſer fochten, ſpäter unbedeutend, j.
Dolaman. Hdt. 1, 172. 8, 87. Strab. 14, 651,
Kalypso j. Odysseus, 5.
Kesvrroa hieh der Schleier, mit welchem die
Qungfrauen in Gegenwart der Männer erichienen,
und den fie erft 3 Tage nach ihrer Berheiratung
ablegen durften (j.Anakalypteria). Hom. Od.
5, 232. Aesch. Pers. 529.
Kamarina, Kaucgivn, Kaudgıra, Stadt auf
der Sübdjeite Siciliens an der Mündung des
Hipparis (j. Camarana) und Danis, eine Kolonie
der Syrafufier 600 v. E., aber wegen Ungehor-
jams von denjelben zerftört, worauf Hippokrates
von Gela fie 492 wieder anfbaute. Gelon hob
die Stadt zum zweitenmal auf, 484, und ver:
pflanzte die Einwohner nad) Syrafus. 461 wurde
die alte Bürgerichaft zufammen mit Bewohnern
von Gela nad) Kam. zurücdgebradht und die Stadt
613
durch den olympijchen Sieger Pjaumis (452) be:
rühmt. Pind. ol. 4 und 5. Im peloponnefiichen
Kriege wanderte der größte Teil der Bewohner
nach Yeontinoi. Die vierte Neugründung erfolgte
durd; Timoleon, 399, ihr folgte eine vierte Zer—
ftörung durd) die Römer, 258. Seitdem ift die Stadt
nicht wieder aufgebaut worden. Als die Bewohner
einen nahen Sumpf gl. N. troden legen wollten,
antwortete das Drafel auf ihre Frage: un xive
Kaudoırav, dulvnros yüp dusivor. Sie befolg:
ten die Weifung nicht und erleichterten jo den
Feinden die Einnahme der Stadt; jo entitand das
Sprichwort un »ireı Kaudgırar, um jemanden
zu warnen, daß er ſich nicht jelbft jchade. Hat.
7,154 ff. Thuc. 6,5. Piod. Sic. 11, 76.13, 14 u. b.
Strab. 6, 266. 272.
Kambjses, Kaußvons, perjiich Kambudſchija,
ältefter Sohn des Kyros von der Kaffandane, folgte
jeinem Vater Anfang 529 v. E. Nachdem er ſich
auf dem Throne befeftigt hatte, traf er umfaffende
Rüftungen zu einem Zug gegen die einzige noch
jelbftändige Großmacht, gegen Agypten, lieh aber
vorher (jo die Behiftaninjchrift, gegen Hat. 3, 30)
feinen Bruder Smerdis (perfiich Bardija), den noch
Kyros zum Statthalter von Baltrien, Barthien
und Karmanien eingejegt hatte, aus Mißtrauen
eimlich töten. Anfang 525 begann der Krieg.
Soeben (Ende 526) war Amafis von Agypten ge:
ftorben, Pſammetich III. (Hat. 3, 10: Pſammenit)
zur Regierung gelangt. Die Heinafiatifchen Grie—
hen und die Bhoinifer, wie die Kyprier und Poly:
frates3 von Samos, die fich jetzt freiwillig unter:
warfen, ftellten dem K. die Flotte. Die Schlacht
bei Pelufion und die Eroberung don Memphis
entichieden über das Schidjal des Landes (Sommer
525), Muh die angrenzenden Libyer und die
Griechen von Kyrene erfannten nun die perfische
Oberhoheit an. Auf einer Erpedition gegen Aithio—
pien (524) gelangte K. über die Hauptjtadt Napata
hinaus und brachte die Stämme im Süden von
Agypten in dauernde Abhängigkeit, erlitt aber auf
dem Rüdweg dur einen Sandfturm ſchwere Ver:
luſte. Ein ähnlicher Unfall joll eine nach dem
Ammonium ausgejandte Heeresabteilung vollftän:
dig vernichtet haben, und der Plan, aud) Karthago
zu bezwingen, jcheiterte au der Weigerung der
Phoiniker, gegen ihre Landsleute zu kämpfen.
Verſtimmt und unthätig, immer gereizter und dem
Weine ergebener, verweilte X. noch über ein Jahr
in Agypten, bis ihn die Kunde von dem Aufftand
des Magier Gaumata, der fich für Smerdis (ſ. d.)
erklärte, zum Aufbruch bewog. Er gelangte od)
bis Egbatana (vermutlich Hamath) in Syrien, wo
er (Sommer 522) „durch eigene Hand feinen Tod
fand“: jo die Behiftaninfchrift, deren Wortlaut
zunächit für Selbjtmord fpricht, aber aud für einen
unglüdlichen Zufall (fo Herodot, Kteſias und Juftin)
die Möglichkeit offen läßt. K. beſaß die kühne
Energie feines großen Vaters, war aber eine wilde,
dejpotijche Natur, wiewohl die Berichte über feinen
Wahnfinn und feine Frevelthaten, insbejondere
fein Wüten gegen die ägyptiſchen Götter, ftart
Hadt. 2, 1. 8, 1ff. 44.
Strab. 17, 790.
übertrieben jein werden.
61 ff. 89. 97. 5, 25. 7, 69.
805. 820,
Kameiros. Kdusıpog, dorische Gründung auf
der Weftjeite der Inſel Rhodos und bis zur Er:
oberung von Rhodos die bedeutendfte Stadt der
614
Kamillos — Kappadokina.
Juſel, Vaterſtadt des Dichters Peifandros. Z/om. | nannt); berühmt waren die Ranephoren des Polyklet
11.2, 656. Hat, 1, 141. Strab. 14, 655.
Kamillos j. Kabeiren.
Kanächos j. Bildhauer, 3,
Kandäke, Karddxn, Königin von Aithiopien
(nad) einigen Appellativname), die unter Auguſtus
ihr Reich mutig gegen den römijchen Statthalter
von Ägypten Petronius verteidigte. Strab. 17, 8205.
5. Aıthiopes.
Kandaules. Kardavins, auch Myrſilos, ein
leichtfertiger König Lydiens, der lebte unter den
Sandoniden, den Nachkommen des Herakles von
der Omphale, der die Reize feiner Gattin den
Bliden feines Günftlings Gyges (1. d.) preisgab,
dafür aber mit dem Tode büßen mußte. Hdt. 1. Sff.
Kanephoren, Karnpoeor, hiefen in Athen
Aungfrauen, welche an den Banathenaien jorwie
an den Feſten der Demeter und des Dionyios
bei den Prozefionen einen Korb mit heiligen
Serätichaften auf dem Kopfe trugen, eine Ehre,
zu welcher nur Mädchen aus den erjten Familien
denden Kunſt dargeftellt (auch Karyatiden ge: | Kleinafien; jpäter wurde die Stadt
und des Stopas (Cie. Verr. 4, 3. Plin. 36, 5);
noch erhalten find deren am Erechtheion zu Athen
als Gebälkträgerinnen (j. d. Abbild.).
Kanöbos, Adrwßos, auch Kanopos, AÄdrwnos,
eine 120 Stadien nordöftlih von Alerandreia ge:
legene Stadt Unteräguptens an einer nach ihr
genannten Nilmündung (beim j. Abufir); ein Nanal
vermittelte die Verbindung mit dem Mareotiſchen
See und Mlerandreia, bis zu deſſen Gründung
Kan. die bedeutendfte Handelsftadt dieler Gegend
war. Die Bewohner waren berüchtigt ihrer Uppig:
feit wegen, die in großen Feſten ihren Ausdrucd
fand. Berühmter Tempel des Serapis mit Drafel.
Ihren Namen joll die Stadt von dem bier be:
rabenen Steuermann des Menelaos erhalten haben.
Seit Einführung des Chriftentums in Ägypten ift
fie verjchtwunden. Strab. 17, 801, Tac. ann. 2, 60.
Kapänens j. Adrastos und Eu-
adne.
Kanrnleiae find die Berfaufsbuden
und Läden der xdrnlo, Kleinhändler,
beionders Eijwarenhändler ſ. Euro-
eos), häufig aucd als Schenten benußt,
deren Bejuch indeflen für jo unanftändig
galt, daß nach Athenaios einmal ein
Mreopagite, der in einem ſolchen Yo:
tale etwas genofjen hatte, vom Areo—
pag ausgeichloffen wurde.
Kaphöreus, 6 Kaypnosrs, mäch—
tiges, wie ein gewaltiger Schiffsichnabel
—— int am jüdöftlichen
eile der Inſel Eubota (j. Xylophagos),
befannt durch den Schiffbruch der von
Troja zurückkehrenden Flotte und jpäter
der 200 Berjerichiffe. Mdt. 8, 7. Strab.
8,368. Paus. 4, 36,6. Verg. A. 11, 260.
Sen. Agam. 558.
Kappadokia, KAarnadoxie, Cap-
padocia, auf perfijchen Jnichriften Kat:
patufa, im weiteren Sinn die ganze Oft:
hälfte des Heinafiatifchen Hochlandes
zwiichen dem Euphrat im D., dem
ontos Eureinos im N., dem Halys
und dem Tattajee im W., dem Tauros
im S., wurde jchon von den Periern
in 2 Satrapien geteilt, die nördliche
. am Bontos (Karz. 7) meös ro Ilöreo)
und die jüdliche oder innere. Auf
letzteren Teil, der jeit der Zeit der
Diadochen ein eigenes Reich bildete,
wurde dann der Name beichränft,
und dies war auch im wejentlichen die
Ausdehnung der jeit 17 n. E. beftehen:
den römiichen Provinz Kapp., wenn
auch oft noch andere Gegenden dazu
gerechnet wurden. Die jüdliche Ge:
birgslandichajt hie Nataonia, mit
dem Hauptort Tyana (bei Kenophon
JIdva'; weitlich davon Kybiſtraz am
Saros Komana mit einem berühm:
ten Tempel der Natur: und Kriegs—
Ma (Artemis Taurica, auch Anaitis,
göttin
Enyo, Bellona genannt). Die alte Hauptſtadt von
Kapp., Mazaka, lag in der Mitte des Landes,
zugelafjen wurden. Wegen der gefälligen Haltung |am Fuße des Argaios, eines ausgebrannten
wurden ſolche weibliche Geftalten oft von der bil: | Bulfans, mit 3840 m des hödhften ag von ganz
ujebeia, jeit
Kapys — Karkinos.
Tiberins Kaifareia genannt (j. Kaifarie). Ebenjo
erhielt die weftliche Grenzjtadt Garſaura jpäter
den Namen Archelais (j. Al:Serai). Die Yand-
ſchaft zwiſchen Antitauros und Euphrat hieß Me:
fitene, wie die ſtark befejtigte Hauptſtadt (j. Ma:
latia). — Die Bewohner waren indogermanijchen
Stammes, mit den Armeniern verwandt. Die im
Bontos verfehrenden Griechen nannten fie, wohl
wegen der einjtigen aſſyriſchen Herrichaft, Afiyrer
oder Syrer, auh weiße Syrer (Asvaoavgoı),
zum Unterſchied von der gebräunten Bevölferung
des eigentlichen Syriens. Sie trieben mit Erfolg
die Pferdezucht und galten für tapfer, aber auch
wie die Kreter und Karer für treulos und fäuflich
(regia ndnna adrıora). Hodt. 1, 72.7, 73. Xen.
An. 1, 2,20. Strab. 12, 533 ff. Über den Urſprung
der merkwürdigen Nuinen bei dem h. Üjüt und
Boghaztidöi im nordweftlichen Kapp., rechts vom
Halys, ift man noch nicht ins klare gefommen.
Kapys, Karvs, 1) Sohn des Aſſarakos, Ge—
mahl der Themis, Vater des Anchiſes. Hom. Il.
20, 239. — 2) Begleiter des Nineias, von dem
Eapua jeinen Namen erhalten haben joll. Verg. A.
10, 145. 2, 35. — 3) Albanijcher König, Nach—
fonıme des Wineiad. Verg. A. 6, 768. Liv. 1, 3.
Karänos, Kdgavos, 1) ein Heraflide aus dem
Geſchlecht des Temenos, zog mit einer Schar
friegsluftiger Leute aus Argos nad; Mafedonien,
eroberte einen großen Teil des Landes und ftarb
nad) einer langen Regierung. Nach Juſtin (7, 1)
eroberte er Edefja, welches fortan den Namen
Aigai führte, zum Andenken an die Ziegen (alyes),
bei deren Einzug in die Stadt er durd) das offene
Thor mit eindrang. Ein Drafel hatte ihm näm—
lich geboten, ein Reich mitteljt einer Ziegenherde
zu juchen. Die jpäteren makedoniſchen Könige
leiteten von ihm als dem Gründer des Neiches
ihr Gejchlecht her. Well. Pat. 1,6. Liv. 27, 30,
32, 22. — 2) ein Feldherr Aleranders im perjtichen
Kriege. Arr. 3, 28, 2. 4, 3,7. 6, 7.
Kardia, Kaodie, Stadt mit gutem Hafen an
der Nordweſtſeite des thratischen Cherjonejos am
Melasbufen, j. Ruinen auf dem VBorgebirge Bakla—
burun, Kolonie der Milefier, ſpäter durch Mil:
tiades folonifiert, dann von Lyſimachos zerftört,
aber wieder aufgebaut. Hier waren der König
Eumenes und der Gejchichtichreiber Hieronymos
geboren. Hdt. 7, 68. Strab. 7, 331.
Kagdovgoı, tapjeres Bolt mediihen Stam:
mes im füdlichen Armenien am linfen Ufer des
Tigris, auch Kyrtier, Kordyaier, Norduener, Kar—
dyner, Gordyener, Gordpaier u. ſ. w. genannt, die
heutigen Kurden. Ihre Gebirgslandichaft heißt
demnach Gordyaia oder Gordyene. Xen. An. 3,
5, 15.4,1,2ff.u.d. Flut. Luc. 26. Strab. 11, 522.
16, 746 f.
Karia, Kagıa, der en Teil der Hein-
afiatiichen Halbinſel, im N. durd die Gebirge
Meflogis und Myfale von Lydien, im NO. durch
das Salbatos: und Kadmosgebirge von Phrygien,
im SD. durch das Gebirge Daidala und den Glau—
kosfluß von Lykien gejchieden, im S. und W. vom
Meere umflojjien. Die Küftengebirge laufen in 4
größere Halbinjeln aus: Grion, Pedajis (bei
Halikarnaſſos), Enidijche und rhodijche Cher:
jonejos. Dazwiſchen liegen (gleichfalls von N.
nad ©. aufgezählt): der Jaſſiſche oder Bargy:
lijche,derKeramijche und der Doriſche Meer:
615
bujen. Nördlid von Brion ift der Maiandri:
Ihe Meerbujen, deſſen jüdöftlicher Winkel nad)
dem Berge Yatmos der Latmiſche heißt. Hier
mündet der größte Fluß des Landes, der Mai:
andros, mit jeinen Nebenflüffen Harpajos und
Marſyas von lints, Lethaios und Gaijon von
rechts. Fruchtbar jind nur diejes Thal und die
Küftenebenen von Mylafa und Kaunos; der größte
Teil des Landes iſt rauh und gebirgig mit Schaf:
weiden und Waldungen. Bei Kaunos flieht der
Kalbis, der Abflug eines Landjees, näher der
Grenze von Lykien der Aron. — Die Karer
(Kagss), wahrſcheinlich AJndogermanen, nicht Se:
miten, fanden bei ihrer Einwanderung als cin:
heimische Küftenbevölferung die Leleger vor, aufer:
dem im N. Lyder, im NO. Phryger, im S. Beifidier.
Sie waren Friegeriih und wohlbewafinet, aber
roh, treulos und käuflich, und wurden deshalb mit
den Kretern und Nappadofern zu den rol« zanıa
»dxıora gezählt. Das innere Land zerfiel in eine
Neihe bäuerlicher Gaugenoſſenſchaften; ein alter
Hürftenfig war Mylaja, in der Nähe La—
branda mit dem Tempel des Zeus Stratios. Die
Küftenbewohner trieben Schiffahrt und Seeraub,
traten auch als Söldner in fremde Dienfte. Um
1500 v. C. bejegten fie die umliegenden Inſeln
bis Chios und Kreta, wurden aber feit 1200 von
den Phoinikern abhängig, jeit 1000 von den Hel:
lenen verdrängt, die dann auch die beiten Häfen
der Weftfüfte von Karien jelbjt in VBelit nahmen,
und zwar die Jonier im N., die Dorier im ©.
Sonilche Kolonien waren: Miletos, Myüs,
PBriene, Jaſſos. Die Dorier, nach welchen der
Küſtenſtrich in römiſcher Zeit Doris hieß, hatten
einen Bund von 6 Städten: Halikarnaſſos und
Knidos auf dem Feitland, Jalyios, Kamei—
ros und Lindos auf Rhodos, und Kos auf der
Inſel ge. N. (ſ, Doris, b. 2.),. Weitere farifche
Städte waren: Magnefia, Tralleis, Ala—
banda, Nyfa, Antioheia im Maiandrosthal;
Idrias (jpäter Stratonifeia genannt) öſtlich von
Mylaſa, in defien Nähe Laginga mit einem Helate:
tempel, von dem bedeutende Trümmer erhalten
find; jodann Karyanda und Myndos bei Hali-
farnafjos, Raunos und Kalynda im SD. Karien
gehörte zum lydiſchen, dann zum perfiichen, jpäter
um ſyriſchen Reich, jeit 129 v. C. zur römischen
rovinz Aſia. Hat. 1, 144. 1718. 5, 1185. Thuc.
1, 8. Strab. 14, 637. 651 ff.
Karkemisch, afiyriich Gargamiſch, wahrichein-
lih mit Etowmös (j. Dicherabis), aber feinesfalls
mit dem viel jüdlicheren Kirkefion (j. d.) iden:
tiich; rechts vom Euphrat an dem Übergang der
großen Handelsftraße von Agypten nach Meſo—
potamien über den Fluß, bekannt durch den Sieg
Nebukadnezars über Necho, 605 v. C. Beros.
fragm. 14. (ed. Müller). Jerem. 46, 2. Vgl. Mas:
pero, de Charchemis oppidi situ (1872).
Karkinos, Kagxivog (oder Kagrivos?), eine
der luſtigſten Erjcheinungen auf dem tragijchen
Gebiete in Athen, den mit feiner ganzen Familie
rg main grauſam verjpottet. Per ältere
diejes Namens war ein Agrigentiner, aus Sicilien
eingewandert und ohne Glück als Tragifer in
Athen aufgetreten. Er hinterließ eine Familie von
4 Söhnen, alle jchlechte Dichter, unter denen Xeno-
fies der befanntefte und der Vater des jüngeren
Karkinos ift. Der legtere gehört etwa der hun—
616
bertften DI. an und war länger am Hofe des
jüngeren Dionyſios (368—357 dv. E.). hm legt
Suidas 180 Dramen bei; ein einmaliger Sieg
nimmt fich bei jolher Produktivität ganz lächerlich
aus. Sein Etil war nad Euripides gebildet,
reih an matten und nüchternen Sentenzen; jein
Versbau jchlaff und nachläſſig, Ariftoteles berüd-
fichtigt ihn wiederholt in jeiner Poetil. Samm—
lung der jpärlihen Fragmente von Naud, trag.
Graec. fragm. p. 770 ff. der 2. Aufl.
Karmania, Kaouarla, iraniſche Landſchaft
zwiichen Gadrofia im D. und Perfis im W., vom
Berjiichen Meerbujen bis zur Wüftenoaje Jjatis
(ij. Jezd). An der heifen Küfte Tag die Hafenftadt
Harmoziaz der Name Hormuz ijt auf eine Inſel
und Meerjtraße übergegangen. Im fruchtbaren
Inneren lag Taruana (j. Tarım), der Sit der
Utier, und die fpätere Hauptitadt Karmana (ij.
Kirman, wie die ganze Landicdaft). Die Bewohner
(bei Hdt. 1, 125 T'eoudrıoı) waren Friegerifch, in
Spradje und Sitten den Medern und ern ähn:
lid. Arr. 6, 28, 1 ff. Strab. 15, 726 f. 16, 768.
Karneädes, Kagrsdöns, aus Kyrene in Afrika,
geboren 213 v. C., len 129, widmete fich
anfangs der ftoiichen Philojophie, wandte ſich aber
dann, beſonders durch ihre Götterlehre und ihre
ethiſchen Prinzipien unbefriedigt, der platonifchen
u und wurde der Stifter der neueren, dritten
fademie. Er juchte in jeinem Forfchen nach Kenn:
zeichen der Wahrheit, die über das Gebiet der
Sinne und des endlichen Verftandes hinaus liegen.
Auch als Menſch war er rein und unbeicholten.
Bei der berühmten Gejandtichaft nad Rom mit
Diogenes und Kritolaos (155), zur Abwehr der für
die Zerftörung von Oropos den Athenern aufer:
legten Buße von 500 Talenten, bewährte er jeinen
Scharffinn und jeine redneriiche Begabung. Gell.
6, 14. Diog. Laert. 4, 62, Cie. de or. 2, 37, 155.
tusc. 4, 3, 5. Gejchrieben hat er wenig oder nichts.
Karneia, r& Kdorvesıe, ein großes Nationalfeft
der Spartaner, ſich anjchließend an den Dienft
des Apollon Karneios, der von Theben aus jchon
vor der doriichen Wanderung nad; Lakonien ge:
lommen war und ſich jpäter mit dem doriſchen
Apollonfultus vereinigt hatte. Das Feſt wurbe
in Sparta vom 7. des Monats Kar nei os (Auguit:
September) an 9 Tage lang gefeiert. Es hatte,
da die Spartaner glaubten, durd ihren Apollon zur
Eroberung in das Land geführt worden zu jein,
den Charakter eines Kriegsfeftes. An 9 Plätzen
waren zeltähnliche Hütten (onıddeg) aufgeichlagen,
in denen je 9 Mann ſich wie im Feldlager auf:
hielten und zuſammen jveiften. Jeder Plat ent:
bielt die Zelte für 3 Phratrien oder Oben. In
der jechsundzwanzigiten Olympiade wurden an
diefem Feite muſiſche Wettlämpfe eingeführt, in
denen zuerſt Terpandros fiegte. Ein Berzeichnis
der Kagveorinur lieferte Hellanitos (Athen. 14,
635 e, auch 4, p. 141f). Außer Sparta fommen
— vor in Kyrene, Silyon, Meſſene, Thera
u. a. O.
Karpäthos, Adonados, Inſel in dem nach ihr
genannten Weere (Hor. od. 1. 35, 8. 4, 5, 10)
zwiichen Kreta und Rhodos, j. Karpathos, ital.
Starpanto, von fteilen Bergen durchzogen, mit
den 4 Städten Bofeidion, Arkefia, Brukos und
Niiyros; bei Homer (Il. 2, 676) Kodzuttog. Strab.
Karmania — Karthago.
10,489. Daneben die beiden Heinen Inſeln Kajos
und Saros.
Karthägo und die puniſchen Kriege. Kar-
thägo, Kaeyndar, Carthago, eigentlih Karth
Hadajcht d. h. Neuftadt, lag au äußerft günjtiger
Stelle auf einer Halbinjel afrifaniichen Land⸗
ſchaft Zeugitana, mit dem Feſtlande durch eine
Landenge verbunden. Ungefähr in der Mitte der
Halbinjel erhob jidh auf einem 60 Fuß hohen
Felſen die Burg, Byrja genannt (vom ſyriſchen
birtha, d. h. Burg, woraus bei den Griechen die
Sage von der Rindshaut, Piece, entitand). Auf
dem höchiten Teile derjelben jtand das Heiligtum
des Heilgottes (Eimin, des griechiichen Aiklepios).
App. 8, 1. Pol. 1, 73. Der Umfang der Burg
betrug etwa 2 Millien. Allmählich entitand an
ihrem Fuße und um fie herum die Stadt, deren
Hanptitrafen vom Marktplage aus gerade auf die
Burg zuliefen und aus hohen jechsftödigen Häufern
beftanden. Aus Ddiejer Beichaffenheit der Häuſer
erflärt es ich, wenn die Bevölferung der Stadt
zu 700 000 Menjchen angegeben wird, wenngleich,
wie es bei Gades ber Fa war, darunter auch
die nicht immer in der Stabt anwejenden, fondern
im benachbarten Stadtgebiete wohnenden geborenen
Karthager einbegriffen jein mögen. Da die Ufer
eil und jchwer zugänglich waren, jo war die
eftigung nach diejer Seite hin einfach und aus
einer einzigen Mauer gebildet, während nad dem
Lande zu eine dreifache hohe Mauer, mit feften
Türmen bejegt, die Stadt ſchützte. Der ga
Umfang betrug etwa 80 Stadien. Die dreifache
Mauer beitand aus 3 Terrafien, jede 40 Ellen
hoch, 22 Ellen breit, und enthielt Wohnungen
oder Kajernen für die Soldaten, VBorratshäufer
und Stallungen für 300 Elefanten. An der Yand:
enge waren die beiden Häfen, von denen erjterer
Handelshafen, der zweite Kriegshafen war. In
legterem lag eine Heine Inſel, Kothon („odwr),
nad) welcher diefer Hafen auch genannt wurde
(App. 8, 96). Zwiſchen beiden Häfen erjtredte ſich
die große dreifache Mauer, jo daß fie den Kriegs:
hafen einichloß, den Handelshafen ausichloß. Maga:
lia war eine Art Vorſtadt auf der nördlichen Seite
der Burg. Bier lagen auch zahlreiche Yandhäufer,
welche wie prachtvolle Tempel und Paläfte den
unermehlichen Reichtum diefer Handelsitadt, des
Londons der alten Welt, befundeten. Strab.
17, 832 ff. Sie wurde im Jahre 146 v. E. von
den Römern zerftört. E. Gracchus wollte auf ihren
Ruinen eine neue Stadt erbauen, doch wurde der
Blan aufgegeben. Erſt Auguftus führte ihn aus
und bevölferte mit Vermeidung der einſt verwünijch-
ten Stellen die neue Niederlafjung mit römischen
Bürgern. Sie zog aber allmählid den Umfang
der alten Stadt in ihren Kreis hinein und gelangte
unter den Kaijern zu großer Blüte. App. 8, 163.
Die Bandalen machten fie nad) Eroberung Nord:
afrifas zur Hauptjtadt ihres neuen Neiches, als
welche jie ebenjo jehr den Mittelpuntt des Handels
in diejen Gegenden bildete, wie es einft die alte
Stadt gewejen war. Auch als Sit chriftlicher
Biichöfe hatte fie große Bedeutung. Bon den
Trümmern der alten Stadt find nur noch geringe
Reſte fichtbar, ein Teil der Halbinjel, auf der ſie
lag, icheint nach und nad) von dem Meere ver:
ichlungen zu ſein; neuere Ausgrabungen haben
indes nicht wenige Trümmer und Altertümer ans
Karthago.
Tageslicht gefördert. Vgl. Davis, Karthago und
feine Uberrefte (beutich 1863). Beuld, Nachgra:
bungen in Karthago (deutich 1863). — Gegründet
wurde Karthago wahrjcheinlich im 9. Jahrhundert
v. C. (nad) App. 8, 132 im Jahre 846, nad) Just.
18, 6f. 826, nad) Timaios 814), angeblich von Dido
oder Elifja, Tochter des Königs Agenor oder
Mutton von Tyros, Schweſter des Pygmalion,
Gemahlin des Melfartpriefterd Alerbas. Nach
dejien Ermordung durch Pygmalion wanderte Dido
(ſ. d.) mit einer Schar Tyrier aus und fam nad
der Nordküſte von Afrika, wo die Phoiniker ſchon
Jahrhunderte früher Utifa und andere Kolonien
gegründet hatten. Aus diejen ftrömten ohne Zwei—
jel zahlreihe Anfiedler ihrer Schar zu, und fie
gründete Narthago, nachdem fie von den libyichen
Eingeborenen eine Strede Landes zur Anjiedelung
erhalten hatte. Es entitand bald mit diejen ein
freundlicher Bertehr, manche der Eingeborenen
ichlojien ji an die Einwanderer au, und die neue
Stadt blühte bald jo fräftig empor, daf fie den
dem Fürften des Landes anfänglich bewilligten
Tribut verweigern konnte. Nach und nach erweiterte
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“An sNeapolis“
— 4878
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Anagmun is Mercaatoram,
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fid) durch Eroberungen und Anlegung von Kolo:
nien in denjelben das Gebiet der Stadt bis an
die Grenzen Numidiens, den Tritonjee und das
Gebiet von Kyrene. Durch die Kolonien erhielten
die SKarthager die unterworfenen eingeborenen
Stämme in Gehorfam und bahnten zugleich den
Weg zur allmählichen Bermifchung beider Bölter
(Libyphoinifer), ohne indes bei der harten und
ftrengen Behandlung und bei dem Drude der
Abgaben, welcher auf den Libyern lajtete, den Haß
—— gegen ihre Unterdrücker beſchwichtigen zu
können. Nach Weſten hin durch Numidien be—
grenzt, drangen ſie zu Lande in dieſer Richtung
nicht weit vor, wohl aber längs den Küſten, an
weldyen fie zahlreiche Kolonien gründeten und
dadurch den Handel, welcher der Mutterftadt großen
Reichtum zuführte, in ihre Gewalt brachten. Gleich—
falls dehnten fie als ſeefahrendes Bolt aud) ihre
Herrſchaft über die Inſeln des Mittelländiichen
Meeres aus und bejegten unter Malchus, Mago
und andern Führern wenigjtens die Küſten von
Sicilien, Sardinien, Korſika zwiichen 600 und 550
v. C., lieferten wegen Korfifas im Jahre 536 v. C.
(Hat. 1, 166) in Verbindung mit den Etrujfern
617
den aus ihrer Vaterftadt durch Kyros vertriebenen
Phokaiern eine Seeſchlacht und jchloffen mit Nom
des Handels wegen mehrere Verträge, zuerſt 509.
Pol.3, 23. Um 500 ließen fie durdy ihre fühnften
Seehelden Entdedungsreijen machen. Hanno, deffen
Beriplus wir noch in griechifcher Überjegung be:
figen, jegelte an der Weſtküſte Afrifas um das
Grüne Borgebirge bis zu dem vorov xEgag, d.h.
Kap Sierra Yeone, während Himilfo den Atlan:
tiſchen Deean befuhr, die Küften Hifpaniens und
Galliens unterfuchte und bis zu den Zinninjeln,
d. h. Britannien, gelangte. Plin. 2, 67. Hiermit
ichliegt etwa die erfte Periode der fartha ijeren
Geſchichte. Die zweite, von 480 an, umfaßt die
Kämpfe der mächtigen Stadt mit Syrafus um den
Befig von Sicilien. Zuerft gewannen die Kar:
thager die alten phoinikiſchen Kolonien auf der
Anfel für fih; dann eröffneten fie den Krieg gegen
die übrige Inſel mit einem Angriff auf Theron
von Agrigent. hr großes Heer, angeblid) von
300 000 Mann, unter Hamilkar erlitt aber bei
Himera eine gänzliche Niederlage durch Gelon von
Syratus, wie es heißt an dem Tage, an weldem
die Griechen bei Salamis fiegten. Daß die Kar:
thager mit Perjien im Bunde gewejen, wird von
einigen angedeutet oder gar als beftimmt erklärt
(Just. 19,1. Diod. Sie. 11,21 f ), ift jedoch zweifel:
ft. Darauf jchloffen fie mit Gelon Frieden.
!ange Zeit hindurch erfahren wir nichts von wei:
teren Unternehmungen gegen. Sicilien; erſt 416
brad), durch die Bewohner von Egefta veranlaft,
ein neuer Krieg aus, den Hannibal, der fartha-
giſche Feldherr, glüdlich, wenn aud graujam, im
Laufe der nächiten Jahre führte; er ftarb aber 406
bei Agrigent an einer peftartigen Krankheit. Sein
Nachfolger Himilfo eroberte (405) einen großen
Teil Siteiliens, ohne daß der Tyrann Dionyſios
feine Fortichritte hindern konnte. Ein Vertra
beendigte den Krieg. Aber im Jahre 398 gri
Dionyſios die Karthager wieder an, entriß ihnen ihre
meiften Groberungen und nötigte 2 Jahre jpäter
den Himilko, —* Heer durch Krankheiten ge—
litten hatte, zu einem ſchimpflichen Frieden. Diod.
Sie. 14, 41 ff. Ein gleichzeiger Aufſtand der Libyer
wurde glüdlich unterdrüdt. In den folgenden
Jahren mußten die Narthager faft ganz Sieilien
aufgeben, bis Mago den Dionys in einer blutigen
Schlacht bei Kronion befiegte und ihm den Frieden
diftierte, 382. Ein neuer Krieg im Jahre 368
wurde durch den Tod des Dionys bald beendigt.
Südlich gegen deflen Nachfolger, den zweiten
Dionys, erlagen fie dagegen im Jahre 340 dem
Timoleon am Krimifjos (Plut. Timol. 28); der
Fluß Halyfos bildete zwijchen beiden Gebieten
fortan die Grenze. In der nächſten Zeit litt Kar:
thago an inneren Unruhen ehrgeiziger Adeliger und
an Empörungen jeiner Unterthanen (Just. 21, 4),
wurde durch einen beabfichtigten Angriff Mleranders
des Gr. bedroht und hatte dann in Agathofles
(311— 306) fowohl in Sicilien als aud in Afrika
jelbjt (Diod. Sie. 17, 113), wohin der fühne Krieger
überjegte und bis vor die Thore der mächtigen
Stadt drang, einen gefährlichen Gegner zu be:
fämpfen. Erft nad) deſſen Tode fonnten die Kar:
thager es wagen, fich von neuem in die ficilischen
Händel zu mijchen, famen aber im Jahre 277 mit
Pyrrhos von Epeiros, der den Sieiliern Hülfe
brachte, in Berührung und verloren fajt ganz
618
Sicilien, Noch ernfter geftalteten fich die Verhält-
nifje mit den Römern, mit welchen fie feit 509
den damals abgeſchloſſenen Bertrag 348, 305 (oder
306) und 281 (oder 278) erneuert hatten. Die Ein
nahme Meſſanas durch die Mamertiner und die
Bedrängung dieſer durch Hieron von Syrakus
brachte Spaltungen in die Schar der mamertint-
ſchen Söldlinge; ein Teil ſprach Karthago, ein
anderer Rom um Hülfe an. So brad im Jahre
264 der erjte punijche Krieg aus. Der römijche
Konjul Appius Claudius Cauder führte auf einer
rajch erbauten Flotte ein Heer nach Sicilien, ver:
trieb die Narthager aus Meffana und brachte ihnen
eine große Niederlage bei. Die Karthager rüjteten
fih nun mit Macht und führten den Krieg mit
abwechſelndem Glüde. Aber Hieron verlieh jie
263) und ſchloß ein Bündnis mit den Römern,
welche Mgrigent, den farthagiichen Waffenplaß,
einnahmen. C. Duilius gewann (260) den erjten
Seejieg über die Karthager bei Mylai an der
Nordküfte Siciliens, Negulus die Seejchladht bei
Efnomos (256) und jeßte dann nach Afrika über.
Pol, 1,20 ff. Anfangs war er glüdlich, bald aber
befiegte ihn der Spartaner Kanthippos als Feld:
herr des farthagiichen Heeres gänzlih und nahm
ihn jelbjt gefangen, 255. Pol. 1,295. Während
die Römer, noch unerfahren in der Schiffahrt,
mehrere Flotten durh Stürme und Ungewiitter
einbüßten, fiegten fie zu Lande bei Panormos
(250), erlitten aber zur See und zu Lande furcht—
bare Niederlagen. Gleichwohl war Karthago aufs
äußerſte gejhmwächt, und ohne das Genie feines
großen Feldherrn Hamiltar Barlas, der fich im
Nordweiten Siciliens auf dem Eryr von 247 an
u Jahre behauptete und den Nömern viel zu jchaffen
machte, hätten die Harthagar Sicilien jchon früher
verloren. Die Niederlage ihrer Flotte bei den
Agatiichen Inſeln durch E. Lutatius Catulus im
Jahre 241 entmutigte fie jo jehr, daß fie Frieden
ſchließen mußten, in welchem fie auf Sicilien und
die umliegenden Inſeln verzichteten. Pol. 1, 56 ff.
3, 27. Val. Haltaus, Geſch. Roms im Zeitalter
der puniſchen Kriege (1. Bd., 1846). Bröder,
Geſchichte des erſten puniſchen Strieges (1846),
E. Neumann, das Zeitalter der puniſchen Kriege
(1883). — Aber das Maß ihres Unglüds war noch
nicht voll. Kaum hatte Hamilkar die Söldner:
ſcharen nad Afrika zurüdgeführt, jo verlangten
diejelben von der AR ter Stadt ihren rüd:
ftändigen Sold. Als ihnen dieſer nicht bezahlt
werden konnte, empörten fie ſich; ihnen jchloffen
lich die gedrüdten und unzufriedenen Unterthanen
an, und Karthago mußte von 241—238 einen
bintigen Krieg mit ihnen führen, den erjt Hamil:
fars mit Milde gepaarte Energie und Klugheit
unterdrüdte. Die Römer hatten ihren Unterthanen
anfangs geftattet, den Narthagern Zufuhr an Lebens:
mitteln zu liefern, ſpäter fi) aber Sardiniens
bemächtigt, wo ſich die Söldlinge auch empört
hatten, und behaupteten die Inſel troß der Klagen
der Karthager, welche, um nicht bei ihrer gänzlichen
Erſchöpfung durch einen neuen Krieg bedroht zu
werden, Sardinien wie Korjifa abtreten mußten.
Fol. 1, 655. Um dieſe Zeit litt Karthago aud)
an inneren Zwiſtigkeiten, da die Ariftofratie unter
Hanno gegen die Bolfspartei unter Hamilkar
fämpfte. Lebtere fiegte, und Hamilkar, der einen
nenen Aufftand in Afrika unterdrückt hatte, ging
— —
Karthago.
mit einem Heere nach Hiſpanien über, welches,
durch ſeine Metallſchätze den Karthagern längſt
bekannte, Land er zu erobern beabſichtigte, um
ſeinem Baterlande durch Hiſpaniens Silber und
kriegeriſche Männer neue Mittel zum Kampfe gegen
Nom zu verſchaffen. Am Jahre 236 unternahm
er die Eroberung des jüdlichen und öftlichen Spa:
niens, fiel aber 229 in einer Schladt. Sein
Schwiegerſohn Hajdrubal trat in feine Fußjtapfen
und unterwarf durch Milde und Feldherrntalent
Hilpanien bis an den Ebro. Er fiel im Jahre 221
durch Meuchelmord. Ihm folgte Hamilfars großer
Sohn, Hannibal, der als Heiner Knabe mit dem
Vater nad) Hilpanien gezogen war und unter
jeinem ermordeten Schwager eine ausgezeichnete
Ktriegsichule durchgemadht hatte. Das Heer be:
grüßte ion mit Suber, und jo groß war das
Anjehen jeiner familie, daß man ihn in Karthago
bejtätigte, jo jehr auc jeine Gegner gegen ihn
arbeiteten. Pol. 2, 1.36. Liv. 21, 2fj. Er
jiherte die Eroberungen feiner Vorgänger und
unternahm, im Jahre 219 oder nach der jcharf:
finnigen Unterfuchung von Gieglin (1878) erjt 218,
die Belagerung Sagunts, welches er nad) helden:
mütigem Widerftande feiner Einwohner einnahm
(Mitte Juni 218 nad Sieglin). Über den Fberus
ging er aber noch nicht, da diejer Fluß nach dem
von Hajdrubal geichlofjenen Bertrage mit Rom
die Grenze des Farthagiichen Gebiets bilden jollte.
Pol. 3, 16. Liv. 21, 6f. Auf die Nachricht von
Sagunts Fall ſchickten die Römer eine Gejandt:
ichaft nad) Karthago, um Genugthuung und Han:
nibals Auslieferung zu verlangen. Beides wurde
verweigert, und der zweite punijche Krieg
brach aus (218—201). Während die Römer den
Angriff von der Seejeite erwarteten, brad) Hannibal
im Spätiommer 218 von Neufarthago, nachdem
er feinen tüchtigen Bruder Hafdrubal in Hiſpanien
zurüdgelaflen hatte, mit 100 000 Mann auf, zog
über die Pyrenäen, dann durch Gallien, ging über
die Alpen auf faſt unerteiglichen Wegen und fam
mit dem dritten Teile jeines Heeres in den Ebenen
am Po an. Am Tieinus jchlug er den Scipio,
an der Trebia den Sempronius entjcheidend, zog
durch die Sümpfe Etruriens, bejiegte den Flami—
nius am Trafimenijchen See (im April 217) und
begab ſich ins Gebiet der Picenter. Nachdem
D. Fabius Marimus Eunctator ihn durch Zögern
und Ausweichen lange Zeit hingehalten hatte, ge:
wann er den glänzenden Sieg bei Cannä, in
welchem er ein römtiches Heer von 80 000 Mann
vernichtete (216), Nun jtrömten ihm die Völler
Italiens, die noch immer die Herrichaft Noms
mit Umwillen ertrugen, von allen Seiten zu und
ergänzten fein geſchwächtes Heer. Aber die Zeit
des größten Glanzes jchien für Hannibal in der
üppigen Stadt Capua unterzugehen, und Rom
fand in M. Claudius Marcellus einen Feldherrn,
welcher würdig war, Hannibals Gegner zu jein.
Hannibal, der bei Nola durdy ihn eine Niederlage
erlitt (214), juchte ſich durch ein Bündnis mit
Philipp von Makedonien vergebens zu ftärten;
bon jeiner Baterjtadt erhielt er nur geringe Unter:
jtüßung. Die Eroberung des mit Narthago ver:
bündeten Syrakus durch Marcellus ſchlug feine
Hoffnungen noch mehr darnieder (212), Capua ging
verloren (211), die Italiker wurden ſchwankend.
Jedoch jchlug er die Römer einige Male mit großem
Karthago.
Berlufte, unternahm auch einen Zug gegen Ron,
fehrte aber um, ohne es angegriffen zu haben.
Nach und nad) eroberten die Römer mehrere Städte
wieder, darunter im Jahre 210 Tarent. Hannibal
jebte jeine Hoffnungen auf das nach Italien be:
orderte Heer jeines Bruders Hafdrubal, der bisher
in Hiſpanien den beiden Scipionen, Publius und
Gnäus, glüdli das GHeichgewicht gehalten und
ihr Heer vernichtet hatte, bis des Publius Sohn,
P. Cornelius Scipio, ein junger Mann, im Jahre
210 das reiche Neufarthago mit allen jeinen Bor-
räten und Schätzen einnahm. Nach der verlorenen
Schlacht bei Bäcula zog Hafdrubal mit 56 000 Mann
über die Pyrenäen und Alpen nad) Italien, wurde
aber bei Sena am Flüßchen Metaurus in Umbrien
von den Römern gänzlich geichlagen (207) und
jelbjt getötet. Damit jchwand Hannibals letzte
Hoffnung, da auch fein Bruder Mago ihm feine
Hülfe bringen fonnte, jondern in Ligurien in einer
Schlacht ſchwer verwundet wurde. Als nun Seipio
Hijpanien für die Nömer erobert hatte und dann
im Jahre 204 nach Afrika überging, erhielt Han:
nibal den Befehl zur Nückehr. er führte jein
Heer nach Afrifa zurüd, verftärkte es bedeutend
und fuchte es durch Heine Gefechte zu üben und
für die bevorftehende Enticheidungsichladht vorzu—
bereiten; doch, gedrängt von Scipio, lieferte er
die Schlacht bei Naraggara oder Zama im Jahre
202, welche er verlor. Er riet daher zum Frieden,
der unter harten Bedingungen für Narthago zu:
ftande fam, indem es nicht nur Hijpanien abtreten,
jondern aud) 10000 Talente zahlen, ſowie jeine
Kriegsichiffe und Elefanten ausliefern mußte. Bgl.
v. Binde, der zweite punifche Krieg und der Kriegs:
plan der Karthager (1841). Suſemihl, frit. Skizzen
zur Borgeichichte des zweiten puniſchen Kriegs
(1853). Mide, Gejchichte des zweiten punischen
Krieges (1851). — Hannibal trat nun als Suffet
an die Spike des Staates und leitete die Ver:
mwaltung jo geichidt und zu ſolchem Vorteile für
Kacthago, daß diejes jih bald wieder erholte.
Aber gehaßt von der arijtofratiichen Partei und
von den Römern, mußte er fein Vaterland ver:
lafien, um nicht an letztere ausgeliefert zu werden.
Seitdem erhob ſich der numidiſche König Majiniffa
zu großem Anjchen und nahm den Karthagern
einen Zeil ihrer Beſitzungen nach dem andern,
ohne daß ſie in Rom Schutz fanden. Als endlich
Karthago trotz aller Widerwärtigkeiten ſich immer
mehr hob, da glaubten einflußreiche Römer, die
Stadt müſſe vernichtet werden, weil ſie Rom ge—
fährlich werden könnte, und Catos bekannter Aus—
ſpruch wurzelte immer feſter in den Gemütern der
Römer, bis ſie im Jahre 149 bei erneuerten
Zwiſtigkeiten der Karthager mit Maſiniſſa ein
Heer nach Afrika ſandten. Die erichredten Kar—
thager erfüllten nun nacheinander die ihnen von
den Römern geſtellten harten Bedingungen; nur
die letzte, —9 ſie ihre Vaterſtadt verlaſſen und
ſich im Binnenlande anſiedeln ſollten, weigerten
ſie ſich zu erfüllen. Obgleich faſt wehrlos, erhob
ſich die ganze Bevölkerung ohne Unterſchied der
Stände, ſelbſt die Frauen, zum Kampfe, benutzte
mit der ſeltenſten Erfindungsgabe alles, was Mittel
zum Widerſtande verſchaffen koönnte, und kämpfte
mit ſeltenem Heldenmute gegen die Übermacht
(dritter puniſcher Krieg). Erſt nach Sjähriger
Belagerung nahm im Jahre 146 P. Cornelius
619
Seipio Amilianus die Stadt mit Sturm, hatte
aber auch da von Strafe zu Straße, von Haus
zu Haus noch mit einem furdptbaren Widerftande
zu kämpfen (App., Buch 8. Pol., Buch 36. 39).
Die Flammen zeritörten die Stadt, die Hände der
Römer thaten das UÜbrige, der Hägliche Reſt der
Einwohner wurde als Sklaven verkauft. — Zwar
machten jpäter im Yale 122 unter C. Gracchus
und nachher unter Cäſar die Nömer Verſuche zur
Anlegung einer Kolonie an der Stelle der alten
Stadt; aber erft Auguftus nahm den Plan wieder
auf und gründete das neue Karthago, welches bis
ins Mittelmeer hinein mit großem Glanze ar
dauerte und durd die Araber 647 n. E. zerftört
wurde. — Was die Religion der Karthager be:
trifft, jo verehrten fie, wie die Phoinifer überhaupt,
neben dem höchiten Gott EI Kronos) bejonders
den Sonnengott Baal, der als Stadtgott von Tyros
Mellart heißt. Als der die Erde unmmvandernde,
die feindjeligen Gewalten bezwingende Gott wird
er Derafles genannt. Am Ende der Erde hat er
als Markitein jeiner Wanderung die beiden großen
Säulen errichtet und aus dem fernen Weften die
Apfel der Heiperiden, das Zeichen des neuerwachten
Lebens, gebradıt. Er ijt der Schirmherr der See:
fahrten und der Kolonien im Weiten. An der
Spige der jieben Kabeiren (ſ. d.) ftand der Heilgott
Esmun (d. h. der Achte), der farthagische Aillepios.
Ferner wurden angebetet eine gute (bona coelestis)
und eine böje (inferna coelestis) Himmelsgöttin,
oder das Schweiternpaar Anna (d. h. die Anmutige,
die heitere Liebesgöttin) und Dido (d. h. die
Scyweifende, der wandernde Mond), die ftrenge
Kriegsgöttin auf dem Löwen, den Speer in der
Hand. Auch die Quellen und Flüſſe galten als
heilig. Menſchenopfer waren nicht jelten, beim
Beginn eines Feldzugs, zum Dank für einen Sieg,
namentlich aber zur Beſchwörung einer Gefahr;
das Liebſte mußte dann als Löſegeld der zürnenden
Gottheit dargebracht werden, der erjtgeborene, der
einzige Sohn. Hat. 7, 1665. Diod, Sie. 13, 86.
20, 14. 65. Just. 18, 6. 19, 1. Verg. Aen. 1, 742.
— Die Verfaſſung war eine SHerrichaft der
Reichen und durd ihre Thaten MAusgezeichneten,
aljo ariftofratiih. Den Staat leiteten 2 Suffeten
oder Richter (Liv. 28, 37; reges, Nep. Hann. 7),
welche wenigftens anfangs wohl nur ein Jahr ihr
Amt befleideten, den Borfig im Senate hatten
und auch bisweilen die Deere anführten. Der
Senat ernannte die Feldherren, ipäter auch das
Bolt, wie die Beiſpiele aus der Familie der Bar:
fiden zeigen. Derjelbe bejtand aus dem größeren
oder weiteren und dem Heineren oder engeren Senate.
Ihm lag die Pflicht ob, über die Verfaſſung zu
wachen. Aus ihm wurden die Hundertmänner als
bejondere Kommiſſionen gewählt, die ſich jpäter
übergroße Gewalt anmahten. Das Volk gelangte
erſt \päter zu größeren Rechten, 3. B. die Beamten
zu beftätigen, zu emticheiden, wo die höchiten Ge:
walten im Staate ſich nicht einigen Fonnten; ur:
iprünglich galt es wenig, wie es in einem arijto-
fratiichen Staate auch nicht anders zu erwarten
war — Die Landmacht Karthagos beftand zum
geringiten Teile aus gebornen Karthagern, welche
den Kern des Heeres bildeten, und aus denen in
der Regel die feldherren genommen wurden. Sie
bildeten eine heilige Schar. Plut. Timol. 27. Pol.
15, 13. Numidier machten die vortreffliche Reiterei
aus, Dazu famen Libyer als fchwerbewaffnetes
Fußvolt, dann zahlreiche Söldner aus Hiipanien
(befonders in Hannibals Heeren), Ligurien, Sar:
dinien, Gallien, baleariihe Schleuderer und aud)
wohl Griechen (4000 Mann im Heere Hannibals
bei Zama). Da Karthago ein reicher Handelsftaat
war, jo beſaß es die Mittel, zahlreiche Söldner
zu werben, ohne das Blut jeiner Bürger zu ver:
geuden. Der Gebrauch von Elefanten war in ihren
Seeren jehr verbreitet. — Die Seemadt war
ausgezeichnet. Der Kriegshafen Kothon konnte über
200 Kriegsichiffe fallen, große Vorräte waren ſtets
bereit, wenn eine Flotte ausgerüftet werden follte.
Ihre Schiffe zeichneten ſich aus durd Schnelligkeit
im Rudern. Zur Zeit der punifchen Kriege hatten
fie Flotten von mehr als 300 Schiffen. Als
Handelsvolf waren natürlich die Karthager mit
dem Seeweſen wohl befannt; ihre Jugend wuchs
gleichſam auf dem Meere auf. App. 8, 9ff. —
Die Unterhaltung der Kriegsmacht betritt Kar—
thago aus den reichen Abgaben der unterworfenen
Länder; die Tribute der Libyer, die Bölle der
Seeftädte, die Einkünfte aus den Bergwerken, der
Ertrag von Ländereien bildeten die Hauptquelle
ihrer Einnahmen. Dieje ware bisweilen jehr be:
deutend und reichten doc; nicht immer für das
Bedürfnis aus, daher den Unterthanen, welche die
Hauptitadt faft erhalten mußten, neue Laften bis
zur äußerjten Härte aufgebürdet wurden. Karthago
jelbft wurde reich durch einen nach allen Gegenden
hin verbreiteten Handel. Mittelpunfte des Handels
waren außer Afrifa noch Hiſpanien und Sicilien;
außerdem handelten fie nach Gallien, Sardinien,
Ligurien, jelbft nadı Britannien und den Inſeln
an der afrikanischen Weftfüfte, was ihre Seefahrten
und Entdefungsreifen beweijen. Zu Lande zogen
Karawanen tier nad Afrika hinein. Sflaven, Elfen:
bein, Gold aus dem Innern Afrikas, Silber aus
Hilpanien, Wachs aus Ktorjifa, baummwollene Zeuge
aus Melita oder Malta, Wein von den Balearen,
I und Wein aus Sicilien waren, um nur einige
zu nennen, Segenftände eines lebhaften Handels:
verfchrs. ie Karthager ericheinen als ein
wenig zugängliches und verichloffenes Wolf und
nicht frei von Miftrauen, ganz in der Weile der
ftammverwandten Phoinifer, dabei geneigt zu
Grauſamkeit und Härte. — Troß ihrer Neigung
zum Handel und Gewinn fand fid) doc; auch eine
Yitteratur bei ihnen, weldye wir indes nur aus
jpärlichen Notizen bei griechiichen und römischen
Schriftſtellern kennen. Hannos Periplus erijtiert
nur noch in einer griechiſchen Überſetzung; die
Dandelsverträge mit Rom desgleichen bei Poly—
bios; Mago jchrieb ein Werk über Aderbau, wo:
von nur wenige Bruchitüde vorhanden find, alles
andere iſt verloren gegangen. Außerdem haben
wir noch im Pönulus des Plautus einige Reſte
der punischen Sprache, jowie viele erft neuerdings
entdedte Inſchriſften. Was wir von Karthagos
Geſchichte und AZuftänden willen, verdanken wir
Griechen und Römern. Bal. Bötticher, Gejchichte
der Narthager (1827), Münter, Neligion der
Karthager (1821). Mommſen, römijche Geichichte,
Bd. I, 3. Buch, 1. Rap. Hauptwerk: O. Melber,
Geichichte der Karthager (1. Bd. 1879). — Als
ihre wichtigfte Rolonie und ihr Hauptwaffenplatz
in Hiſpanien ericheint Neufarthbago, Car-
thago nova, 7 via Kaoyndar, 7 Ev "Ißnera
Kassander.
Kaoyndor, Stadt im tarraconenfischen Hifpanien
unmeit der Grenze von Bätica am Mittelmeer,
j. Gartajena, erbaut vom SNarthager Haſdrubal
227 dv. C. 210 von den Römern unter Scipio
durch Hunger genommen und folonifiert. Sowohl
die fejte Yage als auch der gute Hafen, der Handel
und die benachbarten Silber: und Zinngruben, die
zu Zeiten einen jährlichen Ertrag von 2500 Ta-
lenten gegeben haben follen, verliehen der Stadt
große Bedeutung. Hier refidierte (neben Tarraco)
der römiſche Brätor für Hijpania Tarraconenfis.
Strab. 3, 158. Liv. 26, 42 ff. 28, 17.
Karyai, Kaovaı, 1) wichtige, urjprünglich zu
Arfadien gehörige Grenzftadt Yafoniens mit einem
berühmten Tempel der Artemis und der Nymphen,
in dem die lakoniſchen Jungfrauen jährlich eigen:
tümliche Tänze aufführten. Es war 369 v. C.
von den Spartanern abgefallen und wurde 367
bon Archidamos wieder erobert und hart gezüdhtigt.
Thue. 5, 55. Xen. Hell. 6, 5, 25. 27. 7, 1, 28.
Paus. 4, 16, 9. — 2) Ort Arfadiens im Gebiete
von Pheneos. Paus. 8, 13, 6. 14, 1.
Karyanda, Kaovarda, Inſelſtadt Kariens mit
gegenüberliegendem Hafen auf dem Feftlande, Ge:
burtsort de3 Geographen Skylar. Hdt. 4, 44.
Strab. 14, 658.
Karyatiden j. Kanephoren.
Karystos, Kdevoros, Stadt an der Südſpitze
der Inſel Euboia, unterhalb des Berges Odha,
ihon von Homer (Il. 2, 539) erwähnt; j. Karyſtos.
Die Stadt wurde 490 v. E. von den Perjern zur
Unterwerfung genötigt und ftand ihnen aud) in
der Schlacht bei Salamis bei. 467 wurde fie von
Athen befriegt. Nachher ift fie als Handelsplatz be:
deutend geworden. In der Nähe wurde ein weißer,
mit grünlichen Streifen durchzogener Marmor
(Carystium m.), der in der Kaijerzeit viel ver:
wendet wurde, gefunden. Adt. 6, 99. 8, 66. 112
u. d. Thuc. 1, 98. Plin. 4, 64.
Kassander, Kaocoavrögos, Cassander, ältefter
Sohn des Antipater, ein Mann von ungeftümem,
auffahrendem Charakter und rüdjichtslofem Ehrgeiz,
wurde um 355 dv. E. geboren und blieb, als Ale:
rander den Zug nach Perfien antrat, bei jeinem
Bater in Makedonien. Erſt im Jahre 323 finden
wir ihn in Babylon, zur Verteidigung jeines Vaters,
der bei Alerander verleumdet war, dahin gefandt.
Daß er damals voreilig über die perfiiche Sitte
der moogrurnoıg lachte, verlegte den König. Plut.
Alex. 74. Nach dem Tode desjelben wurde er im
Jahre 321 Chiliarch des Antigonos, verfeindete
jich aber bald mit ihm und fehrte nach Makedonien
zurüd. Als fein fterbender Bater nicht ihm, ſondern
dem greifen Polyiperchon das Amt des Reichsver:
wejers übertrug (319), beichlof er dieſe höchfte
Stelle im Reiche mit Gewalt an fich zu bringen.
Diod. Sie. 18, 48. 55. Er floh nach Aſien, ver:
einigte fi mit Antigonos und ſchloß ein Bünd—
nis mit Ptolemaios. Diod. Sie. 18, 49. 54. Mit
Truppenmacht erichien er in Griechenland, die
meisten griechiichen Staaten fielen von Bolniverdon
ab und meigten fich auf jeine Seite, jelbft die
Athener wurden feine Bundesgenofjen. Diod. Sie.
18,68 ff. Nach folchen Erfolgen ernannte ihn Eury—
dife, im Namen ihres Gatten Philipp Arrhidaios,
zum Neichsverwejer. Just. 14, 5. Doc; Polyiperchon
gewann im Jahre 317 im Bunde mit der Olym—
pias gegen Eurydile und ihren Gemahl die Ober:
Kassandra —
and, und leßterer wurde durch Olympias getötet,
urpdife zum Gelbitmord genötigt. Diod. Sie.
19, 11. Just.a.a.D. Da eridien Kaſſ. plößlich
aus Griechenland, gewann die Soldaten des Poly:
iperhon, nahm Dlympias, Aleranders Gemahlin
Norane nebit ihrem Heinen Sohne Mlerander und
Aleranders des Gr. Schweiter, Theſſalonike, ges
fangen, tief die erfte hinrichten, die beiden andern
einterfern und heiratete die Thefjalonife (316).
Diod. Sie. 19, 35—52. Darauf ging er wieder
nad Griechenland, wo er Theben aufbaute, fehrte
dann nach Makedonien zurück und jchlof ſich dem
Bunde mehrerer Feldherren gegen Antigonos an.
Nach Wiederheritellung des Friedens im Ja e 311
als Strateg über Europa anerkannt, lieh Kaſſ.,
ftatt für den Sohn der Roxane Makedonien zu
verwalten, dieſen nebft jeiner Mutter ermorden.
Diod. Sie. 19, 105. Den einzigen nun noch leben:
den Sohn Alexanders, den Herafles, ließ Poly:
ſperchon anfangs bejchügen, dann aber, von Kaſſ.
beftochen, umbringen (309). Diod. Sie. 20, 28.
So war Kaſſ. wieder ficherer im Befige Mafedoniens,
und die bald wieder ausgeglichenen Zwiftigfeiten
mit PBtolemaios von Ägypten brachten ihm feine
Sefahr. Diod. Sie. 20, 37. Den Königstitel ver:
mied er num zwar, lieh ihn aber fich gern von
andern beilegen. Plut. Demetr. 18. In den
Jahren 306 bis 304 fuchte Kaſſ. ſich wieder in
den Befi von Griechenland zu ſetzen, fand aber
einen tüchtigen Gegner an Demetrios, deſſen Bater
den um Frieden bittenden Kaſſ. zur Unterwerfung
aufforderte. Diod. Sie. 20, 106. Daher verband
ſich Kaff. mit Lyſimachos, Ptolemaios und Selen:
fos gegen Antigonos, welcher im Jahre 301 in
der Schladht bei Ipſos in Phrygien befiegt und
getötet wurde. Kaff. ficherte bei der Teilung der
Brovinzen des Antigonos feinem Bruder Plei—
ſtarchos Kilifien und begnfgte fich jelbft, wie es
jcheint, mit Makedonien, welches er bis an feinen
Tod im Jahre 297 behielt. Diod. Sic. 20, 112.
21, 1,4. Plut. Demetr. 31.
Kassandra, Kasodröge, auch Alerandra
genannt, die jchönfte von des Priamos Töchtern
(Hom. Il. 13, 365), welche nach der Berftörun
Troja dem Agamemnon als Beute zufiel um
in Myfenai, während Aigifthos den Agamemnon
erichlug, von Klytaimneſtra getötet ward. Hom.
Od. 11, 421 ff. (. Agamemnon). Bon Apollon
erhielt jie die Gabe der Weisfagung gegen das
Berjprechen, jeine Liebe zu erwidern; da fie aber
nicht Wort — ſtrafte ſie der Gott durch das
unglückliche Los, daß niemand ihren Weisſagungen
glaubte. Als ſie daher den Troern bei der An—
funft der Helena und jpäter während des Krieges
ihr Unglüd verfündete, ward fie von allen als
eine Rajende verlaht und mißhandelt. (Homer
weiß von der Weisjagungsgabe der K. nichts.)
Während des Krieges warben um fie Othryoneus
aus Kabeſos (Hom. 11. 13, 363) und Koroibos,
ber Sohn des Mygdon (Verg. A. 2, 341), indem
fie dem Priamos Hülfe brachten; aber beide fan—
den im Kampfe den Tod. Ber der Eroberung
der Stadt hatte fich Kafjandra in den Tempel der
Athene ——— wurde aber durch Aias, des
Oileus Sohn, von dem Götterbilde weggeſchleppt
und gemißhandelt. Dem Aias entriß Agamemnon 3
die Beute (j. Aias, 1.) Eine Bildſäule der
Kaſſandra jtand zu Amyflai; zu Leuktra in Latos
621
nien hatte jie Tempel und Bildjäule; ihr Grab
war zu Myfenai oder zu Ampflat.
Kassiopeia, Kassiepeia, Kassıörsıc, Kas-
oıereıa, Kassen, Gemahlin des Kepheus in
Aithiopien, Mutter der Andromeda (j. d.). Nach
ihr war ein Sternbild in der Milchſtraße benannt,
j. Sternbilder, 6.
Kaooıregides, scil. vjjoor, d. h. Zinninjeln,
urjprünglich alfe britiichen Inſeln, von wo bie
—— Zinn und Blei holten, dann eine ein—
zelne Jnfelaruppe, vermutlich die heutigen Seilly—
oder Sorlingiichen Inſeln. Hdt. 3, 115. Strab,
2, 120. 3, 175. Mela 3, 6, 2.
Keoowreioı, eine theiprotiihe Bölferjchaft
in Epeiros mit den 4 Städten Elatreia, PBandofia,
Bitia und Buchetion. Erft nad) Philipp von Ma-
fedonien, der 3 derielben für den Molojjertönig
Alerander unterwarf, jcheint eine Stadt Kascn-
la oder Kasoamn entjtanden zu jein. Diod. Sie.
19, 88. Strab. 7, 324.
Kastalia, Kaorarla, eine den Muſen und dem
Apollon heilige Duelle am Parnaſſos, am Fuße
des Hhampeiafeliens hervorjprudelnd, deren Wafler
von den pythiſchen Pilgern zur Reinigung und
Sühnung vor dem Betreten des Tempels in Del:
phot benußt wurde (j. Phokis). Der dichterifche
Glaube an die begeifternde Kraft ihres Waſſers
ſtammt erjt aus römischer Zeit.
Kasten in Griechenland. Wenngleich ein vor:
geichichtliches Kaftenverhältnis in Griechenland von
vielen Forjchern aus dem Grunde in Abrede ge-
jtellt wird, weil der griechiſche Nationalcharakter
entichieden einer ſolchen —— Sonderun
nach dem Lebensberufe widerſpreche, ſo iſt doc
u bemerken, daß manche Erjcheinungen noch der
Hiftoriichen Zeit auf ein nraltes Verhältnis der
angedenteten Art hinweijen. Sicher gehört die
Vererbung gewifler Künfte und BVBerrichtungen in
bejtimmten Sejchledhtern. Die Homeriden in Chios,
die Aſtlepiaden in Kos, die Daidaliden in Athen,
die Talthybiaden in Lakedaimon haben alle diejen
enealogiichen Charakter. Es ijt aber ein ſolches
—* ließen aus —— Zuſtänden auf my—
Hilde Urzuftände bedenflih und entbehrt, wenn
die Überficht der geſchichtlichen Entwidelung voll
fommen fehlt, jeder thatjächlichen Grundlage.
Kastor, Kdoroe, 1) j. Dioskuren. — 2) aus
Rhodos, Schwiegerfohn des Tetrarchen Dejo-
tarus von Salatien und von diejem getötet, Rhetor
und Hiftorifer, jchrieb u. a. Agorıxd in 6 BB,,
die bis 61 v. E. gingen und von Varro, Diodor,
Joſephos u. a. benuht Tind. Bol. E. Müller, Ctesiae
et chronographorum fragmenta (hinter der
Didotichen Ausg. des Herodot), p. 153 ff.
Katabathmos, Karaßadtuög, ein don dem Ge:
birge in Marmarife nad) der Küſte zu gebildetes
Thal (ij. ee und ein Küftenort gl. N., bildete
die Grenze zwischen Ägypten und Kyrenaife. Strab.
17, 791 u. d. Sall. Jug. 17.19. Weiter öftlih von
diefem großen Katabathmos befindet ſich bei Ba-
raitonion der kleine Katabathmos.
Karaßavzarnjosız |. Bavxalyjuare.
Kareßinuare, erg Se Tapeten oder
Soffiten anf der griechiichen Bühne, welche den
Schnürboden mit jeinen Mafchinen den Augen der
ujchauer entzogen. — Auf den Schiffen nannte
man jo die über das Oberdeck gezogene Dede,
welche die Sonnenstrahlen abhalten jollte u. dgl.
Keraßkıjuare.
622 Karayayıa
Karayoyıa (nuraktasıg, muardoreia). Ob:
wohl Fremde gewöhnlich bei einem Gaftfreunde
einfehrten, gab es doch, beionders an vielbejuchten
Drten, wie Olympia u. a., Häuſer, die den Frem—
den Obdach gewährten. Ein joldhes xarayayıor
von großer Ausdehnung errichteten die Thebaner
auf der Stätte des verwüfteten Plataiai bei dem
Heraion, bejonders für die zum Daidaleenfeite zu:
jammenftrömenden Fremden. Thuc. 3, 68.
Kaerazindieat, narcaınro kuxinoicı j. ’Ex-
vıncie.
Kardkoyog, ia naralöyov orgareusım. In
der gemäßigten Demokratie, die eine Abftufung
der Teilnahme an der Staatsgewalt nach der Be-
güterung feſtſetzte (Timofratie), war auch der regel:
mäßige Kriegsdienit von dem Bermögen abhängig
gemacht. Died wird bezeichnet durch Lu »are-
Löyov orgarstsche: (aardloyog das Verzeichnis
der Kriegsmannſchaft). Xen. Mem.3,4,1. Die
Armeren, in Athen nach der jolonischen Verfaſſung
die zur vierten Klaſſe Gehörigen, die Theten, dien:
ten nur im alle der Not als Leichtbewaifnete.
" Kerdivoıg rod Örjuov, in Athen Umfturz der
Verfafjung zu Gunften einer andern Stantölorm.
Auch der Verfuch des Verbrechens wurde, wie der
verfuchte Hochverrat (meodocde), gerichtlich auf dem
Wege der Eisangelie (die meodosi« auch durd)
eine yoxpr) verfolgt und jo beftraft, als ob das
Verbrechen ausgeführt wäre, der Hochverrat ftets
mit dem Tode, das Verbrechen der zer. r. d. und
der ruearris ſchätzbar, gewiß meift mit dem Tode
bejtraft, da ja der diejes Verbrechens Schuldige
von jedermann ungeftraft getötet werden durfte.
Forum: die Thejmotheten. Wo der Areopag mit
Hocjverratsfällen zu thun hatte, hat er gewiß in
bejonderem Auftrage gehandelt.
Katäne j. Catana.
Kataonia j. Kappadokia.
Karasradıs, das Handgeld, welches die athe-
niſchen Neiter, außer ihrem Solde, zu ihrer Aus:
rüftung empfingen.
Kasaguoi |. Lustratio.
Kadtooe. eathedra, 1) ein gepoliterter Stuhl
mit Armlehnen zum Gebrauch der römijchen
Frauen, auch zum Tragen eingerichtet wie eine
lectica (Hor. sat. 1, 10, 91). — 2) jpäter der
Lehrjtuhl der Rhetoren und Bhilojophen. Jur.
7, 203.
Katrens Kreteus), Kargsvs, Sohn des Minos
und der Pafiphad (oder Krete), Vater des Althai:
meines, der Aerope, Klymene und Apemoſyne. Seine
Töchter Aerope und Klymene übergab er dem Nau—
plios mit dem Auftrag, fie in fremde Länder zu
verfaufen. Die eine von ihnen, Mörope, ehelichte
Pleiſthenes, und fie gebar ihm oder dem Atreus
den Agamemmon (j. d.) und den Wienelaos; Kly—
mene heiratete den Nauplios und gebar ihm den
Diar und Palamedes. Althaimenes floh mit feiner
Schweſter Apemoſyne nach Rhodos, weil er nach
einem Drafel befürchtete, er möchte feinen Vater
erichlagen. Seine von Hermes geihwächte Schweiter | 1
tötete er durch einen Auftritt, und als Katreus
ſpäter hochbetagt nach Rhodos fam, um ihm die
Herrichaft zu übergeben, wurde er unerlannt von
dem Sohne erichlagen. Apollod. 3, 1,2. 2,1, 2,
Diod. Sie. 5, 59.
Kaukäsos, ö Katxeoog, Caucasii montes, 1) das
noch jetzt denſelben Namen führende Gebirge
— Kebes.
zwiichen dem Pontos Eureinos und dem Kajpi-
Fe Meere, auch Karx. Zrvınog genannt. Nur
2 Päſſe führten hindurch, öftlich die j. g. Alba—
nijhen oder Kaſpiſchen Pforten (Albaniae
portae, j. d.), bei dem h. Derbent, und in der
Mitte die Sarmatiichen oder Kautafiihen
Pforten (j. Darial), während der nordweſtliche
Gebirgszug, die |. g. Korariihen Berge, ganz
fteil gegen den Pontos abfällt. Den Alten er:
ſchien dieſe Gebirgsmaſſe als das Ende der Welt;
die (allerdings bis zu 5600 hohen) Gipfel follten
bis zu den Sternen reichen, Prometheus war an
den Felſen fejtgeichmiedet. Erjt jeit den Kriegen
des Pompejus mit Mithridates lernte man dieje
Gegenden etwas befjer feımen. Strab. 11, 497. —
2) der indijche Kauf., Caucasus Indicus, Kav-
»acos "Iwdinög, j. Hindu Kuſch — Parapaniſos ſJ.
Parapanisos.
Kaukönes, Kavxzwves, werden von Homer (IT.
10, 429) neben den Lelegern und Belajgern unter
den Bundesgenofjen der Troer genannt, während
fie im Sciffstatalog fehlen, wenn fie nicht viel-
leicht unter den Paphlagonen mit begriffen find.
Auch in Griechenland Enden ſich Kaufonen, die
nad) Strabon (8, 345) arkadiſchen Urjprungs waren
und fih in 2 Stämmen in Triphylien und im
hohlen Elis am Alpheios niederließen, von wo jie
bis nad) Achaia rüdten. Aus Triphylien wurden
fie von den Minyern vertrieben. Hom. Od. 3, 366.
Hat. 4, 148.
Kaunos, Kaöros, Stadt im jüdöftlichen Karien,
oberhalb der Mündung des jchiffbaren Kalbis, mit
Eitadelle, Kriegshafen und Meede, in ungejunder
Gegend, mit der Afropole Jmbros (bei j. Dalian).
Die Stadt trieb bejonders Handel mit getrodneten
Feigen, nach ihr Caunene genannt, und war Ge—
burtsort des Malers Protogenes. Thuc. 1, 116.
Strab. 14, 651. Die Bewohner unterichieden ſich
nad Hdt. 1, 172 in Sitte und Kultus von den
übrigen Karern.
Kaystros, Kdisrgog oder Kavargıos, Fluß
Kleinafiens (j. türtiich Kütichüt Menderes, d. h.
der Heine Maiandros), entipringt auf dem Tmolos-
gebirge, durchſtrömt Lydien und Jonien, nament-
lich die fruchtbare Ebene zwiichen dem Tmolos
und Meflogis — Kaargov medior genannt, Arr.
5, 6,4 — umd mündet bei Ephejos. Am oberen
Laufe hieß die Ebene die Kilbianiſche, uud bier
mag auch die Aſiſche Wieje des Homer (Il. 2, 461)
zu ſuchen fein, da noch jeßt dort zahlreiche Scharen
von un ſich niederlaffen. Strab. 13, 620 f.
626 F.
Keadas, richtiger vielleicht Kauidas, Schlucht
des Tahgetos, wejtlid von Sparta, 600° in jent-
rechter Tiefe, in welche Verbrecher, 3. B. Ariſto—
menes, und jpäter noch die Yeichen von Ber:
brechern hinabgejtürgt wurden. Z’huc. 1,134. Paus.
4, 18, 5.
Kebes, Keßns, aus Theben, Schüler des
— —— und Zeuge ſeines Todes (Xen. Mem.
‚48. 3, 10, 17. Plat. Phaedon), Berfafjer von
3 Shiloophifegen Geſprächen: Tlivaf, 'EBösun,
Porriyog, wovon wir nur noch das erite haben..
Dieje Schrift, /Iivaf, Tabula, Gemälde, jegt ver-
geſſen, früher ein vielgelejenes Schulbuch, ent:
hält ein allegoriiches Gemälde des menſchlichen
Lebens und des Zuſtandes der menichlichen Seele
vor der Bereinigung mit dem Körper, betradhtet
Kebriones — Kentauren.
von Jünglingen, erflärt von einem reife; die
Tendenz tft, zu zeigen, daß nur Geiftesbildung
und Bewußtjein der Tugend zur Glückſeligkeit
führen Die Echtheit der in ſokratiſchem Geijte
abgefahten Schrift ift zweifelhaft; wahrjcheinlich
ist jie einem gleichnamigen Stoifer des 1. nachchrifts
lihen Jahrhunderts aus Kyzikos beizulegen. —
Ausgg. von Salmafius (1640), J. Gronov (1689),
J. Schweighäuier (1806), A. Korais (1826), Dro-
jihn (1871) und Kraus (1882).
Kebriönes j. Priamos,
Kekrops, KArxgoy, ein attijcher Autochthon
oder Ureingeborner, ein Sohn der Erde, weshalb
man ihn fich nach unten in einen Drachen aus:
laufend dachte. Er gründete angeblich Athen und
baute die Alropolis, die nad) ihm Kefropia ge:
nannt ward; auch erhielt das Yand, das bisher
Alkte geheißen hatte, von ihm den Namen Ktefropia.
Kt. teilte die Einwohner in 12 Gemeinden und
führte die erjte Kultur ein, namentlich aud) den
Dienft des Zeus und der Athene. Unter jeiner
Herrichaft ftritten Athene und Bojeidon um das
Yand; Poſeidon ftieh mit dem Preizad auf der
Afropolis Meerwafler hervor, Athene aber pflanzte
den für das Yand jo wichtigen Olbaum und er:
hielt deswegen den Bejig des Landes. Mit jeiner
Gemahlin Agraulos erzeugte K. den Eryſi—
chthon (Erdaufreißer, Pflüger), die Agraulos,
Herje und Pandrojos. Die Töchter des K.
waren urjprünglih Wejen göttlicher Natur, die
mit dem Dienjte der Athene zujammenhingen.
Pandrojos und Herje (Erje, Errhe) waren Tau:
göttinnen; leßterer wurde das Feſt der Arrhepho:
rien (j. d.) oder Errhephorien gefeiert, jene hatte
ein eigenes Heiligtum, PBandrojeion, auf der Burg
neben dem Tempel der Athene Polias und wurde
mit den Horen Thallo und Karpo und mit Helios
angerufen, verderbliche Dürre vom Lande abzlı:
halten. In dem Bandrojeion jtand der heilige,
von Athene geſchaffene Olbaum; dieſes Geſcheni
der Göttin bedurfte des Schußes der Taugöttin.
Agraulos (Aglauros) bezeichnete urjprünglich eine
bejondere Seite der Athene, welche auch den Bei:
namen Agraulos hatte, nämlich die Beziehung der:
jelben hr den Segen des Feldbaues. Sie hatte
im nördlichen Burgjelien ein Heiligtum, wo die
athenijchen Jünglinge in friegeriicher Rüftung den
Bürgereid ſchwuren, indem fie die Agraulos, Auxo
und Hegemone anriefen. Agraulos war die Ge-
liebte des Ares und gebar ihm die Alkippe; Serie
wurde geliebt von Hermes und zeugte mit ihm
den Kephalos; Pandroſos joll mit Hermes den
Keryr, den Stammovater der eleujiniichen Kerylen,
erzeugt haben. Athene hatte den 3 Schweitern
den Erichthonios in einer verſchloſſenen Kifte an-
vertraut; da aber Agraulos und Herje gegen ihr
Verbot die Kifte öffneten, wurden fie wahnjinnig
und ftürzten fich von dem Feljen der Burg hinab.
Bon Agraulos wird ferner erzählt, fie habe ſich
während eines Krieges freiwillig zum Opfer dar:
geboten, und deswegen ſchwuren die attijchen Jüng—
linge bei ihr, bis zum Tode fich dem Baterlande
zu weihen. — K. war der Heros eines altpelaigi-
ichen, über Attila, Boiotien und die Umgegend
verbreiteten, Stammes; deshalb nahm man ver:
jchiedene Seroven diejes Namens an, welche pe:
lajgiiche Städte mit dem Namen Athen gegründet
hätten, in Boiotien am Kopaifchen See und auf
623
Euboia. Erft die jpätere Zeit machte ihm zu
einem ägyptijchen Einwanderer aus Sais.
Kekryphälos, Krrovpakog, auch Krngupd-
Atıe, eine der an der Küſte von Argolis gelegenen
Inſeln zwijchen Epidauros und Nigina, bei welcher
458 dv. E. die Athener einen Sieg über die ver:
einigte Flotte der Korinthier, Epidaurier und
Migineten gewannen; jegt Angiftri. Thuc. 1,105.
Diod, Sie. 11, 78,
Kelainai, Krlcıval, alte blühende Handels:
ſtadt und Reſidenz in Großphrygien an den Quellen
des Maiandros, mit einer Burg auf fteiler Höhe
und einem Barfe Des jüngeren Kyros. Die Mythe
des Mariyas jpielt hier; die Stadt wurde von
Antiochos 1. vergrößert und Apameia genannt; j.
Diner. Hdt. 7, 26. Arr.1,29,1. Xen. An. 1,2,7.
Strab. 12, 577 ff.
Kelaino j. Harpyien und Pleiades.
Kenaion, Krjvaıov, j. Lithada, Halbinjel und
VBorgebirge des nordweitlichen Euboias, wo Hera—
les den Lichas ins Meer gejchleudert haben follte
(. Herakles, 12.). Soph. Irach. 753. 993.
Strab. 1, 60. 9, 426. 429. Thuc. 3, 93.
Kenchröai, Keyzosai und Keyyosa, 1) j.
Kekhriäs, der Haupthafen Korinths am Saroni-
ihen Meerbujen, 2 Stunden von der Stadt ent-
fernt, zugleich eine Ortichaft. Z’hue. 8, 20. — 2) Ge-
birgsfleden in Argolis auf der Strafe nad Tegea
in der Nähe des Lernaiiichen Sees. Thuc. 5, 83.
Strab. 8, 376. Aesch. Prom. 676 (Keoyreia).
Kevoragıo» |. Sepulerum, 5.
Kentauren, Kirravgoı (abgeleitet von nevreiv
und redeog, „Stierjäger”, oder aus xFrrogog
lirrwr], „Reiter, Nenner‘). Die Borjtellung der-
jelben entjtand vielleicht aus der Sitte eines wil—
den theffaliichen Volkes, beftändig auf den Pferden
zu bangen. Bei Homer (JI. 1, 268. 2, 743, wo
jie Dieses, Onoes heißen, Od. 21, 295 ff.) und in
der älteren Zeit erjcheinen fie als ein roher, wald-
und bergbewohnender Stamm in Theflalien, zottig
und —— voll tieriſcher Begier nach Wein
und Frauen. Aus dem Pelion zogen ſie ſich, von
den Lapithen vertrieben, au den Pindos und die
Grenzen von Epeiros zurück, ein Teil auch in das
Pholoẽegebirge im Peloponnes, wo Herakles ſie
befämpft (j. Herakles, 7.). Wahrſcheinlich erſt
jeit Pindar (um 500 v. E.) begann man ich die
Kentauren als aus der menschlichen Geftalt und
der eines Roſſes zufammengejegt zu denken, und
zwar ftellte fie die ältere Kunſt jo dar, daß jich
an die volle Gejtalt eines Mannes Hinten der
Leib eines Roſſes anſchloß; die jpätere, vollfom:
mene Kunſt jegte im künstlicher Verbindung auf
Leib und Bruft eines Roſſes den Oberleib eines
Mannes. Nach gewöhnlicher Sage ftammen dieje
doppelgeftaltigen Kentauren von rion und einem
von Zeus der Hera ähnlich geformten Wolfen:
gebilde, Nephele. Bejonders berühmt und von der
Kunft oft dargeftellt (4. B. von Pheidias in den
Metopen des ——— von Allamenes im Weſt—
giebel des Zeustempels zu Olympia und auf dem
Frieſe des Apollontempels zu Bhigaleia, auf einem
Frieſe des Mauffolleions zu Halikarnaſſos u. ſ. m.)
war ihr Nampf mit den Yapithen, der ſich auf der
Hochzeit des Beirithoos (j. d.) entjpann. Or. met.
12, z Durch ihre Miichgeftalt mit den tie-
riſchen Satyrn verwandt und wegen ihrer Vor:
liebe für den Wein wurden fie in das dionyſiſche
624
Gefolge hineingezogen; hier aber wird durd) die
ſanfte Gewalt des Gottes ihre urjprüngliche Ro-
heit und Wildheit gemildert. Sie jchreiten zahm
vor dem Wagen des Dionyſos einher, auf dem
Horn oder der Lyra jpielend, von Eroten gelentt,
in Berbindung mit Satyrn, Nymphen und Bakchan—
tinnen. — Der vorzüglichite unter den Wentauren ift
Cheiron, Solm des Mronos und der Bhilyra,
ausgezeichnet durd Gerechtigkeit und Weisheit.
Er hat die natürliche Noheit feines Gejchlechts
überwunden nnd feine Natur durch Cittlichteit
und Erkenntnis verflärt. So wurde er der be-
rühmte Erzieher und Yehrer der berühmteften Hel—
den des Wltertums, wie des Achilleus (Hom. Il
11, 831), des Jaſon, Aſtlepios u. a. Er unter:
richtete fie auf dem Pelion in Mufit und Heil»
funde, Gymmaftif und Weisfagung. Seine Tochter
Endeis war Mutter des Peleus und Telamon,
Großmutter des Achilleus und Nias; eine andere,
durdy die Gabe der Weisjfagung ausgezeichnete
Tochter, Ofyrhof, wurde von Zeus in eine Stute
verwandelt. Or. met. 2, 633 ff. Von dem ihm be:
freundeten Herakles erhielt er wider defien Willen
durd einen mit dem Gift der lernaiischen Schlange
bejtrichenen Pfeil eine unheilbare Wunde (ſ. He-
rakles, 7.), oder er verwundete fih an einem
Pfeile des bei ihm eingefehrten Herafles, den er
aus Unvorſichtigkeit fallen lieh, in den Fuß und
ftarb, indem er dem Prometheus feine Unfterblich:
feit überließ. Er wurde von Zeus als Schütze
unter die Sterne verfeßt. — Die neueren Foricher
haben wiederholt in den Stentauren eine natur:
iymbolische Bedeutung gefucht und ihre Roßnatur
auf Ströme gedeutet und fie ſchließlich als Per—
fonififationen wilder, von hohen Waldgebirgen
niederjtrömender Bäche genommen. Allein die
älteften Kentauren find wilde Bergmenſchen, die
nad) ſchweren Nämpfen durch berühmte Helden aus
ihren Wohnfigen vertrieben und unichädlich ge:
macht wurden. And) ihre Namen führen nicht
auf Flüſſe hin. — Die beigefügte Abbildung,
Relief vom Frieſe des Apollontempels zu Baſſai
bei Phigaleia in Arkadien, ift eine Scene aus
dem Kampfe der Lapithen mit den Kentauren auf
der Hochzeit des Peirithoos.
Keos, Kiog, Kla, Uea, poetifcher Name
Keos — Kephallenia.
"Tögoösoe wegen der zahlreichen Quellen und
Bäche, j. Tzia oder Tichia, Kykladeninſel im
Myrtoiſchen Meer zwijchen der Südjpige Euboias
und Kythnos, 3 U IM. groß und an Wein, Honig,
Südfrücten, Feigen, Pilzen u. f. w. jo fruchtbar,
daß fie im Altertum 4 Städte enthielt: Julis,
25 Stadien von der Küſte (j. Tzia und Hauptort
der Inſel), und Korejiia im NW., Poieeſſa
(j. Pija) im SW., Karthaia im SD., die zwar
jede für ſich ein felbftändiges Gemeinweſen bil:
beten, aber nach außen unter dem Namen Ksioı
meift als Gefamtheit auftraten, dem attiſchen See:
bunde angehörten und fich jpäter den Witoliern
anfchloffen. Bon der eriten und legten find noch
bedeutende Ruinen vorhanden. Gier waren die
Dichter Simonides und Balchylides, der Arzt
Erafiftratos und der Philoſoph Arifton geboren.
Strab. 10, 486.
Kephälas (Arpaläg)j.Anthologia graeca.
Kephallenia, Aryallnv/a, bei Homer mit dem
orientalifchen Namen Zdun oder Lduog genannt,
SEIN
at Fr \
EN TE =
W
Cephallenia, j. Kefalonia, die größte der Inſeln
des Joniſchen Meeres im W. Griechenlands (etivas
über 16 FIM.), nur dur eine Mecrenge von
Ithaka getrennt, mit hohen Gebirgen, daher waı-
raiseooe bei Homer, darunter der Ainos (ij.
Monte nero oder Elatovuno), 1620m hoch, auf
deſſen &ipfel ein Heustempel ftand. Die Anjel
war nur zum Teil fruchtbar, daher Livius (38, 18)
die Bewohner geradezu inops populus nennt.
Bei Homer heißen die Bewohner ſtets Kephallenen
(im weiteren Sinne alle Unterthanen des Odyffeus)
und gehorchen dem Odyſſeus Stros Kegpallıjr,
Soph. Phil. 791. Kıpallnvor äre£, daſ. 264); in
hifforifcher Zeit erfcheint die Anfel als eine Tetra:
polis, d, h. unter 4 Städte geteilt, die politisch
durchaus voneinander unabhängig und jelbftändig
waren, daher aber auch nie eine pplitijch bedeu—
tende Rolle jpielten. Die Namen derjelben waren:
Samos oder Same im D. (j. Ruinen Samos
oder St. Bialo) mit 2 Alropolen, Pale im W.,
wohl forinthiiche Kolonie, am heutigen Meerbujen
von Argoftoli (Ruinen bei Yiruri); Krane oder
Kodrıoı (Ruinen bei Argoftoli) an der Dftieite
desjelben Meerbujens; Bronnoi (oder Pronejos)
an der Oſtküſte; Ithaka gegenüber der wahrjchein-
Kephalos — Kerkops.
625
id zum Gebiete von Samos gehörige Hafen in der Nähe von Lilaia und ergießt ſich im den
Banormos. Die von C. Antonius, Ciceros Mit- | Nopaisjee; j. Maproneri.
fonjul, der 59— 55 dv. E. ald Verbannter bier
lebte, begonnene Stadt Cephalenia blieb unvoll:
endet. Strab. 10, 451 ff. Monographie von Bieder:
mann (1887).
Ker, Ko, die Perjonififation des Todeslojes
und der bejonderen Todesarten (daher häufig
Kijess), im Gegenſatz zu Thanatos; dem Tode im
allgemeinen. Das Wort, zwiſchen Appellativum
Kephälos, Arpakos, 1) Sohn des Hermes und , und Berjonififation ſchwankend, erjcheint bei Homer
der Serie, oder Sohn des Deion und der Diomede, | jelten als eigentliche Perjonififation. Die verderb-
aus Thorikos in Attila, ein jchöner Jäger.
und jeine Gemahlin Profris, eine Tochter des
Ereditheus, haben ſich in zärtlicher Liebe ewige
Treue gelobt; er wird aber von Eos geraubt, als
er in der Frühe in den Bergen jagt. Um ihn
für immer von feiner Gemahlin zu trennen, jchict
ihn Eos in fremder Geſtalt als Bewerber zu ihr,
und Prokris läßt ſich zum Treubruc gegen ihren
Gemahl verleiten. Als jich Wephalos zu erkennen
gibt, flieht fie voll Scham nad) Streta, wo fie mit
Artemis jagt und von diejer (oder von Minos)
einen nie fehlenden Jagdſpeer und einen wind:
ichnellen unentrinnbaren Hund erhält. Damit fehrt
fie nad) Attila zurüd und gejellt ſich unerkannt
zu dem jagenden Stephalos. Diejer wünſcht die
Wunderlanze und den Hund und veripricht Dagegen
auf ihr Verlangen jeine Liebe. Sie gibt fich zu
erfennen, und da fich nun beide gleiche Untreue
vorzuwerfen haben, verzeihen fich beide und feben
wieder einträchtig zujammen. Da aber Profris
noch immer von Eiferjucht gegen Eos erfüllt ift,
folgt jie ihrem Gatten heimlidy in die Berge und
wird von ihm unverjehens mit dem nie fehlenden
Speer getötet. Ov. met. 7,694 ff. Hugin. fab. 189.
Der Areopag verbannte den Kephalos wegen des
Mordes aus Attila; er begab ſich nad Theben.
Über den Hund des Kephalos ſ. ferner Amphi-
tryon. — 2) Vater des Nedners Lyſias, tritt im
der Politeia Platons auf.
Kepheus, Angers, 1) Sohn des Belos und
der Ancinoe, Bruder des Phineus, Gemahl der
Kaſſiopeia, Bater der Andromeda ſ. d.), König in
Yithiopien, unter die Sterne verjegt. Hdt. 7, 61.
Hor. od. 3, 29, 17. — 2) Sohn des Lyfurgos,
Bruder des Ankaios, aus Arkadien, falydonischer
Jäger. — 3) Sohn des Aleos und der Neaira,
Bruder des Amphidamas und Lykurgos, aus Tegea
in Arladien, Argonaut, Bater von 20 Söhnen.
Kephisodöros, Änpıoodwgog, 1) aus Anagyrüs,
Vater des Thraſylochos und Meidias, twelche die
Bormünder des Demofthenes in ihrer Unredlichleit
negen denjelben unterftügten. — 2) Schüler des
Iſokrates, wahrjcheinlich derjelbe, der die Geichichte
des heiligen Strieges geichrieben hat. — 3) Dichter
in Athen.
Kephisodötos, Angısödoros, 1) atheniſcher
Feldherr, welcher in dem thrafiichen Kriege 359
v. C. eine Flotte nad dem Sellespont führen
ſollte. Demofthenes, der damals als Trierard)
diente, erzählt, wie wenig Erfolg derjelbe gehabt
hatte. Er wurde deswegen abberufen und vor
Gericht geftellt. Manche halten ihm für identiich
mit dem Redner, aber es ift nicht wahricheinlich,
daß ein abgejegter Feldherr fort und fort als
Staatsmann in hohem Anjchen bleiben Tonnte.
— 2) berühmter Bildhauer, j. Bildhauer, 7.
Kephisos, Angpıoög, 1) Fluß in Argolis, ſich
in den Inachos ergiehend. — 2) 2 Flüſſe in Attifa
(ſ. d, 4.) — 3) Fluß in Pholis und Boiotien,
entjpringt am nördlichen Abhange des Parnafjos
Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
J
|
l
|
Er | lichen, unentrinnbaren Keren toben mit Eris und
Kydoimos in der Schladyt, mit vom Blute der
Männer gerötetem Gewande; bald ergreifen jie
einen, den die Todeswunde jchon getroffen, bald
einen Unverwundeten, bald wieder ichleppen fie
einen Toten an den Füßen über das Schlachtfeld.
Wie lebende Menjchen ftreifen fie umher und
fümpfen um die Leichname. Mom. Il. 18, 535 ff.
Ahnlich werden die Keren als furdtbare Todes:
göttinnen der Schlacht geichildert von Heſiod
(scut. 249 ff... In der ———— des Heſiod
‘211 ff.) heißt die Ker Tochter der Nacht, Schweſter
des Moros, Thanatos, des Hypnos und der
Träume; die darauf folgende Stelle aber von
®. 217 an, wo die ftrafenden (vnleomowoı) Neren
mit den Moiren zujammengejtellt find und eine
mit den Erinyen verwandte Bedeutung haben,
it jüngeren Urjprungs. Diejer Nebenbegriff der
Strafe und Race tritt erjt jpäter, 3. B. bei
Aiſchylos (Sept. 1055), hervor. Daher heißen auch
die Erinyen Keren. Überhaupt find die jchred:
lichen Keren geeignet zur Bezeichnung alles Furcht:
baren und Bernichtenben: verderblihe Seuchen,
abzehrende Sorgen, gramvolle Leiden heigen Keren.
— Das verhafte Todeslos (xrje) ift zwar unver:
meidlich, aber es kann bisweilen durch den Willen
der Götter oder durch die Flucht der Menichen
aufgejchoben werden. Hom. II. 3, 32. 4, 11.12, 402.
Gewöhnlich verjteht man unter «je eine gewalt:
jame Todesart, doch bisweilen and einen janjten
Tod (Hom. Od. 11, 171 ff.).
Kerameikos j. Attika, 14.
Kigare |. Attika, 1.
Keraunia, r& Kegavvır öon, Ceraunii mon-
tes, 1) ſ. Akrokeraunia; — 2) füdöftlicher
Zweig des Kaukaſos am mare Caspium, Nord:
grenze von Albanien. Strab. 11, 501. 504. Mela
1, 19, 18,
Kerböros ſ. Unterwelt, 3.
Kerkidas, Asoxıdäs, aus Megalopolis, wird
als Geſetzgeber feiner Vaterſtadt gerühmt. Bei
feiner Vorliebe für die homeriſchen Gejänge machte
er diejelben der Jugend zugänglid. Er ſchließt
mit feinen uerraußor, jangbaren Spottgedichten,
die Neihe der antifen Melifer um DIL. 109-115.
— Sammlung der jpärlichen Bruchjtüde bei Bergf,
poet. Iyr. Graec. II p. 513 ff. der 4. Aufl.
Kerkina, Kfoxıra, auch Kroxıvve, Uercina,
Inſel vor der Nordküſte Afrilas, an der nörd—
lichen Seite der Heinen (nad) Plut. Dion 25 der
großen) Syrte, wie die Inſel Mening oder Girba
(1. Dicherba) an der Südſeite; mit Stadt gl. N.
und bequemem Hafen, unter den Kaijern Berbans
nungsort, durch eine Brüde mit einer Heineren
Injel Kerkinitis verbunden; j. Kerkena. Strab.
17, 834. Liv. 22, 31. 33, 48. Tac. ann. 1, 53.
Plut. Mar. 40.
Kerköpes j. Herakles, 11.
Kerkops j. Aigimios.
40
626
Kerkyon 1) j. Theseus, 2.
medes.,
Kerkjra j. Korkyra.
Kersobleptes, Krgsoßlizrns, Sohn des thra⸗
filchen Odrpienfürften Kotys, ein Schwager des
Feldherrn Charidemos, fam 358 v. E. zur Re:
gierung. Den Athenern mußte er den thrafifchen
Cherſones fast ganz zurüdgeben; im J. 352 wurde
er von Philipp von Makedonien angegriffen, zum
zweitenmal 347, und mußte an ihn, troß ber
athenifchen Hülfe, einen Teil jeines Reiches ab-
treten und feinen Sohn als Geiſel ftellen. Die
Schuld dieſes Verluftes trugen wohl die über:
eilten Triedensverhandlungen Athens durch Demo:
fthenes mit Philipp. Kerſ. unterwarf fich im J.
313 dem Philipp gänzlich und verlor jeinen Thron.
(Dem.) Phil. 4, 133. Aristocr. 623. 656. Diod.
Sie. 16, 34. 71,
Kijovs, ber Herold, jchon bei Homer in be:
fonderem Anjehen jtehend und wegen der Wich—
tigfeit des Amtes für unverleglich geltend; als
Vermittler zwiichen verichiedenen Staaten ftand
er unter dem Schuße des Völlerrechts (vgl. Hat.
7, 133 ff.). Die Spartaner hatten den Herold des
Dareios, der jie zur Unterwerfung aufforderte,
in einen Brunnen geworfen. Nachher fühlten fie
Gewiſſensbiſſe, und 2 ihrer Bürger erboten ſich
ur Sühne des Frevels dem Perſerkönige ſich
Pe zu überliefern A Bulis, 2.). Diejer jchidte
fie wieder zuräd, ber die Ermordung eines
Herolds (Plut. Per. 30) entjtand zwiſchen Athen
und Megara unverjöhnliche Feindſchaft. — Die
Herolde, immer freie Männer, wurden zu Privat:
und Öffentlichen Dienften verwandt: fie waren in
der heroiihen Zeit die Boten der Fürſten, be:
jorgten die Tafel, jchenften den Wein und bedien-
ten die Säfte, holten die Sänger, ichirrten den
Wagen u. ſ. w. Ihre öffentlichen Dienftleiftungen
bezogen fih auf Berfammlungen, Rechtspflege,
gottesdienftliche Verrichtungen bei größeren zeiten
und Opferihmäujen, Krieg und Frieden. Als
Nusrufer bejtanden fie in Athen, wo nur geringe
—F ſich zu dem Amte hergaben, eine Art von
——— oder Dokimaſie, wahrſcheinlich beſonders
in Bezug auf die Stärfe ihrer Stimme, und wur:
den auf Staatsfoften gejpeilt. Ahr Stab, von
Lorbeer: oder Dlivenholz und von 2 Schlangen
umwunden (schol. Thuc. 1, 53), hieß »nguxeior;
als Friedensboten trugen fie einen mit wollenen
Bändern ummundenen Olzweig. Die Römer nann—
ten den Stab caduceus (latinifiert aus xaegınıor),
den führer bald caduceator, bald praeco, lega-
tus oder orator, und unterjchieden jo den Friedens—
boten von dem Kriegsherold oder fetialis (f. d.).
Keryx j. Eumolpos und Kekrops.
Kiros, 1) das von Perjeus (ſ. d.),
von Herakles (j. d., 8.) getötete Ungeheuer. —
2) f. Sternbilder, 9.
Keyx, Kr, Rei) von Train, Freund
des Herakles ü. erakles, 11.) und deſſen
Brudersjohn. — 2) Sohn des Heosphoros oder
Heſperos und der Nymphe Philonis, Bruder des
in einen Habicht verwandelten Daidalion (Or. met.
11, 291 f.), Gemahl der Alkyone oder Halkyone,
einer Tochter des theflaliichen Aiolos und der
Enarete. Rene und Allyone famen durch ihren
Stolz zu Falle. Er nannte nämlich ſeine Frau
Hera, fie ihn Zeus; deswegen verwandelte fie Zeus
— 2) j. Aga-
Kerkyon — Kilikia. -
in Vögel, fie in einen Meereisvogel, ihn im eine
Seemöve. Nah Dvid (met. 11, 410 ff.) unter:
nimmt Keyr von Trachis aus eine Fahrt nadı
dem Mariichen Drafel und fommt auf der See
um. Geinen Leichnam findet die ihn zärtlich lie:
bende Gattin am Ufer des Meeres umd wird,
glei ihm, in einen Eispogel verwandelt. 7 Tage
lang brütet jie zur Winterszeit auf dem Meere,
während welcher Zeit ihr Vater, der Winddämon
Aiolos, alle Rinde ruhen läßt “. Alnvoriösg
— *2
Kibyra, KArßve@, 1) 7 utycian, bedeutendſte
Stadt von Kabalia, das nad) ihr auch Kibyratis
* um 189 v. C. Reſidenz eines Fürſtentums,
eit 81 v. C. zu einer Tetrapolis gehörig, be—
tannt durch ihre Eiſenarbeiten; j. Khorſum. Strab.
13, 630 f. Liv. 38, 14 f. Tac. ann. 4,13. — 2) n
ungd, üftenftadt im öftlichen Pamphplien, nahe
der kilikiſchen Grenze. Strab. 14, 667. Cie. Verr.
4, 13. ad fam, 13, 21, 1.
Kikönes, Ädxoveg, thrafiiches Voll am Hebros
und an der Küſte bis zum Yifjos. Hom. Il. 2,846.
Od. 9, 39. Hdt. 5, 59. 108. 110.
Kilikla, Kılırda, Cilicia, das jüdöjtliche Küften-
land Kleinafiens, das im D. durch das Amanos-
gebirge von Syrien, im N. durch den Tauros von
Kappadokien und Lyfaonien, im W. durch denjelben
von Pamphylien und Pijidien getrennt wird, im
©. an das Kilikiſche Meer und den Bujen von
Mos (j. Bujen von Nilenderun) ſtößt. Wie nad)
D. die Amaniichen Pforten (j. d.), jo vermit-
telten nach N. die Kilikiſchen Pforten (mulaı
al Kıklaıaı j. Gülel-Boghas) die Verbindung über
das Gebirge. Das Land zerfiel in 2 durch den
Fluß Yamos — Zeile: öſtlich das ebene
Kilikien, n medıas K., auch 7) Lddlwug K., etwa
30 M. lang, jehr fruchtbar, an der Küjte heiß und
ſumpfig; weſtlich das rauhe $t., 7) rocxeic oder
ögeıwr, K., gegen 20 M. lang, mit ſeinen zahl:
reichen Buchten und Tannenwäldern für die Ent:
widelung von Schiffahrt und Seeraub ganz ge:
eignet. Borgebirge von W. nad) D.: der fteil
abfallende Berg Kragos, die äußerfte Südſpitze
Anemurion (j. Namur), Aphrodilias, Sar:
pedon (j. Liſan⸗el-Kahbe und Zephurion. Flüſſe:
Kalykadnos (. d.), Lamos (if. o.), Kydnos (j.
Terſus), Saros (j. Saris oder Seihun), Pyra—
mos (j. Dſchihan) und Pinaros (j. Deli). Städte
(die — Kolonien find mit * bezeichnet):
Korakeſion (j. Mlaja), feites Seeräuberfaftell an
der Grenze von Pampbylien; Hamaria; Se:
linüs (j. Selindi), als Sterbeort Trajans auch
Trajanopolis gen.; Charädros (j. Chaladran);
*Nagidos; *Kelenderis (j. Kilindria); Se:
leufeia (j. Seleflte mit großen Ruinen) am Kaly—
fadnos; Korykos (j. Gorgos), auf einer Yand-
unge (wo der von den Römern hochgeſchätzte
rocus wuchs, Plin. 21, 6,17. Hor. sat. 2, 4, 675f.;
spica Cilissa, Prop. 5, 6, 74. Or. fast. 1, 75), mit
der Korpliichen Höhle, einer Tropffteingrotte in
tiefem Felſenthal, dem angeblichen Aufenthalt des
Erddämons Typhoeus (j.d.); *Soloi (j. Mefetlü),
ipäter Pompejopolis wegen der Anjiedelung der
Seeräuber dajelbjt durch Pompejus; Anchiale,
Hafenftadt, von dem Aſſyrerkönig Sanherib ge:
gründet; Tarſos (j. Terjus), gleichfalls aſſyriſche
Kolonie, die Hauptitadt des Landes, mit dem durch
die Yagunen des Kydnos gebildeten Hafen Rhegma
Kilix —
(Poyue), Adäna (j. Adana), die alte Hauptjtadt |
am Saros; *Mallos an der Mündung des By:
ramos, an welchen weiter oben Mopſuheſtia lag;
Aigeai(j. Aas), Iſſos (ij. Erjün). Strab. 12,533 7f.
14, 668 ff. Xen. An. 1, 2,21ff. Arr. 2,4, 2ff.
5,2. 7,1. — Über die Nationalität der ur-
ſprünglichen Kilikes läßt fich nichts Sicheres jagen.
Die Hüfte, namentlich im ebenen Kil., wurde frühe
von Semiten (zuerft Syrern, dann Phoinikern,
ipäter Aſſyrern) bejept, twie dies Städtenamen und
Sötterfulte beweilen. Nach den affyriichen In—
ichriften gehörten Ani und Chilaftu (diejes wird
ihon 859 v. E. dort genannt), d. h. das ebene
und das rauhe Kil., jeit 712 zum afiyriichen Reiche.
Dann ftand das Land unter einheimischen Königen
mit dem Titel Syennefis (= ſchnua-naſi, edler
Fürft), welche eine Zeitlang auch Kataonien und
Melitene beherrichten und nur die perfiiche Ober:
hoheit anerkennen mußten. In der Diadochenzeit
ein Zankapfel zwiſchen Hgupten und Syrien, ver:
blieb il. jchließlich dem legteren, bis es 64 v. C.,
nach dem Sieg des Pompejus über die Seeräuber
(67), römische Provinz wurde. Doch behaupteten
jih im Oſten noch längere Zeit freie Bergvöller
(Eisvßegoalkınes), und in Weitfilifien, unter den
pifidifchen und ijauriichen Stämmen, rührten ſich
immer wieder Ktorjaren. Hdt. 1,72. 3, 90.7,91.98,
Tac. ann. 2, 80. 3, 48. 12, 55.
Kilix, Ads, Sohn des Agenor und der Tele:
phaffa, Bruder des Kadmos und des Phoinix.
Wie diefe von dem Water ausgeichidt, die von
Zeus geraubte Schwefter Europa zu ſuchen, läßt
er ich in Kilikien nieder, das von ihm den Namen
erhält. Apollod.3,1,1. Als feine Kinder werden
Thafos und Thebe genannt.
Killa, Kölle, Heine atoliidhe Stadt in Troas
bei Antandros, an einem gleichnamigen Bad) und
Berg, mit einem Apollontempel, jhon zu Strabons
Beit in Trümmern. Hom. Il. 1,38. Hadt. 1, 149.
Strab. 13, 612 f.
Kimmerier, Kıunzgıoı, 1) bei Homer (Od.
11, 14 ff.) ein mythiſches Volt, das am Okeanos
wohnt im äußerſten Weiten, ewig eingehüllt in
Nebel und Finfternis (daher der Ausdrud tenebrae
Cimmeriae). Die Wohnung des Scylafgottes ver:
legen zu ihm Dvid (met. 11, 592 ff.) und Statius
(Theb. 10, 80 ff.). — 2) ein hiftoriiches Volk, das
von den Skythen aus jeinen Wohnjigen an der
Nordtüfte des Pontos Eureinos, bejonders auf
der Chersonesus Taurica (die eben deshalb j.
Krim heit), verdrängt wurde, um 700 v. E. ganz
Ktleinafien überſchwemmte, 678 mit Niarhaddon
von Ajiyrien zufammenftieß, um 650 nad dem
Fall des Gyges Sardes eroberte und Magnejia
zeritörte, aber von Ephejos abgeichlagen und durch
Ardys von Lydien zurüdgeworfen wurde und dann
teils unter den Nappadofiern (die darum im Mr:
menischen Gamir heißen) fi) verlor, teils den
ſaliſchen Sfythen bei ihrem Einbruch in das aſſy—
riſche Reich ſich anichloß. Hat. ı, 155. 4, 1. 115,
Kimölos, Aluwkog, Heine Kylladeninſel nörd—
lih von Melos. Im Altertume waren ihre ge
trodneten Feigen berühmt. Den Hauptausfuhr:
artifel aber bildete die Kınwäda yij, ein Seifenthon,
weldyer von den Walfern zum Reinigen der Kleider,
von den Badern zu Bädern und auch als Heilmittel
benugt wurde. J. Nimolos, ital. Argentiera. Strab.
10, 484,
Kimon. 627
Kimon, Aluwv, 1) Sohn des Stejagoras und
Bater des Miltiades, wurde durch Peijiitratos aus
Athen vertrieben, der ihn aber zurüdtehren lich,
als er nach zweimaligem Siege mit dem Bierge:
ſpann zu Olympia denfelben beim zweitenmal als
Sieger ausrufen ließ. Ein dritter Sieg mit den:
jelben Rofjen veranlafte die Söhne des Peififtra-
tos, ihn heimlich ermorden zu lafien. Zldt. 6, 108.
— 2) Enfel des vorigen, Sohn des Miltiades
und der Hegelipyle, der Tochter des thrafiichen
Fürſten Dloros, geboren 504 v. C. Da jein Vater
wegen einer nicht bezahlten Staatsichuld von 50 Ta-
lenten in Atimie geftorben war, jo vererbte dieje
nad attiichen Gejegen auf den Sohn (dody ging
er deshalb wohl nicht ins Gefängnis, wie Nepos
er: 1] erzählt), bis er durch Vermittelung feiner
Halbichweiter Elpinike von dem reichen Kallias
die Summe erhielt. Plut. Cim. 4. Dieje Elpinife
war auch zugleich Kimons Frau, ein Fall, der
zwar nicht gegen athenijches Geſetz verftieh, ihm
aber doch Vorwürfe zuzog. Die PBerferfriege gaben
dem durch jeine loderen Sitten, jowie durdy feinen
Mangel an Bildung übelberufenen Kimon Gele:
enheit, eine bejiere Meinung von ſich zu erweden.
Der ritterliche Sprößling eines alten Geſchlechts
weihte der Burggöttin einen Pferdezaum, nahm
einen von den der Göttin geweihten Schilden und
jtieg zum Meere hinab, um den Plan des Themi:
jtofles, die Flotte zu erbauen, zu unterjtüßen.
Gleichheit der Gefinnung führte ihn mit Arifterdes
aufammen (Plut. Cim. 4. 5), mit dem er die athe-
niſche Flotte befehligte, welche nad der Schlacht
bei Salamis vereinigt blieb; ihm bejonders gelang
es, den Athenern die Hegemonie zu verichaffen
und durd Eroberung der Feſte Eion am Strymon
in Thrafien (470, nad andern ſchon 476) die
Macht derjelben in jenen Gegenden zu fichern.
Hdt. 7,107. Thuc. 1, 98. Plut. Cim. 7. Er er:
oberte ferner (468) die Inſel Skyros, deren Be:
wohner, die Doloper, Seeraub getrieben hatten,
und führte von dort die Gebeine des Thejeus
nad Athen. So hatte Athen am Strymon (Am:
phipolis wurde jpäter gegründet) und auf einer
Inſel des Aigaiiſchen Meeres feſten Fuß gefaßt.
Kt. hatte dadurch ſein Anſehen jo begründet, daß er
auch im der Staatsverwaltung den erjten Männern
an die Seite trat und als politifcher Gegner des
Themiſtokles ſich geltend machte. Hierauf jegelte
er (wohl im Frühjahr 467) mit einer bedeutenden
Flotte nach Kleinaſien, nahm viele Städte in Karien
und Lykien ein und ſchlug endlich (im Herbſt 467)
in Bamphylien am Fluß Eurymedon die weit
jtärfere Perjerflotte und an demjelben Tage das
Yandheer, und darauf eine aus PBhoinifien kom—
mende Hülfsflotte. Plut. Cim. 125. Thue. 1, 100.
Sodann vertrieb er mit 4 Trieren die letzten
Perſer vom Cherjones, womit er den ganzen Yand:
jtrih in den Beſitz des atheniſchen Volkes brachte.
Plut. Cim. 14f. Er war es auch, der es durch:
ſetzte, daß die Bundesgenofjen, welche feine Schiffe
jtellten, Geld zahlen mußten, wodurd Athens Macht
bedeutend wuchs. Die Widerfpenftigen, 5. B. die
Narier und Thafier, wurden mit großer Strenge
bejtraft. Plut. Cim. 14. Thue. 1, 1005. Aber K.,
welcher nach dem Tode des Arifteides und ber
Vertreibung des Themiftofles der mächtigfte Mann
Athens war, entging dem Neide wicht, der ihm
Bejtechlichkeit jchuld gab und ihn als Gegner der
40*
628
Bolksfreiheit Hinftellte. Diesmal wurde K. noch
losgejprochen, troß jeines Anklägers Berifles (Plut.
Cim. 14. Per. 10), da nicht nur jeine kriegeriſchen
Erfolge und jeine Berdienfte um ——
der Stadt, ſondern auch ſein leutſeliges Weſen un
ſeine große Freigebigkeit ihn ſehr beliebt gemacht
hatten. Plut. Cim. 10. Per.9. Nep. Cim. 3. Allein
als Perifles in Kes Abwejenheit dur Ephialtes
dem Areopag jeine Bedeutjamfeit und Macht ge:
nommen hatte, und ein den Spartanern gegen die
Heloten von K. zugeführtes Hülfsheer von diejen
aus Miftrauen zurückgeſchickt wurde (462), erla
K. und wurde (460) durch den Oſtrakiſmos au
10 Jahre verbannt. Als indes (458) die Schlacht
bei Tanagra für Athen verloren ging, wurde er
zurüdberufen, auf Anraten des Perikles Plut.
Cim. 17. Per. 10‘, um wegen bes Friedens in
Sparta zu unterhandeln; doch brachte er erſt im
Winter 450/49 nur einen fünfjährigen Waffenftill-
ftand zuftande (Thuc. 1, 112). Leicht gelang es
ihm darauf, eine Erneuerung des Krieges gegen
die Perſer zu bewirken, da dieſe Kypros wieder
zu unterwerfen fich anjcdhidten und die Hleinafia-
tiichen Griechen bedrohten; Vertreibung der Perſer
aus den hellenischen Städten war überhaupt a
jeines politischen Strebens. Mit 200 Schiffen
jegelte 8. ab (Tue. 1, 112), deren 60 dem Amyhr—
tatos nach Ägypten zu Hülfe eilten, während die
andern Kition auf Kypros belagerten. Während
der Belagerung ri der alte Held, 449. Noch
auf dem Sterbebette joll Kimon geboten haben,
feinen Tod dem Heere vorläufig zu verheimlichen.
Plut. Per. 19. Diejes jchlug bald darauf auf der
Höhe von Salamis auf Kypros noch die Kilikijch-
phoinifische Seemacht der Perſer und auf der Ktüjte
das Landheer. Thuc. 1,112. Diod. Sie. 12, 3f.
Diejer Sieg ſchloß die Reihe der Kämpfe feit
Marathon. Kimons Gebeine wurden nach Athen
gebracht und im kimoniſchen Erbbegräbnis vor
dem Melitiſchen Thore beigejegt. Plut. Cim. 19. —
Daß Kimon nad) feinem Stege am Eurymedon
mit Perfien einen Frieden abgejchloffen hat (Plut.
Cim. 13. Lyeurg. Leoer. 73), glaubt mit Recht
jegt niemand nr Noch aber iſt es fraglich, ob
nach Beendigung der Berjerfriege mit Berfien über:
haupt ein jörmlicher Vertrag abgeichloffen worden
ift. Feſtſteht, daß die Athener bald nach der
fyprijchen Erpedition Gejandte unter Führung des
Kallias zum Großfönige jchidten, um, wie es
fcheint, „ein Abkommen über einen Modus vivendi
abzuſchließen“. Hdt. 7, 151. Diod. Sie. 12, 4.
Dem. 19, 273. Plut. a. a. O. Nach der älteren,
bei Iſokrates Paneg. 128. 118) und Ephoros (bei
Diod. Sie. 12, 26, vgl. auch Lyeurg. Leoer. 72)
fich findenden Überlieferung über die Bedingungen,
welche Athen stellte, jollte Spafetis Lytien) ferner:
hin Grenzpunkt für attijche wie perfiiche Kriegs:
ichiffe im Often, die Kyaneischen Inſeln (Thrafiicher
Bosporos) Grenze im Norden der Heinafiatiichen
Küſte jein. Darnach hätte alfo Athen auf Ein:
milhung in die ägyptiſchen und fyprifchen Ber:
hältniffe verzichtet, dafür aber das Fernbleiben der
perjiichen Flotten vom Gebiete jeines Neichs ver:
langt. Run aber waren Athens Beziehungen zu
den Perjern auch nad) dem Jahre 449 ziemlich
unficherer Natur (z. B. fürchteten die Athener, daß
eine königliche Flotte den aufftändischen Samiern
zu Hülfe fommen möchte, anderjeits erjchienen auch
Kinadon
'fie mehrmals mit Kriegsflotten im Pontos).
— Kios.
Es
folgt daraus, daß es damals faum zum Abſchluß
eines förmlichen Bertrags gekommen jein fanıt.
Wohl aber ijt damals ct ein Waffen:
ftillftand eingetreten, infolge defien Athener wie
Berjer es in Zukunft vermieden, fich an den em-
pfindlichiten Stellen zu yizen und zu verleßen.
Wenn dennoch ſpätere attijche Nedner oft vom
Abſchluß eines förmlichen Vertrags reden, jo erflärt
fid) das daraus, daß man den nad) Himons Tode
vom Volke Ye und in Stein gehauenen Be:
ſchluß über die Bedingungen des Bertrags
ee irrtümlicherweife für die Urfunde des
ertrags jelbjt gehalten hat. Bgl. Bufolt, grie-
chiſche Geſch. II ©. 513 ff. M. Dunder, Abhand—
— aus der griech. Geſchichte, Abh. 5.
inädon, Kırddor, ein Spartiat, ftiftete in
Verbindung mit Perioiken und Heloten eine Ber:
ſchwörung zum Umfturz der Verfaſſung. Diejelbe
wurde entdedt und die Verſchworenen hingerichtet.
Xen. Hell. 3, 3, 4 ff.
Kineas, Kırdas, aus Thefjalien, beredt und
fug, widmete fih in Athen der Berediamteit,
diente aber fpäter dem Pyrrhos von Epeiros, dem
er vergebens den Zug nad) Italien widerriet. Auf
feinen Rat bot Pyrrhos nad dem erjten Siege
den Römern Frieden an (Plut. Pyrrh. 18) und
fandte ihn nadı Rom, wo er durch Geſchenke und
freundliche Worte die Römer vergeblih zu ge:
twinnen juchte. Ebenjowenig gelang es ihm durch
jeine Rede den Senat zu berüden und den Frieden
durchzujeßen. Plut. Pyrrh. 19. Die Römer wiejen
feine Forderungen, bejonders im betreff der Frei—
heit der Italiker und griechiichen Kolonien, zurück
und verlangten Pyrrhos' Abzug aus Jtalien. So
berichten einige; andere behaupten, Pyrrhos habe
nr weitere Bedingungen mit Rom in Freund—
ichaft treten wollen. Kutr. 2, 12. Kineas jelbit,
von dem Borrhos zu jagen pflegte, derjelbe gewänne
mehr Städte durch Worte, als er jelbit durch)
Waffen, jchilderte dem Pyrrhos den Senat als
eine Verſammlung von Königen. Plut. Pyrrh. 19.
Just. 18, 2. Noch einmal ging Kineas jpäter nad)
Rom, teil$ um römiſche Gefangene zurückzu—
bringen, teil® um neue Unterhandlungen anzu=
fnüpfen. Plut. Pyrrh. 21. Er ftarb, wie es jcheint,
während Pyrrhos den Zug nad Sicilien unter:
nahm. Er joll auch Schriftfteller geweſen jein.
Cie. ad fam. 9, 25.
Kinesias j. Dithyrambos.
Kinfras, Kırvoas, ein König auf Kypros,
Liebling des Apollon, Priefter der Aphrodite zu
Paphos, deffen Nachfommen, die Kinyraden, dies
Amt behielten. Seine Abftammung wird jehr ver-
ſchieden angegeben, er heißt Sohn des Apollon
und der Paphos oder der Smyrna, der Pharnate,
des Sandafos u. ſ. w. Er foll von Aſſyrien oder
Kilifien nah Kypros gefommen fein und Paphos
—— haben. Nach einigen erzeugte er den
donis mit Kae eigenen Tochter Smyrna (Myrrha)
und tötete fich, als er jeines Frevels inne ward.
Pind. pyth.2,15. Tac. hist. 2,3. Op. met.10,298 ff.
Dem Agamemnon gab er einen Panzer zum Ge-
ichent. Hom. Il. 11, 20.
Kios, Klos, j. ®io, türkiſch Gemlit, Stadt Bithy-
niens an dem nach ihr benannten Meerbuſen, in
der Nähe des Berges Arganthonios, an den Flüſſen
Kios und Hylas, mifefifche Kolonie und nicht uns
Kirke — Klearchos.
629
bedeutende Handelsjtadt, erhielt jpäter vom König | &ygog), die Leibeigenen auf den Grundftüden der
Prufias, der jie mach ihrer Zerſtörung durd)
Philipp III. von Makedonien wieder aufgebaut
hatte, den gleihen Namen (Ipovaüg 1) Zmıde-
Adasıog). Strab. 12,563 f. Hdt.5, 122. Xen. Hell.
1,4, 7. Liv. 32, 83f.
Kirke j. Odysseus, 4.
KirkesTon, Circesium, zuerjt Balıya genannt,
römijche Grenzfeftung gegen die Parther jeit dem | 8,
3. Jahrhundert n. E,, lints vom Euphrat, an der
Mündung des Chaboras, mit Karlemiſch (j. d.)
nicht zu verwechſeln; j. el-Bujeira.
Kirphis, Aiogıs, j. Sumaliaes, eine jüdlich vom
Parnaf liegende, von dieſem jcheinbar losgerifiene,
wohl bewaldete, 1270 m hohe Gebirgsmaſſe in Pho—
fis, die zum Korinthifchen Meerbujen hinabjtürzt.
Beide Gebirge find nur durch eine 3 Meilen lange,
vom Pleiſtos durchſtrömte Schlucht von einander
getrennt, deren Seiten jchroff abfallen und noch
an manchen Punkten genau übereinftimmen. Strab.
9, 418.
Kirrha j. Krisa,
Kisseus, Äıocevs, 1) König in Thrafe, Vater
der Theano, der Gemahlin des Antenor, einer
Priefterin der Athene in Troja (Hom. Il. 11, 223.
6, 297 ff.) Vater der Hekabe. Eur. Hec. 3. —
2) Krieger des Turnus, Sohn des Melampus, von
Aineias erlegt. Verg. A. 10, 317.
Kissia, Aıoorce, auch Kvooi«, Landſchaft in
Elymais, die Gegend am Choaſpes um Sufa her;
im weiteren Sinne Bezeichnung für die ganze
Provinz. Der Name des Volles, der tapferen
Kiſſier, ift wohl mit dem der Kojjaier (j. d.)
im wejentlichen identijch. Adt. 3, 91. 5, 49. 52,
6, 119,
Kiorn, cista, eine Kifte zur Aufbewahrung
der verjchiedenartigften Saden, von Gold und
Koſtbarkeiten, Kleidern, Früchten, Büchern, Opfer:
geräten, insbeiondere den zu geheimnisvollem Ge:
brauche bejtimmten (Tibull. 1, 7, 48. Ov. a. a.
2, 609), jpeziell aber auch zum Hineinlegen der
Stimmtäfelchen (eistae suffragiorum, (Cic.) ad He-
renn. 1,2. Plin. 33, 2, 31).
Kıoropögos, cistophorus, eine in Ajien übliche
Münze, die eine Kifte zum Gepräge hatte und
4 Drachmen (4 römijche Denare) galt. Das Bild
darauf bezog id) auf den Mythos des Dionyjos;
aus der halb geöffneten Kifte erhob ſich eine
Schlange. Aufder Kehrjeite war der von 2 Schlangen
gezogene Wagen der Demeter. (ic. ad Att. 2, 6.
Liv. 37, 46. 39, 7.
Kithairon, Kıdamar, Waldgebirge zwiſchen
Boiotien und Attifa und Megaris, j. Attika, 1.
und Boiotia.
Kithära j. Musica, 8.
Kition j. Kypros.
Kladeos, Kiddeos, auch KAlddaog, rechter
Nebenfluß des Alpheios in Elis, welcher die Grenze
des olympiichen Heiligtums gegen Weiten bezeich—
nete (j. Olympia).
Kiddor ixerijgio:, gewöhnlicher orluuere,
auch wohl Baidol oder puilddeg Ixer., bei den
Römern infulae oder vittae, hiefen die Zweige
in den Händen oder die Kränze auf den Häuptern
der Schußflehenden, die bisweilen noch mit weißen,
wollenen Bändern umwickelt waren; vgl. Infula.
Klaros j. Kolophon.
Kiagsreı oder ayamıorar (kpauix
Privaten in Kreta, ſ. Helotes und Kreta, 6.
Klazomönai, Kiafouevad, eine der Zwölfftädte
der Jonier in Kleinafien, an der Südfüfte des
Hermaiiſchen oder Smyrnaiiſchen Meerbuſens weft:
lich von Smyrna, zum Zeil auf einer Inſel, be:
fannt als Geburtsjtadt des Philojophen Anaxa—
goras; j. Keliiman. Hat. 1, 142. 2, 178. Thuc.
14. Strab. 14, 645,
Kleandridas, Klsavögidag, begleitete den
König Pleiftonar im Jahre 445 v. E. als Ratgeber
nad Mttifa, ward aber nach feiner Rückkehr, da
Perifles ihn beftochen und zur Unthätigfeit be-
jtimmt hatte, in Sparta angeflagt und zum Tode
verurteilt. Er flüchtete jedoch nad Thurioi und
nahm jpäter an den Kämpfen der Stadt gegen
die Lucanier teil. Tue. 6, 104. Plut. Per. 22.
Sein Sohn war der berühmte Feldherr Gylippos.
Kleandros, KAldavdgos, jtürzte die Oligarchie
zu Gela in Sicilien und warf fich (um 505 v. €.)
zum Tyrannen dajelbit auf. Er behauptete ſich
7 Jahre lang in der Serrichaft, wurde aber um
498 ermordet. Hdt. 7, 154.
Kleanthes, Klsdvöns, 1) j. Maler, 1.
2) Philofoph, um 260 v. E., aus Aſſos in Myſien
gebürtig und in jo dürftigen Berhältniffen auf:
gewachſen, daß er ſich durch feiner Hände Arbeit
ein Brot erwerben mußte, weshalb man ihn
ſpottweiſe Gosdvring (MWafjerichöpfer) nannte. Er
genoß 20 Jahre lang den Unterricht Zenons und
wurde deffen Nachfolger in der Stoa. KU. nahm
die Sonne als herrſchendes Weltprinzip an, geriet
jpäter mit feinem Schüler EChryfippos in einen
heftigen Streit und endigte, der herkömmlichen
Angabe nad), in einem Freitvilligen Hungertode,
80 Jahre alt. — Erhalten hat fi bei Stobaios
(ecl. phys. 1, 2, 12) von ihm ein in 38 Sera:
metern abgefahter Hymnos auf Zeus, durdy Er-
habenheit der Gedanfen ausgezeichnet, wenn auch
in der Form etwas vernachläſſigt (ihm als Verfaſſer
vindiziert von C. Beterjen, 1829; griech. und deutſch
bearbeitet von Mohnife, 1814).
Klearchos, K)E!«eyos, 1) Sohn des Ramphias,
befehligte während des peloponnefiichen Krieges
mehrere Male die Flotte Spartas. Thuc. 8, 8.
39. 80. Xen. Hell. 1, 1. Als er nad) dem Kriege
der Stadt Byzanz gegen die a zum Feld:
herrit gegeben twurde, maßte er ſich die Tyrannis
an (403 dv. E.), eignete fi) das Vermögen vieler
Neicher an und mußte, da er die Herrichaft frei:
willig nicht aufgeben wollte, von Sparta in einer
Schlaht dazu gezwungen, entfliehen. Da der
jüngere Kyros ſich gerade zum Kriege gegen Arta—
rerres rüftete, jo warb Klearch, von Kyros freund:
lic aufgenommen, für ihn ein griechijches Söldner:
heer (Xen. An. 1, 1,9. 2, 6, 2 ff.), fämpfte mit in
der Schlacht bei Kunara (401) und fand bald nad):
her durch die Hinterlift des perſiſchen Satrapen
Tiffaphernes und des Ariaios, eines früheren
Freundes des Kyros, feinen Tod. Xen. An. 2, 6,1.
— 2) Tyrann in Herafleia am Pontos, fiel im
3. 364 v. C., nad) elfjähriger Herrichaft, durch
Meuchelmord. Gebildet zu Athen durd Platon
und Iſokrates, war er gleihwohl als Tyrann
zur größten Grauſamkeit geneigt. Er jtiftete eine
Bibliothek in Heraklleia. — 3) aus Soloi auf
Kypros, einer der gelehrteften und tüchtigiten
Schüler des NAriftoteles, verfahte zahlreiche philo:
l
630
ſophiſche und, wie es ſcheint, auch hiftorische Schrif-
ten, namentlich ein Werk Bdoı oder Lebensbeſchrei—
bungen. Es find nur noch Fragmente feiner Werfe
vorhanden, gejammelt von Müller, fragm. hist.
Giraee. Il p. 302 ff. — 4) Dichter der neueren
Komödie, Zeitgenofie des Aleris. Die wenigen
Bruchſtücke jiehe bei Kod, com. Att. fragm. II |
p. 408 ff.
Klearidas, Alseoides, fämpfte unter Brafidas
im J. 422 v. E. in Makedonien gegen die Athener
und widerriet den Frieden, den Sparta mit Athen
unter Bermittelung des Nikias abſchloß. Thuc.
4, 132. 5, 10. 21 u. v.
Kleidömos, KAlrlönuos, verfaßte im 4. Nahrh.
v. C. eine Atthis (ji. Arie), weldhe von den
älteften Zeiten ausging und noch der jeit OL. 100, 3
beftchenden orunogfaı gedenkt. Außerdem werden
von ihm ein Zönynrnöor, vöoror, Tlgwroyorsıa
angeführt. Die Bruchjtüde find gejfammelt von
Miller, fragm. hist. Graee. I p. 359 ff.
Kleidung, 1) Griechijche. Die griedhiiche Klei—
dung zerfällt in 2 Hauptklaſſen, Zvövuer« (hemd-
artige Nleidungsitüde) und EmıßAruare oder megı-
Pirjuare (Über: und Um:
wirfe). Das Evövue ift der
Ehiton, der dorijche von Wolle,
kurz und ohne Urmel, der
iontiche länger und von Lein—
> wand, der bis zu Berifles’
Zeit in Athen getragen wurde,
Der zıror, durch einen Gurt
oder Band um die Hüfte ge:
gürtet,, hatte entweder 2 Ärmel
oder Armellöcer (Lupındaya-
dos, Fig. 1), die Tracht der
freien, oder einen, ®o-
udoyakog, auch !Ewuig ge:
nannt, der den rechten Arm und einen Teil der
Bruſt freilich, die Tracht der Sklaven und Arbeiter.
Das Unterhemd wurde erft in jpäter Zeit getragen,
Fig 2. dig >.
und der zıraoniaxog ift nicht ein Hemd, welches
unter dem Chiton getragen wird, jondern viel:
mehr ein kurzer Ehiton, wogegen das yırarıor
der Frauen wohl ein Unterhemd ift. Uber dem
Ehiton trug man das Zmifinue oder meoriAnue,
das Iudrıor, ein großes, dvierediges Tuch, in das
Klearidas — Kleidung.
rechts über oder unter den rechten Arm gezogen
und dann wieder über die linfe Schulter geworfen
(Iml dskın dupıßdlisodan). Das iudrıor reichte
wenigitens bis an das Knie, es fürzer zu tragen,
alt für unanjtändig. Ju
Sparta trug man einen fur:
zen Mantel (Boaysiug dve-
Boids, Fig. 4), reißor, ror-
Povıor genannt, den auch die
Nachäffer ipartaniicher Sitten
in andern Staaten, die Aann-
viforres, annahmen. — Die
Nuaben trugen in früherer
Zeit in Athen den bloßen
Ehiton, als Epheben legten fie
die Chlamys (laws) an, eine
Art Mantel, der über der rech—
ten Sculter oder über der
Bruft zufammengeheftet wurde.
Die herabhängenden Zipfel
geben arepc Oder mreguyeg.
ie Chlamys wurde bejonders
auch zu Pferde und auf Rei:
jen getragen. — Bei der weib-
lihen Kleidung iſt ebenfalls
zuerft der Ehiton zu betradh-
ten, der doriſche, ein einfaches,
wollenes Hemd, aus 2 Stüden
Zeug bejtehend, die bis an die
ruft zufammengenäht waren, während die oberen,
Bruft und Rüden bededenden, Teile über den
Achſeln zufammengeheftet wurden; und der ioniſche,
ein weites feinenes, faltenreiches Hemd mit weiten
Armeln, die meist geichloffen, zumeilen von der
Achſel an oberhalb aufgeichligt find. Beide, auch
zen)hog genannt, reichten bis zu den Füßen (daher
Fig. A.
Fig 5.
heißen die -trojanischen Frauen bei Homer EAxs-
cirerlor). Die langen Hipfel, die beim Zuſam—
menheften des doriichen Chiton über Rüden und
Bruft wie Tücher herunterhingen, hießen dımkois,
dimkoldior. Bei dem ioniſchen Armelchiton ift
die dımi. ein bejonderer Teil der Kleidung, ber
über dem Chiton angelegt wird. Der Bauſch, der
über dem ioniſchen Chiton ent:
fteht, welcher meift länger war als
der Körper und daher durch den
Gütel heraufgezogen wurde, heift
»öd)mos. Der Bürtel (forıor, forn,
sroögptor, Sig: 5. 6) ift zu unters |.
icheiden von der uirg« (aud) rau- |
via, dmodsoudg, orı#odzouds),
einer Binde, die man unter dem
Ehiton um die Brüfte legte. Das
Oberfleid der Frauen (dumeyorn,
dumeyörıor) gleicht dem ludrıor
der Männer. Der Name merlog
bezeichnet im gewöhnlichen Ge—
brauche überhaupt ein Gewand. Unter dem yırar
wurde, wenn nicht immer, doch häufig, ein dünnes
man ſich nad) feiner Sitte ganz einhülfte (Fig. 2. 3.). | Hemd, zırarıor, getragen. — Was den Stoff der
Es wurde über die linfe Schulter getworfen, mit, Kleidung betrifft, jo war derjelbe bei den Män-
dem Arme fejtgehalten, dann im Rüden nad) | nern, jeit der leinene Ehiton abgelommen war,
>
a
=
Kleidung.
Wolle. Ein Himation von befonders ftarfem Zeuge,
für den Gebrauch im Winter, war die yiaive.
Auch der Ehiton wurde im Winter von ftärferem
Zeuge getragen (dacsös), im Sommer leichter.
Osplorgıe (aud) Andıor, Anddgıor, aud) wohl die
ylaris aus feiner weicher Wolle) find Sommer:
fleider. — Die Frauen bedienten fich außer der
Wolle und Leinwand noch anderer Stoffe, zunächſt
des Byſſos, eines aus Pilanzenfajern, mit größter
Wahricheinlichfeit aus Baumwolle, verfertigten
weißen oder gelben Stoffes. Ein anderer Stoff
waren die feinen und durchfichtigen &uogyıra, von
einer auf der Injel Amorgos wachſenden, bejonders
feinen Flachsart. Seide (ufrafa, angınd) fand
erjt ziemlich jpät in Griechenland Eingang. Me-
rose bezeichnet wohl die rohe Seide, die Eocons,
die zuert auf der Inſel Kos abgehajpelt wurden;
aus dem Gejpinjt wurden die Boußunwe ge:
webt. Belannt find die foifchen florartigen Ge:
wänder. Pelz war jehr wenig in Gebraud; Chi—
tone aus Leder (dfpu«) fommen vor. — Was die
Farbe anbetrifit, jo rag bunte Stoffe, neben
den weißen, ſchon jehr früh Eingang (Yaıd,
dunfelfarbige Stoffe, mogpve&, xgoxınd) bei Män-
nern, wie ganz bejonders bei trauen. Namentlic)
liebte man eingewebte oder eingeſtickte Verzierungen,
als Berbrämungen um den Rand der ftleider, den
unteren Saum oder den Halsausichnitt (we oder
o«), oder vertifal, auf beiden Seiten, wo bie
Stüde des Chiton zujammengenäht find, oder
vorn (6dßdor, rdpvpor). Auch das ludrıov war
mit derartigen Borbüren bejegt (zegivnoor, &y-
xunlor, ragdanzv). Franſen und Quaften heißen
xg0000L, Hvoavor. Auch zeritreut eingewebte Ber:
zierungen, Blumen u. dgl. findet man, bejonders
auf dem Ehiton der Frauen (zırav xardorıxrog);
ebenjo regelmäßig gemuiterte, 3. B. farrierte Klei—
der. — Ein Brachtgewand, deſſen nähere Beichaffen-
heit fich nicht angeben läßt, war die &varis; ber
Name bezog ſich nicht auf die Form des Kleides,
fondern nur auf den Stoff und Schmud. Ebenſo
war die Zpsorpis ein Tuch oder eine Dede, nicht
eine bejtimmte Form eines Kleidungsftüdes. Die
dıpPioan war ein Chiton aus Fellen für Land:
leute, bejonders Hirten, der auch über den Kopf
gezogen werden konnte; ald fudrıov diente den
Landleuten die sıovge, ein dicker, zottiger Rod,
an dem die Wolle nicht abgejchoren war. — Kopf:
bededungen wurden fajt nur auf Reiſen getragen.
Der allgemeine Name ift zur) und midog. Der
zeraosog, der zur Chlamys gehört, theflaliichen
oder mafedonischen Urſprungs, hat verjchiedenartig
geformte Krempen. Die uriprünglich matedonijche
»avole hat eine horizontale, runde, oft jehr breite
Krempe. Die Müpen, bejonders die Kopfbededung
der Schiffer und Handwerker, wurden meijt ohne
Schirm, oft mit wenig vorftchendem Rande ge:
tragen. Der Stoff ift meift Filz. — Fußbeklei—
duug wurde im allgemeinen nur beim Musgehen
getragen. Der Grieche nahm feinen Anjtoß daran,
un Hauſe und jelbjt auf der Straße barfuß zu
eben. Betrat er das Haus, jo legte er jeine
gubbeteihun ab. Man muß diejelbe als Sohle,
chuh und Stiefel unterjcheiden. Die einfachen
Sohlen, die dem Fuße untergebunden wurden,
find die drodnjuere. Das oarödlıov (odvdakor)
hatte einen über den Behen liegenden Riemen
631
DOberleder erweiterte. Die Sohlen waren bon
Leder, oft aucd aus mehreren Yagen, zum Teil
von Kor, oft mit
mannigfachem Riem:
werf verjehen. Die
»onmis jcheint eine
Art Halbichuh geweſen
u jein, der vorn den
Kur bededte, hinten
mit Riemen befeftigt
wurde. Die Zußdörs der Männer waren wirk—
lihe Schuhe, vom gemeinen Mann getragen,
ähnlih die Auuwrı-
»ai, feiner die Plaö-
rar (Blavrla), Halb:
ichuhe, die mit Nie: Ai
men an den Knöcheln
befeftigt wurden. Die Zvögowides waren Stie—
feln, die »apßdrıraı eine lederne Fußbekleidung
des gemeinen Mannes. — Die Frauen trugen
außer dem oavödiıov die ſ. g. TTectuct, auch
»sdogro: genannt, die gewöhnliche Art von
Schuhen. —— waren die Bavaddes; Sklavin:
nen trugen die —— Der gewöhnliche Stoff
war Leder (onvroröwog der Schuhmacher), die
Farbe jchwarz oder die matürliche Farbe Des
Leders. Vgl. Böhlau, quaestiones de re vestia-
ria Graecorum (1884)... Stubniczfa, Beiträge zur
Geſchichte der altgriehiihen Tracht (1886). —
2) Nömiiche. Die gewöhnliche Kleidung des
römischen Mannes beftand in Friedenszeiten aus
2 (oder 3) Stüden, der tunica (interior und
exterior) und der toga. Die Tunika lag um
den bloßen Leib, eine Art Hemde, urjprünglid)
ohne, jpäter mit Armeln, die jedoch nicht bis zum
Ellenbogen reichten, das eigentlihe Haus: und
Arbeitsfleid der Römer. Als Unterfleid durfte die
Tunifa nicht unter ber
Toga, dem Oberfleid, hin—
ausreichen. Quint. 11, 3.
Weiter hinabfallende (tu-
nicae talares) wurden
für Männer unanftändig
gehalten (Cie. Cat. 2, 10.
Hor. sat. 1,2, 25). Die
Tunifa wurde unter der
Bruft gegürtet durd das
eingulum (daher succin-
etus), namentlich auf der
Jagd, bei Arbeit u. ſ. w.
Fig. 7. Es fommen aud)
2 Tunilen vor, die in-
terior hieß subucula, enger den Körper um:
ichließend, die exterior vielleicht intusium (andere
nehmen diefen Ausdrud nur für die Frauentunika),
bei Horaz (ep. 1, 1, 95) bloß tunica genannt.
Der Stoff war Wolle, jpäter aud Leinen. Die
Senatoren trugen die tun, laticlavia, jo ge:
nannt von einem breiten Purpurftreifen (latus
clavus), der, in die tunica eingewebt, vorn dom
Halje bis zum Gürtel hinablief (Plin. 8, 48);
ebenjo hatten die Nitter den angustus clavus,
der aus 2 jchmäleren Purpurftreifen beftand. Den
latus clavus erlaubte Auguftus auch den Söh—
nen der Senatoren nad ihrer Volljährigkeit (Suet.
Oct. 38). Bei dem Kriegstribunat unterichied man
darnad) tribuni latielavii (Söhne der Senatoren)
($uyog oder -or), der fi allmählich zu einer Art von den trib. angusticlavii (Suet. Oth. 10). —
-1
u
=
632
Hofen (braccae) blieben bis zu der jpäteren |
Kaiſerzeit unbefannt, wohl aber umwanden alte
und jchwächliche Perjonen gegen die mwinterliche
Kälte (z. B. Anguftus, Suet. Oct. 82) Schentel
und Scienbein (fasciae, feminalia, cruralia);
befondere Leib: und Halsbinden (focalia) galten
für weichlich. — Uber die Tunika wurde die toga
(tißerve) getragen. Sie war das eigentliche, den
Bürger (daher togatus, Ggſ. sagulatus. Verg. A.
1, 282: Romanos, rerum dominos gentemque
togatam) bezeichnende und deshalb auch nicht von
Verbannten getragene Oberfleid (Plin. ep. 4, 11).
Urjprünglich durften auch die außerhalb Noms
lebenden Bürger feine taga tragen, doc jpäter
war es erlaubt (Sall,. Jug. 21). Die Toga war
ein halbrundes Stüd Zeug (der Ouerjchnitt eines
Lampenjchirmes gibt etwa ein Bild), an dem der
linfe Zipfel länger ift als der rechte, und das
einen ziemlich tiefen Ausschnitt hat. In den Aus:
ſchnitt wurde eim anderes Stück Zeug eingejept
(sinus), deſſen äußerer Saum eine unregelmäßige
frumme Linie bildete. Die Art des Umwerfens
(vgl. ei 11, 3, 137 ff.) war eine Doppelte,
nämlich früher einfach, ſpäter weit und faltenreich.
Sie wurde zuerſt über die linke Schulter ge:
ichlagen, jo daß dieje völlig bededt wurde; dann
zog man fie hinter dem Rüden weg nad) vorn
und fahte fie etwa in der Mitte ihrer Weite faltig
zufammen, jo daß der obere Teil als sinus her:
abfiel, der untere Leib und Schentel dedte. So
entitand der unter dem rechten Arm hervor jchräg
über die Bruft fich ziehende Faltenbaujch (umbo).
Das übrige wurde über die linte Schulter und
den Arm geichlagen, der dadurch doppelt bedeckt
war. An den Zipfeln waren häufig Quaften oder
Knöpfe zur Verzierung oder um durch die Schwere
das Gewand niederzuhalten. Die Farbe war weiß
(toga alba, vgl. Hor. sat. 2, 2, 60: albatus), die
Amtsbewerber gingen in einer glänzend weißen
(toga candida, daher candidatı) umher. An—
geklagte pflegten öffentlih die Teilnahme des
Volkes (vgl. Tac. ann. 3, 23) äußerlich durch eine
nachläffige Kleidung zu juchen (toga sordida, Lir.
2,54. 45, 20), Die Magiftrate trugen eine mit
Rurpurftreifen verbrämte Toga (topa praetexta‘,
die übrigens auch den Knaben bis zur Annahme
der toga virilis geftattet war. Auch den Frauen
war der Beſatz verbrämter oder auch ganz farbiger
Gewänder erlaubt, weil fie nicht zur civitas ge:
hörten. Wohl aber unterjchied ſich die Farbe der
faijerlichen Tracht (trabea, ſ. d.), als welche immer
der Burpur gegolten hat, daher toga purpuren,
auch mit Gold geitidt, toga pieta. Much die
Triumphatoren und die Borfiter bei den Feſt—
zügen der Spiele trugen ein — Der
Stoff war Wolle, die apuliſche und tarentiniſche
am geſchätzteſten, außerdem die mileſiſche und la—
koniſche. Seidene Stoffe wurden erſt ſpäter in
der Kaiſerzeit getragen und galten als Zeichen der
Verſchwendung; die bisweilen erwähnten sericae
vestes waren nur halbjeidene Zeuge; die Ccae,
jehr dünn und florartig gewebt, oft aud wohl
aus Byſſos, wurden als mweichlich und Inruriös,
auch als jchamlos gerügt. Wenn die Kleider
unrein waren, wurden fie dem fullo (f. d.) über:
geben, der nicht bloß die neu vom Webjtuhl fom-
menden appretieren, jondern auch die getragenen
vermitteljt der herba lanaria wachen mußte. Die
Kleidung.
Toga blieb noch fange das Staatsfleid am kaiſer—
lichen Hofe (Spart. Hadr. 22) und das Amtsfleid
der Beamten und Bornehmen, wenngleich ſchon
unter Auguftus (und früher, Cie. Phil. 2, 30) ein
Überwurf über die Toga, die lacerna, Mode
wurde, ja auch wohl die Toga jelber vertrat.
Dieje lacerna war fein vestimentum clausum
wie die paenula, jondern ein offener, leichter
Mantel, meift wohl mit einer fibula über der
rechten Schulter zujammengeheftet. Sie diente
mehr zum Putze (auch zum Schuge der Toga, val.
Juv. 9, 28: munimenta togae), und man wählte
daher auch koftbare Stoffe dazu und bunte Far:
ben, doch waren die weißen immer am anftän-
digiten. Man nahm dazu auch den doppelt ge—
färbten Purpur (dibaphum), der beionders koſt—
bar war, jo daß der Preis einer lacerna auf
10 000 Seftertien fteigen tonnte (Mart. 8, 10).
NAuguftus ließ das Tragen der lacerna in der
Bolfsverjammlung mit dem größten Unwillen durch
die Mdilen verbieten (Suet. Oct. 40). — Zum
Neijer oder Winterfleide nahm man die paenula,
einen langen einfachen Mantel ohne Armel, von
dichtem, ftarlem Zeuge (vgl. Gausape), auch von
Leder (paenula scortea, Mart. 14, 130), wahr:
ſcheinlich am Halſe ausgeichnitten, jo daß man
ihn über den Kopf warf und jo den Körper bis
zum Knie bededte. Gewöhnlich war an der pae-
nula (ebenjo audy an der lacerna) cine Kapuze
(eucullus), die über den Kopf gezogen wurde,
namentlich auf der Reife, dody auch wenn man
ſich unfenntlich machen wollte (nocturni cuculli,
Jur. 8, 170, 6, 118). Die laena war wohl eine
Art von umfangreichem Überwurf (duarum toga-
rum instar), die endromis fein Kleid, jondern
ein dies Tuch oder eine Dede, die man nach
Leibesübungen umnahm, um ſich nicht zu erfälten;
ebenjo Ro derjelben eine leichte ſchurzähn—
lihe Bededung der Yenden (campestre, Hor. ep.
1, 11, 181. Die synthesis war ein leichtes,
bequemes, weites und faltiges Kleid, das in
helleren Farben, namentlich bei Saftmählern ge:
tragen wurde, öffentlich aud am Feſte der Satur:
nalten; jonft damit zu erjcheinen, wie Nero es
that (Suet. Ner. 51\, wurde für jchamlos gehal:
ten. — Als Kopfbedeckung wird die breitfrämpige
makedoniſche causia und der thefjalifche pileus,
mehr eine Mütze ald Hut, erwähnt. Über pe-
tasus und galerus ſ. Galerus, über apex d. A.
Für gewöhnlich ging man bei Tagzeit barhäuptig
(capite aperto), Hadrianus auf allen feinen Reifen
(Spart. Hadr. 17). Im Theater erlaubte Caligula
zum Schutze gegen die Sonnenjtrahlen den pileus
aufzujeßen (Dio Cass. 59, 7). Auguſtus jchüßte
ſelbſt im Winter gegen die Sonnenftrahlen fein
Haupt durd; einen petasus (Suet. Oct. 821. —
Die Fußbekleidung jcheint bei den Römern beliebter
gewejen zu fein. Im Haufe trugen fie Sandalen
(soleae), die man bei Tifche ablegte (demere und
oscere soleas, vgl. Hor. sat. 2, 8, 77); zu der
ER gehörte der Schuh (calceus). Cie. Mil. 20,
Plin. ep. 7,3. Er jchloß den Fuß ganz ein und
hatte 1 Niemen, während bei den Senatoren der
rote oder weiße Schuh 4 Riemen (corrigiae, Hor.
sat. 1, 6, 28) hatte und höher hinaufreichte. Auf
dem Schuh der Patricier war aus Elfenbein oder
Silber ein Halbmond, lunula (calceus senato-
rius). Der mulleus, dem calceus senatorius
Kleinias —
ähnlich, gebührte den curulischen Magiftraten. An! anderswo heißen ſie chiröthöcae.
der Kaiſerzeit famen bunte Schuhe nach Frauen:
art auf. Die für unrömijch geltenden erepidae
(Liv. 29, 19) hatten Ahnlichleit mit den soleae,
ob mit Abſätzen, ift nicht erwieſen. Das
Kriegstleid des Nömers war das sagum, ein
bis zum Knie herabfallender twollener Soldaten:
mantel über dem Panzer und der bis zu den
Knieen aufgejhürzten Tunika. Es wurde durch)
eine fibula auf der Schulter gehalten. In Zeiten
außerordentlicher Gefahr, wie 3. B. in dem Bundes:
genoſſenkriege, wurde es jelbjt in Rom angelegt
und getragen (Vell. Pat. 2,16: ut ad saga iretur
diuque in eo habitu maneretur)., Das etwas
längere sagum des Feldherrn hieß paludamen-
tum, von weißer oder PBurpurfarbe (Val. Max.
1,6, 11: cum in proelium exeuntibus album
aut purpureum darı soleret). Bein Auszug zum
Kriege legte der Feldherr es auf dem Capitol an,
bei der Rückkehr zog er nur
togatus in Nom ein, 03
jei denn, daß er als Trium—
phator heimfehrte. — ber
die Fußbekleidung der Sol:
daten (caligae, ocrene) j.
die betreffenden Artikel, über
die Kopfbedeckung (galea,
cassis) au) Waffen, 8.
— Die vollftändige Kleidung
einer römischen Matrone
beftand ebenfalld aus drei
Stüden: der tunica, ber
stola und der palla. Die
tunica war ziemlich lang,
hatte Armel nur dann,
wenn das Kleid feine hatte,
und wurde von diefem ganz
und gar bededt; nicht
zufammengenäht, sondern
durch Agraffen zujammen:
gehalten, dabei länger als
die ganze Figur und unter
der Bruft in einen weiten
Faltenbauſch aufgegürtet
‘mit dem Gürtel, eingu—
} lum, bisweilen auch von
Männern bei der Arbeit,
Jagd ıc., succineti, Fig. 7),
auch mit einer an den unteren Saum angenähten
oder angewebten Falbel (instita) (ein Mujfter der
Gewandung ift die j. g. Pudicitia im Batifan,
Fig. 8). Die stola war das charakteriſtiſche Kleid
der römischen Matrone; Libertinen und meretrices
ei fie nicht tragen, jondern die toga. Die
palla wurde beim Ausgehen umgeworfen; fie
war das eigentliche Putzkleid, das auch über den
Kopf geworfen werden konnte, fo da die ganze
Figur verhüllt war. Die Matrone trug auch wohl
einen langen Schleier (Hammeum, riecinium). —
Als Kopfbededung der Frauen kommt eine Haube
oder Mütze vor, die bald calautica (nicht calan-
tica), bald calvatica hieß und aus verichiedenen
Stoffen (Goldfäden, Seide, Byſſos, Wolle) gewebt
war. — Als bejonders feiner Kleiderſtoff wird
ig 8,
Kleisthenes. 633
— Die Klei—
dung der Sflaven war die einfachere engere
Tunifa (exomis genannt, Gell. 7, 12), hoch auf:
geichürzt zur freieren Bewegung bei der Arbeit
(Hor. sat. 2, 8). Ihre Farbe war die der natür:
lichen, nicht von dem fullo bearbeiteten Wolle,
daher nicht weiß, wie die der Freien, jondern
dunfler, pullatus. Uber die Straße oder unter:
wegs trugen fie darüber eine gröbere Pänula
oder Lacerna. Bon einer Toga, oder bei Sta:
vinnen von einer Stola oder Balla, fonnte natür-
lich nicht die Rede fein. Die Tifchbedienung der
Kaifer und Bornehmen war in weiß gefleidet,
albati (Suet. Domit. 12). Inter dem servilis
habitus verbargen fich ausichweifende und flüch:
tige Leute (Tuc. ann. 13, 25. hist. 4, 36). Bol.
Becker-Göll, Gallus II ©. 189 ff.
Kleinias, Älsırdaz, der Vater des Alfibiades,
beſaß ein jo großes Vermögen, daß er eine Triere
für den Berjerfrieg auf eigene Koften ausrüften
ließ. Er fiel in der Schlacht bei Koroneia.
Kleio j. Musae, 3.
Kleisthönes, KlsıodErns, 1) Ichter Tyrann in
Sifyon, 596—565 v. E., ein Orthagoride, gehörte
zu dem die vorboriiche Bevölkerung umfaſſenden
Stamm der Nigialeer, deren Namen er in Arche:
laer verwandelte, indem er zugleich die Vorrechte
der 3 doriichen Stämme — Hylleer, Pamphylen,
Dymanen — aufhob und ihnen die Namen Hhaten,
Oncaten und Choireaten (Ableitung von Sau, Ejel,
Schwein) gab, wohl nicht als bloße Spottnamen,
fondern um fie auf Beichäftigung mit dem Yand:
bau hinzumeijen (Hat. 5, 68), indem er ihren
Pebensgrundjäßen Trotz bot. Nachdem er fich gegen
eine Gontrerevolution behauptet hatte, jeßte er
jeine Oppofition gegen den Dorismos fort, wodurch
er natürlich mit Argos zunächſt in Streit geriet.
Er begünftigte den dem Porismos fremden Dio—
nyiosfult und verbot das Auftreten homerischer
Nhapfoden, weil Homer Argos und die Arifto:
fratie feierte. Hat. 5, 67. Im kriſſaiiſchen Kriege
war Kl. einer der Anführer (590) und erbaute
von der Beute des Krieges eine prächtige Säulen:
halle, wie er denn überhaupt Pracht und Glanz
liebte. Dies zeigt ſich befonders bei der Aufnahme
der Freier jeiner Tochter Agarifte, die endlich dem
Altmaioniden Megakles zu teil wurde (um 572).
Hadt. 6, 125—130. Bald nachher ftarb er, ohne
Söhne zu hinterlafien, jo dat dann die Tyrannis
in Sifyon ihr natürliches Ende fand. Val. Bujolt,
griechiiche Geſchichte I S. 494 f. — 2) Ei Enkel,
der Sohn des Megakles und der Agariſte, der
Athener Kleiſthenes. Durd ein Drafel der für
den Wiederaufbau ihres abgebrannten Tempels
danfbaren Pythia wurden die Spartaner unter
Kleomenes (j. Kleomenes, 1.) zur Vertreibung
der Beififtratiden bewogen (510 dv. E.), die NIE:
maioniden fehrten zurüd, und Kl. ſchloß ſich, im
Segenja zu dem ariftofratijchen Iſagoras, der
Vollspartei an. Hat. 5, 66. Er löfte, um die
Macht des Adels zu brechen, mit Zuftimmung
des delphiichen Drafels die 4 alten Phylen auf
und teilte Attila geographiih in 10 Phnlen, be:
nannt nach attiichen Heroen (Erechtheis, Nigeis,
bisweilen carbasus erwähnt, aus feinem ipani: | Pandionis, Leontis, Afamantis, Dineis, Kekropis,
ſchem Flachs, feines dichtes Nammertuch, Battift. | Hippothoontis, Miantis, Antiochis), und jede Phyle
— Us Handichuhe kommen (Plin. ep. 3, 5, 15) wieder in 10 Demen (ländliche Bezirke), deren
manicae vor, doch nur zur Abwehr der Kälte; | Zahl aber fpäter auf 174 wuchs (j. Sjune).
634 Kleitarchos
— Kleombrotos.
Hat. 5, 62. 6, 123. Die Zahl der Bulenten wurde | Bolybios (2, 55) als tapfer und freiheitliebend
auf 500 (je 50 aus jeder Phyle) gebracht, die der | rühmt; ein naher Quell verleidete durch Genuß
Naufrarien auf 50, deren frühere Gejchäfte indes
auf die Demarchen übergingen, während Stellung
eines Schiffes jet Hauptaufgabe der Naufrarien
(NReederfreife) war. Ferner vermehrte Kl. auch die
Bürgerichaft durch Metoifen und Fremde und führte
den Dftrafismos ein. Eine Folge jeiner Einrich:
tungen war auc die Wahl der Beamten unter
den Bewerbern um die Amter durd) das Los der
Bohnen (ol Erb arduov &pyorres', ftatt durch
Handaufheben (zeigororde). — Es gelang dem Jia:
goras freilich, mit Hülfe des Spartaners Kleomenes
im Jahre 508 den Kl. zu vertreiben, und diejer
räumte das Feld, um der Stadt die Kriegsnot zu
erjparen. ber die gewaltjame Reaktion, mit
welcher Kleomenes, wie in einer eroberten Stadt,
die neuen Einrichtungen re: erbitterte den
Nat und die Bürger (j. Kleomenes, 1.). Hdt
5, 70 ff. Die Vertriebenen kehrten zurüd, und Kl.
fonnte um jo leichter die Vollendung feiner Ne:
formen durchjegen, von denen einige vielleicht jeßt
erjt eingeführt wurden. Die demofratiiche Ber:
fafjung erwedte Bejorgnis bei den Nachbarıı, gegen
die Kl., von perjönlichem Ehrgeiz getrieben, Hülfe
bei dem perfiichen Statthalter ın Sardes durd)
ein Bündnis juchte. Diejer Vertrag, welcher allge:
meinen Unwillen erregte, ſtürzte den Kl., der durch
ein Boltsgericht aus der Stadt gemwiejen worden
a * im Jahre 505. Abhandlung von Dietrich
1840).
Kleitarchos, Alsiraeyus, 1) Sohn Deinons
(j. Deinon), Schüler Stilpons von Megara, be:
gleitete Alerander den Gr. auf feinem Zuge gegen
Berjien, ftand aber (Quint. 10, 1, 74) binfichtlich
jeiner Wahrheitsliebe in feinem guten Rufe, indem
er die Thatjachen durch Fabeln entitellte. Er jchrieb
nach 304 v. C. in ſchwülſtiger Sprache ein Wert:
nepi Alsfavögov iorogleı, von dem wir ziemlich
viele Fragmente bis zum zwölften Buche bejiken.
Put. Aler. 46. Strab. 11, 505. Auf ihm beruht
weſentlich die Erzählung von Aleranders Geſchichte
bei Diodor, Eurtins und Juftin, zum Teil auch
bei Plutarhd. Sammlung der Bruchitüde von
Geier (Alexandri historiarum scriptores, 1844)
und Weüller, Seriptorum de reb. Al. magni
fragm, in Dübners Ausgabe des Arrian. Mono:
graphie von Naun (1858). — 2) von Philipp von
Makedonien zum Tyrannen von Eretria gemacht.
Die Athener unter dem Oberbefehl Phokions ver:
trieben ihn und vollendeten damit die Befreiung
Euboias. Demosth. de cor. 71. 79. 81.
Kleitomächos, Alsıröueyos, 1) berühmter
Sieger in den iſthmiſchen und pythiſchen Spielen;
in jenen fiegte er dreifach an Einem Tage, im
Ningen, Fauſtkampf und Pankration. — 2) aus
Karthago, Schüler des Akademikers Narneades,
um 130 v. E., eig. Hajdrubal, einer der berühm:
teften Bhilofophen der neueren Akademie neben
Charmadas und Aiſchines und ſehr fruchtbarer
Schriftiteller (400 Schriften angeblich). Eine Trojt:
ichrift an jeine Yandsleute nad) Karthagos Fer:
ftörung erwähnt Cicero (tuse. 3, 22, 54).
Kleitor, Ältrwe (aud) Alrjrwe und Klıro-
eror), j. Dorf Klituras, eine zur Zeit des Achaii—
ichen Bundes wohlbefeftigte Stadt des nördlichen
Arkadiens, weit ausgedehnt zum Zeil in der Ebene | Streitfräfte der Thebaner.
— — — —— —
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ſeines Waſſers den Wein. Pol. 4, 18. 23, 5. Liv.
39, 35. Ov. met. 15, 321.
Kleitos, Kieirog, Clitus, 1) j. Eos und Me-
lampus. — 2) 81. mit dem Beinamen der
Schwarze, Feldherr Aleranders des Gr., rettete
dem König das Yeben in der Schlacht am Grani—
fos und war fortan einer der Yieblinge des Fürften.
Arr. 1, 15, 8. Er befehligte die königliche Ile
der Nitterjchaft mit Auszeichnung. Nach Philo:
tas' Tode erhielt er die eine Hipparchie, Die zweite
Hephaiftion; jpäter befam er die Satrapie Baltricn.
Als er jich einjt gegen die Befolgung orientalischer
Sitte heftig erflärte, tötete ihn Alerander in der
Trunfenheit, 328. Arr. 4, 8f. Curt. 8, 4. 5.
Seine Schweiter Yanife war Amme Aleranders
gemwejen. — 3) Kl., der Weiße, führte 324 v. C.
von Opis aus unter Krateros die Veteranen zuräd,
fämpfte als makedoniſcher Nauarch ruhmvoll gegen
die Athener, erhielt im Jahre 321 Lydien, woraus
ihn 2 Jahre ſpäter Antigonos vertrieb, befiegte
dann die vereinigte Flotte des Nifanor und An:
tigonos bei Byzanz und verlor Tags darauf das
Yeben (318). Diod, Sie. 18, 15, 52, 72.
Kledbis, Ki£oßıs, und Biton, Biror, Söhne
der Kydippe, Priefterin der Hera zu Argos, be:
rühmt durch ihre Findliche Liebe zu der Mutter,
deren Wagen fie bei einer feierlichen Prozeſſion
an den Heraien 45 Stadien weit zogen, weil die
zum Ziehen des Wagens beftimmten Stiere nicht
gleih zur Stelle warey. Als die Mutter dafür
die Göttin um den beiten Segen für ihre Söhne
bat, jchlummerten die Jünglinge nad dem Opfer
ein und erwachten nicht wieder. Hdt. 1, 31. Cie.
tuse. 1, 47, 112.
Kleobülos, AlsoßovAog, Tyrann von Lindos,
gehörte zu den 7 Weilen Griechenlands. Bon
ihm find einige Meine Schriften (ein Epigramm
und ein Brief) vorhanden; anderes, Heine Gedichte
und Nätjel, ift verloren gegangen. Bon feiner
Tochter Kleobulina find einige Rätſel erhalten.
Kleombrötos. Alsoußgorog, Name mehrerer
Spartaner königlichen Gejchlechts: 1) jüngfter Sohn
des Königs Anarandridas (defien andere Söhne
Kleomenes J., Doriens und Leonidas l. der Ber:
teidiger der Thermopplen). Nach kurzer Vormund—
ichaft für den Sohn jeines Bruders Leonidas,
den Bleiftardhos, ftarb er bald, nachdem er vom
Iſthmos, defien Verteidigung vor der Schlacht bei
Salamis ihm übertragen wurde, mit dem Land:
heere zurüdgefehrt war. Hdt. 5, 41. 7, 205. 8, 71.
9, 10, Seine Söhne waren Pauſanias, der Sieger
von Plataiai, und Nifomedes, welcher in der
Schlaht von Tanagra (457 v. E.) befehligte.
Thue. 1,107. — 2) König Kl. J. Sohn des Königs
Paujanias, der fich dem Tode durch die Flucht
entzog (391 v. E.), Nachfolger jeines Bruders
Ageſipolis 1., befehligte die gegen Theben ausge:
rüftete, aber unglüdliche Erpedition (378) nach der
Vertreibung der Spartaner aus der Nadmeia (Xen.
Hell, 5, 4, 14ff. Plut. Pelop. 13); ebenjowenig
glüdte eine andere Unternehmung 2 Jahre jpäter.
Xen. Hell. 5, 4, 59. Als er 371 gegen Epamei-
nondas ins Feld rüdte, verlor er bei Leuktra
Schlaht und» Leben gegen die viel geringeren
Xen. Hell. 6,4, 3 ff.
zum Teil an einem niedrigen Hügel, deren Bürger | Plut. Pelop. 20—23. Paus. 3, 6, 1. 9, 13, 10. —
Kleomenes.
3) König Kt. Il, wurde eine Zeitlang der Nach—
folger feines Schwiegerpaterd Leonidas, welcher
fihh den Reformen Agis’ III. widerjegt hatte und
entjebt worden war (242 v. C.). Als nad 2 Jahren
des Leonidas Partei objiegte, verfolgte diejer jeinen
—** erbittert in das Heiligtum des Po—
ſeidon und ſchenlte ihm nur auf Bitten der edlen
Ehilonis das Leben, welche ihren Gatten in die
Verbannung begleitete. Plut. Agis 11ff. Paus.
3,6,4. Pol. 4, 35.
Kleomönes, Kisouerns, 1) 81. L, König von
Sparta, Sohn des Anarandridas (j. Kleom-
brotos, 1.), ein Mann (wie DO. Müller, Dorier
1, 173, jagt) von ungemeiner Kühnheit und unge:
bändigter Kraft des Seiftes, mutig, unternehmen,
Hug, nad der Weije jeines Zeitalterd gewandt
in furzer nachdrüdlicher Rede, doch viel zu jehr
von Stolz, teils der Familie, teild eigenem, er:
füllt und in Geiftesrichtung feinen Zeitgenoſſen,
den Tyrannen, ähnlicher als einem Könige Spar-
tas geziemte. Seine erfte Unternehmung (wahr:
iheinlich 519 v. E.) war ein Kriegszug gegen
Argos, in dem er die Argiver durch eine Kriegstift
aufs Haupt jchlug und Argos hätte einnehmen
fönnen, wenn er nicht durch Aberglauben abge-
halten worden wäre. Hat. 6, 76 ff. Einige Jahre
darauf (510, Hat. 5, 64.) leitete er den Zug gegen
Athen, wodurd auf Antrieb des beftochenen del-
phiſchen Orafels die Peififtrativen von ihren be:
ftändigen eig et den Altmaioniden, ver:
trieben und deren Oberhaupt Kleifthenes zurüdge:
führt wurde; doc mußte diejer feinem Gegner von
der NAdelspartei, Niagoras, bald weichen, welchem
Ktleomenes alle Gewalt übergeben wollte. Da
brach in Athen ein Aufftand aus, der den Kl. und
Iſagoras zwang, fich auf die Akropolis zu flüchten,
von wo fie nach 2 Tagen freien Abzug erhielten
(508). Hdt. 5, 70ff. Um dafür Rache zu üben,
rüdte Kl. bald mit einem ftarfen Heere nach Eleufis,
welches er verwüſtete; doch der Widerſpruch der
Korinthier und des eigenen Mitlönigs Demaratos
wang ihn, von der enticheidenden Schlacht abzu:
heben und jich —— (506, Hdt. b6, 75
wegen gleichen Widerſpruchs unterblieb ein neuer
Zug. Hdt. 5, vo ff. — Als der Mileſier Ariſta—
goras 499 die Hülfe Spartas gegen die Perſer
erfaufen wollte, widerſtand Kl., wohl mehr, weil
er andere Kriegspläne hegte und dem NAriftagoras
fein Vertrauen jchenfte als weil jeine jugendliche
Tochter Gorgo ihn warnte (Hdt. 5,49). Durdy die
Umtriebe des Demaratos mißglückte die beabfichtigte
Beitrafung der Nigineten 491, die dem Perſer—
fönige Erde und Waſſer geichidt hatten. Während
es ihm anfangs gelang, fi an Demaratos dadurd
zu rächen, dah er denjelben unter der Bejchuldi:
gung, er jei nicht der echte Sohn feines Vaters,
durch Beitechung des delphiichen Drafels in die
Verbannung trieb (worauf Yeotychides, ein Anhänger
des Kl. an deſſen Stelle trat), wurde er jpäter,
als die Beſtechung entdedt wurde, jelbjt genötigt
zu fliehen, zuerſt nach Theffalien, dann nach Ar:
fadien, wo er die Bewohner aufzumwiegeln fuchte.
Endlich rief man ihn zurüd nach Sparta. Sein
Lebensende ijt unficher,; nach Herodot fiel er in
Wahnſinn und ermordete jich auf gräßliche Weiſe,
um 491. Hadt. 6, 63ff. 73. Ihm folgte ſein
trefflicher Stiefbruder Leonidas I. — 2) Mt. II,
Sohn Kleombrotos’ I. (j. Kleombrotos, 2.),|
635
regierte von 370 v. E. an, ohne daß von feiner, nach
Diod. Sie. 20, 29 60 Jahr 10 Monate dauernden,
— etwas Beſonderes zu berichten iſt. —
3) Kl. II, Sohn Leonidas’ II, (fam 236 oder
235 v. E. zur Regierung), war der Erbe der Pläne
Agis’ III. G. d.). Wie Ddiejer fühlte er tief das
Unmürdige und Trojtloje der jpartaniichen Zuſtände
und war, wie er, begeiftert für die Herjtellung der
alten Herrlichkeit Spartas; allein mit der Be:
geifterung des Agis verband Kl. unendlich mehr
moraliiche Kraft, Bejonnenheit, Umficht und Uns
erichrodenheit und war frei von der jchonenden
Milde, die nad) dem Urteil der eigenen Mutter
des Agis der Grund zum Verderben ihres Sohnes
geworden war. Polybios, wahrlich nicht par:
teiijch für Kl., nennt ihn (5, 39) einen geborenen
Herricher und König, als Privatmann gejchidt und
leutjelig (9, 23), praktiſch gewandt (5, 39), der ein
rühmliches Ende einem jchimpflichen Leben vor-
gesogen und auch in der Ferne und bis zu feinen
ode fich die Liebe der Seinen bewahrt habe
(4, 39. 18, 36). Daß derjelbe Schriftiteller aber
(9, 23) den Klaals mıxgorarog rügarvog und jeine
Reform als eine zardivaıg rg warglov molıreliag
bezeichnet, hängt mit dem politischen Standpunkte
desjelben zujammen. Kl. hatte die hohe, edle Ge—
finnung jeiner Mutter Kratefifleia, die von früh
auf jeine Feſtigkeit und Willenskraft ftärfte. Wider:
ftrebend hatte die edle Witwe des Agis, Agiatis,
dem Jüngling fich vermählen laſſen, aber der
Eindrud, welchen ihre Erzählungen von den Plänen
des Agis auf Kl. machten, führte die innigjte
Berbindung herbei. — Die Ephoren waren wieder
allvermögend, es galt dem Königtum Achtung und
Anhang zu verichaffen nnd deshalb die Ephoren
zu ftürzen. Dazu mußte Kl. ſich eine feſte mili—
täriiche Stellung fichern, dieje fonnte er nur im
Kriege mit den Adjaiern gewinnen. Plut. Cleom. 3.
Sein Auftreten gegen den Achaiiichen Bund unter
Aratos gab die Gelegenheit dazu; nad) mehreren
fleineren Unternehmungen jchlug er die Achaier
am Berge Lykaion aufs Haupt (Plut. Cleom.4. 5.
Arat. 35. 36. Pol. 2, 46. 51) und gewann bald
darauf bei Yeuftron einen zweiten glänzenden
Sieg. Plut. Cleom. 6. Arat. 36. 37. Nun trat
Kl. im Jahre 226 gegen einige Bertraute mit
jeinen Plänen hervor. Unter ihrer Billigung wußte
er feine Gegner durch einen Kriegszug von der
Stadt zu entfernen, drang mit einer Söldner:
ſchar in die Stadt, tötete 4 der Ephoren, vertrieb
80 Männer von der Oligarchie und rechtiertigte
vor dem Volk jein Verfahren und feine Pläne.
Seinen Bruder Eufleidad madjte er zu feinem
Mitlönig; die Würde der Ephoren wurde abge:
ſchafft, die Schuldentilgung durchgejeßt und der
Aderbejiß gleihmäßig geteilt, wobei auc auf
jene 80 bis zur Herftellung der neuen Ordnung
Berbannten Rüdficht genommen wurde. Durch an:
geiehene Berioifen verjtärkte er die Zahl der Bürger,
er führte die altipartanijche Erziehung, die Süſſi—
tien und Ahnliches wieder ein und ging mit der
größten Bereitwilligfeit als Mufter in allem voran.
Plut. Cleom. 8—13. lm der neuen Ordnung
Achtung zu verichaffen, jegte er mit neuorgani—
jierten, nach maledoniſcher Art bewaffneten Truppen
den Krieg gegen die Achaier fort, die er nach der
Einnahme Mantineias und Tegeas am Hefatom:
baion bei Dome fchlug. Plut. Cleom. 12 —14.
636
Mehrmals mit dem Bunde angefnüpfte Verband:
lungen zerichlugen ſich hauptſächlich deshalb, weil
Aratos, als Kl. fogar Argos genommen hatte, fid)
dem mafedonischen Nönige Antigonos Dojon in
die Arme geworfen hatte (224). MI. verlor Argos
wieder, da Antigonos heranrüdte (Plut. Cleom.
15-21), noch mehr aber beugte ihn der Ber:
luft feiner Gattin. Auch in dem folgenden Feldzuge
war Antigonos meiſt glüdlich, und nur nad) langer
Unterredung mit jeiner Mutter Krateſikleia entſchloß
fich Kl., den ägypt. König Ptolemaios Euergetes
um Unterftüßung zu bitten, die dennoch ausblieb,
obwohl er Mutter und Kinder als Geifeln nad)
Alerandreia — hatte. Im Winter 223— 222
brachte er ein Heer zuſammen, überfiel Mantineia
in Arkadien und plünderte und zerjtörte die Stadt,
als jie fi) ihm nicht anjchliegen wollte (Zlut.
Cleom. 23—-25. Philop. 5), unternahm auch gegen
Argos glüdliche Streifzüge. Nachdem aber An—
tigonos aus Makedonien und Griechenland jeine
Truppen an fich gejogen hatte, rüdte er gegen
Lakonien vor. Kl. ſtellte fich ihm bier in dem
Rah von Sellajia (f. d.), nördlich von Sparta,
entgegen, aber die Schlacht ging vollfommen für
ihn verloren, und mit wenigen Reitern rettete
er fi nad) Sparta, 221. Plut. Cleom. 27. 28.
Philop. 6. Pol. 2, 65--70. Ein Aufſchub der
Schlacht um wenige Tage hätte die ganze Yage
verändert; denn Antigonos muhte wegen eines
Einfalls der Allyrier jchleunig nach Makedonien
zurüdlehren, nachdem er Sparta eingenommen und
das Ephorat wiederhergeftellt hatte. — Kl. war
über Gytheion zu Schiffe nach Ägypten gegangen,
um Hilfe zu holen. Allein Ptolemaios Euergetes
itarb bald, und jein Nachfolger Ptol. Bhilopator
war ganz den Lüften ergeben und in den Händen
feines Günftlings Sofibios. Kl. ward verhaftet,
entlam freilich, aber da der Aufftand, welchen er
nun erregte, von den abgeftumpften Agyptern nicht
unterftüßt twurde, gab er fich mit jeinen Genoſſen
den Tod, 220,219, etwa 35 Jahre alt. Mutter
und Kinder des Kl. wurden hingerichtet, fein
eigener Körper in eine Haut genäht und an den
Galgen gehängt. So endete einer der edelſten
Könige Spartas; mit ihm brach die Macht des
Staats vollends. Plut. Cleom. 35 ff. Pol. 5, 35
—39. Bal. Droyſen, Geſch. des Hellenismus 3, 2
& 74 ff, und Gehlert, de Cleomene Ill. Lacedaem.
rege (1883), — 4) aus Naufratis in Agypten,
dem Alerander nach Agyptens Eroberung die Er:
hebung der Abgaben und die Sorge für den Bau
der Stadt Alerandreia auftrug, 331 v. E. Dabei
zeigte er die äußerſte Habſucht und erprefte von
den Unterthanen große Neichtümer. Alexander
ftrafte ihn nicht, Ptolemaios aber lieh ihn, da er
bei der Teilung Agypten als jeine Provinz er:
hielt, feſtnehmen und hinrichten, behielt auch jeine
Neichtümer für fich, 322. Arr. 3,5. Diod. Sic.
18, 14. — 5) ein Syrafufier, erhielt vom Prätor
Verres den DOberbefehl über die römifche Flotte
bei Sicilien. Cie. Verr. 5, 31, 82 ff. — 6) Bild:
hauer aus Athen, j. Bildhauer, 15.
Kleon, Alzor, des Kleainetos Sohn (Thue.
Kleon.
Tode wird Kl. mit unter denen genannt, welche
anflagend gegen dieſen auftraten und ihm Dadurch
eine Geldftrafe zuzogen (Plut. Per. 33. 35); allein
erſt nach Berifles’ Tode trat er neben dem Werg:
händler Eulrates und dem Schafhändler Lyſi—
fles als Voltsführer recht hervor. Er war unge:
bildet, eigennübig und frech, aber dody mit natür-
liher Berediamfeit begabt, oft freilich übertäubte
er auch alle nur durch feine Stentorftimme, „ein
Mann, der jowohl in anderer Beziehung der
ungeftümfte war unter den Bürgern, als auch bei
dem großen Haufen beitweitem das größte Ber:
trauen hatte, obgleich er jelbft ohne Hehl erklärte,
der Demos jei jtark darin, ſich durch Neuheit der
Rede bethören zu laffen, dem bewährt Gefundenen
aber nicht zu folgen, er jei Sflave des Außer:
ordentlichen, Verächter des Gewöhnlichen”. Sein
Beſtreben war, rn» wödır ragdrrev, den Volls-
haß gegen Sparta zu reizen, um dann dejto un—
gehinderter zugreifen zu können; es gelang ihm
auch in der That, nicht allein feine bedeutenden
Schulden zu bezahlen, jondern auch nocd große
Summen zu erübrigen. Bei feinen Plänen ſtützte
er fich namentlich auf die ärmeren Bürger. Thuc.
3,36. 5, 7. 16. Plut. Nie, 8. — Als im Jahre
427 die Stadt Mütilene auf der Inſel Leſbos,
welche auf Beranlafjung ihrer Dligarchen von
Athen abgefallen war, von Baches zurüderobert
wurde, drang Kl. in ungeftümer Rede auf Tötung
aller waffenfähigen Männer und Vernichtung der
Stadt, ein Beſchluß, der bei ruhiger liberlegung
wieder zurüdgenommen wurde; dennoch aber wußte
er es durchzuſetzen, daß die graufame Mafregel
an taufend der Mriftofraten volljogen wurde; 3000
athenijche Kleruchen erhielten auf der Inſel Ader:
land. Thuc. 3, 37—50. In feiner Stellung als
Verwalter der Staatseinnahmen hatte er hinläng:
lich Gelegenheit, jeine Habgier zu befriedigen, um
jo mehr, als er Prozeſſe förderte und die Bundes:
genoffen mit Auflagen drüdte, während die Er—
höhung des Nichterjoldes von 1 Obolos auf 3 ihm
den Beiftand und die Gunft der Volksmaſſe ficherte.
Vergebens juchten die oligarhiich Gefinnten, an
ihrer Spibe Nikias, den Kl. beijeite zu drängen
und Frieden zu jchliegen: fie vermochten gegen
jeine Dreiftigkeit nichts. Ya, als (425) die Athener
120 Spartiaten auf der Inſel Sphafteria bei Bylos
eingeichloffen hatten, wurden auf Antrieb des Kl.
den latedaimonijchen Friedensgeſandten derartige
Bedingungen gejtellt, daß an eine Einigung nicht
zu denfen war, und bald bereuten die Athener,
daß fie billige Vorſchläge nicht angenonmen hattet.
Als nun KU. troßig erklärte, wenn er nur Strateg
wäre, jo wollte er die Belagerung bald beendigen,
und Nikias fich erbot, jofort abzutreten, mußte
Kl. auf Drängen des Volks, jehr gegen feinen
Willen, fich entichließen, die Sache zu übernehmen.
Aber auch jo verlieh ihn jeine troßige Dreiftigfeit
nicht. Er verhieß jogar binnen 20 Tagen die
Inſel zu nehmen. Weislich nahm er den höchſt
tüchtigen und erfahrenen Demojthenes als Mit:
feldherrn, und die trefflichen Maßregeln, melde
diejer anordnete, waren von dem glüdlichiten Er:
3, 36. 4, 21), war Lederhändler oder Befiter einer | folg begleitet, jo daß Kl. jein vermefjenes Ber:
Gerberei zu Athen, welche für feine Rechnung
durch SHaven betrieben wurde, ipielte aber be:
fonders als Demagog eine große Rolle 7 Jahre
hindurch, von 429—422 v. C. Schon vor Beritles’
iprechen erfüllen fonnte. Thuc. 4, 17—39. Diod.
Sic. 12, 61 ff. Natürlich maßte er fich die Ehre
des Sieges an, als hätte er jeinem Herrn, dem
‚alten Demos, einen Kuchen gebaden, den Demo:
Kleonai —
fthenes zubereitet hatte (Arist. Fquit. 55). Die |
Athener wollten natürlich nun von Frieden nichts |
hören, und Kl. trunfen von dem errungenen Ruhm,
zog gegen Brafidas, welcher gegen Nikias und
Nitoftratos in Thrakien glüdlich gekämpft hatte.
Allein bei Amphipolis verlor er 422 Schlacht und
Leben. Thuc. 5, Uff. 6 ff. Died. Sie. 12, 73 f. —
Ariftophanes hat in jeinen NRittern ein unüber—
treffliches Bild des Kl. und der Beitumftände
(nadı glüdlich any Unternehmung gegen
Sphafteria) gegeben. Wie jehr gefürchtet RI. war,
ergibt der Umſtand, daß, obwohl er in Ddiejem
Stüde nicht unter eigenem Namen, jondern als
paphlagonijcher Stlave auftritt, niemand die Maste
des Kl. zu verfertigen wagte und fein Schauspieler
die Rolle übernehmen wollte, weshalb Ariftophanes
felbft, bloß mit bemaltem Geficht, auftreten mußte.
Daß die Schilderung, welche Ariftophanes von Kl.
entwirft, dem Charakter der Komödie entjprechend,
übertrieben ift, muß anerkannt werden, allein aud)
aus der Charafteriftif des Thufydides (3, 37—40)
ergibt ſich folgendes: Kleon war energifch und
beredt (turbulentus ille quidem civis, sed tamen
eloquens, (ic. Brut. 7), aber ohne Edelfinn und
weile Borausjicht, ein Mann leidenjchaftlicher Ge—
häſſigkeit und Nüdjichtslofigkeit, ein Feind alles
ihm in irgend einer Weije Überlegenen und dadurd)
ein Berderber des Volts, daß er ihm die eigene
Selbft: und Herrichjucht einpflanzte und, um fich
zu halten, feine Gelüfte wedte, hegte und befrie-
digte. Vgl. über ihn Grote, Geſchichte Griech. VI
©. 480 ff. der deutichen Überj. jowie die Mono:
graphien von 5. Yantoine (1878), Büdinger (1880)
und Emminger (1882).
Kleönai, Kiswvei, 1) j. Argos, 5. — 2) Stadt
am Athos in Chalfidite am Singitifchen Meer:
bujen. Hat. 7,22. Thuc. 4, 109. Strab. 7, 331.
eonymos, Alsarruos, Sohn Kleomenes’ II.,
Königs von Sparta. Seine Bemühungen, im Jahre
310 v. E. nah dem Tode jeines Ynters König
zu werden, mißlanugen, und die Spartaner über:
trugen dem herrichfüchtigen und habjüchtigen Manne,
um ihn zu entfernen, den Befehl über eine Schar
Söldner, die den Tarentinern zu Hülfe kommen
follte. Kl. welcher an dieje Unternehmung ehr:
geizige Pläne Inüpfte, weshalb er im Jahre 303
Korfyra einnahm, war im ganzen glüdlich; als
jedoch die Tarentiner mit ihren Gegnern Frieden
ſchloſſen, griff er die Städte in Unteritalien, be-
jonders Thurioi, an. Diod. Sic. 20, 104. Die
Römer aber wehrten feinen Angriff ab, worauf
er die Hüften des Adriatiichen Meeres heimjuchte
und dabei im Norden des Padus Heer und Flotte
(302) verlor. Im Jahre 293 kämpfte er gegen
Demetrios Poliorfetes unglüdlich, gelangte ipäter
in feiner Baterftadt zu einigem Anjehen, trat aber
plöglid im Jahre 272 feindlich gegen diejelbe im
Bunde mit Pyrrhos auf, um jeine frühere Zurüd-
ſetzung zu räden. Sein Unternehmen mihlang,
und wir hören jeitdem nichts weiter über ihn.
Plut. Pyrrh. 26. Demetr. 39. Liv. 10, 2.
Kleopätra, Kilsordro«, 1) Tochter des Boreas,
ſ. Kalais. — 2) Tochter des das, j. Melea-
gros. — 8) Tochter des Tros und der Kallirrhos. |
— 4) Nichte des vornehmen Mafedoniers Attalos,
vor ihrer Verheiratung wohl Eurpdile geheißen
(Arr. 3, 6, 5), wurde von Philippos Il. von Male:
donien aus politischen Gründen 337 v. E. zur
ÖL — — — —— ———— — — —— — ———— —————————— —
637
Gemahlin gemacht. Satyr. bei Athen. 13, 5, p. 557.
Diejes Ehebündnis war der Grund zu arger Ent:
zweiung zwilchen dem Könige einer: und feiner
Gemahlin Olympias und beider Sohne Alerander
anderjeits. Damals verließ Olympias mit ihrem
Sohne Makedonien und ging nach Epeiros. Als
aber ihr Gatte 336 ermordet und Alerander König
geworden war, fehrte Olympias zurüd und nahm
an Kleopatra grauenvolle Rache: nachdem fie die
Hleine, wenige Tage vor Philipps Tode geborene
Tochter derjelben, Europa, in deren Schoße hatte
ermorden lafjen, zwang fie ihre Nebenbuhlerin,
ihr Leben durch Erhängen zu endigen. Just. 9, 7.
Plut. Alex. 10. Diod. Sie. 17,2. — 5) Philipps
und der Olympias Tochter, feit dem Herbſte des
Jahres 336 Gemahlin Mleranders von Epeiros,
welcher 330 jtarb, dann 322 mit dem Neichsver:
wejer Perdikkas verlobt. Arr. bei Phot. 706, 25 f.
Nach dejien Tode war fie von vielen der Großen
ummworben, die durch fie dem Diadem näher zu
fommen hofften; allein Antigonos bewadhte jie in
Sardes, wo fie dauernd ihren Aufenthalt genom:
men hatte, und lief fie (308) ermorden, damit fie
nicht Semahlin des von ihr erwählten Ptolemaios
von Agypten würde, aber bald nachher prachtvoll
beifegen, um den Verdacht von ſich abzumwälzen.
Diod. Sie. 20, 37. — 6) Tochter des Ptolemaios VI.
Philometor, verlieh ihren Gemahl Alerander Balas,
König von Syrien, und heiratete den Demetrios,
der jenen verdrängt hatte, darauf deſſen Bruder
Antiochos Sidetes, als ihr Gemahl Demetrios in
parthiiche Gefangenschaft geraten war. Demetrios
brachte aber, als er aus derjelben entlaffen wurde,
eine Bartherin als Gemahlin mit, weshalb die
rachlüchtige Kl. ihn, nachdem er in die Hände eines
neuen Thronbewerbers gefallen war, töten lich.
Die graufame Frau tötete darauf ihren eigenen
Sohn (von Demetrios), Seleufos, der ihr die an:
gemaßte Herrichaft ftreitig machte, wurde indes
nicht lange darauf von ihrem andern Sohne ge:
zwungen, den @iftbecher zu leeren. ‚Just. 39, 1. —
7) Tochter des Ptolemaios Auletes und Schweiter
des jungen Ptolemaios XII, zu deffen Gemahlin
und Mitregentin ihr Bater jie bejtimmt hatte.
Beim Tode ihres Vaters (52 v. E.) mar fie 17
Jahre alt; da ihr Bruder damals nur 9 Jahre
zählte, jo regierten Achillas (unter deffen Augen
ſpäter Bompejus umgebradt wurde) und andere
Minifter für ihn und vertrieben die ehrgeiziger
Pläne bejchuldigte SI. (im Jahre 48). Cues b. c.
3, 103. Nach PBompejus’ Tode verhinderte Cäſar
den Ausbrudy eines Nampfes zwiſchen beiden Ge:
ſchwiſtern und übernahm die Schlichtung des Strei-
tes, indem er feitiegte, daß beide gemeinschaftlich
regieren jollten. Caes. b. c. 3, 107. Gäjar, der ſich
damals zu MAlerandreia aufhielt, und zu dem MI.
fich geflüchtet hatte, wurde von ihrer auferordent-
lihen Schönheit ganz bingerifien. Plut. Caes. 49.
Ein Krieg des jungen Ptolemaios, der nad) dem
Willen feiner Minifter Agypten allein beberrichen
jollte, war die Folge obiger Enticheidung und
brachte den in der Burg von Mlerandreia belager:
ten Cäſar in große Gerahr. Caes. b. Alex. 1—32.
Als aber endlich (47) den Eingeſchloſſenen Entjat
gelommen war, die Agypter in einer großen Schlacht
bejiegt worden waren und ihr junger König auf
der ® ucht durch Ertrinfen im Nil den Tod ge:
funden hatte, jegte Cäjar die Geliebte als Herrſcherin
Kleopatra.
638
ein. In ihre Nebe verſtrickt, blieb er noch längere
Beit in Agypten, lieh fie jpäter nach Rom fommen
46) und erfannte den von ihr gebornen Sohn
Gäjarion an, erregte aber durch alles Ddiejes die
Unzufriedenheit der Römer, weshalb ſie bald nach
Gähars Tode fliehen mußte. Die Anhänger Cäjars
unterjtügte fie auch ſpäter. Cie. ad Att. 14, 20,2.
Dio Cass. 42, 30. Nicht lange darauf gewann
fie die Gunst des Antonius und feflelte ihn durch
ihre Reize jo jehr, daß er ſich ihr blindlings hin—
gab, und fie jelbit ungeftört Herrin Agyptens war.
Plut. Ant, 26. Antonius verlebte bei ihr in Ale-
yandreia den Winter des Jahres 41. Als er aber
während des perufinischen Bürgerkriegs (41—40)
nad) Italien gelommen war und mit Octavian
einen Vergleich abgeichlofien hatte, demzufolge er
die Öftlihen Provinzen erhielt, vermählte er fich
mit Octavians Schweiter Octavia und blieb 3 Jahre
in Rom. Dann zog ihn feine unfelige Liebe zu
KL. wieder nach Ägypten, er begab fi) von neuem
und auf immer in den Dienjt der ägyptiſchen
Königin (36). Dieje gebar dem Antonius 3 Kinder
und war jchuld an jeiner Berweichlichung und
Unthätigfeit, aus der ihn faum die Nüftungen
Dctavians herausrifien. Nach der Schlacht bei
Netium (31), der fie zwar mit 60 Schiffen bei-
wohnte, aus der fie aber, ohne die Enticheidung
abzumarten, mit ihrem Schiffe floh, verjuchte fie
ihre Verführungsfünfte bei Octavian, jedoch vergeb-
lich, und entzog ſich ihrem Schidjale, des Siegers
Triumphwagen zu ſchmücken, durd freiwilligen
Tod, indem fie jich (vielleicht durch die Biſſe einer
giftigen Natter) eine tödliche Wunde beibradhte,
im Jahre 30. Suet. Oct. 17. Plut. Ant. 25 ff. 78 f.
Vell, Pat. 2,87. Dio Cass. 51, 5ff. Strab. 17, 795 ff.
Eutr. 7, 7. Hor. od. ı, 37. Vgl. Ad. Stahr, Kleo—
patra (2. Aufl. 1879).
Kleophantos j. Maler, 1.
Kleöphon, Klsopar, 1) tragijcher Dichter in
Athen zur Zeit der Ochlofratie, Darfteller ge:
wöhnlicher Charaktere in gewöhnlicher Sprache.
Welder hält ihn für identiſch mit dem folgenden.
— 2) einflußreiher Demagog zu Athen in der
legten Zeit des peloponnefiichen Krieges, wurde
durch die Dligarchen, denen er bejtändig entgegen:
gearbeitet hatte, nach der Schlacht bei Aigos—
potamoi (405 v. E.) infolge einer Anklage wegen
Berabjäumung feiner militärischen Dienftpflicht be:
jeitigt. Xen. Hell. 1, 7, 36. Lys. 13, 8. Die
Komiler verjpotteten ihn heftig. Bon feinen Reden
bejigen wir feine mehr.
Kleosträtos. Alsoorgaros, 1) ein Jüngling
in Theipiai, jollte auf Befehl des Orakels einem
ungeheuren Drachen, der die Gegend von Thejpiai
verheerte, als Opfer vorgeworfen werden; da um:
fleidete jich jein Freund Meneftratos mit einem
Harniſch, der eijerne Widerhafen hatte, und lieh
jih von dem Tier verichlingen, das jo ſelbſt um:
fam. Infolge davon erhielt Zeus zu Theſpiai
den Beinamen Saotes (Netter). Paus. 9, 26, 7. —
2) ein Aſtronom von Tenedos um 530 v. E., joll
die Zeichen des Zodiafos erfunden haben.
Kingovgie, colonia. A) Die griechiſchen
Kolonien wurden teild aus politifchen Gründen,
teils zu fommerziellen Zweden gejtiitet. Entweder
aus politiichen Gründen: jei es, daß ein befiegter
Stamm feine Heimat verlieh, wie dies in groß:
artigftem Mafjtabe nad) dem Zuge der Dorier
Kleophantos — Kingovyia.
und Heralliden geihah; die Maſſe der griechijchen
Bevölkerung, welche nach Kleinajien zurüdjlutete,
gründete hier an der Küſte entlang eine Reihe
aioliicher, ioniſcher und doriicher Kolonien, welche
auf diejem Küſtenſtriche das helleniſche Leben gegen
die von Diten fommenden Barbaren fiegreich ver-
teidigt haben; aus hiftorischer Zeit mögen Mefiene
und Maſſalia als Beijpiele dienen; — jei es aud,
dab; eine Partei vor der andern das Feld räumte
(Tarent und Syrafus); — jei es endlih, daß
Übervölferung eingetreten war (Rhegion). Oder,
und dies ift der gewöhnliche Grund der Ausſen—
dung, es jollten die merfantiliichen Berbindungen
erweitert werden. Ganz bejonders waren es Küſten—
jtrie, an melden bequeme Häfen angelegt und
Schiffahrt eröffnet werden konnte. Dies Streben
führte zu den ausgedehnten Anfiedelungen an den
aſiatiſchen Küftenftrihen, an den Geftaden des
Pontos und des thratifchen Boſporos und auf
den benachbarten Inſeln, weſtlich an den Gejtaden
von Jtalien, Sicilien und Gallien. Die Thätigkeit
der Tochterftaaten war hierbei nody rühriger als
die der Mutterftaaten in Hellas. Noch jpäter trat
das Streben hinzu, feite ftrategiiche Punkte zu
gewinnen, von welcden aus der Handelsverkehr
gelichert wurde. Seit der Zeit Aleranders wurden
auch Invaliden zur Gründung einer neuen Stadt
beftimmt. — Beranlafjung zur Wusjendung und
Anweifung über die Wahl des Orts gab gewöhn-
lih das delphiiche Drafel (jelten ein anderes).
Zur Leitung des Auszuges wurde ein ausgezeich—
neter Mann als Führer, als olxıorıjg oder ari-
srng, ernannt. Mitziehen konnte, wer fich meldete,
aud Fremde; doch war die Aufforderung dazu,
welche durch Herolde erging, zuweilen auf be-
jtimmte Klaſſen von Leuten bejchränft. Der olxı-
srrs hatte die Vermeſſung und Berteilung des
in Bejiß genommenen Landes, die Anlage der
Stadt, wenn nicht eine jolche jchon vorgefunden
ward (die in eine Schon beitehende Stadt nachge-
jandten Anſiedler hießen bejonders Eroıxor, 1. d.),
u. dgl. m. zu bejorgen. Er genoß nach jeinen
Tode Heroenehren. — Wutterjtadt (unreöomolıg)
der Kolonie war derjenige Staat, weldyer eben
diejen olxtorıjg oder den Stamm der Pflanzer
gab. Die Berpflichtungen der Tochterftädte gegen
ihre Metropole waren feine andern als welche
die natürliche Pietät der fortdauernden Bluts-
verwandtichaft ihnen auflegte. Der Stiftungsbrief
derjelben enthielt eben darüber, ſowie über ihre
Einrichtung die erſten Bejtimmungen. Wenn aud)
anzunchmen ift, daß die Bilanzftädte die gewohnte
Staatsverfaſſung beibehalten haben, jo waren jie
doch politiſch von der Mutterjtadt völlig unab-
hängig; es jind nur Ausnahmen, wenn fie Ab:
gaben an die Mutterjtadt zu entrichten hatten oder
ıhre oberiten Beamten von daher erhielten, wie
3. B. die Potidaiaten von Korinth. ber die
Dauptgottheit und die Kulte der Mutterjtadt, ſowie
das heilige Feuer aus ihrem Prytaneion wurden
in die neue Heimat mit hinübergenommen. Die
Hauptfefte der Mutterftadt wurden aud ferner
durch Gejandtichaften (Theorien) und Gaben be:
ichict, und ihre Embleme auf den Münzen aus:
eprägt; ihre Bürger hatten bei öffentlichen Schau:
pielen die Proödrie, und bei neuerer Musjendung
von Kolonien wurde and) wohl von ihr wieder
%
-
der orxıorıjg erbeten. — Berichieden hiervon find 3
Kinos, »Anreveıv — Knidos.
1) Handelsfaktoreien, welde Genoſſenſchaften in
fremden Staaten, z. B. in Ägypten (Hat. 2, 178),
bildeten, und 2) die Kleruchien, wahrſcheinlich
das Borbild der römiichen Kolonien. Hier galt
das Recht des Eroberers, das Land der Unter:
worfenen einzunehmen und als erblidhe Beſitz—
tümer (x20010) unter die Sieger zu verteilen. In
diejem Sinne können jchon die Dorier im Pelo-
ponnes, die Thejjalier in Bezug auf die Peneſten
als Kleruchen angejehen werden. Bejonders aus:
gebildet wurde dann aber jpäter jeit 506 und bis
388 dv. E. dies Verhältnis von den Athenern und
war, da die Kleruchen die Beſatzung des Ortes
bildeten, neben der Entwaffnung der oruneyor ein
tweientliches Mittel der atheniſchen Machterwei-
terung. Das ältefte Beifpiel der Art ift Chalkis
auf Euboia, wo die Hippoboten (j. d.) aus dem
Yandbefig vertrieben, ihr Yand im 4000 Anjgoı
an atheniſche Bürger verteilt wurde (Hdt. ö, 77;
ipäter änderte jich das Verhältnis in Ehalkis). Es
folgten auf Kimons Antrieb Sfyros, durch Berifles
der thrafiiche Cherjones, Naros, Andros, Sinope
u.a. Nach der Schlacht bei Aigos Potamoi gingen
alle Kleruchien verloren; bald wurden neue ein:
gerichtet, 380 wegen der Gehäffigfeit der Einrich—
tung alle wieder aufgehoben. Doc, jchon 356
fommen wieder jolche vor, da die Einrichtung von
Kleruchien ein zu bequemes Mittel für Demagogen
war, die Gunft der ärmeren Maffen zu gewinnen.
Aus den fich freiwillig Meldenden wurde die be:
ftimmte Anzahl der Stleruchen erloft, die Armeren
mit Waffen und Neijegeld verjehen; Ddiejelben
blieben athenifche Bürger, fie konnten zu jeder
Zeit nach Athen fommen und dort ihre Rechte als
Bürger ausüben; ja fie konnten ihren ftändigen
Aufenthalt in Athen behalten und ſolche auswär-
tige Beligungen an die uriprünglichen Eigentümer
oder an dritte verpacdhten. Aber unter ſich frei:
lich bildeten die angejiedelten Kleruchen wieder
einzelne Gemeindeverbände, die in der engiten
Abhängigkeit vom Mutterftaate ftanden, der oft
in der Kleruchie jelbjt Staatseigentum beſaß. Zum
Kriegsdienft und andern Leiftungen in Athen waren
fie verpflichtet (die chalkidischen Mleruchen bemann:
ten bei Artemifion und Salamis 20 athenifche
Schiffe). Bei freier Wahl ihrer Obrigfeiten wurden
fie doch von Athen beauffichtigt; kurz, fie bildeten
recht eigentlich eine Erweiterung der athenijchen
Herrſchaft. Tribut zahlten wenige von ihnen. Die
ar Gerichtsbarkeit ftand Athen zu. Vgl. Boedh,
Staatshaushaltung I ©. 555 ff. — B) Die Rö—
mer legten ihre Kolonien nicht wie die Griechen
an unbewohnten Orten an, jondern jchidten fie
nach bereits beftehenden Städten, urſprünglich um
als Befagung der neu eroberten Stadt den Feind
zu beobachten und die neue Erwerbung zu fichern
und von jolcher gewonnenen Bafis aus neue Er-
oberungen vorzubereiten, 3. B. Venuſia. Neben
diejem mifitärichen Zwede trat bald ein anderer
hervor, nämlich neuerungsjüchtige, arme Bürger
auf dieje Weije zu verjorgen und die Ruhe Roms
zu erhalten. Entich gründete man jeit Sulla
Militärkolonien, nur um den ausgedienten Kriegern
eine bleibende Heimat und Auskommen zu ver-
ihaffen, was mit großer Gemaltthätigfeit und
Sraujamfeit gegen die früheren Bewohner geichah.
Diejes Inſtitut war ein Hauptmittel, den Nömer:
ftamm in allen Ländern zu verbreiten und ber
639
römijchen Sprade und Herrichaft den Sieg zu
jihern. — Die Kolonien wurden mit bejonderen
Geremonien von eigenen Nuratoren (Triumviri
coloniae deducendae, auch Septemviri, jogar
Vigintiviri) deduziert und befamen eine der Mutter:
ftadt nachgebildete Berfafjung und Magijtraturen,
j. Magistratus municıpales. Wad dem
Rechte der Bewohner waren die Kol. a) civium
Romanorum, b) eoloniae Latinae, j. Latium,
7f. Die legteren haben die römijchen Bürgerfolo-
nien ganz in den Hintergrund gedrängt. Nod) jind
au nennen ec) coloniae iuris Italieci, d. h.
tolonien, in den Provinzen gelegen und aus:
nahmsweile mit dem Recht ausgeftattet, welches
die in Italien gelegenen in Beziehung auf Steuer:
freiheit u. j. w. bejaßen, ſ. Jus Italicum. Much
nod) in der Kaijerzeit wurden coloniae militares
gegründet. Die legte war Verona, vom Kaiſer
Gallienus deduziert, 265 n. E
— zinreVew und xAnjtoges |. Pro-
zels, 3,
Klonios, Klovdog, 1) Sohn des Alegenor, Führer
der Boioter vor Troja, von Agenor erlegt. Hom.Il.
2, 495. 15, 340. Diod. Sie. 4, 67. — 2) Sohn des
Priamos. — 3) 2 Gefährten des Aineias. Verg.
A. 9, 574. 10, 749.
Klotho j. Moira, 3.
Kiymöne, Alvufvn, 1) Tochter des Okeanos
und der Tethys, Gemahlin des Japetos Hesiod.
theog. 351. 507 ff. Verg. G. 4, 3456), oder des
Prometheus und Mutter des Hellen und Deuka—
lion. — 2) Tochter des Nereus und der Doris.
Hom. Il. 18, 47. — 3) Tochter des Minyas, Ge-
mahlin des Phylakos (oder Nephalos), Mutter des
Sphiflos und der Altimede, der Mutter des Jaſon
— 10, 29, 6. Hom. Od. 11, 326); von Helios
utter des Phaithun. Ov. met. 1, 756. 4, 204.
— 4) ſ. Atalante. — 5) Dienerin der Helena,
die fie nach Troja begleitete. /lom. Il. 3, 144.
Nach Trojas Einnahme fiel fie als Beute dem
Afamas zu. — 6) j. Katreus. — 7) Mutter
des Homer.
Kiymönos, Kivusvog, 1) Beiname des Hades.
Paus. 2,35, 95. Op fast. 6, 757. — 2) Sohn
des Kardys aus Kreta, der im 50. Jahre nach
der deufalionijchen Flut die olympijchen Spiele
erneuert und jeinem Ahn, dem idaiiſchen Herakles,
einen Mitar erbaut haben joll. Paus. 5, 8, 1. —
3) Cohn des Helios, Vater des — Hygin.
fab. 154. — 4) Sohn des Preibon, Vater des
Erginos, König der Minyer in Orchomenos, von
den Thebanern erſchlagen und von Erginos ge:
rät. Hom. Od. 3, 452. Paus. 9, 37, 1.
Klytaimnestra, AKlvrauurjsrga, ältere Form
Kivrauunjorge, altlateinijch Clutemestra, ſ. Aga-.
memnon und Orestes.
Kiytios, Alvrlog, 1) ein Gigant. — 2) Sohn
des Laomedon, Bater des Kaletor und der Pro:
kleia, troiſcher Geront. Mom. Il. 3, 147. 15, 41%.
Paus. 10, 14, 2. — 3) Bater des Peiraios in
Sthafa. Hom. Od. 16, 327. 15, 540. — 4) einige
Sefährten des Aineias. Verg. A. 9, 774. 10, 129.
11, 666.
Knakion, AÄvazıov, Bach jüdlich von Sparta,
entweder der jebt Panteleemon genannte oder der
etwas weiter nördlich mündende Mayula (j. die
Karte zu Lakonika). Plut. Luc. 6.
Kuidos, Avridos, latein. Cnidus und Gnidus,
640
doriiche Stadt in Karien, Kolonie von Lakonien,
am wejtlichen Ende einer langen, ſchmalen Halb—
injel (Asgoornoog 1) Krıdia oder 1) Bußaocie),
nahe dem Vorgebirge Triopion, wo im Mpollon:
tempel die Berjammlungen und Feſtſpiele des Dori—
ihen Bundes ftattfanden. Die Stadt lag teils
auf dem Feſtland zwiſchen 2, dur einen Kanal
verbundenen Häfen, teils auf einer Inſel gegen:
über. Sie war ein Hauptjig des Kultus der Apgo-
dirn Eimiore (regına Gnidi, Hor. od. 1, 30, 1),
deren berühmte Statue von Prariteles fich dort
befand, bedeutend durch ihren Handel, VBaterjtadt
des Arztes Kteſias, des Mathematiterd Eudoros
und des Geſchichtſchreibers Agatharchides, endlich
befannt durch den Seefieg des Nonon über Bei:
fandros (Auguſt 394 v. E.). Anjehnliche Ruinen
von verichiedenen Tempeln, namentlich einem
Demetertempel, und 3 Theatern bei dem j. Kavo
Krio. Hat. ı, 144. 174. Thue. 8, 35. Xen. Hell.
4, 3, 10 ff. Nep. Con. 4. Strab. 14, 653. 656.
Knosos j. Kreta, 4.
Kodros, Ködoos, Sohn des Melanthos, eines
Neliden aus Pylos, welcher durch feinen glüdlichen
Zweikampf mit dem boiotiſchen Könige Kanthos
die Königswürde in Mttifa empfangen haben ſoll,
die er auf feinen Sohn Kodros vererbte. Nach
anderer Nachricht fämpfte erft 8. mit Kanthos und
erlangte die Königswürde. Arist. pol. 8, 8, 5
p- 1310 B. Die befannte Sage, nach welcher K.
beim Einfalle der Dorer aus dem Peloponnes ſich
ruhmvoll opferte und dadurch jein Vaterland (an-
geblid 1068 v. E.) rettete (Hdt. 5, 76. Plat.
symp. 208. Lyeurg. Leoer. 158 u. d.), ift nad:
weislich nicht vor dem 5. Jahrh. v. E. entjtanden.
An fie hat ſich die Erfindung geknüpft, die Athener
hätten nadı 8.3 Heldentode ihm zu Ehren Die
Königswürde aufgehoben (Just. 2, 7), und die
jpätere Überlieferung nennt allgemein K. als letzten
König von then und Medon als eriten auf
Lebenszeit gewählten, verantwortlichen Archonten
(vgl. Vell. Pat. 1,2, 2. Faus. 4, 5, 10). Da aber
Platon (symp. 27 p. 208 D) und Ariftoteles (a.a.D.)
höchft wahricheinlich von Aufhebung oder Beſchrän—
fung der Nönigsgewalt nad K. nichts gewußt
haben, und im Marmor Parium (27—31) Medon,
Megakles u. a., die jonft lebenslängliche Archonten
heißen, Könige genannt werden, wird ſchwer⸗
li) nad Kes Tode die höchſte Gewalt in Athen
eine wejentliche Abänderung erfahren haben. Vgl.
Buſolt, griech. Geſch. I ©. 399 ff.
‘ Koilesyria j. Syria, 3.
Koinos, Koivos, einer der anägezeichnetiten
Feldherren Alexanders, Schwiegerjohn Parmenions,
begleitete den König nach Indien, riet am Hy—
phafis dringend zur Rückkehr und ftarb auf der:
jelben zum großen Bedauern Nleranders, 326 v. C.
Durt. 9, 3, 3 ff. Arr. 5, 8,4. 27, 1ff. 6, 2, 1.
Koios ſ. Titanen.
Koirtar, freies Volk in Pontos zwijchen den
Moiynoiken und Tibarenern. Xen. An. 7, 8, 25.
Kokälos j. Daidalos,
Kokjtos j. Acheron und Unterwelt, 2.
Kolakreten, zxwAargfraı (von oA, der Hüft-
Tnochen, und &yeigw, daher die ältere Form xwi-
eypirns), uriprünglid die Sammler der Opfer-
ftüde als Speijemeifter für gewiſſe öffentliche
Mahlzeiten, ſodann eine Finanzbehörde in Athen,
welche die Verwaltung der Staatsfaffen hatte. Seit
Knosos — Kolophon.
Kleifthenes traten an ihre Stelle die Apodeften
(droderrer); jene behielten nur die Einnahme der
Berichtägelder (zerravsia) und die Verwendung
derjelben für die Speifungen im Protaneion und
jpäter den Nichterfold. Die Gelder empfingen fie
wohl durch den raulas rüg duoınnjacwg. oeckh,
Staatshaushaltung I ©. 237 ff.
Kolassai j. Kolossai.
Kolehis, Koiyis, die jchon aus der Argonauten—
ſage befannte, fruchtbare, aber jumpfige Yandichaft
in der jüdöftlichen Ede des Bontos Eureinos, zwi—
ichen dem Kaulaſos, Jberien, Armenien und Bon:
tos. Hauptfluß ift der Phaſis oder Rhion (ij.
Nioni), während der Akampſis (j. Dichorof) die
Grenze gegen Pontos bildet. An der Hüfte lagen
die hifefifihen Kolonien Phaſis (j. Pot und
Diosfurias (j. Iskuria), beide in der Kaiſerzeit
Sebaftopolis zubenannt; weiter nördlich Pityüs
(j. Pitſunda), römijche Grenzfejtung und Ber-
bannungsort. Als Bewohner werden verjchiedene
Stämme: die Apfilen, Abaſger, Suanen u. a.,
jpäter die Lazen genannt. Wegen der ſchwärz—
lichen Hautfarbe, des krauſen Haares, der Sitte
der Bejchneidung und der Yeinmwandarbeiten dachte
1. an eine ägyptiſche Kolonie aus Sefoftris’
Zeit. Den Tribut von ſchönen Knaben und Mäd—
chen an den perjiichen Hof hat jedesfalls die Berg:
landichaft, die übrigens nur in lojer Abhängigkeit
ftand, geleiftet. Xenophon (An. 4, 8, 8ff.) er:
wähnt Kolcher auch in den Bergen um Trapezüs.
Kolchis gehörte zu dem Reich des Mithridates, war
dann römijcher Lehensſtaat und bildete (unter Ber-
ſchwinden des alten Namens) jeit dem 5. Jahr).
n. E. das Königreich Yazifa. Hdt. 2, 103 ff. 3, 97.
Strab. 11, 497 ff.
Kolönai, Kolövaı oder -«d, 1) aioliiche Stadt
in Troas, öftlich von Alerandreia Troas; j. Tichigri.
Thue. 1, 131. Xen. Hell. 3, 1, 13. Nep. Paus. 3.
— 2) Kolonie von Miletos in Myſien, oberhalb
Lampſakos. Arr. 1, 12, 6. Strab. 13, 589.
Kolönos, Kolwvög, 1) Agoraios, Yolalität
von Athen, wahrjcheinlich ein Teil des den Weiten
der Stadt bildenden Demos Melite. — 2) Hip-
pios, ſ. Attika, 14.
Kolöphon, Kolopar, d. h. Spike, bedeutende
Stadt des Joniſchen Bundes in Kleinafien, nord:
weitlih von Ephejos, an dem Heinen, eisfalten
Flüßchen Hakes gelegen, 2 Millien entfernt vom
Kayſtriſchen Meerbufen, an dem ihr Hafen Notion
lag. Xen. Hell. 1, 2, 4. Läiv. 37, 26. Sie war
ausgezeichnet jowohl durch ihre Seemacht als durch
ihre Nteiterei (daher das Sprihwort Kolopür«
dmıiridiran, Kol. zu Hülfe nehmen, d. h. eine
Sache vollenden, ihr den Ausjchlag geben). Kol.
wird unter den Geburtsjtädten Homers genannt
und war die Heimat der Dichter Mimnermos,
Hermefianar und Nilandros, nad) einigen aud des
Malers Apelles. Trotz der verjchiedenen Erobe-
rungen durch den Indiichen König Gyges (Hdt.
1, 14), durch die Perſer im peloponnefiichen Kriege
(Thue. 3, 34), durch Lyſimachos (der die Bewohner
nach Ephejos verpflanzte), durd die Seeräuber
(Cie. de imp. On. Pomp. 12) blieb die Stadt doch
ziemlich bedeutend und erhielt von den Römern
Immunität. Liv. 38, 39. Unter den Produkten ift
das Nolophonium, wisse Kolopwri«, resina C.,
befannt. — Ganz in der Nähe, wejtlih, lag
Nlaros (Alcgog), berühmt durch feinen Tempel
Kolossai — Komoedia.
des Apollon mit Orakel (rö Aldgwor); j. Sille.
Strab. 14, 642. Tac. ann. 2, 54,
Kolossai, Kolosoed, jpäter aud; Kolasae«i, am ,
Lykos (Mebenfluß des Maiandros), nad) Herodot |
(7, 30) und Xenophon (An. 1,2, 6) eine der be:
deutenditen Städte des ſüdlichen Phrygiens, be:
fannt durch Wollweberei und Färberei, ſank aber
fpäter (auch durch ein Erdbeben 65 n. E.) und iſt
faft nur durch den Brief des Apoftels Paulus
noög Kokaocasis in der Erinnerung geblieben;
j. Khonas. Strab. 12, 576 f.
Kolötes j. Bildhauer, 6.
Kolüthos j. Epos, 6.
Komäna ſ. Kappadokia und Pontos.
Kommagöne, Kouuaynrr), der nördlichite Teil
Syriens, j. Syria, 3.
Komoedia, xound’«, comoedia, von xöuog
und adıj, Frreudengejang, Luftipiel, hatte jedesfalls
einen ähnlichen Uriprung wie die Tragödie, wiewohl
wir über die Entjtehung beider feineswegs genau
und bejtimmt unterrichtet find. Bei den Feſten des
Dionyjos, befonders bei der Weinlefe, vereinigten fich
die Winzer und Landleute zur freier diejes Gottes.
Diejer Verein von Landleuten war ein freiwilliger,
der für das Feſt zufammentrat, nur in entfernter
Beziehung zum Kultus ftand und in einer Gruppe
von 24 ſonen eine Iuftige, durch Weinrauſch
belebte und durch das Feſt zu jedem Spott be-
rechtigte Bolfsgemeinde darftellte. Heitere, aus:
gelafjene Lieder voll Witz und Spott bildeten
einen Hauptbeftandteil diejer Feier, wobei man
allerlei andere Kurzweil trieb und namentlich die
Borübergehenden nedte. Preis der Gejänge war
ein Schlauch, gefüllt mit Wein. Aus dieſer Feier
und aus diejen Scherzen joll die Komödie in
Griechenland hervorgegangen und nach und nad
zu einer dramatiichen PDichtungsart herangebildet
worden fein. In Attila wird ein gewiſſer Suſa—
rion, der 580 v. E. lebte, als der Begründer
derjelben genannt. Doc; joll fie jchon früher bei
den Megarenjern, deren ausgelajjene Heiterkeit
und Spottluft befannt war, und deren freiere Ber:
fafjung eine jolche Richtung allerdings unterjtüßte,
heimijch gewejen fein und einen gewifjen Grad
ber Ausbildung gehabt haben, wenn fie auch über
ertemporierte Scherze und Spähe nicht viel hin—
ausgegangen jein mag. Vgl. v. Wilamowik im
Hermes, Bd.9 ©. 3198 Dieje doriſche Komödie
wurde auch in Sicilien bejonders durch Epichar—
mos (j. d.) ausgebildet. Diefer nahm die Gegen-
ftände für feine Stüde aus der Mythologie.
Talent in erfinderifcher Kompoſition, in Iujtigen
Motiven und überrajchenden Kontraften wird ihm
nachgerühmt. Vgl. über die Komödie der Dorier
Gryſar, de Doriensium comoedia (1828). —
In Athen begann man jeit den Perjerfriegen aus
den Elementen jener megariichen Schwänfe die
Komödie auszubilden. Die früheſten Verfuche wer:
den dem EChionides beigelegt. In der kunſt—
mäßigen attiſchen Komödie hat man ein zwei:
faches Alter zu unterfcheiden: 1) die alte Kom.
(n el vder doyal« xmu.), blühte bis zur
Beit der Unterdrückung Athens durch die Dreihig
‘404 v. E.). Die vorzüglichiten Dichter diejer
Hattung, deren wir an 40 fennen, waren
Kratinos, Krates, Eupolis, Pherefrates,
Phrynichos und bejonders Ariftophanes, von
dem allein noch vollftändige Dramen (11) ung er:
Reallerifon des Hafj. Altertums. 7. Aufl.
641
halten find, aus denen fich das Wejen der Gattung
erfennen läßt. Jede Schwäche, jedes fittliche Ge-
brechen, jede politiiche Verkehrtheit und verderb-
liche Richtung , ſelbſt an den angeſehenſten und
mächtigften Männern, wurde gerügt und dem
Spotte preisgegeben. Auch ſelbſt Heroen und
Götter wurden ihrer Würde entfleidet und in
ihren Schwächen und Blößen dargeftellt. Chr:
geizige, ungeſchickte Feldherren, unruhige, an-
maßende Dentagogen, lächerliche Philojophen und
verderbliche Sophiſten, Dichter und Redner brachte
fie unter ihren eigenen Namen und mit treuer
Nachbildung ihrer äußeren Perjönlichfeit durch be:
jonders dazu gefertigte Masten auf die Bühne:
niemand blieb verjchont, der die Geißel des
Spottes zu verdienen ſchien. Dabei twurde frei:
lich die Schilderung zum Zerrbilde: niedrige Bil:
der und Gleichniffe, ſchmutzige Spähe und Aus:
drüde find nicht eben felten. Die Kom. des Ari-
ftophanes hat einen durchaus Öffentlichen Charafter,
alle Berhältniffe des Staats- jowie des Privat:
lebens kommen, jchonungslos mitgenommen, zum
Vorichein und vor die Augen des Publikums.
„Es übt jomit die alte Komödie das Amt einer
politiichen Cenſur aus und vertritt mit unbejchränf:
ter Freiheit die Öffentliche Meinung. Jedes ihrer
Stüde betrachtet das Geſamtleben des Staats in
einem einzelnen, aber wichtigen Momente, woran
das Allgemeine in gleicher Zeit ſich abipiegelt.
Aber langfam und nicht auf einmal ift ihr der
Umfang diefer Kritik Mar geworden. Den erften
Anftoh empfing fie von der reichen, aus vielfachen
Elementen — * ſtädtiſchen Geſell—
ſchaft, denn die wahre Komödie bedarf eines
Gegenjapes in der Geſellſchaft. Dann muß fie
aber auch eine Gegenwart voll von Bewegung
und Widerjprücen vorfinden, da fie von der
Gegenwart jich nährt und auf fie einmirft. Und
dieje Bedingung war in Athen während der Zeit
der Ochlofratie allerdings vorhanden. Bon der
Ochlofratie fam den Komikern ein reicher, um:
begrenzter Stoff für ihre Darftellungen. Denn
in wenigen Jahren hatte die Pöbelherrichaft den
jonft gediegenen Kern des attischen Volksſtammes
jo ausgehöhlt und zerfrejlen, dat die Möglichkeit
einer bejjeren Zufunft verloren war, da jofort in
die ochlofratiichen Trümmer und Schäden arg:
liftige Demagogen eindrangen, neben denen fana-
tiiche Priefter des Atheismus und des einheimi-
chen oder afiatiichen Aberglaubens, Männer der
Wiſſenſchaft und Wortführer fophiftiicher Bildung
im ftillen wirkten. Dieje ſtaatliche und gejell: :
ichaftliche Entartung nahm die alte Komödie zum
Gegenjtande ihrer Darftellung. Sie malt daher
unabläffig die Unpolitik und Anarchie des Staats,
die winzigen Staatsmänner, die Erniedrigung der
Bürger in — —— und im Gerichts:
weſen, die Verderbtheit des Bolfscharafters in der
Öffentlichkeit und Familie, die Auflöſung der
menjchlihen Bande in der Religion und Er:
ziehung, in den Ständen und Gelkhlechtern Es
dichteten die Komiker im Bewußtſein des allgemei—
nen Unglücks, und ſie liebten ihr Vaterland zu
warm und innig, um die beſſere Vorzeit vergeſſen
und die Reſte der Sittlichleit und Ehre preisgeben
zu können. Indem fie num ihre Zeit der Wahr:
heit gemäß in den Umriffen einer verfehrten und
verichrobenen Welt zeidinen, worin alle einander
41
*
642
gleich geworden und in aller möglichen Ungebun:
denheit für einen tollen Starneval vereint zu fein
icheinen, gewinnt die Komödie 2 mwejentliche Ele:
mente, das Phantaftiiche und das Recht der In:
fonvenienz, jo daß fie in diejer Beziehung als ein
vollfommener ee zur Tragödie erſcheint.“
Die Komödie idealifiert die Menſchen und ihre
Angelegenheiten in einem der Tragödie entgegen:
gejegten Sinne, nämlich ins Häßliche und Nie:
drige. Und wie in der Tragödie harmonische Ein:
beit in jeder Beziehung herrichen fol, jo darf die
Kom. in einer chaotiichen Fülle leben, die bunteften
Gegenſätze und Widerjprüde herbeiziehen, fich
Willfür aller Art erlauben, da das ganze Drama
ein einziger großer Scherz jein joll, der wieder
eine ganze Welt einzelner Scherze enthält. Daraus
erklärt fich die große ormlofigfeit der Stüde,
welche gänzlich ohne bejtimmten Plan und Ein:
heit gearbeitet find, ſowie die häufigen Verſtöße
gegen Anftand und Sitte. Bei den Ießteren iſt
aber nicht zu vergefjen, daß die Alten über gewiſſe
Dinge eine ganz andere und weit freiere Sitten—
lehre als wir hatten, und daß die mutwillige
Ausgelaſſenheit der Dionyſosfeſte auch den tie—
riſchen Naturtrieb einmal der Feſſeln entband,
welche ihm ſonſt Sittlichleit und Anſtändigkeit
anlegten. Es waren jene Feſte eine vollfommene
Faſchingszeit, welche alles entfefjelte und auch der
Nomödie eine ungezügelte Freiheit zulich. End—
lih ift es den Dichtern nie darum zu thun ge:
weſen, durch unfittliche Späße und Boffen bloß
das Gelächter der Menge zu erregen; es offenbart
ſich vielmehr auch in der tolliten Musgelafjenheit
ein fittlicher Ernft. — Die Sprache der alten Kom.
ift der reinfte Attieiſmus jowohl im Dialog als
auch in den Chören, die fie ebenjo gut als die
Tragödie hat, nur feine ordome, d. i. Gejänge
zwilchen den einzelnen Akten. Der Chor jelbjt
beftand aus 24 Berfonen, die fich oft in 2 Halb:
cdöre teilten. Der Tanz des fomifchen Chores
war der jogenannte »ögdad (j. d.), der in feinen
Bewegungen und Sprüngen ausgelaffen, mut:
willig, ja auch zuweilen unjchidlich und unzüchtig
war. Eine bejondere Eigentümlichleit des komi—
ſchen vn war die Barabaje, rapdßasıg. Die
Parabaje ijt ein Intermezzo und jteht ftreng ge:
nommen mit der dramariichen Kunft in Wider:
ſpruch, da die Jllufion aufgehoben und das Spiel
unterbrochen wird, damit der Dichter fich mit dem
Bublitum verftändigen kann. Sobald nämlich die
Erpofition des Stüdes abgeichloffen und das
Thema hinlänglic; begründet war, entftand ein
Nuhepunkt im Dialog; der Chor, welder bisher
auf der Bühne am Dialog feinen Anteil gehabt
hatte, nahm nun, zum Zuſchauerraume gewendet
(zeös rö Heargov agaßijvaı), eine Stellung in
der Orceftra ein, um, gewöhnlich in anapäftijchen
Tetrametern, Wünſche, Klagen, Verdienfte und
andere Intereſſen des Dichters vorzubringen und
in ihre Licht zu jegen, dann aber auch die Götter
des Staates zu preifen und politischen Tadel gegen
Berjonen und Mängel des öffentlichen Lebens vor:
zubringen. So bildet die Parabaje, welche nad)
Verlauf größerer Abjchnitte im Stüde wiederfehrt,
eine Digreſſion von den poctiichen Zwecken des
Stüdes zu den ntereffen der Gegenwart und
gleichſam ein Programm des Komikers, für den
meijt der Chorführer das Wort redet. Vgl. Koljter,
Komoedia.
de parabasi (1829). Agthe, die Barabaje und die
Zwiſchenalte der att. Komödie (1866). Nachtrag
dazu (1868). Muff, über den Vortrag der chor.
Partien bei Ariftophanes (1871), ©. 86fj. —
Aufführungen fanden namentlih an den Lenaien
ftatt; um den Preis, ftritten in bejjerer Zeit 3,
ipäter 5 Dichter. — Über das Koſtüm der alten
Kom. j. Schauspiele. — Beſchränkt wurde
dieje Gattung der Kom. hauptjächlic durch Ya:
machos gegen Ende des peloponneſiſchen Krieges.
— 2) Die neue Kom. (N via oder zur) noon- T
dia; die jogenannte mittlere Kom. ijt eine Er:
findung der Grammatifer des 2. Nahrh. n. E.;
ſJ. Selig, de Atticorum comoedia bipartita,
1866). Die frühere Verhöhnung und Verſpottung
wirflicher, namentlich angejehener Berjonen und
Madıthaber im Staate hörte auf (ur zwundeir
srouaerl); an ihre Stelle traten Philoſophen,
Dichter, beſonders Tragiker, auch Perjonen des
ewöhnlichen und alltäglichen Lebens: Handwerker,
auern, Krieger, Schmaroger, Hetären u. dergl.
Auch der äußere Glanz und die Ausftattung wur:
den vermindert, die Chöre fielen weg. Dagegen
erhielt der Plan und die Handlung eine künſt—
lihere Verſchlingung und Berfnüpfung, und Die
Perjonen traten in einer größeren Mannigfaltig:
feit auf. Die Sprache näherte fich mehr der ge:
wöhnlichen Umgangsipradhe und der des gemeinen
Lebens, doch war jie noch immer rein und elegant.
Dichter in diejer Gattung waren noch Ariftophanes
im Plutos, dann Eubulos, Anarandrides,
Antiphanes und Aleris. Später verihmwand
das politifche und Öffentliche Leben ganz von der
Bühne, dagegen traten Charafterftüde auf. Die
Dichter erfanden eine ordentliche Fabel, deren
Handlung nad) einem zufammenhängenden Plane
vom a bis zur GEntwidelung fortgeführt
wurde. Ein Knoten wurde gefnüpft und am Ende
getönt, fo daß die Aufmerkſamkeit der Zuſchauer
is dahin geipannt blieb. Die Kunſt beftand
darin, einen Charakter richtig nach dem Leben zu
ichildern, ftreng durchzuführen und dabei einen
zufammenhängenden Plan zu verfolgen. Damit
erreichte die neue Komödie ihren Höhepunkt in
der Zeit Mleranders des Gr. und der Diadochen.
Die Hauptdichter diefer Richtung find vor allen
Menander, dann Bhilippides, Pojidippos,
Philemon, Diphilos und Apollodoros. Die
Charaftere und Perſonen, welche vorzüglich vor:
geführt wurden, find diejelben, melde wir_ bei
ihren Nachahmern Plautus und Terenz antrefien:
leno periurus, amator fervidus, servulus cal-
lidus, amica illudens, sodalis opitulator, miles
proeliator, parasitus edax, parentes tenaces,
meretrices procaces. Ein Chor fam mur als
handelnde Perjon vor. — Ausgezeichnete Samm:
lung der erhaltenen Bruchjtüde der attijchen No:
miler von Meinefe: fragmenta comicorum Grae-
corum (4 Bdd., 1839 ff.), dazu als 5. Bb.: co-
micae dietionis index compos. H. Jacobi (1857).
Kleinere Ausgabe (2 Bdd. 1847). Fragmentjamm:
lung mit lateinifcher Überjegung von Bothe (1855
und 1868). Neue Sammlung von Th. Kock: comi-
corum Atticorum fragmenta (3 Bdd. 188088).
Vol. Bielinffi, die Gliederung der altattiichen Ko—
mödie (1885). — Bei den Römern entjtanden 6
die erjten Anfänge einer Komödie nach Yivius
(7, 2) im J. 363 dv. E., veranlaft durch den Aus:
Komos — Konon.
bruch einer Beft, indem man unter andern Mitteln,
643
Komos, Köuos, bei den jpäteren Griechen der
den Zorn der Götter zu verjöhnen, auch ludi Gott des feitlichen Freudengelages (40006), dar:
scaenıci aufführte und Schaufpieler aus Etrurien | geitellt als geflügelter Jüngling, in Gejellichaft
herbeiholte.
Tanzes auf ohne Gedicht, was die Römer zunächit
nahahmten und bei fi einführten. Im J. 241
v. C. dichtete Livius Andronifos, ein griech:
ſcher Freigelaſſener (j. Livii, 11.), unftreitig nad
griechiichen Mujtern, ein planmäßiges Stüd, bei
dejien Bortrage und Darftellung ein Flötenipieler
ihn begleitete. Bei dem Vortrage ſolcher Stüde
trieben junge Römer noch die alten Scherze und
Spähe, weldye fpäter durch die Atellanen ver:
drängt wurden, indem dieje als eine Art Nach—
fpiel an die Stelle jener traten. Vgl. Exodium
und Fabula. Die ältefte tunftmäßige Kom. der
Römer war eine Nachahmung der neuen griecdhi:
ihen; Plautus und Terenz, durch welche wir jie
allein fennen, verfuhren jedoch ſchon etwas jelb:
jtändiger, objchon audy in ihren Stüden die griechi:
ſchen Vorbilder nicht zu verfennen find. Nävius
verjuchte die alte attiiche Kom. einzuführen und
griff angejehene Römer freimütig an, mußte aber
diejen Verſuch mit dem Gefängniffe büßen, und
jo wurde die Sache von andern nicht weiter
fortgejegt. Die Sujet3 der römischen Kom. find
immer aus dem bürgerlichen und häuslichen Leben
genommen, einen Öffentlichen und politijchen Cha:
rafter hat fie nie gehabt. Dazu ftand fie im
Staate und öffentlihen Leben zu tief; fie war
niemald wie in Athen ein Staatsinftitut. Das
Intereſſe der Zujchauer wurde durch Verwidelung
der Handlung und deren Löſung, meiftens eine
Heirat oder Wiedererfennung, gefeffelt; die Cha:
raftere jind ziemlich ftehende, und ihre Schilde:
rung iwieberdolt fih. Die Teile der römischen
Kom, waren prologus, eine Art Vorwort, das
gewöhnlich den Inhalt des Stüdes anzeigte und
dDasjelbe dem Publikuut empfahl, diverbium (dui-
verbium), Dialog, und canticum, was man
fälichlih bloß auf Monologe bezogen hat. Unter:
ſuchungen Ritſchls und Bergks haben gefunden,
daß in den Handjchriften der Komifer die Ab:
— bei den einzelnen Scenen die Zeichen
IV und C als Abkürzungen für diverbium und
canticum gejeßt haben, und darnach ift die Zahl
der cantica viel größer als man bisher angenom:
men hat. Denn außer den Monodien finden fich
auch Wechjelgejänge, ja die gejungenen und, von
der Muſik begleiteten Bartien haben oft das Uber:
gewicht über den an Darin zeigt fi eine
große Abweichung von den griechischen Luftipiel:
dichtern. Einen Chor hatte die römiſche Nom.
nicht. Die den Griechen nachgebildete Kom. mit |
—— Leben und griech. Sitten hieß fabula pal-
iata; die Stüde, in welchen römische Sitte, Leben
und Trachten vorfamen, waren fabulae togatae.
Die bedeutenditen Balliatendichter waren Nävius,
PBlautus, Ennius, Atilius, Statius Cä—
cilius, Terentius und ©. Turpilius, Haupt:
bertreter der togata Titinius, T. Duintius
Atta und namentlih 4 Afranius. Über das
Koftüm j. Schauspiele, If. Beſte Samm—
—— der Fragmente der römiſchen Komiler von
D. Ribbeck: comicorum Romanorum fragmenta
(2. Band der poetae scaenici; 2. Aufl. 1873).
Bal. ten Geſchichte der römischen Dichtung 1
©. 53 ff.
Dieje führten eine Art mimijchen mit Seilenos, Eroten, Zechern.
ı Kovıorngıov, xorioree, conisterium, d. h.
Staub: und Sandplag, hieh in den Gymnaſien
der Plaß, two die Ringer und Kämpfer ſich übten.
In dem griechiichen Theater bezeichnet xor/orga
den Fußboden, auf welchem bei dDramatijchen Auf:
führungen die bretterne Orcheſtra, der Standort
des Chores, errichtet war, daher aud) die Orchejtra
jelbft; ſ. Theatron, 6.
Konon, Kövor, 1) ein atheniſcher Feldherr,
welcher fich im peloponnefiichen Kriege auszeichnete
und jhon im %. 413 v. E, eine Flotte befehligte.
Thuec. 7,31. Im %. 407 übernahm er ftatt des
Altibiades den Befehl (Just. 5, 5, 4), wurde aber
von Kallifratidas bei Mytilene gejchlagen, ein:
geichloffen und nur durch den Sieg jeiner Lands—
leute bei den Arginufiichen Inſeln (406) gerettet.
Als die Spartaner die atheniiche Flotte bei Aigos—
potamoi (405) überfielen und vernichteten, rettete
er allein jeine Abteilung von 8 Schiffen durch
feine Wachjamleit und entlam nach Kypros. Xen.
Hell. 1,4, 10. 5, 16 ff. 6, 10 ff. 38. 7,1. 2,1, 28f.
Nep. Con. 1, 2f. Plut. Lys. 11. Nach der Er:
oberung Athens blieb er auf Kypros 8 Jahre,
fnüpfte von dort aus mit dem perſiſchen Sofe
Verbindungen an und erhielt von demjelben, als
Agefilaos in Vorderaſien einfiel, eine Flotte (396),
mit der er in See ging. Doc richtete er, von
den perfiichen Satrapen nicht gehörig unterftügt,
anfangs wenig aus und begab ſich Deshalb jelbjt nach
Suja an den Hof im J. 395, 100 es ihm gelang, durch
jein freimütiges Auftreten jih Achtung zu er:
werben und fräftige Hülfe zu erhalten. Darauf
jegelte er von neuem aus und traf den ſpartani—
ihen Admiral Peifandros, Ageſilaos' Schwager,
bei Knidos an der fariichen Küfte, griff ihn an
und ichlug ihn völlig (Auguſt 394). Xen. Hell.
4,3, of Plut. Ages. 17. Nep. Con. 4. Just.
6, 3. Damit war die jeit Athens Entkräftung
gegründete Herrichaft Spartas auf dem Meere ge:
brocdhen. Konon, dem jtets der Gedanfe an die
Befreiung feiner Baterjtadt vorgeichwebt hatte,
jegelte dann, nachdem er zuvor die griechiichen
Injeln und Städte Nleinafiens von dem jpartani:
ſchen Harmoſten befreit hatte (394), gegen die
Küſten des Peloponnes, verwüſtete jie und begab
fih nun nad) Athen, wo er mit Jubel von jeinen
Mitbürgern aufgenommen wurde. Bor perjiichen
Könige reighlich mit Geld verjehen, baute er Athens
Mauern wieder auf, 398. Xen. Hell. 4, 8,1ff.
Nep. Con. 4. Die Spartaner juchten mun mit
dem perfiihen Statthalter Tiribazos zu unter:
handeln, welcher den an ihn von Athen gejfandten
Konon in Sardes gefangen nahm, 392. Xen.
Hell. 4, 8,16. Über jein ferneres Schidjal herricht
Ungemwißheit; doch ift wahrjcheinlicher, daß er nicht
hingerichtet wurde, jondern jpäter entfam und auf
Kypros bei Evagoras ftarb. Isocr. paneg. 41. Nep.
Con. 5. Abhandlung von Mar Schmidt (1873).
— 2) von der Inſel Samos, lebte um 250 v. E.,
beichäftigte fich viel mit Beobachtung der Geſtirne
und mit mathematifchen Studien und war dem
berühmten Archimedes befreundet. Als Hofaitro:
nom des Königs Ptolemaios III, Energetes don
Ägypten nahm er das Haar der Königin Berenife
41?
—
644
Kopais — Korinthia.
(ſ. Berenike, 2.) unter die Sternbilder auf.|j. Kap Hagios Nifolaos. Dann verengt fich die
Catull. 66, Uff. — 3) Srammatifer in Rom zur | Yandenge zu dem 18200’ breiten Iſthmos, der
Zeit des Cäſar und Octavian, ſchrieb in gutem
attiichen Dialeft 50 Erzählungen (dumyrjosıg),
welche Stoffe der älteren Zeit, bejonders der Ko:
lonien, behandeln. Wir bejigen diejelben im Aus:
zuge des Motios. Ausgg. von Teucher (2. Aufl.
1802) und in Weftermanns Mythographi (1843).
Kopais j. Boiotia.
Kophön, Kogprjv oder Kapng (Strab. 15, 6975),
weftlicher (rechter) Hauptnebenfluß des Indos, j.
Kabul. Arr. 4, 22, 5. 28, 2. 25, 7. 5, 1,1.
Konnertiags ij. Zaugpöpas.
Kopreus, Korgevs, Sohn des Pelops, Vater
des Periphetes; wegen Ermordung des Iphitos
aus Elis flüchtig, wird er von Euryſtheus in My:
fene entjühnt und als deſſen Herold dazu ge:
braucht, dem Herafles die Aufträge zu den Kämpfen
zu geben. Hom. Il. 15, 639.
Korakesion j. Kilikia.
Korax, Köge£, 1) ein Syrafufier, regierte nad)
Hierond Tode wahricheinlih um 467 v. C. zu
Syrafus als Oberhaupt des Staates, lebte aber
darnach in Yurüdgezogenheit und bejchäftigte fich
mit den Wifjenichaften. Als Lehrer der Bered—
jamfeit gilt er für dem erften, welcher diejelbe
nach bejtimmten, aufgeichriebenen Grundſätzen vor-
trug und die erfte Theorie (rEyrn) feiner Kunft
— Sein Schüler war Teiſias. Cie. de or.
1,20. — 2) f. Aitolia.
Koodas hie in der älteren attiſchen Komödie
der, angeblidy durch Pelops nach Griechenland ge-
fommene, Tanz des Chores, in welchem bejonders
die Trunfenheit dargeftellt wurde. Er bejtand in
einem Hin- und Dertaumeln, wobei noch manche
andere plumpe und unfittliche Körperbewegungen
vorfommen mochten; daher man mit diejem Namen
überhaupt einen unſchicklichen, unzüchtigen Tanz
bezeichnete.
Kore j. Persephone.
Korösos j. Kallirrho&, 4.
Korinna, Köewve, 1) lyriſche Dichterin aus
Tanagra in Boiotien, wegen ihres häufigen Auf:
enthaltes in Theben auch Thebanerin genannt,
mit dem Beinamen Myia, um 509 v. E. blühend.
Sie foll den Pindar in der Poeſie unterrichtet
en ihn jpäter fünfmal in Wettfämpfen befiegt
haben.
faßten Gedichten, die in 5 Büchern boiotiſche
Stammfagen und heroiiche Kabeln umfaßt haben
re und vielleicht den Namen Borwroög führten,
ind nur wenige Heine Bruchftüde erhalten, die
Ahrens (Graeec. ling. dial. Bd. 1) und Bergf
(poet, Iyr. Graec. III p. 543 ff. der 4. Aufl.) be:
handelt haben. — 2) j. Ovidius.
Korinthia, Kogırdia, Landſchaft des Pelo—
ponnes, zum Teil auf dem Iſthmos und eine Art
Vorhof der ganzen Halbinſel, politiſch in 12 Gaue
geteilt, grenzte im W. an Sikyonia, im S. an
Argolis, im D. an den Saroniſchen Meerbuſen,
im NO. an Megaris, im N. an den Korinthifchen
Meerbujen in einer Größe von 12 TIM. und iſt
größtenteils gebirgig. Gegen Megaris bildet die
Grenze das Gebirge Seraneia (n Trgarse, j.
Mafriplagi), 1370 m hoch, an deſſen jchroffer Süd-
Von ihren im boiotiichen Dialekte ver:,
freilich nur 8Om über der Meeresfläce liegt, indes
durch jeine felfige Beichaffenheit die öfter, 3. ©.
von Kaijer Nero, verjuchte Durchftechung unthun:
lid) madıte; aus der Erde gequollenes Blut und
ähnliche Unglüdszeichen haben nach der Sage des
Volls in alter und neuer Zeit die Arbeiter ge-
fchreft und gehindet. In neueſter Zeit ift der
Plan einer Durchitechung wieder aufgenommen und
die Ausführung im Winter 1881/82 begonnen wor:
den. Uber den Iſthmos führte der Diolfos
(Ölosrog, |. d.), eine Schleifbahn, auf welcher die
Heineren Fahrzeuge von einem Meere zum andern
geihafft wurden. Südlich davon finden ſich Über—
reſte der jeit den Berferkriegen bis in die Türfen-
zeit wiederholt erbauten Mauer (durch die Bene-
tianer 1463 und 169). Im SW. Tiegt das
Gebirge Apejas (j. Phuka), gegen Argolis und
Phliafia, im S. der Hauptitadt der Kegel Akro—
forinthos mit der Akropolis, 575m über dem
Meere, 500m über der Stadt hoch, öſtlich davon
die Kette der Orvsıa don (Eielsberge), j. Heramili,
Bm Hoc, mit den Borgebirgen Bufcphalon
und Speiraion. Durch diefe Gebirge wird K.
nach S. gänzlich gejperrt, und nur 2 Straßen,
im W. von Kleonai und weiter öftlich von Argos
über Tenea, führen über die Gebirge. Nur weit:
fih auf dem Iſthmos ift eine fruchtbare Ebene,
die auch früher, als fie nicht jo vernadhläffigt war
wie jegt, für die Bedürfniffe der zahlreichen Be-
völferung nicht hinreichte. Bon dem übrigen Ge:
biet jagten jchon die Alten „öpgvd re zul xoı-
kedvera“* (vgl. Hdt. 5, 92. Strab. 8, 382), d. i.
„es wechjeln Höhen und Thalichluchten”. Unter
den Flüſſen bildete der Nemea (Neufe), j. Fluß
von Vokha oder Kutzomali, die Grenze gegen
Sikyon; von einem größeren bei Korinthos vor:
überftrömenden Fluſſe (j. Longo-Potamo) fennt
man merkwürdigerweiſe den alten Namen nicht.
— Der alte Name von Korinthos, Ephyra, deutet
auf pelaigiiche Bewohner; mit ihnen verbanden
ſich jpäter Nioler und nach der Einwanderung der
Dorer dieje. Die Bevölkerung des Ländchens
belief jich in der Blütezeit auf 600 000 Menjchen,
die ſich meift vom Handel nährten; eine bedeutende
Duelle des Reichtums war auch der hohe Tranfit:
zoll für alle den Landweg paffierenden Waren. —
Die Hauptitadt war Korinthos (n und bisweilen
auch o Köpırdog, Corinthus), früher "Eproa, j.
Korinth, die volfreichite und wichtigfte Handels:
ftadt von ganz Hellas mit 300 000 Einwohnern,
ausgezeichnet durch ihre günftige Lage zwiſchen
2 Meeren (bimaris, Hor. od. 1, 7, 2. Or. met.
5, 407), die Mutterftadt zahlreicher Kolonien, mit
der jhönen Duelle Peirene (wo Bellerophon den
widerjpenftigen Pegaſos gebändigt haben follte, jebt
Drafonera), 575m über dem Meere quellend. Später
legte Kaiſer Hadrian eine Wafferleitung aus dem
Siymphaliſchen See in Arfadien hier an. Durd)
feine Burg Afroforinthos im S. war 8. neben
Magnefia und EChallis eines der 3 Bollwerte (mF-
dar) Griechenlands. Nachdem Mummius die Stadt
146 vd. C. zerftört hatte, lag fie 100 Nahre in
Trümmern, ward dann von Cäſar als latiniſche
jeite fich die berüchtigte Skironiſche Strafe hin | Kolonie Colonia Laus Julia Corinthus wieder
zog; im W. endet es in dem Berge Nigiplanttos | aufgebaut und blühte, wenngleich nicht in der
und den Vorgebirgen Holmiai und Heraion, alten Weife, empor, zugleich politische Hauptſtadt
ro
Korinthischer Krieg.
645
der Provinz Adaja. Wenig wiſſen wir von der) wo Thefeus die große Sau, die Mutter des faly:
Topographie der alten Stadt, vieles von der doniſchen Ebers, erlegt haben jollte; an der Weit:
neueren.
öffentlicher Gebäude zierten die Stadt, weit herr:
Eine Menge herrlicher Privat: und |füfte Dinoe. Strab. 8, 378. Paus. 1.2. — ®
or
der doriſchen Wanderung hatten im K. zuerft die
licher als Athen, aber Luxus, Schwelgerei und Siſyphiden geherricht, zur Zeit des trojanijchen
Eittenverderbnis waren bald die Folge. Bei dem
Tempel der Aphrodite befanden ſich 1000 Hiero—
dulen, „die vielgaftlichen Mägdlein, die Dienerin:
nen der Überredung in der reichen Korinthos“
Krieges gehörte die dprsıöog Koögırdog (Hom.
11. 2, 570) zu Myfenai; bei der Teilung erhielt
Aletes, des Herakles Ürentel, das Land. Um
955 dv. E. bemächtigte ſich die familie des Balchis
(Pindar), und nicht für jedermann war eine Reife |(j. Bakchiadae) der Herrſchaft, bis nad) oli-
nad Korinthos ratjam: ab mavröog dvögög ds
Kogırdor th' ö nloös. Kunftvolle Thongefähe,
archiicher Herrſchaft 667 v. E. (DI. 30, 4) der
unftiinnige Kypſelos (von mütterlicher Seite ein
das Forinthiiche Erz, die Forinthiichen mit Akan- | Bakdhiade) die Dligarchie der Bakchiaden ftürzte
thosblättern gezierten Säulen (angeblid) von Kali:
machos eingeführt), der Giebelichmud der Tempel
— find Erfindungen der Korinther; Malerei, Bild:
— — · —
Se
N, — FO
” Pier dthenu Yen!
Zul: ’
hauerei und Erzgieherei waren hier gepflegt. —
Nördlicd von der Stadt lag, durd; Doppelmauern
mit ihr verbunden, 12 Stadien entfernt am Ko:
rinthiichen Meerbufen der Hafen Yehaion, AE-
z«vov, mit künftlichem, jetzt verſchlammtem Baſſin,
wo jeit dem Erdbeben von 1868 Neu-Korinth an:
gelegt ift; auf dem Wege dahin lag das Denkmal
des Diogenes. Am Saronijchen Meerbujen lag
der Öftlihe Haupthafen Kenchreai, Äeyzeecld, ].
Kelhriäs, nahe dabei @egual mit warmen Salz:
quellen, die auch "Peiroı oder „Bad der Helena”
hießen, und der Flecken Solygeia; jüdlih Tenea,
(j. Mloti bei Kleniäs), der Geburtsort des Kyp—
jelos. — In der Nähe der Hafenjtadt Eyowwoüg
(j. Kalamaki) wurden auf dem Iſthmos beim Hei:
ligtum des Pojeidon die Iſthmiſchen Spiele
geleient; nod) finden fic) bedeutende Trümmer von
empel, Theater und Stadion. — Außerhalb des
Iſthmos befanden fih Sidüs und Krommpon,
| jeinen Tod fand. Mit dem Tall des
und als Tyrann auftrat. Aber ſchon nad) der
Herrichaft feines Sohnes Periandros (627—585)
wurde deſſen Sohn Pſammetichos geftürzt und
eine republifaniihe Berfaffung eingeführt. Am
peloponnejiichen Kriege ſank aud die Seemadht
Korinth, welches fi in der Folge den Mafebo:
niern anſchloß und endlich wegen feiner Zeil:
nahme am Acaiischen Bunde durch die Römer
fiel. Pol. 40, 7. Flor. 2, 16. Paus. 7, 16. gl.
Eurtius, Peloponnejos II S. 514 ff. Burfian,
Geographie von Griechenland II ©. 9 ff.
Korinthischer Krieg. Die Unternehmungen
der ſpartaniſchen Feldherren Thibron und Der:
fyllidas gegen die perfiihen Satrapien Vorder:
afiens (jeit 399 v. E.) machten die Perſer bejorgt;
als num gar Agefilaos mit neuer Kraft gegen das
Innere der Halbinjel vordrang, juchten jie Unter:
| ftüßung in Griechenland gegen die Pläne des
unternehmenden Königs. Der Rhodier Timokrates
wurde nad) Griechenland gejandt und gewann
durch Beftehung die Städte Theben, Korinth uud
Argos, welchen ſich jpäter Athen und mehrere
Heine Staaten anjchlofjen. Während Agefilaos fich
zum Zuge in das Innere Kleinafiens rüftete, brach
in jeinem Rüden die Bewegung aus, die ihn jpäter
zur Rückkehr nach Griechenland nötigte (394). Zu:
nächft fam der Streit zwiichen Theben und Sparta
: — Ausbruch, indem Lyſander die Stadt Ha—
iartos angriff, aber bei einem Ausfall der Bürger
efeierten
Heerführers begann der ſ. g. torinthifche oder
boiotiſch forinthiiche Krieg. Xen. Hell. 3, 5. Plut.
Lys. 29. Ageſilaos erhielt den Befehl zur Rück—
fehr; ungern, aber gehorfam dem Rufe jeiner be:
drängten Baterftadt, unterbrach er feinen Sieges:
lauf. Die Verbündeten hatten anfangs die Abficht,
| Sparta jelbft anzugreifen, da man, wie der Ko:
rinthier Timolaos meinte, die Welpen in ihrem
Neſte angreifen müßte, che fie herausbrächen, um
in ftechen. Doc * ſie ſich nach — dem
| ittelpunfte des Bundes, wo die bisher herrichende
Partei der Ariftofraten geitürg! war, wieder zu:
rüd. Die Spartaner folgten ıhnen (394), fiegten
in der Schlacht bei Nemea und erwarteten in
| Sityon den heranziehenden Agefilaos. Glücklich
' gelangte diejer nach Boiotien, wo er die nieder:
ſchlagende Nachricht von Konons Siege bei Knidos
empfing. Die Verbündeten griffen ihn bei Koro—
neia an, ein blutiger, erbitterter Kampf entipann
fih, mit Mühe behauptete Agefilaos die Wal-
ftatt. Er jelbit m mehrere Wunden davon.
Xen. Hell, 4, 2f. Plut. Ages. 18. (Diod. Sic.
14, 84 läßt die Schlacht unentichieden.) Juzwijchen
ıging Spartas Übergewicht zur See verloren, die
| Berbündeten, welche 404 Athens Macht gebrochen,
646
richteten diejelbe wieder auf. Ageſilaos zog fich
nad) Sparta zurüd. Bahlreiche Städte jchloffen
fi dem Bunde gegen Sparta an, gegen welches
aud) der Satrap Pharnabazos, welder Sparta
glühend hafte, eine Flotte nach Hellas führte,
Auf dem Iſthmos wurde eine jpartaniiche Mora
bei Lechaion durch Iphikrates vernichtet (391),
welcher zuerft in diejem Kriege aus zahlreichen
Söldnern feine Peltaften heranbildete. Diejes un—
erhörte Mifgeichid erfüllte Spartas Gegner mit
Qubel. Nep. Iph.1. Xen. Hell.4,4 und 8. Unter
Berheerung der Küften durch die perſiſchen Flotten,
des inneren Griechenlands durch die Kriegszüge
der Parteien jchleppte ſich der forinthijche Krieg,
in den legten Jahren ohne enticheidende Ereigniſſe,
bis zum Jahre 387 Hin, in welchem Antalfidas
(ſ. d.) den nach ihm benannten Frieden, freilich
unter Widerfprud; mancher Gegner Spartas, mit
dem Großkönige abſchloß, welder den größten
Vorteil aus demjelben zog. Diod. Sie. 14, 110.
Xen. Hell.5,1. Bgl. Sievers, Geſch. Griechenlands
©. 362 ff. Die Chronologie des Krieges behandelt
Brückler (1881).
Korkyra, Corcjra, 1) Kögxvoa, jeit dem 4.
Jahrh. v. E. auch Keervox (auf Münzen und An:
ichriften), angeblich die homeriſche Zyepin, das
Yand der Phaiaken, j. Korfu, Inſel dem Feſtland
von Epeiros gegenüber, 50 Millien vom Akroke—
rauniſchen Borgebirge, über 10 IM. groß. 2 Berg:
züge bilden die Intel: ein nörbdlicherer, von Weſt
nad Oſt ziehender, der im feinem öftlichen Teile
die anjehnlihe Höhe von 946m erreicht und im
Altertum vielleicht Meliteifches Gebirge (j. Hag.
Deka) hieß, und ein füdlicher, der von der Sild-
weftjeite des erfteren ausgeht, nah SD. ftreift
und fih allmählih abdacht. Borgebirge find im
D. Leukimme (j. Levfimo), im E Amphipa:
g08 (j. Aiprofaro oder Bianco), im NW. Pha—
lafron (j. Kap Kephali), im NO. Kaſiope. Zum
Ackerbau ift wenig Flachland, trefflich aber gedeiht
der Wein; deshalb waren die Beivohner auf Handel
und Schiffahrt angewiefen und erjcheinen ſchon
bei Homer als ein jeemächtiges, in manchen Stüden
verfeinertes Voll. Nach einer kurzen Anfiedlung
der Eretrier legte 734 v. C. Korinth hier eine
Kolonie an, welche jchnell aufblühte und zur Zeit
der Perjerfriege nächſt Athen die größte Flotte
ftellen konnte. Dieſe Macht führte jelbft zum
offenen Kampf gegen Korinth, deſſen Flotte im
Seetreffen geichlagen wurde. Thuc. 1, 13. Später
war K. die Urſache des pelopomnefiichen Krieges
und nahm thätigen Anteil an demielben, aber die
folgenden pofitifchen Verhältniffe, beionders zur
Yet der Nachfolger Aleranders, ſchwächten feine
Macht und bewogen die Einwohner, ſich (229)
unter römiſchen Schub zu begeben. Der Charakter
der Bewohner war überall als trügeriih und
brutal verrufen. — Die Hauptitadt Korkyra (i.
Korfu) lag in der Mitte der Dftküfte und hatte
2 Afropolen (im Mittelalter of xogvpo/ genannt,
daher der heutige Name Korfu) und 2 Häfen,
einen Handelshafen und den Kriegshafen, "TAAaixds
(j. Perama und verichlammt). Thue. 3, 72. 81.
Ein Feines davor liegendes Eiland (j. Bontikonifi)
ſcheint die Veranlaffung zu der Fabel von dem
durch Pojeidon in Stein verwandelten Schiffe ge:
geben zu haben, welches den Odyſſeus heimführt.
Hom. Od. 13, 152 ff. Erjt in römifcher Zeit wird
Korkyra — Kos.
erwähnt die Stadt Kafiöpe (oder Kaffope) auf
der gleichnamigen Landzunge an der Nordoſt—
Spite. — Bon ihrer fihelförmigen Geftalt hatte
die Infel aud den Namen 7) Iperdrn, den die
| Alten freilich auf die Sage zurüdführten, daß Kro—
nos nach der Entmannung feines Vaters Uranos
die Sichel hier ins Meer geworfen habe. Abhand:
lung von G. €. A. Müller: de Corcyraeorum
republica (1835). — 2) j. Illyricum,
Koroibos, Kogoıßog, 1) der erite er in
den olympiſchen Spielen, als dieje nach einer Unter:
Drehung von 86 Jahren wieder gefeiert wurden,
776 v. C. Bon da an beginnt daher die Olym-
piadenredinung. — 2) f. Kassandra.
Koroneia, Kogarsıa, Stadt an der Weſtſeite
des Berges Tilphoffion in Boiotien, im ſüdweſt—
lichen Teile der Kopaisniederung (Hom. Il. 2,503),
in deren Nähe beim Tempel der Athena Itonia
die Pamboiotien, das Bundesfejt der Boioter, ge:
feiert wurden. Hier fiel im Jahre 447 v. E. die
Schlacht vor, durch welche die Boioter fid von
Athens Herrichaft frei machten (Thue. 1, 113. Paus.
1,27, 6), und hier bejiegte 394 Agefilaos die Boioter.
Xen. Hell. 4, 3, 15 ff. Plut. Ages. 18.
Korönis, Kogwovis, 1) Tochter des Phlegyas,
ſ. Asklepios. — 2) Tochter des Koroneus,
Königs in Phokis, von Athene in eine Krähe ver:
wandelt, als fie von Poſeidon verfolgt ward. Or.
met. 2, 551 ff.
Korönos, Kogwvos, 1) Sohn des Therjandros,
Entel des Sifyphos, Bruder des Haliartos, Grün:
der von Kloroneia. Paus. 9, 34, 7. — 2) Sohn des
Kaineus, König der Lapithen, Bater des Leonteus.
Hom. Il. 2, 746. Er befriegte den Dorerfürften
Aigimios und ward von Herakles erichlagen.
Korybantes j. Rhea Kybele.
Korydallos j. Attika, 1.
Kogvxıor dvreov |.
Kilikia,
Korynötes 1) j. Areithoos. — 2) j. The-
seus.
Kogvrnpögoı, 1) in Sikyon Name der alten
gefnechteten Landesbewohner (auch xarwvor«pognt),
ähnlich wie in Sparta die Heloten. — 2) die feulen:
tragenden Trabanten des Peififtratos. Hat. 1, 59.
Plut. Sol. 30.
Koryphaios j. Choros,
Koryphasion, Koovpdsror, Borgebirge Meile:
niens an der nördlichen Seite der Pyliſchen Bucht
mit gleichnamiger Stadt, hiftorifch berühmt durch
die folgenreihe Beſetzung don feiten des athe-
niichen Feldherrn Demofthenes im Jahre 425 v. E.;
j. Altnavarin. Thuc. 4,3 ff. Strab,. 8, 359.
Korythos, Köevdos, 1) Sohn des Zeus, Ge:
mahl der Elektra, der Tochter des Atlas, Vater
des Jaſios und Dardanos, Gründer von Corythus
(Eortona) in Tufcien. Serv. zu Verg. A. 3, 167 ff.
170. 7, 209. 10, 719. — 2) ein Yapithe auf der
Hochzeit des Peirithoos. Op. met. 12, 290. —
3) aus Marmarife, auf der Hochzeit des Perjeus
genannt. Or. met. 5, 125. — 4) Eohn des Paris
und der Dinone, von dem Vater getötet, weil er
mit Helena in Liebesverhältnis ftand.
Kos, Kös, epiſch Köwg, Cös und’Cöus, j. Kos
oder Stanko, eine der Sporaden im Myrtoiſchen
Meere, an der Mündung des Keramifchen Meer:
bujens zwiſchen Halifarnaffos und Knidos, von
NO. nah SW. gejtredt. Von dem Gebirge Prion
Phokis, 3., und
9
Köouoe: — Krateros. 647
teils fruchtbar, namentlich reich an vortrefflichem | fiiche Göttin, ähnlich der Kybele und auf ähnliche
Wein; außerdem lieferte fie noch feine, durchſich- Weife in ausjchweifender Wildheit verehrt. Ahr
tige Frauengewänder (vestes Coae) aus dort ge: | Kult fand bei Griechen und Römern Eingang.
wonnener Seide, ferner Töpfergejchirr und Salben. | Ihre lärmenden Fefte hießen Kotyttia, die Teil:
Sie war von Doriern aus Epidauros, Argos und | nehmer derjelben Bapten, Bärraı, von den Rei:
Megara befiedelt und gehörte zu dem Dorijchen | nigungen, die dabei vorfamen. Hor. epod. 17, 56.
Bunde. An der NO.-Seite, bei dem Borgebirge | Juv. 2, 92.
Standarion, lag die Schon von Homer (I1.2,677)| Kragos f. Kilikia und Lykin.
genannte Hauptitadt Kos (j. Stanfo), 40 Stadien] Kranät, Koavar, Inſel an der Tafonifchen
vom Feſtland, und bot einen herrlichen Anblick. Küſte bei Gytheion, wohin Paris die entführte
In der Borftadt ftand ein berühmter Tempel des ven brachte (Hom. Il. 3, 445); j. Marathonifi.
Aſklepios (dem die ganze Inſel geweiht war) mit | Paus. 3, 22, 1. Andere Ausleger verftehen die
reichen Weihgeichenfen, u. a. 2 Meifterwerfen des
Apelles (der deshalb auch, obgleich von Kolophon
gebürtig, Koog genannt wurde), einem Antigonos
und einer a ach Aphrodite Anadyomene.
Mit dem Tempel war auch eine ärztliche Schule
verbunden, aus welcher Hippofrates hervorging.
Ferner ftammte aus Kos der Pichter Philetas.
Kleinere Orte im SW.: Halajarna bei dem Bor:
gebirge Laketer und Stomalimme bei der Land»
pie Drelanon. Strab. 14, 653. 6567.
Koouoı |. Kreta, 6.
Kossaler, Kooo«öo:, afiyriich Kafji, ein wildes,
räuberifches Volk in dem Grenzgebirge zwijchen
Elymais und Medien, das auch gegen die Perjer:
fönige jeine Unabhängigkeit behauptete und erft
von Alerander (Winter 324/323) unterworfen wurde.
Strab. 11, 524. 16, 744. Arr. 7, 15,1.
Kösogvos, cothurnus, eine Art hoher, den
ganzen Fuß bededender, bis zur Mitte des Beins
reihender Jagdftiefel, die mit Riemen befejtigt
wurden. Verg. A. 1, 336. Aiſchylos führte ihren
Gebrauch auf dem Theater ein, um den Schaus
jpielern in der Tragödie ein höheres, übermenjc:
liches Ansehen zu geben. In der Komödie war
dieſe Fußbefleidung etwas niedriger und hieß bei
den Römern soccus. — Beide Wörter bezeichnen
metonymijch auch die Tragödie und Komödie.
Kotilion j. Phigalia.
Korraßog |. Mahlzeiten, 6.
Kottos j. Hekatoncheiren.
Kotys, Körvs, 1) König von Thrafien um 380
v. C., Schwiegervater des Feldherrn Iphikrates,
war Bürger von Athen, führte aber jpäter gegen
dieje Stadt Krieg, weil fie feine Gegner in Thra—
fien unterftügte, um 361, und fiel im Jahre 358
durch Meuchelmord. Seine Grauſamkeit war bei
den Griechen verrufen. — 2) Sohn des Seuthes,
unterftügte die Römer gegen Perſeus von Mafe:
donien, der ihm jedoch wieder Beiltand leiftete bei
einem Angriffe des Eumenes von Pergamos auf
Thrafien. Zar. 42, 29 ff. 51 ff. — 3) erfaufte vom
Profonjul Piſo im Jahre 57 v. E. die Ermordung
der Gejandten mehrerer thrafiicher Stämme und
itand jpäter dem Pompejus gegen Cäſar bei. Cie.
Pis. 34. Caes. b. c. 3, 4. — 4) lebte in Zmwiejpalt
(19 u. E.) mit feinem Oheim Rhejfuporis, welcher
das zwilchen beiden Verwandten von Auguſtus ge:
teilte Reich allein beherrichen wollte, den K. durch
Hinterlift in jeine Gewalt brachte und troß des
Tiberius Drohung ermorden lich. Tuc. ann. 2,64 ff.
Ov.ex Pont. 2,9. Dio Cass. 54, 34. — 5) Eein
Sohn erhielt von Caligula jpäter Kleinarmenien,
da das anfänglich während feiner Unmündigkeit
von Rom verwaltete Thrafien römische Provinz
wurde. Suet. Vesp. 8.
Injel Helena bei Attifa (ſ. Attıka, 19.)
_ Kranäos, Ägavaos, attiicher Autochthon und
König zur Zeit der bdeufalioniichen Flut, von
Amphiktyon verdrängt, Vater der Kranaë, Stra:
naihme und Atthis.
Kraneion, Kedrsıov, jehr bejuchter Pla vor
dem öjtlihen Thore von Korinth mit einem Cy—
prejienhain, einem Gymafium und zahlreichen Land—
hänjern, Berfammlungsplat der Jugend und Auf:
enthalt des Kynikers Diogenes. Es ftanden dort
die Tempel der Aphrodite Melanis und des Bel:
lerophontes, jowie das Grabmal de3 Diogenes.
Paus. 2, 2, 4.
Krannon, Ägarvar, Cranon (bei Livius u. a.),
anfehnliche Stadt in der theflaliichen Landſchaft
Pelaſgiotis, 5 Stunden ſüdlich von Larifja, Sitz
des mächtigen Geſchlechts der Stopaden. Strab.
9,441. Hier fämpfte im lamijchen Kriege 322
v. E. Krateros mit Antipater gegen die verbünde:
ten Athener und Witolier. Diod. Sie. 18, 16f.
Plut. Phoc. 26. Paus. 10, 3, 3.
Krantor, Kodrvrogp, aus Soloi in Kilikien,
eifriger Zuhörer der Alademiler Xenofrates und
Rolemon, blühte um 320 v. E. Er jchrieb Imo-
uviuare, vorzüglich ethiichen Inhalts, und die
eriten Kommentare zu Platon. E3 hat fich aber
nichts erhalten. Seine berühmte Troftichrift meet
zerdovg benußte Plutarch in feiner dritten Troft:
rede und Cicero (tuse. 1, 48, 115) in dem Buche
de consolatione. Abhandlung von Meier, de
Crantore Solensi (opuse. Il p. 267 ff.).
Krataiis j. Hekate.
Krateros, Kodrspog, 1) Bruder des Ampho—
teros, befehligte unter Alerander dem Gr. anfangs
eine der 6 Abteilungen der makedoniſchen Hopliten
(referaıpoı), dann eine Schar Neiterei während
der Kämpfe in Indien und wurde von Alerander
als tüchtiger Feldherr ſehr geichäßt und geliebt.
Auf dem Rüdzuge aus Indien führte er den zu
Lande zurüdgehenden Teil des Heeres. Diod. Ste.
17, 57. 114. Arr. 1, 14. 6, 27. 7,4. Nachdem er
infolge der Strapazen dieſes Feldzuges erkrankt
war, erhielt er (324) von Mlerander den Befehl,
die Ausgedienten nach der Heimat zurüdzuführen
und ftatt Antipaters die Verwaltung Mafedoniens
zu übernehmen (Arr. 7, 12, 4); jedoch Aleranders
Tod lieh ihm auf jeinem Buge in Vorderafien
Halt machen. Er erhielt nun in Verbindung mit
Antipater die enropäiichen Länder des großen
Neiches dem Königshauſe vorläufig, zog mit einem
Heere dahin zur Unterftügung des Antipater gegen
die griechischen Verbündeten und fämpfte mit ihnen
bei Krannon, 322. Durch jeine zweite Gemahlin,
Phila, Schwiegerjohn des Antipater, ftritt er mit
(bis 875m hoch) durchzogen, war fie doch Kotys, Kotytto, Körvs, Korvreo, eine thra-
ihm gegen Perdiffas (321) und gegen Eumenes. Im
648
Kampfe gegen den Ießteren fiel er in Aſien und
wurde noch nach feinem Tode von diejem alten
Freunde durch eine glänzende LVeichenfeier gechrt.
Nep. Eum. Diod. Sie. 18, 295. — 2) deſſen Sohn,
ein gelchrter Sammler, verfaßte eine Prgpıoud-
tor ovvayayı) aus den in dem Metroon zu Athen
aufbewahrten Originalen. Die Fragmente hat
Meinele beim Stephan. Byz. p. 714 gejammelt
und Gobet (Mnemosyne, nova series I p. 97)
vielfach verbeſſert. — 3) Arzt in Rom, erfreute fich
eines bedeutenden Rufes. Hor. sat. 2, 3, 161.
Krates, Kecdrns, 1) lomiſcher Dichter in Athen in
den erjten achtziger Olympiaden, Hauptvertreter der
eigentlichen attiihen Komödie und Schöpfer ihres
Organismus, ſoll 449 v. E. zum erjtenmal Be. er
haben. Dan zählte 14 Stüde von ihm; Fragmente
jind von 9 Stüden erhalten, die einen lebhaften
und gewandten Stil zeigen. Sammlung derjelben
von Meineke, com. Graec, fragm. Bd. II, und
Kock, com. Att. fragm. Bd. I p. 130 ff. — 2) Kir.
von Mallos (Mallotes), das Haupt der per:
gameniſchen Grammatiferjchule und jüngerer Zeit:
genofje des Nriftarchos, war in Tarjos gebildet
und begab fi) an den Hof von Pergamos, wes—
halb er auch bisweilen der Pergamener genannt
wird. 167 dv. E. wurde er von Eumenes II. nad)
Nom geichidt und gab dort, durdy eine zn
längere Zeit zurüdgehalten, den Anſtoß zur Be-
treibung grammatijcher Studien. Suet. gramm. 2.
Er mag um 145 geftorben fein. Won feinen Schrif:
ten find 5* Titel befannt, wie die dıopdtwaıg
Iddog nal Odvaoeiag in 9 Büchern, die in
Gegenjag trat zu den Ariftarcheern in Alerandreia;
Kommentare zu Heſiod, Euripides, Ariftophanes;
aud) wegi "Arrınjg drakefxrov, wivanes und andere
Schriften werden erwähnt. Monographie von E.
Wachsmuth (1860), — 3) aus Theben, ein
kyniſcher Philofopp um 350 v. C. Die unter
jeinem Namen vorhandenen Briefe (36), gedrudt
bei Hercher, epistolographi p. 208, find ein Pro-
duft der Rhetorenjchulen.
Krathis, Koäßıs, 1) Fluß in Achaia bei Aigai,
der den Styr aufnimmt; j. Afrata. Hat. 1, 145.
Strab. 8, 386. — 2) nad) dem vorhergehenden be:
nannt, Fluß in Unteritalien bei Sybaris, j. Crati,
bildete die Grenze zwiichen Lucanien und Bruttit.
Seinem Waffer wurden heilende Kräfte zugejchrie:
ben. Strab. 10, 449. — 3) Berg im norböftlichen
Arkadien. Paus. 7, 25, 11. 8, 15, 8,
Kratinos, Kgerirog, 1) Dichter der älteren
attischen Komödie, Sohn des Kallimedes, geboren
wahrjcheinlih um 520 v. E., geftorben um 423,
begann ziemlich ſpät Komödien zu dichten. Sein
früheftes Stüd ift Aeyioyoı, jein letztes Tvrien
(die Weinflaiche), ein berühmtes, mit ungeteiltem
Beifall aufgenommenes Stüd, furz vor jeinem
Tode gegeben, womit er gegen Ariftophanes’ Wol-
fen und gegen den Konnos des Ameipfias den
Sieg gewann. In diefem Drama hat der Dichter,
der dem Weine jehr ergeben war, ſich ſelbſt dem
Gelächter des Publikums bloßgeftellt. Die Zahl
jeiner Dramen wird auf 21 angegeben; neunmal
gewann er den Sieg. Kratinos hat das Verdienſt,
dem noch roheren komischen Feſtſpiele eine geregelte,
funjtmäßigere Form gegeben zu haben. Sräftige
Senialität des Geiftes, reichen, erfinderiichen Wit,
Krates — Kreta,
von Meinefe, com. Graec. fragm Bd. II. (Bd. I
©. 7 ff. der Heineren Ausg.), und Kock, com. Att.
fragm, I p. 11 ff. — Zu unterjcheiden ift 2) ein
jüngerer Kr. Dichter der neueren Komödie, der
einer weit jpäteren Zeit en und bis224v. €.
gelebt zu haben jcheint. Er jchrieb 8 Stüde, deren
Zitel_ und Autorſchaft freilich nicht ganz zweifellos
iſt. Sammlung der Bruchftüde bei Meineke, com,
Graec, fragm. Il p. 684 ff. (kleinere Ausg.), und
tod, com. Att. fragm. Il p. 289 ff.
Kratippos, Kecrınmos, aus Mioytilene auf
Leſbos, Peripatetifer zu Athen und Lehrer des
jungen Cicero, blühte um 50 v. C. Cicero der
Bater erteilt ihm (off. 1, 1. div. 1, 3) großes Lob;
jeine Schrift über Weisfagung aus Träumen hat
fich nicht erhalten.
Kratylos, Accrödos, Schüler des Herafleitos
und des Sophijten Protagoras, des jungen
Platon, der ihm zu Ehren einen Dialog, in wel:
chem er den Urjprung und das Wejen der Sprache
unterjucht und den tr. das Syſtem Heraklits gegen
die eleatiiche Philojophie des Hermogenes vertei—
digen läßt, mit feinem Namen jchmüdte.
Kremna j. Pisidia.
Kreon, Ketwr, 1) Sohn des Lyfaithos, König
von Korinth, ſ. Argonauten, 6. — 2) Sohn
des Menoifeus und Bruder der Jokaſte, Herricher
in Theben, j. Oidipus. — 3) König in Theben,
j. Herakles, 2. 5.
Kreophflos, Kosopviog, tytliſcher Dichter, der
in nahes Berhältnis zu Homer gebradjt wird; er
joll ein Schwiegerjohn oder ein Freund desielben
gewejen jein und von om die homeriſchen Gedichte
geerbt haben. Bon feinen Nachlommen erhielt
der Sage nad) Lykurgos von Sparta die homeri:
ſchen Gejänge. Man verjegt ihn bald nach Samos,
bald nad) Chios und Jos, den Städten, wo home:
riiche Poeſie geblüht, und jchreibt ihm die Abfaſſung
einer Olzaklag Chwcıg zu. Plat. r. p. 10, 6000.
Plut. Lye. 4.
Kresilas j. Bildhauer, 6.
f Kresphontes j. Herakles, 16. und Aipy-
08, 3.
Kröta, Korrn, neugriechiſch Kriti, türkijch Kirid,
ital. Candia, die größte unter den griechiichen
Inſeln (etwa 160 FIM.), Ichlieft das Nigaiiiche
Meer im Süden ab, erjtredt fi) von W. nach D.
in einer Länge von 35 Meilen, während die Breite
wilchen 8 und kaum 2 Meilen mwedjelt. Ein
'alkiteingebirge durchzicht die Inſel der Länge
nad) und erhebt fich zu 3 höheren Berggruppen.
Die weftliche heißt die Weißen Berge (r« Aevu«
den), j. Madaras, 2460= hoch. Davon laufen
ins Meer aus die Borgebirge Kriu Metopon
(, Krio), Korykos (j. Grabufa), Tityros oder
iftynnaion mit der Spike Pijakon (j. Spabai,
Kyamon (j. Afrotiri) und Drepanon (j. Kepha—
las). In der Mitte erhebt ſich das Hauptgebirge,
Id oder 'Idaior (j. Piiloritis), gleichfalls 2460"
Hoc, meist mit Schnee bededt; nördlich davon das
Vorgebirge Dion (j. Dia), ſüdlich Liſſos (j. Karos
Lithinos). Im Dften endlich liegt das Gebirge
Ilarn (j. Yafithi), 2160m hoch, berühmt durch
den Dienst des Zeus; es jendet 2 Vorgebirge nad
D. aus, Samonion (j. Sideros) und Ampelos
(j. Karalos). — Die Inſel hat zahlreiche Bäche,
körnigen Ausdrud und bilderreiche Sprache rühmen | doch meift nur von furzem und reißendem Lauf.
die Alten an ihm. Sammlung der Fragmente! Im Norden fließen (von W. nach D. gegangen):
[52
Kretheus — Krisa. 649
Jardanos (j. Platanios), wejtlich von Kydonia; nad Epimenides von Knoſſos). — Städte. Auf 4
Dares (j. Mylopotamos), vom Ada kommend; | der Nordieite von W. nach D. lagen: Phalaſarna
Amniſos und Rairatos, im Gebiete von Knoſſos. mit einem Tempel der Artemis-Diktynna oder
Im Süden (von D. nad) W.): Katarrhaftes (j. | Britomartis; Kiſamos zwiichen den Borgebirgen
Anapodiaris) u. Zethaios ij. Mitropolipotamos) | Korytos und Pſakon, Hafen von Bolyrrhenia,
mit dem Eleftras, im Gebiete von Gortys. — | der bedeutendften Stadt im nordweftlichen Zeile
Das Klima ift wegen der Mifchung von See: und | der Jufel, von Achaiern und Dorern bewohnt;
Hebirgsluft jehr gejund und wurde jchon von | Bergamos mit der angeblichen Grabftätte des Ly—
Hippofrates Kranken empfohlen. Von Produkten | furgos; in fruchtbarer Ebene das mächtige Ky—
waren DI, Wein, Quitten und Honig berühmt; die) donia (j. Kania), 40 Stadien vom Jardanos
Wälder von Eichen, Tannen, Cedern und Cypreſſen (= Jordan), der Sage nad) von Minos gegründet,
lieferten treffliches Schiffsbauholz ; im heigen Süden, | auch Apollonia genannt, mit trefflihem Hafen und
in der vorzugsweiſe edior genannten Gegend | einem Tempel der Britomartis. Nach ihr heift
3 von Gortys, gedeihen auch Dattelpalmen. — Ge: | die Quitte malum Cydonium (Hat. 3, 44. 59).
ſchichte. Bei feiner glüdlichen Lage zwiichen | Weiter: Aptera, landeinwärts Yappa, Amphimalla
3 Erdteilen und bei der günftigen Bildung jeiner | am Meerbufen gl. N., Rhithymna (j. Netimo),
Küsten mußte Kr. jehr bald der Siß eines regen | Eleutherna am Fuß des Ida mit dem Hafen Pan—
Lebens und Berfehrs werden; die hafenreichere | tomatrion, Daros. Hierauf Knojos oder Knoſſos,
Nordküfte wies diejer Thätigkeit vorzugsweiſe die | Gnoſſus, j. Mafrotidyos, mit den Hafenſtädten Ma—
Nichtung gegen Europa an. Daraus erflärt fich | tion oder Herafleion (j. Megalotaftron, Hauptjtabt
die bedeutende Rolle, welche die Inſel in der grie- | der Inſel) und Amniſos, Reſidenz des Minos,
chiſchen Mythologie ſpielt; ferner die Sagen von | jchon nach Il. 2, 646. Od. 19, 178 eine bedeutende
dem ausgedehnten Handel und der Secherrichaft, | Stadt, mit Gortys rivalifierend; in der Nähe das
von der frühen Staatenbildung und den weijen | Labyrinth (j. d.). Werner: Lyttos oder Lultos,
Gejehen eines Minos und Nhadamanthys, Ido— | etwas landeinwärts, die größte Stadt im Oſten,
meneus und Meriones, welche ihr den Namen | 220 v. E. von den Knoſſiern zerftört; Miletos
vij00og Hardga» erwarben; endlich der außer: |(fchon ZI. 2, 647) j. Milato; Arkadia; Minoa ;
ordentliche Reichtum an Städten, wie denn jchon | Dleros, mit einem hölzernen Standbild der Brito:
Homer (11. 2, 649) die Inſel Eraröumodıg nennt | martis. von Daidalos; Praifos; Itanos au der
(nad Od. 19, 174, wo nur 90 erwähnt werden, | Dftküfte. — Auf der Südfeite von D. nah W.:
eine runde Zahl). — Zu den älteften Bewohnern | Hierapytna, j. Yerapetra, an der ſchmalſten
vom phrygiſch-kariſchem Stamm, weldye von den | Stelle der Inſel; Leben (j. Leda) mit Aſklepios—
Griechen "Ersöxonreg, d. h. echte Kreter, genannt | tempel, Hafenſtadt von Gortys, wie auch Matala;
wurden (Od. 19, 176), und deren Nejte im DO. der | Gortyn oder Gortyna, aud) Gortys, j. Hagii
Inſel ſich erhielten, famen jeit etwa 1200 v. E.| Dela, am Lethaios, jchon von Homer (Tl. 2, 646.
phoinitifche Anfiedler, wie verichiedene Namen und | Od. 3, 294) reıyıoesca genannt, unter den Römern
Mythen beweilen, mwahrjcheinlic die Kvdwveg | Hauptitadt, deren Stadtrecht wir aus einer im
(Od. 3, 292), die jpäter im NW. wohnten. Dann | Jahre 1884 gefundenen, etwa aus dem Jahre 400
folgte die Kolonifation durch die Griechen: Jonier, v. E. jtammenden großen Inſchrift teilweiie kennen
Achaier, bejonders aber Dorer. Es war natürlich, | (herausgeg. von Bücheler und Zitelmann, 1885,
daß die leßteren auf Kreta ähnliche Einrichtungen | Lewy, 1585, J. und Th. Baunad, 1885; über:
trafen wie in Sparta (Herodot [1,65] freilich u. a. |jept von Bernhöft, 1885); PWhaiftos, Geburtsort
laſſen den Lyfurgos feine Gejeße aus Kreta holen). | des Epimenides (ſ. d.). An der Nordküfte, öftlich
Unter dem friegeriichen Adel jtanden die politiich | vom Vorgebirge Dion, lag die Heine Inſel Dia,
rechtlojen regioınoı oder ürrjxooe, wohl die Grie: | wohl der uriprüngliche Sik der Sage von Dionyjos
chen anderer Stämme; fodann die leibeigen ge: | und Ariadne. Strab. 10, 474 ff. — Vgl. das Haupt:
machten früheren Bewohner, die im Dienft der wert: Höd, Kreta (3 Bod. 1823— 29). Burfian,
Gemeinden urwir«. oder uroraı, in dem der Pri- Geographie von Griechenland II ©. 529 ff.
vaten dpamarcı oder rArparaı (im Stadtreht| Kretheus j. Aiolos.
von Gortys, j. u., olxees, d. h. Häusler) hießen. Kreüsa, Kodovo«, 1) Tochter des Dfeanos und
Ebenjo erinnern der Kat der Alten (wahrjcheinlich | der Ge, von Peneios Mutter des Lapithenkönigs
30 Mitglieder), die 10 »oonoe zur Aufficht über | Hypſeus. — 2) j. XKuthos. — 3). Aineias.
Berfaffung und Verwaltung, die gemeinfamen | — 4) j. Argonauten, 6.
Mahlzeiten der Männer (krögeie), die Öffentliche Kreusis j. Boiotia g. €.
Erziehung der Jugend, die Genofjenjchaften der) Krimissos. Kgınıcaog, Kolunsog (Plut. Ti-
Sünglinge &yeiaı (f. d.), die Liebe zu männlichen | mol. 25), Fluß im weftlichen Sicilien, an welchem
und fittfamen Jünglingen ganz an Sparta. Strab. | Timoleon 339 dv. E. die Karthager jchlug; nad)
10, 4507. — Die Inſel zerfiel in eine Menge | gewöhnlicher Annahme der Nebenfluß des jelis
jelbftändiger Stadtrepublifen, bis fie von den Rd: | nuntiichen Hypſas (j. Belice), nad) andern an der
mern als ein Hauptſitz der Piraten durd; Metellus | Nordküfte mündend, j. Fiume di S. Bartolomeo
Ereticus 68 —66 v. E. unterworfen und 27 dv. C. oder Freddo. Nep. Timol. 2. Plut. Timol. 25 ji.
mit Syrenaife zu einer Provinz vereinigt wurde.| Krisa, 7) Koloo«, Koice, uralte Stadt in Pho-
Die Kreter waren als Bogenjhügen und Schleu: | fis, von Homer (II. 2, 520) die weihevolle (fa#En)
derer berühmt und dienten häufig als Mietstruppen, | genannt, wejtlich von Delphoi am Fluß Bleiftos
at aber wegen ihrer Yügenhaftigfeit und Un- und 1", Stunden Ianbeinwärts vom Kriffaitichen
ittlichfeit mit den Kappadofern und Kilitern (oder | Meerbufen, wurde im ſ. g. erften heiligen Kriege
Karern) zu den role wanna ndnıore: Koijres dei | auf Befehl der Amphiltyonen zerjtört, da die Be-
Yebgrar, nark Inpla, yaoriges koyal (Tit.1,12 wohner durch Beſchätzung der deiphiichen Wall:
650
fahrer ſich verhaßt gemacht hatten. Strab. 9, 418,
Die Feldmarf wurde dem delphiſchen Gotte ge:
heiligt, die Bewohner zogen nad Amphifia oder
nach Kircha (Arega), der Hafenſtadt von Delphoi
(j. Magula), welches keineswegs mit Kriſſa identiſch
iſt. Aeschin. Ctes. 119. Vgl. PBreller, ausgewählte
Aufl. S. 224.
Kritias, Keırlas, 1) Sohn des Dropides, ein
Anverwandter des Solon, durch jeinen Sohn
Kallaiſchros Großvater des jüngeren Kritias, durch
jeines Sohnes Glaukon Tochter Urgrofvater des
PBhilojophen Platon. — 2) der jüngere, Schüler
des Leontinerd Gorgias und des Sokrates, hing
zuerſt der Demokratie an und jeßte (411 v. E.)
bei der Berhandlung über die Ermordung des
Phrynichos es dur, daß zuvörderſt deiien Be:
nehmen unterſucht und infolge davon die Gerech—
tigkeit des Mordes anerkannt wurde. Nachdem er
im Laufe der folgenden Jahre nad Thrakien und
dann nach Thefjalien verbannt gewejen war, finden
wir ihn nach dem Sturze der Demokratie in Athen
im Jahre 404 unter den Dreißig wieder. Bier
hatte fich feine mit Theramenes —— Ver⸗
bindung bald wieder aufgelöft ſ. Theramenes),
und Kr. nahm mun die hervorragendfte Stelle unter
den Dreifig ein, machte fich aber durch feine rüd:
fichtslofe Strenge beim Volke äußerft verhaßt und
fand im Jahre 403 im Kampfe gegen Thrafy:
bulos jeinen Tod. Nep. Thras. 2. Xen. Mem.
1, 2,12. Hell. 2,3, 36. 3, 2, 15ff. 24 ff. 1 ff.
4,8, 19. Nr. gehörte nach jeiner ganzen Erziehung
zu den gebildetiten Männern Athens. Er zeichnete
jih als Dichter und Redner aus; doch And von
jeinen Elegien und Tragddien nur einzelne frag:
mente erhalten, von feinen Reden gar nichts.
Platon jchäßte ihn jehr, wie die häufige Erwäh—
nung des Kritias in jeinen Schriften, jo im Timaios
und dem gleichnamigen Dialog, beweiſt. Samm—
lung der Fragmente von N. Bad (1827) und
Bergf, poet. lyr. Graec. II p. 279 ff. der 4. Aufl.
Kritios j. — 3.
Kritoläos, Kgırölaog, 1) aus Phaſelis in
Lylien, Beripatetifer und Nachfolger des Arifton
von Keos, fam 155 v. E. mit Narneades (j. d.)
und Diogenes in der berühmten athenijchen Ge:
jandtichaft nah Rom, two er ſich mit lei und
großem Erfolge der Nedekunft widmete und in
hohem Alter jtarb. Cicero berüdjichtigt bei der
Frage nad) dem höchiten Gute feine Anfichten
jehr viel; alle Schriften von ihm find verloren
gegangen. Cie. de or. 2, 37, 155. 38, 160. fin.
5, 5, 14. — 2) eim achatijcher Feldherr, der den
legten Entjcheidungstampf gegen den Achaiischen
Bund und die Zerftörung Korinths veranlaßte.
Cie. n. d. 3, 38, 91. Infolge der Niederlage von
Starphe ift er verſchwunden. Pol. 38, 2 ff.
Kriton, Keirwr, 1) der durch jeine Liebe und
Pietät befannte Schüler des Sokrates, der feinen
Lehrer gern mit feinem Vermögen aus dem Kerker
befreien wollte, und dem zu Ehren Platon einen
Dialog, in dem Kr. mit Sofrates in der Gefangen:
ichaft ſich unterhält, mit feinem Namen ſchmückte.
Auch jein Sohn Kritgbulos wird Schüler des
Sofrates genannt. — 2) aus Aigai, pythagoreiicher
Philofoph, von dem ein Bruchjtüd meoi mooro(es
xal eyatijg ruyns bei Stobaios ſich erhalten hat.
— 3) ein Dichter der neueren attijchen Komödie,
von deſſen Stüden 3 Titel erhalten ſind. —
Kritias — Kroisos.
4) 2 Hiftoriter diefes Namens nennt Suidas,
einen aus Pieria, einen andern aus Naros. Bal.
Müller, fragm. hist. Graee. IV p. 373. — 5) ein
griechiicher Arzt in der Zeit Trajans, der 4 Bücher
Kosunrıxd verfaßt und vielleicht in einem T’erınd
betitelten Werte Trajans Feldzug gegen Dacien
bejchrieben hat.
roisos, Kooisog, der Ichte lydiſche König,
aus der Dynaſtie der Mermnaden, folgte feinem
Bater Nlyattes 560 v. E., war aber ſchon vorher
Mitregent oder doc Statthalter von Myſien in
dem von den Lydern neugegründeten Adrampttion.
Schon Alyattes hatte das Reich bis — Halys
ausgedehnt. Kr. vollendete mit der Eroberung von
Epheſos die Unterwerfung der griechiſchen Küſten—
ſtädte (mit Ausnahme von Miletos). Doch be—
ſchränkte ſich die Oberherrſchaft über dieſelben wohl
im weſentlichen auf jährliche Tributzahlung, wie
denn Kr. auch mit den Inſelgriechen ein Bündnis
ſchloß, mit Miltiades, dem Herrſcher in der thra—
fiichen Cherſoneſos, befreundet war, die alten Be—
ziehungen zu dem delphifchen Orakel eifrig pflegte
und zum Bau des Tempels zu Epheios reichlich
beifteuerte. Hdt. 1, 27. 6, 37. 1, 13. 85. 46 ff. 92.
Als Kyros den Aſtyages, des Kir. Schwager, ent:
thront hatte und am Halys der Grenznachbar von
Kr. geworden war, ſah fich diefer von dem per:
fischen Reiche bedroht und trat 547 mit Naboncdos
von Babylonien, Amafis von Ägypten und mit
Sparta in einen Bund. Durch reiche Gejchente
juchte er von dem Drafel Auskunft über den Erfolg
eines Krieges zu erlangen. Auf die befannte,
doc gewiß urjprünglich zu feinen Gunften gemeinte
Antwort: Kooisog Av» duaßüs ueydinv doyiv
narakbosı (Aristot. rhet. 3, 5) begann er 546
mit dem Überjchreiten des Fluffes den Krieg. Eine
Schlacht bei Pteria, füdlih von Sinope, Herbſt
546, blieb unentichieden. Sr. zog ſich nach Sardes
urüd, um im folgenden Frühjahr, verjtärft durch
* ———— den Kampf wieder aufzu—
nehmen. Kyros aber folgte ihm auf dem Fuße,
warf das lydiſche Heer in die Stadt zurück und
ewann dieſelbe durch das Fr der Burg
don nach 14 Tagen (Ende 546). Kr. wollte, wie
es jcheint, als er alles verloren jah, fich jelbit dem
Sonnengott in freiwilligem Flammentod als Opfer
darbringen. Jedesfalls fiel er lebendig im die
Hände des Siegers, wurde aber von diejem mild
und ehrenvoll behandelt, blieb fortan ein freund
des Kyros und war auch noch ein kluger Ratgeber
des Kambyſes. Hat. 1, 53 fi. 73. 75 ff. 155 f. 207f.
3, 36. — Das Gejchid des Kir., den jähen Sturz
von den Höhen des Glüdes und langes hat
Herodot im Sinne feiner Weltanihauung und
zugleich zur Rechtfertigung des delphiſchen Orakels
anz zu einer Schidjalstragddie geftaltet. Der
ejuch des Solon (1, 30 ff.) kann, jchon wegen
chronologiicher Schwierigkeiten, kaum geſchichtlich
jein. Die Erzählung von dem Tode des Atys
durch die Hand des Adraftos (1, 35 ff.) beruht auf
der lydiſchen Sage von dem Gott Ati, der durch
einen Eber umtommt. Eine Anordnung des Kyros
zur Verbrennung des Kir. ift bei der Heilighaltung
des Feuers durch die Perſer nicht wohl möglich.
Aber auch die Berichte des Sttefias (fragm. 4),
&Xenophon (Cyrop. 2, 1, 5. 6, 2, 8f. 7,1, 23ff.
2, 1ff.), Diodor (excerpt. vatie. p. 25 f.) u. a. find
reichlich mit jagenhaften Zügen ausgeihmüdt.
Krommyonia — Ktesias.
“ Krommyonfa, Koouuvorle, ift der Name
einer zu Megaris gehörigen Ebene, der Schauplag
der Sage von der frommmoniichen Sau, genannt
nad) der befeftigten Drtichaft Agopura» oder
Kesuuvor (j. Hagios Theodoros), deren Name
„Zwiebelgarten“ durch die Tradition auf einen
Sohn des Pojeidon zurüdgeführt wird. Strab.
8, 380. 892. Paus. 2, 1, 8.
Kronen, militärijche Auszeichnung, j. Dona
militaria, 5.
Kronos, Kosvos, Saturnus, Som des Uranos
und ber Saia, der jüngjte der Titanen (Hesiod.
theog. 137), welcher durch Berjtümmelung und
Abjegung feines Vaters ſich mit den übrigen Ti—
tanen die Herrichaft der Welt aneignete. Er ver:
mählte fich mit jeiner Schweiter Rhea, und dieſe
ebar ihm die Heftia, Demeter, Hera, den Hades,
ojeidon und Yeus (Hesiod. theog. 462 ff.); da
ihm aber von Ge geweisjagt worden war, daß er
von einem jeiner Kinder vom Throne geſtoßen
werden würde, jo verfchlang er fie aleih nach der
Geburt mit Ausnahme des Zeus (j. Zeus, 5.),
welchen Rhea rettete. Diejer nun ftürzgte den
Vater und zwang ihn, durd die Künfte der Ge
oder der Metis unterftübt, die verichlungenen
Kinder wieder auszufpeien. Der zugleich mit den
Titanen (j. d.) geitir te und der Herrſchaft be=
raubte Kr. liegt entweder bei den übrigen Titanen
in dem Tartaros eingeferfert, oder er herrict,
nachdem er ſich mit Zeus ansgejöhnt, mit Rhada—
manthys auf den Inſeln der Seligen. Hesiod. opp.
- et. d. 169. Pind. ol. 2, 76. Kr. jcheint urjprüng:
li ein Gott des Feldbaues ve zu fein (#g0-
vog don rgdvo, »galvo, zeitigen), der an einigen
Orten Griechenlands verehrt warb; als folcher
wurde er mit dem italiichen Saatgott Saturnus
identifiziert, und man dichtete, als er von Zeus
geftürzt worden, jei er nach Italien geflohen und
habe dort von Janus die Herrichaft erhalten. Ov.
fast. 1, 238. Unter feiner Regierung herrſchte das
wr Beitalter. Or.met. 1,89 ff. Tıbull.1,3, 35 ff.
ad) ihm heißt Italien Saturnia und die Italer
Saturnia gens. Or. fast. 5, 625. 1, 237. Bom
17. Dezember an feierte man ihm in Rom 7 Tage
lang zur Zeit des fürzeften Tages, wo die Er-
neuerung der Natur begimmt, die Saturnalia, an
welchen man die goldenen Tage jeiner Negierungs:
zeit fich zu vergegenmwärtigen fuchte, indem man
alle Arbeit ruhen ließ und unter dem Rufe: Io
Saturnalia, io bona Saturnalia ſich einer ausge:
lafienen Luft hingab; man jchmaufte und jpielte
und bejichentte jich und bewirtete die Sflaven bei
Tifche, zum Beichen, daf unter Saturnus’ Regie:
rung fein Unterjchied der Stände geweſen jei.
Einen alten Tempel hatte der Gott am Fuße des
Eapitols, in welchem der Staatsichag aufbewahrt
wurde. Bei den Griechen finden fich ähnliche Feſte
des Kronos, wie in Italien, die Kronia, doch
war die Verehrung desjelben micht jehr verbreitet
und bedeutend. In Athen hatte er ein Heiligtum
unter der Burg und ein Feſt am 12. Hefatombaion.
In Olympia (j. d.) erhob fich nördlich der Altis
der Kroniſche Hügel, auf dem ihm geopfert wurde.
In Kreta ward er mit dem phoinifischen Moloch
verſchmolzen und empfing Kinder zum Opfer.
Dargeftellt ward Kronos als ein alter Mann, mit
über das Hinterhaupt gezogenem Gewande (obvo-
luto capite) und einem Sicheljchwert in der Hand
651
(faleifer, Op. fast. 1, 234, senex, senior, daſ.
5, 34. 627). Wegen der Namensähnlichleit mit
zoörog haben manche ihn mißverſtändlich für den
Gott der Zeit erklärt.
Kroton, Keöror, Croton, j. Cotrone, Stadt
in Bruttii am Fluß Aifaros (j. Ejaro), 710 v. C.
von Achaiern und Spartanern gegründet (Hat.
8, 47) und bald durd Handel und Schiffahrt zu
ze“ Blüte gelangt (Liv. 24, 3), Hauptſitz der
ymnaſtik und Athletif, Geburtsort des berühmten
Athleten Milon. Bejonders verdankte fie ihren
Ruhm dem Pythagoras, der hier feine Schule er:
richtet hatte. Im ig 510 v. C. zerftörten ihre
Bürger die mächtige Nachbarftadt Sybaris (Died.
Sic. 12, 9‘, erlitten aber jpäter am Sagros eine
furchtbare Niederlage durch die Lokrer, jeit welcher
Beit die Stadt unanfhaltiam ſank und den An—
griffen des Dionyfios, der Yucaner, des Agatho—
es und Pyrrhos nur unzureichenden Widerjtand
entgegenzujegen vermochte. Diod. Sic. 14,91. 103.
19, 10 u. d. Nm zweiten punifchen Sriege fiel
die von Hammibal bejegte Stadt in die Hände der
Römer und erhielt römiſche Koloniften. Liv. 24, 3.
34, 45. Strab. 6, 262.
Kovrreia, novarle, früher immer nach Plu—
tarch (Zye. 28) als eine von Staats wegen J die
loten angeſtellte blutige Jagd der ſpartaniſchen
ünglinge erklärt; indeffen war die Abficht wohl
nur eine Borübung zum Sriege, bei der die jungen
Spartaner die Heloten überwachen mußten, freis
lich ſich auch nicht aller Willfür und Graujamteit
enthalten mochten; vgl. Helotes. Plat. legg.
1, 633 B. 6, 763 B. Plut. Lye. 28.
Kovreroi, heimliche Späher, welche die Athe:
ner gelegentfi zu den Bundesgenofjen jchidten,
um von deren Angelegenheiten Kenntnis zu nehmen.
Ktesias, KArnolas, Zeitgenoſſe KZenophons,
wurde zu Knidos in Karien geboren, fam um 415
dv. E. an den perfiichen Hof, begleitete als Leibarzt
den Artarerges Mnemon auf dem Feldzug gegen
den jüngeren Kyros, heilte die bei Kunaxa em:
pfangene Wunde des Königs, und fchrte 398 in
jeine Heimat zurüd. Hier verfahte er ein großes
Wert, ITegaımd betitelt, in 23 Büchern, von
weldjen die 6 erjten von der afiyrijch-medijchen, die
übrigen von der perfiichen Geſchichte handelten.
Wir befißen nur Bruchftüde daraus bei Nitolaos
von Damastos, Bolyainos, Athenaios u. a.; einen
Auszug aus den 6 eriten Büchern gibt diodor
Die Arbeit des Kteſias will aus dem königlichen
Archiv (diptriouı Bacıkınai), zu dem er allerdings
vermöge feiner Stellung wohl Zutritt hatte, ge:
ichöpft fein, ift jedoch in der Hauptſache nichts
anderes als ein hiftorischer Roman, aus umlaufen:
den faljchen Überlieferungen und eigenen teden
Erfindungen fomponiert. Schon in der perftichen
Geſchichte des 6. Jahrhunderts weicht er durchweg
von Herodot, aber überall, wo er Ffontrolliert
werden lann, auch von ber hiſtoriſchen Wahrheit
ab; jo führt er z. B. felbit die Behiftanrelieis
von Dareios 1. auf Semiramis zurüd. Vollends
jeine Angaben über die affprifce Geſchichte (30
Könige in 2 Dynaſtien zu je 653 Jahren, Ninives
Berftörung 883 oder 788), die lange genug gläubig
nacherzählt wurden und arge Verwirrung ange:
richtet haben, find durch die neuerdings erfchloffenen
authentischen Quellen Lügen geftraft worden : jeine
Chronologie ift durchaus verkehrt, die lange Königs:
652
reihe bis auf wenige Namen unhiftorijch, die Ge—
dichte von der Götterfage überwuchert, ſo daß
„Die Unglaubwürdigfeit feiner Berichte als geficherter
Beſitz der Geſchichtswiſſenſchaft angejehen werden
darf” (v. Gutſchmid). Won einem zweiten Werte,
Ivdınd, bejigen wir auch nur Bruchjtüde, die
gleichfalls voll find von Kabeln. Xen. An. 1,8, 26.
Diod. Sie. 2,32 ff. 14,46. — Die Fragmente find
geſammelt von Bähr (1824) und von E. Müller
als Anhang der Didotichen Herodotausgabe (1858).
Bergl. Rüter, de Ütesiae fide et nuctoritate
(1873).
Ktesiblos, Ärnoißıos, um 150 v. E. in Ale
zandreia unter Ptolemaios Euergetes lebend, hatte
große Berdienfte um die Mechanik und bejonders
um alle Entdedungen und Maſchinen, welche auf
dem Drude der Luft und ihrer wirkenden Kraft
beruhen. Namentlich erfand er mit jeinem Schüler
Deron zufanımen die Pumpen, den frummen Heber
und die Nompreffionsfontäne, die noch jet den
Namen des Heronsballes führt.
Ktesiphon, 1) 4 Arnaıyar, Sohn des Leo—
jthenes aus Anaphiyftos, ein atheniicher Staats:
mann, der nach der Schladyt bei Chaironeia den
Antrag ftellte, dem Demofthenes für feine großen
Verdienjte und Aufopferungen einen goldenen
Kranz zu jchenfen, wogegen der von der maledo:
niſchen Partei bejtochene Aiſchines auftrat. Des
letzteren Rede und die fiegreiche Gegenrede des De:
mojthenes (vom Kranze) find uns erhalten. Plut.
Demosth. 24. — 2) n Kr., perj. Taifafin (ij.
Ruinen Tak-isflesra), Stadt am linken Ufer des
Tigris, Seleufeia gegenüber, war in jpäterer Zeit
die bedentendfte Stadt Affyriens und Winterrefidenz
der parthifchen Könige, ſeit der römiichen Zeit
auch ſtarke Feſtung, weldye unter Trajan, Septi-
mins Severus und Probus mehrmals in die Hände
der Nömer fiel. Nur von dem Nönigspalafte der
Safjaniden haben ſich bedeutende Trümmer erhal:
ten. Strab. 16, 143.
Kunaxa, Kovvafo, beim heutigen Felujah, in
der Nähe des Euphrat und 500 Stadien nördlich
von Babylon, bekannt durch die Schlacht zwischen
dem jüngeren Kyros und jeinem Bruder Artarerres
(401 dv. E.), in welcher erjterer fiel, worauf die
10 000 Griechen feines Heeres den befannten Rück—
marjch antraten. Plut. Artaxr. 8. Xenophon (An.
1, 10, 11) nennt den Ort nidıt.
Kovoeıor, 1) j. Apaturia. — 2) xovgeior,
die Barbierftube (lateiniich tonstrina, |. Haar-
putz und Barba). Theophraft nannte dieje Orte
weinlofe Sympofien, weil hier auch damals jchon
jede Stadtneuigkeit durchgeflaticht und über die
politiichen Zuſtände gefannegiehert wurde (vgl.
Demosth. Aristoqg. p. 786. Lys. inral, p. 754).
Kuröten j. Rhea Kybele und Zeus, 5.
Kovanoı, Bohnen, wurden in Athen bei der
Berlofung von Amtern gebraucht, indem in 2 Urnen,
in die eine Täfelhen (mirdxın) mit dem Namen
der Bewerber, in die andere Bohnen gelegt wur:
den. Wellen Name zugleid mit einer Bohne
von bejtinnmter Farbe aus den Urnen gezogen
wurde, der war gewählt. Daher von den durchs
Los Gewählten die Ausdrüde »vausver, do
zvduov Aayzeiv, 1) dmo nuduon Bovin, nuauerrog
gebräuchlich waren.
Kyäne j. Syracusae.
Kvavsaı 97001, Cyaneae insulae, auch Zvu-
|
Ktesibios — Kyklopen, Kyklops.
rinyddss, j. Uretjadi, 2 Heine Felſeninſeln an
der Mündung des thrafiichen Bosporos in den
Vontos, welde die Schiffahrt gefährdeten und dem
Mythos nad) bis zur Argonautenfahrt beweglich
waren (daher Zvuninydöes). Hdt. 4, 85. Eur.
Med. 2. Strab. 1, 21. 3, 149.
Kyaxäres, Ävakdens, perſiſch ——
König von Medien 625—585 vd. E., der eigent—
liche Begründer der medifchen Macht. Sein Vater
Phraortes, Sohn des Deiofes, war bei einem
Angriff auf Ninive gefallen. Bon einer Fortſetzung
des Unternehmen® wurde Kyax. durd den Einfall
der Skythen abgehalten, welcher allerdings auch
das afiyrijche Reich in feinen Grundfeſten erjchüt:
terte, und hatte nun zuerft fich bemüht, der fremden
Horden fich zu entledigen und jeinen Truppen
eine feſtere Organifation zu geben, ehe er 608 im
Bunde mit Nabopolafjar von Babylonien, deſſen
Sohn MNebufadnezar mit feiner Tochter Ampitis
fih vermählte, zum Enticheidungstampfe gegen
Aſſyrien jchreiten konnte. 606 fiel Ninive, und
Medien erhielt bei der Teilung der Beute alles
Land öſtlich und nördlich vom Tigris. Syar.
unterwarf nun in langjamem Ringen Armenien
und Kappadotien, ſtieß aber am Halys mit Alyattes
von Lydien zujammen. Der fünfjährige Krieg
wurde unter dem Eindrud der totalen Sonnen:
finfternis vom 28. Mai 585 durch Bermittlung
Nebukadnezars und des kilikiſchen Syenneſis mit
einem Frieden beichloffen, der zugleih in der
Berheiratung des Aftyages, Sohnes von Kyar.,
und der Aryenis, Tochter des Alyattes, feine Ge:
währ erhielt. Bald darauf muß Siyar. geitorben
jein. Hat. ı, 73f. 103. 106.
Kybele j. Khea Kybele.
Kydippe j. Akontios.
Kydnos j. Kilikia.
Kydonia j. Kreta.
Kvxsor, ein Milchtrant, aus Wein, Zwicbeln,
Käſe und Gerftengraupen bereitet, bisweilen mit
einem Beiſatz don Honig und Salz, Blumen und
Kräutern (Hom. Il. 11, 624. 641. Od. 10, 234).
Er diente bald zur Nahrung, bald zur Stärkung
und Erfriſchung und wurde auch mediziniich an:
gewandt. Uber den myſtiſchen »ureo» |. Eleu-
sinia, 3.
Kyklädes, «fi Kvnlddes, Inſelgruppe des
Nigaiiichen Meeres, jo bezeichnet, quia in orbem
iacent (Mela 2, 7, 10), oder, nach fpäterer Auf:
faflung (Strab. 10, 485), weil fie um den heiligen,
in früherer Zeit vielleicht auch politiichen Mittel:
punft Delos dr und herumlagen, bildeten
den Gegenjaß zu den zerftreuten Sporaden der
afiatiichen Küſte. Sie find alle vulfanijchen Ur:
iprungs. Die Alten nehmen urſprünglich 12 Ky—
faden an (Dodelanejos, daher der heutige Name
Dodelani au zu ihnen gehören Andros, Tenos,
Mykonos, Delos, Keos, Kythnos, Paros, Naros,
Melos, Jos, Thera, Siphnos. Doch wurden in
jpäterer Zeit auch manche teilweife weit entfernte
Inſeln als Kyfladen bezeichnet.
Kykliker j. Epos, 4.
Kyklöpen, Kyklops, Kvrkoy (von xöundos
und Sy, Rundauge). Nach Hejiod (theog. 139 ff.)
jind die Kyllopen Söhne des Uranos und der Ge,
3 an der Zahl, Brontes, Steropes und Wr:
ges, gewaltige Niefen mit Einem Auge, melde
dem Zeus den Donner gaben und den Blig ſchmie—
Kyknos — Kylon.
653
deten, die Naturgewalt des Gewitters bezeichnende | Ichwäne verwandelt wurden. Nach Ovid zerflieht
Weſen. Uranos barg fie, wie alle feine Kinder,
in den Tiefen der Erde, und nachdem fie dem
Kronos zur Herrichaft verholfen, wurden fie auch
von diejem wieder in Banden gehalten, bis Zeus
fie befreite und zu feinen willigen Dienern an:
nahm; fie gaben ihm Blig und Donner. Hesiod.
theog. 503. Später wurden fie don Apollon ge-
tötet, weil Zeus den Aſklepios mit dem Blitze er:
ichlagen hatte. — Bei Homer erfcheinen die Ky—
klopen in einer andern Muffafjung, indem er fie,
die Beziehungen zu Zeus beijeite laffend, als ein
rohes, gewaltiges Niejenvolf hinftellt, welches fern
im Weſten ohne alle Kultur, ohne Sitte und ftaat-
liche Ordnung lebt. Sie bebauen das Land nicht,
obgleich es mit Fruchtbarkeit gejegnet ift, jondern
treiben Viehzucht und wohnen, abgejondert von-
einander, ein jeder mit feiner Familie in Höhlen;
um die Götter kümmern fie fich nicht in ihrem
Übermute. Die Phaiafen, ihre Nachbarn, haben
jie durch ihre räuberijchen Anfälle aus ihrer Nähe
vertrieben. Der Repräjentant diejer rohen, unge:
ſchlachten Wejen ift der Menjchenfreffer Polyphe—
mos (j. Odysseus, 3). Hom. Od. 9, 106 ff.
231 ff. Verg. A. 3,616 ff. Als man jpäter Sici:
lien und zwar die Gegend des Ätna für den Wohn:
ort der homerifchen Kyklopen anjah, bildete man,
indem man die bei den hefiodischen Kyklopen vor:
tommende Eigenjchaft von Blißjchmiedern des Zeus
wieder hervortreten und vorherrſchen lieh, die
Kyklopen zu Gehülfen des Schmiedegottes Hephai-
ftos um, welde in dem Innern des Htna oder
auf der benadhbarten vulfanischen Inſel Lipara
dem Zeus Blitze und Donnerkeile und den Göttern
und Heroen Waffen jchmieden. Verg. @. 4, 170 ff.
A.8, 416 ff. Bon diefen Kyflopen werden genannt
Brontes, Steropes, Byralmon, Akamas. —
Wegen der riefenhaften Größe und Stärke, die den
Kyklopen eigen ift, jah man die aus der älteften
Beit ftammenden, gewaltigen j. g. kyklopiſchen
Mauern (j. Baukünstler, 1.) als Werle der
Kyklopen an; dieje Kyflopen wurden aber als von
den oben erwähnten verjchieden angenommen. An:
geblich benannt nach ihrem Könige Kyklops, jollten
fie urfprünglich in Thrafien anfällig geweien, dann
nach Kreta und Lytien zerftreut, von Lykien aus
mit Proitos nad) Argolis gefommen fein und die
fyflopijchen Mauern von Tiryns und Mykenai
jowie ein Labyrinth bei Nauplia erbaut haben;
deshalb heift Argolis bei Euripides (Or. 965)
foflopiiches Yand. Auch in Epeiros, Arkadien und
in Yatium finden ſich jolche kyklopiſche Mauern.
— Bon der Kunſt wurden die Siyflopen als Rieſen
mit Einem Auge auf der Stirne dargeftellt, doc
jo, daß darunter auch die Augen an der gewöhn—
lihen Stelle wenigftens angedeutet waren.
Kyknos, Ävxros, 1) Sohn des Apollon und
der Thyria Hyria, Ov. met. 7, 371. 380), ein jchöner
Jäger, zwiichen Pleuron und Nalydon wohnend,
der durch jein beleidigendes Weſen alle jeine
Freunde zurückſtieß. Nur Phylios harrte bei ihm
aus; als aber diejer nad) mehreren ihm von Kyfnos
aufgetragenen Kämpfen zulet einen Stier, den er
auf jeinen Befehl eingefangen, ihm nicht übergab,
fprang er, durch dieſe Weigerung erzürnt, in den
See Konope, der nach ihm der Kykniſche genannt
ward, zugleich mit feiner Mutter, worauf beide
von Apollon in die diefem Gotte heiligen Sing:
zutreten.
Hyria in Thränen und bildet den gleichnamigen
See. — 2) Sohn des Pofeidon und der Kalyfe,
von Fiſchern, die ihn am Meeresufer ausgejeßt
fanden, Kyfnos genannt, weil fie einen Schwan
auf ihn herab fliegen jahen; er ward König von
Kolonai in Troas. Seine beiden von ihrer Stief-
mutter verleumbdeten Kinder erfter Ehe, Tenes
und Hemithea, warf er in einem Kaſten ins Meer;
jie landeten auf Tenedos, wo Tenes König ward.
Als Kyknos ſpäter fein Unrecht erfannte, juchte er
feinen Sohn auf, und beide zogen im trojaniichen
Kriege den Troern zu Hülfe, wurden aber bei der
Landung der Griechen von Achilleus getötet, und
zwar ward Kyfnos, der underwundbar war, mit
dem Helmriemen erdrofjelt, nachdem er ſchon
1000 Männer erichlagen. Poſeidon verwandelte
ihn in einen Schwan. Op. met. 12, 72ff. —
3) Sohn des Ares und der Pelopia, Schwiegerjohn
des Keyr, bei ton in Thefjalien von Herafles
im Zweikampf erichlagen (j. Herakles, 11.).
Der Kampf wird bejchrieben in Hefiods Scutum
Hereulis. — 4) Sohn des Ares und der Phrene,
ebenfalld von Herakles im Zweikampf getötet. Als
Ares den Fall jeines Sohnes rächen will, trennt
Zeus durch den Blitz den Kampf feiner Söhne.
Apollod. 2, 5, 11. Ares ſoll ihn bei feinem Tode
in einen Schwan verwandelt haben. Er wird oft
mit dem vorhergehenden verwechſelt. — 5) Sohn
des Sthenelens, König der Ligurer, Freund und
Verwandter des Phaöthon, der, während er über
Phaethons Tod trauert, von Apollon in einen
Schwan verwandelt und unter die Geftirne verjept
wird. Ov. met. 2, 367 ff. Verg. A. 10, 189 ff.
Koxvos, cygnus, der Schwan, dem Apollon
heilig, nach der Meinung der Alten kurz dor jei:
nem Tode flagende und rührende Geſänge anſtim—
mend. Indeſſen wurde dieje, mythiſch eingefleidete,
Vorftellung jchon von den Alten beftritten; andere
dagegen verteidigten fie und bejchrieben die Sache
genauer, dgl. Cie. tusc. 1, 30, 73. Erjt bei Hefiod
(Hygin. fab. 154) erſcheint er in jolcher Weije.
Einen cygnus canorus fennt auch unjere Natur:
geichichte.
Kyliöne j. Achaia und Arkadia.
Kyllenios j. Hermes, 1.
Kylon, Ktlo», ein Athener aus Eupatriden:
ſtamm, hatte 640 v. E. (DI. 35, 1) in Olympia
gefiegt und war vermählt mit der Tochter des
Tyrannen von Megara, Theagenes. Am Jahre
612 (nach andern 616 oder 620, nad) Bufolt jogar
ihon zwiichen 636 und 624) ftellte er fich in der
Abficht Alleinherricher zu werden an die Spike
einer Verſchwörung. Das delphiiche Drafel, das
er un Rat fragte, hatte ihm den Bejcheid erteilt,
am größten Zeusfeſte die Burg zu bejegen. Er
that dies aljo beim nächiten olympijchen Feſte,
während, wie jpäter Mar wurde, der Gott die atti:
ichen Diaſien gemeint hatte, die die Athener zu
anderer Zeit, wahrſcheinlich am Iliſos, Zeus zu
Ehren feierten. Einmütig ftrömte die Yandbevöl-
ferung zufammen, um den Aufſtändiſchen entgegen:
Der Arhon Megafles, des Altmaion
Sohn, ſchloß die beiegte Burg ein, jo daß bald
Mangel entitand. Kylon und fein Bruder ent:
flohen; jeine Anhänger festen fich ſchutzflehend
im Heiligtum der Athene Polias nieder, das jie
nur auf das ihnen gegebene Beriprechen verliehen,
654
man werde ihres Lebens jchonen. Allein man brad)
das gegebene Wort und ermordete fie, einige jogar
an den Altären der Erinyen, wohin fie geflüchtet
waren. Da diejer mit Genehmigung des Mega:
kles geichehene Treubruc (AvAbreıor &yog) eine
ichwere Neligionsverlegung enthielt, jo wurden
er und fein ganzes Gejchlecht, die Alkmaioniden,
jowie viele ihrer Parteigenoffen als Fluchbeladene
und der Rache der Götter Anheimgefallene —
dvaysig nal dlırjgwı rg Deond — betradhtet,
—J ſchließlich die am Frevel Beteiligten auf eine
— e des Myron aus Phlya von einem aus
ann beitehenden Ade re verurteilt und
— Thuc. 1, 126. 71. Plut. Sol.
12. Paus. 7, 25, 1.
Kyme, Köun, die wichtigste Stadt in Niolis
(Kleinafien) am Kymaiiſchen oder Elaitischen Buſen,
Br bon ihren Gründern, Lokrern vom Berge
PBhrifios, den Beinamen Bpixwwis. Sie hatte
einen ficheren Hafen, in welchem die gejchlagene
Flotte des Kerred nach der Schlacht bei Salamis
überwinterte. Hdt. 8, 130. Sie war Baterftadt
des Hefiodos (?) und des Hiftorifer8 Ephoros.
In der Gejchichte tritt fie nicht bejonders hervor;
unter Tiberius (17 n. E.) litt fie durch ein Erd:
beben. Strab. 13, 622. Tac. ann. 2, 47. Unter
ihren Kolonien find Side in Pamphylien und
Gumae, griechiſch Kyme, in Campanien & mer:
fen. — Letztere, auf fteiler Anhöhe des Gaurus,
etwas nördlich vom Vorgebirge Mijenum, ge
ründet um 1050 v. E., in Verbindung mit Chal-
is und (Eretria, war die ältefte und früher die
blühendite der — Kolonien Italiens. Bald
reich und —* eſehen durch ihren Seehandel ge⸗
worden, gründete fie in der Nähe Aınauapyie,
das jpätere Buteoli, dann Palaiopolis und Nea—
polis, jowie Zankle, das jpätere Meſſene auf Sici:
lien. Durd den Beiftand des Hieron von Syrakus
erwehrte fie fid) der mächtigen Etrujfer (475),
während jie 50 Jahre früher ſich allein mit Glüd
gegen die Etrujfer und brer behauptet hatte,
bei welcher Gelegenheit Ariftodemos fich der Ober:
errichaft bemächtigte, zu welchem Qarquin der
Stolze floh. Liv. 2, 21. 420 wurde die Stadt
campanijch (Liv. 4, 44), jeit 215 römiſches Muni-
eipium, feit Auguftus Kolonie. Belanmt ift die
cumãiſche Sibylle. Biele Römer, wie Cicero, Bon:
pejus u. a., hatten in der Gegend Villen; in den
Sotenkriegen wurde die Stadt zerjtört. Ruinen
finden ſich zwijchen Fuſaro und dem Lago di Patria
(j. die Karte zu Neapolis).
Kynaigeiros, Kvratysıgog (audı) Kuvkysıgog),
Sohn des Euphorion und vielleicht der Bruder
des Dichters Aiſchylos, fiel in der Schlacht bei
Marathon, als er eins der abſtoßenden perfiichen
Schiffe mit dem Arm zurüdhalten wollte, indem
die Feinde ihm den Arm abhieben. Hdt. 6, 114.
Sehr übertrieben \peint die Schilderung feiner
— bei Juſtin (2, 9) zu fein.
Kynaitha j Arkadia,
ee Kövados, aus Chios, einer der
älteften Homeriden auf Ehios, joll die homeriſchen
Gejänge den weitlichen Kolonien vorgeführt und
in Syrafus rhapjodiert haben. Er galt jchon im
Altertum als Berfafjer des Hymnos auf den del-
phiichen Apollon; jein Zeitalter ift unbelannt.
Kynna, Kövve, auch Kyna, Kynane und Kyn—
nane, eine Tochter Philipps von Maledonien, ver:
9
. X
‚Kky
Kyp
f
ng,
Kyme — Kypros.
mählt mit Amyntas, Sohn des Perdiklas; fie
war Mutter der Aden, die als Gattin Philipps III.
Arrhidaios Eurydike (ſ. d. 7.) hieß.
Kynosarges |. Attika, 14.
Kuvös xepalei, Cynoscephalae , einige
Hundsföpfen ähnliche rauhe und fteile Hügel bei
Skotuſſa in Theflalien, bei welchen Belopidas von
Söldnern des Alerander von Pherai, 365 v. E,,
erjchlagen wurde (Plut. Pelop. 32), und Flami-
ninus den Philipp von Mafedonien (197) ſchlug.
Pol. 18, 3 ff. Strab. 9, 441. Liv. 33, 7 ff. Paus.
7,87.
Kynossöma, Kvrög onjur«, d. h. das Grab des
Hundes, 1) Landipige des thrafifchen Cherjones bei
Madytos, jo genannt nach der in einen Hund ver:
wandelten Hekabe. Eur. Hec. 1275. Thuc. 8, 104.
Strab. 13, 595. — 2) Landipige Kariens, der Inſel
Kyme gegenüber, j. Alypo. — 3) das angebliche
Grabmal des vom kalydoniſchen Eber getöteten
Hundes der Atalante, das man in oder bei Ka—
lydon zeigte.
Kynosüra j. Attika,
und Sternbilder, 2.
Kynuria j. Argos, 4.
Kyparission, Kura«glscıov, Borgebirge Mefie-
niens am Joniſchen Meere (am gleichnamigen Meer:
bujen), j. Konello, etwas nördlich davon die Stadt
Kypariſſiai, j. Arkadia, mit Tempeln des Apollon
und der Athene, jcheint diejelbe Stadt zu fein,
welche Homer (Il. 2, 598) nennt. — Eine zweite
a MELDE lag in Zafonien bei «lopos,
yli.
Kyparissos, Kvrdgısoos, 1) ein ſchöner Jüng⸗
ling aus Keos, Sohn des Telephos, von Apollon,
Silvanus oder Zephyros geliebt und aus Gram
über einen geliebten dirfch, den er aus Unvor—
fichtigfeit erjchoffen, in einen Cypreſſenbaum ver:
wandelt. Op. met. 10, 120 ff. — 2) Stadt in
Phofis unweit Deiphoi. Hom. Il. 2, 598.
ypros, ı) Kvmgos, Cyprus, im U. T. Kittim
19,, Lakonika, 8.
(nad) Kition), ajiyriih Jatnan, j. Kibris, eine der
bebeutendjten Inſeln (173 IM.) des Mittelmeeres
in der Ede zwijchen Kilifien und Syrien, von
jenem durch die Kilifijche Meerenge (Aulon) ge:
ſchieden. Die Alten lichen ihre Gejtalt mit
einer ausgebreiteten Ochjenhaut; daher nannten
fie die Nordoſtſpitze Deinareton auch Boög oðoci.
j. Kap Andreas. An der Nordjeite ift das Bor:
gebirge Krommpon, j. Kormaditis, im W. Alfa:
mas, j. Hagios Epinhanios, im ©. Kurias, j.
gengari, italienijh Capo di Gatta, im SO. Pe:
dalion, j. Capo Greco. 2 Ber fetten durch⸗
ziehen die Inſel: die eine geht der Nordküſte ent-
lang, 1000m hod), mit dem Olumpo$; die andere,
breitere erhebt fich im SW., mit dem Aoos ij.
Troodos), 2010m hoch. Zwiſchen dieſen beiden
Ketten liegt die fruchtbare Alluvialebene von Sa—
lamis, von dem Pediaios durchfloſſen. Die der
Aphrodite heilige Inſel war reich an Produkten
aller Art, bejonders an Kupfer (das deshalb xv-
npıog yalndg, aes cuprium, cuprum hieß) und
Schiffsbauholz. — Schon frühe, um 1500 v. E.,
ließen fich die Phoiniler in allen Teilen der Inſel
nieder und gründeten die meiſten Städte. Dann
folgte, etwa 1000 v. E., die Kolonijation durch
die Griechen, bejonders PBeloponnefier (Hat. 7, 90).
Seitdem beftand eine wechjelnde Anzahl (9 oder
mehr) Heiner Fürftentümer. 709 bis etwa 640
Kypselos — Kyrene.
v. E. Stand K. unter affyriicher, hierauf wieder
unter tyrijcher Oberhoheit, 538—526 unter Amajis
von Ägypten, von da an unter den Berjerfönigen,
denen es die Griechen (Baujanias und Kimon)
vergebens zu entreißen ftrebten (Hat. 5, 104 ff.
Thue. 1,94. 112). 410-374 vereinigte Evagoras 1.
von Salamis die ganze Inſel zu einem Weiche.
Nach der Schlacht bei Iſſos unterwarf ſich K. dem
NAlerander und blieb dann im Beſitz der Ptole—
maier, bis Gato 58 v. E. es zu einer prätorischen
Provinz machte mit den 4 Dijtriften Paphia im
W., Yapethia im N., Salaminia im O., Ama-
thufia im S. — Städte. JmM.: Soloi, Hafen:
ftadt an einem Meinen Fluffe, j. Paläochora;
Lapethos, j. Lapitho; Keryneia, j. Kerynia;
Aphrodifion; Karpajia, j. Karpajo. Im D.: Sa:
lamis am Pediatos, mit Hafen, immer die größte
Stadt, durch Conftantin den Gr. Conſtantia zu:
benannt; Ammocoftos, j. Famaguſta. Im ©.:
Kition, j. Larnafa, wo der Stoifer Zenon und
der Arzt Apollonios geboren wurden und Kimon
ftarb; Amathüs, j. Paläo-Limiſſo; Kurion, j.
Epiſtopi. Im W.: Baphos, j. Kuflia, mit be:
rühmtem Aphroditetempel, deſſen Überreſte jamt
vielen Inſchriften und zahllojen Bruchftüden von
Statuen, befonders der Aphrodite, in neuefter *
durch, von der engliſchen archäologiſchen Geſell—
ſchaft in Athen veranftaltete, Ausgrabungen bloß—
gelegt worden find, und der, obwohl in den erften
nahchriftlichen Jahrhunderten zweimal durd Erd:
beben zerjtört, in feiner Gejamtheit eine große
Ähnlichkeit mit dem ſalomoniſchen Tempel in
Serujalem haben joll; Neupaphos, j. Baffa, Han:
delsſtadt; Arfinod, früher Marion (j. Polis). Im
Innern (von W. nah D.): Tamajjos (bei Po:
litifo); Jdalion (j. d.), j. Dali; Golgoi, j.
Athieno; Tremithüs, j. Tremithufia,; Chytroi, j.
Ehytrea. — Für die ältere kypriſche Kunſt ift
eine Miſchung ägyptiſcher und affyriicher Elemente
charakteriftiih. Die Anjchriften zeigen eine ver:
widelte, wohl aus den aſſyriſchen Steilzeichen her:
vorgegangene Silbenichrift, welche im Übergang
zur Buchjtabenjchrift begriffen ift, und enthalten
einen altertümlichen atoliichen Dialeft. Strab.
14, 681 ff. Vgl. Engel, Kypros (2 Bdd. 1841),
Gesnola, Cypern. Überſ. von L. Stern (1879).
Derj. Salaminia (2. Aufl. 1884).
Kypsölos, Kuwslog, 1) Sohn des Aipytos,
König in Arkadien, j. Merope, 4. — 2) aus
Korinth, von mütterlicher Seite mit den Bakchiaden
verwandt, war ein Sohn des Eötion. Diejem
war nach dem (freilich jehr romantiich gefärbten)
Berichte Herodots (5, 92) vom delphiichen Apollon
verkündet worden, daß der Sohn jeiner Gemahlin
Labda ſich auf die Herricher ftürzen und Korinth
züchtigen würde. Als die daſelbſt herrichenden
Bakchiaden von dieſem Spruche hörten, ward ihnen
ein anderer, den fie jelbft vorher erhalten, aber
nicht hatten deuten fönnen, Har, fie bejchlofjen
daher das Kind, jobald es geboren wäre, zu töten.
Aber die Mutter gewinnt Zeit, den Knaben in
einen Kajten zu verbergen. So gerettet, erhält
er nad) dem Kaften («upeAn) den Namen Kypſelos.
Als er herangewachien ift, empfängt er in Delphoi
den Spruch, daß er und jeine Kinder, nicht aber
jeine Kindeskinder in Korinth herrichen würden.
Im Bertrauen auf diefen Spruch madıt er fich
ans Werk und gewinnt die Herrſchaft. — Im
655
ganzen regierte K. nad) Befeftigung feiner Herr:
ichaft wohl milde. Er jchmücdte Korinth durd)
prächtige Gebäude und hinterlie nad) 30 Jahren
jeinem Sohne Periandros die Herricdaft, 627 v. C.
Der aus Cedernholz verfertigte, kunſtvoll gearbeitete
Kaften, in dem K. gerettet worden fein jollte, wurde
von feinen Nadjtommen der Hera zu Olympia ge:
weiht und in ihrem Tempel noch im 2. Jahrh.
n. C. gezeigt. Paus. 5, 17,55f.
Kyrene, Kverjvn, 1. Landſchaft: 7) Aven-
veinn, Cyrönaica, Landichaft an der Nordtüjte
Afrikas, das jegige 500--700m hohe Plateau von
Barla, jeit der Zeit der Ptolemaier nach ihren
5 Hauptftädten aud; Bentapolis genannt, nahın
die Küfte von den Altären der Philainoi an der
großen Syrte (farthagijche Grenze) bis zum Pa:
liurosfluß (Marmarita zu) ein; im Süden reichte
fie bis zur Wüfte Phazania (Fezzan). Ganz ver:
ſchieden von den angrenzenden Ländern war Kyre—
naifa eine reich bewäflerte, fruchtbare Landſchaft,
in welcher die Ernte volle 8 Monate dauerte:
Weizen, Ol, Wein, Datteln, Gemüſe, Silphium,
Honig, Pferde, Maultiere find unter den Erzeug:
niffen zu nennen. Fldt. 4, 199. Xeider waren
aber auch verheerende Heuichredenzüge häufig.
Griechen von Thera ließen fi) im 7. Jahrhundert
(631 v. €.) hier nieder (j. Battos und Barka)
und gründeten einen durch Schiffahrt, Handel,
Kunft und Gewerbe blühenden Staat, der unter
Dareios ]. dem perfiichen Reiche einverleibt wurde
und feit 308 in loſer Abhängigkeit von Ägypten
ftand. Hdt. 4, 150 ff. 164 ff. 200 ff. Just. 13, 16.
Liv. 23, 10. Sall. Jug. 79. Seit 117 herrichte ein
Seitenzweig der Ptolemaier. Der leßte derjelben,
Apion, jegte die Römer zu Erben ein (im J. 96
v. E., Liv. ep. 70), welche anfangs die Bentapolis
für frei erklärten, dann aber das Land mit Kreta
zur Provinz vereinigten (67 dv. E.). Unter Trajan,
116 n. E., empörten ich die zahlreich eingemwan-
derten Juden und brachten 220 000 Kyrenaier und
Nömer um, bis fie mit Mühe bejiegt wurden;
das Land blieb feitdem entvölfert. — An der Küſte
der Eyrte zogen fich die Sandhügel des Hera:
kles (of Siveg ron “Ho.) hin; weitlich von diejen
entipringt der Fluß Lathon, welder nach Pto—
lemaios mit einem See Tritonis in Verbindung
jtand, während Strabon einen See der Heiperiden
nennt. — Unter den Bölferjchaften im Innern
werden genannt die Barfiten, Araraufelen, As—
byſten, Malatuten und Binller, die Anjchijai
und Nafamonen. Die wichtigften Städte von
Dften nad) Weften find (die der Pentapolis find
durch * bezeichnet): Darnis, *Apollonia, galt als
Hafen von Kyrene (j. Maria Suja), Phykus,
*Ptolemais, früher bloß Hafen von Barka (ij.
Tolmeta), *Tauceira, jpäter Arfinoe (j. Tofra),
*Berenike, früher Heſperis (j. Benghafi), Im
Innern: *Kyrene (Kveren), j. Ruinen bei
Krenna, von Battos gegründete Hauptſtadt des
Landes (631), in herrlicher Gegend,’ auf tafelför-
migem Plateau an der Quelle Kyre, 80 Stadien
von der Küſte. Die Stadt war ausgezeichnet durch
herrliche Tempel, unter denen ein Apollontempel
bervorragte, zu weldem Battos eine gepflafterte
Straße führen ließ; auch bejah fie eine feite
Afropolis. K. war durch jeine tüchtigen Arzte be-
fannt (Hdt. 3, 131), jowie als Geburtsort der
Philoſophen Ariftippos, Anniferis und Narneades,
656
des Dichters Kallimachos und des Eratofthenes.
— Endlid) 1 zu nennen Barfa, 100 Stadien
vom Meere, jüdöftlih von Ptolemais. Im Dften
an der Küſte lag die Inſel Plateia, j. Bomba,
wo fich die Theraier zuerſt niederließen, ehe fie
Kyrene gründeten. Strab. 17, 836 ff. Vgl. Thrige,
historia Cyrenes (2. Aufl. 1828). Gottichid, Geſch.
der Gründung und Blüte des hellenischen Staates
in Cyrenaika (1858). — I. Berjonenname:
Tochter des Hypſeus, Enkelin des Peneios oder
auch Tochter desjelben, von Apollon geliebt und
aus Theflalien nach Libyen entführt, wo fie mit
ihm den Ariftaios zeugte. Kyrene in Libyen ward
nad) ihr benannt. Pind. pyth. 9,5 ff. Apoll. Rhod.
2, 500 ff.
Kyreschäta, Ärg£foyar« oder Kvgovmokıs, aud)
Kipa, die äußerſte Grenzfeftung des perjischen
Reiches in Sogdiana, nahe dem Jaxartes, von
Nlerander zerftört. Arr. 4,2,2.3,1. Curt. 7, 6, 16.
Strab. 11, 517.
Kovgıos ift im juriſtiſchen Sinne derjenige,
welcher ein Andividuum, das an fich perjönlich
feine oder bejchränfte Nechtsfähigfeit hat, vor
Gericht und in allen rechtlichen Beziehungen zu
vertreten hat. Der xvoıog der Kinder war der
Bater oder der Zmirpomog. Der xUgrog der Frau
(vgl. audy Erbrecht, 3. und Ehe, 3.) war der
Vater, nach defien Tode der Vormund; wenn fie
nicht mehr unter vormundjchaftlicher Gewalt ftand,
die nächſten Verwandten, wenn fie verheiratet war,
der Mann, nach dem Tode des Mannes, wenn
fie in dem Haufe desjelben zurüdblieb, der Sohn
oder deſſen Bormund; wenn fie in das Haus der
Eltern oder Verwandten zurüdfehrte, jo trat fie
in das Verhältnis wie vor ihrer Berheiratung.
War die Frau don dem “regıog verlegt, jo war
die org); nannoeng das rechtliche Schußmittel
für diejelbe.
Kyrnos j. Theognis.
Kyros, Kieog, Cyrus, altperj. Küruſch, hebr.
Koreſch, Perſonenname: 1) der Stifter des
Kyreschata
perſiſchen Reiches. Unter den Variationen der Ge— |
ichichte des K. berichtet Herodot (1, 96) die vor!
— Kyros.
Zufall rettet dem Sohne derjelben, melden Har—
pagos, des Aſtyages Bertrauter, töten joll, das
Leben; er wird als Hirtenknabe erzogen, dann
als der Entel des Aftyages erkannt und von diefem
am Leben gelaffen, während Harpagos für feine
Fahrläffigfeit bei dem erteilten Befchle graufam
bejtraft wird. Auf deffen Anftiften ftellt ſich Kyros,
als er herangewachſen ift, an die Spike der Perſer
und fiegt, da Harpagos mit den medischen Truppen
u ihm übergeht. Nach fünfunddreigigjähriger
egierung wird Aſtyages, 559 v. E., entthront
und gefangengenommen, lebt aber ungefährdet
bei Kyros. Hat. 1, 107— 130. — Kteſias dagegen
leugnet urjprüngliche Berwandtichaft zwijchen beiden
und jagt, erit ald Eieger habe K. des Aſtyages
Tochter Amytis geheiratet, und dieſe Erzählung
ift wahricheinlicher. — Der dritte Bericht, den wir
befigen, Xenophons Cyropädie, ift nichts weiter als
ein Roman. Gejchichtlich fteht feſt, daß Kyros
dem Fürſtengeſchlecht entiprofien ift, das unter
mediſcher Oberhoheit die Herrichaft über die Perjer
oder einen Teil derjelben führte. Seine Borfah-
ren waren Kambyſes, Kyros und Teiſpes, weiter
hinauf fteht der Stammbaum nod nicht feit, da
die Nachrichten bei Herodot ſelbſt (1, 107. 111.
7, 11) und ebenjo in den Amjchriften auseinander
ehen. Daß K. als Geijel am Hofe des Oberkönigs
ich aufhielt, emtipricht ganz der orientaliichen
Sitte. Auch der Zug der Überlieferung, daß Ver:
rat und Untreue im mediichen Heere ihm den Sieg
verichafften, wird durch eine neu aufgefundene In—
ſchrift beftätigt; nur gejchah dies noch nicht 559,
mit dem Negierungsantritt des K. in Berfien,
fondern erit 550. — Nah der Einnahme von
Efbatana fjuchte K. die Meder möglichit mit der
neuen Ordnung der Dinge zu verjöhnen. Auf die
Unterwerfung der zum mediſchen Neiche gehörigen
Länder folgte die Eroberung Lydiens (Ende 546)
und der Heinafiatiichen Städte. Im Sommer 539
ichlug 8. ein babylonijches Heer, worauf fein Feld—
herr Gobryas in Babylon ohne Schwertftreich ein-
rücdte und den König Naboned (Außvrnrog Hat.
1, 77. 188) gefangen nahm; im Herbſt hielt dann
K. feinen Einzug in die Stadt (dod)
zählt er jein erjtes offizielles Jahr
als König von Babylon erjt vom
März 538 an). Die Provinzen des
Neiches bis gegen Agypten hin fielen
ihm ohne Widerftand zu; den Nuden
geitattete er die Rückkehr. Im Nampf
gegen ein wildes Volk im Norboften,
die Maffageten jenjeits des Jaxartes
(Hat. 1, 201 ff.), oder die Derbiter am
mittleren Oros Kteſias oder die Daer
öftlich vom Kaſpiſchen Meer (Berofjos)
hat K. Anfang 529 feinen Tod ge-
funden. Am Hain von Pajargadai,
dem Stammfig feiner Ahnen, wurde
er beigejegt; noch fteht dort, im Thale
des Murghab, das einfad würdige
Grabgebäude. Strab. 15, 730 Arr.
26,29, 4 ff. Curt. 10, 1,30. K. war
ebenſo groß als Feldherr und Po—
litifer wie edel in jeinem Wefen. „Er
den Perjern am meiften erzählte. Der König von | hat ähnlich wie Cäjar den geheimnisvollen Zauber
Medien, Ajtyages, durch Träume vor Entthronung | bejeffen, dem alles fich fügen muß.“ — 2) der
durch jeinen Enfel gewarnt, verheiratet feine Toch- | jüngere Kyros, Sohn des Dareios Nothos, feit
ter Mandane an einen Perſer Kambyſes. Ein | 408 v. E. Statthalter von Lydien, Großphrugien
Kyrrhestike
und Kappabofien, zugleid, Befehlshaber (xdpavos)
aller Truppen im wejtlichen Kleinafien, während
Tiffaphernes von da an auf die Küſtenſtädte be-
ſchränkt war (Xen. Hell. 1,4,3. An. 1, 1, 15. 9, 7).
Kt. ftand in Freundſchaft zu dem jchlauen Lyſan—
dros und half diefem zum Siege über das ihm
verhafte Athen. Die Bemühungen feiner intri—
anten Mutter Barvjätis, ihm, als dem nach der
hronbefteigung des Dareios geborenen Sohne,
die Königswürde vor dem älteren Artagerres zu
verichaffen, mißlangen, obgleid) er jeit dem großen
Kyros als der Würdigfte für ein Diadem galt
(Xen. An. 1,9, 1). Artaxerxes lief ihn nad) ſei—
nem Megierungsantritt (Dezember 405) auf An-
raten des Tiffaphernes jogar verhaften und nahm
das Todesurteil nur auf Bitten der Paryſatis
zurüd (Xen. An. 1, 1,3. Plut. Artax. 3). In
jeine Provinz zurückgekehrt, rüftete ſich K., den
Schimpf zu rächen. Unter dem Schein, ſich gegen
Tifjaphernes zu fichern, gewann er die ioniſchen
Städte und ließ durch griechiiche Anführer überall
griechiiche Soldtruppen, bejonders PBeloponnefier,
anwerben (Xen. An. 1, 1, 6ff.). Ende Februar
401 jammelte er fein Heer bei Sardes und zog,
anfangs noch unter dem Vorwand eines Krieges
gegen die Pijidier, nach Kilifien, von da durd)
die Amanijchen Pforten über den Euphrat nad)
- Mejopotamien, bis er (3. September 401) bei
Kunara, 500 Stadien oberhalb Babylons, un-
weit von Sipphara, auf den ihn erwartenden
Artagerres stieß. Diefer hatte 400 000 Mann
(vgl. Xen. An. 1, 7, 12), während dem K. etiva
100 000 Afiaten und 13000 Griechen zu Gebot
ftanden (Xen. An. 1, 2,9. 7, 10. Plut. Artar. 10).
Die Griechen fiegten auf dem rechten Flügel, ver: |
fäumten aber den Angriff auf das Centrum. Des: |
halb jprengte K. tollfühn auf des Feindes Mitte |
ein, verwundete den Artaxerxes jelbit, fiel aber
unter den Streichen eines Begleiterd des Königs.
Dem Leichnam wurde Kopf und rechte Hand ab:
gehauen (Xen. An. 1,10,1). (Andere Erzählungen
über das Ende j. Plut. Artax. 105.) 8. war ein
Mann von Geift und Energie, mag aud) feine
Eharafteriftit bei Zenophon (An. 1, 9) ibealijiert
fein. Sein Tod war indes für Hellas ein großes
Glück. Die Griechen (ol Kvgsıoı, ro Kvgsıor
orgdrsvue) unternahmen dann den berühmten,
von Kenophon bejchriebenen Rüdzug. — 11. Fluß:
name: 1) Fluß in Iberien und Albanien, j. Kur,
entfpringt im nördlihen Armenien, füdlich vom
Kaukaſos, und ftrömt oftwärts dem Kaſpiſchen
Meere zu. MNebenflüffe: lints der Alazonios, j.
Alajani; rechts der ihm gleich große Arares, j.
Arad. Strab. 11, 5005. — 2) Nebenflug eines
andern Arares (j. Kum-i-Firuz oder Bendemir) bei
Berjepolis, entweder mit dem Medos (j. Murghab
oder Pulvar) oder mit einem weiter oben ein=
miündenden (j. Kur) identiich. Strab. 15, 729.
Kyrrhestike j. Syria.
Kythöra, r& Ködnge, Injel am Eingange des
Lakoniſchen Meerbujfens, nahe dem Borgebirge
Maleca. Die 4 Meilen lange, an der breitejten
Stelle über 2 Meilen breite Inſel bejteht größten:
teils aus fahlen Feljen, zwiichen denen indes DI,
Baumwolle und Wein gedeihen; der Strand war
reich an Purpurmujcheln. Sie gehörte den Spar:
Nealleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
— Kyzikos. 657
tanern und wurde durch einen bejonderen, jähr:
lich wechjelnden Beamten, Außngoddang genannt,
verwaltet. Für einen Feind Spartas war die
Inſel von größter Wichtigkeit, weshalb die Athener
jie im $. 455 v. C. und jpäter im peloponnefijchen
Kriege 424 bejegten; ihre Herausgabe war erite
Brichenikebingune, Haät. 7, 235. Thuc. 4, 53.
118. 5, 18. Die Phoiniker, weldye hier auch wahr:
icheinlih den Aphroditedienft (die Aſtarte von
Aitalon) eingeführt hatten, hatten bald den Argi:
bern weichen müſſen. Zldt. 1, 82. Die Stadt
Kythera lag im Innern, ihr trefflicher Hafenplatz
Standeia war wohl befejtigt. Zurue. 4, 54. Jetzt
Gerigo, jeit 1863 zum Königreiche Griechenland
gehörend.
Kythnos, Ködvog, Kykladeninſel jüdlich von
Keos, mit vielen heißen Quellen, daher der jeßige
Name Thermia. Sie ift durdy einen 2’, Meile
langen Bergrüden gebildet, von welchem jich gegen
Dften und Weiten zahlreiche enge Schluchten nad)
der Küſte hinabzichen. Die Inſel lieferte Getreide
und Wein. Die gleichnamige Hauptſtadt hatte
gute Häfen. Die Kythnier kämpften auf der Seite
der Hellenen bei Salamis und traten dann der
atheniihen Symmachie bei. Hdt. 8, 46. Strab.
10, 485. .
Kytinion j. Doris.
Kytissöros j. Athamas,
Kyzikos, Kvfınog, 1) milefische Kolonie in
Phrygia ad Hellespontum, auf der Südſpitze der
gebirgigen Inſel (später Halbinjel) Arktonnejos in
der Bropontis (Propontiacis haerentem Cyzicon
oris, Op. trist. 1, 10, 29), mit 2 fejten Häfen,
Banormos im D., Chytos im W., am Fuße der
Berge Dindymon und Arktos. Bis zum pelo-
ponneſiſchen Kriege, in welchem Alfibiades die
Spartaner, Februar 410, bei K. jchlug, war die
Stadt unbedeutend, fam aber danı durch das
Sinten von Milet und Athen raſch empor, wurde
um 350 durd die Berier ftarf befeftigt und jtand
ipäter im Bund mit dem pergamentjchen Reiche
mächtig und reich da. Zum Lohn für ihre Trene
egen Rom im dritten mithridatifchen Kriege, wo
Be von Lucullus nach hartnädiger Belagerung
(Winter 74/73 dv. E.) entjegt wurde, erhielt fie die
Herrichaft über die ganze Küſtenebene und bie
Rechte einer libera civitas. Obgleich ihr die
legteren von Tiberius zur Strafe für Mißhand—
lung römischer Bürger entzogen wurden, blieb jie
doch durch ihren Handel und ihre Baumerfe eine
der bedeutendjten Städte des Altertums, bis jie
durch Konftantinopel verdunfelt wurde. Sehr ver:
breitet waren ihre Goldmünzen (Kvfızmvol, scil.
srariges — 28 attiſchen Drachmen), befannt ihre
Salbe (uögor K., unguentum amaracınum, irı-
num, d. h. aus dem Saft der Jrispflanze). Ruinen
der alten Mauern jowie eines jehr großen Theaters
und Amphitheaters find noch vorhanden, ebenjo
Reſte von einem mächtigen Tempel Hadrians, der
erft 167 n. E, mit einer Rede des Arifteides ein-
geweiht wurde; die Trümmerjtätte heißt j. Balkis.
Strab. 12, 5755. Hat. 4, 76. 6,33. Xen, Hell,
1,1, 11 f. Cie. de imp. Un. Pomp. 5, 20. Plut.
Iauc. 97. Suet. Tıb. 37. Tae. ann. 4, 36. Bol.
Marquardt, K. und jein Gebiet (1836). — 2) 1.
Argonauten, 3.
658
Labdakos — Labyrinthus
L.
Labdäkos j. Oidipus.
Labeo, 1) DO. Fabius Labeo, ward, nad):
dem er Prätor geweien (Liv. 37, 47), in Nreta
und in Aſien befehligt (daſ. 37, 60. 38, 39) und
einen Triumph gefeiert hatte, 189 v. E. (daj. 38, 47),
nach mehrfacher vergeblicher Bewerbung zum Konſul
für 183 ernannt. Daf. 39, 45. -— 2) DO. Anti:
ſtius Lab., ein berühmter römischer Jurift unter
Auguſtus, defien Gegner er war (Tae. ann, 3, 75),
Schüler des E. Trebatius Teſta. Später lehnte
er die ihm angetragene Ehre des Konjulats ab.
Gründer der proculianishen Rechtsſchule (j. Juris
consulti), war er ein jehr gelehrter Mann
und ſoll gegen 400 Bücher geichrieben haben, von
welchen mehreres auszugsweiſe von dem Auriften
Paulus bearbeitet und nachmals in die Digeſten
aufgenommen worden ift. — 3) Atius Yab.
(dj. Atii, 6.), Überjeßer des Homer. — 4) Pom—
ponius Lab., befehligte unter Tiberius in Mö—
fien, wo er die Einwohner drüdte und Beftechungen
ſich zugänglich zeigte. Um der Strafe zu entgehen,
tötete er ſelbſt. Tae. ann. 4, 47. 6, 29. —
5) Aſconius Lab., Vormund des Kaiſers Nero,
erhielt im 3. 54 n. E. die consularia insignia.
Tac. dnn. 13, 10.
Laberii, eine Familie plebejiihen Urfprungs:
1) Yab. Hiera, Lehrer des Brutus und Caſſius
in der Grammatif, war urjprünglich Freigelaſſener
und zeichnete fich durch Uneigennüßigfeit aus, in:
dem er die Söhne der von Sulla Geächteten uns
entgeltlich unterrichtete. — 2) DO. Yab. Durus,
fiel als Sriegstribun Gäjars (54 v. E.) beim
zweiten Zuge gegen Britannien. Caes. b. g. 5, 15.
— 3) Decimus Laberius, geb, gegen 106, geit.
43 v. C., war als Dichter von Mimen berühmt.
Im 3. 45 wurde er in einem Alter von 60 Jahren,
obgleich er dem Ritterftande angehörte, von Cäſar
gezwungen, im Wettlampfe mit P. Syrus jeine
Mimen jelbjt öffentlicdy auf der Bühne vorzutragen,
womit nad) dem römijchen Geſetze Berluft der
bürgerlichen Rechte verbunden war. Suet. Caes. 39.
Macrob. sat. 2, 7,2. Er beflagte fich über dieje
Gewaltthätigfeit in dem ergreifenden, von Macro:
bins a. a. D. erhaltenen Prologe von 27 iam:
biſchen ZTrimetern in jehr mwürdiger Weiſe und
rächte ji) an Cäſar durch freifinnigen und treffen:
den Spott. Seine Mimen, von denen außer jenem
Prologe jehr wenig erhalten ift, zeichneten fich
durch Witz und kühne Spradhbildung aus und
wurden auch in fpäteren Zeiten noch gern —
Hor. sat. 1, 10, 6. Die Fragmente bei Ribbeck,
comic. Lat. fragm. p. 279 ff. der 2. Aufl.
Labicum, Aaßıxov, oder Lavicum, altlati-
nijche Stadt am Nordrande des mons Algidus,
15 Mill. jüdöftlih von Rom und nordöftlich von
Tuſeulum, j. vielleicht, Colonna. Wegen ihres
Bündniſſes mit den Aquern erjtürmten fie die
Römer und bevölferten fie mit Koloniften. Liv.
4, 45 f. Ihr Gebiet wird noch Zur. 26, 9 ge:
nannt; die von Nom nad Beneventum führende
Straße hatte von ihr den Namen der via Lavi-
cana, Lir. 4, 21.
Labieni, 1) j. Atii, 1.2. — 2) T. Yabienus,
— — — — — — —— — nn nn — — —— — nn nn — ——— — —
Freund des Caſſius Severus und anderer repu—
blikaniſch geſinnter Männer unter der Regie—
rung des Auguſtus, war nicht unbedeutend als
Nedner und Gejchichtichreiber; wegen der freimü—
tigen Sprache aber wurden jeine Schriften auf
Befehl des Senats verbrannt (Suet. Cal. 16) und
erft jpäter unter Caligula wieder erlaubt. Er
ftarb aus Gram darüber. Spottweije nannten
jeine Feinde ihn wegen jeiner republitanijchen
Sefinnung und feiner Feindſchaft gegen Auguſtus
Rabienus. Homo mentis quam Iingune ama-
rioris nennt ihn der ältere Seneca (contror.
p. 257, 20).
Labötas, Aaßorag, bei Herodot Aswparıs,
1) vierter jpartanijcher König aus dem Hauſe der
Agiaden, zu deſſen Zeit die Streitigkeiten mit
Argos über Kynuria anfingen. Hdt. 7, 204; vgl.
1,65. Paus. 3, 2, 3. — 2) jpartanijcher Harmojt
im trachiniſchen Herafleia im 3. 409 v. C. Xen.
Hell. ı, 2, 18.
Labranda, r& Adßoardae, kariicher Flecken,
60 Stadien nördlich) von Mylafa im Gebirge, mit
einem berühmten Tempel des Nationalgottes Zeug »
Zpdriog oder Außpavdsög (von dem farijchen
L«ßoos, der Doppelart, mit welcher er abgebildet
wurde), der wahrjcheinlich auch Agandıs hieß. Udt.
5, 119. Strab. 14, 659. Plut. quaest. (rraec. 45.
Labrum, eine Wanne oder großes Beden von
Thon, Marmor, Porphyr, Metall, zum Baden
bejtimmt. Mehrere haben fich erhalten. Ahnlich
geformte Wannen brauchte man zu ökongmiſchen
Sweden, wie zur Aufbewahrung des Ols und
des Weins.
Labyrinthus, ö und 7) Außvgırdog, 1) das
ägyptiſche L., der befannte große Bau in Mittel:
ägypten, öftlich vom Mörisjee, an dem Einfluß
des Fojephlanals (Bahr Juffuf) in den See, gegen:
über von Arfinoe oder Krofodilopolis, von Lepfius
wahricheinlich in den Trümmerhaufen bei dem h.
Hovara mwiederentdedt. Nach den Beichreibungen
der Alten, unter welchen Serodot (1, 148) und
Strabon (17, 811; vgl. Plin. 36, 19) als Augen:
zeugen reden, beftand das hufeijenförmig angelegte
Gebäude aus 1500 Gemächern unter Einem Dad
(Herodot fügt noch diejelbe Zahl unterirdiicher
Räume hinzu); in der Mitte lagen die 12 oder
27 Höfe, zur Seite eine Pyramide. Doc war es
nicht ein Grabmonument, jei es der Dodekarchen,
jei es eines einzelnen Königs (Died. Sie. 1, 66.
89, 61), jondern ein Reichstempel, worin jeder
Nomos des Landes feinen Schußgott in bejonderem
Raume Pe ag zugleich mit dem Mörisjee von
Amenemha III. (um 2150) aus der zwölften Dynaftie
errichtet. Der ägyptiſche Name war Lopasrohun,
d. i. Tempel der Nanalmündung, woraus dann
das griechiſche Wort L. entjtand. Man bezeichnete
mit dieſem bejonders noch folgende 3 Gebäude,
die nach dem Ausdrud des Blinius auch omnes la-
pide polito fornieibus tecti waren, überhaupt aber
jeden Bau mit einem verwidelten Bielerlei von
Hängen und Kammern. — 2) das fretiiche %.,
der Sage nad) (Verg. A. 5, 588. Ov. met. 3, 158)
von Daidalos nad dem ägyptijchen gebaut, in ber
Lacedaemon — Laelii.
659
Nähe von Knoſſos, und der Aufenthalt des Mino: ı Galb. 14), von Tacitus (hist, 1, 6) mortalium
tauros, dor Diodor (1, 61. 97. 4, 60. 77) von kei—
nem Schriftfteller erwähnt, auch fennen die ein—
heimijchen Sagenjammler es nicht; und man darf
nach den gründlichen Unterjuchungen Höds an:
nehmen, daß ein joldhes Gebäude nur der Mythe
angehört und nie eriftiert hat (vgl. Plin. 36, 13:
Cretici Italicique nulla vestigia extant). Ber:
anlafjung zu der Sage gaben wohl die mannig-
fachen Zerflüftungen der Berge Kretas. So fand
und findet ſich bei Gortyna ein Labyrinth mit
Grotten und Gängen, entjtanden aus dem Hauen
von Baufteinen; jpäter trat wohl der bewußte
Plan dazu, ein Labyrinth zu fchaffen. — 3) das
2. auf Samos (Plin. 36, 19, 82, während es
36, 19, 3 fälſchlich nach Lemnos verlegt wird),
ein Werf der jamiichen Baufünftler, denen Poly—
frates die Mittel gewährte. Plinius jah noch Refte
desjelben. — 4) Das italijche 2. nennt Blinius
(36, 13) das Grabmal des Königs PVorjena von
Elufium, welches in feiner Baſis ein jehr ver-
wideltes Syftem von Kammern enthielt; der Schrift:
fteller jah es indes nicht mehr jelbft.
Lacedaemon j. Lakonika, 8.
Lacerna j. Kleidung, 9.
Lacetäni, Auxsravoi, Völlerſchaft im tarra:
eonenfiichen Hijpanien, ziemlich öjtlih am Fuße
der Pyrenäen. Liv. 21, 23. 60. 28, 33. 34, 20
(gens devia ac silvestris). Plut. Cat. mai. 11.
Lachäres, Aaydens, Boltsführer in Athen,
machte im Bunde mit Makedonien und Thrakien
der bisherigen Demokratie ein Ende und gewann
die Tyrannis, zwiſchen 297 und 296 v. E.
war berücdhtigt durch Grauſamkeit und Ruchloſig—
feit gegen die Götter. Als Athen ſich nad
langer Belagerung dem Demetrios PBoliorketes er:
gab (295 v. E.), floh er nad Boiotien, von hier
nad) Delphoi und hielt fi zulegt in Kaſſan—
dreia auf. Plut. Demetr. 33f. Paus. 1, 25, 7.
29, 10. 16. Polyaen. 2,7, 2.
Laches, Adyns, Sohn des Melanopos, war mit
Eharviades Führer der 427 v. E. nach Eicilien
den Leontinern zu Hülfe geichidten Flotte. Thuc.
3,86. Im %. 425 wurde er nach wechjelnden
Kämpfen abberufen (daſ. 115) und von Kleon
wegen Unterichleifs angeflagt. Nachher diente er
als Hoplit in Boiotien. Plat. symp. 221 A. Nadı
Kleons Tode trat er wieder hervor und nahm mit
Nikias teil an den Frriedensverhandlungen, 421.
Thuc. 5, 19. 24. 418 führte er mit Nifoftratos
ein Heer den Urgivern zu Hülfe; beide Führer aber
fielen in der Schlacht bei Mantineia (da). 5, 61. 74).
Ein platonifcher Dialog ift nach ihm benannt.
Lachesis j. Moira, 3.
Lacininm promunturium, Auxivıov &xpor,
j. Capo delle Eolonne oder C. Nao, Borgebirge
an der Südwejtipibe des Tarentiniichen Meerbufens
in Unteritalien, 100 Stadien jüdli von Kroton,
dabei ein Flecken gl. N., der fih um den berühm-
ten Tempel der Juno Lacinia gebildet hatte,
defien noch vorhandene Säulentrümmer Veran:
laſſung zu dem jeßigen Namen geworden find.
Hannibal ließ hier einen Altar mit punijcher und
griechiicher Inſchrift, die Erzählung feiner Züge
enthaltend, aufitellen, die Polybios noch jah und
benußte. Pol. 3, 33. Strab. 6, 261. 262. 281.
Laco, Cornelius, praef. praetorio unter
Salba, früher Gerichtsbeifiger, assessor (Suet.
ignavissimus genannt, wurde nad) Galbas Sturz
auf Befehl Othos getötet (daſ. 1, 46).
Laconicum, der Schwihofen im warmen Bade
(caldarium oder sudatıo), ſ. Bad, I
Laetantius, 2. Cäcilius Firmianus, wohl
aus Italien gebürtig, Schüler des Rhetors Arno-
bius, wurde von Diocletian zum Lehrer der latei:
nifchen Sprade in Nilomedeia ernannt, trat erft
in feinen jpäteren Jahren zum Chriftentum über,
unterrichtete etwa jeit 312 den älteften Sohn de3
Kaifers Eonftantin, Erifpus, in Gallien und ftarb
daſelbſt um 330 in hohem Alter. Unter feinen
meift religidjen Schriften find hervorzuheben die
institutiones divinae, ein zur Rechtfertigung des
Ehriftentums verfaßtes, auf vieljeitigen Studien
beruhendes Werl in 7 Büchern, 307—310 ge:
ichrieben. Seine Sprache ift fast klaſſiſch zu nen—
nen, rein, einfach und fließend, daher hieß er
Cicero christianus. Nusgaben von Bünemann
(1739) und D. F. Frigiche in Gersdorffs Biblioth.
Patrum Ecclesiast. X (1842 ff. 2 Bbb.). — Ein
ihm gewöhnlich zugeichriebenes Gedicht in elegi:
ihem Bersmaße, Phoenix (hrsg. von Martini,
1825, Leyier, 1839, Rieſe, Anthologia Lat.,
in Jeeps Ausg. des Elaudian, Bd. 2, und Bäh-
tens, poet. Lat. min. III p. 247 ff.), ift nad) der
Meinung mancher Gelehrten eine Nachahmung von
Claudians Gediht de ave Phoenice und von
einem nad Elaudian lebenden Namensvetter des
Kirchenjchriftftellers verfaßt, während andere viel:
"7 Claudian für den Nahahmer halten.
actüca, Salat, eine jehr gewöhnliche Speife,
von der es viele Sorten gab, z. B. capitata,
Kopfjalat u. a.
Lacünar, das vertiefte Feld, die Kafjette der
getäfelten Dede, j. Haus, 11.
Lacus. ein großer öffentlicher Wafjerbehälter
oder Baljin, die Stelle der Eifternen vertretend
und von den großen Wafferleitungen geipeift.
Agrippa legte in Rom 700 lacus an, welde zum
Teil jhön verziert waren. — Im Haufe heißen
lacus große hölzerne Gefäße für Moft und andere
Flüffigkeiten.
Lade, Adön, Heine Inſel an der kariſchen
Küfte, der Stadt Miletod gegenüber und deren
Hafen beherrihend, j. ein Erdhügel in dem vom
Maiandros angeſchwemmten Weideland. dt. 6,7.
Thuc. 8, 17. 24. Arr. 1,18, 4. 19, 3. 9. Strab.
14, 635. Paus. 1, 35, 5. We wurde im J. 494
v. C. die Flotte der -Heinafiatiichen Griechen von
den Berjern gejchlagen und infolge deſſen Miletos
erftört.
Ladön, Addor, 1) rechter und ſtärkſter Neben:
fluß des Alpheios, entipringt am Fuß der Aroa-
nilchen Berge in Arkadien, ſüdlich von Pheneos
(mit dem See von Pheneos jcheint er durd) Kata:
bothren in Verbindung zu ftehen), nimmt von
recht3 den Aroanios auf und mündet öftlid von
Heraia ar der eliihen Grenze; j. Ruphia. —
2) linfer Nebenfluß des Peneios in Elis, der von
dem Erymanthos herabfommt, j. Tichaleby. —
3) j. Herakles, 10.
Laelii, ein wahricheinlich aus Tibur ftammendes
plebejiiches Geſchlecht. Die Familie der Scipionen,
bejonders die beiden Africanus, hatte das Patronat
über diefe wahrjcheinlich von Griechen gegründete
Stadt, daher ihre Vorliebe für griechiſche Sitte
42*
660
und Bildung, jowie ihre Befanntichaft mit den
Läliern, welche durch jie zu großem Anfehen in
Rom Frag Die bedeutendften Yälier find:
1) C. Läl., Freund des älteren Scipio, welchen
er im %. 211 v. E. nad Hiſpanien begleitete. Er
half ihm hier mit der Flotte Neufarthago erobern
(Pol. 10, 3. 11. Liv. 26, 41 ff.) und brachte im
Auftrage Scipios die Nachricht davon nach Rom.
Liv. 27,7. Nach feiner Nüdfehr nach Hijpanten
nahm er an allen ferneren Kriegsereigniffen, be:
jonders an der Schlacht bei Bäcufa (Pol. 10, 39.
Liv. 27, 18 f), rühmliden Anteil (Pol. 11, 32.
Jav. 28, 33) und begleitete jeinen Freund zu der
———— mit Syphax. Im J. 205, als
cipio nach Afrifa überjeßen wollte, jandte er
den Läl. mit der Flotte voraus (Liv. 29, 1), der
die Küften Afrikas verheerte; im weiteren Verlauf
des afrikanischen Feldzugs ſchlug er im Berein
mit Mafiniffa den Syphax im J. 203 (Liv. 30, 3 ff.
Zontr. 9 p. 439), nahm ihn gefangen und bradhte
ihn auf Scipios Befehl nach Nom, wie er denn
auch im J. 202 die Nachricht von der Schlacht
bei Zama, in weldyer er an der Spike der Reiterei
ſich mit Ruhm bededt hatte, nach Rom überbrachte.
J.iv. 30, 16. 36. Nach dem Kriege gegen Karthago
wurde er nacheinander Adil, Prätor und Konſul
(190), letzteres mit L. Scipio Aſiatieus, der den
Krieg gegen Antiochos führen jollte, obwohl eine
Partei im Senate den Läl. dazu beftimmt hatte.
Liv. 36, 45. Cie. Phil, 11, 7, 17. In den folgen:
den Jahren war er bei der Kolonifierung des
cisalpiniichen Galliens, ſowie bei mehreren Ge—
jandtichaften thätig. Liv. 37, 1. 50. 41, 22. 43, 5.
Er war ein Mann von großer Beredſamkeit und
Liebenswürdigfeit (Sil. It. 15, 453 ff.), jehr gebildet
und darum dem älteren Scipio, der ihm während
ihrer gemeinfchaftlichen Thätigkeit ftet3 feine Pläne
mitteilte, vor allen teuer. Vell. Pat. 2, 127. Pol.
10,3.9. — 2) C. Läl., des vorigen Sohn, Freund
des jüngeren Scipio, von feinem ernften Studium
der Philoſophie Sapiens (sopog) genannt (nicht,
weil er im J. 151 dv. E. ein von ihm vor:
geichlagenes Adergejet aus Furcht vor Unruhen
zurüdnahm. Cie. Lael. 1, Plut, Ti. Graceh. 8).
Den Scipio begleitete er im 3. 147 auf feinem
Feldzuge gegen Karthago als Legat und hatte an
der Eroberung des Hafens Kothon den größten
Anteil. App. Pun. 127. Gleich glüdlich befehligte
er im Kriege gegen Biriathus in Hifpanien (Cie,
Brut. 21, 84) im $. 145, fo daß jeinen Nach—
folgern die Befiegung desjelben leicht wurde. Nach—
mals erhielt er (140) das Konſulat (daſ. 43, 161),
ftand in den Kämpfen gegen die Gracchen neben
Scipio auf jeiten der Adelspartei, wie er auch im
J. 131 ſich dem Borfchlage des Tribunen Bapirius
Carbo über die Wiederwahl der Bolfstribunen
widerjeßte. Cic. Lael. 25, 96. Die demofratijche
Partei warf begreiflicherweije einen tiefen Haß auf
ihn, ohne jedoch jein Anſehen erſchüttern zu kön—
nen. Seine Reden vor Gericht, feine Leichenreden,
3. B. auf Scipio Amilianus, jeine Staatsreden
(Cie. de or. 2, 84. Quint. 12, 10, 10) zeugten von
großer Beredſamkeit. Aber nicht nur die Mede-
kunſt beichäftigte ihn, auch philojophiichen Studien
(er hatte die Stoifer Diogenes und Panaitios
gehört) und der Pichtfunft widmete er fich mit
großem Eifer und trat jelbjt als Schriftiteller
darin auf, wie der Umftand beweift, daß des
Laenas — Lais.
Terentins Komödien für Werfe des Lälius galten
(Cie. ad Att.7,3,10). Die Abneigung der Römer
gegen griechiiche Bildung befämpfte er mit Erfolg
und jammelte einen Kreis von Gelehrten aus Rom
und Griechenland um ſich. Cie. de or. 2, 37.
Qucilius (Hor. sat. 2, 1, 71), Terentius (Suet.
Ter. U, Cälius Antipater (Cie. or. 69) erfreuten
fih feines Umganges. Cicero gibt uns (Lael.
1,2 u.ö. Arch. 7, 16 u. j. w.) manche Züge von
feinem Charakter und aus feinem Leben. Abhand—
lung von Hanna (1832). — Seine Töchter 3) und
4), beide Lälia geheißen, werben von Cicero
(de or. 3, 12, 44. -Zrut. 58) wegen ihrer Bered:
jamteit gerühmt. — 5) D. Läl., im J. 59 v. E.
Anfläger des don Cicero verteidigten Flaceus,
wurde im %. 54 Volkstribun und hielt im Bürger:
friege zu Pompejus. Cie. ad Att.8, 11, D, 1.
Er befehligte die pompejanifche Flotte an der Küſte
Wiens. Caes. b. ec. 3, 5. Später (43) nahm er
am Kriege in Afrika teil und tötete fi nach dem
Tode des Cornificius im Kampfe bei Cirta mit
eigener Hand. Dio Cass. 48, 21.
Laenas j. Popilii, 1—5. 9.
Laenii, 1) M. Länius Flaceus, aus einem
brumdifiniichen Nittergejchlehte, nahm den ver:
bannten Cicero troß der Drohungen des Clodius
auf jeiner Reife zu Brundifium gajtlich auf, 58 v. C.
Cic. ad fam. 14, 4. Er war ein freund des
Atticus, begab ſich jpäter als Negotiator nad) Yao-
difeia in Phrygien und erhielt von dem dankbaren
Eicero mehrere Male Empfehlungen an Freunde.
Cie. Plane. 14, 97. ad Att. 5, 21, 4. ad fam.
13, 63. — 2) M. Län. Strabo, Erfinder der
Vogelhäujer. Er war römischer Ritter, wie jeine
ganze Familie, und ein Freund des gelehrten
Barro. Varr.r.r.3,5,8.
Laörtes j. Odysseus, 1. 6.
Laetorsi, ein plebejiiches Geichleht. Zu er:
wähnen find: 1) M. Lät., weihte im J. 495 v. C.
als Genturio zum Schimpfe für die Konfuln einen
Tempel des Mercure. Liv. 2, 27. — 2) E. Lät.,
jeßte im 3. 471 v. E. als Vollstribun gegen
Appius Claudius die Rogationen feines Kollegen
Publilius Bolero mit Energie durch. Jar. 2, 56.
Dion. Hal. 9, 46. 48. — 3) E. Lät., curulijcher
Ndil im J. 216 v. C., befam als Prätor im
J. 210 Ariminum zu feinem Wirkungskreiſe. Lir.
26, 23. 27, 7. — 4) Freund des E. Gracchus, juchte
dem Freunde Beit zu verichaffen, den Mördern zu
entrinnen, indem er fich auf der Tiberbrüde den
Verfolgern entgegenitellte, fie aufbielt und fich
dann in den Fluß ftürzte, nach andern von jenen
zulegt niedergemacdht wurde. Val. Max. 4, 7,2.
Laevinus j. Valerii, 14, 18. 21.
Laevius, römijcher Lyriker, älterer Zeitgenoſſe
des Yucretius (um 90 v. E.), dichtete Erotopae-
gnia in mindeftens 6 Büchern, deren liberrefte
(gej. von Weichert, poet. lat. vit. p. 31 ff.; Luc.
Müller, Ausg. des Catull, S. 76, und VBährens,
fragm. poet. Rom. p. 287 ff.) jcherzhafte Be-
handlung griechiicher Mythen in jehr verichiedenen
Versmaßen zeigen. Abhandlung von Wüllner (1829).
Laios j. Oidipus,
Lais, Acig, Name zweier in Aneldoten und
Epigrammen oft genannter Hetären, die indes
jelten genau unterjchieden werben. Die ältere
ftammte aus Korinth, lebte zur Zeit des pelo-
ponnejischen Krieges, war die jchönfte ihrer Zeit:
1
Laistrygones
aenoffinnen, aber habjüchtig und wähleriih. Die
Philoſophen Diogenes und Ariftipp waren ihre
Berehrer. Ihr Yebensende wird verjchieden an:
gegeben. Paus. 2, 2, 4. — Die jüngere, Tochter
der Timandra, der Freundin des Alkibiades, war
geboren in Hylkara in Sicilien. Apelles und
Hypereides werden zu ihr in Beziehung geſetzt.
Später folgte fie einem Hippolochos oder Fine:
ftratos nad Theflalien und ſoll dort, bemeidet
wegen ihrer Schönheit, von den andern Weibern
im Tempel der Aphrodite erichlagen worden jein.
Bol. Jacobs, Verm. Schr. Bd. 4. ©. 308.
Laistrygönes. Acorgvyörss, ein menſchen—
frefiendes, rohes Riejenvolf, bei Homer im unbe:
ftimmten, fernen Weften wohnend, wo wegen der
Kürze der Nächte der eintreibende Dirt den aus:
treibenden grüßen kann, eine Bemerkung, in wel:
cher man die Spur einer Hunde Homers von ben
nordijchen furzen und hellen Nächten finden könnte
(Hom. Od, 10, 81.) Die Griechen jeßten in
jpäterer Zeit die Laiſtrygonen nad) Sicilien in die
Nähe von Leontinoi, die Römer an die ſüdliche
Küſte von Latium in die Gegend von Formiä
und nannten Formiä die Stadt des Yamos. Hor.
od. 3, 17, 1. 6 (vgl. 3, 16, 34: Laestrygonia am-
phora, d. i. eine Amphora formianiichen Weines).
In der homeriichen Stelle ift es zweifelhaft, ob
dort Lamos als alter mythiicher König und Er:
bauer der Laiftrygonenftadt anzunehmen ift (Ov.
met. 14, 233), oder ob der Name die Stadt be:
zeichnet; manche nehmen TnAfmviog oder Auı-
orevyordn für den Namen der Stadt. Bol. Od.
23, 318, eine für Homer nicht beweifende Stelle,
da jie der unechten Schlußpartie der Odyſſee an-
aehört. Als Odyſſeus dort landete und alle jeine
Schiffe bis auf eins verlor, war Antiphates König.
Lakmön, Adzuwv, oder Lakmos, Adauos, hieß
der rauhe und jchwer zugängliche, 2200m hohe,
noch jeßt gut bewaldete Teil des Pindosgebirges
zwiichen Theſſalien und Epeiros, über welchen
der Hauptpaß zwilchen beiden Ländern führt, j.
Zygos. Hit. 9, 92. Strab. 6, 271. 7, 316. Wuf
ihm entipringen die Flüffe Aoos, Haliakmon,
Inachos, Arachthos und Peneios.
Lakonika, Aaxworır), jpätlat. Laconia, die
ſüdöſtliche Landichaft des Peloponnes, grenzte im
N. an Argolis und Arladien, im D. un das Myr—
toüche Meer, im ©. an den in weiter Bucht
in das Feſtland einſchneidenden Yakoniichen (ö
Aaammıröos #oArog) oder Gytheatiſchen Meerbujen,
im W. teils an den Meſſeniſchen Meerbufen, teils
an Mejlenien. Die Größe betrug BSTTIM., worauf
zur Zeit der Blüte gegen 200000 M. wohnten,
eine für ein Gebirgsland anjehnliche Bevölferung;
die große, fruchtbare Ebene am Eurotas nahm
ungefähr 20 I IM. ein. Ein breiter Zug felfiger
Gebirge, der fi von der Yandichaft Thyreatis oder
Kynuria jüdöftlich bis Epidauros Limera und in
geringerer Höhe bis zum Borgebirge Malea er:
jtredt, jcheidet volllommen das Thal Spartas von
dem öjtlichen Uferftriche, über welchen fich bei den
Alten nur ſpärliche Nachrichten finden, und wo
die ioniihen Kolonien fat ununterbrochen unab—
hängig blieben, jo daß in älterer Zeit durch deren
nahes Verhältnis zu Argolis die Grenzen diejer
Landſchaft bis zum Vorgebirge Malen ausgedehnt
wurden. Ildt. 1, 82. 6, 92. Der nördliche Teil
des Gebirges hieß Barnon (j. Malevo), die Höhen
— Lakonika. 661
zwiichen ihm und Sparta Barbofthenes (j.
Vreſthena), Euas und Olympos (j. Höhe von
Bajara) bei Sellafia, und näher nad) Sparta zu
Thornar (j. Berg von Bavlcıfa) und ro Menr:-
Laitor Öpog. Am Süden des Zuges lag nördlid)
von Epidauros Limera der etwa 1300m hohe
arer (j. Kolofera). Weiter jüdlich enden die
Höhen bei dem berüchtigten Borgebirge Malea (j.
Malia) und der Inſel Kythera gegenüber Onu—
anathos (Ejelstinnbaden), 1. die Inſel Elaphonifi;
eine jubmarine Fortiegung des legteren iſt die
Inſel Kythera. Wenige Wege führten über diejen
Öftlichen Gebirgszug. Gegen Meffenien Hin zieht
fih im füdlicher Richtung der Taygetos (ro
Teöysror ögog), j. Bentedaktylon, hoch und rauh,
das höchſte Gebirge des Peloponnes, aber, die
oberjten, 2409 m hohen, 2 Dritteile des Jahres mit
blendendem Schnee bededten, Gipfel ausgenommen,
frifch und wohlbewäſſert, mit reichen Zriften für
die lafonischen Herden und jchönen Wäldern. Bei
dem Berge Derrhion etwa in der Mitte findet
fich im Thal des Tiajaflufjes eine ſtarle Einjenkung,
durch welche die Straße von Sparta nach Meſſenien
führte. Die Südhälfte fteigt in dem Talcton
(wohl nicht der j. Hagios Elias) bis zu 2409 m
empor. Durch Erdbeben ift das Gebirge zum
Zeil ſehr zerflüftet; eine 600 Fuß ſenkrecht ab:
fallende Felsipalte weitlich von Sparta hieh Kaıd-
öas, in welche man die zum Tode Berurteilten,
3. B. den Nriftomenes, hinabftürzte. Eine audere
Spalte beim Borgebirge Tainaron (j. Kap Ma:
tapan) galt für den Eingang zum Hades, wo He:
raffes den Kerberos hervorgeholt hatte. — Im—
N. gegen Arkadien bildeten gleichfalls bedeutende
Höhen die Grenze, jo daß Lakonika gegen feind:
liche Einfälle jehr gefichert lag. Nur 3 Straßen
führten hinein, von Meſſenien die jchon erwähnte
Strafe zwiſchen Sparta und Pharai über die
Einjattelung des Tangetos, freilich feine Fahrſtraße,
jondern nur ein, teilweije gefährlicher, Saumpfad;
von Megalopolis die Straße im Thale des Euro:
tas durch die Yandichaft Stiritis; 2 andere Straßen,
von Tegen ‚und Thyreatis kommend, vereinigten
ji) oberhalb Sellafia und waren eigentlich nur
Gebirgspaffagen, aber wichtig für die angreifen:
den Feinde. Liv. 24, 26. 28. 35, 27. — Das
fulturfähige Land beitand namentlich aus dem
muldenförmigen Thal des Eurotas, Homers «old
Aarsdaluwr, der Ebene Leuke, weſtlich von
Epidauros Limera. An der Küfte ift durch die
Überſchwemmungen des Gurotas eine jumpfige,
lagunenartige Gegend, "Eil«, gebildet. Außer
den jchon genannten Vorgebirgen ift noch zu merten
al @voideg, j. Capo Grofjo, eine impojante,
breite Felsmaſſe, die unweit des Tainariichen Bor:
gebirges jchroff ins Meer ftürzt, Epidelion,
nördlich von Malen, und Minda, jüdlicd von
Epidauros Limera, da wo jept die Stadt Monem—
bafia liegt. — Der Hauptjtrom des Yandes ift der -
'Eurotas, j. Vaftlipotamos und in jeinem Ichten
Laufe Iri. Er entipringt am jüdlichen Abhange
des Berges Boreion, verbirgt ſich in einem Erd:
ſchlunde und fommt in der Landjchaft Stiritis
wieder zum Vorjchein, worauf er nach jüdlichem
Laufe und ziemlich bedeutenden Waflerfällen mehrere
Meilen oberhalb der Mündung im innerjten Win:
tel des Lakonijchen Bufens mündet. Seine Neben:
flüffe waren in der Richtung von N. nach ©. links
662
der Dinüs (j. Kelephina), der bei Sellafia den
Gorgylos aufnimmt und mit ihm vereint ober:
er Sparta in den Hauptitrom fällt, rechts der
tafa (j. Mifitra) und der Phellias bei Ampflai.
Von den Küjtenflüffen find bemerkenswert Sme:
nos und Skyras, vom Taygetos öſtlich in ben
Lakoniſchen Meerbujen ſich ergießend; der frühere
Srenzfluß gegen Mefjenien Bamilos und der
jpätere Grenzfluß Choirios, beide in den Meffe:
nijchen Meerbujen mündend. Das Meer bildet bei
Lafonien den Lakoniſchen Meerbujen zwiichen
den Borgebirgen Malea und Tainaron, j. Golf
von Marathonifi, mit dem Boiatijhen Buſen
(j. Bat von Vatika) im O. — Die herrlichen Futter:
fräuter machten das Land zur Viehzucht jehr ge:
—— namentlich für Ziegen; die zahlreichen
aldungen waren reich an Wild, welches mit Hülfe
der gerühmten lakoniſchen Jagdhunde gejagt wurde,
der Eurotas an Rohr (Köorat). Der Taygetos
lieferte reichliches Eifen, woraus treffliche Stahl-
waren gemacht wurden, und mehrere Marmor:
arten, bejonders den grünlichen Agonsdrns. Bei
Onngnathos lieferten große Kalkſteinbrüche das
Material für Bauten. An der Hüfte fand ſich in
reichlicher Menge die Burpurjchnede, wichtig für
das Färben wollener Stoffe. Erdbeben ereigneten
ſich häufig, jo ift namentlich das heftige im J. 464
v. E. befannt, durch welches in Sparta 20 000
Menſchen umfamen und ein ganzer ‚Deragibieı des
Taygetos einftürzte. — Die ältejten Bewohner
waren Kynurier und Leleger, zu denen fich jpäter
Achaier gejellten, bis die Dorer einwanderten und
das herrichende Volt wurden, während die Reſte
der untertvorfenen Bewohner als meoloımoı und
efAores fortdauerten. Der Name der Einwohner
wurde nun Lakones oder Lakedaimonier, aud)
> Spartiaten (j. Sparta, 7.). — Städte: 1) an
der Küfte des Meſſeniſchen Buſens: Gerenia (j.
Barnata), vielleiht Enope bei Homer (Il. 9, 150);
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#.T d. dysmedıe drei
von jeiner Geburt oder Erzichung foll hier Neftor
den Beinamen Tregrjviog erhalten haben; Karda—
mijle (j. Stardamula); Leuktra (j. Yentro) mit
einer Afropolis, vom boiotiihen L. aus durd)
Tea
Lakonika.
Minyer gegründet; Pephnos, Thalamai, Ditylos
(j. Bitylo), Meile (j. Hafen von Mezapo), Tai:
naron, jpäter Nainepolis (beim Kloſter Kypariſſo).
Um Lakoniſchen Bujen: Pſamathus, j. Porto
Duaglio, mit trefflihem Hafen. An dem Bojei:
dontempel am Hafen des Achilleus (AyiAksıog
kurv) jtanden die Erzbilder des Arion und des
Delphins, der ihn ans Land trug (Hat. 1, 24).
Teuthröne (Kotronas), Ajine, Las, Gytheion
(ij. Palaiopolis bei Marathoniji), die Hafenjtadt
Spartas mit Schiffswerften, gegrabenen Baſſins
u. j. w.; Zrinajos, Helos, frühe zerftörter Flecken
in einer jumpfigen Niederung, Afriai (i. Kolino),
anſehnliche Hafenftadt, Ajopos und Kypariſſia,
Boiai am Meerbujen gl. N. Am Myrtoiſchen
Meere: Minda (Monembafia), Epidauros Li:
mera (E. N Ayuned, d. i. die hungrige, j. Palea
Monembafia), bedeutende feite See- und Hafenftadt
mit einer Afropolis und Reiten kyklopiſcher Mauern;
Zarax mit jchönem Hafen (j. Porto Gerafa),
272 v. E. von Kleonymos zerjtört; Praiiai. —
2) Im Innern des Landes lagen nördlich von
Sparta: Belemina im NW. (Liv. 38, 34: Bel-
binates), der Hauptort des rauhen und fahlen
Hochlands Stiritis an der arfadijchen Grenze
und der Hauptitraße, zu deren Verteidigung mehrere
Beten, 3. B. Dion, dienten; öftfih davon Karyai
(j. Arakſova) am Dinüs, mit einem berühmten
Tempel der Artemis, two die lakoniſchen Jung:
frauen alljährlich feſtliche Tänze aufführten; in
der Nähe die Waldgegend Stotitas, deren dunkle
Steineihen mit den weißen Kalfgebirgen einen
grellen Gegenjag bilden; Sellafıa fi d.) am
Dinis und den Bergen Euas und Olympos,
60 Stadien nördlih von Sparta, wo Antigonos
Dojon den Kleomenes 222 dv. E. bejiegte; Pelz:
lana am Eurotas, Therapne, der Wohnfig der
Dioskuren, am Berge Menelaion mit dem Dent:
mal des Menelaos; Sparta oder Yafedaimon
(Lndorn, Aunsdaluwv), die Haupt:
tadt der Landichaft, zwiichen den
) lüffen Eurotas (am rechten Ufer)
“ und Knakion, auf mehreren flachen
Hügeln gebaut in einem Umfang von
48 Stadien mit etwa 60 000 Einwoh—
4 mern. Der höchſte Hügel im NW.
— tttrug die jogenannte Alropolis mit
=) dem berühmten Tempel der Adnva
x S Aalxloıxog (der Name von dem Erz:
ſchmucke hergeleitet, mit welchem die
— inneren Wände des Tempels bekleidet
waren), einem Werke des lakedaimo—
nilchen Erzbildners Gitiades, wo der
verräterifche Pauſanias feinen Tod
fand, dem Tempel der Athene Ergane
= und einem Heiligtum der Mujen,
> da die Spartiaten nicht mit Trom-
= peten, jondern nach den Melodien der
“Flöten und der Lyra und Kithara
auszogen. Cie, tuse. 2, 16. Auch das
Theater, von dem noch Reſte vor:
— find, lag dort am Südrande.
efeftigt wurde Sparta erft durch
den Tyrannen Nabis (190 v. E.),
obwohl auch dann noch der geſchützten Lage a
mehrere Stellen von Mauern frei blieben. Die
Stadt umfahte 4 Teile (one): Limnai im
D., Meſſoa im S., Kynojureis im SW,
Acxwvıorei, Aunwvikev — Lamischer Kriesr.
Bitana im N.; lebterer Teil war am be:
deutenditen, er jtellte einen ganzen Yochos im
Heere. Hdt. 9, 53. Am jüdlichen Fuße der Akro—
polis war die Agora. Auf ihr lagen die aus der
Beute der Berierkriege gebaute oro«@ Ilegorar, Das
Rathaus, das Amthaus der Ephoren (dpogsior)
und anderer Beamten und mehrere Deiligtümer.
Der freie Raum zwiſchen Dielen Gebäuden mar
für den Marktverfehr, ein Teil, der zogös, zur
Aufftelung der Chöre der Jünglinge an den
Gymnopaidien beftimmt. In der Nähe befanden
ſich auch die Gräber der Agiaden, während die
der Eurmmpontiden nahe an der Südgrenze ber
Stadt lagen. Vom Markte aus führte die Straße
Aypsrals, in welcder die Bewerber der Penelope
(ſ. Odysseus, 1.) ihren Lauf hielten, bis zum
jüdlichen Ende der Stadt, wo ſich die nach Amyklai
führende hyakinthiſche Straße anſchloß. Zwijchen
Alropolis und Eurotad lag das Jjſorion, ein
wegen jeiner Lage leicht zu verteidigender Hügel,
dabei der Circus und ein Tempel der Artemis
Limngia. Südlich vom Iſſorion erjtredte ſich die
Rennbahn, Dromos, dicht vor der Stadt im
SD. ein mit Blatanen bepflanzter Platz, Blatani:
ſtas, mit Heroendenfmälern und zu Leibesübungen
benußt. Nördlich von der Stadt führte die Ba—
bylabrüde über den Eurotas; der Hügel Mene-
faion lag der Stadt gegenüber am Tinten Ufer
des Fluſſes. Bon Sparta find nur wenige Huinen
übrig, die Stätte liegt, abgejehen von der Stelle,
die jett 1834 das neue Sparta trägt, öde; eine
Stunde weſtlich davon Liegt jetzt Miftra. Eine
Beichreibung der Stadt gibt Paujanias (3, 11-—18).
20 Stadien füdlih von Sparta lag Amyklai
(ſ. d.). Unter den öftlich von Sparta im Innern
gelegenen Städten find noch zu merken: Glym—
peis oder Glyppia, eine Feſte am PBarnon, Ge:
ronthrai (bei dem jebigen Gherati), altachaiiiche,
von den Dorern folonilierte Stadt mit einer Afro-
polid. Dal. Strab. 8, 36351. Paus. l.3. FPlin.
4,5,8. Mela 2, 3,4. Gurtius, Beloponnejos II
©. 2035. Burfian, Geographie von Griechen-
land II ©. 102 ff.
Aazwvıorai, Jaxwrilsır. Es gab in deu
griechijchen Staaten, bejonders in Athen, Leute,
die, im Gegenſatze zu der herrichenden Verweich—
lichung und Schwelgerei, als Vertreter der ftren:
geren und einfacheren jpartaniichen Lebensweiſe
zu gelten bemüht waren. Dieje wurden Aauw-
sıoral, ihr Beitreben Aaxmnieır genannt. Sie
kleideten ſich einfach, lichen den Bart außerorbent:
lid lang wachſen, trugen den lakedaimoniſchen
Knotenſtock, trieben die Gymnaſtik mit bejonderer
Vorliebe und trugen in ihrer ganzen Lebensart
firenge und rauhe Sitten, oft aus Eitelfeit und
Affeltation, zur Schau, daher fie denn auch viel:
fach verjpottet und lächerlich gemacht wurden.
Plat. Protag. p. 342 B. C. Demosth. p. 1267.
Aristoph. vesp. 1817. Plut. Phoc. 10. Auch in
politiijhem Sinne wird das Wort von den Freun—
den und Anhänger der Lafedaimomer gebraucht
(dv Endorn mölsı ol ubv Amnwvikovsr, ol öi
arrırikovgı, Xen. Hell. 6, 3, 14).
Lakjdes, Aaxtöns, aus Kyrene, ein Anhänger
der neueren Alademie, Ichrte nad) dem Tode des
Stifters Arkefilas (241 v. ©.) 26 Jahre in ber
663
nannt, übergab dann jein Lehramt an Teleflos
und Euandros und ftarb au den Folgen über:
mäßigen Trinkens. Miog. Laert, 4, 60, In feiner
Lehre jcheint er ſich nicht von Arkeſilas entfernt
zu haben. Cie. acad. 2, 6. tuse. d, 37.
Lamächos, Acueyos, Sohn des Zenophanes,
Feldherr der Athener zur Zeit des peloponnefiichen
Krieges, zeichnete fid) durch feine üngeftüme Kühn:
heit aus, die feine Gefahr achtete; dabei war er
höchit uneigennüßig. Wegen jeined martialiichen
Auftretens hat Ariftophanes in den Rittern und
im Frieden ihn bitter verjpottet. Arist. Acharn.
566 f. 10715. Im Muftrage des Berifles befreite
er 453 v. E. Sinope von jeinem Tyrannen Tima:
filaos (Plut. Per. 20), jpäter, 424, finden wir ihn
wieder im Schwarzen Meere, wo er indes das
Unglüd hatte, bei Herafleia mit feiner Flotte zu
jcheitern. Thuc. 4, 75. Nachdem er 421 den
Frieden des Nikias mit unterzeichnet hatte (True.
5, 19. 24), wurde ihm neben Nikias und Alki—
biades 415 der Oberbefehl bei der Unternehmung
gegen Sicilien anvertraut (T’hue. 6, 8. Plut. Nie.
12, Ale. 18); leider befolgte man feinen verftäu-
digen Striegsplan, gerade auf Syrakus loszuſegeln
und die erjte Beftürzung zum Angriff zu benußen,
nicht, jondern den des Alfibiades, Thuc. 6, 49.
Plut. Nie. 14, Er fiel dann vor Syrafus im
Jahre 414. Thuc. 6, 101. Plut. Nie. 18.
‚amia, 1. Berfonenname: a) Beiname in der
Aelia gens, bejonders 1) 2. Alius Yamia, rö:
mijcher Ritter, nach Eiceros Urteil (Sest. 12.
Pis. 27) ein treuer Patriot, der aucd das Ber:
fahren Ciceros gegen die Eatilinarier verteidigte,
Adil 45 v. E., Prätor um 43. Cic. ad Att. 3,40, 1.,
ad fam. 11, 16f. 12, 29. — 2) vielleicht ein gleich:
namiger Sohn desjelben, Konjul im Jahre 3 n. C.,
von Doraz in 2 Gedichten (od. 1, 26. 3, 17) an
geredet. — b) Name griechiicher Frauen (Aaude),
unter denen die Gelichte des Demetrios Polior—
fetes (Plut. Demetr. 16) viel genannt ift. Alciphr.
ep. 2,1. Jacobs, Berm. Schr., Bd. 4 ©. 523. —
ll. Acula, 1) ſ. Empusa. — 2) öftlichfte Stadt
im Gebiete der Malier im theffaliichen Phthiotis,
30 Stadien vom Spercheiosfluß und 50 von dem
nad ihr genannten Lamiſchen Meerbujen, j.
Zituni oder Yamia. Sie war jtarf befeftigt und
jpielte in mehreren Kriegen eine wichtige Rolle;
beionders bekannt aber wurde jie durch den nad)
ihr benannten lamiſchen Krieg (j. d.) der Mthener
gegen Antipater von Mafedonien, 323—322 v. E.
Jav. 27, 30. 32, 4 u. d. Diod. Sie, 17, 111. 18,9,
Strab. 9, 433. Cine für die Lage wichtige In:
jchrift j. im Corp. I. Lat. II Nr. 586.
Lamischer Krieg, An den olympijchen Spie:
len des Jahres 324 v. E. hatte Alerander der $r.,
der ſchon wiederholt gezeigt hatte, wie gering er
die Freiheit und Gelbftändigfeit der Griechen
achtete, den Befehl verleien laſſen, es jollten alle
Griechen, die aus ihren Staaten verbannt ſeien,
mit Ausjchluß der Frevler gegen die Götter uud
der Mörder, zurüdfehren. Dies hatte vielfach und
bejonders bei den Aitolern und Athenern entjchie-
dene Erbitterung hervorgerufen, die indes bei
Lebzeiten Alexanders nicht zum Wusbruch kam.
Nach deilen Tode 323 aber konnten Phokion und
andere nicht hindern, daß Leoſthenes, ein früher
Akademie, und zwar in der durch König Attalos | wegen jeiner makedoniſchen Geſinnung verbannter
geichaffenen Anlage, nah ihm Aunvderor ge: tüchtiger Feldherr, der jpäter jedoch Alcranders
664 Lamos —
Partei verlafjen hatte, den Auftrag erhielt, Söld—
ner zu werben. Zu den geworbenen 8000 Mann
ftießen in Nitolien noch 7000, die Athener boten
ihre Bürger auf und bewogen die Alarnanen,
Dorer, Lokrer, Phokier, die thefjaliichen Minianen
und Doloper u. ſ. w., jowie aus dem Peloponnes
Argos, Sikyon, Elis, Phlins, Meffenien und Arkadien
zum Beitritt. Leojthenes rg > die Thermopplen.
Der mafedonische Feldherr Antipater hatte ſich
gegen dieſe Macht in Eile gerüftet, vermochte
jedod nur 13 000 Mann Fußvolk und 600 Reiter
dem mehr als doppelt jo ſtarken griechiichen Heere
entgegenzuftellen: Krateros ftand mit 10 000 Bete:
ranen noch in Kilifien. Eine Flotte von 110 Trie—
ren unter Kleitos erhielt den Befehl, möglichit in
der Nähe zu operieren. Im Sommer 323 rüdte
Antipater nad Theſſalien vor, verlor aber bald
ein Treffen bei Herafleia (H. 2» Toayivı), und
infolge deſſen verliefen die Theſſaler, bejonders
2000 Reiter, und andere nördliche Hellenen fein
Heer und gingen zu den Griechen über. Er zog
fih in die Feſte Lamia zurüd, welche Xeofthenes |
nun eng einichloß, mas freilich manche Griechen |
bewog, in ihre Heimat zurüdzufchren. Dazu kam
noch Ende des 3. 323 der Tod des Leofthenes
jelbft, der bei einem Ausfalle des Antipater ſchwer
verwundet wurde und bald darauf ftarb. An jeine
Stelle trat zwar wieder ein tüchtiger Mann,
Antiphilos; allein da der Makedonier Leon:
natos aus Phrugien mit 20000 Mann Fußvolt
und 2500 Reitern zum Entſatz herbeirückte, jo ah |
er ſich genötigt, die Blodade aufzuheben und diejem
entgegenzugehen. Wenige Metlen nördlich von
Lamia kam es zu einem Neitergefechte, in welchem '
Leonnatos jeinen Tod fand. Antipater befam aber
dadurd; Gelegenheit, über die das Yand durch—
ziehenden Höhen (wegen der feindlichen Neiterei
vermied er die Ebenen) bis an die mafedoniiche
Grenze zu gelangen, um dort in einem feiten
Lager die Ankunft der Veteranen des Krateros zu
erwarten. Während diejer Zeit — 323 und An—
fang 322 — war auch zur See operiert worden, |
und zwar hatte Kleitos bei den Echinadiſchen
Infeln gefiegt. Died. Sie. 18, 16 ff. Bald darauf
langte Nrateros an, und nun wuchs das mafedo:
niſche Heer bis auf 48 000 Mann, während das
griechifche nur 28500 Mann unter meift uner—
fahrenen Führern zählte. Am Peneios ftanden
fich beide Heere lange gegenüber, bis die Griechen
fi) bei Krannon am 7. Auguft 322 zur Schlacht
verleiten liehen, in der zwar die theſſaliſchen Reiter
fiegten, das übrige Heer aber den makedoniſchen
Veteranen nicht Widerjtand leiften fonnte. War
auch militärijch der Kampf unentichieden geblieben,
jo war doch der Mut der Hellenen gebrochen. Sie
begannen zu unterhandeln. Antipater wies die an
ihn nun geichidten Gejandten ab, indem er er:
Härte, mit jedem der einzelnen Staaten bejonders
unterhandeln zu wollen; jo fam es, daß fich das
hellenische Heer auflöfte. Die theffaliichen Orte
wurden rajch wieder gewonnen, die übrigen helle:
niſchen Städte beeilten ſich in Maſſe fich zu unter:
werfen, jo daß Athen und Aitolien bald ver:
einzelt daftanden. Die Athener waren völlig mut:
los. Dem anrüdenden Antipater gingen Phokion
und Demades nebit andern atheniichen Gejandten
entgegen, um die Ergebung auf Gnade und Un:
gnade abzuwenden. Vergebens. Antipater bejtand |
Lamptrai.
auf feinen Forderungen: Auslieferung des De—
mojthenes, Hypereides u. a. (die ſich indes durch
die Flucht entfernt hatten), Bejegung von Mu:
nichia, Bezahlung der Kriegstoften und einer
Strafe, Verhräntung der Demotratie durch Ber:
minderung der Zahl der Bürger auf 9000, Die
ein Bermögen von mindeltens 20 Minen bejähen.
Und jo geichah es; die abwejenden Nedner wurden
auf Antrag des Demades zum Tode verurteilt
und verfolgt. Beſſer ging es den Witoliern, die
im legten Moment noch einen guten Frieden er:
hielten, weil Antipater und Krateros im Frühjahr
321 durch die afiatifchen Verhältniffe aus Griechen:
land abberufen wurden. Diod. Sic. 18. Just. 13.
Bol. Grauert, Analekten S. 260 ff. Droyſen, Geſch.
des Hellenismus 11, 1 ©. 44—88.
Lamos, Aduog, 1) ſ. Laistrygones —
2) Küftenftadt des mittleren Kilikiens, j. Yamas,
an einem Fluſſe gl. N., welcher die Grenze zwi:
jchen dem rauhen und dem ebenen Kilikien bildete;
er führt noch jept jeinen Namen. Strab. 14, 671.
Aauradndgouia, keuradngpople, aud ein:
fach Aauumds, aywv Acunddog u. ſ. f., Fackellauf,
fand namentlich in Athen ftatt (j. darüber Lei-
turgia, 3.), aber auch an andern Orten, wie zu
Korinth und Byzanz, zu Teos und Ampbhipolis.
Lampetia j. Helios.
Lamponias, Marcus, ein Lucaner, befehligte
im Bundesgenofienfriege die Jtalifer gegen Rom
(App. b. e. 1, 40) und befiegte im J. 90 v. E. den
Craffus (j. Lieinii, 15.) bei Grumentum. Er
gehörte zu dem italijchen Heerführern, welche fich
am längiten wehrten. Er hatte ſich nach Bruttii
zurüdgezogen, von wo aus er Sicilien erobern
wollte. Im J. 82 verband er fich mit dem
jüngeren Marius und fand bei jeinem Zuge gegen
Rom durch Sulla vor den Thoren der Stadt den
Tod. Plut. Sull. 29. Comp. Lys. et Sull. 4. App.
b. c. 1, 41. .
Lampridius, Alius, ein römiicher Geſchicht—
jchreiber der jpäteren Kaiferzeit, einer der ſ. g.
scriptores historiae Augustae, jcheint nicht lange
vor Vopiſeus (Vop. Prob. 2) im 3. Jahrh. n. €.
gelebt zu haben. Wir befiten von ihm die in
nicht ſehr empfehlenswerter Spradie und Dar:
jtellung abgefahten Yebensbeichreibungen der Katier
Gommodus, Diadumenus, Heliogabalus und Ale:
rander Severus; wahrjcheinlich rühren auch die
Lebensbeichreibungen von Pertinar und Geta von
ihm ber. Serausgeg. mit den übrigen 5 scrip-
tores historiae Augustae, zulegt von Jordan
und Eyijenhardt (1864) und Peter (2. Aufl. 1584).
Lampsäkos, Aduwexog, bedeutende, von den
Phofaiern um 650 dv. E. gegründete Stadt Myſiens
an der nordöftlihen Mündung des Hellespontos.
Hier jollte Aphrodite den Priapos (daher Helles-
pontiacus deus, Or. /ast. 1, 440) geboren haben,
defien Kultus hier feinen Hauptfit hatte. Wegen
des guten Weines, der hier wuchs, jchenkte Arta—
rerres die Stadt dem Themiftofles. Hat. 5, 117.
6, 37. The. 1, 138. Plut. Them. 29. Strabh.
13, 589 ff. Sie war Geburtsort des Logographen
Charon, des Peripatetiferd Adeimantos, des Epi—
furcerd Metrodoros und des Hiſtorilers Anaxi—
menes; j. Lapſaki an der Dardanellenftrahe. Strab.
13, 589.
Lamptrai, Acurroar, ein an der Weftküfte
Attikas zwiichen den VBorgebirgen Zoſter und Aſty—
Langobardi — Laokoon.
palaia liegender Demos, welcher in die obere und |
die untere Ortſchaft zerfiel; dieje lag an der Küſte,
jene eine Stunde weiter landeinwärts in der Nähe
des jeßt zerjtörten Dorfes Yambrifa. Zwiſchen
beiden Drten finden ſich zahlreihe Ruinen und
Inſchriften. Paus. 1, 31, 3.
Laugobardi j. Longobardi.
Lanista ſ. Giadiatores, 2.
Lanuvium, uralte latiniiche Stadt, 48 Millien
jüdöftlih von Rom auf einer Anhöhe des mons
Albanus, ſpäter Municipium — mit einem be-
rühmten Tempel der Juno Soſpita; Stammort der
Antonine; j. Eivita Yavigna. Cie. Mur. 41, 90.
Mil. 10, 17. Liv. 6, 2. 21. 8, 14.
Laodämas, Acodduas, 1) Sohn des Etcofles, |
König in Theben, ſ. Adrastos, 1. — 2) Sohn
des Phaiakenkönigs Altinoos. Hom. Od. 7, 170, |
8, 117 ff. — 3) Sohn des Antenor, von dem Tela: |
monier Wias erjchlagen Hom. Il. 15, 516. |
Laodameia, Acoddusın, 1) Tochter des Bellero:
phontes, von Zeus Mutter des Sarpedon (Hom.
Il. 6, 197 ff), von Artemis getötet. — 2) Tochter |
des Alaftos, ſ. Protesilaos.
Laodike. Acodian, 1) bu: Br
perboreifche Jungfrau, mit Hy: (C
peroche und 5 Begleitern nad)
Delos mit Opfergaben für Apol:
fon gejandt. Hdt. 4, 33. —
2) Tochter des Priamos und
der Helabe, Gemahlin des Heli:
faon, Sohns des Antenor (Hom.
J1.3, 122 ff. Paus. 10, 26, 7),
oder Beliebte des Altamas, Sohns
des Thejeus, der mit Diomedes
wegen der Zurüdforderung der
Helena nah Troja gejandt
worden war und dort mit ihr
den Munitos (Munvchos, Plut.
Thes. 34) zeugte. Sie ftarb aus
Trauer über den Tod ihres von
einer Schlange gebifjenen Soh—
nes oder wurde von einem Erb:
jchlunde verichlungen. — 3) I.
Agamemnon. — 4) Tochter
des MAgapenor. Paus. 8, 5, 3.
— 5) Mutter Seleutos’ 1., der
nah ihr 5 Städte benannte.
Später war es ein häufig vor:
fommender Name im Hauſe der
Seleufiden. Am bekannteſten
iſt 6) die Tochter des Achaios,
Gemahlin Antiochos’ II. die ver:
ftoßen wurde, als Diejer Die
Agnpterin Berenife heiratete,
dann, wieder ald Gemahlin ans
genommen, jih an Berenife und
deren Kindern grauſam rächte,
248 v. €.
Laodikeia, Acodlxzeın, l,ao-
dieea, Laudicea, ein öfters vor:
fommender Städtename, welchen
namentlih König Seleufos 1.
von Syrien feiner Mutter Lao—
dife zu Ehren gern beilegte:
1) 8 „am Meere“, Fri ri Bahcdren, fefte und
blühende Hafen: und Handelsftadt in fruchtbarer
Gegend Oberſyriens, auf einer Landſpitze (Asvar)
enen) Jüdweitlih von AUntiocheia, Kypros gegen:
665
über; uriprünglich phoinitijche Stadt mit dem
Namen Ramitha, durch Antonius Freiftadt, unter
Septimius Severus Provinzialhanptitadt. Cie. ad
fam. 12,14. Tac. ann. 2,79. Strab. 16, 749. 751 f.
— 2)8, „am Libanon“, 7) moös Aero, auch
Scabiosa, weil der Ausſatz oft dort herrichte; am
Orontes gelegen, zugleih am nördlichen Eingang
des Hochthales zwiichen Libanon und Antilibanon.
Strab. 16, 755. — 3) &. n Karaxesxavueen,
Stadt in Lyfaonien, an der zum Euphrat führen:
den Handelsftraße, j. Ladik. Strab. 14, 663. —
4) L. „am Lykos“, noös ro Ava (einem lin-
fen Nebenfluß des Maiandros), im ſüdweſtlichen
Phrygien, in reicher Ebene, am Nordabhang des
Berges Kadmos und gleichfalls an jener Strafe
gelegen, mamentlih unter römiſcher SHerrichaft
blühende Handelsſtadt und Hauptort eines Ge:
richtsbezirts; j. Esti-Hiffar. Strab. 12, 578. 580.
13, 629 f. Cie. ad fam. 2, 17. 3,5. 7 u. d. ad Att.
5,155. 20f. Verr. 1, 30. Tae. ann. 14, 27.
Laoköon, Acoxoov, Sohn des Antenor oder
des Akoetes, Prieſter des Apollon in Troja, der
Yaoloongruppe.
nachhomerifchen Sage angehörig. Nach der IAiov
w£ocıg des Arktinos (von der die Ehreftomathie
des Proflos eine Uberficht gibt) wird Yaofoon,
als die Griechen mit Hinterlaffung des hölzernen
666
Pferdes abgezogen find, und die Troer unter
Opfern und Schmäujen ſich über die Erlöjung
von der Kriegsnot freuen, mit einem feiner Söhne
bon 2 plößlich ericheinenden Schlangen erwürgt,
weil er früher den Apollon beleidigt hatte und
jebt bei dem Opfer des Pojeidon als Prieſter
diente. Aineias wurde durch diejes Zeichen be—
wogen, Troja zu verlaffen und in den Ida zu
ziehen. Bei Sophofles, der einen Laokoon dichtete,
ift diefer ein Bruder des Anchiſes und wird, da
er fi) als Priefter Apollons wider dejien Willen
vermählt hat, beim Opfer des Rojeidon am Meeres:
ftrande mit jeinen beiden Söhmen von den Schlan:
gen getötet. Vergil (A. 2, 40 ff. 201 ff.), vielleicht
befannt mit dem berühmten Kunſtwerk der Gruppe
des Yaofoon (f. u.), erzählt die Geichichte etwas
von den griechijchen Quellen abweichend. Ohne
NRüdficht auf die Berbindung mit Apollon und
Aineias zu nehmen, läßt er ihn am meiften von
allen gegen das der Athene geweihte Roß eifern
und jeine Lanze in deffen Seite jchleudern. Wäh—
rend er darauf dem Pojeidon am Meeresufer einen
Stier opfert, fommen von Tenedos her 2 ge:
waltige Schlangen übers Meer, erwürgen ihn nebſt
jeinen 2 Söhnen und bergen fich alsdann auf der
Burg unter dem Bilde der Athene. Durch diejes
Wunder jehen die Troer die Erzählung des Sinon
(j. d.) über die Beitimmung des heiligen Roſſes
befräftigt und beichließen, dasjelbe in die Stadt
zu ziehen, wodurd denn der baldige Untergang
der Stadt herbeigeführt wird. — Der Tod des
Yaofoon und feiner beiden Söhne wird durch ein
noch vorhandenes Kunftwert (die Gruppe des
Laokoon) dargeitellt, das im J. 1506 zu Rom
aufgefunden ward und fic, dort im Belvedere des
vatifanischen Palaſtes befindet. Dieies berühmte
Werk iſt verfertigt von den Rhodiern Agejander,
Polydoros und Athanodoros (Plin. 36, 4, 11),
deren Lebenszeit nicht befannt if. Während
Windelmann u. a. das Werf in die Zeit Ale:
randers des Gr. Teure, Kekulé e$ um 100
v. C. entitanden denkt, Thierſch u. a. es gar in
die römische Kaiſerzeit verweien, ſchlagen andere
mit Necht den Mittelweg ein und verjegen es in
die Blütezeit der rhodiichen Schule unter die Dia:
dochen (250— 200 v. E.), noch andere endlidy hal-
ten es für eine aus dem 1. vorchriftlichen Jahrh.
ftammende, allerdings vorzügliche, Kopie eines
Originals des 3. Jahrh. Jene Rhodier wollen
mit ihrer Virtuofität glänzen, ihre anatomijchen
Studien beweijen, Effekt machen. Laokoon iſt „ein
Wunder der Kunft in Betracht des feinen und
edlen Geichmads in der — — fo ſchwie—
rigen Aufgabe und der tiefen Wiſſenſchaft in der
Ausführung, aber deutlich auf glänzenden Effekt
und Darlegung der Meiſterhaftigkeit berechnet und,
verglichen mit den Werfen früherer Zeit, von
einem gewiſſen theatraliichen Charakter. Zugleich
ericheint in diefem Werfe das Pathos jo hoch ge:
jteigert, als es nur immer der Sinn der antiken
Welt und das Wejen der bildenden Kunst zuläßt,
und viel höher, als es die Zeit des Pheidias ge-
jtattet haben würde” (DO. Müller). Die Gruppe
ift faft unverleßt erhalten. Ergänzt find der rechte
Arm des Vaters und des jüngeren Sohnes, jowie
die rechte Hand des älteren, außerdem einiges an
den Schlangen. Jene Ergänzungen find aber nicht
im Einflang mit der übrigen Gruppierung und
Laomedon — Lapithos.
| der Stellung und Haltung des Körpers; notwendig
wird bei Laokoon ein Hingreifen oder Hinneigen
des rechten Armes nach dem Kopfe. Bol. Leilings
Laokoon. — von H. Blümner (2. Aufl.
1880). Kekuld, zur Deutung und Zeitbeitimmung
des Yaoloon (1883).
Laomedon, Acousdwr, 1) Sohn des Ilos und
der Eurydike, Vater des Priamos, Tithonos u. a.,
fowie der Hefione, König in Ilios. Hom. Il.
20, 236. Apollon und Pojeidon dienten ihm um
Lohn, indem jener die Rinder des L. auf dem Ida
weidete, diefer entweder allein oder mit Apollon
die Mauern von Ilios baute. Hom. Il. 7, 452.
21, 441 ff. Nach jpäterer Sage half ihnen bei dem
Bau Nialos; wo der Sterbliche baute, fonnte die
Mauer erftürmt werden, was mit Hülfe von deſſen
Nachkommen Telamon und Neoptolemos zweimal
geichah. Pind. ol. 8, 30 ff. Da 2. den beiden
Göttern den Lohn verjagte, ſchickte Pojeidon ein
Meerungeheuer, dem des L. Tochter Hefione aus:
eiept werden mußte; Serafles tötete dasjelbe,
H erakles, 8. 11. — 2) 2. aus Mutilene,
Sohn des Yarichos von Amphipolis, fehrte bei
Aleranders des Gr. Thronbefteigung aus der von
Philipp über ihn verhängten Berbannung zurüd
und beteiligte fi am Zuge nach Aſien. Bei Ber:
teilung der Satrapien (323 v. E.) fiel ihm Syrien
zu, das ihm auch 321 bei der Teilung von Tris—
paradeijos bejtätigt wurde. Im folgenden Jahre
aber wurde er im Auftrage des Ptolemaios von
Nikanor angegriffen und gefangen genommen, ent—
fam jedoch und floh zu Alletas nach Karien. Arr.
3,6. Plut. Alex. 10. Just.13,4. Diod.Sic.18,3.48.
Laos j. Laus.
Lapäthüs, -untis, bei Livius (44, 2. 6) ein
Kaftel am Paß Tempe in Theffalien, nördlich von
Gonnos. Der Beiname Charar bezeichnet es als
verjchanztes Lager für ein größeres Heer.
Lapethos, Adandog, bei Strabon (14, 682)
Adraßog, aber nicht Lapithos, bedeutende Hafen:
jtadt an der Nordjeite von Kypros, öſtlich vom
Vorgebirge Krommyon; phoinitiiche Kolonie, erft
zu Aleranders Zeiten hellenijiert; Siß eines Hei:
nen Reiches, bei den Römern Hauptjtadt des nörd—
a pn Viertelö der Inſel; j. Yapitho.
aphystion, Aapvorıor ögog, ein 800m hoher
Berg in Boiotien wejtlih vom Kopaisſee zwiſchen
Lebadeia und Koroneia, j. Berg don Granitja.
Hier befand fich ein Tempel des Zeus Laphyſtios
(j. Athamas), der Schauplaß alter Menjchen:
opfer, und in der Nähe ein Tempel der Athene
Stonia. Paus. 9, 34, 5.
Lapidatio, das Werfen mit Steinen. Der rohe
Pobel machte davon Gebrauch, um jeinen Hab
oder jeine Verachtung auszudrüden, namentlidy bei
Aufftänden. Mehrmals famen verhaßte Berjonen
dadurch um das Leben. Auch im Theater wurde
nach jchlechten Schauspielern mit Steinen gewor:
en. gl. Maerob. sat. 6, 6: lapidatus a populo
atinius, cum gladiatorium munus ederet, ob-
tinuerat, ut aediles edicerent, ne quis in are-
nam nisi pomum misisse vellet.
Lapithae ſ. Kentauren und Peirithoos.
Lapithos, Admıdosg, Berg in Triphylien (Elis),
nahe der arladijchen Grenze, 1200m hoc, auf
welchem der Anigros entipringt, nordweftliche ort:
ſetzung der Minthe; j. Raiapha und Smerna.
| Paus. 5, 5, 8. Strab. 8, 344.
— — — — —— — — —
Laqueus — Largitio.
667
Laqueus. Die Erdroffelung mit dem Strid | bewiejene Freigebigfeit, wie Spiele, Kämpfe, Gaft-
(laqueo gulam frangere, Sall. Cat. 55: iugulare,
strangulare) war eine alte römische Strafe und
wurde niemals dl jondern bloß im Ge—
re vollzogen. Dieſen Tod erlitten 3. B. die
5 Gatilinarier, j. Sergii, 8. Unter Tiberius war
dieje Strafe noch häufig (Tuc. ann. 5, 9. 6, 39. 40),
aber zu Neros Zeit war fie längft (pridem) außer
Gebraud. Tac. ann. 14, 48.
Laranda j. Lykaonia.
Lares heißen bei den Römern vergötterte Seelen
bon guten, verdienten Berftorbenen, gute Geifter,
welche auf der Erde ſegensreich wirken und
borzugsweije ihren Schup und ihre Sorge den
binterbliebenen Angehörigen uud ihrem Hauſe
zugewendet haben. Dieje Hauslaren hatten aljo
mit den Penaten, mit denen fie oft verbunden
und vermengt wurden, einen ähnlichen Wirkungs—
freis, und deswegen hatten auc ihre aus Holz
eichnigten Bilder mit denen der Penaten am
de des Haufes, gewöhnlich in dem lararium,
dem Larenjchrein, ihren gemeinſchaftlichen Stand:
ort. Sie waren jo eng mit dem Hauje verbunden,
daß fie, wenn die Familie auszog, dasjelbe nicht
verliehen, während die Penaten die Familie be:
gleiteten. hr Dienft war altertümlich einfach
und wurde mit großer Pietät geübt. Bei jeder
Mahlzeit wurde ihnen auf kleinen Schüfjeln (pa-
tellae) ihr Anteil vorgejeßt, und fromme Glieder
der Familie opferten ihnen täglich; jedesfalls aber
opferte man zen an dem wichtigen Tagen des
Monats, den Kalenden, Nonen und ‘den, ſowie
bei jedem Feſte der Familie. Man öffnete dann
das Yararium, damit fie an der freudigen Feier
teilnchmen könnten, und ſchmückte fie mit Blumen.
laut. Oist. 2, 2, 55. Aul. 2, 8, 15. Hor. od.
3, 23, 4. Tibull. 1,3, 33. Ov. fast. 2, 638. An
ben Geburtstagen der Familie wurden bejonders
die Laren gefeiert; wenn der Sohn des u
bie männliche Toga anlegte, weihte er feine Bulla,
die er als Knabe getragen, unter Spenden und
Gelübden den Zaren (Prop. 4, 1, 132. Pers. 5, 31),
und die junge Frau brachte ihnen gleich nad) der
gr ng: beim Eintritt in das Haus ihr Opfer
dar ie Yaren bejchirmen aber nicht bloß das
Haus, dem fie angehören, jondern fie laſſen auch
den Mitgliedern der Familie ihren Schuß aufer:
halb des Haujes, auf Neijen zu Wafler und zu
Lande, im Kriege und auf dem Felde zu teil
werben (Lares viales, permarini, militares, ru-
rules). — Berjchieden von diefen Lares privati
und von höherem Range waren die L. publici.
Diefe, von den Alten mit den griechiichen Heroen
verglichen, hatten die Obhut über die Stadt und
den ganzen Staat (L. urbani oder hostiles, weil
fie den Feind von der Stadt abwehrten, L. prae-
ztites). Man rechnete zu denjelben Romulus,
Remus, Tatius, Acca Larentia, welcher bejonders
an dem öffentlichen Feſte der YLarentalien am
23. Dezember ein Totenopfer gebradjt wurde.
Auch einzelne Strafen und Viertel der Stadt
hatten ihre jchügenden Laren, deren Altäre und
Kapellen an Zuſammenſtoß der Straßen ftan:
den (compita, daher L. compitales). Das öffent:
liche Feſt derjelben, Compitalia, wurde bald nad)
den Saturnalia an einem jährlid) angejegten Tage
in heiterer Weiſe gefeiert.
tIo, im engeren Sinne jede dem Volke
— — — — —
Bun — —ñ —ñ ñ — — — — — — — — — nn —— — — —
werden konnte, z. B. bei Galba (Zac. hist.
mähler, vorzüglich aber Austeilungen von Getreide,
Geld, Ol u.f.w. I. Largitio frumentaria.
Schon jeit alter Zeit verjorgte der Staat die Be:
mwohner Roms mit dem nötigen Getreide (cura
annonae), indem er dasielbe aus öffentlichen Ma:
gazinen zu mäßigen Preiſen verkaufen lieh, was
zuweilen auch Privatleute und Magiftrate thaten,
um fich die Gunst des Volkes zu erwerben. Regel:
mäßige Getreidejpenden, d. h. Verkauf des Ge:
treides unter dem Preije, auch ganz freie Lieje-
rung, begannen erjt mit C. Gracchus, deſſen lex
frumentaria, 123 v. C., jedem Hausvater monat:
lich 5 Scheffel (modii) Weizen gegen die geringe
Bezahlung don 6", Us für den modius bewilligte,
so dap die Staatskaffe dabei etwa 50 pro Cent
Einbuße erlitt. Ziv. ep. 60. Cie. tuse. 3, 20.
Schol. Bob. zu Cie. p. 300 ff. Orelli). L. Apu:
lejus Saturninus verſuchte 100 dv. C. den Preis
auf /, As herabzujepen, ebenjo M. Livins Drujus
91; aber bald wurde der Preis durch M. Octa-
vins wieder erhöht, und Sulla jcheint dieſe Spenden
ganz abgeichafft zu Haben. Sall. fr. hist. p. 939
(Drelli),. Do ri 72 v. €. wurde die lex
Sempronia des €. Grachus dur die lex Cassia
Terentia wiederhergeftellt, und der berüchtigte
Elodius hob die Bezahlung des Getreides gänzlich
auf, 58. Schol. zu Cie. Pis. p. 9 (Orelli). Die
Bahl der Getreideempfänger ftieg bis auf 320 000,
welche Cäſar auf 150 000 reduzierte (Suet. Caes.
41. Dio Cass 43, 21), vgl. leges Juline (Cae-
saris), 0. a gerieten aber bald in Vergeſſen—
heit, und unter Augustus fanden fich wieder 200 000,
250 000 und jogar 320 000 Getreideempfänger.
Mon. Aneyr. Dio Cass. 65, 10. Die Namen aller
waren auf eine eherne Tafel eingegraben (Sen. de
ben. 4, 28), was noch in der jpäteren Zeit ge
geichah, denn die Austeilungen und die dazu ans
geitellten Beamten (unter dem praefectus aunonae
zur Zeit der Kaiſer, zur Zeit der Nepublit unter den
aediles) erhielten fi die ganze Katjerzeit Hindurd).
Die Empfänger belamen eine Marke oder Karte,
tessera, gegen deren Abgabe jie bei dem bejtimmten
Magazin ihren Anteil abholen konnten, und zu
diefem Behufe jcheint jede Tribus ihr bejonderes
horreum gehabt zu haben. — II. Congiarium
nannte man im Gegenſatz zu den regelmäßigen
Largitionen ein dem Bolte außerordentlicherweije
emachtes Geihent an Geld, Getreide, DI, Wein,
leiſch, Obſt, Salz u. ſ. w. In der republifanis
ſchen Zeit machten die Kandidaten oder Magiſtrate
ſolche Geſchenke, und zwar öfters von DL, wovon
er Name congiarium entſtand (das gewöhnliche
lmaß congius). Liv. 25,2. Glänzende Kongia—
rien gab dem Volke Cäſar, und noch freigebiger
war Auguſtus, deſſen Beiſpiel die folgenden Kaiſer
nachahmten. Gewöhnlich wurden die Kongiarien
am Geburtstage des Kaiſers, bei dem Konſulats—
antritt desjelben und bei andern feierlichen Gele:
genheiten verteilt. Diejelben Schenkungen (ge:
wöhnlich aber in barem Gelbe), bei denjelben
Beranlafiungen an die Soldaten verliehen, hießen
donativum, In den Zeiten der Bürgerfriege
ur Feſſelung der Soldaten an die Perjon des
arteiführers —— wurden ſie allmählich
unter den Kaiſern jo ſehr Sitte und Notwendig:
feit, daß die Unterlaffung derſelben —
668
legi a se militem non emi. Dio Cass. 64, 3).
Nach Suet. Claud. 10 war Claudius der erite
Kaijer, der die Treue der Soldaten erfaufte. —
III. Die Alimentationen armer freigeborener Kinder,
j. Alimentarii. — Largitiones sacrae und
privatao wurden in der Kaiferzeit das Ärarium
und der Fisfus genannt, vielleicht deshalb, weil
aus beiden Kaſſen die verichiedenen großartigen
Spenden flofien.
Larinum, Stadt der Frentaner am Fluß Tifer:
nus, fpäter römiſches Municipium, mit einem be-
deutenden bis an das Adriatiihe Meer reichenden
Gebiet; j. Larino. Die Einwohner Larinates.
Caes. b. c. 1,25. Cie. Cluent. 5, 11.
Larisos, Adgısog, Heiner Grenzfluß zwiichen
Elis und Achaia, beim VBorgebirge Araros ins
Meer fallend, j. Mana oder Stimana. Paus.
7, 17,5. Liv. 27, 31.
Larissa, Adgıso@ und Achotsce, ein oft vor:
fommender (Strab. 9, 440) Name urfprünglich pe:
lajgiicher Städte, von denen zu merken: 1) L. in
ber theffaliichen Landſchaft Pelaigiotis in der Frucht:
baren Ebene (larissae campus opimae, Hor. od.
1, 7, 11), am iüdlichen Ufer des Peneios, einft
die Haupftadt der Pelafger und Sitz des Ge:
ſchlechts der Alenaden, auch ſpäter und jetzt noch
bedeutend unter dem Namen Lariſſa oder bei den
Türfen Jeniſcheher. Strab. 9, 440. Caes. b. ce.
3, 80. 96. Liv. 28, 5.36, 102.9. — Rn
»geueorn, „Die jchwebende“, wegen ihrer Lage am
Bergabhang, 20 Stadien vom Malifchen Meer:
bujen in der theſſaliſchen Landſchaft Phthiotis,
häufig in den Kriegen zwiichen den Matedoniern
und Nömern als Feſtung erwähnt; j. Gardifi mit
anjehnlichen Auinen. Liv. 31, 46. 32, 33. Strab.
9, 435. 440. — 3) Name der Burg von Argos
(j. d.) — 4) Stadt in Troas, aber jeit den Perjer:
friegen verödet. Xen. Hell. 3, 1, 13. T’huc. 8, 101.
— 5) L. mit den Beinamen Phrikonis und
Alyurria bei Kyme in Wiolis. Hom. TI, 2, 841.
Hat. 1, 149. Xen. Hıll. 3, 1,7. Strab 9, 440,
13, 620. — 6) Stadt in der fruchtreichen Indischen
Ebene am Kayſtros. — 7) nad Kenophon (An.
3, 4, 7 ff.) eine große Ruinenftadt in Affyrien, links
vom Tigris, nördlich von der Mündung des Lykos
(Zabatus maior); ohne Zweifel die afiyriiche Re—
jidenzftadt Kalach oder Chalah, j. Nimrüd. Die
Angaben Zenophons über die Stärfe der Mauer
(120 %. Höhe, 25 F. Breite) ftimmen mit den
Ergebniffen der Ausgrabungen überein, und auch
die don ihm genannte 200 F. hohe Pyramide hat
jich in den Trümmern eines Stufentempels wieder:
gefunden, ſ. Ninos, Il.
Larius Lacus, Aduvn 7 Acotos, j. Lago di
Como, ein fiichreicher, in 2 Spigen auslaufender
und durch die Addug gebildeter Sce in Gallia
transpadana, im Altertum wie jeßt durch feine
reizenden Ufer berühmt. Er ift 7'/, Meile lang,
”, breit. Vera. (#. 2,159. Strab. 4, 192. 204.
Lartii, offenbar mit dem etruffiihen Namen
laris (Herr), römiſch Lars, verwandt, ſtammten
aus Etrurien und jcheinen im Anfange der Re:
publif, wo ihr Name mit Auszeichnung genannt
wird, nach Rom gewandert zu jein: 1) Sp. Yart.,
fam wahrſcheinlich nach Vertreibung der Tar-
quinier mit der etruffifchen Kolonie nah Rom,
wo er im Nahre 506 v. E. das Konſulat beffeidete.
Dion. Hal. 5, 36. — Sein Bruder, 2) T. Yart.,
Larinum — Las.
war im Jahre 501 v. E. Konſul. Ziv. 2, 18. In
demjelben Jahre wurde er zum erſten Diktator
gegen die verbundenen Yatiner gewählt, obwohl
Divuys von Halifarna (5, 50) diefe Wahl ins
Jahr 498 verlegt, in welchem Jahre indes X. zum
zweitenmal Konful war und die Stadt Fidenä
zur Übergabe zwang. Dion. Hal. 5, 59. ®er:
jelbe meint, L. habe erft nad) diefem Ereignijle
die Diktatur übernommen, al$ der latinische Krieg
die mit Schulden überladenen Plebejer veranlafte,
die Kriegsdienſte zu verweigern. 4. lieh ſofort
lämtliche Bürger aufzeichnen und alle waffenfähigen
Leute von neuem in Genturien einteilen. tit
den Latinern bradıte er einen Waffenftillftand
zumege. Später, im Jahre 496 nach der Schladyt
am See Regillus, ſtimmte er für Herftellung des
früheren Verhältniſſes mit den Yatinern und milde
Behandlung der Befiegten. Nah dem Auszuge
der Plebs auf den heiligen Berg (494) und im
nächſten Jahre (493) bei den Verhandlungen mit
dem Bolfe, an welchen er als einer der Geſandten
des Senats teilnahm, wirkte er dafür, daß dem
ganzen Volke die Schulden erlafien würden, wo:
durd) er den Unwillen der Batricier erregte. Dion.
Hal. 5, 71 ff. 6,37 ff. Liv. 2, 20 ff. — 3) Sp.
Lart., Konſul 490 v. E., war im Jahre 488
Gejandter des Senats an Eoriolan und befchligte
im Jahre 487, als der Krieg mit den Bolifern
ausbrach, ein Heer zur Verteidigung Noms. Dion.
Hal. 6, 22. 64,
Larvae heißen bei den Römern böje Geifter von
verftorbenen böjen Menſchen, in jich jelbjt gequält
und die Berftorbenen und die Yebenden quälend.
Sie ftehen aljo den Laren entgegen, den holden
Geiſtern guter Berftorbenen. Sie heißen auch
Maniae. Es waren auch jchredliche Spukgeſtalten,
als Stelette (nudis ossibus) und Popanze gedacht,
die man durch Sühnungen und Yuftrationen von
fih abhalten mußte; man glaubte, fie erregten
bei den Lebenden den Wahnfinn. Plaut. Amph.
2, 2,154. Sen. ep. 24. bdentifiziert wurden mit
den Larven die Lemüres, obgleich aud manche
dieſe für die Seelen der Berftorbenen überhaupt
erklärten. Or. fast. 5, 483. Bur Sühnung der
Lemures unternahmen die Hausväter am 9, 11.
und 13. Mai eigentümliche Sühnegebräude. Sie
gingen um Mitternacht barfuß jchweigend durch
das Haus, wuſchen die Hände in reinem Quell:
waſſer, drehten fich und nahmen jchwarze Bohnen
in den Mund. Diefe warfen fie auf ihrem Gange
durchs Haus hinter fih und ſprachen dann neun:
mal, ohne fi) umzuſehen: „Dieſes gebe ich ber,
mit diejen Bohnen erfaufe ich mich und die Mei:
nigen.” Man glaubte, die Geifter jammelten
während deffen die hingeworfenen Bohnen. Darauf
ihlug man eherne Veden aufammen und rief
wieder neunmal: „Manes exite paterni * Jetzt
waren die Geifter gebannt. Op. fast. 5, 419 ff.
Larymna, Adovuva, 2 Orte, Ober: und
Unter-Larymna (7 &vo und 7 xdro A.) an der
Mündung des boiotischen Kephiſos ind Euboiiſche
Meer. Erftered ichloß fich bald freiwillig dem
boiotiichen Bunde an, Unter-Larymna (j. Kaſtri
im Thale Yarmäs) gehörte den opuntiſchen Lolrern
und war als Hafenftadt bedeutend. Strab. 9, 406.
Paus. 9, 23, 7.
Läs, Ada, Ad, Aüs, eine alte, jchon von Homer
(Tl. 2, 585) genannte, Stadt Yaloniens füdlich
Lasion — Latium.
von Gytheion an der Hüfte, in römiſcher Zeit ein;
offener Flecken (Liv. 38, 30. 31), vor der Blüte
Gytheions der Seeplatz Lakoniens. Die Dioskuren
ſollten fie zerſtört haben, daher ihr Name Aumeg-
scı, d. i. Lasvernichter. Thuc. 8, 91. Strab. 8, 364.
Paus. 3, 21, 7.
Lasion, 6 Aacıcr, ein fejtes Städtchen in Elis
an der arfadiichen Grenze an einem gleichnamigen
Berge, dem heutigen Plateau von Yala. Eleier
und Arkader jtritten oft um jeinen Beſitz. Xen.
Hell. 7, 4, 12. J’ol. 4, 72. 5, 102,
Lasos, A@oog, von Hermione in Argolis, Iy:
rijcher Dichter, um 508 v. E. blühend, hielt fich
längere Zeit zu Athen auf, wohin er wahrichein:
fih von SHipparchos berufen worden war, wie
Anafreon und Simonides. Er war in Athen ein
Nebenbubhler des legteren. Hier brachte er zuerſt
die Wettfämpfe mit Dithyramben auf, worin er
ſich bejonders auszeidmete. Er war auch Theore:
tifer in Muſik und Dichtfunft und unterrichtete
angeblich darin den jungen PBindar; aud) joll er
ber erſte gewejen jein, der über Muſik jchrieb.
Bon feinen Gedichten haben fich wenige Zeilen
erhalten, abgedrudt bei Bergk, poet. Iyr. Graee.
Il p. 376$. der 4. Aufl. Monographie von
Schneidewin (1842).
Lasthenes, Aco®Eerns, ein Olynthier, brachte,
mit Euthyfrates von Philipp erfauft, jeine Bater:
ftadt in deſſen Gewalt, im Jahre 348 v. E. Dem.
99. 128. 241. 425. 451. Diod. Sie. 16, 53.
Laterna j. Beleuchtung.
Latiälis und Latiäris j.
Zeus, 10,
Latifundium, ein Landgut von größerem lm:
fange. Biele jolcher Güter waren durch die pa:
trictschen Befignahmen des ager publicus entjtan-
den, wirkten aber nachteilig ſowohl auf die Land—
wirtichaft durch die weit ausgedehnten Bartanlagen
als auch auf die politisch-finanziellen Verhältniſſe
Roms überhaupt durch die Berminderung des freien
Bauernjtandes. Mit Recht jagt Plinius (18, 7):
latifundia Italiam perdidere. gl. Höd, röm.
Geſch. 1 ©. 285.
Latini coloniarii hießen die Bewohner ber
neulatiniichen, d. h. der nad) Yatiums Unterwer:
fung aus Yatium ausgeführten, Kolonien und die
Bewohner einer mit dem Titel einer latinischen
Kolonie bejchenkten Stadt.
Latini Juniäni h. die Klafjen von Frreigelafienen,
welche durch die lex Junia Norbana unter Augu:
ſtus in ein bejonderes, dem Necht der latinischen
Kolonien jehr ähnliches, Rechtsverhältnis gefom:
men waren. Gie hatten das commercium nur
ie und waren jonft den Peregrinen ganz
gleich.
Latinus, Aarivog, nad) der gewöhnlichen Sage
Sohn des Taunus und der Numphe Marica zu
Minturnä, Bruder des Yapinius, Gemahl der
Amata, Bater der Lavinia, König von Latium,
j. Aineias. Geine Abftammung wird daneben
noch jehr verjchieden angegeben: Sohn des Odyfjeus
und der Kirke (Fesiod. theog. 1013), Sohn des |
Telemach und der Kirke, des Herafles und einer |
Hyperboreerin u. j. w.
Latium, 7) Aer/vn, I. ingeographiicher Be-
ziehung. Yatium, die mittlere der 3, wetlichen
Yandichaften Mittelitaliens, nach der gewöhnlichen
Ableitung benannt von König Yatinus, nach an:
Jupiter unter
669
derer von latere (quod ibi latuisset Saturnus,
Or. fast. 1, 238; oder: quod latet Italia inter
praecipitia Alpium et Apennini, Barro bei Serv.
zu Verg. A. 8, 222), richtig wohl — Flachland
(verwandt mit lätus, Seite, und wiarvg), begriff
im engiten Sinne der älteften Zeit nur ein etwa
4 IM. großes Gebiet, von dem Tiber im N.,
dem Flüßchen Numicus im ©., der Seefüfte im
W. und den Albanerbergen im D. begrenzt. Bald
(3. 3. der Unterwerfung des Latinischen Bundes
unter römijche Hoheit) ericheint der Umfang indes
größer, und Latium antiquum oder vetus reichte
vom Tiber jüdlich bis zum Gircejiichen Worgebirge
und Anrur oder Tarracina. Unter römijcher Ober:
herrichaft wurden bis zum Jahre 314 v. E. im ©.
und DO. neue Eroberungen — Latium novum oder
adiectum —, das Gebiet der Hernifer, Aquer,
Volſker, Aurunter, hinzugefügt, und es madıte dem:
nad im ©. der Liris (Garigliano) die Grenze der
nun etwa 180 Meilen großen Landichaft, ja
ſelbſt jüdlich von derjelben gehörte Sinuefja dazu.
Das Yand bildete im ganzen eine große Ebene
von vulfanifcher Natur, daher war es auch jchr
fruchtbar. Als ganz ijoliertes Gebiet erhebt ſich
in diefer Ebene zwilchen den Apenninen und dem
Meer der mons Albanus (ſ. d.), jedesfalls urjprüng:
lih ein großer Krater und jehr quellreih. Die 2
Alten unterjchieden den M. Albanus im engeren
Sime (j. M. Cavo), wo die Feriae Latinae ge:
halten wurden, den M. Algidus (j. M. Ariano)
und bei Tuſculum die Tujceulanijhen Berge
(j. Monti Tufceulani oder di Frascati). Am NO.
lagen zwiſchen Tibur und PBränefte die Aquer—
berge (j. Monti d'Oleovano) und zwiſchen Dr:
tona und Privernum die Volſkerberge (j. M.
Volsca oder di Cora). Der mons sacer tft ein
iolierter Hügel am rechten Anio-Ufer unweit der
Mündung desjelben in den Tiber, nad) dem Fluffe
fteil abfallend, nach der andern Seite fich janft
abjlachend, 1 Millie von Rom (Liv. 2, 32. 3, 52),
noch jeßt Monte Santo genannt. — Die Flüffe
Latiums münden alle ins Tyrrheniihe Meer: Ti:
beris (j. Tevere) mit Anio ıj. im oberen Laufe
Aniene, im unteren XTeverone); Numicus (ji.
Numico oder Ritorto); Aſtura (j. Stura); Ama:
jenus (j. Amajeno), ftrömt vereint mit dem
Ufens (Ufente) dur die Pomptiniſchen Sümpfe
ins Meer; Liris (j. Garigliano) mit dem Tre:
rus (j. Sacco), bei Minturnä mündend. Bon
Seen find zu merfen der Albanus (j. L. d'Al—
bano oder di Eaftello) am wejtlichen Abhang des
Gebirges, der Nemorenſiſche See (j. Lago di
Nemi), der Gabinus (j. Lago Gabii, jeit 1838
troden ger t), der hiitorijchh merkwürdige Ne:
gillus bei Tuſeulum (j. nach Meinung der meiften
Lago di Corne). Bon Antium bis Anxur herab
eritredten jih die Bomptinifchen Sümpfe, „der
Neft eines durch das Alluvium der Flüſſe Aftura,
Amajenus, Ufens nur unvollftändig ausgefüllten
urjprünglichen Meerbuſens“ (Stiepert), Dah in
früher Zeit daſelbſt 23 Städte und Ortſchaften
geblüht, ift eine Fabel. Durch diejelben war nicht
nur die Appijche Straße, jondern auch ein Kanal
geführt (Strab. 5, 233). —
Zandes, Latini (Aarivor), waren der Sage nad)
entitanden durch Bereinigung der offiichen Abo:
riginer (vgl. Italia, 7.) mit den Ureinwohnern,
den Sifulern und Pelajgern. Sie bilden in Wahr:
Die Bewohner des :
“
670
heit den einen großen Zweig der Italiker und
finden ſich in Hiftorifcher Zeit jchon im Beſitz des
Yandes. Frühzeitig (ſchon vor Albas Gründung)
tritt bei den Latinern ein alter, wahrſcheinlich
aus 30 Städten beftehender Bund hervor, auf
welchen jich der Name Prisci Latini bezieht. Solche
Städte waren nah Yivius (1, 38): Gorniculum,
Ficulnea (vetus), Cameria, Cruftumerium, Ame—
riola, Medullia, Nomentum, denen wohl nod
Yaurentum, Ardea, Tibur, Aricia, Pränefte u. a. m.
beizufügen find. Später wußte fi) das der Sage
nach von einer in Italien eingewanderten troiſchen
Kolonie gegründete Alba die Hegemonie zu ver:
ihaffen, e8 wurde Pflanzftadt vieler Kolonien,
auch der bald übermäcdhtigen Noma, welche unter
ihren Königen Tarquinius Prifcus und Gervius
Tullins nicht nur in den Bund aufgenommen
wurde, jondern denſelben faft ganz von ſich ab:
hängig machte. Nachdem die Yatiner ji dann
nad) Vertreibung der Könige wieder von Rom
frei gemacht hatten, wurden jie im Jahre 338 v. E.
wieder nad langen Striegen unterworfen und mit
unvollftändigem Bürgerrechte (j. u.) ganz im den
römiſchen Staatsverband aufgenommen; und jeit
314 tritt uns Yatium in dem oben angeführten
weiteren Umfange entgegen. Das Genauere über
die nun folgenden Städte ift bei den einzelnen
Artiteln nachzufehen. Im eigentlihen Latium
von N. nah ©.: Fidenä auf einem Tufffeljen
beim j. Gaftell Giubileo; Tibur (j. Tivoli) auf
einem Felſen am Anio; Gabii, auf einem Tuff:
hügel bei Gaftiglione; Roma, die Hauptjtadt des
römischen Reichs auf 7 Hügeln zu beiden Geiten
des Tiber, und deren Hafenftadbt Dftia an der
Mündung des Fluſſes; Tuſculum, j. bedeutende
Ruinen auf einem Berge bei Frafcati; Präneſte,
j. Paleftrina, auf fteiler Felshöhe; Bovillä an
der Appiichen Straße; Alba Longa am Abhange
des Albanerberges, früh von den Römern zerjtört;
Nricia, j. Ariccia, Beliträ, der Stammort der
Octavier, j. Velletri, Yanupium, j. Civita La—
vigna, an der Appiichen Strafe, Stammort der
antoninichen Familie; Yaurentum, j. Caſale
di Gapocotto, Lavinium bei dem j. Pratica;
Ardea, no j. Ardea, auf einem Felſen in der
Nähe des Numicusfluffes, Cora, j. Cort, Norba,
j. Ruinen bei Norma, Setia, j. Sezza, Signia,
j. Segni, am rechten Ufer des Trerus, Sulmo,
beim j. Sermoneta, am Ufens; Sueſſa Rome:
tia, eine jpäter verjchwundene Stadt im Gebiet
der Pomptiniſchen Sümpfe, die nach ihr benannt
jein follen; Corioli, die von En. Marcius (Co:
riolanus) zerftörte und nicht wieder hergeitellte
alte Hauptftabt der Bolifer; Antium, j. Porto
d'Anzo, auf einer Felsipige am Meere; Satricum,
j. Conca. — Bu Latium adieetum gehörten
die Aqui zu beiden Seiten des Anio mit früher
ziemlich ausgedehntem, dann aber beichränttem
Latium.
ellä, j. Eeprano, am 2iris, Aquinum, j.
quino, Caſinum, j. Kloſter Monte Caſino,
Interamna Yirinas, an der Mündung des
Melia in den Liris, Fabrateria, j. Tralvaterra,
am Trerus; Brivernum, R. bei Biperno vecchio,
am Amafenus, Aftura, j. Torre d'Aſtura; Cir—
ceji, j. Eircello, auf dem Borgebirge gl. N.;
Tarracina, früher Anxur, mit einer Burg auf
hohem Berge, j. Terracina; Yautulä. Im Gebiete
der Murunci an der Küfte und am unteren Yauf
des Liris: Fundi, j. Fondi, in der Nähe des
Fundaniſchen Sees und im Ager Caecubus;
Ampclä, am Meerbujen gi. N; Formiä am
innerften Winfel des Meerbujens von Cajeta;
Eajeta, j. Gaöta, mit trefflihem Hafen; Min-
turnä, R. bei Traetto, unweit der Mündung des
Liris an der Appiſchen Straße; Sinuejja, am
jüdlihen Abhange des Mafjicusberges, dicht an
der campanijchen Grenze, oft jchon zu Campanien
gerechnet (Ruinen bei Mondragone). Strab. 5, 228 ff.
— Il. Latium in ftaatsrehtlicher Beziehung.
In der älteften Zeit jcheint Alba Longa und der
albaniiche König eine Hegemonie über die andern
latinifchen Städte ausgeübt zu haben, bis bie
Eroberung Albas durch Tullus Hoftilius die lati:
nilchen Städte zu einer engen religiös:politischen
Eidgenofienichaft zufammenführte. Sie hatten ein
gemeinjames Concilium, defien Präfident ein Dif-
tator war. Mit Rom ftand Latium von ber
Mythenzeit her durch ein foedus in enger Ber:
bindung, welche durch Kriege mehrmals unter:
brochen, aber immer wieder ernenert wurde. Wahr:
iheinlih trat Rom nach dem Untergang Albas
mit in den Latinifchen Bund ein und erhielt nad)
manchem Kampf durd; Servius Tullius oder nod)
wahrjcheinlicher erft durch Tarquinius Superbus
die Hegemonie (j. oben I, 3.). Nach der Bertrei:
bung der Könige jchüttelte Yatium das römische
Joch ab und ho nach der Schladht am Sec
Regillus mit Rom ein foedus aequum, unter
Bermittelung des Sp. Caſſius, 493 v. E. Gegen:
jeitige Eivität (Jjopolitie) wurde beftimmt (ſ. Mu-
nicipium), das alte Conubium erneuert, gegen
jeitige Hülfe im Kriege mit gleichen Anteilen an
dem Kommando und an der Beute fejtgeieht
und privatrechtliche Beitimmungen getroffen. Bald
darauf traten die Hernifer als drittes Bundesglied
binzu, 486 v. C. Bei der galliihen Invaſion
wurde Nom von beiden Verbündeten verlafien,
aber 358 v. E. trat der Bund mit Latium wieder
in das Leben (Lir. 7, 12. 8, 2), bis der 340-338
v. E. geführte latiniiche Krieg mit der Befiegung
der Latiner endete. Der Bund wurde enjpelöh,
einzelne Städte erhielten die römiſche Civität,
andere janten zu römischen socii in abhängigem
Verhältnis herab. Dieſe, nomen Latinum und
Latini genannt, jchloffen fich immer enger an Rom
an und empfingen dafür manche Zugeſtändniſſe,
Gebiet; ihre Städte waren: Earjeoli, j. Carjoli, | wodurd ſie jich weientlich vor den andern socii
am Fluß Quranius, Ortona, Carbio, Bola, | auszeichneten und allmählich eine Mittelftufe zwi:
Sublaqueum (j. Subiaco).
Im Gebiet der Her: | ichen den Bürgern und Peregrinen bildeten (ius
nici, zwiichen den Flüſſen Trerus und Liris, | Latii). Aus diefen Städten nahm Rom zahlreiche
lagen
Anagnia, j. Anagni, ihre Hauptſtadt, | Koloniften, die in alle Gegenden Jtaliens geichidt
Alatrium, j. Mlatri, Ferentinum, j. Ferentino, | wurden und coloniae Latinae hießen, obwohl fie
Fruſino, j. Frofinone, Berulä, j. Beroli.
Im weit über die Grenzen des alten Yatiums hinaus
Gebiet der Bolfci, zu beiden Seiten des Liris: | lagen.
Cie gehörten ebenfall® zum nomen Lati-
Sora am Lirid, die nördlichjte Stadt, noch j. num und ftanden auf derjelben Rechtsſtufe, d. h.
Cora; Arpinum, j. das Dorf Gamello; Fre: ſie ermangelten des conubium, hatten aber das
Latmos —
commercium, wenigjtens größtenteild, was ben ı
Peregrinen abging. Außerdem ftanden dem ein=
— mehrere Wege offen, das volle römiſche
ürgerrecht zu erlangen. — Durch die lex Julia,
90 v. E., erhielten die latinifchen Städte die volle
Eivität, und das ius Latii verſchwand nun gänz-
ih aus Italien, wurde aber als ein Rechtsver—
hältnis, welches der nationalen Grundlage ent:
behrte, auf manche außerhalb Staliens gelegene
Kommunen übertragen, zuerjt auf die transpada-
nijchen Städte, jpäter auf viele Provinzialftädte,
ja jogar auf ganze Provinzen, wie Sicilien und
Hilpanien. Wahrjcheinlich war dieje Latinität mit
der vorigen gleich, d.h. fie gewährte commercium,
aber nicht conubium, und fie wurde unter Tibe-
rius auch die Grundlage für das Verhältnis der
j. g. Latini Juniani (j. d.). Mit Caracalla hörten
alle latiniſchen Gemeinden auf (j. Civitas), doch
entjtanden ſtets wieder von neuem Latini, näm:
lich durch unfeierliche Freilaffung der Sklaven u. |. w.
Erit Juſtinian jchaffte dieje Mittelftufe ganz ab,
und jo erlojch diefer Name, welcher im Verlaufe
— Zeit ſo mannigfache Verhältniſſe bezeichnet
tte.
Latmos, Acruos, Gebirgszug in Karien, öſtlich
von Miletos, ſüdlich vom Unterlauf des Maian—
dros, berühmt durch die Sage von Endymion (j. d.)
und Selene. Cie, tusc. 1, 38, 92. Or. trist. 2, 299.
Nach ihm wurde der Meerbufen bei Miletos, der
aber heutzutage durch die ftarten Anſchwemmungen
des Fluſſes in einen Binnenjee verwandelt ift,
der Latmiſche genannt; j. Akis-tſchai. Strab.
14, 635,
Latobrigi, richtiger Latoviei, germanijche
Bölferjchaft, den Helvetiern und Raurikern benad):
bart, wohl an den Quellen des Rheins zu juchen.
Cäſar nötigte fie, als fie 14 000 Mann ftarf aus:
gezogen waren, in ihre alten Sie zurüdzufchren.
Caes. b. g. 1,5. 28. 29.
Latöna j. Leto.
Latroeinium, Raub. Latrones, grassatores
wurden in Rom von den Konjuln und Prätoren,
in den Provinzen von den GStatthaltern beitraft
und gewöhnlich hingerichtet. Sulla jepte die Räu—
ber in der lex Cornelia de sicariis in die Kate—
gorie der Mörder, was die ganze Kaiferzeit hin:
durch dauerte.
Latruneäli j. Spiele, 8.
Laudatio, 1) funebris, j. Bestattung, 2.—
2) Provinzialdanladreffe an den Senat, in welcher
die Provinzialen den abgehenden Statthalter lob—
ten. Cie. Verr. 2,4. 5. Nero verbot ſolche Dank—
adrefien. Tae. ann. 15, 22. — 3) ein zu Gunften
des Angellagten vor Gericht abgegebenes jchrift:
liches Zeugnis.
aureätae littörae oder tabülae heißen die mit
Lorbeer ummwundenen, von den römijchen Feld—
herren an den Senat geichidten Siegesbulletins.
Jav. 5, 28. Caes. b. c. 3, 71. Tac. Agr. 18.
Laurentum, Acugerrov, eine jehr alte Stadt
Yatiums, der Sage nad des Königs Latinus Re:
fivenz, wo Aineias landete. Verg. A. 7, 171.
Ihre Wichtigkeit in früherer Zeit erhellt jchon
daraus, daß fie in dem 509 v. E. mit den Kar—
thagern abgejchloffenen Vertrage namentlich auf:
geführt wird. Pol. 3, 22. Strab. 5, 229. 232.
L. lag 2 Millien vom Meere nicht weit von Dftia
und 16 Mill. von Rom in einer gefunden, mit |
Lavinius. 671
Lorbeerwäldern geihmücdten Gegend an der Stelle
des heutigen Cajale di Capocotto. Nad) der Mei:
nung mancher ijt es das heutige Torre Paterno.
Laurion, Aavgsıov, Acbpior, Aavpswrınn,
ein Bergwerföbezirt im jüdlidhen Attifa, nördlich
vom Borgebirge Sunion und an der Südweſtküſte
bis Thorikos hin fich erjtredend. Der ganze Di:
jtrift war unter zahlreiche Demen verteilt. Die
Silbergruben waren jo ergiebig, daß jeder Bürger
jährlid 10 Drachmen erhielt (macht 100 Talente),
und in den Berjerfriegen 200 Dreiruderer gebaut
werden konnten. Später jedoch nahm die Ergie-
bigfeit derjelben ab, jo daß fie zu Strabons Yeit
nicht mehr bebaut wurden. Das Dorf Legrana
bezeichnet jegt die Stelle jener Gruben, welche jeit
1860, bej. zur Gewinnung von Blei, wieder be:
benugt werden. dt. 7, 144. Thuc. 2, 55. 6, 91.
Laurön, Aatgor, ein Ort in Hijpanien, 4
Tagereijen öjtlih von Gades, berühmt durch den
Sieg des Sertorins über die Bompejaner (Plut.
Sert. 28. App. b. ec. 1, 109) und als der Ort,
two der jüngere En. Bompejus auf der Flucht von
Munda den Tod fand. Klor. 2, 13. Bgl. Hübner
im Corp. I. Lat. II p. 246. 482,
Läus, A@og, Grenzfluß zwiichen Lucanien und
Bruttii, j. Yao, an deſſen rechter (Iucanijcher)
Seite die Überrefte der vertriebenen Sybariten eine
gleichnamige Stadt gegründet hatten. Hat. 6, 20,
Strab. 6, 253 ff.
Laus Pompeii, Stadt im Gebiete der Inſubrer
in Gallia cisalpina zwiſchen Mediolanium und
Gremona, wohin der Bater Pompejus des Gr. eine
Kolonie führte (Plin. 3, 17), ipäter Hauptſtadt der
Langobarden; j. Lodi Vecchio.
Lautülae, Flecken der Boljfer zwiichen Tarra:
cina und Fundi an einem waldigen Engpafje
zwijchen dem Meere und dem Gebirge. Hier er:
litten die Römer im zweiten Samniterfriege eine
Niederlage unter D. Fabius Marimus. Sn einer
Villa am Abhange des Gebirges wurde Kaiſer
Galba geboren. Liv. T, 39. 9, 23. Suet. Galb 4.
Lautuniae, ein am Forum belegener Stadtteil
Noms, benannt von einem dajelbft gelegenen Ge:
fängnis, welches nicht mit dem carcer Mamerti-
nus und dem Tullianum zu verwechjeln ift (vgl.
Carcer, 11). Den Namen hatte es von dem ſyra—
fufischen Gefängnis gleiches Namens. Cie. Verr.
1, 5. 5, 55. Liv. 26, 27. 32, 26.
Laverna, römiſche Scubgöttin der Diebe
(daher laverniones), die an der Via Salaria einen
Hain und an der von ihr benannten Porta Laver-
nalis einen Altar hatte.
Lavinia j. Aineias und Anios.
Lavinium, ſehr alte Stadt in Latium, von
Aineias oder von Latinus zu Ehren feiner Tochter
Lavinia gegründet, mit einem Tempel der Venus,
welcher allen Latinern gemeinjam war, aber unter
Aufjicht der Stadt Ardea ftand. Das Gebiet beider
Städte ſchied der Fluß Numicus. Im Zeitalter
der Antonine ward L. mit Laurentum zu Einer
Stadt, Laurolavininm, vereinigt, defen Ein:
wohner Laurentes Lavinates hießen. Der Tuff:
hügel von Pratica mit alten Mauerreften zeigt
jiher die Lage der Stadt. Liv. 1, 1. 8, 12. 26, 8.
Lavinius, Fluß bei Bononia im cispadanischen
Gallien, ergießt fich in den PBadus. Nach Appian
(b. ec. 4, 2) fand auf einer Inſel diejes Fluſſes,
nicht des Rhenus, eines andern Nebenjlujjes des
6172
Padus, die befannte Zuſammenkunft zwiſchen
Octavian, Antonius und Lepidus jtatt.
Lazae, Aüfaı, Auol, Volk in Kolchis zwischen
den Flüffen Phafis und Akampſis, jeit der rö-
mijchen Kaiferzeit an der Stelle der Kolchier ge:
nannt. Seit dem 5. Jahrhundert u. E. bejtand
ein eigenes Königreich Lazika (j. Yaziftan) mit der
Hauptitadt Kutatifion (j. Kutais).
Leagros, Ataygos, Sohn des Glaufon, ein
vornehmer Athener, führte 465 v. E. mit dem
Dekeleier Sophanes 10 000 athenifche Anfiedler
nad Thrafien, um Enneahodoi (jpäter Amphi—
polis) zu bevölfern. Diejer erfte Kolonijationsverjuch
mißlang; als die Koloniften ins Innere drangen,
wurden fie bei Drabeifos von den Thrafern über:
fallen und niedergemadht. Thuc. 1,100. Hdt.9, 75.
Leaina, Afawe, atheniſche Hetäre, die auch
auf der Folter nicht die Verjchwörung des Dar:
modios und Ariftogeiton verriet. Zu ihrem An—
denfen errichteten die Athener ein Standbild, eine
Löwin ohne Zunge darftellend. aus. 1, 23, 2.
Leandros, At«@vögos, ein Jüngling zu Abydos
in Troas, der allnächtlich zu der von ihm geliebten
Hero, einer Priefterin der Aphrodite zu Seſtos,
geleitet von der Leuchte auf dem Turme zu Sejtos, | h
über den Hellespont ſchwamm. Aber in einer ſtür—
mischen Nacht, in welcher die Leuchte erlojch, wurde
er ein Raub der Wellen. Als Hero am Morgen
feinen Leichnam am Ufer jah, jtürzte fie fich zu
dem Geliebten hinab. Die Sage ift in einem
Heinen Epos von Mujaios (j. Musaios, 4.) bes
handelt. Ov. Her. 18. 19.
Learchos j. Athamas,
Lebadeia, Asßaösıe, j. Liwadia, Stadt Boio—
tiens, weftlih vom Kopaisjee am Fuße eines
Felſens, dem die Duelle Herfyna entjtrömt. Nach
Pauſanias erwähnt Homer (Il. 2, 507) &. ſchon
unter dem Namen Midsıe, welches auf dem el:
fen jelbft lag. Erjt nad) dem Verfall der übrigen
Städte hob ſich X. bedeutend, und zwar bejonders
durch das berühmte, jhon im 6. Jahrhundert von
Kroijos befragte, Orakel des Trophonios (Hdt.
1, 46. 8, 134. Liv. 45, 27), weldes fich unweit
der Stadt, oberhalb des heiligen Haines, in dem
der Tempel des Trophonios mit einer Statue von
Rrariteles jtand, auf dem Berge befand und eine
in Form eines bienenforbartigen Gewölbes nad)
Art der ſ. g. Thejauren (j. Baukunst, 1.) künſt—
lid) ausgebaute unterirdijche Höhle war. Paus.
y,39, 5 ff.
Lebain, Asßaln, die Rejidenz eines altmafe:
donischen Königs im oberen Matedonien, nur von
Herodot (8, 137) genannt.
Lebedos, Asßedog, eine in älterer Zeit blühende
ionijche Stadt in Lydien, 4 Meilen nordweſtlich
von Kolophon am ke des Kayſtriſchen Meer:
bujens gelegen. Als Lylimachos einen Teil ihrer
Bewohner nad Ephejos verpflanzte, ſank die Stadt
und war zu Horaz' Zeit unbedeutend (ep. 1, 11,7).
Einigermaßen hoben dann die Stadt die feier-
lichen Wettfämpfe zu Ehren des Dionyjos wieder,
welche von der dem Gotte geweihten Schaujpieler:
truppe gegeben wurden, die ** in Teos, dann
in Myonneſos geweſen war. dt. 1, 142. Thuc.
8, 19. Strah. 14, 643.
Leben, Asßriv, Asßıiva, die Hafenftadt von
Gortyn auf Nreta, dem Namen nach eine alt-
phoinifijche Anfiedlung, j. Yeda. In der Mitte des
Lazae — Lectisternium.
Orts lag ein berühmter, viel bejuchter Tempel des
Aſklepios. Strab. 10, 478.
Lebinthos, A:ßırdog, eine fleine Sporaden-
injel des Aigaiiſchen Meeres zwiſchen Amorgos
und Kalymna, j. Lebitha. Oo. met. 8, 222, Strab.
10, 487.
Lechaion, A:yaor, Flecken am Korinthiſchen
Meerbuſen, 12 Stadien nördlich von Korinthos
und mit dieſer Stadt durch Mauern verbunden,
Hafen für die von Weſten kommenden Schiffe,
welche in einem fünftlihen Baſſin fichere Auf:
nahme fanden; audy Hauptſtation für die Kriegs—
flotte. Xen. Hell. 4, 4, 17. Ages. 5, 17. ©. Ko-
rinthia, 4.
Lectica, pogsior, das in Griechenland, Aſien
und Rom gewöhnliche Tragbett, beftehend aus
einem hölzernen Geftell, auf dem eine Matrage
und ein Kopftiffen lag, und aus 2 langen Quer:
ftangen zum Tragen (asseres). In Griechenland
bedienten fi) der Sänften vor der maledonijchen
Beit eigentli nur rauen und Kranke; jpäter
ward Yurus damit getrieben. Gewöhnlich war die
lectica wie ein Palankin mit Vorhängen (vela),
jpäter jogar mit Glasfenftern verjehen und über:
aupt auf das prachtvollite ausgejtattet. Weiche
Leute hatten ihre eigenen Sänftenträger (lecti-
carıi, calones), natürlich kräftige Stlaven, unter
den Kaijern in rote Livree gekleidet. Die größte
Zahl war 8 (octophoros, Cie. Verr. 5, 11), die
geringfte 2, je nad) der Größe der lectica und
dem Hang des Getragenen. Auf Reifen war der
Gebraud) der Sänften allgemein, in der Stadt aber
auf Frauen und Kranke bejchränft, bis unter den
Kaiſern auch die Männer fich derjelben bedienten.
In einem vornehmen Haushalte gab es joldher
le:ticae mehrere. Für weniger Bemittelte waren
diejelben zu mieten, und jolche Sänftenträger hatten
an mehreren Plätzen der Hauptjtadt ihren Stand-
ort (castra leeticariorum). — Pie Totenbahre
und das Waradebett hieß lectica oder lectus
funebris, j. Bestattung, 6.
Leetisternfum (von lectos sternere, Roljter
ausbreiten), auch pulvinar und pulvinaria ge:
nannt, bei den Römern ein Göttermahl, wobei
die Bildnifje der Götter auf Bolfter gelegt und
ihnen Speijen vorgejeßt wurden, zum erftenmal
im Jahre 399 v. C. bei Gelegenheit einer Seuche
veranftaltet, um die Götter zu verjühnen, vielleicht
Nachahmung der griehischen Deogerı« (j.d.). Man
unterjchied regelmäßig miederfehrende und außer:
ordentliche Lectifternien. Solche von der eriteren
Art famen auf dem Capitol zur Zeit der römiſchen
(September) und der plebejiſchen Spiele (Novem—
ber) für Jupiter, Juno und Minerva vor. Das
Bild des Jupiter wurde auf ein Polfter gelegt,
während die beiden Göttinnen ihm zu beiden
Seiten auf Stühlen jagen. In mehreren Tempeln
wurden jolche regelmäßige Götterſchmäuſe fat täg-
lich veranftaltet (lectisternia diurna, Liv. 36, 1).
Das Kollegium, welches die ordentlichen Xecti:
fternien bejorgte, waren die Triumsiri, jpäter
Septemviri Epulones. Außerordentliche Yectijter:
nien von 3, 8 und noch mehr Tagen fanden bei
glüdlichen oder unglüdlichen Ereignifien, die den
Staat betrafen, ftatt und wurden immer einer
größeren Zahl von Göttern, welche paarweije ge:
legt wurden, bereitet. Die Anordnung derjelben
wurde beſtimmten Senofjenjchaften übertragen. Mit
Leda — Legatus.
dem Zempelmahl war eine öffentliche Speifung
(eonvivium publicum) verbunden. Liv. 5,13.12,10.
40, 59. Cic. Pis. 3. Cat. 3, 6. 10. Ein Lectifter:
nium für bloß weibliche Bot eiten, nur von ber=
heirateten Frauen gefeiert, hie — —
Tac. ann. 15, 44. Val. Max. 2
Leda, Andn, Anda, Tochter. es Thefios, Ge:
mahlin des Tyndareos, mit dem fie die Timandra,
Klytaimneſtra und Philonoe zeugte. Dem Zeus
gebar fie den Polydeufes und die Helena und
zugleich mit diejen ihrem Gemahle den Kaftor und
die Klytaimneſtra. Bei Homer jind Polydeufes
und Kaftor Söhne des Tyndareos (Od. 1, 184),
Helena Tochter des Zeus (Il. 3,426. Od.11 ‚298 ff.):
nad; Späteren find umgelehrt die Diosturen Söhne
des Zeus (Eur. Hel. 254. 1680), Helena Tochter
des Tyndareos. Hadt. 2, 112. Nach jpäterer Sage
erzeugte Zeus in Geftalt eines Schwanes mit
Leda 2 Eier, aus deren einem Helena hervorging,
während das andere Kaſtor und Polydeukes um:
ihloß. Or. her. 16 (17), 55. Hor. a. p. 147. sat.
2,1, 26.
Ledon, A:dov, Drt an einem Heinen Neben:
üßchen des Kephiſos im nördlichen Phokis, Vater:
tadt des Philomelos, des Anführers der Phokier
im heiligen Kriege. Als in dieſem Kriege der
Ort zerftört worden war, fiedelten ſich die Be:
wohner 40 Stadien nörbliher am Kephijos an.
Paus. 10, 33, 1.
Legatio liböra, freie Gejandtichaft, d. h. auf
beliebige Zeit. Dft erhielten Senatoren, welche
in den Provinzen Brivatangelegenheiten zu be:
forgen hatten oder wegen bofitiicher Berhältnifie
zeitweilige Entfernung aus Rom wünjchten, auf
ihre Bitte von dem Senat den Titel eines Le | ad
gaten, weil fie als ſolche mit größerem ——
auftraten und allerlei Vorteile wie wirkliche L
gaten genojjen, eine freie Bewirtung und freien
Transport. Cie. legg. 3, 8. ad Att. 15, 11. Selbſt
noch unter den Karjern fam dieje Vergünftigung
vor. Buet. Tib.
Legätum, ein F dem Teſtamente vermachtes
Geſchenk, ſo genannt, weil es in Form eines Be—
fehls des Erblaſſers an den Erben abgefaßt wurde
(darum heißt legare befehlen und überhaupt teſta- W
mentariſch verfügen), während das fidei commis-
sum (j. d.) nur bittweije ausgedrüdt war. Der
Teftator mußte ſich der lateinischen Sprache und
gewiſſer feterliher Formeln bedienen. Das, was
der eine Erbe vor jeinen Miterben voraushaben
jollte, war ein legatum per praeceptionem
—— Plin.
er war urjprünglich unbejchränft, aber da die
bichaften durch unmähige Legate belaftet und
daher zumeilen —A wurden, 5*
der Staat Beſchränkungen vor, zuerſt in der lex
Furia, 183 v. C., dab ein Legat 1000 Aſſes
nicht überiteigen dürfe. Die lex Voconia, 169
v. E., verfügte außer einer Beftimmung über die
Erbeinjeßung von rauen, daß fein Legatar mehr
erhalten dürfe, ala der Erbe oder die Erben 2
jammengenonmen (Cie. ar 1, 41ff.), und
lex Falcidia, 40 v. E., ſehte feft, daf die ge
—* niemals mehr als 3, der Erbichaft betragen
— 1) Geſandter des römiſchen oder
eines fremden Staates. Ein ſolcher galt in der
ganzen alten Welt für heilig und unverletzlich «vgl.
Nealleriton des Hafj. Altertums. 7. Aufl.
ep. 5,7. Die Höhe der Le | d
673
Knjew5); darum fonnte er wegen der im Ausland
‚bverübten VBergehungen nur in dem Vaterlande
‚ beitraft werden. enn don Rom Gejandte zu
ichiden waren, z. B. wegen ——
lungen, Überbringung von Befehlen u. j. w.,
wählte der Senat die vornehmften Senatoren an
gab ihnen die Inftruftionen und wies die nötigen
Gelder u. dgl. an. Nac der Rückkehr hatten die
Sejandten im Senat Bericht zu erftatten und
Rechenſchaft abzulegen. Ebenjo hatte der Senat
die Unterhandlungen zu leiten, wenn fremde Ge:
jandte nad) Rom famen. Zuerſt hatten jich diefe
bei den Quäftoren zu melden, welche für deren
Wohnung und Bewirtung jorgten. Später be—
obachtete man dieje Liberalität nur bei Gefandten
bejonders befreundeter Staaten. Die Gejanbten
feindliher Staaten durften Rom nicht einmal bes
treten, jondern warteten jenjeits des Tiber, bis
fie Audienz erhielten. In der Audienz, weldye
gewöhnlich in der curia Hostilia auf dem Forum
* wurde, hielten die Geſandten zuerſt ihren
ortrag und traten ſodann ab, damit der Senat
über de ‚zu gebende Antwort frei beraten könne,
woranf jene wieder hereingerufen wurden und
bon den Konfuln oder Prätoren den Beicheid em—
pfingen. Die Provinzialgefandtichaften wegen Be—
lobigung (laudatio) oder Beklagung (communia
postulata) des abgegangenen Statthalters famen
gewöhnlidy zu Anfang des Jahres. Daher wurde
denn auc für an eitige Se elanbticaften durd)
die lex Gabinia (67 dv. E., ähnlich der früheren
lex Pupia) bejtimmt, daf die Audienzen derjelben
während des ganzen Februars jtattfinden und allen
andern Senatsgejchäften en ker follten. Cie.
. fr. 2, 12. 18. — 2) Gehülfen der Feld—
hercen, und Statthalter. Als Rom noch feine
rovinzen hatte, gab es nur militärijche Legaten,
welche den Feldherren als Generaladjutanten bei:
ftanden und verjchiedene Aufträge bejorgten. Seit:
dem Rom Provinzen beſaß, erhielten die Legaten
auch eine friedliche Aufgabe, indem fie den Statt-
halter begleiteten und in allen Zweigen der Ad—
miniftration unterſtützten. Die Ernennung der
Legaten fam dem Senate zu, doch wurden die
Winiche der Teldherren und Statthalter dabei
berüdfichtigt. Die Yegaten, deren gewöhnlich 3,
oft aber auch mehrere, ja jogar 10 waren, gehör-
ten meift dem jenatoriichen Range an und ftanden
mit ihren Vorgeſetzten in einem jehr engen Ber:
erg Caes. b. g. 8, 50. b. e. 2,17. Mußte ein
at die Stelle des Feldherrn verjehen (wenn
elbe abwejend oder geftorben war), jo hieh er
legatus pro praetore. Caes. b. g. 1, 21. In den
ruhigen Frobinzen tten die Legaten nur fried:
liche Bejorgungen (Furisdiktion, Polizei u. j. w.),
in den entfernten Örenzländern aber behielten fie
ihren alten militäriihen Charakter erringen
des Lagers, Kommando einer Heeresabteilun
der Schlacht u. j. w.). — 3) Legaten ber Railer-
zeit. Es —— a) legati Caesaris die Statt:
halter in den faiferlihen Provinzen, vollftändig
gen. legati Caesaris pro praetore consulari po-
testate, abgefürzt legati consulares, gl. Pro-
vincia, 7. und Propraetor. b) vorzugöwveife
die Befehlshaber (legati) der einzelnen Legionen.
Sie ftanden unter dem Befehle ihres Statthalters
hatten gleichen Rang mit den Prätoren in
om.
43
674 Legio —
Legio (legere, vgl. Varr. 1. 1. 5, 16: quod
leguntur wilites in delectu), griechiſch ra&yu«,
re)og, war urjprünglich unter Nomulus die ſämt—
lihe in Einen Truppenförper vereinigte Kriegs:
macht, aus 3000 Mann Fußvolk und 300 Neitern
bejtehend; jede Tribus lieferte 1000 Fußſoldaten
und 100 Reiter. Dieje Zahl war für die ganze
Folgezeit maßgebend, und die Legion blieb die
Srumdeinteilnng, als aucd die zunehmende Bevöl—
ferung die Verdoppelung u. j. w. der Kriegsmacht
ermöglichte. Dabei ging man natürlich auch über
die Zahl von 3000 hinaus, und fo beitand die
Legion nach der Einrichtung des Servius Tullius
aus 4200 Mann Fußvolk, und zwar in verjchie-
denen Waffengattungen: 1200 Haftati im erjten
Treffen, 1200 Principes im zweiten und 600
Triarii im dritten Treffen, wozu noch 600 Ro—
rarii und 600 Accenſi kamen, nicht in eigenen
Genturien, jondern den Triariern beigegeben. Aus
den Norariern und Accenſen gingen zur Zeit, des
zweiten punijchen Krieges die Leichtbewaffneten,
velites, hervor, doch nun nicht mehr blo den
Triariern zugeteilt, ſondern jelbjtändig für ſich auf-
tretend oder allen 3 Waffengattungen beigegeben.
Als notwendige Folge der Bürgerfriege, in denen
die Parteihänpter nicht mehr die Soldaten nad)
dem Maßſtabe ihres Bermögens, wie früher, aus:
hoben, jondern fie nahmen, two fie diefelben fanden,
und nur auf körperliche Tauglichkeit jahen, aber
natürlich ihnen auch die Waffen reichen mußten,
hörte der Umnterjchied in der Bewaffnung auf, und
jomit auch die Abjonderung in der Schladhtord-
nung, jo daß es nur jchwerbewaffnetes und leicht:
bewaffnetes Fußvollk gab. Gegen das Ende der
Republik verichtwinden dieſe Velites ganz aus der
eigentlichen Legion, die nunmehr bloß Schwerbe—
waffnete enthält, wofür dann außer den Bundes-
genofjen noch eigene Korps leichter Infanterie:
sagittarıi, ferentarii, funditores u. ſ. w. errichtet
wurden. Der Zahlenbejtand der Legion wurde
allmählich je nach dem Bedürfnis erhöht — Scipio
hatte nach der Schladyt bei Gannä 6200 Mann in
jeder Legion —, gewöhnlich zwijchen 4200 bis
000 Mann, Dagegen wurde die Anzahl der Neiterei
jelten über 300 erhoben, ja in den Kriegen Cäjars
iſt diejelbe ganz aus der Legion verjchwunden.
— Meben den römischen Yegionen mußten aber
die Bundesgenofien (socii) noch Soldaten ftellen,
die ganz jo geordnet waren, wie die römischen
Legionen, nur daß fie die doppelte Anzahl Reiterei
ftellten. Bon den Fußſoldaten der Bundesge-
noſſen wurde ein Fünftel zu bejonderen Fällen
auserwählt (z. B. zu Nefognojcierung im Felde),
extraordinarii, in 2 Kohorten, von denen eine
halbe Kohorte zum bejonderen Dienfte bei dem
Feldherrn beftimmt war, ablecti (j. d.). Won der
Neiterei war ein Dritteil als extruordinarii, und
eine Turma als ablecti bejtimmt, welche alle
im Lager eine bejondere Stelle einnahmen (vgl.
Castra, 5.). Über die Kohorten der Legion zur
Ktaijerzeit vgl. Cohors. Der Beſtand der Legion
icheint unter Auguftus 6100 Mann Fußvolf und
726 Reiter gewejen zu jein; unter Hadrian waren
es 6200 Mann.
Legis actio, eine jolenne, von vorgeichriebenen
Worten begleitete und durch eine lex eingeführte
Handlung, a) im weiteren Sinne ſ. dv. a. legitima
actio, 3. B. Emancipation, Adoption; b) im engeren
Leiturgia.
Sinne zur Einleitung eines Nechtsftreites von
beiden Parteien vor dem Magiſtratus in iure
vorgenommen. Dieje Prozehform war uriprüng:
li) die einzige und hatte 4 verichiedene Arten:
1)Legis actio per sacramentum, die ältefte
und allgemeinfte, von einer Geldſumme (sacra-
mentum) jo genannt, welche die Parteien nieder-
legte, und welche der Berlierende einbühte. Der
Prozeh drehte ſich um die Erlegung dieſes Straf:
geldes, und darauf lautete aud) das Urteil. 2) Leg.
actio per iudicis postulationem, eben:
falls jehr alt und jo genannt von der erbetenen
——— eines Richters durch den Magiſtratus.
3) L. a, per condictionem, hat ihren Namen
von der dabei eigentümlichen Verabredung der
Barteien (condietio), fi” am dreißigften Tage
ad iudieium capiendum vor Gericht einzufinden,
wodurd das Verfahren jehr abgekürzt wurde. Die
lex Silia führte dieje J. a. bei den Klagen ein,
welche auf eine bejtimmte Geldjumme gerichtet
waren, und die lex Calpurnia dehnte fie aud
auf andere lagen aus. 4) L. a. per manus
iniectionem, eine Ergänzung der andern Legis—
aftionen, indem der Kläger den Beklagten, wenn
er eine Schuld, zu deren Bezahlung er verurteilt
war, nicht entrichtet hatte, ergreifen und vor Ge—
richt bringen durfte, um dort die feierliche manus
iniectio vorzunehmen (j. d.) — ec) L. a. per
pignoris capionem, nur umeigentlich jo ge:
nannt, und nicht vor Gericht, ja nicht einmal in
Gegenwart des Bellagten vorgenommen. Der
Kläger ergriff eine dem Schuldner gehörige Sache
mit jolennen Worten und durfte die Sache ver-
faufen, wenn fie nicht von dem Schuldner ein-
gelöft wurde (j. Pignoris capio). Als die lex
Aebutia und leges Juliae ftatt der unbequemen
und durch ihre Härte verhaßten Legisaltionen den
Formularprozeß eingeführt hatten (j. Formula),
beftanden die legis aetiones nur nod) für 2 Fülle,
1) für die Gentumviraljachen (j. Centumviri),
2) für die Klage wegen damnum infectum (ſ.
Damnum).
Leibethrion j. Libethrion.
Leitos, Arirog, Sohn des Aleltor (-tiyon),
Argonant, Anführer der Boioter vor Troja, von
Heltor verwundet, in Plataiai begraben. Hom. Il.
2, 494. 17, 601. Kur. Iph. A. 256. Paus. 9, 4,3.
Leiturgla, Asırovoyiae. Yu den Staatslaften
in Athen, die vorzüglich für die reichen Bürger
drüdend waren, gehörten die fogenannten Yeitur:
gien, perjönliche Leiſtungen, die in der Ausftattung
—— religiöſer Feſtlichkeiten, ſowie einiger
Staatsbedürfniſſe beſtanden, und die um jo köſt—
jpieliger waren, je mehr dabei die einzelnen aus
perjönlichem Ehrgeize und aus dem Streben, die
Zuneigung des Bolfes zu gewinnen, in Pracht
und Glanz fich zu überbieten fuchten. Die Leitur:
gien waren jomit ein Zeil der Einkünfte (meos-
odor) des Staates und dienten dazu, dem Staate
viele Ausgaben zu erjparen. Als perſönliche
Leitung für das gemeine Wejen (Aniror, Asiror)
jind fie von der Vermögensſteuer (elspogd) durch:
aus verjchieden, und dieje iſt mur uneigentlidy zu
den Leiturgien zu rechnen. — Die Staatsleiftungen
find entweder regelmäßige (yrvrkıoı Asıroveyiaı)
oder außerordentliche, wie die Trierarchie und der
Vorſchuß der Vermögensftener für andere (die
rgosıspopd). Nur eimerlei Leiturgie wurde von
—
157
Leiturgia.
675
einem Bürger, jo oft ihn die Reihe traf, geleijtet. — | die Stammipeifung (Eori/asıs), beftehend in der
Zu den regelmäßigen Leiturgien, zu denen von | Bewirtung der Stammesgenofjen durch einen aus
dem Stamme jeder angezogen und ernannt werden | ihrer Mitte (nach welchem Prinzip, ift unbelannt)
fonnte, der über 3 Talente beſaß, gehört die
eorıdewola, die Beſorgung der heiligen Ge—
fandtichaften (Theorien) zu den 4 großen National:
fejten, nach Delos und andern heiligen Orten, zu
der der Staat einen Teil zuſchoß. — Ferner die
Ehoregie (zoenyla), die bedeutendfte der ordent-
lichen XYeiftungen; jie bejtand in der Musftattung
der Chöre in allen muſiſchen Agonen, in denen
fie wejentlih waren. Der Archon teilte die von
den Stämmen geftellten Choregen den einzelnen
Dichtern zu (gogör dıdsvar). Zu der Austattung
ehörte zunächft die Sorge für die Einübung des
hores durch den zopodıddsnakog, den, wie den
ganzen Ehor, der Ehorege zu bezahlen und reich:
lich mit Speije und Tranf zu verjehen hatte. Für
die Aufführung hatte er den Schmud des Chores,
die foftbare Stleidung und die goldenen Kränze
zu bejorgen. Für den tenerften Chor galt der
der Flötenjpieler, für den wohlfeiliten der in der
Komödie, weil die Ausftattung minder prachtvoll
war als in der Tragödie. Gejteigert wurden die
Koften durch die Sucht fich zu überbieten, um den
Sieg davonzutragen. Der Sprecher einer Rede
des Lyſias (Aroloyla Öwgodorius) gab für einen
Tragddiendor 3000 Drachmen und in demfelben
Jahre 2000 Drachmen für einen Männerchor, im
folgenden Jahre 800 Drachmen für einen Pyr—
rhichiftenchor und 5000 für einen Männerchor.
— Zu den vegelmäßigen Leiturgien gehört ferner
die yrurasıapyia, don einer jpäteren Gym:
nafiarchie zur Zeit der Kaifer unterschieden, die in
der Aufficht der Mbungsichulen und der Übungen
beftand. Die Prencnig pi zn in der älteren Be:
deutung hatten vorzugsweije diejenigen, die fich zu
den Spielen bei den Feſten übten, zu bejolden
und zu —— ſie zu beaufſichtigen, auch wohl
den Kampfplatz angemeſſen auszuſchmücken. Die
bedeutendſte Leiſtung dieſer Art war die Lam—
padarchie, die Ausrüſtung der Auumdg oder
Lauradndgoulie, Aaumaönpogia, d. h. des Tadel:
laufs, der in Athen von Jünglingen an 5 selten,
bejonder3 denen der Licht: und Feuergötter, gehal-
ten wurde, an den Sephaifteen (dt. 8, 98), den
PBrometheen, den PBanathenaien, den Bendideen
(Feſt der Artemis Bendis, der Mondgöttin) und
an den ?rejten des Treuergottes Ban (Fldt. 6, 105
wird die Einſetzung berichtet). Der Fadellauf
wurde früher zu Fuß, zu Sofrates’ Zeit zum
erftenmal zu Pferde (dp’ Zrmov) gehalten Plat.
r.p. z. A. ging von dem Altar des Prome—
theus in der Alademie bis zur Stadt. Die Kunſt
bei diejen Spielen bejtand darin, daß man zuerft
am Ziele anfam, ohne die Fadel, eine Art Wachs—
ferze, verlöjchen zu laſſen. Schwieriger wurde dies
noch durch die Übergabe (dıddocıs) der Fadeln,
die man- fich wahrſcheinlich jo zu denken hat, daß
an gewiſſen Punkten Läufer aufgejtellt waren, die
die Fackeln empfingen und jo weiter zu der nächjten
Station trugen. Erhöht wurden die often ber
Leiftung ‚noch durch die notwendige Erleuchtung
des Kampfplatzes, da die Spiele bei Nacht gefeiert
wurden. Nach Lyſias foftete die Gymnaſiarchie
für die Prometheen 1200 Dramen. Der jieg-
reiche Gymnaſiarch weihte, wie der Chorege, ein
Denkmal feines Sieges. — Ferner gehört hieher
erwählten Zorıdrwg (pulsrın& deinve, Eorı@v
zw @Yulrje), verjchieden von den großen Bolts-
jveifungen, die aus der Theorifenfafje beftritten
wurden. — Die foftipieligfte unter allen Leitur-
gien war die außerordentliche der Trierardie.
In früheren Zeiten ftellte jede Naufrarie, deren
4 auf die Phratrie famen, ein Schiff, was, da
die Zahl der Phratrien ſich auf 12 belief, die
Summe von 48 Schiffen ergibt. Auch Kleifthenes
ließ wohl ausjchließlic zu dieſem und andern
finanziellen Zwecden neben den Demen die Nau—
frarien beftehen und vermehrte ihre Zahl auf 50
(5 in jedem Stamme). Die erbauten Schiffe und
alles zu ihrer Ausrüftung nötige Gerät befanden
ſich in den Dods oder Werften, unter Aufficht der
10 Zmıusintel tor vewplur (1 aus jeder Phyle).
Ausnahmsweife hatten jie and eine Jurisdiftion
über die Trierarchen, die jpäter an die «mosro-
keis kam. Beim Wachjen der athenijchen See:
macht, bejonders durch Themiftolles, verloren nun
die Naufrarien alle Bedeutung, die ihnen Klei—
fthenes noch gelafien hatte, und es trat jet die
Einrichtung der Trierarcdhie ein, indem die Stra-
tegen aus den Reichſten die nötige Anzahl von
Trierarchen ernannten, die dann jeder ein Schiff
auszurüften und inftand zu erhalten hatten. An—
fangs hatten fie e8 gegen Empfang eines Talents
auch zu liefern: jpäter gab der Staat das leere
Schiff, den Sold und die Berpflegungsgelder. Die
reger reg des Trierarchen, der den Ober:
befehl des Schiffes hatte, waren dann, das Geräte
und das Schiff während des Jahres in gutem
Stande zu halten, nötigenfall® Reparaturen bes
Schiffes vorzunehmen und neue Geräte zu jchaffen,
die Ruderer und Matrojen zu werben, die Mann:
ſchaft auszulöhnen und die Lebensmittel zu bes
jorgen, wobei er oft noch aus feiner Tajche zu—
ſetzen mußte. In den Zeiten des lebendigen
Batriotismus lieferten die ZTrierarchen freiwillig
das Geräte, erhöhten den Sold u. j. w. Die Trie:
rarchie Foftete im ganzen 40 Minen bis 1 Talent.
411 v. E. wurde die Teilung der Koften unter
zweien erlaubt; im J. 358 wurde die ganze Ein:
richtung verändert. Die 1200 Reichſten nämlich
wurden jtändig zur Trierarchie verpflichtet und in
20 Abteilungen, Symmorien, jede Symmorie
in Syntelien von höchſtens 16 Mitgliedern ge:
teilt; jede Syntelie hatte für Ein Schiff, zu dem
der Staat aber jeßt die Ausrüftung hergab, zu
jorgen. Die NReichften hatten den Vorjtand, waren
die Nysuoveg tor svunogäv. Dieje leifteten die
Vorſchüſſe und gaben die Ausrüftung an den
Mindeftfordernden im Pacht. Ihre Auslagen trie:
ben jie von den Teilnehmern der Syntelie ein,
in der Art, daß ihre Auslagen meift vollitändig
gededt wurden. So mußten natürlich Unregel—
mäßigfeiten einreijen, und namentlich "trat der
Übelftand ein, daß gerade die Neichiten, die ur-
prünglich von der Laft bejonders betroffen werden
ollten, durch wohlfeile Verpachtung der Aus:
rüftung die Laſt ganz von fich abwälzten und
noch dazu die Freiheit von andern Leiturgien ge
nofien. Um diejen Übelftänden abzuhelfen, wurde
ums %. 340 v. E. auf Demofthenes’ Antrag be:
ftimmt, dab von einem Steuerfapitale von je
13*
--
nn
676
Lekton — Lenaia.
*
10 Talenten an jeder eine, nach Verhältnis mehrere der Urbevölkerung gegeben, die in Griechenland
Trieren ausrüſten ſollte, daß dagegen die weniger dem illyriſchen Stamm angehört habe. Vgl. Deim—
Begüterten in Syntelien zuſammentreten ſollten.
Zeit der Leiſtung war 1 Jahr. Nach Ablauf des
Jahres fand Rechnungsablage dor den Logiften
ftatt. — Die Anfjicht von jeiten des Staats über
die regelmäßige Erfüllung der Pflichten des Trie-
rarchen hatten die 10 &nooroleig (j. d.), Die den
Säumigen fogar binden und dadurch zur Erfüllung
jeiner Verpflichtung nötigen durften. — Wer fich
für unrechtmäßig zu einer Leiftung herangezogen
hielt, in der Art, daß ein Reicherer übergangen
wäre, fonnte diefem den Vermögenstauſch anbieten
(f. Arridocıg). Auf diefen Tauſch (in dem
übrigens der Bejiß in Kleruchien oder Bergwerfen,
als nicht ftenerbar, nicht mit eingerechnet wurde)
mußte der Provocierte eingehen oder jelbjt die
Leiftung übernehmen. — Freiheit von Leiturgien
hatten nur Archonten, Erbtöchter (natürlich bis zu
ihrer Verheiratung), Minderjährige (die bis zum
Ablauf des erften Jahres nad) eingetretener Mün—
digfeit befreit waren). — Bu diejen Leitungen
waren auch die Metoiken verpflichtet. Uber die oben
erwähnte Bermögensftener (elspogd) |. Staats-
haushalt |, 10., über die Leiturgien überhaupt
Boeckh, Staatshaushalt I ©. 593 ff.
Lekton, Asarov, j. Baba Burun, Borgebirge
in Myſien, der wejtlichite Ausläufer des da, der
Nordfüfte von Leſbos gegenüber. Der Name (Lager)
icheint der von Homer (Il. 14, 284 ff.) erzählten
Sage entnommen. Noch zu Strabons Zeiten zeigte
man dort einen angeblid von Agamemnon den
12 Hauptgöttern errichteten Altar. Hat. 9, 114.
Thuc. 8, 181. Liv. 37, 37. Strab. 13, 583. 605.
Lekythos, Arxvsos, eine Feine Feftung auf
der chalfidischen Halbinjel Sithonia, weſtlich auf
einer Landzunge am Meere; Brafidas entriß fie
den Athenern und fchleifte ihre Mauern. Thue.
4, 113 ff.
Lölantische Ebene j. Euboia.
Lelöges, Adıeyes, ein altes, oft neben ben
Pelaſgern genanntes Bolt im Kleinaſien und
Sriechenland, über defien Abſtammung ſich nichts
Sicheres ermitteln läßt. In gefchichtlicher Zeit
finden fi) die L. in Karien und Troas, auf
Kreta, den Kykladen und Euboia, in Yalonien,
Mefjenien und Argolis, in Nordboiotien, Phokis,
Lokris, Mitolien, Mlarnanien mit feinen Inſeln
(wo die räuberiſchen Taphier und Teleboer ihre
Stammverwandten find), bis nach Theflalien: überall
als die von den fiegreichen Einwanderern zurüd-
gedrängten oder abjorbierten Rejte der Urbewohner.
Strab. 13, 606. 611. 14, 632. Homer (11. 10, 428.)
nennt die 2. neben den Narern, nad Herodot
(1, 171) hießen die Karer jelbft urjprünglih %.,
nach Pauſanias (7, 2, 8) waren Narer umd X. ver:
wandt. Jedesfalls jcheint Karien die eigentliche
Heimat der 2. gewejen zu fein. Der Name fommt
nad Paujonias (3, 1, 1) von einem alten König
Yeler in Lafedaimon oder Leufas oder Megara,
nad) Strabon (7, 321) von Akysır (X. — ovlie-
yErres, ein Sammel- oder Mifchvolf). Unger leitet
denjelben von Aukato ab (X. aljo „die Weljchen‘),
während Kiepert (Monatsber. der Berl. Atad. der
Wiſſenſch. 1861) an ein jemitifches Wort von ähn-
licher Bedeutung (= Paeßaooı, eine unverjtänd-
lihe Sprache redend) denkt und meint, diejen
Namen haben die jemitifchen Karer und Pelaſger
ling, die Leleger (1862).
Lemannus lacus, Afuavog Aurn, ein be:
deutender, durch den Rhodanus gebildeter See an
der Grenze von Gallia Narbonenfis und G. Bel:
gica und Marficheide der Provinz gegen bie alten
Helvetier. Schon die Beuinonkte Tafel nennt
ihn Losannensis lacus von der Stadt Yaufanne.
Caes.b. g. 1,2. 3, 1. Mela 2, 5, 1. Strab. 4, 186
u. ö. J. Lac Leman oder Genfer See.
Lemniscus, Anurisxos, ein herabhängendes
Band, urfprünglich aus zartem Lindenbaft, dann
aus Wolle, ſpäter aus den fojtbarften Stoffen,
bunt und mit Gold- und Silberblechen durchzogen,
welches bald um die Ehren: und Siegeöfränge
gewunden (daher palma lemniscata, Cie. Rose.
Am. 35, 100), bald von den Frauen ala Kopfpuß
getragen wurde.
Lemnos, 7; Aijuvog, früher auch Withalia und
Hypſipyleia, j. Limno gen., Inſel im Norden des
Aigaiiſchen Meeres, jüdlic von Thajos, 40 Millien
öftlih vom Athos (defien Schatten jie noch er:
reichen jo), 8 IM. groß, von vulfaniichem Ur-
fprung und viel von Erdbeben heimgejucht, des:
halb dem SHephaiftos heilig (Hom. Il. 1, 598.
Anacr. 45,2.). Die Inſel enthält zahlreiche Hügel-
gruppen (der Moſychlos im D. ift 340m hoch),
war aber reich an Getreide, Ol, Wein, Honig.
Ein vullanisches Produkt ift die befannte „lemnijche
Erde‘, eine Bolusart, auch terra sigillata ge-
nannt (wegen des darauf gejepten Zeichens der
Echtheit), als Farbitoff (ulrog, terra rubricata)
und als Heilmittel gegen giftige Schlangenbifie
und andere Wunden gebraucht. Zur Zeit des
troijchen Krieges lebte hier Philoftetes. — Die
älteften Bewohner waren nach Homer (TI. 1, 594.
Od. 8, 204) die Seeraub treibenden LZivruss är-
doets, ein thratiiches Volk (Thuc. 2, 98). Später
erzeugten die Argonauten mit den Lemnierinnen,
welche alle ihre Männer getötet hatten, die Mı-
voeı, die wieder von den Pelajgern vertrieben
wurden (Hdt. 4, 145). Auch von diefen erzählt
Herodot (6, 138) eine Frevelthat, nach welcher
Anurıos ſprichwörtlich wurde für „greulich, ver:
derblich“ (A. Zoya, A. zeie). Auf phoinifiiche
Anfiedelungen deutet vielleicht der Kultus der
Kabeiren (j. d.).. Dareios J. unterwarf ſich Y. um
510 v. E.; Miltiades gewann die Inſel für Athen,
weshalb fie (nach furzer mafedonijcher Herrichaft)
noch in römijcher Zeit zu der Provinz Achaia ge:
hörte. Hdt. 5,26. 6, 140. T’hue. 4, 109, 7, 57.
Pol. 30, 18. Die Inſel hatte 2 Städte, daher
Ölrokıs genannt: Hephaiſtia im dftlidhen Teile,
Myrina (j. Kaftron) an der Weftfüfte. Strab.
7,330. Monographie von Rhode (1829). Bal.
Gonze, Neije auf den Inſeln des Thraf. Meeres
S. 104 ff.
Lemönum ſ. Limonum.
Lemovices, celtiiche Völkerſchaft im heutigen
Limoufin mit der Hanptjtadt Auguſtoritum, jpäter
Lemovices, Daher j. Yimoges. Gaes. b. 4. 7,4.
Lemovii werden nur von Tacitus ((/erm. 43)
als am Deean (d. h. an der Dftjee im heutigen
Bommern) wmwohnend, erwähnt; fie waren ihren
Königen bejonders gehorjam.
Lemüres j. Larvae.
Lenaia und Lenaios j. Dionysos, 7.
Lenaion
Lenalon j. Attika, 12.
Lentüli. Zu diejer Familie, welche vom Linſen—
bau ihren Namen erhielt, gehören: 1) 2. Corne—
lius Yentulus Caudinus, Konſul 327 v. C.,
einer der Tapferſten im römiſchen Heere bei Cau—
dium (321), riet durch freiwillige Übergabe das
Heer dem Baterlande zu erhalten. Liv. 8, 22. 9,4.
— 2) En. Corn. Lent., focht als Tribun bei
Gannä, wurde Konful im J. 201 v. E. und
wünschte den Krieg in Afrika zu führen, erhielt
aber feine Erlaubnis dazu. — Sein Bruder, 3) X.
Corn. Yent., führte von 206 — 200 v. E. den
Krieg in Hijpanien, ohne Konjul zu fein, weshalb
ihm auch fein Triumph bewilligt wurde. Erſt im
%. 199 wurde er Konjul. — 4) P. Corn. Yent.,
diente unter Licinius (171 dv. E.) gegen Perfeus
von Makedonien und verwendete bei den circen-
fiichen Spielen als Ädil zuerft wilde Tiere. Liv.
44, 18. Später war er Konſul, 162, und prin-
ceps senatus (Cie. Brut. 28) und wurde im J.
121 bei den Kämpfen unter C. Gracchus, den er
mit der bewaffneten Schar des Konſuls Opimius
auf den Aventinus verfolgte, jchtver verwundet.
Cie. Phil. 8, 4. — 5) P. Eoru. Lent. Sura
(weil er, wegen Unterjchleifs angellagt, den Rich—
tern jeine Wade zeigte), ein wenig achtbarer Mann,
Konful 71 v. E., jchlug ſich, im J. 70 aus dem
Senat geftoßen, auf Gatilinas Seite (Plut. Cie. 17.
Sall. Cat. 47) und wurde von dieſem mit der Er:
mordung Ciceros beauftragt (Plut. Cie. 18. Sall.
Cat. 32), führte jedoch aus Mangel an Mut den
Auftrag nicht aus. Er wurde verhaftet, raſch ver—
urteilt und hingerichtet. Sall. Cat. 55. — 6) En.
Corn. Lent. Elodianus, gab als Konful mit
jeinem Kollegen L. Gellius im J. 72 v. E. mehrere
Geſetze, teils zur Beftätigung. des in Hiſpanien
erteilten Bürgerrechts, teils zur Zahlung von Kauf:
jummen für Güter, welche unter Sulla nicht be:
zahlt worden waren. Er war ein Förderer der
maniliihen Bill. Gegen Spartacus kämpfte er
unglüdlih und diente dann unter Bompejus im
Seeräuberfriege. Cie. Balb. 8, 19. de imp. On.
Pomp. 23, 68. Flor. 3, 20, 10. @ell. 18, 4. Als
Redner ftand er in hohem Anjehen. Cie. Brut. 66.
- TIP. Eorn. Lent. Spinther, Konful im
J. 57 v. E., verwendete ſich ſehr eifrig für die
Rüdlehr Eiceros. Cie .Mil.15. Pis.32. Plut. Cie.33.
Sein Wunſch, den aus Ägypten vertriebenen König
Ptolemaios Auletes in * Reich wieder einzu:
jegen, fam nicht zur Musführung. Als Prätor
gab er im %. 60 glänzende Spiele. Plin. 19, 6, 23.
Val. Max. 2, 4, 6. Obwohl Cäſar ihn fehr be:
günftigte, ſchioß er ſich doch ſpäter an Pompejus
an, fiel aber gleich anfangs in Cäſars Gefangen—
ſchaft und fand, von dieſem freigelaſſen bald nach
der pharſaliſchen Schlacht ſeinen Tod. Cie. ad fam.
9 18,2. — 8) %. Corn. Lent. Erus, bekannt
als Gegner und Ankläger des P. Elodius (61 v. E.),
Konſul im J. 49 und Gegner Cäjars, wenu leich
aus eigennützigen Abſichten. Er war ein Mann
ohne Mut, ging nach der Schlacht bei Pharſalos
mit Pompejus nach Agypten und wurde nach deffen
Tode ermordet. Caes. b. c. 3, 104. — 9) En
Corn. Lent., Konful 18 v. C., entging, mit
Druſus zur Dämpfung des Aufftandes der panno—
niſchen Legionen abgeſchickt, mit Mühe der —
der Soldaten (Tuc. ann. 1,27), geſtorben im J.2
Tac. ann. 4, 44. — 10) Eofins Corn. dent.
— Leonidas.
677
befiegte (1 dv. E.) als Konſul die Gätulier in Afrika
und befam den Beinamen Gätulicus. Galigula
ließ ihn im J. 35 unter falſchen Bejchuldigungen
umbringen. Er war ein Dann von großer Recht:
ichaffenheit (Vell. Pat. 2, 116. Suet. Galb. 6);
wird auch als Berfaffer von Epigrammen genannt.
Plin. ep. 5, 3.
Leochäres j. Bildhauer, 8.
Leodämas, Aswöduas, ein in der Schule des
Iſokrates gebildeter, ausgezeichneter Redner zwi—
ſchen 400 und 355 v. E. Aeschin. Ütes. 531.
Demosth. Lept. 501. Er wurde verklagt von Thra⸗
ſybulos und trat als Antläger des Chabrias und
Kalliſtratos auf.
Leogöras, ‚leoyögas, 1) Urgroßvater, 2) Vater
des Andofides, jener beteiligt bei Vertreibung der
Peififtratiden, diefer in den Hermofopidenprozeh
verwidelt. Plut.v. X or. p. 134.
Leokorion, Aswxögıor, ein Heiligtum der
3 jungfräulichen Töchter des Leos (eines Heros
Eponymos der Athener) am nördlichen Teile der
Agora. Als Sühne bei einer Bet hatte der Bater
fie dem Tode geweiht. Hier wurde Hippard)os er:
mordet. Thuc. 1, 20. 6, 57. Cie. n. d. 3, 19.
Leokrätes, Aswxgdrns, 1) einer der atheni—
ichen Feldherren in der Schladht bei Plataiai (479
v. E.), belagerte Aigina und unterwarf 457 bie
Infel den Mthenern. Plut. Arist. 20. Thuc.
1, 105. 108. — 2) ein angejehener Athener, der
nach der Schlacht bei Chaironeia troß eines Volks—
beichluffes aus Athen floh und 8 (richtiger wohl
6) Jahre fpäter von Lykurg angellagt, doch durch
Stimmengleihheit freigeiprochen wurde.
Leön, Ator, I. Berfonenname: 1) Sohn des
Eurpfrates und Enkel des Anarandridas, König
in Sparta um 600 v. C. Hat. 1, 65. 7, 204. —
2) ein athenifcher Flottenbefehlshaber, Mitunter:
zeichner des 421 v. E. von Nikias mit den Spar:
tanern gejchlofjenen Friedens (Thuc. 5, 19. 24);
erflärte jid als Mitanführer der Flotte bei Samos
gegen die Herrichaft der Vierhundert, 411 (Thuc.
8, 72ff.), wurde von Kallikratidas mit Konon,
Alkibiades’ Nachfolger, in Mytilene eingefchloffen
und führte mit 9 andern den Oberbefehl in der
Schlacht bei den Arginufen, 406. Xen. Hell.
1,5, 16. 6, 16. — 3) Schüler Platons, aus Byzanz,
verivaltete jeine Vaterftadt während ihrer Belage:
rung durch Philipp von Makedonien (340 v. E.).
Durch feine Bermittelung ward der ihm befreundete
Phokion (ſ. d.) hier aufgenommen, der verdächtige
Chares ausgeichloffen. Er ftarb eines freiwilligen
Todes, als Philipp ihn bei den Byzantinern ver:
dächtigte. Plut. Phoc. 14. Nie. 22. — Il. Geogr.:
1) ſüdweſtliches Vorgebirge Euboias, jüdlih von
Eretria, j. Strongylos. — 2) Vorgebirge an der
Südfeite Kretas, j. Rap Lion. — 3) Fleden an
der öſtlichen Küſte Siciliens, nach Livius (24, 39)
5 Millien von dem ſyrakuſiſchen Thore Herapylon
(weniger richtig Thuc. 6, 97), Standlager der
Athener und der Römer für ihre Operationen bei
Belagerung der Stadt.
Leonidas, Asordöag, 1) Sohn des Königs
Anarandridas, folgte feinem Bruder Kleomenes 1.,
der feine männlichen Nachfommen hinterlieh, fhurz
vor der Schlacht bei Marathon. Als die zahllojen
Scharen der Berjer jich durch Thefjalien hinwälz—
teit und (Muguft 480 v. E.) bei den Thermopylen
erſchienen, fanden fie dieſe von Leonidas und
678
einem Heinen Heere bejeßt. Yeßteres beftand aus
300 Spartiaten, die L. aus der Zahl derer, welche
Kinder bejaßen, ausgeſucht hatte (Hat. 7, 205),
aus 1000 Periöfen und aus 2800 andern pelo-
ponnefischen Hopliten, wozu noch aus Mittelgrie:
chenland 700 Thejpier, 400 Thebaner, 1000 Pho—
tier und die Lofrer mit ihrer ganzen Truppen:
macht famen. Als nach viertägigem Zögern Kerres
endlich angreifen ließ, wurden 2 Tage lang jeine
Scharen fiegreich zurüdgeichlagen, bis das Griechen:
heer (j. Ephialtes) von Hydarnes an der Spike
der „Zehntaufend‘ umgangen wurde. Ildt. 7, 215.
Aber auch da wollte L. nichts von jchimpflichem
Abzuge wiflen: er jchidte die entmutigten Bundes:
genofjen heim, harrte aber ſelbſt mit feinen Spar:
tiaten, vaterländiichem Geſetze treu, auf dem an:
qewiejenen Bolten aus; auch die heldenmütigen
Theipier blieben, die Gefahr mit Spartas Söhnen
zu teilen. Hdt. 7, 220. Gie, jowie L. und ſämt—
lihe Spartaner fanden hierauf in ruhmreichem
Kampfe den Tod, nachdem fie, wie es heift, den
Berjern einen Berluft von 20000 Mann bei:
gebracht hatten. Hdt. 7, 2245. 8, 24. Ob Xerzres,
ergrimmt über den erlittenen Verlust, des L. Haupt
abchlagen und den Körper freuzigen ließ (Hat.
7, 238. 9, 78), muß umentjchieden bleiben. Die
Griechen ehrten die Heldenthat in Denktmälern und
Liedern. Lyeurg. Leoer. 28. Der unmiündige
Sohn des 2. und der Gorgo (feines Bruders
Kleomenes Tochter) war Bleiftarchos. Vgl. Buſolt,
riechiſche Geſch. II ©. 146ff. 2) Leonidasll,,
Sohn des Kleonymos und Water des berühmten
Kleomenes III. — 3) Feldherr des Antigonos,
welcher im J. 320 v. E. durch Lift 3000 in Ly—
faonien von Antigonos abgefallene Söldner wieder
zum Gehorjam bradıte. Polyaen. 4, 66. — 4) em
berühmter Olympionite aus Rhodos, DI. 154 —157.
— 5) griechiicher Epigrammendichter, aus Tarent,
um 260 v. C. — 6) Julius Leon. Aleran:
dbrinus, — ag rg aus Ägypten, zur Zeit
des Nero in Nom lebend. Bon beiden finden ſich
Gedichte in der griechischen Anthologie.
Leonides, Aswriöng, 1) ein Maler aus An:
thedon in Boiotien, Schüler des Euphranor,; —
2) ein Architekt, der über Symmetrie gejchrieben
haben joll; — 3) ein Arzt aus Alerandreia, wahr:
ſcheinlich jpäter als Galenos; — 4) ein griechijcher
Grammatifer aus Elis; — 5) ein Lehrer des
jüngeren Cicero in Athen (44 v. E.), mit dem er
viel verehrte. Cie. ad fam. 16, 21,5.
Leonnätos, Asörvarog, aus einem fürftlichen
Geſchlechte zu Bella in Makedonien, diente in der
Yeibwahe Philipps und war nach Ermordung
desjelben bei der Einholung feines Mörders Pau—
janias thätig. Darauf begleitete er Alexander
auf feinem Zuge gegen Berfien und zeichnete fich
(namentlih in Indien im Sampfe gegen die
friegeriichen Maller, Curt. 9, 5, 15 ff. Arr. 6, 9f.,
in welchem er eine jchwere Wunde empfing) bei
vielen Gelegenheiten aus. Nach Aleranders Tode
waren die Blicke des Heeres auf ihn gerichtet; in
dem Kampfe ziwiichen den verichiedenen Seeres-
abteilungen befehligte er die Ritter. Ihm fiel die
Provinz Phrugien am SHellespont zu. Als Die
Griechen ſich nach Aleranders Tode gegen Mate:
donien erhoben und den Krieg mit Antipater be: |
gannen, der den Namen des lamiſchen Krieges
(ſ. d.) führt, fam Leonnatos mit einem itarfen |
Leonides — Lepontii.
Heere aus Aſien dem Antipater zu Hülfe In
der darauf fi entipinnenden Schlacht fand Leon:
natos im J. 322 v. E. in der Nähe von Yamia
nad) heldenmütigem Kampfe jeinen Tod. Jod.
Sic. 18, 13 ff.
Leontens, ‚tsorrervs, Sohn des Koronos, Entel
des Kaineus, Fürſt zu Gyrtone in Theflalien,
führte mit Polvpoites, dem Sohne des Beirithoos
und der Hippodameia (Hom. Il. 2, 738 ff. 6, 29),
40 Schiffe nach Troja. Horn. 11.2, 745. 12, 130 ff.
23, 837 ff. Beide jollen nach Trojas Fall Aſpendos
in Bamphylien gegründet haben.
Leontiädes, Asorridöns, 1) Sohn des Eury-
machos, Anführer der Thebaner in den Thermo:
pylen. Hat. 7, 205. 233. — 2) vielleicht ein Nach:
fomme des vorigen, Haupt der oligarchiichen Partei
in Theben,, Bolemard; 383 dv. E., überlieferte die
Kadmeia an Phoibidas, um feiner Partei den Sieg
zu fichern. Bei der Befreiung Thebens wurde er
von Belopidas (j. d.) ermordet.
Leontini, ol Arorrivror (nicht Leontion), j.
Lentini, Stadt auf Sicilien im NW. von Syrakus
am Flüßchen Lifios, das fich unfern davon in den
Terias ergoß, Vaterftadt des Sophijten Gorgias.
EChaltidier von Naros hatten die Stadt 6 Jahre
nad Syrafus gegründet, defien Nähe der Blüte
der Stadt ſtets hinderlich war. In der 88. DI.
wurde die Boltspartei von den Mriftofraten ver-
jagt, welche dann die Stadt den Syrafufiern über-
gaben und dafür von diejen als Bürger aufgenom-
men wurden. Nachdem ein Verſuch der Volks—
partei, fich wieder in den Beſitz ihrer Stadt zu
jegen, geicheitert war (Thuc. 5, 4), gelang dies
jpäter doch; Dionyſios aber zwang jie zur Rück—
fehr in das frühere Verhältnis und jicdelte 10 000
griedifche Söldner dort an. Diod. Sie. 14, 14. 58.
a in den punifchen Kriegen die Leontiner ſich
den Karthagern angeſchloſſen hatten, plünderten
die Römer die eroberte Stadt (Ziv. 24, 29. 30),
worauf fie ſank. — Zu dem Gebiete der Stadt
gehörten die Kaftelle Phofaiai und Brifin:
niai. Thuc. a.a. O. — Die Leontiniſchen
Gefilde (campi Leontimi) im N. der Stadt
waren wegen ihres Neichtums an Weizen berühmt.
Diod, Sie. 5, 2. Cie. Verr. 3, 18. Strab. 6, 2727.
Leontion j. Hermesianax.
Leontis j. ®vin, 7.
Leosthönes j. Lamischer Krieg.
Leotychides, Asorvziöns, aus der Familie
der Eurppontiden, ward der Nadyfolger des durd)
die Ränke des Kleomenes verdrängten Demaratos
um 401 v. C. Hdt. 6,65. 8,131. Im X. 479
war er mit Kanthippos Befehlshaber der griechi—
ihen Seemacht bei Myfale. Hdt. 9, 98. Mit
einem Krieg gegen die Aleuaden in Thefjalien
beauftragt (469), lich er ſich angeblich beftechen
und entzog fich dem ihm drohenden Gericht durch
die Flucht nad) Tegea, wo er jtarb. Udt. 6, 72.
Diod. Sie. 11, 34 ff. 48. Paus. 3, 7, 8.
Lepidi j. Aemilii.
Lepidöton, Asmıdurwr mölıs, Stadt in Ober:
ägypten bei Abydos am linken Nilufer, wo der
Schuppenfijch Yepidotos gefangen und göttlich ver:
ehrt wurde, j. Berdis. Hat. 2, 72. Ptol. 4, 5, 72.
Lepontii, Anrövrioı, ein Bolt in dem ſüd—
lichften Teile Nätiens, wo nad) Cäjar (b. q. 4, 10)
der Rhein entipringt. Sie wohnten höchſt wahr:
ſcheinlich im heutigen Kanton Tejjin in der Balle
Lepreon — Lesbos.
Leventina, in deren Namen ihr Name fortlebt,
und Umgegend, am jüdlihen St. Gotthard bis
nah Wallis. Ihre Stadt Dfjcela ift das heutige
Domo d’Dfjola. Strab. 4, 204. 206.
Lepreon, ro A!rgeor, und Lepr&os, ö Admosos,
Stadt in der eleischen Yandichaft Triphylia, der
Sage nad) von Minyern aus Lemnos gegründet.
2. lag 40 Stadien vom Meere jüdlid) von Pylos
(beim heutigen Strovigi) auf einem Borjprunge
des Minthegebirges und hatte eine feite Burg.
Die Lepreaten nahmen jelbjtändig an der Schlacht
von Plataiai teil (Hdt. 9, 28) und bemühten ſich
wiederholt mit gutem Erfolg, von Elis unabhängig
zu werden. Bei dem Friedensſchluſſe 399 v. E.
wurde dieje Unabhängigkeit gefichert. Daher haben
einige ®eographen ıhr Gebiet zu Arfadien ge:
rechnet, andere die Lepreatis jelbjtändig aufgezählt.
Thue. 5, 31 ff. Strab. 8, 312. 344 ff. Paus. 5,4, 4.
Leptines, Asrtivns, 1) ein Bruder des älteren
Dionyſios, befehligte die ſyrakuſiſche Flotte gegen
die Narthager. Da er fich nachher den Unwillen
feines Bruders zuzog, wurde er entjeßt und ver:
bannt, 390 v. E.; jpäter indes zurüdgerufen und
ehrenvoll aufgenommen, fand er einen rühmlichen
Tod in der Schlaht bei Stronion, 383. Plut.
Dio 9 ff. Diod. Sie. 15, 7. 17. — 2) der Mörder
des Tyrannen Kallippos von Syrakus, durch
welchen Dion gefallen war. Plut. Dio 58. —
3) Tyrann von Apollonia und mehreren andern
Städten auf Sicilien, wurde von Timoleon ge:
nötigt, feiner Herrſchaft zu emtjagen, und nad)
Korinth abgeführt. Plut. Timol. 24. — 4) ein
beim Wolfe beliebter Athener, deſſen Borichlag,
die Befreiung von Staatsabgaben zu beichränfen,
Demofthenes in jeiner Rede moüs Asnrirnr 356
v. C. mit Erfolg befämpfte.
Leptis, Adrrıs, Name zweier Städte in Afrika:
1) L. Magna, Alnrıg 7) ueyaln, auch Neapolis
genannt, alte phoinikiſche Kolonie, zwiſchen der
großen und feinen Syrte, in einer von dem
Fluß Kinyps oder Kinyphos bewäſſerten frucht:
baren Ebene gelegen. Durh Handel mit dem
Binnenlande bald blühend, jedoch von Karthago
gedrüdt, wurde fie jpäter eine römiiche Kolonie
und war der Geburtsort des Kaiſers Septimius
Severus. Bon der Zerftörung durch die Yibyer 366
n. E. erholte die Stadt jidy nicht wieder. Die Ruinen
heißen j. Lebda. Hdt. 4, 176. Strab. 17, 835.
Sall. Jug. 19. 77f. Tac. hist. 4, 50. ann. 3, 74.
— 2) L. Minor, Adrtıs 1) wıxod, Stadt in
Byzacium, im der jpäteren römischen Provinz
Afrifa, jüdöftlih von Hadrumetum, gleichfalls
phoinitijche Kolonie. Ihre Bedeutung erhellt aus
der Angabe des Livius (34, 62), daß fie den
Karthagern täglich 1 Talent als Abgabe entrichten
mußte. Caes. b. c. 2, 38.
Lerna oder Lerne, Adern, ein Sumpfiee, an
welhem auch eine Stadt gl. N. erwähnt wird,
an der Hüfte von Argolis, jüdwejtlich von Argos;
bier follte Heraklles die lernaiiſche Hydra erlegt,
d. h. die ſchädlichen Wirkungen der Gewäſſer durch
Regelung derjelben bejeitigt haben. Pauſanias
(2, 36, 67) kannte dort nur einen heiligen ‘Bla:
tanenhain mit Tempeln und Ntapellen, 40 Stadien
jüdlih von Argos, mit einer Quelle des Am:
phiaraos.
Leros, Astoos, j. ebenfo. eine Sporadeninjel an
der kariſchen Küfte, dem Jaſſiſchen oder Bargy—
679
lichen Meerbufen gegenüber, zwiſchen Patmos und
Kalymna, von Miletos aus bevöltert und bis in
die römische Zeit abhängig; Heimat des Hiſto—
riters Pherelydes. Auf ihr war ein Heiligtum der
Artemis. Die Einwohner ftanden im Geruch der
Bösartigfeit. Hdt. 5, 125. Thuc. 8, 271. Strab.
10, 489. Phocyl. fr. 1.
Lesbönax, Aroßüra&, 1) ein griechijcher Rhetor
unter dem Kaiſer Muguftus oder Tiberius. Noch
3 fleine wertloje fingierte Reden (declamationes),
Ermahnungen an die Athener, tapfer gegen Sparta
und Theben im peloponnefischen Kriege zu kämpfen,
ind von ihm erhalten, herausg. von Orelli (1820)
und in den Sammlungen der oratt. Att. von
Belfer und Dobjon. — 2) ein jpäterer Gramma—
tifer in Rom, der zepl oynudrwov, de figuris
grammaticis, spiritibus et dıietionibus, jchrieb,
herausg. von Baldenacr in feiner Ausgabe des
Ammonios (1739).
Lesbos, :; Azoßos, die größte Inſel des
Aigaiifchen Meeres an der myſiſchen Küfte, fpäter
nad der gleihnamigen Hauptſtadt Mütilene ge:
nannt, daher j. Motilini, türfiih Müdülly, führte
in frühefter Zeit auch noch die Namen Iſſa,
Pelaſgia, Metonie, Malaria. In Geftalt eines
Hufeiſens, deſſen offene Seite nad SW. blidt,
liegt fie vor dem Idaiiſchen oder Adrampttifchen
Bujen, von der Küfte bei Aſſos nur 60 Stadien
entfernt. Die eben erwähnte von SW. einfchnei:
dende Bucht hieß Euripos Pyrrhaios (j. Golf
von Kalloni). Die Nordoitipibe bildete das Bor:
gebirge Argennon, im ED. lag Malea (ji. Kap
Zeitün), im ®. Sigrion (j. Kap Sigri) und
Brife nahe dem Euripos. Befonders der nord:
weftliche Teil der Inſel war gebirgig (Marmor,
vielfah mit Wald bejept); Ordymnos, Lepe:
tymnos, Kreon und Olympos im Südoſtteile
find die Namen der bemertenswerten Berge. Größere
Flüſſe hat die Inſel nicht, aber zahlreiche Bäche,
die fie fruchtbar machen. Der Boden war jehr
reich an Getreide, DI und Wein, welcher feßtere
zu den gejchäßteften Sorten des Altertums ge:
hörte (Hor. od. 1, 17, 21: innocentis pocula
Lesbii. Prop. 1, 14, 2). Das Klima wird aud)
von neueren Reifenden als vortrefflich gepriejen.
Zu dem älteften pelaſgiſchen Bewohnern jollen hier
Anfiedler tonifchen Stammes (2 Menjchenalter vor
den troischen Zeiten) gefommen jein, aber erft ſeit
der Einwanderung der Aioler begann die Inſel
bedeutend emporzublühen, da fie nun der Hauptfig
der Heinafiatiichen Mioler wurde; jelbft über die
Städte des nahen Feitlandes übten die leſbiſchen
Städte zuweilen die Oberherrſchaft. Seit Kyros
gehörte X. zum perfiichen Reiche, ſeit 478 zum
Athenischen Bund (Thuc. 3, 2. 50), jpäterhin zu
Dealedonien, Syrien, Bontos, endlid zum Römer:
reih. — Die Einwohner ftanden im Ruf hoher
und feiner Bildung -- davon zeugt die lange Reihe
ausgezeichneter und gelehrter Leſbier, darunter die
Bhilojophen Pittakos, Theophraftos, Phanias, der
Logograph Hellanitos und der Hiſtoriker Theo—
phanes, die Sänger und Dichter Arion, Terpander,
Alkaios, die Dichterinnen Sappho und Erinna —
aber aucd großer Weichlichfeit und Unfittlichteit.
— Die 5, urjprünglic 6 Städte waren: an der
Oſtküſte Mptilene (Merirnen), j. Mptilini, mit
2 Häfen, die größte Stadt der Inſel und Hauptſitz
der jchönen Künste, befannt durch ihre Dichter:
680
fämpfe und als Geburtsort von Alkaios, Sappho,
Pittalos. Nördlicher lag der Flecken Nigeiros.
An der Nordfeite: Methymna (Mrdvure), 1.
Molivo, mit geräumigem Hafen, aber durd) die
Plünderung der Spartaner im peloponnefiichen
Kriege (406 v. C., j. Xen. Hell. 1, 6, 18. Diod.
Sie. 13, 76) jehr heruntergefommen, Heimat des
Hellanifos und Arion. Berühmt war der Wein
von Methymna. Verg. @.2, 90. Hor.sat. 2, 8, 50.
Weniger bedeutend waren die 3 folgenden: an der
Weſtſeite Antijfa (j. d.) und Erejjos oder Erejos
(’Egesög), j. Eriffo, Baterftadt von Theophraftos
und Phanias, auf einer Anhöhe am eere,
28 Stadien vom Borgebirge Sigrion; ki
an der jchmaljten Stelle der Inſel an dem
ripos gelegeu, ſchon vor Strabons Zeit bei einem
Erdbeben durch das Meer verjchlungen. Die jechite
Stadt, Arifbe (Hat. 1, 151), ging früh unter.
Vgl. Strab. 18, 616 ff. Mela 2, 7, 4 und bie
Monographie von 2. (Lesbiaca, 1826), ſowie
Eonze, Reife auf der Inſel Leſbos (1865).
A&oyn (ke-oyn, Leute haltend, oder verwandt
mit Akysır, Sprechhalle). Die Leschen waren in
Sparta die Berfammlungen der Mitglieder“ der
einzelnen Gemeinden, teils zur Ausübung gewifier
Rechte, wie z. B. die Älteren der Lesche über die
Auferziehung oder Ausjeßung der Neugeborenen
u entjcheiden hatten, teils zu freierem gejelligen
erfehr (Plut, Lye. 16 und 25); eine Einrichtung,
die um jo notwendiger war, da von dem Beſuche
des Marktes, der in Athen ein Mittelpunkt des
Verkehrs war, die Jugend bis zum dreißigften Jahr
ganz ausgeichloffen war. Die Unterhaltung war
teild ernft (Lob guter Thaten, Tadel unrühmlicher),
teils aber jcherzhaft und heiter. — In Boiotien
hießen Afoyaı die Häufer zu gemeinjhaftlichen
Mahlzeiten. Die Lesche zu Delphoi war durch
Aufftellung von Gemälden, bejonderd des Bo:
Iygnotos (j. Maler, 2.), verjchönert. Eine Lesche
als Haus, wo Nachtquartier für die Bettler zu
finden war, findet fich jchon Od. 18, 329; vgl.
Hesiod. opp. et dd. 491. 501.
Lesches Each 4.
Lethe j. Unterwelt, 2.
Leto, Ana, Latöna, Tochter des Koios nnd
der Phoibe, eine Titanin, vor Hera Gemahlin des
deut, mit dem fie Apollon und Artemis zeugte.
esiod. theog. 406. 918. Wegen ihrer Verbin:
dung mit den genannten olympijchen Göttern iſt
auch fie, die Titanin, im Olymp. Sie ift eine
milde, freundliche Göttin in dunfelem Gewande
(Hesiod.); aber fie wagt ſich dennoch im troja—
nischen Kriege, wo fie mit ihren Kindern auf Seite
der Troer fteht, in das Kampfgewühl. Hom. Il.
20, 40. 72. 21, 497 ff. Bei Homer ift noch die
Sage von Niobe (j. d.) erwähnt (IT. 24, 602 ff.),
und in einer eingeſchobenen Stelle der Odyſſee
(11, 576 ff.) die Sage von Tityos, welcher Leto,
als fie durch Panopeus nach Pytho ging, angriff
und für diejen Frevel jchwer in der Unterwelt
beftraft ward. Nach dem homerifchen Hymnos auf
den deliſchen Apollon wird fie von Zeus geliebt,
während diejer jchon mit Hera vermählt ift, und
wird von der eiferfüchtigen Hera auf der ganzen
Erde verfolgt (daher erflären einige den Namen
von dhäodaı, die Irrende), bis fie auf Delos am
Berge Kynthos Apollon und Artemis (diefe jedoch
nach V. 16 auf Ortygia, d. i. Rheneia oder ein
Atoyn — Leuke.
Hain bei Ephejos?) gebar. Wie Leto in der Sage
mit ihren Kindern in engjter Verbindung fteht, ſo
aud im Kultus; fie wurde meiftens nur mit Diejen
zuſammen verehrt.
Leuäci oder Leväeci, ein Volk in Gallia Bel-
gica, üblich von den Nerviern und diejen unter-
than, entweder bei Zovendeghem unweit Gent oder
bei Xöwen (Zouvain). Caes. b. g. 5, 39.
Leuei, Asöxoı, — Volkerſchaft im jüd-
lihen Lothringen, Nachbarn der Lingonen, mit
den Städten Tullum (Zoul) an der Mojel und
Nafium (Mair). Caes. b.g.1,40. Plin. 4, 17,31.
Strab. 4, 198.
Leuka, r«@ Asvxd, j. Capo di Leuca, Land-
ſpitze Calabriens, an deren jüdlichftem Ende eine
Stadt gl. N. (j. St. Maria di Leuca) lag. Den
Urſprung einer ftinfenden Quelle leitete man von
den Giganten ber, die Herafles hier verwundet und
mit Feljen bededt haben jollte. Strab. 6, 281.
Leukai, Asöxaı (von der weihlichen Farbe des
Bodens), 1) Fleine Hafenftadt an der ionifchen
Küfte zwiichen Phokaia und Smyrna, urjprünglich
auf einer Inſel, aber durdy die Anſchwemmungen
des Hermos jchon im Altertum mit dem Feftland
verbunden, oft Gegenjtand des Streites zwiichen
Smyrna und Klazomenai, j. Levfi. Im J. 131/30
wurde hier der Konful Licinius Craſſus von dem
Prätendenten Ariftonifos geichlagen. Just. 36, 4.
Strab. 14, 646. — 2) Stadt in Lakonien, früh
von den Spartanern zerftört. Pol. 4, 36. 5, 19.
Liv. 35, 27. Strab. 8, 863. — 3) 3 Heine Inſelchen
bei Kreta.
Leukas, Asvxdg, oder Leukadia, Asvradia,
j. Levlada und St. Maura, ehemals eine mit
Alarnanien zujammenhängende felfige Halbinſel
(Lurn Nmeigoro) von 4 M. Länge und '/, M.
Breite, benannt nach dem weißen, reichlich Wein
tragenden Nalfboden (Hom. Od. 24, 378), mit
einer Stadt Nerikos oder Neritos. Zu den
alten Telebovern und Lelegern famen unter der
Führung des Gorgos gegen 640 v. C. Korintber,
welche in einer neuen Stadt Leukas 1000 ihrer
Bürger und die Bewohner von Nerikos anfiedelten
und dann den Iſthmos, der die Halbinfel mit dem
Feftlande verband, durchſtachen mittels eines Kanals
(Jıögvarog), der freilidy überbrüdt wurde und auch
iemlich jeicht war, jo daß griechiiche und römische
Schriftiteller Leukas bald als Inſel, bald als Halb-
inſel — Liv. 33, 17. Thuc. 3, 81. 4, 8.
Gegen ©. ragt das Vorgebirge Leufatas (j. Kap
Dufato) mit einem QTempel des Apollon gefahr:
drohend ins Meer hinaus (Leucatae nimbosa
cacumina montis, Verg. A. 3, 274). Bon hier
ſoll fich en ind Meer gejtürzt haben, und
unglüdlicye Liebende pflegten ihr das nachzuthun.
Strab. 10, 452. Zur Zeit des Achaiiſchen Bundes
war die am Dioryftos gelegene Stadt Leukas der
Hauptort von ganz Afarnanien.
Lenke, Asvxn, 1) Heine Inſel an der Süd—
füfte Kretas, j. Kuphonifi. — 2) 5 im Bon:
tos Eureinos an der Mündung des ter, j. die
Scylangeninjel, dem Achilleus big (daher Achil⸗
lea), der nad) der Sage ar nebjt andern Helden ein
jeliges Leben führte. Strab. 2, 125. — 3) Asvm
ine hieß ein Flecken und eine Reede in Thra—
fien an der Propontis /Hdt. 7, 25), ſowie die
Südipige Euboias, j. Parimadi. — 4) Aswaı
»oun, bedeutende Handelsjtadt der Nabataier am
Leukippiden — Lex Aelia Sentia.
öftlichen Ufer des Arabiichen Meerbuſens mit römi:
cher Bejagung, j. el Haura. Strab. 16, 781.
Leukippiden j. Idas.
Leukippos, Asöxımmog, 1) Sohn de3 Dino:
maos; weil er der Nymphe Daphne, ald Yung:
frau verkleidet, nadjitellte, von deren Gefährtin-
nen ermordet. Paus. 8, 20, 2. — 2) Sohn des
Perieres, Bruder des Aphareus und Tyndareos,
Vater der Arfinoe, Hilaeira, Phoibe (Leutippiden,
j. Idas und Dioskuren), König in Mefjene. —
3) einer der älteften griechiſchen Philoſophen und
Begründer der Atomenlehre (j. Demokritos),
wahricheintich ums %. 500 v. C. Bon jeinem
Leben ift nur wenig befannt. Als fein Geburts:
ort werden Abdera, Elea, Melos, Miletos ge:
nannt; feine Lehrer follen Barmenides und Zenon
gewejen jein. Demofritos wird jein Schüler ge:
nannt, welcher die Lehre des Leufippos weiter
ausgebildet haben joll. Die dem Lenfippos bei-
geist Schriften geben andere dem Demofritos,
as Berhältnis ihrer Lehren und Anfichten zu
einander läßt fich nicht näher angeben. Auch über
praftische zer der Philojophie joll Leukipp
— >
kopetra, Asvnoneron, Borgebirge in
Bruttii an der Sicilifchen Meerenge, 12 Millien
jüdlih von Rhegion (Cie. Phil. 1, 3); j. Capo
dell’ Armi. Strab. 5, 211. 6, 259.
Lenkophrys, Asvxopevs, Stadt am Maian:
dros in Karien mit einem hochheiligen Artemis:
tempel und einem See, deſſen heißes, aber trink—
bares Waſſer in jteter Bewegung war. Xen. Hell.
3, 2, 19. Strab. 14, 647.
Asvxöovgoı, alter Name der Bewohner Rap:
padofiens ſyriſchen Stammes, zum Unterfchiede von
den mehr gebräunten Syrern. Hdt. 1, 72. 5, 45.
7, 72. Nachdem der Name Kappadofier gewöhn—
lich geworden war, behielten doch noch die Küſten—
bewohner zwijchen Halys und Iris den früheren
Namen bei den Griechen. Xen. An. 5,6. 8. 9.
Strab. 12, 542 ff.
Leukothea j. Athamas.
Leuktra, r@ Asürrea, 1) ein offener Flecken
Boiotiens zwijchen Plataiai und Theſpiai, auf
waldiger Ebene, berühmt durch den Sieg des Epa-
meinondas im J. 371 v. C. Überrefte des auf
dem Schladhtfelde errichteten Tropaion haben ſich
erhalten. Xen. Hell. 6, 4,4. 9 ff. Plut. Pelop. 21 ff.
— 2) Stadt im weſtlichen Lakonien an der Dit:
füfte des Meſſeniſchen Meerbufens, mit einer Afro:
polis und Tempeln der Athene, des Ajklepios und
des Eros; j. Lephtro. Paus. 3, 21, 7. 26,4. Plut.
Pelop. 20.
Leuktron, Asürrgor, befeftigte Stadt Arka—
diens an der lakoniſchen Grenze, im Gebiet von
Megalopolis, j. Yeontari. Xen. Hell. 6, 5, 24.
Thuc. 5, 54. Plut. Oleom. 6. Pelop. 20.
Lex und Leges. Lex heißt ein Vollsbeſchluß,
im weiteren Sinne auch das gejchriebene Recht
als Gegenjaß zum Herfommen, und in noch wei:
terem Sinne Gejeg und Rechtsnorm überhaupt. —
In der älteften Zeit waren die Geſetze Beſchlüſſe
der Euriatcomitien, welche von den Königen be—
antragt worden waren (j. Comitia, Lex Cu-
riata und Leges regiae), bis Servius Tullius
die Legislation faſt ausſchließlich anf die Genturiat-
comitien übertrug (ſ. Comitia). Später wurden
auc die Beſchlũſſe der Tribuscomitien (eigentlich
681
mir al$ plebiscita für die plebs gültig) für
den ganzen populus verbindlich und deshalb im
allgemeinen ebenfall® leges genannt. Nach der
lex Caecilia Didia 98 v. C. wurde 3 Nundinen
vor den Gomitien die lex, welche bis dahin noch
ein Gejeßvorichlag war, bon dem betreffenden
jr (auetor oder lator legis) öffentlich
aufgeitellt (promulgare). Sodann erfolgte in den
Vollsverjammlungen eine Beratung über den Vor:
Ichlag, indem mehrere auftreten durften, benjelben
zu empfehlen (suadere) oder aud) davon abzu—
taten (dissuadere), Darauf wurde nad der ge:
wöhnlichen rogatio: velitis iubeatis? von dem
Bolfe mit Täfelchen abgeftimmt (U. R. d. i. uti
rogas; A. d. i. antiquo), und das Gejeß entweder
angenommen (aceipere, iubere) oder verworfen
(vetare, non accipere, antiquare),. Das an:
genommene Geſetz wurde in Erz oder Stein ein:
gegraben und entweder auf dem Forum aufgeftellt
oder an einem Tempel befeftigt (igere), bis be:
jondere Archive entjtanden v abularium),
Jede lex beitand aus einem provemium, aus der
eigentlichen lex, welche in mehrere Kapitel zerfiel,
und aus der gewöhnlid am Schluß befindlichen
Strafandrohung, sanctio genannt. In der Kaiſer—
zeit hörten die Volksgeſetze auf, und kaiſerliche
Geſetze traten an deren Stelle, genannt decreta,
rescripta, edieta, mandata und im allgemeinen
constitutiones. Bgl. den index legum Roma-
narum von Orelli und Baiter, Onomast. Tull. III
p. 119308.
Lex Aecilia, 1) Plebiſeit, die Anlegung von
5 Kolonien zu je 300 Familien an der Meeres:
füfte betreffend, 198 v. C. Liv. 32, 29; — 2) de
repetundis, um 101 v. E., ſ. Repetundarum
erimen. Es ift vielleicht dasjelbe Geſetz, von
welchem umfangreiche Stüde auf der Rückſeite der
tabula Bantina (f. Bantia) noch erhalten jind,
Corp. I Lat. I p. 49—72. — 3) Lex Aecilia
Calpurnia oder bloß Calpurnia de ambitu, 67
v. C. j. Ambitus; — 4) Lex Acilia Minueia,
201 vd. E., wegen des Friedens mit Karthago.
Liv. 30, 43. — 5) Lex Acilia Rubria, von den
Kollegen des E. Gracchus im Tribunate gegeben,
über die Teilnahme der Fremden an dem Kulte
des capitolinischen Jupiter.
Lex Aebutia, 1) ein Plebijeit aus unbeftimm:
ter Zeit, daß, wenn in einem Gejeß ein —*—
oder Amt eingeführt ſei, weder der lator legis
dazu genommen werden dürfe, noch ein Verwandter
oder Kollege desjelben. ic. leg. agr. 2,8; —
2) ebenfalls aus unbejtimmter Zeit, führte den
Formularprozeh ein, ſ. Formula.
Lex Aelia, 1) ein Geſetz über die Deduftion
von 2 Kolonien, 195 v. C. Liv. 34,53. — 2) Lex
Aelia und Fufia, 2 verjchiedene, aber ſich ein—
ander ergänzende Plebifcite, vielleicht 156 v. C.,
beſtimmten, daß die Magiftrate und Tribunen bei
allen Tegislativen Comitien spectio anftellen und
demnach auch obnuntiatio (Störung der Comitien)
ausiprechen könnten; die Wahlcomitien waren von
diefer Beichräntung frei (j. Divinatio, 20.).
Beide Gejehe waren gegen die nenerungsfüchtigen
Volkstribunen gerichtet. Cie. prov.cons.19. Sest. 15.
Vat. 7. Clodius hat dieje Geſetze im wejentlichen
aufgehoben.
ex Aelia Sentia, 4 n. C., bejchränfte die
überhandnehmenden Manumijfionen und gab man:
682 Lex Aemilia
chen Freigelaſſenen einen niederen Grad der Frei—
heit, j. Deditiecii.
Lex Aemilia, 1) bejchräntte die Zeit der Gen:
fur, 434 v. C., j. Censor, 2.; — 2) f. Sum-
ptus; — 3) 115 v. E. de libertinorum suffra-
giis, um die Freigelaſſenen bei ihren Abſtim—
mungen auf die 4 ftädtiichen Tribus zu befchränfen,
j. Libertinus.
Leges Agrariae j. Ager publicus,
Lex Ampia Atia, ein Plebiſcit des L. Atius
Labienus und eines Kollegen zu Ehren des En.
Bompejus, 63 v. €.
Leges annäles j. Magistratus,
Leges Antonlae, von dem Triumvir M. An-
tonius, I) bei Cäſars Lebzeiten, 1) über Die
eircenfischen Spiele, denen, zu Ehren Gäjars, ein
fünfter Tag zugeſetzt werden follte (Cie. Phil.
2,43); 2) über den Monat Quintilis, welcher den
Namen Julius erhielt. Il) Wichtiger waren bie
nah Cäſars Tode, 44 v. E., gegebenen Ge:
jeße: 1) eın SCtum de dietatura ın perpetuum
tollenda, welches nachher vom Bolfe beftätigt
wurde, j. Dietator; 2) lex iudiciaria, beftimmte,
daß zu den Decurien der Ritter und Senatoren
eine dritte, eine decuria centurionum, hinzugefügt
werben follte, j. Judex, 3.; 3) de provocatione,
geftattete den de vi und maiestatis Angeklagten, an
das Volk Berufung einzulegen (Cie. Phil. 1,9. 10);
4) de provinciarum permutatione, daß Antonius
für 43 ftatt Syrien die Provinz Gallien erhalten
jollte; 5) de actis Caesaris confirmandis, durd)
welche alle Amtshandlungen Cäſars als gültig
anerfammt wurben; 6) de coloniis in agros de-
ducendis, bezügli der von Cäſar vorbereiteten
Kolonien; 7) lex agraria, ſ. Ager publicus, 5.
Lex Antonia Cornelia Fundania, oder
plebiscitum de Termessensibus, 72 v. C. gab
der Stadt Termeſſos in Piſidien vielfache Frei:
heiten und Autonomie. Es ift noch vorhanden und
nachgebildet in Ritſchls Monum. tab. 31. und
Corp. I, Lat. I p. 114, erflärt von Dirkſen, Ber:
juche, S. 136202.
Leges Appulöiae, Plebiſcite des Tribunen
x, Appulejus Saturninus, 100 v. E., nämlich
1) de maiestate, ſ. Maiestas; 2) frumentaria,
j. Largitio; 3) agraria, ſ. Ager publiecus, 3.
Lex Aquill\a, genannt de damno iniuria dato,
ein Blebifeit aus unbelannter Zeit, j. Damnum.
Lex Aternia Turpeia, 454 v. C., de multa
(j. d. und Comitia),
Lex Atia, 63 v. E., gab dem Bolt die Prieſter—
wahl wieder (j. Leges Corneliae, 6.) und
reftituierte die lex Domitia.
Lex Atilia, 1) gab dem Senat Dispofition
über Gapua, 210 v. C. (Liv. 26, 33); — 2) über
die Vormundſchaft, 188 v. E., f. Tutela,
Lex Atilia Marcia, 311 v. E, übertrug die
Wahl der Militärtribunen in weiterer Ausdeh—
nung (16 von 24) auf Das Boll. Lir. 9, 30,
lex Atinia, 1) wiederholte Ujncapions: Ver:
bote der gejtohlenen Sadıen, 197 v. E. (ſ. Usu-
capio); — 2) über die Aufnahme der Volfstri:
bunen in den Senat. Gell. 14, 8.
Lex Aufldin. 1) wohl 114 v. E., geftattete
die Einfuhr afrikaniſcher wilder Tiere für die cir:
cenfischen Spiele; -—- 2) de ambitu (.d.), 610. €,
Lex Aurelia, 1) de tribunieia potestate,
75 v. C., verlich den Boltstribunen das ihnen
*
— Lex Cincia.
durch Sulla entzogene Recht, nach dem Tribunat
enruliiche Amter zu befleiden; — 2) 1. iudi-
ciaria, bon dem Prätor L. Wurelius Cotta,
70 v. E., daß die 3 Stände Senatoren, Ritter und
Tribuni aerarii Richter fein jollten, j. Judex, 2.
und Aurelii, 9.
Lex Baebia, Blebifeit, 180 v. E. gegeben, daß
ein Jahr um das andere 4 oder 6 Prätoren erwählt
werden jollten, ſchon 179 wieder aufgehoben.
lex Caecilia, 1) 64 v. E. von X. Käcilius
Rufus (f. Caeeilii, 23.) beantragt, um den Ber:
luft des ius honorum für ®. Cornelius Sulla und
P. Autronius Pätus in zchnjährige Suspenfion
desielben zu verwandeln; vor der Abjtimmung
zurüdgenommen; — 2) Plebilcit, 62 v. E., zu
Sunften des Pompejus, daß derielbe abweſend
zum Konſul erwählt werden und jofort aus Njien
zurüdfehren ſollte; — 3) über die Abſchaffung der
Zölle in Stalien, 60 0. EC; — 4) verlieh den
Genioren die ihnen durch Clodius entriffenen Rechte
wieder, 50 v. G.
Lex Caeecilia DPidin, 98 v. E,, daß jeder
Geſetzvorſchlag 3 Nundinen vor den Gomitien zu
promulgieren ſei, und daß verboten fein folle,
mehrere Gejeße mit einem Male zur Abftimmung
zu bringen. Oic. Phil. B, 8.
Lex Cnelin, 1) tubellaria, |. Leges tabel-
lariae; — 2) Blebifeit, daß ſich Cäſar abmwejend
um das Stonfulat bewerben dürfe; — 3) Roga—
tionen de creditis pecuniis sine usuris sexenni
die solvendis, ferner de mercedibus habitatio-
num annuis, 48 dv. E., famen nicht einmal zur
Abftimmung.
Lex Calidia, beantragte die Zurüdberufung
des D. Cäcilius Metellus Numidicus aus dem
Eril, 99 v0. C.
Lex Calpurnfa, 1) des Tribunen L. Calpur—
nius Piſo Frugi de repetundis 149 v. E., ſ.
Repetundarum erimen; — 2) 'Blebijeit, 121
v. E., beantragte die Zurüdberufung des verbann:
ten 7 Bopilius Länas; — 3) über legis actio per
condictionem, ſ. Legis actio; — 4) über das
erimen repetundarum, f.Repetundarum cri-
men, 3.
Lex Canulöia, 445 v. E., PBlebifcit des Tri-
bunen C. Canulejus, welches das in den XII Ta:
feln aufrecht erhaltene Verbot des Conubiums zwi:
ichen den Patriciern und Plebejern aufbob, jo
daß von nun an die gemifchten Ehen vollgültig
waren, ſ. Ehe, U. Cie. r. p. 2,37. Liv. 4, 1.
Lex Cassla, 1) agraria, ſ. Ager publi-
cus, 3; — 2) tabellaria, |. Leges tabella-
riae; — 3) Plebijeit, 104 v. E., ut, quem
populus damnasset cuive imperium abrogasset,
in senatu non esset: — 4) vom Prätor E. Caſſius
oder vom Tribunen L. Caffius unter Cäjars Dilta—
tur, nahm mehrere plebejiihe Familien unter die
patriciichen auf. Zac. ann. 11, 25.
Lex Cassfa Terentia, frumentaria, 72 v. E.,
j. Largitio.
Leges eensorlae, hießen 1) Berordnungen,
edieta, der Cenforen,; — 2) Formulare mit den
Bachtbedingungen für die Pächter der öffentlichen
Eintünfte (publicani) (Cie. pror. cons. 5); —
3) Accorde mit denen, welche die Ausführung und
Beſorgung Öffentlicher Arbeiten gegen eine gewiſſe
Summe übernahmen. Cie. Verr. 1, 55 ff. 3, 7.
Lex Cinela de donis et muneribus oder lex
Lex Claudia — Lex
Cincia muneralis, ®lebifeit 204 v. E., verbot den
Rechtsanwälten, Geſchenke von ihren Klienten an:
unehmen, und beichränfte außerdem die Privat:
— der Reichen untereinander und an die
Armen. Cie. de or. 2, 71. ad Att. 1, 20. Cat,
mai. A. Tac. ann. 11, 15.
Lex Claudia, 1) Blebifcit, 218 v. E., daß fein
Senator oder Sohn eines Senators ein größeres
Seeſchiff befiten dürfe, um Handelserwerb der:
jelben zu hintertreiben (Liv. 21, 63. Cie. Verr.
5, 8); — 2) Konjulargejeß, 177 v. E., daß alle
Yatiner Rom verlafjen und in ihre Heimat zu:
rüdtehren follten (Liv. 41, 8f.); — 3) über die
Kooptation des Senats von Haleſa in Sieilien,
Verfügung des Prätors E. Claudius Pulcher (Cie,
Verr. 2, 49); — 4) Berbot des Kaiſers Claudius,
Minderjährigen in Hoffnung auf den Tod der
Eltern Geld zu leihen. Tae. ann. 11, 13,
Leges Clodiae, die Parteigeſetze des Volks—
tribunen P. Clodius, 58 dv. E.: 1) frumentaria,
j. Largitio; 2) ne quis eo die de caelo ser-
varet, quo cum populo agi posset, hob die lex
Aelia und Fufia auf und erlaubte legislative An-
träge an allen dies fasti; 3) de collegiis,
reftitwierte die 64 dv. C. verbotenen collegia und
fügte nody mehrere hinzu (Cie. Sest. 25. post red.
in sen. 13), wieder aufgehoben von Cäſar (Suet.
Caes. 42); 4) de censoria notione, beſchränkte
das Sittenrichyteramt der Genjoren {ne censores
in senatu legendo praeterirent nisi qui apud
eos accusatus et censoris utriusque sententia
condemnatus esset), aufgehoben durch Cäcilius
(j. Lex Caecilia, 4.); 5) de provineciis
consularibus, wodurch der Konjul Bio Mate:
donien und Griechenland, Gabinius aber Syrien
“erhielt (Cie. Pis. 16, 37); 6) über Eiceros Eril
(Cie. Sest. 24. 32), |. Tullii, 7.; 7) de-rege
Ptolemaeo, daf diejer König Kypros verlieren
und jein Vermögen für den Staat eingezogen
werden ſolle (Cie. de dom. 8. Sest. 26); 8) über
Dejotarus und Brogitarns, durch welche dem Dei.
das Prieftertum der Magna Mater in Beffinits ge:
nommen und nebjt dem Königstitel dem Schwieger:
fohn desjelben, Brogit., übertragen wurde.
Lex Cornelia, 1) Kooptationsreglement für
den Senat in Agrigent (Cie. Verr. 2, 50); —
2) über die Gültigkeit der Teftamente von in feind:
licher Gefangenschaft Berftorbenen; — 3) über
Bürgichaften (j. Intercessio); — 4) über Ciceros
Zurüdberufung, 57 v. E.; — 5) de novis tabulis,
4720. C. P. Cornelius Dolabella nahm die ro-
gationes Caeliae in betreff der Schuldverhältniffe
wieder auf, fonnte aber diejelben ebenfalls nicht
durchſetzen.
Leges Corneéliae, des Konſuls L. Cornelius
Einna, 87 v. E., j. Cornelii, 26.: 1) de C.
Mario et ceteris exulibus revocandis (Vell. Pat.
2, 30); 2) de novorum civium et libertinorum
suffragiis, wollte die neuen italifchen Bürger
unter alle 35 Tribus verteilen (Cie. Phil. 8, 2);
beide famen nicht zur Annahme; 3) de revo-
cando Mario,
Leges Corneliae, des Sulla, bezwedten eine
völlige Reorganifation des Staates in ariftofra:
ſchem Sinne, teils durch die Aufhebung bejtehen:
der, teils durch die Beantragung neuer Geſetze,
deren chronologiiche Folge nicht genau feſtſteht.
Sie find 88 und 82 bis 80 v. E, gegeben. ©.
683
Zadyariä, Cornelius Sulla, ©. 128 ff. A) Über
die Staatsverfajjung und Verwaltung:
1) de comitiis centuriatis, ftellte 88 die
Genturiatcomitien in der alten Weije wieder ber,
was aber bald wieder bejeitigt wurde; 2) de ma-
gistratibus, jchärfte die alte Neihenfolge der
Magiftrate aufs neue ein (Cie. Phil. 11,5); 3) de
tribunicia potestate, 80, j. Tribuni ple-
bis, 4.; 4) de octo praetoribus, die Ber:
mehrung der Prätoren (j. Praetor, 2.); 5) de
XX quaestoribus, Vermehrung der Quäſtoren,
j. Quaestor, 1.; 6) de sacerdotiis, hob die
lex Domitia auf und führte die Nooptation der
PBriefter wieder ein, vermehrte auch die Mitglieder:
zahl der 3 Kollegien der pontifices, augures und
decemviri sacrorum auf 15; 7) de provinciis
ordinandis, erfannte wahrjcheinlich das Recht
des Senats zur Beitimmung der fonjularischen
und prätorifchen Provinzen an und erhob es zur
Regel, daß die Beamten nad dem Amtsjahre in
Kom mit dem für ein weiteres Jahr prorogierten
imperium in die Provinzen gehen jollten. Cie.
ad Att. 1, 9. ad fam. 3, 6. 8. 10. — B) Über
Kriminalreht und Prozeß. Nachdem Sulla
die Richterwürde wieder an die Senatoren gegeben
und das Berfahren vor den beftehenden quaestio-
nes perpetuae geregelt und neue eingeführt hatte,
erließ er eine l. repetundarum, welche an die
Stelle der 1. Servilia trat; 1. de maiestate, durd)
welche die 1. Appuleia aufgehoben wurde; 1. de
sicariis et veneficis (Tac. ann. 18, 44); 1. de
falsis, auch testamentaria und nummaria ge:
nannt; ferner de peculatu und de adulteriis et
pudicitia. Auch die actio iniuriarum wurde neu
geordnet. — C) Über Polizei und Moralität:
1) j. Sumptus; 2) uneiaria, jcheint das fenus
unciarium reftituiert und die usura centesima
verboten oder auch den zwölften Teil der Schuld:
forderungen niedergejchlagen zu haben, j. Fenus.
— D) Zur Bernidhtung der Gegner und
zur Sicherung feiner Inftitutionen: 1) de
proscriptione (j. d.); 2) über die Civität der
Italer, durch welche lex mehrere Städte zur
Strafe das Bürgerreht und einen Teil ihrer
Ländereien verloren; von Cicero (Caec. 33) mit
Erfolg für ungültig erflärt, als gegen das ius
Romanum, das die Einwilligung des Betroffenen
erfordere; 3) agraria, begründete die Militärkolo:
nien in dem italijchen Gebieten, welche den alten
Bewohnern genommen worden waren, namentlid)
in Latium, Etrurien und Samnium. Cie. leg.
agr. 2, 28. 3, 1ff.
Leges Corneliae, des Boltstribunen E. Cor:
nelins Dolabella, 47 v. E.: 1) der Antrag, ne quis
legatis exterarum nationum pecunium expen-
sam ferret, ging bei dem Senate nicht durdh;
ebenfo wenig 2) die rogatio de ambitu, wofür
die mildere I. Acilia Calpurnia zur Annahme ge:
langte; 3) ne quis nisi per populum legibus
solveretur, jcheiterte an dem Widerſpruche des
P. Servilius Globulus, wurde aber dahin amen-
diert, ne quis in senatu legibus solveretur, nisi
CC affuissent, neve quis, cum solutus esset,
intercederet, cum de ea re ad populum ferretur;
4) de edicto praetorio, weldyes die Prätoren an
die von ihnen aufgejtellten Recdhtsnormen band.
Lex Cornelia Baebla, de ambitu (1. d.).
Lex Cornelia Caecilia, 57 v. E., machte den
Cornelia Caecilia.
684
En. Pompejus zum auferordentlihen praefectus
annonae und gab ihm 15 Xegaten zur Unter:
ftüßung. Cie. ad Att. 4, 1. de dom. 4. 7.8.
Lex Cornelia Fulvia, de ambitu (f. d.).
Lex euriäta heißt ein jedes von den Curiat—
comitien angenommene Geſetz. Bis auf Servius
Tullius gab es feine andern Geſetze als leges
euriatae. Seitdem hatte man nur noch 2 Arten
von Guriatgejegen, nämlich 1) lex. cur. de im-
perio, ſ. Comitia; 2) über Safral-, Familien:
und Bermögensverhältniffe der Batricier, nament:
lid über Adoptionen und Teftamente.
Lex Decia, Blebifcit, 312 v. E., ordnete die
Wahl der duumviri navales mı. Liv. 9, 30.
Lex DidYa j. Sumptus.
Lex Domitia, 104 v. E., übertrug die Wahl
der Priefter und NAugurn an das Bolf. Cie. ad
Brut. 1, 5. de leg. agr. 2, 7 (j. Domitii, 4.),
aufgehoben durch Sulla, ſ. Leges Corneliae, 6.
Leges Duiline, Blebijcite des Tribunen M.
Duilins, 449 v. E.: 1) daß Konſuln ftatt der
Decemvirn gewählt würden (Liv. 3, 54); 2) daß
mit Napitalitrafe zu belegen jei, wer das Bolt
ohne Tribunen lafje oder einen Magiftratus ohne
Provofation wähle (Liv. 3, 55); 3) Verbot, die
Toten in der Stadt zu begraben.
Lex Duilia Maenia, 356 v. E.: 1) de un-
ciario fenore, f. Fenus; 2) daf fein Magiftratus
außerhalb Roms cine Voltsverfammlung halten
dürfe. Liv. 7, 16.
Lex duodecim tabulärum, j. Tabulae, 5.
und Decemviri.
Lex Fabia, 1) de plagio (ſ. d.); 2) de numero
sectatorum, h Ambitus,
Lex Fabriela j. 1. Messiae, 1.
Lex Faleidia, 40 v. E., j. Legatum.
Lex Fannla j. Sumptus.
l,ex FlaminYa, 1) agraria, j. Ager publi-
cus, 3.; 2) lex Flaminia minus solvendi, führte
217 v. E. den Uncialfuß ein, nach welchem 16 neue
As glei 10 alten angenommen werden jollten,
und regelte die Ausprägung der Silber: und Gold-
münzen anders.
Lex Flavia agraria, 60 v. E., j. Ager pu-
blicus, 5.
Leges frumentariae j. Largitio.
Lex Fufia, ı) de religione, 61 v. C. betref:
fend die Betrafung des P. Clodius wegen der
Entweihung des * der Bona Dea, ſ. Clau-
dii, 20.; — 2) indiciaria, 59 v. E., daf bei den
Abſtimmungen der Gejchworenen die Stimmen
der 3 Decurien (j. I. Aurelia) gejondert abge
geben werden follten.
Lex Fulvia, 125 v. E., rogatio des Konſuls
M. Fulvius Flaccus, wollte den italiichen Bundes:
genofien die Civität verleihen, fam aber nicht zur
Abſtimmung.
Lex Furia, 1) de testamentis, ſ. Legatum;
2) de sponsoribus, beftimmte die Teilung
der verbürgten Summe unter jämtlihe Bürgen,
während früher jeder einzelne für die ganze Summe
—
‚ex Fur“a Atilia, Plebiſcit, 136 v. C., daß
C. Maneinus wegen des von ihm geiſchloſſenen
foedus an die Numantiner ausgeliefert werden
jolle. Cie. off. 3, 30.
Lex Furla Caninia, beichränfte die übertrie-
Lex Cornelia Fulvia — Lex Julia.
benen teftamentariichen Manumiffionen, bald nach
Ehrifti Geburt.
Lex Gabinla, 1) tabellaria, 139 v. C., j.
Leges tabellariae; — 2) de perduellione,
gegen die contiones clandestinae gerichtet, ift
ro ganz jicher.
eges Gabinlae, des Tribunen A. Gabinius,
67 v. E.: 1) daß Pompejus das Kommando gegen
die Seeräuber mit ausgedehnter Vollmacht erhal:
ten folle. Cie. de imp. Pomp. 17. 19. — 2) de
versura Romae provincialibus non fucienda,
verbot den Provinzialen, in Rom Anleihen zu
machen, und den Prätoren, die Schuldverichrei:
bungen darüber al$ bindend anzufehen. ic. ad
Att. 5, 21. 6, 2. — 3) de senatu legatis ex Kal.
Febr. usque ad Kal. Mart. cotidie dando, ord:
nete an, daß die Audienzen der in Nom anweſen—
den Gejandtichaften im Februar allen andern Se:
natsgejchäften vorangehen jollten, j. Legatus, 1.
l,ex G@ellifa Cornella, Konjulargeieg, 72 v. E.,
welches die von Bompejus bewirkten Berleihungen
der Civität an die Hiſpanier beftätigte. Cie. Balb.
8. 14.
Leges @enuefae, des Tribunen L. Genucius,
341 v. E.: 1) daß beide Konjuln Plebejer fein
dürften (Ziv. 7, 42); 2) ne fenerare liceret, ſ.
Fenus; 3) über die Magiftrate, |. Magistratus.
Lex HerennTa, Plebijcit, 60 v. E., wodurch
die transitio ad plebem im Anterefje des Clo—
dius durch einen Beſchluß der Genturiatcomitien
für gültig erflärt werden jollte; ging nicht durch.
Cie, ad Att. 1, 18. 19,
Lex Hieronica frumentaria, das Padıtregle-
ment für die öffentlichen Verpachtungen, den Zchn-
ten von Getreide, Ol u. ſ. w., in Sicilien von
Hiero II. entworfen, nad welchem fich auch die
römijchen Stenuerpächter zu richten hatten. Cie.
Verr. 2, 13 und öfter.
Lex Birtia, 46 v. E., jchloß die Pompejaner
von den Ührenftellen aus. Cic. Phil. 13, 16
(unficher).
Lex Horatia, verlich der Beitalin Tarratia
Ehren und Privilegien, weil fie den Staat mit
einem Grundſtück bejchenft hatte. Gell. 6, 7.
Lex Hortensla, 287 v. C., ut, quod plebs
inssisset, omnis Quirites teneret, wohl mehr als
eine Bejtätigung der 1. Valeria Horatia (449
v. E.), offenbar eine Erhöhung der legislativen
Bedeutung der Plebifcite. Gell. 15, 27. Zugleich
wurde angeordnet, ut nundinae fastae essent,
d. h. fie find dies fasti non comitinles geworben.
Lex Hostilia, geftattete unter gewiſſen Be:
dingungen gerichtliche Stellvertretung bei ber
actıo furti.
Lex Ieilfa, A) Plebiſcit, 492 v. E., gab eine
erweiternde Anterpretation der leges sacratae
dahin, daß, wer einen Tribun in jeinem Bortrag
unterbräce, vor ein Bollsgericht geftellt werden
folle. — B) Leges lciliae dest. Jeilius, 456
v. E.: 1) die Verteilung des Aventinus an die
Plebejer betreffend (Liv. 3, 31. 32); 2) Amneftie
für die, welche von den Decemvirn abgefallen
wären (Liv. 3, 54); 3) de triumpho consulum
(sine auctoritate senatus‘. Liv. 3, 63.
Leges indiciarYae, im weiteren Sinne Prozeß—
ordnnungen überhaupt, im engeren Sinne Gejeße über
die Zufammenjekung der Gerichte, ſ. Judex, 1.2.
Lex Julia, des Konſuls 2. Julius Cäfar, 90
Leges Juliae (Caesaris) — Leges Liciniae Sestiae.
v. E., gab das römijche Bürgerrecht an jämtliche
Latiner und an die Bundesgenoffen, welche die
Waffen nicht ergriffen oder alsbald wieder nieder:
gelegt hatten.
Leges Juliae (Caesäris), A) Geſetze des J.
59 v. C., im erften Ronfulate: 1) agrariae, |.
Ager publicus, 5.; 2) de publicanis, daß den
Pächtern der ajiatiichen Staatseinfünfte wegen des
mithridatijchen Krieges ber dritte Teil der Pacht—
jumme erlaffen werden jolle (Cie. ad Att. 2, 16.
1, 17ff); 3) de actis Pompeii, Beftätigung der
in Aſien von Pompejus gemachten Berfügungen,
Geſetze u. ſ. w.; 4) de rege Alexandrino, wo—
durch) Ptolemaiod Auletes als König und als
socius et amicus populi Romani anerfannt
wurde; 5) de repetundis, j. Repetundarum
erimen; 6) lex curiata de P. Clodio arro-
gando. — B) Im Jahre 49 v. E.: 1) de pecuniis
mutuis, jchlug die jeit dem Anfange des Bürger:
frieges aufgelaufenen Zinfen nieder oder geftattete
die Abrechnung der ſchon gezahlten vom Kapital,
beftimmte ferner, daß die Gläubiger die Güter
der Schuldner zu dem Werte annehmen jollten,
den fie vor dem Kriege er hatten, und er:
neuerte die Bejtimmung, dab niemand mehr als
15 000 Denare in barem Gelde jollte Tiegen
haben. Um eine bejjere Verwendung des Kapitals
wieder anzubahnen, fügte er jpäter die 1. de modo
eredendi et possidendi intra Italiam hinzu.
2) de eivitate Gaditanis danda und 3) de civi-
tate Transpadanis danda, durch welche dieje das
ihnen jchon früher veriprocdhene Bürgerrecht er:
hielten. — C) Im Jahre 46 v. E.: 1) framen-
taria, ſ. Largitio; ein Teil dieſes Geſetzes ift
auf den tabulae Heracleenses erhalten, welche
auch von andern leges Juliae Auszüge geben; 2) de
provinciis, über die Dauer der Statthalter:
Ichaft: in den prätorifchen Provinzen nicht länger
als 1 Jahr, in den konjularischen höchſtens 2 Jahre
(Cie. Phil. 1,8. Dio Cass. 43, 25); 3) sump-
tuaria, j. Sumptus; 4) iudiciaria, ſ. Judex, 3,;
5) de maiestate (f. d.); 6) de vi, f. Vis;
7) de sacerdotiis (Cie. ad Brut. 1, 5), ähnlich
der lex Domitia und gleiches Inhalts mit der
l. Atia; 8) de iudiciıs privatıs, betreffend
eine Beſchränkung des alten Legisaftionsverfah-
rens, j. Formula; 9)muniecipalis, eine Stabt-
und Polizeiordnung der italiihen Municipien,
Kolonien u. f. w., auf den tabulae Heracleenses
erhalten. Außer manchen polizeilichen Beſtim—
mungen über Straßen und Pläte, ſowie über die
Getreideverteilungen, finden fich wichtige Werfü-
gungen über die Senate, Magiftrate und den
Genjus der Yanditädte. 10) de magistratibus,
wonach die Zahl der Prätoren auf 14, die der
DOuäftoren auf 40 beſtimmt wurde, um die für
Berwaltung der Provinzen erforderlihen Beamten
zu erhalten. — D) Im Jahre 44 dv. E.: lex colo-
nise Juliae Genetivae Urbanorum sive Ursonis,
über die Berfaflung der Kolonie Urſo (j. Oſuna),
1871 auf 3 Erztafeln aufgefunden (herausgegeben
von Mommjen und Hübner, Ephem. epigr. Il
S. 105). — E) Nadı Cäſars Tode publizierte
Antonius mehrere angeblic; von Cäſar hinterlaffene
Geſetze, 5.8. de Sieulis, durch welches die Siculer
die Givität erhielten, de rege Deiotaro, welches
den König im weiteften Umfange wieder einjeßte,
de exulibus, durch welches Ser. Elodius (j. Clau-
685
dii, 22.) und andere zurüdberufen wurben, und
andere offenbar gefälichte.
Leges Juliae (Augusti), 1) de maiestate
(j. d.); 2) de vi, ſ. Vis (beide find ungewiß);
3) de ambitu (f. d.); 4) de adulteriis (j. d.);
5) de maritandis ordinibus, in der neuen
Redaktion An. E. genannt lex Julia et Papia
Poppaea (Suet. Vct. 34. Tac. ann. 3, 25. Dio
Cass. 56, 1 ff.), verbot das eheloje Leben und be:
legte dieſes ſowohl als die Kinderlofigkeit mit
mehreren erbrechtlichen Nachteilen, nebſt Anord-
nungen im betreff der Ehejcheidungen; |. Divor-
tiam; 6) iudiciaria, über die Richter und
Gerichte überhaupt; 7) de vicesima heredi-
tatum, f. Staatshaushalt, 20.; 9) de an-
nona, enthielt das Verbot des Getreidewuchers zc.
Lex Julia Papiria de multis, j. Multa.
Lex Julia et Plautia, verbot die Ufucapion
der geraubten Sachen; wahricheinlih 2 vericie-
Geſetze de vi (j. Nein, römijches Krim.Recht
. 740).
Lex Julia Titia, Übertragung der Beftim:
mungen ber 1. Atilia auf die Provinzen, jo daß der
Statthalter den tutor beftimmte.
Lex Junla, 1) Zins: und Wuchergeieß, |. Fe-
nus; 2) de repetundis (j. d.); 3) de peregrinis,
126 v. E., von M. Junius Pennus beantragt,
verwies Die Latiner und Peregrinen, welche fich
das römische Bürgerrecht angemaft hatten, aus
Rom. Cie. off. 3, 11.
Lex Junia Licinia, 62 v. E., verbot neue
Geſetze ohne Zeugen in das Ararium zu bringen
(Suet. Caes. 28. Oct. 94), um Fäãlſchungen vor:
zubeugen. Schol. Bob. Cie. p.310 Or. Cie. Phil.5,3.
Lex Junia Norbäna, unter Auguftus, führte
die Latini Juniani ein (j. d.).
Lex Junia Velleia, betraf die Tejtamente.
Lex Lieinfa, 1) ähnlid der lex Aebutia;
2) de ludis Apollinaribus, welche ſtets an einem
beftimmten Tage gefeiert werden jollten, 208 v. E.
(Liv. 27, 23); 3) ordnete die Wahl der Triumviri
epulones, 197 vd. E. (Liv. 33, 42); 4) de sacer-
dotiis, 145 v. C. da die Priefter vom Volke
gewählt, nicht mehr fooptiert werden jollten, nicht
angenommen, fpäter (104 v. E.) von Domitius
durchgejegt; 5) de sodalitiis (j. d.); 6) sump-
tuaria, j. Sumptus.
Lex Lieinia Cassia, 171 v. C., über bie
Wahl der tribuni militares für diejes Jahr. Lir.
42, 31.
Lex Lieinfa MucYa, 95 v. E., de civibus
redigundis, mies die socii aus Nom, welche fich
als cives gerierten, aber die Civität nicht nach:
weilen fonnten. Cie. off. 8, 11.
Leges Lieiniae Sestiae, die wichtigen Geſetze
der Bolkstribunen C. Licinius Stolo und 2. Se-
ſtius Lateranus, 376—866 v. €. (Liv. 6, 35 ff.);
ein Geſetz, das im Antereffe der hartbedrücdten
Plebs 3 verfchiedene Punkte umfaßte. Der eine
bezog ſich auf die Schulden und jebte feit, daß
nach Abzug der bereits bezahlten Zinſen der Reit
des Kapitals in 3 jährigen Terminzahlungen ab:
bezahlt werden follte; der zweite, ne quis plus
quingenta iugern agri publici possideret; ber
dritte, ne tribunorum militum comitia fierent,
eonsulumque uti alter ex plebe crearetur. Eine
andere Rogation derjelben bezog ſich auf die Ein:
686
jeßung eines Kollegiums von decemviri sacro-
rum, das zur Hälfte aus Watriciern und zur
Hälfte aus Plebejern gewählt werden follte. Damit
war die Sleichitellung der Batricier mit den Ple—
bejern entjchieden.
Leges Liviae, A) von dem Tribunen M. Li:
vius Drujus, 122 v. C., im Intereſſe der Nobi—
lität beantragt, um die gracdjiichen Konzejlionen
noch zu überbieten: eine rogatio, durch welche
die Strafgewalt der römischen Magiftrate gegen
die Latiner bejchränft werden jollte, eine zweite,
welche die den Eigentümern des ajfignierten ager
publicus auferlegte Abgabe aufhob; eine dritte,
welche die Ausführung von 12 Kolonien beabfid):
tigte, deren jede 3000 Bürger verjorgen follte. (Es
fam ihm nur darauf an, das Anſehen des €.
Gracchus zu untergraben, nicht jeine Anträge durch—
zuführen. — B) Von dem gleichnamigen Sohne
des eben genannten, 91 v. E.: 1. de coloniis
deducendis zur Ausführung der längft bejchloffe:
nen Kolonijation in Italien und Eicilien, 1. iudi-
ciaria, bezwedte eine Verſöhnung des Senates
und des Nitterftandes dadurd, daß zu den vor:
handenen 300 Senatoren 300 neue aus dem Ritter:
jtande gewählt und den Mitgliedern diejes Senats
die Gerichte Übertragen werden jollten. Um die
Durchführung zu erreichen, beantragte er eine ].
agrarıa, frumentaria und nummarıa de octava
parte aeris argento miscenda, um durd Ber:
ichlechterung der Silbermünzen den Staatsichak
zu erleichtern. Die ll. agraria, frumentaria und
ıudiciaria hatte er durchgeſetzt, aber die Majorität
des Senats erMlärte fie für ungültig. Um das
den Bundesgenofjen gegebene Berjpredyen zu er:
füllen, beantragte er noch eine 1. de civitate
sochıs danda für alle italifchen Bundesgenofien,
wurde jedoch vor der Abjtimmung ermordet.
Lex Lutatia de vi, wohl eine Ergänzung ber
l. Plautia, ſ. Vis.
Lex Maenia, nad) der J. Hortensia gegeben,
dab die patres im voraus fich bereit erflären
jollten, die lex curiata de imperio den Gewählten
unweigerlich zu bemwilligen. Cie. Brut. 14.
Lex Mamilia, 1) finium regundorum, über
die Örenzftreitprogefie, in ungewifjer Zeit; 2) Ple—
bijeit des Volkstribunen E. Mamilius Yimetanus,
110. C. beantragte die Einjegung einer quaestio
extraorelinaria gegen die unpatriotiichen Männer,
welche fi von Jugurtha hatten gewinnen lajjen.
Sall. Jug. 40, 65.
Lex Mamilia Roscia Pedueaea Alliöna
Fabia, über die Anlage von Kolonien, von man:
chen lex Julia (des Kaiſers Galigula) genannt.
Bol. die Schriften der römischen Feldmeſſer II
©. 221.
Lege» Maniliae, Blebijeite des Tribunen E.
Manilius, 66 v. E.: 1) de libertinorum suffragiis,
daf die Freigelaſſenen in den Tribus ihrer Patrone
ftimmen dürften (früher nur in den 4 ftädtiichen);
2) de imperio Cn. Pompeii, daß Pompejus Feld:
herr gegen Mithridates und Tigranes werden folle,
j. Cie. de imp. Pomp.
l,ex Manlia, 1) Konſulargeſetz, 357 v. €E.,
führte die viecesima für Freilaſſungen ein. Zar.
7, 16; ſ. Staatshaushalt, 17. — 2) Blebifeit,
58 v. &,, erneuerte Die lex Manilia de lıberti-
norum suffragiis.
Lex Marecia, 1) de Liguribus, 172 v. E,,
Leges Liviae — Lex Papiria.
Plebifeit, weldyes Anklage derer beantragte, welche
die Ligurer ungerecht befriegt hätten, gegen M.
Popillius gerichtet (Liv. 42, 21ff.); 2) agrarin,
104 v. E.; f. Ager publicus, 5.
Lex Mareia Atinia, Plebiſeit über den Frie
den mit Philipp von Makedonien. Lir. 33, 25.
Lex Maria de ambitu, 119 v. C ſ. Am bitus.
Lex Marla oder Marcia Porcia, 63 v. C.,
machte die Ehre des Triumphes von der eidlichen
Befräftigung über die Zahl der gefallenen Feinde
abhängig. Val. Max. 2, 8,1.
Lex Memmia, 1) Blebijeit, 111 v. E,, daß
Jugurtha nad) Rom geholt würde, um die anzu:
geben, weiche von ihm beftochen worden wären
(Sall. Jug. 32); 2) de calummiatoribus, ſ. lex
Kemmin.
Lex Menenia Sestia j. Multa.
lex Mensia oder Mincia, beftimmte, daß die
Kinder bei gemilchten Ehen (wenn der eine Teil
das Eonubium entbehrte) der Mutter folgten, aber
nicht dann, wenn die Mutter eine röm. Bürgerin
war. Alſo arteten die Kinder immer der niedri:
geren Seite nad).
Leges Messiae, des Tribunen C. Meſſius, 57
v. C., 1) Borfchlag auf Eiceros Zurüdberufung
(Cie. p. red. in sen. 8); C. Fabrieius brachte ihn
vor das Bolf, wurde aber durch Elodius zurüd-
gewiejen (Cie. Sest. 35.); 2) de Pompeio, des:
jelben Inhalts wie 1. Cornelia Caecılia, aber
weiter gehend, Orc. ad Att. 4, 1; wurde zurüd:
gezogen.
Lex Metilia, 1) Plebijcit, 217 v. E., daß der
Prodiktator DO. Fabius Marimus Berrucojus die
Gewalt mit feinem magister equitum M. Minn:
eins Rufus teilen follie. Liv. 22,25. — 2) ein
Geſetz für die fullones, de poliendis vestibus.
Plin. 35, T.
Lex Minueia, 1) Plebiſcit, 216 v. C. über
die Wahl der Tresviri mensarii. Zar. 23, 24. —
2) Blebifeit, 121 v. E,, verjuchte mehrere Geſetze
des jüngern Grachus mit teilweiſem Erfolge wieder
aufzuheben.
Lex Muecia, Plebiſeit, 142 v. E., daß über
den Prätor 8. Hoſtilius Tubulus, welder ob rem
indicandam Geld genommen hatte, Gericht ge:
halten werden ſollte. Cie. fin. 2, 16.
Lex Octavia, frumentaria, j. Largitio.
Lex Ogulnia, Blebijeit, 300 v. E., daß in die
Kollegien der Pontifices und Augures auch eine
gewifie Zahl (die Hälfte) von Plebejern aufgenom:
men werden jollte. Lie. 10, 6ff.
Lex Oppia j. Sumptus.
Lex Orchla j. Sumptus.
Lex Ovinia }. Senatus, 1.
lex Pacuvia, Plebiſcit über die Veränderung
des Monatsnamens Sextilis in Augustus. Jin.
34, 5.
Lex Papia, de civitate Romana, Plebiſeit,
65 v. E,, woburd alle Nichtbürger aus Rom ge:
twiejen wurden, und bie, welche fich fälichlidy das
römijche Bürgerrecht angemaht hatten, zu gericht:
liher lnterfuchung gezogen wurden, eine Ber:
ihärfung der 1. Junia de peregrinis. Cie. Arch.
5. off. 8, 11. Balb. 23.
Lex Papia Poppaea j. Leges Juliae
(Augusti), 65.
Lex Papiria, 1) 332 v. C. verlieh der Stabt
Acerrä die eivitas sine suffragio. Liv. 8, 17. —
Lex Pedia — Lex regia.
2) Plebijeit, etwa 304 v. E., verbot, ein Haus
oder einen Altar ohne Genehmigung der Tribus zu
weihen. Cic. de dom. 49. 50, vgl. Liv. 9, 46. —
3) Plebiſcit, 131 v. E., a) daß diejelbe Perſon
mehrmäls Tribun werden fönne, was nicht durch—
ging (Cie. Lael. 25); b) tabellaria, ſ. Leges
tabellariae. — 4) reduzierte den Ns oder das
Geldpfund auf die halbe Gewichtunge, jo daß der
Kupferwert '/,. des Silbers betrug; die Zeit un-
gewiß, vielleiht 90 v. E.
Lex Pedia, 43 v. C., bejtimmte beiondere
Unterfuchung und Eril gegen Cäjars Mörder.
Lex Peducaea, Plebiſeit, 113 v. E., ordnete
eine quaestio extraordinaria über 3 des Inceſts
angeflagte Beftalinnen an.
Lex Petillia, Blebijcit, 187 v. E., daß eine
Unterjuchung über pecunia capta ablata coacta
ab rege Antiocho angejtellt würde, gegen L.
Seipio Afiatieus gerichtet. Liv. 38, 54.
Lex Petronia de servis, 61 n. @., verbot
den Herren, ihre Sflaven zu Tierfämpfen zu ver:
urteilen.
Lex Pinaria annälis j. Magistratus,
Lex Pinaria Furia Postumia, 432 v. C.,
unterjagte den Kandidaten die fünftlich wei ge:
machte Toga (Liv. 4, 25), jpäter veraltet.
Lex Piaetoria, 1) Plebijeit über das Amt des
raetor urbanus, 264 v. E.; 2) führte den Unter:
chied zwijchen maiores und minores (nämlich
XXV annis) ein und jchüßte letztere als Un—
mündige gegen Betrügereien (de circumseriptione
adulescentium),
Lex Plautia, 1) agraria, nicht lange vor der
Flavia, die nad) Cie. ad Att. 1, 18 ähnliches In—
halt3 war; ſ. Ager publicus, 5.; 2) iudicia-
ria, 89 v. E., j. Judex, 2.; 3) de vi, f. Vis;
4) 73 v. E., beantragte die Nüdlehr der geflohenen
Anhänger des Lepidus. Swet. Caes. 5. Gell. 13, 3.
Lex Plautia Papiria, Blebijcit, 89 v. E,,
verlieh allen Bürgern der socii die Eivität, wenn
fie binnen 60 Tagen ihre Namen bei dem Prätor
eintragen ließen. Cie. Arch. 3. Dieje lex war
a. — der im Jahre vorher erlaſſenen
. Julia,
Lex Poetelia de ambitu (f. d.), 358 v. E.
Lex Poetelin Papiria de nexis, 326 v. C.,
j. Nexum.
Lex Pompeia, A) des Konjuls En. Bompejus
Strabo, 88 v. C., daß Gallia transpadana die
Yatinität, cispadana die Eivität erhalten jollte.
B) Leges bes En. Pompejus Magnus: 1) de
tribunicia potestate, 70 v. E., ſ. Trıbuni ple-
bis, 4; — 2) de Caesare, 55 v. C., mwodurd)
Eäfar die Provinz Gallien wieder auf 5 Jahre
erhielt (Cie. Phil. 2, 10); 3) de parricidio (j. d.);
4) de vi, 52 v. C., auf Beranlafjung der Er:
mordung des Clodius durch Milo, j. Vis; 5) de
ambitu (j. d.); 6) de provinciis, wonach bie
Provinzen erjt 5 Jahre nach Ablauf des Konjulats
und der Prätur übernommen werden jollten;
7) de iure magistratuum, über die Wahl und
Amtsbefugniffe der Magiftrate.. Bekannt ijt die
Beitimmung, daß fein Abweſender fih um ein
Amt bewerben jollte. Durch die I. Caelia wurde
Eäjar ausgenommen. Suet. Caes. 28. Dio (ass.
40, 51. 56.
Lex Poreia, 1) Es gab 3 leges Porciae bes:
jelben Inhaltes (vielleicht Bervollftändigungen und
687
Ergänzungen), Cie. r. p. 2, 31. Durch fie wurden
die Provofationsbefugnife der Bürger (j. Lex
Valeria unter Provocatio) auch außerhalb
der Bannmeile gejtattet, und der Magiftratus mit
harter Strafe bedroht, welcher einen Bürger feſſeln,
geißeln oder hinrichten lafje (ne quis civem Kom.
vinciret aut verberaret aut necaret. Cie. Rab.
3.4. Verr. 5, 63$.). — 2) Verordnung des M.
Borcius Eato für die Statthalter in den — ———
namentlich in Rückſicht auf ihren von den Provin—
zialen zu tragenden Aufwand (in cultum praeto-
rum); etwa 195 v. C. Liv. 32, 27.
Lex Publicia, Blebijeit, in Bezug auf das
Spielen um Geld. Nach einem alten Gejebe (lex
alearia) war das Würfeljpiel verboten, nur bei
Tifehe und an den Saturnalien war es erlaubt.
Außerdem waren bei Ring: und ähnlichen Wett:
fämpfen, wo es auf förperliche Tüchtigkeit ankam
(ubi pro virtute certamen est), Geidſpiele (in
pecuniam ludere), auch Wetten zugeftanden.
Wahrjcheinlich bezwedte 1. Publicia in dieſer Be:
ziehung eine Einjchränfung.
Lex Publilia, A) ®Blebijcit, 471 v. E., ut
plebeii magistratus tributis comitiis fierent
(Liv. 2, 565.); vgl. Comitia. B) Leges Publi-
liae des Diktators D. Publilius Philo, 339 oder
838 v. E. (Liv. 8, 12): 1) ut plebiscita omnes
Quirites tenerent, eine Einjchärfung der gleich:
lautenden 1. Valeria Horatia, j. Comitia; 2) ut
legum, quae comitiis centuriatis ferrentur, ante
initum suffragium patres auctores fierent, wo—
durch die Betätigung der Centuriatbejchlüffe durch
den Senat aufgehoben wurde; 3) ut alter utique
ex plebe censor crearetur, alles im Intereſſe der
plebejiichen Nobilität.
Lex Pupia, vielleicht jchon viel älter (224 v. E.?)
als die lex Gabinia, ähnlichen Inhalts, ne se-
natus de ulla re toto mense Februario habea-
tur, nisi aut perfectis aut reiectis legationibus,.
Oie. ad fam. 1, 4. Der zweite Teil verbot die
Senatsfigungen an Comitialtagen. Cie. ad Qu.
fr. 2, 12.
Lex Pupia Valeria, 61 v. E., Antrag de in-
cestu Clodii; aber die mildere lex Fufia (j. d.)
wurde vorgezogen.
Lex Quintia, 9 v. E., bedrohte die Verleger
der Nquädufte mit einer Geldftrafe von 100 000
Sefterzien.
lLeges regiae hießen die angeblid von den
Königen vorgeichlagenen und von den Enrien an:
genommenen Geſetze, deren mehrere erwähnt wer—
den. Bon Nomulus: 1) über patria potestas;
2) Ausjegung der Kinder, ſ. Expositio infan-
tum; 3) Ehe; 4) Batronatöverhältnis; 5) In—
jurien gegen die Eltern und Matronen. Bon
Numa Bompilius: 1) über Priefter, Opfer
u. dgl.; 2) Veltalinnen; 3) Beute; 4) pellices;
5) Beltattung der Getöteten; 6) Trauer; 7) Grenz:
fteine; 8) Mord, ſ. Parricidium. Über Tullus
Hoftilius j. Perduellio. Serpius Tullius
joll viele Gejehe gegeben haben, namentlich über
die Obligationen nnd Delikte. Die genannten
Geſetze eriftierten jpäter in einer Sammlung, ius
Papirianum. Die Echtheit derjelben und die
Bezeihnung nad den Königsnamen iſt jehr zweis
felhaft, obwohl man fie als uralt anerkennen muß.
©. Gesetzgebung, 1. ,
Lex regia, aud lex imperii oder de im-
688
perio, iſt das Gejeh, welches ſeit Veſpaſianus 69
n. €. jedem nachfolgenden römischen Kaiſer bei
feinem Regierungsantritt daS imperium und die
andern faijerlihen Nechte verlieh. Tae. hist. 4, 6
erwähnt die Senatsfißung, in der dieſes Senatus-
conjultum beſchloſſen wurde. Ein bedeutendes
Fragment diejer lex regia auf einer ehernen
Tafel befindet jih zu Nom. Außer älteren Ab—
nn (Bed, de lege regia 1780 u. a.) vgl.
Francke, Geihichte Trajans ©. 314 ff. Abgedrudt
ift diejes Fragment in der großen Ausgabe des
Tacitus von Ritter, T. 3 am Ende.
Lex Remmia, bedrohte die Calumniatoren mit
Brandmarfung j. Calumnia. Sie kam allmählid)
außer Geltung.
Lex Rhodia de iactu, privatrechtliche Be:
ftimmungen (von den Rhodiern entnommen) über
die durch Seeunglüd verurjachten Schäden.
Lex Roscia theaträlis, Plebifeit, 67 v. C.,
gab den Rittern im Theater 14 Sißreihen. Liv.
ep. 99. Vell. Pat. 2, 32. Dio Cass. 36, 25. Bu:
gleich wurde der Rittercenjus auf 400 000 Seſter—
zien feitgejegt, vgl. Dio Cass. 54, 17. Hor. ep.
1, 1,58. Wenn ein Ritter in feinen Vermögens—
verhältniffen zurüdtam, verlor er zugleich den An—
fpruch auf die Ritterjiße; diejenigen, welche Konfurs
gemadt hatten, mußten überdies ſich bejtimmte
minder ehrenvolle Site zwiichen der Plebs ge:
fallen lafjen. Cie. Phil. 2, 18. Dies nahm das
Volt als eine Beichimpfung, der Tumult konnte
faum durch eine beruhigende Anſprache Eiceros
bejhwichtigt werden. Cic. ad Att. 2, 1. Plin.
7, 30. Wuguftus gab den dur die Bürgerfriege
verarmten NRittern oder deren Söhnen dennoch die
Ehre der 14 Site. Über bejondere Site der Ritter
im Cirfus gab erft Nero Verfügung, 64 n. C.,
da die I. Roscia hierüber nichts bejtimmt hatte.
Tac. ann. 15, 32.
Lex Rubria, 1) Plebijeit, 122 v. E., ordnete
eine Kolonie auf den Trümmern Karthagos an;
2)de eivitateGalliae cisalpinae, 49v.€E.,
enthielt die prozeſſualiſche Anftruftion für die
Magiftrate Oberitaliens, nachdem dieſes Land zu
Stalien geichlagen worden war und die Civität
erhalten hatte. Fragmente derjelben find auf einer
Metalltafel, 1760 in Veleja aufgefunden, in Barma
vorhanden, nachgebildet bei Ritſchl, prisc. Latin.
mon., tab. XXXIII. Corp. J. Lat. I p. 115.
Leges Rupiliae, Verordnungen des Prokon—
juls P. Rupilius für Sicilien: 1) Reglement für
die Wahl des Senats in Seralleia; 2) Prozeß—
ordnung für Bewohner Siciliens. Cie. Verr
2, 13. 15 ff.
Leges sacrätae im weiteren Sinne hießen
mehrere Geſetze, welche Übertreter mit sacratio
eapitis bedrohten, 3. B. lex Valeria de provo-
eatione, die leges lciliae u. a. Im engeren
Sinne hieß lex sacrata das nad) der erften
Secejfion über die Wahl und die Befugniffe der
unverleglichen Bolfstribunen gegebene und durch
die Strafandrohung der sacratio capitis geficherte
Geſetz. Liv. 2, 33. 5, 11. Cie, oftmals.
Lex Saenla, 29 v. E., von Auguſtus erlaffen,
nahm mehrere plebejijche Familien unter die pa-
trieiichen auf. Tac. ann. 11, 25.
Lex Seatinia oder Scantinia, de nefanda
venere, beftrafte unmatürliches stuprum mit Geld—
itrafe. Cie. ad fam. 8, 12. 14.
Lex Remmia — Leges tabellariae,
Lex Seribonia, 1) des Scribonius Eurio, hob
die Ujucapion der Servituten auf; 2) leges Scri-
boniae des Tribunen E. Scribonius Curio, 50
v. E., von denen einige, wie de agro Campano,
de itineribus (zur Beſchränkung des Aufwandes
bei deu Reiſen der Senatoren), Widerftand fanden,
andere, wie die rogatio viaria und die alimen-
taria, nicht zur Abjtimmung famen.
Lex Sempronia, A) Blebifeit, welches die rö—
mischen Wuchergejege auf die Latiner übertrug.
Liv. 35, 7. — B) Mlebifeite des älteren Tı.
Sempronius Grachus, 133 dv. E.: agraria,
j. Ager publicus, 4. Daß er eine l. de civi-
tate sociis danda verjprochen habe, ift nicht wahr:
icheinlih, wohl aber jtellte er eime J. militaris,
eine 1. iudiciaria und eine l. de provocatione
in Ausficht. — C) Plebifeite des jüngeren E.
Sempronius Grachus, 123 und 1220. E.:
1) agraria, j. Ager publicus, 4.; 2) frumen-
taria, j. Largitio; 3) iudiciaria, j. Judex, 2.;
4) de capite civium Rom., eine Erweiterung und
Schärfung der leges Porciae; 5) über faljche Ber-
urteilung Unſchuldiger; 6) über die Abjtimmungs-
art in den Comitien; 7) de sociis, welche beftimmte,
daß die Latiner die volle civitas, die übrigen
Bundesgenofjen die latinitas erhalten jollten,
ging nicht durch; 8) de provinciis consularibus,
daß die Provinzen vor der Wahl der Konjuln
bon dem Senat bejtimmt werben jollten; 9) de
provincia Asia a censorıbus locanda, über die
Abgaben Afiens; 10) militaris, über Lieferung der
Kleidung für die Bürgermiliz, Dienftzeit zc. Bon
der ganzen Gejehgebung des E. Gracchus blieben
nur beftehen die ]. de capite civis Romani, fru-
mentaria, de provincia Asia, iudiciaria und de
provinciis consularibus. .
Lex Servilia, 1) iudiciaria, des Konjuls O.
Servilius Caepio, 106 v. E., und eine zweite
des C. Servilius Glaucia (Prätor 100 v. E.), j.
Judex, 2.; 2) de repetundis des Brätors E. Ser:
vilius Glaucia, 100 dvd. E,, j. Kepetundarum
cerimen; 3) agraria des Volfstribunen P. Ser:
vilius Rullus, 63 v. E., deren Zurüdziehung Cicero
durdhiegte, j. Ager publicus, 5.
Lex Sestia, Plebijeit über die Zurüdberufung
Giceros, 57 v. C., fam gar nicht an das Bolf.
Cie, ad Att. 3, 20. 23.
Lex Silia, 1) j. Legis actio; 2) Plebiſeit,
welches das Ma der Gefäße nicht ftereometrijch,
jondern nad) dem Gewicht der Flüſſigkeit nor—
mierte, mit Strafandrohung für den Fälſcher.
Lex Sulpicia, A) rivalıcia, d. h. die Wajler-
leitungen betreffend, nicht näher befannt; B) leges
S. des marianiichen Tribunen P. Sulpicius Rufus,
88 v. E.: 1) ut novi cives libertinique in omnes
tribus distribuerentur; 2) ut vi eiecti revoca-
rentur, bezog ſich auf J. Varia; 3) zur Reinigung
des GSenates, daß fein Senator mehr als 2000
Denare Schulden haben dürfe. Als er dieje An-
träge mit LYebensbedrohung der Konſuln durchge:
jept hatte, fügte er 4) den Antrag hinzu, ut Sullae
imperium abrogaretur, C. Mario privato pro
consule provincia Asia et bellum decerneretur
Mithridaticum. Der Senat erflärte nach der Er-
mordung des Sulpicius die per vim durchgejegten
Beſchlüſſe für ungültig.
eges sumptuariae j. Sumptus.
Leges tabellariae, führten jtatt der münd—
Lex Terentia
fihen in den Comitien die jchriftliche Abjtimmung
ein, damit das Volk jelbftändig votieren könne
(Cie. leg. agr. 2, 2. legg. 3, 15. 16): 1) lex Ga-
binia, 139 v. E., orbnete die Täfelchen zuerjt
für die Wahlcomitien an; 2) lex Cassia, 137
v. C. dehnte dieje Einrichtung auch auf die Volks—
gerichte aus, mit Ausnahme der Perduellions:
erichte; 3) lex Papiria, 131 v. E., that das:
elbe mit den legislativen Comitien, und 4) lex
Caelia, 107 v. C., jogar mit den Hochverrats—
prozeſſen.
Lex Terentia, Plebiſeit über die Freige—
laſſenen, 189 v. C., nicht genau befannt. Mut.
Flum. 18.
Lex Terentilia j. Decemviri.
Lex Thoria ſ. Ager publicus, 4.
Lex Titia, 1) agracia, [.Ager publicus, 5.;
2) über die Quäſtur. Cic. Mur. 8.
Lex TrebonTa, 1) de tribunis, 448 v. C. Bis
dahin war Keoptation der Volkätribunen üblich,
wenn die Wahl unterbrochen wurde; 1. Treb. jeßte
feit, daß die Wahl nicht cher aufhöre, als bis
alle Tribunen gewählt feien. — 2) 55 v. E., bean:
tragte, daß Pompejus und Erafius ihre Provinzen
nod) längere Zeit behalten dürften.
Lex tribuniela hieß 1) jede von einem Tri—
bunen vorgeichlagene lex (PBlebifcit); 2) jedes das
tribuniciiche Amt betreffende Gejep.
Leges Tulliae, von dem Konjul M. Tullius
Cicero, 63 dv. E.: 1) de ambitu (f. d.); 2) de
liberis legationibus, wollte den Mißbrauch der
liberae legationes abſchaffen, begnügte ſich aber
bei dem Widerftande der Optimaten mit der Be:
ſchränkung der Dauer derjelben auf ein Jahr, j.
Legatio libera.
Leges Valeriae, A) l. Valeriae des Konjuls
B. Balerius Boplicola, 509 v.E.: 1) de libertate
Vindieii, wodurd der Sklave Bindicius, wels
er die tarquiniiche Verſchwörung angezeigt hatte,
Freiheit und Civität erhielt; 2) de provoca-
tione (ſ. d.); der Angeflagte konnte gegen die
Enticheidung der Konſuln an das Volk appellieren
(Liv. 2, 8. Cie. r. p. 2, 31); 3) de perduel-
lione, daß Streben nad; Alleinherrichaft mit
sacratio capitis zu bejtrafen jei; 4) de quae-
storibus (j. Quaestor, 1.); 5) de candi-
datis consularibus, wahrjcheinlich auch über
das Wahlverfahren. B) Einzelne val. Gej.: 1) de
provocatione, 300 v. E. (Liv. 10, 9); 2) de
civitate Formian. Fundan. Arpinatum,
188 v. E., daß dieſe 3 Kommunen das Stimm:
recht zu Rom erhalten jollten (Liv. 38, 36); 3) de
Callıphane, 98 v. E., Bürgerrechtserteilung an
die Prieſterin Kalliphane (Cie. Balb. 24); 4) de
aere alieno, 86 dv. C. vom Konſul 2. Balerius
Flaceus gegeben; gejtattete den Schuldnern, ihre
Schulden durch Zahlung des vierten Teild der:
felben zu tilgen; 6) de Sulla, 82 v. E., daß Sulla
Diktator werde mit unbejchränfter Gewalt, den
Staat zu ordnen u. j. w.
Leges Valeriae Horatiae, 449 v. E., 1) ut,
quod tributim plebs iussisset, populum teneret;
2) de provocatione (j. d.); 3) daß Tribunen, Ndile,
Decemvirn sacrosancti ſeien. Liv. 3, 55. Die
Übertreter von 2) und 3) waren mit sacratio ca-
pitis bedroht.
Lex Varia de maiestate, 91 v. C., daf die
Reallerifon bes Mafi. Altertums. 7. Aufl.
689
bejtraft werden jollten, welche die italijchen socii
zum Kriege veranlaft hätten.
Leges Vatiniae, Plebiſeite des P. Vatinius,
59 vd. C.: 1) de provincia Caesaris, daß Cäjar
Gallien und Jllyricum auf 5 Jahre als Provinzen
erhalte (Cie. Sest. 64. Vat. 15); 2) de alternis
consiliis reiciendis, daß jowohl Kläger al3 Ange:
flagter das ganze Richterfonfilium verwerfen dürf:
ten (Cie. Vat. 11); 3) dab Cäſar nad) der Kto:
lonie Comum wieder 5000 Koloniſten jchide; bald
vom Konful Claudius Marcellus angegriffen (Suet.
Caes. 28); 4) de Vettii indicio, ordnete Gericht
an über die gegen Bompejus Verjchworenen und
Belohnung des Vettius (Cie. Vat. 11), vereitelt
durch den plößlichen Tod des Vettius.
Lex Yillia annalis, 80 v. E., j. Magistratus.
Lex Visellia, 24 n. E., ordnete die Verhält—
niffe der Latiner zur Erreichung der Eivität, jechs-
jährigen Dienft unter den cohortes vigilum.
Lex VoconYa, Plebiſeit, 169 v. E., verbot die
Erbeinjeßung von uen, um eine Quelle der
Neichtiimer zu veritopfen, durch welche die Frauen
am meiften zur Verſchwendung geführt würden,
ejtattete aber den Frauen Legate zu vermaden,
—2* nur die Legate die Hälfte der Erbſchaft
nicht überſchritten, was überhaupt von jedem Le—
gate galt; j. Legatum, Cic. r. p. 83,— i0. Verr.
1, 41 ff.
Ansıapxıxöv yorumaresiov |. Sijuoı.
Lexiarchen, An&i«gyo:, atheniiche Beamten,
6 an der Zahl, die, von 30 Gehülfen unterftüßt,
dafür zu jorgen hatten, daß fein Unberechtigter
ji in die Vollsverjammlung eindrängte, daf jeder
Bürger zu rechter Zeit fam und feiner diejelbe
vor der Zeit verlieh.
Lexovii, An&oßıoı, Völkerſchaft im lugdunen-
ſiſchen Gallien am Ausflug der Sequana, zu den
eivitates Aremoricae gehörend, mit der Haupt:
ſtadt Noviomagus (j. Sifieug), aljo in der heutigen
Normandie, Departement Lalvados. Caer. b. g.
3, 9. 11. 17. 29. 7, 75. Strab. 4, 189.
Libanios, Außavıos, —— Sophiſt, zu
Antiocheia in Syrien um das Jahr 315 n. C. ge:
boren, ging, nachdem er den erjten Unterricht in
jeiner Baterftadt von dem Rhetor Benobios er:
halten hatte, nach Athen, wo er durch fleißige
Studien in furzer Zeit zu großem Anjehen gelangte.
Darauf begab er ich nah Eonftantinopel, wo er
mit Beifall lehrte, jedoch durch die Mißgunſt feiner
Gegner, die ſich durch ihn verdunfelt jahen, ver:
leumdet und von der Regierung ausgewieſen wurde,
346. 5 Jahre lang lehrte er nun in Nifomedeia,
ging jedoch nach Ablauf diejer Zeit infolge einer
Berufung wieder nach Eonftantinopel zurüd; von
hier begab er ſich indes, da ihn fortdauernde
Bladereien beunruhigten, nad jeiner Vaterſtadt
Antiocheia und ftarb dajelbft in hohem Alter, etwa
393. Obwohl Heide und deshalb vom Kaiſer
Julian jehr begünftigt und durch die Würde eines
Duäftorius ausgezeichnet, war er gegen die Chriften
doc duldſam; Bafileios und Joannes Chryſoſto—
mos, wahricheinlich auch der Hiltorifer Ammianus,
waren jeine Schüler. — Zahlreiche Schriften find
von ihm verfaßt und zum großen Teil erhalten,
alle in griechiiher Sprade. Den eriten Plab
nehmen * Reden, Aöyoı, ein, teils Muſterreden
zu rhetoriichen Übungen (mgoyvurasudenv mapu-
derlyuere), über 60, teils Reden über erdichtete
44
— Libanios.
690
Gegenftände, welfraı, etwa 50; unter diejen Neben
find mehrere wichtig für die Geſchichte bejonders
jeiner Zeit, namentlid die Reden an Julian, die
Xobreden auf Eonftantius und Conjtans. Wichtig
ift ferner jeine Lebensbeichreibung des Demofthenes
und die Inhaltsangaben (bmodt£laeıs) der demo:
jthenifchen Reden. Sodann befigen wir von ihm
eine große Anzahl Briefe, 1607 Stüd (400 in
lateintjcher Sprache haben ſich ald moderne Fäl-
ichungen erwiejen), von denen nicht wenige an
bedeutende Männer gerichtet find und uns ein an—
ichauliches Bild jener Zeit geben. Die Sprache
des Libanios, gebildet durch gründliche Studien
des Homer, Platon und bejonders der attiichen
Nedner, jowie des Arifteides, ift rein, aber nicht
ei von der Unnatürlichkeit und Geziertheit, welche
ih in allen Schriftftellern jener Periode findet. —
Die erfte, unvollftändige Ausgabe jeiner Werte
erichien zu Ferrara (1517); die bis jegt vollſtän—
digjte Ausgabe ift die von %. J. Neisfe (1791—
1797); die Briefe von J. C. Wolf (1711). Bgl.
G. R. Sievers, das Leben des Libanios (1868).
Libänon, rö Aißavov ögog oder ö Alßavog,
das Hauptgebirge Syriens, die Grenzſcheide zwiſchen
Phoinikien und Koileſyrien. Es erjtredt fich der
Küfte parallel etwa 20 Meilen, von Sidon bis
Simyra (j? Samra), und fteigt im Norden bis zu
3063m an. Den Namen „weißes Gebirge” (j.
Dichebel Libnan) hat es wohl nicht von jeinen
Kalkfelfen, fondern von den Schneegipfeln (Tac.
hist. 5, 6). Berühmt find jeine Zedern. Pol. 5, 45.
Strab. 16, T54ff.
Libatio j. Opfer, 3. 10.
Libellus, A) im Prozeß j. d. a. inscriptio, d. h.
ichriftliche Kriminalanflage und Anzeige der De:
latoren; B) Adreſſe, Bitte u. j. w. an den Kaiſer
oder Senat. Die Kaijer hatten bejondere Beamte,
a libellis oder libellenses genannt, welche die
libelli annahmen und beantworteten. — C) Im
gemeinen Leben öffentlicher Anſchlag über Verkäufe,
verlorene Gegenftände, Ankündigung von Spie-
len u. ſ. w. Endlich auch ein Notizbuch, eine Mappe
mit wichtigen Papieren. Tac. ann. 3, 16.
Liber famösus, j. db. a. carmen famosum,
Schmähſchrift, ſ. Iniuria.
Liber, Libera und Liberalia j. Diony-
sos, 10,
Libertas, 1) mythologijch: römische Perſoni—
fifation der Freiheit, dargejtellt als Frau mit dem
pileus, dem Symbol der freiheit, mit einem
Lorbeerkranze, eine längliche Mütze in der Nechten,
in der Linfen Lanze und Füllhorn. Sie hatte einen
Tempel auf dem Wpentinus, dem Hauptjige der
Plebs, der von Ti. Sempronius Gracchus, dem
Vater des Siegers bei Benevent, errichtet worden
war. Liv. 24, 16. Wahrjcheinlich bezog fich diejer
Tempel auf die Befreiung der ‘Plebejer von dem
Drude der Batricier. Einen Tempel der Libertas
erbaute Clodius auf der Stelle, wo Ciceros Haus
geitanden hatte. Cic. de dom. 51. legg. 2,17. Ein
anderer, auf Staatskoſten errichteter Tempel der
Libertas wird erwähnt Dio Cass. 43,44. Außer—
dem gab es ein atrium Libertatis (Liv. 25, 7),
das zur Aufbewahrung der Cenjustafeln diente
und nad einem Brande zur Zeit des Muguftus
von Ajinius Pollio wiederhergejtellt wurde. Suet.
Oct. 29. — 2) ftaatsredhtlid: der Stand der
Freien, zerfiel in ingenui (libere nati) und liberti,
Libanon — Libethrion.
nr die durch Geburt und die durch Manumiſſion
eien.
Libertinus und Libertus, jener der Freige—
lafjene im Verhältnis zum Staat, libertus der
Freigelafjene im Berhältnis zu jeinem Herrn; vor
alters aber hie libertinus der Sohn lıber-
tus. — 1. Die Freilaffung der Sflaven erfolgte durch
die Manumissio (j. d.). Der lıbertinus em-
fing den Gentilnamen, oft auch den Bornamen
* Herrn und dazu gewöhnlich ein Cognomen,
z. B. Chrysogonus, der Freigelaſſene Sullas,
Tiro, der des Cicero. Die durch die verſchiedenen
Arten und Bejchränfungen der Freilafiung ent—
ftehenden Klaſſen der Libertinı waren: 1) cives;
2) Latıni Juniani (f. d.); 3) deditieii (j. d.);
4) statu liberi. — ll. Zuftand der Lib., welche
eives geworden waren: 1) ſtaatsrechtlich. Sie
waren in den ftädtichen Tribus und im den Cen—
turien —— mit vollem Stimmrecht, wenn
auch ihr Einfluß ſehr gering war, denn die tribus
urbanae waren übervoll, und in den Centuriat—
comitien ftanden fie ihrem Vermögen zufolge in
den unterften Klafien. Der Cenſor App. Claudius,
312 v. C. machte eine gewaltige Ummälzung,
indem er den lib. geftattete, fich ın allen Tribus
einfchreiben zu laſſen. Dieſe ftaatsgefährliche Ein:
richtung änderte der Cenjor D. Fabius Marimus
Rullianus 304 v. E. dahin, daß die lib. wieder
in die 4 tribus urbanae zurüdgehen mußten,
eine Beitimmung, die abermals 220 v. €. (Zar.
ya 20) eingejhärft wurde, ebenſo durch die lex
emilia, 115 v. E.; und jo blieb es auch troß
der lex Sulpicia, Manilia, Clodia und Manlia,
j. dieſe leges. Bon Ehrenftellen und Kriegsdienft
waren die lib. ausgeichloflen, von letzterem aber
nur bis zu dem Bundesgenofjenkriege. — 2) Pri-
vatrechtlich ftanden die lib. den andern Bürgern
rüdfichtlich de commercium gleich, nicht aber in
Beziehung auf conubium, und ſtets galt die Heirat
zwiſchen einem ingenuus und einer libertina als
ignominia für den erfteren. — Wichtig ift das
Verhältnis des lib. zu jeinem Freilaffer. Die enge
Beziehung zeigen der gemeinfame Name und das
emeinfame Begräbnis. Rechtlich einflußreich war
Anſpruch der Patrone auf die Intejtaterbfolge
der Hinterlaffenfchaft des lib. und auf die Bor:
mundjchaft über die Frauen und Kinder der lib.
Undanfbare lib. wurden beftraft, doch ohne Berluft
der Freiheit. — Unter den Kaifern famen mandhe
lib. zu hohen Ehren ala Günſtlinge der Kaiſer,
welche von ihrem Einfluß oft einen jehr ſchlechten
Gebrauch machten.
Liböthra, Alßndoa, Asidndgor, Asidnden,
eine 3 frühzeitig durch den Infolge eines
Wolfenbruchs ausgetretenen Waldbach Sys zer:
ftörte Stadt der mafedonischen Landſchaft Pieria
am Dlympos, jüdweftlich von Dion. Strab. 9, 410.
Paus. 9, 30, 5.
Libethrion, rö Aıßrj®gıor (au Asıßj®gıor)
deos, weftlicher Teil des Helifon, 1 Meile von
Koroneia entfernt, mit den Bildfäulen der libe-
thriſchen Muſen und Nymphen, deren Grotte nebit
2 Quellen (fie ähnelten weiblichen Brüften und
auch ihr Wafler war milhähnlich) jich auch dort
befand. Höchſt wahrſcheinlich iſt es der heutige
Berg von Megali Lutza in einer noch jetzt durch
Waſſerfülle ausgezeichneten Gegend. Paus. 9, 34,4,
Strab. 8, 410,
Libitina — Lieiniü.
Libitina, altitalifche Göttin der Luft, zugleich
eine Göttin der Gärten und Weinpflanzungen, in
jpäterer Zeit wegen ihrer Beziehung zur Toten:
bejtattung mit Projerpina und, wahrſcheinlich wegen
des Gleichklangs mit libere und libido, mit Venus
identifiziert, welche leßtere auch die Beinamen
Lubentina, Lubia hatte. In dem Tempel der
Venus Libitina wurden alle Gerätichaften, die
zur Beftattung gebraucht wurden, aufbewahrt, und
Servius Tullius hatte verordnet, daß für jeden
Verftorbenen ein Geldjtüd in denjelben entrichtet
wurde (lucar Libitinae). Die Dichter gebrauchen
daher das Wort metonymilch geradezu für den
Tod (Hor. od. 3, 30, 6. sat. 2, 6, 19. Phaedr.
4, 20, 26).
Libitinarius, der Zeichenbeftatter, jo gen. von
Libitina, in deren Tempel alles zur Beftattung
Erforderliche jich befand. Der Libitinarius über:
nahm das ganze funus in Accord (libitinam exer-
cere) und bediente fih dazu der pollinctores
(Salber), vespillones (Leichenträger) u. j. w.
Libo ſ. Seribonii.
Libritöres f. Funditores.
Libum, Opferkuchen und laden, die den Göt—
tern bei feitlihen Gelegenheiten, namentlih an
Geburtstagen dargebradht wurden und aus feinem
Weizenmehl, Eiern, Milh und DI gebaden und
noch warm mit Honig beftrichen wurden. Gie
fommen aber auch als gemwöhnliches Efien vor;
die jie bereiteten, werden libarii genannt.
Liburnae (eigentl. Liburnicae), nämlich naves,
die ſchnellen und leichten Fahrzeuge, auf denen
die illyriſchen Yiburner ihre Seeräubereien auf
dem Joniſchen Meere trieben, meift aus Fichten:
oder Zannenholz gebaut und Zwei- oder Drei:
ruderer. In der Kaiſerzeit fommen fie auch als
Kriegsichiffe vor, nachdem Detavian bei Actium
ihre Brauchbarfeit gegen die großen Schiffe des
Antonius erkannt hatte. Hor. sat. 1, 37, 30.
en
Liburnia, Aßovovi«, das Küſtenland Illy—
riend zwijchen den Flüſſen Arfia (j. Arja) und
Titius (j. Kerla), die es im Norden von Iſtria,
im Süden von Dalmatia ſchieden, der mweftliche
Zeil aljo des heutigen Kroatien und der nörd—
lihe von Dalmatien. Als rauhes Gebirgsland
(von den Albijchen Bergen, j. Alban, durch—
zogen) war das Yand wenig fruchtbar, und die
Bewohner, Ziburni, waren auf Kandel und
Schiffahrt angewiejen; mit ihren jchnelljegelnden
Schiffen (Liburnae naves) fuhren fie in ferne
Gegenden. Bon ihren Nachbarn bedrängt, warfen
fie fich frühzeitig (176 v. E.) den Römern in die
Arme, denen die Flotte der 8. jehr zu ftatten
fam. — Unter den Städten find zu merfen: Tar:
fatica (j. Zerjatto), Flanona (j. Fianona), Al:
bona (j. Alvona) am Flanatijhen Meerbujen
(i- Kanal del Duarnero), Senia (j. Zengg), Cori:
nium (j. Garin), Anona (j. Nona), Jader (j. Alt
Zara) und die Hauptftadt Scardona, jämtlich
an der Hüfte. Plin. 3, 22, 26.
Libya j. Africa.
Libyfei montes, rö Aıßvrov ögog, das Gebirge
an der Wejtgrenze Ägyptens, j. Dichebel Seljele.
Hadt. 2, 8. Strab. 17, 819.
Libycum mare, ro Aıßvnör mehayos, hieß
der Teil des Mittelländiichen Meeres zwtichen den
691
beiden Syrien und der Inſel fireta. Pol. 1, 42,
Diod. Sie, 5, 39. Strab. 2, 122. 10, 488.
Libyphoenices, Aßvgoirıneg, Arßogpolvınes,
hieß die aus der Vermiſchung von Phoinifern
und Libyern entjtandene Bevölferung der phoini-
fiüichen Kolonien an der Nordfüfte von Afrika,
auc in Südſpanien. Pol. 3,33. Diod. Sie, 20, 55.
Liv. 21, 22. 25, 40. Strab. 17, 835,
Libyssa, Adßvooe, bithyniiche Küftenftadt auf
dem Wege von Nilomedeia nadı Chalfedon, wo
Hannibal (183 dv. E.) Gift genommen haben joll.
Plut. Flam. 20. Eutr. 4, 2. Aur, Vict, 42.
Lichas, Aixas, 1) j. Herakles, 12. — 2) ein
reiher Spartaner, befannt durch die Bewirtung
der an den Gymmopaidien in Sparta anmwejenden
fremden (Xen. Mem. 1, 2, 61) und durch einen
Sieg in den DOlympien (DI. 90), wurde jpäter
mehrmals zu Gejandtichaften verwandt und bewies
jih dem Tifjaphernes gegenüber als ein Mann
von Freimut und ehrenhafter Gejinnung. Thue.
5, 22. 76. 8, 39 ff.
Lieinii, ein plebejiihes, urjprünglid aus
Etrurien oder aus Tuſculum jtammendes Ge—
ichlecht, welches in den jpäteren Zeiten der Repu—
blit in mehreren Zweigen zu Rom blühte und zu
roßem Anjehen und Ruhm gelangte. Folgende
Ad die bedeutenditen Männer daraus: A) 1) C.
Lic., im 9. 493 v. E. Vollstribun mit 2. Al:
binus. Liv. 2, 33. 58. — 2) P. Lic. Calvus
Eſquilinus, war der erjte plebejiiche Kriegs—
tribun mit fonfulariicher Gewalt im J. 400 v. E.
Liv. 5, 12. — 3) ®. Lie. Calvus, fein Sohn,
erhielt auf Bitten des Vaters und an der Stelle
desjelben, der zum zweitenmal dazu gewählt war,
dasjelbe Amt im & 396 v. C. Liv. 5, 18. —
4) C. Lic. Ealv. Stolo, 368 v. E. erjter aus
der Plebs ermwählter magister equitum. Gein
Diktator hie P. Manlius. Liv. 6, 3. 39. — 5) E.
Lic. Ealv. Stolo, 376 v. E. Volfstribun mit
2. Seftius, brachte gemeinſchaftlich mit diejem
einen Antrag ein, der die Berbeflerung der jocialen
Lage der bedrüdten Plebejer betraf und ihnen die
Teilnahme am Konfulate verichaffen jollte (ſ. Leges
Liciniae Sestiae). Der Senat jegte demſelben
teil3 durch den Einjpruch einer Minorität der Tri:
bunen, teild durch die Macht der Diktatur Wider-
ftand entgegen, mußte jich aber zunächit in betreff
der Schuldenverhältnifje und im betreff der pos-
sessiones der Reihen am ager publicus fügen.
Die Abjichaffung der Konjulartribunen und die
Teilnahme der Blebejer am Konfulate wurde nad)
gehnjährigem Kampfe im 9. 366 nur durch ein
tompromiß erreicht, welches die Wahl eines neuen
praetor, qui ius in urbe diceret, aus den Patri:
ciern geftattete. Plut. Cam. 39 ff. Liv. 6, 35—42.
Im %. 364 wurde Lic. Konjul, zum zweitenmal
im J. 361.. Die von Haß ‚gegen ihn erfüllten
Batricier Hagten ihn 357 der Übertretung des von
ihm ſelbſt gegebenen Ackergeſetzes an, da er mehr
Land beſaß, ald das Geſetz erlaubte (1000 Morgen
ftatt 500), weshalb er mit einer Geldftrafe belegt
wurde. Liv. 7,16. Val. Max. 8,6. Plin. 8, 3.
— 6) C. Lic. Varus, befämpfte als Konſul des
Jahres 236 v. E. die Gallier und befiegte darauf
die Korjen. Zonar. 8, 18. — T) BP. Lic. Barus,
erhielt als Prätor im %. 208 v. E. Befehl,
Italien mit einer Flotte gegen einen Angriff der
Karthager zu deden. Liv. 27, 22. Nach Cicero
44*
692
(de or. 2, 61, 250) jcheint er nicht ohne Wiß ge:
wejen zu fein. — I) Craſſi: 8) P. Lie. Eraj:
jus Dives, erlangte noch jehr jung das Wonti:
fifat (212 v. E.), wurde im folgenden Jahre Adil
und gab prächtige Spiele. Im J. 210 befleidete
er die Cenſur (ausnahmsweije vor der Prätur und
dem Konfulate), und 205 das Konſulat. Liv.
25,5. 27, 5f. 21f. 28, 38. Cie. Brut. 19. Plut.
‘ab. 25. In lehterem Amte befehligte er in
Unteritalien gegen Hannibal, ohne daß es zu
ernften Kämpfen fam. Mit Ruhm focht er als
Profonjul 204 in der Schlacht bei Kroton gegen
Hannibal. Liv. 29, 36. Er ftarb 183. Liv. 39, 46.
Als Pontifex Marimus ftand er in großem Rufe,
da man ihn wegen jeiner Nechtöfunde jehr ſchätzte.
Liv. 30, 1. 31, 9. 36, 2. — 9) P. Lic. Erajjus,
erhielt im 3. 171 v. E. das Konſulat und den
Oberbefehl gegen Berjeus von Matedonien (Liv.
42, 32 ff.), erlitt aber eine Niederlage bei Larifja.
Liv. 42, 57 ff. Just. 33, 1. Plut. Aemil. Paul. 9.
Mit Härte verfuhr er darauf gegen die Griechen
und wurde deshalb vom Senat in Strafe genom:
men. Liv. 43, 4 ff. — 10) Sein Bruder, E. Lic.
Erajjus, begleitete ihn als Legat nach Makedo—
nien, wo er unter ihm in der unglüdlichen Schlacht
bei Yarifja foht. Im J. 168 v. E. zum Konſul
gewählt, blieb er in Italien und begab fich erft
um folgenden 3. im Auftrage des Senates nad
Makedonien. Liv. 44, 17. 45, 12 ff. — 11) €.
Lic. Erafjus, Volfstribun im %. 145 v. E,,
wandte fich nicht, wie es bisher Sitte geweſen
war, beim Reben gegen die Eurie, jondern an
das Rolf, gegen das Forum. Ein von ihm vor:
geichlagenes Geſetz, nach welchem die Prieſter—
follegien ſich nicht mehr ſelbſt ergänzen, ſondern
die Ergänzungswahlen dem Volke überlafien joll-
ten, ging nicht durch. Cic. Lael. 25. — 12) P.
Lic. Erafj. Dives Mucianus, ein Sohn des
P. Mucius Scävola, Ndoptivjohn des B. Craſſus
Dives, wurde Konful im J. 131 v. E., leitete den
Krieg gegen NAriftonifos in Afien, wurde in dem:
felben Jahre von diejem bei Leufai geichlagen und
fand auf der Flucht den Tod (Just. 36, 4: vietus
poenas ınconsultae avaritiae sanguine dedit).
Liv.ep. 59. Val. Max.3,2, 12. Vell, Pat.2,4. Er
zeichnete fich aus durch jeine Kenntnis des Rechts
und durch feine Berediamkeit (Cie. de or. 1, 50)
und war der griechijchen Sprache vollfommen
mächtig. Er war ein Freund des Ti. Gracchus
und förderte noch nach deſſen Tode die Ausfüh-
rung des Adergejepes desielben. Plut. Tib. Gracch.
9. 215 vgl. Cie. r. p. 1, 19, 31. — 13) 8. Lie.
Erajjus, geboren im J. 140 v. E., zeichnete ſich
bereit3 im jugendlichen Alter aus. Erſt 21 Jahr
alt, erhob er 119 eine Klage gegen den E. Ba:
pirins Carbo, der anfangs ein Anhänger des Ti.
Srachus geweſen, dann jedody 120 völlig zur
Partei der Optimaten übergegangen war, aber,
durch die Rede des Craſſus politiſch vernichtet,
ſich jelbft das Leben nahm (vgl. Papirii |], 1.).
Seine Beredjamteit bildete er aus, während er
Duäftor in Aſien war, und darnach zu Athen,
indem er dort die bedeutendften griechiichen Rhe—
toren hörte. Cic. de or. 2, 88. 3, 20. Nach feiner
Rückkehr führte er mehrere Prozeſſe, befleidete das
Tribunat und unterftügte (106) das Geſetz des
D. Servilius Cäpio zu Gunsten des Senats, der
(freilich nur bis zum J. 104) die Gerichte wieder
Lieinii.
erhielt. Cie. de or. 1, 52, 225. 2, 55, 223. Cluent. 51.
Brut. 43. 86. Mit Mucius Scävola beffeidete
er gemeinschaftlich die meiften Amter, jo die Adi—
lität, welche fi) durch prachtvolle Spiele aus:
zeichnete. Plin. 8, 16. Cie. off. 2, 16. Im J. 95
erhielt er das Konfulat zugleich mit DO. Scävola
und entzog als Konſul durch ein Geſetz den Bundes:
genofjen, welche ihr Bürgerrecht nicht beweiſen
fonnten, dasjelbe, jowie er den wegen feiner Ge—
richtsbill vom Ritterftande gehaßten Servilius, ob-
wohl vergeblich, zu verteidigen juchte, jo daß er,
durch ein höchſt tumultuarisches Verfahren ver-
urteilt, nad) Smyrna ins Eril ging. Cie. Brut.
44, 64. Verr. 2, 49, 122. Während feiner darauf
folgenden Verwaltung des cisalpinijchen Galliens
ewann er durch offene und edle Behandlung den
Sohn des von ihm 119 angeflagten Carbo ganz
für fich, der dorthin gegangen war, um des Erafius
Verwaltung in Gallien zu beobachten und fich
Mittel zur Rache für die Verurteilung feines Vaters
zu verichaffen. Ein wegen Befiegung einiger Berg:
völfer von ihm beanipruchter, aber nicht verdienter
Triumph wurde ihm verjagt, vornehmlich durch die
Einjpradhe des DO. Scävola. Als Cenſor (im J.
92) gab er mit feinem Kollegen En. Domitius
Ahenobarbus das berühmte Edit gegen die Schu:
len der lateiniſchen Rhetoren. Gell. 15, 11.
Sein letztes Auftreten war einige Tage vor jeinem
Tode am 13. September 91 im Senat gegen den
Konjul Marcius Philippus, wobei noch einmal
jeine ganze Redekraft im helliten Glanze ftrahlte.
Cie. de or. 1,7, 24. 3, 1,1. Brut. 88, 308. Quint.
11, 1, 37. Craſſus war, wie Cicero bezeugt, einer
der ausgezeichnetften Redner Roms, hervorragend
durch eine ebenjo fräftige ald anmutige Rede (er
führte zuerft die ornamenta dicendi bei den
Römern ein). Sorgfältige Studien hatten ihn
dazu gebildet, tüchtige allgemeine Kenntniffe be-
fähigten ihn noch mehr dazu. Die plaftifche Ruhe
jeines Vortrags und jein treffender Witz verichaff-
ten jeinen Reden große Vorzüge. In Ciceros
Schrift de oratore jpielt er die wichtigfte Rolle.
Bon jeinen zahlreichen Reden hat uns nur Cicero
einige Stellen erhalten. Abhandlung von Dette
(1873). — Seine Tochter, 14) Licinia, die Ge—
mahlin des jüngeren Marius, war, wie ihre ältere
Schweſter gleiches Namens, eine beredte Frau.
(ie, Brut. 58. — 15) ®B. Lic. Craſſus Dives,
Bater des Triumpirs, wurde im J. 97 v. E. Konſul,
fämpfte darauf während einer mehrjährigen Ver:
waltung Spaniens gegen die dortigen aufrühre:
riichen Bölfer, wurde im %. 90 im Kriege gegen
die Bundesgenofjen als Legat des Konfuls L. Julius
Eäjar Strabo von Lamponius gejchlagen, befleidete
mit demjelben Cäſar 89 die Cenſur und tötete jich
nad) den Achtserflärungen durch Marius (87) mit
eigener Hand, um nicht in die Hände feiner Feinde
zu fallen. Cie. Sest. 21. Scaur. 3. tusc. 5, 19, 55.
Plut. Crass. 4. App. b. ce. 1, 72. — 16) M. Lic.
Erajjus Dives, der jüngfte Sohn des vorigen,
geb. 114 v. E., entrann mit Mühe dem Scidjal,
welches jeinen Vater traf, und juchte Zuflucht und
Schutz in Hilpanien. Plut. Crass. 4f. Als Sulla
gegen Rom zog, ſchloß ſich Erafius ihn an und
fämpfte mit Ruhm unter ihm, namentlich in der
blutigen Schladhht vor den Thoren Roms am
1, Novbr. 82. Plut. Crass. 6 Sull. 29. App.
b.c.1,93. Dann erhielt er den Oberbefehl im
Lieinii.
Kampfe gegen die SHaven unter Spartacus, den
er gänzlich befiegte und tötete, 71 v. C. Plut.
Crass. 10. Mit Pompejus zum Konful für das
folgende Jahr gewählt, zerfiel er bald mit jeinem
Kollegen, deſſen —* ſeine —— verdunkelte.
Dagegen ſuchte er das Volk durch Geſchenle er
fih zu gewinnen, während Bompejus ein Gleiches
that. Später ſöhnten fich indes beide wieder aus.
Tut. Pomp. 23. Orass. 12. In gleichem Zwiſte
lebte er mit Lutatius Catulus, als beide im J. 65
Genjoren waren. Das jpätere Bejtreben des Pom—
peius, zur Macht zu gelangen, und das Glück des:
jelben in jeinen Feldzügen erregten des Erafjus
Haß & en ihn von neuem, jo daß er ſich deshalb
dem dar enger anſchloß und diejen bei jeiner
Bewerbung ums Konjulat im J. 60 unterjtüßte.
Cäſar jöhnte nun die beiden Gegner miteinander
aus, und die 3 Männer bildeten das ſogenannte
erfte Triumpirat. Vell. Pat. 2, 44. Für das %. 55
wurde Crafjus wieder mit Bomperus zum Konful
erwählt, nachdem erneuerte Zwijtigfeiten abermals
durch Cäfar beigelegt waren. Erafjus befam Syrien
auf 5 Jahre als Provinz und den Krieg gegen
die Barther, in welchem er ſich glänzenden Ruhm
zu erwerben dofkte, jo wenig man ın Nom auch
von diejem ege erwartete. Plut. Pomp. 52.
Crass. 15 ff. Caes. b. g. 4, 1. Dio Cass. 39, 31 ff.
Cie, div. 2, 40, 84. Er begab ſich noch vor Ab:
lauf feines Konjulats nad; Syrien, ging über den
Euphrat, unterwarf Meiopotamien und 308 darauf
gegen Seleufeia. Im J. 54 ernenerte er den Krieg,
ging abermals über den Euphrat und lieh ſich von
en ihn umjchwärmenden Parthern in die Wüſte
loden. Plut. Crass. 21. Ihren heranrüdenden
Feldherrn Surena griff er an, wurde aber ge:
ichlagen und hatte dabei den Tod feines jüngeren
Sohnes zu betrauern. Auf dem Rüdzuge wurde
er bei Carrhä angegriffen, geichlagen und von den
Barthern, als er auf Wunſch des erichöpften Heeres
zum Zwede der Verhandlung ſich vom Lager zu
weit entfernt hatte, niedergehauen, am 9. Juni 53.
Plut. Orass. 25—31. Caes. b. c. 3, 31. Ov. fast.
6, 465. Liv. ep. 106. Mit ihm fand der größte
Teil des römijchen Heeres den Untergang. —
Craſſus hinterließ den Ruf eines habfjüchtigen
Mannes. Schon frühzeitig, zur Zeit ber Pro—
jfriptionen, hatte er den Grund zu jeinem nach—
erigen, jprichwörtlich gewordenen Reichtum ge:
egt, welchen zu vergrößern ihm jedes Mittel recht
war. Plut. Crass. 2. Cie. off. 1, 30. fin. 2, 18, 57.
Der Ruf feiner Habſucht war jogar zu den Par:
thern gedrungen. Weit an Klugheit und Charalter-
ftärfe hinter — Nebenbuhlern Cäſar und Pom—
pejus zurückſtehend, trachtete er doch nach hohen
Dingen und war eiferſüchtig und empfindlich. —
Seine beiden Söhne waren: 17) M. Lic. Eraji.
Dives, der Cäſar als Quäſtor nad) Gallien be-
gleitete und fpäter das cisalpinische Gallien ver:
waltete. Caes. b. g. 5, 46. 6,6. — 18) ®. Lie.
Eraji. Dives, der jüngere Bruder des vorigen,
Legat Cäſars in Gallien, wo er fich (56) als
tüchtigen Feldherrn zeigte. Caes. b. g. 2, 34.3, 20ff.
Mit einer Schar galliicher Reiter nahm er am
Zuge gegen die Parther teil, auf welchem er im J.
58 feinen Tod fand. Plut. Crass. 17. Mit Cicero
war er jtet3 jehr befreundet. Aus Ciceros Auße—
rungen, der feine Berediamfeit, Kenntniffe und
Tüchtigkeit rühmt, ift zu jchließen, dab er in allem
693
das Gegenteil von jeinem Vater war. Cie. ad ſam.
5,8. 13,16. Brut. 81. — 19) €. Lie. Eraji.
Mucianus, aus der familie der Mucier, adop—
tiert von einem Licinius Craſſus, Konjul 67, 70
und 72 n. E., verwaltete Syrien ſehr tüchtig bis
um Tode des Galba. Bejonders thätig war er
dir die Erhebung Veſpaſians auf den Thron. Tac.
hist. 1, 10. 76. Suet. Vesp. 6. Diejer jandte ihn
nad Italien, welches er für ben neuen Kaiſer ges
wann, und wo er nach des Bitellius Tode in
Verbindung mit Domitian die Regierung bis zur
Ankunft Beipafians führte, Tac.hist.2,95.4,11.39.
Dio Cass. 66, 2. Geitdem lebte er jehr zurüd-
g ogen und widmete jeine Muße jchriftitelleriicher
an feit, bejonders in der Geographie und Natur:
dichte. Plin. 5, 9. 86. 7, 50. Er hatte auch
Neden und andere Urkunden aus der republifani-
ſchen Zeit gejammelt. Tac. dial. 37. Monogr.
von 2. Brunn (1870). — 0) Yuculli, deren be—
fanntefte Mitglieder folgende find: 1) €. Lie.
Lueullus, Bollstribun 196 dv. C. Liv. 33, 42,
— 2) 2. Lic Luc., Konfjul im J. 161 v. C.
(Cie. Brut. 21, 81), befiegte in Hijpanien mehrere
aufrührerifche Völferichaften. Ziv. ep. 48. — 3) 2.
Lic. Lue., befämpfte im %. 102 v. C. als Bro:
prätor die empörten Sklaven auf Sicilien, erlitt
aber, nad ig glüdlichen Erfolgen, eine
Niederlage. Nach) Rom zurücdgelehrt, wurde er,
vom Augur D. GServilius des Unterjchleifs an—
geftagt und überwiejen, mit Verbannung beitraft.
or. 3,19, 11. Cie. Verr. 4, 66. Plut. Lue. 1.
— Sein ältefter Sohn, 4) 2. Lic. Luc., geboren
vor 106 v. E., trat zuerjt mit einer Klage gegen
Servilind, den Urheber der Verbannung jeines
Baters, auf, ohne ——— Klage durchzubringen.
Plut. Luc. 1. Im Kriege gegen die Bundes—
genofjen wie gegen Mithridates zeichnete er ſich
aus, und bejonders in leßterem legte er den Grund
zu feinem jpäteren Ruhme, indem er im %. 87
Seren 21 Jahr alt) die von jenem Könige be:
egten Injeln und Städte an der Küſte Aſiens
einnahm und deſſen Flotte beſiegte. Plut. Luc. 3.
Im J. 79 wurde er Äüdil und gab als folcher
— Spiele, im J. 77 Prätor, 74 Konſul.
ls Mithridates den Krieg erneuerte, erhielt L.
den Oberbefehl gegen ihn, beſiegte ihn bei Kyzikos,
gewann eine Seeſchlacht bei Leſbos (73) und hlug
ım Verlaufe der nächſten Jahre Mithridates der:
eftalt, daß derjelbe zu Tigranes von Armenien
flüchten mußte, welcher die Auslieferung feines
Schwiegerpaterd Mithridates verweigerte Cie. off.
2,16. Plut. Luc. 5. 9. 20. Pomp. 20, 2. zog im
%. 69 in überrajchender Eile gegen Armenien,
jiegte über das zwanzigfach ftärfere Heer des
Tigranes bei Tigranoferta und darauf (68) über
beide Könige bei Artarata, mußte jich aber wegen
Ungufrieden eit des Heeres, welches wegen der
ichlimmen Jahreszeit und der Beichwerden der
Feldzüge feine Entlaffung forderte, nach Nifibis
zurüdziehen und dajelbjt überwintern. Darüber
gelang es dem Mithridates, ein römifches Korps
ei Bela zu befiegen. Plut. Luc. 31. ö5f. Dio
Cass. 34, an 35,2. Ein armenijches Heer rüdte
‚ihm zu Hülfe, und 2. konnte nichts unternehmen,
da einige Legionen entjchieden den Dienft ver:
weigerten, indem fie ihm borwarfen, daß er ſich
—— bereichere und ſie leer ausgingen. Im J. 66
wurde ihm Pompejus zum Nachſolger gegeben, der
694
fogar jeinen Triumph, der erſt im J. 63 ftatt:
fand, zu hindern fuchte. Dafür trat 2. ihm jpäter |
als Haupt des Adels entgegen. Er ftarb, in
Wahnſinn verfallen, im J. 56; dem öffentlichen
Leben war er bereits jeit längerer Zeit entfremdet.
Plut. Lue. 43. Vell. Pat. 2,48. 2. war milde
und edel von Charakter, was er befonders in Afien
bewies, wo er die Yaften und Leiden des Krieges
den Bewohnern nach Kräften zu erleichtern juchte.
Beim Heere, welches ihm vornehmes Wejen vor-
warf, war er wenig beliebt; gegen Feinde und
Widerjacher zeigte er ſich milde und verſöhnlich.
Er war jehr reich, jo daß fein Reichtum, wie bei
Erafjus, faft zum Sprichwort wurde. Rom, wo er
prachtvoll wie ein Fürft lebte, jchmüdte er durch
die berühmt gewordenen Gärten des Lucull (Plut.
Luc. 39) und durch glänzende Baläfte, in denen
er fich und feinen Freunden den Aufenthalt durch
Bücerfammlungen und Kunſtſchätze angenehm zu
machen ſuchte (vgl. über feinen —— Cie.
acad. 2,1. Plut. Luc. 1. 19; über feinen Neid):
tum Plut. Luc. 39. Pomp. 48). Er förderte und
ichüßte Gelehrte wie Künftler, 5. B. den Dichter
Archias (Cie. Arch. 9), und war jelbjt ein Kenner
der griechijchen Yitteratur, ja er verfaßte in griechi—
cher Sprache eine Gejchichte des marſiſchen Krieges.
Plut. Lue. 1. Cie. ad Att. 1, 19, 10. Sulla joll
ihm feine Memoiren zur Durchſicht überliefert
haben. Plut. Luc. 4. Auch für Beredſamleit und
Philojophie zeigte er Intereſſe. Cie. Brut. 62, 222.
acad. pr. 2,2,4. Tae. dial, 37. Wenn berichtet
wird, daß er die Kirſche aus Pontos, jpeziell aus
der Stadt Kerafüs, nah Italien gebracht habe
(Plin. 15, 25. Athen. 2, 50), jo fann fich das nur
auf eine bejonders edle und neue Sorte beziehen.
Nah ihm benannte Cicero das (uns erhaltene)
zweite Buch feiner erjten Bearbeitung der Acade-
mica, enthaltend die Erkenntnislehre der Atade:
miter Antiohos und Philon. — Sein Sohn,
5) Pic. Luc. (der Vorname ift nicht bekannt),
wurde nach des Vaters Tode unter Bormundichaft
des Cicero und Cato erzogen (Cic. ad Att. 13, 6.
fin. 3, 2, 7). Seine Mutter war Servilia, die
EStiefjchweiter des M. Cato. Im Bürgerkriege
war er ein Anhänger des Brutus und Caſſius
und fand auf der Flucht vom Schlachtfelde bei
Philippi feinen Tod. Vell. Pat. 2, 71. — 8) M.
Lie. Luc., Bruder von Nr. 4, wegen jeiner
Adoption durch M. Terentius Varro M. Ter.
Lieinianus VBarro genannt, fiegte im J. 83 v. E. über
die Anhänger des Marius (Put. Sull. 27), wurde
Konful 73, verwaltete Mafedonien und bejiegte bis
zur Donau hin die nördlich wohnenden Bölfer (72). |
Flor. 3, 4,7. An den öffentlichen Angelegenheiten |
En er eifrig Anteil, zugleich auch an den Pro:
x en gegen den Tribun Cornelius und gegen
urelius Cotta; dem verbannten Cicero leiftete er
freundliche Dienfte Cie. de dom. 52. Pis. 31. Er!
war weniger ausgezeichnet als jein Bruder, Tebte |
einfacher und müchterner und ftarb kurz nad) ihm.
Plut, Luc. 43. — Ein anderer Zweig * Licinier
find D) die Macri: 1) C. Lic. Macer, ſtachelte
als Tribun (73 v. E.) den Unwillen des Volkes
an gegen die von Sulla dem Tribunate auf:
Lieinii.
eines plöglichen Todes, vielleicht durd; Selbjtmord.
Plut. Cie. 9. Cie, ad Att. 1, 4.2. Val. Mar.
9, 12, 7. Cicero (Brut. 67) ſchildert ihn ale
Redner ziemlic) a ‚ ebenjo tadelt er ihn
(legg. 1, 2, 7) als Gejchichtichreiber. Er verfaßte
römiſche Annalen, in mindeftens 27 Büchern, welche
von den Alten wegen Barteilichkeit nicht jehr ge:
tobt werben. Monographie von Liebaldt (1848);
gragm. bei Peter, hist. Rom. rel. I p. 300 ff.
ragm. p. 190 ff. — 2) Sein Sohn, €. Lic.
Macer Calvus, geboren im J. 82 v. E., war
ein Gegner Ciceros und ein freund des Catullus,
mit deſſen Poefie die jeinige Ahnlichkeit bejaß.
Er zeichnete ſich als Redner und Dichter aus;
doc; befigen wir außer 2 Epigrammen nur einige
Fragmente jeiner, befonders lyriſchen, Dichtungen.
Suet. Caes. 73. Üic. Brut. 82. ad fam. 15, 21.
Catull. e. 14. 50. 58. Hor. sat. 1, 10, 19. Er
ftarb im 3. 48 oder im Anfange 47. Bgl. Weichert,
poet. lat. reliqu. p. 89— 130. Sammlung der
Bruchftüde in den Ausgg. des Catull von Lach:
mann und von L. Müller, jowie bei Weichert
a. a. O., ©. 131 ff., und Bährens, fragm. poet.
Rom. p. 320 ff. — E) Murenae, plebejtiches
Geſchlecht aus Yanuvium: 1) B. Lic. Mur., Ken:
ner des römischen Aitertums, fiel im Kampfe gegen
die Anhänger des Marius. Cie. Brut. 67. 90. —
2) 2. Lie. Mur, Bruder des vorhergenannten,
fämpfte unter Sulla tapfer im 3. 86 v. C. in
Griechenland gegen Archelaos , den Feldherrn des
Mithridates, und wurde im %. 84 Statthalter in
Alien, wo er den Krieg gegen Mithridates er:
neuerte, aber von demjelben bejiegt wurde. App.
Mithr. 65. — 3) Sein Sohn, 8. gie. Mur.,
fämpfte zuerft unter jeinem Vater, ſpäter unter
Lucull gegen Mithridates (Cie. Mur. 9. 16), wurde
im $. 65 v. €. Prätor und verwaltete Gallien
auf gerechte Weile. Im %. 63 aber wurde er
als dejignierter Konſul wegen Beftechung angeflagt
(Plut. Cat. min. 21. Cie. Flacc. 39), ohne daß
man beftimmte Beweiſe gegen ihn vorzubringen
vermochte. Cicero, der eine glänzende, uns er:
Itene Rede hielt, Erafjus und —— waren
eine Verteidiger Plut. Cie. 35. Cic. Mur. 37. 39
und bewirkten ſeine Freiſprechung. Er wirkte mit
zur Verurteilung der Gatilinarier. Cie. ad Att.
12, 21. — 4) Sein Bruder, E. Lic. Mur., be:
fehligte im J. 63 v. E. in Gallien und lieh die
Abgeſandten Catilinas fejtnehmen. Sall. Cat. 42.
— 5) A. Terentins Barro Mur., Adoptiv:
john des Terentius Varro, jchlug im J. 25 v. C.
die Salafjer (Dio Cass. 53, 25). Konjul im J. 23,
nahm er als folder an der Berjchwörung des
Fannius Cäpio teil und wurde troß der Für:
iprache des mit Auguftus befreundeten Broculejus
und jeiner an den berühmten Mäcenas verheirate-
ten Schwefter Terentia in demſelben J. verurteilt
und hingerichtet. Suet. Tib. 8. Aug. 19. 66. Dio
Cass. 54, 3. Zonar. 10, 32. — F) Nervae: 1) E.
Lic. Nerva, Prätor im X. 167 v. E. Liv. 45, 16.
— 2) Sein Bruder, U. Lic. Nerva, Boltstribun
178 dv. E., verwaltete während jeiner Prätur
Hilpanien im I. 166. Liv. 41, 6. 45, 44. — 3) P.
Lic. Nerva, veranlafte, ald er im J. 108 v. E.
gegimungene Machtbejchränfung und wurde 66 | Sicilien verwaltete, den zweiten Aufſtand der
wegen Erpreflungen, welche er als Broprätor ver: | Stlaven. — G) Gacerdotes: 1) E. Lie. Sa:
übt hatte, verurteilt, wobei Cicero als Prätor |cerdos, wurde im J. 142 v. E. von dem jüngeren
thätig war. Nach jeiner Verurteilung ftarb er; Scipio als Cenſor des Meineids bejchuldigt, da
Lietor — Ligue, Ligures.
aber eine Klage unterblieb, eg weiter a
ichaft gezogen. Cie. Cluent,
Sac., der Vorgänger des — in = 3
695
n= | gegen den von Cäſar dahin gejandien Feldherrn
urio, im 9. 46 gegen Cäſar jelbft, wurde aber
bald nach deſſen Landung bei Adrumetum ge-
tung Siciliens, erwarb ſich durch gerecdhtes und | fangengenommen und durfte nicht ins Vaterland
—— Verfahren daſelbſt einen “* Namen. —
Ferner find | Lig. 4. Troß der Fürbitten feiner Freunde und
Verr. 1, 10. 2, 33. 3, 50. —
Caes. b. Afr. 89. b. c. 1, 31. Cie.
u nennen: | 1) Lie. Broculus, Befehlshaber der | bejonders Ciceros begnadigte Cäſar den Ligarius
ätorianer (Tae. hist. 1,46), beförderte den Sturz | erit,
des Dtho, deſſen Vertrauter er war, durch jeine
deighen und erhielt von Vitellius Begnadi ung.
— 2) Lic., mit vollem Namen Balerius Lici—
nianus Licinins, ein Dacier aus niederem
Stande, wurde von Galerius im J. 307 n. E.
zum Mitregenten für Pannonien und Nätien ans
enommen. Nach Galerius’ Tode ya er
—8 313 mit Eonjtantins Stiefſchweſter Conftantia.
Darauf geriet er in Streit mit Marimin und be:
fiegte diejen bei Adrianopel. Seitdem beherrichte
Licinius den ganzen Often des Reiches und ver:
feinem & arte Berfolgungen über die Chriften. Mit
einem Schwager entzweite er jich, erlitt durch ihn
die Niederlage bei Cibalä an der Save (8. DOftbr.
314) und jöhnte fich mach einer zweiten Nieder:
lage wieder mit Conjtantin aus, bis es im J. 323
e neuen Kämpfen zwijchen beiden fam, und
icinius nad) Verluſt mehrerer Schlachten * jenem
die Alleinherrichaft überlafjen mußte. Zwar er:
wirfte Eonjtantia bei ihrem Bruder das Ber:
ſprechen, das Leben ihres Gemahls zu erhalten;
troßdem wurde Licinius (Oftbr. 325), angeblich
eines Aufftandsverjuhs wegen, auf Conftantins
Befehl hingerichtet. Zosim. 2,11. 17 ff. Aur. Viet.
Caes. 41. ep. #1.
Lietor, der Diener der höheren Ma ur
welcher —— die fasces (ſ. d.) vortrug. Die Lik
toren haben ihren Rang nad) den scribae und
accensi, gehen aber den viatores und praecones
voran. Sie waren —— Freigelaſſene und bil—
deten in der Hauptſtadt ger Korporationen,
welche in decuriae zerfielen, nämlich 3 decuriae
der Liktoren (jede zu 24 — ng die höheren
Magiftrate, 1 decuria der lictores curiatii,
welde bei dei Opfern ajjiftierten (decuria eu-
riatia, quae sacris publicis apparet) und die
30 -Curien in den S Scheincomitien vertraten. Ihren
Urfprung und die jedem Magiftratus ————
ahl ſ. Fasces. Der Flamen Dialis und die
eſtalinnen ſeit 42 v. C. hatten auch je einen
giftor, vielleiht von der decuria der liet. cu-
riatii. Eine wahrſcheinlich auch für jafrale Zwecke
bejtimmte Korperſchaft bildeten die durch Auguſtus
geſchaffenen L. der vicomagistri, die gleichfalls
unter decem viri ftanden. — Die Liftoren be:
gleiteten die Magiftratus bei allen ——
machten Platz (summovere plebem), jorgten,
jenen der nötige Reſpelt beiviejen wurde, ——
das Tribunal, hielten im Veſtibulum Wache, voll—
Veen die Hin tung ber verurteilten Bürger u. |. w.
er vor dem Magiitratus —— gehende hieß
lietor proximus, der vorderſte 1. primus, wie aus
Liv. 24, 44 hervorgeht. Doch nennen andere lict.
primus den ae vor dem Magiitratus
— alſo = J. proximus
igarii, ein urfprünglich fabinifches Geſchlecht,
aus welchem während des Bürgerkrieges zwiſchen
Cäjar und Pompejus mehrere genannt werden:
1) DO. Lig., diente (50 v. E.) ald Legat in Afrika,
kämpfte dann (49) ald Anhänger des Pompejus
als ihn fein Feind DO. Ülius Tubero an-
geklagt und Eicero ihn gegen Die rg a in einer
deprecatio verteidigt hatte, wodurch Diefer den
gnädigen Cäjar zu preijen Gelegenheit erhielt. So
erreichte Cäſar zugleich feine Abficht, den gewal—
tigen und einfiufreichen Redner für ſich zu ges
twinnen. Cie. ad fam. 6, 13. Lig. 5. Plut. Cie. 39.
Brut. 11. ig. fehrte nach Rom zurüd, blieb aber
unverjöhnlih. Mit Brutus nahm er teil an der
Verſchwörung gegen Cäſar. App. b. c. 2, 113. In
den Proffriptionen des 3. 43 famen 2 Brüder
diejes Namens um. — 2) Ein Verwandter war
wohl P. Ligarius, welcher zugleih mit D. Lig.
in Cäſars ngenichaft fiel und auf deſſen Befehl,
weil er rap ehe erer Begnadigung abermals gegen
Cäſar die A Ir en hatte, 46 hingerichtet
wurde. (nes
— u — Alygos, j. Loire, be:
deutender Strom Galliens, der von den Eevennen
fonımt, in einem Bogen Sallien durchftrömt und
zwijchen den Bictonen und Namneten an der Weit:
füfte mündet. Er war 2000 Stadien weit jchiffbar.
.b.g. 3, 9 u. ö. Strab. 4, 189,
Ligii oder Lugii (auch Lugiones und Lygii),
ein in mehreren Stämmen in den Ebenen der
oberen Weichjel und Oder ausgebreitetes Sueben-
volf. Sie — zu dem großen Völkerverein
des Maroboduus, bedrängten um 84 n. E., unter
Domitians Regierung, die Quaden, dann aber ver:
ſchwinden fie aus der Gefchichte. Tacitus (Ferm. 43)
nennt die Harier, Helväonen, Manimer, Helifier
und Nahanarvaler als Teile derjelben; auch die
Burier waren ein wichtiger Stamm. Ta,
Germ. 43. ann. 12, 29. 30. Strab. 7, 290.
Liguria, Ligüres. Die Ligured (Atyves, aud)
Ayvorivor) waren ein alter, jehr weit verbreiteter
Völkerftamm an der Südfüfte Gallien und des
benachbarten Oberitaliens, zwiichen Seealpen und
Apennin, von Maffilia bis Pia, wahrſcheinlich ein
Volksſtamm jelbitändiger Abftammung mit eigen-
tümlicher Spradye und Körperbildung, der neben
den Iberern vor der Einwanderung der Arier ein
Hauptvolf des jüdweitlihen Europa ausmachte,
Manche halten fie dagegen für ein Mifchvolf aus
der nicht arijchen Urbevölferung und den einge:
wanderten Kelten, Stalitern u. j. w. Als ein
großes und mächtiges Volk erregten fie die Auf:
merkſamkeit der Griechen, jo daß Eratofthenes die
ganze weſtliche Halbinjel Europas die ligyſtiſche
nannte (Strab. 7, 300), und man auch in Germa—
nien (Tac. Germ. 43), ja jelbit in Afien (Hat.
7, 72) Spuren bderjelben zu finden meinte. —
Unter Auguftus wurde der Umfang des von den
Ligurern bewohnten und a ihnen benannten
Landes ——— (N Aryvarınn)) jo beſtimmt, daß
im W. der Varus und die Seealpen die Grenze
gegen Gallien, im SD. der Fluß Macra die Grenze
egen das eigentliche Italien bildeten, im N. der
adus, im & der Ligurifche Meerbufen. Das
Land umfaßte aljo —2* Senna, das jüdliche
Piemont und den weftlichen Teil des früheren
696
Herzogtums Parma. Die gebirgige Beichaffenheit
des Landes, welches auch viele Eampte enthielt,
wies die Bewohner beſonders auf die er
hin. Die faft gänzlich der Häfen entbehrende Küfte
ei Genuas daten ift bedeutend) gab wenig Ge—
egenheit zum Handel mit den Produkten des Landes
(Vieh, Pferde, Maulefel, Honig, Bauholz u. ſ. w.).
Das Terrain des Landes erjchwerte den Römern
auch in hohem Grade die Unterwerfung der zahl:
reihen Stämme des friegerifhen, dabei rohen
Volkes; feit 280 v. E. ziehen fich diefe Kämpfe
fort (Liv. ep. 20. 31, 10. 32, 29. 34, 56. 35,
11 f. 37,2. 57 u. d.) bis in die Zeiten der Kaiſer
Tac. hist. 2, 12. 3, 4); erſt 14 v. C. wurden die
igures comati oder capillati bezwungen und
die provincia Alpium maritimarum u.
— Unter den Stämmen find zu merfen die Ve—
diantii bei Monaco, Intemelii bei Bintimi-
lia, Ingauni bei Albenga, Genuates bei
enua, Taurimi bei Turin, Statielli um Po:
lenza, Cuburriates um Eareur, Bagienni um
Bene u. a. Die 2. bewohnten meift nur Heine
Ortichaften und Bergfeiten (Liv. 35, 11. 21 ff.);
die folgenden Orte waren zum Teil maffiliiche
Kolonien. An der Küfte von W. an: Nicäa (ij.
Nizza), Herculis Monoeci portus (j. Monaco),
Albium AIntemelium (bei Tae. Agr. 7 Intemelii,
j. Vintimiglia), Albium Ingaunum (oder Albi—
aunum, j. Albenga), Savo oder Vada Sa:
atia (j. Savona), Genua, Segefta Tigu:
liorum (j. Seftri), Portus Beneris (j. Porto
Venere), Im Innern, wo freilicdy Ligurer und
Kelten vielfach durcheinander gerüttelt waren: Pol:
fentia (j. Polenza), Claftidium (ſ. d., j. Ca—
fteggio), Alba Pompeja (j. Alba), gaka i.
Afti), Dertona (j. Tortona), Iria (j. oghera),
Auguſta Taurinorum (j. Torino, Turin), die
größte Stadt. Endlich befahen die 2. an der Küſte
noch einige Heine Inſeln, wahrjcheinlich die Hyeri—
chen Intern, aljo mit den Stoichades des Stra-
bon und den Inſeln der Maffilier bei Tacitus
(hist. 3, 43) identiſch. Strab. 4, 202 ff. 5, 218 ff.
Likymnios j. Herakles, 2.
Lilaia, AQcıe, eine jchon von Homer (I1.2,522
enannte Stadt in Phofis an den Quellen des
Rephitos, in berftedter Lage, weshalb fie in den
Perjerfriegen verjchont blieb. In dem heiligen
ei von den Mafedoniern verwüjtet, erholte fie
ſich bald wieder. ——— Ruinen, beſonders
der befeſtigten Burg, find noch vorhanden. Paus.
10, 33, 3.
Lilybaeum, Adößeıor, weſtliches Vorgebirge
Eiciliens, 1000 Stadien von dem nächiten Punkte
der afritanijchen Küfte (Kap Bon) entfernt. Die
Karthager gründeten, nachdem ihre nördlich ge:
legene Stadt Motye im 3. 397 v. E. von Diony:
fios erobert und zerftört worden war, bier eine
leihnamige feſte Stadt, welche einer der wichtig:
ten Punkte der Inſel und mit 20000 Mann Be:
ſatzung gefichert wurde. Pol.1,42.45. Die Römer
konnten die durch einen 60 Fuß breiten und
40 Fuß tiefen Graben und eine ftarfe Mauer ge-
fchüßte Stadt im 9. 250 v. ©. nicht erobern
(Pol, 1, 42. 47); erft der Friede brachte fie in
ihre Hände. Auch unter römischer Herrichaft blieb
2. bedeutend und war Sit eines der beiden Quä—
—— der Inſel. Das heutige Marſala liegt in
em füdlichen Teile der alten Stadt. Strab.6,265 ff.
3. | lich die Felder durch Gräben oder
Likymnios — Limnai.
Limaias, Auuclas, j. Limia, Fluß an der Weit:
| gap Hijpaniens, zwijchen dem Durius und Mi—
nius, auch Fluß der Vergeffenheit, 6 is Anöns,
enannt, angeblich weil die Turduler und Kelten
* ihren gemeinſamen Anführer verloren, uneins
eworden wären und ihre Unternehmung * en
ätten. Deshalb wollten ihn auch die Soldaten
de3 D. Junius Brutus Callaicus im J. 136 v. €.
nicht überjchreiten. Strab. 3, 163. App. Hisp. 72.
imes. der Querweg zwijchen den einzelnen
Barzellen der ajfignierten Felder. Es wurden näm-
e von Norden
nach Süden und von DOften nach Weiten geteilt,
jene hießen cardines, dieſe decumani limites;
außerdem gab es noch Fleinere, die in der eriten
Nichtung prorsi, in der andern transvorsi ge—
nannt wurden. Auch auf den Ehaufieen hießen
die neben dem agger viae, dem mittleren ge:
pflafterten Teile (Tac. hist. 2, 24. 42. Verg. A.
5, 273), herlaufenden Fußwege limites. Tac. hist.
3, 25. — In der Kaijerzeit wurde die Befeftigung
der Reichsgrenze (hohe und breite Erdwälle, Tac.
ann. 1, 50), limes oder limes imperii Romani,
unter Domitian begonnen, unter Trajan und Ha-
drian vollendet, und die zur Bewachung derjelben
aufgeftellten Soldaten milites limitanei genannt,
legtere ein buntes Völkergemiſch aus allen Teilen
des römischen Reiches. Die UÜberreite werden in
Deutjchland mit dem Namen Teufeldmauer, Pfahl,
Biahlgraben, nn Schweingraben bezeichnet.
Auf denjelben finden fich vielfadhe ——
der römiſchen Vorzeit, nach welchen gerade in den
letzten Jahren umfaſſende Nachforſchungen ange—
ſtellt worden find. Der eine Teil limes,
imes Raeticus oder Transdanuvianus,
zieht nach den neueſten Unterfuchungen von Stel:
heim oberhalb Regensburgs bis Gunzenhaufen in
nordweftlicher, von da in Tüdweftticer zuletzt von
der Gegend von Malen an in meitlicher Richtung
bis Pfahlbronn (nördlich von Lord). Der andere,
hier beginnende Teil, limes Transrhenanus,
erſtreckt ſich jchnurgerade an Welzheim, Murr:
ardt, Mainhardt, Ohringen, Zagithaufen und
fterburfen vorbei nad Walldürn und wendet ſich
hin nach Miltenberg am Main, der von hier an
die Grenze bildete. In Groß-Krotzenburg (füdlic
von Hanau) beginnt der Wall wieder, zieht nad)
Norden, dann im Bogen um die Wetterau herum,
folgt gg ben Höhen des Taunus und endet
unterhalb Neuwied am Rhein. Alle 500 bis
1000 Schritt findet fich ein Wachtturm, alle 3 bis
4 Stunden, 4 bi$ 13 km hinter dem limes, ein
größeres (für je 1 Kohorte berechnetes) Lager
. B. das Kaſtell bei Groß-Krotzenburg und die
wohlerhaltene Saalburg bei Homburg). Eine von
diefem limes unabhängige und wahrjcheinlich zu
anderer Zeit errichtete ee it die Main:
Nedarlinie, die bei Gundelsheim am Nedar unter:
halb Wimpfen beginnt und bei Wörth zwiſchen
Miltenberg und Mchaffenburg den Main erreicht.
Bol. Eohaufen, der römijche Grenzwall in Deutſch—
land (1884). 9. Haupt, der römijche Grenzwall
in Deutichland (1885). Ohlenjchlager, die römische
zn in Bayern (1887). Hübner im Bonner
Jahrbuch, Bd. LXXX.
Limnai, Adurn, 1) Grenzjtadt Meſſeniens gegen
Lafonien, im ſ. g. Dentheleatifchen Bezirf. Die
von meſſeniſchen Jünglingen an jpartanifchen Jung:
—
m
Limo — Litis aestimatio,
frauen bei dem dortigen Tempel der Artemis
Limnatis verübte Mifhandlung war die äußere
Veranlaſſung j dem erjten meſſeniſchen Striege.
An ihrer Stelle fteht jetzt eine Heine verfallene
Kapelle der Panagia von Bolimnos. Paus. 3, 2, 6.
16, 6. 4, 31, 3, Strab. 7, 362. — 2) ein Stadtteil
von Sparta, j. Lakonika, 8. — 3) ein füdlicher
Stadtteil von Athen, wo das Lenaion lag, daher
auch zö lsoöv roü dv Aluvcaıg Aloroͤsov genannt,
ſJ. Attika, 12. — 4) Stadt an der Weftfüfte der
thrafijchen Eherſoneſos weſtlich von Seſtos, j.
Anafarta. Strab. 14, 635.
Limo, Limonum, Lemönum, Stadt der Pi-
etönes in Aquitanien, j. Roitierd. Caes. b. q. 8, 26.
Arnösg, 6, Fames, ein hohlblidendes, wildes
Ungeheuer mit ftruppigen Haaren und blafjem Ge—
fiht, Perfonififation des Hungers, der Hungers—
not, mythiſch Tochter der Eris (Hesiod. theog. 227),
geichildert Or. met. 8, 799 ff., bei Vergil (A. 6, 276)
unter den todbringenden Ungeheuern am Eingange
zum Oreus.
Lindos j. Ialysos.
Lingönes, Alyyoves, bedeutende feltiiche Völ—
ferichaft am Fuß des Voſegus an den Quellen der
Matrona und Moja (Caes. b. q. 4, 10), zwiichen
den Trevirern und den Sequanern (Caes. b. q.
1, 40. Tac. hist. 4, 64. 67), mit der Hauptftadt
N ndbematunnum (moch im Mittelalter Yangoinne
enannt, j. Langres). Sie gehörten au ben Böl:
ern, welche zu den Zagen nach Italien Kontin—
gente ſtellten. Liv. 5, 36. Bon Raifer Dtho er:
hielt das ganze Bolt das Bürgerrecht. Tac. hist.
1, 78
Linos, Aivos, ein jchöner, früh getöteter Jüng-
ling, eine ähnliche Berjonififation wie der boio—
tif e Narkiſſos, der Tafedaimonische Hyakinthos,
Hylas in Bithynien, wie dieſe die in ihrer Blüte
dem Tode verfallende Natur repräjentierend. Wahr:
ſcheinlich bedeutete der Name, wie Narfijjos und
Hyaklinthos, eine Blume, eine Art Narkifjos.
Brugich, die Adonistlage und das Linoslied (1852),
jucht die Entjtehung im Orient. Den frühen Tod
des jchönen Hirtenjünglings feierte man in klagen—
den Weifen. Schon Homer (TI. 18, 570) nennt den
Linosgefang, Alvos, in welchem oft der bei den
Tragitern (Aesch. Agam. 115. 131. 148. Soph.
Ai. 627. Eur. Phoen. 1535) häufig vorfommende
Klageruf «ldıvov wiederholt ward. In Argos be:
fonders hatte jich die altertümliche eier des Linos
erhalten (Inachius Linus, Prop. 3, 13, ®), Er
alt hier für den Sohn des Apollon und ber
Rönigstochter Piamathe. Er war von der Mutter
ausgejcht, von einem Hirten auferzogen und von
Hunden zerriffen worden; Pjamathe aber wurde
von ihrem Vater, dem fie ihren Fehltritt entdedt
hatte, zum Tode verurteilt. Als deswegen der
erzürnte Apollon die Poine jchidte, welche den
Müttern die Kinder raubte, erhielten die Argiver
von dem Drafel den Auftrag, um von der Plage
befreit zu werden, Piamathe und Linos zu ver:
fühnen. Sie feierten deshalb jährlich zur Zeit der
Hundstage im |. g. Yämmermonat (u. &greıog)
das Lämmerfeft (eevnis) oder die Hundetötung
(„urogpörrig), indem fie Yämmer opferten und die
Hunde totichlugen; die frauen und Jungfrauen
aber hielten eine Prozeffion und Hagten um Yinos.
697
herbeigeführten Glut der Hundstage. — In Theben
und der Umgegend tritt Linos in mehr ansgebil«
deter Geſtalt auf; aus dem im Linoslied bejunge-
nen Knaben ift ein Sänger, ein Ahne des Orpheus
und Homer, geworden. Auf dem Mujenberge He:
lifon hatte di nos, Sohn des Amphimaros (oder
Apollon) und der "Mufe Urania, eine Grotte mit
jeinem Bilde, wo ihm jährlich vor dem Muſen—
opfer ein Totenopfer gebraht wurde. Er jollte
ſich mit Apollon in einen Wettfampf eingelafen
haben und deshalb von diefem getötet worden fein.
Aus einem Fundigen Sänger wurde er allmählich
ein Weijer und Öelehrter. Den Herafles joll er
in der Kunft des Kitharipiels unterrichtet haben;
als er aber einft den ungelehrigen Schüler ftrafte,
wurde er von demjelben mit der Kithar erichlagen.
Apollod. 2, 4, 9. Paus. 1, 43,7. 9,29, 6fj. In
alerandrinijcher r Beit machte man ihn auch zu einem
apofryphiichen Schriftfteller, wie den Orpheus, Mu—
ſaios u. a., mit denen er in verwandtichaftliches
Verhältnis gebracht ward. Das Grab des Linos
ward zu Theben, Argos und in Chalkis auf Euboia
gezeigt.
Lipära, 7 Andere, j. Lipari, die größte der
Aioliſchen "ober Lipariichen Inſeln an der Nord:
füfte Siciliens, vulkaniſchen Urjprungs und oft
durch Feuerausbrüche beunruhigt. Aufoner hatten
eine Stadt Lipara gegründet, welche jpäter knidiſche
Anfiedler einnahmen, bis im %. 251 v. E. ſich die
Nömer der Inſel bemädtigten. Strab. 6, 275 ff.
Pol. 1, 25, 4. Diod. Sic. 5, 7, 10.
Aiw f. Africus.
Liris, Atiois, Aigıs, ein bedeutender Fluß
Mittelitalieng, j. im Oberlanf Liri, im Unterlauf
Garigliano, entipringt auf dem Apennin in der
Nähe des Fueinerſees, durchitrömt danıı, von
mehreren Flüſſen (beſonders Trerus, j. Sacco
oder Tolero) vergrößert, das jüdliche Latium und
engieht | ji in ruhigem Lauf (taciturnus amnis,
31, 7. Sıl. It. 4, 850. 8, 40%) bei
Minturnä nd Tuftische Meer. Strab. b, 233.
Lissos, Alooos, 1) Fluß in Thrafien, zwijchen
Neftos und Hebros, mündet etwas weitlich von
Stryme. Hadt. 7,108. 109. — 2) Nebenfluß des
Terias bei Leontinoi auf Sicilien. Pol. 7, 6. —
3) Stadt im jüdlichen Dalmatien, unfern der Mün—
dung des Fluſſes Drilon, mit einer faſt unerfteig:
lichen Afropolis, 385 v. E. von Dionyfios, Tyrannen
von Syrafus, gegründet. Jetzt Lyeſch, italienisch
Aleifio. - b. e. 3, 26. Liv. 43, 20. 44, 30.
Pol. 3, 16. 8, 10. 15. Diod. Sic. 15, 13.
Autai J
Litäna silva, großer Wald des Apennin im
eisalpiniichen Gallien jüdöftlih von Mutina, j.
Silva di Yuge. Hier wurde im J. 216 v. E. der
—— L. Poſtumius von den Galliern geſchlagen.
iv. 23, 24.
Liternum, A/reovor, oder Linternum, j. Dorf
Ratria, Stadt in Campanien an der Mündung
des Clanis, der dort den Namen Yitermus führte
(j. Campania), feit 196 v. E. römiſche Kolonie
und legter Aufenthaltsort des aus Rom verbann:
ten älteren Scipio Africanus, deffen Grabmal hier
war. Liv. 34, 45. 38, 52f. Strab. 5, 243. Sen.
ep. 86.
Litis aestimatY\o, 1) im römischen Civilprozeß
Die zu Grunde liegende Idee war das Leiden der | die von dem Michter zu veranftaltende Schätzung
Pflanzenwelt unter der von dem Hundsjtern Sirius | des Streitobjefts,
wenn die Geldjumme in den
698
Formeln nicht beftimmt angegeben war. — 2) Im
Kriminalprozeß wurde, wenn der Berurteilte auch
zu einem VBermögenserjag condemniert war, 3. B.
bei Repetunden- und Peculatsprozefien, von den:
jelben Richtern die jchuldige Summe ermittelt,
lis nestimabatur.
Litis contestatio, eine feierlide Handlung,
mit twelcher das gerichtliche Berfahren ſchloß, zum
äußeren Zeichen, dab der Prozeh geordnet jei,
und welde in einer feierlihen Aufrufung der
Gegenwärtigen als Zeugen von beiden Parteien
bejtand, damit diejer Akt als jolenn bezeichnet
würde. Cie. Rose. com. 11. ad Att.16, 15. Später
dauerte der Name fort, als die feierliche Form
längt weggefallen war.
itis denuntiatio, die vom Kaifer M. Aure-
lius ftatt der in ius vocatio eingeführte Einlei:
tung des Prozefies, welde durch die jchriftliche
Einreihung der Klage vermittelt wurde.
Litterärum obligatio, jpäterer Ausdrud für
Litteralfontraft, welcher in dem Eintragen in das
Hauptbuch (tabulae oder codex accepti et ex-
pensi) bejtand. Poften wurden nämlich als Bud:
ſchuld eingetragen, als wenn es Darlehen wären,
obwohl die Schuld aus einem andern Gejchäft her:
rührte,; oder man trug Poſten, welche man von
jemandem zu fordern hatte, auf einen Dritten über
—— legare). Beides nannte man nomina
acere oder transscribere, und dieſes iſt der alte
techniiche Ausdrud für die Litteralobligation. Die
Hauptbücher waren denen der Argentarii (j. d.)
ähnlich, nur einfacher. Sie hatten 2 Seiten, ex-
pensum und acceptum, Ausgabe und Einnahme,
davon expensi latio und accepti latio, das Ein:
tragen auf die eine oder auf die andere Pagina.
— Die Tilgung der Schuld in den tabulae hieß
acceptum referre. Die codices hatten allerdings
öffentliche Glaubwürdigkeit, da fie bei dem Genjus
‚ vorgelegt werden mußten; indejlen fonnten Die
tabulae des Gegners auch als Gegenbeweis dienen.
Cie. Verr. 1, 49,
Litüus, nach Otfr. Müller wahrjcheinlich etrus—
liſcher Abſtammung „gekrümmt“, vielleicht ver:
wandt mit Ardfeıw, beugen, hieß 1) der Krummſtab
der Augurn (Liv. 1, 18), womit fie den geweiheten
Sefichtsfreis oder heiligen Bezirk, templum, für
die Vogelſchau abgrenzten und in Regionen eins
teilten; — 2) ein militäriiches Blasinftrument,
welches bei der Reiterei üblich war und durch
NOIR.
feine frumme Form und durch jeinen höheren und
ſchmetternden Ton (der Trompete ähnlich) fich von
der tuba des Fußvolls unterichied. Die es bliejen,
hießen litieines.
Livii. Zu diejem alten plebejiichen Geichlechte
gehörten: 1) E. Liv. Drujus, Bruder des fol-
genden, der, durch Rednergabe ausgezeichnet und
als Greis erblindet, in Nechtsangelegenheiten Kat
zu erteilen pflegte. Cic. Brut. 28, 109. tusc. 5,
38, 112, — 2) und 3) die beiden Ariftofraten M.
Liv. Druſus, j. Drusi, 1.2.— 4) die Schweiter
des leßteren, Yivia, Gemahlin des M. Porcius
Cato und Mutter des Cato von Utica. Plut. Cat.
min. 1f. Nach ihres Semahls Tode heiratete fie
den Servilius Cäpio. Plut. Brut. 2ff. Ihre Tod):
Litis contestatio — Livii.
ter von diejem, Servilia, ift die Mutter des M.
Brutus. — 5) M. Liv. Macatus, verteidigte
die Stadt Tarent und nach deren Verluft die Burg
gegen Hannibal in den Jahren 214—212 v. E.
(Liv. 24, 20. 25, 9 ff. 26, 37), jchlug dann die ihn
angreifenden Tarentiner und behauptete die Burg
glüdlidh, bis DO. Fabius Marimus die Stadt wieder
eroberte, 209. Liv 27, 15f. — 6) M. Liv. Sa:
tinator, bezwang als Konful im Jahre 219 v. C.
die Illyrier mit feinem Kollegen Amilius; beide
wurden nach ihrer Rücktehr wegen Unterjchleifes,
wie es jcheint, verurteilt. Liv. 22, 35. 27, 34.
29, 37. Im Jahre 207 wurde er, nachdem er
aus Unmut über jeine Verurteilung bisher zurüd:
gezogen gelebt hatte (Liv. 27, 34), wiederum zum
Konſul erwählt mit C. Claudius Nero. Nadydem
der Senat eine Ausjöhnung der beiden, jeit langer
Zeit miteinander verfeindeten, Männer herbei:
geführt hatte, bejchlofien fie, dah Nero gegen Han:
nibal, Livius gegen den aus Gallien heranzichen:
den Hajdrubal kämpfen ſollte. Als der letztere
aber in Oberitalien erjchien, zogen beide Konjuln
vereint ihm entgegen und bejiegten ihn in der
heißen Schlacht am Flüßchen Metaurus in Umbrien.
Liv. 27, 35 ff. Pol. 11, 1 ff. Beide Sieger hielten
einen glänzenden Triumph. Liv. 28, 9. Im Jahre
204 wurde Livius Cenſor und zog ſich als jolcher durch
jeine Salzjteuer den Spottnamen Salinator zu.
Da Claudius fein Kollege war, und beide bei der
Verlejung auf eine jehr anftöhige Art Beweije
ihrer alten Feindichaft gaben, wollte ein darüber
unmwilliger Tribun fie zur Rechenſchaft ziehen, was
der Senat indes verhinderte. Liv. 29, 37. —
7) E. Liv. Salinator, ausgezeichnet als Befehls:
haber der Flotte gegen Antiochos 191 v. E., Kon—
jul 188. Liv. 36, 2 ff. — 8) Liv. Druſus, aus
einem Zweige der Claudier, der durch Adoption
in die gens Livia aufgenommen war, 59 v. C.
wegen Erpreffungen angeflagt (Cie. ad Att. 2,7.
3.4. 15, 9), aber freigeiprohen; Mitglied des
Senats; tötete fich als Anhänger des Caſſius und
Brutus nach der Schlacht bei Philippi. Dio Cass.
48, 44. — Geine Tochter war 9) Yivia Dru—
jilla (j. die Stammtafel unter Julii, 8.), gebo:
ren um 55 v. E,, Gemahlin des Ti. Claudius
Nero (ſ. Claudii, 27.). Im Jahre 38 überlie
ihr Gemahl fie dem DOctavian. Bon ihrem erjten
Gemahl hatte jie 2 Söhne, den Tiberius, den
ipäteren Kaiſer, und den bald nad) ihrer zweiten
Berheiratung geborenen Drufus. Körperliche Schön:
heit, Nachficht gegen die Schwächen des Octavian,
Klugheit (Macrob. saturn. 2, 5) und treue Hin:
gabe verichafften ihr bald bei dem neuen Gatten
einen gewiſſen Einfluß (Suet. Aug. 62. Tac. ann.
5, 1. Suet. Cal. 23), den fie ſich dauernd zu er:
halten gewußt hat. Doc erfüllte ſich die Hoff:
nung des Augujtus, von ihr einen Erben feiner
Herrichaft zu befommen, nicht. Nach dem Tode
des Agrippa, der Verbannung feiner Tochter Yulia
und dem frühzeitigen Hintritt feiner Enkel Lucius
(2 n. E.) und Gatus (4 n. E.) Cäſar, der Söhne
der Julia, adoptierte daher Auguftus, freilich nach
langem Widerjtreben, den ZTiberius und ernannte
ihn zu jeinem Nachfolger. Tac. ann. 1, 3. Dio
Cass. 55, 11. Livia wurde nad ihres Gemahls
Tode (14 n. E.) Oberpriefterin jeines Heiligtums
und erhielt den Namen Augusta. Alles huldigte
der Mutter des neuen Herrichers (Tac. ann. 3, 64),
Liv.
doch war dieſer nicht willens fich von ihr bevor-
munden zu laſſen (Suet. Tib. 50) und mied fie
(Tae. ann. 4, 57), bis ie glüdlicherweije im
Jahre 29 * 5, 1) ſtarb. Uber ihren Charakter
vgl. Dio , 56, 47. 58, 2. 60, 5. Vell. Pat.
2,130. Bol. Aichbach, Livia, Gemahlin des Kaijers
Auguftus (1864). — 10) Livia (j. die Stamm:
tafel unter Julii, 8), auch Livilla genannt,
Tochter des Drujus und Schweiter des Germanicus,
heiratete jpäter den Drujus, den Sohn des Tibe-
rius, dem fie indes die eheliche Treue nicht be:
wahrte. Mit ihrer Hülfe räumte Sejan den Dru:
jus aus dem Wege. Tae. ann, 2, 43. 4, 3. 7 ff. 39.
Sie jtarb bald nachher, von ihrer eigenen Mutter
zum Hungertode verurteilt. Zac. ann. 6,2. Di
Cass. 58, 11. — 11) Livius, mit dem Beinamen
Andronifos, gebürtig aus Tarent, der ältefte
römische Dichter, wurde vielleicht bei der Eroberuug
feiner Vaterſtadt dur die Römer im Jahre 272
v. E., wahricheinlich noch jehr jung, ——
nommen, kam nach Rom und wurde ave eines
Livius, vielleicht des nachmaligen Siegers am Me—
taurus (j. Livii, 6.), bon dem er freigelaſſeu
wurde und den Namen Livius erhielt. Im Jahre
240 führte er in Rom an den ludi Romanı das
erjte, nach einem griechiichen Original gedichtete,
Drama auf und gab dadurch den Auftoß zu der
von diejer Zeit an jich jchnell entwidelnden dra—
matijchen Litteratur. Liv. 7,2. Cie. Brut. 18, 72.
Cat. mai. 14, 50. Er jchrieb eine Anzahl von
Tragödien (Achilles, Aegiſthus, Tereus u. a.) und
Komödien (Sladiolus, Yudius), Bearbeitungen grie-
hiiher Originale, und verfaßte eine Überjegung
der Odyſſee in jaturnijchem Versmah, von der uns,
wie von jeinen Dramen, nur wenige Fragmente
erhalten find. Seine Ddyjiee, Odyssia, welde,
obwohl unbehülflich troden, ohne Anmut und nicht
ohne jchwere Mißverſtändniſſe, doch durch ihren
Inhalt großes Intereſſe erregt zu Haben jcheint
(Cie. Brut. 18), wurde noch lange in den Schulen
elejen. Hor. ep. 2, 1, 69 ff. Er ftarb um das
hr 204. — „Der Erfolg, welchen der tarenti-
nische Freigelafjene in Rom durd die erjte Ein:
führung griechiicher Muſe, und zwar der epijchen,
lyriſchen und der Feine) ri davontrug,
war ein bedeutender. Der Samen, melden er
ftreute, fiel auf einen fruchtbaren Boden: die Liebe
für das Bühnenfpiel, einmal entzündet, wuchs in
rafhem Tempo, jo dab er es bei jeinem Tode
als ein vollftändig organifiertes, mannigfach ge:
gliedertes Inſtitut zurückließ, in deſſen Pflege
ein Kreis vielverjprechender Talente wetteiferte”
(Ribbed). Fragmente gefammelt von Düntzer (1835),
der Odyſſee von Günther (1864), der Dramen von
D. Nibbed, poet. scaen. Lat. Ip. 1ff,, Ip. 3 ff,
Luc. Müller (zugleich mit denen des Nävius, 1885)
und Bährens, fragm. poet. Rom. p. 37 ff. Bal.
Nibbed, die römiiche Tragödie (1875), ©. 19 ff.
Seichichte der römischen Dichtung I ©. 15 ff. —
12) T. Livius, der große römiſche Hiſtoriker, ift
59 d. C. geboren zu Patavium (Padua), deſſen
Einwohner das römtjche Bürgerrecht bejahen, wahr:
ae aus angejehener Familie. Er beichäjtigte
ich eifrig mit Philojophie und Rhetorik, zugleich
auch mit geichichtlichen Studien, teils über jeine
Baterftadt (Lie. 10, 2), teils über das ganze Gebiet
der römiſchen Gejchichte, welche er während eines
langen Aufenthalts in Rom eifrig trieb und zu
699
fchreiben anfing, vielleicht Schon nach dem —— 27
v. C. (Liv. 1, 19, als der Janustempel zum
weitenmal geichloffen wurde, was er jelbjt jah),
a er den Octavian nur Auguftus nennt, wie er
jeit 27 v. E. genannt ward. Troß feiner repu—
blitanischen Anficht, wegen welcher Auguftus ihn
einen Pompejaner nannte (Z’ae. ann. 4, 34), und
obwohl er jeine Selbjtändigfeit mit Feſtigkeit
wahrte, jtand er doch zu Auguftus in jehr freund-
ichaftlichem Verhältnifje. Von feinen Zeitgenofien
hochgeehrt (vgl. Plin. ep. 2, 3, 8. Sen. controv. 10,
praef. 2), ſtarb er im Jahre 17 n. E., gleichzeitig
mit Ovid, und ift demnach 76 Jahre alt geworden.
— Sein großes Geſchichtswerk, von dem älteren
Dio | Blinius historiae, von ihm jelbjt bisweilen anna-
les genannt, gewöhnlich aber rerum Romanarum
ab urbe condita libri, bejtand aus 142 Büchern,
von welchen wir nur 35 Bücher noch haben, näm—
lich Buch 1—10 und 21—45, obgleidy im Mittel:
alter noch das ganze Werk vorhanden war. Schon
Ki früh teilte man das Werf in Bücher ein; er
elbjt hatte, jcheint es, anfangs jein Werk nad)
Dekaden, reijp. Halbdefaden gegliedert und ver
öffentlicht, ließ dieſe Einteilung jedoch allmählich
fallen, die aber im Mittelalter beim Abjchreiben
des ganzen Werkes zu Grunde gelegt wurde.
Die 5 Bücher der fünften Defade erijtieren nur
in Einer Handichrift. Neuerdings hat man, na—
mentlih aus dem einundneunzigjten len rag:
mente aufgefunden. Bon jeinen philojophiichen
Schriften hat fich nichts erhalten. i * 100, 9.
Quint. 10, 1,39. Einen jehr ungenügenden Erjat
für Die verlornen Bücher des Geichichtäwerfes bil:
den die (mit Ausnahme von B. 136 und 137)
—— erhaltenen kurzen Inhaltsangaben, pe-
riochae, in unbelannter Zeit (vielleicht erſt im
4. Jahrhundert, und zwar vermutlich nicht auf Grund
des Driginald, jondern einer aud) von andern,
3. B. Florus und Oroſius, benugten ausführlicheren
epitome in der Urt des Trogus-Juſtin) gefer:
tigt, am bejten herausgegeben von DO. Jahn (1853).
— Livius' großes Geſchichtswerl ftellt ſich die Auf:
abe, in pragmatijcher Weije nicht allein die That:
nl zu berichten, jondern aud das Lehrreiche
an ihnen hervorzuheben. Liv. 1. praef. Daher
> er die jo reiche Geſchichte des römijchen
Bolfes, die er oft mit dichteriichem Schwunge,
welcher ihn die Sagen jeines Volkes und das
Sittlihe in den einzelnen Handlungen beachten
ließ, behandelt, jowie er die hervorragenden Ber:
jönlichkeiten (3. B. Hannibal) mit voller Seele
faßt und darjtellt Dies erfannten auch die Alten
jelbft ſchon an ihm an (Qwint. 10, 1, 101). Seine
eigene religiöſe Anſchauung, die freilicd) den Männern
des Mittelalters oft anftößig war, joweit fie ſich
in der gewijjenhaften Aufzählung aller Wunder:
zeichen fund gibt, it ein Zeugnis feines frommen,
in dem Glauben der Bäter großgezogenen Ge-
mütes (43, 13). Er verſchmäht zur Masihmüdung
jeiner Darftellung geeignete Mittel nicht und jucht
die Lebhaftigkeit derjelben zu heben, indem er
teild treffende Schilderungen einfügt, teils den
handelnden Berjonen Reden in den Mund legt,
welche dem Charakter derjelben im ganzen ange:
meſſen find (wie Seipio und Hannibal), teils end»
lich durch furzgehaltene Charakterichilderungen (3. B.
des älteren Cato). Auch dies erfannte jhon Quin—
tifian Hinfichtlich der Reden an. Daneben trifft
700 Lixae — Aoyıoral,
ihm freilich der Tadel der Ungenanigfeit in ein- '«3. Aufl. von M. Müller 1884 f.), 9. 3. Müller
en Partien nicht mit Unrecht, 3. B. in den | (begonnen 1881) und A. Zingerle (begonnen 1883).
Schlachtenbeſchreibungen und insbejondere in der | Erfl. Schulausgg. einzelner Bücher von Erufius
Darftellung der hiſpaniſchen Feldzüge während des md Mühlmann, Fabrı und Heerwagen, Tüding,
zweiten punifchen Krieges. Was nun die Aus: | ren, Wölfflin, H. J. Müller, M. Müller, Frie—
führung feines großartigen Werkes betrifft, jo be: | dersdorff, Luterbacher, Egelhaaf, Heynacher, Klett,
ginnt er feine Gejchichte mit der Sage von Noms Widmann. Beſte deutjche Überf. von Heufinger
Sründung und von der Geſchichte der Stadt in (1821). Kühnaft, die Hauptpunfte der livianijchen
Ihrer uriprünglichen engen Beichräntung und er: | Syntar (2. Bearb. 1870-72). Riemann, etudes
weitert fie im Verlaufe der Begebenheiten zur sur la langue et la litterature de Livius (1881).
Geſchichte des römischen Weltreiches. Die erjten Madvig, emendationes Livianae (2. Aufl. 1877).
60 Bücher behandelten 6 Jahrhunderte, die legten Lixae, Marketender, die auf eigene Hand das
80 etwa 180 Jahre. Bejonders gelungene Partien , Heer begleiteten und den Soldaten allerhand
find die Samniterfriege und der zweite punifche Yebensmittel und Getränfe verfauften und ihnen
Krieg. Was die von ihm benußten Quellen be: | auch wohl für Geld anderweitige Dienfte leifteten,
trifft, jo zog er, ohme ſelbſt gerade jehr jcharf zu oft jedoch auch von dem Feldherren mit den Troß—
fichten,, die fich ihm Ddarbietenden Schriften zur knechten (calones) zu Schanzarbeiten herangezogen
Ausführung feiner Arbeit zu Rate und verftand | wurden. Mit ihren Zelten ftanden fie an der
ed, das Beſſere aus ihnen auszumählen. Die | dem Feinde abgewandten Seite des Lagers außer:
ſchwierige Unterjuchung über die Art und Weije, | halb desjelben vor der porta decumana. Bal.
in weldyer Livius feine Quellen benugt hat, na- |Castra, 6.
mentlich die römischen Annaliften, ift in den fetten | Loeatio, eonductio, 1) Mietvertrag zwiſchen
Jahrzehnten durch die Arbeiten von Nifien (1863), | dem Vermieter, locator, und Mieter, conductor.
Peter (1863 in betreff des Polybios), Nitzſch (die | Der Mietzins nd merces, pretium, pensio,
römiſche Annaliftif, 1873) und ®. %. Unger (1878), | Vorzüglich oft fand diefer Vertrag bei Häufern
jowie durch eine große Zahl Heiner Abhandlungen | (j. Insula) und Grundftüden Anwendung. Letztere
weiter gefördert. Er pflegte für größere Partien | wurden gewöhnli auf 5 Jahre vom 1. März an
Eine Quelle zu benugen, in deren Texte er bis: | verpachte. — 2) Loc. cond. operum oder
weilen Stüde aus andern Quellen eingejchoben |operis ift der Vertrag, durch welchen einer dem
hat. Seine Zuverläffigfeit rühmt bereits Tacitus. | andern die Ausführung einer Sache gegen einen
Sein Stil hat ſchon von den nächſten Schrift: | beftimmten Preis übergibt. Jener hieh locator,
ftellern feiner Zeit verfchiedenartige Urteile er: | der Unternehmer conductor, manceps, redemptor
leiden müſſen. Die Sprache ift meift leicht ver- | operis, susceptor. In dieſer Weife wurden ſowohl
ftändlich, fließend, oft blühend, gewandt und frei | öffentliche als private Bauten veraccordiert. Eine
von dem Streben und Hajchen nach altertümlichen |lex operi faciundo gab die gegenfeitigen Be—
Ausdrüden, welches Livius an Salluft getadelt | dingungen genau an.
haben joll. Die erfte Dekade, in welcher er fich oeüli, eigentlich Fächer, daher Schranf, Kaften,
jeinen hiſtoriſchen Stil erft geichaffen hat, unter: | Schatulle, zur Aufbewahrung wertvoller Gegen:
icheidet fi in Wortgebrauh und Konftruftionen ſtände, der Größe mad) zwiſchen der großen arca
vielfach von den jpäteren Büchern. Wenn —6 d.) und der Heinen crumena ſtehend. — Horaz
Pollio feine Patapinität tadelt (Quint. 1, 5, 55.| (sat. 1, 5, 74) bezeichnet mit dem Worte das Käſt—
8, 1,3), weil er in Bezug auf jeine Sprache von | chen für die Nechenfteine, mit welchem die Knaben
Eigentümlichfeiten des Ausdruds, wie fie fich bei | zur Schule gingen.
Provinzialen fänden, nicht frei geweien jet und | Aoyeior f. Theatron, 8.
fich nicht der reinen Sprache der ftädtischen Römer | Aoyısrai waren in Athen die Oberreviforen
bedient habe, jo fann man, ſoweit uns des Livius | aller Beamten, welche über öffentliche Gelder ver:
Werf vorliegt, diefem Urteile nicht beipflichten | fügten, früher 30, jpäter 10 Berjonen; der Ei$wror,
und den Tadel nicht für begründet halten. Aber | die ihnen als „Prüfer und Unterjucher zur Seite
ebenfowenig treffend ift die Vergleichung des Living | ftanden, waren auch 10, einer aus jeder Phyle,
mit Herodot bei Quintilian (10, 1, 101). Bon | mit 20 Beiligern (mdosdpo:). Euth. und Log.
dieſem fich objektiv in die Thatſachen verjenfenden | wurden früher durch Eheirotonie, jpäter *—
Schriftſteller unterſcheidet er ſich weſentlich durch Los gewählt. Zugeordnet waren ihnen außerdem
den bewußten Zweck feiner ganzen Darſtellung, noch 10 Synegoren oder Öffentliche Anwälte. An
mit der er in letzter Tendenz das juliiche Ge: | die Logiften als die Hauptbehörde mußte die Rech—
ichlecht verherrlichen wollte, und durch die, mehr | nung eingereicht werden; dieſe übergaben fie den
|
oder weniger freilich die ganze römische Litteratur | Euthynen, welche fie in ihren einzelnen Boften zu
durchdringende, rhetorische Haltung. — Ausgg. von | prüfen hatten. Auch hatten die Logiften innerhalb
J. Fr. Gronov (1645. 1679), Drafenborch (1738 ff., 30 Tagen nach der abgelaufenen Amtszeit eine
wiederholt 1820 ff. in 15 Bbd.), Stroth und Dö— | öffentliche Aufforderung zu erlaffen, daß, wer eine
ring (1780 ff), Ruperti (1807 ff). Neuefte krit. lage gegen einen der abgetretenen Beamten an-
Ausgg. von Alfchefsti (1841 ff., unvollendet), Mad: | zubringen habe, ſich deswegen bei ihnen melden
vig und Uſſing (2. Aufl. 1874), Frigell (1882 ff.) | möge. Waren die Rechnungen richtig, und fand
und Luchs (begommen 1888), Mene wichtige Nez ſich fein Kläger ein, jo hatten fie die Decharge
cenfion der Bücher 26-30 von W. Luchs (1879). | zu erteilen (Zmiomunireodar. Fanden ſich dagegen
Schulausg. mit deutjchen Anmerkungen von Reifen: | Unrichtigfeiten oder Klagen, fo hatten jie einen
born (1853 ff., 10 Bdd., zum Teil jchon 8. Aufl.). | Gerichtshof zu konftitwieren, in dem fie jelbft den
Tertausgg. von Kreyſſig (1823 ff.), I. Beller umd | Vorfig führten, die overjyogoı aber als Ankläger
Raſchig (1829 f.), Herg (1857 jj.), Weißenborn im Namen des Staats auftraten; und ſchließüch
”
=
Aoyoygdpor — Lokris.
wurde die Sache einem heltaftiichen Gerichte zur
Entſcheidung vorgelegt.
Aoyoygdgpoe nennt man nad) Thue. 1, 21
diejenigen größtenteils vorherodoteischen griechiichen
Schriftiteller, welche, an das ioniſche Epos an—
fnüpfend, mündlich überlieferte Sagen und Mythen,
befonders über die Gründung (»Tiseıg) und Ein:
richtung der Städte, über Heiligtümer und Aren
(3.8. ffosımı rs Hoceg), Vollsſtämme und Fürjten:
——— in Proſa einfach und ſchmucklos nieder—
chrieben. Ihre Aufzeichnungen waren die Grund—
lage für die eigentliche Geſchichtſchreibung, welche
mit Herodotos beginnt. Sie waren mit der ein—
zigen Ausnahme des Akuſilaos von Argos (in
Boiotien) Jonier. Unter ihnen werden befonbers
enannt Kadmos (eine halbmythiiche Berjon) und
Dion yſios von Milet, Hellanikos von Miüti-
lene, Hefataios von Milet, der zuerjt die ge:
ſchichtliche Wahrheit ind Auge gefaßt hat, Eharon
von Lampfakos, Hippys von Rhegion und He:
rodoros von Herafleia. Bon ihren Schriften
haben jich nur Bruchjtüde erhalten, gejammelt von
E. und Th. Müller im 1. Bd. der fragm. histor.
Graee. (1841 und 1874). Bgl. Ereuzer, die hiſtor.
Kunft der Griechen (2. Aufl. 1845), ©. 277 ff. —
Übrigens hat das Wort Aoyoygdpog die dreifache
Bedeutung PBrojaiter, Redenjchreiber und Gejchicht:
jchreiber, ift aber zu feiner Zeit des Witertums
ausichliehlih von den ältejten Geichichtichreibern
gebraucht worden.
,„ Aongis, und die Lokrer, Aoxgol,
ollen ihren Namen von Lokros, dem Urenkel des
mpbhiftyon und Anführer einer Lelegerkolonie,
erhalten haben. Wegen jeiner Zeriplitterung ge
langte der ganze Stamm nie zu irgend welcher
Bedeutſamkeit. In Griechenland ſelbſt wohnten
weitlich (ol EZomdgior) die ozoliſchen Lokrer
(Aoagol Ofolcı) zwiſchen Witolien im NW., Doris
im N., Phokis im D. und dem Korinthiichen Meer:
bufen im S. Bon ihnen durch den Parnaß, Pho:
fis und Doris geichieden waren die opuntiihen
Lofrer (A. Orodrrioe) und die epifnemidiichen
(Exıxrnuidıoı) an der Küſte des Euboiiſchen Meeres
bis zum Maliichen Meerbujen und den —
pylen, landeinwärts von Boiotien und Phokis be:
renzt. Außer dieſen Stämmen wohnten in Jtalien,
aft an der ſüdweſtlichſten Spitze noch die Aoxgol
Emitepboiie. — Die ozoliihen Lokrer be
wohnten innerhalb der angegebenen Grenzen ein
Gebiet von 12 [IMeilen, meift rauhes Gebirgs:
land; denn von Phokis reichen die mit Schnee
und Fichtenwald bededten Zweige des Parnaſſos,
die jest Elato genannt werden, aus YWitolien das
hohe ldgebirge Korax (j. Bardufia) hin, durch
welches ein bejchwerlicher Pak führt. Der nicht
bedeutende Hylaithosflug durchſtrömt das Land,
deſſen Felfenjchluchten in den Türkenkriegen die
Verteidigung leicht machten, aber aud) in Friedens—
zeiten den Verkehr jehr hemmen. Dazwijchen liegen
dann allerdings wieder Fruchtſtrecken, bejonders
für Weinbau geeignet; deshalb leiteten die Ozoler
jelbft ihren Namen von öLog, Fruchtauge des
Weinftods, her, während die andern Griechen fie
als „übelriechende” (öfo) bezeichneten, entweder
von den Schaffellen, mit denen fie jich gegen
Kälte jchügten, oder von ihrer Hauptbeichäftigung,
der Viehzucht. Als DOrtichaften jind bemerfens-
wert: Naupaftos (j. Yepanto), wo die Herafliden
s
701
ihre Flotte gebaut haben jollen, um nach dem
Beloponnes überzujegen (von vevaenyeiv). Strab.
9, 426. Paus. 10, 38, 10. Beſonders wichtig ward
die Stadt, als die Athener vor 455 v. E. einen
Teil der von den Laloniern unterworfenen Meſſe—
nier hieher verjegten und — des peloponne⸗
ſiſchen Krieges hier ihre Flotte hielten (Thue.
2, 69. 91); ſpäter aitoliſch, ward ſie von den
Römern wieder zu Lofris geſchlagen. Ferner jind
jr nennen Molyfreia, unweit des Vorgebirges
Intirrhion, das nad) ihr aud) ‘Piov MoAvngı-
»6v hieß und einen Tempel des Bojeidon trug,
Antilyra (wohl nicht mit der phofiihen Stadt
besjelben Namens identifch), Diantheia (j. Gala:
ridi); im Innern Migition, Myonia und be
ſonders Amphifia (j. d.) (unweit des heutigen
Salona), die alte bedeutende Hauptitadt. — Die
öftlichen Lokrer (of nodoı) bildeten in älterer
Beit nur Eine Völterichaft und Einen Staat, der
von einer in Opüs ſeßhaften Oligarchie von 100
Geichlechtern By wurde, welche ihren Adel auf
die mütterliche Abftammung begründeten. Erft in
jehr jpäter, vielleicht erft der römischen Zeit jcheinen
die opuntiichen und die epifnemidijchen Lokrer fich
als 2 Völkerſchaften getrennt zu haben, während
vorher beide Namen für die jämtlichen öftlichen
Lokrer im Gegenjag zu den wejtlichen oder 030:
liichen, die von ihnen abjtammten, gebraucht wur:
den. Die epitnemidijchen (oder hHypofnemis
diſchen) Lokrer befahen ein jehr unbedentendes
Gebiet von etwa 3 (andere rechnen mehr) IM.
(da8 Gebiet der bald Lofriichen bald phofiichen
Stadt Daphnus nicht mitgerechnet) an dem nord:
öftlichen Abhängen des Kallidromos und der
Knemis (j. Spartia). Das Flüßchen Boagrios
oder Manes (j. Platania), im Sommer troden,
befommt durch Regengüſſe oft eine Breite von
200 Fuß. Das Klima ift mild und gejund, die
Vegetation treffli. Der Thermopylenpah gehörte
ichon zum Gebiete der Malieis in Theſſalien.
Unter den Ortichaften ift Starpheia zwar Hein,
wird aber wegen jeiner Lage in der Nähe der
Thermopylen oft genannt; ganz in deren Nähe
lag das Dorf Alpenos, desgleichen Beſſa, ent:
weder eine Ortichaft oder ein waldiger Pla; die
bedeutendite Stadt war aber Thronion am Boa-
griod. — Das jüdöftlih von den epilnemidiichen
Lokrern gelegene Gebiet der opuntijhenXofrer,
5 Meilen groß, wurde teils von den Abhängen
der Knemis und der phofijchen Höhen, teils von
einer jehr fruchtbaren Ebene, mediov zidaıuor,
„das glüdliche Gefilde‘, eingenommen. Klima und
Fruchtbarkeit jind vortrefflich. Unter den Gewäſſern
it der Platanios das bedeutendite Flüßchen.
Dieje glüdlihe Bejichaffenheit des Landes macht
es erflärlich, wie die Zahl der Einwohner jo be-
deutend fein konnte, daß fie 7 Schiffe und 6000
Mann gegen die Perſer jtellten. Hdt. 7, 203,8, 1.
Die Hauptitadt Opüs (6 Oroüg) war blühend,
wie ihre herrlichen Silbermünzen bemweijen, doc)
nie von bedeutender Größe, da fie im Kriege oft
zeritört wurde. Sie war die Vaterſtadt des Pa—
troffo8 (Hom. Il. 2, 531. 18, 326. 23, 85); die
Ruinen finden fich bei Talanti. Als ihre Hafen-
ftadt wurde Kynos angelehen, wo man das Denf-
mal Deufalions und der Pyrrha zeigte, die nad)
der großen Flut hier gewohnt haben jollten;
andere Küſtenſtädte waren Halai und Korjeai,
m
102
Larymna (f. d.) ſchloß fich jpäter dem Boiotiichen
Bunde an. Nahe der Küfte lag die Inſel Ata—
lante, j. Talantonifi. Strab. 9, 425 ff. Vgl. Bur:
fian, Geographie von Griechenland I ©. 143 ff.
> 186 ff. — Die epizephyriſchen L., Aoxpol ’Emt-
gepvenor, bildeten eine der älteften griechiichen Städte
in Unteritalien, gegründet (nah Strabons aus:
drüdlicher Behauptung) von den ozolifchen, nicht,
wie andere meinten (Verg. A. 3, 399), von den
opuntiichen Lokrern 683 v. C. jchon früh befannt
durch die Geſetzgebung des Zaleulos (ſ. d.). Sie
lag neben dem Worgebirge Yephyrion an der
füdlichiten * der Bruttiſchen Halbinſel. Han—
del und Begünſtigung des älteren Dionyſios hoben
die Macht der Stadt, welche dann von dem jüngeren
Dionyſios, von Pyrrhos und den Römern im
zweiten puniſchen Kriege manches Ungemach litt.
Liv. 29, 8. Obwohl die Römer der Stadt ihre
Freiheit und die von Zaleukos gegebene Verfafjung
liegen (Lir. 29, 21. Pol. 12, 16), ſank fie doch
bald gänzlich. Vor der Stadt lag ein herrlicher
Tempel der Verjephone. Liv. 29, 18. Einige Über:
rejte finden fich noch bei ©. Ilario. Strab. 6, 259.
Lollii, ein in den legten Zeiten der Republik
oft genanntes plebejiiches Geſchlecht, wahrjcheinlich
aus Samnium. Die bedeutendften Männer des
Geichlechts find: 1) DO. Loll. jandte, nachdem er
von des Berres Genoſſen Apronius viel zu leiden
gehabt hatte, feinen jüngeren Sohn als Zeugen
gegen Berres beim Prozeſſe desjelben. Cie. Verr.
3,25. — 2) M. Loll. Balicanns. ein Ricenter,
befleidete im Jahre 71 v. E. das Tribunat und
juchte demjelben die von Sulla ihm entrifjene
Macht wieder zu verichaffen, wobei ihn Rompejus
unterftüßte. egen dieſer und anderer volfs-
freundlichen Beftrebungen hafte ihm der Adel, fo
daf er feine Bewerbung ums Konſulat verhinderte.
Cic. Verr. 1,47. 2, 41. In betreff feiner Bered-
jamfeit nannte ihn Salluft (Quint. 4,2, 2) loquax
magis quam facundus, und Cicero (Brut. 62)
aptıor auribus imperitorum. — 3) M. Koll.
Raullinus, wurde, nachdem er im Jahre 21 v.€.
Konjul gewejen war, im Jahre 16 als Legat des
Statthalterd von Germanien von den bdeutichen
Völkern am Rhein (Sugambrer, Tencterer und
Ufiper) gänzlich geichlagen. Tac. ann. 1, 10. Vell.
Pat. 2,97. Dio Cass. 54, 20. Im Jahre 1 ging
er mit dem damals 18jährigen Gaius Cäſar auf
Augufts Befehl als deflen Mentor nad Armenien,
wo aber jein liftiger und verichlagener Charafter
Urjache vieler Verdriehlichkeiten wurde. Vell. Pat.
2,102. Er jtarb vielleicht an Gift. Die römischen
Gejchichtichreiber (Vell. Pat. 2, 97; vgl. dagegen
Hor. od. 4, 9 machen ihm Habſucht zum Vor:
wurfe. Mit Horaz ftand er ohne Zweifel in
innigerem Berhältniffe, da dieſer an des Lollius
Sohn 2 Briefe (ep. 1, 2 und 18) richtete. —
Seine Enkelin, 4) Yollia Baullina (vgl. Stamm:
tafel unter Julii, 8.), zuerft mit Memmius Re:
gulus verheiratet, dann Gemahlin des Kaligula,
wurde jpäter von diejem verftoßen und von Agriv:
pina ermordet, 49 n. C. Tac. ann. 12, 22. Dio
Cass. 59, 12. 23. 60, 32.
Londinium, j. London, Stadt im Gebiet der
Trinobantes in Britannia an der Tamefis, 61
n. €. zeritört, aber bald, obgleich weder Kolonie
noch Municipium, wieder ein bedeutender Handels-
platz und jpäter Stüßpunft der Römer bei ihren
Lollii — Longobardi.
Operationen. Tae. ann. 14, 33, Suet. Caes. 47.
Amm. Marc. 27, 8. 28, 3.
Longänos, Aoyyarös, nicht Aoıravög (Diod.
Sie. 22, 15), Fluß an der Nordfüjte Siciliens,
zwiſchen Mylai und Tyndaris mündend, befannt
durch Hierons Sieg über die Mamertiner; j. St.
Lucia. Pol. 1, 9, 7.
Longinos, Aoyyivog, genannt Cajjins Yon:
ginus mit dem Ehrennamen PRhilologos, in Athen
um 213 n. E. geboren, machte jchon früh weite
Reifen und lernte die ausgezeichnetiten Lehrer der
Philojophie fennen; bejonders aber zog ihn Die
platonifche Philojophie an Durch vielfache Ge:
lehrſamkeit und grammatiſchen Scharffinn erlangte
er in Athen bald großes Anjchen. Auf einer
jpäteren Reife wurde er der geiftreichen Zenobia,
der Königin von Palmyra, bekannt, welche ihn zu
ihrem Ratgeber machte. Er vermochte diejelbe
zum Widerjtande gegen die römische Herrichaft und
büßte dafür nad) Befiegung der Zenobia 273 mit
jeinem Leben auf Befehl des Kaiſers Aurelian —
Bon feinen hiſtoriſchen, philojophiichen, gramma:
tiichen und kritiſchen Schriften fennen wir mur die
Titel und Bruchſtücke, bejonders das Bruchſtück
einer Rhetorik (abgedrudt bei Spengel, Rhet.
Graec. I p. 299 ff.). Die unter jeinem Namen
uns erhaltene Schrift weel Upovg handelt nicht
etwa von dem jogenannten erhabenen Stil, jon:
dern beipricht alle Borzüge eines vollendeten Stils
in praftiicher Weile und iſt bejonders wertvoll
durch ihre — Citate aus klaſſiſchen Schrift⸗
ſtellern. Nach dem handſchriftlichen Titel AMorv-
slow 7 Aoyyirov hat man fie dem Dionyſios von
Halikarnaß oder einem andern Dionyfios, ſelbſt
Plutarch (Baucher) zugeichrieben, während man
jet einig ift, daß Long. nicht der Verfaſſer fein
fann, und daß das Buch in eine frühere Zeit,
etiwa die des Tiberius, gehört. — Ed. princeps
von Fr. Robortelli (1524); fpätere Ausgg. von
%. Toll (1694), Pearce (1724), Morus (1769),
F. Toup (mit der Abhandlung von Ruhnken über
das Leben und die Schriften des Longinos, 1776
u. ö.), Weisfe (1809); forrefter Abdrud von Egger
(1837); neuefte Ausgabe von DO. Jahn (neue Bear:
beitung von Bahlen, 1887).
Longinus j. Cassii, 2—12. 14.
Longobardi oder Langobardi, griechiich Aoy-
yißagdoı, Aayyößapdor, ein germanijcher Volks—
ftamm, deſſen Name nicht von den langen Bärten
oder den langen Streitärten (ahd. parta), jondern
von jeinen urjprünglichen Sitzen in dem Barden-
gau, der langen Börde (bei Bardanwic) am linten
Ufer der unteren Elbe in der Altmark, Medlenburg
und Lauenburg gegenüber bis Hamburg, abzuleiten
ift. Sie erjheinen zuerjt bei dem Zuge des Tibe:
rius 4 n. E. in jenen Giben, jpäter mit den
Semnonen bei dem Marfomannenbunde. Das frei:
heitliebende und wanderluftige Bolt trat aber bald
\zum Gherujferbunde gegen Marbod und jchüste
| jpäter den vertriebenen König Jtalicus mit bejtem
Erfolg (Taec. ann. 2, 45. 11, 17), wie es auch jeine
eigene Freiheit aufs befte wahrte und dadurch zu
Macht und Anichen fam (Tac. Germ. 40); denn
das Gebiet der Yangobarden ſcheint fi) vom Rhein
öftlih über die Weſer faft bis zur Elbe erjtredt
zu haben. Dann zeigte fich ein bedeutender Lango—
bardenftamm an der Donau in Oberungarn, be—
fiegte hier die Heruler und bejegte die Gegenden
Longos — Lucanus. 703
an der Theif, wo fie mit den Gepiden feindlich | apfelrunde Wurzel, und aus dem getrodneten Mart
ujanmenftießen, Durch Kaiſer Juftinian aber Unter: | Brot gebaden. Eine andere Urt, zolaxocıov ge:
Rübung an Yand und Geld erhielten und unter | nannt, hatte rote Blüten und enthielt in der Samen:
Audoin ihre Gegner befiegten. Der folgende König ; fapfel (“ıBogıor) viele ehbare Bohnen (»uauoe).
Alboin z0g, von Narjes gerufen, im Jahre 568 | Der Lotos, der übrigens heutzutage aus Unter:
nah Italien und gründete das longobardiſche ägypten faft verſchwunden ift, war dem Dfiris und
Reich, dem erjt Karl der Große ein Ende machte. | der is heilig und wurde wegen jeiner anmutigen
Der Hauptſitz ihrer Macht führt noch jeßt den |
Namen Lombardei.
Longos, Aoyyog, wahrjcheinlih aus Leſbos,
Berfafler eines Hirtenromans, lebte vielleicht im
5. Jahrhundert n. C. Sein Werk, moıuerin« r&
xar& JIcpvıv nal Alöonv in 4 Büchern, jchildert
die Liebe eines Hirten Daphnis zu Chloe und
enthält manche artige Schilderungen in reiner und
ungefünjtelter Sprache. Diefer Roman ift der
befte der ganzen antifen Romangattung und von
Neueren, 3. B. Sal. Geßner, oft zum Worbilde
genommen worden. — Der Zert vervollitändigt
von Courier (1810); Ausgabe aus dem fFlorent.
GEoder von Seiler (1842); neueſte Tertrec. in den
Script. erot. von R. Hercher, Bd. 1. (1858). Vgl.
E. Rohde, der griechiiche Roman und jeine Bor:
läufer (1876),
Longüla, Aoyydia, 1) eine zum Gebiet von
Antium gehörige Stadt der Volſter in der Nähe
von Corioli, frühzeitig von den Römern zerftört.
Liv. 2, 33. 39. — 2) Stadt in Samnium von
ungewifjer Lage, bei der %. Papirius Eurjor 309
v. E. die Sammiter ſchlug. Liv. 9, 39. Dion.
Hal. 8, 36.
Lorica j. Waffen, 9. und Belagerung, 2.
Lorum, der Riemen zum Binden, 3. B. der
Schuhe, bei Pferdegejchirren die Zügel, auch als
Büctigungsmittel der Knaben und Sklaven die—
nend (Hor. sat. 1, 10, 5. ep. 1, 16, 46); davon
hieß lorarius der, weldyer Fie Strafe vollitredte.
Gell. 10, 3.
Loryma, r& Achovucc, Hafenftadbt an der Süd—
füfte Kariens, auf der Rhodiſchen Cherjonejos,
dem 20 Millien entfernten Rhodos gegenüber.
Liv. 37, 17. 45, 10. T’huc, 8, 43. Strab. 14, 652.
Lotophägi, Awropayoı, Lotoseſſer, ein jchon
von Homer (Od. 9, 82f. 23, 311) genanntes Volk
an der Meinen Syrte auf der Inſel Meninx, die
deshalb auch Lotophagitis hief. Bon ihnen
führte eine durch die Natur bedingte, noch jept
benugte Karawanenſtraße nad Agypten. Hat.
4, 177. Strab, 17, 829. 834. Vgl. Odysseus.
Lotos, Aorös, 1) bei Homer ein Kraut, Stein:
Hee, in Sparta und um Troja in feuchten Niede—
rungen wildwachſend, welches als Futter dient
(N. 2, 776. Od. 4, 603), aber auch eine jehr
ihöne Blume gehabt haben muß (nach /1. 14, 348,
wo die Erde fie nebft Safran und Hyazinthe her-
vortreibt). 2) der kyrenaiiſche ©, der ftadhlige
Jujuben: oder Bruftbeerbaum, Khamnus lotus
oder Zizyphus lotus, am jchönften in Afrika um
die Syrten wachiend, auch in Jtalien jehr häufig,
aber ausgeartet. Die Frucht glich einer Dlive
oder Pflaume, war jafrangelb oder purpurrot in
ihrer Reife, Mein von Kern, ſüß wie Feigen und
Datteln, noch liebliher von Geruch. Es war die
Speife der Lotophagen, in der heutigen Berberei
Sidra genannt. Hdt. 2, 96. 4, 177. — 3) der
änyptiie L., eine Wafjerpflanze, der Wafferlilie
gleichend (Hdt. 2, 92), mit weißen oder blauen
Blüten. Die Frucht wurde gegeflen, ebenjo die
Form von der Kunft jehr häufig nachgebilbet.
Lua, römiſche Sühngöttin, der nah der Schlacht
zur Gühnung des vergofjenen Blutes erbeutete
feindliche Waffen von dem Feldherrn verbrannt
wurden. Liv. 8, 1. 45, 33. In den offiziellen
römijchen Gebeten wurde fie Tochter Saturn
(Lua Satumi) genannt.
Luca, Aoöz«, j. Yucca, eine jeit Auguftus zu
Etrurien gerechnete, früher liguriihe Stadt am
Auſusfluß nordöftlich von Piſä, der äuferfte Punkt
der Claudiſchen Straße, bald auch römiſches Mu-
nicipium, hiſtoriſch befannt als der Ort, wo Gäjar,
Bompejus und Erafjus 56 v. E. zufammentamen
und ihren Geheimbund erneuerten. Noch heute
findet fich in dem jebigen Yucca ein jehr volljtän-
dig erhaltenes Amphitheater. Liv. 21, 59. 41, 13.
Cie. ad fam. 13, 13. Suet. Caes, 24. Strab.5, 217.
Plut. Pomp. 51. Caes. 21.
Lucania, Asvxaria, die zwischen Apulia, Sam:
nium und Gampania nördlich und Bruttii jüdlich
gelegene Landſchaft Unteritaliend, vom Silarus:
fluß bis zum Yaus am Tyrrheniichen Meere, am
Eetentintihen Meerbujen von Metapontum bis
Thurii. Mit Ausnahme einer Ebene am Taren-
tinischen Meerbujen wird das Land von den Aus:
läufern des Apennin durchzogen, weißen Kallſtein—
höhen (daher der Name, von Asvxög), deren be:
deutendfte der Alburnus (j. Alburno) bei Räftum
ift. Zwiſchen Velia und Burentum ragt das Vor—
gebirge Palinurus mit einem Hafen (j. Porto
di Palinuro) weit ins Meer hinaus. Bon den
Flüſſen münden an der Wejtjeite der Silarus
(j. Sele), mit den Nebenflüffen Calor (Calore) und
Zanager (Negro), der Hales (Salente) und der
L aus (Laino); an der Djtjeite der Krathis (Erati),
deſſen linfer Nebenfluß der Sybaris (Eojkcile) ift,
Semnus (Sinno), Aciris (Agri), Bradanus
(Bradano). Unter den Erzeugniſſen des Landes
ift bejonders das Iucanijche Rindvieh hervorzu-
heben; die Ebene am Tarentiniischen Meerbujen ift
aber den fruchtbarften Teilen Italiens gleichzu-
jtellen. Die Einwohner, Lucani, Asvaavoi, waren
jammitischen Stammes und infolge eines ver sacrum
jeit 420 v. E. eingewandert und hatten die vor:
gefundenen Choner und Onotrer überwunden. An
der Küfte wohnten viele Griechen in Pflanzitädten
(j. Graecia Magna), die jeit Pyrrhos' Zeit
entichieden die Gebieter waren. Außer den gries
chiſchen Pflanzftädten Päſtum oder Bojeidonia,
Belia (Elea), Burentum, Thurii, Serafleiopo:
lis, Metapoutum waren die wichtigiten Städte
im Innern Botentia, Grumentum, Acheron—
tia, Blanda, Tegianum (j. Diano), Eburum
(j. Ebolt) u. a. Strab. 6, 252 ff
Lucänus, 1) M. Annäus Luc, geboren zu
Eorduba in Hiipanien am 3. November 39 n. E.
aus römischen Gejchlechte, Neffe des älteren Seneca,
deſſen Empfehlung Nero, Senecas Schüler, bewog,
den Lucan im Staatsdienfte zu verwenden. Dod)
erfreute er fich der Gunft Neros nicht lange, der
ihm, vielleicht aus Neid auf jeinen Dichterruhm,
704
Luceeii — Lucilü.
nicht nur die fernere Vorleſung feiner Gedichte | die durch Tarquinius Prifeus Neubürger als Ram-
unterjagte, fondern ihn auch als Teilnehmer an
der Verſchwörung des Pijo zum Tode verdammte
(30, April 65). Tae. ann. 15, 49. 56. 70. Bon
jeinen zahlreichen Dichtungen (lliaca, Saturnalia,
Silvae, Epigrammata u. a.) bejigen wir noch die
(freilic) unvollendete) Pharsalia in 10 Büchern.
Sie behandelt den Kampf zwijchen Gäjar und
PBompejus bis zur Belagerung in Nlerandreia in
chronologiſcher Folge und Hat geichichtlichen Wert.
Der Dichter betrauert mit der ganzen Innigkeit
der Jugend den Untergang der Freiheit, als deren
Vertreter ihm Pompejus erjcheint, und wählte
darum diejen Gegenftand, um jeinem Schmerze
Worte zu verleihen. Eine rhetoriiche, oft über:
treibende Sprache und pathetijche, nicht immer ges
ſchmackvolle Schilderungen charakterifieren die Dich:
tung. Quint. 10, 1, 90. — Ed. prince. Rom 1469;
ipätere Ausgg. von Kortte (1726), F. Oudendorp
(1728), B. Burman (1740) und E. %. Weber
(1821 ff. in 3 Bdd.; 1828 f. in 2 Bbb.). — 2) j.
Okellos,
Lueesil. Aus dieſem plebejiihen Gejchlechte
find zu nennen: 1) ein freund des Cicero (ad Att.
5, 21, 18). — 2) 8. Lucc., ebenfall ein freund
Eiceros, dem es micht gelang, ihn mit Atticus,
von dem er jich jchwer beleidigt glaubte, auszu:
jöhnen. Seine Bewerbung ums Konjulat mißlang
dem reichen Lucc. im Jahre 61 v. E. troß Ciceros
Unterftügung und Cäſars Empfehlung. Cie. ad
Att.1,3,3. Suet. Caes. 19. Darauf bejchäftigte
er fid) längere Zeit mit den Wiſſenſchaften, jchrieb
eine Geichichte des Bundesgenoſſen- und des erften
Bürgerfrieges und beabfichtigte auch eine Gejchichte
der folgenden Zeiten zu liefern, wozu ihn Cicero
dringend aufforderte (Cic. ad Att. 4, 6. 9. 11. ad
fam. 5, 12), ja ihm wahrjcheinlid auch Materia:
lien überfandte. Cicero hielt überhaupt viel auf
ihn und rühmt feine NRechtlichfeit und Unbeſcholten—
heit (Cael. 21). Beim Beginn des Bürgerfrieges
zeigte ſich 2. als entichiedenen Anhänger des Pom—
pejus. Nach deſſen Tode durfte er mit Cäſars
Bewilligung in Rom bleiben und war auch ferner |
Ciceros Freund, jcheint indes das von diejem be:
gehrte und von ihm zugeiagte Werk nicht vollendet
zu haben. Dagegen werden Reden gegen Catilina
von ihm erwähnt. Er ftand auch mit Cicero in
lebhaftem Briefwechjel (ad fam. 5. 12 ff.).
3) DO. Luce, ein Geldwechsler zu Rhegium und
Zeuge gegen Verres. Cie. Verr. 5, 64, 165. —
4) Lucc. Albinus, unter Nero (58 n. E.) Statt:
halter von Judäa, machte fich durch jeine Er:
prefjungen bei den Juden verhaft und wurde
wahricheinlich jpäter nad) Mauretanien verjegt.
Bei den nachfolgenden Kämpfen um den Thron
fam er in den Verdacht, jelbjt nach der höchiten
Gewalt zu ftreben, weshalb ihn Bitellius hinrichten |
ließ. Tac. hist. 2, 58. Jos. b. Jud. 2, 14.
Curia und Gens), vielleicht nicht etruſkiſchen,
jondern albanijchen Urjprungs. Unter Tarquinius
ſchonungslos verfolgte.
Prijeus wurde dieje Tribus den beiden erften in
politiicher und religiöjer Berechtigung gleichgeftellt. 1, f.
nes, Tities, Luceres secundi aufgenommen wur—
den. In den Quellen (Liv. 1, 35. Dion. Hal.
2, 36. 5, 13. Tac. ann. 11, 25. 4, 65 u. j. mw.)
herrichen viele Widerjprüche.
Luceria, Aovasei«, weniger richtig Nuceria,
Novxsgiae, Stadt in der apuliichen Landichaft
Daunia, weftlich von Arpi, auf fteiler Höhe, mit
einem alten Minervatempel. In den Samniter:
friegen wurde fie von den Samnitern, dann von
den Römern erobert und von dieſen wegen eines
Aufftandes der Bewohner zerftört, bald aber (316
v. E.) als Kolonie wiederhergeftellt; j. Lucera.
Liv. 9, 2. 26. Diod. Sic. 19, 72. Strab. 6, 284.
Lucerna j. Beleuchtung.
Lueifer j. Phosphoros.
Lueilfi, 1) €. Lucilius, geboren im Jahre
180 v. E. zu Suefja Aurunca im jüdlihen Latium
(daher magnus Auruncae alumnus Jwv. 1, 20),
ſtammte aus einer vornehmen und reichen Familie.
Er jcheint ohne Teilnahme an den Staatsgejchäf:
ten teils in Rom teils in der Nähe der Haupt:
F ſeinen Studien gelebt zu haben. Von ſeiner
Freundſchaft mit dem jüngeren Scipio und Lälius
reden viele Zeugnifje; ein anjchauliches Bild diejes
Verkehrs entwirft Horaz (sat. 2, 1, bejonders 62 ff.).
Im Jahre 134 trat er der praetoria cohors des
Scipio bei und beteiligte jih an dem numanti:
niſchen Kriege; geſtorben iſt er im Jahre 103 in
Neapel. — Seine Satiren, welche nach dem ein—
ſtimmigen Zeugnis des Altertums zu den bedeu—
tendſten Werken der älteren römiſchen Litteratur
gehörten, waren etwa ſeit Sullas Zeit in 30 BB.
geteilt, die zum Teil unter beſonderen Titeln
(deorum concilium, fornix, Collyra) ——
werden, zerfielen aber nach ſeiner eigenen Anord—
nung in 2 Sammlungen, indem die eine, der Zeit
nach ſpätere, B. 1—25, in Hexametern verfaßt
war (nur B. 22 enthielt Diftichen), die andere,
B. 26—29, aus den älteren iambiſch-trochäiſchen
Maßen beitand. Das 30., wiederum in daftyli-
ſchen Metren gejchriebene Bud) ſcheint unmittel:
bar auf die erfte Sammlung gefolgt zu jein, die
fi früher als die herametriichen aus dem Kreije
der Bebildeten verlor. Bon dem Inhalt derjelben
geben die Satiren des Horaz, der Lucilius aus:
drüdlich als jein Vorbild in diefer Gattung der
Poeſie bezeichnet (sat. 2, 1, 28. 34. 62), eine deut:
lichere Borftellung, als die jehr zahlreichen, aber
jehr kurzen Fragmente. X. jchilderte nicht allein
die fittlichen Buflände feiner Zeit, in welcher mit
der rajch aufblühenden Macht des Staates Luxus
und Sittenverderbnis an die Stelle der alten Ein:
fachheit trat, jondern zog auch Gegenftände der
Litteratur und Geichichte in den Kreis jeiner Dich:
tungen. Das dritte Buch enthielt eine Reiſe—
bejchreibung ähnlich der des Horaz (sat. 1, 5),
das neunte behandelte vorzugsweile grammmatijche
Lucöres, die dritte patricifche Urtribus (j. | Stoffe. Bejonderd aber wird der jcharfe Spott
| gerühmt, mit dem er im edlem Unmut über das
Yafter Perſonen, die jeinem Tadel anheimfielen,
Hor. sat. 1, 10, 11. 2,
Pers. 1, 115. Juv. 1, 165. Außerdem
Sowie die gentes diejer dritten Tribus gentes | traf jeine Satire die gleichzeitigen Dichter, welche
minores im Gegenjaß zu den beiden andern tri- | durch Nachahmung griechiſcher Mufter der Poeſie
bus hießen, jo gab es auch von da an patres eine mehr gelehrte Richtung gaben.
maiorum und minorum gentium. Manche be: 1, 10, 55.
ziehen die gentes minores auf alle 3 Urtribus, in
Hor. sat.
Ihnen gegenüber vertrat L., wie der
Urjprung der Satire es mit ſich bradjte, die echt
Lucina — Lucretii.
römiſche Poeſie, ohne jid) jedoch der griechiichen |
Bildung zu verſchließen. Er ſchrieb für das Volk
(Cie. de or. 2, 6, 25. fin. 1, 3, 7), und vollstüm:
licher Witz wird neben dem 'perfönlichen Spott als
die hervoritechendfte Eigenjchaft feiner Gedichte be:
zeichnet. Hor. sat. 1, 4, 7. Dieje Miſchung von
Bitterfeit und heiterem Scherz machte ihn auf|
lange Zeit zu einem jehr beliebten und viel ge:
fejenen Dichter. Tac. dial. 23. Quint. 10, 1, 93.
Horaz (sat. 1, 4, 12; vgl. 10, 20) nennt ihm mit
Recht garrulus; wenn er aber die Nachläſſigkeit
im Bersbau und die Flüchtigkeit tadelt, jo hat er
vielleicht mit Rüdficht auf die blinden Verehrer
des L. etwas übertrieben. Die von Horaz gerügte
Einmiſchung griechiſcher Wörter zeigen auch die
Fragmente. — Die Fragmente (über 800) haben
geſammelt Douſa (1597 u. d.), Gerlach (1846), Luc.
Müller (1872), Lachmann (1876) und Bährens,
fragm. poet, Kom. p. 139 ff. Bol. L. Müller,
Leben und Werfe des Gaius Yucilius (1876).
2) E. Yucilius Hirrus, Volkstribun im Jahre
53 v. C., juchte dem Pompejus zur Diktatur zu
verhelfen. _ Plut. Pomp. 54. Seine Bewerbungen |
um die Ädilität und andere Ämter mißglüdten |
mehrere Male. Kicero macht ſich wegen feines |
Stammelns über ihn Iuftig (ad fam. 2, 10,1).
Er war Gegner Cäſars. Caes. b. e. 1, 15. Im
Bürgerkriege (Cie. ad Att. 8, 11, A) führte er‘
dem Heere des Bompejus Truppen zu und ging |
im Auftrage desjelben nad Afien zum Parther:
fönige Orodes, um denjelben für PBompejus zu
ewinnen. Claes. b. c. 3, 82. Nach dem Tode des
Bompeins lebte er in Rom, mußte jedoch im Jahre
43 zur Zeit der Proffriptionen fliehen, um fein
Leben zu retten. Er entkam nach Bruttii, wo er
Anhänger fammelte, mußte jedoc wieder fliehen
und begab ſich zum jüngeren Pompejus nad ©i:
cilien. App. b. e. 4, 43. 84. 3) Lucilius
Junior, vielleicht aus Neapel, Freund des älteren |
Seneca, der mehrere Schriften an ihn gerichtet
| Liv. 29, 13.
hat (Sen. quaest, nat. 3, 1), war Stoifer und be-
ichäftigte fich eifrig mit "den Wiſſenſchaften, dejon: |
ders mit der Dichtkunſt. Beigelegt wird ihm mit
höchſter Wahrjcheinlichfeit ein Gedicht Aetna in
645 Hegametern, welches die Ausbrüche dieſes Bul-
fans vor dem großen Ausbruche im Jahre 79 n.E.
ichildert und zwiichen den Jahren 65 und 79 ver
faßt zu fein ſcheint. Ausgg. von Jacob (1828),
Munro (1867), Haupt (im jeiner 2. Ausgabe des
Vergil, 1875) und Bährens, poet. Lat, min.
BD. II p. Ai — —— von Wagler (1884).
Lucina j. Juno unter A 5.
Lueretii, urſprünglich ein patrieiſches Ge⸗
ſchlecht; ſpäter finden wir auch plebejiſche Lucre-
tier: 1) Sp. Luer. Tricipitinus, römischer ,
Senator und Stadtpräfeft unter Tarquinius Su:
perbus (Liv. 1, 59), befleidete im Jahre 509 v. €.
das Konſulat, ſtarb aber kurz nad) Antritt jeines
Amtes. Lir.2, 8. — 2) Seine Tochter, Yucretia,
Gemahlin des Tarquinius Eollatinus, erregte durch)
ihre außerordentliche Schönheit die Begierde des
Sertus Tarquinius, eines Sohnes des Tarquinius
Superbus, der des Nachts in ihre Wohnung jchlich
und fie nach langem Widerftreben durch Drohungen
übermwältigte. Dem jofort am Morgen herbeige: |
rufenen Vater und Gemahl erzählte fie die er: |
fittene Schmad und forderte beide auf, diejelbe
zu rächen. Darauf tötete fie fich ſelbſt. Zir. 1, 57.
Reallerifon des Nafj. Altertums. 7. Aufl.
‚er von Auguftus, der die Ehre für ſich
lehnte, zum Konſul ernannt. Dio Cass. 54, 10. -
705
Der Sturz der Tarquinier war die nächite Folge
diefer Schandthat. — 3) T. Lucx. Tricipiti:
nus, befämpfte im Jahre 508 dv. E. die vor Rom
lagernden Etrujfer und im Jahre 504 die Sabiner,
beide Male ald Konjul. Liv. 2,8.16. — 4).
Zuer. Tricip., brachte als Konful im Jahre 462
v. E. den Boljtern eine Niederlage bei. Liv. 3, 8.
Später (449) joll er die Abjchaffung des Decem-
virats beantragt haben. — 5) 2. Lucr. Flavius
Tricip., ſchlug im Jahre 393 v. E. als Konjul
die Aquer, 391 als Konſulartribun die Volſinier
in Etrurien (Liv. 5, 29. 32) und ftimmte gegen
die Auswanderung nach Beji (390). Plut. Cam. 32.
Das Konfulat befleidete er viermal. — 6) Sp.
Luer, befehligte während des zweiten punijchen
Krieges im oberen — 204 und 203 v. C.
30, 1. — 7) €. Luer. Gallus, be:
fehligte im Kriege gegen Berjeus die römijche
Flotte. Liv. 42, 35. 48. Wegen feiner Erprefiungen
verflagten ihn mehrere griechiſche Städte, worauf
er mit einer großen Geldftrafe belegt wurde. Zir.
43, 4. — 8) D. Luer. Dfella, verließ die
Partei des Marius, um ſich auf Sullas Seite zu
ichlagen, und belagerte auf .. desjelben (82
v. E.) den jüngeren Marius in Pränefte. Mut.
Sull, 29. Die Stadt mußte fich ergeben, nachdem
Marins fich jelbft getötet hatte; viele gefangene
Senatoren der Gegenpartei ließ Ofella töten. Als
er fi im Jahr 31, noch nicht dazu berechtigt,
um das Konjulat bewarb, wurde er auf Veran:
laſſung des darüber aufgebrachten Sulla von L.
Bellienus umgebradt. io Cass. 37, 10. Plut.
Sull. 33. — 9 Q. Yucr., Senator umd Anhänger
des Bompejus, gab ſich nad) der Einnahme der
von ihm bejegten Stadt Sulmo durdy die Cäja-
rianer im Jahre 49 v. E. jelbft den Tod. Caes.
b. e 1,18. — 10) DO. Xucr. Bejpillo, zur Zeit
Sullad, war nad) Cicero (Brut. 47, 178) ein
rechtstundiger und beredter Mann. — 11) Sein
Sohn, DO. Yucr. Bejpillo, wurde im Jahre 43
v. E. nad Cäſars Tode geächtet, entging der Er:
mordung aber, indem jeine rau und eine treue
SHavin ihn in feinem eigenen Hauſe verbargen.
Val. Max.6,7,2. Der Berwendung jeiner Freunde
‚gelang e8, daß fein Name von der Lifte der Ge—
‚ächteten geftrihen wurde. Im Jahre 19 wurde
ch jelbit eb⸗
12) T. Luer. Carus, geboren im Jahre '98, ger
ftorben 55 v. €, Verfaffer eines ——
Lehrgedichts de rerum natura in 6 BB.
Gedicht, an den Dichter Memmius gerichtet, ven
die epifureiiche Lehre von der Entjtehung und
‚Erhaltung der Welt mit dem entſchieden ausge:
iprochenen Zwecke dar, die Menſchen durch Ver:
achtung der Natur von eingebildeter Furcht zu
befreien. 2. hat nicht allein die griechiichen Phi:
lojophen, welche er zum Zeil ausführlid) befämpft,
zum Zeil in begeifterten Lobſprüchen preift, gründ:
lich ftudiert, jondern auch eigene Beobachtungen
angeftellt und die daraus gewonnenen Anfichten
zu einem jelbftändigen Syjtem verarbeitet. Als
die Grundbeſtandteile, aus denen Alles geworden
ift, nimmt er eine unendliche Menge von Atomen
an, welche einfach und unvergänglich in dem un:
begrenzten feeren Raume in fteter Bewegung be:
griffen find und durch verjchiedene Zujammen-
jegungen die einzelmen Dinge bilden. Auch die
4
706
Seele bejteht aus joldyen Atomen und ift daher
ihrer Natur nad) körperlich; fie entfteht und vergeht
mit dem Körper. Die VBorftellungen und Empfin-
dungen beruhen auf ſinnlichen ahrnehmungen,
welche durch die Einwirkung von Bildern, die ſich
unaufhörlich von den Dingen loslöſen, hervorge—
bracht werden. In den beiden letzten Büchern
wird eine Geſchichte der Welt nach ihren Entwicke—
lungsjtufen und eine Erklärung von einzelnen
Naturerjcheinungen gegeben. — So unpoetiſch diejer
Stoff an fi ift, jo hat L. ihm doch mit großer
Kunft zu behandeln und für eine dichteriiche Dar-
ftellung geichidt zu machen gewußt, was jic nicht
allein in einzelnen Schilderungen, unter denen die
Beichreibung der Peſt am Schluß des Gedichts
bejonders berühmt ift, jondern auch in der Auf:
faſſung des ganzen Gegenftandes zeigt. Much auf
die Sprache, über deren Armut und Unbildjamfeit
er wiederholt Hagt, hat er große Sorgfalt ver:
wendet; fie gewährt im ihrer Schärfe, gg se
und 5— einen eigentümlichen Reiz. Der
wiſſenſchaftliche Ernſt, mit dem er ſeine Lehrſätze
entwickelt, ſchützt ihn vor dem Vorwurf der Leicht:
fertigfeit, der ihm wegen ſeines Materialismus
Kufe gemacht worden tft. — Bei dem Tode des
ichterd war das Werk im einzelnen noch nicht
ganz vollendet und wurde vor jeiner Herausgabe
einer Redaktion von Cicero unterworfen. Ciec. ad
Qu. fr. 2, 11. — Die ed. prine. erſchien 1475;
jpätere Auägg. von D. Lambin (1564 u. Ö.), Th.
Creech (1695 u. d.), Haverkamp (1725), Wafefield
(2. Auflage 1813), bejonders von K. Lachmann
(4. Ausg. 1871; 4. Ausg. des Kommentars 1882;
Hauptausgabe); J. Bernays (1852) und Munro
(4. Aufl. 1886).
Lneretilis, ein —— 12608w hoher Berg
im Sabinerlande, in der Nähe der Billa des Ho—
ratius, der heutige Monte Gennaro. Hor. od.
ı 37.4;
Lucrinus lacus, Aorgirog 6 »olmog, j. Yago
ucrino, ein fehr fiichreicher, auch Auſtern ent:
haltender See in der Nähe von Bajä mit See-
waffer, urjprünglich ein Zeil des Cumanijchen
Meerbujens (daher die griechijche Benennung),
dody durch einen 8 Stadien langen teils natür:
lichen teils fünftlichen Damm davon geſchieden.
Auguſtus lie den Damm durchſtechen, und jeßt
ift feine Spur mehr von demjelben übrig. Verg. @.
2, 161. Tac. ann. 14, 5. Hor. od. 2, 15, 3. epod.
2,49. ep. 1,1,83. Strab. 5, 244 f. Dio Cass. 48, 50.
Luetus. Die äußere Trauer über den Tod nahe:
ftehender Verwandten war ſowohl uraltes Herkom—
men als Gejeß, 3. B. Ichon von Numa Pompilius.
Namentlich wurde auf die Trauer der Witwen
ftreng gehalten, und die Trauerzeit dauerte 10 Mo:
nate bei Strafe der infamia (f. Ignominia),
Die Männer waren von jeher nicht zur Trauer
gezwungen. Verboten war die Trauer um Die
perdnellionis damnati, Feinde und die, welche
als Angeklagte ſich entleibt hatten. Die Trauer
beftand im Anlegen ſchwarzer oder dunfler (toga
pulla, j. Kleidung, römijche, 9.), jpäter aud)
weißer Kleider. Die frauen zerrifjen ihre Kleider
und legten den Schmud ab, die Männer lichen
Bart und Haare wachſen und hielten ſich von
allen Gaftmählern und Feftlichfeiten fern. — Bei
Unglüdsfällen, die den Staat betrafen, 5. B. großen
Niederlagen, jpäter nach des Kaijers Tode, wurde
Lueretilis — Lukianos.
öffentliche Trauer angeordnet. Dann ruhten alle
Öffentlichen und Privatgeihäfte (j. Justitium),
die Tabernen waren gejchloflen, die Magiftrate
und Senatoren legten ihre Infignien ab (mutatio
vestis). Unter gewiffen Umpftänden konnte ſowohl
die Öffentliche als die Privattrauer unterbrochen
werden (minuitur), wenn Feitlichfeiten oder freudige
häusliche Ereigniffe eintraten.
Luecullus j. Lieinii, C.
Lucämo, etrujtiich Lauchme, Name der zwölf
etruffiichen Magnaten, welcdye an der Spite eines
jeden Bundesjtaates ftanden.
Lucus, ein öfter vorfommender Name von
Städten, die meiſt wohl an heiligen Hainen
lagen: 1) 2. Aſturum, im N. des tarraconen=
ſiſchen Hüpanien, vielleicht das heutige Caſtandielo.
— 2) 2. Auguſti, j. Lugo, Stadt der Artabrer
im tarraconenfiichen Hilpanien am Minius. —
3) 28. Auguſti, Stadt der VBocontier im narbo—
nenfiichen Gallien, öftlih vom Rhodanus auf der
Straße von Eburodunum nach Valentia, j. Yuc
en Diois im Dauphind. Taec. hist. 1, 66. — HL.
Bormani, Stadt an der liguriichen Küfte, ij.
Oneglia.
Ludi j. Spiele.
Lugdünum, Aovydovror, ein öfter borfont:
mender Name galliiher Städte (joll Rabenhügel
bedeuten): 1) Stadt auf einem Hügel am Zuſam—
menfluß des Arar (Saone) mit dem Rhodanus,
Hauptitadt der Ambarri, eine jehr blühende Han:
deisitadt, daher auch Hauptitadt des lugdunen—
ſiſchen Galliens, obwohl ganz in der Ede der Pro—
vinz gelegen. Seit 43 v. C. war %. römtiche
Militärlolonie mit dem Beinamen Copia Claudia
Augusta und vollem römiichen Bürgerrechte; hier
befand fich ein faiferliher Palaft, in welchem
Kaiſer Claudius geboren wurde, eine grohartige
BWafjerleitung, ein Altar des Auguftus u. a. Baus
ten, von denen noch viele Überrefte in dem heu—
tigen Lyon fich finden. Unter Nero und unter
Severus (197 n. E.) litt L. ſehr durch Brand.
Strab. 4, 186. 192. — 2) 2. Conpvenarum,
Hauptjtadt der aquitaniihen Convenä (j. Stadt
Bertrand de Comminges mit vielen Aitertümern).
— 3) 2, Cloatum im Gebiete der Nemer, ].
Yaon im Departement der Aisne. — 4) L. Ba—
tavdorum (j. Leyden) am Rhenus umweit feiner
Mündung, die bedeutendfte Stadt der zu den
Batavern gehörigen Caninefaten.
Lukiänos, Aovzıeros, aus Samojata in Syria
Kommagene, geb. um 120 n. C. Wegen der Dürf-
tigkeit ſeiner Familie zum Steinmeßen bejtimmt,
entzog er ſich bald dem niederen Gejchäfte und
widmete fich der Nhetorif. Zuerſt trat er als
gerichtlicher Nedner auf, dann aber wendete er
ſich zu der Glanz und Ruhm veriprechenden Lauf—
bahn eines Sophiſten. Als folder fand er erfolg:
reiche Beſchäftigung in Gallien, hielt ſich kurze
Zeit in Rom auf und ging dann nach Griechen:
land, um ſich dem Studium der Bhilojophie zu
widmen. Athen jcheint vorzugsweije jein Aufent-
haltsort gemwejen zu fein, wo er mit dem Kynilker
Demonar verkehrte. Im jpäteren Alter nahm er
noch ein Amt bei der Verwaltung Aguptens an.
Er jcheint bis zur Regierung des Commodus ge-
lebt zu haben. — Unter Lukians Namen jind
s2 Schriften erhalten, die jedoch nicht alle echt
find. Die Form der meiften it die dialogiiche.
Luna — Lustratio.
Sein nad) den beiten Muftern der Litteratur ges
bildeter Stil ift für feine Zeit bewunderungs:
würdig, gleich jchr durch Klarheit und Einfad)-
heit, wie durch Wiß und ne ausgezeichnet.
Er ſchließt uns in En Schriften das geitalter
der Antonine mit allen feinen Entwidelungs:
fämpfen und Sonderbarfeiten auf, eine Zeit, in
welcher der antife Geift —— wieder gepflegt
ward, dennoch aber in Auflöſung begriffen war.
Er iſt eine im ganzen negative Natur und be—
handelt mit Spott und Satire die meiſten Erſchei—
nungen feiner Zeit.
(Alex. 8), dab es Furcht und Hoffnung feien,
welche die Menſchen in die Tempel führen, ver:
jpottet er die Populärmythologie und den traditio-
nellen Kultus (Dialogi Deoram); mit der größten
Bitterfeit aber verfolgt er den zum Teil aus der
Fremde eingeführten Aberglauben, die myſtiſche
Schwärmerer und den damit verbundenen Betrug
der Zeit (Alexander sive Pseudomantis, Pere-
grinus Proteus, Philopseudes); auch das Chrijten:
tum mußte ihm nad jeiner geringen Kenntnis
davon als eine verfängliche Superftition erjchei:
nen, doch kümmert er ſich nicht geflifientlich darum
(Peregr. Pr. 11 ff. Alex. 25. 38). Während er vor
den alten Philojophen feine Achtung "bezeugt, ſich
aber bejonders der Schule der Epifureer anjchlieht,
züchtigt er den ftarren Dogmatismus und noch
mehr die Gemeinheit des Lebens der damaligen
Philoſophen, bejonders der Stoifer und Kyniler
(Vitarum auctio, Hermotimos, Symposion, Fu-
gitivi, Charon, Jupiter tragocdus, Piscator).
Obgleih 2. durch die Nedekunft Geld und Ehre
erworben, fo erfannte er doch, daß die Rhetorik
feiner Zeit hauptjählid auf Maulfertigfeit und
Dreiftigleit beruhe, und machte fie zum Gegen:
jtande jeiner Darjtellung (Khetorum praeceptor),
jowie überhaupt die Ausartungen in der Yitteratur
(Pseudosophistes, Quomodo historia sit seri-
benda), das Sceinwejen und Berlchrte in der
Erziehung (Anacharsis), der geiftigen Bildung
(Nigrinus, de mercede conductis) und dem
ganzen Sittenzuſtande. — Die ed. pr. erjchien
1496; Ausgg- von Hemfterhuis und Reiz (1730
bis 1745), Lehmann (mit der lateinischen Überf.,
1822 fj.), E. Jacobik (1836 ff., 4 Bdd.; Tertausg.
1852 f. 3 Bdd.), Dindorf (1840, 2 Bdd.; 1858,
3 Bdd.), I. Better (1853), Sommerbrodt (begon:
nen 1886); fritijche Hauptausgabe von Frißſche
(1860 ff., bis jegt 2 Bdd. und 3. Bd. 1. 2. Abt.).
Auswahl von Fritzſche, Geiſt, Enfjel und Weis:
mann, Jacobit, Sommerbrodt u. a. Berühmte
Über. von Wieland (1788 ff.). — Bol. Jacob,
Eharafterijtit Lucians (1832). NR. Förfter, Yucian
in der Renaifjance (1386).
Luna, 1) j. Selene. — 2) eine früher zu
Ligurien gerechnete Stadt Etruriens im NW. des
Landes am Macrafluß, römiſche Kolonie und
jtrategijch wichtig als Stützpunkt der Operationen
gegen Die Ligurer. In der Nähe waren bedeu—
tende Marmorbrüche (j. von Garrara), vgl. Etru-
ria; auch der dort bereitete Käſe war jchr beliebt.
Strab. 5, 222. Liv. 41, 49. Der Lunae por-
tus. Zeirjeng Munir, j. Golfo di Spezzia, wurde
als Hafen der Stadt angeſehen. Strab. 5, 222,
Liv. 34, 8.
Lunüla j. Kleidung, 10.
Lupercalia und Lupereus j. Faunus,
Bon der Anficht ausgehend | Elb
701
Lupfae, Aovalaı, Stadt Calabriens zwiſchen
Brundifium und Hydruntum, wohl das heutige
Lecce, deren Hafen fih in dem jeßigen Hafen
St. Eataldo findet. Strab. 6, 382. App. b. eiv.
3, 10,
Luppia, Lupia, 6 Aovziag, die heutige Lippe,
ichiffbarer rechter Nebenfluß des Rhenus in Ger:
manien, den Römern in feinem ganzen Laufe be-
fannt. Tac. ann. 1, 60. 2, 7. hist, 5, 22, Strab,
7, 291. — Einen nicht unbedentenden Ort diejes
Namens nennt Ptolemaios zwijchen Weſer und
e.
‚Lupus, mit vollem Namen P. Rutilius Lu—
pus, römischer Rhetor und Zeitgenofje des Seneca,
verfahte ein Werk schemata lexeos in 2 Büchern,
eine verkürzte Bearbeitung eines Werkes von Gor—
gias (um 44 v. E.) über die Nedefiguren, wohl
nicht volljtändig erhalten, doch wertvoll durd die
Überjegung zahlreicher Beiſpiele aus griechifchen,
um Teil verlorenen Rednern. Ausgaben von
Ruhnken (1765; wiederholt von Frotſcher, 1831)
und Jacob (1837); befter Tert in Halms Khe-
tores latini minores (1863), p. 3 ff.
Lurius, M. Lur. Vgrippa, wurde 40 v. E.
als Statthalter Sardiniend gegen Sertus Pom—
pejus gejchictt, aber von deſſen Flottenführer Me-
nodoros geſchlagen. Er befehligte auch in der
Schlacht bei Actium den rechten Flügel von Octa—
vians Flotte. Dio Cass. 48, 30. Vell. Pat. 2, 85.
Lusitanla j. Hispania.
Lustratio, Die Reinigungen und Sühnungen,
xadaguol, kyrısuol, ILaouol, reisrael, piacula,
piamenta, cerimoniae, lustrationes, waren bei
den Griechen und Nömern ein wichtiger Teil des
religiöjen Kultus. Sie beruhten auf dem Bewußt—
fein der Schuld und inneren Unreinigfeit und auf
der Überzeugung, daß der Menjch nur bei innerer
Neinheit fi mit den Göttern in Verkehr ſetzen
dürfe. Die äußere Reinheit ift ein Symbol der
inneren. Wenn man daher den Göttern nahte,
war erjte und notwendigjte Bedingung Reinheit;
daher wujch man ſich, bevor man ein Gebet oder
Gelübde oder ein Opfer verrichtete, oder wenn
man in ein Heiligtum eintrat. om. Od. 2, 261.
12,336. 4, 759. ]1.1,449. Soph. O. C.460. Eur.
Ion 9ıf. Am Eingange der Tempel ftanden
daher Gefäße mit Sprengwafler (megidgarrijgıe).
Womöglich bediente man fid) des fliegenden oder
des Meerwaflers, das man auch durch mit Salz
gemijchtes heißes Waſſer zu erſetzen ſuchte. Kur.
kl. 799. Iph. T. 1161. Verg. A. 2, 719. 4, 635.
Theoer. 24, 94. Bei der Bejprengung bediente
man ji) oft eines Zweiges, befonders des Ol—
zweiges, des Lorbeers; außerdem jchrieb man eine
reinigende Kraft dem Rosmarin, Wacholder, der
Muyrte u. a. zu. Solches Holzwerk wurde auch
zur Näucherung benußt; denn neben dem Waſſer
galt das Feuer, wobei auch der Schwefel jeine
Rolle jpielte, für ein Hauptmittel der Reinigung.
Or. fast. 4, 739 ff. — Die bisher erwähnten Rei:
nigungen berubten bloß auf dem Glauben an den
Gegenjaß des unreinen profanen Lebens gegen
das heilige; es gab aber auch bejondere verun—
reinigende Beranlaffungen, welche von dem Ber:
fchr mit den Göttern ausſchloſſen und eine be:
jondere Reinigung nötig machten. Sicher gehört
Blutvergiehen, Wocenbett, Berührung mit Zoten
und Begräbniffe. Verg. A. 6, 229. Bor der Thür
45*
708
Lutatii.
eines Trauerhaujes ftand ein Gefäß mit Wafjer, | Bor der Abfahrt einer Flotte wurden auf einem
worin jeder Ausgehende ſich reinigen mußte, und
nad) dem Begräbnis wurde mit allen Angehörigen
noch eine bejondere Reinigung vorgenommen. Dre
mußten ganze Städte, Völler, Heere, wenn jie
wegen eines Vergehens der Gejamtheit oder eines
einzelnen unter ihnen von den Göttern mit Seuchen
und LZandplagen heimgeſucht wurden, entjündigt
und gereinigt werden. Hieher gehört die Reini—
gung Athens durch Epimenides nad) dem fylo:
nischen Aufftande, in der Alias (1, 313) die
Waſchung des Heeres nad) dem Vergehen des
Agamemnon gegen Apollon. Damit hängt auch
zuſammen die in Athen vor jeder Volksverſamm—
lung vorgenommene Luſtration durch ein Opfer
von kleinen Schweinen, mit deren Blut die Sitze
beſprengt wurden, und durch Räucherung. Jeder
Mord, der abſichtliche wie der unabſichtliche, be—
durfte der Reinigung. Dabei iſt aber bei den
Griechen eine doppelte Art der Gebräuche zu unter:
icheiden, die hilaftiihen oder Sühnegebräuche,
und die Fathartijchen oder Reinigungsgebräuche.
Durd die Sühnung wurde die Seele des Ermor:
deten, der jet ein unterirdiicher Dämon ift, und
zugleich die chthonischen Mächte überhaupt (#eol
roor«or, Avaıoı, KAaddgaıoı wie der unterirdijche
Zeus werklyıog, Pbfiog, natdocıog) verjühnt Der
Mörder muß die Schuld des Blutes und den Zorn
des Erichlagenen und der Unterirdiichen eigentlich
durch jein Yeben büßen; ftatt deſſen aber tritt
ein Sühnopfer ei, indem vorzugsweife ein Widder
zur Bezeichnung der Hingabe des eigenen Lebens
gejchlachtet wird. Eine andere Buße war von ur:
alter Zeit her Die eigene Hingabe des Mörders zur
Knechtſchaft (Herafles, Apollon, Kadmos), welche
dann mit Geld abgefauft werden fonnte. Dieje
Abfindung mit den Verwandten des Erichlagenen
durch den geflüchteten Mörder, indem er ein Wehr:
geld (zoıwn) zahlt, ift bei Homer der einzige
Gebraud (11. 9, 632. 18, 498); Sühnopfer und
Neinigung fommen bei ihm in jolchen Fällen nicht
vor. Die Neinigung des Mörders, wodurd er dem
gewöhnlichen Verkehr mit Göttern und Menſchen
wiedergegeben wird, der fathartiiche Gebrauch, be-
ftand es in dem Schlachten eines jungen
Scyweines, deſſen aus der Wunde fließendes Blut
über die Hände des Mörders hinſpritzte. — Eine
bejondere Rolle jpielten die Reinigungen bei den
Mofterien. Diele myſtiſchen xudaguol und re-
Asrai wurden beionders auf Orpheus als ihren
Urheber zurüdgeführt, deswegen, weil die Selte
der ſ. g. Orphiker, welche einen großen Einfluß
auf die Myſterien übte, viele derartige Ceremonien
aus fremdländijchen Kulten aufgebracht hatte. Sie
gebrauchten ihre Neinigungsceremonten auch als
Mittel der Heilung, der Weisjagung und Zauberei
und dienten überhaupt durch allerlei Gaukelwerke
vielfach dem Aberglauben. — Bei manchen römi-
ichen Feſten, wie den Lupercalia, Ambarvalia,
Cerealia, bildeten die Yuftrationen eine Haupt:
jeite der Feier. Eine lustratio liberorum
wurde mit neugeborenen Mädchen am achten, mit
Knaben am neunten Tage nad) der Geburt vor:
genommen, um jie gegen Berzauberung zu jchlügen,
indem man fie durd) das Haus an den Hausaltar
und jelbit durch Tempel trug. Dieje Tage hießen
lustriei dies. Zu den öffentlichen Suffrationen
im Wafler am Ufer errichteten Altar Opfertiere
geichlachtet und dann unter Gebeten um die Flotte
erumgefahren, die Hälfte ind Meer geworfen.
Hnfice Eeremonien famen bei der lustratio
exerceitus terrestris oder dem sacrificium
lustrale vor, wenn ein Yandheer ins Feld oder
zur Schlacht zog, jedoch auch nach der Schlacht.
ie von Servius Tullius (Zir. 1, 44) eingejeßte
lustratio populi Romani oder das Lu-
strum, eine Sühnung des ganzen römijchen Vol:
fes, wurde jedesmal nach Beendigung des Cenſus
(eondere lustrum) auf dem Marsfelde vorgenom:
men durch Opferung eines Schweines, Widders
und Stiers (suovetaurilia). Der zuerjt gewählte
oder eg Los bejtimmte Cenſor (früher der König
und die Konfuln) leitete die Feierlichleit und ſprach
dabei das Gebet: ut dii immortales populi Ro-
mani res meliores amplioresque facerent, wo:
für fpäter auflam: ut res Romanas perpetuo
incolumes servarent. Val. Max. 4, 1, 10. Suet.
Oct. 97. Liv. 38, 36. Da der Cenſus alle 5 Jahre
vorgenommen wurde, fo erhielt lustrum die Be-
deutung von tempus quinquennale.
Lutatii (auch Luctatii), eine plebejiiche gens.
Die bedeutendften Männer diejes Geſchlechts jind:
1) C. Lut. Catulus, Konjul 242 v. E., beſiegte
241 die Karthager bei den Agatiichen Inſeln und
nötigte fie dadurch zu einem nachteiligen Frieden
mit Rom. Pol.1,62f. Liv. 30, 44. Zonar. 8, 17.
— 2) Sein Bruder, DO. Lut. Catulus Cerco,
befleidete im J. 241 v. E. das Konfulat, befämpfte
mit Glüd die Faliſker, leitete darauf die Einrich-
tung der Inſel Sicilien und ftarb als Cenſor im
%. 236. Eutr. 2, 28. Liv. ep. 19. Pol. 1, 65. —
3) E. Lut Eat., kriegte als Konjul (220 v. €.)
glüdlich gegen die Gallier in Oberitalien. Zonar.
8, 20, Bahriceintic geriet er im nächſten Jahre
in ihre Gefangenjchaft, in der er bis 203 blieb.
Liv. 30, 19. — 4) OD. Lut. Cat., wurde im
%. 102 v. E. Konjul mit dem Auftrage, den Ein:
fall der Cimbern von Ftalien abzuhalten. Nach
der Befiegung der Teutonen bei Aquae Sextiae-
fam Marius ihm zu Hülfe (101), und Gatulus
befehligte unter ihm als Profonjul. Beide jchlugen
vereint die Cimbern auf den Raudiichen Feldern
bei Bercellä, wo Gatulus die Schlacht entichied.
Plut. Mar. 14. 237. Auch im Bundesgenofien-
friege finden wir ihn thätig. Als Anhänger der
Optimaten unterlag er mit ihnen im Kampfe gegen
Marius im J. 87 und gab fich jelbft den Tod,
um nicht in die Hände des Marius, der ihn wegen
jeines Anteils an der Befiegung der Cimbern hafte
zu fallen. Cie. de or. 3, 3. App.b.c.1, 74. Plut.
Mar, 44. Die Alten rühmen jeine edle, durch
eine angenehme Stimme gehobene Beredjamteit.
Cie. Brut. 74, 259. de or. 3, 8, 29. Er war biel-
jeitig gebildet und von mildem Charakter, aber
ohne Energie (Cie. de or.2, 7,28. Plut. Mar. 237);
bei jeinem großen Neichtume liebte er prächtige
Bauten, womit er feine Vaterſtadt verichönerte.
Bon feinen Schriften, von denen bejonders ein
Wert de consulatu suo et de rebus gestis suis
(Cie. Brut. 35, 132) genannt wird, hat fidy nichts
erhalten. Ein Werf communes historiae ift wohl
auf jeinen gelehrten Freigelaſſenen Lut. Daphnis
als Berfafjer zurüdzuführen (vgl. Beter, hist. Kom.
gehörte die lustratio classium,. ZLir. 36, 42. | fragm. p. 125 ff.). — 5) D. Lut. Cat. Capito:
Lutetia Parisiorrum — Lydia.
linus, Sohn des vorigen, ein Mann von großer
Rechtſchaffenheit, gehörte zur Partei der Optimaten,
obwohl er kein blinder Anhänger derjelben war.
Cie. Sest. 57, 121. Dies bewies er namentlich in
den Unruhen der Jahre 78 und 77 v. C., in
welchen er neben Bompejus die Volkspartei unter
Lepidus befämpfte und befiegte, aber jeinen Ein:
fluß dazu verwendete, daß Pompejus von jeinem
Siege mit Mäfigung Gebraud) machte. Plut.
Pomp. 16. In der folgenden Zeit finden wir
ihn ununterbrochen in Kom. wo er einer der
Richter des Verres war (Cie. Verr. 3, 90, 210),
den wieder aufgebauten capitoliniichen Tempel,
den ein Brand (83) zerftört hatte, weihte (Tue.
hist. 3, 72; daher jein Beiname), prächtige seite
deshalb anftellte und bei dem Antrage, dem Pom—
pejus den Oberbefehl gegen Mithridates zu geben,
ſich gegen die maniliſche Bill erflärte (Cie. de imp.
Cn. Pomp. 17, 51), woraus hervorgeht, daß ihm
die immer mehr fteigende Macht des Bompejus
bedenflih geworden war. Auch dem Cäſar, der
ihm im Bontififat vorgezogen wurde (Sall. Cat. 49),
zeigte er fi als Widerſacher. Hut. Caes. 6. Bei
Verurteilung der catilinariichen Verſchworenen
ftimmte er für deren Tod. Plut. Caes. 8. Er
itarb im %. 61. Seinen Bater übertraf er an
Energie des Charakters, glich ihm aber im übrigen
jehr, namentlich in dem treiflichen Vortrage und
in der reinen Yatinität feiner Neden; offenbar war
des Vaters feine Bildung nicht ohne Einfluß auf
die des Sohnes geblieben. Doc) ſchätzt Cicero fein
Nednertalent nicht eben hoch. Cie. Brut. 35. 62.
— 6) Luctatius Placidus, römischer Sram:
matifer im 5. oder 6. Jahrhundert n. E. Seinen
Namen tragen Scholien zu Statius’ (ſ. d.) The-
bais, jowie Gloſſen zu Plautus, legtere wohl nicht
das urfprüngliche Werk, jondern nur ein Auszug.
Ausg. der Slofjen von Deuerling (1875).
Lutetia Parisiörum, auf ihren Münzen Lu:
fotitia, Hauptſtadt der galliichen Völkerſchaft der
Barifier im lugdunenſiſchen Gallien auf einer Inſel
der Sequana, wichtiger Handelsplatz, das heutige
Paris. Caes. b. g. 6,3. 7,57 f. Amm. Marc. 15, 27.
Strab. 4, 19.
Lutorins Priseus, erwarb fih von Tiberius
wegen eines Gedichtes auf den Tod des Germa:
nicus eine Belohnung. Weniger glücklich bejang
er im voraus den od des ſchwer erkrankten
Drufus. Die Sahe wurde befannt, und der
Senat ließ ihn 21 n. E. dafür hinrichten, ohne
dem Tiberius die —— mitgeteilt zu haben.
Tac. ann. 3, 49 ff. (wo der Name Clutorius Pris—
cus lautet). Dio Cass. 57, 20.
Lyaios j. Dionysos, 1.
Lyehnidos, Avyrıdös, alte und fefte Stadt
der Daffareten (j. d.) in Illyricum auf einer An-
höhe an der Egnatiichen Heerftraße, den Römern
ichon zur Zeit des Gentius unterwürfig; j. Ofhrida.
Liv. 43, 9. 44, 21. In der Nähe waren filchreiche
Seen. Strab. 7, 323.
Auxvos |. Beleuchtung, 2.
Lycöris, Geliebte des römischen Elegifers Cor:
nelius Gallus, ſ. Gallus, 4.
Lydda, r& Avdde, n Aöddn, Stadt in Pa:
läftina an der Strafe von Jeruſalem nad Joppe,
von den Römern im jüdischen Kriege zeritört, bald
aber wiederhergejtellt unter dem Namen Diospolis;
j. Yudd. Jos. b. Jud. 2, 10. 3,3. 4, 8.
109
Lydia, Avdie, die mittlere Landſchaft der Weit:
füfte Kleinaſiens, zwiſchen Myfien im N., Phrygien
im D., Karien im ©., dem Wigaiifchen Meere im
W. Sie hieß, namentlich früher, auh Maionia
(Mnovin, Mætovic), ein Name, der fi) aud
jpäter im öÖftlihen Teile des Landes, am oberen
Hermosfluß, erhielt. — Gebirge: im N. der Tem:
nos (j. Demirdihi:dagh), die Grenzicheide gegen
Moyfien; in der jüdlichen Hälfte des Landes der
goldreiche, etwa 2000m hohe Tmölos (j. Bos—
dagh), der fich gegen NW. im Olympos und Si—
pylos (j. Mantja:dagh), gegen W. in den Höhen
Drafon, Maftujia, Pagos und Korar fort:
jegt; auf einer großen Halbinjel, Chios gegen:
über, nördlich der Mimas mit dem Vorgebirge
Melaina (j. Rarasburun), jüdlich der Koörykos
mit den Borgebirgen Argennon Aſprokavo)
und Korpfeion (j. Korafas); im ©., gegen Sta:
rien hin, der 1400m hohe Mejiogis (j. Kaſtane—
dagh), der jih im Paktyas, u (ij. Gümüſch⸗
dagh) und Mylale (ji. Samſun-dagh) bis zur
Küfte Hinzieht und in dem Vorgebirge Mykale
oder Trogilion (j. Kanapiga), Samos gegen:
über, endet. Der Tmolos ſcheidet das eigentliche
Lydien in 2 üppig fruchtbare Hauptthäler: nörd-
lih die große Hermosebene, zur Seite das
Hyrkaniſche Gefilde; jüdlich das Thal des Kay:
ftros, oben die Kilbianijche Ebene (der Sitz des
Stammes der Torrheber), unten das Kayſtriſche
Gefilde (der Actos Asıum» Homers, Il. 2, 461)
genannt. Während die Berge Herden von Roffen
und Schafen nährten, waren die Thäler warın
und reich, frühe dicht bevölfert Die höher ge:
legene Maionia mit wenig Mderbau, aber ge:
ſchätztem Wein hieß wegen der vulfanischen, ſchwärz—
lihen Gefteinsart „das verbrannte Yand“ (n
Karansnauuern). — Flüſſe: der Hermos ij.
Bedis-tichai), der auf dem Dindymenifchen Gebirge
in Phrygien entipringt, rechts den Hyllos und
Lykos, linls den Kogamos und Paltolos auf:
nimmt und fich in den Hermaiiſchen Meerbuſen
ergieht; der Meles, ein Heiner Küſtenfluß bei
Smyrna; der Hales oder Halejos, bei Kolophon
miündend; der Kayſtros (j. Kütichüf:Menderes),
der auf dem Tmolos entipringt und jich nad)
einem jehr gewundenen Yauf bei Epheios in den
Kayſtriſchen Buſen ergießt. Von Seen liegt der
Gygaiiſche Sce oder Kolod (j. Mermere) nörd:
lid) von Sardes, Sale oder Salod am Berge
Sipylos an der Stelle der wahricheinlich durch ein
Erdbeben untergegangenen alten Hauptftadt Tan-
talos oder Sipylos, der Pegaſaiiſche Sce bei
Ephejos und die 2 Belenntiinen Seen bei dem
| dortigen Artemistempel. — Die Bewohner, Maio—
nier (Mpovweg), jpäter Lyder (Avdof) genannt,
waren Stammperwandte der Narer und Phrygier,
wohl auch mit jemitiichen Elementen gemijcht,
ſchon frühe im Beſitz einer ziemlich hohen Kultur,
dabei tapfer, namentlich als treffliche Reiter be:
fannt (Hom. Il. 10, 431. 18, 291). Unter den
Heralleiden (etwa jeit 1190 v. E.) bejegten ioniſche
Griechen die weftliche Küfte, weshalb diejer Strich
von der Mündung des Hermos bis über die des
Maiandros hinaus den Namen Jonia führte. Pie
Mermnaden (686 — 546 vd CE) unterwarfen nicht
bloß dieje blühenden Rilanzjtädte, jondern aud)
ganz Weftfleinaften bis zum Halys, hoben Handel
und Gewerbe und prägten die erften Münzen.
710
Mit dem jähen Sturz des Kroiſos verlor das Boll
jeine Selbftändigfeit und zugleich jeine Friegeriiche
Tüchtigfeit filr immer und fam nacheinander unter
perſiſche, ſyriſche, pergamenijche und endlich römische
Herrichaft, war aber immer wohlhabend. Die Gott:
heiten: der Sonnengott (Apollon oder Herakles)
und die Böttermutter Ma, der Attid (Ndonis) und
die Blatta (Mylitta), erinnern vielfah an die
ſyriſche Religion. Hat. ı, 6ff. 25 ff. Ti ff. 937.
1541 ff. 171. — Städte (von N. nach ©., außer
den ioniichen Kolonien): Thyateira, früher Be:
lopia (ij. Akhiſſar); Apollonia;z Magnefia (i.
Manifja) am Sipylos, befannt durch den Sieg
des L. Scipio über Antiohos 111. (190 v. E.);
Sardes (j. Cart, am goldführenden Paktolos (j.
Sarabat), die blühende Hauptftadt; Philadel:
pheia am Kogamosfluß, erbaut von Attalos II.
154 dv. E.; Hypaipa (j. Dokboi), in der Kil—
bianifchen Ebene. Strab. 12, 579. 13, 625 ff. Bal.
Denke, Lydiaen (1843); Schubert, Geſchichte der
Könige von Lydien (1854).
Lydiädas, Avdıcdag, Tyranı von Megalo-
polis 244 v. C. tapfer und thatlräftig, aber aud)
ehrgeizig und herrſchſüchtig, gab feine Herrichaft
auf, als er ſah, daß der ‚Führer des Achaiifchen
Bundes, Aratos, alle Tyrannen im Peloponnes
ftürzen wollte. Im Jahre 233 zum Strategen er-
wählt, wurde er 226 auch aus diefer Stellung
durch jeinen Nebenbuhler Aratos verdrängt. Als
der jpartanische König Kleomenes in das Gebiet
von Megalopolis einfiel, ohne daß Aratos fich zu
gründlicher Abwehr anjchidte, drang %. mit der
Neiterei auf den Feind ein und warf ihn zurüd,
wurde aber bei der weiteren Berfolgung vom
Feinde umzingelt und niedergehanen. Der Sieger
Kleomenes ehrte ihn mit Burpur und Kranz auf
edle Weile. Plut. Arat. 35f. Cleom. 6. Pol.
2, 41 ff.
Lydins, Avdd«s und Aovödag, Ludias, Fluß
in Makedonien, der fi) in alter Zeit (Hat. 7, 127)
fur; vor feiner Mündung mit dem Haliakmon (i.
Viſtritza) vereinigte. — Später und auch jett hat
jeder der Flüſſe jeine eigene Mündung, der Lydias
(ij. Moglenitilos, türliſch Narasmaf) zunächit weit:
lich vom Arios (Bardar). Strab. 7,.330.
Lydus, Joannes Laurentius %., geboren
zu Philadelpheia in Aydien um 400 n. E., fam
im eimumdzwanzigiten Lebensjahre nad Konjtan:
tinopel, wo er unter mehreren Kaiſern, befonders
unter Anaftafius und Juftinian, hohe Amter be-
fleidete, im J. 552 aber von letzterem entlafjen
twurde. Nach diejer Zeit beginnt ganz beionders
jeine wiflenichaftliche Thätigfeit, die freilich Mritif
vermiffen läßt. Erhalten find von feinen Schrif-
ten ein Werf meol doyar rijs "Ponelor molı-
reiag, Über die römischen Magiftrate, nach zum
Zeil verlorenen fchäßbaren Quellen (Nigidius und
Yabeo) gearbeitet (herausgegeben von J. D. Fuß,
1811); ferner eine Schrift reol dıoonusar, über die
Auguralwiſſenſchaft, gleichfalls nach alten Quellen
(herausgegeben von E. B. Safe, 1823, und €.
Wachsmuth, 1863); in Auszügen fennen wir end:
lih ein Werk meel unror, herausgegeben von
N. Schow (1794) und bejonders von W. Nöther
(1827). Gejamtausgabe von J. Belfer (1837).
Lygdämis, Avydauıs, 1) Anführer der mit den
Kimmeriern verbündeten thrafifchen Trerer, er:
oberte Sardes um 650 v. E., wurde aber von
Lydiadıs — Lykaonia.
Epheſos zurüdgeichlagen und fand jeinen Unter:
gang in Kilikien. Strab. 1, 61. Plut. Mar. 11. —
2) Tyrann von Naros, ftellte fich troß jeiner vor:
nehmen Herkunft an die Spike der Volkspartei
und bahnte jich darauf den Weg zur Herricaft,
indem er Beififtratos unterftüßte und dafitr fich
defien Hülfe zur Erlangung der Tyrannis über
Naros verichaffte (540 v. E.). Später ftürzten ihn
die Spartaner (525). Hdt. 1, 61. 64. Aristot.
pol. 5, 5. Polyaen. 1, 23, 2.
Lygdämos, Avydauog, Lyglamus, Eflave der
Cynthia, der Geliebten des Broperz. Prop. 3,6, 2.
4, 7, 35 u. d. — In dem dritten Buche des Tibull
behandeln 5 Elegien das Verhältnis zwiſchen einem
gewiſſen Lygdamus und Neära, die weientlich von
denen des Tibull verjchieden find. Ob Lygd. ein
wirklicher oder ein angenommener Name ijt, läßt
fich nicht ermitteln. Ja der Verfaſſer dem Kreiſe
des Meſſala angehört hat, find feine Dichtungen
unter die des Tibull gefommen, mit dem fie jedoch
nichts gemein haben.
Lygii j. Ligii.
Lykabettos j. Attika,
Lykaion ſ. Arkadia.
Lykaios j. Zeus, 6. und Lykaon.
Lykambes ſ. Tambographen, 2.
Lykäon, Avxdor, 1) Sohn des Pelaſgos und
der Dfeanine Meliboia oder der Kyllene, König
der Arfadier, der erjte Kultivator Arkadiens, der
auf dem Berge Lyfaion den Dienft des Zeus
Lytkaios ftiftete und die Stadt Yyfofura gründete.
Paus. 8, 2, 1. ber wegen des altarladiichen
Brauches, dem Zeus Menichenopfer zu bringen,
gab ihm die Sage den Charakter eines freveln:
den Witterichs. Mit mehreren Frauen zeugte er
50 Söhne (ſämtlich Perjonifitationen arkadiſcher
Städte), die alle Menſchen an Übermut und Ruch—
lofigfeit übertrafen. Um fie zu prüfen, fam Zeus
u ihnen im dürftiger Geftalt; fie luden ihm zu
iſche, jchlachteten einen Knaben, mifchten deſſen
Eingeweide unter das heilige Opfer und ſetzten
es auf den Nat des älteften, Mainalos, dem Zeus
vor. Dieſer aber ftieß den Tiſch um und erjchlug
Lylaon und feine Söhne mit dem Blig, mit Aus:
nahme des Nyktimos, des jüngften. Dieſen rettete
Ge, inden fie den erzürnten Zeus bei der Rechten
ergriff. Unter Nyktimos' Regierung fam die deu-
falionische Flut über das Yand, die nad) der Be:
hauptung einiger in der Ruchlofigfeit der Söhne
Lykaons ihren Grund hatte. Nach Dvid (met.
1, 198 ff.) jebte Lylaon jelbft dem Zeus das Men:
ichenfletjch vor und ward in einen Wolf (Auxor)
verwandelt. — 2) Sohn des Priamos und der
Yaothot, Bruder des Polydoros, von Achilleus
getötet. Hom. IT. 21, 35 ff. 22, 46 ff. — 3) Vater
des Pandaros, Herricher in Lylien (daſ. 2, 826).
Lykaonla, Avxaovie, Yandichaft im mittleren
Kleinaſien, zwiſchen Galatia, Kappadokia, Kilikia,
Piſidia und Phrygiaz bei dem Zug des jüngeren
Kyros zuerft genannt, mit oft wechielnden Grenzen.
Im ©. liegt der Tauros, im NW. das Gebirge
Baroreos. Der größere Teil des Landes, befonders
im N., ift eine rauhe, holz: und waſſerarme, mır
zur Schafzucht geeignete Steppe, bis zum großen
Salzjee Tatta,j. Tus-tſchöllü, d. h. Salzjumpf. —
Die Bewohner, Lykaones, durch die griechische
Sage von Lylagon abgeleitet, mit den Pifidiern und
Iſauriern nahe verwandt, lebten von Raub und
“
Lykeion — Lykon.
Krieg, behaupteten ihre Freiheit gegen die Perſer,
wurden aber von den Makedoniern und Römern
unterworfen. Das Yand wurde 36 v. C. mit dem
Königreih, 25 v. E. mit der — Galatien
vereinigt. Städte: Jtonion (ſ d.), die Haupt:
ftadt in der Mitte; Yaodifeia (j. d.), eine jelen:
fidiiche Gründung, und Tyriaeion im NW’,
Lyſtra, Parlais (römiiche Anlage), Laranda
(j. Karaman, wornach aud) die ganze Provinz be:
nannt wird) und Derbe im ©. Xen. An. 1,2, 19.
3, 2,23. Liv. 38, 30. Strab. 12, 568 f.
Lykeion j. Aristoteles und Attika, 14.
Avzeıog ſ. Apollon.
LykYa, Avsce, halbinfelartige Landichaft Klein:
afiens, im N. durch den Tauros von Kabalien
und Bifidien, im NO. durd) das Solymagebirge
von Pamphylien, im NW. durch das Daidala-
gebirge und den Glaukosfluß (ij. Fluß von Matri)
von Karien geichieden. Den ©., SD. und EM.
beipült das Yyliiche Meer. Unter den, einft
zum Teil vulkaniſchen Gebirgen, welche das Junere
durchziehen, treten im W. der Kragos (3000 m
hoch) und Antikragos (1800m hoch) zwiichen den
Flüſſen Telmiijos und Zanthos (j. Eichen) bis
dicht an das Meer. Zwiſchen dem leßteren und
dem Limyros, in der Mitte des Landes, liegt
das Gebirge Maſikytos (j. Afdagh). Im O. er:
heben fi der Olympos oder PBhoinifüs, mit
dem Borgebirge Hieron oder Ehelidonion (j.
Khelidonia), und das Solymagebirge (2400m
hoch) mit dem Paß Klimar. Das Meer bildet im
W. den Meerbujen Glaufos (j. Golf von Matti),
im DO. den Pamphyliſchen Bujen (j. B. von
Adalia). Zu den Produkten des nicht unfrucht-
baren Gebirgslandes gehörten bejonders vorzüg:
lihes Bauholz Cedern u. a.), Wein, Getreide,
Safran, Shwämme, Naphtha und trefflicher Wiar:
mor. — Die urjprünglichen Bewohner waren Die
Milyer und die (vielleicht phoinifiichen) Soly-:
mer (Hom. Il. 6. 184. 204. Od 5, 283), Durd)
die einwandernden eigentlichen Lykier, die fich
ſelbſt Tramele (bei den Griechen Tremilen oder
Termilen) nannten, ein fultiviertes Volk von indo—
germaniicher Abſtammung, wurden die Milyer in
das rauhe innere Hochland, das eben deshalb
Milyas hieß, die Solymer in das öftliche Gebirge
verdrängt (/1. 2, 876f. 10, 430. 12, 330. Hat.
1, 173. 7, 921. Die Lulier erwehrten fich des
Kroiſos, erlagen aber nad) hartnädigem Widerjtand
(um 545 v. E.) dem Feldherrn des Kyros Dar:
pagos (Ildt. 1, 28. 176). Doc bildeten fie einen
ziemlich unabhängigen Bund von Stadtrepublifen
(in fjpäterer Zeit 6 größeren und 17 Heineren),
Avatar zb xomor oder to xoıwör Aualor Fhvog
genannt, der auch unter ſyriſcher Oberhoheit, dann
unter der Herrichaft von Rhodos (190— 168 v. E.)
fortbeftand und nad) dem dritten mafedonijchen
Kriege von den Römern für frei erklärt wurde
(Liv. 45, 25), bis Claudius 43 n. E. Lykien mit
Bamphylien zu einer römischen Provinz machte.
— Bon jenen 6 größeren Städten liegen 4 im
Thale des Kanthos: Batara (Mmliih Pttarazu),
mit Tempel und Dratel des Apollon und mit
Hafen; Kanthos (Iykiih Arina, j. Günik), die
größte Stadt, Sik der Bundesverſammlung mit
dem Lykiarchen an der Spite, von Harpagos und
wieder von Brutus (42 v. E.) zerjtört, bekannt
durd) Tempel des Sarpedon und des Iykiichen
211
Apollon jowie das Grab des Iykiichen Satrapen
Perikles (um 360 v. E.), das jeßt ſ. g. Nereiden:
denfmal (die Skulpturen im Britiſchen Mujeum
zu London); Pinara (j. Minara), am Fuße des
Kragos; Tlos (j. Düver), am Aufftieg zum Maſi—
— ——— Sodann die beiden andern weiter
öſtlich: Myra (j. Myri), 20 Stadien vom Meer,
in der Kaiſerzeit Hauptjtadt, und Olympos, als
Sceräuberfit von Servilius (78 v. E.) zerftört.
Ferner: im W. Telmiſſos (j. Mafri) bei dem
Borgebirge Telmiffis, und Sidyma, römische Ko-
lonie; im ©. Phellos (j. Fellen), Antiphellos
(j. Antiphilo) und die Inſelſtadt Je (j. d.);
im DO. Bhajelis, rhodijche Kolonie, befannt durch
jeine leichten Schiffe (pdondor), gleichfalls von
Servilius zerftört, wie auch das benachbarte Kory—
fos; im Innern Tryja (Tovaior 6 Snjuog) mit
dem aus dem 4. Jahrhundert v. E. ſtammen—
den Heroon (Grabmal) von Giölbaſchi (deſſen
Stulpturen jeit 1882 in Wien find). Vgl. Strab.
14, 664 ff. — Um die Topographie und Archäo-
logie von Lyklien, bejonders um die Unterfuchung
der zahlreichen YFeliengräber, Grabdentmäler und
Stulpturen bis hinab zur römischen Zeit, haben
ſich ſeit 1836 die englijchen Reiſenden Fellows,
Spratt und Forbes und eine öſterreichiſche Expe—
dition unter Führung von Benndorf (1882), um
die Entzifferung der Inſchriften, die in eigen:
tümlichem Alphabet eine indogermanische Sprache
zeigen, die Deutihen Schönborn, Mor. Schmidt
und Savelsberg verdient gemacht. Vgl. Bachofen,
das lytiſche Volk (1862). Treuber, Gejchichte der
Lykier (1887). Beiträge zur Gejchichte der Lykier
(1888). Benndorf und Niemann, Reifen in Lytien
und Karien mit Beilage von Kiepert (1854).
Lykios j. Bildhauer, 6.
Lykön, Avsoa, 1) Stadt in der arladiichen
Landſchaft Mainalia nordweftlicd von Tegea, mit
einem Heiligtum der Artemis Lyfoatis. Juus.
8,3,4. 36,7. — 2). oder Lylaia, Avuade,
arladiſche Ortichaft am a des Gebirges
Lyfaion unweit Megalopolis. Pol. 16, 17. Paus.
8, 27,4. 38,3. 9.
Lykol&on, Avxoltov, ein Redner in Athen,
Schüler des Iſokrates, lebte wahrjcheinlicdy um
376 v. C. Seine Reden find mit Ausnahme einer
(bie Kaßoelov) unbefannt.
Lykomeödes, Avxoanjöns, 1) König der Doloper
auf der Anjel Styros, Vater der Deidameia,
Großvater des Neoptolemos, j. Achilleus, Ne-
optolemos, Theseus, 5. — 2) aus Manti:
neia, ausgezeichnet durch Reichtum ſowohl als
durd Einficht und Unternehmungsgeift (Xen. Ilell.
7, 1,23. 65), betrieb nad der Schlacht bei Leuftra
die Vereinigung der Arkader und die Gründung
von Megalopolis. Er ftrebte den Einfluß Spartas
von Arkadien fern zu halten und das Selbftgefühl
der Arkader zu heben, ebenjo aber jeit 369 v. E.
Arkadien unabhängig von Theben zu machen und
die Hegemonie im Peloponnes zu erringen. Zu
dem Ende brachte er 366 einen Vertrag mit Athen
zuftande; auf der Rückreiſe aber fiel er arfadijchen
Verbannten in die Hände, die ihn ermordeten.
Xen. Hell. 7, 1, 23f. 39, 4, 2f. Diod. Sie.
15, 59.
Lykon, Avxor, 1) Sohn des Hippofoon, Königs
von Sparta, von Herafles getötet, - - 2) ein Troer,
welchen Peneleos tötete (Zlom. Il. 16, 335); —
112
3) einer der Ankläger des Sofrates in Athen;
4) ein Achaier, der jeine Landsleute zum
Plündern und zu Gemaltthätigfeiten anreizte und
dadurch eine Trennung des Heeres in 2 Karteien
veranlaßte; — 5) ein Beripatetifer, über 40 Jahre
das Haupt der peripatetiichen Schule. Er ftammte
aus Troas in Aſien, war ein Sohn des Aftyanar
und ftarb in feinem vierundfiebzigften Jahre. Durch
einen ftarten Körper, aber auch durd feinen Geift,
bejonders durch Anmut der Rede (daher auch TAv-
xor, Aulciloquus genannt) ausgezeichnet, ftand er
bei Antigonoß, Attalos und Eumenes in Gunft.
Er joll Eharafterjchilderungen und ein Buch über
das höchfte Gut und Übel geichrieben haben. Cie.
fin. 5, 5, 13.
Lyköphron, Avsöpgwr, 1) ein Sohn des
Tyrannen Beriander ſ. d.). Hat. 3,50. —
2) Tyrann von Pherai, ftrebte nach der Herrichaft
über ganz Thefjalien und befiegte die Dynaſten
von Larifja u. a. 404 v. C. Die Spartaner be:
qünftigten ihn. Xen. Hell. 2, 3, 4. Diod. Sie.
14, 82. — 3) einer der Schwäger und Mörder
des Alerander von Pherai, der nach deflen Tode
359 v. E. eine Zeitlang die Tyrannis inne hatte,
bis ihn Philipp von Makedonien verdrängte.
4) aus Chalfis in Euboia, Sohn des Lykos, ge:
lehrter Grammatiker und Dichter, unter Ptolemaios
Philadelphos zu Alerandreia blühend, wo ihm
die Anordnung der Schriften komischer Dichter, die
in der königlichen Bibliothek fich befanden, auf:
getragen war. Er jchrieb ein Bud eol xwun-
Ölas, eine große Zahl von Tragödien (Bruchjtüde
bei Naud, trag. (iraec. fragm. p. 817 ff. der
2, Aufl) und ein Gedicht Alsfirdo« oder Ku-
scrög« in 1474 iambifchen Senaren, das noch
erhalten ift und in ſehr dunkler Sprache (daher
der Beiname 6 axorsınog) einen großen Reichtum
von mythologiſchen, hiſtoriſchen und geographiichen
Nachrichten enthält, in poetifcher Hinficht aber ge:
ringen Wert hat. Es bietet im ununterbrochener
Folge Weisfagungen der NKafjandra über das
Schickſal Trojas und der Helden des trojaniichen
Krieges, fortgeführt bis auf Alexander den Gr.
und ift nicht frei von Jnterpolationen. -— Heraus:
gegeben mit dem Kommentare des Tzetzes (ji. d.)
von Bachmann (1830) und Scheer (1. Bd. 1881);
Tertausgabe von Kinkel (1880). Bol. B. G. Nie:
buhr in feinen kl. hiſtor. Schriften, 1 ©. 438 ff.
Lyköreia, Avxchostce, die nordöftliche höchite
Spige des Parnafjos, eine 2459 m hohe, ifolierte
Bergppramide, noch j. Lykeri. Am * ſoll eine
gleichnamige Stadt, der Sitz des Deukalion, ge—
ſtanden haben, deren Lage aber nicht ermittelt iſt.
Bol. Viſcher, Erinnerungen und Eindrücke aus
Griechenland (1856), ©. 611 f.
Lykortas, Avxooras, aus Megalopolis, Vater
des Polnbios, ward nach PBhilopoimen 183 v. C.
Strateg des Achaiiſchen Bundes, rächte defien Tod
und zwang Meflenien und Sparta, fich dem Bunde
wieder anzuſchließen (Just. 32, 1); doch konnte er
Ordnung und Geſetz nicht aufrecht erhalten. Kalli-
frate® und andere Verräter arbeiteten jeit 179
am Berderben des Bundes, ftifteten Parteiungen,
ſchwächten das Anſehen des Lykortas und anderer
Batrioten und veranlaßten zulegt die Einmiſchung
der Römer.
Lykos, Avxog, A) Berjonenname: 1) Sohn des
Lykophron — Lykurgos.
Poſeidon und der Kelaino, von dem Vater auf die
Inſel der Seligen verjegt. Apollod. 3, 10, 1. —
2) Sohn des Hyrieus, ſ. Amphion. — 3) Tyrann
von Theben, Sohn des Pojeidon oder des Lykos
(Eur. Here. fur. 31), von SHerafles getötet, weil
er in deſſen Abmwejenheit deſſen Schwiegervater
Kreon erſchlagen und der Megara und deren Kin—
dern nachgeftellt hatte. — 4) Sohn des Pandion,
Bruder des Wigeus, Nijos, Pallas, atheniicher
Heros und Stammvater der Lykomeden und Lylo—
miden, eines Prieftergeichlechtes der attiichen Myſte—
rien. Er jollte die Myfterien aus Attika nach
\ Andania in Meflenien gebracht haben, oder er floh,
von Aigeus vertrieben, zu Sarpedon in das Yand
‚der Termilen, das nad) ihm Lylien genannt worden
fein joll (j. Lykia). Hat. ı, 173. Bon ihm hatte
das Lykleion in Athen jeinen Namen. Paus. 1,19, 3.
B) ziemlich häufiger Name reifender Flüſſe:
1) in Aſſyrien (Adiabene), Iınfer Nebenfluß des
Tigris, zwiichen Gaugamela und Arbela (Curt.
4, 16, 8), ſonſt Zabatus maior oder superior ge—
nannt, afiyriih Zabu, j. Zab el-febir oder el-ala.
Strab. 16, 737. Xen. An. 2, 5, 1. — 2) in Phoi—
nifien, zwiſchen Berytos und Byblos mündend,
j. Nahr el: Kelb (Hundsfluf). Strab. 16, 755,
3) öftlicher Nebenfluß des Jris in Bontos, j. Ktelfit.
Strab. 12, 547, 556. Plut. Lucull, 18. — 4) be:
deutender Fluß Phrygiens, entipringt auf dem
Kadmosgebirge, verliert fich bei Kolofjai in einem
Erdichlunde (Hdt. 7, 30), taucht dann wieder her:
vor und ergieht ſich, bei Laodikeia vorbeiſtrö—
mend, in den Maiandros; j. Tichoruf:tichai. Strab.
12, 578. Or. met. 15, 273 ff.
Lykosüra, Avxocovee, Stadt im jüdlichen
Arkadien (Landichaft Parrhafia), war nah Rau:
fanias (8, 39) die Ältefte Stadt in ganz Griechen:
land, gegründet von Sylaon, dem Sohn des Pe:
lafgos. Sie lag am jüdlichen Abhang des Lyfaion
am Flüßchen Platanifton, wurde aber durdy die
‚ Erbauung von Megalopolis, wohin ihre Bewohner
verpflangt wurden, verödet. Paus. 8, 2, 1 ff.
' Lyktos oder Lyttos, Avxros, Avrrog, eine
| der älteften, ichon von Homer (TI. 2, 647. 17, 611)
genannten Städte Kretas, die bedeutendite im
öftlichen Teile der Inſel, auf einer Anhöhe des
Berges Argaion, 40 Stadien von der Nordküfte
(80 von der Südfüfte), ſüdöſtlich von Knoſos ge:
legen. Sie galt für eine Kolonie der Spartaner
und für die Mutter und Pflegerin der beiten
Bürger. Jet Ruinen Xyda. Pol. 4, 54. Strab.
10, 476,
Lykurgos, Avxoüeyos, 1) Sohn des Dryas,
. Dionysos, 3. - - 2) Sohn des Aleos und der
Neaira, Bruder des Kepheus und der Auge, Vater
des Ankaios, Epochos, Amphidamas und Jaſos,
König in Arkadien. Er cerlegte den Areithoos
(j. d.). Hom. Il. 7, 142. — 3) Sohn des Pronar,
Schwager des Adraftos, Teilnehmer am erften
thebantichen Krieg, wo er mit Amphiaraos in
‚einen Nampf geriet, den Adraſtos und Tydeus
trennten. Paus. 3, 18, 12. — 4) Sohn des Pheres,
Bruder des Admetos, Gemahl der Eurydike oder
Amphithea, König in der Gegend von Nemca, |.
\Hypsipvle. — Unter den Trägern Diejes in
Hellas oft vorlommenden Namens ift aber vor
‚allen zu nennen 5) der jpartaniiche Geſetzgeber.
Schon Plutarch ı Zye. 1) begann deſſen Lebensbe:
| fchreibung mit den Worten: „Über den Gejeßgeber
—
—
Lykurgos.
2. läßt fich durchaus nichts behaupten, was fei:
nem Zweifel unterworfen wäre; denn über feine
Abftammung, über feine Reiſen und jein Ende,
jowie über jein Wirfen als Geſetzgeber und Staats:
mann find verjchiedene Berichte vorhanden.‘ Hier—
nach ift es fein Wunder, daß wir zunächſt über
die Yebenszeit des L. nicht zur Klarheit gelangen
fönnen. Nach Herodot (1, 65; vgl. Xen. Lac.
resp. 10, 8), der den ältejten Bericht bietet, lebte
Lg. um die Zeit der Begründung des dorijchen
Staates in Sparta. Dagegen fällt nach Thuky—
dides (1, 18) die Einrichtung der ſpartaniſchen Ver: |
fafjung (dur %.) etwas mehr als 400 J. vor dem |
peloponnefischen Kriege, aljo um 820 v. E. Im
Gegenſatz hierzu beredineten Kteſias, Eratofthenes
und Apollodor den Beginn der Geſetzgebung des
2. auf 884, und andere gelangten zu andern Re:
jultaten. Ebenjowenig Übereinſtimmung und Klar:
heit herricht in den Berichten über L.es Yeben und
Thaten. Nach Herodot gehörte er zum Hauſe der
Agiaden und entfaltete als Oheim und Vormund
des Königs Labotas jeine gejeßgeberiiche Thätig:
feit; die jpätere, verbreitere Überlieferung macht
ihn zum Bormund des Königs Charillos oder
Chartlaos, alio zu einem Eurppontiden. Ephor.
bei Strab. 10, 481; vgl. Plut. Lye. 1. Während
diejer Zeit joll er mit Iphitos den eleischen Gottes:
frieden eingerichtet (Aristot. bei Plut. Lye. 1), ja
jogar mit demjelben die erjte der gezählten Olym:
piaden angeordnet haben. Ferner heißt es, daß
Anfeindungen, auch von der Mutter des Charilaos,
2. zu dem Beſchluſſe bewogen hätten, das Yand
zu verlaflen und nicht cher heimzufehren, als bis
der junge König erwacjen wäre. Auf jeinen
Reiſen joll er nach Kreta, wo er den Sänger
Thaletas kennen lernte (Plut. Lye. 4), Agupten
und Chios gelommen fein. Bier foll er Homer
perjönlich fennen gelernt haben, deſſen Gedichte
er nach Griechenland verpflanzte. Sehnlichſt er:
wartet fchrte er nach Sparta zurüd, wo er nad)
den einen die königliche Gewalt geidiwäcdt (Plut.
Lye. 3), nadı den andern in eine Tyrannis aus:
geartet fand (Herakleides Lembos bei Müller,
fragm. hist. Graee, 2, 210). Er begann nunmehr
die Umgeftaltung der ſpartaniſchen Berfaffung.
Leptere wird gewöhnlich als eine Nachahmung der
fretifchen hingeftellt, doch hörte Herodot auch von
einigen, jie jei von der Pythia jelbjt dem L. ein:
gegeben worden. Hat. 1, 65. Um jeiner Ber:
faflung eine möglichft lange Dauer zu fichern,
nahm %., wie Plutarch (Lye. 20) erzählt, den
Spartanern das eidliche Berjprechen ab, bis zu
feiner Rückkehr aus Delphoi, wo er den Gott um
Rat fragen mühte, die Berfaffung treu zu bewah—
ren. Als die Pythia Sparta Ruhm und Größe
verheißen hatte, folange es jeine Berfafjung be:
obachten werde, ftarb er fern von der Heimat,
nad den einen in Kirrha, nach andern in Elis,
nach andern auf Kreta. Plut. Lyc. 31. Seine
Aſche befahl er ins Meer zu treuen, damit die
Spartaner durch Einholung derjelben ſich nicht
ihres Eides für entbunden halten möchten.
einem Heiligtum göttliche Ehre. Hat. 1, 66. So
lauten die Nachrichten der Alten über .3 Leben.
Sie ftimmen nur darin überein, da 2. Oheim
und Bormund des Königs war, in deſſen Regie:
rungszeit jeine Gejepgebung fiel. Da jie im übrigen
A |
“
Sparta erwies man ihm mach feinem Tode in |
| Das Altertum beſaß 15 Reden von ihm; uns iſt
713
erheblich voneinander abweichen, da ferner in der
griechifchen Überlieferung eine auffällige Ahnlidy:
feit zwijchen dem Leben des Solon und dem des
X. hervortritt, da endlich L. viel eher gelebt haben
muß, als es eine Geichichtichreibung gab, jehr leicht
alfo durch mündliche Lberlieferung die Spuren
der Wirklichkeit völlig vermwijcht werden fonnten, iſt
es erflärlich, daß verichiedene Forſcher der neueren
Zeit (z. B. Gelzer, Gilbert und v. Wilamowiß:
Möllendorff) die hiftorische Eriftenz des L. ge:
leugnet und ihn für einen hiftorifchen Titel oder
einen Apollon Lyfeios oder einen Zeus Lykaios
erflärt haben. Dagegen hat zulegt Holm (Griech.
Geſchichte I [1886], 212. 225 f.) betont, daß in
Griechenland mehr als anderswo die Perjönlichkeit
wirfte und daß nichts Zwingendes gegen die Per:
lönlicjfeit des Geſetzgebers L. gejagt werden Fönne.
Über 2.3 gejeßgeberijche Thätigfeit vgl. Sparta, 7.
— 6) politiicher Gegner des Peififtratos, Anführer
der Leute von der Ebene. Hat. 1, 59f. — 7) der
Athener, einer der 10 attijchen Redner, war ein
Sohn des Lyfophron aus dem alten Gejchlecht der
Butaden und wahrjcheinlich um 396 v. E. geboren.
Bon jeinem früheren Leben iſt jaft nichts bekannt.
Erjt als durch die Ränke Philipps von Mafedo-
nien zwiſchen den griechiichen Staaten die Zwie—
tracht ausgebroden war, trat er wie Demojthenes
und Hypereides tüchtig im vaterländiichen Intereſſe
gegen die maletoniiche Vergewaltigung auf. Be—
jonders widmete er fich den inneren Angelegen:
heiten und juchte durch Ordnung in den Finanzen
die für den Krieg nötigen Mittel zu beichaffen:
12 Jahre, von 341— 329 oder von 338—326,
führte er als Staatsſchatzmeiſter ö Iul ri dinı-
anoeı Oder ramlag tig xowijg zgogddonv) Die
Finanzverwaltung, davon 8 Jahre freilich nicht
dem Namen nad), da man nur 4 Jahre lang dies
Amt verwalten fonnte. Er ftellte die Kriegsſchiſſe
wieder her und fügte zuerjt Tetreren und Ben:
teren der Kriegsflotte zu, jorgte für Reparatur
der remooıxo. in den 3 Kriegshäfen, vollendete
wejentlich das Arjenal (snevodrzn), ſchmückte das
große, erft damals vollendete, dionyfiiche Theater
aus, baute das panathenatiiche Stadion und ver:
ihönerte das Gymnaſium im Lyleion. Aber auch
andere Bauten zum Schmude der Stadt werden
erwähnt. Für jeine mannigfachen Berdienjte wurde
auf Antrag des Stratofles (307) ein uns noch er:
haltenes Ehrendetret für %. abgefaht (Plut. wit.
X or. p. 851). Bruchftüde desjelben find jeit
1860 im Athen gefunden und von C. Eurtius
GPhilol. 24, 83. 261) erflärt; andere auf jeine Ver:
waltung bezüglide Inichriften find von U. Köhler
Hermes 1, 912. 2, 2. 5, 223) uud im Corpus
Inseriptt. Att. Bd. II, 2, S. 98 ff.) bearbeitet.
Überdies drüdte das Volk jeine Zufriedenheit
noch durch mehrfache Bekränzungen aus. Geſtor—
ben jcheint er 325— 324 zu jein; er ward auf
Staatsloſten beerdigt am Wege, der zur Akademie
führte. Ehrenhafte Gefinnung, Nechtlichkeit und
Charafterfeftigfeit kennzeichnen den L. Obwohl
häufig gerichtlich angegriffen, unterlag er nie, als
Anfläger war er jehr gefürchtet. Cie. Brut. 34. —
außer Fragmenten nur die gegen Yeofrates
(eigayyelle mpodoolag nar& Aswngdrovg) erhal:
ten, aus der hervorgeht, da er mehr Staatsmann
als Redner war, und in der die Form hinter dem
-
714
Gedanken zurüdjteht. „Seine Sprache ift rauh,
der Ausdruck ungeglättet; der Darftellung fehlt es
an Urbanität, an Leichtigkeit und Fluß, der tom:
pofition an Glätte und Abrundung.“ — Ausgg.,
außer in den Sammlungen der Oratt, att. von
Meiste, Belfer, Dobjon, Baiter und Sauppe, E.
Müller, von Oſann (1821), Pinzger (1824), Blume
(1828), Mätzner (1836), Scheibe (zulept 1871),
A. Nicolai (2. Aufl. 1885), Nehdang (1876), Thal:
heim (1880); Sammlung der Fragmente von Kieß—
ling (1847). Gute Abhandlung von Dröge (1880).
Lynkestis, Avyaneris, eine am Oberlaufe des
Erigon gelegene Landichaft im SW. Makedoniens,
deren Bewohner (Anyanorad) früher eigene Herr:
icher aus dem Gejchlechte der Balchiaden hatten,
bis eine Bereinigung mit Maledonien ftattfand.
Thuc. 2, 99. 4, 83. Die Hauptftadt hieß Lynkos
(Thue. 4, 83. 124 u. d. Liv. 26, 25. 31,33. 32, 13)
oder Lykos (Liv. 32, 9. Plut. Flamin. 4).
Lynkeus ſ. Danaos und Idas.
Lyrische Poösie T) der Griechen. Unter
Iyriicher Poeſie im weiteften Sinne verftehen wir
alle Dicytungsarten, welche nicht zu Epos und
Drama gehören, jo daß alſo auch die Elegie, die
Jambenpoefie und dergleichen mit eingejchloffen
find; im engeren Sinne jedoch — und dies ilt
die gewöhnliche Bedeutung bei den Griechen jelbit
— bezeichnet fie nur die Poeſie, welche eng mit
mufitalifcher und orcheftiicher Darſtellung verbun-
den ift, die melifche und chorijche, von denen
jene vorzugsweiſe von den Mioliern, dieje von
den Doriern ausgebildet worden ift, weshalb jene
auch die aioliſche, diefe die doriſche Poeſie
heißt. Nachdem die Jonier, durd die leichte Er:
regbarfeit ihres Geiftes und ihre offene Empfäng:
lichkeit für die Außenwelt den übrigen Stämmen
vorauseilend, das Epos und die Elegie gejchaffen
und gepflegt hatten, überfam der aioliiche Stamm,
in Bezug auf Erregbarfeit des Sinnes den Jo—
niern naheftehend, aber von größerer Kraft und
Tiefe des Gefühls, die Aufgabe, die Roefie weiter
zu bilden und eine nene Kunſtgattung zu Schaffen,
die melijche Poeſie, in welcher zuerjt der Dichter
feine individuellſten Gedanfen und Gefühle, wie
fie durch jeine bejonderen Berhältniffe hervor:
gerufen wurden, jeinen Zorn und feinen Haß,
jeine Licbe und feine Freundſchaft, Freud’ und
Schmerz offen und ohme Rückhalt ausſprach. Sol:
chen wogenden Gefühlen entiprady nicht der ge:
haltene, gemeffene Gang der Elegie, nicht der
rhapfodijche Bortrag; jondern der Gejang und
ein twechjelvolles, beiwegtes Metrum war ihr na-
türlicher Ausdrud. Das aufgeregte Gemüt be:
durfte zu beftimmten Zeiten eines Ruhepunktes,
und jo entjtand die meliiche Strophe, weldye aus
mehreren fich wiederholenden fürzeren Berjen be:
fteht, denen ein oder zwei Schlufverje in etwas
verändertem Metrum folgen (die japphiiche, Die
alfaiijche Strophe u. f. w.). Der Geſang wurde
begleitet von einem Saiteninftrument. Pie Ent:
jtehung und Ausbildung dieſer aioliichen Poeſie
fällt an das Ende des 7. und in die erjte Hälfte
des 6. Jahrhunderts dv. E., in eine durch politische
Kämpfe aufgeregte Zeit, in der die einzelne Per:
lönlichkeit zu größerem Bewußtſein ihrer Selb:
jtändigfeit fam und Gefühl und Yeidenjchaft eine
erhöhte Stärke gewann. Das Yand, wo die me:
liſche Poeſie erfunden und vorzugsweije geübt
Lynkestis — Lyrische Poüsie.
wurde, war die Inſel Leſbos; die Niolier dieier
Inſel entwidelten mehr als alle andern ihres
Stammes ein höheres geiftiges Leben, namentlich
fand bei ihnen die Muſik eine bejondere Pilege.
Die — dieſer Poeſie ſind der durch
ſeine leidenſchaftliche Beteiligung an den inneren
Kämpfen ſeines Vaterlandes in * Unruhe um
a ee Alka ios von Moütilene (um 612
dv. E.) und jeine jüngere Zeitgenoffin und Yands:
männin Sappho nebft ihrer Schülerin Erinna.
Als ein Ausläufer der aioliichen kann die Poeſie
des Joniers Anafreon angejehen werden. —
Einen von der meliihen Poeſie verjhiedenen Eha: :
rafter hatte die horiiche oder doriſche Lyrik,
in welcher die Lyrik überhaupt ihre höchfte Stufe
erreichte. In ihr ſprach fich nicht das jubjektive
Gefühl eines Einzelnen, des Dichters, aus, fon:
dern das Gefühl und das innere Yeben der ganzen
Gemeinde. Diefe Gejänge wurden nämlich bei
Feſten der Götter von einem tanzenden Chor unter
mufifaliicher Begleitung vor der verjammelten
Gemeinde, die der Chor darftellte, vorgetragen.
Für jolche öffentliche Aufführungen pahte nicht
mehr die Heine, leichte aioliiche Strophe; die cho:
riichen Strophen waren größere, funftvollere Ganze,
entjprechend den Bewegungen des Tanzes. Auf
die Strophe folgte gewöhnlich eine ihr metriſch
volllommen entiprehende Gegenjtrophe und
hierauf eine von beiden verichiedene Ep ode, welche
jo vorgetragen wurden, daß während der Gegen:
ftrophe die Tanzberwegungen, welche während der
Strophe ausgeführt worden waren, wieder zu dem
uriprünglichen Standorte zurüdführten, wo ale:
dann die Epode abgejungen ward. Die Gejänge
hatten je nach ihrer Beftimmung und ihren Inhalt
verichiedene Namen. Der nad) dem Refrain be:
nannte Paian ſchloß fich zunächit an den Kultus
des Apollon an. Schon bei Homer finden wir
ihn teils als verjöhnenden Geſang beim Opfer:
mahle des Apollon (Hom. Il. 1, 472), teils als
Siegestied (daſ. 22, 391). Aus der erften Art
entwidelte fich, bejonders im Kulte des pythiſchen
Apollon, durch dorischen Einfluß der Paian, wel-
cher als Preis: und Dantlied oder auch als Hülfernf
in der Not nicht bloß an die rettenden Götter
Apollon und Artemis, jondern überhaupt an Schutz—
qötter jeder Art gerichtet wurde; der Paian bei
Gaſtmählern, zwijchen dem eigentlichen deixror
und dem ovundcıor, ift hiervon cine bejondere
Art. Aus dem Giegespaian entwidelte fich, be:
jonders durd) Einfluß der Kreter, der Paian als
Schlachtgefang beim Angriffe wie nach dem Siege.
Als Gegenftüd des Paian kann das Hyporchema
(Tanzlied) angejehen werden, ein Geſang an Apol:
lon von heiteren, oft mutwilligem Charafter, bei
welchem eigene Bantomimen, mythiſche Gegenjtände
darjtellend, den Geſang des Chors mit Gebärden
und Tanzbewegungen begleiteten. — Der Hym—
nos war cin Xoblied auf Götter, das von einem
vor dem Altar ftehenden Chor zur Kithara ge:
fungen ward. Als die früheiten Begründer diejer
chorischen Art von Hymmen find die apolliniichen
Sänger Dien, Philammon u. a. zu betraditen;
die homeriſchen Humnen (j. Homeros, 9.), die
nicht für öffentliche Gottesverehrung beftimmt waren,
fowie die im jpäterer Zeit entitandenen gelchrten
Hymnen eines Nallimachos, Mejomedes, ſowie
der orphiichen Hymnendichter jind von jenen dem
-.
—
Lyrnessos — Lysandros.
5 Kultus geweihten Hymnen völlig zu jcheiden. Über
den Dithyrambos ſ. d. Die Projodia (Pro-
elfionslieder) waren eine Abart der Hymnen oder
aiane, Lieder, die der Chor unter Flötenbeglei—
tung anftimmte, während er in feierlichem Feſtzuge
fih zum Tempel begab; eine bejondere Art der:
jelben waren die Barthenia, jo genannt, weil
fie von Nungfrauenchören vorgetragen wurden.
Das Enkomion war ein Preisgefang zur Ver:
errlichung bejonderer Begebenheiten und einzelner
Lerjonen, Fürften und ausgezeichneter Männer.
amit verwandt ijt das Epinikion, ein Loblied
anf den Sieger in Wettjpielen (ſ. Pindaros).
Ferner gehören hieher die Paroinien, Wein-
licder, von denen das Skolion ıj. d.) eine be—
fondere Art war, und die Hochzeitslieder, Hyme—
naien und Epithalamien, von denen dieje vor
der Thüre des hochzeitlichen Gemaches, jene bei
dem feftlichen Brautzuge durch Chöre von Jüng:
lingen und Jungfrauen abgefungen wurden. Der
Gebrauch, das hochzeitlihe Paar durch Chöre von
Nungfrauen und Nünglingen unter Tanz und Ge:
lang nad) Haufe zu geleiten und jcherzhafte Lieder
beim Soczeitäfchraaufe und vor dem Brautgemache
zu fingen, war uralt. Hom. 71.18, 492 ff. He-
siod. scut. Here. 274 ff. Den fröhlichen Hochzeits—
liedern entgegengejeht waren die Threnoi, mit
der Flöte begleitete Trauergeſänge bei Leichenbe:
gängniffen und Leichenmahlen. Wal. über dieſe
verjchiedenen Klaffen des Melos Bernhardy, Grund:
riß der griechischen Litteratur II, 2, ©. 624 ff. der
; 3. Bearbeitung. — Die Chorpoejie, an den Kultus
der Götter fi anſchließend, hatte ihre Anfänge
in der älteften, vorhomeriſchen Zeit und wurde
nachher bejonders von dem tief religiöfen Stanınte
der Dorier, vornehmlich auf Kreta und in Sparta,
weiter gebildet. Ihre künftleriiche Ausbildung aber
erhielt fie erft nady größerer Vervolllommmung der
Muſik ungefähr von der dreifigften Olympiade
(660 v. on an durch Dichter, welche teils aus
nicht-dorifchen, teils aus nicht rein-dorischen Staaten
ftammten, dur Alkman aus Lydien (zwifchen
DI. 27 und 42), Stejihoros aus Himera (DI.
33, 4-55, 1., dv. E. 635—560) und Arion von
Methymna (DI. 35—48, v. E. 628585). Obgleich
dieje Dichter im allgemeinen den jittlich-relfigiöjen
Grundcharafter der dorischen Chorpoeſie jeithielten,
jo behandelten fie doch ihren Gegenftand mit mehr
Freiheit und Selbſtändigkeit des Dichtergeiftes,
als diejes bisher "bei dem am Altherkömmlichen
ftreng feithaltenden dorischen Stamme mit feinen
feftgeichlofjenen, alle Bejonderheit ausichliegenden
Staatseinrichtungen der Fall geweſen war. Durch
die ebengenannten Dichter ward die Chorpoefie
ein Gemeingut aller Hellenen; zur höchften Blüte
aber wurde Ddiejelbe am Ende des 6. und in der
erften Hälfte des 5. Jahrhunderts v. E., kurz vor
und während der Berjerfriege, gebracht durch Iby—
fos von Nhegion (um 530 v. E.), Simonides
von Keos (556-469 dv. E.) und Pindaros von
Theben (521—441 dv, E.), denen fih Bakchyli—
des, der Neffe des Simonides (um 473 v. E.),
anichloß. Bei eg Dichtern ift der Chor nur
noch das Organ für den im freier Begeifterung
ſich ergebenden Dichtergeift. Als Lyriker find außer:
dem zu nennen zunächit 3 rauen, Korinna aus
Tanagra, Telejilla von Argos (um 500 v. E.) und
PBrarilla von Sifyon (um 450 v. E.), jodann
715
Timofreon von Rhodos (zur Zeit der Perſer—
kriege), berüchtigt durch jeine Heftigfeit und feinen
beifenden Witz, Diagoras von Melos (um 470
v. E.), Kerfidas von Megalopolis (um 350 v. E.),
endlich die Dithyrambendichter Philorenos von
Kuthera (um 400 v. E.), Timotheos von Milet
(geftorben 357 v. E.), Polyeidos und Teleftes
von Selinis (um 350 v. E.), Likymnios aus
Ehios, Ariphron aus Rhegion u. a. Je agrob-
artiger die Xeiftungen der Griechen im Melos
waren, um fo tiefer ift es zu beflagen, daß aufer
den Enfomien Bindars faft fein einziges vollftäns
diges Igriiches Gedicht derjelben ſich erhalten hat.
Ausgezeichnete Sammlung der Fragmente der
—— Lyrilker (einschließlich Elegiler) von
Theod. Bergk: Poetae Iyrici Graeei (4. Aufl.
1878— 82, 3 Bbb.). Poetae Iyrici Graeci minores,
ed. Pomtow (1885). Auswahl von Mehlhorn (1827),
Schneidewin (1839), Stoll (2 Bdd. 5. Aufl. 1882 f.),
Buchholz (2 Bdd. 1. Bd. 4. Aufl. 1886) und Bergf
(3. Aufl. 1883). Vgl. lad), Gejchichte der gries
chiſchen Lyrik (1883— 84. 2 Bdd.). — II) Ber den
Nömern hat die lyriſche Poeſie zunächſt in dem
Kultus ihre Anwendung gefunden. ‚Die Funft:
mäßige Ausbildung erhielt fie in dem Epigranım,
dem Jambus und bejonders der Elegie (j. Ele-
gie). Erjt gegen das Ende der Nepublif, als die
Belanntſchaft mit griechiicher Litteratur allgemeiner
wurde, wurde auch das griechiiche Melos nad
Rom verpflanzt. Catullus führt hier den Reigen;
aber der Meifter ift Schon nach dem Urteil der Alten
Horatius im feinen Oden, der von fich rühmen
fonnte princeps Aeolium carmen ad Italos de-
duxisse modos (od. 3, 30, 13 .). Zahlreiche Lyriker
find ihm im den erſten chriftlichen Jahrhunderten
gefolgt, Cäſius Baſſus, Salejus Bajjus,
Beitricins Spurinna, Statius u. a., und
auch die Ehriften (Brudentius u. a.) haben fich
in dieſen Formen verjucht.
Lyrnessos, Avgrnooos, Stadt im Innern
Myſiens, jchon von Homer genannt (IT. 2, 690,
19, 60. 20, 92), 2 Meilen don Adramyttion, aber
jpäter verſchwunden. Sie war Sitz des Königs
Mynes, des Gemahls der Brijeis. Sirab. 13, 583 f.
Lysandros, Avbsardoos, Lysunder, laledai-
monijcher Feldherr zur Zeit des peloponneftichen
Krieges, aehörte dem Geſchlechte der Herakliden
an, während ihn eine andere Nachricht zum Mo:
thafen (Helotenkinde) macht. Aelian. v. h. 12, 43.
Plut, Lys. 24. Er war das Mufterbild eines
Alt-Spartaners und ftrebte darnach, Spartas Herr:
ichaft in ganz Griechenland zu begründen, um
dann jelbjt in Sparta zu en Mit bedeu:
tendem Feldherrntalent vereinigte er den freien
Blid des Staatsmannes, der Athens Stärke wohl
zu würdigen wußte und deutlich erfannte, daß es
nur mit feinen eigenen Waffen zu befiegen- jei.
Er empfing den Oberbefehl über die lafedaimo-
nische Flotte wahrjcheinlich im Herbſt 408 v. E.,
als die Sache der Athener infolge der Siege des
Altibiades jehr günftig ftand. Zuvörderſt fuchte
er von feinem Waffenplate Ephejos aus die Flotte
zu vergrößern, wobei ihm die hohe Gunft, im
welche er jich bei dem jüngeren Kyros zu jeßen
wußte, jehr behülflih war. Plut. Lys. 3. Denn
neben ftrengem Wefthalten an vaterländiicher Sitte
und großer perjönlicher Einfachheit waren Schlau:
heit, Berjchlagenheit und politiicher Scarfblid
-’
716
Hauptzüge feines Charakters: Kinder müfje man
mit Würfeln, Männer mit Eiden betrügen; wo die
Löwenhaut nicht ausreiche, müffe man den Fuchs:
pelz annähen, jagte er. Plut. Lys. Tf. Cie. off.
1,30. 2. ſuchte jo viel als möglich ein Zujam-
mentreffen mit der feindlichen Flotte zu vermeiden,
nachdem er derjelben in Abwejenheit des Alti:
biades bei Notion (407, j. Diod. Sie. 13, 71) einen
bedeutenden Verluſt zugefügt hatte, infolge defjen
die Unzufriedenheit des Demos gegen Altibiades
zum Ausbruch fam und 10 neue Heerführer an
jeiner Stelle ernannt wurden. Dagegen juchte er
in den Heinafiatiichen Städten Ummwälzungen her:
beizuführen und oligardhiiche Regierungen einzu:
jegen, zu welchem Zwecke er jelbft jeinem Nach—
folger im Oberbefehl, Kallitratidas, alle möglichen
Schwierigkeiten in den Weg legte. Plut. Lys. 6.
Diod, Sie, 13, 104. Nachdem dieſer in der Schlacht
bei den Arginuſiſchen Infeln gefallen war, erhielt
L. wieder den Oberbefehl, wenn auch nicht unter
dem Titel Nauarch (denn diefes Amt konnte in
Sparta niemand zweimal befleiden), jo doch als
Gehülfe (Epiftoleus, ſ. d.) des nur formell er-
nannten Arakos. Plut. Lys. 7. Xen. Hell.2, 1,7.
Durch Fluges Lauern gelang es ihm nun, im
Sommer 405 an der Mündung des Migospotamos |
die 180 Segel ſtarle athenische Flotte zu über:
fallen und mit leichter Mühe ſich fast jämtlicher
Lysanoridas — Lysias.
Reife zum Tempel des Zeus Ammon, dem er ein
Gelübde ſchuldig zu fein vorgab, weiteren perjön:
lichen Berfenenpeiien. Als aber die Erhebung der
Demokraten gegen die Dligarchie in Athen die
Hülfe Spartas nötig machte, jchien er noch einmal
einen Triumph über Athen feiern zu jollen; allein
durch Baufanias, der zwijchen beiden Parteien zu
vermitteln fuchte, wurde dies vereitelt. Nun lebte
L. mehrere Jahre in Unthätigfeit, bis er 397
nach dem Tode des Königs Agis dem Agejilaos
in dem entftandenen Thronftreit zur Regierung
verhalf. Als aber leßterer, den er nun auf dem
Feldzuge nad Aſien begleitete, jeinem Auftreten
in den dortigen Städten entgegentrat, ließ er ſich
als Unterbefehlähaber im Hellespont beichäftigen
und fehrte bald voll Erbitterung gegen Wgejilaos
nach Sparta zurüd, feit entichloffen, das erbliche
Königtum zu ftürzen und die Würde allen Hera—
fliden uganglich zu machen. Plut. Lys. 24. Ages. 8.
Nep. Lys. 3. Cie. div. 1, 43. Seine Anjchläge
aber famen nicht zur Reife. Als im Herbite 395
der Krieg zwifchen Theben und den Phofiern aus:
brach, beichlofjen die Ephoren in Sparta jofort
den Krieg gegen Theben. 2. jollte von Weiten,
Pauſanias von Süden her in Boiotien einbrecdhen
und beide jich bei Haliartos vereinigen. Der Plan
mißlang; %. jelbjt fiel bei einem voreiligen An:
griffe auf die Thebaner bei Haliartos. Er wurde
Schiffe zu bemächtigen; 3000 Gefangene, unter | bei der Stadt Banopeus in Phokis bejtattet. Arm,
ihnen den Strategen Philofles, ließ er hinrichten. | wie er gelebt, ftarb er. Plut. Lys. 30. Xen. Hell.
Xen. Hell. 2, 1, 29. Plut. Lys. 11. Bevor er nad) 3, 5, 17 ff. Paus. 9, 32, 5. Abhandlung von Nigich
Athen jegelte, um dieje Stadt zu belagern, befuchte
er die den Athenern untergebenen thrakiſch-aſia—
tiihen Städte und Inſeln und brachte durch die
vorher angelnüpften Verbindungen überall oligar:
chiſche Berfafjungen unter 10 Männern und einem
ipartanifchen Harmoſten, und dadurd natürlich
Abfall von Athen zuftande, welches bald nur noch
Samos behielt. Nachdem X. darauf Athen einge:
Ichlofjen und durch Hunger im April (16. Muny-
ion) des Jahres 404 zur Übergabe
hatte, jeßte er die Dreißig ein und lich die Mauern
der Stadt jchleifen. Xen. Hell. 2, 2.3. Plut. Lys.
15. Diod. Sie. 14, 3. Darauf jegelte er nad)
Samos, um aud) hier die oligarchiiche Zehnherr:
ichaft einzuführen. Sodann lich er durch Gylippos
den Reſt der von Kyros ihm überwiejenen Gelder
und andere Geſchenke — 470, nad andern gar
1000 Talente — nah Sparta bringen und an
den Staat ausliefern; ſich und jedem der Flotten—
anführer errichtete er überdies eine eherne Statue
zu Delphoi. Paus. 9, 32,10. Überall genoß er Ver:
ehrung, Dichter wetteiferten, feine Thaten zu be:
fingen, er war der erfte unter den Griechen, welchem
Städte wie einem Gotte Altäre errichteten. Plut.
Is. 18. Nach Beendigung des Krieges lebte er
übrigens viel außerhalb Spartas, two er durch den
Staatsorganismus in jeiner Willfür und Herrſch—
Er bewirkte, daß den
jucht mehr beichränft war.
gezwungen |
(1847).
| LysanorYdas, Avoavogidag, einer der 3 ſpar—
| taniichen Befehlshaber, welche im Jahre 379 v. E.
die Kadmeia übergaben; indes, weil er in der
Nacht des Aufftandes abmwejend gewejen, ward er
‚nicht mit dem Tode beftraft, jondern nur mit einer
' großen Geldftrafe belegt, der er ſich durch frei:
| willige Verbannung entzog. Plut. Pelop.13. Died.
' Sie, 15, 27. Bgl. Xen. Hell. 5, 4, 13.
Lysias, Avodas, nimmt, obwohl fein athenijcher
Bürger, unter der Zchnzahl der attiichen Redner
eine bedeutende Stelle ein. Sein Bater, der reiche
Kephalos aus Syrafus, hatte ſich, vielleicht ver-
'anlaft durd die politiichen Zuftände jeiner Vater:
ſtadt, etwa im Jahre 447 v. C. auf Zureden feines
Sajtireundes Berikles als Metoike in Athen nieder:
gelaſſen: daß er ein Mann von Charakter und
Geiſt war, beweist jchon jene Gajtfreundichaft mit
' Berifles, jowie der Umftand, daß Platon ihn uns
in den Büchern vom Staat in einer würdevollen
Weife vorführt. Seinen Söhnen Bolemarchos,
Lyſias und Euthydemos lieh er eine treffliche Bil:
dung angedeihen. Lyſias war nad der gewöhn—
lihen Annahme 459/58 v. E. zu Athen geboren;
andere laſſen ihn erſt 445 in Syrakus geboren
werden. Mit feinem älteften Bruder wanderte er,
noch nicht 16 Jahre alt, nad Thurioi in Unter:
italien und lebte hier angeblich 18 Jahre. Dort
Dreißig zu Athen eine Bejabung gejfendet wurde, | befleidete er bürgerliche Amter und ſtand, auch
wie fie es wünjchten (Xen. Hell. 2, 3, 13 f.), jowie | wegen feines bedeutenden Vermögens, in hohem
er auch in Mjien den Intergang des von den | Anjehen. Unter Anleitung des Teifias aus Spra:
Tyrannen gefürchteten Alkibiades veranlafte. Die | us, eines Schülers des Korax, bildete er fich
Klagen über jeine Härte in Afien, bejonders die | hier in Funftmäßiger Beredjamleit, verbunden mit
Beichtwerde des Satrapen Pharnabazos, deffen | politiichem Wiſſen nach Art der Sophijten: jcharf-
Sebiet er geplündert hatte, bewirkten jeine Zurüd: | finnige Antithejen, genauer Rarallelismus der
berufung; denn man wünjchte ihn zu demütigen. Ölieder, Gleichklang der Worte und bejonders der
Plut. Lys. 20. Mit Mühe entging er durd eine | Ausgangsjilben jind das Eigentümliche dieſer Schule.
Lysikles — Lysikrates.
Seine politifche Überzeugung war entjchieden de:
mofratiih. Als nach der Niederlage der Athener
auf Sicilien der Einfluß derjelben auch in Thurioi
ichwand, und die lafedaimonijche Partei die Ober:
hand gewann, jah ſich 2. genötigt, infolge eines
Aufftandes mit jeinem Bruder Polemarchos und
300 Anhängern zu fliehen, und fehrte 442 nad
Athen zurüd. Dort war die alte Demofratie ge:
ftürzt, aber auch die oligardhiiche ——— der
400 war von nicht langer Dauer. Die nun fol—
gende gemäßigte Demokratie, en (8, 97)
großes Lob erteilt, artete auch bald aus, wie ſich
dies in der Berurteilung der Feldherren nach der
Schlacht bei den Arginujen zeigte. 2. und jein
Bruder lebten während dieſer Zeit als laorekeig
zu Athen, hatten Grundbeſitz und betrieben mit
120 Sflaven eine bedeutende Schildfabrif. Durch
die Dreifig wurden fie aber nicht allein ihres
Bermögens beraubt, jondern Polemarchos mußte
auch ohne Prozeß den Schierlingsbecher trinken.
2. entlam nad; Megara und trug von hier aus
nicht wenig zur Seritellung der Demokratie mit
den Weiten jeines Vermögens bei. Thraſybulos
ftellte den Antrag, um dieſer Verdienſte willen
dem 2. das Bürgerrecht zu erteilen, allein wegen
eines Formfehlers blieb der Antrag erfolglos.
Nod vor Beſchwörung der Amneſtie klagte X.
darauf den Eratofthenes ala ee der Hinrich:
tung feines Bruders an, und dieje Rede, in welcher
er die ganze politiiche Gejchichte der letzten Zeit
enthüllte, brachte ihm großen Ruf. Dies ift die
ältefte der 31 (außer 3 unechten) uns erhaltenen
Reden und die einzige, die er jelbft gehalten hat.
Er jchrieb nun bejonders Prozeßreden für andere,
als Aoyoygdpos, und da für diefen Zweck eine
ichlichte, Funftlofe Weife die angemeflenjte war,
bildete er das tenue dicendi genus immer mehr
aus und galt als das volffommenfte Mufter des-
jelben. An Fruchtbarkeit übertraf er alle andern
Logographen; 425 Reden waren unter feinem
Namen überliefert; das Altertum fannte 233 echte
Reden des 2. Das Verdienſt diefer Reden befteht
nicht allein in einer auferordentlichen Klarheit
und Schärfe der Auffaffung, jondern auch in einer
trefflihen Jndividualifierung deſſen, für den die
Nede gejchrieben ift; ganz anders ift der Ton der
Rede Hr den wohlhabenden Landmann, der ic)
gegen die Bejchuldigung wegen des ausgethanen
heiligen Olbaums verteidigt, als der heitere hu:
morijtiiche Ton des Krüppels, der für den ferneren
Bezug jeiner Öffentlichen Unterftügung kämpft und
es rechtfertigt, daß er jich das Leben jo angenehm
als möglich) macht. Darum lobten die Alten an
Lyſias bejonders die Toroıda, die Gabe der
Eharafterzeichnung, die Zrdeysız und dierdmwarg,
die Leibhaftigkeit und lebensgetreue Darftellung.
Eine treffliche Würdigung feiner Kunſt befigen wir
noch) von Dionyſios von Halikarnaſſos. Lyſias
joll bis 378 gelebt haben. Biographie von Pretid)
(1881). — Ausgg., außer in den Oratt. attici von
Neiste, J. Better, Dobjon, Baiter und Sauppe,
C. Müller, von Förtſch (1829), Franz (1831),
Weftermann (1854), Scheibe (2. Aufl. 1855), Cobet
(1868), Frohberger (3 Bdod., 1866 ff. 1. Bd. 2. Aufl.
von Gebauer 1880), Auswahl von Bremi (1826),
Nauchenftein (9. Aufl. von
berger (1875. 1. Bd. 2. Aufl. von Gebauer, 1882)
und Kods (2 Bbd, 1885—87).
117
Lysikles, Avcınanjs, 1) Gatte der berühmten
Aipafia nach dem Tode des Perifles, angeblich ur:
ſprünglich Viehhändler, dann Redner und Dema-
gog. Plut. Per. 24. Thuc. 3, 19. — 2) einer
der athenifchen Feldherren in der Schladht bei
Ehaironeia, der, vom Redner Lykurg deshalb an—
er zum Tode verurteilt ward. Died. Sie.
16, 85 ff.
Lysikrätes, Avsızgdens, ein Athener, weihte
335/34 v. E. ein choregiiches Dentmal, welches noch
vorhanden if. Es hat damit folgende Bewandt—
nis. Die von jeder Phyle zur Ausftattung der
BAT TUI | Li
Eyfifratesdenfmal in Yißen.
tragijchen und komiſchen Chöre ernannten Chore-
gen (j. Leiturgia) wetteiferten mit einander um
den Preis eines kunſtvoll gearbeiteten Dreifußes
hr 1884 f.), Froh⸗ — zoenyırös reinovg —, der dann einer Gott:
(ai geweiht oder auf einem eigens dazu aufge:
hrten Gebäude aufgeftellt wurde: eine dom Pry:
718
taneion an der Dftjeite der Burg hinlaufende Strafe
führte von den vielen dort aufgetellten Monu—
menten daher den Namen Toimodss, Das uns
erhaltene Monument des Lyſikrates beiteht aus
einem quadratiichen Interbau aus Poros, auf dem
jich 6 forinthijche Säulen aus pentelischem Marmor
erheben, deren Zwijchenräume aber durch Platten
aus demjelben Marmor ausgefüllt find; fie tragen
einen Architrav mit der Weihinfchrift, darüber einen
mit Reliefs geſchmückten Fries, der die Bejtrafung
der tyrrheniichen Seeräuber durch Dionyſos dar:
ftellt (j. Akoites und Dionysos, 3.), und über
diejem eine flache Marmorfuppel aus Einem Steine,
auf deren Mitte ſich ein blumenartiger Unterjaß
befindet, der einjt den Dreifuß trug. Der Durch—
meffer des inneren Raumes beträgt nur 6 Fuß,
weshalb auch die Sage, daß Demofthenes hier in
Einſamkeit ftudiert habe (wodurch der jegige Name
des Gebäudes bei den Griechen — Laterne des D.
— veranlaft ift), als gänzlich grundlos erſcheint.
Lysimachia, Avsgayia, Avcıundysıo, 1) be:
deutende und feſte Stadt des thrafijchen Cherſo—
nes im NO. des Melasbujens, von Lyſimachos
(j. Lysimachos, 1.) gegründet und mit den
Bewohnern der zerjtörten Städte Kardia und Paktye
bevölfert. Später wurde die Stadt von den Thra:
fern zerftört und von Antiochos 196 v. E. wieder:
hergefteilt, ohne jedoch wieder Bedeutung zu er-
langen; j. Seyamili. Pol. 5, 34. Strab. 2, 134.
Liv. 33, 38. — 2) Stadt’ im füdlichen Mitolien
ſüdlich von einem bedeutenden See gleiches Namens,
der jonft aud) Hyria heißt; gegründet von Lyſi—
machos zwijchen 287 und 281 v. C. doch bereits
zu Strabons Zeit wieder verſchwunden. Pol. 5,7.
Strab. 10, 460. Liv. 36, 11.
Lysimächos, Avsineyos, 1) Sohn des Aga-
thofles, eines Theſſaliers, geboren zu Bella in
Makedonien (Just. 15, 3. Arr. 6, 28) um 361
v. C., begleitete Alerander den Gr. auf feinem
Eroberungszuge gegen Berfien, trat aber erjt wäh:
rend der indiſchen Feldzüge mehr in den Border:
grund. Er wurde unter die Zahl der 8 Yeib-
wächter des Nönigs aufgenommen, erhielt bei der
Eroberung Saungalas eine Wunde (Arr. 5, 13.24)
und zeigte fich als Mann von großem Mut ud
hochherziger Geſinnung, weshalb Alexander, dem
er ein treu ergebener Diener war, ihn immer mehr
auszeicdynete. Nach feines Königs Tode (323) er:
hielt %., der im Rufe eines ausgezeichneten Feld—
herrn ſtand, von Perdikkas die Statthalterſchaft
über Thrakien und die angrenzenden Landſchaften
(Curt. 10, 30, 4. Diod. Sie. 18, 3), befiegte nad)
jahrelangem Kampfe den König der Odryſen, Sen:
thes (dat. 14), und jchloß ſich im Jahre 315,
während er bis dahin an den Fehden unter Ale:
randers Feldherren unbeteiligt geblieben war, gegen
den herrichjüichtigen Antigonos an Ptolemaios und
Seleutos au. Doch wurden ihm von Antigonos
zahlreiche Feinde in den unruhigen thrafiichen und
ſtythiſchen Völkerſchaften erweckt, welche er erſt
nach langwierigen Kämpfen zur Ruhe brachte. Im
Jahre 309 —— er in Thrakien die Stadt
Lyſimachia. Wie viele Feldherren Alexanders, nahm
auch er den Königstitel an. Endlich im Jahre 302
begann der Kampf gegen Antigonos. X. ſetzte
nach Aſien über, drang bis Phrygien vor, mußte
fich jedoch vor der Übermacht feines Gegners zu:
rüdziehen, gewann dann Serafleia am Pontos
Lysimachia — Lysistratos.
und damit die Hand der Beherricherin diejer Stadt,
; der Amajtris, erlitt von Demetrios, des Antigonos
Sohn, eine Niederlage bei Yampjafos, fiegte aber,
vereint mit Seleutos, bei Ipſos in Phrygien (301)
über Antigonos. Dadurch gewann %. einen Teil
Vorderaſiens. Pol.5,67. Plut. Demetr. 31. Nach
Trennung feiner Ehe mit Amaftris heiratete er
des Ptolemaios Tochter Arjinod, Paus. 1, 10, 3.
Als Demetrios Poliorfetes im Jahre 297 die
Feindjeligfeiten erneuerte, nahm ihm L. Seine
afiatifchen Befigungen weg, mußte ihn indes beim
Frieden 294 als Beherrſcher von Makedonien an:
erfennen und fuchte Erjat dafür durch Unterjochung
der nordwärt® an der Donau twohnenden Geten,
von denen er jedoch befiegt und gefangen genom—
men wurde (etwa 291 90). Plut. Demetr. 52.
Tod erhielt er durch den Edelmut des Geten—
fünigs feine Freiheit wieder. Diod. Sie. 21, 12.
Strab. 7, 302. Gegen dem ſtets unruhigen Deme:
trios verband er ſich mit Seleukos und Btolemaios,
vertrieb ihn nad) hartem Kampfe aus Mafedonien
und überlich einen Teil des Landes dem Pyrrhos
von Epeiros. Doch diejer erfreute fich des Beſitzes
nicht lange. L., der von Pemetrios vorläufig
nichts zu fürchten hatte, entriß ihm denſelben bald
wieder, 286. Plut. Pyrrh.12. Als nun Demetrios,
der von Seleufos gefangen gehalten wurde, im
Jahre 282 oder 251 ftarb, befreite jein Tod den
L. von fteter Beforgnis. Aber einen andern Geg:
ner hatte jich derjelbe inzwijchen in dem Könige
Btolemaios erwedt, deſſen flüchtigen Sohn, Ptole—
maios Keraunos, er bei fich aufgenommen, obwohl
fürs erjte der Friede gelichert blieb Paus. 1, 16,2.
Als aber mit dem zunehmenden Alter des L. Miß—
trauen und Granfanafeit, angefacht von feiner Ge:
mahlin Arſinos, gegen die eigenen Rinder, nament:
lich jeinen älteften Sohn von Yiner eriten Gemahlin,
den Agathokles, jich fteigerte, und Agatholles auf
des Vaters Geheiß im Nahre 284 ermordet wurde
(Just. 17, 1), da wurde der zu jpät aufgeflärte
Fürſt von feinen eigenen Berwandten und vielen
bisher treuen Anhängern, welde nach Aſien zum
Scleufos flohen, verlaſſen, Aſien war bald in
vollem Aufftande, und L., der, den Aufſtand zu
dämpfen, über den Hellespont gegangen war, wurde
von dem beranzicehenden Seleutos bei Norupedion
in Phrygien geſchlagen (281) und fiel jelbft in der
Schlacht. Sein Sohn Alerandros brachte die faſt
ihon in Verweſung übergegangene Xeiche nad)
Lyſimachia und jeßte fie dort bei. Just. 17, 1.
App. Syr. 625. — 2) Sein gleichnamiger Sohn,
wurde von Ptolemaios Keraunos ermordet.
Lysippos j. Bildbauer, 10.
Lysis, Avcıs, 1) ein Athener und Schüler des
Sofrates, nach welchem Platon einen feiner Dia:
loge benannte. — 2) aus Tarent, Schüler des
Pythagoras, ging nad) der Auflöſung des pytha—
goreiihen Bundes nadı Theben und fand Auf:
nahme im Hauſe des Epameinondas. Einige
Schriften über Pythagoras und jein Yeben wur:
den ihm zugejchrieben. Nep. Epam. 2. Cie. de
or. 3, 34, 139. off. 1, 44, 155.
Lysisträtos, Avc/sroarog, 1) ein wegen feiner
Armut verjpotteter Athener (Arist. Eq. 1267.
Acharn. 855. Lys. 1105), war in den Sermo:
fopidenprozeh verwidelt; zum Tode verurteilt, jand
er Gelegenheit, zu entfommen. Andoc. myst. 26. 28.
— 2) ſ. Bildhauer, 11.
Avrıxoi — Macro.
Avrıxoi. Scon frühzeitig war es in den
Kreijen gelehrter und gebildeter Griechen üblich,
wijjenschaftliche Fragen (£nrijuare, mooßArjuere)
119
folcher gelehrten Probleme beichäftigten; die be-
rühmteren unter ihnen find: Gratojthenes, Soji:
bios, Kallijtratos.
zur Behandlung und Beantwortung fich vorzu- Avreg«, das. Löjegeld für Kriegsgefangene,
legen. Im alerandriniichen Zeitalter wurde die | verjchieden von der ron bei der Blutrache, ge:
Sitte noch gewöhnlicher und übte auf Kritif und | wöhnlich von dem Sieger nad) Willkür bejtimmt,
Erklärung der älteren Schriftjteller, bejonders der | bei gemeinen Kriegern 2—3 Minen, jpäter 3—5;
Dichter, großen Einfluß. Spradliche und rheto: | vornehmere wurden nur für bedeutendere Summen
riſche Gegenjtände wurden von den alerandrini= | losgegeben, 3. B. Platon für 20 oder 30 Minen;
ſchen Gelehrten jchriftlich und mündlich verhandelt. | oft wurde es von Berwandten oder Freunden zu:
Doch arteten dieje Beichäftigungen nad) und nad) | jammengebradt. Die Nüderjtattung war, zu Athen
in Spikfindigfeiten und Spielereien aus. Avrıxor wenigſtens, heilige Pflicht, wenn der Gelöfte wicht
nun hießen diejenigen, welche ſich mit der Löſung dem Gläubiger als Eigentum verfallen wollte.
M.
Maceius j. Plautus. Verde. In nacdhhomerischer Sage wird er von
Maccus war eine ftehende Perſon in den tel:
lanen (f. d.) der Römer, der Spaßmacher, Harlelin,
Bulcinell. Eine lange Naje, weet Dumm—
heit und luſtige Gefräßigleit waren ſeine charakte—
riſtiſchen Merkmale. Er ſtammte aus dem oſtiſchen
Luſtſpiele.
Macellum (von pdxellor, Umzäunung), oft
mit dem Zujaß Liviae, ein mit Buden und Hallen
bejegter Marktplatz Noms, in der Nähe des Eſqui—
liniſchen Thors und der Gärten des Mäcenas, wo
einzelne Artikel wie Fleisch, Fiſche, Gemüſe feil-
geboten wurden. Hor. sat. 2, 3, 229. ep. 1, 15, 31.
Plaut. Aul. 2, 8, 4. Suet. Caes. 26. Tib. 34.
Vesp. 19. 5
Macer, 1) j. Lieinii, D. — 2) Amilius
Macer, aus Berona, Zeitgenoffe und Freund des
Bergil, Ovid u. a. Dichter, gejtorben 15 v. E.,
verfaßte nach dem Borbilde des Nikandros Lehr:
gedichte naturwiflenjchaftlichen Inhalts, beionders
eine Ornithogonia, von denen wenige Berje er-
halten jind (gefammelt von Bährens, fragm. poet.
Kom. p. 344 ff.). Or. trist. 4, 10, 435. Quint.
10, 1, 56. 87. Abhandlung von Unger (1845).
Machairüs, Meayeıpons, wichtige Grenzfejtung
Beraias, öjtli vom Toten Meer, nördlich von dem
Fluß Arnon; durch Herodes den Großen jehr ver:
jtärft, von Jojephos in feinem „jüdiſchen Krieg“
öfters erwähnt, erjt 72 n. E. von den Römern
erobert; j. Mlaur. Johannes der Täufer ſaß dort
gefangen. Strab. 16, 763.
Muchanidas, Mayaridas, ein vornehmer Spar:
taner, warf fich nad) dem Tode des Königs Nico:
menes Ill. zum Tyrannen von Sparta auf, wurde
aber nach graujamer Herrichaft im Jahre 206 v. E.
im Kriege gegen den Achaiiſchen Bund befiegt und
getötet. Paus. 4, 29, 10. 8, 50, 2. Pol. 11, 11 ff.
Plut. Philop. 10.
Machäon, Meydo» (d. h. der Schneider mit
dem Meier, der Wundarzt), Sohn des Aiflepios
und der Epione, Bruder des Podaleirios, mit dem
er in 30 Schiffen Scharen aus den thejjaliichen
Städten Triffa, Jthome und Dichalia nach Troja
führte. Beide Brüder find die Arzte der Griechen
vor Ilios. Hom. 11.2, 729 ff. 4, 193. 11,512. 833.
In der Schlacht von Paris durch einen Pfeil ver-
wundet, wird Machaon durch Nejtor aus dem
Kampfgewiühl gerettet (daj. 11, 505. 595). Nad)
Bergil (A. 2, 263) befand er jich in dem hölzernen
Eurypylos, dem Sohn des Telephos, getötet, und
jein Yeichnam von Nejtor nad Meſſenien gebracht.
Hier fand fih in Gerenia das Grabmal und ein
Heiligtum des Machaon mit Sranfenheilungen.
Slaufos, der Sohn des Aipytos, hatte ihm zuerjt
als Heros geopfert. Sein Bruder Bodaleirios joll
fi) auf der Nüdtehr von Jlios in Syros in Karien
niedergelaffen haben. Paus. 3, 26, 9f.
Macray, Mixe, ein aus den Apenninen dem
Liquftiichen Meere zufließender Fluß, der Ligurien
und Etrurien trennte und mit dem Rubico die
Grenze von talien und Gallia cisalpina bildete;
ji. Magra. Liv. 39, 32. 40, 41. Strab. 5, 222.
Macriänus, einer der römiſchen Naifer aus
der Zeit der Verwirrung in der Mitte des 3. Jahr-
hundert n. C. Er z0g mit feinen Söhnen und
einem ftarfen Heere gegen Gallienus, von dejien
Feldherren er im Jahre 267 in Illyrien befiegt
und getötet wurde. Treb. Poll. trig. tyr. 12.
Macrinus, M. Opellius, urjprünglich Jurift,
ipäter Soldat, ftammte aus Cäfarea in Mauretanien
und veranlafte ald Befehlshaber der Garde den
Tod des Garacalla, 217 n. E. Dio Cass. 78, 11.
Capit. Macrin. 4. Doch verhehlte er den Soldaten
jeine Teilnahme au der Ermordung des von ihnen
geliebten Kaiſers und erlangte ihre Zuftimmung
zur Thronbefteigung. Zum Mitregenten nahm er
jeinen jungen Sohn M. Opellius Antoninus
Diadumenianus an. Sein Feldzug gegen die
Barther endete mit einem jchimpflichen Frieden,
während er jelbjt jich einem weichlichen Leben er:
gab, das Heer dagegen mit Strenge behandelte
und fich bei demjelben dadurch verhaßt machte.
Die Ungufriedenen riefen daher den Heliogabalus,
einen Verwandten Garacallas, zum Naijer aus
troß aller von Macrinus gemachten Verſprechungen.
Dio Cass. 78, 31. Zonar. 12,13. MHerod. 5, 3,12.
Als nun der neue Kaiſer ihn angriff, fiegte M.
zuerft, wurde aber doc) ſchließlich noch geichlagen,
am 8. Juni 218. In die Gewalt jeiner Gegner
geraten, wurde er ſamt feinem Sohne hingerichtet.
Dio Cass. 78,37 ff. Zonar. 11,13. Herod. 5,4, 11f.
Macro, Nävius Sertorius, Befehlshaber
der faiferlichen Yeibwache (praefectus praetorio)
und Sünftling des Kaiſers Tiberius, jeitdem diejer
durch ihn den bisherigen Liebling, den gefürd)-
teten Sejan, und defjen Familie geftürzt und ins
Berderben gebracht hatte (31 n. E.). Nachdem er
120
Maerobius —
und feine Gemahlin Ennia mit dem Thronerben |
Galigula zur Ermordung des Tiberius beigetragen |
hatten, fielen jie jelbjt im Jahre 38 als Opfer
ihres Ehrgeizes. Tac. ann. 6, 15, 23, 29. 45.48, 50.
Dio Cass. 58, 9. 59, 10.
- Macrobius, Ambrofius Theodojius, rö-
nie Grammatiker aus der erfter Hälfte des
Sahrhunderts n. C, unter Theodofius dem
jüngeren, wahricheinlich der Geburt nach ein Grieche,
veranftaltete Sammlungen aus den Schriften der | verteidigte, mit unterzeichnete.
griechtichen Philoſophen, namentlich der Platoniker,
nad dem Borgange der attifchen Nächte des Gel:
lius (ji. d.).
noch: Commentariorum in Somnium Scipionis
libri duo, worin uns Ciceros Somnium Scipio-
nis aus dem jechiten Buche de re publica erhalten
ift, und: Saturnalium conviviorum libri septem. | fi
Das lebtere, in dialogiſcher Form, enthält einen
Schatz von hiftorifchen, antiquariichen und mytho—
logiſchen Bemerkungen.
Kommentar des Serpius zum Bergil, auch Seneca
Maeotis Palus.
436 v. C., verfolgte die Gegner des vorigen, nament:
lich den Servilius Ahala und Minucius, von denen
diejer den Mälius angellagt, jener ihn erichlagen
hatte, und beantragte beim Bolte Einziehung der
Güter des Servilius. Ziv. 4, 21; vgl. Cie. de
dom. 32. — 3) D. Mäl,, nahm wahrſcheinlich am
Kriege gegen Samnium im Jahre 321 v. C. teil, in
welchem er den berüchtigten Vertrag nach der Ein-
ſchließung bei Caudium, den er ſpäter in Rom
Liv. 9, 8. Cie. off.
3, 80.
Maenia eolumna, ftand auf dem Forum Ro-
Zwei Werke von ihm beſitzen wir manum, errichtet zu Ehren des C. Mänius, der
338 dv. E. mit &. Furius Camillus fiegreich gegen
die Latiner fämpfte. Liv. 8, 13. Der Bollswig
bezog diefe Säule erſt wohl ſcherzhaft ſpäter ernſt⸗
ie auf den Berichwender Mänius zur Zeit des
Lucilius, welcher fein Haus am Forum dem Genior
Gato verkauft hatte (Liv. 39, 44) und fich eine
Bejonders Gellius, der | Säule ausbedungen haben jollte, um den Gladia:
torenjpielen zuſchauen zu fünnen. Cie. die. in
und Plutarch find ftarf benutzt, ohne daß aber die | Caecil. 16, 50, Nest 58, 124.
fompilierten Schriftfteller genannt werden. Cine
dritte Nrbeit de differentiis et societatibus
graeci latinique verbi bejigen wir nur in einem
Auszuge des Johannes Scotus aus dem 9. Jahr:
hundert (zuleßt abgedrudt bei Neil, Grammat.
lat, Bd, V.).
(1472); Ipätere Ausgg.
1694), Zeune (1774), Re
Eyſſenhardt (1868).
Madytos, Meövros, eine Abydos gegenüber:
liegende Hafenftadt des thrafiichen Cherjones, j.
Maitos. AHdt. 7, 33. Xen. Hell. 1, 1,3. Liv.
31, 16. 33, 38.
Maeeönas |. Cilnius,
von %. Gronov (1670.
Maenii. Aus diejem plebejijchen Gejchlechte
find hervorzuheben: 1) E. Mänius, ſuchte als
Tribun, um eine Verteilung von Staatsländereien
zu bewirken, die Konjuln an der Aushebung zu
verhindern, 483 v. C. Dion. Hal. 8, 87. In
— Die ed. pr. erjchien zu Venedig | gleicher Eigenschaft und Weiſe wirkte 2) M. Män.
nach anderen Menenius) im Jahre 310 v. E,,
!. von Jan (1848-52) und | konnte aber jein Adergejeh nicht durchführen, da
die übrigen Tribunen fich ihm widerjeßten. Lir.
4,53, — 3) C. Män, Kollege des Gamillus im
Stonjulate 338 v. C., wahrjcheinlich Urheber ver
lex Maenia (j. d.), fämpfte glüdlidy im Kriege
gegen Latium (Ziv. 8, 13), bejonders gegen An-
tium, weshalb ihm eine Ehrenfäufe, die columna
Maecius, Sp. Mäc. Tarpa, fthetifer und | Maenia (Plin. 34, 5, 11), auf dem Forum errichtet
Kritifer zur Zeit des Auguftus,
pejus (55 v. E.) in Verbindung.
7,1,1. Hor. sat. 1, 10, 38
Maedi, Meaıidol,
Bölferichaft am weftlichen Ufer des Strymon und
am Südabhange des Stomios, welche das be:
ſtand mit Pom—
Cie. ad fam.
eine bedeutende thrafische | Unterfuchungen anftellte,
wurde. Diktator im "Jahre 320, befleidete er dies
Amt 314 zum ztweitenmal, um eine Verſchwörung
in Gapua zu unterjuchen, worauf er auch in Rom
indes fein Amt nieder:
legte, als die Adeligen diejelben Borwürfe gegen
ihn erhoben, weldye er gegen fie erhoben hatte.
nachbarte Makedonien oft beunrubigte, endlidy aber | Er ftellte ſich vor Gericht, wurde aber freigeiprochen.
unterworfen und mit demielben vereinigt wurde.
Thue. 2, 98. Plut. Alex. 9. Lir. 26, 25. 28, 5.
Maelii, 1) Sp Mälius, ein reicher plebe:
jiicher Ritter, der bei entitandener Getreidenot in
Nom aus eigenen Mitteln mwohlfeile Zufuhr be:
ſchaffte und dadurd) die Liebe des Volkes in einer
für die herrichende Partei bedrohlichen Weile er:
warb; man beichuldigte ihm fogar, er habe durch
einen bewaffneten Aufftand fich das Königtum
verichaffen wollen. Als er dem von dem Magifter
Eauitum Servilius Ahala abgefendeten Diener
vor das Gericht des Diktators & Quinctius Ein-
einnatus nicht folgte und das Bolf zu feiner Ber:
teidigung aufforderte, dDurchbohrte Ahala re mit
dem Dolch (439 v. E.). Der mwohlfeile Berfauf
des umter jeinem fonfiszierten Vermögen vorge:
fundenen @etreidevorrats und die Genehmigung
der Wahl von Konjulartribunen für das folgende
Jahr beichtwichtigten die Menge über den Mord,
den nur Hab gegen das Kömgtum und Partei—
leidenſchaft für eine rühmliche That erflären fonn:
ten. Vgl. die parteiiiche Darftellung bei Cie. Lael
8,28. Liv. 4, 12 ff. Ge. r. p. 2, 27. Phil. 2, 44.
Flor. 1, 26. — 2) Sp. Mäl., Tribun in Jahre
Lie. 9, 26. Schon vorher war er Genjor und
erbaute an den Häufern ums Forum herum, um
mehr Plab für die Zuſchauer zu gewinnen, Bal:
fone, weshalb nach ihm dieſe damit verjehenen
Hänfer Maeniana hießen. Oic. acad. pr. 2,22, 70.
4, 22. 70. -- 4) — Verſchwender, voffenreißer
(Hor. sat. 1, 1, 101. 3, 21) zur Zeit des Dichters
Lucilius, wozu auch — daß der Cenſor Cato
ihm ein Haus am Forum abkaufte (ſ, Maenia
columna).
Maconia j. Lydia.
Maeötis Palus, 7); Maiörıg oder Mæitis Adurı),
der nad) dem anmwohnenden Bolle der Maiotai
(oder Maitai) benannte, jehr flache Teil des Bontos
Eureinos, welcher mit diefem durch den kimme—
riihen Bosporos (Strafe von Jenikale) in Wer:
bindung fteht, und in deifen mordöftlichen Wintel
fi) der Tanais ergieht, alfo das heutige Aſowſche
Meer. Im Altertum herrichten über die Mäotis
irrtümliche Anfichten; erft Mleganders Züge be:
jeitigten die Anficht, fie ſei ein Teil des großen
nördlichen Dceans. Auch über die Größe waren
die Vorftellungen jehr verwworren. Aesch. Prom.417.
Strab. 7, 310. Pol. 4, 39. Plin. 4, 12, 24.
Magaba —
Mazäba, Berg Galatiens, wo En. Manlius die
Zeltojagen 189 v. E. jchlug Jav. 38, 19.
Magetobria j. Admagetobriga.
Mägi, Mayoı, perfiih Magu, die Priefter der
Meder und Perjer, die einen eigenen Stamm oder
iedesfalls einen erblihen Stand bildeten. Sie
waren die Inhaber des religiöien Wiſſens, die
Verwalter der Gebräuche des Kultus, „die reinen
Männer“, die ein einfaches Leben führen mußten,
und übten auch einen politifchen Einfluß aus, |
namentlich unter den Arjaliden und Gaflaniden
Eicero (div. 1, 23) nennt fie genus sapientium
et doctorum. Pythagoras, Empedofles und Blaton |
werden als ihre Schüler bezeichnet. Hdt. 1, 101.
132. 140. 7, 191. Xen. Cyr. 8, 3,11. Curt. 3, 7,9.
6,3, 22. Strab. 11, 727. 7325. — In welchem |
Verhältnis dieſe medifchen und perfiihen M. zu
den babyloniſchen (Jerem. 39, 3. Ev. Matth. 2,1)
ftanden, ob Wort und Amt aus Babylonien mit
feinen Chaldaei (j. d.) ftammt oder nicht, ob aljo
auch die erfteren (wie dt. 1, 108 jagt) oder nur
die legteren „Magie trieben, fteht noch dahin.
Magia ſ. Chaldaei, Divinatio und Zau-
berei, 8.
Magii, ein campanifches Gejchlecht, aus wel:
chem folgende Männer zu nennen find: 1) D.
Mag., ein angejehener Mann in Capua, war ein
eifriger Freund der Nömer und mußte nach Er-
oberung Capuas durch Hannibal von feinen Lands:
leuten ausgeliefert werden, worauf Hannibal ihn
nah Karthago jandte. Aber auf der Überfahrt
dahin litt er Schiffhruch, gelangte nach Kyrene
und von dort nach Aghpten, wo er längere Zeit
lebte. Liv. 23, 7. 10. — Sein Entel, 2) Mina:
tius Mag. Aculanenfis, Urgrofvater des Se:
ſchichtſchreibers Vellejus Paterculus, erhielt von
Rom zur Belohnung für feine im Bundesgenofjen:
kriege bewiejene Treue (Vell. Pat. 2, 16, 2) das
Bürgerrecht. — 3) 2. Mag., Anhänger des Marius
im Deere des Fimbria in Ajien, ging zu Mithri-
dates über und fuchte eine Verbindung zwiichen
diejem und Sertorius zu ftande zu bringen. Später
erhielt er Berzeihung, da er jich gegen Mithri:
dates verräteriich zeigte. Cie. Verr. 1, 34. —
4) Numerins Mag., praefeetus fabrum des
Pompejus, geriet in Cäjars Gefangenichaft und
wurde von diefem wie von Bompejus als Friedens—
vermittler benußt, im Nahre 49 v. C. Caes. b. ce.
1, 24. Cie. ad Att. 9, 13. — 5) Mag. Eeler
Vellejanus, Bruder des Vellejus Paterculus,
befehligte im Jahre 9 mn. E. unter Tiberius in
Dalmatien und erlangte, als derjelbe die Negie:
rung antrat, Ausficht auf die Prätur. Vell. Pat.
2, 115. 124.
Magister, j. v. a. Meifter (verwandt mit ulyasg,
magnus, wagis), hieß Vorſteher, Aufjeher über:
haupt: 1. Bezeichnung von Staatsämtern: |
M. admissiönum, faijerlicher Ceremonienmeifter |
(j. Admissio).
M. aeris, ſ. v. a. rautionalis, Kaſſierer.
M. census, Borjteher der ftädtiichen Genjuales,
mit dem Steuer: und Schätzungsweſen beichäftigt.
M. equitum, der ftehende Gehülfe und Stell:
vertreter des Diktators (j. d.). Derjelbe hatte das
Kommando der Reiterei und war dem Dittator |
zum ftrengften Gehorjam verpflichtet, jo wie er,
auch von demjelben gewählt wurde. Mit dem
Diktator legte auch der magister equitum jein
Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
Magistratus. 721
Amt nieder. Übrigens war derjelbe von hohem
Rang, hatte die sella curulis, die praetexta und
6 Liktoren zur Begleitung. Als erjter plebejiicher
Magister equitum wird C. Licinius Calvus ge:
nannt, 368 v. C.
M. militum oder militiae, war jeit Eonftan-
tin dem Großen ein Titel der faiferlichen Generale
und Xegaten (conaulares und legati) mit der
höchften militäriichen Macht innerhalb des ihnen
übertragenen Bezirks. Conſtantin ernannte einen
mag. equitum und einen mag. peditum als Chefs
der ganzen Militärverwaltung. Im alle der
Kriegführung wurden den zum Chef ernannten
mag. beide Waffengattungen untergeordnet, wes—
halb derjelbe auch mag. utrinsque militiae oder
mag. armorum genannt wurde. Inter den ma-
gistri ftanden die duces (35, von denen die 10
höchjtgeftellten den Titel comit»s hatten). Im
abendländifchen Neich ftieg die Zahl der magistri
bis auf 3, im morgenländijchen bis auf 5, welche
teils bei dem Kaiſer, teils in den Provinzen ver:
weilten.
M. morum, identiich mit censor.
M. offleiörum, der Hofmarjchall oder Minifter
des faiferlihen Hauſes, von Eonjtantin eingeführt.
Er leitete die Audienzen und richtete über alle
Berjonen des Hofſtaats.
M. popüli, j. v. a. dictator (j. d.).
M. scriniörum, der Chef aller kaiſerlichen
Kanzleibureaus. Inter ihm ftanden die scrinia
memoriae, epistularum, libellorum und dispo-
sitionum, deren jedes einen Magijter an der
Spitze hatte.
Magister vestis lineae oder lintöae, Auf:
jeher der faiferlihen Wäſch-Garderobe.
Il. Name von Vorftehern und Beamten welt:
licher und geiftlicher Korporationen:
Mag. collegiorum, 3. B. der fabri tigvarii,
fullones u. a., Borfteher der Sobdalität.
Mag. munieipiorum, pagorum und vico-
rum, Stommunalbeanıte.
Mag. der priejterlichen Kollegien: augurum,
decemvirorum sacrorum, fratrum Arvalium,
Sıliorum, sacerdotum, welche den andern Mit:
gliedern vorgejegt waren.
Ill. Mag. aus dem Privatrecht und aus dem
gemeinen Leben:
M. auetiönis oder bonörum, der von den
Gläubigern eines injolventen Schuldners aus ihrer
Mitte gewählte Seichäftsführer, welcher das Ber:
mögen des Schuldners verfaufte, j. Bonorum
emtio.
M. oder rex convivii j. Arbiter bibendi.
M. navis, j. v. a. gubernator oder auch Schiffs:
fapitän. Hor. od. 3, 6, 31. Liv. 29, 35.
M. operum singulorum offleiorum, öfono-
mijche Arbeitsaufieher.
M. seriptürae oder societätis, Vorſteher einer
—
Steuerpachtgeſellſchaft, ſ. Publicani.
Magisträtus bezeichnet ſowohl die obrigfeitliche
Würde ald den Inhaber derjelben. A) In der
Republik. Die ordentlichen und regelmäßigen
Magiftrate waren die Konſuln, Genjoren, PBräto:
ren, Adilen, Onäftoren, VBollstribunen, im Gegen:
ja zu den außerordentlichen, welche nur unter
bejonderen Umftänden erwählt wurden, wie die—
tator, magister equitum, interrex, praefectns
urbi, decemviri legibus scribundis u. a. Die
46
122
Magiftrate waren curules oder non curules, je Kleidung, 11.
Magistratus municipales — Magnum promunturium.
Bejoldung befamen die mag.
nachdem ihnen die Ehre der sella curulis zuftand | nicht, aber außer Rom volljtändige Equipierung,
oder nicht; jene waren die Konfuln, Prätoren, | Geld, leider, Zelte, Schiffe ꝛc. — B) Unter den
enrulischen Adilen, Diktator, Mag. eq. Die höheren
(mag. maiores) waren alle patriciich, bis die
Blebejer auch Zutritt erhielten, der Name aber
blieb und umfaßte die Konfuln, Genforen, Prä—
toren, Diktator.
Diefe wurden mit Ausnahme | viele curatores (ſ. d.).
Kaifern dauerten die meiften alten mag. fort,
obwohl mit jehr bejchränfter Machtbefugnis. Dazu
famen viele neue Amter, wie praefectus urbi,
praef. praetorio, praef. annonae, praef, aerarii,
Durch Diocletian und
des Diktators in den Genturiatcomitien, die mag. | Conftantin wurde das Beamtenweſen gänzlid um:
minores aber, wie Adilen, Quäftoren, Volkstri- | gejtaltet, und ein jcharf gegliedertes, wohl diſei—
bunen, Viginti sex viri, III viri nocturni, die | pliniertes Beamtentum entftand, ſowohl im Sof:
verjchiedenen curatores u. j. w., in den Tribut: | und Staats-, als im Civil: und Militärdienit.
comitien gewählt. Die Rechte der mag. waren:
das Volk zu einer contio zu berufen, Edikte und
Defrete zu erlaffen, dem Senat Vorſchläge zu
machen (referre ad sen.), Multen aufzulegen,
Anfpicien anzuftellen. Die mag. maiores waren
außerdem befugt, das Kommando im Kriege zu
führen (durch eine lex curiata de imperio nad)
Antritt ihres Amtes dazu berechtigt) und Gericht
zu halten, den Senat zu berufen und Comitien
zu halten. Die höheren mag. hatten den niederen
zu befehlen. Beſchränkt war die Magiftratsgewalt
durch den Senat, durch die Interceifion der gleichen
und höheren Magiftrate, durch die Provolations—
befugnis der Bürger und durch die nach dem
Amtsjahr drohende Anklage, denn während des
Amtes konnten die höheren mag. nicht belangt
werden. Die Konjuln leifteten beim Antritt ihres
Amtes einen Eid, die Gejege beobachten zu wollen,
und bei der — ——— desſelben, nichts gegen
die Geſetze gethan zu haben. — Um ein Amt zu
erhalten, war notwendig: 1) perſönliche Meldung
vor den Comitien, 2) das geſetzliche Alter. Dieſes
beruhte auf Serlommen, bis die lex Villia
annalis, 80 v. E., und jpäter die lex Cornelia
des Sulla (de magistratibus) genauere Beſtim—
mungen trafen. Eine andere lex annalis Pinaria
(Cie, de or. 2, 65) ift der Zeit und dem Anhalt
nad unbefannt. Zu Cicero Zeit mußten die
Konſuln, 43 Jahre, die Prätoren 40, die curu—
liichen Adilen 37, die Quäftoren 30 Jahre haben.
Doc; wurden einzelne Kandidaten zumeilen von
dem Bolte und dem Senat, jpäter von den Kaiſern
von der Beitimmung der lex annalis dispenſiert,
3. B. Scipio Amilianus (Liv. ep. 50), En. Pom—
pejus, Octavianus. 3) Malelloſe Beichaffenheit
des Körpers. 4) Die Amter mußten in einer ge—
wiſſen Reihenfolge bekleidet werden: Quäſtur (AÄdi—
lität), Prätur, Konſulat. Dieſe herkömmliche Folge
machte Sulla zum Geſetz. 5) Zwiſchen den ein—
zelnen Magiſtraturen war auch ein Zwiſchenraum
der Zeit vorgeſchrieben. Ebenſo beſtimmte ein
Plebiſeit von 412 v. E., daß man dasſelbe Amt
erſt nach 10 Jahren zum zweitenmal übernehmen
dürfe; doc alles mit Ausnahmen; in Verlegen—
heiten des Staates dispenfierten Senat und Bolt,
ipäter erfterer jichon allein. Die ordentlichen Ma:
giftrate begannen jeit 153 v. E. ihr Amt am
1. Januar, und das Amt dauerte Ein Jahr, außer
wenn ſich die Ernennung von suflecti oder nad):
gewählten nötig machte. Die Volkstribunen traten
ihr Amt ſtets am 10. Dezember an. Über den
Amtseid ſ. Eid, II, 3. Eine Abſetzung vor Ab:
lauf des Jahres war früher unerhört, bis Ti.
Gracchus jeinen Kollegen Octavius abjegen lieh,
und dann geichah es mehrmals. UÜber die Inſig—
nien j. Fasces, Lictor, Sella curulis und
Zugleich gab es eine Menge Titularbeamten, |. g.
honorarii. Die Gewalt war bejchränfter, als die
der früheren mag., aber deſto glängender die
Ehrenauszeihhnungen. Die zahlreiche Dienerichaft
hatte einen militärischen Charakter und hie ofh-
ciales. Die früheren Naturallieferungen (annona)
für diejelben waren jetzt meijtens in Geld ver:
wandelt. Bol. Mommſen, römijches Staatsrecht,
Bd. 1 und 2.
Magisträtus munieipäles, die ſtädtiſchen Be-
amten in und außer Italien. Bor alters hießen
die höchſten Magiftrate der Städte: dietator ſ. d.)
und praetor; jpäter Ilviri (j. Duumviri) und
lVviri iuri dicundo. In manden Städten ver:
fahen die Aediles zugleidy die Stelle des höchiten
Mag. (j. Aediles). Ein anderer Name für den
höchſten Beamten ift praefectus, praef. muni-
cipı oder praef. iuri dicundo, Selten ift der
Titel magister. Außer diejen fommen nod als
ftädtiiche Obrigleiten vor: Quinquennales, Quae-
stores, Defensores, viele Curatores u. j. w. Ihre
UAmtsbefugniffe wurden im Verlaufe der Zeit immer
bejchränkter. Das Ant dauerte 1 Jahr, die In—
fignien waren den römischen ähnlich, und an dem
Dienerperjonal der lictores, apparitores u. j. w.
fehlte es auch nicht.
Magna mater j. Khea Kybele.
Magnesia, Meyrnod«, 1) die öſtliche Halbinjel
und Landichaft Thefaliens (j. d.), von den älteren
griechiichen Geographen nicht zu diefem Lande ge:
rechnet. — 2) M. am Sipylos (M. meüs Lı-
zul), Stadt Lydiens am Nordweitabhange des
Sipylos und am Hermosfluffe, bejonders befannt
dur den Sieg, welchen 2. Scipio im Spätherbit
190 v. E. hier über Antiochos III. von Syrien
erfocht (Liv. 36, 43. 37, 10f. 37ff.). Unter Tiberius
wurde fie durch das große Erdbeben hart mitge—
nommen (Tac. ann. 2, 47); j. Manifja. Oſtuͤch
von der Stadt liegt der berühmte Niobefelien,
ſ. Niobe. Strab. 13, 621. — 3) WM. am Mai:
andros (M. ij &mi oder meög Maudvögo), eine
angeblich von theifaliichen Magneſiern und Kretern
in Karien gegründete, von den Kimmeriern um
650 dv. E. zerftörte und von den Milefiern wieder:
hergejtellte Stadt am Zujammenfluß des Lethaios
mit dem Maiandros, am Fuß des Thorar. Arta—
rerres ſchenkte fie nebit Yampjalos und Myns dem
ee, der ſich hier gewöhnlich aufbielt.
Thue. 1, 138. Nep. . 10. Beſonders be:
rühmt war fie durd ihren Tempel der Artemis
Leufophryne, deifen Ruinen ſich noch bei dem
heutigen Inekbazar finden. Hadt. 1, 161. Strab.
14, 636. 647 ff. Liv. 37, 45. Tac. ann. 3, 62,
Magnum promunturinm, Name mehrerer
Borgebirge, deren eines das heutige Cabo da Roca
in Bortungt, 5 Meilen jüdlih von der Mündung
Magnus portus
des Tago, iſt; ein anderes ufya dupwrrjgror lag
im cäjarienfiihen Mauretanien an der Mündung
des Fluſſes Siga, j. Kap Hone.
Magnus portus, 1) Hafen an der Küſte Gal-
fäciens in Hilpanien, j. Bufen von Corunna= |
Ferrol. — 2) britiiche Hafenbucht der Inſel Bectis
(Whigt) gegenüber, der j. Hafen von Portsmouth.
— 3) Hafenſtadt im cälarienfiihen Mauretanien,
j. Arzew, öftlih von dem heutigen Oran, deſſen
Hafen noch Mars el Kibir (großer Hafen) heißt. |
— Mahlzeiten. 123
‚Staaten ift die Berfchiedenheit im Tafellurus.
Während die Spartaner bei ihren Syſſitien nur
die Stillung des förperlichen Bedürfniſſes bezived:
ten, fand die finnliche, dabei feinerer geiftiger Bil:
‚ dung abgewandte Natur des Boioters den höchiten
Genuß in einer guten Mahlzeit, wogegen die
—* Ausbildung der Tafelluxus bei den ſieili—
chen Griechen erhielt. Die Zahl der täglichen
Hauptmahlzeiten belief ſich bei den Griechen auf 3,
1) das Frühſtück (Erpdrisue), bejtehend aus Brot,
in ungemijchten Wein (&xgarog) getaucht, 2) das
Mago, Mayor, Name berühmter Karthager. ü
Die bedeutendften Männer diejes Namens find: | @gıorov, weldes in der Regel wahrjcheinlich in
1) mit dem Beinamen der Große, legte den Grund | der Mittagsftunde eingenommen wurde, aus war-
zu der Macht feiner Vaterftadt um 550 bis 500 | men Speijen bejtehend, und endlich 3) die Haupt:
v. &. und iſt ebenjo jehr durch kriegeriſche Thaten |
berühmt, als durch ein in puniſcher Sprache über
den Aderbau geichriebenes Wert in 28 Büchern. |
Auf Befehl des römiſchen Senats joll es jpäter
ins Lateiniſche übertragen worden fein. Plin. 18,5.
Eolumella (1, 1, 12 ff.) jpendet ihm Weßtncchieneh
Lob, und Plinins jowie die Schriftiteller über
Aderbau haben uns Bruchitüde aus dem Werke
erhalten. Just. 19, 2. — 2) ein farthagijcher Feld—
herr, welcher im Kriege mit Timoleon fich wegen
bewiejener Feigheit jelbft den Tod gab, um nicht
gefreuzigt zu werden. Plut. Timol. 17. 22.
3) Ein anderer Mago befehligte, als die Römer
mit Pyrrhos im Kriege waren, eine farthagische
Flotte an der italiihen Küfte und bot dem rö-
mijchen Senate Unterftügung an, wurde aber mit
feinem Anerbieten zurüdgemwiejen. Just. 18, 2. —
4) jüngfter Bruder des Hannibal, dem er in Italien
ausgezeichnete Dienste leiftete, namentlich bei Cannä,
von wo Hannibal ihn mit der Nachricht vom
Siege nad) Karthago ſandte. Darauf jollte er
feinem Bruder Hülfstruppen zuführen, 215 v. E.,
mußte aber zur Unterftügung Haſdrubals mit
feinem Heere ſich nach Hiſpanien begeben (Liv.
21, 47. 22, 46. 23, 11. 32 ff. Pol. 3, 114), wo er
10 Jahre lang rühmlich fämpfte. Im Jahre 206
erhielt er Befehl, mit einem Heere nach Italien
zu gehen, landete dajelbjt im folgenden Jahre in
Ligurien und eroberte Genua. Die Nömer jandten
ihm 2 Heere entgegen. Er jeßte den Kampf in
Korditalien bis 197 fort, fehrte dann nad) Karthago
zurüd und fam 195 auf der Seereije von Afrika
u Antiohos entweder durch Schiffbruch oder durch
ord ums Leben. Bgl. Friedrich, Biographie des
Barliden Mago (1880). — Außerdem 5) ein M.,
weldyer als Geſandter an den Verhandlungen
zwijchen Hannibal und Philipp von Mafedonien |
ſich beteiligte. Liv. 23, 34. 6) Ein anderer
Mago verteidigte Neukarthago gegen Scipio (Liv.
26, 44 ff.); 7) noch ein anderer befehligte in Han—
nibals Heer eine Neiterabteilung und lodte auf
Anftiften des Yucaners Flavius den Profonful
Grachus im Jahre 212 v. E. in einen Hinterhalt.
Live. 25, 16.
Maharbal, ein Feldherr Hannibals, kämpfte
unter diefem in Italien mit Auszeichnung. Er
war es, welcher Hannibal gleich nadı dem Siege
bei Cannä den Rat gab, jofort gegen Rom vor:
zurüden, und joll, als diejer es ablehnte, Die
\prirwörtlich gewordenen Worte gejagt haben:
vincere scis, vicetoria uti nescis, Liv. 21, 12,
22, 6. 61. Flor. 2,6, 19,
Mahlzeiten 1 der Griechen.
für den uͤmerch
— — — — — — — — —
Charalteriſtiſch
ied der griechiſchen Stämme und |
mahlzeit, das deimvor oder döpror, der römischen
'coena entjprechend, die gegen Abend (die Stunde
läßt fih nicht genau bejtimmen) eingenommen
wurde. Diejelbe Anzahl der Mahlzeiten findet
ſich ſchon jeit den älteften Zeiten, wenngleich bei
Homer die Bezeichnung der Mahlzeiten (gıororv,
deirvor, Öödoror) nicht mit der jpäteren überein:
ftimmt und überhaupt wohl nicht jo genau zu
nehmen: ift.
war als Hauptmahlzeit (Öeixvror) der eigentliche
Mittelpunkt der Gelelligteit, mochte es nun ein
DOpfermahl jein (die öffentlichen Bolktsmahlzeiten
waren Ö«ireg, bei denen ein jeder feine Portion,
uegis, befam) oder wegen eines Familienfeſtes ver:
anjtaltet (Geburtstag, Abreife oder Rückkehr eines
Freundes u. ſ. w.), oder mochte e8 ein auf gemein-
ichaftliche Koften, in Geld: oder Naturalbeiträgen
(ovußokar), im Haufe eines der Teilnehmer oder
eines Sreigelafjenen veranftaltetes Gelage, ein dei-
zvov ano ovußora» (bei Homer Fgavog) jein;
oder mochte endlich ein einzelner auf eigene Koſten
andere bewirten. Die Einladungen gingen gewöhn—
lich von dem Wirte jelbit am Tage der Mahlzeit
aus, Auch ungeladene (ininror, ebröuero.) Säfte
waren willfommen, wie 3. B. Sofrates den Ariſto—
demos zum Gaftmahl des Agathon mitbringt, der
den ungeladenen Gaſt aufs freundlichjte bewill-
fommnet. Plat. symp. p. 174 E. Übrigens fam
es auch vor, daß dieje Gaftfreiheit gemifbraucht
wurde, namentlich von den j. g. PBarafiten (das
Wort fommt aucd) in anderer Bedeutung vor, dgl.
IIegacıras), die jid) förmlich ein Gewerbe dar:
aus machten, an wohlbejegten Tafeln, bejonders
junger Leute, zu erjcheinen, und die als Spaß—⸗
macher (yelororoıor), wie ſie die Gfäſte durch ihre
Späße ergetzten, jelbft auch zur Hielicheibe des
Witzes dienten, oder die fich als Schmeichler (xo-
Aanss) wie der Artotrogus in Plautus’ Mıles
gloriosus, oder endlich als Feoamevrino/, Durch
allerlei Gefälligfeiten, unentbehrlich zu machen
juchten. Die Sitte erforderte, wenn man, zum
Gaſtmahl ging, auf Kleidung und das Außere
Sorgfalt zu verwenden. — Man af zu Domers !
Zeit im Sigen, jpäter, mit Ausnahme der rauen
und Kinder, die aber in der Regel von den Mahl:
zeiten der Männer ausgejchloffen waren, im Liegen,
gewöhnlich 2 Perjonen auf einer «Arn, jo daß
man mit dem linfen Arm jich auf das im Rüden
liegende Kiſſen (moogxepalaıor) fügte und jo
den rechten Arm frei behielt. Gewöhnlich wies
der Wirt die Bläße an; der Ehrenplag jcheint neben
‚dem Wirte gewejen zu jein. Bor dem Eſſen nah:
men die Sklaven die Sohlen ab (vmoiveır) und
wuſchen die Fühe (drovigew), jodann wurde Waller
46*
Die Abendmahlzeit nun, das dögror, i
[57
=
o
tejler und Gabeln nicht ge-
brauchte (von Gourmands, Öpopdyor, wird er:
zählt, daß fie ihre Hände gegen Hitze abhärteten
oder gar Handſchuhe trugen, um die Speifen recht
hei genießen zu können); Löffel (uvorn, wo-
sroo», -og) hatte man, meift von Metall. Tijch:
tuch und Servietten hatte man nicht; die Hände
reinigte man fich während des Eſſens mit ge-
fneteten Brotfrumen (Lroueydalıcl, |. d.) Die
Bedienung geichah durch Sflaven, oft bradjten auch
die Gäfte ihre SHaven mit. Die Leitung und
Beauffichtigung des Ganzen hatte ein eigener
SHave, der roamekomorös. — Die Koft war in
älterer Zeit einfach; ſpäter ftieg der Tafelluxus
u einer größeren Höhe. Das Hauptgericht, be=
—— r die ärmere Klaſſe, war eine Art Brei
aus Gerjtengraupen (ud$e), ſodann Brot (&erog)
und verjchiedene Gemüfe, als Malve (ualdyn),
Salat (Holdat), Kohl (dayavog, nedußn), Boh—
nen (vdauor), Linjen (parae), Zwiebeln (xe
wa) u. |. w.; ſodann Fleiſchſpeiſen, Lämmer,
iegen, Schweine, endlich Fiſche, das eigentliche
Yov, mit denen viel Berjchwendung getrieben
wurde. Auch Wild fommt vor. Bereitet wurde
die tägliche Koft durch Sklavinnen unter Aufficht
der Hausfrau. Bei Gaftmählern wurde oft ein
Koch, achyttoos, angenommen; bejonders berühmt
waren die ficiliichen Köche. — Im der Regel hatten
je 2 Gäfte einen eigenen ie —— vor ſich.
Nach dem Eſſen wurden die Tiſche weggenommen
(aigeır, Araigeıw, kpaıgeiv, Baordfeıw tag rou-
netag), der Fußboden gereinigt, das Waſchwaſſer
nebjt dem ounjyue, einer Art Seife, oft auch
Salben und Kränze, gereicht und hierauf das
Tranfopfer (orovdai‘) aus ungemijchtem Wein mit
der Formel dyadod Öaluovog oder Öyızlag ge:
bracht. — Sodann wurde der Nachtiſch, devrepaı
rodretar, aufgetragen, beftehend aus Früchten,
Salz, Kies, wohl um zum Trinken zu reizen, in
jpäterer Zeit mannigfache Näjchereien (rgayruare),
namentlih auch Käſe, bejonders fictlifcher, und
Kuchen, wovon man während bes Trinfgelages
nad) Belieben al. — Mit dem Nachtiſch begann
nun das Trinfgelage (svunöcıor, vgl. Convi-
vium), gewürzt durch Scherz und Heiterkeit, Mufif
und Tanz, mie auch durch geiftreiche Geſpräche,
wovon namentlich das platoniiche Sympofion,
wenngleich jchon der tiefe Inhalt und die voll—
endete Form der Neden uns verbieten, dasſelbe
ei eine naturgetreue Schilderung und Beſchrei—
ung zu halten, den — Beweis gibt.
Der Hauptzweck des
Genuß des Weines. Zu den vorzüglichſten Wei—
nen des weinreichen Hellas gehörten unter andern
ympoſion war nur der
Mahlzeiten.
724
— zum Händewaſchen (000 xuark yeıpög
öödn), nebſt einem Handtuch (zeigöuexreor),
was nach der ag = wiederholt wurde (dmovi-
Yaodaı), da man
der thafische, leſbiſche, naxiſche und vorzüglich der
Ehierwein. Auch Mijchungen verichiedener Arten
fommen vor. Zuweilen wurde der Wein mit frem-
den Beftandteilen, 3. B. Gewürzen, Honig, ver—
jegt. Allgemein wurde der Wein mit Waller ge:
mischt getrunken, mit warmem oder eisfaltem, oft
mit Schnee gefühltem (mösıg dız yıörog). Den
Wein ungemiſcht (&xgeror) zu trinken, galt für
barbarifch, Schon die Miſchung zu gleichen Teilen,
isov iso, wurde für zu ſchwer gehalten. Übrigens
war dad Mifchungsverhältnis u... gleich;
am gewöhnlichiten waren 3 Teile Waffer auf 1 Teil
Wein, höchftens 3 Teile Wafler und 2 Teile Wein.
Die Miſchung geihah meift im Miſchgefäße (zoa-
ze), aus dem dann mit der olvoyön der Wein
in die Becher (dador) geichöpft wurde. — Die
Leitung des Gelages übernahm ein von der Ge—
jellichaft durch Wahl oder durchs Los beftimmter
Vorſteher (koywr rg möoemg, owumool«oyos,
En der das Mijchverhältnis beftimmmte, für
ie Unterhaltung jorgte und Strafen auflegte, die
—— darin beſtanden, daß ein Becher ohne
bſetzen (&rerevorl) getrunken werben mußte. Zu
den Unterhaltungen gehörten 3. B. ſcherzhafte
Fragen und Nätjel (eiriyuere, yoipoı), Spiele,
beſonders der jehr beliebte nörraßos, der, obgleich
e3 verjchiedene Arten gab, im weſentlichen darin
beftand, daß man aus feinem Becher (oder aud)
aus dem Munde) den Reſt des Weines, Adraf,
kardyn (daher Aaraysiv), in Meine Wagjchalen
(mAdorıyyeg), die an einem Wagebalfen (L£uyor)
über Heine Figuren von Erz (zuweilen über eine
Figur, Manes genannt) befeftigt waren, ſpritzen
mußte, jo daß die Schale ſich auf die eine Figur
ſenkte und durch den Gegenftoß auf die andere
Figur geworfen wurde, und jo abwechſelnd (xor-
raßos »aranrög); oder dab man den Wein in
fleine ſchwimmende Näpfchen oder Schalen j ripte
jo daß dieje durch die hineinfallende Sa eit
verjenft wurden („örraßog di’ dbvßdpmr). Bar.
Robert, Jahrb. des Faijerl. deutichen archäolon.
Inftituts II, 3 ©. 179 ff. Wer eine — Auf-
gabe nicht Löfte, mußte in der Regel zur Strafe
trinfen, und oft, wenn es auf ftarfes Trinfen
(miveıv os Plav) abgejehen war, ein nicht ge:
ringes Maß. Muc durch gegenfeitiges Zutrinken,
zur Rechten herum (mi defıd), wurden die Gäfte
zum Trinken genötigt. — Häufig wurde das Ber:
gnügen noch durch das Erjcheinen von Flötenjpiele:
rinnen (edinreideg) und mimiſche Darftellungen
erhöht. Bol. Becker-Göll, Charifles II ©. 335 ff.
Stoll, Bilder aus dem altgriechiichen Leben, ©. 48.
61. 458 ff. — II) der Römer. Hier müflen vor
allen Dingen die verjchiedenen en auseinander
gehalten werden, da die Gewohnheit von der ge:
nügjamften Einfachheit allmählich, befonders gegen
das Ende der Republif, wo durch die Kriege in
Griechenland und Aſien größere Uppigfeit auf:
efommen war, und von two an man auch bejondere
öche und Bäder hielt (j. Pistor und Coquus),
=
1
Maia —
zu der raffinierteften Berjchwendung de. In
ältefter Zeit erjcheint ala allgemeine Speife ein
Brei, puls, aus Dinkel, far, ador (vgl. Juv.
14, 170 ff.), und blieb es auch wohl in jpäterer
Zeit für den gemeinen Mann. Nebenher af man
auch grüne Gemüſe, olera, und Hüljenfrüchte,
legumma, aber wohl wenig Fleiſch. Für die
jpätere Zeit müfjen die verichiedenen Mahlzeiten
im Laufe eines Tages unterfchieden werden. Jen-
taculum war das am Morgen eingenommene erjte
Frühftüd, wofür wohl die Stunde nicht feititand,
jondern nach Bedürfnis oder Wahl verichieden
war; es war in der Negel Brot, mit Salz; oder
anderm gewürzt, dazu getrodnete Weintrauben,
Dliven, Käſe und dergl., oder auch Milch und
Eier. Das Prandium war das zweite Frühſtück
oder genau Mittagsmahl, das nur durch die Aus—
fidyt auf die jpätere coena bejchränft ward; in der
Regel wohl um die ſechſte Stunde, d. h. um
Mittag, und bald in warmen Speifen, bald in
falter Küche beftehend, wozu oft die Überrefte der
legten coena dienen mochten. ALS man ſchwelge—
riicher wurde, famen olera, Schaltiere, Fiſche,
Eier u. a. dazu. Getrunfen wurde dabei Mulfum,
ein und bejonders die belichte calda (j. d.).
brigens ſcheint der jeltenere Ausdruf merenda
dasjelbe zu bedeuten wie prandium. Die Haupt:
mahlzeit nach vollendeter Tagesarbeit war Die
Öcena, die lebte am Tage, zwiichen Mittag und
Sonnenuntergang, nad) der verichiedenen Jahres:
zeit alſo chieden, im Sommer etwa in der
neunten, im Winter in der rg Stunde, nad)
unferer Zeitbejtimmung zwiſchen 2 und 3 Uhr
nachmittags. Die früher veranftalteten oder bis
in die Nacht ausgedehnten hießen tempestivae,
Im Winter verihob man fie wohl etwas weiter,
um vorher alle Gejchäfte erledigen zu können. Sie
war von ziemlich langer Dauer, da man fie zu:
lei zur Erholung und mannigfaltigften Unter:
—— benutzte; ſelbſt bei frugaleren Leuten ging
ſie oft über 3 Stunden hinaus. Sie beſtand immer
aus 3 Teilen: gustus oder gustatio, auch pro-
mulsis genannt, fercula, in verjchiedenen Gängen
beftehend, und Nachtiſch, mensae secundae oder
tertiae. Das Vorefien, gustus, jollte den Appetit
reizen und die Verdauung fördern, weshalb be:
jonders lactuca genoffen ward, Schaltiere, leicht
verdauliche Fiſche mit pifanten Saucen, zuerſt ge:
mwöhnlich Eier, daher die jprihwörtlich gewordene
Nedensart ab ovo usque ad mala (Üic. ad fam.
9,20. Schol. zu Hor. sat. 1, 3, 6). Hierzu tranf
man mulsum, eine Art Met, aus Moft oder Wein
und Honig bereitet, woher auch das ganze Bor:
efjen promulsis hieß. Die Gänge der eigentlichen
Coena wurden al® prima, altera, tertia coena
unterjchieden, früher meift nur 2. Der nie feh—
lende Nachtisch beitand in Backwerk (bellaria),
frijchem und getrodnetem Obſte und künſtlich be
reiteten Schaugerichten (epideipnides). Urſprüng—
lich jaß man, Mpäter lag man bei Tiſche (j. Trı-
elinium). — Küchenzettel findet man unter
andern bei Mart. 5, 78 ff. 10, 48 ff. Maerob. sat.
2, 9. l. Becker-Göll, Gallus III ©. 311 ff.
Marquardt, Privatleben der Römer 1, 7. Abſchn.
Maia, Mei« oder Maıds, Maja, Tochter des
Atlas und der Pleione, ältefte der Pleiaden, Mutter
des Hermes (j. d.), im Sternbilde der Bleiaden.
Cie. Arat. 270. Verg. G. 1, 225. — Mit diejer
Maiestas. 125
griechischen Göttin ward eine altitaliſche Frühlings:
öttin Maja oder Majefta (ein Deus Maius zu
Tufeutum) identifiziert, deren Verehrung mit dem
Monat Mai — Am 1. Mai opferte
ihr der flamen Vulcanalis ein trächtiges Schwein,
Sie wurde für die Gemahlin des Vulcanus erflärt
und ward außer mit der obengenannten Maia mit
der Tellus, Bona Dea, Fauna, Ops identifiziert..
Maiandrios, Maidvögıog, 1) Geheimſchreiber
des Bolykrates von Samos. Nady Ermordung des
Bol. (524/39. E.) bemädhtigte er fich der Tyrannis
von Samos, unterlag aber nach wenigen Jahren
(516) dem mit perjischer Unterftügung zurückkehren—
den Bruder des Polyfrates, dem Sylojon, und
floh Hülfe ſuchend nad) Sparta; König Kleomenes 1.
jedoch ließ ihn, da feine Anweſenheit nur Ber:
legenheit bringen konnte, aus dem Peloponnes aus:
weijen. Zldt. 3, 142 ff. — 2) ein Hiftorifer, wahr:
icheinlich aus Milet; jonft nicht näher bekannt.
Bol. Müller, fragm. hist. Graee, Il p. 334 ff.
Maiandros, Meadavögos, Maeander, j. Men—
derez, bekannter Fluß Kleinaſiens, entipringt ober-
halb Kelainai in Bhrygien aus einem See, welchem
auch der Marſyas entjtrömt, der ſich dann bei
Apameia mit dem M. vereinigt. Xen. An. 1,2, 7.
Strab. 12, 577 ff. In bear ug gewundenem,
ſprichwörtlich gewordenem (Cic. Pis. 22. Ob. met.
8, 162) Laufe römt er weſtwärts und tritt, nach—
dem er unterhalb Laodifeia den Lykos aufgenom:
men hat, in Karien ein, welches er, an der Süd—
jeite des Mejogisgebirges Hinfließend, durchitrömt,
von links ber u den Harpajos (Mktichai) und
ben kariſchen Marſyas (Tichinatichai) vergrößert.
wiichen Myis und Priene mündet er in das
arijche Meer. Er war nicht breit, aber jehr tief
und jchlammreich (deshalb hat fich die Küfte jetzt
jehr verändert) und verurjachte oft Überſchwem—
mungen. Hom. Il. 2, 869. Xen. An. 1, 2, 7f.
Hdt. 7,26. 30. Thuc. 3, 19. Strab. 12, 577}.
Liv. 38, 13.
Maiestas ift ein Attribut derjenigen Perſonen
und Gegenftände, denen die höchite Würde und
Hoheit zulommt, 3. B. der Gottheit, des Volles,
des Staates und des Kaiſers. Cic. de or. 2, 39.
Wer die Majeftät des römischen Volles beein:
trächtigte, beging ein Verbrechen, crimen mi-
nutae maiestatis, Schon unter den Königen
hieß ſolcher Hochverrat perduellio, die Strafe
war Kreuzigung (Liv. 1, 26). Der Freiftaat nahın
dieſes Hochverratsgejeß hinüber; früher ichüßte
es den König, nun den Staat und feine republi-
fanijche —— Daher war derjenige der per-
duellio ſchuldig, der ſich micht den Gelepen fügte
und nach Alleinherrichaft jtrebte. Allmählich wurde
weiter und ftrenger definiert, zunächft nahm das
crimen minutae maiestatis, das fich etwn jeit
150 v. C. ausbildete, die minder wichtigen Fälle
der perduellio in fi auf, in dem letzten Jahr:
——— der Republik verdrängte es jedoch durch
ets erweiterte Ausdehnung dieſelbe ganz; als
Strafe trat Verbannung ein. Das erſte Geſetz
de maiestate imminuta war die lex Apuleia,
100 v. E., gegen —— der Tribunen und gegen
Aufruhr gerichtet (die lex Mamilia 109 v. C.
gegen Jugurthas Freunde nannte das Verbrechen
wenigſtens nicht mai. immin.). Es folgte die lex
Varia, 91 v. C., gegen die, quorum dolo malo
socii ad arma ire coacti essent. Viel wichtiger
126
war die lex Cornelia, etwa 80 vd. E., welche
Erregung eines Aufftandes, Störung eines Magi:
ftrat3 in feinem Amte und die Handlungswerje
des Magiftrats, welcher feine Amtsbefugnis über:
trat oder die römiſche Hoheit bloßitellte, mit
aquae et ignis interdietio bedrohte. In der jehr
umfaffenden lex Julia 46 vd. E. wurden alle
Perduellionshandlungen, welche noch nicht als mai.
immin. galten, in das crim mai, hinübergenom—
men. Sie betrafen A) Proditio, wirkliche Ber:
räterei oder Verrat aus Feigheit oder Schwäche,
Deiertion; B) ftaatsgefährlihe Handlungen (Bil:
dung bon verbrecheriichen Klubs, Komplotte und
Verjchwörungen, Aufruhr und Aufftand); C) Ge:
fährdung der Staatähoheit durch Magiftrate. Tac.
ann. 1, 72. Die lex Julia blieb unter den Kaiſern
die Grundlage der ia diejes Verbrechens.
Doc erweiterte man den Kreis der als mai.
immin. zu beftrafenden Vergehen dahin, daß An:
griffe auf des Kaiſers Perſon (Nachftellungen, In—
jurien und Refpeftwidrigfeiten überhaupt), Mein:
eid bei des Kaifers Namen, Anmaßung faiferlicher
Ehren, Prägen von Goldmünzen u. ſ. w. unter
diejen Begriff zufammengefaßt wurden. Es war
natürlich, daß unter Tiberius, dem nicht, wie bei
Augustus, die Liebe der Unterthanen zu ber er-
lauchten Familie zur Geite ftand, der Kreis ber
Majeftätsverbrechen noch weiter gezogen wurde;
früher wurden nur hodhverräteriiche Thaten be:
jtraft, jebt verfiel man auch den Majeftätsgejegen
durch unlichiame Worte gegen den PBrinceps und
defien Familienglieder; Befragung der Wahriager
und Ehaldäer über das Schidjal des Kaiſers war
verdächtig, überhaupt was fih nur als rejpeft-
widrig gegen den Fürſten deuten lieh, verfiel der
Klage des Hocverrats; über das einzelne j. Suet.
Tib. 58. Dio Cass. 57, 24 und Zac. mehrfach.
Freilich ſuchte Tiberius” fonjequent die Berurtei-
lung zu bintertreiben, aber das Geſetz jelber wollte
er nicht mifjen (Tuc. ann. 1, 72: exercendas esse
leges), auch nicht die Wächter des Gleiches. Jeder,
welches Standes, Geſchlechtes und Alters er war,
durfte klagen und fi) den Lohn der Pelatores
(f. d.) verdienen. Tiberius, darf man jagen, han-
deite dabei nicht etwa, wie behauptet wird, aus
Graufamkeit und Blutdurft, jondern vielmehr, er
glaubte diejes Schutzes gegen die ihn zum Teil
haſſenden ariftofratiichen Familien zu bedürfen,
aber jein Fehler war die Eelbftüberihägung und
das faljche und eitle Vertrauen auf bloße menſch—
liche Willensfraft. Er unterlag allmählidy feiner
Leidenschaft, bald auc dem Spielen mit den ent:
feffelten Gewalten der Delatoren. Mochte er fie
wiederholt beftrafen; da er weiter jpielte mit der
Gefahr, ging er darüber unter, und schließlich
waren Die
—— — — — — — ——— — — — — —— —— — —— — — —— —
ajeſtätsanklagen faſt alleinige Be: |
ihäftigungen des Senats, indem fie zur Ergän- |
jung jeder andern Klage, die nicht durch fich zum | unter Deufalion in Phthiotis wohnte und, von
Intergange des Beklagten führen fonnte,
Mainades — Makedonia.
der jpäteren Kaifer änderten bei andern Zeiten an
dem jchweren Drude der Majeftätsgejeße, andere,
je nad) ihrem Naturell, arteten mehr oder weniger
in bloße Willkür und Laune, auch Grauſamkeit
aus. Vgl. Rein, riminalrecht der Römer ©. 494 fi.
Mainädes j. Dionysos, b.
Mainälos, 1) rö Maivalor ögog, ein zwiſchen
Megalopolis und Tegea ſich hinziehendes Gebirge
Arfadiens, der Lieblingsanfenthalt des Pan; j.
Apanofhrega. Or. fast. 4, 650. Auch von einer
Stadt Mainalon fanden ſich in ſpäterer Zeit noch
Spuren, und ein Teil der Gegend, welche der
Heliſſon durchſtrömt, hieß das Mainaliſche *
filde. Strab. 8, 388. Theoer. 1, 124. Verg. E.8,2
10, 55. — 2) j. Lykaon.
Maion j. Tydeus.
Maiötis j. —— Palus.
Maira, Meige, 1) j. Ikarios. —
bes Proitos, Gefährtin der Artemis, von dieſer
etötet, weil fie mit Zeus den Yolros (der mit
Imphion und Zethos Theben gründete) erzeugte.
Hom. Od. 11, 326. — 3) Tochter des Atlas, Ge:
mahlin des Tegeates, Sohnes des Lykaon, deren
Grabmal zu Tegea und Mantineia war. — 4) Ne:
reide. Hom. Il. 18, 48.
Mazxeı, Macae, 1) Bolt im jüdöftlichen Arabien,
vom Vorgebirge Didyma (j. Ras-el-Hadd) bis zu
dem nach ihnen benannten Borgebirge Makita (j.
Nas Mejandum) am Eingange des Perfishen Meer:
bujens. Strab. 16, 765. Mela 3, 8. — 2) libyiche
Bölferjchaft zwischen der großen und Heinen Syrte,
öftlich von den Gindanen am Fluſſe Kinyps. Hat.
4, 175. Diod. Sie. 3, 49.
Makar, Makäreus, Madxag, -züs, 1) Sohn
des Helios und der Rhodos, der nach der Ermor:
dung jeines Bruders Tenages von Rhodos nach
Leſbos flüchtete (Hom. Il, 24, 544), Vater der
ja. Or. met. 6, 124. Diod. Sie. 5, 56 fi.
2) Sohn des Aiolos, Bruder der Kanale; wegen
ihrer verbrecheriichen Liebe zu einander töteten ſich
beide, oder Kanale ward von ihrem Vater getötet.
Platt. legg. 8 p. 838. Or. Ib. 564. her. 11.
3) Gefährte des Odyſſeus. Or. met. 14, 159.
4) ein Yapithe auf der Hochzeit des Peirithoos
(daf. 12, 452)
Makarja, Maxagia, eine ältere Benennung
mancher nad) ihrer Fruchtbarkeit benannter Inſeln,
z. DB. Leſbos, Kypros, Rhodos; auf Kypros wird
auch eine Stadt gl. N. genannt. In Mefjenien
hieß das Gefilde am Pamiſosfluſſe das Makariſche
(Strab. 8, 361), und den Namen Mafaria führte
auch eine Quelle im Gebiete von Marathon, zu
Ehren der Heraklestochter Malaria, j. Hera-
kles, 15. und Marathon. Paus. 1, 32, 6.
Strab. 8, 377.
Maxdgwv v00ı |. Fortunatae insulae.
Maxedvor, To, ein doriicher Bolksftamm, der
2) Tochter
dienten | den Kadmeiern verjagt, fi) am Pindos niederlich.
(addito muiertatis crimine, quod tum omnium | Hat. 1, 56. 8, 48.
accusationum complementum erat, Tac. ann.
3,38). Als Strafe des Majeftätsverbrechens trat |
ſchon unter Tiberius ftatt der Verbannung bis:
weilen das Tobdesurteil ein (Tac. ann. 6, 18),
|
Makedonia, Muxsdorie, Macedonia, ein erit
jeit Herodot (5, 22 u. Ö.) vorfommender Name des
nördlich von Theffalien gelegenen Landes, hatte
zu verjchiedenen Zeiten eine verjchiedene Ausdeh:
Konfiffation des Vermögens war ſtets mit der, nung. Vor den Zeiten König Philipps II. reichte das
Verurteilung verbunden.
wurden jelbjt die Kinder der Hochverräter getötet,
3. B. die des Sejanus (Tac. ann, 5, 9).
Dance 1
|
In ſchwereren Fällen fo benannte Land füdlic bis an den Olympos,
im D. bis zum Fluſſe Steymon, der die Grenze
gegen Thrakien bildete (T’huc. 2, 99); gegen Paio—
Makedonia, 127
nien im N. und Jllyrien im W. waren die Gren- | und mündet in den Thermaiichen Bujen, vbenjo
gen unbeftimmt. Unter Philipp Fam um die Mitte | der Yudias oder Rhoidias, j. Moglenititos, tür:
es 4. Jahrh. v. E. im „gang Paionien Hinzu, | filch Karasmalz Axios, j. Bardar, mit dem
und nun bildeten die Gebirge Skardos und Orbe- Nebenflug Erigon, j. Ticherna, der Hauptjtrom
los die Grenze gegen Möfien (die an der Grenze des Landes, entipringt auf dem Starbos in Dar:
wohnenden Agrianer und Dardaner waren ziem: | dania und ergieht ch in füdöftlicher Richtung
lich unabhängig); im D. wurde die Grenze bis | fließend weitlih von Theſſalonile in den Ther:
zum Neſtosfluſſe ausgedehnt, im S. fam die Halb: | maifchen Meerbujen; der Echedoros, j. Gallikos,
injel Chalkidike Hinzu, im W. ein Teil von Jlly: | mündet öftlih vom Axios; der Strymon, j.
rien; der Flächeninhalt betrug in diejer Ausdeh: | Struma, entipringt auf dem Stomios in Thra—
nung 1200 ) M. Das Land bildete eine von | fien, durchfliegt den See Praſias und mündet in
3 Seiten von hohen Gebirgen umgebene, von den Strymoniſchen Bujen; endlich der Neitos,
mehreren Hügelfetten — * fruchtbare Ebene, j. Meſta, der öſtliche Grenzfluß Makedoniens in
die Berge waren reich an Mineralien, ſelbſt an deſſen weiterer Ausdehnung, kommt vom Rho—
Gold, Silber und Edelſteinen (beſ. der Pangaios, dopegebirge und fließt Thaſos gegenüber ins Thra—
Hadt. 7, 112), beherbergten aber auch — kiſche Meer. Bon Seen iſt außer der Praſias
Tiere, ſelbſt Löwen (Hdt. 7, 125), die der treff- oder Kerkinitis, j. Butkovo, weſtlich davon die
lichen Viehzucht oft Schaden thaten. Bon Ge- Bolbe zu merken, j. Beſchil; in Eordaia die
birgen lagen der Sfardos oder Stordos (j. Begorritis, j. Oſtrovo. — Die Maledonier
Tſchardagh) in NW. gegen Möfien und Jllyrien, |(Maxedövreg, Macedones) waren jehr gemijcht,
der Stomios (j. CurbescasPlanina) im NO. gegen | barbarische, thrafiiche Paionen, Bryger, PBierier,
Thrakien. Bon diejen Grenzgebirgen ftreichen in |; Bottiaier, Edonen, Mäder), illyrijhe Stänme, zu
das Land hinein der Barnüs (j. Perifteri), in | denen jedoch ——— in den ſüdlicheren, ebenen
der Nähe der Weſtgrenze zwiſchen dem See Lych- Strichen und an der Küſte ſich Hellenen geſellten.
nitis und dem Erigonfluſſe, in ſüdlicher Richtung Thae. 3, 94. Pol. 17, 5. Als nach der Schlacht
der Bermios (j. Dora) zwiſchen den Flüſſen bei Pydna 168 v. E. die Römer Herren des Lanz
Ludias und Halialmon gegen den Olympos hin. | des wurden, teilten fie das Land in 4 Diitrifte,
Zwiſchen den Flüffen Arios und Strymon liegt | regiones, ohne commercium und conubium (Liv.
der Kerkine (j. Beleſch?) und deſſen füdöftliche | 45, 18): 1) das Land zwiſchen Strymon und Neftos
Fortjegung Dyſoros mit Goldminen; noch weiter | nebft Bifaltia und Sintica weſtlich vom Strymon,
jüdlich auf der Landipige Alte der 1935 m Hohe | mit der Hauptſtadt Amphipolis; 2) das übrige
Athos (noch j. Athos oder Hagion DOros, Monte | Land zwiichen Strymon und Axios nebſt der Halb:
Santo). Zwiſchen Strymon und Nejtos zieht fich | injel Chalkidife, mit der Hauptſtadt Theſſalonike;
der Orbelos bin (j. Berim), und weiter der | 3) das Land zwiſchen Arios und Peneios, Haupt:
1872 m hohe Pangaios (j. Pirnari) mit reichen | ftadt Pella; 4) das weftliche Gebirgsland, Haupte
Gold: und Silbergruben, öftlih vom See Prafias | ftadt Pelagonia. Seit der Einverleibung in das
eig men und dem Strymonijchen Meer: | römijche Neich, 146, wurde M. mit Syrien und
uſen; an der Südgrenze endli der Olympos. | Thejjalien zu einer Provinz vereinigt. — Die
— Mafedonien war, wie jeine ganze Geſtalt er: | einzelnen Landichaften Makedoniens waren fol:
warten läßt, auch reich an Borgebirgen; Ddieje | gende: Baionia, die nordweitliche Yandichaft von
find in der Richtung von Welten nah Dften: | der illyriichen Grenze bis zum Strymon, am oberen
Aineion, j. Karaburun, die Weftipige der Halb: | Agios, deren öftlicher Teil Aftraia, der weitliche
injel Chalkidike, Gigönis, j. Apanomi, auch an | Belagonia hieß, mit der jegt verichtwundenen Haupt:
der Weſtſeite der Ibinjel, Bojeidonion, j. ſtadt Stoboi am Erigon; Lynkeſtis, jüdlich von
Poſidi, an der Weſtſeite der Halbinjel Pallene, ir ge mit der Hauptſtadt Herafleia, j.
deren Südoſtſpitze ea j. Baliuri, hieß; | Bitolia oder Monaftir; die frühere Hauptftabt war
Derrhis, j. Drepanon, die Südojtipige der Halb: | Lynkos; jüdöftlich von der vorigen Eordaia; ſüd—
injel Sithonia, ebendajelbit Ampelos, j. ebenfo, | weftlih an den Quellen des Haliafmon bis nad)
und Nymphaion, die Südjpite der Alte und des | Epeiros hin Oreftis mit der Stadt Keletron,
Berges Athos (j. Kap H. Georgios). Bon diejen | j. Kaftoria, jüdlich daran ſtoßend Elimaia. Eli:
Halbinjeln und Borgebirgen werden folgende Meer: | maia, Lynfeftis und Oreftis behielten bis zu Ale—
buſen eingejchloffen: der tiefeinjchneidende in ganders Zeit ihre Stammfürften, die jedod) jeit
maijche oder Makedoniſche Meerbujen, weitlich | dem peloponneſiſchen —* die makedoniſche Ober:
von Pallene und Chalfidife bis Thefialonife — hoheit anerkannten. Oſtlich von Lynkeſtis (ag das
auf, j. Golf von Galonifi; der Toronaijche| vom Ludias durchitrömte Emathia, der Urjik
Meerbujen zwiichen Ballene und Sithonia oder | des maledoniſchen Königtums, mit den Städten
den Borgebirgen Kanaftraion und Derrhis, j. Golf | Beroia und Aigaiai oder Aigai; füdlicd davon
von Kaflandra; der Singitiſche Meerbujen zwi: | Bottiaia mit der Stadt Bella, jpäterer Reſidenz
ihen Sithonia und Alte oder den Borgebirgen | der Könige und Geburtsort Philipps IT. und Ale—
Derrhis und Nymphaion, j. Golf von Hagion |randers (Ruinen bei Janiga); Pieria, der Sik
Oros; der Strymonijche Meerbufen zwiſchen der des thratiichen Mufen: und Balchosdienftes am
Oftküfte von Chalfidife und der Inſel Thajos, in | Olympos längs der Weftküfte des Thermaifchen
welchen jich der Strymon ergießt, j. Golf von | Bufens, mit den Städten Methone, j. Elevthero-
Eontefja. — Die Flüſſe jind von Weiten nach |; Khori, Pydna, j. Kitros, Dion (j. Malathria);
Dften folgende: die Küſtenflüſſe Apilas (j. Plata | die Halbinjel Chalkidike, jenjeit des Agios, mit
mina) bei Herafleion und Enipeus (j. Fluß von | den 3 Ausläufern Ballene, Sithonia, Alte,
Litoforo) bei Dion; Halialmon, j. Viſtrißza, unter deren Städten bejonders Olynthos und
entjpringt auf dem illyrijchen Grenzgebirge Tymphe | Potidaia wichtig find. Nordweſtlich von Chalki—
128
dife lag die Landichaft Mygdonia mit Therme,
jpäter Thefialonife, j. Saloniti; öſtlich Bi:
jaltia mit den Städten Argilos und Bromi:
ſtos, erjt nach 479 dem Weiche einverleibt; Die
Landſchaft Kreftonia enthielt bloß die Stadt
Krefton am Fluß Echedoros; öſtlich von ihr und
nördlidy von Bijaltia lag Sintite bis zum Stry:
mon; öftlid von en A Edönis mit den
Städten Amphipolis (f. d.) und dem durch feine
Schlachten berühmten Philippoi, früher re:
nides; nördlih Odomantife Die Yandichaften
Dentheletife, nordöftlid don der vorigen, und
Makella — Maler und Malerei.
aber fpäter auf Sardinien eine Niederlage und
wurde deshalb verbannt. Nachmals belagerte er,
als jeine Bitten um Erlaubnis zur Nüdfehr un
erhört blieben, jeine Baterftadt und ließ nach der
Einnahme derjelben 10 ihm feindlich gefinnte
Senatoren hinrichten. Nicht lange darnach jedoch
twurde cr, da er nach der Alleinherrichaft trachtete,
mit dem Tode beftraft. Just. 18, 7. — 2) ein
König der Nabatäer in Nrabien und Bundes:
genofje Cäfars im alerandrinifchen Kriege. Plut.
Ant. 61. — 3) aus Philadelpheia in Syrien,
ſchrieb Butarrıand, eine Geſchichte in 7 Büchern,
Maidike, weitlich neben diefer, mit der Haupt: | die Ereignifie von 470--480 n. E. enthaltend.
ftadt Jamphorunna (j. Ivorina), wurden jpäter
wieder zu Thrafien geichlagen. Vgl. Strab.7, 329 ff.
Mela 2, 3,1. Flathe, Geſchichte Macedoniens
(2 Bbd., 1832— 34). O. Abel, Mafedonien vor
König Philipp (1847).
Makella, Manxelia, eine jüdlich von Egeſta
auf Sicilien gelegene fefte Stadt. Liv. 26, 21.
Pol. 1, 24.
Makestos,
Rhyndakos in Myſien, entjpringt auf dem Tem:
nosgebirge bei Synaos und ergießt fich nach nord:
öftlihem Laufe in den Hauptftrom bei Miletopolis;
j. Sufurlu-tichai. Strab. 12, 576.
Makistos, Mdxısrog oder -ov, 1) eine von
den Kaulonen gegründete Stadt im triphuliichen
Eis, jüdweitlih vom Berge Kotylos, aber zu
Strabons Zeiten ſchon verddet. Hat. 4, 148. Xen.
Hell. 3, 2, 30. Strab. 8, 349. WBielleicht war fie
nicht verichieden von der Stadt Samos, jondern
nur der auf die Burg und die Bewohner des von
ihr beherrichten Gebietes übertragene Name des
ganzen jebt Naipha genannten Bergzuges. —
2) Maxiorov oxoral, die Warte des M. (Aesch.
Agam. 289), ift wahrjcheinlich eine Höhe im nord:
weftlihen Euboia, vielleicht der heutige, 1209 m
hohe Kurublia. Nah PBlinius (5, 31, 39) hieß
ein Berg auf Leſbos fo.
Mexgoxtypas.oı, Macrocephäli, und Maxgw-
veg. Macrönes, eine mächtige Völferichaft an der
füdlichen Küfte des Bontos Eureinos im NO. von
Pontos, Nachbarn der KRoldyer und Moſynöken.
Strabon (12, 548) Hält fie für die jpäteren San:
noi, die jonjt neben ihnen genannt werben. Sie
waren roh, aber tapfer und fämpften mit Hölzer:
nen Sturmhauben, geflochtenen Scyilden und kurzen
Lanzen mit langen Spiten. Hdt. 7, 78. Xen. An.
4,8, 3. 5, 5, 18. 7, 8, 26.
Maktorion, Maxragıor, eine oberhalb Gelas
gelegene Stadt im füdlichen Teile Siciliens, wohin
ein Zeil der Bewohner von Bela bei Gelegenheit
eined Aufruhrs flüchtete (Hdt. 7, 155); wahr:
fcheinlich j. Mazzarino.
Makynia, Maxvrie, eine am Fuß des Berges
Taphiafjos im jüdlichen Nitolien nach der Rück—
fehr der Herafliden gebaute Stadt in weinreicher
Gegend, von manden zu Lokris gerechnet. Strab.
10, 461. 460. Plinius (4, 2, 6) nennt auch einen
Berg Macynium, der vielleicht mit dem Ta—
phiaſſos identiſch ift.
Maläka. Meicae, bedentende Handelsſtadt an
der Südküſte von Hiſpania Bätica, j. Malaga.
Strab. 3, 156.
Malchus, Mcdiyos, d. h. König, Herr, hebräiſch
>=, 1) ein farthagiicher Feldherr um 600-550
v. E., kämpfte glüdlich gegen die Libyer, erlitt
Miaxsorog, linter Nebenfluß des |
Photios gibt einen Auszug daraus. Sammlung
der Dee bei Müller, frag. hist. Graee, IV
P. 111.
Malea, Malta, 1) Borgebirge an der Südipige
von Leſbos, j. Kap Zeitün. Xen. Hell. 1, 6, 27.
Thuc. 3, 4. 6. — 2) Maikaı oder Malfa, die
Südoſtſpitze des Peloponnes, welche den Lakoniſchen
Bujen an der Dftjeite jchlieft, j. Malen oder Kap
St. Angelo. Malea, fteil zum Meere abjtürzend,
war wegen der ſich hier begegnenden Winde jchwer
zu umjchiffen (daher das Sprichwort: Maidug Ö:
»dumpas ZmildHov rar oixade) und auch wegen
der Seeräuber gefürchtet. Thuc. 4, 54. Very. A.
5, 193. Liv. 34, 32. Hdt. 1, 82. Cie. ad fam.
4, 12, 1. Strab. 2, 108. 8, 335. 378.
Maler und Malerei. Die Kunft der Malerci
blieb bei den SHellenen, bei denen fie in einem
nahen Berwandtichaftsverhältnifie zur Skulptur
ftand und mit diejer die Auffafjung einer idealen
Welt gemein hatte, jehr lange in einem Zuftande
der Kindheit, wenngleich jie jehr früh, ichon in
der homerijchen Zeit, geübt worden ift (eine Wand:
malerei ift durch Schliemanns Ausgrabungen in
Tiryns zu Tage gelommen). Die Maler jcheinen
fid) bis in die Zeit der erften Perſerlämpfe nur
Einer farbe bedient zu haben, womit fie den
Umriß ausfüllten und worin fie den Schatten durch
Schraffierung bezeidyneten. Der ältefte Sig der
Kunft im Griechenland war wohl der doriiche
— — vorzüglich Korinth und Sikyon; der
torinther Kleanthes ſoll zuerſt Schattenriſſe ge—
zeichnet, Ardikes und Telephanes eine aus—
gebildetere Linearzeichnuung, Kleophantos die
einfarbige (monochrome) Malerei erfunden, Ki—
mon von Kleonai (Plin. 35, 56) zuerſt wirkliche
richtige Profilgeichnungen zu ftande gebracht, außer:
dem Bewegung und Neigung in jeine Geftalten
| gebracht und für den Faltenwurf Sorge getragen
haben. Bis auf DI. 91, wo Apollodoros von
| then den Gebraud) des Pinjels erfand, war alles
Malen nur ein Zeichnen mit dem Griffel, mit
dem man die Umriffe in die mit farben über:
zogene Tafel eintrug; die Farben aber wurden in
breiten Mafjen und ohne viele Verjchmelzung mit
dem Schwamme aufgetragen. Aber auch in den
polychromiſchen Gemälden der älteren Maler kom—
men nur 4 Farben vor (Plin. 35, 7, 32): Die
weiße und die ſchwarze, nelbe und rote; damit
| begnügte jelbft ein Zeuxis fich, und wer mehr ge:
brauchte, lief Gefahr, durch den Zuſatz des Neizes
die Hoheit der Kunft zu verringern. Die Werte
diejer Kunſt waren teils Wandgemälde (in der
Negel Freitogemälde) teils gemalte Tafeln; jene
auf Stud, diefe auf Holz ausgeführt und in die
Wände, z. B. der Tempel, eingelafjen. Die Tafel-
154
Maler und Malerei.
bilder waren vorzugsweiſe mit (durch leimartige
Mittel verbundenen) Temperafarben ausgeführt ;
die fpäteren enkauſtiſchen Gemälde beitanden aus
Wachsfarben, welche mit trodenen Stiften ver:
arbeitet und ſodann durch eine Wärmpfanne ein-
geihmolzen wurden. — Die erfte Blüte der Kunſt
und das erfte Schaffen größerer Gemälde fällt in
die perikleiſche Zeit, alfo in die Mitte und zweite
Hälfte des 5. Jahrh. v. E., unterftüßt durch das
gleichzeitige Emporblühen aller edlen Künfte. In
diejer Zeit gab es auch jchon nicht nur ganz aus:
gemalte Hallen, jondern auch eigentliche Gemälde:
jammlungen (Pinakotheken). Genannt werden zu—
nächſt Panainos, ein naher Verwandter des
Pheidias, und der Thafier Polygnotos (in Athen
eingebürgert; jeine Blütezeit fällt zwiichen 475 und
455 d. E.), als deren gemeinjames Werk ein Ge-
mälde der marathoniichen Schlacht in der Poifile
zu Athen erwähnt wird. Bon dem leßteren wird
namentlich gerühmt, daß er weibliche Körper mit
ducchichimmernden Gewändern gemalt, daß er der
von den Agyptern überfommenen Steifheit der Ge—
fichtsbildung durch eine leije Offnung des Mundes
abgeholfen, daß er in feinen Gemälden wirkliche
Porträts geliefert habe (auf einem derjelben war
die Schweiter Kimons, Elpinife, nicht zu verken—
nen) und über die Natur hinaus in das Ideale
gegangen jei. Bon einem jeiner größten Gemälde,
das, in der Lesche zu Delphoi befindlich, das er:
oberte und rauchende Troja und die Griechen am
Hellespont, wie fie, von Beute und Gefangenen
umringt, zur Abfahrt fich rüfteten, darftellte, hat
Paujanias (10, 25) uns eine etwas ausführlichere
Beichreibung erhalten. „Sinnvoll hatte der Künſt—
ler bier den gruppenreichen Vordergrund mit der
Verödung von Troja fontraftiert, deifen verwüſtete
Straßen durch die eingerifienen Mauern gejehen
wurden. Des Menelaos Schiff jteht an dem Ufer
zur Abfahrt bereit, und man erblidte in feiner
Nähe die Helena, die Urjache des Kriegs, von
vertwundeten Trojanern umringt; und in einer
andern Gruppe griechiicher Fürjten die Kaflandra,
die meiften in dumpfem Schweigen begriffen, den
einzigen Neoptolemos ausgenommen, welcher noch
einige Trojaner verfolgt und tötet. Auf einer
andern Seite der Lesche war der Eingang der
Unterwelt in bem Reiche der Nacht abgebildet mit
Odyſſeus an dem Ufer des Acheron und dem Tar:
taros voll graujfender Strafen und Elyſion mit
jeligen Schatten angefüllt. Auf dem erjteren diejer
beiden Gemälde waren über 100, auf dem andern
über 80 Figuren vorgeftellt: jeder war nach altem
Gebrauch der Name beigeichrieben.“ Außerdem
waren auch Bolygnots Bater Aglaöphon und defjen
gleichnamiger Enkel als Maler berühmt; nament-
lich wurden dem Teßteren 2 Gemälde zugeichrie:
ben, die den Alfibiades als Sieger in den Kampf:
jpielen Ddarftellten. Vgl. im allgemeinen Cie.
Brut. 18. de or. 3, 7. Quint. 12, 10. — ber im
ganzen blieb die Malerei ein Anhang zur Bau—
kunſt; ihre Erzeugniffe dienten weit weniger zur
Verſchönerung von Privathäufern als von Hallen
und Tempeln. Während daher die Plaſtik weit
borauseilte, bewegte die Malerei ſich in langſamen
Fortſchritten und erreichte erit dann den Gipfel
ihrer Vollendung, als jene bereits ihre höchſte
Blüte hinter fich hatte, bald nach dem peloponne—
fiichen Kriege. An den Polygnotos jchloffen jich
129
als Zeitgenoffen und Nachfolger an: Mikon aus
Aigina, von dem die berühmten Gemälde: Antinos,
die Argonauten, Aiterope, Pelias, Thejeus, Akaſtos
u. a. m. waren, der auch teilweije die Poikile in
Athen gemalt hatte, wo der Amazonenfampf und
die marathonische Schlacht dargeftellt waren, dem
aber bejonders die Zeichnung von Pferden gelang;
— ein Sohn desjelben —; — ferner Duatas
von Aigina, Dionyjios von Kolophon; jelb:
ftändig dagegen trat Agatharchos (j. d.) als
Deforationsmaler, auch für den jchon beginnenden
Yurus des Privatlebens, auf. Noch mehr aber
glänzte in diefer Hinficht und war der erſte eigent-
lihe Maler der fchon „genannte Apollodoros,
der Stiagraph genannt, weil ihm die Erfindung
des Pinjels, aber auch vorzugsweile die Ber:
teilung des Lichtes und Schattens zugeichrieben
wurde. Hic primus species exprimere instituit,
jagt Plinius (35, 9, 36) von ihm, primusque
gloriam — ——— iure contulit; neque ante
eum tabula ullius ostenditur, quae teneat ocu-
los, In feine Fußſtapfen trat, wenn auch einer
andern Schule, nämlich im Gegenjage gegen. jene
attijche der ionischen, zum Weichen und Uppi—
gen hingeneigten, angehörend, fein größtenteils in
Ephejos lebender Schüler Zeuris aus Herafleia,
bis etwa 397 v. E., dem bejonders die ideale
Bildung des weiblichen Körpers unübertrefflic
gelang, wie er namentlich durch die im Auftrage
der Krotoniaten verfertigte und in dem berühmten
Tempel der Hera Lakinia aufgeftellte Helena die
vollendete Schönheit in der Geſtalt eines irdiſchen
Weibes bewies. Ebenfo verförperte er die höchſte
Idee keuſcher Sittjamleit in der Geftalt einer
Penelope. Grofartige epiihe Nompofitionen mie
bei Bolygnot find bei ihm nicht zu finden; ebenjo
ging ihm deffen Etho® ab; er war mehr auf das
Maleriiche, auf die äußere Ericheinung der Dinge,
auf Illuſion gerichtet. Doc kannte auch er, im
Berhältnis zu der jpäteren Zeit, die Anwendung
fünftlicher, vielfach zuſammengeſetzter Farbeſtoffe
noch nicht. Uber feinen Nebenbuhler Parrha:
ſios und feinen Wettjtreit mit dieſem ſ. d. Dieſer
und Timanthes von Sikyon (oder Kythnos
waren jeine Zeitgenoſſen; von den Gemälden des
legteren, unter denen das Opfer der Fphigencia
hervorragte, auf welchem er den Agamemmon zum
Ausdrude jeiner großen Trauer mit verhülltem
Antlitz dargeftellt hatte (j. Iphigenein), urteilte
das Altertum, daß fie mehr erraten liefen als
fie wirklich ausdrüdten, nicht bloß, weil fie nur
Ideales darftellten, jondern auch, weil jo reiche
Motive in ihnen niedergelegt waren. — Dagegen
fand die Schule von Sifnon, die namentlich
zwiichen dem Schlufje des peloponnefischen Krieges
und Alerander dem Gr. blühte, ihr Hauptverdienft
in wiflenjchaftlich ftrenger Durchführung und in
höchiter Genauigkeit und Bollendung der Zeich—
nung. Ihr Gründer war Eupompos von Sikyon,
ihr vorzüglichiter Meifter Bamphilos (j. d.), der
zuerst feine Kunſt methodiſch und mit theoretiicher
Einficht Ichrte und das geometriſche Studium auf
fie anwandte, auch die enfauftiiche Wachsmalerei
wejentlich förderte, und defien Schüler Melan-
thios wieder in der Anordnung der Gemälde der
vollendetſte war und um das Kolorit fich jehr ver:
dient machte, aucd zu den 4 Malern (Npelles,
Echion, Nitomadyos) gezählt wird, die nur 4 Far—
”
ar
130
ben gebrauchten. Neben diejen dreien ift noch zu
nennen Baufias von Sikyon, auch als Lehrer
bedeutend, der die Felder der Zimmerdeden zuerjt
mit Malereien, zumeijt mit Knabengeſtalten, auch
Blumen und Arabeffen, geziert haben joll, womit
auch jeine Meifterfchaft in Blumenſtücken (die jchöne
Kranzwinderin Glyfera, mit der er darin wett:
eiferte, Plin. 35, 40), jowie die an ihm gerühmte
höhere Ausbildung der enkauſtiſchen Malerei zu:
jammenbing. — Der thebanijch = attifchen Schule
angehörig waren Euphranor, deſſen Ruhm im
der feineren Durchhildung der Herven und Götter:
geitalten bejtand, Ehion, von deſſen Werfen das
Bild einer Neuvermählten (vielleicht frei nach:
gebiltet in der j. g. aldobrandinijchen Hochzeit im
vatifanischen Mujeum zu Rom) bejonders her:
vorgehoben wird; ferner Arifteides von The:
ben (um 370—330 v. E.), der ältejte diefer Schule
und zu unterjcheiden von einem gleichnamigen
Enkel, vorzüglich durch die Darftellung von Schlach—
ten und Eroberungen und durch den ſeelenvol—
len Ausdruck ſeiner Gemälde ausgezeichnet, wenn
auch ſeine Farbengebung minder gefällig war.
Ein Gemälde, das den Kampf der Makedonier mit
den Beriern vorftellte, umfaßte über 100 Figuren |
und joll 1000 Minen gefoftet haben; jein Meifter-
ftüfd war aber die Trauerfcene einer eroberten |
Stadt und die Hauptgruppe darauf eine fterbende
Mutter, zu deren Bruft ein Kind riecht, das aber
von ihr abgewehrt wird, damit es wicht Blut ftatt
Milch trinke. — Jedoch den Gipfelpunft der griechi=
ſchen Malerei bezeichnet Apelles aus Kolophon
oder Ephejos, der Schüler des Pamphilos und be-
rühmtejte Maler des ganzen Altertums (356308.
bh. von Wuftmann, 1870). Derjelbe vereinigte
die Vorzüge der verjchiedenen Schulen und be-
mühte jich, tiefer in das wahre Wejen der Malerei
einzudringen und feinen Werfen ein reicheres und
mannigfaltigeres Leben einzuhauchen. Er verband
die Naturwahrheit mit der höpferiichen Kraft und
gewann dadurch bejonders die Gunſt Aleranders.
Apelles ſelbſt jeßte feinen Hauptvorzug in Die
Grazie, gdgıs; wie er denn überhaupt mehr durd)
die höchſte Vollendung der Form als durch Idea—
lität des Inhalts ausgezeichnet war. In der
Technik, ſowohl in der Zeichnung als in der ar: |
benwahl und der effeltvollen, anmutigen Behand:
lung, war er aber Meijter. In dem Tempel der
epheſiſchen Artemis zeigte man ein Bild Ale—
xanders, wie er den Blib fchleuderte, wobei die
hervortretende Hand und der wie außerhalb ber
Fläche ericheinende Blib die größte Bewunderung
erwedten. Auch die Feldherren desjelben hatte er
in den verſchiedenſten Stellungen und Situationen,
bald einzeln, bald in Gruppen, gemalt. Zu den
Meifterwerken jeiner idealen PDarftellung gehörte
eine Artemis, von einem Chore jchwärmender
Nymphen umgeben, und die aus dem Meer auf:
tauchende Aphrodite (Anadyomene), ein Meifter:
ftüd derjenigen Eigenjchaft, in der das ganze
Altertum ihm den Preis zuerfennt, nämlich der
Grazie. Diejelbe Grazie zeigte fich in der Dar:
jtellung einer der 3 Grazien und in einem zweiten
Aphroditebilde. Leßteres blieb in jeinem unteren
Teile unvollendet, der Tod überrafchte ihn bei der
Arbeit, und fein Meifter wagte es weiter auszu—
führen. Das Bild der Anadyomene ftand urſprüng—
lich zu Kos im Aphrodite-Tempel, von wo Auguftus |
Maler und Malerei.
esnach Rom bringen und im Tempel des vergötter:
ten Cäſar aufftellen lieh. — Hohen Ruhm erlangte
um Diejelbe Zeit Protogenes aus Kaunos in
Karien, der bis zu feinem fünfzigften Lebensjahre
hin mit gemeiner Arbeit fich gegen die Armut
ſchützen mußte. Als der edle Apelles dies erfuhr
und den Wert jeiner Kunſt erkannte, faufte er, um
ihn vor der Verlennung jeiner Mitbürger zu be:
wahren, demjelben für eine ihm offerierte be-
deutende Summe einige Gemälde ab und juchte
den Verdacht zu ertweden, als wolle er fie für feine
eigenen ausgeben. Dies half dem armen Mann
einen Namen bei jeinen Yandsleuten erwerben. An
jeinem berühmteften Gemälde, dem Jalyſos (j. d.),
den er als Jäger, mit einem keuchenden Hunde
| zur Seite, darftellte, hatte er 7 oder gar 11 Jahre
gearbeitet. Als Demetrios Poliorfetes Rhodos be:
lagerte, konnte er fich, heißt es, dod) nicht zu einem
Angriffe auf der Seite entichlichen, wo, wie er
wußte, jenes Gemälde fich befand, und verlor jo
den Sieg. Ja, er jchüßte jogar den Künftler, der
feine Werkſtatt außerhalb der Mauern auf einem
großer Gefahr ausgejegten Punkte hatte, durch
eine ihm gejandte Wache, bejuchte ihn auch jelbit.
Das Bild ftand zu Plinius’ Zeit im Friedens:
tempel in Rom, ward aber ſchon zu Plutardys
Zeit vom Feuer zerftört. Sein „ruhender“ Satyr,
den er an eine Säule geftellt Hatte, war unter
dem Waffengeräujch jener Belagerung gearbeitet
und galt gleichfalls für eins feiner Meifterwerte.
Bei Brot. ift, wie bei Apelles, das Hauptverdienft
nicht jowohl in dem geiftigen und poetiichen Ge—
halte, als vielmehr in der vollendeten künſtleriſchen
Durchführung zu juchen, in der die Jllufion auf
die höchſte Spike getrieben war; nur daß bei
Apelles mehr aus urjprüngliher Begabung ber:
vorging, was Prot. durd die größte Ausdauer
und den jorgfältigiten Fleiß zu erreichen bemüht
war. Während der Fleiß und die Sorgfalt feiner
Arbeiten vorzüglich gerühmt wird, ward an jeinem
Beitgenoffen Nikomachos aus Theben, am Ende
des 4. Jahrh. v. E., Sohn des Arifteides, die
Schnelligfeit bewundert bei nicht geringerer Kunft.
Bon ihm ftanden im Minervatempel auf dem römi:
ſchen Capitol ein Raub der Projerpina, eine
Siegesgöttin auf einem Biergeipann, und in dem
Tempel des (Friedens eine Skylla. Weiter werden
nod; der wegen Lebendigkeit der Phantaſie be:
wunderte Theon von Samos, zur Zeit der Dia:
dochen, der Scenen aus dem trojantschen Kriege,
den wahnfinnigen Oreſtes und den Sitharöden
Thamyris malte, Nikias von Athen (Tier: und
Schlachtenmaler mit enfauftijchen Farben, an defien
Gemälden, wovon mehrere vortrefflihe in Rom
waren, am berühmtejten das Schattenreih nad
Homer, Beleuchtung, Haltung, Rundung der Figu—
ren, bejonders der weiblichen, gerühmt wurden),
Antiphilos Knabe, der Feuer anbläft; Wert:
ftatt für Wollarbeiten) und Kteſilochos (trave:
jtierte Daritellung der Geburt des Dionyjos aus
der Hüfte des Zeus) genannt. Wahrjcheinlich der:
jelben Zeit gehört Aetion (Aerior) mit jeinem
berühmten Gemälde der Vermählung Aleranders
mit Rorane an (Cie. Brut. 18, wo freilich einige
Echion lejen; Luc. de merc. cond. 42. imaggq. 7).
— Bon da an verlor fich die Kunft ins Kleine
und juchte mehr durch fleifige Sorgfalt als durch
Schönheit und Erfindungsgabe zu gefallen. So
—
8
9
Maleventum
bildete Beiraeifos die gemeine Natur, Wert:
ftätten von Schuftern und Babdern, Küchen, Märkte
nd dergl. mit vollendeter Kunft nad), was von
n, weniger nach geiftreicher Kompoſition als nad)
Regelmäßigleit und Fleiß trachtenden, Römern be: |
fonders hoc geichägt ward, und wurde dadurch
der vorzüglichite Meifter einer förmlichen Genre:
malerei, Rhyparographie genannt. Andere
Vertreter diejer Richtung waren Kallikles und
Kalates. Unter den zahlreichen Malern der
Diadochenzeit, die bejonders die Landſchafts
malerei fultiviert zu haben ſcheinen, jcheint
Timomadhos hohen Ruhm genofien zu haben,
der auch die Leidenjchaft trefflich darzuftellen ver:
mochte, 3. B. in feinen Gemälden der Medeia
und des rajenden Miad. — Bei den Römern
mangelte e8 überhaupt an Sinn für die jchöne
Kunit, und ſelbſt die Einnahme von Korinth Tonnte
noch nicht jofort eine heilfame Anderung bewir:
fen; vielmehr ſah man noch nach derjelben Sol:
daten und SHeerführer in roheſter Art die herr:
lichiten Schäge der Malerei verwüften oder gering:
ſchätzen. Mummins begriff nicht, wie Attalos von
Pergamos ein Gemälde des Arifteides, das den
Bakchos darftellte, jo teuer bezahlen könne, ver:
mutete deshalb eine geheime Kraft darin, behielt
es zurüd und weihte es in den Tempel der Geres.
Bald genug aber zeigten die Römer auch hier das
habjüchtige Syſtem folofjaler Anhäufung der frem:
den Schäge und jchmüdten ihre Wohnzimmer,
Speijejäle, Landhäufer u. j. f. mit den foftbarften
Gemälden. Am ganzen treten daher auch nur
einzelne Namen hervor, wie Yudius (oder Stu-
dius oder ©. Tadius) unter Auguſtus, der nament:
lich Wände mit Yandichaftsbildern ſchmückte. Von
ihm rührt vielleicht ein im einer 1863 zu Nom
ausgegrabenen Billa der Yivia erhaltenes Wand:
gemälde, die Darjtellung eines üppigen Gartens,
ber (Brunn). Allmählich ftrömten indeflen unter
den Kaiſern viele griehiiche Maler nach Rom,
deren Gejchmad und Talent in einer Art Ber:
— die Bäder des Titus beurfunden. —
uf dieſem Wege entwidelte jich, als eine Dienerin
des Yurus, die Kunſt der Moſaik-Gemälde,
— Malloia, 731
pofitionen und die Nichtigkeit der Zeichnung aus;
in der Anwendung der Perſpektive bei größeren
Kompofitionen, in dem aus der Verſchmelzung der
farben entipringenden Helldunkel, hauptſächlich
aber au poetifcher Tiefe ftanden fie der neueren
Kunft weit nach. -— Vgl. im allgemeinen die Kunſt—
geichichten von Schnaaſe, Rugler, Lübke, Neber u. a.;
bejonders aber Brunn, Gejchichte der griechiichen
Künftler II ©. 3-— 8316, Wörmann, die Malerei des
Altertums (in Woltmanns Gejchichte der Malerei,
Bd. I, 1879, ©. 32-140), Mau, Gejichichte der
dekorativen Wandmalerei in Bompeji (1881), und
' Blümner, Technologie IV ©. 414 ff.
Maleventum ſ. Beneventum.
Maliäcns sinus, Melıarög oder Mnlıarög
»olrog, Meerbujen an der Südküſte Theflaliens,
der Nordweſtecke der Thermopylen, in den fich der
Spercheios ergoß. Seinen Namen hatte er von
den anwohnenden Maliern oder Meliern. Yu:
weilen wurde er nach der Stadt Lamia auch der
Lamifche genannt, und jo heißt er jetzt Meerbujen
von Zeitun oder Jadin. Strab, 7, 330. Thuc. 8,3.
Lir. 27, 30. 31, 46.
Malienses, Malısig, MnAıeis, Völlerſchaft des
jüdlichen Theffaliens an dem nad) ihr genannten
Meerbufen, ein tapferes und friegserfahrenes, be:
jonders im Schleudern und Speerwerfen geichidtes
Bölthen. Sie zerfielen, gleid) ihren Nachbarn in
Doris, in 3 Stämme, die nad ihren Wohnfigen
Tegdkor, "Ieıjs und Toeaylrıoı hießen. Thuc.
3, 92. Hdt. 7, 198,
Malitiösa silva, N) 04n »alovuiern xanog-
yog, ein wegen feiner Räubercien jo genannter
Wald im Sabinergebict, wo Tullus Hoftilins mit
den Sabinern fämpfte. Liv. 1, 30.
Malli, Mailol, altindiſch Mälava, indische
tapfere Völferichaft an den Ufern des Hydraotes
(ij. Navi), eines öſtlichen Nebenfluffes des Indos.
Ihre Hauptitadt war wahrjcheinlich das j. Multan.
Arr. 5, 22, 2. 6, 4, 3 u. b. Strab. 15, 701.
Mallius, römiſcher Eigenname, der oft mit
Manlius und Manilius verwechjelt wird; wir
erwähnen: 1) Mallius Glaucia, der aus Cicero
worin zuerft Sojos von Pergamon genannt wird, | (Hose. Am. 7, 19) befannte nächtliche Eilbote, der
der auf dem Fußboden eines Zimmers ein Beden | die Nachricht von der Ermordung des S. Rofcius
mit Tauben darftellte; das Grofartigfte aber war | aus Ameria dem Feinde desjelben, T. Capito,
die Darftellung der ganzen Ilias auf den Fuß: | Überbringt, homo tenuis, libertinus, cliens et
böden in dem Prachtichiffe des K. Hieron II. von | familiarıs T. Roscii. — 2) C. Mall. (j. Manlii),
Syrakus. — Die unferer Beurteilung ji) dar: | Anhänger der catilinariihen Verſchwörung. —
bietenden Quellen und Gegenftände der antifen | 3) En. Mall. Marimus, ein wenig adıtbarer
Malerei tommen äußerft jpärlich vor. Die neuer: | Charakter, dem Q. Catulus in der Bewerbung
lich in der Nähe Athens entdedten Refte von |um das Konjulat für das Jahr 105 v. E. unter:
Gemälden an griechijhen Grabpfeilern haben fei: | liegen mußte, kämpfte gegen die Cimbern unglüd-
nen höheren Wert, zahlreiche Zeichnungen auf | lich (Sall. Jug 114. Oros. 5, 16). Später wurde
griechiſchen Thongefäßen find nur Erzeugniffe eines | er wegen Zandesverrats verurteilt. — 4)L. Mal:
untergeordneten Handwerfs, und die in Hercula: | lius (n. a. Manilius), Profonjul von Gallia
neum und Pompeji, jowie einzelne in Rom auf: | ulterior, erlitt im jertorianijchen Kriege im Jahre
gefundene Wandmalereien, find auch nur Kopien | 78 v. E. eine Niederlage. Cues. b. g. 3, 20. — '
von Bildern, deren Meifter an den Höfen der | 5) Flavius Mallius Theodorus, Konjul 399
Diadochen lebten, gehören nicht mehr der Periode |n. E., jhrieb „nicht ohne Selbjtändigfeit“ eine
der jelbftändigen Blüte der Kunft an (jämtlich mit | Heine Schrift de metris, am beiten herausgeg.
Waſſerfarben auf den frijchen, noch feuchten Mauer: | von 9. Keil, gramm. Lat. VI p. 579 ff.
bewurf [al fresco] gemalt) und dürfen nur als
eine, mehr oder weniger leichte, Zimmerdeforation
betrachtet werden. — Überhaupt zeichneten ſich die |
Alten auch in diejer Kunjt durch die Wahl Ichöner |
Geftalten, die Einfachheit der Scenen und Kom: |
Malloia (Maloea), ein in der theffaliichen Land—
ſchaft Heitiaiotis, wahricheinlih an einem Neben:
fluß des Peneios, dem Europos oder Titarefios,
gelegener feiter Platz. Menippos, der Feldherr
des Antiochos, nahm ihn mit Gewalt, jpäter er:
132 Mallos — Mandrokles.
oberten und plünderten ihn die Römer. Liv. 31,41. | legte, alfo die (alerandriniiche) ſ. g. Ineruſtation
36, 10. 13. 39, 25. 42, 67. in Rom einführte. Plin. 36, 48. Sein Verhältnis
Mullos, MaAlos, 1) phoinikifche Kolonie im | zu Cäſar erregte großen Anftof-
Kilifien, nahe der Mündung des Pyramosfluffes; | Manceps, 1) der Entrepreneur (conductor),
ihr Hafen war der Flecken Magarjos. Arr. 2,5, 9. | weldyer die Fertigung einer Sache für einen be-
6, 1. Curt. 3, 7. Strab. 14, 675. Sie war die ftimmten Preis übernimmt; — 2) der bei Ber:
Heimat des berühmten Grammatikers Krates (j. pachtung von Staatsgütern und Staatseinnahmen
Krates, 2). — 2) Gebirge der indischen Maller. im Namen der pachtenden Publicani abjchließende
Plin. 6, 17. 24. | Vertreter.
Maluginensis j. Cornelii, 1.und Cossi,1.2.| Mancinus ſ. Hostilii.
Mamaea, Julia M., oder Mammaea, Ge- Maneipatio (eigentlich Nehmen mit der Hand),
mahlin des Syrers Geffins Marcianus und Mutter | ein im altrömiſchen Berfehr bei Übertragung einer
des Kaiſers Alerander Severus, auf defien Regie: | Sache in den Beſitz eines anderen wichtiger Akt,
rung fie wejentlichen Einfluß hatte. Im Jahre | weldyer in Gegenwart von 5 Zeugen (mündigen
234 n. E begleitete fie ihren Sohn nad) Gallien Bürgern, jpäter auch Yatinern) und 1 Libripens
und wurde zugleich mit ihm auf Anftiften des mit einer Wage von dem lbergebenden (qui man-
Mariminus ermordet. Ilerodian. 5, 7 ff. 6, 1 ff. | cipio dat) und dem Empfangenden (qui maneipio
Lamprid. Alex. Sev. 3. | aceipit) vorgenommen wurde. Der lehtere ergriff
Mamereus, ein ojfijher Vorname, vorlommend , mit folennen Worten den Gegenftand, welchen er
1) als mythiſcher Sohn des Mars und der Sylvia; | erwerben wollte, ſchlug mit einem Sefterz an die
2) ald Tyrann von Katana in Sicilien, der, von Wage und gab ihn jodann gleichjam als Kauf:
Timoleon gejchlagen, nadı Syrakus gebracht und preis an den Übertragenden. Am Schluß der
dort auf Befehl des Volles hingerichtet wurde mancipatio wurde noch eine Perfon angerufen,
(Plut. Timol. 31); 3) als Vorname mehrerer Römer, | die nötigenfalls die Ordnungsmäßigfeit des Attes
3. B. des M. Amilius und des Mam. Amil. Scau: | bezeugen fonnte, antestatus genannt. Der ganze
rus (j. Aemilii, VI). Alt war einem Berfauf nachgebildet und mag in
Mamertini j. Messana. der vorhiſtoriſchen Zeit ein wirklicher Kauf mit
Mamertinm, Meu£grior, Stadt in Bruttii | Abwägung des Naufpreijes geweien fein. 1) Am
am Silawalde, gegründet von einem unter dem | häufigiten fommt mancipatio als ftreng römijche
Schutze des Kriegsgottes Mamers ausgezogenen | Eigentumserwerbung vor, welche volles dominium
Haufen Sabiner. Die Mamertiner überfielen kurz | verichafft, dody war dieje Form nur bei res man-
vor dem erften puniſchen Kriege die ficiliiche Stadt | cipi (bei Grundſtücken in alien oder in den
Meflana (ji. d.). Provinzen mit italijchem Recht, bei Sflaven, bei
Mamilii (oder Mamulii), ein latinifches Ge: | Zug: und LYafttieren) anwendbar. — 2) Maänci-
ichledyt aus Tufculum, defien bedentendfte Männer | patio diente zur Eingehung des Manusverhält:
folgende find: 1) Octavius Mam. Tujceula: niſſes und Dich dann coömptio, ſ. Ehe, Il. —
nus, Schwiegerjohn des legten Targuinius, wel- 3) Mane. bei Übertragung eines Gewaltrechts über
chem er nach feiner Vertreibung aus Nom Hülfe | eine Perjon, nämlid a) bei Adoption (j. d.), b) bei
leiftete. Liv. 2,15 ff. Er fiel in der Schlacht am See | Emancipation (f. d.), e) bei Übertragung des man-
Regillus, 496 v. C. Ziv. 2,19. — 2) 2 Mami. | cipium (f. d.). — 4) Manc. im Erbrecht, j. Testa-
Tuſc., Diktator von Tufculum (460 v. E.), wurde | mentum. — 5) Manec. im Obligationenredt, ſ.
römijcher Bürger, da er den Römern im Kampfe Nexum.
gegen Herdonius Beiltand geleiftet hatte. Liv.‘ Mancipium hieß 1) das durd den Mancipa-
3, 18.29. — 3) DO. Mamil. Bitulus, eroberte tionsaft bewirkte abhängige Verhältnis freier Ber:
als Konful im erften punischen Kriege (262 v. E.) ſonen, welche durch ihren Vater in die Gewalt
Agrigent. Pol. 1, 17 ff. — 4) C. Mamil. Lime- einer andern Perjon gelommen find. Sie waren
tanus, war im Jahre 110 v. E. Roltstribun |servi loco, aber feineswegs unfrei. — 2) Der
und gab eine lex zur Beftrafung derer, welche fid) |
von Jugurtha hatten beftechen laſſen. Sall. Jug. |
40. 65.
Mamurfus Veturfus, der im Salierliede als
Verfertiger der Ancilia gefeierte (etruſtiſche) Erz:
fünftler (j. Salii). Er follte auch das GErzbild |
des Bertummus im tuſciſchen Vieus gefertigt haben. |
Prop. 4 (5), 2,61. Man feßte ihn gewöhnlich in
die Zeit des Numa (Ov. fast. 3, 260. 389), wogegen
der Umſtand zu ftreiten fcheint, daß Götterbilder
erft in der tarquinifchen Zeit zu Rom auftamen;
“allein Mamurius ift nur ein mythiſcher Name,
zufammenhängend mit Mars, Mamers,
Mamurra, ein römischer Ritter aus Formiä,
diente unter Cäſar in Gallien, wo er fich große |
Reichtümer erwarb, welche er indes bald wieder |
verjchwendete. Catull, 29, 3. 57, 2. Hor. sat,
1,5, 37. Suet. Caes. 73. Er war der erfte, der
in jeinem Haufe auf dem mons Caelius nur Mar: |
morjänlen (Monolithe aus farnitiihem Marmor)
hatte und ganze Wände mit Marmortafeln aus:
Mancipationdaft und das römische Eigentum
wurden vor alterd jo genannt; daher mancipia,
Sklaven.
Mandäne j. Kyros,
Mandätum, 1) ein SKontraft, in welchem je:
mand für eine andere Perſon ein Gejchäft ohne
Vergeltung zu bejorgen verjpridht. Cie. Rose.
Am. 38. Caec. 3. Der Beauftragte hieß man-
datarius. — 2) ein faiferliches eich, in Form
einer Inſtruktion erlaflen.
Mandela j. Sabini.
Mandonfus, Mavöörıos, ein Spanier, wider:
jeßte fich mit feinem Bruder Indebilis dem röm.
Feldherrn Scipio, ſchloß ſich ihm ſpäter an, fiel
aber zu wiederholten Malen von ihm ab und wurde
zuleßt getötet, im Jahre 206 v. E. Liv. 22, 21.
27, 17. 28, 24 ff. 29, 3. Pol. 11, 29.
Mandrökles, Marögorins, 1) ein griechijcher
Baumeifter aus Samos, der dem Dareivs bei jeinem
Zuge gegen die Skythen die hölzerne Brüde über
den thrafiichen Bosporos baute und einen Teil
Mandubii — Manilii. 733
des dafür erhaltenen Lohnes zu einem Gemälde | Chronologie der Ägypter. J. (1849). Unger, Chro—
verwandte, das den Übergang darſtellte. Zldt. 4, 87f. | nologie des M. (1867). — Das dem M. beigelegte
— 2) ein Grieche aus Magnefia, der von Perfien | Gedicht Arorsissuerixa, über den Einfluß der
zu Datames abficl. Nep. Dat. 5. Geſtirne auf die Schidjale der Menjchen, 5 Bücher,
Mandubii, Mardovpıor, ein Feltisches Volk im iſt unecht (vielleicht aus dem 5. Jahrhundert n. E.).
lugdunenſiſchen Gallien, nörblid) von den Aduern, | Ausgg. von Gronov (1698) und Köchly (1858).
mit der Hauptſtadt Aleſia. Caes. b. g. 7, 68.78.| Mango, drögamodordnmnkog, der Stlavenhänd:
Strab. 4, 191. ler, der ſonſt venalicius hieß, angeblich jo ge:
Manduria, Mavövgıor, Mardörıor, j. Eajtel | nannt, weil er die zujammengefoppelten Sklaven
Nuovo, eine in Galabrien gelegene Stadt der | an der Hand führte, manu agebat; er brachte fie
Sallentiner an der Strafe von Tarent nad) Hy: | in ganzen Schiffsladungen, mußte fie nadt aus:
druntum, an einem kleinen, ſtets vollen See (der | ftellen, ihnen eine Tafel umhängen, auf der eines
noch jeht Andoria heiht). Bier wurde der Spar: | jeden lörperliche und fittlihe Mängel verzeichnet
tanerlönig Archidamos von den Mefjapiern ge: | waren, im übrigen für nicht angegebene Mängel
ichlagen. Plut. Ayis 3. Im zweiten punijchen | einftehen. Cie. off. 3, 17. Den SHaven, für die
Kriege eroberte der Konſul D. Fabius die Stadt. | er nicht einjtehen wollte, jehte er einen Hut auf
Liv. 27, 15. (pileati, Gell. 7, 4). Übrigens pries er feine
Maneros, Mavsgus, Sohn des erften ägyptiichen | Waren mit großem Wortichwall aus. Hor. ep.
Königs, der in der Blüte jeines Lebens ftarb und 2, 2, 4 ff.
in Mlagegejängen gefeiert wurde, Hdt. 2,79. Er| Mania, 1) altitalische, wahricheinfich etrujfijche,
ift eine ähnliche Berjonififation, wie Linos, Adonis, | furdhtbare Unterweltsgöttin, Mutter oder Groß:
Hyakinthos u. a. und bezeichnet das in der Blüte | mutter der Zaren oder der Manen. Ahr und den
dahinjterbende Naturleben. Zaren wurden in Nom die Compitalien, ein von
Manes. die Guten (Gegenſatz immanes), euphe: | Tarquinius Superbus wiederhergeftelltes Sühnfeft,
miftischer Ausdruck für die Seelen der Verftorbenen. | an welchem für das Wohl der Familien Knaben
Diefe galten für vergöttert und hießen deswegen | geopfert wurden, gefeiert. Nach einem Orakel des
Dii Manes. Daher findet ſich auf Grabfteinen | Upollon, man jolle Köpfe für Köpfe opfern, wurden
die jtehende formel: D. M.S. d. i. Dis Manibus | von dem Konſul Junius Brutus die Menjchen:
Sacrum. Sie wurden verehrt durch Spenden von | opfer abgeichafft und ftatt deren Mohn: und Knob—
Waffer, Bein, Milch u. ſ. w. und am 21. Februar lauchköpfe dargebracdht. Bilder der Mania wurden
durch das allgemeine Totenfejt Feralia (Or. fast. | zum Schu der Familien vor den Thüren auf:
2, 569) gelühnt. u ältefter Zeit fielen ihnen | gehängt. Mit der Zeit wurde fie ein Popanz in
Menjchenopfer. Der Wohnort der Manen ift die | der Boltsfomödie und den Kindermärchen. Wahr:
Unterwelt. Der unterfte Teil de3 Mundus, ber | jcheinlich identijcd mit Mania ift die Mana Genita.
tiefen Grube auf dem Palatinus, jpäter auch auf | Über die Maniae ſ. Larvae. — 2) Maria, Witwe
dem römijchen Comitium, war den Manen ge: | des Yenis, perfiichen linterjtatthalters von Wiolis,
weibht; er war mit dem ſ. g. Japis manalis bededt | von Pharnabazos als Nachfolgerin ihres Gatten
und wurde nur dreimal des Jahres (24. Auguft, | anerlannt, von ihrem Schwiegerjohne Meidias er:
5. Oltober, 8. November) geöffnet. Im Gegenjaß | mordet, 399 v. C. Xen. Hell. 3, 1, 10ff.
zu den Lars und Larvac bezeichnen die Manes| Maviaı |. Erinyen.
die Toten überhaupt, während Lares die quten,| Manicae, 1) Handſchuhe, j. Kleidung, 11.;
l,arvae die böſen Geifter find, Bei den Dichtern | — 2) Handfeſſeln, j. Vincula,
wird Mancs oft metonymijch für die Unterwelt ge) Manitii, ein plebejiiches Geſchlecht, deſſen Name
braucht. Verg. @. 1, 243. 4A. 4, 387. häufig mit den Manliern verwechjelt wird. Die
Manätho, Manethos, Mavedorv, Maredwos, | bedeutenditen Manlier find: 1) U. Man. nm. a.
aus Sebennytos, Oberpriefter und Tempelfchreiber | Manlius), wurde ald Gejandter im Jahre 394
(fegoyguuperevg) zu Thebai, verfahte unter Ptole- dv. E. abgeichidt (Liv. 5, 28), um dem delphiichen
maios Philadelphos (253— 2476 dv. E.) neben ver: | Apollon Geſchenke zu überbringen. — 2) P. Man.,
ichiedenen verloren gegangenen Schriften (5. B. feg« | im Jahre 167 dv. E. einer der Ordner Illyriens
(Blog, pucıar Erıroun) eine Äghptiiche Ges | (Zar. 45, 17). - 3) W. Man., erlitt im Jahre
hichte iAlyunrıexc Umourrjuare) auf Grund der | 152 v. E. eine Niederlage in Lufitanien, wurde
Urkunden in griechiicher Sprache, welche in3 Büchern | Konful im Jahre 149 und erhielt den Oberbefehl
das alte, mittlere und neuere Reich darjtellte, | gegen Karthago, deilen Belagerung er begamı,
Fragmente davon jind und mur aus zweiter oder | ohne etwas ausrichten zu fönnen. Er war ein
dritter Hand erhalten, nämlich bei Joſephos (contra Freund bes Lälius und Seipio. Mehr als im
Ap.) einige größere Bruchjtüde, bei Georgios | ftriege leijtete er in der Jurisprudenz, worin er
Synkellos (aus Julius Africanus) und bei Eufer : eine Autorität war; auch als Schriftjteller that er
bios das wertvolle Verzeichnis der 30 Dynaſtien ſich hervor, namentlich durch eine Zufammenftel:
von Menes bis Wektanebos 11. (340 v. E.) und | lung der bei Kauftontraften üblichen Formeln (leges
etwa ein Drittel der Königsnamen. Doc weichen | venalium vendendorum). (ie. de or. 3, 33, 138.
diele beiden Liſten vielfach voneinander jelbjt und |ad fam. 7, 22. fin.1, 4, 12, r.p. 1, 12, 18. Brut.
von den Dentmälern ab, die älteren Zahlen na: | 28, 108. Die Alten lobten feine Beicheidenheit
mentlich find meiftens falſch; auch müffen nach dem | und Zuverläſſigkeit. Zonar, 9, 27. — 4)E. Man.,
Turiner Königspapyrus und nad den monumen= | Volkstribun für 66 v. C. jebte jofort nach feinem
talen Königstafeln von Abydos, Karnak und Saffara | Amtsantritt (Ende Dezember 67) ein Geſetz über
verſchiedene jener Dynaſtien nebeneinander regiert | die Libertinen durch, zog ſich aber den Unwillen
aben. Ausg von Müller, fragm. hist, Graee. | des Volkes zu und ſchloß ji deshalb an Pompejus
I p. 511 ff. Bol. Böckh, Manetho (1845). Lepfius, !an, worauf er durch eim anderes, von Cicero in
—
734
der meifterhaften Nede de imperio Un. Pompei
empfohlenes, Geſetz demjelben den unumijchräntten
Oberbefehl gegen Mithridates verichaffte. Plut.
Pomp. 30. Vell. Pat. 2,33. Dio Cass. 36, 25 f.
Nach Niederlegung jeines Tribunats wurde er an:
geflagt und von Cicero verteidigt. Doch ergab der
Prozeß fein Refultat, da die Freunde des Manilius
den Verlauf desfelben hinderten. Plut. Cie.9. Dio
Cass, 36,27. — 5) Man. Untiochus, ein Sflave,
trieb zuerjt zur Zeit des dritten puniſchen Krieges
in Rom Witrologie. — 6) Sefretär des Avidius
Caſſius, wurde nad) deffen Befiegung beitraft. Dio
Cass. 72, 7. — 7) der unbefannte Verfafler eines
Gedicht über Aitronomie, betitelt astronomicön
libri V, lebte zur Zeit des Auguftus und Tiberius,
mas durch zahlreidye Anfpielungen, z. B. auf die
Schlacht im Teutoburger Walde (1, 898 ff.), be:
wiejen wird. Durch Originalität, Energie gegen:
über einem jpröden Stoffe, Ernft und Gedanken—
gehalt, wie durch Ungleichheit und Schwerfälligfeit
der Darftellung am meiften an Qucretius erinnernd,
unterjcheidet er fich don diejem durch das Aber:
gläubifche in der Durchführung feines Gegenftandes
neben aller Bieljeitigfeit feiner Bildung und Un:
abhängigfeit feiner Denkweiſe, zugleich aber auch
durch vollendete Kunſt in allem Techniichen. Ausgg.
von a (1579 u. d.), Bentley (1739), Stöber
(1767) und Fr. Jacob (1846). Abhandlungen von
Jacob (1832 ff.) und Freier (1880).
Manipülus j. Acies.
Manliäna, eine Stadt Etruriens auf der nad
Gallien über die Meeralpen führenden Strafe,
j. Magliana bei Siena. — Andere Städte d. N.
lagen in Mauretanien ıj. Miliana) und Hifpanien;
in der Nähe der Ichteren lag der Saltus Man-
hanus, ein Teil des Ndubedagebirges am rechten
Ufer des Jberus, wahricheinlich die heutige Sierra
de Molina zwilchen Aragonien und Gaitilien.
Liv. 40, 39.
Manlii, ein angejehenes römijches Gejchlecht,
zum Zeil plebejifch, führten nicht ſelten auch den
Namen Malli: 1) U. Manl. Buljo, Konjul im
Jahre 474 v. E., nötigte die Vejenter zu einem
vierzigjährigen Waffenitillftand. Liv. 2, 54. —
2) A. Manl. Buljo, wurde 451 dv. E. mit an—
dern dom Senat nach Griechenland gejandt, um
die dortigen Geſetze kennen zu lernen, als man
in Nom die Zwölftafelgeſetzgebung beabjichtigte.
Liv. 3,315. — 3) A. Manl. Vulſo Gapito:
linus, KRonfulartribun 405 und 402 v. E.; im
legteren Jahre unternahm er ohne Erfolg die Be:
lagerung Bejis, mußte daher davon abftehen und
jein Amt vor Ablauf desjelben niederlegen. Liv.
5,8.9. — 4). Manl. Buljo Longus, Kol:
fege des Megulus (256 v. E.) im Konfulate, ging
mit ihm nad Afrifa hinüber, erfocht einen See:
fieg und fehrte jpäter mit einem Teile des Heeres
zurüd. In feinem zweiten Konſulate (250) be—
lagerte er Lilybäum. Pol. 1, 26 ff. 39 ff. — 5) En.
Manl. Bulfo, patriciihen Standes, Konful im
%. 189 dv. C. erhielt als joldher den Auftrag, den
Frieden mit Antiochos abzuſchließen. Er begann
auf eigene Hand einen Krieg mit den Galatern,
den Bundesgenofjen des Antiochos, welche den
Manipulus
J
|
— Manlii.
Ehre des Triumphes. Doch wurde ihm Habfudht,
welche ſeinem Gejchlechte eigentümlich war, und
ichlaffe Kriegszucht nicht mit Unrecht vorgeworfen.
Liv. 39, 6$. — 6) A. Manl. Vulſo, befannt
durch einen unglüdlic geführten Krieg gegen
Iſtrien. Lir. 41, 1 ff. — Ein anderer Zweig führte
den Beinamen Capitolinus: 1)M. Manl.Cap.,
PBatricier, ein tüchtiger und tapferer Krieger, ſchlug
im %. 392 v. E. als Konſul die Aquer und ver:
teidigte dann beim Einfalle der Gallier nah Roms
Berftörung das Gapitolium, welches er, gewedt
durch) das Geſchnatter der Gänſe, rettete. Lir.
5, 47. Plut. Cam. 27. — Später (384) trat er —
vielleicht durch falſchen Ehrgeiz und Haß gegen
Gamillus geleitet — für die bedrüdten Plebejer
in die Schranfen gegen feine eigenen Standes-
genofjen, indem er die ihm jelbjt gehörigen Güter
zum Berfauf ausbot und erflärte, daß, folange
er noch etwas bejiße, feiner wegen Schulden ins
Gefängnis geführt werden jollte. Da erhoben ſich
die Patricier gegen ihn und veranlaften jeinen
Tod. Liv.6, 14 ff. Cie.r.p.2, 27, 49. de dom. 38.
Plut. Cam. 36 (weldyer leßtere dem Camillus bie
Schuld am Tode des Manlius zufchreibt). Sein
Haus auf dem Capitol (daher der Beiname Capi—
tolinns, d. 5. der auf dem Capitol wohnende,
Liv. 6, 20) wurde niedergerifien. — 2) Sein Bru:
der, A. Manl. Eap., war mehrere Male Konjular:
tribun und jchüßte, als Camillus Diktator war,
Rom duch ein vor der Stadt Tagerndes Heer.
Liv. 6,2. — 3) P. Manl. Cap., Diktator im
J. 368 dv. E., zeigte fich den Ticiniichen Geſetzen
gegen aller Erwartung nicht abgeneigt. Liv. 6, 38f.
— Andere Manlier gehören zur Familie der Im—
perioji, führen aud den Beinamen Torauati:
1) 2. Manl. Cap. Imperioſus, mißbrauchte
die ihm im 9%. 363 v. C. übertragene Diktatur
und entging einer Verurteilung nur durch die von
jeinem Sohne gegen den Tribunen PBomponius
ausgejprodyenen Drohungen. Seine Strenge ver:
ſchaffte ihm feinen Beinamen. Liv. 7, 3—5. Val.
Max. 5, 4, 3. — 2) Sein Sohn, En. Manl.
Gap. Imperioſus, befleidete mehrere Male das
Konſulat. — 3) Sein zweiter Sohn, T. Manl.
Imp. Torgquatus, ein Mann von jehr ent:
ſchloſſenem, aber rauhem und überaus ftrengem
Charakter, jedoch ein tücdhtiger Feldherr, erichlug,
als Rom um 360 v. E. in einen Krieg mit den
Salliern verwidelt wurde, einen Gallier im Zwei—
fampfe (von der erbeuteten Salsfette [torques]
erhielt er den Beinamen Torquatus) und befleidete
mehrere Male das Konſulat, zulegt im}. 340. Er
befiegte die Latiner und Gampaner in der Ent:
icheidungsichlacht bei Trifanum und ließ jpäter
jeinen eigenen Sohn, welcher gegen das jtrenge
Verbot des Vaters ſich in einen Kampf eingelaflen
hatte, zur Sühnung der verlegten Disziplin hin:
richten (Liv. 7, 4. 10. 27. 8, 3ff. Cie. off. 3, 31.
Sall. Cat. 52, 30f.); daher imperia Manliana. —
4) T. Manl. Torguatus, befiegte ald Konſul
im J. 235 v. E. die Sarden und jchloß den Janus:
tempel — zum zweitenmal in der römijchen Ge-
ichichte (Zar. 1, 19. Plut. Num. 20. Vell. Pat.
2,38). Zum zweitenmal im %. 224 Konſul, fämpjfte
Halys überjchritten hatten, befiegte fie am Berge | er gegen die Gallier jenjeit des Badus. Im zweiten
Olymp, machte große Beute und trieb fie über
den Fluß in ihr eigenes Gebiet zurüd. Pol. 22,16 ff.
|
punischen Kriege (215) befiegte er die verbündeten
Karthager und Sarden auf Sardinien. Pol. 2, 31.
Liv. 38, 12—28. In Rom erhielt er jpäter die | Ziv. 23, 34. 40 5. — 5) T. Manl. Torgu., verftieh
Manni —
feinen der Beitehung angeflagten Sohn, dejien
Beitrafung er jich ausbedungen hatte, im 3. 141
v. C., worauf diejer ſich ſelbſt entleibte. Liv.
ep. 54. Cie. fin. 1,7. — 6) &. Manl. Torg,,
wäre als Konjul im J. 65 beinahe das Opfer der
erſten catilinarischen Verſchwörung geworden, ver:
waltete als Prokonſul Makedonien und trat gegen
Eatilina auf, als dejjen Berjchwörung entdedt
wurde. Mit den Rednern Hortenfius und Cicero,
defien Verbannung er vergeblich zu verhindern fich
bemühte, war er befreundet. Cie. Pis. 195. 31;
vgl. ad Att. 12, 21. Brut. 68. — 7) Sein Sohn,
2. Manl. Tora., ein nicht unbedentender Redner,
trat mit jeinem Vater gegen P. Sulla als Kläger
wegen Ambitus auf. Mit Cicero war er jehr
befreundet, nicht minder mit Brutus (Cie. Brut.
76. fin. 2, 19. Sull. 12). Beim Ausbruch des
Bürgerkrieges trat er auf Pompejus’ Seite und
wurde Prätor im %. 49. Caes. b. c. 1, 24. 48 ge—
riet er in Cäſars Gefangenſchaft (Caes. b. c. 3,11),
der ihn begnadigte. Trotzdem kämpfte er gegen
Cäſar in Afrika, wo er im J. 46 fein Ende fand.
Caes. b. Afr. 96. Cie. Brut. 76. — Wußerdem
gibt e8 noch Manlier mit dem Beinamen Aeci—
dinus; dahin gehören: 1) 2. Manl. Acidinus,
fämpfte längere Zeit in Hifpanien gegen verjchie:
dene Bölferichaften. Liv. 29, 2. — 2) 2. Manl.
Heid. Fulvianus, ein Sohn des Fulvius Flaccus
und Wdoptivjohn eines Manliers, kämpfte gleich:
falls in Hiſpanien, wo er (186 v. E.) die Celti—
berer — (Liv. 39, 21). Konſul war er 179.
Seipio der ältere jchäßte jeine Bürgertugenden
jehr. Cie. de or. 2, 64. — Ohne bejtimmten Fa—
miliennamen find noc zu nennen: 1) 2. Mant,,
fämpfte 218 v. E. unglüdlich mit den Galliern.
Liv. 21, 25. — 2) P. Manl., fämpfte in Hiſpa—
nien und Lufitanien mit abmwechjelndem Glücke.
Liv. 39, 56. 40, 34. — 3) C. Manl. (gewöhnlich
Mallius), erwarb fich in der jullaniichen Zeit große
Schäße, welche er in kurzer Zeit wieder vergeudete.
Nahmals war er ein Genofie Eatilinas (Plut.
Cie, 14) und fiel in der Schlacht bei PBiftoria in
Etrurien (Sall. Cat. 59 f.), wo er ein Heer geſam—
melt * ein Lager bei Fäſulä aufgeſchlagen hatte,
62 v. 6.
Manni, eine Art Feiner galliicher Pferde, von
den Römern als Kutjchpferde gebraucht; etwa wie
unjere Belter.
Mansiönes (von manere, übernachten, Suet.
Caes. 39), teil überhaupt Abjteigequartiere, teils
jpeziell in der Kriegsiprache die Stationsorte fir
das Nachtlager der Soldaten (Suet. Tib. 10); bis-
weilen find auch die an den Landſtraßen in paflen-
den Entfernungen angelegten Nachtquartiere
meint, die den Beamten und Bornehmen die
Fa
735
Arjiffa oder Owrörız (dem jeigen Banjee), jondern
vielmehr der jeßige See von Urmia oder Schahi
in Wejtmedien, in der Landichaft, wo die Ma:
tianer wohnten (j. Matiana), auh Spauta—
oder richtiger Capautajee genannt.
Mavrıxzn und Mdvraug |. Divinatio.
Mantineia, Mavriver«, eine ſchon von Homer
(Il. 2, 607) genannte jehr bedeutende Stadt (Pol.
2, 56, 6) im öftlichen Arkadien am Flüßchen
Dphis, jüdlih vom Gebirge Anchiſia und von
Orchomenos, nördlich von Tegea in einer Ebene
elegen (j. Arkadia), war bis zur Zeit der
erjerfriege feine eigentliche Stadt, jondern beftand
aus 5 in verichiedenen Teilen der Ebene gelegenen,
durch ein politisches Band geeinigten Flecken, deren
Bewohner aber bald nad) den Perjerfriegen auf
Rat der Argiver an der tiefften Stelle der Ebene
eine nene Stadt — und ſtark befeſtigten.
m J. 485 v. C. durch König Ageſipolis von
Sparta zerſtört, wurde die Stadt nach der Schlacht
von Leuktra wieder aufgebaut. Ihre Lage mußte
fie im Winter kalt, im Sommer drüdend heiß, zu
allen Jahreszeiten ungejund — da Sümpfe
ringsum in unmittelbarer Nähe der Stadt lagen.
Man erkennt noch den Platz des Theaters, —*
Ruine erhalten iſt, und die Richtung der Straßen
(jegt unter dem Namen (Baleopoli). Später wurde
M. nach dem Mafedonier Antigonos Antigoneia
genannt; Hadrian gab ihr den alten Namen
—— und ließ dort einen prächtigen Tempel des
ntinoos erbauen. — Bekannt iſt M. durch den
Sieg der Spartaner im J. 418 v. C. über die
Argiver und die mit ihnen verbündeten Manti—
neier (T’huc. 5, 72ff.), beſonders aber durch den
Sieg und Tod des Epameinondas im %. 362 v. E.,
deſſen Denkmal nicht weit von der Stadt lag.
Die Oberherrichaft über alle andern Städte Ar:
fadiend wurde den Mantineiern durch die Spar:
taner entriffen. Thuc. 5, 29. Xen. Hell. 5, 2.
Zur Beit des Achaiiſchen Bundes (222 v. CE.) züc-
tigte Aratos M. jehr hart, ja lieh jogar die vor-
nehmften Bürger wegen —F Anhänglichkeit an
| Spore binrichten oder verkaufen. Pol. 2, 57. 62.
Plut. Arat. 45.
Mantios j. Melampus.
Manto j. Teiresias und Polyidos.
Mantüa, Mdvrova, j. Mantova, eine auf einer
Inſel des Fluſſes Mincius gelegene tuſeiſche Stadt
des transpadamijchen Galliens, die ihren Ruf be—
ſonders dem Dichter Bergilius verdanfte, welcher,
‚in dem nahen Dorfe Andes geboren, jie als jeine
Vaterſtadt betrachtete. Verg. G. 3, 12ff. Or. am,
8, 15, 7.
Manubiae, die Kriegsbeute oder der daran
gelöfte Gewinn, bejonders der Beuteanteil des
Manubiae.
i
auemlichkeit eines Nachtlagers und Fütterung für | Feldherrn, Gegenjag praeda, die Beute jelbit, aus
ihr Vieh darboten. Auch die Kaifer benugten | Sklaven, Vieh, Sachen beftehend. Nach griechiicher
diejelben. Suet. Tit. 10. Lampr. Alex. Sev. 45. | Auffaffung war von den ältejten Zeiten her jedes
Daher auch übertragen der Raum einer Tagereife, | Gut des Feindes, bejonderd aljo jeine Rüftung,
griechiſch araduög.
Mantöle, 1) ein Handtuch oder Serviette, zum
Abtrodnen der Hände, namentlich bei dem Eſſen;
— 2) ein Tijchtuch, deſſen Gebrauch aber erſt zu
Hadrians Zeit auffam, indem die Speijetijche vor:
ber unbededt waren.
Mantiäna (j Mavrievj, Strab. 11, 529) ober
Matiana, d. i. blauer See, iſt nach Kiepert nicht
identijch mit dem in Slleinarmenien liegenden See
| ein Eigentum des Siegerd; dabei unterſchied man,
ob jie dem jchon getöteten (orül«) oder dem noch
lebenden Feinde (Adpvga) abgenommen wurde.
Dft wird daher bei Homer aus diefem Grunde
die „blutige“ Rüftung erwähnt. In jpäterer Zeit
pflegte der Feldherr die gemeinjame Beute zu
verteilen, doch vergaß man nicht, den Göttern
zuvor einen Teil zu weihen und im Tempel auf:
zuhängen, oder Öffentliche Gebäude damit zu
736 Manumissio
ichmücden, bisweilen aud) aus dem Ertrage zu er:
bauen (die Verteilung der Beute von WPlataiai
j. Hat. 9, 80f). Die Römer beftimmten einen
Teil der Beute für die Staatsfafje, einen andern
für den Feldherrn, das übrige ward unter dem
Heere verteilt; die dem Feinde abgenommene
Rüftung hieß spolia.
ManumissTo, j. d. a. e manu missio. Die
Freilaffung des Sklaven durd feinen Seren er:
folgte entweder 1) auf feierliche Weile und zwar
a) vindietä, berubend auf einer fingierten in
libertatem vindicatio durd) einen assertor (j. d.)
vor dem Magiftratus, worauf der Herr den Skla—
ven losließ (Liv. 41, 9); b) censu, indem der
Herr jeinen freizulaffenden Sklaven als Bürger in
die Genfusliften eintragen ließ (Cie. de or. 1, 40);
ec) testamento, indem die Freilaffung im Teſta—
ment des Herrn ausgejprochen wurde; oder 2) un:
feierlich, d. h. vermitteljt einer bloßen Privat:
erflärung, daf der Sklave frei jein jolle, nämlich
inter amicos, vor mehreren Freunden als Zeugen,
oder per epistulam, durch jchriftliche Erklärung,
oder per mensam, indem der Herr ben Sklaven
u. jeinem Mahle zog, oder auf dem Sterbebette.
azu fügte Kaijer Conftantin die Freilaflung in
der Kirche vor der Gemeinde. Die feierlihen
Formen gaben dem Sklaven jofort die Eivität,
die unfeierlichen nur den faktiichen Zuſtand der
Freiheit (in lıbertate morabantur, (ie. Mil. 12).
Das Freilaſſungsrecht von jeiten des Herrn war
urjprünglich unbeichräntt, allein der iüberhand-
nehmende Mißbrauch der Freilaſſungen machte Be—
ſchränkungen notwendig, welche in der lex Aelia
Sentia und der lex Furia Caninia (beide unter
Augustus 4 und 8(?) n. E., mit der Bejtimmung,
daf eine iusta causa manumissionis nachgemiejen
werden müſſe u. dgl. m.), darauf noch in der lex
Junia Norbana (j. Latini Juniani) unter Ti:
berius gegeben wurden.
Manus, im weiteren Sinne f. v. a. potestas
und mancipium, die Gewalt des Hausvaters über:
haupt, im engeren Sinne aber die Gewalt des
Mannes über feine Frau in der römischen Ehe,
(j. Ehe, I). Das Richteramt des Mannes war
nicht an die Manuschen gebunden, jondern fand
auch bei den andern ftatt, |. Judicium
domesticum unter Prozefs, B.
Manus ferrea j. Belagerung, 16. Dr
Manus inieetio. Das ältejte römifche et
Erefutionsmittel war die legis actıo per |Wf 7
manus iniectionem, welche der Kläger
gegen den verurteilten Beklagten anwen—
dete, um denjelben in Exekutionsknecht—
ſchaft zu bringen und Dadurch zur Zahlung
zu zwingen. Der Mläger führte nämlid)
30 Tage nach der Verurteilung den Be—
klagten vor den Brätor mit jolennen Wor—
ten, worauf der Bellagte, wenn er nicht
zahlte oder einen vindex ftellte, dem Klä—
ger zugeiprochen wurde (addıetus, adiu-
dieatus). Er folgte dann diefem in deſſen
Haus, wo er gefeflelt wurde und nad
60 Tagen in fremde SHaverei verkauft
oder getötet werden durfte. Wenn mehrere
Gläubiger waren, jo konnten fie den Beklagten in
mehrere Stüde zerhauen. Gellius (20, 1) verfichert,
daß dies nie ausgeführt worden. Cine nicht wört—
lihe Deutung jener unmenjchliden Bejtimmung
Ds nt 7 Ai
= x — ——
— Marathon.
verſuchte nach andern Göttling (rdm. Staatsver—
faſſung, ©. 323 ff.). Die manus in. fand ſtatt gegen
den iudicatus oder den pro iudicato zu haltenden
(confessus, indefensus), gegen den fur manifestus
und gegen den, welchen man als Sklaven bean:
ipruchte. Liv. 3, 44 ff. Mit Einführung des Formu—
larprozefjes verſchwand die alte jolenne manus
injectio, und der Brätor verhängte dann ohne vor—
hergegangene legis actio die jofortige Berjonal-
erefution (addictio), welche aber von der Realere-
fution nach und nach verdrängt wurde. Die addıcti
befanden ſich servi loco (ihre Kinder blieben frei),
verloren aber urjprünglich ihr Vermögen nicht und
traten durd) Bean ihrer Schuld wieder im die
alten Berhältnijie ein.
Mappa, ein Stüd Tud, namentlich von Lein:
wand, zu verichiedenem Gebrauch, wie Serviette,
Tiſchtuch, Vorhang u. ſ. w.
Marakanda, Magdxavda, j. Samarland, die
Hauptſtadt von Sogdiana in der fruchtbaren Ebene
des Polytimetos; nach Curtius (7, 6, 10) 70 Sta:
dien im Umfange. Arr. 3, 30, 6.4,3,6 u. ö.
Strab. 11, 517.
Maräthon, Magadur (das Fenchelfeld), ein
zu der attiichen ZTetrapolis (außer M. noch Tri:
forythos, Dinoe, Probalinthos) gehöriger Ort an
der Oſtküſte Attifas, in einer 2 Stunden langen,
1 bis 1'/, Stunde breiten, in ihrem nördlichen
und jüdlichen Teile jumpfigen Thalebene, welche
ein Heines Heer gegen ein großes begünftigte und
der Schauplaß des von Miltiades über die Perſer
erfochtenen Sieges war, 490 dv. C. Hat. 6, 107.
108. 111, 117. Das Einzige, was in der jebt
ganz baumlojen Ebene auf den erjten Blid dem
Beſchauer in die Augen fällt, ift ein im jüdlichen
Teile derjelben gelegener künſtlich aufgeichütteter
Erdhügel von 36 Fuß Höhe und etwa 200 Schritt
Umfang an der Bafis, noch jetzt vom Volke ö
shpog (das Grab) genannt, früher für das Grab:
mal der in dem Kampfe gefallenen Athener ge:
halten, deren Namen durch auf dem Hügel aufge:
jtellte Stelen dem Gedächtnis aufbewahrt wurden,
während jet durch Nachgrabungen Schliemanns
nachgewiejen ift, daß er einer mehrere Jahrhunderte
älteren Periode angehört und niemals ein wirt:
FE EFF
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* #
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liches Grabmal gewejen ift. Ein anderer jedesfalls
weit Meinerer Hügel, der die Gebeine der gefalle:
nen PBlataier und Sklaven umſchloß, ift jetzt eben:
falls fpurlos verihwunden. Einige Trümmerhaufen
Marathos — Marcelli.
neben einem vieredigen Unterbau aus großen
Marmorblöden, einige hundert Schritte nordweſt—
lid) von dem großen Hügel, bezeidinen wahr:
icheinlih die Stelle des dem Miltiades auf dem
Schauplatz feiner That errichteten Dentmals und
aud des zum Andenken an dem Gieg erbauten
Tropäons aus weißem Marmor. Paus. 1, 32,3 ff.
Ob Marathon an der Stelle des j. Dorfes Mara:
thona oder, wie Xeafe meint, jüdlicher bei j.
Wrana lag, ift nicht ficher zu entjcheiden.
Maräthos, Mdg«tos, alte, zuerft bedeutende
Stadt in Norbphoinitien, der Inſelſtadt Arados
ichräg gegenüber, j. Amrit, mit intereflanten Grä-
ber: und Zempelruinen. Arr. 2, 13, 8. 15, 6.
Strab. 16, 7583.
Marcelli (Deminutivum von Marculus, Mar:
cus, wie Lucullus von Lucius, Sabellus von
Sabinus u. a.), urjprünglich Plebejer, ein Zweig
des großen claudiichen Gejchlechts, erlangten in
fpäterer Zeit das Batriciat: 1) M. Claudius
Moarc., geboren um 270 v. E. (Liv. 27, 27), ein
Sohn des M. Claudius, gehört zu den ausge:
zeichnetiten Männern Noms im zweiten punijchen
Kriege. Auf jein ganzes Wejen jcheint griechiiche
Bildung eingewirkt zu haben; wenigjtens deuten
fein ritterliches Benehmen, welches er bisweilen
mitten im Toben der Kriegswut zeigte, feine Hoch—
achtung gegen den berühmten Wrchimedes und
andere Charafterzüge darauf hin. Plut. Mare. 1.
Die erjten Lorbeern erwarb er auf Sicilien. Als
Konjul leitete. er im J. 222 einen Krieg gegen
die injubriihen Gallier, in welchem er u Er:
legung des feindlichen Anführers Birdumarus in
der Schladyt von Elaftidium (dritte spolia opima
in der römijchen Geichichte) ſich den Ruf eines
tapferen Soldaten erwarb. Plut. Marc. 6 ff. Pol.
2,34. Cie. tusc. 4, 22. 49. Prop. 5, 10, 39 ff.
Liv. ep. 20. Oros. 4, 13. Nach der Schlacht bei
Gannä trat er aus längerer Zurückgezogenheit
wieder hervor, traf Mafregeln zur Berteidigung
Roms und jchühte von 216—215 Nola in Unter:
italien. Wenn er fich auch feiner enticheibenden
Kämpfe gegen Hannibal rühmen fonnte, jo mar
er doch in vielen Heinen Unternehmungen glüd:
lich, hob den tiefgejunfenen Mut der Römer und
wurde daher von ihnen ihr „Schwert“, wie Fabius
ihr „Schild“, genannt. Liv. 23, 14 ff. Plut. Mare.
10. Eutr. 3, 12. Im %. 214 erhielt er mit dem
dritten Konſulate den Befehl auf Sicilien, wo er
im dritten Jahre der Belagerung (212) Syrafus
eroberte und zugleich die Ruhe auf der Inſel
wieberherftellte. Liv. 24, 34 ff. 25, 23—31. Plut.
Mare. 13 ff. Fol. 8,5 ff. Flor. 2, 6. Eutr. 3, 14.
Im nächſten Jahre kehrte er nah) Rom zurüd,
erhielt aber keinen Triumph, jondern mur Die
Ovatio (in monte Albano triumphavit, Liv.
26, 21), Im %. 210 zum viertenmal Stonful,
tämpfte er in dieſem wie in dem folgenden Jahre
gegen Hannibal in den Gebirgen Mittelitaliens
mit Glück. Auf Bitten der Syrakufaner übernahm
er dann nach Bejeitigung einer Klage von dorther
wegen der ihnen twiderfahrenen Behandlung, wobei
er ſich edel und wohlwollend zeigte, das Patronat
ihrer Stadt. Liv. 26, 22. 26. 29 ff. 27, 2.4. 12 ff.
Zum fünftenmal Konjul, bewies er ſich in ver:
137
Tod, 208. Pol.10,32. Liv.27, 27. Plut. Marc. 29,
App. Hann. 50. Gein ®Berluft erregte große
Trauer, da Vorſicht, Geiftesgegenwart und per:
jönliche Tapferkeit ji in dem Grade, wie bei ihm,
bei wenigen römijchen Feldherren vereinigt fan—
den. Nicht minder zeichneten ihn Umeigennüßigfeit,
Srenndfichfeit gegen die Bejiegten, Gerechtigkeit
aus, doch war er ftreng gegen die Soldaten, wo
e3 nötig war, bisweilen auch wohl hart und grau—
jam. Plut. Mare. 10f. 13. Auch jcheint er in der
Wahl jeiner Mittel nicht immer bedenklich ge:
weien zu fein. Liv. 23, 17. 24, 39. 25, 5—7. Er
wurde nad) Einnahme von Syrakus Urheber der
römijchen Sitte, aus eroberten Städten Kunſtwerke
zur Berjhönerung nach Rom wegzuführen. Plut.
Mare. 21. — 2) M. Elaud. Marc., des vorigen
Sohn, fämpfte im zweiten puniichen Kriege meift _
an jeines Vaters Seite und entlam aus dem
Hinterhalte, in welchem diefer fiel, mit ſchweren
Wunden. Liv. 27, 265. Ale — ſchlug er im
J. 196 v. C. die Gallier und zeichnete ſich in der
Verwaltung der Cenſur (189) durch große Milde
aus. Liv. 37, 58. — 3) M. Claud. Marc., ver:
anlafte während feines Konfulates im %. 183
v. E. den Abzug der in Ligurien eingewanderten
Gallier. Liv. 39, 45. — 4) M. Elaud. Marc.,
ein Enfel von Nr. 1, war mehrere Male Konful
und befiegte im zweiten Konfulate die Gallier und
Ligurier, im dritten (153 v. €.) die Hiſpanier.
Er. jtarb bei einem Schiffbruch, da er als Ge—
jandter im Begriff war, fich zu Mafinifja zu be:
geben. App. Hisp. 48 ff. Eutr. 4, 9. Cie. div.
2,5. Liv. ep. 48. Cicero rühmt feinen Charakter
(Pis. 19). — 5) M. Claud. Marc., Anhänger
der Optimaten und Gegner Gäjars, dem er als
Konful (51 dv. E.) ſich widerjegte. Den Pompejus,
von dem er nicht viel erwartete, begleitete er auf
jeiner Flucht aus Jtalien und hielt jich nach deſſen
Befiegung auf Leſbos zu Mytilene auf, wo er ſich
mit NRedeübungen und Philoſophie beichäftigte.
Cie. ad fam. 4, 7. ad Att. 5, 11, 2. Plut. Oaes.29.
Caes. b. e. 1, 2. Die Gnade Cäſars zu fuchen
weigerte er ſich und begab ſich erft wieder nad
Rom, als auf Bitten des von Cäſar jelbit dazu
genötigten Senates der Diktator ihm Verzeihung
gewährte. Cie. ad fam. 4, 4, 3. Er fand aber
auf der Reife jchon in Athen durch Meuchelmord
einen Tod im %. 45. Cie. ad fam. 4, 12. Auf
ihn bezieht fi) Cicerod Rede pro Marcello, in
welcher der Redner Cäſar für Begnadigung des
Marc. dankt. M. war nicht ohne Beredjamteit
(Cie. Brut. 71), aber auch nicht frei von Habſucht,
jedoch ein Mann von feitem Charakter. — 6) E.
Elaud. Marcellus, Konful im J. 500. E,,
ein Gegner Cäjars, übertrug dem Pompejus den
Schuß des Staates, ohne daf er jedoch im Bürger:
friege bemjelben folgte, und blieb in Jtalien zurüd,
als Bompejus im folgenden Jahre nach Griechen:
land flüchtete. Cie. ad fam. 8, 9, 2. ad Att.
10, 15, 2. Plut. Pomp. 58 f. Suet. Caes. 29 ff. —
7) €. Claud. Marc., wie jo mande Mitglieder
feiner Familie ein Feind Cäſars, verwaltete im
%. 49 dv. C. das Konſulat und begleitete den Pom—
pejus nach Griechenland, ſöhnte fich indes jpäter
mit Cäſar aus und ftarb 43. Caes. b. g. 8, 50.
ichiebenen Kämpfen gegen Hannibal tüchtig, erlitt | b. c. 3,5. Dio Cass. 40, 46. — 8) M. Claud.
aber von demjelben eine Niederlage bei Benufia | Marc., ein Neffe und Adoptivjohn des Dctavianı
und fand in einem ihm gelegten Hinterhalt feinen | (j. die Stammtafel unter Julii, 8.), Sohn von
Realleriton des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl.
47
138
defien Schweiter Octavia minor, jeit 25 v. C.
Gemahl der Julia, der Tochter des Octavian, ein
junger Mann, der durch ausgezeichnete Eigenjchaf:
ten große Hoffnungen erregte. Auguſtus hatte
ihn wahrſcheinlich zu jeinem Nachfolger beftimmt;
er jtarb aber „> im %. 23. Dio Cass. 53, 28 ff.
Tac. ann. 1, 3. hist. 1, 16. duet Oct. 63. Hor.
od. 1,12, —9 "Plin. 19,3 24. — 9) Seine Schwefter,
Marcella die ältere, war Gemahlin des be—
rühmten rze darauf, nach Scheidung von
ihm, mit Antonius, dem Sohne des Triumvirs,
vermählt. Plut. Ant. 87. — Aus einer andern
Linie ftammte 10) En. Cornelius Lentulus
Marcellinus, ein Freund Eiceros, Zeuge gegen
Verres in deflen Prozefie und Konſul im J. 56
v. C. Als Freund Ciceros zog er ſich die Feind-
ſchaft des berüchtigten Clodius zu. Er war ein
"nicht unberedter Mann. Cie. ad fan. 1, 1, 2.
Brut. 70. — Den Namen Marcellus trägt auch
11) En. Marc. Empiricus, ex mag. officiorum
unter Theodofius 1. und II., ein geborener Gallier,
deſſen Werf, medicamentorum liber, noch vor-
handen ift, herausg. von Cornarius (1536) jowie
in den Sammlungen der Medici antiqui von
Aldus (1547) und Stephanus (1567).
Marcia aqua, eine im Gebiet von Tibur ge-
—— Duelle, 4 durch eine vom Prätor D.
reius Rer im 144 v. E. angelegte und von
Agrippa 33 v. €. ee Waflerleitung Rom
mit trefflihem Wafler verjah. Plin. 31, 3, 24. 36,
15, 24. Strab. 11,515. Tibull. 3, 6, 58.
Marciäna silva, ein im SW. Germaniend ge
fegenes —— in der Nähe des Iſter, viel—
leicht der heutige Schwarzwald.
Marcianopölis, Moagxıarönolıs, eine von
Trajan angelegte und zu Ehren feiner Schweiter
Marcia benannte Stadt in Untermöfien, auf dem
Wege von Eonftantinopel nad) der Donau, j. Pra-
vadi in Bulgarien.
Marciänus, Magxıevös, 1) ein Geograph aus
Herafleia in Bithynien, lebte um 410 n. E. Mit
enußung der beften Quellen von Hanno und
Skylar bis Ptolemaios verfahte er einen wegiriovg
rs Fin Paldoons in 2 BB., mit genauer An:
gabe der Entfernung der Orte nad) Stadien. Ein
anderes Werf, das eine Beichreibung der Küſten des
Mittelmeers enthielt, ein Auszug aus Menippos von
Bergamon, ift bis auf einige Bruchftüde verloren.
Das erhaltene Werk iſt für die ältere Geographie
bejonders wegen der Stadienbeftimmungen wichti “
und zeugt von des Berfafjers Fleiß und Gejchma
Ausgabe im 1. Bande von Miüllerd Geographi
Graeei minores (1855). — 2) ein römijcher Rechts⸗
gelehrter zu Garacallas Zeit (212 n. C). —
3) Marc. (Martianus) Felix Capella, in der
erjten Hälfte des 5. Jahrh. n. E. zu Madaura in
Afrika geboren, ein in ——— Verhältniſſen
lebender Sachwalter, ſchrieb ums J. 470 zu Rom
ein Werk, teils in Proſa teils in "Berjen, Satira
oder Satiricon betitelt in 9 BB., wovon die 2
erften Bücher, de nuptiis philologiae et Mercu-
rii, die Einleitung zu einem encyflopädijchen Werke
über die befannten 7 Wiſſenſchaften oder Künſte
enthalten; ein gelehrtes, aber nicht gehörig geord—
netes, jchwerfällig und jchwälftig, nicht ohne Bar:
barismen gejchriebenes Werk, welches im Mittel-
alter eine Grundlage des höheren Schulunterrichts
Marcia aqua — - Marecii.
und der gelehrten Bildung abgab. Ausgg. von
Kopp (1836) und Eyſſenhardt (1866).
arcii (aud) Martii), ein plebejiiches Geſchlecht;
als Batricier gelten jedoch in der Tradition:
2 Numa Marcius, welder (Plut. Num. 5) den
—— Numa von Eures nad; Rom begleitete, ihm
ratend bei jeinen religiöjen Reformen zur Seite
ftand und nach deſſen Tode jich jelbit der Tod
ab. Plut. Num. 21. Liv. 1, 20. — 2) Des vorigen
ohn, Numa Marc., Bater des Ancus Mar:
cius. — 3) Ancus Marc., j. Ancus. Pie von
dieſem hinterlafjenen Söhne wurden von dem
ichlauen Tarquinius Priſeus um ihre Thronrechte
—— weshalb ſie ihn nach langer Ruhe durch
euchelmord beſeitigten, aber nur dem Servius
Tullius den Weg zum Throne bahnten und in der
Fremde eine Zuflucht ſuchen mußten. Liv. 1, 40f.
4) En. Marc. Eoriolanus, erwarb, wie die
Überlieferung meldet, feine erften 2orbeeren im
Kampfe gegen die vertriebenen Tarquinier und
wurde deshalb ausgezeichnet. Z’lut. Cor. 3. Doc)
machte ihn jeine ftreng ariſtokratiſche Gefinnung
ihon frühzeitig in Rom verhaßt. Im J. 493 v. €.
fämpfte er mit Auszeichnung gegen die Volſtler⸗
ſtadt Corioli, trug hauptſächlich zur Eroberung
derſelben bei und bekam deshalb den Ehrennamen
Coriolanus. Ziv. 2, 33. Nach Dionys und Pin:
tarch zeichnete er ſich noch in einer unmittelbar
auf dieje Eroberung folgenden Schlacht gegen die
Antiaten aus. Dion. Hal. 6, v1f Plut. Cor. 8.
Alle Belohnungen joll er abgelehnt Haben. Als
im J. 491 in Rom Getreideuot herrichte, bean-
tragte er, erbittert wegen feiner mißlungenen Be:
werbung um das Konſulat, nad den einen, die
Getreideverfäufe aus den Staatsmagazinen einzu
ftellen, bis das Volk auf das Tribunat verzichtete,
nach den andern jogar, dem Bolt feine Tribunen
zu nehmen, weshalb er von diejen vorgeladen nnd,
als er nicht erichien, zum Exil verurteilt wurde.
Plut. Cor. 16 ff. Liv. 2, 34. Dion. Hal. 7, 21 ff.
Bei den Boljfern fand er eine Zuflucht, da er
unter ihnen einen Saftfreund, Attius Tullus, hatte.
Beide veranlaßten die Volſter, denen fid) die Hquer
anfchloffen, zu einem Kriege gegen Rom und über:
nahmen die Führung des voljfiichen Heeres. Lir.
2, 35. Plut. Cor. 27. Nach Einnahme mehrerer
Städte ſtand Mareius dor Rom (nad) Dionys
und Plutarch machte er mehrere Streifzüge), plün-
derte überall die Güter der Plebejer, verichonte
dagegen die der “Patricier und jcheint dadurch
Miptrauen in Nom erregt zu haben; denn wäh:
rend der Senat ſich widerjeßte, beftand das Voll
auf Frieden. Vom Cluiliſchen Graben aus ver:
heerte M. das römische Gebiet. Es wurde eine
römische Gejandtichaft ins volſtiſche Lager geſchickt;
aber an des Marcius Yorberung, den Borftern die
ihnen entrifjenen Gebiete zurüdzugeben, jcheiterten
die Unterhandlungen (nad) andern bot man ihm
die Aufhebung der Verbannung an, worauf er
noch jene Bedingung ſtellte). Die Abjendung der
Priefter hatte ebenjowenig Erfolg. Beſſer erging
es der dritten Gejandtichaft, welche aus römischen
Matronen beftand, und an deren Spibe des M.
Gemahlin Bolummia nebjt ihren Kindern und feine
Mutter Beturia ſich befanden. Anfangs wies er
auch jie ab, lieh jich aber endlich, von der Macht
ihrer Bitten ergriffen, zum Abzuge bewegen. Er
zog Sich ins Gebiet der Boljfer zurüd, wurde aber
|
|
|
Mareii.
daſelbſt auf Anftiften bes erbitterten Tullus er:
ſchlagen. Nach einem der älteften Hiftorifer, dem
Fabius Pictor, dagegen jtarb er freudblos im Exil.
Liv. 2,39. Dion. Hal. 8, 1ff. Plut. Cor. 30—
36. 39. Cie. Brut. 10. „Wie viel darin wahr ift,
läßt ſich nicht entjcheiden; aber alt ift die Erzäh—
lung, aus der die naive Impertinenz der römijchen
Annaliften eine vaterländifche Glorie gemacht hat,
und jie öffnet den Einblid in die tiefe jittliche und
politiihe Schändlichkeit diejer ftändijchen Kämpfe‘
Mommijen). — Blebejer: DO. Marcius Rer,
'onſul im J. 68 dv. E., ein Schwager des Clodius,
welchem er während jeiner Verwaltung Kilikiens
zur Zeit des mithridatifchen Krieges die Flotte
übergab; infolge der lex Manilia mußte er 66
Provinz und Heer an Pompejus abtreten. Er
befehligte im J. 63 gegen den Manlius, den Feld—
herrn des Eatilina. Sall. Cat. 30—40, Dio Cass.
36, 14 ff. 26ff. Er ftarb vor Elodius. — Ferner
die Cenjorini: 1) C. Marc. Rutilus, befeh:
ligte als Konjul im 3. 357 v. E. gegen die Pri—
vernaten in Yatium (Liv. 7, 16) und wurde 356
der erjte plebejiiche Diktator (Liv. 7, 17) im Kriege
gegen die Etrujfer, weiche er ſchlug. 352 erhielt
er abermals das Konjulat und im folgenden Jahre
uerjt unter den Plebejern die Genfur (Liv. 7, 22).
Im vierten Konſulat (342) entdedte er im rö—
mijchen SHeere, welches in Campanien lag, eine
Berihwörung. Liv. 7, 38. — 2) Sein Sohn, E.
Marc. Rutilus, kämpfte als Konful des Jahres
310 v. C. gegen die Samniter. Liv. 9, 33. 38. —
3) 8. Marc. Cenſorinus, unternahm als Konjul
(149 v. E.) mit M'. Manilius die Belagerung
ftarthagos, kehrte aber, ohne fie zu Ende zu führen,
nad Rom zurüd. Zav. ep. 49. Hervorzuheben
it an ihm * Liebe für griechiſche Wiſſenſchaft
und Bildung. — Dasſelbe war der Fall mit 4) C.
Marc. Cenjorinus, der auch als Redner von
Cicero gerühmt wird. Im Kampfe zwifchen Ma:
rius und Sulla hielt er es mit dem erfteren, erlitt
im 3. 32 v. E. eine Niederlage durch Pompejus
bei Sena und darauf bei dem von ihm verjuchten
Entjage der Stadt Pränefte. Nicht befjer erging
es ihm im Kampfe gegen Sulla auf dem Marjche
gegen Rom. Schon am nädjten Tage fiel er in
die Hände jeines Gegners, der ihn töten ließ.
Cie. Brut. 67. 90. App. b. e. 1, 88. — 5).
Marc. Cenforinus, ein Anhänger des Anto:
nius, begleitete diejen nah Mutina und wurde
Statthalter in Achaja. Plut. Ant. 24. — 6) C.
Marc. Cenjorinus, wie es jcheint ein Mann
von gelehrter Bildung, wenn er derjelbe ift, an
den Horaz die achte Ode des vierten Buches rich:
tete. Er war Konjul im J. 3 dv. E. und ftarb
allgemein betrauert im J. ı n. E. in Aſien. Vell.
Pat. 2, 102. — Aus einem andern Zweige, den
Erijpi, jtammte DO. Marc. Erijpus, ein Freund
Eiceros und des Caſſius, dem er im J. 43 v. E.
die von ihm bisher befehligten ſyriſchen Legionen
übergab. Brut. ep. ad Cic. 2, 5. Er war ein
tapferer Soldat, der wahrſcheinlich unter Cäſar
gedient hatte. Caes. b. Afr. 77. Cie. Pıs. 23,54. —
ar Familie der Figuli gehören: 1) C. Mare.
Figulus, befehligte (169 v. E.) im Striege gegen
Berjeus die römische Flotte (Ziv. 43, 17. 44,17. 10)
und wurde 162 zum Sonjul gewählt, legte aber
|
139
156 befleidete er zum zweitenmal das Konjulat.
Liv. ep. 47. — 2) E. Marc. Figulus, Konjul
des J. 64 v. C., unterftüßte den Cicero bei Be-
ftrafung Eatilinas und jeiner Anhänger. Cic. ad
Att. 12, 21. — Ein anderer Zweig find die Phi-
lippi: 1) DO. Marc. Philippus, Konful im
%. 186 v. C. leitete im Auftrage des Senats die
Unterfuchung wegen der Bacdjanalien, worüber
das betreffende Dekret noch vorhanden iſt. Darauf
führte er einen unglüdlichen Krieg gegen die Li:
gurer, die ihn in eine Waldichlucht lodten; dieje
befam nad ihm den Namen Marcıus saltus. Liv.
39, 6 ff. 20. Im 9. 183 übertrug ihm der Senat
die Ordnung der Angelegenheiten Adajas; einen
gleihen Auftrag befam er 171, bearbeitete die
Gemüter der Griechen zu Gunften Roms und hatte
eine Zuſammenkunft mit dem Könige Perjeus, den
er durch Liftige Überredung zu einem Waffenftill-
ftande mit Rom bewog. Liv. 39, 48. 40, 2f.
42, 37 ff. Abermals erhielt er das Konfulat im
J. 169 und die Führung des Krieges gegen Ber:
ſeus, den er in mehreren Treffen jchlug. Des
Königs Mutlofigkeit erleichterte ihm die Einnahme
einer Reihe von Städten, und der Senat ging
bereitwillig auf die von Marcius den Achaiern ge:
machten Zuficherungen ein. Liv.43, 13. 44,1. 7.16.
Pol. 29, 10%. Doch mußte er im nächften Jahre
dem Amilius Baullus die Beendigung des Krieges
überlafjen. — 2) 2. Marc. Philippus, bekleidete
im 5%. 104 v. E. das Volfstribunat, das Konjulat
91, die Cenſur 86, war Gegner der Optimaten,
verjöhnte ſich aber jpäter mit ihnen und trug zur
Abſchaffung der Gejege des Livius Druſus wejent:
li bei. Cie. legg. 2, 12, 31. Als der Kampf
wiichen Sulla und Marius ausbrach, trat er auf
Sullas Seite. Dem Bompejus zollte er große
Anerkennung. Seine Beredjamfeit (Cie. Brut. 47),
welche Eicero jehr rühmt, erlaubte ihm, frei und
ohne Vorbereitung aufzutreten, dabei war er wigig
und griechiſcher Wifjenjchaft fundig. Hor.ep.1,7,46.
Cie, Brut. 47. de or. 2, 78. 3, 1. Bon jeinen
Neden, deren mehrere genannt werden, bejigen wir
nur einzelne Anführungen. — 3) X. Marc. Phi—
lippus, des vorigen Sohn, Gemahl der Atia,
einer Nichte des Diftators Eäfar, weiche ihm in
dem Octavian einen Stiefjohn zubradhte. Befreundet
mit Cicero und Gäjar, enthielt er fich der thätigen
Zeilnahme am Bürgerfriege. (ic. ad Att. 10, 4,10.
Die hochitrebenden Pläne des DOctavian erfüllten
ihn mit Bejorgnifien. Vell. Pat. 2, 60, 1.
Andere Marcier find: 1) L. Marc. Septimus,
aus ritterlichem Geichlechte, zeichnete fich im zweiten
punijchen Kriege nach dem Tode der beiden Sci:
pionen in Spanien, deren Deere er vor gänzlichem
Untergange bewahrte, als er von den Soldaten
troß jeiner Jugend an die Spige geftellt wurde,
im ehrenvollen Nampfe gegen die Karthager aus.
Liv. 25, 37. Als jpäter der ältere Scipio den
Befehl in Hiipanien erhielt, z0g er den Marcius
an fi und übertrug ihm die Bezwingung meh:
rerer feindlicher Städte, eine Mufgabe, welche er
mit Ehren löſte. Die ihm aufgetragene Grobe:
rung von Gades mihlang zwar, dagegen übergab
fih ihm die Stadt nachmals freiwillig. Liv.
28,23. 32,2. Bei Scipio ftand er in großem
und wohlverdientem Anjehen. Zonaras und Ap—
wegen eines Formfehlers bei der Wahl das Amt | pian erwähnen ihn nicht. -— 2) DO. Marc. Tre:
nieder (Cie. div. 2, 35, nat. deor. 2, #).
Im J. mulus, kämpfte im J. 306 v. E. fiegreidy mit
47*
740 Mareins mons
den Hernifern und Samnitern. Ziv. 9, 42. — |
3) Marcius, ein Weisjager (Liv. 25, 12) zur)
Beit des zweiten punifchen Krieges (nach andern
waren e8 2 Brüder). Cie. div. 1, 89, 115. 2, 113,
Plin. 7, 119. Macrob. sat. 1, 17. — 4) Mare.
Macer, ein Feldherr des Kaiſers Otho, kämpfte
gegen defjen Gegner Bitellius. Tac. hist. 2, 23. —
5) DO. Marc. Livianus Turbo, ein Günftling
des Hadrian, dämpfte Aufftände in Judäag und
Mauretanien und wurde vom Kaijer zum Befehls:
haber der Prätorianer ernannt, zog fich aber nad):
* des Herrſchers Feindſchaft zu. art. Hadr. |
4f. 9. 15.
Marcius mons, rö Mdgxıov Ögog, ein Berg
im Lande der Voljfer in der Nähe Yannpiumes. |
Plut. Camill. 33. Lir. 6, 2 (ad Marcium is locus
dieitur, wo jedoch die Handichriften Mecium oder
Mestium geben).
Marcomanni, Magxoudrvor, d. h. Grenzman-
nen, von Cäjar (b. g. 1, 51) mißverftändlich unter
den Bölfern des Arioviftus genannt. Später er:
icheinen fie (Tac. Germ. 32. Vell. Pat. 2, 108)
unter Maroboduus (Marbod) in Böhmen (dem
Lande der Bojer), wo fie fortan in Verbindung
mit andern germanifchen Stämmen einen der
großen deutjchen Völkerbünde bildeten. Da Mar-
bod, ein Manı von unftreitig großen Gaben, aber
wohl nicht geringerer Herrſchſucht, einſah, daß
Deutichland bei den Berjuchen der vereinzelten
Stämnte, fid) den Römern entgegenzuftellen, feine
Freiheit nicht wahren würde, jo juchte er in jeder
Weije, jelbft durch Aneignung römijcher Kriegs:
zucht, jein Bolf zu ftärfen, geriet aber darüber
mit den Cherujfern unter Arminius in einen hef—
tigen Nampf, der nicht glüdlich für ihn ausſchlug.
Tae. ann. 2, 45f. Nicht lange darnach wurde
Marbod, defjen Herrichjucht feinem eignen Volle
drüdend wurde, vertrieben und fand in Italien zu
Ravenna eine Zufluchtsftätte. Aber feinen Sturz
überdauerte doch die mehr monarchiſche Herrichaft
bei den Martomannen, welche unter dem folgenden
Kaijern mit Nom in Frieden lebten und erft mit
Marc Aurel in einen lange dauernden Krieg ver:
wickelt wurden, im welchem fich ihnen noch andere
öſtliche deutſche Völfer anjchloffen. Diejer Marko:
mannenfrieg begann im J. 166 n. C. Das wech:
jelnde Kriegsglüd führte bald die Marfomannen
bis an die Grenzen Italiens, bald den Kaijer
über die Donau ım feiner Feinde Gebiet. Erft
Commodus beendigte im J. 181 den Krieg durch
einen Shimpflichen Frieden, der den Marfomannen
freifih Mut genug einflößte, ihn im Laufe der
nächſten Jahrhunderte oft zu brechen und die rö—
miſchen Grenzprovinzen in verheerenden Überfälfen
heimzufuchen. Capitol. Ant. Phil. 12 ff. Herod.
1,1. Amm. Marc. 29, 6. Nach Aurelian werden
fie faum mehr genannt; ihr Name erjcheint im
Heere des Attila, und niemals treten fie als Hülfs:
truppen der Römer auf.
Mardi j. Amardi.
Mardonios, Magöörıog, war ein Sohn des
Gobryas, Schwager des Dareios I. und zugleich ver:
mählt mit deſſen Tochter Artazoftra. Boll kecken
Selbftvertrauens und Ehrgeiz ſtieß er in Mleinafien |
die Anordnungen des Artaphernes um und ftellte de:
mofratijche Berfafiungen her. Auf des Dareios
Befehl zug er nad) Beendigung des ioniſchen Auf—
ftandes 492 v. E. (ue Fagı) gegen Griechenland,
— Margiana.
welches er als Statthalter der Achämeniden zu be-
herrichen hoffte. Hdt. 6, 43. Nachdem feine Pläne
durch die Vernichtung der Flotte am Athos ge-
fcheitert waren, und das Landheer nad) einem Yu:
fammenftoß mit den thrafifchen Brygern umge:
fehrt war, wurde er des Befehls enthoben (Hut.
6, 43 ff. 94), und Dareios übertrug die Fortſetzung
des Krieges andern Männern. Bei Kerres fanden
indes feine Pläne wieder Eingang, und 480 war
er unter den Hauptbefehlshabern des großen Kriegs:
eeres (Hdt. 7, 5. 82). Als nad) der Schlacht bei
Salamis Xerres nad) Afien zurüdfehrte, blieb Mar
donios auf feinen Wunſch an der Spike von
300 000 Mann zurüd, überwinterte in Theflalien
(Hdt. 8, 113. Diod. Sie. 11, 19) und rüdte, nadı
dem er vergebens den Mafedonier Alerander, um
zu unterhandeln, nach Athen geichidt, im Frühiahr
wieder vor; wahrjcheinlich in der zweiten Hälfte des
Juni zerftörte er Athen zum zweitenmal. Jidt.
9.3.13. Thue. 1,89. Zurückgekehrt nad) Boiotien,
lagerte er fih am Aſopos und lieferte im Juli
oder Auguft 479 die Schlacht bei Plataiai. Er
jelbft wurde tapfer fämpfend in der Mitte einer
auserwählten Schar von dem Epartaner Meimnejtos
getötet (Hdt. », 63), fein Leichnam, wahricheinlich
auf Beranftaltung jeines Sohnes Wrtontes, ins:
geheim begraben. Hdt. 9, 84. Plut. Arist. 19.
Just. 2, 137.
Mareötis, 7; Magsörıg scil. Aurn, and) Mdosıe
oder Magi« (Arr.%,1,5), Marva, j. Birfet Mariut,
großer Strandjee bei Alerandreia, gegen 300 Sta
dien lang, 150 Stadien breit, gebildet durch Seiten-
fanäle des fanobifchen Nilarmes, benannt nach der
Stadt und Landichaft Marea (Magen Hat. 2,
18. 30; Magei« Thue. 1,104) an feinem Südufer,
deren Palmen, Bapyros und ftarfer Wein einft
berühmt waren. Jetzt ift der See faft troden, die
Gegend wüſte. Sirab. 17, 789. 799. Verg. @.
2, 91. Hor. od. 1, 37, 14.
Margäla, n Moeydia, oder Margäna, rü&
Meoyava, Stadt der eliſchen Landſchaft Piſatis
in unbeftimmter Lage; die Einwohner Maoyarsis.
Xen. Hell. 3, 2, 25. 4, 2,16 u. d. Strab. 8, 349
Diod. Sie, 15, 77.
Margaritae, ®erlen, in ihrer Echtheit ſchon
früh ein Gegenftand des Luxus und auch bei
Griechen und Nömern ein Lieblingsihmnd zum
verjchiedenjten Gebrauche, als Ohrgehänge, Ge:
ichenfe für die Sieger im Wagenrennen u. ſ. f.
Am berühmteften ift die große und wertvolle Perle
(1%, Mill. Marf) geworden, die Kleopatra bei
einem Gaftmahl in Weinejfig aufgelöft und auf
die Gejundheit des Antonius getrunfen haben joll.
Plut. Ant. 28. 29. Eine ähnlidye Gejchichte er:
zählen Horaz (sat. 2, 3, 239 ff.) und Plimius (9, 59)
von einem Sohne des berühmten Schaujpielers
Niopus. Die meiften und beften Perlen wurden
bei den Inſeln des Perſiſchen Meerbuſens gefifcht;
die an der britijchen Küfte waren trüb und blei«
farbig (subfuscn ac liventia, Tac. Agr. 12).
Margiäna, 7) Megyıarıj, altperfiih Marghu,
Provinz des perjiichen Reiches zwiichen dem Oros
im N., Baltriane im D., NAreia im S., Hyrlania
im W.; eigentlih eine große, durch den Fluß
Margos (j. Murghab) bewäſſerte und nach ihm
auch benannte Daje, fruchtbar (namentlich tern:
reich) und ſtark bevölkert, von Wüſten umgebeıt,
in melden wilde Völker, wie die Barner, Daör
Margites — Marii.
und Derbifer, hauften. Der füdlihe Teil des
Landes hie Nifaia. Die Hauptftadt wurde von
Antiohos J. kolonifiert und Antioheia Mar:
giane genannt, j. Merw. Den Römern wurde
M. erit durch die aus der parthijchen Gefangen:
ichaft Zurüdfehrenden (20 v. E.) etwas befannter.
Strab. 11, 51ö6f. Plin. 6, 16, 46. Curt. 7, 10, 15,
Just. 42, 5.
Margites, Maoyelıns, Maeydens, Figur der
griechiſchen Vollsjage, in der eine Dummheit dar:
geftellt war, die fich jelbit für Hug hielt. Der
Marg. bildet jomit ein Gegenftüd zu dem deutjchen
Eulenjpiegel, dem Schlaufopf unter der Maste der
Dummheit. Er war der Held eines jcherzhaften,
dem Homer ſchon von Archilochos fälſchlich zu:
geichriebenen Heinen Epos, das Ariſtoteles (poet. 4)
als den Anfang der attifchen Komödie anfieht,
während er Jlias und Odyſſee als Vorgängerin—
nen der Tragödie betrachtet. Die Einjchiebung
von iambijchen Verſen unter die Herameter diejes
|
141
und Handhabung der Öffentlichen Sicherheit fei-
nem Namen einen guten Ruf zu verichaffen. Plut.
Mar. 5. Cie. off. 3, 20. Uber feiten Grund zu
feinem kriegeriſchen Ruhme legte er erft im Kampfe
egen Jugurtha, in welchem er als Legat dem
etellus zur Seite ftand, die zerrüttete Difciplin
herftellen half und zur Befiegung des feindlichen
Königs mejentlich beitrug (109). Plut. Mar. 7.
Sall, Jug. 46 ff. Er erbat jid von Metellus Ur:
laub, erhielt gu aber erit nn langem Zögern
und ging zur Konfulwahl nah Rom. Den Opti-
maten war der rauhe, gerade, derbe Kriegsmann
natürlich; ſehr unbequem; er hafte die damals
üblich gewordene Beftechlichfeit der Vornehmen
und war uneigennüßig und rechtlich, zu hofieren
verftand er nicht, und doc bahnten jich damals
die jungen Römer dadurd am fchnelliten den Weg
ur Macht. Aber M. bejah die Gunft der Ple-
ejer, deren Standesgenoffe er war, er beſaß die
Liebe der Soldaten, mit denen er wie mit jeines-
Epos wird dem Pigres, einem Sohn oder Bruder | gleichen verkehrte, ohne doc Zügellofigkeit zu
der berühmten kariſchen Königin Artemifia zur dulden; er hatte fich als waderen Haudegen wie
Beit des XZerres, zugeichrieben, der auch Penta—
meter in die Ilias eingejchoben haben joll und von
manchen für den Berfafler der — Token
ER wurde. gl. Ktinfel, ep. Graec. fragm. |
p. 64 ff.
Marii, ein plebejiſches Geſchlecht, aus dem zu:
erjt genannt wird: 1) E. Marius, der berühmte
Befieger der Cimbern und Teutonen. Er ward im
J. 156 v. E. in dem Dorfe Gereatä (daher Ce-
reatae Marianae {päter genannt, j. Cajamare,
d. h. Mariusheimat) bei Arpinum geboren (Plut.
Mar. 3; vgl. Sall. Jug. 63), war von niederem
Stande und erhielt eine dem angemefjene Er:
ziehung. Indem er den Wifjenichaften fremd blieb,
wuchs er im ftrenger, einfacher Zucht auf, die ſei—
nen Körper ftählte und abhärtete, jo daf er Hunger
und Durft, Hitze und Kälte in gleicher Weije er:
trug. Er wurde mit ganzer Seele Soldat, er:
lernte den Kriegsdienſt in Spanien und bildete
ſich hier unter dem jüngeren Scipio, zugleich mit
jeinem nachherigen Gegner Jugurtha, zum tüch:
tigen Feldherrn aus. Cie. Font. 15,33. Vell. Pat.
2, 9. Plut. Mar. 3. So hatte er die Bahn be:
treten, welche allein es dem niedrig geborenen, aber
ehrgeizigen Jüngling möglich machte, zu hohen
Ehren emporzufteigen und die Batricier feine niedere
Herkunft vergeffen zu laſſen. Dazu kam, daß auf
den unter einem Baume jchlafenden Jüngling einft
ein Wdlerneft mit 7 Jungen —— ſein
ſollte, was die Weisſager auf eine große Zukunft
und glänzendes Glück (die 7 Jungen auf die
7 Konſulate) deuteten. Val. Max. 6, 9, 14. Im
J. 119 wurde er Vollstribun, In diefem Amte,
in welchem er ein Geſetz de suffragiis ferendis,
zur Beichränfung der Beftechung bei den Wahlen,
durchſetzte, zeigte fich das angeborene Ungeſtüm
jeines Charakters und feine große Heftigkeit. Aber
höhere Amter zu erlangen, mißlang ihm vor der
Hand. Plut. Mar. 4. Erſt jeine Heirat mit der
Aulia, einer Tante des Julius Cäſar, vermittelte
dem mit einem der edeliten und älteften Adels—
geichlehter Roms verbundenen M. im 9. 115
(n. a. 116) den Zutritt zur Prätur und gab ihm
als Statthalter Spaniens Gelegenheit, nicht nur
jeine militärifchen Fähigleiten zu bewähren, Ton:
dern aud durch redliche und feſte Verwaltung
|
als tüchtigen —— gezeigt, und man wagte es
daher troß der Abneigung gegen den Emporkömm—
ling nicht, feiner Bewerbung ernftlihe Hindernifje
in 9 Weg zu legen. Sall. Jug. 73. Plut. Mar.
8.9. Er wurde daher im J. 107 Konſul, und
man befam an ihm einen befferen Feldherrn gegen
Jugurtha, ald es die bisherigen zum Teil troß
ihres adeligen Wejens und ihrer griechiichen Bil-
dung gewejen waren. Mit dem Oberbefehl gegen
Jugurtha ging er nad Afrika, wohin er zur Ver—
ftärfung des Heeres Refruten aus den niedrigjten,
meift befitlojen Schichten des Volles mitnahm.
Dadurch gewann er zugleich für weitere Pläne
treue Anhänger. Er erfocht nun bald glänzende
Siege über den Gegner, der endlid durch Sullas
Ränke und den Berrat feines Schtwiegervaters
Bochus in die Gewalt der Römer geriet, im
J. 106. Liv. ep. 66. Sall. Jug. 103 ff. Des M.
Ruhm war jo groß, daß man ihn im J. 104 in
feiner —— zum Konſul gegen die Rom
und Stalien bedrohenden Cimbern und Teutonen
erwählte und ihn aud in den 3 folgenden Jahren
immer wieder wählte, ein Ereignis, jo unerhört
in den Annalen Roms wie ungejeglih. Aber von
ihm allein erwartete man Rettung. Liv. ep. 67.
Plut. Mar. 12—14. 22. Oros. 5, 16. Nachdem er
die entmutigten Römer in jeinem ftarf verſchanzten
Lager an den Ufern des Ahodanus an den An—
blid der wilden Feinde gewöhnt und fich ſelbſt in
jeinem Wberglauben von einer — Rat
geholt hatte (man denke an Wallenſtein), zog ex
den Teutonen, als fie an jeinem Lager vorüber:
zogen, um den Weg nah Italien einzufchlagen,
nad und jchlug fie gänzlich bei Aquä Sertiä
(Air), 102. Vell. Pat. 2, 12. Plut. Mar. 15 ff.
Sturz nach der Schlacht erhielt er die Glückwünſche
zum fünften Konfulate. Darauf z0g er nach Ober:
italien (101) und bejiegte, nachdem er jich mit
dem Heere des Prokonſuls Catulus, unter dem
auch Sulla diente, vereinigt hatte, die Cimbern
auf den Raudiſchen Feldern in der Nähe von Ver—
cellä (j. Bercelli). Liv. ep. 68. Plut. Mar. 24 ff.
Flor. 3, 3. Sie wurden gänzlic) vernichtet. Dem
Retter Noms wurden die größten Ehren beim
Triumphe zu teil; das Volt nannte ihm den zwei—
ten Romulus, den zweiten Camillus; jelbjt die
5)
742
Ariftofraten ftrenten ihm Weihraud. Kutr. 5, 1.
Lir. a.a. ©. Plut. Mar. 27. Man wählte den
ehrgeizigen Mann, dem alle Ehren und Schmeiche:
leien den Kopf verwirren mußten, auch für das
J. 100 zum Konſul. Vell. Pat. 2, 12. Oros. 5, 17.
Nun aber jollte fich jeine Befähigung zum Staats:
manne zeigen. Jedoch diefe äußerte jich in zwei:
deutigen Ränken, namentlich darin, daß er feinen
alten Gegner Metellus betrog. Der Volkstribun
Saturninus hatte ein Adergejep eingebracht, mit
dem Zulaß, daß nad) Annahme desfelben durch
das Volf auch der Senat gehalten fein jolle, nach
4 Tagen einen Eid auf Haltung des Geſetzes ab-
zulegen; wer ſich weigere, jolle jeiner Senator:
würde verluftig fein. Bei der Umfrage erflärte
M. zuerft, er werde den Eid nicht leisten, worauf
Metellus dasjelbe erflärte; bei der zweiten Um:
frage jedoch ſchwur M., ihm folgte der Senat,
nur Metellus beharrte bei jeiner Weigerung und
mußte ins Eril wandern. App. b. e. 1,29. Cie.
de dom. 31. Wie er ſich von Metellus befreit
hatte, jo madıte er es jpäter auch mit feinem
Helfershelfer Saturninus, gegen den er auf Ber-
langen des Senats einjchreiten mußte, was ihm
einen Teil der Plebejer zu Feinden machte. Da
er fühlte, daß er nur durch Krieg fich unentbehr:
lih machen könne, ging er nach Ablauf jeines
Konfulats nad Afien und fuchte den Mithridates
von Pontos zum Kriege aufzureizen. Bald brad)
der marſiſche Krieg aus, veranlaft durch die Ge—
jeßesvorjchläge des Drufus (j. Drusi, 2.), nament:
li den, das Bürgerrecht allen Italikern zu ver:
leihen. Als Drujus mit feinen Vorjchlägen große
Bewegung hervorrief und von Mörderhand ge:
troffen wurde, da erhoben fich (#0) die Jtaliker,
um ſich Gleichheit mit Roms Bürgern zu er-
fämpfen. M. diente in dem Kriege als Yegat;
dann übernahm er nach dem Tode des —*8
Rutilius Lupus bei der Niederlage am Fluſſe
Tolenus den Befehl und ſchlug die Marſer in
einer blutigen Schlacht in der Nähe des Fueiner
Gerd. Doc zog er fich wegen Alters bald zurüd,
trachtete aber, als der Krieg mit Mithridates aus:
brach (88), wieder nad) dem Oberbefchl gegen den-
jelben und nad dem fiebenten Konjulate, welches
ihm ein Wahrjager prophezeit hatte. Diesmal
gewann Sulla, welcher ſich jchon gegen Jugurtha
und die Eimbern ausgezeichnet und, wie es jcheint,
auch im Bundesgenofjenkriege den alternden M.
zulegt überflügelt hatte, ihm den Vorſprung ab
und erhielt für das Jahr 88 das Konjulat. Val.
Max. 9, 7,1. Oros. 5, 18. Damit fam die ſchon
lange verhaltene Feindſchaft zwiichen beiden nad) |
der höchſten Gewalt ftrebenden Männern, die nach
Charakter und Bildung jo grundverichieden waren,
pr Ausbruch. M. verband fich im J. 88 mit
em Tribunen Sulpicius Rufus, welcher den Vor:
ichlag machte, die neuen Bürger durc alle Tribus
zu verteilen, jo daß ihre größere Zahl die alten
Bürger überjtimmt und die beabfichtigte Erhebung
des M. zum Feldherrn gegen Mithridates bewirkt
hätte. Liv. ep. 77. App. b. c. 1, 55. Nach ge:
waltjamen Unruhen ging auch der Vorichlag durch.
Als aber des M. Serfuche, Sullas Heer zu ge:
winnen, fehlichlugen, und der leßtere fich gegen
Rom in Mari jegte und die Stadt einnahm,
mußte der alte M. nebit feinem Sohne fliehen.
Er mußte von Ort zu Ort wandern, bald im
Marii.
Freien übernachten, bald fich dem unficheren Meere
anvertrauen; zuletzt ſetzten ihn die fahrenden
Schiffer ans Land, er fand bei einem Fiſcher in
den Sümpfen bei Minturnä Schuß, wurde aber
entdedt, nad der Stadt gebracht und zum Tode
verdammt. Da ihn feiner hinrichten wollte, er:
bielt ein gallifcher (oder cimbrijcher) Sflave den
Befehl dazu, konnte aber, ergriffen von der drohen-
den Stimme des furcdhtbaren Greijes („Du wagſt
es, Menſch, den Marius zu morden?‘“ waren die
Worte, die er ihm entgegenrief), die That nicht
ausführen und ftürzte mit den Worten: „Ich kann
den Marius nicht töten!“ aus dem Gefängniffe.
Da retteten ihn, eingedenf feiner Thaten, die Ein:
wohner von Minturnä und ließen ihn aus ihrer
Stadt. Glücklich entlam er nach manchen Gefah—
ren nach Afrifa und ftieg zu Karthago ans Land.
Val. Max. 3, 8, 5. Plut. Mar. 35 ff. Sull. Of.
App.b.e.1,57 ff. Vell. Pat. 2, 19. Cie. Plane. 10.
Der dortige Befehlshaber befahl ihm, das Yand
zu verlaffen, M. hieß aber den Abgejandten des-
jelben feinem Herrn melden, er habe den Marius
auf den Ruinen Karthagos als Flüchtling ſitzen
jehen. Welch ergreifendes Bild der Bergänglic
feit irdiicher Größe! Zu Karthago fam auch der
jüngere Marius, der fich von ihm getrennt hatte,
wieder zu ihm. Auf günftige Nachrichten aus Rom
eilte er nach Jtalien, jammelte ein Heer, vereinigte
fih mit Cinna und rüdte gegen Rom, wo der
Senat in der größten Angft war und Unterhand:
lungen anzufmüpfen ſuchte. Einna zog in Rom
ein, M. erft nad Aufhebung jeiner Verbannung
(87). Schon jein Einzug flößte Schreden ein.
Der finftere, von bitterem Groll erfüllte Greis war
von einer Schar bewaffneter Sklaven umgeben,
die nur feines Winfes harrten, um über jeine
Gegner herzufallen. Weſſen Gruß er unerwidert
ließ, der war dem Tode geweiht. Das Blutbad,
das nunmehr begann, richtete fich namentlich gegen
die freunde Sullas; Mord und Plünderung herr
ten überall, Sullas Güter wurden eingezogen, er
felbft geächtet. Vell. Pat. 2,20 ff. Plut. Mar. 42f.
App. b. c. 1,64 ff. Darauf übernahmen M. und
Einna ohne weiteres das Konſulat, jener zum
fiebentenmal, im J. 86. Doch jchon wenige Tage
darnach ftarb er, 70 Jahr alt, am 13. Januar,
aufgerieben durch die erjchütternden Ereignifle der
legten Zeit feines fturmbewegten Lebens, gewiß
lebensmüde und ruhebedürftig. Liv. ep. 80. App.
b. c. 1,75. Plut. Mar. 45. Vell. Pat.2,23. Noch
an jeiner Ajche übte fpäter Sulla Rache; er ließ
fie in den Anio ftreuen. Die Schilderung feines
Lebens ift zugleich ein Bild feines Charakters und
jeiner Eigenichaften; über altrömijche Sittenftrenge
und Nechtlichfeit, die er in feinen jüngeren Jahren
\ zeigte, trugen jpäter Ehrgeiz und itelfeit den
Sieg davon. Der tüchtige Feldherr ging in dem
mittelmäßigen Staatsmanne unter. Den Batri:
ciern jchon nad) feiner Abftammung Feind, juchte
er fie zu demütigen, wo er mur fonnte; feinen
plebejiichen Standesgenofjen war er dagegen mit
Leib und Seele zugethan. — Sein Adoptiviohn,
2) C. Marius, gewöhnlich der jüngere Marius
genannt, geboren im %. 109 v. E., machte fich im
J. 82 zum Konful. Ar Grauſamkeit des Gemüts
glich er jeinem Water. Er begleitete denjelben auf
der Flucht, wurde aber von ihm getrennt und
traf erft in Afrila wieder mit ihm zufammen.
Mariamme — Marmarica.
Nach deffen Tode ftand er an der Spibe ber
marianiihen Partei im Kampfe gegen Gulla,
wurde in einer Schlacht von ihm geichlagen und
von demjelben in dem feſten Pränefte belagert.
Als die Übergabe der Stadt nicht mehr zu ver:
meiden war, ſuchte er ſich durd die Flucht zu
retten, fand aber entweder auf derjelben oder durch
die Hand eines feiner Getreuen den Tod. App.
b.c. 1, 87ff. Flor.3, 21. Vell. Pat.2, 26. Plut.
Mar. 46. — 3) €. (M.) Mar. Gratidianus,
aus Arpinum, fam durch Mdoption in die Familie
des Marius und machte fih in Rom während
jeiner Prätur durch ein Münzgejeß, welches er
freilich gegen die Verabredung vorzeitig verfün-
digen lieh, jehr beliebt. Cie. off. 3, 20. Sulla lieh
ihn im %. 82 v. E. nad) feinem Einzuge in Rom
durch Catilina auf graufame Weije umbringen.
Flor. 3, 21. 26. Seine Beredjamfeit hatte ihm
großen Einfluß verichafft. Cie. Brut. 62, 223, —
4) M. Mar., ein Mann von wigigem Wejen,
ſtand mit Cicero in innigem Verkehr, welchen beide
von ihren bei Bontpeji gelegenen Landfigen aus
eifrig pflegten. Ahr Briefiwechjel trägt die Zeichen
diefer engen Freundichaft und ift im jehr humo—
riftiicher Sprache gehalten. Cic. ad fam. 7,1 ff.
Er lebte noch ums J. 46 v. C. — 5) E. Ama:
tius, der falihde Marius, urjprünglih ein
Augenarzt, hieß eigentlich Herophilus und nannte
fi) römijch dafür Amatius. Er war von niederer
Herkunft und hatte fich durd das Vorgeben, er
jei ein Entel (oder Sohn) des älteren Marius,
beim Bolte großen Anhang verſchafft. Bon Cäſar,
defien Tante Julia Gemahlin des älteren Marius
war, juchte er feine Anerfennung zu erwirfen, da
Cicero und andere, deren Hülfe er in Anipruch
nahm, ihn an denjelben verwiejen (Cie. ad Att.
12, 49); dieſer wies ihn aber ab und verbannte
ihn aus Stalien. Nah Cäſars Tode kehrte er
—— und affeftierte große Verehrung für den
Frmordeten, jowie Haß gegen die Mörder, worauf
ihn Antonius hinrichten ließ. Val. Max. 9, 15,1.
— 6) ©. Mar., ein geborener Hijpanier, fand
durch den nach jeinen großen Reichtümern lüfter:
nen Tiberius im J. 33 n. €. feinen Tod. Tac.
ann. 6, 19. — 7) B. Mar. Celſus, thätig unter
Nero und feinen Nachfolgern, befehligte im J. 63
n. E. in Bannonien, diente dann dem Galba mit
roßer Aufopferung und Treue, jpäter in gleicher
eije dem Dtho, der ihn durch fein Vertrauen
auszeichnete, und für den er gegen Bitellius
fämpfte. Sein Anjehen jcheint jo groß geweſen
zu jein, daß, jowie er mit Einficht und Glüd ſich
unter den früheren Herrſchern möglid und unent—
behrlich gemacht hatte, er auch unter dem Schwelger
Vitellins ungefährbet blieb. Tac. hist. 1, 39. 90,
2, 23. 60. — 8) Mar. Priſcus, wurde wegen
Erprefjungen in Afrifa von den durch ihn be:
drüdten Einwohnern der Provinz in Rom ver:
Hagt, wo der Hiftorifer Tacitus und der jüngere
Plinius die Klage gegen ihn führten. Plin. ep.
2,11. Juve. 1,49 ff. — 9) 8. Mar. Marimus,
lebte. zur Zeit des Alerander Severus, unter wel:
chem er das zweite Konſulat (223 n. E.) befleidete,
nachdem er zwijchen 217 und 222 das Profonfulat
von Afrika verwaltet hatte, und ift wahrſchein—
lich identiſch mit dem Gejchichtichreiber Marius
Marimus, dem Fortſetzer der fuetonijchen Kaiſer—
biographien für die Negenten von Nerva bis
143
Heliogabal, dejien Werk die Hauptquelle der ſ. 9.
Scriptores historiae Augustae gebildet zu haben
icheint, in großer Weitichweifigfeit, doch nicht ohne
Sinn für Wahrheit. Vgl. über ihn 3. 3. Müller
in Büdingers Unterfuchungen zur römiſchen Kaiſer—
geichichte (1870), III. Abhandlungen von Plew
(1878 und 1885). — 10) Mar: Bictor, drift:
licher Dichter des 5. Jahrh., verfifizierte die Genejis
in 3 BB. in untadeligem Versbau. Anziehender
ift ein Brief an den Abt Salomo in 105 Hera:
metern, eine jatiriiche Zeichnung der Sitten feiner
eit. — 11) E. Mar. Bictorinus aus Afrika,
hetor und Grammatifer im 4. Jahrh. n. E., ver:
faßte philojophiiche und rhetoriſche Schriften ſowie
eine Metrik in 4 BB. (mit einigen Heinen Schrif:
ten eines angeblihen Marimus Bictorinus her:
ausgegeben von Keil, gramm. Lat. VI p. 1ff.),
jpäter, nachdem er Chrift geworden, Kommentare
zu mehreren Briefen des Paulus und Gedichte
biblijhen Inhalts, welche letztere jedoch vielleicht
je andern Victorinus angehören.
Mariamme, Magıduun, eine von Alexander
m Gebiete von Arados geichlagene Stadt Koile—
Foriens; j. Kalaat el-Hosn. Arr. 2, 13, 8. Plin.
5, 23, 12.
Mariäna, Magier), eine von C. Marius ge-
rünbete Stadt Korſikas im nördlichen Teile der
ftfüfte am Fluß Tavola (j. Ruinen gl. N.) —
Eine andere Stadt Marianum lag an der Süd:
füfte der Inſel (j. Bonifacio).
Mariandjni, Magıavövroi, eine im nordweſt—
lihen Teile Bithyniens mohnende Bölterjchaft,
nit Eines Stammes mit den thrafijchen Thy:
nern oder Bithymern. Hdt. 3, 90. Im perfiichen
Heere kämpften fie zufammen mit den Paphlago:
niern (Hdt. 7, 72. 75). Xen. An. 6, 2, 1. Strab.
7, 295.
Marlänus mons, rö Magıavöor Ögog, Gebirge
in Hijpania Bätica nördlich des Bätis, j. Sierra
Morena.
Maricae lucus, Magixug &lcog, ein der alt:
italifchen Nymphe Marica gemweihter Hain, zwi—
ſchen Minturnä und dem acer, aus dem man
| das einmal Hinzugetragene nicht wieder wegichaffen
durfte. Liv. 27, 37. Plut. Mar. 39. Daneben lag
die Palus Maricae, in welche ſich der Liris ergo.
Hor. od. 3, 17, 7. Vell. Pat. 2, 19.
Marikäs ſ. Eupolis.
Marinos, Magivos, 1) aus Tyros, ein Geograph
im 2. Jahrh. n. E., fur; vor Ptolemaios, von
deſſen ebensverhãtniffen nichts weiter bekannt
iſt. Die Geographie verdankt ihm die erſte Be
ftimmung der Länder und Orte nad) feiten Graden
der Länge und Breite, befonders hat er die Nord—
füfte von Europa deutlicher als alle feine Bor:
| gänger bejchrieben. Er war eine Hauptquelle für
Btolemaios. — 2) ein berühmter Anatom um das
%. 90 v. E., von Galenos der Wiederheriteller der
Anatomie genannt. Bon jeinen Schriften hat fich
nichts erhalten.
Markiänos j. Marcianus,
Marmarica, 7) Maguagırr), nordafrilanijche
Landſchaft weitli von Agypten, in der Negel zu
Kyrenaife gerechnet, erjtredte ji im Süden bis
zur Daje des Zeus Ammon und umfaßte in diejem
weiteren Sinne 2 Gebiete, den libyichen Nomos
‚im D. und das eigentliche Marmarika im W. Jetzt
f
744
eine Sandwüfte, war das Land im Altertum wohl
fruchtbarer. Die Bewohner, Maguagidaı, lebten
größtenteils al Nomaden; an der Küfte die Adyr—
maciden und Giligammen, im Innern die Augilen
und Najamonen. Hdt. 4, 168 f. 172. 182. Strab.
17, 798. 838. Mela 1, 8. Plin. 5, 5.
Marmor, der Darmor, jcheint jchon bei Homer
in dem Ausdrucke udouepog vorzulommen, ob:
wohl dies für einen weißen, glänzenden Kieſel—
ftein genommen zu werden pflegt. Indeſſen war
der Marmor dod) dem Homer vielleiht befannt,
da in Kleinafien und auf den Kykladen Marmor:
brüche vorfommen; nur hatte er Damals weder in
der Architeltur noch in der Plaſtik eine befondere
Bedeutung erlangt, was jpäter in Griechenland in
ſehr umfafjendem Maße der Fall war. Bon den
Griechen lernten erjt nad) Eroberung des Yandes
die Römer die Anwendung desjelben beim Bauen.
Metellus Macedonicus Tief zuerjt in Nom einen
marmornen Tempel bauen: bald aber diente der
Marmor als Schmud jelbft in den Privatwoh:
nungen, teil® zu Fußböden, Zimmerdeden, Wän-
den, teils zu Stulpturarbeiten. Viele der präch—
tigften Arbeiten diejer Art waren aus Griechenland
herübergeholt. — Der berühmtefte Marmor war
der parijche, blendend wei und vom fjchönften
Glanze; der penteliihe, in Athen bejonders be-
liebt und zugänglich, und der des Taygetos waren
fehr weiß und feſt, der hymettiſche graugeadert,
der forinthifche bunt, meiſt gelb, der phrygiſche
(ſynnadiſche) weiß mit purpurroten Fleden, der
thefjalifche mit grünen, weißen und ſchwarzen
Adern gemiſcht, der Farnftiiche (auf Euboia) teils
grün, teils gemischt, der thafische weiß, der leſbiſche
— der profonnefiiche (nicht weit dom
orgebirge Sigeion — ſchön weiß mit
ſchwarzen Adern; zu Niſa in Kleinaſien gleichfalls
ein buntgeaderter Marmor. Außerdem famen noch
viele Marmorarten von trefflicher Güte aus Aſien
und Afrifa, bejonders der numidiſche (gelb mit
purpurroten Flecken) und der arabijche, der mit
dem ioniſchen wetterferte, ſowie der von der Inſel
Phurne zwiſchen Samos und Ikaria, der z. B.
das Material der Statue des ſ. g. fterbenden
Fechters ift. Später fand man auch manche Sor:
ten im weftlihen Europa, bejonders in Stalien
im Berge Luna in Etrurien (j. Marmorbrüche von
Earrara). Bol. Blümner, Technologie und Ter—
minologie III ©. 26 ff.
Maro j. Vergilii, 3.
Marobodüus (Rofjegebieter), Marbod, König
der Marlomannen, wurde am Hofe des Augustus
erzogen, fehrte dann aber zu feinem Bolfe —
und ſtiftete ein Völkerbündnis, welches die Eifer:
ſucht der Römer erweckte. Mit einem auf römi—
ſchem Fuß gebildeten Heere von 70000 Mann
zu Fuß und 7000 zu Pferde trat er 12 unter
Tiberius und C. Sentius Saturninus ausgeſandten
Legionen entgegen (6 n. E.); doc nötigte Die
Römer ein Aufjtand in Bannonien zu einem Ber:
gleihe und die bald darauf erfolgte Niederlage
des Barus zum Aufgeben fernerer Schritte. Vell.
Pat. 2, 108. Aber in dem Cherufferfürften Ar:
minius erhob ſich ein gefährlicher Gegner für ihn;
M. wurde mehrmals geichlagen, auf Anftiften der
Römer in feiner Burg von dem Goten Catualda
überfallen (Tae. ann. 2, 62) und mußte zu den
Marmor — Marsi.
er noch 18 Jahre in ruhmloſer Stille. Tac. ann.
2,45. 62f. gl. au Marcomanni.
Maron, Mdgor, 1) Sohn des Euanthes, eines
Sohnes des Dionyſos und der Nriadne, Priefter
des Apollon zu Iſmaros (Maroneia) in Thrakien,
wo er jelbjt ein Heiligtum hatte, bei Späteren
Heros des fühen Weins. Hom. Od. 9, 197 ff.
Prop. 2, 32, 14. Er heißt auch Sohn des Dino:
pion oder des Seilenos oder des Dionyjos (Kur.
Oyel. 114) und ward unter die Begleiter des Dio:
nyſos gezählt. Merkwürdig ijt an diefem Heros
die Vereinigung eines Apollonprieftertums mit
jeiner dionvyfifchen Natur. — 2) Sohn des Orfi:
phantos, Bruder des Alpheios, cin ſpartaniſcher, in
den Thermopplen gefallener Held, der zu Eparta
ein Heroon hatte. Hat. 7, 227.
Maroneia, Magorsıa, Stadt an der Südküſte
Thrafiens, nordweftlid von Mejambria am Ufer
des Jimarosjees und am Fluß Sthenas — anfangs
im Beſitz der Kikonen, dann von Chios aus folo:
nifiert (Hdt. 7, 109), und bejonders durch ihren
trefflihen Wein berühmt (Plin. 14, 4, 6), auf den
ihon von Homer (Od. 9, 39) hingedeutet wird;
jebt Maronia.
Marpessa ſ. Idas.
Marrucini, Maogovxivor, Maggovxıroi, eine
Heine tapfere jabelliihe Wölterichaft im öftlichen
Teile Mittelitaliens am rechten Ufer des Aternus,
der fie von den Bejtinern trennte, während im ©.
die Bäligner und Frentaner ihre Nachbarn waren.
Die Hauptjtadt diejer nicht ganz 10 [ JM. großen
Landichaft — des ager Marrucinus — war Teate
(j. Ehieti); mit den Veſtinern gemeinjam bejaßen
jie den Hafenort Aternum (j. Bescara) an der
Mündung des Aternus. Ihre Geſchichte Fällt weient:
lich mit der der Marjer zujammen. Ein 304 v. E.
mit den Römern geichloffenes Bündnis (Liv. 9, 45.
Diod. Sie. 19, 105. 20, 101) dauerte bis zum
Bundesgenoffenfriege. Plin. 4, 15, 29.
Mars j. Ares.
Marsacli, eine in Gallia Belgica wohnende
Völkerſchaft, auf einer der Inſeln ım Mündungs-
gebiet des Rhenus, den Römern zuerft durch den
Aufftand des Claudius Eivilis befannt geworden.
Tac. hist. 4, 56. Eine genaue Beltimmung des
Wohnplages ift nicht möglid).
arsi, Mcdgooı, Magool, 1) alte Bölterichaft
jabelliichen Stammes (Hor. epod. 17, 28) in Mittel:
italien auf einer Hochebene der Apenninen, rings
um den Lacus Fucinus (j. d.) herum, zwiichen den
Flüffen Liris und Mternus. Mit den andern
ſabelliſchen Völkerſchaften, Pälignern, Beftinern,
Marrucinern u. ſ. w., ſtanden fe faft ftets gegen
die Nömer für die Sammiter im Felde (Liv. 8, 29),
bis fie 304 v. E. einen Bund mit Rom jchlofien.
Pol. 3, 24, 12. Liv. 9, 45. Im 93. 91 vo. €.
traten fie aber wieder an die Spike der Bundes:
genofien gegen Rom (f. Marsicum bellum).
Die Hauptftadt Marruvium (ji. San Benebetto)
lag am öftlidyen Ufer des Fucinusjees. Die Marjer
waren jchr tapfer, zugleich befannt als Kenner
der heilfräftigen Kräuter ihrer Berge und als
Schlangenzähmer; daher auch die ihnen beigelegte
Abſtammung von der Kirfe oder ihre Belehrung
durch die Medeia. — 2) Völkerichaft im NW. Ger:
maniens zwijchen Wejer, Rhein, Lippe und Rubr,
Römern feine Zuflucht nehmen. In Ravenna lebte
nad) Tacitus (Ferm. 2) zu den Urftämmen (itä:
Marsicum bellum.
bonen) zu rechnen. Zum Bunde der Gherujfer
ehörig, nahmen fie wejentlichen Anteil an der Be:
jegung des Varus, weshalb ihnen aus der Beute
auch ein römischer Adler zu teil wurde. Tac. ann.
2, 25. Bor den Angriffen des Germanicus wichen
fie ins Innere zurüd und verjchwinden dann aus
der Geſchichte. Tac. ann. 1, 50. 51. 56. hist, 3, 59,
Marsieum bellum,. Der Drud, melden der
römijche Senat, vornehmlich nach dem dritten pu—
niſchen Kriege, gegen die italiichen Bundesgenofien
übte, deren Tapferkeit und Anftrengung Rom die
Erreihung feines Zieles, der Herrſchaft über die
Welt, verdankte, hatte in den Gemütern derjelben
eine Bitterfeit zurüdgelaffen, welche die ſchlimmſten
Folgen ahnen ließ. Man fühlte das in Nom aud)
wohl, und mehrere Vorſchläge wurden gemacht,
den Bundesgenofien das Bürgerrecht zu erteilen,
namentlich von C. Grachus. Plut, CO, Grach, 13.
Aber immer waren es mur die Wünfche einzelner,
welche fich in folchen Borjchlägen kundgaben, das
Volf im allgemeinen, nod zu ftolz auf jeinen
Ruhm und jenen Namen, war dagegen und fonnte
ſich noch nicht an den Gedanken gewöhnen, mit
den Italern zu Einem Ganzen zu verjchmelzen;
um jo mehr kann der fich äußernde Widerjtand des
Senats als ein Ausdrud der Volksmeinung an:
aejehen werden. Daher war der Unwille gegen
Marius, als er nach Befiegung der Eimbern den
an der Seite der Römer kämpfenden Camerinern
das Bürgerrecht erteilt hatte, fo groß; nur feine
großen Berdienfte jchügten ihn vor den Folgen
diejer unberechtigten That. Plut. Mar. 28. Als
num eine große Anzahl Italer aus Rom mit
Strenge ausgewiejen wurde, umd der Gejehvor:
ichlag des Tribunen Livius Drufus, den Latinern
als einem Zeile der Bundesgenofjen das Bürger:
recht zu erteilen, nicht durchging, da wurde die
Gärung immer größer und nahm nod zu, als die
Gewaltthätigfeit der Optimaten nach des Druſus
Ermordung alle Freunde der Italer aus Rom
trieb. Plut. Cat. min. 2. App. b. c. 1, 37. Es
bildete fich, zuerft im Geheimen, ein großer Bund,
welcher anfangs die Marjer, Päligner, Samniter,
Lucaner und einige andere italijche Völkerſchaften
umfaßte, die Stadt Lorfinium im Pälignerlande
unter dem Namen Stalica zur Bundeshauptftadt
erhob und fich eine der römijchen nachgebildete
Berfaflung, mit einem Senat und Konfuln an der
Spiße, gab. App. b. c. 1, 38. Der Marjer Bom-
pädius Silo und der Samniter 2. Papius Mu-
tilus waren die erften Konjuln. Sie waren die
Grundlage des neuen Gebäudes. Doc hatte fich
das Gerücht davon jchon verbreitet, und in Rom
war man aufmerfam geworden. Eine Gewalt:
that im Aſculum gegen Abgejandte des Senats,
den Profonjul DO. Servikius und dejjen Legaten
Fontejus, bejchleunigte den Ausbruch eines Kampfes,
von weldhem wir bei der Mangelhaftigkeit der
Quellen nur gg Umrifje zu geben vermögen.
Vell. Pat. 2, 16. Flor. 3, 18. Pompädius ließ
durch Abgejandte dem Senat die Bitten der Jtaler
vorlegen, erhielt aber eine jtolze Antwort. Der
Senat forderte IInterwerfung. Die erſte kriegeriſche
Unternehmung der Römer war nun gegen Aſculum
gerichtet. Als die Römer aber von den Einmwoh:
nern befiegt wurden, erhob ſich faft ganz Mittel-
italien, und ‚die Bundesgenofjen wandten ich
(90 v. €.) zunächſt gegen die römijchen Kolonien
145
und verteilten zugleich unter ihre Konjuln Jtalien
zur Vereinfachung der Operationen. Jedem wurden
6 Prätoren aus den einzelnen Bölferjchaften unter:
geben Inzwiſchen hatte ſich Rom gerüftet, und
die Konjuln erhielten Befehl, das bedrohte ‚Cam:
panien zu jchüßen. Die Hauptführer der Italer
waren Pompädius, Mutilus und Bettius Cato.
Mutilus jchlug den Konjul L. Julius Cäſar, ge:
wann mehrere Städte und fand überall zahlreichen
Zulauf. Eine Schlacht bei Acerrä in Gampanien
brachte den Römern Berlufte, wenn jie gleich ihre
Gegner zurüddrängten. Aber immer mehr Städte
fielen den Bundesgenoffen zu; am Liris erlitt der
andere Konjul Rutilius durch Bettius Cato eine
Niederlage. Zwar gewannen darnadı die Römer
einige Vorteile; aber bald folgte Schlag auf Schlag,
und der Konſul Cäſar wurde abermals in der
Nähe des Liris gänzlich befiegt. Sulla und
Bompejus, die in diejem blutigen Kriege mit
großer Auszeichnung fochten, bejiegten indes die
Bicenter in einigen Treffen, wogegen dieſe in
Gampanien wieder glüdlidy ftritten. App. b. ce.
1, 39. Plut. Sert. 4. Immer weiter dehnte fich
der Aufftand aus, Nom mußte durch Freigelaſſene
jeine großen Berlufte erjegen und, um nur weiteren
Abfall zu verhüten, den treu gebliebenen Bundes:
genofjen durch die lex Julia und die lex Plautia
et Papiria endlih das Bürgerrecht zugejtehen.
Cie. Arch. 4. Sie bildeten nene Tribus. Uber
die Bundesgenoffen, melde gegen Rom in den
Waffen ftanden, hofften ohne Zweifel, nach jenem
Ereignis für ſich ähnliche Vorteile zu erwerben,
und verloren an Eifer, und da auch Sulla ganz
bejonders glüdlidy kämpfte, jo erlitten fie, be:
jonders bei Acerrä und bei einem Verſuche, Etru—
rien in Aufftand zu bringen, erhebliche Verluſte
(89). Marjer, Päligner und andere Bölfer mad):
ten ihren Frieden mit Nom. Nicht minder glüd:
lih waren die Römer in Campanien, wo fie
Pompeji und andere Städte eroberten; die Bundes:
genofjen erlitten, wie es jcheint in der Nähe von
Nola, durch Sulla eine entjcheidende Niederlage
und ungeheueren Berluft; er unterwarf die Hir:
piner, drang in Sammium ein und rettete hier
fein rings von Feinden eingejchloffenes Heer nur
durch Lift und durch einen fühnen Marſch über
die Berge. Aber nach der Niederlage des Marius
Egnatius am Aufidus war eigentlich die Madıt
der Bundesgenofjen gebrocdyen; doch hielt Pom—
pädius ihre Sache noch aufrecht. Vergeblich war:
teten die Bundesgenoffen (88) auf die erbetene
Hülfe des Mithridates von Pontos (Diod. Sie.
37, 2); ihr Feldherr Bompädius fiel in Apulien,
an feine Stelle trat der Samniter Bontius Tele:
finus, welcher, während in Rom ich die neuen
Bürger mit den alten ftritten, anfangs glüdliche
Fortichritte machte, darnach aber von Norbanus
geichlagen wurde. Zwar war auch jeßt noch ein
ſamnitiſch-lucaniſches Heer in den Waffen, indefien
war der Krieg doch im wejentlichen beendigt. App.
b.e. 1,53. Als darauf Sulla, welcher den Krieg
gegen Mithridates geführt hatte, wieder aus Aſien
zurüdfehrte und den Kampf gegen die Marianer
egann (83), ſchloſſen fich die Bundesgenoſſen an
dieje an. Sie fämpften zwar noch tapfer, aber
nicht eben glüdlih, Sulla vernichtete den größeren
Teil der Etruifer, Pontius jammelte alle Streit:
fräfte der Bundesgenofjen zum Zuge gegen Rom,
746
während Sulla Pränefte einfchloß, und Rom jah,
das erfte Mal jeit den Tagen Hannibals, wieder
Feinde vor feinen Thoren. Aber Pontius, ftatt
raſch anzugreifen, zögerte zu lange und ſchritt erft
auf die Nachricht von Sullas Heranrüden zum
Sturm. Ein wilder Kampf beginnt, es ift das
legte Auflodern eines erbitterten Streites, der
Rom und Ftalien in feinen Grundfeften erichüttert
hatte. Da eilt Sulla heran, feine gefchlagenen
und flichenden Krieger reißen ihn mit fort; er
ordnet fie abermals, neuer Kampf entjpinnt fich,
die erjchöpften Bundesgenofjen erliegen, Pontius
Telefinus fällt, mit ihm noch andere Führer. Prä-
nefte und Nola, die legten von den Bundesgenoffen
behaupteten Bunkte, ergaben ſich; Sulla wütete mit
Grauſamkeit gegen die Gefangenen. Liv. ep. 88.
Plut. Sull. 20 ff. Vell. Pat. 2, 27. Die lebten
umberftreifenden Haufen wurden vernichtet. So
twar die Ruhe hergejtellt, die Ruhe des Grabes;
Städte und Dörfer, Häufer und Tempel Tagen
zerftört, befonders in Samnium, deifen Bevölle—
rung zum größten Teil ausgerottet wurde; fulla-
niſche Militärkolonien bildeten in dem verödeten
Lande neue Niederlafiungen. Hunderttaujende waren |
gefallen, Italien ein verheertes Land, und das
fiegende Rom mußte den Befiegten (Latinern und
Bundesgenofjen) Das gewähren, um was man fo
erbittert geftritten, — römijches Bürgerrecht. Vgl.
Kiene, der römische Bundesgenofienfrieg (1845).
Marsyas, Maoovas, 1) Sohn des Dlympos
oder des Hyagnis oder des Diagros, ein phry—
iicher Seilenos, Perjonififation des phrygiſchen
Flötenſpiels im Dienſte der Kybele, im Gegenſatz
zu der apolliniſchen Kithariſtik der Griechen. Er
jollte die Flöte, die Athena weggeworfen hatte,
gefunden und ſich mit Apollon in einen muſika—
liichen Wettjtreit eingelaffen haben, worin er be:
fiegt ward. Apollon zog ihm die Haut ab und
hängte fie in einer Höhle bei Kelainai in Phrygien
auf, in welcher der Fluß Marſyas jeine Quellen
hatte; man erzählte, die Haut bewege ——
wenn fie Flötenmuſik höre. Hdt. 7, 26. Xen. An,
1, 2, 8. Or. met. 6, 382. fast. 6, 703. Hygin.
Marsyas — Martialis.
Xenophon (An.1,2, 8) am Fuß eines Bergichlofies
bei Kelainai entipringt (vgl. Hdt. 7, 26. Curt.
3, 1, 2), nad Strabon (12, 577) und Plinius
dagegen bei Apameia aus dem 10 Millien ent:
fernten See NAulofrene ausfließt; vielleicht find
beide Angaben durd die Annahme eines unter:
irdischen Zaufes zu vereinigen. Schon bei Apa-
meia mündet er in den Maiandros. — b) ein
anderer Nebenfluß des Maiandros in Karien, der
an Mlabanda vorüber bei Tralles ſich in den
Hauptfluß ergoß, j. Tichina. Hdt. 5, 118,
Martiälis, 1) M. Valerius Mart., geb. zu
Bilbilis im nordöftlichen Hilpanien um 42 n. E.,
fand an der juriftiichen Bildung, bie er in feiner
Heimat in Calagurris, der Baterftadbt feines
Freundes Quintiltan, erhielt, fein Wohlgefallen
und ging daher im zweiundzswanzigiten Xebens:
jahre zu weiteren Studien nad Rom, wo er jeine
meifte Zeit und feinen vorzüglichiten Fleiß auf
die Poeſie verwandte und infolge deſſen bei Nero
und den folgenden Kaijern große Gunft und Aus:
zeichnung genof, von Domitian zum Tribun er:
nannt, wie von Gönnern mit einem Yandgute
bei Nomentum im Sabinerlande und einem Fleinen
Haufe in Rom bejchenft ward. Dennoch wünſchte
er, vielleicht infolge verminderter Gunft bei Trajan,
nad Hiſpanien zurüdzufehren, und der jüngere
Plinius war ihm zur Ausführung feines Wunſches
behülflih. Plin. ep. 3, 21, 2. Hier erhielt er zwar
durch die reiche Marcella ein Landgut, jehnte jich
aber dennoch nad) Rom zurüd. Er ſtarb indeſſen
bald, wahricheinlich im 3. 102. — Wartial iſt der
Schöpfer des neueren Epigrammes und der vor:
züglichfte Dichter diejer Gattung unter den Rö—
mern; jein ſprachliches Vorbild war Catull. Wir
befigen von ihm 14 Bücher Epigramme, denen
ein libellus spectaculorum vorangeht; die beiden
legten find Xenia und Apophoreta betitelt. Die
‚Epigramme, im ganzen 1200, find meiftens in
elegiſchem oder iambiſchem Versmaß (Diftichen
oder Hendekaſyllaben) abgefaßt, voll Geiſt und
Witz, in treffender Kürze, mit großer Lebendigkeit
die Züge und Sitten der Zeit ſchildernd, wenn
fab. 165 (vielleicht nach einem Drama des Euri- auch ohne tieferen Ernft der Gefinmung, bisweilen
pides). —
Der Wettitreit des Marſyas war ein ſogar jchlüpfrig und anſtößig, auc nicht immer
häufiger Gegenftand der bildenden Kunft. ine | frei von niedriger Schmeichelei gegen die Mächtigen
Statue des Mariyas ftand auf dem Forum in der Zeit,"bejonderd gegen Domitian, den er ala
Rom als Sinnbild der ftädtiichen Freiheit (Hor. | den Ausbund aller Tugenden eines Menjchen und
sat. 1, 6, 120), und Nachbildungen diefer Statue,
das bevorzugte Stadtrecht bedeutend, waren in der
jpäteren Ratjerzeit in Städten Mleinafiens und
Afrifas aufgeftellt. Wie diefer Marſyas dazu ge:
fommen, ein Sinnbild der Freiheit zu fein, iſt
nicht nachzuweiſen; vielleicht Liegt der Deutung
auf Freiheit ein Bollswig oder ein Mißverftändnis
zu Grunde. — 2) Gefchichtichreiber aus Bella, ein
Stiefbruder des Antigonos, zugleicd mit Alerander
erzogen und ſpäter Feldherr des Demetrios Po:
liorfetes, jchrieb 10 BB. Mansedorınd von, dem
erjten Könige bis zu Aleranders Zug aus Agyp—
ten nad) Syrien. Außerdem foll er über die Er:
ziehung Alexanders gejchrieben haben; dagegen
gehören die ihm beigelegten 12 BB. "Arrınd wahr:
icheinlicy einem jüngeren Mariyas, Sohn des Kri—
tophemos aus Philippoi, dem noch andere Schrif:
ten beigelegt werden. Bol. Müller, fragm. script.
Alex. m, p. 40, und Ritſchl, opuse. I p. 449 ff.
— 3) Geographiſch: a) Fluß in Phrygien, der nad)
Regenten bewundert. Manche Anjpielungen find
für uns nicht mehr erklärlich und erjchweren daher
das Verftändnis des von jeinen Zeitgenofien wohl
ſehr fleißig gelejenen und oft abgeichriebenen, daher
auch vielfach forrumpierten Dichterd. Nur wenige
Epigramme tragen als kürzere Bejchreibungen oder
Schilderungen noch das ältere Gepräge einer bloßen
Aufſchrift; faft überall nehmen fie den eigentüm:
lichen Charakter des Sinngedidhtes an, daß fie in
eine Bointe auslaufen, indem bie Erwartung ge:
ipannt und nad) dem Ende gedrängt und dann
durch Aufſchluß oder Anwendung befriedigt wird.
Gegenftand find die Erjcheinungen der Zeit, Er:
eignifje und Perſonen, welche indes meijt mit er:
dichtetem Namen vorgeführt werden. Mit beißen:
dem Wit und Spott werden die Gebrechen und
die damalige grenzenloje Sittenlofigfeit verfolgt,
ohne daß jich jedody der Dichter mit fittlicher Ent:
rüftung dem entgegenftellt. Obgleich jein Leben
frei von den geichilderten Ausartungen jein mochte
Marus —
(1,5. Plin. ep. 3, 21), jo fteht er doch inmitten
der geichilderten Zuftände, umd jelbft in den ſcham—
loſeſten Außerungen der Berderbtheit wird nicht
die Sache angegriffen, jondern nur die Sachlage
veripottet. Die ed. princeps erjchien 1470;
fpätere Ausgg. von Rader (1607 u. 6.), 2%. $.
Gronov und Schrevel (1661), die bedeutendften
von Schneidewin (1842) und L. Friedländer (1886).
Tertausgg. von Schneidewin (1853) und Gilbert
(1886). Ausg. des erften Buches mit Kommentar
von Flach (1881); des libellus en bon
Friedländer (1884). — 2) ſ. Gargilius Mar-
tialis.
Marus nennt Tacitus (ann. 2, 63) einen nörd—
lichen Nebenfluß des Danuvius, zwijchen dem und
dem Cuſus ein Marfomannenhaufe von den Rö—
mern Wohnfige angewieien erhielt; j. March, wäh:
rend Cuſus der heutigen Waag zu entiprechen
ſcheint.
Maruvium ſ. Marsi, 1.
Masinissa, Mesavdeong, ein Sohn des oft:
numidifchen Königs Gala, wurde zu Narthago er:
zogen, wo der talentvolle Jüngling auch Gelegen:
heit erhielt, mit der Yitteratur der Griechen und
Römer befannt zu werden. App. Pun. 10. Liv.
24, 49. Seine frühzeitige Verlobung mit der
jchönen Sophonibe, einer Tochter des Haſdrubal
Giſgon, fnüpfte den jungen Fürftenjohn noch fefter
an eine Stadt, welcher er jchon feine Bildung
und Erziehung verdantte. Liv. 30, 12. 28. Geine
großen Gaben, jowie jeine Anhänglichleit an Kar:
thago zeigte er jchon früh im Kampf gegen den
mit Rom verbundenen Syphar, den König von
Weftnumidien, welchen er mehrere Male bejiegte
und zum Frieden nötigte. Darauf fämpfte er
unter feinem künftigen Schwiegervater Haſdrubal
gegen die Römer in Hijpanien und hatte an der
Vernichtung der Scipionen und ihrer Heere den
ehrenvolliten und thätigften Anteil, 212 v. C. Als
aber darauf der damals noch junge Scipio den
Oberbefehl in Hiipanien über die römischen Heere
übernahm, glänzende Siege in rafhem Laufe
erfocht und den gefangenen Neffen Mafinifjas,
Maſſiva, edelmütig aus der Gefangenſchaft entlieh,
war damit ber erfte Anfnüpfungspunkt zu der
ipäter jo ua Berbindung beider jugendlichen
und großen Männer gegeben. Die Befiegung der
farthagiichen Heere und ihrer Feldherren in Hiſpa—
nien nad) diejem Ereignis brachte Scipios Blan,
eine Verbindung Roms mit den numidiſchen
Königen herbeizuführen, zur Reife. Liv. 28, 35.
Maf. nämlich, der während des ganzen Krieges
Karthagos Zuſtände und Bolitif genau erwogen
hatte, der den Drud feiner Herrichaft nicht weniger
fühlte als die Völker Afrifas und aus den
Siegen der Römer und den Fortichritten ihrer
Politik einen Schluß auf den endlichen Ausgang
des Krieges machen zu dürfen glaubte, lieh ſich,
eleitet durch Fuge Berechnung der ihm aus einer
Rerbinbung mit Rom erwachſenden Borteile, durch
eine Unterredung mit einem Unterfeldherrn Sci:
pios bewegen, Roms Pläne zu fördern, während
Syphax noch ſchwankte und endlich durch die Zu:
fage der Hand der leidenichaftlih von ihm ge:
liebten Sophonibe für Karthago gewonnen wurde.
Liv. 28, 16. 35. 42. App. Hisp. 37. Pun. 10,
Der bitter getänjchte und tödlich beleidigte Mai.
ichloß fi) um fo enger an Rom an, als er mun
747
um jo mehr Grund zur Nache gegen Karthago hatte.
Nach jeines Vaters Tode und der Ermordung
feines Vetters Capuſa durch Mezetulus geriet Mai.
in Lebensgefahr, da aud-Syphar jich mit jenem
gegen ihn verbunden hatte. Er mußte ſich, ver:
folgt von feinen Feinden, erft auf einen Berg,
darnach in eine Höhle flüchten; erft nach Heilung
feiner im Nampfe erhaltenen Wunden fam er
wieder zum Borjchein und jepte jich in Beſitz des
väterlihen Reiches, kämpfte mit abwechſelndem
Glücke und trat nach Scipios Landung in Afrika
(204) mit demjelben in Verbindung, nachdem er
fur; vorher die von Karthago und von Suphar ans
gebotene Ausjöhnung jheinbar angenommen und
fogar in ihrer (und Scipios) Nähe fich gelagert
hatte. Liv. 29, 27 ff. App. Pun. 11 ff. Bald aber
trat er offen auf römifche Seite und nahm an den
friegerifchen Unternehmungen teil, während er zu:
gleih das Bermittelungsgeichäft zwiichen Scipio
und Syphax fortiegte, einen von leßterem gegen
ihn geſchmiedeten Mordverſuch entdedte und darauf
in Verbindung mit den Römern den auf Narthagos
Seite gedrängten Enphar, jowie die mit ihm ver:
einigten Karthager in einem nächtlichen Uberfalle
(208) befiegte. Pol. 14, 1ff. Liv. 30,3 ff. Das:
ſelbe Schidjal hatten diejelben in einer zweiten
Schlacht, in welcher Syphax - gefangen wurde,
worauf feine Hauptſtadt Eirta ſich ergeben mußte.
Hier vermählte fi) Maf. mit der noch inmig von
ihm geliebten Sophonibe, weldye er dadurd vor
römischer Gefangenichaft zu retten hoffte, jedoch,
von Scipio deshalb getadelt, durch Darreihung
des Giftbechers vor Auslieferung an Rom be:
wahrte. Nach Hannibals Rücklehr verheerte Ber:
mina, des gefangenen Eyphar Sohn, das Reid)
des Maſ., und nur die enticheidende Niederlage
Hannibals bei Zama (202) that den Verwüſtungen
Verminas Einhalt. Maſ. erhielt zur Belohnung
für jeine den Römern bewiejene Treue zu dem
jeinigen das Neich des Syphax. Das Verhältnis
wiſchen ihm und dem jo tief, zum Teil durch
Ei Hülfe, gedemütigten Karthago war begreif:
licherweife ein ſehr feindliches, da die Beſtim—
mungen bes Friedens jo ungewiß waren, daß
Mas. nicht anftand, an Karthago mancherlei For—
derungen zu ftellen und dasjelbe zu wiederholten
Malen (jo in den Jahren 196, 172) zu Abtre—
tungen zu nötigen, ohne daß die Nömer ſich der
Klagen der zur en verurteilten War:
thager annahmen. Pol. 32,2. Liv. 30, 37. 42,23 ff.
Just. 33, 1. Zugleich juchte er durch Anfachung
oder Nährung von Parteiftreitigkeiten in Karthago
den unglüdlichen Staat dauernd zu jchwächen, wie
er nicht minder fein Treiben in Rom zu ent:
ichuldigen wußte, bejonders durch Anbringung
unmürdiger Beihuldigungen gegen die Karthager.
Liv. 43,3. Co verging unter jteten Pladereien
ein halbes Jahrhundert; da griffen die verzwei—
felnden KRarthager zu den Waffen (150), erlagen
aber der Macht des zwar in hohem Alter ftehenden,
aber doch noch jugendlich rüftigen Maj. Just. 38, 6.
Das Ende des dritten punischen Krieges erlebte
er nicht mehr. Ihn hatten die gerade herein:
brechenden Ereignifje tief verftimmt, er mochte in
der legten Stunde jeines ruhmgefrönten Lebens
wohl den Fehler desjelben erfennen, das gedemü-
tigte Karthago mit jeinem ganzen bitteren Haſſe
zu unbarmherzig verfolgt zu haben, während ihm
Masinisea.
1748 Masistios
nunmehr flar wurde, zu weflen Gewinn er ge:
arbeitet. Daher die Mißſtimmung zwijchen ihm
und den römischen Komjuln, welche im %. 149
nad Afrifa hinübergingen, um das Schidjal tar:
thagos zur Entiheidung zu bringen. Nur feine
Hingebung für die Familie der Scipionen be:
wahrte er treu bis zum legten Augenblid und
gebot fterbend —* Kindern, mit dem jüngeren
Seipio, der 3 a nad feinem Tode in der
Hauptftadt Cirta anfam, die Neichsangelegenheiten
zu beiprechen und jeinem Wusipruche Folge zu
leiften. Er ftarb im J. 149, 90 Jahre alt, muß
aljo im J. 238 geboren jein. Pol. 37, 3. Bal.
App. Pun. 106. Eutr. 4, 11. Aber noch bis ins
höchfte Alter blieb er der einfachen Weiſe jeines
Bolfes, um welches er fi) durch Beförderung des
Aderbaues unfterbliche Berdienfte erworben hatte,
treu, bewahrte ſich auch eine jeltene Geiftesfrifche,
bejaß aber auch die feinen Yandsleuten angebore:
nen jchlimmen Eigenjchaften der Treulofigteit und
Unzuverläffigfeit, während Herrich: und Gewinn—
jucht neben berechnender Stiugheit ihn an Rom
feflelte. Liv. 42, 29. Den Wiſſenſchaften Freund,
ließ er auch feine eigenen Kinder und Kindesjöhne
aufs forgfältigfte unterweilen und übte fie von
früher Jugend an in ununterbrochener Arbeit und
Thätigfeit. Doch verbitterten Argwohn gegen feine
nächite Umgebung und wohl mehr noch die Sorge
um Roms Pläne und Abfichten ihm die letzten
Tage feines Lebens.
- Masistios, Masisrıos, auch Mexiarıog, Führer
der perfiichen Reiterei unter Mardonios im zwei:
ten Perſerkriege, fiel in einem Gefechte unmittelbar
vor der Schlacht bei Plataiai, 479 v. C. Hat.
9,20 ff. Plut. Arist. 14.
Masönes j. Papirii, 11, €.
Mafs, uereov, ıhensura, ift entweder Längen:
oder Flächen: oder Körpermaß, letzteres für trodene
und flüſſige Gegenſtände; Maß und Gewicht find
aber weder praftijch noch theoretijch in der älteften
Zeit recht geichieden. Nach Boedh iſt das Ge:
wichtsſyſtem, wie auch die Zeitrechnung, babylo=
nischen Urfprungs. Die Babylonier gebraud):
ten zur Meffung, namentlich der 12 Stunden der
Naht, das Wafler. Das Hauptmaß wurde in
12 Teile abgeteilt und auch Gefähe angefertigt,
welche den zwölften Teil enthielten. Das Duo:
deeimaliyftem hat auf die Ägupter und wahrjhein:
lich jpäter auch auf die Römer Einfluß geübt. -
Zuerſt find ohne Zweifel die räumlichen Ausdeh:
nungen gemeſſen worden, und zwar bildete hier
der menjchliche Körper ſeibſi die Grundlage. Die
Handbreite, die Armlänge, die ausgebreiteten Arme,
der Fuß, der Schritt ſind die Maße, auf welche
die Natur ſelbſt hinweiſt, und die für die Be—
dürfniffe des erften Kulturzuftandes ausreichen.
100 Fuß lang trieb der Pflüger jeine Stiere und
zog ſolcher Furchen jo viele nebeneinander, bis die
Breite des beaderten Stüdes der Fänge gleich
war. Dies Geviert der hundertfüßigen Furche iſt
das urſprüngliche Flächenmaß bei Griechen und
Italilern. Die Baukunſt läßt ſich ohne genau
normierte künſtliche Maßſtäbe nicht denken, daher
finden ſich bei den Agyptern, den älteften Baus
meiftern der Erde, die älteften genau normierten
Mahftäbe: die ägnptifche fönigliche Elle betrug
28 Fingerbreiten und war 525 bis 527 Milli:
meter lang; dieje meint auch Herodot (2, 168). -
— Mals,
J. Die große Mannigfaltigkeit der helleniſchen
Landichaften hatte auf das Maß: und Gewichts:
inftem geringeren Einfluß als man erwarten follte,
weil das Bedürfnis der Einheit bei der weiten
Ausdehnung des Handels eine annähernde Über:
einftimmung mit dem Wuslande nötig, 3 ee
aber auch der frühe Einfluß des babylonifchen
ſyſtems, wahrjcheinlich infolge phoinikifcher *
mittelung, fie möglich machte. Was die Längen—
maße betrifft, jo betrug das olympiiche Stadion
(oradıor, Plur. ora@dım und oradıo.) wie über:
haupt das Stadion in ganz Griechenland 600 grie:
chiſche Fuß (ü 0,3205; 625 römische Fuß nad
dem Berhältnis von 24:25), ungefähr den achten
Teil einer römischen Millie oder den vierzigiten
einer geographiichen Meile = 192,27 m; diejes aber
zerfiel in 6 Plethra zu 100, oder in 100 Klafter
(deyruag) zu 6 Fuß, im ganzen aljo 600 griechiiche
Fuß (modus), deren jeder danı wieder 5 Hand:
breiten (mekaıordg oder doyuds) oder 16 Zolle,
gleichwie die Elle (migvs) 6 Handbreiten oder
2 Spannen (omıdauds) zu 12 Bollen (daxruloıg)
hielt. Ein Ödxrvlog = 19,3 mm, ein nor —
308,3 mm (genauer 0,3205 m) oder 11,79 pr. Zoll.
Die eben erwähnte Länge des Stadions unterliegt
aber faktisch mehrfacher Modififation, da an ein
genanes Ausmefjen größerer Streden mit dem
Maßſtabe nur in den jeltenjten Fällen zu denken
ift, vielmehr gewöhnlich man fi) mit dem Aus:
Ichreiten begnügte; ja man beftimmte die Länge
eines zurüdgelegten Weges aud nad der Zeit
und jegte eine Tagereije u. ſ. mw. in runder Zahl
in Stadien an. Daß dabei Irrtümer unterlicfen,
liegt auf der Hand. Das Stadion, welches Herodot
feinen itinerarifchen Beftimmungen zu Grunde ‚legte,
ift ebenjowenig das Bierhundertfacdhe feines urrguos
ziyvs, als das Stadion Kenophons das Sechs—
hundertfache des attiichen Fußes, jondern beide
find Heiner. Wahrſcheinlich rechnete man das Jti:
nerarftadium auf 200 Schritt = 500 pr. Fuß.
— Die Flähenmahe begannen mit entiprechen:
den Unterabteilungen bei dem Quadratplethron,
das 0,372 Morgen oder 0,095 SHeltaren betrug;
die kubiſchen Mafe aber werden am beiten auf:
fteigend von der xorvAn an verfolgt, die ſowohl
bei flüjfigen als feiten Gegenftänden gebräuchlich
war, und deren dort 12 einen yodg, 144 einen
werentns ausmachten (39,39 Liter), bier 4 auf
einen zoivı&, 32 auf einen Exrevg, 198 auf einen
wedıuvog (62,53 Liter) gerechnet wurden. Der du-
Popküg uerontig hatte 864 xvador (bei fluſſigen
Dingen), der uedıuvog 1152 auador (trodene).
II. Bei den Römern, bei denen Mah und Ge:
wicht zuerft von Servius Tullius geregelt ward,
it die Bezeichnung der Längenmaße folgende:
digitus, die Breite eines Fingers, pollex eines
Daumens, Zoll, palmus einer Hand, gleich 4 digiti
oder 3 Zoll, pes 1 Fuß oder 12 Zoll = 16 digiti,
eubitus eine Elle, von der Spike des einwärts
gebogenen Ellenbogens bis zur äußerſten Spitze
des Mittelfingerd, 1, Fuß, passus ein Schritt
oder 5 Fuß, von dem Plage, wo der Fuß auf:
gehoben, bis dahin, wo er wieder niedergejeht
wurde, das Doppelte eines gewöhnlichen Schrittes,
gradus oder gressus. Eine 10 Fuß lange (de-
cempeda) Stange hieß pertica, Rute. Der Fuß
(pes) enthielt 4 palmi, 12 pollices, 16 digiti,
wurde aber auch in 12 Teile geteilt, die nach den
In
Massaesyli —
Teilen des römijchen as benannt waren. 625 Fuß,
oder 125 passus machten ein stadium, 8 stadia
eine Meile, mille oder milliarium, aus. Bon
den Berjern rührt der Name Barajangen für |
30 Stadien und Schoinos für das Doppelte her.
As Flächenmaß enthielt das iugerum (j. d.)
240 Fuß Yänge und 120 Fuß Breite; ein halbes |
hieß actus quadratus,. — Die Mafe für flüffige
Segenftände waren: der culeus = 527,27 Liter, |
bat 20 amphorae, die amphora (j. d.), aud) qua-
drantal oder cadus, enthält 2 urnae, 8 congii,
48 sextarii und 96 heminae oder cotylae, |
576 cyathi. Das größte Maß für trodene Gegen:
ftände war der modius = 8,75 Liter; 6 modii
waren ein medimnus. — Zur befjeren Berjinn= |
lihung und leichteren Übertragung j. die tabel:
larijhe Uberjiht im Anhange. Bal. Fr.
Hultich, griechiiche und römiſche Metrologie (2. Be: |
arbeitung 1882).
Massaesyli (-Tl) ſ. Mauritania und Nu-
midia.
Massagötae, Mascayeraı, ein mächtiges und
friegerijches Nomadenvolt im Oſten des Kajpijchen
Meeres jenjeits des Jarartes (von Hdt. 1, 2015.)
Arares gen.), aljo am Nraljee und in der Kirgiſen— |
fteppe. Ihre Sitten werden uns als jehr roh und
wild geicdhildert (Weibergemeinjchaft, Tötung und
Verzehren der reife); fie verehrten die Sonne
und opferten ihr Pferde. Doch waren fie wohl
ariicher Abjtammung. Der Reichtum des Landes
an Kupfer und Gold zeigte fih auch an der
Rüftung und dem Schmud von Mann und Roß,
während Eijen und Silber ihnen fehlten. Udt.
1, 215. Strab. 11, 5125. In ihrem Lande fand
nad) Herodot (1, 208 ff.) und Juſtin (1, 8) Kyros
feinen Untergang.
Massicus mons, j. M. Majfico, ein im NW.
Campaniens gelegener Berg in der Nähe von
Sinuefja, berühmt durch jeinen von den römischen
Dichtern viel gepriefenen Wein. Hor. od.1,1, 19.
2, 7,21, 3, 21,5. sat. 2,4, 51. Verg. @. 2, 143.
Liv. 22, 14. Cie. leg. agr. 2, 25, 66.
Massilin, Mascall« (d. h. Wohnung, Nieder:
laſſung), jebt Marfeille, eine um 600 v. E. von
flüchtigen Phokaiern gegründete Kolonie an der
Küfte der Ligurier in Gallien am Galliſchen Meer:
bujen, im Dften der 3 Rhodanusmündungen, deren
dftlichfte die Maffaliotifche hieß, auf einer durch
einen 1500 Schritt breiten Iſthmus mit dem Feſt—
lande zujammenhängenden SHalbinjel mit einem
trefflihen Hafen Yalydon und einer fejten Burg.
M. war eine der bedeutendften Städte der alten
Welt, die jelbit eine Anzahl Kolonien, 3. B. Em:
porion, Rhode, Olbia, Antipolis, ausgejendet hat,
und die wichtigite Stadt der römischen Provinz,
jedoch dem römischen Statthalter nicht unterworfen.
Der Einfluß, den griechiſche Verfaſſung, Sitte,
Kunft und Wiſſenſchaft von hier aus verbreiteten,
muß als jehr bedeutend betrachtet werden. In
römischer Zeit war deshalb M. auch der Lieblings:
Mathematica. 149
den Hafen aufgenommen hatte, wurde fie nad)
hartnädiger Gegenwehr, bejonders nad) 2 See:
ſchlachten, im J. 49 durch Trebonius und D.
Brutus eingenommen (Caes. b. c. 1, 36. 2, 1ff.),
und Cäſar ließ ihr zwar die freiheit, legte ihr
aber doc) viele Laften auf. Bon diejer Zeit an
hört die politiiche Bedeutſamkeit Majfilias auf,
während es noch unter den Kaiſern als Sig wiſſen—
ichaftliher Studien Bedeutung hatte. Tac. ann.
4, 44. Agr. 4. Unter den Gebäuden find nament:
lich zu erwähnen die Tempel der ephejiichen Diana
und des Apollon. Strab. 4, 179 ff. Abhandlungen
von Brüdner (1826), Sonny (1887) und Wilsdorf
(1889).
Massiva, 1) Neffe des Mafiniffa, j. d. —
2) Entel des Mafiniffa, Sohn des Gulufja, Königs
von Numidien, nad) dem Tode des Adherbal und
Hiempjal rechtmäßiger Thronerbe und deswegen
im Auftrage Jugurthas (j. d.) durch deilen Diener
Bomilfar in Rom ermordet (111 v. E.). Sall.Jug. 36.
Massylia |. Numidia.
Mastanäbal, Maoravaßeg, der jüngjte der
3 Söhne des Mafiniffa, Vater des Jügurtha,
teilte nad) des Baters Tode (140) infolge der
Anordnungen desjelben mit den Brüdern die Lei:
tung Numidiens, jo daß er, der in griechiicher
Litteratur jorgfältig unterrichtet und gebildet war,
die Rechtspflege zu leiten hatte. Seinen Sohn
Jugurtha adoptierte jein Bruder Micipja nad)
Maftanabals Tode. Liv. ep. 50. Sall. Jug. 9.
Mastarna j. Servii, 1.
Meaorı$, ein furzer Stab, an deſſen Ende
eine Anzahl Peitſchenſchnüre befeftigt war.
Mastusia, Maorovola äxpe, 1) die Südweit:
ipige des thrafiichen Eherjonejes, Sigeion gegen:
über, j. Elles:burun, ital. C. Greco. Plin.4, 11,10.
Mela 2, 2. — 2) ein Berg Joniens, an deſſen
Abhange Smyrna erbaut war. Plin. 5, 29, 31.
Masurius Sabinas, ein römijcher Jurift und
Gründer der nah ihm genannten Schule der Sa-
binianer, lehrte unter Tiberius und den folgen:
den Kaijern bis in die Regierung Neros. Pers.
5, 90. Bon feinen vielen Schriften waren jeine
tres libri iuris eivilis jpäter Gegenjtand umfaj:
jender Kommentare (von Ulpian, Bomponius n. a.)
und wurden jo für die Digeſten einflußreich; fie
jelbft find micht auf uns gefommen. Bgl. Juris
consulti.
Mater familias heißt die rau, quae in ma-
num mariti convenit, im &egenjaß zu uxor,
Gattin überhaupt und einer rau ohne Mamus.
©. Ehe, II.
Mathematica, r& uaßnuarınd oder uahhj-
para, gewijjermaßen die wiſſenſchaftlichen Kennt—
niffe überhaupt, jpeziell diejenigen, ın denen zuerft
die Form der iffenfchaft am beutlichften zum
Borichein fam, die Mathematit. Auc fie erhielt
dur die Griechen ihre erfte Ausbildung, nament-
lich durd die ionijhen Philoſophen, nod)
mehr durch die Bythagoreer. Biele Erfahrungs:
aufenthalt gebildeter Römer, die im Eril lebten, |jäße, Aufgaben und Methoden waren freilich aus
3: B. des T. Annius Milo. Das unter dem | dem Oriente, bejonders Ägypten und Babylonien,
Schatten römischer Freundichaft mächtig wachjende | herübergelommen; aber die wiflenichaftliche Gejtalt
M. konnte jich nicht frei halten von dem Partei: |verdanfte fie den Griechen. Um die Arithmetik
tampf zwiichen Cäſar und Bompejus, die ihm | machten ſich bejonders Pythagoras und mac
beide Wohlthaten erwiejen hatten. Anfangs wollte | ihm Archytas und Bhilolaos berühmt; die
\ Geometrie bereicherte Pythagoras mit dem nad)
deshalb die Stadt neutral bleiben, doch als die
arijtofratiiche Partei eine Flotte des Bompejus in | ihm benannten wichtigen Lehrſatze; auch Anara-
750
goras (j. d.) und Hippofrates aus Chios (450
Mathematiei — Mathematische Geographie.
noch 2 Männer berühmtes Namens erwähnt, Dio—
v. E.) bearbeiteten fie, zumal der leptere, welcher | phantos (zwifchen 160 und 360 n. E.), ber ich
die Duadratur feiner lanula fand und das berühmt
gewordene „delifhe Problem“ der Verboppe:
lung des Würfeld zu löſen juchte, mit dem fich
viele Gelehrten des Altertums beichäftigten. Ste:
reometriiche Verhältniffe erörterte ſchon Archytas
in feinen Vorträgen und namentlich die erſte Kurve
doppelter Krümmung, und Platon führte in die
Geometrie die analytische Methode jowie die Lehre
von den Kegelichnitten und geometriſchen Ortern
ein, wodurd er die mathematische Wiſſenſchaft jo
bedeutend förderte, daß im Gegenjaß zur niederen
Geometrie feine Schüler von einer tranjcendenten
Geometrie ſprachen. Neben Platon und Archy—
tas blühte etwa gleichzeitig Eudoros von Kni—
003; Ariftaios, Menaihmos und jein Bruder
Deinojtratos bildeten die Xehre von den Kegel:
fchnitten weiter aus, und die ſ. g. Quadratrir des
Deinoftratos, welche indeflen von dem gleich:
zeitig lebenden Hippias entdedt wurde, ſucht
das Problem der Dreiteilung eines. Winfels und
die Duadratur des Kreiſes zu löſen. Was jo vor:
bereitet war, erhielt durch Ariftoteles cine be-
deutende Erweiterung an Umfang und Tiefe und
vielfache Anwendung auf die Mechanik, und ſchließ—
li durch die Bemühungen der alerandrinijchen
Periode die dem Altertum erreichbare wiflenichaft:
lihe Bollendung. Namentlich gelang die ſyſte—
matifche und methodiiche Bearbeitung der Arith-
metit dem Eufleides, und durh Arhimedes
und Eratojthenes wurde dieſer Zweig bereichert.
Vorzugsweiſe machte jich jedod) derjelbe Eufleides
um die Geometrie verdient, dem feine berühmten
„Elemente“ (oroıyeia) den Namen des „Baters
der Geometrie‘ erworben haben. Mit ihm find
Archimedes und Apollonios von Perga
jowie ſpäter Diophantos die 4 Hauptgründer
der Mathematif der Alten geworden. Archime:
des löfte die Quadratur der Parabel, fand das
Berhältnis zwijchen Umfang und Durchmefler des
Kreifes, zwiichen dem Anhalt der Kugel und des
ihr umfchriebenen Eylinders, beftinumte die Volu—
mina der Sphäroide und erweiterte überhaupt die
geometrijche Analyfis bedeutend. Apollonios
unterfuchte die Eigenſchaften der Scnittfiguren
am jcharfen Kegel und bradıte die Theorie der
Kegelichnitte zu einem hohen Grade von Vollen-
dung. Die Arbeiten diejer beiden genannten Ma:
thematifer bezeichnen die glänzendite Epoche der
alten Geometrie. — Eine geometrijche Löſung des
deliichen Problems erhielten Menaihmos und
Apollonios durd die Kegelichnitte, jpäter Ni:
fomedes (vielleicht um 150 v. E.) durch die von
ihm erfundene Conchoide, Diofles (vermutlich
im 6. Jahrh. n. E.) durch die Eifjoide. Hip—
parchos, der größte Aftronom des Wltertums,
wurde der Begründer der für jeine aſtronomiſchen
Berechnungen notwendigen ebenen und iphäriichen
Trigonometrie, um deren weitere Entwidlung Ge—
minos, Theodojios (vielleicht um 50 v. C.)
und der Aftronom Menelaos (vielleicht um 100
n. €.) bemüht waren. Die einzige Darftellung
der ebenen und ſphäriſchen Trigonometrie aus
dem Altertum ift von Klaudios Ptolemaios
(um 150 n. E.), dem großen Aftronomen, ——
in ſeiner uednuerun avvradıg. Bon Mathe—
matikern des jpäteren Altertums jeien jchließlich
vorzugsweiſe mit der ſ. g. unbejtimmten Analyſis
beichäftigte, und Bappos am Ende des 4. Jahrh.,
deſſen „mathematiihe Sammlungen” (uednuarı-
»al gvrayayal) die wichtigften Entdedungen der
früheren Mathematifer zujammenftellen. — Die
Mechanik wurde lange Zeit nur praftijch betrieben,
bis nad) verjchiedenen vergeblihen Berjuchen an—
derer Archimedes ihre theoretiichen Grundlagen
fejtjtellte und mit den Gejegen der mechaniichen
Potenzen (Hebel, Rolle u. j. w.) und des Schwer:
punktes die Mechanik fejter Körper, mit der Auf:
ftellung feines hydroftatiichen Prinzips die Mechanif
der Flüffigkeiten begründete. Unter den übrigen
Gelehrten ift hier nur Heron von Alerandreia
(um 250 v. E.) bejonders zu nennen, der u. a.
die nad) ihm benannten Apparate, den Herons—
brunnen, Heronsball und die Holipile erfand. Nicht
bloß in Alexandreia, fondern auch in Rhodos,
Pergamos und bejonders in Syrafus blühte die
Mechanik in ihrer praktischen Nusübung. — Weniger
kennen wir die Tyortichritte in der Optik, da die
darauf fich beziehenden Schriften teils verdächtig,
teild verloren gegangen jind. Die Akuſtik warb
zuerft von Pothagoras aufgewieſen, jpäter von
Ariſtoteles bearbeitet. — Bei den Römern wurde
die Mathematif nicht weiter gepflegt; empirijche
"ertigfeit genügte ihnen zum Behufe der Yänderei:
verteilungen und der Abſteckung eines Lagers.
Einige dahin einichlagende Aufläge haben wir von
Hyginus, außerdem traten Barro, Vitruv
und Julius Frontinus als Schriftjteller in
diefem Fade auf. Bol. Ideler, Handbuch der
Chronologie (1825). Gantor, Borlejungen über
Geſch. der Mathematif (1. Bd. 1380). Hankel, zur
Geſch. der Mathematif im Altertum und Mittel:
alter (1874).
Mathematici, Madnuerıxoi, „Mathematiker,
heißen bei Ariftoteles (p. 291 b 9. 297 a3. 298a 15)
und andern (3.B. Plut. plac. phil. 2, 15,19, 31.
Stob. ecl. phys. p. 516. 560) diejenigen Männer,
zumal der platonijchen Schule, welche fich einer
wiſſenſchaftlichen Erforſchung der Mathematif und
Aitronomie widmen (vgl. den folg. Art... Als
ipäter (j. Sext. Emp. adv. Math. V. init. p. 728
Bekk.) die wifjenichaftliche „Aftrologie” zum Unter:
ichiede von der Sterndenterei als „Altronomie‘
bezeichnet wurde, war der Name mathematici
vielfach gleichbedeutend mit astrologi, Sterndeuter.
Bgl. Chaldaei. R
Mathematische Geographle. Über das Welt:
all und die Erde in ihrer Beziehung zu den andern
Weltlörpern waren die Begriffe der Alten dunkel
und mehr oder weniger unrichtig. Nach der Bor:
ftellung der Griechen und Römer war die (Erde
aus einem ſchon vorhandenen Urjtoffe entitanden,
entweder unter dem Einfluß einer Gottheit oder
durch Zufall. Thales nahm als ſolchen Urſtoff
das Wafler an, Anarimenes die Yuft, Herakleitos
das Feuer, Empedolles und nad ihm Platon und
Ariftoteles eine Miſchung diefer 3 Elemente;
Anarimander dachte an eim unendliches Etwas
(rd &rsıpgov), wieder andere an Atome u. ſ. w.,
und fo wie man fi auf dieje verichiedene Weije
die Entftehung der Welt gedacht hatte, jo mußte
natürlich die aljo entjtandene Welt auf analoge
Weiſe ihr Ende finden können. Nur die eleatij
Mathematische Geographie.
751
Philoſophenſchule (Kenophanes, Barmenides), welche | Ariftoteles erwarb fid) dadurch um die mathe:
alles Seiende für ewig und unvergänglich hielt, | matifche Geographie ein großes Berdienft, daß er
und jpätere Stoifer, wie Chryfippos und Pofei: | jene von den „Mathematifern‘ gewonnenen Kennt:
donios, welche die Welt für ein lebendes, ver: niſſe zu jammeln, zu ordnen und zu vervollftän-
nunftbegabtes Wejen hielten, nahmen eine ewige
Dauer der Welt an. Auch über bie Zahl der
Welten, ob eine oder mehrere, waren bei dunklen
Vorftellungen die Anfichten verichieden. Die Ge:
ftalt der Welt, zu welcher die Erde gehört, war
nah den meiſten jphäriih, mac andern fegel-
förmig oder eiförmig (Empedofles) — fait alle
dadıten fie ſich aber auf irgend eine Weije ein-
geichlojien, 3. B. entweder von einer Dauer oder
einer erdigen Mafje (PBarmenides, Anarimenes)
oder von einer Haut (Leufippos, Demofritos).
Die Erde war nad der allgemeinen Anficht der
feftftehende Mittelpunft des ganzen Weltalls, um
den ſich die Sonne mit dem Monde und allen
übrigen Planeten herumbewege. Nach den mythi—
ſchen Anfchauungen des hellenifchen Bollsglaubens
und der älteften Dichter war fie eine vom Okeanos
(unter welchem man zuerft einen großen Strom,
ſeit Herodot das Weltmeer verjtand) umfloſſene
Sceibe, die bei Thales auf dem Urwaſſer ſchwimmt.
Anarimander läht die Erdicheibe, deren Breite
das Dreifache der Dide betragen joll, inmitten
der Weltenhohltugel jchweben, bei Anarimenes
fol fie von der im der einen Welthalbfugel zu:
jammengepreften Yuft getragen werden, Xeno-
phanes gibt ihr Wurzeln, die jih bis ins Un—
endliche erftreden, während bei Barmenides, der
die Erde vermutlicd; auch noch für jcheibenförmig
hielt, fie inmitten eines Weltſyſtems ineinander
gelagerter Kugeln ruht. Die übrigen Philojophen
behalten in der Hegel die Scheibenform bei, nur
Zeufippos erklärte, die Geſtalt der Erde jei die
eines Tympanon, aljo die einer Keffelpaufe. Die
Längenausdehnung der bewohnten Erde (n olxov-
uern) jhäßt Herodot zu 37 000--40 000 Stadien.
Nachdem noch Pythagoras die Scheibengeftalt
und Mittelpunftjtellung der Erde ohne jede Be-
wegung gelehrt, bildeten jeine Schüler allmählich
das Syſtem zu der Lehre von der Kugelgeſtalt,
ihrer ercentriihen Xage und der Kreisbewegung
um das Gentralfeuer mit gleichzeitiger Achſen—
drehung aus, und Bhilolaos machte dieje Lehre
allgemeiner befannt, in der auch Sonne, Mond
und Planeten Kreisbahnen um das Gentralfeuer
als Weltenherd beichreiben. Später ftellten Hike—
tas, Ekphantos, Herafleides aus Pontos
die Vermutung auf, dab Himmel, Sonne, Mond
und Sterne ſtill ftänden, die Erdfugel aber mit
grober Geſchwindigleit um ihre Are fich drehe.
cheibe ift die Erde noch bei Sofrates; aud
Platon jpricht ihe nicht die Kugelform zu und
läßt fie unbewegt in der Weltmitte ſchweben, wäh-
rend jich um fie zumächit Mond und Sonne, dann
5 Planetenſphären, und zwar die der Venus zuerft,
dann die des Merkur, Mars, Jupiter und Saturn,
bewegen. — Erft die Schüler des Sofrates und
Blaton geben die jpelulativen Hypotheſen auf
und wenden fich wirklicher aftronomijcher Forſchung
zu, und dieſe „Mathematiker (Eudoros von
Knidos, Heliton und Kallippos aus Kyzi—
fos, Philippos aus Opus, Heralleides
aus Herafleia in Bontos u. a.) erweijen die
Kugelgeftalt der Erde und jchäßen, wie uns Ari—
ftoteles mitteilt, ihren Umfang zu 400 000 Stadien.
digen wußte und fie dann zu dem Aufbau jeines
Weltſyſtems verwertete. Er bewies für die Die
Vertiefungen ausfüllende Wafjermafje die Ktugel—
oberjläche und ftellte die Erde ohne Arendrehung
in die Weltmitte, während um fie 56 Stugelichalen,
teils recht-, teils rüdläufig fich bewegend, die himm—
liſchen Erſcheinungen bewirken jollten. — Nachdem
zuerft Anarimander eine Erdfarte gezeichnet
hatte, die Hekataios von Milet verbejierte,
entwarf Dilaiarchos, der Schüler des Arijtote-
les, ein Weltbild, in weldem er die bewohnte
Erde, die er 1'",mal fo lang als breit erflärte,
vermitteljt eines durch Rhodos gezogenen Parallels
in 2 Hälften teilte, jo daß er alſo den erjten
Barallelfreis fonftruierte. Eudemos ermittelte die
Sciefe der Efliptit zu 24”, Pyiheas gab die
erfte Meflung der Sonnenhöhe vermittelit des
Gnomon, Ariftarhos von Samos bejtimmte
den fcheinbaren Sonnendurchmefjer, juchte das Ver:
hältuis der Abjtände der. Sonne und des Mondes
von der Erde feftzuftellen und ſprach mit Be:
ftimmtheit die Anficht aus, daß die Erde in einem
ſchiefen Kreiſe um die Sonne ji) bewege und um
die eigene Are fi drehe. Der legteren Behaup:
tung joll aud; Seleulos aus Seleufeia am
Tigris (um 150 y. €.) beigepflichtet haben. Da
aber feine Beweiſe beigebradt werden fonnten,
hielt man die ariftoteliidye Lehre feit, und Archi—
medes fertigte ein vollftändiges Planetarium an,
eine Heine Erdfugel in einer gläjernen Sphäre,
umtreift von den Planeten in verichiedenen Ent:
fernungen und mit verjchiedenen Geſchwindigkeiten.
Andere Nachbildungen waren die Ningkugeln oder
Armillariphären des Eratofthenes. — Nachdem
neue Schätzungen, wie Archimedes mitteilt, den
Erdumfang zu 300 000 Stadien angegeben hatten,
unternahm Eratojthenes (276—196 v. E.) die
erjte und einzige wirkliche Meflung der Erdgröße
im Mltertum und ſchloß folgerichtig aus jeiner
Grabmefjung, daß der Erdumfang 250 000 Stadien
betrage, eine Zahl, die ſpäter willkürlich auf
252 000 Stadien erhöht wurde, um genau 700 Stas
dien auf Einen Grad rechnen zu fünnen. Durch
dieje Erdmefjung, durch jeine verbejjerte Erdfarte,
in der jchon mehrere Meridiane und PBaralleltreije
geogen find, und endlich durch ein geographiiches
ert (Tewygayına), das zum erjtenmal die Lchre
von der Erde ſyſtematiſch behandelte, wurde er der
Begründer der wiſſenſchaftlichen Seographie. Hip—
parchos, der große Aftronom, jtellte behufs ge-
nauerer Beitimmung der geographiichen Längen
eine Finfternistabelle auf und entwarf ferner eine
Breitentabelle, weldhe von Grad zu Grad fort:
jchreitend die für einen jeden der 90 Parallelkreiſe
der nördlichen Hemiſphäre berechneten Himmelser:
jcheinungen und zn verzeichnete. Daraus
ergab fid ihm eine Einteilung der nördlichen Erd:
hälfte in jogenannte Klimata, Erdgürtel (Pto:
lemaios gibt in jeiner Geographie Deren 21, im
Almageſt 35 an), die nach beftimmten Tageslängen
abgegrenzt wurden. Die Schiefe der Efliptit wurde
in Übereinftimmung mit Eratofthenes genauer
gemeflen, und durch jorgfältige Beobachtung ge:
lang ihm fogar die Entdedung der Präzejlion der
752
Nachtgleihen und der ungleichen Geichwindigfeit
der Sonne in ihrer Bahn, die ihn auf eine er-
centrifche Stellung der Erde in dem Sonnenfreije
und demnach auf die richtige Behauptung führte,
daf die Sonne im Winter der Erde näher jei.
Krates von Mallos verfertigte, abgejehen von
der Heinen Erdfugel im Planetarium des Ardhi:
medes, den erjten größeren Erdglobus, und Pojei-
dDonios aus Apameia, der Freund Giceros,
trug- durch Wort und Schrift zur Ausbreitung der
Lehre von der Erde viel bei, wenn von ihm auch
feine eigenen Entdedungen und Meflungen her:
rühren. Er billigte unter den neueren Schäßungen
diejenige, welche die Meinfte Erdgröße, nämlich
180 000 Stadien, für den Erdumfang ergab (Strab.
2, 9), und die fpäteren Seographen, zumal Ma:
rinos und Ptolemaios (jelbit jogar Columbus),
behielten diefe Zahl bei, jchäßten aljo die Erde
zu Mein. Was die Vorgänger und namentlich
auh Marinos von Tyros auf dem Gebiete
der mathematijchen Geographie geleiftet, fahte
Klaudios Ptolemaios in jeiner Madnuerenn
ourrafıg (Almageft) zufammen, jchrieb auch eine
Teoygapırı) öpiynsıs und entwarf ein Weltbild,
das für länger als ein Jahrtaufend gültig blieb.
- Die wiflenjchaftliche Geographie des Altertums
nahm aljo die Erde ald Kugel in der Mitte der
Weltiphäre an, zog feit Eudor 08 die am Himmel
gedachten Kreiſe, den Aquator (lonuegıwög aurkog),
die Wendelreile (Brgıwös und zeruegıwög rpomı-
»ög), den Arctieus (dearixög nunkos, nicht unfern
„Polarkreis“, fondern denjenigen Baralleltreis,
welcher für jeden Ort die nicht unter den Hori-
zont fintenden Sterne umſchließt, für Griechen:
land ungefähr 36° vom Bol) und ihm entjprechend
den Antarcticus, die Meridiane ( (weonußguvög aun).),
die Koluren (#olovgor) der Nachtgleichen und
Sonnenwenden, den Tierfreis (£odıwnag); teilte
ſeit Hipparch die Kreiſe in 360° und rechnete
1° — 700 Stadien, ſpäter ſeit Poſeidonios
1° — 500 Stadien, fannte die Schiefe der Efliptif
(Adkwsıg tod £udıaxon), das Vorrüden der Nqui:
noftialpunfte uw. ſ. mw., erflärte richtig die Er-
jcheinung der Sonnen: und Mondfinfternifie und be:
ftimmte die Länge des Jahres jehr genau der Wahr:
heit entiprechend. Vgl. Ottinger, die Borftellungen
der alten Griechen und Römer über die Erde als
Himmelstörper (1850), 9. W. Schäfer, Entwide-
lung der Anfichten des Altertums über Geftalt und
Größe der Erde (1868). Aſtronomiſche Geographie
der riechen (1873).
Matiäna, ı; Merievıj (Merıner; Hdt. 5, 52),
auch Mantiäna, Landſchaft im nordweſtlichen Me:
dien mit der Hauptitadt Gaza oder Gazaka, eine
faft rings von mächtigen Gebirgen umſchloſſene
Hochebene um den Mantianijchen Salziee her. Das
Srenzgebirge gegen Armenien nennt Herodot (1,189)
das Matienifche. Nachdem Alexander das Yand
als Satrapie dem Achaimeniden Atropates ver:
liehen hatte, erhielt e8 den Namen Atropatene,
j. Ajerbeidichan. In römischer Zeit hieß es Klein:
medien. Hdt. 3, 94. 7, 72. Strab. 11, 509. 523.
Matieni, ı) P. Matienus, Nriegstribun unter
dem älteren Scipio in Italien, wurde im Lager
des Propätors Pleminius getötet. Jar. 29, 6.9.
- 2), C. Mat.,
J. 1810 €. und unterdrüdte ihre Seeräubereien.
Liv. 40, 236. — 3) M. Mat.,
Matiana — Matuta,
Hilpaniern, welche er als Prätor (173 v. E.) durd)
Härte und Habjucht bedrüdte, in Rom angellagt
und ging, um ber Verurteilung fich zu —
freiwillig ins Eril. Liv. 41, 28. 42, 1. 43,
Matinus, ein Berg und Borgebirge in der
Gruppe des Garganus in Apulien, nicht gar fern
von Benufia gelegen, weshalb Horatius desjelben
ve jeinen Gedichten öfters gedenft (od. 1, 28, 3.
befehligte gegen die Ligurer im |
wurde von den | Albunea vermengt.
‚der Trreundichaft Cäjars, welche ihm die
4, 2, 27. epod. 16, 28); j. Matinata.
Matisco, Stadt der Aduer im lugdunenfijchen
Gallien am Arar, j. Mäcon. Caes. b. g. 7, W.
Matius, 1) Gaius, aus dem Slitteritande,
geb. 84 dv. C., erhielt jeine Bildung zum Zeil in
Sriechenland und erfreute fi des Schußes und
!iebens-
würdigfeit jeines Charakters und jeine tiefe Bil-
dung erwarben. Cic. ad fam.7,15,2. Doch nahm
er an den politiichen Ereignifjen, troß aller
Freundſchaft für Gäjar, feinen Anteil (Cie. ad
fam. 11, 28), ohne darum das Vertrauen Cäſars
einzubüßen, der ihn oft um Rat fragte, und ohne
jemals jein Jntereffe für dieſen zu verleugnen.
Eicero liebte den ehrlichen, braven Mann nicht
minder und erlangte durch ihn Cäſars Gunſt
wieder (Cie. ad fam. 11, 27). Auch nah Cäjars
Tode, der ihn im tiefe Trauer aud; Roms wegen
verjegte, jprady er jeine Bewunderung über feinen
ermordeten Freund unverhohlen aus und ſchloß
ſich deſſen Partei, namentlich dem Octavian, an,
weshalb ihn Cicero tadelte, jo daß ſich Matius
mit Offenheit und Entſchiedenheit deswegen recht:
Ya Cie, ad fam. 6, 12. 11, 28. Sein Tod
ällt wahrjcheinlih bald nad der Schlacht bei
Metium. — 2) Gnäus Matius, älterer Zeitge—
nofje des Cicero und Gäjar, verfaßte mimiambi,
d. h. Hinfjamben pofjenhaften Inhaltes (Fragm.
herausg. von 2. Müller mit Catull), und über:
jegte die Jlias, oft citiert von Gellius ald homo
impense doctus u. dgl. (3.8. 7, 6, 5. 9, 14, 14 f.).
Sammlung der wenigen Bruchſtücke der Ilias—
überjegung von Bährens, fragm. poet. Kom.
p. 2815. Mbhandlung von Aubert (1844).
Matrimonium j. Ehe,
Matröna ift der allgemeine Ausdrud für jede
ehrbare verheiratete Frau, mit jittliher Neben:
bedeutung, und vergegenmwärtigt die Achtung,
welche man in Rom von jeher den Frauen zollte.
Nur Matronen trugen die lange Stola, die
vittae u. j. w.
Matröna, j. Marne, Fluß Galliens, entjpringt
bei Andematunum im Yande der Lingonen, um:
weit der Mofa, und vereinigt fi nach nordiweit:
lihem Laufe bei Lutetia mit der Sequana. Caes.
b.
Hatronalia ſ. Jung unter Hera, 5.
Mattiäei, eine germanifche, zum Stamme der
Ehatten gehörige, Bölferjchaft zwijchen Rhein, Main
und Yahn, in deren Gebiet die Römer Feftungen
und Silberbergwerte beſaßen (Tac. Germ. 29.
ann. 11, 20); dort befanden ſich aud die berühm:
ten heißen Quellen Aquae Matticae, das heutige
Wiesbaden. Die von Tacitus (ann. 1, 56) ge
nannte Hauptjtadt der Chatten Mattium (Marrıa-
#6») ift wohl nicht das heutige Marburg, jondern
das Dorf Maden an der Eder (Adrana).
Matüta, Mater Matuta, altitalijche Göttin der
Frühe, mit der griechiihen Leufothea und mit
An ihrem Feſte zu Rom,
Mavors — Maximimus.
Matralia, am 11. Juni, nahmen die Mütter ihre
Schweitertinder ftatt der eigenen auf den Arm,
weil Ino Leufothea den Dionyſos, den Sohn ihrer
Schwefter Semele, erzogen hatte, und begingen
Geremonien, die fih auf die Leiden der Ano be:
zogen. Ov. fast. 6, 475 ff. Ihr Tempel zu Rom
wird erwähnt Liv. 5, 19. 23. 25, 7, der zu Satri—
cum in Yatium Liv. 6, 33.
Mavors j. Ares.
Mauritania, 7) Mavgiravia, N Mavgovolor
y7), Mavgovsia, das weitlichite Land ber Nord:
küſte Afrikas (j. Fez und Marokko und das weit:
liche Algerien), grenzte im O. an Numibdien (von
dem es der Ampjaga, früher der Muluchafluß
ichted), im S. an Gätulien, im W. an den Atlan-
tijchen Ocean, im N. an das Mittelmeer. Früher
unter einheimijchen Königen ftehend, die als Bun-
deögenofjen der Nömer 104 und 46 dv. E. die weit:
liche Hälfte von Numidien erhielten, unter Clau—
dius dem römischen Reiche einverleibt, zerfiel es
in die beiden Provinzen Maur. Caesariensis im
Diten, mit der Hauptſtadt Cäſarea, und M.
Tingitäna im ®W., mit Tingis; der Mulucha
trennte beide, Die Gebirge des Landes gehören
alle zum Atlasſyſtem: Buzara (j. Zittern), Phru—
räfon, der Durdus und eigentlihe Atlas
(Arkag ueito» Mtolem.), bei den Eingebornen
Dyrim (j. Idrar-Uderen) genannt. Die bedeuten:
deren Flüſſe waren von DO. nah W.: Ampjaga
(1. Waͤd el:febir), Audus, Chinalaph (j. Schelif),
Mulucha (j. Muluya). Ar der Weſtküſte: Subur
(j. Sebu), Phut, mwahrjcheinlich nicht verichieden
von dem Lirus (j. Elkus). — Die in uralter
Zeit aus Aſien eingewwanderten Bewohner, Stamm:
verwandte der Rumider, heißen Mauri oder Mau-
rusli; unter den einzelnen zahlreichen Stämmen
jind zu merken: die Maſſäſhli im wetlichen
Zeile von M. Caesariensis, weiter öftlich die Mu:
jones, Muſulani und Mazices; in M. Tin-
gitana die Herpeditani am Muluca, die Ba:
cuatä und Macanitä, Barbari genannt, aljo
die heutigen Berbern, die Metagonitä. Die
twichtigften Städte in M. Caesariensis find von
D. nah W.: Igilgilis am Numidiſchen Meer:
bujen, j. Dichidicheli, Saldae, j. Bougie am Kap
Carbon, Jkoſium, Cäjarea, j. Scherichel, Car:
tenna, j. Tenes, Sitifis, j. Setif. In M.
Tinrgitana: Rujaddir, j. Melilla, mit gutem
Hafen, Tingis, j. Tanger, Liros, j. el Ariſch
oder Larache an der Weitküfte, Thymiaterion,
die erjte von Hannon an der Hüfte angelegte Ko:
fonie. Strab. 17, 825ff. Mela 1,5. Plin. 5, 1. 2.
Mausoleum Augusti j. Roma, 18.
Mansölos, Matowlog, Maxscwikos, 1) Vater
bes Pirodaros von Kindys in Karien, Anführer der
Karier in dem Aufitand gegen Dareios Hyſtaſpis.
Haät. 5, 118. — 2) Auf Hekatomnos, Rajallen:
fürften von Karien (etwa 387—3#5 v. E.), der in
perfiichem Auftrag Euagoras von Kypros befriegte,
doch zugleih in heimlichem Einverjtändnis mit
ihm ftand, folgten nacheinander jeine 5 Kinder:
Maujolos 375—351, jeine Schweiter und Gemah—
lin Artemiſia 351 —349, Jdrieus 349-343, deifen
Schweſter und Gemahlin Ada 343— 339, und Piro:
daros 339—335. auſolos war ein fluger Po:
litifer, der jeine Macht und NReichtümer auf jede
Weile vergrößerte. Er verlegte die Reſidenz wieder
von Mylaja nad) Halifarnafjos, machte ſich im
Reallegilon des klaſſ. Altertums, 7. Aufl.
153
Bunde mit Agypten von der berfiichen Herrichaft
unabhängig (362), reizte Chios, Rhodos und Kos
zum Abfall von Athen und vernichtete jo deſſen
Macht im Aigaiiſchen Meer durch den Bundes:
genoflenfrieg (357—355). Zu jenem Andenken
ließ Artemiſia in zärtlicher Liebe ein prächtiges Grab—
dentmal, das Maujoleion bauen, deſſen Vollen:
dung fie jedoch nicht mehr erlebte, und nach dem
man jedes ftattlihe Grabmal Maujoleum, Mav-
color, nannte. Diod. Sie, 16, 36. Strah.
14, 656 f. Val. Max. 4, 6. Plin. 36, 4. ©. Ada,
Artemisia und Halikarnassos,
Maxentius,M. Nurelius Balerianus, Sohn
des Marimianus Herculius, wurde von Galerius
und Eonftantius Chlorus zum Auguſtus und Mit:
regenten angenommen, 306 n. &., mußte aud)
jeinem Bater Teilnahme an der Regierung ge:
ftatten (307), entzweite fich aber bald mit ihm,
befiegte darauf den Statthalter Alexander von
Afrita und trat mit Marimus, einem der Cäſaren,
in Berbindung. Seine Grauſamkeit aber machte
ihn verhaft, Sonfantin zog gegen ihn, um ihn
zu ftürgen, und befiegte ihn bei Turin, Marentins
fand bei einem Ausfall aus Rom, wo ihn Con:
jtantin belagert hielt, bei der Milviſchen Brüde
ur: im Ziberfluffe, 28. Oktober 312. Zosim.
2, 10f.
Maximiänus, 1) M. Aurelius Balerins
Mar. Herculius, geboren zu Sirmium, gehörte
niederem Stande an, jchwang jich indes durch
friegeriiche Thaten empor und empfing von Dio-
clettan im J. 285 n. E. die Würde eines Gäjar.
An Gallien bejiegte er die Bagauden (ſ. d.), dann
die Burgunden und Alamannen, wurde 286 zum
Auguftus ernannt, kämpfte 293 am Rhein, 297
in Afrika, nahm dann jeinen Aufenthalt in ta:
lien und wurde von Piocletian genötigt, am 1. Mai
305 mit ihm jeine Würde niederzulegen. Eutr.
9,20 ff. Aur. Viet. Caes. 39. Als aber im J. 306
jein Sohn Maxentius (j. d.) zum Auguſtus aus:
gerufen wurde, regte fih auch im Bater wieder
die Luſt nach der Herrichaft, und er nahm jchon
im folgenden Jahre an derjelben teil. Doch bald
—— er ſich mit Maxentius und mußte Rom
verlaſſen, worauf er zu Conſtantin, ſeinem Schwieger—
ſohne, ſeine Zuflucht nahm; da er aber dieſem
nach dem Leben trachtete, ließ ihn derſelbe 310
töten. Kutr. 10,3. — 2) €. Galerius Vale—
rins Mar., ftammte aus den Donaugegenden und
wurde von Diocletian im %. 292 n. E. zum Cäſar
ernannt, worauf er deilen Tochter heiratete. Im
3. 296 wurde er von den Perjern gejchlagen und
mußte wegen diejer Niederlage jeines Schwieger:
vaters Unwillen fühlen. Er war bald darauf glüd:
licher, indem er die Perjer gänzlich ſchlug und
einen günjtigen Frieden ſchloß. Nach Diocletians
Abdankung erhielt er die Würde eines Augujtus
über den öftlichen Teil des Reiches, nahm aber
2 Mitregenten (Cäjaren) an. Im 3. 307 ernannte
er den Licinius zum Auguſtus. Seine Ehrijten:
verfolgungen, zu denen er auch Divcletian veran-
laft haben voll jtellte er erft 311 ein. Er ftarb
bald nachher in demjelben Jahre. Eutr. 9, 24.
10, 1. 2.
Maximinus, 1) C. Julius Berus War., ein
Thrafier, ein Dann von ungewöhnlicher Körper—
röße, diente unter den Prätorianern, kam durch
Wiegauber Severus in den Senat, focht mit Glück
48
754
gegen Berjer und Mlamannen, wurde vom Heere,
weldyes ihn liebte, nach des Severus Ermordung
im Jahre 235 n. E. (19. März) zum Kaiſer aus-
—— und nahm ſeinen Sonn 2. Jul. Verus
Maximus zum Cäſar an. In Deutſchland fämpfte
er mit Glück und Ruhm, erbitterte aber durch
ſeine grauſame Härte und Wildheit Volk und
Senat, welche ihn nur aus Furcht vor dem Heere
anerkannt hatten, ſo daß der Senat ihn im J.
238 bei der Empörung der Gordiane ächtete, die
Provinzen fich empörten, und jelbft im Heere fich
a gegen den Kaiſer zeigte. Als er mit
bemjelben nadı Italien zog, mußte er das auf
dem Wege dahin gelegene Aquileja —— die
Soldaten empörten ſich und erſchlugen Vater und
Sohn, 238. Capitol. Max. Herod. 6, 8 ff. 8, 1 ff.
Zos. 1,13 ff. — 2) Galerius Balerius Mar.
Daza, ein naher Anverwandter des Galerius
Marimianus, wurde im %. 305 n. E. Cäſar für
den Dften, nahm jpäter den Titel Auguftus aı,
wurde darauf mit Licinius in Streit verwidelt,
von demjelben im J. 313 bei Adrianopel gejchla-
gen und gab ſich auf der Flucht zu Tarjos in
Afien jelbjt den Tod. Eutr. 10, 3.
Maximus. Diejen Namen führten 1) mehrere
hervorragende Männer aus der gens Fabia als
cognomen (j. Fabii). — II) Andere diejes Namens:
1) M. Elodius Pupienus Mar., Wang were
als Feldherr unter Caracalla und jeinen Nachfol-
gern im rg er gegen die Germanen und Illyrer,
genoß große Achtung und Liebe, bejonders beim
Heere. Nach dem Tode der beiden älteren or:
diane rief ihn der Senat im %. 238 n. E. mit
Balbinus zum Kaifer aus, obgleich jeine Strenge
ihn beim gemeinen Bolt in Nom, während er
Stadtpräfeft war, verhaft gemacht hatte. Nach
dem Tode des Marimin unterwarf fich auch defjen
Heer. In Rom wurde er nad) jeiner Rücklehr
aus dem Feldzuge gegen diefen mit Jubel aufge:
nommen, wurde aber von den mit feiner Ernen—
nung unzufriedenen Prätorianern nod im %. 238
bei der feier der ludi Capitolini ermordet. Hero-
dian. 8, 6. — 2) Marimus, gewann gegen den
von ihm mit mißgünftigen Augen angejehenen
Theodofins im %. 383 n. C. Gallien und Bri-
tannien und wurde von Theodofius, der andermwei-
tig beichäftigt war, als Mitregent und Beherricher
des Weſtens jenſeits der Alpen anerfannt. Doch
drang er bald darauf unter eitlen Vorwänden in
Italien ein, wurde aber nad einer Niederlage
jeiner Truppen gefangen, vor Theodoſius gebracht
und hingerichtet, 388. Zos. 4, 35ff. — 3) Mari:
mus, mahte fich unter Honorius die Herrichaft
an, wurde jedoch rajch gejtürzt und jpäter gr
einem abermaligen Verſuch, die Herrſchaft an fi
zu reißen, dem Honorius überliefert. — 4) Betro:
nins Mar., ein römijcher Senator, ftie im %.
455 n. E. den Balentinian III, der jeine Frau
verführt vom Thron, ermordete ihn und
zwang deſſen Witwe Eudoria, ihn zu heiraten.
Doch dieje rief, als fie erfuhr, Marımus habe ihren
Semahl ermordet, den Bandalenfönig Geijerid)
gegen ihn zu Hilfe Noch vor defjen Ankunft
ergriff Marimus die Flucht und fand auf derielben
durch das erbitterte Bol jeinen Tod. — 0) Mari:
mos Tyrios, in Tyros geboren, ein Neuplato:
nifer gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. C, lehrte
unter den beiden Antoninen und Commobus teils
|
Maximus — Media.
in Griechenland, teils in Rom Philojophie in Ber:
bindung mit Rhetorik, weshalb er aud) ein Sophiſt
er wird. Noch 41 ————
bhandlungen (diaktkeıg, Aoyoı) über verſchiedene
Segenftände, „meijt abgedrojchene Themata“ (3. B.
neol dpwrog, megl Tdorng, rl Telog Pılocopias),
find von ihm vorhanden, welche ein jelbftändiges
Urteil befunden, wenn er aud im ganzen den
Grundiägen des Platon folgte. Seine Jdeen von
einer Stufenleiter, mit der Gottheit beginnend und
mit den Pflanzen jchließend, haben auch jpätere
Philofophen benußt und angewendet. Die Schreibart
des M. ift nicht mehr rein und einfach, jie leidet
an Künftelei und ift oft geſchmacklos. erg bon
H. Stephanus (1557), Heinfins (1607 —14), Davis
(1703 und 1740), Reiske (1774), Diübner (mit
Theophraft u. a. 1840). — 6) Marimos Ephe—
ſios, neuplatoniſcher Philojoph im 4. Jahrhun:
dert n. E., welcher teils in Ephejos, teils in Con:
ftantinopel, vom Sailer Julian dahin berufen,
lehrte. Er joll den Kaiſer zum Abfall vom Ehriften:
tum bejtinnmt haben, weshalb er vom römiſchen
Prokonſul Feftus zum Tode verurteilt wurde. Seine
auf Aftrologie und Magie bezüglichen Schriften
find verloren. Um die Philoſophie jcheint er fich
wenig Berdienft erworben zu haben. — II) Bei:
name einzelner Glieder der gens Valeria, j. Va-
lerii, 12. 15. 36,
Me&ves, nad Herodot (4, 191) eine libyſche
Bölferfchaft weftlih von dem Tritonfluß, unweit
der Fleinen Syrte; wohl die Maſchauaſpa, die in
ef al na Inſchriften als Söldner genannt
werden.
Mazaios, Mafeaiog, perfiicher Statthalter von
Kilifien unter Artarerres III (um 350 v. €E.),
fonnte jpäter (Uuguft 331) den Übergang über den
Euphrat gegen Alerander nicht deden, fämpfte aber
bei Gaugamela jehr tapfer, zog ſich dann nadı
Babylon zurüd, er ohne Schwerttreich über:
ab, erhielt dafür die Satrapie Babylonien und
—* 328. Diod. Sie. 16, 42. Arr.3, 7, 1f. Curt.
4, 16, 1ff. 5, 1,17 ff. Plut. Alex. 32. 39.
Mazära, Mdtaga, Stadt im Weften Siciliens,
am Fluſſe Mazaros gelegen, 12 Millien öſtlich
von Lilybaion, Handelsplat der Selinuntier, von
den Römern im erften puniichen Kriege zeritört,
aber jpäter wieberhergeftellt; j. Mazzara. Died.
Sie. 11, 86. 18, 54.
Mechanica j. Mathematica.
Medanra, gewöhnlich Madaura, blühende Stadt
an der Grenze Numidiens gegen Gätulien, Ge-
burtsort des Apulejus. Apul. met. 11, 271.
Medeia j. Argonauten, 5ff.
Medöon, Meöthr, Medicr, 1) feite Stadt in
Akarnanien füblih vom Ambrafiihen Meerbujen
auf der Straße von Strato8 an der aitolischen
Grenze nad Limnaia, in der Nähe des heutigen
ftatuna. Thuc. 8, 106. Pol. 2, 3. Liv. 86, 11. —
2) alte Stadt Boiotiens, am Fuße des Berges
Phoinifüs. Hom. Il. 2, 501. — 3) Stadt an der
phofischen Küſte bei Antikyra, im heiligen Kriege
zeritört und nicht wiederhergeitellt. Strab. 9, 410.
423. Paus. 10, 3, 2. 36, 6.
Media, 7) Mnöi«, altperfiih Mada, wichtiges
Land Inneraſiens geiiden Parthien im D., Perſis
und Sufiana im S., Afiyrien ım W., Armenien
und Hyrkanien, bezw. dem Kaſpiſchen Meer im
N.; aljo das H. rat Adſchmi und Aſerbeidſchan,
Mediastini — Megabates.
bezw. Gilan. Wegen feiner Größe wurde das
Land jchon unter den Achaimeniden in 2 Satrapien
geteilt. Als jpäter der NW. ein eigenes Reich),
Matiana (j. dr) oder Atropatene (db. h. vom
euer bejchügt, wegen des alten Feuerdienſtes),
bildete, hieß die Mitte und der Süden ald Provinz
des ſyriſchen und parthijchen Reiches Großmedien.
Jenes war ein Alpenland, diejes eine Hochebene,
aber mit trefflidhen, zur Roſſezucht (Nısaioı Irmoı,
Hdt. 7, 40. Arr. 7, 13, 1) geeigneten Weiden und
fruchtbaren Thälern (Medica mala = Südfrüdhte).
Sebirge: im W. Choathras und Parachoathras,
BZagros (j. Zagrojch) mit einer alten Paßſtraße;
in der Mitte, jüdlidh von Efbatana, der Orontes
(ij. Eiwend); im NO. Koronos (j. Karun) und
Jaſonion (j. Demawend), beide zufammen j. der
Elburs, mit den Kaſpiſchen Päſſen (j. Girduni
Sirdara). Flüffe: Amardos oder Mardos (j.
Kiſil Uſen) im NO. Choajpes (j. d., j. Kerkha)
im SW. — Die Meder werden als Mabdai jeit
836 v. E. in den aſſyriſchen Inſchriften erwähnt,
die herrjchenden Stämme nannten jich jelbft Arier
(Hdt. 7, 62), die älteren Bewohner waren wohl
andern Urjprungs. Sie waren tapfere Krieger,
jpäter jedoch vermweichlicht. Sie verehrten die guten,
wohlthätigen Gottheiten des Lichtes, an deren Spike
ſeit Boroafters (j. d.) Reform Ahuramazda, der
Gegner von Angramanju, ftand, jpäter auch die
Sterne. Feuer, Waller, Erde, Luft waren ihnen
ER Ihre Priefter hießen Magier (j. d.). —
n Großmedien lagen die Städte: Ekbatana
(j. d.), j. Hamadan, am Nordabhang des Drontes,
in wald: und wajlerreicher Hauptjtadt jeit
Deiofes; Rhagai ı(f. d.), j. Rai, nordweſtlich von
den Kaſpiſchen Pforten, die älteſte Hauptitadt; un-
weit davon Euröpos, von Seleufos 1. erbaut,
unter dem Namen Arjafia (j. d.) Nefidenz der
Arjafiden. In Mtropatene: Gaza (j. d.) oder
Gazaka, am Südufer des Salzjees Kapaata. Der
Strich am Kaipiichen Meer, bald zu Hyrlanien,
bald zu Medien gerechnet, hatte feinen gemein:
jamen Namen. Hat. i, 110. 131 ff. Pol. 5, 44:
10, 27. Strab. 11, 514. 522 ff. 15, 732 ff. Diod.
Sie. 17, 110. 19, 44.
Mediastini j. Servi, 6.
Medicus murus, ro Mndias vulovuevor
reiyos, nad) Strabon (11, 529) don Sentiramig,
in Wahrheit von Nebuladnezar zum Schuß Baby:
loniens gegen mediſche Angriffe oberhalb von Sip—
phara und Sittafe und dem nördlichiten, vom
Euphrat zum Tigris führenden Kanal errichtet;
20 PBarajangen (— 300 Stadien) lang, 100 Fuß
hoch, 20 Fuß did; aus gebraunten Badjteinen
aufgeführt, wie alle babyloniichen Bauten. Xen.
An. 1, 7,16. 2,4, 12.
Medici j. Arzte.
Medimnos j. Malse. f
Mediolanium (oder Mediolanum}, griechiſch
meift Medıoldvıor, Name mehrerer feltijcher
Städte: 1) Hauptjtadt der Inſubrer im cisalpi-
niſchen Gallien jenjeit3 des Padus am Flüßchen
Dlonna zwijchen Tieinus und Addua, der erjte
von den unter Bellovejus eindringenden Galliern
gegründete Ort (Liv. 5, 34), den die Mömer 222
v. E. durd Belagerung einnahmen, ſpäter jtarf:
befeftigtes Municipium (Tae. hist. 1, TU), auch
Kolonie, mit dem Beinamen Aelia Augusta, im
a
Yb}
4. Jahrh. kaijerliche Refidenz; j. Milano, Mailand.
An diefem blühenden Sitz der Willenjchaften und
Künfte (daher Neu-Athen genannt) vereinigten ſich
mehrere Hauptitraßen, — in jpäterer Zeit war
die Stadt Sit des Odoaker und der ojtgotijchen
Könige. Pol.2, 17, 34. Strab. 5, 213. — 2) Stadt
der Santones in Aquitanien nordöftlicd; vom Aus:
fluß der Garumna, j. Saintes. Strab. 4, 190.
Außerdem gab es 4 Städte d. N. in Gallien, 1 in
Germanien und 1 in Britannien.
Mediomatrices oder -ei, ein belgiiches Bolt
Galliens, öftlih von den Remern, ſüdlich von den
Trevirern, dicht an die Germanen grenzend, im
Mojel: und Aheingebiet; mit der Hauptſtadt Divo-
durum (jpäter Mettis, j. Metz). Caes. b. g.4, 10.
7, 75. Tac. hist. 1, 63. 4, 70 4
Mediterranöum mare j. Internum mare.
Medius fidius j. Sancus und Quirinus,
Medix tuticus (ojtijch meddis, von der Wurzel
mederi; tuticus von off. touto, Volk, Stadt,
lat. totus; aljo medix tuticus — curator totius),
Name des höchjten Beamten bei den Campanern.
Liv. 23, 35, 13. 26, 6, 13,
Medoäcus, Meduacus, Meödaxog, Fluß in Ve—
netia, entftanden aus der Vereinigung des Med.
maior (j. Brenta) und minor (j. Bacdiglione),
mündete ins Adriatiſche Meer bei Edro, dem Hafen
von Patavium. Liv. 10, 2. Strab. 4, 213. Plin.
3, 16, 20.
Medon, Meödwor, 1) Serold im Hauſe des
Odyffeus. Hom. Od. 4, 677. — 2) Sohn des
Dileus, Bruder des feinen Aias, vor Troja
Führer der Phthier, welche Phylale bewohnen,
wohin er geflohen war, weil er einen Verwandten
feiner Stiefmutter Eriopis erjchlagen hatte; von
Yineias erlegt. Hom. 11. 13, 693. 15, 332. Im
Sciffstatalog (2, 727) führt er, abweichend davon,
die Mannjchaft des Philoftetes. — 3) Sohn des
Kodros, erjter Archon zu Athen. — 4) Sohn des
Pylades und der Eleltra. Paus. 2, 16, 7.
5) Mndwr, Sohn des Keijos, Entel des Temenos,
König von Argos. Paus. 2, 19, 2. — 6) Bildhauer
aus Lakedaimon, von dem eine Ballas zu Olympia
itand (Paus. 5, 17, 2), um 560 v. E.
Medüli, eine aquitanijche Bölferichaft, jüdlic
von der Garumna am Dcean, wo ſich, wie heute in
Medor, treffliche Austern fanden. Plin. 32, 6, 21.
Medulli, M&dovilo:, Meövklo:, wohnten an
der Dftgrenze des narbonenfiichen Galliens in den
Alpen zwiichen den Tricorern, Allobrogern und
Taurinern im Quelllande der Druentia (Durance)
und Duria (Doria Minor). Strab. 4, 203. 204.
Medullia, albanifche Kolonie im Sabinerlande,
deren Gebiet unter Tarquinius Prijeus zum rö—
mijchen Staat gezogen wurde, zwiichen dem Tiber
und Anio; vielleicht das heutige Monticelli. Liv.
1, 33. 38,
Medus j. Media.
Medüsa j. Gorgo und Perseus.
Mefitis, die Gottheit ungejunder Dünſte. Serv.
zu Verg. A. 7, 84. Einen Tempel derjelben zu
Eremona erwähnt Tacitus (hist. 3, 33).
Megabätes, Meyaßdrns, Verwandter von Da:
reios Hyſtaſpis, wurde neben Ariftagoras mit dem
Buge gegen Naxos beauftragt, verriet aber zur
Rache für eine von jenem erlittene Kränkung den
Plan den Nariern und vereitelte jo die Eroberung
Frühling 500 oder 499 v. E.). Hdt. 5, 32 ff.
48*
156
Megabäzos, Meydßafos, 1) perfischer Feldherr,
der don Dareios bei jeinem Rüdzug aus dem
Skythenlande (513 v. E.) in Europa zurüdgelafien
wurde und Thrafien unterwarf. Hdt. 4, 143f.
5,15. — 2) Sohn des Megabates, Flottenanführer
auf dem Zuge des Xerges. Hat. 7, 97. — 3) ein
Perſer, der, weil die Athener den Jnaros in Ägyp—
ten unterſtützten, als Gejandter nad Sparta ge=
ſchickt wurde, um die Spartaner durch Geld zu
einem Angriff auf Athen zu gewinnen (etwa 456
v. E.). The. 1, 109. Diod. Sie. 11, 74.
Megabyzos, Meydßv$os, 1) Sohn des Zopyros
‘f. d.), Enfel des an der Ermordung des falichen
Smerdis beteiligten Megabyzos, war einer der
Anführer in Landheere des Kerzes, ſchon wegen
der Berdienfte jeines Großvaters und Vaters hod):
angejehen. Hdt.3,70.160.7,82, Später unter:
warf er das aufgejtandene Babylon. Arr.7,17,2.
Strab. 16,738. Als Statthalter von Syrien zog
er gegen Inaros in Agupten, befiegte diehen
jowie die * zu Hülfe gekommenen Athener nach
langer Einſchließung auf der Nilinſel Proſopitis
und unterwarf Ägypten wieder (455— 453 v. C.).
Thuc. I, 100f. Dod. Sie. 11, 77. Unwillig dar:
über, daß Inaros trotz den Kapitulationsbedin—
gungen zu Suſa gekreuzigt worden war, unter—
nahm er dann aber ſelbſt einen Aufſtand, der
nur durch Unterhandlung beigelegt wurde (448
bis 446): das erſte große Beiſpiel einer glück—
lichen Satrapenempörung. Nach Kteſias fiel er
ſpäter noch einmal in Ungnade, erlangte aber
auf die Bitten ſeiner Schweſter, der Gemahlin des
Artarerres J., wieder Berzeihung und jtarb in
hohem Alter. — 2) perfiicher Name des Ober:
priejters der epheſiſchen Artemis, ſonſt Zaorje (Bie-
nenfönig) genannt. Xen. An.5,3,6. Strab. 14,641.
Megaira j. Erinyen.
Megäkles, Meyaxijs, ein in dem berühmten
Bejchlechte der Altmaioniden häufig vorfommender
Name: 1) das Oberhaupt derjelben, Sohn des
Allmaion, Arhon in Athen zur Zeit des Auf:
ftandes der eier Partei, deren Vernichtung
ihm gelang (j.Kylon). Plut. Sol. 12. — 2) Entel
des vorigen, durch feine Gemahlin Agarifte Schwie:
gerjohn des Tyrannen Sleifthenes von Sikyon,
jtand in den Parteikämpfen während Solons Ab—
wejenheit an der Spitze der gemäßigten Paraler
(Hdt. 1, 59. Plut. Sol. 13. 29), mußte 560 v. €.
vor Peififtratos fliehen, aber zwang diejen durch
jeine Verbindung mit der Partei des Lyfurg zu
zweimaligem Eril. Als endlich Peififtratos dauernd
ſich der Herrſchaft bemächtigte, entfſloh M. aus
der Heimat. — 3) Enkel des vorigen (Sohn des
Kleifthenes) und Großvater des Alkibiades von
mütterlicher Seite, Sieger in den pythiſchen Spie:
len, wurde zweimal durch den Dftrafiimos aus
| 4) gleichfalls
Enkel von 2), Bruder der Mutter des Perikles
Athen entfernt. Hdt. 6, 131. —
und Großvater der Gattin des Kimon. Plut. Cim.4.
— 5) Vertrauter des Königs Pyrrhos von Epei-
ros, der mit deſſen Rüftung in der Schlacht bei
Herafleia (280 v. €.) kämpfte und fiel.
Pyrrh. 16 f.
Megalesia j. Rhea Kybele,
Megalopölis, 7) Meydin mölıs, Meyakorokıg,
die von Epameinondas 371 v. E. gegründete und
mit den Bewohnern von 39 (44) nahe gelegenen
Ortichaften bevölferte Hauptftadt Arkadiens in der
Plut. |
Megabazos — Megaris.
Landſchaft Mainalia an dem reißenden Flufie
Helifjon, der die Stadt in eine jüdliche und nörbd-
liche Hälfte jchied (nördlich des j. Sinano). hr
Umfang von 50 Stadien und ihre Lage in der
Ebene, dem offenften Zugange von Lafonien aus,
festen fie all dem Unglüd aus, das fie von Kleo—
menes bald erfahren jollte. M. hatte 60—70 000
Einwohner, darunter 15 000 waffenfähige Männer;
unter den Gebäuden ift befonders ein großes ſchö—
nes Theater zu nennen, eines der größten in
Griechenland, von dem fich ziemlich anjehnliche
Trümmer erhalten haben, jowie die zu Ehren
Philipps von Makedonien errichtete prachtvolle
Stoa und ein Tempel der Athena Polias. Nach
Nleranders des Gr. Tode (M. hatte fich der make—
donischen Herrichaft willig unterworfen) traten
mehrere Tyrannen auf, deren leßter, Lydiades, die
Stadt dem Acaiiichen Bunde zuführte.. Dadurd
wurde ihr Unglüd herbeigeführt, denn Kleomenes III.
von Sparta eroberte fie und zerftörte fie faſt ganz
(Pol. 2,55. Paus. 8, 27, 15. Plut. Cleom. 25.
Philop. 5), und obwohl Philopoimen (der, wie
auch Polybios, hier geboren war) nad) der Schlacht
bei Sellafia die vertriebenen Bewohner zurüdführte,
jo verfiel jie doch immer mehr und war zu Stra:
bons und Paufanias’ Zeit faft ganz verödet. Strab.
8, 388. Paus. 8, 27. 30 ff.
Megapenthes, 1) j. Perseus. — 2) j. Me-
nelaos,.
Megära, 1) j. Megaris. — 2) j. Hybla, 3.
— 3) j. Herakles, 5.
Megäreus j. Menoikeus.
Megarici, eine philofophiihe Schule (Cie. de
or. 3, 17, 62. acad. 2, 42, 129), nach dem Ge:
burtsorte des Stifter Eufleides (j. d., 2.) benannt.
Megäris, 7) Meyagis (Hat. 9, 14), Heine Yayd-
ichaft (die zweitfleinfte Griechenlands) auf und
am Korinthiihen Iſthmos, nur 4 (nad andern
8) TIM. groß, grenzte im N. an Boiotien und
den Korinthiichen Meerbujen, im NO. an Attila,
im ©. an den Saroniſchen Meerbufen, im SW.
an Korinthia und im W. an den Korinthiichen
Meerbujen. Der jaft ganz von einem mächtigen
Gebirgszuge bededte Boden ift feljig, rauh und
unfruchtbar; von N. her reichen die Ausläufer des
Megaris.
Kithairon ins Land, über die ein beſchwerli
757
Injchrift: zdd’ Lori TlsAonövenoog, obr ’Iovle,
Pat führt. Auf der attijchen Grenze erheben ſich nordwärts mit den Worten: r&ö’ obyl IIsAomor-
die niedrigeren Kdoare, „Hörner“ (j. Kandili), jüd-
mwärts hart an das Meer ſtoßend, - daß die nad
Attila führende Straße hier in Felſen gehanen
war; gegen Korinthia 7 T'egdveı« (Mafri Plagi),
der Kranichäberg, 1370 m hoch. An der Dftjeite,
wo die Felſen jchroff ins Meer fallen, befindet fich
hart an der Küſte die im Altertume jo berüchtigte
Skironiſche Strafe, 7 Zxıgwris, noch heute Ka—
vn00g, &hk "Iovia. Strab. 9, 392. Plut. Thes. 25,
In diefen Zeiten zerfiel Megaris in die 5 Gaue
(nöucı) der "Howesig, Ilsıpaeis, Meyageis, Toımo-
dıoraioı und Kvrocovgeis. Zur Zeit des Kodros
(gejt. angeblich 1068 v. E.) ward das Land doriſch
und von Korinth abhängig, bis es fich, freilich mit
Berluft faſt der ganzen weftlichen Hälfte, losriß
und, als einzig echt doriiche Republik außerhalb
filfala, der jchlimme Paß, genannt (Hdt. 8, 71) des Peloponnes, jowie als einer der kleinſten
(in nemefter Zeit freilich, jeit dem Bau der Eifen-
bahn von Athen nach Korinth, ganz umgeftaltet);
die Felſen jelbit hießen Zmiponideg merouı, Sci-
ronia saxa (vgl. Or. met. 2, 145—149), und jollten
aus den Knochen des von a ne erlegten Räubers
Stiron entſtanden fein. Namentlich war einer
derjelben berühmt, die MoAovolg werga, eine fteile
Klippe, von welder fi Ino mit ihrem Sohne
Melifertes, verfolgt von ihrem Gemahl Athamas,
geftürzt haben jollte. J’aus. 1, 44, 7. Die Pelo- brochen von Heere
Staaten überhaupt, nach kurzer Ölanzperiode unter
ber haft der Orthagoriden, in welcher es
Salamis beſaß und Kolonien jogar nad) dem thra—
‚fiichen Bosporos und Pontos Eureinos jen
— Chalkedon, Herakleia am Pontos,
ara in Sicilien u. a.), bald zwiſchen den
mächtigen Nachbarn eine fümmerliche Eriftenz be—
hauptete. Die dadurch bedingte Politif und der
Umftand, daß jeiner Lage nad) Meg. fast ununter—
n durchzogen twurde, mußte ver:
ponnejier verſchütteten dieſe Straße nach der Schlacht | derblich auf den Charakter des Volkes wirken,
—
*
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*5 ——s *
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HN
bei den Thermopylen. Hat. 8, 71.
Teil der
Der weitliche
eraneia hieß Alyimkayaros, der vom
Meere geichlagene, auslaufend bei dem Heraion-
borgebirge (j. Hagios Nifolaos), das einen Tempel
trug. Bon Vorgebirgen ift außerden zu merfen
das lang umd jchmal vorjpringende Kap Minoa,
dicht bei der Hauptſtadt, mit einem Heinen Eilande
gl. N. dabei (j. Paläokaſtro, mit dem Lande ver-
unden). Das Meer bildet an der Nordweſtküſte
die heutige Bai von Livadoftro, ehemals “AAnvorlg
Pcharra, deren innerfter Bujen Auen Tooyazıs
hieß. — Klima und Produkte waren faft wie in
Attika; eigentümlich ijt der weiße Mujchelmarmor,
fowie die onögad« (Zwiebeln), das Lieblingsge-
richt der Megarenjer. — Die älteften Bewohner,
welche ſich nachmweijen lafjen, waren die Karer, die,
zu Schiffe von .. gefommen, ſich wahrjchein:
lich zunächft auf der feinen Inſel Minoa, dann
auf der öftlichen der beiden Afropolen von Megara
niederließen; ſodann die Jonier. Das Land war
damals mit Attifa verbunden und dehnte ſich gegen
Korinthia bis nahe an den Iſthmos aus, da bei
Krommpon eine Säule jtand, ſüdwärts mit der
Weg nach der I
welches den übrigen Hellenen bald als Zielicheibe
des Wibes und der Verachtung galt; Meyageor
&ıor nepldog war bei den übrigen Griechen ein
ſprichwörtlicher Ausdrud für verächtliche Leute.
— Die Hauptftadt Megara, r& Meyao«, jeht
ein ärmliches Städtchen d. N., lag, ſtark befejtigt
und reih an Prachtgebäuden, mit 2 AUfropolen,
Kapia und Ainddovs, 8 Stadien (Thue. 4, 66)
vom Saronifchen Meere in einer gegen 3 Stunden
breiten, zum größten Teile mit etreidefeldern
und Olbaumpflanzungen bededten Ebene, welche
fi zwiſchen den Kerata und den öftlichen Ab—
au der Geraneia hinzieht. Paus. 1, 40 ff.
er befeftigte Hafen Niſaia, Niocac, war durch
zwei 8 Stadien lange Mauern (oxdAn) mit der
Stadt verbunden, welche die Aihener, als M. bald
nad) dem Perjerkriege (461 v. E.) fein Bündnis
mit Sparta gelöft und fich den Athenern ange:
ichlofien hatte, nach dem Mufter ihres eigenen
Stadt und Hafen miteinander verbindenden Be:
feftigungsinftems bauten (460 bis 459) und jelbit
bejeßt hielten, jo daß fie die Stadt von der See:
jeite vollftändig in ihrer Gewalt hatten; den Ab—
158 Megasthenes — Melampus.
ichluß bildete ein Kaftell auf der durd eine Brücde | das dem Honige feinen Geruch und Gejchmad mit-
mit dem Feitlande verbundenen Inſel Minoa. Im | teile (vgl. 3. 9. Voß zu Verg. @. 4, 1). Diejer
achten Jahre des peloponneſiſchen Krieges vertrie: | Glaube beruht zum Teil auf Vermiſchungen mit
ben die Megarenjer die athenische Bejapung und | der Thatjache, da im Driente in den Sommer:
riffen die Mauern nieder; aber 84 Jahre jpäter, | monaten aus den Blättern mehrerer Bäume und
als fie jelbjt wieder das Bündnis mit den Athenern | Sträudher eine Süßigkeit jchwigt, die im A. T.
juchten, wurden die Mauern durch Phokion wieder | als wilder Honig bezeichnet wird. Bei Homer
bergeftellt und beftanden noch zu Strabons Zeit; | (Od. 10, 234. 20, 69) wird der Honig mit Wein,
PBaujanias erwähnt fie nicht mehr. Adt. 1, 59. Käſe und Gerftenmehl vermifcht gegeffen; mit
Thue. 1, 103. Strab. 9, 390. Andere Ortichaften | Milch oder Waſſer vermiicht (usAdsenzov) tommt
waren Tripodijfos, die Hafenftadt Pagai, | er als Opfer für die Schatten der Toten, die unter-
Nigoithena (zeitweilig mit Boiotien verbunden), | irdijchen Götter, die Erinyen (ohne Wein) u. j. w.
Beiraion, Aigeiros. Vgl. Reinganum, das |vor. Hom. Od. 10, 519. 11, 27. Soph. ©. C. 481.
alte Megaris (1525). Burfian, Geographie von | Der Honig fpielte bei den Alten eine viel größere
Griechenland I 366 ff. Rolle als bei uns, da er ihnen unjern Zuder er:
Megasthönes, Meyacdzvns, 1) VBertrauter des | ſetzte. Man bereitete auch einen Wein daraus,
ſyriſchen Königs Seleufos 1., u. a. als Gejandter | der bei den Römern jo geichäßt wurde, daß er bei
bei dem indiichen König Sandrafottos um 300 | den rar song unter bie Sieger verteilt ward.
v. C. verwendet. Arr. 5, 5, 1. 6,2. Bei diefer | Der bei Hybla auf Sicilien und der auf dem
Gelegenheit fammelte er das Material zu jeiner, | Oymettos in Attifa gewonnene wurde am meiften
in mehrere Bücher eingeteilten indiſchen Geſchichte geichäßt; der auf Gorfica (mel Corsicum) war
Ulwdıxd), von welcher ſich neben allerlei Notizen | übel berüchtigt. Zu Sokrates’ Zeit Foftete feiner
bei Strabon (15, 686 ff.), Arrian (Ind. 3 ff.) u. a. | Honig die Kotyle ('/, Liter) 5 Drachmen.
auc einige Fragmente erhalten haben, gejammelt | Mela, mit vollem Namen Bomponius Mela,
von Schwanbeck (1846) und Müller, fragm, hist. Verfaſſer eines in lateiniſcher Sprache geſchrie—
Graec. II p. 397 ff. Nbhandl. von Schwanbed | benen geographiichen Abrifjes, de chorographia
(1845). — 2) aus Chaltis, gründete mit Auswan= | (ehemals de situ orbis), in 3 Büchern, des erjten
derern die Kolonieftadt Kyme (Cumae) in Cam: | Werkes diejer Art, das wir bejigen, ſtammte aus
panien. Strab. 5, 243. Tingentera in Hijpanien und jcheint zur Zeit der
Meges, Meyns, Sohn des Phyleus, König der | Kaijer Caligula und Claudius (37—54 n. E.) ge:
Epeier in Elis, Kämpfer vor Ilion. Hom. Il.|jchrieben zu haben. Die ganze Darftellung ent-
13, 692. 15, 519. Wbweichend davon heißt er im | behrt der willenfchaftlihen Bedeutung, denn fie
Scifistatalog (11. 2, 625 ff.) Anführer der Scharen | beruht nicht auf Mutopfie, jondern Mela hat nur
von Dulihion und den Echinaden. Der Katalog |au8 den beiten ihm zugänglichen Werfen, wie
folgt der jpäteren Sage, daß Phyleus, der Vater | Hipparch, Hanno und Nepos, gejchöpft, mit einer
des Meges, von feinem Vater Augeas vertrieben, | gewiflen Kritik. Sein Zwed N eint gewejen zu
weil er für Herafles gegen jeinen Vater gezeugt Fein, in einem gefällig und mit lebhaften Farben
hatte, nach Dulichion ausgewandert jei. ausgearbeiteten Kompendium das zu vereinigen,
Megiste, Meyiorn, nad) Strabon (14, 666), | was allgemein wiffenswürdig und namentlich zum
wie es jcheint, auch Arodern genannt, Inſel an | Verftändnis der Dichter und Mythographen ziwed:
der mittleren Küfte von Lykien, mit einer gleich: | dienlich erjcheint. Sein Stil ijt der Sache nad)
namigen Stadt und bedeutendem Hafen (Liv. | fur; und gedrängt, in einzelnen Schilderungen
37,22); j. Meis oder Kaftel Nofjo. recht Tebendig und anmutig. Ausgg. von J. und
Meidias j. Demosthenes. U. Gronov (1685 u. Ö.), Figude (7 Bdd. 1806,
Meilanion j. Atalanta. die volljtändigite), Weichert (1816), G. Parthen
Meilichios, Meiiyıog, der verjöhnliche, huld: | (1867) und C. Frick (1880).
reiche, 1) Beiname des Zeus, Sühn-Feus, der mit| Melaina, Milcıwa, Borgebirge an der N®.:
dem chthonifchen Zens oder Hades verwandt ift. | Seite der lydiſchen Halbinjel Joniens, der Aus:
In Athen wurden ihm Schweine geopfert und | läufer des Mimasgebirges am Hermaiiſchen Busen,
ganz verbrannt, wie dies bei dem Dienſt des | wo viele Mühlfteine gebrochen wurden; j. Kara
unterirdifchen Zeus gebräuchlich war. An den Burun, das Schwarze Vorgebirge. Ildt. 14, 645.
Diafien wurden ihm Kuchen geopfert. Thuc.1,126.| Melaunodia j. Hesıodos.
— 2) Beiname des Dionyjos; — 3) der Tyche.| Melampüs, Meidurovs, ne de3 Amythaon,
— 4) Die Feol ueıhlgıon, Sühngötter überhaupt, | Bruder des Bias, war der ältefte Seher, welcher
unterirdiiche Götter, erhielten zur Nachtzeit ihre | durch geheime Opfer und Sühnungen die Heiltunft
Opfer. übte; auch galt er für den Gründer des Dionyſos—
Mekyberna, MnauBsor«, Stadt an der Oſt- | fultus in Griechenland. Hdt. 2, 49. Er lebte an:
jeite der Landſchaft Sithonia in Makedonien am | fangs zu Pylos auf dem Lande: hier reinigten
Toronaiiichen Meerbujen, deffen einer Teil auch | ihm einst Schlangen, toährend er jchlief, die Ohren,
nach der früh erfolgten Zerftörung der Stadt den jo da er von der Zeit an die Stimmen der
Namen sinus Mecybernaeus führte. Hdt. 7,122. | Bögel verftand und zufünftige Dinge vorausjagen
Thuec. 5, 39. Strab. 7, 330. fonnte. Sein Bruder Bias freite um Pero, Tod:
Mel, ueiı, Honig, galt bei den Alten für eine |ter des Neleus (Hom. Od. 11, 287 ff.). Dieſer
Himmelsgabe (Verg. @. 4, 1: aörii mellis cae- verſprach bei der Menge der Freier dem die Toch—
lestia dona; vgl. Or. fast. 3, 735 ff.), weil die ‚ter, welcher ihm die Rinder des Iphiklos aus
Bienen ihn nicht aus Blumenfaft erft bereiten, | Phylake in Theffalien bringen würde. Da Bias
jondern aus Morgentau nur einfammeln jollten | vergeblich verjucht hatte, die von einem Hunde
(vgl. auch Melissa); aus Blumen werde Wachs, | ftreng bewachten Rinder wegzuftehlen, unternahm
—— ————— — ———— — — —— — —— —— — —— — — — —— — — — —— — — —
Milav — Meleagros.
es Melampus, für ihn diejelben zu holen, obgleich | Od. 17, 212 ff. 21, 176. i
5 er erſt nach einjährigem Ge: | — 2) Tragifer in Athen, Freund des Kimon,
er vorausjah, da
fängnis die Rinder in feine Gewalt befommen
würde. Er wurde über dem Diebftahl ertappt und
in Feffeln in einem Haufe bewacht. Durch Holz:
würmer, welche das Gebälte des Haujes zernag:
ten, belehrt, daß das Haus bald zujammenftürzen
würde, bat er den Iphiklos, ihn in ein anderes
Haus zu verjegen. Kaum war das gejchehen, jo
ftürzte das Haus zuſammen. Dadurch erfannten
Iphiklos und dejien Bater Phylafos die Seher:
gabe des Melampus, und nachdem er ihnen ge:
weisjagt hatte, wie der finderloje Jphiflos Kinder
befommen könne, entließen fie ihn mit den Rindern.
Er trieb fie nach Pylos und gewann jo jeinem
Bruder die Pero. Er hielt fi) noch eine Zeit
lang in Mefjene auf und begab ſich alddann nad)
Argos, wo er von dem König Anaragoras mit
Bias gleiche Teile der Herrſchaft erhielt, weil er
die argiviichen Weiber von einer Najerei heilte;
oder er heilte die Töchter des Proitos, Königs
von Tiryns, welche, weil fie ji dem Dionyſos—
dienjte widerjegt hatten, rajend geworden waren,
und erhielt den dritten Teil des Königreichs und
des Proitos Tochter Iphianaffa zur Gemahlin.
Seine Söhne waren Mantios und Antiphates.
Hdt. 9,34. Hom. Od. 15, 225 ff. Apollod. 1, 9,11.
Antiphates zeugte den Dikles, diejer den Amphia—
raos; Mantios’ Söhne find der von Eos geraubte
Kleitos und Bolypheides, welchen Apollon nach des
Amphiaraos Tod zum beften der Seher madıte.
Meiav, eine Art Tinte zum Schreiben auf
Pißlos, ein flüjfig gemachter Farbeſtoff. Das
Tintenfaß h. mu&ig oder uelavodogov. Statt der
Feder gebrauchte man eine Art Schilfrohr (ndi«-
nos, yoapevs), zum Schreiben auf Wachstafeln
einen jpigen Griffel (yo«peior).
Melanchlaeni, Meidyykaıvoı, ein nad feiner
dunklen Kleidung benanntes Volk nördlih von
den föniglichen Skythen, am mittleren Lauf des
Tanais, ım Norden von Sümpfen und Steppen be:
grenzt; den Stythen in den Sitten ähnlich, aber wohl
Hlawıjcher Abftammung. Hat. 4, 20. 100. 107. 125.
Melanchros, Miia@yygos, Tyranı von Mytilene
auf Leſbos, wurde von Pittakos (j. d.) im Verein
mit den Brüdern des Dichters Allaios, Kiris und
Antimenides, getötet, um 612 v. E.
Melanippides j. Dithyrambos.
Melanippos, Meldrınzos, 1) Sohn des The:
baners Aitafos, verteidigte Theben mit Tapferkeit
gegen die dem Polyneikes zu Hülfe gezogenen
7 iriten, verwundete ben Tydeus tödlich, wurde
aber von Amphiaraos erlegt (Aesch. Sept. 409);
j. Tydeus. — 2) ein jchöner Jüngling zu Patrai
in Adaia, der die Briefterin der Artemis Tri—
Haria, Komaitho, liebte; die Göttin aber jandte
zur Strafe dafür ihr den Tod und dem Lande
Peſt und Mißwachs. Zur Sühne befahl das Drafel
jährlich einen ſchönen Jüngling und eine jchöne
Jungfrau zu opfern. Paus. 7, 19, 2ff. — 3) ein
Sohn des Thejeus und der Perigune, Tochter des
Einis. Plut. Thes. 8. — 4) 2 Troer, der eine
von Antilochos, der andere von Teufros getötet.
Hom. Il. 15, 546. 576. 8, 276. — 5). Chariton.
Melanthios, Meldrtios, -eus, 1) Sohn des
Dolios, des alten Sklaven der Penelope (Tom.
Od. 4, 735), Ziegenhirt des Odyſſeus, auf der Seite
der Freier, von Odyſſeus grauſam getötet. Hom.
159
on
22
ATA ff. Or. her. I, 95.
Zeitgenoſſe des Sophokles und Ariſtophanes, von
welchem letzteren er wegen ſeiner Feinſchmeckerei
und Sinnlichleit vielfach verſpottet wird. Eine
Tragödie Medeia wird von ihm erwähnt; erhalten
ift ein einziger Vers. — 3) ein athenifcher Feld—
herr, dem Ariſtagoras von Milet zur Hilfe ges
jendet. Hdt. 5, 97. — 4) ein Hiftorifer aus um:
befannter Zeit, angeblicher Verfaſſer einer Atthis
und einer Schrift meel rar Lv "Elsvainı wuorn-
eior. ©. Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 444.
— 5) aus Rhodos, afademischer Philojoph, Schüler
de3 Starneades, beliebt wegen feines angenehmen
Vortrags. — 6) Maler aus Sikyon, j. Maler, 4.
Melanthos, Mil«avdos, Sohn des Andropom:
908, Vater des Kodros, aus dem Gejchlechte der
Neleiden, König in Meflene, von wo er, durch die
Herafliden vertrieben, nach Eleufis in Attila 309.
Als hier der attiiche König, der Thejeide Thymoites,
ji — mit dem boiotiſchen König Kanthos
einen Wettlampf um den Belib von Dinod zu
bejtehen, übernahm M. den Kampf, jiegte und
ward König von Attila. Während des Kampfes
erjchien Dionyjos in jchwarzem Ziegenfell hinter
XZanthos, und als ihm M. vorwarf, daß er nicht
allein jei, drehte er fih um und ward von M.
erlegt. Zum Andenken an diejen täufchenden Sieg
durch die Erjcheinung des Gottes wurde dem Dio-
nyſos Melanaigis oder Melanthides ein Heiligtum
errichtet, und dem Zeus Apaturios das Feſt der
Apaturien (j. d.) geitiftet.
Melas, Miiag, öfter vorfommender Name von
Flüſſen, die ein dunfles Anjehen hatten, nament-
ih: 1) Fluß in Boiotien zwiſchen Orchomenos
und Mipledon; entipringt am nordöftlihen Fuße
des AMlontiongebirges, ftrömt dann parallel mit
dem Kephijos und verliert fich in den Sümpfen
an der Kopais; j. Mavro Potamos. — 2) Fluß
in der theſſaliſchen Yandichaft Malis bei Herafleia,
ergoß ſich im Altertum, gleich dem Dyras parallel
mit dem Spercheios fließend, in den Malifchen
Meerbufen, während er jet, mit dem Dyras (j.
GSurgopotamo) vereinigt, in den Spercheios mündet
j. Thermopylai); j. Mavronero. Hdt.7, 198.
Liv. 36, 22. — 3) Fluß in Thrafien, ergießt fid)
in den Melasbufen, nördlich von Kardia (Ildt.
6, 41. 7,198. Liv. 38, 40); j. Xeros. — 4) Fluß
in Eicilien zwijchen Mylai und Meſſana; an jeinen
Ufern läht die Sage die Weidepläge der Sonnen:
rinder liegen. Op. fast. 4, 476. — 5) jchiffbarer
Fluß im öftlihen Pamphylien, j. Menavgat. —
Der Meerbufen Melas, Melas sinus, Melas
xolrog, it ein Teil des Migaiiichen Meeres im
NW. des thrakiſchen Cherjones, j. Meerbujen von
Xeros. Ildt. 7, 58. Strab. 1, 28. 2, v2 u. ö.
Meldi oder Meldae, M£löor, Milöc«ı, leltiſches
Volt Galliens zwiſchen Meaux und Melun im
Seine: und Marnegebiet, wo Cäſar für die bri—
tannische Erpedition Schiffe bauen lich. Cues. b. «.
5,5. Strab. 4, 194.
Meleägros, Mel£ayoog, Meleager, 1) Sohn
des Dineus und der Althaia, der Tochter des
Theftios, Gemahl der Kleopatra Alkyone), der
Tochter des Idas und der Marpeſſa, cin gewal—
tiger Held aus Kalydon in Mitolien, berühmt
als Speerwerfer, als Teilnchmer am Argonauten:
zuge und an der falydonifchen Jagd. Sein Vater
160
Dineus hatte einft der Artemis zu opfern ver
eflen, weshalb dieje einen gewaltigen Eber (den
— Eber) in die Fluren von Kalydon
ſandte, um fie zu verwüſten. Meleagros erlegte
ihn in Gemeinthaft mit den tapferjten Helden
jeiner Zeit; unter denfelben werden genannt:
Admetos, Amphiaraos, Aſklepios, Jaſon, das,
Lynkeus, Eurytos, Ktentos, Kaineus, Nejtor, Phoi:
nir, Peleus, Thejeus, Peirithoos, Kaftor, Poly:
deufes u. a. Artemis erregte über Kopf und Haut
des erlegten Tieres, den Giegespreis der Jagd,
einen blutigen Kampf zwiſchen den Nitolern (in
Kalydon) und den Kureten (in dem benachbarten
Pleuron), in dem die Witoler, jolange Meleagros
mitfämpfte, die Oberhand behielten. Als aber
Meleagros einen Bruder feiner Mutter im Kampfe
erichlug, und dieſe den Fluch über ihn ausiprad,
og fi) Meleagros grollend dom Kampfe zurüd,
— daß die Aitoler in große Not kamen. Alle
Bitten und Verſprechungen vermochten den zür—
nenden Helden nicht zur Teilnahme am Kampfe
u bewegen, bis endlich in der a Nor das
lehen der jammernden Gattin ihn erweichte. Er
Meles — Meletos.
ift Atalante. — 2) einer der Führer der Phalanı
bei Aleranders Tode, ſetzte es durch, Bern
dem neugeborenen Sohne des Alerander deſſen
eiftesihwacher Bruder Philipp Arrhidaios als
önig, er jelbjt aber neben Perdikkas ald Regent
anerfannt wurde. Perdiklas aber brachte den Arrhi—
daios in jeine Gewalt; diefer willigte in den Unter:
gang des Meleagros, und derielbe wurde am
Itare eines Tempels, in den er geflohen war,
ermordet, 323 v. E. Diod. Sie. 18, 2. 4. Ourt.
10, 6, 20 ff. — 3) ein Sohn des Ptolemaios Lagi,
herrichte nach dem Tode ſeines Bruders Ptole:
maios Keraunos in Makedonien, 279 v. E., wurde
aber jhon nad 2 Monaten wegen feiner Un—
fähigkeit abgejegt. — 4) aus Gadara in Paläftina,
ein geiftreicher Dichter im erotiichen ——
um 60 dv. E., ſammelte zuerſt eine Anthologie
von Epigrammen der älteren Zeit und der alexan—
drinijchen Periode: Zrepavog Erıyoauudror, vgl.
Anthologia graeca. Geine eigenen Epi-
gramme (bejonders herausgegeben von Manio,
1789, und Gräfe, 1811), 128 an Zahl, bewegen
fi zwar in einem engen Jdeenkreije, zeugen aber
ging in den Kampf, rettete die Aitoler, aber kehrte
nicht wieder; die Erinys, welche den Fluch der
Mutter auch in der Unterwelt gehört, ereilte ihn.
. Hom. 11.9, 529 ff. 2, 641. 14, 115 ff. — Die fpätere
Form der Sage ift folgende: Als Meleagros 7 Tage
alt war, traten die Moiren Herzu und jagten,
werde jterben, wann das auf dem Herde brennende
dei verbrannt jei; deshalb riß Althaia das
Sceit vom Herde weg und legte es im eimen
Kaften. Als jpäter auf der Jagd des Ebers Ata—
lante dem Tiere die erfte Wunde beigebracht, und
M., der es erlegt hatte, der von ihm geliebten
Jungfrau den Preis, die Haut des Tieres, über:
geben hatte, —— ihr die Söhne des Theſtios
das Fell, wofür M. ſie erſchlug. Althaia aber,
erzürnt über den Tod ihrer Brüder, zündete jenes
Sceit an, und M. ftarb auf der Stelle. Ov. met.
8,270 ff. Nad) des M. Tod erhängten fih Althaia
und Kleopatra, und feine Schweitern meinten bei
feinem Tode jo jehr, daß Artemis fie aus Er:
barmen in Perlhühner (ueAsayo/deg) verwandelte.
Als Herafles in den Hades kam, flohen alle Schat:
ten vor ihm, außer M. und Meduja. — Abbil—
dung: Tod des Meleagros auf einem Relief der
Billa Albani zu Rom. Die Jägerin zur Rechten
von Geift und Phantafie; feine Diktion ift teil-
weile dunkel und jchmwierig.
eles, Meins, ein Küftenflüßchen bei Smüyrna,
das in den Meirtov xdAmog ich ergoß. Hier in
jeiner Heimat, an der Duelle des Flüßchens, joll
Homer in einer Grotte jeine Gefänge gedichte
haben; daher heift er ſelbſt Meinaıyeriis, jeine
Werfe bei Tibull (4, 1, 200) Meletöae chartae.
Strab. 12, 554.
Melesias, Meinolas, 1) Sieger in den heiligen
Spielen und Lehrer der Gymnaſtik auf Yigina,
von Pindar bejungen (ol. 8, 71. nem. 4, 151). —
2) Vater des Staatdmannes Thufydides, des Geg—
ners des Berifles. — 3) Sohn desjelben Thukydides.
Melöte j. Musae.
Melötos, Meinros, 1) ein Athener, Anhänger
der Dligarchie und in den Hermofopidenprozeh ver:
widelt. Er hatte teil an der Gejandtichaft nach
Sparta, um dort den Frieden zu vermitteln, 403
v. C. Xen. Hell. 2, 4, 36. — 2) einer der 3 An:
kläger des Sofrates und jchlechter Dichter, daher
von Ariftophanes verjpottet. Er joll Tragddien,
Stolien und erotifche Gedichte gejchrieben haben.
Bald nach Sokrates’ Tode joll auch er zum Tode
verurteilt worden jein. Diog. Laert. 2, 39. 43.
Melia — MeAleloeves.
Melfa, Meile, Nymphenname, 1) Tochter des
Dfeanos, von Inachos Mutter des Phoroneus und
Aigialeus oder Phegeus; — 2) von Bojeidon
Mutter de3 Amykos; — 3) von Apollon geranbt
und Mutter des Yimenios und des Schers Te:
neros, im Iſmenion bei Theben verehrt. — 4) die
Melia oder Mekrddes, Ejchennymphen, waren
mit den Erinyen und Giganten aus den Bluts-
tropfen des entmannten Uranos entjtanden, welche
Ge aufgefangen hatte (Hesiod. theog. 187); fie
heißen Ammen des Zeus.
Meliböeus j. Germania.
Meliboia, MeArßoıe, 1) Heine Küftenjtadt der
theſſaliſchen Landichaft Magnefia, am Fuße des
Oſſa (Hom. 11.2, 717. Hdt.7, 188. Strab. 9, 443.
Liv. 44, 13), von den Römern unter En. Octa:
vius geplündert. Zir. 44, 46. Bon ihr war ber
treffliche meliboitihe Purpur benannt, deſſen Be:
reitung einen bejonderen Anduftriezweig ihrer Be:
wohner bildete. Luer. 2, 500. Verg. A. 5, 251. —
2) J. Lykaon.
MnAıeis ſ. Malienses.
Melikertes ſ. Athamas.
Melinno j. Erinna.
Melissa, M£lısoe, 1) die Biene. Die Bienen,
welche die jühe Nahrung aus den Blüten der Natur
iehen, wurden zu den Nymphen, den nährenden
Söttinnen des blühenden Naturlebens, in mannig:
faltige Beziehung gefegt. Eine Nymphe Meliſſa
(Bejänftigerin, von ueiloow, usıllsco) jollte den
Genuß und Gebraud des Honigs erfunden haben,
und darnach jollten die Bienen uelısocı ge—
nannt worden fein. Meiıso«ı bedeuteten geradezu
Nymphen, Nymphen wurden in Bienen verwandelt,
- die Pflegerinnen de3 Zeus hiefen Melısoaı. —
Milıooaı hießen auch Priefterinnen, namentlich
der Demeter, der nährenden Getreidegöttin (demn
der Honig und die Biene waren Symbol der Nah:
rung), fowie der ephefifchen Artemis, deren Ober:
prieiter Zoorjv — — wurde, wes⸗
halb eine Biene auf den Münzen von Epheſos
erſcheint. Die Verbindung der Bienen mit De—
meter kann auch darin ihren Grund haben, daß
die in einem geordneten Staate lebenden Bienen
Symbol des Staatslebens ſind, deſſen Schöpferin
Demeter war. Ferner ſind die Bienen Symbol
der Kolonienſendung und wegen der berauſchenden
Kraft des Honigs Symbol der Begeifterung (daher
heißt Pind. pyth. 4, 60 die Pythia die delphiſche
Biene). — 2) Ort im öftlihen Teile Großphry:
giens zwiſchen Synnada und Metropolis, mit dem
Grabmale des Altibiades und einer Bildjäule des:
jelben aus perfifchem Marmor. Ath. 13, 574 e.
Melisseus j. Adrasteia.
Melissos, Me£Aısaog, 1) Sohn des Telejindes
aus Theben, Sieger in den nemeiſchen Spielen.
— 2) Staatsmann und Whilofoph in Samos,
Schüler des Parmenides und Anhänger der elca=
tiichen Schule, lebte in der Mitte des 5. Jahrh.
v. C. Durch Feldherrntalent ausgezeichnet, befeh—
ligte er die Flotte der Samier gegen die Nthener
unter Anführung des Perifles und ſchlug ihn 441.
Plut. Per. 26. Seine Schrift weel roö ürros und
mepl puotos ift verloren, nur einige Bruchſtücke
(geſammelt von E. A. Brandis in den Commen-
tationes Eleaticae und von Mullah im erjten
Bande der Fragm. philos. Graec., 1860) find bei
Ariftoteles und andern erhalten; er erflärt in der:
— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —
761
ſelben das Entſtehen und Vergehen des Seienden,
ſowie die Vielheit der Dinge für Sinnenſchein,
nimmt ein unbewegliches, unveränderliches, ewiges,
unbegrenztes All-Eins an, welches zugleich die
Notwendigkeit iſt; doch ſcheint er ſich dabei auch
auf eine — — einzelnen Elemente ein—
elaſſen zu haben. Er folgte im weſentlichen der
luffaſſung ſeines Lehrers. — 3) Gaius Me:
liſſus, aus Spoletium, war als Kind ausgeſetzt
worden, hatte eine gute Erziehung erhalten und
kam nachher in das Haus des Mäcenas, der ihm
die Freiheit ſchenkte. Er ſchrieb ſcherzhafte Sachen
(Ineptiarum libellus). — 4) Älius Meliſſus,
ein berühmter Grammatifer in Rom und Zeit:
enofje des Gellius, Verfaſſer einer Schrift de
oquendi proprietate. Gell. 18, 6, 1.
Melita, Meilen, 1) eine Inſel im Mittellän:
diihen Meere ungefähr in der Mitte zwiſchen
Sicilien und Afrifa, durch einen ſchmalen Meeres:
arm von dem Heinen Gaulos (Taülog) oder
Gaudos (Tandog), j. Gozzo, getrennt, zuerft von
Skylax genannt, j. Malta. Ihre älteften Bewoh—
ner waren Phoiniker, welchen ſich in jpäterer Zeit
Griechen beigejellten, bis ſie endlich unter die
Herrichaft der Karthager fam. Dieje mußten fie
im zweiten punifchen Kriege an Rom überlajien
(Liv, 21, 51). Den urjprünglich felfigen Boden
bauten die Phoinifer höchſt jorgfältig an und be:
nußten die Inſel als Station für ihre Handels:
ichiffe. Aus der Zeit der farthagischen Herrichaft,
unter welcher die gleichnamige Hauptſtadt angelegt
wurde, ftammen noch manche Ruinen. Die Römer
befümmerten fi) wenig um Melite, und es wurde
nad und nad ein Echlupfwinfel für Seeräuber.
Die betriebjamen Einwohner trieben mit Honig
und Baumtollenmwebereien einen lebhaften Handel.
Cic. Verr. 4, 46. — ?) eine Heine Inſel an der
illgrifchen Küfte, j. Meleda gegenüber der Halb:
injel Hyllis, z0g eine große Anzahl Schoßhündchen
auf, welche von den römischen rauen jehr ge:
fucht waren (nad) Strab. 6, 277 vielmehr 1.). —
3) ein attiicher Demos, den weſtlichen Teil der
Stadt Athen bis zur Agora bildend, mit einem
Tempel des Herakles und dem Haufe des The-
miftofles. — 4) Tochter des Nereus und der Doris.
Hom. I. 18, 42.
Melitain, Meidr«ı« oder Meidreıe, eine aus:
gedehnte und befeftigte thefjaliiche Stadt in Phthio:
tis am Nordabhange des Othrys, einen ftarfen
Nachtmarſch jüdlich von Lariſa. Auf ihrem Markt:
plaß zeigte man das Denkmal des Hellen; Phi:
lipp von Makedonien griff fie vergeblih an. Thuc.
4, 78. Pol. 5, 97. Plin. 4, 9, 16. Ruinen beim
jegigen Avaritza.
Melitöne, Meiırnrrj, fruchtbare, bejonders an
Wein reihe Landichaft in Kappadokien, zwijchen
Kataonien und dem Euphrat, an deffen Nebenfluf
Karnalas; in den affyriihen Infchriften als Milid
jeit 1120 v. C. oft erwähnt, als römijche Grenz:
provinz wichtig, jeit Diocletian Armenıa prima
genannt. Die Hauptftadt gleiches Namens (j.
Malatia) entjtand erſt nach Strabons Zeit, er:
jcheint noch bei Tacitus (ann. 15, 26) als un:
bedeutend, war aber jeit Trajan eine ftarfe nn
feftung, Standquartier der zwölften Legion. Strab.
12, 527. 535.
Me}leigeves, die angehenden Yünglinge in
Sparta vom achtzehnten bis zum zwanzigften Jahre,
162
die noch nicht in der Linie dienten, aber auch nicht
mehr zu den Knabenabteilungen gehörten.
Melodünum, urjprünglid; Metiosedum, Stadt
in Gallia Lugdunenſis im Lande der Senones
(Caes, b. g. 7, 58 ff.), auf einer Juſel der Sequana;
j. Melun.
Melon, Milo», ein reicher Thebaner, der nach
Bejehung der Kadmeia durch die Lafedaimonier
(um 382 v. E.) flüchten mußte, jpäter aber für
die Befreiung Thebens ſehr thätig war und mit
Pelopidas und ECharon zum Boiotarchen gewählt
wurde. Xen. Hell.5,4,2ff. Plut. Pel. 8. 11 ff.
Melos (u£log) und melische Poösie ſ. Ly-
rische Poösie, 1.
Melos, Mijkos, j. Milo, eine 3 IM. große
Inſel des Aigaiiſchen Meeres mit gleichnamiger
Hanptjtadt, die jüdweitlichjte von allen; wohl der
jtehen gebliebene Rand eines gewaltigen Kraters;
ein von Seewaſſer durchdrungener poröfer Fels,
in dejjen weiten Höhlungen noch jet ewiges Feuer
brennt. Daher bringt der warme Boden die herr:
lichſten Früchte hervor; wichtiger noch find und
waren die mineraliichen Brodufte: Alaun, Kochſalz,
Schwefel, Thon, Gips, Porzellanerde, Bimsſtein
u. ſ. w. Die von den Alten als rund (uNkor
Apfel) bezeichnete Inſel hat heutzutage eine von
NW. Scharf eingejchnittene Geftalt. Doc gibt
e3 für den Ausdrud des Plinius (4, 12, 23) —
rotundissima — auch eine andere Erflärung:
die Inſel taucht auch jegt dem von W. kommen
den a © in hochrunder Geftalt aus dem Meere
auf. on der alten Hauptjtadt haben fich beim
j. Plafa Trümmer erhalten; die Kraft der Schwiß-
bäder in ihrer Nähe kannte jchon Hippofrates.
Die doriſchen Bewohner (von Kreta aus), die früh
die Phoinifer verdrängt hatten, waren im pelo:
ponnefischen Kriege treue Anhänger der Spartaner;
deshalb verwüſteten die Athener im Jahre 416 v. C.
die Inſel, meßelten die Männer nieder, verkauften
Kinder und Weiber und jchidten darauf eine Ko:
Ionie hin. Hdt.s, 46. 48. Thuc.3, 91.5, 84—115.
Später jammelten die Spartaner dort die Nefte
der alten — aber die Blüte und politiſche
Bedeutung der Inſel war für immer dahin. Xen.
Hell. 2, 2,9. Plut. Lys. 14.
Melpomö@ne ſ. Musae.
Membräna j. Schreibmaterial.
Memmii, ein plebejiiches Geſchlecht, aus wel:
chem die herborragenditen Männer find: 1) C.
Memmius, neben feinem Bruder YUucius als
accusator acer atque acerbus von Cicero (Brut. 36)
geichildert, Volkstribun im J. 111 v. E.; veran-
lafte durch ei e Neden die Unterfuchung gpenen
die großartige —— vieler vornehmer Römer
durch Jugurtha und trieb damit zum Kriege gegen
dieſen. Sall. Jug. 27. Im Jahre 104 war er
Prätor. Er war ein heftiger Gegner der Opti—
maten und namentlich des Amilins Scaurus, den
er einft öffentlich verjpottete. Vgl. Sall. Jug. 30.
Cie. de or. 2, 70, 283. Als er fih mit E. Ser:
vilius Glancia für das J. 99 um das Konjulat
bewarb, lieh ihm derjelbe vor den Augen des ver:
jammelten Volles umbringen, um jich eines jolchen
Nebenbuhlers zu entledigen. Cic. Cat. 4, 2, 4.
Seine d4 enofien rühmten jeine Berebjamfeit.
2) &. Memm., Bollstribun im J. 66 v. E,,
Prätor 58 (Cie. ad Qu. fr. 1.2, 5. 16), griff als
Anhänger des Bompejus die Konſulatsverwaltung
“
— 2
Melodunum — Memnon.
Cäjars jehr feindjelig an. Doch änderte fich dies
Verhältnis, und wir finden ihu in jpäterer Zeit
auf der Geite Cäjard. Seine Bewerbung um das
Konjulat im J. 54 zog ihm wegen dabei begange—
ner Unredlichkeit jelbit von Gähır vielen Verdruß
zu (Cie, ad Att. 4, 16); wegen Beſtechung verur—
teilt, begab er fich nach Athen und Mytilene, von
wo er mit Cicero fortwährend in bindung
blieb. Cie. ad Ait. 6, 11, 6. App. b. ce. 2, 24.
Ihm widmete Lucretius fein Lehrgedicht, da beide
in ihren epikureiſchen Anfichten einander nahe
ftanden; und als er im J. 57 als Proprätor nad)
en ging, befand fich in feiner Begleitung
der Dichter Catullus. Es fehlte * nicht au
wifjenichaftlicher Bildung und an Mebnertalent.
Cie. Brut. 70. — 3) C. Memm., im Jahre 54
v. C. Volfstribun und Ankfläger des A. Gabinius
wegen Erpreflungen. Cie. ad Qu. fr. 3, 1, 15. Nach
deſſen Verurteilung erhob er eine Anklage gegen
Nabirius Poſtumus. Cie. Rab. Post. 3, 7. Cicero
nennt ihn (ad Qu. fr. 3, 3, 2) einen Stiefiohn
Sullas. — 4) Memm. Regulus, trug zum Sturze
des verhaßten Sejanus, des Sünftlings des Kaiſers
Tiberius, nicht wenig bei, wurde im Jahre 33
n. C. Statthalter von Möfien und ftarb unter der
Regierung des Nero im Jahre 61. Zacitus
(ann. 14, 47) jchäßte diejer Kaiſer ihn jehr hoch,
jo daß er daran dachte, ihn zu feinem Nachfolger
u ernennen. Dio Cass. 58, 9. 13. 25. 59, 12.
ac, ann. 12, 22.
Memnon, Miuror, 1) ein bejonders in der
nachhomeriſchen Sage gepriejener Held. In der
Ilias wird er nicht erwähnt, in der Odyſſee an
2 Stellen: 11, 522, wo er ber jchönfte Krieger
heißt, und 4, 188, wo er der Cohn der Eos ge:
nannt wird, welcher den Antilochos erſchlug.
Heſiod (theog. 984) nennt ihn Sohn des Tithonos
(der ein Bruder des Priamos war) und der Eos,
Bruder des Emathion, König der Withiopen (daher
niger, Verg. A. 1, 489, obgleicd) er in Sage und
Bild diejelbe Farbe hat wie die griechiichen Hel-
den). In der Aithiopis des Arktinos von Milet
ieht Memnon in einer von Hephaiftos gefertigten
üjtung dem Priamos zu Hülfe, erlegt nach dem
Tode des Patroklos und des Hektor den Antilochos,
des Achilleus teuren Freund, und wird dafür von
Achilleus erichlagen, wobei Zeus, von den Müttern
beider Helden um Sieg angefleht, die Loſe auf der
Wage wägt (Wvyooracie), worauf Eos für ihren
Sohn von Zeus die Unfterblichkeit erfleht. Dieſer
Mythenſtoff wurde häufig von den Tragitern (3.8.
von Aiſchylos in der Yuyooracce)und von der bilden:
den Kunſt behandelt. Die Griechen dachten fich
unter dem von Memmnon beherrichten Aithiopien
nicht das oberhalb Ägyptens liegende Land, jon:
dern das homerijche, nad) dem Aufgange der Soune
elegene Aithiopien (Hom. Od. 1, 24), und des
ha machten fie ihn zu einem Sohne der Eos.
ac) Diodor (2, y. wurde Memnon der Erbauer
der Königsburg zu Suja im fernen Dften, die nach
ihm Meurovıe hieß (Hat. 5, 53f. 7, 151), von
dem aſſyriſchen Teutamos feinem a Pria⸗
mos mit einer Schar Aithiopen und Suſianer zu
Hülfe geſchickt, und nach Pauſanias unterjochte er
alle Völfer zwiſchen Suſa und Troja. Nach Agyp-
ten fam der Mythus von Memnon erjt, als die
Griechen das Aithiopien im oberen Nilthal fennen
lernten und zugleich das ägyptiſche Wort Mennu
Memphis — Menandros.
(= Totentempel) hörten. Sie fnüpften nun die
Sage an die nörbdlichere der beiden, jet noch
15,6 m hohen, jigenden Kolofjalftatuen des Königs
Amenophis III. (um 1500 v. E.) in der Weſtſtadt
von Theben (j. Medinet Habu) an. Bon Ddiejer
Statue war nämlich durch ein Erdbeben (27 v. E.)
der obere Teil herabgeftürzt, und jeitdem zeigte
fich bis zu der Nejtauration unter Septimius Se:
verus die eigentümliche Naturerfcheinung, daß das
Steinbild, don den Strahlen der aufgehenden
Sonne getroffen, einen Ton von fich gab, ähnlich
dem Klang einer zeripringenden Saite, Das war
die Erwiderung Memnons auf den Gruß feiner
Mutter, der Eos. Ohne Zweifel entjtand diejes
Geräujh durch den rajchen Temperaturwechſel
—— der Kälte der Nacht und der mächtigen
irkung der erſten Sonnenſtrahlen, wie denn auch
die Gelehrten der franzöſiſchen Expedition in den
roßen ägyptiſchen Bauwerken morgens einen
niſternden oder ſingenden Ton vernommen haben.
Strabon, der zuerſt von dieſer Erſcheinung ſpricht,
nennt den Koloß noch nicht Memnon, ſondern
heißt nur die umliegenden Trümmer Meuroveior
(17, 813. 817); wohl aber thun dies die Schrift-
jteller der nächjtfolgenden Zeit (3. B. Tac. ann.
2, 61), weldye nun den M. von Withiopien über
gypten nad) Suja ziehen ließen. Memnonsgräber
befanden ſich an verschiedenen Orten, am Fluſſe
Aiſepos in Kleinafien, in Suſa, in Phoinifien und
Syrien. — Die Gefährten des Memnon, welche
feinen Leihnam in Troas beftatteten, wurden
wegen allzugroßer Trauer in Vögel, Memnones
oder Memnonides, verwandelt und verfammeln
ſich jährlich an feinem Grabe und Flagen um ihren
Herrn. — Memnon war urfprünglich ein afiatischer
Lichtgott, der in VBorderafien einen weitverbreite-
ten Kult hatte und namentlich an feinen Gräbern ver:
ehrt wurde. In die griehijche Sage wurde er
als früh verftorbener glänzender Held hineinge—
zogen, wahricheinlih durch Vermittelung feines
Grabes am Aiſepos, das nicht fern von Troja
war. — 2) ein Rhodier, tüchtiger Feldherr, mußte
mit feinem Schwager Artabazos, an deſſen Auf:
ftand er teilgenommen, um 351 v. E. nach Mate:
donien fliehen, durfte aber auf die Fürſprache
jeines Bruders Mentor zurüdfehren und jtand
beim Beginn des Krieges mit Alerander als einer
der —— Heerführer in Kleinaſien. Vergeblich
widerriet er die Schlacht am Granikos und ſchlug
vor, ſich langſam zurückzuziehen und den Krieg
im Rücken des Feindes nach Europa hinüberzu—
ſpielen. Zum Oberbefehlshaber in Kleinaſien er—
nannt, verteidigte er Halikarnaſſos hartnäckig, traf
Vorbereitungen, mit ſeiner Flotte Alexander von
Europa abzuſchneiden, und knüpfte zur Anfachung
eines Aufſtandes in Hellas Verbindungen mit
Sparta an, eroberte Chios, ſtarb aber während
der Belagerung von Mytilene weg (333 v. E.).
Seine Witwe Barfine (j. d. 2.) gebar dem Ale—
rander den Herakles. Diod. Sie. 17, 7. 18ff. Arr.
1, 12,9. 2,1, 1ff. Curt. 8, 1f. — 3) aus Sera:
Heia in Pontos, Seichichtichreiber am Ende des
1. oder Anfang des 2. nachchriftlichen Jahrhunderts,
verfaßte eine Gejchichte jeiner Vaterftadt in minde:
ftens 10 Büchern. Fragmente gefammelt von Orelli
(1816) und Müller, fragım. hist. Graee. Ill
p. 525 ff.
Memphis, M&ugıs, ägyptiſch Mennofer („ſchöne
163
| use”), aſſyriſch Mimpi, im A. T. Moph oder
Noph, die alte, große Hauptitadt Agyptens, links
| vom Nil, zwiichen dem Hauptjtrom und dem Seiten:
fanal Bahr Juſſuf, in beherrichender Lage unweit
der Offnung des engen Thales zum Delta, gegen:
über den Borftädten Troia (Tu-Roau) und Ba:
bylon (j. d. 2.) Berühmt waren der mächtige
| Tempel des Ptah, des Lofalgottes von M., mit
dem Heiligtum des Apis, ferner der Nilmefjer und
| die fejte Burg, Aevxor reiyog genannt. Bon Menes
' gegründet, wurde M. allerdings von der jpäteren
Hauptſtadt Thebai überflügelt, noch mehr von Ale:
gandreia verdunfelt, und iſt Heutzutage bis auf
wenige Refte bei dem Dorf Mit-Rahine verſchwun—
den, Dagegen find von der großen Totenſtadt im
Weiten noch zahlreiche Gräber (auch Apisgräber)
und namentlich die verjchiedenen Pyramidengrup—
pen vorhanden. Hdt. 2, 99. 3, 91. Died. Sic.
1, 50f. Strab. 17, 8077.
Menae, Mivaı, oder Menaenum, Meraıror,
Bergftadt auf Sicilien jüdlih von Hybla am L.a-
eus Palicorum, die Vaterjtadt und Reſidenz des
Sifulerfürften Duketios, mit dejjen Fall die Blüte
der Stadt ſchwand, deren Bewohner Cicero (Verr.
3, 43) noch nennt; j. Mineo. Bei der in ber
Nähe befindlichen Duelle Menais jchwuren die
Bewohner. Diod. Sie. 11, 8. 78.
Menaichmos, Mevaıyuog, 1) ein Bildhauer
aus Naupaftos ums Jahr 490 v. E., verfertigte
eine Statue der Artemis aus Elfenbein und Gold,
aufgeftellt auf der Burg in Patrai. — 2) aus
Sifyon, ebenfalls Bildhauer, lebte um 323 v. E.
und bildete eine cherne Kuh, welche die Vorder:
füße auf die Erde ftredte und den Kopf zurücdbog.
Plin. 34, 80. Auch eine Gejchichte feiner Vater:
jtadt, jowie Mleranders des Großen joll er ge:
ichrieben haben. — 3) ein Mathematiter, von
deſſen Schrift über Kegelichnitte ein Fragment er:
halten ift.
Menandros, Mev«vögog, Menander, 1) ein
athenijcher ?yeldherr im peloponnefischen Striege,
welcher an der Erpedition nach Sicilien teilnahm.
Er jcheint dem Untergange auf Sicilien entgangen
zu jein und ijt wahrjcheinlich derjelbe, welcher
nod im Helfespont unter Alfibiades befehligte und
bei Nigospotamoi einer der Anführer war. Plut.
Ale. 36. Thuc. 7, 16. 43. 69. Xen. Hell. 1, 2,16.
2,1, 16. 26. — 2) Sohn des Feldherrn Diopeithes,
eb. 342 dv. C. der bedeutendfte Dichter der neuen
omödie (j. Komoedia, 5.) Seine Blütezeit
fällt gleich nad) Aleranders des Großen Tode;
jein erſtes Stüd, die Epheboi, ift 322 geichrieben.
Gute Erziehung, feine Bildung, günftige äußere
Berhältniffe waren ihm zu teil geworden und ge:
jtatteten ihm ein frohes, genußreiches und glän-
zendes Leben. Mit Theophraft und Epikur hatte
er näheren Umgang, und in jeiner Kunft joll er
ih nach jeinem Oheim Alexis gebildet haben.
Auch mit Demetrios Phalereus jtand er in enger
Verbindung, und der König von Ägypten, Ptoie—
maios Lagi, juchte ihn nach Alerandreia zu ziehen.
Allein er blieb in Athen und ftarb, 52 Jahre alt,
in einem Bade verunglüdt. M. ſoll über Hundert
Komödien gejchrieben haben, erhielt aber nur
achtmal den Sieg, Weg feine Stüde jehr gern
gelejen wurden. Durch feinen, geiftreihen Witz
und anmutige, gebildete Sprache hat fih M. um
die Ausbildung und Bervolllommmung der neuen
764
Komödie entichiedene Verdienfte erworben. Leider | eines Nomos im mittleren Delta, wetlich von Tanis,
hat fich fein einziges Stüd vollftändig erhalten, an dem Merdrjoıo» ordue des Nil, j. Tmaisel:
nur zahlreiche Fragmente und die Titel von 73 | Amdid. Hat.2,17. Thuc. 1,110. Strab. 17, 802,
Komödien, unter denen AdeApoi, Ardola, "Eavrör | Mendicus, rroyös, der Bettler, genießt jchon
rıumgotusvog, Ebroözog wegen der von Teren: | bei Homer eines gewiſſen Schußes und gaftlichen
tius gemachten und noch erhaltenen Tateinijchen | Rechtes, ohme jedoch in ein dauerndes Berhältnis
Umbildungen die bemerlenswerteften find. Much | diefer Art zu treten; er fteht unter dem Schuße
läßt ſich aus diefen Umbildungen im ganzen und | der Götter und hat, wenn er — wird, ſeine
allgemeinen die von M. fultivierte Gattung der Erinys. Hom. Od. 17, 475. Der ar. nardnuog
nenen griechiichen Komödie erkennen und beurtei: (Hom. Od. 18, 1) ift ein Bettler von Profejlion,
len, wenn fie auch nicht die feinen Züge des | der im einem gewiſſen Bezirk ein Privilegium ges
Driginals und die Kraft und Natürlichkeit desjel: | niet; er wird vor Kränfungen durch Götterſchutz
ben erreichten. Über Menanders Vortrefflichkeit bewahrt. Inſofern ift auch Iros von Odyſſeus
Menapii — Menekleidas.
hat im Nltertume nur Eine Stimme geherrict.
In Schärfe der Beobachtung, in Fülle der Erfin-
dung, in Sicherheit der Charafteriftif galt er als
Meier; dazu kam noch edle Haltung und Milde
des Tons, Bündigfeit und praftiihe Wahrheit
feiner, wenn auch nicht immer eleganten, doch faß—
lien, Ausſprüche. Daher auch die Menge und
das Übergewicht der Sentenzen in den erhaltenen
Fragmenten, und die Blütenlejen, welche aus Me:
nanders Sprüchen und Lebensregeln tompiliert
und mit fremdartigen Elementen vermijcht wurden,
wie in Hunderten alphabetisch geordneter Tyroucı
novösrıyoı. Vgl. Quint. 10, 1,69. Or. trist. 2,369.
Prop. 4, 21, 28. Sammlung der Fragmente von
Meinete, fragm. com. Graec. Band IV. (Bd. II
P. 867 ff. der Fleineren Ausg.), und od, com. Att.
fragm. II p. 3ff. Aus der Zahl weniger
bedeutender Männer d. N. jeien genannt: 3) ein
Rhetor aus Laodikeia in der erften Hälfte des 3. Jahr:
. n. C. — 4) aus Ephejos, Gejchichtichrei:
er der griechiichen und nichtgriechiichen Könige,
von dem Joſephos Bruchftücde mitteilt (gefammelt
von Müller, fragm. hist. Graec. IV p. 445). —
5) ein kyniſcher Philofoph, Schüler des Diogenes
und Bewunderer des Homer. — 6) ein Sophift
aus Großphrugien, der einen Kommentar über
Demofthenes jchrieb.
‚Menapli, Mevdzuoı, belgiiches Bolt in Gallien,
zwiichen Maas und Echelde, jüdlich von den Ba:
tavern, in dichten Wäldern und Sümpfen. Aus
den Rheingegenden waren fie durch die Ufipeter
und Tencterer verdrängt worden (Cnes. b. q.4, 4);
zum Aufſtande der gejamten Belgä jtellten fie
25000 M. Caes. b. 9. 2, 4. Das Castellum
Menapiorum ift das jetzige Caſſel — Roer⸗
monde und Venloo an der Maas. Caes. b. g. 2,4.
3,9. 4,38. 6,2. 6.
Mendai, Mivöcı, oder Mende, Mivön (Hat.
7,123. Tue. 4, 121. 123. 124), 1) Kolonie der
Eretrier am Thermaifchen Meerbujen auf der ma:
fedonifchen Halbinjel Pallene, als Handelsplag
nicht unbedeutend und von Thukydides bei der
Erzählung der Unternehmung des Brafidas öfter
erwähnt; j. Calandra. — 2) ionijche Kolonie in
Thratien am Hebros, Geburtsort des bedeutenden
Bildhauers Paionios (j. d.).
Mendes, M£vöng, 1) ein ägyptiſcher Gott der
zeugenden Naturfraft, nahe verwandt und fpäter
oft verichmolzen mit dem Gott von Chemmis (j. d.),
in Bodsgeftalt dargeftellt und deshalb von den
Griechen mit dem Ban identifiziert. Sein Kultus
verſchieden, der nur als gelegentlicher Bettler auf:
tritt. In fpäterer Zeit übten die Kyniker grund:
ſätzlich das bettelnde Gaftrecht; wirkliche Bettler
waren um jo jeltener, al$ das wirkſamſte Gegen:
mittel, die Arbeitjamfeit, jelbft geſetzlich gehand—
habt wurde. Gegen Verarmung jchügte aud) die
Ausjendung in’Kolonien. In der römischen Kaijer:
zeit fing indeſſen das Betteln an ein Gewerbe zu
werden, und man jcheute jchon damals jelbft die
verworfenften Mittel körperlicher rg
handlung und Gliederverrenfung der Kin für
ſolche Zwecke nicht. Hor. a. p. 20 bezieht fich auf
eine Sitte Schiffbrüchiger, die mit einer bildlichen
Darftellung ihres Unglüds umhergingen und,
bettelten.
Mene |. Selene.
Menedömos, Mevsönuos, 1) ein Philojoph
und Gtifter der eretriichen Schule (’Epergiexoi,
Eretrici), Sohn des Mleifthenes, von Eretria auf
Euboia gebürtig, fing erft jpäter als Soldat in
Megara an, ſich mit Philoſophie zu bejchäftigen,
und ging deshalb nach Athen, wo er Platon, be:
jonders aber Stilpon hörte. Dann lehrte er in
Eretria und verwaltete dort auch bedeutende
Staatsämter. Verdächtig aber, feine Vaterftadt an
Antigonos Gonatas verraten zu wollen, mußte
er flüchten, ging zu Antigonos und ftarb 74 Yahre
alt. Er hat feine Schriften hinterlaffen, daher
auch jeine Philojophie nicht näher bekannt iſt.
Seine Lebensweife war einfach, er zeigte einen
feften Charakter, milden Sinn, Freimütigfeit und
Treue gegen feine freunde. Mit Homer, Niichylos
und Sophoffes beichäftigte er fich fleißig, und mit
Aratos, Lykophron, dem alerandrinifchen Gram—
matiker und Dichter z. Z. des Ptolemaios Phila—
delphos, und Antigonos Gonatas ſtand er in
freundſchaftlicher Verbindung. — 2) ein fyniicher
Bhilofoph aus Lampſakos, verjchieden von dem
vorigen, der Diogenes’ und Antiſthenes' Grundſätze
jehr übertrieb und die Fehler anderer faft wütend
tadelte. — 3) ein Rhetor in Athen, ungefähr 94
v. C. Cie. de or. 1, 19. — 4) aus Matedonien,
Gaſtfreund des Julius Cäjar, von dem er das
römijche Bürgerrecht erhielt. Caes. b. c. 3, 34.
Cie. ad Att. 15, 2,2. Phil. 13, 16, 38. — 5) ein
Feldherr Aleranders des Großen. Arr. 4, 3,7.
Menekleidas, Mevexkeidag, ein ehrgeiziger,
ränfefüchtiger Redner in Theben, welcher den
Epameinondas heftig verfolgte, doch ohne daß dieſer
den Oberbefehl über das Heer deshalb verlor.
Nep. Epam. 5. Auch gegen Pelopidas intrigierte er,
war urjprünglic auch nur lokal, verbreitete ſich doch feine Kabalen kamen ans Licht, und er wurde
dann abersin ganz Agypten; der Bock galt nun | zu einer Geldftrafe verurteilt. Wahrjcheinlich fam
als Inkarnation des Sonnengottes Dfiris. dt. | er bei einer von ihm angeftifteten Staatsummälzung
2,42. 46. — 2) die Stadt des Gottes, Hauptftadt | ums Leben. Plut. Pelop. 25.
Menekles — Menenii.
165
Menäkles, Mevexijs, 1) ein Bolfsrebner zu ; Sieg N, hätten ihm dem zuvor abge-
Athen. Xen. Hell. 1, 7, 34. — 2) ein Nhetor
aus Alabanda in Karien, nebit feinem Bruder
Hierofles in Afien von hohem Rufe; Cicero hatte
beide gehört. Cic. or. 69. de or. 2, 23. Brut. 95.
Menekrätes, Mevsxgdrns, 1) ein athenijcher
Archon; — 2) ein Dichter der neueren Komödie,
von dem ſich nichts erhalten hat; — 3) ein Philo—
ſoph der eleatiihen Schule, Zuhörer des Xeno-
frates und Geograph; — 4) aus Ephejos, Verfafler
eines Gedicht3 Über den Landbau; — 5) ein Arzt
aus Syrakus, der fich teils in Griechenland, tei
in Makedonien aufhielt. Er lebte zur Zeit Philipps
und machte fich durch feinen Ehrgeiz und jeine
Eiteffeit vielfach lächerlid. Er fleidete ſich in
Burpur, trug eine goldene Krone auf dem Haupte
und ein Scepter in der Hand; jo glaubte er den
Zeus darzuftellen. Andere Anekdoten, welche jeinen
lächerlichen gi und jeine Eitelfeit charakteri-
fieren, j. bei Plutarch (Ages. 21). Wie Galenos
bezeugt, joll er das Bleiglättepflafter erfunden
— 6) ein anderer Arzt unter dem Kaijer
Tiberius, Erfinder verjchiedener Arzneimittel. — | O
7) ein Freigelafjener Bompejus des Großen, wel-
chem dejjen Sohn, S. Bompejus, eine von ihm
—— Flotte übergab und ihn im
nteren Meere um Italien kreuzen ließ. Er ſtürzte
einen andern Freigelaſſenen des Pompejus, Me—
nodorus, der in gleicher Gunſt ftand. Menodorus
ging zu Octavian über, erhielt ebenfalls einen
berbefehl zur See, und bei Cumä fam es zwiſchen
beiden flotten zum Kampfe. Das Schiff des
Menekrates wurde erobert, uud er ſelbſt ftürzte
fich ind Meer. Vell. Pat. 2,73. App. b. ce. 5,81 ff.
Oros. 6, 18. — 8) ein Gänger (eitharoedus), vom
Kaijer Nero geſchätzt und reich belohnt. Suet.
Ner. 30. — 9) ein Bildhauer, Meijter des Apol:
fonios und Taurijfos, welche die Gruppe des far:
neſiſchen Stieres gebildet haben. — Über einige
Hiftoriter dieſes Namens j. Müller, fragm. hist.
Graec. II p. 343 ff.
Menelaion, Mesveidiov, Berg in Lafonien,
füdöftlih von Sparta bei Therapne, mit dem
2 des Menelaos und der Helena, deflen
Fundamente 1833/34 aufgededt worden find. Pol.
5, 18ff. Paus. 8, 19,9. Liv. 34, 28.
Meneläos, Mer£iaos, 1) Sohn des Atreus,
jüngerer Bruder des Agamemnon (f. d.). Nach
Ermordung des Atreus durch Aigiſthos (f. d.)
flieht er mit Agamemnon nad Sparta und hei:
ratet Helena, die Tochter des Königs Tyndareos,
von welchem er die ichaft von Sparta erbt.
Als Paris ihm die Gemahlin geraubt hatte, bot
er mit Agamemnon die griechiichen Fürften zum
se ug gegen Troja auf umd führte jelbjt auf
60 dien die Scharen von Lafedaimon, Sparta,
Amyklai, Helos u. |. w. dahin. Hom. 11. 2, 581 ff.
Nachdem die —— gelandet und ihr Lager auf—
eſchlagen, ging Menelaos mit Odyſſeus nach
roja, um Helena zurüdzufordern, aber ohne Er:
folg; ja Antimachos riet, die beiden Gejandten zu
erſchlagen. II. 3, 205 ff. 11, 139 ff. Bor Jlion iſt
er unter Heras und Athenes Schuß (Il. 4, 8. 129.
5, 715) einer ber tapferjten Helden. Mit Freuden
nimmt er die ger -an, die Baris an
die Argiver erläßt (11. 3, 19 ff.), und er hätte den
verhaften Feind erichlagen, wenn nicht Aphrodite
ihn jeinen Händen entführt hätte. Da er den
1
ſchloſſenen Vertrage gemäß Helena und die ihm
eraubten Schätze überliefert werden müſſen; aber
PBandaros verlegt durch einen Pfeilſchuß, mit dem
er den Menelaos leicht verwundet, das Bündnis
(11. 4, 105 ff.), und es beginnen neue Kämpfe, in
denen Menelaos ſich oft auszeichnet. Er erjchlägt
viele Feinde (Il. 5, 50. 576. 13, 601 ff. 15, 541.
16, 311. 17, 45. 575 ff.), jchirmt den Leichnam des
rer und trägt ihn mit Merioned aus der
lacht (IT. 17, 1 ff.); mit den andern Helden ift
er in dem hölzernen Pferde. Hom. Od. 4, 280.
Verg. A. 2, 264. Nah Trojad Fall und der
Wiedergewinnung der Helena rät er in ber Ber:
fammlung zu jchleuniger Abreiſe, wodurd er mit
—— in Streit gerät (Od. 3, 141 ff.); am
folgenden Morgen zieht er mit Neftor ab. Als
er am Borgebirge Malen vorbeiftenern will, vers
ichlägt ein Sturm einen Teil jeiner Schiffe nach
Streta, 5 andere fommen mit ihm jelbft nach Ägyp—
ten. Od. 3, 276 ff. 4, 81 ff. 8 Jahre lang irrt er,
wie Odyſſeus im Wejten, bei den Völlern im
umber und fehrt endlih, mit Geſchenken
reich beladen, mit Helena an demjelben Tage, an
welchem Oreſtes die Klytaimneſtra und den Aigi—
ſthos beftattet (Od. 3, 311), in die Heimat zurüd,
wo er eig und in Frieden feinen Neichtum ges
nieht. Als Telemad ihn in Sparta befucht, feiert
er eben die Hochzeit jeiner Tochter Hermione
mit Neoptolemos und die jeines unehelichen Soh—
nes Megapenthes mit der Tochter des Altor.
Od. 4, 1. Als er auf der Inſel Pharos bei
Ägypten den Proteus (j. d.) F zu weisſagen
wang, offenbarte ihm dieſer, daß er nicht ſterben,
—— lebendigen Leibes ins Elyſiſche Gefilde ein—
gehen werde, weil er ein Eidam des Zeus ſei.
Od. 4, 561 ff. Bei Homer erjcheint Menelaos von
milderer Gejinnung als jein Bruder Agamemnon,
dem er ſich gern unterorbnet (Il. 6, 51. 17, 30.
10, 123); ftehend ragt er mit den breiten Schul:
tern über Odyſſeus hervor, er ſpricht geläufig,
wenig, dod) laut und treffend. IT. 3, 210. Zu
Therapne e er einen Tempel, bei welchem ihm
Spiele en wurden; auch zeigte man dort jein
und der Helena Grab (j. Menelaion). Paus.
3, 19, 9. — 2) ein unechter Sohn Amyntas’ II.
von der Gygaia und Bruder Philipps von Make—
donien. Just. 7, 4. — 3) ein Bruder des Ptole—
maios Lagi, war Befehlshaber auf der Inſel
Kypros, als Demetrios Poliorketes dieje angriff;
er wurde geichlagen und in Salamis eingejchloffen.
Nach längerer Belagerung, während welcher er mehr:
fache Stürme tapfer zurüdichlug, und nachdem
auch der mit einer bedeutenden Flotte und Land:
macht zu Hilfe fommende Ptolemaios gejchlagen
var, 306 v. E., wurde er mit jeinem ganzen Heere
ig genommen und Kypros erobert, er jelbit
aber bald wieder freigegeben. — 4) aus Marathos
in Phoinikien, Lehrer der beiden Gracchen in der
Beredjamfeit. Cie. Brut. 26.
Menenii, ein patricijches Geſchlecht, von dei-
2 Mitgliedern hier zu nennen find: 1) Agrippa
en. Yanatus, Konjul im Jahre 505 v. C.
führte n —— von Halikarnaß (5, 44 f.)
einen glüdlichen Krieg gegen die Sabiner, nad)
Livius (2, 16) dagegen fand der Krieg mit den
Aurunkern ftatt. Im Jahre 494 vermittelte er
(nach) Cie. Brut. 14 der Diktator M.' Balerius)
766
den Frieden mit der auf den Heiligen Berg gezo—
genen Plebs (Liv. 2, 32f.), welche er durch die
befannte Kabel von der Empörung der Glieder
egen den Magen und durd paflende Anwendung
rielben auf das Volk zur Rüdtehr bewog. Er
ftarb in Armut (493) und wurde auf öffentliche
‘ often beitattet. Dion. Hal. 6, 96. — 2) T. Men.
Lanatus, Konjul 477 v. C. Der Untergang der
Fabier an der Eremera wurde jeiner Unent‘ loſſen⸗
heit zur Laſt gelegt. Gegen die Etruſker kämpfte
er unglücklich, weshalb er nach Ablauf ſeines Kon—
ſulats angeklagt und mit einer Geldſtrafe belegt
wurde. Aus Gram darüber tötete er ſich durch
Hunger, vgl. Liv. 2, 51f. Diod. Sie. 11, 583. —
3) T. Men. Lanatus, Konjul im Jahre 452
v. C. fiel während jeiner Amtsführung in eine
heftige Krankheit, dem Borgeben nach, weil ihn
über den drohenden Untergang der Rechte des
patriciichen Standes jchwerer Kummer ergriff.
Dion. Hal. 10, 54. — 4) Ein M. ward von den
Triumvirn geächtet und entfam nur durch die Auf:
opferung eines Sflaven. App. b. c. 4, 44, 5. Bei
Horaz (sat. 2, 3, 287) wird ein Menenius fprich:
wörtlich ald Narr genannt: fecunda e gente
Meneni. — Es gab übrigens auch plebejiiche
Menenier; vgl. Maenii, 2.
Menes, 1) Miiv, Mnvns, nad) der Überliefe-
rung der ältejte König von Aghpten, der von jeiner
Heimat This (bei Abydos) aus das obere und das
untere Land zu Einem Reich vereinigte und die
Hauptitadt Memphis gründete; nach) Manetho 5702,
in Wirffichfeit um 3500 v. C. Aldt. 2, 4. 99. —
2) Merns aus Bella, einer der Leibwächter Ale:
randers, der ihm den Befehl gab, als Befchls-
haber in Syrien, Bhoinikien und Kilikien die Ver:
bindung zur See und mit Antipater aufrecht zu
erhalten. Arr. 2, 12, 2. 3, 16, 9. Curt. 5, 6, 48.
enesaichmos, Merfsaıyuog, ein Nebnet in
Athen, heftiger Gegner des Redners Lykurgos,
deſſen Kinder er jogar nad) des Vaters Tode ver-
folgte, jowie des Demofthenes.
Menestheus, Meveodevs, 1) Sohn des Peteos
zu Athen, hatte den Theſeus mit Hülfe der Tyn—
dariden aus der Herrichaft verdrängt und führte
die Athener vor Troja an, wo er gefallen fein
fol. Hom. Il. 2, 546 ff. 4, 327. — 2) Sohn des
Klytios, Gefährte des Aineias. Verg. A. 10, 129.
— 3) Sohn des Iphikrates, Schwiegerjohn des
Timotheos, Feldherr der Athener. Dem. 17, 20.
Menesthios, Mevicttos, 1) j. Areithoos. —
2) Sohn des Stromgottes Spercheios und der
Folydora, der Schweiter des Achilleus, war vor
Troja ein führer im Heere des Achilleus. Zlom.
II. 16, 173.
Menesträtos, Mevzorgerog, 1) ein Athener,
angeflagt als Teilnehmer einer Verſchwörung gegen
die Dligarchen (404 v. E.), dann aber durch Ser
mittelung des Kritias und Hagnodoros freigeipro-
hen, als er jeine Genofjen genannt hatte. Nach
Vertreibung der Oligarchen wurde er mit dem Tode
beitraft. I,ys. Agor. 55 ff. — 2) Tyrann von Ere-
tria. Dem. 23,124. — 3) griechiſcher Schriftiteller
über den Landbau. — 4) Bildhauer, wahrſchein—
lich zur Zeit Aleranders des Gr., fertigte die
Statuen des Herafles und der Hekate für den
Tempel der Artemis in Ephejos, welche durch den
Glanz des Marmors ausgezeichnet waren. Plin.
36, 5, 4.
Menes — Menodoros.
Menexönos, Mevd£erog, 1) Schüler des So—
frates, nach weldhem Platon einen feiner Dialoge
benannt hat. — 2) Sohn des Demophon und
Schüler des Sophiften Ktefippos, fam am legten
Tage zu Sofrates ins Gefängnis. — 3) Sohn
des Sokrates. — 4) Sohn des Difaiogenes, fiel
429 v. E. bei Spartolos als Phylarch. Thac. 2, 79.
Menippe, Meviazn, 1) Nereide. Hesiod.
theog. 260. — 2) Tochter des Orion, Schwejter der
Metioche, gleich diejer von Aphrodite mit Schön:
beit begabt, von Athene in der Webekunſt unter-
richtet. Bei einer Belt, welche ganz Aonien (einen
Teil Boiotiens) heimjuchte, weihten fie fich frei-
willig zur Rettung des Landes den Unterirdijchen
und durchftachen jich die Kehlen mit dem Weber:
ſchiff. —*— und Hades verwandelten ſie in
Kometen, die Aonen aber errichteten ihnen bei
Orchomenos ein Heiligtum, wo ihnen jährlid ein
Sühnopfer gebradht ward. Or. met. 13, 685 ff.
Ovid (a. a. D.) verjept die Sage nad) Theben,
andere nad) Tanagra.
Menippos, M£rınzog, 1) ein Athener, Bater
des Hippofled. Thuc. 8, 13. — 2) Tyrann im
Oreos auf Euboia, begünftigte den Philipp gegen
Wttifa. Dem. Phil. 3, 59. — 8) Feldherr des
Königs Philipp V., fämpfte gegen die Römer.
Liv. 27, 32. 28, 5. — 4) Geſandter des Königs
Antiohos, der nach Rom fam und nachher die
Aitoler gegen Rom —— — 5) aus Gadara,
um 270 v. C., anfangs Sklave, ſpäter der kyni—
ſchen Philoſophie zugewendet, aber ohne ihr Ehre
zu machen. Er war dem niedrigſten Wucher er—
geben und nahm ſich ſelbſt das Leben, als er
einmal eine bedeutende Summe verloren hatte.
Seine Satiren, in denen er als ein smovdoysiodog
ernjthafte Gegenftände aus den praktiichen Ge:
bieten der Bhilofophie in heiterem Ton abhandelte,
ahmte M. Terentius Varro (j. Terentii, 4.) in
feinen saturae Menippeae nad. Sie waren in
Proſa mit eingeftreuten Verſen geichrieben und
wurden von den Zeitgenofjen und Späteren, na—
mentlich von dem Epigranmmatifer Melcagros und
von Lukianos, mit großem Beifalle aufgenommen
und nachgeahmt. Monogr. von F. Ley (1843) und
Frz. Ohler (1844). A. Rieſe in N. Jahrb. für
hilol., Bd. 95. — 6) griechiicher Redner aus
tratonifeia, einige Jahre hindurch Ciceros Lehrer
in Afien und Begleiter auf feinen Reifen in Aſien
Cie. Brut. 91, 315. — 7) Geograph aus *
mon zur Zeit des Auguſtus und Tiberius, ſchrieb
eine Schrift: meolnkovg rg dvrög Yerareng in
3 Büchern, die verloren ift, während ein Stüd
vom Ddürftigen Auszuge des Markianos erhalten
2 (herausgegeben von Hoffmann, 1841, und GC.
üller, geogr. Graec. min, I p. 563 ff.).
Menodöros, Mnvodwgos, 1) ein von En. Pom—
«| pejus Magnus oder defjen Sohne Sertus frei
gelaſſener Sklave, der jpäter bei diejem Flotten—
bejehlshaber wurde und nach dem 40 v. C. zwiſchen
Octavian und Antonius geichloffenen Frieden die
Küften Norditaliens plinderte und Sardinien be
ſetzte. Als er endlich bei Pompejus durch feine
Gegner verdächtigt wurde, lieferte er Heer und
Flotte an Octavtan aus und übergab ihm das
bejegte Land, 38. Won diefem wurde er mit der
Nitterrvürde beehrt und dem Flottenbefehlshaber
Ealvifius als Legat beigegeben, kämpfte aber un:
glüdlic) bei Cumä. Als jeine Auslieferung dem
Menoikeus — Mentes.
Pompejus nicht zugeftanden ward, machte diejer
den bitterjten Feind desjelben, Menefrates (j. d., 7.),
um Befehlshaber jeiner Flotte. Bald trafen die
Findlichen Gejchwader bei Eumä heftig zuſammen;
Menefrates, jchiver verwundet, ftürzte jich, um nicht
in Gefangenjchaft zu geraten, ins Meer. Der
eitle und wetterwendiihe Menodoros ging nun
wieder zu Pompejus und dann, als er N in
jeinen Hoffnungen getäufcht jah, von neuem zu
Octavian über, der ihm zwar verzieh, im übrigen
aber ihn wenig mehr beachtete. Bei der Belage:
rung von Siſeia in Bannonien fand er in den
Wellen des Savus jeinen Tod, 35. Vell. Pat.
2, 73ff. App. b. c. 5, 70ff. 96ff. Dio Cass. 48, 30f.
45 f. 48, 54. 49, 1. 37. Suet. Oct. 74. — 2) athe:
nilcher Bildhauer im 1. Jahrh. n. E., berühmt
durc eine Statue des Eros, eine Kopie nad) Pra—
riteles. Paus. 9, 27, 4.
Menoikeus, Mevoneig, 1) Thebaner, Entel
des Bentheus, Bater des Kreon, der Hipponome
und Yolafte. — 2) Sohn ‘des Kreon, Enkel des
vorigen. Kur. Phoen. 768. Als die Sieben gegen
Theben die Stadt bedrohten, opferte er ſich zur
Rettung derjelben, indem er jih auf der Zinne
der Burg erſtach und in die Kluft des Aresdrachen
unterhalb der Burg ftürzte. Teirefias nämlich oder
Apollon hatte geweisjagt, daß ein Sohn aus dem
Gejchlechte der aus den Drachenzähnen erwachjenen
Sparten zur Sühnung des über die Ermordung
des Draden durch Kadmos erzürnten Ares ge:
opfert werden müſſe. Sein Grabmal war vor dem
Neitiihen Thore. Paus. 9, 25, 1. Bei Sophofles
(Ant. 1303) heißt der fi) opfernde Sohn des
Kreon Megareus.
Menoitios, Mevolrog, 1) |. Japetos. —
2) Sohn des Altor und der Aigina, Halbbruder
des Aiakos, Vater des Patroflos, aus Opüs, Ur:
gonaut; j. Achilleus. — 3) ſ. Herakles, 9.
und Hades. :
Menon, Mivor, 1) Dynaft von Pharjalos,
herrſchte über eine große Zahl von Metoiten. Im
peloponneſiſchen Kriege war er mit den Athenern
befreundet und unterjtüßte fie in Thrafien. Z’hue.
2,22. Dem. 18, 23. — 2) ein Thefjalier, der an
der Spike von griechijchen Söldnern an dem Zuge
des jüngeren Kyros gegen Artaxerxes teilnahm,
nad) der Schlacht bei Kunara auf Verrat gegen
feine Mitfeldherren ſann, indes mit denjelben von
Zifjaphernes gefangen genommen wurde und, (eben:
dig verjtümmelt, erjt nach einem Jahre ftarb. Xen.
An. 1,2, 6. 20. 4, 13. 5, 11. 7,1f.2,1,5. 2,1.
5, 28. 31.6, 215. Nah ihm ift ein platoniſcher
Dialog benannt. — 3) M. von Pharjalos,
durch jeine Tochter Phthia Großvater des Pyrrhos,
Anführer der thejjaliichen Reiterei im lamiſchen
Kriege. Diod. Sie. 18, 15 u. b. Plut. Phoc. 25.
Menophänes, Mnvopdvrns, Feldherr des Mi:
thridates, der im erjten mithrid. Kriege (88 —84
v. E.) die Inſel Delos plünderte, die Männer
niederhieb, die Weiber und Kinder in die Skla—
verei führte, die Stadt zerftörte und ihres Tem:
pelichages beraubte. Paus. 3, 23, 3.
Mens, römijche Berjonififation des menjchlichen
Berftandes, der Einficht und Bejonnenheit. Nach
der Schladht am Trafimenischen See, welche durch
tollkühnen Unverftand verloren gegangen war,
wurde ihr ein Tempel gelobt und bald darauf
auf dem Capitol erbaut. Liv. 22
“u
167
fast. 6, 241. hr Feſt wurde am 8. Juni auf
dem Capitol gefeiert.
Mensa (über ro«res« vgl. Mahlzeiten, 4.),
Tisch, Tafel, zu dem verjchiedenjten Gebrauch. Ber
den Römern trieb man ungeheure Verſchwendung
mit diefem Hausgeräte. Die foftbarften waren die
abaeci (j. d.) und monopodia oder orbes,
Säulentiſche mit maffiven runden Platten koſt—
baren Holzes (namentlidy citrus aus Mauritanien),
denen ald Fuß eine elfenbeinerne Säule diente.
Delphica se. mensa war ein Tiſch aus Marmor
oder Bronze, der als Seſſel diente und für einen
wejentlichen Lugusartifel in den Häuſern der
Reichen galt. Cie. Verr. 2, 4, 59. Mart. 12, 66.
Mensa sacra, aus Marmor, Gold oder Silber,
diente als Altar und wurde vor die Götterbilder
ejtellt mit Wein, Obſt oder Fleiſch, welches den-
* am Feſte des Lectifternium dargebracht
wurde. Cie.n.d.3, 34. Verg. A. 2, 764. Die
Preije klingen ganz fabelhaft; jo foftete ein Tiſch
Eiceros 1 Million Sefterzien (175 413 Mark). Als
Bededung brauchte man Tücher von gausape (j. d.).
Die Armeren hatten Tiſche von Buchenholz oder
Ahorn mit 3 (mensa tripes, Hor. sat. 1, 3, 13)
oder 4 Füßen. — Marmorplatten waren nicht un:
gewöhnlich. — Außer den Tijchen der Krämer ift
zu nennen die mensa argentaria, der Tiſch oder
das Comptoir des Geldwechslers, auf dem er die
Summen in Bereitjchaft hatte. Diejer alten Sitte
verdanfen auc die Namen „Bankier und „Ban-
ferott“ ihre Eutftehung in neuerer Zeit. Konnte
der Geldwechsler feinen Verpflichtungen nicht nach—
fommen, fo wurde fein Tiſch (banco) in Stüde
zerbrocdhen, und er jelbjt durfte jein Geſchäft nicht
fortjegen. Ahnlich jagten die Griechen draoneva-
few rıjv rodneser.
Mensarius j. Wechsler. Mehrmals dienten
außerordentlihe, vom Staate berufene mensarii
(trıumviri u. ſ. w.) zur Regulierung der Schuld:
angelegenheiten, indem fie aus der Staatsfajje
das zur Dedung der Schulden nötige Geld vor:
ftredten. Liv. 7, 21. 23, 21. 34, 35. Tac. ann.
6, 17. — Mensularii wecdhjelten ausländische Mün—
zen gegen römifches Geld ein; ebenjo hatten jie
zu unterjuchen, ob Geld falſch jei. Tac. ann. 6, 17,
Mensis, Monate und ihre Namen j. Jahr, II.
Mensor oder metator: 1) f. dv. a. agrimensor,
Feldmeſſer oder Geometer. In der actio finium
regundorum entichieden jie als Richter, in den
andern Prozeſſen über Grundftüde wurden fie als
technijche Beiftände zugezogen. — 2) Mensores
oder metatores castrorum heißen in älteren
Zeiten die Tribunen und die Genturionen, welche
urjprünglid; unter Aijiftenz eines Augurs das
Lager abjtedten; jpäter hatte man dazu bejondere
Techniker, die natürlich ebenjo genannt wurden.
— 3) faiferlihe Ouartiermeifter, jeit Diocletian.
— 4) M. frumentarii, ®etreidemefler, Unter:
beamte des praefectus annonae. — 5) M. aedi-
ficiorum, Architelten, welche nach einem bon
einem Baumeifter entworfenen Plane Gebäude
aufführten. ZPlin. ep. 10, 28. 29. .
Mensularius j. Mensarius.
Mensüra j. Malse.
Mentes, Mevrns, 1) Führer der thrafiichen
Kilonen im trojanischen Striege. Hom. Il. 17, 73.
10, 23, 31. Op. | — 2) Sohn des Anchialos, König der Taphier, Gajt:
768 Mentor — Mercatura.
freund des Odyſſeus, unter deffen Geftalt Athene | moglov (f. Polizei). Während nun jo der See-
den Telemachos beſucht. Hom. Od. 1, 105. 180. | handel die VBodenerzeugniffe und Rohſtoffe, Thon:
Mentor, Mevrwg, 1) Sohn des Altimos (Hom.| und Metallarbeiten, auch feine Webereien u. a. aus
Od. 22, 235), Ithalefier, Freund des Ddyfieus, | Griechenland ins Ausland führte und dagegen
der ihm bei jeiner Abfahrt von Ithaka die | Lebensmittel, arabijche Spezereien, indiiches Elfen:
Sorge für fein Haus übertrug; darum juchte er bein, Metalle, Schifjsbauholz zurüdbrachte, blieb
dem Treiben der Freier zu fteuern. Hom. Od.| der Landhandel vorzugsweije auf den Bejuch der
2,225. Athene nahm öfters feine Geftalt an, | zahlreichen großen seite, namentlich der großen
jo, um Telemachos nad) Pylos zu begleiten, um | Nationalfefte beichränft, „deren Gottesfriede auch
Odyſſeus im Kampfe gegen die freier zu ſchühen, faufmännischen Unternehmungen jicheres Geleite
um ihn mit jeinem Volke zu verjöhnen. om. Od.| verlieh und dadurd jenen Feſten jelbft zugleich
2,267 ff. 22, 205 ff. 24, 548. — 2) Vater des Im- | das Gepräge fürmlicher Handelämefjen mitteilte‘.
brios aus Pedaion in Troas. Hom. Il. 13, 171.| — Wenngleidh zu Rom die Kaufleute jchon im
— 3) ein Rhodier, wie jein Bruder Menmmon|Y. 494 v. E. eine eigene Zunft und Innung
(j. d. 2) ein tüchtiger Feldherr, nahm zuerft aud) | (collegium mercatorum) errichteten (Liv. 2, 27),
an der Empörung des Artabazos teil, flüchtete ſich und der Staat Handelsverträge wiederholt mit
um 351 v. E. nad Agypten, wurde von Nelta: | Narthago 509 v. E. (Pol. 3, 22), 347 und 306
nebos 11. mit 4000 griechiſchen Söldnern dem | (Liv. 7, 27. 9, 43), dann im %. 276 mit Agypten
gleichfalls aufgeftandenen Eidon zu Hülfe gejandt, | abſchloß, war dennoch der friegerijche Sinn der
verriet aber mit König Tennes die Stadt an Nömer nicht geeignet zur allgemeinen Betreibung
|
xerxes III. In dejjen Dienft zeichnete er fich bei | des Handels. So fam er denn in die Hände ein—
der Wiederunterwerfung Agyptens aus, wurde | zelmer, die ſich den bedeutenden Vorteil desjelben
Satrap über die Belttürte von Kleinafien und ein: | zu nuße machten. Nachdem die Handelsländer
Hußreicher Günftling des Großkönigs. Er ftarb| Sicilien, Griechenland, Karthago und Agypten
furz dor dem Angriff Mleranders. Diod. Sie. | römische Provinzen geworden, reijten auch römtjche
16, 42 fi. Kaufleute „rüftig zu den äußerſten Indern“ (Hor.
Menyllos, Mervilog, nadı dem unglüdlichen | ep. 1, 1, 45: impiger extremos curris mercator
Ende des lamiſchen Krieges Befehlshaber der nad) | ad Indos), nad Nord und Süd, zu Lande und
Munichia gelegten makedoniſchen Bejabung, ein | auf eigenen Handelsjchiffen zur See. Überall an
gemäßigter Mann, der die Stadt nicht drüdte, | allen Handelsplägen des römischen Reichs lichen
und Freund des Phokion. Plut. Phoc. 28. 30.| fic römische Handelsleute nieder, bisweilen jelbft
Diod. Sie. 18, 18. in feindlichen Yändern ihr Vaterland über den
Movvrge, cine Belohnung, die auf Wieder: | Gewinn vergefjend (Tuc. ann. 2, 62). Zu Betra
verichaffung eines entlaufenen Sklaven, oder aud) |in Arabien wohnten jchon zu Strabons Zeiten
vom Staate auf Anzeige eines jchweren Ber: | des Handels wegen viele Römer (Strab. 16, 779),
brechens gejeßt wurde, jo bei Gelegenheit des Her: | zu Meros Zeit berichtet Plinius (37, 45) von
her nie yo Vgal. Index. einem römischen Ritter, der bis zur Bernfteinküfte
Mercatüra, Zurogda (j. "Eurzogog), ftand als | geflommen war (qui et commercia et littora
Großhandel allgemein im Altertum in entjprechen: | peragravit). Daher Haben fih auch römiſche
der Geltung und Wertihäßung, während aller: | Münzen in Indien und an der Dftjeefüfte gefun-
dings der Klein- oder Zwijchenhandel, zarnıea, | den (Mommijen, Geich. des römischen Münzmwejens
caupona, infolge der damit verbundenen Täu: | S. 725. 815. 818). Strabon (2, 118) erzählt, daß
chungen und Übervorteilungen, wie durch die | jährlich wohl 120 Kauffahrteifchiife aus dem Ara:
jonftige Sitte und Lebensftellung derer, die ihn | biichen Meerbujen nad) Indien jegelten, mit Bogen:
betrieben, mehr ein Gegenftand der Verachtung ihügen gegen Seeräuber bemannt, der Gewinn
war. Der Großhandel war in Griechenland erreichte 100 Prozent (Plin. 6, 23: quae apud
natürlich meiftens ein überjeeiicher und daher mit | nos centuplicato veneant). Für den Kleinhandel
Schiffahrt verbunden, in den ältejten Zeiten wohl | in Rom gab es beftimmte Orte nach den vericie:
vorzugsmweife durch ausländiiche Kräfte vermittelt, | denen Gebrauchsgegenftänden des täglichen Lebens
was man auch jpäter noch bisweilen aus politi- | (forum boarium, piscatoriıum, olitarium, pisto-
ichen Gründen begünftigte, weil durch die Selb-|rium u. ſ. w.). Die Aufficht über diejen Ber:
ftändigfeit des einheimischen Handelsverkehrs fich | fehrshandel in Bezug auf Güte und Gewicht der
der Ariftofratie des Örundeigentums gegenüber eine | Waren führten die Mdilen. Die institores trugen
neue Klaſſe von Befitenden oder auch die Elemente | allerlei Waren in die Häufer und waren bei den
demofratiichen Lebens bildeten. An Mthen war | römijchen frauen (obwohl sordido loco orti, Lir.
der Kaufmann wenigjtens von perjönlichen Kriegs: | 22, 25) beliebte ftußeriiche Galanteriehändler (Hor.
dienten befreit, jeine Rechtshändel wurden je nad) | od. 3, 6, 25 ff.). Der Schußgott alles Handels
den Intereſſen jeines Gejchäfts befriftet oder be | war Mercur; weshalb die mercatores auch Mer-
ichleunigt, widerrechtlihe Hemmungen desjelben |; curiales hießen und das Feit des Gottes alljähr:
mit außerordentlicher Strafe belegt, der fremde | lich am 15. Mai feierten (Ov. fast. 5, 669). Die
Kaufmann aber in allen Rechtsfragen dem ein= | Stellung der Kaufleute in der allgemeinen Achtung
geborenen ganz gleichgeftellt. Unterlag nun auch | bezeichnet Cicero (off. 1, 42), wonad die Groß:
allerdings der Handel jtarfen Abgaben und Be: | händler (mercatores), vielfach Ritter, zwar nicht
Ichränfungen, jo hatte er dafür auch wieder den ſo jehr zu tabeln (si mercatura magna non est
Vorzug großer Seeftädte zu geniehen, Waren- | admodum vituperanda), dagegen die Kleinhänd—
magazine und Lagerhallen, wie das deiyue im ler geradezu für ſchmutzige Leute erachtet wurden
Peirateus, Die Aufficht über den Seehandel führ- | (sordidi putandi, qui mercantur a mercatori-
ten 10 durchs Los erwählte dmıueintai tod LZu-| bus, quod statim vendant\.
Mercennarii — Mesambria.
Mercennarli, griechiſch wıo®wro/ oder wicho-
pöoo:, hießen überhaupt alle um Lohn Dienenden,
Tagelöhner, Feldarbeiter, Hirten. Früher, als es
noch wenige Sklaven gab, beichäftigte man die |
‚von Niebuhr, 1823, von J. Belfer, 1836).
Tagelöhner auf dem Lande gegen einen Anteil an
den Früchten, hernach mit der ungeheuren Zu—
nahme der Sklaven mehrte fich die Zahl der brot:
loſen Arbeiter in Bejorgnis erregender Weiſe.
Plut. Tib. Graech. 8. Geſetze, die es zur Pflicht
machten, eine bejtimmte Anzahl freier Yeute auf
den Adern zu beichäftigen (von Cäſar der dritte
Teil der Hirten, Swet. Caes. 42), famen in Ber:
gefienheit. Vgl. Drumann, Arbeiter und Kommu:
769
Höheren Wert haben durd Korrektheit und eine
gewiſſe Eleganz die durch Niebuhr im X. 1823
entderften Überreite von Gedichten geſchichtlichen
Inhalts, z.B. auf Nötius (heransgeg. mit Corippus
Meröe, Megon, Merua, das Land oder nad)
der Meinung der Alten die Inſel zwiichen Nil,
Aftapos und Wjtaboras. Hier lag zwijchen dem
fünften und jechiten Nataraft die gleichnamige,
ſpätere Hauptjtadt der Withiopen, j. Schendi, mit
Trümmern in ägyptifierendem Stil. König Erga—
mened (um 270 dv. E.) ftürzte die Priefterjchaft
und gründete ein größeres Neich, das bis in das
niften im Griechenland und Rom (1860). In der) 3. Jahrhundert n. E. beftand, mitunter mit Na:
Zeit der Bürgerfriege waren dieje Brot: und Be:
figlojen eine ergiebige Quelle für die Parteihäupter.
Daher hichen fpeziell mercennarii die Söldner im
Kriege, mercede militantes, conducticiae cater-
vae; j. darüber Exercitus, 5. 12,
Merceurius f. Hermes, 5.
Merenda wird erklärt al3 Veſperbrot, häufiger
aber als prandium, welches zu unferer Mittags:
zeit genofjen wurde; ſ. Mahlzeiten, 8.
Meretrices wurden, wie die Hetären (j. d.) in
Griechenland, in Rom geduldet, wenn fie ſich unter
die polizeiliche Aufficht der Adilen geitellt hatten.
Lir. 10, 31. 30, 9. Tac. ann. 2, 85. Jedoch
wären fie mit infamia behaftet und durften vor
Gericht fein Zeugnis ablegen. Sie unterjchieden
ſich äußerlich von den ehrbaren Frauen durch ein
bloßes furzes Kleid (tunica) ohne Oberfleid (stola),
durch die Entblößung des Gefichts und Halſes,
der Schultern und Arme; ihre Wohnungen hießen
lupanaria, lustra, fornices. Später wurde eine
Abgabe auf dies Gewerbe gelegt; in der befleren
Zeit trieben es nur Sklavinnen und Freigelaſſene,
ſpäter auch, troß ausgeſetzter Strafen und ber
Schande, freigeborene Frauen. Suet. Tib. 35.
—— Mahlzeiten, 2.
Meridiäni sc. gladiatores, rechter, welche im
römijchen Amphitheater während der Seit des
prandium auftraten, wo viele Zuſchauer nad)
Haufe gegangen waren. ©. Gladiatores.
Meriönes, Mnowrns, Sohn des Molos (Hom.
71. 13, 249. 10, 270), Freund und Waffengenofle
des Idomeneus, einer der tapferften Kämpfer vor
Troja, wohin er mit Idomeneus die Kreter in
80 Schiffen führte (71. 2, 645 ff. 4, 254. 8, 263).
Ausgezeichnet ift er befonders im Bogenſchießen
pata (j. d.) als Refidenz. Strab.
17, 786. 822 f.
Meröpe, Megörn, 1) Okeanide, von Klymenos
Mutter des Phaëthon (nah Hygin [fab. 154]; j.
dagegen Helios). — 2) eine der Heliaden oder
Schweſtern des Phasthon. — 3) Tochter des Atlas,
eine Pleiade, Gemahlin des Siſyphos in Korinth,
Mutter des Glaufos. Am Sternbilde der Pleiaden
ift fie der fiebente, duntele Stern; fie verhüllt fich
aus Scham, weil fie einem Sterblichen vermählt
war. — 4) Tochter des arfadijchen Königs Kyp—
jelos, Semahlin des Ktreiphontes (jpäter des Poly:
phontes), Mutter des Aipytos. — 5) Gemahlin
des Königs Polybos zu Korinth, Pflegemutter des
Didipus. Soph. Oed. T. 775.
Merops, Megoy, 1) König in Kos, Vater des
Eumelos. Da feine Gemahlin, die Nymphe Eche:
meia, durch Artemis plößlich ftarb, wollte er fich
töten, wurde aber von Hera als Adler unter die
Geſtirne verſetzt. — 2) Nithiopentönig, Gemahl
der Klymene, mit der Helios den Phaëthon zeugte.
Or. met. 1, 763. 2, 184. trist. 3, 4, 30. — 3) König
am Rhyndakos, aus Perkote in Myſien, Scher,
Vater der Kleite, Arijbe, des Amphios und Adra—
ſtos. Hom. 11. 2, 830. 11, 329. — 4) Gefährte des
Aineias, von Turnus getötet. Verg. A. 9, 702.
Möros, Mnoös, der Götterberg der Inder fern
im Norden, indiſch Meru, von den Griechen dort
gejucht, wo der Jmaos (Himalaya) im NW. mit
dem von W. nadı D, ftreichenden Parapaniſos
(indiihen Kaufajos) ſich freuzt und zu Hohen
Schneegipfeln erhebt. In den weinreichen Thälern,
wo der Stammname Nilpada an Nyſa erinnerte,
— Dionyſos geboren ſein. Strab. 15, 687. 711f.
Arr. 5, 1, 6.
Hat. 2, 29.
und im Speerwurf (Il. 23, 860. 888). Nah| Merüla, ein plebejiidher Zweig des corneliichen
fpäterer Sage wurde er auf der Heimfahrt von Geſchlechts (j. Cornelii): 1) 8 Corn. Mer,
Ilion nad Sicilien verſchlagen, nach dem kreti- Konjul 193 v. E., lieferte den Bojern in der
ſchen Engyon; ober er fehrte nad) Kreta zurüd,| Nähe von Mutina eine Schlacht, in welcher er
wo er zu Knoſos ein Grabmal hatte und mit | faft 14000 Feinde tötete und 212 Striegszeichen
Idomeneus Hervendienft genof. erbeutete. Liv. 35, 4f. Da indefien auch der
Mermöros, Meguegos, 1) Sohn des Jaſon | römische Verluft SH war (5000 M.), bemilligte
und der Medeia (auch Mafareus genannt), nebft | man ihm feinen Triumph. Liv. 35, 8. — 2).
feinem Bruder Pheres von Medeia in Korinth Corn. Mer., Konjul 87 v. E. an Cinnas Statt,
ermordet (f. Argonauten). — 2) Sohn des | erlebte im diefem Jahre die Belagerung Roms
Pheres, Enfel des Jajon und der Medeia, im durch Einna und Marius und lieh fich, als jene
theiprotifchen Ephyra, Vater des los, der Gift: | fiegten, die Adern öffnen, um einem graufamen
bereitung fundig. Hom. Od. 1, 259. | Tode zu entgehen. Vell. Pat. 2, 20. 22.
Mermnaden, Meguvadaı, j. Gyges und Mesambria, Meoaußeln, 1) Stadt in Thrafien
Kroisos. am Aigaiiſchen Meer im Gebiet der Kikonen unfern
Merobaudes, Flavius, chriftlicher Dichter des | vom Lifjosfluß. Hat. 7, 108. — 2) wichtige Stadt
5. Jahrhunderts, auch als Rhetor und Krieger | am Bontos Eureinos in Thrafien au der Grenze
tüchtig, aus Hijpanien, früher nur durch ein kurzes | von Möfien, eine dotijche, von gen“ air Byzan⸗
Gedicht de Christo (30 Hexameter) bekannt. tiern und Ehalkedoniern um 493 v. C. angelegte
Realleriton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl. 49
770
Kolonie, meift Meonußol« genannt; j. Mifivri.
Hdt. 4, 93. Strab. 7, 319.
Meseinius, X. Meijc. Rufus, war als Quäftor
Mescinius — Messenia.
Himera als Kolonie gründen. Thuc. 6,5. Nach
der Zerftörung von Miletos 494 kamen Milefier
und Samier auf Einladung der Bewohner (Hdt.
im 3. 51 v. E. mit Cicero in Kilifien, wo er ſich 6, 23), bemädhtigten jich aber auf Anraten des
indes wegen jeiner Ausjchweifungen Giceros Bei: | Anarilas, Tyrannen von Rhegion, treulos der
fall nicht erwarb (ad Att. 6, 3, 1.4, 1. 7, 2; vgl.
jedoch ad fam. 13, 26. 28). Später ſchlug er fich
auf Ciceros Veranlaſſung auf die Seite des Pom—
pejus (ad fam. 5, 19 ff.).
Mesochöros, uesöyogos, bei jpäteren Schrift:
jtellern jo viel als “ogvpeiog, der mitten im
Chore ftehend den übrigen den Taft oder Die
Melodie angab. — In Rom hiehen die bezahlten
Vorklatſcher im Theater und auf der Rednerbühne
imesochori, welche das Signal zum Beifallklatichen
dem übrigen Publikum gaben.
Mesomedes, Mesounjöns, aus Kreta, ein Iyri:
ſcher Dichter, Freigelafiener und Günftling des
Kaiſers Hadrian, Berfafler einiger Epigramme,
jowie eines Hymnos auf Nemeſis, zu dem aud)
alte mufifaliiche Noten vorhanden find, herausgeg.
von Bellermann (1840) und Weitphal, Anhang zur
Metrit I ©. 54 ff. der 2. Aufl.
Mesopotamia, Meoororauie, d. i. N ufon
rar roranor, das Land zwiichen dem Euphrat
und dem Tigris in ihrem Weittellauf, nach N. durch
Armenien, nah ©. durch die mediiche Mauer be—
grenzt; im A. T. Aram Naharaim (das Syrien
der beiden Ströme), j. el Dſcheſireh (die Inſel)
genannt. Der griechijiche Name fam erjt nach Ale:
rander auf; früher wurde der nördliche Teil zu
Syrien (Xen. An. 1,4, 19. Arr. 7, 7,3), der jüd:
liche zu Arabien (Xen. An. 1, ö, 1) gerechnet. Der
erjtere, der 165— 363 u. E. römijche Provinz war,
erfällt, von W. nadı DO. gegangen, in die Land—
Haften Ofroene mit den Städten Edeſſa, Carrhä
und Nifephorion, Gauzanitis mit Nejaina
und Singara, Mygdonia mit Nijibis. Das
Yand ift hier im N. durch die Nebenflüfle des
Euphrat, den Belihas (j. Belit) mit dem Skir—
tos (j. Daijan) und den Dan (i. Ehabur)
mit dem Mygdonios ij. Dichakdichala), bewäſſert
und von alten Berfehrsitraßen durchzogen, Ge:
birge: der Maſios (j. el-Tur), ein Anslänfer des
Tauros, die Grenzicheide gegen Armenien, und der
Singaras (j. Sindichar) jüdlih davon. Der
jüdliche Teil von Mejopotamien iſt größtenteils
waflerloje Steppe; Stadt Hatra. Strab. 16, 746 jf.
Meorısa nennt Kenophon (An. 3, 4, 10 ff.)
als eine Trümmerftadt in Aſſyrien, links vom
Tigris, 4 Meilen nördlich von Yarifia (j. d. 7.),
mit einer Mauer, 150 Fuß hoch, 50 Fuß breit
und 4 Meilen im Umfang; offenbar Ninive (j.
Ninos Il.), j. Kujundſchik gegenüber von Moful.
Die Ableitung des Namens Mespila ift zweifelhaft.
Messäla j. Valerii, 295. 33 ff.
_ Messalina j. Valerii, 37.
Messalini j. Valerii, 34. 35.
Messäna, Mesodva, nad) dorijcher Ausſprache
bei den Römern, bei den griechiichen Schriftitellern
ewöhnlich Messern, eine jehr bedeutende Stadt
Siciliens an der dieſe Inſel von Italien jcheiden:
den Meerenge, in herrlicher Gegend, j. Meijina.
Im J. 729 dv. C. ließen ſich euboitjche ng rn
und Kymaier an diejer Stelle nieder, wo jie jchon
eine Stadt der Sikuler Dankle oder Zankle
(£eyrkow il. die Sichel) fanden, deren Namen fie
beibehielten. Bald fonnte Zanlle, 648 v. E,,
Stadt, die diejer bald jelbit bejegte und — er war
von meſſeniſcher Abſtammung — Mefjana oder
Mefiene nannte. Tue. 6, 5. Nach Vertreibung
jeiner Söhne, 461, blühte die Stadt bedeutend
empor, wurde aber 396 von den — zer⸗
ſtört. Dionyſios der Ältere baute ſie ſofort wieder
auf und verſah ſie mit Bewohnern; 312 fiel ſie
dann in des Agatholles Hände und 282 in die
Gewalt entlaffener italijcher Söldner, der Mamer:
tiner, welche die Männer meift ermordeten und
ſich durd; die Unterjtügung der Römer im Belt
dauernd behaupteten. Dieje Ereignifje gaben die
äußere Veranlafjung zu dem erjten puniſchen
Kriege. Die Civitas Mamertina hielt ftets treu
zu den Römern. Dem Berres diente fie als Hehl:
ort für jeine Räubereien. (ic. Verr. an vielen
Orten, bei. B. 4. Noch zu Strabons Zeit war
Meſſang ichr bedeutend. Strab. 6, 268. Der jchöne
Hafen, gebildet durch eine fiheljörmige Erdzunge,
faßt mehr als 600 Schiffe. Abhandlung von
Siefert (1854).
Messapia j. Calabria.
Messapion j. Boiotia. x
Messäpus, Micoanog, Sohn des Pojeidon,
Rofjebändiger, König in Etrurien. Verg. A.7, 691 ff.
Messöne, Meoonvn, 1) j. Messenia. — 2) j.
Messana.
Messenia, Messern oder, jeit Erbauung der
Stadt diejedg Namens, and) Mesenvia, die ſüd—
wejtlichite Yandichaft des Peloponnes, grenzte im
N. an Elis und Arkadien, im D. an Lalonien,
im ©. an das Mittelländijche, im W. an das
Joniſche Meer. Die Oſtgrenze diejer unbedingt
lieblichjten Yandichaft Griechenlands bildete in älte-
rer Zeit der Heinere Pamiſos, die Waflericheide
des Taygetos und Xodguog vdrn, eine Gebirge
ſchlucht. Die Größe betrug 49 F IM. Bon La—
fonien ftreichen die Abhänge des Taygetos in Das
Land hinein; von N. Ausläufer des arfadiichen
Lylaion, die Nomiagebirge mit dem tuotenpunft
Eira j. Tetrafi oder Hagios Elias); daran jchlie-
Ben fi) in der NW.-Ede die jetzt Kutra genannten
Gebirge, jüdweftlich ein jept mit dem Geſamt—
namen Kontovunia (die kurzen Berge) bezeichnetes
Mittelgebirge, das zwei durch eine Einſattelung
verbundene Gipfel Ithome und Eua (j. Wur:
fano und Hagios Bajilios) gegen Siüdoften vor:
ichiebt (j. den Plan). Ein Engpaß verbindet dieſe
nördlichere, nach der alten Königsſtadt Steny:
flaros benannte, Ebene (uripr. wohl ein Scebeden)
mit einer zweiten, jener an Fruchtbarkeit micht
nachſtehenden und deshalb Makaria genannten,
die gegen Süden von dem Strome durchfloſſen
wird, der nach Aufnahme eines bedeutenden Neben—
fluſſes den Namen Bamijos empfängt. Weſtlich
ſtößt die Makaria an die mit dem Akritasvorge—
birge jchliehende Halbinjel, auf der ſich mäßige,
anbaufähige Gebirge, bejonderd das etwa 950 =
hohe Mathiagebirge (j. Lylodimos) und im ®.
der Higaleos mit 3 Gipfeln finden. Auch die
flache Kefttüfte ift im ganzen jehr fruchtbar, ob:
— an einigen Stellen mit Homers (/1. 2. 77)
usdrud IIvkog juadosıg Üübereinftimmend. Die
Messenia. 171
wichtigiten Vorgebirge find Platamodes und | Eleftra, Koios, Charadros, Amphitos, Leufafia
Koryphaſion (nahe bei Pylos) am Joniſchen auf, jowie mäher an der Mündung den Aris
Meere, Akritas (j. Gallo) gegen S. Bon den |(j. Fluß von Pidama). Das Meer bildet an der
vielen Flüßchen find nur 2 unverfiegbar: Neda | Südfüfte den Meoenvırög aöAmog (Meerbufen von
(i. Buzi), der Grenzjluß gegen das triphyliiche | Koron,, auch Koronaiischer oder Aſinaiiſcher Bujen
Elis, und der größere Pamiſos (j. Pirnatza oder | genannt; an der Weſtküſte den berühmten Hafen
Dipotamo), der breiteite Fluß des Peloponnes, | von Pylos (j. Reede von Navarino), deſſen mörd-
obwohl nur 2'/, M. lang, entipringend aus einem | licher jchmaler } Kir: (Baflage von Sifia) durd)
Sumpfjee. Er nimmt Bie Balyra (j. Mavro— | die vorliegende Inſel Sphafteria oder Sphagia
zumenos) nebſt den in dieje fallenden Bächen | verengt ift. Etwas nördlicher liegt der Heine Hafen
49*
Digitized | (5008 e
712
Bovgpeds.
Messenische Kriege.
Thuc. 4, 118. — Das Klima ift im | über fie fich widerjprechen, und uns glaubmwürbige
ganzen angenehm, bejonders im Gebirge; in den | Berichte fehlen. — Erjter mejjeniiher Krieg
inneren Ebenen ift die Hitze oft drückend.
Wenn | (nad) Baufanias 743— 724, nad) Dunder 735— 716).
in Arkadien nod Winter, in Lakonien Frühling | Die jagenhafte Beranlafjung desjelben ift folgende:
ift, hat Mefjenien ichon Sommer. Unter den Bro: | Spartanifche Jungfrauen waren zu einem ben
duften des überaus fruchtbaren Landes war bejon: | Meifeniern und Xafedaimoniern gemeinjchaftlich
ders der mefjeniiche Wein befannt. — Als ältefte | gehörenden Artemistempel gekommen, wurden aber
Bewohner werden die Leleger genannt, mit denen | dort von mefjenijchen Jünglingen
fich Argeier früh vermiichten. Dann kamen Aioler, | als der jpartanifche König Teleklos
omers Zeiten | derte, wurde derſelbe von ihnen erjchlagen.
endlih Dorer ins Land. Zu H
eraubt, und
fie zurüdfor:
Es
bildete die Weithälfte Neſtors Neich, die Ofthälfte | war aber derjelbe König, der Amyflai den Achaiern
gehörte zu Lakonien. Die Kriege mit Sparta,
bejonders der zweite (645—631 v. E.), ſchwächten
|
h
abgenommen hatte und damit den Grund zu fer:
neren Grenzſtreitigkeiten nach Mefjenien hin legte.
das Land und brachten e3 unter Botmäßigleit der | Bald darauf wurden dem Mefjenier Polychares
Lafedaimonier, welchen es erſt Epameinondas feit | jeine Herden veruntreut und jein bdiejelben be:
der leuktriſchen Schlacht (371) wieder entriß. Das | wachender Sohn von dem Laledaimonier Euaiphnos
Land blieb aber auch in der Folge nur dürftig
bevölfert. — Ortſchaften 1) am Meflenischen Buſen:
Abia, angeblich Homers Tomj oder 'Ien (TI. 9, 150),
Bharai (Ruinen beim j. Dorfe Ghianiga bei
Ntalamata) an der Mündung des Nedon, Koröne,
j. Betalidi, am Fuße der Mathia, zugleich mit
Meflene erbaut; Ajine, j. Koron, Kolonides.
2) Am Joniſchen Meere: Phoinikus, mit gleich:
namigem Hafen, Methone oder Mothone, j.
Modon, Pylos, j. Paläokaftro, auf der ichroffen
Höhe einer Halbinjel, die Stadt Neftors, im pelo:
ponnefiichen Kriege (425) von den Athenern be—
fejtigt, mit trefflichem, durch die vorliegende Inſel
Sphafteria oder Sphagia gededtem Hafen;
Kyparifſſia, j. Arkadia, mit der jchönen Duelle
Dionyfias, am Meerbufen gleiches Namens; Aulon,
Stadt und Thalſchlucht auf der eleijchen Grenze.
3) Im Innern: Andania (j. Ruinen Sandani),
Nefidenz der alten Lelegerfönige und Heimat des
Ariftomenes; Stenyflaros, Nefidenz der dorischen
Könige, in der Ebene gleiches Namens, jchon im
erften mejjenischen Kriege untergegangen; Meſſene,
die auf Epameinondas’ Betrieb 369 angelegte,
ſtark befeftigte Hauptitadt am Südwejtabhange des
Berges Jthome (j. d.), mit höchſt bedeutenden
Ruinen der Stadtmauern, 47 Stadien im Umfang;
auf dem Berge ftand die Feſte Jthome, nächſt
Akrokorinth das zweite Horn (#Edgas) des Peloponnes,
im erften meffenitchen Kriege von den Spartanern be:
lagert ; Ampheia (j.d.); Limnai, fumpfige Gegend
an den Quellen des Bamifos, auch Dentheleatis
genannt, mit berühmtem Artemistempel; Eira,
verjchieden von dem homeriihen Ira, in der
NO.-Ede, im zweiten meflenischen Kriege zehn
Jahre von den Spartanern belagert; Dichalia,
in ungewiſſer Yage. Strab. 8, 358 ff. Paus. 1. 4.
Bol. Eurtius, Peloponneſos Il ©. 121 ff. Burfian,
Geographie von Griechenland II S. 155 ff.
Messenische Kriege. llber die beiden erften
mefjenifchen Kriege, welche weder Herodotos nod)
|
Thufydides erwähnen, deren vielmehr erſt Iſokra—
tes (Archid.) gedenkt, berichtet am eingehenditen
Paujanias (4, 4—13 über den erften, 14—24 über
den zweiten). Weitere Nachrichten bieten Strabon
(6, 257), Diodor (15, 66) und Auftin (3, 5). Für
den eriten Krieg war Quelle der jpartanerfeindliche
Projaifer Myron von Priene, für den zweiten der
Epifer Rhianos von Bene auf Kreta. Da nie:
mand Chronologie und Begebenheiten diejer Kriege
zu einer Zeit aufgezeichnet hat, wo die Erinne-
rung an fie noch ungetrübt war, jo ift es fein
Wunder, dab die Nachrichten aus dem Wltertume
ermordet; der Nat zu Sparta aber verweigerte
die geforderte Genugthuung. Da nahm Polychares
an allen Spartanern, die ihm aufftiehen, blutige
Race; als aber dafür jeine Auslieferung gefordert
ward, wurde diefe von den Mefjeniern verweigert.
So begann denn der Krieg, indem die Spartaner
plöglid in einer Nacht die Grenzftadt Ampheia
überfielen, deren Einwohner größtenteils nieder:
gemacht wurden. Die Mefjenier machten nun
Streifzüge in das lakoniſche Gebiet und boten
zulegt den Spartanern eine Feldſchlacht an, die
aber unentjchieden blieb. Im ganzen jedod waren
die Mefjenier im Nachteile; deshalb verließen fie
ihre offenen Städte und befeftigten fi in Jthome
(j. d.). Das delphifche Orakel, welches fie um den
Ausgang befragten, verhieß den Sieg, wenn eine
Jungfrau aus königlichem Gejchlechte geopfert
würde. Zu diefem Bwede bot Ariftodemos
(j. d., 2.) freiwillig feine eigene Tochter dar und
tötete jie, als ihr Verlobter ſich widerjegten wollte,
mit eigener Hand. Als er hierauf König gewor—
den war, befiegte er mit Hülfe der Urgiver, Arka—
dier und Sifyonier die Spartaner, die dadurch an—
fänglich jehr entmutigt wurden. Dennoch unterlagen
ſchließlich die Meffenier. Ihnen hatte nämlich
der delphiſche Apollon verheißen, die Partei würde
fiegen, welche zuerft 100 Dreifüße um den Altar
des Zeus in Ithome aufftellte. Das hatte ein
Spartaner in Erfahrung gebracht und jtellte ins:
geheim 100 Heine thönerne Dreifüße dort auf.
Als nun dem Ariftodemos aud im Traume jeine
Tochter erjchien und ihm ein Leichenhemd über:
warf, tötete er fich jelbit, und Ithome wurde von
den Feinden erobert; aber viele Mefjenier enttamen
nad) Argos und Wrfadien, die zurüdbleibenden
wurden unterworfen und traten in das Perioiken—
verhältnis, infolge defjen fie die Hälfte ihres jähr-
lihen Ertrages abliefern mußten. Ein Teil ift
vielleicht über das Meer hin ausgewandert; dod)
ift die Erzählung von den jogenannten Partheniern
oder Jungfernſöhnen, die einen Aufitand beabſich—
tigten, aber verraten worden jein jollen und an:
geblich Tarent gründeten, völlig romanhaft. In
der Zwiſchenzeit vor dem Wiederausbruche des
Kriegs fämpften die Spartaner nur noch mit Argos
und Kynuria; im übrigen herrichte allgemeiner
Friede im Peloponnes. — Der zweite mejje:
niihe Krieg (nach Dunder 645 — 631). Der
harte Drud der Friedensbedingungen und der fort:
währenden Verachtung laftete jo jchwer auf den
Mefjeniern, daß die neue Generation wieder zu
den Waffen griff. Außer den alten Bundesge-
Messii — Meta.
nofien ftand jett auch Pantaleon von Pija ihnen
bei, während die Spartaner nur auf die Eleer,
Lepreaten und Sorinther rechnen fonnten und
plöglih einen peloponnefifchen Krieg gegen ſich
entzündet jahen. Im Nordoften des Landes aber,
—J— Arkadien zu, hatte ſich ein meſſeniſcher Haufe
— der als Hauptpunktte Andania und
ichalia beſetzt hielt. Der Anführer der Haupt—
maſſe war der jugendliche Heraflide Ariſtomenes
aus dem Föniglichen Gejchlechte der Aipytiden (j.
Aipytos), der jid; mit 300 Auserforenen in bie
fteile und umfangreiche Bergfeftund Eira warf,
von wo aus er oft glüdliche Einfälle in das jpar:
tanifche Gebiet machte. Die Spartaner, deren
Kraft ſowohl durch die Kriegsopfer und äußere
Ereigniffe ald auch durd innere Mißverhältniſſe
und Reibungen jehr geſchwächt war, wandten ſich
in ihrer Not an den Staat, der, von der Erjchüt-
terung der Wanderungen am freieften geblieben,
im ftillen jeine Berhältniffe hatte ordnen können,
nad Athen. Der von hier aus ihnen zugejandte
Tyrtaios (j. d.) pries in jeinen Liedern die
Ktriegerehre und die Treue gegen das angejtammte
Serben, drang auf ftrenge Zucht und willige
Unterordnung und mußte von dem ariftofra:
tiihen Eigenfinn der Spartiaten die Aufnahme
von Neubürgern zu erzwingen, wodurd der Staat
die umentbehrlihen neuen Streitkräfte gewann.
Und während die ziemlich zerftreut ftehenden Bun:
desgenofien den Meffeniern nicht die erwünſchte
Hülfe brachten, wurde der enge Bund zwijchen
ihnen und den Arkadiern durdy den Verrat des
beftochenen artadiihen Königs Nriftofrates ge-
iprengt. Als das Heer, von weldhem 2 Dritteile
die Truppen diejes Königs bildeten, an einem Kanale
der Mefleniichen Ebene zur Schlacht bereit ftand,
va er jein Bolf unter dem Vorwande ungünftiger
pferzeichen ._ Der Sieg war enticheidend:
alle Ebenen bis zur Weftfüfte hin, mit Ausnahme
weier wichtiger Plätze, Methone und Pylos,
ielen den Spartanern zu, und der Krieg konnte
nur noch von den Gebirgen aus fortgejegt werden.
Als aber die jahrelange Kriegsnot jelbit den Kern
der tapferen Scharen aufzureiben begann, konnten
fie auch diefe Plätze nicht mehr halten und mußten
fich zuleßt auf arfadijches Gebiet begeben. — Das
übrige Detail der Gejchichte Ddiejes Kriegs ift
wiederum jagenhaft. Bei einem Ausfalle aus Eira
joll Ariftomenes mit 50 Gefährten gefangen ge:
nommen und in den Seadas geworfen, jedoch,
einem Fuchſe folgend, glüdlich wieder enttommen
fein. Als endlich Ariftomenes infolge einer em:
pfangenen Wunde an der nötigen Wacdjamfeit
behindert worden fei, habe ein jpartaniicher Über:
läufer den Zugang zur Feſtung Eira verraten,
und diefe jet in einer ftürmifchen Nacht erobert
worden, während in der Stadt der Kampf noch
3 Tage und 3 Nächte fortgedauert habe. Wrifto:
menes (j. d.) ging nach Rhodos; die Mefjenier
aus Methone und Pylos jchifften über das Meer
nach Sicilien, wo ihr Geſchlecht in Rhegion und
jpäter auch in Zankle zur Herrichaft fam. Die
Spartaner aber jegten den Kampf wider die 2 metae, an jedem Ende der Spina eine.
unter ihrem | Ba
Bundesgenofjen der Meflenier fort;
herrſchſüchtigen Könige Kleomenes 1. machten fie
meift erfolgreiche Angriffe auf Arkadien, Argos,
Sifyon und Nigina. — Dritter mejjenifher
Krieg (464-455, ı. a. 464—462/1 v. E.). Der
|
173
nie erlojchene alte Groll der Mefjenier fand erſt
im %. 464 v. C., als ein furchtbares Erdbeben
und die dadurch erwedte Not den SHeloten die
Waffen zum Aufftande in die Hand gab, eine neue
Gelegenheit zu jeiner Befriedigung. Sie befeftig-
ten ſich in se alten Stadt Ithome, die von den
Spartanern nur jchwac belagert ward. Diefe,
gerade damals mit einem geheimen Anfchlage auf
Athen beichäftigt, jcheuten fich dennoch nicht, bei
diejem Staate Hülfe zu juchen, und die arijtofra-
tiiche Partei daſelbſt verjchaffte ihnen dieſe unter
ihrem Führer Kimon (ſ. d.). Da aber die Bela:
gerung, troß ber Meifterjchaft der Athener darin,
nur jehr geringe Fortſchritte machte, wurden die
Spartaner jo argwöhniſch gegen jene, daß fie,
während fie alle Verbündeten zurüdbehielten, die
Athener allein unter dem Vorwande, ihrer nicht
mehr zu bedürfen, entließen. Nach Tange fortge:
ſetztem Kampfe wurden endlich den tapferen Ber:
teidigern von Ithome ehrenvolle Bedingungen ge:
jtellt. Sie erhielten mit ihren Familien freien
Abzug aus dem Peloponnes, und die Athener
gaben ihnen die erjt fürzlich erworbene Stadt
Naupaktos. Thuc.1, 101 ff. Plut. Cim. 16 f. Diod.
Sie. 11, 64. Paus. 4, 24, 7.
Messii, ein plebejiiches Gejchlecht: 1) E. Meſ—
jius, im J. 57 v. E. Volfstribun beförderte die
Rückkehr Eiceros aus dem Eril (Cie. post red. in
sen. 21) und unterftüßte den Pompejus, zu deſſen
Gunften er einen Vorjchlag Hinfichtlich des Heeres
und des Schaßes machte; doch mißlang jeine Be:
mühung. Cie. ad Att. 4, 1, 7. Cicero verteidigte
ihn im 3. 54 gegen eine Anklage. Cic. ad Att.
4, 15,9. — 2) Meſſ. Marimus, ein Freund
des jüngeren Plinius, der mit ihm in Briefmechiel
ftand (ep. 3, 20. 4, 25) und ihm feine jchriftlichen
Arbeiten zur Anficht mitteilte, während auch Mei:
ſius Titterarifch thätig war. Ihm wurde eine
Sendung nad Griechenland vom Kaifer Trajan
übertragen.
Messögis, Meoowyis, das jüdliche, bis zu
1400m hohe Grenzgebirge Lydiens, das ſich nach
W. im Paktyes, Salmiſſos und Thorar fortiegt
und in das Gebirge Mylale (j. d.) ausläuft; j.
Kaſtaneh-Dagh. Strab. 13, 629. 14, 636.
Mestra, Mijoroc, oder Hypermestra, Tochter
des von Hunger heimgejuchten Erpfichthon, der fie
zuletzt nod) verfaufte, um für den Kaufpreis jei-
nen Hunger zu Stillen. Um der Sklaverei zu ent:
gehen, erhielt fie von dem fie liebenden Poſeidon
die Gabe, ſich zu verwandeln, jo oft fie verkauft
ward, wodurch jie ſtets wieder zu ihrem Vater
zurüdfchrte. Op. met. 8, 846 ff.
Möta, rioue, vocoe, überhaupt eine Figur in
der Geſtalt eines Segel oder einer Pyramide;
daher die folgenden Anwendungen: 1) das Biel in
einer Rennbahn, um welches man umwenden mußte.
Es beftand aus einer Gruppe von 3 fegelförmigen
Steinen auf einer erhöhten Baſis und ftand an
der Barriere (spina), um welde die Wagen wen:
deten; jedes Nennen bejtand aus 7 Umläufen
(Prop. 2, 25, 26. Suet. Dom. 4). Natürlich —
er
—— ließ beim Wenden die Meta ſtets zur
Linken (interiore rota, Ov. am. 3, 2, 1. - 2) Der
untere (innere) Stein der Kornmühle, ſ. Mola.
— 3) Meta sudans, ein Springbrunnen in Rom
beim Amphitheater des Flavius, der in Form eines
774 MeraßAntın) — Meton.
Kegels angelegt war, über den das Wafler aus der | lipp von Matedonien ein Auge. Thuc. 6,7. Strab.
Höhe herabfiel. Trümmer diejer Fontaine fieht man | 7, 330. — 3) Stadt Theflaliens, jchon von Homer
noch ziwiichen dem Eolofjeum und dem Triumph: | (Il. 2, 716 Mndarn) erwähnt, wahrjcheinlich
bogen des Eonftantin; Abbildungen zeigen manche | Magnejia, im hiftorijcher Zeit nicht genannt.
Medaillen. Strab. 9, 436.
Meraßintıxn, im weiteiten Sinme der Umjat | Methydrion, Msdiögıor, Stadt Arfadiens auf
der Waren, des Geldes und der Arbeit, Zurogde, | fteiler Höhe zwiichen den Flüſſen Maloitas und
roxıonög, wodeori« in fich begreifend. Mylaon an der Straße von Orchomenos nach
Metäbus ſ. Camilla. Olympia. Thuc. 5, 58. Strab. 8, 388.
Meraysırmıav |. Jahr, 1. Methymna, Midvure, bei Stylax Medvure,
Metagenes, Merayerns, 1) ein Dichter der/die mördlichite und mächit Mytilene bedentenbdite
älteren attijhen Komödie zur Zeit des Arifto: | Stadt ber Aigen — d.), mit gutem Hafen
phanes, von niederer Herkunft, noch einige Dra- und trefflichen Wein, aber jeit der Plünderung
mentitel find befannt. Vgl. od, com. Att. fragm. durch die Spartaner (406 v. E.) fehr gefunfen,
I p. 704 f. — 2) ein Baumeifter aus Knoſos auf | Raterftadt des Sängers Arion, j. Molivon. Zhue.
Kreta, Sohn des Cherfiphron, war mit jeinem 3, 2. 18.6, 85. Xen. Hell. 1,6, 13. Liv. 45, 31.
Vater Erfinder oder Verbefjerer der ionifhen Bau: | Strab. 13, 616 f.
ordnung; auch war er beim Bau des ephejiihen | Metilii, 1) Sp. (oder M.) Metilius, Tolts-
Artemistempels beteiligt. — 3) ein Banmeifter in | peißun 416 v. E., machte den Vorſchlag das den
Athen aus dem Demos Xypete, welcher unter Bes | Feinden abgenommene Gebiet fopfiweile zu ver:
riffes den von Noroibos begonnenen Weihetempel teilen, fonnte aber jeinen Plan wegen Wider-
Eleufis nach defien Tode fortbaute. Plut. ſpruchs mehrerer Kollegen nicht — Lir.
Per. 13. 4, 48. — 2) Statthalter von Judäa, mußte bei
Metalla, 1) damnatio in metalla, war eine | giner GEmpi ———
F — pörung in Jeruſalem zum Judentume
unter den Kaiſern jür personae humiles in Ge: ibertreten, um jein Leben zu retten. Joseph. b.
braud) dere Strafe, welde mehrere Grade | zud 2. 17.10
. 2, 18.30,
tte; }. Servitus poenae. — 2) ufralle, Metiöche {. Memwippe
—— — —— 4 Metion, Myriov, Sohn des Erechtheus und
Metäpa, M£rarca, aitoliihe Stadt am nörd; der Prarithen, erzeugt mit Allippe den Taidalos
fihen Ufer’ des Zrihanfsfees, wenlich von Zher, 11D Cupalamos (oder dieer it Vater des Pai-
mon, von Philipp V. von Makedonien zerftört. dalos Nach ſitvoniſcher Sage ift Sikyon Sohn
Pol. 5, 7. des Metion. Seine Söhne, bie Metioniden,
Metapontium oder Metapontum, Meramorv- vertrieben den Pandion aus der Herrſchaft zu
zıov, Merarong, j. Ruinen Torre-a-mare, grie- Athen, wurden aber von dejjen Söhnen wieder
hiiche Stadt an der Oftfüfte Kucaniens, am Taren- | Vertrieben. .
tinischen Meerbujen. Nach einigen hatte fie Neftor, Metiosödum j. Melod ununı,
nad) andern Epeios, der Berfertiger des trojani- | Metis, Mrs, Perjonififation der Klugheit,
ſchen Pferdes, gebaut. Später joll die Stadt von | Tochter des Oleanos und der Tethys (Hesiod.
den Lucanern zerftört, auf Antrieb der Sybariten | theog. 358), zwang durch ein Brechmittel den
aber wieder aufgebaut worden jein. Zur Zeit des | Kronos, die verichlungenen Kinder wieder von ſich
Pyrrhos mußte fie fi den Römern unterwerfen, | zu geben. Sie war die erjte Gemahlin des Zeus;
fiel im zweiten puniſchen Kriege zu den Ntarthagern | da dieſem aber (durch Metis oder durch Uranos
ab (Liv. 22, 61. 25, 15) und verjchtwindet rei Ge) die Weisjagung wurde, daß fie zuerſt
aus der Geſchichte. Strab. 6, 264. eine Tochter, dann einen Sohn gebären würde,
Metaurus, Mirevgog, 1) Fluß Umbriens, der | welchem die Herrichaft bejtimmt jet, jo verichlang
zwiichen Fanum Fortunä und Sena ins Adria- er fie, worauf er aus jeinem Haupte die Athene
tiiche Meer mündet, j. Metauro, berühmt durch | gebar. Zeus 1 jegt von Metis nichts mehr zu
die Niederlage und den Tod Hafdrubals, 207 v. E. | befürchten; in jein Inneres aufgenommen, kündigt
Pol. 11,1. Liv. 27,46 ff. App. Hann. 52. Hor.|fie ihm das Gute und das Böje an. Hesiod.
od. 4, 4, 38ff. Strab. 4, 227. — 2) Fluß an der |theog. 886 ff.
Weſtküſte von Bruttii unmeit Medama, j. Marro. Meroızos |. Zerog.
Strab. 6, 256. Meton, Merwor, 1) Sohn des Pauſanias, Meß—
Metelli j. Caeeilii. fünftler und Baufünftler, befonders aber als Aſtro—
Methäna, Midar«, Midrvn (verwandt mit nom berühmt. Zur Beitimmung des jährlichen
ucdo), Stadt in Argolis auf einer nördlich von | Sonnenlaufs jtellte er ein von ihm erfundenes
Troizen Aigina gegenüber ins Meer ragenden Inſtrument (Heliotropion) auf der Pnyr auf und
Halbinjel mit einem Kaſtell auf fteilem Berge, an | juchte dur einen Cyflus von 19 Nahren —
defien Rufe die Stadt lag, j. Ruinen Megalo: 235 Monaten = 640 Tagen, gerechnet vom
fhorion. Thuc. 4, 45. Strab. 8, 374. ‚13. Stfirophorion 432 d. E., eine Ausgleichung
Methöne, Medorn, 1) Stadt an der Südweſt- zwiichen Sonnenjahr und Mondjahr zuftande zu
jpibe von Meffenien, aud) Moßorr, genannt, wo: | bringen. Dieſe Enneafaidefaöteris wurde zwar als
jelbft nach dem zweiten meſſeniſchen Kriege von | ein Fortſchritt in der Wiſſenſchaft angeſehen, doch
den Epartanern Nauplienjer angefiedelt wurden, | im allgemeinen Gebrauch erhielt fich die ältere
mit gutem Hafen; j. Modon. Strab. 8,350. Paus. | Oftaöteris. Diod. Sie. 12,36. Sprichwoͤrtlich: dre-
4,3, 10. 35, 1. 24,4. — 2) Kolonie der Eretrier | BeAksotel rı elg or Merwvog driavror, etwas
am Thermaischen Meerbujen in Makedonien, j. | weit hinausichieben. Vgl. Cie. ad Att. 12,8, 2.
Elevtherofhori; bei ihrer Belagerung verlor Phi: |— 2) von Paros, ein pythagoreiicher Philoſoph.
Metope — Mezetulus.
175
— 3) Bater des Philojophen Empedolles. — 4) ſ. (Liv. 1, 23f. 26), treulofen Verrat, wofür ihn der
Baukünstler, 7.
Metöpe, uerömn, j. Columna.
Metrötes j. Malse.
Metrodöros, Mnroddwgos, 1) ein berühmter
Rhapjode, von Platon erwähnt. — 2) ein Phi—
loſoph von Chios, ums J. 330 v. E., Anhänger
der Bhilojophie des Demokrit und Lehrer der Ab:
deriten Anararhos und Hippofrates. Sein Leben
und feine Bhilofophie find nicht weiter bekannt.
Cie, acad. 2, 23. Diog. Laert. 9, 58. — 3) ein
Epifureer aus Athen (paene alter Epieurus, Cie. |
fin. 2, 28), ſtarb furz vor Epikuros (277 v. E.).
Eicero gedenft jeiner mehrmals (3. B. tuse. 2, 6, 17.
fin. 2,3, 7. n. d. 1,40, 113), wirft ihn aber im
Tadel gewöhnlih mit Epikur zujammen; jeine
Schriften find verloren. — 4) aus Stepfis in
Myſien, Afademiter, Rhetor und Staatdmanı im
Dienfte des Königs Mithridates Eupator, lebte
um 100 v. C. und bejah ein auferorbentliches
Gedächtnis. Cic. de or. 2, 88. 90. 3, 20. tusc.
1, 24, 59. Plin. 28, 7. 34,7. Als Gefandter an
den König Tigranes gejchidt, wurde er dem Mi-
thridates untren; von ——— urückgeſchickt, ſtarb
er unterwegs. Strab. 13, 609 f. Begen feines tiefen
Hafles gegen die Römer hieß er Miooewuuuog.
Seine Schreibart war rhetoriich und originell. —
5) aus Stratonifeia in Karien, Schüler des Kar:
neades, zuerft epifureifcher, dann alademiſcher Phi:
fofopb, um 110 v. €. Cie. de or. 1, 11, 45. acad.
2,6, 16. Diog. Laert. 10,9. — 6) ein Maler,
der fich auch mit Bhilojophie bejchäftigte, 168 v. C.
Plin. 35, 11. — T) ein freigelafiener Eiceros und
qebildeter Arzt. Cie, ad Att. 15, 1,B. ad fam.
16, 20. — 8) ein griedhijcher Epigrammendichter,
der auch über Geographie und Nitronomie fchrieb,
wahricheinlich unter Conjtantin dem Gr. Wir be
figen von ihm 30 arithmetijche Probleme in Epi-
grammenform.
Mergovöuor, 15, nach andern 10 an ber
Zahl, eine durchs Los beftimmte Behörde in Athen,
welche die Aufficht über Maße und Gewichte hatte.
Mntgoor» hieß zu Athen der an dem Marfte
—— m Tempel des Apollon Patroos und
m Rathauſe gelegene Tempel der Göttermutter
Rhea Kybele, in dem fich das Staatsarchiv fir
die Geſetze und Beichlüffe (r& Önuocıe yoduuere)
befand, zu dem der jedesmalige Zmisrärng den
Schlüfiel führte. Lycurg. Leoer. 66. Dem. Aristog.
1. 98
Metropölis, Mnreömolıs, 1) Stadt in Groß—
phrugien, an der Strafe von Apameia Kibotos
nah Synnada. Strab. 12, 576. Liv. 38, 16. —
2) Stadt in Lydien, zwiſchen Smyrna und Ephejos,
am Nordrand der Kayſtriſchen Ebene. Strab. 14,632.
— 3) Stadt in Thefialien links vom Peneios zwi:
ſchen Gomphoi und Bharjalos. Strab. 9,437. —
4) Stadt im jüdlichen Epeiros, unweit der Oſtküſte
des Ambrafijchen Meerbufens, mit einer Eitadelle;
j. Lylovitza. Thuc. 8, 107.
Mettfi oder Metii, ein altes latiniſches Ge-
ſchlecht: 1) Mettins Fuffetins, Diktator von
Alba nach dem Tode des Königs Elnilius, ver:
anlaßte zur Enticheidung des Streites um die Herr-
Schaft zwiichen Alba und Rom den befannten wei⸗
fampf der Horatier und Curiatier. Nach dem Siege
der Römer beabjichtigte er, ald Tullus Hoftilius
ihn zur Teilnahme am Kriege gegen Veji entbot
römijche König von Pferden zerreißen lieh. Liv.
1,27f. Val. Max.7,4,1. — 2) M. Met., wurde
‚von Cäſar im galliichen Kriege (58 v. E.) mit
einem Auftrage an jeinen Gaftfreund Ariovift ge:
jandt, von diefem aber gefangen gehalten und
erlangte erft nach der Niederlage der Germanen
feine Freiheit wieder. Caes. b. g. 1,47. 583. —
3) Met. Pompuſianus, ließ —— Zeichen⸗
deuter bethören, daß er noch hohe Ausſichten habe.
Der argwöhniſche Domitian befahl, weil Mettius
eine Erdfarte an die Wand eines Zimmers hatte
malen laffen und die Geſchichte des Livius eifrig
ftudierte, ihn Hinzurichten. Suet. Dom. 10. Vesp. 14.
Dio Cass. 67, 12. — 4) Met. Carus, gehörte
zur Zahl der fo zahlreichen öffentlichen Ankläger
unter Domitian. Tee. Agr. 45. Plin. ep. 1, 5,3.
7, 19,5. — Wegen jeiner Abſtammung von den
Gracchen verdient -_ 5) Met. Maruflus,
Bater des älteften Gordianus, Erwähnung.
Metullum, Meroölor, Mirtoviov, feite Stadt
der Seren, an der Grenze Liburniens, auf
jteilem Berge am Fluſſe Eolapis gelegen, j. Mött:
ling au der Kulpa, ſlaviſch Metluta. Sie Be:
wohner kämpften mit Verzweiflung gegen Octa—
vian, jo daß diejer in Lebensgefahr geriet. Strab.
4, 207. App. 3, 18. Dio Cass. 49, 85.
Mevanla, Mnovavdc, alte feite Stadt Um—
briens am Zuſammenfluß des Elitummus mit dem
Tinia im fchöner fruchtbarer Gegend an der Straße
von Rom nach Ancona; j. Bevagna. Sie war
bejonders berühmt durch die Zucht ſchöner weißer
Rinder. Liv.9, 41. Tae. hist. 3, 55. 59. Verg. @.
2, 146. Strab. ö, 227.
Mezentius, König von Cäre oder Agylla in
Etrurien (Ziv. 1, 2) und zugleich Herricher über
die den Etrujfern unterworfenen Rutuler. Nach
Cato flüchtete Turnus, der Rutulerfürft, von
Aineias befiegt, zu Mez., und beide lieferten nun
dem Aineias ein Treffen, in welchem Turnus und
Aineias fielen. Aſcanius, des Mineias Sohn,
jeßte den Kampf mit Mez. fort und tötete ihn in
einem Zweikampf. Bei Bergil wird Mez. wegen
jeiner Grauſamkeit ans Cäre vertrieben und flüchtet
zu Turnus, dem er gegen Aineias beifteht; Aineias
verwundet ihn, aber er entlommt, von feinem
Sohne Laufus gededt. Nach des Lauſus Falle
fehrt er ins Treffen zurück und wird von Nineias
getötet. Verg. A. 8, 481 ff. 10, 689 ff. 785. 800 ff.
Dem Mez. hatte Turnus für feine Hilfe den Wein-
ertrag des Jahres verjprochen, Aineias aber ge:
lobt den Weinertrag Latiums dem Jupiter und
fiegt dadurd. Or. fast. 4, 877 ff. Auf dieſe Sage
bezog man jpäter Gebräuche der Vinalia, des
Weinfeftes am 23. April, an welchen man neuen.
Wein am Tempel der Venus ausgoß und dem
Jupiter opferte. Nach einer andern Wendung der
Sage forderte Mez., während er Lavinium be:
lagerte, von den Latinern als Bedingung der
Unterwerfung den Weinertrag von bejtimmten Jah:
ren, worauf die Latiner dem Jupiter die Wein:
ernte gelobten und unter Aſcanius fiegten. Es
fam jeßt zwijchen Mez. und den Latinern zum
Frieden; nach Livius (1, 3) wurde der Tiber als
Grenze zwiſchen Latinern und Etruffern feſtgeſetzt.
Mezetülus, ein Numidier aus vornehmem Ge:
ichlechte, empörte ſich gegen Capuſa, König von
Numtdien, und tötete ih, worauf er fich die Re—
776
— anmaßte.
Nichte Hannibals ſuchte er ſich in derſelben zu
behaupten, wurde aber von Maſiniſſa vertrieben
und kehrte er auf deſſen Aufforderung in feine
Heimat zurüd. Liv. 29, 29.
Micipsa, Mıiriwus, "der ältefte Sohn des be-
rühmten Numidierlönigs Mafinifja (fiehe die Ge:
ichlechtstafel unter Jugurtha), wurde von diejem
bei jeinem Tode zum Nachfolger ernannt, wozu
er ſich jchon frühzeitig — hatte, mußte ſich
jedoch nach dem letzten Willen des Vaters eine Art
Mitregentſchaft ſeiner Brüder Guluſſa und Maſta—
nabal gefallen laſſen, über welche er indes die
Oberfoheit übte. App. Pun. 70.106. Die Brüder
regierten in einträchtiger Gemeinjchaft und treu
dem alten Bündnifje mit Rom, obgleich fie wäh:
rend des dritten punijchen Krieges in der Unter:
ftügung Roms mit bebächtiger Burüdhaftung ver:
fuhren. Als aber, bald nachdem Karthago zerjtört
war, Micipfa durch den Tod jeiner Brüder in
den alleinigen Beſitz der Herrichaft —— ſchloß
er ſich eng an Rom an (Sall. Jug. 5. 7) und
jandte den Nömern unter feines Nef en Jugurtha
Befehl im J. 134 dv. C. (ſowie er ‚on 141 ihnen
Hülfe gegen den Viriathus in Hilpanien geleiftet
hatte) „Zruppen i im Kampfe gegen Numantia. Vell.
Pat. 2,9. Seine Anhänglichleit an die Scipionen
war dazu hauptſächlichſter Grund. Bei ſeinem
Tode ſetzte er ſeine 2 Söhne und den von ihm
adoptierten Neffen yugurtha zu Herrſchern über
Numidien ein (j. Jugurtha) und ermahnte fie
zum Frieden und zur Eintradht. Sall. Jug. 10
Er jtarb im J. 118. Micipja hatte von jeinem
Vater eine gründliche Erziehung erhalten und war
ein Freund griechijcher Wifjenjchaft, weshalb er
in feiner Hauptftadt Eirta eine Kolonie von Grie—
chen anfiedelte. Seine Erziehung und feine Bil:
dung blieben nicht ohne Einfluß auf jeine Regie-
rung, welche er mit großer Milde führte.
idas, Midas, Sohn des Gordios, alter König
der Briger (Bryger), der jein Bolt aus Maledo—
wien nad Phrugien geführt haben yet wo es
den Namen Phryger erhielt. Hat. 7, 73. 8, 138.
Als er noch ein Kind war, trugen Im Ameifen
Weizenkörner in den Mund, zum Zeichen, daß er
einft mit Reichtum gejegnet werden würde. Cie.
div. 1,36. Einſt verirrte fi auf dem Zuge des
Dionyſos der trunfene Silenos in den Roſengär—
ten des Midas (die gewöhnlich nadı Makedonien
in die Nähe des Gebirges Bermios verlegt wer:
den), wurde von Yandleuten gefangen, mit Krän —
gebunden und vor den König Midas geführt,
den weiſen Lehrer des Dionyſos gaſtlich Eee
ſich mit ihm unterredete (Cie. tuse. 1,48) und ihn
nad) 10 Tagen zu Dionyios zurüdführte, Der Gott
geftattete ihm dr diefen Dienst fi eine Gnade
auszubitten; Midas bat, daß fi - ch alles, was er
berühre, in Gold verwandle. Als jih nun auch
die Speijen, die Midas genießen wollte, in Gold
vertvandelten, bat er den Gott, die Gnade wieder
von ihm zu nehmen. Dionyjos befahl ihm, fich
in der Quelle des Paktolos zu baden, worauf dieje
goldreich ward. Or. met. 11, 90 ff. Nach anderer
Sage fing Midas den Silenos oder den Satyros
an der j. g. Midasquelle (bei der von Midas er:
bauten Stadt Ankyra, Paus. 1, 4, 5, oder bei
Thumbrion und Tyriaton, Xen. An. 1,2, 13, oder
an der pannonischen Grenze, Bion bei Athen. 2,
Micipsa — Miletos.
Durch Vermählung mit einer|p. 45c), indem er —* durch den in die Quelle
gemiſchten Wein trunken machte und einſchläferte.
In dieſen Sagen erſcheint Midas als ein von
Dionyſos mit Reichtum geſegneter König; ur—
ſprünglich aber war er ein — giſcher, im Ge—
folge des Dionyſos auftretender Silenos. Als die
Spuren dieſer ſeiner urſprünglichen Natur ſind
die Satyrohren oder Eſelsohren, mit denen er aus—
gezeichnet war, zu betrachten. Er erhielt dieſe
einſt nach der Sage bei einem muſilkaliſchen Wett:
ftreite des Pan (oder Marjyas) und Apollon, bei
welhem Tmolos (oder Midas jelbit) Schiedsrichter
war. Obgleich) alle mit Tmolos dem Kitharjpiele
des Apollon vor dem Flötenſpiele des Pan den
Preis zuerlannten, jo tadelte doc; Midas das Ur—
teil und erhielt Deswegen von Apollon Ejelsohren.
Midas verbarg fie jorgfältig unter ſeiner phrygi—
ſchen Mütze, aber jein Barbier entdedte fie, und
da er das Geheimnis niemandem verraten durfte,
aber doch nicht bei ſich behalten Fonnte, jo grub
er ein Loch in die Erde und flüfterte im diejes:
„König Midas hat Ejeldohren“. Aus der zu—
geicharrten Grube aber wuchs albald Schilf auf,
das jenes Geheimnis ausflüfterte, jo daß es aller
Welt befannt ward. Or. met. 11, 146 ff. Diejer
Midas mit Ejeldohren, der weichliche phrygiſche
König und Beſchützer des Dionyjostultus, war
häufiger Gegenſtand des attiſchen Satyrdramas.
Es zeigt ſich in der letzteren Sage der Gegenſatz
zwiichen dem beim Dionyjosfult herrichenden, phry—
iſchen Flötenjpiel und den ruhigeren Tönen der
Bellenifchen Mufif. — Die Nachfolger des Midas
nannten fich nach den beiden Ahnen bald Gordios,
bald Midas. Einer derjelben errichtete ihm ein
noch vorhandenes Grabdenkmal. Der legte Midas
gab fih um 700 v. C. bei dem Einfall der Kim:
merier durch das Trinfen von Stierblut jelbjt den
Tod, womit das phrygiſche Reich erloſch. Hdt. 1, 14.
Midias (Meidias) f. Demosthenes, 2.
Mikon, Mixorv, 1) f. Bildhauer, 3. und
Maler, 3. — 2) ein Erzgießer in Syratus, ver:
fertigte ums Jahr 215 v. C. 2 Statuen von
Hieron Il. im Auftrage feiner Söhne, die eine zu
Fuß, die andere zu Pferde. Paus. 6, 12, 4.
Mikythos, Mixvtos, 1) j. Anaxilaos, 1. —
2) ein thebaniicher Jüngling, der von dem per:
jiihen Abgejandten Diomedon mit 5 Talenten be:
ftochen wurde, um Epameinondas für jeine Pläne
zu — Nep. Ep. 4.
iletopölis ns Miletopolites lacus ſ.
Mysia.
Milötos, Minros, 1) Sohn des Apollon und
der Areia (oder Deione) aus Kreta. Bon Minos,
Sarpedon und Rhadamanthys zugleich geliebt,
flieht er vor dem erjteren mit Sarpebon nad)
Karien und baut dajelbit die Stadt Milet. Oder
er flieht, weil der alte Minos argmwöhnt, er ftrebe
nach jeinem Throne. Op. met. 9, 441 ff. An Ka—
rien zeugt er mit Kyanea, der Tochter des Mai:
andros, den Kaunos und die Byblis. — 2) be:
deutendfte Stadt der Hellenen in Kleinafien, j.
Palatia, jhon von Homer (Il. 2, 868) ald Stadt
der Karer genannt, dann aber als ioniſche Kolonie
bejonders hervorragend. Sie lag gegenüber der
Mündung des Maiandros an einer boripringen:
den Ede des Latmijchen Meerbujend. Bon bier
gingen die bedeutendjten Kolonien (80), nament
lid in den Pontos, aus: Kyzikos, Sinope, Aby:
Milites — Milo.
bos, Tomoi, Olbia u. j. w., ja jelbjt Naufratis
in Agypten. Sie war ferner die Vaterſtadt der
Vhilojophen Thales, Anarimander und Anaxi—
menes, der Logographen Kadmos, Hekataios und
Dionyfios. Aber als fie Ende Sommers 495 v. C.
"in dem ionijchen Striege durch die Perſer ein—
genommen und geplündert wurde (Hat. 5,30. 36.
6, 18), ſank die blühende Stadt, noch mehr als
fie 334 durch Alexander den Gr. ein gleiches
Scidjal erlitt. Arr. 1, 18f. Zur Zeit ihrer Blüte
beftand fie aus 2 Teilen, der äußeren und der inne:
ren Stadt, welche letztere bejondere Feſtungswerke
hatte, obwohl Eine Mauer aud) beide Teile um:
ihloß. Ihre 4 Häfen waren befonders durch die
vorliegenden Tragaſaiſchen Inſeln (Lade, Dro—
miſtos, Perne) geſchützt. Jetzt iſt durch Alluvion
das Ufer gänzlich verändert; von dem Latmiſchen
Buſen iſt nur der innerſte Teil als Binnenſee
übrig geblieben. — Die mileſiſche Wolle der Um—
gegend war im Altertum ſehr berühmt (Verg. @.
3, 306. 4, 334), auch Rojen und Meerichaum wer:
den genannt. Südlich von M. — 80 Stadien —
lag bei dem Orte Didyma der alte, jchon vor
Gründung der Stadt erbaute Tempel des Apollon
Didymeus mit einem Orakel, deſſen Verwaltung
der Briejterfamilie der Brandiden erblid ob-
lag; von Xerges zerftört, wurde diefer Tempel —
von dem noch Ruinen * find — herrlich wieder:
hergeſtellt. Plin. 5, 31. Strab, 14, 634 ff. Hdt.
5, 36. 6,19. — 3) eine alte, von Homer (Il.
2, 647) erwähnte Stadt an der djtlihen Nordküſte
Kretas, ſchon zu Strabons Zeiten zeritört. Strab.
10, 479. hr Name foll auf die berühmte ionijche
Stadt übertragen fein.
Milites, 1) Augustales, von Auguftus, jpäter
Flaviales, von Veſpaſian den Legionen Hinzu:
gefügt, in welcher Weije ift aus Veg. 2, 7 nicht
weiter zu erjehen. — 2) Augustani oder Augu-
stiani, eine Schar von 5000 aus der Plebs durch
Nero auserwählter Fräftiger junger Männer, die
von jungen Rittern (jpeziell Augustani genannt)
bejehligt wurden. Ihre Beitimmung war, den
Nero auf jeinen muſikaliſchen Kunſtreiſen zu be—
leiten, ihm jeine Triumphe mit erfämpfen zu
Betten und fein Spiel zu verherrlihen. Schau:
ipielmäßig angefleidet, führten fie ftatt der Waffen
Eithern und Pleltren. Sie waren in verichiedene
Sruppen (factiones) geteilt und eingeübt, har:
moniſch und gelangmäßig Beifall ihrem Herrn auf
der Bühne zu fpenden, indem fie nach dem Tafte,
aud wohl mit brüllendem Gejange (svedduws
drßoär), in das Spiel mit eingriffen, namentlich
auh die Pauſen durch Reſponſorien ausfüllten.
Während nun das, ſolches Schaufpiels ungewohnte,
Publikum der verjchiedenen Städte fich ebenfalls
zur lauten Teilnahme hinreißen ließ, brachte es
die funftgemäßen Augustani aus dem Terte und
artete die ganze Unwürdigkeit oftmals in harte
Thätlichkeiten aus. Auf die Idee joldher Augu-
stani milites war Nero durch die Mlerandriner
(modulatis Alexandrinorum laudationibus) ge:
bracht worden. Suet. Ner. 20.25. Tac. ann. 14,15.
16, 5. Dio Cass. 61, 20. 63, 8. — 3) diruti, die
mit Berfürzung des Soldes Beitraften. — 4) du-
plares oder duplicarii, die mit doppelter Ge—
treideportion Belohnten. — 5) navales, die Ma:
trojen und Sciffsjoldaten, zwiichen denen Hin:
177
6) subitarii oder tumultuarii, die plößlicd zum
eiligen Kriegsdienft Einberufenen (Liv. 3, 4.40, 26).
— 7) tunicati, diejenigen, welche zur Strafe in
ber bloßen tunica vor dem Feldherrnzelte ftehen
mußten. Suet. Oct. 24.
Milliarium (miliarium), auch milliare, mille
passuum (widov), die Meile, der römiſche Meilen:
jtein, jonft auch lapis genannt, weil am Ende
einer jeden Meile eine fteinerne Säule als Merf:
mal ftand. Dieje waren gewöhnlich m. p. (mille
pass. = 5000 römiiche Fuß = 8 Stadien = \,
deutſche Meile) bezeichnet; fie jtanden durch ganz
Falten hin und waren bisweilen mit dem Namen
des Erbauers der Strafen oder des Aufſtellers der
Meilenzeiger verfehen, ſpäter auch mit dem Nantert
der Kaiſer, denen fie gewidmet waren. Der erite
Meilenftein in Rom, von dem alle andern aus:
gingen (dody wurde wohl von den Thoren an ge:
rechnet), und bei dem alle Landſtraßen zujammen:
liefen, ftand auf dem Forum beim Saturnustempel
und war vergoldet (m. aureum), von Auguſt als
curator viarum erbout (. Roma, 15.) Tae.
hist. 1,27. Die Bafis diejes mill. aur. ift nahe
beim Triumphbogen des Septimius Severus, in
der Norboftede des Forums, in neuerer Zeit durch
Ausgrabung — worden. — Die in Gallien
aufgefundenen Meilenſteine enthalten die Angabe
der Entfernungen nach leucae oder leugae (daher
lienes) — 1500 passus.
Milo, T. Unnius M. Papianus, Sohn des
C. Papius Celſus aus Lannvium und der Annia,
vom Bater jeiner Mutter, C. Annius, adoptiert.
Voltstribun mit B. Seftius im J. 57 v. E., ver:
feindete er fich mit Clodius, weil er auf des Pom—
pejus Wunſch Eiceros Rückkehr aus der Verban—
nung betrieb. Offene Feindjeligfeiten brachen zwi:
ichen Milo und Elodius aus, da Elodius den M.
anfangs ——— anfiel und M. mit vielen
Wunden bedeckt wurde, der letztere darauf einen
Haufen Gladiatoren zuſammenbrachte und den
Vorſchlag zu Ciceros Zurückberufung gewaltſam
durchſetzte. Liv. ep. 104. Plut. Cie. 33. Cic. Nest.
33, 50, 69. Als Cicero fein Haus, deſſen Pla
ihm zurüdgegeben war, wiederherjtellen wollte,
juchte Elodius das zu hindern, M. aber vertrieb
ihn mit Gewalt und vereitelte durch feine Scha—
ren die Comitien, in welchen Clodius zum Adil
ewählt A werden hoffte; doch erreichte derjelbe
einen Wunſch im Anfang des Jahres 56 und
Hagte nun den M. wegen geübter Gewalt an. Die
Verhandlung, bei der M. ſelbſt erjchien, wurde
durch rohe Gewalt unterbrochen, und Elodius jamt
feinen Anhängern verjagt; die Anklage gegen M.
wurde nicht weiter verfolgt. Cie. ad Qu. /r. 2, 3.
Seine Ehe mit Sullas Tochter Faufta (55 v. E.)
war nicht glüdlich. Cic. ad Att. 4, 13.5,8. Im
folgenden Jahre 54 bewarb jih Milo um das
Konſulat; da aber Bompejus gegen jein früheres
Verſprechen ihn nicht unterftüßte, erhielt er es nicht.
Auch Clodius mit jeinen Gladiatorenbanden übte
offene Gewalt, lieferte dem M. ein Gefecht auf
der Sacra via, verhinderte dann gewaltiam bie
Eomitien und Hagte felbit den Cicero und M. an;
legteren verteidigte der erftere. Im Jahre 52 (am
18. Januar) wurde der erbitterte Kampf zwiichen
M. und Elodins durch des legteren Tod entichie-
den. Als M. nämlih mit einem Gefolge nad)
ſichtlich ihrer Thätigfeit fein Unterfchied war. — | Lanuvium reiste, während Elodius gleizeitig, eben—
178 Milon — Mimnermos.
falls mit bewaffneten Gefolge, von jeinen Gütern [und Hinweifung auf feine Berdienfte und wurde
nach Rom zurüdtehrte, fing ihr Gefolge gegenjeitig | freigejprochen. Hdt. 6, 104. Das Bolf wählte ihn
Händel an, und ein Slave M.s verwundete | 490 unter die 10 Strategen für den Berjerfrieg.
dem fich infolge des Zankes umfehenden Elodius, | Er hatte jchon perfische Kriegführung tennen ges
toorauf der herbeieilende M. denſelben vollends | lernt und ſetzte es, nachdem er den Polemarchen
tötete. Cie. Mil. 10. 17. Der Tod des Clodius Kallimachos für feine Anficht gewonnen, durch,
Mr den römischen Pöbel, der nach Rom zu: | daß die Schlacht in offenem Felde beichloffen
rüdgefehrte M. und der ihm befreumdete Tribun | wurde. Nachdem ihm die übrigen Strategen frei:
E. Eölins entgingen faum dem Tode, viele ihrer | willig den Oberbefehl übertragen, gewann er durch
Anhänger wurden erjchlagen. In diejer Verwir— ne —— der Ortlichleit und raſchen
rung wurde Pompejus zum alleinigen Konſul er- Angriff die Schlacht bei Marathon (wohl Auguſt
wählt; er ſuchte den ihm jetzt mißliebigen M. zu | 490). Hdt. 6, 103 ff. Plut. Arist. 5. Nep. Milt. 4.
verbächtigen, ſetzte mehrere gegen dieſen zunädhft Just. 2,9. Cine hervorragende Stellung in dem
gerichtete Gejehe gegen Gewaltthätigkeiten durch, | den Sieg feiernden Gemälde in der Stoa Poikile
M. wurde angeflagt und troß Ciceros (ſ. d.) bes | war jein Lohn; fpäter wurden ihm auch andere
fannter Verteidigung (Ascon. in Mil. p. 53) ver: | Denkmäler errichtet. Seinen Einfluß überichäßend,
urteilt. Er mußte nad Mafjilia in die Verban: | verlangte er nach weiteren glänzenden Waffen:
nung gehen, feine Güter wurden zur Dedung feiner | thaten und unternahm einen Strafzug gegen die
Schulden verkauft. Cäſar rief ihn jpäter nicht zu: | Inſeln, die fich den Berjern angeichloffen, be
rüd, weshalb er eigenmächtig nad Italien ging; | jonders Paros. Das Unternehmen mißlang jedoch;
er —— in Campanien eine Schar Abenteurer, | er ſelbſt wurde durch einen all ſchwer verletzt
fand aber wahrjcheinlich in Apulien den Tod. und mußte nah 26 Tagen nach Athen zurüd:
Milon, Müor, Sohn des Diotimos, ein durch | kehren. Nun erhoben fich feine alten Gegner, be-
feine Stärke und Virtuofität im Eſſen berühmter | jonders die Altmaioniden, gegen ihn; von Kan:
Athlet aus Kroton, jechömal Sieger in Olympia. |thippos wurde er auf Tänichung des Bolfs und
Ber den olympiichen Spielen trug er ein vier: | Mifbrauch des öffentlichen Bertranens angeflagt
jähriges Rind über die Nennbahn und verzehrte | und zu einer Gelditrafe von 50 Talenten verurteilt.
basjelbe an Einem Tage. In der Schlacht gegen | Als er dieſe nicht entrichten fonnte, wurde er ins
die Sybariten, 510 v. E., wird erzählt, * er * Gefängnis geworfen und ſtarb dort nach kurzer
nen Mitbürgern mit Keule und Löwenhaut vor: | Zeit, nach andern Nachrichten ſchon vor Boll:
angejchritten. Die Abnahme jeiner Körperfräfte | ziehung der Strafe, an jeinen Wunden. Plat.
im Alter erfüllte ihn mit großem Schmerze. Cie. (zorg. 516 D. Hat. 6,40. 104 ff. 132. Nep. Milt.
Cat. m. 9, 27. Seinen Tod fand er, als er einen | Plut. Cim. 3. A.
Baumſtamm, in dem Seile ftedten, mit den Hän-| Milvius pons j. Roma, 11.
den auseinanderreißen wollte, aber, fejtgehalten| Milyas, 7 Murds, nad Herodot (1, 173) ur-
im Spalt, von wilden Tieren zerrifien wurde. | fprünglich der alte Name Lyfiens, jpäter der Name
Strab. 6, 263. des Berglandes zwijchen Lykien, Bamphulien und
Miltiädes, Milridöng, 1) der ältere, aus dem | Phrugien, zur Seleufidenzeit des Striches zwi—
Gejchlechte der Philaiden, Sohn des Kypſelos, Zeit: | ſchen den Städten Termeffos und Sagalafjos, defien
genoſſe und Gegner des Peiſiſtratos, ging, von den | nordweitlicher Teil den Namen Kabalia (Haupt:
thratischen Dolontern, die von benachbarten Stämmen ſtadt Kibyra) führte. Die Nömer jchenkten das
bedrängt wurden, aufgefordert, ihr Oberhaupt zu | Land (das zwar rauh war, aber doch aud) mehrere
werden, 559 v. C. nach dem thrafiichen Cherjones | fruchtbare Ebenen enthielt) nach Beliegung des
und gründete dort eine eigene Herrichaft. Adt.| Antiohos dem Eumened. Die Bewohner hießen
6,34 ff. Ihm folgten die Söhne feines von den | Milva. Hat. 7, 77.
Peififtratiden getöteten KHalbbruders Kimon (des Mimallönes j. Dionysos, 5.
Sohnes des Stejagoras), erſt Stejagoras, der die| Mimas, Miuas, 1) Gigant, von Ares oder von
Kämpfe mit Lampſakos fortiegte, und 2) der be— Zeus erichlagen, unter der Inſel Prochyte bei
rühmte Miltiades, 524 Archont in Athen, um, Sicilien begraben. — 2) Kentaur. — 3) Sohn
518 nach dem Tode feines Bruders dorthin ge- des Aiolos, König von Aiolis. — 4) Sohn des
fandt von den Reififtratiden. Er heiratete Hege: | Amyfos und der Theano, in Einer Nacht mit
ſipyle, Tochter des thrafiichen Königs Dloros, er: Paris geboren, Begleiter des Aineias, von Me-
oberte Lemnos und vertrieb don da die Pelajger | zentins getötet. Verg. A. 10, 702 Ai, — 5) Be
(Hdt. 6, 140), mußte aber dem Dareios gegen die | bryfer, don Kaſtor auf dem Vrgomautenzuge
Skythen folgen. Sein Vorjchlag, die Brüde über | erichlagen. — 6) ein noch jegt diefen Namen Hp:
den Iſter abzubrechen und durch Vernichtung der | render Ausläufer des Tmolosgebirges in Klein:
Perſer die Freiheit der ioniſchen Griechen herbeiz | afien, welcher weftlich, zwijchen Smyrna und Ko:
zuführen, wurde vereitelt durch Hiftinios. Ale | lophon, dem Meere zu fich erftredt und, die der
nach der Unterdrüdung des ioniſchen Aufftandes | Inſel Chios gegenüberliegende Halbinjel Joniens
die phoinikiſchen Schie auch die Inſeln unters | füllend, die 3 Vorgebirge Korykeion (j. Korafas),
warfen, tehrte M. nicht ohne Gefahr mach Athen | Urgennon (j. Aiprofavo) und Melaina (j. Kara
zurüd, im %. 493; jein Sohn Metiochos wurde | Burum) bildet; den 7 Millien breiten Hals dieſer
gefangen. Hdt. 6,41. In Athen wurde er von | Halbinfel befahl Alerander der Gr. zu durchitechen.
den Feinden feines Hanfes, welche das Gejchlecht | Hom. Od. 3, 172. Thuc. 8, 34. Or. met 2, 222.
der Philaiden nicht wieder auffommen laffen woll: | Strab. 14, 646. ,
ten, dor dem Volke zur Rechenichaft gezogen, weil| Mimiamben ſ. Tambische Poesie.
er in Thrakien Tyrann geweien. Er redtfertinte| Mimnermos, Miuveguos, aus Kolophon, grie-
ſich durch Schilderung der dortigen Verhältniſſe | chifcher Elegiendichter, zwiichen 630 und 600 v. E.
Mimos.
blühend, ein älterer Zeitgenofje des Colon. Er
lebte in einer Zeit, wo jeine Vaterſtadt durch die
Igdiichen Könige die Freiheit eingebüßt und jich
einem weichlichen, jchtwelgerischen Leben hingegeben
hatte. Diejes hatte Einfluß auf den Charakter
jeiner Elegie; abweichend von jeinen Vorgängern
* er ſich fern von allem politiſchen Leben und
ſpricht bloß ſeine eigenen Intereſſen und Stim—
mungen in weicher Sentimentafität, die nichts
Höheres kennt als jinnlichen Lebensgenuf. Er hat
zuerft und vornehmlich die erotiiche Elegie aus:
gebildet, war daher der Liebling der alerandrini:
ichen Elegifer und wird deshalb jogar der Er:
finder der Elegie genannt. M. liebte eine Flöten—
jvielerin Nano (Narro); da er aber ſchon dem
Greiſenalter naheftand, jo war er, wie es fcheint,
nicht glüdlich in jeiner Liebe und erging fich in
weichen, tief gefühlten Klagen über die Kürze der
Sugendblüte und das Unglück eines häßlichen und
verſchmähten Alters. Nach dem Namen jeiner Ge:
liebten benannte er eine geordnete Sammlung von
Liebeselegien in 2 Büchern. Er jcheint übrigens
doc noch Sinn für kriegeriſche Tapferkeit gehabt
zu haben; denn er Ddichtete eine Elegie auf eine
Schlacht der Smyrnaier gegen den Lyderkönig
Gyges. Strabon (14, 643) nennt ihn einen abAn-
rs Äua nal wonehs dheyelag; ob er aber jeine
eigenen Elegien in Muſik geſetzt und auf (zu) der
Flöte vorgetragen habe, ift wohl zweifelhait. Es
jind nur noch wenige Fragmente von ihm vor—
handen, die durch die Schönheit und den natürs
lihen Reiz der Sprache feileln, geiammelt in
Scdmeidewins Deleetus poöt. eleg., von N. Bad)
(1826) und in Bergks poet. Iyr. Gr. Il p. 25 ff.
der 4. Auflage. Abhandlungen von Schönemann
(1823) und Marr (1831).
Mimos, wiuog, mimus, eigentlich ein Nach—
ahmer, beſonders ein mimijcher Schaufpieler,, der
jeine pofienhafte Nachahmung beſtimmter Berjonen
oder auch der Tierftimmen (Phaedr, 5, 5. Auson.
epigr. 76) auf Straßen und Pläßen der umſtehen—
den Menge zum beiten gab, auch wohl während
ber Tafel vornehme Leute (Plut. Sull. 2. 36) er:
este. Dieje Sitte wurde dann auch auf die Bühne
elbjt verpflanzt und entwicelte ſich da aus einem
einfachen Zwiegeipräc zu einem förmlichen Schau—
jpiel. I. Der griechiſche Mimos entitand im
Sicilien, und feine erjte Ausbildung knüpft ſich an
den Namen Sophron (j. die Monogr. von Gry-
far, 1838. Jahn, prolegg. ad Pers. p. 98 ff.).
Heitere Laune, — Witz, feine Beobach—
tungsgabe und Nachahmungstalent zeichneten die
Griechen in Sieilien beſonders aus. Stoff zur
Satire und zum Scerze boten nicht bloß die
damaligen politiichen Berhältnifie, jondern ganz |
bejonders auch die vielen ländlichen Feſte und
Lujtbarfeiten, welche dort alljährlich, vorzugsweiſe
für Demeter, angeitellt wırden. Sophrons Talent
beitand nun vorzüglich im treuer Zeichnung der
verjchiedenen Stände, ihrer Sitten und Lebens:
verhältnifie. Und dieje Darjtellungen des ©. find
779
lohudfovoat, vuupordvog) dor, je nachdem fie
männliche oder weibliche Charaktere vorführten.
Biwar waren die Mimen des ©. feine neue litte-
rariihe Schöpfung, da fie in den mimiſchen Spie-
fen der Sitelioten überhaupt enthalten waren;
allein die Kunft der Paritellung, die Treue und
Originalität gaben ihnen, obgleich ſie in Proja
abgefaßt waren, den Wert einer Dichtung. So
ipricht fich ſchon Ariftoteles ans (poet. 1, 8). Da
©. die Denk: und Redeweiſe der niederen Stände
und ihre —— in ſeinen Bildern ſieili—
ſchen Lebens auffaßte und darſtellte, ſo war natür—
lich der Ausdrud und Ton etwas derb und ſtark,
doch treffend und wißig und mit Spähen und
Sprichwörtern des gemeinen Mannes durchflochten.
Für Aufführungen auf der Bühne waren jie nicht
beitimmt, wenn jie auch einen Teil mancher feſt—
lichen Luftbarteit bildeten. Um es kurz zu jagen:
©. hat durch feine Mimen das, womit man fich
bei joldhen Gelegenheiten aus dem Stegreife be-
Lufeigte, in die Litteratur eingeführt. (Sammlung
der Bruchitüde von Bobon, 1867.) Blaton ver:
pflanzte dieje Mimen nach Athen und benutzte jie
für jeine Dialoge: Theokritos gab — Ton
und Charakterzeichnung glücklich nachahmend, ein
ſauberes und poetiſches Gewand, ſo daß daraus
eine neue Gattung der Poeſie, das Idyll, ent:
ftand. Auch auf den römischen Satirifer Perſius
hat ©. einen unverfennbaren Einfluß ausgeübt,
Auch jein Sohn Kenardhos wird als Mimen:
dichter genannt. — II. In gleicher Weije, wie in
Sieilien aus dem Bolfsleben und Volkswitze der
griechiiche Mimos hervorging, entitand in Unter:
italien der römische. Diejelben Umftände riefen
auch hier mimiſche Darftellungen hervor, welche
vieleicht jchon frühzeitig in 2 wejentlich ver:
jchiedene Formen, in den mimiſchen Dialog und
in den theatralijchen Mimus, übergingen. Der
eritere, dem griechiichen Mimos vergleichbar, war
ertemporiert, bot wetteifernd eine populäre, wißige
Beredſamkeit auf nnd bezwedte Lachen. Der thea:
traliihe Mimus dagegen gejellte fich gleich den
Atellanen (j. Atellanae fabulae) als Nach—
ipiel und Ergänzung zu den Tragödien unter dem
Namen exodium (j. d.) und war eim echt römti:
iches Produkt. Ziv. 7,2. Der Stoff der mimi
war dem gemeinen 2eben entnommen, und wegen
der komischen Nahahmungen aller Eigentümlich—
feiten desjelben, bejonders bei der Darjtellung be:
ftimmter volfstümlicher Charaktere (daher NdoAo-
yot, 1j;#ororol, in quibus describuntur hominum
mores, bgl. Cie. de or. 2, 59), mochte man diejem
Spiele den Namen mimus gegeben haben. Da
der Mimus lediglich auf die Lachluſt der Zuſchauer
berechnet war, jo war er in jeiner Darftellung
pofienhaft und derb, und Obicönitäten machten
einen Sauptbeftandteil aus. Ein beftimmter, im
voraus berechneter und ftreng durchgeführter, Plan
war in den Mimen wohl faum zu finden, der
Zuſammenhang jcheint locker und loje, das Ende
nicht durch die Anlage, jondern von der Luft und
die wiuor. Sie zerfielen in ernjte, welche einen | Laune der Spielenden bedingt und abhängt ge:
ethiichen Zwed hatten (omovdaioı), und in ſpaß—
hafte (yeAodoı), welche durch poffierliche Darftellung
der verichiedenen Menſchenklaſſen und ihrer Eigen:
tümlichfeiten Lachen erregen wollten. Auch kommt
die Benennung wiwoı dvögeioı (4. B. yEoovreg,
üyyekog, alıeig) nal yoraneioı (j. B. merdeod,
twejen zu jein. Die niedergejchriebenen und jchrift-
lich abgefaßten Mimen waren daher wohl auch
nur Skizzen, welde ans einigen Hauptteilen be—
ftanden, um die YAufeinanderfolge der einzelnen
Situationen für den Darfteller zu beftimmen; beim
Ergänzen des Zufammenhanges blieb immer noch
180
Raum für improvifierte Spähe und wibige Ein:
älle. Die Sprache war gleichfalls dem gemeinen
Zeben entlehnt, daher inforreft und derb. Der
Hauptdarfteller hieß archimimus, dem als Deute:
ragonift ein secundarius, actor secundarum par-
bititn zur Seite ftand, der berufsmäßige Spaß—
macher, daher (wie in den Atellanen) auch sannio
genannt. Änner und Frauen traten im Mimus
auf, und von beiden wurden Hauptrollen gejpielt;
ihre Darftellungen und Vorträge wurden bon der
Flöte begleitet; Masten wurden wicht gebraucht.
Das gewöhnliche Koſtüm war ein buntes Röckchen;
Tänzerinnen traten in furgen dünnen Untergewän—
bertt (subueula) auf. Ferner trugen die Mimen
dünne, kaum fichtbare Sohlen, jo daf fie barfuß
erichienen, daher excalceati und planipedes ge:
nannt (und fabula planipedaria = mimus). Das
Mimenperjonal, bejonders der weibliche Teil, war
in fittlicher Beziehung verrufen. Nichtsdeſtoweniger
hatten fie Zutritt in die Häufer und Gejellichaft
der römiichen Großen und Bornehmen, bejonders
in der Katjerzeit. Die Mimen wurden, wie er:
wähnt, als Nachſpiele zu den eigentlichen Dra—
men auf dem vorderen Teile des Proſceniums im
römischen Theater aufgeführt; der hintere Teil war
durch einen bejonderen Vorhang, das Siparium,
getrennt. Wann die Mimen als Nadjipiele auf:
efommen find, läßt fich nicht mit Beſtimmtheit
agen; fie hatten die Atellanen, welche ns ge:
wöhnlich waren, verdrängt. Sie erhielten fich jeit
Sullas Zeit zugleih mit den Pantomimen durch
die ganze Kaiferzeit hindurch auf der römischen
Bühne. Auch Cäſar veranlaßte im 9. 45 v. E.
eine prachtvolle Aufführung (Cie. ad fam. 12, 18),
bei der der römische Ritter Decimus Laberius
mit dem Syrer Publilius Syrus um den Preis
ringen mußte und von diejem befiegt wurde. Bal.
Gryſar, der römische Mimus (1854) und Ribbed,
Gejchichte der römischen Dichtung I ©. 217 ff.
Sammlung der erhaltenen Überrette von Ribbeck
in f — Roman. poes. reliquiae, Bd. II
p. 277 1.
Minaei, Mivaioı, mächtige und reiche Völker—
Ichaft der mittleren Weftküfte des Glücklichen Ara:
biens, die mit Weihraudy und Myrrhen einen jehr
bedeutenden Handel trieb. Die Hauptitabt hieß
Karna oder Karana. Strab. 16,768. Plin. 6,28, 32.
Minagära, Mirdyaga, Hauptitadt des indo—
ſtythiſchen, dann des indoparthiichen Reiches (161
v. C. bis 79 n. E.) am unteren Jndos, unterhalb
von Pattala gelegen, mit ftarfem Handel in Baum:
wolle nach Barygaza, vielleicht das h. Tatta.
. Minefus, Miyxıog, der öftlichite linke Zufluß
des Padus im transpadaniichen Gallien, der in
trägem, gekrümmtem Lauf aus Rätien herabfommt
(Verg. @. 3, 14), den Lacus Benacus (j. Lago
di Garda) bildet und fich unterhalb Mantua ın
den Padus ergieht; j. Mincio. Verg. E. 7,12.
Liv. 24, 10, 32, 30. Strab, 4, 209.
Mindäros, Mivöagos, übernahm 411 v. C. nad)
Aftyochos den Oberbefehl der peloponnefischen Flotte
bei Milet. Er ging mit 73 Schiffen nach dem
Hellespont, um ſich mit Bharnabazos zu vereinigen; | Kri
doch Thraſybulos und Thraſyllos jegten ihm mit
einem Teil der bei Samos liegenden Flotte nach
und jchlugen ihn bei Abydos, Herbſt 411 (Thuc.
8, 85. 104 ff.). Als bald darauf Alfibiades wieder
an die Spike der Athener fam, erlitt M. eine
Minaei — Minos.
änzliche Niederlage zu Lande und zu Waſſer bei
Kitas, er jelbit ward getötet, Februar 410. Xen.
el. 1, 1, 14ff. Plut. Alcib. 27f. Diod. Sie.
13, 38
49 ff.
Mind, 1) M. Mindins, aus der meſcini—
sa Gens, kam durch Adoption in die Familie
Mindier. Cie. ad fam. 13, 26. — 2) Wind.
Marcellus, vielleicht derjelbe, der ein Anhänger
des Auguftus war und von Menodorus als Unter:
2. bei deſſen Ausjöhnung mit Auguſtus ge-
raucht wurde, vgl. Cic. ad fam. 15, 17. App.
b. ec. 5, 102,
Minerva j. Pallas Athene, 5—7.
Minervae Promunturium, ’4#nräs äxeor,
fteiles, weit hinausragendes Borgebirge, etwas
jüdlih von Surrentum in Campanien, der Inſel
Capreä gegenüber, j. Punta della Campanella
(oder Minerva). Es galt den Griechen als Norb-
weitgrenze des alten Onotriens, und fie hatten
dort (der Sage nach Odyſſeus) früh einen Athene:
tempel gegründet. Eine Sage verlegte auch die
Sirenen hieher. Liv. 40, 18. 42, 20.
Minieli (auch Mincii), ein erjt im 1. Jahrh.
des Kaiſerreichs bekannt gewordenes römiſches Ge-
ſchlecht. Die bedeutendften aus demſelben find:
1) €. Min. Fundanus, Konjul ſuffectus unter
Claudius im J. 51 n. C. — 2) Sein Enkel, 2.
Min. Fundanns, von Hadrian zum Statthalter
von Wien ernannt, ein Freund des jüngeren ®Bli-
nius (bei dem er auch Minucius heißt Plin. ep.
1,9. 7,12. An ihn erließ Hadrian den Befehl,
die Chriften nicht mehr zu verfolgen.
Minio, ein bei Sutrium entjpringender Fleiner
Fluß Etruriend, der zwijchen Graviſeä und Cen—
tumcellä ins Turrbenitche eer fällt; j. Mignone.
Verg. A. 10, 183.
inTus, Mivios, j. Minho, bedeutender Fluß
der hiſpaniſchen Halbinjel, entjpringt auf dem
Cantabriſchen Gebirge und erreicht im lichen
Laufe den Ocean. Nach Strabon (3, 153, der ihn
irrig für den größten Fluß Yufitaniens hält; und
Appian (6, 72) hieß er auch Baenis (Baövıs) und
er ben Namen Minius von dem minium
oder Mennig, den er mit gi führt. Just. 44, 3,
Minöa, Mıivoa, 1) feine Inſel im Saronifchen
Meerbujen an der megarijchen Küfte, mit der fie
durch eine Brüde verbunden war und jo den
* von Niſaia bildete. Thuc. 3, 51. 4, 67.
. Megaris. — 2) feite Stabt in Lalonien am
Argoliichen Meerbujen norböftlih von Epidauros
Limera, an einem Borgebirge gl. N., das heutige
Monemvafta. Strab. 8, 368. — 3) Stadt im NW.
Kretas, am füdlichen Fuß des Vorgebirges Kya—
mon; eine andere Stadt d. N. lag weiter öftlich
an der jchmaljten Stelle der Jnjel. — 4) Stadt
auf Sieilien, j. Herakleia, 10.
Minöres heißen die Minderjährigen bis zum
fünfundzwanzigften Lebensjahre, mit welchem fie
maiores oder Volljährige wurden. Bal. Lex
Plaetoria.
Minos, Mivog, der alte mythiſche König von
Kreta, angeblich 200 Jahre vor dem trojaniſchen
ieg, auf den alles, was man von altkretifcher
Geſchichte wußte: Seemacht, Gejehgebung, Kultus,
urüdgeführt wurde; ber ——— der vor⸗
hen) en Beriode, der phoinikiſchen Kultur und
errichaft auf der Inſel. Bei Homer ift er Sohn
des Zeus und der Tochter des Phoinix (Europa),
Minotauros
Bruder des Rhadamanthys, Vater des Deufalion
und der Ariadne, Großvater des Jdomeneus, König
in Knojos, ein vertrauter Gejellichafter jeines Vaters
Beus. Hom. Il. 13, 450. 14, 322. Od. 11, 321.
568. 17,523.19, 178. Den Ausdrud (Od. 19, 179)
!vviopos Baockeve (neunjährig) deutete man
jpäter jo, als jei Minos 9 Jahre lang oder alle
9 Jahre in die heilige Höhle des Zeus gegangen,
um fich von Zeus in der Geſetzgebung unterrich—
ten zu lajien, jo daß aljo jeine Geſetze als Auf:
träge des Gottes erjchienen. Die jpätere Zeit
nahm, um den auf Minos gehäuften mythologiichen
Stoff gehörig verteilen zu fönnen, einen Minos 1.
und II. an, jenen als einen Sohn des Zeus, der
von Miterion, einem Sohne des aus Theflalien
eingewanderten Teltamos (Sohnes des Doros),
adoptiert ward, diejen, Minos II., als Entel des
Minos J., Gemahl der PBajiphad (Tochter des
Helios und der Berjeis), Bater des Deufalion u. j. w.
Die Logographen gaben dem Minos noch einen
Bruder Sarpedon und nannten als jeine und ber
Bajiphae Kinder: Katreus, Deufalion, Glautos
und Androgeos, Afalle, Zenodife, Ariadne und
PBhaidra; außerdem zeugte er mit andern frauen
noch mehrere Kinder. Nach dem kinderlojen Tode
des Afterios (oder Afterion) wollte fi) Minos die
Herrſchaft von Kreta zueignen und verficherte, die
Götter hätten ihm diejelbe beftimmt; zum Zeichen
dejlen würde jedes feiner Gebete Gewährung finden.
Er bat darauf den Bojeidon, einen Stier aus den
Fluten fteigen zu lafjen, den er ihm opfern wolle.
Poſeidon ließ wirklich einen jchönen Stier er:
iheinen, und Minos erhielt die Herrichaft, ſchickte
aber den Stier zu feiner Herde und opferte einen
minder prächtigen. Darüber erzürnt, machte Po—
jeidon das Tier rajend und pflanzte der Königin
Bafiphad Liebe zu demjelben ein. Die Frucht
diejer unnatürlichen Liebe war Aſterion, Mino-
tauros (j. d.) genannt. Als Androgeos (ſ. d.),
der Sohn des Minos, in Athen ermordet worden
war, unternahm Minos einen Rachezug gegen
Athen und zwang die Stabt, alle 9 Jahre 7 Kna—
ben und 7 Jungfrauen als Tribut nad) Kreta zu
Ichiden zum Fraße für den-Minotauros (j. The-
seus). Auf diejem Zuge eroberte er auch Me:
gara (j. Nisos). Über die Meerherridaft (darao-
sorngaria) des Minos fiche Hat. 3, 122. Thuc.
1,4.8. Während die älteren Sagen ihn als ge—
rechten und weijen König hinjtellen, ericheint er in
jpäterer Zeit ald ungerechter, graufamer Tyrann.
Dieje Ummwandlung verdanft Minos der atheni-
ſchen Thejeusjage; auch das Beimort Ölodpgwr,
der ſchlimme und hartjinnige (Hom. Od. 11, 322,
eine von Attifern eingejchobene Stelle), hat darin
feinen Grund. Seinen Tod fand Minos in Sici-
lien bei der Verfolgung des Daidalos (ſ. d.) durch
den König Kofalos, der ihn in einem heißen Bad
erftidte, oder durch defien Töchter: ein Zug aus
dem Mythus des Melfart, der in dem von ihm
erwärmten Weftmeer zur Ruhe geht. Seine Be-
gleiter begruben jeinen Leichnam auf Sicilien und
gründeten die Stadt Minoa (j. Herakleia, 10.).
Doch auch auf Kreta und zu Gades in Spanien
wurde jein Grab gezeigt. Hat. 7, 169 ff. Diod.
Sie. 4, 77 ff. Im der Unterwelt wird er nad) der
ipäteren Sage mit Rhadamanthys und Aiakos
Totenrichter. In der Odyſſee (11, 568 iſt erjt
jpäter eingejchoben) erjcheint er noch nicht als
781
Totenrichter, jondern, wie er auf der Oberwelt
ein dınaomölog Baoıksüg war, jo jeßt er auch in
der Unterwelt als nichtiger Schatten das Königs:
amt nahahmend fort.
Minotauros, Mıir@ravoos, das fretiiche Un—
geheuer mit menſchlichem Körper und Gtierfopf
oder mit dem Leib eines Stierd und dem Kopfe
eines Menjchen, die Frucht der unnatürlichen Liebe
der Bafiphad und des von Poſeidon geſchickten
Meeritiers (j. Minos). Minos verbarg es in dem
fnofiihen Labyrinth und fütterte es mit Ber:
bredern und auch mit den von Athen als Tribut
geſchickten Jünglingen und YJungfrauen, bis The:
jeus (j. d.) es erſchlug. Die Hiftoriihe Grundlage
diejer Sage ift ohne Zweifel die Verehrung des
in Stiergeitait dargeftellten, Menfchenopfer fordern:
den phoinikiſchen Gottes Baal (Moloch, die aud)
auf Kreta ftattfand, aber durch die helleniſchen
Anſiedler dann ansgerottet wurde. iod. Sie.
4, 60 f. 77.
Minthe, Menthe, M/v®n, eine fofytiihe Nym:
phe, Geliebte des Hades, von Demeter oder Per:
jephone in die gleichnamige Pflanze verwandelt.
Der Berg Minthe in Triphylien (j. Alvena), an
dejien Fuß ein Tempel des Hades und ein Hain
der Demeter lag, hatte von ihr den Namen. Ov.
met. 10, 728. Strab. 8, 344.
Minturnae, Mirroögvaı, Stadt in Latium
an der campanilchen Grenze zu beiden Seiten des
Lirisfluffes nahe jeiner Mündung, eine alte Be-
figung der Aurunker, die fie den Römern über-
gaben, worauf dieje 297 dv. E. fie folonifierten
(Liv. 8, 11. 9, 25. 10, 21), durch ihren Seehafen
und die Yage an der Appifchen Straße bedeutend
und blühend. Die großen, durch das Austreten
des Liris gebildeten Sümpfe — Paludes Min-
turnenses —, bei denen ſich auch ein Hain und
Heiligtum der Nymphe Marica befand, verbargen
den Marius bekanntlich mehrere Tage. Vell.
Pat. 2, 19. Cic. Planc. 10. Plut. Mar. 35.
Die Ruinen befinden fi bei der heutigen Stadt
Traetto.
Minueiänus, 1) ein freund des jüngeren Pli—
nius; — 2) ein griechiicher Rhetor unter bem
Kaijer Gallienus, 262 n. C. Eine Heine Schrift
über die Syllogijmen, eel Zmıyesipnudeor, iſt
noch vorhanden, abgedrudt bei Walz, rhetor.
Graec. 9 p. 597 ff.
Minueii, ein altes römijches Gejchlecht, welches
fih in 2 Zweige, einen patrieiichen und einen
pfebejijchen, teilte. Zu dem patriciichen gehören:
1) M. Min. Augurinus, Konjul im %. 497
und 491 dv. E. nad Eoriolans Berbannung. Zir.
2, 21. 34. — 2) 2, Min. Ejquilinus Auguri—
nus, Konjul 458 v. C. focht unglüdlich im Kampfe
egen die Mauer (Liv. 3, 25f.), welche ihn im
—— Lager umringten, ſo daß er nur durch den
Diktator Quinctius Cincinnatus gerettet wurde.
Der letztere nötigte darauf, eine Zeitlang ſein
Amt niederzulegen. Liv. 3, 29. Im J. 450 war
er einer der Decempbirn und wurde von den Gas
binern, gegen welche er gejandt wurde, abermals
befiegt. Liv. 3, 35. 42. Er flagte im J. 439 den
Sp. Mälius des Hochverrats an und veranlaßte
feinen Tod (Liv. 4, 13), wofür ein anderer Sp.
Mälius (j. Maelii) ihn 3 Jahre jpäter anllagte,
aber ohne Erfolg. Dion. Hal. 10, 22. — 3) E.
Min. Augurinus, zog als Bolfstribun (daher
— Minucii.
182
er wohl zum plebejiihen Zweige der Minucier |
gehört) den älteren Scipio Africanus (und vielleicht
auch dejien Bruder Lucius) wegen angeblichen |
Unterſchleiſs zur Rechenſchaft (187 v. E.i; doch
wurde durch die Vermittelung des Ti. ——— Liv. 38, 42. — 11) M. Min. Felir,
nius Gracchus, eines perjönlichen Freundes des
Scipio (dafür erhielt er die berühmte Cornelia
Minyai — Misericordia.
im %. 43 v. C. durch die Hand jeiner Stlaven
den Tod. App. b. ec. 3, 98. — 10) 2. Min.
Myrtilus, wurde im J. 187 v. E. wegen Miß—
handlung karthagiſcher Gejandten nach Karthago
hriftlicher Apologet, vielleicht aus Afrila, um 180
'n. E., Sadywalter in Rom, Berfaffer eines mit
zur Gattin), die auferlegte Geldbuße erlafjen. | fprachlicher Gewandtheit geichriebenen Dialogs Oc-
Gell, 7, 19. Bgl. Liv. 38, 55—-60. — Zum plebe:
jiſchen Zweige gehören: 1) M. Min. Rufus,
im J. 217 v. C. Magifter Equitum des D. Fabius
Eunctator (Liv. 22, 8. Plut. Fab. 4), ein Mann
bon heftigen, ungeitümem Charakter und ein Geg-
ner der weiſen Zauderpolitik jeines Feldherrn,
welche freilich jelbit in Rom Unzufriedenheit er:
regte und die Römer veramlafte, dem Min. nacı
einem in Abmwejenheit des Fabius von ihm er:
fochtenen Siege gleichen Anteil am Nommando
mit dieſem zuzugeftehen. Liv. 22, 24. 26. Plut.
Fab. 8 ff. Aber Hannibal verlodte den unvorfich-
tigen, higigen Din. zu einem Treffen, in welchem
ihm nur Tabins Nettung brachte. Dies führte
ihn zur Einficht in jein thörichtes Benehmen, und
willig ordnete er ſich dem Fabius wieder unter.
Liv. 22, 28 ff. Pol. 3, 101 ff. Plut. Fab. 11 ff.
— 2)D. Min. Rufus, befehligte im J. 197
v. E. als Konſul gegen die Ligurer und Bojer
und gehörte in den Jahren 189 und 183 zu den
nad) Aſien und Gallien abgeordneten Gejandten.
Liv. 32, 27 ff. 37, 55. 39, 54. Sein Name fteht
auch in dem SC. de Baccanalibus (seribendo
adfuerunt). — 3) M. Min. Rufus, Konjul im
3. 110 v. E., befiegte in diefem und dem folgen:
den Jahre die Skordijfer in Thrafien und errich-
tete die porticus Minucia. Liv. ep. 65. Vell. Pat.
2,8. Flor. 3,4. — 4) ©. Min. (Rufus), einer
der Zeugen gegen Berres, dejjen Verfahren er bei
jeinen Dandelsgeichäften auf Sicilien kennen zu
lernen Gelegenheit gehabt hatte. Cre. Verr. 427.31.
— 5) Min. Rufus, befehligte im Nampfe gegen
Eäjar eine Flotte des Rompejus (im J. 48 v. E.).
Caes. b. ec. 3, 7. — 6) DO. Min. Thermus, Prä-
tor im Jahre 196 v. E., kämpfte glüdlich gegen
die ſpaniſchen Völfer und unterwarf während jeines
Ktonjulats im Jahre 193 (und in dem folgenden
Jahr) nad hartnädigem Widerftande die Ligurer.
Liv. 33, 24. 26. 34, 51f. 35, 3. 205. Er fand
im J. 189 umter dem Konjul Manlius Buljo in
Alien im Kriege gegen die Galater jeinen Tod.
Liv. 38, 41. — 7) M. Min. Thermus, unter
welchen Gäjar jeine erften Kriegsdienite bei My-
tilene leiftete, ald Thermus Prätor in Afien war
(81-30 dv. E.). Suet. Caes. 2. — 8) DO. Min.
Thermus, Bollstribun im J. 62 v. E,, verwal:-
tete in den Jahren 51 und 50 ald Proprätor Aſien.
Mit Cicero, von dem er nach Ajien zahlreiche Zu:
ichriften empfing (Ce. ad /am. 13, 53 ff.), war
er jehr befreundet. Am Beginn des Bürgerkrieges
zwiichen Cäſar und Pompejus, in welchem er auf
Seiten des leßteren war (Caes. b. ec. 1, 12), jtand
er in Iguvium, mußte aber vor den heranrüden:
den Bäjarianern die Stadt räumen (49). Er lebte
noch im Jahre 43. — 9) 8 Min. Baſilus
(eigentlih M. Satrius), ein Schweſterſohn des
reihen C. Min. Bajilus, wurde von diejem
an Kindesſtatt angenommen (Cie. off. 3, 18), diente
unter Cäjar in Gallien, gehörte indes ſpäter zu
Cäſars Mördern (Cie. ad fam. 6, 15) und fand
tavius, in welchem die gegen das Chriftentum
erhobenen Einwände Mar und bündig widerlegt
werden, in einer einzigen Handſchrift erhalten,
herausgeg. von Sabäus (1543), Balduin (1560),
Muralt (1836), Obler (1845), Halm (1867, mit
Firmicus Maternus), Cornelifjen (1882), Bährens
(1886). Deutjche Überjegung von Dombart (2. Ausg.
1881).
Minyai ſ. Orchomenos.
Minyas, Mirvas, mythiſcher Stammheros des
Minyergeſchlechts, der reiche König von Orcho—
menos in Boiotien, von jehr abweichender Genea-
logie. Er heißt Sohn des Chryſes, des Ordho-
menos, des Eteofles, des Poſeidon, Ares u. ſ. mw.,
Gemahl der Tritogeneia (Tochter des Niolos), der
Klytodora, Vater des Orchomenos, Breibon, Atha-
mas, Diochthondas und mehrerer Töchter. Seine
Töchter, Altathoe (Altithor), Leukippe und Arfippe
(die Minpaden), blieben bei ihren Webftühlen,
während andere rauen das Dionyſosfeſt in den
Gebirgen feierten. Da erjchten ihnen Dionyſos
in Gejtalt einer Jungfrau und ermahnte fie, an
den Mpjterien teilzunehmen; da ſie nicht folg:
ten, verwandelte er ſich in einen Stier, Löwen
und Panther und lie; Milch und Nektar aus den
Webebäumen fließen. Nun loften fie erichredt,
wer ſich an der Freier beteiligen jollte. Das Los
traf Leukippe; fie zerriß in bafchantijher Wut
ihren Sohn Hippajos. Die Schweſtern rajten nun
zufammen, bis Hermes fie in eine Fledermaus,
eine Eule und einen Schuhu verwandelte. Ant.
Lib. 10. Or. met. 4, 1fj. 390 ff. Minyas joll das
erſte Schatzhaus gebaut haben, deffen Ruinen noch
erhalten find. Orchomenos undBaukunst1.\;
jein Grab ward zu Orchomenos gezeigt.
Misagönes, bei Val. Mar. 5, 1,1 Musochanes,
ein illegitimer Sohn des Maſiniſſa, befehligte ein
Heer, welches jein Vater den Römern gegen Ber:
jeus von Makedonien zu Hülfe jandte. Gegen
den auf der Rückkehr erkrankten Kürten benahmen
ji) die Römer freigebig und ſorgſam. Zir. 42, 29.
62 ff. 44, 4. 45, 14.
Misenos, Mionros, Gefährte des Odyſſeus
(Strab. 1, 26) oder Begleiter des Heltor, dann
Sefährte und Trompeter oder Steuermann des
Yineias, nach dem das Vorgebirge Miſenum den
Namen hatte. Dion. Hal. 1, 53. Verg. A. 6,
162 ff. 234.
Misenum, Mıionvor, Vorgebirge Campaniens
jüdlih von Cumä, jollte jeinen Namen von dem
hier begrabenen Gefährten des Wineias (j. Mise-
nos) erhalten haben. Verg. A. 6, 234. Strab.
5, 245. Nachdem Auguftus hier den Stationsort
für die römische Flotte des Tyrrheniſchen Meeres
bejtimmt hatte, entjtand auch eine Stadt dajelbit,
die jeßt wieder verichtwunden ijt, während das
Vorgebirge noch jett Punta di Mijeno heißt. T'ac.
ann. 4, 5. 6, 50. 15, 51. hist. 2, 9.
Misericordia, auch Clementia, Perjonififation
des Mitleids, vgl. "Eizo.
Missilia — Mithridates. 183
Missilia, 1) ij. Waffen, II. — 2) die von | vietus, der Führer der Seelen durch die Negionen
dem SKaijer oder von den höheren Magiitraten | des Himmels zur Seligfeit. Gewöhnlich wird er
an feitlihen Tagen von höher gelegenen Orten , dargejtellt als ein Nüngling in phrygiicher Tracht,
(wie Eircus, Theater, beionderen Gerüjten) unter wie er in einer Höhle ein Stieropfer bringt, indem
das Bolt geworjenen Gefchente. Schon früher | er den Kopf des Tieres emporreift und ihm einen
warfen die Mdilen an den Floralien Bohnen, Dolch in den Hals ftöht. Bon zahlreichen Mithras-
Erbjen, Lupinen unter das Volk, Agrippa aber | heiligtümern (Mithräen), meift in natürlichen oder
nahm Anweiſungen auf ein Geldgeſchenk (tessera). | fünftlichen Höhlen, haben ſich Überrefte bis in den
Der in dieſer Beziehung von den Magiftraten | äußerjten Weiten und Norden des römischen Reiches
gemachte Yurus veranlapte mehrmals gejegliche | erhalten, namentlich in der Nähe von Standlagerır.
Beichränfungen. Dio (ass. 49, 43. Suet. Cal. | Curt. 4, 48, 12. Strab. 15, 732. Vgl. Windijch-
18. 37. Ner. 11. ‚ mann, Mithra (1857).
MissTo, 1) die Entlajjung aus dem Kriegs— | Mithridätes, Miögiöcdrng oder (nad) gricd).
diemjte: a) honesta, nad) abgelaufener gejeglicher | Inichriften und Münzen) Midgadarns (d. h. von
Dienftzeit, fpäter auch durch failerlihe Gnade; | Mithras gegeben), ein im Orient häufiger, aus
b) causaria, wegen Kränflichteit, förperlicher Ge: Perfien herjtammender Name. So hieß der Hirte,
breden u. j. w.; c) ignominiosa, wegen enteh: | welcher den Kyros erzog (Hat. 1, 110), der Perjer,
render Bergehungen. In der Naijerzeit erwarb | welcher in der Schlacht bei Kunaxa den jüngeren
die miss, honesta ein Geſchenk oder eine Penjion | Kyros tötete (Flut. Artax. 11), aber auch ein Anz
(praemium), das Bürger: (civitas) und Eherecht hänger des jüngeren Kiyros (Aen. An. 2, 5,35
(tus conubni); jie wurde in gie eingegraben u. ö.), der nach deſſen Tode zu Artarerres abjiel
und öffentlich ausgeftellt. Qgl. Dimissio und und als Statthalter von Lykaonien und Kappa—
Dilectus militum, 5. — 2) Pie Missio | dofien genannt wird (dai. 7, 8, 25). Ansbejondere
gladiatorum erfolgte nach mehrfacher Bejie: | finden wir jpäter den Namen in Pontos. Wis
ung der Gegner oder nad) Empfang gefährlicher , Gründer des pontiichen Reiches gelten aber erjt
unden, entweder durch die Gunſt des Volks, Ariobarzanes (363—337 v. E.), der fein Gejchlecht
wenn es nicht die Niederſtoßung befahl, oder zurüdführte auf einen der 7 Perſer, welche den
infolge kontraftmäßiger Verpflichtung, jpäter auc | falihen Smerdis getötet hatten, und jein Sohn
durch faijerliche Gnade. — 3) Missio in pos- , Mithr. 1. (Ariorng) (337— 302), ein durch Tapfer:
sessionem oder in bona tft die von dem Prä- | feit ausgezeichneter Mann, der ſich erjt Alexander
tor angeordnete Einweiſung in die Güter einer | unterwarf und jpäter von Antigonos getötet wurde.
Perſon, wodurd der Eingewiejene den Beſitz er- | Mithr. Il. (302—266) behauptete jich gegen die
hielt und auf dieſe Weiſe fein etwaiges Recht | Nachfolger Aleranders und erweiterte jein Neich
gegen den Herrn der Güter ficher jtellte. Wenn | durch Eroberungen nah Kappadofien hin. Die
legterer die Aniprüche des possessor wicht befrie | folgenden Könige Ariobarzanes (7), Mithr. III,
digte, famı e$ zur bonorum venditio, j. Bono- | Mithr. IV. und Pharnales führten Kriege mit
rum emtio, den Galatern und den Nachbarſtaaten; letzterer
Mistarium, Gefäß zum Mijchen des Weines, | eroberte 183 Sinope und erhob es zur Haupt—
aus welchem nach alter Sitte in die Becher ge: | jtadt des Reiches. Mithr. V. Euergetes (156 bis
ichöpft wurde. Spezielle Namen dafür jind crater, | etiya 120) unterjtügte die Römer im dritten pu—
sinus, lepasta, galeola. nifchen Kriege und gegen Ariftonilos von Perga-
Mıo$wroi biegen Freie der ärmeren Klaſſe, mos und erhielt dafür Großphrygien. Just. 37,1.
die für Lohn Dienfte verrichteten, oft jolcdhe, die |38, 5. Als er in Sinope gefallen war, folgte 2
meijt Geichäft der Sklaven waren, z. B. Dienjte | Mithr. Vl.der Große, Eupator (aud) Dionyjos),
im Haufe; auch zur Begleitung des Herrn beim |etwa 120—63 v. E., der erbittertite Feind der
Ausgehen wurden zuweilen gemietete Diener ge: | Römer. Der 13jährige Nuabe wurde, wie es heißt,
braudıt. aus Furcht vor der argliftigen Mutter und faljchen
Mitgift ſ. Ehe, 3. 8. Verwandten von Getreuen in die Waldgebirge ge:
Mithras, Midgas, ein perfiicher Gott, uriprüng: | rettet, wo er unter Gefahren und Entbehrungen
lich den hellen Äther, den lichten Tag bezeichnend, | Stärfe und Gemwandtheit des Körpers gewann,
jpäter mit der Sonne identifiziert. Wie im der zugleich aber jeine bedeutenden Geiftesgaben ent:
perjifchen Religion alles Natürliche zugleich eine | widelte. Er war mit auferordentlihem Gedächt:
fittliche Bedeutung hat, jo ift der alljehende Licht: | nisund Urteilsvermögen begabt, ſprach die Sprachen
gott auch der Gott der Wahrheit und Reinheit. | von 22 ihm unterworjenen Bölfern (Geil. 17, 17),
In der älteren Zeit gehörte D., wie Anaitis (ſ. d., | bejaß große Gewandtheit der Rede, jchrieb über
nur zu den Gottheiten der Bolfsreligion; jeit Arta= | Natur: und Arzneiwijienjchaft u. ſ. w. Bor afia:
xerxes Il. trat er ganz in den Vordergrund, als tiſchen Fürjten zeichnet ihn bejonders eine grenzen-
der alles beherrſchende, fieghafte Nönig, der die loſe Rührigkeit aus; damit aber verband er alle
ewige Weltordnung im Kampf gegen die Daivas Laſter eines orientaliihen Dejpoten, Sinnlichkeit
(Diws), die böjen Geifter der Nacht und des und wüſten Aberglauben, jowie SHinterlift und
Truges, aufrecht erhält. Zur römijchen Zeit, durch | Grauſamkeit und einen beftändigen Argwohn, der
die von Pompejus gefangenen Seeräuber, ver: ihn Mord und Verrat bejonders von jeiner Um—
breitete jich jein Kultus auch über das Abendland, | gebung fürchten ließ. Just. 37, 2. Nach 7 Jahren
aber getrübt durch allerlei nicht iranische Elemente, | kehrte er zurüd, jtrafte mit biutiger Strenge Vor:
verbunden mit Stier: und vielleicht jelbjt Menjchen: | münder, Mutter und andere Berwandte und begann
opfern und mit qualvollen Myſterien, und wurde | dann jeine von hochitrebendem Ehrgeiz und glühen—
die bedeutendfte der erlöfenden Geheimlchren des | dem Nömerhah eingegebenen Unternehmungen,
finfenden Heidentums. M. war nun der sol in- ſtets gleichgültig in der Wahl der Mittel und
—
2
184
Menfchenleben nicht achtend. Er ſchuf Heer und
Ktriegsflotte, demütigte die bisher unbezwungenen
Skythen, 112—110, brachte durch Unterwerfung
oder Bündnis die Völker am Pontos Eureinos |
bis zur Cherjonefos Taurife auf jeine Seite (Just.
37, 3), durchwanderte, um Bölfer und Länder
fennen zu lernen, Kleinaſien, 110—108, zog den
König von Großarmenien, Tigranes, durd Ber:
mählung mit jeiner Tochter in fein Intereſſe, er:
oberte im Bunde mit Nilomedes II. von Bithy—
nien Baphlagonien, jpäter auch Kappadokien und,
nad Nifomedes’ Tode, Bithynien, 92 oder 91.
3 Die Römer wollten den Krieg nicht, doch Fam es
zu mehrfachen Neibungen mit den römijchen Statt:
haltern 2%. Sulla und 2. Caſſius; von den ver:
triebenen Königen um Hülfe angerufen, jchidte
der Senat den Konſular M’. Aquillius nach Aſien,
um einzujchreiten. Yängere Zeit ftanden die Dinge
zwiſchen Krieg und Frieden, bis Mithridates im
I. 88 den Krieg (erjten mithridat. Krieg, 88
— 54) damit begann, daß er den Oppius und M'.
Aquillius, welche die beiden vertriebenen Könige
von Kappadofien und Bithynien wieder einjeßen
follten, zurüctrieb, mit leichter Mühe das ganze
römische Nleinafien eroberte, die Gefangenen einem
ihmählichen Tode preisgab und dann mit ebenjo:
viel Arglift als Grauſamkeit an Einem Tage
alle Römer in Kleinafien (80 000 oder gar 150 000)
ermorden ließ. App. Mithr. 22f. Val. Mar.
9,2,3. Plut. Sull, 24. Nachdem Alien von den
Römern gereinigt und ungeheure Schäge zuſam—
mengebracht waren, unterwarf er auch die benad):
barten Inſeln außer Rhodos und rief durch jeinen
Feldherrn Archelaos die Griechen zum Freiheits—
fampfe auf. Sogleich traten auf feine Seite Athen,
Achaia, Boiotien, Yafonien, die übrigen ſchwank—
ten. Jetzt erft, nach Beendigung des Bundesge—
nofjenfrieges, wurde der Krieg von den Römern
fräftig aufgenommen und die — dem Sulla
übertragen. Derſelbe wandte ſich zunächſt zur Be:
fagerung Athens; dies wurde nach langer Bela-
gerung erobert (1. März 86), der fönigliche Feld—
herr Archelaos bei Chaironeia und Brhomenos
beiiegt und Ajien bedroht. Plut. Sull. 14 ff. App.
Mithr. 34 ff. Als auch Fimbria in Aſien fich gegen
M. wandte, ſchloß diejer den Frieden, über den
ihon Archelaos unterhandelt hatte, bei einer per:
Mithridatis regio — Mitra.
und die Bajtarner-Germanen auf. So gerüftet 5
begann er den dritten mithridat. Krieg (74-64)
mit der Bejegung Paphlagoniens und Bithyniens,
defien König Nitomedes III. fein Reich den Rö-
mern vermadt hatte. Müde der Pladereien,
welche die Zöllner und Wucherer übten, huldigte
ihm Kleinafien als Befreier. Er fchlug den Aure—
lius Cotta bei Chalkedon; aber bei der Belage-
rung von Kyzikos wurde er jelbit von Lucullus
eingeichloffen und mit bedeutendem Berluft zu—
rüdgetrieben (73). Nach mehreren Gefechten, na:
mentlich bei Kabeira, wurde er auch aus Pontos
verdrängt und genötigt, bei Tigranes Schuß zu
juchen (72). Über der Eroberung der Feſtungen,
beionders Amiſos und Serafleia, vergingen noch
2 Jahre. Tigranes, anfangs wenig geneigt, ihn
zu unterftügen, wurde bald durch die beleidigen:
den Forderungen und das hochmütige Auftreten
des Appius Claudius zur regeren Teilnahme ge:
drängt. Yucullus drang, nachdem er die Verwal:
tung Afiens gebeflert, auch gegen Armenien vor,
fiegte bei Tigranoferta und Artarata und eroberte
Nifibis, 69—68. Als aber die von den Feinden
der durch Lucullus eingeführten Reformen genährte
Widerjeglichleit der Soldaten offen ausbrach und
alle Unternehmungen hemmte, fiegte M. über ein
römijches Heer bei Bela und bejegte, die günftige
Wendung benugend, mit einem armeniſchen Heer
wieder Bontos und Kappadotien, 67. Der Nach
folger des zurüdgerufenen Lucullus, M'. Acilius
Glabrio, war ihm nicht gewachſen; da wurde
durch die lex Manilia dem PBompejus der Ober:
befehl übertragen, 66. Diejer bejiegte den M. im 6
J. 66 (an der Stelle, wo er jpäter zum Andenfen
diejes Sieges Nifopolis am Lykos erbaute), M.
aber entjloh nach Kolchis und, als Pompejus nach
der Befiegung des Tigranes in die Raufajosländer
drang, nach der taurijchen Halbinjel. Noch hegte
er große Pläne, er wollte, mit den Galliern ver-
bunden, nach dem Frieden mit Tigranes den Krieg
nach Stalien verjepen, doch jeine Graujamteit
hatte ihm die Nächititehenden entfremdet; jein Sohn
Pharnaktes fiel von ihm ab, und von feinen Sol:
daten verlafjen, gab er fih in Pantikapaion ſelbſt
jönlihen Zuſammenkunft mit Sulla zu Dardanos
blieb das bosporanifche Reich, bis ihm Cäſar das-
ab, 84. Beichränfung auf das eigentliche Pontos,
Auslieferung von 80 Kriegsiciffen, Bahlung einer
Kriegsbuße von 3000 Talenten waren Die Be: |
Plut. Sull. 22. 24.
dingungen. App. Mithr. 55.
den Tod, im J. 63, indem er, von einem ſeiner
untergeordneten Anführer unterſtützt, ſich in ſein
eignes Schwert ſtürzte, nachdem er Gift anzu—
wenden vergeblich verſucht hatte. Dem Pharnakes
ſelbe nahm und dem getreuen Mithridates von
‚ Bergamos übergab, im J. 47. Bgl. App. b.
Mithr. Plut. Sulla. Frandfen, Geichiähte Mithr.
Als bald darauf M. wieder anfing, Übergriffe zu | des Gr. (1. Buch. 1847).
machen, erneuerte der Legat X. Murena, den Sulla
|
Mithridätis regio, Midgıödrov yupa, Gegend
mit 2 Legionen in Aſien zurüctgelaffen hatte, den |in Sarmatien, wejtlih von dem Rha (Wolga),
Krieg; doch ward durch die Sendung des Aulus wohin ſich Mithridates, König von Bosporos, 45
Gabinius weiteren fyeindjeligfeiten vorgebeugt und In. C. vor den
der Friede unter den früheren Bedingungen wieder | 15. 21.
hergeftellt (zweiter mithridat. Krieg, 83— 81). |
— Während der inneren Unruhen in Rom rüftete |
fi) M. indes zur Erneuerung des Krieges, befeftigte
das bosporantiche Reich, wo ſich die griechijchen
Kolonien ihm, dem Halbgriechen, freiwillig unter:
warfen, und übertrug dasjelbe jeinem Sohne
Machares; er jchlo ein Bündnis mit feinem Eidam
Tigranes, jowie mit Sertorins in Hijpanien, regte
in Afien die Chalyber, Stythen, Taurier, in Europa
die Sarmaten, Jazygen, die Thrafer am Iſter
ömern flüchtete.
Dio Cass. 60, 8.
Mithrines, Mı®olvns, oder Mithrönes, Mı-
Borens, perfischer Befehlshaber von Sardes, der
nah der Schlaht am Granilos (334 v. €.) Die
Burg mit dem reihen Schabe dem Sieger über:
gab und dafür die Statthalterichaft von Armenien
erhielt. Arr. 1, 17,3. 3, 16, 5. Curt. 3, 12, 6.
5,1, 44. 8, 12.
Mitra oder calantica, eine Frauenhaube, aus
dichten Zeug gefertigt und wie ein Sad am Hinter:
kopf herabhängend.
Tac. ann. 12,
Mitylene — Moira.
Mitylöne ſ. Mytilene.
Mnasalkas j. Anthologia graeca.
Mnas&as, Mvaotas, aus Batrai, um 150 v. E.,
angeblid Schüler des Eratofthenes, jchrieb ein
geographijches Werk (megıjymas oder weginlong |
in mindeſtens 8 Büchern), worin einzelne Zeile |
der Erde behandelt wurden. Er entbehrte der
wahren Wiffenichaftlichfeit. Die erhaltenen Bruc):
ftüce jind gejammelt von Mehler (1847) und von,
Müller, fragm. histor. Graec. III p. 149 ff.
Mnasippos, Mvdoınzos, ein Spartaner, wurde
im 3. 373 v. C. mit einer Flotte nach Kerfyra |
geſchickt, um die Ariftofraten zu unterftügen und
die Inſel den NAthenern zu entreißen. Er ver:
wüjtete die Inſel und belagerte die Stadt, die,
ihon durch Hunger gedrängt, Hilfe von Athen
verlangte. Dieſes jandte Beltaften unter Stefifles
und rüftete eine Flotte; doch ehe dieje anfam, war
Mnaſippos, der jchon die Stadt in jeiner Gewalt
zu haben glaubte, aber durch VBorenthaltung des
Soldes die Unzufriedenheit feiner Mietjoldaten
erregte, bei einem Ausfall getötet worden. Xen.
Hell. 6,2, 4 ff. Demosth. Timoer. 1186,
Mneme j. Musae, 1.
Mnemonik j. Simonides, 1.
Mnemosfne j. Musae, 1.
Mnesarchos, Mrrjoapyos, 1) aus Samos,
Vater des Pythagoras. dt. 4, 95. — 2) Sohn
des Pythagoras, Nachfolger des Ariſtaios in der
pythagoreiichen Schule. — 3) Vater des Tragifers
Euripides, auch Mnejarchides genannt, angeblich
ein nennkog. — 4) Tyrann in Chalkis auf Euboia.
— 5) Schüler des Panaitios, Führer der Stoa um
110 v. E. und entichiedener Gegner der Rhetoren.
Cie. de or. 1, 11, 45. 18, 83. acad. 2, 22, 69.
fin. 1,2, 6.
Myvnoıxazxeiv |. Aurnoria.
Mnesikles, MynoAns, 1) ein Sykophant in
Athen. Demosth. Boeot. 1010. — 2) berühmter
Architekt, j. Baukünstler, 4.
Mnesilöchos, Mvnoiloyos, 1) einer der 30
Tyrannen in Athen. Xen. Hell. 2,3,2. — 2) Sohn
des Tragifers Euripides, der Schaufpieler geweien |
jein und den Bater bei Abfaffung jeiner Tragödien |
unterjtügt haben joll.
185
gegenüber in den Nhenus; j. Main. Tac. Germ.
28. Mela 3, 3, 3.
Moeris, Moigıs, 1) gewöhnlich Arrıxotiig ge:
nannt, ein griechiicher Grammatifer unter Hadrian
um 130 n. C. Sein alphabetiiches Wörterbud)
mäßigen Umfangs (Alta Arrızad) ftellt bejon-
dere Ausdrücke und Formen attijcher Schriftfteller
zufammen und erflärt fie durch die jpäter üblich
gewordenen Ausdrüde; an Wert fteht es den gleich:
artigen Schriften des Harpofration, Phrynichos
und Julius Pollur nach. Zuweilen find Beweis:
ftellen hinzugefügt. Ausgg. von Hudjon (1712),
Silcher (1756), Pierſon (1759; wiederholt 1830),
Koch (1830), J. Bekker (1833). — 2) nach der Über:
fieferung ein ägyptiſcher König, welcher den be:
fannten See in Mittelägypten, weſtlich vom Nil,
zur Regulierung der Nilüberjchiwemmung anlegte.
Hdt. 2, 13. 101. 149. Diod. Sie, 1, 51f. Strab.
17, 809 ff. Tac. ann. 2, 61. Nach neueren Unter:
juchungen war der See freilich zunächſt ein Werk
der Natur, wie fein noch vorhandener weftlicher
Teil, der Birket el Kerun, und wurde dann nur
von Amenemha Il. (um 2150 v. E.), den die
Griechen nach dem ägyptiſchen Wort mer (d. h.
See) benannten, durch fünjtliche Anlagen für die
Bewäſſerung des Thales noch weiter nußbar ge:
macht.
Moesia j. Thrakia.
Mogontiäcum, aud; Magontiacum und Mo-
guntia (wohl von Moginos, urjpr. Form — Mö-
nus, abgeleitet), j. Mainz, Stadt im Gebiete der
Bangionen im belgiſchen Gallien, der Mündung
des Mönus (Main) in den Rhenus gegenüber von
Kelten angelegt, von —— zu einem befeſtigten
Standlager für die römiſchen Truppen gemacht,
neben welchem die Stadt ſich erweiterte, von hier
aus operierte Druſus gegen die Germanen, und
hier wurde ihm ein mächtige Grabmal errichtet,
wahricheinlich der heutige ſ. g. Eigelftein. In der
Folge war die Stadt Hauptquartier der römijchen
Truppen am Oberrhein oder, wie es jpäter hich,
in Germania superior, und Ei des Oberinjpef:
tors der Rheinfeſtungen; eine mächtige Brücde ver:
band die Stadt mit dem rechten Rheinufer. Tue.
| hist. 4, 15. 24. 33. 37. 61. 70.
Mnesimächos, Monolueyos, ein Dichter der | Moira, Moio«. Tas Wort uoige bezeichnet
neueren attischen Komödie, von dem 7 Stüde an- | urfprünglich den Teil (Hom. Od. 20, 171), daher
geführt werden. Die Bruchftüde, gej. von Meineke | den beſchiedenen Teil des Lebens, die Lebensdauer
im 3. Bande der fragm. com. Graec, (ll p. 787 ff. | (uoiga ıoroo, Hom. Tl. 4, 170), ferner das im
der Heinen Ausg.) und Kock, com. Att. fragm. | Leben zugeteilte Gejchid, wie den dem Lebenden
II, 1 p. 436 ff., verraten einen geiftreichen Dichter. | befchtedenen Tod. Jlom. Il. 3, 101. Od. 2, 100,
Mnevis, Mveöıs, ein heiliger Stier der Agyp- | Diejer Begriff tritt nun bei den Pichtern zum
ter, der in Heliopolis (Om) verehrt wurde, wie der | Teil unperjönlich auf, zum Teil erjcheint er als
Apis in Memphis. Er war dem Sommengott | eine Gottheit, als ein perjönlich gedachtes Schich—
Tum-Ra geweiht und ftand in einem Gemach von |jal. Bei Homer bezeichnet die Moira fein eifernes,
defien Tempel. Doch wurde fein Dienft durdy dem | unumſchränkt waltendes Berhängnis, fondern Zeus
des Apis verdunfelt. Diod. Sie. 1, 84. Strab. | und die übrigen Götter vermögen in das von ihr
17, 805. ı Verhängte einzugreifen, es zu leiten und aufzu—
Mvwirar oder uroraı (vielleicht von Minos halten (11. 16, 434 ff. 20, 115 ff.), und der Menjch
abzuleiten) hiefen in Kreta die den jpartanischen | jelbft hat vermöge feiner Freiheit einen Einfluß
Heloten entiprechenden Staatsſtlaven. Strab.12,542. auf fein Schidial (0a. 1,34 ff). Das Verhältnis
Athen. 6, 267 c. | der Moira zu Zeus und den Göttern ift bei Homer
Modestinus ſ. Herennii, 16. nicht genau bejtimmt. Zeus gilt auf der einen
Modius j. Malse,
Moenus oder Moenis, Strom Germaniens,
entjpringt auf den Sudetiſchen Bergen, durchftrömt
das Gebiet der Hermunduren und die agri decu-
mates der Römer und mündet Mogontiacum
Nealleriton des Mafj. Aitertums. 7. Aufl.
Seite als der Gott, von dem die Bejchide aus:
gehen, in defjen Hand das Gute und das Böje
liegt (Od. 4, 236. Il. 24, 527); andererjeits jällt
doc jein Wille nicht vollfommen mit dem der
Schickſalsmacht zuſammen, unter dem Bilde des
50
[5
=
186 Moiro — Mola.
Abwägens der Gejchide (IT. 8, 69. 22, 209) er: ! Schidjals, Atropos mit einer Wage, mit einer
forjcht er den ihm fremden Willen der Moira, er Schere, mit der fie den Lebensfaden abichneidet,
und die übrigen Götter find Bolljtreder und Werk: | mit einer Sonnenuhr, an der fie die Todesſtunde
zeuge desjelben oder fümpfen demjelben entgegen. | zeigt u. j. w. Heiligtümer hatten fie zu Korinth,
Somit find ng und die Götter bei Homer dem | Sparta, Olympia u. a. a. D. — Die Aija (Ace)
dunfelen Weſen der Moira bald gleichgejegt, bald | ift ein mit Moira fast gleicher Begriff; fie bezeich-
untergeordnet. Der Grieche glaubte an eine Viel-
heit von mächtigen, in das Menjchenleben eingrei-
fenden Göttern, die aber durch ihre Selbftändigfeit
und freiheit fich gegenjeitig bejchränften, jo daß
jelbft der höchjte und vollfommenfte Gott; Zeus,
der über Götter und Menjchen berrichte, feine
durchgreifende, unumfchränfte Macht behaupten
| Od. 7, 197); aber fie ift
net auch urjprünglich den Teil und jpinnt als
Berjonifilation glei) Moira den Lebensfaden des
Menſchen bei jeiner Geburt (Mom. Il. 20, 127.
nody mehr als Moira
eine blafje Abftraftion geblieben. -- Die römijchen
arcen (Parcae) waren zur Zeit der römischen
Litteratur ganz identisch mit den griechiichen Moiren;
fonnte. Es drängte ji) daher dem Menjchen das | in älterer Zeit hatten die Römer wahricheinlich
Bedürfnis auf, über dieſer vielfeitig beichränften | nur Eine Parca. Das Wort hängt mit pars
Hötterwelt ſich noch eine Höhere, einheitliche Macht : zufammen und hat aljo gleiche Bedeutung mit
zu denfen, die Alle umfaßte; aber der menſchliche Moige. — Unter Fatum veritand der Römer
Geiſt vermochte diejer abftraften Macht feine leben- den von den Göttern, bejonders von Jupiter, aus:
dige Perjönlichleit mehr zu geben, daß fie mit
jelbftbewußten Willen den jchon eriftierenden gött:
lichen Wejen energijch hätte entgegentreten und
fie niederfämpfen fünnen. Jene Moira blieb eine
dunfele, unbegreiflihe Macht ohne Leben, der
Menſch fiel immer wieder zurüd zu feinen lebens:
vollen Göttern und legte ihnen die Entſcheidung
des Gejchides in die ae Diejer Widerſpruch,
der ſich bei Homer findet, zieht fich durch das
ganze griechijche Altertum hindurch und ift von
dem Heidentum nie gelöft worden. Die Moira
wurde bald als eine über Göttern und Menjchen
unumjchränft waltende Macht, bald als abhängig
von dem Willen der Götter aufgefaßt, bald als
ein eijernes, unabwendbares, grauſames und nei:
diſches Verhängnis, bald (wie bei den Tragifern)
als mit einer höheren jittlihen Weltordnung zu:
jammenfallend. — Bei Homer erjcheint die Moira
gewöhnlich in der Einzahl; erſt jpät finden ſich
die Moigaı in der Mehrheit genannt (Il.24, 49);
fie ſpinnen den Menfchen den Yebensfaden zu (Il.
24, 209) und heißen deshalb die Spinnerinnen,
Kiödeg (Od. 7, 197). Ihre Perfjonififation ift
aber noch nicht jo weit gediehen, daß ihre Zahl,
ihre Namen, Attribute und Abjtammung bejtimmt
würden. Erſt Heſiod (theog. 217. 904) nennt deren
3: Klotho, die Spinnerin, Lacheſis, die das
Los AZuteilende, Atropos, die Unabwendbare,
Töchter der Nacht oder des Zeus und der Themis.
In der Folge dachte man fie entweder als die
jtrengen und erhabenen Göttinnen des Schidjals,
die das Steuer der Notwendigkeit führen und den
vergeltenden Erinyen ihr Amt verleihen, mit Scep—
tern in der Hand, oder als die Göttinnen der
menjchlichen Lebensdauer.
Menichen den Zeitpunkt feiner Geburt und werden
deshalb auc mit den Eileithyien zufammengeftellt,
fie jpinnen er den Lebensfaden und fegen jein
Ende feit. Als Todesgöttinnen fommen fie in
Verbindung mit den Keren (Kress). Da fie die
Scidjale des Lebens zuteilen, jo müſſen ie
ihnen jchon im voraus befannt jein, jo daß fie
diejelben zu weisjagen vermögen. Ov. met. 8, 452 ff.
trist. 5, 3, 26. Hor.c.s.25. Plat.r.p. 10, p. 616.
Die Dichter jchildern die Moiren bisweilen als
alte, häßliche Frauen (Catull, 64, 306. Or. met.
15, 781); die bildende Kunſt aber ftellt fie dar
als ernjte Jungfranen, Klotho mit der Spindel,
Lachefis mit einem Globus, an dem fie die Ge—
ſchicke bezeichnet, oder mit einer Schriftrolle des
Dieje beftimmen dem | unteren
geiprochenen Götterwillen, ein feſtbeſtimmtes Ge:
Ihid (fari, Hesparor), teils ein undermeidliches,
unwiberrufliches Verhängnis, teil3 das qute, wie
ſchlimme Lebenslos und das Yebensziel, den Tod.
Im Plural bezeichnen Fata teils die Einzeljchid:
jale des Menjchen, teils find fie gleich den Barcen
die Schidjalsgottheiten, weldye die Lebensloſe der
Menichen bei ihrer Geburt niederjchreiben; Dies
find die Fata seribunda, welche nach der Ge—
burt eines Kindes am letzten Tage der eriten
Bode angerufen wurden.
Moiro, Moıeo (nicht Mveew), griechiſche Dich-
terin aus Byzanz, Mutter des alerandrinijchen
Tragifers Homeros, Frau des Philologen Andro:
machos, um 312 v. C. Es werden ihr epijche,
elegiiche und Iyriiche Dichtungen beigelegt; 2 Epi:
gramme von ihr find in der griechiichen Antholo—
gie enthalten.
Mola, ipätlat. molina, uvAn, allgemeiner Aus:
druck für die Einrichtung zum Mahlen. M. ma-
nualis oder trusatilis (zeugounin) ift eine Hand—
mühle, welche aus einem oberen und aus einem
Zeile zujammengejeßt war. Der obere
‚Stein, örog oder 6. difrrs, catillus, in Form
| einer Sanduhr oder eines Doppeltrichters, wurde
‚über den unteren fegelförmigen (uvin, meta) ge:
‚legt, ruhte auf einem an der Spige ‚des unteren
‚ Steines befejtigten eifernen Zapfen und zermalmte
| das Getreide, welches in den Durch die obere Hälfte
des catillus gebildeten Rumpf geichüttet wurde
und allmählich durch 4 Löcher, die in den Boden
desjelben gebohrt waren, auf den feitjtchenden
unteren Segel fiel, dort durch die Drehung des
catiilus zermalmt wurde und jchliehlich in eine
an der Bajis zu dieſem Zweck angebrachte Ver:
tiefung fiel. Durch die in Pompeji gefundenen
Mühlen find wir über die oben beichriebene Ein-
rihtung genau unterrichtet. Die Stange zum
.
Molionen, Molioniden — Montani. 187
Drehen hieß aan, mobile, welche nicht bloß von | Jagdhunde zu nennen. Hor. sat. 2, 6, 114. Vera.
Sklaven, jondern auc von Ejeln und Pferden in, 7.3, 405.
Bewegung gejeßt wurde, bei der Mola asinaria| Molykreia, MoAvxosıe, Molvxgia, Molv-
oder jumentaria oder machinaria. — Seit der | zgeıor, Stadt in Aitolien am Eingange des Kto:
Kaiferzeit kommen aud) Wafjermühlen vor, vöge- | rinthiichen Meerbuſens, ſüdweſtlich von Naupaftos,
mit einem Hafen und Heiligtum des Poſeidon.
‚Die Korinther hatten die Stadt nad) der Hera:
‚ Hidenwanderung gegründet (Thuc. 3, 102); vor
dem peloponneftichen Kriege nahmen fie die Athe-
ner, jpäter die Mitolier in Beſitz. Das nahe Vor-
gebirge Arriggior hat von ihr den Namen Pior
' Molvxgınor oder Molvzgıov.
ı Momos, Möuos, WBerjonififation der Tadel:
ſucht, ein Sohn der Nacht. Hesiod. theog. 214.
| Jueian. Hermot. 20. Er zerplaßte vor Ärger,
weil er an Aphrodite nichts a fand.
| Mona, Möve, nad) einigen die j. Infel Man
N ge Großbritannien und Irland, nach andern
die Inſel Anglejea. Am wahrjcheinlichiten iſt
| c8, daß beide Inſeln diefen Namen führten; bei
Cäſar (b. y. 5, 13) ift wohl die erftere, bei Tacitus
l£raı, üöpouvio:, molae aquariae. — Wind: | (Agr. 14. 15. 18, jowie ann. 15, 29) entichieden
mühlen und Sciffmühlen jind Erfindungen des | die zweite gemeint, welde eine tapfere Bevölle—
Mittelalters. ı rung hatte und durch die auf ihr üblichen Menſchen—
Molionen, Molioniden, MoAloves, Moltori |
dar, Eurytos und Kteatos, Zwillingsjöhne des |
Aktor (daher Altorionen, Altoriden), oder des
Bojeidon und der Molione, Neffen des Epeier: |
königs Augeias. Als Knaben nahmen fie teil an |
einem Zuge der Epeier (in Elis) gegen Pylos.
Hom. Il. 11, 709. 750. Über ihren Kampf mit
SHeraffes und ihren Tod j. Herakles, 8. Ahr
Grab war zu Kleonai in Argolis. Bei den Leichen:
ſpielen des Amarynkeus befiegten fie den Nejtor
im Wagenrennen. Hom. Il. 23, 638. Kteatos
war Vater des Amphimachos, Eurytos Vater des
Thalpios, der beiden Führer der Epeier vor
Troja. Hom. Il. 2, 620. Bei Heſiod und Spä—
teren ericheint das Brüderpaar zujammengewachien
(dipveis).
Molo j. Apnllonios, 5. .
Molos j. Idomeneus und Meriones.
Molossi, AMolocso!, -rroi, Bolf hellenifchen
Stammes, das der Sage nad) von Pyrrhos, dem |
Sohne des Achilleus, aus Thefialien nach Epeiros
geführt, nach deſſen Sohn Molofjos benannt wurde
und dort die Gegend von Dodona nördlich vom
Ambratijchen Meerbujen einnahm. Plut. Pyrrh. 1.
‚Just. 17,3. Liv. 8, 24. 45, 26. Die Molofier
festen fich bald in den Beſitz des dodonaiischen
Orakels und wurden das mächtigjte Volk des
Landes (Hat. 6, 127); ein anderer Haufen hatte
fih den nad Aſien auswandernden Yoniern an: |
eichlofien (Hdt. 1, 146). Obwohl man die Ab—
ammung der Moloſſer griechijcherjeits gelten lieh,
jo jah man fie ihrer vielfältigen Vermiſchung mit
barbariichen Völterjchaften wegen doch für halbe
Barbaren an. Thuc. 2, 80, Die Könige aus dem
Stamme der Aiakiden nannten ſich bald Könige
von Epeiros und wurden jehr mächtig, ihre Haupt—
ftadt war Bafjaron. Plut. Pyrrh.5. Liv. 45, 26.
Nach dem peloponnefiichen Kriege eroberten jie
Ambratia und machten diejes zur Hanptitadt. Nach
dem Tode Pyrrhos' II. 192 v. E., zerfiel das
Reich und wurde eine leichte Beute der Mafedo-
nier und dann der Römer. Unter den Erzeug-
nifjen des Landes jind bejonders die molojfiichen
opfer, jowie als Hauptfiß der Druiden berühmt
und berüchtigt war.
Monaeses, von Horaz (od. 3, 6, 9) neben
Pacorns als Befieger eines römischen Heeres ge:
naunt, ſonſt nicht befannt, ift vielleicht identiſch
mit dem Feldherrn Surenas, der im %. 53 v. €.
den P. Craſſus befiegte und dann verräteriich
töten ließ. Mut. Orass. 21 ff.
Monarchie j. Staatsformen, 27.
Monöta, 1) Beiname der Juno als der Vor:
jteherin der Münze, welche fich in ihrem Tempel
auf dem Gapitol befand. Zäv. 6, 20. 7,28. Or.
/ast. 6, 183. Die Nömer leiteten den Namen von
monere ab und erklärten fie für die Göttin, welche
ihnen qute Ratjchläge gegeben hätte. Bei einem
Erdbeben habe man aus dem oben erwähnten Tem:
pel die Mahnung gehört, die Römer jollten der
Juno ein trähtiges Schwein opfern (Cie. div.
1, 45. 2, 32), oder im Kriege gegen Byrrhos habe
uno bei Geldmangel auf Berragen geantwortet,
fie jollten die Waffen mit Gerechtigkeit führen,
jo werde ihnen das Geld nicht fehlen. Hieraus
wird es erflärlich, warum die Münze, welche von
Juno den Namen moneta erhielt, in ihren Tem—
pel verlegt wurde. — 2) Mutter der Mujen, gleich
Movrjun, Mvnuoovrn. ’
Monöta falsa.. Das Miünzfälichen war erit
nah Einführung der Silbermünzen möglid und
wurde von Sulla mit aquae et ignis interdietio
bedroht, j. Falsum. Die Kaijer verhängten Todes-
itrafe und Konfisfation über den Falſchmünzer.
Monile, öguos, urodsgis, der Halsichmud der
rauen (während der der Männer torques hieß);
von den verichiedenften Geftalten, bald mit Per:
fen, bald mit Edelfteinen bejebt, meijt übertommen
von den Bölfern des Orients. — Bei Dichtern
heißt auch der Halsichmud der Sinaben und der
Pferde ebenio.
Movoxirav, bei Homer (Od. 14, 488) oloyi-
zo», ift der, welcher über dem Unterkleide oder
Hemde fein Obergewand (meeıßoluıor) trägt.
Monnumentum Ancyrännm j. Ancyra.
Mons j. Montani.
Montäni find die Bewohner der montes Roms.
60*
188 Mopsopia — Mosa
Mons bezeichnete urjprünglich einen Stadtdiftrift, | lich — an die Dftfüfte. Die Gegend lieferte einen
der zumächft nach einem Berne benannt war, aber | guten Wein. Strab. 6, 257.
auch in der Ebene liegen konnte; dieje Einteilung | Morgetes, Mögynres, alte unteritaliiche Bölfer-
Roms ging der in die tribus urbanae vorauf. |jchaft, in der Gegend von Rhegion, welche, von
Es gab 7 Montes, zujammen Septimontium ge: | den Önotrern vertrieben, nadı Sicilien auswan—
naunt: Germalus, Velia, Palatium, alle 3 fpäter | derte und Morgantion (j. d.) gegründet haben
Palatinus M. genannt, Fagutal, Cispius, Oppius | joll; nad) andern ein Volt önotriſchen Stammes.
($päter Esquilinus) und Subura, das zwijchen | Strab. 6, 257.
Esquilinus und Palatinus liegende Thal. Dane: | Morini, Mogıvor, belgiſches Volk in Gallien,
ben bildeten pagi das ftädtiihe Yandgebiet der | weitlich neben den Nerviern und Menapiern, zwi:
Urzeit. Die Monianatie. Paganalia und das | jchen Schelde und Lys in der nördlichen Picardie.
gemeinjame Septimontium waren die feierlichen | Das Land diejes tapfern und mächtigen Bolfes
seite. In jpäterer Seit erhielten fi) wohl noch war mit Waldungen und Sümpfen bededt. Cäſar
die Namen, doch nicht in ihrer alten Bedeutung. | befiegte jie nach langem, erbittertem Widerjtande
Mopsopia, Moyorie«, nach Strabon (9, 397.443) | und untergab fie den Atrebaten. Caes. b. d. 3, 28.
alter Name Attifad nad; einem Könige Mopſopos. 4, 76. 6, 5. Die bedeutendfte Stadt war Taru—
Mopsos, Möyos, 1) Lapithe aus Dichalia oder |enna, j. Therouanne. Bon dem Gebiete der
Titaron, Sohn des Ampyr oder Ampyfos und | Moriner aus war die Überfahrt nach Britannien
der Nymphe EChloris, auch als Seher Sohn des am jchmalften. Caes. b. g. 5, 2.
Apollon, falydonischer Jäger, Teilnehmer am Kampf | Morio, ein verwachſener Zwerg, cretinartig
auf der Hochzeit des Peirithoos und an der Fahrt | geftaltet und geiftig ganz verwahrloft. In den
der Argonauten, deren Seher er war. Pind. pyth. | vornehmen Häuſern der Nömer waren joldye Kleine
4, 190. Ov. met. 8, 316. 12, 456. Auf der Argo: | Scheufale gleihwie Hofnarren; | Nanus,
nautenfahrt ſtarb er in Libyen an einem Schlangen: | Morios, Mogıos, oder Molos, Mölos, ein
biß und erhielt dajelbit Hervendienft und Orakel. | Meiner ſüdlicher Nebenfluß des boiotiſchen Kephi—
— 2) Sohn der Manto und des Kreters Rhakios ſos, am Fuße des Berges Thurion bei Ehairo-
oder des Mpollon, hatte in Kolophon und in neia entipringend. Plut. Sull. 17. 19.
Mallos in Kilifien berühmte Orakel und Heroen-| Mormo und Mormolyke j. Empusa.
dienft. Über feinen Wettjtreit mit Kalchas in Morpheus, Mooptös, Sohn und Diener des
Kolophon j. Kalchas. Mallos hatte er mit | Schlafgottes, nebſt Eikelog (lcelus), Boßıjrwe
Amphilochos, dem Sohn des Amphiaraos, gemein: | und Gavr«sos Bildner der Traumgeftalten. Or.
ichaftlih nach der Rückkehr von Troja erbaut; in | met. 11, 633 ff. Er findet fich auf Reliefs und
einen Zweitampf über den Beſitz aber töteten fie | gejchnittenen Steinen als geflügelter Greis dar-
ſich gegenjeitig. geitellt. "
Mopsuestia, Möyor Zari«, Stadt in Kilifia| Mors j. Thanatos.
Pedias, in einer jchönen Ebene (ro ’AArjior mediov)| Morsimos, Möoctuos, Sohn des trag. Dich—
zu beiden Geiten des Pyramosfluſſes gelegen, | ter3 Philofles aus Athen, Bruder des Melanthios
Biichofsfig des nach ihr benannten gelehrten |(j. Melanthios, 2.), ein Arzt und Tragifer, den
Kirchenvaters Theodoros (um 400 n. E.); 1. Miffis. | Ariftophanes wegen jeiner nüchternen Poejie und
Cie. ad fam. 3, 8. Strab. 14, 676. jeines anftößigen Lebens ſcharf tadelt. Arist. par
Mora, uöo«, |. Exercitus, 3. 797. ran. 151. equ. 403. Fragmente feiner Did:
Morbus, 1) comitialis oder Epilepfie, unter: | tungen find nicht erhalten.
brach die Comitien; — 2) sonticus, eine Krankheit Mortüum mare, vexgör miiayos, wörtog ve-
der Parteien oder des Nichters, wegen welcher das | »eös, 1) dasör Nöliche Eismeer, auch Oceanus
Gericht vertagt werden mußte. glacialis genannt (Jwv. 3, 1) und Mare pigrum
Mores, wie consuetudo, das Gemwohnheits: | (Tac. Agr. 13. Germ. 45), 6 Pögsıog an. (Plut.
recht, ius non scriptum (j. d.). Nach und nad | Cam. 15), nad) den an ihm wohnenden Völkern
wurden einzelne Teile diejes Nechts zum ſchrift— auch das Hyperboreiſche Meer genannt. Barro
lichen Geſetz erhoben, jo da das ius non serip- | ift der erſte Schriftfteller (r. r. 1, 2, 4), der die
tum immer unbedeutender wurde. Natur desjelben ridytig befchreibt und die Kälte
Morötum, 1) ein aus den verjchiedenartigften | als Grund der Umbefahrbarfeit angibt: Mare
Beftandteilen gemijchtes, faltes, ändliches Gericht | congelatum. — 2) der Asphaltites Lacus, ſ. d.
von ſüßem, würzigem Gejchmade. — 2) ein dem) Morjchos, Mögvyos, aus Athen, ein ſchlechter
Vergil beigelegtes Meines Gedicht von 123 Hera= | Tragifer zur Zeit des Nriftophanes, von den
metern, wenn nicht von Vergil jelbft, jo doch aus | Komikern teil wegen feiner mittelmäßigen Dra-
jeiner Zeit herrührend und wahricheinlidy nach | men, teils wegen feines üppigen Lebens bitter
einem griech. Gedichte des Barthenios (j. Par- | mitgenommen. Arist. Acharn. 885. vesp. 502 u. ö.
thenios, 2.) gearbeitet, „voll anjchaulidher De:| Mösa, Maoas, Möscas, j. Maas, franz. Meuie,
tailmalerei und liebenswürdiger Laune, jowie in | Fluß im belgischen Gallien, der amı Mons Vose-
meifterhafter Form“ (Teuffel). gus im Gebiet der Lingones entipringt ((aes. b.
Morgantium, Mogydrriov, Mogyartirn, oder |; g. 4, 10. 15), die Arduenna silva durdftrömt und
Murgantia, eine bon den aus Italien vertriebenen |den Sabis (Sambre) aufnimmt. Caes. bg. 2,16. 27.
Morgeten im Flußgebiet des Symaithos gegrün: Ein Arm desjelben vereint fich mit dem Vacalus
dete Stadt im Innern Sieiliens, jüdöftlich von | oder Vahalis, einem Rheinarm; dieje Vereinigung
Agyrion; jegt Nuinen Monte: Judica. Tue. |ift confluens Mosae et Rheni bei Cäjar (db. «a.
4,65. Liv. 26,21. Cie. Verr.3, 18. Livius(24,27)|4, 15). Ein anderer Arm hat eine eigene große
läßt dort eine römijche Flotte von 100 Schiffen | Mündung (Tac. ann. 2, 6). Unrichtig macht Cäſar
jtationiert jein und rüdt fie dadurdy — irrtüm—⸗ |(b. g. 6, 33) auch den Scaldis (Schelde) zu einem
Moschi — Mucii. 7189
Nebenfluß der Moja, vielleicht durch Verwechslung
mit dem Sabis,
Moschi, Möoyoı, Bolt in den mittleren Partien
des jüdlichen Kaufajos, die eben deshalb r& Mo-
oyır«& ögn, Moschicus mons heißen, an ben
Duellen des Phafis und des Kyros; als Musti
ſchon im 12. Yahrh. v. E. in den afiyriichen An: |
ichriften erwähnt, befannt durch Erzausfuhr und
Stlavenhandel. Mdt. 3, 94. 7, 78. Strab, 1, 61.|
11, 492. 497. Plut. Pomp. 34. Plin. 5, 27, 27.
Moschion, Moszior, 1) ein Tragiter in Athen,
etwas jünger als Euripides, als üppig und finn:
li von den Komikern mitgenommen. Nur ein:
e- Verje (am beiten bei Naud, trag. Graec.
ragm. p. 812 ff. der 2. Aufl.) find von ihm übrig;
fie zeichnen fich durch Glätte des Nusdruds und
Sorgfalt des Bersbaues aus. Er jcheint in Sprache
und Stil den Euripides nachgeahmt zu haben. —
2) ein Arzt aus unbejtimmter Zeit, deſſen Galenos
öfter gedenkt, ſchrieb weel rar yuaaınclor nadür.
— 3) ein Bildhauer in Athen, welcher mit feinen
Brüdern Adamas und Dionyſodoros eine Afis-
ftatue verfertigte, wahrjcheinlich zur Zeit der Ein:
nahme von Korinth. Die Bafis derjelben hat fich
erhalten.
Moschos j. Theokritos.
Mosella, auch Mosula, j. Mojel, franzöfiich
Mofelle, Nebenflug des Rhenus im belgischen
Gallien, der vom Voſegus herab das Gebiet der
Trevirer durchflieht, reizende Ufer hat, jehr fiſch—
reih ift und bei Confluentes (Koblenz) in den
Hauptitrom fällt. Aufonius (ſ. d.) hat die Mo-
sella in einem eigenen Gedichte gefeiert; vgl. auch
Tae. ann. 13, 53.
Mosychlos j. Lemnos.
_ Mosynoeei, Moovvorxo:, Vöolkerſchaft an der
Küfte von Bontos, öftlich von den Tibarenern und
Ehalybern, angeblich nad) ihren mehrjtodigen höl—
zernen Häufern oder Türmen (usovres) benannt.
Ihre rohen Sitten im häuslichen und öffentlichen
Leben, ihre Bewaffnung und Kampfesweiſe be-
ichreiben Hdt. 3, 94. 7, 78. Xen. An. 5, 4, 2.
11 ff. 5, 1. Strab. 12, 549.
Mosaxses, Mö®wrveg j. Helotes.
Mothöne j. Methone, 1.
Motya, Morvn, alte, früher jehr bedeutende
Stadt an der Nordweſtküſte Siciliend auf einer
fleinen, 6 Stadien von der Küfte entfernten Inſel
(j. Iſola San PBantaleo), dur eine Brüde mit
dent Feftlande verbunden. Phoinifer hatten fie
nah Thufydides (6, 2) im Gebiete der Elymer
gegründet. Den Karthagern wurde M. von Dio-
nyſios entrifien (397 v. E.); Himilko eroberte fie
ipäter wieder, verpflanzte aber die Bewohner nad)
Lilybaion, worauf M. aus der Geichichte ver:
jchwindet. Diod. Sie. 13, 54. 14, 48. 52. 22, 14,
Mueiänus j. Lieinii, 19.
Mueii, plebejiihen Urfprungs, ein altes und
berühmtes Gejchlecht, welches jeiner VBaterjtadt Nom
viele ausgezeichnete Yuriften gab: 1) E. Muc.
Cordus, ein römijcher Jüngling, begab ſich mit
Einwilligung des Senats während des Strieges
mit dem Könige Borjena in das feindliche Lager,
um durch die Ermordung des Königs Rom zu
befreien, 508 v. C. Hier Nach er, da gerade Zah—
(ungstag war, den Schreiber des Borfena nieder,
Tode bedroht, hielt er nach alter Erzählung jeine
rechte Hand über ein mahejtchendes Kohlenbeden,
um dem zürnenden Könige zu zeigen, wie wenig
er den Tod fürchte, und lieh fie röjten, ohne einen
Laut des Schmerzes auszuſtoßen. Dem ftaunenden
Könige erzählte er, es hätten jih 300 Jünglinge
zu feiner Ermordung verichworen, und ihn habe
uerjt das Los getroffen. Poriena geriet in Angit,
08 Frieden mit den Romern und zog ab. Seit:
dem hieh jener Scävola, d. h. Linkhand. Liv.
2,12f. Val. Mar. 3,3,1. — 2) P. Muc., im
Jahre 485 v. C. Bolfstribun, joll feine Kollegen
wegen Friedensſtörung lebendig verbrannt haben,
wogegen nad) andern (Fest. p. 174, 22) 9 Kriegs—
tribunen, welche im Kampfe gegen die Volſter
gefallen waren (487 v. E.), und unter denen ein
Mucius genannt wird, öffentlich verbrannt wur—
den; oder der eine übriggebliebene Mucius ver:
brannte jeine gefallenen Kollegen. Val. Max.6,3,2.
— 3) DO. Muc. Scävola, befam im Jahre 215
v. E. Sardinien als Provinz, Fonnte aber wegen
Krankheit, die ihn befiel, fein Amt nicht weiter
verwalten. Liv. 23, 24. 30. 34. 40. — Deffen
Sohn, 4 P. Muc. Scävola, war im Fahre
175 v. E. Konful und führte einen glüdlichen
Krieg gegen die Yigurer, über die er triumphierte.
Liv. 41, 19. — 5) Ein anderer, DO. Muc. Scä-:
vola, war Konjul im Jahre 174 v. E. und diente
im Jahre 171 als Kriegstribun unter Craſſus im
Kampfe gegen Perjeus. Liv. 43, 2. 42, 49. —
6) P. Muc. Scävola, Sohn von Nr. 4., Konjul
im Jahre 133 v. E., als Ti. Gracchus Bolfs:
tribun war, galt für einen Beförderer der Pläne
desjelben (Plut. Ti. Gracch. 9), trat aber nad)
des Gracchus Ermordung auf die Seite der Opti—
maten. Cie. Plane. 36, 88. Den Scipionen war
er nicht fehr gewogen, weshalb ihn der Gatiren:
dichter Lucilins in feinen Gedichten anfeindete.
Jur. 1, 154. Wahrſcheinlich nahm er dem Bon:
tifer Marimus, während er jelbjt dies Amt be:
fleidete, das Recht, die Reichsannalen, welche nur
bis zu ihm gingen, zu führen. Cie. de or. 2, 12.
Seine ausgezeichnete Kenntnis des römischen Rechts,
verbunden mit großer NRedegabe, verichaffte ihm
unter den Juriſten feiner Zeit eine bedeutende
Stellung. Cie. de or. 1, 36, 166. 37, 170.2, 70, 285.
Er jelbjt Tegte auf Rechtskenntniſſe für einen Bon:
tifex Marimus enticheidenden Wert. Cie. leng.
2,19. 21. Ws gejchidten Ball- und Brettipieler
(duodecim seriptis) lernen wir ihn aus Cie. de
or. 1, 50, 217 kennen. — 7) DO. Muc. Scävola,
Sohn von Nr. 5., mit dem Beinamen Augur,
verwaltete um 120 v. E. Ajien und wurde von dem
von ihm veripotteten Albucius wegen Erprefjungen
angellagt. Cie. Brut. 26, 102. fin. 1,3,9. Er ver:
teidigte ſich ſelbſt und bewirkte feine Freiſprechung.
Im Jahre 117 erhielt er das Konjulat. An den
bürgerlichen Streitigkeiten nahm er feinen thätigen
Anteil und zeigte ſich ungerechten Gewaltthätig:
feiten, namentlich gegen E. Grackhus, abhold. Cie.
de or. 2, 67. Er wünjchte Sicherung und Wort:
dauer der beftehenden Verhältniſſe. Die er jeinen
Mut dem Sulla gegenüber zeigte, indem er fich
im Senate weigerte, Marius, den Netter Roms,
für einen Feind des Vaterlandes zu erklären, jo
zeigte er in fchwierigen Lagen des Staates treue,
welchen er mit dem ihm perjönlich nicht befann: | unverbrüchliche Anhänglichfeit an denjelden. Dazu
ten Könige verwechſelte. Ergriffen und mit dem war er gegen Ratsbedürftige mitteilend, ja auf—
190
opfernd und verjagte feinem, der zu ihm Fam, |
jeine Hülfe. Cie. de or. 1, 45. Seine =
Mugillanus
Stenntnis des römischen Rechts wurde allgemein
geihägt, und bedeutende jüngere Männer, be:
jonders Cicero und Atticus, waren ſtolz darauf,
jeine Schüler zu fein. Er war freund und
Schwiegerſohn des Lälius, durch dejien Vermitte:
lung er auch ins Augurnfollegium aufgenommen
ward, und Schwiegervater des Nedners L. Lici:
nius Craſſus. Cie. Lael. 1, 1. Plut. Mar. 35.
— Der Sohn feines Betterd (Nr. 6), 8) D.
Muc. Scävola, gewöhnlih Pontifer Mari:
mus zubenannt, verwaltete die meiften Staats:
ämter gemeinjchaftlid mit dem Redner Eraj:
jus, ausgenommen das Tribunat und die Cenſur,
um welches letztere Amt ſich grundiäglich Fein
Mucius bewarb. Cie. Brut. 43, 161. Als ein
Mann von ftreng rechtlichem und uneigennüßi:
gem Charakter behandelte er als Statthalter
Aſiens die wucherijchen und betrügeriichen Zoll:
pächter mit großer Strenge, weshalb die Provin—
zialen ihn hoch verehrten und Cicero in jeiner
Verwaltung Ajiens ſich fpäter den Mue. zum
Mufter nahın. Die erzürnten Zollpächter rächten
jih, da Muc. ihnen zu hoc) ftand, dafür an jei:
nem Freunde Nutilius, welcher mit ihm in Aſien
gewejen war, und klagten ihn an. Vol. Cie. de or.
1,58. ad Att. 6, 1,15. Brut. 30. Muc. vertei-
digte den Angellagten, aber ohne günftigen Er-
folg. Im Jahre 95 v. E. erhielt er das Kon—
julat und gab mit jeinem Kollegen Craſſus die
lex Lieinia Mucia de ceivibus redigundis (ſ. d.).
Als diejer aber im folgenden Jahre das dies—
jeitige Gallien als Provinz erhielt, vereitelte er
ibm aus umerbittlicher Nechtichaffenheit den ge:
wünjchten Triumph. Bald darauf war er Gegner
des Erafjus in dem Erbichaftäftreit zwiſchen M'.
Eurius und M. Coponius; er verteidigte für
Eoponius den geichriebenen Buchitaben, während
Erafius mit treiflichem Wie den Gurius auf
Grund des gejunden Menjchenverftandes (des ne-
quum et bonum) glüdlich vertrat. Cie. de or. 1, 57,
243. Brut. 39, 145. 52, 195. Im Jahre 82 fiel er,
nachdem jchon Fimbria einen vergeblichen Mord-
verjuch gemacht hatte, durch Meuchelmord auf Be:
fehl des jüngeren Marius. Cie. ad Att. 9, 15, 2.
Er hinterlich nicht nur den Ruf eines höchſt recht:
lichen und vaterlandsliebenden Mannes daſ. 8,3, 6),
jondern aud) den eines ausgezeichneten Auriften,
bei dem ſich gediegene Kenntnifje mit großem Red:
nertalente paarten. Cic. de or. 1, 39. 53. Brut. 39.
off. 1,32. Um ihn ſammelten fich zahlreihe Schü—
ler, darunter Sulpicius und nad) dem Tode des
Mucius Augur auch Cicero (vgl. Brut. 89, 306).
Seine Schriften, welche viel fommentiert wurden,
werden in den Pandekten oft erwähnt. Gell.4,1,20.
— 9) Seine Tochter, Mucia Tertia, dritte Ge—
mahlin des großen Pompejus, wurde, weil fie mit
Eäjar Ehebruch getrieben hatte, während ihr Ge:
mahl (62 v. E.) fih in Ajien befand, von ihm
veritoßen. Plut. Pomp. 42. Später heiratete jie
den Amilius Scaurus und vermittelte im Bürger:
friege zwijchen Auguſtus und ihrem Sohne ©.
Rompejus. App. b. ce. 5, 695. — 10) DO. Muc.
Scävola, Sohn des Augur Mucius (7.), war
bei D. Cicero, mit deſſen Bruder Marcus er in
freundichaftlichemm Verkehr ftand, im Jahre 50 v. C.
in Wien. Im Jahre 54 war er Bolkstribun. Cie.
— Multa.
ad Qu. fr. 1, 2,13. Wie jo viele feiner Familie,
icheint auch er Pontifer gewejen zu fein; wenig—
ftens befragte ihn Cicero (ad Att. 9, 9) wegen
einer Staatsangelegenheit. Cic. ad fam. 4, 9.
Mugillänus j. Papirii, II, D.
Muleiber j. Vulcanus unter Hephaistos.
Muliöbris, Beiname der Fortuna, welcher zum
danfbaren Gebächtniife der Veturia und Bolumnia,
die durch ihre Bitten Rom von der Belagerung
durch Coriolan befreiten, ein Tempel gegründet
worden jein ſoll an der Stelle, wo Coriolan fich
hatte erweichen laſſen. Liv. 2, 40. Val. Mar.
1,8,4. 5, 2,1.
Mulios, MovJıos, 1) Eidam des Augeias,
Gemahl der Agamede, von Neftor erlegt. Tom. Il.
11, 739, — 2) 2 Troer, der eine von Patroflos,
der andere von Adhilleus erlegt. Hom. Il. 16, 696.
20, 472. — 3) Herold des Sreiers Amphinomos
aus Dulichion. Hom. Od. 18, 423.
Mullöus, ein roter Schuh, welchen die curu:
liihen Magiftrate getragen zu haben jcheinen.
"est. I 241.
Mullus, eine gejchägte Fiſchart, Barbe, Not:
bart. Die römijchen Gourmands bezahlten dafür
ungeheure Summen.
Mulsum, nämlich vinum, Weinmet, aus Mojt
und Honig bereitet; doc nahm man auch Wein
dazu. Man tranf das mulsum meift bei dem
prandium und dem gustus,
Multa (nicht muleta), urjprünglich eine in Vieh
zu erlegende Buße, fpäter eine befondere Art von
Geldſtrafe. Dieje wurde entweder von Magiitra:
ten vermöge ihres imperium, bezw. ihrer potestas
verhängt oder durch ein Geſetz vorgeichrieben oder
von dem Volk in den Comitien angeordnet. Ge:
wöhnlich traf die Strafe Ungehorjame oder Ge:
jeßesübertreter. Das Recht, eine Mult aufzulegen,
— die Könige, darauf die Konſuln. Die Will—
ür, mit der dieſelben ſolche Bußen auferlegten,
war wohl ein Hauptgrund des Verlangens nad
eijchriebenen Gejepen. Darum famen in rajcher
Folge 3 leges de multis zuftande, über deren
Verhältnis zu einander die Quellen verjchiedene
Angaben enthalten. Nach Rein ift folgende An:
nahme das Wahrjcheinlichite: Die lex Aternia
Tarpeia, 454 v. E., dehnte dieje Befugnis auch
auf die andern Magijtrate ans. Die Höhe der
Mult wurde dahin beitimmt, daß der Magiftrat
zuerit ein Schaf als Strafe auferlegte, und daß
derielbe bei fortdauerndem Ungehorjam die Strafe
allmählidy bis auf 2 Schafe und 30 Rinder (su-
prema multa) fteigern durfte. Unbelaunt ift der
Inhalt der A bezüglihen lex Menenia
Sestia, 452 v. C. Durch die lex Julia Pa-
piria 430 v. E. konnte das Vieh in Geld ab-
gelöft werden, das Schaf mit 10 Aſſes, das Rind
mit 100 Afjes, wodurch willtürlihe Taration ab
geichnitten war. — Bon dem Multrecht machten
die Magiftrate oft Gebrauch, 3. B. die Cenſoren,
Prätoren, Ädilen (meift polizeilich) und vorzüglich
die Vollstribunen, welche immer weiter um ſich
griffen. Doc fonnten die mit einer die suprema
multa überjchreitenden Mult Belegten an die
Tribus provozieren, welche in einem ordentlichen
GComitialgericht (muliae certalio) die Mult be:
ftätigten oder nachließen (remittere). So 3. B.
provozierten Feldherren, welche wegen jchlechter
Kriegsführung oder wegen willtürlichen Regiments,
Mulvius pons — Munatii. 791
Bublicani, welche wegen Unterjchleifs Strafe be- | Yegat im achaitichen Kriege, zugleich mit ihm einer
zahlen jollten, u. a. Auch die Municipalmagiftrate | der 10 Männer zu Ordnung der Provinz Achaia,
und Provinzialftatthalter legten Multen auf. Won | jchilderte in jcherzhaften Berjen feine dortigen Er:
gefeßlich vorgeichriebenen Multen ift zu erwähnen | lebniffe und wurde jo der Erfinder der poetijchen
die der lex Licinia Sestia, wenn jemand mehr | Epiftel. Cie. ad Att. 13, 6, 4. Den jüngeren
Land beſaß, als das Geſetz erlaubte (ſ. Agér Seipio, mit dem er jehr befreundet war, begleitete
publicus), die der lex Duilin Maenia gegen |er im Jahre 132 nach Aſien. Klüger als fein
Wucherer (j. Fenns) u. j. w. Bei diejen legalen | Bruder, war er aud) gebildeter.
Multen trat ein Magiftratus als Ankläger gegen) Munatfi, ein erft in den legten Jahrhunderten
die Übertreter auf (petere multam) oder auch ein | der Nepublif befannt gewordenes Geſchlecht pie:
Privatmann. Am erfteren Fall entichied das Volk, bejiichen Standes, zu welchen folgende Mitglieder
in dem zweiten der Prätor oder Recuperatoren. | gehören: 1) Legat des Sulla, befiegte im Jahre
Wenn das Gericht die Mult beftätigte, jo erfolgte | 56 v. C Neoptolemos, einen Feldherrn des Mi:
die Realerefution (durch Pfändung oder bonorum | thridates. App. Mithr. 34. Ein anderer Mun.
venditio) oder auch Perjonalerefution. Die Mult- wurde von Gatilina bei deſſen Abgang zum Heere
gelder wurden urjprünglich zu religiöjen Zwecken in der Stadt zurücdgelaffen; er war jehr unbedeu—
verwendet, für Götterbilder, Weihgeichente, Feier |tend. Cie, Cat.2,2,4. — 2) 2. Mun. Plancus,
von Spielen u. ſ. w.; jpäter flojjen fie in das |
Ararium und zulegt in den FFriifus.
Mulvius pons j. Roma, 11.
Mulns, mula, Nuloros, Maulejel, Maultier,
jehr beliebt bei den Alten wegen großer Arbeits:
fraft (Hom. Il. 23, 654. 17, 742), bejonders zum
Biehen, Zaftentragen und Weiten. Seit der den.
zigften Olympiade fanden zu Olympia Wettrennen
mit Manlejeln ftatt, doch nur für kurze Zeit, da
fie feinen angenehmen Anblid gewährten, zu Rom
desgleichen an den Gonfnalien. Wenngleih in
manchen Stellen der Alten die Dummheit diejer
Tiere erwähnt wird (3. 8. Plaut. Cistell. 4, 2, 12:
mulo inscitior), jo waren fie doch in Italien
und Griechenland keineswegs jo verachtet wie bei
ung jeßt.
Mumie |. Sarkophag.
Mummisi, ein plebejifches Gejchlecht: 1) Q. und
e. Mummii, Volkstribunen im Jahre 187 v. E,,
twiderjtrebten anfangs vem älteren Gato, als dieſer
die Familie der Scipionen mit feinem Haſſe ver-
folgte. Zir. 38, 54. Lucius war jpäter Prätor
auf Sardinien (177), wurde aber bald durch einen
friegstüchtigeren Mann erjeßt. Liv. 41,8. — 2).
Mumm., der Eroberer Klorinths, ein Mann von
großer Gutmütigkeit, VBedächtigfeit und Redlichkeit,
aber roh und ungebildet, der denjenigen, welche
mit dem Transport der in Achaia erbeuteten Kunſt—
jachen beauftragt waren, drohte, fie hätten fie
wieder anfertigen zu laffen, wenn fie diejelben be:
jchädigten. Nell. Pat. 1,13,4. Im Jahre 146 v. C.
wurde er nämlich als Konjul nach Achaia gejandt,
wo fein Vorgänger Metellus den Krieg faſt ſchon
beendigt hatte. M., jelbit fein großer Kriegsheld,
fiegte über die Achaier durch die Unfähigkeit ihres
Treldherrn Diaios auf dem Iſthmos, rüdte vor
Korinth, zug aber erft nach einigem Zögern in
die offenen Thore der von ihren Berwohnern zum
Zeil verlafjenen Stadt ein, ließ rauben und plün-
dern, viele der zurüdgebliebenen Einwohner töten,
andere in die Knechtſchaft verfaufen und die Stadt,
die jchönfte Griechenlands, zeritören. Dafür erhielt
er jpäter einen Triumph und den Beinamen
Achaicus. Liv. ep. 52. Vell. Pat. 1, 13. Oros.
5,3. Pol. 40,7. Paus. 7, 16. Flor. 2, 16. Am
Jahre 142 wurde er Kollege des jüngeren Scipio
in der Cenſur, konnte ſich aber, bei dem ganz ver:
ſchiedenen Charalter beider und bei eigener Uns:
behülflichkeit und Ungefügigfeit, nicht mit ihm ver:
tragen. ie. off. 2, 22. Val. Max. 6, 4, 2.
3) Sp. Mumm., des vorigen Bruder und fein |
ein Anhänger und Bertrauter Cäſars, unter dem
er ſchon 54 v. E. als Yegat in Gallien gedient
hatte ((aes. b. 4. 5, 24), und dem er auch im
Kriege gegen Pompejus treu blieb. Nach dem
Tode feines Gönners zog er anfangs vor, den
Parteien fern zu bleiben, wünſchte Berzeihung
für die Mörder Cäfars, ſuchte dann gegen Eiceros
Wunſch, mit dem er in ununterbrocenen Brief-
wechjel ftand, eine Berftändigung zwiichen Brutus
und den Triumvirn anzubahnen (Cie. ad fam.
10,6) und lieh fich, durch Eiceros Yobjprüche und
durch die Hoffnung, eine Rolle jpielen zu können,
verlodt, für den Senat gewinnen. Mus feiner
Provinz Gallien, welche ihm noch Cäſar anver:
traut hatte, zog er gegen Mutina, blieb aber auf
die Nachricht vom Entſatze der Stadt im füdlichen
Gallien ftehen, troß der Aufforderungen Eiceros,
den Antonius anzugreifen und zu vernichten. Cie.
ad fam. 10, 13. Aber weder Ciceros Einwirkung,
noch die Ermunterungen und Anerfennungen von
jeiten des Senats vermochten ihn vorwärts zu
bringen; feine Unentjchloffenheit, die Furcht vor
der Unzuverläffigteit der mit jeinem Heere ver:
einigten Soldaten des Lepidus (welche auch bald
nachher mit Antonius fich vereinigten und vielleicht
den llbertritt des Plancus vorbereiteten), feine noch
nicht genug befriedigte Eitelkeit hielten ihn zurüd,
und bald zeigte feine Vereinigung mit Antonius,
welche Aſinius Pollio zuſtande gebradt hatte,
den geringen Wert feines wirklichen Eifeıs für
die Republik. Put. Ant. 18. App. b. c. 3, 97.
Gr opferte jogar Gut und Leben eines feiner
Brüder (Nr. 5.) auf und übernahm, wonach er jo
lange getrachtet, zugleich mit Lepidus im Jahre
42 das Konjulat. App. b. c. 4, 37. Vell. Pat.
2,67. Nach dem perujiniichen Kriege flüchtete er
aus Furcht vor der Rache Octavians nach Griechen:
land, verwaltete (40) für Antonius Syrien, mo
er ſich durch Habſucht und Erprefjungen verhaft
machte und bei einem Einfall der Parther flüch—
tete, und fand deshalb bei ihm in Alerandreia
einen falten Empfang. Bor der Schlacht bei Ae—
tium wechjelte er abermals die Farbe. Da Anto—
nius ſich nicht entichließen konnte, Kleopatra fort:
zuſchicken, jo verlieh Plancus ihn heimlich und
machte mit Dctavian feinen Frieden. Plut. Ant. 58.
Er war es, welder im 3. 27 für denjelben den
Titel Auguſtus vorjhlug und nad jo vielfachen
Wechiel in jeinen politischen Meinungen ihm fortan
treu ergeben war. „Ihn leitete (jagt Drumann)
nur die Nüdficht auf jeinen Borteil; er erregte
192
Erwartungen, welchen er nicht entſprach, und ent:
deckte die Geheimniſſe feiner Freunde, damit ihr
Gegner fie belohne. Uber jeinen Charalter j.
Vell. Pat. 2, 83. So cdarafterlos er in jeinem
politischen Yeben war, ebenjowenig ehrenmwert und
ohne Mafel war fein Privatleben; er ftarb, wenig
geachtet und jelbit von Beitgenofien verjpottet.
Plin. 7, 10, 12. Cicero lobt an ihm jeine Neben
und den Stil feiner Briefe (ad fam. 10, 3 und 16).
Horaz hat an ihm die 7. Ode des 1. Buchs ge;
richtet. — 3 2. Mun., ein Bompejaner, verjprad)
im %. 45 dv. C. dem Gäjar zur Gewinnung der
ſpaniſchen Stadt Mtegua behülflich zu jein. Caes.
b. Hısp. 19. — NT. Mun. Plancus Burja,
Bruder von Wr. 2., im Jahre 52 v. E. Bollstribun,
war gegen Milo nach dem Tode des Clodius jehr
thätig, weshalb er aud) Cicero, welcher jenen ver:
teidigte, Davon abzuhalten inchte. Bompejus, in
deilen Dienſten er jehr eifrig gewejen war, be:
fümmerte jich nicht weiter um ihn, als er jeiner
Dienfte nicht mehr bedurfte, und ließ die von
Cicero gegen Blancus erhobene Anklage, ſowie
die darauf folgende Verurteilung desjelben wegen
der gegen Milo begangenen Unbilden geichehen.
Cie. ad fam. 7, 2,2. Phil, 6, 4, 10. Käfar, dem
er fich in die Arme warf, reititwierte ihn nachmals.
Im Kriege um Mutina diente er unter Antonius.
Cie. Phil. 10, 10, 22. 13, 2,2. — 5) En. Mun.
PBlancus, jein Bruder, befam als defignierter
Brätor von Cäſar den Auftrag, Die Angelegenheit
der Buthrotier zu ordnen (44 v. E.), war Prätor im
folgenden Jahre und focht jpäter unter feinem älte:
ren Bruder (Nr. 2.) Yucins mit großem Eifer an
der Spige der Neiterei, mußte aber Krankheit
halber nach Nom zurüdichren. Cie. ad fam. 10,15 ff.
—6) C Mun. Plancus durch Mdoption E.
Plautius Plancus), Bruder der vorigen, fand zur
Zeit der Projfriptionen des — auf der
Flucht ſeinen Tod. Val. Mair. 6,8 — 7 T.
Mun., ein von Cicero wegen — "prudentia
et fides gerühmter Damm. Cie, ad fam.10, 12. —
5) Munatia Blancina, Gemahlin des En. Piſo
(. Calpurnii, 15.), joll um die angebliche Ver:
aiftung des Germanicus (19 u. E.) gewußt haben.
it einer Anklage bedroht, tötete fie ſich jelbit im
Jahre 33. Tac. ann. 2, 71. 6,26. — 9) Wurm.
Rufus, Freund des jüngeren Cato, mit dem er
fih im Jahre 58 dv. E. entzweite, aber bald nad):
her wieder ausjöhnte. Put. Cat, min. 36.
Munda, 1) Stadt und römiſche Kolonie in
Hispania Baetica, unfern von Eorduba, nicht das
heutige Monda, jondern Montilla 35 km füdlich
von Corduba, berühmt durch 2 Schlachten, den
Sieg des En. Scipio über die Karthager, 214 v. C.
(Lie. 24, 42), und den blutigen Kampf zwiſchen
Cäſar und den Söhnen des En. Bompejus, 17. März
45 vd. C. Caes. b. Hisp. 31. Strab. 3, 141. 160.
— 2) Stadt der Geltiberer in Hispania Tarra-
conensis, Liv. 40, 47. 3) Fluß in Lufitanien
zwischen Tagus und Durius, ij. Mondego.
Mundus j. Manes und Unterwelt.
Municeps, der Bürger eines Municipiums (.d.).
Eiymologiich ftammt das Wort von munin ce w-
pere, d. h. Anteil nehmen an den Later.
Munieiplum, einc von municipes bewohnte
Stadt, eine Genoſſenſchaft von munieipes,
verjchieden waren.
In
J +
der ältejten Zeit nannte man Munieipien diejenigen |
Munda — Municipium.
Städte, mweldje mit Rom durch das engjte Bundes:
verhältnis verbunden waren, jo daß die Bewohner
berielben, wenn fie nad) Rom zogen, dort conu-
bium und commercium hatten, 3. B. Tujculum,
Lanuvinm, Cumä, Formiä. Diejes Berhältnis
hörte nach dem latiniſchen Kriege 338 v. C. auf,
die Städte wurden durch die Kivität Rom ganz
einverleibt, und der Name municipes bezeichnete
nun römiiche Bürgergemeinden, deren Verhältniffe
je nad der ihnen von Kom gegebenen Lage jehr
Einige behielten ihr früheres
Gemeinweſen (Eumä, Acerrä, Atella), andere wur:
den desjelben beraubt (Cäre, Anagnia, Capua
u. a.), einige hatten volles Bürgerredit (cum xuf-
tragio), 3. B. Yanuvium, Aria, Nomentum,
Bedum, Zujeulun u. a., audere ermangelten bes:
jelben (sine suffragio), befamen aber auch im Ber:
lauf der Zeit das Stimmrecht in Rom. Die
Städte, deren Gemeinweien (Magiftrate, Senat
u. j. w.) bewahrt wurde, durften ihr altes Lokal—
recht beibehalten und fich Geſetze geben, iniofern
fie nicht gegen die römischen Geſetze veritichen.
Die Municipia aber, deren ftädbtiicher Verband
aufgelöft war, wurden vollitändig römiſche Unter⸗
thanen und ſtanden nicht unter eigenen, ſondern
unter römijchen Magiftraten {j. Praefectura).
Sie verödeten ganz, und die Einwohner zogen
auch eg ganz nad) Rom. Die mun. cum suf-
fragio (fie mochten ein eigenes Gemeinmwejen be:
halten haben oder nicht) hatten die Rechte der
römijchen Bürger vollitändig. Sie gehörten zu
einer Tribus, wurden in Rom cenjiert, dienten ın
den römischen Legionen, genofien Stumm: und
Ehrenrechte, jatralrechtlich aber bewahrten fie den
alten Nationalfultus und ihre eigenen Prieſter—
tiimer. — Durch die lex Julia, 90 v. E., wurden
alle Städte Italiens (namentli die coloniae
Latinae und die oppida foederata) zu Munici—
pien mit vollem Bürgerrecht erhoben, und muni—
ceipium im engeren Sinne heißt nun jede römtjche
Landſtadt. Uneigentlich wurden jogar die frühe:
ren römischen Kolonien jo genannt. Durd das
juliſche Geieß verloren die Städte aber aud) die
bisherige Unabbängigfeit, und um einige Einheit
in die Organijation zu bringen, wurden beion:
dere leges munieipales gegeben, namentlich die
lex Julia munieipalis. Allenthalben zerfielen die
Municipalbürger in 3 Klaſſen: decuriones (i. d.
und Senatus municipalis), Augustales (die
Stelle der römiſchen Ritter vertretend) und plebs
oder populus. Sie wählten ihre eigenen Magi—
ftrate, hatten Senate und Comitien, deren Befug—
niffe freilich immer mehr auf die Senate über:
gingen, und ihr eigenes aerarium, dem ein Quäſtor
oder Ararius voritand. Der Erfolg zeigte die
Trefflichfeit der römischen Ktommunalveriaffung,
die Städte bildeten den wahren Kern des Reichs,
und die quten Kaiſer thaten alles für eine freie
und friiche Entwidelung der Municipien. Es er:
hoben fich prachtvolle Bauten, und die Steuern
waren jehr mäßig. Nad und nach wurde dieſes
Verhältnis auch auf die Provinzen ausgedehnt,
und viele Städte zu Municipien erhoben, nament:
lih in den Weftprovinzen, bis Garacalla alle
Städte des ganzen Reichs zu Municipien machte.
Seitdem beginnt das Sinfen der Städte, der Wohl-
ſtand erloich durch den Deipotismus und die Pracht:
liebe der Ntaijer, bis das ganze Gemeinweſen in
Munius — Münzen und Gewichte.
Berarmung, Gleichgültigkeit und Zerrüttung verfiel.
Bol. Höd, Röm. Geſch. I, 2 ©. 148 ff. 234 ff.
Munfus (andere nennen ihn fäljchlich Mum—
minus) YUupercus, diente 69 n. E. als Legat im
Kriege gegen die Bataver unter Claudius Civilis,
der ihn in einem Treffen befiegte, dann einſchloß
und zur Ergebung nötigte, worauf Munius auf
dem Wege zur Seherin Belleda, an welche Eivilis
ihn al3 Gejchent jandte, getötet wurde, 70. Trac.
hist. 4, 18. 22. 61.
Munus j. Magistratus und Ludi.
Munychia, 1) 7 Movrvyia, richtiger Movrıyia,
j. Attika, 15. — 2) 1 Movrügie, richtiger
Movrigıe, Feſt der Artemis Munichia, einer
Mondgöttin (Hefate), zu Athen am 16. Munichion
gefeiert. Die Bedeutung der Göttin als einer
Mondgöttin wurde ſymboliſch durch Opferkuchen
ausgedrüdt, die, mit Lichtern beftedt, Namen und
Geſtalt des Bollmondes hatten (Augpıparress). Man
feierte an diefem Feſte zugleich den Sieg bei Sa—
lamis, weil die Göttin an dieſem Tage den Grie:
chen mit ihrem vollen Lichte geleuchtet hatte. Val.
Mommien, Heortologie ©. 410.
Munychos, Movuvvyos, 1) Sohn des Bantafles,
nad dem der Hügel Munychia (j. Attika, 15.)
benannt fein jollte, Anführer der durd die Thrafer
aus Orchomenos vertriebenen, nad dem Peiraieus
gewanderten Minvyer. Oder er war ein einheimis
ſcher attiſcher König (wahrjcheinlich gleich Nr. 2.),
der den Minyern jene Stätte einräumte. — 2) Sohn
des Thejeiden Akamas und der Priamostochter
Laodike, von Aithra, des Thejeus Mutter in Troja
erzogen, vgl. Laodike, 2. — 3) Sohn des
Dryas, König der Moloffer, Gemahl der Lelante,
ein frommer Scher, wurde, als er von Räubern
mit jeinen Kindern in einem Kaſtell belagert
— mit dieſen im Vögel verwandelt. Ant.
ib. 14
Münzen und &ewichte, I) griehiiche. Das
Verhältnis der gangbarften Münzen und Wert:
beitimmungen, bejonders der atheniſchen, zu un:
jerent jeßigen Gelde ift, abgejehen von der größeren
Wohffeilheit und dem höheren Zinsfuße, wodurd
der wirkliche Wert einer Summe bei den Griechen
bei weitem größer war als bei uns, nach den
Unterjuhungen von Boeckh, Hultich und Mommſen
im wejentlichen folgendes. Die gangbarfte Wert:
bejtimmung, nach dem Gewichte, war das Talent.
Das attitthe Talent betrug, wenn man, ab:
aejehen von dem Kupferzujaß in unferen Münzen,
Silberwert mit Silberwert vergleicht, 4715 .# 255;
auf das Talent gingen 60 Minen (die Mine alio
— 78H 60 5), auf die Mine 100 Drachmen,
alijo die Drachme — 79 3%, auf die Dradme
6 Obolen, aljo der Obolos = 13 3. Der Obolos
enthielt 8 EChalfüs, der Chalfüs 7 Lepta. Bis zu
’/, Obolos prägte man jpäter in der Negel das
Tetradradimon von Athen.
193
| Gelb in Silber, das Dichalkon (alſo Y, Obolos)
wurde in Silber oder Kupfer geprägt, geringere
| Münzen nur in Kupfer, während in älterer Zeit
alles Kleingeld, jelbjt '/, und "/,, Obolos, in
Silber ausgeprägt worden war. Unter den größe:
Tetradrachmon Mleranders des Or.
ren Silbermüngen war das attijche Tetradrachmon
oder der attiſche Stater (ungefähr 3 4) die ge:
wöhnlichite, während man nad) Drachmen rechnete.
Unter den Goldmünzen iſt befonders der Gold:
ftater zu erwähnen, der zuerft von Kroiſos ge:
prägt wurde. Dieje Iydiichen Sta:
teren, wie die perſiſchen Dareifen
(e3 gab aud) Silberdareifen, = '/,,
de3 Golddareifos) von Darcios zu:
erit geprägt, gingen vielfach in den
griechiſchen Berfehr über. Ihr Ge—
wicht betrug 2 Drachmen, und man
rechnet den alten Kurswert etwa zu
17 4, nad) dem heutigen Wert zu
24 4. In Athen, wo au Goldmünzen geprägt
wurden, hatten jie denjelben Wert. Außerden zu
nennen find die phofaiichen Goldmünzen (es kom:
men Doppelſta—
teren dor), bie
lampſakeniſchen
und die kyzikeni—
ſchen. Das ge—
wöhnliche Ver:
hältnis des Gol—
de3 zum Cilber
war 11'/,:1; doc
fteigerten jich die
Soldpreije bisweilen. — Bor Solon war das Gold
ichwerer, jo daf 100 neue Drachmen = 72-—- 73 alten
jind, die neue Mine verhält ſich alſo zu der alten
wie 100:137. Das Handelsgewicht blieb auch jpäter
größer als das Geldgewicht. — Noch zu erwäh:
nen ift das aiginetijhe Talent, welches ſich
zum attifchen verhielt wie 5:3 (zum attiichen
Golde wie 25:18; die ſchwere aiginetische Drachme
enthielt 10 Obolen); jodann das euboiiiche
See dem vorjolonischen Soldtalent, jpäteren
Verſiſcher
Dareifos.
Goldſtater
Philipps IT. von Mafedonien.
Handelstalent der Athener gleich, jo daß 100 eu:
boiiſche Drachmen — 138”, jolonischen find. Bon
Alerander dem Gr. auf jeine Neihsmünze über:
tragen, hat es die aiginetiihe Währung ganz
verdrängt und jeine weite Verbreitung über das
Reich Aleranders gefunden. — II Römische,
I) Kupfermünzen: As, von eig (ein Pfund,
| weil das Geld uriprünglich gewogen wurde), doriich
üg, aioliſch &g geiprochen, eine Einheit, die nad)
‚dem Duodecimaliyiteme in 12 Teile (unciae) zer-
legt ward. Dieſer As war ein römijches Pfund,
libra, griechiſch Area, */, Bereinspfund ſchwer,
as libralis, aes grave, ungeprägt (aes rude), bis
König Servius Tullius Geld mit Bildnijjen von
794
Tieren (pecunia von pecus) ſchlagen Tief. Da
das Effeltivgewicht des Libralaſſes nicht 12, fon:
dern nur 10 Uneine betrug, ift der Wert auf
47 4 anzuſetzen. Am Jahre 268 v. E. (wo aud)
die Silberprägung zu Rom eingeführt wurde; Präg-
ftätte im Tempel der Juno moneta) fand die
Reduktion des Aſſes auf '/, (Trientalas) = 19 &,
bald (217) auf ’/, (Sertantaras) ftatt = 9 3, fo
dal; der Metall und Münzwert nahezu gleich
waren, ungefähr 11 5. Als vom Jahre 194 au
vom Staat das Silber als das alleinige Courant
anerkannt wurde, ſank der Kupferfuß noch mehr,
und zwar auf die Hälfte des uncialen Betrages,
herab, und Ddiejer jemiunciale Fuß Wurde durd)
das papirische Geſetz 89 definitiv feftgeftellt, fo
daß die Geringfügigkeit der Münze ſprichwörtlich
ward, wie unfer Heller (ad assem, bis auf den
legten Seller, Hor.ep.2, 2, 27, und assis füacere,
nicht einen Heller wert achten, Cutul“. 5,3). Diejes
Verhältnis beftand noch in der Natjerzeit. Für
die Einteilung des As in 12 unciae galten fol-
gende Benennungen: uncia — '/,,, sextans — */,,
= \,, quadrans = Y/, = "\\,‚ triens —¶ 4, =
'/,, quincunx = °’/,, semis = ®,, ., se
tunx = ., bes = % , = Y,, dodrans m ?/,,
— %/, , dextans = 'Y, = °/,, deunx = '"/...
Das Gepräge war in der republifanischen Zeit
ein Schiffsichnabel (prora) auf der Rüdjeite; auf
der Vorderjeite hatte der As das Haupt des Janns,
der semis des Nupiter, der triens der Minerva,
der quadrans des Hercules, der sextans des Mer:
curins, die uncia der Noma. Eine entjprechende
Bedentung gewannen diefe Teilbezeichnungen des
As namentlich bei Erbichaften: heres ex asse,
Univerjalerbe; heres ex dodrante, der °/,, heres
ex besse, der */,, h. ex semisse, der die Hälfte,
h. ex triente, der '/,, h. ex quadrante, der '/,
der Erbichaft erhielt (j. das Teftament des Auguftus:
Suet. Oct. 101). — 2) Eilbermüngen: Sester-
tius, bisweilen auch vorzugsiveiie nur nummus
genannt, die gangbarſte
römische Silbermünze,
welche bis zum ng
217 27,3 oder '/, De:
nar, jpäter aber 4 Aſſe
galt. Das Wort ift aus
semis tertius entjtan-
den; die urjprüngliche Bezeichnung war LLS. d. h.
libra libra semis, oder IIS., woraus zuleßt HS.
entftand. Der Wert des Seſtertius = 17, (54) &,
alſo der des Denars 70 3. Die älteren Sefter:
tien zeigen ge:
wöhnlich auf der
einen Seite den
Minervenkopf
mit dem (Flügel:
beim und da—
neben das Zei:
chen IIS., auf der
andern die Dios-
furen zu Pferde
mit der Anjchrift KOMA. Wird ein Zahlwort mit
sestertii (nom. plur.) verbunden, jo find jo viel
Seftertien zu verftehen, als das Zahlwort bedeutet,
3. B. centum sestertii — 100 Seftertien = 17 M
54 3. Gteht sestertinum oder sestertia (nom.
sine. und plur, neutr.), jo bezeichnet der Ein:
gular 1000 Seſtertien, der Plural mit einem
Seſtertius.
Denarius des Julius Cälar.
. Muraena — Musae.
Zahlworte fo viel taufend Seftertien als das
Zahlwort bejagt, 5. B. decem sestertia = decem
milia sest. Cie. ad Att. 4, 5. ad Qu. fr. 2, 156.
Sestertium mit einem Adverb. numerale bezeich:
net jo vielmal 100 000 Eeftertien = 17511 MM,
als das Adverb. angibt, 5. B. centies sestertium
= centies centena milia sest. oder 10 000 000
Seftertien = 1 751 100 #. Gteht über der mit
Ziffern geichriebenen Seftertienfumme eine Linie,
jo ift ebenfalls die Zahl centena milia unter HS.
zu verftehen. Steht HS. oder sestertium nad
dem Zahlworte, jo ift sestertium gen. plur. und
bezeichnet jo viele sestertii als das Zahlwort
angibt. 4 Seftertien bildeten einen Denarius,
2 Seſtertien einen Oninar (Bictoriatus).
3) Goldmünzen mwurden, nachdem Gold jchon
lange in der Form von Barren cirkuliert hatte,
zum erjtenmal 217 v. E. geprägt, und zwar Stüde
von 20, 40 und 60 GSeftertien. Häufiger wurden
Goldmünzen in den letzten Zeiten der Republif,
jo namentlich Cäſars Aureus = ’/,, Boldpfund,
= 100 Seiter:
tien (auch aureus
nummus und
denarius aureus
genannt), der
unter den Kai—
jern fortbeitand.
Auguſt lieh auch
einfache Stücke
prägen (quaterniones); ſeltener waren halbe aurei.
Das Gewicht des aureus ſank unter den jpäteren Kai:
jern, unter Caracalla jogar auf ';, Pfund. —
Bal. Boeckh, metrolog. Unterjuchungen (1838),
Hultich, Metrologie (2. Bearb. 1882) und Momm:
jen, Gejchichte des römiſchen Münzwejens (1860).
Muraena, ein Fiſch, welcher von den Hömern
als Ledterbiffen ſehr geichäßt und gut bezahlt wurde.
Plin. 9, 55, 81.
Muröna j. Licinii, E.
Murex j. Purpura.
Murja heißt teils Salzlafe ſchlechtweg, teils eine
koſtbare, aus Seefiichen bereitete Sauce, verwandt
dem garum (j. d.). Hor. sat. 1,4, 65f.
Murrina vasa, fojtbare Gefäße aus murra
oder murrha, einer Maſſe, die ſchon bei den Alten
jehr beftritten war. Wahrjcheinlich muß man Fluß:
jvat darunter verftehen, welcher weiß; und matt
glänzend ift. Plin. 37, 2,7. Y’rop. 4, 5, 26. Wan
bezahlte ungeheure Summen für ſolche Pokale,
Schöpftellen u. j. w. Sie fommen wur als Luxus—
artikel, nicht al8 Kunſtarbeiten in Betracht.
Mus j. Decii, 1—3.
Musa j. Antonii, 10.
Musae, Moöo«ı, die Göttinnen des Gejanges,
ipäter auch die Vorſteherinnen der verjchiedenen
Dihtungsarten, der Künfte und Wiflenjchaften.
Homer nennt bald Eine Muje, bald mehrere, doch
ohne bejtimmte Zahl der Namen, nur (/d. 24, 60,
an einer Stelle jüngeren Urjprungs fommt die
Neunzahl vor. Hefiod zählt zuerft die d Muſen
mit Namen auf (theog. 77): Kleio, die Berfün:
derin des Ruhms, Euterpe, die Erfreuerin, Tha—
leia (Thalia), die Blühende, Melpomene, die
Sängerin, Terpiichore, die Tanzfrohe, Erato,
die Lieblihe, Bolymnia, die Hymnenreiche,
Urania, die Himmliſche, Kallidpe, die Schön:
ftimmige; fie heifen bei ihm Töchter des Zeus
Aurens des Mareus Aurclius
—
1m
Musagetes
und der Mnemoſyne, in Pierien am Olympos ge:
zeugt. Sonft werden fie auch wohl Töchter des
Uranos und der Ge genannt, des Pieros und einer
pimpleiihen Nymphe u. j. w. Auch die Zahl der:
jelben wird von manchen verjchieden angegeben:
3, Melete (Sinnen), Mneme, (Gedächtnis),
Aoide (Gefang), deren Dienft Dtos und Ephial:
tes am Helifon eingejegt haben jollten. Die Neun:
zahl des Hefiod, ſowie dejjen Namen und Abſtam—
bleiben jedoch vorherrichend. Bei Homer
find die Muſen bloß die Göttinnen des Gejanges,
die den Dichter zum Gejange begeiftern und ihm
die Lieder in die Seele legen; fie wohnen auf
dem Olympos und erheitern die Mahle der Götter
durch Geſänge. 71.2, 484. 1, 604. Den Sänger,
der anerkennt, daß er nur durch ihre Macht etwas
vermag, lieben und unterftügen fie, den Über:
mütigen aber, der ſich vermißt, fie zu übertreffen,
züchtigen fie; jo biendeten jie den Thampris
(Thampyras), den thrafifchen Sänger, einen Sohn
des Philammon und der Nymphe Argiope, und
beraubten ihn des Gefanges, weil er jich über:
mütig mit ihnen in einen Wettftreit eingelafien
hatte. TI. 2, 595 ff. Bei Hefiod ftehen die Muſen
auch ſchon in Beziehung zum Tanze, was der
Name Terpfichore bezeugt. In jpäterer Zeit dehnte
man ihre Wirkſamkeit auf alle Zweige der Kunſt
und Wiſſenſchaft aus und teilte jeder einzelnen
ihren bejtimmten Wirfungsfreis zu. Kalliope
war die Göttin des epijchen Gelangs, fie hielt
Wachstafeln und den Stilus in der Hand; Euterpe
mit der Flöte war die Muſe des Inriichen Ge—
jangs, Melpomene die der Tragödie, mit der
tragiichen Maske in der Hand, Epheu ums Haupt
u. ' w.; Erato war Muje der erotischen Poeſie
und der Mimif, Polymnia oder Polyhymnia
der Hymnen, Thaleia der heiteren und länd:
lichen Dichtkunft, der Komödie u. ſ. w., mit der
tomifchen Maske, dem Hirtenftab und Epheufranz;
Terpiichore, Muſe des Tanzes, mit der Yyra;
Kleio, mit der Papierrolle, Muſe der Gejchichte,
Urania, mit dem Globus, Muſe der Sternfunde.
Sämtlid wurden jie von der Kunft als jugendlich
blühende Geftalten dargeftellt mit feinen, fin:
vollen Gejichtern. — Die Verehrung der Mujen
ftammte von dem alten Sängervolfe der Thraker,
welche am Olympos in PBierien wohnten und von
da nad Boiotien an den Helifon zogen. Diejer
Berg, jowie der benachbarte Parnaſſos und Leibe:
thron, die Hauptjtätten ihres Kultus, waren ihre
Lieblingsfige; bier weilten jie gern in Grotten
und Hainen und an den fühlen Quellen, wie fie
denn urjprünglich begeifternde Nymphen der Quel-
len waren. Bejonders wert waren ihnen Die
Quellen Aganippe und Bippofrene am Helikon
und Kajtalia am Fuße des Barnafjos zu Delphoi;
auf dem Yeibethron war ihre heilige Grotte. Am
Helikon, wo ihnen die Thejpier das große Feit
Movosi« feierten, hatten jie Tempel und Bild:
jäulen, ebenjo einen Tempel am Kaſtaliſchen Quell.
Bon Boiotien aus hat fich allmählich der Kultus
der Mujen über ganz Griechenland verbreitet ; fie
hatten Heiligtümer und Altäre namentlich zu Athen,
Olympia, Zroizen, Korinth u. j. wm. Nach den
Hauptorten ihrer Verehrung und den Stellen, wo
fie gern weilten, haben ihnen die Dichter eine
Menge von Beinamen gegeben:
195
Staftalides, Nonides, Leibethriades, Hippofrenides
u. ſ. w. — Die Mujen kommen als Gejangsgöt:
tinnen in häufige Verbindung mit Apollou, dem
freunde der Mufit und des Geſanges; er heit
der Mujenführer, Movoayerns. Wegen diejer Vers
bindung und wegen ihrer uriprünglichen Natur
als begeifternde Quellnymphen erhalten fie auch
die Gabe der Weisjagung. Durch die dramatische
Dichtkunſt treten fie im Beziehung zu Dionyjos,
an dejien Feſten die Produkte der dramatischen
Poeſie aufgeführt wurden, fie werden feine Ammen
und Begleiterinnen. — Die Camönae (alter:
tümlich Casmenae) der Nömer wurden mit den
griechiichen Mujen identifiziert. Ihr Name, viel:
leicht mit cano verwandt, bezeichnet die Singenden,
die Weisjfagenden; fie waren, wie die Mujen, ur:
iprünglich begeifternde Quelluymphen, die aud) die
Gabe der Weisjagung hatten. Der Name Uar-
inenta, Carmentis ift gleich Camena.
Musagötes j. Musae, 5. und Apollon, 3.
Musaios, Movoe«iog, 1) ein mythiſcher Sänger
(Eromorög), Seher und Priefter Attifas, der in
vorhomerijcher Zeit priefterliche Poeſie in Attifa
eingeführt und verbreitet haben joll. Er heißt
Schüler des Orpheus, Sohn des Orpheus oder des
Yinos, oder des Antiphemos (de3 Eumolpos und
der Selene. Unter feinen Poeſien werden ange:
führt Weihe: und Neinigungslieder (auch Schriften
über Weihen und Reinigungen werden ihm zus
geichrieben), Hymnen, Wielöhasunarn (Movoadov
zonouol), |. Hdt. 7, 6. 8, 96. 9, 43. Plat r.p.
2,7. Apol. p. 41 B. Ion p. 536 B. Dieje Weis:
fagungen wurden jpäter von Onomafritos geordnet
und verfälicht. Was nachher von ihm im Umlauf
war, waren meiftens Machwerke des Onomatritos
und anderer. Es werden als ſolche muſaiiſche
Gedichte angeführt eine Ebuolnie, "Ebantorıg
vroowor, eine Qsoyoria, Tıravoygayia u. ſ. w.
Vol. Kinkel, fragm. ep. Graec,. I p. 218 ff. —
2) Sohn des Thampris, Enkel des Philammon,
uralter thebanijcher (oder atheniicher) Lyriker (we-
Jororös). — 3) ein epiſcher Dichter aus Ephejos
in der alerandriniichen Zeit, der eine Berjeis in
10 Büchern und Gedichte auf Eumenes und Alta:
los von Pergamon verfaßte — 4) Mujaios,
genannt der Grammatiler, jpätejtens im Anfange
des 6. Jahrhunderts n. E., vielleicht Eine Berjon
mit dem gleichnamigen Freunde des Prokopios
unter Auftinian und Chriſt, Verfaſſer des Heinen
Epos r& nad” "How #al Atarögor in 340 Verſen,
das außer jeiner Form und beredten Sprache durch
lebhaftes Gefühl und geiftreichen Ton feſſelt und
das anmutigſte Epos aus den Zeiten des Kaiſer—
tums it, obgleich Nonnos fat ſtlaviſch nachge—
ahmt ift, j. Epos, 6. Ausgg. von Paſſow (1810),
Möbius (1814), Dilthey (1874), die neueſte von
Schwabe in jeiner Schrift de Musaeo Nonni imi-
tatore (1876). Überſetzung von Ulfchläger (1882).
Muscülus j Belagerung, 10.
Museion, Movseior, 1) j. Alexandria, ®,
— 2) Felshügel bei Athen, j. Attika, 11.
Musica (ars), uovor«r (tigen), bisweilen auch 1
musica, -orum, r& uovsıxd, eigentlich die Muſen—
funft überhaupt, hat einen viel weiteren Umfang
als den der bloßen Tonkunſt. Sie umfaßt jede
geiftige Bildung, aljo die mwiflenjchaftliche fo
— Musica.
Pierides, Pim- |qut wie die Fünftleriiche, vornehmlich daher die
pleides, Heliloniades, Theſpiades, Barnajjides, | Bhilojophie, die Pocfie, die Mimik, Orcheſtik, ja
=
796
jelbit die Mantik. Wegen diejer alten Verbindung
der Weisheit mit der Muftt war unter den Göttern
der die Leier lenfende Apoilon, unter den Heroen
Orpheus zugleih der weijefte. Die Muſik galt
als der zweite notwendige Teil einer freien Er:
zichung, rawdel«, neben der Gymnaſtik; eine
Trennung don der Poeſie erfolgte erjt zu der Zeit
des Platon und wird von diejem nicht gebilligt.
Ihre Geltung als fittenbildendes Mittel behielt
fie jedoch immerfort. Pythagoras betrachtete fie
als Yänterung und Beruhigung der Seele und als
Arzneimittel bei förperlichen Leiden; auch dem
Platon und Mrijtoteles galt fie als edles Erzie—
hungsmittel. Aber zu derjelben Zeit fing man
auch jchon an, über ihre Verweichlichung und ihren
nachteiligen Einfluß auf die Bolfsfitten zu flagen.
— Inwieweit die Schwachen Anfänge in der Mufil
bei den Chineſen, Indern und Agyptern auf die
Ausbildung bei den Griehen von Einfluß ge:
weſen find, läßt fich nicht mehr beftimmen; jedes:
falls fam es erft bei den Griechen zu einer wiſ—
jenihaftlihen Behandlung, wenn auch gerade
die Muſik, diefe Kunſt der Seele, der tieferen
Innerlichleit des Menschen, bei dem auf die ſinn—
liche Anjchauung und äußere Erjcheinung vorzugs:
weije hingewiejenen Hellenen nicht zu derjelben
Ausbildung gelangen fonnte, wie die Bildhauer:
funjt und Malerei. Als Erfinder gilt im Mythos
neben dem Apollon auch Hermes, der am Nil
die 3: oder Trjaitige Lyra erfunden haben joll,
oder Athene, der die Erfindung der einfachen
Flöte, oder Ban, dem die vielleicht jchon ſieben—
röhrige) Hirtenpfeife zugeichrieben wurde. Außer—
dem erjcheinen Dionyjos und die Muſen, die
Satyrn und Silenos mehr oder weniger als muſi—
kaliſche Gottheiten. Gerade wegen ihrer nahen
Beziehung zu dem inneren Wejen des Menſchen
ichrieb man ihr ſtets den höheren Uriprung und
eine göttliche, wunderbare Wirkung zu. Dies zeigt
jih in den Mythen des Amphion und feines Bru:
ders Zethos, des Orpheus, Yinos, des Kentauren
Eheiron u. a. Eben deshalb
Zeit, wo fie vorzugsweife das Volk durchdrungen
und jelbft das öffentliche Yeben beherricht zu haben
icheint; feine wichtige gemeinjame Handlung jchien
ihrer entbehren zu können. Daber ift uns aud)
eine micht Heine Anzahl Namen von Männern
überliefert, die ald Sänger, doıdor, den Bortrag
von Gedichten mit mufifaliicher Begleitung ver:
einigt zu haben jcheinen. Es war ein Vortrag,
der durch Muſik unterftügt, oder deſſen einfacher
Rhythmus dadurch gehoben wurde; nicht jelten
vereinigte jih aud) Tanz damit. Als ſolche Sänger
werden ung Thampris, Demodotos, Phe—
mios, Hyagnis, Dlen, Philammon, Pie:
ros, Chryſothemis u. a. genannt. Die Heimat
der früheften Ausbildung der Kunft jcheint in
Lydien und Arkadien geweſen zu fein; dort
joll Amphion feine Kunft erlernt haben, hier för:
derte das SHirtenleben die Ausbildung der Flöte
und der Hirtenpfeife. Die Tonarten (rouoı oder
conorleı, lateiniſch modi), die man unterichied,
gehören zum Teil Kleinafien an; die phrygiiche
ward auf Mariyas, den angeblichen Erfinder der
Doppelflöte, die dorifche auf den Thrafer Tha-
mpris zurüdgeführt; dieſe war die tiefite, die
Indiiche die höchſte, die phrygiſche zmwijchen
beiden in der Mitte; dazu famen jpäter die aiv:
ab es aud eine| —
Musica.
liſche und ioniſche. Später teilte man die
Intervalle noch durch einen halben Ton, wodurd
2 neue Tonarten entjtanden, deren Namen aus
jenen 5 Grundarten zujammengejegt waren. —
Die Mufit nahm einen bejonderen Aufichwung
jeit Entftehung der lyriſchen Poeſie, welche ſowohl
mit Gejang als mit Anftrumentalmufit (Flöte und
Saiteninftrumenten) in engiter Verbindung ftand;
und jo find auch die Inrifchen Dichter der Griechen
zugleich Muſiker. Zur praftiichen Förderung der
Muſik trugen bejonders die dyareg uonoızol bei
den Öffentlichen Spielen, namentlich bei den pythi—
jchen, jowie an den PBanathenaien in Athen bei.
Der eigentlihe Schöpfer der griechiihen Mufit
war Terpandros aus Lejbos, um 650 v. €.
4. d.); ihm reihen fih an der etwas jüngere Vhry—
gier Olympos ({. Olympos, 8.) und Thaletas
aus Kreta, um 620 v. E. (ſ. d.); Klonas aus
Theben oder Tegea, Hierar aus Argos, Xeno:
fritos aus Lokri Epizephyrii, der Flötenſpieler
Sakadas aus Argos, um 590 v. E. (j. d.). Dieſe
Mufiter waren zugleich auch Dichter. Andere wer:
den uns bloß ald Tonfünjtler genannt, wie Aga:
thon, Ariftonitos, Ariftonymos, Kleon, Hippo—
machos, Philotas, Stratonikos, Telephanes u. a.
Das erſte theoretiſche Werk über Muſik ſoll
der Lehrer Pindars, Laſos von Hermione, um
546 v. C., geſchrieben haben. Pythagoras, Rbi-
lolaos u. a. ftudierten die mathematiſchen Ver—
hältnifje der Töne; dazu wurde das Monochord
erfunden, das ſpäter der puthagoreiiche Kanon
hieß, eine über einen Reſonanzboden gejpannte
Saite mit einem verfchiebbaren Steg, durch den
die Saite in verjchiedene Teile geteilt werden
fonnte. Zur Beit des Platon und Nriftoteles
wurde die Tonleiter jehr vermehrt, und Euklei—
des um 277 v. E. behandelte zuerjt die mathe:
matiſche Mlanglehre wiflenichaftlih. Außerdem
jind noch Arijtorenos (j. d.), Plutardh, Nilo—
machos, Klaudios Ptolemaios u. a. zu nennen.
Bal. Weftphal, die Mufif des griech. Altertums (1883).
Bei den Römern ftand die Mufif bei weiten
nicht in jo hoher Achtung, fie galt eigentlich nur
als Mittel, nicht als Zweck für fich; fie wurde
daher auch meiftens nur von Fremden, Sklaven
und Freigelaſſenen getrieben. Ihr Gebraud, war
vornehmlich ein dreifacher, bei Opfern, auf der
Bühne und im Kriege; außerdem auch bei
Triumph: und Leichenzügen, Götterfeiten und Gajt:
mählern. Die erfte befamen fie mit einem großen
Teile des Kultus von den Etrujfern, die Inſtru—
mentalmufit für die Bühne und den Felddienſt
von den riechen; die Saiteninftrumente follen erit
186 vd. E. nach Rom gelommen fein. Die Reci—
tation unter Mufifbegleitung jcheint fich zum red:
nerijchen Vortrag verhalten zu haben wie ber
dichterische Rhythmus zum profaischen Numerus.
Nedner und Schaufpieler ließen fich gern durch
ein mufifalifches Vorjpiel den Ton angeben; eine
immerwährende Begleitung fand vielleicht auch
auf der Bühne nicht flatt, fie trat aber wohl
allemal dann ein, wenn fie die Kraft und den
Eindrud des Vortrags erhöhen jollte. Die Chöre
wurden übrigens ohne Zweifel anders begleitet,
nämlich von Flöten und andern Blasinftrumenten,
auch Leiern und Cithern. Der Flöten, tibiae,
gab es 2 Arten, dextrae und sinistrae (ſ. Tibia).
In der Feldmufif gab es die beiden Gattungen
[
[= 1)
—X
Musica.
|
der tibicines und tubicines; bei den Gaſt—
mählern traten jpäter auch psaltriae' und sam-
797
testudo, die erjie aus der Schale der Schildkröte
von Hermes verfertigte Yeier, 7) Auge, Iyra, eier,
bueistriae (Xeier- und Sarfenjpielerinnen) auf, ſchon urjprünglih mit 7 Saiten verjehen oder
meift Griechinnen und Libertinen, nicht immer | nach andern eine all:
unbeicholtenen Rufs. Die Kaifer begünftigten die | mählicheBerbeflerung der
Mufif, mit Ausnahme des Tiberius, der die Mu: | von Amphion oder Yinos
fifer und Schanfpieler aus Nom vertrieb. Nero
war in der Vorliebe dafür jo weit gegangen, dab
nach jeinem Tode auf einmal 500 Sänger und
Mujfiter verabjchiedet wurden. — Gegenftand litte-
rarijcher Bearbeitung wurde die Mufit bei den
Römern erjt jpät; Vitruvius, A. Gellins, Apule:
jus, Genjorinus, Dtacrobius, Marcianus Capella
u. a. traten als Schriftfteller darin auf. — Der
Klang überhaupt hieß bei den Griechen Wogpog,
lateinijch sonus, mit Rüdficht auf jeine Höhe oder
Tiefe der unbejtimmte Klang porn, vox, der be:
ftimmte PPoyyog, sonitus. Das ovornue, die
Tonleiter, war anfangs Hein und erweiterte
ſich erft nad) Erfindung der fiebenfaitigen Lyra
durch Terpander, wozu Pythagoras nod einen
achten Ton gefügt haben joll. Nach mannigfachen
Erweiterungen bildete fi) das große und voll:
fommene Spitem einer Tonreihe von 18 Tönen,
die in 5 Tetracdhorde eingeteilt wurden. — Die
Einteilung der Muſik war natürlich die in Vokal—
und Inſtrumental-Muſik, wozu noch die orche:
jtifche oder pantomimijche hinzulam; die erjte
wurde die odiiche, Die ziveite die organische, die
dritte die hypofritische genannt. Die Tonſetzung
war von der Tonmejjung verichieden; jene
jtellte die Töne nach Höhe und Tiefe auf eine für
das Singen angemefiene Weije zufammen und
hieß welonrorda; dieje beftimmte die Yeitdaner
der einzelnen Töne und hieß dvdworode; fie fiel
mit den metriichen Geſetzen der Dichtfunft, wonad)
eine lange Silbe die doppelte Dauer (mora) einer
furzen hatte, unmittelbar zujammen. Im Theater
jtand mitten im der Orcejtra ein Zaftichläger |
(modoyopog oder rodorrurog), der durch ſeine
mit eijernen Sohlen (zoovrak«) verjehenen Füße
den Takt angab. Anders wurde übrigens wahr:
icheinlich das gewöhnliche Lied als die melifchen
Zeile der griechiihen Dramen vorgetragen; der
Vortrag der leßtern glich wohl mehr unjerem Re:
citativ und geidhah unter Begleitung der Flöte
und Kithara. -— Auch Noten haben die Alten
jeit Terpander oder jeit Pythagoras gehabt, fie
bedienten fich dazu der Buchjtaben, was große
Unbequemlichkeit verurfachte und eine ſolche Menge
von Tonzeichen gab, daß nach Platon zur bloßen
Erlernung der ren 3 Nahre erforderlich
jein fonnten. Auch gaben fie nur die Höhe und
Tiefe der Töne an, während die Zeitdauer der-
jelben vorausgejegt oder anderweitig bezeichnet
wurde. Endlidy waren auch noch für manche Ton-
veränderungen, 3. B. zur Erhöhung oder An:
ſchwellung des Tons, Zrßolrj, proiectio, oder
orovöc«ıeauos, zur Erniedrigung desſelben, !akvars,
dissolutio, Andeutungen erforderlich. — Die mu:
jifaliichen Inftrumente waren a) Blas-Inſtru
mente: 6 «blög, tibia, die Flöte Fig. 1.) (die
Querflöte, mAaylavkog, nicht beliebt), 7 calmıyE,
tuba oder buceina, die Trompete (Fig. 2.), ro
»Egas, cornu, das Horn (Fig. 3.), 6ootys. die
Hirtenpfeife oder Banflöte, der Kindheit der Mufif
angehörig und in der praftijchen Mujif der Alten
ohne Bedeutung; b) Saiten: Injtrumente: 7) gekus, |
Big. 1.
erfundenen «dagıs, xıdaga, Cither, und Ber-
mehrung ihrer 4 Saiten mit 3 neuen. Später
joll Simonides noch die achte und Timotheos die
neunte Saite der Kithara
hinzugefügt haben; wahr:
jcheinlicy aber jind bier
mehrere verichiedene In—
ftrumente unter Einem
Namen verbunden. Die
beiden gebogenen Enden
der Lyra liefen unten zu:
jammen (&y»@reg), waren
aber oben wie Hörner (da=
her x!gaera) auseinander:
ebogen. Zwijchen den Griffen oder gebogenen
nden (mijyvug) war das Duerholz (fuyor, iugum),
unten der Steg (broiverov oder ueyas) mit einem
Nejonanzboden, yeior; in dem Steg waren die
Saiten befeftigt, dagegen in dem Seyo» um Wirbel
(»öllaßor) gewunden; geipannt wurden fie mit
einem Stimmfchlüffel (zogdorovor). Beim Spielen
wurden die Saiten, gewöhnlich Darmjaiten, mit der
rechten Hand mittelit eines Stäbchens von feinem
Holz, Elfenbein oder Metall, mAnareov, plectrum,
berührt. Die xıddo« joll der Thrafer Thamyris
zuerft ohne, Amphion oder Linos mit Geſang—
begleitung angewendet haben. (Der Spieler hieß
xıdagıorrg, cıtharista, der dazu Singende nıda-
ewöög, eitharoedus.) Andere Punkte jind dunfel
oder jchon bei den Alten jelbjt bejtritten. Wis
größere fiebenfaitige Leier eriheint aud) das von
den römischen Dichtern oft genannte Barbiton (ro
Pegßırov oder 7 und 6 Pdeßeros). Gleichfalls
der Yeier ähnlich, wenn auch mehr unferer Harfe
gleihend, war das ältefte griechiſche Saiteninjtru:
ment, das uns erwähnt wird, die YopuwyE, be:
fonders edel und dem Apoll beigelegt, auch mit
Gold oder Elfenbein und andern Kojtbarfeiten
und Bildwerfen bejebt (daudaifn, megınaling).
Sie wurde beim Spielen an einem Bande über
der Schulter getragen und hatte wohl einen weniger
tiefen Schallboden als die Lyra, weshalb fie fait
immer als Arysi« dem Tone nad) bezeichnet wird.
Endlidy die oaußern, sambüca, eine Art Harfe,
dreiedig (daher ro/ywror) und mit jehr jcharfen,
ichneidenden Tönen. — ce) Schlag: Anftrumente:
röuravor (von rörreır), tympanum, die Hand:
paufe, mit hohlem, halbrundgewölbtem Schallboden,
mit Pergament überzogen und bei den raufchen-
den Feiern des Dionyjos und der Kybele bejon-
dia. 3.
198
ders gebraucht;
— »eorelor, erotalum, eine Klapper, Klingel
oder Schelle, metallenes Beden mit laut gellendem
Tone, ähnlich wie die heutigen Caſtagnetten und
beim Tanze üblich. Streichinftrumente hatten die
Alten nicht. — Die römischen Anftrumente find
in Obigem faſt alle jchon angegeben; nur den
lituus, die tibya und tuba bildeten fie weiter aus,
j. darüber das Nähere unter diejen Artikeln.
Musicäni, Bölferjchaft am unteren Indos, in
ſehr fruchtbarer Gegend. Curt. 9, 31,8. 32, 16.
Strab. 15, 604. 701.
Musikänos, Movsızarös, ein indischer Fürſt,
der ſich Mlerander dem Gr. unterwarf und über
jein Land weiter herrſchen durfte, dann aber wäh-
rend Aleranders Abwejenheit wieder abfiel,
fangengenommen und gehängt wurde, 325 v. E.
Arr. 6, 15,5 ff. 7, 1.
Musivum, Mojait, aus fleinen, zum Teil koſt—
baren Steinen oder Glasftiften zuſammengeſetzt,
jo daß entweder geometrijche Figuren (tessellatum)
oder wirkliche gemäldeähnliche Schöpfungen (das
eigentlidie musivum) entitanden, wie das herr-
liche Bild der Mleranderichlacht in Pompeji, wo
man 150 Marmorftüdchen auf dem Raum eines
Duadratzolls gezählt hat. Viele andere Moſaik—
bilder zeigen großartige Kompoſition, lebendigen
Ausdrud, ſchöne Färbung und die zierlichite
Ausführung. Sie dienten faſt ausichliehlich zum
Schmud des Fußbodens (pavimentum); erft gegen
das Ende der Kaijerzeit wurden auch die Wände
und jogar die Gewölbe damit bekleidet.
Musönes j. Mauritania.
Musonli, 1) C. Mujon. Rufus, Sohn eines
römischen Nitters Capito aus Volfinii, blühte zur
Zeit des Tiberius und Nero und beichäftigte ſich
emfig mit der ftoiichen Philoſophie, in der er den
Epiftet zum Schüler hatte. Seinen rechtichaffenen
Charakter zeigte er bei der Anflage des Egnatius
Geler. Tac. hist. 4, 10. Unter Nero (65 n. E.)
wurde er, weil er fih an der Verſchwörung des
Pijo beteiligt haben jollte, auf die wüſte Inſel
Gyaros im Migaiischen Meer verbannt (Zac. ann.
15, 71), wohin ihm viele Jünglinge folgten, um
jeinen Lehren zu horchen. Als Beipafian zur Re:
gierung fam, war er bereits wieder in Nom und
blieb allein von der Ausweiſung, welche die dort
lebenden Philojophen traf, ausgenommen. Tae.
hist. 3, 81. Dio Cass. 66, 13. Von feinen, in
griechiicher Sprache verfahten, Schriften, Reden
und Briefen, ift wenig erhalten (gefammelt von
Beerlfamp, 1822); was wir bejiben, zeigt, daß
er der von FXenophon eingeichlagenen ſokratiſchen
Weile folgte. Abhandlung von Balker (1871). —
2) Muſonius Baſſus, wird von dem jüngeren
Blinius in feinen Briefen (7, 31) mit Yob ge-
nannt.
Mustius, Gaius, cin römiſcher Nitter, pflog
mit Cicero, der für ihn einen Prozeh, bei dem
fein ganzes Vermögen auf dem Epiele jtand, er:
—— geführt hatte, vertrauten Umgang. Cie.
. 1,53, 139. Den Prozeß gegen Verres, den
F u einem Streite dDesjelben mit P. Junius
(dem Stieffohn des Muftius) wohl fannte, erlebte
er nicht mehr.
Musulamii, bei Tacitus (ann. 2, 52. 4, 24)
eine mächtige numidiſche Völkerſchaft, wohl iden—
tijch mit den Misulani des Ptolemaios, jüdlich
der fie jchlug, hieß tympanista; |
Musicani — Mykale.
von dem Gebirge Auraſius (j. Aures). Am J. 1
v. E. von Yentulus Coſſus unterworfen, fämpften
fie unter Tacfarinas 17—24 n. E. tapfer gegen
die Römer, und wurden dann unter Claudius
nordweftlich von Theveite angejiedelt.
Muthul, lub Numidiens, der nah Salluit
(Jug. 48) die Gebiete des Iugurtha und Adherbal
trennte, wahricheinlich ber heutige Wed Melleg,
ein Nebenfluß des Bagradas.
Mutilus j. Papii, 2.
Mutina, Movrirn, j. Modena, Stadt des cis-
padantichen Galliens im ehemaligen Gebiete der
Bojer, an der von Mediolanium durch Italien
führenden Straße, jeit 184 dv. E. römiſche Kolonie
(Liv. 39, 55) und jehr blühend. Am Bürgerfriege
ge: nach caſar⸗ Tode wurde D. Brutus dort 4 Mo:
nate lang (44—43 v. E.) durch Antonius belagert;
diefer Krieg führt daher den Namen des bellum
Mutinense. Suet. Vet. 9. 84. Die Umgegend ”
ihönen und wohlhabenden Stadt (Cie. Phil. 5
produzierte die feinſte Schafwolle in ganz Stalien
und guten Wein, außerdem waren die mutimen-
jiichen Gefäße aus Thon ſehr geſchätzt.
Mutinus, Mutünus j. Priapos.
Mutüum hieß der Darlchnsfontraft zwiſchen
ereditor und debitor., Außer Geld konnten die
Objekte auch in Sachen beſtehen (guae pondere,
numero, mensura constant); die geliehene Sache
jelbit, entweder al® commodatum (j. d.) oder de-
positum (j. d.), hieß ebenfalls mutuum, daher
mutui datio. Die Zinienbezahlung liegt nicht in
dem mutunm an fid), wurde aber regelmäßig mit
ausgemacht, stipulatio de usuris.
ygdon, Miydor, 1) König der Bebrnfer,
Bruder des Amyfos, von Herafles auf dem Zuge
zu den Amazonen erichlagen. — 2) Sohn des
Amon, Vater des Koroibos, König der Phryger,
die nach ihm Mygdonen genannt wurden. Daher
campi Mygdonii Hor. od. 3, 16, 41; opes Myg-
donine da. 2, 12, 22. Er fämpfte mit Otreus
und Priamos gegen die Amazonen. Hom. Il.
3, 186,
Mygdünes, MvyÖoreg, 1) Bewohner der Yand-
ihaft Myadonia in Mafedonien (Hdt. 7, 123.
Thue. 2, 99. 100), thrafijchen Urjprungs; ſ. Ma-
kedonia. — 2) aus Thrafien in Bithynien ein-
gewanderte Völkerſchaft um den Berg Olympos
und den Daſtylitisſee. Strab. 12, 564. 575. —
3) Volk im nördlichen Mejopotamien, jüdlich vom
Mafiosgebirge, mit der Stadt Wifibis. Strab.
16, 747.
Myia, Ave, 1) Tochter des Pothagoras und
der Theano, Gattin des Athleten Milon aus Kro—
ton. Ein noc vorhandener Brief an eine gewiſſe
Phyllis wird ihr beigelegt, gehört aber einer jpä:
teren Zeit an. -— 2) eine Dichterin, neben Korinna
und © Sappho erwähnt, wahrſcheinlich jedoch nur ein
Beiname der Korinna (ſowie Sappho Biene oder
Movsor rirrı& genannt wurde), woraus dann
jpäter eine eigene Dichterin ward. — 3) eine
andere Dichterin aus Sparta, welche Hymnen auf
Apollon und Artemis geichrieben haben joll.
Mykäle, Mvxdin, der fteile, weſtliche Aus—
läufer des Imdiichen Gebirges Meſſogis, mit dem
Banionion, dem Bundesheiligtum der Jonier, und
dem Borgebirge Trogilion (j. Kanapita), das
durch eine 7 Stadien breite Meerenge von Samos
getrennt iſt; j. Samjun:Dagh genannt. Hier be:
Mykalessos — Mykonos.
fiegten Herbſt 479 v. C. Leotychides und Kan:
thippos ruhmvoll die perfische See- und Land—
macht. Hdt. 1,148. 7, 80. 9, 6 ff. Hom. I1.2, 869.
Thuc. 1, 89. 8, 79. Strab. 14, 636.
Mykalessos, Moxrc«Ansoög, alte Stadt Boio:
tiens (om. Il. 2, 498) im Gebiet von Tanagra,
zwij Theben und Chalkis, weſtlich von Aulis,
der Sage nach jo benannt von einer Kuh, die
dem Kadmos den Weg wies und hier ein Gebrüll
erhob. Seitdem ein Haufe thrafiicher Söldner der
Athener unter Diitrephes im J. 413 v. C. die
bedeutende Stadt überfallen und fait alle Be:
wohner niedergemegelt hatte, verfiel ſie immer
mehr und war jchon zur Zeit des Pauſanias zer:
ftört. Thuc. 7,297. Paus. 1,23,3.9, 19,4. Nicht
unbedeutende Ruinen jowohl der Akropolis als
der Unterſtadt haben ſich erhalten.
Mykenai, Muxijvei, auch Muxnen (Hom. N.
4, 52), uralte, „wohlgebaute‘, „breitjtraßige “,
„goldreidhe” Stadt in Argolis, Sitz der Nach—
fommen des Danaos und dann der ‘Belopiden,
unter denen fie zu hohem Anfchen und zu Macht
gelangte. Später janf M. Da die Bewohner
nach Thermopylai und Plataiai Kriegsvölker zur
Abwehr der Perjer geichicdt hatten (//dt. 7, 202.
9,27), wurden die Argiver, die im jchimpflicher
Neutralität verharrt hatten, darüber zornig und
griffen, wahrjcheinlich auch aufmerfiam gemacht
auf die gefährliche Yage der Burg, die, ähnlid)
wie Dekeleia, einem don Norden (z. B. vom
Iſthmos) fommenden Feinde Leicht als Waffen:
plag dienen konnte, mit den Bewohnern von
Tegea und Kleonai jpäter, 463 v. E., diejelben
an. Mangel an Lebensmitteln zwang die Be:
wohner, die feſte Stadt zu verlajjen, worauf
fie fich teils nach Keryneia in Achaia, teils zu
Alerander von Makedonien begaben. Doch geht
aus neugefundenen Juſchriften hervor, daß die
Stadt jertdem nicht völlig verödet lag, jondern
da; mwenigftens im 2. Jahrh. v. E. wiederum
eine Gemeinde der Myfenaier eriftierte. Pauſa—
nias (2, 16, 5ff.) an noch anjchnliche
Überreſte der Stadt: kytlopiſche Ringmauern mit
dem Löwenthor; die Schatzkammern des Atreus,
die Gräber des Atreus und Agamemmon, nod)
heute Ruinen, die ſich bei dem Dorfe Kharvati
fast in demjelben Zuſtande vorfinden (j. die Abb,
©. 800). Nachgrabungen Heinr. Schliemanns
im I. 1876 haben hier höchſt interejlante Reſul—
tate zu Tage gefördert, nicht nur ein neues ſ. g.
Scaphaus ſ. baukunst, 1.) nnd Die Ruinen
von 3 andern dergleichen, jondern auch inner:
halb der Burg 25—35 Fuß tiefe Gräber aus
vorhellenifcher Zeit mit teilweije mumifizierten
Leichen, altertümliche Schmudjacdhen und Waffen
aus Gold, Helme, Diademe, Gürtel, Spangen,
Ringe, Gefichtsmasten u. |. w., wozu durch nod)
neuere Ausgrabungen auf der Kuppe des Burg:
feljens die Reſte des Atridenpalajtes gefommen
find, Baumwerfe und Nunftgegenjtände, die zwar
einheimischer Technik anzugehören, aber unter dem
nfiedler entjtanden zu fein
Einfluffe phoiniliſcher
ſcheinen und erheblich älter find als die Zeit, wo
die bomerischen Gedichte entjtanden find. Wal.
Schliemann, Mykenä (1878). Furtwängler und
Löſchcke, Myleniſche Thongefühe (18791. Steffen,
Karten von Mylenai (188%). Stoll, Wanderungen
durch Altgriechenland I ©. 57 ff.
199
Mykerinos, Muvxsoirog, Menkaura, ägypti cher
König der vierten Dynaſtie, Nachfolger des Che:
phren (j. d.), Erbauer der drittgrößten, nur 66m
hohen, aber bejonders ſchön gearbeiteten Byramide
von Gizeh, um 2960 v. C. Hat. 2, 127 ff. Died.
Sic. 1, 64.
Mykoi, Muxod, bei Herodot (3, 93. 7, 68) eine
aſiatiſche Völkerſchaft, zur vierzehnten Satrapie ge:
— alſo wohl öſtlich von Perſis.
ykönos, Mönoros, von den Römern auch
Mycone genannt, noch j. Myfonos, Feine felſige
Kykladeninſel, ſüdöſtlich von Tenos und nördlich
von Delos, etwa 2 TIM. groß. Die Sage
verlegte die Gigantenfämpfe der mythiſchen Zeit
hieher: alle von Herakles erjchlagenen Giganten
jollten unter derjelben begraben liegen, daher das
Sprichwort: mdrra«a dmo uier Munorov, jpäter
Dr Bezeichnung verichiedenartiger Dinge, die unter
ine Rubrik gebracht werden: „alles Ein Trödel”.
— Die Imjel iſt trotz ihrer Kahlheit und des
800
Mangels au Bewäſſerung nicht ganz mufruchtbar
und bringt ziemlich viel Feigen, Wein und Gerſte
hervor; die Hauptbeichäftigung der Bewohner aber
war und ijt die Schiffahrt. Sie waren wegen
ihrer Kleinlichkeit und Habjucht verrufen (Muxo-
rıog yılrav). Die Inſel enthielt 2 Städte. Hat.
6, 118. Thuc. 3, 29. Strab. 10, 487.
Mylai, Mölcı, 1) eine von Zankle (Meflana)
auf Sicilien un 716 v. E. gegründete Kolonie
auf einer Yandzunge an der Norbküfte der Inſel,
mit einer Gitadelle (Thuc. 3, 90), im frudjtbarer
Gegend, befannt durch den in der Nähe erfochtenen
Seejieg des Duilius, 260 v. E,, int erſten puni—
chen Kriege, jowie durch das Seetreffen, in dem
Agrippa die Flotte des S. Pompejus im J. 36
v. C. jchlug; j. Milazzo. Pol. 1, 10. App. b. c.
Mylai — Myra.
Hauptgöttin, eigentlicd; Belit genannt, d. h. die
Herrin; die Gemahlin des Bel, des Herrn der
Schöpfung; die Göttin der Lebens: und Zeugungs—
kraft der Natur, der üppigen Luft und des wilden
Schmerzes; von den Griechen mit ihrer Aphrodite
identifiziert. Udt. 1, 131. 199.
Myndos, Muvdos, feite gg in Karien,
doriich-ionische Kolonie von Troizen, mweftlid von
Halitarnaffos auf den Ende der Halbinjel zwi—
ichen dem Jaſiſchen und dem Keramiichen Meer:
bujen gelegen; j. Gümüfchlü-Liman. Arr. 1,20, 5.
Strab. 14, 658.
Myon, Mio» oder Muwvia, Stadt der ozoli—
ichen Lokrer, 30 Stadien nördlid von Amphifia
auf bedeutender Höhe, an dem beichwerlichiten der
von Nitolien nad Lokris führenden Pälle. The.
Zas Löwenthor in Mylenai,
5, 105 ff. Dio Cass. 49, 3. — 2) fefte Stadt in 3, 101. Dort war ein Hain mit einem Altar der
der theſſaliſchen Provinz Heftiatotis, vielleicht in
der Nähe von Kyretiai auf einer fteilen Anhöhe
am rechten Uſer des Europos. Liv. 42, 54.
Myläsa, z& Mulaca (bei Herodot und Polybios
#eol uerkdyıon, denen nächtliche Opfer dargebracht
wurden. Paus. 10, 38, 8
Myonnösos, Mvorrnoos, Stadt am Meerbuien
von Ephejos, zwiſchen Teos und Lebedos, auf
Milasoe), die größte und jchönfte Stadt im In— dem Vorgebirge Makria, der Heinen Infel Aipis
nern Kariens, 80 Stadien von der Küſte entfernt, | gegenüber gelegen, befannt durch den Seefieg der
die Nefidenz der alten Könige bis auf Maufollos. | Römer über Antiochos III. (Herbft 190 v. E.).
Tie Römer erklärten fie für frei; doc litt fie | Thuc. 3, 32. Strab. 14, 643. Liv. 37, 27.
jpäter durch eine teilweie Yerftörung. Der teile | Myos Hormos, Mvög douos, d. h. Muſchel—
Fels, an deſſen Fuße fie lag, lieferte den trefi: | hafen, bedeutende Hafenftadt am Arabijchen Meer:
lichen weißen Marmor zu den vielen Gebäuden | bujen, von Btolemaios Philadelphos angelegt und
der Stadt, bejonders zu dem weithin leuchtenden | durd eine Handelsftrahe mit Koptos am Nil ver:
Tempel des Zeus Djogon. J. Milas, griechiicd | bunden; j. Abuſchar. Strab. 16, 769, 781 f.
Melifjos mit Ruinen. Ahr Hafen hieß Phyſlos. Myra, r& Movg«, bedeutende Stadt Lnfiens,
Iidt. 1, 171. Pol. 16, 24, 6. Strab. 14, 658 f. in byzantiniſcher Zeit die Hauptitadt, am Myros—
Paus. 8, 10. Plin. 5, 29. Arr. 1, 20. fluß, 20 Stadien vom Meere, mit dem Hafen An—
Mylitta, Mora, die babylonisch = afiyriiche |driafe <j. Andraki; act. ap. 27, 5); h. Mori,
Myriandos
türkiſch Dembre, mit mächtigen, zum Teil in den
Felſen gehauenen Ruinen, namentlich von Gräbern.
Strab. 14, 666.
Myriandos, Movol/ardog, forrump. Movglav-
öposg, bedeutende Handelsitadt in Syrien, am Meer-
bujen von Iſſos (der bei Hdt. 4, 38 ö Movgier-
Ögıxös nolmas heißt), eine Tagereife von den
filikiich-igriichen Strandpäfien, Kolonie der Phoi-
nifer. Strab. 14, 676. Xen. An. 1, 4, 6. Arr.
2,6, 2.
Myrina, n Mvoiv«, aiolishe Hafenjtadt an
der Weſtküſte Myſiens, Geburtsort des Epigram-
mendichters Agathias, unter Tiberius (Tac. ann.
2, 47) und Trajan durch Erdbeben zerftört, doch
wiederhergeitellt. Hdt.1, 149. Liv. 33, 30. Strab.
13, 623. Die NefropoliS der Stabt, mehrere
Zaujend Gräber enthaltend, ift in den legten Jahren
bloßgelegt worden.
Myrkinos, Mögxıvog, eine am Strymon nörd:
lid von Amphipolis in Thrafien durch Hiftiaios
gegründete Feſte, welche die Edoner eroberten und
zu ihrer Hauptſtadt machten. Hdt. 5, 23. 124.
Thuc. 4, 107. 5, 6. Bei einem Berjuch, fich wieder
in ihren Befig zu jeßen, fand Ariftagoras jeinen
Tod. Hdt. 5,97. Thuc. 4, 102. Nach dem pe-
loponneſiſchen Kriege wird der Name nicht weiter
genannt.
Myrmidönes, MvowBöores, waren der gewöhn-
lihen Sage nach mit Peleus von Aigina nad)
Thefjalien ausgewandert, doch ift umgetehrt eine
Kolonijation der Inſel von Thefjalien aus wahr:
fcheinliher. Schon Homer (II. 2, 684. 16, 65.
19, 278) kennt fie im jüdlichen Theffalien. Später
werden fie in der Gejchichte nicht mehr genannt.
Der Name wird von einigen von Myrmidon, dem
Sohne des Zeus und der Eurymeduja, abgeleitet,
die Zeus in Geftalt einer Ameiſe berüdte. Andere
leiten den Namen von uveunf, die Ameije, des:
halb her, weil nad einer Peſt auf die Bitte des
Aiakos Zeus Ameifen in Menſchen verwandelt
habe. Apollod. 3, 12, 6. Ov. met. 7, 520.
Myro j. Moiro. 2
Myron j. Bildhauer, 4.
Myronides, Mvgwviöns, Sohn des Kallias,
ichon bei Plataiai Mitfeldherr des Nrifteides, be-
wundert von Zeitgenofjen und Nachwelt als mann:
hafter Streiter, war mit Tolmidas Repräjentant
einer zwijchen den Ertremen in der Mitte ftehen-
den dritten Partei (um 460 v. E.), welche die ge:
mäßigte Demokratie zu erhalten und Athen zu
einer Landmacht zu erheben ftrebte. Nachdem er
Gejandter in Sparta geweſen, trat er bedeutender
zuerit in den Gtreitigteiten mit den doriſchen
Staaten hervor, durch welche Megara und Aigina
gewonnen wurden, 4658—57. Nach der Niederlage
bei Tanagra fchlug er die Korinther bei Megara,
—— den Sieg bei Dinophyta, 456, ſtellte in
oiotien außer in Theben und Orchomenos die |
Demofratie wieder her und verichaffte Athen das
Übergewicht in Boiotien, Yokris und Photis Thuc.
1, 105. 108). Er unternahm auch einen Kriegs—
zug nad Theflalien, mußte indeflen zurüdtehren,
ohne daß es ihm gelang, Pharjalos zu erobern.
Diod. Sie. 11, 79#f. Thue. 1, 111. Wahrjchein-
lich ift er nicht lange nachher geftorben. Arist.
Eecles. 302. Bgl. Roh, de Myronide et Tol-
mida (1841),
Myrrha, Mögga,1)j.Adonis und Kinyras.—
Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
801
2) uvoeu, attiich aurer«, der Saft des Myrrhen—
baums, der teils von jelbjt herauströpfelt (stacte,
\oraurj), teild durch Anbohrung gewonnen wird
und bald zu feiten Körnchen gerinnt. Der Baum
wuchs bejonders gern in Arabien, bisweilen 5 Ellen
hoch, und hatte einen harten Stamm und eine °
latte Rinde. Nach Plinius gab es 7 verjchiedene
rten. Der Saft wurde ald Salbe, als Arznei:
mittel und endlid ganz bejonderd im Weine ge:
braudıt, um demjelben die beraufchende Kraft zu
nehmen und einen milderen Gejchmad zu geben
(uveoiuns olvog, vinum murrhinum).
Myrsilos, Mugoikos, attiſch Muoridos, 1) der
griechiiche Name des lydiſchen Königs Kandaules.
Hdt. 1,7. — ?) Seichichtichreiber aus Methymna
auf Leibos, wahricheinlich unter den erſten Btole-
maiern, jchrieb Asoßıaxd« und iorogıza mapddoge.
Die erhaltenen Bruchftüde find gejammelt von
Müller, fragım. hist. Graec. IV p. 455 ff. —
3) einer von den Athenern, welche den Frieden des
Nikias beihworen. Thuc. 5, 19. 24. — 4) Tyrann
don Motilene, vom Dichter Altaios (j. d.) vielfach
| angegriffen.
Myrtilos, Mveriios, 1) j. Pelops. — 2) j.
Myrsilos.
Myrtis, Mvoris, lyriſche Dichterin aus Anthe-
don in Boiotien, genannt als or der Ko:
rinna und des Pindaros, mit dem fie ſich in einen
mufifalischen Wettftreit eingelaſſen haben joll, in
den Iyriichen Kanon der Alerandriner aufgenom:
men, bejang in der Weiſe des Steſichoros die Liebe
der Ochma zu Eunoftos. Sie dichtete wahrichein:
lich in aioliſchem Dialeft mit boiotijchen Eigen:
tümlichkeiten.
Myrtöum mare, rö Mvgroo» melayog, hieß
der Teil des Aigaiiſchen Meeres, der die an der
Südjpige von Euboia gelegene Inſel Myrtos
umgab. Plin. 4, 11, 18. Über die Ausdehnung
der Benennung waren die Alten jelbjt nicht einig:
in weitejter Ausdehnung reichte es von Euboia
bis zur Dftküfte Laloniens und bis Kreta.
Myrtus, uögrog oder uvpeivn, der aus Grie-
chenland nach Italien verpflanzte, in mehreren
| Arten vorfommende, der Aphrodite geheiligte
Myrtenbaum, deſſen Blätter und Zweige vorzüg:
lich zu Kränzen gebraucht wurden, ſowohl um die
‚ Sieger in den Wettlämpfen zu verherrlichen, als
auch bei Gaftmählern, SHochzeitsfeiern u. dal. m.
Aus den Blättern bereitete man auch eine Salbe
und prefte aus den Beeren ein DI von dunkler
Farbe; auch bereitete man ein nicht beraujchendes
Getränk daraus (wuerirng olvos). Man jchrieb der
Myrte eine reinigende Kraft zu und gebrauchte
fie daher auch bei feierlichen Reinigungen oder
Luſtrationen, ald Symbol der Ehe, ald Schmud
‚der‘ Eingeweihten und der Toten u. ſ. f. In
Athen gab es einen eigenen Myrtenmarft.
Mys j. Bildhauer, 6.
Mysia, 7; Mvol«, nordweftliche Provinz Klein:
aſiens, nah Strabon jo genannt von ben vielen
' Buchen, bejonders in der Gegend des Olympos,
da uvoog bei den Lydern die Suche geheißen habe.
Die Grenzen waren im N. die Propontis und
‚der Hellespont, im W. das Migaiijche Meer, im
©. Indien, im D. Phrygien und Bithynien (Fluß
Rhyndakos und DOlymposberg). M. zerfiel in 5
Zeile: 1) Kleinmyiien (M. n wma), aud)
7 dp’ "Elinonövro Bovyia genannt, der nörd—
öl
— Mysia.
802 Mystagogos — Mysteria.
liche Teil längs der Propontis bis zum Olympos; | hängend mit urw (ich jchliege den Mund, das
2) Großmyſien (M. N) ueya@ln), der füdliche | Auge u. j. w.), bezeichnet im Singular das Ge:
Teil des inneren Landes; 3) Troas (7 Towds), heimnis, im Plural entweder den Geheimdienft
der nördliche Teil der Weſtlüſte vom Borgebirge | jelbjt oder die in demielben vorfommenden ge:
Sigeion bis zum Vorgebirge Lelton; 4) — heimnisvollen Gegenſtände; bei dem Namen öpyıa
(77 Alokls), der jüdliche Teil der Weftfüfte am | dagegen tritt bejonders die Beltimmung einer
Kaifos; 5) Teuthrania (n Tevdearde), der | enthufiaftiichen Gemütserregung hervor, während
Landſtrich längs der Südgrenze (Strab. 13, 615). | reAerrj, weldes allerdings wie auch öeyıa in
Unter der perjiichen Herrſchaft gehörte Myſien zur | allgemeiner Bedeutung jede myſtiſche Handlung
zweiten Satrapie (Hat. 3, 90), begriff aber nur den | bezeichnen fann, die durch die Einführung im jene
nordöftlichen Teil des eben bejchriebenen Ganzen. Kulte erreichte innere Weihe und Vollendung be-
Zu den Gebirgen des Landes gehörte der Ada | deutet. Diejelbe Bedeutung liegt dem lateimichen
(4. d.) mit den Spiken Gargaron und Kotylos,
der Temnos (j. Demirdichi:Dagh) mit den ſüd—
lichen Ausläufern Pindaſos und Sardene. Unter
den Borgebirgen find zu merken: Rhoiteion
(ij. Intepeh), Sigeion (j. Jeniſchehr), Lekton
(j. 8. Baba oder S. Maria), Kane (j. Karadagh)
u.a. An der Wejtküfte, jüdlich von Troas, lag
der Adrampttiiche Meerbujen (j. Meerb. von | men werden, meift bei nmächtlicher eier unter
Adrampti). Die Zahl der Flüſſe ift bedeutend, | yadelichein und beraujchender Mufif. Außerdem
|
I
dienften vorlommenden Handlungen und Gebräuche,
nicht aber ihre Größe. In die Propontis münden: | haben die M. ihre bejonderen Mythen (feeol Aöyaı),
wie Reinigungen, Sühnungen und Bühungen,
Opfer, Prozeifionen, Gejänge u. ſ. f., finden ſich
auch bei dem Myſterienkulte; nur haben ſie bier
einen ganz anderen Charakter, indem fie mit einer
durchaus orgiajtiihen Gemütserregung vorgenom-
der Rhyndakos (j. Adirnas) mit dem Mafejtos | die ſich von den gewöhnlichen Mythen durch das
‘ij. Sujurli), Aiſepos, Granikos (j. Tichan); | VWorherrichen des Symboliſchen und Allegoriichen
in den Sellespont: Paiſos (j. Beiramdere), Ber: | und den Mangel feiter und klarer Gejtaltung
fotes, Simois (j. wahricheinlich Dumbref) und der | unterjcheiden; fie drehen fich meiftens um die Ge-
Stamandros (jet Mendere-Su). An der Weit: ſchichte der gefeierten Gottheit, ihre Geburt, ihr
füfte münden: Satnioeis (j. Tuzla), Euenos|Xeben und Sterben u. dgl. Gewöhnlich wurde
ſj. Madara), Kailos (ij. Balyr-tichai) mit dem | dieje Geichichte der Gottheit mit großem Pomp
Myſios (j. Vergama). An Seen finden fich: auf mimiſch-dramatiſche Weije aufgeführt, unter
die Apolloniatis (j. Ulubad), am Fuß des | Ausrufungen, Gejängen und Tänzen, wunderbaren
Olympos; Artynia oder See von Apollonia (j. | Ericheinungen, unter Borzeigen heiliger Symbole
Abullonia) und Aphnitis (j. Manias). In Troas | (otußoi«), Merk: und Wahrzeichen der göttlichen
wohnten in vorbiftorijcher Zeit die Troer; mehr | Gegenwart (auch drögenre, uvorrigia, Öpyır ge
im Innern erhielten jich Reſte der ihnen nahe! nannt), die man anbetete, berührte, küßte, von
verwandten Dardaner und Teufrer. In den Ge: | denen man genoß. Zu dieſen Symbolen gehörte
birgen jaßen die räuberiichen und friegerifchen | die myſtiſche Lade, die Fackel, der Miichtranf
Myſer, nad) Strabon aus Thrafien eingewandert, | (“vxeor) in den M. der Demeter, die Schlangen,
nach Herodot (7, 74) &rornoe der Inder. — An das Rehfell, der Stier bei den Dionyfien, das
Städten find zu nennen 1) in Kleinmyſien: Plafia, | Siftrum bei den M. der Iſis u. ſ. f. Alle dieje
Kyzikos, Briapos, Parion, Lampſakos, Aby- | auf ftarfe Erregung des Gemüts berechneten Hand—
dos an der Küſte, Apollonia, Miletopolis (j. | lungen und Bräuche wurden unter dem Ausdrud
Muglitih?), Zeleia, Gergithes, Stepfis, Ber- | deıxviuer@ oder dpmuer« (ald dramatiiche Dar:
fote im Innern. 2) In Troas: Dardanos, | ftellungen zu denken, 3. B. in den Eleufinijchen:
Rhoiteion, Sigeion, Thymbra, Jlios, Ale: | Perjephones Entführung in die Unterwelt, De
randreia Troas, Larifja, Hamaritos, Aſſos, meterd Umherirren nad) der verlorenen Tochter,
Gargara, Adrampttion. 3) In Miolis bejon- | Plutons und Werjephones Hochzeit, Demeters
ders die Bundesftädte (j. Aiolis); 4) und 5) in Rückkehr in den Olympos) und Aryöuere zujam:
Großmyſien und Teuthrania: Pergamon, Par:
thenion, Halijarna u. a. Das Genauere j. bei
den einzelnen Artikeln. Strab. 12, 563 ff. 571 ff.
Mela 1, 18.
bedurfte es einer bejonderen Einweihung, die in
verichiedenen Graden beftand. Der Aufzunehmende
wurde allmählich durch den uvsrayoyög von einem
Mystagögos und Mystes j. Mysteria, 3. | Alte zum andern bis zum höchſten Grade, bis zur völ-
und Eleusinia, ligen Weihe —— Gewöhnlich unterſchei⸗
Mysteria, täæ Mvorsigıe, Geheimkulte, eine be- | det man uunoıs und Erorreia, vorbereitende Weihe
jondere Art von Gottesverehrung, als deren cha- | und volle Anjchauung; doch öfter ſchickte man diejen
rafteriftiihe Merkmale man außer dem Geheim: | beiden Akten noch die Reinigungen als eine Boritufe
nisvollen und Verborgenen der rituellen Gebräuche | voraus. Über die 3 Stufen in den Eleufinien j. d.
eine aufgeregte, enthufiaftiiche Gemiütsftimmung | Der vollendetite Grad ift die Zmonreia, das An-
und eine bejondere, nur von ihnen erwartete re: | jchauen des Allerheiligften, was als ein Alt der
ligiöfe Weihe und Erbauung anzufchen hat. Sie höchſten Beſeeligung angejehen ward. Die vor:
gingen nicht aus Sucht nach dem Ausländiichen | läufig Eingeweihten hießen uvoraı, die völlig
hervor, jondern aus dem einfachen Glauben, dah; | Schauenden Zrönruı. Kine abſtrakte dogmatijche
in der Teilnahme an ihnen eine wejentlich be | Lehre fand bei den M. nicht ftatt; die dem Kultus
glüdende, die Not des Lebens bejiegende Kraft | zu Grunde liegenden Ideen wurden, wie jchon
liege. Dieſe Eigenichaften werden durch die Be: | vorher gejagt, auf ſymboliſche Art dargeitellt und
nennungen der Nulte uversgie, Öpyıa@, reiste) von den einzelnen je nach ihrem Bildungsgrade
ausgedrüdt. Movarrjgıo»r nämlich, zufammen- | aufgefaßt. Bejonders darf man nicht, wie dies
initia zu Grunde. Die bei den jonftigen Gottes: ?
mengefaßt. — Um zu den M. Zutritt zu erlangen, °
ws
Mythologie.
früher geichehen, annehmen, daß die Prieſter der
M. im Bejip einer reineren und bejjeren Religion,
als die*des Bolfes war, geweſen jeien und fie im
verborgenen fortgepflanzt hätten. Den Teilneh-
mern an den M. war jowohl während der Feier
als auch bejonders nach derjelben ſtrenges Schwei-
gen anbefohlen, damit das Geheimnisvolle und
Heilige der Feier nicht durch Hinaustragen ins
803
wohl man wenig AZuverläfjiges von ihnen weiß
(j. Kabeiren). Sie wurden wie die Eleuſinien
von Staats wegen geübt und fanden bejonders
bei den jeefahrenden Griechen der afiatiichen und
thrafiichen Küfte Anerkennung. Auch die M. des
fretiihen Zeus waren griechiichen Urjprungs,
wiewohl ſich afiatiiche Elemente eingemijcht haben
mögen. Man weiß von denjelben wenig. Wahr:
profane Leben entweiht werde. An manden M. | jcheinlich feierte man im Frühling die Geburt des
hatten alle ohne Unterjchied des Standes, des | Gottes in der idaiiſchen Grotte und auf den an—
Geſchlechtes und Alters teil, manche wurden nur | ftoßenden Wiejen, im Herbfte jeinen Tod an jeinen
von Frauen gefeiert, andere von eng geichlofjenen |
Bereinen. — Die Anfänge der M. find in vor:
homerijcher Zeit bei den Pelaſgern zu juchen, in
dem alten Kultus geheimnisvoller Naturmächte,
namentlich der chthonijchen Gottheiten. Diejer
beruhte auf einer gewillen myjtiichen Empfindungs-
und Anjchauungsweije, nach welcher das Göttliche
dem Menichen unendlich fern jteht und als unbe:
griffene Macht nicht far und plaftiich geitaltet
werden kann. Weit entfernt von dieſem Myſticis—
mus der alten Belajger war die homeriiche und
echthellenische Zeit, in welcher der Grieche feinen
Göttern nahe zu jtehen glaubte und fie in flaren
Sejtalten fich vor Augen ftellte. Während diejer
Beit wurden jene pelajgiichen Kulte zurüdgedrängt
und bildeten ſich in ihrer Zurüdgezogenheit und |
Abgeichiedenheit von dem helleniichen Leben völlig |
zu Geheimfulten aus. Ws man ji aber von
den zu jehr in die Außerlichleit gezogenen Gott:
heiten des helleniichen Zeitalter nicht mehr be-
friedigt fühlte, juchte man jein Heil wieder in
jener zurücdgedrängten Seite der griech. Religion,
in den Geheimkulten der chthonischen und der
Naturgötter überhaupt, in deren Borftellungen von
dem Wachen und Wellen der Pflanzenwelt, von
dem Leben und Sterben der Natur die ahnende
Seele ihre eigene Gejchichte, die Jdeen von dem
Wechjel des Lebens und des Todes geheimnisvoll
angedeutet jah. So blühten denn die M., indem
man ihren alten Gebräuchen und Symbolen die
neu entjtandenen Ideen der Unſterblichkeit und
einer Vergeltung nach dem Tode unterlegte, neu
auf, um jo mehr, je weniger das Diesjeits befrie:
digte, je mehr der Grieche, durch vrientalijchen
Einfluß dem Naturleben verfallen, aus demielben
erlöjt zu werden verlangte. Dieje neue Blüte
der Orphifer, die, ungefähr um 600 v. C. ent-
jtanden, einen bedeutenden Einfluß auf die M.
gewann und ihre zum Zeil aus dem Orient ge:
holte theologiihe Spekulation in diejelben über:
trug. Durch den Einfluß derjelben Sekte geichah
es vornehmlich, daß ausländiſche Myſterienkulte
nach Griechenland verpflanzt und die Myſterien
der verſchiedenen Religionskreiſe miteinander ver—
mengt wurden. — Als einheimiſche Myſterien
Griechenlands aus alter pelaſgiſcher Zeit ſind die
M. der Demeter anzuſehen, von denen die atti—
jchen zu Eleujis bei weiten die berühmteiten ge-
worden jind, in denen man nad Troft und Be—
ruhigung in Bezug auf das Jenſeits juchte (j.
Eleusinia). ferner die jamothrafijchen
Weihen der Kabeiren, welche Herodot ebenfalls
ein pelajgiiches Anftitut nennt. Sie gelten nadı |
verdankten die M. zum großen Teil der
Grabe. Bei dem Geburtsfejte führten bewaffnete
Jünglinge, die Kureten (ſ. d.) darftellend, unter
wilden Tänzen mit raujchender Muſik die Sage
von der Geburt des Zeus auf. Als bejondere
Eigentümlichteit wird angeführt, daß dieje Myſte—
rien öÖffentlih unter freiem Himmel (pavegws),
nicht, wie jonjt, im geheimen (uvorzwg) begangen
worden jeien. Wusländiih waren die M. des
Dionyjos, welche dem thrafiichen und phrygiſchen
Dienfte des Dionyjos:Batchos, Zagreus, Sabazios
entjtammten. Dieje wurden vorzugsweije mit einem
wilden, rajenden Fanatismus gefeiert, der in Ber:
ftümmelung des Leibes und häßliche Unfittlichleiten
ausartete. Die gejitteten und befleren Griechen
und Römer juchten jich dieſe Ausartung ajiatijcher
Schwärmerei und Sinnentaumels fern zu halten.
In ähnlichem wildem Fanatismus wurden die
aſiatiſchen M. der Kybele gefeiert, die in jpäter
griech. und röm. Zeit zu den verbreitetiten und
ausgebildetiten gehörten. Schon jehr früh fand
dieje Religion bei den aſiatiſchen Griechen Ein:
gang (Fldt. 4, 74), jpäter auch zu Theben, Athen
und im andern griechiichen Städten, ſowie auch
in Rom. Ferner fannte man Weihen der Hekate,
der Aphrodite, der Jiis, bes Mithras. Aus
dem Kulte des thrafiihen Dionyſos entwidelten
ſich durch Yuziehung des mannigfaltigjten Aber—
glaubens die j. g. orphiihen Myſterien, die
in Athen jchon zur Zeit des Beififtratos Eingang
fanden. Sie jcheinen mit den Elenfinien mandjes
gemein gehabt zu haben. Die Eingeweihten, denen
das Studium der orphiſchen Schriften und eine
jtrenge Aſteſe und Beobachtung myſtiſcher Ordene:
regeln nach Art der ägyptiichen Priefterjchaft und
des pythagoreiichen Bundes vorgejchrieben war,
bildeten eine enggeichlojiene Korporation und be:
wahrheiten dadurch ihren mweitverbreiteten Einfluf
bis in jpäte Zeiten. Dieje ausländischen M. haben
ji meift in verworrenen Zeiten des Öffentlichen
Lebens, zu Athen bejonders während des pelo-
ponnejiichen Srieges, zu Nom in der mittleren
Kaiſerzeit eingeichlichen, und zwar zuerft nur bon
jeparatiftiihen Vereinen geübt; allmählich aber
verichafften fie fich, ohne vom Staate förmlich an:
erfannt zu werden, ja oft von demjelben verfolgt,
eine ſolche Verbreitung, daß fie die einheimischen
Kulte verdunfelten und zu verdrängen drohten.
Mytholögie, uvdoloyde, ijt die Lehre von den
Mythen der alten heidnijchen Völker, namentlich
der Griechen, bei denen fih der Mythos am
freiejten und reichiten ausgebildet hat; oft jedod)
veriteht man auch objektiv darunter die gejamte
Maſſe der Mythen ſelbſt. MöBog bedeutete ur-
iprünglidy bei den Griechen Rede, Erzählung
den Eleufinien für die heiligiten in Griechenland | (Homer); jpäter jedod) gebrauchte man das Wort
und jcheinen auch in ihrer inneren Ginrichtung | für Erzählungen, deren Inhalt in den Bereid)
große Ahnlichkeit mit dieſen gehabt zu haben, wie: | der vorgeichichtlichen Zeit fällt. „Was die grie-
51*
er}
7
804
chiſchen Gelehrten urdong nannten und in Samm—
lungen wie Apollodors Bibliothek als einen gleich:
artigen Stoff behandelten, bejteht in diner Maſſe
Erzählungen von Handlungen und Schidjalen per:
jönlicher Einzelweſen, welche nach ihrem Zuſam—
menhange und ihrer Verflechtung insgejamt eine
frühere, von der eigentlichen Gejchichte Griechen:
lands ziemlich genau getrennte Zeit betreffen‘
(8. O. Müller). Der Anhalt diejer Mythen ift
jehr verjchieden; man kann jagen, jene früheren |
Menichen haben ihre ganze Weltanihauung, all
ihr Wiffen und Denken in ihnen niedergelegt; doch
fann man leicht 2 Hauptarten derjelben unter:
icheiden, nämlich folche, die fich wejentlih um eine
Gottheit drehen, und joldhe, deren Mittelpunft die
älteften Menfchen, die Herven des Landes find;
und darnad) teilen wir in neuerer Zeit den Mythos
jo, daß wir die erjte Art Mythos, die ziveite
Sage nennen. Beide haben das gemein, daß in
ihnen Gejchehenes und Gedadhtes, Neales und
Ideales eng verbunden und verjchmolzen find.
In dem Mythos im engeren Sinn, namentlich in
dem fojmogonischen und theogonijchen, waltet das
Soeelle vor, er enthält meift in der Form von
etwas Falktiſchem, Geichehenem Ideen aus dem
Bereiche der phyſiſchen und moraliichen Welt, Ge—
danfen über das Weſen und die Macht der Götter,
über das Berhältnis der Götter zu einander und
der Menjchen zu den Göttern u. j. mw. (3. B. Ge
gebar den Uranos, Zeus erzeugte mit Themis die
Horen, Zeus verſchlang die Metis, daß fie ihm
in jeinem Innern Gutes und Böjes anzeige u. dgl.).
Den Sagen dagegen liegt meist etwas wirklich
Hiftoriiches zu Grunde, aber diejes ift vielfach)
umgebildet und mit Gedachtem vermijcht. Sie
jprechen von der Abſtammung und den Thaten der
Landesheroen, von Wanderungen, Gründungen von
Städten u. j. w.; das Gedachte aber, das hinein:
gewebt ward, ift befonders das bejtändige Ein-
wirfen der Götter, Ideen des Rechts und der Sitte
u. ſ. w. So tritt denn vorzüglich die Religion
in der Mythologie als ein Hauptelement hervor,
jo daß man auch oft unter Müthologie den In—
begriff der Religion überhaupt verjteht; allein
Religion und Mythologie find feine ſich vollftän-
dig deckenden Begriffe. — Die erſte Entitehung
der Mythen iſt im der Urzeit des Volkes zu juchen;
doch muß man bei dem Entftehen derjelben Re—
ligion und Sprache jchon als in gewiſſem Grade
vorhanden annehmen. Die Mythologie beruht
weientlich auf dem bejonderen Charakter der Re:
ligion als Naturreligion, welche die in der Natur
als göttlid erfannten Mächte perjonifiziert und
in menjchlicher Weiſe auftreten und handeln läßt.
Die hierbei thätige Geiftestraft ift die Phantajie,
welche aus jedem Wejen eine Perſon und aus
jedem Verhältnis eine Handlung macht. Dieje
ichöpferiiche Thätigkeit fam nicht bloß einzelnen
geiftig hervorragenden Perjonen zu, jondern das
ganze Volk beteiligte jich daran, und zwar auf
unmittelbare Weije, ohne fich jelbit defjen bewußt
zu jein und fich davon Nechenichaft zu geben. Es
erfannte jeine eigenen Scöpfungen als etwas
Wirfliches an und glaubte an fie und pflanzte fie
in mündlicher Überlieferung von Gejchlecht zu Ge-
jchlecht erweiternd, verbindend und umbildend Jahr—
hunderte lang fort. Dieje Moythenbildung kann
man eine unberwußte, natürliche Poefie nennen, ,
Mythologie.
welche in einem gewiſſen Zeitalter in dem Wolfe
bejonders rege und thätig gewejen fein muß. Und
gerade das griechiiche Volk iſt vermögd jeiner
glüdlichen Naturanlage, durch die günftigen Ber:
hältniffe jeines Landes und die freie volfstümliche
Entwidelung bierin vor allen andern ausgezeich—
net geweſen und hat eine durch poetiihe Schön-
heit und tiefe Bedentiamfeit wahrhaft vollendete
Mythologie geichaffen, während bei den Drien-
talen herrichende Briefterfaften wohl eine Art von
mythologiſchem Syſtem konftruiert haben, das be-
vormundete Bolt aber in feinem dumpfen Ge—
fühlsleben und bei feiner ausjchweifenden Phantafie
in feinen Religionen es zu feiner Haren Geftal:
tung zu bringen vermochte. Die italiichen Bölter
dagegen wendeten ihren Sinn mehr nadı der praf-
tiihen Seite, auf das Geremonielle des Kultus,
und haben darım ihre Mythologie wenig auäge
bildet, zumal da ihre nationale Entwidelung durch
gegenjeitige Unterdrüdung und durch Einwirkung
ausländiicher gebildeterer Bölfer gehemmt und
unterbrochen wurde. Der Grieche aber vermochte
durch die ihm immohnende Kraft in jener alten
Beit aud) das ihm von außen Zufommende um—
zubilden und zu mationalifieren. — Der in der
alten mythenbildenden Zeit in dem Bolfe entitan-
dene große Mytheneyklus war nichts Abgeſchloſſenes
und für alle Zeiten fertiges. Der Mythos hat
von Natur eine große Bildjamfeit und vermag
die verjchiedenften Anjchauungen und Stimmungen
in fi) aufzunehmen. Namentlich hat die Dicht:
kunſt jich des Mythos bemächtigt und ihn je nad
den Anjchauungen der Zeit innerlich umgebildet.
So hat Homer den überfommenen Mythenporrat
nach der Anfchauungsweije feiner Zeit behandelt
und manchen Mythen einen ganz andern Geift.
als ihnen urſprünglich inmwohnte, eingehaudht.
Homer ift für Mythologie und Religionsweien der
Griedyen außerordentlich wichtig, nicht bloß, meil
feine Werfe für die mythologiiche Forſchung die
ältefte Quelle find, jondern auch, weil er, das
Werk einer langen Reihe vorhergehender epiſchet
Dichter fortiegend und abichließend, endlich die
urjprünglich an die Natur gebundenen griedyiichen
Gottheiten zu Haren und vollfommen ausgebilde:
ten Berjönlichkeiten, zu fittlich freien Weſen ge
formt, weil er überhaupt die mythologiſche umd
religiöje Auffafjung jeiner Zeit als maßgebend
für die nächſten Jahrhunderte der echthellenijchen
Beit hingeftellt und, die bisherige Tandichaftliche
Sejchiedenheit überwindend, eine nationale Einheit
des religidöjen Bewußtſeins und der darauf be:
ruhenden Mythenwelt herbeigeführt bat. Darum
jagt Herodot (2, 53), Homer und Hefiod hätten
den Hellenen ihre Mythologie und Theogonie ge:
macht. Heſiod iſt für die Mythologie nicht minder
wichtig als Homer. Während Homer die heroiiche
Mythologie, in welche jedoch die Gottheiten des
Kultus mannigfady verwebt find, repräjentiert,
vertritt Hefiod die koſmogoniſche und theogoniſche
Mythologie, indem er zeigt, wie das jetzt herr:
ichende Göttergejchlecht dur; Zeugungen und Um—
mwälzungen aus einem früheren, dem der Titanen,
und wie dieſe aus dem Urmwejen der Natur ber:
vorgegangen find. — Die Mythologie bleibt in
der folgenden Zeit ftet3 ein hHauptfächliches Material
für die dichtende und bildende Kunft, jomwie für
die wiſſenſchaftliche Thätigfeit des griechiſchen
Mythologie.
Volkes. Das Epos nad) Homer und Hefiod be: |
Ichäftigte fich meiftens damit, mythologiichen Stoff |
zu jammeln und zu einzelnen Cyklen zujammen:
zuſtellen. Die Lyrifer behandeln die mythiſchen
Stoffe auf eine freiere Weife, indem jie diejelben
nad) den religiöjen Vorftellungen ihrer Zeit, nad
den Forderungen einer höheren Sittlichfeit und |
nach den bejonderen Zweden ihrer Gedichte um-
formen, zufügen und abjchneiden. Pindar 3. B.
zweifelt zwar nicht an dem Thatſächlichen des |
Mythos; wo ihm aber eine That mit der Sitt-
lichkeit oder der Würde der Götter und Herven |
zu ftreiten jcheint, da ändert er den Mythos in
dem Glauben, daß Unverftand oder böjer Wille
der Erzähler ihn entjtellt habe (ol. 1, 47). Much
die Tragifer behandeln den Mythos auf eine
freiere Heile; fie wählen und verändern ihm mit
Rüdfiht auf ihr Publifum und auf die Forde⸗
|
rungen der tragiihen Poejie, indem fie dem Na-
tionalftolz der Attifer zu jchmeicheln juchen, den
Stoff abrunden und in ihm die tragischen Momente |
hervorfehren Aiſchylos, dem die Vorliebe für
ipefulative und theologische Geſichtspunkte eigen:
tümlich ift, und Sophofles, der dem Wirklichen
und Gejchichtlichen zugewandt ift, halten fich weit
treuer an die Überlieferung, als Euripides, der
ihon in der Zeit der religidjen Aufklärung fteht
und einem jchwanfenden und unentichiedenen Phi—
lojophieren verfallen ift. Die alerandrinifchen und
die damit zufammenhängenden römiichen Dichter
juchten beſonders durch unbefannte, aus der ört—
lihen Mythologie aufgejuchte Stoffe zu prunfen
und zu fejleln. Der bildenden Kunft lieferte die
Mythologie. einesteild den allgemeinen Stoff der
Ausihmüdung und Charafteriftit an Gefäßen und
Umfange, jo daß der ganze mythologiſche Stoff,
der ſchon in der PVoeſie nach feinen poetischen
Motiven durchgearbeitet war, nun auch zur plaſtiſch
fünftlerifchen, räumlich körperlichen Auffaffung und
Darftellung fam; andernteils bethätigte ſich die
Kunft in der Tempelbildnerei als eine jchaffende
Macht, welche die durch die Poeſie des Homer
zuerft zu klarer geiftiger Anjchauung gebrachten
Götterideale dem Volke körperlich ſinnlich vor
Augen ftellte. — Unter den projaifchen Schrift:
ftellern jeßten die Logographen und älteren Ge:
ichichtichreiber das Werk der kykliſchen Epifer fort,
indem fie die aus der Lofalmythologie und den
epijchen Gedichten geichöpften Sagen in — —
tem und geordnetem Zuſammenhang überlieferten,
eine Thätigkeit, in welcher ſpäter die mythogra—
phijchen Sammler (Apollodor), die Erflärer der Did):
ter und die Beriegeten (Paujanias) folgten. Hero—
dot und Thufydides behandeln gelegentlich mythiſche
Erzählungen und ziehen aus ihnen gejchichtliche
Ergebnifje, doch ohne eigentlih wifjenichaftliche
Methode. Bei den folgenden Gejchichtichreibern,
z. B. Ephoros und bejonders Euhemeros, woran
ſich Diodor von Sicilien anſchließt, fam in der
Mythenbehandlung der Pragmatiimus (d. h. das
Streben, die Mythen zur Gejchichte zu machen)
auf, defjen Anfänge fich ſchon bei einigen Logo:
graphen vorfinden. Die Philojophie nahm von
Anfang an eine doppelte Stellung zum Mythos
ein; entweder verſuchte fie ihn allegorisch zu deuten
und dadurch zu ftüben, oder ſie erklärte feinen
Inhalt für Unwahrheit. Dieſe beiden Richtungen |und Göttergeftalten der griechiichen
jonftigen Geräten und an Gebäuden im weitefte
805
gehen durch das ganze Altertum nebeneinander her,
treten aber gegen das Ende des finfenden Heiden:
tums ganz bejonders hervor; namentlich handhab-
ten die Neuplatonifer und Gnoſtiker zur Stützung
ihrer theologischen Lehrſätze die allegoriiche Mythen:
deutung auf die willfürlichite Weile, mährend
diejem geiftlofen und phantaſtiſchen Dogmatiimus
gegenüber die Skepſis immer entjchiedener und
durchgreifender ward. Dazu fam in diejer finfen:
den Zeit auf dem Gebiete der Mythologie und
de3 populären Glaubens durch allmählich einge:
drungene ausländijche, namentlich orientalijche Kulte
und Mythenſyſteme ein ſtets wachſender Aberglaube
und ein verivorrener Synfretiimus, defjen unfaubere
und bizarre Mythen den Vorkämpfern des Ehriften:
tums Grund zu heftigen und erfolgreichen An—
griffen boten. — Was die Wiffenjchaft der Miytho-
logie in neuerer Zeit anlangt, jo hat man im
17. und 18. Jahrhundert einerjeits die Mythen
auf pragmatijche Weife wie Geſchichte behandelt,
andererjeits beurteilte man die Religion der Alten
von einjeitigen Vorurteilen aus und jah in der:
jelben bald ein Vorſpiel, bald eine Berzerrung
des Ghrijtentums. Seit Anfang unjeres Jahr:
hunderts herrichte längere Zeit in der Mythologie
durch den Einfluß einer beftimmten Nichtung der
Philojophie die pa von einem Urvolfe im
Driente (Indien, Agypten, Hochaſien u. j. tv.) vor,
das eine reine Gotteserfenntnis gehabt habe. Bon
da jei dann dieſe Urweisheit durch Priefter unter
die rohen Völker der Erde und namentlich auch
bei dem ungebildeten Griechenvolfe ausgebreitet
worden, und ziwar wegen der unzulänglichen Bil:
dung und Erfenntniskzaft der Bölfer in Form des
Mythos auf allegoriiche Weife, alfo in abfichtlich
erfundener Bilderjpracdhe, während die reine Re:
ligion in abjtrafter Lehre eſoteriſch ſich in den
Mpfterien erhalten habe. Zu den Vertretern diejer
Richtung gehören Fr. Schlegel, Görres, Schelling,
Creuzer und in gewifler Beziehung auch Henne,
Creuzers Vorgänger. Denen läßt jid) eine andere
Reihe von ungefähr gleichzeitigen Mythologen (Voß,
Lobeck, &. Hermann, — Buttmann, Weider
K. D. Müller) entgegenftellen, die unter fich
wohl auch charafteriftiiche Unterſchiede * im
ganzen aber darin übereinfommen, daß ſie der
Gefahr unkritiſcher Methode und unhiſtoriſcher
Vorausjegungen eine ftreng fichtende Gründlich—
feit und bejonnene Forſchung entgegenjegten, daß
fie ferner in das Wejen des Mythos, der nichts
abfichtlich Erdichtetes ift und als die naturgemäße
Ausdrudsweije eines gewiſſen Zeitalters betrachtet
werden muß, tiefer eindrangen und zugleich den
volfstümlihen Urjprung und die volfstümliche
Entwidelung der griechiichen Religion zur Aner:
fennung bradten. In dieſer Beziehung haben
fih in den lebten Jahrzehnten die Arbeiten von
C. Schwenck, Edermann, E. Braun, 3. F. Lauer,
W. F. Nind, 2. Preller, E. Gerhard, %. A. Har:
tung und %. ©. Welder neue Verdienfte um dieſe
ſchwierige, aber bejonders wichtige Seite des Alter:
tums erworben. Populäre Arbeiten find die von
Heffter, Geppert, Jacobi, Stoll, Seemann und
Kurt; Kupferwerke: Millins mythol. Gallerie,
K. O. Müllers Denkmäler der alten Kunft, €.
Brauns Vorſchule der Kunſtmythologie, 3. Over:
bed3 Gallerie heroischer Bildwerfe, Conzes Heroen—
Punft, und
806
Langls griech. Götter: und Heroengeftalten. — Die
vergleichende Sprach-⸗ und Müythenforichung, ver:
treten durch Kuhn, Mar Müller, Roſcher, Schwartz
u. a., welche, bis in die Zeit der indogermaniichen
Stammgenofjen zurüdgehend, dem Urjprung und
dem Weſen der Mythen näher zu kommen jucht,
vermag, wenn mit Bejonnenheit geübt, der grie-
chiſchen Mpthologie Erläuterung, Ergänzung und
Sicherung zu geben. Hauptwerk: Roſcher, aus:
führliches Lexikon der griechiichen und römischen
Mythologie (1884 ff.; noch unvollendet).
ytilene, Moriren, richtiger als Mitylöne,
Mirvirjen, die größte und wichtigſte Stadt der
Inſel Leſbos an der Dftjeite, j. Mytilini, mit
2 Häfen und ftarfen Befeftigungen aus den Beiten
des peloponnefiichen Krieges (Thue. 3, 2), in rei:
zender Gegend (Cie. leg. agr. 2, 16. ad fam. 4,7.
Hor. od. 1, 7, 1. ep. 1, 11, 17) und durch ihre
hohe Bildung und Förderugg von Kunft und Litte—
ratur von alters her berühmt (Geburtsort von
Pittakos, Altaios, Sappho, Hellanitos u. a.). Strab.
13, 617. Nach dem Sturz des Kroifos unterwarf
fih M. den Perjern. Dareios madıte den Koks
zum Dank für die auf dem Skfythenzug geleifteten
Dienfte zum Tyrannen der Stadt. Derjelbe wurde
in dem tonischen Aufftand gefteinigt. Doc, kam
Leibos 493 v. E. wieder unter berfitche Oberhoheit
und mußte an dem Zug gegen Griechenland teil—
nehmen, ſchloß ſich aber dann 479 an den Atti—
ſchen Seebund an. Hdt. 1, 160. 4, M. 5, 11. 375.
7, 95. 9, 106. Im peloponnefiihen Krieg jchlug
jih das ariftofratiicd regierte M. 428 auf Die
Seite der Spartaner, wurde aber nad) langtvie:
Mytilene — Nabataei.
riger Belagerung 427 von Paches wieder erobert,
graufam bejtraft und feiner Mauern und Scemadht
beraubt; das Gebiet wurde an atheniſche Kleruchen
verteilt. Thue. 3, 2 ff. 26ff. Diod. Sie. 12, 55.
Nach der Niederlage der Athener auf Sicilien
fielen Mytilene und die andern leſbiſchen Städte
abermals ab (Thuc. 8, 5 ff.), worauf mit wechjeln:
dem Glück dort von den Mthenern und Lafedai-
moniern gefämpft wurde. Die Schlacht bei den
Arginujen rettete zwar die von Kallifratidas im
Hafen von M. cingejchloffene atheniiche Flotte
unter Konon, die Schladht von Aigospotamoi aber
brach die Macht Athens, das indes nach der Schlacht
bei Knidos wieder in den Beſitz der Stadt fam,
die auch nach dem antalkidiichen Frieden wieder
fich den Athenern anſchloß. Zur Zeit Aleranders
litt die Stadt jehr infolge der Einnahme durch
die Perſer und der fpäteren Eroberung durch die
Matedonier. Arr. 2, 1, 1ff. 3, 2, 6. Doc erholte
M. fi) von diefen und andern Schlägen immer
ſchnell wieder. Die römischen Kaifer, beionders
Tiberius und Nerva, begünftigten die Etadt.
Myüs, Mvoös, Stadt in Karien am füdl. Ufer
des Maiandros, zum Joniſchen Bunde gehörig,
uriprünglich an der Mündung des Maiandros ge:
fegen, aber jchon zu Strabons Zeiten infolge der
ftarfen Anſchwemmungen 30 Stadien vom Meere
entfernt, deshalb unbedentend und bald ganz ver:
laſſen. M. gehörte zu den Städten, welche Arta:
rerres dem Themiftofles jchentte. Strab. 14, 632].
Hat. 1, 142, 6,8. Thuc. 1,138. 3, 19. Diod. Sie.
11, 57. Nep. Them. 10. Die Ruinen j. Aoichar
falejii.
N.
Naar malcha, Naagudiyas, d. i. Königskanal, | fruchtbare Boden ihres Gebietes, noch mehr der
deshalb mit 6 Baoi.eıog morauög, N)
ß. dıögve, | lebhafte
wiſchenhandel von Arabien und Andien
regium flumen überjegt, der nördlichite und größte | nach Syrien und Ägypten verjchafiten ihnen Wohl-
der 4 PVerbindungsfanäle zwiichen Euphrat und | ftand.
Tigris, noch jegt Nahr al-Malk genannt. Er war
von Nebufadnezar errichtet und floß der Mediſchen
Mauer entlang und mitten durch die Stadt Sippar.
Hadt. 1, 193. Strab. 16, 747. Pol. 5, 51, 6. Plin.
6, 26. 30.
Nabalia, ein Fluß im nördlichen Germanien,
nur von Tacitus (hist. 5, 26) erwähnt, den einige
für die Mſel oder Vechte, andere für den öftlichen
Nheinarm halten, an deſſen Mündung das von
Ptolemaios (2, 11, 28) genannte Kaftell Nave-
ka lag.
Nabataei, Naßareioı, das Hauptvolf in Ara-
bia petraea, das um 650 v. E. in den aſſyriſchen
Anichriften, doch damals wohl noch in mehr nord:
öftlichen Wohnfigen erwähnt wird, feit etwa 300
v. C. Idumaia (j. d.) einnahm, aber auch nad)
S. und N. ſich ausdehnte. Ihre Hauptitadt, von
Daneben verihmähten fie indes, ihrem
Volfscharafter getreu, auch Raubzüge in die be:
nachbarten Yänder feineswegs. Ihre Religion war
der bis Muhammed in Arabien herrichende Ge:
ftirndienft; befonders der Gott Dufares (Dionyſos
und die Höttin Atar-fjamain (die Mitarte des Him—
mels) wurden verehrt. Troß ihrer arabijchen Ab:
ftammung fprachen fie einen aramäiichen Dia-
let. — Schon in der Diadochenzeit werden die
N. als ein friegeriiches Volk geſchildert, das An
tigonos 310f. v. E. vergeblich befämpfte. Put.
Demetr. 7. Bielmehr unterwarfen fie fich in den
folgenden Jahrhunderten die Stämme am Arabi:
ichen Meerbujen bis Leufe Kome und drangen
noch mehr nach N. über Damaskos bis gegen den
Euphrat vor. Won ihren Königen, die meistens
Aretas (Harethath) oder Malchos (Malifu) heißen,
wird zuerft ein Aretas um 170 v. C, genannt.
der das Peträijche Arabien feinen Namen hat, war | Zu den Maftabäern ftanden fie bald in freund
Petra, im A. T. Sela, in der Mitte zwijchen
dem Toten Meer und dem Ailanitiſchen Meer:
bujen gelegen, ein reicher und mächtiger Handels:
platz mit weitausgedehnten, meist, in den Felſen
gehauenen Pradıtbauten, von denen noch grof;:
artige Ruinen vorhanden find. Ihre zahlreichen
Schaf: und Kamelsherden, der zum Teil jehr,
lichen, bald in feindlichen Beziehungen. Ein jolcher
Konflift veranlafte den Pompejus zu einem Zug,
auf dem er bis Petra gekommen jein joll, 63 v. ra
Plut. Pomp. 41. Malchos 11. unterftügte den
Cäſar in Agnpten, 47 (b. Aler. 1), wurde aber
ipäter, weil er fich den Parthern angeichlofien
hatte, von den Römern gezüchtigt, doch von Octa
Nabis — Naerii.
bian beftätigt. Plut. Ant. 61. Gegen das lm:
fichgreifen von SHerodes dem Gr. erhob ſich Mal-
cos, wie jein Nachfolger Obodas, der den Römern |
auf ihrem Zug nad Südarabien (25/24 v. €.)
Hülfe leiften mußte. Der Sohn des DObodas,
wieder ein Aretas (feit 7 v. E.), bradhte zur Rache
für die Verftoßung feiner Tochter dem Herodes
Antipas 36 n. E. eine volljtändige Niederlage bei.
Sein Nachfolger Malchos unterftüßte die Römer
im jüdiichen Kriege fräftig. 106 n. E. lie Trajan
durch Aulus Corn. Balma das nabatäifche Reich
auflöjen und machte aus dem größeren Teil bes:
jelben die Provinz Arabia, deren jpätere Haupt:
ſtadt Boſtra (f. d.) war. Strab. 16, 760. 777.
7797. 783 f. Dio Cass. 88, 14. Juv. 11, 126. Or.
met. 1, 61. Tac. ann. 2, 57. Eutr. 8, 3.
Nabis, Naßıs, bemächtigte jich bald, nachdem
Machanidas (ſ. d.) von PBhilopoimen getötet war
(206 v. E.), der Herrſchaft in Sparta. Er wurde
als freund der Römer in den Frieden mit Phi:
lipp von Makedonien aufgenommen, 205. Liv.
29, 12. Er war habjüdhtig und graufam und
ftüßte fih auf Söldner, mit denen er Raubzüge
zu Lande und zu Waller machte: alttatonitches
}
|
807
Ennius und älterer Zeitgenoffe des Plautus. Aus
Gampanien gebürtig, kam er frühzeitig nad Non
und lebte fi in römijche Art und Weile völlig
ein, jo daß er von Cicero (de or. 3, 12, 44) als
ein Mufter der altertümlichen reinen Sprache be:
zeichnet wird. Er nahm am erjten punijchen Kriege
thätigen Anteil und führte im J. 233 v. C. ſein
erſtes Stüd auf. N. war mit ganzer Seele Ple:
bejer und griff nad der Weiſe der griechischen
Dichter, wie Gellius (3, 3, 15) jagt, die erften
Männer des Staats, die Meteller und Scipionen,
mit rüdjichtslojem Freimute an. Metellus be:
langte ihn, er wurde verurteilt und mit Gefängnis:
itrafe belegt. Durch Hülfe der Volfstribunen be-
freit, verfiel er bald wieder in jeinen alten Ton,
wurde durch die Ariftofratie verbannt und jtarb
zu Utifa um 199. Cie. Brut. 15, 60. Da er fein
epiiches Gedicht über den puniichen Krieg erſt im
höheren Alter verfaßt hat (Cie. Cat. m. 14, 50),
jo muß er ziemlich bejahrt geftorben jein und ift
daher mwahricheinlich zwiichen 274— 264 geboren.
Seine dichterifche Thätigkeit gehörte größtenteils
der Bühne an, obwohl er in der Tragödie
weniger Bedeutendes geleiftet zu haben jcheint, jo
Wejen bemühte er jich ganz auszurotten. Als daß jogar darüber Zweifel erhoben worden ift, ob
Philipp wieder den Krieg anfing, gewann er Nabis | er überhaupt Tragödien gedichtet habe. Doc) Titel
durch Abtretung von Argos zum Bundesgenojjen. | wie Andromacha, Iphigenia, Lycurgus, Equus
Liv. 32, 38. Flamininus zog nad Bejiegung des
Bhilipp und Berfündigung der Freiheit Griechen:
lands gegen ihn und zwang ihn, alle auswärtigen
Befißungen und die lakoniſchen Küſtenſtädte ab:
zutreten, ließ ihm aber die Herrichaft in Sparta,
195. Liv. 34, 22, Plut. Flam. 13. Bald darauf
griff N. die jegt mit Rom verbündeten Achaier
an. Nachdem er zuerft zur See gefiegt, ward er
von Philopoimen bei Gytheion geichlagen und von
Aleramenes, dem Führer der ihm zu Hülfe ge:
ichidten Witoler, ermordet, 192. Pol. 7, 8. 17, 17.
Liv. 36, 35.
Nabonnassar, Nabonödus, Nabopolassar j.
Nebukadnezar.
NaenYa — richtiger Nenia — erflärt Feſtus
(p. 161) durch carmen quod in funere laudandi
gratia cantatur ad tibiam; ebenfo, nur mit der
Beſchränkung auf honorati viri, Cicero (legg.
2,24, 62. Quint. 8, 2, 8).
Troianus, Aesiona müſſen auf Tragödien zurüd:
zuführen jein; die praetexta (j. d.) jcheint er zu:
erit gedichtet zu haben. Deſto fruchtbarer war er
als Komiker. Bon römijchen Originalftüden (fa-
bulae togatae) finden ſich nur wenige Spuren.
Durch jolche Stüde aber jcheint er ſich hauptſäch—
lich verfeindet zu haben, indem er ihnen häufige
Ausfälle auf Perionen und Zuſtände jeiner Zeit
beimijchte. Bon Komödien, griechiichen Originalen
nachgebildet (fab. palliatae), jind ziemlich viele
Titel und aud Fragmente erhalten. Sie waren
der neueren griechiſchen Komödie nachgedidhtet, wo:
her er die jtehenden Figuren und den allgemeinen
Inhalt entlehnte, wobei er auch wohl 2 Stüde
in eines zujammenjchmolz; und die j. g. contami-
natio ausübte (Ter. Andr. prol. 7). N. war nicht
bloßer Überjeger; er romanifierte den griechiichen
Stoff, hauptſächlich dem Menander entlehnt, und,
In der ältejten Zeit, gab ihm örtliche Färbung. Im Tone, in dem
als die Geftorbenen noch im eigenen Hauſe bei: |fürnigen Ausdrude, volfstümlichen, Humor und
gejegt wurden, jangen die einzelnen Gäfte beim | lebendigen Dialoge jcheint er viele Ahnlichkeit mit
Leichenſchmauſe dieje Loblieder; als aber Beftat: | Plautus gehabt, fich aber aud von ihm durch eine
tung außer dem Haufe ftattfand, wurden die Nä-
nien entweder bei der Leichenprozeſſion oder an
|
|
gewäfle politifche Richtung unterjchieden zu haben.
doch in Ciceros Zeit gingen N.s Stüde über die
der Begräbnisftätte gejungen, und zwar urjprüng: | Bühne. Das erwähnte Epos über den puniichen
lih von den Hinterbliebenen und Verwandten. | Krieg, von dem Grammatifer C. Octavius Yam-
Suet. Oct. 100.
feicht die befannten Grabichriften auf die Scipio-
nen.
von bezahlten Klageweibern (praeficae) gejungen,
an welche fie ipäter bei abnehmender Pietät ganz
übergingen. Nach und nach erhielt das Wort einen
Waren feine Verwandten da, jo wurden fie
weiteren Sinn (Hor. od. 2, 1, 38), doch meift mit |
einer geringichäßigen Nebenbedeutung. Auch wurde |
Nänia perjonifiziert und hatte als Klagegöttin ein
Heiligtum in Rom vor dem Viminaliichen Thore; |
estattung, 11.
aevli, Name einer plebejiichen gens, die ſich
jchon frühzeitig in Nom angejiedelt hatte. Be:
J
vgl.
N
merfenswert daraus find: 1) En. Nävius, der,
Nachfolger des Livius Andronitos, Vorgänger des
‚zum eriten puniſchen Kriege über.
Reſte ſolcher Nänien find viel: | padio in 7 Bücher abgeteilt, war im jaturniichen
Versmaße abgejaht und enthielt in den beiden
erften Büchern Noms und Karthagos mythiſche
Urgeichichte, jprang aber im dritten Buche jogleich
Durch diejes
Gedicht ericheint N. als der erjte römijche Epifer,
denn an der Odyſſee des Livius war nur Die
Sprache, nicht aber Stoff und Behandlung rö-
milch. Bol. über Nävius Cie. Brut. 19, 71. de or.
2,65, 255. 3, 12, 44, Gell. 17, 21. 45. Nibbed,
die römijche Tragödie, S. 44 f., und die Monogr.
von Klußmann (1843) und Berchem (1861). Die
Fragmente jeiner dramatiichen Werfe find gejam-
melt in DO. Ribbeds scaenicae Romanorum poe-
sis fragmenta und von Luc. Müller (zugleid; mit
808
denen des Livius Andronicus, 1885), die des Epos
von J. Vahlen (1854) und in Luc. Müllers Samm-
lung der Fragmente des Ennius (1884), ſowie in
Bährens’ fragm. poet. Rom. p. 43 f — 2 D.
Näv. Erifta, wurde im 3. 214 v. C. der Stadt
Apollonia gegen die Mafedonier von dem Prätor
M. Valerius zu Hülfe Ay: und vollführte jei:
nen re hmlich. Liv. 24,40. — 3) M. Nä—
vius, joll als Vollstribun (185 dv. E.) den älteren |
Scipio, dem er Feind war, vor Gericht geladen |
haben. Liv. 38, 56. — 4) DO. Näv. Matho, ver:
waltete im %. 184 v. E. Sardinien ala Prätor.
Liv. 39, 32. 38. — 5) ©. Nävius, ein Mann
von geringer Bildung und niederem Stande, ver:
ftand es, 5 bei den angeſeheneren Männern der
ſullaniſchen Partei beliebt zu machen (Cie. Quinct.
22, 70. 30, 93), und erwarb fidh ein beträchtliches
Vermögen. Mit P. Quinctius geriet er in Streit,
weil er gegen ihn von defien verjtorbenem Bruder
Gaius her Ansprüche erhob, während Publius ein
gleiches gegen Nävius that. Als beide nad einigem
Zögern des N. endlich auf ihre Ansprüche ver:
zichtet, und Publius fih nach Gallien begeben
hatte, trat N. unerwartet gegen ihn auf und fand
Unterftüßung beim Prätor Burrienus. Als nun
Publius wieder nach Rom kam, wußte ihn N. mit
Hülfe des Prätors Dolabella in eine jehr un:
ünftige Lage zu bringen. Die Berteidigung des
3 Quinetius übernahm Cicero 81 v. C. in der
noch vorhandenen Rede pro Quinctio. Wie der
Prozeß abgelaufen, wiſſen wir nicht. — 6) P.
Näv. Turpio, ein Helfershelfer des Verres, wird
von Cicero (Verr. 2, 8, 22. 5, 41, 108) ſcharf ge-
geihelt. — T) Näv. Sertorins Macro, Nad):
folger des Minifters Sejan im 3. 31 n. E. und
Günftling des Tiberius, dem er zu jeder Unthat
behülflich war. Als derjelbe aber dem Tode nahe
war, ſchloß jih N. an Galigula an, um defien
willen er den Tiberius aus dem Wege geräumt
haben joll. Taec. ann. 6, 38. 46. 50. Suet. (Cal.
12. 26. Caligula verbannte ihn jpäter und zwang
ihn zum Selbftmorde. Dio Cass. 58, 9 ff. 24 ff.
59, 10.
Naharvali, eine zum Ingiichen Stamm gehörige
‚Bölkerichaft im NO. Germaniens an den Ufern
der Viſtula (Weichjel), in deren Gebiet (vielleicht
bei dem heutigen Rawa) fich ein heiliger Hain
befand, in dem die Doppelgottheit Alces (von
Tac. Germ. 43 mit Kaftor und Pollux verglichen)
von Prieftern in weiblicher Kleidung verehrt wurde.
Naias oder Nais ſ. Nymphae, 3.
Naidıe, auch Tese, eine Art Grabmäler in
Form Heiner Tempel. Neben diejen tommen aufer | fi
den bloßen, von Steinen oder Erde aufgeworfenen,
Hügeln (gouare, nolaraı, röußor) noch vor Pfei—
ler (orijaı), eine Art aufrechtftehender Steintafeln,
auf denen fich ein giebelartiger oder gerundeter
Aufjag (Fmidnue) befand; ferner eigentliche Säu—
Ien (xdoves) und endlich liegende Grabfteine (re«-
zetar). Der Aufwand, der bei den Athenern damit
etrieben wurde, war jo groß, daß man für nötig
and, ihn durch Geſetze zu beichränfen. Außer dem
Namen des Verftorbenen enthielten die Denkmäler
häufig Nachrichten über deſſen Leben, Lehren für
die Hinterbliebenen, auch Berwünjhungen gegen |
die, welche das Grabmal antaften ſollten. — Die
Grabmäler waren Eigentum der familie, und nie: |
mand durfte in denfelben beigejegt werden, der
Naharvali — Napata.
nicht zur Familie gehörte. —* das Hauptwerk:
Stadelberg, die Gräber der Hellenen (1835). Per:
vanoglu, die Srabjteine der alten Griechen (1863).
Naisus, Neioös, Stadt in Obermöfien an einem
öftlichen Nebenfluffe des Margus, j. Niih am Fluß
Nifiawa, Geburtsort Conſtantins des Großen,
der ſich dajelbjt öfter aufhielt und fie verjchönerte.
——— zerſtört, wurde fie ſpäter wiederher—
geſtellt.
Namatiänus, Claudius Rutilius, ein rö—
mijcher Dichter, ftammte aus Gallien, bekleidete
in Rom die Amter eiues magister officiorum
und praefectus urbi und begab jich beim Einfalle
der Goten in Stalien von dort, als dasjelbe von
jenen verwüftet wurde, nach Gallien zurüd, 416
n. C. Hier fchrieb er in elegiichem Versmaß eine
poetiſche Bejchreibung feiner Reife von Rom nad
Gallien aus See, von der wir nod das erfte
Buch und den Anfang des zweiten haben (de
reditu suo). Das Gedicht wird auch Itinerarium
betitelt, ift in der Form Fforreft und rein und
enthält einige anmutige Schilderungen, wenn auch
fein jonftiger nicht bedeutend iſt. Ausga.
von Rapp (1786), Gruber (1804), U. W. Zumpt
(1840), Luc. Müller (1870) und Bährens, poet.
lat. min. V p. 1f.; deutjche Überjegung von Sta:
jins Lemniacns (A. v. Reumont, 1872).
Namnötai, -es, Naurnreı, feltiiche VBölterichaft
Galliens am nördlichen Ufer des Liger mit der
Hauptitadt Condivineum (j. Nantes). Sie waren
Berbündete der Veneter. Caes. b. g. 3, 9. Strab.
4, 190. 198,
Nanno f. Mimnermos.
Nantuätae, -es, Navroväraı, feltiiches Alpen:
volt an der Grenze der Provinz (im j. Wallisı.
Caes. b. 9. 3,1. ch Gäfar (b. g. 4, 10) durch:
ftrömte enus — Rhodanus?) ihr
Gebiet, was ſich freilich mit jener erſten Angabe
nicht verträgt; doch iſt die ganze Beſchreibung des
Laufs der Flüſſe an dieſer legten Stelle ungenan.
Strab. 4, 204,
Nanus oder Nannus, vdrog und vdrrog, auch
pumilio, ein Zwerg. Zwerge waren als Selten:
heiten in Rom beliebt und wurden 3. B. zu pau—
tomimijchen Vorftellungen verwendet. Man hatte
daher eigene Kaften (Zwergfutterale) erfunden, um
das Wachstum von Kindern zu hemmen und fo
fünftlihe Zwerge zu jchaffen. Der Zwerg der
Julia, Conopas genannt, war nur 2'/, Fuß hoch.
Noch beliebter ald dieſe nur feinen, aber regel:
mäßig gebildeten, waren häßfliche, verwachiene,
ſpitzköpfige, didnafige, langohrige Zwerge. Je blöd—
inniger, cretinartiger foldye moriones waren, dejto
befuftigender und wertvoller erichienen fie. Man
lehrte jie tanzen und die Gaftagnetten dazu jchla-
en; Domitian ließ fie jogar in Theatern mit
eibern Kämpfe aufführen. Unter den hercula-
nischen und pompejanifchen Bronzen finden fich
viele jolcher Heinen Geftalten. — Verſchieden von
dieſen waren die unausgewachjenen pueri minuti,
delieiae, welche bei den Römern nadt im Hauſe
herumliefen und fich durch körperliche Anmut umd
ausgelafienen Wit bemerklich machten.
Napaeae, Narxaiaı, ſ. Nympbae, 4.
Napäta, Nararae, Stadt in Withiopien, am
Berge Barkal, unterhalb des vierten Kataraktes ge:
legen, in der Landesiprache auch Merna (daraus
Meroe, j. d.) genannt, nod) j. Meraui; jeit 1550 v. €.
Naphtha — Nasidii.
in ägyptiſchem Befig, jeit 1000 Hauptitadt eines
jelbftändigen Reiches, feit der Eroberung durch
Kambyſes (524) zerfallen, doch in der Kaiferzeit |
809
(das auch das Fichtelgebirge mitbegreifende Voigt:
land des Mittelalters hieß provincia Varisiorum).
Ein Teil des Volles (3000 M.) wanderte unter
wieder Relidenz der Königin Kandafe, 23 v. C. M. Aurelius Antoninus jüdlich in das römijche
von E. Petronius vollends zerftört.
790. 820 f.
Naphtha, ö vdpdas und rö vdpte, ein noch
denjelben Kamen tragendes, flüjjiges Bergharz,
das nad) Plinius in Babylonien und Parthien
gefunden ward, bejonders aber in der Gegend
von Mennis, 4 Tagereijen jüdlih von Arbela,
häufig war. Es wurde eine feinere und gröbere
Art unterjchieden, jene war weih, dieje jchwarz.
Im Kriege ward es auch, da es, entzündet, ſehr
ſchwer zu löſchen ift, zur Berftörung von Bela—
gerungswerlzeugen angewandt.
Nar, Nce, j. Nera, linfer Nebenfluß des Tiber,
der an der ummbriich:picenijchen Grenze auf dem
M. Fiscellus entjpringt, den Velinus (j. Belino)
und Tolenus (j. Turano) aufnimmt, bei Interamna
vorbeijtrömt und zwiſchen Horta und Dericulum
fi) in den Hauptjtrom ergießt. Bon feinen vielen
Schwefelteilen hat er eine weißliche Farbe. Strab.
5, 227. Verg. A. 7, 517. Cie. ad Att. 4, 16. Tac.
ann. 1, 79. 3,9.
Naraggära. Naodyape, bedeutende Stadt im
Innern Numidiens, nicht weit von Zama, be:
fannt durch die dort vorgefallene Unterredung
zwiſchen Hannibal und Scipio vor der Schlacht
bei Zama; j. Ruinen Kjiba Mraü. Liv. 30, 29,
Narbo, 5 — — j. Narbonne, blühende
Handelsftadt der Volcä Tectoſages in der römi-
jchen Provinz Gallia Narbonensis am Fluß Atax.
Seit 118 dv. E. war fie römische Kolonie mit dem
Beinamen Martius, dann Hauptjtadt der Provinz.
Cie. Font.1. Brut.46. Vell. Pat.1, 15, 5.2, 8,1.
Caes. b. g. 3, 20. 8, 7.
Narbonensis Gallia j. Gallia.
Nareissi fons, Naexiscov znyn, Duelle zu
Donafon bei Theipiai in Boiotien, wo jich noch
jept zahlreiche Narzifjen finden. Or. met. 3, 407.
Paus. 9, 31, 7.
Nareissus, 1) ein Freigelaſſener und Günftling
des Kaiſers Claudius, den er fait unumſchränkt
beherrichte, 41— 54 n. E., benußte jeine einfluß-
reiche Stellung (ab epistulis) zu feiner perſön—
lihen Bereicherung wie zur Bedrüdung Roms,
veranlafte den Sturz der Meflalina, zog ſich dar-
nach indes, da er Claudius von ihr fernzuhalten
juchte, den Hab der Mgrippina zu (Tue. ann.
12, 57), die ihn, als jie den Claudius zu ermor:
den beichlofien hatte, aus Rom entfernte und bald
hernach gleichfalls umbringen ließ (dai. 13, 1),
nachdem er zuvor feinen Briefwechiel mit Claudius
vernichtet hatte, um nicht andern durch Auffindung
desjelben zu jchaden. Dio Cass. 60, 34. — 2) ein
Günjtling des Kaiſers Commodus, nahm teil an der
Ermordung des Tyrannen und fand unter Septi-
minus Severus jeinen Tod. Herod.1,17,11. Spart.
Sept. Sev. 14,1. — 3) j. Echo.
ardinum, Nardenöl oder Salbe, von einer
vorzüglich in Arabien vorfommenden Pflanze (nar-
dus) bereitet und in Nom jehr gejchäßt.
Naristi (Taec. Germ. 42), richtiger Varisti (Ptol.
Odagıoroli, eine tapfere germanische Bölferichaft
ſueviſchen Stammes, zwiihen den Markomannen
im D. und den Hermunduren im W., alio in
der Gegend des Fichtelgebirges und der Oberpfalz
Strab. 17, | Gebiet.
Seit dem Martomannenfriege ſchwindet
der Name ganz. Dio Cass. 71, 21.
Narkissos ? Echo.
Narnia, Stadt am jüdlichen Ufer des Nar in
Umbrien, an der via Flaminia, auf jteilem Fels
gelegen, j. Narni. Die Römer hatten fie 290 v. E.
an der Stelle des alten Nequinum angelegt. Liv.
10, 9. 27, 40. Tac. ann. 3, 9. 10. hist. 3, 50.
Naröna, Stadt Dalmatiens, 20 Millien von
der Mündung des Naroflufies, bedeutender Han-
delsplag an der Straße von Salona nah Dur:
rhachium; j. Ruinen Vido. Cie. ad fam. 5, 9. 10,
Narthaklon, Nagddxıor, Berg (ij. Khaffidiari)
und Stadt am Fuß desjelben in Thejlalien, ſüd—
lid von Pharſalos und dem Apidanosfluß, genannt
in den Kämpfen des Jahres 394 v. E. zwiichen
dem aus Ajien zurüctchrenden Könige Agefilaos
und den durch die Thebaner aufgereizten Theſſa—
liern. Xen. Hell. 4, 3, 9; vgl. Ages. 2,5. Plut.
Ages. 16. Strab. 9, 431.
Nag9nS, 1) ferula (j. d.), eine hohe Dolden:
pflanze, die bejonders in Griechenland, auf Kypros
und Sicilien, jowie in Apulien viel wuchs und
einen fnotigen, mit Mark gefüllten Stengel hatte,
in welchem Prometheus dem Mythos nach euer
vom Simmel holte. Hesiod. theog. 567. Der
Stengel wurde von den Balchanten bei den Bal:
chosfeiten gebraucht und diente auch als Stod zum
Schlagen. — 2) Salben, Arznei», Schmint:Käftchen
(veednE und vepdıjxıor). In einem kojtbaren
Käſtchen diejer Art, welches unter der Beute des
Perjerfönigs Dareios dem fiegenden Alerander bei
Iſſos zufiel, ließ Er eine von Ariſtoteles be:
jorgte Tertesrecenfion der Jlias aufbewahren (n
da tod vogdnnog Indocıs). Plut. Alex. 8.
Narfke, Nagien, Nügv&, Napixıor, Stadt
der opuntiſchen Lokrer, vielleicht an der Stelle des
. Zalanti, angeblich der Geburtsort des lofrijchen
lias; jpäter Bapvyaı genannt. Diod. Sie. 14, 82.
16, 38. Strab. 9, 425. Das von den Alten (vgl.
Verg. @. 2, 438) erwähnte naryciſche Pech bezieht
fi) auf Lofroi in Bruttii, weldyes auch als eine
Niederlafjung der Xofrervon Naryke angeſehen wurde.
Nasamönes, Naoauavss, rohes Boll an der
Küfte der großen Syrte, jüdweftlic von Kyrenaite,
wegen Strandraubs gefürchtet, unter Domitian bei
einem Aufjtand fait aufgerieben. Jldt. 2, 32. 4,
172. 190. Strab. 17, 838.
Nasica j. Cornelii, 15—17,
Nasidienus, cin vielleicht aus dem wirklichen
umgebildeter Name einer von Horaz (sat. 2, 8)
eingeführten Berjon; er erjcheint als ein aus der
Gemeinheit emporgelommener Menjch, der, reid)
geworden und Staatspächter, gern eine Wolle
jpielen, Geichmad zeigen, ich Gunſt erwerben will
und doch bei, allem Streben jeine Herkunft und
Semeinheit nicht verleugnen kann.
Nasidii, 1). Naj., ein römischer Ritter, wurde
im J. 49 v. E. von Pompejus mit 16 Schiffen
dem 2. Domitius und den Majjiliern zu Hülfe
aeihidt, aber von Brutus bei Maifilia geichlagen.
Caes. b.c. 2, 3. — 2) D. Naj., des vorigen
Sohn, ein treuer Anhänger des jüngeren Pompe—
jus, nad) deſſen Tode (35 v. E.) er fid) dem Anz
810 Nasos —
tonius anſchloß und als Befehlshaber einer Flotte
desjelben von Agrippa bei Batrai geichlagen wurde.
Dio Cass. 50, 13.
Näsos, Nüoog, Nijeog, 1) Heine Inſel der
Diniadai im Aceloos in Mlarnanien mit einem
Kaftell, j. rd enod genannt. Liv. 26, 24. Pol. 9, 39.
- 2) j. Syracusae.
Natälis dies, sacra natalicia (vgl. Tevetlıog
Yusee), der von den Alten feitlich, bejonders |
mit einem Schmauſe für die Freunde (nataliciae
dapes), gefeierte Geburtstag. Haus und Herd
wurde befränzt, es wurde libiert und Weihrauch
angezündet, womit zugleich der Genius, unter
dejien Schuße das Geburtstagsgeftirn ftand (vgl.
Hor. ep. 2, 2, 187. 210), 328* ward. Der
Gefeierte erſchien im Feſtkleide (toga alba) und
erhielt Glückwünſche und Geſchenke; ſelbſt die Ge—
burtstage von Abweſenden und Verſtorbenen wur—
den feſtlich begangen. Später waren die Geburts—
tage des Cäſar, Auguſtus und der übrigen Kaiſer
=.
Gegenftand einer öffentlichen eier, die fich nicht
auf Rom beichränfte. — Vgl. die Monographien
von Schöne (1832) und Peterjen (1858).
Natatio, das Schwimmen, war bei den Griechen
namentlich für den Seedienft jo wichtig, dah man
von einem ganz unwiſſenden Menjchen iprichwört:
lich jagte: urjre veiv wire yoduuere. — Bei den
Römern wurde es befonders als gummaftische Kunſt
geübt, weil es im Kriege und jonft wichtig uud
nüßlich war, und weil es der Gejundheit diente.
Ein Teich in der zwölften Region (piscina pu-
bliea) diente für die Anfänger, für die Geübteren
eine Stelle im Tiberftrom beim Marsfelde.
Hilfsmittel gegen das Unterſinken gebrauchte man
ein Flechtwerk von Binfen oder Kork unter der
Bruft. Später hielt man ſich eigene Teiche mit
warmem und falten Wafler zu Schwimmübungen
auf den Landfigen. Plin. ep. 2, 17. 5, 6.
Navapyoı waren in Sparta Befehlshaber zur
See, eingejegt, weil an mehreren Orten zu füh—
rende Kriege den periönlichen Befehl der Könige
oft unmöglich machten. Der erite uns befannte
Nauarch war Eurpbiades (481); doc, beftand das
Amt ficher jhon in alter Zeit.
ftanden, oft wohl als eine
hörde, die Zmioroleig (f. d.), jowie eine Anzahl
von ovußovkoı (Thuc. 3, 76. 8, 39). Der Nauarch
fonnte gejeglich nur einmal, und zwar für 1 Jahr,
vom Bolfe gewählt werden (doch wurde dies öfter
umgangen); der Amtsantritt erfolgte um das Herbſt—
äquinoctium. — In Athen hatten die Strategen
auch den Oberbefehl über die Flotte, wahrichein-
lich ohne den Titel vadapyoı, obgleich Plut. Them.
18 und andere jie jo nennen.
Naukleidas, Navnicidas, ein ſpartaniſcher
Ephor, der den Baujanias (403 v. E.) nad Attifa
begleitete und mit ihm die Unterhandlungen mit
dem wwiederbefreiten Athen begann (Xen. Hell.
2, 4, 36); wahricheinlich derjelbe, der wegen jeiner | See dazu ausgra:
Schwelgerei von Lyjander angeflagt und zur] ben, dann aber
Rechenſchaft gezogen wurde.
Navxgagia, eine jchon vor Solon beftehende | und ausfüllen und
Einteilung des atheniichen Volkes, offenbar ad:
miniftrativer Art und in die alte geichlechtliche | einen Tempel er: |
Einteilung eingefügt, wohl zu einer Zeit, wo dieje | bauen. Suet. Caes.
dadurch, daß fie im Yaufe der Zeit ihren zugleich
lofalen Charakter verloren hatte, zur Handhabung | 23.
einer kräftigen Verwaltung nicht mehr ausreichte.
Als
Ihnen zur Seite
Art tonmrollierender Be: |
Naumachia,
Auf jeden Stamm famen 3 Trittyen und 12 Nau:
frarien, auf den ganzen Staat aljo 48 Nau—
frarien. Jede hatte 1 Schiff (daher der Name)
und 2 Reiter zu ftellen. Die Vorfteher der R.,
die Naufraren, einer für jede Naufrarie, werden
mit den jpäteren Demarchen verglichen. — An der
Spige der Naufraren ftanden die meurdrsg tor
vevapdgwr, olmeg Evsuor röre (zur Zeit der
fylonischen Wirren) rüs Adrjvag (Hat. 5, 71),
während doch nach Thufydides (1, 126) damals
die 9 Archonten die höchſte Gewalt in Händen
hatten. Die Prytanen der Naufr. hatten wohl
in der Zeit nur in einem aufßerordentlichen Tralle
als Staatsbehörde das Richteramt geübt; oder fie
waren damals ein den Archonten beigeordneter
Verwaltungsrat, den fpäter Solon durch den Rat
‚der 400 erjegte. Die Naufraren müflen ein Kolle-
gium gebildet haben, zu deſſen Geſchäftskreiſe na-
mentlich wohl die auf das Finanz: und Striegs-
weſen bezüglichen Angelegenheiten gehörten. Das
ganze Kollegium verfammelte fich wohl nur in wich:
tigen Fällen in der Stadt, während die laufenden
Geſchäfte den in dem Prytaneion verjammelten
Prytanen oblagen. Die Naufrarien dauerten auch
noch nach Kleiſthenes fort, der jie, jedoch ohne
politifche Bedeutung, die auf die Demen überging,
als VBerwaltungsbehörde, und zwar aus jeder Phyle
5, im ganzen 50, —— ließ, bis ſie auch in
dieſer — durch die Einrichtung der Trie—
rarchie (ygl. Leiturgia, 4.) erſetzt wurden.
Naukrätes, Navrxodıns, 1) aus Sikyon, Vater
des Damotimos. Thuc. 4, 119. — 2) Schüler des
Rhetors Iſokrates, beftand mit Theopompos und
Theodektes einen rhetoriichen Wettitreit zu Ehren
des verftorbenen Königs Maujollos von Karien.
Cie. de or. 2, 23. or. 51. Gell. 10, 18.
Naukrätis, Navngarıs, Handelsitadt in Unter:
ägypten, am rechten Ufer des fanobiihen Nilarms,
einige Meilen weſtlich von Sais, j. Nebireh; von
Amaſis um 550 v. E. den Hellenen, namentlich
den Milefiern, als Niederlaflung angemwiejen, wegen
ihres Handelsmonopols rajd) aufgeblüht, erjt von
Alerandreia überflügelt, Baterftadt von Athenaios,
Phylarchos und Julius Pollux. Mdt. 2, 178F.
'Strab. 17, 801. 803. Plin. 5, 10, 11. Athen.
13, 596, 15, 676,
Naukfdes j. Bildhauer, 7.
Nanlöchos, Narvkoyos, Ort und Hafenplag an
der öftlichen Nordküfte Siciliens zwijchen Mylai
‚und Beloris. Suet. Oct. 16. App. 5, 116 ff.
| Naumachla, ravuayla, ein als Schaufpiel bei
den Römern auf- =
geführter Schiffs:
fampf, üblich jeit
Julius Cäſar. Die-
ſer ließ nämlich zu
erſt auf dem Cam-
| pus Martius einen
wieder ableiten
darauf dem Mars 7
44. Dio Cuss. 43,
Auguſtus gab dem Volke dasjelbe Schanfpiel.
| duet. Oct. 43. Jac. ann. 12, 56. Der dazu aus:
Naumachios
— Teich war 1200° breit und 1800 fang.
laudius nahm den Fuciner:Sce zu einer Nau—
machte und lieh rings umher Zuſchauerſitze errichten.
Taec. a. a. D. Nero wählte dazu das Amphi—
theater, lieh das Waſſer dann wieder ablaufen
und an demjelben Orte ein Yandtreffen aufführen.
Dio Cass. 61, 9. Noch großartigere Schiffskämpfe
gab Domitian. Suet. Dom. 4. Tas Waſſer dazu
wurde gewöhnlich aus dem Tiber abgeleitet. Die
für dieje Kämpfe beftimmten Leute (naumachiarii)
waren Gladiatoren, Gefangene oder zum Tode
verurteilte Verbrecher. Erſt fpäter gab es frei-
willige Kämpfer. Auch der Plab eines folchen
Kampfes hieß naumachia. Pol. Friedländer,
Sittengeſchichte Roms II, II, 2, e.
NaumachlVos, Navudyıos, 1) ein jpäterer grie-
chiſcher Dichter, von dem ſich bei Stobaios ein:
zelne Hexameter eines gnomiſchen Gedichts er:
halten haben, zufammen 73 Verſe, bezüglidy auf
die Pflichten des Weibes, daher yauıza mag-
eyyiluer« überjchrieben, herausg. von Brund
(poet. gnom.) und Gaisford (poet. Gr. min.).
2) ein Arzt aus Epeiros, Zeitgenoſſe des
Galenos.
Navazazxrıa, ra, Name eines epiſchen Ge:
dichts aus unbeftimmter Zeit, das ähnlich den
Evien Hefiods eine Reihe von Mythen berühmter
Frauen, namentlich Licbesgeichichten von Heroinen
(3. B. Medeia), behandelte. Als ihr VBerfaffer wurde
der Milefier Kerkops oder der Naupaftier Karki—
nos angejehen (Paus. 10, 38, 6). Die Bruchjtüde
find gejammelt und herausg. von Mardicheffel
(1840, mit Eumelos, Kinaithon und Aſios) und
Kintel, ep. Graec. fragm. I p. 198 ff.
Naupaktos, Navmaxros, feite Hafenftadt der
ozoliichen Lokrer mit vortrefflichem, großem Hafen
an der Nordjeite des Korinthiichen Meerbujens,
an einem teilen Felſen öftlich vom Borgebirge
Antirrhion. Tue. 1, 103. 3, 102, Liv. 36, 34.
Caes. b.c.3,35. Angeblich erhielt fie ihren Namen
von der Flotte, welche die Herafliden vor ihrem
Übergange nad) dem Peloponnes hier bauten. Be:
fonders aber fam fie empor durch die Anfiedlung
der nach dem dritten meſſeniſchen Kriege ausge:
wanderten Meffenier durch die Athener, welche
bier eine Flottenftation und einen Waffenplag ein-
richteten. Thuc. 2, 69. 91. Nah der Schlacht
bei Aigospotamoi fam die Stadt in die Hände ber
Lokrer, dann der Achaier, denen fie Epameinondas
entriß. Nachdem Philipp von Makedonien N. zu
Nitolien gejchlagen hatte, fam es unter der Römer:
herrihaft wieder zu Lokris. Jetzt Epaftos, ital.
Lepanto. Strab. 9, 426. 10, 450.
Nauplfa, Navride, Stadt in Argolis, unfern
von Tiryns am Argoliihen Meerbuien, mit treff:
lihem Hafen, anfangs jelbftändig, dann von den
Argivern erobert und Hafenftadt von Argos, doch
nicht jehr bedeutend, da die Bewohner durch die
Spartaner meift nad) Methone übergefiedelt wur:
den, zu Pauſanias' Zeit ganz verödet; noch j.
Navplia. Hldt. 6, 76. Strab. 8, 368. Paus. 4, 24,
4. 2,38, 2.
Nauplios, Navmiuos, 1) Sohn des Poſeidon
und der Amymone, berühmter argiviicher See:
mann, Gründer von Nauplia, Bater des Proitos
und Damaftor. Apoll. Rhod.1, 136. — 2) ein Nach:
fomme von ihm im fünften Gliede und Argonant,
ein in der Echiffahrt und Sternfunde ſehr er:
— Nausithoos.
sit
fahrener Heros. Apoll. Khod. 1, 134. — 3) König
auf Euboia, Gemahl der Kiymene (j. Katreus)
oder der Philyra oder der Heſione, Water des
Balamedes, Diar und Naufimedon. Apollod. 2,
1,5 a. €. (wo er Sohn des Pofeidon und der
Amymone heift). Als jein Sohn Balamedes (ſ. d.)
vor Troja ungerechterweije zum Tode verurteilt
worden war, jchidte er, in der Abficht, ich zu
rächen, jeine übrigen Söhne zu den Semahlinnen
der vor Troja fümpfenden Helden, um fie durd)
falſche Nachrichten zu beunruhigen, und zündete,
als die Griechen, von Troja heimfehrend, in ftür-
mifcher Nacht an Euboia vorbeifuhren, auf dem
Kaphareiichen Felſen Fackeln (r@ Navrklov Ei-
* rvorolnuere, Eur. Hel. 767) an, wodurch
ie irregeführt wurden und Schiffbruch litten. Viele
famen ‚in den Wellen um, andere wurden von
Nauplios erichlagen.
Nauportus, Navrogros, jchiffbarer Nebenfluß
des Savus in Oberpannonien, j. Laybach. An
ihm lag eine Stadt gleiches Namens, auch Nau-
ortum gen., den Taurijfern gehörig und durd)
ihren Handel mit Agquileja befannt umd bedeutend
(municipii instar, Zac. ann 1, 20); j. Oberlay:
bad. Der Name wird hergeleitet von der Sage,
daß die Argonanten auf ihrer Rüdfahrt bis hieher
geichifft wären und dann ihr Schiff auf den Schul:
tern über die Alpen ans Adriatijche Meer getragen
hätten. Strab. 4, 207.
Nausikäa, Navomde, die ſchöne Tochter des
Phaiafenkönigs Altinoos. Als fie in Ausſicht bal-
— Hochzeit mit ihren Freundinnen an den
Fluß in die rn des Meeres gefahren war, um
die Wäfche zu bejorgen, ftellte fi ihr der au
dieje Stelle verjchlagene, ſchiffbrüchige Odyſſeus
dar, ward von ihr geffeidet und zur Burg ihres
Vaters geleitet. Der jchöne Held machte einen jo
tiefen Eindrud auf das reine Herz der Jungfrau,
daß fie im ftillen ihm fich zum Gatten wünſchte.
Als er fich zur Heimkehr rüftete, trat fie allein
zu ihm und bat ihn jchamhaft, wenn er nun
heimgefehrt jei zu den Seinen, bisweilen auch
ihrer, die fie ihm das Leben gerettet, zu gedenfen.
Hom. Od. 6, 15 ff. 8, 457 ff. Ihr Zulammentreffen
mit Odyſſeus macht eine der ſchönſten Epiioden
der Odyſſee aus und bot auch der dramatischen
Poeſie Sophokles dichtete eine Navaında) und
der bildenden Kunſt Stoffe dar.
Nausikles, NavoınAjs, ein mächtiger Volks:
führer in Athen zur Zeit Philipps von Mafedo:
nien, führte 352 v. C. die Truppen, welche die
Athener den Phokiern jandten. Er war früher
ein Anhänger des Aijchines, ſchloß fich aber jpäter
den Patrioten an und ward dafiir von jeinen
Mitbürgern mit einem Kranze geehrt. Dem. de
cor. p. 265. Plut. Demosth. 21.
Nausiphänes, Navsıpdrns, aus Teos, ein
riechiicher Philojoph aus der Schule des Demo:
Fritos, von Diogenes Laörtios ein Schüler des
Porrhon und der Sfeptifer genannt; auch Toll
Epikur jein Schüler gewejen jein. Bon jeinen
Schriften und Lehren ift nichts näher befannt.
Cie, n. d. 1, 26, 73. 33, 98. Diog. Laert. 9, 69.
102. 10, 7. 8. 14.
Nausithdos, Naveidoos, 1) Sohn des Poſei—
‚don und der Periboia, der Tochter des Giganten:
| fönigs Eurymedon, Vater des Alkinoos und Rhe—
|zenor, König der Phaiafen, die er aus Hypercia,
812
aus der Nähe der fie bedrängenden Kyklopen, nach
Scheria führte. Hom. Od. 6, A4Aff. 7, 56ff. -
2) Sohn des Odyſſeus und der Kalypjo, Bruder
des Naufinoos. Hesiod. theog. 1017. — 3) Steuer:
mann des Thejeus bei feiner Fahrt nad) Kreta.
Plut. Thes. 17.
Nautae j. Schiffahrt. :
Nautfi, ein altes patricifches Geſchlecht, deſſen
Abjtammung man wohl erjt in jpäterer Zeit auf
einen Gefährten des Aineias zurüdführte, wäh:
rend es eigentlich etruſtiſchen Urſprungs gewejen
zu jein jcheint. Die bedeutendften Mitglieder des-
jelben find: 1) Sp. Naut. Nutilus, einer der
Abgeordneten des Senats an das auf den Heiligen
Berg ausgezogene Volk, nachdem er die Zwiſtig—
feiten unter den Vätern ſelbſt gejchlichtet hatte
(493 vd. E.). Als Konſul des Jahres 488 gegen
Eoriolan leiftete er nichts Bedeutendes. Lie. 2,39.
Dion. Hal. 8, 16. — 2) C. Naut. Rutilus, be:
fleidete im J. 475 v. E. das Konjulat und wurde
egen die Volſker geſchickt. Liv. 2, 52f. Im
x 458 war er abermals Konful und führte ein
Heer gegen die Äquer und Sabiner, welche letztere
er bei Eretum fchlug. Liv. 3, 25 ff. — 3) Spur.
Naut., kämpfte unter dem Konſul Bapirius Eur:
jor im J. 293 v. C. mit Auszeichnung gegen die
Sammniter, welche er durch Täuſchung in Schreden
jegte. Liv. 10, 40-44.
Navrodixzar. eine ungewii ob durch Wahl
oder durch das Los ernannte Behörde in Athen
von unbekannter Zahl, die richterliche Befugnis
in Handelsſachen (dia Zumögwr) und in den
Prozefien Eeriag gegen diejenigen hatte, welche,
ohne von bürgerlichen Eltern abzuſtammen, fich
das Bürgerrecht anmaften, was gerade bei See:
handelnden häufig vorgefommen jein mag. In
der erjten Gattung von Sachen entichieden fie jelbit,
in der andern waren fie bloß prozeheinleitende
Behörde. Die Vorſtandſchaft in diefen Prozeſſen
war zu Demofthenes’ Zeit auf die Thejmotheten
übergegangen.
Nava, j. Nahe, Nebenfluß des Rheins, mit dem
er bei Bingium zuſammentrifft. Zee. hist. 2, 70.
no j. Schiffahrt.
Navis, Naves |
Naxos, Nd&og, 1) die größte und bedeutendite
aller Kykladeninjeln (8 TIM.), poetiih Dia uud
Strongnle („die runde‘) genannt, öÖftlich von
Paros und wie diejes zum großen Teil aus ſchönem
weißem Marmor beftehend; j. Naria. Die Inſel
war (und ift) jo fruchtbar, daß fie uıroc Liner
genannt wurde. Bejonders zeichnete fie ſich durch
ihren trefflihen Wein aus, daher audy die jo
mannigfacd ausgebildeten Diomyjosjagen: von hier
führte der Gott die von Theſeus zurüdgelafiene
Ariadne mit fi) fort auf jeinen Zügen. Die ge:
ſchichtliche Zeit fennt nad) den Karern und Kretern
als Bewohner die aus Attika eingewanderten
Jonier. Hdt. 8, 46. Um 536 v. E. befiegte Bei:
jiftratos die Naxier und jegte Lygdamis als Ty—
rannen ein, unter deſſen Herrſchaft die Inſel ihre
größte Macht und Blüte erlangte. Zldt. 1, 64.
Eine Untersehmung der Berjer, welche von den
vertriebenen Dligarchen 500 zu Hülfe gerufen
wurden, mißlang (Hdt. 5, 30—34), worauf 490
die Inſel zur Strafe mit Feuer und Schwert von
den erzürnten Perſern verwüſtet wurde. dt. 6,96.
Dadurch litt die ſonſt jo blühende Juſel jehr, die
Nautae — Neapolis.
außer vielen Kriegsichiffen 8000 Hopliten ftellen
fonnte, und von der Herodot (5, 28) jagt: 7) Ndfog
ebdamorin tor vrjoov moocpege. An der Schlacht
bei Salamis kämpften ihre 4 Schiffe, ald Kontin:
gent für die Perjerflotte beftimmt, doch auf grie:
chiicher Seite. Hat. 8, 46. Als ſpäter Naros
jih als Mitglied des atheniichen Seebundes den
Sewaltthätigfeiten der Athener widerjegte, wurde
es nach längerer Belagerung 467 mit Gewalt be:
zwungen und ging ber Freiheit verluftig, indem
453 eine Anzahl athenifcher Kleruchen dort ange:
jiedelt wurde. Thuc. 1, 98. 137. Plut. Per. 11.
Diod. Sie. 11, 88. Bon da an bleibt Naros un—
bedeutend. Am Jahr 376 erfoht Chabrias bei
der Inſel einen großen Sieg über die jpartaniiche
Flotte und zwang dadurd) die Narier, die 378
dem Attiichen Seebunde nicht beigetreten waren,
ſich den Athenern anzufchliehen. Nachdem die
Inſel dann unter Philipp und Alexander den
Mafedoniern, in der Diadocdhenzeit den Herrichern
Agyptens unterthänig gewejen war, wurde fie
durch Antonius den Rhodiern übergeben, aber
durch die Römer bald wieder von dem drüdenden
Joch derjelben befreit. App. b. c. 5, 7. Seitdem
verichwindet fie vom Schauplatz der alten Ge:
ſchichte. Die im Altertum gleich wie heute Naxos
genannte Stadt liegt am nördlichen Teile der
Weftfüfte. Abhandlungen von Grüter (1833), Engel
(1835) und E. Gurtius (1846). — 2) Die erite
griechifche Niederlaffung auf Sicilien, an der Dit:
füfte jüdlich vom Berge Tauros von Ehallidiern
735 v. E. gegründet. Thuc. 6, 3. Bald jendete
fie ar Koloniften nad Leontinoi, Katana und
vielleicht auch mit nach Zanfle. Nachdem fie eine
Zeitlang dem Hieronymos von Gela unterworfen
gewejen (Hat. 7, 154), kämpfte fie bei der eriten
jteilifchen Unternehmung der Athener auf Seiten
derjelben (Thuc. 4, 25), wurde aber 403 von
Dionyjios eingenommen und zerjtört. Im J. 358
wurden die Nejte der Bewohner von Andromadhos
gelammelt und in der Nähe der früheren Stadt
auf dem Berge Tauros angefiedelt. Die neue
Stadt hieß Tauromenion (j. d.), j. Taormina.
Diod. Sie. 14, 15. 87.
Neaethus, Nfatog, Fluß in Bruttii, nörd—
lih von Kroton mündend, wojelbft die gefangenen
troischen Frauen die Schiffe der Griechen ange:
zündet haben jollten, um der Gefangenſchaft zu
entgehen; j.Neto. Or. met. 15, 51. Plin. 3, 11,15.
Strab. 6, 262.
Neaira j. Helios.
Neanthes, Nedrdns, aus Kyzikos, Ahetor und
Gejchichtichreiber aus der Zeit Attalos’ 1., alfo im
3. Nahrh. v. C., Schüler des Philiffos aus Milet,
Kertafer zahlreicher geachteter und von den Alten
oft erwähnter Schriften hiftorischen Inhalts, 3. B.
Ekhnvınd (mindejtens 6 Bücher), zegi Zrdofwr
cvögör, ai negl "Arralor (reg. 241—197 dv. €.)
iorogiar, mepi reierör. Die Fragmente find ge
jammelt von Müller, fragm. hist. Graee. II
. 21.
Neapölis, Nedrolız. Die berühmtefte unter
den zahlreichen Städten d. N. lag in Campanien
am Weftabhange des Veſuvius und am Fluſſe
Sebethus. Chalkidier aus Kyme hatten fie an
der Stelle eines jchon vorhandenen Ortes, Par:
thenope, gegründet. Nach Livius (8, 22) beſtand
die Stadt aus 2 durch eine Mauer getrennten,
Nearchos — Nebukadnezar.
durch gemeinjames Recht aber verbundenen Teilen,
BalaiapoliS und Neapolis. Im %. 327 v.
bejegten die Samniter NeapolisS mit 6000 Mann
(Liv. 8, 23), jpäter, 290, famen die Römer in
den Befit der Stadt, welcher fie jedoch ihre grie-
chiſche Verfaffung und Sitte liefen (Liv. 35, 16.
Tae. ann. 15, 13), bis fie jpäter römijches Mu—
nicipium ward, als welches fie neben Tarent die
größte Seeſtadt Unteritaliens war. Cie. ad fam.
13, 30. Balb. 14. Der Name Balaiapolis ſchwin—
det ſeit der römiſchen Zeit; in der vereinigten
Stadt erhielt fich aber griechiiche Sitte noch jehr
u (nach Inſchriften bis ins 7. Jahrhundert
n. &.), weshalb N. ein Lieblingsaufenthalt gebil-
deter Römer war. Unter Titus wurde fie durch
ein Erdbeben faft gänzlich zerjtört, aber in römi—
ſchem Gefchmad wieder aufgebaut. Hier ftarb der
abgeſetzte Kaiſer Romulus Augnftulus. In der
Nähe befanden ſich warme
Bäder, die berühmte Villa
des Lueullus, in welcher Ti:
berius jtarb (Suet. Tib. 73),
wie die Billa Pauſilypi
(Sanssouci), deren Name noch
in der berühmten Grotte si | — \
Vofilippo zwischen Neapelund \p 4.7.
Pozzuoli erhalten ift, mo man | =
noch immer das angebliche
Grabmal Vergils zeigt. Die
alte Stadt jcheint zunächft um
den Hafen des jeßigen Nea—
pels von der Gegend des heu—
tigen königlichen Schlofjes bis
zum Kaſtell Vecchio gelegen zu haben. Strab. 5, 246.
Bol. Beloh, Topographie, Gejchichte und Leben
der Umgebung Neapels im Altertum (1879), 3. Buch.
— Auch ein Teil von Syrakus ıj. d.) hie N.
An Aſien lagen 9 Städte diejes Namens, in
Afrika 3.
Nearchos, Ne«gyog, 1) ein Athener, Sohn
des GSofinomos, 340 v. E. Gejandter an König
Philipp. Dem. de cor. p. 2833. — 2) Sohn des An-
drotimos von Kreta, aber in Amphipolis anfällig,
einer der Jugendfreunde Aleranders, von Philipp
aus Makedonien verbannt, aber von Alexander
gleich nach jeiner Thronbefteigung —
ging mit dem jungen Könige nach Aſien (Plut.
Alex. 10) und wurde Statthalter von Lyfien und
dem angrenzenden Gebiete. Dann begleitete er
Alerander auf feinem Feldzuge nach Indien, 327
v. E. Er erhielt den Sberbeiept über die für die
Fahrt auf dem Indos gebaute Flotte umd unter:
nahın auf Alexanders Wunſch die Leitung der
Rüdfahrt der Flotte von der Indosmündung an,
um den Weg bis er Euphrat zu entdeden und
Kunde über die Küjtenländer —— 325.
Arr. 6, 19, 5. 28, 5. 7, 20, 9f. n über dieje
Reife von ihm verfahten Bericht (Tagdmiovg) EAN
Arrianos im Auszuge ge (Ind. 20 $.);
auch Strabon bemugte jeine Nachrichten, deren
Slanbwürdigkeit die neuere Forſchung in Schuß
genommen hat. Alerander belohnte ihn, nament-
lich bei der großen Hochzeit zu Sufa, reich und
töniglich für jein Unternehmen und beauftragte
ihn noch furz vor jeinem Tode mit einer Ent:
dedungsreije an den Küften von Wrabien und
Afrika, die aber wegen bes plößlichen Todes Ale—
xanders unansgeführt blieb, Arr. 7, 19, 3 ji. 25, 4.
813
Plut. Alex. 75. Nearch behielt nach Alex.s Tode
E. | wahrjcheinlich den Oberbefehl über die Flotte und
ab jeine frühere Statthalterichaft —— an
ntigonos ab. Zuletzt tritt er unter den Räten
des jungen Demetrios auf. Plut. Eum.18. Diod.
Sie. 19, 69. — 3) ein pythagoreiſcher Philojoph
aus dem 3. Jahrh. v. E., welcher nach der Ein:
nahme von Tarent mit dem älteren Gato eng
verbunden und deſſen Lehrer in der Philofophie _
war. Oic. Cat. m. 12, 41. Plut. Cat. mai. 2.
Nebrödes montes, rü Neve&dr den, der Ge:
birgszug, * als Fortſetzung der Apenninen
von nach W. die, ganze Inſel Sieilien durch—
ieht. Außer dem Ätna, der eigentlich nicht
2* Syſtem gehört, find einzelne Teile im -
bei Meflana der Neptunius mons und im
der Kratas. Strab. 6, 237.
Nebukadnözar, Naßovxodgdcogog, Naßov-
zoöor60ogos, babylon. Nabufudurriufur, der große
König des neubabyloniſchen Reiches, 604— 561 oder
(weil bie offizielle Zählung jedem Könige den Neft
feines Antrittsjahres noch nicht, dagegen das Aus-
angsjahr noch voll anrechnet) 605562 dv. E. —
eit ca. 1700 dv. E. war ganz Babylonien unter
den Königen von Babylon vereinigt. Diejes alt-
babylonische Reich ftand zu dem benachbarten afiy-
rischen Reich, das jich immer we emporarbeitete,
jeit 1500 v. C. in —— ald freundlichen,
bald feindlichen Beziehungen. Eine genaue Zeit—
rechnung iſt uns ſeit Nabonaſſar (747—733
v. E.) möglich, weil mit ihm, übrigens aus zu:
älligen Gründen, im ptolemaiischen Kanon (j. Pto-
emaios, 8.) die Aera Nabonassari (26. Febr. 747)
beginnt. 731 wurde Babylonien von dem afiy:
riſchen König Tiglath Pileſar I. (11.) unterworfen
und blieb auch mit wenigen Unterbrechungen (z.B.
Merodah Baladan 721—709 und wieder 704/83)
jeinen Nachfolgern er deren jchwere Hand
es bei Aufitänden wiederholt zu fühlen befam; jo
zeritörte Sanherib Babylon 639 von Grund aus,
das dann allerdings Aſarhaddon 680 wieder auf:
baute. 626 machte ji Nabopolajjar unab—
Hängin, zerftörte dann 606 im Bunde mit Kyaxares
von Medien Ninive und erhielt bei der Teilung
die Länder recht3 vom Tigris. Sein Sohn Nebu:
fadbnezar erfocht noch ala Thronerbe 605_ den
enticheidenden Sieg über Necho (j. d.) von Agyp—
ten bei Karkemiſch, trat furz darauf die Regierung
an und vollendete in weiteren Feldzügen die Er:
oberung Syriens, wo er 587 dem jüdiſchen Neich
ein Ende machte und 573 nad; 13jähriger Bela:
gerung Tyros unterwarf. 568 demütigte er aud)
gypten, das den Berluft Syriens nicht verjchmerzen
814 Necessitas
fonnte und immer wieder dort einzugreifen juchte.
Mit gleicher Umficht und Thatkraft widmete ſich
N. der inneren Organijation jeines Reiches. Die
Hauptjtadt wurde bedeutend vergrößert, mit Tem: |
veln und Baläjten reich geichmüdt und mit ge-
waltigen Mauern neu befejtigt; zur Verteidigung
des Yandes wurde im N. die mediiche Mauer (j.d.)
aufgeführt. Ebenjo wurde im Intereſſe des Ader:
baus und des Berfehrs das Netz der Kanäle und
das ganze Bewäflerungsinftem wiederhergeftellt und |
erweitert, der Handel zu Waller und zu Land
emjig befördert. -
zerjiel jedoch das Neich rajch wieder. Evilmero-
dach (562— 560) wurde von jeinem Schwager Neri-
alijjar(560—556) ermordet, dejlen Sohn Laboro—
ſoarchad jhon nah 9 Monaten geftürzt (555),
und dann durch eine Hofpartei Naboned (Nabu-
naid, 6555639) auf den Thron erhoben. Diejer
wurde Sommer 539 in Borjippa von Kyros ge:
fangen genommen, nachdem jich Babylon ergeben
hatte. Die Länder des Reiches wurden damit
verjiiche Provinzen. — Herodot jchreibt die Bauten
Nebuladnezars einer Königin Nitofris zu (1, 185 ff.),
nennt jenen wie den Naboned Yabynctos (1,74.
77. 188) und gibt über die Eroberung Babylons
einen jagenhaften, durch die Inſchriften widerleg:
ten Bericht (1, 188 ff.).
Necessitas, Perjonififation der Notwendigfeit;
fie geht nadı Horaz (od. 1, 35, 17) vor der Fortuna
her, Baltennägel und Keile nebſt Klammern und
geichmolzenem Blei in der Rechten tragend.
Necho, Nexus, Sohn von Pjammetich 1., König
von Ägypten 610—595 dv. E. Zur Beförderung
des Handels begann er den Bau eines Kanals
vom Nil zum Arabijchen Meerbujen, der indeflen
erft von Dareios 1. vollendet wurde, lieh; durch
eine phoinifiiche Flotte Afrila umſchiffen, die im
dritten Jahr nach ihrer Abfahrt von Suez durch
das Mittelmeer zurückkehrte, und trat auch zu den
Griechen in lebhafte Beziehungen. Er juchte die
Machtlofigkeit des aſſyriſchen Heeres zu Grobe:
rungen in Syrien zu benugen, jchlug den jüdischen
König Jofia bei Magdölos (Megiddo), 609, unter
warf Judäa, Bhiliftäa (Addvrıg nicht — Jeruſa⸗
lem, ſondern — Gaza, ägyptiſch Kazatu, aſſyriſch
Chaziti) und Phoinikien, überhaupt ganz Syrien,
wurde aber beim Bordringen nach Mejopotamien
von Nebufadnezar bei Karkemiſch ſ. d.) 605 ge:
ichlagen und verlor dann alle jeine Eroberungen.
Neda, Niöda, Fluß des Peloponnes, entipringt
am Keranfion, einem Berge des Gebirges Lykaion,
ftrömt dann in vielen Krümmungen nah W. und
bildete die Grenze zwiichen Meſſenien einer- und
Artadien und Elisandererjeits; j. Buzi. Strab.8, 348.
Nefasti dies i. Dies, 3.
Negotiätor, der Großhändler, Bantier, der in
die Provinzen qing und dort Kapitalien gegen
hohe Zinjen auslich oder Korn auffaufte; ent:
weder Nitter oder wohlhabende Plebejer; vergl.
Mercatura.
Negotiörum gestio, die freiwillige Bejorgung
fremder Geſchäfte. Der Beiorgende hieß procu-
rator oder amicus voluntarius. (Cie. Brut. 5.
Caec. 5.
Nyjitaı avlaı |. Thebai.
Neith, Nni®, Nniön, Nnod, eine ägyptiſche,
bejonders zu Sais (Hdt. 2, 169. 175) verehrte
Söttin, welche die Griechen mit ihrer Athene iden:
Unter den ſchwachen Nachfolgern
— Neleus.
tifizierten, vielleicht wegen des Anflangs im Namen
oder wegen ber Ähnlichteit des Lampenfeſtes zu
Sais (Hdt. 2, 62) mit dem Fackellauf zu Ehren
‚der Ballas in Athen. Sie ift eine Form der
Himmelsgöttin Iſis, heißt deshalb „die Kuh, welche
die Sonne gebar“, weil der Himmel weiblich ge:
dacht als eine Kuh mit der Sonnenjcheibe zwiichen
den Hörnern dargeftellt wurde. Sie iſt die Gattin
des Chnum Kneph), der das Weltei bildet, „die
große Mutter”, „die Mutter der Götter‘, aljo eine
der Göttinnen der jchaffenden Naturfraft. Damit
ftimmt die von Plutarch (/s. 9) überlieferte In—
'ichrift von Sais: „Ich bin das All, was gemwejen
it, was ift und was jein wird; mein Gewand
hat noch fein Sterblicher aufgededt.‘
Nexgouavreia j. Divinatio, 6.
Nektanäbis, Nexrdvaßıs, Nexrareßog L. folgte
nach furzen Jnterregnen dem mit Euagoras |. von
Kypros verbündeten Aloris (395 — 382 v. E.) als
unabhängiger König von Agypten, gründete die
dreißigſte, jebennptiiche Dynaſtie und behauptete ſich,
‚don Chabrias unterftügt, 330— 362 gegen Pharna⸗
baz308 und Iphikrates. Diod. Sie. 15, 29. 41ff.
Nep. Chabr. 25. Iphier. 2. Gegen jeinen Sohn
und Nachfolger Tachos (362-360) erhob fich ein
Berwandter, Neftanebos 1I., und verdrängte
ihn jowie einen andern PBrätendenten mit Hülfe
des zu ihm übergegangenen greiien Ageſilaos;
aber nachdem er in 2 Kriegen gegen Artaxerxes II.
glüdlidy gewejen war, unterlag er im dritten durch
feine Unfähigkeit und entfloh mit jeinen Schäßen
nach Nithiopien, um oder nach 350. Diod. Sie
15, 90 ff. 16, 40f. 46 ff. Plut. Ages. 37 ff.
Nektar j. Ambrosia.
Nexvouurreie ſ. Divinatio, 6.
Nexvoıe = Neulorıe, i; Genesia.
Neleus, NnAsvs, 1) Sohn des Pojeidon und
der Tyro, der Tochter des Salmoneus, Bruder
des Pelias. Hom. Od. 11, 235 ff. Tyro jegte die
Knaben aus und heiratete darnach den Kretheus,
König von Jollos. Ihre beiden Söhne, welche
von Pferdehirten gefunden und aufgezogen worden
waren, gerieten nad) des Kretheus Tod in Streit
über die Herrichaft von Jolkos, infolge deſſen
Neleus mit Melampüs und Bias und einigen
andern Achaiern, Phthioten und Miolern nach
Meſſenien z0g, wo ihm jein Oheim Aphareus Polos
überließ. Hier heiratete er Chloris, die Tochter
des Amphion aus dem minyeiſchen Orchomenos
(oder aus Theben), und zeugte mit ihr 12 Söhne
(darunter den Neftor, Chromios, Berifiymenos)
und eine Tochter, Pero. Hom. Od. 11, 281 ff.
TI. 11, 692. ®Bero ward die Gemahlin des Bias
(j. Melampus). Als einjt Herafles zu Neleus
fam, um fich von dem Morde des Iphitos reinigen
zu laflen, verweigerte dies Neleus, der mit des
Sphitos Vater, Eurytos, befreundet war. Dafür
zog Serafles jpäter gegen Pulos und erjchlug die
Söhne des Neleus mit Ausnahme des Neftor.
Durch dieje Niederlage geichwäct, erlitt Nelens
von den Epeiern und ihrem König mancdherlei
Unbilden. Unter andern raubte Augeias dem Ne:
leus ein Biergejpann, das diejer nach Elis zum
Wettrennen gejandt hatte. Neſtor raubte dafür
den Epeiern Herden; und als dieje nun ins pulijche
Land einfielen und Thryoefja am Alpheios belager:
ten, wurden fie von Neſtor geſchlagen. Hom. 11.
11, 6705. Nach Baujanias ftellte Neleus die
Nemausus — Nemetes.
olympiichen Spiele wieder her und ftarb in Korinth,
wo er auf dem Iſthmos begraben ward (5, 8, 1.
2, 2,2). Nach anderen wurde er mit feinen Söhnen
von Herafles erichlagen. — 2) auch Nerlsug ge:
nannt, Sohn des Kodros, des legten atheniſchen
Königs, ein Nachlomme des vorigen (die Neleiden,
aus Meflenien von den Serafleiden vertrieben,
hatten jich größtenteils nadı Athen gewandt), zog, | h
von jeinem Bruder Medon vertrieben, aus Attifa
nach Jonien und gründete daſelbſt Milet, Erythrai
u. a. Städte. Paus. 7, 2. Strab. 14, 633.
Nemausus, N£uavoog, Hauptſtadt der Areco—
mict und römische Kolonie im narbonenfiichen
Gallien an der aus Italien nach Hijpanien füh-
renden Straße am jüdlichen Abhange des Mons
Cevenna. Sie, ſowie 24 zu ihr gehörige Flecken,
hatten das latinische Recht, waren daher den Be-
fehlen des römischen Statthalters nicht unterwor:
fen. Das heutige Nimes zeigt in jeinem größten:
teils erhaltenen Amphitheater, einer alten Wafler-
leitung (j. Pont du Gard), einem don Auguftus
zu Ehren jeiner Enfel Gaius und Lucius errich:
teten Tempel (der jog. Maison quarree) u. j. w.
noch bedeutende Reſte von der ehemaligen Größe.
Strab. 4, 186.
Nemea, Neuia, 1) Name eines zum Gebiete
bon Kleonai gehörigen Hochthales zwiſchen diejem
und Phlins in Argolis (”,, St. breit, 1 St. lang),
von den Bergzügen Tritaranon im W. und Ape—
ſas im D. eingefaßt; hier follte Argos die No
bewacht, und Serafles (j. d.) den ee u Löwen
— haben; 15 Stadien davon im Gebirge
reto$ zeigte man die Höhle des Löwen. In
einem Haine des Zeus Nemeios, dejjen Heiligtum
(bedeutende Mefte eines in alerandriniicher Zeit
erbauten Tempels im borijchen Stile haben fich
erhalten) jich hier befand, wurden die nemeiſchen
Spiele gefeiert (die Ortlichfeit bejchreibt an bielen
Stellen dichterifch Pindar, z. B. mem. 2, 4 f. 3, 18.
6, 45. ol. 9, 87), welche die Sieben auf ihrem
Zuge gegen Theben dem Archemoros (j. Adrastos)
zu Ehren eingeſetzt haben jollten. In hiftoriicher
Beit treten als Nationalipiele zu Ehren des Zeus
die Nemeen erft ziemlich ipät hervor; erſt mit der
51. Olympiade (572 v. E.) jcheint die Zählung
nach Nemeaden begonnen zu haben, und ihre Be-
rühmtheit erlangten die Spiele wohl erſt 20 Olym-
piaden jpäter. Die feier war eine triöterilche,
fand in jedem dritten Jahre (im 2. oder 1. und
4. Olympiadenjahr) ftatt, einmal im Sommer, ein:
mal im Winter (vielleicht im Herbſt). Die Spiele
umfaßten mufifalifche, gymniſche und ritterliche
Wettlämpfe (iyar wovsındg, &. yuurındg, &, Im-
zınög); Wettlauf, Ringen, Pentathlon, Panfra-
tion werden unter ben aymnischen Kämpfen ge:
nannt. Der Preis war ein Kranz, nad einigen
aus Dlivenzweigen, nach andern aus Eppichzweigen
geflochten. Der nemeiſche Gottesfriede jollte wie
der olympiiche ftreng gehalten werden, doc ge-
ichah es nicht immer, bejonders von den Lakedai—
moniern. Die Leitung des Feſtes hatten anfangs
die Kleonaier, jpäter die Argeier. — 2) Fluß an
der Grenze zwijchen Sikyon und Korinthos, welcher
im jüdlichen Teile des gleichnamigen Thales ober:
halb Nemea entjprang und in dem Bujen von
Lechaion mündete; j. Bach von Kutzomali. Xen.
Hell. 4, 2, 15. Strab. 8, 382. Iav. 33, 15.
Nemeischer Löwe j. Herukles, 6.
815
Nemesiänus, WM. Aurelius OlyumpiusXtem.,
römischer Dichter aus Karthago im 3. Jahrhundert
n. €., wird als Verfaſſer mehrerer bdidaftijcher
Gedichte, Halieutica, Cynegetiea und Nautica,
genannt. Vorhanden ift nur ein Bruchſtück von
425 Berjen aus den Cynegetica (während Stüde
aus einem Gedichte de aucupio wohl umecht find),
egeben von Stern (1882, mit Gratius
Falifcus), M. Haupt (1838, mit Gratius, Dvids
Halientica u. a.) und Bährens, poet. Lat. min. III
p. 190 ff. Die Halieutica des Ovid werden ihm
gewiß mit Unrecht, 4 Eflogen des Calpurnius(j.Cal-
purnii, 18.) wohl mit Recht beigelegt; auch das
unter den Werfen Claudians vorkommende Gedicht
Laus Herculis dürfte vielleicht von ihm herrühren.
Nemösis, Neuss. Bei Homer ift Nemefis
noch nicht perfonifiziert; da8 Wort fommt bier
—— in der Berbindung ob vewecıg ſes iſt
ein Vorwurf, es iſt micht zu tadeln) vor. Bei
Hefiod dagegen iſt N. eine Göttin, eine Tochter
der Nacht (theog. 223). Das Wort viuscıg, bon
veusıv, zuteilen, abgeleitet, bezeichnet urjprünglich
das Yuteilen des Gebührenden ; die perjonifizierte
Nemefis ift aljo die Göttin, welche dem Menſchen
je nach Gebühr und Verdienſt jein Geſchick, Glück
und Unglüd, zuteilt. Sie tritt daher den Schick—
falögottheiten, den Moiren, nahe; doch ift jie
dadurch von ihnen verichieden, dab, während die
Moiren dem Menjchen jchon vor feiner Geburt
ohne Bezug auf Verdienſt jein Schidjal zujpinnen,
Nemejis nach dem fittlichen Nechtsgefühl für be:
gangene Thaten Lohn oder Strafe verhängt. In
der jpäteren Seit, bei Pindar, Herodot, den Tra-
gifern, tritt an ihr bejonders die eine Seite einer
Unheil bringenden Göttin hervor: fie rächt
und jtraft die übermütigen Menjchen, beugt ihren
Stolz, verhängt über den, dem das Schidjal allzu-
viel Glück verlieh, Berlufte und Unglüd, damit das
rechte Maß wieder hergeftellt und der Menſch
feines menjchlichen Loſes inne werde. Soph. Phil.
518. El. 792. Eur. Phoen. 183. Or. 1862. Neme—
ſis fand an manchen Orten Griechenlands Ber:
ehrung, bejonders in dem attiichen Flecken Rham—
nüs, weshalb fie "Pauwrovoi« (Khamnusia virgo,
Catull. 68, 77) bie. Nach Pauſanias (1, 33, 2)
war die Bildjäule der rhammufischen Nemeſis von
Pheidias aus einem pariichen Marmorblod ge:
fertigt, welchen die übermütigen Perſer mit nad)
Marathon gebracht hatten, um dort aus demielben
ein Siegesdenfmal aufrichten zu laflen, vielleicht
eine bloße Dichtung. Dieje rhammufijhe Nemeſis
wurde mit Adraſteia (j. d.) identifiziert, obgleich
fie urjprünglicdy eine von diejer ganz verjchiedene
Gottheit gewejen zu jein jcheint. Vielleicht lag der
Untnüpfungspuntt in dem Namen Wdrajteia, der,
von dıöpcorw abgeleitet, die unentrinnbare be—
zeichnen jollte. In Rom ftand ein Bild von ihr
auf dem Capitol. — Nemefis wurde dargeftellt als
jungfräuliche Göttin, in den älteren Kunſtwerken,
wie e8 jcheint, der Aphrodite ähnlich (Plin. 36, 4, 4),
jpäter ftreng und ernft, mit gebogenem Arm das
Gewand vor der Bruft haltend (als Zeichen der
Elle, des Mafhaltens), felbftprüfend in den Bujen
ichauend, mit dem Zaum, dem Schwert, der Geißel
in der Hand, geflügelt. — Bgl. auch Tibullus.
Nemeötes, Nemötae, N£unres, eine wahrichein-
lich mit Ariovift gefommene germaniſche Völler—
ichaft in Belgica mit der Hanptitadt Noviomagus
816
(j. Speier) (Caes. b. g. 1,51. 6, 25), in Verbindung
mit den Vangiones und 'Tribocei erwähnt. Tac.
Germ. 28. ann. 12, 27.
Nemetocenna, Nemetäcum, SHauptjtadt ber
Atrebates im belgijchen Gallien, jpäter Atrebati,
daher j. Arras im chemaligen Artois. Die alte
nad der Colonia Agrippina führende Straße hat
noch jegt den Namen Chaussee romaine. Cues.
b. g. 8, 46. ;
Nemorensis lacus j. Aricia.
Nemossus, Nruwooos, Stadt der Arverner in
Aquitania am Elaver, das heutige Elermont am
Allier. Strab. 4, 191.
Nenia j. Naenia.
Neobüle j. Archilochos
graphen.
Neocaesaröa, Neoxamsdpsie, j.
durch Größe und Schönheit berühmte, erit jpät
gebaute (daher vor Plin. 6, 3, 3 nicht genannte)
Hauptſtadt des Pontos Polemoniafos am Lykos—
jluffe, wohl identiſch mit Kabeira.
Neodauwdeıg find freigelajiene Heloten (von
Staats wegen, da dem einzelnen die Freilaflung
nicht zujtand), die zum Kriegsdienſt berechtigt
und verpflichtet waren, das volle Bürgerrecht aber
ichwerlich erhalten haben; vgl. Helotes. Athen.
6, 102. Thuc. 7, 58.
Neökles, Neoxkös, 1) Bater des Themiftofles.
— 2) Vater des Philojophen Epifuros, der als
Kolonift nad) Samos ging und dort eine Schule
anlegte. Cic. n. d. 1, 26, 72.
Newxogo: (Tempelwärter, Tempelauffeher,
aeditui) waren Perjonen beiderlei Gejchlechts,
unter deren Aufjicht und Sorge der Tempel nebſt
feinem Zubehör ftand (vewxnöogog 6 rov var
20040» wal capar nad) dem Etum. Magn.). Sie
gehörten aljo urjprünglich zu dem niederen Dienjt:
perjonal des Heiligtums und waren von den
Prieftern verjchieden, wiewohl fie bisweilen auch
tepeig und Legsan heißen und fogar unter Um:
ftänden ein Opfer vollziehen konnten. In jpäterer
unter lambo-
Zeit wurde es ein wirkliches Ehrenamt und Gegen: |
ſtand des Ehrgeizes; namentlich jegten in den ge:
ſunkenen Zeiten der römijchen Kaiſer, bejonders
feit Hadrian und den Antoninen, die Städte des
Orients ihre höchſte Ehre darein, vewxdpo: eines
Kaijers zu heißen, dem fie jchon zu Xebzeiten |
Tempel bauten und göttliche Ehre erwiejen. Dieje
Ehre der vewxoel« wurde dann auf Inſchriften
und bejonders auf Münzen, deren noch viele vor:
handen jind, durch das Prädikat vewxdgog zur
allgemeinen Kenntnis gebracht. Vgl. die Abhand—
lungen von Krauſe (1844) und Büchner (1888).
Neön, Niwr, alte Stadt in Phokis am öft-
fihen Fuße des zum Barnafjos gehörigen Berges
Tithorea, wurde von den Perſern unter Xerres
vernichtet (Hdt. 8. 32), jpäter, obwohl nicht ganz
an der alten Stelle, unter dem Namen Tithorea
hergeftellt und im heiligen Kriege abermals zer:
jtört; doch nennt fie Plutarch (Sull. 15) noch ein
peovgrov. Bedeutende Ruinen und zahlreiche In—
jchriften beim j. Belita.
N&ov reiyos, 1) aioliihe Stadt in Lydien
am nördlichen Ufer des Hermos. Hat. 1, 149. —
2) Kaftell Thrakiens an der Küfte in der Nähe
des Cherſones. Xen. An.T, 5,8.
Neöphron, Neöppor, aus Sifyon, ein grie—
chiſcher Tragifer, von deijen 120 Dramen fich nur
Nikfar, die
erſchlagen worden jein.
Nemetocenna — Neoptolemos.
wenige Bruchjtüde erhalten haben (bei Naud, trag.
Graec. fragm. p. 729}. der 2. Aufl... Weni
wahricheinlich ift Die uns überlieferte Notiz, da
Eiripides’ Medeia eine Nachahmung der Mijdsıx
diejes unbedeutenden Dichters jei, um jo weniger,
als nad) Suidas N. ein Zeitgenofje des Kalli-
jthenes und Aleranders des Gr. war.
Neoptölemos, Neorrölsuog (der junge Krie—
ger), 1) auh Pyrrhos (der blonde) genannt,
Sohn des Adilleus und der Deidameia, einer
Tochter des Lykomedes, Königs der Doloper auf
Styros (j. Achilleus). Hom. Od. 11, 492 ff.
Er wurde auf Sfyros bei Lykomedes erzogen
(Il. 19, 326) und nach des Adilleus Tode von
Odyſſeus nah Troja geholt (Od. 11, 508), weil
' geweisiagt war, daß ohne ihn Troja nicht erobert
werden könne. Odyſſeus erzählt an der letzteren
' Stelle dem Schatten des Achilleus in der Unter:
| welt, wie jein Sohn fich bei jeder Gelegenheit,
‚im Rate und in dem Kampfe, unter den Eriten
gezeigt, wie er viele Feinde erichlagen habe, unter
andern den Telephiden Eurppylos; in dem höl—
zernen Pferde habe er ſich vor allen mutig und
fampfbegierig bewiejen. Mit Odyſſeus war er
auch nad Lemnos gejandt worden, um Philo—
|ttetes nad Troja zu holen (Soph. Phal.). Bei
der Einnahme Trojas tötete er den Priamos an
dem Altar des Zeus Herfeios, nachdem er dejien
Sohn Polites ſchon vor jeinen Augen erichlagen
hatte. Verg. A. 2, 547 ff. Den jungen Sohn des
Hektor und der Andromade, Aſtyanax, warf er
vom Qurme herab, wie er denn überhaupt in der
ipäteren Sage als hartherziger, wilder Krieger ge:
ichildert wird, Die Bolyrena ppferte er auf dem
Grabe jeines Vaters. Kur. Hec. 523. Bei ber
Berteilung der Beute fällt ihm Andromade zu,
mit der er den Moloſſos, Pielos, Pergamos und
Ampfialos zeugt. Über feine Rückkehr find die
Berichte verichieden. Nad) Homer (Od. 3, 189)
fehrt er glüdlicy mit den Myrmidonen nah Phthia
heim, wohin ihm Menelaos feine Tochter Hermione,
die er ihm vor Troja verjprocden, als Gattin
ichidte. Od. 4,5. Nach andern kommt er jelbft
von Skyros aus nad) Sparta zur Hochzeit. Bon
Homer abweichend erzählen Spätere, er jei, auf
der Heimfahrt von Troja verjchlagen, oder mweil
er nicht nach Theflalien habe zurüdfehren wollen,
nach Epeiros gefommen und habe jich dajelbit
niedergelaflen. Hier gebar ihm Andromache den
Molofivs, von dem Molofjia den Namen hatte,
und die aus dem Tempel zu Dodona entführte
Lanaſſa, eine Entelin des Herakles, acht Kinder,
von denen er die Töchter an benachbarte Könige
| verheiratete. Später trat er Andromache und das
Land in Epeiros dem Helenos, dem Sohne des
‚Priamos, ab (Verg. A. 3, 293 ff.) und zog zu
Lande nad) Phthia zurüd, wo er die jeinem Groß:
vater Peleus von Afaftos geraubte Herrichaft wieder
‚gewann. Bald nad jeiner Vermählung mit der:
mione joll er fi nach Delphoi begeben haben (um
dem Apollon Weihgejchente zu bringen, oder um
wegen des Todes jeines Vaters, an dem Apollon
ſchuld gemwejen, den Tempel zu plündern u. j. m.)
und auf Befehl der Pythia oder auf Oreſts Antrieb,
weil er diejem die Hermione (j. d.) entzogen, oder
im Streit um das Opferfleiich von den Briejtern
des Tempels oder von Macdaireus am Wltare
Man erfaunte darin die
Nepete — Nereus,
Vergeltung dafür, daß er den Priamos am Al:
tare des Zeus Herfeios ermordet hatte. Er wurde
zuerjt unter der Schwelle des Tempels begraben,
bis Menelaos jeine Gebeine im Tempelgebiete
bejtatten ließ. Die Delphier verehrten ihn als
Heros mit jährlichen Opfern, weil er den gegen
Delphoi anrüdenden Galliern ſchützend entgegen:
getreten fei. — 2) ein Sohn des Mlerander von
Epeiros, der Aleranders des Gr. Schweiter Kleo—
patra zur Gemahlin hatte und 3300. C. in Italien
umlam (j. Alexander |, 3.), wurde 302, ala
Pyrrhos unter Mitwirkung des Kafjander jeiner
Herrichaft beraubt wurde, zum Könige von Epeiros
gemacht. Als Pyrrhos mit Unterftüßung des Pto—
lemaios Lagi zurüdfchrte, jchloß der wegen feiner
Grauſamkeit verhaßte und von jeinen Unterthanen
verlajjene Neopt. einen Vergleich mit ihm (296);
aber bald, als er Pyrrhos nad) dem Leben trad:
tete, wurde er von demjelben, der ihm zuvorfam,
aus dem Wege geräumt, 295. Paus. 1, 11, 5.
Plut. Pyrrh. 4. — 3) Sohn des Arrhabaios,
ein Lynkeſtier, ſlſoh nach Philipps Ermordung, um
weldye die Lynkeſtier gewußt zu haben bejchuldigt
wurden, nad) Berfien und kam um bei Vertei—
digung von Halifarnaf gegen Alerander, 334 v. E.
Arr. 1, 20.
Nepete, Stadt Etruriend in der Nähe des
Eiminijchen Bergwaldes, eins der claustra Etru-
rise (Liv. 6, 9). Früuhzeitig auf römische Seite
getreten, ward fie jpäter römijche Kolonie und
dann Municipium; j. Nepi mit alten Überreiten.
Liv. 21, 10. 14. 27, 29. Vell. Pat. 1, 14.
Nephele j. Athamas.
Nepos, Cornelius, geboren in der Nähe des
Badus (Plin. 3, 18, 127: accola Padi), hielt ſich
lange Zeit in Rom auf, wo er mit Cicero, Ati:
cus (F 32 v. E., den er überlebte), Catull und
andern berühmten Männern befreundet war. Sein
Geburts: und Todesjahr iſt unbefannt, doch fällt
jeine Lebenszeit wohl zwijchen 94 und 24 v. E.
Von den meijten feiner ya Werfe haben
wir nur geringe Bruchjtüde, jo von jeinen Annalen.
Außerdem jchrieb er Chronica, 5 libri exemplo-
rum, libri de viris illustribus (in wenigſtens
16 Büchern, enthaltend Biographien berühmter
Männer, jein Hauptiverf), de historieis und jelbft
erotiihe Poeſien, wie es jcheint. Das und aus
dem Werf de viris ill. erhaltene Buch de excel-
lentibus ducibus exterarum gentium und die
Lebensbeſchreibungen des älteren Cato und des
Atticus zeugen weder von geichichtlicher Kritik noch
von ftiliftiicher VBollfommenheit, find aber bei dem
Mangel bejjerer Quellen öfters von Wert. Lange
Beit galt ein gewifjer Amilius Probus aus
dem 4. Jahrhundert n. E. für den Verfaſſer der:
felben; doch ſtammen jie nach Sprache und Dar:
ftellung aus der befferen Zeit, und Probus hat,
wenn eine dem Kaijer Theodojius gewidmete Dedi:
fation echt ift, fie nur abgejchrieben. Neuere haben
freilich) verſucht, dieſe Biographien dem Nepos
bejtimmt abzujprechen, indes ohne Erfolg, obgleich
augegeben werden fann, dab das urjprüngliche
erf des Nepos, joweit es nun einmal vorliegt,
von Probus bearbeitet und abgefürzt worden jei,
mit alleiniger Ausnahme der vita des Atticus.
Nach der neueſten jcharffinnigen Unterfuchung der
Frage von ©. F. Unger (der ee Eornelius
Nepos, 1881) ift Nepos nur der Berfafler der
Reallegiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
817
vitae des Cato und Ntticus, der Verfaſſer des
Feldherrenbuches dagegen ein Schriftjteller des erſten
nachchriſtlichen Jahrhunderts, der nur aus jüngeren
oder nichtrömischen Quellen jchöpfte und nur ein
Schulbuch jchreiben wollte, ohne Fachgelehrter zu
jein, vielleicht der Grammatiter Julius Hyginus
(j. Hyginus, 1.), ein Polyhiſtor, dem hiſtoriſche
und geographiiche Verſehen wohl zuzutrauen jeien.
— Unter den zahllojen Ausgaben diejes zum
Schulautor gewordenen Schriftitellers find etwa
zu nennen die von Lambin (1569), van Staveren
(zulegt 1820), J. M. Heufinger (1747), Bremi
(zulegt 1827), Roth (1841), Sipverbep (2. Aufl.
1879), Halm (1871) und Cobet (1881). Schul—
ausgg. von Siebelis (11. Aufl. 1886), Nipperdey
(9. Aufl. 1885), Hinzpeter, Horftig, Eichert, Engl:
mann (1882), Gemf (1884), Martens (1886), Erbe
(1886) u. a. Neuejte Tertausgg. von Andrejen
(1884) und Fleckeiſen (1884). Musgg. mit Ver-
befierung der ſachlichen und ſprachlichen Fehler
von Völfer (3. Aufl. 1886), Vogel (3. Aufl. 1885),
Ortmann (4. Aufl. 1886), Yattmann (7. Aufl. 1883),
Weidner (2. Aufl. 1887). Vgl. Lupus, der Sprad):
gebrauch des Cornelius Nepos (1876).
Neptunius mons ſ. Nebrodes.
Neptünus j. Poseidon.
Neratii, ein plebejiiches, erſt in der Kaiſerzeit
zu Anfehen gelangtes Gejchleht: 1) Neratius
Brif cus, ein von Trajan und Hadrian jehr ge:
achteter Mann, befleidete hohe Würden im Staate
und gehörte zu den bedeutendften römijchen Ju—
riften der Kaiſerzeit. Spart. Hadr. 4. 18. —
2) Ner. Marcellus, verihaffte auf Plinius’
Wunſch (vgl. Plin. ep. 3, 8) dem Gefchichtichreiber
Sueton eine Tribunenftelle.
Nereides j. Nereus.
Nereus, Nnosös, ein göttlicher Meergreis (yE-
oo» UAtos, Hom. Il. 18, 141), nad) Hefiod (theog.
233) Sohn des Pontos und der Gaia, welcher mit
Doris die Nereiden erzeugte, mit dieſen feinen
Töchtern die freundliche Seite des Meeres dar:
ftellend. Im Aigaiiſchen Meere, deſſen Gott er
vorzugsweije ift, hat er feine Behaufjung. Wie
manche andere Meergottheiten hat er die Gabe der
Weisjagung (vgl. Hor. od. 1, 15) und die Fähig—
feit, ſich in beliebige Gejtalten zu verwandeln.
So erſcheint er bejonders in der SHeraflesjage,
wie Proteus in der Odyfjee, Glaufos in der Argo—
nautenfage. Als Herafles die Hejperidenäpfel zu
holen ausgezogen war, überfiel er den Nereus,
feffelte ihn und zwang ihn, nachdem derjelbe fich in
verichiedene Gejtalten verwandelt hatte, zu meis-
jagen, wie er zu den Heiperiden gelangen könnte
(Apollod. 2, 5, 11); vgl. Proteus. Wie bei ähn:
lichen Meergöttern hat die Kunft bei den Dar-
tellungen des Nereus an Augen, Kinn und Bruft
sm der Haare Blätter einer Meerpflanze ange:
deutet. — Die Nereiden, Nnenides, die jchönen
Nymphen des Meeres, deren Hejiod (theog. 240 ff.) 50,
Homer (II. 18, 37 ff.) 34 nennt, doch mit dem
Bufage, daß e3 deren noch mehrere gebe, wohnen
in der Tiefe des Meeres bei dem greifen Vater
in filberglängender Grotte, mit goldenem Schmude,
an goldenen Spindeln bejchäftigt. Pind. nem. 5,36;
vgl. Op. met. 14, 264. Hilfreich geleiten fie den
Schiffer durch die Flut, jo die Argonauten durch
Stylla und Charybdis, die Flotte der Griechen
nad) Troja (Eur. El. 434); darum wurden fie
2
818
bejonders an Hafenorten verehrt. Die Kunſt ftellte
fie als ſchöne, jchlanfe Jungfrauen dar, bald nadt,
bald bekleidet, oft mit Meerungeheuern, beionders
Delphinen, welche fie auf dem Rüden tragen, an
mutig gruppiert, von Tritonen in Wagen gezogen,
in batdiichen Ehören u. ſ. w. Die vorzüglichiten
Nereiden find Amphitrite und Thetis (ſ. d.).
Nerigos nennt Plinius (4, 16, 30) die größte
der Inſeln des Germanijchen Meeres, wahrhheln:
lich das heutige Norwegen (noch j. im Schwedilchen
Norrige geheiken), defen jüdlicher Teil wohl für
eine Inſel gehalten werden konnte.
Nerij, ein in Rom erft in den legten Zeiten
der Republik befannt geworbenes plebejiiches Ge:
ſchlecht: 1) En. Nerius Pupinia, Hagte den
P. Seftins im J. 56 dv. E. wegen Beitehung an.
Cic. ad Qu. fratr. 2,3,5. — 2) ein anderer N.
wird von Horaz (sat. 2, 3, 69) als fenerator
genannt.
Nerikon, Nrjeıxov (Hom. Od. 24, 377) oder
Nijguxog ( Thue. 3, 7. Strab. 10, 452. 454), Stadt
auf der früher mit dem Feſtlande Afarnaniens
zulammenhängenden Inſel Leukas, die jpäter ver:
ödete, als die Bewohner in die öftlicher gegrün—
dete Stadt Leukas überfiedelten.
Neritos j. Ithaka.
Nero, ein Beiname der Claudier: 1) Nero
Cäjar, geb. im $. 6 n. E., der ältefte Sohn des
Germanicus, Gemahl der Julia, einer Entelin des
Tiberius (vgl. die Gejchlechtätafel unter Julii 8.),
wurde nach dem Tode des Drufus, des Sohnes
des Tiberius, von leßterem (nebſt jeinem Bruder
Drufjus) dem Senate als künftiger Naifer empfoh:
len. Zac. ann. 4, 8f. 12. Suet. Tib. 54. ber
Sejan, der allgewaltige Minijter des Tiberius,
wußte bald des Kaiſers Miftrauen gegen N. jo
zu weden, daß er ihn zumächit militäriich über:
wachen lieh (Tac. ann. 4, 67) und fpäter (im %.29)
beim Senate wegen angebliher Ausjchweifungen
verflagte. Der Scnat erflärte den N. des God):
verrats jchuldig (Suet. Cal. 7), und Tiberius ver:
bannte ihn nach der Inſel Bontia, two er im J. 31
dem abgeſchickten Henker durch freiwilligen Tod
uvorfam. Suet. Tib. 54. nach des Tiberius
ode brachte Caligula, des Nero Bruder, die Aiche
des Toten nah Rom. — 2) Nero Claudius
Cäjar Germanicus, römischer Kaiſer, urjprüng-
lih 2. Domitins genannt, Sohn des En. Domi:
tius Ahenobarbus (j. Domitii, l, 10.) und der
j. Agrippina, der Tochter des Germanicus (j. die
Geſchlechtstafel unter Julii, 8.), wurde am 15. De:
zember 37 n. C. zu Antium geboren und wuchs
nad des Baters frühem Tode unter fchlechter Auf:
fiht und niedrigen Umgebungen auf, bis die
Heirat feiner Mutter mit dem Kaiſer Claudius
(25. Februar 50) jeine Adoption und feine allmäh:
liche Erhebung zu den höchiten Würden im Staate
> Folge hatte, und der Kaiſer ihn mit feiner
ochter Octavia vermählte. Suet. Ner. 5 ff. Tac.
ann. 12, 58. Zonar. 11, 11. Das Vol, welches
in ihm den künftigen Herricher jah, überhäufte ihn
mit Zeichen feiner Gunſt, zu deren Befeftigung
die Bemühungen der Agrippina und die Reden
Neros im Senate nicht wenig beitrugen. Als
daher Elaudius (vielleicht an Gift) geftorben war,
beitieg N., mit Hülfe der Prätorianer und an:
erfannt vom Senate, am 13, Oftober 54, den
Nerigos — Nero.
Thron. Der Anfang feiner Regierung, in der ihm
fein Lehrer, der weile Seneca, und der tüchtige
Gardepräfekt Burrus zur Seite ftanden und ihn dem
Einflufje jeiner herrichiüchtigen Mutter zu entziehen
mußten, war durch treffliche Mafregeln bezeichnet
Tae. ann. 13, 12. Suet. Ner. 10), durch welche
N. nicht nur Beweiſe von gutem Willen, jondern
auch von großer Milde gab. Als aber die Dro-
hungen ber —— Mutter ihn im J. 55
ur dee feines Adoptivbruders Britannicus
Sortriffen (Tac. ann. 13, 15), da fam auch jeine
eigentlihe Natur und fein Hang zu Ausſchwei—
fungen zum Ausbruch, und er, der bald in nächt—
lihem Unfug in den Strafen umbertobte, bald
im Scaufpiel jeine Tiebfte Unterhaltung juchte,
wurde durch die Buhlerin Poppäa Sabina jogar
zur Ermordung feiner eigenen Mutter bewogen
(Taec. ann. 14, 3 ff. Suet. Ner. 34. 39. Dio Cass.
61, 12 ff.), im März des %. 59. Als er darauf
von Neapel nad) Rom zurüdkehrte, wurde er, der
wegen der Folgen der That nicht unbejorgt ge:
weſen war, vom knechtiſchen Volke mit Jubel em:
pfangen. Fortan gab er ſich ungeftört und unge:
ſcheut jeinen Lüften und böſen Neigungen bin, und
namentlich juchte er fich bei Öffentlichen Spielen
und im Theater, bald als Wagenrenner, bald als
Schauſpieler, vor dem Vollke hervorzuthun, bald
las oder jang er jeine eigenen Boejien, deren nicht
wenige genannt werben (Tac. ann. 13, 3. Suet.
Ner. 21. Sen. quaest. nat. 1, 15,6; vgl. Tuc. ann.
15, 34), öffentlih vor; vornehme Männer und
rauen zwang er zu Öffentlichen Auftreten. Suet.
Ner.11.25. Zac. ann. 15,33. Als Sänger jchente
er ſich nicht, fi vom Bolfe den Preis erteilen
u laffen. Zac. ann. 16, 4. 16. Nach Burrus’
Zode (62) nahm Senecas Einfluß immer mehr
ab, N. heiratete ftatt der von ihm verjtoßenen
Octavia, die erft nach der Anjel Bandataria ver:
bannt und dann am 9. Juni 62 ermordet wurde,
die Poppäa Sabina, führte einen ruhmlojen Krieg
gegen Armenien, widmete faft jeine ganze Zeit den
Öladiatoren und Gelagen, zündete angeblih Rom
an (ein Vergehen, von dem er jedoch wahricheinlich
freizufprechen ijt) und jchob, um des Bolfes Un:
willen von jich abzufenfen (Tac. ann. 14, 60. 15, 18.
Suet. Ner. 20. 38; vgl. Tac. ann. 15, 38 ff. 44),
die Schuld auf die Ghriften, über welche eine
—— Verfolgung verhängt wurde. Nach der
ntdedung der Berkhioörung des Piſo lieh er
Roms edelfte Männer, darunter den Dichter Lu—
canus (j. d.) und feinen Lehrer Seneca, hinrichten
(Suet. Ner. 36. Tac. ann. 15, 48—74. Dio ('ass.
62, 24 ff), im Jahre darauf, 66, Thrajea Pätus
und Barca Soranus. Teac. ann. 16, 21 ff. Troß
wiederholter Verſchwörungen ward N. immer jorg:
lojer und verworfener, heiratete nad) dem Tode der
Boppäa Sabina die Statilia Mefjalina, verichwendete
ungeheure Summen in Bauten, Feſtlichkeiten und
Spielen, machte eine Reife nach Griechenland, wo
er ald Schaujpieler auftrat (Suet. Ner. 22 5.), er:
preßte von den Griechen bedeutende Summen und
fehrte damit nad Rom zurüd. Aber überall brach
nun der Unwille aus; die Provinzen empörten fich,
alba, der zum Kaijer ausgerufen wurde, rüjtete
fih zum Kampfe gegen Nero, und diejfer gab ſich,
da er feine Rettung ſah, jelbit den Tod, 9. Juni
68. Dio Cass. 63, 27 ff. Zonar. 11, 13. Suet,
Ner. 48f. Eutr. 7, 15, Mehrere Pſeudo-Nerone
Neronia — Neurospaston.
erhielten nocd lange die Meinung, daß er gar
nicht tot ſei. Der allgemeine Fluch folgte ihm
nad. Bol. 9. Schiller, Geſchichte des römischen
Kaijerreichs unter der Regierung des Nero (1872),
und deſſen Gejchichte der römiſchen Kaijerzeit 1
©. 344 ff.
Neronia, 1) sc. solemnia, auch Neronöum cer-
tamen, Spiele, welche Kaifer Nero im J. 60. n. E.
fich jelbit zu Ehren eingeführt hatte. Sie waren
fünfjährige und wurden mit mufiichen Wettfämpfen,
Wettrennen und dergleichen gefeiert. Suet. Ner. 12.
Tac. ann. 14, 20. 16, 2. 4. — 2) f. Artaxata.
Nertobriga, Neerößgıya, Name zweier Städte
Hijpaniens, deren eine in Bätica lag, das heutige
Trrejenal de la Sierra, die andere im tarraconen:
jiihen Hiſpanien zwiichen Emerita und Gäfar:
augufta, j. Ruinen Galatorao. Plin. 3, 1, 3.
Flor. 2, 17.
Nerülum, Stadt der Lucaner im heutigen
Ealabrien an der Popiliſchen Straße, j. Rotonda.
Liv. 9, 20.
Nerya, M. Eoccejus, als Kaiſer Impera—
tor Nerva Eäjar Auguftus, aus Narnia in
Umbrien, geb. im J. 32 n. C. aus ſenatoriſchem
Bejchlechte, fam frühzeitig nad) Nom, erwarb ſich
die Gunſt des Nero, befleidete mehrere Male das
Konfulat und geriet unter Domitian, dem ein
Wahrjager Nervas Thronbefteigung vorausgejagt
hatte, in Lebensgefahr: Nach Domitiand Ermor:
dung ging die Hropheeiung in Erfüllung, denn
Nerva wurde jein Nachfolger, im J. 96. Eine
Reihe nüglicher Gejege, befonders zur Erleichterung
des jo läftigen cursus publicus und der großen
Steuern, gewann ihm die Gunft der Römer, doch
verurjachte jeine Kränklichkeit und ein zu nachgiebi:
ger Charakter ihm viel Verdruß, weshalb er den
Trajan adoptierte und zum Mitregenten annahm.
Nicht lange darnach ftarb er nach noch nicht zwei:
jähriger Regierung, den 27. Januar 98. Dio Cass.
68, 1ff. Zonar. 11, 20. Eutr. 8, 1. Oros. 7, 11.
Aur. Vict. ep. 24 f. Abhandlung don Giejen
(1865).
Nervii, Negovtor, friegeriiher Stamm der
Belgen in Gallien, weftlid) von den Menapiern,
von der Küſte jüdlich biß zur Arduenna silva,
im heutigen Hennegau und Hamür, mit der Haupt:
ftadt Bagacum (j. Bavan). Caes. b. q. 2, 4. 15.
5, 89. 42. 51.6,2. Plut. Caes. 20. Sie konnten
50000 Mann ins Feld ftellen, wurden von Cäſar
aber nach verzweifeltem Kampfe fajt ganz ver:
nichtet. Strab. 4, 191. Plut. Caes. 20.
Nesactium oder Nesartium, Stadt der Iſtrier
am Fluß Arfia, durch deren blutige Eroberung
die Römer den Befib des Landes für fich ent:
fchieden; j. Altura. Zir. 41, 11.
Nesiötes, Nnsıwrng, atheniicher Bildhauer
zwijchen DI. 70 und 80, aljo etwas älterer Zeit—
genofje des Pheidias. Er erjeßte mit Kritios durch
ein neues Werk die von Kerres aus Athen hinwegge—
führten Statuen des Harmodios und Ariftogeiton.
gl. aud) Bildhauer, 3.
Nösis, Heine Infel an der Dftküfte des Puteo-
lanerbujens, Miſenum gegenüber, äußerſt frucht:
bar und angenehm, j. Niſida. Cic. ad Att.1,2,16.
Nessönis f. Ihessalia,
Nessos j. Herakles, 11f.
Nestor, Nécroo, Sohn des Neleus und der
Chloris (Hom. Od. 11, 281 ff.), Herricher im mefje:
819
nischen (oder, wie manche wollen, im triphyliſchen)
Pylos. Sein Gebiet grenzte nach der einen Seite
hin an Yafedaimon, nach der andern in der Ge:
gend des Alpheios an Elis, wo die Epeier feine
Nachbarn waren. Mit feiner Gemahlin Eurydike
oder Anaribia zeugte er die Töchter Peiſidike und
Polykaſte und die Söhne Perjeus, Stratios, Are:
tos, Echephron, Beififtratos, Antilochos und Thra=
ſymedes. Hom. Od. 3, 413. 451. 464. Als Hera-
fles die Söhne des Neleus (j. d.) erichlug, befand
fi Neftor bei den Gereniern und blieb daher am
Leben. Hom. Il. 11, 692. Als Jüngling fämpfte
er glüdlich gegen die Epeier (j. Neleus) und
gegen die Arkadier (Il. 4, 319. 7, 133 ff.); auch
nahm er als Freund der Lapithen teil an dem
Kampfe gegen die Kentauren (IT. 1, 260 ff.), ferner
an ber falydonischen Jagd und dem Argonauten:
zuge. In hohem Alter, als er jchon über das
dritte Geſchlecht herrichte (TI. 1, 250 ff. Od. 3, 245),
og er mit 50 Schiffen gegen Ilios (/1. 2, 591 fj.).
orher hatte er mit Odyſſeus den Achilleus und
Batroflos zur Teilnahme am Zuge aufgefordert.
11. 11, 767. Bor Troja iſt er einer der aus:
gezeichnetften Helden, ein weiſer, gerechter (Od.
3, 244) Greis, von deſſen Lippen die Rede jüher
als Honig fließt (TI. 1, 247), zugleich aber ein
tapferer und friegsfundiger Kämpfer. IT 2, 553 ff.
Überall erteilt er dem jüngeren Gejchlechte, das
aufmerkſam jeinen Erzählungen aus alter Helden:
zeit horcht, aus dem reichen Schaße feiner Erfah:
rung Hugen Nat, und jeder folgt ihm gern und
ehret ihn. Homer hat den pyliichen Greis, den
rüftigen Rofjetummler und eindringlichen Redner,
der auch die Freuden des Bechers nicht verjchmäht
(TI. 11, 632 ff. 14, 1), mit folcher Vorliebe behan—
delt, daß ſpäter mandje angenommen haben, Homer
jei ein Pylier geweſen. Nah Trojas Berftörung
fehrte er nlücic in die Heimat zurüd (Od.3, 165 ff.),
wo er noch viele Jahre lang im reife jeiner
verftändigen Söhne ein ftilles, behagliches Alter
verlebte (Od. 4, 209 ff.), wovon Telemach ſich bei
feinem Befuche überzeugte (Od. 3, 68 ff.). In dem
meſſeniſchen Pylos zeigte man noch zur Zeit des
Pauſanias (4, 3, 7. 36, 2) jein Haus. Darjtellungen
von ihm befanden fich zu Mefjene und in der Lesche
zu Delphoi von Polygnotos.
Nestos, N£orog oder N£scog, ein auf dem Ge:
birge Rhodope entipringender Fluß Thrafiens
(Thuc. 2, 96), bildete ſeit Philipp die jüdöftliche
Grenze Makedoniens, fällt der Inſel Thajos ge—
genüber ind Meer; j. Mefta, bei den Türken
Karafu. Adt. 7, 109. Strab. 7, 323. 331.
Netum, Nenrov, Stadt füdweftlih von Sy:
rafus und zu deren Gebiete gehörend. Cie. Verr.
4, 26. 5, 31.
Neuri, Nevgod, Bolt von ſtythiſchen Sitten im
europäiihen Sarmatien, das fih ein Menſchen—
alter vor Dareios Hyſtaſpis im Lande der Budiner,
nordwärts von den Quellen des Tyras (j. Dnieſtr),
öftlich von den Agathyrſen, aljo im } Galizien
und Volhynien, niedergelafien hatte. Hat. 4, 17.
51. 105,
Neurobätae, vevgoßaraı, Seiltänzer, gewöhn:
fih Sklaven, welche auf einem dünnen Seile ihre
Künfte zeigten, während die funambuli auf einem
diden Taue tanzten. Das Seil hieß catadromus.
Suet. Ner. 11. Galb. 6. -
Neurospaston, vevgdozusrov, PEVHOOTLOTOV-
62*
820
uevor, sigillarium, eine durch Fäden in Bewe—
gung geſetzte Gliedergruppe, eine Marionette. Hor.
sat. 2, 7, 52. Mit ſolchen Puppen, die nach He:
rodot (2, 48) ſchon in Agypten befannt waren,
zogen Leute herum und zeigten für Gelb ihre
Poſſen. Xen. symp. 4. 55.
Nexum, im mw. Sinne jedes feierliche per nes
et libram (j. Mancipatio) in Gegenwart von
Zeugen vollzogene Geichäft. Cie. de or. 3, 40. Im
e. ©. war es eine stipulatio einer Geldanleihe
unter den angegebenen Formalitäten. Hielt der
Schuldner jeine Rüdzahlungsverpflictung nicht
inne, jo verfiel feine Perjon ohne weiteres gericht:
liches Urteil dem Gläubiger, der Schuldner ward
nexus, nexu vinctus, Kam es dennoc irgendwie
u einer gerichtlichen Klage, ſo bejtimmten die
AI Zafeln, daß dem durch das nexum verpflich-
teten Schuldner 30 Tage Frift zur Befriedigung
jeines Gläubigerd bewilligt wurden. Nach ver:
geblichem Ablauf diefer Zeit durfte der Gläubiger
durd; manus iniectio jeinen Schuldner vor den
Prätor führen. Falls fih nun feiner für ihn
verbürgte, wurde er mit jeinem Leibe dem Gläu—
biger Ir A er fam in Schuldknechtſchaft
und durfte in Feſſeln gelegt werden. Gewöhnlich
mußte er nun feine Schuld abarbeiten und ſich
während Ddiejer Zeit der härtejten Behandlun
fügen. Trotz jeiner faktiſchen Schutdtnehticaft
behielt er dennoch rechtlich Freiheit und Givität.
Quint. 7, 3. 5, 10. — Da das nexum für Die
ärmere Klaſſe jehr gefährlich und nachteilig war,
ſchaffte die lex Poetelia Papiria, 326 v. E., das
nexum als Darlehnsfontraft ab, jo daß niemand
mehr durch freiwilligen Vertrag in Schuldhaft
geraten fonnte. Liv. 8, 28: velut aliud ınitium
hibertatis plebi Romanae. Für andere Gejchäfte
bejtand das nexum zwar fort, wurde aber immer
jeltener angewandt und verichwand endlich ganz.
Nicephorius, Fluß im nördlichen Mejopota-
mien, der in den Chaboras mündet, aljo zum Ge:
biet des Euphrat gehört; j. Zirgan. An ihm er:
baute Tigranes Il. um 80 v. E. Tigranoferta.
Tac. ann. 15, 4.
Nicer, redjter Nebenfluß des Rhenus, der heu:
tige Nedar, deſſen Lauf Kaiſer Valentinian 319
n. C. mit großen Koften ändern lich. Amm. Marc.
28, 2. Un feinen Ufern finden fich zahlreiche
Reſte römischer Bauten.
Niger 1) j. Pescennius. — 2) f. Nigritae.
Nigidius, P. Nig. Figulus, geboren um 98
v. C., Beitgenofje und Freund Eiceros. Mit einer
ausgedehnten Gelehrjamtfeit, wegen deren man ihn
dem Barro an die Seite jtellte (Gell. 4, 9, 1),
verband er einen jeltiamen Hang zu ſpitzfindigen
Srübeleien und allerhand entlegener und geheimer
Weisheit, was jeiner ganzen wiljenichaftlichen Thä—
tigfeit einen wunderlich myſtiſchen Charakter gab
und feine Schriften früh in Vergefjenheit geraten
ließ. Seine Liebhaberei für Geheimlehren führte
ihn zu der pythagoreiichen Philojophie, al$ deren
Wiederherjteller ihn Cicero (Tim. 1) rühmt. Dazu
fam eine genaue Kenntnis der Ajtrologie und der
gejamten Wahrjagerei, welche er jelbjt praktiſch
übte. Dahin gehören feine Schriften de extis
und de auguriıs,. Geine theologischen Unter—
juchungen legte er in einem ausführlichen Werte
de dis von mindejtens 19 Büchern nieder. Aber
wie feine philojophiichen und religiöjen, jo fanden
Nexum — Nikanor.
auch feine grammatifchen Lehren troß der umfang:
reihen und gelehrten commentarii gram-
matici, einer Sammlung grammatiicher Objer-
bationen ohne ſyſtematiſche Ordnung in wenigitens
28 BB., wenig Eingang; ebenjo geringe Verbrei-
tung jcheinen die aftronom. Schrift de sphaera
und die Bücher de animalibus gefunden zu
— — In der Staatsverwaltung gelangte er
is zur Prätur, im J. 58. Cie. ad Qu. fr.1,2,5.
In dem Kriege zwiichen Cäſar und Pompejus
ſchloß er fich der Partei des lepteren an und wurde
nach deſſen Beſiegung ins Eril geihidt (Cie. ad
fam. 4, 13), wo er im J. 44 jtarb. — Sammlung
der Bruchitüde feiner Werfe von Swoboda (1859);
Monogr. von M. Herb (1845).
Nigritae, Niyeiraı, Niyonres, aithiopiiche
Völkerſchaft im Innern Afrikas, mit der Haupt:
ftadt Nigira, an dem in jeinem Laufe den Alten
nur dunfel befannten Fluß Niger oder Nigir
(nicht dem heutigen Niger). Mela 1, 4, 3. 3, 10, 4.
Plin. 5, 8, 8. Strab. 2, 131. 17, 828.
Nikagöras, Nıixayögas, 1) ein Mefjenier und
Verräter de3 Königs Nleomenes Ill. von Sparta.
Pol. 5, 37. — 2) ein Sohn des Rhetors Mujaios
in Athen, Sophijt und Freund des Philoftratos
und Longinos, lebte im 3. Jahrhundert n. E.
Nikaia, Nixua, Nicaea, Name mehrerer
Städte: 1) in Bithynien an der Dftipige des Nifa-
niichen Sees, ſchon von Antigonos unter dem
Namen Antigoneia an der Stelle des kleinen Ortes
Ankora angelegt, wurde, von Lyſimachos unter
dem neuen Namen (nach ſ. Gemahlin) bedeutend
vergrößert, eine blühende Handelsjtadt, eine Zeit
lang jelbjt Refidenz der Könige; j. Isnik. Hier
fanden 325 und 787 allgemeine Kirchenverjamm:-
lungen ftatt. Strab. 12, 565. — 2) Stadt Indiens
an der Grenze des Gebiets der Baropamijaden
weitlih vom Fluß Kophen, j. viel. Dichelalpur.
Arr. 4, 22, 6. — 3) Stadt am Hydaſpes, von
Alerander zum Andenken feines Sieges über den
Boros erbaut. Arr. 5, 19, 4. Curt. 9, 3,24. Just.
12, 8. — 4) Veſte der epifnemidijchen Lokrer am
Fuße des Dite, nahe am Thermopylenpafie, für
defien Beherrſchung fie wichtig war; deshalb wird
fie oft erwähnt. Ihr Beſitz entichied für Philipp
den heiligen Krieg. Dem. Phil. 2, 7. Auch in den
Nömerkriegen wird N. nod) erwähnt. Liv. 28, 5.
32, 32 u. d. Strab. 9, 426. 428. — 5) Kolonie
der Mafjalioten in Ligurien, j. Nizza.
Nikandros j. Epos, 7.
Nikänor, Nirdvog, 1) ein Sohn des Mate:
donierd Barmenion, focht als Befehlshaber unter
Nlerander dem Gr. in den Schlachten am Granitos,
bei Iſſos und Gaugamela, verfolgte den Beflos
und jtarb im J. 330 v. C. Curt. 4, 13. Arr.
3,25, 4. — 2) ein anderer Feldherr Alexanders,
befam bei der Teilung don Triparadeiſos (321
v. E.) Kappadokien, kämpfte darauf unter Anti:
gonos (Plut. Eum. 17) und mußte im %. 312
vor Seleufos aus Medien fliehen. Diod. Sie.
19, 92. 100. — 3) aus Stageira, Befehlshaber der
Flotte Alexanders, nahm jpäter an den Kämpfen
in Griechenland teil und wurde auf Kaflanders
Befehl Hinterliftigerweife im J. 318 v. E. hin—
gerichtet. Diod. Sie. 18, 64 ff. 75. — 4) Sohn des
Hermias aus Alerandreia, griechiſcher Grammatiker
unter Kaiſer Hadrian, beſchäftigte ſich vorzüglich
Nikarchos — Nikias.
mit der Lehre von der Interpunktion (orıyun) und
ichrieb 2 Hauptwerke: megl orıyujs tg nadolov
in 6 BB. und egl orıyujs rg ag’ "Ourjow,
daher fcherzhaft Zriyuarlag (der Gebrandmarkte)
genannt. on feßterem Werke find zahlreiche
Stüde erhalten in den venetianischen Scholien
zum Homer, die auf die Alias bezüglichen Kun
melt von Friebländer (1850), die auf die Odyſſee
— von Carnuth (1875).
ikarchos, Nix«eyos, 1) ein griechiicher Epi—
grammendichter im 1. Jahrhun—
dert n. E., ausgezeichnet durch
jeinen jcharfen jpottenden Ton;
38 Epigramme werden ihm bei- \
gelegt. — 2) ein Feldherr Antio: N
cho8’ des Gr. Pol. 5, 68 u. b.
Nike, Ni«n, Victoria, 1) die
Siegesgöttin, nach Hefiod (theog.
383%) Tochter des Giganten Pal:
las und der Styr, Schweiter des
Zuhos (Wetteifer), Kodrog (Kraft)
und der Bi« (Gewalt). Dieje Ge:
ichwifter wohnen ftet3 bei Zeus im
Olympos, weil fie auf jeinen Auf:
ruf gum Titanenfampf zuerjt von
den Göttern erjchienen waren. Sie
ift aber nicht allein die Sieg im
Kriege verleihende Göttin, jondern
auch bei allen Wettfämpfen betei:
ligt, ferner die Bringerin jedes
Erfolgs im Leben, Helferin in der
Not und bei jeder jchiwierigen Ar:
beit. In den künjtleriichen Dar:
ftellungen kommt fie häufig mit
den Gottheiten, welche den Sieg
verleihen, in Verbindung vor; jo
trugen die Zeusftatue in Olympia
und die Ballas Parthenos auf der
atheniihen Burg eine Nife auf
der einen Hand. Sie wurde ge-
wöhnlich als fliegende Jungfrau
dargeftellt, mit Palme und Kranz.
Eine trefflihe Bildjäule der vom
Himmel niederjchwebenden Nile,
die auf einer Säule ftand, ein
Wert des Paionios von Mende ZZ
(erwähnt Paus. 5, 26, 1), ift bei -
den Ausgrabungen in Olympia
gefunden worden (f. die Abbildung).
Die römiſche Victoria hatte
einen alten Tempel auf dem Pa: 77
latinus. Ein anderer war im
Sammniterfriege 294 v. E. geweiht 7
worden. Er ftand mwahrjcheinlih
auf dem Capitol, wo mit der Zeit
eine größere Zahl von Rictoria-
bildjäulen aufgejtellt wurde. Die
Vica Pota (mächtige Siegerin) jcheint mit Vic-
toria identisch zu fein. — 2) Beiname der Athene
(Soph. Phil. 133), welche als jolche auf den Bur—
gen von Athen und Megara Tempel hatte, Die
thene Nike zu Athen heift mißbräuchlich auch
“Anrteoog Nian (j. Attika, 9.), indem man in der
Bildſäule der Göttin, die in der rechten Hand einen
Granatapfel, in der linfen einen Helm trug, ftatt
Athene eine ungeflügelte Nite erblidte, ungeflü-
gelt, damit fie Athen nicht entfliehen könne. Paus.
3, 15,
821
Nikephorion, Nıxepögiov, Stadt in Djroöne,
am Einfluß des Belichas in den Euphrat, von
Alerander dem Gr. oder Seleufos I. gegründet,
unter den Römern Grenzfeftung, zugleich mit be—
deutendem Handel; j. Rafta. Nik. hieß auch Kal:
linifos, in der Kaiſerzeit Konftantine oder Leon:
topolis. Strab. 16, 747.
Nikörätos, Nixrjoarog, 1) Vater des Nitias,
. Nikias, 1.
ias, 1,
— 2) Sohn des Nikias, ſ. Ni-
NikYas, Nixies, 1) Sohn des Niferatos, jchon
bei Perikles' Lebzeiten angejehen und im Kriege
bewährt, wurde nad) defien Tode von den Reichen
und Bornehmen, überhaupt den Gutgefinnten dem
Kleon entgegengeftellt. Plut. Nie. 2. Obgleich ihm
indes das Volk durch wiederholte Wahl zum Stra:
tegen fein Vertrauen bewies, Fonnte er doc dem
Kleon als Demagogen wicht das Gleichgewicht hal:
ten. Die Hauptitüge feines Anſehens war jein
Neichtum, den er uneigennüßig verwandte, ohne
die Begierden des Volkes aus der Staatslaſſe zu
822
befriedigen. Dabei war er bedächtig und zurüd:
altend, ohne mit rajcher Entjchloffenheit den rechten
(ugenblid zu benußen; er fürchtete mehr das
Volk als dag er es beherrichte, und bei jeinem
Mangel an Selbftvertrauen juchte er Rat bei den
Manteis und war Ddiejen ganz ergeben. Arist.
Equit. 1. Thuc. 7,50. Plut. Nie. 5. Er wünſchte
Frieden mit den Spartanern, ohne daß dies feiner
Heerführung und Tapferkeit Eintrag gethan hätte.
Als nadı dem Falle von Mytilene die gemäßigte
Partei an Einfluß gewonnen hatte, machte er einen
glüdlichen Zug nad der Inſel Minoa (427 v. E.)
und 426 nach Melos; als es ihm jedoch nicht ge:
lang, dieje Injel zum Bunde mit Athen zu zwingen,
landete er bei Oropos und befiegte die Tanagraier.
Thue. 3, 51. 91. Seinem Feldherrnruhm aber
ichadete es, daß infolge feiner Nachgiebigfeit Kleon
an jeiner Statt als Feldherr gegen die auf Sphaf:
teria eingejchlofjenen Spartaner ziehen mußte und
dieje wider aller Erwarten zur Übergabe zwang.
Plut. Nie. 7. 8. Nad) dem Tode des Kleon brachte
er den nad ihm genannten Frieden zu ftande
(April 421), deſſen Bedingungen indes bei der
Eiferſucht der Mittelftaaten und den Ränken des
Altibiades nicht vollftändig zur Ausführung ge:
bracht werden konnten. Der Expedition nach Sici-
lien widerjeßte er ich aus allen Kräften (Thuc.
6, 9 5.); deflenungeachtet aber wurde er mit Alki—
biades und Lamachos an die Spite derjelben ge:
ftellt, 415. Die Verſchiedenheit der Anfichten Tähmte
das Unternehmen. Plut. Ale. 18. Nikias bejiegte
zwar nach der Abberufung des Alkibiades die Syra-
fufier, doch ohne daraus bei jeiner Unentſchloſſen—
heit bedeutenden Vorteil zu ziehen. Am Winter
juchte er durch Unterhandlungen ſikuliſche und ita-
liſche Städte auf feine Seite zu ziehen, rüdte im
nächſten Frühjahr, nachdem Lamachos gefallen,
gegen Syrakus, bejegte Epipolai und bedrängte
die Stadt jo, daß fie jchon wegen der Übergabe
unterhandelte (Thuc. 7, 2), als die Ankunft der
Spartaner unter Gylippos alles änderte. Nikias,
mutlos durch den Abfall der Bundesgenoffen, krank
durch Sorgen und Anftrengungen, berichtete nad)
Athen feine mißliche Yage und verlangte die Sen:
dung eines neuen Heeres und feine eigene Ent:
laffung. Plut. Nie. 19. Eurymedon und nachher
Demofigenes famen mit Verſtärkung, als die Syra—
fufier jchon im Begriff waren, die ganze Kriegs:
macht der Athener zu vernichten, 413. T’huc. 7, 42.
Nikias widerjegte fich jetzt dem Nüdzuge und dem
Nufgeben der gemachten Eroberungen; als aber
die Flotte in einer Schlacht, in welcher Eurymedon
fiel, geichlagen und in einem zweiten Treffen faft
vernichtet war (T’hue. 7, 52 ff.), mußte das 40 000
Mann ftarle Heer der Athener, ermutigt durch
Nikias, der unter der Schwere feines Ungtüds
wunderbar groß und fejt erjcheint, den Rückzug
zu Lande nach dem Gebiete der Sikuler antreten.
Unter unſäglichen Widerwärtigfeiten, gequält von
Hunger und Durft, trennten N bald die beiden
Abteilungen. Demofthenes mußte fich den Feinden
ergeben, einige Tage ſpäter Nikias am Aſinaros
in einem jammervollen Zuftand, September 413.
Thue. 7, 85. Die Überbleibjel des Heeres wurden
in die Steinbrüche geworfen, die beiden Feldherren
in Syrafus nach einem Vollsbeichluß hingerichtet.
Thuc. 7, 86. Plut. Nie. 28. — Nikias hinterließ
einen Sohn Nikeratos, der, ebenjo reich, wie
Nikochares — Nikomachos.
durch fein altberühmtes Geſchlecht angejehen, dabei
durch Humanität und Freundlichkeit beliebt, unter
den 30 Tyrannen hingerichtet wurde. Xen. Hell.
2,3, 39. — 2) f. Maler, 8. — 3) ein Arzt des
Königs Pyrrhos, welcher dem Fabricius anbot,
den König für eine Summe Geldes töten zu
wollen. — 4) ein Rhetor in Großgriechenland,
Lehrer des Lyſias. — 5) Nic. Curtius, von der
Anjel Kos, ein Grammatifer in Rom, Freund
des Cicero und Pompejus und Ciceros Begleiter
nach Kilikien. Cie. ad Att. 7, 3,10. 14,9, 3. —
6) ein Arzt aus Milet, Freund des Theokritos
und Epigrammendichter. — 7) ein gelehrter Arzt
aus Nitopolis zu Plutarchs Zeit.
Nikochäres, Nixoyaens, aus der att. Ortichaft
Kydathenaion, Sohn des Komikers Philonides und
Dichter der neueren attijchen Komödie, trat mit
feiner Komödie Adnwres gegen Nriftophanes’
Plutos in die Schhranfen. Genannt werden die
Titel von 8 Stüden.
Nikodemos, Nıxoönuos,
thene® ermordet, wobei eidiad eine Wolle
pielte. Dem. in Mid. p. 548 ff.
Nikökles, Nixoxinjs, 1) der Sohn und Nadı:
folger des Euagoras 1. als Herr über Kypros
374 v. EC. An ihn find 2 Reden des Iſokrates
(mgög Nixorkta, über die Kunft zu regieren, und
Nixoxdijs 7 Köngior, über die Pflichten gegen
die Fürften) gerichtet. — 2) Herr von Paphos auf
Kypros, ftarb mit feiner Familie eines gewalt:
jamen Todes (310 v. E.), ald Ptolemaios Lagi
egen ihn ein Heer jandte, weil er heimlich die
artei des Antigonos ergriffen hatte. Diod. Sie.
20, 21. Wahrjcheinlich ift er zu unterjcheiden von
dem Nikokreon (auch Nifofles genannt) von Sala:
mis, der dem Alexander glänzende Feite gab (Plut.
Alex. 19).
Nikoläos, Ninölaos, 1) Sohn des Bulis, der
von den Spartanern mit Sperthiad zur Sühne
des Grolles des Talthybios an den perfiichen Hof
geichidt wurde. Hat. 7, 157. — 2) ein Dichter
der neueren Komödie. — 3) ein Philoſoph der
peripatetiijhen Schule. — 4) ein Geſchichtſchreiber
aus Damaſtos zur Zeit des Auguftus und Be:
fannter des jüdischen Königs Herodes, Erzieher
der Kinder des Antonius und der Kleopatra, ver:
[eßte außer fleineren Schriften, wie einer Biographie
es Auguftus (Blog Kalsagog), einer Zdwör ovra-
yayı) und einer Selbjtbiographie, als Hauptwerk eine
bis auf feine Zeit reichende Univerjalgejchichte in
vielleicht 144 Büchern, von der zahlreiche Bruch
jtüce erhalten find, gefammelt von Drelli (1804,
nebft Nachtrag 1811), Müller, fragm. hist. Graec.
Il p. 343 ff., zulegt von Dindorf, histor. Graec.
min. Bd. I (1870) p. 1—153.
Nikomächos, Nixöuayos, 1) ein Sohn des
Machaon und der Antilleia, der Tochter des Königs
Diokles in dem mefjenischen Pherai. Nach Diokles’
Tode fam er mit jeinem Bruder Gorgajos in
Pherai zur Regierung. Beide waren auch Arzte,
und da fich ihre Heilfraft audy noch nach ihrem
Tode fund gab, jo erhielten fie göttliche Verehrung
und einen QTempel. Paus. 4, 30, 3. 3, 10. —
2) Vater des Nriftoteles. — 3) ein Sohn des Ari:
jtoteles. — 4) ein Tragifer und Zeitgenofie des
Euripides, den er im tragiichen Wettftreite befiegt
haben joll. — 5) ein Komiker der neuern Komöbdie.
— 6) ein Maler, j. Maler, 8. — 7) ein Mathe
ur Zeit des Demo:
Nikomedeia — Nilns.
matifer und Anhänger der neupythagoreischen Phi:
lojophie, aus Gerafa in Mrabien gebürtig, um
147 n. C. Wir bejiten von ihm eine Arithmetif |
in 2 BB. (dodunrxı slsayaoyr)), herausgeg. von
Hoche (1866), und ein Handbuch der Harmonik
(Eyzsıpidıor “guorınjs), ebenfalls in 2 BB., ge:
drudt im 1. Bande von Meiboms antiqu. mus,
Seriptt.
Nikomedeia. Nixounjdsıe, Stadt in Bithy:
nien, welche Nitomedes I. etwas nördlich von der
durch Lyſimachos zeritörten Stadt Aſtakos am
nordöftlihen Winkel des Olbianiihen oder Aſta—
fenijchen Meerbujens (j. Bujen von Ismid) er:
baute und zur Hauptſtadt des Reichs erhob; dann
römiſche Provinzialhauptitadt. Später wählten
jelbft römijche Kaijer, wie Diocletian und Con:
ftantin der Gr., dieje jchöne und große Stadt zum
längeren Aufenthaltsort. Mehrmals durd) Erd:
beben zerjtört, ward fie immer wieder hergeitellt;
j. Isnikmid oder Ismid. Hier war der Hiſtoriker
Arrianos geboren, und hier tötete ſich Hannibal
durch Gift. Strab. 12, 563,
Nikomedes, Nixourjöns, Name bithynifcher
Könige: 1) Nik. I, Sohn eines Häuptlings Zi:
poites (j. d.), bemädhtigte ſich mit Hülfe der aus
Thrafien herbeigeführten Gallier, denen er Gala-
tien abtrat, des ganzen Bithyniens und gründete
Nitomedeia, 231—246 v. C. Es folgten Ziarlas
um 240, Pruſias I. und lI., 228—149. Liv. 38, 16.
— 2) Ni. 1. Epiphanes, ein graujfamer Fürit,
der, wie jein Vater Prufias, jchon in Abhängig:
keit von den Nömern regierte, ſich eine Zeit lang
mit Mithridates verbündete, aber jpäter über den
Beſitz von Paphlagonien mit ihm entzweite, ge:
ftorben 91 0.C. App. Mithr. Aff. Just. 37,4.38,1.
— 3) Nik. III Philopator, wurde als ab:
hängiger Lehnsfürſt der Römer von Mithridates
vertrieben. Ber feinem Tode vermachte er den
Römern fein Land, 74 v. E. Just. 38, 3.5. App.
Mithr. 10$f.
Nikon, N%or, 1) ein Dichter der neueren
Komödie. — 2) Lehrer des Sertus Fabius, Ver:
fafjer einer Schrift weol rolugpaylag. — 8) ein
Architelt und Geometer, Vater des berühmten
Arztes Galenos, im 2. Jahrhundert n. C. — 4) ein
junger Tarentiner, der mit mehreren Jugendge—
nofjen dem Hannibal die Stadt Tarent 212 v. C.
übergab und dann bei der Wiedereroberung durch
die Römer im tapferen Kampfe das Leben ver:
for, 209. Liv. 25, 8. 9. 26, 39. 27, 16,
Nikophömos. Nixögpruos, aus Athen, Freund
und Kampfgenoſſe Konons, der ihn 393 v. E. auf
der Inſel Kythera als Harmoſten zurüdließ (Xen.
Hell. 4, 8, 8), nachdem er ihm ſchon 2 Jahre
früher den Oberbefehl über die Flotte mit dem
Hieronymos während jeiner Abwejenheit beim
Berjerlönige übertragen hatte. Ums %. 389 wurde
N. nebit jeinem Sohne Artiftophanes ohne Verhör
zum Tode verurteilt, wahrjcheinlich unter Anklage
des Verrats. Vgl. Lys. pro Aristoph.
Nikopölis, Nixomokıs, häufig vorlommender
Städtename: 1) Stadt am Eingange des Ambra:
filchen Meerbuſens, auch Actıa Nicopolis ge:
nannt, an der Südweſt-Spitze von Epeiros, Nctium
egenüber, von Auguftus zur Verherrlichung jeines
Sieges über Antonius angelegt und mit herr:
lichen Gebäuden ausgeftattet, bejonders einem
Apollontempel, bei dem alle 4 Jahre zu Ehren des
823
Gottes feierliche Spiele gegeben wurden. Später
wurde N. Hauptitadt des jüdlichen Epeiros und
Alarnaniens und ceivitas libera; j. Ruinen Pa:
leopreveja (türkiſch Viranſchehr d. h. Ruinenftadt).
Strab. 7, 325. — 2) Stadt in Thrafien, nicht
‚ weit von der Mündung des Neftos, j. Nevrekup.
— 3) Stadt in Untermöjien, von Trajan ſüdlich
des Danuvius gegründet; j. Ruinen Nikup. —
4) Stadt in Bithynien an der engften Stelle des
| Yoäporos. — 5) Stadt in Kleinarmenien an der
Grenze von PBontos, am Lykos, einem Nebenfluffe
des Iris, j. Enderes; von Bompejus zum Andenken
an den erjten Sieg über Mithridates gegründet
(j. Mithridates, 6). Strab. 12, 555. App.
Mithr. 101. 105. — 6) Stadt in Paläſtina, ſ.
Emmaus. — 7) Stadt in UInterägypten, weſtlich
vom eigentlichen Delta an dem von Kanobos bis
Alerandreia führenden Kanal, von Auguftus ge:
gründet zum Andenken an jeinen legten Sieg über
Antonius; j. ars. Strab. 17, 795. 800.
Nikosträtos, Nixöorgaros, 1) athenijcher Feld:
herr im peloponnefischen Kriege, zog der Volls—
partei in Kerkyra von Naupaktos aus zu Hülfe
und vereitelte einen Vergleich zwiichen den Par—
teien. Thuc. 3, 75. Nach dem Frieden des Nikias
führte er den von den Spartanern angegriffenen
Urgivern mit Laches Hülfstruppen zu (Thuc. 4,119.
5, 61). -— 2) Anführer einer im Solde des Arta—
xerxes Ochos ftehenden argiviichen Schar. Died.
Sie. 16, 44. 47 f.
Nilus, ö Neilog, ägyptiſch Aur (d. h. der Fluß),
hebräiich Jeor, aſſyriſch Jaru, der befannte ägyp—
tiiche Fluß, vielleicht der längjte (900 M.), jedes:
fall der merkwürdigſte Strom der Erde. Die
Griechen nannten ihn zuerft Alyumrog (3.8. Hom.
Od. 3, 300. 4, 477 u. ö.), wie das Land, das
jeinem Fluß alles verdankt (Hdt. 2,5); oder Mekus,
wegen des jchwarzen Schlammes bei jeinen Über:
ſchwemmungen, wie denn auch der Name Nil von
dem indijchen Rilas, der Schwarze, herfommen mag. —
Die Nilquellen zu entdeden, war erjt unjerer Zeit
vorbehalten. Die Agypter betrachteten die Ser:
funft des von ihnen göttlich verehrten Fluſſes als
ein heiliges, erft in der Unterwelt enthülltes Ge—
heimnis. Die Griechen und Römer juchten feinen
Urſprung zuerft weit im Weiten, in dem nur dunkel
befannten Oberlauf des Niger, oder im fernen
Dften, im Indos (Arr. 6, 1). Noch Horatius jagt
(od.4, 14,45): fontium qui celat origines, Nilus.
Später bildete ſich die richtige Anficht, da er aus
2 Quellen im füdlichften Aithiopien entipringe
und 2 große Sümpfe (Neilov Aluvag, Ptol.4,9, 3)
bilde, welche die von Nero ausgejandten Gentu:
rionen wirflid gefunden haben wollten. Ob in
diejen Sümpfen eine dunfle Kunde von dem Uke—
reweſee (Biltoria:-Nyanza) und dem Mwutanſee
(Albert: Nyanza) zu juchen ift, muß dahingeftellt
bleiben. Der aus beiden Seen hervorjtrömende
weiße (d. h. Hare) Nil, Bahr el:Abiad, vergrößert
ih noch in Aithiopien durch den Aſtapos, den
blauen (d. h.) trüben Nil, j. Bahr el-Azrak, und
den Witaböras, j. Takaze oder Atbara, welche
Merod umgeben, bildet dann den »aragpdurng ö
usitwv, auch r& zaradovr« (Hdt. 2, 17) genannt;
bei dem j. Wadi-Halfa, und bei jeinem Eintritt
in Agypten, jüdlich von Syene, den waragpdarng
o Zarror, durchſtrömt nun Ägypten und teilt
fi bei Kerfajöron, 22 Meilen oberhalb jeiner
824
Mündungen, in 2 Hauptarme, welche das jog.
Delta bilden. Diejelben jchieden fih im Altertum
(jet nicht mehr) in noch weitere Arme, jo daß
man von O. nah W. folgende 7 Mündungen
zählte: die pelujijche (rö IImlovaarov oröu«),
die tanitiihe (rö Tavırınöv or.), die mende:
ſiſche (rö Mewörjowor or.), die phatnitiiche (rö
Dearrırızöv, bei Hdt. 2, 17 Bownokınör or.), die
jebennytiiche (rö Leßervorinör or.), die bol:
bitijche (rö BoAßırınöov ar.) und die kanobiſche
(td Kavrwpıror or.) oder herafleotifche, auch mau:
fratiiche Mündung. Außerdem war zur Beförde—
rung des Handels und zur Regulierung der Über:
ſchwemmungen ein Neg von Kanälen angelegt:
jo der Jojephsfanal, j. Bahr Juſſuf, der von
Diospolis minor in Oberägypten an bis Kerka—
joron dem Strome parallel flo; der Btolemaios:
oder Trajansfanal, der vom heut. Kairo aus
nach Arfinod am Seroopolitiihen Bufen führte,
von Necho begonnen, von Dareios 1. vollendet
und von den WPtolemaiern (beſonders Ptol. 11.)
und Römern mehrmals wiederhergeftellt wurde;
der Kanobiſche Kanal, der Kanobos mit Ale—
randreia und der Mareotis verband. — Der Nil
war reih an Fiſchen, Schilf und Papyros, aber
auch voll von Krofodilen; jein Wafler hatte einen
angenehmen Geſchmack. Die wichtigjte Ericheinung
an ihm war von jeher jein jährliches Anſchwellen
und Austreten von Juli bis November, wodurch
das regenarme Land jo außerordentlich fruchtbar
wurde (Hdt. 3, 10. 2, 19 ff.). Als Grund vermu:
teten jchon manche der Alten das Schmelzen des
Schnees in Nithiopien. Strab. 17, 786 ff. 804 f.
Ninive ſ. Ninos, Il.
NinnTi, ein campaniiches Geſchlecht. Genannt
wird Daraus vorzugsweiſe L. Ninnius Duadra-
tus, ein Gegner des Tribunen Clodius, gegen
welchen er als Bollstribun (58 v. E.) den Cicero
unterftügte (Cie. ad Att. 3, 23, 4), wie er denn
auch fpäter die Rückkehr Ciceros aus dem Eril
beantragte und des Clodius Güter der Ceres weihte.
Cie. de dom. 48. Am %. 49 war er bei Cicero
in Gampanien, wohin er fich wahricheinlich wegen
des Heranrüdens Cäſars zurüdgezogen hatte. Wei:
ter iſt nichts über ihn befannt.
Ninos, Nivog und Nivog, 1) 4 N., der König,
der mit Semiramis (Leufpauıs) von der Sage,
die uns namentlich Diodor aus Sicilien (2, 1 ff.)
nach Ktefias erhalten hat, an die er des afiy-
riichen Reiches gejtellt wird, das 1306 Jahre, 2189
— 883 v. C., beitanden habe. Ninos unterwarf
ſich, jo wird erzählt, in 17 Nahren alle Völker
Aſiens mit Ausnahme der Baltrer und Ander, er:
baute dann die große Stadt Ninive am Tigris
und eroberte auch noch die Hauptitadt der Baltrer
durch die Klugheit der Semiramis, die, einft ein
wunderbar erhaltenes Findlingskind, nun die Frau
des Statthalters Onnes war. Ninos erhob fie zu
jeiner Gemahlin und hinterließ ihr nach 52jähriger
Negierung die Herrichaft. Sie wollte den Ruhm
des Ninos noch übertreffen, gründete Babylon und
andere Städte, errichtete auch jonft merfwürdige
Bauten, eroberte Agypten und einen großen Teil
Ninive — Ninos.
rafter diefer ganzen Überlieferung ergibt fich ſchon
daraus, daß diejelbe in verichwenderiicher Weile
jo ziemlich alle Werfe und Thaten der afiyriichen
und babylonischen, mediichen und perfijchen Könige
zum voraus auf die Geftalten des erjten Herricher:
paares häuft, deſſen Nachfolger, die Derfetaden,
dann ebenjo thatenlos find (Just. 1, 2). Ferner
ift Ninos nur der Joos Irwrvuog don Ninive,
und Gemiramis trägt in ihrer ausjchweifenden
Liebesgier wie in ihrer zerftörenden Mordluft ganz
die Doppelnatur ihrer Mutter, der Göttin Derfeto-
Aftarte, am ſich. Wie es fich mit Herodots (1,184)
Semiramis, einer babyloniichen Königin „5 Ge—
ſchlechter“ vor Nitofris, verhält, ob fie eine hifto:
riſche Berjönlichteit und dann mit Sammuramat,
der Gemahlin oder cher Mutter des aſſyriſchen
Königs Rammanznirari III. (811—783 d. E.), iden:
tiſch iſt oder micht, fteht dahin. — II) 7) Nivos.
aſſyriſch Ninua, gewöhnlich nach dem A. Teftament
Ninivegenannt, die befannte Hauptftadt Aſſyriens,
lint3 vom Tigris, dem h. Moſul gegenüber, in
dem Winfel zwiichen dem Tigris und dem großen
Babatos (Lykos) gelegen; der Sage nad) von Ninos
erbaut, in den Inſchriften jeit 1760 v. E. oder
früher genannt, dod) erſt jpäter an der Stelle von
Aſſur (j. Kalat Spergat) Hauptftadt, 606 (oder
607) durch Kyaxares von Medien und Nabopolaflar
von Babylonien zerftört. Volk und Stadt wurden
dann jo raſch vergeflen, daß Xenophon bei dem
Vorbeimarih an den mächtigen Ruinen nur von
einftigen Kämpfen zwiichen den Medern und Ber:
fern hörte (An. 3, 4, 7ff.), und die Trümmer bei
der in ihrer unmittelbaren Nähe gelieferten Schlacht
von a pr gar nicht erwähnt werden. Stra:
bon (j. o.) fpricht von N. als einer verihwundenen
Stadt. Als eine alte Stadt erwähnen es Plinius
(6, 13, 16), Tacitus (ann. 12, 13) und Ammianus
Marcellinus (14, 8, 7). Much die arabijchen Geo:
raphen des Mittelalter reden von den Ruinen.
Ins find die Überrefte der einft jo ftolgen und
mächtigen Stadt befannt geworden durch die dent:
würdigen Ausgrabungen der lebten Yahrzehnte.
Diejelben wurden 1843—45 — von dem
frauzöſiſchen Konſul Botta zu Khorſabad, wo der
Architekt Place 1851—55 noch eine reiche Nachleie
hielt; dann fortgejeßt von dem Engländer Layard,
zu Nimrud 1845—47, zu Kujundſchik 184951
(an dem Ießteren Orte auch noch 1851—54 von
jeinem Gehülfen Raffam); ſpäter wieder aufgenom-
men von dem Engländer Smith 1873—76 und
zulegt nochmals von Raſſam 1877—78. Die Er—
gebnifje waren überrafchend reich. Wohl find bei
der Zerftörung Ninives die Balken der Dächer ver-
fohlt herabgeftürzt, ebenfo dann im Laufe der Zeit
die oberen Schichten der Ziegelmauern herabgeipült
‚worden. Aber eben damit hat ich über die unteren
Teile der Gebäude, über die Fußböden und über
die ald Wandverfleidung dienenden Alabafterplatten
mit bemalten Relief3 und zahlreichen Inſchriften
eine jchüßende Dede gebreiter, jo daß bei dem
Aufräumen des Schutts die Thaten der Könige
und die Geftalten der Götter, Jagdſeenen und
Schlachtenbilder, Feſtzüge und Gaftmähler, über:
von Libyen und Mithiopien und unternahm end- | haupt die ganze Kultur eines längft untergegangenen
lih auch einen gewaltigen, freilich unglücklichen
Kriegszug gegen Indien. Als fie nach 42jähriger
Volles in lebendiger Friſche aus ihrem Grabe für
uns neneritanden find, — Ninive beitand, wie wir
Herrichaft ftarb, folgte ihr Sohn Ninyas (Nıvvag). nun wiflen, aus einem Nompler von 3 benadh:
Strab. 2, 80. 84. 16, 737. — Der jagenhafte Cha: | barten, jedody ſchwerlich durch eine Mauer verbun—
Ninyas — Niobe.
denen Städten. 1) In der Mitte lag das eigent—
lihe Ninive, das Meipila Xenophons, etwa
10 km im rg Moful gerade gegenüber.
Bei dem h. Dorfe Kujundichit wurden 2 Paläfte |
von Sanherib und Ajurbanipal aufgededt und in
beiden taujende von Thontafeln in bejonderen
Räumen vorgefunden, die zu der großen Biblio:
the des letztgenannten Königs gehörten. Der Hügel
von Nebi-Junus enthält PBaläfte von Sanherib |
und Ajarhaddon. 2) 28 km ſüdöſtlich davon lag
Kalach, j. Nimrud, Zenophons Lariffa, um 1300
v. E. von Salmanaflar I. gegründet. Neben einem
Tempel von Ajurnafirpal erhob jid ein abgeftufter
Tempelturm. In einem Palaft von Salmanaffar II. |
—— —
Niobe mit der jũngſten
Tochter.
entdechte man einen gegen 2 m hohen Obelisken
aus ſchwarzem Bajalt mit 5 Neihen Reliefs, welche
die Tributleiftungen verfchiedener Yänder, darımter
Affen, Kamele, Löwen, einen Elefanten, ein Rhino—
zeros, einen Budelochien, darftellen. Zwiſchen Ninive
und Kalach wird 1. Moſ. 10, 12 noch ein Ort
Reſen genannt, etiva bei dem h. Selamijeh. 3) 12 km
nördlih von Ninive, bei dem h. Khorjabad, er:
baute Sargon 712—706 eine Stadt jeines Namens,
Dur:Sarrufin, ein Nechted von nahezu 7 km
im Umfang. An der Nordweitjeite trat der jtatt:
liche, von einer bejondern Mauer umgebene Balaft
über die 24 w dide, mit 170 Türmen bewehrte
Ringmauer hinaus. — Jedes Gebäude wurde auf
einer Plattform von Ziegeln errichtet, die durch
Erdpech verbunden und augen von Baujteinen ein—
825
gefaßt waren. Die Mauern des Baus jelbft be-
ftanden wieder aus Ziegeln, weshalb jo oft Re—
ftaurationen und Umbauten erwähnt werden, wobei
auch wohl die Neliefplatten an der Wand einfad)
—— und auf der andern Seite neu behauen
wurden. Die einzelnen Räume (Sargons Palaſt
zählt deren über 200) gruppieren ſich ohne Sym—
metrie um Höfe und haben der Balkendecke wegen
häufig eine unverhältnismäßig geringe Breite. Die
Thore werden von koloſſalen Stieren oder Löwen mit
Menſchenkopf und Slügeln bewacht. — Xitteratur
j. Assyria; ferner: Yayard, Nin. u. j. Überreite.
Überj. von Meiner (1850). Derſ., Nin. u. Ba:
bylon. Überj. von Zenker (1856).
Tochter der Niobe.
Ninyas, Nivvag j. Ninos, 1.
Niöbe, Niößn (viell. boiotische Kurzform für
Neoßovin), 1) Tochter des Phoroneus und der
Nymphe Laodike, oder Gemahlin des Inachos und
Mutter des Phoroneus. — 2) j. Pelasgos, 1. —
3) Tochter des Tantalos und der Pleiade Tangete,
oder der Hyade Dione, Schweiter des Pelops,
Gemahlin des Amphion, Königs in Theben, über:
mütig wie ihr Vater. Stolz auf ihre zahlreiche
Nachkommenſchaft, 6 Söhne und 6 Töchter (die
Bahl wird verjchieden angegeben), vermaß ſie ſich,
der Leto, die nur 2 Kinder geboren habe, ſich gleich:
—— Darüber erzürnt, erſchoſſen Apollon und
rtemis ſämtliche Kinder der Niobe. 9 Tage lagen
ſie unbeſtattet in ihrem Blute, denn Zeus hatte
die Völker in Steine verwandelt; am zehnten wur—
8326 Niphates
— Nireus,
den fie von den Göttern begraben. Niobe erjtarrte I fianus befand, fo ift fie jedesfalld nad) dieſem
durd) den ungeheuern Schmerz zu Stein und eh
auf den Höhen des Sipylos, wo fie noch als Fels
das Leid, das ihr die Götter zugefügt, fühlt. Hom.
TI. 24, 602. Or. met. 6, 152}. Eine leben:
dige Schilderung des Niobefelfens, des ſ. g. Taih
Suret, öjtl. von Magnefia am Sipylos, giebt X.
B. Stark in jeinen Reijeftudien „Nach dem Orient“
(1874), ©. 2435. Bei Homer fterben die Niobiden
im Hauje der Mutter, bei Apollodor die Söhne
auf der Jagd auf dem Berge Kithairon, die Töch—
ter bei dem Königshauſe in Theben, bei Ovid die
Söhne auf der Rennbahn vor Theben, die Töch—
jehr häufig nachgeahmten Originale gearbeitet. —
Die 4 beigefügten Abbildungen gehören dieſer
Sruppe an: 1) Niobe mit der jüngjten, in ihren
Schoß geflüchteten Tochter; 2) eine fliehende Tod):
ter der Niobe; 3) ein in die Kniee gejunfener Nio:
bide, von einem Pfeil in dem Rüden verwundet,
gewöhnlich Narcifjus genannt; 4) ein flichender,
nad dem Feinde zurüdichauender Niobide. Die
Gruppe jchmüdte nach der gewöhnlichen, gegen:
mwärtig viel beftrittenen Annahme urjprünglich das
Giebelfeld eines griechiichen, danı eines römiſchen
Apollotempels. Bgl. D. Jahn, aus der Altertums:
ter bei der Leichenfeier der Brüder, nach andern wiſſenſchaft S. 185 ff. Stark, Niobe und die Nio—
Sohn der Niobe.
in dien. Niobe joll nach anderer * nach
dem Tode ihrer Kinder von Theben nach Sipylos
zu ihrem Vater Tantalos gegangen und dort von
Zeus auf ihre eigenen Bitten in Stein verwan—
delt worden fein, deſſen Thränen unaufhörlich
fließen. Soph. Ant. 823 ff. Das Grab der Nio—
biden war zu Theben. — Die Gejchichte der Niobe
lieferte einen paſſenden Stoff für die Tragödie;
Aiſchylos und Sophofles dichteten Stüde diejes
Namens. Die bildende Kunft hat die Fabel häufig
dargeftellt; am berühmteften iſt die Niobegruppe,
welche im Jahr 1583 in Rom auf dem Ejanilin
entdedt wurde und jett in Florenz fteht. Wenn
diefe auch nicht das (von Stopas oder Prariteles
gefertigte, Plin. 36, 4, 8) griechijche Original ift,
welches fi) zu Nom im Tempel des Apollo So:
Sohn der Niobe,
biden (1863). Meyerhöfer, die florentinische Niobe-
gruppe (1881).
iphätes, ö Nipdrng, bedeutendes Gebirge in
DOftarmenien, ſüdlich vom Ararat; j. Ala-Dagh.
An feinem Fuße entipringt der jüddftl. Euphrat-
arm, der Arſanias. Bei Ba (od. 2, 9, 20) wird
der N. (rigidus) von einigen für einen Fluß an-
gejehen, wie er es bei Lucan und Juvenal im der
That ift. Strab. 11, 522. 529.
Nireus, Nıgeös, Sohn des Charopos und der
Aglaia, nad Achilleus der jchönfte Hellene vor
Ylios, aus Syme (Inſel zwijchen Rhodos und
Knidos), unfriegeriih und nur von 3 Schiffen
nach Troja begleitet. Hom. Il. 2, 671 ff. Nach
Divdor (5, 53) war er aud König von Knidos.
Er wurde von Eurypylos oder Aineias erlegt.
Nisaeus campus — Nomen.
827
Nisaens campus, ro Niswwo» oder Nrjoaıor | gegen bildete fich ein neuer erblicher Amts- oder
redlor, Gefilde in Medien (wahrjcheinlich zwiſchen
Eibatana und den Kaipiichen Pforten), das beſon—
ders zur Pferdezucht geeignet war und die großen
königlichen Stutereien enthielt.
Pierde jollen hier wild umhergelaufen jein, von
denen Alerander noch 50 000 vorfand. Hat. 3, 106.
7, 40. 9, 20. Arr. 7, 13,1. Strab. 11, 526. 530.
Nisala j. Megaris,
Nisibis, Nioßıs, die große Hauptſtadt der
Provinz Mogdonia in Mejopotamien, in jehr gün:
jtiger Yage am Fluſſe Mygdonios (j. Dſchakh—
dihafha), 37 Millien jüdöftlih von Tigranoferta
(Tac. ann. 15, 5); j. Nejibin. Schon in aſſyriſcher
Zeit bedeutend, hieß jie unter den Geleufiden
Artiögeie 1) Moydorixn) (Plut. Luc. 32). 680. €.
von Yucullus, 115 n. E. von Trajan erobert, ging
N. den Römern beidemal wieder verloren, war
aber dann jeit 195 die Hauptſtadt der Provinz
Meiopotamia, bis e3 363 von Jovian an die Perjer
abgetreten wurde. Strab. 16, 747.
Nisos, Nioos, 1) Sohn des Pandion (oder des
Ares), Bruder des Aigeus, Pallas und Lykos,
König in Megara, der die Hafenjtadt von Megara,
Nijaia, erbaut haben jollte. Als Minos auf jeınem
Zuge gegen Athen auch Megara cinnahm und
Nijaia, wohin ſich Nijos — hatte, belagerte,
zog des Niſos Tochter, Stylla, die ſich in Minos
verliebt hatte, ihrem Vater ein goldenes oder pur:
purnes Haar, an dem jein Leben hing, aus, daf
er ftarb und die Stadt erobert wurde. Sein Grab:
mal war zu Athen Hinter dem Lykeion. Paus.
1, 19, 4. Bur Strafe wird Skylla von Minos
ans Schiffshinterteil gebunden und im Saroniſchen
Meerbufen ertränft; oder fie jpringt, von Minos
verlaſſen, ins Meer und wird, während ihr in
einen Meeradler verwandelter Vater auf fie herab:
kößt, in einen Fiſch oder Vogel, Eiris, verwan—
delt. Or. met. 8, 6ff. Verg.G. 1,404 ff. E. 6, 74.
Die Sage bildet den Stoff des pſeudo bergiliſchen
Gedichts Ciris. — 2) Sohn des Hyrtakos, Begleiter
des Aineias, befannt durd) feine Freundſchaft mit
Euryalos, mit dem er bei einem nächtlichen Ein-
fall in das Lager der Rutuler gemeinjchaftlich ftarb.
Verg. A. 9, 176 ff. — 3) ein Edler aus Dulichion,
Bater des Amphinomos, Freiers der Penelope.
Hom. Od. 16, 395. 18, 126.
Nisyros, Niovoog, noch j. Nifyros oder Nifari,
Inſel im Karpathiſchen Meer nicht fern vom Bor:
gebirge Triopion, zwiſchen Telos und Kos, rund,
hoch, Felſig. Von der Akropolis der an der Nord—
weſt⸗Seite gelegenen Hauptſtadt gleiches Namens
finden ſich noch anſehnliche Reſte. Die Bewohner
der Inſel waren doriſchen Stammes, zahlten aber
als athenische Bundesgenofjen im peloponnefifchen
Kriege 100 Drachmen monatlich. Strab. 10, 488.
Nitiobriges, Nirößgeyes, oder vielleicht rich:
tiger Nitiobröges, Völkerſchaft in Aquitanien an
beiden Ufern des Dltis (Lot), mit der Hauptjtadt
Aginum (j. Agen) an der Garumna. Sie konnten
5000 Bewaffnete ftellen. Caes. b. g. 7, 7. 31. 46.
Liv. ep. 65.
Nitökris j. Nebukadnezar.
Nobilior j. Fulvii, IV,
Nobilis. Nachdem die Plebejer den Zutritt zu
allen Ehrenämtern erlangt hatten, trat der Ge:
burtsadel der Patricier, welche bisher die einzigen
nobiles gewejen waren, immer mehr zurüd. Da:
Mehr ald 150 000 |
Berdienftadel, und nobilis hieß nun ein jeder,
dejjen Vorfahren curuliiche Würden befleidet hatten.
Das einzige — der Nobilität war das ius
imagiuum, j. Imagines. — Unter den jpäteren
Kaiſern galt nobilissimus als der höchite Titel,
welchen nur die Mitregenten und Thronfolger
führten.
Noctüa. yladf, die Nachteule, in Athen be:
jonders häufig umd geehrt, weil fie der Athene
Polias, der Beſchützerin der Stadt, heilig war,
daher Heil und Sieg verfündigend, was in dem
Sprichworte: ylad& irraraı, noctua volat, aus:
geiprochen lag. Bon ihrer Häufigkeit entitand das
Sprihwort: ylaix xls Adnvas, Eulen nad Athen
tragen (etwas UÜberflüſſiges thun). Auch fommt
fie als Gepräge auf attiihen Münzen vor (j. die
erjte Abbildung zu Münzen). Bei den Römern
galt jie als Unheil bringend.
Nodus, ein Knoten, im höchſten Altertume das
einzige Mittel, etwas zu verſchließen. Hom. Od.
10, 23. 8, 443 ff. Über den berühmten Knoten in
Gordion ſ. Curt. 3,1. Plut. Alex. 18. Ein dop—
pelt gezogener: Knoten hieß nodus Herculis und
diente noch jpäter als Zauberfnoten.
: Nola, Nösa, alte, von den Aujonern gegrüns
dete Stadt Campaniens, nordöftlich des Veſuvs,
die bald jehr bedeutend wurde. Liv. 8, 23. Bon
den Römern zur Übergabe genötigt (Liv. 9, 28),
hielt N., jelbft zur Zeit des Hannibal, ſteis treu
u Rom (Liv. 24, 14. 16), weshalb die Bewohner
ihre Freiheit behielten. In der Nähe fiegten die
Römer zweimal über Hannibal. Der Kaiſer Augu—
ſtus ftarb bier am 19. Auguft 14 m. C. Pompeji
war ihr Hafenort. Seit Veipafian war Nola, das
noch jegt jeinen Namen führt, römische Kolonie.
Nomen. 1. Bei den Griehen gab es feine
Familiene oder Gejchlehtsnamen. Dem neugebo-
renen Rinde wurde nad) freier Wahl der Eltern
jein Name gegeben, wie bei uns die Vornamen.
Dies geſchah gewöhnlich am 5., 7. oder 10. Tage
(. Amphidromıa), Nach "der ältejten Sitte
gab man dem Sohne, bejonders dem älteften, den
Namen des Grohvaters, häufig au den Namen
des Vaters; auch bildete man ein Patronymilon
(Doxior Baxov) oder eine dem Namen des
Baters Ähnlihe Zufammenjegung (Oespgasrog
Feodnpov), aud) einen Namen von gleicher Be:
deutung mit dem Namen des Vaters (Lrdzus
Eöinderov). Sämtlihe Namen wurden in oro-
uara der und Beopöge eingeteilt. Die lepteren
waren teil® einfache Götternamen, welche bejon:
ders bei den Agyptern jehr gewöhnlich, doch aud)
bei den Griechen nicht ohne Beiſpiel waren, 3.2.
Leto, Hermes, Artemis u. dgl., teild Hervennamen,
teils — und Dies waren die bei weitem häufigiten
— Namen, welche mit einem Götternamen zu:
jammengejegt oder davon abgeleitet waren, tie
Iheodoros, Divdoros, Theodotos, Piodotos, He:
ralleitos, Herodotos, Artemidoros, Iſidoros, Apol—
lodoros, Diogenes, Diophanes, Demetrios, Apol—
lonios u. a. Zuweilen wurde das Kind auch nach
dem Feſte eines Gottes, an dem es geboren war,
benannt, wie bei uns häufig nach den Kalender:
tagen. — Die öröuar« üden find entweder einfache
oder zufammengefeßte Namen. us diejer zahl:
reihen Klaſſe wählte man gern Namen, welche für
die Zukunft und Beftimmung der Kinder von guter
828
Rorbedeutung waren und micht felten mit den
ipäteren Leiftungen derielben auch im beiten Ein-
Hange ſich befanden, oft aber auch mit denſelben
in einem jchneidenden, lächerlihen Kontrafte ſtan—
den (3.8. Krates fonnte ein Schwädjling geworden
fein). Bumeilen wurde auch der eigentlihe Name
aus irgend einem Grunde jpäter mit einem andern
vertauicht. So hie Platon urſprünglich Arijto:
fles, erhielt aber den Namen Blaton von feiner
breiten Stirn oder Bruft, wie Diogenes Yarrtios
erzählt, Theophraft urſpr. Tyrtamos u. j. w. Die
Griechen hatten in der Negel nur Einen Namen,
dem dann der Name des Baters, um Verwechſe⸗
hung zu vermeiden, und namentlid immer im
offiziellen Gebrauch beigefügt wurde. Dies nannte
man marpöder Övouaker, Zrmovoudker. Im
täglichen Leben erteilte der attiſche Volkswitz auch
Spitznamen, förperlihen oder geiftigen Gebrechen,
auffallenden Gewohnheiten und Handlungen ent:
lehnt. So entftanden auch Namen, die von Tieren,
von der Farbe der Haare oder des Geſichts her-
genommen waren, 3. B. Alan, "Elagpos, "Inri-
vos, Kanoos, Kögaf, Kagxirog, IIbooos, Zardog,
M£lag u.a. Die Sklaven wurden gewöhnlich nadı
ihrem Baterlande benannt (Evoog, Ilapkayar,
gig), bald nach ihrem ÄAußern (IIvggias, Zar-
Has), oder nach gewiſſen Eigenichaften (ISoouwr,
TIegusvor). Auch Tiere erhielten Namen. Die
Roſſe des Adhilleus heißen bei Homer (II. 19, 400)
Zcdrdog und Bakıog (Fuchs und Schede). Für
die Namen der Hunde empfiehlt Xenophon (cyn.
7, 5) Kürze, damit man fie leicht ausſprechen
könne, wie Pryr, Ovuög. Ebenſo waren wie in
unjerer 22: die Schiffe nicht ohne Namen. —
Il. Die Römer führten gewöhnlich 3 Namen, von
denen der erfte, praenomen, z. B. Marcus, Gaius,
Gnäus, Publius n. a., am neunten Tage nad)
der Geburt (dies nominalis oder lustricus) den
Söhnen beigelegt wurde. Der zweite Name ift der
der gens (nomen, nomen gentilicium), wie Junius,
Cornelius, Alius, Afranius, Cäcilius, Calpurnius,
Gabinius, Licinius, Claudius u. ſ. w. Der dritte
Name ift das cognomen, zur Unterſcheidung der
in der gens enthaltenen stirps oder familıa, |.
Familia. So gehörten zur gens Cornelia viele
familiae, 3. B. die plebejtichen Dolabellae, Len-
tuli, Cethegi, Cinnae, und die patricifchen Sci-
piones, Sullae, Maluginenses, Rufini u. ſ. w.
Außer diefen 3 Namen —— viele noch einen
vierten (früher cogn. secundum, ſpäter agnomen),
3. B. die Scipionen den Namen Aſiaticus, Afri—
canus, Nafica, welcher Name teils zur Bezeichnung
der engeren familie diente, teils die großen Thaten
des Trägers verherrlichte. Die Mdoptierten erhiel-
ten den vollftändigen Namen des Wdoptivvaters,
führten aber ihren Familiennamen mit der Endung
-inus fort, 3. B. P. Cornelius Scipio Africanus
Amilianus, P. Licinius Craſſus Mucianus Dives,
L. Galpurnius Piſo Licinianus u. ſ. mw. Dft
wurden dieje vollen Namen abgekürzt, und man
ließ jowohl das nomen gentilicium als das co-
gnomen weg, 3. B. M. Ugrippa, E. Marius, E.
Mummius u. ſ. w In der Kaiſerzeit wurden die
Namen jehr vervielfacht und aufeinander gehäuft.
— Die Töchter führten den Gejchlechtänamen, wie
Tullia, Cornelia, Yivia, und unterjchieden fich durch
Beiſetzung don maior und minor oder auch durch
die Zahl. — Die Freigelaffenen machten ihren bis: | lungen übertragen.
Nomenclator — Nouopvkanss.
herigen Sflavennamen zum cognomen und nah:
men praenomen und nomen gentilicium ihres
Freilaſſers an, z. B. L. Cornelius Chryjogonus,
der befannte —— ee des Sulla, M. Tullius
Tiro u. ſ. w. Die Freigelaſſenen von Städten
bildeten ji ein nomen gentilicium von dem
Namen der Stadt, 3. B. P. Piſaurius Achilles
(von Pijaurum in Umbrien freigelafien). Die Namen
der Sflaven j. Servi. Vgl. Ellendt, de cogno-
mine et agnomine Romano (1853). — In all:
gemeinerer Bezichung wurde nomen auch gebraucht
als der Schuldpojten, der in dem Hauptbuce
von einem Schuldner auf den Namen eines andern,
der die Schuld von da an übernahm (nomen fu-
cere), eingetragen wurde, transscriptio a persona
in personam. Golde Umwandlung der bisher
bejtandenen Obligation in eine neue hieß nova-
tio. Bonum nomen bezeichnete einen ficheren
Gläubiger (Cie. ad fam. 5, 6), lenta nomina, non
mala (Sen. de ben. 5, 22) einen jäumigen. — In
—— Beziehung hieß nomen deferre eine
nflage erheben, nachdem der quaesitor die Er:
laubni® dazu gegeben (nomen recipere). die.
Verr. 2, 28. 38. — Bei den militärischen Aushe—
bungen war nomen dare gleich respondere,
nachdem der Name des Betreffenden aufgerufen
worden (citare).
Nomenclätor (nomenculator und numuncla-
tor) hieß der Sklave von ftarfem Gedächtnis und
roßer Perjonentenntnis, welcher jeinem Herrn
omohl bei dem Ausgehen als zu Haufe die Namen
der Bürger angeben mußte. Bei Amtsbewerbungen
war dieje Dienftleiftung jehr wichtig. Den Magi—
jtraten ftand ein nomenclator zur Seite, und
Kr im faijerlichen Haushalt fehlten ſolche Sflaven
nicht.
Nomentänus, 2. Caſſius, ein berüchtigter
Schlemmer in Rom zur Zeit des Horaz (Hor.
sat. 1, 8, 11. 2, 3, 226 ff.), dem Salluft feinen
Kod um eine große Geldſumme abgefauft haben
foll. — Ein anderer N. wird von Horaz in den
Satiren (2, 8, 23. 60) gerühmt und der Beite zu:
benannt.
Nomentum, Nousrror, j. Mentana, eine ur:
ſprünglich latinifche, dann aber jabiniiche Stadt,
14 Mill. norböftlih von Rom, von weldyer die
frühere via Ficulensis den Namen via Nomen-
tana erhielt; auch ein Thor Roms hieß Porta
Nomentana. Der Wein der Umgegend war jebr
gut. Liv. 1, 38. 4, 22. 32, 8, 14. Verg. A.6, 773.
7, 712. Strab, 5, 228. 238,
Nominis delatio und receptYo j. Judicium
publicum unter Prozefs, 27.
Nouopvsaxes, Name einer Behörde mit ver:
ichiedener Aufgabe in den verjchiedenen hellenischen
Staaten: 1) in Sparta und andern doriſchen
Staaten, 3. B. in Byzanz und Lofroi, Behörden,
welche über die Aufrechterhaltung der Geſetze, be:
fonders in den beratenden Berfjammlungen, wach—
ten und den Einzelnen zur Beobachtung derfelben
anzuhalten hatten. — 2) in Athen eine Behörde,
aus 7 Männern beftehend, zur Zeit des Ephial:
tes eingejeßt. ALS diejer dem Areopag das Über:
auffichtsrecht über die Staatöverwaltung nahm,
wurde den Nomophnlafes die Beauffichtigung und
Kontrolle des Rats, der Bollsverfammlung und
der Beamten zur Verhütung gejepwidriger Hand—
Später, zur Zeit des Deme:
Nöuos —
trios Phalereus, jollen die Elfmänner vouopv- |
Jansg genannt worden fein; oder Demetrios er
neuerte jene bald wieder eingegangene Auffichts-
behörde. Gute Abhandlung von Starker (1880),
— 3) in Kerkyra Beamte, vor denen von verwal:
teten Geldern Rechenſchaft abgelegt wurde, wie
jonft vor Logiften und Euthynen.
Nouos, 1) j. Gesetzgebung, I. — 2) j.
Musica, 3. — 3) eine der älteften metrifchen
Formen oder Weijen, Melodien, ein religiöjes Lied
des dorijchen Stammes, meift zu Ehren des Apol:
lon angeftimmt unter Begleitung der Flöte oder
Kithara, ohne Gegenftrophe und Wiederholung in
Einem Strome fortgehend. Ein jolcher war der
Hauptteil des muſiſchen Agon an den Pythien. —
4) Noudg, die Diftriftseinteilung Agyptens, einge:
führt angeblid von Sejoftris, der die 3. Provinzen
in 36 Nomen teilte, wobei auf Mittel-Agypten 1€,
auf Ober: und Unter-Agypten je 10 famen. Doc)
fand wohl namentlidh in der Zahl im Laufe der
Beit manche Beränderung ſtatt. Die Beamten,
welche den Diftrift verwalteten und die Abgaben
für den König erhoben, hießen Nomarden.
Nouo#£raı |. Erxinoie, 6. und Gesetz-
gebung, 1.
Nonae |. Jahr, II.
Nonäkris, Narvangıs, uralter Ort im nörd—
lichen Arkadien im NW. von Pheneos, in der Nähe
der jeßigen Dörfer Beriftera und Meſorugi, bildete
mit Kallia und Dipoina eine ſ. g. Tripolis, war
aber jchon zu Paujanias’ Zeit faſt gänzlich ver:
ſchwunden. Hdt. 6, 74. Paus. 8, 17,6. Nach ihm
nennt Ovid (met. 2, 409) die Arfadierin Kallifto
virgo Nonacrina, die Atalanta (met. 8, 426) No-
nacria, den Evander (fast. 5, 97) Nonacrius heros,
Nonii, ein plebejiiches Geſchlecht, deflen her-
vorragendfte Mitglieder folgende find: 1) W. Wo:
nius, im Jahre 101 v. C. Volkstribun, wurde
in demjelben Jahre auf Antrieb des Saturninus
ermordet. Plut. Mar. 29. — 2) eine Neffe Sullas,
fiel bei der Bewerbung um ein Amt wegen der
Abneigung des Volfes gegen Sulla durd, im
Jahre 87 v. E. Plut. Sull. 10. — 3) Non. Su:
fenas, im J. 56 v. C. Volkstribun, gehörte zur
Partei des Pompejus, welchem er zur Erlangung
des Konjulats behülflich war. Wegen der bei diejer
Beranlafjung vorgefommenen Störung der Kon:
jularcomitien wurde er jpäter vor Gericht gejtellt,
aber durch den Einfluß des Pompejus ſamt dem
auch dabei beteiligten Cato freigeiprochen. Cie. ad
Att. 4, 15, 4. Plut. Cat. min. 41. — 4) Non.
Aiprenas, diente ald Legat unter Cäſar in
Afrika und Hifpanien. Caes. b. Hisp. 10.— 5) Non.
Ajprenas, ein Freund des Auguſtus, wurde ber
Vergiftung angellagt (Suwet. Oct. 56), indes freige:
jprochen. Er war mit einer Schweiter des be:
fannten Duinctilius Barus vermählt. — Sein
Adoptivbruder war 6) Sext. Nonius, Konful
unter Auguftus im Jahre 8 n. E. — Des Aſpre—
nas Sohn war 7) C. Non. Aſprenas, welcher
unter jeinem Oheim an der Schlacht im Teuto—
burger Walde teil nahm, glüdlid entfam und
jpäter (14 n. E.) Afrika verwaltete. Tac. ann. 1,53.
— 5) Nonius Marcellus, römijcher Gramma-
tifer, ſ. Grammatiker, 7 g. €.
Nonnos j. Epos, 6.
Nöra, 1) 7) Noge, jehr alte Stadt Sardiniens,
von eingewanderten berern gegründet, an ber
829
Weſtſeite des Caralitanischen Buſens; an der Stelle
des j. ©. Effiſio. Paus. 10, 17, 5.— 2)r& Nüga,
ipäter Nngoaooos, Bergſchloß Kappadofiens am
Fuß des Tauros, in welchem Mntigonos einen
ganzen Winter hindurch den Eumenes vergebens
belagerte. Plut. Eum. 10 ff. Nep. Eum. 5. Strab.
12, 537.
Norba, Nooße, Stadt in Yatium am Abhange
der Boljferberge, zwijchen Sulmo und Cora, von
jehr jejter Lage (Liv. 2, 34), weshalb die fartha-
giichen Geijeln hier aufbewahrt wurden. Liv.
32, 34. Im ſullaniſchen Bürgerfriege wurde N.
zerftört. App. b. c. 1, 94. Bon ihren polygonen
Mauern und Tempeln finden jich noch Refte bei
dem Dorfe Norma.
Norbäni (vielleicht ijt Vibius ihr Gentilname),
ein altes Gejchlecht aus Latium. Dazu gehören:
1) C. Norb. Bulbus, im Jahre 95 v. E. Bolfs:
tribun, klagte den von den Gimbern im Jahre 105
geichlagenen Servilius Cäpio an, der mancherlei
Ungerechtigfeiten jich jchuldig gemacht hatte, und
bewirkte deſſen Verurteilung. N. verfuhr aber
bei jeiner Anflage jehr gewaltthätig (Cie. de or.
2, 28, 124) und wurde deshalb nach Ablauf jeines
Tribunats von P. Sulpicius Rufus angeklagt,
jedoch infolge der trefflichen Verteidigung des Red—
ners Antonius völlig freigejproden. Cie. de or.
2, 49, 200 ff. Im J. 88 war er Prätor auf Si—
eilien und verteidigte die Inſel gegen die Angriffe
der italiichen Bundesgenojjen. Im Jahre 83 wurde
er Konjul. Während der jullanijchen Unruhen
wurde er von Sulla bei Capua (Plut. Sull, 27),
ebenfo im Jahre 82 von Marcellus gejchlagen;
nach der Niederlage jeiner Partei floh er nad)
Rhodos, wo er jich jelbft tötete. App. b. c. 1, 91.
— 2) €. Norb. Flaccus, war unter Antonius
und Octavian im Jahre 42 v. E. Yegat, kämpfte
mit ihnen gegen die republifaniiche Partei, erhielt
im Jahre 38 das Konſulat und führte im Jahre
34 gegen die aufrührerijchen Hilpanier einen glüd:
lien Krieg. Dio Guss. 49, 22. — 3) X. Appius
Norb. Marimus, verwaltete unter Domitian die
Provinz Bithynien (Plin. et Trai. ep. 58), nahm
an der Verſchwörung gegen das Leben des Kaijers
teil, zeichnete jich im Feldzuge des Trajan gegen
Decebalus (j. d.) aus und fiel im Striege gegen
die Parther. Dio Cass. 67, 11. 68, 9. 30.
Noreia, Nogrjie, alte Hauptjtadt der Tauriifer
in Noricum, von der wohl die ganze Provinz
ihren Namen hatte. Sie lag mitten im Lande
am Flug Murius und ift bejonders befannt durch
die Niederlage der Römer unter Bapirius Garbo
durch die Eimbern (im Jahre 113 v. E.), ſowie
durch die vergeblihe Belagerung der Bojer zu
Cäjars Zeiten (Caes. b. g. 1, 5); j. Neumarkt ın
Steiermarf.
Noricum, rö Nwgıxor, Noricus ager (Taec.
ann. 2, 63. hist. 1, 11. 70. Caes. b. g. 1, 5),
römijches Süddonauland, wahrſcheinlich benannt
von der Stadt Noreja, grenzte im W. an Rätien
und Bindelicien (Unusfluß), im Norden au Ger:
manien (Danupius), im D. an PBannonien (Mons
Cetius), im S. an Bannonien und Stalien (Sa:
vusfluß, Carnifche Alpen) — aljo das Heutige
Ober: und Niederöfterreich, der größte Teil von
Steiermart, Kärnten, rain, das bayriiche Jun—
viertel, Pufterthal, Pinzgau, Salzburg. Faſt das
ganze Land ift gebirgig: die Alpes Noricae durd):
Noricum.
830
ziehen dasjelbe, und im NO. fiegt der Mons Ce-
tius (j. Rahlenberg und Wienerwald), im ©. die
Carniſchen und Benetijchen Alpen, jowie der M.
Ocra (j. Birnbaumer Wald), Das Land hatte
feinen Reichtum weniger in fruchtbaren Gefilden
als in dem Metallreichtum feiner Berge; norifches
Eijen und norifcher Stahl waren —* und
wurden beſonders in der großen Waffenfabrik zu
Lauriacum verarbeitet. Nächſtdem waren Viehzucht
und Gewinnung des Salzes Quellen für den
Erwerb der Bewohner. Der Name des keltiſchen
Volksſtammes war Tauriſci, d. i. Bergbewohner
(Tauern heißen noch jetzt die noriſchen Berghöhen);
erſt die Nömer brachten von der Hauptſtadt Noreja
den Namen Norici auf. Zu — kamen ſpäter
die Bojer, welche aber zu der Zeit, als die
Römer das Land eroberten, von den Geten ſchon
vernichtet waren. Als einzelne Stämme werden
genannt: die Sevaces zwiſchen Inn und Donau,
die Halauni im Salzburgſchen, die Ambidravi an
der Drau. — In Noricum bejtand lange Zeit jelb:
ftändige Königsherrichaft (Cues. b. e. 1, 18), mit
Rom fand Handelsverbindung bejonders über
Aquileja ftatt. Nachdem Tiberius und Drufus
aber Rätien unterworfen hatten, fam im Jahre
15 dv. C. die Reihe auch an Noricum, welches
übrigens länger als 100 Jahre nicht als eigent:
liche Provinz, jondern als Krongut des Katjers
verwaltet und erjt unter Marc Aurel (161—180
n. €.) faiferlihe Provinz wurde und durch 3
Donauflotten, Beſatzungen und zahlreiche Kolonien
gefichert wurde. Unter den Städten find zu nennen
an der längs des Danuvius von Augufta Binde:
licorum nach Bindobona führenden Strafe: Jovia—
cum, Ovilava (j. Wels), Yauriacum (j Ruinen
Lord), Arlape, Namare, die Feitung Cetium.
Weiter jüdlih: Bedajum und Juvavum (j. Salz:
burg), endlid die Hauptitadt Noreja (j. Neu:
markt), Teurnia (bei St. Peter im Holz) und
Virunum (bei Maria-Saal nördlich von Klagen:
furt), die bedeutendite Stadt des gejamten öftlichen
Alpenlandes, von der anjehnlide Ruinen erhal:
ten find.
Nortia, etruffiihe Schidjalsgöttin, die den
Hauptſitz ihrer Verehrung in Volfinii hatte, wo
in ihrem Tempel calendarifche Nägel eingeichlagen | 3. B
wurden. Liv. 7,3. Juv. 10, 74.
Nossis, Noosis, eine Dichterin aus dem ita-
tischen Lofris um 320—300 vd, E., in den Kanon
der 9 lyriſchen Dichterinnen (der 9 Mufen) aufge:
nommen. Wir beißen von ihr 12 Epigramme.
Nooror |. Epos, 4.
Nota censoria j. Censor.
Notae, onueie, Abkürzungen, deren fich die
Griechen und Römer beim Schreiben bedienten.
Die griehifchen Abbreviaturen find nur aus
Inſchriften und einigen Papyrosrollen bekannt,
und jie verdanken, abgejehen vom ftenographijchen
Zwecke, teils wirflihem Bedürfnifie, teils zufäl:
ligen äußerlichen Umftänden und in ihrer verjchie-
denartigen Form der Berjchiedenheit und Laune
des Geſchmacks ihre Entitehung. Auf wirflichem
Bedürfniffe beruhten ohne Zweifel die Zahl:
zeichen. Die älteften Zahlen waren die ſoge—
nannten numeri decadiei. / bedeutet die Einheit,
aljo IT 2, IIT 3, IIII 4; ferner wurden die
Anfangsbuchitaben der Zahlwörter mevre, Öfxe,
Erarov (nad) der alten Schreibart HKATON),
Nortia — Notae.
zlhe, urgee für diefe Zahlen gebraucht, alfo IT
oder M 5, J 10, H 100, X 1000, M 10000,
Zu II wurden fo viele Einheiten geſetzt, als in
der Zählung bis 10 erfordert wurden, III = 6,
Mt = 7, NM = 8, IMIIII = 9. Die
übrigen Zeichen wurden jo oft gejeßt, als die
Summe es erforderte: JJ = %, 444 = 380,
HH = 200, XX = 2000. Stieg aber die Zahl
auf 50, 500, 5000, jo wurden die Bahlzeichen von
10, 100, 1000 in ein IT gejegt, alſo P 50, r
oder RM 500, P 5000. Durch zwei—-, drei:, vier:
malige Zuſetzung der Zeichen I, 4, H, X konnten
die Hahien und Summen aller beliebigen Gegen:
ftände ausgedrüdt werden. Sehr gewöhnlich wur:
den diefe numeri decadiei zu Geldberechnungen
auf Inſchriften gebraucht. Auf den attiichen ift
die De a Nechnung die nad Drachmen,
und dieje find immer unter den einfachen Zeichen
II, 4, X, M und den aus ihnen zujammengejeß:
ten zu veritehen; / dagegen bezeichnet nicht die
Dradime als Einheit, ac en Obolos, für
die Drachme diente das Zeichen F. Ein Talent
wurde durch 7 bezeichnet, Summen von 2—4
Talenten wurden durch mehrmalige Wiederholung
diejes Zeichens ausgedrüdt, TT = 2 Tal. u. ſ. w.;
bei größeren wird das T mit den Bahlzeichen
IT, 4, H monogrammatifch verbunden. — Neben
diejen Zahlzeihen wurden aud) die 24 Buchſtaben
des Alphabets gebraucht. Dieſes Syſtem war na:
türlich nur für Heine Zahlen oder ein aus 24
Teilen beftehendes Ganzes zu gebrauchen, wie die
Ilias und Odyſſee, deren Gejänge darnach von
den alerandriniichen Grammatifern bezeichnet wur:
den. Man erfand daher ein anderes, mwodurd
man jede beliebige Zahl leicht ausdrüden konnte.
Man reihte das alte Digamma zur Bezeichnung
der Zahl 6, das Koppa % für die Zahl 9u und .
das jogenannte Zdum & ald 900 ein. Das
legtere findet fich jedody nur auf PBapprosrollen.
Nun zählte man Abi8 /=1 — 10 und von da
immer von 10 zu 10 fortjchreitend X — P= 20
—100, während die Einer wieder durch den 2
ja aus der Reihe A — © gebildet wurden. Die
Zaujende begannen wieder mit A und wurden
durch einen Stridy zur Linken des Buchitabens,
. B. B — 2000, von den einfachen Zahlen
unterjchieden. — Die übrigen Abbreviaturen laffen
fih auf folgende 4 Punkte zurüdführen: 1) auf
eigentliche Abkürzungen, indem Worte um mehr
oder weniger Buchitaben abgekürzt wurden, wobei
das Maß der Abkürzung ag beliebig war, 5.8.
Go, dog, Goyov, doyovr, für exovrog; — 2) auf
Ligaturen, bejonders häufig bei Buchftaben von
quadrater form, wo der Endftridy des einen zu:
gleich den Anfangsftrich des andern bildet; & B.
laſſen ſich in dem Worte MNHMH alle 5 Buch—
ſtaben verbinden: VAHYH; — 3) auf monogram—
matijche Verknüpfung einzelner Silben, indem
dieje nicht nebeneinander ftehen, jondern entweder
übereinander gejegt oder ineinander verichlumgen
werden, am häufigiten bei Buchftaben von runder
Form; — 4) eigentliche Monogramme, Verſchlin—
gungen mehrerer Buchjtaben eines Wortes als *
chen für das Wort. — Bei den Römern laſſen
ſich 4 verichiedene Arten des Schreibens neben der
ewöhnlichen Buchftabenjchrift annehmen: 1) Buch:
tabenjchrift mit unveränderten oder nur wenig
veränderten Schriftzügen, jedod; mit Abkürzungen;
Notarius — Novus homo.
2) Buchſtabenſchrift mit unveränderten Schrift:
giaen, aber mit Veränderung der Bedeutung der
uchjtaben (Geheimſchrift); 3) Buchftabenjchrift mit
ganz veränderten Schriftzügen und Abkürzungen
(notae Tironianae, ſ. Tullii, 12.); 4) ſymbo—
liſche Zeichenschrift. Als Abkürzungen ftehen ftatt
des vollftändig gejchriebenen Wortes ein oder auch
* und drei Anfangsbuchſtaben, z. B. M. ſtatt
areus, Ti. ſtatt Tiberius, Cos. ſtatt consul. Die
Wiederholung desfelben Buchftaben bezeichnet bald
den Plural, coss. — consules, oder bei einzelnen
Buchftaben eine jo große Zahl der bezeichneten
Berjonen, als der Buchftabe wiederholt if, MMM —
Marci tres. Die gewöhnlichften Abkürzungen bei
den Römern find 1) die der Vornamen, 2) der
Heimat, 3) der Abftammung, 4) der Beitbejtim-
ig 5) der bürgerlichen und militärischen Amter
und Würden, und 6) einige Abkürzungen in Brie-
fen. Eine Geheimichrift (notae) gebrauchte jchon
Eicero in feinen vertrauten Briefen an Atticus,
ebenfo Cäſar und Auguftus. Die notae Tironia-
nae waren ftenographiiche Zeichen zum jchnellen
Niederichreiben des Geſprochenen. Dieje Kunft des
Schnellichreibens fam von den Griechen zu den
Römern, doch bildete fie fich jelbitändig aus.
Stenographen (rayvypayor, notarii) werden in
Rom bejonders feit Auguftus’ Zeit erwähnt; die
Kunft jelbjt war jchon früher vorhanden. — Die
alerandrinijchen Grammatifer bedienten fich aud)
fritiicher Beichen, von denen hier nur erwähnt
werden mögen: 1) ößekög, eine wagerechte Linie
—, um die Stelle eines Schriftwerts als unecht
zu bezeichnen, der d. regıeoriyucvog — bezeichnete
unnötige oder überflüffige Stellen; 2) &«orsoloxug
> zur Bezeichnung beionders jchöner Stellen.
Afteriffos und Obelos zuſammengeſetzt bezeichneten
ichöne, aber nicht am rechten Orte befindliche Worte.
— Bgl. Anleitung zur griechiichen, desgl. zur rö-
mijchen Paläographie von W. Wattenbacdh.
Notarius, ein Tachy- oder Stenograph, dem
Sflavenftand oder dem der Freigelaſſenen ange:
hörig. Zuletzt führten diefen Namen nur die faijer:
lichen Geheimfchreiber, welche angejehene Perſonen
waren, und Gonftantin begründete eine geheime
Reichsfanzlei von Notaren, welche bei den mich:
tigften Staatsangelegenheiten protofollierten. Die
Stelle der früheren netarii verjahen nun j. g. ex-
ceptores,
No Sot, vöseıa j. Ehe, 2.
Notion, Norior, 1) eine der 12 Heinen aioli-
ichen Städte. Hat. 1, 149. — 2) Stadt in Xonien,
an einem gleichnamigen Borgebirge, Hafen von
Kolophon, durch Schutzmauern mit demjelben ver:
bunden. Thuc. 3, 34. Xen, Hell. 1, 2,4. Liv.
37, 26.
Notitia dignitätum heißt das ung erhaltene,
am Ende des 4. Jahrhunderts n. E. verfaßte „by:
zantinifche Staatshandbuch“, ein offizielles Ber:
zeichnis der Hof-, Eivil: und Militärämter des
römischen Reiches, von Wichtigkeit für die Stati-
ftit des jpäteren römischen Neiches. Ausgg. von
Böding (1839 ff.) mit Inder(1853), don Seed (1876).
Nötos j. Winde, 2.
Novaria, Novagie, Stadt im transpadaniſchen
Gallien im Gebiete der zu den Anjubrern gehö—
rigen Bertacomagori; jpäter fejtes römifches Mu:
nicipium, deſſen Wein gerühmt wird; j. Novara.
Tac. hist, 1, 70. Flin. 17, 23, 35.
831
Novatio, Umtwandlung einer bisher beftandenen
Obligation in eine neue, auf einen andern Namen
lautende; j. Nomen, a. €.
November j. Jahr, II.
Novendiäle sacrum, 1) ein neuntägiges Feſt,
vom römischen Staate gefeiert, wenn ein Prodi—
gium, bejonders Steinregen, angezeigt worden war.
Liv. 1, 31. 21, 62 u. ö, — 2) ein Privatopfer,
dad man am neunten Tage nad der Beijekung
einer Leiche brachte, in sep mit einem
Schmaufe, coena novendialis oder feralis.
NovensTles oder Novensides dij, eine Klaſſe
von römijchen Göttern, über deren Bedeutung die
Alten jelbit jchon im Dunkeln waren. Bei ihren
Erflärungsverjuchen gehen fie auf novus oder auf
novem zurüd. Manche halten jie für 9 Götter
der Sabiner, andere für die 9 blißjendenden Götter
der Etruffer, andere, und dies jcheint die richtige
Erflärung zu jein, für die fremden, von den Rö—
mern aufgenommenen neuen Gottheiten, nament-
lih für die dem römischen Staate zugebradhten
jabinischen Götter. Bei Livius (8, 9) in der dem
Decins dorgeiprochenen Formel der Todesweihe
werden die dir Novensiles unmittelbar vor den
dii Indigetes genannt, die jenen „neuſäßigen“
Göttern gegenüber die einheimijchen find.
Novesium (Novaesium), fejter Platz der bier
im belgiſchen Gallien (Tac. hist. 4, 26. 35. 57. 62.
5, 22), an der Straße von Colonia Agrippinenfis
nad Betera, dejien Befeftigungen noch 359 ı. C.
von Kaiſer Julian wiederhergeftellt wurden; j.
Neuß im preußifchen Regierungsbezirt Düſſeldorf.
Novii, ein altes italijches Geſchlecht. Zu nen:
nen find: 1) Novius Galavius, einer der Ber:
ſchworenen, welche im Jahre 314 v. E. Capua von
Nom loszumachen juchten, tötete ſich wahrichein:
fih jelbft, um der Verurteilung zu entgehen.
Liv. 9, 26. — ?2) häufig mit Nävius verwechielt,
um 90 v. E., Berfajjer zahlreicher Atellanen (j.
Atellanae fabulae), die gleich denen des Pom—
ponius reich an Boten waren. Einige 40 Titel
werden uns genannt; von den meijten find Bruch:
ftüde vorhanden (am beiten bei Ribbed, com.
Rom. fragm, p. 254 ff.). — 3) 2 Brüder, welche
als Wucherer berüchtigt waren. Hor. sat. 1, 6, 121.
— 4) Nov. Prijeus, ein Freund des älteren
Seneca, wurde im Jahre 65 n. E. von Nero zur
Verbannung verurteilt. Tac. ann. 15, 71.
Noviodünum, Nooviodovror, feltiicher Städte:
name, benannt von der Lage auf einem Hügel
(Dun), 1) Stadt der Bituriges Cubi in Aquita—
nien, öſtlich von ihrer Hauptitabt ‚Avaricum (Caes.
b. g. 7, 12). — 2) Stadt der Mduer am Liger
(da. 7, 55), j. Nevers. — 3) Stadt der Sueſſio—
nen in Belgica (daf. 2. 12), jpäter Augufta Suej:
fionum genannt, jetzt Soiſſons an der Aisne.
Noviomägus, Noviöueyos, Name feltifcher in
der Ebene (Magh) gelegener Städte: 1) Stadt der
Bituriged Viviſci in Aquitanien, j. Caftelnau de
Medoc. — 2) Stadt der Leuci in Belgica zwi—
ihen Matrona und Mojella, j. Neufchatenu an
der Meufe. — 3) Hanptjtadt der Nemetes in Bel:
gica, an der Strafe von Argentoratum nach Mo-
guntiacum, j. Speier.
Novus homo, der erfte aus einer plebejijchen
Familie, welcher feiner Familie die Nobilität ver:
ichaffte, indem er ein curuliiches Amt befleidete.
Er war jelbft nicht eigentlich nobilis, da er noch
832
feine imagines (ſ. d.) aufzuweiſen hatte (princeps
nobilitatis), fondern erſt jeine Nachkommen.
Nox j. Nyx.
Noxa (von nocere) hie der Schaden, ben man
andern zufügt (daher auch Bergehen), oder den
man dafür erleidet, alſo Strafe und Genugthuung, | Buente de
endlich auch das, was Schaden zufügt (corpus
quod nocuit). Eine Klage auf Erjegung bes er:
littenen Schadens h. actıo noxalis. Deren exi—
ftierten viele, 3. B. eine durch die lex Aquillia
begründete (j. Damnum).
Nuceria, Norzsgie, 1) Stadt im füdl. Cam:
panien mit dem Beinamen Alfaterna (Liv. 9, 41)
am Sarnus und an der Appiichen Strafe. Im
Sammiterkriege zerftört (Liv. 7, 3), wurde fie jpäter
wiederhergejtellt und nahm an Bedeutung zu; j.
Nocera. Pompeji war ıhr Hafenort (Tac. ann.
13, 31). — 2) Stadt Umbriens an der Flaminiſchen
Strafe; j. Nocera. — 3) Stadt in Apulien, rich:
tiger Luceria (j. d.).
Nuithönes, eine nur von Tacitus (Germ. 40)
genannte germanijche Bölferjchaft, ſüdweſtlich von
den Sarones, nördlich von den Langobarden, am
rechten Ufer des Albis, welche bald nach Med:
lenburg, bald nach Holitein und Schleswig ver:
ſetzt wird.
Numa Pompilins, cin Sabiner aus Cures,
der zweite König der Römer (715—672 v. E.),
ausgezeichnet durch Weisheit, Frömmigkeit und
Gerechtigkeit. Vielleicht deutet, nach alten Erklä—
rern, darauf fein Name bin, den man von vouog
ableitete, aljo „der Geſetzesmann, Ordner“. Seine
Geſchichte wurde ſchon frühzeitig ſagenhaft ausge-
ſchmückt. Von ihm rührte die Einrichtung gottes:
dienftlicher Gebräuche, die Erbauung von Tempeln,
die Errichtung der wichtigſten WPrieiterfollegien
ber, wenn auch die Batrıcıer, denen Numa im
Gegenſatze zu dem plebejiichen Servius angehörte,
dadurch, daß fie den Numa als Urheber nannten,
wohl dieſen religiöjen Anſtalten ein bejonderes
Anfehen verichaffen wollten. Bon den Xatinern
entnahm er die Beltalinnen, von den Sabinern
die Salier, Fetialen und Augurn. Der Sage ge:
hört wohl ganz die Erzählung von dem pontifi:
ciſchen Schriften Numas an, welde man im
Jahre 181 v. E. bei Mufgrabung des Sarges, in
welchen Numas Leiche lag, in demjelben gefunden
haben wollte. Im allgemeinen jchrieb man ihm
alles zu, was auf den religidjen Kultus fich bezog,
vgl. Liv40, 29. Sagenbaft ift ferner jein Um:
gang mit der Camene Egeria, von der er Nat:
ichläge empfangen haben foll, jehr zweifelhaft die
Behauptung, er jei Nenner pythagoreijcher Lehre
geweien, da Numa und Pythagoras der Zeit nadı
nicht zujammenfallen. Er erjcheint, indem er den
Kultus einrichtete und förderte, zugleich als Ver:
breiter größerer Bildung unter dem damals noch
rohen Römervolke, alſo ald Mann des Friedens,
im Gegenjaße zu feinem Nachfolger, dem tür:
milchen, wilden Tullus Hoftilius. Liv. 1, 17.
Plut. Numa. Dion. Hal. 2, 575. Bgl. Reter,
Geich. Roms I ©. 24 ff. der 3. Aufl.
Numantia, Novuartia, die berühmteite Stadt
in ganz Geltiberien (im Gebiete der Belendones
im tarraconen). Hilpanien), auf hohem, faſt un:
zugänglicdiem Felſen gebaut, am oberen Lanfe des
Durius, jo feſt durch ihre Lage, daß jie bei einem
Umfange von 24 Stadien keiner Mauern bedurfte.
Nox — Numicius.
Die Beichreibung ihrer denfwürdigen 15monat:
lihen Belagerung und Eroberung durch Scipio
im Jahre 133 dv. C. findet ſich bei Appian (db. Hisp.
6, 48—98). Cic. off. 1, 11. Strab. 3, 162. 6, 287.
Zu ihr gehören wahriheinlih die Ruinen bei
on Guarray unweit Soria.
Numatiänus j. Namatianus,
Numenios, Novurjwıog, 1) ein Philojoph der
neuplatoniſchen Schule aus Apameia in Syrien,
um 150 n. C. Plotinos hat jeine Schriften jehr
geihägt und benutzt. Seine Lebensverhältnifie
jind nicht weiter befannt: mehrere intereflante
Bruchſtücke hat Eujebios aufbewahrt, fie beziehen
ſich auf Platon und jeine Lehren. — 2) Ale:
rander Num, fol ein Zeitgenofje des vorigen
und Berfafjer einer Schrift weei rür rijg dıevoias
synucrwow gewejen fein. — 3) ein Schüler des
Arztes Dieuches aus Herakleia, jchrieb über die
Fiſche (Alısvrixög); vielleiht hat er auch Pn-
grand verfaßt. — 4 ein Feldherr Antiochos’ des
Gr. ſchlug um 220 v. E. die Perſer in einem Land—
und Geetrefien. — 5) ein Bejandter der Ptole-
maier Philometor und Phyilon an die Römer,
167 v. C. Pol. 30, 11. — 6) 2 Sikuler, die
als Zeugen gegen Berres auftraten. Cic. Verr.
3, 23, 67. 4, 51, 118.
Numerarii, jubalterne Nechnungsbeamte der
ipäteren NKaijerzeit, namentlich bei dem Steuer:
wejen angeitellt
Numeriänus, M. Aurelius, jüngerer Bruder
des Carinus und Sohn des Maijers Carus, der
beide Söhne nach jeiner Thronbefteigung (2852 n. €.)
zu Ditregenten ernannte, Fopisc. Car, 7. Aur.
Vict. Caes. 38. ep. 38. Eutr. 9, 18. Oros. 7, 24.
Zonar. 12, 30. Noch im J. 282 begleitete er
feinen Vater auf einem Feldzuge nah Beriien,
nahm (283), als dieler das Opfer einer Militär:
verichwörung geworden (Vopise. Car. 8), den
Auguftustitel an und führte das Heer zurüd,
wurde aber durch jeinen eigenen Schwiegervater,
den Bardepräfeften Arrius Aper, hierbei ermordet.
Vopise. Numer. 12. Gleichzeitige Schriftiteller
rühmen jeinen Charalter.
Numerii, ein im älteren Italien weitverbrei—
teter Name: 1) Num. Decimius, fümpfte an
der Spitze einer jamnitiichen Schar unter Fabius
gegen Hannibal. Liv. 22,24. — 2) ein Freund
des Älteren Marius, war demielben zur Flucht
behülflih. Plut. Mar. 35. — 3) DO. Num. Rufus,
Boltstribun im Jahre 57 v. E., eiferte gegen
die YZurüdberufung Giceros aus der Verbannung,
wurde aber jpäter von denen, welde ihn dazu
gedrängt hatten, im Stich gelaflen und kam jogar
in große Gefahr. Cicero rächte jih an ihm durch
Spott in der Rede für Seſtius (33, 72. 38, 82).
— 4) Num. Atticus, römijcher Senator, ſchwur,
wie einjt Julius Proculus nach Romulus’ Tode,
er habe den Augujtus gen Himmel fteigen jehen.
Suet. Vct. 100.
_ Numicii, 1) 7. Num. Priſcus, kämpfte als
Konful des Jahres 469 v. C. mit Auszeichnung
gegen die Boljfer. Liv. 2, 63, — 2) Tı. Num.,
ım Jahre 321 v. E. Bollstribun, wurde mit an:
dern, welche den caudinischen Frieden bejchworen
hatten, an die Sammiter ausgeliefert. re. off.
3, 30, 109,
Numicius oder Numicus, Meiner Küjtenfluß
Latiums, der bei Ardea mündete, und an welchem
Numidia — Nundinae.
fih das Heiligtum (Hain oder Tempel) eines ein:
heimijchen Gottes (oder des vergötterten Aineias,
der in oder nad) einer Schlaht in ihm den Tod
gefunden haben jollte) befand; j. Numico oder Rio
torto. Liv.1,2. Verg. A.7, 150. 242.797. Tibull.
2,5,43. Dion. Hal. 1, 64.
Numidia, Novudia, Nouadia, das heutige
Algier, grenzte im Dften an das Gebiet von
Karthago oder die römische Provinz Africa, bis
zum Fluß Tujfa, gegen S. an Gätulien und das
innere Libyen, gegen W. an Mauretanien (bis
zum Fluß Ampjaga; früher bildete der Mulucha
die Grenze), gegen N. an das Mittelländijche Meer.
Das meiſt jehr fruchtbare Yand wurde von den
Ausläufern des Atlas durchzogen, unter denen zu
merfen der Thambas im 5 (j. Djebel Edough,
nördlich von Bona), Auraſios (j. Djebel Aures)
im SW. Unter den Vorgebirgen ſind die bedeu—
tendſten Tretum, j. Sebba Rus, I/nrov äxoe,
Proimunturium Hippi, j. Gap de Garda oder Nas
el Hamrah. Flüffe: im O. der Grengnub Tuſca,
der Armoniacus (j. Mafragg), Rubricatus
(ji. Sebüs), Muthul (j. Wad Melleg), Nebenfluß
des Bagradas (j. Medicherda), Ampjaga (ij.
Wad el Kibbir), Grenzfluß im W. Das Land
brachte Getreide, bejonders Weizen, Wein, Süd:
früchte, treffliche Pferde, Schafe, Ziegen, Elefanten,
Löwen und andere wilde Tiere hervor und war
reih an Metallen und Steinarten; der Reichtum
an Weidepläpen erflärt das unſtete Herumziehen
der Bewohner und die jpäte Entjtehung von
Städten. — Das Volk der Numider (den Agyptern
ftammverwandt, zu dem nordafrifan. Zweig gehö-
rig) zerfiel in die Hauptftämme der Maſſylii,
öftlih vom Ampſaga im eigentlichen Numidien,
und der Maſſäſylii, wejtlich von dieſem Fluſſe
in dem jpäter zu Mauretanien gejchlagenen Teile
des Yandes. Die Numider zeichneten fich im Kriege
bejonders als Weiter aus; durch Julius Cäſar
wurde ihr Land 46 dv. E. römiiche Provinz. Von
Städten find bemerkenswert an der Küſte: Tabrafa
am Tufca (j. Tabraca), Hippo Negius (j. Hip-
pon, 1.), Ruſicada (j. Stora oder Bhilippeville),
Collu (noch j. Eollo) mit großen Purpurfärbe-
reien. Im Innern: Bulla Regia, Calama,
nad einigen das Suthul des Salluft, Eirta (ij.
Eonitantineh), auf fteilem Feljen, Lambeſa (ridy:
tiger Lambaeſis, j. Lambeje), von 123 v.
bis Diocletian Standlager der römiſchen Legion
(ll Augusta), Sicca Beneria (j. eff), Zama
(j. Jama), Schagfammer und gewöhnliche Refidenz
des AYuba, Schlacht zwiichen Seipio und Hannibal,
Theveſte (j. Thebejja), von Auguftus bis zur
Beit der Flavier Standquartier der römifchen Le—
gion, u.a. *
Namidius, 1) richtiger wohl UmmidiusQua:=
dratus (andere nennen ihn Tumidius oder
Binibius), verwaltete unter Tiberius Lufitanien,
unter Nero Syrien. — 2) Ein anderer Numi—
dius oder Ummidius Duadratus zeichnete
fi) durch feinen Reichtum aus. Plin. ep. 7, 24.
— Sein Sohn ift wahrjcheinlih 3) Num. (Um—
midius) QOuadratus, den Hadrian verfolgte,
gleichfalls ein Mann von unermeßlichem Reich:
tume, ein naher Anverwandter des Marc Aurel.
Spart. Hadr. 15.
Numisti (vielleicht j. v. a. Numicii und Nu:
merii), 1) 2. Num., befehligte im 3. 340 v. E.
Reallegiton bes Hafj. Altertums. 7. Aufl.
E.| jagt man nuncupare vota, d. h
333
die Boljfer und Latiner im Kampfe gegen Rom,
fämpfte aber unglüdlich und erlitt eine Niederlage
bei Trifanum. Liv. 8, 3. 11. — 2) Num. Lu:
pus, kämpfte unter Nero und Galba in Möften
und jchlug fich in den bald nachher ausbredhenden
Bürgerkriegen auf Seite des Otho und Veſpaſian.
Tac. hist. 1, 79. 3, 10. — 3) Num. Rufus,
römijcher Legat am Rhein, kämpfte gegen Claus
dius Givilis und wurde jpäter bei einem Aufftande
in Gallien von den Empörern gefangen genommen
und getötet. Tac. hist. 4, 59. 70.
Numitor, Nourroo, Sohn des Procas, König
von Alba, von jeinem jüngeren Bruder Amulius
der Herrichaft beraubt, aber von feinen Enteln,
Romulus und Remus, wieder eingejept. Liv.
1, 3. 5. 6. Plut. Rom. 3. 7 ff. Dion. Hal. 1, 71.
76. 78 ff.
Numitorii, ein au& Etrurien jtammendes Ge:
——— 1) P. Num., Bruder der Numitoria, der
utter der von Appius Claudius verfolgten Vir—
ginia, wurde nach dem Sturze der Decemvirn
zum Bolfstribunen erwählt, im J. 449 v. E. Lir.
3, 45. 54. — 2) DO. Num. Pullus, aus Fre:
gellä, überlieferte verräterifcherweife feine Ge:
burtsftadt den Römern, im J. 125 dv. E. Cie. fin.
5, 22, 62. ine. 2, 34, 105. — 3) C. Num, von
Cicero ald Zeuge gegen Verres genannt (Verr.
5,63).
Nummus j. Münzen,
Numonfi, 1) Numonius Bala, befannt aus
Horaz (ep. 1, 15), der ihn nach der Yage und
dem Klima von Belia und Salernum befragt. —
2) Numonius VBala, kämpfte unter Oninctilius
Varus gegen die Germanen, ergriff mit der Rei:
terei während der Schlacht die Flucht und fand
auf derjelben feinen Tod. Well. Pat. 2, 119.
Numpidius Sabinus ſ. Nymphidius Sa-
binus,
Nuncupatio (von nomen capere), eine vor
Zeugen gegebene mündliche Erklärung, ein Akt,
der bei Mancipationen jehr oft vorfam und Die
näheren Beftimmungen des Gejchäfts enthielt,
nämlich 1) bei nexum (j. d.), 2) bei Eigentums:
übertragung mit Mancipatio, 3) bei Mancipations:
teftamenten und jpäter bei allen mündlichen Tejta-
menten. — Das in der nuncupatio Verſprochene
mußte ftreng gehalten werden. — Sakralrechtlich
. die vota laut
und öffentlich ausjprechen, z. B. bei Einweihung
eines Tempels, bei der Abreije der höheren Ma:
giftrate u. ſ. w.
Nundinae (aus novem dies) hieß der neunte
Tag oder der römische Wochenabichnitt, indem 7
Werktage zwijchen 2 Nundinen lagen. Im alten
10monatlichen Jahr von 304 Tagen waren 38
Nundinen und ebenjo viele Wochen. Im 12monat=
fihen Jahr wurden die Nundinen vermehrt und
ingen durch das ganze Jahr hindurch wie unjere
ochen. Die Nundinen waren Nuhetage von der
ländlichen Arbeit, und die Landbewohner kamen
an diejen Tagen des Kaufs und Verlaufs und
anderer Gejchäfte wegen zur Stadt. Urſprünglich
galten fie im öffentlichen Leben als dies nefastı
und feriae, weshalb Genturiatcomitien an ihnen
nicht gehalten werden fonnten, jondern nur Tri—
butcomitien. Much benußte man die Nundinen
zur Ankündigung der Comitien und der darin zu
verhandelnden Dinge. Die lex Hortensia (237
53
—
te
..
-
334
Nuntiatio — Nymphae.
v. E.) machte die Nundinen zu dies fasti, jo daf | wurde fie gehoben (Plut. Rom. 15. Catull. 61, 166)
nun an ihnen auch die rechtlichen Angelegenheiten | und trat dann auf ein ausgebreitetes Schaffell.
abgemacht werden konnten. — Unter den Ktaijern
fam nach und nad) die Ttägige Woche auf.
Nuntiatio j. ÖObnuntiatio.
Nuptiae, Hodhzeitögebräudye der Griechen, j.
Ehe, 4, Beleuchtung, 2. und YUraxakv-
zroıe,. Für die eier der Hochzeit erachtete man
den Winter im allgemeinen als die geeignetite
Beit, daher der Name des Monats Gamelion für
unjern Januar. Bei den Spartanern blieb die
alte Eitte, die Braut mit Einwilligung ihres
Vaters gewaltiam zu entführen, beitehen. Der Mann
trug fie aus dem reife ihrer Freundinnen weg
und brachte jie in das Haus einer Berwandtin,
die ald vovugeirgıe fie in Empfang nahm und
das Brautgemach herrichtete. Nach kürzerer oder
längerer Zeit des heimlichen Umgangs wurde die
Heirat Öffentlich befannt gemacht und die Hochzeit
gefeiert. — Die römiſchen Hochzeitsgebräuche
hatten mit den griechiichen viel VBerwandtes und
Gleiches, aber auch ihre Bejonderheiten. Zuvör—
derjt wurde ein für die Hochzeit glüdlicher und
günftiger Tag noch ängftlicher als bei den Griechen
ewählt.e Als unglüdlich betrachtete man den
onat Mai, die erite Hälfte des Juni, ferner alle
Stalendä, Idus und Nonä und die dies nefasti,
die Zeit der Parentalia, des mundus patens und
anderer Feſte, auf welche jedoch Witwen feine
Nückficht zu nehmen hatten. Als befonders günftig
galt aber die zweite Hälfte des Juni. Die Förm—
lichfeiten und Gebräuche waren jedoch verichieden,
je nachdem man entweder eine ftrenge Ehe, wo—
durch die Frau in die manus des Mannes über:
ging und mater familias wurde, oder eine freie
Ehe zu ſchließen beabfichtigte, wobei die Frau
bloß uxor wurde nnd in der patria potestas oder
sui juris blieb. Für dieſe Ehen waren bejondere
Geremonien nicht mwejentlih und notwendig, nur
die deductio in domum mariti mußte ftattfinden.
Dagegen war die andere Art der Ehen voll ſym—
boliſcher Gebräuche. Am Hochzeitstage jelbit legte
die Braut die toga praetexta ab und weihte jie
der Fortuna virginalis; fie trug einen aus Schaf:
wolle gefnüpften Gürtel, über das Geficht einen
Schleier (Hammeum), feuerfarben und citronen:-
geb, ‚was die Feitfarbe geweien zu jein fcheint.
er Übertritt in das Haus des Bräutigams er-
folgte teils in der Form einer Entführung, teils
in einem feierlichen Zuge, worauf fich die Aus-
drüde uxorem ducere, abgefürzt aus uxorem
domum ducere, vom Manne, und viro nubere
von der rau beziehen. Diejer Zug — je zahl:
reicher, defto glänzender, und nicht bloß von den
beiderjeitigen Verwandten und Freunden, jondern
auch vom neugierigen und müßigen Volle gebildet
— fand gewöhnlich abends ftatt. Bon radeln
begleitet und unter Flötenklang zog die Braut zu
Fuß einher mit Spindel und Spinnroden in der
Hand. 2 Knaben, deren Eltern beide nod am
Leben waren — patrimi et matrimi — und ein
Opferknabe begleiteten fie. Das Haus des Bräu-
tigamıs war fertlich befrängt und geichmüdt. Ter.
Adelyph. 5, 7, 6. Jun. 6, 51. ie Thürpfoſten
umwand fie, um ihre Keuſchheit zu bezeugen, mit
wollenen Binden, und um Bezauberungen abzu:
wenden, beftridy fie _diejelben mit Schweinefett.
Plin. 2,28. 9, 37. Über die Schwelle des Haujes
Dabei ertönte der Ruf Talassio! Liv. 1, 9. Beim
Eintritt in das Haus wurde fie gefragt, wer fie
jei; fie antwortete: ubi tu Gaius, ibi ego Gaia;
man übergab ihr die Schlüffel des Haufe. Es +
folgte das vom Bräutigam veranitaltete Feſtmahl
(coena nuptialis), von Mufit und Gejang be
gleitet; vorzüglich ertönte unter Flötenbegleitung
der Hochzeitögejang (epithalamium, hymenaeus).
Für diejes Mahl geftatteten auch die Geſetze einen
verhältnismäßig großen Aufwand. Unter die vor
dem Haufe verjammelte Jugend hatte der junge
Ehemann Nüſſe auszumwerfen. Catull. 61, 128.
Verg. E. 8, 30. Nah dem Mahle brachte eine
verheiratete Frau, gleihjam die Stellvertreterin
der Juno pronuba, die junge rau ins Schlaf:
gemach und legte fie in das mit der Toga be-
dedte Brautbett (lecto collocare), und nun erit
begab fich der Mann zu ihr ind Gemadh. Draußen
jang man nicht bloß Hymenäen, jondern auch derbe
Spottlieder. Am andern Tage gab der junge
Mann no ein Mahl, repotia genannt (Hor. sat.
2, 2, 60); die Bäfte und Verwandten bradıten dem
jungen Paare Gejchente dar, und die junge rau
errichtete ihr erjtes Opfer im neuen Haufe. Bal.
Beder-Göll, Gallus IT S. 24 ff. Roßbach, römiſche
Hochzeitö: und Ehedenkmäler (1871).
Nursia, Novgoia, Stadt im hohen Sabiner-
gebirge am obern Lauf des War, Geburtsftadt
des Sertorius (Plut. Sert. 2) und der Mutter des
Kaiſers Beipajianus (Suet. Vesp. 1); j. Norcia.
Nutrix. Die römijchen Mütter ftillten vor
alters ihre Kinder jelbit (doch vgl. Liv. 3, 44, wo
die nutrix der Virginia erwähnt wird); jpäter
wurden die Ammen jehr gewöhnlich, wenigitens
bei den Vornehmen, ja jogar griechiijhe Ammen,
überhaupt externae et barbarae nationis (Gell.
12, 1).
Nux, xagve, alle Baumfrüchte mit etwas rauber
oder harter Schale, wie Kaftanien, Mandeln,
Eicheln 2c., bejonders aber die Wallnuf, iuglans.
Sie waren ein Hauptjpielwert der Kinder, daher
nuces relinquere, das Spielen aufgeben, dem
Ernite fi zuwenden. — Vgl. auch Ovidiusa. €.
Nykteus j. Amphion.
Nyktimos j. Lykaon.
Nvuugpayayös |. Ehe, |, 4.
Nymphae, Nvugaı, d. i. die verhüllten, alio
jungfräulichen Göttinnen. Die Nymphen bilden
eine zahlreiche Klaſſe untergeordneter Gottheiten,
weldhe das lebendige Weben und Schaffen der
Kräfte der Natur in allen Kreifen derjelben als
perjönliche Weſen darftellen. Sie wohnen auf der
Erde, auf Bergen und in Haineny an Quellen,
Flüſſen und Strömen, in Thälern und Grotten,
auf Wieje und Feld; aber bisweilen fommen jie
auch hinauf auf den Olympos, um an dem allge:
meinen Götterverjammlungen —— Hom.
Il. 20,8 Wir müjjen von der Nymphenſchar im
ganzen einzelne Berjönlichkeiten ausnchmen, die
für ih bejonders ausgebildet jind und unter eigenen
Namen vorfommen, wie die Nymphe Kalypſo, die
Tochter des Atlas, Kirke, Phaethuſa und Yampetia,
die Töchter des Helios. Die Nymphen im engeren
Sinne, die Töchter des Zeus, haben bei Homer
ihre Wohnorte auf Bergen, in Hainen, Wiejen
und an Quellen (Il. 6, 420. 20,8. Od. 6, 123,
-
[57
Nymphaion — Nysa.
17, 240) und find die mwohlthätigen Geifter diejer
Orte, ohne jedod eng mit denjelben verknüpft und
mit ihrer Thätigfeit in einjeitig beichränkter Weife
an die Naturgegenftände gebunden zu jein; fie
leben frei und jelbftändig in der Natur, fie jagen
das Wild, tanzen fröhliche Reigen, weben in fühlen
Grotten, pflanzen Bäume und find auf die ver:
ichiedenfte Weile den Menschen hülfreich. Oft find
fie in der Umgebung höherer Gottheiten, wie na—
mentlid) der Jägerin Artemis. Hom. Od. 6, 105.
9, 154. 12, 318. 13, 107. In einer Stelle des
Homer (Od. 10, 350), welche übrigens jüngeren
Uriprungs ift, heißt es, daß die Nymphen aus
Quellen und Flüffen und von Hainen entjtehen,
während fie jonjt Töchter des Zeus heißen; darnad)
wäre aljo ihre Erijtenz an die Naturgegenftände
ebunden, fie entitänden und vergingen mit den
aturericheinungen, im denen fie walten. Bon
den Dryabden heißt es (Hom. hymn. in Ven. 259 ff.),
fie zählten nicht zu den Sterblichen und nicht zu
den Unjterblicen, fie lebten lange, äßen ambro-
fiihe Speife und verkehrten mit den Göttern;
„Hermes und die Silene pflegen mit ihnen der
Liebe, und es entitehen hochwipflige Bäume, die
lange ftehen, bis endlich das Todesgejhid ihnen
erjcheint, und mit ihnen der Göttinnen Seele das
Tageslicht verläßt.” — Nach den Naturgebieten,
in denen die Nymphen walten, Laffen fich verjchie:
dene Klaſſen derjelben unterjcheiden: 1) Nymphen
der Gewäſſer, zu denen aud die Nereiden,
die Nymphen des Meeres, zählen, jowie die Okea—
ninen oder Okeaniden, die Töchter des Dleanos«
ftromes. Dieje letzteren treten als die Nymphen
der Landgewäſſer auf (j. ZT. 21, 196), die als joldye
auh Najaden (Nniddeg, Nuldeg, Nuidöesg)
heißen; fie zerfallen in Flußnymphen (Ilor«e-
uniöes), die nad) den einzelnen Flüffen wieder ihre
eigenen Namen haben (Aysiwldss, "lounwides
u. ſ. w.), Quellnymphen (ÄKgnraicı, Ilmyaicı)
und Nymphen der jtehenden Gewäſſer
(Ektiovöuoı, Auuvanides, Aruvaöeg). Vermöge
der nährenden Kraft des Waſſers find fie die wohl:
thätigen Nährerinnen der Pflanzen und Früchte,
der Herden und der Menjchen (xuerorgdgpo:, v6-
war, almolınal, unklöss, xovgorgeögo:) Darum
find fie auch zu Ammen und Erzieherinnen des
Zeus und des Dionyjos, als dejjen Begleiterinnen
jte häufig in Verbindung mit Pan und Silen und
den Satyrn erjcheinen, gemacht worden. Da ferner
das Waſſer heilende und begeifternde Kraft haben
jollte, zog man auch bejonders Quellnymphen in
den Kreis der Heilgötter, lieh ihnen die Kunſt der
Beisjagung und machte fie zu Göttinnen des Ge:
janges und der Dichtkunſt. Als ſolche heißen fie
Erzieherinnen des Apollon und Mütter der Sänger
und Seher. Vom Wahnjinn ergriffene, verzüdte
Weisfager nannte man vvupöinzroı. — 2) Die
Nymphen der Berge, Orcaden (Ogsıddss,
Ogsoreiddeg, Ogodsurddss, Ureades), welche
nach den einzelnen Bergen ihre bejonderen Namen
erhalten haben, wie die Peliaden, Kithairo-
niden, die diktaiiſchen Nymphen. Bu diejen
gehörte auh Echo. Nahe jtehen ihnen — 3) die
N. der Thäler und Wälder, jene Napaien|
(Naraicı), diefe Aljeiden (Aonideg) genannt.
— 4) Die Nymphen der Bäume, Dryaden
(Sevadss), welche auch ihre Einzeinamen nad
den verjchiedenen Arten der Bäume erhalten haben.
835
Homer fennt diefe Kaffe von Nymphen nicht,
Heſiod (theog. 187) nennt als eine bejondere Art
derjelben die meliichen, die Eſchennymphen,
entjtanden aus den Blutstropfen des Uranos (aus
Eichenholz wird der Schaft der blutigen Lanze
gemacht). Wenn jedem Baume feine Dryas zuge:
teilt gedacht wird, jo ift das Leben derjelben an
das Leben des Baumes gefnüpft (Hom. hymn. in
Ven.). Dieje Dryaden, heißen vorzugsweije Hama-
dryaden (Auadpvddsg). — 5)N. einzgelnerüörter,
wie die Nymphen von Dodona, von Nyja, Lemnos.
Die Nymphen genofjen von alters her Verehrung.
Hom. Od, 13, 350 ff. 17, 210. Ihre Heiligtümer
befanden fich bejonders an Quellen und in waſſer—
reichen Gegenden, in Hainen, Grotten u. j. w., in
ipäterer Zeit auch in Städten, wo ihre prächtigen
Heiligtümer (vdoupare oder ruupaia) zur Feier
von Hochzeiten gebraucht wurden, Wan opferte
ihnen Ziegen, Yämmer, Mild), DL, aber feinen
Wein. Sie wurden von der Kunſt als reizende
Mädchen dargejtellt, nadt oder halb bekleidet.
Nymphaion, Nvupeiov, Nymphaeum, ein
öfter vorfommender geographiicher Name; jo hieß
bejonders 1) Berg und Flecken in Illyricum bei
Apollonia am Fluſſe Abos (Liv. 42, 36. Plut.
Sull. 27); — 2) Hafenort und Vorgebirge in
Illyrieum, 3 Millien von Liffus, j. St. Juan de
Medua in Albanien (Caes. b. c. 3, 26); — 3) Vor:
gebirge der Halbinjel Chalfidife (Strab. 7, 330).
Nymphöum, Nvugesior, den Wafjernymphen
geweihter, jchön verzierter Springbrunnen, deren
es in Rom 12 gab, wo ſich das Waſſer aus vielen
Röhren zugleich ergoß, mit Säulengängen ‚und
Sitzplätzen verjehen.
Nymphidius (Numpidius) Sabinus, aus niedri:
gem Stande, Sohn eines Freigelaſſenen, diente
dem Nero als Angeber und jchwang ſich dadurd)
zum Befehlshaber der Prätorianer empor. Tae.
ann. 15, 72. Plut. Galb. 2. Bei Neros Sturze
gewann er die Garden für Galba, tradhtete Be
als diejer noch in Hiſpanien war, ſelbſt nach der *
Herrichaft; die Prätorianer aber blieben Galba
treu, und Nymphidius twurde von ihnen ermordet.
Taec. hist. 1,5. 25.37. Suet. Galb. 11. Plut. Galb.
8. 13 ff.
Nymphis, Nougıs, aus Herafleia im Vontos,
ein Bijtorifer zur Zeit des Btolemaios Euergetes,
ichrieb: meoi AAsfavögov xal rar dindsrwr zul
Inıyövor in 24 Büchern; meol "Howsisiag in
13 Büchern und einen meornkovg Aclug. Nur
wenige Fragmente jind erhalten, gejammelt von
Müller, fragm. hist. Graec, Ill p. 12 ff.
Nymphodöros, Nvuupoöwgos, 1) aus Amphi:
polis, joll vouıue Bapßagınd gejchrieben haben.
Seine Zeit ift unbefannt; — 2) ein Syrafufier
zur Beit des Ptolemaiod Philadelphos, ſchrieb:
zepinkovg und zepl rar £v Zixeile Banuuto-
usvorvr. Sammlung der Fragmente von Müller,
fragm. hist. Graec. II p. 375 ff.
Nysa, Noösto)«, Nüca, nannte die Sage den
Ort, wo Dionyjos (ſ. d.) erzogen wurde. Uriprüng-
lih war der Name in Hellas (Boiotien, Guboia,
Naros) oder Thrafien lofalifiert (Hom. Il. 2, 508.
6, 133). Später wurde er auf allerlei Orte in
fernen Ländern übertragen. So werden, Städte
diejes Namens in Pilidien, Kappadotien, Agypten,
Arabien, auf dem Kaukaſos, in Perſien und Bal-
trien erwähnt. Bejonders aber find folgende zu
65 *
836
nennen: 1) Stadt in Karien, am Südabhang des
Meilogisgebirges, im Maiandrosthal; j. Ruinen
Sultanhiſſar. Strab. 14, 649. — 2) Stadt und
Landichaft in Indien, wahrjcheinlich am Unterlauf
des Guraios (j. Bandichkora), eines nördlichen
Nebenfluffes des Kophen. Arr. 5, 1f. 6,2, 3.
Strab. 15, 687. — 3) Stadt in Withiopien, ober:
halb Agyptens. Adt. 2, 146. 3, 97.
Nyx, NoE, Nox, die Nadıt. Bei Homer (Il.
14, 259 ff.) ericheint fie als eine mächtige, ſelbſt
von Zeus geehrte Göttin. Sie heißt (mit Bezug
auf den alles überwältigenden Schlaf) durjreıg«
Hear xal dvögar; ald der Traumgott vor dem
Zorne des Zeus re ichnellen Nacht floh, jcheute
jih Ddiejer, die Chrwürdige zu betrüben. Bei
Heſiod (theog. 123) ift fie eine der erften Roten:
zen der Koſmogonie, eine Tochter des Chaos und
die Schweiter des Erebos, mit dem fie den heiteren
Ather und den Tag erzeugt, nach der Grund:
vorjtellung der Griechen, dan das Licht aus dem
Dunfel, der Tag aus der Nacht entiteht. Nach
V. 211 ff. erzeugt fie als eine NvE ödorj aus
ſich jelbjt die verderblichen Wejen der Finfternis:
Mögos das unglüdliche Todesgeihid), Oavarog,
Nyx — ’Oßeklonos.
Krje, Müuog (Tadel), Orkis (Nammer), Neuscıg
(ajua Henroisı Booroisı), Anden (Trug), Dılorns
(Liebesberüdung), ITneas (Alter) und "Egıs; als
eine freundliche Gottheit gebiert fie aber auch den
Hypnos und das Heer der Träume. Auch die
nah Weſten hin am Rande der Erde wohnenden
Hejperiden heifen ihre Töchter. Im Weften find
die Pforten, wo fie, in Dunkel gehüllt, den Schlaf
und den Tod in den Armen, aus der Unterwelt,
ihrem eigentlihen Siße, der Hemera begegnend,
emporfteigt. Hesiod. theog. 748 ff. Bei den Dr:
phifern it fie der Urgrund, aus dem alles he
vorgeht. Die Tragiker und die Späteren fallen
fie als Perſonifilation der Nachtzeit auf, bald
geflügelt, bald mit einem von (2 oder 4) ſchwar—
zen Serben gezogenen Wagen, in jchwarzem, mit
Sternen bejäetem Gewande. Soph. Fl. 19. Eur.
Ion 1150. Orest. 176. Theoer. 2, a. €. Vera.
A. 5, 721. 8, 369. Am Bereich des Tempels
der ephefiihen Artemis befand jih ein Stand-
bild der Nur, ein Werk des Rhoikos. Auf dem
Kaften des Kypſelos war fie Ddargeftellt, den
Schlaf und den Tod in den Armen haltend. Paus.
5, 18, 1.
O.
Oäros, Oxoos, nad) Herodot (4, 123) ein bei | jeltener aus Kalkſtein oder weißem Marmor, und
den Thyſſageten entipringender, öftlich vom Ta: | zwar in der Negel aus Einem Stüd gearbeitet.
nais fließender und in die Maiotis miündender
Fluß, vielleicht der Opharus des Plinius (6, 7, 7),
entweder ein Nebenfluß des Tanais oder wahr:
icheinlicher die Wolga.
Oäses, Odasıs, Abdasısg (von dem ägyptiſchen
Uach — Niederlafjung), heißen die „gleich Inſeln“
aus dem Sandmeer der Libyſchen Wüſte, wejtlich
von Agypten, auftauchenden, reichlid mit Quell:
waſſer verjehenen und deshalb fruchtbaren Land:
ftriche. Es werden davon hauptſächlich 3 erwähnt:
1) die Fleine Daje, zu Mittelägppten gehörig,
etwa 7 Tagereilen von der Stadt Oxyrynchos ent:
fernt, j. el-Baharije; 2) die große Daje, zu
DOberägypten gerechnet, gleichfalls 7 Tagereijen von
Thebat, von Herodot (3, 26) vjcog Mardowr mit
der molıs Oaoıg genannt, j. el-Charge; 3) das
Ammonium (j.d.). Wegen ihrer tjolterten Lage
und des ungejunden Klimas dienten die Dajen
ſchon in alter Zeit und unter den Kaijern als Ber:
bannungsorte. Die Bewohner waren Libyer, jpäter
vermijcht mit Ägyptern und einigen Griechen; die
ferner im Weften gelegenen, den Alten auch be-
fannten Dajen (3. B. Augila, Phazania) kommen
unter diejem Namen nicht vor. Strab. 2, 130.
17, 791. 813. Monographien von Rohlfs (1875),
Dümichen (1877) und Brugich (1878).
Bei |. Dovin, 9.
'OBe2ioxos, obeliscus, d. h. Spießchen, war
der von dem Wit der alerandriniichen Griechen
aufgebrachte Name für die hohen, jchlanten, mit
ihren 4 Seiten nah oben fich verjüngenden und
von einer pyramidenförmigen Spite gefrönten
Säulen, wie fie in Agypten jeit dem 23. Jahrh.
v. E. oder jchon früher vorfommen. Die meijten
find aus dem harten, rötlihen Granit von Syene,
wo man jegt wieder die Steinbrüche entdedt hat,
Die vieredige, ausgehöhlte Bafis ijt meift etwas
breiter als die Säule, aber niedriger. Die Höhe
ſchwankt zwijchen 10 und 35 m. Gie find ent-
weder ganz glatt oder mit Hieroglyphen verjchen,
bald auf allen 4 Seiten, bald nur teilweije. Die
Schriftzeichen waren öfter mit Gold, Elektron
(Silbergold) oder doc mit vergoldeter Bronze aus-
gelegt, die Spite wohl immer mit vergoldetem
Kupfer befleidet. Unter den Alten berichten Hero—
dot (2, 111. 170), Diodor (1, 46) und der ältere
Plinius (36, 8, 14 ff.) über die Ob., deren eine
große Zahl vorhanden gewejen jein muß, die
ſchönſten ——— und Thebai. Sie wurden
zu Ehren Ra-Harmachis (Ra:Horus) als Sinn—
bilder der Sonnenſtrahlen errichtet und ſtanden,
immer paarweiſe, vor den Thoren der Tempel.
Jeder hatte jeinen eigenen Namen und Prieiter.
Daneben mögen fie auch aſtronomiſchen Zweden,
als Sonnenzeiger u. dgl., gedient haben. 2 ihrer
Herbeiichaffung benußten die Agnpter außer der
Kraft zahllojer Menjchenhände beſondere Schiffe
und uns nicht näher befannte Fahr- und Werf:
zeuge. Seit der perfiichen Herrichaft wurden feine
neuen mehr errichtet; auch die Ptolemaier ſchmück—
ten Alerandreia nur mit älteren. Seit der Kaiſer—
zeit find 9 Ob. nad Rom gebradyt worden. Bon
den beiden, weldhe Auguftus auf einem eigenen,
lange in Oſtia aufbewahrten Fahrzeuge mit großen
Koften aus Heliopolis holen ließ, ftand der eine
auf dem Marsfelde und diente ald Gnomon oder
Sonnenzeiger bei den in Auguftus’ Auftrag von
Manilius getroffenen großen Beranftaltungen zur
Errichtung einer Sonnenuhr, wurde aber im Mittel-
alter (vielleicht durch die Normannen) umgeftürzt
und erjt 1792 auf dem Monte Eitorio wieder her—
geftellt; der andere wurde auf der Spina im
Obelos — Ocha.
Circus Maximus aufgeftellt (wahricheinlich 10n.E.),
ebenfalls bei den Berheerungen zu Nom durch die
Barbaren in Stüde zerbrodyen und im 16. Jahr:
hundert unter Sirtus V. (1585— 90) auf der Piazza
del Popolo wieder aufgerichtet; er hat auf jeder
Seite des Schafts 3 Reihen Hieroglyphen. Ein
dritter (der vatifanifche) wurde unter Caligula im
Circus Vaticanus, im 16. Jahrhundert aber vor
der Peterskirche aufgeftellt. Den größten und mit
den jchönften Skulpturen verjehenen (vom König
Ramſes) ließ Conftantius Il. im 3. 357 n. E. im
Circus Maximus erridten, und nachdem derjelbe
im 5. Jahrhundert von den Barbaren umgejtürzt
war, wurde er 1588 auf dem Plate vor der No:
hannistirche im Lateran wieder aufgejtellt und
daher der Lateranijche genannt. — N neuefter
Zeit ift ein ſchöner Obelift von Ramjes II. aus
Luxor nach Europa gebradt und 1833 auf dem
Eoncordienplage zu Paris aufgejtellt worden; er
trägt die Namen des Ramſes und Sejoftris und
ift mit einer dreifachen Reihe von Hieroglyphen
bededt. — Endlich befanden fi auh nod ein
Paar in Alerandreia in dem nördlichen Teile der
alten Stadt, der eine mit jehr jchönen und gut
erhaltenen Hieroglyphen, vom König Ramies, „Die
Nadel der Kleopatra“ genannt, vor einigen Jahren
nad) London gebradht und dort aufgeitellt; der
andere nach den Verein. Staaten von Amerika
gebracht und im Gentralpart von New-York auf:
geſtellt. Vol. Har. 1, 111. 170. Plin. 36, 8, 14 ff.
Obelos, ößerös, eigentlih ein Spieß, gram:
matifcher Kunftausdrud zur Andeutung einer ver:
dächtigen oder unechten Stelle, Verjes u. ſ. w.
mitteljt einer liegenden Linie; ößeAdteıw, ößekı-
cuög, notare locum, notatio loci spurii.
otae.
Obligatio, das Berhältnis zwiſchen 2 Perjo-
nen, von denen die eine, ereditor, einen Rechts:
— an die andere, debitor, hatte. Es gab
obligationes civiles und naturales, jene von dem
Eivilrecht (3. B. nexum, stipulatio), dieſe von
dem ius gentium anerfannt und von den Bere:
rinen angewandt, bis fie wegen der geringeren
Formalitäten unter dem Schuße der Prätoren auch
in das römische Leben übergingen.
Obnuntiatio. Bei öffentlihen Staatshand-
lungen, vornehmlich Wahl: und anderen Comitien,
belfam der Augur von dem Magiftratus die Auf:
forderung der spectio. Die Verkündigung desſel—
ben, gleichviel ob die Götter das Vorhaben be-
ünftigten oder nicht, hieß nuntiatio, ber leßtere
Kan obnuntiatio mit den Worten: alio die.
Cie. Phil. 2, 32. legg. 2, 12. Diejelbe Erflärung
fonnten auc) die höheren Magiftrate und die Volks—
tribunen abgeben und dadurdy Aufichub der Comi—
tien bewirfen, j. Lex Aelia und Fufia.
'0Bo2A0g |. Münzen, |.
'OBoAög vexgoö |. Bestattung, 1.
OBeruoxdären ij. Pallas Athene, 1.
Obrimos, "Oßeıuos, 1) einer der 50 Söhne
des Aigyptos. — 2) ein griechijcher Redner, ohne
weifel aus jpäterer Zeit, aus deſſen Reden
Stobaios einige Bruchitüde erhalten hat.
Obrogatio, die Abänderung eines Geſetzes
durd; ein anderes. Cic. r. p. 3, 22. Phil. 1,9.
Obseeratio j. Supplicatio.
837
Berfaffer einer dürftigen Kompilation aus Livius
über die Wundererjheinungen zu Rom, Prodi-
giorum liber, wovon wir den Wbjchnitt von
249—12 v. C. noch haben. — Ausgg. von Schef:
fer (1679), Dudendorp (1720), Kapp (1772), die
befte von D. Jahn (zugleich mit den Periochae
des Livius, 1853). Abhandl. von H. Haupt (1881).
Obsignat\o, die Ver: und Bejiegelung vermit:
telit des in m. oder Thon (creta) abgedrüdten
Siegelringes. Briefe und Urkunden wurden vor:
her mit einem Faden (linum) umwunden. Recht:
liche Anwendungen der obsignatio ſchriftlicher Ur:
funden werben erwähnt bei den tabulae nuptia-
les, Schuldjcheinen, Teftamenten und bei Zeugnifferr
im Prozeß.
0 ne a, OßovxoAe, oder Obulcula, Stadt
in Hilpania Bätica auf der Strafe von Hiſpalis
nad; Emerita oder Corduba. Ihre Lage ift nicht
ſicher. Caes. b, Alex. 57. — Verſchieden davon ift
Öbuleco, ’Oßolöxwv, ein römijches Municipium
in demjelben Teile Hiipaniens, etwa 300 Stadien
in öftlicher Richtung von Corduba entfernt, zu
deſſen Gerichtöjprengel es gehörte; j. Porcuna.
Strab. 3, 141. 160.
Oceupatio, eine aus dem ius gentium ent:
lehnte Eigentumserwerbung, das Ergreifen herren—
lojer Sachen und Weien (Sklaven, Tiere). Auch
das Beligergreifen der feindlihen Saden, na:
mentlich der eroberten Ländereien (j. Ager publi-
eus) hieß occupare. Die weitere Sriegsbeute
(Menſchen und Sachen) gehörte nicht den einzelnen
Soldaten, jondern mußte als Staatseigentum an
den Feldherrn abgeliefert werden. Nachdem die
Beute durch Auktion (ald Ganzes ſ. Sectio) in
©.| Geld umgewandelt war, floß dasielbe in den
Staatsſchatz (aerarium), doc durfte der Feldherr
es auch unter jeine Soldaten verteilen, was na—
mentlich nach — einer Stadt oder eines
Lagers geſchah. Oftmals erhielten die Soldaten
die Beutegegenſtände auch ſelber, doch nicht die
Gefangenen, die immer verkauft wurden. Bei der
Verteilung wurde auf den militäriſchen Rang, auch
auf Verdienſte Rückſicht genommen. Ein Teil der
Beute wurde immer vorab den Göttern dargebradht.
Oceänus ſ. Okeanos.
Ocellus Lueänus j. Okellos.
Orölum, "Rxelov, Stadt der Grajoceli in den
Grajiichen Alpen (Caes. b. g. 1, 10) an der Strafe
von Auguſta Taurinorum nach dem jenfeitigen
Gallien (Strab. 4, 179), nach Napoleon das j. Uffeau.
Ocha, 'Oyn, Mafjengebirge im jüdlichiten Teile
von Euboia, deſſen höchſter Gipfel (j. Hagios
9-7
4—
Elias) 1404m hoch iſt, mit bedeutenden Marmor:
Obsöqnens, Julius, wahrjcheinlich um die | brüchen. Strab. 10, 445. Auf einer Heinen Fläche
Mitte des 4. nachchriſtlichen Jahrhunderts, iſt
unweit des höchiten Gipfels fteht ein uralte,
838
Ochlokratie — ÜOctavianus.
12,70m langes und 7,70m breites Gebäude, ein und um fih mit dem für den Partherfrieg be-
fnflopiicher Bau, vermutlich ein Tempel der Sera,
der die ältefte, einfachite Form des griech. Tempel:
gebändes zeigt (j. die Abbildung).
Ochlokratie j. Stantsformen, 2.
Ochos, 2xos, ein Fluß in Inneraſien, jüdlic)
vom Oxos (j. d.). Doc gehen die Angaben der
Alten über ihn jo auseinander, daß fie ſich
nicht wohl vereinigen laffen. Die einen verjegen
ihn nach Baltrien (Margiana), in den Weften oder
an die Weftgrenze des Yandes, jo daf er mit dem
Margos ıj. Murgbab) oder mit dem Areios (j.
Herirud), die fi) beide im Sande verlieren, iden:
tiich wäre. Die andern laffen ihn in Hyrkanien,
jei es für fich allein, fei es mit dem Oxos ver:
einigt, in das Kajpiiche Meer münden. Strab.
11, 509. 518. Ptol. 6, 11. 2. — 2) Berjonenname,
bejonders Beiname des Königs Artarerres III. (ſ. d.).
Venus, Sohn des Tiberis und der Manto, der
Tochter des Teireſias, oder einer Tochter des He—
ralfes, einer Seherin. Er ſoll Mantua erbaut
und nach jeiner Mutter benannt haben. Verg. A.
10, 198 und dazu Servius. Er wird auch Sohn
oder Bruder des Auletes, des Gründers von Perufia,
genannt und Gründer von Felſina, dem nad):
maligen Bononia.
Vereae, “rnuides, Beinichienen, Beinharnifche,
von Yeder und Heinen Metallplatten oder aus halb-
gebogenen dünnen, biegiamen Erz: oder Zinn-
platten, die im Innern mit Leder gefüttert waren,
das Schienbein bededend und hinten um die Wade
zujammengejchnallt, gewöhnlich aber nur um das
im Nampfe vorangeftellte Bein, bei den hastati
und principes (Veg. 1, 20) um das rechte, da=
gegen für die mit dem Wurfipieh Kämpfenden um
das linke gelegt. Die unteren Riemen oder Schnal—
len zur Befeftigung an den Knöcheln hiefen bei
den Griechen Zmispverw; diejelben arbeiteten die
Beinjchienen zuweilen auch aus edlen Metallen,
weshalb die Achaier bei Homer immer Züxvrjudeg
heihen. Bol. Waffen, 3. 9.
Vecricälum, Oxgixioı, Oxelxoke, wohlhabendes
Municipium in Umbrien, unweit der Mündung
des Nar in den Tiber an leßterem Fluſſe, an der
Flaminischen Strafe. Noch jet finden fid) 2 Millien
vom heutigen Otricoli Ruinen von Tempeln, Am—
phitheatern, Bädern und Wafferleitungen. Liv.
9, 41. 22, 11. 30, 19. Bgl. Cie. Mil. 24. Plin.
3,5,53. Tac. hist. 3, 78.
Octaviänus, E. Julius Cäſar Dct. (vgl. die
Stammtafel unter Julii, 8), war geboren am
23. September 63 v. E. Vell. Pat. 2, 36. P’lut.
Cie. 44. Seinen Bater E. Octavius verlor er
wenig über 4 Jahre alt (Suet. Oct. 8) und wurde
dann im Haufe jeiner Großmutter Julia erzogen,
bis feine Mutter Atia ih mit dem L. Marcius
PBhilippus wieder vermäblte. Sein finderlojer
Grofoheim Cäſar nahm fich des Knaben eifrig
an, der, 12 Jahr alt, feiner Großmutter eine
Leichenrede hielt (Suet. Oct. 8) und am 18. Oftober
48 die männliche Toga empfing, ſowie bald auch
Bontifer wurde. Kränklichkeit verhinderte ihn an
dem afrifanischen Kriege teilzunehmen, doch war
Cäſar bemüht, ihn auf andere Weije, durch Be:
nadigung vieler Pompejaner auf jeine Kürbitte,
eliebt zu machen; ohne fein Wijjen adoptierte
er ihn auch und fegte ihm zum Erben ein. In
Apollonia, wo er ſich jeit d. %. 45 der Studien wegen
timmten Heere befannt zu machen, aufhielt, traf
ihn die Nachricht von Gälars Ermordung. Schnell
eilte er nad Nom, nannte fih E. Julius Cäſar
Octavianus und nahm die Erbſchaft des Cäſar in
Anſpruch. Das Bolf, durdy Spiele und Gejchente
gewonnen, nahm ihn freudig auf (Cie, ad Att.
14, 12, 2), Antonius aber mit Kälte und faft mit
Hohn, indem er behauptete, das nachgelafiene Ber:
mögen Cäſars beftehe nur in Schulden, zu deren
Dedung D. mitteljt feines eigenen Vermögens
ſchritt. Schon jegt war troß fjcheinbarer Verſöh—
nung ein Bruch mit Antonius unvermeidlih. DO.
ichloß jih an den Senat an (obwohl diejer die
Mörder Cäſars noch ſchützte), um jo im Berein
mit den angejchenften Optimaten, unter andern
auch Gicero, dem Antonius entgegenzutreten, der
den Decimus Brutus aus Gallien zu verdrängen
juchte und denjelben in Mutina belagerte. In
dem Kriege (bellum Mutinense), 43, erhielt O.
gleiche Macht mit den Konfuln Hirtius und Panſa,
welche beide in dem fiegreichen Kampfe fielen. Als
ihm nun der Triumph und das Konjulat vom
Senat verweigert wurden, zog er mit jeinem Heere
gegen Nom, bejegte die Stadt, bemächtigte fich des
taatsichages und erzwang feine Wahl zum Konſul
am 19. Augquft 43; mit ihm war O. Pedius Konful.
Gegen die Mörder Cäjars wurde nun die Achtung
und Einziehung ihrer Güter durchgeſetzt. Da ©.
weder dem vereinigten Heere des Brutus und
Caſſius, noch dem Antonius und Lepidus gewachſen
war, jo jchloß er fich nach Huger Überlegung an
Lepidus und Antonius an, nachdem deren Achtung
aufgehoben war. Als triumviri rei publicae con-
stituendae nahmen fie für 5 Jahre die höchite
von Senat und Bollsverfammlung unabhängige
Gewalt für ſich in Anſpruch. Durch Projfription
der angejehenften Männer wurde diejer Bund be-
fiegelt, es begann ein Blutbad und ein Gemetel,
ärger als zu Sullas Zeit; die 3 Henfer gaben
einander die eigenen Freunde und Berwandten
preis: jo opferte D. den Cicero dem bitteren Haſſe
des Antonius. Plut. Ant. 195. Als endlich das
Blutbad aufhörte, und die zur Kriegführung nötis
gen Summen erpreft twaren, begann der Zug gegen
die Mörder Cäjars unter Anführung des Antonius
und D. Schnell rüdten beide dem Brutus und
Caſſius entgegen. Im Spätherbſte des Jahres 42
trafen die Heere bei Philippi in Makedonien auf—
einander. Brutus drang ſiegreich vor, Caſſinus
aber, von den Truppen des Antonius (D. nahm
wegen einer Krankheit nicht jelbft am Kampfe
teil) zurüdgeworfen, gab fich im ungeitiger Ver—
zweifelung den Tod. Ein Gleiches that Brutus
nach einer 20 Tage fpäter für ihn unglüdlic aus-
gefallenen Schlacht, gleichfalls bei Phılippi. Plut.
Brut. 33—53. Suet. Oct. 8. Liv. ep. 124. Vell.
Pat. 2, 69f. App. b. c. 4,87 ff. Mit der Schlacht
bei Philippi war das Schidjal der Republif ent-
ichieden; nur ob O. oder Antonius die Alleinherr-
ichaft behaupten werde, war noch ungewiß. —
Nach der Schlacht trennten fich die Sieger: An-
tonius follte im Often das den Truppen ver-
iprochene Geld erpreſſen, D. in Italien den Vetera—
nen die verſprochenen Acer verteilen. O. erhielt
von den Provinzen Hilpanien und Numidien, An:
tonins das jenfeitige Gallien und Airifa. D. fand
bedeutende Schwierigkeiten bei der Aderverteilung ;
Octavianus.
denn die alten Befiger verlangten Entichädigung,
und die Veteranen waren mir dem Grhaltenen
nicht zufrieden. Da nahmen Fulvia, des Anto—
nius Gemahlin, und dejlen Bruder 2. Antonius,
beide eiferjüchtig auf den wachſenden Einfluß D.S,
fi der Beraubten an und veriprachen den Bete:
ranen Entjchädigung in Geld. Dazu fam Hungers—
not in Stalien, da S. Bompejus, welcher fich in
Sicilien hielt, die Zufuhr abjchnitt. Die Veteranen
war gewann D. durch geeignete Vorftellungen für
I. allein die Beraubten und im ganzen 17 Xe:
gionen ftanden den 10 des Octavian entgegen.
Anfangs nahm nun 2. Antonius dem Xepidus
allerdings Rom ab und erflärte zu allgemeiner |
freude das Triumvirat für aufgelöft, allein bald
ward er jehr bedrängt und gezwungen, ſich nad
Berujia zu werfen (bellum Perusinum). Dort
vom Ende des %. 41 bis zum Frühling 40 ein-
geichloffen und durch jchredliche Hungersnot ge:
zwungen, mußte L. Antonius die Stadt und fic)
gegen freien Abzug ergeben; die Perufiner aber
wurden meijt ermordet, und 300 der Bornehmiten ließ
DO. falten Blutes an den Iden des März als Sühn:
opfer am Altar des Cäſar töten. Suet. Oct. 18 ff.
App. b.e.5,30ff. Dio Cass. 48, 13f. Vell. Pat.
2, 74. Die Stadt wurde geplündert und ver:
brannt. Dies war der legte Alt der Graujamteit
O.s. — Dbwohl er nun im Beſitz Roms und ganz
Italiens, jowie Herr über 40 Legionen war,
machte der Mangel einer Flotte ihn doch bedenk—
lich, als M. Antonius, der nad Italien zurüd:
— war, ſich mit S. Pompejus, der — noch
ardinien und Korſika erobert hatte, gegen ihn
in Unterhandlungen einließ; doch der Tod der
Fulvia beſchleunigte einen durch Vermittelung des
Coccejus, Pollio und Mäcenas im J. 40 zu Brun—
diſium geſchloſſenen Vergleich, wo man ſich Ver—
geſſen alles Geſchehenen und Friede und Freund—
ſchaft gelobte. App. b. c. 5, 59—64. Dio (ass.
48, 28. Zur Befeſtigung der Freundſchaft ver—
mählte ſich Antonius mit der edlen Octavia, der
Schweiter des D. An Provinzen erhielt Antonius
alle von Scodra in Illyrien öftlih, O. alle weftlich
liegenden, während Italien gemeinſchaftlich blieb.
Auch mit S. Pompejus, welcher in den Bertrag
nicht mit eingejchlofien war, fam im %. 39 ein
Friede zuftande, da die Abjchneidung der Zufuhr
aus Sicilien in Rom Unruhen hervorrief. Bald
jedoch brachen die Feindjeligfeiten wieder aus (bel-
lum Sieulum), weil Rompejus die von jeinem
Feldherrn Menodorus verräterijcherweije an D.
ausgelieferten Provinzen Korjifa und Sardinien,
wiewohl vergebens, zurüdforderte. Nachdem D.
von Antonius, der fein Verfahren anfangs miß—
billigte, gegen Überlafjung von 20 000 Dann Land:
truppen 120 Schiffe erhalten hatte, gelang es der
Umſicht und Energie jeines trefflichen Feldherrn
M. Bipfanius Agrippa, bei Mylä an der Nord:
füfte Siciliens einen enticheidenden Seeſieg zu er:
fämpfen (Suet. Oct. 16. App. b. c. 5, 97); Bom:
pejus floh nad Kleinafien und wurde zu Milet
ermordet (35). Als Lepidus nun aus Afrika her-
839
Kampfe gegen den dritten. — Um feine unruhigen
Legionen zu bejchäftigen, führte er fie in den
Kampf gegen die Illyrier, Pannonier und Dal:
watier, die den Tribut verweigert hatten, und
eroberte Salona, wobei er jelbjt verwundet wurde
(33). Unterdeflen führte Antonius ohne bedeu—
tende Erfolge Krieg gegen die Parther, lebte zu
Alerandreia in Uppigfeit mit Kleopatra, deren
Sohn Cäſarion er für Cäſars rechtmäßigen Sohn
erffärte, um die Anjprücde des Adoptivjohnes D.
ungültig zu machen, verjchleuderte die römischen
Provinzen und jchidte endlich im Jahre 32 der
Octavia den Scheidebrief. Es fam zum legten
Kampf: der Senat erflärte auf O.s Veranlaſſung
zunächſt nicht dem Antonius, jondern der Kleo—
patra den Krieg, die nun den Antonius in den
Krieg begleitete; allein anjtatt rajch auf den noch
nicht hinlänglih gerüfteten Gegner loszugehen,
vergeudete Antonius die beite Zeit und wählte
dann auf den Hat der Slleopatra den Seekrieg.
In diefem gewann M. Agrippa für den DO. am
2. September 31 die enticheidende Schlacht bei
dem Vorgebirge Actium, aus welcher Kleopatra
und Ant jchon vor der völligen Enticheidung nad
Agypten flohen; ihre Flotte ward verbrannt, das
Yandheer ergab ji dem Sieger. As D. nun
von Syrien aus Agypten angriff, gab fich An-
tonius auf —— he der Kleopatra den Tod:
diefe war gezwungen, ein Gleiches zu thun, als
es ihr nicht gelang, wie fie gehofft, den D. durch
ihre Reize zu beftriden, und jie befürchten mußte,
bejtimmt zu fein, den Triumph des Siegers zu
ieren. Durch den Tod des Antonius war jeder
ürgerfrieg beendigt, O. war thatjächlicher un:
beftrittener Alleinherrjcher. Am 1. Januar 29 v. E.
wurden jeine Verfügungen von Senat und Bolt
durch einen Schwur beftätigt, und der Senat be=
ſchloß, fein Name jolle unter die Götter ein-
getragen, der Tag jeiner Rüdfehr ftets als Feſt—
tag gefeiert werden. Bei jeiner Rüdfehr im Monat
Sertilis feierte D. einen dreitägigen Triumph,
wegen Dalmatien, Actium und Agypten, jeder
Krieger erhielt 1000 Sefterze, die Offiziere nach
Verhältnis mehr, er bezahlte alle feine Schulden
und forderte das ihm Gejchuldete nicht ein. Spiele
und FFeitlichkeiten folgten in reihem Maße: dann
ichloß er zum Zeichen allgemeines Friedens den
Janustempel. Er erhielt nun den bleibenden Titel
Imperator, jowie cenjorijche Gewalt, welche
legtere er benußte, um den Senat jowohl von den
oppofitionellen als von den jchlechten Elementen
zu jäubern. Überhaupt jah er ein, daß die ge:
wonnene Herrichaft für die Dauer nicht auf dem
Wege der Gewalt zu behaupten jei; jo juchte er
alle die Befugniffe, welche er bereit3 als Impe—
rator hatte, nach und nad dem Senate als jchein:
bar freie Zugeftändnifje abzugewinnen, indem er
jih alle höheren Staatsämter, jpäter fogar die
geieboebende Gewalt, übertragen und fich von der
indenden Kraft der Geſetze freifprechen ließ. Der
Titel Mugujtus, der Ehrfurdtswürdige, oße-
orog, welcher ihm am 17. Januar 27 auf Antrag
„beieilte, um die Inſel für ſich in Vefig zu neh: | des Mumatius Plancus beigelegt wurde, ging auf
men, gewann D. jeine Truppen, nahm ihm jeine
Provinzen und die Würde eines Triumvir und |
verwies ihn in die Stille von Circeji, wo er bis
13 v. E. als Bontifer Marimus lebte. So ſtürzte
D. 2 Nebenbuhler und erftarfte dadurd zum
feine Nachfolger über. Zuerſt nahm er die ihm
übertragene Macht jcheinbar mit Widerftreben auf
10 Jahre an und lieh dann ebenjo die weitere
Rerlängerung (decennalia) bejtehen. Nachdem er
das Konjulat elfmal verwaltet hatte, legte er es
840
nieder, erhielt aber ftatt deflen die tribunicia
potestas perpetua. Suet. Oct. 27. Yu der prae-
fectura morum im J. 19 trat nad dem Tode
des Yepidus im J. 13 noch die Würde des Pontifer
Marimus. In allen Provinzen hatte er ferner pro:
fonjularijche Gewalt. Den äußeren Formen nad)
ließ er aber die in ihrem Wejen längft geichwun-
dene Republit fortbeftehen; doc; waren die Würden,
die er feinen Freunden überließ, Titel ohne Macht.
In weiſer Klugheit vermied er ferner Herrſcher—
gepränge, —— lebte er in der Einfachheit eines
Privatmannes. In den Comitien ſtimmte er gleich
dem geringſten ſeiner Tribusgenoſſen und ging bei
Wahlen mit ſeinen Kandidaten herum, um Stim—
men bittend; vor Gericht benahm er ſich als Zeuge
und Patron wie jedermann. Seine vertrauteſten
Hatgeber waren Agrippa und Mäcenas, deren Nat
für öffentliches und Privatleben ihm jehr wichtig
war. Die trefflichen Dienfte des erjteren im Kriege
find jchon erwähnt worden: auf jeinen Rat wur:
den zu Rom auc großartige Bauten ausgeführt,
z. B. der Bau des Pantheon. Neben jenen beiden
Männern ift noch Aſinius Pollio zu nennen. Außer
diefen Männern ftand ihm ein aus 20 Senatoren
bejtehender geheimer Nat (consistorium prineipis)
ratend zur Seite: den Senat hatte er überhaupt
auf 600 ergebene Mitglieder beichräntt. Das Volt
war durch Spiele gewonnen, und jo hatte denn
die eigentlich zwijchen dem Oberhaupt und dem
Volke geteilte Macht ihren Sig namentlidy bei
erjterem. — Eine bedeutende Umgejtaltung erfuhr
das Militärweien durch Auguſtus. Zur Erhal:
tung der Herrichaft wurde ein ftehendes Heer unter:
halten, bejonders in den Grenzprovinzen, wo aus
den Standlagern oft neue Städte le. Er
jelbft umgab jich mit einer aus 10 Kohorten (zu
1000 Mann) bejtehenden Leibwache, und zwar aus
Germanen, die ihr Hauptquartier in Rom hatten
(eastra praetoria): 2 praefeeti praetorio befeh-
ligten jie. Zur Aufrechthaltung der Ordnung der
Stadt Rom mit ihren 2 Millionen arbeitsicheuer
und zuchtlofer Bewohner dienten die cohortes
urbanae; an der Spige der Stadtverwaltung ftand
der praefectus urbi. Die hierdurch ſowie durd)
die nen eingeführte Bejoldung der Staatsämter
nötig gewordene Vermehrung des Staatseintom:
mens bewirkte er teils durch Erhöhung mancher
Steuern, teils durch Vermehrung der Zölle, eifrige:
ren Betrieb der Bergwerke und die beflere Regelung
und Beauffichtigung der Kinanzverwaltung. Neben
dem bisherigen Ararium jchuf er noch ein aera-
rium militare und für jeine Eintünfte den Filfus.
— Seine Kriege waren überwiegend auf Erhaltung
und Befeftigung, nicht jowohl auf Eroberung ge:
richtet. Seine Nämpfe mit den Parthern, Ger:
manen, Pannoniern waren teils eine Erbichaft,
der er fich nicht entzichen fonnte, teils durch die
Sicherheit und Ehre des Staates geboten. Um
Hiſpanien zu beruhigen, wurden die noch un:
bezwungenen Cantabrer und Aiturier von Agrippa
völlig unterworfen (19 v. E.). Dio Cass. 54, 11.
Die Oſtgrenze des Reichs ward durch einen Feld:
zug gegen die Parther gefichert, deren König
Phraates auf die Nachricht von As Ankunft in
Syrien (20 v. E.) die früher erbeuteten Feldzeichen
und Gefangenen zurüdgab. Um Jtalien und Gallien
gegen Einfälle der germanischen Völler zu jchüßen,
unterwarfen Drujus” und Tiberius, feine Stief:
Octavianus.
jöhne, zuerft die Alpenvölfer in Rätien, Binde:
licien und Noricum bis zur Donau (15 dv. E.) und
legten Grenzfeitungen an, dann unternahm Druſus
(12—9 v. E.) und nad deſſen Tode Tiberius
Züge in das Innere Germaniens, und die Römer
betrachteten das Land bis zur Elbe gewiſſermaßen
al3 unterworfen, legten Kaftelle an und fjuchten
ihre Sprache, Geſetze und Abgaben einzuführen.
As ſich aber die germaniichen Stämme unter
Arminius gegen die Römer erhoben, wurde ®.
Quinetilius Varus im Herbft d. %. 9 n. E. im
Teutoburger Walde in gewaltiger Schlacht befiegt,
3 der beiten Legionen wurden vernichtet. Zwar
rächten im folgenden Jahre Tiberius und des
Drujus tapferer Sohn Germanicus die erlittene
Schmad, allein an dauernde Eroberung war weder
jeßt noch 5 Jahre jpäter zu denken. — Die Un:
fälle in Deutjchland hatten den Auguftus jehr ge:
beugt, mehr aber noch die widerwärtigen Schid:
fale in jeiner eigenen Familie, bejonders die Aus:
ichmweifungen jeiner Tochter Julia. Auguſtus' erſte
Gemahlin war Elodia, Tochter des berüchtigten
Elodius und der Fulvia (der jpäteren Gemahlin
des Antonius); der zweiten Gemahlin Scribo:
nia, einer Verwandten des Bompejus, gab er den
Scheidebrief an dem Tage, als fie ihm die Julia
gebar. Seine dritte Gemahlin Livia Drujilla
entführte er ihrem Gatten Tiberius Nero; durd)
fie wurden Tiberius Claudius Nero und Nero
Claudius Druſus jeine Stiefjöhne, deren erjterem
Livia die Nachfolge zu verichaffen- wußte. Auguſt
aboptierte ihn und nahm ihn zum Mitregenten
an. Julia wurde nad dem Tode ihres zweiten
Semahls, des Agrippa (von ihren Söhnen Gaius
und Lucius Cäſar jtarb erjterer 4, leßterer 2 n. E.),
im 3. 11 v. E. mit Tiberius verheiratet (Swet.
Tıb.7. Oct. 63. Vell. Pat 2,9%. Dio Cass. 54,35.
Tac. ann. 6, 51), wurde aber nach der Auflöjung
der Ehe 2 v. E. ihres ſchlechten Lebenswandels
wegen (gleich wie jpäter ihre gleichnamige Tochter)
auf die Inſel Bandataria verbannt, jpäter nad)
Rhegion, wo fie jtarb (Taec. ann. 1,53), die jüngere
Julia aber nad) der Inſel Trimerus bei Apulien.
Tac. ann. 4, 71. Auf einer Reife nad) Neapolis
ftarb Auguft zu Nola am 19, Muguft 14 n. C.
im 76. Lebensjahre nach — Regierung.
Suet. Oct. 98. Vell. Pat. 2, 123. Dio Cass. 56, 30.
Zonar. 10,38. Mit auferordentlicher Pracht wurde
er zu Nom beftattet, fein Leichnam verbrannt; der
ſtlaviſche Senat erklärte ihn für einen Gott und
ab ihm Priefter. Seine von ihm hochgeſchätzten
Freunde Mäcenas und die Dichter Bergil und
Horgz waren ihm lange im Tode vorangegangen.
— Uber den Charafter des Auguſt haben die Ur:
teile bis im die neueſte Zeit jehr verichieden, meift
jedoch verdammend, gelautet. Die friegeriiche Bor-
fiht Augufts wird häufig als Feigheit gedeutet;
bei der Sründung des Principats wird alles Ber:
dienjt lediglich dem Mäcenas und bejonders dem
Agrippa beigelegt. Gegen den Vorwurf der Feig:
heit ſchützt ihn ſein Benehmen bei der Erjtürmung
von Metulum, jowie gegen die meuterijchen Le:
gionen: ein großer Feldherr war er allerdings,
nicht. Dagegen verftand er, ſich die tüchtigiten
Kräfte in geeignetjter Weiſe dienftbar zu machen,
wie dies feine ganze Regierung zeigt. Die jpätere
Milde und das Hervortreten mancher Tugenden
haben die Gegner aus einer plößlichen Umwand—
Octavii. 841
lung feines Innern erflären wollen. Deſſen bedarf | bis 1846). — Abbildung: Marmorftatue im Va—
es nicht: die Verhältniffe, unter denen der Triumvir | tifan, 1863 in der Billa der Livia gefunden.
zu handeln hatte, jind von denen des Kaiſers ſehr Oetavli, ein urſprünglich volſtiſches Ritter—
verichieden — daraus erflärt fi alles. Scharfer geſchlecht, welches ſchon in der Königszeit nad)
Verftand, jchlaue Bejonnenheit ‘
und ein brennender Ehrgeiz ;
waren jeine natürliche Ausitat: x
tung. Mit Marer Überlegung
und feitem Willen unternahm
er, der Erbe Cäſars, es, ſich die
Alleinherrichaft zu erringen und
zu ſichern. Der Maßſtab der
hierfür einzujchlagenden Mittel
und Wege war allein die Zwed:
mäßigfeit, er bebte vor feinem
Schritte zurüd; Täufchungen, Unredtichkeit, Verrat
bezeichneten feine Handlungen. Rachſucht kaunte
er wohl nicht, die Bolitit war die Quelle aller
jeiner Handlungen, auch der bintigen Manregeln,
die er nicht aus Freude am Morden, jondern der
Zwedmäßigkeit wegen ergriff. Ohne Broifription
der Reichen hatte er fein Heer, die Republik zu
jtürzen, und ohne den Mord der angeſehenſten
Nepublifaner jah er nicht die Möglichkeit ciner
Aleinherrihaft. Nach Erringung derjeiben hatten |
die nun nicht mehr nötigen Blutjcenen ein Ende,
andere en waren nun förderlicher. Ber:
jöhnlichkeit, Milde und Gerechtigkeit traten jcht
hervor, find aber nicht Beweife ciner inneren
Umwandlung, fjondern Folgen feiner veränderten
Stellung zu den Römern, die jept veriöhnt und
— werden mußten. Von allen gehäſſigen
igenſchaften des Triumvirs blieb nur Verſtellung,
weil er ſie für unentbehrlich hielt. Er erlannte
wohl, was noch jpäter Balba ausſprach, daß Nom
weder völlige Freiheit noch gänzliche Knechtſchaft
ertragen könne. SHeuchelei war die ftete Genoſſin
feiner Regierung und diente ihm dazu, die Wider:
ſprüche zwiſchen der faiferlihen Gewalt und dem
Schein der Republik zu heben. Das Reiumenſch
liche tritt bei diefer vorwiegend politischen Rich:
tung zu jehr zurüd, um ein ficheres Urteil zu ge:
ftatten. Sein Herz war den Requngen heiterer
Gemütlichkeit offen, bejonders im Kreiſe jeiner
Entel, die er jogar jelbjt unterrichtete. Er war
ein ebenjo beftändiger als nachjichtiger Freund
und unbejangen vertraulich, bejonders im Haufe | Rom überjiedelte (Swet. Oct. 1), aber erjt jpät zu
des Mäcenas, wo der Kaiſer verihwand und der | Anjehen gelangte. Zu diefem Geſchlechte gehören:
Menſch vollgültig hervortrat. Seine eher Heine! 1) En. Oct., befehligte im Jahre 205 v. E. im
als große Gejtalt zeigte feine jteif imponierende, | zweiten puniſchen Striege als Prätor auf Sardi-
fondern eine wohlthuende Haltung. Sein heiterer, \nien, dann zur Sce (Liv. 29, 13), erlitt aber
friedevoller Blid machte jelbft den Arm des Meu- | großen Verluſt durch einen heftigen Sturm und
chelmörders erlahmen; fein großes Mares Auge | durch Wegnahme vieler Schiffe von jeiten der Kar—
ofjenbarte die Schärfe durchdringenden Berftandes. | thager. Nah der Schlacht bei Naraggara (202)
Eine gerechte Beurteilung muß das Verdammungs: | erhielt er Befehl Utica zu bejegen. Später wurde
urteil über den Triumvir ausiprechen, aber auch | er vom Senate mit einer Sendung mach Griechen:
das eifrige Streben des Herrſchers anertennen, | land beauftragt, two er dem Antiochos entgegen:
dem Reiche Frieden, Ruhe, heiljame Gejepe und | arbeitete, 191. Liv. 36, 12. — 2) C. Oct., Ur:
befjere Verwaltung zu geben. Dafür ward ihm | großvater des Auguſtus, war Nriegstribun im
der laute Danf und das begeifterte Lob feiner | zweiten punifschen Kriege. — 3) Em. Det, Be:
Zeitgenoſſen. — Octavian hat jeinen Hiftorifer | jehlshaber der Flotte im Kriege gegen Perſeus
noch nicht gefunden; einftweilen vgl. Xöbell in\(168 v. C), nahm dem Perjeus auf Samothrafe
F. von Raumers hiſtoriſchem Taſchenbuch (1834), gefangen (Liv. 45, 5ff.) und fehrte reih aus
Höck, römische Gejchichte Teil 1. 2, Schiller, | aledonien heim. Er erbaute dann in Rom die
Geſchichte der römischen Kaiſerzeit I ©. 1 ff. | porticus Vetavia, befleidete im Jahre 165 das
und über feine fchriftitelleriiche Wirkſamkeit A. Konſulat und ging (162) nad) Alien, um in Syrien
Weichert, de Caesaris Augusti scriptis (1835ff.), wie Agypten Roms Intereſſe wahrzunehmen und
und Imp. Caes. Augusti operum reliquiae (1841 | die einheimijchen Fürjten zu überwachen und Strei:
*
\
N
GER
842
tigfeiten zu jchlichten, vgl. Cie. Phil. 9, 2, 4.
October
von einem riechen Veptine3 zu Laodikeia um:
gebradıt. App. Syr. 46. — 4) M. Dct., Kollege
des Tiberius Gracchus im Volfstribunate, 133 v. E.,
unterjtüßte anfangs deſſen Agrargejep, ließ Tich
aber von den MAdeligen ipäter beftimmen, dem:
jelben ſich zu widerjeßen, jo ſehr ſich Gracchus
auch bemühte, ihn von feinem Widerftande abzu—
bringen. Trotzdem, daß Gracchus auf des Octavius
Ausſtoßung ans dem Tribunate antrug und fie
auch durchſetzte, jcheint die periönliche Freundichaft
zwiſchen beiden nicht gelitten zu haben. Plut.
Tıb. Gracch, 10-12. — 5) M. Det., Komjul im
J. 87 v. E., zeichnete ſich während Sullas Ab—
weſenheit als Haupt der Adelspartei durch Talent
und Tüchtigkeit aus, war jedoch, als ſein von ihm
vertriebener Kollege Cinna mit Hülfe der Marianer Cäſar,
gegen Rom rüdte, nicht fräjtig genug (vir lenis- |
sim animi, Vell. Tat. 2, 22), die Ruhe zu er:
halten, und "wurde in einer öffentlichen Berlamms
lung don Eenforinus ermordet. Cie. tusc.5, 19,55.
— 6) M. Det., ſetzte während feines Volkstribu—
nats eine Veränderung des von Sempronius ge:
gebenen Getreidegejeßes durch. Cie. Brut. 62, 222.
— 7) 2. Det, Konſul im 3. 75 v. E,, ftarb im
folgenden Jahre als Brofoniul von Syrien.
SM. Det, Ädil im 3. 50 v. C. fchlug ſich im
aaa: auf die Seite des Senats, befchligte
die Flotte des Pompejus, nahm den Antonius
gefangen, mußte nach der Niederlage feiner Partei
bei Pharſalos aus Jllyrien, wo er ſich vergebens
zu behaupten juchte, fliehen, ging nach Afrita und
Icheint ſpäter bei Aetium einen Teil der Flotte be-
fehligt zu haben. Caes. b, ec. 3,5—10, b. Alex. 42 ff.
— NE Oct., ein Mann von ausgezeichneter
Gerechtigkeit und Herzensgüte, vernichtete im Jahre
62 v. C. die fich in Italien umbertreibenden Reſte
der Batilinarier und kämpfte mit Ruhm gegen die
Thraker. Nach feiner Rücklehr aus feiner Provinz
Makedonien ftarb er (58) plöglich zu Nola und
hinterließ einen faum fünfjährigen Knaben, den
nachmaligen Kaiſer an il. Octavianus)
Cie. ad Qu. fr. 1, 1, 7. Vell. Pat, 2, 59. Buet.
Oct. 94. 100. — 16) Seine 34 Octavia,
auch minor zubenannt, zum Unterſchiede von
einer gleichnamigen älteren Schweſter (Oet. maior),
ſtammte aus der zweiten Ehe und war zuerſt Ge—
mahlin des C. Marcellus, darnach des Triumvirs
M. Antonius. Ihr edles Gemüt, ihre Freund—
lichkeit und Milde gewannen ihr alle Herzen. Im
€: |
wurde, da er in Syrien zu rüdjichtslos verfuhr, | Unes. 27. Oct. 29. 61.
Odeion.
Anton. 37. 54. 57. 87. Vell. Pat. 78. Suet.
— 11) Fulda, Tochter
des Auguſtus von der Seribonia, zuerſt vermählt
mit M. Marcellus, nach deſſen frühem Tode mit
Agrippa, nach deſſen Tode mit dem nachmaligen
Kaiſer Tiberius im J. 11 v. C., war eine geif:
reiche und durch Schönheit ausgezeichnete frau,
aber von leichtiinnigem Yebenswandel. Als fie
nach Tiberius’ Entfernung aus Nom (6 vd. E.) alle
Feſſeln der Schen abftreifte (Vell, Pat. 2, 100),
verbannte der erzürnte Water fie auf die Anfel
Bandataria, two fie mehrere Jahre zubringen mußte;
nachdem fie jpäter mit des Auguftus Erlaubnis
ſich nach Rhegion begeben hatte, blieb ihr do
die Nüdkehr nach Nom verjagt. Sie ftarb im
J. 14 n. C. Tae, ann. 1, 53. — 12) Ihre Söhne
aus der Ehe mit Agrippa, E. Cäſar und 4.
wurden von Auguſtus adoptiert, forg:
fältig erzogen und vom Großvater auf alle mög:
liche Weife dem Bolfe empfohlen und in deſſen
Augen gehoben. Im J. 1 v. €. ſandte Anguitus
den Gaius nach Alien, wo er, von tüchtigen Män-
nern geleitet, friegeriichen Ruhm und Erfahrung
in der Verwaltung fich verſchaffen jollte, aber bei
der Belagerung einer Stadt verwundet, wurde er
jchwermütig und ſtarb 4 n. E., nachdem jein
Bruder Lucius ſchon 1", Jahre vorher (2 n. €.)
gejtorben war. Dio Cass. 55, 10a. Zonar. 10, 36.
Tac. ann. 1,3. 2,4. Vell. Pat. 2, 102. Suet.
Oct. 65. 13) Octavia, Tochter des Kaiſers
Claudius und der Meflalina (ſ. die Stammtafel
unter Julii, 8.), vermäblte fih im 3. 52 m. €.
mit Nero, wurde aber, nachdem er ihre Keuſch—
heit vergebens zu verdächtigen geſucht hatte, von
ihm veritoßen. Er mußte jie zwar, ald das Voll
darüber unzufrieden war, wieder zurückrufen, lieh
fie jedoch bald nachher umbringen. Tae. ann.
12, 58. 13, 12. 14, 60. Ihr Schidjal bildet den
Stoff einer fälfchlichermeite dem Seneca beigeleg:
ten Tragödie Octavia — Andere Octavier: 14)
Dctav. Yigur, wurde von Verres wegen einer
Erbjchaft beunruhigt und trat nachmals in deſſen
Prozeſſe ald Zeuge gegen denjelben auf. Cie. Verr.
1,48. — 15) Oct. Marius, tötete ſich mit eigener
Hand, als er in Yaodileia, wo er befehligte, über:
fallen wurde (43 v. €.) Cie. Phil. 11, 2,4 —
16) Oct. Sagitta, wurde wegen Ermordung der
Pontia angellagt und von Nero (58 m. €.) ver.
bannt. Teac. hist. 4, 44. ann. 13, 44.
Octöber |. Jahr, 1,
Octodürus, Stadt der Veragri im Lande der
Jahre 37 ſuchte fie mit Erfolg die zwiſchen ihrem Helvetier, j."Martinad im Walliferlande, in einem
Bruder und ihrem Gemahl ausgebrochene Uneinig:
feit zu ſchlichten.
zurüd, als er nach Aſien zog, ergab ſich dort den
Berlodungen der Kleopatra und behandelte feine |
Gattin jelbit aus der Ferne unfreundlich, jo muſter⸗
haft fie fich auch gegen ihn und feine Rinder be-
nahm.
icheiden ; gleichwohl fuhr fie fort, feine Kinder zu
erziehen, und verleugnete ihr edles Herz nicht
einen Augenblick. Wegen ihrer feltenen Tugenden,
ihrer Treue und Schönheit hochgeehrt, ftarb fie,
das Muſter einer römischen rau, tief betrauert
im 3%. 11. v. C. „Bon ihrem erften Gemahl hatte
jie einen Sohn, den hoffnungsvollen, mit Augustus’
Tochter Julia vermählten, M. Marcellus, der ſchon
im %. 23 v. C. jtarb. MHor. od. 1, 12,46. Plut.
Antonius aber lieh fie in Rom | einen 8 (j. Dranſe) in 2
rings von Bergen eingejchlofienen Thale, durd
? Hälften geteilt. Cars.
b.
— Stadt der Ilergeten im tarraconen-
ſiſchen Hiſpanien am Einfluß des Sicoris in ben
Iberus, nach Mannert j. Mequinenza, n. a. Flit
Im Jahre 32 Tieh fich Antonius von ihr | am Ebro (fo am wahricheinlichiten) oder Ribarroja
oder Niparroja oder Almatret in Katalonien. Unes.
b. ec. 1,61. Liv. ep. 110,
Ode, Hör, done, Ode, Lied, das Haupterzeug:
nis der Inriichen Poeſie dar Griechen, zwiſchen dem
Hymnos und dem eigentlichen Liede in der Mitte
—— von den Römern carmen genannt; vgl.
‚yrische Poösie.
Odeion, odzrior, ein Konzerthaus, in Griechen:
lands Blütezeit eigens für mufifaliiche Vorträge
Odenatus — Odyssens,
eingerichtet, defien Bau und Organismus dem
Theater im Heineren Maßſtabe entſprach. Das D.
war etwa nur dem vierten Teil jo groß als ein
gewöhnliches Theater, aus afuftiichen Gründen mit
einem Dache verjehen — die war der mwichtigite
und hauptjächlichite Unterichied zwiichen beiden —,
hatte gleichwie das Theater Sigreihen, in einem
Halbfreife über einander erhöht, ferner ein Dr:
chefter für den Chor und eine Bühne für die
Mufiter; doch war dieje weniger tief als in dem
Theater und die Nüdwand nicht mit wandelbarer
Dekoration verjehen, jondern nur einfach verziert.
Diefe Ähnlichkeit mit dem Theater iſt auch Ver:
anlafjung geworden, daß das D. nicht jelten geradezu
auch Theater genannt wird. Perifles hat das erte
Odeion in Athen (j. Attika, 12.) erbauen laflen,
befien ſpitzes Dach dem Zelte des Xerres gleichen
jollte, und zwar zunächſt für die muſikaliſchen
Wettlämpfe an den PBanathenaien. Plut. Per. 13.
Doc diente e8 auch bald Pichtern und Mufifern
als Ort der Proben für ihre poetijchen und muſi—
faliichen Aufführungen, auch Philojophen für ihre
Disputationen (Plut. de eril. p. 604); zuweilen
auch als Gerichtsjaal. Neben diefem am Südoſt—
abhange der Afropolis gelegenen Odeion des Pe—
rifles, welches jpäter im Aufſtande der Athener
gegen Sulla abbrannte und vom fappadotiichen
Könige Ariobarzanes wiederhergeftellt wurde und
allen jpäteren Bauten diejer Art gleichſam als
Mufterbau diente, entjtand in Athen jpäterhin noch
ein anderes, das größte und prächtigfte der alten
Welt, erbaut von Herodes Attifos (j. Atticus, 2.
a Ehren feiner 160 n. E. verftorbenen Gemahlin
egilla, ſüdweſtlich von der Akropolis gelegen.
Es fahte gesen 8000 Perionen und war in jeinem
längften Durchmefjer 284 Fuß lang. Die Dede
bejtand aus Cedernbalfen, mit jchönem Schnigwert
verziert, während das fegelförmige Dad) des peri—
kleiſchen Odeions aus den Maſten der erbeuteten
perliihen Schiffe erbaut gewejen fein foll. Auch
war Herodes’ Bau reich an allen Zierden der Ar:
chiteftur, Malerei und Bildhauerfunft. — Außer
Athen gab es ein Odeion in Korinth, gleichfalls
von Herodes erbaut; in Patrai, das prächtigfte
nad) dem athenijchen, mit einer berühmten Bild:
fäule des Apollon; ferner in Smyrna, in Tralles
und mehreren Heinafiatiihen Städten. In Rom
erbaute das erfte Odeion Domitian, ein zweites
Trajan.
Odenätus j. Zenobin, 2,
Odessos, Oönsoös, 1) griechische Stadt Thra—
fiens am Pontos Eugeinos, nördlid) vom Haimos
und 360 Stadien vom Fuß desjelben, Rolonie der
Milefier mit lebhaftem Handel; j. Varna. Strab.
7, 319. Ov. trist. 1, 9, 37. — 2) Hafenftadt an
der Nordküfte des Bontos am Sangariſchen Meer:
bujen, eigentlih Ogönsss genannt; fie lag weit:
lic von Olbia und der Mündung des Borpithenes,
iemlich weit nordöftlih vom heutigen, nach ihr
nannten Odefja. Lin. 4, 12, 26.
Odeum ſ. Odeion.
Odios, Odlog und 'Odlos, 1) Führer der Hali-
zonen vor Troja, von Agamemmon erlegt. Hom.
TI. 5, 38. — 2) Herold im Lager der Hellenen
vor Troja. Hom. Il. 9, 170.
Odoäcer, ein NRugier, zog thatendurftig ſchon
in jeiner Jugend aus dem damaligen Wohnfige
feines Volles an der Donau und begab fich, an:
845
getrieben durch die Prophezeiung einer Wahr:
jagerin von jeiner fünftigen Größe, nach Italien,
wo er in der kaijerlichen Leibwache diente und fic)
bei einer Empörung der im rön. Heere dienenden
Söldner an ihre Spitze ftellte, den Nomulus Augu—
ftulus vom Throne jtieh, nachdem er deſſen Vater
Oreftes hatte töten lafjen, und auf den Trümmern
des römischen Kaiſerreiches ein deutiches Königreich
Italien (476 n. E.) gründete. Er lieh die alten
Einrichtungen fortbeitchen, verteilte ein Drittteil
des Landes unter jeine Krieger und unterwarf im
Jahre 487 Noricum, unterlag aber der Macht
des oftgotifchen Königs Theodorich, der ihn in
3 Schlachten befiegte und ihn darauf 3 Jahre in
Navenna belagerte. Im Jahre 493 mußte fich
Odoacer dem Sieger ergeben und wurde anfangs
freundlich von ihm behandelt, bald darauf aber
unter dem Vorwande, er trachte wieder nad) dem
Befige von Jtalien, ums Leben gebracht. Procop.
bell. Goth. 1. 1.
Odomanti, Odduerro:, Odourvres, thrafiiche
Völkerſchaft im NO. Mafedoniens am Orbelos:
gebirge, zwiichen den Flüffen Strymon und Neftos.
Hdt. 7, 112. Thue. 2, 101. 5, 6.
Vdrfsae, Odgvsaı, das mächtigſte Volk Thra—
fiens, betwohnten nach Herodot (4, 92) die Ge:
genden an beiden Ufern des Artijfos, welcher ſich
in den Hebros ergießt; doch breiteten fie fich auch
wohl weiter weftlich aus. Ausgezeichnet waren fie
als Meiter durch ihre trefflihen Pferde. Thuc.
2,96 ff. Pol. 24, 6. Liv. 44, 42. Sie waren nidht-
riechifchen Stammes. Als Dareios gegen die
Skythen z0g, fonnte er fie nicht unterwerfen, und
bei der Schwäche der ummwohnenden Völker gelang
es dem König Teres, der 92 Jahre alt wurde
(Thue. 2, 29), diejelben zu —— und ſeine
Herrſchaft bis zum Pontos auszubreiten, wo er
indes durch die Thyner beſiegt wurde. Xen. An.
7, 2, 12. Gein Sohn Sitalfes breitete feine
Macht noch weiter aus. T’hue. 2, 96 ff. Xen. An.
7,2,18. Im J. 431 v. E. gelang es den Athe—
nern, mit Sitalfes ein Bündnis zu jchließen, der
infolge deflen gegen Perdikkas von Makedonien
ein großes Heer rüftete. Allein da die Athener
die verjprochene Hülfe nicht jendeten, verjöhnte
ji Sitalfes mit jeinem Gegner und löſte die Ber:
bindung mit Athen. Auf Sit. folgte 424 Sen:
thes |.,, Medofos und jein Bruder Meſades,
deſſen Sohn Seuthes mit Hülfe der unter Xe:
nophon zurüdkehrenden Griechen das verlorene
Erbe jeines Vaters wiedererlangte. Durch Kotys
(F 358) famen die Ddryjen in nähere Berührung
mit Griechenland, nach jeinem Tode fam es aber
zu Erbftreitigfeiten, welche den Wthenern und
Philipp von Makedonien — erwünſcht waren.
Letzterer brachte um 340 das Land in Abhängig—
leit ohne äußerlich drückende Form. So abhängig,
hielt ſich der Odryſenſtaat, und auch die Römer
(jeit 133 dv. E.) vernichteten ihn nicht, ſondern be—
mußten ihn zur Unterwerfung der umliegenden
Völkerſchaften. Erft unter Veſpaſian wurden die
Odryſen dem römischen Reich vollitändig einver:
feibt. Über ihre Sitten und Einrichtungen ſ. Xen.
An. 7, 2. 8.
Odysseus, Odvoasds, Ulixes (fehlerhafte Schreib:
art Ulysses), König von Ithaka. Sein Bater war
Laörtes, der Sohn des Arkeifios, feine Mutter Anti
Hein, die Tochter des Hugen* Autolylos, feine
—
844
Gemahlin Penelope (Penelopeia), die Tochter des
Ikarios und der Periboia oder Bolyfafte (j. Hippo-
koon, 1.). Die nachhomeriſche Sage, welche die
durch Verichmigtheit hervorragenden Perſonen der
Vorzeit verwandtichaftlich zu verknüpfen juchte,
machte ihm zu einem Sohn des Silyphos, den
Antikleia in die Ehe mit Laërtes hinzugebradht
habe. Soph. Phil. 417. Ov. met. 13, 32. Als der
Kırabe eben geboren war, gab ihm Autolykos, der
vom Parnaſſos nad) Ithaka zum Beſuche gekom—
men war, den Namen Odyſſeus, der Zürnende;
„vielen ja komm' ich ein Zürnender her in das
Eiland“ (Hom. Od. 19, 406 ff.). Der Name hat
wahrſcheinlich Beziehung auf den die Freier im
Zorne Erichlagenden. Nach der Odyſſee (1, 60 ff.)
wird der Name paſſiviſch gedeutet: „der vom Zorne
der Götter Heimgejuchte”. Aus feinem Jünglings:
alter erwähnt Homer einen Bejuch bei jeinem
Großvater Autolykos, bei welcher Gelegenheit er
auf der Jagd von einem Über verwundet ward
(Od. 19, 413 ff.), ferner eine Neife nach Meſſene,
wohin ihn Laertes jandte, um von meſſeniſchen
Männern, die Schafe aus Ithaka geraubt hatten,
Vergeltung zu fordern. Dort traf er den jeine
Roſſe juchenden Iphitos, der ihm als Gaftgeichenf
den gewaltigen Bogen feines Vaters Eurytos gegen
ein Schwert und eine Lanze gab. Od. 21, 13 fj.,
vgl. ferner Od. 1, 2597. Die Penelope gewann
er nad) jpäterer Sage durd) einen Wettlauf, oder
Tyndareos warb um fie für Ddyffeus bei jeinem
Bruder Ikarios, weil er ihm den Mugen Nat ge:
geben hatte, die Freier der Helena jchwören zu
lajien, daß fie dem erwählten Bräutigam gegen
jede Kränkung beiftehen wollten. Telemachos, der
Sohn des Odyſſeus und der Penelope, war noch
ein Säugling, als Odyffeus, von Agamemnon mit
Mühe zur Teilnahme bewogen, den Zug nad)
Troja antrat. Od. 11,447. 24, 116. In 12 Schiffen
führte er gen Troja die Kephallenen, „die durch
Sthafa wohnten, um Neritons rauſchende Wälder,
die Krokyleia bejtellt und Nigilips rauhe Gefilde,
auch die Zakynthos gebaut und die tweitbevölferte
Samos, auch die Epeiros gebaut und die Gegen:
füfte beftellet“ (II. 2, 631). Bor Troja zeichnete
er ſich aus durch Tapferkeit, kühne Beharrlichkeit
(Il. 7, 168. 11, 396. 4, 494. 5, 677. 2, 173 ff.),
durd; Mut, Beredjamfeit, Lift und Gewandtheit,
und darım ift er zur Kundſchaft und Unterhanbd:
lung trefflich geeignet. Beijpiele der Art ſ. ZI.
1, 311. 9, 169. 225. 19, 154. 238 ff. 10, 254 ff.
Od. 4, 242 ff. 262 ff. 11, 508. Nach des Achilleus
Tode gewinnt er im Streit mit dem Telamonier
Aias die Waffen des Helden (Od. 11, 546. Or.
met. 13, 1.) und ift die Hauptperion im grie:
chiſchen Lager, durch deſſen kluge Natichläge und
a ga Wirken endlid Troja genommen wird {j.
Trojanischer Krieg). Nach Trojas Zerſtö—
rung mit den andern Griechen abgezogen (Od.
3, 153 ff.), wird er nach Iſmaros, der Stadt der
Kikonen an der thrafiichen Küſte, verichlagen und
verliert hier nad) Verheerung der Stadt bei nächt:
lichem Überfall 72 jeiner Gefährten. Od. 9, 39 ff.
As er bei weiterer Fahrt um das Borgebirge
Malca biegen will, wird er vom Sturme verjchla:
gen und fommt nach 9 Tagen ans Land der
Yotophagen an der libyichen Küſte (9, 82 ff.).
3 feiner Gefährten, welche auf Kundſchaft ausge-
ichidt waren, wurden von den Einwohnern mit
Odysseus.
jüßem Lotos bemwirtet und begehrten, durch die
liebliche Speije verlodt, im Lande zu bleiben, jo
daß Dd. fie durd Schläge zu den Schiffen zurüd-
treiben mußte. Das Lotophagenland iſt bei den
Irrfahrten des Odyſſeus der legte hiftoriiche Punft;
die weitere Fahrt bewegt fich in einer nach Weiten
gelegenen, phantaftiih ausgemalten Welt der
Wunder, deren einzelne Punkte ſich geographiich
nicht bejtimmen lafjen. Zunächt fommt Od. zum
Lande der Kyklopen, wo er mit 12 Gefährten
in die Höhle des riefigen Polyphemos tritt,
eines Sohnes des Poſeidon und der Nymphe
Thoofa. Nachdem Polyphem in der durch einen
Felsblock verjchlofienen Höhle 6 feiner Gefährten
verjchlungen hat, macht ihn Odyſſeus trunfen,
biendet ihn und entkommt mit den 6 noch übrigen
Gefährten aus der Höhle, indem fie ſich unter der
enge Scyafherde verbergen. Der Kyklop
eht um Nache zu jeinem Vater Pojeidon, der
von jet an den irrenden Odyſſeus verfolgt und
von feiner Heimat fernhält (Od. 9, 116 ff.). Darauf
gelangt Od. zur Inſel des Aiolos (Od. 10,1 ff.),
dann zu dem menjchenfrefienden Laiſtrygonen
(j. d.), aus deren Lande er nur mit Einem Schiffe
entlommt (10, 80 ff.). Auf der Inſel Aiaia ver:
wandelt die Zauberin Kirke, Tochter des Helios
und der Perſe, Schweiter des Mietes und der Hekate,
einen Teil jeiner Gefährten in Schweine, wird
aber durch Odyſſeus gezwungen, ihnen die menſch—
liche Gejtalt wieder zu geben (10, 133 ff). Ein
ganzes Jahr leben fie hier herrlich und in Freu—
den, bis endlich die Gefährten des Odyſſeus zur
Heimfahrt mahnen (10, 466 ff.). Kirke aber heißt
den Helden zuerft nach dem äußerſten Weiten über
den Dfeanos ftenern, um am jenjeitigen Ge—
jtade desjelben bei den Hainen der Perjephone,
im Borhofe der Unterwelt (j. Unterwelt), die
Seele des Sehers Teireſias zu befragen, wie er
in die Heimat gelangen könne. Dies geichieht
(Od. 11). Ddyffeus bringt die von Kirke vorge:
ichriebenen Totenopfer und Gelübde, worauf aus
dem tieferen Duntel des Hades aufer Teirejias
noch die Schatten vieler Helden und SHeldinnen,
auch der feiner Mutter Antifleia, erjcheinen; Tei—
refias verkündet ihm, daß der Zorn des Bojeidon
ihm die Heimkehr erichwere, daß dieje jedoch ge:
lingen werde, wenn fie die Herden des Helios auf
Thrinakia jchonten. Nun fahren fie zur Inſel der
Kirke zurüd, welche ihnen die fernere Reife und
die Nettungsmittel verkündet und einen günftigen
Wind nachjendet (12, 1 ff.).
Infeln der Seirenen (j. d.) und den Plankten
(Arrfeljen, ftillftehenden Felſen mit fiedender Bran-
dung und Dampfe, von den Symplegaden ver:
ichieden) vorbei (12, 166 ff.), zwiichen Skylla
(1. d.) und Charybdis hindurch nach der Inſel
Thrinafia, wo des Helios heilige Herden weiden
(12, 260 ff.). Odyſſeus, von jeinen Gefährten zur
Landung gezwungen, läßt ſich von ihnen jchwören,
fein Stüd der Herden zu jchlachten. Uber vom
Hunger gequält, jchlachten fie, während Odyſſeus
ſchläft, die ſchönſten Rinder. Deswegen zerichmet:
tert Zeus, auf Klage des Helios, als ſie wieder
auf dem Meere find, ihr Schiff mit dem Blitzſtrahl
und läßt alle umlommen bis auf Odyſſeus, der
auf den Schiffstrümmern ſich nach Ogygia, der
Injel der Nymphe Kalypſo, der Tochter des
Atlas, rettet (12, 403 ff.). 7 Jahre verweilt
Sie fommen an den ?
—
6
-
8 (Od. 17. 18).
Oebalidae, Oebalii fratres — Officium.
Odyſſeus bei der jchönen Nymphe, die ihn zum
Satten begehrt und von der Heimkehr zurüdhalten
will, indem jie ihm Unfterblichfeit und ewige Ju—
gend verjpricht; allein ihre jchmeichelnden Worte
fünnen in der Bruft des Helden die Sehnjucht
nach dem Baterland und der teuren Gattin nicht
auslöjchen. Endlich erbarmt ich jein Athene, jeine
göttliche Beichügerin; fie bringt es, während Po—
jeidon abweiend ijt, in der Berjammlung der Götter
dahin, daß Zeus feine Rückkehr beichlieht und den
Hermes an Kalypjo mit dem Befchle abichidt, den
Odyſſeus zu entlaffen. Od. 1, 13.44 ff. 4, 555 ff.
5, Uff. 7,244 ff. Auf jelbftgefertigtem Floſſe ge:
langt er in 18 Tagen in die Nähe der Bhaia-
feninjel Sceria (j. d.); da gewahrt ihn Po:
feidon und zertrümmert jein Floß, aber no
Leufothea rettet ihn an das Land des Schiffer:
volfes der Phaiaken (5, 278 ff.). Er trifft an der
Küſte mit der Königstochter Naufifaa zujammen
und wird von ihr in die Stadt zu ihren Eltern,
Alfinoos und Arete, geführt, die ihm gaftlich auf:
nehmen (Od. 6). Reichlich beichenft, wird er end-
lih von den Phaiafen in die Heimat entiendet
(Od. 13); ſchlafend fommt er nach zwanzigjähriger
Abwejenheit in die Heimat und wird mit jeinen
Schäßen in der Phorkysbucht ans Land getragen.
— In den legten 3 Jahren war jein Haus in
großer Bedrängnis. Während der alte Yaörtes
einfam auf dem Lande traurige Tage verlebte,
umlagerten über 100 Edle von Ithaka, Same,
Dulihion, Zatynthos als Freier des Odyſſeus
ſchöne, Huge und treue Gattin Penelope und ver:
ichwelgten jein Gut (1, 245. 13, 377). Penelope
hatte die drängenden Bewerber durch Fuge Lift
lange hinzuhalten gewußt. Sie hatte fie gebeten
fo lange ihr Friſt zu gewähren, bis fie ein Leichen:
tuch, das für ihren Schwiegervater bejtimmt jei,
vollendet habe; was fie aber de3 Tages gewebt,
das hatte jie des Nachts wieder aufgetrennt, bis
im vierten Jahr eine der DPienerinnen es den
Freiern verriet, und diefe fie zwangen, das Werk
zu vollenden (2, 88 ff). So ward ie endlich zur
enticheidenden Wahl gedrängt. Sie verjprady den
zu erwählen, der bei einem Wettichiehen mit dem
Bogen des Odyſſeus fiegen würde, in der Erwar—
tung, daß feiner ihn zu jpannen vermöchte. Am
Tage vor der Entjicheidung kommt Odyſſeus in fein
Haus zurüd. Bon der Phorkysbucht aus hat er
jih, von Athene in einen alten Bettler verwandelt,
auf den Meierhof, den jein alter treuer Diener
Eumaios (diog bpopßos) bewirtichaftet, begeben
(Od. 14) und ift dort mit jeinem Sohne Tele:
machos zujammengetroffen (Od. 16), der gerade
von Pylos und Sparta, wo er nach jeinem Vater
hat forjchen wollen, zurüdgefehrt und faum den
Nachitellungen der Freier entgangen ift. Denn
in der legten Zeit war er, in das Mannesalter
eingetreten und von Athene mit Mut und Kraft
bejeelt, dem Treiben der Freier Fräftig entgegen-
getreten, weshalb dieje ihn aus dem Wege zu
räumen bejchlojien hatten (Od. 1—4). Bater und
Sohn beraten bei Eumaios das Werk der Rache,
und Odyſſeus begibt fich in Bettlergeftalt in die
Stadt, wo er im jeinem eigenen Sa als Bettler
viel von dem Übermute der Freier zu dulden hat
Als am folgenden Tage, einem
Feſte des ftrafenden Bogenihüten Apollon, das
Wettichießen mit dem Bogen des Odyſſeus, dem
845
Geichente des Iphitos, durch die Ohre von 12
Arterfen veranftaltet wird, feiner aber der Freier
den gewaltigen Bogen zu jpannen vermag, jpannt
ihn zuletzt Odyſſeus, der Bettler, und nachdem er
den Preisihuß gethan, richtet er feine Geſchoſſe
gegen die Freier und tötet, unterjtügt von Athene,
von Telemachos und einigen treuen Dienern, alle
(Od. 21. 22). Darauf gibt er ſich jeiner Gemahlin
zu erfennen und ſucht feinen alten Vater auf.
Unterdeffen haben die Verwandten der Freier auf
die Kunde von deren Ermordung die Waffen er:
griffen, allein Athene, in Geftalt des Mentor,
verjöhnt das Volk mit feinem Könige (Od. 23. 24).
Über die Verteilung diejes Stoffes in der Odyſſee
j. Homeros. Homer ftellt den Odyſſeus dar als
gewandten, jchlauen und erfindungsreihen Mann,
ausgezeichnet durch Beredjamfeit, Klugheit und
Weisheit, als entjchloffenen, mutigen Kämpfer und
fühn ausharrenden Dulder; in der fpäteren Sage
dagegen erſcheint er oft als feig, falih und ränte-
voll. Verg. A. 2, 164. Ov. met. 13, 6 ff. Über
das Ende des Odyſſeus hatte Teircfiad (Od.
11, 134 ff.) vorausgejagt, außer dem Meere (2E
drög = FEw dAög) würde ihm der freundliche Tod
fommen, der ihn, von behaglichem Alter aufge:
Löft, in Frieden hinwegnehmen werde, während
die Völker ringsum blühen und gedeihen. An das
homeriiche 25 «Ads (aus dem Meere) anfnüpfend,
dichtete die jpätere Sage: Telegon os, Sohn des
Od. und der Kirfe, wurde von feiner Mutter aus-
geichictt, den Vater zu juchen. Als er, vom Sturme
nad Ithaka verichlagen, Lebensmittel plünderte,
wurde er von Dd. und Telemachos angegriffen
und tötete den Bater, —— Leichnam nach Aigia
‚gebracht ward (daher Telegonus parricida, Hor.
od. 3, 29, 8). Die tötende Lanze war mit dem
Stachel eines Meerrochen verjehen, denn aus dem
Meere jollte ihm der Tod fommen. Kirfe joll den
Toten wieder erwedt haben, oder er gelangte nadı
Torrhenien, wo er auf dem Berge Berge ver:
brannt ward. Telegonos foll ſich mit Penelope,
welche nebft Telemachos ihm und dem Leichnam
des Odyſſeus nach Niata gefolgt war, vermählt
und den Italos gezeugt haben; er galt für den
Gründer von Tujculum und Pränefte. Or. /ast.
3,92. Hor.a.a. DO. Telemachos aber vermählte
ſich mit Kirke und zeugte mit ihr dem Yatinos;
oder er heiratete die Kaſſiphone, Tochter der Kirke,
erichlug die Kirfe und ward deswegen von Kaſſi—
phone getötet. Auch eine Tochter Roma joll er
gehabt haben, die ſich mit Nineias vermählte: mit
Rolyfafte, der Tochter des Neftor, oder mit Nau—
jifaa, der Tochter des Alkinoos, zeugte er den
Perfeptolis. Nach Hejiod (theog. 1011 ff.) zeugte
Odyſſeus mit Kirke außer Telegonos noch den
Agrios und Latinos, mit Kalypſo den Naujithoos
und Naufinoos. — Die Kunſt ftellte den Od. als
einen bärtigen Mann in reifem Alter mit einem
ipigen Filzhut auf dem Haupte dar, lebteres viel:
leiht aus Mißverſtändnis von Hom. Il. 10, 265.
Vebalidae, Oebalii fratres j. Vibalos.
Oenotria (Oin.) j. Italia, 1. 9. 10,
Offiefum war in der jpätern Kaiſerzeit der
Name des gejamten Dienftperjonals der kaiſer—
lichen Beamten, auch cohbors genannt. Die ein:
zelnen hießen officiales und hatten einen militä-
riſchen Charakter, während die Diener der noch
fortbejtehenden republifaniichen Magiftrate(accensi,
846
apparitores) Nichtmilitärd waren. Der Urfprung
der militärischen Diener ift bei den neuen faifer:
lien Magiftraturen zu ſuchen, wie praefectus
praetorio, praef, urbi, praef. vigilum, welche
militärifhe Gchülfen befamen, aus denen im
3. Jahrhundert die vollftändig entwidelten offieia
hervorgingen. Gonftantin erweiterte diefe Orga—
nilation dergeftalt, daß die meiſten oflicia einen
princeps, einen cornicularius, adiutor, commen-
tariensis u. |. w. zählten. — Auch die Verpflid)-
tungen, die der gejellige Verkehr mit fich brachte,
biegen officia. Nicht bloß die Klienten, ſondern
auch Hochgejtellte, vom Konſul bis zum griechiichen
Gelehrten herab, der ſich etwa um eine Vehrerftelle
in dem vornehmen Haufe bewarb, machten ihre
üblichen Bejuchsofficia. Außer diejen Höflichkeits:
bejuchen war es auch officium, bei jedem feier:
lihen Familienereignis zu erjcheinen. Die Zeit
jolcher officia waren die beiden erften Morgen-
ftunden. Suet. Oct. 77. ©. friedländer, Sitten:
geichichte Roms |, 4. Abſchnitt.
Omlii (Onllii). Zu nennen find nur: 1) U.
Df., ein freund des Cäſar und tüchtiger Jurift,
lebte zur Zeit des Cicero (ad Att. 13, 37. ad fam.
7, 21). — 2) Ein anderer Ofilius diente im Kriege
gegen ©. Pompejus unter Octavian (36 v. E.)
und verichmähte alle Ehrenauszeichnungen als des
Kriegers, den man nur mit Yand und Geld be:
lohnen dürfe, unmwürdig. App. b. c. 5, 128.
Ogulndi, Quintus und Gnäus, jegten als
Boltstribunen cin Gejeß (lex Ogulnia) durch, nad)
welchem auch PBlebejer, und zwar die Hälfte, in
die Brieftertollegien jollten gewählt werden dürfen,
300 dv. E. Liv. 10,6. Am J. 296 ſchmückten fie
als Ädilen Nom mit mehreren Kunſtwerken. Quin—
tus war im Jahre 291 einer der 10 nach Epi—
dauros zur Herbeiholung der heiligen Schlange
geſchickten Gelandten. Liv. 10, 23.
Ogygia, Dyvyla, 1) Inſel der Kalypſo bei
Homer (Od. 1, 85. 5, 244 u. Ö.), bildete den Nabel
des Meeres (Od. 1, 50), in deſſen entfernteftem Teile,
18 Tagereifen von der Phaiakeninjel, fie lag. —
2). Ogygos.
Ogygos, Ogyges, Qyvyos, Qyvoynse, boiotijcher
Autochthon oder Sohn des Boiotos oder des Ro:
jeidon, Nönig der Hektener, erjter Beherrſcher des
thebantihen Yandes, das nad ihm Ogygia hieß.
Paus. 9, 5,1. Zu jeiner Zeit überſchwemmte der
Kopaisjee einen großen Teil Boiotiens, die ſ. g.
ogygiſche Flut. Er erjcheint auch in den attijchen
Sagen und ift bier Vater des Eleujis. Paus.
1, 38, 7.
Dia, Oic, Ort auf Nigina, 20 Stadien von der
Hauptitadt der Anjel entfernt. Zldt. 5, 83.
Viäzgros j. Orpheus.
Oianthe, Oiantheia ſ. Lokris, 3.
Oiax j. Palamedes.
Vibalos, Oißeros, 1) Sohn des Kynortas,
Gemahl der Gorgophone, Bater des Tyndareos,
der Peirene und Arene, König von Sparta, wo
er ein Heroon hatte (Paus. 3, 1, 4); oder Sohn
des Perieres und Enfel des Kynortas; von der
Nymphe Bateia Vater des Tyndareos, Hippokoon
und Ikarios; daher Vebalidae und Vebalıi fra-
tres = Tiosfuren und Oebalia pellex = Helena
(Ov. rem. am. 468. Apollod. 3, 10,4). — 2) Sohn
des Telon und einer Nymphe des Fluſſes Sebethus
bei Neapel. Telon, König der Telebver, war von
Oflüi —
Oidipus.
Taphos, einer der Edinaden, nad Capreä ge:
zogen, Dibalos aber lich jih in Gampanien nieder.
Verg. A. 7, 734.
Vichalia, Olyakle, Name mehrerer alter Städte
in Griechenland, die alle Sit des Eurytos ge:
weſen zu jein behaupteten: 1) in Meſſenien an
der arladiichen Grenze; -— 2) auf Euboia im
Gebiet von Eretria (Soph. Trach. 74); — 3) in
sg am Peneios zwiſchen Pelinna und Triffa
(Hom. Il, 2, 596. 730. Od. 21, 13); — 4) im Ge—
biet von Trachis; — 5) in Nitolien. Strab. 9, 438.
Vidipus, Oldlzovs, Sohn des Thebanerkönigs
Laios und der Epifafte. Er erjchlug jeinen Vater
und vermählte ſich mit feiner Mutter, ohne beide zu
fennen; als die Götter ſofort den Frevel ent:
hüllten, erhängte ſich Epifafte, er aber herrichte
noch gramvoll über Theben, gepeinigt von den
Erinyen feiner Mutter. Hom. Od. 11, 271 ff.
An feinem Grabe feierten die Thebaner Leichen:
ipiele. Hom. 11. 23, 679. Dieſe bei Homer fich
findenden Züge der Didipusjage, die wahrjchein-
lih jchon von früheren Epikern behandelt worden
war, find von den Tragifern vielfach erweitert
und verändert worden. Sy er ftellt im Didi:
pus Tyrannos die Sage folgendermaßen dar:
Laios, Sohn des Labdakos (j. Amphion), Entel
des Polydoros, Urentel des Kadmos, König in
Theben, hatte von Apollon das Orakel erhalten,
ihm jei durch einen Sohn zu fterben bejtimmt,
den er mit feiner Gemahlin Jokaſte (bei Homer
Epifafte), der Tochter des Menoifeus und Schweiter
des Kreon, zeugen würde. Als ihm daher Jolaſte
einen Sohn gebar, ließ er ihm jogleich nach der
Geburt mit gebundenen und durchftochenen Füßen
auf dem Kithairon, dem Berge der Erinyen, die
den Didipus fein ganzes Leben lang verfolgten,
durch einen Sklaven ausjegen. Dieter aber gab
das Kind auf dem Kithairon einem forinthiichen
irten, der es jeiner finderlofen Herrſchaft, dem
önig Polybos und defjen Gemahlin Merope (oder
Medufa, Periboia), überbrachte. Dieje gaben dem
Knaben wegen der gejchtwollenen Füße den Namen
Didipus (Schwellfuß) und zogen ihn als ihren
Sohn auf. Als er zum Jüngling berangereift ift,
wirft ihm beim Gelage ein Ktorinther vor, er jei
jeinen Eltern untergeichoben. Deshalb geht er
ohne Willen feiner Eltern nad) Delphoi, um nach
jeiner Abkunft zu forjchen. Das Orakel jagt ihm,
er werde jeine Mutter heiraten, ein den Menſchen
graufes Gefchlecht erzeugen und jeines® Vaters
Mörder werden. Darum bejchlicht er, nicht wieder
zu jeinen Eltern nad) Korinth zurüdzufehren, und
wendet jich gen Theben. Da, wo von dem Wege
wiſchen Delphoi und Daulis fi die Strafe nach
Theben abzweigt, in der ſ. g. Exuorn (f. Eyıorn
dd05), begegnet ihm auf einem von einem Herolde
gelenkten Wagen fein ihm unbefannter Vater Yaios,
der nach dem delphiſchen Orakel reifen will. Als
der Herold den D. mit Gewalt aus dem Wege
drängen will, Schlägt ihn O., wofür ihm der Alte
auf dem Wagen, als er cben vorbeigeht, einen
Schlag über den Kopf verjegt. Da erichlägt ©.
im Zorne den Yaios und feine Begleiter bis auf
Einen, der entflicht. In der Nähe von Theben
befreit er die Stadt von der Sphinx (j. d.), indem
er ihr Rätſel löſt und fie dadurch zwingt, fich
durch den Sturz von ihrem Felſen den Tod zu
geben. Für dieje Wohlthat empfängt er von dem
Oixtrue — Oinot,
847
die Regierung führenden Kreon und der danfbaren | Troja zurüdgefehrt, in Arfadien, two man fein
Stadt die Herrihaft von Theben und die Hand
der verwitweten Königin, jeiner eigenen Mutter.
Er erzeugt mit ihr Eteofles, Bolyneites, Antigone
und Iſmene. (Die altepiihe Sage kennt feine
Nachkommenſchaft diejer Ehe; nach ihr hat D. die
genannten Kinder mit Euryganeia erzeugt, der
Tochter des Hyperphas, welche er nach Epikafte
heiratete.) Nach langjährigem Wohlergehen wird
endlid) das Glück des D. durch Mißwachs und
eine furchtbare Pet gejtört, und das Drafel des
Apollon erklärt, damit die Stadt gerettet werde,
müfje der im Lande lebende Mörder des Laios
verbannt oder getötet werden. In treuer Sorge
um die Stadt ſucht D. den Verbrecher ausfindig
zu machen, und als Nejultat feiner Forichung er:
ibt fi, da er der Mörder des Kaios, feines
ters, und der Gemahl feiner eigenen Mutter
ift. Aus Verzweiflung erhängt ſich Jolafte, O.
aber blendet jich jelbft. Damit endet des Sopho—
les Drama. — Nach andern wurde D. auf dem
Kithairon von Hirten gefunden und auferzogen,
oder er wuchs in Sikyon, einem Hauptſitz des
Erinyenfultus, auf; der Engpaß, wo er den Bater
eriehlug, jollte in der Nähe von Potniai fein, wo
ebenfalls die Erinyen verehrt wurden. — liber
die legten Schidjale des D. find die Sagen ver:
ſchieden. Nach den älteren Sagen herrichte er
nach Entdedung feiner Greuelthaten in Theben
fort und ſtarb dajelbft; er lag in Theben oder in
dem Heiligtum der Demeter (Erinys) zu Eteonos
begraben. Bei den Tragikern wird er entweder
fogleidy von jeinen Söhnen und Kreon, der die
Regierung übernommen hat, des Landes verwie—
jen und von Antigone in die Verbannung be:
leitet, oder er wird, damit die Schmach des
uſes verborgen gehalten werde, von jeinen Söh—
nen eingejperrt. Deswegen flucht er ihnen, und
infolge dieſes Fluches geraten fie in_verderblichen
Streit um die Herrichaft, in dem fie jich gegen:
jeitig morden (j. Adrastos). In der kykliſchen
Thebais war der Baterfluch dadurch motiviert, daß
Bolyneiles einen filbernen Tiich des Kadmos und
einen goldenen Becher dem Vater vorjegt und jomit
Kleinodien anrührt, die den DO. an jeinen Vater:
mord erinnern. Zum zweitenmal jlucht der leicht
zu verlegende Alte den Söhnen, als jie ihm bei
einem Familienopfer ftatt des Ehrenſtücks den
Ichlechteften Teil des Opferfleiiches jchiden. Nach
des Sophofles Didipus in Kolonos kommt
lange nach Entdedung feiner Frevel aus Theben
verbannt, geleitet von Antigone, nad Kolonos in
Attila und findet dort in dem Heiligtume der nun
verjöhnten Erinyen auf geheimnisvolle Weije den
Tod und die endliche Ruhe. Die ſchweren Leiden
haben ihn geheiligt, jein Grab ijt ein jchüßender
Hort des attiihen Landes geworden. In Athen
ſelbſt zwijchen Areopag und Alropolis befand ſich
in einem Heiligtum der Eumeniden ein Grabmal
des Didipus. — Bol. 8. %. Hermann, quaestio-
num Öedipodearum capita III (1837).
Oixtraı |. Joükos.
Oizxia, olxog |. Haus, 1.
Oikles, Oiklens, Oiins, Oinkevs, Sohn des
Antiphates, Enkel des Sehers Melampüs, Vater
des Sehers Amphiaraos aus Argos. Hom. Od.
15, 241 ff. Er fiel vor Troja bei dem Zuge des
Heralles gegen Yaomedon, oder er wohnte, von
D., | römischen Heeritraße lag.
Grab zeigte. Paus. 8, 36, 6.
OixöorgıBes |. Joükos, 7.
Oileus, Orleis, 1) Sohn des Hodoidokos,
Enfel des Kynos, Urenfel des Opüs, König der
Lokrer, Gemahl der Eriopis, Vater des Heinen
Aias und des Medon (defien Mutter Rhene), Ar:
gonaut. Hom. Il. 2, 527. 727. — 2) Wagenlenfer
des Bianor, von Ngamenmon erlegt. Hom. I1.11,93.
Oinson, Olveov, Stadt der ozoliihen Lofer,
öftlich von Naupaktos, mit einem Hafen. Tue.
3, 96. 102. Strab. 9, 427. 10, 450. Zu ihrem
Gebiete gehörte ein Heiligtum des Zeus Nemeios,
in welchem Hefiod von den Söhnen des Phegeus
ermordet worden jein follte. Thuc. 3, 96.
Oineus, Olveng, 1) König der Nitoler in Ka—
don, der „Weinfönig“, der zuerſt die Berge
Nitoliens mit Wein bepflanzt haben ſoll, Sohn
des Portheus oder Porthaon, Bruder des Agrios
und Melas, die in Pleuron hHerrichten, Gemahl
der Althaia, Bater des Tydeus und Meleagros.
Hom. Il. 5, 813. 9, 529 ff. 14, 115 ff. Als Ge—
ichwifter werden noch genannt: Alfathoos, Yaokoon,
Leufopeus, Sterope; ald Kinder: Toreus, Thyreus,
Klymenos, Beriphas, Agelaos, Gorge (Gemahlin
des Andraimon), Eurpmede, Melanippe, Mothone,
Deiaueira. Apollod. 1, 7, 10. 8, 1. Apoll. Rhod.
1,192. Zu feiner Zeit fand die berühmte Jagd des
falydoniichen Ebers ftatt, j. Meleagros. Die
Söhne des Agrios kerferten ihn ein und über:
gaben ihrem Vater die Herrichaft; dafür wurden
Agrios und feine Söhne von Diomedes, dem Enkel
des Dineus, erichlagen, j. Diomedes. Zur Zeit
des trojanijchen Krieges führte Thoas, Sohn des
Andraimon, die Nitoler vor Jlion an. Hom. Il.
2,658. — 2) Sohn des Pandion, attijcher
Eponymos.
Viniädai, Olvidaı, alte Küftenjtadt Afarna:
niens recht38 an der Mündung des Acheloos, der
fie im Winter ganz umftrömte und jo eine Be:
lagerung unmöglich; machte. Thuc. 2, 102. Im
peloponnefischen Kriege war fie anfangs Bundes:
genofjin der Spartaner (T’huc. 2, 82. 114), wurde
dann aber von den Athenern gezwungen, ſich
—— anzuſchließen (Thuc. 4, 77), und blieb in
ihrem Bejig, bis die Mitoler fie in der maledo—
nischen Beit bejegten (Diod. Sie. 18, 8. Plut.
Alex. 49). Philipp V. befeftigte Din. ftarl, dann
aber verjchwand es, da e3 nicht an der großen
Zu ihrem Gebiet ge:
hörte die Gitadelle Nejos oder Najos. Pol.
9,39. Liv. 26, 25. Bedeutende Ruinen, nament:
lih der Mauern und des Theaters, haben ſich auf
einer Höhe, Trifardofaftron genannt, erhalten und
haben einen Umfang von 1", Stunden.
Vinöe, Olvon, 1) attiicher Demos der hippo-
thoontiichen Phyle bei Eleutherai, Grenzfeitung
gegen Boiotien und im peloponnefiichen Kriege
oft erwähnt. Thuc. 2, 18. 8, 98. Hat. 5, 74.
Ein anderer Demos des N. in der aiantijchen
Phyle lag bei Marathon. — 2) feite Stadt der
Korinther am Korinthiihen Meerbujen unweit
Pagai. Xen. Hell. 4, 5, 5. 19. — 3) Ort in
Argolis am Fuß des Artemifion am rechten Ufer
des Inachos, auch Olrn genannt, beim heutigen
Katobeliffi. Paus. 1, 15, 1. 10, 10, 4. — 4) Ott:
ichaft in Elis, 2 Stunden füdlich von Pylos am
linten Ufer des Yadon. Strab. 8, 338.
848
Oinomäos j. Pelops.
Oinöne ſ. Aigina und Paris.
Oinophyta, Olvöpvre, Ortichaft im füdlichen
Boiotien, wahrjcheinlich im Aſoposthale öftlih von
Tanagra gelegen, berühmt durch den Sieg der
Athener über die Boioter (456 v. E.); j. Inia.
Thue. 1, 108, 4, 95. Plat. Mener. 242 B.
Oinopion, Olvorxior (Weintrinfer), Sohn des
Dionyios umd der Ariadne (oder des Nhadaman-
thus und der Ariadne), Gemahl der Nymphe
Helite, Vater des Talos, Euanthes, Melas, Sala:
gos, Athamas und der Merope oder Hairo oder
Aerope. Bon Kreta fiedelt er nach Chios über.
Hier biendet er den Niejen Orion, der jeiner
Tochter Gewalt angethan hat, und als Ddiejer
ſpäter, von den Sonnenftrahlen wieder geheilt,
Rache an ihm nehmen will, wird er von den Sei-
nigen in einer Gifterne verborgen. Auf Chios
zeigte man jein Grab. Paus. 7, 4, 8. 5, 13.
Apollod. 1, 4, 3.
Oivos ſ. Mahlzeiten und Vinum.
Oinotria (Oen.) f. Italia, 1. 9f.
Oinotröpei, Olvorgoro:, Weinverwandlerinnen,
hießen die Töchter des Anios auf Delos, jo ge:
nannt, weil jie Waſſer in Wein und alles, was
jie wollten, in Getreide oder Dliven verwandeln
fonnten. Als Agamemnon fie dem Bater entreifen
will, werden fie durch Dionyjos in Tauben ver:
wandelt. Ov. met. 13, 650 ff.
Vinötros, Oivwrgog, jüngjter Sohn des Ly—
faon, der aus Mrfadien nad Italien wanderte
und jich in Dinotria niederließ. Nach Dionyſios
von Halikarnaſſos (1, 11. 2, 1) begleitete ihn jein
Bruder Peufetios, von dem die Yandichaft Beufetia
den Namen hat.
Oinüs, Olvoög, Fluß Lakoniens, entipringt im
NO. an der argoliichen Grenze, ftrömt dann im
jüdöftlichen Yaufe bei Sellafia vorüber zwijchen
den Bergen Olympos und Enas durd und min:
det oberhalb Sparta in den Eurotas; j. Nelephina.
Pol. 2, 65. 66. Liv. 34, 28,
Vinüssae, Olvoncc«, 1) 5 Inſeln zwiichen
Ehios und dem Feitlande, j. Spalmadores. Hit.
1,165. T’hue. 8, 24. — 2) Inſeln an der Süd—
ſpitze Meffeniens, dem Hafen Bhoiniküs gegenüber.
Die beiden größten heißen j. Sapienza und Skhiza
oder Nabrera. Plin. 4, 12, 19.
Vionos, Olovros, Sohn des Lilymmios, des
Halbbruders der Allmene, aus Midea in Argolis,
Gefährte des Herakles, erjter Sieger im Wettlauf
in den olympijchen Spielen (Pind. ol. 11, 64),
fam in Begleitung des Herakles nach Sparta,
wurde dort aber von den Söhnen des Hippokoon
überfallen und erichlagen, erhielt jedoch jpäter da—
jelbft ein ale neben dem des Derafles. Paus.
3, 16, 4f.
Oisyme, Olsvun, Kolonie der Thajier in Thra—
fien, ziwifchen den Flüſſen Strymon und Nejtos;
j. Ruinen Levtherolimani. Thue. 4, 107. Plin.
4, 11,18. Der Ort jcheint identisch mit Alavun
bei Homer (TI. 8, 304).
Oite, Oirm, Veta, Gebirgszug Nordgriechen:
lands, der fi) vom Pindos oder defjen jüdlichem
Teile Typhreſtos nad Oſten abzmweigt und, mit
dem Othrys, von dem ihn das Thal des Sper:
cheios trennt, parallel laufend, bis an den Maliſchen
Meerbujen reicht, dort den Thermopylenpaß bil-
det und im Kallidromos, Knemis u. ſ. w. ſich
Oinomaos — Okeanos.
füdöftlich längs der Hüfte fortjegt. Er ift rauf
und erhebt fih im Nordoften zu einer gewaltigen
Telstuppe von 2152", von den Alten, weil jich
hier Serafles verbrannt haben jollte (j. Hera-
kles, 12.), IIvg« oder Bovyla genannt. Liv.
36, 30. Bon der Dite führte die umliegende
Landichaft Theſſaliens den Namen Ditaia, die
Bewohner Olraioı oder Olraeig. Hat. 7, 117.
Thuc. 3, 92. 8, 3. Strab. 9, 430. Xeßtere bildeten
einen Bund, xoıo», zu dem bejonders die Städte
Herafleia, Antityra und Dryope gehörten, und an
deſſen Spite 3 Borkapyoı ftanden. Die Verſamm—
lung des xoıwov hieß wuiale. — Der Teil des
Gebirges bei den Thermopylen heißt j. Patriotiko.
Vitylos, Oirviog, Stadt in Lakonien am Meile:
nischen Meerbujen mit einem Hafen und einem
Serapistempel, ſchon von Homer (Il. 2, 585) ge-
nannt. Paus. 3, 21, 7. 25, 10. %. Bitylos.
Oiwvıorai, olwvonoskor j.Divinatio,ilf.
Okalda, Qualen, -La, Flecken Boiotiens
wiſchen Haliartos und Mlalfomenai, an einem
Flüßchen gleiches Namens und am Berge Tilpho:
jion, jhon von Homer (Il. 2, 501) erwähnt.
Okeänos, Qxzavös, Oceanus, der große Welt:
itrom (morauög Qu., Hom. Il. 14, 245), der die
Erde und dad Meer rings umfließt. Aus ihm
entjtrömten alle Fluten des Meeres, die Flüſſe und
Quellen (Hom. Il. 21, 196); Sonne, Mond und
Geftirne erheben fi) aus feinen Wogen und jenten
ſich wieder in diejelben nieder. Hom. 11.7, 422.
8, 485. 5,6. Obgleich er mit dem von ihm um:
ichlofienen Meere zujammengrenzt, jo vermijchen
fi doch jeine Wogen nicht mit ihm; ruhig und
janft fließt der breite, tiefwirbelnde Strom dahin,
der waſſerreichſte aller Ströme. An feinen Ufern,
an den äußeriten Enden der Erde, wohnen glüd-
lihe und gerechte, jowie in Nacht und Graus ge-
hüllte Völker, wie die frommen Withiopen (Hom.
11. 1, 423. 23, 205. Od. 1, 22), die Kimmerier
jenjeits des Dfeanos im Weſten, unbejchienen von
der Sonne. Hom. Od. 11, 14 ff. Denn jenjeits
des Dfeanos im Weſten ift ewige Nacht; da find
die Haine der Berjephone und der Eingang zu
der Unterwelt (Od. 10, 508 ff.), während diesjeits
das glüdliche Elyfion ift. Od. 4,568. Homer fennt
feine Quellen und feinen Ausflug des Dfeanos;
bei Hefiod dagegen hat er Quellen (theog. 282).
Die Styr ijt ein Arm, der zehnte Teil des Stro-
mes, die übrigen Teile fließen um Erde und
Meer und fallen nach vollendetem Kreislauf in
das leßtere (theog. 759 fi.). Bei Homer ift Ofeanos
entjchieden perjonifiziert; er ift der Urvater aller
Götter, der Titanen und der Olympier (Il. ı4,
201. 246). Eltern hat er daher bei Homer nicht;
bet Heſiod dagegen heißt er Sohn des Uranos und
der Baia, der ältejte der Titanen, der mit feiner
Gemahlin Tethys 3000 Ströme und 4000 Okea—
ninen (Dfeaniden) erzeugt (theog. 133. 337 ff.).
Er fteht an Rang feinem Gotte nad, außer dem
Bens (Hom. Il. 14, 244); den regierenden Göttern
ijt der ehrwürdige greije Vater ein Gegenftand der
Fürſorge, obwohl er feinen Teil an der Regierung
der Welt hat. Nach dem Sturze des Kronos hat
er den neuen Herrichern jich unterworfen; aber er
lebt abgeichieden und kommt zu feiner Götterver:
jammlung. Hom. Il. 20, 7. — Die homeriſchen
Borftellungen von Okeanos als Weltjtrom erhielten
fi) nod) lange bei den fpäteren Dichtern; von den
Okellos — ÖOliaros.
Tragifern nennt ihn Euripides (Orest. 1376) zuerft
ein Meer. Herodot (2, 23. 102. 3, 115. 4, 8. 13.45)
ipricht gegen die Anficht von einem Weltſtrom
als eine Erfindung der Dichter und nimmt den
Okeanos als Weltmeer, und darin find ihm alle
gefolgt, welche die Kugelgeftalt der Erde erfann-
ten, wie Platon (im Timaios) und Mriftoteles (de
coel. 2, 14). Seit Nriftoteles galt der Okeanos
für das äußere große Weltmeer im Gegenſatz zu
dem Mittelmeer. — m allgemeinen wurde der
Dcean als jehr gefährlich zu befahren oder aud)
als ganz unbefahrbar gejchildert, und die Sagen
von Dunkelheit, Untiefen, beftändiger Windſtille
erhielten fich bis ins Mittelmeer hinein. Aus dem
Okeanos ftrömt im W. das Mittelmeer bei den
Säulen des Heraffes, weshalb Mela (3, 9, 3) dieje
Meerenge Oceani ostium nennt; in denjelben er:
gießt fih im NO. das Kafpiiche Meer, obgleich
Herodot (1, 208) es jchon als ringegeidhloffenen
Landſee beichreibt. Später unterjchted man ver:
ichiedene Teile des D., den aithiopiichen, ernthrai-
iſchen, germanischen, buperboreifchen, galliichen
u. j. w. Bei Eäjars unbeitimmten Angaben ift
Vceanus bald das Atlantijcdye Meer (b. g. 3, 7),
bald die Nordiee (4, 10 u. Ö.).
Okellos, "Oxsellos ö Asunurös, Ocellus Lu-
canus, ein pythagoreiſcher Philoſoph von unge:
wiſſem Zeitalter, Berfaffer einer Schrift meet rs
tod zarrög pboewg, hauptjächlih den Lehrſatz
von der Ewigfeit der Welt behandelnd, aber in
ihrer Echtheit vielfach angefochten, vielleicht im
1. Jahrhundert v. E. abgefaft. Ausgg. von Ru:
dolph (1801) und von Wullac) (1846).
Oktaöteris j. Ennaöteris.
Okypöte j. Harpyien,
Olbia, Orßie, 1) fefte Seeftadt an der Weft-
grenze von Bamphylien, nicht weit vom Katarrhaf:
tesflufje. Strab. 14, 666. — 2) Stabt in Bithynien,
an dem Dlbianiihen Meerbujen; auc Aſtakos,
ipäter Nilomedein (j. d.) genannt. Ptol. 5, 1,3.
— 3) Blühende Handelsftadt an dem Miündungs:
bujen des Hypanis und Boryfthenes, auch Olbio—
polis oder Boryſthenes genannt (die Einwohner
Olßioroliraı und Bopvottevsira,, Kolonie der
Milefier, um 650 v. E. gegründet, um 100 und
wieder um 55 dv. E. von wilden Stämmen ver:
wüjtet, dann teilweife wieder aufgebaut, von Trajan
zur Freiſtadt erflärt, von Septimius Severus dem
römischen Reiche einverleibt, aber um 236 n. €.
von den Goten völlig zerftört. Ruinen j. bei
Nitolajew. Strab. 7, 306. — 4) Kolonie von Maſſi—
lid im narbonenfiihen Gallien, öftlich von Telo
Martius (Toulon), am Berge Olbianus, j. Eoubes
bei Hieres. Strab. 4, 180. 184. — 5) Stadt an
der Dftfüfte von Sardinien mit gutem Hafen, wo
gewöhnlich die Romer landeten (Cie. ad fam. 2,6, 8),
j. Zerranova.
Oleinium, illyriſche Küftenftadt, die fich beim
Ausbruche des Krieges gegen K. Gentius 167 dv. E.
für die Römer erflärte und deshalb von ihmen
jelbftändige Verfaſſung und Abgabenfreiheit er:
hielt; j. Ulfin, ſlaviſch Olkun, ital. Dulcigno. Liv.
45, 26.
Olda, Zicla, der Olbaum, wahricheinlich aus
Syrien nad Griechenland und von da jpäter nad)
Stalien verpflanzt, langjam wachjend, aber ein
Hohes Alter (über 200 Jahre) erreihend. Er wurde
wegen jeiner Früchte vorzüglich geihägt und war,
Realleriton des Hafi. Altertums. 7. Aufl.
849
wie noch heute, ein Hauptproduft Wttifad. Er
gedeiht nämlich bejonders im leichtem, trocdenem
Boden, wie ihn Attila hatte, und in der Nähe des
Meeres. Der Mythos läht Athene und Bojeidon
um den Bejig Attikas ſtreiten, Athene aber fiegt
durch das Geichent des Olbaums als des nützlich—
ften und angemefienften für Wttifa. Hdt. 8, 55.
Die Olbäume ftanden hier unter gejeglichem Schuß;
ja gewifle von ihnen, jelbft auf Privatgrundftüden
ftehende (uoglar), welche von dem von Athene auf
der Burg geichaffenen heil. Olbaum abftammten,
waren Eigentum der Athene und ftanden unter
Aufficht des Areopag, der ihren Ertrag verpachten
ließ. Wer einen folchen ausgrub, wurde mit Ber:
bannung und Berluft des Bermögens geftrait.
Bon feinen eigenen Ölbäumen durfte ein Athener
in der Negel jährlich nur 2 ausgraben, bei Strafe
von 200 Dradhmen für jeden Baum. — Die Zweige
des Baumes wurden als Sinnbild des Friedens
von den Schußflehenden, inera«ı, supplices, in
Händen gehalten. — Auch in Ftalien wurde die
Dlive ftarf gebaut, am beften in Unteritalien bei
Benafrum und Tarent. Bergil unterjcheidet 3 Ur:
ten: orehis, eirund, am ölreichften, radius (mie
ein Weberjchiff), länglich, vorzugsweije eingemacht
zu Speifen, und pausia, am fleiichigjten und daher
auch unreif zum Einmachen genommen. Die Ol—
feje dauerte von Ende Oktober bis zum Januar.
Das Ol wurde an Speijen, bei Opfern, zum
Brennen in Lampen, zum Salben im Bade und
in der Baläftra gebraudt. Die reife Dlive war
eine gewöhnliche Speije des armen Mannes und
fehlte auch nicht auf dem Tiſche des Wohlhabenden.
— Der wilde Olbaum, oleaster, dyoıslade,
unterjcheidet fich durch niedrigeren Wuchs, edige,
ftachlichte Zweige, fürzeres und härteres Yaub,
Heinere und herbere Beeren. Sein Laub diente
um Siegerkranz in den olympijchen Spielen. Vgl.
artich, phyſiſche Geographie von Griechenland,
©. 112 ff.
Vlön, Rirjv, ein alter mythiicher Sänger, der
im Zuſammenhang mit dem Apollonkult zu Delos,
Delphoi und Kreta jteht, aus Lytien oder dem
Hyperboreerlande entiproffen. Man hatte in De:
los allerlei alte Hymmen von ihm (Hat. 4, 35),
welche ——— mythologiſche Traditionen und
bedeutungsvolle Benennungen von Göttern ent—
hielten. Er galt für den erſten Hymnendichter
und Propheten des Apollon und bei manchen für
den Erfinder des Geſangs in epiſchem Versmaße.
Vlennius, primipilaris unter Tiberius, ſollte
den von Drufus den riefen auferlegten Tribut
einfordern, fteigerte aber denjelben mit habſüch—
tiger Härte jo jehr, daß fie jich empörten. Er
jelbft flüchtete ji) mit genauer Not in das Kaftell
Tlevum, 28 n. E. Jac. ann. 4, 72 ff.
Olönos, Qacvos, 1) alte, aber bald von den
Niolern zeritörte Stadt Witoliens, in der Nähe
von Pleuron, Hauptjit des durch die Kureten mit-
gebrachten fretiichen Zeustultus. Hom. Il. 2, 639.
Strab. 10, 451. — 2) Stadt im wejtlichen Teile
Achaias am Berrosfluffe zwiichen Dyme und Batrai,
zu Strabons Zeit in Trümmern. Hadt. 1, 145.
Strab. 8, 386.
Olgassys j. Paphlagonia.
Oliäros, Nırpös, Kylladeninjel, nicht weit
weftlich von Paros, j. Antiparos (erg. A 3,126),
folonifiert von Phoinilern. Die berühmte mit
54
—
850
Stalaktiten von mannigfachen Formen geſchmückte
Grotte im nördlichen Teile der Inſel wird zwar
im Altertum nicht erwähnt; doch beweiſen einige
von neueren Reiſenden in der Vorhalle entdeckte
Inſchriften, daß ſie auch im Altertum ſchon beſucht
worden jein muß. Strab. 10, 485.
VOligarchia j. Staatsformen, 2.
Oligyrtos, Oidlyvorog, Berg und Feſte im NO.
Arfadiens, zwiſchen Stymphalos und Kaphyai.
Pol. 4, 11. Plut. Cleom. 26,
Vlisipo, Olıc’zwv, Stadt Yufitaniens am rech—
ten Ufer des Tagus, zur Zeit der Römer Muni-
cipium mit dem Beinamen Felicitas Julia, be:
rühmt durch ihre rajchen Pferde, j. Lisboa oder
Liffabon, frauzöj. Yisbonne. Strab. 3, 101.
Vlizon, OkLorv, Küftenftadt der theſſaliſchen
Landichaft Magnefia, Artemifion auf Euboia ge:
genüber, zu Strabons Zeit ein zu Demetrias ge-
höriges Dorf. Hom. 11. 2, 717. Strab. 9, 436.
Oikädes, Oixddes, Völkerſchaft im tarraconen
fiichen Hifpanien, am oberen Yaufe des Anas; einen
Zeil derjelben hatte Hannibal nach Afrika ver:
pflanzt. Pol. 3, 14, 23. Liv. 25, 1. Erfterer nennt
eine Stadt Althaia, leßterer Carteja, weldjes nicht
mit dem berühmten E. in Bätica zu verwechſeln
it. Vielleicht ift A. und E. diejelbe Stadt.
Olla, 1) ein Kochtopf, ſ. Vasa, 4. — 2) der
Aichenbehälter oder die Totenurne, welche in die
Srablammer eingejeßt wurde, vgl. Bestattung, 7.
und Sepulerum.
Ollius, 1) Titus, Vater der berüchtigten Bop-
päa Sabina, Freund des Sejan, bei deſſen Sturze
er jeinen Untergang fand. Zac. ann. 13, 45. —
2) linfer Nebenjluß des Padus, fließt durch den
Sebinusjee (Lago d'Iſeo) und ergießt fich mweitlich
von Mantua in den Hauptftrom; j. Oglio. Plin.
3,19, 6.
Olmiai j. Korinthia.
Oloosson, Oloossor, Stadt der Berrhaiber in
der thefjaliichen Landichaft Heftiaiotis, von Homer
(Il. 2, 739) Asvxr) genannt, weil fich (nach Strab.
9, 440) in der Umgegend viel weißer Thon fand.
Der jegige Name iſt Elafjona.
Vlophyxos, Olopv&os, Stadt am Berge Athos,
die zu Thufydides’ Zeiten Thuc. 4, 109) eine aus
Pelaſgern, Thrafern und Hellenen gemijchte Bevöl:
ferung hatte. Hdt. 7, 22. Strab. 7, 331.
Olpai, Olraı, dreimal Oi (Thuc. 1, 107.
111. 113), Kaftell auf einer Anhöhe an der Djft:
füfte des Ambrakiſchen Bujens, 25 Stadien vom
amphilochijchen Argos entfernt, der gemeinjame
Gerichtsort für die Afarnanen. Thuc. 3, 105 ff.
Olüros, "Okovgos, 1) Bergfeite in Achaia im
engen Thale des Sythas (der die Grenze zwijchen
Achaia und Sikyonia bildete) nach Pellene hinauf.
Xen. Hell. 7, 4, 17. — 2) Stadt Mefjeniens, auch
Dluris und Dorion (Hom. Il. 2, 594) genannt,
ſüdlich vom Nedaflufje. Strab. 8, 350.
Olympia, n Olvunie, war urjprünglic ein
Tempelbezirt vor den Thoren Bias in Elis, da,
wo ſich der Kladeos (Kladaos, j. Lalailo oder Bad)
von Stravofephali) rechts in den von Dft nach Weit
ſtrömenden Alpheios ergieht. Nach der Zerftörung
Pijas um 641 (oder erft 570) v. C. ließen die Eleier
fein neues Piſa auffommen, auch feine neue Stadt:
gemeinde zu Olympia jich bilden, welche ihrer Haupt:
ſtadt jemals das wichtige Borrecht der Berwaltung des
Öligarchia — Olympia.
Für diefe Verwaltung wurde der blühenden Land:
ichaft eine ewige Waffenruhe verliehen; teine be:
waffnete Schar durfte ihre Grenzen überjchreiten,
ganz Elis war ein dem olympijchen Gott geweihtes
Yand. — Olympia, über welches die großartigen,
in den Jahren 1875—1881 auf Koſten des deut-
ichen Reiches unter der Oberleitung von €. Eur:
tius veranftalteten, Ausgrabungen ein helles Licht
verbreitet haben, lag am jüdlichen Fuße des 122 m
hohen Kronionhügels, eines jüdlichen Ausläufers
des eliihen Olympos, am rechten Ufer und 80 Sta:
dien von der Mündung des Alpheios, 300 Stadien
von der Hauptſtadt Elis, 1485 Stadien von Athen
entfernt (Fldt. 2, 7). Es beftand aus 2 jcharf ge:
jonderten Teilen innerhalb und außerhalb der
Altis. In der etwa 200m langen und 175m brei-
ten Altis (Alrıg, aioliih = &icog), d. bh. dem
von einer Mauer umſchloſſenen Hain und Tempelhof
des olympijchen Zeus, befand fich nur, was deu
Göttern gehörte. Dieſe, der Sage nad) von Herakles
gegründete, Mauer umſchloß einen etwa quabra-
tiichen Raum und z0g jich auf der Abendjeite am
linten Ufer des von Platanen beichatteten Kladeos
bin, erjtredte fi) im Süden oberhalb des Alpheios:
bettes, ſchloß ih im Dften an das Stadion an
und lehnte fih im Norden an den Südabhang
des Kronion. Sie hatte in älterer (vorrömiſcher
Zeit verjchiedene Pforten, aber nur 1 auf der
Weſtſeite befindliches Eingangsthor, deſſen jchim:
mernde Säulenhalle die Stirnjeite der Altis be:
zeichnete: nur hier durften die Feſtzüge den Boden
der Wltis betreten. Innerhalb zur Nechten des
hier Eintretenden, nicht weit vom Eingange und
nahe dem Hinterhauie des Zeustempels, ſtand der
heilige wilde Olbaum (xorıvog, Aula vakkı-
srepavog), von defjen Zweigen ein Knabe, defien
Eltern beide noch am Leben waren, mit goldenem
Meſſer die Siegeskränze abichnitt; in feinem Ge:
hege (wohl irrtümlich von Neueren Pantheion ge-
nannt) befand fich ein Altar der tauipendenden
Nymphen.
auf mäcdtigem Unterbau, von einer ftatuenbefräng:
ten Zar umgeben, der Tempel des olym-:
piſchen Zeus, begonnen DL. 77 (472—469 v. €.)
(nicht ſchon DI. 52) von dem eleiſchen Architekten
Libon und um DI. 80 (etwa 460 vd €.) in der
' Hauptfache vollendet; Fußboden, Säulen und Bild-
werte jind an ihrem Orte wieder aufgefunden und
jeit 1875 bloßgelegt worden. Es war ein toloj:
jaler, 22 = hoher, über 27m breiter und etwas
über 64m (200 olympilche Fuß) langer Hypäthral⸗
tempel (j."Traıt# E05), und zwar ein doriſcher Pe—
ripteros (j. Templum, 3.) mit 6, etwa 2m Diden,
Säulen auf der Breit: und 13 auf der Längen—
jeite, aus einem mit feinem Stud überzogenen
Kalt (Boros), der in der Nähe gebrochen wird, der
Unterbau und die Cellawände ebenfalls aus Salt:
jtein, die Dachziegel von penteliihem Marmor.
In ihm ftand, etwa 20 Jahre nach Vollendung
des Tempels aufgeitellt, das großartigfte und
ihönfte Werk der helleniſchen Plaftif, der olym—
piſche Zeus des Bheidias, aus Bold und Elien:
bein, nach der Schilderung Homers (Il. ı, 528 ff.)
gearbeitet. Ein mächtiges, 6,50m breites, 9,50
tiefes und etwa 4m hohes Bojtament aus jchwar:
zem Kalkſtein war mit den vergoldeten Geſtalten
der olympijchen Götter gejchmüdt, eingefaht von
dort befindlichen Heiligtums ftreitig machen könnte. | Helios und Selene. Auf diejem Bojtamente, dem
Jenſeits des Kranzbaums erhob fich :
S
Olympia.
Abbilde des Dlympos, ftand der Thronſeſſej, ein
von Gold und Üdeliteinen, von Elfenbein und
Ebenholz jchimmerndes Werk, mit mannigfachem
Schmude bededt: auf dieſem Throne ſaß, etwa
12m hoch, Zeus, im deſſen Antlig fich welter:
— Macht und väterliche Milde paarten.
In der Linken ruhte das Scepter mit dem Adler
darauf; auf der ausgeitredten Rechten ftand die
Siegesgöttin Nite, ebenfalls aus Gold und Elfen:
bein, dem Gotte mit der Siegesbinde zujchwebend,
feines Winfes gewärtig. Vgl. die nebenjtehende
Abbildung einer Münze
von Elis. Man begriff
faum beim Anjchauen,
wie der Tempel diejen
Gott faſſen könne. Paus
5,11, 1. Das öftliche
Siebelfeld der Fronte
des Tempels zeigte in
plaftiiher Darftellung
des PBaionios (f. d.) von
Mende die Borbereitun-
gen zum Bettlampfe zwiſchen Dinomaos und
Belops (ſ. d.); das weitliche den Kampf ber
Kentauren und Yapithen von Alkamenes von
Athen (i. Bildhauer, 6.); die Metopen des
inneren Frieſes zwifchen den Anten des Pronaos
und denen des Opiſthodomos über den Tempel:
thüren (die äußeren Metopen entbehrten des bild-
haueriſchen Schmudes) die 12 Arbeiten des Herakles.
Bon den, ihrem fünftleriichen Werte nad) jehr ver-
ichiedenen, Figuren der Giebelfelder (teilweije jo
wenig vollendet, daß einzelne Gelehrte das Zeug:
nis des Baujanias, wonach Paionios und Alka—
menes die Urheber derjelben waren, verwerfen zu
müflen glauben) und der Metopen find bedeutende
berrejte aufgefunden worden. Auf der Djtjeite
des Tempels, mitten auf der zu ihm hinauf füh-
renden Rampe, ftand ein Opferaltar. Oſtlich des
Zeustempels lag das (nicht aufgefundene) Hippo—
dameion, nördlich das 1879 aufgedeckte Heilig—
tum des Pelops (Pelopion), noch weiter nörd—
lich das der Hera Geraion), ein altertümlicher
doriſcher Tempel mit umlaufender Säulenhalle, in |
dem die denfwürdigiten Altertümer und foftbarften |
851
das ganze Bauwerk intereffant als der erfte uns
befannt gewordene Rundbau griechiſchen (nicht
römischen) Urſprungs. Endlich nördlich des Phi:
lippeion lag das Prytameion, welches den nord-
weftlichen Abichluß der Altis bildete, mit einem
Speijejaale, in dem am fünften Tage des Feſtes
ein von den Eleiern veranftaltetes Feſtmahl die
Sieger vereinigte, und einem Heiligtum der
Hejtia. Nordöftlich des Zeustempels befand fich
der große, runde ZYeusaltar, der Mittelpunkt
der Altis jowohl in räumlicher Beziehung als in
Hinfiht auf jeine religiöfe Bedentung, errichtet
auf einem fteinernen Unterbau von 125 Fuß Ilm:
fang (der ſ. g. Prothyſis, auf welder die Opfer:
tiere geichlachtet wurden) aus der mit Waller aus
dem Alpheios vermijchten Aſche der verbrannten
Schenkellnochen der Opfertiere. Auf ihm wurde
jahraus jahrein täglih von den Eleiern ein
offizielles Opfer dargebradyt. Zwiſchen ihm und
dem Zeustempel jchüßten 4 Säulen mit einem
Dache eine Holzjäule, den angeblichen Reſt von
Haufe des Dinomaos. Im Norden der Altis, aljo :
an dem vortretenden Fuße des Stronionbügels,
ftanden, überragt von dem zwiſchen ihnen und der
Spitze des Hügels erbauten Tempel der Eilei:
thyia, auf einer Terraſſe in einer Reihe von W.
nad) D. 13, meiftens vor den Perjerfriegen erbaute
Schatzhäuſer verichiedener Städte (Bela, Sikyon,
Megara, Selinus, Syrakus un. a.) in Form feiner
Antentempel (j. Templum, 3.), deren Funda—
mente 1878 bloßgelegt worden find, darunter be:
jonders merfwürdig das in der zweiten Hälfte des
6. Jahrh. dv. E. gebaute der Megareer mit einer
einen Gigantenfampf darftellenden Giebelgruppe
in altertümlihem Stile (zum großen Teile erhal:
ten), wahrjcheinlih einem Werke des Dipoinos
und Styllis oder ihres Schülers Dontas (j. Bild-
hauer, 3.\, ihnen gegenüber die (16) Erzjtatuen
des Zeus (Zäaveg), errichtet aus Strafgeldern der
Athleten, deren Bajen 1878 aufgefunden worden
find, und neben ihnen (weitlich) das Metroon,
der Tempel der Göttermutter, ein feiner Peri—
pteraltempel in doriſchem Stile, ebenfalls 1878 auf:
gedeckt; endlich, zwiſchen dem wejtlichiten Schatzhauſe
und dem Heraion, gleich jenen an den Bergabhang
Geräte aufbewahrt wurden, 1877 aufgededt. Archi: | angelehnt, ein prächtiges Baumerf aus dem 2. Jahrh.
trad, Triglyphen, Metopen, ſowie alles Gebält
diejes ältejten aller Tempel Olympias und über:
haupt Griechenlands waren anfänglih aus Holz
(wie urſprünglich auch die Säulen) und wurden
erſt mit der Zeit in Stein übertragen, die Wände
der Cella aus Backſtein, der älteſte uns belannte
Backſteinbau auf griechiſchem Boden. 15m weſtlich
bes Heraion ſtand das ſ. g. Philippeion, nicht,
wie Pauſanias (5, 20, 9) berichtet, von König
Bhilippos nach jeinem Siege bei Ehaironeia, ſon—
dern vielmehr von deſſen Sohne, dem großen
Alerander, zum Andenken an den Vater errichtet,
1878 in jeinen Fundamenten aufgefunden. Es
war ein auf 3 Stufen fich erhebender Rundbau
von gebrannten Ziegeln mit 18 ioniſchen Säulen
teild aus Marmor, teild aus Poros, gefrönt mit |
einem Meihgeident Dache, deflen inneres Kreis:
—— ſchenke des Königs enthielt, nämlich
hr Statuen feines Vaters Philipp, feines |
Großvaters Amyntas, Wleranders jelbit, feiner |
Mutter Olympias und feiner Großmutter Eurmdile, |
von Leochares aus Gold und Elfenbein gearbeitet,
n.&., ein als Architefturniiche durchgeführter Brun⸗
nen in römiſchem Stile, die |. g. Eredra des
Herodes Atticus (j. Atticus, 2.) Sie war
reich mit Figuren und Statuen geihmüdt; 2 runde
Baldachine mit je 8 forinthiichen Säulen flanfierten
das Balfin, welches, unmittelbar vor die Niſche
elegt, aus marmornen Löwenköpfen in mächtigen
Strome jein Waffer empfing, während auf der
Mitte der Brüftung ein marmorner, nad Dften
ſchauender Stier, das Sinnbild der Naturfraft,
mit der Weihinfchrift ftand. Endlich den Oſtab—
ſchluß der Altis bildete, an die Oftmauer gelehnt,
die gegen 100m fange ioniihe Stoa der Echo,
eine auf 3 Stufen ftehende, nach der Wltis hin
geöffnete Wandelbahn, vor der die j.g. Proedrig,
ein fünftleriich geichmüdter hoher Etandpiat für
die mit der Feitleitung beauftragten Beamten, ſich
erhob. Unbefannt ift die Lage des Theaters
jowie die des Demetertempels, deſſen Briefterin,
die einzige verheiratete Frau, das Ehrenrecht hatte,
den Kampfrichtern gegenüber figend den Kämpfen
zuzuſchauen. Von der Höhe des Kronion ſchaute
4 *
*
852
das Auge auf die Binnen der Tempel und Hallen,
auf zahlreiche Altäre und auf die fait unzähligen
Weihgeihenfe und Statuen drumten, bejonders
Bildjäulen von Olympionifen und Dentmäler aller
wichtigeren Ereignifle in Hellas: die Altis war
leihjam ein Archiv der hellenischen Gejchichte in
z und Marmor. — Aber auch der profane Raum
außerhalb der Altis enthielt bedeutungsvolle Räum-
lichkeiten und anjehnlicdye Gebäude: jo öftlich der
Schatzhäuſer und der Zanes die parallel neben:
einander liegenden beiden Kampfpläße, das 192,27 m
(d. h. ein olympifches Stadion oder 600 olympijche
Fuß) lange Stadion, dur einen geheimen, d.h.
überdedten, gewölbten Eingang mit der Altis ver-
bunden, und den mindeftens doppelt jo langen
(leider jpurlos verjchwundenen) Hippodromos.
Weftlich, zwischen Altismauer und Kladeos, an einer
breiten, neben der Mauer hin laufenden und mit
der Altis durch einige Pforten verbundenen Straße
lagen, am weitejten nördlich: dad große Gym—
nafjion, in der Form eines Tanggeftredten, auf
3 Seiten von doriichen Säulenhallen eingefaßten
Platzes zwiichen dem Weftabhange des Kronion
und dem Kladeos, jüdlich davon und fich unmittel:
bar anjchliegend die Palaiftra, der Übungsplatz
für Ringer und Fauſtkämpfer, jüdlich von diejer
der Theeloleön, d. h. die Wohnung der olym:
pilchen Priefter (Paus. 5, 15, 8), und Daneben die
Werfftätte des Pheidias, von der vielleicht
Überrefte aufgefunden find (die Trümmer einer
auf ihrem Grunde und aus ihrem Material er:
bauten byzantinischen Kirche), endlich, der Südweſt—
ecke der Altismauer vorgelagert, das Yeonidaion,
erbaut (nach einer 1886 gefundenen Inſchrift) von
Leonidas, des Leotas oder Leotes Sohne, in rö—
mifcher Zeit umgebaut und zur Mufnahme römijcher
rohen eingerichtet, ein Quadrat von etwa 80m
Geitenlänge bildend, eingefaht von einer nad
außen geöffneten ioniſchen Säulenhalle, im Innern
einen von einer prächtigen doriſchen Berg
eingefaßten Hof mit Balfin und zahlreiche Heine
Nebenräume enthaltend. Endlich jüdlich der Süd:
altismauer lag das Buleuterion (Rathaus) der
Eleier, aus einem quadratijchen Mittelbau und
2 Frlügelbauten in Rechtedform mit nach Weſten)
daran gehängter halbrunder Apfis, 1879 bloßgelegt,
vor dem ein Hofraum ſich befand, während im
Süden eine von W. nach O. gerichtete Säulenhalle
den Abichluß bildete. — Mit den alten pelaſgiſchen
Bewohnern, deren König Dinomaos die * als
Herrſcher von Piſa nennt, vereinigten ſich ſpäter
achaiiſche Geſchlechter, welche ſich von Pelops her:
leiteten: dem Pelops wurden nun Leichenſpiele an
den Ufern des Alpheios gefeiert, neben der Ber:
ehrung des pelaigiichen Zeus. Beides blieb, auch |
als Herafles hinzutrat, deſſen Name der mythiiche
Ausdrud für den Einfluß der dorischen Staaten ift. |
ehernen Bildjäulen des Zeus. Der Sieger erhielt
dom Obmanne der Kampfrichter (LHkod rs) einen
pias, der Ermeuerer der Pelopsjpiele und der,
Herakles, deſſen Thaten die Einrichtungen der
Dorier darjtellen, ward nun der Feſtordner Olym-
Gründer jener Sagungen, wodurdh Olympia der
Mittelpunft des Peloponnes und von ganz Hellas |
wurde. Die geichichtliche Zeit der Spiele beginnt,
als Lykurgos von Sparta und Iphitos von Elis
durch ein heiliges Bündnis, deſſen Urkunde noch
200 n. E. auf einer metallenen Scheibe freisför:
mig aufgeichrieben gezeigt wurde, den olympijchen
Agon anordneten. Nun fing man bald an, die
Olympia.
Jahre nach den in jedem fünften Jahre wieder:
fehrenden Spielen zu zählen (zuerft als Koroibos
im Stadion fiegte, 776 Jahre v. E.), nach Stadien
zu mefjen. Seit der 15. Ol. wurde die Teilnahme
allgemeiner, erjtredte fich jeit der 30. Ol. über
ganz Hellas, feit der 40. auf die Hellenen in Aſien,
Sroßgriechenland und Sieilien. Die klaſſiſche Zeit
eritredt ji) bis gegen die 90. DI. und weiter.
Die Wirren des Achaiiſchen Bundes führten feine
eigentliche Unterbrechung herbei, ebenjowenig die
Herrichaft der Römer: Tiberius und Nero gewan-
nen ſelbſt Siege in den Olympien. Während der
Regierung Theodofius des Großen, 393 n. E.,
in der eriten Hälfte der 293. Olympiade jeit
Koroibos, wurden die Olympien für alle Zeit
eingeftellt. — In den erften Olympiaden bejtand
der Kampf aus dem einfachen Wettlauf, jeit DI. 14
(724 dv. E.) wurde der Doppellauf (dravlos) ein:
geführt, DI. 15 der Dolichos, Dauerlauf, deſſen
Länge verfchieden angegeben wird, T—24 Stadien,
im leßteren Falle mehr als '/, deutiche Meile,
DI. 18 Ringlampf und „Fünfkampf“, Bentathlon
(Chu, Ölanog, Öpöuog, man, indrrisıs und jeit
DI. 23 auch uyun). DI. 25 (680 v. E.) begann
die erfte und für alle Folgezeit glanzvollite der
ritterlichen Übungen, das Wagenrennen mit dem
Biergejpann, DL. 33 das Meiterrennen (Pmzos
#Eins) und der ſchwerſte der gymniſchen Kämpfe,
das Pankration (Ringen und Fauſtkampf). DI. 37
wurden auch Kämpfe für Knaben veranftaltet;
DI. 65 kam noch der Waffenlauf hinzu, DI. 70
das Wettrennen von Maulejeln, das bald wieder
abgeichafit wurde, DI. 98 Wettrennen mit einem
Zweigeſpann von Roffen, jpäter noch andere Wett:
kämpfe. Seitdem die Zahl der Kämpfe ſich mehrte,
füllte die geſamte Feſtfeier 5 Tage, vom elften bis
zum fünfzehnten Tage des heiligen Monats zur
Zeit der Sommerjonnenwende, und endigte mit
dem Vollmond. Am allgemeinen wird man den
1. Juli als den Anfang des Olympiadenjahres
jepen fünnen. Die Reihenfolge der Wettfämpfe
und Spiele ift nicht jicher befannt. Nach den Unter:
juchungen von Holwerda (Ar. 3. 1880) fand
am erjten der 5 Tage die Bovdvade, am zweiten
der Wettfampf der Knaben, am dritten und vierten
der der Männer, am fünften endlich die von den
Siegern veranftalteten Opfer und das Feſtmahl im
Protaneion ſtatt. — Nur freie Hellenen wurden
zu den Kämpfen zugelaſſen, und von dieſen waren
natürlich auch die arıuoı, &seßeig, lvaysıg aus:
geichlofien. Die olympischen Kampfgeſetze enthiel:
ten für alles genaue Beitimmungen. Das Richter:
amt verjahen die "Eilavodi«aı (anfangs blof 1,
dann 2, feit DI. 75 9, ſeit OL. 77 10, jeit DIL.
103 12, feit DI. 104 8, ſchließlich feit OL. 108 10),
durd) Purpurgewänder ausgezeichnet, auf einem
Ehrenjig zur Seite des Stadions in der Nähe der
Kranz vom heiligen Olbaum am letzten Tage
der Feier, nachdem ihm vorher jchon, gleich nach
Erringung des Sieges, ein Palmzweig gereicht
worden war; und er gewann das Recht, eine
Siegesjtatue in der Altis aufrichten zu laſſen; fein
und feines Vaters und Baterlandes Name wurde
feierlich ausgerufen. Bei den Feſtmahlen wurden
dann Lieder (Fmivixıe) gefeierter Dichter gefungen.
In der Baterftadt, in welche ein feierlicher Einzug
6
—
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Iradjorjasugno, 'p'g uoa Fupıoa Iıediaaageqrasıdeya jpeisuymierdosg
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23
<
-
2
fe
z
=
Putter- Mauer
Antike
Olympias.
ftattfand, wiederholten fich diejelben Ehren: die
DOlympionften waren überall frei von öffentlichen
Staatsleiftungen und hatten Ehrenfige bei Spielen
und reiten. Seit DI. 80 etwa trat die Sitte ein,
zu Olympia vor dem verjammelten Bolt Borträge,
Schaureden (Lmiöderäeıg) zu halten und Dichterwerfe
zu recitieren: Herodotos ſoll hier jeine Gejchichte
r ‘Berjerfriege wenigſtens teilweije) vorgetragen
haben.
Verträge und Dofumente eingegraben. Tue. 5,18.
Zuſchauer waren im allgemeinen nur Männer,
wenigitens feine verheirateten Frauen: nad) Pau:
janias durften Jungfrauen zuſchauen — ift dies
richtig, wohl jedesfalls nur jpartaniiche oder nur
eleiiſche. — An die Feſte knüpfte ſich dann auch
ein Jahrmarkt, eine Meſſe. Von den Siegern gab
es Berzeichnifle ; am häufigiten wird der Sieger im
Stadion von den Schriftitellern (beionders Diodor)
zur Bezeichnung der Olympiade beigefügt. — Die
peloponnefiichen Olympien dienten jpäter, beſon—
ders in der römischen Kaiſerzeit, den helleniſchen
Städten, namentlih in Aſien, zum Vorbilde für
ähnliche Spiele, die ung meijt nur durch Münzen
und Steinjchriften befannt find — in 27 Städten.
Schilderung von Olympia Strab. 8, 3535. Paus.
5, 7 bis 6, 21. E. Eurtius, Olympia (1862);
Beloponnejos Il ©. 52 ff. Burfian, Geographie
von Griechenland II ©. 290ff. und das große
Prachtwerk von E. Eurtius, Adler und Hirſchfeld:
die Ausgrabungen zu Olympia (1877 ff., 5 Bbb.).
Die Funde von Olympia (1882). Bötticher, Olym:
pia, das Feſt und jeine Stätte (2. Aufl. 1385).
Olympias, Olvunıdgs, 1) geboren um 380 v. C.,
als Kind Myrtale genannt (Just. 9, 7), war die
Tochter des Neoptolemos von Epeiros. Frühzeitig
verwaiſt, wurde jie erzogen von ihrem Onkel Aryb—
bas (j. d.) und jpäteitens im Serbite des J. 357
mit Philipp von Makedonien vermählt, welcher
zugleich mit ihr auf Samothrafe in die Myſterien
eingeweiht worden jein und hierbei Liebe zu ihr
gefaßt haben ſoll. Plut. Alex. 2. Im J. 356
gebar jie den Alerander und bald darauf die Kleo—
patra und hat troß ihres leidenjchaftlichen, eifer:
jüchtigen und phantaftiichen Weiens (Plut. Alex.
2. 9) lange Jahre mit ihrem Gemahl in leiblichen,
wo nicht gutem Einvernehmen gelebt, bis im
Herbite 337 offene Entzweiung eintrat. Als Philipp
nämlich zu dieſer Zeit die Mafedonierin leo:
patra heiratete, und die neuen Verwandten des
Königs darauf ausgingen, DO. mit ihren Kindern
zu verdrängen, begab ſich diefe, von Alexander
begleitet, nad) Epeiros, wo fie, jedem Verjöhnungs:
verjuche Philipps unzugänglich, bis zu des legteren
Tode (Herbit 336) verblieb, während Alerander,
der weiter nad) Illyrien gegangen war, ſich zur
Ausjöhnung mit feinem Bater und zur Rüdfehr
bewegen lieh. Plut. Aler. 9. Just. 9, 7. Bei dem
Tode — der das Opfer perſönlicher Rache
des Pauſanias wurde (Ari⸗-tot. pol.5,10,1311b, 10,
traf ſie der unbegründete Verdacht, den Mord an—
geſtiftet zu haben. Leugnen läßt ſich jedoch nicht,
daß ſie, um böſe ** unbekümmert, ihre
Freude über dieſe Unthat in einer ihrem leiden—
ſchaftlichen Charakter entiprechenden Weije bekun—
dete und an Kleopatra und deren Kind Europa
Außerdem wurden bier Belobungsdelrete,
Ehrenbezengungen u. j. w. durch den Herold aus:
gerufen und kamen jo jchnell zur Kunde von ganz |
Hellas. Auf Säulen (orjAaı) wurden öffentliche |
853
raujame Rache übte. Plut. Alex. 10. Just. 9, 7.
diod, Sie. 17, 2. Obgleich Alerander jie zärtlich
liebte, verweigerte er ihr doch jtandhaft die ge:
wünſchte Statthalterjchaft während jeiner Abweſen—
heit; jie juchte fich indes wiederholt in die Staats:
angelegenheiten zu mijchen (Plut. Alex. 39. Arr.
7, 12) und ging, deöwegen mit Antipater zerfallen
und von Alexander ernftlich zurecht gewiejen, nad)
Epeiros, 330 (Plut. Alex. 39. Diod. Sie. 18, 49),
wo fie Einfluß gewann und Wiakides, den Sohn
ihres einft vertriebenen Oheims Arybbas, an der
Herrichaft teilnehmen ließ. J’lut. Alex. 68. Paus.
1, 11,3. Im J. 319 wurde fie von Polyiperchon
aufgefordert, nach Makedonien zurüczufehren, fich
an die Spige der Regierung zu ftellen und die
Erziehung ihres Enfeld Alexander, des Sohnes
der Roxane, zu übernehmen. Diod. Sie. 18, 49.57.
Da fie fi gegen Kaffander und deſſen Partei
nicht behaupten zu fünnen glaubte, blieb fie noch
in Epeiros. Diod. Sie. 18, 58. Nep. Eum. 6. Im
J. 317 aber fam ſie, voll leidenſchaftlicher Begierde
jih an ihren Feinden zu rächen, mit einem mo:
loſſiſchen Heere unter Aiafides nad) Makedonien
und erlangte, von Polyiperhon unterftügt, die
Serrichaft. Diod. Sie. 19, 11. Paus. 1, 11. Just.
14, 5. Arrhidaios und Eurydike, die in ihre Gewalt
gefallen waren, fanden ein jchredliches Ende (Diod,
Sie. 19, 23. Ael.v. h. 13, 36. Paus. 8, 7. Just.
a. a. O.), und an hundert edle Mafedonier von
der Partei de3 Saflander wurden hingerichtet.
Plut. Alex. 77. Just. 14, 6. Durch ſolche Grau:
jamfeit machte jie ji) aber bei den Mafedoniern
verhaßt; der aus dem Peloponnes herbeieilende
Kaſſander ſchloß fie in Pydna ein, uud nach langer
Belagerung und jchredlihem Mangel, der die Be:
jagung faft aufrieb, ſowie nach einem vereitelten
sluchtverfuche mußte fih D., der Sicherheit für
ihre ‘Berjon zugejagt wurde, ergeben. Miod. Sie.
19, 35.49. Just. 14, 6. Der wortbrüdige Kai:
jander ließ indes die Verwandten der Ermordeten
gegen fie als Anfläger auftreten; in einer Ber:
lammlung wurde jie, in ihrer Abweſenheit und
ohne voraufgegangene Verteidigung, verurteilt und
von Häjchern des Kafjander, denen jie männlich
und mutig entgegentrat, gefteinigt, im Jahre 316.
Diod. Sie. 19, 51. Just.14, 6. Paus. 9, 7, 2. Ab⸗
handlung von Schneider (1885). — 2) eine Olym—
piade, Zeitabjchnitt von 4 vollen Jahren, deren
eriter Anfang, von PBetavius in das %. 777, von
Gatterer und den meijten Neueren in das J. 776
v. C. gelegt, vom Siege des Koroibos an gerech—
net wird. Die große Wichtigkeit der olympiichen
Spiele machte, dab diefe Zeitrechnung bei den
Griechen die herrichende wurde. In den Sieger:
verzeichnifien, welche im Staatsarchiv aufbewahrt
wurden, ward dem Namen des jedesmaligen Sie:
gers in Athen der des Arhon Eponymos, in
Sparta des regierenden Ephoros, in Argos der
Herapriefterin, in Delphoi der Pythia hinzugefügt.
Die älteren Hiftorifer bedienen fich der Olympiaden
bei Zeitrehnungen noch nicht ; der Sicilier Timaios,
um 264 v. E., war angeblich der erſte, der regel:
mäßigen Gebrauch davon machte, aber ihre An—
wendung ift jchon für Philiftos (um 400 v. EC.)
bezeugt; Polybios, Divdor von Sicilien, Dionys
von Halikarnaß u. a. folgten nad. Da⸗die Zu—
rüdführung auf die bei uns übliche Zeichrechnung
mancherlei Schwierigkeiten bietet, jo ift im An:
854
nge eine chronologiſche Tabelle beigegeben worden. ' Olympia, der Ge
a
8* müſſen immer noch manche kleinere Aus—
gleihungen ftattfinden; 3. B., da die olympijchen
Spiele um die Mitte des Sommers gefeiert wurden,
1}
Ölympieion — Ölynthos.
u Athen u. ſ. mw.,„aller den
Dlympos bewohnenden Götter (Hom. II. 1, 399).
Olympos, Olvunos, Olympus, 1) der ſüdöſt—
liche Zweig des die Grenze zwiichen Makedonien
und das attiiche Jahr ungefähr um diejelbe Zeit und Thefialien bildenden Gebirgsjugs (Hat. 7,
beginnt, jo muß bei denjenigen Ereigniffen, die in
die zweite Hälfte des attiichen Jahres fallen, von
unferen Zeitrechnungsjahren 1 abgezogen werden.
Sofrates wurde zum Tode verurteilt DI: 95, 1.
— 400, er ftarb aber im 11. Monat des Jahres,
Thargelion, aljo 399, u. dgl. m.
Olympieion. Olvurisıor, Olvunısiov, eigent:
lih ein Tempel des olympifchen Zeus (3. B. in
Athen), fodann 1) ein Städtchen an der Oſtküſte
Siciliens, 1500 Schritte von Syrakus entfernt,
jüdlich neben der Mündung des Anapos. Bei der
ſiciliſchen Erpedition der Athener wird es von
Thukydides oft genannt (3. B. 6, 71. 7,5). Bei
Livius (24, 33) heißt der Ort Olympium, bei Dio:
dor (13, 6) Oivumıor. — 2) Ortichaft auf Delos.
Olympiodöros, Olvumidwgos, 1) Sohn des
Lampon, athenifcher Anführer im zweiten Perſer—
friege. Hadt.9, 21. — 2) Yehrer des Epameinondas
im Flötenſpiel. Nep. Epam. 2. — 3) atheniicher
Feldherr im Kriege gegen Kaffander, 304 v. E.,
und gegen Demetrios Poliorfetes, 287 v. E.; auch
Arhon in Athen. — 4) Philoſoph und Erflärer
des Platon in Alerandreia unter Juſtinian. Was
wir von feinen Schriften fennen und bejigen, bes
zieht jich alles auf Erflärung des Platon; ob er
jedoch jämtliche Schriften desjelben fommentiert
hat, ift ungewiß. Wir haben von ihm Scholien
= Borgias, Philebos, Phaidon und dem erjten
Ikibiades, auch ein Leben Platons, eigentlich ein
Stüd der Einleitung de Kommentars zum erften
Alkibiades. Noch ift nicht alles gedrudt, was ſich
von ihm in Handſchriften erhalten hat. Die ver:
ichiedenen Kommentare fcheinen Reſte fchriftlicher
Aufzeichnungen feiner mündlichen Vorträge durd
feine Schüler zu fein. Sie find jelbftändige Aus-
führungen im Sinne und Geifte der neuplatoni:
ihen Lehre, zeigen dialeftiiche Schärfe und viele
Belejenheit in der älteren griechiichen Litteratur
und ein löbliches Streben nach Reinheit und Be:
ftimmtheit des Ausdrudse. Für die Wortfritif
bieten fie wenig Hülfe. — Ausgg. des Kommen:
tars zum Phaidon von Findh (1847), zum Gorgias
von Kahn (1848), zum Bhilebos von Stallbaum
(Anhang zu defien Ausgabe des Vhilebos, 1826),
zum Alkibiades von Ereuzer (1821). — 5) aleran:
drinifcher Grammatiker und Erflärer des Ariſto—
teles im 6. Jahrhundert m. C. Ubrig von ihm
ift ein Kommentar zu Nriftoteles’ Meteorologifa,
der in 51 rod£sıg eingeteilt ift. — 6) O. Onßeios,
ein Gejchichtichreiber aus Theben in Agnpten, lebte
in Byzanz und fchrieb als Fortſetzung des Euna:
pios ein Werk in 22 Büchern - - forogınol Aöoyoı —,
worin er die Geichichte des weſtrömiſchen Neichs
von 407—425 n. E. behandelte, mehr eine Mate:
rialienjammlung als ein eigentliches Geſchichtswerk.
Photios hat uns einen Auszug daraus erhalten.
Ums Nahr 412 war er mit einer Sendung an
den Hunnenkönig nach Ungarn betraut. Sammlung
der Fragmente von Müller, fragm. hist. Graee. IV
p. 57 ff., und X. Dindorf, hist. Graee, minor, 1,
'O3BA os, -te. Beiname verjchiedener Götter
und Göttinnen, des Zeus (Tom. Il. ı, 353), des
Herafles (Hat. 2, 44), der Hera, der Eileithyia zu
Tr — — —— — — — — — —— ——— ne
129. 172); am gewöhnlichſten wurde der Name
beſchränkt auf den äußerften Teil des Gebirges,
der fich parallel mit der Küfte Pieriad von der
Stadt Dion bis zur Mündung des Peneios er:
ftredt und durch das Tempethal vom Dfia ge:
trennt wird. Hat. 1, 56. 7, 129. Thuc. 4, 78. Der
Olymp erreicht eine Höhe von 2973" und ift mit
ewigem Schnee bededt, unterhalb defien fich düftere
Tannenwälder und meiter hinab reiche Laub:
waldungen, hier und da durch fchroffe Felsipigen
und jähe Abgründe unterbrochen, hinziehen. Xerres
fonnte ihn von Therme in einer Entfernung von
15 geogr. Meilen deutlich jehen (Hat. 7,8 128).
Der jegige Name ift bei den Griechen noch Elym—
pos, bei den Türken Semavat Evi, d. i. Siß der
Himmlischen. Bon diejem berühmteften Götterberge
ging der Name auch auf andere Berge über. —
2) Gebirge in Myſien, an der sc gegen Bi:
thunien und Phrygien; j. Keſchiſch-Dagh. Hat.
1,36. 7, 74. Strab. 12, 574. Eine Fortſetzung
desſelben nach Oſten iſt wohl der von Livius
(38, 18 f.) genannie Olympos. — 3) Vulkan und
Stadt im füdöftlichen Lyfkien. Strab. 14, 666.
4) 2 Gebirge auf Kiypros, im NO. und im ©. der
Inſel. Strab. 14, 682. — 5) Berg bei Sellafia
in Lakonien. Pol. 2, 65. — 6) Berg in der Nähe
von Olympia. — 7) mythiſcher Sänger und Mu:
fifer, der, wie Marſyas und Hyagnis, dem phm-
giichen Kultus der großen Göttermutter, der Kom:
banten und ähnlicher Weien angehört und befonders
das Flötenſpiel ausgebildet haben joll. Er war
Liebling und Schüler des Marſyas. Ein Geſchlecht
in Phrygien, das wahrſcheinlich bei den Feſten
der großen Göttermutter die Flötenweiſen jpielte,
leitete fi) von ihm ab, und % dieſem Geſchlechte
gehörte — 8) der jüngere Olympos, eine hiſto—
riſche Perſon, der unter den Griechen auftrat
und Griechen zu Schülern hatte, auch bei ihnen
der Flöte eine der Cither ebenbürtige Stellung
verſchaffte und dadurch einen großen Einfluß auf
die Entwickelung der griechiſchen Muſik übte (ogl.
auch Musica, 4.).
Olynthos, Olvr®os, bedeutende griechiiche Ko:
lonie am innerften ®intel des Toronaiifchen Meer:
buſens, 60 Stadien nördlich von Potidaia (Thu.
1, 63) zwijchen den Halbinſeln Pallene und Si:
thonia. Hdt. 7, 122, Xen. Hell. 5, 2, 12. Strab,
7, 330. Bom Heere des Xerres wurde D. erobert
und dann mit GChalfidiern aus der Gegend von
Torone bevölkert (dt. 8, 127. Thuc. 4, 128);
bejonders aber wuchs die Stadt, als zur Zeit des
peloponnefischen Krieges viele Bewohner der klei—
neren Städte dorthin überfiedelten. So gelangte
DI. zu einer jelbftändigen Macht und Fonnte jich
lange gegen die Athener, Spartaner, Mafedonier
halten. Thuc. 1, 62. 2, 70. 79. 5, 18. 39. Xen.
Ilell. 5, 2, 115. Als es jedoch viele challidiſche
und thrafiiche Städte im Bunde mit fich vereinigte
und auch andere dazu zwingen wollte, jchidten
die Spartaner im Einverftändnig mit dem male:
doniichen Könige Amyntas ein Heer dahin und
nötigten die Stadt, ſich der jpartaniichen Sym—
machie anzujchließen, 379 v. C. Xen. Hell.5, 8,26.
Omina — ÖOnomarchos.
Dennoch blieb fie lange die mächtigfte Stadt auf
der Ehalfidiihen Halbinjel und wurde von Phi:
lipp von Mafedonien noch durch den Befig von
Potidaia verftärtt. Als aber derjelbe König zur
Gründung einer Seemacht alle griech. Seettähte
an der thrafijch:maledonijchen Küfte erobern wollte,
leiftete DL. den hartnädigiten Widerjtand; es wurde
aber, da die Athener troß der olynthiichen Reden
des Demofthenes mit der Hülfe zögerten, im J.
347. von Lafthenes und Euthnfrates verraten, er:
obert und gänzlich zerjtört, ift auch nie wieder:
hergeitellt worden. — Dlynth lag an der Stelle
des heutigen Aio Mamas; die geringen Überreſte
heißen j. Stylari. Abhandlung von Bömel (1827),
Omina ſ. Divinatio, 13.
Omphäle ſ. Herakles, 11.
Oppe).ös, 1) lateiniſch umbo, Budel, hervor-
ragende oder jpigige Erhöhung auf der Mitte des
Schildes, Zroupakıor, teild um die Pfeile davon
abgleiten zu laffen, teil$ um im Handgemenge
niederzuftoßen. — 2) fpezielle Bezeichnung von
Delphoi bei griechiſchen Dichtern, der „Nabel der
Erde”, bafiert auf dem Mythos, Zeus habe zu
leicher Zeit 2 Adler von Welten und Often aus:
— laſſen, die in Delphoi zuſammengetroffen.
Zum Andenken daran ſtanden im Tempel des
pythiſchen Gottes, neben dem kegelförmigen Mar—
morblode, der den Nabel der Erde vorſtellte, 2 gol:
dene Adler, die jpäter der phokiſche Feldherr Phi—
lomelos entfernte. Nachmals wurden aud andere
Orte für den Mittelpunft der Erde angejchen,
3. B. Enna auf Sicilien (Cie. Verr. 4, 48, 106).
— 3) = umbilicns, Knopf an dem Stabe, um
den die Bücher gerollt wurden, j. Bücher-
wesen, 6.
Onager, 1) eine Wurfmaſchine, j. Tormenta, 5.
— 2) ein Tier, das bei den Venationen vorfommt
(Cie, ad Att. 6, 1, 25. Mart. 13, 100), nicht das
Zebra, jondern wohl entweder dad Dichiggetai
(equus hemionus) oder Wildejel (Dio Cass. 76,1).
Onätas, Ovaräg, f. Bildhauer, 3. und
Maler, 3.
Onehesmos, '"Oyrnouos, bei ſpäteren Schrift:
jtelern Ayrlaouos, Hafenftadt der epeirotijchen
Landſchaft Chaonia, Kerfyra gegenüber, mit einem
Tempel der Aphrodite; nad ihr nennt Cicero
(ad Att. 7, 2) den für die Fahrt von Epeiros
nad Ftalien günftigen Wind Onchesmites. Strab.
7, 324. 5%. Ruinen Hagii Saranta.
Onchestos, Oyxnorös, 1) jehr alter, jchon dem
Homer (11. 2, 506) befannter Ort in Boiotien im
Gebiete von Haliartos an dem jübdöftlichen Ende
des Ropaisjees, mit berühmtem Hain und Tempel
des Poſeidon auf einem Hügel; Mittelpuntt einer
alten Amphiltyonie und 1 länzender mit hippi=
ichen Agonen verbundener 5 eipiete (Hom. hymn.
ın Apoll. pyth. 52 ff.). — 2) Fluß in Theffalien,
der durch das Schlachtfeld von Kynostephalai in
den Boibeisjee floß (Liv. 33, 6. Pol. 18, 3, 5),
wohl derjelbe Fluß, den Herodot (7, 129. 196)
Oröywvog nennt.
Oneia, Orvsıa öon, d. i. Ejeläberge, hieß Die
etwa 600m hohe, jet kahle Berglette, die fich ſüdlich
dem Yithmos gegenüber von Korinth nach Ken-
chreai erjtredt, ald Zugang zu dem Peloponnes
jehr wichtig und Gegenjtand gäufiger Kämpfe. Xen.
Hell. 6, 5, 51. 7, 1,15. 41. Thuc. 4, 42. 44.
855
Pol. 2, Plut. Cleom. 20. Sie heißen jept
Bergkette von Heramilia.
Oneiros, "Ovsıgog, der Traum. Homer fennt
feine Berjonifilation des Traumes, feinen Traum:
gott (j. Divinatio, 4.). Die Vorftellung von dem
Aufenthalte der Träume auf dem Wege zum
Hades (Hom. Od. 24, 12) ift ein Ergebnis der
Neflerion, jowie die, daf die täujchenden Träume
durch eine elfenbeinerne, die wahrhaftigen durd)
eine hörnerne Pforte hervorgehen. Hom. Od.
19, 562. Man erkennt in der Stelle jelbit die
etymologiſche Entjtehung. Bei Hefiod heißen die
Träume Kinder der Nacht (theog. 212), bei Euris
pide3 Söhne der Erde, jchmwarzgeflügelte Genien
(Hec. 21); Ovid (met. 11, 633) nennt fie Kinder
des Sclafgottes und führt aus der unendlichen
Zahl die 3 vornehmften an: Morpheus, Icelus
(Eixslog) und Phobetor.
Onesikritos, Ovnsixgırog (auch Onesikräter,
Ornsingdens), 1) aus Nigina oder Aſtypalaia,
Schüler des Diogenes, doch erft im jpäteren Alter;
dann Begleiter Aleranders des Gr. auf feinem
Zuge nach Afien, der ihn mit einer Gejandtichaft
an die Gymmojophiften in Indien beauftragte
(Strab. 15, 714), dann unter Nearchos' Leitung
zum Oberjteuermann der flotte machte, welche den
Seeweg vom Indos zum Euphrat entdeden jollte.
Arr. 6, 2,3. 7,5, 6. Er hinterließ eine weitſchich—
tige Bejchreibung der Thaten Aleranders, deren
hiſtoriſcher Wert jedoch gering anzuſchlagen iſt, da
er überall als Lobredner Aleranders auftritt. Schon
feine Zeitgenofjen, Alerander jelbft und Lyſimachos,
waren von der Treue und Wahrheit jeiner Dar:
jtellung wenig erbaut. Lac. hist. conser. 40. Plut.
Alex. 46. Gell. 9, 4. Auch der Geograph Strabon
hat ihn wegen jeiner indiſchen Wundergeichichten
ſcharf mitgenommen (15, 689 ff.). Nur wenige
agmente find erhalten, gejammelt von Müller,
eript. hist. Alex. M. p. 47 (Anhang zu Dübners
Ausgabe des Arrian). — 2) ein Lehrer des Com:
modus im Griechiſchen. Lamprid. Comm. 1.
Onka, Oyxa, Beiname der Athene in Boio—
tien, von dem Flecken Onkai, wo jie ein Heilig:
tum hatte. Das onlaiiſche Thor zu Theben hatte
von ihr den Namen. Aesch. Sept. c. Th. 501. Der
Kult diejer in Boiotien einheimijchen Göttin ſoll
nach jpäterem Glauben von Kadmos aus Phoini—
fien eingeführt worden jein.
Onochönos |. Onchestos, 2.
Onomakritos, Ovoudxgırog, ein Athener zur
Beit des Beififtratos und feiner Söhne. PBeififtra:
tos bediente jich jeiner zur Redaktion der home:
riſchen Gedichte, wobei er fich nterpolationen
erlaubt haben joll. Nach Herodot (7, 6) war er
zenouoköyog und duatirng gonsuuv raw Mov-
satov, er hat alſo Weisjagungen und Dralel:
iprüche, die unter des Mujaios Namen umgingen,
gejammelt und geordnet. Da er ji) aber hierbei
Interpolationen zu jchulden fommen lich, jo ward
er, von Laſos ertappt, von Hipparchos, defien
Vertrauter er gewejen jein joll, aus Athen ver:
bannt. Später mit den Beififtratiden ausgejöhnt,
ing er mit diefen nach Suja und vermochte mit
ihnen durch jeine Weisjagungen den XZerres zum
Striege gegen Athen. Auch die orphiichen Weis-
jagungen joll er gefälicht und vermehrt haben.
Abhandlung von Ritſchl, opuse. Ip. 238 fl.
Onomarchos, Oröugeyog, nad) Aristot. pol.
52.
856
Onosandros — Opfer.
5, 3. 4 Sohn des Euthufrates; nad Diod. Sie.\in 2 Hauptflaffen einteilen: blutige und un-
16, 61 dagegen Bruder des Philomelos (j. d.),
Anführer der Phokier im heiligen Kriege nad)
dem Tode des Philomelos (354 v. E.), jammelte
die zerftreuten Truppen, plünderte die noch übri-
gen Tempelihäge zu Delphoi und verwandte jie
zur Ergänzung und Ausrüftung feines Heeres.
Er madıte Einfälle in Lolris, Doris und Boio-
tien, befiegte, feinem Berbündeten Lyfophron von
Pherai zu Hülfe ziehend, im 2 Schladhten den
Philipp in Theſſalien, wandte ſich nad) Boiotien
und eroberte Koroneia; als er aber zum zweiten:
mal nach Theflalien zog, wurde er von Philipp
eichlagen und, als er jich durch Flucht zu retten
achte, von jeinen eigenen Leuten getötet, 352.
Diod. Sie. 16, 31 f.
Onosandros, Orooardpog, ein Blatonifer unter
Nero, Verfaſſer einer Schrift über Kriegstunft und
eines Kommentars zu Platons Republik. Erhalten
ift fein orgarnyırog, Unterricht für einen Feld:
herrn, gewidmet dem Beranius, der 49 n. C. Kon:
jul war und 59 ftarb, eine Schrift, in der er fich
vorzüglich den Zenophon zum Mufter nahm, wenn
ne nicht erreichte. MAusgg. von Schwebel (1762),
Korais (1822), zulegt von Köchly (1860).
"Ovov yva®o; |. Lakonika, 2. 5.
Onyx, övv£, ein von den Alten ſehr gejchägter
Edelftein von der Farbe des Nagels (övv£, un-
guis), gelb, braun oder rot, mit weißen Adern
Tegelmäßig durchzogen, von den Alten zu Kameen,
deren Schönheit noch jet bewundert wird, aber
auch zu Heinen Salbenbüchschen benußt, mas das
Wort daher bisweilen auch bedeutet. Berühmt ift
in neuefter Zeit bejonders das fjogenannte mans
tuaniiche Onyrgefäß, früher im Befiß des Herzogs
von Braunjchweig. "
Opérae, die Arbeit, der Dienft, weldyer Aus:
drud in der Berbindung operarum locatio und
conductio oft vorfam. Es pflegten nämlich Herren
ihre Sflaven an Dritte zur Arbeit oder zu Gla—
dDiatorenfpielen zu vermieten. Auch bermieteten
freie Leute ihre operae, und dieje hießen dann
operarii, mercennarii, Tagelöhner, Dienjtboten.
Opfer. Am weiteften Sinne ift Opfer jede
den Göttern dargebrachte Gabe zur Anerkennung
der Abhängigkeit von denjelben, zur Bezeugung
der Ehrfurcht und Dankbarkeit und zur Er angung
der göttlihen Gnade (über die Sühnopfer ſ. Lu-
stratio). Unter diefen Begriff jallen auch die
Weihgeſchenke, die jich jedoch von dem Opfer im
engeren Sinne dadurch unterjcheiden, daß fie die
Beitimmung eines bleibenden Beſitzes für die
Gottheit haben, während das eigentliche Opfer
nur den augenblidlichen Genuß derjelben bezwedt.
Es wurde daher in der Regel jogleich zerftört und
mußte öfter wiederholt werden. Übrigens rechnet
man zu den Opfern auch noch jolche Gegenjtände,
die in Heiligtümern zwar nur niedergelegt oder
aufgehängt wurden, aber ihrer Natur nach nicht von
langer Dauer waren, wie die Erftlinge der Früchte,
Blumen u. dgl. (dxgodirıe, primitiar) Bei den
riechen und Hömern war das Opfer Haupt:
bejtandteil des Kultus und Mittelpunft der meijten
Feſte. Es wurde geopfert an Feſten und an ge
wöhnlichen Tagen, jowohl von einzelnen Privaten,
von Familien und Seichlechtern, wie vom Staate,
bei allen bedeutenden Ereignifien im Leben der
Einzelnen wie des Volles. Man kann die Opfer
blutige. 1) Zu den unblutigen Opfern ge
hören die Erftlinge des Treldes, welche als ältejte
Art des Opfers einer einfachen, kindlichen Zeit
bezeichnet werden (Plat. leg. 6, p. 782 C. Or.
fast. 1, 337 ff.), Kuchen (reiaroı, placentae sa-
erae), bejonders Honigkuchen und anderes Bad:
wert. Diejes legtere hatte oft die Geftalt von aller:
lei Tieren. Eine eigentümliche Sitte bei Griechen
und Römern war es, daß man joldhe Figuren
aus Teig oder Wachs, auch aus Holz, in Ermange:
lung wirklicher Opfertiere ftatt derjelben darbrachte
(hietae vietimae, sacra simulata. Hat. 2, 47.
Plut. Lacull. 10). Zu den unblutigen Opfern
gehören auch die Rauchopfer, die urjprünglid)
aus einheimiichem Rauchwerk (Cedernholz, dor.
beerblättern, Gummiharz u. dgl.), jpäter beronbert
aus Weihrauch bejtanden und oft mit dem Tier:
opfer und den Spenden verbunden waren. Hom.
Il. 6, 270. 9, 499. Thuc. 1, 126. Das Tranl:
opfer, Spende, orxordn, libatio, der Ausguß
einer Flüffigkeit, namentlich Wein!, wurde ent:
weder in Verbindung mit Brandopfern dargebracht
in_der Abficht, der Gottheit neben dem Genuſſe
der Speife auch den des Tranfes zu bieten, oder
bildete ein jelbitändiges Opfer. Zranfopfer für
ſich famen vor bei Gebeten um Gelingen eines
Unternehmens (Hom. Il.9, 177. 16, 225. 24, 306),
bei feierlichen Verträgen (Hom. Il. 3, 295), bei
Totenopfern (yow, Hom. Od. 10, 518. +1, 26,
inferiae, f. unten 10.) und namentlich auch bei
dem eigenen Trunfe, indem man von der zu ge:
nießenden Flüffigkeit die erjten Tropfen der Gott:
heit ausgoß und dadurd den eigenen Trank
Beiligte. Tom. Il. 7,480. Verg. A. 1, 736. 5, 77.
Der zu fpendende Wein durfte bei Opferhand:
lungen, aljo wenn es nicht eine einfache Libation
bei Tifche galt, nicht mit Waſſer vermifcht fein
(ausgenommen dem Hermes) und mußte, wie jedes
Opfer, mit reinen Händen dargebradjt werden;
außer dem Wein diente Honig, Mil, OT, teils
einfach, teils gemifcht, zum Tranfopfer. Der Honig
war neben dem Wein ein Hauptbeſtandteil der
Totenipende. Manchen Gottheiten durften mur
weinloje Spenden (vmpdlımı Bwolaı) dargebradt
werden, wie den Mujen und Nymphen, dem He—
lios, der Aphrodite Urania, den attijchen Eume—
niden (Soph. O. C.). Beim Übergang vom dei-
rrov zum ovumöcıor pflegten die Griechen ver:
ichiedenen Göttern, namentlich dem dyados dai-
ur und dem Zeig Lwrrje, zu libieren. Die
Nömer gebrauchen libare aud dom PDarbringen
trodener Gegenjtände, wie dapes (Liv. 39, 453),
fruges (Cie. leag. 2, 8), tura (Ov. ex Pont. 4,
8,39) u. a. — 2) Blutige Opfer. Das Tier:
opfer war das hauptjächlichite und gewöhnlichſte
u allen Zeiten des uns befannten Altertums.
ie Wahl des Opfertieres war durch beftimmte
Nüdfichten bedingt. Manchen Gottheiten durften
gewiſſe Tiere nicht geopfert werden, toie der Athene
die Ziege; andere dagegen verlangten wieder vor:
Pi diejes oder jenes Tier, deſſen Opferung
ihnen vor allen angenehm zu ſein jchien, ſei es,
daß man ihnen ein bejonderes Wohlgefallen an
demjelben zuichrieb, jei es, daß das Tier ihnen
feindlich und verhaßt jchien. So erflärte man
den Umſtand, dab der Demeter vorzugsweiſe
Schweine, dem Dionyjos Börde geopfert wurden,
2}
-
*
—
Opfer.
daraus, daß das Schwein dem Aderfelde, der Bock
der Rebe verderblich ift. Pojeidon liebte das Opfer |
ſchwarzer Stiere (Hom. Od. 3, 6) und der Pferde;
den Flußgöttern opferte man Pferde. Hom. n
21, 132. Fiſche und Wildbret kommen ſelten als
Opfer vor (Hirſche wurden der Jägerin Artemis
garen, häufiger jhon Bögel (den Hahn erhielt
jflepios, Plat. Phaed. p. 118 A., Tauben Aphro—
dite, Wachteln Herafles). Die gewöhnlichſten Opfer:
tiere jedoch waren Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine;
die männlichen waren die koſtbarſten. Bisweilen
vereinigte man 3 Tiere Ddiejer verichiedenen Gat:
tungen, namentlih männliche, zu einem Opfer
(reırrög, reırrua, suovetaurilia, solitaurilia),
wie Hom. Od. 11, 131 Stier, Widder und Eber.
Die Zahl der Opfertiere war bisweilen jehr be-
trächtlich; fie ging, namentlich bei großen Feſten
reiher Städte, oft in die Hunderte. Ju Rom
wurde im zweiten puniſchen Kriege ein Opfer von
300 Stieren gebracht. Liv. 22, 10. Auch Privat:
leute machten darin zuweilen Aufwand. Hdt. 6,129,
Eine volle Hekatombe (Fxaröußn) war eigentlich
ein Opfer von 100 Stüd; doc nannte man auch
jo jedes größere feierliche Opfer. Die zu jchlady:
tenden Opfertiere mußten gejund und malellos
jein (Ausnahme zu Sparta, Plat. Alcib.2,p.146 A.)
und durften in den meijten Fällen noch nicht zu
menſchlichem Dienfte verwendet worden fein; be:
jonders war der Aderjtier von der Opferung aus-
genommen. Auch eine gewiſſe Reife des Tieres
war erforderlih. In Bezug auf das Geichlecht
galt die Regel, daß männlichen Gottheiten männ—
liche, weiblichen weiblihe Tiere geopfert wurden.
Den oberen Gottheiten brachte man weiße, den
unterirdijchen und aud) den Gottheiten des dunklen
Meeres jolhe von dunkler Farbe dar. Hom. Il.
3, 1083. Od. 3, 6. 11, 33. Dieje Beitimmungen
En im ganzen bei Griechen wie bei Römern.
ie legteren teilten die — in maiores
und lactentes (Cie. legy. 2, 12, 29), in vietimae,
d. i. Rinder, und hostiae, tielnere Tiere, bejon:
ders Schafe (vietima maior est, hostia minor,
5 Fronto). — Menſchenopfer waren dem älteften
griechiichen Kulte, wie dem der meiften anderen
Völker, nicht fremd. Bei manchen Kulten, wie
bei dem des Inlaiischen Zeus in Arladien, mochte
die rohe Auffaſſung obwalten, dab fich die Gott-
heit jelbft an dem Genufje des Menichenfleiiches
ergege; gewöhnlich aber lag der Grund der Ent—
ftehung in dem Umſtande, daß das Volk, um den
auf jeiner Gejamtheit ruhenden Zorn einer Gott:
heit zu jühnen, einzelne aus jeiner Mitte preisgab.
Solche Sühnopfer, die zum Teil aus dem Aus—
lande nach Griechenland famen, wurden frühzeitig,
857
\jobald das Humanitätsgefühl des Griechenvoltes
erftarft war, meijtens abgeichafit, indem man ſich
mit ftellvertretenden Gegenſtänden begnügte, mit
Tieren (Opferung der Iphigeneia, des Phrixos,
j. Athamas), oder auch mit Jeblojen Dingen,
oder, wo fie ſich erhielten, wurden ſie auf irgend
eine Weiſe gemildert. So wählte man gemei—
niglich zum Opfer Verbrecher, die doch dem Tode
verfallen waren, und ſuchte die dem Tode Geweih—
ten irgendwie zu retien, wie 3. B. bei dem Men—
ichenopfer, das man jährlidy dem Apollon in Leukas
von Felſen ſtürzte. Man geftattete dem Opfer
die Flucht (ſ. Agrionia) oder begnügte ſich damit,
dab Menjchenblut vergoffen ward (die Geißelung
der jpartanijchen Knaben am Altar der Artemis
Orthia; vgl. auch Kur. Iph. Taur. 1470). Die
Menichenopfer bei Leichenbeftattungen (Hom. Il.
21, 28) galten weniger den Göttern, als daß fie
dazu dienten, den Schatten eines Berjtorbenen zu
befriedigen und zugleich dem Zorn und Wache:
gefühl der Hinterbliebenen genug zu thun. uch
bei den Römern famen in alter Zeit Menjchen-
opfer vor; namentlich wurden die unterirdiichen
Gottheiten durch Menjchenblut gejühnt. Ubrigens
wurde die graufame Gitte auch hier gemildert
oder ganz abgeſchafft. Nach einem alten Geſetze
des Romulus wurden gewiſſe Verbrecher (z. B.
Verräter) den unterirdiſchen Göttern geweiht, ſo
daß, wer ſie tötete, fein parricida war. Auch am
Feſte des Jupiter Yatiaris wurde ein Verbrecher ge:
opfert. An den Eompitalien, an denen urjprünglich
der Mania, der Mutter der Yaren, Kinder geopfert
wurden, opferte man jeit Junius Brutus Mohn:
und SKnoblauchtöpfe, ut pro capitibus suppli-
caretur (vgl. Argei). Erjt unter den Konjulat
des En. Cornelius Lentulus und P. Licinius Erafjus
(97 v. E.) wurden die Menichenopfer durd einen
Senatsbeihluß aufgehoben. Plin. 30, 1,3. Doch
famen ſolche noch jpäter bisweilen vor. Suet. Oet.15.
— Die Opferhandlung und Opjergebräude
bei den Griechen trugen wejentlid) das Gepräge
eines Mahles, das der Menjch mit der Gottheit
teilte, ohne deshalb der Heiligkeit des Anlafies zu
vergeflen, die jelbit erjt jeinen außergewöhnlichen
Genuß rechtfertigen mußte. Hauptſtellen für die
griechifchen Opfergebräuche: om. Il. 1, 458 ff.
Od. 3, 439 ff. 14, 414 ff. Kur. El. 792 ii Das
Opfertier wurde, mit Kränzen und Binden ge:
ihmüdt, aud) wohl mit vergoldeten Hörnern (Hom.
Od. 3, 384; doch find bei Homer die Opfertiere
noch nicht mit oreunuere geſchmückt), an den Altar
geführt; folgte es gutwillig, jo war dies ein
gutes Zeichen, auch wartete man mit der Schlach:
tung, bis das Tier durdy ein Niden des Kopfes
jelbjt gleihjam die Zuftimmung zu feiner Opfe:
rung gegeben hatte. Nachdem alle Anwejenben ſich
mit Waſſer, das durch das Eintauchen eines Opfer:
brandes geweiht war, beiprengt hatten und zu
heiliger Stille (evpnule, evpnueir) ermahnt wor:
den waren, bejtreute man den Naden des Tieres
mit geröjteten Gerftenlörnern, die die Stelle des
Brotes vertreten jollten, jchnitt dem Tiere als
Todesweihe einen Büſchel Haare von der Stirne
und warf ihn ins Feuer und jchlug es alsdann
mit einer Keule oder einem Beile zu Boden, worauf
man ihm, damit man zur Beiprengung des Altars
Blut gewinne, den Kopf zurüdbog und mit einem
Opfermeſſer die Kehle akt. Bei Opfern für
nn
c
*
—
10
858
unterirdiſche Gottheiten wurde der Kopf zur Erde
niedergedrückt und das Blut in eine Grube ge—
goſſen. Darauf häutete man das Tier ab, zer—
legte es und verbrannte die den Göttern zukom—
menden Stücke unter Libationen mit Räucherwerk
und Opferkuchen auf dem Altare. Gewöhnlich be—
ſtimmte man den Göttern das Fett, von jedem
Gliede des Tieres etwas, oder beſondere Teile,
namentlich die Schenkelknochen; das übrige ver—
ehrten die Opferer teils ſogleich bei dem Opfer—
—— teils wurde es, namentlich der Anteil
der Prieſter, mit nach Hauſe genommen. Opfer,
die ganz verbrannt wurden, waren ſelten. Von
Totenopfern oder von ſolchen, die mit einem Fluche
beladen waren, wurde nichts genoſſen, ſondern
ſämtliches Fleiſch wurde vergraben oder ſonſt ver—
nichtet. Zur Einleitung und zur Begleitung der
Opferhandlung dienten Gebete, Muſik und Geſang
und auch Tanz. — Die Opferhandlung der
Römer hatte vieles mit der der Griechen gemein.
Bei einem Staatsopfer zogen die Opfernden in
ihrem Feſtſchmucke zu den im Freien errichteten,
mit heiligen Kräutern und wollenen Binden um:
wundenen Altären. Der Bräco forderte den Bon:
tifer und den Magiftrat auf, die heilige Handlung
mit aller Aufmerkſamkeit zu verrichten, und die
Menge, fi ruhig zu verhalten (ut linguis fave-
rent). Nachdem die befränzten Opfertiere bon
den Opferdienern an einem jchlaffen Strid herbei-
geführt, und die Unreinen weggewieſen worden
waren, jprachen die Opfernden, den Altar anfafjend,
ein von dem Pontifer vorgefprochenes Gebet, der
Pontifex weihte das Opfertier mit einem Guß von
Quellwaſſer und Wein, Opferjchrot (mola salsa:
immolatio) und Weihrauch über den Kopf, koftete
den Wein und gab ihn den Opfernden zu trinfen,
Ichnitt einen Büſchel Haare von der Stirne des
Tieres und warf ihn ins Feuer und fprach, nad):
dem er, nad) Oſten gewandt, dem Tiere das Mefler
ichräg von der Stirn zum Schweife gezogen: Das
Tier ift geweiht (macta est — magis aucta).
Der Opferdiener (vietimarius) fragte nun den
Briefter: agone? Auf die Antwort: hoc age,
ichlachtete er das Tier, das er, wenn das Opfer
gut fein jollte, an der rechten Stelle treffen mußte.
Dann durchichnitt der cultrarius dem Tier mit
dem Meſſer die Kehle. (Bei Schweinen und Schafen
bedurfte es des victimarius nicht, jondern bloß
des cultrarius.) Das aufgefangene Blut wurde
mit Weihrauch, Wein und Dpferfchrot auf den
Altar gegoflen, dann nad einer Weinjpende das
Tier auf dem Opfertiſch zerjchnitten, und die Ein:
geweide mit Meſſern (mit den Händen durften fie
nicht berührt werden) herausgenommen und von
den Harufpices unterfucht (exta consulere). Waren
die Eingemweide ungünftig, jo mußte ein zweites
Opfer gebracht werden, und fo oft mehrere; war
das Opfer unter günftigen Zeichen gebracht (lita-
tum), jo folgte eine neue Spende und das Ver:
brennen von Opferfladen (feretum, strues). Darauf
wurden die exta dreimal um den Altar getragen
und auf demjelben niedergelegt, dann die Götter
eingeladen, die Gabe wohlmwollend anzunehmen
(accipe, sume, cape libens, volens), die ihnen
gebührenden Stüde mit Mehl, Wein und Weih:
rauch überjtreut, in Körbe gelegt und auf dem
Altar verbrannt. Nun folgte die adoratio, indem
der Pontifex unter Kußhänden rechtwärts um den
Ophelion — Opifices.
Altar ging und mit erhobenen Händen zu ben
betreffenden Göttern flehte; hierauf drehte er fich
recht3 herum, brachte die Rechte zum Munde, indem
er den Peigefinger auf den Daumen legte, und
machte figend, während man bis dahin geftanden,
die veneratio mit dem Bolfe. Nach nochmaliger
Libation wurde das Volt mit den Worten: ilicet
(ire licet) oder valete oder ex templo entlafjen.
Die Priefter hielten hierauf ein prächtiges Feſt—
mahl. Bei Brivatopfern veranftalteten die, welche
das Opfer gebracht hatten, mit ihren Angehörigen
und Freunden ein Mahl. Die den unterirdijchen
Gottheiten dargebrachten Opfer biegen inferiae.
Ophelion, Rpellor, 1) fomijcher Dichter in
Athen, der neueren attiſchen Komödie angehörig.
Einige Titel und Fragmente haben jich erhalten,
gejammelt von Meinefe, fragm. com. Graec. Ill
p. 380. (II p. 687 der H. Ausg.), und Koch,
com. Att. fragm. II, 1, p. 293 f. — 2) Schrift:
fteller über mediziniſche und naturhiftoriiche Gegen:
ftände, von Plinius benugt. — 3) Sohn des Ari:
ftonidas, um 160 dv. E., ein Bildhauer, von dem
fih die Marmorftatue eines Römers im Youpvre
zu Paris findet. Brunn, Gefch. der griech. Künjter 1
©. 465. — 4) Maler aus unbelannter Zeit, der
einen Ban und eine Nerope malte.
Ophellas, 'Oge£ilas, ein Feldherr von Ptole:
maios |, eroberte in deflen Auftrag Kyrene, 322
v. E., und wurde Statthalter des Landes. Eine
Empörung der Befiegten wurde 313 unterdrüdkt.
312 machte er ſich Hnabhängig und ui 308 im
Bunde mit Agathofles von Syrakus Anftalten zu
einem Kriege gegen Karthago, wurde aber von
jeinem Verbündeten hinterliftig getötet. Diod. Sie.
18, 21. 20, 40 ff.
Opheltes j. Adrastos.
Ophion, Ogpior, 1) einer der älteften Titanen,
mit feiner Gemahlin Eurpnome, einer Tochter des
Okeanos, dor Kronos und Rhea herrichend, von
diejen befiegt und in den Tartaros oder den Dfen-
nos geftürzt. Apoll. Rhod. 1, 503. — ?) Gigant.
— 3) Bater des Stentauren Amykos, der daher
Ophionides heift (Or. met. 12, 245).
Ophis, ’Ogıs, Fluß bei Mantineia in Arkadien,
der in den Alpheios fiel. Xen. Heil. 5, 2,4. aus.
8,847.
'Ogtoöxos |. Sternbilder, 7.
Ophryneion, Ogevreıor, Meine Stadt My—
fiens in der Landichaft Troas in der Nähe des
Pteleosjees zwiſchen Dardanos und Nhoiteion.
Ein dort gelegener Hain war dem Heltor heilig.
Hdt. 7,43. Xen. An. 7,8, 5. Strab. 13, 595.
Opiei j. Italia, 7.
Opiconsivia j. Ops.
Opifices., Sandarbeiter, Önuoreyod, eine faſt
im ganzen Wltertume gering geachtete Menſchen—
klaſſe, jo daß im manchen Geſetzgebungen die
Handwerker von ftaatsbürgerlichen Rechten ans-
geichloffen wurden. Dies darf indefien teils des:
halb weniger verwundern, weil die meiften Hand:
werfe an das Hans feflelten, aljo vom Aufenthalte
auf dem Marfte und in den Gumnafien aus-
ſchloſſen und zu einer figenden Lebensart nötigten
(daher Paravcog, zunächſt freilih von der als
beionders aufreibend geltenden Lebensart der feuer:
arbeiter); teil$ darum, weil auch die Schöpfer der
edelften Kunftwerfe und die geiftiger Beichäftigung
Obliegenden, wie jchon bei Homer die Arzte,
Opilius — Oppii.
Sänger, Wahrſager, ſich nicht durchaus größerer
Geltung erfreuten. An Sparta lag aller Gewerb—
fleiß ausjchließlich den Berioiten ob, in Athen
ging derſelbe, ſoweit er nicht fabrifmäßig war,
mehr und mehr aus den Händen der Bürger in
die der Metoilfen über. Yunftzwang fand nicht
ftatt. In Rom trieben das Handwerk meift Fremde
und Sflaven (Cie. off. 1, 42: opifices omnes in
sordida arte versantur, Sall. Cat. 49). Doch
waren auch manche zugleich Bürger. Sie hatten
ihre Zünfte (collegia) unter eigenen Vorſtehern
(magistri); einige gelangten ſelbſt zu Ehrenftellen,
wie M. Scaurus, En. Octavius u. a. Vgl. Dru-
mann, Arbeiter und Commmuniften in Griechenland
und Rom (1860), ©. 33 ff. 153 ff.
Opilfus, Aurelius, ein Freigelafiener, Lehrer
der Philoſophie und Grammatik ın Rom, um 90
v. E., begab fich fpäter nach Smyrna. Seine
Schriften, von denen die 9 Bücher Musae häufig
eitiert werden, jind verloren gegangen.
Opimii, ein plebejiiches Geſchlecht. Nennens-
wert find: 1) 2. Op., eroberte und zerftörte im
Jahre 125 v. E. ald Prätor die empörte Stadt
Frregellä (Liv. ep. 60), wurde Konjul 121 und
leitete den Kampf des Adels gegen C. Grackhus,
gegen den er das bewaffnete Bolf führte und den
er nebft einem Zeile ſeines Anhanges erjchlug
(Cie, Cat. 1, 2, 4. Phil. 8,4, 14. Sall. Jug. 16.
Plut. ©, Gracch. 13 f.); er zeigte fich jehr unebel
gegen die Leiche und die Anhänger jeines Gegners.
ach der Freiſprechung von einer wegen Mißhand—
fung unschuldiger Bürger gegen ihn erhobenen
Anklage (120) ging er als Gejandter an Jugurtha
nach Afrika, ließ fich bon diejem beftechen und
wurde nad feiner Rückkehr deshalb vom Volke
zur Rechenſchaft gezogen und verurteilt; er ging
in die Verbannung und jtarb verachtet und arm
in Dyrrhahium. — 2) DO. Op., Gegner des von
Sulla gegebenen Gejeges, welches die Tribunen
von höheren Amtern ausschloß, wurde deswegen
angeflagt und vom Gerichte, in welchem aud)
Verres als Prätor fah (74 v. E.), in Strafe ver:
urteilt, wodurch er fein WBermögen verlor. Cie.
Verr. 1,60. — 3) M. Dp. diente im Heere des
Bompejus und entrann in Mafedonien (48 dv. €.)
ben Soldaten des Domitins durch Flucht. Caes.
b. c. 3, 38,
Opis. mis, aſſyriſch Upi, alte bedeutende
Handelsftadt an der Grenze von Mfiyrien und
Babylonien, am Einfluß des Phyſtos (j. Adhem)
in den Tigris gelegen; j. Ruinen Mandichur. dt.
1,189. Xen. An. 2, 4,25. Arr. 7, 7,6. Strab.
16, 739 f.
Opiterginm, Ortr£ioyıor, Stadt und römische
Kolonie in Venetia am Fluß Yiquentia, an der
Straße von Aquileja nach Berona (Tuc hist.3, 6);
j. Oderzo. Die Montes Opitergini lagen nörd—
lid) von der Stadt.
Oppiänos. Orziarös, griechiſcher Dichter aus
Korykos in Kilifien zur Zeit des Marcus Aure—
fius und Commodus, Verfaſſer eines noch vorhan:
denen didaftiichen Epos "Alrevrind in 5 Büchern
über Aufenthalt, Eigenschaften, Lebensweiſe und
Fang der Friiche, Das ſich durch gebildeten Stil
und reinen und wohlflingenden Versbau auszeichnet,
aber allzu wortreich ift. — Wohl zu untericheiden
von diejem Opp., obwohl jchon früh mit ihm ver:
wechfelt, ift ein anderer Opp, der Berfajler eines
850
— Kurnyerind, von der Yägerei, in
4 Büchern, denn der Berfafler desjelben kündigt
fih (2, 123. 156) als einen Syrer unter Cara:
calla an, und jein Gedicht fteht an Wert in jeder
Beziehung tief unter den "Alıevrıxd. Unter dem
Namen des Oppian gab es auch ein Gedicht ’IEev-
rınd, dom Vogelfang, von dem wir noch eine
profaifche PBaraphrafe von Eutefnios haben. —
Ausg. von Schneider (2. Ausg. 1813), befler die von
F. ©. Lehrs (in Didots Ausg. der poetae bucolici
et didactici, 1846). Abhandlungen von %. Peter
(1840) und Miller (1885).
Oppfi, ein plebejiiches Geichleht: 1) Sp. Op—
pius Cornicen, einer der Decempirn pfebeji:
ichen Standes (450 v. E.), behielt mit feinen
Kollegen die ihm übertragene Gewalt länger, als
das Geſetz erlaubte, wurde deshalb fpäter ange:
klagt und entleibte jich felbit. Liv. 3, 35. 41. 58
(ander8 Dion. Hal. 11, 46). — 2) M. Opp.,
wurde don den im Felde ftehenden Soldaten zum
Anführer beim Zuge nach Rom gewählt (450 v. E.),
ald die Schandthat des Appius Claudius gegen
Virginia befannt geworden war. Liv. 3, 51. —
3) Beftia Oppia, aus Vtella, eine eifrige An—
hängerin der Römer, für deren Erfolge bei Be-
lagerung des abtrünnigen Capua (212 v. E.) fie
den Göttern täglich opferte. Liv. 26, 33. — 4) C.
Oppius, Vollstribun 215 v. C. gab das erite
Gejep gegen den Luxus der rauen (j. Sump-
tus). — 5) DO. DO pp., Profonful im Jahre 88
v. E., Fämpfte gegen Mithridates, geriet durch Die
Bewohner Laodikeias in deffen Gewalt und erhielt
erft durh Sulla feine Freiheit wieder. App.
Mithr. 175. — 6) 2. Opp., ein Freund Eiceros
(ad fam. 13, 43f.), römiſcher Ritter und Negotia-
tor in Alien. — 7 E. Opp. Cornicinus, jcheint
mit Cicero, für deſſen Rückkehr er faſt demütig
bat, befreundet gemwejen zu fein. Cie. Sest. 34, 74.
— 8) M. DOpp., wurde von den Triumpirn mit
feinem Water auf die Projfriptionslifte geiebt
(43 v. E.), durfte aber jpäter (39) wagen, nad)
Rom zurüdzufehren, und wurde im Jahre 37 Adi.
Das Boit, weldyes ihn gewählt hatte, um jeiner
findlichen Liebe, mit der er den geächteten Water
auf feinen Schultern aus der Stadt und weiter
getragen hatte, jeine Anerfennung zu zollen, fteuerte
gu dem Aufwande, den ihm fein neues Amt auf:
egte, jo reichlich bei, daß er für die durch die
Üchtung verlorenen Güter reichen Erjag befam.
Dio Cass, 48, 53. — 9) €. Opp., ein Bertrauter
Eäjars, der ihm die Beſorgung feiner Angelegen:
heiten in Rom überließ, während er jelbft in
Gallien war. Cie. ad Qu. fr. 1, 3.6. Als der
Bürgerkrieg ausbrach, jpielte er den Vermittler
(Cie. ad Att. 9, 7. 0); als das nicht gelang, und
Cäſar nad Griechenland hinüberging, übte D.
(und mit ihm Balbus, j. Balbi, 1., der in Rom
geblieben war) einen großen Einfluß, weshalb
jelbjt Eicero jeine Freundſchaft jehr emfig ſuchte
und auch jpäter jeine Verwendung oft erbat, ſowohl
für fich, als für andere (Cie. ad Att. 12,29. ad
fam. 6, 19), während DO. und Balbus dem Cicero
auch bei Cäſar nüplich zu werden juchten. Nach
Cäſars Tode ſchloß fih DO. dem Octavian an. In
jpäterer Zeit galt er manchen als Verfaſſer der Bücher
über den alerandriniichen, hiſpaniſchen, afrifanifchen
Krieg (Suet. Caes. 56); aber mit Unrecht, da die:
jelben zu ungleidy in der Sprache find, um Einen
860
Verfaſſer haben zu können. — 10) Opp. Statia=
nus, folgte dem Antonius als Xegat in den
Krieg gegen die Barther (36 v. E.), in welchem
er jeinen Tod fand. Plut. Anton. 38. — Bu er:
wähnen ijt noch 11) Opp. Chares, ein Gram—
matifer in Gallien, welcher bis in fein hohes Alter
hinein lehrte. Suet. gramm. 3.
Ops, die römiſche Göttin des reichen Getreide:
jegens, Gemahlin und weiblihes Gegenbild von
Saturnus, wegen ihrer Beziehung zur Saat Con-
sivia genannt. Wer fie anrief, berührte den Erbd-
boden. Ihre Verehrung war mit der des Satur-
nus eng verbunden; fie hatte manche Heiligtümer
und das Feſt der Saturnalien mit ihm gemein:
ſchaftlich. Ein bejonderes Feſt wurde ihr unter
dem Namen ÖOpeconsiva am 25. NAuguft gefeiert.
Als Saturnus mit Kronos identifiziert war, er:
Härte man Ops für Rhea und gab beiden den
Eoelus (Uranos, zum Vater. Much mit den ita=
liihen Göttinnen Fauna, Fatua und Maja ward
fie identifiziert.
Opsius, Marcus, gehörte zu denen, welche
den Sabinus im Jahre 28 n. E. anflagten, um
des Sejanus Gunst zu gewinnen. Tiberius lieh
ihn hinrichten. Tae. ann. 4, 68 ff.
"Owor (Öpaigıor, öyarıor, Öynuc, opsonium
[obs.], pulmentarium), alles, was zum Brote ge:
nojjen wurde, Zufoft, beitehend aus Salz, Oliven,
Käſe, Kohl, Nüffen, Hüljenfrücten n. dgl, vor:
züglich aber Fleiſch und Fiſchen. Später verjtand
man darunter nur Fiſche, die Lieblingsipeije der
Lüſtlinge. Auf Seefiſche und deren fünftliche Zu:
bereitung wurde bejonderes Gewicht gelegt und
ein ftarfer Handel nad) entfernten Gegenden damit
getrieben. Die Athener gingen ſelbſt zu Markt
(öpor, macellum), um einzufaufen (öworeiv, op-
sonare), die Römer hielten zu dem Ende einen
Sklaven (öparng, opsonator). Die Aufficht über
den Speijemarft führten 2 öporduoı. — Bgl. auch
Mahlzeiten, I
Ortega |. Ehe, 5.
Optimätes hieß die ariftofratiiche Partei, im
Gegenfag der populares. Erſtere gehörten allen
Ständen an und ftrebten nad) dem Beifall der
Belten, letztere jchmeichelten dem großen Haufen,
wie die Öracchen u. a. Jene find nad) Cicero die
einzig gutgefinnten Bürger, die conservatores
civitatis, defensores reipublicae. Seit den Grac=
chen und noch mehr jeit Sulla und Marius tritt
der Gegenſatz zwiſchen opt. und pop. ſcharf hervor.
Cic. ad Att. 8,16. 9, 1. Nest. 45,
Optio bieh ein untergeordnieter Offizier, und
zwar in der älteren Zeit ein dem Centurio oder
Decurio beigegebener, oder von diejem ſelber ge:
wählter (daher der Name, ſ. Dux, 4.), in der
Kaiferzeit auch ein mit untergeordneten Verrich—
tungen jelbjtändig beauftragter Soldat, z. B. ein
optio ab uctis, d. i. Legionsſchreiber, optio car-
ceris, Aufſeher des Militärgefängnifjes, optio wera-
rius, Bahlmeifter u. ſ. w.
Opüs, Oroös, Hauptjtadt der nach ihr benann—
ten opuntijchen Lokrer, nicht weit von der Küjte
des Opuntiſchen Meerbujens, 60 Stadien von
ihrem Hafen Kynos, am jüdlichen Ende einer
fruchtbaren Strandebene. Sie bejaß eine feite
Burg (Lie. 32, 32), von der ſich noch Trümmer
auf einem jeljigen Hügel bei dem Dorfe Gardi—
niga finden, und galt als Baterjtadt des Patro:
Ops — VOoxnorixij.
klos. Bei einem Altar des Wins, Dilens’ Sohn,
wurden Kampfipiele, Nianteia, gefeiert; nad dem—
jelben Aias waren wohl auc das reuevog Ald-
verov und die xoren Alanig in der Stadt be-
nannt. Hom. Il, 2, 532. 18, 326. 23, 85. Thuc.
2, 32. 3, 89. Strab. 9, 425.
Opus publieum hie jedes öffentliche, dem
Staat oder einer Kommune angehörige Bauwerk
oder fonftige Anlage, 3. B. Brunnen, Statuen ꝛc.
Die Eenjoren und jpäter die Kaiſer beauftragten
curatores operum publicorum damit, das Nötige
mit den Bauunternehmern (redemptores) abzu:
machen.
Orakel j. Divinatio, 5ff, und Delphi-
sches Orakel.
Oratio, der Antrag des Kaiſers an den Senat,
gewöhnlich von dem Duäftor vorgeleien (auch
epistula und libellus genannt), worauf der Senat
abjtimmte und das SCons. abfaßte. Da die kaiſer—
lichen Vorſchläge in der a. angenommen wur—
den, hieß oratio auch das SCons. jelbjt oder das
von dem Sailer ausgefertigte Gejep.
Orätor, vor alters jo viel wie fetialis und
wie legatus überhaupt.
Orbelos, Ooßnkos, Gebirge im Nordoften Mate:
doniend an der Grenze von Thrafien, j. Argen—
taro und Perim; zieht jich vom Rhodopegebirge
am linken Ufer des Strymon hin. Hat. 5, 16.
Strab. 7, 329.
Orbilfus Pupillus, geb. zu Beneventum, war
erft Schreiber, dann Soldat, lehrte darauf in jeiner
Vaterftadt, fam (63 v. E.) nad) Rom, wo er zwar
in hohem Anjehen jtand, aber troßdem in großer
Dürftigfeit lebte, die ihm finfter und mißmuti
machte. Diejer mißmutigen Stimmung, Die ka
jeine Schüler hart traf, erinnerte ſich auch Horaz
(ep. 2, 1, 70), der ihn in Rom hörte und pla-
gosus nennt. Er ftarb im hundertjten Lebensjahre.
Suet. gramm. 9.
Orbir, eine Schlacdhtftellung, wie der Augenblid
fie fügte, Mann gegen Mann mit dem Rücken
zujammengeftellt, zur Berteidigung gegen einen
überlegenen Feind. Nur in der äußerſten Not
nahm man zu ſolcher Aufitellung jeine Zuflucht.
Veg. 1,26. Gell. 10,9. Caes. b. g. 5, 33. Sall.
Jug. 102. Liv. 4, 39. ®gl. aud) die acies ovalia
unter Seekrieg, 3.
Orbius, Publiug, tüchtiger Jurift, war im
Jahre 65 v. C. Prätor und verwaltete Aiien.
Gicero nennt feinen Namen mit Achtung (Flace.
31, 76. Brut. 48, 179.)
Orböna, römische Perjonififation der Kinder:
lofigkeit und Berwaiftheit, die bei dem Tempel
der Yaren zu Nom einen Altar hatte. Sie wurde
von Eltern angerufen, die, ihrer Kinder beraubt,
wieder Kinder zu erhalten wünſchten. Cic. n. d.
3, 25, 68.
Orea, ein Weinbehälter von langer Form, der
amphora ähnlid.
Örchämos, Ogzewos, König der Achaimenier,
Gemahl der Eurynome und Bater der jchönen, von
Apollon geliebten Leufothod, die der Vater des:
halb lebendig begraben lieh, Apollon aber in eine
Beihraudyftaude vertvaudelte. Op. met. 4, 208 fi.
Ogxnortıxn, Öernoıs, Saltatio, homeriſch
dernorvs und bei ihm mit Eitheripiel und Ge—
fang eng verbunden (d., widagıs wel dodn, 11.
13, 731; uolnn ift der gemeinjchaftlihe Name
861
dafür), indem meiftenteil3 auch Tänzer und Sänger | jonders die dionyfiichen Feſte und der Kultus des
in Einer PBerjon vereinigt waren, und der Tanz | Apollon auf Delos verbunden, wie denn in Delos
von der Flöte oder Either begleitet ward, wozu | jedes Opferjeft mit Gejang und Tanz verherrlicht
in der Regel eine mimijche Darftellung hinzufam. | wurde. Dieje religiöjfen Chorreigen bejtanden, ab-
Die Harmonische Durchbildung und Beredelung, | gejehen von den balchiſchen und korybantiſchen
welche bei den Hellenen dem Körper zu teil | Tänzen, in einfach forticpreitenden Bewegungen
wurde, zeigt ſich bejonders in ihrer Orcheftit oder | und rhythmiſchen Wendungen, wobei wenig leben
Tanzkunſt, welche gleih anfangs hauptſächlich dige Mimik ftattfand. Ein jolcher Chortanz auf
Mimik war, d. h. der Ausdrud einer Vorjtellung | Delos hie yfoaros, zuerjt aufgeführt von dem
oder Empfindung, gegeben und ausgejprochen durch aus Kreta zurückkehrenden Thejeus um den xe-
Ooynorian.
den Körper. Ste war daher nur durch die Mittel
ber Darftellung eine von der Poefie und Mufik
verjchiedene Kunſt und gab mit beiden zujammen
die Vollendung der Mujenfunft im hellenifchen
Sinne. Im körperlicher Bewegung beftehend, hat
fie zunächſt mit der Gymnaſtik einen und den:
jelben Boden, unterjcheidet, fih aber von diejer
dadurch, daß fie nicht bloß Übung und Steigerung
der körperlichen Kraft und Gewandtheit bezweckt,
fondern dieſe vorausjegt und der Anmut und
Schönheit unterordnet und als Kunſt ihren Zweck
in fich jelbit hat. Beſonders thätig waren bei
der Orcheftil wie bei dem heutigen Ballett Hände
und Füße, auch fand dabei regelmäßig mufifalische
Begleitung ftatt. Die Orcheftit läßt fich als eine
Eigentümlichkeit des hellenischen Volles bis in die
frühejten Zeiten verfolgen, und bei Homer jpielt
der Tanz befanntlich eine große Rolle. Od. 1, 152.
17, 605. 6, 65. 8, 261 ff. II. 13, 637. 18, 569 ff.
590 ff. Als Kunſt hat fich die Orcheftit im Laufe
der Zeit mehr und mehr ausgebildet, wie Lukian
(de salt. 25. 34) ausdrüdlid) jagt und näher an:
gibt. Der Stoff der Darftellung war meiſt my:
thologiich (daſ. 37—61. 63. 67. 80. 83). Unzählig
waren die verjchiedenen Arten des Tanzes; Auf:
zählungen gibt Pollux (4, 99-105). Ganz all:
gemein eingeteilt waren fie in männliche oder
weibliche, Friegeriiche oder friedliche; die größte
Mannigfaltigfeit wurde durch landichaftliche und
Örtliche VBerjchiedenheiten bewirkt. So nennt Ari:
ftorenos bei Athenaios (1, p. 22b.) lakoniſche,
troizeniſche, epizephyriſche, kretiſche, ioniſche, man:
tineiiſche Tänze; natürlich kamen von allen dieſen
wieder verſchiedene Arten vor. Nach der Art ſei—
ner Anwendung kommt der Tanz vor 1) als Er—
ziehungsmittel, namentlich bei den Spartanern,
deren Epheben nach Lukian (de salt. 10) ob usior
Öoyeiodaı 7) Ömlouayeiv uarddvova. 2) Im
gejelligen Leben fam der Tanz bejonders bei Gaſt—
mäbhlern vor, jedoch in der Art, daß man fich mit
dem Zuſchauen der Leiftungen handwerlsmäßiger
Zänzer unterhielt, nicht aber die Kunſt jelbit
übte, da fich nach und nad) ein Vorurteil dagegen
bildete. Much gehörte der Tanz nicht zu dem ge:
wöhnlichen Boltsbelnftigungen. Adt. 6, 129. Xen.
Hier. 6, 2. Tanzluftigfeit galt als ein Zeichen
und als Beweis mangelnder Nüchternheit. Athen.
4, p. 134a. Ein Zuſammentanzen beider Ge-
ichlechter war unter Erwachſenen gar nicht Sitte
und würde als höchſt unmännlich angejehen wor—
den fein. Noch ftrenger urteilten über die An:
wendung des Tanzes im geielligen Leben die
Römer. Cic. Mur. 6. Deiot.9. Macrob. Sat. 2,10.
Sall. Cat. 26. Corn. Nep. praef. Epam. 1. Da:
gegen waren 3) an den Gottesdienft religiöfe, und
odrivog Bwuös des Apollon, eine Nachahmung
der Windungen des LYabyrinthe. Plut. Thes. 21.
Lebendiger waren die Waffentänze in den dorijchen
Staaten, namentlich in Sparta heimiſch und aus:
gebildet und bejonders bei der Feier der Gymno—
paidien aufgeführt. Einer der wichtigften Waffen:
tänze war die zugedgn (j.d.). Auch andere Stänme
hatten diejelben, jo die Thrafer, die Myſer, die
Berjer, die Baphlagoner und bejonders die Theſſa—
ler. Auch bei Saftmählern famen Waffentänge zur
Unterhaltung der Gäſte vor. Xen. come. 2, 11.
Mit dem Namen wugelyn bezeichnet Platon (legg.
7, 816 B. ©.) alle friegerifhen Tanzweiſen, und
die ganze Gattung friedlicher Tänze begreift er
unter der Zuuelsıe. Dieje war unftreitig jehr
vielfeitig und umfahte auch eine Anzahl theatra—
liicher Tänze. Beſondere Arten berjelben werden
von Bollur (4, 99. 105) und Athenaios (1, 20e.
14, 631 a.) aufgezählt. Wal. darüber Hat. 6, 129.
Inc. de salt. 22. 26. Athen. 14, 629 d. und
Eunilsıe Außerdem gab es noch bei agrari—
ichen Feſten verfchiedene ländliche Bollstänze, teils
mimiſcher, teils rhnthmifcher Art. Der Zmurj-
vıog war ei Keltertang, wobei alle bei der Wein:
leje und dem Keltern vorfommenden Handlungen
dargeitellt wurden. Ein gymnaitiicher Tanz war
die Pißeoıs, wo Knaben und Mädchen in bie
Höhe \prangen und fich hinten mit den Füßen
ichlugen, wobei die Zuſchauer die Sprünge zu
zählen pflegten. Bei den Kreistänzen (vguor,
Halsichnüre) tanzten Knaben und Mädchen zu:
glei} (wa3 bei den meilten Griechen nicht für
pafjend galt), — Bei den Römern wird des
Zanzes außer dem Theater wenig gedacht. Ein:
fache, gemefjene Bewegungen um den Opferaltar,
von Jungfrauen ausgeführt 209 v. C., erwähnt
Livius (27, 37). Auch die Tänze der Salier kön—
nen als Anfänge der saltatio hieher gezählt wer:
den. Hor. od. 1,36, 1f. 4, 1,26. In der Zeit
des Auguftus waren bei Jungfrauen ionijche Tänze
mit weichlichen Geſten beliebt (daſ. 3, 6, 22), und
in der Kaiferzeit machte die Tanzfunft überhaupt
bedeutende Fortichritte durch die hinzugekommene
Mimit. Vopise. Aurelian. 6. Aber ihre höchſte
Ausbildung erhielt auch in Nom die Tanzkunft
auf dem Theater, wo fie durchaus mimetifcher Art
war. In der tragijchen Orcheftif, die natürlich
ernjter, pathetifcher Art war, zeichnete fich be:
fonders Pylades aus, in der heiteren, komiſchen
dagegen war Bathyllos Meifter, beide zur Leit
des Auguftus. Bildliche Darftellungen der ver-
ichiedenften Tänze finden fich zahlreih auf Wand-
gemälden. — Tanzfunft war außer Rom und
Griechenland auch ın Hiſpanien und im Driente
zu finden. Bon Gades famen funftfertige Tänzer
an zahlloje Feſte religiöje und profane Tänze ge: ; rinnen nad) Rom und erregten durch ihre Vor—
fmüpft. Mit religiöjen Tängen, einfachen, feier:
lien Chorreigen um den Opferaltar, waren be:
ftellungen großes Aufjehen (Mart. 14, 203. Juv.
11, 162); und in den Orient war die griechiiche
862
Orcheſtik ſeit Alerander dem Gr. verpflanzt worden,
denn gewiß hat fie in Syrien am Hofe der Se
feufiden und in Ägypten unter den Ptolemaiern 346 v.
nicht gefehlt.
Orchestra j. Theatron, 6f.
Orehivius, Gaius, war im J. 66 v. E. mit
Cicero Prätor, als welcher er die Unterfuchungen
wegen Unterſchleifs (peculatus) zu führen hatte.
Nachmals wurde er jelbft angeflagt und von Cicero
verteidigt. * Cluent. 53, 147. 34, 94. Q. Cie.
pet. cons. 5,
re Ogxousvög, I. Berjonenname:
1) Sohn des Epfaon, Gründer des arfadijchen
Orchomenos und Methydriond. — 2) Sohn des
Athamas und der Themifto, j. Themisto, 2.
— 3) Sohn des Zeus oder des Eteofles und ber
Hefione, der Tochter des Danaos, König im boio—
tiichen Orchomenos, Vater des Minyas. — 4) Sohn
des Minyas, Bruder des Athamas und Diochthon: | Müller
das, Enfel des vorigen. — 1. Städtename: ö
und 7 Ogyowsrög (nach einheimischer, aioliſcher,
beſonders auf Münzen erſcheinender Form Koxo-
usros): 1) Stadt im djtlichen Arkadien, nördlich
von Mantineia, von Homer (Il. 2, 605) zoldun-
log, von Thutydides (5, 61) YMgnadınds genannt.
Die Stadt, die an einem Bergesabhayıge lag, be:
herrſchte nicht mur die nächite Umgebung, jondern | 3
hatte ſich auch erobernd bis ins Herz von Arfadien
hinein ausgedehnt; bei Thermopylar und Plataiai
hatten ihre Bürger tapfer gegen die Perjer ge:
ftritten. Paus. 8, 12 ff. Hdt. 7, 202. 9, 28. Nach
manchen Wechielfällen in ber —— Zeit
trat O. zum Achaiiſchen Bunde Lir. 32, 5), ſcheint
aber dann in Berfall gefommen zu. fein. Doch
entjtand unterhalb der alten Stadt eine neue, in
welcher jehenswerte Heiligtümer des Poſeidon und
der Aphrodite waren. Paus. 8, 18, 6. Überreſte
ihrer Mauern haben fich erhalten. — 2) eine der
ältejten und berühmtejten Städte Boiotiens, nach
dem alten Könige Minyas und jeinem Sohne
Orchomenos Opy. Mıivbeiog genannt. Hom. Il.
2, 511. T’hue. 4, 76. Strab. 9, 415. Sie war bie
Hanptftadt eines mächtigen, von eigenen Königen
beherrichten Reiches, das vor den troijchen Zeiten
die Gebiete von Koroneia, Haliartos, Lebadeia,
Ehaironeia, furz das ganze weitliche Boiotien um:
faßte, ipäter aber von den Thebanern bejiegt
wurde und zur Zeit des troifchen Krieges ſchon
zu ſinken a Doch ftellte O. noch 30 Schiffe
gegen Troja (Hom. Il. 2, 511). Dr. lag ur:
2 EZ
iprünglich in einem fruchtbaren Thale am Einfluß
des Kephiffos in die Kopais, wurde aber jpäter
wegen Verſumpfung der Gegend weiter nordweſt—
lich am Abhange des Bergzuges Akontion (j. Du:
durwana) aufgebaut, auf
Orchestra — Oreibasios.
| Alropofis lag. Sie ericheint in der Folge als
—— Bundesſtadt (Thuc. 4, 93), bis 368 und
. bie Thebaner jie völlig vernichteten, die
—55 töteten, Frauen und finder in die Sfla-
| berei verfauften. Obwohl Philipp Il. oder Ale—
| rander fie wiederherftellte, kam fie doch nicht wieder
empor. In ihrer Nähe ichlug Sulla 85 v. E. den
Archelaos, den Feldherrn des Mithridates. — Von
einem merkwürdigen Gebäude von er
licher $orm (j. Baukunst, 1.), dem j. q
hauje des Minyas (j. die Beſchreibun
9, 35), einem Kuppelgrabe, haben fi Trümmer
erhalten, die H. Schliemann im November und
Dezember 1880 bloßgelegt hat (j. deſſen Schrift:
Orchomenos, 1881); auch von der Akropolis finden
fich noch bedeutende Spuren bei dem Dorfe Stripu.
Über die Geichichte von Orchomenos und dem
Minyerreihe vgl. das berühmte Wert von D.
: Orchomenos und die Minyer (2. Aufl.
1844).
Oreus j. Unterwelt, 6.
Ordessos, Ogdncaös, Nebenfluß des Jitros im
europätjchen Sarmatien, wahrjcheinlich der heutige
Ardjiſch. Hdt. a, 148.
Ordinarius, überhaupt der Gegenſatz von extra
ordinem (j. d.), das Gejehliche und Regelmäßige,
. ®. consul ordinarius, der für das Jahr ge
wählte Konful, im Gegenjage zu_cons. suffectus
(j. Consul, 2.). Militäriſch heißt ordinarius
Unteranführer, auch Legionsjoldat. Veg. 2, 7 er
Härt: qu® in proelio primos ordines ducunt,
was mit Caes. b. e. 1, 3 übereinzuftimmen \cheint.
ie Glofjatoren überjepen es durch rafiapru.
ber servus ordinarius ſ. Servi, 4.
Ordo, 1) jtaatsrechtliche Bezeichnung der 3 Haupt:
ftände: Senatoren, Ritter und Plebejer, oder für
Klaſſe und Abteilung der bürgerlichen Geſellſchaft
überhaupt. — 2) ordo iudiciorum privatorum
und publicorum iſt das regelmäßige alte Prozeß—
verfahren im u zu der cognitio extra-
ordinaria. — 3) Militärijh ift ordo eine Legions-
abteilung, Heerhaufen oder Kolonne im weiteren
Sinne (Liv. 8, 8); doch nie wird damit die Kohorte
bezeichnet, wohl aber die Centurie im Gegemiag
zum Manipel. Tac. ann. 2, 80. Bgl. Caes. b. 4.
1, 40. 41. Tac. hist. 2, 22. ann. 1, 44 (retinebat
ordines). Plin. ep. 6, 25. Suet. Caes. 75. Wud
ift ordo ſ. v. a. Dienftgrad der Genturionen. Caes.
b. E 5,30. 6,7.b.e.1,3.
rdovices, Oodoninsg, eine britanniſche Bölfer-
ſchaft in dem nördlichen Teile des heutigen Wales,
der Injel Mona (Anglejen) gegenüber. Tac. ann.
12, 33. Agr. 18.
Oreaden i. Nymphae, 4.
Oreibasios, Oesıßdsıog, ein gelehrter und be:
rühmter Arzt aus Pergamon oder Sardes, Schüler
bes Zenon von Kypros, Leibarzt des Kaiſers
Julianus Apoſtata, der ſich — auch in andern
Dingen als Ratgebers bediente. Dieſe innige Ber:
bindung mit Julian zog ihm bei deſſen Nach:
—— Valens und Valentinianus die Verban—
unter die Barbaren zu, bei denen er ſich
ſeine Kunſt großes Anſehen erwarb, bis die
. dem allgemeinen Verlangen nachgebend
ihn zurückriefen und ſogar für den erlittenen Ber
luſt entſchädigten. Bon nun an lebte er unan-
efochten und geachtet in feinem Baterlande. Er
en Höhe die Meine | jcheint ein hohes Alter erreicht zu haben und erit
Oreithyia — Orestes.
im 5. Jahrh. geftorben zu jein. Im Auftrage
Julians hatte er eine Sammlung von Auszügen
aus den Schriften des Galenos und der übrigen
— Ärzte in 72 Büchern, eine Art Ency—
lopädie der Medizin, angelegt, woraus er dann
ſpäter ſelbſt wieder einen Auszug (ovroyıs) in
9 Büchern, Handbuch für reiſende Ärzte, für ſei—
nen Sohn Euftathios anfertigte. Es find noch
17 Bücher des, größeren Werkes in einer freien
lateiniſchen Überjegung aus dem 5.6. Jahrh.
vorhanden, welche zeigen, af D. durchaus fein geift:
loſer Kompilator war (zuerft erjchienen 1557, durch
Ang. Mai noch mit mehreren neuen Büchern be:
reichert). Beſte Ausgabe (mit franzöfiicher Über:
jeßung) von Buſſemaler und Daremberg (1851 ff.).
Oreithyia j. Boreas und Winde, 2.
Oröos, 'Nosös, Stadt im nördlichen Teile Eu:
boias am Kallasfluf (j. Xerias) gelegen. Als nad
ben Berierfriegen, 445 v. E., von Perifles im nörd—
lihen Euboia 2000 Kleruchen (Thuc. 1,114. Plut.
Per. 23) angefiedelt wurden, ward Oreos mit dem
‚don jeinen Bewohnern verlaflenen Hiftiaia oder
Heftiaia zu Einer Ortichaft vereinigt, die, im
Volksmunde allgemein Oreos genannt, in ihren
öffentlihen Urfunden und den Geprägen der Mün—
zen den Namen Hiftiaia beibehielt. Die Reſte
zweier Afropolen lafjen noch jet die Doppelnatur
der Stadt erfennen. Dadurch hielten 411, als die
übrigen Städte der Inſel abfielen, die Athener
Oreos. Thue. 8, 96. Durch die Hegemonie der
Spartaner befam Dr. oligardhiiche Berfafiung; erft
377 fiel e8 von Sparta ab und trat dem Attijchen
863
abhängig, waren jie jpäter der mafedonijchen Herr:
ichaft unterworfen, dann erklärten die Römer fie
für frei. Oreſtes jollte nad) Ermordung jeiner
Mutter dahin geflohen fein, daher der Name.
Thuc. 2, 80. Liv. 27, 33. 33, 34. Curt. 4, 18, 28.
Strab. 7, 326.
Orestes, Oge£arns, 1) einziger Sohn und jüngjtes
Kind des Agamemnon und der Klytaimneſtra. Hom.
Il. 9, uf, Nach Ermordung jeines Vaters lief
ihn feine Schwejter Elektra, damit er nicht auch
von feiner Mutter und Aigiſthos getötet würde,
nad) Phanote am Parnaß in Phofis zu dem König
—— (Sohn des Kriſſos und der Antipha—
teia), der mit Anaribia, Schweiter Agamemnons,
vermählt war, in Sicherheit bringen. Im achten
Jahre nad) dem Tode feines Baters fehrte er mit
Pylades, dem Sohne des Strophios, mit dem er
— und durch die innigſte Freundſchaft
verbunden war, nach Mykenai zurüd und erichlug,
um den Bater zu rächen, den Aigiſthos und feine
Mutter Klytaimneftra. Hom. Od. 3, 306 ff. 1, 30.
298. 4, 546. Aesch. Choöph. Soph. El. Eur. El,
Apollon jelbft hatte ihn zur Rache des Vaters
aufgefordert; allein indem er die Pflicht gegen
den Bater übte, beging er das ſchwere Verbrechen
des Muttermordes. Deshalb ergriff ihn nad) der
That Rajerei, und die Erinyen feiner Mutter ver:
folgten ihn. Nach langem Umberirren nahm er
auf Apollons Rat jeine Zuflucht zu Athene in
Athen. Dieje jegte auf dem Areopag ein Gericht
nieder, vor welchem Apollon jeinen Schüßling ver:
teidigte. Als die Richter ihre Stimmen abgegeben
Seebunde bei. Xen. Hell. 5, 4, 56. In der Folge
fam aud Philipp von Maledonien in den Beſitz
der Stadt, die wegen ihrer geographiichen Lage
und Feſtigkeit Gegenftand heftiger Kämpfe zwi—
ſchen Antigonos und Kafjander war, ebenſo in
den Römerzeiten, 207. Liv. 38, 6. Nachdem Or.
mit den übrigen griechiihen Staaten durh T.
— Flamininus die Freiheit erhalten hatte,
anf es.
Orestae, Ogforaı, Völlerſchaft in der epeiro:
tischen Landichaft Moloffis, in dem nad ihr be:
nannten Dijtrift Orejtis oder Oreftias, zwijchen
den Flüſſen Aoos und Haliatmon. früher un:
tten, warf Athene einen weißen, losjprechenden
tein im die Urme; die Zahl der weißen und
ihwarzen Steine war gleih, und Drejtes freis
—— Aesch. Eum. Nach peloponneſiſcher
age ſollte Oreſtes die Zeit ſeiner Flucht und
Verbannung in Arkadien zugebracht haben; hier
— man bei Megalopolis ein Heiligtum der
nien, der raſenden und raſendmachenden Göttin—
nen, der Erinyen, die den Oreſtes in Wahnſinn
verſetzten, daß er ſich einen Finger abbiß. Nicht
weit davon lag der Ort der Heilung (Arn), wo
die Gottheiten ein Heiligtum als Eumeniden hatten
und dem Oreftes weiß erichienen jein jollten. aus.
8364
8, 34, 1. Nach Euripides (Iph. Taur.) erhielt
Oreftes von Apollon den Auftrag, damit er von
feiner Rajerei befreit würde, nach dem taurijchen
Cherſones zu gehen und von dort das Bild der
Artemis nach Griechenland zu bringen. Als er
mit Pylades nach Taurien kam, two damals Thoas,
der Sohn des Borvithenes, herrichte, wurde er
ergriffen und jollte nach Landesbrauch der Ar-
temis geopfert werden. Seine Schwefter Iphige:
neia, die den Dienft der Priefterin verjah und ihn
opfern jollte, erfannte ihn und entfloh mit ihm
und dem Götterbilde. Nach feiner Rückkehr nahm
DOreftes die väterliche Herrichaft von Myfenai in
Befiß, indem er Aletes, den Sohn des Wigiithos,
erichlug, und erhielt außerdem die Herrichaft von
Argos und Sparta. Er vermählte ſich mit Ser:
mione, der Tochter des Menelaos, und zeugte mit
ihr den Tijamenos, mit Erigone, der Tochter des
Nigifthos und der Kiytaimneftra, den Penthilos,
der eine Kolonie nach Leſbos 5 haben ſoll.
Pylades vermählte ſich mit Elektra und zeugte
mit ihr den Medon und Strophios. Aus Sparta
führte Oreftes Kolonien nad) Niolis; auch jollen
ihon unter feiner Herrſchaft die Dorier unter
Hyllos nach dem Peloponnes gelommen fein. Er
ftarb in Arfadien an einem Schlangenbif. Seine
Gebeine wurden nach einem Orakelſpruch von ae
nach Sparta gebradıt und dafelbft beftattet. Hat.
1,67. — Die beigefügte Abbildung (ſ. ©. 863), ein
Relief der Villa Albani zu Rom, zeigt Jpbigeneia
im Begriff den Oreftes und Pylades zu opfern. —
2) ein Grieche vor Troja, von Sektor erlegt.
Hom, Il. 5, 705. — 3) ein Troer, von Leonteus
vor Ilion getötet. Hom. Il. 12, 139. 193. —
4) Sohn des Acheloos und der Berimede. —
5) Herricher von Pharjalos, wurde vertrieben und
ftarb in der Verbannung. Tue. 1, 111.
Orestheion, Ogfoheıov oder Oefarsior (ur:
ſprünglich Dochcotor), Stadt im füdlichen Ar:
fadien jüdöftlich von Megalopolis in der Yand-
ſchaft Mainalia. Hdt. 9, 11. Thue. 5, 64. Eur.
Or. 1647. Am Fuße des Tzimbaruberges find
noch einige Säulen des Tempel der Artemis
Hiereia erhalten. Paus. 8, 23,7.
Orestheus, Ogso#evis, 1) Sohn des Yyfaon,
Erbauer von Orefthafion, das nachmals von Oreftes
DOrefteion benannt worden jein jol. Faus. 8, 3, 1f.
— 2) Sohn des Deufalion, König der an Nitolien
grenzenden Lofrer und der Witolier, Vater des
Bortheus, Großvater des Dineus. Sein Hund
gebar einen Kloß, der, in die Erde vergraben, im
Frühjahr einen Weinftod hervorſproſſen ließ, von
deſſen Schofjen (öfo«) die Xofrer den Namen O%6-
Accı erhielten. Paus. 10, 38, 1. Athen. 2, 356.
Orestilla, Aurelia, eine mit Gatilina ver:
bundene übel berüchtigte Nömerin, deren Tochter
mit dem jungen Gornificius verlobt ward. Sall.
Cat, 15. Cic. ad fam. 8, 7, 2. 9, 22, 4.
Oretäni, Renraroi, mächtige Völlerſchaft im
ſüdweſtlichen Teile des tarraconenfischen Hiſpaniens
bis zum Bätis, mit der Hauptitadt Caftulo (j.
Gazlona) am Anas. Sie bewohnte aljo die heutige
Mancha und die dftlichen Teile von Granada,
jowie die weftlichen Teile von Murcia. Liv. 21,11.
35, 7. Pol. 10, 38. 11, 20. Strab. 3, 152.
Ogyesovesg |. Dvin, 3.
Orgetörix. ein angejehener Helvetier, veran-
late im J. 61 v. C. die erſt im J. 59 ftatt:
Orestheion
— Örion.
findende Auswanderung feines Volles und wollte,
icheint es, dieſe Gelegenheit benugen, um fich
jelbft den Weg zur Herrichaft zu bahnen. Als
feine Pläne befannt wurden, und er merkte, daß
jein Leben nicht zu retten jei, gab er ſich wahr:
jcheinlich jelbft den Tod. Caes. b. g. 1,2 ff.
Orgia |. Mysteria, 1f.
Orichaleum, ögiyalrov, Bergerz, bezeichnet
im gewöhnlichen Sinne das Meffingerz, Meſſing,
galt aber bei den älteften römischen Schriftitellern,
wie Blautus, ohne Zweifel durch Verwechſelung mit
aurichalcum, für ein bejonders teures Metall.
Origönes, Reıydrns, 1) nenplatoniicher Phi:
loſoph im 83. Jahrh. n. E., Zeitgenofje des Plo—
tinos und Lehrer des Longinos, lehrte zuerft in
NAlerandreia, danı in Rom. Als Schriftiteller
ſcheint er nicht eben Bedeutendes geleiftet zu haben;
er jchrieb unter anderm einen Kommentar zum Ein:
gang des Timaios von Platon. — 2) der große
irchenvater, geboren 185 n. C. zu Alerandreia,
Schüler des Clemens, aber auch des Neuplato:
nikers Ammonios Salfas, ſeit 203 Borfteher der
alerandrinijchen Katechetenichule, jeit 211 öfters
auf wifjenichaftlichen Reifen (nach Arabien, Sprien,
Griechenland), ſeit 231 Haupt einer blühenden
theologischen Schule in Caesarea Palaestinae, 254
zu Tyros geftorben; ein Mann von hochfliegendem
Geiſt, eifernem Fleiß und großer Willensftärte.
Die grammatifchen und philojophiichen Studien
jeiner jüngeren Jahre trugen ihre Frucht in feiner
Auslegung der heiligen Schrift und in feinem theo:
logiſchen Syſtem. Bon feinen zahlreichen Echrif:
ten, die uns größtenteils verloren gegangen oder
doch mur in freier lateiniſcher Überſetzung durd)
Nufinus und Hierorymus erhalten find, jeien
folgende erwähnt: r& £fania, eine Zujammen:
ftellung des Grundtertes und verichiedener Über:
jeßungen des Alten Teftamentes; Scholien, Kom-
mentare und Betrachtungen über die meijten
bibliichen Bücher; xar& Kflsov, 1. VIII, eine
reichhaltige Apologie des Ehriftentums gegen Die
Angriffe des Eeljus (ſ. d.); weel deyür, 1. IV,
die erſte wiſſenſchaftliche Zuſammenfaſſung der
chriſtlichen Glaubenslehre mit vielen platoniſchen
Gedanken. Geſamtausgaben ſeiner Werke von
Erasmus (1536), Delarue (1733 ff.), Lommatzſch
(1831 ff). Monogr. von Redepenning (1841 ff.
2 Bdd.).
Orikos, -on, Lotxös, -or, Oricum, bedeutende
Seeſtadt der Landſchaft Amantia im griechischen
Illyrien in der Nähe des Kerauniſchen Gebirges;
j. Erifho in Albanien. Sie war feſt, ihr Hafen
jedoch wenig ficher. Caes. b. c. 3,7. 11. 12 u. ö.
Haät. 9, 92. Liv. 24, 40. Hor. od. 3, 7, 6.
Orion, Reior, 1) ein Schöner Riefe und Jäger
(Hom. Od. 11,310), Sohn des Hyrieus, aus Hyria
in Boiotien, von den Boiotern auch Standaon
genannt, oder Sohn des Poſeidon, oder Erd-
geborener. Sein Weib heißt Side, jeine Töchter
Menippe und Metioche. Eos hatte ſich ihn als
Liebling erforen, worüber die Götter jo lange
zürnen, bis ihn Artemis mit janftem Geichofe
erlegt. Hom. Od. 5, 121. Über jein Abenteuer
mit Dinopion j. d. Er fand auf Kreta oder De:
los oder Chios jeinen Tod durch die Pfeile der
Artemis, weil er ihr oder der Hyperboreerin Upis
Gewalt anthun wollte, oder weil er fie zum Diſtos—
werfen herausgefordert hatte, oder durch einen
Oritao — ÖOropos.
von Artemis gefandten ungeheuren Skorpion. Die |
Pleiaden verfolgte er, bis jie in Geſtirne ver:
wandelt wurden (Hor. od. 3, 4, 72; vgl. Or. fast.
5, 493 fj.); er ſelbſt wurde ein Sternbild in der
Nähe der Pleiaden, j. Sternbilder, 6. Schon 5
bei Homer finden wir ihn als Sternbild. Hom.
II. 18., 486 ff. Od. 5,274. Nach der eingejchobenen
Stelle (Hom. Od. 11, 572) jagt fein Schatten in
der Unterwelt. Sein Grab wurde zu Tanagra
ezeigt. Aus der Erjcheinung des Sternbildes,
in deſſen Nähe ſich der Hund befindet, jcheint die
Idee eines gewaltigen Jägers, und zwar in Boio-
tien, entjtanden zu fein. Vgl. O. Müller, Heine
Schr. 11 ©. 113,
— 2) aus Theben in Agypten, Verfaſſer eines
nicht unmwichtigen Etymologiton (mepi Zrvuoloyınr,
heraugg. von %. ®. Sturz, 1820. Monographie
von F. Ritjichl, 1834, und im erften Bande der
Opuscula) und einer Anthologie aus älteren grie:
chiſchen Dichtungen. Er lebte wahricheinlih in
der Mitte des 5. Jahrh. n. E., lehrte eine Zeit
lang al3 Grammatiter in Alerandreia und ift wohl
zu unterjcheiden von einem etwa gleichzeitigen
Srammatifer Oros, der aus Milet ee mit
dem ihn Sylburg zu identifizieren verfucht hat. Vgl.
die oben genannte Abhandlung von Ritichl.
Oritae, Rpriraı, auch Deireı, 1) Volk von
indijcher Abkunft, Kleidung und Sitte im öftlichen
Alien, in den an das Indosdelta grenzenden Thä-
lern, Nachbarn der Arbiten, beide von Alerander
unterworfen. Arr. 6, 21, 3. 25, 2, Curt. 9, 10, 6.
Plut. Alex. 66. Strab. 15, 720. — 2) Name der
Bewohner von Dreod. Arist. Pax 1125. Thuc.
8, 95. Xen. Hell. 6, 4, 57.
Ogxddss vijoot, Orcädes insulae, Gruppe
von 30 bis 40 (genau 33) Heinen, zum Teil
unbewohnten Inſeln vor der Nordipige von Bri-
tannia Barbara, die heutigen Orkney- und Shet—
landinjeln. Mela 3, 6, 7. Tac. Agr. 10.
Ormönos, Loutros, 1) in des Kerkaphos,
Enkel des Aiolos, Vater des Amyntor, Gründer
von Ormenion (Armenion) in Theflalien. Hom.
11.9, 448. Ormenis heißt bei Ovid (her. 9, 50)
Aftydameia als Enkelin des Ormenos. — 2) zwei
Troer, von Teufros und Bolypoites erlegt. Hom.
11.8, 274. 12,187. — 3) Bater des Kteſios, Groß:
vater des Sauhirten Eumaios. Hom. Od. 15,413.
Ormuzd, Reoudins, Rpoudsdns, Ahuramajda,
ber höchſte und eigentlich einzige Lichtgott der
Iranier, namentlich der Perſer, der Schöpfer und
Erhalter der Welt, der Urheber alles Lebens, der
Gott der Wahrheit und Reinheit; ihm zur Seite
eine Reihe von Genien, bejonders die 7 Ameſcha—
ipenta, und die andern, erft feit dem 4. Jahrh.
v. E. mehr hervortretenden Götter. In jcharfem
Gegenjag zu ihm und feinem Lichtreicd) ſteht Ahri:
man (Angrasmanju), der Herr der Finſternis und
bes Truges, der Unfruchtbarkeit und des Todes,
mit jeinen Daivas (Diws), den böfen Geijtern, die
ihre Macht in allem Übel offenbaren. Die ganze
Weltentwidlung verläuft nun in ftetem Kampf;
in der irdiichen Sphäre hat der Menſch mitzu:
ftreiten durch ftrenge Reinheit und Wahrheit, aber
auch durch die Werke der Kultur. Am Ende wird
das Gute jiegen, die Vergeltung folgen, eine voll:
fommene Weltordnung eintreten. Plut. Is. 46.
Alex. 30.
Neallegifon des Hafj. Altertums. 7. Aufl,
Grimm, D. Myth. II ©. 901.| 7A
865
Ornamenta triumphalia j. Dona mili-
taria, 3,
Ornöai, Ogrsai, 1) Stadt im nordweitlichen
Argolis an der Grenze von Phliafia, gelegen am
Fube des Lyrfeiongebirges, in der Nähe des
jeßigen Paläo-Leonti, am Orneasbach. Die Mauer:
refte führen den Namen Sampyrgo (vgl. Forch—
hammer, Halfyonia ©. 8). Die Bewohner waren
fynurischen Urjprunges. I/dt.8, 73. Im pelopon-
nefiihen Kriege ftand D. im Bündnis mit Argos
(Thuc. 5, 67), jpäter, 362 v. E., auf feiten der
Megalopolitaner gegen Sparta. Dann wurden
die Orneaten nach Argos übergejiedelt. Vgl. noch
uc. 5, 72. 74. 6,7. — 2) Nach Strabon (8, 376.
382. 13, 587) lag eine zweite Stadt d. N. zwi:
ſchen Korinth und Silyon am Orneatesfluß.
Ogvsäraı, d. h. Einwohner von Orneai, bei
Thulydides (5, 67) ovumeyoı, bei Herodot (8, 73)
neben den eglorxo: der Argiver genannt (Opreü-
ra xcel meplornoe), Scheint allgemeiner Name für
die argivischen Bundesgenofjen geworden zu jein.
Orneios, "Ogreiog, Kentaur. Ov. met. 12, 302.
Orneus, Ogvevs, Sohn des Erechtheus, Vater
des Peteos, Großvater des Meneftheus, nad) dem
das argivijche Orneai benannt war. Paus. 2, 25,5.
Orobiai, Ogößıcı, oder Oröpe, Ogorn, Stadt
an der Weftfüfte Euboias, unweit Nigai, mit einem
Orakel des jelinuntischen Apollon, durch ein Erd:
beben und eine Springflut 426 v. E. zum Teil
zeritört. T’huc. 3, 89. Strab. 9, 405. Reſte finden
jih noch in dem Dorfe Roviäs.
Orödes j. Parthia, II.
Orontes, Ogorrns, 1) Perfonenname: 1) ein
Perſer aus königlichem Geſchlecht, den der jüngere
Kyros wegen Verrats tötete. Xen. An. 1,6. —
2) Schwiegerjohn Wrtarerres’ II., bei dem Zug
der Behntaufend Satrap von Armenien, 386 f.
Heerführer gegen Evagoras von Kypros, aber
wegen Intriguen abgejegt. Xen. An. 2, 4, 8.
3, 5, 17. Diod. Sie. 15, 2ff. 9ff. — Il) Geo:
graphijcher Name: 1) Hauptfluß Syriens, der in
dem Hochthal zwiſchen Libanon und Witilibanon
unweit von Seliopolis entjpringt, an Emeja und
Epiphaneia vorbeifließt, dann eine Zeit lang unter
der Erde verjchwindet, bei Apameia von DO. den
Marſyas aufnimmt und einen See bildet, bei
Antiocheia feine nördliche Richtung in eine füd-
weftliche ändert und fich als ſchiffbarer Strom
zwiichen der Hafenſtadt Seleufeia PBieria im N.
und dem Berg Kafios im ©. in das Phoinikiiche
Meer ergießt; j. Nahr el:Aji. Strab. 6, 275.
16, 750 ff. — 2) Gebirge, das Medien von SD.
nah NW. durchzieht; j. Elwend. An feinem
Nordabhang lag Elbatana.
Orontobätes, Ogorroßdrns, Schwiegerjohn und
Nachfolger des Pirodaros als Fürſt von Narien
(jeit 335 v. C.), verteidigte Halifarnafjos gegen
Alerander und dann die Burg gegen Ptolemaios,
bis er fi) 333 an diejen ergeben mußte. Arr.
1, 23, 28. 2,5, 7
Oröpos, Rewrös, feite Hafenftadt am Euripos,
60 Stadien von Eretria auf Euboia entfernt, j.
das Dorf Oropo. Zhuc. 8,95. Die anfangs boio—
tiiche, wahricheinlich zum Gebiete von Tanagra
gehörige, Stadt wurde frühzeitig, wahricheinlich
506 v. E., von den Athenern in Beſitz genommen
(Hdt. 5, 77. 6, 100, Z’huc. 2, 23. 3, 91. 4, 96.
55
366 Oros —
7,28. 8, 60) und war ein fteter Gegenftand des
Streites zwijchen den Boiotern und Athenern, die
fie zulegt behaupteten. Ahr Hafen Delphinion,
von wo man nad Euboia überfuhr, lag an der
Mündung des Ajopos. 1", Stunde füdöntich von
Or. lag das SHauptheiligtum des Landes, der
Tempel des Amphiaraos (f. d.), und ein Stadion,
in welchem zu Ehren desjelben gymniſche und
muſiſche Agone gefeiert wurden, beide nebjt einer
geräumigen zweiichiffigen Halle und einem wohl-
erhaltenen Theater in neuejter Zeit aufgededt.
Paus. 1, 34, 1.
Oros j. Urion, 2.
Orosius, Paulus, geboren zu Braccara (j.
Braga in Portugal), Preſbyter zu Tarraco (j.
Tarragona in Katalonien), Zeitgenofje und Ans
hänger des Nuguftinus, zu dem er 415 nad) Afrika
reifte. Auf jeinen Antrieb ging er auch nad)
Paläftina zu Hieronymos, hierauf zurüd nad
Aria, wo er vor 420 jtarb. Er ſchrieb einen
Abriß der Weltgejchichte von Adam bis 417 n. E.,
der unter dem Titel: Adversus paganos histo-
riarum libri VII auf uns gekommen ijt. Dr.
wollte darin zeigen, daß die Yeiden der Zeit und
die bedrängte Yage des Neichs nicht dem Abfall
vom alten Heidenglauben und der Einführung des
Chriſtentums zuzuſchreiben jeien, vielmehr die
Erde ftets eine Stätte der Verfehrtheit und des
Laſters und deshalb aud des Jammers und des
Unglüds und zwar in noch höherem Grade vor
dem Ehriftentume gewejen jei. Als Hauptquellen
benußte er die Chronif des Eujebios in der Bear:
beitung des Hieronymus und den Auftinus, jeltener
Livius, Suetonius, Cäſar, Tacitus, Florus und
Eutrop; der Stil ift ungleich und meist ſchwülſtig.
Ed. pr. von %. Schüßler (1471), fjpätere Aus:
gaben von Fabricius (1561 u. d.), Haverkamp
(1738 und 1761) und Zangemeijter (1882, Text:
Orpheus.
| andgabe 1889). Monographien von Bed (1832),
von Mörner (1844), E. Mejean (1862).
Orospeda (Ortosp.) j. Hispania, 1.
Orpheus, Oggevs, ein Sängerheros der my:
thiſchen Thrafer, die an der jüdlichen Küfte Thra-
fiens, in Pierien am Olympos und in Pholis
und Boiotien am Parnaß und Helifon wohnten
und mit enthuiiaftiichen Gebräucden den Dionyios
und die Muſen verehrten, der Nepräjentant der in
diefen Kulten mwurzelnden Muſenkunſt, ein Sohn
des Diagros und der Muje Kalliope, Gemahl der
Nymphe Eurydike. Der uriprünglide Sig der
Sagen über ihn war Pierien und das thrafijche
Hebrosthal. Die Macht feines Gejanges war jo
gewaltig, daß er jelbjit Bäume und Felſen be—
wegte und wilde Tiere bezähmte. Aesch. Agam.
1629. Eur. Bacch. 564. Iph. Aul. 1211. Als
feine Gattin, auf der Flucht vor Ariftaiod von
einer Schlange gebiſſen, ftarb, ftieg er in den
Hades hinab, um die Geliebte wiederzuholen, und
rührte durch feinen Gejang und fein Saitenjpiel
die Königin der Schatten jo jehr, dab fie der
Eurydike gejtattete, dem Gemahl zur Oberwelt zu
ri unter der Bedingung, daß er nicht eher
ih nad ihr umſehe, als bis ſie die Oberwelt
erreicht hätten. Aber Or. jah ſich voreilig um,
und Eurgdife mußte zur Unterwelt zurüdwandern.
Verg. @. 4, 454 ff. Or. mit. 10, 1fff. Er joll auch
die Argonauten begleitet und durch jeinen Gejang
mannigfache Wunder zum Heil jeiner
Genoſſen gethan haben. Seinen Tod
fand er durch thrafiihe Weiber, die
ihn zerrifien, weil er jich der Feier
der Orgien wibderjeßte, oder weil er
nad) Verluft jeiner Gattin alle Frauen
hafte. Sein Haupt und feine eier
warfen fie ind Meer; fie ſchwammen
nach der Eängerinjel Leſbos hinüber.
Or. met. 11, Uff. Nacd andern Be-
richten erichlug ihn Zeus durch den
Blitz; oder er gab fich jelbft den Tod.
Sein Grab fjollte zu Dion in Pierien
fein oder in Yeibethra in Makedonien.
Paus. 9, 30, 3.7.9. Homer erwähnt
den D. nicht, obgleich er den alten
thrafiichen Sänger Thampris kennt
(Hom. Il. 2, 595). — D. ift eine ähn-
liche Geftalt wie Linos (ſ. d.). Wie
diejer war cr urſprünglich ein zer:
riffener, früh dem Tode verfallener
ſchöner Yüngling, deſſen Tod beflagt
wird; der in Geſängen Bellagte ward
dann jelbft in der Boritellung der
Menjchen ein berühmter Sänger. —
In jpäterer Zeit, bejonders jeit Pei—
jiftratos, bildete man D. zu einem
Sühn: und Weihepriefter um, fo daß
man diejen D. ganz von dem Sänger
trennte. Er galt als das Haupt und
der uralte Stifter einer jeit etwa 600 v. E. ent:
itandenen myſtiſchen Selte, der Orphiler vgl.
Mysteria,4.6.), deren Mittelpunkt der myſtiſche
Kult des Dionyſos-Zagreus war, und die cine
eigentümliche jvefulative Theologie und eine auf
ajfetiichen Satzungen beruhende Yebensweije (Bios
Oegınös) ausbildeten. Ihre Lehre ift gegen bie
ge Theologie überhaupt und gegen die
omerijche Vorftellung von dem Zuſtande der Seele
Ooduxct — Osiris. 867
nad) dem Tode bejonders gerichtet. Es macht fih | Osen, Oox«, bedeutende Stadt der Jlergeten
eine pantheijtiiche Auffafjung geltend, die an dem | im tarraconenfiichen Hijpanien (j. Huesca in Ärra—
der Volksreligion eingepflanzten Monotheismus | gonien), Hauptquartier des Sertorius, Plut. Sert.
gen (f. Nägelsbach, nachhoni. Theol. S. 402f.).|14. Strab. 3, 161. Caes.b. c. 1, 60.
ieſe Selte hrieb dem D. eine Menge von Sühnz | ’Roxopögra, balchiſches Erntefeſt, am 7. Pya—
ebräuhen und Weihungen (Entjündigung und | nepfion (Oft. — Nov.) zu Athen gefeiert. Plut.
eiligung war das Piel diefer Myſterien), allerlei | Thes. 225. MWeinranfen mit Trauben wurden
myſtiſche Schriften, Orakel und dergl. zu, welche | von auserlejenen 20 Epheben aller Stämme (2 aus
in ihrer Mitte, zum Teil ſehr ſpät, entftanden | jedem Stamme) im Wettlaufe aus dem Tempel
waren. Bon diejem D. jagt Ariftoteles, daß er | des Dionyjos in Limnai in den der Athene Stiras
nicht eriftiert habe. Cic. n. d. 1, 88, 107. — Ab: |im Phaleron gebracht. Die 10 Sieger erhielten
bildung: Eurydife, von Orpheus aus der Unter: | jeder eine Schale mit einem aus ben 5 haupt:
welt heraufgeholt, wird, da diejer ſich auf dem | jächlichften Jahresproduften (Wein, Honig, Käſe,
Wege umgeihaut, von Hermes wieder hinab: | Mehl, DI) gemijchten Getränfe (merramioe) als
geführt; Nelief in der Billa Albani zu Rom, Preis und einen Ehrenplaß in der nun folgenden
Ogyıxd, Örphica, verſchiedene, fälſchlich des Prozeffion. Der Feſtzug (einem fingenden Chor
Orpheus Namen tragende Gedichte in griechiichen | gingen 2 Jünglinge in Weiberfleidung voran)
Herametern, bie von der Kritik im eim fpätes | ging von dem Oschophorion, einem Platze vor
Beitalter verwiejen jind und fämtlich aus nach: | dem Tempel der Athene, nach dem des Dionyſos,
hriftliher Zeit ftammen: 1) Apyovavrızd, ein | wo die Phytaliden ein Opfer brachten. Den Be:
epiiches Gedicht von 1384 Hexametern über die ſchluß machte ein Opferihmaus. Die Athener
Argonautenfahrt, nach G. Hermann und F. Jacobs | jeßten diejes Feſt in Zeichnung zu dem Zuge des
zwiſchen dem 2. und 4. Jahrh. n. E. entjtanden i
Thejeus nad) Kreta. Vgl.
und von jehr mittelmäßigem ; 2) Suvor (re-| ©. 271 ff.
Aral), 88 an Zahl, größtenteils an abjtrafte]| Osei j. Italia, 7.
Weſen (4. B. Odvarog, Iınawooden, "Tyleıe) gee| Oselnes ſ. Divinatio, 19,
richtet, nach Lobeck ans dem byzantinischen — Osi wird von Tacitus (Germ. 28. 43) eine
alter, vielleicht auch von verjchiedenen Berfafiern, | Völlerſchaft Germaniens genannt, in einem wal-
dürftig in ihrer Form und Mer inneren Gehalt; | digen Gebirgslande hinter den Quaden wohnen,
3) Audınd in 768 Berjen, Gedicht von der magi: | denen fie tributpflichtig waren: jie hatten panno-
ichen Kraft der Steine, nach Tyrwhitt aus der Kaifer: | nijche Sprache und Sitten. Sie wohnten wahr:
zeit des Conſtantius und Balens, zeigt Geſchmack | jcheinlich zwijchen den oberen Läufen der Oder
und formale Gewandtheit. Gejamtausgaben von | und der Weichſel.
Eſchenbach (1689), Gesner (1764), ©. Hermann | Osiris, Ooıgıs, ein Ägyptifcher Gott, von ben
(1805) und Abel (1885); Ausg. der Apyoravrınd | Griehen Dionyjos genannt, urjprünglich bejonders
von Schneider (1808), der Adınd von Tyrwhitt zu Abydos in Oberägypten und zu Bufiris (= Haus
(1781) und Abel (nad) einem neu gefundenen cod.| des Dj.) im Delta angebetet, dann aber infolge
Ambrosianus, 1881). gl. Zobed, Aglaophamus | der Geheimlehre des Totendienftes mit jeiner Ge—
(2 Bbb. 1829). mahlin Iſis und feinem Sohne Horos mehr als
Orsilöchos j. Diokles, 1. irgend eine andere Gottheit verehrt (Hdt. 2, 42. 59).
Orthagöras, Ogdayögas, ein Silyonier aus | Der Mythos von ihm lautet —— Plut.
der ben 3 doriſchen Phylen (ſ, Bvirj, 9.) als | Is. 12 ff.): Als Herrſcher von Agypten verbreitete
vierte hinzugefügten Phyle der Nigialeer (der | Dj. im ganzen Lande Aderbau, Gefittung und
früheren ioniſchen Herren des Landes), der fich | Verehrung der Götter. Sein Bruder Typhon aber
um 665 dv. C. an der Spike des Volks zum | brachte ihn durch Lift in eine Kite, vernagelte fie,
Tyrannen von Sikyon erhob, die Herrichaft durch | goß heißes Blei hinein, und warf fie alddann in den
Mäßigung und Klugheit behauptete und auf jeine | Nil. is juchte den Sarg, fand ihn endlich in
Nachkommen vererbte. Arist. pol. 5, 9, p. 1315b. | Byblos, wo er ans Land getrieben worden war,
Orthia, öo®ia, j. Artemis. brachte ihn zurüd und verbarg ihn. Typhon jedoch
Orthros j. Herakles, 9. entdedte ihn und zerftüdelte den Körper in 14
Ortöna, 'Opror, 1) Hafenjtadt der Frentaner | Teile, die er überallhin zerftreute. Iſis ſuchte die:
in Mittelitalien, noch j. Ortona a Mare. Strab. | jelben wieder zufammen und errichtete dem DI.
5, 242. — 2) Stadt der Hquer in Latium, viel- | an jedem der verjchiedenen Orte (zu Abydos, auf
leicht j. Oritola. Liv. 2, 43. 3, 30. Philai u. f. f.) ein Grabmal. Horos aber rächte
Urtygia, Ogrvyda, j. Delos, Ephesos und |den Tod jeines Vaters an Typhon, den er nad)
Syracusae. längerem Kampfe wa Dj. lebt in der Unter:
Ogrvyoxorxia, ögrvyouavia, Ögroyoßijgee, | welt fort und iſt der Nichter der Seelen, die fich,
ögrvyorgögor |. Alerrovormr dyanves. wenn jie rein erfunden werden, mit der jeinigen
Orxines, 'Og&ivns, ein perſiſcher Feldherr und verbinden dürfen. — Was diefer Sage zu Grunde
Verwandter der föniglichen Familie, fämpfte gegen | liegt, ift die tägliche Bahn der Sonne, weiter der
Alerander in der Schlacht bei Gaugamela (331 v. E.) | jährliche Kreislauf in der Natur, endlich das Schid-
und bemächtigte fich während deſſen Abwejenheit |jal des menjchlichen Lebens: überall ein Wechjel
in Indien der Satrapie von Perjis, wurde aber | von Aufgehen und Unterfinfen, aber dann aud)
von dem Könige nad) feiner Rückkehr wegen ver: | ein Neuerftehen. Iſt Dj. das mwohlthätige Licht,
übter Gewaltthätigteiten, Tempel: und Leichen: | das befruchtende Nilwafjer, die Quelle des gefunden
raubes gehentt, 324. Arr. 6, 295. Curtius (4,12. | und geordneten Lebens, jo iſt Tuphon das uns
10, 1) nennt ihn Orfines und gibt einen andern | heimliche Dunfel, das öde Salzmeer, die aus:
Bericht über jeinen Tod, trodnende Glut, der Urheber von Krankheit und
b5*
Mommſen, Heortologie
868
Störung. — Dj. wird immer mit Menjchenhaupt
dargeftellt, ald König mit Geißel und Krummftab
in den Händen, als Herr der Unterwelt in Mumien:
geitalt. Plut. Is. 32. 49 ff. 64 f.
Osismi, Oolouıoı, Völkerſchaft in der Nord:
weſtſpitze des feltiihen Galliens (Bretagne), zu
den aremorijchen Staaten gehörig. Caes. b.g. 2,34.
3,9. 7, 75. Strab. 4, 195.
Osroöne j. Edessa und Mesopotamia.
Ossa, Ooo«, 1) Perjonififation des jchweifen-
den Gerüchts, eine Botin des Zeus (dıös Ayye-
og, Eu Jos) genannt, doch ohne beitimmte Be—
ftellung, wie $ri8 hat. Hom. Il. 2, 93. Od. 24,
413. 1, 282. Bei Sophofles (Oed. T. 158) heißt
fie unter dem Namen Pau Tochter der Hoff:
* Bei den römiſchen Dichtern entſpricht ihr
die Fama. Verg. A. 4, 173 ff. Ov. met. 9, 137.
12, 43 ff. 15, 853. Stat. Theb. 3, 436. Val.
Flace. 2, 116 ff. In Athen hatte fie einen Altar.
— 2) Gebirge in der thefjaliichen Landichaft Magne:
fia, durd) das Tempethal vom Olympos gejchieden
und füdöftlich mit dem Pelion zufammenhängend,
mit dem e3 den Dftrand des theflaliichen Beckens
bildet, in jeinem höchſten Gipfel 1953 m hoch. Der
Oſſa galt für die Heimat der Kentauren. Den
jegigen Namen Kiffavos verdankt der Berg feinen
zahlreichen Epheuranfen. Hom. Od. 11,315. Strab.
9, 440f.
Ostentum f. Divinatio, 13.
Ostia, N Rorie oder r& Norıe, Hafenstadt
Noms an der Mündung des Tiber links an dem
linfen Flußarm, 16 Millien von der Stadt auf
dem Landivege entfernt. Sie war angelegt von
dem Könige Ancus Martins (Liv. 1, 33) und
blühte bald außerordentlich empor. Nachdem Ma-
rius fie zerftört hatte, wurde fie prächtiger wieder:
hergeſtellt, ſank jedoch, nachdem Kaifer Claudius
an dem rechten Tiberarm einen bejieren Hafen,
Portus Romanus oder Augusti, angelegt hatte
(Suet. Claud. 20), und verdankte ihr ed Pre
nur noch den von Ancus angelegten Salinen. Die
Ruinen, namentlich) eines großartigen Theaters,
des Forums, des Emporiums und eines Bades,
finden fich in der Nähe des Städtchens Ditia,
welches aber wegen des angejchwemmten Uferjan-
des etwa 1 Stunde von der Hüfte entfernt ift.
Strab. 5, 219 ff.
Ostiarius und Ostium j. Haus, 7.
Ostordi. Zu nennen find: 1) P. Dftorius
Scapula, Statthalter von Britannien jeit dem
J. 47 n. E., führte glüdliche Kriege, namentlich
gegen den Fürſten Caratacus, der in jeine Hände
fiel, hatte aber in ſpäteren Feldzügen entjchiedenes
Unglüd und ftarb aus Gram darüber, 51. Tae.
ann. 12, 31 ff. Agr. 14. — 2) M. Oft. Scapula,
Sohn des vorhergenannten, diente mit Ruhm
unter jeinem Water. Er tötete ſich im J. 62 jelbft,
um dem ihm von Nero zugedadhten Tode zu ent:
gehen. Tac. ann. 12, 31. 16, 14f. — 3) Dft.
Sabinus, Magte den Barca Soranus an und
erhielt dafür die Duäftur und eine große Geld:
jumme. Teac. ann. 16, 23 ff.
Ostrakismos |. Exrrinole, 8.
Oströa, die Aufter, eine jehr beliebte Delikateſſe,
palma mensarum divitum bei Plinius genannt.
Mit fteigendem Lurus holte man die Auftern aus
Brundifium, QTarent, Kleinafien und Britannien,
ja man mäjtete fie nadı dem Transport in dem
Osismi — Ovidius,
Lucrinerſee. Sie wurden ſowohl friich verjpeift
(ostreae crudae), als zu Ragouts verwandelt.
Otacilii, 1) M'. Otac. Craſſus, unterwarf
als Konful im J. 263 dv. C. einen Teil Siciliens,
belagerte Syrafus und nötigte den König Hieron
um Abichluffe eines Bünbniftes mit Rom. Weniger
edeutend war jein Konjulat im 3. 246, Pol.
1,16 ff. Zonar. 8, 9. — 2) Sein Bruder, T. Dt.
Craſſus, unterwarf im %. 261 während jeines
Konfulats eine Anzahl ſiciliſcher Städte. Pol.1, 20.
— 3)T. Dt. Erajjus, war im J. 217 v. €.
Prätor, 216 Proprätor auf Sicilien und fämpfte in
Berbindung mit Hieron unglüdlich gegen die Kar—
thager. Im folgenden Jahre dagegen unternahm
er einen Zug nad) Afrika, plünderte und raubte
und fchlug eine farthagische Flottenabteilung. Liv.
22, 56. 23, 32.41. Doc mißlang ihm jeine Be—
werbung um das Konjulat des nächſten Jahres
(Liv. 24, 7 ff), hauptfächlich durch das Entgegen-
treten des Fabiud. Dafür wurde er abermals
Prätor und erhielt Sicilien als Provinz, von wo
aus er wiederholte Streifzüge nach der afrifa-
nifchen Küfte machte. Liv. 25, 31. Bei einer
nochmaligen Bewerbung ums Konſulat im J. 211
fiel er wieder durch, ftarb aber auf Sicilien, che
ihn noch die Nachricht davon erreichte. Liv. 26, 22.
— 4) Dt. Erafius, diente dem Pompejus und
ichändete feinen Namen durch die Ermordung einer
Anzahl in feine Gewalt geratener Cäjarianer
Caes. b. c. 3, 28.
Otho ſ. Salvii, 3—6.
Othryädes, -as, Odgvdöng, -ag, ein helden—
miütiger Spartaner, blieb nad Herodots (1, 82 ff.)
Erzählung von der auserwählten Zahl derjenigen,
welche von jeiten feiner Landsleute den Streit
mit den Argivern um das kynuriſche Grenzgebiet
von Thyrea (546 dv. E.) enticheiden jollten, allein
übrig, wie bon argivijcher Seite Chromios und
Alkanor. Dieje eilten nach Haufe und verfündigten
ihren Sieg, Othryades aber behauptete den Kampf:
platz als —— und verließ ihn nicht. Da beide
Teile über den Ausgang des Kampfes nicht einig
werden konnten, kam es zu einer großen Schlacht,
in der die Spartaner ſiegten, worauf fie die Thy—
reatis behaupteten.
Othryöneus, Odgvorsis, aus Kabeſos, Bundes:
enofje des Priamos, Freier der Kaflandra, von
domenens erlegt. Hom. Il. 13, 363.
Othrys, 7 Odovs, wald: und wiejenreiches
Gebirge Theflaliens in der Landſchaft Phthiotis,
welches, die Wafjericheide zwiichen dem Peneios
und Spercheios bildend, vom Typhreſtos aus in
Öftlicher Richtung, nördlich vom Maliihen Meer:
bujen, der Küfte zu fich erftredt und jeine nörd—
lien Zweige bis in die Ebene von Pharjalos
ausdehnt. Es erreicht in feinem höchſten öftlichen
Teile eine Höhe von 1728 m und führt jegt in
jeinen einzelnen Teilen verjchiedene Namen: Ba:
ribovo, Goura, Jerako. Hdt. 7, 129. Verg. A.
7, 675.
Otos j. Aloaden.
Otreus, Orotös, König von Phrygien, dem
Priamos gegen die Amazonen zu Hülfe zog. Hom.
Il. 3, 186. hymn. in Ven. 111,
Ovatio j. Dona militaria, 3,
Ovidius, Publius Ov. Nafo, ift nach feiner
eigenen Ausſage (trist. 4, 10 [einer poet. Selbit:
biographie], 5. 13), am zweiten Tage des ber
Ovidius.
- Minerva heiligen Feſtes Duinquatrus, d. h. am
20. März, zu Sulmo (dem heutigen Solmona)
im Bälignerlande (Paeligni ruris alumnus, am.
3, 15, 3) 43 v. C. geboren. Sein Bater, ein jehr
wohlhabender Mann (ein eques illustris, vgl. die
Ausleger zu Tac. ann. 2, 59; daraus erflärt ſich
Or. trist. 4, 10, 29. 35), wollte, was ihm jelbjt
verjagt ivar, diefem und dem gerade um ein Jahr
älteren Sohne Lucius durch jorgfältige Erziehung
den Zutritt zu den Ehrenitellen de3 Staats er:
möglichen. Für den erften Unterricht genügten
die Anftalten in Sulmo, doch jehr bald zog der
Bater der Söhne halber nah Rom und übergab
diefelben den ausgezeichnetften Lehrern. Der ältere
Sohn widmete ſich der Beredjamfeit, ftarb aber
bereits im zwanzigften Lebensjahre. Auch Publius
bejuchte nach dem Willen feines Vaters zunächſt
die Schulen der berühmten Rhetoren Porcius Yatro
und Arellius Fnjens (trist. 4, 10, 17. Sen. con-
tror. 2, 10, 8 ff.), jo jehr auch fein Tebhafter Geiſt
durch die Lektüre der Dichter bereits für die Poeſie
gewonnen war. Des Baterd Strenge hielt ihn
bei den rhetorijchen Übungen, unter denen ihm
die Suaforien viel mehr als die für gereiftere
Schüler bejtimmten Gontroverfien zujagten. Der
Rhetor Seneca, der ihn bdeflamieren gehört hatte,
nennt (a. a. D.) feine Reden carmina soluta und
tadelt den Mangel an feiter Ordnung. Nach des
Bruderd Tode mußte er die amtliche Laufbahn
betreten und durch die Verwaltung untergeordneter
Ämter den Weg zu den höheren Ehrenjtellen ſich
bahnen. Er war einer der triumviri capitales,
welche bie Gefängniffe zu beauffichtigen und die
Strafen an gemeinen Berbredhern durch ihre Unter:
bedienten vollziehen zu lafjen hatten; wahrichein:
lich ſchon ein Jahr darauf decemvir stlitibus
iudicandis, ferner Mitglied des Gentumviral:
gerichts und Einzelrichter. Auch hatte ihm um
diefelbe Zeit der Bater eine rau gegeben, die
ihm aber Widerwillen einflößte. Die unterdrüdte
Liebe zur Poefie erwachte mit neuer Kraft, und
der Umgang mit befreundeten Dichtern beftimmte
ihn, die Geihäftötarriere ganz aufzugeben und in
der behaglichen Stellung, die ihm feine äußere
Lage und der gejicherte Weiche unter dem Prinzi—
pate des Auguftus gewährten, ganz feiner dichte:
riihen Neigung zu leben. — I dem Umgange
mit den Dichtern Amilius Macer, Propertius,
Bonticus, Macer, Baſſus und andern Männern,
die wenigjtens ein ficheres Urteil hatten, fand er
Veranlaflung zu den erften dichteriichen Verjuchen
in Liebesgedichten. Eine Reife nad Athen und
durch Kleinafien, ein Winteraufenthalt in Sicilien
hatten ihn in dieſer Richtung beftärkt; neue Ber:
juche auf dem Gebiete der Epik wurden gemacht,
bis er ſich in jeinem fiebenundzwanzigiten Lebens:
jahre entihloß, zur Tragödie überzugehen und
zugleich Briefe und Elegien zu Dichten. Seine
tragijche Poefie ift für uns verloren; die Medea
findet bei den Alten einftimmiges Lob (Zac. dial. 12.
Quint. 10, 1, 98); von den Epistulae find we—
nigftens 8 erhalten, und bie Elegien in ben
Büchern Amores gejammelt. Nah Bollendun
berjelben faßte er den Entichluß, eine Siebestunt
(Ars amatoria) zu fchreiben, mit der er ſich bei
der Schwierigfeit des Stoffes und bei der Eigentüm-
lichkeit der Behandlung lange beichäftigte, weshalb
er fie erft 2 oder 1 v. C. als ein gereiftes Kunſtwerk
869
ericheinen ließ. Bald darauf folgte das biejen
Büchern entgegengejegte Buch von den Heilmitteln
gegen die Liebe (Kemedia amoris), dejlen Her:
ausgabe wohl noch in das Jahr 1 zu jegen jein
wird. — In diejer Zeit hatte er fich von der
erften Frau gejchieden und ebenjo eine zweite Ehe,
aus der er, wie es jcheint, eine Tochter, Berilla,
bie auch dichtete (trist. 3, 7, 11 ff.), hatte, auf:
gelöft und eine junge, jchöne Witwe, Fabia, aus
einem angejehenen, mit dem Haufe des Auguftus
befreundeten Gejchlechte 5* wodurch viele
ſchon beſtehende Verhältniſſe enger geknüpft und
neue veranlaßt wurden. Dieſe Ehe ſcheint eine
glückliche geweſen zu ſein und auf die ganze Rich—
tung des Dichters großen Einfluß geübt zu haben.
Ruhe und Beſonnenheit trat an die Stelle unge—
ſtümer Begeiſterung, Ernſt und Würde an die
Stelle der Leichtfertigleit, die ſeine früheren Werte
vom ſittlichen Standpunkte aus verwerflich ge—
macht hat. 2 umfangreiche Werle beſchäftigten
ihn, die Fasti und Metamorphoses, und mehrere
Jahre waren auf diefe Dichtungen bereits ver:
wendet, ald im Spätherbjt des J. 8 n. E. ihn
gerade im Vollgenuſſe der Ruhe und Sicherheit
ein hartes Geichid traf, die Verbannung (relega-
tio, ſ. d) nah Tomi am Schwarzen Meere (beim
j. Köftendiche). Durch welches Vergehen Auguftus
veranlaßt wurde, eine jo ſchwere Strafe über den
Dichter zu verhängen, wird fich jchwerlich ermitteln
lafien. Er ſelbſt jpricht fich natürlich darüber mit
grober Burüdhaltung aus (3. B. trist. 2, 207).
ie Abfaffung der Liebestunft kann nur in einem
entfernteren hie mit der Berweijung
geitanden haben, denn jenes Wert war jchon jeit
10 Jahren vollendet. Ob das unzüchtige Leben
der jüngeren Julia (j. Julii, 12.), die erhält:
niſſe des Agrippa Boftumus, deren Beitrafung durd)
ihren Großvater Auguftus in diejelbe Zeit fällt,
damit in Berbindung gejegt werden müflen, das
läßt jich nicht mehr ergründen. Auch andere Ber: .
mutungen über einen Beſuch des Agrippa Poſt.
auf PBlanajia oder in Bezug auf die Gemahlin
des Princeps find gleich haltlos. Die Augen
müſſen bei dem error im Spiele gewejen jein (cur
aliquid vidi, cur noxia lumina feci? trist.2, 103.
3, 5, 49); eine Verſchuldung (duo crimina, carmen
et error) ftellt Ovid felbit nicht in Abrede (trüst.
2, 122, 1383). ®Dieje Trennung von dem Boden,
auf dem er fi jo wohl gefühlt hatte, der Ab—
jchied von der Familie und den Freunden, jelbft
die Berwirrung in allen jeinen Angelegenheiten
und nun nad einer beichwerlichen Seereife ber
Aufenthalt in einem Heinen Orte, unter Halb—
barbaren, mußte auf den leicht erregbaren Mann
ſchwer einwirken und jeine Kraft breden. Schon
auf der Reije hatte er das erjte von den 5 Büchern
der Tristia vollendet, die andern 4 folgten in den
nächſten 3 Jahren. Die Epistulae ex Ponto
ichloffen ji unmittelbar daran an; fleinere Ar:
beiten, wie der Ibis und die Halieutica, ſowie
eine Umarbeitung ber Fasti, fallen in gleiche Zeit.
Seine Bitten und Klagen blieben aud) bei Tibe-
rius ohne Erfolg, die Sehnſucht nad) der ewigen
Stadt wurde nicht geftillt, Dvid ftarb in Tomi
im J. 17. n. E. und ward dajelbft begraben. In
Anadolfii bei Köftendiche will man im J. 1887
jeinen Grabftein aufgefunden haben. — In feinem
römischen Dichter ift der Trieb zur Poeſie jo mäch—
870
tig als ein Grundzug feines Weſens hervorgetre-
ten wie in Ovid. Seine natürliche Anlage hatte
fih unter den günftigften Umſtänden entwidelt.
Die durch griechiſche Studien begründete Kunftform
war ebenmäßig ausgeprägt, jeine älteren Zeitge—
nofien, wie jie den Mujenhof des Auguftus bil:
deten, hatten das Anſehen der neueren Schule ge-
fihert, und Ovid tritt als der jüngſte Diefer
Kımftdichter hinzu. Mit ihnen hatte er die ale:
randriniichen Dichter ftudiert und Gelehrjamfeit aus
ihnen geichöpft; durch die rhetoriichen Übungen
war er in dialektiichen Kunftgriffen jicher und in
feinem Ausdrude gewandter geworden. Seine ge:
jelligen Beziehungen führten den feinen Weltmann
einer anmutigen, heiteren Gejellihaftspoefie, wie
de für die Unterhaltung der ——— gebildeten
Welt ſich eignete, und wie fie von feinem andern
mit größerer Meifterichaft geübt ift. Reiche Phan:
tafie, Hare und fichere Anichauung aller Berhält-
nifie, umverfiegbare Laune, Bing die äußere
Lage nicht getrübt war, gewandter Wig und geift-
reicher Ton verbinden fich mit einer feltenen Bollen:
dung ber Form, die fich ebenjo jehr durch Fülle
der Sprache als Leichtigkeit und Gewandtheit des
Versbaues charakterifiert. Wenn er bei der Fülle
feiner Produktionen ftrenge Kritik vermiſſen läßt,
wenn er der Größe der republifaniichen Dichter
ermangelt, jo wird man jenes aus der Richtung
feines Talents, diejes aus der Umgeftaltung des
Staats leicht erklären können. — Seine ung er:
haltenen Werke find: 1) Epistulae oder Heroides,
eine Sammlung fingierter Liebesbriefe, welche He-
roinen an ihre entfernten Liebhaber jchreiben. Ovid
hat zuerft dieje Dichtungsart aufgebracht, veranlaft
durch die Charafteriftifen, welche einen Hauptteil
der rhetorifchen Übungen ausmachten. ſelbſt
hat (am. 2, 18, 21ff.) 9 Heroiden: 1. 2. 5. 11.
12. 4. 10. 7. 15 aufgeführt, von denen auch
nod eine (15) jchmwerlich echt ift. An einzelnen
ſchönen Stellen fehlt es nicht, im ganzen aber
fann man den Heroiden nur eine geringe Stelle
unter Ovids Gedichten und in der Boefie überhaupt
anweijen. Die jegige Sammlung ift auf 21 ge
bradt. Karl Lachmann (Berliner Progr. 1848,
Heine Schriften, 2. Bd.) hat die Heroiden 8. 9.
14, 15. 16. 17. 19 aus metrifchen und profodiichen
Gründen für unecht, andere, wie 3. 12. 13. 18. 20,
für zweifelhaft erflärt. Dagegen hat Luc. Müller
geiprochen, wie and) Eichenburg (Brogr. von Lübed,
1886) geneigt ift, jämtliche Heroiden (mit Aus-
nahme des Sapphobriefes, 15) dem Ovid zuzuweiſen
und für die angezweifelten nur eine jpätere Ent:
ftehungszeit anzunehmen, während wieder andere
die 6 legten dem Ovid abjprechen; und Lehrs hat
vielmehr zu dem Mittel der Annahme von Nuter-
polationen feine Zuflucht genommen. Dem Schüler
der Rhetoren, deren suasoriae er nachgebildet, wird
man manches zu gute rechnen. — 2) Amorum
libri Ill, aus urjprünglih 5 Büchern in dieſe
3 aufommengegngen, in deren einzelnen Elegien
der Dichter mit üppiger Phantafie die mannig:
fahen Erlebnifje eines Liebhabers im Glück und
Unglüd jchildert. Corinna, die den Mittelpunkt
bildet, ift uns unbefannt, vielleicht eine fingierte
Berjönlichkeit (‚kein Wejen von Fleisch und Blut“).
Schwerlich ift alles jelbft erlebt, die Virtuofität
des Dichters hat es gewiß an Bhantafieftüden
nicht fehlen laſſen. Die Amoren „find ein witiges,
Ovidius.
oft mutwilliges Spiel, reih an Wendungen und
Einfällen, zierlih und ebenmäßig in der Sprade
und im Versbau“. — 3) Medicamina faciei oder
formae, eine Anweijung zu dem Gebrauche von
allerhand Schönheitsmitteln und Einführung in
die tiefften Zoilettengeheimniffe. Das Gedicht ift
in einer jehr verberbten, lüdenhaften und unvoll⸗
ftändigen Form (100 Berje) auf uns gefommen.
— 4) Ars amatoria in 3 Büchern, des Dichters
Hauptwert, in welchem er Anweiſung gibt, wie
Liebesverhältnifie zwiichen den leichtfinnigen Mäd-
chen, ben Libertinen, und den leichtjinnigen Jüng-
lingen und Männern begründet und auf die Dauer
erhalten werden fünnen. Das dritte Buch beion-
ders unterrichtet die Mädchen, wie fie jih in ſolchen
zu Rom allgemein verbreiteten und durch die Ge—
ſetze nicht verpönten Berhältnifien zu benehmen
aben. Dvid hat fih einen ganz beftimmten
nitstil für dieſe Dichtungsart gebildet und dadurch
das Werk zu einem wahrhaft originellen gemadıt.
So wurde e3 ſchon von den Zeitgenofjen mit Bei-
fall —— und hat ſelbſt im Mittelalter
große breitung gefunden. — 5) Remediorum
amoris liber unus, deijen Tendenz nicht darauf
eht, gegen die Liebe überhaupt zu kämpfen,
Baker nur denen, die ein unwürdiges Liebesjod
tragen, zu helfen. In der Technif bewährt Ovid
auch hier diejelbe Virtuofität wie in der Liebes:
funft, nur daß die Kompojition des Ganzen weniger
gelungen, Gedehntheit und hier und da Dürftigkeit
u tadeln ift. — 6) Metamorphoseon libri Kr.
it diefem Werke beginnt Ovid das epiiche Vers:
mah zu gebrauchen; er hat in demielben einen
Teil der Mythen, in denen Verwandlungen vor:
fommen, vom Beginn der Welt an bis zu der
Verwandlung des Julius Cäjar in einen Stem
chronologijch zujammengeftellt. Dieje zahlreichen
Mythen, entitanden 'aus dem innigeren chre
der Menjchen mit der Natur, unter einem Rolte,
das mit regjamer Rhantafie die Tiere zu Menjcher,
die Erjcheinungen in der Natur zu lebendigen
Wejen machte, bildeten einen Hauptteil der grie
chiſchen Mythologie und waren bejonders im der
alerandriniichen Zeit von Dichtern, wie Nilandros,
Barthenios u. a., behandelt. Aber nicht bloß ans
diejen, jondern aus der ganzen griechiichen Litte-
ratur, bejonders den ZTragifern, hat er geichöpft,
ohne daß wir imftande find, dies im einzelnen
enau nachzumweiien. Die Mannigfaltigkeit umd
!ebendigfeit in der Erzählung, die Kunjt in der
Verbindung der einzelnen Sagen, der eigentüm:
lihe Versbau geben den Metamorphojen einen
eigenen Reiz und haben fie zu einem beliebten
Fabelbuche gemacht. Sie find der erfie Roman
unter den Römern, der von jeinem Erſcheinen
an viel gelejen und jpäter ald eine Quelle zur
Kenntnis der Mythologie betrachtet wurde. Daß
Dvid bei jeiner Verweiſung nad) Tomi die Hand-
jchrift des noch unvollendeten Gedichts verbrannt,
dort aber nad) Abichriften es wi ergeitellt habe,
erzählt er ſelbſt (trist. 1, 7, 13 } ie Alten
haben weniger günftig über das geurteilt,
. B. Quintilian (4, 1, 77. 10, 1, 88), der ihm
ascivus, üppig und tändelnd nennt, aber dies
doc —— — 7) Tristium libri V, wahr:
ſcheinlich einzeln herausgegeben, Klagebriefe über
jein Unglüd, von denen erite Buch die Ge
fahren der Reife in glänzender Weife jchildert,
Oxathres — Pacatus.
das —— ein Schreiben an Auguſtus, die Unſchuld
des Dichters darzulegen ſich bemüht und die Bitte
um einen andern Aufenthaltsort enthält, die 3
übrigen Klagen über das traurige Leben in Tomi,
Aufforderungen an Freunde, ihm zu helfen, Bor:
würfe gegen Untreue geben. Die 7 Briefe an feine
Frau (1, 6.3, 3. 4, 3. 5, 2. 5. 11. 14) find bejon-
ders jchön. — Ganz gleihen Inhalt wie die
Trijtien haben 8) Epistularum ex Ponto libri IV,
nur mit dem Ilnterjchiede, daß dieje den Namen
des Freundes, dem jie geichidt werden, an. der
Spitze tragen, wodurd Ton und Behandlung der
Briefform ftrenger bedingt war. Das Bedürfnis
zu dichten rief dieſes Werf hervor, auf das die
traurige Stimmung und die Umgebung nicht vor:
teilhaft einwirkten. Einen Rüdjchritt in Form
und Ausdrud leugnet der Dichter ſelbſt nicht, das
Einerlei des Stoffs mußte ermüden. — 9) Ibis,
ein Schmähgedicht gegen einen Römer, der ben
verbannten Ovid in Nom öffentlih mit Schmäh—
reden verfolgte, feine Frau mit Anträgen quälte
und die Überbleibjel jeines Vermögens an ſich zu
bringen ftrebte. Nach dem Borbilde des Kalli—
machos, der unter jenem Namen den Apollonios
von Rhodos angegriffen, fchrieb er diefe Elegie in
feinem vorgerüdten Alter mit großer Selchriamfeit
und heftiger Bitterleit gegen einen Unbekannten,
den als einen beftimmten Dichter zu deuten bis
jegt vergebliche Verjuche gemacht find. — 10) Fasto-
rum libri VI, von denen Buch 1 vielleicht in einer
zweiten, in der Verbannung gefertigten, Bearbeitung
erhalten ift. Der Dichter hat natürlich (trist. 2,549)
12 Bücher diejes Feitfalenders, der Zahl der Monate
entiprechend, beabfichtigt, aber die Vollendung ward
durch die Verweifung unterbrochen und in Tomi
durch den Mangel an erforderlichen Hülfsmitteln
geitört. So find nur 6 eg in der Geftalt, in
der wir jie haben, nad) des Dichters Tode heraus:
gegeben. Die wichtigiten Erſcheinungen am Himmel
werden darin angegeben, die Feſte verzeichnet und
ihre m... aus dem reichen Mythenſchatze des
römischen Bolfes (bejonders nach Barro) erflärt.
Die elegijche Form will zu dem erzählenden Inhalte
nicht recht paflen (fast. 2, 3, 125). — 11) Halieu-
tica, ein Gedicht von den Fiſchen im Schwarzen
Meere, von dem uns nur ein unbedeutendes Brud)-
jtüd (130 Verſe) erhalten ift. Der Verſuch von
Birt (de Halieuticis Ovidio poetae falso ad-
scriptis. 1878), das Gedicht als nicht-ovidiſch nach:
zuweiſen, ift nicht gelungen. — Bon andern Ge:
dichten, die Ovid gejchrieben, finden fich bei ihm
jelbft Nachrichten, jo auf die Hochzeit des Fabius
Marimus (ex Pont. 1,2, 133), auf den Tod des
Meſſala Eorvinus (daj. 1, 7, 27), auf den Triumph
des Tiberius (daj. 2, 8, 27. 3, 4, 81), auf den
Tod des Auguftus (daj. 4, 6, 17), auf Auguftus
und jeine Familie in getiicher Sprache (ex Pont.
4, 13, 19), von denen feine weitere Spur fich findet,
und die daher früh verloren gegangen jein müfjen.
871
Manches Spätere (z. B. die Elegie Nux und die
consolatio ad Liviam [j. Pedo Albinovanus))
trägt feinen Namen ohne Grund. — Gejamtausgg.
von D. Heinfins (1629), N. Heinfius (1652 u. ö.),
PB. Burman (1727), Jahn (1828 ff., undollendet);
Tertausgg. von Mitjcherlich (2. Aufl. 1819), Baum:
garten-Erufius (1824), Mertel (1853; 2. Aufl. be:
gonnen 1875), Rieſe (1873 ff.), Sedlmayer, Bingerle
u. Güthling (1883 f., noch nicht vollftändig). Ausgg.
der Heroiden von van Lennep (2. Aufl. 1812),
Terpftra (1829), Lörs (1829), Sedlmayer (1886);
der Amatoria (Amores, Ars amatoria, Med. fucei
und Remedia amoris) von Wernsdorf (1788),
Jahn (1828), Luc. Müller (1861), der Medie. fac.
von Kunz (1881); der Metamorphoses von Gierig
(3. Ausg. von Kahn 1821 ff.), Bach (1881 ff.),
Baumgarten:Erufius (1834), Lörd (1843, Schul:
ausg. 1837), Korn (1880), M. Haupt (1. Bd.
7. Aufl. 1886; 2. Bd. [von Korn] 2. Aufl. 1881),
Magnus (1885 ff.); Auswahl von Giebelid und
Rolle (1. Bd. 14. Aufl, 2. Bd. 12. Aufl. 1888),
Eichert, Englmann, Meufer u. a.; der Tristia von
Plaß (1825), Klein (1826), Lörs (1839), Merfel(1837,
frit. Hauptausgabe) und Omen (1889); der Epist.
ex Ponto von Korn (1868); der Fasti von Gierig
(1812 ff.), Merfel (1841, frit. Hauptausgabe), Beter
(3. Aufl. 1889); der Halieutica don M. Haupt (mit
Gratius, Nemefianus u. a.); des Ibis von Ellis
(1882). Ausgewählte Gedichte von Groß (1870),
Sünther (1885), Sedlmayer (4. Aufl. 1889) u. a.
Oxathres, O&cddens, Bruder des Dareios
Kodomannes, kämpfte bei Iſſos (333 v. E.) rühm—
lih gegen die Mafedonier, unterwarf ſich aber
ipäter dem Alerander. Arrian nennt ihn Oxyartes
(7, 4). Curt. 7, 5.
Oxos, O&og oder Lkos, bedeutender Fluß; des
inneren Wiens, der nach Arrian (3, 29, 2) auf
dem indiichen Kaukaſos oder Parapanijos ent:
ipringt, links parallel mit dem Jarartes in einer
Breite von 6 bis 7 Stadien erjt gegen N. fließt,
dann plößlich die Nordgrenze von Baltriana und
Margiana gegen Sogdiana bildet und ſich nad)
Aufnahme mehrerer Nebenflüffe (befonders links
in den Araljee ergießt. Curt. 7, 10, 13, Es iſt
der heutige Gihon oder Amu Darja. Daß ein
Arm desjelben in das Kaſpiſche Meer gefloffen jei,
hat 8. J. Neumann als eine Fabel nachgewiejen.
Oxyartes, O&vagrns, 1) ein baktrifcher Fürit,
der fi gegen Alexander empörte, aber nad) der
Eroberung der Treljenburg, auf welche er die Sei:
nigen geflüchtet hatte, ji) unterwarf und um feiner
Tochter Rorane willen, mit welcher ſich Alerander
vermählte, Berzeihung erhielt, 327 v. C. Er wurde
dann zum Satrapen der Gegend am Parapanijos
ernannt und behauptete jich dort jpäter als unab—
hängiger Fürft. Arr. 4, 18 ff. 6, 15. Curt. 8,4.
— 2) |. Oxathres. ”
Oxylos ſ. Herakles, 16,
Ozdlai j. Lokris.
P.
Pacätus, Drepanius Pac., römifcher Rhetor | Frijche der Darftellung hervorragende Lobrede auf
in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. C. Kaiſer Theodofius den Gr. erhalten, die er im
Landsmann und Freund des Anjonius. Von ihm | Fahre 389 zu Nom im Senate — hat,
hat ſich eine durch Reichtum des Stoffes und | herausgegeben in den Reden der
anegyrici
812
(. Haernyvgırög Aöyos), zuleht von Bährens
(1874).
Paceius, 1) ein angejehener Bruttier, leitete
im J. 209 v. E. im zweiten punifchen Kriege mit
feinem Bruder Vibius die Unterhandlungen mit
Nom über den Wiederanjchluß der Bruttier an die
Nömer, nachdem jene lange Zeit auf Hannibal
Seite geftanden hatten. Liv. 27, 15. — 2) Bacc.
DOrphitus, kämpfte unter dem römischen Feld—
berrn Corbulo (58 n. E.) zur Zeit des Nero in
Alten, wurbe in einem Treffen geichlagen und dafür
ichwer gejtraft. Tac. ann. 13, 36; vgl. 15, 12.
Paches, Il&yns, ein atheniicher Feldherr, wurde
im SHerbit 428 v. E. gegen das abtrünnige My—
tilene geſandt, ſchloß die Stadt ein und zwang
fie 427, fi) auf Gnade und Ungnade zu ergeben.
Darauf machte er einen Kriegszug an bie afia-
tiiche Küſte, um ſich der ſpartaniſchen Flotte ent:
gegenzuftellen, und bejegte durch Hinterlift Notion.
Nach Leibos zurücdgelehrt, ſchidte er viele ge:
fangene Mytilenaier nah Athen; der ihm gege:
bene Befehl indes, alle Mytilengier hinzurichten,
wurde zurücdgenommen. Zhuc. 3, 28ff. Später
wegen Feines Verfahrens zur Verantwortung ge:
zogen, tötete er ſich jelbft in dem Gerichte. Mut.
Nie.6. Arist. 26.
Pachjnum oder -us, TIdyvros, das jüdöftliche
Vorgebirge Siciliens, neben Peloron und Lily:
baion dasjenige, wodurch die dreiedige Geftalt der
Inſel beftimmt wird (Or. met. 13, 725); j. Kap
Paflaro. Die dabei liegende Bucht bot einen guten
Hafen, Portus Pachyni (Cie. Verr. 5, 34), j. Borto
di Palo.
Paconli, 1) M. Paconius, römischer Legat
in Wien, 22 n. E., jcheint jpäter auf des Tiberius
Befehl getötet worden zu jein. Tac. ann. 3, 67;
vgl. Suet. Tib. 61. — 2) Sein Sohn, Pac. Agrip:
pinus, Teilnehmer an der Verſchwörung des
Thrajea und Helvidius, wurde dafür von Nero
verbannt, 66 n. E. Tae. ann. 16, 28. 33. —
3) Sertus Paconianus, erlitt wegen eines
Spottgedicht8 auf Tiberius einen gewaltiamen Tod,
35 n. C. Tae. ann. 6, 3f. 39,
Pactum heißt im weiteren Sinne jeder Ver:
trag, im engeren Sinne ein Vertrag, welder nad)
römiſchem Givilrecht in der Regel nicht Magbar ift.
Pacuvius, ein ojfiicher Name. Ihn führten:
1) Pac. Calavius, ein — Capuaner,
der in der Zeit des zweiten puniſchen Krieges die
oberſte Würde in ſeiner Vaterſtadt bekleidete und
ſich auch geſchickt, ohne Waffen zu gebrauchen, in
dieſer Alleinherrſchaft zu behaupten wußte. Liv.
23,2 Nach der Schlacht bei Cannä wirkte er
mit zu Capuas Abfall von Nom. Als Hannibal
in Capua erichienen war, wurde er nebſt jeinem
Sohne, der, ein Au änger der den Puniern feind-
lichen Partei, der Gnade des Hannibal empfohlen
war, von diefem zur Tafel gezogen. Liv. 23,8.
Der Sohn erschien mit einem Dolce, um Hannibal
zu ermorden, wurde aber von feinem Water be:
wogen, von dieſem Vorhaben abzuftchen. Lir.
23,8. — Verwandt mit diefem B. war vielleicht
2) Bac. Ninnius Eeler, der mit feinem Bruder
Sthenins Ninnius Celer den Hannibal be:
wirtete. Liv. 28,8 — 3) M. Pac, um das J.
220 v. E. in Brundifium geboren, ein Schwefter:
john des Ennius und Freund des Yälius, war
bi$ in fein hohes Alter in Nom als Tragödien-
Paccius — Paeanius.
dichter und zugleich als Maler (Plin. 35, 7) thätig.
Gegen das Ende feines Lebens zog er ſich nad)
Tarent zurüd, wo er noch mit dem um 50 Jahr
jüngeren Accius (ſ. Atii, 5.) verkehrte (Cie.
Brut. 64) und als neunzigjähriger Greis um 132
ftarb. Im Vergleidy mit den andern gleichzeitigen
Dichtern ift die poetiiche Thätigkeit des P. ſehr
beichränft. Er war ausſchließlich Tragifer, und
nur 12 (ober 13) Tragödien, die meiften nad
Sophofles und Euripides, einige auch nad unbe:
fannten griechiichen Vorbildern gedichtet, werden
von ihm angeführt; Darunter Armorum indieium,
Atalanta, Chryses, Teucer und die berühmteften
Antiopa und Dulorestes. Außerdem fjchrieb er
eine praetexta (j. d.): Paulus, deren Held ver-
mutlich Amilius Paulus, der Sieger von Pydna,
war. Durch das hohe Pathos, den vollen, mäch—
tigen Fluß jeiner Rede und die bilderreiche und
fräftige Sprache, welche die Aiten an = rühmen,
und die noch jeßt zum Teil in ben Fragmenten
zu erfennen ijt, wurde er für die Römer der
Gründer des tragiichen Stild und galt neben Accius
als der bedeutendfte der römifchen Tragifer. Cie.
opt. gen. or.1,2. Hor.ep.2, 1,55. — Beſte Samm—
lung der Fragmente von D. Ribbed in deſſen
Scaen. Rom. poes. fragmenta, Bd. I p. 75 ff.
Val. deffen römische Tragddie (1875), S. 216 ff. —
4) Sertus Pac. Taurus, ein plebejifcher Adil,
ließ ein Standbild der Sibylla bei den Roſtris
aufftelen und beantragte, daß der Monat Sertilis
den Namen Muguftus befäme Plin. 34, 5. —
5) Legat des En. Sentius in Shrien nad) dem
Tode des Germanicus, 19 n. E. Tac. ann. 2, 79.
Sen. ep. 12,8. — 6) Bac. Hifter, ein Erbichleicher
bei Juvenal (sat. 12, 111 ff. 125. 128).
Padaei, Tladaioı, ein rohe Nomadenvolf im
nordweftlichen Indien, das rohes Fleiſch af, ja
jelbjt feine Greife und Kranken verzehrte. Hat.
3, 98,
Padus, IIdöos, j. Po, der Hauptftrom Italiens
(rex fluviorum, Verg. (7. 1, 482), angeblich von
den vielen Fichten an feinen Ufern benannt, die
leltiſch padi Eh (25; in liguriicher Sprache Bo-
dincus oder Bodencus (d. h. der grundlofe) ge:
heißen. Pol. 2, 16, 12. Plin. 3, 122. Seit den
galliichen Kriegen ward er den Römern erft be:
fannt. Früher hielt man ihn für den fabelhaften
Bernfteinflug Eridanos, den jedoch jchon Herodot
(3, 115) für eine Erfindung der Dichter erflärte,
die daher entitanden fein mochte, daß der auf dem
Landwege hieher gelommene Bernitein an ber
Padusmündung von phoiniliſchen Schiffen einge:
nommen wurde. Der P. entjpringt auf den Alpen,
nach Plinius (3, 16, 20) an dem Mons Vesulus
(ji. Monte Viſo), ftrömt anfangs ſüdlich, dann
öftlich durch das cisalpinische Gallien, von vielen
Nebenflüffen vergrößert (f. Italia, 2... Er mar
weit hinauf (bis zur Mündung des Ticinus) jchif:
bar und nah dem Schmelzen des Alpenſchnees
ſehr wajferreich, jo daß er jogar große Überſchwem—
mungen anrichtete. Nach Polybios teilte er fich
bei Trigaboli (beim heutigen Ferrara) in 2 Haupt:
arme, den nörblicheren Badoa, den jüdlicheren
Dfana oder Volanus. Plinius nennt jpäter 7
Mündungen, zum Teil durh Kunſt gegrabene
Kanäle. Pol. 2, 17, 34. 32,2. 3, 40,5. Cnes.
b. gq. 5, 24. Hor. epod. 16, 28. Strab. 5, 212 ff.
Paeanfus j. Paianios.
Paeligni — Paian.
Paeligni (Peligni), fabinifcher Volksſtamm in
Mittelitalien, welcher jübweftlih an die Marier,
nördlich an die Marruciner, füdlih an Samnium
und die Frentaner (Fluß Sagrus), öjtlich gleich:
falls an die Frentaner ftieh. Ahr Land, das
heutige Thal von Sulmona, enthielt die Städte
Bu lunm und Sulmo, die Baterftadt Ovids
(Paeligni ruris alumnus, Or, am. 3, 15, 3); der
Hafen Aternum gehörte ihnen gemeinjchaftlich
mit den Beltinern und Marrucinern. Die B. waren
ein tapferes Voll, das nach manchen Kämpfen mit
den Römern (Liv. 9, 41) nebſt Marſern, Marru:
einern, rentanern mit denjelben ein Bündnis
ſchloß. Liv.9, 45. Später nahmen fie am Bundes:
genofjenfriege teil, nad defien Beendigung fie
wenig mehr genannt werden, z. B. bei Tacitus (hist.
3, 59), wo jie für Veſpaſianus Partei nehmen.
Paemäni, belgiihes Volk in Gallien, öftlich
von der Maas, in der Gegend des heutigen Lüt—
tih, das nah Cäſar (b. g. 2, 4) mit den Eon:
drufen, Cäröſen und Eburonen 40 000 M. ftellte.
Der Name ijt erhalten in der Landichaft Famene.
Paenüla j. Kleidung, 10.
Paestum, IIciorov, hieß nad) der Benennung
der Yucaner die früher Poſeidonia genannte
Stadt an der Weſtküſte Lucanıens, 5 Millten ſüd—
lih von der Mündung des Silarus. Sie war eine
Kolonie der Sybariten vom J. 524 v. E. Anfangs
wenige Meilen von dem Borgebirge Pojeidion am
Meerbujen gleihes Namens gelegen, ward fie
ipäter wegen bes jdjlechten Wafjerd weiter ins
Innere verjegt; ihre Bedeutung ftieg erft nach
Zerſtörung der Mutterftabt, jpäter aber, zwiſchen
438 und 424, verlor fie durch die Lucaner ihre
Selbftändigfeit und ihren hellenijchen Charafter
und Namen: ein jährliches Trauerfeſt erinnerte
bie Bewohner daran. Athen. 14, 632. Schon vor
Tarent geriet B. in die Gewalt der Römer, welche
ed 274 v. C. durch die Latiner folonifierten, Der
Tempel der argiviihen Hera lag 50 Stadien ſüd—
li von der Stadt. Die nordweitlich von Capaccio
in einer verjumpften Ebene liegenden, höchit be:
deutenden Ruinen der 1 Stunde Umfang habenden
Mauern, zweier prächtiger Tempel, deren größerer
und jchönerer aus der Mitte des 6. Jahrhunderts
v. E. zu ftammen jcheint, einer Doppeljtoa (Baji:
lifa ?), des Theaters, eines Thores u. j. mw. find
erft jeit 1750 genauer befannt geworden. Strab.
6, 252.
Paetus, ein —— Familien der Aelii, An-
tonii, Caesennii, Fulvii, P’apirii u. f. w. beige:
legter Beiname: 1) DO. Alius P., Konſul im J.
167 v. E., durchzog verwüftend das liguriiche Ge:
biet. Liv. 45, 14. 17. — 2) ©. Alius P. Catus,
Konjul mit T. Quinetius Flamininus 198 v. C.
(Liv. 32, 7. Plut. I’lam. 2), Genfor mit €. Cor:
nelius Gethegus 194 v. E. (Liv. 34, 44. 35, 9),
ein gründlicher Jurift und edler Menſch, der das
erjte juriftiiche Buch unter dem Titel Tripertita,
eine Auslegung der XII Tafeln, fpäter ius Aelia-
num genannt, jchrieb und wegen feiner ausgezeich-
neten Rechtstenntnis von Ennius den Beinamen
catus re Cic. Brut. 20. tusc. 1, 9. Cat. m.9.
— 3) Cäcina ®., Konfular, nahm unter dem
Kaijer Claudius an einer Verſchwörung teil und
wurde deshalb vor Gericht geftellt. Als feine
Gemahlin Arria ſich mit den Worten: „Pätus,
es jchmerzt nicht (Paete, non dolet)“, jelbit den
873
Dolh ins Herz ftieß und ihn dann dem Pätus
hingab, tötete er fich mit demjelben Doldye. Plin.
ep. 3, 16. Dio Cass. 60, 16. — 4) Thrajea
Pätus, f. Thrasea. — 5) ſ. Papirii, Il, D, 3.
Pagai, IIayal, IInyal, feſte Handelsftadt in
Megaris am Halklyoniihen Buſen, an der Oſtſeite
des Borgebirges Olmiai, 120 Stadien nordweit-
lid von Megara, dem fie an Wichtigkeit im Lande
zunädjt ftand. Thuc. 1, 103. 107. 111. 116. 4, 21.
66, Plut. Arat. 44. Strab. 8, 380.
Paganalia, ein altes, von Servius Tullius
angeordnetes bewegliches Feſt der Römer, das nad)
beendeter Saat die Genofjen eines Pagus (j. Pa-
gani) an dem gemeinfamen religiöjen Mittel:
punkte im Januar mit großer Heiterkeit feierten.
Telus und Geres wurden dabei bejonders verehrt.
Um die Zahl der Bevölkerung zu erfahren, hatte
Servius Tullius verordnet, daß bei dieſem Feſte
jede einzelne Perſon, auch Frauen und Kinder, ein
Geldftüd bezahlte. Die Paganalien dauerten fort,
auch als die Bedeutung der alten pagi ſich längft
verloren hatte, behielten aber immer ihren urs
fprünglichen plebejiſchen Charakter. Or. fast. 1,
663 ff. Cic. de dom. 28.
Pagäni, Pagus. Pagus hieß ein ländlicher
Diftrift, eine Bauerngemeinde, im Gegenſatz zu
vicus, dem einzelnen Bauerhof. Entweder gehörte
der pagus (etwa unſer „Dorf“) zu einer größeren
Stadt ald dem gemeinjamen Mittelpunkte, oder
der pagus bildete eine jelbftändige Unterabteilung
eines Landes, 3. B. die pagi der Marjer (ent—
iprechend unferm Gau oder Bezirf). Die Bewohner
eines pagus hiegen pagani und bildeten eine
fleine res publica mit gemeinjamem Eigentum
und gemeinjamen Heiligtümern. Die VBorfteher
hießen magistri, welche Gemeindeverjammlungen
beriefen, deren Beichlüffe ausführen und überhaupt
die Angelegenheiten der Gejamtheit bejorgen muß:
ten. ®enn in Rom von pagani die Rede ift,
jo find micht Dorfbewohner gemeint, jondern
Bürger, welche Stadtteile bewohnen, die in der
Urzeit Roms pagi außerhalb der Stadt (melde
die montes in ſich fahte) gewejen waren. Die
Überrefte der alten Berbindung erhielten fich,
obwohl die pagani endlich weiter nichts waren,
als plebejiiche Korporationen, welche an dem alten
religiöfen Mittelpunft sacra begingen (paga-
nalia, j. d.) — Wegen des friedlichen Charak—
terd der pagani braucht man dieſes Wort im
Gegenjag zu milites. Veg. 2, 23. Suet. Oct. 27.
Galb. 19. Tac. hist. 1, 53. 2, 14. In der jpäteren
Kaijerzeit erhielt e3 die Bedeutung von Nichtchriften,
weil dieje fich aus den Städten zurüdzogen.
Pagäsai, Ilayacad, Küſtenſtadt der thefialiichen
Landihaft Magnejia am Meerbujen gleiches Na:
mens (j. Meerbujen von Bolo), Hafenplag von
—— In Pagaſai ſollten die Argonauten ſich
geſammelt und ihr Schiff gebaut haben, weshalb
der Name von manchen von jyrvmı abgeleitet
wurde. Hdt. 7, 193. Plut. Them. 20. Strab.
9, 436,
Paian, I/Ieıjor, IIcıov, Ilcıdv, der Heilende,
1) bei Homer eine jelbftändige Berjon, der Arzt
der olympifchen Götter. Hom. Il. 5, 401. 899.
Später ift es Beiname verjchiedener, von Leiden
befreiender und Genejung bringender Götter, wie
des Apollon (Soph. ©. T. 164), des Aſklepios (Verg.
A. 7, 769), des Dionyjos, des von den Leiden ber
874
Erde befreienden Thanatos (Kur.
— 2) j. Lyrische Poesie, 3,
PuianYa, IIcıavie, attifcher Demos, Geburtsort
des Nednerd Demofthenes, ſ. Attika, 18.
Paianios, IIcıdrıog, ein griechischer Sophiit,
überjegte im J. 380 n. C. des Eutropius (j. d.)
Breviarium in das Griechiſche (ueräpoaoig £lg
rijiv tod Eihrgondov "Pouciane loroplar, hrsg.
von Sylburg, 1590, fodann mit mehreren Aus:
gaben des Eutrop und einzeln).
Paidagögos, radayoyos, |. Erziehung, 5
Tlaıwdeoaorie, die Knabenliebe, eine in ihrer
Neinheit ebenjo lautere und fittliche, als in ihrer
Entartung verworfene und unfittliche Erjcheinung,
die im hellenifchen Leben nach der Stammeseigen:
tümlichteit verjchieden jich ausprägte. Am urjprüng-
lichften erjcheint fie in dem altdorifchen Weſen
und ijt aus der fretifchen und lykurgiſchen Geſetz—
ordnung am jicherften zu erfennen. Es war ein
durchaus fittliches Verhältnis, das von den Grund:
ſätzen der Erziehung empfohlen oder jelbjt geboten
wurde. In Sparta hieß der Liebende elsavijkag
und das Lieben von feiner Seite eismveiv (ein:
hauchen), dagegen der Geliebte dirag (Hörer), jo
daß ſchon im dieſen Bezeichnungen das geiftige
Weſen ausgedrüdt lag. Jeder tadelloje Knabe
hatte jeinen Liebhaber, jeder edelerzogene Mann
mußte um einen Geliebten werben. Der Regel
nad ging die Anfnüpfung des Verhältnifies von
den Liebenden aus, bisweilen baten auch die
Knaben freiwillig darum. Die gegenjeitige Be:
jiehung war eine innige und vertraute und wurde
im öffentlichen Leben vollitändig anerfannt. Der
Mann war dem Knaben Mufter und Vorbild, in
der Schladht hatte er ihm in feiner Nähe, in der
Bollsverfammlung vertrat er ihm; die größte
Treue und Anhänglichkeit zeigte fich oft bis zum
Tode. — An Kreta, weldyes bisweilen die Mutter
der Knabenliebe genannt wird, war es ein Schimpf
für den wohlgebildeten Knaben, feinen Liebhaber
zu haben; deshalb hieß der Geliebte «Asırog (der
Geprieſene), der Liebende yılrjrwe. Wie die Bräute
in Sparta, wurden hier die Knaben geraubt;
den Angehörigen wurde dieje Abſicht 3 Tage vor:
her befannt gemacht, aber ein erniter Widerjtand
nur dann bewirkt, wenn der Naubende unwürdig
ihien. Nach 2 Monaten, die meift unter gemein:
ſchaftlichen Jagden vergingen, wurde der Knabe
reich beſchenkt wieder entlafien. Wenn er fich dann
von dem Liebhaber angezogen fühlte, trat er in
das Verhältnis der Waffenfreundichaft zu ihm und
fämpfte dann neben ihm in allen Schlachten.
Taraus entwidelte ſich das edelite und jchönfte
Verhältnis, das fih in manden rührenden Be—
weilen fundgab. Es beruhte aber dieje Tebhafte
Zuneigung der Männer zu Knaben allerdings nicht
bloß auf geiftigen Vorzügen, jondern aud auf
finnlihem Wohlgefallen an Jugendblüte, Schönheit
und Leibesbildung. Einen Mihbraud des Ber:
hältniſſes fonnte der Geliebte gerichtlich verfolgen,
wo dann Atimie, Verbannung und jelbjt Todes:
ftrafe darauf ſtand. In der hervorragenden
Zeit der thebantichen Geſchichte jtand dieje Knaben—
liebe wohl in naher Verbindung mit den politischen
Genofienichaften oder Hetairien, wie dies auch aus
den perjönlihen Beziehungen der heiligen Schar
der 300, bei Chaironeia heldenmütig gefallenen,
Thebaner hervorgeht. Dagegen jcheinen in dem
Hippol. 1373).
—
Paiania — Pakoros.
Leben der alten Achaier, wie wir es aus den ho:
merijchen Gedichten erfennen, höchſtens vorberei—
tende Spuren und Anfänge ſolcher innigen An—
hänglichfeit und Waffenverbrüderung vorzufommen.
Wohl aber galt es frühzeitig für einen anziehenden
Stoff dichterifcher Behandlung, den die Lyriker im
turoı zardıxol bearbeiteten. — Weſentlich ver:
ihieden aber, nah K. D. Müllers ohne Zweifel
richtiger Annahme, ift von diefer Knabenliebe die,
uerft wohl von Lydien her eingewanderte, Knaben—
händerei, welche auch ſchon frühzeitig mit jchweren
Strafen, jelbjt bis zum Tode, belegt wurde. Wer
ſich dazu gebrauchen ließ, war jpäter vom Zutritt
zu Staats: und Ehrenämtern, zu Tempeln und
religiöjen Feſten ausgeſchloſſen. Doch kam fie in
der älteren Zeit wohl nur jelten vor, bis nadı
den Zeiten des peloponnefiichen Kriegs und vollends
in der mafedoniichen Periode der Damm der
ben A Sitte gänzlich durchbrochen ward. — Bei
den Römern fand die reine und edle Knabenliebe
nie einen Boden, dagegen dieſe verworfene Un—
zucht bejonders in der Kaiſerzeit die Ichändlichite
Pflege. Vgl. bejonders fir. Cramers Gejchichte der
Erziehung und des Unterrichts 1, 255 ff.
Ilawdorvogos |. Bidcoı und Erziehung, 11.
THawdorgißer {. Gymnasium.
Heiyvıa. allgemein jeder jcherzhafte Gegen:
ftand, im bejondern aber, auf die Dichtkunſt an:
esse jede Poeſie jcherzbaften Inhalts (Plat.
legg. 7, p. 816 E. von der Komödie), namentlich
feine lyriſche Gedichte jcherzhafter Art zum Lobe
des Weins und der Liebe.
Paion j. Endymion.
= ‚PaionYa, Palönes ſ. Makedonia und Thra-
14,
Paionios. Ilawwrıos, 1) ein Architekt aus
Epheios, vollendete mit Demetrios den Tempel
der Artemis (um 400 v. E.) und erbaute das Didy-
maion zu Milet, 436 dv. C. — 2) ein Bildhauer
aus Mende, einer ionischen Kolonie in Thrakien
am Hebros, arbeitete (um 435 dv. E.?) an den
Skulpturen des öſtlichen Giebels des Zeustempels
zu Olympia. Paus. 5, 20, 6. Bon dieſen, ſowie
von einer von ihm gearbeiteten Nike, welche die
von den Athenern nad) Naupaktos verjegten Meile:
nier, wahrjcheinlich zur Erinnerung an die Nieder:
lage der Spartaner auf der Inſel Sphalteria im
3. 424, nach Olympia weihten (Paus. 5, 26, 1),
find bei den deutjchen Aufgrabungen in Olympia
jeit Dezember 1875 anjchnliche, zum Teil wohl
erhaltene Bruchjtüde von teilweile hohem fünft-
lerifjchen Werte aufgefunden worden. Siehe die
Abbildung zu Nike.
MNertıxn bie eine von den JIaöroı bewohnte
Landichaft des nördlichen Thratiens. Hdt. 7, 110.
Arr. 1, 11, 4.
Paköros, /Idxogog, Pacörus, parthiſcher Name
in der Dynaſtie der Arjafiden, bejonders 1) ein
Sohn des Orodes 1. (67—37 v. E.), älterer Bruder
des Phraates IV. (37—2 v. E.), griechijch gebildet,
ein tüchtiger Feldherr. Zum Thronfolger noch bei
jeines Vaters Lebzeiten bejtimmt, eroberte er in
Verbindung mit Du. Labienus 40 v. E. ganz
Syrien und einen großen Teil von Kleinafien,
wurde aber 39 von P. Bentidins Baſſus zurüd-
gedrängt und verlor gegen diejen 9. Juni 38 bei
Gindaros, nordöftlich von Antiocheia, Schlacht und
Leben. Plut. Ant. 30 ff. Hor. od. 3, 6, vff. —
Paktolos — Palaestina.
875
2) Sohn des Königs VBonones Il. (51—54 n. E.), | das Gebirge Gilead, im ©. der Pisga (ein Teil
König von Atropatene, Bruder des Bologäjes 1. | des Gebirges Abarim) mit dem Nebo. Der Jor:
von Barthien und des Ziridates von Armenien, |
unterftüßte diefen gegen die Nömer, wurde 72
durch die ſtythiſchen Alanen vertrieben. Zac. ann. |
15, 2. 14. — 3) König von Parthien (78—110 |
nn. E.), Vorgänger des Chosroös (ſ. d.), mit dem
Daterkönig Detebalos gegen die Römer verbindet. |
Paktölos, /Iaxrwlog, ein auf dem Tmolos in
dan (j. eſch-Scheria) entipringt aus mehreren
Quellen am Hermon, durchitrömt die Seen Merom
oder Samacdonitis (j. Bahr Chule) und Gene:
zareth oder Tiberias, auch Galiläiſches Meer ge:
nannt (j. Bahr Tabarije), und mündet in das
Tote Meer, den lacus Asphaltites (j. Bahr Lut),
394m unter dem Meeresipiegel, 10 M. lang, über
Lydien entfpringender Heiner Fluß, der bei Sar: |? M. breit, vergrößert durch die Überflutung des
des vorbeifließt und fi) dann in den Hermos
ergießt. Früher ſoll er viel Goldjand enthalten |
haben (daher auch Chryſorrhoas genannt; zuyev-
cog, Soph. Phil. 394), wovon aber jpäter nur
noch geringe Spuren waren. Der jebige Sard iſt
nur 10 Fuß breit und kaum einen Fuß tief.
‚Hdt. 5, 101. Xen. Cyr. 6, 2, 11. Strab. 13, 625.
Hor. epod. 15, 20. Verg. A. 10, 142. Or. met.
11, 87.
Paktye, IIaxrun, Stadt in dem thrakiſchen
Cherjones an der Propontis, wohin fich Alkibiades
408 vd. C. zurüdzog, als die Athener ihm aufs neue
den Oberbefehl genommen hatten (Hdt. 6, 36.
Diod. Sie. 13, 74. Nep. Ale. 7); j. ©t. Georg.
Paktyes. IIaxrung, 1) ein Lyder, dem Kyros
nach der Beliegung des Kroiſos die Aufiicht über
den Schaß übertrug. Nachdem Kyros das Land
verlaffen, erregte er einen Aufftand gegen den
perjiihen Statthalter Tabalos, floh aber beim
Serannahen eines perjiihen Heeres nad Kyme,
von da nad Leſbos und dann nad Ehios; die
Ehier lieferten ihn an die Perier aus. Hat.
1, 158 ff. — 2) f. Lydia,
HNaxrvixn, eine von Herodot (3. 102. 4, 44.
7, 67) genannte Landſchaft des perjiichen Neichs,
dem Indos und Kophen benachbart. Die Be:
wohner, Tlexrves (noch j. Pakhtu), kleideten fich in
Belze und führten eigentümliche Bogen und Dolce.
Palaeste, IIalaworı), j. Palaja, die nördlichite
Stadt der epeirotifchen Yandichaft Chaonia an der
Küfte. Caes. b. c. 3, 6. App. b. c. 2, 54.
Palaestina, n Ilaluserivn, 1) II. Zvgle,
hebräiſch Peleſcheth, j. Filiftin, bezeichnete ur-
fprüngli nur das Nüftengebiet der Philiſter,
wurde aber ſchon von den Aſſyrern auc auf
Judäa bezogen, von den Griechen ſodann mehr
und mehr auf das ganze Land zwiichen Libanon,
Mittelmeer, Arabia Petraea (Idumäa und Moa-
bitis) und Jordan übertragen, noch fpäter aud)
auf das Ditjiordanland ausgedehnt; ähnlich wie
der alte jemitiihe Name Kanaan (d. i. Nieder:
land) zuerjt nur von der phoinikiich : philiftäischen
Küfte, dann aber vom ganzen Weſtjordanland ge:
braucht wurde. In der Naijerzeit nannte man
das Yand aud ’Tovdad« oder Ilaekauorivn "lov-
dad. — Die Länge beträgt 30—35, die Breite
bis zu 20 M., der Flächeninhalt etwa 530 M.
Das Land wird durch jeinen Hauptfluß, den
Jordan, in 2 Hälften geteilt. Die weitliche
durchziehen als Ausläufer des Libanon die Ge—
birge Naphtali, Karmel, Ephraim (mit dem Ebal
und Garizim) und Juda (mit den Höhen von
Jeruſalem); dazmwiichen, öftlih vom Karmel, liegt
die Ebene Jejreel mit dem Berg Tabor. Gegen
das Meer hin ſenkt ſich das Hochland in den
Ebenen Saron und Sephela. Jenjeits des Jordan
erhebt fi) im N. der Hermon, an der Oſtgrenze
der Aljadamos (j. Dichebel Hauran), in der Mitte
Thales Siddim. Er empfängt nur von links
größere Zuflüſſe, nämlich den Hieromax (j. Sche:
riat:el-Menadire) und den Jabbok (j. Zerla). In
das Tote Meer münden öſtlich der Grenzfluß
Arnon (j. Modichib), weſtlich der Kidron von
Jeruſalem her. — Wie der Boden Paläftinas auf
beichränftem Raume fajt alle Formationen Der
' Erdoberfläche in Heinerem Maßſtab aufweiit, jo
hat er auch im Klima alle Abftufungen von der
tropischen Hitze des Jordanthales bis zu der fühlen
Luft der Gebirgshöhen und dem entiprechend in
der Vegetation die ganze Skala von den Süd:
früchten und dem Baljam bis zu den Erzeugnifien
der fälteren Gegenden. Das Yand war zum der:
und Weinbau ebenio geeignet wie zur Viehzucht
und hatte jchöne Wälder; heutzutage freilich Liegt
es verwahrloft und verödet da. Doc; nicht bloß
durch dieje natürliche Bejchaffenheit, ſondern aud)
durch jeine Lage im Mittelpunkt der alten Welt
und durch jeine mweltgejchichtliche Bedeutung, als
Wiege des Monotheismus, ald Heimat des Juden:
tums und des Ehriftentums, ift das Heine Yand
merkwürdig und einzigartig. — Zu Chriſti Zeit
unterichied man diesjeits3 des Jordan: Judäa, Sa:
maria, Galiläa; jemjeits: Peräa, Galaaditis Gi—
al Gaulonitis, Auranitis (j. Hauram), Batanda
Baſan) und Trahonitis. Städte in Judäa:
die Hauptitadt Jerujalem (j. Hierosolyma),
Bethlehem, Hebron, Berjieba, Majada,
Jericho, Archelais, Arimathia (Rama), Silo,
Emmaus, Lydda, Joppe, Cäſarea (Sig der
römiichen Profuratoren); in Philiſtäa: Azotos
(Aſdod), Altalon, Gaza In Samaria:
Samaria (Schomron), Neapolis (Sihem),
Thirza. An Galiläa: Kapernaum, Tibe:
rias, Kana, Nazareth, Legio (Megiddo),
Eidraöla (Feireel). In Peräa (im weiteren
Sinn): Heibon, Philadelphia (Rabbath: Am:
mon), Geraja, Boſtra, Gadara, Nulias
(Bethiaida), Cäjarea Paneas. — Die ältejten
Bewohner des Yandes wurden von den Kanaa—
nitern verdrängt, melde es in Mderbau, An:
duftrie, Handel und Staatsleben jchon zu einer
nicht unbedeutenden Kultur braten. Ein Haupt:
ſtamm derielben waren die Hethiter, die aber von
den im nördlichen Syrien mwohnenden Cheta der
ägyptiſchen oder Chatti der aſſyriſchen Inſchriften
wohl zu unterjcheiden find. llm 1300 v. E. wan—
derten die Iſraeliten von Agnpten her ein und
untertwarjen oder vertilgten die Nanaaniter. Weitere
Hauptmomente der Geichichte: Königtum unter
Saul um 1050, Blüte desjelben unter David
Reich bis Thapjatos am Euphrat ausgedehnt) und
Salomo 1030950; Teilung in die beiden Reiche
Iſrael und Juda 950, 722 erftered durch den
Aſſyrer Sargon, 588 leßteres durch Nebuladnezar
vernichtet; Herftellung des jüdiichen Staates unter
perfiicher Hoheit 536; Serrichaft der Ptolemaier
876
320 (301)— 176, der Seleufiden 176—168; Be:
freiung durch die Maffabäer 168 ff.; Unterwerfung
unter die Römer 63 v. E., Könige der idumäiſchen
Dynaftie bis 100 n. E., Zerftörung Jeruſalems
durch Titus 70, Judäa als römische Provinz mit
Syrien vereinigt. — Strab. 16, 755 f. 758 ff. Plin.
5, 12. Val. 8. v. Raumer, Paläftina (4. Aufl.
1860). D. Strauß, die Länder und Stätten der
h. Schrift (2. Aufl. 1877). Furrer, Wanderungen
in Paläſtina (1865). Bädeker-Soein, Paläſtina
und Syrien (2. Aufl. 1880).
Palaiapölis j. Neapolis.
Palaimon, IIalcluor, d. h. der Ringer, 1) ſ.
Athamas. — 2) Sohn des Hephaiftos oder Wi:
tolos oder Lernos, Argonaut. Apollod. 1, 9, 16.
Apoll. Ithod. 1, 202 (Ilakaıuorıog). — 3) Sohn
des Herafles und der Autonoẽ. Apollod. 2,7 a. E. —
4) Sohn des Priamos. — 5) Beiname des Herafles.
Palaiphätos, /Ialafparog, 1) aus Abydos, Ge-
Ichichtjchreiber, vertrauter Freund des Ariftoteles,
ichrieb Kvrgiand, Ankıand, Arrınd, Agapınd.
Sammlung der Bruchſtücke bei Müller, fragm.
hist. Graec, II p. 338. — 2) aus Paros oder
Athen, Grammatiter zur Zeit des Ariftoteles, ver:
fahte eine Alyuarıaaı) Beoloyla, uvdınav Pı-
BAlor «', Avasıg to» uvdınüg elonufror, Umo-
Beasıs Elg Ziumriönv und eine lorogla löle,
vielleicht auch Tewix«. Diejer P. mag der Ber:
fafier der noch vorhandenen, aber nicht ganz
vollftändig und in ihrer urjprünglichen Geitalt,
fondern ſtark verftümmelt und interpoliert auf ung
gelommenen Schrift wegli dmilorwr fein. Dieſe
Schrift, ehemals ein beliebtes Schulbuch, enthält
eine zwar jchlicht und ohne Künſtelei geichriebene,
aber planloje Zujammenftellung verichiedener alle:
gorifch:Hiftoriicher Mythendentungen. Ausg. von
Wejtermann in j. Mythographi (1848).
Palairos. IIdlaıgog, auf Münzen IIdAsıpog,
eine Küftenftadt Afarnaniens in der Nähe von
Yenfas, deren Bewohner Thufydides (2, 30) nennt.
Stattlihe Ruinen haben fich erhalten. Strab.
10, 450. 459,
Palamödes, /Ickaunjöns, Sohn des Nauplios
(ſ. d.) und der Klymene, Tochter des Katreus,
Bruder des Diar, Held des nachhomeriſchen, troi:
ſchen Sagenfreijes, vor allen ausgezeichnet durch
Einfihht und Weisheit. Aus Neid über feinen
Ruhm veranlaften Odyſſeus, Diomedes und Aga-
memnon feinen Tod, indem fie einen angeblic)
bon Priamos gejchriebenen Brief und Gold in
jeinem Zelte verbargen und ihn der Verräterei
anklagten, jo daß, als Gold und Brief gefunden
wurden, das Volk ihn fteinigte. Zum Tode ge:
führt, ſprach Palamedes: „Ich beflage dich,
Wahrheit, denn du ftarbft jchon vor mir.“ Ov.
met, 13, 56 ff. Nach anderer Sage erfäuften ihn
Ddyffeus und Diomedes beim Fiſchfang (Paus.
10, 31, 2), oder jie ließen ihn in einen Brunnen
fteigen, in dem fi ein Schaß befinden follte, und
verichütteten ihn mit Steinen. Die Tragifer und
Sophiften haben ihn zum erfindungsreichen Weiſen
und Dichter gemacht, der unter andern die Kunſt
des Seefahrend, die Leuchttürme, Maß und Ge-
wicht, Würfel und Brettipiel, die Buchftaben n. ſ. w.
erfunden haben jollte. An der aioliichen Küfte
Kleinaſiens, Leſbos gegenüber, hatte er ein Hei—
ligtum und Standbild. — Monographie von D.
Jahn (1837).
Palaiapolis — Palimpsestos.
Palatinus mons j. Koma, 2. 19.
Ilain, zalatouosurn, |. Gymnasium.
Pale, II«in, gewöhnlich nach dem Namen ihrer
Bewohner IIakeig, -ng genannt, eine der 4 Städte
der Inſel Kephallenia auf einer Anhöhe nad
alynthos zu, an der fchmalften Stelle der Inſel;
berrefte haben ſich auf der Halbinjel Balifi in
der Nähe von Liruri erhalten. Hdt. 9, 28. Thuc.
1, 27. 30. Strab. 10, 455 f.
Pales j. Palilia.
Palibothra, IIaAßodg«, auch Palimbothra,
TIaktußodga, eine große, ſtark befeftigte Stadt
am unteren Ganges, 180 Stadien lang, doch nur
15 breit; zuerft (jeit etwa 450 v. E.) die Haupt-
ftabt der ?Fürften von Magadha, dann die des
Sandrafottos (317—291) und feiner Nachfolger,
der mächtigen, ganz Nordindien beherrichenden
Könige der Prafier; noch im 7. Jahrh. n. E. reich
und blühend, jet ein ungeheured Trümmerfeld
etwas oberhalb von Patna. Arr. Ind. 10, 65.
Strab. 15, 702. Diod. Sie. 2, 39. Plin. 6, 17, 21.
Paliei, IIakıxod, hthoniihe Dämonen auf Si-
cilien in der Nähe des Atna bei Palike zwifchen
Henna und Syrakus verehrt, Zwillingsjöhne des
Sr und der Nymphe Thaleia, der Tochter des
ephaiftod. Vor ihrer Geburt mit der Mutter,
die ſich vor Hera fürdhtete, in die Erde verjentt,
famen fie bei ihrer Geburt aus der fich öffnenden
Erde wieder hervor, daher IIakınol von aalır
Intodeaı. Nicht weit don diefer Stelle waren
2 Heine, tiefe Seen, aus denen beftändig mit ge:
waltigem Geräufh und betäubendem Schwefel:
geruch heißes Waſſer hervoriprubdelte, wegen diejes
dämoniichen Wirkens Leıhol (SEANor), die ſchlim—
men, genannt (j. Lago Naftia). Man jtellte bei
ihnen Neinigungseide an, indem man den Eid
auf ein Täfelchen jchrieb und in die Balitenquelle
warf. Schwamm es auf der Oberflähe, jo war
der Angellagte unichuldig, ſank es unter, jo galt
der Eid für falih, und der Meineidige wurde in
den Krater geworfen, wo er verbrannte, oder er
erblindete augenblidlich (aljo eine Art der Orda—
lien). Der Tempel der Balifen war ein Aſyl für
flüchtige SHaven. Verg. A. 9, 585. Or. met. 5, 406.
ex Pont. 2, 10, 25. Abhandlung von Michaelis
(1856).
Palilia (auch Parilia), [IaAddıc, ein ländliches
Hirtenfeft der Römer, am 21. April gefeiert, an
dem man die Gottheit Pales um Schuß und Ge:
deihen der Herden anflehte und um Verzeihung
für wumabjichtliche Verlegung und Verunreinigung
der heiligen Haine und Quellen durch die Herden
bat. Man reinigte ji) und das Vieh durch Stroh:
feuer, über die man die Herden dreimal trieb
und jelbft dreimal jprang. Es war ein Feſt aus-
gelafiener freude und galt äugleich ala Stiftungs-
tag Roms. Or. fast. 4, 721 ff. Tibull. 2, 5, 87.
Prop. 4, 4, 73. Der Name Palatium, auf dem
das ältefte Nom von Hirten erbaut ward, hängt
mit Pales zufammen. Über das Wejen der Gott:
heit Pales find die Römer ſelbſt im Unklaren;
bald wird fie als weibliches Weſen geichildert und
mit Vefta und der Mater Deum zujammengeftellt,
bald für ein männlidhes Wejen erklärt.
Palimpsestos, malluypnoros (ndlır und wen,
wieder abglätten), heißt eine Handichrift, auf der
der erite Tert mit möglichiter Sorgfalt ausgelöſcht
worden ift, um einen neuen daranf zu jchreiben,
IIelwöırde — Pallas Athene.
er codex rescriptus. Wegen der Kojtbarfeit
des Schreibmaterials that man das jchon im Alter-
tume; im Mittelalter wurden bejonders die Terte
kirchlicher Lehrichriften auf die, meiſt noch ſchwach
durchichimmernden, der alten Klaſſiker geſetzt, was
zur Anwendung fkünftlicher Mittel, um den ur:
—— Text zu entziffern, und dadurch zur
tdedung wichtiger Handſchriften, z. B. Cicero
de re publica, Frontonis orationes et epistolae,
Gai institutiones u. a. m. geführt hat.
TIakıvdıxia |. Prozela, 14.
Halıvodia, ein neues Lied, einem früheren
Gedichte entgegengejegt und es widerrufend. Be—
rühmt war bie Kalinodie des Steſichoros (j. d.),
in welcher er ein früheres, die Helena beleidigendes
Gedicht, wegen deſſen er mit Blindheit beitraft
worden jein follte, widerrief, worauf er wieder
jehend ward. Später ward alıradia und re-
kAvodeiv von jedem, auch nicht poetischen, Wider-
ruf gebraudht (Cic. ad Att. 2,9. 4,5). Hor. od.
1, 16 wird, verglichen mit epod. 17, 42, al3 pa-
linodia bezeichnet.
Palinürum (jeltener -us), IIeklvovgog, TIakı-
vovgıor, VBorgebirge an der Weſtküſte Qucaniens,
follte jeinen Namen von dem Steuermann des
Aineias, Palinurus, empfangen haben, der nad)
der Sage hier ind Meer geftürzt und beim Ver:
fuche, 6 ans Land zu retten, von den Ein—
gebornen erſchlagen worden war. Das Vorgebirge
heißt noch jetzt Kap Palinuro, ein Name, den
auch der anliegende Hafen führt. Liv. 87, 11.
Verg. A. 5, 835 ff. 6, 337 ff. Hor. od. 3, 4, 28.
Palinürus j. Aineias und Palinurum.
Palla j. Kleidung, 11.
Palladion, Ialcdıor, 1) j. Eyiraı. —
2) ein altes Schnigbild der Stadtichirmerin Pallas,
auf der Burg zu Troja als Unterpfand der öffent:
lichen Wohlfahrt — 3 Ellen hoch, mit
eng aneinander geſchloſſenen Füßen; in der Rechten
einen erhobenen Speer, in der Linken Spindel und
Rocken (Apollod. 3, 12, 8), oder einen Schild (Sym—
bole kriegerifcher Verteidigung und friedlicher, Wohl-
and fördernder Thätigfeit), Zeus hatte es dem
los, ald er Jlion gründete, al3 Heilspfand vom
Himmel fallen lafien; Athene hatte es gefertigt
zur Erinnerung an die vom ihr unvorjidhtig ge-
tötete, geliebte Pallas, Tochter des Triton. Nach
andern war das Bild ein Weihgeſchenk der Elektra,
oder Dardanos erhielt e8 von Zend. Odyſſeus
und Diomedes raubten e3 aus Troja, da die
Stadt, jolange fie es beſaß, nicht erobert werden
fonnte. Diomedes brachte e8 nach Argos. Nach
attiiher Sage verlor Diomedes das P. bei der
Landung in Attika an Demophon, König von
Athen. Nach anderer Sage befanden fi 2 Bal-
ladien in Troja, welche Chryſe dem Dardanos ala
Mitgift zugebracht haben jollte, das eine raubte
Odyſſeus, das andere brachte Aineias nad) Stalien,
wo e3 ſich in Rom oder Lavinium, Yuceria u. j. w.
befand; vgl. Ov. fast. 6, 421 ff. Dion. Hal. 1, 68.
Auch andere Städte hatten jolche Palladien. Sie
rende jich Häufig auf alten Kunftwerten als ftehende
ilder mit emporgehobenem Schild oder Speer.
Palladius, Rutilins Taurus Amilianus,
ein römiſcher Schriftfteller, wahrjcheinlich um die
Mitte des 4. Jahrh. n. E., von dem wir ein aus:
— ——— im Mittelalter viel benutztes Werk über
n Landbau in 14 Büchern beſitzen. Nach den
877
allgemeinften öfonomiichen Vorjchriften, welche das
erjte Buch gibt, find in den 12 folgenden nad
der Reihenfolge der Monate die ländlichen Arbeiten
für das ganze Jahr behandelt; in dem vierzehnten,
aus 85 elegiichen Diftichen beftehenden, an einen
ewiſſen Paſiphilus gerichteten, poetiich wertlojen
Buche find bejondere Regeln über das Pfropfen der
Bäume hinzugefügt. Am ausführlichjten ift die
Baumzucht und die Kultur der Gartengewächie be:
handelt. eig rang Reis Sprache find jehr roh;
doc hat das Werk Wert durch die Benugung der
älteren, jowohl römijchen, als auch griechifchen,
Schriftiteller über denjelben Gegenftand, aus denen
es zum größten Teile gezogen ift. Herausgegeben
in Gesners und Schneiders Scriptores rei rusti-
cae; Ausg. des erjten Buches von J. C. Schmitt
(1876), des vierzehnten von demſelben (1877).
Ilaiiaxn |. khe, 2.
Pallaköpas, II«Alaxöras, ein großer Kanal,
der 800 Stadien füdlich von Babylon rechts von
dem Euphrat auszing, ein weites Gebiet bewäjlerte,
durch die chaldäiichen Seen führte und bei Te-
redon in den Perſiſchen Meerbujen mündete.
Arr. 7, 21.
Pallantia, TIailarrie, 1) Tochter des Evander,
begraben auf dem angeblid nad) ihr genannten
Balatinijchen Hügel. — 2) bedeutende Stadt der
Baccäer in Hijpanien an einem Nebenfluß des
Durius; j. Balencia am Pijuerga. Strab. 3, 162.
App. Hisp. 55. 80
allantion, IleAidvrıov, uralte Stadt Arka—
diend, weftlich von Tegea, von wo aus Evander
Stalien folonifiert haben joll. Liv. 1, 5. Just.
43, 1. Nachdem die Einwohner zur Gründung
von Megalopolis mit ausgezogen waren, ſank die
Stadt, aus deren Trümmern Tripolitia gebaut iſt.
Xen. Hell.7,5,5. Paus. 8, 3,1.43, 1. Liv. 45, 28.
Pallas, -antis, IIdiAug, -avrog, 1) Sohn des
Krios und der Eurybia, Titane, Bruder des Aſtraios
und Perjes, erzeugte mit der Styr Zijios und
Nian (f. d.), Äodrog und Bia. Hesiod. theog.
375. 383. — 2) Sohn des Megamedes(?), Vater
der Selene. Hom. hymn. in Merc. 100. — 3) Gi—
gant. — 4) j. Evander. — 5) Sohn des Pan—
dion, Bruder des Aigeus, von Thejeus erichlagen.
— 6) uriprünglic Sklave, jpäter Freigelaſſener
der Antonia, der Mutter des Germantcus und
Claudius. Leßterer vertraute ihm die Leitung des
Finanzwejens an, und der jchlaue Pallas wußte
ſich beim Kaifer bald in große Gunft zu jeßen.
Suet. Claud. 28. Tac. ann. 13, 14. Er beredete
den Kaijer, nach der Ermordung der Mejjalina
jeine Nichte, die jüngere Agrippina, zu heiraten,
jowie mit Zurückſetzung feines eigenen Sohnes
Britannicus den Nero an Kindesitatt anzunehmen.
Wie der Kaifer, jo überhäufte ihn auch der knech—
tiiche Senat mit reihen Gunftbezeugungen (Suet.
Vit.2. Tae. ann. 12, 53. Juv. 1, 108) und Ehren.
Nach Neros Thronbefteigung verlor er feine ein—
flußreihe Stellung und lebte lange Zeit in Zus
rüdgezogenheit, bis er im J. 62 n. C., wie es
fcheint, auf Geheiß Neros, der nad) feinen Schätzen
lüftern war, umgebradht wurde. Tac. ann. 14, 65.
Pallas Athöne, Ilailüs Adıjvn, Adnvaiı,
Adnv&, die mutterloje Tochter des Zeus, das Kind
eines jtarfen Vaters (Oßgıuoxdren, Hom. Od.
1, 101), ward, wie Hejiod (theog. 886 ff. vgl. Hom.
hymn. 28 eis 'Adnvar) erzählt, aus dem Haupte
-
ts
878
des Zeus geboren, nachdem er die Metis (Klug:
heit), jeine erfte Gemahlin, auf den Rat der Gata
verjchlungen. Nach jpäterer Ausihmüdung jpaltete
Hephaiftos oder Prometheus das Haupt des Zeus
mit einer Art, und Athene jprang gewappnet in
voller Jugendfraft hervor. Pind. ol.7, 35 ff. Dar:
nad it 9 thene Die perjonifizierte Klugheit Des
Zeus; lugheit und Kraft find die Hauptjeiten
ihres Wejens. Da fie ohne Mutter aus dem Haupte
des Zeus geboren ward, und ihr Charakter von
faft männlichem Ernjte ift, jo ift ihr vor allen
Göttern eine ftrenge Jungfräulichkeit eigen (IIeg-
Berog). Die gewaltige Jungfrau ift eine mächtige
und kluge Lenkerin und Schirmerin der Städte
und Staaten in Krieg und Frieden, geſchickt zu
jeglicher männlichen wie weiblichen Thätigfeit; fie
liebt und ſchützt alle die, welche fich als Huge und
tapfere Männer, als verftändige und kunſtfertige
Frauen erweifen. So iſt fie ın der Odyſſee vor
allen eine Freundin und Selferin des Odyſſeus
und jeines Hauſes, der funftjertigen Penelope und
des verftändigen Telemachos. Auf ihre Veranlaſſung
fann endlich Odyſſeus in die Heimat zurüdlehren;
fie pflanzt dem jungen
Telemachos Mut und
männlichen Sinn ein
und unterftügt Vater
und Sohn in dem
gefährliden Kampfe
gegen die Freier. In
der Odyſſee ift Athene
mit Zeus ftets einig,
er liebt fie wie eine
verzogene Tochter; fie
ift ja eine Berjonififa:
tion feines eigenen
Geiſtes. Da fie aber
jelbjtändig als Berjon
hingejtellt ift, jo tritt
jie ihm auch anderer:
jeitö in dem Streben,
etwas für fich zu jein,
feindlich entgegen. In
: diejem Gegenjaß gegen
Zeus ericheint fie oft in der Ilias, und Zeus
läßt fie gewöhnlich bei jeiner Vorliebe für fie end-
li gewähren. Hom.Il.s, 39. 22, 183 ff. — Die
Stadtichirmerin Athene begünftigt alles, was zum
Wohle der Bürger beiträgt, den Wderbau und
die Gewerbe, ihr kluger Sinn hat mandyerlei nüß-
liche Dinge erfunden, wie den Pflug, das Bügeln
des Roſſes, den Wagen, die Schiffahrt, das Anz:
zünden des Feuers u. j. w., fie übt und Ichrt jede
weibliche Kunftfertigfeit; fie ift die Göttin aller
Künjte und Gewerbe (Eeyarn), aller Weisheit
und Wijlenichaft. Sie waltet über der Hand:
habung des Nechts und des Gejehes, über Ge:
richten und Boltsverjammlungen (Boviala, Ayo-
gaia). Wegen ihres erfindjamen Scharfblides ift
fie ausgezeichnet durch ein glänzendes Auge; ie
heit O&vdrgars, die Scharfblidende, TAavaamıs,
die Glanzäugige (Caesia). Auch gegen den Feind
ihüßt fie den Staat, jie ift die Göttin kluger,
geordneter Kriegführung , während Ares der Gott
wilden, blutigen Kampfes ift. Mauern und Bur—
gen und Häfen jtehen in ihrer Obhut. Daher
heißt jie Aladrousrnis, die Abwehrerin, Hokıdg,
JIokoöyog, Stadtidirmerin, Argela, "Angie,
r
Pr;
Pallas Athene.
Burggöttin, TIvlairıs, Kindoögos, Thorhüterin,
Schlüfjelbewahrerin, IIgöuegos, Vorlämpferin,
Aa00000g, die zum Kampf Antreibende, Arpv-
rar, die Unbeziwungene, Nien, die Siegerin,
Ayslela, Antris, Aapgla, die Beutemaderin,
IIgouayögue, die Buchtenbejchügerin. Als Kriegs:
göttin hat fie auch die Trompete und die Flöte
erfunden; daher ihr Beiname Zaimıyd. hr
ſtadtſchirmendes Bild Palladion (ſ. d.) fand ſich
in vielen Städten. Auch eine Heilgöttin ("Tyieıe,
IIawwrie) war die Helferin (LZorsıpa) Athene. —
So, wie das Wejen der Athene bisher dargelegt 3
worden ift, finden wir fie bei Homer und in der
folgenden Zeit, wo ihr Dienft in ganz Griechen:
ET ———
land verbreitet war. In der vorhomeriſchen Zeit
aber war fie, wie die meiſten Götter, eine Natur:
gottheit. Der ältejte Sib ihrer Verehrung war
in Theijalien, in Athen und in Boiotien, hier
bejonderd am Kopaiſchen See, da, wo der Fluß
Triton fi in dieſen ergießt und vor alters eine
von dem Eee verjchlungene Stadt Athen gejtanden
haben jollte. Daher ihr Name Toro, Toeıraris,
Terroyirsıa, Teorroyerng. Much wo jonjt der
Name Triton ſich fand, war Athenekult. So auch
in Libyen am See Tritonis Adt. 4, 180); bier
war jedoch nicht, wie fäljchlich behauptet worden
ift, die ältefte Rultusjtätte der Göttin, jondern
Minyer hatten den Kultus aus Griedenland dort:
hin gebradt. Am Tritonſee war Athene in Ber:
—
Pallene — Palliata.
bindung mit PBojeidon, der jogar hier ihr Vater
hieß und überhaupt an vielen Stellen Griechen:
lands mit ihr vereinigt vorfam. Wthene jcheint
daher von Urſprung an eine Naturgottheit ge:
wejen zu jein, die zu dem Elemente des Waſſers
in irgend einer Beziehung ftand. Auch in Athen, |
dem Hauptiige des Athenekultus, ward die Göttin |
in ältefter Zeit als Naturgottheit verehrt, welche
das Wachstum der Pflanzenwelt und den der:
bau beſchützte und förderte. Das attiiche Yand
galt als ihr Eigentum, und alle Berhältnijie,
Yandesfultur, Ctaatseinrichtungen, Mythologie,
waren mit ihrem Kultus in enge Beziehung ge:
bradt. Die Burg galt als ihr Bohn ; fie war
die Pilegerin des Aderbaues und des Olbaumes,
fie hatte das Zügeln des Pferdes (Immie) und
das Anſchirren des Stieres gelehrt, hatte Gejek
und Ordnung gejchaffen, den Areopag eingejeßt,
fie jtand den Phratrien (Boarpia) und Geſchlech—
tern vor, aus denen der. Kern der Bevölkerung
beitand. Ahr zu Ehren wurden bie wichtigjten
Feſte gefeiert, wie die großen und Heinen Pana—
thenaien und die Errhephorien. Von Attika aus
verbreitete fich der Athenchilt nad Jonien; nad
Aiolis in Kleinafien fam er wahricheinlih aus
Boiotien. Außerdem fand jich die Verehrung der
Göttin an vielen Orten des Peloponnes, in Ar:
olis, Achaia, in Lafedaimon u. ſ. w. Bei den
oriern des Peloponnes trat bejonders der friege:
rijche Charakter der Göttin hervor; jo wurden ıhr
in Sparta neben dem Zeus Mgetor bei llber:
ichreitung der Grenze die Opfer Jıaßerrjgıe dar:
ebracht, fie galt als Erfinderin der friegeriichen
Flöte und ftand in Verbindung mit den Helden:
jünglingen Kaftor und Polydeufes. Als PRoliuchos
hatte fie in Sparta einen reich mit Erz gejchmüd:
ten und mit chernen Platten ausgejchlagenen
Tempel, weshalb ihr Name Xarxloıxog, und eine
eherne Bildſäule. An Korinth hatte fie den Bei:
namen "Ellworis, "Elkwrde und ein Feſt "Ellnrıe,
an dem ein Wettlauf mit Fackeln veranftaltet
ward. Bon den jonftigen Beinamen der Göttin
erwähnen wir noch: Aygavin oder "Aygavkog, die
Ländliche, Ale, die Aiylgöttin (2), Oyne in Theben,
IIgovai« und IIgovow in Delphoi, Teiyırda in
Boiotien, Ace don der Stadt Aſia in Lakedai—
mon, Taicis von Jlion, Yrorig oder ’Irwri« von
Iton in Theflalien, Axel und Tlavayals. —
Das großartigite Bild der Athene war das Stand:
bild der Pallas Barthenos auf der Burg zu Athen
von Pheidias (j. Attika, 10.). Das Gharalteri:
ftiiche in der Darftellung der Göttin ift ruhiger
Ernſt, jelbjtbewußte Kraft und Stiarheit des Geiſtes;
Kopf und Blid find etwas gejenkt, wie bei einer
Sinnenden, die Stirn ift rein und Far, die Lippen
find ernft geichlofien; das Geſicht iſt jchmal, das
Haar iſt funjtlos längs der Stirn zurüdgeftrichen
und fällt frei über den Naden und Rüden. hr
ganzer Körperbau trägt mehr einen männlichen
als zartweiblichen Charafter. Auf dem Haupte
trägt jie den Helm, um die Bruft die Migis (j. d.)
mit Schlangen am Rand und dem Gorgonen:
haupte in der Mitte. Sonitige Attribute find der
runde Schild mit dem Meduſenhaupte in der Mitte,
die Lanze, der Ölzweig, die Eule, die Schlange,
der Hahn. — Der griechiichen Ballas Athene ent:
jpricht die römijche Minerva, deren Name von
dem mit mens und memini verwandten Worte
879
minervare abgeleitet wird, An diejer römijchen
Minerva, einer Hugfinnenden Göttin, welche mit
Jupiter und Juno einen ftabtichirmenden Drei-
verein bildete und mit beiden in dem Tempel des
Jupiter auf dem Capitol vereint verehrt wurde,
treten bejonders die friedlichen Eigenichaften einer
'Epydrn hervor. Sie ijt die Schüßerin aller Ge—
werbe und Künfte, wie der Walter, Scuiter,
Arte (Minerva medica), Lehrer, Bildhauer, Dich:
ter und befonders auch der Mujifer, und die Bor:
jteherin und Lehrerin aller weiblichen Arbeiten.
Diefen Charakter der Göttin erfennt man beion-
ders in ihrem SHauptfefte, Quinquatrus (Or.
fast. 3, 809 ff.) oder Quinquatria, welches dom
19. März an 5 Tage lang gefeiert wurde, und
an welchem jich beionders die Handwerker und
Künstler jeder Art, jowie die Schuljugend, die an
diejen Tagen Ferien hatte und ihren Lehrern das
Schulgeld (minerval) brachte, beteiligten. Am
eriten Tage, welcher für den Geburtstag der
Göttin galt, mwahricheinlich weil an diefem Tage
der Tempel der nach der Eroberung von Falerii
durh Gamillus nad) Rom gebrachten Minerva
Capta auf dem Cäliichen Berge geweiht worden
war, wurden der Göttin unblutige Opfer aus
Kuchen von Korn, Ol und Honig dargebradht, und
es herrichte Waffenruhe; am zweiten, dritten und
vierten wurden Gladiatorenjpiele gehalten; am
fünften Tage wurde im Scyufterjaale (atrium su-
torıum) geopfert und Trompetenweihe (tubilu-
strium) vorgenommen, denn die Trompete war
ber Minerva geweiht, und die Jnnung der Trom:
peter, welche bei verichiedenen religtöjen Hand:
lungen, bei Opfern, Leichenzügen und dergl. un:
entbehrlich waren, ftand unter ihrem beſonderen
Schutz. Wie bei diejem Feite die Trompeter, jo 7
jpielten bei den am 13. Juni gefeierten Quin-
quatrus minores und minusculae, Die
3 Tage dauerten, die Flötenbläſer eine Haupt—
rolle (Or. fast. 6, 645 ff. Lie. 9, 30). Minerva
atte übrigens auh in Rom Beziehung zum
triege, worauf die Gladiatorenfämpfe am Quin—
quatrusfeite zu deuten jcheinen. L. Amilius Paulus
verbrannte nach Beſiegung Makedoniens einen
großen Teil der Beute dem Mars, der Yua und
der Minerva, und Pompejus baute ihr, als der
Verleiherin des Sieges, im Jahre 61 v. E. nad)
Abhaltung feines großen Triumphes auf dem
Campus Martius einen Tempel, wie Auguftus
nach dem Siege bei Netium. Wahrjcheinlich ift dieje
Beziehung zu Krieg und Sieg eine Übertragung
von der griechiichen Pallas, jowie auch die Ver:
bindung von Neptunus und Minerva, denen nad
dem Unglüd am Trajimenifchen See ein gemein:
ſchaftliches Polfter gebreitet wurde (Zav. 22, 10),
nad) Griechenland hinzuweiſen jcheint, wo Pojeidon
und Ballas Athene als hippiiche Gottheiten oft
miteinander zujammengejtellt wurden. — Abbils
dungen: 1) Büſte der Athene mit ftrengem Aus:
drud der Züge, aus der Billa Albani zu Rom;
2) Statue der Athene von Belletri, im Louvre.
Sie hielt in der Nechten die Lanze als Scepter,
in der Linken wahricheinlich eine Opferichale.
Pallöne j. Chalkidike und Makedonia.
Palliäfa sc. fabula (j. Komoedia a. €. und
Fabula). Die Balliatendichter Roms gehören
fämtlih dem 6. Jahrhundert der Stadt au und
jind der Neihe nach folgende: Livius Andronitos,
880
Nävius, Ennius, Plautus, Trabea, Atilius, Liei-
nins Imbrex, Juventius, Cäcilius, Lufcius La—
nuwinus und Terentius. Bei ihrer lberjeßung
der griechiſchen Dramen verfuhren fie mit mehr
oder weniger Freiheit, wie es entweder der Cha—
rafter der einzelnen Dichter oder auch die Rück—
fiht auf das Publifum veranlafte. Um ihren
Stüden das ftofjliche Interefje, welches das Pu:
biifum Lediglich in das Theater führte, zu geben,
fügten fie entweder Zuthaten einer gröberen Komik
hinzu oder wendeten auch die Contaminatio an,
d. h. Verarbeitung zweier griechiichen Dramen zu
Einem römiichen. Dabei wurde weniger auf jorg-
fältige Okonomie und ftrenge Charakterzeichnung
gejehen, als auf den Eindrud des Einzelnen. Segen
Ende des 6. Jahrhunderts verlangte man von den
Dichtern eine fast treue Überſetzung der griechischen
Originale, welcher Forderung jich nur mittelmäßige
Dichter fügen wollten. Die begabteren wendeten
fih der fab, togata und Atellana zu. Doc) jchon
u Anfang des 7. Jahrhunderts entitand eine
eaktion, man begehrte wieder die älteren Balliaten
zu jehen, die fi von nun am auf der römijchen
Bühne erhielten und noch in den Zeiten der Kaiſer
mit Beifall gejehen wurden.
Pallium, iucrıov, päügos, ein aus Wollenftoff
bereiteter, tief herabhängender (Quint. 11, 3, 143),
von Farbe gewöhnlich weißer Mantel, der ähnlich
wie die Toga umgejchlagen, vorzugsweije aber von
den Philvjophen getragen wurde, während er jonft
in den beiten Zeiten des helleniichen Lebens für
ein Zeichen der Weichlichleit galt (daher auch in
Rom von Buhlerinnen getragen).
Pallor j. Ares.
Palma, goirı&, die Palme, im Oriente als
allgemein verbreitetes Nahrungsmittel, bisweilen
auch in älterer Zeit ald Schreibmaterial dienend,
zierte vor allen Dingen mit ihren jchönen Zwei—
gen und Blättern die Sieger in den Wettfämpfen,
weshalb jie auch oft metonymiſch für Sieg oder
Siegespreis fteht. Cie. Kose. Am. 6, 35. Hor, od.
1,1, 5. 4, 2,17. Verg. @. 3, 10.
Palmjra, /Idiuvge, ſyriſch Thadmor (j. Tud—
mur), eine Dajenjtadt in der Mitte zwiſchen Da:
majfos und dem Euphrat. Durch ihre Lage auf
der Kreuzung mehrerer Narawanenftraßen begün:
ftigt, wird fie doch erft 41 v. E. genannt. Sie
behielt unter römischer Hoheit ihre adminijtrative
Selbftändigfeit. Ihre kurze Blütezeit fällt in das
3. Yahrh. n. C. In den Wirren nach der Ge:
fangennehmung des Kaiſers Walerianus wurde
Odainathos, Erar von P., von Gallienus zum
König der Stadt und ihres Gebietes und zum dux
orientis ernannt (262) und eroberte unter diejem
Titel Syrien, Arabien und Armenien. Ihm folgte
feine Witwe Zenobia (267), eine MHuge Frau von
männlicher Thatkraft und feiner Bildung; ihre
Heere drangen bis Ägypten und Galatien vor.
Aurelianus 309 272 gegen fie, jchlug fie bei Emija,
nahm jie gefangen und zerjtörte RN Die Stadt
erholte ji) von diejem Schlage nie wieder, wenn
fie auch durch AJuftinian neu befeftigt wurde.
Die 1678 entdedten Ruinen derjelben, namentlich
die impojanten Reſte eines großen Sonnen=(Baals:)
tempels und einer langen Säulenreihe, geben in
ihrer Pracht und Ausdehnung Zeugnis von dem
einftigen Glanze.
Patudamentum j. Kleidung, 10,
Pallium — Pamphylia
Pambötis, TIaußörıs Adurn, See im mittle-
ren Epeiros, an deſſen Geftaden jich Neoptolemos,
der Sohn des Adhill, mit feinen theffaliichen Ge—
fährten niedergelafien haben jollte, in der Nähe
von Dodona; j. See von Janina.
Pamisos, IIdutoog, 1) jüdlicher Nebenfluß des
Beneios in Theflalien (Hat. 7, 129), j. Laparda.
— 2) Fluß in Meffenien (j. d.), j. Mavrozumenos.
— 3) Fluß in Lafonien, mündet bei Yeultra und
bildete die alte Grenze zwiſchen Lafonien und
Mefjenien, j. Bach von Milia. Strab. 8, 361. —
4) Fluß in Elis bei Pylos.
Pammenes, IIauufvns, ein edler Thebaner,
jüngerer Zeitgenofje des Epameinondas, jcheint
ſchon beteiligt gewejen zu fein bei der Errichtung
der heiligen Schar (Plut. Pelop. 18), tritt indes
öffentlich erft nach der Schlacht bei Leuktra auf,
als er mit 1000 Mann abgejandt wurde, damit
die Arkadier unter jeinem Schutze Megalopolis
ründeten. In feinem Haufe ſoll fich der junge
Ihilipp von Makedonien aufgehalten haben. Plut.
Pel. 26. Beim zweiten Einfall der Thebaner in
den Peloponnes eroberte er den Hafen von Si—
yon; auch ein Feldzug nach Photis wird erwähnt.
Er ift, joviel wir wiljen, der einzige unter den
ausgezeichneten Männern Thebens, der die Schlacht
bei Mantineia überlebte; er ward wieder nad)
Megalopolis gejandt und 353 v. E. dem ab-
gefallenen perſiſchen Statthalter Artabazos mit
5000 Mann zu Hülfe gejchidt, befiegte die fönig:
lichen Feldherren in 2 Schlachten und erwarb ſich
großen Kriegsruhm. Diod. Sie. 16, 34.
Pamphila, /laugpiln, aus Epidauros, eine ge:
lehrte Frau unter Nero, verfahte ein litteraturge:
ichichtliches Werft ovuuınra iorogın& brourrjuare
in 33 Büchern. Vgl. Müller, fragm. hist. Graec.
Ill p. 520 ff.
Pamphilos, II&ugpıkog, 1) ein athenijcher Feld—
herr, wurde im Jahre 388 v. E. gegen das abtrün:
nige und von den Spartanern unterftügte Aigina
ausgejhidt. Er belagerte zwar Migina; indes
wurde die flotte bald vertrieben, und das Heer
fonnte erjt nach 5 Monaten entjeßt werden. Xen.
Hell. 5, 1, 1. — 2) Schüler des Platon und
Lehrer des Epifur. Cie. n. d. 1,26, 70. — 3) Maler
aus Amphipolis, Schüler des Eupompos, Lehrer
des Apelles, begründete eine eigene Malerjchule
in Silyon um 360 dv. E., deren Hauptvorzüge
wifjenjchaftliche, bejonders mathemattiche Borbil:
dung, künſtleriſches Bewußtſein und die höchſte
Genauigkeit im Zeichnen waren. Die Zeichenkunſt
gelangte durch ihn zur Aufnahme unter die libe:
ralen Bildungsmittel. Plin. 35, 10, 36. Auch
Schriften über Malerei und Grammatit wurden
ihm beigelegt.
Pamphös, /Taupös, ein alter mythiſcher Sän:
ger, mit dem Kulte der Demeter und des Dionn:
ſos in Verbindung ftehend und neben Orpheus,
Linos, Mujaios genannt. Pauſanias (8, 37, 6.
9, 27, 2) nennt ihn jünger als Dlen, älter als
Homer. Als jein Aufenthaltsort ift Athen anzu—
nehmen, da er für die Athener die älteften Hymnen
edichtet haben jollte. Man jchrieb ihm einen
Hymnos auf Demeter, auf Artemis, Bofeidon, an
die Ehariten zu; auch joll er den älteften Klag—
gejang an Linos’ Grab gejungen haben (Olroksvos).
Pamphylia, 7) Ileupvide, früher Mopiopia,
hieß urjprünglich der jchmale, bogenförmige, zum
Pamphylium mare — Panaitios.
881
großen Teile wenig fruchtbare Küftenftrich Klein- und auf Piyttaleia bei Salamis waren dem Helfer
ajiens zwiſchen Lytia und Kilikia, von erfterem in der Schlacht jeine Bilder umher aufgeitellt.
durch das Klimargebirge geichieden; die nördliche
Grenze bildete Piſidien mit dem Taurosgebirge,
an der Sübjeite lag das Pamphyliſche Meer.
Das bedeutendjte Borgebirge war Leukotheion
ober Yeufolla, j. Karaburun, bei der Stadt Side
im D. Flüſſe waren der Katarrhaftes, j. Du:
denju, der mit mächtigem Fall und, nachdem er
fi zweimal unter der Erde verborgen, öftlich von
Attaleia mündete; ber Keſtros, j. Afju, der Eury—
medon (j. d., 4.), i. —— der Melas, j.
Menavbgat-ſu.- Die Bewohner, Pampheli, -ii(/Idu-
Puvaoi, Aoi), waren ein Gemiſch von Urbewohnern
tililiſchen Stammes, Phoinikern und Griechen und
teilten bis zur Beſiegung des Antiochos das Schid:
jal ihrer Nachbarn; jpäter fam Pamphylia zum
pergamenijchen Reich, dann mit dieſem an die
Römer. Schiffahrt und auch Seeräuberei war eine
Hauptbejhäftigung der Bewohner. Städte waren
an der Küfte von W. an: Korykos, Hafenftadt,
ipäter Attaleia (j. d., j. Adalia); Perge am
Keitros, mit berühmten Artemistempel; Aipen:
dos auf fteilem Berge am Eurymedon, mit jtarlem
Ibau, Sylleion auf einem Berge, 40 Stadien
von der Küſte, ſtark befeftigt; Side, phoinifijche,
dann aioliſche Kolonie und Hafenftadt, Hauptfig
bes Pallaskultus, mit olympiichen Kampfipielen;
Kibyra u. a. Strab. 14, 667. Mela 1, 14.
Pamphylium mare, Ilaupölor milayos,
hieß der bedeutende Meerbujen an den Küſten
Lykliens, Pamphyliens und Kilikiens zwiſchen dem
Chelidoniſchen oder Heiligen Vorgebirge im W. und
dem Vorgebirge Anemurion im D., j. Meerbuſen
von Adalia. Liv. 37, 23. Strab. 2, 121. 126.
Ilaugvsoı |. Duln, 9.
Pan, /Icv, Sohn des Hermes und einer Tod:
ter des Dryops (Idom. khymn. 19, 34), oder des
Beus und der arfadiichen Nymphe Kalliito, oder
des Zeus (oder des Hermes) und der Penelope,
vielleicht urjprünglich ein Lichtgott (= Pawv, daher
ihm emwiges Feuer auf Altären brannte und Fackel—
läufe gehalten wurben), ein arladiicher Wald: und
Weidegott (jein Name vielleicht von md, ich weide,
abzuleiten), von Geburt an gehörmt, bodsfühig,
bärtig, frummmafig, behaart, gejchwänzt, jo daß
feine Mutter ihn erjchredt verließ; aber Hermes
trug ihn hinauf zum DOlympos, und alle Götter
freuten ſich über den jeltjam geftalteten Gott, wes—
halb jie ihn Pan nannten (irrige Ableitung von
räg, Hom. hymn. 19, 47). Auf den Bergen und
in den Wäldern umbherjchweifend, weidet, pflegt
und jegnet er die Herden (Nöuiog) und das Wild,
er jagt das Wild (Ayoers) und gibt das Glüd
der Jagd, ſchützt Bienenzucht und Fiſchfang; er
zieht umher mit den Nymphen, führt mit ihnen
öhlihe Tänze auf und jpielt ihnen Lieder auf
Spring, die er jelbit erfunden. Aber als Gott,
der die Waldeinſamleit liebt, jagt er auch plötzlich
Grauen und Schreden ein (panijcher Schreden);
daher gilt er aud) mit jeiner furchtbaren Stimme
als jiegreicher Bezwinger der Feinde. Die Athener
glaubten in der Schlacht bei Marathon fich feines
BVeiftandes erfreut zu haben, und darum ward er
von der Zeit an in Athen in der am Burgfelien
befindlichen Bansgrotte verehrt; man ——
ihm jährlich einen Fackellauf. Hat. 6, 105. Auch
bei Marathon ward ihm eine Grotte geheiligt,
Reallexikon des Mafj. Altertums. 7. Aufl.
|
Wie andere Waldgötter verfteht auch er die Kunſt
der Weisjagung, worin er jelbjt den Apollon unter:
wiejen haben joll. Da er die Spring erfunden,
jo dichtete man die Fabel, er habe die Nymphe
Syrinx aus Liebe verfolgt bis zum Ladonfluß in
Nrkadien, wo fie in Schilfrohr verwandelt wurde,
aus dem der Gott fich die Pansflöte jchnitt. Oo.
met. 1, 689 ff. Auch die Echo liebte er und zeugte
mit ihr die Iynx. Als Freund des. Geſanges und
Tanzes liebt er die Charis Peitho. — Erſt in
jpäterer Zeit machte man den altartadijchen Weide-
gott aus Mifverftand des Wortes Ban zum Symbol
des Weltalls und erklärte den Ton feiner Syrinzr
als die Harmonie der Sphären. Als Tärmlieben-
der Naturgott trat er in das Gefolge des Dionyjos,
wo er als munterer, poſſierlicher Springer und
zudringlicher Liebhaber der Nymphen erjcheint.
Seitdem erdichtete man auch Bane in der Mehr:
zahl und Paniſten (Tævricuot, jüngere Pane).
Heilig war ihm die Fichte, die Steineiche; geopfert
wurden ihm Kühe, Böde, Lämmer, Mil, Honig,
Moft. Nah Orten feiner Verehrung hat er die
Beinamen Lycaeus, l’egeaeus, Maenalius. Be:
ſonders in Arkadien hatte er viele Heiligtümer,
ferner zu Troizen, Silyon, Oropos. — Die Rö—
mer haben ihn mit ihrem Inuus und Faunus
identifiziert.
Panachalcum, /Iavay«inor Ögos, ſ. Achaia.
Panainos j. Maler, 2.
Panaitios, IIavelrıog, 1) des Nilagoras Sohn,
aus Rhodos, geb. um 180 dv. E., erhielt feine
philojophiiche Bildung in Athen von Diogenes
Babylonios und deſſen Schüler Antipatros aus
Tarjos. Hierauf begab er fi) nach Rom, wo er
mit Lälius und dem jüngeren Africanus in nähere
Verbindung trat und legteren auf jeiner Geſandt—
ſchaftsreiſe durch Afien und nach Agypten zu Pto:
lemaios Phyſton im Jahre 143 v. E. begleitete.
Er hat ald Lehrer in Rom zur Verbreitung der
ftoiichen Philojophie am meiften beigetragen und
viele Schüler gebildet, unter denen C. Fannius,
D. Mucius Scävola Augur, DO. Alius Qubero
(Cie. de or. 3, 23. tuse. 4, 2), Rutilius Rufus
(off. 3, 2), Vigellius (de or. 3, 21) die namhafteſten
find. Später kehrte er nach Athen zurüd, wo er
als der Nachfolger feines Lehrers Antipatros an
die Spige der ftoifchen Schule trat und Apollo—
boros aus Nyja in Karien, Mneſarchos, Helaton
aus Rhodos, Bojeidonios aus Apameia in Syrien
zu Schülern hatte. Er ftarb hochbejahrt zu Athen,
wo zu feinem Gedächtnis die Tijchgejellichaft der
Panaitiaften fortbeftand. Bon jeinen Schriften
find nur unbedeutende Fragmente auf uns gekom—
men; er hatte geichrieben: wepl alpeoswr, epl
roovolag, epl sbdvuleg an Tubero (Cie. fin.
4, 9: de dolore patiendo). Sein Hauptwerk aber
war: sol rod xaßrmorrog in 3 Büchern (Cie.
off. 2, 17. 3, 2. ad Att. 16, 11), welches Cicero
den erften 2 Büchern jeiner Schrift de officiis
zu Grunde gelegt hat, weil es fich durch jeine
populäre Form empfahl. Blieb er auch den all»
gemeinen Grundjägen jeiner Schule treu, jo hat
er fi doch mancherlei Abweichungen und Milde:
rungen des ftrengen Dogmas erlaubt und fich be:
jonders der peripatetijchen Lehre genähert. Sogar
an der Mantif hat er gezweifelt. Das Werk über
56
882
die Pflichten war nur für die im Fortichritte zur
Weisheit Begriffenen beftimmt. Cicero bezeichnet
ihn überall als einen der angejehenften ftoiichen
Lehrer. gl. Panaetii et Hecatonis fragmenta
coll. Fowler (1885). Abhandlung von van Linden
(1802). — 2) Mathematiker, ſchrieb wegl tür nar«
yeouerglav al uovomv Adyav xal Öieorn-
narov. — 3) Befehlähaber einer Triere, welche
vor der Schlacht bei Salamis zu den Griechen
überging. Hdt. 8, 82. Plut. Themist. 12. —
4) Tyrann aus Leontinoi in Eicilien.
Panaitolion j. Aitolia.
Panakeia ſ. Asklepios.
Panakton, /lavauror, Kaftell zwiichen Boio—
tien und Attika, das nach mehrmaligem Wechiel
jpäter zu Attifa gerechnet wurde. Thuc. 5, 3. 42.
Hefte eines Turms finden fich oberhalb des Dorfes
Derveno:Galefi auf einer Höhe.
Panathenaia, /Iavadrjvae, das größte und
wohl auch ältefte panegyriiche Feſt der Athener zu
Ehren der Athene Boliad. Die Einfegung des:
felben, nach dem älteren Namen Athenaia, wurde
dem Erichthonios zugejchrieben. E3 war urjprüng:
lih ein ländliches Exrntefeft; aber Thejeus joll es
als Bundesfeit jämtlicher zu Einem Staate zus
jammengezogenen Attiler für alle Zeiten eingejegt
und ihm den Namen Panathenaia gegeben haben.
Diefe Vereinigung jelbft wurde durch ein Ge:
dädhtnisfeft, die Luvornıe oder Zvromdoe, am
16. Helatombaion (Fuli—Auguft) gefeiert, doch ift
es nicht durch Thejeus, fondern viel jpäter, viel:
leicht erjt nach Beififtratos eingejekt. Unter dem
Archon Hippolleides, 566 v. C. erhielt das Pana—
thenaienfejt durch den Feſtordner Beififtratos eine
glänzende Feier, indem zu den bisherigen ritter:
lichen Wettlämpfen ein gumnijcher Agon hinzuge-
fügt und dem Feſte eine pentadteriiche Beftimmung
gegeben ward; es wurde in der Folge in jedem
dritten Olympiadenjahre gefeiert. Durch Perikles
fam (446 dv. E.) auch ein muſiſcher Agon hinzu,
und jeitdem erftredte fich das Feſt auf mehrere
Tage, vom 25. bis 28. oder vom 21. bis 29. Hela:
tombaion (Juli), Am erjten Tage wurde der
mufiiche Agon in dem am Südoſtfuße der Alto:
polis gelegenen, von Perikles erbauten Odeion
(Plut. Per. 18) vorgenommen, in welchem die Kitha=
röden und Kitharijten, die Aulöden und Auleten
und andere mufiiche Künſtler auftraten. Früher
ſchon waren wenigitens eine Zeit lang durd eine
Einrihtung Solons die homeriſchen Gejänge an
den PBanathenaien rhapjodiert worden. Nach dem
mufischen Wettfampf wurden die gymnijchen und
ritterlichen Spiele aufgeführt. Auch orcheftiiche
und Infliiche Chöre, Fadelläufer (Aauradndgouie)
und Trieren wetteiferten um den Preis des Sieges.
Die Kampfmeiſter («HRLodEraı) für jämtliche Wett:
fämpfe wurden, 10 an der Zahl, aus den Phylen
für jede freier bejonders auf die ganze Zeit der
Bentaöteris gemählt.
wenigjtens für die gymniſchen Wettfämpfe, in einem |
Kranze von den Zweigen des geweihten Olbaums
und in einem großen, jchönen, irdenen Gefäße,
mit DL von den heiligen Olbäumen gefüllt. Pind.
nem. 10, 34. Solcher panathenaiticher Preisvajen
haben fidy etwa 100 erhalten, gefunden größten:
teils in Italien, bejonders in den Gräbern von
Bolci, die größten 62 bis 66 cm, eine jogar 74cm
body. Bon dem übrigen Teile des fyeites, der im |
Panaitolion — Pandareos.
Gegenjage zu dem dyav Eoprn; heikt, war der
Aufzug (zoumn) der glänzendite Akt der ganzen
Feier, nämlich der große Bug, in welchem am
achtundzwanzigiten Tage des Monats, dem Geburts:
tage der Göttin, das reich mit Bildwerken durch:
wirkte Safrangewand (merkogs), das attiſche Frauen
(die ſ. g. Ergaftinen; den erjten Anfang machten
2 von den Arrhephoren oder Erjephoren) in den
legten 9 Monaten jedesmal neu zur Belleidung
des altertümlichen Schnigbildes der Athene gemwebt
hatten, in Form eines Segels an einem Rollichifie
aufgehängt (wenigftens in jpäterer Zeit), vom äuße—
ren Sterameifos aus nach dem Tempel auf der
Burg, dem Erechtheion (ſ. d.), gebradht wurde.
Edle Bürgerstöchter trugen Körbe mit Opferge:
räten auf dem Haupte (wrnpögoı), ehrwürdige
Greije folgten mit Olzweigen in den Händen
(dallopopor, jie ftattlih auszurüften war eine
Leiturgie), die rauen und Töchter der Freige—
lafienen und Metoifen trugen teild Näpfe und
Krüge zum Gebraude des Opfers (saaprpögoı,
Dögı@pöpor), teild trugen fie den Frauen und
Töchtern der Bürger Seſſel und Schirme nad
(dıippopdpoı, arıadnpögo:). Es beteiligte fich am
Zune die Bürgerjchaft unter ihren Vorjtehern, den
emarchen, die junge Mannichaft im Waffenichmud
u Roß und zu Fuß, die Sieger in den verjchie:
nen KRampfarten der Banathenaien, endlich auch
Feſtgeſandtſchaften anderer Staaten, namentlich der
Kolonien Athens. Athen entfaltete bei dieſem
Aufzug jeine ganze Madıt und Herrlichkeit. Ein:
elne Zeile der panathenaiijchen Bompa waren in
Hetiefs dargeitellt an dem Fried der Eella des
Barthenon, von denen noch eine bedeutende Zahl
von Platten erhalten ift (manche Gelehrte freilich
ſehen in denjelben die Plynterien oder Arrhepho:
rien dargeftellt),. Den Schluß der ganzen Feier:
lichfeit machte das grobe Feftopfer einer Helatombe
von Stieren und Rindern und die damit verbun:
dene allgemeine Speifung (£sriasıg), worauf jeit
den — als Nachſpiel noch ein Schiffs—
wettſpiel im Peiraieus folgte. — Neben den großen
Panathenaien wurben alljährlich die kleinen Pana—
thenaien gefeiert, ein fürzeres und einfacheres Feſt
ohne our), deſſen Hauptteil der dyar war. Wo
Panathenaien ohne Attribut genannt werden, find
die ueyale zu verftehen. In jpäterer Zeit wurde
das Feſt in den Frühling verlegt, vielleicht infolge
römischen Einflufjes, indem es jo den Ouinguatrus
(j.d.) entjprechend wurde. Auch an andern Orten gab
es PBanathenaien; jo zu Magnejia, von Themi—
ſtokles eingejegt, zu Teos, zu Rhodos. — Bal.
Müller, Panathenaica (1837). P. W. Forchham:
mer, Ranathenätjche Feftrede (1841). A. Mommien,
Heortologie ©. 116205.
Panchaia, /Iayyai«, eine fabelhafte, der Küſte
des glüdlichen Arabiens gegenüber im jübdlichen
Deean gelegene Inſel mit herrlichem Klima und
Die Kampfpreife beftanden, | Produkten, von der Diodor (5, 41 ff.) eine aus:
führliche Schilderung nad) Euhemeros gibt. Am
Altertum jchon waren die Meinungen über bie
Wahrheit der Erzählung verſchieden; Diodor und
die Dichter (3. B. Verg. @. 2, 139. 4, 379. Or.
met. 10, 309 u. j. w.) halten jie für wahr.
Pandaröos, /Iarddgeog, Sohn des Merops,
ein Milefier, ftahl ans dem Tempel des Yeus in
Kreta einen goldenen Hund und übergab ihn dem
Tantalos zur Verwahrung; als aber Zeus ihm
Pandaros — Panionia.
zurüdforderte, floh er nach Athen, von da nach
Sicilien, wo er mit feiner Frau Harmothoe um:
fam. Über jeine Tochter Aedon j. d. Bon den
beiden andern Töchtern besjelben (Merope und
Kleothera, oder Kameiro und Klytia) erzählt Ho:
mer, daß fie, ihrer Eltern früh beraubt, in den
Gemächern zurüdblieben. Aphrodite, Hera, Arte:
mis und Athene nahmen ſich ihrer an und gaben
ihnen Schönheit und Nunjtfertigfeit; als aber
Aphrodite von Zeus ihnen eben eine glückliche
Ehe erbitten wollte, wurden fie von den Harpyien
geraubt und als Dienerinnen ben Erinyen über:
geben. Hom. Od. 20,66 ff. Eustath. zu Od. p. 1875,
15. Paus. 10, 30, 1f.
Pandäros, Ilcvöagog, 1) Sohn: des Lyfaon,
der die troiſchen Lylier von Zeleia am Fuße des
Ida im trojanischen Kriege anführte, ein geſchickter
Bogenihüge; Apollon ſelbſt hatte ihm den Bogen
geihentt. Er verwundete den Menelaos und brach
dadurch das eben gejchlofjene Bündnis; in dem
darauf folgenden Kampfe wurde er von Diomedes
erlegt. Hom. Il. 2, 824. 4, 88. 5, 275ff. —
2) Sohn des Alltanor, Zwillingsbruder des Bitias,
Gefährte des Nineias, von Zurmus-erlegt. Verg.
A. 9, 672. 755.
Pandateria, IIavöcrapia, Inſel des Tyrrhe—
nijchen Meeres vor der Küſte Campaniens (j. Ben:
totene), als Berbannungsort bejonders der weib:
lichen Mitglieder der faijerlihen Familie (3. B. ber
Agrippina) benugt. Strab. 5, 233. Suet. Tib. 53.
Tac. ann. 1, 53. 14, 63,
Pandekten j. Juris consulti, €,
Pandion, /Iavdiov, 1) ſ. Erechtheus. —
2) Sohn des Kekrops und der Metiaduja, König
von When, von den Metioniden nah Megara
vertrieben, wo er die Tochter des Königs Pylas
heiratete und die Herrichaft erhielt. Er war Vater
des Aigeus, Pallas, Niſos, Lykos, Dineus und
hatte Grab und Heroon in Megara. Sein Stand:
bild war unter denen der Eponymen zu Athen
und auf der Burg. — Seine Söhne, die Pandio—
niden, zogen nad, feinem Tode nad; Athen und
vertrieben die Metioniden; Aigeus erhielt die
Dbergewalt, Lykos die öftliche, Pallas die jüdliche
Küfte von Attila, Niſos Megaris. Apollod. 3, 15,
5f. Paus. 1, 5, 3f. 10, 10, 1.
Havdıorig j. Duln, 7.
Tlavdoxeia |. Karayayıc.
Pandöra j. Prometheus,
Pandosia, /Iavöooie, 1) Stadt der Landſchaft
Theiprotia in Epeiros am Acheron, durch Philipp
von Makedonien der Herrichaft des Moloſſerkönigs
Alerander unterworfen; j. Refte bei Kaftri. Liv.
8, 28. Just. 12, 2. — 2) feſte Stadt in Bruttii
an der Iucanischen Grenze, am Fluß Acheron (Liv.
8, 24), merfwürdig durch das zweibdeutige, dem
Alerander von Epeiros erteilte Dralel. Liv. a.a.D.
Dies P. lag in der Gegend von Cojenza. Plutarch
Pyrrh. 26) jegt P. zwiſchen Herafleia und den
Fluß Siris, alſo nad) Lucanien; dieje Stadt iſt
verſchieden von den genannten, ſie lag wohl beim
heutigen Anglona.
Pandrösos j. Kekrops,
Ilavnyvgıxöos Aöyos, panegyricus, eine
vor einer Feitverfammlung (marniyvgıg) gehaltene
Rede, beitimmt, durd) ausgewählten Stoff, glän:
883
Stoff der Rede ftand gewöhnlich in Beziehung
zum Feſte oder zum feitfeiernden Vollke, deſſen
rühmliche Thaten und Beltrebungen jie feierte,
um Batriotisnus und Nachahmung zu erweden.
Später erhielten jolche Neden auch Beziehungen
zu einzelnen Berjonen und dadurd den Charakter
von Xobreden. Zu joldyen panegyriichen Reben
zählt man den Olvummxosg und Ilvdınog des
Gorgias, den Olvumıuxog und die Aoyoı zarı)-
yvgıxol des Lyſias, von Jiofrates den Ilarnyv-
gıxög, bon Arifteides den /lavadnvainos. — Von
Griechenland lam dieje Redegattung auch nad)
Rom. Hier ift das bedeutendjte und vorzüglichſte
Werk der Panegyricus des jüngeren Plinius, eine
Dank: und Lobrede auf den Mailer Trajan für
die Übertragung des Konjulats, nicht ohne bilto:
riihen Wert. Bei fpäteren Arbeiten diejer Art
gebt die, übrigens durch eine gewiſſe Glätte und
orrektheit ausgezeichnete, Darftellung nicht jelten
in ungemefjenes und in niedrige Schmeichelei aus:
artendes Lob über, wie in den 12 erhaltenen la—
teinifchen Reden, die etwa 200 Jahre jpäter jallen
und Danfadrefien galliicher Städte an die Kaijer
find, auf Beitellung von den namhafteſten galli-
ſchen Rhetoren, 3. B. Eumenius (j. d.), ausgear:
beitet. Ausgg. der lateinijchen panegyriei von
Gellarius (1703), Schwarz (1739 ff.), die neueſte
von Bährens (1874).
Panegyris, /lerjyvoıs, jede größere öffentliche
Berjammlung, bejonders zur Begehung eines all:
gemeinen Feſtes, ohne Rüdficht darauf, ob Die:
jelbe zufällig oder periodiich, jährlich, trieteriſch,
pentaöterifch u. j. w. war. Bejonders bildete der
religidje Kultus mit jeinem Feſtopfer den Mittel:
punft der Panegyris, weshalb ſich an jeden
Haupttempel einer Gottheit eine jolche anknüpfte;
namentlich war auch mit jeder Amphiktyonie, jowie
mit den 4 großen Nationaljpielen, eine fejtliche
Panegyris verbunden. Jeder größere Staat hatte
jeine derartigen Berjammlungen, wie When an
den Panathenaien, Sparta an den Hyakinthien
und Karneien. Mit den panegyriichen Berjamm:
lungen waren durch den Zujammenfluß von Käufern
und Berkäufern Jahrmärfte verbunden.
Paugaios j. Makedonia.
Panhellenia j. Panhellenios.
Panhellenion f. Panhellenios.
Panhellenios, /Iavelirjvıog, der Gejamthelle:
nilche, Beiname des dodonaiiſchen Zeus, dejjen
Dienft mit den Hellenen aus Thefjalien nad) Aigina
wanderte. Als nach Musdehnung des Namens
Hellenen auch diejer Beiname jeine Bedeutung er:
weiterte, wurde derjelbe auf die Sage von dem
für alle Hellenen gemeinichaftlihen Sühnopfer
zurüdgeführt, das Niafos zur Abwendung einer
Hungersnot gebracht haben jollte. Run bezeichnete
er den Zeus als helleniſchen Nationalgott, der
auch der hellenifche hieß. Lind. nem. 5, 10. Hdt.
9, 7. Bei dem von Aiakos gegründeten Heiligtum
des Zeus Banhellenios aufAigina (IIavreiinvıor,
Paus. 2, 30, 4) wurde das Feſt der Banhellenia
gefeiert. — Denjelben Namen führte ein von
Kaiſer Hadrian für die Griechen gejtiftetes, mit
BWettlämpfen verbundenes Nationalfeit, das im J.
129 n. E zum erftenmal in Athen gefeiert wurde.
Panionia, /Iarıwrıe, ein panegyriiches Feſt
ende Diltion und redneriſche Kunſt den Beifall |der 12 ioniſchen Bundesftädte auf der Weſtküſte
r Menge zu gewinnen. Quint. 2, 10, 11. Der
Klleinafiens bei dem Bundestempel Banionion
06 *
884
am Nordabhange des Berges Mylale (Hat. 1, 148)
zu Ehren des helifonijchen Pofeidon, nach Boechh
in dem Jahre vor DI. 1 eingejeßt. Die Priefter
des Gottes, die das Bundesopfer verrichteten,
wurden aus den Bürgern von Priene, in defjen
Gebiet das Panionion lag, gewählt und hießen
Baoıheig. Mit der Feier waren auch Wettkämpfe
verbunden. Strab. 8, 384. Diod. Sie. 15, 49. —
Außer den großen Banionien werden auch Mleinere
erwähnt, 3. B. zu Smyrna. Bgl. lonia.
Pankrätes, /Iayxedrns, 1) ein Epigrammen:
dichter in der griechiichen Anthologie; — 2) Ver:
fafjer eine® Gedichts Alısorıxd und eines ele-
giichen Gedichts Ouldasız Foya; — 3) ein ale:
randrinifcher Dichter, welcher ſich durch ein Gedicht
auf Hadrian und Antinous die Aufnahme in das
alerandriniiche Dufeum erwarb; — 4) ein ymifcher | (
Philofoph; — 5) ein ägyptiicher Yauberer (Lucian.
philopseud. 34), der Meifter des durch Goethe be=
fannten Zauberlehrlings.
Ileyxgatıov |. Gymnasium.
Pannonfa, IIavvorie, an der unteren Donau
gelegenes Land, bildete unter Auguftus die illy—
riſchen Provinzen und wurde wohl mit Nori:
cum und Rhätia erft jeit Kaiſer Claudius genauer
geichieden und abgegrenzt. Im W. ſchied der
Mons Cetius es von Noricum, im ©. der Savus—
flug von Fllyricum, im ©. der Danuvius von
Dacien, im N. derjelbe Strom von Großgermanien ;
e3 umfaßte alfo den Öftlichen Teil von Dfterreich,
Steiermarf und einen Teil von Krain, Ungarn,
Slavonien und Bosnien. Durch eine vom Fluß
Arrabo (j. Raab) bis zum Savus gezogene Linie
zerfiel ®. feit Trajan in P. superior (meitlich)
und inferior (Öftlih); ſeit Kaiſer Galerius (300)
unterjhied man 4 Provinzen: Pannonia prima,
P. secunda, Valeria und Savia. Das meift ebene
Land ift nur im NW. und ©. von bedeutenden
Gebirgen umfchlofjen und wird nur von den Aus:
läufern der Alpen, Alpes Pannonicae (Tuc. hist.
2, 98. 3, 1), durchzogen. Der M. Carvancas bil:
dete das nördliche Grenzgebirge gegen Noricum,
M. Cetius (j. Kahlenberg und Wienerwald) gegen
Weiten, die Albii oder Albani montes (nod) j.
Alben) ftreichen nah ©. und ſcheiden Kroatien
und Bosnien von Dalmatien. Außer dem Grenz:
from Danuvius gehören defien Nebenflüfle, der
Dravus (j. Drave) und Savus (j. Save), hieher
mit ihren Zuflüſſen; der Landſee Pelſo oder
Peiſo (j. Balaton oder Plattenjee) lag zwiſchen
Dravus, Arrabo und Danuvius. P. galt als
rauh, falt, jteinig und wenig ergiebig; Holz; war
ein Hauptproduft, den Metallreichtum des Landes
finden wir bei den Alten micht rem — Die
Bannonti, teils illyriſchen, teils keltiſchen Stam—
mes, zeichneten fich durch ——— aus, ſtanden
aber vor der römiſchen Herrſchaft auf niedriger
Kulturſtufe. Auguſts Feldherr Vibius vollendete
die von dieſem begonnene Unterwerfung; doch erſt
Tiberius ſicherte nach der Erhebung Marbods den
Beſitz des Landes als römiſche Provinz, worauf
an der Donau eine Menge Kaſtelle, Kolonien und
Municipien angelegt wurden, während Land- und
Heerſtraßen das Land nach allen Richtungen durch—
ogen. Als Völlerſchaften werden genannt die
zali, Cytni, Boji, Latoviei, Coletiani, Scordiſei
in P. superior; die Araviſci, Hercuniatä, An—
diantes, Jaſſii, Amantes in P. inferior. Die wid:
Pankrates — Panteus.
tigften Städte waren: Vindobona (j. Wien),
PBötovio (j. Petau an der Drau in Steiermarf),
Emona oder Amöna (j. Laibach) Nauportus
(j. Oberlaibadh), Sijca oder Gegeitica (j. Sifef),
Sirmium (j. Ruinen bei Mitrovig in der Land—
ihaft Syrmien), Taurunum (j. Semlin), Ci—
balä am Sce Hiulced, Scarabantia (j. Oben:
burg), Savaria (j. Stein am Anger), das bedeu-
tende Carnuntum am Danupius (Ruinen bei
Betronell), Bregetium oder Brigetio, desgl.
(Ruinen gegenüber Komorn), Sopianä (tHünf-
firhen), Aquincum (j. Alt-Buda (Ofen)), Murja
(i. Eſſel).
Panomphaios, ravoupadog, |. Zeus, 3.
Panöpeus, JIavonsös, 1) j. Epeios.
2) auch /Ievoreaı, alte, ſchon zu Homers Zeiten
Hom. 11. 2, 520. 17, 807. Od. 11, 581) bebeu-
tende Stadt in Pholi am Kephijos, dit an
der boiotiichen Grenze, 20 Stadien weſtlich von
Ehaironeia, ſpäter gewöhnlih Phanoteus ge-
nannt, Heimat des Epeios. Strab. 9, 423. Als
Srenzfeftung gegen Boiotien von großer Wichtig:
feit, war fie jhon von dem Heere des Terxes in
Brand geftedt worden (Hdt. 8, 35); dann wird
fie mit ihrem Gebiet von Thufydides genannt
(4, 76. 89), erlitt jpäter ftarfe Verwüftung im
photiſchen Kriege und wurde, als fie fich wieder
erholt hatte, im %. 86 v. E. dur die Soldaten
des Tarilos, des Feldherrn des Mithridates, zer:
ftört (Plut. Sull. 16). Pauſanias (10, 4, 1) fand
nur noch einige Hütten, deren Bewohner den
Namen und die Rechte der alten Stadt in Anipruch
nahmen. Bedentende Ruinen der Mauern haben
fih erhalten.
Panopölis, IIavonolıs, Stadt in Oberäghpten,
ſ. Chemmis.
Panormos, -On, ober »us, »um, /ldvoguos,
Name mehrerer durch trefflihe Häfen befannter
Städte: 1) im weſtlichen Teile der Nordfüfte Si—
ciliens an der Mündung des Fluſſes Orethos, von
den Phoinifern gegründet, uralt und bedeutend,
ij. Palermo. Thuc. 6, 2. Pol. 1, 38. Nachdem die
Römer die Stadt 254 v. E. den Karthagern ent:
riffen hatten, wurde fie jtenerfrei und jpäter Kolonie.
Monographie von —— (1870). — 2) Hafen
beim Borgebirge Rhion in Achaia, j. Tekieh. Thuce.
2, 86. — 3) Haupthafen an der Dftküfte von Attifa
in der Nähe von Praſiai, j. Porto Raphti. —
4) großer und bequemer Hafen in Epeiros, jüd
lid von Orikos, j. Palerimo. Strab. 7, 324. —
5) Hafenſtadt von Ephejos. Hdt. 1, 157. — 6) Stadt
auf Samos. Liv. 37, 10. — Andere Städte des-
jelben Namens Ingen auf Kreta, Ehaltidite und
in Marmarife (Libyen).
Fantakyas, IIavraxvas, Fluß auf der Oftfüfte
Siciliend unfern Syrakus (j. Porcaria). Thuc
6, 4. Verg. A. 3, 689, Or. fast. 4, 471.
Pantaleon, ITIavr«)£orv, machte ſich 644 v. C.
zum Tprannen oder König im eleifhen Piſa und
entriß den Eleiern die Anordnung der olympi:
ſchen Spiele. Er regierte übermütig und frevel:
haft. Seine Söhne PDamophon und Pyrrhos
jeßten den Krieg gegen Elis fort, konnten indes
jenen Erfolg nicht behaupten. Durch Spartas
Unterftügung wurde 570 Piſa zerftört und die
Bifaten wieder den Eleiern unterworfen. Paus.
6, 21, 22,
Panteus, /Iavreig, ein Spartaner, Freund
Panthea — Paphlagonia.
Kleomenes' UI., zeichnete ſich bei der Eroberung
von Megalopolis 221 v. E. aus, begleitete nad
der Schlacht bei Sellafia den König nach Ägypten
und tötete fich ſelbſt als der legte Begleiter des—
jelben, als der Verſuch, die Einwohner von Ale:
zrandreia zum Aufjtand aufzurufen, mißlungen
war. Ebenjo unerjchroden litt bald darauf feine
junge und jchöne Gemahlin den Tod. Plut. Uleom.
23. 37. 38,
Panthöa j. Abradatas.
Panthöon j. Roma, 18. x
Panthdos, /lav®oog, IIdr#ovg, einer der Al:
tejten Trojas, Gemahl der Phrontis, Vater des
Euphorbos, Bolydamas und Hyperenor. Hom. Il.
3, 146. 14, 450. 17, 24. 40. 81. Bei Bergil (A.
2, 319) ift er Sohn des Othrys und Priefter des
Apollon.
Pantikapaion, Ilavrıxdaaıor, eine um DI. 60
gegründete milefifche Kolonie auf der Dftipige der
taurijchen Eherjonejos, am fimmerifchen Bosporos,
70 Stadien von dem gegenüberliegenden Phana—
goria (j. d.) entfernt, mit trefflichem Hafen, be:
deutend durch Getreide: und Fiſchhandel; Haupt:
ftadt bes bosporanifchen Reiches, daher jelbft
Bosporos genannt; j. Kertich oder Boipor. Strab.
7, 309 ff. 11, 494 f.
Pantomimus, zavrouınog, mavröuınog deynors,
auch bloß öprncıs. Die Pantomimil, db. h. die
Kunft, durch Tanz, lebhafte Bewegung des Körpers
und Gebärdenipiel ohne Worte eine Rolle oder
auch ein ganzes Stüd auf dem Theater darzu:
ftellen, wie es heutige Tages etwa im Ballett ge:
ichieht, iſt römiſchen Uriprungs und nur in Rom
heimisch. Dieje Kunft entftand nad und nad) aus
der Bortragsweije des alten Canticum, wie fie
Livius (7, 2) erzählt. Der ältere Mimus wurde
in diefer Richtung hin nach und nad ein bloßes
Gebärdenfpiel, daher auch der Musdrud saltare
fabulam. Unter Yuguftus (jeit 22 v. E.) fam
dieje Kunſt zu einer bedeutenden Höhe; Pylades,
für tragiiche, und Bathyllos, für komische Sujets,
waren die Meifter in Ddiefer Zeit. Die PBanto-
mimen, ein Erjag für die abfterbende Tragödie,
blieben bis in die jpätefte Kaiſerzeit beliebt; ja
Nero war ein jo großer freund dieſer Kunſt—
leiftungen, daß er ſelbſt ald Pantomime auftrat,
während Auguftus und Ziberius Beichränfungen
hatten eintreten lafjen. Suet. Oct. 46. Ner. 26.
Tac. ann. 13, 24. 25. Plin. paneg. 46. Über
einzelne Kunftleiftungen der Pantomimen j. Lu-
cian. de salt. 64 ff. 81. Die berühmteiten Pan—
tomimen waren, außer Pylades und Bathyllos,
Hylas unter Auguftus, P. Mnefter unter Eali-
ula, Paris unter Nero, Latinus unter Domitian.
I jpätefter Zeit kommen auch Pantomimae vor.
Arbronius Silo und Lucanus fomponierten in der
Kaijerzeit Sujet3 für den Bantomimus. „Die Be:
arbeitung war der Art, da die Hauptjituationen
in eine Reihe von cantica zuſammengefaßt wurden,
welche ſämtlich ein einziger Pantomimus darftellte,
der aljo immer mehrere Rollen — hintereinander —
geben mußte, während ein Chor das jedem diejer
Soli entjprehende Canticum vortrug. Eine jolche
Aufführung kann jchwerlich ohne einen verbinden:
den Tert gedacht werben, etwa wie die erzählen:
den Recitative unjerer Oratorien; diefer mag vom
Chor gelungen worden ſein“ (Friedländer). Bgl.
Hriedländer, Eittengeijhichte Roms II S. 430 ff.
885
der 3. Aufl Der. in Marquardt: Mommiens Hand:
buch der röm. Wltert. VI ©. 551 ff. (2. Aufl.)
Panyäsis, /Iavrvasıs, IIawveosıs, epiicher Dich:
ter aus Halikarnaß (oder Samos), um 468 v. E.,
Oheim oder Better des Gejchichtichreibers Herodot,
verlor durch den Tyrannen Lygdamis fein Leben.
Bon feinen Gedichten werden genannt das Epos
"Houxksıe, aus 14 Bücher beftehend, in das er
des Kreophylos Olyaklag Ziwcıg verflochten haben
joll, und Tovıxa, nad) dem Vorgange des XZeno:
phanes, in elegiſchem Bersmaße verfaßt, 7000 Berfe,
worin die Ereigniffe der ionischen Wanderung be:
jungen wurden. ®. dichtete in einer Beit, die dem
Epos nicht befonders günftig war, und fand daher
bei jeinen Zeitgenoſſen geringe Teilnahme; die
jpäteren Kritiler dagegen nahmen ihn in den epi—
ſchen Kanon auf und ftellten ihn feinem poetischen
Werte nad bald unmittelbar nad) Homer, bald
nad) Hefiod und Antimachos. Er joll im poetischen
Ausdrud die Vorzüge des Hefiod und Antimachos
vereinigt haben, ohne jedoch beide zu erreichen;
in Wahl und Behandlung des Stoffes joll er den
Hefiod, in fünftlerifcher Anordnung den Antimachos
übertroffen haben. Quint. 10, 1, 54. Die wenigen
erhaltenen Bruchjtüde (gefammelt von Tzſchirner,
1842, und Kinfel, ep. Graec. fragm. Bd. I p. 253 ff.)
eichnen fi) durch Wohlflang und Schönheit des
usdruds, durdy Anmut, feinen Ton und Wort:
fülle aus. Wbhandlung von Funde (1837).
Paphlagonla, TIapiayoria, Landichaft im D.
Bithyniens, von dem es der Fluß Parthenios (ji.
Bartin-tichai) trennte, während im ©. das Gebirge
Orminion (1. vielleicht Fichit:dagh) gegen Ga-
latien, im D. der Halys (j. Kiſil-Irmak) gegen
Pontos die Grenze bildete. Im N. flutete der
Pontos Eureinos in einer Länge von 42 Meilen.
Das Land war nur in einigen Thalebenen frucht:
bar, ſonſt gebirgig, doch reih an Schiffsbauholz
und Kupfer. Der Olgajiys (j. Ilkas-dagh) zieht
vom Halys aus ſüdweſtlich zum Orminton hin;
als Ausläufer find zu nennen der Storöbas,
unter Mithridated die Grenze des pontiſchen
Reiches gegen Bithynien, und der Kytoros (j. Ki:
dros) bei der Stadt gl. N. an der Nordweitküfte.
Borgebirge: Karambis (j. Kerembe) und Syrias
oder Lepte (j. Indiche-Burun), die nördlichite
Spige Kleinaſiens. Außer den ſchon genannten
Grenzflüſſen enthält das Land nur unbedeutende
Küftenflüffe, wie den Amaftris und Zalekos. Im
Innern floß noch ein bedeutender Nebenfluß des
Halys, der Amnias (j. Gök-Irmak), an dem
Mithridates 88 v. C. den Nifomedes III. von
Bithynien jchlug, und Pompejus eine der Städte
feines Namens gründete. -- Die Bewohner, Il«-
playoveg, unter denen die Kaurmrsg und
’Ervesrol ald Stämme genannt werden (Hom. Il.
2, 851. 10, 429. Strab. 12, 542. 552), waren mit
den Phrygern verwandt, werden aber von ben
Griechen wegen der einjtigen aſſyriſchen Herrſchaft
Syrer oder Leukoſyrer genannt (Adt. 2, 104). Sie
zeichneten jich als Neiter aus, galten jedoch für
einfältig, roh und abergläubiih. Sie gehörten
zum Indifchen, dann zum perjiichen Reid, (Hat.
1,28. 3, 90); doch beitand unter der fremden Ober:
hoheit die einheimiihe Dynmaftie fort (Xen. An.
5,5, 12. 6, 1,2). In der Diadochenzeit herrichte
ein Zweig der Achaimeniden, der jpäter das König:
reich Pontos gründete. 64 v. E. wurde das Küſten—
886
Paphos — Papirii.
land, 7 v. E. auch das Innere römiich; von da |bade 212 ermorden und mit den übrigen ver:
an gehörte PB. zu der Provinz Galatien oder Bi: | brennen ließ. Er gilt allgemein als der größte
thynien. — An der Küfte, von W. ab, lagen bie
griechiichen Kolonien Sejamos oder Amaftris (j.
Amasra), Kromna, Kytoros (j. Kidros), Timo:
laion, Abonuteichos (jpäter Jonopolis), Kinolis,
Stephane (ij. Yitifan), befonders aber Sinöpe (ij.
Sinob), reihe Handelsftadt, Heimat des Mithri:
dates ſowie des Philojophen Diogenes, endlich
Karufa (j. Gerzeh). Im Innern, welches in 9 Di:
ſtrikte zerfiel: Bompejopolis (f. o.) und Gangra,
die alte Hauptftadt, ſpäter Germanikopolis gen. (j.
Kiantari). Strab. 12, 544 ff. 562 f.
Paphos, IIdpos, hießen 2 nahe bei einander
gelegene Städte auf der Südweſtküſte von Kypros,
TTalalrapog und Ildpos via, letztere von den
Proſaikern, erftere dagegen von den Dichtern mit
dem einfachen Namen bezeichnet. Alt paphos lag
10 Stadien von der Hüfte auf einer Höhe in der
Nähe des Vorgebirges Zephyrion an der Mün—
dung des Bofaros bei dem h. Kuflia. Es war
eine phoinififche Kolonie und der Lieblingsaufent-
halt der hier dem Meere entftiegenen Aphrodite,
die hier hoch verehrt wurde (Hom. Od. 8, 362.
Hor. od. 1, 30, 1. 3, 28, 14); mit dem dortigen
jehr reichen Tempel, deffen Oberpriefter eine hie:
rarchiiche Herrichaft über die Inſel ausübte, war
ein Drafel verbunden. Tac. hist. 2, 25. Ofter von
Erdbeben heimgejucht, wurde die alte Stadt unter
Anguft durdy ein ſolches vernichtet, aber wieder:
hergeftellt; daher jeit 15 v. E. Augusta, Zeßaorn
genannt. Neupaphos lag 60 Stadien nordweſt—
lich davon bei dem h. Bafa, eine blühende Han:
delsftadt mit ſchönen Tempeln, eine griechische
Kolonie, angeblich von dem Arkader Agapenor ge:
gründet. Hom. Il. 2, 609. Strab. 14, 683. Bon
beiden Städten finden fich noch Nefte, namentlich
der Tempel.
Papier j. Bi/ßlos.
Papfii. Genannt werden: 1) Brutulus Pap.,
ein Samniter, der im zweiten ſamnitiſchen Kriege
den Waffenftillftand mit Rom gebrochen hatte und,
um nicht lebend von jeinen Sandstenten an die
Nömer ausgeliefert zu werden, fich felbft tötete,
322 v. E. Liv. 8,39. — 2) E. Bap. Mutilus,
ein Feldherr der Sammniter im Bundesgenofien:
friege, erlitt im J. 89 v. E. durch Sulla eine
Niederlage. — 3) E. Bap. Eelius aus Lanu—
pium, Bater des T. Annius Milo. — 4) C.
Bap., gab im %. 65 v. E. als Volfstribun ein
Geſetz Über das römiſche Bürgerrecht. Cie. off.
3,11,47. — 5) M. Pap. Mutilus, gab als
Konſul im J. 9 n. E, mit feinem Kollegen Pop:
päus Sabinns die lex Julia et Papia Poppaea
(ſ. d. unter Leges Juliae) und trat jpäter in
den römiichen Senat. Dio Cass. 56, 10. Tae.
ann. 2, 32.
Papiniänus, Ämilius, um die Mitte des
2. Jahrh. n. E. geboren, gelangte durch den ihm
befreundeten Kaiſer Septimius Severus zu den
Staatdämtern eine® magister libellorum und
praefectus praetorio und machte als folcher den
Feldzug nach Britannien mit. In den zwijchen
den Söhnen des Severus ausgebrochenen Streitig-
feiten juchte er zu vermitteln und Cintracht zu
— — — — — — — — — —— —— —— — — —— —— — —— Te
aller römiſchen Juriſten. Spartian nennt ihn
iuris asylum et doctrinae legalis thesaurum,
und der heilige Hieronymus ftellt ihn als Ber:
treter des weltlichen Rechts dem Apoftel Paulus
als dem des göttlichen Rechts gegenüber. Sein
Hauptwerf waren Quaestiones (allgemeine Rechte:
fragen) in 37 und Responsa (einzelne Rechtsfälle)
in 19 Büchern, zu denen noch Heinere, wie defi-
nitiones, de adulteriis und ein griechiiches über
die Adilen unter dem Titel dorvronunög uoro-
5638* kommen. Klarheit und Sicherheit der
uffaſſung, namentlich aber die künſtleriſche Form
des Stils, defien Kürze und Präzifion zeichneten
dieje Werke aus. Sie find und alle verloren und
nur noch in zahlreihen Stellen der Pandekten—
Kompilation und einigen andern juriftiichen Schrif:
ten (Vaticana fragm., breviarium Alarici u. a.)
bruchftüdweife erhalten.
PapinYus ſ. Statii, 7.
Papirfi (Papisii), ein Geſchlecht plebejiichen
Standes, fpäter zum Teil patriciich, zerfiel in
mehrere Familien: I) Plebejer, die Familie der
Garbones, zu der gehören: 1) E. Pap. Carbo,
welcher ala Volfstribun im %. 131 v. E. mit
C. Gracchus die Voltsrechte ſchützte, darüber mit
Seipio in Streit geriet und an defien Tode viel:
leicht nicht unbeteiligt war, vielleiht ihn felbit
tötete. Im J. 120 zum Konjul erwählt, trat er
auf die Seite der Optimaten, ohne jedoch deren
Vertrauen ganz gewinnen zu können, denn er
wurde 119 wegen Beteiligung an den Unruhen
der Gracchen durch Craſſus (f. Licinii,B. 13.) an:
geflagt und entging einer Verurteilung nur, wie
es jcheint, durch freiwilligen Tod (anders Val.
Max. 3, 7,6). Er war auch Redner und ein
Mann von nicht geringer Beredjamfeit. Cic. Brut.
25, 96. 43, 159. deor. 2,25. ad fam. 9, 21,3.
Vell. Pat. 2,4. — Sein Bruder, 2) En. Pap.
Garbo, mwurde während jeines Konjulats von
den Eimbern und Teutonen bei Noreja in No:
rieum gänzlich geichlagen (113 v. €.) Tae.
Germ. 37. Flor. 3, 3. — 3) €. ®ap. Carbo
Arvina, ſuchte feines Baters (Nr. 1) Anklage
durch Craſſus zu rächen, ohne daß es ihm ge:
lang. Später fiel er im Bürgerkriege als An:
hänger Sullas auf Befehl des jüngeren Marius.
Nach Cicero (Brut. 62, 221) war er nicht ohne
Berediamtkeit. — 4) En. Bap. Carbo, Anhänger
des Marius, diente unter Cinna im Kampfe vor
Rom und erlangte durch deſſen Machtſpruch im
%. 85 v. E. das Konjulat, welches er mit ihm
aud) 84 befleidete. Beide beabfichtigten den Kampf
gegen Sulla nad) Griechenland hinüberzuipielen;
doch heftige Stürme und Cinnas Tod verhinderten
die Ausführung des Planes, worauf Carbo, nun
alleiniger —*8 in Ariminum Winterquartiere
nahm (84). Durch feinen Einfluß wurden Sullas
Vorſchläge zurüdgewiejen; als diejer darauf gegen
Rom heranrüdte, während Carbo bei jeiner Be:
werbung ums Konjulat 2 unbedeutenden Män:
nern hatte weichen müſſen (83), ſchloß ſich Carbo
den Konjuln an. Auf jeinen Antrag wurden alle
Anhänger Sullas in die Acht erflärt. Nach meb-
ftiften, weshalb Garacalla ihn nicht bloß von ſei- reren umentjchiedenen Treffen in Mittelitalien,
ner Hofhaltung verbannte, jondern audh am Tage
nad) Getas Ermordung bei dem allgemeinen Blut:
welhe nur für furze Zeit Sullas Bordringen
hinderten, mußte Carbo während jeines dritten
Pappos — Paraitonion.
887
Konfulats nach Afrika flüchten, wo er in die] D. Andere Papirier find: 1) 2. Bap. Mugilla:
Hände des Pompejus, der ihm einft die Rettung
aus peluniärer Bedrängnis verdanfte, geriet und
von ihm zu Lilybäum auf Sicilien dem Henker
überliefert wurde (82). Plut. Pomp. 5 ff. Cic. ad
fam. 9, 21. Flor. 3, 21. App. b.c.1,67fi. —
Il) Batricier. A. Bapirii Erajji: 1) 2. Pap.
Erafjjus, Konjul 436 v. C., fämpfte mit den
Bejentern. Liv. 4, 21. — 2) M. Pap., fand bei
der Berftörung Roms durch die Gallier jeinen
Tod, indem er von einem berjelben, der ihn
betaftete und dafür mit dem Elfenbeinjtab des
Greijes einen Schlag aufs Haupt erhielt, getötet
wurde. Liv. 5, 41. — 3) 2. Bap. Erafius, er:
bielt im J. 340 v. C. die Diktatur, das Konjulat
336 und abermals 330, in welchem Jahre er ein
y- gegen Privermum im Boljterlande führte.
iv. 8, 12. 16. 19. — Sein Bruder, 4) M. Bap.
Erajjus, war gleihfalld Diktator im J. 332 v. C.
im Kriege gegen die unruhigen Gallier. Liv. 8, 17.
— B. Bapırii Eurfores: 1) 2. Bap. Eur:
for, Cenjor im 3. 393 v. E., wählte, als fein
Kollege im Amt ftarb, einen andern, jtatt jein
Amt niederzulegen. Liv. 5, 31. — 2) 2. Bap.
Eurfor, wurde, nachdem er ſchon vorher. das
Konjulat verwaltet hatte, im 9. 325 v. E. zum
Diktator gegen Samnium ernannt. Da er fi
durch jeine rüdjichtsloje Strenge gegen den Ma:
iſter Equitum DO. Fabius bei feinen Soldaten
E verhaßt gemacht hatte, daß fie jogar in einer
Schlacht von den Feinden abſichtlich fich über:
winden ließen, jo mußte Pap. jich zu .einer rüd:
ſichtsvolleren Behandlung derielben verftehen. Liv.
8, 31ff. Um jo freudiger folgte ihm nun bas
Heer in eine zweite Schlacht und gewann einen
länzenden Sieg. Liv. 8, 35f. Nach der caudini—
on Schmad, erhielt Pap. im J. 320 das Kon:
fulat, ichlug die Samniter bei Xuceria, eroberte
diefe Stadt und Fregellä und befreite die dort
gefangen gehaltenen römischen Geifeln. Abermals
zum Konfal erwäbhlt, 319, ſchlug er die Samniter
wiederum. Liv. 9, 165. Als mehrere Jahre nad):
her (309) die Samniter fih zu neuem Kampfe
erhoben, wurde Bap. als Diktator gegen fie ge:
ſandt und jchlug jie bei Longula. Liv. 9, 33. 40.
Seine Strenge war faſt ſprichwörtlich, feine Tüch—
tigfeit aber jehr groß. Den Beinamen Curjor
erhielt er von feiner Schnelligkeit. Aur. Viet.
vir. all. 31. — Sein Sohn, 3) X. Pap. Eurjor,
ichlug im J. 293 v. E. ala Konful die Samniter
in der entiheidenden Schladht bei Aquilonia, we
fie gänzlich ſchwächte. Mit reicher Beute, welche
er den Göttern weihte oder in den Staatsſchatz
legte, fehrte er nah Rom zurüd. Im J. 272
unterwarf er Die durch Pyurrhos' Tod entmutigten
Samniter völlig und beendigte jo den langwierigen
Kampf zwijchen beiden Völkern. Auch nötigte er
die in Tarent rg gg Beſatzung des Por:
rhos zum Abzuge. Liv. 10, 40 ff. Frontin. strat.
3,3. — C. Bapirii Majones: 1) E. Pap.
Maſo, befiegte in feinem Konfulate (231 v. E.)
die Corjen, über welche er eigenmädtg einen
Triumph auf dem Albanifchen Berge hielt. Plin.
15, 38. Val. Max. 3, 6,5. — 2) Bepirie, des
vorigen Tochter, Gemahlin des 2. Amilius Baullus
Macedonicus und Mutter des jüngeren Scipio,
der ihr, als fie jpäter von Baullus geichieden war,
Unterftügung gewährte. Plut. Aem.- Paul. 5. —
nus, erlangte in ungewöhnlicher Weije (444 v. E.),
durch einen Interrex gewählt, das Konſulat,
wurde 420 Anterrer und jchlichtete in dieſer Stel:
lung die zwifchen den Patriciern und Tribunen
ausgebrochenen Schwierigkeiten. Liv. 4, 7.43. —
2) M. Bap. Mug., fämpfte im J. 418 v. C. als
fonjularijcher Tribun ohne Glüd gegen die Aaquer.
Liv. 4, 45. — 3) 8. Bap. Pätus, ein Mann
von heiterem Sinne, ohne Neigung für die poli:
tiichen Angelegenheiten und dem Cicero jehr be-
freundet. Cic. ad fam. 9, 15.
Pappos, IIdrzxos, ein Philojoph aus Alerau:
dreia zur Zeit Theodoſius' des Älteren, 379—393
n. C., jehrieb eine zweoyeapia olnovusrızı), einen
Kommentar zu Ptolemaios’ ueya@ln ouvrakız, über
die Flüffe Lydiens und övsıpongirind. Erhalten
find von ihm 8 Bücher uardnuarınal aurayayei,
Ercerpte aus vielen mathematischen Schriften, für
die Gejchichte der Mathematit von Wichtigkeit.
Treffliche Ausgabe von Hultſch (3 Bod. 1875— 78).
Papposilenos j. Seilenos.
Papjros j. Bißkos.
Parabase j. Komoedia, 4.
Hagaßolov |. Prozels, b.
Hagaßvorov |. Jıraarngıor.
Paracheloitis j. Acheloos und Aitoiia.
Tlagadsı0os, paradisus, Name der großen
Barks und Tiergärten der orientaliichen Fürften,
bejonders der perjiihen Satrapen, reich an Jagd:
tieren, verichiedenen Gattungen von Bäumen,
durch zahlreiche Bäche bewäſſert und mit Wällen
umgrenzt; oft erwähnt in Zenophons Kyrupaideia.
IHagadosor heit in der ſioiſchen Philoſophie
ein Saß, ber durch jeine pifante Faſſung bejonders
für Laten auffallend, überraſchend, ja vielleicht
dem gejunden Sinne jogar widerftreitend erjcheint,
bei näherer Unterfuchung aber fich als wahr und
mwohlbegründet zeigt. Cicero jchrieb unter dem
Titel IIagdöofa, den er teild durdy Admirabilia
(fin. 4, 27), teils durch Mirabilia (acad. 2, 44.
Sen. ep. 81. Quint. 9, 2, 23) überjegt hat, eine
rednerijche Ausführung von 6 ftoiichen Sätzen. —
Seit der alerandrinijchen Zeit bezeichnet IIepd-
dofa eine eigene Art Schriften: Exrcerpte aus
älteren naturgejchichtlichen und hiftorijhen Werfen
über merkwürdige Begebenheiten aller Art, nad
ber Ahnlichteit des Inhalts zujammengeftellt. Ein
derartiges Werk lieferte don Kallimahos; zu
diejen Schriftitellern, [Iagudofoypdpo: genannt,
ehörten auch Antigonos, Athenaios, yıfilos,
yſimachos, Ariftoteles, Piellos u. a. Ausgaben
der Paradorographen von Weitermann (1839) und
D. Keller (rerum naturalium seriptores Graeci
minores, vol. I. 1877).
IIageygagn |. Prozels, 7.
Paraibätes. /Iagußdrns, 1) ein griechijcher
Philojoph aus der Schule der jüngeren Kyrenaller,
welche von Antipater ausgegangen war. — 2) ein
Spartaner, der in Sicilien im Kampfe mit den
Einwohnern von Egeita jeinen Tod fand. Hdt.5, 46.
Paraitaköne, /Iagaannen), von dem perfiichen
parvatafa, d. h. gebirgig, Name ji Sebirgs:
landichaften: 1) zwijchen Medien und Berfis. Adt.
1,101. Arr. 3, 19, 2. Strab. 11, 522. 524 u. Ö.;
— 2) zwijchen dem oberen Oros und Jaxartes,
im öftlihen Baltrien und Sogdiana. Arr. 4, 217.
Paraitonion, J/lag«ırörıor, oder Ammonıa,
888
n Auucovice, fefte und bedeutende Hafenftabt in
Marmarife, unmeit der ägyptiſchen Grenze, weit:
lih vom Catabathmus minor, 40 Stadien im
Umfang; in der Kaiſerzeit zerfallen, von Juſtinian
wiederhergeftellt; j. Kasr Medſched. Strab. 17, 799.
Ilagazatraßorn |. Prozels, 5.
Paralia, /Iagakde, ein Dijtrift in Attila, von
Halai Aironides bis Prafiai an der Küfte jich er:
jtredend, deilen Bewohner Tciochkot) neben den
TIsdieior und Aicixotot zur Zeit des Peiſiſtratos
eine der 3 politischen Parteien (j. Parteien)
Attikas bildeten. Thuc. 2,58. 3,92. Vgl. Attika,
6. 18,
Tagdkıoı j. 1) Parteien. — 2) j. Para-
los, 2.
Parälos, IIdgakog, 1)j. Paralia. — 2) Küſten—
ftrich der Malier in Thefjalien, deſſen Bewohner,
IIegalıoı, Thufydides (3, 92) nennt. — 3) II.
veög (auf Inſchriften ITegakle), ein zu den Ocw-
olcı (j. d.) und andern gotteödienftlichen Sen:
dungen verwendetes heiliges Schiff (Dreiruderer),
wozu jpäter noch ein zweites hinzutam, das wie
das erjte auch bei Staatöbotichaften und im Kriege
als Feldherrnichiff diente. Dies letztere hie nad)
jeinem Standort Salaminia, nad feiner Haupt:
beftimmung Delia oder Theoris, das erjtere Bar:
alos, weil es bei Sunion vor Anker lag. Neben
ihnen werden die Inkıdg und in jpäterer Zeit
noch die Ammonis, Untigonis und Demetrias ge:
nannt. Die Mannſchaft (mdpaioı und mapeiireı)
beitand aus athenifchen Bürgern und war jehr
demofratiich gefinnt. Thuec. 8, 73. — 4) Jüngſter
Sohn des Perikles. Plut. Per. 24. 36.
a«gavoaov yoapn |. Ieapn, 4.
TTegdvvugpos |. Ehe, 4.
Parapotamioi j. Phokis, 3.
Ilagangsoßeias yoapn dieß die Klage gegen
Gejandte, welche als jolche ihr Amt verlegt, Alkhe
Berichte eritattet, ſich hatten bejtechen laſſen u. j. w.
Sie war ſchätzbar und wurde vor den Euthynen
verhandelt. Belannt ift des Demofthenes Klage
rapanpeoßelag gegen Wilchines und deſſen Ber:
teidigungsrebe.
Parasangen j. Malse.
Parasitos, rapdoırog, conviva, Tijchgenofie,
urjprünglich eine allgemeine Bezeichnung von Ge:
hülfen der Beamten, welche wahrjcheinlich daher
rührte, daß fie mit dieſen auf öffentliche Koften
gejpeift wurden. Demnächſt fommen hier und da
Barafiten als Gehülfen und Unterbeamte der
Priefter (vgl. bei den Römern die septemviri
epulones) vor, denen unter andern namentlich
die Einfammlung der Getreidelieferungen, die den
Tempeln entweder von den PBächtern ihrer Län—
dereien oder jonft woher zufamen und in eigenen
Gebäuden (magasirıe) aufbewahrt worden zu fein
iheinen, die VBejorgung gewiſſer Opfer mit den
Priejtern, die Ausrichtung von Feitichmäufen und
dergleichen oblag. Gewählt wurden fie von ben
Demen, welchen die Tempel angehörten; man ent-
Ilagaxaraßoin — Paris.
von Alexis (j. d.) und am vollftändigften von
Diphilos (ſ. d.) ausgebildet worden ſein; nach—
geahmt ift er im Curculio des Plautus und im
Phormio des Terenz. Bon den beiden gewöhn—
lichiten Gattungen der Parafiten, die für ein gutes
Gericht und eine ledere Bewirtung (j. Mahlzei-
ten, 2.) fi) zur Zielſcheibe des ausgelafjenften
Spottes machen oder ji die jchmadvollite Be—
handlung des Wirts umd feiner Gäfte gefallen und
zu jedem Dienjte benugen ließen, ijt die der Wiß-
bolde oder Hofnarren, ridiculi oder derisores,
deren treffende Bemerkungen und artige Bonmots
(drouvnuoveuuere, &ropdiyuere, yeLoia) ſelbſt
aufbewahrt zu werben pflegten, noch zu unterjcheiden.
Hagaoxyvıa |. Theatron, 8.
Ilagaoras, ago60ras |. Haus, 3.
Hegdorasız |. Prozels, 5. und Jıcı-
tur.
Parcae j. Moira, 4,
ITagedgoı, Beifiger verjchiedener Behörden,
z. B. der 3 oberen Archonten und der Euthunen.
Hageyygarroı (Eindringlinge) j. Sywoı.
Parentalia j. Feralia.
Paries j. Haus, 10.
Parilia j. Palilia.
Parfon, Jldgıov, Stadt am sHellespont in
Mojien norböftlih von Lampſakos, jeit Auguft
römijche Kolonie, j. Kamarae. Als merkwürdig er:
wähnt Strabon die Familie der ögıoyeveis, Die
in Rapport mit den Schlangen jtanden und den
Biß derielben durch bloße Berührung beilten.
Hdt. 6, 117. Xen. An. 7, 2, 7. Strab. 13, 588.
Paris oder Alexandros, IIdgıs, 'A1lEaröpos,
—— Sohn des Priamos und der Helabe. Seiner
utter hatte (nach der erjt bei den Tragikern fich
findenden Sage) vor feiner Geburt geträumt, fie
habe einen Feuerbrand geboren, der Flammen über
ganz Troja verbreite. Da diefer Traum gedeutet
wurde, ihr Sohn werde feiner Vaterſtadt den
Untergang bereiten, jo wurde er nad jeiner Ge—
burt von Priamos einem Hirten Agelos über:
geben, um ihn auf dem Ida auszuſetzen; als diejer
aber das Kind, das von einer Bärin gejäugt
worden war, am fünften Tage wohlbehalten fand,
erzog er es mit jeinem eigenen Kinde und nannte
es Paris. Den Namen Alerandros (Männerabweh:
rer) erhielt der Knabe, weil er, herangewadjen,
Herden und Hirten tapfer verteidigte. Auf dem
Ida vermäblte er fi mit Dinone, der Tochter
bes Frlußgottes Kebren, einer — und ver⸗
lebte mit ihr in der Einſamkeit ſchöne Tage des
Glücks. Als der jugendliche Hirt einſt einen Opfer—
ſtier zu einem Opferfeſte nach Troja brachte, wurde
er von ſeinen Eltern entdeckt und anerkannt und
verblieb nun in Troja. Hygin. fab. 91. Nicht
lange darauf wurde er durch den Raub der Selena
die Veranlaffung zum trojaniichen Kriege. Als
nämlich auf der Hochzeit des Welens und der
Thetis die Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite
ih um den Apfel der Eris und um die Ehre der
zog Sich ſolchem Amte gern, da es mandhe Ve: höchſten Schönheit ſtritten, wurden fie auf Befehl
ſchwerde mit ſich brachte, konnte aucd zu wieder: |
des Zeus durch Hermes auf den Gargarod, einen
holter Annahme nicht gezwungen werden. — Eine | Zeil des da, geführt, damit Paris, der damals
ganz andere Bedeutung erhielt diejer Name durch
den in der neueren attijchen Komödie ausgebildeten
Charakter, ähnlic) dem des Schmeichlers, xöl«E,
adulator, in der älteren Komödie. Er joll mit
Zugrundelegung des jieiliihen Parafiten zuerft
noch dort jeine Herden weidete, den Streit ent:
icheide. Sera verſprach ihm Herrichaft und Reich:
tum, Athene Weisheit und Ruhm, Aphrodite das
ſchönſte Weib. Er jprach der Aphrodite den Apfel
zu. Dadurch wurden Hera und Athene die er:
Parium chronicon — Parmenion.
bittertiten Feinde Trojas. Hom. Il. 24, 28. Eur.
Iphig. Aul. 1289. Troad. 925. Andr. 284. Hel. 23.
Mit Aphrodites Hülfe entführte nun Paris die
Helena, das ihönfte Weib, die Gemahlin bes
Menelaos, von dem er auf einer Neije nad
Griechenland gaftlich aufgenommen worden tar,
aus Sparta und brachte jie mit dem zugleich ge:
raubten Schägen des Menelaos über Phoinikien
nach Troja. Hom. Il. 6, 290. Nach jpäterer Dar:
ftellung fam Helena gar nicht nad) Troja, jondern
blieb bei Proteus in Ägypten, während Zeus oder
Hera dem Baris ein der Helena ähnliches Trug:
bild mitgab. Eur. El. 1280. Hel. 38. 243. 584.
Hdt. 2, 118. 120. Bgl. hierüber Sengebujch, diss.
Hom. I p. 149 ff. Im trojanijchen Kriege zeichnet
fih Paris nicht befonders durch Tapferkeit aus;
er ift wohl des Krieges fundig und ein guter
Bogenſchütze, aber von unftetem Charakter, bald
mutig und herausfordernd, bald feig und weich
lich; Weiber und Saitenfpiel liegen ihm mehr am
Herzen als das ernfte Werk des Krieges. Homer
rühmt jeine Schönheit. Den Troern ift er ver-
haft als der Urheber des Krieges. Hom. 11.3, 16 ff.
6, 313 ff. 503 ff. 11, 369. 505. 581. Nachdent er
mit Hülfe des Apollon den Achilleus (j. d.) ge:
tötet, ward er felbit kurz vor der Eroberung von
Troja von Philoftetes mit einem Pfeile des He:
raffes verwundet. Soph. Phil. 1426. Er eilte zu
feiner verlafienen erften Gattin Dinone, die iön
früher vergebens von der Fahrt nach Sparta ab:
zubalten gejucht hatte, auf den ba, meil dieje
ihm einft verfprochen, ihn zu heilen, was fie allein
vermöchte; da aber dieje, über feine Treulofigkeit
erzürnt, die Heilung verjagte, ging er nad) Troja
zurüd und ftarb. Dinone, ihre Härte bereuend,
fommt zu fpät und erhängt fih. Mit Helena er:
zeugte er den Bunilos, Korythos, Agauos, Idaios
und eine Tochter, Helena. Korythos heißt auch
&. der Dinone. — Paris wird dargeftellt als un-
bärtiger Mann von jugendlich jchöner Geſtalt, mit
der phrygiihen Mütze.
Parium ehronicon s. marmor j. Paros.
Parma, I/I«gue, 1) Stadt der Bojer im cis:
padaniſchen Gallien zwiſchen Placentia und Mu-
tina, j. Parma, wurde 183 v. E. zur römischen
Kolonie erhoben (Liv. 39, 55), jeit welcher Zeit
ihre Bedeutung ftien, gefördert durch die Yage an
der Via Aemilia. In dem mutinenfiichen Kriege
litt auch P. bedeutend. Cic. Phil. 14, 3, 9. ad
fam. 10, 33,4. Die urjprünglid jumpfige Um:
gegend trodnete der Konſul Amilius Scaurus
aus; fie lieferte treffliche Wolle. Strab. 5, 216 f.
P. war die Heimat des Dichters Caſſius Par:
menfis, j. Cassii, 18. — 2) ſ. Waffen, 11.
Parmenides, IIapneriöng, aus einem ans
gejehenen und reichen Geichlechte zu Elea, blühend
zur Zeit der Perjerfriege, Schüler und Freund
des Zenophanes, nach einigen aud; Zuhörer des
Anarimander, jcheint in Gemeinjchaft mit jeinem
jüngeren Zeitgenofjen Zenon nad Athen gefom:
men und dort mit Sokrates belannt geworden zu
fein, der nicht bloß im Geſpräche mit ihm in dem
„Barmenides‘ betitelten Dialoge des Platon ein:
eführt, jondern auch von Sofrates „nad; homeri-
cher Ausdrudsweije‘ als aldoidg re dua Özıvög TE
bezeichnet wird. Jene Reife nach Athen muß 458
v. C. angejeht werben; doch fehlt uns davon wie
389
Kunde. Bei jeinen Mitbürgern ſtand er in hoher
Achtung, ihr Wohlftand wurde zu einem großen
Zeile feinen Gejegen zugejchrieben. Sein Leben
galt wegen erniter und ftrenger Sittlichleit als
ein Mufter. Seine Philoſophie hat er poetiſch
vorgetragen, Bruchitüde jind uns erhalten bei
Sertus Empiricus und Simplikios: das eritere,
größere unter denſelben ift ein allegoriicher Ein:
gang zu einem Gedichte wegl Pücewg, in daktyliſchem
Bersmaße, voll erhabenen Schwunges; das übrige
jcheint ſchmuckloſer und einfacher gewejen zu fein
(Cie. acad. pr. 23, 74 nennt jie minus bonos
versus). Er unterichied ein doppeltes Willen, das
des Dentens oder der Wahrheit, und das ber .
menschlichen Meinung. Empfinden und Denten
war ihm Eins, Erinnern und Bergefjen läßt er
aus diejen durch Mifchung entjtehen. Vorzugs—
weije beichäftigte er ſich mit dem Gegenjage von
Sein und Nichtjein; ihm ericheint es als not:
wendig, daß das Sagen und Denken das Seiende
ift, denn das Sein ift, aber das Nichts ift gar
nicht. Außer dem einen Sein ift nichts, es ift
weder entjtanden noch vergänglich, unteilbar, im
ſich abgeſchloſſen, feines andern bedürftig. Die
Welt der Erjcheinungen ift unerlennbar; nur das
auf das Sein gerichtete Denken hat Wahrheit, und
dasjenige Sein, welches des Denlens nicht teil:
haftig wird, fann nicht erfannt werden. „Eins
it das Denfen und das, worauf der Gedanke ſich
bezieht; denn nicht ohne das Seiende, in welchem
es fih ausſpricht, wirft du das Denten finden,
denn e3 ift nichts anderes und wird nichts anderes
jein außer dem Geienden.” Toöröôr dorı voriv
te anal obvener dorı vonun’ ob yüp Ävev roü
Zövrog, dr & negarıoufrov Loriv, sbgrjarıs ro
voeiv‘ obötr yao 7) Eorım 1) Eoraı Ällo mugik
roũ Zorrog. Bon Zenon und den andern Eleaten
find dieſe Beftimmungen weiter ausgebildet und
fortgeführt worden. — Fragmente zugleich mit
denen der übrigen Eleaten gefammelt von Braudis,
commentatt. Kleat.p. 1 (1813), ©. Karften (1835)
und Mullad) (1845).
Parmenion, Ilagusrior, 1) Sohn des Phi:
lotas, aus edlem makedoniſchem Geſchlecht, ſchon
unter Philipp ein bewährter Feldherr, beſiegte
356 v. C. die Dardaner, belagerte 347 Halos in
Phthiotis, verhandelte mit den Athenern über den
Frieden und beſetzte im J. 343 Euboia. Im
J. 336 wurde er zugleich mit Attalos nach Aſien
vorausgeſandt, um die griechiſchen Städte frei zu
machen und den Krieg gegen Perſien vorzuberei—
ten. Diod. Sie. 16, 91. 98. 17, 2. Arr. 2, 14.
Just. 9,5. Als Alerander jelbft nach Ajien ge:
fommen war, führte Barmenion das Fußvolf, jein
Sohn Philotas die maledoniſche Reiterei. Er
widerriet die Schlaht am Granilos, eroberte
Phrygien und vereinigte ſich in Gordion wieder
mit Alerander. Stets zur Borficht und Mäßigung
ermahnend, warnte er den König vor dem Arzte
Philippos und riet wiederholt, die frriedensaner:
bietungen des Berjerfönigs anzunehmen. Plut.
Alex. 29. 32. Bei Arbela riet er dem König zu
einem Angriff bei Nacht; in der Schlacht führte
er zwar wieder den linken Flügel, jcheint aber
nicht ganz jeine Schuldigfeit gethban zu haben,
weshalb ihm Alerander zwar das reiche 2 des
Bagoas jchenfte, aber bei dem weiteren Zuge ihn
von dem übrigen Leben des P. alle genauere jals Statthalter in Ekbatana zurüdlien. Plut.
80
Alex. 33. Zwar tadelte Parmenion den Stolz
und den Hochmut feines Sohnes Philotas, doc
teilte er ohne Zweifel mit den meiften vornehmen
Makedoniern die Unzufriedenheit mit der Vorliebe
Aleranders für morgenländijches Weſen. Als daher
Philotas hingerichtet war, glaubte Alerander aud)
dem Vater nicht mehr trauen zu können, und ließ
ihn durch Vertraute aus dem Wege räumen, 330.
Curt. 7,2. Diod. Sie, 17, 80, Just. 12, 5. Plut.
Alex. 49. Arr. 3, 26. — 2) ein griechiicher Epi—
grammendichter aus Makedonien, von defien Ge:
dichten einige in der griechiichen Anthologie ſich
vorfinden. lebte wahrjcheinlich unter Auguſtus.
— 3) ein Arditeft, den Alerander der Gr. bei
der Erbauung von Alerandreia gebraucht und der
das Gerapeion erbaut haben joll.
Parmeniskos, IIcgusvioxos, 1) ein Pytha—
goreer aus Metapontum. — 2) ein Grammatiter
und Erflärer des Homer, auch der Tragifer und des
Nratos; neben Ariftophanes und Nriftarchos genannt
und vermutlich des leßteren Zeitgenoſſe und Schüler.
Parmenon, Ilagufror, 1) ein griech. Jamben:
dichter, von deflen Gedichten uns ein Bruchitüd
erhalten ift (abgedr. bei Meineke, poet. choliumb.
p. 145 ff); — 2) aus Rhodos, Berfafler einer
Kochkunft, uaysıgınn didaanakla, — 3) ein Gram—
matiler, Verfaſſer einer Schrift msel dıaliuzov.
Parnassides fi. Musae.
Parnassos, IIagvasodg oder Ilapraoos, ion.
Ilegrnoös, ein dem Mpollon, Dionyfos und den
Muſen gehziligtes Gebirge, von den Dichtern als
dupekög yüg (Pind. pyth. 4, 74. 6, 3) betrachtet,
begreift im weiteren Sinne die durch Doris und
Pholis vom Dite hinftreichende Gebirgstette, welche
unter dem Namen Kirphis (j. Sumaliaes am
Thal von Dhiftomo) zwiſchen Kirrha und Anti:
firrha am Korinthiichen Meerbujen endigt. Im
engeren Sinne bezeichnet ®. nur den höchſten
Kamm (2460 m) des Gebirges mit den beiden Spigen
Tıtogea (Hat. 8, 32) im NW. und Auxagsın
oder "Tauein (Hdt. 8, 39) im SO. in der Nähe
von Delphoi mit der Koryfiichen Höhle. Nach
dieſen Spitzen heißt der ®. oft der zmweigipflige,
zweilöpfige. Or. met. 1, 316. 2, 221. 228m ober:
halb Delphoi und 572m über dem Meere liegen
die Felſen Daudgırdörg, von wo die Gottesläfterer
und Tempelräuber hinabgeftürzt wurden. Die
Gipfel find fait ftet3 mit Schnee bededt, dann
folgt reichlicher Kiefern und Tannenwald und am
Kurbe Lorbeer, Myrten: und Olbäume. Der ®.
hat viele Klüfte und Abgründe, in denjelben das
delphiſche Dralel, die Kaftaliihe Duelle. Eine
tiefe Thaljchlucht zwiſchen Parnaſſos und Kirphis
durchftrömt der Pleiftos, und es führte dort Der
Weg nad Daulis und Stiris. Durch das Zu—
fanmentreffen dreier Straßen entjtand die syıorn
ödös, wo Didipns feinen Vater Laios erjchlug.
Soph. ©. T. 716. 800. Paus. 9, 2, 3. 10, 5, 2.
Der Barn. führt noch jebt den alten Namen; ein
Teil heißt Liakura.
Parnös, ö und n Ildovng (Gen. -n®og), bis
über 1410m auffteigendes waldiges Gebirge im
nördlichen Teile Attilas, eine bis zur See bei
Rhamnus fich hinziehende Fortſetzung des Kithai-
ron, befonders wald: und wildreih. Über den
weſtlichen Teil führte ein von Boiotien her Teicht
zu erfteigender Vaß, von defien Befeftigungen fich
nod Spuren finden. Auf dem Gipfel jtanden die
re, ee — — — ——— — —— ——— — — —
Parmeniskos — Paros.
eherne Bildſäule des Zeus Parthenios und ein
Altar des Zeus Inunlfog, an dem man das be:
voritehende Wetter vorausjagen zu können meinte.
Sept heißt der P. Ozea, Nozea. Strab. 9, 404.
Paus. 1, 32, 1. gl. au Attika, 1.
Parnön, IIceovorv, Gebirge jüdlih vom Par:
theniosgebirge an der Vatonikh - Tipgentiichen und
ber tegeatijchen Grenze, etwa 2000 hoch; j. Ma:
levo. Sein jüdöftlichfter Ausläufer ift das be-
rüchtigte Borgebirge Malen (j. d.).
II@g0xos |. Ehe, 4.
Parodia, TIagwdi«, Umdichtung allgemein be:
fannter und berühmter Gedichte, a daß bei ge:
ringer Veränderung der Worte doch ein ganz
anderer Sinn, und zwar ftatt des erhabenen ein
gemeiner und lächerlicher hervorgeht. Am meiiten
wurden zu foldhen Verkehrungen ind Kleinliche
und Niedrige die allbefannten homerijchen Ge—
dichte verwendet. Das ältefte, wenigitens an die
Parodie ftreifende Beifpiel der Art, das uns be-
kannt ift, ift ein Fragment des Afios in elegiſchem
Versmaße (Athen. 3, 125d); der eigentliche Be:
gründer der Barodie aber ift Hipponar, bei dem
wahricheinlich einzelne Barodien jelbftändige Ganze
bildeten. Die Batrahomyomadjie, die ſich unter
den homeriſchen Gedichten findet, fällt wahrichein:
li ins 5. Jahrh. v. E. und hat nichts Satiriſches,
wie die parodiichen Gedichte des Aſios und Hip-
ponar. Die attiiche Komödie zog den ganzen Kreis
der Poeſie zur Parodie heran, namentlidy finden
fih bei Ariftophanes eine Menge von zum Teil
föftlich parodierten Berjen des Euripides, Aiſchy—
(08, der Dithyrambographen u. a. Die Überrefte
der griech. Barodiendichter find gefammelt im Cor-
pusculum poesis epicae graecae ludibundae, edd.
Brandt et Wachsmuth (1885—88. 2 Bbb.). —
Die römische Litteratur hat Weniges auf diejem
Gebiete aufzuweiſen.
ITdgodos |. Choros und Theatron, 7.
Paropamisos, Ilagor&urcog, richtiger IIxge-
rdvıcog, auch Caucasus Indious genannt, j. Hindu⸗
Kuſch, bedeutendes Gebirge ſüdlich von Baltrien,
mit Gipfeln bis zu 7000m und mit den jüdlichen
Oxosquellen. Die Landicdhaften auf beiden Ab:
hängen bildeten in der Seleufidenzeit die Satrapie
der Parapanijaden, mit der Hauptſtadt Orto—
ipäna oder Klabura (j. Rabul) im oberen Thal
des Kophen (j. Kabul). Arr. 4,22, 4. 6, 3, 2f. 5,3.
Strab. 15, 723 ff.
Paröpos, IIdewros, Stadt auf Sicilien, ſüd—
lich von Banormos, wo Hamilfar im erſten puni—
chen Kriege fiegreich die römischen Bundesgenofien
überfiel und 4000 berielben tötete. Pol. 1, 24, 4.
TNaoweeäreaı hießen die älteften Bewohner
des ſüdlichſten Elis, zwiſchen Alpheios und Neda,
welche von den Minyern, die jelbft von den Spar:
tiaten bedrängt waren, vertrieben wurden. Hät.
4, 148. Strab. 8, 336.
Paroreia oder -&a, Ilapwerız, Ilapwepia,
1) Ortichaft im füdlichen Arkadien, nach der Grün:
dung von Megalopolis verjchtwunden. Paus. 8, 27,3.
35, 6. — 2) bei Livius (39, 27 und 42, 51) ein
Ort in Thrakien an der Grenze Makedoniens.
Paros, IIdeos, nod) j. Baros, eine der größeren
Kylladeninjeln zwiſchen Naros und Dliaros, Delos
und Jos gelegen, etwa 5 IM. groß, mit ber
Hauptſtadt gl. N. (j. Parilia), dem Sn n Aſo—
908 und dem Berge Marpeija (j. St. Elias);
Parrhbasia — Parteien.
berühmt burch ihren weißen, trefflihen Marmor
(Hor. od. 1, 19, 6) und ald Geburtsort des Jam:
bendichterd Archilochos. Hor. ep. 1, 19, 23. Ans
fangs von Aretern und Wrkadiern, dann von
Joniern bewohnt, blühte P. rajch empor und ent:
jendete Kolonien, wie nad) Thajos (Thuc. 4, 104),
Parion und PBharos. Strab. 10, 487. Bur Beit
des ioniſchen Aufftandes erjcheint P. unter der
Hegemonie von Naros (Hdt. 5, 31), ward dann |
aber wieder jelbftändig und verteidigte fich mit
Erfolg gegen Miltiades. Hdt. 6,133. Nep. Milt. 7.
Bald wurden indes die Parier zinspflichtige Bun-
besgenofjen der Athener (nad der Schähung vor
425 dv. E. zahlte die Inſel 30 Talente jährlich,
ein Beweis von dem hohen Wohlitand) und ver:
ihwinden jo allmählih aus der Geſchichte. Hat.
8, 112. — Auch ift die Inſel merfwürdig durch
eine 1627 hier entdedte Marmortafel, die ber
englische Lord Thomas Arundel kaufte und in
feinem Garten in England aufftellen lieh, bis,
nachdem fie bejhädigt und ein Teil abhanden
efommen war, fein Enfel Henry Howard 1667
e an die Univerfität zu Oxford jchentte, wo jie
fich noch befindet. Died chronicum oder mar-
mor Parium (Marm. Arundelia, Oxoniensia)
ift eine Marmortafel, jebt 2 Fuß 1 Boll breit,
auf der linken Seite 3 Fuß 7 Zoll, auf der red:
ten 2 Fuß 11 Boll hoch, und enthält in 93 teil-
weiſe nicht vollftändigen Beilen in attijcher, felten
ionischer Sprache die Hauptereigniffe der politischen
und litterariichen Geichichte der Hellenen von Ke—
frops bis auf den attifchen Archonten Diognetos
(den pariſchen Archonten Aſtyanax oder Euryanar,
263/2 v. E.), dazwiſchen liegen 1318 Jahre; das
vorhandene Stüd reicht aber nur bis zum Jahre
354. Troß des Fehlens mancher wichtigen Daten,
Namen und Ereignifje, z. B. der Argonautenfahrt,
des —— der meſſeniſchen, des peloponneſiſchen
Krieges, des Pindaros u. ſ. w., iſt es wahrſchein—
lich, daß dies Verzeichnis für Schulzwecke an—
gelegt worden iſt. Die Zeitbeſtimmungen werden
nicht nach Olympiaden, ſondern nach attiſchen
Königen und Archonten angegeben. Die hiſtori—
ihen Quellen find attiſche Echriftjteller und be-
ſonders Timaios. Ungeachtet mancher Schwierig:
keiten der Chronologie iſt an der Echtheit nicht
a zweifeln und die Ehronif eine überaus wichtige
rfunde für Chronologie und Geichichte des Alter:
tums. Befte Ausgaben von Boedh, Corp. Inser,
Graec. Il p. 293 fj., Müller, fragm. hist. Graec. |
p. 533 ff., und lach (1884). Abh. von Dopp (1883).
Parrhasia, /Iagpaole, bei Homer (Il.2, 608)
eine Stadt, jpäter eine 8 Städte, namentlich Ly—
fojura, das als die Ältefte Stadt der Erbe galt,
umfafjende Landichaft des jüdlichen Arladiens.
Thuc. 5, 33. Xen. Hell. 7, 1, 28. Strab. 8, 388.
Paus. 8, 27, 4. Bon den Mantineiern unterwor:
fen, erhielten die PBarrhajier durch die Lakedai—
monier ihre Selbftändigfeit zurüd. Thuc. 5, 33.
ParrhasYos, I/Iapgdoıog, einer der berühmte:
ften Maler Griechenlands, Sohn des Euenor, aus
Ephejos, Zeitgenofje und Nebenbuhler des Zeuris,
wird von einigen zum Zeitgenofien des Pheidias
gemacht, blühte aber wahrſcheinlich nach dem pelo:
ponnejischen Kriege, 400— 380 v. E. Nach dem
Zeugniffe des Plinius (35, 10, 36) zeichnete er fich
durch große Bielfeitigleit und Erweiterung des Um—
fangs der malerischen Darftellungen aus, brachte
891
zuerft Ebenmah in diejelben und mwuhte Lebhaf—
tigfeit de3 Ausdruds und Anmut in dem Mienen:
ſpiel und der Gefichtsbildung herborzurufen Auch
bewunderte man an ihm feine genaue Beobachtung
der zarteften Verhältniffe, die jaubere Ausführung
aller Teile und die Schärfe und Richtigkeit der
Umrifje; in der anatomischen Behandlung joll er
dagegen weniger forgfältig gemwejen fein. Er war
fehr übermütig und ftolz, trug einen Burpurmantel,
eine Krone und einen goldverzierten Stab; be:
fannt ift auch feine Außerung, als er im Wett:
ftreit mit Timanthes aus Samos unterlag, in
dem Gemälde, das den Aias im Kampfe mit
Odyſſeus um Achilles’ Waffen darftellte („es thue
ihm leid, daß Nias abermals von einem Unwür—
digen befiegt jei“), jowie fein Wettftreit mit dem
Beuris, deſſen gemalte Weintrauben die Bögel
herbeilodten, den er aber wieder ſelbſt durch den
gemalten Vorhang täuſchte. Das Altertum nannte
eine Reihe der ſchätzbarſten Arbeiten von lei
manche müjlen auch in Rom zur Zeit der Sailer:
herrichaft fich befunden und als anregende Muſter
für nacdeifernde Künſtler (Quint. 12, 10, 4) ge:
dient rg Vol. über ihn Brunn, Geichichte der
griechiichen Künftler II ©. 97 ff.
Parrieidium. urjprünglich patrieidium, eigent:
li) VBatermord, dann auch Mord der Mutter und
ber nächſten Verwandten, in welchem weiteren
Sinne die lex Pompeia das Wort nimmt. Die
quaestores parricidii richteten über dieſes Ber:
gehen, zuweilen auch über verwandte Verbrechen,
welche —* an dieſen Gerichtshof gewieſen
wurden. Seit Sulla war das parricidium an die
quaestio übergegangen, welde über Mord (de
sicariis) entichted. Die Strafe war Erfjäufen im
einem ledernen Sad, in welchem außer dem er:
brecher ein Hund, ein Hahn, ein Affe und eine
Schlange eingenäht wurden. Dieje Strafe wurde
nad) der lex Pompeia (55 vd. E.) für die Ermor:
dung der Eltern und Großeltern beibehalten, für
den Mord anderer Verwandten und des patronus
ward die aquae et ignis interdietio beftimmt.
So blieb es die Kaiferzeit hindurch, bis Eonftantin
auch den Kindesmord mit der härteren Strafe be-
legte. Hauptquelle ift Ciceros Rede für Sertus
Rofcius von Ameria.
arteien, I) in Athen. Die Zerrüttung der
athenifchen Staatsverhältnifje, durch welche die
drafoniiche Berfaffung hervorgerufen wurde, war
dadurch bejonders nerährlich für das Beftehen der
alten Berfaffung und der Staatseinheit geworden,
daß die Parteien fich lokal gruppierten, indem die
verſchiedenen Intereſſen der verichiedenen Bejchaffen-
heit des Landes folgten. Es find dies die 3 Par-
teien der Bediaier, auch wedıris, medıanoi (aus
der fruchtbaren Ebene, medıds, vgl. über die Lo:
falitäten Attika, 6.), welche an der oligarchiichen
Verfaſſung fefthielten, der Paralier (magalia,
der Küftenftrich zwijchen Athen und Sunton), die
gemäßigte Partei, und der Diafrier ober Hy—
verafrier (Bergland, der größte Teil der Oſtküſte),
die eine demokratiſche Berfaffung erftrebten. Nach—
dem der kyloniſche Aufftand den Leidenichaften auf
einige Zeit, wie es fcheint, eine andere Richtung
gegeben, brach der alte Parteikampf bald wieder
mit jolcher Heftigfeit aus, da; man, um den Staat
vor dem Untergange zu bewahren, die Rettung
desjelben dem Solon anvertraute. Der nach Solong
892 Partheni —
Abreife von Athen erneute Kampf brachte endlich
den Beififtratos, der fi) ganz auf die Demokratie
ftüßte, an die Spike des Staats. Seinem fraft:
vollen Regimente gelang es, die alten Parteien
niederzubalten umd die Staatseinheit feit zu be-
gründen. — Il) In Rom gab es urjprünglic
feine Parteien; die patriciichen Familien bildeten
den populus und den Staat; Klienten und Ple—
bejer hatten freilich ftaatliche Pflichten, aber feine
ftaatlichen Nechte. Selbſt, ald Servius Tullius
die leßteren durch jeine Geſetzgebung als Staats:
bürger hinftellte, wurde jolche Vergünftigung nur
ſtillſchweigend von jeiten der Patricier ertragen,
im übrigen von ihnen nicht anerfannt. Nach
der Vertreibung der Könige waren fie jedoch, um
ihrer Unterftügug ficher zu fein, gezwungen, die
Plebejer in jtaatsrechtlicher Stellung anzuerkennen.
Bald aber fingen WBarteibeftrebungen an, jene,
möglichit viele Vorrechte für fich zu bewahren,
dieje, diejelben zu bejeitigen und ftaatliche Gleich:
jtellung beider Stände zu erjtreben. Nach einzel-
nen Errungenichaften führten die leges Lieiniae
Sestiae vom 9. 366 v. E. an joldye Rechtsgleich—
ftellung herbei, einzelne noch zähe feitgehaltene
Vorrechte der Patricier verfchwanden allmählich
in notwendiger Folge. Von da au bildete ſich
der Amtsadel (nobilitas, j. Nobiles), zugleich
aber mehrte fi) die Mafle des Broletariats in
immer mehr ftaatsgefährlicher Weile, der befitende
Mittelftand (Bauern) war allmählich verichwunden.
Nachdem die Gracchen 133—121 v. C. die feind:
id gegenüberjtehenden Parteien der Reichen und
Armen durch Wiederherftellung des Bauernftandes
vergeblich auszugleichen unternommen hatten, und
dic optimates ſich jchnöde ihres Sieges über:
hoben, fehlten dem befiglojen Ptoletariat auch nicht
die Führer. Doch unterlag die demokratiſche
Partei (populares) des Marius und Cinna dem
Verteidiger der Ariftolratie (optimates), Sulla,
aber jchon Cäſar nahm den Kampf der Parteien
wieder auf und bejiegte die letzte Kraft der Arijto-
fratie unter Pompejus. Nun galt es den Kampf
zwijchen den beiden Barteien der Republifaner
und derjenigen, welde die Monarchie als ein:
zige Rettung aus den Leiden der Bürgerfriege
erachteten. Octavian und Antonius waren nicht
mehr Führer ftaatlicyer Barteien, jondern kämpften
beide für ihr perjönlicdyes Intereſſe; der eritere
führte jchliehlich das Kaijerreich herbei, und wenn:
gleich noch republikaniſche Ziele in einzelnen Män-
nern hervortraten, handelte es fich doch im ganzen
nach feiter Begründung der Monarchie durch das
juliſch-claudiſche Geſchlecht nur um Barteinahme
für die verſchiedenen Kronprätendenten. — Über
die Parteien des Circus ſ. Factiones.
Parthöni j. Parthini.
Parthenia j. Lyrische Poesie, 5.
Partheniai j. Messenische Kriege und
Phalanthos.
Parthenion, /Iag#irıor, 1) öfter vortommen-
der Städtename; bejonders zu merfen ift die Stadt
d. N. in Myſien, jüdöjtlih von Pergamon nad)
Apollonia hin gelegen. Xen, An. 7, 8, 15. 21.
— 2) Gebirge an der Grenze von Argolis und
Arladien (ij. Roinos), wojelbit man das Heilig:
tum des Ban zeigte, der kurz dor der Schlacht
bei Marathon dem Boten der Athener, Pheidip-
pides, hier erjhienen war. Hdt. 6, 105.
Parthenopaios.
Parthenios. /Iagterıog, 1) Fluß Paphlago—
niens (j. Bartinstichai), der auf dem Dlaafins
entiprang, gegen Bithynien die Grenze bildete
und weſtlich von Amajtris ins Meer fiel. Hat.
2, 104. Xen. An. 5, 6. 9. Strab. 12, 543. —
2) Sohn des Herafleides und der Eudora aus
Nilaia in Bithynien, fam, im mithridatiichen
Kriege gefangen genommen, im J. 72 v. E. nad)
Rom, erhielt aber feine Freiheit und lebte dann
einige Zeit in Neapel, wo Bergil feinen Unter:
richt im Griechifchen genoß, jpäter in Rom, mo
er den Beifall des —5 — Tiberius fand (Suet.
Tib. 70) und mit dem Elegifer Cornelius Gallus
in ein freundichaftliches Verhältnis trat. Als
dheyeıomordg xul uErgwr diapögwr moımnenig be:
— ihn Suidas, und auf Elegien deuten auch
ie Titel der unter ſeinem Namen angeführten
Werke. So Aoijriye Zminrjdcıov (Arete war ſeine
Gemahlin) in 3 Büchern, desgleichen ein Zmuxsj-
derov eig Abkißenv und eins &lg "Aozelaide,
Aypeoditn, Bias, Ankos, Kowraydpas, Aruınddını,
Avdinnn, "Ipınkog, 'Hoankis, "Turog mooneurrı-
»ög und ein Gedicht (Murrwrög), das Bergil bei
der Abfafjung des Moretum vor Augen gehabt
haben jol. Die Abfaffung von Merauoppassıs
bleibt unfiher. Wohl aber ift unter Parthenios’
Namen ein Werk ’Epwrıxa (oder mepl dowrırwr
zadnudror) auf und gelommen, weldes 36 pro-
faiiche Erzählungen von Liebenden enthält, die ein
unglüdliches Ende genommen haben (Husgg. von
Heyne, 1798, Paſſow, 1824, U. Weftermann in
jeinen Mythogr., 1843, und U. Meinefe in defien
Analecta Alexandrina, 1843). Dem Cornelius
Gallus wollte er damit Stoff zu epiichen Erzäh—
lungen und zu Elegien darbieten. Da Parthenios
jeine Gewährsmänner und die benugten Schriften
bei den meiften Erzählungen genau anführt, io
gibt er zur Kenntnis der alerandriniichen Dichter
und Grammatifer einen jchäßbaren Beitrag und
liefert wertvolle Fragmente. Dem Charakter jener
Alerandriner gemäß, zu deren jüngften Repräſen—
tanten er gehört, juchte er entlegene Mythen, die
ihm Gelegenheit gaben, mit Gelehrjamkeit zu prun-
fen. — 3) Einen Grammatiler dieſes Namens
nennt Suidas Schüler des Dionyſios von Ale—
randreia; er muß alfo im 1. Jahrh. u. E. gelebt
haben. Eine Schrift megl rar raga roig oım-
raig Atkewr Inrovuere führt Athenaios öfter an.
— 4) Einen epiichen Dichter diejes Namens aus
Chios nennt Suidas gar einen Nachkommen Homers
und erzählt, er habe den Beinamen Chaos gehabt,
wahricheinlich wegen jeiner verworrenen und un:
Haren Darftellung. — 5) ein Höfling des Kaijers
Domitian, genoß große Gunft beim Kaijer, nahm
aber nichtsdeftomwiger teil an der Verſchwörung,
welhe den Tod desſelben herbeiführte. Suet.
Dom.16f. Er beförderte die Thronbejteigung des
Nerva, fand aber bei einem Aufſtande der Sol:
daten gegen die Mörder Domitians den Tod.
Eutr. 8, 1.
Parthönon j. Attika, 10. und Baukünst-
ler, 6.
Parthenopaios, IIag®evona«iog, einer der Sie:
ben gegen Theben, vor Theben erichlagen durch
Aiphodilos oder Amphiditos oder Perikiymenos.
Er war Sohn des Ares oder des Meilanion oder
des Meleagros und der Atalante, oder nad) älterer
Sage des Talaos und der Lyfimache, aljo Bruder
Partbenope
des Abdraftod. Mit der Nymphe Klymene zeugte
er den mit den Epigonen gegen Theben ziehenden
Promad)os (oder Stratolaos). Apollod. 3, 6, 3. 8.
7,2. Paus. 9, 18, 6.
Parthenöpe ſ. Seirenen und Neapolis.
Parthönos, Tlag®&vos, j. Pallas Athene, 1.
ParthYa, /Iegdla, Ilag®vale, Ilagdvnvn, alt:
perſiſch Parthava. I. Geographie. Parthien ift
eine Landſchaft in Iran, die im D. an Margiana
und Areia, im N. und ©. an Wüſten, im W. an
Hyrlanien und Medien grenzt, aljo das h. Cho:
raſau. Zu den 3 Gebieten: Barthyene (im engeren
Sinn), Aftauene (im NW.) und Apauartifene (Pa—
rautifene), famen jpäter von Medien noch Komijene
(j. Kumis) und Choarene (j. Khuar) hinzu. Den
nördlichen Teil des Landes durchziehen verichiebene
Gebirge: der Jaſonios (j. Demamwend) gegen
Hyrkanien, die Sariphiichen Berge in der Mitte,
der Masdoranos (j. Musderan) gegen Mar:
giana. Der Süden geht allmählich in die Steppe
der Sagartier über. Im RD. floß der Ochos
(j. d.), 1. Tedfchend. Bon den wenigen Städten
lag die Hauptftadt Hekatompylos (f. d.) an der
großen dHeerftraße, die den DO. und W. Frans ver:
bindet; in Niſaia oder Parthaunija (j. Nijchapur)
befand fi) das Erbbegräbnis der Könige. — Die
Bewohner, Ilde®oı, IIapdvaioı, oder doc die
dem herrichenden Stamm Angehörenden waren ein
von R. eingewandertes, tapferes Reitervolk und
führten in dem wenig ergiebigen, nur an Weiden
reichen Lande größtenteils ihr Nomadenleben weiter,
waren aber iranijcher, nicht turanischer Abkunft.
In allen Kriegen bewährten fie ſich als tüchtige
Reiter, die von Pfeil und Lanze vortrefflichen Ge:
brauch zu machen verjtanden. Ein Schuppenpanzer
bededte Roi und Mann. Sie nedten den Feind,
lodten ihm durch verftellte Flucht in einen Hinter:
halt und juchten ihn zu ermüden und dann zu
vernichten. Ihre Könige genofjen zwar, wie die
altperjiichen, faft göttlidye Berehrung, waren aber
in ihrer Macht durch Adel und Prieſterſchaft jehr
beſchränkt. Das Haupt des vornehmſten Adels—
eichlechtes, Suren, Surenas, hatte den neuen
lönig zu frönen. Tac. ann. 6, 42. Die Priefter
hießen Magi (f. d.) und bildeten einen erblichen
Stand mit bedeutenden Vorrechten; die Religion
war die der Perjer (j. Ormuzd). Die Mafie der
Bevölkerung beftand aus halb oder ganz unfreien
Leuten, welche jedoch mit patriarchaliicher Milde
behandelt wurden. Nach der Unterwerfung der
Nachbarländer refidierten die Könige weiter im
Weiten: im Sommer zu Efbatana oder Rhagai,
im Winter zu Ktefiphon oder Babylon. Die Pro:
vinzen ftanden nur in lojer Abhängigfeit unter
Satrapen oder Teillönigen. Hof und Adel nah:
men perjiihe Sitte und Tracht an, waren aber
auch mit griechiicher Bildung und Sprache ziem:
lih befannt, während das niedere Volk jeinen
rohen nomadijchen Sitten, aber auch jeiner Mäßig—
feit und Einfachheit treu blieb. Strab. 11, 614 f.
Just. 41, 1ff. Plin. 6, 28. 12, 17. 34, 14. —
1. Geſchichte. Die Parther gehörten zu dem
medilchen, daun zu dem perfiichen Reihe und
unterwarfen fich darauf der Herrichaft Alexanders.
Hdt. 1, 102. 3, 93. 7, 66. Just. 12, 4, 12. Arr.
3, 22, 1. In der Diadochenzeit hielten fie es
anfangs mit Eumenes, dann mit Antigonos, bis
fie unter das Regiment des Seleufos 1. famen,
— Parthia. 893
der auch in ihrem Gebiet Städte gründete. Als
jedoch unter Antiochos II. Theos die Auflöjung
des ſyriſchen Reiches begann, erhob ſich um 250
v. C. Arſakes (L) in Aſtauene; er galt jpäter
als der Gründer der Dynaftie, die ji von dem
PBerjerfönig Artarerres II. ableitete, und nad ihm
trugen alle jeine Nadyfolger den Haupt: oder Bei:
namen Arſales. Sein Bruder Tiridates (248
— 211) eroberte 241 Parthien an der Spike der
zu den Daern gehörenden PBarner, gewann aud)
Hyrkanien, verbündete fich mit Diodotos Il., König
von Baltrien, ſchlug 238 Seleufos 11., organifierte
das Heerwejen, befeftigte Städte und Burgen und
erbaute die Stadt Dara oder Dareion; er nahm
zuerjt den Königstitel an. Just. 41,4. Mithrie
dates ]. (171--138), ein ebenjo gerechter ala
tapferer Herrſcher, erhob durch; Eroberung von
Areia, Medien, Babylonien und Sufiana das par:
thiiche Reich zu einer Großmacht; er gebot vorüber:
en bis an den Indos und nahm im %. 139
emetrios 1]. von Syrien gefangen. Sein Sohn
Phraates1i.(138—128) gewann noch Margiana,
ihlug 129 Antiochos VII., fiel aber in einer
Schlacht gegen die Skythen. Mithridates 11.
der Gr. (123—88) wurde der Wiederheriteller des
erjchütterten Reiches, machte den Euphrat für lange
Zeit zur Weſtgrenze, jeßte den Tigranes Il. 94 in
Armenien ein, das freilich bald der ftete Zankapfel
zwiichen Rom und Barthien werden jollte, und trat
in Beziehungen zu Sulla, wie dann PBhraates II.
zu Yucullus und Bompejus. Bon da an wieder:
— ſich die Wirren und Thronftreitigfeiten in
arthien beftändig. Orödes (5787) allerdings
führte glüdliche Kriege und brachte namentlich dem
Erafjus (j. Lieinii, B. 16.) 53 die vernichtende
Niederlage bei Carrhä bei — ein Ereignis, das
Rom mit Schreden erfüllte, jedoch 33 von Venti—
dius durch einen ebenjo glänzenden Sieg über den
Mitregenten Balöros (j. d. 1.) gerächt wurde.
Hor. od. 3, 5,4. Verg. A.T, 606. Just. 42, 4.
Aber jhon 36 folgte wieder des Antonius Nieder:
lage gegen Phraates IV. (837—2 v. E.), den
t Auguftus 20 v. E. zur Auslieferung der dem
Erafjus und Antonius abgenommenen Kriegsge—
fangenen und Feldzeichen brachte. Artabanus lıl.
(10—40 n. &.) verftändigte jich 19 friedlich mit
Sermanicus, wurde 36 durch einen von Bitellius
unterftügten Prätendenten verdrängt, fehrte aber
mit Hülfe der Daer und Safen zurüd. Bola:
gajes I. (52-—-78), der nach verichiedenen kurzen
und unruhigen Regierungen auf den Thron ge:
langte, ſchloß 63 mit den Römern einen Frieden,
in weldem Armenien als arjafidiiche Sekundo—
genitur, wenn auch zugleich als römiſches Lehen,
anerfannt wurde. Zac. ann. 15, 25 ff. hist. 4, 51.
Erſt Choſroes (110—130) fam wieder wegen
Armeniend mit Trajan in einen Konflitt, wurde
befiegt und jollte ganz der Krone verlujtig werden,
als ihm der Tod Trajans die verlorenen Provin—
zen Mejopotamien und Aſſyrien zurüdgab. Bola:
gajes Ill. (149—191) begann nach längerer Frie—
denszeit 162 den Krieg aufs neue, kämpfte zuerſt
glüdlih in Armenien und Syrien, wurde aber
dann von Avidius Cajfius und Martius Verus in
Mejopotamien und Medien wiederholt geichlagen
und mußte im Friedensſchluß 166 auf Osrhoene
verzichten. Bolagajes IV. (191-209) unter:
ftügte den Peſcennius Niger 193/194, wurde bes:
894
halb von Septimius Severus befämpft, mußte
199 aus Ktejiphon fliehen und verlor das nörd—
liche Mejopotamien bis zum Chaborad. Der fegte
König des gealterten Reiches, Artabanos V.
(213— 227), * 217 den Mavronus bei Niſibis,
wurde aber 28. April 227 von Artaxerxes (Arda—
ſchir), dem Stifter der Dynaftie der Safjaniden
I d.), geſtürzt und getötet.
die Barther (1874).
Perſiens (1879). v. Gutſchmid, Geſchichte Frans
(1888).
Parthini, IIag®ıvod, aud) Parthöni, IIag®n-
vol, Bolt Siyriens in der Gegend von Dyrrha—
ion. Liv. 29, 12. 38, 34. 44, 80. Cie. Pıs. 40.
Pol. 2, 11, 11.
Paryädres, TTagvadons, Gebirge in Kleinafien,
das am Phafis bei dem moschiichen Gebirge be»
ginnt, in jüdmweftlicher Richtung den öftlichen Teil
von Pontos umzieht und die Grenze zwiſchen
diefem und Armenien bildet; j. Barkhal. Strab.
11, 497. 527. 12, 63655 f. Plin. 5, 27, 27 u. ð.
Parysätis, Ileovoarıs, die Stiefſchweſter und
Gemahlin des Dareios Nothos, eine hinterliftige
und berrichjüchtige rau, die auf ihren Mann und
ebenjo auf ihren ſchwachen Sohn Artarerres 11.
einen großen, aber unheilvollen Einfluß ausübte,
während jie den jüngeren Bruder Kyros (ſ. Ky-
ros, J. 2.) auf den Thron zu heben ſich bemühte.
Mit raffinierter Grauſamkeit rächte fie feinen Tod
an allen, die dabei beteiligt waren. Als fie auch
die ihr verhafte Gemahlin des Artarerres, Stateira,
mit Gift aus dem Wege räumte, mußte fie zwar
eine Zeit lang den Hof verlaffen, kehrte aber
bald zurüd und gewann ihren früheren Einfluß,
indem fie alle Begierden des Königs unterſtützte.
Xen. An. 1,1. Plut. Artax. 1 ff.
Pasargädae, IIasapydöcı, 1} ol II., der edelfte
perfiihe Stamm, zu dem auch die Familie der
Adaimeniden — ſeine Wohnſitze hatte er im
beſten Teil des Landes, ‚gegen Karmanien bin, in
der Provinz und um bie Stadt jeines Namens,
Hadt. 1, 125. — 2) «f II., die alte, von Kyros
erbaute oder doch vergrößerte Hauptſtadt Perſiens,
nördlich von Perſepolis (j. d.), im oberen Thal
des Kyros oder Medos (j. Murghab), mo das
Grabmal des großen Königs noch jebt erhalten
ift (f. die Abbild. ©. 656), nach andern jüdöftlich
von Berjepolis, bei dem h. Faſa, gelegen. Arr.
3, 18, 10. 6, 29, 4. Curt. 5, 6, 10. 10,1, 5. Strab.
15, 728 ff.
Pascüa (loca), Weidepläge oder Triften. Die
dem Staate gehörenden Triften (pascua publica)
ſowohl in Ftalien als in den Provinzen wurden an
publicani verpachtet; die Abgaben, welche dieje von
den Viehhaltern (pecuarii) erhoben, hießen scrip-
tura, davon ager scripturarius.
Pasikrätes, IIasırgdrng, Herricher über Soloi
auf Kypros, unterwarf ſich Alerander dem Gr.
und wetteiferte mit Nifofreon von Salamis im
feierlihen Empfange des von Agypten nad Phoi—
nitien zurüdfehrenden Königs. Plut. Aler. 29.
Pasion, Il«siov, ein bei den Nebnern oft ge:
nannter atheniſcher Metoife und Geldwechsler,
bewährt und befannt wegen jeiner Rechtlichleit
durch ganz; Griechenland, erhielt wegen ſeiner
Freigebigfeit gegen den Staat das Bürgerredht
und ftarb im J. 370/69 v. E.
Pasiphäö, /Taoıpdn, 1) ſ. Minos. — 2) 2a:
Parthini — Patavium.
koniſche Orafelgöttin zu Thalamai, in deren Tem:
‚pel man Traumoralel befam. Cie. div. 1, 43.
Diefelbe galt für eine Tochter des Atlas ober für
identiijh mit Kaffandra oder mit Daphne, der
‚ Tochter des Ampllas. Plut. Agis 9.
Pasiteles j. Bildhauer, 16.
Pasitelidas, IIaoırelidas, Sohn des Hege:
Dal. Schneiderwirth, | jander, ſpartaniſcher Feldherr im peloponneſiſchen
Juſti, Geichichte des alten | Kriege, geriet bei der Eroberung von Torone, wo
er Harmoft war, in die Gefangenjchaft der Athe:
ner, 422 v. C. Thuc. 4, 132. 5,3.
Pasithea, IleoıdEa, 1) eine der Ehariten.
Hom. Il. 14, 269. Catull. 63, 43. — 2) Tochter
des Nereus und der Dori®. Hesiod. theog. 247.
Pasitigris j. Tigris.
Passärön, Ilaosagor, alte Haupt: und Krö—
nungsitadt ber epeirotiichen Könige in der Land—
ſchaft Moloffis, deren Lage nicht genau zu be:
jtimmen if. Im %. 169 v. C. fam fie in die
Gewalt der Römer. Liv. 40,26. 32. Plut. Pyrrh. 5.
Passieni, 1) Paſſ. Erijpus, Sohn des Rhe—
tors Paffienus, von jeinen Zeitgenofien als Redner
gerühmt, war ein freund des Seneca und naher
Verwandter des Nero (Quint. 6, 3, 74) als Ge:
mahl der Domitia, einer Tante des Kaijers, von
der er fich jcheiden lieh, um fi) dann mir Neros
Mutter Agrippina zu vermählen, die ihn jeines
Reichtums megen wirklich heiratete, aber nicht
lange nad) der Hochzeit töten lich. Tac. ann. 6,20.
— 10, 1, 24. — 2) des vorigen Vater, ein
ann von Scharflinn und tüchtiger Rednergabe, die
der Rhetor Seneca (contr.2, 13, 17. 3 praef.14 u. ö.)
an ihm rühmt — 3) Vaſſ. Rufus, Konful im
3. 4 v. E. und wahrſcheinlich nachmals Prokonſul
in Afrifa, 2 n.E. Vell. Pat. 2, 116. — 4) Baii.
Paulus, Nachkomme des Propertiug, Elegien:
dichter, von Plinius (ep. 6, 15) mit Anerkennung
erwähnt.
Passus j. Mafse. :
Haorag j. Ehe, 5.
Ilaraızxoi, die Bilder der die Schiffahrt ſchützen—
den Kabeiren (j. d.), melde die Phoiniker in
zwergartiger und fraßenhafter Geftalt (zur Be:
zeichnung ber übermenjchlichen Kraft) an dem
Border: oder Hinterteil ıhrer Schiffe anbradhten.
Haät. 3, 37.
Patäla j. Pattalene.
Patära, r& IIdrape, bedeutende Seeftadt Ly⸗
fiens an einer der ſüdlichſten Spigen des Landes,
60 Stadien dftlih von der Mündung des Tan—
thos, bejonders berühmt durch den Kult und das
Orakel des Npollon Ieragevg. Lir. 87, 15. 17.
Strab. 14, 666. Arr. 1, 24,4. Hor. od. 3, 4, 64.
Ruinen beim j. Furnas.
Patavium, /lareoviov, alte, ber Sage nad)
von dem Trojaner Antenor angelegte Stabt der
VBeneter am Medoacus minor (j. Brenta), an der
Straße von Mutina nad) Altinum; j. Padova,
Padua. Zir. 1,1. Strab. 5, 213. Ihr Gebiet reichte
bis ans Meer, fie fonnte 20000 Mann ins Feld
ftellen und mächtige Feinde zurückſchlagen. Lir.
10, 2. Auch in römischer Zeit war P. bedeutend,
im Beginn der Kaijerherrichaft nächſt Rom die
reichjte Stadt Jtaliens, litt aber in der Folge jehr
durch die Langobarden, deren König Agilolf fie
erjtörte. P. ıft der Geburtsort des Gejchicht:
Üreibers T. Livins, dem hier im 9. 1548 ein
Manjoleum errichtet worden ift.
Patera — Patres und patricii.
Patera j. Trinkgefälse.
Paterecülus ſ. Velleii, 4.
Pater familias, eigentlih der Hausvater,
welcher an der Spibe des fleinen Familienſtaates
fteht und mit patriarchaliiher Gewalt gebietet.
Im engeren juriftiichen Sinne wurde jeder pater
fam. genannt, fobald er sui juris war, was durch
ben Tod des Vaters oder durch Emancipation
oder durd) die Wahl zum flamen dialis geichah.
Er hie pat. fam., auch wenn er feine Kinder
hatte (quamvis filium non habeat). Übrigens
war der Sohn, auch wenn verheiratet, nicht pater
familias, jolange jein Vater lebte.
Pater putriae, ein ehrenvoller Titel, welchen
ber Senat zuerft dem Camillus (ſ. Furii, 10.),
ipäter dem Cicero erteilte. Den Kaijern wurde
derjelbe regelmäßig verliehen (ſchon dem Cäſar),
doc Ichnten manche ihn ab, 3. B. Tiberius. Suet.
Tib. 26. Tac. ann. 1, 72.
Pater paträtus j. Fetiales und Foedas.
Paternus, Tarrunte nius, diente unter Marc
Aurel gegen die Martomannen. Wahrſcheinlich an
einer —— Verſchwörung wider das Leben
des Kaiſers Commodus (183 n. C. beteiligt, wurde
er von diejem feines Poſtens ald Gardepräfeft ent:
hoben und bald darauf hingerichtet. Er war aud)
angejehen als Juriſt und jchrieb über das Mili-
tärredht. Dio Cass. 72, 5. Lamprid. Comm. 4.
Haseiv n arxorica: |. Prozels, 15.
Patibälum, 1) das Querholz des Kreuzes und
das Kreuz ſelbſt; — 2) jo viel wie furca (Tae.
ann. 14, 33); — endlich 3) der Galgen (jeit Con—
ftantin); vgl. Crux und Furca.
Patina ſ. Vasa, 4.
Patiseus, ein römifcher Ritter, ftand mit
Cicero und defien Freunde Cälius in Verbindung
und lebte als Negotiator im J. 51 v. C. in Ki—
litien, von wo aus er dem Curio 10 Panther für
die Öffentlichen Spiele ſchickte. Später trat er auf
die Seite von Cäſars Mördern und war Anführer
einer flottenabteilung des Caſſius. Gic. ad fam.
2,11, 2.8, 9, 3. 12, 18, 4.
Patmos, /Idruog, Sporadeninjel ſüdlich von
Samos und unweit der afiatiihen Küſte, mit
Stadt und Hafen an der Dftjeite; j. Patinos.
Noch zeigt man die Höhle, wo der verbannte
Apoitel Johannes die Offenbarungen gehabt haben
joll, die in der Apotalypie niedergelegt find. Strab.
10, 488, Plin. 4, 12, 23.
Patrai, Ildrgaı, -8is, j. Patras, eine der
achaiiſchen Zwölfſtädte, die in der älteren Seit
ben PBeloponnefiern einen Stüßpunft zu den Unter:
nehmungen an der aitolijchen Küjte bot. T’huc. 2,83.
6,53. Plut. Alcib. 15. Um die Zeit, als Pyrrhos
nah Italien ging, ſchloß Patrai mit 3 andern
Städten, Tritata, Pharai und Dyme, einen Ber:
trag gegen die mafedonijche Serrichaft, der Die
Grundlage zu dem jpäteren Achaiiſchen Bunde
bildete. Als aber im Kriege der Achaier gegen
Rom die ganze Mannichaft von Patrai auf dem
Rüdzuge nach der Niederlage bei Skarpheia durd)
Metellus aufgerieben wurde, verließen die Zurück—
ebliebenen größtenteil® die Stadt und zeritreuten
ich in den umliegenden Städten. Pol. 40, 3. 6.
Doc jicherte Patrais Lage als Yandungsplak und
Durchzugsort von Flotten und Heeren der Stadt
auch jpäter eine gewiſſe Frequenz. Pol. 4. 6. 5,2.
3. 28. Lir. 36, 21. Unter Auguftus erhob jich
895
bie Stadt ald Colonia Augusta Aro& Patrensis
wieder durch vielfache Begünftigungen zu beträcht-
liher Blüte; Zeuge derjelben find die in nenefter
Beit ausgegrabenen liberrefte eines Theaters.
Patres und patrieii. Patres hießen urjprüng:
lih im engeren Sinne Senatoren (z. B. patres
eonscripti) und patricii die Nadlommen der
Senatoren. Im weiteren Sinne umfaht patres
auch die Patricier, niemald aber fteht patrieii
jtatt patres. Hier ift nur von den Patriciern
die Mede. 1) Bis auf Servius Tullius waren
die Batricier die einzigen Bürger, auch ingenui
enannt, welche in 3 Tribus und 30 Curien zer
Helen (j. Curia und Gens). Ihre Rechte waren
mit denen der cives überhaupt identiih (j. Ci-
vitas). — 2) Bon Servius Tullius bis auf Con:
ftantin den Großen find die Batricier geborene
Adlige im Gegenjag zu ben durch Servius Tullius
zu wirklichen Bürgern erhobenen bürgerlichen Ple—
bejern. Jene bezeichnet man als die Sejchlechter
(Erbabel), dieje als die Gemeinen (Neubürger).
Der Batricier bleibt Patricier, auch wenn er in
der drüdendften Armut lebt, der Plebejer bleibt
Blebejer troß des größten Neichtums oder der
höchſten Ehrenftellen. Wohl aber konnte ein Pa—
tricier durch Adoption von jeiten eines Plebejers
oder durch Mißheirat Plebejer werden, der Ple—
bejer konnte unter die patriciichen gentes durd)
Senats: und Eurienbeichluß aufgenommen werden,
was durch Brutus nad) der Könige Vertreibun
geihah. Es fam aber jpäter jo Teiten vor, bak
die patricifchen Geſchlechter jehr zujammenjchmol:
zen. Am Ende der republilaniichen Periode gab
es nur noch 50 gentes, welde einige Male durch
die Kaiſer Zuwachs erhielten. — In betreff der
patriciichen Berechtigungen ift je nach der Zeit
ein großer Unterjchied. Privatrechtlich waren die
Blebejer den Batriciern Schon von Servius Tullius
gleichgeftellt worden, aber im öffentlichen Rechte
behaupteten die Batricier mande Vorrechte, na—
mentlich rückſichtlich des ius honoram, welches
die Patricier allein befahen, aber in dem langen
Kampfe gegen die Plebejer einbüßten. Zuerſt
mußten fie den Plebejern den Zutritt zur Quäſtur
eitatten, darauf zum Militärtribunat, zum Son:
Aılat (ſ. Leges Liciniae Sestiae), zur Dif:
tatur, zur Genjur und endlich jogar zum Augurat
und Bontifitat ({. Lex Ogulnia). Nur das Amt
de3 interrex blieb den Patriciern für immer, weil
fie als die Urquelle der Aufpicien galten; dagegen
in den Senat drangen auch die Plebejer, vermöge
der von ihnen befleideten Ehrenftellen, ein, und
demzufolge erhielten fie auch Richterftellen (vgl.
Judex). Daß die Curiateomitien nur den Pa:
triciern offen ‘standen, verfteht fich von felbit, aber
diejes Recht verlor jehr bald jeine Bedeutung (i.
Comitia). Über die Teilnahme der Watricier
an den Zributcomitien j. ebend. Als Hauptmo:
mente in den langjährigen Kämpfen beider Stände
find die Errichtung des Volkstribunats, das Ge:
je der XII Tafeln und die Lex Canuleia hervor:
ubeben, jowie die leges, wie Liciniae Sestiae,
)omitia u. a., welche die Wahl mehrerer ‘Brieiter:
ihaften an die Tributcomitien übertrugen. Der
einzige rechtlich anerkannte Borzug der Patricier
vor den WPlebejern beftand auf immer — aufer
dem Amt des interrex — darin, daß mehrere
Priefterämter ſtets patriciich blieben und deshalb
—
896 Patria potestas — Patronus.
nur don ihnen verwaltet werben ag nämlic)
das des rex sacrificulus, mehrerer flamines und
der Salii Palatini. Auch waren die Plebejer ftets
von den patricijchen Gentiljacris ausgeichloffen. Die
ludi Troiani (ludierum Troiae) waren urſprüng—
lich auch patriciich, doch nahmen jpäter auch Söhne
der Nitter und der nobiles daran teil. Tac. ann.
11, 11. Sere. zu Verg. A. 5, 545 ff. — Daß die
Batricier in der Benutzung des aget publicus
einen Borzug, behaupteten, lag in ihrem größeren
Reichtum. ußere Infignien hatten die Batricier
nicht, nur daß ihre Schuhe ftatt der Schnallen
mit einer Lunula gejchmüdt waren. — Unter den
Kaijern erhielt der Erbadel von feinen verlorenen
Rechten feines wieder und büßte endlich jeine Be—
deutung ganz ein. Kaiſer Conftantinus machte
das Patriciat zu einer perjönlichen Würde, welche
den höchften Beamten verliehen wurde, aber nicht
forterbte.
Patria potestas, ein eigentümliches altita=
liſches Anftitut, die Getwalt des Hausvaters über
jeine Kinder, vermöge deren die Kinder fich,
jolange der Vater lebte, in fteter Abhängigkeit
befanden. Der Bater hatte nämlich das Recht über
Leben und Freiheit des Kindes, welches Geſetz
angeblih von Romulus herrührte und in feiner
ganzen Härte in die XII Tafeln überging. Das Un:
natürliche des Gejehes wurde einigermaßen dadurch
gemildert, daß der Bater gewöhnlich das Fami—
liengericht zuzog (iudieium domesticum, j. Pro-
zels, 17.) In der Kaijerzeit wurde der Miß—
brauch der patria potestas beftraft, und Tötung
des Sohnes endlich als parricidium geahnt. Das
Ansjegen neugeborner mißgeftalteter Kinder war
jehr gewöhnlich), doch mußten 5 Nachbarn als
Zeugen hinzugezogen werden. Erjt von den Kaiſern
wurde Ausjegung mit Strafe bedroht. Bon dem
ernftlichen Berfauf des Sohnes durch den Water
ift ein Beiſpiel nicht vorhanden, wohl aber wurde
der Verfauf ald Form angewendet, dem ar
die freiheit zu geben (j. Emancipatio). Die
Abdicatio fam erft in der Kaiſerzeit auf und
bejtand in der Verbannung des Sohnes aus des
Baters Hanje, gewöhnlich mit Enterbung verbun:
den. Eigentum konnte der Sohn nicht bejigen oder
erwerben, außer wenn der Vater dem Sohne ein
bejonderes peculium (j. d.) geftattete. Die Kaijer
verboten, Söhnen, die in der patria potestas
ftanden, Geld zu leihen. Die patria potestas
erlojch, wenn der Bater jelbft arrogiert wurde,
ferner durch Adoption des Sohnes in eine andere
gens, durch Emancipation und durch Verluft der
Eivität von jeiten des Waters oder des Sohnes,
außerdem wenn der Sohn Flamen dialis (Tac.
ann. 4, 16) oder die Tochter Veſtalin wurde.
Patrieii ſ. Patres,
Patrii dii, 1) römiſche Schußgottheiten, iden—
tiich mit den Penaten, oder alte Stamm- und
Familiengottheiten, von denen jich die einzelnen
vornehmen Familien herleiteten, die Acol margwor
der Griechen (— yerstlıoı Feol); doch bezeichnen
die margoor Feol bei den Griechen auch die von
den Bätern ererbten Götter eines Volkes oder
einer Familie, wie Apollon bei den Athenern (f.
Tevedhıog). Bol. Herkberg, de diis Roma-
norum patriis (1840). — 2) Nachegottheiten der
Eltern (Cie. Verr. 2, 1,3), wie paterni dii bei
Livius (40, 10),
Patrimi matrimi, &ugıdales, unmündige
freigeborne Kinder, deren Eltern noch am Leben
find. Solche wurden von manden Prieftern ala
regelmäßige Diener erwählt, z. B. von dem flamen
Dialis (j. Camilli). Andere patrimi m. aſſi—
ftierten bei religiöjen Handlungen ſowohl des Staats:
als des Privatlebens, 3. B. bei Suppfifationen,
„Jnaugurationen, bei Confarreatio u. a. Zu Veſta—
linnen fonnten nur patrimae matrimae gewählt
werden.
Patrökles, /Iargoxiöis, Freund de3 Königs
Seleufos I. und Befehlshaber der Flotte desjelben
auf dem Kafpiichen Deere, fiel, nach deflen Tode
von Antiochos 1. nad Vorderaſien gejchidt, im
Kampfe gegen die Bithynier. In feiner Stellung
er er jich mit den Berhältnifjen der zum ſyriſchen
eiche gehörenden Länder wohl befannt gemacht,
wodurdh er in den Stand gejeßt wurde, bedeu—
tende Schriften über das mittlere Ajien zu ver-
fafien. Plut. Demetr. 47. Strab. 2, 68 ff. 11, 509.
Patröklos j. Achilleus.
Patrönus, der Schußherr, I) gegemüber ben
Elienten. Neben den Vollbürgern (patricii, j. d.)
lebten in Rom Clienten (von eluere, »Avsır, d. h.
Hörige), welche aus den alten italiichen, von
ftärferen Einwanderern bejiegten Ureinwohnern
hervorgegangen waren. Aus freien Eigentümern
waren die Unterworfenen Hörige oder Hinterjafjen
geworden, wie diejes überhaupt in Altitalien üblich
—— zu ſein ſcheint, ein Verhältnis, das in
om einen beſonderen religiöſen Charakter annahm.
Der Client war verpflichtet, 1) mit und für den
Patron die Waffen zu ergreifen (in der älteſten
Zeit); — 2) denſelben vorkommenden Falls mit
Geld zu unterſtützen, nämlich bei Ausſtattung der
Töchter, bei öffentlichem Aufwand, bei Loskaufung
des Patrons aus feindlicer Gefangenſchaft u. j. w.
Der Patronus muhte dagegen dem Ülienten in
allen Beziehungen jchügend und ratend zur Seite
ftehen, 3. B. vor Gericht. Das Verbot, gegen
einander zu Hagen und zu zeugen, galt für beide
Parteien, und Verlegung diejes heiligen Verhält:
nifjes wurde mit sacratio capitis beitraft. Durch
Servius Tullins wurden die Elienten ebenjo Bür-
ger, wie die Blebejer (neu eingewanderte Yatiner),
Zingen aber lange Zeit mehr an ihren patricijchen
chutzherren, als an ihren neuen Standesgenofien,
bis jpäter das BPietätsverhältnis loderer wurde;
und nun hielten es die Elienten mit den Plebejern.
Endlich waren die Elienten nichts mehr als Arme
und. Geringe im Gegenjaß zu den Neidhen; fie
bildeten den Hofſtaat des Hatronus, indem fie
demjelben früh ihre Aufwartung machten (salutare),
ihn auf das Forum oder auf den campus Martius
begleiteten und dafür Geld und Speije empfirgen
(sportula), was noch unter den Kaiſern geichab.
Berichieden war das Patronat des Freilafjers über
den lıbertus, j. Libertinus. Bgl. Friedländer,
Sittengeichichte Noms 1, 3. Abichnitt, 3. — 11) Das
Patronat über Korporationen, Kommunen und
ganze Länder bildete jih analog nach dem eben
erwähnten auf einzelne bejchräntten Schutzver—
hältnis. Beſiegte Städte und Provinzen begaben
ji unter den Schuß einer mächtigen Familie in
Rom, was diejer zur Ehre, jenen zum Nußen ge
reichte. So waren die Marceller die Patrone Si—
ciliens, wie Cicero (Verr.) mehrmals erwähnt;
Eicero war Patron von Capua u. ſ. w. In ber
IIaroooı ®eol -— Pausanias.
Katjerzeit war das Patronat über Städte, colle-
giales, sodalitates u. j. w. etwas jehr Gewöhn—
liches. — III) Patronus, der gerichtliche Vertreter
des Klägers oder Bellagten, oft bei Eicero und
Duintilian, ſ. Advocatus.
Ilarogooı »eoi |. Tevißkıog.
Pattäla, Tlerrara (Ildeare), r& oder 7), Stadt
an der Scheidung der beiden äußerſten Mündungs:
arme des Indos auf der durch jene gebildeten
Inſel Nerraie oder Ileralnvr, von Alerander be-
feftigt und zu einem blühenden Handelsplatz erhoben.
Arr. 5, 4, 1. 6, 17, 2.5.18, 1 ff. Strab. 15, 700 f.
Patümos, Tcqdrovuos, nach Herodot (2, 158)
eine Stadt in Arabien (d. h. an der ägyptiſchen
Grenze gegen Arabien), an dem von Necho be-
onnenen Ranal; ohne Zweifel das Pithom des
. X., das Bistum der Inſchriften, alſo identijch
mit Heroopolis (j. d.), oder doch in deſſen unmittel-
barjter Nähe.
. Paulli j. Aemilii.
Paulus, Julius, berühmter römijcher Juriſt
im Anfange des 3. Jahrhunderts n. E. Zeit und
Ort jeiner Geburt find unbefannt, auch von jeinen
Lebensverhältniffen wiſſen wir — Früher
Sachwalter, wurde er von Heliogabal verbannt,
aber von Nlerander Severus zurüdgerufen. Mit
Papinian war er in dem Gonfilium des Septi—
minus Severus, mit Ulpian praefeetus praetorio.,
Er ift derjenige unter den Juriſten, welcher das
meiſte geichrieben hat. 40 verjchiedene Werte werben
von ihm angeführt: 80 Bücher ad edietum (aljo
über das prätorijche Recht) und 23 brevia ad
edietum, welche Nachträge und Zuſätze dazu ent-
hielten, 50 ad Sabinum (über das Eivilrecht),
26 BB. quaestiones, 23 BB. responsa, 7 re-
gulae, 5 sententiae, 3 decreta, 6 imperiales
sententiae und eine Menge Kommentare zu ein:
zelnen Gejegen und Senatsconjulten, Noten zu
den Werten älterer Juriften, Abhandlungen über
verſchiedene Nechtsmaterien. Alle dieje Schriften
find in den vorjuftinianiichen Rechtsſammlungen
ftarf benußt und auch in den Pandekten, von denen
fie den fechften Teil des Umfangs bilden, vielfach
angezogen. Die Sententiarum libri V (gewöhn-
lid) sententiae receptae genannt) gelangten jeit
dem 5. re als Kompendium zu großem
Unjehn, daher fie in dem Breviarium Alarici viel-
fach WUufnahme und fichere Erhaltung gefunden
haben. Zu Rom ftudierte man feine Werle im
vierten Stubdienjahre. Dem Bapinian und Ulpian
jteht er in Bezug auf die Darftellung, Gewandtheit
und Sorgfalt entichieden nad).
Paupertas j. Penia.
Pausanias, /Iavsavias, 1) der Spartaner, nach
dem frühen Tode jeined Vaters Kleombrotos (480
v. &.) Regent für Pleiftarchos, den unmündigen
Sohn des Leonidas, öfter mit Unrecht auch König
genannt. Im J. 479 zog er mit 10 000 Hopliten,
worunter 5000 Spartiaten waren, 35 000 Heloten
und den Bundestruppen zum ermeuerten Sriege
gegen die Berjer aus und ftellte, nachdem fich auf
dem Iſthmos die übrigen Beloponnefier, bei Eleufis
die Athener mit ihm vereinigt hatten, fein Heer,
beitehend aus 38 700 Schwerbewaffneten und
69 500 Leichtbewaffneten, am Fuß des Kithairon
auf. Hdt.9, 10 ff. Plut. Arist. 11. Nach längerem
Hin: und ig: werte fam e3 zur Schlacht bei Pla:
taiai, worin Mardonios getötet und das perftiche
Realleriton bes Tlafi. Aitertums. 7. Aufl.
i
897
Heer vernichtet ward, Juli oder Auguft 479. Der
Hader der Verbündeten um die dorsreie wurde
beigelegt durch Verleihung derjelben an die Pla:
taier. Nachdem die Beute verteilt und auf dem
Schlachtfelde ein Bund unter den Griechen zu
Schuß und Trutz abgejchlofien war (Thuc. 2, 71.
3, 68), wandte jih Pauſ. gegen Theben, das ſich
nach vorausgegangener Verteidigung ergeben mußte,
worauf die Urheber des Bündniſſes mit den Perſern
ſich ſelbſt auslieferten und getötet wurden. Im
folgenden Jahre zog er an der Spitze der helle-
nischen Bundesflotte aus, um die Perſer gänzlich
gu vertreiben, unterwarf Kypros (Thuc. 1, 94) und
nn nach längerer Belagerung Byzanz, welches
er zum Sitze einer eigenen 2 machte. Just.
9, 1. Hier lernte er — Pracht und Wohl-
feben fennen, und während er fich jelbft vom
Kampfe fernhielt, machte er ſich durch gewalt-
thätiges, aller griechiichen Sitte Hohn jprechendes
Weſen jo verhakt, daß die Verbündeten die Athener
baten, die Führung gegen Berfien zu übernehmen,
477/6. Hdt. 8,8. Plut. Arist. 23. Schon damals
hatte P. verräteriiche Verbindungen mit Berfien
angefnüpft. Er ließ nicht nur Verwandte des
Königs, die in Byzanz in feine Gewalt —
frei, jondern trat auch durch einen Bertrauten,
en Eretrier Gongylos, und dann durch Artabazos
in Verbindung mit Xerreö, ja er reifte ſchon in
der Weife eines orientaliihen Satrapen durch
Thrafien, als er zurücdberufen wurde, um fich
wegen verichiedener Anklagen zu verantworten.
Thue. 1, 128. P. gehordhte dem Befehl. Er
wurde wegen einiger perjönlichen Beleidigungen
beftraft, von der Hanptanflage jedoch freigefprochen,
aber nicht wieder in den Oberbefehl eingejekt,
fehrte jedoch nach einiger Zeit auf eigene Hand
nah Byzanz zurüd, um von da aus die Unter:
handlungen mit dem Berjerfönig fortzujeßen. Bon
den Athenern vertrieben, ging er nach Kolonai in
Troas, von wo ihn die Ephoren wiederum durch
einen Herold mit der Skytale nach Sparta entboten.
Anfangs gefangen gejebt, wurde er doch wieder
freigelaffen, obgleich unverfennbare Anzeichen von
verräterijchen Plänen und — der Heloten
vorlagen; jchließlich gelang es, durch Vermittelung
eines früheren Vertrauten, eines Mannes aus Ar:
gilos, Beweije der Schuld aus dem eigenen Munde
des Pauſanias zu befommen. Als er nun ergriffen
werden jollte, floh er, von einem der Ephoren
rechtzeitig gewarnt, in den Tempel der Athene
Ehaltioifos, wo er umnverleglich war; doch man
dedte das Dad) ab, vermauerte die Thüren und
ließ ihn Hungers fterben (wohl im Sommer 468).
Das Drafel aber befahl jpäter, diefe Schuld zu
fühnen. Dieje auf Thukydides beruhende Tradi-
tion von einer hochverräterifchen Verbindung mit
den Perjern und dem Plane des P. mit Hülfe
jener Macht die jpartanijche Ariftofratie zu ftürzen
und Griechenland zu erobern, ift jchon nach den
Beugnifjen des Altertums (Hat. 5, 32. Arist. pol.
5, 1.6. 7,.13) umficher und daher in neuerer Zeit
mehrfach mit Mecht bezweifelt worden. Auffällig
muß es vor allem erjcheinen, daß der ——
Staat dem dreiſten und verräteriſchen Treiben des
Pauſ. gegenüber ſich ſo lange Zeit ſchlaff gezeigt
ben ar Die neuejte Annahme (j. Dunder, der
rozeß des Pauſ. 1883) von einem jich neutrali:
fierenden Gewichte ziveier Parteien in Sparta,
67
898
Pausias —
deren eine, bon 2 Ephoren vertreten, Baui. jo lange
und länger als möglich dedte, hat die Schwierig:
feiten nicht völlig beieitigt. — 2) der Entel des
vorigen, erhielt die Königswürde noch unmündig
an der Stelle jeines in der Verbannung lebenden
Vaters Pleiftoanar (444-426 v. E.) und folgte
nach deiien Tode (408— 394). Während veB Kampfes
Thraſybuls gegen die 30 Tyrannen nach Athen
geſchickt, um dieje zu unterjtüßen, bejiegte er zwar
die Anhänger des Thraſybul im Peiraieus, be:
willigte indes die Wiederherftelung der Demo:
fratie entweder aus Neid gegen Lyſander oder aus
liberaler Gefinnung. Xen. Hell. 2, 4, 29#. Schon
damals vor Gericht geftellt, aber freigeiprochen
(Paus. 3, 5, 2), wurde er, weil er durch zu jpätes
Eintreffen die Niederlage und den Tod des Ly—
jander bei Haliartos (395) verjchuldet zu haben
ichien (Plut. Lus. 28 ff. Just. 6, 4. Xen. Hell.
3, 5, 17), angellagt, wiederum die Intereſſen
des Baterlandes vernachläffigt zu haben, und ent:
zog ſich der Verurteilung durch Flucht nach Tegea,
wo er aud ftarb. — 3) Aëropos' Sohn, ein Lyn—
feftier, wurde 391 v. E. nadı Amyntas II. König
von Makedonien; ihn bejeitigte 390 Amyntas III.,
des Arrhidaios Sohn (390—369). Diod. Sie. 14,89.
— 4) erhob ſich gegen Ptolemaios Alorites (368
— 365). Vielleicht iſt er derielbe ®., der Präten:
dent gegen Philipp II. war. — 5) der Mörder
Philipps 11. von Mafedonien, einer der Leib—
wächter des Königs. Der Mord war ein Alt per:
jönlicher Rache und ift Lediglich daraus zu erklären,
dab Philipp den P. von Attalos (j. d. 1.) und
deſſen Anhange hatte ungejtraft beleidigen lafien.
Aristot. pol. 5, 10, p. 1311b,1. Die That erfolgte
(Herbft 336 v. €.) am Eingange des Theaters zu Nigai,
wo Philipp die VBermählung feiner Tochter Kleo-
patra (J. d. 5.) mit Alexander von Epeiros (ſ. d. I, 3.)
feierte. Der fliehende Mörder wurde noc einge:
holt und von einigen Leibwächtern —
Diod. Sie. 16, 91 ff. Just. 9, 6f. — 6) à nean-
yneris, wahrjcheinlich aus Lydien (vielleicht Magne:
fia am Sipylos), nicht Kappadofien, lebte unter
Hadrian und den beiden Antoninen. Das von
ihm erhaltene, in Rom verfahte Wert, wegırjynoıg
rs 'EAAddog, umfaßt in 10 Büchern eine Reife:
beichreibung der Landichaften Attifa nebit Megarıs, | Müller, fragm. hist. Graec. IV
Korinth mit Sikyon, Phlius, Argolis, Aigina und
der übrigen umliegenden Inſeln, Lakonien, Mefje:
nien, Elis (2 Bücher), Achaia, Arkadien, Boiotien,
Pholis mit dem ozolijchen Lokris. Die einzelnen
Abteilungen der Beriegeje find in großen Zwiſchen—
räumen Vogleich nach Bereifung der verichiedenen
Landſchaften, nicht erft nach Bereiſung des gejam:
ten Griechenlands, niedergeichrieben (3. N das
erite Buch jogleich nach 160 oder 161, das fünfte
Buch im J. 174). Den Inhalt bilden zunächſt
und hauptſächlich die religiöjen und künſtleriſchen
Merkwürdigkeiten der einzelnen Orte, denen geo:
graphiiche, hiftorische, auch naturhiftorische Notizen
beigegeben, aber untergeordnet find. Zuweilen
werden auch derartige Merkwürdigfeiten aus an:
dern Ländern zur Bergleichung mit den griedji:
ſchen herbeigezogen. Das ganze Werk iſt vom
Standpunkte eines Neilenden und für Reiſende
geichrieben und beftimmt. Das Wichtigfte in dem-
jelben jind, wie jchon bemerkt, die Religionstulte
Pavimentum.
wahl übrigens durd feine Norm, fondern nur
dur augenblidliche Einfälle und bisweilen durch
ganz entfernte Beziehungen beſtimmt ift, dient nur
jubjidiarijch jeinen Nachrichten über Kunſtwerke
und Neligionstulte, und unter diejen beiden ift
| wieder die Kunft nur Unterlage für die Religion,
die der höchſte Zwed und Geſichtspunkt der ganzen
Periegeje it. Was die Glaubwürdigkeit feiner
Beichreibungen und Angaben betrifft, fo iſt jein
guter Wille und die redlichfte Abficht micht zu ver-
fenunen; doc läßt er fich meift von dem jedes—
maligen Eindrude beherrichen, daher manche hifto:
riſche Widerjprüce und unmotivierte kritiſche Ur:
teile. Die Mythen behandelt er in jeinem frommen
Glauben an die alte Religion durchaus als Ge:
ichichte; entftehen ihm Zweifel an der Wahrheit
einer Tradition, jo gibt er zu veritehen, dab er
den Glauben anderer berichte. Seiner Sprache fehlt
forrefte Bejtimmtheit; jie hat etwas Mattes, Un:
bedeutendes, ja zuweilen Unedles und geradezu
Ungenießbares. Er gebraucht zu oft populäre
Bezeichnungen und felten diejenigen Ausdrücke,
weite einen Gedanken logiich genau umſchreiben
oder von einem Bilde jcharfe Umriſſe und deut:
liche Borftellungen geben. Bemerkenswert iſt noch
die Ungleichheit der Bearbeitung in den einzelnen
Teilen des Werks, welche in den erften Büchern,
namentlich im der geradezu ungejchidten und un—
beholfenen Bejchreibung von Attika, am meiften
auffällt und erft weiterhin einer größern Leichtig-
feit und Gelentigkeit weicht. — Ausgg. von Sie:
belis (1822 f.), 3. Bekler (1826), Schubart und
Walz; (Hanptausgabe,, 1838 f.), Dindorf (1845),
Scubart (1853). Überfegungen von Wiedaſch
(1826 ff.), Siebelis und Neichardt 1827 Fi.) und Schu:
bart (1857 ff.). Unbillig urteilt Kalkmann, Baui. der
Perieget. Unterfuchungen über jeine Schriftftellerei
und feine Quellen (1886). Gurlitt, über Baujanias.
Unterjuchungen (1889). — 7) aus Cäſarea in Kappa:
bofien, Sophift aus dem 2. Jahrhundert n. E.
und Schüler des Herodes Attilos, lehrte zuerjt in
Athen, dann in Rom Rhetorik. Er jchrieb sol
ovrrd£eog und meoßlruare. — 8) aus Damajfos,
Verfaſſer eines Werks über Syrien, welches wenig:
|ftens aus 6 Büchern beitand. Fragmente bei
p. 467. — 9) aus
Lakedaimon, ein Hiftorifer aus unbelfannter Zeit,
verfahte Werke weel "Ellnonörrov, Aanwvınd u.a.
— 10) ein Zerifograph, vielleicht identiich mit dem
Syrier. Sein Wörterbuch zeichnete fich durch Boll:
ftändigfeit des Wortichages aus. — 11) mit dem
Beinamen "Hoarksırıorns, ein Kommentator Des
Philoſophen Heralleitos. — 12) Erzgießer aus
Apollonia, Zeitgenofje des Daidalos aus Sikyon,
mit dem er mehrere Weihgejchente für die Tegen-
ten nach Delphoi verfertigte. Paus. 10, 9, 6.
Pausias j. Maler, 4.
Pausilfpum, rö Ilaveilvxor, eine ihren Na-
men (die gramftillende, Sans souci) rechtfertigende
herrliche Billa in Gampanien bei Neapolis, welche
Vedius Bollio dem Auguft vermachte. Strab. 5,246.
Sen. ep. 57. Der Name ift jebt auf die prächtige,
etwa 10 Minuten lange Grotte zwiichen Neapel
und Bozzuoli übergegangen (Bofilippo), die Vipſa—
nius Agrippa durch Eoccejus durch die Lengariſchen
Hügel iprengen lieh. Am Eingange wird das an:
mit den an fie gelnüpften Denkmälern; der geo: gebliche Grab Vergils gezeigt.
graphijche und hiſtoriſche Beitandteil, deſſen Aus:
Pavimentum j. Haus, 10.
Pavo — Peducaei. 899
Pavo, rang, der Pfau, der der Juno heilige !13, 6056. — 2) Stadt in Mefjenien (Hom. Il.
(Ov. a. a. 1, 627) Vogel, der aus Aſien herüber: |9, 152), das jpätere Methone.
gebracht und auf den Landgütern der römischen | Pediaier j. Parteien.
Großen gehalten zu werden pflegte. Seit dem) Pediänus ſ. Asconius.
Borgange des Nednerd Hortenjius fam er auch Pedii, blühten in den legten Leiten ber Ne:
als LZederbifjen (den man mit 50 Denaren, 1 Ei |publif: 1) DO. Pedius, der Sohn einer Schweiter
mit 5 Denaren bezahlte) auf die Tafel; jeine | Cäjars, nahm am galliichen Feldzuge teil, beflei-
Schweiffedern dienten zu Fliegenwedeln. dete im J. 48 v. E. die Prätur (Caes. b. c. 3, 22)
Pavor j. Ares. und war im %. 45 Legat Cäſars in Hilpanien.
Pax f. Eirene, | Nach feines Oheims Tode, der 2 ein bedeuten:
Paxi, Ilatol, 2 Heine Felſeninſeln zwifchen | des Erbe ausgejegt hatte, überließ er dasjelbe dem
Kerkyra und LZeufas; j. Paro und Antiparo. Pol. | Octavian (Suet. Caes. 88. App. b. c. 3, 94) und
2,10. Dio Cass. 50, 12. Plin. 4, 12, 52. wurde durch ihn und mit ihm nach dem Tode des
Peculätus hie; das Unterjchlagen von Geld | Hirtius und Panja bei Mutina Konjul, 43. Tac.
oder andern Sachen, die dem Staat oder den |dial. 17. Gegen Cäſars Mörder beantragte er
Göttern gehörten, furtum pecuniae publiene, In ein ſtrenges Geſetz. Er vermittelte die Verhand-
der alten Zeit der römijchen Republit fam diejes | lungen Setaviand mit Antonius und Lepidus und
Berbrechen ſehr jelten vor (die Anflage des Ca: |jcheint auch an dem Abſchluſſe des Triumpirats
millus, ſ. Furii, 10. und der beiden Scipionen, |(43 v. E.) nicht unbeteiligt geweſen zu fein. Er
PB. und 2, ſ. Cornelii, 10. 11., find die be= | ftarb in demjelben Jahre plöglich. Dio Cass. 47,15.
fannteften), jpäter aber öfter, ſo daß mehrere Gefege | — 2) Bed. Bläfus, verlor infolge einer Anklage
dagegen erfchienen, und eine quaestio perpetua | der Kyrenaier wegen Unterfchleifs feinen Sig im
de peculatu angeordnet wurde. Am wichtigjten | Senate durch Nero, erlangte ihn aber 10 Jahre
war die lex Julia (von Cäſar oder Auguftus), | jpäter durch Otho wieder. Tac. ann. 14, 18.
welche in der Kaijerzeit jehr erweitert wurde. Die | hist. 1, 77.
Strafe war früher aquae et ignis -interdietio |] Pedo, Albinovanus, Zeitgenoffe und ver:
und voller Erjag, jowie infamia, in der Kaiferzeit | trauter freund des Ovid, der an ihn den zehnten
deportatio. Brief des vierten Buches der epistulae ex Ponto
Peeulium (Deminutivum von pecus), jo viel |jchrieb und ihn (daf. 4, 16, 6) mit dem epiichen
wie Vermögen, bedeutet im engeren Sinne das | Dichtern Marjus, Rabirius und Macer zujammen:
Vermögen, weldes von dem pater familias dem | ftellt und als sidereus rühmt. Als Epifer nennt
Sohne oder Sklaven zu eigener Verwaltung über: ihn Duintilian neben Rabirius (10, 1, 90) mit
lafien worden war, aber von demfelben auch wieder | dem bejchränften Lobe: non indigni cognitione,
zurüdgenommen werden konnte. Eine teftamen: |si vacet. Auf eine Thejeis läßt Ovid ſchließen,
tariiche Dispofition ftand dem Inhaber desjelben | und aus einem epifchen Gedichte über die Thaten
nicht zu, ebenjo wenig das Verſchenken einzelner | de3 Germanicus ift ein gutes Fragment de na-
Teile, jo daf der Sohn z. B. nicht einmal einen | vigatione Germanici per Oceanum septemtrio-
Sklaven manumittieren durfte. Das von den Haus: | nalem bei Seneca (swas. 1, 14) erhalten. Martial
föhnen im Krieg (3. B. Sold, Beute) oder durch |jcheint auch Epigramme gelannt zu haben (5, 5.
Erbichaft von Freunden im Felde erworbene oder | 2, 77), womit die Anekdote bei Duintilian (6,3, 61)
das von Eltern und Vertvandten zum Kriegsdienfte | zu verbinden ift. — Seinen Pla unter den Ele:
ihnen geichenfte Gut hieß peculium castrense |gifern verdankt Pedo allein der Vermutung Joſ.
und galt ſchon vor alterd durch Hertommen als | Scaligerd (Catal. p. 94), daß die 3 Elegien de
eine Art Eigentum des Sohnes (Jur. 16, 51 ff.).|obitu Maecenatis (richtiger Epicedion Maecena-
Gejeplich wurde das Recht der teftamentarijchen |tis), de Maecenate moribundo und die conso-
Verfügung über diejes pec. castrense von jeiten | latio ad Liviam Augustam de morte Drusi (Epi-
des Sohnes erft durch Auguftus und wiederholt | cedion Drusi) von ihm herrühren. Während man
dur; Nerva und Trajan ausgefprochen. bei den beiden erjten, die ziemlich dürftig find,
Pedalion j. Idalion. längft eine jpätere Zeit der Abfafjung vermutet
Pedanöus iudex j. Judex pedaneus. hat, blieb man bei der dritten Elegie feiter in der
Pedanii, 1) T. Bedanius, zeichnete fich im |augufteiichen Zeit und dachte jogar an Ovid jelbit
Kampfe gegen die Karthager bei Beneventum aus, als Berfafjer, in deſſen Werfe fie in der Regel
212 dv. &. Liv. 25, 14. — 2) wurde vom Kaiſer | Aufnahme fand. Indeſſen ift neuerdings aus dem
Auguftus beauftragt (4 v. E.), Mitglied de3 Ge: | Umftande, daß fie nur in ganz jungen Handſchrif—
richtö zu jein, welches zu Berytos über die Söhne | ten überliefert ift, aus ihrer modernen Färbung
des Herodes enticheiden follte. Jos. b. Jud. 1, 27. | und abweichenden Haltung von M. Haupt (opusc. I
— 3) Bed. Secundus, praefectus urbi, wurde | p. 315 ff.) darzuthun verjucht worden, daf fie ein
unter Nero von einem SHaven umgebracht (61 n.E.), | Machwerk des 15. Jahrhunderts ſei, während Hüb-
weshalb jeine jämtlichen Sklaven nad) einem alten | ner (Hermes 13, 145 ff.) fie wiederum dem 2. Jahr:
Gejege hingerichtet wurden. Tac. ann. 14, 42 ff. |hundert zu vindicieren verfucht hat, und Bährens
Pedarii ſ. Senatus, 2. (poet. Lat. min. I p. 97 ff.) ihre Entftehung gar
Pedäsa, IIjdace, alte lelegiihe Stadt Ka: in das Todesjahr des Drujus (9 d. C.) verlegt.
riend zwiſchen Milet, Halilarnatjos und Strato: | Für —— Echtheit iſt auch Bücheler eingetreten.
niteia Hdt. 5, 121. 6, 20), ſpäter den Halikar-⸗ Peducaei, plebejiſchen Standes. Dazu gehören:
naffiern unterthan, in römiſcher Zeit verfallen. |1) Sertus Peducäus, beantragte als Volkstri—
Strab. 13, 611. bun eine Unterfuchung gegen Bejtalinnen wegen
Pedäsos, ITidaoos, 1) Stadt Myſiens am Inceſts, 113 v. E. Cie. n.d. 3, 30, 74. — 2) ©.
Satnioeis. Hom. Il. 6, 34. 20, 92. 21, 87. Strab. | Bed., ein im Rufe großer Unbejcholtenheit und
577
900
Gelehriamkeit ftehender Mann, der ſich bei der
Verwaltung von Sicilien (76 und 75 v. E.) allge:
meine Liebe erwarb und fein Freund des Berres
war, daher auch eine jpäter gegen ihn erhobene
Anklage feinen Erfolg hatte. Cie. Verr. 2, 56.
3, 983. Er beftärfte den ihm befreundeten Cicero,
der jein Quäftor auf Sicilien gewejen war, in
feinem Verfahren gegen die Catilinarier. — 3) ©.
Ped., des vorigen Sohn, jcheint ein gebildeter
und mwohlunterrichteter Mann geweſen zu jein, da
fein Freund Atticus fein Urteil jehr hoch hielt.
Cie, ad Att.9, 7,2. 15,3, 3. Im Bürgerfriege
finden wir ihn auf jeiten Gäjars, jpäter diente er
dem DOctavian. Cie. ad Att. 16, 11, 1.
Pedum, eine in der älteren Geichichte öfter ge-
nannte, fpäter verfallene Stadt Latiums, 2 M.
öftlih von Rom an der via Lavicana; vermut-
fi j. Gallicano. Liv. 2, 39. 8, 12. 13. 14. Cie.
ad Att. 9, 18. Hor. ep. 1, 4, 2. In der Nähe lag
ein Landgut des Dichters Tibull.
Pegäsos, IIryasog, Quellroß, ein geflügeltes
No, das, zugleih mit Chryjaor don Poſeidon
und der Gorgo Meduja an den Quellen des
Dfeanos gezeugt, aus dem Rumpfe der Meduja
hervorjprang, als Perſeus fie enthauptete. Es
ſchwang fich zu den Unfterblichen empor und weilt
nun in dem Palaſte des Zeus, dem es Donner
und Blig trägt. Jlrsiod. theog. 278 ff. Or. met.
4, 784. Hiernach ift P. das Donnerroß des Zeus.
Bei Späteren gilt es ald Roß der Eos; auch ift
es unter die Bejtirne verfegt. Bellerophontes (j. d.)
fing das Roß, als e8 eben an der Quelle Peirene
tranf (Pind. ol. 13, 63 ff.), oder er erhielt es ge:
zähmt und gezäumt von Athene oder von Pojeidon
und bejiegte mit feiner Hülfe die Chimaira, auch
die Amazonen und Solymer. Hesiod. theog. 325.
Pind. ol. 13, 86. ®. galt auch als Mujenrofi,
injofern es den Helifon, welcher bei dem Gejange
der Mufen vor Entzüden himmelan fich erhob,
auf Poſeidons Rat durd einen Hufichlag am Auf:
jteigen hemmte und fo die begeifternde Muſenquelle
Hippofrene hervorſchlug. Or. met. 5, 256. Ant.
Lib. 9. Ähnlich joll P. die Hippofrene zu Troizen
und die Beirene zu Korinth hervorgerufen haben.
Dichterroß, auf dem die Poeten ſich in Begeifte:
rung emporichwingen, ift P. erft in neuerer Zeit
durch Vermengung der Sagen von Bellerophon
und Dippofrene geworden; den Griechen war dieſe
Idee fremd.
IInyouavreia |. Divinatio, 12.
Peiraieus f. Attika, 15.
Peiröne j. Korinthia, 3. und Pegasos.
Peirithdos, IIsıod#oos, Sohn des Jrion oder
des Zeus und der Dia, der Tochter des Deioneus,
ein Xapithe. Hom. Il, 2, 741, 14, 317. Als er
zu jeiner VBermählung mit Hippodameia (oder Dei:
dameia), der Tochter des Lapithen Atrax, die
Kentauren und viele helleniiche Helden geladen
hatte, wollte der Kentaur Eurytion, vom Weine
beraujcht, die Braut entführen; aber Thejeus oder
Kaineus rettete fie. Da die andern Kentauren
auf die andern Frauen ftürzen, entfteht ein furcht-
barer Kampf der Kentauren mit den Lapithen und
den hellenifchen Helden, in welchem die Kentauren
endlich bejiegt werden. Or. met. 12, 210 ff. Hom.
Od. 21, 295. 11,631. II. 1, 263 (. Theseus, 4.).
Er ift Vater des Polypoites. om. Il. 2, 740.
Peisandros, Ilsicavögos, 1) Sohn des Mai:
Pedum — Peisistratos.
malos, myrmidoniicher Krieger des Achilleus. Hom.
Il. 16, 193. — 2) Sohn des Antimadhos, ein Troer,
von Agamemnon erſchlagen. Hom. Il. 11, 122.
13, 601. — 3) Sohn des Polyftor, Freier der
Penelope. Hom. Ed. 18, 299. 22, 268. Or. her.
1, 91. — 4) von Kameiros auf Rhodos, epiicher
Dichter, um 645 v. E. blühend, Berfafler einer
‘"Hodxksı@ in wahricheinlid 12 Büchern, welche
bejonders deswegen von Bedeutung war, weil in
ihr Herakles zuerſt nicht mehr als Vollbringer
gewöhnlicher Heldenfämpfe mit den heroiichen
Waffen, jondern als ein auf feine Körperfraft jich
verlaffender Kämpfer und Beztwinger von Unge—
—— und Rieſen mit der einfachſten Waffe, der
eule, und, ftatt ſonſtiger Schugwaffen, nur mit
der Löwenhaut bededt, auftrat, die Vorſtellung
des Helden aljo völlig umgebildet ward. Wahr:
icheinlich enthielt auch dieſe Herafleia zuerjt die
Zwölfzahl der Kämpfe des Herafles. Wir bejigen
von ihr mur äußerſt wenige Bruchjtüde (gejam:
melt von Kinkel, ep. Graec. fragm. I p. 248 ff.).
Die Alerandriner gaben dem Peilandros im epi—
ſchen Kanon eine Stelle nadı Homer und Heſiod.
- 5) aus Laranda in Lykaonien, ebenfalls epiicher
Dichter unter Alexander Severus (222—235 n. E.).
— 6) j. Vierhundert. — 7) jpartanifcher Nau—
ach, dem jein Schwager Mgejilaos, als er nad
Lyjanders Niederlage und Tod bei Haliartos in
die Heimat gerufen wurde, die Flotte übergab. Er
verlor gegen Konon (ſ. d.) bei Knidos im Jahre
394 Schlacht und Leben. Xen. Hell. 3, 4, 29.
4, 3, 10 ff.
Peisisträtos, /Isısiorgaros, 1) Sohn des Neftor
(ſ. d.); er empfängt den Telemadjos auf defien Er:
fundigungsreije und geleitet ihn nach Sparta. Hom.
Od. 3, 36. 400. 482 ff. — 2) Tyrann von then,
Sohn des Hippofrates, aus dem altedeln attijchen
Geſchlechte der Philaiden, von mütterlicher Seite
her mit Solon verwandt, geboren etwa 605 v. E.
Die Vorzüge, weldye ihm dieje Geburt und des
Baterd Reichtum verichafiten, wurden frühzeitig
durch eine jeltene Fallungsfraft, Maren Verſtand
und ausgezeichnete Nedegabe erhöht. Aber ebenjo
ſchnell entwidelte ſich jein herrichjüchtiger, empor:
jtrebender Sinn. Seine Jugend fiel in die Zeit
jener unruhigen Bewegungen, welche der Gejep-
gebung des Solon voraufgingen; als Solon Athen
verließ, nachdem er ein zehnjähriges treues Feſt—
halten an der Verfaſſung hatte beſchwören laſſen,
trat P. zum erftenmal öffentlich auf. Jetzt brachen
nämlich die Feindieligfeiten und Parteikämpfe wie:
der hervor; da ftellte fih P. an die Spige der
Diakrier (Önperafrier), während als Vertreter des
Adels (der Pediaier) Lykurgos, Sohn des Arifto:
laides, und der Allmaionide Megafles (ſ. d.) als
führer der Paralier auftrat. Indeſſen blicb bis
zu Solons Rückkehr alles unverändert. Da zeigte
jih, dab fein Anſehen erlojchen und jeine Kraft
gebroden war; P. folgte ihm in der Bollsgunit
und wußte jich in derjelben durch Freigebigkeit,
Klugheit und Herablaſſung zu behaupten. Im
Stillen eines mächtigen Anhangs fih verjichernd,
hielt er jein Ziel unverrüdt im Auge und mußte
u rechter Zeit hervorzutreten; als er die Um—
ſtände günftig fand und wußte, daß jeder ihm die
Kraft zuichrieb, Herr aller Bewegungen zu bleiben,
fuhr er einft auf den Markt, wie vor jeinen Fein—
den fliehend, jelbft mit Wunden bebedt, und auch
Peitho — Pelion.
die Maultiere von Blut triefend, und flehte ver:
jtörten Angefichts das Volk um Beiftand an. Trotz
aller Warnungen Solons ging das Voll in die
falle: es bemilligte ihm eine Leibwacde von
50 Keulenträgern und gejtattete ihm außerdem
noch, diefe nadı Belieben zu vermehren. Auf dieſe
Weiſe bemäcdhtigte er fich der Burg und damit der
Tyrannis, 560. Plut. Sol.29f. Hdt.1,595f. Der
greife Solon, welcher von P. gut behandelt wor:
den jein fol, ftarb im zweiten Jahre der Herr:
ichaft desjelben, und die Altmaioniden gingen aus
der Stadt; aber fie unterhielten mit der Partei
des Lykurgos ein heimliches Einverftändnis, um
den PB. zu ftürzen. Der Plan gelang, P. mußte
(etiva 556) weichen und blieb 5 Jahre in der Ber:
bannung, feine Güter wurden fonfiiziert. Bald
aber entzweiten fih die beiden Parteien, und
Megatles, der ald der Schwächere feine bedrängte
Lage fühlte, bot dem P. wieder die Hand, um
zur Tyrannis zu gelangen, wenn er feine Tochter
Koiſyra) heiraten wollte. So rüdte er denn im
Feſtzuge wieder als Tyrann in die Stadt, ihm
zur Seite eine fchöne Athenerin von ftolzer Hal:
tung, Phye, die Athene darftellend (Hat. 1, 60);
das getäujchte Volk betete das Weib an und nahm
P. auf. Weil die finderloje Gattin jich über
Mangel an Achtung beflagte, indem ®. fich ſehr
zu den Söhnen erjter Ehe hingezogen fühlte, fing
Megaklles neue Antriguen gegen ihn an, und P.
mußte, diesmal auf 11 Jahre, nad) Eretria weichen
(um 549). Endlich gelang es ihm mit Hülfe der
Thebaner, Argiver und des Narierd Lygdamis,
ſich wieder in der Herrichaft zu befeftigen, nach:
dem er (um 538) bei Marathon gelandet war
und die ihm entgegenziehenden Streitkräfte auf
dem Wege nad) Athen bei Pallene bejiegt hatte.
Sp war er in einem Beitraume von 33 Jahren,
bis zu jeinem Tode, 527, 17 Jahre Tyrann,
16 Jahre Verbannter. Wenn er auch während
der dritten Periode die Zügel feiner Herrſchaft
etwas ftraffer anzog und die aus den Bergwerken
fließenden Staatsmittel zur Vermehrung jeiner
Söldner ftärfer benußte, auch Geiſeln aus den
angejehenjten Gejchlechtern nach Naxos jandte, das
er erobert und dem Lygdamis übergeben hatte,
ferner auch durch Beſetzung des den Mytilenaiern
aehörenden Sigeion in Troas feine Tyrannen:
macht zu verftärlen ftrebte: jo trug doc jein
Regiment durchweg den Charakter der Milde und
Verjöhnlichkeit, der Achtung vor dem Gejege und
dem Kultus und der wohlwollenden Fürſorge für
alle Bedürfnifie des Staats. Die foloniiche Ber:
faſſung blieb im wejentlichen beftehen, nur Die
Leitung der Angelegenheiten ging auf ihn allein
über. Die Reichen beftenerte er nicht höher, als
mit dem zwanzigjten Teile des Grundertrags, den
Armeren widmete er forgfältige Rüdficht und ver:
ichaffte ihnen durch die vielen und prachtvollen
öffentlichen Bauten, durch Anbau von Kornfeldern
und Dlivenpflanzungen Mittel zum Unterhalt.
Kunft und Wiſſenſchaft fanden bei ihm eine eifrige
Pflege; er legte das Olympieion, Pythion, viel:
leicht auch das Lyfeion und den (undollendet ge:
bliebenen) Barthenon an, wenn auch die Nach—
richt, daß er den Onomafritos u. a. mit der
Tertesrezenfion der homeriichen Gedichte beauf: |
tragt habe, deshalb unglaublich ift, weil man in
jener Zeit von derartigen philologiſchen Arbeiten |
901
noch feine Vorftellung haben konnte. — Seine
Söhne erfter Ehe waren Hippias (j. d.), der ihm
als der ältefte in der Herrſchaft nachfolgte, Hip:
parchos und Theſſalos; aus der dritten Ehe mit
der Argiverin Timonafja hatte er einen Sohn
Hegefiftratos (Hdt. 5, 94). Bgl. die Abhandlungen
von Häniſch (1862) und Bethe (1864). _
Peitho, Ilısdo, Berjonififation der Über—
rebung, eine Begleiterin der Aphrodite, der Cha:
riten, des Wohlredners Hermes. Zu Sikyon hatte
fie einen Tempel auf dem Marfte. Paus. 2, 7,7.
hr Name ift auch Beiname anderer Gottheiten,
wie der Aphrodite und der Artemis (Paus.2,21,1).
Bei Hermefianar hieß eine der Chariten Peitho.
— Bei den Römern heißt die Göttin der Über—
redung und Beredjamfeit Suada, Suadela. Hor.
ep. 1, 6, 38. Cie. Brut. 15, 59.
Peithon ſ. Pithon.
Pelagönes, ITsAayorss, ein Volk pelajgiichen
Stammes in Makedonien, das urjprünglich das
Thal des Wrios bewohnte. Hom. Tl. 2, 154 ff.
Später zogen fie weftlid zum Erigon, deſſen Ge:
biet nun Ilelayovi« hieß, wodurd fie Nachbarn
der Lynkeſtier wurden. Die Hauptitadt, ebenfalls
Pelagonia geheißen, ift vielleicht das heutige Mo:
naftir oder Bitolia. Liv. 45, 29. — Aus Livius
(42, 53. 44, 2) ergibt fich übrigens, daß noch eine
pelagonijche Tripolis (Azoron, Pythion, Doliche)
weiter jüdlid an der Weftieite des Olympos im
oberen Thale des Titarefios lag.
Pelasgi j. Graecia, 9.
Pelasgikon j. Attika, 9.
Pelasgiötis j. Thessalia, 4.
Pelasgos, IIeAaoyös, mythiſcher Stammherr
der Pelajger: 1) Autochthon in Arkadien, oder
Sohn des Zeus und der Niobe, Vater des Lykaon.
Apollod. 3, 8, 1. — 2) Sohn des Areftor, Entel
des Jaſos, Gründer des arfadiichen Parrhafia. —
3) Sohn des Triopas und der Sois, Bruder des
Jaſos, oder Sohn des Phoroneus, Gründer des
peloponnefiihen Argos, wo auch jein Grab; er
nahm Demeter auf ihren Irren in Argos auf
und ward der erfte Verbreiter des Aderbaues.
Paus.1, 14, 2. 2,22,1. — 4) Gründer bes thefla-
liichen Argos, Sohn des Pojeidon oder des Hai:
mon und ber Lariſſa, Bruder des Achaios und
Phthios, oder Vater des Haimon, Großvater des
Ehetfalos. — 5) f. Gelanor.
Ilelarar |. Dvln, 4.
Peleus j. Aiakos und Akastos.
Pelias, IIs)dus, Sohn des Pojeidon oder des
Kretheus und der Tyro, der Tochter des Salıno:
neus, Bruder des Neleus, Mifon, Pheres und
Ampthaon (Hom. Od. 11, 235 ff.), Herrſcher in
Jolkos, Gemahl der Anaribia (der Tochter des
Bias) oder der Philomache (Tochter des Amphion),
Vater des Alaftos, der Peiſidike, Pelopeia, Hippo—
thoẽ, Alfeftis. Apollod. 1, 9, 10. Das Weitere j.
unter Argonauten.
Peligni j. Paeligni.
ITeiıyaiov og0g |. Chios.
Pelinnaion, IIeAırraiov oder TIklıvve, fefte
Stadt der theſſaliſchen Landichaft Heftiaiotis am
Beneios öftlih von Triffa; j. Ruinen Kurbikhi.
Liv. 36, 10. 14. Strab. 9, 437 f.
Pelion, rö ITijkıor Ögog, j. Pleſidi, das jüd-
öftlih vom Oſſa gelegene rauhe und waldige Ge:
birge in der thefialiichen Landſchaft Magnefia
*
902
zwifchen dem Boibeisjee und dem Pagaſaiiſchen
Meerbufen, an dem es die beiden Vorgebirge Se:
pias und Niantion bildet, mit zwei '1620m hoben
Bipfeln, noch jett durch die Fülle und ——
ſeiner Wälder und Obſtgärten ausgezeichnet. Die
Giganten türmten entweder den Oſſa und den
Olymp auf den Pelion, oder den Pelion und Oſſa
auf den Olymp, um den Himmel zu erſtürmen.
Hom. Od. 11, 314. Pind. pyth. 8, 15. Hor. od.
3, 4,49. Ferner läßt die Sage hier den heil:
fundigen Kentauren Cheiron wohnen, der nahe
dem Gipfel des an Heilfräutern reichen Berges
eine Höhle Hatte. Auf dem Gipfel befand Jich
ein Heiligtum des Zeus Altaios. Strab. 9, 428 ff.
Pella, Tl&ii«, 1) alte Stadt Maledoniens im
Diftrift Bottiaia, 120 Stadien von der Mündung
des Ludias an demjelben; j. Ruinen bei Jannita.
Hdt. 8, 124. Mit Philipp von Makedonien, der
hier geboren war und fie zur Nefidenz erhob, be:
ginnt die Blüte der Stadt, die mun öfter genannt
wird. Livius (44, 46) gibt über diejelbe die voll:
ftändigften Nachrichten. — 2) eine der Städte der
Defapolis im peraiiichen Paläftina, nördlich von
Yabes, Sfythopolis gegenüber, früher Butis gen.,
j. Fahil. Hieher flüchteten fich die Ehriften 70 n. €.
bei der Belagerung Jerufalems.
Pelläna j. Lakonika, 7.
Pellöne, IIeAlrjvn oder TIeilave, die Öftlichite
unter den achaiiſchen Zwölfftädten auf befejtigter
Höhe, 60 Stadien vom Meere, mit dem Hafenplaß
Ariftonautai (richtiger wohl Argonautai, beim j.
Xylofaftro). Hdt. 1, 145. Im peloponnefischen
Kriege ftanden ihre Bewohner auf jeiten der Pe-
loponnefier (Thue. 2, 9. 8, 3); im forinthiichen
Kriege zeichnete fich bejonders ihr Bürger Pro:
machos aus; in den Zeiten der adyaiiich-artolifchen
Kriege erlitt die Stadt durch Angriffe und Ein-
nahme manchen Schaden. Überreſte finden fich auf
der Höhe von Zugra. Strab. 8, 385 f.
Pelopidas, Ilslonidag, der Thebaner, Sohn
des Hippoflos, aus einer edlen und reichen Fa—
milie, durch innige Freundichaft mit Epamei-
nondas verbunden, jchloß ſich der demokratiſch—
nationalen Partei des Iſmenias an, mußte daher,
ald die Dligarchen 383 oder 382 v. C. durch
Spartas Hülfe fiegten, die Stadt verlaffen und
fand mit etwa 400 Gefinnungsgenofier Aufnahme
in Athen. Obgleich einer der Jüngſten, trat er
doch nad) des Androfleidas Tode an die Spibe
derjelben und jchlid, als die Vorbereitungen zu
einer Ummwälzung in Theben gereift waren, mit
12 Flüchtlingen in die Stadt; mit Hülfe ber
dortigen Verſchworenen wurden die Dligardhen er:
mordet, wobei Bel. eine Wunde empfing, und die
Demofratie wiederhergeftellt, Dezember 379. Plut.
Pelop. 8ff. Xen. Hell.ö, 4. Mit Charon und
Melon wurde er zum Boiotarchen erwählt und
befleidete von nun an jedes Jahr eines der höchſten
Amter im Staate. Bei Ausbrucd des Krieges mit
Sparta veranlaßte er den Spartaner Sphodrias
zu einem Einfall in Attila und zur Beſetzung des
Feiraieus und zog dadurch Athen auf die Seite
der Thebaner. Während er thätig war, die übrigen
boiotijchen Städte zum Eintritt in einen Bundes:
ftaat unter Thebens Leitung zu nötigen, erwarb
er ſich zuerft Kriegsruhm durch den glänzenden
Sieg, den er über 2 aus Lokris Er Boiotien
zurüdfehrende ſpartaniſche Moren bei Tegyra ge:
EEE nn —— nn nn ——— — —
— — — — — — — — — — — —
Pella — Peloponnesischer Krieg.
wann, 376 ober 375. Plut. Pelop. 16f. Bei
Leuftra (371) befehligte er die heilige Schar, Die
ihm bejonders ihre Organifation verdankte, rüdte
mit Epameinondas in den Peloponnes ein (370—
369), wurde nad der Rückkehr mit ihm wegen
des 4 Monate zu lange befleideten Boiotarchats
zur Verantwortung gezogen, aber ehrenvoll frei:
eiprochen. Bon jeßt an (369) wandte er jeine
hätigfeit mehr dem Norden zu. Die thejja:
lichen Städte baten Theben um Hülfe gegen
Alerander von Pherai. Er ging mit einem Heere
dahin und zwang den Alexander zu einem Ver:
gleich, deifen Bedingung ohne Zweifel die Auto—
nomie der Städte war; ald Schiedsrichter nad)
Makedonien berufen, entjchied er für Wlerander
und nahm dejien Bruder Philipp als Geijel mit.
Dod feine Einrichtungen bejtanden nicht lange.
Die thefjaliichen Städte wurden wieder unterdrüdt,
und Nlerander von Makedonien wurde von Pto—
lemaios von Aloros ermordet. Pelopidas ging
um zweitenmal nach Makedonien; da ihn aber
eine Söldlinge verließen, jo mußte er einen Ber:
gleich mit Btolemaios eingehen, wonad eine Tei—
lung des Reiches zwiichen Ptolemaios und Ber:
diffas eintrat (368). Als er dann nach Thefjalien
mit Jimenias als Gejandter ging, wurde er von
dem Tyrannen wider das Kir errecht gefangen
genommen, beim Serannahen eines thebanifchen
Heeres indes bald freigelaſſen. Gleich darauf be:
gab er fich ald Gelandter nah Sufa und wurde
ehrenvoll empfangen; doch gelang es nicht, die
sriedensbedingungen des Perſerkönigs in Ausfüh:
rung zu bringen, wenn auch der Friede des Au—
talfıdas als Grundlage der griechiichen Berhältnifie
von nun an bejeitigt wurde. Xen. Hell. 7,1.
Im 3. 364 zog P. noch einmal den theſſaliſchen
Städten zu Hülfe; eine Sonnenfinfternis (13. Juni
364) veranlaßte das AZurüdbleiben des größten
Teiles des Heeres, und nur mit 300 Neitern ging
er weiter, im Vertrauen auf die Verwirrung in
des Tyrannen eigenem Haufe. Bei Kynoskephalai
machte er einen Angriff auf das überlegene Heer
desjelben; während er aber auf Wlerander mit
Ungeftüm eindrang, wurde er von deſſen Leibwache
niedergemacht; die Thebaner indeflen, um jo er:
bitterter fämpfend, errangen einen volljtändigen
Sieg. Plut. Pelop. 31 ff. Diod. Sie. 15, 80, die
Richtung Thebens nad) dem Norden war mit
jeinem Falle zu Ende. Bol. Sievers, Gejchichte
Griechenlands ©. 264 ff. 329 ff. Abhandlung von
Qued (1875).
Peloponnesischer Krieg (431—404 v. €.).
Diejer Krieg ift feine aus zufälligen Umſtänden
hervorgegangene Erjcheinung, jondern entftand mit
Notwendigkeit aus der Entwidelung der griechi-
ihen Staaten und Stämme. In den Perſerkriegen
hatte freilich die gemeinjame Gefahr die meiſten
griechiſchen Staaten zum Freiheitstampfe vereinigt;
nachdem aber die defahr bejeitigt war, trat der
Gegenjaß zwiichen der doriſchen und der ionijchen
Volfsart, zwiſchen dem ariftofratiichen und demo:
fratiihen Prinzip jchroff hervor und führte bald zu
Streitigfeiten zwijchen den Hauptjtaaten, Sparta
und Athen. then jtrebte unter Perifles’ Ver—
waltung nad) der Vereinigung der Seeftaaten unter
feiner Herrſchaft; die nicht unterworfenen, beſon—
ders Korinth, blidten mit Eiferjucht und Beſorgnis
auf Athens Machtſtellung (Thuc. 1, 44) und bil:
ts
=
Peloponnesischer Krieg.
beten, um die Selbftändigfeit zu behaupten, einen
Doriſchen Bund mit dem Mittelpunfte Sparta,
welches indes zu wenig regjam war, um die In—
terefjen des Bundes gehörig zu vertreten. — Die
bejondere Beranlafjung des Krieges fam aus der
ferne. In Epidamnos (Dyrrhachium) vertrieb
das Bolf die edlen Geichlechter (436). Die Ber:
triebenen bedrängten im Bunde mit den benad):
barten Taulantiern die Stadt, dieje wandte jich
um Hülfe an die Mutterjtadt Kerfyra und, dort
abgewiejen, an Korinth. Als dieſes eine flotte
ichidte, griffen die Kerfyratier zu den Waffen,
ichlugen die forinthiiche Flotte beim Borgebirge
Aetium und eroberten an demjelben Tage Epi-
damnos (435 oder im Frühling 434). Thuc.1,24 ff.
Da Korinth in den nächſten Jahren größere
Rüftungen machte und mehrere Glieder des Dori-
ihen Bundes auf jeine Seite z0g, jo wendete fich
Kerlyra an Athen, und die Athener beichlofien
nad längerer Debatte in der Bollsverfammlung
ein Bündnis mit Kerkyra. Als nun die Flotte
Korinth3 einen neuen Angriff 4 die kerkyraiiſche
machte, eilte die zu Hülfe geichidte atheniſche
Flotte herbei, und Korinth blieb fieglos bei den
Spbota-Anfeln, September 433 (Thuc. 1, 31 ff.).
Sept aber beichuldigte Korinth die Athener des
Trriedensbruchs, und als im Frühjahr des Jahres
432 Potidaia mit den Bottiaiern und Chaltidiern
von Athen abfiel, jäumte es nicht, denjelben Hülfe
zu fenden. Thuc. 1, 56 ff. Plut. Per. 29. Es ver:
anlafte außerdem eine Bundesverfammlung in
Sparta, um gegen Athen zu Hagen, auf welcher
auch die Megarer mit Beichwerden gegen Athen
erichienen, jowie geheime Boten von Aigina (Thuec,
1, 675.); bald folgte eine zweite Verſammlung.
Thue. 1, 118. Der Krieg wurde, obgleich König
Arhidamos vor UÜbereilung warnte, gegen Athen
beichlofjen, wenn dasjelbe die geftellten Bedingun:
gen, zuerjt: „Aigina und PBotidaia freizugeben und
die Beichlüffe gegen Megara aufzuheben“, dann
„die Freiheit und Umabhängigfeit aller griechiichen
Staaten wiederherzuftellen“, nicht annähme. Be:
riffes riet, die Gejandten abzuweijen, und jo
war der Krieg entichieden, Anfang 431. Thue.
1, 140— 145. Erjte Beriode: der archidamiſche
oder zehnjährige (T’huc. 5, 25) Krieg (431—421).
Athen begann denjelben in Verbindung mit einer
großen Anzahl unterthäniger Bundesstaaten (Ari-
stoph. Vesp. 707 gibt ihre Zahl, ohne Zweifel
übertrieben, zu 1000 an), einigen freien, doch un:
auflösbaren Verbündeten, Chios, Leſbos, Plataiai,
Naupaktos, ug noch einige zweifelhafte famen:
Berdiffas von Makedonien, ein thrafijcher Fürft
Sitaltes, Kerfyra u. a. Es konnte gegen 30 000
Hopliten und 300 Kriegsſchiffe aufjtellen, auf der
Burg lagen 6000 Talente, und 1000 betrugen die
jährlihen Einkünfte; die ſchwache Seite aber war
die Unzuverläffigfeit der ſchwer bedrüdten Bundes:
enofjen. Um Die Spartaner vereinigten ſich als
eie Bundesgenofien faft der ganze Peloponnes,
dann Megara, Boiotien, Lokris, Phokis; fie konn—
ten 60 000 Schwerbewaffnete ausrüjten lafjen; es
war aber eine jchtwerfällige, unbeholfene Macht,
an Flotte und Geldmitteln ſchwach; und darauf
rechnete bejonders Berifles. — Das Zeichen zum
Kriege gaben die Thebaner durch den verunglüdten
nächtlichen Angriff auf Plataiai, Frühling 431.
Thuec. 2, 2. Im Juni fiel König Archidamos
9085
unter wilden Berheerungen in Attila ein, und
jährlich (außer im dritten und jechjten Jahre)
wurden dieje Züge wiederholt, doch die Athener
iehen jih, wenn fie auch durch feite Punkte das
Eh zu fichern juchen, in die Stadt zurüd, plün—
dern dagegen mit der flotte die Küſten des Belo-
ponnes, vertreiben die Nigineten, welde die Spar:
taner in Thyrea aufnehmen, und räumen die Inſel
athenijchen Kleruchen ein; fie beichließen, alle Schäße
auf den Krieg zu verwenden und nur 1000 Talente
für den äußerjten Notfall aufzuiparen; am Ende
des Jahres hält Periffes die Leichenrede auf die
Gefallenen. Thuc. 2, 10. Im %. 430 fehrten
die Spartaner bald von ihrem Zuge nach Attika
zurüd, aus Furcht vor der Peft, welche in Athen
ausbrach und jchwere Bedrängnis über die Dicht:
ehäufte Bevölferung brachte. Athen jchidt ſogar
don Gejandte des Friedens wegen, die Spartaner
aber, die ſchon jetzt Unterhandlungen mit den
Berjern anfnüpfen, weiſen fie ab, Berifles er:
mmtigt durch Nede und Beifpiel das Volk. Thuc.
2, 46—70. Am Unfange von 429 fapituliert
Botidaia, die Spartaner wenden fich gegen Pla:
taiai, der Athener Phormion kämpft glüdlich in
den wejtlichen Meeren, ein bleibendes Unglüd ift
aber die in Athen forimwütende Belt, welche bie
beiferen Bürger wegrafft, und mit dem Tode des
Berifles (Ende Septembers 429) verihwinden Kraft
und Bejonnenheit aus dem Staate. Plut. Per. 39.
Thue. 3, 87. Diod. Sie. 12, 58. Es folgt ein
entartetes Gejchlecht, geleitet von jelbftfüchtigen
oder leichtjiinnigen Führern; nad) Eufrates und
Lyſikles übernahm der Demagog Kleon die Xei-
tung der Angelegenheiten, gegen welchen Nikias
als Vertreter der wohlhabenden und gemäßigten
Bürger nur zeitweilig Einfluß gewinnen fonnte.
Thue. 2, 70— 100. Zu den gewöhnlichen Ver:
heerungen fommt der Abfall von Leibos, die Stadt
Methymna ausgenommen. then wird genötigt,
eine Bermögensitener aufzulegen und die Bundes:
genofjen ſchwerer zu — um neue Rüſtungen
zu ermöglichen, 428. Thuc. 3, 1--19. Baches zwingt
Mytilene, ſich auf Gnade und Ungnade zu ergeben
427); die durch Kleon veranlaften blutigen Be-
ichlüffe gegen die Moytilenaier werden zwar durch
Diodotos gemildert, dennoch werden 1000 hin:
gerichtet, die we zu zinsbaren Unterthanen
gemacht, und das Gebiet unter Kleruchen verteilt.
Gleiche Barbarei üben die Thebaner und Spar:
taner gegen das endlich bezwungene Plataiai, und
in Kerfyra mwüten (427 — 424) Demokraten und
Ariftofraten gegeneinander; auch in die ficiliichen
Angelegenheiten miichten fich die Athener, indem
jie infolge der Gejandtichaft des Leontiners Gor—
gias den ioniſchen Städten in Sicilien und Unter:
italien eine Flotte zu Hülfe jchicdten unter Laches
und Charoiades. Diejelben bejegten Rhegion und
behaupteten dieje Stadt mehrere Jahre, 427. Thuc.
3, 20—86. Diod. Sie. 12, 48 ff. Während die 3
Spartaner durd; Erdbeben von den gewöhnlichen
Einfällen abgehalten werden, gebt Demofthenes
mit einer flotte in die weitlihen Meere, wird
zwar von den Witolern geichlagen, entießt aber
das bedrohte Naupaktos und erringt am Ambra—
liſchen Meerbuſen einen Sieg über die Ambra:
fioten und die peloponnefiihen Bundesgenofien
unter Eurylochos u. a., 426. Thuc. 3, 87—114.
Derielbe beiekt im folgenden Jahre auf einem
—
—
904
Zuge nad Sicilien und Kerkyra, ungeachtet des
Wideripruchs jeiner Mitfeldherren, aber durch eine
Windftille unterftübt, Polos und befeftigt es. Die
Spartaner, das Gefährliche diejer Poſition erfen:
nend, greifen Pylos zu Wafler und zu Lande an,
werden aber geichlagen und auf Sphafteria ein:
eichlofjen. Die zu ihrer Befreiung angelmüpften
Sriedensunterhanblungen werden durch Kleon hin:
tertrieben, und von dieſem und Demofthenes nach
langer Einjchliegung die noch übrigen 292 Spar:
taner zu Gefangenen gemadt. Athen läßt wieder
die günftige Gelegenheit zum Frieden ungenüßt.
Auf Kerkyra werden die gefangenen Dligarchen
durch jchändlichen Verrat abgeichlachtet, 424. Thuc.
4, 1—48. Plut. Nie. 7.8. Wifias erobert Kythera
und Thyrea und verfucht durch Angriffe auf
Megara und Boiotien den Dorifhen Bund zu
jprengen, aber Brafidas vereitelt die Eroberung
von Megara, und das athenijche Heer in Boiotien
erleidet eine Niederlage bei Delion, 424. Die
Spartaner erfennen endlich, daß Einfälle in Attifa
zu feinem Refultate führen, und jchlagen den rich:
tigen Weg ein, Athens ſchwache Seite zu treffen.
Der edle und tapfere Brafidas eilt mit einem
Heere nach Thrafien und tritt hier mit dem Ber:
jprechen der Freiheit auf. Viele Städte werden
bon ihm eingenommen, nur Eion von Thukydides
gerettet, 423. Thuc. 4, 54—116. Sparta fchlieht
aus Furcht vor Helotenaufftänden und aus Be-
jorgnis für die in Athen gefangenen Bürger einen
Waffenſtillſtand, nur in Thrafien dauert der Krie
fort (Thuc. 4, 122); als aber bdajelbft (Herbit
422) jowohl Kleon als auch der fiegreiche Brafidas
in der Schlacht bei Amphipolis den Tod gefunden
(Thuc. 5, 6ff.), fommt nad; längeren Berhanbd:
lungen zwijchen Nilias und Pleiftoanar der j. g.
Friede des Nikias zuftande (421), unter der Be-
dingung, daß alle gegenjeitigen Eroberungen und
Gefangenen zurüdgegeben werben; für die athe-
nischen ———— bedingt Sparta, daß ſie
wieder die von Ariſteides beſtimmten Beiträge be—
zahlen, ſonſt frei ſein ſollen. Thuc. 5, 14 ff. —
; Zweite Periode: die Zeit des faulen Friedens,
421—413. Mit dem Frieden zerfiel der Doriſche
Bund. Argos proflamierte ein neues Bündnis,
dem fih Mantineia, Korinth, Elis anjchlofien.
Thuc. 5, 27—29. Allein auch zwijchen Athen und
Sparta dauerte die Spannung fort, und die Be:
dingungen wurden nie vollftändig erfüllt. Alki-
biades, der mittlerweile Einfluß gewonnen hatte,
juchte durch Lift Argos, Elis und Mantineia auf
Athens Seite zu ziehen, während Korinth fern
blieb und Boiotien ſchon nad) eigener Selbftändig:
feit ſtrebte; es fam zu einer bedeutenden Schlacht
bei Mantineia zwijchen Sparta und feinen arkadi—
ſchen Bundesgenofjen einerfeit3 und Argos, Athen,
Mantineia andererjeit3 (418). Zwar En bier
die Spartaner, aber fie konnten die Erneuerung
des Bundes zwiſchen Athen und Argos nicht hin:
dern. Doc erkannten die Beloponnejier bald, daß
die Athener nicht ihre Freiheit wollten; der
Doriihe Bund wurde wiederhergeftellt, und die
Athener jahen ihre Anjchläge auf den Peloponnes
ejcheitert; doch kehrte Argos nach Wiederher:
Reifung der Demokratie zum Bunde mit Athen
zurüd, welches im Jahre 416 durch Alkibiades
die doriſche Inſel Melos eroberte und Ben
Peloponnesischer Krieg.
ein großartiges, aber jchwindelhaftes Unterneh:
men, das große Hoffnungen auf Eroberung Sici—
liens und Unteritaliens® und mittelbare Vernich—
tung Spartas erwedte. Von Egefta um Hülfe
gebeten gegen Selinus und Syrakus, jandte Athen
(415) eine Flotte von 134 Schiffen und ein tüch—
tiges Heer unter Altibiades, Nikias und Lamachos
nah Sicilien (j. Alkibiades). Gie nahmen
zwar Katäna ein, und Nikias fiegte unter den
Mauern von Syrakus und brachte die Stadt fait
zur Übergabe. Aber Gylippos (j. d.) erichien, von
Sparta gejandt, mit forinthiichen Schiffen zur
Unterftügung der bedrängten Stadt, und fajt alle
griechischen Städte auf Sicilien traten auf die
Seite der Syrafufier. Die Berftärfung, welche
Nitias durch Eurymedon und Demofthenes erhielt,
fonnte nicht mehr helfen. Die atheniſche Flotte
ward bejiegt und in dem Hafen eingeichloflen, die
Mannihaft, welche den Rüdzug zu Lande an:
etreten, gefangen genommen, Nikias und Demo:
Iihenes hingerichtet, die Gefangenen, etwa 7000,
in die Steinbrüche geworfen oder als Sflaven ver:
fauft. Die Niederlage war eine völlige, die Blüte
der athenifchen Jugend war gefallen, durch un:
gewöhnliche Mittel mußten dem Staate neue
Bürger zugeführt werden. Im Herbſt 413 kam
die Nachricht nach Athen; aber jhon vorher (Früh:
ling 413) war in Griechenland der Krieg wieder
ausgebrochen. T’huc. 6, 8ff. 7, 1ff. Nachdem ſchon
414 atheniſche Schiffe auf lakoniſchem Gebiete
elandet und die Felder geplündert waren, be:
wem und befeftigten die Spartaner unter Agis II.
auf Rat des zu ihnen geflüchteten Alfibiades (Früh:
ling 413) das 23 Kilometer von Athen entfernte
Defeleia (Thuc. 6, 93. 7, 18f.), und fo begann die
dritte Periode des Krieges (befeleiicher Krieg),
413—404. Die Spartaner bringen die aſiatiſchen
Bundesgenofjen der Ft ee zum Abfall und
ichließen Verträge mit Tifjaphernes, dem perſiſchen
Satrapen in Sardes. Die Athener aber zeigen
fi groß in ihrem Unglüd, beichränfen die De:
mofratie (meößovio.), verwenden die legten 1000
Talente zum Kriege und jchlagen eine Flotte des
Doriſchen Bundes; bald muß auch Altibiades aus
Sparta fliehen, geht zu Tifjaphernes, hält dieſen
von fräftigerer Unterftüßung der Spartaner ab
und Mmüpft Verbindungen mit den führern der
athenifchen Flotte bei Samos an, 411. True.
8, 1—58. In Athen wird durch einen Staats-
ftreich der oligarchifchen Hetairien ein oligardhiicher
Rat eingejeßt (der Rat der Vierhundert, Terg«-
»öcıor), aber, da die Armee bei Samos fich da:
egen erflärt, bald wieder aufgehoben; indes wird
Ifibiades zurüdberufen und erhält mit Thraiv-
bulos und Thrafyllos den Oberbefehl. Euboia
geht für Athen verloren, aber die Athener fiegen
bei Abydos (Thuc. 8, 81—109) und vernichten
(410) die Flotte der Peloponnefier unter Mindaros
zuerjt bei Dardanos, dann bei Kyzikos (Februar
410). Xen. Hell.1,1,12ff. Plut. Aleib.28. Kleo:
phon jedoch hintertreibt die Annahme der gemad):
ten Friedensvorſchläge. Die Spartaner erobern
zwar Pylos wieder, zu Wafler aber ift Altibiades
glüdlih, erobert Chalfedon, Selybria, Byzanz,
wird in Athen mit großen Ehren empfangen (Juni
408) und zum Oberfeldherrn mit unumjchräntter
Vollmacht ernannt, 409—407. Xen. Hell. 1, 2—4.
21
behandelte. Thuc. 5,43 ff. 105. Bald darauf folgte | Da (408) ſtellen die Spartaner in dem Lyſander9
Peloponnesos
einen den Berhältniffen gewachfenen Mann an die
Spite der Kriegführung; fie erhalten fräftigere
Unterftüßung von Perſien; Altibiades läuft zwar
mit einer Flotte aus, aber die Parteien arbeiten
ihon an feinem Fall, und nachdem in feiner Ab:
wejenheit Antiochos eine Niederlage bei Notion
erlitten, entzieht er jich der Gefahr einer neuen
Verurteilung durd) die Flucht nach Thrakien (Som:
mer 407). Xen. Hell. 1,5, Uff. Die 10 neu er:
wählten Feldherren fiegen (September 406) noch
einmal über den Nachfolger des Lyſander, den
Kallitratidas, einen Mann von altipartaniicher
Tugend, der aber nicht für die damaligen Zeit:
umftände paßte, bei den Arginuſiſchen Inſeln;
aber der von den Spartanern angebotene Friede
wird abgemwiejen, und noch deutlicher zeigt fich der
Leichtfinn und Übermut des von Sylophanten und
Demagogen unterwühlten Staates in der Ber:
urteilung der Feldherren, weil fie die Gefallenen
nicht haben beftatten fönnen. Xen. Hell.1,7,34 ff.
Lyſander, welcher als nächſtkommandierender Be:
jehlshaber (Epiftoleus) dem Nauarchen Arafos zur
Seite gejeßt war, ftellt die Flotte wieder her, er:
obert Lampſakos und andere Küftenftädte, und
endlich gelingt es ihm, troß Alkibiades’ War:
nungen und Konons Anftrengungen, die athenijche
Flotte bei Migospotamos zu überfallen und der:
felben eine enticheidende Niederlage beizubringen,
Herbft 405. Er läft 3000 Gefangene hinrichten
und eilt dann mit der Flotte nach Athen, während
Agis von Deleleia vorrüdt. Xen. Hell. 2, 2,9.
Plut. Lys. 14. Nach viermonatlicher Belagerung
wird Theramenes mit der Friedensunterhandlung
beauftragt. Eine Kapitulation fommt zuftande
unter Bedingungen, die noch nicht jo hart laute:
ten, wie es die Korinther und Thebaner verlang:
ten. Die langen Mauern jollen niedergerifien,
die Schiffe bis auf 12 ausgeliefert, die vertriebenen
Ariftofraten zurüdgerufen, und die —— ge:
ändert werden; Athen joll allem Kolonialbeſitz
entjagen und in Krieg und Frieden es mit ben
Spartanern halten, April 404. Xen. Hell. 2, 3.
Plut. Lys. 15.
Peloponnösos ſ. Graecia,
Pelops, TI&low, Entel des Zeus, Sohn des
Tantalos (j. d.), des Königs in Sipylos in Klein-
alien, und der Dione, der Tochter des Atlas.
Sein Vater jchladhtete, zerftüdelte und kochte ihn
als Knaben, um ihn den Göttern, die bei ihm
Fr Mahle waren, vorzujegen. Die Götter, die
n Trug merften, berührten das gräßliche Mahl
nicht, mit Ausnahme der Demeter, welche, in
Schmerz um ihre verlorene Tochter verjunfen, die
eine Schulter verzehrte. Die Götter gaben dem
Knaben durch Hermes, der die zertüdelten Glieder
in einem Keſſel fochte, Geftalt und Leben wieder
und jegten ihm ftatt des von Demeter verzehrten
Stüdes eine elfenbeinerne Schulter ein. Dieſer
Zug fam in die Sage, weil die Mitglieder des
Pelopidengeſchlechts durch einen weißen led auf
der Schulter ausgezeichnet geweien jein jollten.
Ov. met. 6,4045}. Verg. @.3,7. Pind. ol.1,25#.
Als Jüngling zog P. nah Pija in Elis, um
Hippodameia, die Tochter des dortigen Königs
Dinomaos (ded Sohnes des Ares und der Har:
pinna, ber Tochter des Aſopos) und der Pleiade
Sterope, zu werben. Da dem Dinomaos geweis:
fagt worden war, er werde fterben, wenn jeine
— Pelusion. 105
Tochter fich vermähle, jo jeßte er den Freiern die
Bedingung, ein Wettrennen mit ihm zu halten,
von Sin bis zu dem Altar des Poſeidon auf
dem Yithmos; wen er einholte, den durchbohrte
er von hinten mit der Lanze. So waren jchon
viele Fünglinge umgelommen; allein P. ein Lieb-
ling des Sroffegottes Poſeidon, befiegte den Dino:
maos, indem er deſſen Wagenlenfer Myrtilos,
Sohn des Hermes, beſtach, daß er die Nägel an
den Wagenrädern nicht einjehte, wodurch Din.
ftürzte und umlam. Oder Dinomaos gab fich,
bejiegt, jelbft den Tod. Nach PBindar (ol. 1, 87)
fiegte Pelops nicht durch Betrug, jondern durch
die Schnelligkeit feiner Roffe, die ihm Pojeidon
ab. Dem Meyrtilos hatte P. die Hälfte des
Reiches, das er mit Hippodameias Hand erhielt,
verijprochen; aber er ftürzte ihn, um des Ber:
iprechens ledig zu jein, ins Meer, und Miyrtilos
fluchte ihm und feinem Geſchlechte. Diejer Fluch
und der Zorn des Hermes bradıte viel Unheil in
das Geſchlecht des PB. P. gewann zu Pija aud)
noch Olympia, wo er die Spiele prächtiger er:
neuerte; er wurde ein gewaltiger Herrſcher im
Peloponnes, der nah ihm benannt ward. In
Olympia ward er ald Heros und Kampfeshort
mit Blutipenden an jeinem Grabe geehrt. Pınd.
01.1, 90. Mit Hippodameia zeugte P. den Atreus,
Thyeftes, Dias, Kynoſuros, Korinthios, Hippall—
mos, Hippajos, Kleon, Argeios, Altathoos, Ailios,
Bittheus, Troizen, die Nifippe und Lnfidile (Schol.
u Eur. Or. 5); nad Pindar nur 6 Söhne. Mit
rioche (oder Danais) zeugte er den Chrufippos,
welchen die —— haßten, weil er von dem Vater
vorgezogen ward, und Atreus und Thyeſtes auf
Anſtiften der Hippodameia erſchlugen. Deshalb
vertrieb P. ſeine Söhne aus dem Lande, die ſich
in dem ganzen Peloponnes zerſtreuten. Atreus
(j. d.) und Thyeſtes flohen nad) Midea in Argolis.
Dahin flüchtete auch Hippodameia; nadı ihrem
Tode wurden ihre Gebeine durch PB. nach Olympia
gebradıt.
Pelor ij. Kadmos.
Pelöris, /TsAwgis (Cie. Verr. 5,3. Thuc. 4, 25),
oder Pelorias, ITeAwpıdg, Pelorus, -um, die
flache Nordoftipige Siciliens norböftlich von Meſſana
an der Eiciliichen Meerenge, angeblid von dem
Steuermann des Hannibal Pelorus jo genannt,
den dieſer im Zorn hier getötet und begraben
haben joll; richtiger wohl von meiwp, melmpıog
abzuleiten. Auf der Landipise befand fich ein
Tempel des Pojeidon und ein Yeuchtturm, an den
noch der heutige Name Capo di Faro erinnert.
Strab. 3, 171. Diod. Sie. 4, 83 ff.
Pelta j. Waffen, 7.
Peltai, Ileiraı, Stadt in Phrygien. Xen. An.
1, 2, 10. Eutr. 4, 2.
Pelusion, /Inkovoworv (von ankös, Moraft),
ägypt. Am, im A. T. Sin (d. i. Schlamm), Stadt
Unterägyptens an der öftlichften, nach ihr benann-
ten Nilmündung, 20 Stadien vom Meer, mitten
in Sümpfen und Moräften gelegen; j. et- Tine.
Strab. 17, 802 ff. Sie war der Schlüfjel Agyptens
von Dften her (Liv. 45, 11. Caes. b. Aler. 26),
deshalb ſtark befeftigt, aber auch oft angegriffen.
In der Nähe von $ mußte 701 v. E. Sanheribs
Heer umtfehren (Hat. 2, 141); 525 ſchlug bier
Kambyſes die Enticheidungsichlacht gegen Pſam—
menit (Hdt. 3, 10f.); 374 wagten Biarnabozo8
906
und Iphikrates feinen Angriff auf die Stadt, die
fih dagegen 350 an die Berjer übergab (Diod.
Sic. 15, 42. 16, 49); 48 wurde Bompejus bei B.
ermordet (Caes. b. e. 3, 1035.); 30 fiel e8 ohne
Widerjtand in die Hände Octavians.
Penätes, die Hausgötter der Römer, welche
die Einheit und den Beſtand der Familie jchüßen.
Der Name hängt zuſammen mit penus, penitus,
penetralia, Wörtern, die alle den Begriff des
Innerſten und Geheimjten ausdrüden. Ihre Bil-
der jtanden in dem Raume des Hauſes, der pene-
tralia hieß, in dem großen Saale, der der ge:
wöhnliche Aufenthalt der Familie war und für
den Mittelpunkt des Hauſes galt, und zwar in
einem Schreine in der Nähe des Herdes, auf wel-
chem ihnen eine immerwährende Flamme brannte,
und wo die Mitglieder der Familie Schub und
Zuflucht vor Verfolgungen fuchten. Sie nahmen
jteten Anteil an dem Geichid der Familie und
erhielten daher bei allen wichtigen Ereignifien bes
Haujes ihre Opfergaben. Zahl, Namen und Ge-
ſchlecht derjelben ıft ganz unbeftimmt; die ver:
ichiedenften Gottheiten, die ald Schüßer des Hauſes
elten fonnten, gehörten zu ihnen, wie Veſta,
— upiter, die Yaren u. j. w. Die Römer nannten
fie dii penetrales, domestici, familiares, patrii,
die Griechen nargöoı, yeretlior, arıjoror, wözıor,
Foxıoı. Auch der Staat ald eine große Familie
hatte jeine Penaten, maiores, publici, im Gegen:
jaß zu Dem minores, privati; fie jollten in einem
geheimen Teile der_penetralia des Beftatempels
verborgen jein.
Peneios, IInvsrös, 1) Hauptitrom Theflaliens,
j. Salamvrias, entjpringt auf dem Pindos Lakmon),
ftrömt anfangs in engem Thale und in einem
großen jüdlihen Bogen öſtlich, wendet fich dann
nach Nordoften, veritärft fich durch viele Neben:
flüffe (lints bejonders Lethaios und Titarefios,
rechts Enipeus, j. Heiner Tſchanarlii) und drängt
fih zwiichen Olumpos und Oſſa durch das enge,
1'/, Stunden lange Thal Tempe (j. d.) durd),
um ſich in den Thermaifchen Meerbujen zu ergießen.
Er ift wegen des Tempethals und feines hellen,
ihönen Waſſers oft von den Dichtern bejungen
worden. Pind. pyth. 10, 56. Verg. @.4, 317. —
2) Fluß in Eli, entipringt am jüdmejtlichen Fuße
des Erymanthos, nimmt unweit Pylos den Ladon
auf, durchitrömt die Stadt Elis und mündete im
Altertume öftlich des Vorgebirges Chelonatas, wäh:
rend ſich jeine heutige, infolge des flachen Allu:
vialbodens veränderte, Mündung füdöftlich des
enannten Vorgebirges befindet. Er heißt jekt
Fluß von Gaftuni, im oberen Lauf auch Fluß von
Berveni, nach der engen Schlucht, die er durchfließt.
Strab, 8, 338,
Penel&os, IInveiewog, Sohn des Hippaltmos
und der Niterope, Bater des Opheltes, Argonaut,
Führer der Boioter im trojanifchen Kriege. Nach—
homerijcher Sage zufolge wurde er von Eurypylos,
dem Sohne des Telephos, getötet. Hom. 11.2,494.
14, 487. 16, 341. 17, 597. Paus. 9, 5, 15.
Penelöpe j. Odysseus,
Penestai j. Helotes.
Penia, TIevi«, bei den Römern Paupertas,
Berjonififation der Armut. In einem. platonifchen
Mythos erzeugt fie am Geburtstage der Aphrodite
mit Poros, dem Gotte des Überfluffes, einem
Sohne der Metis, den Eros. Plat.symp. p.203 B.
Penates — Peraia.
Bei Ariftophanes (Plut. 415 ff.) ift jie Repräſen—
tantin eines dürftigen, aber kräftigen Mittelftan-
des. Sie galt als Erfinderin der Fünfte und Ge:
werbe. Theocer. 21, 1. Plaut. Stich. 1, 3, 23,
Penninae (Poeninae) Alpes j. Alpes.
Pentaöteris ſ. Ennaöteris.
Pentapölis, Teurcixolis, ein öfter vorfommen-
der Name für Verbindungen von 5 Gtädten:
1) in Kyrenaike (Libyen): Kiyrene, Apollonia, Pto—
lemais, Arfinoe, Berenife; — 2) die 5 bedeutend:
ken Städte im Lande der Philifter; — 3) die 5
Städte am Jordan in Baläftina: Sodom, Gomorra,
Adaim, Zeboim, Zoar im Thal Siddim, das bei
der befannten Kataſtrophe (Tac. hist. 5, 7) größten:
teild von dem Toten Meere überflutet wurde und
jeitdem defjen jüdliche Bucht bildet.
Ilevraxoocıouedıuvor |. Staatshaushalt,
I, 11., und ®vin, 6.
Pentäthlon ſ. Gymnasium.
Penteleion, Ilevr&isıov, feiter Ort im nörd—
lihen Arkadien in der Nähe von Pheneos, be=
nannt nach dem Gebirgszuge Penteleia, ITer-
reise, j. Durdovana, einer jüdlichen Fortſetzung
des Mroaniosgebirges, an deren meftlichen Ab—
hängen der Fluß Ladon entipringt. Plut. Cleom. 17.
Arat. 39.
ITevreiıxör 000g ſ. Attika, 2.
Penthesileia, /lIevdsordlsıe, Tochter des Ares
und der Dtrera, Amazonenfönigin, fam im troja=
nifchen Kriege den Troern zu Hülfe und wurde
von Achilleus erlegt, der, als er die junge, ſchöne
Heldin ſterben ſah, von Liebe zu ihr ergriffen
wurde. Quint. Smyrn. 1. Just. 2,4. Verg. A.
1, 490, — Abbildung (ſ. S. 907): Achilleus, be:
jtrebt die eben verwundete Benth. vom Boden empor:
zuheben, Melief eines Sarfophags von Salonichi
in Paris.
Pentheus, Ilerdevs, Sohn des Echion und
der Agaue, der Tochter des Kadmos, Nachfolger
des Kadmos in der Herrichaft über Theben. Da
er den Frauen des Landes die Verehrung des
nach Theben gefommenen Dionyios verbieten wollte
und die Balchantinnen in dem Gebirge aufjuchte,
wurde er von feiner Mutter Agaue, die ihn in
ihrer bakchantiſchen Wut für ein wildes Tier oder
ein Hirjchfalb anjah, getötet und von ihr und den
andern Balchantinnen, namentlich ihren Schweitern
Ino und Autonod, zerriiien. Eur. Bacch. 1142.
Or. met. 3, 513 ff.
Penthilos ſ. Orestes.
Pentri, ſamnitiſche Völkerſchaft mit der Haupt:
ftadbt Bovianum, j. Bojano (Liv. 9, 31), die allein
von den Samnitern nicht zu Hannibal abfiel. Lir.
22, 61.
Peparöthos, [lemden®os, ji. Stopelos, Kykla—
deninjel an der theſſaliſchen Küfte öftlih von der
Inſel Skiathos, mit einer gleichnamigen und 2
andern Städten, Panormos und Selinüs,
befannt durch ihren Weinbau. Als die Bewohner
auf Beranlafjung der Athener Halonnejos angriffen,
bermwüftete Philipp von Makedonien die Inſel im
Jahre 342 v. E. Demosth. de cor. 248.
A ange j. Gorgo.
Ileniog |. Kleidung, 2.
Peraia, IIeo«xi«, ift Name mehrerer jenjeit
(zipar) eines Gewäſſers gelegener Landftriche:
1) n megale ror "Podiwr, die jhon früh von
den Rhodiern bejegte Südküſte Kariens ihrer Inſel
Perdikkas.
907
gegenkber, in der Ausdehnung von 1500 Stadien | Philipps, regierte, nachdem er den Wloriten Pto—
er Küftenfahrt. Strab. 14, 651. — 2) nm. Te-
vedior, Küſtenſtrich Myſiens, Tenedos gegenüber,
zwiſchen Sigeion und Alexandreia Troas. Strab.
13, 604. — 3) Stadt der Mytilenaier an der
myſiſchen Küfte bei Adrampttion. Liv. 37, 21. —
4) das transjordaniiche Paläftina, beionders der
Teil zwijchen dem Jordan im W., den Jabbok im
N., eig ia und dem petraiiichen Arabien im
D. und dem Arnon im ©. _
Perdikkas, /Iegöixxas, Name mehrerer Könige
von Makedonien: 1) P. I., der Stifter des Reiches,
welcher nad; Herodot (8, 137—139) aus dem argi:
viſchen Gefchlecht der Temeniden entſtammte, mit
2 Brüdern aus Jllyrien, wohin fie entflohen waren,
nad Makedonien einwanderte und nach wechjeln:
den Schichſalen daſelbſt zur Herrſchaft gelangte,
etwa um 700 dv. E. Andere laffen ıhn erſt einen
Nachfolger des Neichsftifterd Karanos jein. Just.
7,2. — 2) ®. I, Sohn des Griechenfreundes
a 4 — —
lemaios ermordet hatte, 365—359 v. C. und fiel
egen die Illyrier. Just. 7, 5. — 4) einer der
tadocdhen, ftammte aus der Landſchaft Dreftis
und war mit der Föniglichen Familie verwandt.
Er zeichnete fi bei der Eroberung Thebens aus,
war einer der Leibwächter Aleranders des Gr.,
nahm teil an den Schlachten am Granilos, bei
los und bei gg are (Arr. 1, 14. 2,8. 3, 11.
5, 11 ff. 6, 6 ff.), efehligte auf dem Zuge nad)
Indien eine Abteilung der Phalanx und zeigte
ebenfoviel Tapferkeit als Anhänglichkeit an Ale—
rander, verbunden mit chrenhafter Gefinnung.
Alerander übergab ihm fterbend jeinen Siegelrin
ald Zeichen feines Bertrauend. Just. 12, 15 ff.
Curt. 10, 45. Nachdem Streitigfeiten zwijchen der
mafedonijchen Ritterjchaft und dem Fußvolf vorauf:
gegangen, wurde beftimmt, dab Philipp Arrhidaios
und der noch ungeborene Sohn Aleranders Könige
jein, und ®. die Chifiarchie erhalten jollte. Arr.
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Alexander ]., ruhte nad) dem Tode ſeines Vaters
(etwa 450 vd. E.) nicht eher, als bis er feine älteren
Brüder Amyntas, Philippos und Alletas beijeite
eichoben hatte, und regierte bis 413. Mehrere
onprätendenten und die Ausbreitung der Athener
in ben Küftengegenden machten jeine Regierungs-
zeit jehr jchwierig; durch Lift und wechjelndes Anz
ichließen an die Parteien wußte er fich indes zu
behaupten und jeine Herrichaft zu befejtigen. Obgleich
man jeine liftige Hand bei dem Abfall Rotidaias
von Athen erkennt, jo jchloß er doch notgedrungen
mit den Athenern ein Bündnis. Thuc. 2, 26.
Bald juchte er ihnen aber wieder zu fchaden und
mußte aud den Thralier Sitalles von ihnen zu
trennen (Thuc. 2, 95—100), und 424 erllärte er
ſich offen für Sparta und unterftügte den Brajidas ;
doc) war er auch für dieſe ein unzuverläffiger Bundes:
genofje und wechjelte noch öfter in jeiner Partei-
nahme. Thuc. 4, 78. 7, 9. Abhandlung von
W. Viſcher (in deſſen Heinen Schriften, Bd. I). —
3) ®. LI, Sohn Amyntas' III, älterer Bruder
bei Phot. bibl. 1 ff. Diod. Sic. 18, 9 Just. 13, 4.
Dieje Würde benutzte P. jchlau, um ſich feines
Gegners Meleagros (j. d., 2.) durch Mord zu ent:
ledigen. Bei der bald darauf vorgenommenen Tei:
lung der Provinzen unter die Generale Aleranders
gab er die Ehiliarchie auf und ward zum Reiche:
berwejer ernannt. Als ſolcher follte er in der
Nähe der „Könige bleiben, Oberbefehlshaber der
Truppen jein und den Beamten im Heere wie in
der Verwaltung Befehle erteilen. Mit aller Ener:
gie juchte er von jet an die Rechte der ihm über:
tragenen Gewalt zu handhaben. Die großen Pläne
Aleranderd wurden aufgegeben; einen Aufſtand
der griechiſchen Militärkolonien in Baltrien lieh er
durch Peithon unterdrüden. Er heiratete die Toch:
ter des Antipater, Nifaia, obgleich er ſchon auf
eine ihm von Olympias angetragene Verbindung
mit deren. Tochter Kleopatra jann, um jeine Herr:
ſchaft zu befeftigen. Dieſe war keineswegs wohl
begründet und wurde durch das Streben der Feld—
herren nad Selbftändigfeit bald erjchüttert, nur
908
Eumenes hielt treu zu Berd. und dem Königshaufe.
Antigonos, dem er befahl, für Eumenes hla⸗
gonien und Kappadokien zu erobern, verſagte ihm
den Gchorfam; er mußte dies ſelbſt ausführen.
Just. 13,6. Plut. Eum. 3. Ws nun Antigonos
wegen feines Ungehorſams vor ein matedonijches
Gericht geladen wurde, erjchien er nicht, jondern
floh nach Europa und brachte mit Antipater und
Krateros eine Verbindung gegen Berd. zuftande,
der ſich auch Ptolemaios anſchloß. Jetzt jandte
P. die Nikaia ihrem Vater zurück und ließ Kleo—
patra, die ſich damals in Sardes aufhielt, mit—
teilen, daß er bereit ſei, ihre Hand anzunehmen.
Arr. a. a. O. 26. Den Krieg in Kleinaſien über:
ließ er dem Eumenes und wandte ſich ſelbſt gegen
Ptolemaios. Dieſer hatte ſich aber nicht bloß in
Agypten durch Milde und Klu befeſtigt, ſon—
dern beſaß auch im —— en Heere großen
Anhang, während P. die Truppen durch Stolz
und Strenge ſich entfremdete. Über Damaſtos
ging er mit beiden Königen nach Agypten und
bezog ein Lager bei Peluſion. Um den Übergang
über den Peluſiſchen Strom zu ermöglichen, befahl
er einen alten, verſandeten Kanal, der aus dem
Nil abführte, auszuräumen, da man es aber hierbei
an Vorſicht fehlen ließ, brach das Stromwaſſer
mit Wucht herein, und es famen viele Leute um.
Diod. Sie. 18, 33. Als auch weitere Berjuche des
P. mit feinem Heere über den Strom zu gelangen,
mißlangen, brady ein Aufftand unter den durd)
die Berehwerden und Berlufte erbitterten Truppen
aus, viele Führer, Peithon an der Spiße, fielen
von ihm ab; einige der mwütenditen drangen in
jein Belt und — ihn, 321. Diod. Sie. 18, 36.
Corn. Nep. Eum. 5. Arr.a. a. D. 28. Just. 13,8.
14, 4. Strab. 14, p. 794. Das Heer trat, nachdem
PBtolemaios die ihm angebotene zn für
jeine Perſon abgelehnt hatte, den Rüdzug nad
Alien an.
Perduellio (aus per, jehr, und duellis, Feind,
alfo arge Feindichaft) bezeichnet die Feindſchaft
des Bürgers gegen das Vaterland, welche fich ent:
weder dadurd) zeigt, daß derjelbe gegen die Ver:
aller Bea oder jich mit einem — Fed Feinde
verbindet (Baterlandsverrat, proditio, wozu auch
Deiertion, Uberlaufen und dal. gerechnet wurde).
In der ältejten Zeit richtete der König über diejes
Verbrechen oder Htatt jeiner die von ihm gewählten
duumviri perduellionis oder capitales, von deren
Entiheidung an das Bolt Berufung eingelegt
werden fonnte, welches in den Euriatcomitien die
Sache nochmals vornahm und entichied. Der Ver:
urteilte wurde an der arbor infelix aufgehängt,
nachdem er vorher verhüllten Hauptes gegeißelt
worden war. Nach Livius (1, 26) hat Zullus
Hoftilius in VBeranlaffung des Schweitermordes des
Horatius zuerft die duumviri perduellionis ein:
gejeßt (lex perduellionis). Horatius mahte ſich
obrigfeitliche Gewalt an; obſchon feine Schweiter
ichuldig war, durfte er nicht jelbit ftrafen (caedes
civis indemnati). Nach der Vertreibung der Könige
änderte ſich das Verbrechen der republikaniſchen
Staatsform gemäß; die lex Valeria 509 v.
bedrohte das Streben nach Alleinherrichaft (regnum
uffectatum) mit sacratio capitis, Jar. 2, 8
Außerdem wurde Anmahung von obrigkeitlicher
Gewalt oder Mißbrauch derjelben (namentlich Hin-
richtung eines Bürgers), Verletzung der Volle:
Perduellio — Peregrinus Proteus.
tribunen, Wahl eines Magiftrates, von deſſen Urteil
man nicht an das Bolt — dürfe u. ſ. w.
(j. Provocatio, lex Porcia und leges sa-
cratae, lex Sempronia, 4.) alö perduellio
beftraft. Die Centuriatcomitien richteten über die
perduelles (jeit Servius Tullius), jelten die alten
Duumbiri. Liv. 6, 20. Außer dem Aufhängen
an der arbor infelix waren Serabjtürzen von
dem Tarpejiichen Felſen und Enthauptung die ge-
jeglichen Strafen, ftatt deren im Berlaufe der
Zeit aquae et ignis interdietio auffam. Bald
jedoch wurden Perduellionsvergehungen durch die
Tribunen auch vor die Tributcomitien gezogen
und milder bejtraft, wodurch man zu einer Sei
dung der Verbrechen, welche gegen die Exiſtenz
des Staates gerichtet waren, von denen, welche
nur die Hoheit und Würde des Staates beein-
trächtigten, gelangte. Allmählich gingen jene (per-
duellio) ganz in diejen (crimen maiestatis) auf,
und obgleich die Perbuellionsgejege nicht aufge—
hoben waren, jo famen fie doc äußerft jelten zur.
Anwendung, } . bei €. Rabirius (j. Eiceros
Verteidigung desjelben). Mit der lex Julia de
maiestate hört endlich perduellio ganz auf, ein
bejonderes Verbrechen zu jein, und wenn das Wort
perduellio in der Kaijerzeit vorkommt, jo bedeutet
es nichts al3 die höheren Grade der minuta ma-
iestas; vgl. Maiestas,
Peregrinus. Nach der allgemeinen Rechtsan—
ſchauung der alten Völfer wurden die Ausländer
—— für frei angeſehen, aber man räumte ihnen
einen Anſpruch auf die dem Bürger zuſtehenden
Rechte ein. In Rom nannte man vor alters
jeden Fremden hostis, bis dieſes Wort allmählich
die Bedeutung des auswärtigen Feindes erhielt,
und peregrinus der Name des Fremden wurde.
Cie. off. 1,12. Da der fremde feinen Anjpruch
auf rechtlichen Schuß hatte, außer wenn ein pa-
tronus jich jeiner annahm, jo waren mandhe üble
Folgen umausbleiblich, zu deren Bejeitigung foe-
dera mit den benachbarten oder entfernteren Völ—
fern (f. Foedus und Recuperatio) geſchloſſen
und Necuperatorengerichte eingeführt wurden. Mit
dem zunehmenden Verkehr Roms nad) außen und
mit der wachjenden Zahl der Peregrinen in Rom
fam man dahin, allen Fremden eine gewiſſe
Nechtsfähigkeit zuzugeitehen und neue Formen für
den rechtlichen Verkehr mit denjelben zu jchaffen.
Diejes geichah auf nd des ius gentium (j. d.),
nach welhem man natürliche Obligationen, Bere:
grineneigentum u. a. Amftitute einführte. Won
dem Staats-, Privat: und Safralrecht der Römer
war der fremde aber ſtets ausgeſchloſſen. Doc
juchten die peregrini immer wiederholt fich Bürger:
rechte anzumaßen, weshalb fie mehrmals in Maſſe
ans Rom gewiejen wurden (Plut. C. Gracch. 12);
auch durch die Lex Junia 126 v. C., 1. Lieinia
Mucia 95 v. E., 1. Papia 65 v. C. Swet. Oct. 42.
ap Nein, römisches Krim.Recht, S. 172—178.
Über die verjchiedenen Abftufungen der Fremden
j. Deditieii, Latini und Socii, Nachdem
Kaifer Caracalla alle freien im römiſchen Reiche
*
5
=
E. | wohnenden Perjonen zu Bürgern gemacht hatte,
nahm die Zahl der Peregrini jehr ab.
eregrinus, jpäter Proteus gen., [Isgeygivos
Moorevs, ein kyniſcher Philofoph, zu Anfang des
2. Jahrh. n. E. in Parion, einer myſiſchen Stadt
am Eingange des Hellespont, geboren. Aus Wander:
Perfectissimi — Pergamon. 909
trieb und Wiſſensdrang durchzog er viele Länder jetzt durch treffliches Klima und feltene Wafjerfülle
und gelangte jo auch nad) Paläjtina. Hier ſchloß | ausgezeichneter Gegend der Laudſchaft Teuthrania
er fih den Ehriiten an, fam deshalb ins Ge: |nördlic vom Kaikos (Xen. An. 7, 8,8. Strab.
fängnis, zerfiel aber wieder mit ihnen und wurde | 13, 623 ff. Zir. 37, 15), mit dem jich dort der
nun Kyniler.
Aufs neue be
gann er fen nV
Wanderleben. |
Zu When ge ı
hörte Aulus Gel-
lius (12, 11) zu :
feinen Zuhörern.
In Elis ſuchter
durch ngriffe ©
auf den verdien: |
ten Herodes At-
tifos die allge:
meine Aufmert:
jamfeit auf Üh
zu richten. Aus
theatraliicher x,
Prahlerei fjaßte
er auch den Ent:
ſchluß, fih zu |
Olympia nad —
|
|
Beendigung der
Feftipiele im
Jahr 165 jelbit
zu verbrennen,
und kounte ſich *
nach geſchehenet
Ankuͤndigung
der Ausführung | ;
nicht mehr ent- I =
ziehen. Son .ı
Lufianos (ee |
morte Pere- —J
grins), der aller»
dings im einzel: |
nem übertrieben Se
haben mag, um
die kyniſche Phi- |
fofophie und
wohl aud) das |
Ehriftentum zu
farifieren. Bol. |
Bernays, Lucian
und die Eynifer
(1879). Erwähnt |
wird noch eine
Schrift: Lynch⸗
wo» Ilgwrewg ETE
tod xvvrog. Dr
PerfeetissTmi
war der Name
der vierten der
von Conſtantin
dem Ör.geihafle- |
nen Rangklaſſen —
(illustres, spec- |
tabiles, claris- |
simi, perfectis-
simi, egregii).,.
Nobilissimi
biegen nur die Mitregenten und Thronfolger. ı Seltinüs und der Keteios vereinigen, auf fteiler
Pergäma j. Troia. Höhe, mehr ald 300m über dem Meere, gelegen
Pergämon, Il£oyauor, ‚oder Pergamos, „\ und wohl befejtigt; erjt in der römijchen Kaiſer—
Tl£eyauos, 1) Stadt in Myfien in herrlicher, nod) | zeit wanderte die Stadt in das Thal hinab, wo
Nach der Rekonſtrukttion von Frieder. Thierſch.
Die Königsburg von Pergamon und ber Riejenaltar.
910
auch das heutige VBergama liegt. Die Pergamener
hielten fich für arkadiſchen Stammes, jedesfalls
|
Pergamos — Periandros.
Stadt Pamphyliens am rechten Ufer des Keſtros,
60 Stadien von jeiner Mündung, aber wegen
wohnten zu Zenophons Zeiten viele Griechen dort. ! der Schiffbarfeit doch Handelsftadt, Vaterſtadt des
Bedeutend wurde P. erjt unter Lyſimachos und
beionders unter Philetairos (f. d., 2.), dem Stifter
eines eigenen pergamenijchen Reiches, das infolge
Schenkung des größten Teils von Vorderajien an
Eumenes II. (197—159 v. E.) dur die Römer
fehr vergrößert wurde. Eumenes erweiterte die
Stadt und gründete eine bedeutende Bibliothef da:
jelbft; daneben entitand eine eigene Grammatifer:
ſchule, deren Stifter der berühmte Krates von
Mallos war (j. Krates, 2.) Much nad dem
Übergange des pergamenijchen Reiches an Rom
(133 v. €.) blieb ®. eine bedeutende Stadt, von
deren Topographie und Reichtum an prächtigen
Gebäuden uns die jeit dem J. 1878 auf Kojten
der preußiichen Regierung unter der Leitung von
Conze und Humann veranjtalteten Ausgrabungen
ein deutliches Bild verſchafft haben. Auf der
höchſten Spike des Berges ftand ein Tempel
der Julia, der Tochter des Auguſtus, defien
Werkſtücke fich erhalten haben, daneben der präd):
tige Tempel des Trajan aus weißem Marmor,
auf 3 Seiten von Hallen umgeben; tiefer das
ältejte aller in Bergamon aufgefundenen Gebäude,
der im 4. Jahrh. v. E. erbaute Tempel der
Athene Polias (auch Nikephoros zubenannt )
auf etnem freien Plage, der auf den Nord: und
Dftjeiten von 2 vo ei nach innen geöffneten
Säulenhallen eingefaßt war. Unterhalb desjelben,
am Wejtabhange des Berges, u fi) das
Theater mit 80 durch 2 dıiafonare (j. Thea-
tron, 4.) in 3 Gruppen geteilten Sitzreihen,
während ein an die nördliche Säulenhalle des
Athenetempels fih anfchliehendes Gebäude nad
der geiftvollen Vermutung von Conze die be-
berühmte pergamenijche Bibliothek enthielt.
Südlich des Athenetempels, etwa 24m tiefer, lag
die Agora der Stadt und auf derielben außer
einem Heinem Tempel des Dionyſos die groß:
artige, von Eumenes II. zur Erinnerung an jeine
Siege über die Gallier errichtete, dem Zeus und
der Athene geweihte, Tempelanlage in Form eines
Altars [j. d. Abb. ©. 909] (Ampel. 8, 14), ge:
ſchmückt mit einem 400 Fuß langen, 7 Fuß hohen,
eine Gigantomachie darftellenden Frieſe, einem
herrlichen Werfe der pergamenijchen Kunft, deſſen
bedeutende Überrefte, feit 1875 ausgegraben, ſich
jet im Berliner Muſeum befinden (j. Bild-
hauer, 14.), und einem Meinen, Scenen aus
der Telephosjage enthaltenden Frieſe (Überrefte
ebenfalls in Berlin). In der Unterftadt fanden
ein zweites Theater, eine Bafilifa, eine römische
Waſſerleitung, ein Amphitheater, ein Stadion und
ein Aiflepiostempel, Werfe, von denen, wie von
den Bauwerken auf dem Berge, jich zum Teil be:
trächtfiche Überrefte erhalten haben. Vgi. im allgem.:
Eurtius, Beiträge zur Geich. und Topogr. Klein:
afiens (1872), ©. 45 ff. Conze, Humann u. a., die
Ergebnifje der Ausgrabungen zu Pergamon 1—3,
vorläufiger Bericht (1880—1888) und das Pracht—
wert: Wltertümer von Pergamon. 2. Bd. (1886).
— 2) f. Troas.
|
großen Mathematiters Apollonios von Berge (j.
Apollonios, 2.). Hier betrat der Apoftel Betrus
zuerft die afiatijche Küfte. In der Nähe war ein
berühmter Artemistempel. Die anjehnlihen Rui—
nen liegen 3 M. nordöſtlich von Adalia. Strab.
14, 607.
Jlegiaxroı |. Theatron, 10,
Periandros, /Ieglavdgog, Tyrann von Korinth,
Sohn des Kypſelos aus dem Geichlechte der Hera:
fiden, folgte jeinem Vater 627 v. E. und regierte
40'/, Jahr lang, bis 586/55. Wie fein Vater, fo
war auc er erfolgreich beftrebt, die Kultur zu
I und ſtaatsmänniſche Tüchtigfeit zu beweiſen.
Ihm gelang es Kerkyra, über welches er jeinen
Sohn Lyfophron jeßte, zu unterwerfen. Ein
anderer Sohn, Euagoras, wurde von ihm nad)
der Ehaltidife (Pallene) gejchidt, wo er die Grün-
dung der Pflanzitadt PBotidaia leitete, die bald
eine große Bedeutung erlangen follte. Ferner
unterwarf er, nah Tötung feiner Gattin Lyſide
(von ihm Melifja genannt) mit feinem Schtwieger:
vater Profles in Krieg verwidelt, das von biejem
beherridhte Epidauros. Das alles verichaffte ſei—
nem Namen weithin Bedeutung. Als daher die
Athener Sigeion (am Hellespont) bejegt hatten,
und die Mptilenäer fie von dort verjagen wollten
und die Feſtung Achilleion anlegten, wurde ®.
zum Schiedsrichter erjehen und beftimmte, daß
den Athenern Sigeion, den Mytilenäern Adhilleion
verbleiben jollte. P. war befreundet mit Thraſy—
bulos (j. d., 1.), dem Tyrannen von Milet. Ja,
bis nad) Ägypten haben feine Verbindungen ge:
reicht, wie aus dem Umftande erhellt, daß jein
Neffe Piammetichos hie. Er unterhielt ferner
nahe Beziehungen zu Delphoi und Olympia und
hat den Kultus des Dionyjos weſentlich befördert,
wobei ihn Arion (j. d.) aus Methymna unter:
ftügte. Much die Iſthmien fcheinen von ihm ein:
geführt, oder wenigitens zu Feſtſpielen von pan—
—— Bedeutung * worden zu jein.
Mehr oder minder glaubhafte Anekdoten werden
über die Art und Weiſe feiner Herrichaft über:
liefert. Hinrihtungen, zahlreiche Leibwächter, Raub
dee Schmudes der Weiber find hier zu erwähnen.
Andere jtellen ihn uns als einen Herrſcher mit
ftarf moraliſchen Grundfägen dar: er erhebt feine
Steuern, läßt die Suppelfrauen in das Meer
werfen, verbietet den Kauf von Sklaven und den
Lurus, läßt die Bürger nicht in Müßiggang leben
und erfinnt immer für fie neue Werte und neue
Arbeit. Wieviel an dieſen einzelnen Angaben
Wahres und Faliches ift, fteht dahin. Ebenjo
ungewiß ift, ob er mit Recht unter die 7 Weiien
(j. d.) gezählt wird; denn die Alten jelbft be:
jtritten es jchon und nahmen zum Teil einen
andern gleiches Namens dafür an. Das Ernit:
afte, das an P. hervortritt, fteigert ſich in den
Sagen über das Ende feines Lebens bis zum
Trüben. Er tötete jein Weib Meliffa (f. o.). Deren
Vater Profles teilte das feinen Enteln, dem
ſchwachſinnigen Kypſelos und dem Lyfophron, mit.
Pergämos, /Iioyanos, Stadt Kretas im W. Letzterer hegte jeitdem einen unbefiegbaren Groll
der Inſel bei Kydonia, wo Lyfurgos aus Sparta
jein Yeben endigte. Plut. Lye. 31.
Perge oder -a, Ilfoyn, Perga, bedeutende
‘
gegen den Bater, welcher zuerft ihn zornig ver:
jtieß. Einem Irrfinnigen ähnlich trieb fich der’
Sohn in der Stadt umher. Das jammerte den
Periboia — Perikles.
Bater, er mollte dem Lykophron das PVaterhaus
wieder Öffnen, dieſer aber meigerte fich heimzu—
fehren. Da jchidte P. den Sohn nad) Iyra,
aber es ward ihm daheim immer öder und un:
heimlicher, und er jandte die Tochter aus, um
den Bruder zur Rückkehr zu beiwegen. Als auch
das nichts fruchtete, wollte P. jogar der Herrichaft
zu Gunſten feines Sohnes entjagen. Da er:
mordeten die Kerkyraier den Lyfophron; P. aber
nahm Rache und lieh 300 Knaben aus den vor-
nehmſten Gejchlechtern der Inſel gefangen nehmen,
um fie dem Lyderfürſten Alyattes, angeblidy zur
Verſchneidung, zu überjenden. Sie entgingen frei:
lich diejem —2 und wurden nach ihrer Hei—
mat zurückgebracht. Da auch die beiden andern
Söhne des P., Euagoras und Gorgos, vor dem
Vater geſtorben waren, mußte ſein Neffe Pſam—
metichos die Herrſchaft, die er nur 3 Jahre inne
tte, übernehmen. „Vereinſamung im eigenen
auſe, Ungewißheit über den Erfolg des unter—
nommenen Werkes, vielleicht Reue über manche
nicht zu rechtfertigende That, das ſind die Züge,
welche den Schlußalt des Lebens eines viel—
beneideten Herrſchers charakteriſieren.“ (Holm.)
— Hauptſtellen über ihn: dt. 3, 48 ff. 5, 92 ff.
Ephor. bei Diog. Laert. 1, 7, 96. 98. Bgl.
auch Bufolt, griechiiche Geſchichte (1885 ff.), J ©.
462 ff
Periboia, TIsgißoı«, 1)j. Aiakos. — 2) Tod;
ter des Eurymedon, von Poſeidon Mutter des
Naufithoos. Hom. Od. 7, 57 ff. — 3) Tochter des
Afefianenos, von dem Stromgott Arios Mutter
des Pelegon. Hom. 11.21, 142. — 4) ſ. Oidi-
pus. — 5) ſ. Tydeus. — 6) ſ. Odysseus, 1.
ITegidsırnvor, das von den Verwandten im
Trauerhaufe gehaltene Totenmahl, j. Bestat-
tung, 4.
Ilsgıidtonuıe |. Jeopuıe.
Periöres j. Aiolos, 1.
Perikles, ITeoırins, Sohn des Xanthippos,
des Siegers bei Mylale, und durch jeine Mutter
Ngarifte zu dem Geſchlecht der Allmaioniden ge:
hörend, geboren 493 v. E., genoß in jeiner Jugend
die Lehre und die Freundſchaft des Eleaten —
des ſikers Damon, welcher zugleich für den
rößten politiſchen Theoretiler der Zeit galt, be—
onders aber des Anaxagoras, der ihn von dem
Aberglauben und den Vorurteilen des Volkes zu
tieferer Erkenntnis der Dinge führte. Nachdem er
ſich in mehreren Feldzügen ausgezeichnet, wandte
er ſich im gereiften Alter, als Ariſteides geſtorben
und Themiſtokles verbannt war, den Staatsge—
ſchäften zu, um 466 v. C. Damals ſtand in Athen
Kimon an der Spitze des Staates, bemüht im
Kriege mit Perſien die Kriegsluſt abzuleiten und
fo die Eintracht und den status quo in Griechen:
land zu erhalten. Diejem trat P. gegenüber, indem
er jih, obgleich er nach Geburt und Anlage eine
durchaus ariftofratiiche Natur war und der Gabe
des leichteren Verkehrs mit dem Volle entbehrte,
doch auf die Seite der Neformpartei jchlug, welche
fih durch Einführung der Diobolie bei den diony—
fiihen Feſten und anderer Geldverteilungen Boden
in der Anhänglichkeit des Volkes zu gewinnen und
auch die Ärmeren zur Teilnahme am öffentlichen
Leben heranzuziehen fuchte. Plut. Per. 7 ff.
war einer der Anfläger des Kimon, als dieſer
beſchuldigt wurde, bei der Eroberung von Thajos
911
vom König von Makedonien beftochen zu jein
— Cim. 14), gewann aber einen vorwiegenden
influß erft, nachdem das auf Kimons Rat, un-
achtet des Widerſpruchs der Partei des P. den
Spartanern gegen die Mejjenier zu Hülfe geiditte
Heer unter nichtigem Vorwande zurüdgeichidt (463),
und infolge dejien Kimon um 462 durch den Dftra:
fiimos aus Athen entfernt und bald darauf, nad)
dem nd des Ephialtes, die Macht des kon—
ervativen Areopags gebrochen war. Thuc. 1, 102.
on jegt an ftand er, gewaltig in Wort und That,
bis zu jeinem Tode an der Spike der Angelegen:
—* Kimon wandte nach ſeiner Zurückberufung
eine Thätigleit mehr nach außen; an Thukydides
fand die Ariſtokratie freilich noch einen würdigen
und befähigten Führer, welcher aber um 445 durch
a
—
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Ditrafiimos entfernt wurde. Im Einklang mit
der im Volle herrichenden Stimmung war des P.
Streben darauf gerichtet, jeinem Baterlande die
Herrichaft in ganz Hellas zu verſchaffen. Gewöhn—
lich unter die jährlichen Strategen gewählt, ftand
er bei den meiften auswärtigen Angelegenheiten
der Zeit an der Spike. Nachdem e3 ihm nicht ge:
lungen war, die jämtlichen Griechen zu einem
Bunde unter Athens Oberleitung zu vereinigen
— ein Verſuch, der wahrfcheinlich bald nach dem
Abſchluß des 30jährigen Friedens gemacht worden
ift (Plut. Per. 17) —, ging fein Streben darauf
hinaus, möglichjt viele Staaten durch Verträge
Er | auf athenifche Seite zu ziehen, durch Unterftübung
der Demokratie an Athen zu feſſeln, oder endlich)
ganz zu unterwerfen; dabei mißbilligte er aber
912
ſtets übereilte und gar zu, entfernte Unterneh:
mungen, wie den Zug nad) Ügnpten (459). Gleich
nad) dem Bruch mit Sparta wurde ein Bündnis
mit Argos und Theflalien geichlofien (Thue. 1, 102)
und Megara zum Atheniſchen Bunde gezogen (Thuc.
1, 103). Schon 458 fam es zum Kriege mit Sparta,
als die Athener den Spartanern, welche unter Nifo:
medes gegen die in Doris eingefallenen Phokier
gezogen waren, den Rückzug abjchnitten. Die
Schlacht bei Tanagra, worin P. mit dem größten
perjönlichen Mute fämpfte, ging durd) Berrat (458)
für die Mthener verloren; der weitere Verlauf
des Krieges war indes glüdlicher für diejelben.
Voiotien, Lokris, Phokis mußten jih an Athen
anſchließen, Aigina nach Imonatlicher Belagerung
fich ergeben; P. machte 453 einen glüdlichen Zu
nad Afarnanien und Silyon, und 450 fam wech
Kimon ein 5jähriger Waffenftillftand zuftande.
Thue. 1, 112. Diod. Sie. 11, 86. then war jebt
durch die Menge feiner Verbündeten auch die be-
deutendite Landmacht in Griechenland geworden;
indes behauptete es dieſe Stellung nicht lange.
In Boiotien erhoben ſich die oligardhiichen Ber:
bannten und ihre Partei zum Kampfe gegen die
Demofratie und die atheniſche Herrichaft, und Tol+
midas wurde in der, wie es heißt gegen P.s
dringende Borftellungen, voreilig unternommenen
Schlacht bei Koroneia von ihnen total geichlagen
und getötet (446). Da fielen außer Boiotien
aud Phofis und Lokris ab, und jogar Megara
und Eubvia; die Spartaner aber machten einen
Einfall in Attika. Zwar brachte P. (angeblich
durch Beftechung) den Pleiftoanar und Kleandridas
dahin, aus Attifa wieder abzuziehen, Euboia wurde
von ihm glüdlidy unterworfen; allein infolge des
gegen Ende Winters 446/5 auf 30 Jahre ge:
ichlofjenen Friedensvertrags mußte Athen alle Be:
figungen im Beloponnes herausgeben; im übrigen
jollten beide Staaten im Befige deſſen bleiben,
was ihnen gehörte, und jede griechiiche Stadt, die
noch feinem Bunde angehörte, jollte jelbjt die eine
oder andere Symmachie wählen dürfen. T’hue.1, 35.
4, 40. Diod. Sie. 12, 7. Die Pläne, Athen zur
Landmacht zu erheben, waren geicheitert, es mußte
ſich ftügen auf die Seemacht und die Seeftaaten,
die P. immer feiter an Athen zu feileln ftrebte.
Die Tyeuorda wurde unter Zeitung desjelben nad
und nach zur dern (Thuc. 1, 97), die freien auu-
nayoı wurden zu Unterthanen (bmmxooe), die Bei:
träge zu den Striegsfoften zum Tribut. ®. ftellte
geradezu die Anficht auf, Athen ſei den Bundes:
genofien zu Schutz und Hülſe verpflichtet, dieſe
dafür aber Gehorjam und Tribut ſchuldig. Dadurch,
daß fie nur leere Schiffe und Geld zum Striege
hergaben, wurden fie entwafinet bis auf Chios,
Lejbos und Samos; der Bundesihag wurde auf
Vorſchlag der Samier 454 nad) Athen gebracht
und von jet an ganz als athenijches Eigentum,
ja fogar gegen die Bundesgenofjen benugt (Plut.
Per. 12), jedod im ganzen bis zum Anfang des
peloponnejiichen Krieges der Tribut nicht bedeu-
tend erhöht. Den meiften Städten wurde die höhere
Gerichtsbarkeit genommen, und fie gezwungen, in
Athen ihr Recht zu juchen; für das Innere jandte
Athen bisweilen Aufjeher und heimliche Späher,
die Abtrünnigen aber wurden mit Gewalt zum
Gehorſam gebracht, wenn auch noch nicht mit ſolcher
Grauſamkeit behandelt, wie ſpäter; jo Naxos,
Perikles.
Euboia, Aigina, Samos, welches PB. 439 nad Be:
fiegung der ſamiſchen Flotte bei Tragia (einer
Heinen Injel unweit Samos) und nad) 9monat:
licher Belagerung wieder bezwang. Thuc. 1, 115 ff.
Plut. Per. 25 ff. Als ein Mittel, die zweifelhaften
und abgefallenen Staaten fefter an then zu
fnüpfen, dienten bejonders die Kleruchien, wodurch
zugleich eine Verjorgung von ärmeren Bürgern
erreicht wurde. Im J. 447 ging P. jelbft mit
1000 Kleruchen nach dem Gherjones (Plut. Per.
11. 19. Diod. Sie, 11, 88); in demjelben Jahre
führte Tolmidas 1000 attiiche Kleruchen nad)
Euboia. Derjelbe gründete mit einer andern Schar
von Koloniften eine Kleruchie auf Naros. 250 atti:
ſche Koloniften wurden auf Andros angeliedelt,
1000 gingen nad Thrafien. Die im 3. 445 nach
Thurioi und 4376 nad Amphipolis geichidten
Anfiedler waren in einer andern Lage, weil Grie—
chen verichiedener Herkunft ſich an der Kolonijation
beteiligten. Plut. Per. 11. Obgleich P. niemals
erjter Archon war, jo hatte er doc als 15 Jahre
hindurch regelmäßig wiedergewählter Stratege und
als Borfteher der Finanzen und der Öffentlichen
Bauten auch im allgemeinen die Leitung der
inneren — in ſeiner Hand. Doch trat
er ſelten ſelbſt auf, ſondern überließ die meiſten
Sachen ſeinen politiſchen Freunden. Durch Würde
des Charakters und Weisheit war er jedoch ſtets
die Seele der Partei ſowie ihr eigentlicher Führer:
nie lieh er ſich durch die Leidenſchaften des Bolfes
fortreißen, ſondern leitete es durch politifche Ein:
jicht, ohne ihm zu jchmeicheln; allgemein anertannt
war aber auch jeine Umbeftechlichfeit und Redlich—
feit in der Verwendung der öffentlichen Gelber.
Thue. 2, 60.65. Aristoph. nub. 835. Er jtrebte
darnach, allen Bürgern die Teilnahme an ben
Staatsangelegenheiten zu verichaffen und dieſen
dadurd; Kraft und Leben zu geben. Wenu er
dabei aber den Herricheritolg des Volkes, die mate:
riellen Intereffen und die Genußſucht auf gleiche
Weiſe befriedigte, fonnte er ſich ſchwerlich verhehlen,
daß er Kräfte entfeflelte, welche beim Mangel einer
ftarfen und weijen Leitung verderblich werden
fonnten. Alle öffentlichen Inſtitute wurden im
bemofratiichen Geiſte modifiziert. Die Machtbe—
fugnis des Mreopags wurde beichränft, die Richter:
gewalt größtenteils Bolfsgerichten übertragen, die
Laſten des Staates durch die Leiturgien faſt allein
auf die Reichen gemwälzt; in wie weit andere Ein-
richtungen, 3. B. die Einführung des Loſes anftatt
der Wahl, die Nomotheten, Nomophylafes, die
yoapı, nagavöunv — alles geſetzliche Schranfen
gegen den vorwiegenden Einfluß oder das Uber:
greifen einzelner Männer — in jeine Zeit fallen,
iſt ai Um aber dem Volle die wirkliche
Ausübung der ihm zuftehenden Rechte möglich zu
machen, wurde eine Bezahlung für öffentliche
Dienjte eingeführt, zuerjt das Schaufpielgeld (Dew-
eıxör), dann der Nichterjold, wahrjcheinlich auch
der Buleutenjold (miodog Povievrınog) und ber
Kriegerſold, Wenn nun dur Sold und Kleruchien
auc der Armſte zum Staatsleben herangezogen
wurde, jo dienten andere Unternehmungen, um
ſowohl durch Berdienft die materiellen Bedürfniſſe
zu befriedigen, als auch der Genußſucht des Volkes
eine Richtung auf das Höhere und Edlere zu geben
und den Nationalftolz und das Gelbftgefühl zu
fteigern. Nachdem er durd; Vollendung der von
Pr
Periklymenos — IIsgiorgmuere.
’
Kimon angefangenen langen Mauern zur Berbin:
dung mit dem Meere (458), denen Näter noch
eine dritte zur Herſtellung einer ſicheren Verbin—
dung zwiſchen Stadt und Peiraieus hinzugefügt
wurde, für die vollſtändige Befeſtigung der Stadt
geſorgt hatte (Thuc. 1, 89. Plut. Them. 19), be:
mühte er ſich um die Ausihmüdung der Stadt
durch Tempel, religiöfe Weihgaben, Kunftwerfe
und Öffentliche Fefte. Der von Kimon begonnene
Umbau des Parthenon wurde nad anderm Bau:
plane 447 wieder aufgenommen und 438 beendet,
das Odeion (447—445), die Propylaien gebaut,
durch Pheidias u. a. die Akropolis mit Bildjäulen
geihmüdt, und Athen zu einem Sammelplaß der
Wiſſenſchaften und Künfte erhoben. — Auch als
Redner war PB. groß, obgleich er jelten auftrat
und meift furz redete; jeine Redekunſt beherrichte
mit unmibderftehlicher Kraft Die Seibenfchaften des
Volkes. Worzüglicher Beleg waren bie beiden
Leichenreden nach dem famitchen Kriege und im
erften Jahre des peloponneſiſchen Krieges. Wie
er das Mufter eines untadelhaften Staatsmannes
war, jo ſuchte er auch als guter Haushalter und
durch Zauterfeit im Privatleben jeinen Mitbürgern
ein Vorbild zu fein; wenn daher bei den Komilern
u. a. manche feiner bebeutenditen Unternehmungen
aus jelbftjüchtigen Motiven abgeleitet werden, jo
beruht das nur auf Verleumdung der Gegenpartei
und der Luft, das Edle und Erhabene herabzu:
ziehen. Freilich verftieh er durch das Verhältnis
zu der Milefierin Wipafia, welche er nad ber
Trennung von jeiner erjten Gattin, die ihm 2
Söhne, Zanthippos und Paralos, geboren, in jein
Haus aufnahm, gegen altatheniihe Worurteile;
allein mie dieſes Bündnis für ihm eine Quelle
häuslichen Glückes war, jo zeigte es aud die An-
erfennung feiner Sitte und geiltiger Bildung beim
weiblichen Geichlechte. Seit dem J. 444, in dem
er wohl auch, um Athens Geeherrichaft zu be:
feftigen und zu erweitern, die erfolgreiche Expe—
dition nach dem Pontos unternahm (Plut. Per. 20),
ftand er ohne Rivalen an der Spige Athens, von
jest an bemüht, die nötigen Mittel für den Ent-
iheidungstampf in Hellas herbeizufchaffen, deſſen
Kommen er vorausjah, aber doch möglichit lange
aufzujchieben wünſchte, zu welchem Ende, jolange
er an der Spike des Finanzweſens ftand, jährlich
10 Talente nad Sparta gingen, um der dortigen
Kriegspartei entgegenzuarbeiten. Als daher von
Epidamnos aus der Streit begann, riet er zur
mutigen Aufnahme des Krieges, den er In un:
vermeidlich hielt. Thuc. 1, 140 ff. Es wurde aber
in diefer Zeit die Feindichaft der Tafonijch-oligar:
chiſchen Partei immer erbitterter. Man griff ihn
an durch Anklagen gegen die ihm nahe ftehenden
Anaragoras, Pheidias, Aipafia. Plut. Per. 32. Die
legte verteidigte er jelbft mit Thränen und großer
perjönlicher Aufregung. Doch behauptete er jeine
Stellung und leitete mit Weisheit den Staat in
den erjten Jahren des Srieges, mit ruhiger Ge-
fafjenheit die Vorwürfe feiner Gegner ertragend
und das Volk in der Bedrängnis der Zeit ermu—
tigend. Erft als der Krieg und die Belt die Not
und die Berzweiflung fteigerten, wagten feine
Gegner gegen ihn ſelbſt eine Anklage wegen jchledh:
ter Verwaltung der Staatögelder einzubringen
(430); er wurde zu einer Geldftrafe verurteilt
(Thue. 2, 65), doch fehrte das Vertrauen des Vol:
Reallegiton des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
913
fe3 bald zurüd; es erlaubte ihm nad dem Tode
jeiner echten Söhne durch bejondern Beſchluß die
Aufnahme des jüngeren Berifles in die Phratrie und
Bürgerlifte (Plut. Per. 37). Aber jeine Kraft jchien
gebrochen zu jein; er ftarb im folgenden Jahre
429 an einem jchleichenden Fieber. Thuc. 2, 65.
Plut. Per. 38. Bgl. Kutzen, Perikles als Staats:
mann (1834). Onden, Athen und Hellas, II ©. ı
— 200 (1866). Filleul, Zeitalter bes Perikles (deutjch
von Döhler, 1874). Ad. Schmidt, Epochen und
Kataftrophen (1874). Das perilleiihe Zeitalter
(2 Bbd. 1877—79). vd. Pflugk-Harttung, Perikles
als Feldherr (1884). Dunder, Gejchichte des Alter:
tums, Bd. 9.
Periklymönos, IIegıxkuusvog, 1) Sohn des
Neleus und der Ehloris, Bruder des Neftor, Ar:
onaut, von Herakles bei der Zerſtörung von
los erihlagen, obgleich ihm Poſeidon große
Stärke und die Gabe der Verwandlung verliehen
hatte. Hom. Od. 11, 286. Ov. met. 12, 556 ff.
— 2) Sohn des Poſeidon und der Chloris, der
Tochter des Teireſias, Thebaner, der im erften
thebanijchen Kriege den Parthenopaios erlegte und
den Ampbhiaraos verfolgte, als diejer plöglich von
der Erde verjchlungen ward. Eur. Phoen. 1157.
Pind. nem. 9, 26.
Perillos, II£gıllog (oder IIsglixo;), agrigen:
tinifcher Erzarbeiter, jol dem Tyrannen Phalaris
(j. d.) den ehernen Stier, in den ein Menſch ge:
legt und durch untergelegtes Feuer unter ftierähn-
fihem Gejchrei verbrannt werden konnte, gegen
eine bedeutende Summe angeboten haben, aber
jelbft das erfte Opfer geworden jein. Op. a. a.
1, 658. Plin. 34, 89. Luc. Phal. 11. 12.
Perinthos, 7) IIfgırdog, blühende ſamiſche
Kolonie in Thrafien an der Propontis, am Ab:
jange eined Berges und an einem Bujen gleiches
Namens, bejonderd berühmt durch ihre hartnädige
Verteidigung (341 dv. E.) gegen Philipp von
Makedonien, der F— Wichtigkeit erlannte, ſeit
tem 4. Jahrh. n. C. auch Herakleia genannt; j.
Eregli. Plut. Phoc. 14. Diod. Sic. 16, 74 ff.
Ilegiotxoı j. Helotes.
Peripatetiei ſ. Aristoteles und Theo-
phrastos,
Periphas, IIsgipas, 1) Autochthon in Attika
noch vor Kekrops' Zeit, ein Diener des Apollon,
wegen feiner Tugend zum König ermwählt und
dem Zeus gleich verehrt, weshalb dieſer ihn ver:
nichten wollte; aber auf Apollons Bitte verwan-
belte er ihn in einen Adler. Or. met. 7, 400. Ant.
Lib. 6. — 2) ein Zapithe. Ov. met. 12, 449. —
3) Sohn des Aitolers Ochefios, von Ares vor Ilion
getötet. Hom. Il. 5, 842. — 4) Sohn des Epytos,
Herold des Wineiad. Hom. Il. 17, 323. — 5) ein
Örieche, der an der Eroberung von Jlion teilnahm.
Verg. A. 2, 476.
Periphötes j. Theseus.
IlegiroRos ſ. Epyßos und Exercitus, 4.
ITegı0xehis, periscelis (Hor. ep. 1, 17, 56),
eine SKnöchelverzierung bei den Libertinen, deren
Zunica nur über die Knie herabhing, ein koſt—
bares Band, Kettchen oder Spange, zugleich zur
Befeftigung der Sandalen.
Ilsg:0reWuere, peristromata, foftbare Deden
oder Matragen zum Überbreiten über Ruhebetten,
Fußböden u. dgl., meiftenteil im Oriente, beſon—
ders Indien und Ägyhpten, in jehr fünftlicher
58
914
Weiſe gefertigt. Plaut. Pseud. 1, 2, 12. Cie. Phil. |
2, 27, 67.
—— j. Haus, 2.
Periurfum, Zrıogx/a, der Meineid (Definition
desjelben bei Cic. off. 3, 29), wurde weder in
Griechenland noch in Rom mit bürgerlichen Stra:
fen belegt, weil man den Göttern nicht vorgreifen
wollte; in Rom jedoch mußte der Meineidb gefühnt
werden (expiatio). Die Griechen waren wenigftens
in der jpäteren Zeit wegen des Leichtfinn® berüch-
tigt, mit dem fie Eide leifteten und brachen; die
Athener freilich machten eine rühmliche Ausnahme
Arrinij mlorıs, Suid.). — Die erften Kaiſer be-
itraften den bei dem genius des Kaiſers oder per
saluten: principis vor Gericht abgelegten Meineid
als Majeftätöverbrechen; im übrigen wurde ber
Meineidige der Strafe der Götter überlafien (Tae.
ann. 1, 73: deorum iniurias dis curae). Die
Kriftlichen Kaifer belegten Meineid überhaupt mit
infamia.
Perköte, /Isexorn, jehr alte Stadt in Myſien
zwiſchen Abydos und Lampſakos, j. Bergas. Hom.
fl. 2, 835. 11, 229. Hdt. 5, 117. Strab. 13,
585 f. 590,
Permessos, /Isgunsoög, auch Teeunssds, Fluß
Boiotiens, entjpringt auf dem Helifon und ergieht
fih nordöftlich von Haliartos in den Kopaisiee.
Hesiod. theog. 5. Strab. 9, 407.
Pero j. Melampus und Neleus.
Peroratio, die ausführliche Sauptrede der
Barteien, j. Prozels, 22.
Perpernae oder Perpennae, wahricheinlich
etrujfiichen Uriprungs: 1) M. Berp., wurde von
dem illyrijchen Könige Gentius, an den er als
Gejandter geichidt war, eingeferfert und erft von
Anicius wieder befreit, 168 dvd. C. Liv. 44, 27 ff.
— 2) M. VBerp., befiegte ala Konſul im J. 180
v. E. den Nriftonifos. Er ftarb auf der Rückehr
nad Jtalien bei Bergamon. Eutr. 4, 20. — 3) M.
Berp., Konful 92 v. E., verwaltete im J. 86 die
Genfur (Cie. Verr. 1, 55). — 4) M. Berp,, ein
Mann von großem Hochmute, ftand im Kriege
zwiichen Sulla und Marius auf des letzteren Seite
und bejegte nach deſſen Befiegung Sicilien. Pom:
pejus nötigte ihn im X. 82 v. E. die Inſel zu
verlafien. Flut. Pomp. 10. Darauf führte er einen
Teil des Heeres, welches der Konſul Ämilius Le:
pidus im %. 78 zum Nufftande verleitet hatte,
nach Hiſpanien und vereinigte fich hier, von jeinen
Soldaten gezwungen, im J. 77 mit Gertorius.
In den Kriegen desjelben zeichnete ſich B. gerade
nicht bejonders aus. App. b. c. 1, 110. Als Ser:
torins im J. 72 dur eine Verſchwörung, an der
auch P. nebjt 10 anderen Führern teilgenommen
hatte, feinen Tod fand, übernahm er den Ober:
befehl über deflen Heer, erbitterte dasjelbe aber
durch jeine Unfähigkeit und fiel bald nachher nad
einer ihm von Pompejus beigebrachten Niederlage
in dejjen Hände, worauf ihn derjelbe hinrichten
ließ, ehe P. noch durch feine Ausſagen Zeit er:
halten hatte, viele angejehene Römer als Teil:
nehmer an den Plänen des Sertorius ind Unglüd
zu bringen. Mut. Sert. 25 ff.
Perranthes, fteiler Hügel des Kraneiagebirges
in Epeiros, an defjen nördlichem Abhang Ambra—
fia (das h. Arta) lag. Liv. 38, 4.
Perrhaebi, /Isgig)aßol, d. i. meowioı, ein
mächtiger, friegeriicher pelafgiicher Volksſtamm,
IIegiorukıov — Persephone,
ber die theſſaliſchen Landichaften Heftiaiotis und
Pelajgiotis bewohnte und ihnen zum Teil ben
Namen gab. Hom. 11.2, 749. Lar. 31, 43. 33, 15.
Thue. 4, 78. In ihrem Gebiete lagen die Städte
Kyretiai, Malloia, Bhalanna, Doliche, Azoros u.ſ. w.
und bie Bergfeften Dloofjon, Kondylos, Gonnos
am Dlympos und Peneios. Strab. 9, 440 f.
Persaios, IIsecaios, 1) aus Kittion, Sohn des
Demetrios, anfangs Sklave, dann Schüler des
Zenon und ſtoiſcher Philojoph, lebte unter der
Negierung des Antigonos Gonatas und ftarb
wahrjcheinlih ums Jahr 243 v. C. Mit Aratos,
Alerander Witolo8 und andern Gelehrten lebte
er am Hofe des Antigonos, von dem er aud zum
Treldherrn gemacht wurde. Cie. n. d. 1, 15, 38.
Diog. Laert. 7, 6. 13 u. d. Plut. Arat. 18. 23. —
2) j. Perses.
Perse, II£oon, auch Ilsgonis, Tochter des
Dfeanos, Gemahlin des Helios, Mutter des Nietes
und der Kirfe (Hom. Od. 10, 139. Hesiod. theog.
356. 956), der Pafiphad, des Perjes, Aloeus.
Persephöne, Kora, /Iegoepörn, Ilegsepörsıe,
Tlsgotpaoca, Depotpacoe, Köen, Proserpina,
Tochter des Zeus und der Demeter (Hom. II.
14, 326. Od. 11, 217), bei Homer die ehrwürdige
Gemahlin des Hades, die jchredliche Beherricherin
der Schatten, welche über die Seelen der Berftor:
benen (Hom. Od. 11, 213 ff. 226. 385) und Die
Ungeheuer der Unterwelt (Hom. Od. 11, 633)
herricht und mit Hades die Verwünichungen der
Menichen hört und vollitredt. Hom. Il. 9, 457. 569.
Bei den römifchen Dichtern ſchneidet fie von den
Häuptern der Sterblichen die Lode ab und weiht
fie dem Tode. Verg. A. 4, 698. Auch in der nad):
homerijchen Zeit ift Perſephone noch die Herricherin
er Unterwelt neben ihrem finfteren ®emahl, aber
es tritt bei ihr durch das enge Verhältnis zu ihrer
Mutter Demeter ein milderer Charafter hervor.
Als einft die jungfräuliche Periephone Kore, von
der Mutter entfernt, auf der nyſiſchen Flur (mach
ipäterer Sage bei Enna in Sicilien) mit ihren
Beipielinnen Blumen pflüdte, ward fie von Hades
auf feinem roffebeijpannten Wagen mit dem Willen
ded Zeus in die Unterwelt entführt. Um den
Born der Mutter, welche jie lange auf der ganzen
Erde vergeblich gefucht hat, zu beichwichtigen, holt
endlih Hermes auf des Zeus Befehl die Perſe—
phone aus dem Hades der Mutter herauf; da ihr
aber Hades, ehe er fie entließ, einen Granatfern
(Symbol der Ehe) zu foften gegeben hat, jo be-
ftimmt Zeus, daß Perfephone abwechſelnd 2 Teile
des Jahres auf der Oberwelt bei der Mutter und
den dritten Teil in der Unterwelt bei ihrem Gatten
weilen jolle. Hom. hymn. in Cer. Or. fast. 4,419 ff.
met. 5, 385 ff. Ihre Feſte Adpsıa und Kovgeıa,
vgl. Plut. Dion 56. In diefem Mythos, von
dem fich bei Homer feine Spur findet, iſt Perſe—
phone das Symbol der Pflanzenwelt, die jährlich
hervoriproßt und wieder in die Tiefe der Erde
zurüdtritt, ded Samenkorns, das in das Dunfel
der Erde gejentt wird und zu neuem Leben auf:
blüht. So wird fie denn zugleih in den Myſte
rien der Demeter das Symbol der Unfterblichteit
der Seele. Die myſtiſche Berjephone trat in Ber:
bindung mit dem myſtiſchen Jalchos, dem Sohne
der Demeter und des Zens; fie war feine Schweiter
und Braut, oder andy feine Mutter. Bei fpäte:
ren Orphilern erjcheint fie als allwaltende Natur:
Persepolis — Perserkriege.
gottheit, die alles hervorbringt und vernichtet,
und wird vermengt mit anderen myſtiſchen Gott:
heiten, wie Hekate, Gaia, Rheia, Iſis. Den Bei:
namen Jeorxowa, Herrin, Meydin Dec, hatte fie
mit ihrer Mutter gemein, mit der fie auch viel:
ja zujammen verehrt ward, bejonders in Boio:
tien, in Eleufis, auf Sicilien. Dargeftellt ward
fie entweder als ftrenge Gemahlin des Hades,
ähnlich der Hera, oder als jugendliche Tochter
der Demeter, oder als die myſtiſche Braut bes
Jalchos, mit einem Epheufranz, mit Fackeln in
der Hand u. j. w. — Bei den Römern heiht fie
Proſerpina, wie ihr Gemahl Dis, Pluto, feine
altitalijhe Gottheit, jondern mit römijch klingen—
dem Namen von Griechenland herübergetragen.
Persepölis, I/Isgoezolıs, d. i. Perjerftadt, die
um 515 v. E. von Dareios I. gegründete Haupt:
ftadt Perſiens; einheimiich wohl Parſa (wie das
Land), jpäter Iſtakhr gen.; öftlih vom Medos
(j. Bulvar) unmeit feiner Einmündung in den
Araxes (j. Kum⸗i⸗Firuz), in der gefunden, einft
ſehr fruchtbaren Ebene Merdaſcht gelegen. liber
der Stadt erhob fich eine geräumige, durch eine
dreifache Mauer gejchügte Terraſſe. Hier erbauten
ſich Dareios J., Zerres und ihre Nachfolger präch—
tige Baläfte, welche Alerander der Gr. 330 in
Brand ftedte. Die Ruinen (j. Tichihil-Minare
oder Tachti⸗Dſchemſchid gen.): mächtige Treppen,
Propyläen, Säulenhallen und Säle mit vielen
Reliefs und Inſchriften, gehören zu den groß:
artigiten und interefiantejten Reſten des Altertums.
In der Nähe befinden ſich auch 7, in ben Fels
gehauene Königsgräber. Arr. 3,18, 1. 10f. 7,1,1.
Curt. 5, 6 I Strab. 15, 728ff. Bal. das Pradıt:
wer! von Stolz, Andreas und Nöldele, die Denf:
mäler und Inſchriften von Berjepolis, Iſtakhr u. |. w.
. (1882, 2 Bdd.).
Perserkriege. Den in dem Allmachtsſchwindel
der perfiichen Könige begründeten Verſuchen zur Er:
oberung Griechenlands, des einzigen noch übrigen
Gebietes, wohin fich ihre Weltherrichaft erweitern
fonnte, ging der Aufftand der Konier 500-494
v. E. vorauf. Während nämlich um dieje Zeit
alle Bölfer von den Ufern des Indos bis an die
Grenzen Theſſaliens dem perjiihen Scepter ge:
horchten, genoſſen die griechiſchen Städte Klein:
afiens eine milde Berwaltung und entiprechende
Freiheit unter örtlichen Tyrannen mit verjchiede:
nem perjönlicdhem Streben. Zum Lohne für die
Erhaltung der Donanbrüde bei dem Skythenzuge
des Dareiod ward der Tyrann von Milet Hi—
ftiaios (j. d.) mit dem thrafiichen Orte Myr—
finos (am unteren Strymon) belohnt, den er be:
feftigte. Als aber der perjiihe Statthalter in
Europa, Megabazos (j. d.), diefen Bau merkte,
ftellte er ihn dem Könige als ein bedenkliches
Beginnen bin, und dieſer berief den Hiſtiaios,
angeblich als ihm unentbehrlich, an den Hof nad)
Suja. Des Hiftiaios Schwiegerjohn und Nach—
folger, Ariftagoras (f. d.), bereitete, als er
wegen mißlungener Unternehmung gegen Naros
den Berluft feiner Tyrannis befürchtete, im Ein:
verftändnis mit Hiftiaios jenen Aufftand- vor, zu
welchem er jedoch, da die Spartaner (j. Kleo-
menes, 1.) ſich nicht beteiligten, nur von Athen
und CEretria eine Heine Anzahl Schiffe erhielt.
Sardes war leicht genommen, ging aber in Feuer
auf; die Jonier wurden zu Lande von den Perſern
915
geichlagen, ihre Flotte bei der Milet gegenüber:
liegenden Inſel Lade (ſ. d.) befiegt, into gedefien
Milet zerftört und von den Bewohnern die Män:
ner meist getötet, Weiber und Kinder aber nad)
dem inneren Aſien verpflanzt. Bald begannen
die Perjer den Krieg, der angeblid zur Beſtra—
{en von Athen und Eretria, in Wirklichkeit zur
usbreitung der perfiichen Macht überhaupt unter:
nommen wurde Der Satrap von Sleinafien,
Mardonios (ſ. d.), leitete diejes Unternehmen,
fehrte aber bald nah Aſien zurüd; zwar hatte
In Landheer die Mafedonier unterworfen und
eine Flotte Thaſos erobert, aber jened warb in
Thrafien geichlagen und dieſe jcheiterte am Athos.
Den Dareios aber ſtachelten der aus Athen ge:
flohene Hippias (ſ. d.) und der von Sleomenes
und Leotychides geftürzte Spartanerfönig Dema-
ratos (j. d.) an; er forderte von den griechiichen
Städten Unterwerfung und jandte, als dies ver:
— war, ſeine Streitkräfte unter Datis und
rtaphernes (j. d.) zum zweiten Feldzuge gegen
Griechenland. Nachdem fie mit großer Flotte auf
Euboia gelandet und Eretria durch Berrat ge:
nommen, führte Sippias fie auf die Ebene von
Marathon, wo den an Zahl vielfach überlegenen
Berjern ein aus Athenern und Plataiern beftehendes
Heer entgegentrat (Sommer, wohl Auguft 490).
Nach dem glänzenden Siege des Miltiades (f. d.)
gelang die Wiederunterwerfung der von Athen ab:
gefallenen Inſeln im Aigaiiten Meere, wenn
auch nicht mit gleichem Glüde. Die fofortigen
neuen Rüftungen des Perſerkönigs unterbradh fein
Tod, 485; fein Nachfolger Zerres (ſ. d) aber
mußte erft das inzwijchen aufgeftandene Agypten
wieder unterwerfen (484), ehe er den Anreizungen
des Marbonios und der griechifchen Flüchtlinge,
der Peififtratiden und der thellaliichen Aleuaden,
Gehör geben fonnte. Nach jorgfältiger Beratung
mit den Großen des Reichs, unter denen Arta-
banos in kräftiger Entjchiedenheit dem Plane
widerjprady (Hdt. 7, 8— 18), fjammelte er die
Kräfte feines ungeheuren Reichs. Im Frühlinge
480 brach ein Heer, wie jedesfalld die damalige
Welt noch keins gejehen (das Yandheer ungefähr
800 000 Mann ftarf), von Sardes, die Flotte aber
(1207 Trieren) von den Häfen Kyme und Pho—
faia nach dem Hellespont auf, über deſſen 2 vor:
her geichlagene Brüden man in 7 Tagen und
7 Nächten ging. Unterdeflen war auf dem Iſth—
mos ein Kongreß der „Eidgenofjen” (surouor«:)
zujammengetreten, wo ein Bund gejchloffen wurde,
defien Führung, mit Athens Zuftimmung, Sparta
übernahm. Die Eingangspäffe Theſſaliens konnten
mit 10 000 Hopliten unter dem Spartaner Euai-
netos und dem Athener Themiftofles nicht be:
hauptet werden, und jo wurden die Theſſalier
Bundesgenofien der Perſer. Die Kreter, Kerky—
raier, Argiver, Syrafufier verweigerten die Speer:
genofienichaft oder leifteten die verſprochene Hülfe
nicht. Während das nördliche Ufer von Euboia
mit einem Zeile der Flotte von 271 Trieren
(127 atheniichen) nebft 9 Bentefonteren unter dem
Spartaner Eurybiades bewacht wurde, ftanden
über 6000 Hopliten unter dem Befehl des Leo:
nidas (j. d.) an den Thermopylen. Als diejes
Heer von Hydarnes an der Spike der „Zehn:
taujend“ umgangen wurde, harrten nur 700 Thej-
vier bei Leonidas und den 300 Epartiaten aus
b8*
916
und jtarben mit ihnen den Heldentod (Auguſt 480).
Unterbefien hatten bei Artemijion wiederholt
Seegefechte ftattgefunden, die ohne Enticheidung
blieben. Ein Verſuch der Berjer, 200 Schiffe um
Euboia herumzuichiden und dann die ganze gries
chiſche Flotte einzujchließen, wurde durd den
Sturm vereitelt, der die ausgejandte Flotte ver:
nichtete. Da zogen fich die Griechen auf die Nach—
richt vom Falle des Leonidas durd den Euripos
urüd, und ihre Flotte jammelte fih, 378 Segel
hart, bei Salamisd. Als aber das von den
meiften Bewohnern verlaffene Athen dur Die
Berjer genommen war, wollten die Griechen bei
der Flotte die gefährliche Stellung bei Salamis
aufgeben und nad dem Iſthmos jegeln, um den
peloponnefiichen Landtruppen die Hand zu reichen.
Themiftofles mußte daher zu dem äußerjten
Mittel greifen, durch Meldung der beabfichtigten
Flucht den Zerzes zur Einſchließung der griechijchen
Slotte zu bewegen. Der Kampf, zu dem die
riechen jich todesmutig rüfteten, endete mit der
Flucht der feindlichen Flotte (27. oder 28. Sept.
480). Hdt. 8, 83ff. Aesch. Pers. 376ff. Diod. Sie.
11,17 ff. Bei der Verfolgung der Fliehenden zeid:
neten ſich die Nigineten in gleihem Maße aus,
wie die Athener in der Schlacht. Eine zweite Lift
des Themiſtokles, der vorgebliche Abbruch der
Brüde über den Sellespont, bewog den Xerres
zur Rücklehr nach Aſien; er ließ den Mardonios
mit 300000 Mann in Theflalien zurüd. Ein
Zeil der Flotte bezog in Kyme, ein anderer in
Samos Winterquartiere. Potidaia und Dlynth
fielen von den Perjern ab, die die eritere Stadt
nicht wieder gewinnen fonnten. In Griechenland
wurden die Berdienfte des Themiftofles um die
Rettung des gemeinjamen Baterlandes von bar:
bariihem Deipotismus allenthalben, namentlich
auch in Sparta, gebührend anerfannt; von der
Beute wurden insbejondere dem bdelphiichen Apol:
fon reihe Gaben geweiht. Im Frühling 479
drang Mardonios wieder nad) Mittelgriechenland
vor; die Athener mußten zum zmweitenmal ihre
Stadt verlafien und fi auf die Schiffe und nach
Salamis flüchten. Aber dennoch wurde der Helles:
pontier Murychides mit Friedensvorſchlägen des
Mardonios, gerade jowie vorher der Makedonier—
fünig Alerandros von den Athenern zurüdgetvieien,
und Lykides, der darauf einzugehen riet, gefteinigt.
Die Spartaner hatten anfänglich die Perjer am
Iſthmos erwarten wollen und hatten zu dieſem
Zwecke die Befejtigung desjelben eifrig gefördert.
Sept aber rüdten mn gedrängt von den aux
unter Führung des Negenten Baujanias (j. d. 1.)
aus, verftärkten ſich am Iſthmos durch einen großen
Teil der Beloponnefier, zogen mit diejen nad
Eleufis und vereinigten ſich hier mit den Athe—
nern. Nun wendete man fich gemeinjam in die
Gegend von Erpthrai und ftand Mardonios gegen:
über, der nad Zerftörung Athens, um für feine
Neiterei günftiges Terrain zu finden, ſich nad
Boiotien zurüdgezogen und am Wjopos ein Lager
aufgeihlagen hatte. Bei Plataiai trafen Die
Heere zufammen: die Perjer 300 000 Mann ftarl,
neben 50 000 Mann Bundesgenofien, die Griechen
110 000 Mann, worunter 8000 atheniiche Hopli-
ten unter Anführung des kurz vor der ſalamini—
ihen Schlacht zurüdberufenen Arifteides. Nach—
dem 11 Tage ohne ernftlichen Kampf vergangen
Perserkriege.
und die Stellungen mehrmals gewechſelt waren,
fam 08 am zwölften Tage (Ende Juli oder An:
fang Auguft 479) zur Schlacht. Marbonios wurde
eichlagen und blieb mit einem großen Zeile
Feines Heeres, das reiche perfiiche Lager ward ge:
plündert und Theben belagert, worauf mehrere
Häupter der mediichen Partei ſich jelbft ausliefer-
ten und auf Pauſanias' Befehl in Korinth hin—
gerichtet wurden. Nur 40 000 Berjer zogen jich
in Ordnung unter Artabazos nach Norden zurüd.
Hat. 9, 1ff. Plut. Arist. 11 ff. Der Sage nad
war es an demielben Tage auch zu einer See:
ſchlacht bei Mykale in Afien gelommen. Die
griechiſche Flotte nämlidy war unter dem Spar:
tanerfönig Yeotydides und dem Athener Kan:
thippos bei Delos verjammelt, die perſiſche im
Samos, und nahe bei ihr, beim Borgebirge My:
tale, jtand ein 60000 Mann ſtarkes perfiiches
Landheer. Cigentlidy wollten die Griechen die
perſiſche Flotte gar nicht angreifen; als fie endlich
durh die Samier ſich zum Angriffe bewegen
ließen, flüchteten fi die Perſer jofort an das
genannte Borgebirge unter den Schuß des Land—
heered. Aber die Griechen gewannen den herr:
lichjten Sieg. Hdt. 9, 90 ff. Das Lager und die
Flotte der Perſer wurden zerjtört und jo der erite
Schritt zum offenfiven Verfahren gethan, in das
num der Krieg gegen die Perſer überging (j. Pau-
sanias, 1. und Kimon). Samos, Chios, Leibos
und Meinere Inſeln wurden in die griechifche
Bundesgenofjenichaft aufgenommen. Der beabſich—
tigten Zerftörung der Brüden über den Hellespont
waren die Stürme jchon zuporgelommen. Leo—
tychides ging mit den Seinigen nad Haufe; die
Athener aber belagerten mit den Joniern und
Hellespontiern die Stadt Seftos auf dem Über:
jones und eroberten fie, nachdem die Perier jie
geräumt hatten, Anfang des %. 478. — Gleich:
zeitig mit den Kämpfen im Often hatten auf
Sicilien Kämpfe der dortigen Griechen gegen bie
Karthager jtattgefunden: Gelon von Syrafus hatte
bei Himera ein großes farthagiiches Heer ge
ſchlagen, nach der Überlieferung am Tage der
Schlacht bei Salamis. Hdt. 7, 167. Diod. Sie.
11, 20. — Die Eidgenofjenichaft der Hellenen
hatte ihren Mittelpunkt auf dem ioniſchen Delos,
in defien Apollonheiligtum die Bundeskriegskaſſe
niedergelegt wurde, deren Berwaltung den Athe—
nern oblag. Dieje jehten hierfür eine neue Be-
örde, die 10 Hellenotamien, ein. Der Delifche
und entwidelte ſich durch die glüdlichen Erpebi-
tionen Kimons. Nach dem Falle von Eion am
Strymon (476) wurden die Perjer aus Europa
vertrieben, die Bundesflotte übte fräftige See-
polizei im — Meere. Die Perſer wurden
darauf von Kimon im eigenen Meere —**
und ein Doppelſieg zu Waſſer und zu Lande am
Eurymedon (an der Küſte von Pamphylien)
errungen, im Herbſt 467. Thuc. 1, 100. Plut.
Cim, 12f. Der Aufſtand des Inaros und dar:
nach des Amprtaios in Ägypten gegen die perjiiche
Herrichaft wurde von Athen und jeinen Bundes:
genofjen unterftüßt, wobei jedoch die Athener ein:
mal von Megabyzos (f. d. 1.) geichlagen wurden
und, auf einer Inſel des Nils eingejchloffen,
fapitulieren mußten. Den Schlußpunft der Berjer:
friege bildet das %. 449, wo Kimon auf einem
neuen Zuge vor der Stadt Mition auf Kypros
Perses — Perseus. 917
ftirbt. Nach jeinem Tode befiegte fein Heer nod) | dem Rumpfe der Meduja jprang das Roß Pe—
bei dem fypriichen Salamis die Kilififch- phoini: | gajos und Chryſaor hervor. on den beiden
liſche Seemaht und auf der Küſte das Pe ec Gorgonen verfolgt, Nic er, durch ben
Sandheer. Thuc. 1, 112. Diod, Sie. 12,3. Der Helm des Hades geſchützt. Er fam au das Ufer
Krieg hörte nunmehr auf, ohne daß ein fürm: | von Withiopien, wo er die Andromeda (j. d.)
fi Friede — der j. g. fimonifche Friede — | rettete und heiratete. Mit ihr lehrte er nad)
geichloffen wurde (j. Kimong. €). Thatfächlich | Seriphos zurüd und verfteinerte durch das Me:
war aber im %. 449 das größte Ziel erreicht: | dufenhaupt den Polydeltes (Ov. met. 5, 242 ff.),
die hellenifche Bildung war gegen die Barbarei der eben feine tter zur Ehe zwingen wollte.
des Orients fichergeftellt. Darauf jeßte er den Diltys zum König der Anjel
Perses, Il&gons, 1) Sohn des Krios und der ein und fchrte mit Danac und Andromeda nad)
Eurpbia, zeugte mit Aiteria die Hekate (Hesiod. | Argos zurüd (j. Akrisios). Die Herrſchaft von
theog. 377. 409); auch Berjaios genannt. — 2) ſ. Argos gab er an Megapenthes, den Sohn des
Perse. — 3) Sohn des Berjeus und der An: | Proitos, eines Bruders des Alrifios, gegen Ti:
dromeda, miythiicher Stammvater der Perjer. Hat. | ryıs ab und gründete Miden und Mykenai. Mit
7,61. — 4) j. Hesiodos. — 5) j.-Perseus, 2. | Andromeda zeugte er Allaios (Vater des Amphi—
Perseus, IIsgosis, 1) Sohn des Zeus und | tryon), Sthenelos (Bater des Euryſtheus), Heletos,
der Danaë, Enkel des Alrifios, Urenfel des Abas | Meftor, Eleltryon (Bater der Altmene, |. Am-
(daher Abantindes),
j. Akrisios. Als
Afrifios ihm mit ſei—
ner Mutter in einer
Kifte ind Meer ge:
worfen hatte, wurde
diefe an der Kylladen—
Inſel Seriphos von
Diftys ans Yand ge:
zogen, und Danad
nebft Perſeus zu Po:
Indeltes, dem König
der Inſel, dem Bru:
der des Diltys, ge:
bradt. Als Berjeus
herangewachſen war,
trug ihm WBolydeltes,
damit er Danad um:
geitört in feine Ge:
walt befomme, auf,
das Haupt der Gorgo
Meduja zu Holen. Ber:
jeus, von Hermes und
Athene unterftüßt, ge:
langte zu den Graien,
die zu 3 nur Einen
Zahn und Ein Auge
gemeinſchaftlich hat:
ten, und zwang fie
durch Wegnahme des
BZahnesund des Auges,
daß fie ihm den Weg
zu den Nymphen zeig:
ten, die ihm Flügel:
jchuhe, eine Tale
und den unjichtbar
machenden Helm des
Hades gaben, wäh:
rend er bon Hermes
eine Sichel, von Ithene
einen Spiegel erhielt.
Mit diefer Rüftung F — Ah z *
fam er zu den Gor · ? Aa — er
onen bei TZartefjosam 28 — 4 > —
cean. Er traf fie Pf mine —— — a
J —— Pi eos = —8B ai Hal AgtEk:
ne — — —— ra
ſchlafend; da ihr An—
blick verſteinerte, ſo
ſchlug er der Meduſa den Kopf ab, indem er ihr
Bild in dem Spiegel der Athene anſchaute, und
verbarg ihn in der Tajche der Nymphen, Aus
phitryon) und die Gorgophone. Hom. Il. 14,320.
Hesiod. theog. 280. Soph. Ant. 944 ff. Apollod.
2,4, 1ff. Ov. met. 4, 607 fje Perſeus hatte ein
918 Persicus sinus.
Heroon zwijchen Argos und Mylenai, in Seri: | Flotte von P. bei Oreos auf Euboia geichlagen
phos, in Athen mit einem Altar des Dittys und | wurde (Liv. 43, 3), fie auch zu Lande infolge der
der Klymene, die ihn gerettet. Die Römer er: | Unfähigfeit ihrer Feldherren mehrere Niederlagen
zählten, Danad und Perſeus jeien in der Stifte | erlitten, worauf P. in Thefjalien eindrang, dann
an das Ufer von Italien getrieben worden, two | die mit den Römern verbündeten Dardaner jchlug
der König Pilummus fi mit Danat vermählte (Liv. 43, 4 ff. 9. 11) und größere Erfolge gewon:
und Ardea gründete. Darnach wurbe die Ab: | nen haben würde, wenn nicht fein Geiz ihn ab—
ftammung des Rutulerfürften Turnus von Afrifios | gehalten hätte, auf die Anwerbung von Söldnern
abgeleitet. ke A. 7, 372. 410. — Abbildung , größere Summen zu verwenden. Im J. 169
(j. ©. 917): Andromeda, durch Perjeus befreit, täujchten die Römer den P. und fielen in Mate:
Relief des Eapitoliniihen Mujeums. — 2) P. oder donien ein, worüber er in den größten Schreden
Berjes, König von Makedonien, Sohn Philipps V., geriet und faft alle Bejonnenheit verlor. Appian
war im J. 212 v. C. von einer Nebengemahlin (Mac. 11) nennt ihn daher einen von den Göttern
(Liv. 39, 53; vgl. 40, 6) oder von einer Sklavin , mit Blindheit Geichlagenen. Als aber die Römer
geboren, aber von der Gemahlin Philipps unter: | bald darauf aus Makedonien fich zurüdzogen, folgte
gejchoben. Plut. Arat.54. Schon in früher Jugend | er ihnen, ſchlug fie mehrere Male in Thefjalien (Ziv.
ſandte jein Vater ihn unter Leitung bewährter
Männer gegen die auf römijcher Seite ftehenden
Illyrier im %. 201 (Lie. 31, 28), ſpäter mußte
er jedod im Kriege der Mömer gegen Antiochos
mit feinem Bater ald Bundesgenofje Roms gegen
die Aitoler fämpfen. Liv. 38, 5ff. Mißhellig—
keiten mit Rom veranlaßten darauf den Philipp,
feinen Sohn Demetrios zur Beilegung derjelben
nach Rom zu jenden. Es gelang dem Demetrios,
der jchon früher als Geijel in Kom gewejen war
und daſelbſt fich Freunde erworben hatte, die
Römer zu Gunften feines Vaters zu ftimmen; dod)
erregte er dadurd; und durch die ihm in Rom zu
teil gewordene ehrenvolle Aufnahme des Baters
Miftrauen ſowie des Perfeus Haß, der in ihm
einen von Rom begünftigten Nebenbuhler fürchtete.
Eiferſucht und Furcht trieb beide zur Ermordung
des Demetrios im %. 181. Liv. 40, 24; vgl. 39, 35.
40,5. Plut. Aemil. Paul. 8. Der von Summer
darüber jomwie über des Perſeus fichtliches Streben
nach der Herrichaft gebeugte Philipp ftarb im J.
178, und Perjeus folgte ihm. Den Anfang feiner
Negierung bezeichnete er durch; Mafregeln der
Klugheit und Milde und Erleichterung der Steuer:
laft. Bon Rom erbat fih P., der die Zeit noch
nicht gefommen glaubte, um mit demjelben zu
bredhen, Freundichaft und Bündnis und bemußte
nun die folgenden Jahre, um fid) zu dem ihm
bevorftehenden Kampfe mit dem verhaften Rom
zu rüften, wozu jchon jein Vater durch Vergröße:
rung des Heeres und der Bevölkerung, jowie durd)
44, 15.) und erfreute fich zugleich der eifrigen
Verwendung und Füriprache des Prufias, Eumenes
und der Rhodier in Rom, jowie ®entius von
Syrien fi offen mit ihm verband. Auch die
Baftarner jandten Hülfstruppen, welche jedoch, da
P. aus Geiz den bedungenen Gold nicht zahlen
wollte, feine thätigen Dienfte leifteten. Zar 43, 15.
17. 44, Uff. Im J. 168 erhielt den Oberbefehl
gegen P. der Konjul 2. Ämilius Paullus, welcher
die verfallene Kriegszucht im römijchen Heere
wiederheritellte, B. nach Makedonien zurüddrängte
und in der Schlacht bei Pydna am 22. Juni (jul.
Kal., Lir. 45, 1 den 4. Septbr.) befiegte. Plut.
Aemil. Paul. 18ff. Liv. 44, 40ff. Der geſchlagene
König flüchtete mit feiner Familie und feinen
Schäßen in den Tempel der Diosfuren auf Sa:
mothrafe, wo er fi den nadhjeßenden Römern
in unmännlicher Mutlofigfeit ergab; er wurde
jedodh don dem Konsul achtungsvoll behandelt,
jowenig auc fein unmürdiges Benehmen im Un-
glüd, welches mit jeinem früheren Stolze in
grellem Widerjpruche ftand, es verdiente. Mafe:
doniens Unabhängigkeit war dahin. PB. mußte
des Siegers Triumphzug jchmüden, wurde dar-
nach in einen Kerfer zu Alba Fucentia geworfen
und ftarb dajelbft 2 Jahre ſpäter, nachdem ihm
noch durch jeines UÜberwinders Fürſprache ein
milderes Los zu teil geworden war. Ihn über:
lebte noch lange fein jüngfter Sohn Alerander als
Schreiber zu Alba. Liv. 45, 42. — P. war ein
tapferer Soldat auf dem Schladhtfelde, in jeiner
reich gefüllte Getreidemagazine und einen vollen | Yebensweije einfah und enthaltfam und nicht ohne
Schatz alle Vorkehrungen getroffen hatte.
dem illyriichen Könige Gentius, dem thrafischen
Fürften Kotys, den Baftarnern ſchloß er Bündnifie;
in Boiotien und Mitolien bildete er fich eine Bartei,
Syrien ſuchte er durd; Heirat zu gewinnen, wo—
gegen es den Römern, als jie ihre Anftalten zum
Kriege getroffen hatten, gelang, den Eumenes von
Pergamos auf ihre Seite zu ziehen und mehrere
Staaten Afrifas und Afiens zur Neutralität zu
bewegen. Im J. 171 begann der Krieg. P. ne:
wann mit jeinem geübten Heere über die ungeüb:
ten römijchen Legionen einen Sieg in Theflalien;
ftatt aber denjelben zu benußen, bat er um Frie—
den, worauf ihm die demütigende Antwort zu
teil wurde, er müſſe fidg auf Gnade und Ungnade
ergeben. Liv. 42, 31 ff. Nach einem zweiten, un:
entjchiedenen Treffen zog ſich P. nad Mafedo:
nien zurüd, während die Römer Griechenland mit
ichwerer Bedrüdung heimſuchten. Im J. 170
waren die Römer ebenjowenig glüdlih, da ihre
Mit | eine gewiſſe Stetigfeit und VBeharrlichkeit, ehe es
um Handeln fam; indes wenn der enticheidende
Augenblid heranrüdte, war alle Kraft dahin, und
er verzehrte fih in ängftlicher Unentichlofienbeit,
ohne das, was er oft jahrelang vorbereitet hatte,
ausführen zu fünnen. Diejer Mangel an Rad
haltigfeit des Charakters, gepaart mit ſchmutzigem
Geize, ftürzte ihn von der Höhe des Thrones in
den Kerker und ließ jeine Nachkommen in Ber:
gefienheit hinfterben. Pol. 23. 26. 27. 29. 30.
Persicus sinus, ö /legoımög xolmog, der noch
jegt denjelben Namen führende Buſen des Em:
thraiiichen Meeres, den Herodot noch micht nennt,
und über defien Größe und Gejtalt die Alten jehr
irrige Anfichten haben; z. B. Strabon ſchätzt ihn
faft jo groß wie den Pontos Eureinos und gibt
ıhm einen Umfang von 20000 Stadien, Plinius
einen Längendurchichnitt von 1125 Millien, wäh—
rend er doch (mwenigftens jet) nur 130 geogr.
Meilen beträgt. Strab. 16, 765 f.
Persii — Persis.
Persti, 1) C. Berjius, befiegte im zweiten
punischen Kriege (210 v. E.) die Tarentiner. Liv.
26, 39. — 2) E. Perſ. ein durch jeine Gelehr:
jamfeit ausgezeichneter Mann (Cic. Brut. 26, 99)
und Zeitgenofje des Dichters Lucilius. Cie. de or.
2,6,25. — 3) U. Verf. Flaccus, der Dichter,
wurde am 4. Dezember 34 n. C. zu Bolaterrä
in Etrurien von nn und angejehenen
Eltern geboren. Er verlor jhon in feinem ſechſten
Lebensjahre den Vater und blieb der Mutter Fuldia
Sifennia überlaffen, welche zu einer zweiten Ehe
mit einem römijchen Nitter Fufins jchritt. Bis
zum zwölften Jahre wurde er in jeiner Baterjtadt
unterrichtet, dann aber nad Rom gebradht, wo
der Grammatifer Remmius Palämon und der
Rhetor Berginius Flavus feine Lehrer wurden.
Im jechzehnten Jahre fam er zu dem Stoifer
Annäus Cornutus, dejien Freundichaft er erwarb,
und der ihn im näheren Umgang mit 2 gelehrten
Griechen, Claudius Agathemerus und Petronius
Ariftofrates, jowie mit dem jungen Dichter Lu:
canus brachte. Als vertraute Jugendfreunde werden
die Lyriker Cäfius Baffus und ein Calpurnius
Serranus (Sura? Statura?) genannt. Den Pätus
Thrafea, Gatten jeiner Verwandten, der jüngeren
Arria, den Servilius Nonianus und Plotius Ma:
cerinus ehrte er mir kindlicher Liebe. Alle dieje
günftigen Berhältnifie, der Unterricht ausgezeich—
neter Lehrer, der lebendige Berfehr mit jtreb:
jamen und durch treffliche Geſinnung hervorragen:
den Männern, mußten den jungen P. alljeitig
ausbilden und namentlih in der Anhänglichkeit
an die ftoifche Lehre befräftigen. Auch für jeine
dichteriichen Beftrebungen wurden diejelben maß:
gebend. Bon feinen Erftlingsarbeiten wiſſen wir
nur die Titel; es war ein Reiſegedicht (ödoımo-
err«), ein Gedicht auf den heldenmütigen Tod
der älteren Arria und eine fabula praetexta
(Vescia geheißen ?). Nachher wendete er fich, durch
Lucilius und Horatius angeregt, in jugendlicher
Xeidenichaft der Satire zu. Allein ſchon im acht:
undzwanzigjten Jahre, am 24. November 62, jtarb
er an einem Magenübel auf jeinem Gute an der
Apptichen Straße. Seinen Berwandten hinterließ
er ein bedeutendes Vermögen, dem Cornutus jeine
Bücher und ein anjehnliches Legat, defjen Annahme
derjelbe ausſchlug. Seine Satıren blieben unvoll-
endet; Cäfius übernahm die Herausgabe und ver:
einigte die vorhandenen 6 in Einem Buche (liber
satirarum). Sie wurden viel gelejen und bewun—
dert (Quant. 10, 1, 94: Multum et verae gloriae
quamvis uno libro Persius meruit, und ähnlich
Mart. 4, 29, 7), jelbft von den chriftlichen Schrift-
ftellern und durch das Mittelalter hindurd, das
mehr den Moraliften als den Dichter im Auge
hatte. Unter allen ragt die fünfte Satire, welche
das Lob des Cornutus und einen Diskurs über
die wahre freiheit enthält, hervor. Selbſt der
Ton derjelben ift nicht der jarfaftijch:bittere, fon:
dern ein milder und ruhiger; die jprachliche Dar:
ftellung reiner und leichter als anderwärts. In
der neueren Zeit gehen die Urteile über ®. jehr
auseinander. Der Arger über die Schlechtigfeit
jeiner Zeit hat den mit reinem, edlem Sinn be:
abten und von fittlihem Ernſte tief dDurchdrungenen
Sungling zu der Satire geführt, gr daß er das
Leben jelbitändig kennen gelernt hatte und über
die Ideale der ftoiichen Schule hinausgefommen
919
war. Horaz war fein Mufter, das er in der Form
zu überbieten jucdhte; von außen her famen ihm
die Grundjäge. Da er nun et raro et tarde
scripsit, jo erflärt fi) der Mangel an Leichtigkeit
und Freiheit der Bewegung. Talent zu mimijcher
Darftellung, gebildet durd; das Studium feiner
Vorgänger und der alten griechiſchen Komödie, ift
ihm nicht abzufprehen und zeigt ſich bejonders
in haratteriftilhen Zügen des alltäglichen Lebens,
in der gejchidten Benußung der dialogiichen Form,
in Bildern und Ausdrudsweijen, die dem Munde
des Volls entlehnt jcheinen. Wird nun jo viel
über jeine, bisweilen faſt unleidliche, Dunkelheit
geklagt, die wenigftens für jeine Zeitgenoffen nicht
vorhanden gewejen jein famı, jo muß man diejelbe
aus dem verkehrten Streben jener Zeit nad) Neu:
—— und aus der Kürze ſtoiſcher Schreibweiſe er—
lären. — Dieje Schwierigkeit hat auch frühzei—
tig das Bedürfnis nach Erklärung hervor an;
Mittelalterliche Scholien, unter dem Titel Cornuti
commentum, und mancherlei Exrcerpte daraus in
Handichriften (glossae Pithoeanae) jind erhalten
(am beiten abgedrudt in der Ausgabe von D. Jahn),
und neuere Gelehrte Haben mit jeltener Erubition
Caſaubonus) ihn erflärt. — Ausgg. von Caſau—
bonus (1605, zuleßt bejonders von Dübner, 1833),
Weber (1826), Blum (1827), D. Jahn (184%,
Hauptausgabe), Heinrich) (1844); Textausgg. von
K. F. Hermann (1854) und D. Jahn (1851 und
nochmals mit Juvenal und Sulpicia 1868; 2. Aufl.
1886). Bal. zur Charafteriftif des Dichters Teuffel,
Studien und Eharafteriftiten, S. 520 ff. der 2. Aufl.
(1889).
Persis, 7) IIeoois, TIegoı“n, altperfiich Parſa,
j. Farſiſtan, der jüdmeftliche Teil des Hoclandes
von ran, die Haupt: und Stammprovin; des
Perſerreiches. Sie grenzte im O. an Karmanien
(das übrigens bis auf Dareios I. noch zu P. ge:
rechnet wurde), im N. an Medien (Baraitafene),
im ®. an Sufiana (Zagrosgebirge), im ©. an
den Perſiſchen Meerbujen (von dem Oroatisfluß,
j. Zore, im W. bis zum Borgebirge Tarjia, j. Nas
Boitana, im D.). Nach Medien führte der fteile
Paß 7 usyadln nAiuet, j. Durding; nad) Suſiana
«di IIölaı al Ilegoiöes, j. Kelah:i:Sefid. Der größte
Fluß des Landes ift der Araxes, j. Kumsi:Firuz,
der von dem Einfluß des Medos ij. Murgbab,
weiter unten Pulvar) an h. Bend:emir heift und
in den Galzjee Bafhtegan mündet; außerdem eine
Neihe von Küftenflüffen. P. zerfällt in 3 natür-
lihe Zeile: die Küfte ift heiß und jandig und
trägt nur Palmen; das Innere fteigt in Terrafien
auf, zwiſchen denen wohlbewäflerte und jehr frucht-
bare Thäler liegen, jo namentlich die Ebene Mer:
dajcht an dem Medos; der Norden ift ein Fühles
Hochland, doch mit guten Weiden. Die Bewohner,
TIegoaı, führten uriprünglid ein jehr einfaches
und abhärtendes Leben als Hirten und Jäger.
Sie teilten fih in 3 Klaſſen, nämlich den kriege—
riichen Adel: die Paſargadai (zu denen die Dynaftie
der Achaimeniden gehörte), Maraphioi, Mafpioi;
jodann die Aderbauer: die Banthialaioi, Derufiaiot
und Germanioi (wahricheinlih die Rarmanier);
endlich die Nomaden: Daoi, Mardoi, Dropiloi und
Sagartivi. Dieje Nomadenftämme, die zum Teil
aud in andern Gegenden genannt werden, waren
wohl nicht Arier, wie die übrigen. Städte: Paſar—
gadai (j. d.), Perjepolis (j. d.), Gabai, Tarfe
920
(nahe dem Küftenfluß Granis). Über die Geſchichte
des Landes |. die Artt. Kyros, Dareios, Xer-
xes, Artaxerxes, Perserkriege, Sassa-
niden u. a.; vgl. Spiegel, eranifche Altertums—
funde. Band II. III (1873— 78). Dunder, Geſch.
des Altertums. Bd. IV (5. Aufl. 1880). Aufti,
Geich. des alten Perfiens (1879). Nöldele, Aufſätze
zur perfifchen Geſchichte 5
Persöna, die Maſte, |. Schauspiele, 12.
Pertinax, ®. Helvius, ein Ligurier, geboren
1. Auguſt 126 n. C., war anfangs Lehrer der
Grammatik, fpäter Soldat, zeichnete ſich nament—
lih im Kriege gegen die Parther aus, Tämpfte
im Jahre 186 fiegreich gegen die Britannier und
Germanen, dann in Afrika, fiel darauf bei Com—
modus in Ungnade und wurde verbannt, aber
bald wieder nad) Rom zurüdgerufen. Im Jahre
192 wurde er Konful und nad der am Ende bes
Jahres erfolgten Ermordung des Commodus jein
Nachfolger auf bem Throne, 31. Dezember. P. re:
terte durchaus nad den Abſichten des Senats.
Sichtbar war jein Streben, die Finanzen zu ordnen
und durch Sparjamteit gu beffern, die Kriegszucht
% kräftigen und Handel und Wandel zu fördern.
ber der Gardepräfelt Lätus arbeitete an jeinem
Sturze, und er fiel bei einer Meuterei der ftrenger
Zucht abholden Garde, die mit den faijerlichen
Bedienten Hand in Hand ging, 28. März 193.
Capitol. Pert. Dio Cass. 73, 1 ff. Vgl: Krafauer,
Commodus und Pertinar (1883),
Pervigilium, im weiteren Sinne die Nadıt:
wache, im engeren der nächtliche Gottesdienft, der
bei den Griechen der Demeter und Berjephone,
ſowie dem Dionyjos gefeiert wurde, bei den Rö—
mern nur den verheirateten Frauen, mit Aus—
ſchließung aller Männer (Eic. legg. 2, 9, 21; vgl.
Claudiı, 20.), am Feſte der Bona Den geftattet
war. In jpäterer Raiferzeit, wo beiden Geſchlech—
tern ber =. dazu offen ftand, fam auch eine
jährliche Nachtfeier der Venus Noctilüca oder
Noctivigila auf, für melde ſich ein eigenes Ge—
dicht, Pervigilium Veneris, in 98 trochätichen
tatafektiichen Tetrametern erhalten hat mit dem
Refrain: cras amet, qui numquam amavit, qui-
que amavit, cras amet. Died Gedicht, das eine
Frrühlingsfeier enthält und Venus als die belebende
Macht des Als in rhetorifch belebter Darftellung
verherrlicht, wurde früher dem Catull zugejchrieben,
ftammt aber erft aus dem 2. oder 3. Jahrh. n. E.
Befte Ausgabe von Bücheler (1859).
erusYa, IIegovei«, alte Stadt Etruriens zwi-
ſchen dem Trafimeniichen See und dem Tiberis,
eine ber etruriichen Zwölfftädte, von nicht großem
Umfange, aber von fefter Lage auf einem Berge.
In römischer Zeit war fie ein Mumieipium mit
den Rechten einer Kolonie. In dem Kampfe
zwiichen Octavian und Antonius (bellum Peru-
sinum) wurde die von 2. Antonius (j. Anto-
nii, 6.) hartnädig verteidigte Stabt von erfterem
erobert und niedergebrannt, ſpäter aber mit dem
Beinamen Augusta wiederhergeſtellt und blieb
auch in der Folgezeit wichtig; j. Perugia. Strab.
b, 226. 47 b. c. 5, 32f.
Pes j. Malse.
Pescennius Niger, Gaius, aus Aquinum
ftanımend, zeichnete fich in feiner Ingend im Kriegs—
dienfte aus und ſchwang ſich rajch zum Feldherrn
empor. Um 190 n. E. kämpfte er in Dacien mit
Persona — Petillii.
Auszeichnung und hielt bei feinem Heere ftrenge
Mannszucht. 192 mußte er einen Aufftand Der
Juden und Sarazenen nieberjchlagen. Beim Tode
des Pertinax (März 193) Statthalter von Syrien,
wurde er von feinen Soldaten zum Kaifer erhoben,
unterlag aber und fiel im Kampfe gegen den gleich:
falld al$ Thronbewerber aufgeftandenen Septimius
Severus (Ende 194). Spart. Pescenn. Nig.
Ileoosia oder aerreia ſ. Spiele, 7.
Pessinüs, /ITeoowoög, fehr wichtige Stadt
Galatiens am füdlichen Abhange des Dindymos:
ebirges, berühmt als Hauptſitz des Kybeledienſtes.
In dem reichen Tempel befand ſich ein unförm:
licher heiliger Stein, welchen die Römer infolge
eines Ausipruces der fibyllinischen Bücher im
J. 204 dv. E. nad) Rom bringen ließen, weil fich
das Schickſal Roms an den Beſitz desjelben knüpfen
jollte. Jet Ruinen bei Bala-Hiſſar. Strab. 12, 567.
Liv. 29, 10f.
Heralıouos, von mirülor, Blatt, war die
dem Oſtrakiſmos ähnliche, bei den Syrakuſiern in
der Mitte des 5. Jahrhunderts dv. C. für kurze Zeit
übliche Art der Aburteilung über die Verbannung
eines Mitbürgers, die, wenn fie ausgeiprocen
ward, für Jahre galt. Die Stimmen wurden auf
Dlivenblätter geichrieben, dann in eine Urne ge:
worfen und nacdhgezählt. Died. Sic. 11, 87.
JllIer@aouare ij. Haus, 4.
Ileraoog j. Kleidung, 5.
Petaurista, ein Gaukler, abgeleitet von mE-
ravpor, ein hölzernes Gerüft. Diejes Gerüft hat
man fich als eine Art Schwungrad zu denfen, auf
welches fich die Gaufler zu zweien r legten, daß
ber eine es abwärts zu jchteben, der andere es
oben zu erhalten fuchte. Siegte der erfte, jo wurde
der andere in die Luft gejchleudert, wobei alferlei
funftreihe Sprünge und Purzelbäume vorfamen.
Juv. 14, 265.
Petelia, IIernid«, jehr alte, der Sage nad)
von Philoktetes gegründete griechiiche Stadt an
der Dftküfte von Bruttii in Italien, auf fteiler
Höhe, 3 Meilen nördlid von Kroton. Als bei
der jehr hartnädigen Verteidigung gegen Han—
nibal faft alle Bürger ihren Untergang gefunden
hatten, bevölferte Hannibal die Stadt mit Brut:
tiern, bis jpäter die Römer die Refte der Bürger
ae Sept viell. Strongoli. Strab. 6, 254.
ol. 7, 1,3. Liv. 23, 80. 27, 26,
Pet&ön, IIsrewv, Ort des thebaniichen Gebiets
in Boiotien bei Haltartos, öftlih vom See Hylite
an der Straße zwijchen Theben und Anthedon.
Hom. Il. 2, 500. Strab. 9, 410.
Pet&ös, IIereas, Sohn des Orneus, Enfel des
Erechtheus, Vater des Meneftheus, gründete, von
Aigeus aus Athen vertrieben, Stiris in Phokis.
Hom. Il. 2, 552. Paus. 2, 25, 6. 10, 35, 8.
Petillfi, Petilii: 1) O. Bet. Spurinus,
Stadtprätor im %. 181 v. E., als welder er bie
Verbrennung ber miedergefundenen Bücher bes
Numa veranlafte. Liv. 40,18.29. Plut. Num. 22.
Als Konsul fiel er im J. 176 gegen die Ligurier.
Liv. 41, 14 ff. — 2) D. Bet. Eerealis (Eeria-
tis) Cäſius Rufus, war im J. 61 n. C. Legat
der 9. Legion in Britannien, wo er von den
Britanniern eine Niederlage erlitt. Tac.ann. 14,32.
Bei der Thronbefteigung Beipafians, jeines An
verwandten, förderte er deſſen Sache mit großem
Eifer (Tac. hist. 3, 59) und erhielt von ihm im
Petra — Petronii.
J. 69 den DOberbefehl gegen die Bataver unter
Claudius Eivilis, den er nach langem, hartnädigem
Kampfe bei Betera unterwarf (70). Tue. hist.
4, 71. Darnad) war er 71—72 mit großer
Auszeihnung Statthalter in Britannien, wo er
plötzlich ſtarb. Taec. Agr. 17. Wenngleich leicht:
—— oft ſogar nachläſſig, erwarb er ſich doch
den Ruhm eines ausgezeichneten Feldherrn. Tac.
hist. 4, 78.
Petra, /Iere«, 1) ein Ort an der Grenze von
Argolis im korinthiſchen Gebiete, Heimat Eetions,
des Baterd von Kypſelos. Hdt. 5, 92. — 2) ein
Städtchen in der Nähe von Elis im Peloponnes.
Paus. 6, 25, 4. — 3) auf Sicilien, j. Betralia,
auch Peträn genannt. — 4) Stadt im Gebiete der
Mäder in Thrafien, Liv. 40, 22. — 5) Küftenftabt
in Illyrien. Caes. b. c. 3,42. — 6) P. in Sog:
diana, die von Alexander dem Gr. 327 v. E. er:
oberte Felſenburg des Oxyartes (j. d.). Ourt.7, 11.
— 7) die Hauptjtadt der Idumäer, dann der Na—
batäer; einheimiſch Sela (d. b. Fels) gen., von
den Griechen mit Petra überjegt, woher dann auch
für das Gebiet der Name Arabia Petraea fommt.
Die Stadt lag in der Mitte der Einfenkung
zwijchen dem Toten Meer und dem Wilanitischen
Bujen, in einem wafjerreichen, von teilen Fels—
wänden umſchloſſenen Gebirgsthal, das jebt wie
die Ruinen Wadi Muſa (Mofesthal) heit. Ber:
möge ihrer Lage bildete fie einen wichtigen Knoten—
punkt für den Handel zwiichen Südarabien, Agypten
und Syrien und wurde dadurch jehr reih. Die
großartigen Ruinen von Wohnungen und Grab:
fanmern, Tempeln und andern öffentlichen Ge:
bäuden, die meiftens in den Felſen ——
und mit prächtigen Faſſaden geichmüdt ſind, ſtam—
men größtenteils erjt aus der Römerzeit (Anfang
des 2. Jahrh. n. E.). Mit dem 4. Jahr. ift der
Glanz von P. dahin. Strab. 16, 776. 779.
Petreii. Der bedeutendfte ift M. Petr. Legat
bes Profonjuls E. Antonius im 3. 62 v. E., ein
tüchtiger Mann (Sall. Cat. 59), befiegte die Scharen
Gatilinas bei Piſtoria unweit Fäſulä. Cic. Sest.
5, 12. Unter Bompejus diente er in Hiſpanien
von 54—49, wo er mit Afranius gegen bie
Anhänger Cäſars focht, war anfangs ftegreich,
wurde dann von Cäſar geichlagen und ſchloß eine
Übereinkunft mit ihm ab. Caes.b. c. 1, 38 ff. 59 ff.
Nach des Pompejus Tode ging er nah Afrifa,
fammelte hier die Reſte jeiner Partei, erlitt bei
Thapjus im %. 46 eine entjcheidende Niederlage
und tötete fich ſelbſt oder lieh fich von Juba töten,
als er in jener Schlacht alles verloren jah. App.
b. c. 2, 100. Caes. b. Afr. 91 ff.
PetrocorTfi, keltiſches Bolf in Aquitania am
rechten Ufer der Garumna, im heutigen Berigord,
wo ſich ergiebige Eiſenwerke fanden, mit der Haupt-
ſtadt Veſunna (j. ‚Perigueug). Caes. b. g. 7, 75.
Petronii, 1) &. Betr., gab feinem Freunde
P. Eölius, der ihm die rönifche NRitterwürde ver:
ichafft * dafür auf deſſen Bitte den Tod, als
er von ſchwerem Unglück —— war. Val. Max.
4, 7,5. — 2) diente unter Craſſus als Tribun
gegen die Barther und verteidigte denſelben, als
er bei ber Unterredung mit dem parthiſchen Feld—
herrn treulojerweije umgebracht wurde. Plut. Orass.
31. — 3) €. Petr. Statthalter von Ägypten im
3. 24 v. C. befannt durch feinen Feldzug gegen
die aithiopiiche Königin Kandafe, deren Hauptftadt
921
Napata er eroberte; aber erft in einem zweiten
Feldzuge nötigte er fie zum Frieden, 22. Strab.
17, 819 ff. Dio Cass. 54, 5. Um Agypten erwarb
er ſich große Verdienfte durch Anlage zahlreicher
Kanäle. Mit dem jüdiihen Könige Herodes war
er befreundet. Einen Aufftand der empörungs—
jüchtigen Alerandriner dämpfte er durd) feine Ent:
ichlofjenheit. — 4) P. Betr., verwaltete unter
Tiberius Stleinafien, ging auf Caligulas Befehl
nad; Syrien, wo er ſich der Juden annahm, für
die er jich jogar in Rom verwendete, und ftand
nach feiner Rüdfehr bei Claudius, deſſen Tiſch—
genofie er wurde, in großer Achtung. — 5) Betr.
urpilianus, diente ald Feldherr unter Nero
in Britannien im %. 61 n. E., wo er freilich ohne
Ruhm zu ernten fich aufhielt. Tac. ann. 14, 39.
Agr. 16. Unter Galba fand er feinen Tod im
%. 68. Plut. Galb. 15. — 6) €. (nach Tacitus;
nach Plinius in den Hdſchr. Titus) Betr. Arbiter,
diente mit Auszeichnung unter Nero als Prokonſul
in Bithynien, juchte aber feinen höchften Ruhm
im Genuß und erfreute jid) der bedeutenden Gunft
des Kaiſers, zu defien Bertrauten er gehörte ( T’ac.
ann. 16, 17 ff.), ftatt jeine ausgezeichneten Gaben
dem Staate zu widmen. Doch unterlag er den
am Hofe gegen ihn gejchmiedeten Intriguen, die
ihn bei Nero als Teilnehmer an der Verſchwörung
des Piſo zu verbäcdhtigen wußten, und gab ſich
auf einer Reife nach Gampanien mit eigener Hand
den Tod, 66 n. C. Er gilt, wahrjcheinlich mit
Recht, für den Berfaffer eines Sittenromans, Sa-
tyricon (Satyrieön sc. libri), welcher urjprünglich
aus einer größeren Anzahl von Büchern (etwa 20)
beftand, aber nur in verfürzter Geftalt auf uns
gelangt ift. Die Schrift jchildert in großer Boll:
endung die fittlihen YZuftände jener Zeit und
charakterifiert uns einzelne Gattungen von Menjchen
in unübertrefflicher Weije, bald in Proſa, bald in
dichterifcher Form (alſo in Form einer satira
Menippea); dabei ift die Sprache dem jebesmaligen
Charakter der auftretenden Perſonen entiprechend,
niedrig bei dem reichen Emportömmling Trimalchio,
feiner bei dem gebildeten Griechen Encolpius, voll
Schwulſt in den Worten des gedenhaften Dichters
Eumolpus. Die Spradye ift oft gemijcht mit Aus—
drüden aus dem Griednichen und dem Volksdialekt.
Nah allem muß der Berfaffer in der Zeit Neros
gelebt haben (vgl. &. Studer, Rh. Muj. II ©. 50
— 92), während Niebuhr und Lachmann ihn in
das Zeitalter des Alerander Severus ſetzen, eine
Anſicht, die nicht haltbar ift. Den Beinamen Ar—
biter erhielt Petronius erjt in jpäterer Zeit, ob
mit Rückſicht auf Tacitus, nad welchem Nero ihn
arbiter elegantiae (maitre de plaisir) nannte
(Tae. ann. 16, 18), ift ungewiß. — Ausgg. von
%. Douja (1585, noch nicht vollftändig), P. Bur:
man (1709, 1743), F. Bücheler (1862, Hauptaus:
gabe; von demjelben eine Tertausgabe, 3. Aufl.
1882) und Rieſe (Anthol. I p. 289 ff.). — 7) Betr.
Priſeus, aus Anlaf der piſoniſchen Verſchwörung
im %. 65 n. €. auf eine Inſel des Aigaiiſchen
Meeres verwiejen. Tac. ann. 15, 71. — 8) Betr.
Secundus, Gardepräfelt, nahm teil an der Er:
mordung Domitiand und der Erhebung Nervas,
wurde aber bald nachher von den wegen des Todes
des Domitian erbitterten Prätorianern ermordet.
Eutr. 8,1. — 9) Betr. Sura Mamertinus,
war im Jahre 126 n. €. Präfelt von Ägypten
922 Tlerısia —
und machte nad) einer alten Inſchrift einen Zug
durch die Libyſche Wüfte. Er war Freund bes
Fronto (ep. ad am. 1, 11). — 10) Betr. Mamer:
tinus, Schwiegerſohn des Marcus Nurelius,
wurde auf Befehl feines Schwagers Commodus
— Lamprid. Comm. 7. — 11) Betr. Didius
everus, aus einem mailändiichen Gejchlechte,
Bater des Kaijerd Didins Yulianus.
Ilerreia oder ne0oeie |. Spiele, 7.
Peuce, IIevxn, eine von den beiden jüdlichiten
Donaumündungen gebildete, nach den vielen dort
vorfommenden Fichten benannte Inſel in Unter: |
möfien, von dreiediger Geftalt, wahrjcheinlich die
heutige Inſel Piczina oder St. Georg, zwiichen
Babadag und Ismail. Auch die eine der Mün-
dungen des lepör ordue führte dieſen Namen.
Strab. 7, 306.
Peukestes, IIeux&orng, ein Leibwächter Aleran-
ders des Gr., rettete in Indien dieſem das Leben
(Plut. Alex. 63. Curt. 9, 5), wofür der dankbare
König ihn zuerst zum Leibwädhter, dann zum
Statthalter von Perfis ernannte. In diejer Stel:
lung benahm er fich, wenngleich zum großen Ber:
druffe der Maledonier, mit Fa pi Unnficht und
Klugheit, indem er durch Erlermung der perſiſchen
Spradye und Annahme perfiicher Sitte und Tracht
die Gemüter der Unterworfenen vollftändig ge:
wann. Arr. 6, 10. 30. 7, 6. Much nadı Aleran-
ders Tode behielt er feine Statthalterjchait, fämpfte
an des Eumenes Seite gegen Antigonos, zeigte
jih aber anmaßend und eitel in feinem Streben
nad) dem Oberbefehl, obwohl er fein großer Feld—
herr war. In der Schlacht in Gabiene (316 v. €.)
gegen Antigonos verjchuldete er die Niederlage
der Neiterei und das Unglüd des Tages (Diod.
Sic. 19, 40 ff. Polyaen. 4, 6. Plut. Eum. 17) und
ging nach Eumenes’ Sturze zu Antigonos über,
der ihm jeine Statthalterichaft aus Mißtrauen
nahm und ihn im feiner Umgebung behielt. Diod.
Sie. 19, 4 ff.
Peuketia, Ilsımsria, hieß der von den Ilen-
#£rıor (Peucetii) bewohnte Teil Apuliens an der
Dftfüfte Italiens von Barium bis Brundiftum,
mit den Orten Barium, Egnatia, Silvium, Rudiä,
Butuntum (j. Butinto), Die Bewohner waren
wahrſcheinlich aus Epeiros eingewandert; jpäter
verichtwinden fie aus der Geſchichte. Strab. 5, 211.
6, 277. 281 ff.
Peuketios j. Oinotros.
Pfündung |. Evsrvoao/« und Prozels, 16.
Phaedrus (nicht Phaeder), der römische Fabel:
dichter, gibt als feine Heimat die makedoniſche
Landichaft Pierien an. Au feiner Jugend jcheint
er als Sflave in die Familie des Auguftus ge:
fommen zu fein und durch diejen jeine Freilaſſung
erlangt zu haben (Phaedri Augusti liberti fa-
bulae). Daß feine Jugend in jene Zeit gefallen,
läßt ji) aus der Anführung 3, 10, 8 und 39
folgern. Er blieb feinen Studien und der Fabel:
Dichtung getren, obſchon er jich mit derjelben der
Gunſt des Publikums aus übrigens unbelannten
Sründen nicht zu erfreuen hatte. Möglich, daß
man in der traurigen Zeit Tibers beftimmte Be:
ziehungen auf hochgeftellte Perſonen vermutete und
dies den allmäcdtigen Sejanus zur Verfolgung
und Beftrafung bes Dichters veranlaßte. ies
Unglück mag ihn gewißigt haben, denn während
die beiden erften Bücher der Fabeln beftimmt unter
— — — —— — — — —— —— — — —— —— — —
Daudgiddes.
ZTiberius gejchrieben find, mögen die übrigen 3,
obgleich in einigen Kreiſen bekannt, erft jpäter zu
allgemeiner Verbreitung gelangt jein. Erft unter
Claudius erlangte er jeine perjönliche und jchrift:
ftellerifche freiheit wieder. In den erhaltenen
Fabeln will er mehr als eine Überſetzung der aiſo—
piichen geben, wennjchon er jelbft jein eigentüm=
liches Berdienft in der Eleganz der ſprachlichen
Behandlung jeiner Stoffe ſucht. Dies Berdienft
haben auch neuere Kunftrichter, wie Leſſing und
Fr. Jacobs, nicht beftritten, dagegen aber Mangel:
haftigfeit in ber Erfindung, verkehrte Ableitung
der Moral in den Pro: und Epimythien mit Recht
getadelt. Der Aufihluß, den uns die Kenntnis
der deutſchen Litteratur über das Weſen der Tier:
jage und Tierfabel gegeben hat, darf nicht zum
Maßſtabe bei der Beurteilung diejes, wie über:
haupt der Maffiichen Fabuliften genommen werden.
Unter den Alten erwähnen ihn bloß Martial und
Avian, aber troß dieſer glaubwürdigen Zeugnifie
hat man an der Echtheit diejer Fabeln, wiewohl
mit Unrecht, gezweifelt. Man jchrieb fie, jedoch
mit Unrecht, dem Erzbiichof Nic. Perotti aus dem
15. Jahrh. zu, dem vielleicht eine in einer nea—
politaniichen und einer vatifanischen Handſchrift
erhaltene Sammlung von 30 Fabeln (die joge:
nannte Appendix) angehört. — Wusgg. von PB.
Burman (1727 u. ö.), R. Bentley (erneuert von
Pinzger, 1833), Schwabe (1779 ff. und 1806),
Orelli (1831), Dreßler (1838), 2. Müller (1877);
Schulausgg. von Bed, Hoffmann, Siebelis (6. Aufl.
1889), Naud, Raſchig (3. Aufl. von R. Richter,
1871) u.a.; Tertausgg. von Drefler (1866), Eyſſen—
hardt (1867), 2. Müller (1868) und Rieje (1885).
Phaönna j. Charis.
Phaöthon .
Phadthäus! J. Helios.
Phaiäkes |. Scheria.
Phaiax, ®adet, 1) Sohn des Erajiftratos, ein
athenifcher Redner und Staatsmann, jüngerer
Beitgenofie des Nifias und Gegner des Alkibiades.
Plut. Aleib. 13. Geine Sendung nah Sicilien,
um eine Gegenpartei gegen die Ariftofraten in
Syrakus zu gewinnen, im %. 422 v. E., erwähnt
Thukydides (5, 4). Nach jeiner Rückkehr griff er,
mit Allibiades wieder vereinigt, gemeinjchaftlich
mit diefem den Hyperbolos an, ein Angriff, der
mit der Verweiſung des Hyperbolos endigte. Plut.
Aleib. 18. Nie. 11. Bon jeinen Reben ift michts
auf unfere Zeit gekommen. Als Redner charal:
terifierte ihn Eupolis: Aukeiv ügıoros, kdvraro-
rarog Akysır. — 2) Architekt, welcher die ftädtijchen
Bauunternehmungen der Mgrigentiner nach der
Schlacht bei Himera leitete. Miod. Sie. 11, 25.
Phaidon, Paidor, aus Elis, in jeiner Jugend
Sklave, dann mit Sokrates befannt und auf deilen
Veranlaffung durch Kebes oder Alfibiades losge—
fauft, war ein eifriger Schüler desielben bis zu
deſſen Tode. Nachher jcheint er ſich in jeine *
mat begeben und eine eigene Schule der ſokra—
tiichen Philojophie gegründet zu haben. Er ift
namentlich befannt durch Platons Dialog, welcher
feinen Namen führt; die von ihm geichriebenen
Dialoge (Eiuo» und Zuomvpog) nennt Gellius ad-
modum elegantes. Diog. Laert. 2, 105. @ell.
2,18. Vgl. Preller im Rhein. Muf. IV ©. 391 ff.
Phaidra j. Thesenus.
Pawdgiaädeg |. Phokis, 2. 3.
Phaidros — Phalaris. 023
Phaidros, Daidgos, 1) Sohn des Pythofles, | nach hinten hin, d. h. in der Tiefe. — Allmäh:
nah Athenaios fein Schüler des Sokrates, wird | li ift die geichloffene Phalanr nicht mehr das
als Liebling des Platon bezeichnet, obwohl diejer | bloße Erzeugnis der Notwendigkeit, jondern fie
durch die Rede, welche er ihm in feinem Sym: | wird mit Bewußtſein geordnet und ift die Grund:
pofion in den Mund Iegt, ihn als eimen meid): | lage der Schlacht. Über die Bewaffnung der Ein:
lihen und gezierten Menthen und Nachahmer der | zelnen (Hopliten) vgl. Orkiraı. Die Tiefe der
ſiciliſchen Rhetoren bezeichnet. Schriften von ihm 5 lang mochte zunächſt wohl je nach dem friege:
find nicht befannt. — 2) das Haupt der epiku- rischen Sinne der einzelnen Völkerſchaften ver:
reifhen Schule in Athen bis DI. 177, war mit ſchieden fein; in der Schladht bei Marathon waren
Atticus und Cicero, der ihm in Athen hörte, bes,
freundet und von leßterem hochgeſchätzt. Cie. ad
fam. 13, 1. n. d. 1, 33. fin. 1, 5. 5, 1; vgl. ad
Att. 13, 39. Bon der Schrift megi Bewr iſt ein
Teil aus herceulaniichen Rollen wieder zu Tage
gefördert worden ——— von Peterſen, 1833),
woraus erjichtlich ift, daß dieſe Schrift eine Haupt:
quelle für Ciceros Wert de natura deorum war,
namentlich im 1. Buche.
Paivırda |. Spiele, 9.
Phainops, daivoy, Sohn des Aſios aus Aby:
dos, Freund des Heftor, Vater des Phorkys, Kanthos
und a. Hom, 11, 17, 582. 312. 5, 152,
Phaistos, Baısros, 1) Stadt an der Südſeite
der Inſel Kreta, 1'/, Meile von Gortys. Strab.
10, 476. 479. — 2) Stadt in der thejjalijchen Land—
ſchaft Thefialiotis! Liv. 36, 13. — 3) Stadt der
ozoliichen Lokrer am Hafen des Apollon Phaiftios.
Plin. 4, 3. 4.
Phakion, Sciator, Bergfeite in der theſſaliſchen
Landichaft Pelafgiotis, viel. am rechten Ufer des
Peneios beim j. Dorfe Alifaga. Thuc. 4, 78. Liv.
32, 13. 36, 13.
Phalaikos, Pdiaıxos, Sohn des Onomarchos,
trat im heiligen Kriege nach dem Tode des Phayl—
los unter Bormundichaft des Mnaſeas an die Spike
der Photier, 351 v. CE. Er ward in Boiotien ge—
ichlagen, und Phofis von den Boiotern geplündert.
Später (347) wurde er vom Oberbefehle entfernt,
der 3 Männer übertragen wurde; doch hatte er,
als Philipp Phofis unterwarf, wieder den Ober:
befehl. Nach einem Vertrage verlieh er mit jeinen
Söldnern das Land und ging zuerft nach dem Pelo—
ponnes, jpäter nad) Kreta, wo er bei der Belagerun
von Kydonia getötet wurde. Diod. Sie. 16, 38 ff.
Phalanthos, Pddiardos, ein Spartaner, der
mit der Schar der j. g. Partheniai (d. h. der
während des erften mejjen. Krieges Geborenen, die
aus Erbitterung darüber, daß jie nicht den Homoien
gleichgeftellt wurden, eine Berichtwörung machten
und deshalb Sparta verlafjen mußten) auswanderte
und in Unteritalien Tarent gründete. Strab. 6, 278.
Just. 3, 4,8. 12,18. Aristot. pol. 5, 71. Hor. od.
2,6, 12.
Phalanx (pdlay&, rd£ıs), Der Kampf der
heroiſchen Zeit ift nur jcheinbar ein bloßer Kampf
der Führer. Dieje haben ihre Mannen bei fi,
die notwendig zu Zeiten — eingreifen mußten,
ſei es zur Rettung ihres bedrängten oder gefalle—
nen Führers, oder zur Erhaltung ihres eigenen
Lebens und der Abwehr eigener Gefahr. Wenn
der Führer an der Spige jeiner Leute die Schlacht
begann, bedurfte es einer Ordnung in der Auf:
ftelflung derjelben; die natürlichfte war die ber
geichloffenen Linie, in mehreren Gliedern hinter: |
einander, und das ilt die Phalanx. Völkerweiſe,
nah Stämmen, Geſchlechtern und Familien, ftan:
den die Kämpfer in der ffronte, nach dem Meute
der Kraft und der Zuverläffigfeit reihen fie ich
— — — — — — ii, — — — —
ſelbſt die Phylen der Athener von ungleicher Tiefe.
Udt. 6, 111. Allmählich ſetzte ſich die Zahl auf
8 feſt. Bei geringer Anzahl der in das Feld
ziehenden Bürger (Hopliten), namentlich bei den
Spartanern, wurden die Sflaven (die Heloten) als
Hintermänner ihrer im WBordergliede ftehenden
Herren zur Berftärtung des Stoßes der Phalanr
benußgt. Zu bejonderer Berühmtheit ift die durch
Philipp meiter ausgebildete und in größerem
Mafftabe angewandte makedoniſche Bhalanr
gelangt, durch die derjelbe großenteils jeine Siege
errang. Ihre Einrichtung |. Exercitus, 7. —
Eäjar erwähnt auch bei den Galliern und Ger:
manen eine denfelben eigentümliche (ex consue-
tudine eorum) Angriffs: und aud) Berteidigungs:
formation (b. g. 1, 24. 25. 52) unter der Benen-
nung phalanx, deren erftes Glied die Schilde
vor den Leib, die nachfolgenden fie Dachziegel:
förmig über die Köpfe der Bormänner hielten (der
römischen testudo ähnlich), jo daß es möglich war,
daß die von den Römern auf fie entjandten pila
(e loco superiore) je 2 Schilde durdbohren und
mit umgebogener Spige zufammenheften konnten.
In der Schlacht gegen Arioviſt jprangen ein:
er Römer auf die Phalangen hinauf, rifjen
ven Feinden die Schilde auf die Seite von den
Köpfen weg und bradıten ihnen von oben herab
Wunden bei.
Phalarion, Daldgıov, ein von Phalaris ge:
bautes und nad ihm genanntes Kaftell an der
linfen Seite des Fluſſes Himera am j. Berge della
Guarbia. Diod. Sie. 19, 118.
Phaläris, Sdlagıs, Tyranı von Wgrigent,
570-554 v. E., ftammte aus Aitypalaia bei —
von wo verbannt er nach Agrigent überſiedelte
und als reicher Mann zu den höchſten Stellen im
Staate gelangte. Nach der Überlieferung (Aristot.
pol. 5, 10, 4) machte er fich durch einen Staats—
ftreihh zum Herrſcher, und zwar jcheint er als
Borfteher beim Bau des Zeustempels auf der Burg
eine bedeutende Menge Arbeiter bewaffnet und
gegen den Staat verwandt zu haben. Polyaen.
5, 1, 1. Wenig Zuverläffiges wiſſen wir über
jeine Regierung. Vermutlich hat er dadurch eine
bedeutende Stellung in Sicilien gewonnen, daß
er in den Kämpfen der Phoiniker gegen helle:
nijche KRolonifation nach Art der jpäteren Tyrannen
fi die Führung der Eifelioten zu verſchaffen und
ihre Streitkräfte zu vereinigen juchte. Erpreſſung
und Luft am Morde und unmenjchliche Strafen
wurden ihm (wohl nicht ohne Grund) vorgeworfen.
Allgemein befannt war die Erzählung von dem
durch Perillos (j. d.) gefertigten Stier; er war ohne
Frage „eines jener Rulturbilder, wie fie im Heilig:
tume des zum Zeus Tabor (Atabyrios) gewordenen
Baal in Rhodos ftanden und im oder vor denen
Menfchenopfer dargebracht wurden“ (Bujolt). Das
Bildwerf, welches jpäter für den Stier des Pha—
laris gehalten wurde, war wohl eine Darftellung
924
des Flußgottes Gelas. Nach 16 Jahren verlor Ph.
Phalera — Pharmakausai,
Phanodömos, Darsönuos, wahrjcheinlic; aus
in einem allgemeinen Aufftande das Leben, und | Athen, ein Hiftorifer, deſſen Zeitalter fich nicht
die Herrichaft ging über auf den Emmeniden Tele:
machos. Cie. r. p. 3, 30, 42. Verr. 4, 33, 73.
n. d. 3,33, 82. off. 3, 6, 20. Pis. 30, 73. Polyb.
12, 25. Diod. Sie. 13, 90. — Die mit feinem
Namen bezeichneten Briefe find ein jpätes Mach:
werf, vielleicht im Zeitalter der Antonine entjtan:
den. Bgl. die berühmte Abhandlung von Bentley:
über die Briefe des Phalaris u. j. w. (deutich von
Wold. Ribbed, 1857).
Phalera (orum) und -ne (arum), r& pdkage,
zunächft eine blanfe Verzierung des Helms zum
Schutze der Wangen des Kriegers an dem be-
ſchuppten, mit Metall belegten Riemen, übertragen
(namentlich von römiſchen Schriftftellern) auf die
mit Metallplatten verzierten Badenftüde der Roſſe
und dann auf jeden Schmud von edlem Metall
an Stirn oder Bruft derielben, weiter noch auf
den ald Auszeichnung im Kriege verliehenen Bruft:
ſchmuct der Reiter ({. Dona militaria, 5.); end:
lih, wenn auch erft im fjpäterer Zeit, jogar auf
den Redeihmud.
Phalören j. Attika, 15.
Phalinos, ®alivog, aus Zakynthos, hatte fich
durch feine vorgebliche Kenntnis der Taktif und
Fechtlunſt die Gunſt des perfiichen Satrapen Tiſſa—
phernes erworben. Leßterer und der Großkönig
benugten ihn nach der Schlacht bei Kunara zum
Unterhändler mit den hellenifchen Söldnern des
Kyros. Xen. An. 2, 1,7 ff.; vgl. Plut. Artax. 13.
Phalkes, ®dluns, Sohn des Temenos, Vater
des Rhegnidas, ein Heraflide, der fidy der Herr:
ichaft von Sikyon bemädhtigte und daſelbſt den
Tempel der Hera Prodromia gründete. Er tötete
in Gemeinjchaft mit feinen Brüdern feinen Water
und feine Schweiter Hyrnetho, die Gemahlin des
Deiphontes, dem Temenos die Herrichaft von Argos
— hatte. Paus. 2, 6, 7. 13, 1. 28, 3 ff.
halöreia, Daisgeıa, feite Stadt Theffaliens,
nördlich von Triffa, am rechten Ufer des Peneios,
in Heſtiaiotis. Lie. 32, 15. 36, 13. 39, 25.
Phanagoria, Davaydpsız und -gie, Kolonie
von Teos, auf der aliatiichen Seite des Kimme—
riichen Bosporos, Bantifapaion gegenüber, auf
einer von dem See von Korofondäme, der Maiotis
und dem Fluſſe Antifeites oder Hypanis (j. Kuban)
ebildeten Inſel (j. Halbinjel Taman); ein Haupt:
Rapelplah für den Handel in jenen Gegenden,
ipäter abwechjelnd mit Pantikapaion Hauptftabt des
bosporanischen Reiches. Strab. 7, 307. 310. 11,495.
Phanlas oder Phainfas, Daviag oder Baı-
tes, 1) aus Erkſos auf Leibos, ein Schüler des j ? .
er ef 8 hüler nie bei den Drientalen an einem Gürtel
Ariftoteles und Freund des Theophraftos, nad)
Plutarch (Them. 13) ein &rne gYılöcopog xal
yoauudrov oba &meıpog loropınav. Er war ein
ſehr fruchtbarer Schriftfteller und verfaßte philo—
ſophiſche, hiftortiche (5. B. weel mevrareor "Ege-
oiwv, nepl ray Ev Zinshle rugavvor) und natur:
wifienjchaftliche Werte. Nur Fragmente haben ſich
erhalten, gei. bei Müller, fragm. hist. Graec. Il
p. 293. — 2) ein Athener, Anführer einer Flotte.
Xen. Hell. 5, 1, 26. — 3) aus Aphidnai in Attifa.
Dem:: Mid. p. 544. — 4) Statthalter in Antio:
cheia und Syrien unter der Regierung de3 An:
tiochos, welcher die Bhilofophen aus jeinem Reiche
vertrieb. — 5) Berfafler von 8 Epigrammen in
der griechiichen Anthologie.
®
genau beftimmen läßt, vielleiht Zeitgenoſſe des
Theopompos. Neben einer Lokalgeſchichte der Ky—
kladeninſel Ikos jchrieb er ald Hauptwerk eine
Ardig oder Arrınn) doyaıoloyie in 9 Büchern.
| Die daraus erhaltenen Fragmente (gef. von Müller,
| fragın, hist. (Graec. I p. 366 ff.) find unbedeutend
und gehen nicht über die Zeit des Kimon hinaus.
Bol. auch Artis.
Phanökles, Garorins, griechiſcher Elegiler,
wahricheinlich in die alerandrinifche Zeit fallend.
Seine Liederfammlung, welche geliebte Knaben
von den älteften Zeiten an in Ton und Sprache
der Alerandriner befang, trug die Aufſchrift Koc-
res 7) xalol. Dazu gehörte auch das größere
Bruchftüd von 28 Verſen (Stob. floril. 64), das
ſich neben einigen Heineren von ihm erhalten hat
(herausgegeben don N. Bach mit Philetas und
Hermefianar, 1829). Seine Sprache tft biähend,
ber Vers harmoniſch.
Phanöte, feſte Stadt in Epeiros in der Land—
ichaft Ehaonia, nahe der illyriſchen Grenze; j.
vielleicht Delvino. Ziv. 43, 23. 45, 26.
Phanöteus, ®arorevs, ſ. Panopeus.
Phaon j. Sappho.
Pharai, ®apai, 1) Stadt im weftlichen Achaia
am Beirosfluß (oder Pieros), 70 Stadien von der
Küfte, 150 Stadien von PBatrai, mit altem Hermes:
orafel, eines der älteften Mitglieder des Achaiiſchen
Bundes 281 v. E.; die ei ot Dagasis. Pol.
2, 41. Paus. 7, 22. — 2) Pneal (Hom. I1.5,543.
9, 151. Od, 3, 488), die Einwohner Pagairaı,
Stadt in Meffenien am Nedon, trat 180 v. E.
zum Achaiiſchen Bunde; Ruinen beim j. Kala—
mata. — 3) Stadt in Lafonien (auch Papa
und Pägıs, die Einwohner Pagiraı), ſüdlich von
Sparta, in den erften Zeiten nach der dorijchen
Eroberung der Sitz eines der 5 Perioilenkönige,
u Paujanias’ Zeit ganz verlaffen. Strab. 8, 363.
aus. 4, 16, 8.
Pharax, Pages, 1) ein Spartaner, der an
dem Kampfe des Lyſandros in Afien teilnahm
und von den Ephefiern dafür durch eine Bild:
jäule im Tempel der Artemis geehrt wurde; er
ericheint ferner al Nauarch, 397 v. E. (Xen.
Hell. 3, 2, 12), und ala Gejandter in Athen, 370
(daj. 6, 5, 33). — 2) ein anderer Spartaner, der
die Intriguen des Herafleides gegen Dion unter:
ftüßte, aber den Syrafufiern durch Übermut und
Anmaßung verhaft ward. Plut. Timol. 11.
Pharötra, pageroa, der bei den Griechen, nicht
ur
‚Seite, jondern auf dem Rüden an einem be
hänge getragene, mit 15 bis 20 Pfeilen aus:
geftattete Köcher. Völler, die diefe Schießwaffe
| vorzugsweije gebrauchten, heißen dichteriich pha-
retrati, wie die Geloni in Stythien. Hor. od.
3, 4, 36.
Pharmacopöla j. Ärzte.
Pharmaküsai, (-ssai), Daguaxoüsse:ı, 1) zwei
Heine Inſeln bei Salamis, j. Kyrades (j. Attika,
19.). Strab. 9, 395. — 2) Pharmakuſa, Aniel,
120 Stadien von Miletos entfernt, nordöſtlich
von Leros, j. Vharmalonifi, wo Cäſar von See:
'räubern gefangen genommen wurde. Plut. Caes. 1.
Suet. Caes. 4.
Pharnabazos — Phasis.
Pharnabäzos, Bagvaßafos, perfiiher Satrap
über das nordweſtliche Kleinafien (Satrapie Dajty: | Ha
fitis), unterftüßte jeit 413 v. E. die Spartaner
(Thuec. 8, 6ff. 39. 80), jchloß aber jchon 410 einen
eigenen Frieden mit Alkibiades, Plut. Ale. 31.
Obgleich dem König treu ergeben, blieb er wäh:
rend der Oberftatthalterjchaft des Kyros in feiner
Provinz. Xen. Hell. 3, 1, 9. In dem Sriege
mit Berjien (jeit 399) wandten die Spartaner,
von Tiſſaphernes durch einen Sondervertrag ge-
wonnen, zuerjt unter Thibron und Derkyllidas,
dann unter Agejilaos ihre Angriffe bejonders gegen
des Pharnabazos Provinz. Xen. Hell. 8, 2, 4.
Diejer ging bald darauf nad) Berfien, beſchuldigte
den Tiflapbernes der Berräterei, veranlaßte defien
Abberufung und jeßte es zugleich durch, daß eine
Flotte ausgerüftet und Konon an die Spike der:
jelben gejtellt wurde, 397. Den Wgefilaos aber
beftimmte er durch Unterhandlungen, jeine Pro—
vinz zu verlaſſen. Plut. Ages. 6. Xen. Hell.4, 3,11.
Nah dem Siege Konons bei Knidos verkündete
er den Geeftaaten die freiheit, vermwüftete im
folgenden Jahre mit einer Flotte die Küften von
Lakonika, fehrte indes bald zurüd. Xen. Hell.
4,8. Bald nachher jcheint er vom König an den
Hof gerufen zu jein, wurde dajelbft I ee
und mit einer Tochter des Königs vermählt (Plut.
Artax. 27); nad Kleinaſien fam er jedoch nicht
wieder. In den Sriegen Perfiend mit Agypten
erſcheint er hierauf noch zweimal thätig. /socr.
paneg. 39. Plut. Artax. 24.
Pharnäkes, Scorcianc, 1) perjiicher Satrap
im weftlichen Kleinaſien, der den durch die Athener
vertriebenen Deliern (422 v. E.) Wohnfige zu
Adrampttion anwies. Thuc.2,67.5,1. — 2) König
bon Pontos (184—156 dv. E.), Großvater Mithri:
dates bes Gr., eroberte im J. 183 Sinope und
machte es zur Reſidenz, führte aber dann einen
unglüdlihen Krieg gegen die mit den Römern
verbündeten Könige mene® von WPergamos,
Ariarathes von Kappadofien und Pruſias von
Bithynien. Pol. 24, 10. 26, 6. — 3) Urenfel des
vorigen, ftand gegen jeinen Vater Mithridates
den Gr. auf, trieb ihn dadurch zum Selbftmorb
und wurde jo König des bosporaniichen Reiches
(63—47 v. E.). Pompejus erfannte ihn als un-
abhängig und als Bundesgenofien an, wofür er
indes dem Pompejus in feiner jpäteren Bedrängnis
feine Hülfe gegen Cäſar gewährte, jondern wäh:
rend des Bürgerfrieges jein Reich im Norden und
Süden vom Schwarzen Meer zu erweitern ftrebte,
die in feine Hände geratenen römijchen Beamten
jehr hart behandelte und Cäſars Statthalter Cal:
vinus bei Nikopolis (Ende 48) bejiegte. Eine
Empörung im Bosporos zu dämpfen, hinderte ihn
Eäjars rajches Anrüden, der ihn bei Zela (47)
ichnell befiegte und jeinen Sieg mit den bekannten
Worten: veni, vidi, vici nad Rom meldete. Die
Krone erhielt nun jein Halbbruder Mithridates.
Caes. b. Alex. 34. 69 ff. Plut. Caes. 50ff. Pomp. 41.
Cie. ad fam. 15, 15. Deiot. 5.
Pharnakia, Gapvaxia, bedeutende Seeftabt
im mittleren Pontos zwiichen Amijos und Tra—
pezüs, milefiihe Kolonie, urjpr. Kerafjüs gen.
(zu unterjcheiden von einem andern, 9 M. weiter
öftlich gelegenen Keraſus), daher noch j. Kirefün
oder Keraſonda, von Pharnakes (um 180 v. E.)
nad jeinem Namen umgenannt, in den Römer:
925
friegen des Mithridates AZufluchtsftätte feines
rems. Plut. Luc. 18. Strab. 12, 547 ff.
Pharos, ®deos, 1) Heine Inſel an der Nord:
wefttüfte Agyptens, nach Homers (Od. 4, 354 ff.)
übertreibender Angabe eine Tagereije, in Wirklich—
feit 7 Stadien vom Feſtlande entfernt; von le:
gander durch einen Damm, der zur Verbindung
wiichen den beiden Häfen an 2 Stellen durch—
ei und überbrüdt war, mit Alerandreia ver:
bunden. Auf Ph. joll die Überjegung der LXX
unter Ptolemaios Il. angefertigt worden fein. Auf
der Dftipipe der Inſel erhob jid) der berühmte,
angeblid 180m hohe Leuchtturm. Strab. 17, 791 ff.
Caes. b. c. 3, 112. b. Aler. 14 ff. — 2) Juſel an
der dalmatijchen Küfte, 50 Mill. lang, 7—8 Mil.
breit, deren gleichnamige Stadt die Römer unter
Amilius Paullus zerftörten, j. Hvar, ital. Lefina.
Pol. 3, 18. 19. Strab. 2, 124.
Pharsälos, Ddecaiog, lat. auch Pharsalia, j.
Pherjala mit Ruinen, namentlid eines Thejauros
(j. Baukunst, 1.), bedeutende Stadt Theflaliens
in Thejlaliotis am Fluß Apidanos und dem Nord:
abhange de3 Narthafios, mit hoher und feiter
Akropolis. Inſeit des Apidanos lag ein berühmtes
Heiligtum der Thetis (Geridcıov). Plut. Pel. 32.
Liv. 33, 6. Nachdem jchon im mafedonijchen
Kriege (197 v. E.) in der Nähe gelämpft worden
war (Liv. 33, 7 ff.), fiel hier am 9. Auguft (nach
dem bericdhtigten Kalender am 6. Juni) 48 v. E.
der Würfel zwifchen Cäjar und Pompejus (Caes.
b. e. 3, 90—99). Die Bewohner der Stadt galten
ald üppig und träge. Nac ihr hat der Dichter
Zucanus (j. Lucanus, 1.) fein Epos, das ben
Kampf zwiichen Cäſar und Pompejus behandelt,
harsalıa genannt.
Phaselis, Daonkis, Seeftadt Lykiens am Pam:
phyliichen Bujen, Kolonie der Dorier (Hat. 2, 178)
an einem Berge Bhajelos; j. Telirova. Mit 3 treff:
lihen Häfen verjehen, wurde fie bald bedeutend,
bildete einen Freiſtaat, zog ſich aber dann, weil
fie ein Hauptjtapelplap der Seeräuber war, eine
ernfte Strafe durd PB. Servilius Iſauricus zu,
der jie im 3. 78 v. C. zerftörte. Cic. Verr. 4, 10.
Liv. 37, 23. Bon da an blieb fie unbedeutend.
Nach der gewöhnlichen Meinung wurden bier die
pdonkor, Meine leichtjegelnde Schiffe erfunden, die
nad) andern von ihrer, einer Schwertbohne (pha-
selus) ähnlichen, Form ihren Namen haben jollen.
Hor.0d.3,2,29. Cie. ad Att.1,13. Catull. 4, 1ff.
Phaselos j. Phaselis.
Pasıavoi, die Anwohner des Fluſſes Phafis
(j. d.). Xen. An. 4, 6, 5. 7, 8, 26. Diod. Sic.
14, 129. Strab. 11, 498.
Phäsis, Päcıs, 1) Fluß Kleinafiens, der auf
dem Kaufajos entipringt und ſich als jchifibarer
Fluß in den Pontos einos an der öſtlichen
Seite ergießt. Im ältefter Zeit wurde er als
Grenziluß zwijchen Europa und Mfien, jpäter
wenigjtend zwiſchen Kleinafien und Kolchis an:
gejehen. Der jpäter allgemein unter dieſem Namen
befannte Fluß ift unftreitig der jeßige Rion; doch
icheint der Ph. des Aiichylos (frg. 177) der jpätere
Hypanis oder der heutige Kuban, der von Xeno:
phon (An. 4, 6, 2) genannte der Arares G. Aras)
zu jein. Vgl. noch Hdt.4, 45.86. Strab. 11, 498. 500.
— 2) Stadt unweit der Mündung des ebengenann:
ten Fluſſes, eine Kolonie der Mileſier, 1. Poti.
Ihr und des Fluffes Name hat fi in dem Namen
926
der Fajanen, Phasianae aves (Arist. Acharn. 726.
Mart. 3, 57, 16. Suet. Vit. 18. Plin. 2, 33, 39.
67, 44) erhalten. Strab. 11, 498.
Daoıs, —— eines verborgenen Ver—
gehens, eine öffentliche Klage, in Athen gegen den
angeſtellt, der die Handeld- oder Bergwerksgeſetze
verletzt, die Ein- und Ausfuhrverbote übertreten;
der ſich Defraudationen hatte zu ſchulden kom—
men laſſen; der ſich im widerrechtlichen Beſitze von
Staatsgütern befand; der heilige Olbäume aus—
gerodet; auch gegen Sytophanten und Vormünder,
die das Vermögen ihrer Mündel gar nicht oder
zu gering verpachtet hatten. Der Kläger (inſofern
er nicht Fetbft der Verletzte war) erhielt einen Teil
der Strafe als Belohnung. Die Klage war ſchätz—
bar, das Forum nad den Gegenftänden der Klage
verichieden.
Phayllos, Gaöllos, Bruder der phokiſchen
Feldherren Philomelos und Onomarchos, murde
von Philipp in Theſſalien geiätagen und folgte
(353 v. E.) dem On. als Führer der Phokier im
eiligen Kriege. Er brachte, indem er alles zum
iege verwandte und den Eold erhöhte, ein großes
Heer zujammen, ward von den Athenern, Lake:
daimoniern und den Achaiern unter Naufifles
unterftüßt, rüdte in Boiotien ein, ward aber in
mehreren Treffen geichlagen und wandte fich dann
nad Lokris, wo er, nachdem er Naryfa erobert
hatte, an einer Krankheit ftarb, 351. Diod. Sie.
16, 35 ff.
Phea, dia, Bed, Del, arg nördlich
der Landzunge Ichthys in Eli$ am Jardanos—
fluß. Hom. /1.7,135. Thuc. 2, 25. Pol. 4,9.
Strab. 8,342.
Phegeus, Bnyers, 1) Sohn des Alpheios,
Bruder des Phoroneus, König zu Pſophis in Ar:
fadien, Bater der Alphejiboia oder Arjinod, des
Pronoos und Agenor, oder des Temenos und
Arion, j. Alkmaion. Er und jeine Söhne
wurden von den Söhnen des Allmaion ermordet.
Apollod. 3,7,5ff. — 2) Sohn des Dares, Prieſter
des Hephaiftos zu Troja, von Diomedes erlegt.
Hom. 11. 6, 9fj. — 3) Gefährte des Mineias.
Verg. A. 12, 371.
Pheidias, Peidias, aus Athen, Sohn des
Eharmides, Bruder oder Better des Malers Ba-
nainos, Schüler der Bildhauer Ageladas von
Argos und Hegias von Athen, müßte jchon vor
500 v. E. geboren jein, wenn er wirklich aus dem
Anteil der Athener an der Beute von Marathon
ipäter die 60 Fuß hohe eherne Statue der Athene
roöuryos verfertigte; wahrſcheinlich jedoch fällt
jeine Geburt in jpätere Zeit (etwa 480). Er er:
öffnete durch die Berbindung der Grazie mit der
Erhabenheit in der Darftellung von Götteridealen
eine neue Periode in der Kunſt; er jelbit arbeitete
bejonderd® aus Gold und Elfenbein beftehende
Kolofjalftatuen, zeichnete ſich aber als Architekt,
Erzgieher, Bildhauer und Maler zugleich ans;
auch beſchränkte fich jeine Kunftthätigfeit feines-
wegs auf Athen. Er leitete von 450 an die Kunſt—
unternehmungen des Berifles zur Verjchönerung
der Stadt, und die bverichiedenartigften Künftler
arbeiteten nad) feinen Feen. Plut. Per. 12. Aus
Kabale gegen Perifles, heißt es, angeflagt, zuerft,
bei der Berfertigung der Bildjäule der Athene im
Barthenon von dem Golde etwas entwendet zu
haben, dann, als die Unrichtigleit dieſer Beſchul—
Dacıs — Pherai.
digung erwiejen war, jich jelbit und Berifles auf
dem Schilde der Göttin abgebildet zu haben, joll
er ind Gefängnis geworfen und da an einer Krank—
heit oder infolge von Gift geftorben jein, 431
(Plut. Per. 31. Diod. Sie. 12, 1. 39 ff.), eine Er-
zählung, die ebenjowenig Glauben verdient als
die andere, wohl aus Philochoros geichöpfte (schol.
ad Arist. Pac. v. 605), daß er, wegen Unter-
ſchleifes verurteilt und flüchtig nad Elis gekom—
men, dort die Zensitatue gefertigt habe und nach
deren Bollendung von den Eleern getötet worden
jei. Nur foviel fteht feit, daß wirklich ein Prozeß
egen ihn in Mthen geführt worden ift. Uber
Ko Stellung in der nftgejchichte j. Bild-
hauer, 5.
Pheidippides, Beiuödımniöng (bei Paus. 1, 28.
8, 54 Bulımmlöns), der athenijche Eilbote, der, als
die Perjer unter Datis und Artaphernes heranrüd-
ten, um eilige Hülfe nad) Sparta gejandt ward und
ben Weg bis dahin (etwa 30 deutiche M.) in 2 Tagen
zurüdiegte. Hat. 6, 105f. vgl. Nep. Milt. 4.
Pheidon, sido», Herricher von Argos in der
erften Hälfte des 8. Jahrh. v. E., wird, obgleich
er dem Königsgeſchlechte der Temeniden angehörte,
oft ald Tyrann bezeichnet (Hat. 6, 127), weil er
fowohl im Innern als auch nad) außen über bie
traditionellen Schranfen der Königägemwalt hinaus:
griff; er dehnte Argos’ Vorſtandſchaft mit Waffen:
gewalt über Argolis und Migina, ja über bie
ganze Halbinjel aus. Ein wohlthätige Folge jeiner
Herrihaft war die Einführung von gleihem Maß
und Gewicht im ganzen Peloponnes, wenn aud)
die Nachricht, er habe die erjten Münzen prägen
laſſen (Ephor. bei Strab. 8, 376) deshalb faljch
ift, weil die erften Anfänge griechiiher Münz—
prägung in ben Beginn des 7. Jahrh. fallen.
Seinen Tod jcheint er auf einem Feldzuge gegen
Korinth gefunden zu haben, wo jein Bundesgenojje,
König Teleftes3, ermordet worden war (um 745
v. E.). Bgl. Weifjenborn, Hellen S. 1—66. ©.
F. Unger, Philologus 28 ©. 399 ff. 29 ©. 245 ff.
$eidirie |. Syssitien.
Pheka (Phaeca), Kaftell im thejlaliihen Gau
Heftiatotis, wejtlich von Gomphoi. Liv. 31, 41.
32, 14.
Phemios, ®rjuos, 1) Sohn des Terpios, der
Sänger, der den Freiern im Hauſe des Odyſſeus
fang, aber von Odyſſeus begnadigt ward, weil er
dies nur geziwungen gethan. Hom. Od. 1, 154.
22, 330 ff. — 2) Vater des Nigeus, Großvater
des Thejeus.
Phemonöf, Bnuoron, Tochter des Apollon,
erſte Priefterin desjelben zu Delphoi, angebliche Er:
finderin des Herameterd; daher ihr Name für Pro:
phetin überhaupt. Strab. 9,419. Paus. 10,5,4.6,3.
Phenöos, Pevsös, Stadt im NO. Arkadiens,
unterhalb des Kiyllenegebirges, in wilder, mwajler:
reicher Gegend, welche oft durch Überſchwemmungen
verwüjtet wurde, die zuleßt einen noch jetzt be-
jtehenden See bildeten. Sie lag in der Nähe des i.
Thonia. Hom. 11.2,605. Strab. 8,389. Paus.8, 14.
Pherai, 1) Gro«/, Stadt„in der pelaſgiſchen
Ebene Theflaliend, unweit der Stelle, wo der Be:
lion mit dem Oſſa zufammenftößt, befeftigt, zu:
gleidy aber von einer Menge von Gärten und
Landhäuſern umgeben, j. Beleftino. Mitten in
der Stadt befand fich die noch jekt reichlich jpru
deinde Quelle Hupereia. Strab. 9, 439. Wichtig
Pherekrates
wurde Ph. bejonders, jeitdem der Tyrann Jaſon
und feine Nachfolger eine mächtige Herrſchaft da=
jelbft gründeten. Xen. Hell. 6, 1, 4. 20ff. Diejer
Jajon war wahrſcheinlich ein Sohn des Lylo—
phron, herrichte ſeit 378 v. E. und war durch
Gewandtheit und Mäßigung ſchon 375 im Beſitz
des größten Teils von : beffalien, bis auf Phar:
jalod. Im Kriege zwiichen Sparta und Theben
ftand er auf jeiten des lebteren, kam indes zu
ſpät zur Schladht bei Leuttra. Er ftrebte ſich
Eingang in Hellad zu verjchaffen, wurde aber
durch einen gewaltjamen Tod aus großen Ent:
würfen herausgerifien, 370. Xen. Hell. 6, 4, 31.
Seine Brüder Polydoros und Polyphron folgten
ihm für kurze Zeit in der Herrſchaft. — 2) j.
Pharai, 2.
Pherekrätes, dsosxedrns, Dichter der älteren
attiichen Komödie, urjprünglich Schaufpieler, älter
als Ariftophanes, jünger als rates und Kratinos,
ein feiner, auch durch Eleganz bes Gtild aus:
gezeichneter Dichter, deſſen Stärke in Erfindung
und Olonomie lag. Er foll 16—18 Gtüde ge:
Ichrieben haben, von denen nur noch einige Frag:
mente übrig find. Seine Sprache war rein, an—
mutig und gefällig; Athenaios nennt ihn drer-
»orarog. Nach ihm ijt auch ein Versmaß benannt
(metrum Pherecrateum), das er entweder ein:
geführt oder doch häufig angewendet hatte. Die
Bruchſtücke find gejammelt von Meinefe, com.
Graec. fragm. Bd. II (Bd. I ©. 87 ff. der Heinen
Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. Bd. 1 ©. 145 ff.
Pherekjdes, Gegexvöng, 1) der Philoſoph,
Sohn des Babys von der Inſel Gyros, daher
ö Zugiog genannt, Zeitgenofje des Königs Alyattes
und der 7 Weilen Griechenlands (nad Eicero, tuse.
1, 16, 38, des Servius Tullius). Er ſoll feinen
bejtimmten Lehrer gehabt, jondern ſich durch das
Studium phoinitiiher Schriften gebildet haben,
aber Lehrer des Pythagoras gewejen fein. Die
weiteren Berichte über jein Xeben ftreifen ans
Wunderbare. Ph. wird unter den erften profaijchen
Schriftftellern genannt und jchrieb zuerft unter
den Griechen über Naturwifjenjchaft und Theologie,
zegl pVoeng nal Dear, eine fchon früh ver-
ſchollene Schrift. — 2) der Hiftorifer von der
Inſel Leros bei Karien, wahricheinlid in Athen
als Bürger anfällig, daher gewöhnlich der Athener
genannt, blühte um 450 v. C. Sein 10 Bücher
umfafjfendes Hauptwerk wird als forogiaı, Beu-
yovia, yevsakoyia, abröydoreg, doyaokoyla
Arrınn angeführt; es behandelte die Abftammungen
ber Götter und edlen Gejchlechter. Nur von diejem
Werte haben ji Fragmente erhalten (gejammelt
bon Sturz [1824] und Müller, fragm. hist. Graec. I
p. 70 ff. IV p. 637 ff.); von den andern ihm bei-
gelegten Schriften ift nichts übrig.
Pherenikos, Gepevınog, Sohn des Kephiſo—
dotos aus Theben. Diejer übte Gaftfreundichaft
gegen mehrere während ber Herrichaft der Dreißig
dorthin geflohene Athener, und deshalb fand aud
der Sohn Vergeltung, ald er jelbjt vor der jpar:
tanifchen Oligarchie in jeiner Vaterſtadt weichen
mußte. Als die Tyrannei aber geftürzt ward,
harrte er an der Grenze, um gleich zu Hülfe zu
eilen. Plut. Pelop. 8.
Dnees ſ. Kentauren.
Pheres, ®£ons, 1) j. Aiolos, 1. — 21 j.
Argonauten.
— Philaios. 927
Degvn |. Ehe, 3.
Phigalia, Dıyalda, -Asıc, auch Didksın, Stadt
im ſüdweſtlichen Wintel Arkadiens an der mefje-
niſchen Grenze, auf fteiler Höhe über dem nörd-
lichen Ufer der Neda, in welche ein nahe an der
DOftjeite der Stadt fliehender Bach, der Lymax,
einmündet, jetzt Pavlitza. Obwohl P. auch jonft
mehrmals bei Kriegsunternehmungen genannt wird
(Pol. 4, 3. 79. 80 u. b.), verdankt es ſeine Be—
rühmtheit in jegiger Zeit doch bejonders dem in
feinem Gebiete bei Baſſai, 2 Stunden norböftlich
auf dem Berge Kotilion, gelegenen, wahricheinlich
an Stelle eines älteren Heiligtums erbauten Tempel
des Apollon Epifurios, einem Werf des Iltinos,
des Beitgenoffen des Pheidias und Perikles, wel:
hen Paujanias (8, 41, 8) nächſt dem Athenetempel
zu Tegen an Schönheit des Steins wie der Ber:
hältniſſe für den jchönften Tempel des Peloponnes
erflätt. Den Namen Epikurios erhielt Apollon
als Befreier von der Peit zur Beit des pelopon-
nefiichen Krieges. Noch jept ftehen 35 Säulen
des Tempels mit ihren Ardjitraven aufrecht; die
Länge des Tempels (eined mit ber Front auf:
fallenderweije nicht nad) Oſten, jondern nach Nor:
den gerichteten doriſchen Peripteros Heraftylos mit
6><15 Säulen) betrug nad neueren Mefjungen
125 Fuß, die Breite 48 Fuß. Erft jeit dem legten
Viertel des 18. Jahrh. find dieſe Reſte bekannt;
1812 wurde durch Yufgrabungen ein großer Teil
von dem prächtigen Fries der inneren Cella ent:
bedt, 100 Fuß lang, welchen die britiiche Regie:
rung anfaufte. Die Eingeborenen nennen den Drt
’groug arulong oder xolörvaıg. Über den Tempel
ſ. das Hauptwerk: der Apollotempel zu Baflä u. j. w.
von D. M. Baron von Stadelberg (1826).
Dixıov 0005 (j. 6 Bayüs), ein fteiler fahler
Felsberg, 15 Stadien öſtlich von Oncheſtos in
Boiotien, auf weldhem die Tradition die Sphinx
(DiE aiol. Form für ZpiyE) haufen ließ. Paus.
8, 26, 2. Apollod. 3, 5, 18. Hesiod. scut. 33.
Phila, BA«, Schwefter deö Derdas und Ma:
chatas, Nebenfrau Philipps 11. von Makedonien,
ftammte aus dem fürftlichen Geichlechte von Ely—
miotis. Satyr. bei Athen. 13, 5 p. 567.
Philadelpheia, Suladeigpeswe, 1) Stadt im
Öftlichen Lydien am Fuß des Tmolos, früher be-
deutend, aber oft durch Erdbeben heimgejucht,
z. B. zur Beit des Tiberius (Tac. ann. 2, 47);
j. Ala:-Schehr. Strab. 13, 628. — 2) bedeutende
Stadt im transjordbaniichen PBaläftina Peräa),
5 Meilen vom Jordan, die alte Hauptitadt der
Ammoniter, damals Rabbath Ammon genannt; j.
Ruinen Amman.
Philaenörum arae j. Arae Philaenorum.
Philai, Bıual, Bicı, äghpt. Phalek, Feine,
reizende Nilinfel an der äußerjten Südgrenze
Agyptens, etwas oberhalb des erften Kataraftes
gelegen, mit einer Stadt gleiche® Namens; der
Iſis geweiht und durd das Grab des Dfiris be:
rühmt; noch ieg mit ausgedehnten und meiftens
wohlerhaltenen Tempelreften. Strab. 17, 803. 818.
Philaios, ®ılaios, Sohn des Telamoniers Aias
und ber Tekmeſſa, Bruder des Euryjafes, mit dem
er bie ihnen von ihrem Großvater zugefallene
Inſel Salamis den Athenern gegen das attische
Bürgerredit abgetreten haben — Aus dem
Geſchlechte der Philaiden ſtammte Miltiades. Hdt.
6,35. Mut. Sol, 10.
928
Philammon, Oıulcduuor, altgriehiicher thra-
kiſcher Sänger des apolliniichen Kreijes, der den
Delphiern gegen die Bhlegyer zu Hülfe gefommen
und im Kampfe gefallen fein joll, und dem bie
Bildung der delphiſchen Jungfrauenchöre, welche
die Geburt der Leto und ihrer Kinder beſangen,
zugeſchrieben ward. Er wurde Sohn des Sängers
Chryſothemis oder des Apollon und der Chione
genannt, Vater des Thamyris und des Eumolpos.
Phileas, Dıulfag, ein Geograph aus Athen,
etwas älter als Thufydides und Zeitgenofje des
Helfataios und Hellanilos, von Macrobius (saturn.
5, 20) als vetus scriptor bezeichnet, jchrieb ein
Werk: megim)oı oder yiis meglodog, nach Urt der
älteren Beriegeten. Einige wenige Fragmente find
erhalten.
Philömon, SuUrjuwv, 1) ein armer, frommer
Greis in Phrygien, der mit jeinem Weibe Bau:
kis (Baucis) einjt den Zeus und Hermes freund:
ichaftlich bewirtete, während alle andern Bewohner
des Ortes jie don ihren Thüren weggewieſen
hatten. Darum wurde der ganze Ort durd) eine
Waſſerflut verichlungen, die Hütte Philemons aber
in einen prächtigen Tempel verwandelt, deſſen Hüter
er mit Baufis wurde. Sie endeten gleichzeitig ihr
Leben, indem beide in Bäume verwandelt wurden.
Or. met. 8, 621 ff. — 2) berühmter Dichter der
neueren Komödie, Sohn des Daimon aus Syrakus
(oder aus Soloi), fam frühzeitig nad) Athen und
begann dort gegen das Ende der 112. DI. als
fomijcher Dichter neben Menander und mit ihm
wetteifernd aufzutreten; jein erſtes Stüd war "Tro-
Pokuaiog. Wenn Ph. oft über Menander den
Sieg davontrug, jo waren nicht Ränfe und Um—
triebe daran jchuld, jondern der Umftand, daß
Menander den Begriff der neueren Komödie viel
ichärfer auffaßte und beftimmter fejthielt, als Ph.,
und jo erft allmählich jeiner neuen Gattung Anz:
erfennung verſchaffte. Menander enthielt jich aller
perjönlihen Satire und ſetzte jeine Dramen auf
ein geringes Maf der Handlung, um mehr Raum
für die Entwidelung der Charaktere zu gewinnen.
In der Eharakterijtil ftand daher Ph. gegen Me:
nander im Nachteil, Dagegen übertraf er ihn durch
ein größeres Intereſſe der Handlung, welches er
ihr durch das Spiel der Intriguen zu geben ver:
ftand. Daher erteilten die Athener, noch gewöhnt
an den Reichtum komiſcher Situationen und an
das Gaufelipiel des Witzes und der Laune in ber
älteren Komödie, anfangs meijt dem Ph. den Preis
zu. Doch wurde er auch zumeilen bejiegt und
verließ, entweder wegen einer jolchen Niederlage
oder auf eine Einladung des Ptolemaios nad
Alerandreia, Athen auf einige Jahre. Später
fehrte er nach Athen zurüd, wo er bis zu feinem
Tode (262 v. E.) blieb. Er erreichte ein jehr
hohes Alter und verjchied mitten in feinem dichte:
riichen Berufe. Bon 97 Dramen, die er gejchrieben
haben joll, find noch 56 Titel befannt und rag:
mente übrig. 2 Stüde find durch Nahbildungen
des Plautus befannter, der "Eurogog, in dem
Mercator, und Onc«vgös, im Trinummus nad):
gebildet. Sein le gib gleichfalls Philemon,
war ebenfalls fomijcher Dichter und führte 54 Dra-
men auf, die aber wohl bald mit denen des Vaters
vereinigt wurden. Sammlung der Bruchftüde von
Meinefe: Menandri et Philemonis fragmenta
(1823) und im IV. Band der fragm. com. Graec,
Philammon — Philippides.
(8b. II p. 821 ff. der Hein. Ausg.), und von Kod,
com, Att. fragm. Il p. 478ff. — 3) Name mehrerer
Grammatiter: a) Berfafier der Zuunixra el "Oun-
eov, dem jeine Verdienſte um die homeriſche Kritik
den Beinamen xgırıxög verichafften; b) ein attijcher
Lexikograph; ec) Berfafjer eines Wörterbuchs Asdı-
xo» reyrokLoyınov aus dem 5. Jahrh. n. C. oder
noch jpäter (herausg. von Fr. Oſann, 1821).
Philetairos, Gilfraipos, 1) ein Dichter ber
neueren Komödie, Zeitgenofie des Hypereides. Bon
den 21 ihm beigelegten Dramen find nod 14 Titel
befannt und wenige Bruchitüde erhalten, aus
denen man erjiehbt, daß er teild mythologiſche
Stoffe, teild aber auch das Thun und Treiben
gewiſſer Stände von der lächerlichen Geite dar—
zuftellen pflegte. Sammlung der Fragmente von
Meinefe, fragm. com. Graec. Bd. III (II p. 640 ff.
der Klein. Ausg.), und Kod, com. Att. fragm. II
p. 230 ff. III p. 789. — 2) geb. zu Tieion oder
Zion am Pontos, diente in jeiner Jugend einem
Makedonier Dokimos, mwelder anfangs dem Ber:
dilfas, dann dem Antigonos, zulegt dem Lyſi—
machos anhing (Diod. Sie. 18, 45. 20, 107); diejer
vertraute dem Ph. die Burg von Pergamon an
famt der Bewachung der darin befindlichen Schäße.
Im 3. 284 v. C. bemächtigte ſich Ph. der Stabt
und ergab fich dem Seleufos. 280 verpflichtete er
fich durch Überjendung der Aſche des don Ptole—
maios Keraunos ermordeten Seleulos defien Sohn
Antiochos Soter. Er ftarb im J. 263 ald Gründer
des pergameniichen Staates, 80 Jahre alt. Sein
Reich hinterließ er jeinem Brudersjohne Eumenes 1.
Strab. 13, 623 f.
Philötas, ®unräs, Grammatifer und Dichter
aus Kos (oder Rhodos) zur Zeit Aleranderd von
Makedonien und Ptolemaios 1,, Lehrer des Ptole-
maios Philadelphos, des Theofrit und des Gram—
matikers Zenodotos. Wegen jeines gebrechlichen
Körpers fabelte man von ihm, er habe Blei in
den Schuhen getragen, um nicht vom Winde um—
geblaſen zu werden. Er war ausgezeichnet in der
erotiſchen Elegie durch Einfachheit der Form und
tiefe Empfindung und wurde in den Kanon der
Elegiker aufgenommen. Sehr hoch wurde er von
den römiſchen Elegikern gehalten. Prop. 2, 34, 27.
3,1,1. 3,52. 4, 6,3. Ov.a. am. 3, 329. Wir
bejigen nur wenige Bruchſtücke von ihm (gejam-
melt von Kayſer, 1793, und N. Bach, 1829).
Philinna, Pdırva, aus Larifja in Theflalien,
Nebenfrau des maledoniſchen Königs Philippos 11.
jeit etwa 367 v. E. Vor ihrer Verheiratung war
jie Tänzerin und ein Weib von feineswegs tadel:
lojer Führung. Sie war Mutter des Arrhidaios.
Satyr. b. Athen. 13, 5 p. 557. Just. 9,8,2.18,2, 11.
Athen. 13, 40 p. 578. Plut. Alex. 77.
Philinos, ®ilivog, 1) ein attiicher Redner aus
ber Zeit des Demofthenes. Bon feinen Reden find
3 Titel und ein Fragment erhalten. — 2) Ge:
ichichtichreiber aus Agrigent, beichrieb die puniſchen
Kriege mit einer ebenjo großen Barteilichteit für
die Karthager, wie Fabius für die Römer. Pol.
1, 14. 15. 3, 26. Vgl. Müller, fragm. hist,
Graec. Ill p. 17. — 3) ein Arzt, welcher über
die Pflanzen und deren Heilkräfte fchrieb (Athen.
15, 681 f.), gl. Empirici.
Philippides, ®ruımmlöns, 1) ſ. Pheidippi-
des. — 2) Sohn des Philofles, Dichter der neueren
Komödie zwiſchen 308 und 298 v. E. Er ftand
Philippoi — Philippos.
bei dem Könige Lyſimachos in Gunft und Anjehen
und wußte die Feinheit des Hofmanns mit edler
Freimütigfeit zu verbinden. I’lut. Demetr. 12.26.
Er ftarb aus hei über einen errungenen dra—
mattjchen Sieg. Die Fragmente, welche etwa aus
15 Stüden (man legte ihm 44 bei) ftammen,
laffen jein dichterifches und ftiliftiiches Talent
nicht hinreichend erfennen und beurteilen; fie jind
gefammelt von Meinefe, fragm. com. Graec.
Bd. IV (Bb. II p. 1116 ie der Hein. Ausg.), und
Kod, com. Att. fragm, III p. 301 ff.
Philippoi, ol Gllummoı, Stadt im Innern des
mit Makedonien vereinigten Teils von Thrakien,
der Landſchaft Edonis, von Philipp von Male:
donien angelegt an der Stelle der früheren thafi=
hen Kolonie Konvides; j. Ruinen Filibé oder
Filibé djif. Sie lag auf fteiler Höhe am Gebirge
Pangaios und am Fluſſe Gangas und war wichtig
dur die Nähe der Goldbergwerfe (Hat. 5, 26.
6, 46); hiftoriich denfwürdig ift fie als Ort der
Schlacht gegen Brutus und Gafjius, 42 v. E.
Auguft erhob fie zur Kolonie. Der Apojtel Paulus
gründete im %. 53 n. C. hier eine der erften
riftlichen Gemeinden. dt. 5, 23. 6, 46. Strab.
7,331. -
Philippopdlis, Sulımmörolız, feite Stadt in
Thrakien auf einem dreigipfligen Berge (daher der
lateinische Beiname Trimontium) in einer bedeu:
tenden Ebene am jüdöftlihen Ufer des Hebros.
Philipp II. von Makedonien erbaute fie an der
Stelle der früheren Stadt Eumolpias. Später
eroberten jie die Thrafer, dann wurde fie in
römischer Zeit Hauptjtadbt von Thrafien. Pol.
5, 100. Liv. 39, 53. Tac. ann, 3, 28. Auch das
jegige Philippopoli (türkiſch Filibe) ift wie die
alte Stadt jehr bedeutend.
Philippos, Düunzos, Name mehrerer Könige
von Makedonien. Der bedeutendfte ift 1) Phi:
lippos 1I.*), der dritte Sohn des Amyntas 111.
und der Eurydike, geboren 379 v. E., verbradte,
wahrſcheinlich 369 oder 368 von Pelopidas als
Geiſel nach Theben gebradht (Plut. Pel. 26),
929
mehrere Jahre im Hauje des Epameinondas oder
Pammenes. Nachdem jein Bruder Perdikkas im
Kampfe gegen die Jllyrier umgelommen (359),
bemächtigte er ſich der Regierung, zuerft für deſſen
minderjährigen Sohn Amyntas. Es war jedod)
eine unfichere Herrihaft; einen Kronprätendenten
Paufanias, den die Thraker unterftügten, bejeitigte
er, indem er dieje befriedigte; für einen andern,
Argaios, traten die Athener ein, er gewann fie
dadurd), daf er verjprach, auf die Herrichaft über
Amphipolis zu verzichten (Dem. Aristoer. p. 660);
dann befämpfte er glüdlich die Jllyrier und Paio—
nier und erweiterte das Neich im NW. bis zum
See Lychnitis. Diod. Sie. 16, 2 ff. Nach ſolchen
Verdienften trug die makedoniſche Ariftokratie Fein
Bedenken, ihn als König anzuerkennen. Bon nun
an fonnte er fich weiteren Plänen zuwenden, bie
uerſt ausgingen auf Ausdehnung der maledoni:
F Grenzen, dann auf die Hegemonie über die
a Sri Staaten, wo eben Thebend Berjud,
en Prinzipat zu erwerben, geicheitert war und
Athen wieder am mächtigften — endlich auf
Bekämpfung des perſiſchen Reiches. — Er führte
nun eine neue Kriegsordnung nad; Art eines
ftehenden Heeres ein, bejonders durch Einrichtung
der Phalanx, die für ein gemifchtes Volk vorzüg-
lich — war durch Verbindung der verjchiede:
nen Efemente zu gemeinfamem Wirfen; eine weitere
Stüße fand er in den um dieſe Beit eröffneten
Bergwerken de3 PBangaios, die jährlich 1000 Ta:
lente abwarfen. Vorzüglich jedoch wurden feine
Pläne unterftügt durdy die politiiche und mora=
liihe Zerrüttung Griechenlands, welche er mit
überlegener Geiftesfraft zu feinem Vorteil zu be
nußen verftand. Das Bild, welches Demofthenes
von feinem Charalter entwirft, dürfen wir ſchwer—
fich für volle Wahrheit halten; viel des Verwerf:
fihen war allgemeiner Charakter der Zeit, er
wußte aber jeine Thatkraft, feiner Berechnung
unterzuordnnen, vermied alle Übereilung in jeinen
Unternehmungen, wartete ab, bis die Frucht für
ihn gereift war, verjtand Großes mit Fleinen
*) Arrhibaios.
Amtnta® III. 390-369 v. €.
Gattin: Per
— —
Alerander II. Verdittas III. Bhilippos IL Eurudike. Gatte: Archelaos Arrhidaios. Menelaos
Sta 3086. sg 365 369. Hg 359-316, Ptolemaios Alo⸗
rites, Uſurpator
Amyntas 08— 365.
Sattinnen und | Nebenfrauen:
Aubata, Bhila, Nitefipolis, Philinna, Dlumpias, Meda, Sleopatra, Mate»
Nlprierin, Matedonierin, aus Pherai aus Lariſſa in Tochter bes Tochter des bdonierin, vor ber
in Makedonien Schweſter des in Theſſalien. Theflalien. Molofierkönigs Getenfönigsg Verheiratung
Eurydile genannt. ae u | | Reoptolemos. ſtothelas wohl Eurydite
adyatas. ! |
ſrynnane (Siunane, Thefjalonife. Arrhidaios — — —— Europe.
seunna, Suna). Gatte: (Phifippos IIL) Alexander . Stleopatra.
Gatte: Amontas, Saflander. Sig 323317. db. Gr. Sig Gatte:
©. des Perdil⸗ Gattin: Aben 336— 323. Alexander,
fas III. Eurydike), T. der 1. Gattin: König der
l Stunmane. Rorane. Molofler.
Adea, nad) der 2. Gattin:
Berheiratung Stateira.
Eurnbile. @atte: 3. Gattin:
Pbilippos LIT. Barfine.
Arrhidaios. |
1. Alexander
IV., Sa 323
— 311.
3. Heralles
Reallexikon des Mafi. Mitertums. 7. Aufl. 59
930
Mitteln — Waffen, Geld oder Verſprechungen —
erlangen und war bejonders bemüht, überall
u
Anhänger u werben und die einzelnen Staaten |
auf jeine Seite zu ziehen oder unthätig zu er:
halten, bis er ſich auch gegen fie wenden fonnte.
Philippos.
die Phokier nicht erwähnt wurden (Dem. de f. lea.
p. 439); die nochmals an ihn abgeichidte Geſandt—
ichaft wußte er trotz Demojthenes’ Mahnungen
mehrere Monate hinzuhalten und zu —— (346).
Während diejer Zeit unterwarf er den thrafifchen
— Nachdem Philipp ſich im Lande befeftigt hatte, | Fürjten Kerjobleptes und mehrere thrakiſche Städte
griff er Amphipolis an. Athen ward erft Iifti
hingehalten, dann am entjchiedenen Auftreten va
De Sic. 16, 71); Demofthenes enthüllte in
then die Kurzlichtigleit oder Verräterei der Ge—
den Bundesgenofjenfrieg gehindert, und nun wen: |jandten, doc ehe andere Gejandten abgehen konn—
dete er fich gegen die atheniſchen Befigungen auf |ten, drang Ph. ungehindert durch die
Chalkidike, eroberte Pydna und gewann die Olyn:
thier, indem er ihnen Anthemüs überlieferte und
für fie Potidaia eroberte, 358 — 356. em. Ol,
2 p. 19. Cherson. p. 105. Halon. p. 83. Aristoer.
p. 659. Diod. Sie. 16, 8. Dadurch, daß er um
diejelbe Zeit von den Aleuaden gegen die wieder
mächtig gewordenen Tyrannen von Bherai zu Hülfe
gerufen ward, gewann er Einfluß in Theflalien
und bahnte ſich den Weg nad dem eigentlichen
Griechenland. Den Anlaß, ſich in die griechischen
Angelegenheiten einzumijchen, gewährten die The:
baner, als fie einen Bejchluß der ſonſt faum be-
achteten Amphiftyonenverfammlung gegen Phofis
wegen Belignahme eines Stüdes vom Tempel:
(ande bei Kriffa in Ausführung bringen wollten,
und infolge deffen der phokiſche oder heilige Krieg
ausbrah, 355; die Phokier aber ftanden im
Bunde mit den Tyranneh von Pherai. — Zunächſt
benupte Philipp die Gelegenheit, um die griechi—
ſchen Küftenftädte (Potidaia, Methone) zu unters
werfen; aber 353 wurde er iwieder bon den Theſſa⸗
liern um Hülfe angegangen, kämpfte unglücklich
gegen die Tyrannen und die en in 2 Schlad):
ten, errang aber bald darauf einen großen Sieg
gegen Onomarchos (Frühling 352). Diod. Sic.
16, 35. Als er aber nun eine Wendung machte,
als ob er in Phofis eindringen wollte, bejeßten
die Athener die Thermopylen und jandten eine
Flotte dahin. Dem. Phil. 1 p. 44. Just. 8
Fbitipp jedody wandte ſich nach Befeftigung feines
njehens in eflalien wieder nah Thrafien,
— daſelbſt die atheniſchen Intereſſen und
edrohte Dlynthos. Doch behielt er fortwährend
die griechijchen Angelegenheiten im Auge und be:
ann Umtriebe auf Euboia, und ungeachtet des
Siege des Phofion bei Tamynai erhoben fich,
von Philipp unterftügt, Dynaſten in Eretria und
-
*
Oreos, und Euboia war ſeit 350 für Athen gen |
verloren. Plut. Phoe. 12. Aeschin. Ütes. 85.
Phil. 3 p. 125 f.
gegen
Im Peloponnes trat er als | Maß in feiner
Thermo⸗
pylen. Ganz Phokis wurde unterworfen, die Städte
der Mauern beraubt, das Land tler den
ebanern die boiotiſchen Städte überlaffen, und
PH. ließ jich an die Stelle der Phokier als Mit-
Er in die delphiſche Amphiktyonie aufnehmen.
it diefen Rejultaten zufrieden, wandte er fich,
nachdem er Thefjalien (Dem. Phil.2 p. 71. 3
b: 117) durch eine Teilung in 4 Bünde in größere
bhängigfeit gebracht, wieder gegen Thrakien,
Illyrien und die Triballer, vermehrte jeine Flotte
und machte im Auftrag der Amphiktyonen einen
Zug gegen Sparta; doch jeit 342 trat er wieder
then auf durch Erregung von Unruhen auf
Euboia und Angriff auf die Städte auf dem Cher-
jones. Phokion unterwarf (340) wieder Euboia,
auf dem u ri vertrat Diopeithes fräftig das
Intereſſe der Athener, und als fi Philipp auch
egen Perintho3 und Byzantion wendete, dem
elbft der Arme DER ſchickte, jo erflärte
Athen abermals den Krieg. Dem. Phil. 4. Plut.
Phoe. 14. Diod. Sie. 16, 74 ff. Just. 9, 2. Dem.
de cor. p. 254. Phofion rettete Byzantion, Phil,
icheinbar die griechiſchen Angelegenheiten außer
acht laſſend, —— die Skythen und Tri—
baller (339). Die Entſcheidung brachte erſt ein
neuer heiliger Krieg, offenbar durch erkaufte Ver—
räter veranlaßt. Als Vollſtrecker Bundesbe⸗
ſchluſſes gegen das lokriſche Amphiſſa drang Ph.
mit einem großen Heere in Hellas ein, nahm nach
—— Vollendung der unbedeutenden Sache ſeine
interquartiere in Lokris und beſetzte im Frühjahr
338 Elateia auf der boiotiſchen Grenze. Dem
Demoſthenes gelang es zwar jetzt, ein Bündnis
mit den Thebanern zuſtande zu bringen, auch andere
Staaten traten bei; der Anfang bes Krieges war
für die Griechen nicht ungünftig, allein Anfang
Septemberd 338 ward das vereinigte Heer der
Athener und Thebaner nach tapferem Kampfe bei
Chaironeia aan ejchlagen. Bh., nicht ohne
iegesfreude, beftrafte Theben durch
Beichüger der Freiheit auf, vertrieb (349) wieder | eine Beſatzung und behandelte Athen mit Milde.
die Tyrannen aus
fich gegen Olynthos, welches an der Spite eines
Bundes von thrakifchschaltidiichen Griechenftädten
fi) wieder an Athen angeichlofien hatte. Zwar
ſchickte Athen auf Demofthenes’ dringendes Mahnen
Hülfe, aber nicht gut lan und unter unfähigen
Anführern, Olynt
beffalien, und nun wandte er | Eine große
erjammlung der Abgeordneten gric-
chiſcher Stämme wurde jegt in Korinth gehalten,
und ein Nationalkrieg gegen Berfien unter Ph
Oberanführung beichloffen (Frühjahr 336). Daun
fehrte er nach Makedonien zurüd, um den Krieg
vorzubereiten; ein Heer wurde unter Attalos und
fiel durch Verrat in Philipps | Barmenion nach Afien vorausgejandt, und umfonit
Hände, die Stadt wurde zerftört, die Einwohner ſchickte der Perjerfönig Geld, um die griechijchen
als Sflaven abgeführt (348). Dem. Phil. 3 p. 113.
128. Ol.3 p. 30. de cor. p.241. Diod. Sie. 16, 53.
Sept glaubte Ph. die Zeit gekommen, im die grie-
Staaten gegen Ph. aufzureizen. So ftanden bie
Saden, als Ph., der erſt kürzlich (Herbſt 337) die
' Kleopatra, die Nichte des Attalos, geheiratet hatte,
chiſchen Angelegenheiten thätig einzugreifen; aber | bei welcher Gelegenheit Olympias und Alegander,
noch immer einen Kampf mit Athen jcheuend,
wußte er durch jchlaue Borjpiegelungen, daß er | bei der Vermählung jeiner Tochter
ji gegen die Thebaner wenden würde, jowie durch
Beſtechung der Gejandten (Aifchines, Philofrates
u. a.) einen Frieden zuftande zu bringen, worin
von Attalos ſchwer beleidigt, den Hof verliehen,
eopatra mit
Alerander von Epeiros von Paufanias ermordet
wurde, Herbſt 336. Diod. Sie. 16, 91 ff. Just.
‚9, 6. Außer dem Alerander und der Kleopatra,
Philippus Arabs — Philistides.
welche ihm Olympias geboren hatte, hinterließ er
mehrere finder von Nebenmeibern (j. die Geſchlechts— |
tafel). Bgl. Brüdner, König Philipp und die
helleniihen Staaten (1837). — 2) Phil. Ul.
Arrhidaios ſ. Arrhidaios, 1. — 3) Phil. 1V.,
Rafjanders Sohn und Nachfolger in der Herrichaft
über Maledonien, war krank und ftarb nach nur
dreimonatlicher Regierung 297 0.6. Paus. 9, 7,3.
— 4) Bhil. V., Sohn des Demetrios IV., folgte
dem Antigonos Dojon (220 v. E.), als jchon die
Griechen ſich wieder von der maledoniſchen Herr:
ichaft frei zu machen juchten, und von Illyrien
aus die Romer nahten. Im Bunde mit ben
Achaiern begaun er Krieg mit den MWitolern, der
indes (217) nad) unbedeutenden Begebenheiten bei:
gelegt wurde. Wie er (213) feinen verwerflichen
Charakter durd) die Vergiftung des Aratos (j. d.)
zeigte, der ihn auf Die Berfehrtbeit jeines immer
iyrannijcher werdenden Verfahrens aufmerkſam
machte, jo bewies er feine Unfähigfeit, die Zeit:
verhältnifje zu benutzen und zu beherrichen, als
er im zweiten punijchen Kriege (215) ein Bündnis
mit Hannibal ſchloß, ohne ihn kräftig zu unter:
jtügen (Liv. 23, 33). Seine thätige Teilnahme
wurde verhindert durdy die von M. Balerius Lä-
vinus zuftande gebrachte Koalition jeiner Gegner
(Liv. 26, 24 ff); die von den Römern aufgewie-
gelten Witoler fingen wieder den Krieg an, der
nach unbedeutenden Siegen der Maledonier durd
einen Frieden beigelegt wurde, und gleich darauf
ſchloſſen auch die Römer und Ph. zugleich mit
den beiderjeitigen Bundesgenofjen Frieden, 200,
Liv. 20, 12. Ohne die Gefahr zu würdigen, die
ihm von den einmal gereizten Römern drohte,
fing er in den nädjften Jahren in Verbindung
mit Antiochos dem Gr. einen ——— Agypten an
und beunruhigte Pergamos und Rhodos — beides
Bundesgenofjen der Römer. Liv. 31, 145. Kaum
hatten Dieje den zweiten punifchen Krieg been: |
det, jo erklärte der römiſche Senat ihm den Krieg, |
200, Die meiften griehiichen Staaten treun: |
931
lien Sohne Berjeus (f. d.) gelang es, den jüngeren,
Demetrios, der nicht ohne Erfolg in Rom unter:
handelte, als römiſch gefinnt zu verdächtigen, Ph.
ließ ihn hinrichten, ſtarb aber bald darauf aus
Neue und Kummer, 178. Liv. 40, 4 ff. 54 ff.
Philippus Arabs, M. Julius, geb. zu Bojftra,
einer röm. Kolonie in Arabien, Sohn eines Be:
duinenhäuptlings, wurde von dem dritten Gordian
um Gardepräfeft ernannt und beftieg, ald Gordian
ın einem Soldatenaufjtande getötet war, mit Hülfe
des Heeres den Thron, im g 244. Er ſchloß mit
den PBerjern Frieden und jchlug ein germanijches
Volk, die Goten, an der Donau (Zos. 1, 20);
feinen fiebenjährigen Sohn M. Julius, den er
ihon 244 zum Cäſar erhoben hatte, machte er 248
zum Auguftus und beging die taufendjährige Freier
der Gründung Noms mit großen Feſtlichkeiten.
Mehrere gegen jeine Herrichaft gerichtete Aufftände
unterdrüdte er glüdlich, unterlag aber im X. 249
dem Decius, den die Donauarmee zum Kaijer aus:
gerufen hatte, und fiel in der Schlacht bei Verona,
jein Sohn aber ward zu Rom im Lager der Prä-
torianer getötet. Phil. war ein freund der Ehrijten,
jedoch ne riftlihe Schriftiteller mit Un:
recht, daß er jelbit Ehrift geweien ſei. Capit.
Gord, IIl. 28 fi. Eutr. 9, 2 ff.
Philiskos, Gıldaros, 1) aus Abydos, wurde im
%. 368 v. E. von dem perfijchen Satrapen Ario—
barzanes nad) Griechenland gejendet, um wegen
des Friedens zu unterhandeln; jeine Unterhand:
lungen waren erfolglos. Er jammelte viele Miets:
truppen zur Unterftüßung der Laledaimonier. Xen.
Hell. 7, 1, 27. Diod, Sie. 15, 70. Auch den
Athenern erwies er im Auftrage des Ariobarzanes
Dienfte und erhielt von beiden Staaten das Bürger:
recht. Wegen Mißbrauchs jeiner Gewalt als Statt:
halter am Sellespont wurde er ermordet. Dem.
Aristoer. p. 666. 668. — 2) Dichter der neueren
attiichen Komödie um 370 v. C. 8 Dramentitel,
die auf mythologiſche Stoffe hinweisen, find erhal:
ten. — 3) Rhetor aus Miletos, Schüler des Iſo—
ten ji vom Bunde mit Ph., und nachdem die | frates, jchrieb Reden und eine Rhetorif. Timaios
Römer den Krieg 2 Jahre lang ohne Energie ge: | und Neanthes werden als jeine Schüler genannt.
führt hatten, jchlug T. Duinctius lamininus den | — 4) Sophift aus Theffalien, im 3. Jahrh. n. C.,
König bei Kynoslephalai aufs Haupt, 197. Pol. | durch Reinheit und Gewandtheit des Ausdrucks
18, Uff. Liv. 33, 7 ff. Im Frieden mußte er jeine |
Beſatzungen aus den griechiichen Städten zurüd-
ziehen, fein Heer bis auf 5000 M. vermeinbern, |
jeine Flotte ausliefern, 1000 Talente bezahlen und |
durfte ohne Einwilligung der Nömer feinen Krieg
führen. Lie. 33, 30, Pol. 18, 27 ff. Plut. Flamin.
10. Seine Kraft war gebrochen; vergebens juchten
ihn nachher die Aitoler, Antiohos und Hannibal
in den Bund gegen Rom hineinzuziehen; bie
ausgezeichnet, aber anmaßend nad; Sophiftenart.
Er jtarb in Athen, 67 Jahre alt. — 5) Tragiker
unter Ptolemaios Philadelphos, 285—217 v. E,,
aus Kerkyra jtammend, in die Pleias der Alexan—
driner aufgenommen, joll 42 Tragödien gedichtet
haben. — 6) aus Aigina, Schüler des Diogenes,
joll Wlerander den Gr. unterrichtet und Dialoge
ejchrieben haben. — 7) Epikureer, dejien Troll
chreiben an Cicero in jeinem Eril Dio Eajfius
Römer verjtanden ihn durch Zurüdjendung jeines | (38, 18) mitteilt. — 8) aus Thajos, ein Bienen»
Sohnes Demetrios, der als Geifel nach Rom ge: | züchter und Schriftiteller injeinem Fach. Plin.11,9,9.
fonımen war, und Gejtattung einiger Eroberungen | — 9) Maler aus unbejtimmter Zeit. Plin. 35, 11,40,
in Griechenland und Thrafien zu firren (Liv. — 10) Bildhauer aus Rhodos. Plin. 36, 4, 10.
36, 33. 39, 23); er jah müßig ihrem weiteren Vor⸗ Philistides, Puıoriöng, ein Führer der ma—
dringen zu. Wis jie aber von anderer Seite die kedoniſchen Partei in Oreos auf Euboia, der mit
Hände frei hatten, erfuhr er neue Kränfungen, | Hülfe der Mafedonier im J. 342 v. E. zur Allein-
er mußte die gewonnenen Städte wieder heraus: | herrichaft gelangte; als er aber mit Athen in ein
geben (Pol. 24, 1. 2), ſich vor römiſchen Richtern | näheres Verhältnis treten wollte, ward er nicht
als Bellagter ftellen u. j. w. Liv. 39, 24 f. 53. | blof —— ſondern auf Demoſthenes' Antrag
Jetzt durchſchaute er die Pläne der Römer, und wurde auch ein Heer unter Phokion dorthin ge—
ſein Haß wuchs mit jedem Tage, aber zur That ſandt, die Stadt erobert und wieder frei gemacht,
fam es nicht. Dazu famen bittere Erfahrungen : Ph. aber getötet, 341. Dem. Phil. 3, 119, 126,
im häuslichen Leben; dem älteren, aber unche: de cor. 252.
59 *
932 Philistion —
Philistion, ®suorlor, 1) ein griechischer Miz |
mendichter aus Bithynien, lebte unter Auguſtus,
nad) andern unter Tiberius. Er bejaf einen großen |
Ruf als Dichter und mimijcher Spieler, wovon |
manche Äußerung bei den Alten Bengnis gibt;
Fragmente fehlen, und es kann nur die Frage
entftehen, wie viel ihm von der moraliichen Antho:
logie angehört, welche wir unter dem Titel Me-
varögov xul Bulioriovog abyreısıg befigen. —
2) ein gelehrter Arzt, Lehrer des Euboros von
Knidos und des Chrufippos von Knidos; I
einigen ein Sikuler, nach andern ein Lokrer. Na
Salenos, der ihn mehrmals erwähnt, gehörte er
zu den Empirifern und ſchrieb mehreres über
Heilmittel.
Philistos, BAusros, aus Syrakus, Sohn des
Archomenides, geb. um 425 dv. C. Reich begütert,
unterftüßte er die ring 1a feines Verwandten,
des älteren Dionyfios, um
rafus und ftand ihm auch während jeiner Herr:
ichaft zur Seite bis 386, wo ihn derjelbe aus
Argwohn verbannte. Nep. Dion 3. Er ging nad) |
Epeiros ind Eril und blieb dort bis zum Tode
des Dionyfios. Plut. Dion 11. Erft der jüngere
Dionyfios rief ihn zurüd, um an ihm eine Unter:
ftügung ge en Dion zu haben. Durch ihn jcheinen
Dion und Platon aus Syrafus verbannt worden
a jein. Plut. Dion 13f. Im Kampfe zwiſchen
ion und Dionyſios verlor er 357 oder 356 als
Befehlshaber der Flotte eine Seeichladht, wurde
gefangen und vom Bolfe umgebracht oder entleibte
jich jelbft. Plut. Dion 35. — In feiner Verban—
nung jchrieb Ph. zu Hatria im — ſein
Geſchichtswerk, Aus Auci, 11 Bücher in 2 Abtei-
lungen. Die erfte Abteilung umfaßte die Gefchichte
von Gicilien von den. erften Anfängen bis zur Ein:
nahme von Agrigent im 3. 406 (7 Bücher), bie andere
in 4 Büchern die Gejchichte des älteren Dionyſios
bis zu deſſen Tode. Plut. Dion 11. Cie. ad Qu.
fr. 2, 13,4. Als ein Supplement fügte er fpäter
noch 2 Bücher Hinzu, die Thaten des jüngeren
Dionyfios, obſchon nicht vollftändig, umfaſſend (366
— 362). Die Alten bezeichnen ihn einftimmig als
einen Nachahmer des Thufydides, doch blieb er
weit hinter feinem Borbilde zurüd, daher auch von
Cicero (a. a. D.) pusillus 'Thucydides benannt.
Es fehlte ihm die nötige hiſtoriſche Gewifjenhaftig-
feit und Unbefangenheit; er ftand einfeitig auf der
Seite des Dionyſios und juchte deffen unrühmliche
Thaten zu verdeden. Cic. de or. 2, 13, 57. Brut.
17, 66. Doc gehört er 15 ungeachtet unter
die bedeutenden griechiſchen Hiſtoriker. Cuint. 10,
1, 74. Fragmente in F. Göllers Schrift de situ
et origine Syracusarum (1818) und in Müllers
fragm. hist. Graec. I p. 185 ff. IV p. 624.
Philochäres, Druloydong, 1) der ältefte Bruder
bes Redners Aiſchines. Aesch. de f. leg. 43. Dem.
de f. leg. 69. — 2) ein Maler, von dem ein Ge:
mälde in Rom bewundert wurde, einen Sohn dar:
ftellend, der feinem alten Vater ſprechend ähnlich
war. Plin. 35, 4, 10.
Philochöros, ©Gıilöyogos, Sohn des Kyfıros
von Athen, beichäftigte ſich neben feinen ſchrift—
ftelleriichen Arbeiten auch mit Mantik und Beichen-
deuterei, um auf die politijchen Ereigniffe feiner
Zeit vom liberalen Standpunkte aus einzuwirken.
Er gehörte zu den Gegnern des Demetrios Po: |
liorfetes und jeines Sohnes Antigonos Gonatas, |
Philoktetes.
der ihn nad) der Beſetzung Athens töten lieh (261
v. E.). Unter jeinen Schriften war das Geſchichts—
werk Ardis, auch Arrıxal loropiaı genannt, Athens
Geichichte von der älteften Zeit an bis 262 v. E.
in 17 Büchern umfafjend, das bedeutendſte. Auch
noch andere Schriften, meift hiftoriichen Inhalts,
werden von ihm erwähnt, z. B. megl Eopram,
regt TeRyadınr, wegl Husgav, Ankıena, Hrsıgw-
rind. Die Zahl der Fragmente ift nicht gering,
fie beträgt mehr ala 200 (heraudg. von Lenz und
Siebelis, 1811, und von Müller, fragm. hist.
Graeec. I p. 384 ff. IV p. 646 ff.) Er war ein
grändlicher Foricher, Heipiger Sammler und viel-
gelejener Schriftteller. Abhandlungen von Böckh
— Schriften V ©. 397 ff.) und Strenge
1868),
Philodömos, DıAöönuos, 1) Vater des Philon,
Schwiegervater des Redners Aiſchines. Aesch. de
‚ leg. 150. — 2) aus Gadara in Baläftina, ein
ie Herrihaft von Sy: f. leg
berühmter Epifureer, Freund des L. Pifo, gegen
den Eicero feine Rede hielt, wegen feiner Gelehr-
jamfeit und Bildung und ala gelimadvoller Dich:
ter von Cicero (Pis. 29. fin. 2, 35) jehr gerühmt.
Noch über 30 Epigramme finden fi) von ihm in
der griechiichen Anthologie, meift erotiſchen und
ipielenden Inhalts (herausgeg. von Kaibel, 1885).
Bon feinen proſaiſchen Schriften find aus den zu
Herculaneum (j. d.) gefundenen Bücherrollen nicht
unbedentende Fragmente uns zugeführt worden,
de vitiis liber decimus (herausgeg. von 9. Sauppe,
1853); außerdem von Th. Gomperz in den Ser:
eulaniichen Studien, I. über SEELEN
(1865), II. über $römmigfeit (1866), de ira liber
1864); de musica von Kembke (1884); über ben
od, vierte Buch, von Mefler (1886).
Philökles, DuLoxins, 1) Sohn der Polypeitho
oder Philopeitho, der Schweiter des Aiſchylos,
ein Tragiker, dichtete in ber Weije des Aiſchylos
Trilogien und ſuchte die Art des aiſchyleiſchen
Dramas eine Zeit lang auf der Bühne zu erhal:
ten. - Er trug über den König Didipus des Sopho-
fle3 den Sieg davon, erfuhr aber den jcharfen
Spott der Komiker, die ihn zoAr (Galle), auch
Akulov (dev Meerjalzige) nannten, weil er, die
Erhabenheit und teilweife Härte des Aiſchylos un»
geihidt nahahmend, ins Herbe und Ungenießbare
—— Von den 100 Dramen, die der unbedeu—
tende Dichter —— haben ſoll, ſind nur wenige
Titel befannt. Vgl. Nauck, trag. Graec. fragm.
p. 5895. — 2) Anführer der atheniihen Flotte
im peloponnefiichen Kriege, 405 v. E., durch defien
Unflugheit die Schlacht bei Aigospotamos verloren
ging. Er jelbft wurde gefangen genommen und
ald nachher hingerichtet. Xen. Hell. 1, 7,1. 2,
1, 80 ff. Plut. Lys. 13.
Philokrätes, Diloxgarng, 1) Sohn des Ephial-
tes aus Athen, Befehlshaber einer dem Euagoras
bon Kypros (390) zu Hülfe gefandten, aber von
den Spartanern aufgefangenen Flotte. Xen. Hell.
4, 8, 24. — 2) aus Eleufis, einer der Ankläger
des Demofthenes nach der Schlacht bei Chaironeta.
— 5) Feldherr der Athener im peloponneftichen
Kriege, in welchem er, 416 v. E., die Inſel Melos
eroberte. T’huc. 5, 116.
Philoktötes, Biloxriens, Sohn des Poias
(eines Sohns des lee und der Demonaffa,
ein berühmter Bogenſchütze des trojanifchen Sagen:
freijes, der in 7 Schiffen die Krieger von Methone,
Philolaos — Philon.
Thaumalia, Meliboia und Dlizon in Theffalien |
egen Troja führte, aber, weil er durch einen |
Schlangenbiß an einer Wunde darniederlag, auf |
der Fahrt in Lemnos zurüdgelaffen ward. Medon, |
der Sohn des Dileus, führte ftatt feiner die Krieger
nad Troja, „doc bald jollte das Heer bei den
Schiffen des Philoftetes gedenken”. Nach dem
Falle Trojas kehrte er .. in die Heimat
urüd. Hom. 11. 2, 716. Od. 3, 190, 8, 219. Die
Ihätere Sage hat dieje Züge der homeriſchen Dich-
tung weiter ausgebildet. Bon Herakles in der |
Kunjt des Bogenſchießens unterrichtet, erbte er
(oder fein Vater Poias) nach defjen Erhebung zu |
den Göttern jeinen Bogen mit den nie fehlenden |
Pfeilen, weil er den Holzſtoß, auf dem fich Hera: |
fles verbrennen wollte, angezündet hatte. Soph.
Phil. 670. 801. Or. met. 9, 230. Er wurde auf
der Inſel Chryſe (oder Lemnos, Jmbros, Tenedos),
auf Beranlafjung der Hera wegen des dem Herafles
geleifteten Dienjtes, von der Schlange gebifien,
als die Griechen den von Jaſon errichteten Altar
der Athene Chryje aufjuchten und Ph. fich zu ſehr
der tempelhütenden Schlange näherte. Soph. Phil.
1327. Da die Wunde einen unerträglichen Gerud)
verbreitete und Ph. durch fein Wehllagen feine
Gefährten beunruhigte, daß fie feine gottesdienft-
lihe Handlung vornehmen konnten, wurde er auf
Odyſſeus' Rat und der Atriden Befehl (Ov. met.
13, 313) auf Lemnos ausgejegt, wo er frank ein
elended Leben friftete, bi$ er im zehnten Jahre
des Krieges, weil nad einem Orakel ohne jeine
Pfeile Ilion nicht erobert werden fonnte, von
Ddyffeus und Diomedes (nah Sophofles von
Odyſſeus und Neoptolemos) zum Heere geholt
wurde. Bon Machaon geheilt, erlegt er den Haris,
und Jlion fällt. Soph. Phil. 1426. Pind. pyth.
1, 52 ff. Auf der Heimfchr gelangte er nad) jpäterer
Sage nad alien, wo er Petelia und Krimiſſa
gründete. Sein Grab und jein Heiligtum, wo ihm
Rinder geopfert wurden, wurden zu Mafalla gezeigt.
Philoläos, @iloAaog, 1) eine Beiname des
Ajllepios, unter welchem er einen Tempel bei
Aſopos in Lalonien hatte. Paus. 3, 22, 9. —
2) Sohn des Minos und der Nymphe Pareia auf
Baros, von Herakles getötet. Apollod. 3, 1, 2.
2,5, 9. — 3) ein Korinther, der nach Theben aus:
wanderte und den Thebanern Geſetze gab, um 725
v. C. Arist. pol. 2,9, 6. — 4) ein Pothagoreer,
nach Platon (Phaedr. p. 61 D) ein Beitgenofje des
Sofrates (um 430 v. E.). Seine Heimat war
Kroton oder Tarent. In feiner Jugend war er
noc ein Schüler des alten Pythagoras. Ph. war
der erfte, welcher die bisher nur mündlich ——
pflanzten Lehren des Pythagoras niederſchrieb.
Sein Werk beſtand aus 3 Büchern, weel xdouor,
zegl puoewg und regi Ypuyijg überſchrieben; nur
wenige Bruchſtücke, in doriſcher Mundart geſchrie
ben, Mind davon übrig, gejammelt von U. Bödh
(Phil. des Pythagoreers Leben, 1819).
Philomele, Dıoanjın, Tochter des athenijchen
Königs Pandion und der Zeurippe, Schweiter der
Profne und der Zwillingsbrüder Erechtheus und
Butes. Profne ward an Tereus, den Thrafer:
fönig in Daulis (Pholis), Sohn des Ares, ver:
mählt, weil er dem Pandion in einem Kriege bei-
geftanden, und gebar ihm den Itys (Jtylos). Tereus
aber verbarg ie auf dem Lande, damit er ſich
mit ihrer Schwefter Philomele verbinde, der er die
933
Zunge ausichnitt, und erklärte, Prokne fei tot.
Philomele, welche die Wahrheit erfuhr, machte
durch einige in ein Gewand gemebte Worte der
Schweiter ihr Schidjal bekannt; dieſe fam daher
zu ihr, tötete mit ihr den Itys und jegte ihn dem
Tereus zum Mahle vor. Tereus verfolgte die
fliehenden Schwejtern mit einem Beil; als er fie
einholte, baten fie die Götter, fie in Vögel zu ver—
wandeln. Profne ward eine Nachtigall, Philomele
eine Schwalbe, Tereus ein Wiedehopf. Thuc. 2, 29,
Apollod. 3,14,8. Paus. 10, 4, 7. Ov. met. 6,424 ff.
Nach andern ward Profne eine Schwalbe, Phi:
lomele eine Nachtigall, Tereus ein Habicht; vgl.
Addon.
Philomölos, ®ılöunkos, Sohn des Theotimos,
aus der phofiichen Stadt Ledon, im heiligen Kriege
Feldherr der Phofier, die er, als die Amphiktyonen
jie mit dem Banne bedrohten, in Hoffnung auf
den Beiftand der in gleicher Lage ſich befindenden
Spartaner zum Widerftande ermunterte. Doc fand
er weder bei den Spartanern noch bei den Athe:
nern, obgleich fie auf der Seite der Pholier ftanden,
Unterftügung; er war auf Söldner angemwiejen.
Um dieje zu unterhalten, plünbderte er den Tempel
zu Delphot, 356 v. E., tötete die Priefter und ver:
nichtete die Säulen, = denen die Amphiktyonen:
beichlüffe ftanden. Bald traten auch Athen und
andere Staaten dem phofiihen Bunde bei, wäh:
rend die Lofrer und Thebaner ihnen den Krieg
erflärten und bei den Theflaliern und anderen,
den Amphiktyonen ergebenen, Staaten Unterftügung
fanden. Aber mit Hülfe der benußten delphiſchen
Zempelihäge und zahlreicher, in Sold genomme:
ner, Truppen fiegte er über die Lokrer, in deren
Gebiet er jchon zuvor wiederholte Einfälle gemacht
hatte, und über Abteilungen des thebanischen Heeres,
bis die Hauptftärle desjelben heranrüdte und ihm
eine enticheidende Niederlage beibracdhte. Auf einen
abſchüſſigen Felſenvorſprung gedrängt, ftürzte er
fi, um nicht in die Hände —— Feinde zu fallen,
in den Abgrund, 354. Onomarchos (ſ. d.) folgte
ihm im Oberbefehle. Diod. Sie. 16, 23 ff. Paus.
10, 2, 2.4. 8,7. 33,2. Just. 8,1.
Philon, ®4.or, 1) ein Athener, der unter den
Dreißig die Stadt verlaffen mußte und dann in
Dropos als Metoile fich niederlich, von wo er
Räuberei in Attika betrieb. Als er jpäter Mit:
glied des Rates zu Athen werden wollte, jchrieb
Lyſias gegen ihn die (einumddreißigfte) Rede xar«
PD. Öoxıuaciag. — 2) ein Amphipolitaner, den
Philipp von Makedonien nad) der Eroberung von
‚ Amphipolis aus der Stadt verbannte, 358 v. C. —
3) Sohn des Philodemos, Schwager des Redners
Aiſchines, Mitglied der Gejandtichaft, die 347 v. E.
an Philipp von Makedonien ging. Aeschin. de f.
leg. 150. — 4) Erzgieher, der fir Alerander den
‚Gr. die Bildjäule Hephaiftions verfertigte. —
5) Baufünftler, um das Jahr 300 v. E,, der ein
‚für zahlreiche Schiffe geräumiges Arjenal im Bei:
raieus gründete. Cic. de or. 1, 14, 62. Er war
nicht bloß ein geichidter, praktischer Architekt, ſon—
dern nach Bitruvius (7, praef. 12) auch Schrift:
jteller auf dem ®ebiete feiner Kunft; vgl. Val.
Max. 8, 12, 2. — 6) aus Byzanz, Schüler des
Kteſibios, um die Mitte des 3. Jahrh. v. E., Ber:
faſſer einer Schrift über Mechanit, wovon jedoc)
nur das 4. Buch (vom Geſchützbau, griechiſch und
deutſch herausgeg. von Köchly und Rüftorw, 1853),
934
eine Epitome des 5. (reıgomotınd, trefftich
von Eh. Graur und de Rochas d'Aiglun,
Philonides — Philopoimen.
herausg. | alerandriniichen Juden an den Kaifer Caligula,
tevue de | bei dem fie ſich über die Bedrüdungen befchweren
phil, III p. 91 ff.) und ein Fragment der mrevune«- | jollten, die fie wegen ihrer Weigerung, das Stand:
rıxd in einer latein, mittelalterlichen UÜberjegung | bild des vergötterten Kaifers in der Synagoge
ſich erhalten
rag — 7) ans Lariffa in Theſſa- | aufzuftellen, erlitten, aber jchnöde abgewieſen wur—
lien, alademiſcher Philojoph, Schüler und Nach: | den.
Seine Rechtfertigungsſchrift, die nach des
folger des Kleitomahos, flüchtete während des | Kaiſers Tode im Senate vorgelejen wurde, zeugt
mithridatifchen Krieges nach Rom, 88 v. E., wo er | von praftiichem Geſchick und großer Gelehrſamkeit.
wegen feiner feinen Bildung und feines edlen | — Ausgg. von Th. Mangen (1742), U. F. Pfeiffer
Gharafters Ki freundliche Aufnahme fand, und
Cicero fich beionders an ihn anichloß. Cie. Brut.
89. tusc. 2,3. acad’ 1,4.
|
|
}
(1820) und E. €. Richter (1828 ff.). Vgl. Dahl,
chrestomathia Philoniana (1800). Gfrörer, Philo
Er ertwarb fich Ber: und die alerandrin. Theojophie (2. Aufl. 1835).
dienfte um bie genauere Abgrenzung der einzelnen — 9) Grammatifer aus Byblos in Phoinikien
Zweige der Philojophie und um methodiiche Be: | unter Nero und Beipafian, jchrieb die Regierungs:
jtimmungen: auch fuchte er in einzelnen Punkten | geichichte des Iegteren, außerdem Epigramme, und
die Übereinftimmung zwijchen der alten und neuen
Akademie nachzumerjen. — Oft wird er auch als
Stifter der ſ. * vierten Abteilung der Akademie
bezeichnet. Vgl. K. F. Hermann, de Philone La-
rissaeo (1851). — 8) gelehrter jüdischer Schrift:
fteller aus Mlerandreia, geb. um 20 dv. E., "erhielt
jeine Bildung in feiner Baterftadt, indem er auch
die Schriften der verichiedenen philojophiichen Schu:
fen ftudierte, aber doch vorzugsweiſe Platon jich
zum. Mufter nahm und in der Ethif die Lehre
der Stoa am meiften billigte. In religiöier Be:
ziehung ftand er auf dem Boden feines Rolfes ;
die Richtungen der Eſſäer und Therapeuten jcheinen
großen Eindrud auf ihn gemacht zu haben, ohne
daß er jedoch jelbft fich ihnen anſchloß. Seit der
Beit der Ptolemaier war der Gebrauch der Alle:
gorien auch in die jüdiſche Vorſtellungsweiſe ein:
gedrungen; in jolcher Weife juchte man nun auch
die moſaiſchen Schriften zu deuten. Es iſt leicht
erflärlich, daß jo auch in die VBorftellungen Philons
ein müftiich:allegoriicher GSeift fam, der die Grund:
jäge der hauptſächlichſten philofophiichen Schulen
der Griechen überall wieder zu finden bemüht war
und fich durch eine gewiſſe Wärme und Begeifterung
auszeichnete, wobei aber oft die Klarheit der Be:
griffe und die Schärfe des Urteils vermißt ward.
ie ſprachliche Form ift in manchen Beziehungen
glänzend, doch zwiichen profaifcher und poetiicher
Diktion eigentümlich gemijcht, daher bisweilen jehr
bunt, der Beriodenban nicht jelten nachläffig. Seine
noch erhaltenen Schriften zerfallen in 4 Klaſſen:
jolche, welche ſich auf Partien der biblischen Ge:
ichichte beziehen, Schriften ethiichen Inhalts (be:
jonders eine Auslegung des Defalogs), hiſtoriſch—
politiiche und alesertitseresdiiee. Die meiften
ſcheint er erft im jpäteren Alter verfaßt zu haben.
Er hält überall den Glauben an den Einen, per:
fönlichen, lebendigen Gott feft; er’ unterjcheidet
aber den verborgenen und den geoffenbarten, in
innere Anſchauung gilt ihm als die wahre Duelle
der Gotteserfenntnis. Durch immer tieferes Nach:
benfen
einer felig in Gott Tebenden und in die Tiefen
des göttlichen Weſens eindringenden Seele. So
fam er dem Ehriftentum nahe, blicb aber doc
noch dur eine Kluft von demjelben getrennt;
daher find auch die Nachrichten von feiner Bekeh—
rung zum Chriftentume, von feinem Zuſammen—
fe mit Petrus u. dgl. abzuweijen. In An:
gelegenheiten jeines Volkes ſcheint er mehrfach
thätig geweſen zu fein, insbefondere auleßt (39 n. €.)
gelangte er allmählich) zu dem Frieden |
überjette angeblich auch die phoinikiſchen Geſchich—
ten des Sanchuniathon,
Philonides, ®ıuoridns, 1) ein unbedeutender
Dichter der alten attifchen Komödie, unter deſſen
Namen jein jüngerer Zeitgenofje Ariftophanes feine
Jawdakeig auf die Bühne brachte, da er jelbit
‚noch nicht das gefegliche Alter hatte, um Stücke
aufführen zu können. — 2) Buthagoreer aus Tarent.
—. 3) Sciler des Zenon, Stoifer. — 4) Arzt
und Naturforjcher, welder megl urewr xal ore-
pdvor ſchrieb.
Philopappos j. Attika, 11.
Philopoimen, ®uUorolunv, geb. 253 dv. E.,
Feldherr des Achaiiſchen Bundes, wird zuerft er:
wähnt, als Kleomenes Ill. von Sparta (222) feine
Baterftadt Megalopolis eroberte, indem er jic,
damals 30 Jahre alt, unter denen befand, welche
nach der tapferften Berteidigung die Stadt ver:
ließen; ganz bejonder® aber zeichnete er jich in
der Schlacht bei Sellafia aus. Plut. Philop. 5 f.
Cleom. 24. Pol. 2, 67. In feinen Hoffnungen
über die hellenifche Freiheit getäufcht, fchlug er
die Aufforderung des Antigonos, nach Makedonien
mitzugehen, aus und wandte fih nach Kreta, in
deſſen inneren Kriegen er feine militärijchen An:
taniſchen Tyrannen Machanidas.
Blick und fein taftifches Talent (Plut. Phil. 7\
ließen ihn bald als großen Feldherrn gelten. So
der Welt und Menichheit wirffamen Gott; die
lagen in den nächiten Jahren ausbildete. Nadı
jeiner Rückkeht wurde er zum Hipparchen und 207
zum Strategen des Achaiiſchen Bundes gemählt,
ein Amt, das er noch fiebenmal befleidete. Mut
Philop. 7. Paus. 8, 49, 7. Mehr Feldherr als
Staatsmann, bemühte er fi) befonders um eine
zeitgemäße Reform der Weiterei und dann des
ganzen Heerwejens (Liv. 35, 28. Pol. 10, 24 f.),
erfüllte den ganzen Bund mit nie gekanntem krie—
geriichem Errhufiasmus und bewährte jeine Tüch—
tigfeit durch einen ruhmvollen Sieg über den fpar:
Sein jcharfer
groß war von jegt an fein Ruf in ganz Griechen
land, daß der Schreden jeines Namens hinreichte,
um Mefjenien von Nabis, dem Tyrann von Sparta,
zu befreien (206). Wahricheinlidy wegen Yurüd:
Kbung ging er bald (nach 200) nach Kreta als
nführer der bedrängten Gortynier; bei jeiner
Nüdtehr (195) fand er die Achaier im Kriege mit
Nabis, welchen T. Quinetius Klamininns zwar
in feiner Herrichaft bejchränft, aber im ruhigen
Beſitz von Sparta gelaffen hatte. Plut. Phil. 14 fi.
Liv. 34, 35. Phil, wieder an die Spibe des
Bundes berufen, verjuchte es, die Arkadier auch
an dem Kampf auf dem Meere zu gewöhnen; er
in eimer Gejandtichaft nad) Rom mit 4 andern | wurde indes in einer Seeſchlacht befiegt (Liv. 35, 25),
Philostratos — Philotimos. 035
ſchlug aber die Lakedaimonier zu Lande und zwang, | in 2 Büchern, Beichreibung einer Anzahl (34) von
nachden Nabis von feinen eigenen Berbündeten | Gemälden aller Gattungen, hiſtoriſchen Bildern,
bei einer Heerſchau ermordet war, Sparta, fich an | Landichaften, Jagd:, Frucht: und Blumenftüden,
den Achatiichen Bund anzuichließen, 192. Plut.| Genrebildern u. ſ. w. Zweifelhaft ift e8, ob er
Phil. 16. So hatte er den Bund auf feinen Höhe: | hier wirklich eine nach jeinem Borgeben in Nea—
punkt gebracht; allein Roms Eiferfucht wurde mun | polis befindliche Gemäldeſammlung bejchrieb oder
rege; die ungufriedenen Spartaner fielen ab, und | die Motive für rein rhetoriiche Zwecke jelbft erfand,
nachdent er die Stadt derjelben erobert, die Mauern | obwohl fich die meiften Gelehrten (vor allen Brunn)
niedergeriffen nnd die Infurgifchen Geſetze abge: | gegen letztere Annahme erflären. Nach Bergks
ſchafft hatte (188), wandten fie fich an die Römer | Anficht gehören der "Howixös und die Elxoreg
um Hilfe. Liv. 38, 30 ff. 39, 33. Pol. 23, 10f. dem jüngeren Philoftratos (j. 3.) an. Jedesfalls
25, 9. Zwar griffen diejelben nicht unmittelbar | war es eine originelle und glüdliche Idee, die
ein, aber gegen ihre Ränfe konnte er die Einheit | Sophiftit und ihre Probleme durch Fünftleriiche
des Bundes nicht aufrecht erhalten. In Mefjene | Motive aufs neue zu beleben und zu erweitern.
ſetzte Deinofrate® an der Spite einer von den | Bon feinen Epigrammen ift nur eim einziges, auf
Römern unterftügten oligarhiichen Partei den | das Bild des verwundeten Telephos, erhalten.
Abfall vom Bunde durch. Pol. 24, 5. Frl in Ausg. von Jacobs und Welder, 1825.) f) wegi
feinem fiebzigften Jahre zum achtenmal Strateg | yuvuraorın)s oder yuuraorırög, früher nur in
des Bundes, lag gerade frank in —* doch raffte Bruchſtücken vorhanden, 1844 von Minoides Minas
er ſich auf, brachte in Megalopolis eine kleine aufgefunden, herausgegeben von demſelben (1858)
Schar zujammten und jchlug am Sigel des Euandros | und von Daremberg (1858). — Geſamtausgg. (mit
zuerſt den Deinofrates in die Flucht; allein von | Phil. dem jüngern und Kalliftratos) von G. Ole—
einem hinzufommenden Saufen von 500 Meſſe- | arius (1709), Kayſer (1844 ff. 2. Aufl. 1853; Haupt:
niern wurde er, ſchon durch einen Sturz mit dem | ausgabe), mit Borfjonades Eunapios und Dübners
Pferde jchwer verlegt, gefangen und nach Meffene | Himerios von Weltermann (1849); Tertausgabe
gebradht. Deinofrates, fürchtend, daf das Mitleid | von Kayfer (1870 F.). — 3) Phil. der jüngere,
für ihn rege werden möchte, ließ ihn gleich in der | Sohn des Nerbianus und einer Tochter des äl:
Nacht im Kerker durch Gift ermorden. Lykortas | teren Ph. geno den Unterricht feines Großvaters
zog rächend nach Meflene, und im Trauerzuge | und des Sophijten Hippodromos und erlangte
wurde die Aſchenurne des „legten der Hellenen“, jhon im vierundzwanzigiten Jahre, als Auszeich:
von dem jungen Rolybios geragen, nah Mega: | nung für feine Leistungen, von Garacalla Abgaben:
lopoli$ gebracht. Plut. Phil. 21. Arat. 24. Pol. | freiheit. Er beſuchte Rom, doc) lebte und Iehrte
10, 24. 11, 24. 24, 9 ff. Just. 32, 1. Liv. 39, 49f. er in Athen und ftarb auf der Inſel Lemnos.
— von Neumeyer (1879). Bon ſeinen Schriften find nur die Kinörss, jedoch
hilosträtos, Beloorgarog, 1) Sohn des Be: | nicht vollftändig, vorhanden, ein Werk, welches
rus, Sophift in Athen, lebte im 2. Jahrhundert | dem gleichnamigen feines Großvaters nachgebildet
n. E. und hat neben vielen andern —— auch iſt, aber ihm an Reichtum der Erfindung, au Ge—
an 43 Tragödien und 14 Komödien verfaßt. Von wandtheit der Ausführung und Lebendigkeit der
ſeinen Schriften * ſich ein Dialog, Néoor, unter | Darſtellung weit nachſteht. Abhandlungen von
den Schriften Lukians erhalten. — 2) Flavius Bergk. (5 Abhandl. S. 173 ff.).
Phil. Sohn des vorigen, gleichfalls Sophift, zuerft | Philötas,. Gachres, 1) Sohn des Parmenion,
in Athen, dann in Nom unter Septimius Severus —— ſich ſchon auf den erſten Kriegszügen
bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts n. C. Die Alexanders des Gr. aus und befehligte im Kriege
Gemahlin des Severus, Julia Domna, nahm ihn | gegen die Perjer die NRitterichaft der Hetairen. In
in ihre gelehrte Umgebung auf, mit dem Sailer —— Stolze ſich dem Alexander gleichſtellend,
Caracalla ging er nach Gallien; auch Antiocheia gehörte er zu den Makedoniern, welche mit Un
in Syrien und andere Gegenden hat er befucht | willen das veränderte Weſen Aleranders betrad)-
und ift im einen hohen Alter geftorben. Von | teten, und zog fich vor allem durch freimütigen
jeinen Schriften ift der größere Teil noch übrig: | Tadel, der dem König hinterbracht wurde, deijen
a) r& eig rov Tvarka Arollovıor in 8 Büchern, | Haß zu. Als ihm eine von Dimmnos angeftiftete
eine romanartige Gejchichte, gefnüpft an die Per: | Verſchwörung gegen Alexanders Leben angezeigt,
jönlichleit des Wundermannes Apollonios von | aber von ihm verheimlicht, danı aber auf andere
Tyana und die Verherrlichung der pythagoreijchen Weije entdedt war, wurde er als Mitjchuldiger
Philojophie bezwedend, doch ohne eabjichtigte | vor ein Gericht der Makedonier geftellt und zum
Polemik gegen das Ehriftentum; hat wenig ge: | Tode verurteilt, 330 v. C. Plut. Alex.48 ff. Arr.3,26.
ichichtlihen Wert. b) Bio sogıorar in 2 Büchern, | Curt. 6, 7 ff. Diod. Sie. 17, 79f. — 2) Tariard)
für die Geſchichte der griechiichen Bildung in der | Aleranders des Gr., erhielt nad) defien Tode (323
römijchen Kaiſerzeit jehr wichtige, mit Sa fennt: |. E.) die Satrapie Kilikien. Dieſe ward ihm
nis und Geichmad gejchriebene Lebensbeichreibungen | aber jchon 321 von Perdiffas wieder genommen,
derer, welche der edehunft fi) bejonder8 widme- | er jelbft unter Eumenes’ Befehl gejtellt. Curt.
ten (herausg. von Sayfer, 1838). c) newixög, | 10, 10. Jus’. 4,6. Mit andern Anhängern des
wahrjcheinlich 211-217 in der Zeit des Caracalla | Berdiffas geriet er 317 in die Gewalt des Anti-
geliehen, eine Charafteriftif und Erzählung der | gonos. Diod. Sic. 19, 16.
haten der Heroen vor Troja, deren eigentliche Philotimos, BrAozıuos, 1) ein griechischer Arzt,
und bejondere Tendenz in einer Wiederbelebung | nad Galenos Schüler des Praragoras und Zeit:
und Kräftigung der gejunfenen Bolfsreligion be: | genofje des Erajiftratos, jchrieb über Anatomie,
fteht (heransgeg. von Boiſſonade, 1806). d) Zrı- | Über die Nahrungsmittel u. dgl. — 2) Erzgieher
orokei, 73, meift erotifche Spielereien. e) eluovzs, aus Aigina.
936
Philox@nos, ®BrAoferog, 1) von Kythera, be:
rühmter Dithyrambendichter, geboren um 435 v. E.,
zuerft Slave, dann Schüler des Dithyramben:
dichterd Melanippides, von Ariftophanes in feinen
fpäteren Stüden, namentlich im Plutos, verjpottet,
ftarb 380 zu Ephejos, nachdem er an verſchiede—
nen Orten Griechenlands, Italiens, Siciliens und
Kleinafiens umhergezogen war, um jeine Dich:
tungen aufzuführen. Eine Zeit lang hatte er ſich
bei dem Tyrannen Dionyfios I. aufgehalten; da
er aber die ſchlechten Gedichte desſelben nicht hatte
loben wollen, war er in die Latomien geworfen
worden. Uber feine Stellung unter den Dithy:
rambographen ſ. Dithyrambos. Seine 24 Di-
thyramben, namentlich der Aurloy, ein die Ge:
ihmadlofigkeit des Dionyfios in wißigjter Weiſe
parodierende3 Schäferipiel, erlangten überall den
öchften Ruhm. Fragmente gejammelt von G.
ippart (1843) und erg, poet. Iyr. Graee, III
p. 601 ff. der 4. Aufl.; Monographien von Berg:
lein (1843) und Klingender (1845). — 2) unter
Alerander dem Gr. Schapmeifter für die Provin-
zen weftlih vom Tauros (331 dv. E.); ihm gelang
es, den vertrauten Sklaven des flüchtigen Harpalos
gefangen zu nehmen und über die von diejem
genommenen Gelder genauere Auskunft zu erhalten
(Paus. 2, 33, 4). Nachdem er noch fur; vor Ale—
randers Tode aus Karien neue Truppen herange:
führt hatte, erhielt er von Perdikkas die Satrapie
Kilifien (321) an Stelle des Philotas (j. d., 2.),
die er auch behielt, da er fich für den anrüdenden
Antipater erllärte. Arr. 7, 23. Diod. Sie. 18, 39.
— 3) Orammatifer in Alerandreia im 1. Jahrh.
v. C., lehrte in Rom und war Berfafler vieler
nicht mehr —— Schriften über Grammatik
und über die kritiſchen Zeichen in der Ilias wie
über homeriſche Gloſſen. — 4) Maler aus Eretria,
Schüler des Nikomachos, um 315 v. C., befannt
durch ein Gemälde, das eine Schlacht Aleranders
mit Dareios darftellte, vielleicht das Driginal zu
der auf einer pompejanijchen Moſaik dargeftellten
Aleranderihladt. Plin. 35, 110.
Philtron, pärgor, oder pocülum amatorium,
Liebestranf und Liebeszauber. Das Anwenden
jolcher Mittel wurde von den erften Kaijern zur
Giftmiſcherei gerechnet.
Philyra, Suvoe, Tochter des Okeanos, von
Kronos Mutter des Kentauren Cheiron, weshalb
diefer Bilvgidns heißt. Pind. nem. 3, 43. pyth.
9, 30. Verg. G. 3, 92. 550. Ov. met. 2, 676.
fast, 5, 383.
Phineus, ®ivevs, 1) Sohn des Belos und der
Anchinoe, Bruder des Nigyptos, Danaos und Ke—
pheus, von Perjeus durd) das Medujenhaupt ver:
fteinert. Apollod. 2, 1, 4. Ov. met. 5, 1ff. S. An-
dromeda. — 2) Sohn des Agenor (oder des
Phoinig und der Kaffiepeia, Enkel des Agenor),
König im thrakiſchen Salmydefjos, zeugte mit Kleo—
patra, der Tochter des Boreas und der Dreithyia,
den Oryithos und Krambis, mit Jdaia, der Tod):
ter des Dardanos, den Thynos und Maryanduynos.
Er Hatte von Apollon die Gabe der Beisfagung,
war aber blind durch den Zorn der Götter, weil
er die Ratſchläge des Zeus unvorfichtig entdedt
hatte, und wurde, da er, von jeiner zweiten Ge:
Philoxenos
mahlin verleitet, die Söhne erfter Ehe geblendet
hatte (Soph. Ant. 970ff.), von den Harpyien ge:
peinigt, die ihm die Speifen wegraubten und den
— Phlius.
Reſt mit Geſtank bejudelten, jo daß er von ftetem
Hunger gequält ward. Als die Argonauten dort
landeten, wurde er durch die Boreaden Zetes und
Kalais von ihnen befreit, j. Argonauten und
Harpyien.
Phintias, Oırrias, und Damon, JScuwr, ein
Freundespaar, deſſen Geichichte durh Schillers
Ballade, „die Bürgichaft“, berühmt —— iſt,
2 Pythagoreer in Syrakus zur Zeit des jüngeren
Dionyjiod (nad Cicero, tusc. 5, 22, 63, des älte:
ren). Die Darftellungen des Ariftorenos bei Jambli:
chos (vit. Pyth. 253) und des Balerius Marimus
(4, 7, ext. 1) weichen in Einzelheiten voneinander
ab; andere nennen andere Namen, insbejondere
nennt fie doginus (fab. 257) Mörus und Seli:
nuntius Das Ganze jcheint auf einer Machi-
nation der Höflinge gegen die Bythagoreer, deren
fittlide Strenge in Bewahrung der Freundichaft
fie verſpotten wollten, beruht zu Haben, und die
Anklage gegen Phintias wegen Hocverrats cine
lie gewejen zu jein. Die Anfläger, die beim
usbleiben des Ph. ſchon triumphierten, wurden
zu Schanden gemadt; die Bitte des Dionyfios aber
um Aufnahme in den Freundſchaftsbund blieb un:
erfüllt. Cie. off. 3, 10, 45.
Phlegethon ſ. Unterwelt, 2.
Phlegon, Dleyor, 1) Name eines Sonnen:
rofjes bei Ovid (met. 2, 154). — 2) aus Tralles
in Karien, ein Freigelaſſener des Kaiſers Hadrian
und Berfaffer einiger ſowohl dem Inhalte als der
Form nad unbedeutenden Schriften. Als das
Hauptwerk des Phl. nennt Suidas die Olvamıd-
des in 16 Büchern, von der 1. DI. bis auf Hadrian
ar gehend, in der Darftellung mittelmäßig, dem
Inhalte nach durch die zu vielen agomiftiichen Ein:
zelheiten und bloßen Namensverzeichnifje lang:
weilig. Erhalten haben ſich von feinen übrigen
Schriften nur die beiden egi Pavuasiov und
zeol uazgoßlor, die nur durch die darin enthal:
tenen Angaben aus älteren Schriftftellern und einige
größere Stüde aus den fibylliniichen Orafeln von
einiger Bedeutung, jonft ziemlich wertlos jind
(herausg. von Weltermann in j. Baradorographen,
1839, und von D. Keller im 1. Bande der Rer.
natur. scriptores Graeci minores).
Phlegraei Campi, rediov Bleyowior, edle
z& Dieygaıe, d. h. verbrannte Gefilde, bie die
an der Küfte Campaniens zwifchen Cumä und
Capua ſich Hinziehende Ebene, vulfanijchen Ur:
ſprungs, das jetzige Thal Solfatara. Wahrichein:
ih von der Fruchtbarleit des Bodens entnommen
ift der andere Name diejer Gegend, Laboriae oder
Laborinus campus, j. Terra di Yavoro. Strab.
5, 243. 245. Plin. 3, 5,9.
Phlegyai j. Phokis, 1.
Phlegyas, Pleyvag, mythiſcher Stammmvater
der minyſchen Phlegyer, Sohn des Ares und der
Chryſe, der Tochter des Halmos, Nachfolger des
finderlojen Eteofles in der Herrſchaft über die
Gegend von Orchomenos, die nach ihm Phleghan—
tis heißen jollte, Vater des Ixion und der Koronis,
die von Apollon den Ajklepios gebar. Deswegen
zündete er den Tempel des Apollon an, ward aber
von dieſem erjchoffen und erhielt eine Strafe in
der Unterwelt. Pind. pyth. 3, 8. Verg. A. 6, 618.
Nach anderer Sage war er kinderlos und wurde
von Lykos und Nyktens ermordet.
Phliüs, Disoüg, PAroög, unabhängige Stadt
Doßog — Doivixıov dgog.
im NO. des Peloponnes, deren Gebiet, Phliafia,
Plueole, in mythiſcher Zeit auch Apuudvoea,
Agavria genannt, im W. an Arfadien, im N. an
Sifyonia, im D. und ©. an Argolis grenzte und
eine Gröhe von 2%, TIM. Hatte. Das Ländchen
ift in der Hauptjache ein ringsum von hohen Ge:
birgen umſchloſſenes Thal von der Form eines
mit der Spiße nad) Norden gefehrten Dreieds,
im ©. von Kelöjja und Karneates (j. Mega:
lovuno), im D. vom Trilaranon (j. gl. NR.) eins
geichloffen. Am Fuß des Karneates entipringt
der einzige Fluß des Landes, Ajöpos (j. Fl. von
Hagios Georgios). Unter den Produkten des Lan-
des war bejonders der Wein berühmt. — Die
urjprünglid aus Joniern, dann aus Doriern be: |und den Karmel.
937
roten (polviog) Farbe des Landes oder der Be—
wohner oder ihrer Purpurfleider, oder nach dem
ägyptiſchen Wort Fenchu für das Bolt benannt,
war im engeren Sinne der mittlere Teil des Küſten—
landes von Syrien, von Arados bis über den
Berg Karmel hinaus, 36 Meilen lang, ,—3 M.
breit, ſehr fruchtbar, befonders an Wein und DI,
während das Gebirge Eifen, wohl auch Kupfer
und namentlich gutes Bauholz lieferte. Ph. grenzte
im N. und D. an Syrien, im S. an Baläftina,
im ®. an das Mittelmeer (mare Phoenicium).
Die Abhänge des Libanon durchziehen das Land
und bilden die Borgebirge G600 nedcwnor (j.
Nas Schaffa), das weile Vorgeb. (Nas:el:abyad)
Die jämtlid auf dem Libanon
jtehende Bevöfferung war verhältnismäßig zahl: | entipringenden, meift unbedeutenden Flüſſe find:
reih. Die Berfaffung war mit furzen Unter: | Eleutheros (j. Nahr:el:Kebir); Sabbatifos (ij.
bredjungen eine arijtofratijche, daher hielt Ph. bis | Fuwar ed-Dar), ein intermittierender Fluß, der an:
nach dem peloponnefischen Kriege feit zu Sparta: geblich jeden fiebenten Tag waſſerlos war, daher
200 Phliaſier kämpften unter Leonidas (Hat. | der Name Sabbatfluß; Adonis(j. Nahr-Ibrahim),
7, 202), 1000 bei Plataiai (Hdt. 9, 28); im pelo:
ponnefiichen Kriege gegen Argos verjammelten fich
6000 Bürger auf dem Markte. Tec. 5, 57. 6, 105.
Die um 394 v. E. vertriebenen Dligarchen wurden
jedoch erjt fpäter von den Spartanern wieder ein:
gejegt. Xen. Hell. 5, 2, 8. 3, 10. Rühmliche Be:
weile ihrer Tapferkeit und Anhänglichkeit an Sparta
erzählt Xenophon (Fell. 7, 2). Später nahm Ph.
am Achaiifchen Bunde teil. Pol. 2, 14. Die Stadt
Phlius, Heimat des Dichterd Pratinas und des
—— Timon, war hart am Oſtrande der
Ebene theatraliſch aufgebaut; j. unbedeutende Rui—
nen bei Staphylile. Strab. 8, 382, Bei dem Flecken
Keleai, eine Biertelftunde ſüdlich von der Stadt,
befand fich ein Demeter-Heiligtum mit Myſterien,
die alle 4 Fahre gun wurden. Vgl. Eurtius,
Beloponnejos 11 ©. 470 ff.
Doößog |. Area.
Phoibe, ®oißn, 1) Tochter des Uranos und der
Ge, eine Titanin, von Koios Mutter der Niteria
und Leto. Hesiod. theog. 136. 404. Nah Themis
und vor Apollon war fie Orakelgöttin von Delphoi.
Aesch. Eum. 7. — 2) Beiname der Artemis, Luna.
Verg. G. 1,431. A. 10, 215. — 3) f. Idas, 4.
— 4) Tochter der Leda. Zur. Iph. Aul. 50. Or. |
5) Hamadryade, Gemahlin des Da: |
her. 8, 77. —
naos. Apollod. 2, 1, 5. — 6) Amazone. Diod.
Sie. 4, 16.
Phoibidas, Soßidas, ein jpartanifcher Feld:
herr, bejeßte 384 v. E. auf einem Zuge nach Olyn—
thos, ohne Befehl feiner Regierung (nach Diod.
Sie. 15, 20 mit Genehmigung derjelben), aufgefor:
dert von den Dligarchen in Theben, die Kadmeia,
wurde dafür zwar zurüdberufen und mit einer
Gelditrafe belegt, lehrte aber bald wieder mit
Ageſilaos nad Boiotien zurüd und wurde in einem
Gefechte bei Theipiai getötet. Xen. Hell. 5, 2,25 ff.
4,41ff. Plut. Pelop. 5f. Ages. 23 f.
Phoibos ſ. Apollon und Helios.
Phoinike, Golan, bedeutende Handelsſtadt
in der Landichaft Chaonia (Epeiros), nördlich
von Buthroton, jeit dem Berfalle des Molotter:
reiches die reichite Stadt von Epeiros und Vorort
eines Städtebundes; j. Ruinen Finiki. Liv. 29,12.
Pol. 2,5, 8. 8, 4. 32, 24.
Phoinikia, Phoinike, 7) Gouiun, entweder
nad den PBalmbäumen (polvı&), oder nad) der
der öfterd von dem Boden angeblid von dem
Blut des Adonis rot gefärbt war; Lykos (j. Nahr:
el⸗Kelb, d. i. Hundsfluß), mit ägpptiichen und aſſy—
riichen Siegesreliefs, Magoras (j. Nahr Beirut);
Zampras(j. Nahr-Damur); Boftrenos (j. Nahr:
el:Aule); Lita, N, aber falſch Leontes
gen. (j. Litani); Belos (j. Naaman); Kijon (j.
Mufatta); Cherjeos (j. Nahr-Keradſchi), der ſüd—
lihe Grenzfluß. — Die Bewohner, Phoenices,
Doivırzg, nannten ſich ſelbſt Kanaaniter, jprachen
aber einen femitischen, dem Hebräijchen jehr nahe
verwandten Dialekt; es ijt daher noch nicht aus:
gemadt, ob fie zu den Hamiten oder Semiten
gehörten. Ihrer eigenen Angabe nad) jind fie zu
Anfang des 3. Jahrtaufends vom Erythraiischen
Meer her eingewandert (IIdt. 1, 1. 2, 44. 7, 89).
In hiftorischer Zeit jind die Ph. ein äußerſt rüh—
riges Handelsvolk, deſſen Schiffe bis Südarabien,
Weftafrifa und Britannien gelangen, das den
Bernftein der Nord: und Dftjee und die Produkte
Indiens und Dftafrifas gegen jeine PBurpurftoffe,
Gläſer und Metallarbeiten eintaufcht. Sie find
für die europäiſchen Völker, insbejondere für die
Sriechen, die Lehrmeifter in Schreib: und Rechen:
funft, Sterntunde, Stein:, Berg: und Sciffsbau,
Burpurfärberei, Glas: und Metallinduitrie gewor-
den und galten deshalb auch als die Erfinder
aller diejer Künſte, wiewohl fie vielfach darin nur
die Schüler der Ngypter und Babylonier waren.
— Städte (von N. nad) S.): Arados, Arvad (j.
Ruad), auf einer Felſeninſel, mit der gegenüber:
| liegenden eitlandsfolonie Antarados (j. Tar-
tus); Marathos (j. Amrit), mit einer für die
| Kunſtgeſchichte ſehr wichtigen Nefropole; Simyra,
Zemar (j. Sumra); Arka, auch Caesarea ad Li-
banum (j. Tell Arka); Tripolis (j. Tarabulus),
als Bundesftadt von Arados, Sidon und Tyros
erbaut; Botrys (j. Batrun); Byblos, Gebal
(j. Dichebeil); Berytos «j. Beirut), mit gutem
Hafen; Sidon (j. Saida), urſprünglich die mäch—
tigfte Stadt, jpäter überflügelt von Tyros, Bor
(ij. Sur); Ake, Alto, ſpäter Ptolemais (j. Alta);
Dora, Dor (j. Tantura). Strab. 16, 753 ff. Mela
1, 12. Plin. 5, 19, 17. Bgl. Movers, die Phöni—
cier (3 Bdd. 1841 fj.). Perrot und Ehipiez, Geſch.
der Kunft im Altertum. Bd. III (1885). Pietſch—
mann, Geſchichte der Phönizier (1889).
Poıwviztov 0g05, ein jchmaler Gebirgszug
938
Boiotiens zwijchen den Seen Kopais und Hylike.
Strab. 9, 410.
Phoinfküs, Poırixong, öfter vorkommender
Städte: und Safenname: 1) Berg in Lnfien, iden-
tifch mit dem Olympos (f. d.). Strab. 14, 666. —
2) Hafen Lydiens (Koniens) am Fuße des Berges
Mimas, wahricheinlih das j. Tichefme. True.
8, 34. Lir. 36, 45. — 3) Hafen Meffeniens, weft:
lid) vom Borgebirge Alritas. Paus. 4, 32, 12. —
4) Bucht und Hafenort an der Dftküfte der Inſel
Kythera, j. Bucht von Aplemona. Xen. Hell.4, 8,7.
Phoiniküsa (-ssa) |. Aiolia.
Phoinix, SodvıE, 1) mythiſcher Repräjentant
der Phoinifer, Bater der Europe (Hom. Il. 14,321);
nad; andern Bruder der Europe, Sohn des Agenor
und der Argiope oder Telephaffa, der, nad) ——
geraubten —*8 ausgeſandt, in Phoinikien
Afrika, Hyg. ſab. 178) einem Volle ſeinen Namen
Phoiniker gibt. Apollod. 3, 1, 1. Als ſeine Kinder
werden genannt: Peiros, Aſtypale (Aſtypalaia),
Europe, Phoinike, Adonis. — 2) ſ. Achilleus
und Amyntor. — 3) ſ. Jambographen. —
4) fabelhafter heiliger Vogel der’ Ägnpter, der nach
Herodot (2, 73) alle 500 Jahre, wenn fein Vater
geitorben war, ans jeiner Heimat Arabien nach
Heliopolis in Agypten fam, um dort den Leichnam
jeines Vaters, den er in ein Ei von Myrrhen ge:
legt, im Tempel des Helios zu begraben. Er war
in Adlergeftalt abgebildet mit rotem und goldenem
Gefieder. Tacitus (ann. 6, 28) erzählt, wenn fein
Ende herannahe, baue er in Arabien ein Meit,
aus dem ein junger Phoinir hervorgehe, der, jobald
er herangewachien, feinen Vater auf dem Altar des
Helios verbrenne und dann begrabe. Nach andern
verbrennt ſich der Phoinix, nachdem er ein hohes
Alter (500, 1461, 7006 Jahre) erreicht, ſelbſt auf
einem Scheiterhaufen von Gewürzen und fteigt
aus jeiner Aiche verjüngt hervor. Plin. 10, 2.
Ov. met. 15, 392. Dieje Sage fnüpfte ſich an eine
Neiherart (ägypt. Bennu), die ſich immer vor der
Nilichwelle zeigte. Der Ph. war das Symbol für
das neue Leben, dem alles Geftorbene entgegengeht.
©. aud) Lacetantius,
Phokaia, Pon«ıe, eine blühende atheniſche
Kolonie in Jonien, die nördlichfte der ioniſchen
Städte, auf der den Elaitifchen und Hermaiiſchen
Bufen jcheidenden Landipite, 200 Stadien von
Smyrna. Bor den beiden Häfen Nauftathmos und
Lampter lag die Heine Injel Baldhion (Liv. 37, 31).
Die Bewohner, Poxe«eis, unternahmen zuerft von
den Griechen weite Seereifen und gründeten Kolo-
nien, bejonders Maflalia in Gallien. Strab.4, 179.
14, 6325. Als Ph. nach dem Ende des Indischen
Reis, um 545 dv. C., von Harpagos belagert
wurde, wanderten alle Bewohner nad) Alalia (ipäter
Aleria) auf Corjica aus, von wo fic 5 Jahre jpäter,
durch Karthager und Etruffer vertrieben, nach Ita—
lien famen und dort Belia gründeten, ein Zeil
fehrte aber bald zurüd. Hdt. 1, 166. Strab. 6,252.
Hr blieb bedeutend und gewährte den plündern—
den Römern (190 v. €.) reiche
Die Ruinen heißen noch jegt Fokia.
Phokion, Poxdor, der Athener, aus geringem
Bürgerftande herftammend, genoß den Unterricht
Platons, war mit dem etwas jüngeren Xenofrates
befreundet und bildete fich nach den beften Muftern,
war im Privatleben Tiebreich und menjchenfreund:
lich, aber herbe und ſchroff im öffentlichen. Er
eute. Liv. 37, 32.
Phoinikus — Phokion.
| veradhtete den Reichtum und allen Lurus, zugleich
aber auch das Volk feiner Zeit, das er für unfähig
zur freiheit hielt. Fern von jedem idealen Schwung,
einer bloßen Nüplichfeitstheorie huldigend, hielt
er Zucht und Ordnung unter einen fräftigen Herr:
cher für das damals Wünjchenswertefte, und fo
wurde er troß feiner Vaterlandsliebe und Redlich—
feit (zenorög wird er oft genannt, Plut. Phoc. 10)
ein bejtändiger Gegner de3 Demofthenes und Be:
förderer des maledoniſchen Einfluffes. Ausge—
Eon als Feldherr — fünfundvierzigmal war er
trategos — verband er damit die ätigteit des
Staatsmannes. Ohne eigentlich Redner zu jein,
mar er Meifter eines fernigen Ausdruds und fuchte,
abweichend von der gewöhnlichen Weife der dama—
ligen Redner, ftets I rauhe Mahnungen dem
Demos jeine Gebrechen zu vergegenwärtigen. Er
ſchloß fich zuerft dem Chabrias an, nahm ala
Führer des Tinfen Flügels thätigen Anteil am
Siege bei Naros, 376 v. E., und erwarb fich den
Ruhm der Rechtlichkeit beim Einfordern des Tribut
von den Bundesgenofien. Plut. Phoc. 6 ff. Diod.
Sic, 15, 34, Dann wird er erft wieder genannt,
als er 351 von dem kariſchen Dynaften Idrieus
ausgerüftete Hülfstruppen für Artaxerxes gegen
Kypros führte. 350 wurde er nach Euboia geichidt,
um makedoniſche Umtriebe zu unterdrüden und
den Tyrannen PBlutarchos von Eretria zu unter:
ftügen. Er fämpfte glüdlich bei Tamynai; Doch
als ſich Pintarchos treulos zeigte, und die Bewoh-
ner fich gegen die Athener wandten, da ging der
Krieg unglüdliih, und Euboia war für Athen
twieder verloren. Plut. Phoc.12. Dem. Mid.p. 567.
Aeschin. Ütes. 26. Ob er auch an der Spitze einer
jpäteren Erpedition nach Euboia ftand (343 oder
341), durch welche die Tyrannen PBhiliftides und
Kleitarchos vertrieben und Athens Einfluß wieder
hergeftellt wurde, ift ungewiß; jedesfalls war er
bei der Einnahme von Dreos und Cretria an:
wejend. Plut. Demosth. 17. Dem. de cor. p. 252.
Im 3. 339 rettete er Byzanz bon dem Angriffe
Philipps (Plut. Phoc. 14) und bejchügte Megara
gegen die Thebaner. Dabei mahnte er jedod
immer zum Frieden mit Philipp, riet nach der
Schlacht bei Chaironeia, die „sehr gemäßigten‘
Friedensbedingungen anzunehmen, bemühte fich
nach deſſen Tode die Athener von einer voreiligen
Erhebung abzuhalten, ftimmte ungeachtet des Un:
willens der Vollsverſammlung für die von Ale—
gander geforderte Vertreibung der Boltsredner,
erwirfte denjelben dann aber, bis auf Charidemos,
Verzeihung. Flut. Phoc. 17. Fortwährend wurde
er nun von Alexander hochgeachtet, nahm aber, troß
feiner Armut, weder Geld noch andere Gnaden—
bezeugungen von ihm an. Auch nad dem Tode
Aleranders widerjegte er fi) der Emeuerung des
Krieges und ſprach bei jedem im lamijchen Kriege
gewonnenen Siege jeine Beforgniffe aus. Plut.
Phoe. 23. Als nun der Krieg einen unglüdlichen
Ausgang genommen hatte, und Antipater gegen
Athen rüdte, mußte das bedrängte Volk zu den
Freunden Mafedoniens feine Zuflucht nehmen.
Thofion ing, mit dem jeilen Demades als Unter:
händler zu Antipater und mußte einen Frieden
abichließen, der 12000 Bürger, namentlich die
Kleinbürger, ihrer Rechte beraubte, die Malebonier
in den Beſitz des Hafens von Munichia feßte und
ı die edelften Bürger dem Feinde preisgab. Plut.
1
- den Korinthiichen Meerbujen. In früheren Zeiten
Plokis,
Phoe. 275f. Er ftand von jeht an als Etrateg
an der Spitze des Staates und ſuchte, foweit er
e3 vermochte, die Herbigkeit der Bedingungen in
der Ausführung zu mildern. Als aber nad) Anti-
paterd Tode (319) Polyiperchon, um Griechenland
auf feine Seite zu ziehen, die Herjtellung der alten
Verfafjungen verfprach, juchte Phofion in Berbin-
dung mit Nitanor, einem Anhänger KRaflanders,
die Ausführung zu hindern; darüber erhob fich
gegen ihn der Unwille des Volkes, und ala Ale:
rander, des Polyiperhon Sohn, mit einem Heere
in Attifa anlangte, wurde er abgejegt und mit
jeinen Freunden als Rerräter verfolgt. Sie be-
gaben ſich zu Polyſperchon, der aber ſandte fie
nad Athen zurüd, dem Bolfe die Enticheidung
über fie überlaffend. Der Rhetor Agnonides trat
als Kläger auf, und einftimmig verurteilte fie Die
Vollsverfammlung wegen moodoot« zum Tode,
Plut. Phoe. 29 f; 32. Diod. Sie. 18, 64f.
Fhofion mußte, ſchon 80 Jahre alt, den Giftbecher
trinfen, im J. 318; indes trat bald ein Umſchwung
in der Stimmung ein, dem Phokion wurde eine
Bildſäule geſetzt, Agnonides hingerichtet. „Er fiel,
wie Sofrates, ald Opfer des langen, ein wejent:
liches Element der griechiichen Geichichte bildenden
Kampfes zwiſchen dem jelbftändigen Hochſinn philo:
ſophiſcher Charaktere und der bald glatten, bald
wilden Politik demokratiſcher Stadtgemeinden‘
(Bernays). S. die Lebensbejchreibungen des Ph.
von Plutarch und Nepos und über jein politijches
Verhalten und feine Beziehung zur Philojophie
die Abhandlung von Bernays: Phokion und feine
neueren Beitrteiler (1881).
Phokis, Doxis, eine etwa 40 ) M. große Land:
939
überjchritten die Phokier dies Gebiet, indem fie ihr
Gebiet im N. bis an das Euboiiſche Meer aus:
dehnten und fi jo gewifjermaßen wie einen Keil
zwiichen die epiknemidiſchen und opuntiichen Yofrer
hineinfchoben, deren Landichaften das Gebiet der
Hafenftadt Daphnüs, bis zum Ende des phokiſchen
Krieges in den Händen der Phofier, trennte. Strab.
9, 416. Die ganze Landichaft befteht aus? Teilen:
a) dem breiten, fruchtbaren Flußthale des Kephi—
08 (j. Mavronero), weldyes, vom Barnajjos im
S., von dem Kallidromos und der Knemis
im N. begrenzt, im SO. durch einen Engpaß ge-
ichloffen wird, den bei Parapotamioi ein Vorberg
des Parnaſſos (Prioßorwrög) mit dem “Aövlıor
bildet; b) einer ſüdlich von dieſem Thale bis zum
Korinthischen Meerbuſen fich erftredenden Gebirgs—
landichaft, deren Kern und Mittelpunkt ein hohes
und breites Maffengebirge, von 3 Seiten abge-
ichloffen, DB eralien ($. d.), bildet. Jm Süden
tremmt nur das jchmale Thal eines im Sommer
völlig trodnen, daher j. Xeropotamos genannten
Fluſſes, des Pleiſtos der Alten, den Barnafios
von einem hohen bewaldeten Gebirgszuge, deſſen
jüdlihe Ausläufer fi bis ans Meer erjtreden,
der Kirphis. An dieſen ſchließt fih im D. ein
rauher Gebirgszug an, der die Kirphis mit dem
boiotiihen Heliton verbindet, aber im Altertum
feinen gemeinschaftlihen Namen gehabt zu haben
icheint. Weftlih von der Kirphis lag das Koro-
saior nedlov eidcıuor. — Das Klima von Phokis
ift wegen der Nähe des Parnafjos im ganzen naß
und falt, doch gedieh Korn, DL, Wein und be-
jonders der Nieswurz. Die fruchtbare Ebene von
Kirrha durfte, als dem Gotte heilig, nicht bebaut
ſchaft des mittleren Griechenlands, grenzte im W. | werden. — Die Eimwohner, Daxeis, Phocenses,
an Doris und an das Land der ozoliſchen Lofrer,
im N. an die epiknemidiſchen, gegen D. an die
opuntiſchen Lolrer und an Boiotien, gegen ©. an
‚ Tempel des Apollon.
‚Grosser Altar.
Thessuroi.
Buleuterion.
b. Stoa der Athener.
. Grabm. d Neoptolemos.
. Quell Kassotis und
heiliger Lorbeer.
‚ Lesche der Kuidier.
9. Quell Deiphusa (Styz),
B Quell Kastalia.
waren aioliichen Stammes, doch Tebten unter ihnen
auch Dorier; auch hatten Hyanten aus Boiotien,
Argeier, Athener, Korinther, Aigineten, Arkader,
die Dileyvaı, ein räuberijches Volt aus Thrafien,
15
*
-
940 Phokos —
fih mit jenen in alter Zeit verfchinolzen. Die
22 Heinen Städte des Landes (ohne Delphoi) bil:
beten, vielleicht bis 146 v. E., einen Bund unter
fi, xoıwov ovornu«@ rar PDoxewor, deſſen Organ
eine in einem befonders dazu beftimmten, Doxınov
genannten, Gebäude tagende Bundesverfammlung
war (Paus. 10, 5, 1); indes hatten fie feine ges
meinjamen Beamten, außer Strategen, deren es
bis zum zweiten heiligen Krieg 2 und dann 3 gab.
— Seinen Hauptruhm hatte Ph. durch das del—
phiiche Dralel; doch gab dies zugleich die Veran-
lafjung zum Untergange der Se bftändigteit des
Landes. Delphoi mit ſeinem Tempel und Gebiet
bildete einen eigenen Staat in Ph., mit einer
eigenen Berfafjung, einer &yoga, einer Povi« und
Beamten, von denen in den Inſchriften bejonders
ein Leywv oder zovranıs, rawiaı und uxsreol
erwähnt werden. Eine Plünderung der Tempel:
ſchätze durch Phokier veranlaßte den — Krieg
(356—346 v. C.), infolge deſſen durch Philipp von
Makedonien die ſämtlichen altberühmten Städte
mit unerhörter Grauſamkeit vernichtet wurden. —
Die bedeutenderen Städte waren: Delphoi (JSei-
poi), j. Ruinen bei Kaftri, dichterifih ITvdo und
Ivdo», bei Homer (Il. 1, 519) nur ITvd@ ge:
nannt, am ſüdweſtlichen Abhang des Parnafjos in
einem halbkreisfjörmigen Thalgrunde hart an den
Bhaidriadijchen Felſen, mit dem berühmteften
Heiligtum des Apollon und untrüglicem Dratel
(@yevdicrarov uarrsior). Der Ort galt bei den
Hellenen als Mittelpunkt von ganz Griechenland,
ja fogar der ganzen bewohnten Erde (öupakög
zug yüs —— Das Anſehen des Orakels
ſ. Delphisches Orakel) ward noch vermehrt
durch das dabei errichtete Amphiktyonengericht (f.
Amphiktyonen) und die pythijchen Spiele.
Der ältefte Tempel bejtand nur aus einer Laub:
hütte von Lorbeerbäumen, bald aber erhoben fich
ftattliche Gebäude; mehrmals abgebranmt, wurbe
er immer herrlicher wieder aufgebaut, zulegt von
dem Korinther Spintharos. Die herrlihe Stütz—
mauer desjelben, die mit zahlreihen Inſchriften
bededt ift, ijt neuerdings freigelegt worden, ebenjo
die Stoa der Athener. Schon zu Homers Zeiten
war delphiſcher Reichtum jprichwörtlid, und troß
der unzähligen Beraubungen, unter denen die der
Phokier allein 18 Mill. Mark betrug, zählte man
Phokylides.
| Südabhange des Parnafjos; Lykoreia, j. Liakura,
Silaia an den Quellen des Kephilos; Ledon
(R. Paleo:Bifa) nahe am Kephiios, Vaterftadt des
Anführerd im heiligen Kriege, Philomelos; Ela:
teia (Elefta) am Rande des Kephiſosthales, nächft
Delphoi die bedeutendfte Stadt des Landes, wegen
ihrer Lage bei Kriegen wiederholt hart mitgenom—
men; Abai mit berühmtem Mpollontempel und
Orakel; davon unweit Hyampolis, deſſen Be—
Bee mit den opuntiichen Lokrern oft um den
Bejig der Stadt Daphnüs am Euboiiihen Meere
ftritten; Barapotamioi, alte beträchtliche Stadt
längs des Kephilos, von Ferxes vernichtet (doch
finden fi) bedeutende Ruinen unweit Belei);
Panopeus (oder Phanoteus), nahe am Kephiſos
unweit der boiotiihen Grenze, wo ſich das Heer
des XZerges beim Einfall in Griechenland trennte;
Daulis, unweit Ranopeus, am Dftabhange des
Parnafjos, theatraliich gebaut, mit einer Ayllo-
piihen Burg, wohin die Sage den Mythos von
Tereus, Prokne und Philomele verjegt; bei dieſer
lag das oben erwähnte Doxızöv, das Berfamm:
lungsgebäude für die phokiſchen Städte bei ihren
Beratungen; Ambryjos (j. Dhiſtomo): da, wo
ji auf dem Wege von Panopeus nah Delphoi
die Straße nad) Ambryjos abzweigt, war die
ogıorn, Ödög, bei den Tragifern auch rododog oder
rozig aelevdor genannt, auf welcher Didipus jeinen
Vater Laios erihlug. Nahe der Küjte, unweit der
Mündung des Pleiftos, lag Kirrha im frucht:
barer Ebene (j. Magula), näher nad Delphoi zu
Kriſſa(ſ. d.); Antikirrha oder Antilyra, befannt
durch feinen Nieswurz; Stiris; Bulis, forinth.
Hafenfolonie hart an der boiotischen Grenze. Strab.
9, 416 ff. Paus. 1.10. Vgl. Burfian, Geographie
von Griechenland I ©. 156 ff.
Phökos, Döxos, 1) Sohn de3 Ornyhtion oder
des Pofeidon, der von Korinth auswanderte und
der Gegend um Tithoreia und den Parnaß den
Namen Phokis gab. Paus. 2, 4, 3. 29, 3. — 2).
Aiakos.
Phokylides, Boxvilöns, aus Milet, gewöhn—
lich als Zeitgenofje de3 Theogni® um 530 v. E.
bezeichnet, gnomifcher Dichter in Herametern und
in elegiihem Bersmaße. Bon feinen Lebensver:
hältnifjen weiß man nichts. Seine furzen, in
wenigen Verſen zujammengefaßten Sittenfprüche,
zu Plinius' Zeit mehr ald 3000 Statuen von |xepaiaıe betitelt, verraten einen ernten, biede—
Gold, Silber, Erz und Marmor. Im J. 273 |ren, verftändigen Sinn und find in einfacher, an:
v. E. plünderten die Gallier den Tempel, 86 v. E. | fpruchslojer Form, doch nicht ohne Selbftbewußt-
Sulla, endlich die römischen und byzantinischen | jein hingeftellt. Die übliche (Formel des Eingangs
Kaifer. Aus einer tiefen Schlucht, welche die | war: anal rode Danvildeo. Wir haben nur ge:
Phaidriadifchen Feljen durchſchneidet, ftürzt fich in | ringe Bruchjtüde von ihm (herausg. von Schier,
der Regenzeit ein Gießbach zum Pleiftos hinab. | 1751, dann von Brund, Schneidewin und Gais:
Aus der öftlicheren Felswand Hyampeia (j. ford, zulegt von Bergk, poet. Iyr. Graec. Il
Thlempufos) jprubelt aus dem zu einer großen | p. 68 ff. der 4. Aufl). — Das noch vorhandene,
Wanne ausgehauenen Felfen die Quelle Kaſtalia
hervor, vor dem Cingange des Peribolos des
Tempels, zur Reinigung und Sühnung aller derer,
die das Heiligtum betreten wollten. Die Quelle
vereinigt ihr Wafler mit dem des Gießbachs. An
der Weitjeite des Plateaus liegt mit 8 Fuß hohem
Eingange, im Innern aber 100 F. hoch, 200 F.
lang, die dem Pan und den Nymphen gemeihte
Korykiſche Grotte (Kugixıor &vrgov) mit zahl:
reichen Tropffteingebilden. Vgl. Bomtomw, Beiträge
ur Topographie von Delphi (1889). — Andere
Ortichaften: Anemorcia (j. viel. Arachova) am
ihm zugeichriebene romue vovderıxor in 230
Herametern ijt, wie die mangelhafte, unpoetiiche
Spradje, bejonders aber der fichtlich aus dem Pen-
tateuch und didaktiichen Büchern des Alten Tefta-
ments geflofjene Anhalt beweift, ein ſpätes Mach—
werf eines jener alerandrin. etwa jeit 150 v. C.
auftretenden Reformjuden, welche die Lehren bes
Judentums mit der griechiichen Philojophie ge:
‚fällig verbanden, entftanden zwiichen dem 2. Jahr:
hundert v. E. und dem Kalter Nero (mit Überſ.
herausg. von J. Nidel, 1833, von Bergf, poet.
Ilyr. Graec, Il p. 74 ff. der 4. Aufl.). I. Ber:
Pholegandros
nays, über das phofylibeifche Gedicht (1856; mie: |
der abgedrudt in deſſen Gel. Abhandlungen I
©. 192 ff.).
Pholegandros, ®olfyarögos, j. Bolyfandros,
Heine rauhe Kyfladeninjel, deshalb „die eiſerne“
genannt, zwiſchen Melos und Gifinos. Die Ein-
wohner waren Dorier, gehörten aber dem athen. | f
Seebunde an. Strab. 10, 484. 486.
Pholö@, So)0n, eine Fortjegung des Ery—
manthos, Grenzgebirge zwiichen Elis und Arka—
dien, ein breites, noch jeßt reich bewaldetes Plateau.
Strab. 8, 336 u. ö.
Pholos j. Herakles, 7.
Dovog, yovıza).Areiopagos und’Epiraı.
Phorbas, ®öoßas, 1) Sohn des Lapithes und
der Drfinome, Bruder des Periphas, von den
Rhodiern nad einem Orakel in ihr Land gerufen,
um es von Schlangen zu befreien, und als Heros
verehrt; oder er fam aus Thejjalien nad Dlenos
in Achaia, von da nad) Elis zu dem König Aleftor,
dem er um einen Teil der Herrichaft gegen Pelops
beiftand und feine Tochter Diogeneia zur Ehe
gab; er dagegen heiratete Alektors Schwefter,
Hyrmine, und zeugte mit ihr den Augeias und
Aktor. Ein übermütiger Fauſtkämpfer, plünderte
er mit den Phlegyern den Tempel zu Delphoi,
ward aber von Apollon überwunden. Ov. met.
11, 413, — 2) Sohn des Kriaſos und der Melantho,
Bruder des Ereuthalion, Bater des Areftor. —
3) Alarnanier, der mit Eumolpos gegen” Elenfis
309. — 4) Leibier, Vater der Diomede. Hom. Il.
9, 665. — 6) —— des Phineus, Sohn des
Metion aus Syene. Or. met. 5, 74. — 6) Troja⸗
ner, Bater des Iſioneus. Hom. Il. 14, 490. Verg.
A. 5, 842.
Phorkys, Bögxvs, Bogxvv, Bogxos, Phorcus,
d. h. der Graue, 1) ein Meergreis, Bater der
Nymphe Thoofa. Hom. Od. 1, 71. 13, 96. Bei
Hefiod (theog. 237) ift er Sohn des Pontos und
der Gaia, Bruder des Nereus und Thaumas, der
Keto und Eurpbia; mit Keto zengte er bie Graien
und Gorgonen (Dopxiödes, Phorcydes, Phorcyni-
des), den die Hefperidenäpfel bewachenden Drachen
Ladon (Hesiod. theog. 270. 333) und die Heſpe—
riden, mit Hekate die Stylla. — 2) Sohn des
Phainops, Führer der Phryger aus Aſtkania, von
Aias vor Troja erlegt. Flom. [l.2,862.17,218. 312.
PoöguuyS |. Musica, 9.
Phormion, ®ogulor, 1) bedeutender athen.
Feldherr im peloponmefiichen Kriege, auch jchon |
rüber im Kriege mit Samos, 432 v. E. bei der
elagerung von Potidaia (Thuc. 1, 64. 65. 117) |
thätig, kämpfte 431 gegen die haltibiihen Städte
(Thue. 2, 29), dann gegen die Ambrafioten (daj.
2, 68) und 429 fiegreich bei Naupaftos gegen die |
überlegene peloponnefijhe Flotte (daf. 2, 80 ff.), |
endlich wieder in Alarnanien. — 2) ein reicher |
Großhändler in Athen, gegen den Demojthenes in |
— — — — — — — — — — — —— — — — — —
— MPocrogss. 941
2, 1,1), auch des Kar. Er foll den Dienft der Hera
zuerjt in Argos eingeführt, die zerftreuten Menſchen
in gemeinjchaftlihen Wohnorten verfinigt und ihnen
die erfte Kultur beigebracht haben, indem er ihnen
das Feuer gab. Deshalb ward er in Argos als
Landesheros verehrt, und man brachte ihm an
einem Grabe Totenopfer. Die Argiver heißen
als feine Nachtommen Bogwreidaı, Jo Dogwrig.
Theocr. 25, 200. Ov. met. 1, 668.
ögos |. Staatshausbalt, 7. 9.
Phosphöros, ®wopögos, Basspögog, "Ews-
ögog, Lucifer, Eous, Lichtbringer, 1) der Stern
Benus als Morgenftern. Hom. Il. 23, 226. Verg.
@. 1, 288. Ov. met. 2, 115, Als Abendftern heißt
er Heſperos, Vesper, Vesperugo, Noctifer,
Nocturnus. Hom. Il. 22, 318. Plin. 2, 8. Cie.
n. d. 2,20. Er gilt ald Sohn des Nitraios und
ber Eo3 (Hesiod. theog. 381), oder des Kephalos
und der Eos, ald Bater de3 Keyr (Ov. met.
11, 271), des Daidalion (Or. met. 11, 295), der He:
iperiden. — 2) Beiname der fadeltragenden und
ihtbringenden Göttinnen Artemis, Diana Luci-
fera, Eos, Hefate, Juno Lucina.
Photios, Schrios, lebte im 9. Jahrh. n. E. zu
Konftantinopel, war zuerft Oberft der faiferlichen
Leibwache, dann 858—869 und wieder 878—886
Patriarch bafelbft und ftarb um 891; ein Mann,
ebenjo bedeutend für die Kirche durch jeine Strei-
tigfeiten mit den Päpften wie für die Wifjenichaft
durch feine ausgebreitete Gelehrſamkeit und feinen
richtigen Geſchmack. Er Hat fih um die Alter
tumswiſſenſchaft namentlich durch 2 Werke verdient
gemacht: 1) durd; feine Bıßlıodrjan, aud) Mugıo-
Pıßlog genannt, einen Bericht über 280, für ung meift
verloren gegangene Werke, die er auf einer Ge—
ſandtſchaftsreiſe nah Afiyrien gelefen, und aus
denen er nun teild mehr oder weniger ausführliche
Auszüge, teild nur einzelne Notizen unter Bei:
fügung zahlreicher ——— oder kritiſcher Be—
merkungen mitteilt Ausgg. von D. Höſchel, 1601,
J. Belter, 1824 f.); 2) durch ſeine avvayayrı A£Eswr,
ein alphabetiſches Gloſſarium zu den griechiichen
Nednern und Gejchichtichreibern, das aber mit
ipäteren und fremden Zufägen und nicht ohne
Lüden auf uns gelommen ift (herausg. von ©.
Hermann in Tittmanns Ausgabe des BZonaras,
B. 3, 1808, von Dobree, 1823, Porſon, 1822, und
ı Naber, 1866). Vgl. Hergenröther, Bhotios ı3 Bdd.
1867 ff..
Plhraätes j. Parthia,
Phraortes, Peuögrns, altperfiich Pirruvartis,
1) Bater des erjten mebijchen Königs Deiöfes (ſ. d.).
Hdt. 1, 96. — 2) zweiter mediſcher König (647 —
625 dv. E.), der feinem Vater Deiöfes folgte, die
Perſer und andere Bölkerjchaften unterwarf, zuletzt
aber im Kampf gegen die Aſſyrer unterlag. Hdt.
1, 102.
Phrataphernes, Poarapeorns, perſiſcher Sa:
einer Rede auftrat. — 3) ein Beripatetifer, wel: |trap, befehligte bei Gaugamela die Parther und
cher den Hannibal jhulmäßig über die Kriegs: | Hyrkanier, unterwarf fich 330 v. E. dem Alegander
funft belehren wollte. Cic. de or. 2, 18, 75. Daher | und wurde von demjelben in feinen Gatrapien
heißen Phormiones fprihwörtlich diejenigen, welche | Barthien und Hyrkanien beftätigt. Arr. 3, 8, 23.
über Dinge reden, von denen fie nichts verftehen. | 28. 4, 18. Er blieb Alerander treu. Nach deſſen
Cie. de or. 2, 19, 77. Tode (323) behielt er bei der Verteilung der
Phoröneus, Bogwvers, Sohn de3 Inachos | Provinzen feine Statthalterichaften. Diod. Sie.
und der Dfcanide Melia, Bruder des Wigialeus, | 18, 3. ,
Beherricher des Peloponnes, Gemahl der Nymphe | Doarogss (podreoss) und Poargiea j. Pulı,
Teledife, Vater des Apis und der Niobe (Apollod. 2. 7.
942
bosarroi (dınaornero» dv) j. Epiraı
und Attika, 15.
Phrixos j. Athamas.
PhrygYa, Sovyde, Landichaft Kleinafiens, um:
faßte urjprünglich das ganze Innere der Weit:
hälfte der rer außerdent die jpäter zu Myſia
gerechnete Südküſte der Bropontis bis zum Helles:
pont mit der Hauptſtadt Dajkyleion, welcher Strich
daher Kleinphrygien oder Phrygien am Hel—
lespontos hieß. Leßterer Name wurde indes in
verfischer Zeit auch auf Zeile von Großphrygien
bis zum Halys ausgedehnt (mit den Städten
Dorylaion, Peſſinns, Gordion, Anfyra) und blieb
jo, bis das Land 275 v. E. von den Galatern
und Bithynern erobert wurde. Der jüdlichjte Teil
wurde 190 dv. E. von den pergamenijchen Königen
zurücerobert und hieß mun Phrygia Epiktetos
(Do. Zriarnros). Zugleich fam das übrige ſüd—
liche Phrygien, auf welches num der Name Groß—
phrugien beichränft wurde, größtenteils vom
ſyriſchen Reiche durch die Römer zum pergame:
nischen und bildete auch fpäter unter den Römern
in Ddiejer Ausdehnung einen Teil der Provinz
Aſia. Bon den Grenzbezirten hieß jeitdem der
füdöftlihe von der Nähe der nördlichen Tauros-
fetten (da das übrige Phrygien faft ganz Hochebene
it) Povyla 7) zagmeeıog (d. i. im Gebirge,
mit den Städten Tyriaeion und Philomelion), der
jüdlihe Phrygia Piſidike mit der Hauptftadt
Artiögeie 7 agög Ilordia. — Die Gebirge des
Landes waren Olympos (j. Keſchiſch Dagh) mit
Dindymos, Tauros, Kadmos (j. Khonas Dagh);
Flüſſe: Sangarios und Maiandros mit ihren
Nebenflüffen. Im ©. des Landes fanden fich
mehrere große Salzjeen, unter andern zwijchen
Apameia und Koloſſai Aſtania (j. Alhietuge
göli. — Die Bewohner, Bovyes, Phryges, auch
Bodyes, hielten fich jelbit für Autochthonen, waren
aber nach der allgemeinen Annahme des Alter:
tums in uralter a eingewandert, vielleicht aus
Armenien, mit deſſen Bewohnern (indogermaniſchen
Urjprungs) fie ftammmverwandt waren. Zahlreic)
und mächtig, verbreiteten fie fich über einen großen
Teil der Halbinjel, jpäter wurde der Name auf
die engeren Grenzen bejchränft. Sie waren fried:
lic) und lebten von Aderbau, Viehzucht und Handel.
Ihre Hauptgottheiten waren der Gott Manes, die
Höttermutter Ma (Kybele) und der Gott der
ruchtbarfeit Sabazios. Später verſchmolz fich mit
ihrer Religion der unreine Naturdienit ————
nikiſcher Stämme, der Kult der Aſtarte und des
Attes (Attis). Orgien mit Muſik und Tanz waren
dabei in Ph. herrſchend. Eigentümlich iſt die Sitte
der Phryger, Felſenwohnungen zu haben und ganze
Städte aus Felſen auszuhöhlen. — Außer den
ſchon genannten Städten ſind bedeutend: Kelai—
nai im ©., alte Königsreſidenz und Na
der großphrygiichen Satrapie unter den Perſern,
an der Quelle des Maiandros; Nafoleia am
oberen Sangarios mit merfwürdigen Felſengräbern,
nantentlich dem des Midas; ee (Chonas),
Kydrara, jpäter Hierapolis; Peltai, Kayjtrupedion;
im R.: Dorylaion (j. Esti Schehr), Kotyaion (j. Kuta—
hija). Unter der Herrichaft der Seleufiden famen
hinzu Apameia Kibotos (j. Diner) in der Nähe
des alten Kelainai, in römischer Zeit bedeutende
Handelsitadt, Laodikeia, Apollonia, Selcufeia,
Synnada (j. Tſchiful-Kaſſaba) mit berühmten Mar:
Posarroi — Plhrynichos.
| morbrüchen; unter den pergameniſchen Königen
‚Eumeneia. Strab. 12, 571. Plin. 5, 32, 41.
Phrjne, Dovrn (die Kröte, wegen der Bläfie),
eine berühmte Hetaire (ſ. d.) aus Theipiai in
Boiotien, hieß eigentlich Mnejarite 8 — — ——
und war urſprünglich arm, gelangte aber zu außer:
ordentlichen Neichtume. Sie diente nicht nur dem
Prariteles als Borbild für jeine Aphrodite von
Knidos, jondern aucd dem Apelles für jeine Ana—
dyomene. Ihrem Reiz fonnte angeblih niemand
wibderjtehen; nur der Philoſoph Zenokrates wurde
nicht überwunden. Der von ihr beleidigte Redner
Euthias Hagte fie dor der Heliaia der dospeı«
an, ihr Freund Hypereides verteidigte fie, anfangs
mit zweifelhaftem Erfolge, danı aber, als er die
Neize ihrer Bruft enthüllte, fiegreih. Als Praxi—
teles ihr nicht geftehen wollte, welches das jchönfte
feiner Werfe jei, wandte fie eine Lift an und lief
plöglich durdy einen Sklaven ihm melden, jein
Haus ftche in Flammen. Da jprang der Künjtler
auf: „Ich bin verloren, wenn das Ess meinen
Eros und Satyros verzehrt,“ Sie wählte darauf
den Eros aus penteliihem Marmor und weihte
ihn dem Tempel des Eros ihrer Baterjtadt, aus
welchem ihn Caligula und dann Nero entführten;
der Künftler jegte aber noch eine Bildjäule der
Phryne neben der Statue der Aphrodite in den:
jelben Tempel. Paus. 1,20,1. Aelian. v. h. 9, 32.
Schol. zu Hor. sat. 2, 3, 254.
Phrynichos, GDouriyos, 1) aus Athen, Sohn
des Polyphradmon, einer der älteften Tragifer
nach Thejpis, als deſſen Schüler ihn Suidas be:
zeichnet. Er war älter als Aiſchylos, denn jein
erjter Sieg fällt in das Jahr 511 v. E.; er joll
| leih wie Aiſchylos in Sicilien gejtorben jein.
Im Jahre 476 war er noch auf der Bühne thätig.
Plut, m. 5. Phr. begann durch Einjegung
‚eines dom Chorführer gejonderten Schaujpiclers
den eriten Dialog und beftimmte für biejen be-
onders den trochäiſchen Tetrameter, etwa wie wir
ihn in den PBerjern des Aiſchylos finden; auch joll
er zuerjt weibliche —— auf die Bühne ge—
bracht haben. Die Stoffe waren aus verſchiedenen
Wythengebieten entlehnt, die Erzählung wurde
aber bedeutend von der Lyrit und den Chorliedern
überwogen, deren lieblich-ſüße Rhythmen man auch
äter noch anerkannte und ſchätzte. Arist. Av. 705.
esp. 220. 269. Dafür ſcheinen auch die Nach—
richten über ſeine Dorwısoaı zu ſprechen, welche
Themiſtokles als Denkmal ſeines Ruhmes in Scene
ſetzte und Aiſchylos ſeinen Perſern zum Grunde
‚legte. Berühmt durch Herodots Erzählung (6, 21)
iſt auch das jchon früher aufgeführte Drama Mı-
Arrov AUueosis, nicht ſowohl ein hiftoriiches Schau:
ſpiel, ald vielmehr. eine Iyriiche Kantate. Vgl.
auch Strab. 14, 635. Schwierig i die Unter:
juchung über die Zahl und Beſchafſenheit jeiner
Dramen. Im ganzen bringt man nicht mehr als
9 oder 10 Stüde heraus. Ihrer Schönheit ge
denkt rühmend Wriftophanes (T’hesm. 170). Einen
zweiten Tragifer diejes Namens anzunehmen ift
durchaus — Sammlung der wenigen Frag—
mente bei Naud, trag. Graec. fragm. p. 720 ff.
der 2. Aufl. — 2) des Chorofles Sohn, ein tra:
giſcher Schaufpieler und Tänzer, mit dem Beinamen
d Öeynodusvog, gegen den Ariſtophanes mehrere
Ausfälle madt (Vesp. 1294. 1481. 1510).
3) Dichter der älteren attijchen Komödie, ein Athe—
ee ER
Pbrynis — ®vA..
ner und Sohn des Eunomides, war oft Gegenftand
des Spotted der andern Komiker. Gegen die
Fröſche des Ariftophanes trat Phr. mit jeinen
„Muſen“ im Jahre 405 v. E. in die Schranken.
Er gehört zu der nicht geringen Zahl von Ko:
milern, welche eigentliche Genialität und Erfin—
dungsgabe durch formale Gewandtheit und guten
Geſchmack zu erjegen juchten. So viel etwa laſſen
die mäßigen, erhaltenen Fragmente aus 10 Stüden
noch erfennen (gejfammelt von Meinefe, fragm.
com. Graec. Bd. Ill; Bd. I p. 248 ff. der Mein.
Ausg.; und Kod, com. Att. fragm. | p. 369 ff.).
— 4) * des Stratonides, ein Athener von
niederer Ablunft, zeigte ſich zur Zeit der ſiciliſchen
Niederlage als Mann von Einſicht und Thatkraft,
jedoch von — Geſinnung. Als perjönlicher
Feind des Mllibiades arbeitete er, als er bei Samos
ag im Jahre 412 v. E. deſſen Plänen für
eine Nüdkehr durch Verrat an den Spartaner
Aſtyochos entgegen, wußte aber der Rache des
Altıbiades dadurd zuborzulommen, daß er die
Athener num felbft vor dem von ihm angeftifteten
Überfall der Spartaner warnte und Samos be-
jeftigte (Thue. 8, 48. 50. 51ff.). Auf Veranlaſſung
3 Beifandros ward 411 Ph. feines Feldherrn—
amtes entjeßt (Thuc. 8, 54), trat danı aber, als
Altibiades fich der Demokratie anjchloß, aus Furcht
vor deſſen Rache zur oligarchifchen Partei der 400
über, ald deren Gejandter er mit Antiphon nad)
Sparta fi) begab. Bei jeiner Rüdfehr ward er
jedoh von einem der megiroloı ermordet, wohl
auc auf Antrieb des Kritias, und für einen Feind
des Baterlandes erllärt. Thuc. 8, 92. Lys. Agor.
705. Müller-Strübing 2” ihn für den Berfafjer
der pfeudo:renophonteiihen Schrift de republica
Atheniensium und jegt die Abfaſſung 417 —414
v. E. — 5) Sophift aus Bithynien, lebte unter
Marcus Aurelius und Commodus. Wir befigen
von ihm nod) ’Erkoyn dnudrwov val Övoudror
Arrızov, eine Zufammenjtellung von einzelnen
attiichen und nicht:attifchen Ausdrüden, mit großer
Strenge hinfichtlic) des wahrhaft Muftergültigen
ausgearbeitet. Andere Schriften find verloren ge:
gangen. Berühmte Ausgabe von E. A. Lobeck
(1820); neue Ausgabe (mit engliichen Anmerkungen)
von Nutherford (1881).
Phrynis j. Dithyrambos,
Phthas, D9a, Obcis, ägyptiicher Gott, bejon=
ders in Memphis verehrt; der Schöpfer des Welteis,
aus dem Himmel, Erde und Unterwelt hervor:
gehen; der ältefte unter den Göttern, „ber, der
durch fich ſelbſt bejteht‘‘; von den Griechen Hephai-
ſtos genannt, alſo wohl auch ein Gott des Lichtes.
Er a
Anfangs aller Dinge.
Hdt. 2, 99. 3, 37. Cie. n. d. 3, 22, 55.
Phthiötis ſ. Thessalia.
der attiichen Gerichtsfprache jede Anklage, weil der
Bellagte in jedem peinlichen Prozeß das Recht
hatte, ji) dem Endurteile durch freiwillige Ber:
bannung zu entziehen. Der Kläger heißt 6 dınxwr.
Phyläke, ®vic«n, 1) alte Stadt in der theſſa—
fiichen Landichaft Phthiotis am nördlichen Ab—
cheint in Mumiengeftalt, doc) die werkthätigen
Hände frei; auch zwergartig, ald der Gott des
Seine heiligen Tiere find |
der Apis (ſ. d.) und der Starabäusfäfer, deſſen
Kopf er mitunter ftatt eines Menjchenhauptes trägt.
943
hange des Othrys, Heimat des Protefilaos (ſ. d.).
Tom. Il. 2, 695. Strab. 9, 435. — 2) Stadt in
der a Landſchaft Molojfis in unbeſtimm—
ter Lage. Liv. 45, 26.
Phyläkos, Dölaxos, 1) Sohn des Deion, des
Herrichers von Phokis, und der Diomede, Gemahl
ber Klymene (Periklymene), der Tochter des Minyas,
Vater des herdenreichen Iphiklos und der Alki—
mede, Gründer von Phylafe.. Hom. Il. 2, 705.
Apollod. 1,9, 4. ©. Melampus. — 2) Sohn
des Iphiklos, Enfel des vorigen. — 3) Delphiſcher
Heros, der zu Delphoi als Schüßer des Ortes ein
Heiligtum hatte.
Phylarchos, Dvlagyos, griechiſcher Geſchicht—
ichreiber, aus Athen oder Silyon oder Naufratis
ftammend, Zeitgenofie des Aratos von Sifyon,
aljo um 210 v. C. Bon jeinem Leben ift nichts
Näheres befannt. Neben einigen andern hijto:
riſchen und mythiſchen Schriften eriftierte von ihm
ein größeres Geſchichtswerk, forogiaı, in 28 Büchern,
welches die 50 Jahre vom Einfalle des Pyrrhos
in den Peloponnes bis zum Tode des Kleomencs,
272—220 v. C. umfaßte und von Trogus Pom—
pejus ſowie namentlid) von Plutardy viel benubt
worden ift. Das harte Urteil, welches Polybios
(2, 56—63) über Phylardyos als Hiftorifer fällt,
ift einjeitig und unbegründet. Mag aud) die fajt
ans Theatraliſche jtreifende Darftellung zuweilen
das rechte Maß überjchritten haben, ein Vorwurf
abjichtliher Täuſchung und Untreue trifft ihn nicht.
Seine Werke find bis auf einige Bruchjtüde (ge:
fammelt von LXucht, 1836, Brüdner, 1839, und
Müller, fragm. bist. Graec. Ip. 334 ff. IV 645)
untergegangen.
Phylas, Dvrlas, 1) König der (theffaliichen)
Dryoper, von Herakles erjchlagen, weil er fid)
gegen das delphiſche Heiligtum vergangen, Vater
der Mibeia, die dem SHerafles den Antiochos ge:
bar. Diod. Sie. 4, 37. — 2) Sohn des genannten
Antiochos, zeugte mit Yeipephile den Hippotas und
die Thero. Paus. 9, 40,6. — 3) König von Ephyra
am Selleeis in Elis, mit deſſen Tochter Aftyocheia
Herafles den Tlepolemos zeugte. Hom. I1.2, 653 ff.
Strab. 8, 338.
Povin, der Stamm, Bezeihnung der Vollsab—
teilungen bei den Griechen, ein Name, der offenbar
aus dem Streben hervorgegangen ift, den einzelnen
Teilen des Volkes wie dem Volle jelbft einen ge:
nealogijchen Urjprung zu geben, jie auf beftimmte
Stammpäter zurüdzuführen und jo den jtaatlichen
Einrihtungen, indem fie an natürliche Berhält:
niffe angelnüpft wurden, Dauer und Anjehen zu
verleihen. 1) Attiſche Phylen. Der Mythos
berichtet von mehreren uralten Stammeinteilungen,
die auf die ältejten attiſchen Könige zurüdgeführt
werden. So wird dem Kekrops eine Einteilung
zugejchrieben (Kefropis, Autochthon, Altaia, Para:
lia), dem Kranaos (Kranais, Atthis, Mejogaia,
Diafris), dem Erichthonios (Dias, Athenais, Po:
1 ' jeidonias, Hephaiftias), Namen, die teils mythiſcher
Doyn bezeichnet, wie Yeöysıw, eigentlich Ber: |
bannung oder Landesverweilung, dann aber in
Natur find, teils, wie Aktaia, Paralia, Diatris,
auf örtliche Unterjchiede deuten, die fpäter bedeu:
tende politische Wichtigkeit gehabt haben. In der
hiſtoriſchen Zeit find aber dieje Einterlungen ſowohl,
wie die thejeifche in Eupatriden, Geomoren, De:
minrgen (die offenbar auf Standesunterjchiede hin-
weilt) a:
bis auf Kleifthenes die auf Non zurüdgeführte
Erhalten hat fih dagegcu ?
IL
ww
oa
944
ioniſche ——
leonten, Hopleten, Aigikoreer, Argadeer (TAcovtes,
VAnteEs, Alyınogsis und Agyadeig), deren Bedeu—
tung noch nicht überzeugend aufgeklärt if. Wie
die obigen 3 thejeiihen Stände ſich zu den 3
Phratrien, in melde jede Phyle wieder zerfiel,
verhalten, läßt fich nicht genau entjcheiden. Jedes:
fall3 ftand an der Spitze jeder Phyle ein Puio-
Pasılees aus den Eupatriden; dieje waren aljo
über alle Phylen verteilt. Die 4 Yuloßaoıleiz
waren die Beifiker des koywv Baoıkevg, wenn er
das Blutgericht hegte; vielleicht auch für die andern
Arhonten, wenn im Prytaneion über peinliche
Angelegenheiten entjdjieden wurde. Jede ber 12
Phratrien zerfiel in 30 Geſchlechter (yErn), und
jedes yErog hatte durchichnittlich 30 Familien. Die
Mitglieder desjelben Gejchlechts find zum Teil
durh Blutsverwandtichaft verbunden (duoydia-
xtes), und dies wird denn der Adel wohl geweſen
jein, zum Teil dem Gejchlechte durch Gemeinschaft
der Opfer und Heiligtümer angehörig (deysürzs).
— Dieje Organtjation war — ſehr feſt, ſo—
lange die pern auch lokal geſchieden waren. Schö—
mann vermutet, daß vorherrſchend die Phyle der
Hopleten in der Tetrapolis, die der Aigikoreis
vom Brileſſos und Parnes bis zum Kithairon,
die der Argadeis in den Ebenen weſtlich und jüd-
lih vom Brileffos, die Geleonten hauptſächlich in
und um Athen gewohnt haben. Mit der Iofalen
Vermiſchung mußte die Verfaffung für die Ver:
waltung unbrauchbar werden; daher die Einrichtung
der Naufrarien, die ausdrüdlih im Intereſſe der
Verwaltung geſchaffen wurden (vgl. Navugaola).
ok wurde die Gefahr des Staates durch die
tiefe Verſchuldung der Armen, die teild aus Be-
figern Pächter geworden waren (Fxrmuögıoı, auch
Preg und meicdra, entweder die den ſechſten
Teil des Einfommens an Pacht zahlten, mas Schb—
mann und Bödh vermwerfen, oder die den jechiten
Teil für ſich behielten), teil3 jogar in den Zuſtand
der Sflaverei oder Leibeigenfchaft verfielen. Plut.
Sol. 13. Diefe Verhältniffe machten eine gängliche
Umgeftaltung de3 Staatswejend notwendig, die
denn auch durch die folonische Verfaſſung Yet
ah wurde. Buerft traf Solon, um einen Boden
ür jeine Gefege zu gewinnen und das Voll zum
Genuffe einer freien Bea fähig zu machen,
vorbereitende Maßregeln, die Aufhebung der per:
jönlichen Schuldhaft und Wiedereinſetzung derſelben
in den vorigen Stand, und die ——
(seıodydeia), entweder eine Verminderung des
Schuldendruckes durch Herunterfegung des Münz—
bezahlen hatte, oder ein völliger Schuldenerlaf
(zesov &noxonn), tabulae novae), indem als ein
Erjat der Verlufte für die reihen Kaufleute gleid):
zeitig eine Müngzreform, nämlich) der Übergang
vom aiginetijchen Münzſyſtem zum euboiiichen, ein:
trat, wodurch ihnen der bey og De das chalkidiſch⸗
forinthiiche Handelsgebiet (der Weſten und Norden)
eröffnet und damit die Gelegenheit geboten wurde,
die erlittenen Berlufte ſchnell zu erjeßen. Bgl.
U. Köhler, Mitteil. des deutichen archäol. Inftituts
zu Athen, Bd. X ©. 151ff. Die ioniſche Vollks—
einteilung ließ er zwar bejtehen, entzog ihr aber
— —
Dvin.
in die 4 Stämme ber Ge: | durd Einführung bes timokratiſchen und zugleich
demofratiihen Prinzips, indem er das Vermögen
zum Maßſtab der politiihen Rechte nahm, die
alte politische Bedeutung. Er teilte das Volk näm:
lich in 4 ermögensflaffen (ruunuare, rein): Ilev-
rarooou£dıuror, die 500 oder mehr Medimnen
von trodenen, Metreten von nafjen Produkten
ernteten, Inmijs*), die von 500—300, Zevyiraı,
die von 300—150, Greg, die unter 150 Maß
gewannen. Nach diefen Klaſſen regelte er Pflichten
und Rechte der Bürger. Wie dies in Bezug auf
die Steuern geichah, ift unter Staatshaushalt,
I, 11. ausgeführt. In Bezug auf dem Kriegsdienft
ift zu bemerken, daß die Theten nur als Leicht:
bewaffnete und Seeleute, die 3 erften Steuerklaſſen
als Hopliten dienten, aus den beiden erften Klafjen
allein die Reiterei ausgehoben wurde (j. Exer-
citus, 4.). Darnach waren auch die Rechte ver:
ichieden. Der Zutritt zu Amtern (die damals noch
durch Cheirotonie bejegt wurden), wahrſcheinlich
einſchließlich der Buleutenwürde, ftand nur den
3 höchſten Klaffen, der Zugang zum Archontate
mir den Pentakofiomedimmen offen; die Theten
hatten nur Zutritt zur Volksverſammlung und zu
den Heliaftengerichten, deren Einfluß damals noch
nicht jo bedeutend war wie fpäter, weil die Ar:
chonten gewiß in vielen Fällen noch jelbftändige
Richtergewalt hatten. (Vgl. über die oligarchiſchen
Elemente in der ſoloniſchen Berfaffung auch noch
Bov)n und Areiopagos, zu dem ebenfalls
nur Pentafofiomedimnen gelangten; ſ. au ’EpE-
rar.) — Much behielten die Bprateien und Ge—
—— noch immer politiſche Bedeutung als
ufſeher über die Echtheit der Abſtammung, als
weſentliche Bedingung des Bürgerrechts. Die neu
verehelichte Bürgerin wurde in die Phratrie des
Mannes eingeführt, jedes neugeborene Kind in
die Phratrie und das Geſchlecht des Vaters einge—
tragen (eg geurglav oder &lg robs pocdtogcs
elodyeıw, Eyygdpsıv eig Tb xoıwov Oder Yp«to-
giröv youunearsiov). — Eine gänzliche Umgeftal-
tung im demofratifchen Sinne fuhr die ſoloniſche
Berfaffung nad; der Vertreibung der Beififtratiden
durch Kleiſthenes. Diejer hob die ioniichen Phylen
ganz auf; die Phratrien und Gefchlechter ließ er
entweder nur noch wegen ber religiöjen Gebräuche,
aber ohne alle politiiche Bedeutung, beftehen oder
bildete nur Phratrien, deren Zahl jedoch nicht be:
fannt ift. Dagegen teilte er das Land in 10 neue,
örtlich gejchiedene Phylen: Erechtheis, Aigeis,
Pandionis, Leontis, Alamantis, Dineis, Kekropis,
Hippothontis, Aiantis, Antiochis. Der Zehnzahl
fußes, in der Art, daß 100 neue Drachmen — 73 entſprechend wurden die Naufrarien auf 50, die
alten Drachmen wurden, wer alſo 100 alte Drac): | Zahl der Buleuten auf 500 vermehrt. ber die
men jchuldig war, diefe Summe in der neuen | mit den Phylen zujammenhängende Organifation
Münze, aljo den Wert von 73 alten Drachmen, zu | des Rates vgl. BovArj. An der Spike der Phylen
Die Phylen
emen (dijuor) eingeteilt, deren Zahl
mit der Zeit auf 174 ftieg. Das Nähere über
Verwaltung und Befugniffe der Demen und über
ihren Anteil am ie ij. Exercitus, 4,
jowie über ihr Verhältnis zu den Gejchlechtern j.
Iijwoı. — So war die Grundlage zur unbe:
Ichränften Demokratie gelegt, die durch die Ein:
ftanden — tür gQvlör,
wurden in
. *) Der Name daber, weil fie außer einem Adergeipann
ein Streitroß zu erhalten hatten, die Beugiten, bie ein Ader
geſpann hielten, irmdde, Seuyiowr, Inrırdr riioz reieir.
9
Phyle — Picti.
führung des. Oftrafiimos (Erxineola, 8.) und
der Bejegung der meiften Staat3ämter durch das
Los (nANoos) ftatt der Wahl weiter entwidelt
wurde und endlich auf Mrifteides’ Veranlaſſung
durch Eröffnung des Zugangs zu allen Staats-
ämtern für alle Bürger, ohne Rückſicht auf den
Genjus, ihre Bollendung erhielt. — Im Jahre
307 v. E. wurden die Phylen, aus Schmeichelei
gegen Demetrios Poliorketes, noch um 2 vermehrt,
Antigonis und Demetrias, die nad) Demetrios'
Sturze die Namen Ptolemais und Attalis erhiel:
ten. — U. Dorifche Phnlen. Die Entftehung
der dorifchen Stämme wirb von der Sage an den
dorischen König Aigimios angefnüpft. Derjelbe
trat ein Drittel feines Landes an Herafles ab für
die gegen die Lapithen ihm geleiftete Hülfe. Hera—
fles’ Sohn, Hullos, und Nigimios’ Söhne, Dyman
und Pamphylos, jollen dann den Stämmen der
Dorer (die dreigeteilten, rgızdines, nennt fie ſchon
Homer, Od. 19, 177) ihre Namen gegeben haben:
Hylleer, Dymanen, Bamphylen. Überall, wo Dorer
find, finden fich auch dieje Stämme, die ausſchließ—
fih aus Dorern beftehen, jo daß, wo Geſchlechter
nichtdoriicher Abkunft in größerer Anzahl an der
Staatsgewalt teilnahmen, dieje eine eigene Phyle
neben den dorijchen bildeten, jo in Argos und
Epidauros die Hyrnethia, in Sikyon die aigia-
leiſche. So erſcheinen in Korinth 8, in Elis 12
und fpäter 8 Phulen. In Sparta, wo der doriſche
Stamm ausschließlich der herrichende war und den
eigentlichen Staat bildete, finden fich daher auch
nur die 3 doriſchen Phylen, geteilt jede in 10 Oben,
Bel, auch Yo«rgım: genannt, von denen 2 Oben
ber Hylleer die königlichen Oben waren. Ob die
30 Geronten mit den 30 Oben in Berbindung
ftehen (aus jeder Obe ein Geront), läßt fich nicht
mit Gemwißheit behaupten, ift aber wahricheinlich.
Die 5 xünaı, Pitana, Limnai, Meſſoa, Kynojura
(den Namen der fünften kennen wir nicht; viell.
hieß fie "EdwAog), Ortlichkeiten in Sparta oder defien
nächjter Umgebung, werden nur mißbräuchlich als
puial bezeichnet. Eine Örtlihe Trennung der
Phylen und Oben ift mit großer Wahrjcheinlichfeit
anzunehmen, obgleich das Berhältnis derjelben zu
den 5 Komen unflar ift.
Phyle, Gvirj, noch jegt rd DvAd, feſtes Grenz—
faftell der Athener an der boiotifchen Grenze,
100 Stadien von Athen, auf einer fteilen Fels—
Inppe am füdmweftlichen Abhange des Parnes. Von
hier aus unternahm Thrajybulos feinen Angriff
auf die 30 Tyrannen. Xen. Hell. 2, 4, 2. Diod.
Sie. 14, 32. Strab. 9, 396.
PDvlerıza deiave |. Leiturgia.
Phyleus, ®viets, Sohn des Augeias in Elis,
bon diefem vertrieben, weil er gegen ihn für Se:
raffes gezeugt hatte, Bater des Meges, ſoll jpäter
durch Herafles wieder in den Befig feines väter:
lichen Reichs gelommen fein, e8 aber dann feinem
Bruder Agafthenes überlaflen haben, um nach
Dulichion zurüdzufehren. Hom. II. 2, 625. 15, 530.
Er erjcheint —J— als Teilnehmer der kalydoniſchen
Jagd. Ov. met. 8, 308.
Phylios j. Kyknos, 1.
Phyliidas, Duilddas, bei Plutarch Berldldas,
ein Thebaner, blieb, obgleich der demofratijchen
Partei angehörend, 384 v. E. in Theben, wurde
jogar Geheimſchreiber bei den Polemarchen, unter:
ftügte als joldher das Unternehmen der Berbann: |
Neallegifon des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl.
945
ten, juchte den Polemarchen allen Verdacht zu be:
nehmen und veranftaltete in feinem Hauſe ein
Felt, bei welchem 2 derjelben, Philippos und Ar-
chias, von den Berjchiworenen ermordet wurden.
Xen. Hell. 5, 4, 2ff. Plut. Pelop. 7.9.
Phyllis j. Demophoon.
Pvioßasıkleög |. Dulıj, 2.
Physkön j. Ptolemaios, 7.
Physkos, ®öoxog, 1) Stabt der ozoliſchen Lo—
frer; — 2) Hafenftadt in Karien mit lebhaften
Verkehr nach Rhodos; j. Marmaras. Strab. 14, 652;
— 3) linker Nebenfluß des Tigris (Xen. An.
2, 4, 25), j. Adhem; — 4) Berg bei Kroton in
Bruttii, j. Pozzi.
Phytälos, ®Buralog, ein Heros von Eleufis,
der von Demeter für ve Aufnahme derjelben
mit der Pflanze des Feigenbaumes bejchenft ward.
Seine Nachkommen, die Phhtaliden, zogen dem
Thejens entgegen und reinigten ihn von dem
Morde, den er an mehreren Räubern vollzogen,
in feierliher Sühne, jo daß er wieder an den
Myſterien teilnehmen köonnte. Paus. 1, 37, 2.
Plut. Thes. 12.
Piaeälum j. Lustratio.
Picentes (Piceni) j. Picenum.
Pieönum, IIwerrivon, Ilmevis, Landſchaft
Mittelitaliend, etwa 100 TJ Meilen groß, wurde
im Norden durch den Ajisfluß (j. Efino) von Um:
brien gejchieden, welches Land auch im Weiten
nebjt dem Sabinerlande die Grenze war, während
im Süden der Salinusfluß (j. Fiume fine) die
Grenze gegen bie Veſtiner bildete; im Oſten lag
das Mdriatiiche Meer. Bon ben ig der
Apenninen, die das Land durchzogen, jtrömten
außer den genannten noch folgende, unbedeutende
Flüſſe herab: Miſcus (Mufon), Eluentus (j.
Ehienti), Tinna (j. Tenna), Tejfinnus (j. Te-
fino), Truentus (j. Tronto), Bomanus (j. Bo:
mano). Boden und Klima glichen dem lmbriens.
— Die Bewohner, Picentes, Picöni (zuweilen
Picentini, IIıxevrivor; fo hieß jonft bejonders ein
von hier nach Kampanien ausgewanderter Stamm
am Päſtaniſchen Bufen mit den Städten Bicen:
tia und Eburum, j. Eboli), waren ſabiniſchen
Stammes und hatten den Umbrern und Wbori:
ginern diejen Küftenftrich abgenommen. Nachdem
die P. im Jahre 299 v. E. ein Bündnis mit den
Römern geichloffen hatten (Zav. 10, 10), fielen fie
269 ab und wurden in diefem und dem folgenden
Fahre gänzlich untertworfen. — Die bedeutenbdften
Städte waren Ancona (j. d., j. Ancona), die
einzige griechiſche Stadt Mittelitaliend; Numana
6. Umana); Firmum (j. Fermo), als römijche
olonie zu Anfang des erften punifchen Krieges
gegründet, mit einem eigenen Hafenort; Caftrum
nobum (j. Giulia nuova); — ober Adria,
Stammort der Familie des Kaiſers Habrianus (j.
Ari); Murimum (j. Dfimo), in jpäterer Zeit
die bedeutendfte Stadt des Landes; Urbs Salvia
(Urbifaglia), Aſeulum (j. Uscoli), die alte, jehr
fefte Hauptjtadt am Truentus; Interamnia (i.
Teramo), hart an der Sabinergrenze, der Haupt:
ort deö Meinen Volles der Prätutii; Cingu—
lum (j. Eingoli). Strab. 5, 240.
Piecti, bildeten in Verbindung mit den Scoti
die Bevölferung des nördlihen Britanniens Hoch—
ichottlands), wahricheinlich nach dem Bemalen der
Leiber genannt.
60
946
Pietönes, II’aroves, mächtiges Boll in Aqui—
tanien, nördlich bis zum Xiger, im heutigen Poi—
tou, mit den Städten Limonum (j. Poitiers)
und Ratiatum. Caes. b. g. 3, 2. 7,4. 8, 6. Strab.
4, 190 f.
Pieumnus j. Pilumnus.
Picus, römijcher Feld: und Waldgott ſowie Gott
der Weisjagung, der in einem Hain am Aventini—
ſchen Hügel wohnte, Sohn des Saturnus, Vater
des Faunus. Er war auch der erjte König in
Zatium und Gemahl der Pomona oder der Ca—
nens; Kirfe verwandelte ihn in einen Specht, weil
er ihre Liebe verjhmähte. Vera. A. 7, 48, 189,
Or. met. 14, 320 ff. fast. 3, 291 ff. Er mwurbe
dargeftellt ald Augur mit dem Wugurftab, auch
als hölzerne Säule mit dem Specht, dem Weisjage-
vogel des Mars, jpäter als Jüngling mit einem
Specht auf dem Haupte.
Pieria, /Iıeia, 1) Landſchaft Matedoniens
(j. d.). — 2) Bieria am Bangaios, benannt nad
den von den Mafeboniern vertriebenen Bieriern,
die ji im 7. Jahrhundert öftlih vom Strymon
am PBangaiongebirge anfiedelten und die Städte
map und Bergamos gründeten. Hdt. 7, 112.
Thue. 2, 99. — 3) Landſchaft an der nördlichen
Küfte Syriend am rechten Ufer des Orontes, |.
Syria, — 4) Stadt in Thefjalien von ungewiſſer
tage. Liv. 32, 15. 36, 14 (a. L. Cieria).
Piöris, Pierides j. Musae.
Piöros, IIiegos, 1) Berg der maledoniſchen
Landſchaft Pieria in der Nähe der Nordweitab-
hänge des Olympos; j. vielleicht Ylamburo. Thuc.
5, 13. — 2) Fluß in Achaia, auch IIeigog genannt,
j. Kamenitza, bildete in der römischen Kaiſerzeit
die Grenze der Gebiete von Dyme und Patrai.
Paus. 7, 22,1. — 3) ſ. Musae.
Piötas, römiſche Perſonifilation der find:
lihen Liebe, der im Jahre 183 v. E. einer
Legende zufolge auf dem forum olitorium (Liv,
40, 34) ein Tempel geweiht wurde, als eine Toch—
ter ihrer im Gefängnis zum Hungertode ver:
urteilten Dutter (oder dem Vater) durd die Milch
ihrer Bruft das Leben gefriftet hatte (Plin. 7, 36.
Val. Max. 5, 4, 7; der leßtere erzählt dajelbit
and ein griechiiches Beiſpiel von ähnlicher Er-
rettung eined Vaters durch feine Tochter). Auf
Münzen ift Pietas dargeftellt ald Matrone, Weib:
rauch auf einen Altar ftreuend; ihre Attribute
waren Kinder und der Stord).
Pignus und pignöris capio. Pignus hieß
jowohl das Fauſtpfand jelbit als audı der Pfand:
vertrag. Bor alters wurde das Pfand als Eigen-
tum an den Gläubiger übergeben, aber unter der
Bedingung der Nüdgabe (j. Fiducia). Daneben
wurde Übergabe des Pfandes nicht als Eigentum,
jondern nur zum Beſitz des Gläubigers angeordnet,
welches Inſtitut wahricheinlih dem alten Pfän—
dungsrecht der ne gegen Ungehorjame nach—
gebildet war. AZulegt wurde die hypotheca ein:
geführt (ſ. d.). — Davon vericdhieden ift die alte
legis actio per pignoris capionem, welche ur:
ſprünglich (aud; durch die Zwölftafelgeſetzgebung
erlaubt) nur dem Krieger gegen diejenigen zukam,
welche ſäumig waren in der * obliegenden
Herbeiſchaffung der zur militäriſchen Ausrüſtung
nötigen Dinge. So hatte der Ritter ein Pfän—
dungsrecht gegen die, welche das für den equus publi-
cus Notwendige zu bejchaffen hatten. Liv. 1, 43,
Pietones — Pincius.
Pigres j. Margites.
Pila, 1) in ber Architeltur ein Pfeiler (pila),
ſowohl freiftehend als auch an die Wand gelehnt.
— 2)im häuslichen Leben a) der Mörfer (die Keule
hieß pilum); b) der Ball, j. Spiele, 9.
Pilentum, ein vierrädriger Wagen, namentlich
von rauen benußt,
Pilöus j. Kleidung, 10.
ITiRog \. Kleidung, 5.
Pilum j. Waffen, 10,
Pilumnus, 1) jchüßender Hausgott des alten,
ländlihen Roms, der eine Keule (pilum) führte,
mit der er das Getreide zermalmen lehrte, zu—
gleich aber auch die Häufer, worin ein Neuge-
orener lag, bejchüßte; vgl. Deverra. Sein Bru—
der war Picumnus, der das Düngen der Felder
erfunden hatte, weshalb er Sterquilinus (Sterqui-
linius), Sterculus oder Stercutus (Stereutius)
ieß. Beiden wurde im Atrium des Haujes ein
ett aufgeftellt, folange das neugeborene Kind
vom Vater noch nicht anerlannt war. — 2) j.
Perseus, 1,
Pimplöa und Pimpleis, Beiname der Mujen
(Hor, od. 1, 26, 9, Mart. 12, 11), entweder von
einer maledoniichen Stadt, wo Orpheus gewohnt
haben jollte und der Mufendienft beimikh var,
oder don einem gleichnamigen Orte am Heliton
in Boiotien abgeleitet.
Ilvaxosnxn, Pinacotheca, die Bildergalerie
(j. Haus, 9.), im nörblichften Teile des Hauſes,
um den Schaden des Sonnenlichts abzuwehren.
In den Häufern der reihen Athener fanden jie
ſich ohne Zweifel häufig; neben den Propylaien
war auch eine öffentliche P. (j. Attika, 9.) In
Rom findet fich dieje Sitte erft fpäter; war Die
Sammlung bon größerem Umfange, jo hatte jie
einen eigenen Aufjeher. Die Gemälde waren meijt
auf Holz, tabulae, jeltener auf Leinwand gemalt,
in textili; fie hingen an den Wänden oder wur:
den in die Wand eingelafien.
Pinarli, ein altes italijches Gejchlecht, dem
zugleich mit den Botitiern der Dienft des Hercu—
les (j. Herakles, 17.) au der ara maxima ob-
lag (Liv. 1, 7; dgl. Cie. div. 2, 21, 47): 1) %.
Pın. Mamercinus Rufus, befleidete im Jahre
472 v. E. das Koniulat. — 2) 2. Pin Natta,
Magifter Equitum im Jahre 363 v. E., erhielt
ipäter als Prätor den Auftrag, die Küfte von
Latium zu jchügen. Liv. 7, 3.25. — 3) 8. Bin,
ließ als Befehlshaber zu Enna auf Sicilien im
Jahre 214 v. E. einen Zeil der Einwohner nieder:
hauen. Liv. 24, 37f. — 4) M. Pin Poſca,
fämpfte als PBrätor im Jahre 181 v. E, mit Glüd
gegen die Corjen und Sarden. Liv. 40, 18, 25. 34.
— 5)8,(Bin.)Natta, Stiefjohn des Murena, lieh
fih als Pontifex von feinem Schwager Clodius
beitimmen, Cicero Haus den Göttern zu weihen.
Cie. de dom. 45. 52. — 6) T. Pin. ein oft von
Eicero genannter Freund desjelben. Cie. ad Att.
6,1. 23. ad fam. 12, 24,3. — 7) L. Pin, An—
verwandter Cäjars, erhielt von Antonius den Be:
fehl über Afrika, ging aber ſpäter zu Octavian
über. Dio (ass. 51, 5.9.
Hlivas bat die verichiedenften Bebeutungen:
hölzerner Teller, Schreibtafel, Rechentafel, Ge:
mälde (vgl. Tabula), aud das Täfeldhen, das
die Helioften erhielten, j. "Hiıada,
Pincius j. Koma, 11,
Pindaros — Pindos.
Pindäros, /Iivdagos, der größte lyriſche Dichter
der Griechen (Quint. 10, 1, 61), war DI. 64, 3,
522 v. E., zu Theben, wahrſcheinlich in der Vor—
ftabt — * geboren und ſtammte aus
dem edlen Geſchlechte der Aigiden. Da in ſeiner
Familie die Kunſt des Fldotenſpiels erblich war,
ſo erhielt er wohl den erſten Unterricht in der
Muſik in dem — Hauſe, ſpäter aber bildete
er ſich weiter unter Leitung des berühmten Dich—
ters und Muſikers Laſos von Hermione und im
Verkehr mit den beiden boiotiſchen Sängerinnen
Myrtis und Korinna, mit denen er auch in ber
Poeſie wetteiferte. Sein erftes Siegeslied (pyth. 10)
dichtete er als zwanzigjähriger Jüngling (502) auf
einen thefjaliihen Knaben Hippolleas aus dem
Haufe der Aleuaden. Bon diejer Zeit an übte er
ohne Unterbredung jeine Kunſt bis ins höchite
Alter; er ftarb, angeblich 80 Jahre alt, 442; wahr:
icheinlich jedoch jchon 448. Sein Leben ift nicht
reich an hervorftechenden Ereigniffen. Größtenteils
lebte er in jeiner Baterftadt Theben, die er nur
dann und wann verließ, um den Spielen in Olym⸗
pia, Delphoi u. j. w. beizumohnen und jeine Gaſt—
freunde in Griechenland und Sicilien zu bejuchen.
Denn wegen jeines frommen, —— Sinnes,
feiner edlen und hohen Denktungsart war er überall
geehrt und geliebt, bei den Bürgern freier Städte
jowohl, wie bei Königen und Tyrannen. Go war
er ein Freund des Hieron, Königs von Syrafus,
des Theron, Tyrannen von Alragas, der Alenaden
in Thejjalien. Die höchſte Ehre aber ward ihm
in Delphoi zu teil, wo er auf Befehl der Pythia
regelmäßig zu dem” Göttermahle der Theorenien
eingeladen wurde, eine Ehre, die aud auf jeine
Nachkommen übergegangen fein fol. — Außer
Bruchftüden der verjchiedenartigjten Chorlieder,
Hymnen, Entomien, Ditbyramben, Threnoi (Hor.
od. 4,2, 5ff.), befißen wir von Pindar eine ziemlich
große Anzahl von Epinifien oder Siegesliedern,
und zivar 14 olympifche, 12 pythiſche, 11 nemeiſche,
7 iſthmiſche. Soldye Epinifien waren Feſtlieder
zur herrlichung eines bei den Kampfipielen,
bejonders den 4 großen Nationalipielen der Grie-
—— errungenen Sieges, welche teils ſogleich nach
ngung des Sieges an Ort und Stelle, teils
in der Heimat des Siegers bei einer Siegesfeier
(bei einem Opfer, einem Zuge oder Feitmahle)
von einem Ehore gejungen wurden. Die Sieges:
lieder des Pindar find feine weitläufigen Beſchrei—
bungen des gefeierten Sieges. Dieſer bildet aller:
dings immer die Grundlage des Ganzen, aber er
wird gewöhnlich nur furz berührt. Die Kompo—
jition ift der Urt, daß irgend ein allgemeiner Ge:
danke, der dem Siege und ben hältniffen des
Siegerd entnommen ift, als Mitkelpunkt ae:
ten und von ihm aus das ganze Leben des Siegers
betrachtet und gedeutet wird, jo dab der Gieg
ſelbſt ald das glorreiche Ergebnis feines Gejchides,
jeines Charakters und feines Strebens erſcheint.
Man hat früher geglaubt, Pindar überlaffe ſich in
der Kompofition einem regellojen Fluge der Be:
geifterung; aber eine tiefer —— achtung
hat gezeigt, daß die einzelnen Teile ſeiner Gedichte
mit bejonnener Überlegung und großer Kunſt zu
einem jchönen, geordneten Ganzen verbunden find.
Schwierig wird das Verſtändnis jeiner Gedichte
durch die fünftlichen VBerichlingungen und die Fülle
der Gedanken, welche plöglich und im jchnellem
947
Wechſel oft in feinem reichen Geifte auftauchen,
aber in wohl beredhneter Folge dazu dienen, die
Grundidee zur Anſchauung zu bringen, jowie durch
eine Menge von Beziehungen auf Berhältnifie,
bie uns nur zum Teil befannt find, Bor allen
andern Lyrifern zeichnete ſich Pindar aus durch
ichöpferiiche Kraft und Fülle des Geiftes, durch
jittliche und religiöje Tiefe de3 Gemüts, durch
Erhabenheit der Gedanken und Grofartigteit der
Beltanjhauung. Diefe Kraft und diejer hohe
Schwung feines Geiftes waren jedesfalls zum Zeil
gewedt und getragen von dem großartigen Charak⸗
ter der damaligen Bit Denn während jein Jugenbd-
alter noch in die Zeit vor den Perjerfriegen, wo
die dorijch:aioliihe Bildung vorherrſchend war,
hineinfiel, jo daß jeine Bildung noch ganz dieſer
Periode — und ſeine Poeſie als der Ab—
ſchluß und die höchſte Blüte der doriſch aioliſchen
Periode gelten kann, nahm ſein Mannesalter, wo
er in der Kraft ſeines dichteriſchen Wirkens ſtand,
teil an der glorreichſten Erhebung ſeines Vater:
landes: er durchlebte den weltgeichichtlichen Kampf
Griechenlands gegen die —— Macht, der alle
Kräfte des edlen Griechenvolts zur herrlichſten Blüte
brachte. Die Sprache des Dichters entjpricht dem
Neichtum und der Hoheit jeiner Gedanken, fie ift
hodhtönend (usyalopmvöraror, Dion. Hal.) und
mit überrajchenden Bildern reich geichmüdt, bald
feierlich ernft, ftols und erhaben, bald mild nnd
weich, heiter und ah Diejelbe eig tm
tigfeit zeigt er in dem Rhythmus. Seinem
fe te liegt der homerijche zu Grunde, doc ift er
vielfah mit aiolifhen und bejonders doriſchen
Formen untermijcht. — Vgl. über jein Leben und
jeine Schriften Rauchenftein, Einleitung in Pindars
Siegeslieder (1843). Schneidewin, de vita et
scriptis Pindari brevis disputatio (vor jeiner
röhern Ausgabe, p. LXVILF.), und Leop. Schmibt,
Bindars Neben und Dichtung (1862). — Ausgg.
von Heyne (zulegt 1817), Boeckh (3 Bdd. 1811 fi.
noch immer Hauptausgabe), Thierſch (mit deutſcher
Überjegung, 1820), Diſſen (1830; 2., unvoll. Ausg.
von Schneidewin, 1845 ff.), Thcho Rommfen (1864),
Bergf (in j. poet. Iyr. Graec., I p. 1ff. 4. Aufl.
1878); Tertausg * Bocdh (1825), Schneide:
win (1851), Tut Mommijen (1866) und Ehrift
(1869). ee Kommentar von Mezger (1880).
Rumpel, lexicon Pindaricum (1883).
Pindärus Thebänus oder Homerus Latinus,
willfürlich gewählter Name einer metriichen Bear:
beitung des Inhaltes der Ilias in lateinifcher
Sprache von einem unbelannten Dichter (nach Büdhe-
lers jehr wahrjcheinlicher Annahme eine Jugend:
arbeit des Silius Jtalicus), etwas über 1000 Hera:
meter, wohl aus dem 1. Jahrh. u. E. ftammend
und fr Schulzwede gefertigt, ohne dichteriſchen
Bert, doch forreft im Bersbau. 2), Viren =
Beylingh (1809), Luc. Müller (1857), Bä
‚at. min. III iR 3ff.) und Pleſſis (Silii en
lıci Ilias Latina, 1885).
Pindenissos, IIvötrıacog, Stadt Stilifiens am
Berge Amanos, die Cicero als —— bela⸗
gerte und einnahm. Cic, ad Ait. 5, 20. ad fam.
2, 10. 15, 4.
Pindos, IIivdog, 1) der jüdlich ftreihende mäd):
tige, in jeinen höchften Gipfeln etwa 2700m hobe,
zum Teil bewaldete Gebirgszug, welcher Theſſa—
lien von Epeiros trennt; der Lakmon ift der nörd⸗
60 *
948 Ilivavy —
lihe Teil desjelben. Er enthielt die Quellen des
Beneios, Acheloos, Arachthos (in Epeiros) u. j. w.
Seht hat er feinen allgemeinen Namen: Kafhar:
difta, Tzumerka, Karava, Agrafa find einzelne
Teile. Hdt. 1, 56. 7, 129. — 2) Stadt in Doris,
ſ. Doris, b, 1.
Iliveır j. Mahlzeiten, . 6.
Pinus, irvs, ſowohl die wilde oder Waldfichte,
jonjt pinaster, ald auch der zahme, edle um
oder die Pinie, eine Lieblingszierde der Gärten
(Verg. E. 7, 65), jowohl wegen ihres jchlanfen
Wuchſes, als auch wegen der jchmadhaften Frucht.
Sie wuchs hoch (ingens, Hor. od. 2, 3, 9) und
breitete vom Gipfel ihre mit feinen Nadeln be-
hangenen Zweige aus. Sie war der Diana (Hor.
od. 3, 22, 5) und der Kiybele heilig. Ein Pinien:
franz wat der Schmud auf dem Haupte des Pan
und der ältefte Siegespreis in den ifthmijchen
Spielen; die Form von PBinienzapfen haben die
altrepublifaniichen Grabfteine von Pränefte.
Pirätae, Das Gewerbe der Seeräuberei im
Mittelländiichen Meere war uralt und mwurbe am
verwegenften von den Illyriern, Kilikiern und
Iſauriern geübt. Wenn Piraten in die Hände
der Römer fielen, jo wurden fie nad) der Willfür
des Feldherrn oder Statthalters, gewöhnlich mit
—— oder Kreuzigung, beſtraft. Cie. Verr.
b, 27f.
Pirustae, IIıgoüor«ı, räuberiiches Volt Ally:
riens, von den Römern für fteuerfrei erflärt, weil
es von Gentius jogleich zu ihnen übergetreten war.
Caes. b. g. 5,1. Liv. 43, 30. 45, 26.
Pisa j. Elis, 4.
Pisae, /Iocı, j. Piſa, jehr alte und wichtige
Stadt Etruriend am Zuſammenfluß des Aufer und
Arnus, 20 Stadien von des letzteren Mündung,
eine der 12 etrurijchen Bundesſtädte, jpäter rö-
miſche Kolonie. Nördlic von der Stadt lagen
heiße Mineralquellen, aquae Pisanae, jegt be:
rühmter als im Altertum. Strab. 5, 222.
Pisätis ſ. Elis, 4.
Pisaurum, /lıo«ögor, alte Stadt Umbriens
an der Mündung des Bilaurus zwiichen Arimi:
num und Sena Gallica; jegt Peſaro. Caes. b. c.
1,11. Liv. 39, 44. Oic. ad fam. 16, 12.
Pisces j. Sternbilder, 4.
Piscina, 1) Fiſchbehälter, welche die reichen
Römer in dem größten Maßſtabe anlegten und mit
ungeheurem Aufwande unterhielten. — 2) Waffer:
baffin zum Baden und Schwimmen, oder auch
Heine Wafjerbeden zu anderem Gebrauch.
Pisidia, 7) Ilordınn, Landichaft Kleinafiens,
jeit dem 2. Jahrh. v. E. ald Teil Bamphyliens
betrachtet, grenzte gegen D. an Lyfaonien, Iſau—
rien, Kilitien, gegen N. an Phrygien, gegen W.
an Kabalia und Lyfien, gegen S. an Pamphylien.
Die Gebirge des im ganzen rauhen und waſſer—
armen Landes gehören zum Taurosſyſtem; zu
nennen ijt der Sardbemijos. Die 3 Flüffe Ka-
tarrhaftes, Keftros, Eurymedon durchſtrömen auch
Pamphylien. — Die Piſidier, [Ioddaı, zuerft
von Kenophon genannt, waren ein tapferes Berg:
und Räubervolf, deffen vollftändige Bezwingun
nicht einmal den Römern gelang, wahefcherntich
einerlei Stammes mit den Jjauriern und den Be:
mwohnern des rauhen Kilikiens. Die wichtigſten
Städte waren: Sagalaſſos (j. Ruinen von Agla—
jun) mit einer Citadelle; Kremna (j. Girme),
Pitholeon.
Pedneliſſos, Selge (j. Sirf) am Eurymedon, Ter:
meſſos. Die Namen von mehr als 100 ihrer
Lage nach unbefannten pifidiichen Ortichaften ent:
halten neu aufgefundene Injchriften, mitgeteilt von
dem Amerikaner Sitlington Sterret, Papers of
the American School of Classical Studies at
Athens, Bd. 3 (1888). Strab. 12, 570f. Plin.
5, 27, 24.
Piso j. Calpurnii.
Pissuthnes, [Iıooou®rns, Sohn des Hyſtaſpes,
ein Gegner Athens, gewährte ala lydiſcher Satrap
im 9. 440 vd. E. den don then vertriebenen
oligarchiich geiinnten Samiern Unterftüßung und
cheint auch während des peloponnefiichen Krieges
im $. 427 den Spartanern Hülfe geleiftet zu haben.
Bei einer jpäteren Empörung gegen den Groß—
fönig im J. 414 wurde er von Tiſſaphernes ge-
fangen genommen und auf Befehl Dareios’ I1., troß
ber erhaltenen Zuficherung jeines Lebens, getötet.
Plut. Per. 25. Thue. 3, 31.
Pistor, der Müller, jpäter auch der Bäder, da
beide Gewerbe zujammen betrieben wurden. Ur—
ſprünglich hatte man in Rom feine öffentlichen
Bäder, jondern den Hausfrauen lag das Baden
ob, und auch fpäter, ald es öffentliche Badhänjer
ab, pflegten die großen Haushaltungen für fich
—* aden, was gewöhnlich Sklaven beſorg—
ten. Man unterſchied pistores siliginarii, Weiß—
brotbäder, lactarii, Kuchenbäder, duleiarii, Kon:
feftbäder u. j. w. Unter den jpäteren Kaijern
waren die für das Öffentliche Getreideweſen be-
ftimmten pistores publicae annonae von großer
—— für die beiden Hauptſtädte. Über das
Backen vgl. Blümner, Technologie und Termino—
logie der Gewerbe und Künſte (1875), 1 ©. 49 ff.
Pistoria, IIıorogia, Stadt Etruriend, zwiſchen
Luca und Florentia, befannt durch die Niederlage
und ben Tod Catilinas, 62 v. E.; j. Piftoja.
Sall. Cat. 57.
„ Pistrinum, der Ort, wo das Getreide (für die
Urmeren far, Roggen, für die Reicheren triticum
und siligo, Weizen) gemahlen wurde. Eine jolche
Mühle war bei jedem Hauje der Reichen in der
Nähe der Küche (derem Lage j. Haus, 9.), zu:
gleich meiftens noch mit einem, dem unfrigen jehr
ähnlichen, Badofen verbunden. In Pompeji hat
man joldhes Piftrinum aufgefunden. Sflaven,
welche megen ergehen hart gezüchtigt werben
follten, wurden in die Mühle geichidt zum Ziehen
und Treiben der Mühlräder. Dieje ſchwere Arbeit
mußten fie in Feſſeln (Plin. 18, 2) und unter
Schlägen thun (in pistrinum dari, oft bei Plaut.
und Terent.). Auch Pferde und namentlich Ejel
(mola asinaria) wurden zur Bewegung der Müb-
len gebraudjt (f. Mola).
Pitäna j. ®vin, 9.
Pitäne, /Iırdrn, 1) j. Lakonika, 8.
2) Hafenftadbt an der aioliihen Küfte Myſiens,
Heimat des Philofophen Arkefilas, j. Tichandarlüf.
Hat. 1, 149. Strab. 13, 607. 614.
Pithecüsa j. Aenaria.
I $oiyıa |. Dionysos, 8.
Pithol&on, ein in Rom lebender Dichter aus
Rhodos, der nach Horaz (sat. 1, 10, 22) Griechijch
und Lateiniſch in jeinen Gedichten durcheinander
mifchte und vielleicht mit Be dem Berfafler
ichmähfüchtiger Gedichte auf Julius Cäſar, bei
Sueton (Caes. 75) identiſch iſt.
Pithon — Plancii.
Pithon, audh Python, /I’#or, TIeldov oder
IIötor, 1) Sohn des Kratenas, einer der Leib:
wächter Aleranders (Arr. 6, 28), erhielt bei ber
erften Teilung der Diadochen Medien. Diod. Sie.
18, 3. Bon Berdiltas gejchidt, zog er gegen die
aufrührerifhen Griechen in den oberen Eokayken
und juchte diejelben durch Berjprechungen auf feine
Seite zu ziehen, allein nad) dem Befehle des Ber:
diffad wurden fie von ben Makedoniern hinter:
liftig niedergehauen. Perjönlich zeigte er fich allent—
Iben als fühnen und tapfern Feldherrn. Diod.
Sie. 18, 4. 7. Dann zog er mit Perbilfas nad)
Agypten, war aber einer der Hauptanftifter der
euterei, die befjen Tod zur Folge hatte. Auf
Ptolemaios' Vorſchlag wurde er 321 v. E. mit
Arrhidaios zum Neichdverwefer ernannt, ohne daß
fie indes dieler Stellung Geltung verjchaffen konn:
ten, daher jie diejelbe bald dem Antipater über:
laſſen mußten (321). Diod. Sic. 18, 36. 39. Nach—
dem er zu feiner Satrapie Medien nod) die Würde
eines Gtrategen der oberen Satrapien erhalten
(Diod. Sie. 19, 14), ſuchte er in den öftfichen
Ländern ein eigenes Reich zu gründen, wurde
indes genötigt, mit Seleufo8 und Antigonos an
der Belämpfung des Eumenes teilzunehmen, 317
und 316. Diod. Sic. 19, 17—20. Als aber nad
deſſen Befiegung und Tode Antigonos mit feinem
Heere Winterquartiere in Medien nahm, ſuchte er
wiederum im geheimen durch Verſprechungen fich
im Heere eine Bartei u bilden, wurde jedoch von
—— zu einer Unterredung nach Efbatana
gelodt, zum Tode verurteilt und hingerichtet, 316.
Diod. Sic. 19,46. — 2) Sohn de3 Agenor, Führer
einer Abteilung des Fußvolles auf dem Zuge
Aleranders nach Indien, wurde dajelbit als Be:
fehlöhaber zurüdgelaffen und befriegte den Mufi:
fanos (325 v. E.). Auch bei den Seiben Zeilungen
323 und 321 wirb er als Statthalter der indiichen
Provinzen genannt, nach der Flucht des Seleufos
aber wurde ihm von Antigonos Babylon über:
— Im J. 314 von Antigonos als Beirat des
emetrios Poliorketes nach Syrien berufen, fiel
er unter dieſem in der Schlacht bei Gaza, 312.
Arr. G, 6. 16. Curt.9,8. Diod. Sic. 18, 39. 19, 56.
69. 80. 82. 85.
Pittäkos, IIırraxdg, einer der j. g. fieben Weijen
Griechenlands, geb. zu Mytilene auf Leſbos um
648 dv. C. befreite jeine Vaterſtadt mit Hülfe des
Altaios (j. d.) von der Tyrannei des Melanchros,
zerfiel dann aber mit jenem und wurde, als der
vertriebene Allaio8 die Stadt belagern wollte,
Ailymnetes (j. d.). Plut. Sol. 14. Er zeichnete ſich
durh Mäßigung und Uneigennüßigfeit, weiſe Ge:
jeßgebung und verftändige Verwaltung aus. Im
figetiichen a trat er auch als Feldherr auf
und überwand den athenijchen Anführer Phrynon
durch Lift, indem er ıhm ein hinter dem Schilde
verborgenes Netz über den Kopf warf. Er jcheint
um 580 die Regierung freiwillig niedergelegt zu
haben und ftarb im Privatleben in hohem Älter,
nach —— über 70, nach andern 100 Jahre alt.
Sein Lieblingsſpruch war: Erkenne die rechte Zeit!
Die Gejchenfe des Kroifos wies er zurüd; er habe
ichon doppelt joviel als er brauche. Seine Elegien
und feine Schrift über die Geſetze haben fich nicht
erhalten, wohl aber ein Feines Gedicht und ein
Brief an Kroijos. Arist. pol.2,9,9. Strab. 13, 600.
Plat. Prot. P: 443A. Paus. 10, 24, 1.
949
Pittheus j. Theseus.
Pityokamptes j. Theseus.
Pityüsae insülse, Ilırvoöca, d. i. Fichten—
injeln, 2 Injeln an der Südoftküfte Hiſpaniens,
jüdweftlich von den Balearen, eine Tagfahrt von
der Küfte. Die größere hieß Ebujus (j. Yviza),
die Heinere Ophiufja oder Eolubraria (j. For—
mentera). Strab.2, 123. 3, 167. Diod. Sie. 5, 16.
Placentia, [ILaxsvria, j. Biacenza, römiſche
Kolonie im cisalpinishen Gallien am rechten Ufer
des Badus, unweit des Einfluffes der Trebia, wurde
19 Jahre nach ihrer —— im J. 200 v. C.
von den Galliern erobert und verbrannt (Tav.
31, 10), dann aber von den Römern als Duni:
cipium wieberhergeftellt. Tac.hist.2,19. Cie. Pis.23.
Ihre Bedeutung beruhte bejonders darauf, daf fie
an der Straße von Mebiolanium nad Parma lag,
und daß die Amiliiche Straße von hier nad) Ari:
minum führte. Liv. 39, 2. 21, 57.
Placidus j. Lutatii, 6.
Plaetorii, 1) 264 v. E. Volfstribun, gab die
lex Plaetoria, j. d. — 2) M. Plät., Ankläger des
Fontejus im J. 690. €. Cie. Font. 12,26. Er war
ein Freund des P. Cornelius Lentulus Spinther,
des Konſuls 57 dv. E. Cie. ad fam. 1, 8. — ei C.
Plät., war im J. 48 v. C. Quäſtor und erhielt
Befehl, dem gegen Pharnakes kämpfenden Heere
Verſtärkung zuzuführen. Caes. b. Aler. 34.
4) Plät. Ruſtianus, begleitete den Metellus
Scipio nach der Schlacht bei Thapſus auf deſſen
Flucht und fand zugleich mit ihm ſeinen Tod.
Caes. b. Afr. 96. — 5) Plät. (Platorius) Nepos,
Freund des Kaijerd Hadrian, wurde von diejem zu:
legt mit Argwohn verfolgt. Spart. Hadr. 4.15.23.
Plagium, Menfchenraub, ſowohl eines Freien,
als eines fremden Sklaven. Die lex Fabia in
dem legten Nana een v. €. verordnete Gelb:
ftrafe über die plagiarii, welche Strafe in der
Kaijerzeit, da dieſes Verbrechen überhand nahm
(Suet. Oct. 32), allmählich bis zur Hinrichtung ge:
ichärft wurde.
Plakos, IIA«xos, bewaldeter Berg in Myſien,
an defien Fuße die Stadt Thebe, die Heimat der
Andromadıe, gelegen haben joll (Hom. IT. 6, 396.
435); ſchon Strabon (15, 614) wußte ihn nicht
mehr aufzufinden.
IIlaxoög (Kuchen) j. Ehe, 5.
Planasia, /Iavaoie, Jnjel zwiichen den Inſeln
Eorfica und Ilva, von Auguftus zum VBerbannungs:
ort für feinen Enkel Agrippa Poſthumus bejtimmt
(Tac. ann. 1, 3. 6. 2, 39); j. Pianoja.
Plancii. Dahin gehören: 1) En. Planc., ein
römifcher Ritter aus tina, vertrat, ald von den
Nittern Pachtnachlaß verlangt wurde (59 v. E.),
die Nechte jeiner Standesgenofjen mit großem
Nahdrude. Er ſelbſt war auch Zollpächter und
unterftüßte jpäter feinen Sohn, als derjelbe fich
um die curulifche Moilität bewarb. Cie. Planc.
9,24. 13, 32. — Diejer, 2) En. PBlanc., that
unter Metellus Kriegsdienfte auf Kreta und er:
langte jpäter (58 v. C.) die Duäftur in Make:
donten, wo er dem Cicero, der damals im Eril
lebte, große Dienfte leiftete (Cie. ad fam. 14, 1, 3).
Dafür verteidigte ihn derjelbe, im J. 54, wie es
icheint, mit Erfolg, als ‘Pl. von Juventius wegen
Beſtechung an — wurde. Nach dem Tode des
ompejus, deſſen Anhänger er war, lebte er auf
Cie. ad fam. 4, 14. 15.
ferfyra.
950
Planeina j. Munatii, 7.
Planetae, /ILayaral (Hom. Od. 12, 61. 202.
219), die Irrfelſen (von Adko), nicht als die
Irrenden, jondern als die Berirrer (von Aay-
“ris) zu faflen. Sie find oft, auch von jehr vielen
Alten jelbjt zur Bertaufchung des Namens, mit
den ——— zuſammenſchlagenden Symple—
gaden am thrafiihen Bosporos für urſprünglich
identiſch oder gleichartig ge worden; man
—— Homer habe die Symplegaden aus alten
rgonautenliedern in den Weſten verſetzt. Die
Plankten aber find bei Homer ſtillſtehende, feuer:
jpeiende Felſen, welche durch ihre fiedende Bran-
dung und den umhüllenden Dampf, ſowie durch
die unwiderſtehliche Strömung, melde zu ihnen
hintreibt, dem Schiffer gefährlich werden. Selbſt
die vorbeifliegenden Tauben, welche dem Zeus die
Ambrojia zutragen, werden durd) ihre hereinziehen-
den Feuerſtürme gefährdet, jo daß jedesmal eine
derjelbe zu Grunde geht (j. Pleiades). Pic
vn Erflärer fjuchten fie an der weftlichen
finung der Siciliſchen Meerenge, da fie nad)
Homer in der Nähe von Stylla und Charybdis
liegen jollten; Neuere verftehen darunter die Aio—
Küchen oder Lipariichen Inſeln (vgl. Odysseus, 5.).
laneus j. Munatii,
Planötae, zAarjreı, stellae errantes oder
erraticae, diejenigen Himmelskörper, weldye in
icheinbarer Bewegung ihren Stand am Himmel
. — 3 A ‚Theb, ?.
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und Heſiod nennen nur Abend» und Morgenſtern
als 2 verichiedene, während Pythagoras fie ala
Einen erkannte; Demokritos nahm jchon mehrere
an, und Eudoros brachte die Kenntnis der 5 alten
—— —
periodiſch gegen die Fixſterne verändern. Homer
Plancina — Plataia.
Planeten (Mars, griech. Pyroeis; Merkur
es oder Stilbon; Jupiter, gr. P
nus, gr. Phosphoros; Saturn, gr. Phainon)
von den Ägyptern zu den Griechen; jene hatten
noch 2 mehr, die nachher auch bei den Griechen
und Römern als Helios oder Sol und Gelene
oder Luna Eingang fanden. Die fiebentägige
Woche und die (anfänglich ichwantende) Benen-
nung der Wochentage nach den 7 Planeten ftammt
aus Babylonien, verbreitete fi) von da über
Borderajien und fam durch die Juden und Syrer
zu den Griechen und Römern; bei den letzteren
tft jene Benennung feit der erften Kaiferzeit ⸗
weisbar. Die Planetenzeichen ſind wohl
Schriftzüge aus den Anfangsbuchſtaben der Na—
men, ſondern ſymboliſch: das Zeichen des Satur⸗
nus (6) die Hippe der Zeit, des Jupiter (2) der
Blipftrahl, des Mars (2) Lanze und Schild, des
Sol (©) die Sonnenjcheibe, der Yuna ()) der pe
jene!
ötter:
J'ier-
thon;
nehmende Mond, der Venus (2) der
Göttin, des Merkur (2) der Heroldsftab des
boten. — Der Einfluß der Planeten auf die Witte:
rung wurde von den Alten Doc angel en (Plin.
11,39); über ihre aftrologiiche Benugung j.Astro-
logia und Chaldaei.
Plataia oder -ai ([Mdraıc, Hom. Il. 2, 504.
Hdt. 8, 50 u. |. w., -a{, Thue. 1, 5. 3, 61), Stabt
Boiotiens am Nordabhange des Kithairon, unfern
der Wioposquellen; entweder genannt von Plataia,
€ ter des Aſopos,
oder nach Strabon (9, 406)
von Aaen, das Ruder,
weil die Kopais einft bis
an ihre Mauern gereicht
* fo daß Marausig
„die dom: Ruderſchlag
—
(richtiger) wegen i
Lage auf einer kleinen
ochterraſſe. Obwohl in
— i
5 N —
nern, e on
1000 Mann (Hdt. 6, 108)
und in ber vor ihren
Mauern gejchlagenen denf-
würdigen t 600.
Hadt. 9, 29. Auf Betrieb
der ya
Rerxes die Stadt ( R
3, 68. Hdt. 8, 50); das
FL | icise Ehidjat txaf Bi. im
JJ—
chen Krieges ( 3,
\
9
—EE— — — —
v. €.) durften bie Kinder ber Athen ge-
flüchteten Blataier die Stadt ehren Mäter wieber-
berftellen, die aber, nır dem Namen
dig, in der That in einer drüdenden
von Sparta fich befand. Nachdem bie
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Platanistas
Boiotien zu räumen gezwungen waren, mußte fich
Pl. den Thebanern anjchliegen, und da es mit
atheniicher Hülfe fich zu befreien fuchte, wurde es
von den Thebanern erobert und aufs neue zer:
ftört (376). Died. Sie. 16, 46. Die Bewohner
fanden wieder in Athen Aufnahme. Nach der
Schlacht bei Ehaironeia erhielten die Kinder das
Gebiet zurüd, doch erjt mit Unterftüßung Ale—
randerd wurde die Stadt wiederhergeftellt, deren
Bewohner dann, nur von dem Ruhm der Bor:
fahren zehrend, als eitle Prahler galten. Außer
dem großen SHeratempel vor der Stadt bildete
der infolge der Perſerkriege errichtete Tempel der
Athene Areia mit einem Koloflalbilde von der
Hand des Pheidiad und Wandgemälden von Po:
lygnotos die Hauptzierde der Stadt, die hiſtoriſch
interefiantefte Sehenswürdigkeit die unmittelbar vor
der Dftmaner der Stadt gelegenen Grabmäler der
in der Schlacht gegen die Perſer gefallenen zur
nen — bejondere für die Athener und Lakedai—
monier, ein gemeinfames für die übrigen Hellenen.
— Noh im 2. Jahrh. n. E. wurden hier jährlich
am fechzehnten Tage des attiichen Monatd Mai:
mafterion feierliche Totenopfer gebradht. In der
Nähe der Grabmäler ftand ein Altar und eine
Statue des Zeus Eleutherios, bei melden zur
Erinnerung an den Sieg Spiele gefeiert wurden.
Strab. 9, 412. Den uplatz der berühmten
Schlacht bildete das Terrain öftlich und nördlich
der Stadt, deren etwa */, Meile lange Mauer ſich
erhalten hat, bi8 zum Aſopos. Hat. 9, 13 ff. Plut.
Arist. 11ff. Abhandlung von Münſcher, de rebus
Plataeensium (1841).
Platanistas j. Lakonika, 9.
Platänos, rAdravog (von mAarvg, breit), die
Platane oder der morgenlänbifche Ahorn, war
im Altertume jehr beliebt wegen jeines ſchlanken
Wuchjes und feiner jchattigen Zweige, daher auch
dem Genius geweiht. Or. met. 10, 95. Bejonders
berühmt war der —— nkaravov, in der
Afademie zu Athen; überall aber, mo Tiebliche An—
lagen zu machen waren, burfte er nicht fehlen.
Eßbare Früchte trägt er nicht, daher sterilis
(Verg. @. 2, 70); auch ließen fich feine Reben
daran ziehen, daher caelebs (Hor. od. 2, 15, 4).
Plat&a, /Rarex, Inſel vor der Dftfüfte von
Kyrenaile, welche die zur Kolonijation nach Li:
byen gejandten Theraier unter Battos zuerft ein:
nahmen; j. Bomba. Hat. 4, 151 ff.
Platon, I/Idrov, 1) Sohn des Ariſton und
der Reriftione (oder Potone), aus edlem Geſchlechte,
durch den Vater mit Kodros, durch die Mutter
mit Solon verwandt, ward geboren zu Athen am
7. Thargelion (Mai) 428 dv. CE. Da diefer Tag
erade als Feſt der Geburt des Apollon in jenem
Jahre —— ward, ſo ſchien er im voraus zu
einem Sohne des Lichtes der Welt, zum „gött:
lichen‘ bejtimmt zu fein. Much ſprach der Ann
reiche Mythos von Bienen, die auf die Lippen
des Kindes Honig getragen, und von einem jungen
Schwan, der vom Altar des Eros aufflog und, da
ihn die Kraft verlieh, fich in den Schoß des So—
frates flüchtete, wo ihm die Schwingen fichtbar
wuchſen, io J er ſich unter fröhlichem Flügel—
ſchlage in den Ather erhob und durch ſeinen me—
le Gejang Götter und Menſchen entzüdte.
Er hieß angeblich urjprünglic nad jeinem Groß:
vater Ariftofles, wırrde aber fpäter (von Sofrates)
— Platon. 951
entweder wegen jeiner breiten Bruft oder wegen
des breiten Fluſſes jeiner Rede (nad den Neu—
platonifern) Platon genannt. Aufgewachſen in
der belebteften und umſchwungreichſten Zeit des
athenifchen Lebens, in der Umgebung der bebeu:
tendften Geifter, eines Thufydides und Kenophon,
Sophokles und Euripides, Ariftophanes und Me:
nander, Pheidias und Polyfleitos; begabt mit
dichteriſchen Anlagen und in dichterijcher Lektüre
früh verfehrend, unterwiefen von den beften Leh—
rern feiner Zeit und mit allen Mitteln und Gaben
eiftiger Bildung ausgerüftet, jchien er für bie
öhe bes Lebens berufen zu fein. Noch ehe er
den Sofrates jelbft kennen lernte, dem er in fei-
nem zwanzigſten Vebensjahre näher trat, und mit
dem er dann bald 10 Jahre lang bis an den Tod
besjelben in an ei Verbindung blieb, ſcheint er
ſchon mit jeiner L * befannt geworden, aber auch
durch Kratylos in die Spekulation des Herafleitos
eingeführt zu jein. Mochte diefelbe ihn auch leb—
hafter befriedigen ald das voranfgegangene Stu:
dium der Sophiften, er fonnte dennoch das Grund—⸗
prinzip, daß alles ſich in bejtändiger Bewegung
befinde, mit einer wahrhaften Erkenntnis nicht in
Einklang bringen. Dies führte ihn zu den Eleaten
und den ioniſchen Philofophen, deren Hänpter in
jener Zeit, Parmenides und Anaragoras, in vollem
Anjehen ftanden. Die Lehre des erfteren, daß es
eine doppelte Erkenntnis, eine finnliche (dofaornj)
und eine geiftige (dıiavonrinn), gebe, wovon jene
nur auf hricheinlichkeit, diefe auf Gewißheit
Anſpruch machen künne, und daß in biejer das
eine alles und alles eines fei (Mlleinslehre, Ban
theismus), außer welchem nichts Weſen und Be-
ag (obale) habe, befriedigte ihn im Gegenjage
er an en jo weit, daß er die Trennung
der Erkenntnis und ihren verjchiedenen Wert feft:
hielt, dagegen die Anficht vom Weſen der Dinge
völlig beftritt. Die Lehre des Anaragoras ſprach
ihn bei mäherer Betrachtung darum weniger an,
weil derjelbe den Elementen, anftatt fie auf ihre
Urjachen zurüdzuführen, die Kräfte des wong jelbft
beilegte. Bon — Spekulationen unbefriedigt,
wandte ſich daher ſein Geiſt den praktiſchen Seiten
der Philoſophie zu, wohin den Sokrates ein ähn—
liches Bedürfnis geführt hatte, und worin derſelbe,
zugleich ein unnachahmliches Vorbild im Leben,
als ar Größe glänzte. Die innige, unverlöjch:
fihe Anhänglichfeit an ihn und die Eindrüde,
die jein legtes, um feiner Lehre willen erlittenes,
Schidjal auf das tiefe Gemüt des Schillers mach:
ten, riefen jene zahlreichen ſokratiſchen Schriften
ind Leben, worin er die Grundſätze des Meifters
in faft umunterjcheibbarer Miſchung mit den ſei—
nigen vortrug. Much blieb er nicht zurüd mit den
Außerungen Are Pietät; bei dem Prozefje gegen
den Sokrates erbot er ſich zu einer Geldbuße für
ihn. Nach deſſen Verurteilung aber verließ er,
voll Unmut und Beſorgnis, mit mehreren andern
Schülern Athen, gegen deſſen anardhifche Demo:
fratie er ohmedies eine heftige Abneigung ver:
jpürte, und wandte ſich zunächſt zu Eufleides nach
Megara ; indeflen ließ die weſentliche Differenz
beider in der obai« des Parmenides ihn nicht
lange bei der eriftiichen ober megariſchen Schule
verweilen, die gleichzeitig zu Angriffen auf den
Kern feines eigenen Syſtems, die Jdeenlehre, ver:
anlaßt ward. Sein reger Forjchungseifer führte
952
Platon.
ihn auf Reiſen. Er ging nad) Jtalien, wo er den | jchwere Zeit jeines Lebens, vom peloponnefiichen
Archytas von Tarent und den Eudoros von Knidos
hörte, deren pythagoreiſche Lehren über Phyſik,
Mathematit und Ethik, mit feinen eigenen Ge—
danfen auf das engfte verihmolzen, in jeinen
jpäteren Werten vorliegen. Bon da begab er ſich
nach Kyrene, um den Theodoros in der Mathe:
matik zu hören, und von hier nach dem Lande
reiber Wunder und eigentümlicher Erkenntnis—
quellen, Agypten, von wo er wohl nach Alien ge:
gangen fein würde, wenn ihm nicht die Unruhen
des von Artaxerxes gegen Ägypten beabfichtigten
Kriegs gehindert hätten. So begab er fich denn
nadı Stalien (Tarent, Cie. fin. 5, 29, 87) und
Sicilien, wo Dions gaftlihe Aufnahme ihn in die
Nähe des älteren Dionyfios brachte, deſſen Uns
guade er fich jedoch bald durch freimütige Auße—
rungen zuzog, jo daß er ihn zu Schiffe wegführen
ließ, nicht ohne die Andentung, daß fein Tod dem
Tyrannen willlommen fein würde. Indeſſen rettete
er fein Leben und wurde nur ald SHave verfauft,
aber dur die Vermittelung des Anniferis aus
Kyrene (oder de3 Dion von Syrakus?) wieder
ausgelöft. Zurüdgefehrt in jeine Baterjtadt, 388,
lehrte er Hier mit dem größten Beifall in dem
vor den Thoren Athens gelegenen, dem Heros
Alademos geweihten Gymnafium (Alademie, f. d.
und Attika, 14.), wurde bald das Haupt einer
eigenen neuen Schule und verfaßte einen großen
Teil feiner Schriften in dem nun folgenden Zeit-
raume von mehr als 20 Jahren. Sa ward er
nach der Thronbefteigung des jüngeren Dionnfios,
auf den deilen Schwager und Ratgeber Dion
damals noch den entjcheidenditen Einfluß übte,
367 zum zweitenmal nad Sicilien berufen; er
übergab fein Lehramt in der Afademie dem Hera—
fleides von Pontos und wurde glänzend in Sici-
lien empfangen, obwohl der baldige weitere Ber-
lauf nicht diejem erften Anfange entiprah. Als
die am Hofe geipielten Ränfe den Dion geftürgt
hatten, den der Tyrann urplöglich und unerwartet
zu Schiffe wegbringen lieh, wurde Platons Lage
jofort eine andere; zuerft nach einer Kaferne in
die Nähe roher Soldaten gebradht, erlangte er
endlich jeine Abreife von dort, mit dem er:
jprechen, nach der zugelagten Zurüdberufung Dions
wiederzulommen, 865. Die Neue -ded3 Tyrannen
zog ihn jedoch bald, 361, unter faljchen Bor:
en zum brittenmal wieder hinüber, aber
jeine und feiner Freunde Hoffnungen wurden nur
zu bald getäufcht: nicht ohne Mühe und Opfer
fonnte Die or Fürſprache des Archytas ihn
der Härte des Tyrannen und den ihm drohenden
Sefahren wieder entreißen, 360. Als Greis von
70 Jahren widmete er jih nun dem Lehramte
und dem praftiichen Leben, doch find die in leßterer
Beziehung im Altertume verbreiteten Nachrichten,
als ob er für Kyrene, Megalopolis, Theben, Kreta
und andere Staaten Berl ber und Geſetze
ausgearbeitet habe, wohl mit derjelben Vorſicht
aufzunehmen, wie die uns vorzugsweije durd)
Plutarch überlieferte, von andern Seiten her ver:
dächtigte Kunde über jeinen mehrmaligen Aufent:
halt auf Sicilien. In diejer fpäteiten Lebens:
periode verfaßte er feine legten Werke, namentlich
das über die Gejege, und entwarf Pläne zu neuen,
bejonders zu einer Schrift über ein zn
Verbeſſerungsſyſtem in der Politif. Die inhalt:
Kriege an durch die furze, aber glänzende Blüte
Thebens hin bis zu den Anfängen der maledo—
niſchen Macht, war wohl geeignet, feine An:
ſchauungen vom Staatsleben, die offenbar auf
einer mehr objektiven, dem Doriſmus verwandten
Grundlage ruhten, und jeine Hoffnungen auf bie
Verwirklichung derſelben mächtig zu euttänjchen
und ihm eine Iebhafte Sehnſucht nach befleren
Buftänden einzuflößen. Während er jo neue Werke
Ihuf und an den alten feilte, traf ihn der Tod,
81 Jahre alt, 348/7. — Mit Liebe und Bewun-
derung hingen jeine Schüler an ihm, zu melden
auch Ehabrias, Phokion und Demofthenes gehör:
ten; ſelbſt rauen jcheinen, an feinem Unterrichte
teilgenommen zu haben. Überhaupt genoß er im
Altertume ſchon die höchſte Achtung: Panaitios
(Cie. tuse. 2, 32) nannte ihn den Homer der
Philojophen, Cicero (n. d. 2, 12) philosophorum
quasi deum, Longin Peiov. Seine zahlreichen
Schüler breiteten jeine Lehre weit aus, und bie
von —* geſtiftete Alademie hielt ſich ſehr lange,
fortgeſetzt nach ſeinem Tode in der älteren A.
des Speuſippos und Zenokrates, der mitt—
leren des Arkeſilaos, der neuen des Kar—
neades, zu denen noch eine vierte des Philon
von Lariſſa und eine fünfte des Autiochos
von Aſtalon — — Die Methode des
Pl. war die ſokratiſche Geſprächsform, an deren
Stelle nur bei den fortgejchritteneren Schülern
fortlaufende akroamatiſche Vorträge traten, die in
den &ygapa doyuara alsbald niedergeſchrieben
wurden, ohne daß man bei ihnen irgendwie an
Geheimlchren denten darf. Dagegen find die von
ihm verfaßten Dialoge nicht wirklich in der Schule
gehaltene Unterredungen, jondern dramatiiche Sce:
nerien, in welchen die Philojophie dergeitalt ob-
jettiv wird, daß Pl. jelbft nie eine mitredende
Berjon ift. In ihnen ift ſowohl der innere ſpe—
Iulative Gehalt ald die äußere Fünftleriihe Form
in einer lebendigen und organijchen Fortbildung
begriffen; man wird aljo nicht zu der Annahme
enötigt fein, daß er völlig verichiedene Entwide:
— der Spekulation durchlaufen habe und
die einzelnen Elemente ſeines philoſophiſchen Sy—
ſtems gewiſſermaßen ſtüchweiſe in ihn gelommen
ſeien; vielmehr ſehen wir den Trieb einer plaſti—
ichen Einheit lebendig in ihm wirken, jo daß auch
das Entlegenfte und jcheinbar Widerjprechendfte,
wie die abſtrakte Yosgerifjenheit des einzig wahren
Seins der Ideen und die mathematische Ronftzut-
tion der 4 Elemente neben der Verlörperung der
Pſychologie und Ethik im Staate, fih) zu Einem
gemeinjamen Ziele in wahrer Durchdringung em:
borarbeitet. as die Form betrifft, jo verliert
fi, je reicher der Inhalt in den jpäteren Schrif-
ten ſich jelbjt geftaltet, die dialogiiche Form immer
mehr und reduziert jich oftmals auf ein zu Zeiten
eingeftreutes Ja oder Nein. Dagegen waltet überall
neben der jehr ſcharf unterſcheidenden Dialektik
die eigentümliche Macht einer den Pl. bisweilen
| überwältigenden mythiſch-poetiſchen Haltung. —
Was nun feine Lehre jelbft betrifft, jo führt ihn
die parmenideijche Annahme einer ovol«, die einzi
und allein Wahrheit habe, zu dem Gedanlen, da
in der menschlichen Seele, ungeachtet alles Wechjels
der Dinge, doc gewiffe ewige und unwanbelbare
Begriffe (vorjuare) ih fänden; e3 müßten aljo
Platon.
ewige, einfache, jich jelbit gleiche Bilder (ouorwu«r«)
vorhanden jein, wonach dieje in den vergänglichen
Dingen abgeprägt wären. Dieſe Bilder, död«:,
eftalten der allgemeinen ovole, haben nad BI.
feine Verbindung mit der jinnlichen Welt und find
auch keineswegs mit abftraften Begriffen zu ver:
wechieln. Sie find vielmehr das allein Wahre
und wirklich Seiende, r« örr«, örrug Örre, aus
ihnen ftammen alle Begriffe des Schönen, Guten
und Wahren her; ihre Menge ift unendlich, ihr
Zuſammenhang unbegreiflic,, jie bilden Ein Ganzes,
aber die umfaflenderen enthalten die andern wieder
in fi, iv xl zoll« (legteres freifih auch bei
ihm für die finnlihen Dinge), Die Seelen ber
Menſchen nun find nicht immer an diejen Schwachen
Leib gebannt gewejen; fie fonnten das ewige An:
ſchauen der Urbilder genießen, aber ſich davon ab:
wendend, wurden fie in die fterblichen Leiber ver-
jentt, wo fie nun voll Sehnjucdht ſich der Urbilder
erinnern (die dvdurneig), und zwar um jo heller,
je wacher das geiftige Leben in dem einzelnen ift.
Zwiſchen dem Mannigfaltigen (r& wolld) und den
ewigen Urbildern besjelben jtehen die 3 len in
der Mitte, ewig, aber wiederholbar. Dieje rund:
lehre durchdrang jeine ganze Philojophie, deren
Einteilung in Dialektif, Phyſik und Ethit er mehr
vorbereitet ald ausgeführt zu haben fcheint, indem
er die Zweige der Phyſik und Pſychologie, der
Ethik und Bolitif von dem Gebiete der in den
Dingen jelbit immanenten Dialettif (rjg dv roig
Aöyoıs axndıpewg) unterfchied und jo auf den Unter:
ſchied der analytischen und ſynthetiſchen Methode
hinwies. Ewig find nach Pl. die Materie (rö
@reıpov) und Gott (d voög). An jener liegt der
rag Hang zur Unordnung und pn dien,
diefer jchuf die ordirungsvolle Welt (Adcuos) dar:
aus. In dieſem ift das göttlihe Wejen, der
göttliche Verſtand mit den Ideen und die Welt-
jeele zu eimer gewifjen Einheit verbunden. Die
menichlie Seele hat Gott aus fich, ald einen
Teil von ſich, unſterblich geichaffen, weil fie fich
jelbft Urjache der Bewegung (abro davrö xırodr)
ift, und weil dies als notwendiger Gegenjag aus
dem Tode des Körpers hervorgeht. Die Seele hat
2 Zeile (uFon), durch die fie mit dem Körper in
Verbindung jteht;z während das Aoyıorınör rg
pozüs oder der voög in dem Haupte jeinen Sik
t, wohnt das Tierijche (TO «Aoyıorındv oder
emıdvunzenorv) in dem Unterleibe, der Huuög aber
oder das Bvuosidig in der Bruft. — Die Schrif:
ten des Platon pflegten in neuerer Zeit meiſten—
teil$ nach der Reihenfolge ihrer Abfafiung geordnet
zu werben, wobei Tennemann und Socder vor:
züglich den äußeren Lebensverhältnifien, Schleier:
macher dagegen, welcher vorbereitende ober ele:
mentarijche, indirekt darftellende und fonftruftiv
darftellende Schriften unterichied, dem Inhalte und
der philojophiichen Eutwidelung derjelben folgte.
Noch andere, zu welchen Wit gehört, der nur 14
als unzweifelhaft echt anerlennen wollte, nahmen
im Gegenjage gegen Schleiermacder vorzugsweiſe
auf die Einfleidung und philojophiiche Form Rüd-
fiht. Im älterer Zeit teilte man jie entweder
nad Zetralogien (9, jo die Aldina und Bajeler
Ausgabe) oder Syzygien (6, jo die Stephan., Frankf.
und Yweibr.) ein; 8. F. Hermann hat jie wiederum
nah den Xetralogien des Thraſyllos geordnet.
Mit möglichft alljeitiger Berüdfichtigung der in
955
Betracht kommenden Gefichtspunfte hat Stallbaum
folgende Einteilung aufgeftellt: Die erſte Klafie
befteht aus ſolchen Schriften, die bis zum Tode
des Sokrates und etwas ſpäter geichrieben jind;
n ber zweiten gehören die von jenen Reifen au
is zur zweiten Reife nach Sicilien, aljo während
feines Lehramts in der Mlademie gejchriebenen
oder herausgegebenen; in die dritte endlich fommen
die Erzeugnifje aus den lebten Lebensjahren des
Philojophen (die Bücher von den Geſetzen). Bu
der erften Klaſſe würden demnach gehören: Lyſis,
von Aft und Socher für unecht erflärt, von Schleier:
macher verteidigt; Laches, Hippias ber ältere,
Hippias der jüngere, Jon, Eharmibdes,
Menon, Altibiades I, Kratylos, Euthp:
demos, Protagoras, Gorgiad, Euthy:
phron (in der Zeit zwilchen der Anklage und
dem Tode des Sofrates gejchrieben), Apologie
des Sokrates, erft nad jeinem Tode nieder:
geichrieben, Kriton. In der zweiten Klaſſe
würden folgende Schriften aufzuzählen jein: The:
aitetos, Sophiftes, Bolitifos (von Arifto:
tele8 ohne Namen des Berfafierd erwähnt, von
Socder für unecht erflärt), Barmenides, Sym-
pojion, Menerenos (nad Schleiermader un:
echt), BPhaidros, Phaidon, Philebos, Po:
liteia, 10 Bücher, Timaios, Kritiad. Zur
dritten Klafie gehören die 12 Bücher von den
Gejegen, unvollendet hinterlafien, bereit3 von
Ariſtoteles erwähnt, von Aft mit Unrecht für unecht
erflärt. Dagegen beginnt in nenefter Zeit immer
mehr die Anficht des engliichen Gelehrten Grote
durchzuichlagen, dab feiner der Dialoge vor dem
Tode des Sokrates (alſo vor 399) abgefaht jei.
Als ältefte haben wohl zu gelten Apologie, Kri:
ton und Phaidon. Bon den meiften Auslegern
werden für unecht erklärt: Epinomis, Allibiades 1.
und I. Theages, Anteraftai, Hipparchos, Minos,
Kleitophon. Endtich find als entſchieden unecht
anzujehen und jchon im Altertum als ſolche er:
fannt worden: xias, Altyon, Siiyphos, Ario:
chos, Demodofos, öpor, don der Lehrbarkeit der
Tugend, vom Gerechten, welche Boedh mit andern
ald oxvrıxoi didhoyor des Sokratikers Simon
nachzuweiſen verjudht hat. Hingegen darf mit
Wahrjcheinlichfeit angenommen werden, daß uns
feine echte Schrift des Platon verloren gegangen
ift. Bol. Sufemihl, die genet. Entwidelung der
platon. PBhilojophie (1855 ff.) — Gefamtausgg. von
Belter (1816 ff.), Aft (1819 ff.), Stallbaum (1821 ff.,
1850; mit ausführl. Kommentar 1833 ff., einzelne
Zeile in 5. Aufl.), Baiter, Orelli und Windelmann
1839 ff.), 8. F. Hermann (1851 ff.; 2. Aufl. von M.
ohlrab, 1887 ff.), Hirichig, Schneider und Hun—
zifer (1856 ff.), Schang (begonnen 1875). Anfang
einer neuen erfl. Ausgabe von Wohlrab (1877).
Ausgg. ausgewählter Dialoge von Fiſcher, Hein:
dorf, Engelhardt, Bnttmann, Knebel, Dronfe, Held,
Stallbaum, Eron und Deuſchle, Schmelzer, Ber:
tram, Ed. Göbel, M. Schanz u. a.; zahlreiche Ausgg.
einzelner Dialoge. UÜberjeßungen von Schleier:
macher (3. Aufl. 1855—62, undollendet) und 9.
Müller (1850 ff., mit treffl. Einleitungen von Stein:
hart). Erläuterungsichriften: Aſt, Platons Leben
und Schriften (1816), K. F. Hermann, Geſchichte
und Syitem der platon. Philojophie (1. Bd. 1838,
unvollendet), 9. von Stein, 7 Bücher zur Ge:
ihichte des Platonismus (1862—64), GSteinhart,
054
Platon Leben (1873), Grote, Platon and the
other companions of Socrates (1875 3 Bbb.);
ft, lexicon Platonicum (1835 ff.), Mitchell, index
graecitatis Platonicae (1832), Teuffel, Überj. der
platonijchen Litteratur (1874). — 2) aus Athen,
der Komiker, Dichter der älteren und neneren
attiichen Komödie, Verfafjer von 28 Stüden, Feind
des Ariftophanes, blühte zur Zeit von Sofrates’
Tode, geſchätzt und lange Zeit gelejen, daher zahl:
reiche Fragmente (gef. von Meinefe, com. Graec.,
iragm. Bd. II [Bd. I p. 357 ff. der Mein. Ausg.),
und Rod, com. Att. fragm, I p. 601ff.). Ab:
handlung von Cobet (1840).
Plautli, wriprünglid wohl Plotii, ein plebe-
jtiches Geſchlecht, deſſen bedeutendfte Mitglieder
find: 1) E. Plaut. Broculus, focht im J. 368
v. E. als Konjul mit Ruhm gegen die Hernifer.
Liv. 7, 15. — 2) €. PBlaut. Benno Hypſäus,
führte als Konſul 341 v. E. einen Krieg gegen
Brivernum und Antium. Liv. 8, 1.— 3). Blaut.
Decianus, kämpfte als Konſul 329 v. C. gleich—
falls mit den Privernaten, deren Stabt er einnahm,
und erwirkte den Beſiegten eine milde Behand:
lung. Lir. 8, 20. — 4) E. Plaut. Benor,
ei mit Appius Claudius Cäcus, legte der ge:
ſetzlichen Beitimmung gemäß nad) 18 Monaten jein
Amt nieder, ohne daß Appius ein Gleiches that
(312 v. E.). Liv. 9, 29. 33. — 5) E. Plant,
fämpfte gegen die Hilpanier als Prätor im J. 148
v. E., richtete indes wenig aus, wurde deshalb in
Rom angellagt und ging freiwillig in die Ber:
bannung. Liv. ep. 52. Diod. Sie. 38, 2. — 6)M.
Plaut. Silvanus, veranlafte 89 v. E. als Volks⸗
tribun mehrere Geſetze, unter andern eins über
die — des Bürgerrechts. Cic. Arch. 4.
(vgl. lex Plautia Papiria). — 7) P. Plant.
Hypſfäus, Quäftor unter Bompejus 66 v. E. im
Kriege gegen Mithridates, bewarb ſich im 9. 58,
im Bunde mit Elodius, unter Beftehungen und
Gewaltthätigkeiten um das Konſulat, wurde aber
deshalb im nächſten Jahre angellagt und verur:
teilt. Im 9. 58 hatte er ſich des verbannten
Cicero angenommen. Cic. Mil. 9, 25. Flace. 20.
Plut. Pomp. 55. — 8) A. Plaut., focht gleichfalls
unter Pompejus gegen Mithridates als Legat
(66 v. E.) und bekleidete 10 Jahre jpäter das
Bolkstribunat. Dio Cass. 39, 16. — 9) E. Plaut.
Plancus, eigentlid C. Munatius Plancus, j.
Munatii, 6. — 10) M. Blaut. Silvanus,
Kollege des Auguftus im Konſulate 2 v. E., diente
unter Tiberius in Bannonien und Dalmatien,
7—9 n. E., wo er, namentlich in der leßten Zeit,
jeine Aufgabe glücklich löſte. Dio Cass. 55, 35 f.
56, 12. — 11) PBlaut. Silvanus, ein naher
Anderwandter des vorigen, tötete fich durch Öffnung
der Adern, ald er wegen Gewaltthat gegen feine
Frau auf Befehl des Tiberius vor Gericht gezogen
werden jollte. Tac. ann. 4, 22. — 12). Blaut,,
war der erjte, der unter der Regierung des Clau—
dius (43 n. €.) bleibende Pak are in Bri:
tannien madte. Tac. Agr. 14. eine Gattin
Pomponia wurde als Chriftin angellagt, aber
von ihm, dem die Unterfuchung der Sache über:
lafien wurde, freigeſprochen. Jac. ann. 13, 32.
— 13) Blaut. Yateranus, wurde unter Nero
in jeine früher verlorene jenatorijche Würde wieder
eingeſetzt, nachmals aber wegen Teilnahme an
der Verſchwörung des Pilo zum Tode verur:
Plautii — Plautus.
teilt, den er ftandhaft erlitt.
15, 60.
Plantus, T. Maccius (nicht M. Accius), aus
ber Heinen Landſtadt Sarfina im nördlichen Ilm:
brien, ein älterer Zeitgenofie des Emmius und
neben biejem der bedeutendfte römijche Dichter
während des 6. Jahrh. u. c., wurde um 254 v. €.
eboren und jcheint früh nach Rom gekommen zu
Kein, wo er anfangs einen niederen Dienft bei
dem eben aufblühenden Theater verjah und nad
mißlungenen Hanbelsunternehmungen, in bemen er
jein ganzes Bermögen einbüßte, fogar zu gemeiner
Handarbeit in einer Mühle feine Zuflucht nahm.
. diefer bebrängten Lage ſchrieb er feine erften
omödien, welche jeinen Ruhm als Dichter rajch
begrünbeten, und von diefer Zeit an war er eine
lange Neihe von Jahren hindurch ausſchließlich
als Dichter von Komödien thätig. Er ftarb in
hohem Alter im %. 184. Oic. Brut. 15. Cat.
mai. 14. Bgl. Leiling, von dem Leben und ben
Werten des Plautus (Bd. 3 der Lachmannſchen
Ausg.). Die Zahl der Stüde, weldye das Altertum
unter jeinem Namen fannte, und von denen uns
20 erhalten find, war außerordentlich groß; Gellius
gibt fie auf 130 an. Sie waren jämtlih nad)
griechiſchen Originalen der neueren attijchen Ko:
möbdie gearbeitet (fabulae palliatae). Aber wäh:
rend jeine Borgänger Livius Andronikos und
Nävius, die einzigen römischen Dichter vor ihm,
noch jehr an ihren griechiichen Muftern hafteten,
behandelte Plautus zuerft dieje Vorlagen mit jelb-
ftändiger freiheit, indem er ben fremden Stoff
den römiſchen Verhältniſſen anpaßte und durch
eigene Erfindung erweiterte. Das hohe poetilche
Talent, mit dem er die rohen Anfänge der römi—
ſchen Komödie zu einer in ihrer Art vollendeten
Kunftgattung ausbildete, verdient unjere ganze
Bewunderung. Seine Meifterichaft Tiegt vorzugs-
weile in der lebendigen Friſche, mit der die Hand—
lung von Anfang bis zu Ende durch die verſchie—
denjten Scenen und Bermwidelungen hindurchgeführt
wird. Dabei jteht ihm ein unerjchöpflicher, oft
berber Witz zu Gebote, der ebenjomohl in der
Schilderung lomiſcher Perjonen und lächerlicher
Situationen, als in den jchlagenden Entgegnungen
des Dialogs hHervortritt. Diejelbe Friſche prägt
jich auch in der raſch dDahineilenden feurigen Sprache
und dem leichten, aber troß aller Freiheit nicht
regellojen Bersbau aus. Nur wegen diejer großen
Lebendigkeit vergleicht ihn Horatius (ep. 2, 1, 58)
mit dem griechiichen Dichter Epidyarmos, mit dem
der Anhalt feiner Stüde nichts — hat. Der
natürliche Reiz ſeines kräftigen Witzes und ſeiner
einfachen Ausdrucksweiſe erwarb ihm ſchon im
Altertume viele Freunde. Cie. off. 1, 20. Quant.
10, 1, 99. Seine Stüde wurden noch nach jeinem
Tode häufig aufgeführt und bis in die jpäteften
lei mit Vorliebe gelejen. Bereinzelt fteht das
rteil des Horatius (a. p. 270 ff.), der in jeinem
Kampf gegen die Anhänger der älteren Litteratur
auch der Bewunderung des Plautus entgegentreten
mußte. Für uns wird das Intereſſe an dem
Dichter dadurdy noch erhöht, dab er der ältefte
unter den römijchen Schriftitellern ift, von dem
uns vollftändige Werte vorliegen, aus einer Zeit,
aus der wir außerdem nur einzelne Bruchjtüde
bejigen. — Unter den erhaltenen Komödien zeich:
nen ſich Captivi, Trinunmus nnd Rudens durch
Tac. ann. 13, 11.
Plebiscitum — Plemmyrion.
enaue Eharakterzeichnuugen, plaumäßige Kompo—
tion und ein feines Mafhalten im der ganzen
Darftellung, Miles gloriosus, Pseudulus und
Epidicus durd heitere Laune und eine Fülle
fomijcher Scenen aus. Die übrigen heißen: Am-
pbitruo, Aulularia, Asinaria, Bacchides, Casina,
Curculio, Cistellaria, Menaechmi, Mercator,
Mostellaria, Persa, Poenulus (wichtig durch einige
Partien in punifcher Sprache), Stichus und Tru-
culentus. Der früher arg entjtellte Tert des Blau:
tus ift erft in neuerer Zeit durch die Bearbeitung
von Fr. Ritichl und feinen Schülern in jeiner un:
verfäljchten Geftalt wiederhergejtellt worden. Erſte
Gejamtausgabe von G. Merula (1472), andere
von Lambin (1576), Taubmann (zulegt 1621),
J. F. Gronov (wiederholt von J. A. eiti, 1760),
Bothe (1809 ff. und 1821), Fledeiien (1859, une
vollendet), Fr. Ritichl (erfte Fritiiche Ausgabe,
1849 ff., leider, gleich der Tertausgabe, unvollenbet
geblieben), F. A. Leo (1. Bd. 1885), Uffing (1876
—86, 5 Bbd.). Anfänge neuer Ausgg. von Ritſchl
(1871 ff., fortgejegt von Löwe, Götz und F. Schöll,
bis jet 15 Stüde) und U. Spengel (1875). Aus:
gewählte Stüde von Lindemann, Brir (1. Bd.
4. Aufl. 1888) und Lorenz. Ausg. des Miles glo-
riosus bon D. Ribbed (1881), der Menaechmi
von Bahlen (1882). Überj. von Donner (1864 ff.,
3 Bdd.). — Vgl. Ritſchl, Opuscula, Bd. 11 (1868).
Müller, Blautiniiche Brojodie (1869).
Plebiseitum, ein Beſchluß der Tributcomitien,
nad dem Untragfteller benannt, wogegen die se-
natus consulta nad ihrem Inhalte bezeichnet
wurden. Über ihre legislative Befugnis ſ. Co-
mitia, 8.
Plebs, die römijche Gemeinde, welche durch die
unter Tullus Hoftilius und Ancus Martius nad
Rom verpflanzten befiegten Latiner gebildet wurde.
Erft Servius Tullius machte diejelben zu Bürgern
und fuchte diefe Neubürger (Plebejer) mit den
bisherigen einzigen Bürgern, den Patriciern oder
Altbürgern, durch jeine neue Klaſſen- und Centu—
rieneinteilung zu verjchmelzen, j. Centuria, Co-
mitia und Patres. Nach der Könige Vertreibung
begann der heiße Kampf zwiſchen beiden Ständen
und endigte zuleßt damit, daß die Plebejer nad)
langem Ringen in den Hauptſachen Gleichheit mit
den Batrictern erhielten. Das Nähere j. Patres.
Plebs mit populus verbunden ift Teilbegriff, in
der Kaijerzeit bezeichnet es das niedrige Bolf.
Pleiädes, IIlsıcdes, Illniadıg, ITelsıdösg,
Pliades, die Pleiaden, Töchter des Atlas und ber
Dfennine Pleione oder Aithra, Schweitern der
Hyaden, das Siebengeftirn, die Sterne der
Schiffahrt, mit deren Aufgang die der Schiffahrt
günftige Jahreszeit, mit deren Untergang die Zeit
der Stürme beginnt. 6 von dieſen Sternen jind
fichtbar, der fiebente ijt dunfel (j. Merope, 3.).
Aus Schmerz über den Tod ihrer Schweitern, der
Hyaden, ober über das Geſchick ihres Baters töteten
fie fich jelbft und wurden unter die Sterne verjept;
oder: von dem riefigen Jäger Orion 5 Monate
lang verfolgt, wurden fie auf ihr Flehen in Tauben
melsıcdes) und darauf in Sterne verwandelt.
as Sternbild Orion bewegt fih 5 Monate lang
am Himmel neben den Pleiaden hin. Die dodo—
naitiihe Sage (Hom. Od. 12, 59 ff.), daß Tauben
dem Zeus Ambrofia bringen, daß aber, indem fie
an den Planften, den Irrfelſen, vorbeiflögen,
955
immer eine getötet werde, die ftets von Zeus er:
ſetzt werde, bezieht ſich auf das Pleiadengeftirn,
das mit einem Fluge Tauben verglichen werden
fann; zu Dodona hießen die Prieiterinnen Ils-
Asıades, und Tauben waren dort Weisjagevögel.
Die gewöhnlichiten Namen der Wleiaden find
Eleltra, die glänzende, von Zeus Mutter des
Dardanos und Eetion, Maia, von Zeus Mutter
des Hermes, Taygete, von Zeus Mutter des
Lafedaimon, Altyon e, Eisvogel, weil dieſer Vogel
beim Aufgang der Pleiaden im —— brütet,
von Bojeidon Mutter des Hyrieus, Merope,
Menſchenkind, von Siiyphos Mutter des Glaufos,
Kelaino, die dunkle, von Bojeidon Mutter des
Lykos und Nylteus, Sterope, von Ares Mutter,
nah andern Gemahlin des Oinomaos. — Das
Stebengeftirn hieß bei den Römern Vergiliae
(a verni temporis significatione, nad Servius
zu Verg. @. 1, 138), weil bei ihnen jein Früh—
—— in den Frühling, in die erſte Hälfte des
ai, fiel.
Plelas, Teicis, wurde im alexandriniſchen
Beitalter eine Gruppe von 7 tragiſchen Dichtern
genannt, deren Blüte in die Beit von Ptolemaios
Philadelphos fällt. Uber den ſ. g. Kanon ber
älteren Tragiter j. Alexandria, g. E. Die zur
tragischen Neins gehörigen Dichter waren: Ho:
meros, Sohn des Andromadhos und der Dichterin
Myro, Berfafjer von 45 Tragödien, Soſitheos,
Lytkophron, Alerander Nitolos, Philiſtos,
Sojiphanes und Dionyfiades; vgl. über dieje
die einzelnen Artikel.
Pleistarchos, IIlstorugyos, Sohn des Leo—
nidas, Agiade, Neffe und Mündel des Feldherrn
Paufanias. Hdt. 9, 10.
Pleisthönes j. Agamemnon und Atreus.
Pleistoänax, /IAsiorodve& oder TMAsorüref,
König von Sparta, ah des Paufanias, folgte
noch als Kind dem Bleiftarchos, Sohn des Leoni—
das, 458 v. E. Thuc. 1, 107. Als er, noch jung,
mit feinem Ratgeber Kleandridas mit einem Deere
in Attika einfiel, 445, und Berifles fie zum Rüd:
zuge beftimmte, wurden fie beichuldigt, beftochen
zu fein. Kleandridas wurde deshalb zur Konfis:
ation des Vermögens verurteilt und geächtet,
Bleiftoanar aber mit einer Geldtrafe belegt, verfiel
in Atimie und floh nad Arkadien. Thuc. 2, 21.
8, 26. Plut. Per. 22. Erſt nah 19 Jahren
fehrte er nad) Sparta zurüd, bemühte fich um
bie Beilegung des Krieges mit Athen und jchlof
421 mit Nikias den Frieden ab. T’huc.5, 16f. Er
ftarb 408.
Pleistos j. Phokis, 1.
Plektron j. Musica, 8.
Pleminius, Quintus, eroberte im zweiten
puniſchen Kriege als Legat des Scipio (205 v. €.)
eine der Burgen der Stadt Loeri, über melde
ihm der Konjul nad der gänzlihen Einnahme
berjelben den Befehl gab. Aber wegen unglaub:
liher Räubereien an Tempeln und Seikhandkung
der Bewohner wurde er in Rom angellagt und
ſtarb nach einigen noch vor der Verurteilung; nad)
andern wurde er (194) hingerichtet, ald man ihn
aus dem Kerker zu befreien ſuchte. Liv. 29, 6 fi.
21.34.44. Val. Max. 1,1, 21.
Plemmyrion, /Isuuvgıo» ängor, Vorgebirge
Siciliens, füdlid von Syrakus, der Stadt Ba
über, durch welches die Mündung des großen
956 Ilnuoyon
Hafens von Syrakus verengt wurde; deshalb be:
jeftigte Nikias Plemmyrion (Thuc. 7, 4). ©.
Syracusae,
IIinuoxon ſ. Eleusinia, 3.
Plethron j. Malse.
Pleumoxti, Bölterichaft im belgischen Gallien,
den Nerviern unterworfen; wahrjcheinlich im heu—
tigen Weftflandern in der Gegend von Morhe an
der Mehaigne. Caes. b. g. 5. 39.
Pleuron, IIAeveor, alte, jhon von Homer (Il.
2, 688. 13, 217. 23, 635) genannte, Stadt Aito—
liens am jüdlichen Abhange des Arafynthos, nord:
weftlih vom Euenosfluß, beſaß einen berühmten
Athenatempel. Als Demetrios Il. von Makedonien,
Enkel de& Poliorfetes, um 234 v. E. die Gegend
vermwüftete, verliehen die Bewohner ihre Stadt und
bauten etwas nördlicher Neu: Bleuron, welches noch
PBtolemaios fennt. Die Ruinen der alten Stadt
find beim heutigen Ghifto-faftro, die von Neu:
Bleuron, welche zu den befterhaltenen Städterninen
Griechenlands gehören (", Stunden lange Mauern
mit 7 Thoren und etwa 30 Türmen, Theater
u. j. w.), am Fuß des Zygos unter dem Namen
zo xdorgov rüg nvelag Elerjvns. Thuc. 3, 102.
Strab. 10, 451.
Plexippos, /IAn&ırmog, 1) der von Meleagros
(f. d.) getötete Mutterbruder, der an der kalydo—
nischen Jagd Anteil nahm. — 2) Sohn des Phineus
und der Stleopatra.
Plinii, 1) C. Plinäus Secundus, zum
Unterjchiede von jeinem Neffen maior genannt,
ift zu Novum Comum (wahricheinlicher als zu
Berona) im Jahre 23 n. E. geboren. Über feine
Eltern und jeine Erziehung wiſſen wir nichts.
Nachdem er jeine Jugend umter angeftrengten
Studien, wie e3 fcheint, in Rom zugebradjt hatte,
finden wir ihn ald Befehlshaber bei der Reiterei
in Germanien (Plin. ep. 3, 5, 1ff. Plin. n. I.
13, 26, 12), 52 wieder in Rom, 67 als Brofurator
in Hipanien und dann in hoher Gunft bei Veſpa—
fian. Zuletzt war er Befehlshaber der bei Miſe—
num ftationierten Flotte (Plin. ep. 6, 16), wo er
bei dem im %. 79 erfolgten Ausbruche des Veſuv
feinen Tod fand. Die ausführliche Beichreibung
von dieſem traurigen Ende liefert der Neffe (ep.
6, 16). Ebenderjelbe gibt Zeugnis von feinem un:
geheuren Fleiße und ber raftlojen Arbeitiamleit,
mit der es ihm gelang, die vieljeitigften Studien
zu machen und eine ausgebreitete, ſchriftſtelleriſche
IThätigfeit zu entwideln. Der Ruf, den er bei
den Zeitgenofjen hatte, sune aetatis doctissimus
zu fein, wird durch die Mannigfaltigkeit und den
Umfang jeiner Schriften beftätigt, von denen ber
Neffe (ep. 3, 5) ein chronologiiches Verzeichnis ge:
liefert hat. Kriegswiſſenſchaftlich ift de iacula-
tione equestri liber unus, aus der Dienftzeit in
Germanien ; hiſtoriſch de vita Pomponii Secundi
libri duo (vgl. n. A. 16, 4), bellorum Germaniae
libri XX, gleichfall® während der Dauer ber
Dienftzeit in Germanien angefangen und von
Tacitus (ann. 1, 69 und wohl aud in der Ger-
mania) benußt, ebenſo wie das zweite größere
Geichichtöwert: a fine Aufidii Bassi libri XXXI
oder historia temporum meorum (n. h. praef. 20
und 2, 85. 106. Tac. ann. 15, 53. hist. 3, 28),
ein Werk, auf das die übereinftimmende Daritel-
lung der Ereignifje der Jahre 68 und 69 n. E.
bei Tacitus, Sueton und Plutarch (Leben des
— Plinii.
Galba und Otho) zurüdzuführen jein dürfte In
das Gebiet der Rhetorik gehören: studiosi libri
tres, in sex volumina propter amplitudinem
divisi, quibus oratorem ab incunabulis instituit
et perfecit, in das der Grammatik die in den
legten — eig Tapas Neros verfaßten Dubii
sermonis libri VIII, in denen er für den allge:
meinen, wie den bejonderen Sprachgebrauch bedeu—⸗
tende Schriftiteller zur Feſtſetzung der ins Schwanten
getommenen Sprache benußt zu haben jcheint. —
Uns find bloß Naturalis historiae (ber Neffe
ichreibt Naturae historiarum) libri XXXVII mit
einer Widmung an Titus erhalten, die im Jahre
77 dem Zitus überreicht, aber bis zu des Verfaſſers
Tode fortwährend mit —— und Abãnderungen
verſehen worden ſind, wie überhaupt im ganzen
Werke Spuren ber Nichtvollendung zu finden find.
Er jelbit bezeichnet das Werf als eine Enchflo:
pädie und verjichert, den Anhalt aus mehr als
2000 Bänben geichöpft zu haben. Das 1. Buch
gibt den Inhalt des ganzen Werkes und ein Ber:
zeichnis der benußten Schriftfteller; das 2. handelt
von der Welt und von den Elementen und knüpft
daran Witronomie und Phyſik; Buch 3—6 gibt
eine, meift auf Namensangabe fi) bejchränfende
Geographie; darauf folgt die eigentliche Naturge:
ichidhte, und zwar im 7. Buche die Anthropologie,
im 8—11. die Zoologie (8. Landtiere, 9. Wafler-
tiere, 10. Bögel, 11. Inſekten, worauf noch einiges
zur vergleihenden Anatomie Gehörige folgt), im
12—19. die Botanik (12—17. Bäume, 18. Früchte,
19. Gartenpflanzen). Mit dem 20. Buche beginnt
die Materia medica, jomweit die Heilmittel aus
dem Bilanzen: (B. 20—27.) und aus dem Tier:
reiche (B. 28— 32.) genommen werben. Den Schluß
madıt die Mineralogie, eigentlich Metallurgie und
Lithurgie, aljo Angaben über die Heilfraft der
Metalle (33. 34.), über die Farben und die Ma:
lerei (85.), Skulptur (36.), in denen es nicht an
intereffanten Mitteilungen über Künftler und deren
Werke fehlt. Das Ganze joll kein Spftem jein,
jondern bildet nur eine georbnete Notizenfamm:
lung, angelegt nicht von einem gründlichen Kenner
der verichiedenen Zweige des Wifjens, jondern von
einem Dilettanten, dem in den meiften Fällen
eigene Anichauung und Beobadhtung mangelt, und
der noch dazu jeine Ercerptenarbeit raſch fördern
muß, um mur jeine Aufgabe zu erfüllen. Es iſt
nicht jchtver zu erfennen, daß eine Sichtung und
Prüfung der Quellen von ihm nicht angeftellt ift,
daß er ſelbſt aus den benußten Büchern mehr
Seltenes und Auffallendes gewählt und dabei durch
Mifverftändniffe der Quellen oder durch Fehler
in den Handſchriften zu Irrtümern verleitet ift.
Ein Wert, das jo aus Sammlungen und Ercerp:
ten entftanden, fann im feiner Darftellung nicht
gleihmäßig jein; fein Stil ift bei der gejuchten
Gedrängtheit dunkel geworden, bald — in den
Aufzählungen, bald lebendig und deklamatoriſch,—
am beiten in den Einleitungen zu den einzelnen
Büchern, die ftiliftiich jehr jorgiam behandelt find.
Dies Werk hat fich großes Anjehens zu erfreuen
gehabt; jchon im 3. Ye n. &. gab Solinus
einen Auszug zur phyſiſchen Länderbejchreibung.
Ganz bejonders aber ſtand es in Achtung wäh—
rend des ganzen Mittelalters (mit Ausnahme des
öben und traurigen 11. Jahrh.), deſſen Schrift:
jteller e8 fleißig benutzten, auszogen und nachahmten.
Plistia — Plotinos. 0957
In der neueiten Zeit endlich ift durch Sillig,
dv. Jan, Detlefien, Urlichs, Mayhoff u. a. die Kri:
tif des Tertes jehr gefördert, der Plan aber, durch
gemeinjames Wirken auch die Erklärung des Sad):
inhalts weiter zu bringen, wie ihn die deutſchen
Naturforicher gefaßt hatten, zurüdgeichoben. —
Ausgaben: Ed. pr. Venedig 1469, J. F. Gronod
(1669), 3. Harduin (zulegt 1778 ff), I. Sillig
(1831--36; große frit. Ausg. 1851 ff.), L. v. Jan
(1854 ff, 2. Aufl. von Mayhoff 1870 ff.), Detlefſen
(1866 ff.). Befte Über. von Strad (1854 ff.). Ur:
lichs, chrestom. Pliniana (1857). Joh. Müller,
der Stil des älteren Plinius (1883). — 2) €.
Blinius Cäeilius Secundus, ein Neffe und
Adoptivfohn des älteren Plinius, wurde im J. 62
n. &. in Novum Gomum im transpadaniichen
Gallien geboren (Plin. ep. 6, 20, 5) und ftarb um
das J. 114. Nach dem Tode jeines Vaters wurde
er bon jeiner Mutter und feinem Wdoptibvater
jehr forgfältig erzogen. Bon früher Jugend an
zu wiflenfcharttichen Studien angeleitet und durch
die berühmteften Lehrer der Zeit, in der Rhetorik
durch Duintilian (Plin. ep. 2, 14, 9), gebildet,
zeichnete er fich jehr bald ald Redner von Geift
aus, nahm während der milden Regierung Trajans
ebenjowohl an den Staatsgejhhäften, ſoweit bie
Kaiferherrichaft eine Beteiligung an diefen noch
zuließ, als an den gelehrten Beſtrebungen der
damaligen Zeit einen lebendigen Anteil und ge
langte rajch zu dem höchiten Würden und Amtern.
Nachdem er im Jahre 100 das Konjulat bekleidet
tte, verwaltete er von 111 (oder 112) an ala
aijerlicher Legat die Provinz Bithynien. In jeinen
Briefen, welche, offenbar von Anfang an für die
Beröffentlihung gejchrieben, ung in einer Samm—
lung von 9 Büchern erhalten find, tritt uns der
milde, wohlwollende Charakter des Mannes, feine
edle Begeiiterung für alles Gute und Schöne,
daneben aber auch eine große Selbftgefälligfeit und
ein Meinlicher Ehrgeiz entgegen. ftand nicht
nur mit allen an J— ännern ſeiner Zeit
in genauer Verbindung, ſondern genoß auch das
beſondere Vertrauen des Kaiſers —— und be—⸗
nutzte den Einfluß, der ihm dadurch zu Gebote
fand, ebenjo wie fein ſehr anfehnliches Vermögen
mit großer Uneigennüßigleit zur Unterftügung
jeiner Freunde umd zur Förderung litterariicher
Intereſſen oder wohlthätiger Zwecke. Außer einigen
poetiichen Berjuchen (ep. 4, 14, 2. 7, 4, 2) wandte
er ſich mit großem Eifer zur Beredjamfeit, in ber
er in der Nachahmung Eiceros feinen Ruhm fuchte.
Dadurch gelang es ihm, troß feiner beichränften
Anlagen, fih einen ag litterarifchen Ruhm zu
erwerben und neben Zacitus allgemein als der
bedeutendfte Gelehrte jeiner Zeit verehrt zu werden
(ep. 7, 20. 9, 23). Die anichaulichften Schilde:
rungen der gejelligen Berhältniffe, der Litteratur
und des öffentlichen Lebens der Zeit, namentlich
jeine ausführlichen Berichte über die Gerichtäver:
handlungen, in denen er als Anwalt glänzte
(2, 11. 3,4. 9. 4, 9. 5, 20), und über die öffent:
lien Recitationen der Schriftiteller (1, 13. 2, 19.
3, 18. 7, 17), ſowie aud die anmutige Beichrei-
bung jeines freundlichen Verkehrs und feiner Stu:
dien, welche er in behaglicher Mufe unter den
—— Verhältniſſen betrieb, geben ſeinen
riefen ein hohes Intereſſe. Beſonders leſenswert
iſt die Schilderung von dem Ausbruche des Veſuvs
(6, 16. 20) und die Beſchreibung ſeiner Landgüter
(2, 17. 5, 6). Die von Mommſen (Hermes, Bd. 3
©. 31.) aufgeftellte Behauptung, daß in den
Briefen durchweg die chronologiiche Ordnung be:
folgt jei (vom J. 97 an), fteht in Widerſpruch
mit der Erflärung im erften Briefe: collegi non
servato temporis ordine und läßt fich auch jonft
durch Beiſpiele von Briefen miderlegen, die jene
Anordnung nicht zeigen (Peter im Rhilologus,
Bo. 32 ©. 698 ff.). Sein Stil ift nach den älteren
Muftern, bejonderd Cicero, mit großer Sorgfalt
gebildet. Vgl. Kraut, über Syntax und Stil des
jüngeren ®linius (1872). Einen eigentümlichen
Neiz hat die Sammlung der kurzen geichäftlichen
Briefe, welche er während der Berwaltung ber
aka Bithynien in den Jahren 111—113 an
rajan richtete, nebft mehreren Antwortichreiben
des Kaiſers. Weit weniger anziehend ift der Pa-
negyricus auf Trajan, eine Dantrede für Ertei:
fung des Konſulats, die er nach der Sitte ber
Beit als Konful im Senate vortrug und nad):
träglich umarbeitete, in einem gezierten, fünft:
lihen Stil und voll übertriebener Schmeichelei,
weldye nur in den allgemeinen re rege —
einige Entfhuldigung findet. — Gejamtausgg.: Ed.
pr. 1508, bon Gesner (1770; neue Ausg. von
Schäfer, 1805), Gierig (1806), 9. Heil (1853;
rößere Ausg. 1870, mit trefflicdem Inder von
ommjen, Dauptausgabe). Ausgabe der Briefe
von M. Döring (1843).
Plistia, Ort in Samnium zwijchen den Bergen
Tifata und Taburnus, j. Preſtia. Liv. 9, 21 f.
Plotii (bei andern Plautii): 1) bejiegte im
marfischen Kriege als Legat des Eato die Umbrer.
Oros. 5, 8. — 2) 2. Plot. Gallus, errichtete in
Eiceros Jugendzeit die erfte lateiniſche Rhetoren—
ſchule zu dom Cie. Arch. 9. Quint. 2,4. —
3) 9. Blot., beffeidete im Jahre 54 v. E. die
Ädilität und war fpäter ftädtiiher Prätor. Cie.
ad Att. 5, 15, 1. — 4) Blot. Tucca, ein Dichter
und Freund des Horaz und Bergil, erhielt mit
2. Barius ald Erbe des Bergil den Auftrag, die
Aeneis nach deſſen Tode zu emendieren. Sichere
Spuren ae redigierenden Thätigfeit find nicht
nachzuweiſen. — 5) Plot. Griphus, gelangte
durch Beipafian in den Senat, trug jpäter zum
Sturze des Antonius Primus bei und wurde im
Jahre 71 n. E. Prätor. Tae. hist. 3, 62. 4, 39.
— 6) Marius Plot. Sacerdo3, ein lateinijcher
Grammatiker unter Diocletian, von welchem wir
eine wenig wertvolle ars grammatica in 3 Büchern
bejigen, deren brittes®von der Metrif handelt
(herausg. von 9. teil, gramm. Lat. Bd. VI
p. 415 ff.).
Plotina, Gemahlin Trajans, eine von röm.
Schriftftellern gefeierte Fürftin (Plin. paneg. 38),
ftand dem Sailer fräftig zur Seite und beftärfte
ihn in guten Handlungen. Sie blieb ihrem bei
der Thronbefteigung gefaßten edlen Vorjape treu.
Dio Cass. 68, 5. hr verdanfte Hadrian feine
Adoption durch Trajan, und jener ehrte deshalb
in danfbarer Anerkennung ihr Andenfen noch nad)
ihrem Tode (125 n. €.) und erbaute ihr einen
Tempel. Dio Cass. 69, 10.
. Plotinos, ITIorivog, geboren zu Lykopolis in
Agypten 204 n. E., war von jeinem dreißigften
bis vierzigften Lebensjahre begeifterter Schüler des
Ammonios Saftas in Alerandreia, machte hierauf
958
Reifen durch Perfien und Jndien und lebte zu:
leßt 26 Jahre in Rom. Hier trug er jeine neu:
platonijche Lehre vor, eine myſtiſch-allegoriſche Ber:
einigung griechiſcher Syſteme mit orientaliichen,
ägyptifchen und jübijch= hriftlichen Vorſtellungen.
Seine Begeifterung und jein ftreng jittliches Leben
verihafften ihm viele Anhänger. Pl. war eine
durchaus fontemplative Natur: er juchte das Ziel
in der Vereinigung mit der Gottheit, dem inner:
lichen Schauen mit geiftigem Auge, dem freilich
ein ftrenges Leben entſprechen jollte, um die Seele
aus ihrem gejunfenen Zuſtande zu befreien. Er
fleidete jich wie ein alter Pythagoreer und wollte
eine vermwüftete Stadt Campaniens wieder auf:
bauen, um dort einen Staat nad platoniichen
Ideen zu gründen. Der Kaifer Gallienus gab die
Erlaubnis, aber die Minifter widerrieten es, und
der Plan mißlang völlig. PL. ftarb auf dem Land—
fige eines Freundes in Campanien, 269. — Seine
tieffinnig ſchweren Schriften find von ſeinem Schüler
und Biographen Borphyrios (f. d.) in 6 Enneaden
eingeteilt, geordnet und verbeſſert — es ſind
54 verſchiedene Abteilungen, z. B. zeol &geran,
megl Öakentinüs, migl rod »alod, zive xcel
nöder Tu nand, megl toü “oouov, egi einag-
uEvns, r. ngovolag, . fowrog, m. Yuzüs, meüg
tous I'vworıxodg u. |. w. — Ausgg. von Ereuzer
(1825), Ereuzer und Mojer (1855, mit der Überj.
des Marfilius Ficinus), Kirchhoff (1856), 9. 8.
Müller (2 Bdd. 1878 f.) und N. Voltmann (2 Bdd.
1883 f.). Deutfche Überj. von Müller (2 Bdd.
1878 5). Vgl. Kirchner, Philofophie des Plotin
(1854).
Plutarchos, [Iovr«gyos, 1) Tyranı von Ere:
tria auf Euboia zur Zeit des Pholion und De:
mofthenes, bat die Athener um Hülfe gegen Klei—
tarhos. Phokion führte ein Heer nach Euboia,
ftellte jeine Herrſchaft wieder her, vertrieb ihn aber
bald nachher, da er von den Athenern abfiel.
Plut. Phoc. 12 f. Dem. de pace 5. 2) griechi⸗
ſcher —— war geboren in der Mitte des
1, Jahrh. n. C. zu Chaironeia in Boiotien. In
Athen hat er — eine Zeit lang ſtudiert;
als ſeinen Lehrer bezeichnet er ſelbſt den Ammo—
nios, deſſen Biographie er auch verfaßt hat.
Größere Beifen und ein längerer Aufenthalt im
Italien und Rom gehören ebenfalls in jeine
Jugendzeit. In Rom wurde er mit E. Sofius
Senecio (j. Sosii, 3.), der unter Trajan mehrmals
Konjul war, befreundet; ihm hat er mehrere Bio-
graphien gewidmet. Auch wurde er an den Hof
gezogen und mit dem Unferricht des nachmaligen
Kaijers Hadrian beauftragt. Nach Suidas erhielt
BL. von Trajan die konſulariſche Würde; auch er:
teilte diejer Kaiſer allen Behörden Juͤhriens die
Weiſung, ſich nach deſſen Anſichten und Ermeſſen T
zu richten. Hadrian machte ihn zum Prokurator
von Griechenland, und in ſeiner Vaterſtadt ver—
waltete er das Amt eines Archon und Oberprieſters
des Apollon Pythios. Er ſtarb vermutlich in den
erſten Regierungsjahren des Hadrian, um 120.
Schriften (von denen uns unter dem Namen feines |
Sohnes Lamprias eine Aufzählung, draygapı)
röv IR. Bıßllov, überliefert ift): A) Biogra=
phien (Bio aoalinkor), unter Trajans Regie: |
rung Sera und in Ehaironeia geſam—
melt oder herausgegeben, Lebensbejchreibungen
ausgezeichneter Männer in Griechenland und Rom,
Plutarchos.
bon denen gewöhnlih 2, ein Grieche und ein
Nömer, in der Weiſe miteinander verbunden und
behandelt find, daß eine Vergleichung beider hinzu:
gegeben wird. Wir befigen noch die Biographien
von: Thefeus und Romulus (zulegt geichrieben‘,
Lyfurgos und Numa Pompilius, Solon und
Balertus Publicola, Themiftolles und Camillus,
Perikles und Fabius Marimus, Alkibiades und
Coriolanus, Timoleon und Paulus Amilius, Be:
lopidas und Marcellus, Arifteides und Eato d. ä.,
Philopoimen und Flamininus, Pyrrhos und Ma:
rius, Lyſander und Sulla, Kimon und Lucullus,
Nikias und Craſſus, Eumenes und Sertorius,
Ageſilaos und Pompejus, Alexander und Cäſar,
Phokion und Cato d. j., Agis und Kleomenes und
den beiden Gracchen, Demoſthenes und Cicero,
Demetrios Poliorketes und Antonius, Dion und
Brutus, zu denen noch die geſonderten und be—
ſonders ausgearbeiteten Biographien des Arta—
xerxes Mnemon, Aratos, Galba und Otho hinzu—
tommen. Einigen Parallel-Biographien fehlt am
Schluſſe die eigentliche Vergleichung, oryreusıs:
andere Biographien, 3. B. die des Ammonios,
bes älteren Scipio, des Epaminondas und des
jüngeren Scipio, find verloren. Ju feinen Lebens:
bejchreibungen wollte Pl. feine eigentlihe Ge—
ichichte geben, fondern eine Darftellung des Cha-
rafters und des inneren Menjchen, die zwar meift
eine panegyrifche Färbung hat, aber bejonders für
jugendlihe Gemüter um jo —— iſt, die
ſich zu allen Zeiten durch i * Studium für das
Große begeiftert haben. Wohlthuend ift auch des
Verfaſſers ſittlicher Ernft, jein milder, menjchen:
freundlicher Sinn, fein tiefes Gemüt, feine religiöfe
Geſinnung und die Begeifterung für das von der
edeljten Seite anfgefaßte Altertum. Um Wahrheit
und Treue war es ihm überall zu thun, twie durch
die bejonders in meuejter Zeit angeftellten zahl:
reichen Unterfuchungen über jeine Quellen (von
Heeren, 8. F. Hermann, Haug, Klapp, Thilo,
Beter, Miüllemeifter, Wichmann, Bachof, Qued,
Wetzel, Frid, Häbler, Buchholz, Gebhard, Schu:
bert, ride, Vollgraff, Reuß, Klatt, Golg, Schulz
u. a.) erwiejen ift. Die Sprache bewegt ſich noch
im reinen Atticismus, der Satzbau ift aber etwas
ichwerfällig dur die zu lang —— Sätze
und gehäuften Bilder. — Ausgg. der Biographien
von —** (1809 ff.), Schäfer (1825 ff.), Sintenis
(1839 ff., frit. Hauptausgabe; TZertausgabe 1852 ff.
und 1858 ff.), Döhner (mit latein. Überſ., 1847),
J. Belfer (1855 ff.). Ausgg. eins. Biographien
von Yördens, Leopold, Bredow, Schneider, Fabrici
(RR. Reifig), Bähr, Baumgarten: Erufins, Bögelin,
| veld, Sıntenis, Schömann, Kraner, Gottichid,
Sie, Blaß, Büchjenjhüg, Herder, Graug. —
berjegungen von Kaltwaſſer (1799 ff.) und Eyth
(1864 ff.) — B) Moralia, "Höınd oder cvyyocu⸗·
ucerce wintd, eine Sammlung von etwa 70 einzel-
nen Aufjägen jehr verſchiedenen und mannigfachen
Inhalts, der mit dem gemeinjamen Namen Mo-
ralia mißbräuchlid) bezeichnet wird; manches davon
iſt auch unecht und untergeichoben. Wir treffe:
unter diejer großen Anzahl einzelner Aufjäge eine
| Reihe geichichtlich-antiquarischer und litterariſch—
hiſtoriſcher Abhandiungen; andere behandeln das
Gebiet des Lebens und der Politik und haben
eine populäre und praktiſche Richtung; andere be:
| ziehen ſich auf religiöfe fragen und den Kultus;
Pluteus —
noch andere auf Philojophie und deren Gejchichte.
In allen diejen Schriften, deren Titel einzeln hier
nicht angegeben werden können, erjcheint der Ver:
faſſer praftiih und popularifierend, aber aud)
wieder weitichweifig und breit, überladen mit Bil:
dern und gelehrten Citaten, bisweilen auch ins
Triviale fallend. Die Perioden leiden auch hier
an Schwerfälligfeit. — Hauptausg. der Moralia
von D. Wyttenbach (17951800, wiederholt von
Schäfer 1796 ff.), Anfang einer neuen Ausgabe
von Herder (Bd. 1. 1872), von Bernardalis
(Bd. 1. 1888, Bd. 2. 1889). Überſetzungen von
Kaltwafjer und Bähr, Ausgg. einzelner Schriften:
de Iside et Osiride von Parthey (1850); de
liberis educandis von Henfinger (1749) und
Schneider (1775); de sera numinis vindicta von
Wyttenbach (1772); consolatio ad Apollonium
von Uijteri (1830); de Auviis (unecht) von R.
Herder (1851); de musica von R. Volkmann
(1857); de proverbiis Alexandrinorum (bisher
ungedrudt) von O. Erufius (1837) — Gefamt:
ausgg. von H. Stephanus (1572), Reisle (1774—
1782), Hutten (1791—1805), Dübner und Döhner
(1841-55). — Monographie von Bollmann, Pl.
Leben, a: und PBhilojophie (1869).
Plutöus j. Belagerung, 10.
Pluton j. Hades.
Plutos, [Iloörog (auch IIlovrwr, Arist. Plut,
727), PBerjonififation des Reichtums. Demeter
aeuge ihn mit Jafion auf dreimal geadertem
radhfeld in Kreta. Hesiod. theog. 969, vgl. Hom.
Od. 5, 126. Da die Gaben des Reichtums ohne
Rückſicht auf Berdienft verteilt find, jo Ddichtete
man, er jei von Zeus geblendet worden. Arist.
Plut. 90. Zu Theben ftand eine Statue der Tyche
von Kenophon, den Plutos als Kind im Arme
(Paus. 9, 16, 1), ebenjo zu Athen die Eirene, ein
Meifterwerf des älteren Kephifodotos, zur Erinne:
rung an bes Timotheos Sieg bei Leulas A
geihaffen, wovon wir eine rmorlopie bejigen
(j. die nebenftehende Abb.), zu Thejpiai jtand er
neben Athene Ergane. Er jcheint. als
Knabe mit dem Füllhorn dargeftellt zu ein.
Biere: ein Trauerfeſt der Athene, zu
Athen nad dem am 19. Thargelion (Mar— Juni)
— Feſte Kallvrrrjigıw ein vder ——
age be ge An den Kallynterien Ausfege—
feft) wur Zempel der Pallas Polias, das
Erechtheion, gereinigt; an den Plynterien war die
Hauptceremonie die Reinigung des alten Holzbildes
der Ballas Bolias, indem man dasjelbe in einer
Berhüllung nad) dem Strande bei Phaleron brachte
und dort im Meere wuſch. Das Geichäft wurde
auf geheimnisvolle Weije von dem Geſchlechte der
Prariergiden bejorgt, während die Stadt alle Ge:
ſchäfte ruhen ließ, und ein Seil den Zutritt zum
Tempel der Göttin wehrte, Siehe Mommien,
Heortologie ©. 427 ff.
vos |. Attika, 12,
Pocülum j. Trinkgefülse.
Podaleirios j. Machaon.
Podarge j. Harpyien.
Podarkes, Iloödexns, 1) j. Priamos und
Herakles, 11. — 2) j. Protesiluos,
Podium j. Theatron, 15,
THodwxein j. Gymnasium, 5.
Poena hieß urſprünglich das Löjegeld für eine
Schuld, jpäter jede Strafe überhaupt, — Poena
Tlok&uagyos. 959
eapitalis im weiteren Sinne iſt eine Strafe,
welche Leben, freiheit, Bürgerrecht und Ruf ver:
nichtet, im engeren Sinne aber jgnominia nicht
umfaßt. — Poenae irrogatio ift der Straf:
antrag des Klägers bei dem Magiftratus.
Pogon j. Argos, 7.
Polas j. Philoktetes.
Poikfle j. Attika, 12.
Toıxiluara, aorxıkliaı |. Haus, 4.
M
ur
)
Pola, TIoia, eine an einem Buſen des Adria—
tijchen Meeres gi. N. gelegene jehr alte Stadt
im füdlichjten Zeile Iſtriens, neben dem Pola—
tiſchen Vorgebirge (j. Punta di Promontore). Ihre
Lage gab ihr eine große Wichtigkeit für den Handel
mit Jllyrien u. ſ. w. Das heutige Pola zeigt noch
bedeutende Ruinen von einem Amphitheater, einem
Triumphbogen und mehreren Tempeln. Strab,
5, 216. Mela 2, 3, 13.
Tlostpagxos, Ilohtuaggos, 1) j. ders
Aoyar, 4.6. — 2) in Sparta Anführer der
960
Mora, j. Exereitus, 3. — 3) im Witolifchen
Bunde die Obrigfeiten der einzelnen Städte; ähn-
fih wohl in den boiotifchen Städten, in Manti-
neia, Phlius, Phigaleia, Eretria, ag u. ſ. mw.
Polömon, /Iol£uwr, 1) Sohn des Andromenes,
wurde mit jeinen Brüdern der Teilnahme an der
Verſchwörung des Philotad gegen Alerander ver:
dächtig und mußte fliehen; dod; nachdem ber
Bruder Amyntas fich und feine Brüder gerecht:
fertigt hatte, fehrte P. zurüd. Später gehörte er
zur Partei des Perbiffas und geriet 320 v. €.
in die Gefangenjchaft des Antigonos. Arr. 3, 27.
— 2) Bon 2 andern Mafedoniern d. N. war der
eine, des Theramenes Sohn, Nauarch Aleranders
in Aghpten, der andere, Megakles’ Sohn, Befehls:
haber der Beſatzung von Peluſion. Arr. 3, 5. —
3) II. ö regınynens, geboren in Troas, in Athen
eingebürgert, lebte zur Zeit des Ptolemaios Epi:
phanes (um 200 v. E.) und war viel auf Reifen,
um die öffentlichen Gebäude und Denkmäler gu
jehen und zu bejchreiben, Inſchriften, Kunſtwerke,
Rofalfagen u. ſ. mw. zu verzeichnen und mitzutei:
len (megınyeicder, der eigentlihe Ausdrud für
dieſes Beichreiben und Erklären, wie wir es na:
mentlih aus Pauſanias' Werk fennen). Einen
ganz bejonderen Eifer hat er im Kopieren, Sam:
meln und Erklären von Anjchriften gezeigt, wes—
halb er den Namen LErniooxöras erhielt. Ein
Teil feiner Schriften, von denen nur noch Frag:
mente (103) vorhanden find (gefammelt von Preller,
1838), bejchrieb die Akropolis von Athen, die
Propylaien, die Monumente an der Eleufinischen
Straße, Delphoi, Olympia u. ſ. w.; in andern
juchte er die Anfichten namhafter Männer zu be-
richtigen und zu ergänzen; wieder andere find
gelehrte Briefe über Gegenftände feines Fachs;
noch andere Schriften behandelten vermiichte Gegen-
ftände. Es ift natürlich, daß er von den nad):
folgenden Schriftftellern eifrig benußt wurde, jo
bejonders von Athenaiod. — 4) 2 Könige diejes
Namens beherrichten das pontiihe und bospo—
ranifche Rei. Für jeine dem Antonius geleifte-
ten Dienfte empfing Bolemon 1. der ältere ein
feines Reid; am Pontos — den Bontos Pole:
menialtos —, welches ſich allmählich erweiterte.
Nachdem er einen Wrätendenten des pontijchen
Reichs auf Befehl des — geſchlagen hatte,
erhielt er dieſes Reich ſelbſt, 37 v. C., im J. 33
auch Kleinarmenien und endlich, 14, das bospo—
raniſche Reich, bis er in einem Kampfe, 15 Jahre
ſpäter, fiel. Seine Gemahlin Pythodoris folgte
ihm bis 37 oder 38 n. C., dieſer des Kotys Sohn
Bolemon II., ein jchwacher Meuſch, der unter
Claudius (41 n. E.) erft den Bosporos, bald aud)
Pontos abtreten mußte. Bon einem diejer Könige
enthält die griehiiche Anthologie 3 Epigramme.
— 5) Antonius Pol., der Sophift, geb. um 85,
geft. um 153 n. C., wie jene Könige aus Laodi—
feia, ftand als Rhetor in Smyrna unter Trajan
und feinen Nachfolgern in großem Anſehen, welches
er auf wiederholten Gejandtichaftsreijen nach Rom
befejtigte. Bon Gicht geplagt, ließ er fi, 56 Jahre
alt, lebendig begraben. Er war ein fenriger Redner,
namentlich geihägt waren jeine Improvifationen.
Erhalten find 2 Zmerdpor Aöyoı auf die Mara:
thonfämpfer Kynegeiros und Kallimachos, herausg.
von 9. Stephanus (1567), von Orelli (1819) und
Sind (1873). — 6) der Bhnfiognomifer, von dem
Polemon — Polizei.
eine Schrift prooyrouınar Eyzsipidıor erhalten
ift (abgedr. in franz, scriptt. physiogn. vett.
1780), lebte wohl jpäter als der vorige, mit dem
er nad der Anficht mancher Gelehrten identiſch
ift. — T) der Philojoph, aus Athen, Schüler des
Xenofrates, Lehrer ded Zenon. Bon einem aus-
ichweifenden Leben wendete er ſich plöglich mit
großem Ernite der Philojophie zu. or. sat.
2, 3,253 ff. — Außerdem werden noch genannt
8) ein jüngerer Bhilofoph d. N.; — 9) ein Gram—
matifer, 10) ein Maler aus Alerandreia. Plin.
35, 40, 43.
PolemonYon, Tlolsumrıor, Stadt im Pontos,
gebaut vom König Polemon (ſ, Polemon, 4.),
dig Amiſos und Pharnafeia an der Stelle
er früheren Stadt Side; jeht Buleman. Bon
ihr hatte der ganze mittlere Teil von Pontos
den Namen Pontos Bolemoniafos (j. Pole-
mon, 4. und Pontos, 2.). Ptol. 5, 6, 4.
IIointei |. Staatshaushalt, ], 7. 13.
Polias j. Pallas und Attika, 10.
Polichne, IIoAyvn, mehrfach vorkommender
Städtename: 1) im norböftlihen Lafonien (Pol.
4, 36); — 2) im nordmweftlichen Mefjenien, weſt—
fi von Andania; — 3) auf Chios (Hdt. 6, 26);
— 4) auf Kreta bei Rydonia (Hat. 7, 170. Thue.
2, 85); — 5) in Jonien bei Hlazomenai (Thuc.
8, 14. 28).
Poliorkötes j. Demetrios, 1.
IIolıreia |. Staatsformen.
Polites, JToldrns, 1) Sohn des Priamos und
der Helabe, ausgezeichnet durch die Schnelligkeit
feines Laufes, rettete jeinen Bruder Deiphobos
(Hom. Il. 18, 533) und erlegte den Echios (dai.
15, 339). Bei der Eroberung von Troja wurde
er vor den Augen feines Vaters von Neoptolemos
getötet. Verg. A. 2, 526 ff. Er hinterließ einen
Sohn, Namens Priamos. Verg. A. 5,564. —
2) Gefährte des Odyſſeus, von Kirfe in ein Schwein
verwandelt, aber durch Odyſſeus' Vermittlung mie:
der Menſch geworden (Hom. Od. 10, 224 ff.); hauſte
als böfer Dämon zu Temeſa in Bruttü (j. Eu-
thymos).
Polizei. TI) In Athen war, der Areopag eine
Art von Oberpolizeibehörbe. Über die dorwwo-
vor ſ. d. Wichtig waren auch die Zmiordreı tür
vödror, denen die Benuffichtigung der Wafler:
feitungen und deren Benugung oblag. Themiſto—
kles verwaltete einmal dies Amt (Plut. Them. 31,
vgl. Sol. 23). Unter der Aufſicht der 10 «yopa-
voor (J. d.) ftand der geſamte Kleinhandel. Außer:
dem werden noch (10 oder 15) Metronomen —
Aichungsbeamte — erwähnt, desgleichen die Pro:
metreten, Kornmefjer; der für Attifa jo wichtige
Getreidehandel ftand speziell unter Mufficht der
(10 oder 15) oıroprlaneg. Für Aufficht über den
Seehandel waren die dmiusinral roü LZumopiov
— 10 durchs Los gewählte Beamte — beftimmt,
welche die Befolgung der beſtehenden Zoll: nnd
Handelsgefepe zu überwachen hatten. Bei Ülber-
—— der geſetzlichen Vorſchriften hatten alle
dieſe Beamten die Vorſtandſchaft des betreffenden
Gerichtes. Über die Polizeiſoldaten j. J00106, 6.
und Staatshaushalt, I, 3. — II) In Rom
war, wie im ganzen Altertum, der moderne Be:
geif der Polizei als Staatdanftalt zwar um:
efannt, dennoch erfannte man ſehr wohl, daß für
die allgemeine Wohlfahrt des Staates wie der
Pollentia — Pollux.
einzelnen durch Vorbeugung und jofortiges Ein:
ichreiten größere Sicherheit erzielt werde, als durch
ſtets wiederlehrende Gerichtöunterjuchungen und
Strafen, nachdem der Schaden einmal eingetreten
war. Sn der republifaniichen Zeit, die in diejer
Beziehung von den monarchiſchen Berhältnifien zu
jcheiden ıft, indem Auguftus das ganze Polizei:
wejen einer burchgreifenden Reform unterwarf,
lagen jämtliche Polizeigejchäfte den Adilen ob.
Als jeit 366 v. E. den 2 früheren plebejiichen
Adilen 2 patriciihe aediles curules beigejellt
wurden, übernahm jeder von ihnen den bejtimmten
Teil der Stadt zur polizeilichen Beaufjichtigung,
der ihm durchs Los zufiel: nediles — — ınter
se paranto aut sortiunto, qua in parte urbis
quisque eorum vias publicas in urbe Roma
propiusve urbem Romam passus M reficiendas,
sternendas curet eiusque vel procurationem
habeat (j. Tabula Heracleensis),. Mande
ihrer Obliegenheiten lagen in dem Gejchäftsbereich
der Genjoren, 3. B. die Erhaltung der Tempel
und der Öffentlichen Gebäude, die Aufficht über die
ute Sitte, Waflerleitungen u. j. w., weshalb die
dilen als Polizeichefs denjelben in. diejer Be-
iehung untergeordnet waren; da jedoch dag Gen:
—— nur 18 Monate dauerte, mußten bis zur
nächſten Wahl derſelben jedesfalls die Ädilen ſelb—
ſtändig die Polizeigeſchäfte verwalten. Über die
einzelnen polizeilichen Branchen iſt unter Aedilis
(ſ. d.) das Nähere aufgeführt. In allen einzel:
nen Fällen, wo die Adilen nicht durch polizeiliche
Mafregeln den vorfommenden libelitänden ab:
helfen konnten, wurde ihnen durch Senatsbeichluß
erweiterte Machtbefugnis übertragen (Liv. 4, 30),
oder die Sadje einem höheren Magiftratus, 3. B.
den Prätoren, in die Hand gegeben (Liv. 25, 1).
— In den Provinzen lag die ganze Polizei in
der Dberaufjiht des Statthalterde. — Mit der
weiteren Ausbildung der Kaiſerherrſchaft wurde
die ftädtiiche Polizei dem praefectus urbi (j. d.)
übertragen, dem 3. T. noch der praefectus an-
nonae gleichjtand, indem diejer das, früher aud)
den Adilen obliegende, Getreidewejen mit allem
polizeilichen Zubehör unter fich hatte. Dem praef.
urbı als oberjtem Bolizeiherrn waren als dienſt—
liche Polizeiorgane die Brätoren (als Oberaufjeher
der regiones), Bollstribunen, Ädilen und vıci
magistri untergeordnet; von leßteren erhielt jeder
einen beftimmten Stadtbezirf (regio, vieus) zu:
gewiejen, jpäter famen noch; beſondere curatores
operum publicorum zur Leitung und Beaufſich—
tigung öffentliher Bauten mit ihren Beamten
(mensores Baumeijter zc., Plin. ep. 10, 28. 29)
hinzu. Im allgemeinen waren alle jene Polizei:
unterbeamte an ihre Inſtruktionen und die bezüg:
lichen Gejege gebunden, aber doc trat im täglichen
Leben eine Menge plöglicher und unvorhergejehener
Fälle entgegen, wo raſches Eingreifen und jofor-
tiges Beftimmen unerläßlich war, weshalb fie aud)
unter vorausgeſetzter Nechenichaftsverpflichtung nach
eigener Machtvollkommenheit einjtweilen anzuord—
nen hatten. In andern Fällen hatten jie jofortige
Anzeige zu machen, da mandıe kei
unter der Monarchie, infofern fie unter den Be:
griff der vis fielen oder die maiestas betrafen,
vor das Forum der Civil: und Kriminalgerichte
gehörten, 3. B. das Tragen und Anhänfen von
Waffen, Yufammenrottungen, nächtliche Verſamm—
Reallexikon des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
961
lungen u. j. w. Solange e3 feine ftändige Stadt:
präfeftur gab, waren die Adilen auch‘ jept noch
für die Aufrechterhaltung der polizeilichen Geſetze,
wie in der Republik, verantwortlich, wenn ihnen
nicht etwa in Fällen eines vergeblichen Kampfes
gegen den veränderten Zeitgeift und bei eigenem
Unvermögen, ausreichende Gegenmittel vorzuſchla—
gen, ihre Sorge erlafjen wurde durch”Raijers: oder
Senatsbeihluß. Tac. ann. 3,52. Was im ein-
zelnen von polizeilihen Beftimmungen durd) die
veränderten Zeitverhältniſſe hinzukam oder wieder
auf alte, mit der Zeit vergefiene Geſetze zurüd-
geführt wurde, war etwa folgendes: in Hinficht
der Sittenpolizei vernotwendigten ſich wiederholt
Beitimmungen und Berbote gegen das Zulam-
menbaden beider Geſchlechter, ohne daß das Übel
ganz ausgerottet wurde. Spart. Hadr. 18. Dio
Cass. 69, 3. Gell. 10, 3. Lampr. Alex. Sever. 24.
In Bezug auf die Sanitätspolizei erwähnt Ca—
pitolinus (M. Anton. 13) leges sepeliendi se-
pulcrorumque asperrimas; was die Baupolizei
betraf, jo verordneten jchon die XII Tafeln eirfen
Zwijchenraum der Häuſer von 2, Fuß (spatium
legitimum), damit bei ausgebrochenem Feuer Teich:
ter gelöjcht werden könnte. Auguftus gab dazu
noch die Beitimmung, daß die Häufer nicht höher
als 70 Fuß fein dürften. Strab. 5, 235. Suet.
Oct. 89. Nero ſchärfte beide Beitimmungen von
neuem ein. Tac. ann. 15, 43. Trajan erlaubte
nur 60 Fuß Höhe Aur. Viet. Caes. 13. Unter
Claudius wurde ein Senatsfonfult verfaßt gegen
das Abbrechen der ftäbtiichen Häufer zwecks Ver:
faufs, aud nicht einmal die architektoniſchen Ver:
zierungen berjelben burften abgebrochen werden.
Nacfolgende Kaiſer, Nero, Beipafian, Hadrian
und Severus Alerander, fügten weitere Beſtim—
mungen in betreff des aedıficia demoliri und
de marmora detrahere hinzu.
Pollentia, /lollerria, 1) Stadt in Picenum
(Liv. 39, 44. Strab. 5, 241), wahrjcheinlich = Urbs
Salrvia (ſ. d.). — 2)F Stadt der liguriſchen Statielli
am Zujammenfluß der Stura und des Tanarus,
römiſches Munieipium, defien Behörden Tiberius
hart ftrafte (Swet. Tib. 37); j. Dorf Pollenza.
Bier fand im %. 402 n. E. eine Schlacht zwifchen
Stiliho und Alarich jtatt. Oros. 7, 37.
Pollex, 1) ſ. Malse. — 2) f. Gladiato-
res, 3,
Pollinetor (a polline, quo mortuis os obline-
bant, nad) Servius; pollen, feines Mehl), der:
jenige Gehülfe des hbitinarius (f. d.), der die
Toten zu waſchen und zu jalben, alſo vorzugs-
weije für den Scheiterhaufen vorzubereiten hatte.
Pollio j. Asinii, 1.
Pollis, TIöAlıs, ein Spartaner, war (389 v. €.)
Gejandter bei Dionyfios in Syrafus, wobei er
Platon mitnahm und auf Nigina als Sklaven ver:
faufte. Später befehligte er eine peloponnefische
Flotte und wurde von Chabrias (376) bei Naros
geihlagen. Er fam um beim Untergange von
Helife in Achaia, 373. Plut. Dio 5. Diog. Laert.
3, 14, 18. 20,
Pollusca, volfciihe Stadt in Latium, zum
Gebiet von Antium ehörig; j. Cajal della Man:
dria, wo fich noch Reite alter Befeftigungen finden.
Liv. 2, 33. 39.
Pollux, Holvöböune, 1) ſ. Dioskuren. —
2) Julins Bollur (MoAvdevang), aus Naufratis
(1
962
in Ägypten, griechiicher Lerifograph und Rhetor, |
erhielt vom Kaiſer Commodus ein öffentliches |
Lehramt der Rhetorik in Athen, wo er auch ge: |
jtorben ift. Er war fleißig, doch talentlos, daher |
er von Lukianos in einigen feiner Schriften (Xeri:
phanes, "Prröpwr duöddoxakog) zum Gegenitande
jeines Spottes gemacht wurde. Bon feinen Werfen
ift nur erhalten das Oroucorınor in 10 Büchern,
nicht alphabetiich, jondern nach den Gegenftänden
geordnet. Iſt dieſes Wert auch unkritiſch und
nicht immer mit der gehörigen Sachkenntnis ver—
faßt, jo ift es doch für die Kenntnis der griech:
ihen Spradhe und Altertümer von hohem Werte.
Das meijte Interefje bieten das vierte Buch (über
Wiflenichaften und Künfte, Theater, Masten und
mufifaliihe Inftrumente) und das achte, das die
Behörden und die Gerichte Attifas aufzählt.
Ausgaben: Aldina (1502), von T. Hemfterhuns |
(1706), W. Dindorf (1824) und J. Beller (1846).
Pölos, TIöiog, 1) aus Agrigentum, Sophijt
und Schüler des Gorgiad, an welchem Platon
den allzuvielen Schmud und die Verkünftelung
der Nede tadelt (Phaedr. p. 267 B), ſchrieb eine
teren, welde Platon gelannt zu haben ſcheint.
Es hat ſich davon und von andern ihm beigelegten
Schriften nichts erhalten. — 2) ein Pythagoreer,
welcher eine Schrift über die Gerechtigfeit ver:
faßte, aus der ein längeres Bruchjtüd erhalten ift
(Stob. serm. 51). — 3) tragiicher Schaufpieler in
Athen zur Zeit des Demofthenes. Plut. Dem. 28.
Polyainos, /loAaırog, 1) aus Maledonien,
Nhetor und Sachwalter in Rom unter M. Aure:
lius und L. Verus, denen er jeine 8 Bücher
‚„Kriegsliften” (orgarnyriuare oder orgarnynue-
rıxd, strategicon libri octo) beim Beginne ihres
Feldzuges gegen die Parther (162 — 165 n. €.)
widmete. Dieje Schrift, deren Titel dem Inhalte
|
nicht ganz entipricht, gibt nicht bloß Beijpiele und
Mufter der Kriegslift, jondern aud) der Klugheit,
des Betrugs und allerlei Unredlichfeit aus dem
bürgerlichen und politiichen Leben, zujammen etwa
900, aus allen möglichen Schriftitellern (teils un:
mittelbaren Quellen, namentlich Ephoros, teils
ähnlichen, von andern verfahten Sammelwerten)
mit großem Fleiße zujammengebraht und darum
troß mancher Entftellungen, Irrtümer und Ber:
fehrtheiten lehrreih. Das jechite Buch und ber
Schluß des fiebenten find unvollftändig. Seine
Schriften über Makledonien, über Theben und
3 Bücher Taktik find verloren gegangen. — Aus—
gaben von Gajaubonus (1589), Korais (1809),
Wölfflin (2. Aufl. 1887); ; Überfegung von Blume
(1834 ff.). Bol. Melber, über die Quellen und
den Wert der Strategemenjammlung Bolyäns
(1885), und Knott, de hde et fontibus Polyaeni
(1885). — 2) Mathematiler aus Yampjalos, gab
die Mathematik als trügliche Wiflenichaft ganz
auf, nachdem er ein Freund und Schüler des Epi:
furos geworden war. (ie. acad. 2, 33. fin. 1, 6.
Polyanthes, IloAvavöns, ein Korinthier, "be:
jebligte im 3. 413 v. C. eine forinthiiche Flotte,
mit welcher er die Athener bei Erineos ehrenvoll
befämpfte. Thuc. 7,34. Später war er das Haupt
der Demokraten in Korinth. Xen. Hell. 3, 5,1.
Polybiädes, /loAvßıdöng, von den Spartanern
380 dv. E. als Feldherr gegen die Olynthier ge
jendet, jchlug fie mehrere Male und mötigte fie
zum Frieden mit Sparta. Xen. Hell, 5, 3, 20.
Polos — Polybios.
Polybios, TIoAußıos, 1) aus Megalopolis, Sohn
des Strategen Lykortas, des vieljährigen Freundes
von Philopoimen, geboren zwiſchen 212—204 v. E.
Über jein Jugendleben find wir nicht näher unter:
richtet. Sein ganzes Geſchichtswerk zeigt aber,
dat er eine praftiiche Bildung durdgemacht hat,
wozu ihm feine Zeit umd ihre politiichen Ber
hältniffe, an denen er den unmittelbarjten und
thätigften Anteil nahm, reiche Gelegenheit dar-
boten. In der Schule Philopoimens und feines
Baterd hat er fi) zum Staatsmann und Feld—
—_— herangebildet und, mit dem in biejen
mtern gewonnenen Erfahrungen und Einfichten
bereichert, ſich dann erft der Geichichtichreibung
zugewendet. Für die freiheit und Selbjtändigfeit
des Achaiiſchen Bundes wirfend, riet er in dem
striege der Römer mit PBerjeus zu einer ftrengen
Neutralität, ahnte aber mit richtigem Gefühl die
Gefahr einer fortgejepten Neutralität nach dem
Falle des Perjeus; und dieje Anficht fand mehr
und mehr Yuftimmung. In diejer Zeit wurde P.
zum Hipparchen, der höchiten militärijchen Würde
nad) der Strategie, erhoben. Als die römiſch—
gefinnte Partei unter den Achaiern nach ber
Niederlage des Perſeus die Oberhand befam,
mußte fich P. zurüdziehen und befand ſich, bei
den Römern verdächtigt. unter den 1000 vorneh—
men Achaiern, welche im J. 166 nach Rom ge-
bracht und als Geifeln 17 Jahre zurüdgebalten
wurden. In Rom beganı eine neue Epoche jei:
ned Lebens. Denn er lernte die römiſche Ber:
fafjung kennen; die geordnete Staatsverjafj jung
gegenüber dem WBarteitreiben in jeinem Vater—
lande, der Umgang und die Freundſchaft mit den
beften Römern jener Zeit, jein eigener praftijcher,
mehr dem römijchen als dem griechiichen Volls—
harafter verwandter, Sinn jühnten ihn ganz mit
dem NRömertum aus. Im Haufe des L. Amilius
Baullus, defien Söhne er wohl zunädjt zu er-
ziehen hatte, fand er die befte Aufnahme und wurde
bald Freund und Ratgeber des Scipio Amilianus.
Auf deſſen Verwendung lehrte er auch im J. 150
mit den wenigen noch übrigen Achaiern in jein
Vaterland zurüd. Aber jhon im nächſten Jahre
folgte er dem Scipio nad) Afrifa. Während diejer
Karthago belagerte, unterfudhte B. auf einer See:
reife die Nord: und Weſtküſte Afrifas und fehrte
von dieſer Expedition noch vor Eroberung der
Stadt Karthago zurüd, bei der er übrigens dem
Scipio durd) jeinen Rat ſich nützlich gemacht haben
joll. In dem Kriege der Achaier mit den Römern,
der Korinths Zerftörung und jpäter Achaias Ber-
wandlung in eine römiſche Provinz zur Folge
hatte, eilte er aus Afrifa nach Griechenland, kam
vor Korinth kurz nach deilen Zerjtörung an umd
entwidelte hier die regite Thätigfeit, von jeinem
Baterlande das jchlimmfte Unheil abzuwenden.
Und es gelang ihm bier viel Gutes und Schönes,
Mandye Städte hat er vor Plünderung, viele Be:
wohner vor Sklaverei bewahrt, und Mummius
lich fi durch ihn bewegen, die Bildjäulen des
Aratos und Philopoimen, die jchon weggebracht
waren, zurüdzugeben. Ein Harer Beweis für die
Achtung und das Vertrauen der Römer ift der
ihm daſelbſt gewordene Auftrag, die einzelnen
Städte zu bereijen, die Streitigleiten zu ſchlichten
und die Griechen an die neue Ordnung der Dinge
zu gewöhnen, ein Auftrag, deſſen ſchwierige Boll:
Polybios —
ziehung die beiderjeitige Zufriedenheit, Ehren:
bezeugungen und Bildjäulen in mehreren Städten
lohnten (die Bafis einer ſolchen, ihm von ben
Bewohnern von Elis in Olympia errichteten,
Statue ift 1877 aufgefunden worden). Bon nun
an jcheint fih P. hauptjächlih mit der Mus:
arbeitung jeines Geſchichtswerles beichäftigt zu
haben, wofür er auch öfter Neifen unternahm.
Nach Bollendung desjelben fehrte er nach Griechen:
land zurüd, wo er, 82 Jahre alt, infolge eines
Sturzed vom Pferde, ftarb, 122. — Bon dem
Geſchichtswerk des P., in 40 Büchern ab:
gefaßt, find nur die erſten 5 vollitändig, Die
übrigen in ſehr fragmentarischer Geſtalt erhalten.
Es jollte eine Univerjalgejhichte (dorog/« xoıvn,,
xadolınn) fein, jedody in dem Sinne, daß fie
fi auf die olxovusrn, den orbis terrarum der
Nömer, beichränfte. So gibt diejes Werf eine
Geichichte des Wachſtums der römiſchen Macht
während der 53 Jahre von 220—168 v. E., be:
ginnend mit DI. 140, mit dem Bundesgenojjen:
friege in Hellas, des cölefyrifchen in Aſien und
des punifchen in Jtalien (1, 3) und bis zur Er-
oberung Makedoniens (3, 1) hinabgehend. Seine
Aufgabe ift die Erörterung der Frage, wie, warn
und wodurd alle befannten Zeile der Erde unter
die römische Weltherrichaft, die er mit 168 als
gegründet annimmt, gelommen find. Das Ganze
gliedert jih in 3 Teile: 1) B. 1—2, Anfänge der
römischen Herrichaft, die moonaraoxeun; 2) B. 3
— 30, wirkliche Gründung derjelben von 220-—168,
die aaraonsun; 3) B. 31-40, Grundſätze Roms
in der Handhabung jeiner Herrichaft und Neaftio-
nen gegen dieſelbe und ihre Bejeitigung, 168— 146.
Das Programm zum erjten Teile gibt ®. jelbft
1, 13; von den beiden andern 3, 2. Die Me—
thode jeiner Gejchichtichreibung ift die ſynchro—
niſtiſche Erzählung; indem er aber aud die
Urjahen und Folgen der einzelnen Handlungen
genau darlegt, ftellt er zugleich das erſte Mufter
einer pragmatifchen Gejdhichtichreibung auf. In
diefer Beziehung nennt er jelbft fein Wert eine
roa@yuarını), loropiae oder geradezu ronyuareia
und ift damit der Urheber eines neuen Ausdrucks
geworden, weil er die medäeıs raw drür xal
nölwr “al Övraorar für den Staatsmann und
Diplomaten darjtellt und ihm eine Einficht in die
Entwidelung der Ereignifie eröffnet (die degn,
alrie und meöpasıs). Er jchreibt zunächſt für
feine Landsleute, um dieje mit ihrem traurigen
Geſchick zu verjöhnen, aber auc die Römer jollen
daraus ihre unmiderftehliche Größe erfennen. Wenn
er von dem Hiftorifer Erfahrung in der Politik
und Autopfie fordert, jo jtellt er doch auch die
mit der nötigen Kritit zu handhabende Quellen-
forichung jehr hoch. Was die Glaubwürdigkeit
jeiner Gejchichte betrifft, jo fei hier nur darauf |
hingewiejen, daß fie zwar reiche Erfahrung, ge:
jundes Urteil und Wahrheitsliebe zeigt, aber von
einem Manne gejchrieben ift, welcher ſtark in das
Intereffe des römijchen Staats und der Scipionen
verflochten war und fo eine eigentümliche Stellung
wijchen Römern und Griechen einnahm; daß alio
Fein Werk mit großer Vorſicht zu gebrauchen ift.
Der Sprache des P. (vgl. die Abhandlungen von
Lüttge, 1863, Gößeler, 1887, Stih, Kälfer und
Krebs) fehlt e3 an Wohlflang und Harmonie, an
Gefälligkeit und Leichtigkeit des Ausdruds. Nicht
963
unpafiend hat man jeinen oft rauhen und ein:
förmigen Stil foldatiich genannt. — Ausgg.: Ed.
princ. 1530, von Gajaubenus (1609), 3. Gens
(1670; wiederh. von J. A. Ernefti, 1763), Schweig—
häufer (1789), 3. Beller (1844), X. Dinborf
(1866 ff.; 2. Aufl. von Büttner-Wobft, 1882 ff.)
und Hultich (1867 ff., 2. Aufl. 1888 ff.). Überſ.
von Beniden (1820) und Haafh (1858 ff.). Mo-
nogr. von K. W. Nitzſch (1842), Brandftädter (1843),
La Rode (1857), Markhauſer (1858), Valeton
(1879) u. a. — 2) aus Megalopolis, Anführer
der Achaier unter Philopoimen in der Schlacht
bei Mantineia, 207 v. €. Pol. 11, 15. — 3) ein
Freigelafjener des Auguftus, deſſen Teftament er
im Senate vorlad. Suet. Oct. 101. — 4) ein Frei:
gelafjener des Claudius, der mit ihm feine ge:
lehrten Liebhabereien trieb. Suet. Claud. 28. Über
jeine einflußreihe Stellung belehrt am beiten
Senecas Consolatio ad Poiybium,
Polybos, IIoAvußos, 1) König von Korinth, j.
Oidipus. — 2) König zu Thebe in Agypten,
Gemahl der Altandra, der den Menelaos auf jeiner
Irrfahrt nach Trojas Fall gaftlid aufnahm und
beichentte. Hom. Od. 4, 125 ff. — 3) ein Jtha:
fefier, Water des Freiers Eurymachos, von Eu:
maios erlegt. Hom. Od. 1,399. 22, 284. — 4) ein
Troer, Sohn des Antenor. Hom. II. 11, 59. —
5) ſ. Adrastos, 1.
Polydämas, [loivödueg, 1) Sohn des Pan:
thoo8 und der Phrontis, ein tapferer troijcher
Held und zugleich Scher, der jich durch Bered-
jamfeit und Klugheit auszeichnete, und defien Ur:
teil jein Freund Hektor am meijten jcheute. Hom.
Il. 16, 535. 18, 249 ff. 12, 60. 196, 22, 100. —
2) ließ auf Befehl Aleranders des Gr. den greifen
Barmenion ermorden, obgleid er deſſen Bertrauter
war. (Curt. 7,2. Arr. 3, 26.
Ilolvdsyuwr |. Hades.
Polydektes, IloAvöfsrns, 1) Beiname des
Hades, ſ. d. — 2) j. Perseus.
Polydenkes, /loAvdsvung, 1) j. Dioskuren.
— 2) j. Pollux, 2.
Polydöra j. Protesilaos.
Polydöros, /IoAudwpos, 1) Sohn des Kadmos
und der Harmonia, König in Theben, zeugte mit
Nykteis, der Tochter des Nylteus, den Labdatos.
Apollod. 3, 5, 5. — 2) jüngfter Sohn des Pria-
mos und der Laothod, von Achilleus getötet. Hom.
Il. 20, 407 ff. 22, 46 ff. Bei den Tragifern ift er
ein Sohn des Priamos und der Hekabe, welchen
der Bater, als er den Fall Jlions vorausjah, jei:
nem Gaftfreund Bolymeftor (Bolymneftor), König
auf dem thrafiichen Eherjones, mit vielen Schäßen
anvertraute, Bolymeftor aber nad) Trojas Zer—
ftörung tötete, um fid) des Goldes zu bemächtigen.
Helabe, den hier ans Land geftiegenen Griechen
als Gefangene folgend, findet, als eben ihre Toch—
ter Bolyrena dem Schatten des Adyilleus geopfert
worden ijt, jeinen von Bolymeltor ins Meer ge:
worfenen Leichnam am Ufer liegend, tötet aus
Rache mit den gefangenen Troerinnen die beiden
Kinder des Polymeſtor und biendet ihn jelbit.
Eur. Hecuba. Verg. A. 3,49ff. Ov. met. 13, 432 ff.
Oder: Ylione, Tochter des Briamos und Gemahlin
bes Polymeſtor, erzieht den ihr anvertrauten Bru—
der als ihren Sohn und gibt ihren wirklichen
Sohn Deiphilos (Deipylos) für den Polydoros
aus, Als nun die Griechen, um den Stamm des
61*
Polydoros.-
964
Priamos zu vertilgen, den Polymeſtor auffordern, '
gegen die Ehe mit Elektra und ein großes Geld-
geichenf den Bolydorosezu töten, ermordet er ſei—
nen eigenen Sohn; jpäter wird er auf Anftiften
des Polydoros, der die Sache erfahren, von Ilione
geblendet und getötet. Hor. sat. 2, 3, 61. Cie.
acad. 2, 27. tusc. 1, 44 ) Sohn des Hippo-
medon, einer der Epigonen. Paus. 2, 20, 4.
Polyeuktos, IIolvsvrrog, 1) aus Sphettos in
Attika, ein atheniſcher Staatsmann und Redner,
Freund des Demoſthenes und, wie dieſer, Gegner
der maledoniſchen Partei. Von ſeinen Reden
haben ſich nur unbedeutende Reſte erhalten. Er
war in den Prozeß des Harpalos verwickelt.
Dem. Phil, 3, 72. Dinarch. in Demosth. 100. —
2) athenifcher Demagog und Sykophant, nad
Demofthenes’ Äußerung Parteigänger des Eu:
bulos. Dem. Mid. p. 544 f.
Polygnötos j. Maler, 2.
Polyhymnia, Polymnia j. Musae.
Polyidos, /Iolvidog und IloAveıdos, 1) Sohn
des Koiranos, Enkel des Abas, Urentel des Me:
lampus, Bater des Euchenor, der Aftyfrateia und |
Manto, berühmter Seher in Korinth oder Argos.
Hom. Il. 13, 663 ff. (. Glaukos, 4.). — 2) Sohn |
des Troers Eurydamas, von Diomedes erlegt.
Hom, Il. 5, 148. — 3) Dithyrambendichter, j.
Dithyrambos.
Polykleitos i. Bildhauer, 7.
Polykles, TlolvxAns, 1) ein Athener, in der
Nede des Demofthenes oög IloAvakf« von Apollo:
doros verllagt (362 v. E.), weil durch jeine Schuld
Ap. die Trierarhie 5 Monate über die gejegliche
Zeit hatte beforgen müſſen. — 2) makedoniſcher
Feldherr, fiel 321 v. E. gegen die Nitoler. Diod.
Sic. 18, 38. — 3) Mafedonier, Vertrauter der
Eurydife, wurde, als er mit diejer vor Olympias
floh, verfolgt und eingeholt, 317 v. E. Diod. Sıc.
19, 11. — 4) Name dreier athenijcher Bildhauer
(ſ. d.), deren ältefter um DL. 102, der jüngfte DI.
165 gelebt haben mag. Dem älteren wird eine |
Statue des Altibiades zugejchrieben, dem jüngiten
ein Hermaphrodit; der mittlere jchmücdte in Ber:
bindung mit feinem Neffen Dionyfios die von
Metellus Macedonicus (j. Caeeilii, 5.) erbauten
Tempel des Jupiter Stator und der Juno zu
Rom mit Götterbildern.
Polykrätes, Iloivxgarns, machte ſich um 537
v. E. nad) dem Sturze der ariſtokratiſchen Regie
rung zum Tyrannen in Samos, zuerjt in Ber:
bindung mit jeinen Brüdern Pantagnotos und
Syloſon, die er indes bald bejeitigte. Er richtete
einen glänzenden und durch wachſende Hülfsquellen
reichen Hof ein, den er durd Gelehrte (Demo:
fedes) und Dichter (Ibykos und Anafreon) jowie
Luxus verjchönerte. Am Innern fjuchte er alles
jeiner Willkür unterzuordnen ; er ftüßte ſich dabei
ft eine Leibwache von geworbenen Söldnern, |
ließ eine Flotte von 100 Yünfzigruderern er:
bauen, unterwarf die meijten umbherliegenden In—
jeln und viele Städte des Feſtlandes, erhob Samos
zur bedeutenditen Seemacht im Aigaiiſchen Meere
und fuchte fich zu, befeftigen durch Bündniffe, erft
mit Amafis von Agypten, der ihm aus Miftrauen
gegen jein fortwährendes Glüd die Freundichaft
aufgefündigt haben joll (Hdt. 3, 40. Diod. Sie.
1, 95), dann mit Kambpies; doch die diejem zu
Hülfe geſchidte Flotte fiel ab und wandte ſich
Polyeuktos — Polysperchon.
gegen ihn. Aber er überwand jowohl die Auf:
‚ftändifchen als die fie unterftüßenden Spartaner
und Korinther. Sein Ende fand er durch eigene
Thorheit: er ließ fih vom perjiihen Satrapen
Droites, der ihm große Schäge in Ausficht ftellte,
nad) Magnefia loden und wurde dort an das
Kreuz geichlagen, 524 8. Hat. 3, 39 ff. 120ff. Diod.
‚Sie. 10, 15. Aristot. pol. 5, 9, 4.
Polykritos, Tlolvagırog, aus Mende auf der
maledoniſchen Halbinjel Pallene, ein Arzt am Hofe
des Artarerges (Plut. Art. 21), vielleicht derſelbe,
welchem auch ein mehrere Bücher umfaijendes Ge-
ſchichtswerk über Sicilien, das aber verloren ift,
beigelegt wird. Bruchſtücke bei Müller, script.
hist. Alex. p. 129 ff.
Polymöle, Jlolvurjin, 1) Tochter des Peleus
und als Gemahlin des Menoitios Mutter Des
Patroklos. Apollod. 3, 13, 8. — 2) Tochter des
Phylas, Gemahlin des Echelles, von Hermes Mutter
des Eudoros. Hom. Il. 16, 179. — 3) Tochter
de3 Wiolos.
Poiymestor j. Polydoros,
| Polymnestos, /IloAvurnsrog, 1) Bater bes
Battos aus Thera, der Kyrene gründete. Pind.
|puth. 4, 59. Hdt. 4, 155. — 2) ein wegen jeiner
‚ obfeönen Gedichte verrufener Dichter aus Kolophon,
daher r& ITolvurnioreie morsir — unzüchtige
Lieder dichten (Arist. Equit. 1287). — 3) Botha:
goreer aus Phlius.
Polymnis, /Iöhvurıg, aus Theben, Bater des
berühmten Epameinondas. Nep. Epam. 1.
Polyneikes ſ. Oidipus und Adrastos,
Polypheides j. Melampus.
Polyph&mos, IloAdupnuos, 1) j. Odysseus, 3.
und Galateia. — 2) Sohn des Elatos oder des
Bojeidon und der Hippeia, Bruder des Kaineus,
ein Yapithe aus Lariſſa, Gemahl der Laonome,
der Schweiter des Herafles, Argonaut, ward, als
er mit dem ihm befreundeten Herakles in Myſien
| den Hylas juchte, von den Argonauten zurüdge:
laſſen und gründete die Stadt Kios, das jpätere
| Brufias. Er fiel gegen die Chalyber. Hom. 11.
.l1, 264. Apollod. 1,9, 16. 19. Apoll. hod. 1241 ff.
und Schol. zu 40.
Polyphontes, IloAvpovrns, 1) Sohn des Auto:
phonos aus Theben, von Tydeus erichlagen. Hom.
Il. 4, 395. — 2) ein Heraklide, der den König
Krejphontes von Mejjenien tötete und ſich durch
die Ehe mit defien Gemahlin Merope des Reiches
bemächtigte, jpäter aber von Aipytos, dem jüngiten
Sohne des strejphontes, ericjlagen wurde. Apollod.
2,8, 4. Pol. 4, 22. — 3) Wagenlenfer des Laios,
den Didipus erichlug, Jonft auch PBolyphetes ge:
nannt. Apollod. 3, 5,
Polypoites j. ——
Polysperchon, /IoAvon£eywr, einer ber älte—
| ften Feldherren Philipps und Aleranders des Gr.,
ein biederer, aber in politiicher Beziehung kurz—
| fichtiger Mann, nahm teil an den Schlachten bei
Iſſos und Gaugamela (Arr. 3, 11), befehligte
darauf in Baltrien und folgte Alerander nach In—
dien. Arr. 5, 11. 6, 5. Nad des Königs Rüdtehr
nad) Babylon erhielt er furz vor defjen Tode den
Befehl, mit Krateros die —— nach Make—
donien zurückzuführen, 324 v. C. Da ſich Anti—
pater nach Alexanders Tode zu einem Zuge nach
Aſien entſchloſſen hatte, befam Pol. in feiner Ab:
weienheit den Befehl in Makedonien. Bor jeinem
92
Polyxena — Pompeian.
Tode ernannte ig Antipater (319) zum Reichs—
verwejer, wozu Pol., troß feines hohen Alters,
wegen feines Anfchens und feiner militärischen
Tüchtigfeit wohl geeignet ſchien (Piod. Sie. 18,48);
jedoch entiprach er der von ihm gehegten Mei—
nung nicht, da er nicht imftande war, die Ruhe
zu erhalten, ja jogar den SKaflander, Antipaters
Sohn, der mit dem ihm vom Bater gegebenen
Kommando unzufrieden war, mit den Gegnern
desjelben, Antigonos nnd Btolemaios, im Binde
fehen mußte. Diod. Sie. 18, 49. 54. Als nun
Kafjander auferdem in den wichtigiten Staaten
Griechenlands die Dligarchen für jih gewann,
juchte Bol. der ihm drohenden Gefahr dadurd zu
begegnen, daß er die Freiheit der Griechen her:
ftellte (Diod. Sie. 18, 55 f.), die Verteidigung der
föniglihen Sache in Afien dem Eumenes anheim:
aab (Diod. Sie. 18, 57. Plut. KEum. 13) und die
Königin Olympias (f. d.) von Epeiros nach Mafe:
donien berief, 319. Diod. Sie. 18, 49. Auf einem
Zuge nad) Griechenland, wo infolge der Freiheits—
erflärung Kämpfe ausgebroden waren, war er nicht
lücklich: er mußte fich een wodurd er
o an Anjchen verlor, daß ſich viele griechiiche
Staaten auf Kaffanders Seite jchlugen. Diod. Sie.
18, 69 ff. 74. Auch nad Makedonien konnte er
nicht zurüdtehren, da dort Eurydike (j. d. 7.) ihm
entgegenwirkfte und im Namen ihres Gatten den
Kaſſander zum NReichsverwejer ernannt hatte. Pol.
wandte fic deshalb an Aialides von Epeiros, der
ſich mit ihm vereinigte und Olympias nach Male:
donien zurüdführte, 317. Diod. Sic. 19, 11. Just.
14,5. Als die letztere nach ihrem kurzen Schredens:
regimente durch Kaſſander den Tod gefunden hatte,
floh Pol. nach Nitolien. Er verband ſich jegt mit
Antigonos, der ihn zum Strategen im Peloponnes
ernannte. Diod. Sic. 19, 57 ff. Nachdem Kaſſander
vergebens verjucht hatte, ihn zum Abfall von An:
tigonos zu bringen, gedachte er ihn aus dem Pe—
loponnes zu vertreiben, aber Bol., der die Gründung
einer Gelßhändigen Herrſchaft im Peloponnes be:
abfichtigt zu haben jcheint, hielt ſich mit zahlreichen
Truppen in Sikyon und Korinth. Diod. Sie. 19, 74.
Im J. 310 trat er auf, um Herakles, dem Sohne
Aleranders und der Barfine, die Königsherrichaft
zu verichaffen, gewann die Mitoler, jowie alle
Feinde Kaſſanders und drang gegen Makedonien
vor, lich fich jedoch von dem jchlauen Kaffander
zu Unterhandlungen und zur Ermordung des He:
rafles verloden, 309, Diod. Sie. 20, 28. Just.
15, 2. Dadurd aber brachte er fid um alles Anz
ſehen. Denn als er nach dem Peloponnes zurüd:
fchren wollte, verjperrten ihm die Boiotier und
Beloponnefier den Weg, jo dab er den Reſt des
Winters 309 in Lokris verbringen mußte (Diod.
Sie. 20, 28), und auch in der Folgezeit Teifteten
ihm nur die Städte Gehorjam, die feine Beſatzungen
nicht fern zu halten vermochten. Wann er ftarb,
ift unbefannt, er lebte noch 303. Diod. Sic. 20, 103,
Polyxena j. Achilles und Priamos.
Polyx@nos, IloAöEevog, ein Syrafufier, dem
Dionyfios der ältere jeine Schweiter Thefto ver:
mählte. Bei einem Aufftande riet er dem Ty—
rannen zur Flucht. Diejer jandte ihn im J. 387
v. E. mit einer Flotte den Spartanern zu Hülfe.
Später mit jenem verfeindet, entwich er aus Sy—
rafus. Diod. Sie. 14, 8. 73. Plut. Dio 21. Xen.
Hell. 5, 1, 26.
965
Pometia ſ. Suessa.
Pomerium (zourjeıwor, nicht pomoerium) ift
nach der gewöhnlichen Anficht der unbebaute, heilig
gehaltene Raum auf beiden Seiten der Stadt:
mauer, vorzüglid auf der äußeren Seite, der
Zwinger (Zav. 1, 44), nah) Mommijen (Hermes,
d. 10, ©. 40 ff.) dagegen „als Streifen gefaht,
die hinter der Mauer — herumlaufende Straße,
welche den Fuß der Mauer und den für Gebäude
freigegebenen Raum voneinander trennt, als Linie
gefaßt, die innere Grenze diefer Straße“. Die
Grenzlinie, welche auch religiöje Bedeutung in
Beziehung auf den Unterjchied der ftädtiichen und
außerftädtifchen Auſpicien hatte, war durch cippi
bezeichnet. Das alte römijche pomerium wurde
mehrmals erweitert, zuerjt durch Servius Zullins
(Liv. 1, 44), durd) Sulla (Teac. ann. 12, 23) und
nachher durch mehrere Kaiſer. Den Anbegriff des
von Romulus angelegten pomerium gibt Tae.
ann. 12, 24 an.
Pomöna, römijche Göttin der Baumfrüchte,
‚die einen eigenen Flamen hatte, Fl. Pomonalis.
Sie war Gemahlin des Bertummus und ward
geliebt von den Feldgöttern Silvanus, Picus,
Briapus, von Satyrn und Banen. Ov. met. 14,623}.
Bon der Kunſt wurde fie einer Herbithore ähnlich)
dargeftellt, mit Früchten.
Pompa, our, feierlicher, Aufzug zur Ehre
von Göttern und Menjchen. Uber die zounj an
den PBanathenaien zu Athen j. Panathenaia,
Bei den Römern wurde namentlich die pompa an
den ludi Circenses feierli begangen, die uns
Dionyfios von Halitarnaf (7, 72) genau bejchreibt.
Sie ging von dem Capitol aus über das Forum
nach dem Circus. Jünglinge zu Pferde und zu
Fuß eröffneten fie in Zügen, ſodann folgten die
bigae und quadrigae, die zum Wettlaufe beftimmt
waren, und die Kämpfer in den Spielen, hernad)
bewafinete Tänzer und die Ladii mit ‘Flöten:
bläjern und Kithariften; darauf der DOpferzug;
endlich die Magiftrate, wie Triumphatoren mit
der toga palmata angethan und einen goldenen
— auf dem Haupte.
ompaedius (Pop.) Silo, ein Marſer, war
im J. 91 v. C. einer der Konſuln der italiſchen
Bundergenofien und riet jogleich auf Rom zu mar:
ichieren, was indes nicht geſchah. Im Jahre 90
befiegte er durch Lift dem römijchen Feldherrn
Eäpio, fiel aber im folgenden Jahre. ©. Mar-
sicum bellum. App. b. ce. 1,39 ff.
Pompeiäni, 1). Betulenus EivicaPomp,,
Konjul im I. 136 n. C., Oheim des Verus, den
Hadrian adoptiert hatte. — 2) Ti. Claudius
Bomp., aus ritterlichem Gejchlechte zu Antiocheia
geboren, zweiter Gemahl der Yucilla, der Tochter
des Marc Aurel, befehligte an den Grenzen Sta:
liens gegen die Deutichen, wurde Konſul im J.
173 n. E. und führte im Striege gegen die Mar:
comannen ein Heer an. Inter Commodus, dem
er den Abſchluß des Friedens widerriet, lebte er
zurüdgezogen und trat erjt nach dejjen Tode wieder
ins öffentliche Leben ein, da ihn Bertinar jehr
auszeichnete. Die ihm von, diefem, und jpäter
zum zweitenmal angebotene Übernahme der Regie:
rung wies er zurüd. Dio Cass. 71, 3. 75, 3.
Herod. 1, 6ff. Capitol. M. Anton. 20. Pert. 2.
Spart. Jul. 8. — 3) Elaud. Bomp., ein Ans
verwandter des vorigen, fiel infolge einer miß—
966
lungenen Verſchwörung gegen das Leben des
Commodus.
Pompeii, TIourrjioı, TTourai« (d. h. Kolonie),
eine alte oſtiſche, im 6. Jahrhundert v. C. ge:
gründete, dann (jeit dem 4. Jahrhundert) jamnitische
Stadt Campaniens, jeit Sulla römijches Munici-
pium und als ſolches Colonia Veneria Cornelia
Pompeianorum genannt, auf einer Anhöhe unfern
der Mündung des jchiffbaren Sarnus gelegen,
Stapelplap für die 3 Städte Nuceria, Nola und
Acerrä, jomwie felbft jehr wohlhabend. Strab. 5, 247.
In der leten Zeit der Republit wohnten hier und
in der Nähe oft vornehme Römer, um der jchönen
Natur zu genießen: jo bejaß Cicero bier eine
Villa (ad Att. 1, 17. ad fam. 7, 1); desgl. Kaiſer
Claudius. Nachdem am 5. Februar 63 n. E. die
Pompeii.
”
Ausnahme der Dächer und des Holzwerls das
meifte erhalten ift, jo bietet das wicdererjtandene
Pompeji mit feinen Straßen, Tempeln und öffent-
lichen Pläpen dem Beſchauer und Wanderer das
überrajhende Schaufpiel einer griechiich:italifchen
Stadt. Weil der Wiſſenſchaft zunächſt diefe Ent-
defungen nützen jollten, fo wurden alle Gerät—
ichaften, Kunftgebilde u. ſ. w. in einem eigenen
Mujeum (jeit 1758 im Portici, jeit dem Anfang
diejes Jahrhunderts zu Neapel) überfichtlich ver:
eint. — Das Dval der Stadt (3800 ſtarke Schritte
im Umfange) wird von alten fyllopiihen Mauern
umjchloffen, durch welche 8 Thore führen; erhalten
ift namentlich das nordweitlice Herculanerthor,
welches von der Vorſtadt durdy die jogenannte
Gräberſtraße einführt. Eine zweite, feit 1885
POMPEII.
110000
Plan von Pompeji mit dem Ergebnis der Ausgrabungen bis 1890.
5. Tempel des Mercur.
6. Bafilica.
7. Thermae Stabianae.
1. Tempel der Fortung,
2. Thermae.,
3. Jupi s
era
Stadt durdy ein Erdbeben furchtbar gelitten hatte
(Sen. quaest. nt. 6, 1; bereits im Jahre 62 nad)
Tac. ann. 15, 22), wurde fie, faum jchöner wieder:
bergeftellt, am 24. Auguſt 79 mit Stabiä, Hereu—
laneum, Oplontis und Teglana von der Aſche und
Lava des Veſuvius verjchüttet (lin. ep. 6, 16. 20.
Dio Cass. 66, 21 ff.); dem größten Teile der Be—
wohner gelang es, ſich zu retten; etwa 12—1500
mögen umgefommen fein (nach Nijien). Die Lava
jelbft hatte P. nicht erreicht, jondern nur eine
14 Fuß hohe Schicht von Ajche, Sand und Bims:
ftein diejelbe bededt. Nachdem man daher ſchon
am Ende des 16. Yahrhundert® und wiederum
1689 durch zufällige Grabungen auf Ruinen ge:
ftoßen war, ift es (da feine überliegende Stadt
wie bei Hereulaneum hindert) jeit dem Jahre 1748
durch fortgejeßte Nachgrabungen gelungen, etwa
/, der Stadt wieder aufzudeden; und da mit
8. Tempel ber fie. 11. Gladiatoren Kaſerne
9. Tempel des Äſculap. 12. Tempel ber les
10. Theater. 15. Ampbitheater.
aufgededte Gräberftraße lag vor dem nach Salerno
führenden Thore. — P. enthielt 4 Marltpläge:
das Forum civile, ein regelmäßiges Parallelo—
— im Südweſt der Stadt, von Süden nach
orden laufend, umgeben mit Hallen und öffent—
lichen Gebäuden, z. B. dem herrlichen Jupiter—
tempel im N., dem Hauſe der Decurionen, dem
Tempel des Duirinus, dem Chalcidicum und dem
Apollotempel (nicht VBenustempel); das jogenannte
Forum triangulare jüdöftlich (richtiger wohl die
arx), an welchem ein Tempel der Burggöttin der
Stadt ftand, von einer Säulenporticus umgeben;
den Gemüjemarft — Forum nundinarium — öſt—
lich davon, an welchen fich nördlich das Theater
und ein Odeion und weiter eine Schule und die
j. 9. Tempel der Iſis und des Jupiter und ber
Juno jchliefen; im DO. nahe dem Sarnusthor das
'‘orum boarium und dabei dad große, mohl
ie
Pompeii.
967
30 000 Menichen faffende, Umphitheater. Außer: | Berbreunung der Leiche des Elodius ſich Gewalt:
dem find eine Menge Privathäuſer aufgegraben, | thätigfeiten hatte
welche, wie die Stuben, mannigfahe Namen er: |er (51 v. €.) in
Bu haben, 3. B. das Haus des Panja, des’ oft dDrüdende Mot litt. M. Cälius, der feine Ver:
Salluftius, de3 dramati—
ſchen Dichters (wegen der
PDarftellungen an den
Wänden) u. j. w. Darin
befteht auch der Haupt:
gewinn der Entdedung,
daß man eine Einficht in
die Heinjten Berhältniffe
des Privatlebens erhält:
die Bewohner wurden ja
bon dem Unglück über:
rafcht, wie viele der ge:
fundenen Gerippe (bis
1878: 429) zeigen. Tem:
pel und Theater find und
audh an andern Orten
erhalten; nirgend aber
wie hier die Privatwoh:
nungen mit ihrer ganzen
Einrihtung. — Vgl. das
Hauptwerf: Overbed,
Pompeii (+. Aufl. 1884).
H. Niſſen, Bompejantiche
Studien zur Städtelunde
des Altertums (1877). E. Brejuhn, Pompeji. Die
neueften Ausgrabungen von 1874— 1880 (2. Aufl.
1881). Aug. Mau, Gejch. der dekorativen Wand:
malerei in Pompeji (1882).
Pompeill, ein jehr angejchenes plebejiiches Ge—
ſchlecht. Dahin gehören: 1) DQ. Bomp., Konjul
141 v. C., befehligte gegen Numantia, ohne große
Vorteile zu erringen, weshalb er als Profonful
im nächiten Jahre durch eimen nicht ganz ehren:
vollen Vertrag mit der Stadt Ruhm zu erwerben
juchte. Der Senat aber mifbilligte denjelben, und
nur Das Bolf rettete den mit der Auslieferung
an Numantia Bedrohten. App. Hisp. 79. Cie.
fin. 2, 17. of. 3, 30. Als Redner ftand er in
qutem Rufe. Cic. Brut. 25. — 21 Sein Sohn,
Q. Ponp., bezichtigte als Bolkstribun den Ti.
Gracchus des Strebens nad) der Herrichaft. Plut.
Ti. Gracch 14. — 3) DO. Bomp. Rufus, wirkte
als Boltstribun 100 v. E. für die Zurüdberufung
des Metellus Numidicus, welche jedoch Marius
verhinderte. Oros. 5, 17. Val. Mar. 5, 2,5. Mit
Sulla verwaltete er im Jahre 88 das Konjulat
(Cie. Brut. 89. Lael. 1) und erhielt, während der-
jelbe gegen Mithridates kämpfte, den Wuftrag,
Italien zu beihügen, wurde aber auf VBeranlafjung
de3 Pomp. Strabo von den Soldaten umgebracht.
App. b. c. 1,57 ff. — 4) DO. Pomp. Rufus, des
vorigen Sohn, Schtwiegerjohn Sullas, wurde, als
er den Anträgen des ey Sulpicius entgegentrat,
ermordet. Plut. Sull. 8. — 5) DO. Bomp. Bithy-
nieus, ein inniger Freund Giceros, richtete 75
v. C. Bithynien als Provinz ein umd ftarb im
3. 48 an feines Berwandten, des großen Pom—
pejus, Seite auf deſſen Flucht an der ägyptiſchen
Küfte. Cie. Brut. 68. 90. Oros. 6, 15. — 6) D.
Pomp. Rufus, Entel Sullas (vgl. 4.), ein eifriger
Anhänger des Pomp. Magnus, weshalb ihn der
Senat ind Gefängnis werfen ließ. Dio Cass.40, 45.
Später ließ ihn Pompejus gerade wegen jeines
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in ſchulden fommen laffen, mußte
ie Verbannung gehen, in der er
be in Pompeli nad
urteilung veranlaßt Hatte, erwirfte ihm die Her—
ausgabe feiner väterlichen Güter und linderte jo
feine Not. Cic. ad fam. 8, 1,4. — 7) Seine
Schwefter, Pompeja, war Cäſars dritte Gemahlin
jeit 67 v. E., wurde aber 61 wegen chebrecherifchen
Umgangs mit Clodius von ihm gejchieden. Suet.
Caes. 6.74. Cie. ad Alt. 1,13, 3. Dio (ass. 87,45.
— 8) A. Pomp. Bithynicus (Sohn von Nr. 5),
ftarb auf Sicilien auf Befehl des Sert. Bontpejus.
Dio Cass. 48, 17 ff. — Eine zweite Linie find
die Magni und Strabones: 9) Sert. Bomp., ein
Anhänger der Stoa, Bruder des Bomp. Strabo,
beichäftigte fich, der Politik fernbleibend, mit juri:
ftiichen und mathematischen Studien. Cic. Brut.
47, 175. — 10) En. Bomp. Strabo, Pater bes
Pomp. Magnus, war Prätor 94 v. E., verwaltete
93 Eicilien und Fämpfte im J. 90 gegen die
Bundesgenoffen (ſ, Marsicum bellum), ward
89 Konſul und fiegte mehrmals. Da feine Be:
figungen in PBicenum ihm dort Einfluß verichaff:
ten, war er während des Strieges dajelbjt bejonders
thätig. Als DO. Bomp. Rufus (Nr. 3), au den er
(88) fein Heer abgeben jollte, von feinen Soldaten
ermordet worden war, tadelte er diefe nur und
behielt den Oberbefehl. Vell. Pat. 2, 20. App. b.
e. 1, 63. Im Bürgerfriege nach Rom zur Be:
Ihüßung der Stadt gegen Cinna und Marius im
%. 87 gerufen, lieferte er eine Schlacht vor den
Thoren der Stadt, die unentichieden blieb. Velt,
Pat. 2, 21. Die Leiche des bald nachher vom
Blitz getöteten Strabo mifjhandelte ein Schar
Banditen, die von dem ihm zürnenden Adel ge—
dungen war. Habſucht, Graujamkeit und Treu-
lofigfeit wurden ihm nicht mit Unrecht vorgewor:
fen. Plut. Pomp. 1. 4. 37. For. 3,18. — 11) Sein :
Sohn, En. Bomp, Magnus (der zuert in feiner
Familie diefen nach ihm erblih gewordenen Bei:
namen trug), war am 30. Sept. 106 v. E., aljo
im gleichen Jahr mit Cicero, zu Rom geboren,
läftig gewordenen Eifers fallen, und als er bei | that unter des Vaters Befehl die erſten Kriegs:
174
2
968 Pompeii.
dienfie gegen die italiichen Bundesgenoffen und
gleich darauf gegen die Marianer. Nach dem Siege
derjelben hielt er fich gegen ihre Verfolgung ver:
borgen, und als die dem Vater zur LZaft gelegte
Veruntreuung der Beute von Ajculum auch ihm,
als dem Erben, eine Anklage gugo ſchützte er ſich
durch die Verheiratung mit der Tochter des P.
Antiſtius, der die Unterſuchung des Prozeſſes zu
führen hatte. Bei Sullas Rückkehr aus Allen (83)
zeichnete fich der junge Bomp. durch großen Eifer
für defien Sache und durch ungemeines Glüd in
der Kriegführung gegen die marianifchen Feld—
herren aus. Durd Siege bei Sena in Umbrien
und Cluſium und durd die Einnahme von Prä:
nefte (82) jäuberte er ganz Italien von ihnen.
Schon damals belohnte ihn Sulla durdy die Ver:
mählung mit feiner Stieftochter Amilia; Pomp.
trennte ſich ohne Bedenken von der Antiftia, verlor
aber auch feine zweite Gemahlin bald und ver:
mählte fi) dann mit Mucia, der Tochter des D.
Mucins Scävola, die die Mutter feiner beiden
Söhne, des Gnäus und Sertus, ward, aber nad)
dem mithridatiichen Kriege wegen ihrer Untreue von
ihm verftoßen wurde. Bon heftiger Begierde nad
Kriegsruhm getrieben, jegte er die Verfolgung der
Segenpartei ın Sicilien und Afrika fort. Eicilien
brachte er leicht in jeine Gewalt, nachdem er den
En. Earbo in jeine Hände befommen und jcho:
nungslos hatte hinrichten laſſen. Sodann ging er
nach Afrifa gegen Einnas Schwiegerjohn, En. Do:
mitins Ahenobarbus, der ſich mit dem numidiſchen
Könige Hiarbas verbündet hatte; mit einem über:
legenen Heere jchlug er die unvorjichtigen Feinde
in der Nähe von Utifa und wurde, erft 25 Jahre
alt, auf dem Schlacdhtfelde als Imperator begrüßt.
Domitius fam um, Hiarbas wurde auf der Flucht
ergriffen und hingerichtet, Hiempfal ihm zum Nach:
folger gegeben (81). Gelbit Eulla wurde durd)
des Pomp. ungewöhnliches Glüd bedenklich ge:
macht und wollte feinem wachjenden Ruhme heil-
jame Grenzen fteden; er jollte als Privatmann
ohne Truppen und ohne Triumph nad Rom zurüd:
fehren; allein der erjten Bejchränfung widerſetzte
ſich das Heer jelbft, und da er an der Spike der
Truppen vor Rom ftand, jegte er auch den Triumph
durch, obgleih Sulla nur mit Widerftreben jeine
Einwilligung gab. Sein Verhältnis zu Sulla war
in deſſen legten Lebensjahren fein freundliches
mehr; daher unterftüßte er auch gegen beflen
Wunſch die Bewerbung des M. Amilius Lepidus
ums Konfulat, 73. Als aber diejer gleich nach
dem Tode des Diftatord mit jeinen Anjchlägen
zum Umfturze der jullanifchen Geſetze hervortrat,
wurde Bomp. mit dem andern Konſul, O. Yuta-
tius Catulus, der Hauptverteidiger der Nobilität.
Sie wiejen jeine von Etrurien aus verjuchten An:
griffe auf die Stadt zurüd und nötigten ihn zur
Flucht nad) Sardinien, wo er bald ftarb. Romp.
befiegte in Oberitalien die Reſte der Partei und
befam in Mutina den M. Junius Brutus in feine
Gewalt, den er in Rhegium hinrichten lieh. Jetzt
erjah jih Pomp. zum Schauplatz neuer Thaten
den jertorianijchen Krieg in Hiſpanien, und auch hier
blieb das ungewöhnliche Glück, das ihn bisher
begleitet hatte, ihm treu. Seit 80 hatte fich der
frühere Prätor des Marius, D. Sertorius (j.d.), nad):
dem er bei den Luſitaniern Fräftige Unterſtützung
gefunden, allmählich zum Seren von ganz Hiſpa—
nien und zum legten Haltepunft der marianifchen
Bartei gemadt. Eine Neihe römischer Feldherren,
zulegt DO. Metellus Pius, boten vergeblid ihre
Kräfte gegen ihn auf. Er ſetzte eine förmliche
Staatäregierung auf römiihem Fuß in Hiſpanien
ein, errichtete einen Senat von 300 Männern und
juchte die Provinzialen auf alle Weije für die
neuen Einrichtungen zu gewinnen. Seine Macht
wuchs noch, als M. Perperna, der Yegat des
Lepidus, nad deffen Tode zu ihm ſtieß. Einer
jo drohenden Gefahr beſchloß endlich der Senat
den jugendlichen Feldherrn entgegenzuftellen, der
> noch feines der größeren Staatsämter be:
eidet, aber durch Thaten jein ausgezeichnetes
Talent bewährt hatte. Pomp. wurde fürs Jahr
77 mit ausgedehnten Vollmachten als Protonjul
nah Hiſpanien geihidt. Bei jeinem Erjcheinen
erhob ſich auch Metellus zu neuen Anftrengungen:
teils in abgejonderten, teil$ in gemeinfamen Ope—
rationen gewannen fie in mehrjährigem Kampfe
dem Sertorins mehr und mehr Boden ab. Die
Nachricht, daß derjelbe mit Mithridates, der da:
mals den Kampf mit Nom wieder erneuert hatte,
in ein Bündnis getreten war, reizte die Erbitte:
rung der Römer noch mehr; Sertorius jelbjt ward
bei wachjender Bedrängnis mißtrauiſch und arg:
wöhniſch gegen ſeine Umgebung. Die daraus ent—
ſtehende Verſtimmung benutzte der neidiſche Per:
perna, eine Verſchwörung zuſtande zu bringen, als
deren Opfer Sertorius (72) fill. Mit ihm war
die Seele aus dem großartigen Unternehmen ent:
wichen. Berperna erleichterte durch jein Ungeichid
den römischen Feldherren den Sieg und geriet in
die Gefangenschaft des Pomp. der ihn bald darauf
binrichten lieh. Metellus überließ nach beendig:
tem Kampfe dem Bomp. die Aufgabe, Ruhe und
Ordnung in der Provinz; wiederherzuftellen. Mit
äußerfter Strenge unterdrüdte diejer die Nele des
Aufftandes, tötete viele einzelne, die in jeine Ge:
walt fielen, und zerftörte eine Menge Städte, die
Widerjtand leifteten. Nachdem Pomp. am Fuße
der Pyrenäen Trophäen von jeinen Siegen und
Verdienften errichtet, kehrte er 71 durch Gallien
nad Italien zurüd und hatte noch auf dem Mariche
das Glüd, eine flüchtige Schar von 5000 Sklaven,
die von Spartacus’ Banden ſich vor Craſſus' jieg:
reihen Waffen zu retten juchte, mit leichter Mühe
zu vernichten, um fich auch die Ehre beilegen zu
fönnen, den Sflavenfrieg völlig beendet zu haben.
ihm die Auszeichnung zu teil, daß er mit Crafjus,
ohne das nefeblidhe Iter erreicht oder die ord—
nungsmäßig vorausgehenden Amter befleidet zu
haben, zum Konjul erwählt wurde. Am Iebten
Tage des J. 71 hielt er feinen Triumph über
Hilpanien, und am 1. Januar 70 trat er das
Konfulat an. Pomp., durdy die Gunſt der Opti—
maten jo hoch geftiegen, täufchte als Konſul ihre
Erwartungen aufs bitterfte, indem er die durch
Sulla jehr geichmälerte tribunicische Gewalt wieder:
beritellte und die Nogation des Prätors L. Aure—
lius Gotta zur Teilung der Gerichte unter die
Stände, nachdem fie durch die zehnjährige aus:
ichließliche Verwaltung des Senats in ſchmachvollen
Verfall geraten waren, mit Erfolg unterjtüßte.
Ein jo erflärter Abfall von feiner Partei führte
ihn allmählich in immer wachſende Abhängigkeit
bon jeinem größeren Nebenbuhler, Cälar. Cein
Außer dem Glanze jo vielfachen Ruhmes wurde :
w'
oz)
Pompeii.
Durft nad) neuem Kriegsruhm fand wieder Nah:
rung in dem Kriege gegen die kilikiſchen Seeräuber,
der ihm (67) übertragen wurde. Unter dieſem
Namen begriff man ein Gemijch von verwegenem
Raubgefindel, welches an der ſchwer zugänglichen
Hüfte des jüdlichen Vorderaſiens jeit lange feine
Wohnfige und Schlupfwintel hatte und, zu immer
größerem Übermute gelangt, im erjten mithrida-
tiichen Kriege durch ein förmliches Bündnis mit
dem mächtigen König von Pontos zu einer poli-
tischen Macht herangewachſen und der furcdhtbarfte
Schreden des ganzen Mittelmeerd geworden war.
Mehrere römische Feldherren hatten jich vergeblich
gegen fie verjucht, Murena, Servilius Batia und
M. Antonius Ereticus (j. d.) Die Küften von
Stalien bis in die Nähe von Rom wurden von
ihnen heimgefucht, und bei der Unficherheit bes
Meeres fticg die Teuerung aller Lebensmittel aufs
äufßerfte. Da jebte der Trıbun Gabinius (f. Gabi-
nii, 4.) den Antrag durch, einem einzigen erfahrenen
Freldherrn außerordentliche Mittel und Vollmachten
zur Ansrottung des unerträglichen Übels zu über:
tragen, und das Bolf nannte jogleich Pomp. als den
Mann, der allein der Aufgabe gewachien jei. Troß
des heftigften Widerftrebens der Optimaten wurde
feine Ernennung durchgejeßt und ihm, noch über
den urfjprünglichen Antrag hinaus, eine Kriegs:
macht von 500 Schiffen, 120000 Mann Fußvolf,
5000 Neitern und 24 fenatorifchen Legaten mit
uneingejchränter Vollmacht bewilligt. Vomp. zeigte
fi des auferordentlichen Vertrauens würdig, mit
planvolfer Überlegung und rajcher Entſchloſſenheit
vollzog er jeinen Auftrag. In 40 Tagen reinigte
er erft durch die fombinterten Bewegungen feiner
wohlverteilten Flotte das tweftliche Meer von Afrika
und Hiſpanien bis Stalien und vernichtete dann
die zufammengejagten Streitkräfte der Räuber teils
in Kämpfen zur See, teil® durch Beritörung ihrer
Raubnefter. Nachdem er den eigentlichen Kampf
in 3 Monaten beendet, ſuchte er den friedlichen
Bewohnern jener Gegenden durch zwedmäßige An—
orbnungen eine geficherte Eriftenz zu ichaffen. Mit
Recht gewann der Kilifiiche Seeräuberfrieg dem
Bomp. den höchſten Ruhm und wurde ihm bie
Brüde zur Führung des zweiten mithridatiichen
Krieges, nad der fein Ehrgeiz jchon länger tradı:
tete. war hatte Yucullus denjelben jeit 74 mit
Auszeihnung und Erfolg geführt, aber er war
durd; Meuterei unter jeinen eigenen Truppen an
der Benutzung jeiner Siege gehindert und, als
Mithridateds 67 wieder vorgedrungen war und
dem Heere des Legaten Triarius eine ſchwere
Niederlage beigebradht hatte, unter ungerechten Be:
ichuldigungen abberufen worden. Sein Nachfolger,
M’, Acilius Glabrio, hatte noch weniger ausführen
fönnen: jo fam der Tribun C. Manilius nur der
herrſchenden Stimme entgegen, ald er unmittelbar
an das Volk den Antrag brachte, dem Bomp., der
joeben die Republit von der Angft vor den See:
räubern befreit, auch den Krieg gegen Mithridates
mit gleichen Mitteln und Bollmachten zu über:
tragen. Nur die Optimaten murrten und wider:
jegten ji. Aber da Cäſar eifrig für die Rogation
wirkte und Cicero fie in feiner berühmten Rede
de imperio Cn. Pompei verteidigte, ging ber
969
die er durch die des Lucullus und Glabrio ver-
ftärkte. Mit einer jo überlegenen Macht nötigte
er den Mithridates, der ohnehin geihwädt war
und nicht mehr auf die Hülfe feines Schwieger-
johnes, Tigranes von Armenien, zählen konnte,
weil diefer von Phraates, dem neuen Bartherlönige,
angegriffen war, zum eiligen Rüdzuge in die Ge—
birge von Klein-Armenien. Nah langer Berfol-
gung in den jchiwierigen und unbefannten Gegen
den gelang endlich ein nächtlicher Überfall in einem
Paſſe unfern vom Euphrat: Mithridates verlor
10 000 Mann auf dem Plate, mehr noch durch
völlige Auflöfung; ex jelbit rettete jich mit einer
Heinen Reiterjchar durch die Flucht. Pomp. über:
ließ den geichlagenen Feind fürs erfte feinem
Schickſale und wandte fi) zur Demütigung des
Tigranes, der durch die Parther und Empörungen
in feinem eigenen Haufe in große Bedrängnis
verjegt war. Doch beſchloß Ponp., das Reich von
Armenien noch als Vorhut gegen Barthien beſtehen
zu laſſen; er zog vor Tigranes’ Hauptitadt Arta—
rata, empfing den Fürften im jeinem Lager mit
allen Zeichen der Unterwerfung und jepte ihm das
freiwillig zu jeinen Füßen niedergelegte Diadem
wieder aufs Haupt. Armenien wurde ihm gelaflen,
aber er mußte alle Eroberungen abtreten. Das
Jahr 65 verging über diefem Zuge und der Be-
friegung der kaukaſiſchen Gebirgsvölter zwiſchen
dem Schwarzen und dem Kajpijchen Meere, welche
jih feinem Durchzuge wideriegten. Obgleich er
fie befiegte und bis an den Phaſis vordrang, be—
ſchloß er doch, vor der völligen Vernichtung des
Mithridates fi nah Süden zu wenden und in
den von Tigranes abgetretenen Gebieten die neue
Ordnung zu befeftigen. Syrien erflärte Pomp.
zur römischen Provinz und nahm es ohne Wider:
ftand in Befig (64). Nur in PBaläftina erwar—
tete ihn ein ernfter Kampf. Hier jtritten die
entarteten Maftabäer, die Brüder Hyrlanos und
Ariftobulos, um den Thron; jener war im Befit
des größeren Teils des Landes, diejer behauptete
fih in Serujalem. Pomp., der die Brüder vor
jeinen Richterftuhl forderte, entichied ſich für Hyr—
fanos und behielt den Ariftobulos in Haft. Da
feine Anhänger die Burg und den Tempel von
JFeruſalem nicht übergeben wollten, jo ließ Pomp.
ihn nad dreimonatliher Belagerung erjtürmen;
er betrat das Allerheiligite des Tempels, lieh aber
font in der eroberten Stadt Schonung üben, 63.
Hyrkanos wurde als Hohepriefter und weltlicher
Regent, doch ohne Königstitel, eingeſetzt, Arifto-
bulos gefangen nach Rom gebracht und jpäter im
Triumph aufgeführt. Während diejer Borgänge
hatte Mithridates fich in fein bosporanijches Neich
zurüdgezogen und trug fich mit dem abenteuerlichen
Plane, einen Zug gegen Italien jelbjt zu unter:
nehmen. Allein der Argwohn, dem er fich gegen
feine eigene Familie und feine Vertrauten überlieh,
rief eine Verſchwörung hervor, an deren Spibe
fein Sohn Pharnakes trat. Auf die Kunde davon
wütete der Greis zuerſt gegen die nächiten Ber-
wandten und ftürgte fi dann in der Burg zu
Bantilapaion in fein eigenes Schwert, nachdem er
vergeblich fich zu vergiften verjucht hatte, 63.
Pomp. erhielt im Lager von Jericho dieje Nach—
Beichluß durch. Pomp. empfing diefe Nachricht | richt und begab fich nad) Beendigung des jüdijchen
noch im Silifien (66) und ging jogleich über den
Zaurus an der Spitze jeiner ſiegreichen Truppen,
Krieges nad) Pontos, wo er des Mithridates un:
ermeßliche Schäge ausgeliefert erhielt, das Land
-]
x
970
Pompeii.
jelbft zur römifchen Provinz einrichtete, den Phar: | 5 Jahre das cisalpinifche Gallien, in das er aber
nafes aber ald König des bosporaniichen Heiches
und Freund und Bundesgenofien des römischen
Bolfes anerkannte. Bon diejer glänzenden Sieges:
laufbahn fehrte Pomp. (62) nah Italien zurücd
und hoffte in Rom ſich unbeftrittener Anerkennung
und Dankbarkeit zu erfreuen. Aber die Optimaten
jahen ihn mit Mißtrauen und Furcht zurückkehren,
und die Bolfspartei, auf die er fich ftüßen mußte,
betrachtete jchon Cäfar als ihren Führer. Selbft
als Pomp. nach feiner Landung in Stalien feine
Truppen entließ, wodurd alle Bejorgniffe, die
die entgegengejepten Forderungen des Tribunen
D. Metellus Nepos hervorgerufen hatten, bejeitigt
wurden, erregte er mehr Bewunderung, als Ber:
trauen. Bald zeigte es fich, da der Mann, welcher
in einer faſt unumterbrochenen Reihe glüdlicher
Kriege jo Außerordentliches geleiftet hatte, zur
friedlichen Leitung des Staates nicht dasſelbe Ge:
ſchick beſaß. Grollend zog er ſich auf jein Land—
gut in der Nähe von Rom zurück, und ſtatt ſich
durch ein thätiges und dic Eingreifen
eine wirkliche Macht zu gründen, befriedigte er
ſeinen Ehrgeiz durch das Gepränge ſeines dritten
Triumphes, den er am 30. September 61, zwar
ohne das Heer, aber in aller Herrlichleit ſeines
Siegerglanzes, feierte. Große Tafeln verzeichneten
feine Thaten und die beſiegten Völker, wobei ſeines
Vorgängers nicht gedacht wurde. 324 vornehme
Gefangene, darunter 5 Söhne und 2 Töchter des
Mithridates, der jüngere Tigranes mit feiner Fa:
milie, der jüdische Fürſt Ariftobulos mit jeinem
Sohne Antigonos, wurden mit aufgeführt. Ge:
mälde ftellten die umgefommenen Fürften, ſowie
die Todesjcene des Mithridates dar. Ungeheure
Schätze und die ansgezeichnetiten Kunftwerfe, u. a.
die koftbare Daktyliothef des Mithridates (die Plin.
37, 7 beichreibt), jchmücdten den Zug Romp. jelbit
erſchien auf einem mit Edelfteinen verzierten Wagen,
in einem Gewande, welches Alerander der Gr.
getragen haben follte, ihm folgten jeine Legaten
und Kriegstribunen. Bon der Beute erbaute Bomp.
einen Tempel der Minerva mit einer Inſchrift
von jeinen Thaten. Plin. 7, 26. Oros. 6, 6. Aber
aller diefer Glanz gab feiner Stellung jo wenig
eine fichere —— und beſiegte ſo wenig das
Widerſtreben der Optimaten, daß im nächſten
Jahre (60) der Konſul 2. Afranius, Pomp.s'
früherer Legat, die Beſtätigung der acta Pompei,
d. h. der von ihm in Aſien getroffenen Anord-
nungen, und die feinen Soldaten verjprodhene
Landausteilung im Senate durchzuſetzen nicht ver:
mochte. Es war teils Catos furzfichtiger republi-
fanifcher Eifer, teild der Berdruß der von ihm
verbunfelten Feldherren, der diefen Widerftand
leitete. Aber die natürliche Folge war, daß Pomp.
in gefränftem Stolze fih an Cäſar, der damals
von jeiner erften jelbftändigen Kriegführung aus
Hifpanien zurüdgefehrt war, um jo enger anſchloß
und, vom dieſem dazu überredet, ſich auch mit
Craſſus verjöhnte. So kam das j. g. Triumvirat
zu jtande, durch welches jeder der Teilnehmer mit
Hülfe der andern jeine eigenen Zwede zu erreichen
hoffte. Cäjar, deſſen Rontulat (59) auf diejer un:
widerftehlichen Macht ruhte, jehte nunmehr außer
andern, ihm jelbft förderlichen, Maßregeln die Be:
ftätigung der acta Pompei durch. Dafür erlangte
er felbft durch die Nogation des PB. Vatinius auf
nicht eher abging (58 im April), als bis die läftigen
Wächter der Republif, Cicero und Eato, aus der
Stadt entfernt waren (vgl. hierüber und über alles
Folgende Julii, 8.). Zwiſchen Cäſar und Pom—
pejus knüpfte die Bermählung des lehteren mit
des erfteren Tochter, Julia, noch ein näheres, per:
fönliches Band; aber der notwendige Lauf Der
Dinge trieb fie bald auseinander bis zum Kampf
auf Leben und Tod. Während Cäjar ſich immer
neue Lorbeeren gewann und für den Staat und
fich felbft eine reiche Provinz eroberte, war Bomp.
nicht imftande, im Innern des Etaates die Frech:
heit der wildeiten Parteiführer zu zügeln. Gegen
Elodins’ maßloſe Angriffe glaubte er jich zwar durch
Eiceros Nüdtehr jchügen zu können. Allein, ob-
gleich diejer ihm dazu behülflih war, daß ihm
(57), aus Veranlafjung einer Teurung, die Ober:
aufjicht über die gejamte Zufuhr der Lebensmittel
übertragen wurde, verjagte ihm doch die Eiferjucht
der Optimaten den gewünſchten Befehl über eine
anjehnliche Truppenmacht, und wiederum wurden
erjt durd; einen erneuten Vertrag mit Eäjar, in
deſſen ne zu Luca die beiden andern
Triumvirn ſich — (56), die Entwürfe für die
Verteilung und Sicherung ihrer Macht gefaht.
Mit roher Willfür wurde die Wahl des Pomp. und
Erafins als Konſuln des Jahres 55 erzwungen,
und Cäſars Schübling E. Trebonins jebte die
Nogation durd), daß nach beendeter Amtsführung
Pomp. beide Hilpanien, Craſſus Syrien erhalten,
dem Prokonſul Cäfar aber jein Oberbefehl in Gal—
lien (dem cid: und transalpiniichen) auf neue
5 Jahre verlängert werden jollte. Bomp. bezeich-
nete fein Konſulat noch durch die glanzvolle Ein-
weihung des von ihm auf dem Marsfelde erbauten
fteinernen Theaters, welches 40 000 Zujchauer faſſen
fonnte und mit den herrlichiten Statuen und Ge—
mälden gejchmücdt wurde. Aber für eine fräftigere
Handhabung der Ordnung forgte Pomp. weder in
jeinem Konjulate noch in den darauf folgenden
Jahren, da er nad) Eraffus’ Abzug in die Provinz
in der Nähe Noms blieb, während er feinen Le:
gaten die Verwaltung der ihm bewilligten Pro—
vinzen überließ. Offenbar lich er die Unruhen
und den Unfug in der Stadt, der durch die Er-
mordung des Clodius den höchjten Grad erreichte,
abfichtlich ihren Gang gehen, um das Bebürfnis
nach jeiner Diktatur zu erweden. Wirklich wurde
er 52 zum Konſul abweiend und ohne Kollegen
ernannt; um nun nicht Cäfar, mit dem durch den
Tod der Julia (54) das letzte Band gelöft war,
neben fi zur Gewalt gelangen laffen, nahm er
fih den Metellus Seipio, mit deſſen Tochter er
fi) wieder vermählt hatte, zum Kollegen. Bon
nun an jchloß er jich aufs engfte wieder der op:
timatiſchen Bartei an und bereitete fich durch offene
und geheime Mittel zum Kampfe mit dem gefürdh:
teten Nebenbuhler vor. Die wachſende Berfeindung
zwijchen beiden, bis zum Nusbruche des Bürger:
frieges, ift in ihren Hauptmomenten im Leben
Cäfars dargeftellt (j. Julii, 8.). Die verblendete
Nobilität drängte immer heftiger zu feindjeligen
Beichlüffen gegen Cäſar; diejer erwiderte die For—
derung des Senats, jeine Truppen zu entlafjen,
und die Ausweiſung der ihm verbündeten Tribunen,
Caſſius und Antonius, mit der Überjchreitung des
Rubico. Darauf war Pomp. micht gefaßt:
—
om 11
[23
Pompeii. 971
wurde jogleih und, als Domitins’ Widerſtands—
veriuch bei Corfinium vergeblich war, auch Italien
aufgegeben. Im März 49 ging Pomp. mit den
tren aebliebenen Truppen und dem größten Teile
des Senats von Brumdifium nah Dyrrhachium
hinüber. Cäſar lieh ihm während feines hiſpani—
ichen Feldzuges 9 Monate Zeit, neue Streitkräfte
an fich zu ziehen, eine bedeutende Flotte zu ſam—
meln und fich in der gewählten Stellung zu ver:
ichanzen. Dennoch that er nichts, um Cäjars Über:
gang, der zu Anfang 48 erfolgte, zu verhindern,
und als diejer nach vergeblihen und verluftvollen
Angriffen auf Dyrrhachium, um der dringenden
Not feiner Trnppen abzuhelfen, fich in die Ebenen
Theſſaliens zog, ging Pomp. jeine wohlbefeftigte
Stellung anufgebend, ihm, wie er e8 gewünſcht, ins
offene Feld nad. Seine ftolze und kurzſichtige
Umgebung trieb ihn wider jeinen Wunjc zum
enticheidenden Kampfe. Den 9. Auguſt 48 (nad)
Damaligem Kalender, im Juni nach dem unjrigen)
erlitt er nad) fumem Widerftande jeines überlege:
nen Heeres auf dem Felde von Pharjalos Die
völlige Niederlage, die ihm jede Belinnung und
Faffung raubte. Während Cäſar viele der vor:
nehmften feiner Anhänger durch großmütige Ai:
erbietungen auf feine Seite zog, eilte Bomp., auf
jede fernere Gegenwehr verzichtend, zuerft nach Myti—
lene zn feiner Gemahlin, dann, fich auch dort nicht
ficher fühlend, nach Ägypten, wo er bei dem Sohne
des durch jeinen Einfluß (59) wiedereingejehten
Ptolemaios Auletes auf Schuß rechnete. Aber der
elende Feigling glaubte dadurch am ficherjten jeder
Verantwortung zu entgehen, daß er dem fliehen:
den ein Boot mit Mördern entaegenichidte, die
ihn vor der Landung niederftießen. So ftarb
Pomp. im achtundfünfzigften Jahre feines Lebens.
Cäjar erwies feiner Leiche die höchften Ehren, und
ipäter wurde feine Aſche anf feinem albanijchen
Landgute beigefegt. — Pomp. beſaß ausgezeich:
nete und achtungswerte Eigenichaften für cine
zweite Stellung im Staate: eine für jene Beiten
und unter jeinen Standesgenoflen ungewöhnliche
Sittenreinheit und Umeigennüßigfeit, Ihätigfeit
und Ausdauer, perjönliche Tapferkeit und Gewandt—
heit in allen friegerifhen Übungen, Umſicht und
Entichlofjenheit im Felde, aber für den erften Platz
hatte er weder genug Freiheit und Größe des
Geiftes, noch Schwung und Feſtigkeit der Gefin:
nung. Daß er dennoch nach ihm trachtete und,
durch die großen Erfolge feiner Feldzüge über fich
ſelbſt getäuscht, fich auch auf andern Gebieten zu
den höchiten Anſprüchen berechtigt glaubte, das
hat ihm in den enticheidenden Momenten die fichere
Haltung geraubt und ihn zum Spielball der Par-
teien und —— Seifter gemacht. — Ausge⸗
zeichnete Geiftesbildung wird nicht von ihm ge:
rühmt, fie war aber auch bei jeiner ununterbrochenen
Ktriegführung von den früheften Nünglingsjahren
bis zum reifen Mannesalter bei ihm micht zu er:
warten; auch durch Beredfamfeit hat er nie großen
Einfluß geübt. Vgl. Eiceros Rede de imperio
Cn. Pompei, Plutarchs Biographie des Rompejus
und Drumann, Geſchichte Roms, Bd. IV. —
12) Sein älterer Sohn, Gnäns Bomp. Magnus,
diente auf des Baters Flotte im Adriatiichen Meere
im J. 49, begab ich nach der pharjaliichen Schlacht
nad Afrika, erfuhr unterwegs des Vaters Ermor:
dung, ſammelte dann ein Heer in SHifpanien,
wurde von Cäjar (17. März 45) bei Munda ge:
ſchlagen und nicht lange darnach auf der Flucht
ermordet. Plut. Pomp. 62. Caes. b. Hisp. 39.
Strab. 3, 141. — 13) Sertus Bonp. Magnus,
der jüngere Bruder des vorigen, geb. 75, begleitete
feinen Vater auf deflen Flucht nach Aanpten,
rettete ſich nach deſſen Ermordung nach Kypros,
diente jpäter winter feinem Bruder in Hifpanien,
jammelte nad deſſen Tode ein Heer, ſetzte den
Krieg fort und gebot nad Cäſars Ermordung
über einen großen Teil Hifpaniens. Antonius
verjöhnte ihn und erjegte ihm die verlorenen Güter,
worauf der Senat ihm den Befehl über die Flotte
übertrug, um ihn gegen die Triumdirn zu benußen.
Anfangs benahm fich Pomp. ſehr zurüdhaltend,
fammelte aber bald ein Heer, dem viele Geächtete
zuſtrömten, ſetzte jich in den Befig Siciliens und Sar-
diniens, brachte der Flotte Octavians an der Hüfte
Siciliens bedeutende Berlufte bei (38 und 37), ber-
for aber im folgenden Jahre bei Naulochos faft
feine ganze Flotte, worauf fich das Landheer dem
Oetavian ergab und Sicilien in deſſen Hände fiel.
Nachdem Pomp. dann den Antonius durch trüge-
riihe Verhandlungen vergebens zu täuſchen geincht
hatte, mußte er im %. 35 nach Wfien entfliehen,
fiel in die Hände des Antonius und wurde in
Milet, ob auf Antonius’ Befehl ift ungewiß, ge—
tötet. Vellejus jchildert ihn wohl mit Recht als
„sermone barbarus, rudis studiis“. Stolz umd
hochfahrender Sinn waren die hervorftechenden
Züge feines Charakters und bewirlten, daß er bei
Cicero und andern Freunden feines Baters mi:
liebig war. Dio (ass. 43, 80. 45, dff. 48, 17.
49, 11. App. b. c. 2, 105. 8, 4. 5, 142. Strab.
3, 141. Oic. Phil. 5, 145. Vell. Pat. 2, 73. Val.
Riſſe, de gestis S. Pompei (1882). — 14) Seine
Schweſter, Bompeja, Gemahlin des Fauftus Sulla,
wurde von Cäſar zur Gemahlin begehrt und lebte
ipäter bei ihrem Bruder Sertus auf Sicilien. —
15) Sertus Bomp., befleidete im %. 14 n. €.
das Konjulat, verwaltete darnach Afien und mar
mit Ovid, der ihm mehrere jeiner Briefe (er Pont.
4, 1.4. 5. 15) widmete, und mit Balerins Marimus
befreundet. — 16) En. Bomp. Magnus, Schwie:
geriohn des Claudius, wurde auf Betrieb der
Meflalina ermordet. Suet. Claud. 27 f.— 17)Bomp.
(Barus, f. d. Schol. zu Hor, od. 2, 7), von Horaz
als jein alter Kampfgenoſſe in der Schladht bei
Philippoi genannt, der ſich jeitdem fortwährend
im Kriege umhergetrieben habe und erft im 3. 30
v. E. nach Italien zurüdgelehrt jei. — 18) Pomp.
Groſphus, ein reicher ſiciliſcher Gutsbeſitzer, war
gleichfalls ein Freund des Horaz. Hor. od. 2, 16,
ep. 1, 12, 22. — 19) Bomp. Demetrius, ein
Freigelafjener des großen Pomp., war berüchtigt
durch jeine Raubſucht. Z’lut. Pomp. 2. — 20)Bomp.
Trogus, von gallifcher Herkunft, deffen Groß—
vater durch Bompejus Magnus mit dem römischen
Bürgerrechte beichentt worden war (daher der
Name), Zeitgenofje des Livius, ift Verfafler eines
großen geichichtlichen; Wertes, welches Juftin (j. d.)
in einen Auszug brachte. Das Werk, historiae
Philippicae betitelt und in 44 Bücher geteilt,
begann mit Ninus, reichte bis auf die Gegenwart
und war mach griechiichen Quellen, beſonders
Theopomp (dem er den Titel jeines Werts ent:
lehnte), Theagenes, Timagenes und Kleitarchos,
gearbeitet. Auch zoologiſche und botanifche Werke
972
hat er verfaßt. — — von Hallberg (1869).
— 21) Grammatifer aus Mauritanien in ber
zweiten Hälfte des 5. nachchriftl. Jahrh., verfaßte
bei. nach Donat und dem Kommentar des Servius
zu Donat ein grammatisches Lehrbuch für die Schule,
das, im Mittelalter viel benußt, nicht ohne Wert
ift, commentum artis Donati, herausgeg. von
Keil (gramm. Lat. Bd. V p. 95 f.).
Pompeiopölis j. Soloi.
Pompilfi, ein nur wenig befanntes Gejchlecht.
u nennen find: 1) Numa Bompilius, j.
uma. — 2) ein römijcher Ritter und Genoſſe
des Catilina. @. Cie. pet. cons. 3, 10. — 3) M.
Pomp. Andronicus, ein Syrer von Geburt,
lehrte Grammatif zu Rom, begab ſich von hier
nad) Cumä, weil er fih in Rom vernachläſſigt
ſah, und jchrieb ein Werk über die Annalen des
Eunius, genannt elenchi. Er mußte dasjelbe aus
Not vertaufen, Orbilius löſte es wieder ein und
veröffentlichte e8. Suet. gramm. 8.
Pomponii, ein plebejiiches Gejchlecht, deſſen be—
deutendfte Männer folgende find: 1) O. Bomp,,
395 und 394 v. C. Volkstribun, widerjeßte jich
der Überfiedelung nad) Beji (Plut. Cam. 7. 9.11.
Liv. 5, 24 ff.), wofür das Volt ihn jpäter mit
einer Geldftrafe belegte. — 2) M. Bomp. Matho,
führte als Konful 231 dv. E. Krieg auf Sardinien.
Zonar. 8, 18. — 3) T. Bomp. Bejentanus,
wurde 213 dv. E. vom Farthagiichen Feldherrn
Hanno im Bruttifchen gejchlagen und gefangen ge:
nommen. Liv.25, 1. — 4) M. Pomp. Matho,
204 v. C. Prätor in Sicilien, erhielt die Leitung
der Unterſuchung gegen Scipio und deffen Legaten
Pleminius. Liv. 29, 11.13.20. — 5) M. Pomp.,
Freund des E. Grachus, juchte denjelben beim
Aufftande zu verteidigen und fand dabei jeinen
Tod. Val. Max. 4, 2,7. Plut. ©. (fracch. 16 f.
— 6) 8. Pomp. Bononienjis, um 90 v. E.,
war der erjte, der jchriftliche Atellanenftüde (ſ.
Atellanae fabulae), im Gegenjaß zu den
bisher nur mündlich in den ftehenden und fomi:
ſchen Rollen oſtiſcher Yandleute vorgetragenen, be:
arbeitete, die einzelnen Scenen fo mehr zu einem
Ganzen verknüpfte und es bejonders darauf ab-
nejehen hatte, Durch die von ihm hingeſtellten
Charaktere die verjchiedenen Stände der bürger:
lichen Gejellichaft zu ichildern, jowie den Schau:
plab auch auf Rom und andere Gegenden aus:
zubehnen; doch =. er die ländlichen Rollen,
jowie auch das üblich — Versmaß bei.
Zugleich — in den Bereich der Atellanen my—
thologiſche Stoffe hinein. Von ſeinen Atellanen
kennen wir noch 65 Titel, meiſt nach einer der
im Stüde auftretenden Hauptperjonen benannt.
Sammlung der Brucdftüde von Munf, de fab.
Atell. (1840) p. 134 ff., und Ribbed, com. Rom.
reliqu. p. 225 ff, der 2. Aufl. Wbhandlung von
Munt (1826). — 7) En. Bomp., einer der älteren
römischen Redner, kam in den jullaniichen Un—
ruhen um, 82 v. E. Cie. Brut. 57, 207. — 8) ent:
zog fih, von den Triumvirn geächtet (43 v. E.),
durch Liftige Flucht der Ermordung. App. b. ce.
4,45. — 9) Pomp. Gräcinus, ein Freund des
Dvid, von welchem er mehrere Male um feine Ber:
wendung bei Auguftus gebeten wurde. Ov. ex
Pont. 1, 6. 4, 9. — 10) &. Pomp. Flaccus,
des Gräcinus Bruder, Konſul 17 n. E. und Statt:
halter von Möfien (Tae. ann. 2, 66 f.) im 9. 19,
Pompeiopolis
— Pomptinus.
wurde dann, ald Günftling des Tiberius, zum
Statthalter von Syrien ernannt, wo er im J. 33
ftarb. Tac. ann. 6, 27. Suet. Tib. 42.— 111Bom:
ponia Öräcina, wurde von ihrem Gemahl Plan:
tius (j. Plautii, 12.) als Chriſtin freigeiprochen,
57 nu. C. Tac. ann. 13, 32. — 12) $ Bomp.
Secundus, Anhänger des Minifters Sejan, ents
ging mach deſſen Sturze (31 n. E.) der Todes:
gefahr nur dadurch, daß jein Bruder ihn in Haft
nahm. Tac. ann. 5, 8. ep, wien gab ihm im J.
37 die Freiheit zurüd (Dio . 59, 6), unter ber
Regierung des Claudius fämpfte er als Legat mit
Auszeichnung gegen die Chatten in Deutichland.
Tae, ann. 12,27. Der ältere Blinius, jein Freund,
verfaßte jeine Zebensgejdhichte in 2 Büchern. Plin.
ep. 3, 5. Er dichtete Tragödien (Tae. ann. 11, 13.
5, 8. dial. 13), von denen uns noch einige Titel
(4. B. Aeneas) erhalten find. Quint. 10, 1, 98. —
13) Sein Bruder, DO. Pomp. Secundus, Konſul
im J. 41 n. C., ſoll nad —— Ermordung
im Senate für Herſtellung der Republik geſtimmt,
ſich aber dadurch den Haß der Soldaten zugezogen
haben. Nur der neue Kaiſer Claudius konnte ihn
dagegen ſchützen. Dio Cass. 59,29. — 14) Bomp.
Labeo, während der Zeit des Tiberius Gtatt-
— von Möſien, gab ſich ſpäter (34 n. E.), in—
olge einer Anklage, eigenhändig den Tod. Tae.
ann. 4, 47. 6,29. — 15) T. Buns. Baſſſus,
Freund des jüngeren Plinius, nach deſſen Äuße
rung (ep. 4, 28) er in früheren Jahren unter Nerva
und Trajan hohe Staatsämter befleidet hat. —
16) Sert. Bomp., ein angejehener Rechtsgelehr-
ter, aus deilen Schriften zahlreiche Ercerpte in die
Pandekten übergegangen find, lebte unter der Re—
gierung des Hadrian und Antoninus Pius. —
17) (Bomp.) Bajjus, zur‘ Zeit Caracallas Legat
in Möfien, als welcher er ſich eine Anklage zuzog.
Dio Cass. 78, 21. — 18) Bomp. Borphprio,
einer der ältejten Erklärer des Horaz, lebte zwi:
ihen 200 und 250 n. E. und verdient das Lob
großer Sorgfalt und emfigen Fleißes. Ausgabe
der Bruchitüde jeines Kommentars von Meyer
(1874). — 19) T. Bomp. Atticus, j. Atticus 1.
— 20) Pomp. Mela, j. Mela.
Pomptinae palüdes, /Iorriv« oder Tlourriw«
rè An, IIorzivar Auraı, eine jumpfige, über 7 M.
lange und an der jchmaljten Stelle 2 M. breite
Gegend an der Küfte Latium zwiſchen Circeji
und Tarracina, die, bevor durd) die Flüſſe Ajtura,
Amaſenus und Ufens dieſe Werfumpfung eintrat,
jehr fruchtbar war und 23 Städte enthalten haben
joll, unter ihnen Bometia (Bomptia), wovon der
Name. Die mehrfach von den Alten angeftellten
Verſuche, diefe die Luft verpeftenden Stagnationen
auszutrodnen, blieben fruchtlos; indes gelang es,
312 v. C. die nat Campanien führende Appiſche
Straße hindurdzuführen und durch Anlegung
eines Kanals (unter Julius Cäjar und Auguft)
wenigjtens einen Teil troden zu legen. Öuet.
Caes, 44. Nachdem jeit dem 5. Jahrh. beide in
Verfall geraten waren, ließ Papſt Pius VI. vomt
Jahre 1778—88 beide wiederherftellen und er:
reichte wiederum die teilweile Trodenlegung. Sie
heißen noch jetzt Palude Pontine.
Pomptinus, Gaius, war in Ciceros Konſulats—
jahr (63 v. €.) Prätor (Sall. Cat. 45. Cic. Cat.
3, 2), verwaltete als Proprätor (62—59) Das nar:
bonenfische Gallien, fämpfte mit den Allobrogern
Pons —
(Cie. de prov. cons. 13) und erlangte nur mit
großer Mühe einen Triumph, 54. Dio (ass. 87,47.
Liv. ep. 103, Cie. ad Att. 4, 18,4. Mit Cicero
ging er als deſſen Legat im J. 51 nach Kilitien
(ad fam. 15, 4, 8).
Pons war der Name vieler Stationdorte an
Flußübergängen auf den römischen Straßen; für
den vorliegenden Zweck ift aus der großen Im
zu nennen Bons Kampanus, zwiſchen Sinuefla
und Urbana am Savo, in Campanien (an Stelle
des jeßigen Dorfes Ciambrijco). Hor. sat. 1, 45, 5.
Alle übrigen Orte diejes Namens finden fich nur
auf dem Itinerar. Anton. und der Peutingerjchen
Tafel und bei jpäteren Geographen.
Pontes. 1) Als bei den Abjtimmungen in den
Eenturiatcomitien die Täfelhen (tabellae) ein:
geführt wurden (j. Leges tabellariae), zeigte
ſich auch eine größere Kontrolle über das Abgeben
derjelben zur Verhütung von Unterſchleif als not:
wendig. In diejer Beziehung find die Brüden
befannt, über welche jede Genturie in die Septa
oder das Uvile, einen von Schranten umſchloſſe—
nen Pla, ging; beim Eingange erhielt jeder bie
nötigen Stimmtäfelhen von einem Diribitor oder
Divifor. Auf der andern Seite führten ebenſolche
Brüden wieder aus dem Ovile hinaus. — 2) Die
Brüden als Flußübergang waren bei geringem
Wafjerftande bloße Bodbrüden (Caes. b. q. 8,27);
es wurden hölzerne Böde (wie jeder fie beim
Bretterfägen kennt) ins Waſſer geftellt, darüber
Balken und Bohlen genagelt und mit Fajchinen
und Erde bededt. Berühmt durch die That des
Horatins Cocles ift die Sublicifche Brüde (pons
sublicius) geworden, die den Janiculus mit der
Stadt verband. Als Pfahlbrüde ift die von
Cäjar in 10 Tagen über den Rhein gejchlagene
die befanntejte (Cues. b. q. 4, 17). Um dieje Brüden
gegen den Anprall von feindlihen Schiffen, Bran-
dern oder auch ftarfen Baumftämmen, welche der
Feind oberhalb ins Waſſer warf, zu ſichern, rammte
man vor der Brüde Reihen von Wfählen ein
(defensores), die mit unjeren gewöhnlichen Eis:
brechern Ahnlichteit gehabt zu haben jcheinen. Bon
den gewöhnlichiten Schiffbrüden hat Herodot
(7, 35) diejenige bejchrieben, welche Xerres von
dem thrafijchen Cherjones nad Abydos (auf der
gegenüberliegenden aſiatiſchen Küfte) in einer Yänge
von 7 Stadien (4116 Fuß), nach neueren Meſſun—
gen 7141 Fuß, jchlagen ließ. Eine andere, in
den Kämpfen des Otho und Vitellius über den
Padus geichlagene, Brüde beſchreibt Tacitus (hist.
2, 34). Zrajan erbaute im zweiten Kriege gegen
Decebalus eine fteinerne Brüde über die Donau,
deren Joche jedoch von Holz waren. Die Groß:
artigfeit des Wertes jchildert Caſſius Dio (68, 13);
außer andern erwähnt es Plinius (ep. 8, 4). Ein
anichauliches Bild gibt die Trajansjäule.
Pontia, /lovria, 1) Beiname der Thetis, der
Nereiden, der Aphrodite, die als jolche einen Tempel
mit folofjaler Bildjäule in Hermione hatte (Paus.
2,34, 11), wie die Venus marina bei den Römern.
Hor. od. 3, 26, 5. — 2) gut angebaute, doc; felfige
Inſel, Formiä gegenüber, an der Küſte Latiums,
250 Stadien don ihr entfernt, j. Bonza, 310 v. C.
folonifiert, von den Kaiſern als VBerbannungsort
benugt. Suet. Tib. 54. Calig. 15. Eigentlich ift
BP. nur die größte Inſel einer Meinen Gruppe, der
h. Pontiniſchen Injeln, Palmaria (Balmarola),
Pontiſex. 973
Ponza (Pandataria), Vandotena und Sinonia
(Bannone).
Ponticus, römijcher Dichter und Freund des
Dvid und Properz, nahm teil an den damals
beliebten Vorleſungen, recitationes, litterarijchen
Mitteilungen an das Publilum. Ob jeine von
Freunden angekündigte Thebais erjchienen, bleibt
zweifelhaft. Ov. trist.4,10,47. Prop.1,7,1ff. 9,9 ff.
Pontifex. Die PBontifices waren bei den Rö—
mern ein Briefterfollegium, das die Aufjicht und
Berwaltung des gejamten Religionswejens, öffent:
lichen wie Privatgottesdienftes, hatte. Der Name
wurde hergeleitet von pons und facere, weil
die pontifices den pons sublicius (auf Pjählen,
sublicae) erbaut und erhalten hätten, um auf
beiden Ufern des Tiber zu opfern und auf der
Brüde ſelbſt heilige Handlungen (j. Argei, 2.)
vorzunehmen; nach andern von posse und facere
(6fteıw, sacrificare, opfern). Numa foll zuerjt
4 Bontifices aus den Ramnes und Tities erwählt
haben, wozu als fünfter der pontifex maximus
trat. Cie. r.p. 2,7. 14. Durd die lex Ogulnia
(300 v. E.) famen noc 4 plebejiiche Pont. hinzu,
Sulla vermehrte das Kollegium auf 15; unter den
Kaifern ift die Zahl unbeftimmt, da der Kaiſer
als pont. maximus fie nach Belieben vermehrte
und verminderte. Die Pont. wurden urjprünglid)
durch) cooptatio gewählt und zwar auf Lebens:
zeit; feit der lex Bomitia (104 v. E.) wurde die
Wahl auf die Tributcomitien übertragen; Gulla
jtellte die Kooptation wieder her, die lex Atin
(63 v. E.) ſchaffte fie auf Cäſars Betreiben wieder
ab. In älterer Zeit war zur Wahlfähigfeit ein
reiferes Alter nötig und Freijein von andern Am:
tern; doch konnte der Bontifer noch andere geijt:
liche Stellen ohne NRitualhandlungen befleiden.
Die Pontifices minores waren Gehülfen des
Kollegiums und fungierten als scribae; fie waren,
wie es jcheint (Macrob. sat. i, 15), erjt jpäter in
der Mehrzahl vorhanden und bildeten unter jich
(3 an Zahl nach Cie. har. resp. 6) ein Kollegium,
das an den Vergtungen und Funktionen des
ganzen Kollegiums teilnahm. Der erfteingetretene -
unter ihnen hieß maximus, der jüngfteingetretene
minimus. Über die Gewalt und Ylmtöbefugnis
der Bontifices ſ. bejonders Livius (1, 20) und
Dionys von Halifarnaf (2, 78). Sie hatten 1) die
Auffiht über alle Ritualhandlungen, indem jie
dafür zu forgen hatten, daß diefelben nicht unter:
gingen und in der einmal angeordneten Weije und
zu der bejtimmten Zeit verrichtet wurden; 2) die
Aufjicht über alle Priefter und deren Diener. Liv.
2,2. 37,51. Cie. Phil. 11,8. Dabei hatten jie
das Recht der Gelditrafen und ſelbſt der Hinrich:
tung; doch konnte der Betroffene an das jouveräne
Bolf Berufung einlegen und Erlaf der Strafe erhal:
ten; 3) die Anordnung des Kalenderwejens, damit
die sacra immer an den richtigen Tagen vorgenom—
men und heilige Tage nicht durch weltliche Ge—
ſchäfte profaniert wurden. Diejes Necht war auf
das Gerichtsweſen von großem Einfluß, ſowie aud)
4) das Recht der Enticheidungen und Gutachten
(decreta) über alle ſakralrechtlichen Berhältnifie,
3 B. über Gültigkeit von dargebradhten Opfern
(Liv. 32, 1), über procuratio prodigiorum (Lir.
1,20, j. Divinatio, 13.), über Weihung eines
Zempels (Liv. 27, 25), über Eheangelegenheiten,
Erbſchaften u. j. w. 5) Bei manchen VBerrichtungen
974
des Staats- und Privatlebens war Aſſiſtenz der
Pontifices nötig, z. B. bei den comitiis calatis
(doch gewöhnlich nicht bei den Euriat- und Gen:
turiatcomitien), bei Weihungen von Tempeln, Al:
tären u. j. w., bei ®elübden, Gebeten, der Todes-
weihe, wo der Pont. die Formel vorſprach (praeire
verba, Liv. 8, 9. 10, 28), bei der confarreatio
und difarreatio. Auch Opfer: und Kultushand—
lungen hatten die PBontifices bei gewiſſen sacris
zu vollziehen, namentlich auch waren fie Stellver:
treter eines famen, wenn bderjelbe durch Krant:
heit oder ein Öffentliches Gejchäft verhindert war.
Jae. ann. 3, 58. Die Oberaufjicht über die Bonti-
fices hatte in manchen Beziehungen der Senat und
borzugsweije das jouveräne Boll; der von dem
Bolfstribun Cato 56 dv. E. an den Pontifices ver:
übte Zwang (Dio Cass. 89, 15) war eine Gewalt:
that. Über die Inſignien und Dotation der Pon:
tifices j. Priester, 7. Wuc in den Municipien
und Kolonien gab es Pontifices; auch wird ber
Name öfter im weiteren Sinne für den sacerdos
eines gewiſſen Gottes gebraucht.
Pontifex maximus (bisweilen pontifex jchlecht:
hin genannt, 3. B. Liv. 1, 32. 2, 2), der Präjident
des Rollegiums der Pontifices. Seine Wahl ge:
ihah ſchon früh durch die Tributcomitien, und
zwar auf Lebenszeit; gewöhnlidy war es ein Mann,
der jchon die höchjten curulifchen Würden befleidet
hatte, jpäter audy wohl ein jüngerer Mann. Liv.
25,5. Suet. Caes. 13. Seit Auguſtus war das
Amt ftets ein Teil der Kaijerwürde, wurde aber
gewöhnlich durch einen Senatsbeſchluß übertragen;
auch mehrere chriftliche Kaijer, wie Gratian, führ:
ten noch diejen Titel. In älterer Zeit durfte der
Pont. max, fein weltlicyes Amt betleiden, durfte
Italien nicht verlafjen, mußte eine unbejcholtene
Frau haben, durfte feine zweite Ehe eingehen,
teinen Yeichnam berühren u. j. w. Seine Amts—
befugnis bejchränfte fich größtenteils darauf, daß
er die Beichlüfje des Kollegiums ausführte (Ziv.
4, 44. 34, 44); nur wenn ein Fall ſchon früher
einmal vom Kollegium entjchieden war, oder wenn
er auf gejeßlichen Bejtimmungen beruhte oder kei:
nen Aufſchub erlitt, durfte er aus eigener Macht-
vollkommenheit handeln. Biemlih unumſchränkt
durfte er verfahren bei Beitrafung der Bejtalinnen
und Ubfafjung der Annales maximi, j. Annales.
Die Amtswohnung des Pont. max. war das alte
Königshaus des Numa, Regia.
Pontifichi libri, auch pontificum, pontificales
libri, die Hauptquelle des ius sacrum und für
die ältefte Beit auch des Privatredhts. Ihr Ur:
iprung wurde auf Numa zurüdgeführt. Liv. 1, 20.
Ein Zeil der Verordnungen Numas, die sacra
publica betreffend, wurde unter Ancus Martius
veröffentlicht (Liv. 1, 32), ein anderer Teil wurde
dur) das ius Flavianum (j. d.) befannt, das
übrige erjt gegen Ende des Freiſtaats. Ein Teil
diejer J. pontif. hieß indigıtamenta (ein Ber-
zeihnis der dii patrii mit der Anweifung zu
ihrer Verehrung), ein anderer handelte von den
heiligen Gebräuchen (libri caerimoniarum, Tae.
ann. 3, 58), Opfern und Opferftätten, wieder ein
anderer de sacerdotibus publicis. Die decreta
und responsa pontificum waren wahrjcheinlich in
den commentarii pontifieum enthalten, jpäteren
Aufzeichnungen, welche Nechtsfälle und Erläute—
rungen u. j. w. umfaßten.
Pontifex maximus — Pontos.
Pontii, 1) Pont. Cominius, ein junger
Nömer, wagte nad) Eroberung Roms durd Die
Gallier, im 3. 389 v. E., ſich unter großen Ge:
fahren von Beji aufs Gapitol, von wo er die
Erlaubnis des Senats zur Zurüdberufung des
verbannten Camillus auswirkte. Liv. 5, 46. —
2) E. Pont. Herennius, ein Samniter, riet
die bei Kaudium gefangenen Römer zu töten oder
jämtlich freizulafien. Zav. 9, 3. — 3) Sein Sohn,
C. Bont., befehligte die Samniter bei Caudium
(j. d.) und ftarb im %. 292 v. E., als er in einer
unglüdlihen Schladht von den Römern gefangen
genommen worden war, durch Henkershand zu
Rom. Liv. 9, 1ff. — 4) Pont. Telejinus, be-
deutender Feldherr der Samniter im marjijchen
Kriege, verband fich jpäter mit den Marianern
und fiel, als er ihnen zu Hülfe zog (Fell. Pat.
2, 27), in ber Schlacht ı vor Roms Thoren gegen
Sulla, 82 v. E. — 5) Sein Bruder, Bont. Te:
leſinus, tötete fich ſelbſt in ara: 2 augleic)
mit dem jüngeren Marius, 82 v. C. —
Bont. Aquila, ein reicher, in —— Pe
güterter Römer, dem Cicero wohl belannt (ad
Att. 5, 3, 1), Volkstribun (45) und heftiger Feind
Gäjars (Suet. Caes. 73), nahm an der Verſchwö—
rung gegen Cäſar teil und fämpfte jpäter im
mutinenfischen Striege, in welchem er bei Pollentia
in Ligurien den Munatins Plancus überwand,
aber bei Mutina jeinen Tod fand. Dio (ass.
46, 38,40. — 7) Bont. Pilatus, der jechite röm.
Profurator von Judäa, Richter Jeſu Ehrifti (Zac.
ann. 15, 44), wurde im %. 36 jeiner Stelle ent-
jet und soll jid) jpäter jelbjt den Tod gegeben
haben (Euseb. hist. ecel. 2, 7).
Pontos, Ilövrog, 1) das Urmeer, Sohn der
Gaia und von Ddiejer wieder Bater des Nereus,
Thaumas, Phortys, der Reto und Eurybia. Jie-
siod. theog. 132. 235. Er heißt auch Sohn des
Aither und der Baia. — 2) Pontus, nordöftlichite
Landſchaft Kleinajiens, grenzte im Weiten an Ba:
phlagonien (Halysfluß), im Norden an den Bon:
to8 Eugeinos, gegen Dften an Groß: und Klein—
Armenien und Koldis (Atampfisfluß), gegen Süden
an Klein: Armenien, Kappadokien und Galatien
(Antitauros, Paryadres); die Breite wechjelte zwi:
ihen 5 und 25 M. Im Süden und DOften ge:
birgig und raub, war P. in den SKüftenftrichen
und den weſtlichen ebneren Teilen jehr fruchtbar
und reich an Getreide, Dliven, Holz, Wild, Mi-
neralien (Eijen, Stahl im Lande der Chalyber,
wo jegt die Bergwerfe von Iſpir und Gümüſch—
Ehane). Als Gebirge find zu nennen: Paryadres
und Skoidiſes oder Stordiifos, welche die Ber:
bindung bilden zwiichen dem Kaufajos und Tau—
ros; einzelne nördliche Zweige waren Yithros
und Ophlimos, welche nordweſtlich von Amaſeia
die fruchtbare Ebene Phanaroia begrenzten, wozu
noch an der Küſte kommt der Heilige Berg
(r6 lego» Ögog, j. noch Yoros), der weſtlich von
Kordyla ins Meer ausläuft; dazu fommt endlich
der Theches (j. Tetieh), eine hohe Spige an der
Grenze der Mafrones, jüdöftlih von Zrapezüs.
Vorgebirge von Weiten an waren: SHerafleion (j.
Ehalti-:Burnu), Jaſonion (j. Jaſun), Boön (1.
Bona), Zephyrion (j. Zefreh), Koralla (j. Kereli).
Dazwiichen lagen der Meerbujen von Amijos
(id. Golf von Samjun), öftlich bis zum Jaſonion,
und der Meerbnien von Kotyora (j. Golf von
Pontos Euxeinos — Popillii.
Vurlu) bis Koralla. Flüjfe von D. an: Afampiis
(j. Tſcharuk, wohl der Harpajos bei Xen. An.
975
PBtolemaios gab dem weitlichen Teile des Pontos
richtig eine mehr nördliche als weitliche Ausdeh—
4, 8,2), Apſaros (j. Makryalos), Archabis (j. nung. Man glaubte, der Bontos jei urjprünglich
Arkava), Rhizos, Hyſſos, Tripolis, Melanthios,
Thermodon (j. Termeh), Iris (j. Jeichil Ir—
maf), mit dem öftlihen Nebenflujjie Lykos ij.
Kelfyt Irmak oder Germeil), Lykaſtos, Halys
(j. Kifil Irmali. — Die Bewohner des Gebirgs:
landes hatten feinen gemeinfamen Namen, jondern
zerfielen in eine Menge von Bölferichaften: Cha-
lyber, Tibarener, Moiynoifer, Matronen, Sanner,
Sajpeirer. Die Fürften diefer Völter waren mehr
dem Namen als der That nad dem Perſerkönige
unterworfen. Unter Mrtarerres II., 363 v. €,
gelang es deſſen Statthalter Ariobarzanes, ein
mehr und mehr jelbjtändiges Heich zu gründen,
das zunächſt über Baphlagonien jich erjtredte, jeit
220 dv. E. aber auch Bontos umfaßte und unter
Mithridates dem Gr. ſich noch weiter ausdehnte.
Die Fürften nannten ji „Könige von Paphla—
gonien und Bontos“ oder aud nur „von Pontos“.
Nıhdem Mithridates 65 v. E. von Pompejus
befiegt worden war, vereinigten die Mömer bie
weitliche Hälfte jeines Reiches bis an und über
den Halys mit der Provinz Bithynien und ver:
ſchenlten die andere Hälfte an verichiedene Fürften.
Das Land zwiſchen Halys und Jris erhielt Dejo—
tarus von Galatien, daher hieß diefer Teil Pon-
tus Galaticus; den Teil vom Jris bis Phar—
nafia erhielt von Antonius Bolemon, ein Entfel
des Mithridates, nach der Hauptitadt Bolemonion
Pontus Poiemoniacus genannt (j. Polemon, 4.);
den öjtlihen Teil bis zum Hyſſos erhielt Arche:
laos von Sappadofien, daher P. Cappadocius.
Aber 63 n. E. machte Nero Bontos zur römijchen
Provinz. Vgl. E. Meyer, Geſchichte des König:
reich Bontos (1879). — An der Küſlſe lagen viele
griechiiche, bejonders milefiiche Kolonien: Amiſos
(j. Samjun), Themijlyra (j. Terme), Bolemo:
nion, vorher Side genannt (j. Buleman), Boon,
Kotyora (j. Ordu), Zephyrion, Koralla, 2 Ke—
rajüs (die wejtliche jpäter Pharnaleia genamit,
j. Kerajonda), dazwiichen Tripolis (j. Tarabolus),
Trapezüs (j. Zarabujun), Ophiüs, Athenai.
Im Innern: Gazelon, Bhazemon, Amajera (ji.
Amafia), von Mithridates Vi. zur Neichshauptitadt
gemadht, Bela (j. Zileh), Gaziura, Komana
Pontika (j. Gümenet), wie die gleichnamige fap:
padofijche Stadt Sig eines gefeierten Tempels der
Ma (Strab. 12, 557 ff), Kabeira (j. d.) oder
NReolaijareia (j. Nikjar). Strab. 12, 540 ff. Mela
1, 19. Plin. 6, 3. 4.
Pontos Euxeinos, Jlovrog Eü&sırog, j. Schwar⸗
zes Meer, zwiſchen Stleinafien, Kolchis, Sarma:
tien, Datien, Möjien und Thrafien, anfangs von
räuberijchen, feindlichen Bölfern ummwohnt, daher
von den riechen II. @Esıvog genannt (Lind. pyth.
4, 362), bis jeit 660 v. E. zahlreiche, bejonders
milejiiche Kolonien es zum „gaftlichen” machten.
Die Vorftellungen der Alten von Größe und Ge—
ftalt des Meeres waren nie ganz richtig. Bor
Ptolemaios verglihd man die Is ng mit einem
ifythifchen Bogen, an dem Sleinafien die Sehne,
die tauriſche Halbinjel die Biegung in der Mitte
jei. Durch die Vorgebirge Kriumetopon auf der
thrafiichen Halbinjel und Karambis in PBaphlago:
nien, 1500 Stadien voneinander entfernt, dachte
man ſich das Ganze in 2 Baſſins geteilt. Erſt
ein ganz geichlofjenes Meer geweſen, das fich erjt
ipäter durch den Sellespont einen Ausgang ge:
bahnt hätte; deshalb nahm man aucd nur eine
Strömung nah W. an und nannte die Maiotis die
Mutter, den thrafiihen Bosporos die Mündung
des Bontos. Adt. 4, 86.
Popa, ber priefterlihe Diener beim Opfern,
verſchieden vom cultrarıus (j. Opfer), dem er
gewiljermaßen vorarbeitete, indem er alles zum
Opfer Nötige herbeizuichaffen, das Tier an den
Altar zu führen und ihm mit dem malleus einen
Schlag zu geben hatte. Der untere Teil feines
Körperd war bei der Handlung mit einem Schurz
(linus) befleidet, der obere nadt.
Popillii (Popilii), plebejiiches Geſchlecht,
wozu gehören: 1) M. Bop. Yänas, befleidete
359 dv. E. das Konſulat, in welchem er einen Auf:
ftand der Plebs gegen den Senat ftillte (Liv.
7, 12), tämpfte gegen die Tiburter und fpäter in
jeinem dritten Konſulate (350) gegen die Gallier
glüdlidh. Cie. Brut. 14. Live. 7, 23f. — 2) M.
Bop. Länas, kämpfte ald Konſul des J. 173
v. E. glüdlich mit den Liguriern (Liv. 42, 1.7 ff.),
welche er aber ungerecht behandelte, weshalb er
angeflagt, indes vom Prätor Yicinius der Verur:
teilung entzogen wurde. Liv. 42, 22, Im male:
doniſchen Kriege diente er dem Konſul Marcius
Philippus als Konfular. Lir. 44, 1. Sein
Bruder, 3) E. Pop. Yänas, ging im %. 170
v. E. als Gejandter nad Griechenland, kämpfte
dann gegen Berjend (Liv. 43, 17) und wurde (168)
vom Senat an Antiochos von Syrien gejandt, den
er in Ägypten traf. Er vollzog den Befehl des
Senats an den fich fträubenden König in jo herber
Form, da er mit feinem Stab einen Kreis um
ihn z0g und ihm denjelben zu verlaffen unterjagte,
bis er jeinen Entichluß ausgejprocen haben würde.
Liv. 45, 12. Cic. Phil. 8, 8,23. — 4) M. Bop.
Yänas, ging im J. 139 v. ©. als Konful nad
Hiſpanien, wo er gegen die Numantiner unglüd:
lich fämpfte. App. Iber. 79. — 65) P. Pop. Länas,
Sohn von Nr. 3, machte ſich durch feine ftrenge
Unterfuchung gegen die Genoſſen des Ti. Grachus
jehr verhaft, weshalb E. Grachus jeine Verban—
nung im 3. 123 v. E. bewirkte (Cie. Lael. 11, 37.
de dom. 31, 82. Plut.C. Gracch.4); er wurde 121
durch die lex Calpurnia zurüdgerufen. — 6) C.
Pop., wurde im Cimbernkriege als Legat von den
helvetiichen Tigurinern (107 v. E.) eingeichlofien
und lonnte fich nur durch jchimpfliche Bedingungen
den Abzug erlaufen (Oros. 5, 15), weshalb er nad)
jeiner Rückkehr nad Rom, von dem XTribunen
Cälius, jeinem perjönlihen Feinde, angellagt,
freiwillige Verbannung der Verurteilung vorzog.
(Cornifie.) ad Herenn. 1, 15. 4, 24. — 7) Bopil:
lia, Mutter des DO. Yutatius Gatulus, war die
erjte Römerin, der eine öffentliche Lobrede gehal—
ten wurde. Cie. de or. 2, 11, 44. — 8) ®. Bop,,
der Sohn eines reigelafienen, wurde wegen Be:
ſtechung verurteilt, nachdem ihn der Cenjor Len—
tulus jchon früher gegen eine ſolche Anklage ge:
ihüßt hatte, im J. 70 v. E. Cie. Cluent. 36, v8.
47, 151. — 9) E. Pop. Yänas, gleichfalls aus
dem Stande der Freigelaſſenen, der befannte
Mörder des Cicero, der ihn früher gegen eine
976
Anklage mit Erfolg verteidigt hatte. Dio Cass.
47, 11.
Popinae, öffentliche Speifehäufer, die aber nur
von den niedrigiten Vollsklaſſen und Sklaven be:
ſucht zu werden pflegten, ipäter auch von vor:
nehmen jungen Xeuten, die ein unordentliches
Leben führten. Jur. 8, 159. Da die ganze Nacht
hindurch hier Gejellichaft war, jo wurde auch zu
trinfen verabreicht, was jonjt in den Weinhäujern
(ganeae) gejhah. Seit Tiberius durften feine Ge-
tränfe verkauft werden (Suet. Tib. 34); Nero ver:
bot den Bertauf anderer Speijen als legumina
oder olera. Suet. Ner. 16. Übrigens ftanden fie
wegen der Berleitung zu Unordnung, Streit und
Liederlichfeit unter der polizeilichen Aufficht der
Adilen. Tac. ann. 3, 53 ff.
Popliecöla oder Publicöla ſ. Valerii, 1.5.10.
Poppaei, 1) E. Popp. Sabinus, im J. 9
n. C. Konful, im 3. 11 und folgenden Jahren
Statthalter in Möfien, jpäter aud) von Mafedo:
nien und Achaia, bejiegte mehrere thrafijche Völ—
ferichaften in legterem Yande (Tac. ann. 4, 46 ff.)
und jtarb im %. 35. Tae. ann. 6, 39. — 2) AD.
Popp. Sccundus, Bruder des vorigen, 19 n. C.
Profonjul von Aſien, gab die belannte lex Julia
et Papia Poppaea gegen die Ehelojigteit zugleich
mit M. Papius Mutilus, 9 n.E. Dio Cass. 56, 10.
— 3)Boppäa Sabina, Tochter des E. Roppäus,
Gemahlin des T. Ollius (ſ. Ollius, 1.), eine
wegen ihrer Schönheit ausgezeichnete Frau, gab
fi, nachdem fie auf Anftiften der Meflalina 147
n. E.) angeflagt worden war, mit eigener Hand
ben Tod. Tac. ann. 11, 1 ff. 13, 43. 456. — Ihre
Tochter, 4) Bopp. Sabina, zuerft mit dem Ritter
Rufrius Erifpinus, dann mit dem nachmaligen
Kaiſer Otho vermählt, zulegt Gemahlin Neros (j.
Nero, 2.). Tac. ann. 13, 46 f. Plin. 11, 41.
Populonia, -um, /lonkörıov, alte etrurijche
Stadt auf der jteilen Höhe des Bopulonifchen Vor:
gebirges, gehörte nicht zu den 12 VBundesftädten.
Nachdem jie in dem Bürgerkriege zwijchen Marius
und Sulla zerftört worden war, lag fie für die
Zukunft darnieder (Ruinen beim j. Piombino);
nur ihr Hafen (j. Porto Baratto) wurde von den
Römern verbefjert und mit Arjenalen und Werften
verjehen. Verg. A. 10, 162. Liv. 28, 45ff. Strab.
db, 228.
Popülus, die römijhe Bürgerſchaft, welche
urjprünglih nur aus Patriciern beitand. Seit
Servius Tullius umfaßte populus Batricier und
Plebejer (populus Kom. Quiritium oder Quiri-
tes). In jpäterer Zeit fteht populus zumeilen
ftatt plebs.
Poreli, ein in mehrere Zweige zerfallendes
Geſchlecht zu Rom. I) Zu den Yicinern gehören:
1) %. Porc. Lic, war 207 v. E. Prätor und
nahm an der Schladht am Metaurus gegen Hafdrubal
teil. Liv. 27, 36. 39. 46 ff. — 2) X. Bore. Lie,
Sohn des vorigen, Prätor 193 v. E., führte 184
als Konjul gegen die Ligurier Krieg. Liv. 39, 45.
— 3) & Pore. Lic., befehligte 172 v. €. bie
römiſche Flotte beim Ausbruche des Krieges gegen
PBerjeus. Liv. 42, 27. — 11) Zu den Laecae ge:
hört: 1) P. Borc. Yacca, 199 v. E. Bolkstribun,
jpäter (195) Befehlshaber eines Heeres in Etrurien.
Liv. 32, 7.42. — 2) M. Porec. Laeca, Mit:
verjchtworener des Catilina. Sall. Cat. 17.27, Cie.
Popinae — Poreii.
Cat. 1, 4. 2, 6. — III) Zu den Catones gehören
bejonders: 1) M. Borc. Eato, zubenannt der
ältere (superior oder priscus, Val. Max. 3,2, 16.
Hor. od. 3, 21, 11) oder Censorius (Tae. ann.
3, 66), geb. 234 v. E. (Put. Cat. mai. 1), nad
andern jchon 239, zu Tuſculum, kämpfte ſchon im
fiebzehnten Lebensjahre gegen Hannibal, 214 unter
Fabius Marimus in Campanien, 209 unter dent:
jefben vor Tarent (Plut. Cat. mai. 2. Cie. Cat.
mai. 4. Nep. Cat. 1), wie er auch an der Schlacht
am Metaurus (207) teilnahm. Außerdem bejchäftigte
er jich in feiner Jugendzeit auf den Gütern jeines
Baters im Sabiniſchen mit der Landwirtſchaft und
trat in Rom gleichfalls ſchon früh mit Verteidi-
gungsreden für Angellagte auf. So hatte er ſich
jeinen Weg zu Staatsämtern jelbjt gebahnt, ging
204 mit Scipio ald Quäſtor nad Eicilien (Lir.
29, 25), wurde Prätor mit der Provinz Sardinien
198, Konſul im 3.195 und wirkte befonders ftreng
gegen Lurus und Wucher. In feiner Provinz
Hiſpanien kämpfte er glüdlich gegen die unbän—
digen Einwohner (Liv. 32, 43. 34, 17 ff. Plut.
Cat. 10), begab ſich nady Ablauf jeiner Amtszeit
nah Rom, diente dann 191 im Striege gegen
Antiochos von Syrien und fehrte mit der Nach:
richt vom Siege bei Thermopylai nach Rom zurüd
(Plut. Cat, 12. 14), wojelbft er fortan in gericht:
lichen Verhandlungen und als Mitglied des Senats
thätig war. Im J. 184 wurde er mit Balerius
Flaecus zum Genjor erwählt und zeigte in diejem
UAmte eine ungewöhnliche Strenge, bejonders gegen
einige Senatoren, denen er periönlih nicht ge:
wogen war, wirkte gegen Luxus, namentlich bei
Frauen, hielt feine orationes censorias (Lir.
39, 41f. Cie. de or. 2,64. Plut. Cat. 18 f.) und
vertrat überall das Intereſſe des Staats gegen
die Übergriffe der einzelnen. Jeden Wibderftand
wußte er zu befiegen. Seine altrömiſche Sitten:
ftrenge ftieß fich jogar an dem Erjcheinen einer
atheniſchen Gejandtichaft unter dem Philojophen
Karneades in Rom, da er fürdhtete, die alte Zucht
möchte durd) Verbreitung neuer Lehren Schaden
leiden. Nicht jo gewiflenhaft und bedenklich war
er, und hierin zeigt ſich feine echtrömiſche Natur,
in Bezug auf die Machterweiterung jeines Boltes.
Deshalb war er auch eifrig bemüht, die Zerſtö—
rung Karthagos herbeizuführen, ein Streben, wel:
chem Scipio Najica entgegentrat. Liv. ep. 49.
Plut. Cat. 26. Flor. 2, 16. Bis an jein Ende
focht Cato unermüdlich und ftarrjinnig gegen das
Eindringen neuer Gedanken und Verhältniſſe, ohne
fie bei dem natürlichen Streben des Menſchen nach
dem Neuen und Befjern abmwehren zu können; jein
vergebliches Ringen entmutigte ihn, der in jeinem
Kae. jogar in Stimme und Blid, die alte Zeit
darjtellte, übrigens durchaus nicht. Plut. Cat. 24.
Einfach in jeiner Lebensweiſe, ftreng gegen fich
jelbft, ein Feind aller Pracht, wigig und jcharf in
Worten (Plut. Cat. 8. Cie. off. 2, 25. Liv. 39, 40.
Hor. sat. 1, 2, 32), ftreng gegen jein Gefinde, war
er in allem ein echter Römer, aber dabei nicht
frei von Fehlern, die mit jeinem Eifern und Reden
oft in Widerjpruch ftanden. Freundlich gegen die
Bürger, war er oft jcharf und bitter gegen den
Adel. Seine litterarijche Thätigfeit war groß.
Außer verloren gegangenen juriftiichen Werfen,
Neden, von denen nocd einige Bruchftüde vor:
handen find, didaktiichen, zur Unterweifung für
Poreii.
977
feinen Sohn beftimmten, Schriften verfaßte er | enger anzuichließen. Cie. Mur. 14. Als nun Cäſar
origines, eine Art Annalen von Gründung der
Stadt (751 v. E. nad feiner Berechnung) an bis
auf die Zeit ganz kurz vor feinem Tode in 7 Büchern,
worin er die Entwidelungsepochen des römijchen
Staates behandelt, denn das heift origines (Nep.
Cat. 5. Cic. Brut. 23. de or. 2, 12. Liv. 45, 25),
und ein Werk über den Aderbau, de re rustica
(de agri cultara), welches, freilich in einer jpäteren
Überarbeitung, noch vorhanden ift. Eato ftarb im
J. 149 im fünfundacdhtzigften Lebensjahre. Samml.
der Bruchftüde feiner Schriften von Lion (1826)
und Jordan (1860), der Fragmente der origines
von Wagener (1849), Bormann (1858) und Peter,
hist. Rom. rel. I p. 51ff. fragm. p. 40ff.
Ausgg. der res rustien in den Samml. der Sceriptt.
rei rusticae von Gesner und Schneider, mit Var:
108 res rusticae von H. Keil (1. Bd. 1882 ff.).
— 2) Sein ältefter Sohn, M. Borc. Cato Li:
cinianus, diente 173 v. E. in Ligurien, zeichnete
fih 168 in der Schlacht bei Pydna aus (Plut.
Cat. 20. Liv. 42, 1), war ein tüchtiger Jurift und
verfahte juriftiiche Werfe. Gell. 13, 19, 9. Er
ftarb jchon im I. 152. Plut. Cat. 24. — 3) Defien
Sohn, M. Porc. Cato, befleidete 118 v. E. das
Konfulat und ftarb auf einer Gefandtichaftsreiie
in Wfrifa. Sall. Jug. df. — 4) Sein Bruder, E.
Borc. Eato, —— Freund des Ti. Gracchus,
war Konſul 114 v. E., fämpfte unglüdlic gegen
die Skordiſter in Thrakien (FIor. 3, 4) und mußte,
nachdem er ſchon vorher wegen Erpreflungen mit
einer Geldftrafe belegt worden war (Vell. Pat.
2, 8), in die Verbannung gehen, weil er fich von
Jugurtha hatte beftechen lafien. Cie. Brut. 34.
Sall. Jug. 40. — 5) 2%. Borc. Cato, befiegte als
Prätor im marſiſchen Kriege die Etruffer, wurde
89 v. E. Konſul und fiel in einer Schladht am
Fuciner See. App. b. e. 1, 50. — 6) M. Vore.
Cato, Bruder des vorigen, Vater des Cato Uti—
cenfis, ftarb, al3 er fih um die Prätur bewarb.
Plut. Cat. min. 1. — 7) €. Borc. Cato, Freund
des P. Elodius und Gegner des Pompejus, mit
welchem er ſich indes ausjühnte und dem er zur
Erlangung des Koönſulats behülflich war, *
Pompejus aus Erkenntlichkeit ſich feiner bei einer
gegen ihn erhobenen Anklage annahm. Cie. ad
Qu. fr. 2,1,2.6,4. ad Att. 4, 16, 3.— 8) Bor:
cia, Tochter von Ar. 6, Gemahlin des Domitius
Ahenobarbus, ftarb um 46 v. E. — Ahr Brubder,
HM. Borc. Cato Uticenſis (Urenkel des älteren
Eato), einer der edeljten und reinjten Charaftere
der jinfenden römilchen Republit, wurde 95 v. C.
geboren (Plut. Cat. min. 2. Sall. Cat. 54), fam
nad) feines Vaters Tode zu feinem Oheim, verlor
aber auch diefen bald. Seine eriten Kriegsthaten
verrichtete er im %. 72 gegen Spartacus, dann
in Makedonien, fehrte nad) Rom zurüd und be-
faßte ſich nun mit Philoſophie, Gerichtsreden und
praftiichen Studien. Ausgezeichnet war feine Ber:
waltung der Ouäftur im J. 65. Nach einer Reife
nad) Aſien bewarb er ſich mit D. Metellus um
das Tribunat, wurde für das %. 62 gewählt und
trug, unterftüßt vom Senate, zur Bejtrafung der
Genofjen Catilinas bei (Sall. Cat. 52 ff.), zog fich
dadurch aber auch die Feindſchaft Cäſars zu. Auch
dem mit diefem verbündeten Pompejus trat er,
indes erfolglos, entgegen; er zwang benielben viel:
mehr durch jeine Feindichaft, Hi dem Eäjar immer
Reallexikon des Mafl. Altertums. 7. Aufl.
nad) Gallien abzugehen im Begriffe ftand, bewirkte
er daher durh P. Glodius, daß dem Cato eine
Geſandtſchaft nad) Kypros übertrager wurde. Plut.
Cat. min. 34f. Nach jeiner Rüdfehr trat er mit
Cicero als Sadywalter Milos auf (56), ſuchte ver:
gebens Erafjus’ und Bompejus’ Wahl zum Kon:
ſulat zu verhindern und bewarb jich erfolglos um
die Prätur (Plut. Cat. 42. Cie. Vat. 16); erft im
J. 54 erlangte er fie. Er blieb in Nom, trat
gegen Beftechung umd Unordnung mit Eruft und
Eifer auf (Plut. Cat. 45), bemühte fich vergeblich
u der Freiiprehung Milos wegen Ermordung des
lodius mitzuwirlen und bewarb fid) ums Mon:
ſulat im %. 51, konnte aber nicht durchdringen,
da er es verichmähte, in gewöhnlicher Weije um
die Vollsgunſt zu buhlen. Plut. Cat. 495. Mit
Eicero geriet er in Zwift, weldyer von Cäſar geför-
dert ward. Cie. ad Att.7,1,4. 3,3,3. Da brad)
der Bürgerkrieg aus. Cato floh vor Cäſar aus
Nom, begab id) von Sicilien zu Pompejus (Caes.
b.e.1, 30. 3, 4. Plut. Cat. 53) und ging dann
nach Rhodos, da jein republifanischer Frreimut im
ariftofratiichen Lager des Bompejus Anftoß erregte.
Plut. Cat. 54. Sen. ep. 104. Geine Ratſchläge,
milde zu verfahren und den Krieg in bie Länge
zu ziehen, fanden fein Gehör. Plut. Cat. 53. Nach
dem Treffen bei Dyrrhadium blieb er mit einer
Bejagung in der Stadt, nach Pompejus’ Nieder:
lage juchte er denjelben an allen Küſten des grie-
chiſchen Meeres und begab ſich nad) deſſen Tode
nach Kyrene (Plut. Cat. 56), von da nach Utika,
wo er fich zur Verteidiguug riftete. Auf die Nach:
riht von der Schladht bei Thapſus verjammelte
er die in der Stadt anmwejenden Römer, und dieje
entichloffen fich zu weiterer Gegenwehr; doch bald
verloren fie den Mut umd jprachen von Ergebung.
Eato, der fich der Gnade Cäſars (Plut. Cat. 64)
nicht unterwerfen wollte, gab nun allen, die fich
entfernen wollten, die Mittel zur Reife, nahm
ruhig fein Mittagsmahl ein, las nad demfelben
in Platond Phaidon, überließ ſich hierauf dem
Schlafe bis Mitternacht und ftieh ſich dann, nach—
dem er noch hatte nachjehen laſſen, ob auch alle
Schiffe mit den Abreifenden fort jeien, das Schwert
in die Bruft. Aber der Stoß war zu ſchwach,
er ftürzte nieder und riß im Fallen einen Tiſch
um. Muf das Geräuſch eilten die Seinen herbei,
man verband ihn, er aber riß den Berband wieder
ab und verblutete fich, im April 46. Plut. Cat. 66ff.
Er wollte das Ende der Republik nicht überleben:
hatte er doch jeit dem Tage, als Cäſar gegen
Pompejus zog, Trauerfleider angelegt. In mans
chen Stüden feinem Urgroßvater ähnlich, war er
feiter und beharrlicher, ohme ſtarrſinnig zu jein,
charakterfeſt, wie er jich jchon als Jüngling gegen
Sulla gezeigt (Plut. Cat. 1 ff.), und ein Anhänger
der Stoa. (ic. ad Att. 13, 19. Brut. 31. Sall,
Cat. 54. Wir befißen von ihm noch einen Brief
an Cicero (ad fam. 15, 5). Groß war die Trauer
bei der Nadjricht von jeinem Tode. Abhandlungen
von Hartmann (1859) und Gerlach (1866). —
10) Seine Tochter (nicht Schwefter, wie Mommſen
will), Borcia, zuerft Gemahlin des Ealpurnius
Bibulus, nad) deſſen Tode des M. Brutus 45 v. E.
(Plut. Brut, 2), war eine Frau von großer Sitten:
reinheit, von männlichem Charakter und Repu:
biifanerin mit Leib und Seele. Plut. Brut. 13,
62
978
Cat. min. 73. — 11) Sein Sohn, M. Bore.
Cato, befand fich jeit jeines Vaters Flucht aus
Stalien bei demjelben und war Zeuge feines
Todes, den er vergebens zu verhindern ſuchte.
Plut, Cat. 52, 68 ff. 72. Cäſar verzieh ihm. Nach
deſſen Tode begab er fich zu Brutus nach Mate:
donien und fiel tapfer Fechtend bei Philippoi. Flut.
Brut. 49. Er war wohl der legte feines Geichlechts.
— 15) M. Porec. Yatro, Lehrer Dvids, Freund
bes Rhetors Geneca, berühmt als Rhetor, ftarb
4 v. C. Abhandlung von Lindner (1855).
Jlogıorai |. Staatshaushalt |, 13.
Pöros, TIogos, j. Penia.
-Pöros, Tlögos, indiicher Fürſt über das Land
zwiſchen Hydaſpes und AUlefines, von edler Geſtalt
und Gejinnung. Wlerander befiegte ihn (Mai 326),
ließ und vergrößerte ihm jein Reich, zu dem er
>21 auch noch die Satrapie am unteren Indos
erhielt, bis er (oder nach Droyjen jein Neffe glei:
ches Namens) von Eudemos, dem Satrapen über
das Fünfſtromland, Hinterliftig ermordet wurde.
Arr.5,9ff. 6, 2, 1. Curt. 8, 13f, Plut. Alex.
60ff. Diod. Sie. 19, 14.
Porphyrio j. Pomponii,
Porphyrion j. Giganten.
Porphyrios, /Iogpvgıos, war geboren in Ty—
ro8 233 n. C. Geinen eigentlichen phoinikiſchen
Namen Malchos (d. h. König) überjegte Longinos,
dejien Schüler in Grammatif und Rhetorik er in
Athen war, in den griechiichen, den er fortan
immer führte. Bon Plotinos, der damals in Rom
lehrte, angezogen, ging er im dreißigſten Jahre
nad Rom und hörte ihn 6 Jahre mit dem größ-
ten Eifer. In Schwermut und Melancholie, viel:
leidht infolge jeiner anhaltenden Studien, ver:
fallen, ging er, um fich zu erholen und wieder zu
fräftigen, nady Sicilien. Nach 5 Jahren kehrte er
neu belebt und gejtärft nad) Rom zurüd, wo er
nad) Plotins Tode in deſſen Geifte platonijche
Bhilojophie lehrte und Platons und Ariftoteles'
Schriften erklärte; auch jchrieb er eine Biographie
des Plotinos. Sein bedeutenditer Schüler war
Jamblidyos. Im höheren Alter verheiratete er fich
noch mit Marcella, einer unbegüterten Witwe
mit 7 Kindern, angezogen durd ihre Liebe zur
Bhilofophie, und ftarb in Nom, etwa 70 Jahre
alt. — Seine vieljeitige Gelehrjamfeit nicht nur
in der Philoſophie, jondern auch in der Gram—
matif, Rhetorik, Geometrie, Arithmetif und Mufik,
die Klarheit und Korrektheit jeiner Schreibweije,
jein redliches Streben und die Tiefe feiner Philo-
jophie werden an ihm, dem Ehriftenfeinde, aud)
von jeinen Gegnern, den chriftlichen Schrüftftellern,
auerfannt und geihäßt, obwohl jeine Philojophie,
ein Ausflug der platoniichen, der Originalität,
feine Spracdye der markigen Kraft des Plotinos
entbehrt. Won feinen vielen Schriften find die
meiften und bedeutendften untergegangen; erhalten
(und größtenteils mit verwandten Schriften zuſam—
mengedrudt; 1., 4. und 6. herausgegeben von A.
Naud, 1860, 2,, durch die —— neol tod £v
Odvsotie N vupar &vrpov vermehrte, Husg. 1386)
find: 1) ITvdeyogov PBiog, nicht ganz volljtändig;
2) zegi Illorivov Plov al zig rabewg, rar
Bıßkdor ———— von Müller, vor deſſen Überſ
des Plotin, 1 Bd. 1878); 3) moög z@ vonr«
Epogısuot, sententine ad intellegibilia ducen-
tes; 4) wepl dnogig tor LZupeiyav, de absti-
18.
TTogıora — TVorticus.
nentia ab esu animalium; 5) elsayoyı) und werd
weucıv nal dmöngiıw, beide über die Kategorien
des Ariftoteles; 6) meög Mugrillar yuralnı :
7) Enrjuare Oungın« (herausgeg. von Kammer,
1863, und 9. Schrader, 1880— 82 zur Jlias, 1890
zur Odyfiee) und zegl roö dr Odvsosia« rar Nuu-
par ärrgor, eine allegoriſche Deutung von Hom.
Od. 13, 102—112; 8) Scholien zu Homer. Bon
andern Schriften, 3 v. zegl Yours, mepi dyalıdror,
reol ngocodlas, haben ſich nur Bruchftüde erhalten.
Porrima j. Evander,
Porsöna, /Iogorjvaeg, Porsina, bei Dichtern aud)
Porsena, König (Zar) von Clufium in Etrurien,
zog nah Livius (2, 9ff.) als Freund der ver-
triebenen Tarquinier im zweiten Jahre der Me:
publif gegen Rom, jchloß aber, durch die Groß:
thaten des Horatius Cocles und Mucius Scävola
bewogen, einen für die Römer ehrenvollen Frieden,
indem er ihnen jogar die geitellten Geijeln heraus:
gab. Vgl. Plut. Popl. 16 ff. Dion. Hal. 5, 21.
Flor. 1,10. Eutr. 1,11. Daß aber die Römer
das den Bejentern abgenommene Gebiet wieder
abtreten mußten, wird auch von Livius gejagt, und
aus andern Beugnifien (Tac, hist. 3, 72. Plin.
34, 39. Oros. 2, 5) —— ſich mit größter Wahr:
icheinlichfeit, daß jener Friede für die Römer nicht
jo glimpflich ausfiel: fie mußten vielmehr die Stadt
übergeben, ein Drittel des Gebiet3 abtreten und
jollten nur zum Aderbau Eijen gebrauchen. Dies
Verhältnis der Unterthänigleit gegen Porſena mag
wieder gelöft worden jein, als Aruns, der Sohn
des Porjena, durdy den Zyrannen von Cumä,
Ariftodemus, von Aricia zurüdgeichlagen wurde;
da mag auc Rom jeine etrujfijche Beſatzung ver-
trieben und das abgetretene Gebiet wieder erhal:
ten haben.
Porta, das Thor, bon portare, tragen, weil
nach etrujfiicher Sitte der Plug, mit welchem die
Mauerfurce (sulcus primigenius) gezogen wurde,
an der Stelle, wo das Thor ftehen Folte, aufge-
hoben und getragen wurde. — Über die Thore
Roms j. Roma, 5. 11.
Portentum j. Divinatio, 13.
Porthäon j. Oineus.
Porthmos, /Tog#uög, 1) die Meerenge zwiſchen
Italien und Sicilien, mit oder ohne den Zuſat
Zrxslinög, j. Faro Di Meſſina. Thuc. 4, 25. —
2) Dafenplag auf Euboia im Gebiet von Erefria,
der attischen Küſte gegenüber, in der Nähe des j.
Dorfes Aliweri, der troß der Zerftörung jeiner
Mauern durdy Philipp von Makedonien (342 v. E.)
bis in jpätejte Zeit fortbeftand. Dem. Phil. 3,
p. 119. 125 u. d. Strab. 10, 447.
Portieus (vgl. Aroch, eine Säulenhalle, ge:
räumige Bogengänge, teils für ſich jelbftändige
Bauten, teils an andern Öffentlichen oder privateu
Gebäuden angebracht ; namentlich wurden die Martt-
pläße von allen Seiten mit jolhen Gängen um:
geben, nad) außen durch eine Wand geſchützt, die
nur von Ddurchlaufenden Straßen unterbrochen
wurde. Solche Wände dienten zur Anbringung
von Gemälden. Dieje Säulenhallen wurden, außer
von Spaziergängern bei großer Sonnenhiße oder
bei Regen, audy zu wifjenichaftlichen Zujammen=
fünften benugt; fie waren jehr foftbar eingerichtet
und von bedeutender Länge. In Rom gab ces
deren eine große Menge, in Athen ift namentlich
die Zro@ romln bekannt.
979
Portitor ift jowohl der Hafenzollpachter (re- | 15, 187 ff.); er ift der dunfelgelodte (auavoyalıns),
Aovrng, publicanus), als deflen Diener; auch der die Erde umſchließende und haltende (yaınjoyog)
Fährmann. Herricher des Meeres (Ava, sipungelwr, doyi-
Portorium, Hafenzoll, bei Ein: und Ausfuhr | Halascog, zlrdiıog) und aller Meergötter, der
vieler Waren zu erheben (Cie. Verr. 2, 72). In, feinen Palaft in den Tiefen des Meeres hat (bei
Rom war derjelbe von Boplicola abgeichafft, jpäter | Aigai, Hom. Il. 13, 21. Od. 5, 381), von Zeus
jedoch wieder eingeführt worden (Liv. 2,9. 40, 51), jelbjt anerkannt als wgeaßirarog Hal dgiorog
darauf von Metellus (ſ. lex Caecilia) 60 v. E. | unter den Göttern (Hom. Od. 13, 142). Alle Er-
für Italien wieder aufgehoben, von Gäjar wieder | jcheinungen des Meeres gehen von ihm aus: er
eingeführt (Suet. Caes. 43), von Auguftus (Dio | jendet den Sturm und ebnet die Flut; wenn er
Cas«. 47, 51) und Nero (Te. ann. 18, 50) bei
behalten. In allen eroberten Städten und Pro—
vinzen bejtand dieſe Abgabe bis in die jpäteften
Beiten, wenn nicht bejondere Privilegien davon
befreiten. Alle Waren waren dieſem Zoll unter:
worjen, mit Ausnahme der eigenen Reijebedürfnifie
jowie des dem Fiſtus und dem Heerweſen ge:
hörenden Eigentums. Der Betrag war nad) Län:
dern und Zeiten verichieden, der niedrigite ift
2'/, Procent, quadragesima genannt, der höchite
12", Procent, octava genannt; in Sicilien galt
die vicesima, d. h. 5 Procent (Cie. Verr. 2, 75).
Bol. Eilkıufvior.
Portünus, Poriumnus, Poıtunnus, römischer
Hafengott (wahricheinlich eine Nebenform des Ja-
nas), mit dem griechijhen Palaimon, dem Sohn
der Ino, identifiziert. Er hatte im Tiberhafen
bei der Pfahlbrüde, von wo der Weg nad) der
Hafenftadt hinabführte, einen Tempel, an dem ihm
jährlih am 17. Auguft die Bortumnalia gefeiert
wurden. Cie.n.d. 2,26. Verg. A. 5,241. Or.
fast. 6, 547. Sein Bild trug einen Schlüffel in
der Hand, weil portus — porta einen verſchließ—
baren Ort bezeichnete.
Poseidion, Jlossidıov, Posidium, h. mehrere
dem Poſeidon geweihte Vorgebirge, 1) in Epeiros,
Kterfyra gegenüber, neben dem Hafen Belodes.
Strab. 7, 324. — 2) im phthiotiihen Thefjalien
an der Weftipige des Bagajaiiihen Buſens, |. Kap
Stavros. Strab. 7, 330. — 3) in Lucanien an der
Südoftipike des Bujens von Päftum, j. Punta
Licoja. Strab. 6, 252. Auch auf Samos, Chios,
in Bithynien, Karien (Strab. 14, 668) und Kilifien
lagen Borgebirge diejes Namens.
Poseidippos, llossidırzog, 1) aus Kafjandreia
in Maledonien, einer der beiten Dichter der neuen
griehiichen Komödie, trat zuerit um 280 v. €.
auf und fchrieb gegen 40 Stüde. Er wurde aud) |
von den römijchen Komifern benupt und jcheint
dem Plautus das Vorbild zu jeinen Stüden Me-
naechmi und Aulularia gegeben zu haben. Die
erhaltenen Bruchftüde (gei. von Meinefe, fragm,
com. Graec. IV; II p. 1141 ff. der Hein. Ausg.,
und Kod, com. Att. fragm. Ill p. 335 ff.), unter
denen ſich einige in der herfömmlichen Charafte:
riftit der Köche bewegen, gehen auf 17 Titel zu—
rüd. -— 2) ein griechiicher geiftreicher Epigram- | use
mendichter der alerandrinijchen Zeit, um 260 v. C.,
wahrſcheinlich aus Sicilien: Epigramme von ihm | mit feinen erzhufigen, ftürmenden Roſſen über
jtehen in der griechiichen Anthologie. Much ein | das Meer fährt, jo glättet fich dasjelbe zur ftillen
Epos Acori« und Elegien desjelben werden er: Fläche, ftößt er aber zürnend mit dem Dreizad,
Portitor — Poseidon.
wähnt.
Poseidon, /Iossıdür, Iloosddwr, der Sohn
des Kronos und der Rhea, Bruder des Zeus
(Hesiod. theog. 453), und zwar bei Heſiod der
ältere, bei Homer der jüngere, erhielt nadı Be:
| jeiner furcdhtbaren Waffe, in das Meer, jo erheben
jich braufend die Wogen, daß fie die Schiffe ver:
ichlingen, Länder überjchwenmen und Städte in
ihrem Schoße begraben. — Der Erderichütterer
Bojeidon (Lvvociyaog, dvocigdor, xırdarag
fiegung der Titanen bei der Berteitung der Welt: |yadas) macht die Länder erbeben und zerbricht
herrſchaft das Meer zu jeinem Teile (Hom. 11. \ mit feinem Dreizad die Felſen. So eröffnete er
62*
980
mit dem Stoß des Preizads in Theflalien, als
die Wafler des Peneios das Land überſchwemm—
ten, das Thal Tempe, damit er dem Strome einen
Abflug verſchaffte; daher hieß er in Theflalien
zeroadog, der Felſenzertrümmerer. Ungeftüm wie
jein Element ift der Sinn des Gottes ſelbſt. Mit
heftigem Zorne verfolgt er diejenigen, die ihn
beleidigt. So treibt er den Döyfieus, der ihm
den Sohn Polyphemos, den Kyflopen , geblendet,
auf dem Meere umber und hält ihn von der
Heimat fern, bis Zeus, der lange auf feinen
Zorn Rüdficht genommen hat, während jeiner Ab-
wejenheit mit den übrigen Göttern die Rückkehr
des unglüdlichen Helden bewerfitelligt. Hom. Od.
1,115. 68. Gegen Troja Hatte Poſeidon feinen
ganzen Born gefehrt, jeit der König Yaomedon,
dem er mit Apollon die Mauern von Jlion ge:
baut (Hom. Il. 7, 452. 21, 443), ihm ben ver:
jprochenen Lohn verweigert hatte. Hor.od.3,3, 22.
Er ſchickte zur Plage des Landes ein Seeungehener,
dem die Tochter Laomedons, Hefione (j. d.), zum
Fraße ausgejegt werden jollte, und unterftüßte bei
der Belagerung
der Gtadt Die
griechijchen Hel—
den auf alle
Weile. Selbſt
gegen Zeus, der
die Obmadıt hat
über ihn und
alle Götter, und
gegen den er ge:
mwöhnlich als
den älteren Brut:
der ſich willfäh:
rig und gefällig
zeigt, wagt er es
bisweilen ſich
aufzulchnen.
Hom. Il. 1, 400.
15,185 ff. — In
altpelajgiicher
Beit war Poſ.
nicht allein der
Gott des Meeres,
jondern der Gott
alles um und durch die Erde verbreiteten Gewäſſers,
von dem Quellen und Flüſſe und Seen kommen.
Deswegen war er aud) ein Nährer und Befruchter
der Pflanzenwelt (pur@lmog in Hermione) und
ftand mit Demeter, der Mutter Erde, in enger
Verbindung. Er wurde daher auch an vielen
Orten, die nicht mit dem Meere in Berührung
jtanden, verehrt; nachdem er aber ausſchließlich
der Gott de3 Meeres geworden war, trat an jol:
chen Orten jein Kultus zurüd, und die Verehrung
anderer Gottheiten trat dafür ein. Daher wurde
von jo vielen Länderftreitigfeiten, die er mit an:
dern Göttern hatte, und von Bertaujchungen er:
zählt; mit Athene ftritt er um den Beſitz von
Yttifa (j. Kekrops) und von Troizen, mit Hera
um Argolis, feinen Anteil an Delphoi trat er
dem Apollon gegen Kalaureia ab. Die Beziehung
zu dem Roſſe (II. Ermıog) hatte Poſ. auch wegen
jeiner uralten Bedeutung eines Gottes aller Ge:
wäſſer. Er jollte das Roß, das ſich auf feuchten,
grasreichen Auen, an Quellen und Flüſſen nährt,
geſchaffen und die Lenkung desfelben gelehrt haben
Poseidon,
und ward deshalb bei Wettrennen mit Roſſen
als Kampfeshort angerufen und durch Opfer und
Selübde verehrt. Diejer Pol. Armıog findet ſich
häufig mit Athene inmi«, welche den Zügel des
Rofjes erfunden haben jollte, zuiammen. Dody
miſchte fich bei dem Roſſe-Poſ. noch eine andere
Voritellung ein; die Wogen des Meeres tummeln
jich gleich wild dahinjtürmenden Roſſen und wer-
den von dem Meeresherricher gebändigt ; die Schiffe
find Roſſe, die unter der Leitung des Poſ. durd)
das Meer dahineilen. — Die Gemahlin des Bol.
war Ampbitrite; doch kennt fie Homer als
ſolche noch nicht, erſt Heſiod (theog. 930) läßt aus
ihrer Ehe den Triton entitehen. Much mit vielen
andern Geliebten zeugte er eine zahlreihe Nach—
fommenjchaft, namentlid; Stammherven und Grün:
der folder Stämme und Städte, welche ihn ver-
ehrten. Der Dienft des Poſ. hatte in Griechen
land allgemeine Verbreitung, vornehmlich aber
wurde er im Kiüftenländern und auf Inſeln ver:
ehrt; beionders reih an Nultusftätten war ber
Peloponnes. Bei Homer iſt Polos, die Stadt
des Neftor, der jein Geſchlecht von ihm ableitete
(Od. 11, 264 ff.), ein Hauptort jeiner Verehrung;
auf dem Iſthmos bei Korinth wurden ihm jedes
dritte Jahr die iſthmiſchen Spiele gefeiert. Das
Feſt des Poſ. zu Oncheftos in Boiotien wird auch
ichon bei Homer genannt (71.2, 506). Der ionijche
Stamm verehrte ihn als Nationalgott. Der in
den Städten der Jonier an der Nordküſte des
Peloponnes, namentlich in Helite und Aigai (Hom.
Il. 8, 203), blühende Kultus blieb auch nad) der
Auswanderung bderjelben dort bejtehen; als fie
nach Kleinafien zogen, nahmen ſie den Kult des
helitoniichen Poſ. mit hinüber und gründeten ihm
auf dem Borgebirge Mytale jein Hauptheiligtum,
bei dem jie ihr Nationalfeft, die Banionien, feier:
ten. Hat. 1, 148. Herodot (2, 50. 4, 188) er:
wähnt einen Kultus des Poſ. in Libyen und be-
hauptet fälſchlich, daß der Gott von da zu ben
Griechen gelommen jei. — Heilig ift dem Poſ.
außer dem Roß der Delphin und unter den Bäu—
men die Fichte wegen ihres dunklen Grüns, der
farbe des Meeres, und weil aus ihr das Schiff
gebaut wird. Geopfert wurden ihm Stiere, be:
jonders ſchwarze, auch Eber und Widder; gezäumte
Pferde wurden ihm in Argolis in die im Meere
aufiprudelnde Duelle Dine geftürzt. Dargejtellt
wurde er oft in Gruppen mit Ampphitrite und
andern Meeresgortheiten und mit Delphinen; er
ift zwar erhaben und gewaltig, aber es fehlt ihm
die ruhige Majeftät des Zeus, mit dem er Fami—
lienähnlichteit hat. Seinem Elemente entiprechend
hat er etwas Unruhiges und Heftiges, einen ge:
willen Trog und Unmut. Sein Körper ift ſchlanker
als der des Zeus, doch von ſtärkerer Muskulatur;
das Geſicht hat edigere Formen, weniger Klarheit
und Ruhe in den Zügen, das Haar ijt mehr ge:
fträubt und durcheinander geworfen oder fließend.
In der Hand hält cr gewöhnlich den Dreizad,
bisweilen auch das Scepter. — Die Römer iden:
tifizierten ihren Meeresgott Neptunus mit dem
——— Poſeidon. In älterer Zeit war der
ienſt desſelben unbedeutend, da die Römer wenig
mit dem Meere in Berührung famen. Als jpäter
griechiiche Vorftellungen auf Neptunus übertragen
wurden, trat bejonders die Beziehung zu dem
Roſſe und dem Wettrennen mit den Roſſen an
7)
Poseidonia — Postumii,
ihm hervor. Nach IT. inzıog heißt er Neptunus
equester. Er hatte einen Altar im flaminijchen
Circus und dabei einen Tempel; im Circus Mari:
mus, wo er ebenfalls einen Altar hatte, wurden
ihm als N. Consns jährlid) die angeblidy von
Romulus eingejebten (Liv. 1, 9) Consualia mit
Wettrennen gefeiert. Den Namen Consus erllärt
man als Ratgeber; doc) jcheint Consus urſprüng—
lich ein altitaliicher Gott der Erde und der Saaten
gewejen zu fein. — Abbildungen: 1) Bildjäule
des Poſ. im Antitentabinett zu Dresden; 2) Büſte
in dem Wujeum Chiaramonti des Batilan.
Poseidonla j. Paestum.
Poseidonlas j. DBvin, 1.
Poseidonion, [Iosedarıor (bei Liv. 44, 11
Posidium), j. Kap Poſſidi, Borgebirge an der Weit:
feite der makedoniſchen Halbinjel Ballene unfern
Mende. Thuc. 4, 129.
Poseidonios, /lossdariog, 1) ein ftoiicher
Philofoph aus Alerandreia und Schüler des Zenon.
— 2) aus Apameia in Syrien, gewöhnlich aber
bon feinem Aufenthalte in Rhodos der Rhobdier
genannt, gleichfalls ein Stoifer, war etwa 135 v. C.
geboren, fan frühzeitig nach Athen und hörte dort
den Stoiker Banattios. Nach deſſen Tode unter:
nahm er eine Reife nad Stalien, Hiſpanien und
andern Gegenden und begab jih dann nach Rho:
dos, wo er die von PBanaitios gegründete ftoiiche
Scyule leitete. Seine berühmteften Schüler waren
hier Phanias, Ajklepiodotos und Jaſon. Hier hör:
ten ihn auch Cicero, 78, und Bompejus (Cie. tuse.
2,25. n.d.1,3. fin. 1,2. fat.3. ad Att. 2,1.
Plut. Cie. 4); bejonders aber ſchähte jeinen Um:
gang Bompejus. Plut. Pomp. 42. Wud) beteiligte
jih P. an Staatsgefchäften, und feine Mitbürger
erhoben ihn zur Würde eines Prytanen und jchid:
ten ihn im x 86 als Gefandten nah Rom. —
Bon jeinen zahlreichen Schriften, teils philojophi:
ichen, teils geographiſch-hiſtoriſchen (darunter ein
großes, von Cokteren vielfach benußtes, Geſchichts—
werk, iorogiaı, in 52 Büchern, eine Fortjegung
des Polybios, die wenigitens bis zum J. 86 reichte),
auch mathematischen und grammatischen, find mur
Fragmente übrig, geiammelt von J. Bale (1810).
Sammlung der hiftorijchen Fragmente von Müller,
fragm. hist. Graec. III p. 245. Wbhandlungen
von Töpelmann (1867), Sepp und Arndt (1882).
— 3) aus Dlbiopolis, Sophift und Hiftorifer aus
dem 2. Jahrh. u. E., jchrieb einige hiftorische und
geographiiche Schriften, die aber verloren find. —
4) aus Ephejos, Toreut und Erzgieher aus der
Zeit Bompejus’ des Gr. Plin. 33, 12, 55. 34, 8,19.
Possessio, der faktiiche Bejig, im Gegenjak
zu dem dominium, aljo das Necht der Benußung
einer Sache ohne wirkliches Eigentumsredht. So
z. B. war das Verhältnis des Inhabers zum ager
publicus das der pos»essio. Zum Schuß ſolcher
possessio waren interdieta (j. d.) eingeführt.
Postliminium (aus post und limen) iſt das
Necht, zufolge deſſen der in feindliche Gefangen:
ſchaft gefallene Römer, mweldyer dadurch die ma-
xima capitis deminutio erlitten hatte, nah Rom
zurücfehrend in jeine frühere Stellung (3. B. ald
Bater oder als filius familias) wieder eintrat,
als wäre er niemals deminutus geweien. Beein:
trächtigt wurde jedoch diejes Hecht, wenn der Ge:
fangene von feinen freunden Losgefanft worden
war, jo lange, bis er das Löſegeld erſetzt hatte.
981
Ebenfo fielen auch die unbeweglichen und einige
bewegliche Sachen (wie Stlaven, Zugvieh, Schiffe)
dem alten Herrn wieder zu, wenn ber Befit er:
greifende Feind wieder abgezogen war.
Postumii, ein patriciihes Geſchlecht, wahr:
Icheinlich etruſtiſchen Urſprungs: 1) B. Poſt. Tu:
bertus, kämpfte als Konſul mit Glück gegen die
Sabiner am Anio, 505 v. E. Liv. 2, 10. Zn
jeinem zweiten Konfulat, 2 Jahre fpäter, wurde
er erſt von den Sabinern (oder Aurunkern) ge:
ichlagen, brachte ihmen aber bald nachher eine
bedeutende Niederlage bei. Liv. 2, 16. Dion. Hal,
5,44f. — 2) Poſt. Cominius, Konful 601
v. E., zum zweitenmal 493, ſchlug im Ießteren
Jahre die Bolffer und Antiaten. Liv. 2, 18. 33,
— 3) Poſt. Albus Regillensis, Konful im
%. 496 dv. E. und in demjelben Jahre Diktator
(nad andern 499), gewann die Schlacht am See
Regillus über die mit den vertriebenen Targuiniern
verbündeten Latiner (Liv. 2, 19 ff.), für deren
milde Behandlung er jtimmte. Dion. Hal. 6, 13ff.
Plut. Cor. 3. Cie. tuse. 1, 12, 28. — 4) Sp.
Poſt. Albus Regillenfis, des vorigen Sohn,
Konful 466 v. E., ging 454 nach Griechenland,
um die dortigen Geſetze kennen zu lernen, und
war 451 Decemvir. Liv. 3, 2.31.38. — 5) 9.
Boft. Alb. Regillenjis, des ebengenannten
Bruder, befiegte in feinem Konfulate (464 v. €.)
eine ins römijche Gebiet eingedrungene Schar der
Aquer. Liv. 3, 4f. — 6) A. Poft. Tubertus,
ichlug als Diktator 431 v. E. die Aquer und
Boljfer am Algidus und ftrafte feinen Sohn, der
gegen des Vaters Gebot jeinen Platz in der Schlacht:
reihe verlaflen hatte. Jar. 4, 26 ff. Gell. 17, 21.
— TI) M. Poſt., wurde wegen einer von ben
Berentern erlittenen Niederlage mit einer Geld:
itrafe belegt. Liv. 4, 40 ff. — 8) 2. Poſt., er:
regte als Kriegstribun mit konfulariicher Gewalt
durd; Borenthaltung der im Kampfe mit den
Aquern gewonnenen Beute und harte Worte einen
Aufftand, in welchem die Soldaten ihn fteinigten,
414 v. E. Lir. 4, 49. — 9) Sp. Poſt. Albinus
Regillenſis, fchlug im J. 394 v. C. als Kon:
julartribun die Mquer. Liv. 5, 28. — 10) Poſt.
Livius, griff 380 v. E. als Diktator von Fidenä
mit den Latinern das von den Galliern verwüſtete
Rom an und gab dadurdh Anlaß zur eier des
Feſtes Ponulifogin. Plut. Rom. 29. — 11) Sp.
Poſt. Albinus, erlitt als Konjul bei Caudium
im J. 321 v. C. eine ſchimpfliche Niederlage und
mußte einen entehrenden Frieden eingehen. Er
verlangte im nächſten Jahre ſelbſt, daß er als
Sühnopfer an die Samniter ausgeliefert würde,
wurde aber von diejen zurüdgemwieien. Liv. 9, 1ff.
Cie. off. 3, 30. — 12) L. Boft. Megellus, ſchlug
305 v. E. in feinem erften Konfulate die Sams
niter (Lie. 9, 44), Desgleichen im zweiten (294)
die Sammniter und Etrujfer. Liv. 10, 3ff. Er
triumphierte ohne Erlaubnis des Genates und
Boltes, weshalb er wahricheinlich von einem Tri:
bunen angeflagt wurde und ins fonjularijche Lager
flüchten mußte. Liv. 10, 46. Zum brittenmal
Konſul (291), befiegte er die Sammiter abermals
und nahm ihnen mehrere Städte; doch behandelte
er jeinen plebejiichen Amtsgenofjen ftolz und über:
mütig und triumphierte wiederum eigenmächtig,
wofür er mit einer Geldbuße belegt wurde. —
13) Sein Sohn, 2. Poſt. Megellus, eroberte
982
ala Konjul 262 dv. E., im erften puniſchen Kriege,
die Stadt Mgrigentum. Pul. 1, 17. — 14) 8
Poſt. Albinus, Konjul 234 v. E., befiegte die
Liqurier, eroberte in feinem zweiten Konſulate
(229) mit Fulvius faft ganz Illyrien und fand
216 im Kampfe gegen die bojifhen Gallier den
Tod. Pol. 2, 11. 3, 118. Liv. 23, 24. — 15) M.
Voſt. Porgenfis, aus Pyrgi in Etrurien, wurde
212 v. E. wegen Unterſchleifs zu einer Geldbuhe
verdammt und, als er ſich noch obendrein gewalt:
thätig und troßig zeigte, verbannt. Liv. 25, 3f.
— 16) Sp. Poſt. Albinus, wurde ald Konful
im %. 186 v. E. mit Unterfuchung der aus den
Bacchanalien hervorgegangenen geheimen Verbin—
dungen beauftragt. Liv. 39, 8 ff. — 17) U. Pott.
Albinns, Konſul 180 v. E., kämpfte fiegreich
gegen die Bergbewohner in Ligurien und zeigte
als Genjor (174) Strenge und Thätigkeit. Lir.
40, 41. 41, 27. — 18) 8, Poſt. Tympanus,
verfuhr mit nachdrücklicher Strenge als Prätor
185 v. C. gegen die räuberifchen Hirten in der
Gegend von Tarent. Liv. 39, 23. 29. — 19) 2.
Poſt. Albinus, verwaltete von 180--178 v. €.
Spanien und bejiegte daſelbſt die kriegeriſchen
Vaccäer und Lufitanier. Liv. 40, 356 ff. Im J.
173 erhielt er das Konſulat (Liv. 41, 28), mußte
aber zunächſt nah Campanien gehen, um die Staats:
ländereien von den widerrechtlich vergrößerten Pri—
vatbefigungen zu jcheiden (Liv. 42, 1). Auf der
Neife dahın beftimmte er die Präneftiner, eine
Herberge auf öffentliche Koften einzurichten, was
Anlaß zu dem Anſpruche wurde, reijenden Staats:
beamten Herberge auf Gemeindefoften zu geben.
Liv. 42,1. ©. Postwesen. Im J. 168 befeh:
ligte er in der Schladht bei Pydna das Centrum
des römischen Heeres. Liv. 44, 41. — 20 A. Boft.
Albinus, einer der 10 Gejandten, denen die
Einrichtung Griechenlands als Provinz übertragen
wurde (Cie. ad Att. 13, 30), 151 v. E. Konſul,
war ein feingebildeter Mann und verfahte eine
Geichichte Roms in griechiicher Sprache (Cie. Brut.
21, 81. Gell. 11, 8, 2), in welcher er von jeinem
eigenen Geſchlechte und deſſen Thaten zu viel
Rühmens gemadjt zu haben jcheint. Pol. 39, 12.
40, 6. — 21) Sp. Poft. Albinus, richtete im
Kriege gegen Jugurtha (110 v. E.) nichts aus und
ichadete jehr durch Schlaffheit in Handhabung
der Difciplin. Sall. Jug. 35. 44. — 22) Sein
Bruder, U. Poſt. Albinus, Konjul 110 v. E;,
diente unter jenem als Legat und wurde im X.
109 von Jugurtha geichlagen. Sall. Jug. 36ff.
Im 3. 89 kämpfte er unter Sulla im marfiichen
Kriege, war-aber bei jeinen Soldaten wenig be:
liebt und wurde von ihnen gejteinigt. Oros. 5, 18.
Er war ein tüchtigerer Redner als Feldherr. Cie.
Brut. 35. — 23) Boftumia, Gemahlin des Sul:
picius Rufus (j. Sulpieii, 12.), den fie nad
Willkür zu gängeln wußte, ohne ihm treu zu fein.
Cie, ad Att. 5, 21. 10, 9, 14. Suet. Caes. 50. —
24) En. Poſt. unterftügte 63 v. E. die gegen
Murena erhobene Anklage in Berbindung mit
Gato. Cic. Mur. 26. 38.
Postvorta j. Evander,
Postwesen. Die ältefte, uns bekannte Ein:
richtung ift die bei den Perſern durch Dareios 1.
eingeführte Beförderung von königlichen Botjchaf:
ten und von Dienftjachen der Satrapen durch rei:
tende Eilboten, &yyagoı gei., welhe an den das
Postvorta — Postwesen.
ganze Neich durchziehenden Straßen auf Stationen
. \aufgeitellt waren und bei Tag und bei Nacht zu
rajcheftem Abgang ſich bereit halten mußten. Hat.
5, 14. 52. 8,98. Xen. Cyr. 8, 6, 17. — Bei den
Griechen faunte man eine ſolche Einrichtung nur
injfofern, als Eilboten ausnahmsweiſe wichtige Er:
eigniffe melden mußten, oder Sklaven zwiſchen
einzelnen Familien etwa eine ähnliche Verbindung
zu vermitteln hatten. — Um jo mehr entmwidelte
ſich das Boftweien im römischen Reiche, bejon:
ders während der Kaiſerherrſchaft. Uriprünglich
waren Einrichtungen der Art nur für Beamte be:
ftimmt, welche im Auftrage des Staates reiften.
Dies ergibt fich jchon aus Liv. 42, 1 (vgl. 32, 27),
als der Konſul Poſtumius (j. Postumii, 19.)
aus perjönlihem Haß gegen die Pränejtiner von
ihnen Lafttiere, Aufenthalt und dgl. verlangte und
jo zu einer Sitte Anlaß gab, welche fi im Laufe
der Zeit zur Pflicht ausbildete. Außer den Be:
amten verlangten auch die Geſandten dasjelbe Recht.
Die villae publicae wurden eingerichtet, in wel:
chen fjolchen Reiſenden Obdach, Salz, Holz und
Heu (vgl. Hor. sat. 1, 5, 46) durch die parochi,
öffentliche Aufjeher, gereicht wurde. Eine weitere
Entwidelung diejer Einrichtung fand in der Kaiſer—
zeit ftatt. Namentlih war es Auguftus, welcher
anfangs nach perſiſcher Weile junge Leute (angarii,
nuegodgöuo:, vgl. Nep. Milt. 4, 3) längs den
Heerſtraßen verteilte, fpäter auch Fuhrwerke, um
von den Borfällen in den Provinzen ftet3 im
Kenntnis erhalten zu werden. Swet. Oct. 49. Dieſe
Bofteinrichtung, ———— die fahrende Poſt, wozu
auch jpäter Reitpoſten kamen, hieß cursus publi-
eus, auch cursus fiscalis oder einfach cursus,
Auch er war eigentlich nur für Staatsbeamte oder
andere öffentliche Perſonen beftimmt, welche zu
dem Zwecke eine jchriftliche Verfügung, diploma
(Suet. a. a.D. Plin. ep. 10, 121), ovrdnue, auch
evectio oder tractoria genannt und auf den In—
haber, die Dauer der Reife, die Stationen u. ſ. w.
lautend, bei fich führten. Starb der Inhaber, jo
wurde dieſe ag | ungültig, ebenjo nad) Ab:
lauf der Zeit. Die Beamten in den Provinzen
und jelbit angejchene Männer befamen wohl ein
ſolches Diplom, welches urjprünglih vom Kaiſer
jelbft, jpäter gewöhnlich vom praefectus praetorio
ausgeftellt wurde, am häufigften die Statthalter
in den Provinzen. Plin. ep. 10, 39. Sen. clem.
1, 10. Auch entlafjene Soldaten (Amm. Mare.
29, 8) wurden der Beförderung durch die Bolt
teilhaftig. Am meiften machte fich der Kaiſer Ha:
drian um das Poſtweſen verdient. Spart. Hadr. 7.
Was die innere Einrichtung betrifft, jo waren
an den Heerftraßen Stationen (mansiones, zum
Übernachten, vgl. den Gebraud) von maänere,
Hor. sat. 1, 5, 39), in der Entfernung einer Tage:
reife doneinander, deren Anhaltepunkte größere
DOrtichaften waren; auf dieſen Stationen wurden
Pferde (veredi, Mart. 14, 68), Maulejel, Wagen
(rhedae, carri, birotae oder vebicula im allge:
meinen) bereitgehalten, alle mit verjchiedener Be—
laftung u. j. w.; ferner der cursus clabularis
für das Gepäd. Kuriere wechjelten auf jeder Sta:
tion ihre Pferde und hatten hinter ſich auf den:
felben ihre Wanteljäde. Auf Nebenſtraßen ſtan—
den für aufßerordentlihe Reiſen Pferde bereit.
Boftgeld wurde nicht bezahlt; die Provinzen und
die Magiftrate oder die Eurialen der Städte
Potamos — Praecones.
mußten die Koften tragen. Doch nahmen die
fpäteren Kaiſer von Hadrian an nicht felten den
Provinzen die Koften ab und übertrugen je auf
das Ärarium, obgleich dieje Übernahme nicht blei:
bend war. Auf den einzelnen Stationen waren
Boftbeamte, zu denen beſonders ansgediente Sol:
daten genommen wurden, denen die Bejorgung
der Stationsgeichäfte oblag. Sie ftanden wiederum
unter der Aufficht von auferordentlichen Inſpel—
toren. Doc blieb die ganze Einrichtung, bejon:
ders im den jpäteren Jahrhunderten, troß zahl:
reicher Geſetze und jcharfer Beanfjichtigung nicht
frei von Mihbräuchen, wie die lauten und wieder—
holten Klagen aller Schriftfteller bemweijen. Be:
ftechungen fanden oft ftatt, und die Oberbehörden
wußten manchen unerlaubten Vorteil aus der
Pofteinrichtung zu ziehen. — Aber nicht nur zu
Lande allein bejtanden WBoftverbindungen; auch
zur Sce gab es ſolche. Beſtimmt wiffen wir das
jegt von Dftia, wo ein faiferlicher Briefpoftmeifter
(procurator pugillationis et [d. h. und zwar]
ad naves vagas) angeftellt war. Von hier aus
gingen Schiffe (naves vagae oder fugaces oder
cursoriae) in verichiedenen Nichtungen nach den
Injeln und Haupthäfen des Mittelmeered. Wahr:
ſcheinlich war in Brundufinm ein zweiter Brief:
poftmeifter der Art angeftellt. — Die Bofteinrich:
tung überlebte den Untergang bes Römerreiches
und pflanzte fich zuerft bei Dftgoten, Bandalen
und Franken, dann durch das ganze Mittelalter
hindurdy fort. Bol. E. Hartmann, Geichichte der
Poſten von den älteften Zeiten bis zur Gegen-
wart (1868). Hudemann, Geſchichte des römischen
Boftwejens während der Kaijerzeit (1875; Nach—
träge 1878).
Potämos, Tlorauös und Ilorauod, Demos an
der Sübdoftküfte Attifas, in eine obere und untere
Ortichaft (IT. aaderepder und vmeiregder) ein:
geteilt. Die Bewohner waren wegen ihres Leicht:
ſinns bei der Aufnahme Fremder in das Bürger:
recht berüchtigt. Strab. 9, 398. Paus. 1, 31, 3.
Potentia, 1) Stadt in Picenum zwiichen Ans
cona und Eaftellum Firmanum, unfern der Mün-
dung am Fluß Floſis, römische Kolonie (Lie.
39, 44); j. ©. Maria di Potenza. — 2) Stadt in
Lucanien, nahe ter apuliichen Grenze, noch jetzt
Potenza.
Potestas, die mit dem Staatsamte verbundene
geiegliche Amtsgewalt, im Gegenſatze zu der poten-
tia, dem perjönlichen Einfluffe auf Staatsangele-
genheiten. So 3. B. war die Decempirgewalt in den
beiden erſten Jahren potestas, im dritten nur
potentia, Das jouveräne Bolt, als beichliehendes,
hatte potestas, der Senat als beratende Behörde
auctoritas. Auch der pater familias hatte feiner
Familie gegenüber potestas.
Pothox j. Aphrodite und Eros.
Potidala, Iloreidaw, Tloreidsıe, TToridaıe,
Kolonie der Korinther an der Landenge, welche
die mafedonijche Halbinjel Pallene mit dem Feſt—
lande verbindet, ſtark befeftigt. Thuc. 1, 56. 63 f.
4, 120. Nachdem fie fich früher gegen perfiiche
Angriffe mit Erfolg verteidigt hatte, mußte fie
fih im peloponnefiichen Kriege den Athenern er:
geben, und die Bewohner wurden zur Auswan—
derung, meift nach Dlynthos, gezwungen (Thuc.
1, 56. 2, 58. 70. Hdt. 7, 123. 8, 126), worauf
die Athener fie folonifierten. Zhuc.4, 120. 356v.E.
1
983
wurde P. von Philipp 11. von Makedonien zer:
ftört; indes die günftige Lage der Stadt veran—
laßte doch eine Wiederherftellung durch Kaſſander
unter dem Namen Kafiandreia (Dem. Phil. 2,
p. 70), und die Stadt wurde bald die bedeutendfte
in ganz Makedonien. Nach abermaliger Zerſtö—
rung durch die Hunnen und Wicderherftellung
durch Auftinian verjchwindet fie allmählich aus
der Geſchichte. Strab. 7, 330. J. Ruinen Kaſſandra.
Potidanfa, /Iorıdarie, Feſtung im jüdöftlichen
Zeile Aitoliens, an der lofriichen Grenze im Thale
des Hylaithos. Thuc. 3, 96. Liv. 28, 8.
PotitTi, ein altes Prieftergeichlecdht, dem mit
den Rinariern (j. Pinarii) der Dienſt des Her:
cules an der ara maxima oblag, ftarb in kurzer
Beit (Liv. 9, 29) aus, als es fich hatte verleiten
lafjen, öffentlihe Eflaven im Hereuleskulte zu
unterweijen (vgl. auch Herakles, 17.)
Horvıaı, die chrwürdigen, Beiname der ’Egı-
vurg, jowie der Demeter und Kora.
Potniai, Tlorrıw, Tlorvıei, Heine Stadt in
Boiotien am Aſopos, 10 Stadien von Theben, an
der Strafe nadı Plataiai, in der Gegend beim
heut. Dorfe Tachi, in defien Nähe mehrere reiche
Quellen jprudeln, aus denen der Pirkebach ent:
jteht. Ihren Namen erhielt fie wahrſcheinlich von
dem Kult der Tlorvımı (Demeter und Nora), die
bier einen heiligen Hain hatten. Xen. Hell,
5,4, 51. Eur. Phoen. 1124. ®. wird von einigen
für Hypothebai bei Homer (Il. 2, 505) gehalten.
Paus. 9, 8, 1.
Praecönes, Ausrufer in jeder Beziehung,
namentlich jedoch bei Auktionen (//or. ep.1,7, 55.
sat. 1, 6, 86. Juv. 3, 33. Mart. 1, 85). Obgleid)
ihr Geſchäft wenig geachtet wurde (Jun. 7, 5),
war es doc bei dem ungemein fchnellen Wechjel
des Bejipes in Rom und den vielen Konkurjen
um jo einträglicher, als neben altem Gerümpel
auch unſchätzbare Koftbarkeiten durch ihre Hände
gingen. Der Präco Nuruntius Euareftus hatte
nad) Ealigulas Ermordung und noch jpäter den
größten Einfluß in Rom (Joseph. ant. 19, 1, 18),
und Väter zogen einen praeco ohne Befinnen
jelbft einem Tribunen als Schwiegerjohn vor (Mart.
6, 8). Daher wählte, wer jonft einen harten Kopf
hatte, diejen Beruf, wenn er nur eine ausreichende
Stimme bejaß (Cie. Quint. 3. Mart. 5, 56, 10).
Ihr Gejchäftsfreis erweiterte fich auch zur Uber:
nahme von allerlei Aufträgen, 3. B. Leichenbe:
gängniflen, zugleich aber dienten fie ſelbſt als ge:
wöhnliche Ausrufer auf der Straße, wenn jemand
etwas verloren hatte u. j. w. (Plaut. Merc. 3,4, 78.
Petron. 57, 97). — Auch gab es Staatsprä:
conen, meiftens liberti und ebenfalls gut bejoldet.
Ihre Aufgabe war, allenthalben, wo mündliche
Belanntmadungen nötig waren, dieſe auszurufen.
Sie bildeten mehrere Decurien, und zwar 3 für
die höheren Magiftrate, und bejtanden bis in die
jpäte Kaijerzeit (Dio Cass. 76, 10). Sie waren
thätig nach Lambinus 1) bei den Eomitien, um
das Bolf zu Verſammlungen einzuladen, zur Ab:
ftimmung aufzurufen und das Ergebnis derjelben
befannt zu machen; 2) bei Gerihtsjigungen
riefen jie Ankläger, Angeflagte, Verteidiger und
Zeugen auf und bezeidineten den Schluß jeder
Rede durch dixit. Liv. 8,42. Cie. Verr. 2, 30. 40.
Bei Kriminalerelutionen fündigten fie Die
Gründe der Strafe an und riefen dem Strafvoll:
984
ftreder zu, jein Amt zu verrichten.
natsjigungen fagten fie an; ebenjo luben fie
Praediator — Praefectus.
3) Die Ses | Oberrichter jener Städte, dem früheren Herfommen
gemäß, noch praef. iur. die. genannt. — Im
4) das Bolt zu den Spielen ein und riefen | Heere hießen die von jedem römiichen Konful (jeder
während derjelben die Sieger aus. Nero hatte
bei jeinen Schaufpielen jehr vornehme praecones,
die ihn auffordern mußten, jeine Borfteiungen
zu beginnen, Gallio und den Konſularen Eluvius
Rufus (Dio Cass. 61, 20. 63, 14). Die Gieges-
formel lautete: Negwv Kuaioap vınd rovöe tor
dyava, xal orepavoi rov re rar "Poualor
döjuor al rıv lölav olnovuernv. Bol. Plin.
7,26. Philostr. soph. 2, 27. 5) Bei Auf:
tionen im Namen des Staats waren fie ebenfo
beichäftigt, wie die Privatausrufer bei Privat:
auftionen. — Auch in den Municipien und Kto:
lonien gab es öffentliche praecones, die aber nad)
Cäjars Beitimmung (Cie. ad fam. 6, 18) nicht De:
ceurionen oder Senatoren werden lonnten, wenn
fie nicht zuvor ihr Amt niederlegten.
Praediätor j. Praedium.
Praedium, ein in ftädtijchem oder ländlichem
Grundftüde und den dazu gehörigen Gebäuden
bejtehendes Eigentum, das zugleich als reales Pfand
und Bürgſchaft im öffentlichen Leben galt, jo daß
dasjelbe ım Falle nicht erfolgter Steuerzahlungen
von dem Staat ald Pfand und Bürgſchaft in
Anſpruch genommen werden konnte. Ein jolcher
öffentlicher Bürge hieß praes zum Unterſchiede
von vas, dem —— überhaupt (vgl. die Formel:
praedibus ac praediis cavere populo, Lav. 22, 60).
— Mer mit joldyen Gütern Handel trieb, hieß
praediator; folde Leute (Cie. Balb. 20. ad
Att. 12, 14. 17) lernten den Wert derjelben genau
fennen und fonnten über die dahin einjchlagenden
Berhältniffe meift beifere Rechenjchaft geben, als
jelbft die Rechtögelehrten.
Praefeetüra hie jede Stadt Italiens, welche
nicht eigene Gerichtsbarkeit beſaß, jondern einen
praefectus iuri dicundo von Rom aus zugejandt
erhielt. Das ftrengjte Verhältnis bejtand in Capua,
welches wegen jeines Anſchluſſes an Hannibal
211 v. E. zur Präfeltur erniedrigt wurde und
jeine jämtlihen Magiftrate, feinen Senat und
jede Korporation der Bürger verlor. Liv. 9, 20.
Doch ſcheint dies nur ausnahmsweije verordnet
zu jein, da in andern Präfekturen auch Magiftrate
erwähnt werden. Hor. sat. 1, 5, 34. Nachdem
aber 90 v. E. durch die lex Julia (j. d.) allen
italiſchen Städten latiniſchen Rechts das volle
Bürgerrecht verliehen war, mußten auch die prae-
und wurden die betreffenden Städte nur noch her:
tömmlicherweije jo genannt. — Als frühere Prä—
fefturen werden erwähnt: Arpinum, Capua, Gaji:
linum, Cäre, Cumä, Formiä, Fundi, Liternum,
Suefjula, Bolturnum.
Praefectus, im allgemeinen jeder Borfteher
irgend einer Thätigfeit, eines Amtsfreijes_ oder
eines Kollegiums, fer es im Staate, in einer Stadt, |
oder auch im Hausweſen, praefectus Aegypti,
aerarii, annonae und frumento dando, nament:
li der von Rom aus in die Städte Italiens,
welche praefecturae (j. d.) waren, gejandte Ber:
walter des Rechts, mit vollftändigem Titel prae-
2 Zegionen) ernannten 12 Anführer der Bundes:
— (socii, ſ. d.), die den Kriegstribunen ber
römiichen Legionen entſprachen, auch praefecti
sociorum; ebenfalls ftand die römische Reiterei
unter einem Bräfelten (j. Dux, 4.); auch der
Anführer der Veteranen (evocati) hieß praefectus
evocatorum. Cic. ad fam. 3, 6. Bei der Flotte
hieß der Befehlshaber eines Schiffes praef. navis
(Liv. 36, 44), der Vorſteher der Ruderer praef.
remigum (Tae. ann. 13, 30), der Admiral der
ganzen Flotte praefectus classis, entweder der
eine Konjul, oder im Falle alle beide Landheere
befehligten, ein Prätor. Über das Admiralichiff
vgl. Schiffahrt, 8. In der Kaijerzeit ftanden
die beiden Flotten zu Mijenum und Ravenna
unter je Einem Präfelten. — Auch in dem Yand:
heere wurde jeit Auguftus ein praef. castro-
rum ermannt, der die Abitedung des Lagers zu
bejorgen hatte und die Aufficht Über das Lazarett
und die Wagen führte, auch in Abwejenheit oder
Ermangelung eines bejonderen Anführers der Ye:
ion (legatus legionis) interimijtijch eine Legion
ommandierte (Tac. ann. 14, 37), daher praefec-
tus legionis (Tac. hist. 1, 82. Veg. 1, 13), über:
haupt nötigenfalls in die Aufrechterhaltung ber
Dijciplin einzugreifen verpflichtet war (Zac. ann.
1, 32). Der praef. fabrum hatte den Oberbefehl
über die Majchinen und Wurfgeihofje (tormenta,
Tac. ann. 2, 50. 15, 9), leitete die Arbeiten der
eunicularii bei Belagerungen und erhielt die Orb:
nung unter dem Troß (calones und lixae). Im
übrigen hatten beide praefecti gleichen Rang mit
den SKriegstribunen. Außerdem gab es einen
praef. vigilum, ben Befehlähaber der von
Auguftus errichteten Feuerwächter zu Rom; vgl.
Disciplina militaris, 7. — Am widtigjten :
jedody war das Amt des praefectus prae-
torio und des praef. urbi. Der erjtere, praef,
praet., war Anführer der Prätorianer (vgl. Co-
hors), welde Auguſtus errichtete. Obwohl ur:
ſprünglich 2 eingejeßt waren, ernannte doch ſchon
Tiberius den Sejanus zum alleinigen Anführer
diejer Ffaijerlichen Leibwadhe, wodurch der Ein:
fluß diejes Amtes gewaltig wuchs; nad Tibe-
rius waren wieder 2, jpäter 3 und durh Con:
ftantin 4, je 2 zu Rom und zu Byzanz. Da
dieſe Würde große militäriihe Macht in die Hand
fecturae in ihrer ftaatlihen Bedeutung aufhören, |
der Präfekten legte, jo hatte Auguſtus diejelben
nicht aus dem Stande der chrgeizigen Senatoren,
jondern aus dem beicheideneren der Nitter er:
wählt; aber allmählih machten jie jih zu den
eigentlichen Herren, welche die Sailer ab: und
einjegten und oftmals, als die nächften, jelber den
Thron beftiegen. — Der praef. urbi ftammte
ihon aus der Zeit der Könige und vertrat bei
Abwejenheit derjelben, jpäter der Konjuln, von
denen er ernannt wurde, zu Rom deren Stelle
und Hatte als jolcher während der Zeit jeiner
Amtsführung außer den übrigen ftellvertretenden
‚Rechten, namentlich der Pflicht der Gerichtöpflege,
‚auch die Befugnis, den Senat zu berufen und
fectus iuri dieundo. Doch audy nad der Vortrag zu halten. Als aber durd) die Einjeßung
lex Julia, die allen Präfelturen durch Berleihun
des vollen Bürgerrechts3 ein Ende machte, un
eines eigenen Gerichtsherrn (Prätor) infolge der
licinijchen Geſetze 366 dv. E. die Aurisdiktion
jelbft in der Kaijerzeit wurden die jelbitgewählten . von dem Konſulamte abgetrennt wurde, blieb nur
Praefica — Praetexta,
in Erinnerung an frühere Verhältniffe (simula-
crum, Tac. ann. 6, 11) ein praef. urbi während
der Tage der feriae Latinae, weshalb auch die
Bezeichnung praefectus feriarum Latinarum.
Dieſe Stellvertretung der Konſuln war von jet
an nur eine formelle, und wurden dazu alljährlich
junge Leute aus. den edlen Geichlechtern genom:
men, die noch nicht das jenatorifche Alter erreicht
hatten. Die Konfuln waren nämlich während
diejer Tage von Rom abweſend und bejorgten auf
dem Wlbanerberge die herfümmlichen Opfer zur
Erinnerungsfeier des Yatinerbundes. Gell. 14, 8.
Dieje Sitte dauerte auch noch unter der Kaijer:
herrichaft; im Jahre 25 n. E. war des Kaiſers
Tiberius Sohn Drufus praef. feriaram Latina-
rum. Tac. ann. 4, 36. Ein wirklicher praef. urbi
wurde von Cäſar und Auguſtus nur dann einge:
jept, wenn fie längere Zeit von Rom abweſend
jein mußten. Uber auch dann pflegte Auguftus
das Regiment der Stadt für gewöhnlich ohne den
offiziellen Titel feinen ihm naheftehenden Freunden
zu übertragen. Als jedoch Mäcenas den Nat gab,
die praefectura urbis zu einem ftändigen Amte
zu machen (Dio Cass. 52, 21), wurde Meffala
Eorvinus im Jahre 25 v. E. zum praef. urbi er:
nannt; doch legte derſelbe dieje Würde als eine
fehr mißliebige nach wenigen Tagen wieder nieder.
Tae. ann. 6, 11. Die Ausdrudsweife des Tacitus
(tum) hat Borghefi (und mit ihm die Herausgeber)
irrtümlich zu der Behauptung veranlaft, da
Auguftus jofort nad der Amtsentſagung des
Meſſala den Statilinus Taurus zum praef. urbi
ernannt habe, doch geichah dieje erneute Einſetzung
eines Stadtpräfelten erſt 9 Jahre fpäter, 16 v. E,,
als Auguftus vorausfichtlich längere Zeit (3 Jahre,
16—13) von Rom abmwejend jein mußte. Dio
Cass. 54, 19. Somit ift des Mäcenad Rat einer
ftändigen Stadtpräfeltur wenigftens damals nicht
zur Ausführung gefommen, denn bei dem Tode
des Auguftus hat es ficherlich feinen praef. urbi
gegeben, ein ſolcher hätte jedesfalls neben dem
praef. annonae und dem praef. praetoriarum
cohortium (Tac. ann. 1, 7) den Eid für Tiberius
leiften müffen. Aber auch bie jebt allgemein ver:
breitete Behauptung, die Stadtpräfeltur jei unter
Ziberins eigens zu einer ftändigen gemacht wor:
ben, ift eine irrtümliche (ſ. Pfißner, die Annalen
des Tacitus, S. 170—173). Thatſache ift, daß im
Jahre 21 n. E., als Tiberius zur Stärfung feiner
Gefundheit nach Campanien auf 1 Jahr reifte
(Tae. ann. 3, 31), 2. Piſo als praef. urbi beftellt
wurde. Defien Amt hörte mit der Rüdfehr des
Tiberius wieder auf. Doc als diefer 26 n. E.
auf immer aus Rom ging (Tac. ann. 4, 57), trat
berjelbe Piſo jeine zweite und letzte (recens) Stadt:
präfeftur an und verwaltete diejes Amt ununter-
brochen (continuus) bis zu feinem Tode, 32. Tac.
ann. 6, 11. hm folgte während der dauernden
Abweienheit des Fürften als Stadtpräfeft Älius
Lamia, und als diefer gegen Ende des folgenden
Jahres ftarb (Tac. ann. 6, 27), Lentulus Coſſus
(Sen. ep. 83, 13). Die Madıtbefugnis des jpäter
ftändigen praef. urbi umfaßte die Amter der frühe:
ren Prätoren und Adilen. Seine Macht reichte bis
zum hundertiten Meilenfteine der Stadt. Er ver:
fügte über die 3 cohortes urbanae, die urfprüng:
lid Polizeifoldaten waren, doch jpäter auch wohl
zum Kriege verwandt wurden (Tac. hist. 1, 89).
985
Praefica f. Bestattung, Il, 6.
Praegustätor, rooysvorng. Die urjprünglich
von den Perſern zu den Griechen und nach Ägyp—
ten (am Hofe der Kleopatra, Plin. 21, 3, 9) ver:
vflanzte Sitte, durch dazu angeftellte Sklaven den
Wein und die vorgejegten Speijen vorher koften
au laſſen, namentlih um ſich gegen Bergiftung
fiher zu ftellen, wurde mit Eintritt der Kaiſer—
herrichaft zu Rom aufgenommen und nie an ber
faiferlichen Tafel unterlaflen. Tac. ann. 12, 66.
13, 16. Suet. Claud. 44. Gie waren fo zahlreich,
daß fie ein collegium mit einem procurator an
der Spitze bildeten.
Praeneste, 7) IIgwiveoros, rö Ilgwivsoror, 7)
TIpuwesorivör nökıs, alte Stadt Latiums, 20 Mil:
lien füdöftlih von Rom, mit dem fie durch die
über Gabii führende Straße (via Prarnestina)
verbunden war. Die heißen Tage de3 Sommers
pflegten die Römer in dem fühlen (auf fteiler
Höhe gelegenen und ſtark befeftigten) Pränefte —
frigidum Praeneste (Hor. od. 3, 4, 23. Jur.
3, 190) — zuzubringen. P. war fatinifche Bundes:
ftadt und Freiftätte für entflohene oder vertriebene
Nömer. Berühmt war ihr reicher Fortunatempel
mit einem Dratel (Cie. div. 2, 41. Suet. Tib. 63),
ſowie ein Junotempel. Strab. 5, 238f. Ov. fast.
6, 62. Suet. Dom. 15. Bgl. noch Cie. Cat. 1,3.
Liv. 3, 29. 7, 12. Tac. ann. 15, 46. Jetzt Pale:
ftrina mit Mauerreften und Altertümern.
Praerogativa hieß jeit der Verjchmelzung der
Genturiat: und Tributcomitien diejenige Centurie
der eriten Klaſſe, der das Los zufiel, in den
Eomitien zuerft ihre Stimme abzugeben, was oft
entjcheidend war, indem fich die anderen gern
darnach zu richten pflegten. Cie. Mur. 18. div.
1,45. Liv. 26, 22.
Praes f. Praedium.
Praesentölus, Bublius, bejiegte als Unter:
feldherr des Bompädius Silo im marfischen Kriege
den Berperna, 90 v. CE. App. b. c. 1, 41.
Praeses und Pr, provinelae, allgemeine Be:
zeichnung für Provinzialftatthalter (Set. Oct. 23,
Tib. 32. 41); in der jpäteren Kaijerzeit Name von
Beamten, die in den Provinzen, meift jedoch nur
in den geringeren oder in einzelnen Teilen der
größeren, die Truppen anführten und die Juſtiz
verwalteten. Vopisc. Prob. 13.
Praetexta j. Kleidung, 9.
Praetexta ober Praetextäta, sc. fabula,
heißt die römiiche Tragödie, die nicht griechifche
Stoffe behandelt, jondern auch ihrem Inhalte nad)
römiſch ift, welche gleihjam an ihrem Kleide (an
dem ihrer Hauptperjon) den Ehrenftreif, das Zeichen
der Würde und öffentlihen Funktion, trägt, oder
welche mit der bejeßten Toga (praetextata) be-
Heibet if. Den Ausdruck praetexta gebrauchen
Eicero (ad fam. 10, 32), Horaz (a. p. 288) u. a.;
den zweiten meift ipätere Grammatiter. Ungewiß
ift der Erfinder der bejonders für Triumphaljpiele
fiegreicher Feldherrn geeigneten Präterten. Die
älteften Beiſpiele find des Näpius Clastidium (auf
den Sieg des Marcellus über die Gallier, 222 v. E.)
und Alimonium Romuli et Remi oder Romulus;
dann folgen des Ennius Sabinae und Ambracia,
der Paullus des Pacuvius, der den Sieg des L.
Amilius Baulus bei Pydna verherrlichte, der Bru-
tus und Decius (oder Aeneadae, den Sieg von
| Sentinum verherrlichend) des Attius. Sonft find
986
Praetor.
noch ſicher ein Brutus des Caſſius Parmenfis, ein | die Provinz (pro praetore); der Pr, urbanns und
Domitius Nero und Cato von Enriatins Mater:
nus. Bon allen diejen find nur fpärliche Bruch:
ftüde (gefammelt von Neufirch, fab. tog. p. 71 ff.,
und Rıbbed im 1. Band der scaen. Rom. poes.
fragm.) vorhanden. Bollftändig haben wir nod)
die dem Seneca beigelegte Octavia, welche uns
jedod) Fein Bild von der verlorenen Dramengattung
zu geben vermag.
Praetor (a praceundo, Cie. legq. 3, 3; qui
praeiret iure et exercitu, Varr. 7. I, 5, 80), grie-
chiſch argarnyog oder oalrwg, uriprünglich ein
Titel, den die Konfuln, jowie der Diktator führ:
ten (Pr. Maximus). Liv. 3, 55. 7,3. Geitdem
aber im J. 366 v. C. das Konſulat den lebe:
jern zugänglich geworden war, wurde zur Sand:
habung der Gerichtsbarkeit in der Stadt, deren
oberite Leitung bisher den Konjuln qehört hatte,
ein eigener Magiftrat, als Kollege der Konſuln,
ein PBrätor, ausſchließlich aus den Batriciern
aewählt, die nach den obwaltenden Verhältniſſen
ohnehin die meifte Rechtskunde hatten. Lie. 6,42.
Er wurde in den Genturiatcomitien unter ben:
felben Aufpicien, wie die Konfuln, und unter dem
Vorſitze des einen don ihnen gewählt. Wegen
Häufung der Gejchäfte und des Andrangs der
fremden wurde im erften punischen Kriege (247
v. €.) noch ein zweiter Brätor gewählt, qui inter
eives Romanos et peregrinos ius diceret (Liv.
ep. 19. 22, 35), für den in der ipäteren Kaiferzeit
die Benennung praetor peregrinus vorkommt;
der andere Prätor, qui ius inter civer dieit,
wurde nun Pr. urbanus oder urbis genannt ı Liv.
27, 23) und ftand dem Range nad) höher als jener,
daher er auch Pr. maior, dichteriſch (4. B. Or.
fast. 1, 52) auch honoratus heißt. Bereits jeit
337 v. C. war übrigens die Prätur auch den Ple:
bejern zugänglich. Nach der Wahl loften die beiden
Prätoren über ihre Amtsthätigleit (sors urbana
und peregrina). Bisweilen übernahm der ſtädtiſche
Prätor (der eigentlich nie länger als 10 Tage aus
der Stadt abwejend jein durfte) auch die Geſchäfte
des Kollegen mit, wenn diefem ber Oberbefehl
über ein Heer gegeben war (Lir. 24, 44. 25, 3),
wie er denn auch in vielen Fällen die abweſenden
Konſuln vertreten konnte, z. B. bei Berufung des
Senats, Truppenaushebungen, Berufung der Co:
mitien u. f. w. Geit der Eroberung Sarbdiniens
(237 vd. €.) wurden noch 2 Prätoren gewählt, jo
dak nun einer in Nom blieb, einer Sicilien,
2 Sardinien und Corfifa verwalteten; jeit 197
famen wegen des bdiesjeitigen und jenfeitigen
Hiſpaniens noch 2 hinzu, im ganzen 6. Nach der
lex Baebia 180 v. €. jollten 4 und 6 Prätoren
alternieren, damit die Prätoren in Hiſpanien 2
Jahre im Amte fein fönnten (Liv. 40, 44); doch
icheint dies Geſetz gar nicht in Kraft getreten zu
jein. — Eine wichtige Veränderung ging im Ans
fange des 7. Jahrhunderts der Stadt (von 149
v. E. an) durch die Einführung der quaestiones
perpetuae vor. früher hatten die Prätoren nur
die Gericht&barfeit in PBrivatiachen; öffentliche oder
außerordentliche Vergehen entichied entweder das
Bolt in den Centuriat: und Tributcomitien, oder
es verordnete beiondere Kommiſſionen. Nun aber
blieben jämtlihe 6 Prätoren zur Leitung diejer
auaestiones während ihres Amtsjahres in der
Stadt und zogen erjt nach Ablauf besjelben in
|
der peregrinus behielten ihren Amtskreis, die
andern erhielten die Leitung beftimmter Inter:
juchungen. Mit der Bahl diejer qnaestiones per-
petuae wuchs auch die der Prätoren, unter Sulla
gab es 8, Cäſar ließ nach Gutdünfen 10, 14,
ja 16 wählen. Nach Tacitus (ann. 1, 14) lieh
Anguſtus meift 12 wählen, Tiberius zwilchen 12
und 16, jpäter ftieg die Zahl, 3. B. unter Nero,
wahrjcheinficdh auf 18. Vgl. Teac. ann. 14, 28. —
Nachdem der ftädtiiche Prätor fein Amt angetre:
ten ımd die Geſetze beichworen hatte, beftieg er
die Rednerbühne und machte jein Edietum be—
fannt, d. h. die Bufammenftellung der Rechts-
grundfäße, die ihm bei feinen Enticheidungen leiten
jollten (Cie. fin. 2, 22); es hieß auch Formuln
oder l,ex annua und mar auf eine weiße Wand,
ſpäter auf eine übertünchte Holztafel (album mit
großen roten umd ſchwarzen Buchftaben geſchrieben,
unde de plano recte legi posset. Die andern
Prätoren erließen ähnliche Ediklte. Dem ftädtiichen
Prätor lag ferner die Anordnung und Leitung
der apollinarijchen, circenfifchen und megalenftichen
Spiele ob. Zar. 25, 12. 27, 23. Jur. 11, 192. In
den Dahren, in welchen feine Genjoren waren,
wurde ferner dem ftädtifchen Prätor vom Senate
aufgetragen, für die Erhaltung der öffentlichen
Gebäude zu jorgen (sarta tecta exigebat, Cie.
Verr. 1, 50). Unter der Raiferherrichaft verblieb
zunächſt den Prätoren (ebenſo wie den Konjuln)
ihr früherer Geſchäftskreis, doch mußte die oberfte
Inſtanz des Kaifers ſchon immerhin den Einfluß
diejes Amtes darniederdrüden (weshalb Tac. ann.
4, 6: sun praetoribus species); als jedoch all:
mählich der praefectus praetorio und bald auch
der praef. urbi die meiften Juftiziachen verwal—
teten (ſ. Prozefs, 21.), befamen die Prätoren
nur befondere Kommiffionen der Gerichtspflege
und der Verwaltung (4. B. praetores aerarıi,
Tac. ann. 13, 29). Fortan war im ganzen mur
die Bejorgung der Spiele ihre Hauptaufgabe, die
denn auch des Koftenpunftes wegen unter ihnen
verteilt wurden. Tae. ann. 1, 15. — Das geſetz—
liche Alter des Prätord war 40 Jahre, der Regel
nach mußte er früher Quäftor geweien fein; doc
fommen manche Ausnahmen vor. Die Wahl der
Prätoren geichab in den Centuriatcomitien auf
dem campus Martius, von Tiberius ward fie
fofort auf den Senat übertragen. Der Amtsan—
tritt war gleichzeitig mit dem der Konfuln, alſo
ipäter regelmäßig an den Kalenden des Januar;
nach Ende des Jahres legten die Prätoren ihr
Amt nieder unter Ablegung eines Eides, daß fie
ihr Amt recht verwaltet hätten. Als Infignien
hatte der Prätor die Toga praetexta (Cie.
Mur. 9) und die Sella curulis (Jar. 7, n,
ferner Liktoren und FFafces, früher 6, ſpäter in der
Stadt wahricheinlich 2, während in den Provinzen
die 6 blieben. — Auch in manchen italiichen
Städten werden in der Zeit ihrer Selbftänbigkeit
Prätoren als höchite Magiftrate genannt (Lir.
8, 3, 44: praetor Laviniensium), wie in andern
Diktatoren. Einzelne Städte behielten auch in
ipäterer Zeit der Abhängigkeit dieſe Benennung.
An Kolonien findet fich dieje Benennung nicht. —
Sorgfältiges Verzeichnis der römiſchen Prätoren
von 166—44 v. E. von P. Wehrmann: fasti prae-
torii ab a. u. DLXXXVIll ad a. u. DECX (1875);
Praetoriani — Priamos.
987
der Prätoren von 67—44 v. E. von M. Hölzl:! Nah Suidas hat er zuerft Satyripiele gedichtet,
fasti praetorii ab a. u. DCLXXXVII usque ad|d. h. die in feiner Heimat üblichen Satyrehöre
a. DCCX (1876).
Praetoriäni j. Cohors.
Praetorfum j. Castra, 3f.
Praevarieatio, die jchiefe (von varus, frumm),
ungünftige oder jelbft pflichtwidrige Behandlung
einer Nechtsfache von jeiten des Anflägers (bis-
weilen auch des patronus zum Nachteile feines
Klienten), indem er auf irgend eine Weiſe den
Angeflagten begünftigte. War infolge davon der
Angeflagte freigeiprochen, jo fonnte derjelbe zwar
von einem zwerten Ankläger vor Gericht gezogen
werden, doch erit nachdem der frühere Ankläger
vor demielben Gericht belangt worben war. Wurde
berjelbe der praevarieatio für jchuldig befunden, jo
a ihn die Strafe der Infamie. Tac. ann. 14,41.
ragmatYei, IIpayuerızoi, rechtstundige Män:
ner, die insbejondere mit der Prozeßordnung und
den Rechtsgründen genau vertraut waren und dic:
felben den Rednern und Sachwaltern an die Hand
neben fonnten (Cie. de or. 1, 59); fpäter daher
überhaupt für Nedhtögelehrte. Quint. 12, 3, 4.
Praktior, Tociattos, Fluß in der myſiſchen
Yandichaft Troas, entipringt auf dem Ida und
mündet zwiichen Abndos und Lampſakos in den
Sellespont; j. Bergas. Hom. Il. 2, 835. Arr.
1, 12, 6. Strab. 13, 590.
IIgaxtoges j. Staatshanshalt, I, 18,
Igdavsıos olvos. prammifcher Wein (Ham.
TI. 11, 689. 07. 10, 235), ein ftarfer und berber,
daher in Athen nicht beliebter, Rotwein, ungewiß
von welcher Sorte; nach einigen von einem Berge
Pramna bei Smyrna in Kleinafien oder auf der
Inſel Ikaria, nach andern überhaupt nur ein mit
Meerwailer vermifchter, oder ein lange fich hal:
tender (von zapaufvew) Wein.
Prandium j. Mahlzeiten, 7.
Prasiai, IIpaoıi, 1) attiiher Demos au der
DOftküfte, zur pandioniichen Phyle gehörig, mit
einem Mpollontempel, dem Ausgangspunkte der
heiligen Sendung nach Delos; j. Prafla an der
Sübdjeite der Bucht Porto Raphti. Thauc. 8, 95.
Strab. 9, 399. — 2) Stadt in Lalonien an der
Dftküfte (auch Ipaal« und Bocarei genannt), im
peloponnefiihen Kriege von den Mthenern ein:
genommen; j. Ruinen Leonidi bei Dorf Prafto.
Thuc. 2, 56. 6, 105. 7, 18. Pol, 4, 36. Strab.
8, 368. 374.
IIgasıas Alan. auch Kroxıviris genannt,
bedeutender See in Makedonien (j. Butlovo), durch
welchen der Strymon feinen Yauf nimmt, ober-
halb Amphipolis. Hat. 5, 16.
Prasli, Ilodowı, genauer TIpcıoı, indiſch
Bratichija, ein mächtiges Bolt am unteren Ganges,
mit der Hauptſtadt Balibothra (j. d.). Ahr König
Sandrafottos zog gegen Seleufos 1. von Sprien
mit einem Heer von angeblih 4—600 000 Krie—
nern nebſt 9000 Elefanten ins Feld, um 305 v. C.
Plin. 6, 17, 21. Strah. 15, 702. 724.
Ilgäoıv aireiv |. Sonkog.
Pratinas, IIgarivas, Sohn des Pyrrhonides,
aus Phlins (daher 6 Blıcorog), einer der älteften
griechiichen Zragifer, welcher um Ol. 70 mit
Aiſchylos und Ehoirilos um den Preis ftritt und,
als bei der Aufführung eines jeiner Dramen die
Zuichauerfige zufammenbrachen, mittelbar die Ver:
anlafjung zum Bau des fteinernen Theaters gab.
dramatijch weiter ausgebildet, und zwar nicht
weniger als 32. Auch als Dichter von Hyporche—
men (j. ,yvrische Poesie, 4.) wird er genannt.
Die Bruchftücde der letzteren |. bei Bergk, poet.
Iyr. Graec. Ill p. 557 ff. der 4. Aufl.
Praxagöras, IIpo«&ayöoang, 1) ein berühmter
Arzt aus Ros in der Mitte des 4. Jahrhunderts
v. E., nehörte der Schule des Hippofrates an und
machte fich um die Anatomie und Pathologie ver:
dient. Seine Schriften find untergegangen, und
nur aus vielfahhen Eitaten bei Galenos und Cä—
lius Murelianus ift jein Syſtem und feine Lehre
einigermaßen zu erfennen. — 2) ein griechiicher
Geſchichtſchreiber aus Athen unter Eonftantin dem
Gr., Verfafler einer Gejchichte Alexanders des Gr,
und der attiichen Könige. Nur wenige Auszüge
daraus find bei Photios erhalten (abgedrudt bei
Müller, seriptt. Alex. Magni fragın. in Dübners
Ausgabe des Arrian, p. 125 ff.).
Praxilla, TTod£ılla, griechiſche Dichterin aus
Simon, um 475 v. E. blühend, gleichzeitig mit
Telefilla, Balchylides und dem Komifer Krates,
geihäpt wegen ihrer PBaroinien oder Stolien (1.
‚vrische Poesie. 5.. Auch Hymnen und
Dithyramben hatte fie nedichtet. Sammlung der
geringen Überrefte von Neue (1844) und Beraf,
poet. Iyr. Graeec. ll! p. 566 ff. der 4. Aufl. Sie
zeigen einen heiteren Ton und lebendigen Ausdrud.
Praxiphänes, [Iga&updens, ein peripatetiicher
Philoſoph entweder aus Mytilene auf Leſbos oder
aus Rhodos, lebte um 322 v. C. Er war Schüler
bes Theophraftos und gründete jpäter jelbit eine
Schule, welche Epikuros beiucht haben fol. Gram—
matifche Studien waren feine hauptſächliche Be-
ihäftigung, und er wird mit Ariftoteles zujammen
als der Begründer der wifjenichaftlichen Grammatik
bezeichnet. Unter feinen verlorenen Schriften ragen
bejonders 2 Titel hervor: weol woınrar (moımud-
tor) und wepi lsroplag. Abhandlung von Breller
(1842).
Praxitöles j. Bildhauer, 8.
Preces ſ. Gebot.
Precius (Praee.), Lucius, ein römischer
Ritter und Großhändler, der zur Zeit des Verres
fih zu Banormos aufhielt. Cie. Verr. 5, 62. 65.
Vielleicht war es derjelbe Precius, der dem Cicero
jein Vermögen vermachte. Cie. ad Att. 6, 9, 2.
7, 1, 9.
Prelius (Prilfus) Inens. See in Etrurien,
unfern der Küfte, von dem Flüßchen Prifle (ij.
Briunna) durchfloſſen; j. Lago di Eaftiglione. Er
enthielt nach Eicero (Mil. 27) eine Kleine Anjel.
rexaspes, Ilonädonng, war nadı der Erzäh—
lung des Herodot (3, 30. 34f. 66. 74f.), von
welcher indes der Bericht des Kteſias abweicht,
ein Sünftling des Kambyſes, der durch ihn feinen
ihm verdächtig gewordenen Bruder Smerdis töten
ließ. Nach dem Tode des Kambyſes leugnete er
diejen Mord, aber von dem Magier, der ſich der
Herrichaft bemächtigt hatte, gedrängt, dies öffent:
lich zu beftätigen, verlündete er von einem Turme
die Wahrheit und ftürgte ſich dann ſelbſt herab.
Priämos, I/Igiauos, 1) Sohn des Laomedon
und der Strymo, König von Troja, früher Po:
darfcs genannt; den Namen Priamos (von woi«-
u) erhielt er, weil ihn feine Schweiter Heſione
988
aus der Gefangenjchaft des Herakles loskaufte (fi.
Herakles, 11.. Während des trojanifchen
Krieges, den jein Sohn Paris veranlaft hat, ift
er ſchon hochbetagt, jo daß er an dem Kampfe fich
nicht beteiligt. Hom. IT. 24, 487. Einmal fommt
er auf das Schlachtfeld, um mit dem Griechen
einen Bertrag wegen des Zweilampfes des Paris
und des Menelaos zu jchließen. Hom. II. 3, 250 ff.
Nach Hektors Tode geht er, von Hermes geleitet,
in das Zelt des Achilleus, um die Auslieferun
der Leiche des Sohnes fich zu erbitten. Hom. Il.
24, 1715. Aus der Zeit vor dem Kriege er:
wähnt Homer einen Zug des Priamos für die
Phryger gegen die Amazonen. Hom. Il. 3, 184.
Uber jeinen Tod finden wir bei Homer nichts.
Als die Griechen in die Stadt gedrungen find,
bewaffnet fich der Greis, um kämpfend zu fallen,
aber Hefabe, feine Gemahlin, bewegt ihn, fich mit
ihr und den Töchtern am Altare des Zeus Her:
teios jchußflchend niederzulaſſen. Da ftöht Neo:
ptolemos jeinen Sohn Rolites (ſ. d.) vor feinen
Augen nieder; im Zorne entjendet Priamos mit
ſchwachem Arme jein Geſchoß auf ihn und wird
nun von ihm getötet. Verg. A. 2, 506 ff. Eur.
Troad. 17. — Seine Gemahlin war Hekabe
(Hecuba), die Tochter des Phrygiers Dymas
(Hom. Il. 16, 718. 22, 234), oder Tochter des
Kiffeus, des Sangarios; vorher war er mit Ariſbe,
der Tochter des Merops, mit der er den Aiſakos
zeugte, vermählt gewejen; er trat fie aber dem
Hyrtakos ab. Helabes Traum, daß fie eine Fadel
im Schoße trage, wurde auf den durch Paris über
jein Baterland hingeichleuderten Feuerbrand ge:
deutet (Verg. A. 7, 319. 10, 704 f.). Sie folgte
nach Trojas Fall dem Odyſſeus als Sklavin. Als
fie an der thrafiichen Küfte den Polymeſtor ge:
blendet hatte (j. Polydoros, 2.), ward fie in
eine Hündin verwandelt und ftürzte fich ind Meer;
ihr Grab (nvrög ojue) ward den Sciffern ein
Wahrzeichen. Eur. Hec. 1228 ff. Oo. met. 13,423 ff.
Priamos hatte 50 Söhne, von denen 19 von
Hekabe ftammten (Hom. 11.24, 495; vgl. Apollod.
3, 12, 5), und die Sage fchrieb ihm ebenjo viele
Töchter zu. Der ältefte und ausgezeichnetfte unter
feinen und der Helabe Söhnen war Hektor,
defien Wagenlenter jein Stiefbruder Kebriones
ift (Hom. Il. 8, 318. 11, 521. 16, 738), der zweite
Paris, auf diefen folgten Kreüja, die Gemahlin
des Nineias, Laodike, Gemahlin des Helifaon
(Hom. Il. 3, 123), Bolyrene (j. Achilleus),
Kafjandra (f. d.), Deiphobos (ij. d.), Helenos,
ein Vogeldeuter und Seher (Hom. Il. 6, 76.7, 44),
der von den Griechen gefangen genommen wurde
oder freiwillig zu ihnen überging und ihnen weis:
fagte, daß Troja nur durd Hilfe des Neopto:
lemos und Pbiloftetes genommen werden fünne;
er ging mit Neoptolemos nad Epeiros, erhielt
hier nad) deflen Tode einen Teil des Landes und
vermählte jid) mit Andromade. Soph. Phil. 605.
1338. Or. met. 13, 99. 723. 15, 488. Verg. A.
3,294 ff. Troilos (Mom. Il. 24,257), ein jüngerer
Sohn, fiel durch die Hand des Achilleus, oder diejer
nahm ihn gefangen und lieh ihn erdroffeln, oder
er floh vor Adyilleus in den Tempel des thym—
braiiichen Apollon, wo ihn Achill niederftieh an
derjelben Stelle, wo er jelbft fpäter fiel. Verg. A.
1, 474, Hor. od. 2,9, 16. Cie. tusc. 1, 39. —
2) f. Polites, 1.
Priapeia — Priester.
Priapeia heißen eine Anzahl (87) Gedichte auf
Priapos, jcherzhaften und teilweije ſchmutzigen In—
halts, in Igrijchen Formen, namentlich Jamben
und Hendekaſyllaben, teild von Catull, Tibull u. a.,
teil3 don jpäteren Nachahmern derjelben. Aus—
aben in Büchelerd Ausg. des Petronius (1871),
3 Müllers Ausg. des Catull (1870) und Bährens’
poet. Lat. min. ®d. I p. 54 ff., jowie in den
lateinijchen Anthologien.
Priäpos, IIelaros, 1) Sohn des Dionyſos und
der Aphrodite oder der Ehione oder einer Nais
(auch Hermes, Pan, Adonis, ein Satyr werden
als Vater angegeben), ein Gott der Fruchtbarkeit
des Feldes und der Herden, in deſſen Schuß
Ziegen: und Scafherden, Bienenzudt, Garten:
und Weinbau und auch die Fiſcherei ftanden, und
deſſen Bildniffe beſonders in Gärten und Wein:
bergen aufgeftellt wurden. Man opferte ihm die
Erftlinge des Feldes und des Gartens, Milch,
Honig, Böde, Ejel u. j. f. Er wurde bejonders zu
Lampſakos verehrt und kam erft jpät im übrigen
Griechenland zur Anerkennung; Homer und den
älteren Dichtern ift er unbelannt. Strab. 13, 587.
Die Römer identifizierten mit ihm den italifchen
Gott der Befruchtung Mutinus oder Mutunus. —
2) Stadt in Myſien (j. Mvsia); j. Karabogha.
Priöne. IIgınen, ioniſche Stadt in Karien am
Flüßchen Gaifon oder Gaijos, früher unmittelbar
am Latmiſchen Meerbujen, ipäter aber durch die
Alluvionen des Maiandros mehr landeinwärts; fie
lag am Abhange des fteilen Myfaleberges. Er.,
welches eine eigene Flotte beſaß (Hat. 6, 6), war
Mitglied des Joniſchen Bundes und Geburtsort
des PBhilojophen Bias. Bol. Thuc. 1, 115. Xen.
Hell. 3, 2, 17. 4, 8, 17. Strab. 12, 577. 579. Ein
ausgezeichneted® Baumwerf der Stadt war der im
4. Jahrh. erbaute und von Alexander geweihte
Tempel der Athene Polias im ionifchen Stil, von
defien Skulpturen Überrefte in den letzten Jahren
durch den Engländer Bullan aufgefunden worden
find. Die Ruinen heißen Samjun.
Priester. A. Bei den Griechen. Die Prie—
fter waren die eigentlichen Organe des religiöien
Kultus; fie leiteten und beforgten den Berlehr der
Menjchen mit den Göttern, indem fie an heiligen
Stätten, an Tempeln und Mltären die gottes:
dienstlichen Gebräuche verrichteten, namentlich Gebet
und Dpfer (denrie, legevs). Der priejterliche
Kultus war weſentlich an beftimmte Heiligtümer
gebunden; denn Gebet und Opfer und fjonftige
religiöje Gebräuche konnten auch ohne Dazwiſchen—
funft eines Prieſters von jedem einzelnen für fich
jelbft, von dem Familienvater für die Familie,
von dem Könige oder jonftigen Beamten für den
Staat verrichtet werden, und glaubte einer für
ſich zu einer religiöjen Handlung, bejonders zu
einem Opfer, nicht die gehörige Kenntnis und
Übung zu befiben, jo war es nicht nötig, daß er
dasjelbe einem Priejter übertrug, jondern er fonnte
fi) eines Privatopferers (Hwooncog) oder eines
Wahrjagers bedienen. Die Wahrjager, welche eben:
falls, da fie den Willen der Götter erkundeten, zur
Bermittelung der Menjchen mit den Göttern dien—
ten und in alter Zeit neben den Prieſtern eine
bedeutende Stelle einnahmen, hatten zwar ur:
iprünglich mit den gottesdienftlichen Gebräuchen
nichts zu ſchaffen, wurden aber, namentlich in
nachhomerifcher Zeit, um jo cher zur Vollziehung
—
14
Priester.
bon Opfern gebraucht, weil ohnehin bei dem Opfer
in der Regel ein Wahrjager bei der Opferichau
zugegen war. Auf der andern Geite übrigens
bildete ſich, da bie Prieſter durch ihren teten Ver—
fehr mit den Göttern als Freunde und Bertraute
derjelben galten, eine priefterlihe Mantik aus;
und in dem Mafe, in welchem im Laufe der Zeit
das Prieftertum an Ausdehnung und Wichtigkeit
für das Gemeinwejen gewann, bemädhtigte es ſich
auch ſeinerſeits mehr und mehr der wichtigflen
Außerungen der Weisjagung, zumal da dieje ſich
immer mehr an bejtimmte Heiligtümer zu Imüpfen
begann. Eine Prieſterkaſte gab es bei den Hellenen
nicht. Wiewohl bei ihnen erbliche Prieftertümer
vorfamen, jo haben die Priefter doc), da fie nicht die
ausichließlichen Vermittler mit der Gottheit waren,
jondern neben ihnen von ältejter Zeit her die
Könige, Stammbhäupter und Familienväter priejter-
lihe Berridtungen übten, nie eine bedeutende
politiſche Macht bejeflen. Seitdem nach dem Er:
löichen des heroiichen Königtums allmählich die
Staatögewalt jih aller Verhältniſſe bemächtigte,
traten vielfach von dem Staate eingejegte Prieiter-
tümer an die Stelle der erblichen, und auch bie:
jenigen erblichen Prieftertümer, die ſich noch als
ſolche erhielten, wurden doch größtenteild durch
den Schuß und die Mutorität des Staates öffent:
lihe, der Gejamtheit dienende Amter. — Die
Heiligkeit des Prieſters vermöge jeines öffentlichen
Charakters und feines göttlihen Berufs bean:
ipruchte gewiſſe perjönliche Erfordernifie. Wegen
feiner öffentlihen Stellung mußte er ein ein:
gebornes und vollberechtigtes Mitglied des Ge:
meinmwejens jein, dem er diente, und zwar ge:
wöhnli aus den höheren Ständen entiprofien;
man verlangte jittlidhe Unbejcholtenheit und kör—
perliche Matellofigfeit; auch mußte er ſonſt jeinem
Außeren nach der Gottheit würdig und angenehm
jein. Bei manden Kulten war ein blühendes
Knaben: und Jünglingsalter erforberlih, oder
Jungfräulichteit, während bei andern wieder fich
fortwährend verheiratete Frauen finden. Die Wahl
des Gejchlecdhtes hing bei den einzelnen Kulten
bon feiten Bejtimmungen ab; doch kann man im
ganzen ald Norm annehmen, daß männliche Gott:
eiten männliche, weibliche weibliche Diener hatten.
ber das Alter der Priefter und über die Dauer
— Amtes gab es ebenfalls verſchiedene feſte
eſtimmungen; in der Regel mag das Amt lebens:
länglich gewejen jein. Die Bejegung geichah teils
durch Wahl, teild durch Los; wo ein Priefteramt
in einer familie erblidy war, entichied gewöhnlich
die Erjtgeburt oder das Los, das auch ſonſt oft
angewandt wurde, wenn mehrere Bewerber jic)
entgegenftanden. Bisweilen entihied auch das
Gericht. — Die Hauptgejchäfte der Priefter waren,
wie jchon bemerkt, Gebet und Opfer; ba aber ihr
Amt an beftimmte Tempel gefnüpft war, jo hatten
fie, ald dem Gott geweihte Diener, in jeder Hin:
fiht für die Heilighaltung derjelben Sorge zu
tragen und je nad den örtlichen Eigentümlich:
feiten des Kultus noch mancherlei Obliegenheiten
und Berrichtungen, die zum Xeil durch ihren
Namen bezeichnet wurden (jo die Aovrgopögos
der Aphrodite in Sikyon). Andererſeits genofjen
fie mancherlei Rechte und Auszeichnungen. Durch
ihre Weihe zum Eigentum des Gottes erklärt,
waren fie unverleglih und galten ald Bertreter
989
desjelben. Sie teilten mit ihm die Schäße und
Einkünfte, die zur Bejtreitung des Gottesdienites
beftimmt waren, und bisweilen auch die Wohnung.
Außer dem Ertrage der Tempelgüter bezogen ſie
noch einen bejtimmten Teil des Opferviehes nebit
deſſen Häuten und jonftige Einnahmen, wie Samm-
lungen und dergl. Zu den perjönlichen Auszeich—
nungen gehörte ein Ehrenfig im Theater und in
audern Verſammlungen. Ihre Kleidung entiprad)
der Würde und Heiligkeit ihres Amtes; ſie trugen
emeiniglich weiße, manche auch purpurne und
——— Gewänder, Kränze und Binden um
das lange Haupthaar. Manche Prieſter erſchienen
auch bei feſtlichen Gelegenheiten in der typiſchen
Tracht ihrer Gottheit, die ſie darſtellten, und deren
Namen ſie ſogar öfter trugen. — Die Prieſter
bedurften zur Ausübung des Kultus ihres Tempels
noch mancherlei Gehülfen, und zwar zerfallen dieje
in 2 Klafjen. Die einen übernahmen, ohne zu
dem Kultus fonft in näherer Beziehung zu ftehen,
ewifje vorübergehende Berrichtungen, wie die
Eräger und Trägerinnen heiliger Gegenftände bei
Aufzügen, die zu Chorreigen und ſonſtigen Dienſt⸗
leiftungen für die Gottheit gewählten Knaben und
Mädchen. Man forderte von ihnen, ähnlich wie
von den WPrieftern, angejehene Geburt, fittliche
Unbejcholtenheit, Jungfräulichteit, Schönheit, ftatt-
liches Ausjehen und dergl. Die zweite Klafje da=
gegen, die ftändigen Tempeldiener, wurde wohl
urjprünglid) aus den niederen, um Lohn dienenden
Ständen genommen; da fie aber durch ihren gottes=
dienftlihen Beruf ein höheres Anjehen erlangten,
jo wurden jolche Amter, wenigftens in der römi-
ſchen Kaijerzeit, zum Zeil ein Gegenjtand des
Ehrgeizes. Zu diejen ftändigen Dienern find unter
andern zu rechnen: die Neoforen oder Küfter (i.
Nswxogoı), die Herolde und bejonders die
Mufiter und Sänger, welche zum Vortrag der
Hymnen und zur Begleitung des Opfers und der
Chöre nötig waren. Diejes gejamte Tempelper:
jonal jpeifte entweder beftändig oder dod an be:
ftimmten Fefttagen mit den Brieftern im Tempel:
raume zujammen. — B. Bei den Römern. Zu
ben Sacerdotes im weiteren Sinne gehörten auch
die Pontifices, welche über das gejamte Religions:
weſen die Aufſicht hatten, und die Wahrjager:
tollegien (Augurn, Sacerdotes Sibyllae); in engerer
Bedeutung dagegen bezeichnet das Wort diejenigen
Berjonen, welchen jpeziell die Beforgung bejonderer
Gottesdienite und das Studium des betreffenden
Kultus oblag. Dahin gehörten die Beftalinnen,
Flamines, Euriones, Tribuni Celerum, Salier u. a.
In der Pompa, wo die gejamte Priefterichaft mit
den ihr vorausgehenden höheren und niederen
Dienern die zwölfte Stelle unmittelbar vor den
höchiten Magiftraten einnahm, folgten in der
Kaijerzeit die einzelnen Priefterfollegien einander
in diejer Rangordnung: 1) Bontifer Marimus und
die 8 höheren Pontifices; 2) die Bontiff. minores,
die 3 höheren Flamines und die 12 niederen;
3) Rex jacrificeulus und Regina; 4) Augures;
5) ſibylliniſche Priefter; 6) Vilviri Epulones;
7) Veftales mit der veftaliihen Marima; 8) die
30 Eurionen mit dem Curio Marimus; 9) bie
12 palatinifchen Salier; 10) die jaltarijchen Jung:
frauen; 11) die collinischen Salier; 12) Fetialen;
13) Wrvalbrüder; 14) Sodales Titii; 15) die
60 Sacerdotes publieiz 16) die Sodales Augu—
—
er
-]
990
ftales des Auguſt und anderer Raijer; 17) bie
Xuperci; 18) die griechiicdye Priefterin der Geres;
19) die Galli; Zu) Priejter einzelner Götter (3. B.
des Hercules, der Sonne); 21) die Tempelvoriteher;
22) Haruſpices; 23) die Priefterinnen der Bona
Dea. Nach der früheren Nangordnung hatten die
Fetialen und Arvalbrüder, ſowie die Beftalinnen
und der Wer jacrif. (j. d.) eine höhere Stelle. —
Die Einjegung der meiften Priejtertollegien wird
von den Römern dem Numa zugejchrieben. Liv.1,20,
Als die Älteften jind die Pontifices, Flamines,
Salier, Vejtalinnen, Arvalbrüder anzujehen; fie
ftanımten von den Latinern, welche nebſt der jabi-
niſchen Bevölferung Roms den Grund zu ber
römischen Prieſterverfaſſung gelegt haben. Ur:
iprünglich hatte der König die oberjte priefterliche
Gewalt und viele priefterliche Verrichtungen ; jene
ging erjt mit der Einjegung der Republik völlig
an die Pontifices über, dieje an den Flamen
Diali8 und den Rex jacrificulus. Der Bontifer
Mar. wurde in den erjten Zeiten in den Tribut:
comıtien, der Rex jacrif. in den Genturiatcomitien
gewählt, die übrigen Sacerdotes wurden von ihren
follegien fooptiert. Später nahmen die Kaijer
das Hecht der Priejterwahlen in Anjpruch. — Die
Erfordernijje zur Wahl eines Priefters waren (nach
einem Gejeg des Nomulus) bei den Römern zum
Teil Ddiejelben, wie bei den Griechen: edle Ge-
burt, jittliche Unbejcholtenheit, fehlerlojer Leib,
ausreichendes Bermögen, höheres Alter (50 Jahre;
dody ging man jpäter davon ab). Bei den Wentil:
jacris herrſchte die Erblichkeit; ſonſt wählten die
Kollegien gern die Söhne der verjtorbenen Prieſter
zu ihren Nachfolgern, doch mußte der Kandidat
Jich einer Prüfung unterziehen. Die Neugewählten
wurden, wenn die Auſpicien günftig waren, durch
Pontifices und Augurn inauguriert und hatten
bei dem Antritt ihres Amtes ihren Kollegen, den
Augurn und Bontifices, ein foftbares Mahl zu
geben. — Die Kleidung der Prieſter war ein
weißes Gewand, das bei den Pontifices mit einer
reinen, bei den Augurn, Flamines u. a. mit ge:
mijchter Purpurverbrämung bejegt war, und eine
wollene Mütze, apex. Die höheren Priefter hatten
die Sella curulis und Liktoren, Ehrenfige im
Theater und Senat, das Wagenredht in der Bompa.
Alle Priefter waren frei von Kriegsdieniten und
außerordentlichen Staatslaften und hatten eigene
Amtswohnung. Ihre Einkünfte beitanden zumeijt
in dem Ertrag bejtimmten Landbejiges. Bon den
Opfertieren erhielten jie ihre Portionen Fleisch.
In geiftlicden Angelegenheiten waren alle Prieſter
den Pontifices untergeordnet, welche einerjeits in
ſtaatsrechtlichen Berhältnifjen ihre Patrone waren,
andererjeits Strafgewalt über fie hatten. Bürger:
lien Behörden (mit Ausnahme des Kenjors)
war fein Prieſter verantwortlich, auch konnten fie
in der Kegel ihres Amtes nicht entſetzt werden.
Übrigens unterzogen ſich die Prieſter willig ben
Beichlüflen des Volls und Senats. In älterer
Zeit durfte kein Prieſter zugleich irgend ein poli-
tijches oder kriegeriſches Amt befleiden; ſpäterhin
jedod) kam joldyes. häufig vor. — Zur Inter:
ftügung bei ihren gottesdienftlihen Berrichtungen
fonnten die Briejter ihre Frauen und Kinder zu-
ziehen, auch hatten fie bei manchen Sacris noch
yonjtige junge Leute und weibliche PBerjonen zu
Gehülfen (Camilli, Camillae), — Die meiften
Primicerias — Prineipes.
römijchen Priefternamen finden fich auch in den
Municipien und Provinzen.
Primicerius, nahm unter den Hojbeamten des
Kaiſers Eonftantin die zweite Stelle ein und war
als jolcher wohl dem Kammerherrn, jraepositus
sacrı eubieuh, dem höchiten Beamten, unter:
geordnet, doch in Behinderungsfällen fein Stell:
vertreter.
Primipilus j. Dux, 3.
Princeps, im allgemeinen derjenige, welcher
an der Spitze, zu Anfang (princıpium), voran
jteht, daher princeps rogationis derjenige,
welcher den Antrag gemacht und fich bei jchrift-
liher Belanntmachung zuerſt unterichrieben hat.
Die übrigen Unterzeichner hießen adscriptores.
Von vorzüglicher Geltung und hohem Anſehen
war aber der princeps senatus, meil er bei
der Abjtimmung im Senate von dem vortragenden
Konjuln, im Falle noch feine defignierten Konjuln
vorhanden waren (Sall. Cat. 50. well. 4, 10), ge:
wöhnlich (doc öftere Ausnahmen, Cie. ad Att.
1, 13) zuerft um jeine Meinung befragt wurde
(die, quid censes) und durch jein Anjehen den
Ausihlag zu geben vermochte. Dieje Ehre gab
weder Alter, noch Geburt, noch irgendwelche
politiihe Wuszeichnung, jondern fie war Die
Anerlfennung eines außerordentlihen moraliichen
Gewichts. Als prince, sen. wurde derjenige be—
zeichnet, welden die Cenſoren als den eriten in
der Liſte der Senatoren angeführt hatten, wes—
halb dieje Ehre nady jedem Luſtrum auch wechjeln
fonnte; meijtens aber wählten jie dazu den älte:
iten im Amte von den gemwejenen Genjoren, ihren
Vorgängern. Liv. 27, 11. Mit Eintritt der Mo:
narchie ftand der Fürſt jelbftverftändlich als ber
erfte auch des Senats da; deshalb führte Auguſtus,
als er im Jahre 23 v. E. jeinen erften Cenſus
hielt, fih ein als princeps senatus, Dio Cass.
53, 1. Unter dem Namen Princeps übernahm er
aber auch die Herrichaft des ganzen Reiches (Zac.
ann. 11, 9), jo daß er nun nicht mehr der meo-
“giros Tg yepovalag, jondern eöxgırus rür
rdveov war. Auch jein Nachfolger Tiberius be—
anügte ſich zunächſt mit diejem Titel, nur den
Soldaten gegenüber wollte er imperator jein.
Dio Cass. 57, 8. Darnad hieß der Inbegriff der
faijerlichen Herrſchaft princpatus, aud prıncı-
pıum. Nachdem jedoch die Benennung princeps
als Bezeichnung des Staatsoberhauptes gegen die
Bezeichnungen Caesar, imperator (aUronpdrwp)
zurüdgetreten war, und die etwaigen Thronerben
(Bringen) bezeichnete, war es auffallend, daß Ber:
tinax 193 n. E. den alten Titel weöxpırog rüg
yegovoiag wieder hervorholte. Dio Cuss. 73, 5.
— Auch im Ritterjtande gab es principes, und
jwar principes iuventutis genannt, ebenjalls
diejenigen, welde in dem Verzeichnis der Ritter
von den Genjoren zuerjt aufgeführt waren. Zur
Ehre und zur Servorhebung des Witterftandes
ließ Auguſtus jeine beiden Enkel Gaius und Lu—
cins zu den eriten der Ritter, prıncipes iuventu-
tis, ernennen, wie die auf dem Monum. Ancy-
ranum hervorgehoben wird; Claudius gab feinem
Stiefiohyn Nero diejen Titel (Tac. ann. 12, 41).
—— Kaiſer nahmen ihn ſelber für ſich in An—
pruch.
Prineipes sc. milites, ihre Bewaffnung ſ.
Waffen, 3., ihre Stellung im Heere ſ. Acies, 6.
Priscianus — Probus.
Prisciänus, aus Cäſarea in Mauretanien, be:
rühmter römischer Grammatifer und Lehrer der
Grammatik in Gonftantinopel im Anfang des
6. Jahrh. u. E. Wir bejigen von ihm unter
dem Titel institutiones grammaticae ein Wert
über lateiniihe Grammatif in 18 BB., die aus-
führlichite ſyſtematiſche Darftellung derjelben, die
uns erhalten ift, reih an jchägbarem Material
und fleißigen Sammlungen für die Formenlehre.
Es hat im Mittelalter lange Zeit als das ge:
wöhnlichte Schulbuch gegolten und den eriten
neueren Darftellungen der Grammatik als Grund:
lage gedient. Außerdem hat er einzelne Zeile
der Grammatik in feinen Schriften, de accenti-
bus, de metris comicis, de tiguris numerorum,
behandelt. Die Schrift de XII versibus Aenei-
dos enthält grammatische ragen über die An:
fangsverje der einzelnen Bücher der Äneis, die
praeexercitamenta rbetorices geben eine dürftige
Anweiſung der Rhetorik. Ein geographiiches Ge—
dicht unter dem Titel periegesis ift eine Uber:
ſetzung und teilweije freie Bearbeitung des gleich:
namigen griechiihen Gedicht? von Dionyſios;
dichteriihe Form hat ein PBanegyricus auf den
Kaiſer Anaftajius (zuerjt herausg. von Endlicher,
1825). — Ausgg. von Krehl (1819) und beſon—
ders Institutt. gramm, von M. Herk (1855—59,
Bd. IL und Ul von Keils gramm. Lat.), opera
minora von H. Keil (1860, in Bb. Il der gramm.
Lat.); Wusgabe des panegyricus und der peri-
egesis von Bährens, poet. lat. min. V p. 262ff.
Priscus, 1) ein Thrafer, Sophift und Rhetor
vermutlich in Konftantinopel, von Theodofius dem
jüngeren als Gejandter zu Attila geichidt, ver:
faßte ein Werk über die Kriege des Attila und
eine Gejchichte des oftrömischen Reichs bis 474
n. &., aus welchen noch Excerpte vorhanden find
(herausg. mit Derippos u. a. von Bekler und Nie:
bubr, 1829, und von Müller, fragm. hist. Graee
IV p. 69 fj.). — 2) Attius Prijcus, ein Maler,
malte im Wuftrage Bejpafiand den Tempel des
Honos und der Virtus. Plin. 35, 10, 37,
Privernum, Stadt in Latium, aber zum
Boljferbunde gehörig, von den Römern früh ein-
genonmen und folonijiert, lag am Fluß Amaje-
uus und war durch Weinbau und Dandel bedeu—
tend; j. Ruinen Pipernovechio. Zar. 7, 15, 8, 1.
19. 21. In der Nähe hatte Cicero ein Landgut
(Cie. Cluent. 51). j
Privilögium (priva lex), 1) in der republi-
fanischen Zeit ein bejonderes Geſetz oder Geſetz—
vorjchlag, wodurch jemand ohne gerichtliche Unter:
ſuchung zu einer außerordentlichen Strafe verur-
teilt wurde, z. B. Cicero zur Verbannung durd)
das Gejep des Elodius. In den Zwölftafeln waren
ſolche privilegia verboten. — 2) in der Kaiſerzeit
das vom Fürſten jpeziell zugeftandene Vorrecht
gewifjer Stände oder Klaſſen, wie der Soldaten,
Gläubiger, Waifen u. a. — 3) Augustum privile-
gium, aud) lex regia oder imperi, hieß jeit
Veipafian das Senatsdefret, wodurd den Kaiſern
die höchſte Gewalt übertragen wurde. Teac. hist.
4,3. ©. Lex regia.
IIgoßaoxavıov, Amulett, Schugmittel gegen
Baubereien, Figuren um den Hals der Kinder,
Yinge mit geheimen Zeichen u. dgl. m. Bergl.
Ephesiae literae.
IIgoBoAn, eine Klageform, bei der der Kläger,
991
ehe er ſich an den Vorſtand des betreffenden Ge—
richts wendet, ein Präjudiz des ſouveränen Volkes
zu erlangen ſucht. Während bei der Eisangelie
(1. d.) das Bolt jelbjt die Sache rechtsfräftig ent-
icheiden konnte, fam bei der Probole die Sadıe,
nach der beiftimmenden Erflärung des Volkes,
jedesmal an die ordentlichen Richter. Der Zweck
der Pr. war wohl, durch das Präjudiz des Volfes
auf das Urteil der Richter einzumirten. Sie wurde
angewendet gegen Behörden, gegen Sylophanten,
gegen foldye, die Staatsgut unterjchlagen hatten,
jowie gegen die Verleger der Heiligkeit gewiſſer
Feſte. Eine ne. anftellen heißt: meoßdllsctai
zıva; Präjudiz des Volles gegen den Beklagten:
xarayeıporovia, für den Beklagten: droysıpo-
rovie. Die Rectsjälle waren ſchätzbar (ruunroi,
j. Ayo» rıunrös) und ohne Gefahr für den
Kläger.
lg0ßovioı, 1) die Zehnmänner, welche in
Athen nad der Niederlage in Sicilien (413 v. E.)
eingejegt wurden, um über die zur Erhaltung des
Staates nötigen Mafregeln zu beraten. Zhuc.
8,1. Die im J. 411 v. E. gewählten bahnten
die oligarchiiche Ummälzung an, welche die 400
zur Herrſchaft brachte Thuc. 8, 67, wo jie suyyo«-
peig heißen). — 2) die Abgeordneten, welche die
12 ioniihen Staaten in der Bundesverfammlung,
dem PBanionion, vertraten. — 3) Bertrauensmän:
ner zur Beratung gemeinjamer helleniicher An:
gelegenheiten vder zur vorläufigen Beiprechung
innerer Aufgaben der einzelnen Staaten mit dem
Volle; vgl. Adt. 7, 172.
Probus, 1) M. Balerius Probus, aus
Berntos in Phoinikien, lebte unter Nero und war
erft Soldat, legte ſich aber jpäter auf die Gram—
matit und bejchäftigte ſich mit kritiſchen Studien.
Namentlich; waren es die Dichter (Yucretius, Ber:
gilins, Horatius, Berfius), die jeinen Fleiß in
Anjpruch nahmen. Ohne Zweifel ift es derjelbe
Probus, der nod als Berjaffer mehrerer gram:
matiicher Schriften genannt wird. Won jeinen
Werte de notis ift ein wertvoller Zeil, die jurifti:
ihen Abkürzungen enthaltend, auf uns gekommen
(herausg. von Mommſen im 4. Bande von Keils
gramnı, Lat., p. 271 ff., und von Hufchke, iuris-
prud. anteiust,, p. 129 ff.). Die Berühmtheit, zu
welcher jein Name gelangte, bewirkte, dab ım
jpäterer Zeit der in jeinen Schriften enthaltene
grammatiiche Stoff, in die Form eines Lehrbuchs
(Ars) gebradyt und in ausführlicheren oder kürzeren
Bearbeitungen mit Zuthaten anderer Grammatiter
vermehrt oder abgekürzt, lange Zeit hindurch in
den Schulen fortgebraucht wurde. Das Altertum
weiß nur von einem berühmten Grammatiker diejes
Namens. ©. H. Keil, gramm. Lat. I p. LIt—LIV
und IV p. Xvıll—XXXı. — 2) M. Nurelius
Probus, in Sirmium geboren, von niederer Her:
funft, zeichnete jid) in den Feldzügen der Kaiſer
Balerian, Claudius und Aurelian aus und er:
langte 276 n. E., nachdem jchon Tacitus an feine
Erhebung auf den Thron gedacht hatte, die Kaiſer—
würde, welche die Soldaten nach Ermordung des
Florian ihm übertrugen. Den Senat gewarm er,
indem er ſich von ihm bejtätigen ließ und ihm
eine größere Machtbefugnis einräumte, wodurd er
zugleidy ein heiljames Gegengewicht gegen das in
den legten Jahrzehnten mehr und mehr erjitarfte
Soldatenregiment herbeiführte. Dann ficherte er
992
Procas Silvius
bie Grenzen des von allen Seiten angegriffenen |
Neiches durch Befiegung der Alamannen, Goten,
Bandalen und Sarmaten, jchüste Die Grenzen
durch Befeftigungen, befiegte die räuberiichen Iſau—
rier und fiedelte 100 000 Baftarner in Thrafien
als Koloniften an. Mehrere Gegenlaijer, 3. B.
Proculus (j. d., 2.) und Bonojus, wurden meijt
ohne jein Einjchreiten befiegt. Als er aber nad
Beendigung der vielen Kriege das Heer an ftrenge
Dijeiplin zu gewöhnen und es für den Staat
(3. B. durch Entwäfjerungen, Brüden- und Tempel:
bauten, Betreibung des Weinbaues) auch im Frie—
den nüglich zu machen ſuchte, empörten ſich die
Soldaten und erjchlugen ihn, bei Sirmium, im
Dftober 282. Er gehört zu den tüchtigften und
gerechtejten Herrſchern des römijchen Kaijerreiches
und wird mit Recht ald der Wiederheriteller des—
jelben nad langen inneren Kämpfen angejehen.
Vop. Probus. Zosim. 1,64 ff. Eutr. 9, 17. Zonar.
12,29. Abhandlungen von Atorf (1866) und Böhm
(1867)...
Procas Silvius, ber zwölfte der Könige von
Alba Longa nah dem Ylneaden Aicanius, der
Bater des Numitor und Amulius. Liv. 1,3.
Prochyta, I/Igoyven, Inſel an der campani:
jhen Küſte zwiichen dem Borgebirge Mijenum
(30 Stadien entfernt) und der Inſel Pithekuſa;
durch einen Erdbrand, wie man glaubte, von
legterer losgerifien; j. PBrocida. Plin. 2, 88f.
Strab. 2, 123. 5, 247.
Proconsul (auch pro consule), ber, welcher
ftatt des Konjuls beauftragt wurde, und der ge:
wöhnlich jchon Konſul gewejen war (doch auch
Ausnahmen davon bei P. Cornelius Scipio, Bon:
pejus und O. Metellus Eeler, der, 60 v. C. Konful,
icon 2 Jahre vorher pro consule das cisalpinijche
Gallien verwaltete), oder deſſen imperium con-
sulare auf ein Jahr verlängert wurde. Als aber
die Provinzen des römischen Staates fich gegen
Ende der Republik jo mehrten, daß die zu Statt:
baltern derjelben ernannten Prätoren nicht aus:
reichten, übernahmen auch die abtretenden Konjuln
unter der Bezeichnung proconsules Provinzen,
doc jeit dem J. 58 v. E. durch einen Senats:
beichluß (Dio Cass. 40, 30. 46. 56) erit 5 Jahre
nad ihrem Konſulate. Da die Beitimmung, ob
eine Provinz eine konſulariſche oder prätorijche
jei, wechjelnd war und von der Enticheidung des
Senats abhing, jo finden ſich oftmals bei den
Sthriftjtellern Berwechjelungen zwijchen proconsul
und propraetor. Überhaupt fam während ber
legten republifaniichen Zeit der Name proconsul
dem Statthalter jeder Provinz zu, er mochte vor:
her Konjul oder Prätor — ſein, ſobald ihm
nur vom Senate das imperium proconsulare
verliehen worden war. Sobald der Prolonſul
eine Provinz übertragen erhalten ober erloft hatte,
mußte er nach Übertragung des imperium jofort
fi wenigſtens aus der Stadt entfernen, weil durch
einen Aufenthalt in Rom das imperium verloren
ging. Cie. ad Att. 7, 1.7. Liv. 45, 35. Tae. ann.
3,19. Dies geichah vom Capitol aus in feier:
lihem Auszuge mit feinem ganzen, ihm vom
Senate zuerteilten Gefolge (ornatus, ornare pro-
vinciam), Die Injignien jeines Amtes waren
12 Faſces; auf feiner ganzen Reiſe mußten ihm
die Bewohner alles, was er bedurfte, ohme Ver:
gütung liefern; ging er über See, jo wurden ihm
— Proculeius.
die Schiffe auf Staatsloften geftellt. Bon dem
Tage jeiner Ankunft in der ihm bejtimmten Bro:
vinz datierte jich jein Amtsjahr, fein Vorgänger
mußte nad) der lex Cornelia de provinciis ordi-
nandis alsdann binnen 30 Tagen abreien; er
jelber durfte, ohne ſich der Klage des Majejtäts-
verbrechens auszuſetzen, die Provinz nicht vor
Ablauf feines Amtes, d. h. vor Ankunft feines
Nachfolgers, verlafjen. Auf jeiner Rüdtehr zog
er mit feinen Imjignien bis vor Rom, wo jein
imperium aufhörte, und mußte hier innerhalb
30 Tagen Rechnung über die Verwaltung jeiner
Provinz ablegen. I der Provinz; war der Pro—
tonjul gewifjermaßen jouverän, nur die dort leben-
den römijchen Bürger konnten Recht in Nom ver:
langen. Zur Abhaltung der Gerichte zog er in
den einzelnen Städten umher (conventus), ge-
mwöhnlih zur Winterdzeit, da der Sommer zu
Kriegen verwandt wurde; feinen Entjcheidungen
lag das don ihm gleich beim Antritt feines Amtes
betannt gemachte edictum provinciale zu Grunde,
das natürlich feinem römijchen Provinzialgejege
widerjprechen durfte und zugleich Rüdficht nahm
auf die einheimiichen Rechte der Provinzialen.
Machten es die militäriichen Berhältniffe notwen—
dig, jo konnte er unter den dort lebenden römi—
ihen Bürgern Aushebungen zum Sriegsdienfte
veranftalten und Hülfstruppen ben Provinzialen
anbefehlen. Wenn er jich durch feine milde Ber:
waltung den Dank jeiner bisherigen Unterthanen
verdient hatte, wurden ihm dafür Bildjäulen er-
richtet, wohl ſelbſt Tempel erbaut, bisweilen auch
Danfadrefjen (laudationes) an den Senat geſandt.
Doch wußten auch die jchlechtejten Statthalter
allmählich jich dies, wenn nicht anders, mit ge:
heimer Gewalt, zu verjchaffen. Machte der Pro:
fonjul auf einen Triumph in Rom Anjpruch, jo
pflegte er jchon im voraus dazu fich von den Pro:
vinzialen das Geld liefern zu laſſen, was jedoch
durch die lex Julia de repetundis verboten wurde.
Im ganzen war die Lage der Provinzen immer
eine traurige, da faft jeder Statthalter ſich auf
ihre Koften has wollte, wie dies audy nad)
echt römijchen Anjichten etwas ganz Billige war;
daher famen die größten lbertreibungen vor, jo
daß den Provinzialen erlaubt werden mußte, im
Rom Klage wegen Erprefjungen (repetundarum)
anzuftellen. — Zur Kaijerzeit hießen proconsules
alle Statthalter von Senatsprovingen, fie mochten
vorher das Konjulat verwaltet haben oder nicht,
und wurden zunächſt wentgftend vom Senate er:
nannt oder ausgeloft. Da in biejen Provinzen
in der Regel keine Heere waren, jo beftand ihr
Amt nur in der Verwaltung und der Rechtspflege,
der nun auch die dort wohnenden römischen Bürger,
allerdings mit Appellation an den Katjer, unter:
worfen waren. Die früheren conventus hörten
auf, und mußten die ftreitenden Barteien in ber
Hanptftabt der Provinz ericheinen. Aber auch
Mißbrauch der Stellung wurde jetzt ftreng ges
ahndet (f. Kepetundarum crimen). Unter
Nero wurden die oben erwähnten laudationes
verboten. Tac. ann. 15, 21 ff.
Proculeius, Gaius Proc. Barro Murena,
ein römijcher Ritter, war mit Auguſtus befreundet
und erhielt von ihm den Auftrag, Kleopatra ge
fangen nad Rom zu bringen. Plut. Ant. 77 fi.
Plin. 36, 24. Horaz lobt ihn wegen jeiner reis
Proculi — ITgodooi«. 993
gebigfeit gegen jeine Brüder (od. 2,2, 5ff.). Er Fabius Marimus zum Prodiktator wählte, 22, 8
tötete fich durch Gift. fügt er bei: quod numquam ante eam diem
Proeüli, 1) Sempronius Broc., ein römi: | factum erat. Ob es je wieder vorgelommen, wird
cher Juriſt zur Zeit des Tiberius, nach welchem | wenigitens nirgends gelejen.
die von Antiftius Labeo (j. Juris consulti) ge) AAgodızoı, die Bormünder der minorennen
Rechtsichule die der Proculianer hieß, ver: | Könige in Sparta (der nächſte Agnat), die für ihre
faßte viele Schriften (5. B. epistularum J. XI), Erziehung forgten und ald Reichsverweſer fönigliche
aus denen in den Pandekten noch Ercerpte ſtehen. Gewalt hatten; fonft auch überhaupt für Rechts:
— 2) (T. Alius?) Proc., von barbarischer Her: | verteidiger, Patron, Sachwalter gebraudt. Xen.
funft aus dem Gebiete der Seealpen, hatte ſich Zell. 4,2,9. Plut. Iye. 3.
im römischen Heere emporgeichtwungen und wurde Prodikos, /Igödıxog, ein gried. Sophift aus
um 280 n. E. von der Bevölkerung in Lugdunum | Julis auf Keos, Zeitgenofje des Sokrates, fam
zum Saifer (gegen Probus) erhoben. Zwar er: | im feiner Jugend in Angelegenheiten jeines Vater—
fannten ihn Gallien, Britannien und Hilpanien | landes nach Athen, wo fein Auftreten Bewunde—
an; auch fiegte er über die Mamannen, wurde | rung und Aufſehen erregte und ihn wohl auch
aber doch mit Hülfe der Franken geftürzt und | zu weiteren redneriſchen Vorträgen und zur Er:
getötet. Vopise. Prob. 18. Proc. 13. Eutr. 9, 17. | teilung von Unterricht in der Redekunf gegen
Aur. Vict. ep. 37. Oros. 7, 24. Bezahlung beftimmte. Athen jcheint von nun an
Proeuratio, die abwendende Fürſorge, bejon= | jein bleibender Aufenthalt geworben zu fein, wo
ders durch Opfer und Sühnungen, zur Verhütung | er mit den bedeutendften Männern En Beit,
unglüdlicher Ereignifle, die durch Prodigien und
mit Sokrates, Xenophon, Damon, Kritias, Thu:
Naturerjheinungen, Erdbeben, Blut» oder Stein: | fydides, Theramenes, Euripides, JIſokrates, in
regen 2c. angefündigt waren. Cie. div. 1,45. Lir.
nähere Verbindung fam. Mehrere diefer Männer
7,6. — Bgl. auch Procurator. . werden geradezu jeine Schüler genannt, und un—
Procurätor, 1) im ®rivatleben der Römer | leugbar ıft der große Einfluß, den er durch Unter:
der ſ. g. Hausverwalter (Cie. ad fam. 1, 3. richt oder durd) Umgang auf jeine Umgebung
de or. 1, 58. ad Att. 14, 16. Plin. ep. 3, 19), der | ausgeübt hat. Platon äußert fich ftet3 mit Be:
die Ordnung des ganzen Haufes und unter den | wunderung über ihn. Bon ben Reden (Aöyo:)
Sklaven aufrecht erhielt. — 2) im Gerichtsweſen des Prodifos haben wir weder genauere Nach:
der Sachwalter, welcher für eine abwejende Partei, | richten noch Bruchſtücke. Nur Eine ift uns durch
unter freien Formen, durch ein bloßes Mandat | Xenophons Mitteilung (mem. 2, 1, 21) wenigftens
beftellt, die Sache führte, gewöhnlich auch alle An | ihrem Inhalte nach befannt, die in j. Buche Lock
gelegenheiten eines länger Abweſenden zu Rom | enthaltene, durch ihre anmutige Form und ihren
bejorgte. Cie. Caee. 20. — 3) Unter den Kaifern | jittlihen Gehalt gleich ausgezeichnete Allegorie
ingen in die Failerlihen Provinzen ftatt der | von Herafles am Scheiderwege (Hercules Prodicius
früheren Quäftoren ſ. g. procnratores, fpäter auch | genannt) im Kampfe zwiſchen der Tugend und
rationales genannt und aus dem Ritterftande ge- dem XLafter, welche als 2 weibliche Weſen ihm
nommen (Tac. Agr. 4), zur Erhebung der Einkünfte | entgegenfommen. Bon einem ähnlichen Geifte
für die Privatfafie des Kaijers, fiscus. In den | zeugen aucd andere Vorträge, über welche Platon
Senatöprovinzen, welche Einnahmen für den Fiffus | in jeinen Schriften berichtet. Günftig für ihn lautet
lieferten, etwa durch faiferlihe Privatgüter 2c., | aud) das Spridhwort: soparepog IIpod/xov, ſowie
war ebenfalls ein Profurator, wogegen die Ein: | die ihm erteilten Prädifate: 6 deırdg, 6 Gopog.
nahmen für das rar, nach wie vor, hier von | Ohne der gorgianiichen Überſchwenglichkeit zu
den Qnäftoren bejorgt wurden. Kleinere Provin- | verfallen, war jeine Sprache jchön, Ychmudreich,
zen, als Zubehör einer größeren, wurden auch | im Ausdrud prächtig und fein unterjchieden, und
bloß von Profuratoren verwaltet, die alsdann | jein Redetalent jchien die Rauheit jeines Organs
Jurisdiktion beſaßen, auch wohl das imperium, | nicht zu behindern.” — Bol. F. G. Welder ın j.
3. B. Pontius Pilatus in Judäa. — 4) Endlich kl. Schriften IT (1845), ©. 393 ff.
gab es jehr verichiedene Profurationen zu Rom, | Prodigium ſ. Divinatio, 13, 17.
die fih zum Teil auf das Finanzwejen bezogen, Prodigus, der Berfchwender, der wegen un:
3. ®. procurator aerarii maioris, Finanzminiſter, mäßigen Hufwandes oder jchlechter Vermögens:
proe. rei privatae, ®ertwalter bes Fltns, die | verwaltung nad einer Beftimmung der XII Tafeln
beide wieder vielfach andere procuratores unter beim Wrätor von jeinen Berwandten verflagt
fich hatten, je nad) den verjchiedenen Einnahme: werden fonnte, worauf derjelbe ſich der Verfügung
quellen benannt, 3. B. proc. metallorum, zum über feine Güter begeben mußte (bonis interdicere
Zeil nur das Amt bezeichneten, 3. B. proc. ludo- vom Prätor) und aus dem Kreiſe feiner Mgnaten
rum, aquarum u. j. w. Much reiche (grauen hatten | einen curator erhielt. Cie. Cat. m. 7, 22. Hor.ep.
ihre Geichäftsführer, procuratores, ergebene freunde 1, 1, 102 ff.
und Diener, von denen Cicero (Caec. 5, 14) eine Proditio, nicht bloß eigentlicher Berrat am
ergepliche Schilderung gibt. Vgl. Mart. 5, 61. Baterlande, fondern jede ftaatsgefährliche Hand-
Sen. controv. 7, 20. lung überhaupt, jpäter übertragen auf die Berjon
Proeyon j. Sternbilder, 5. des Fürſten, das Majeftätsverbrechen. Auch manche
Pro dietatöre, prodietator, ein Stellvertreter Militärvergehen fielen unter diejen Begriff, |.
bes Diktators. Livius (22, 31) erzählt, daß nah Disciplina militaris, 9. 10.
der Schlaht am Trafimeniichen See 217 v. &, TlIgodouos ſ. Templum, 5.
als der Konſul Flaminius gefallen und der andere ITgodosi«, Berrat, bezeichnet das Verbrechen,
Konſul Servilius, der allein den Diktator hätte wenn jemand den Staat oder einen Teil desjelben,
wählen fünnen, abwejend war, das Volk den D. 3. B. eine Feftung, ein Schiff u. ſ. w., einem
Realleriton des Haff. Mitertums. 7. Aufl. 63
994
auswärtigen Feinde überliefert. AZumeilen wird
aber auch das Berbrechen des Umfturzes der Ber:
fafljung (xaraivag tod Öruov und rupannig),
guch der Verſuch dazu, als meodosi« bezeichnet. |
Über die gerichtliche Berfolgung des Verbrechens
j. Eigayyskla. Strafe: Tod, Verſagung der
Beftattung in Attika, Niederreifung der Häujer,
Konfijlation des Vermögens, Wufzeichnung des
Namens und der Nänfe der Verräter, Atimie,
die noch auf die Nachkommen forterbte. —
Theſmotheten.
Prodrömi j. Winde, 1.
IIgosdgi« nannte man in Athen das Ehren-
recht, in den Scaufpielen den erften und vor-
nehmijten Pla auf den erjten (unterjten) Bänten,
zunächft der Orcheftra, einnehmen zu dürfen. Man
ehrte auf dieſe Art Feldherren, Priefter, jrembe
Gejandte, Bürger befreundeter Städte und alle
die, welche der Staat für ihre Verdienfte bejon: |
ders auszeichnen wollte. Auch die Waijen der im
Kriege gefallenen Bürger hatten das Recht der
Proödrie. — Allgemein bezeichnet das Wort Sik |
und Würde des modsdpog, Vorjig im Senat und |
bei Bollsverjammlungen.
Ilgösdgoı j. Bovaij, 4.
IIgosıgpog« |. Staatshaushalt, I, 12.
Profänus, feßnkos, kuunrog, der vom Tem:
pel (fanum) fern gehaltene, uneingeweihte, bejon:
ders von den eleufinifchen Myſterien geltend. Bei
der Aufnahme neuer Myſten bediente man ſich
der ausſchließenden Formel für die andern: Euüs
Sr procul este, profani, was dann auch,
bejonders von Dichtern, auf andere Berhältniffe über:
tragen ward; vgl. Verg. A. 6,258. Hor.od.3,1,1.
Ilgoydusıc, agortisıa yduwv |. Ehe, 4.
Progymnasmäta, zeoyvuraspar«, heißen teils
die VBorübungen bei den Mthleten in den Gym:
najien vor den Öffentlichen Wettlämpfen, bejonders
vor den olympijchen, wo fie 30 Tage vorher in
Elis zufammentommen mußten; teil® die Vor:
übungen und fchriftlichen Anleitungen der Rhetoren
zur Redefunft. Solche wurden unter andern be:
arbeitet von Hermogenes (j. d.), Aphthonios (j. d.), |
der Übungsbeifpiele, ueirreı, hinzufügte, und im
Anſchluſſe an leteren von Doropater, Theon u. a.
Proitos, /Igoirog, Sohn des Abas und der
Dfaleia, Zwillingsbruder des Akriſios, von dem
er im Kampfe um Argos vertrieben wurde. Er
floh zu Jobates, König in Lykien, vermählte ſich
mit deſſen Tochter Anteia (Stheneboia) und ward
von ihm mit bewaffneter Hand nad) Argos zurüd:
geführt. Afrifios behielt Argos und trat ——
ruder Tiryns ab. Paus. 2, 16, 2. 25, 7. Seine
Töchter, die Proitiden, waren Lyſippe, —2
Iphianaſſa, welche als Jungfrauen wahnfinnig
den Peloponnes durchirrten; der Wahnſinn ver—
breitete ſich auf die übrigen argiviſchen Frauen,
jo daß fie ihre Kinder mordeten. Der Grund des
Wahnſinns war, weil fie den Dienft des Dionyjos
veracdhtet, oder weil fie ſich für jchöner als Hera
gehalten hatten. Der Seher Melampüs Heilte fie
endlich und erhielt zum Lohne von Proitos ein
Dritteil des Landes für ſich und ein Dritteil für |
jeinen Bruder Bias. Beide vermählten fich mit
Lyſippe und Iphianaſſa, die dritte, Jphinoe, war |
bei ihrem Umbherjchweifen in Sifyon gejtorben. |
Hdt. 9, 34. Apollod. 2,2, 2. Nad Ovid (met.
5, 236 ff.) vertrieb B. den Afrijios aus Argos und
Prodromi — Proklos.
wurde deshalb von Perjeus durch das Medujen:
haupt verjteinert. Ein Sohn des Proitos hieß
Megapentües, j. Perseus, 1.; vgl. aud) Bel-
lerophontes.
IIgoiä |. Ehe, 3.
Prokles, I/Igoxijs, 1) j. Herakles, 16. —
2) Nachkomme des Jon, Sohn des Pityreus, führte
Argeier aus Epidauria nah Jonien. Paus. 7, 4, 3.
IIgoximoıs |. Prozels, 8.
Proklos, IIpoxkog, mit dem Beinamen Dia-
dochos, Jıddoyog, ein berühmter Neuplatonifer,
geboren in Eonjtantinopel (411 n. E.) von Eltern
aus Lykien, erzogen in XZanthos, widmete jich der
Philojophie und der Mathematik unter dem Ari:
ftotelifer Olympiodoros und dem Mathematiker
Heron, ging dann nad Athen und hörte dort die
beiden größten Platonifer jener Zeit, Syrianos
und Plutarchos aus Athen. Als Nachfolger des
legteren (daher der Beiname Diadochos) lehrte er
bis an jeinen Tod platoniſche Philojophie. Bei
einer mäßigen, ajfetiich-ftrengen Lebensweije ver:
wandte er jein Vermögen zu reichlichen Wohlthaten,
die er mit Berjtand und Auswahl jpendete. Er
war ein ſchöner Mann, von durchaus würdiger
‚und edler Haltung.
‚damals in der weltlihen Macht jeine Stüge hatte,
Je mehr das Chriſtentum
dejto mehr war P. bemüht, das Heidentum jeiner:
ſeits durch die jtrengfte Beobachtung alter und
längft verjchollener Gebräuche bei dem Volle auf:
recht zu erhalten und durd feine Philoſophie und
Spekulation neu zu beleben. Er erreichte ein
Alter von 73 Jahren und ftarb 485. — Wis
Schriftfteller war P. faſt auf allen Gebieten
des Wiſſens thätig. Als Dichter fennen wir ihn
noch aus 2 Epigrammen und 6 Hymnen (herausg.
mit den Orpbica von E. Wbel, 1885); fie jind
einfach, fließend, in reiner Sprache geichrieben
und ftehen weit über den vielleicht noch jpäteren
orphilchen Hymnen. Bon den aftronomiidhen
und mathbematijhen Schriften find noch vor-
handen: a) eine kurze Darftellung der Hauptlehren
des Hippardhos, Ariftarchos, Klaudios Ptolemaios
u. a.; b) die Schrift Zpaiga oder von den Him—
melsfreifen; c) magdpgasıg sig rıjv IIrolsundov
rergaßıßkor; d) ein Kommentar zu Eufleides
(nicht ganz vollftändig). Die Schrift de effectibus
eclipsıum solis et lunae ift bis jeßt nur in einer
lateinijchen A eg befannt. Bon jeinen gram-
matijchen Schriften feien hier genannt: a) ein
nicht ganz vollftändiger Kommentar zu Heſiods
Werfen und Tagen, b) das von Suidas erwähnte
Werk zepl zonsrouadtsiug, deſſen Zukoyal Photios
vor ſich hatte. Die von Photios daraus mitge:
teilten Excerpte find die vr. unjerer dürf:
tigen Kenntnis der Kylliker. Da indes zur Zeit
des Neuplatonikers Pr. der Kyflos ——
längſt verloren war, jo haben Valeſius und Welder
wohl mit Hecht angenommen, daf der Berfafjer der
Ehreftomathie ein andrer, weit früherer (etwa dem
2. oder 3. Jahrhundert augehörender) Proflos ge-
wejen jei. Die philojophiidhen Schriften find
teild Kommentare und Paraphraſen platonifcher
Dialoge (zum Timaios, erften Alkibiades, Bar:
menides), teils behandeln fie jelbftändig einzelne
Zweige und Fragen der Bhilojophie. — Die Sprache
des P. ift rein und Mar und mehr klaſſiſch als
die der meiften jeiner Zeitgenoſſen, wenn aud) die
Deutlichfeit zuweilen in Breite und Geſchwätzigkeit
Prokne —
ausläuft. Eine Gejamtausgabe jeiner Werte lieferte
Bictor Eoujin (1820-25. 6 Bdd.), eine Ausgabe
des Kommentars zu Platond PBarmenides Stall:
baum (1839), zum Timaios Schneider (1847), zur
Republik R. Schöll (1886); der Chreftomathie
Gaisford (in jeiner Ausgabe des Hephaiftion,
3. Aufl. 1856) und Weftphal (script. metrici
Graeci, Bb. .-
Prokne j. Philomele.
Prokonn&sos, IIgoxorvneos, auch IIgoıxöv-
vnj00g, nicht unbedeutende Jnjel in der Propontis
(j. Marmara), nordweſtlich von der Halbinjel Ar:
ftonnejos, auf welcher Kyzikos lag, befannt durch
ihre Darmorbrüde. Eine Stadt gl. N., Kolonie
von Milet, war vorhanden. Strab. 13, 588. Plin.
5, 32, 44.
ProkopVos, /Igoxörıos, aus Cäjarea in Phoi—
nitien, Rhetor und Sophift, lebte in Conftantinopel
im Unfange des 6. Jahrhunderts n. C. Im J.
526 nahm ihn Belifar als Begleiter in den per:
fiichen Krieg mit, wie er ihm auch faft bei allen
jeinen jpäteren Zügen als Geheimjchreiber und
Ratgeber zur Seite war. Später Senator, wurde
er 562 bei Gelegenheit einer Verſchwörung feines
Amtes als praefectus urbi entjegt und ftarb bald
darauf eines plößlichen Todes. — Pr. ift einer
der vorzüglichjten Gejchichtichreiber jener Zeit,
deſſen Sprache ſich durch Friſche, Bierlichkeit und
Einfachheit auszeichnet. Er ſchrieb a) ein Ge:
ſchichtswerl in 8 Büchern über die unter Juftinian
geführten Kämpfe mit den Perjern, Bandalen und
Dftgoten; b) megl xrıoudrwv, eine Lobrede auf
Auftinian, welde die unter diefjem Kaiſer aus
öffentlichen Mitteln in allen Teilen des Reichs
ausgeführten Bauten aufzählt; c) Arkxdora, hi-
storıa arcana, jo benannt, weil die Schrift wegen
ihres Inhalts erft nad) des Berfafjers Tode her-
ausgegeben wurde, von einigen Gelehrten mit
Unrecht ihm abgeſprochen. Pr. macht in derjelben
feinem verhaltenen Groll über die Machthaber
jeiner Zeit in einer bittern, maßlojen, nicht eben
edlen Weiſe Yuft; doc; geftattet fie uns intereffante
Blide in die innere Gejchichte der damaligen Zeit.
— Ausg. der jämtlichen Werfe von Dindorf (1833
— 38); der hist. are. von Drelli (1827); deutjche
Überjegung des Gotentrieges von Coſte (1885).
Bol. Dahn, Profopius von Cäſarea (1865), und
Teuffel, PBrocopius, in deffen Studien und Eharal:
teriftifen S. 248 ff. d. 2. Aufl.
Prokris, IIgoxeıs, 1). Tochter des Theipios
und durch Heralles Mutter der Zwillinge Anti:
leon und Hippeus. — 2) Tochter des attiichen
Königs Erechtheus, Gemahlin des Kephalos (j. d.).
Ov. met. 7, 694 ff.
Prokrustes j. Theseus.
Proletarii j. Centuria,
Prolögos ſ. Komoedia und Tragoedia,
Promächos, IIgöuayos, 1) ein Epigone, |.
Adrastos und Parthenopaios. — 2) Sohu
des Alegenor, Boioter. Hom. Il. 14, 476, 503.
3) Sohn des Nifon, — ſein Bruder Jaſon
nach dem goldenen Vließe ausgeſandt war, von
Pelias ſamt ſeinem Vater ermordet. — 4) Bei—
name des Herafles in Theben und des Hermes in
Tanagra. -— 5) Beiname der Athene, |. Pallas
Athene, 2.
Promötheus, ITgoun®svus (der Borbdentende, |
Borbedadht), Sohn des Japetos (j. d.) und der
995
Klymene (oder der Afia, der Themis), Bruder des
Atlas, Menoitios und Epimetheus (Nachbedadht),
ein Titane. Hejiod erzählt in der Theogonie
521 ff.): Als mad) — der Titanen die
lympier unter Zeus in Mekone (Sikyon) mit
den Menſchen rechteten, was die Menjchen den
Göttern für Opfergaben darbringen follten, zer:
legte Pr., ald Vertreter der Menſchen, in der db:
ficht, Zeus zu täufchen und mit ihm in der Klug:
heit zu wetteifern, einen Stier und barg das Fleiſch
und die Eingemweide in die Haut des Tieres,
worauf er alddann den Magen, das jchlechtefte
Stüd, legte, während er die Knochen auf einen
andern Haufen legte und mit Fett umhüllte.
Darauf forderte er Zeus auf, zu wählen, und
diejer wählte, obwohl die Lift des Gegners durd)-
ihauend, den jchlechteren Teil, die Knochen. In
jeinem Horn über diejen Trug nahm nun Zeus
ı den Menjchen das Feuer; aber Pr. jtahl es wieder
in einer Nartherftaude aus dem Olympos und
brachte es den Menſchen zurüd. Zeus, hierüber
‚noch mehr erzürnt, erjann nun jogleich ein Unheil
\ für die Menihen: er lich den Sephaiftos aus
Erde eine jchöne Jungfrau bilden, welche Pallas
Athene reizend ausichmüdte, und den Menjchen
uführen, ihnen zu großem Leid und Unglüd. Den
Hr. aber fejlelte Zeus für jeinen Frevel und trieb
ihm einen Pflod durch die Bruft und lieh ihm
täglich dird einen großen Adler die Leber zer:
fleiſchen, die jede Nacht friſch nachwuchs. Endlich
erlegte Herafled den Adler und befreite den Pr.
nad) dem Willen des Zeus; denn er wollte, daß
jein Sohn durch diefe That noch mehr verherr:
licht werde. In ben Werfen und Tagen (47 ff.)
erzählt Hefiod denjelben Mythos, doch in einigem
verichieden. Hephaijtos bildete das Weib aus Erde
und Waffer und gab ihm menſchliche Stimme,
Kraft und jchöne jungfräuliche Geftalt, Athene
weiblihe Kunftfertigfeit, Aphrodite Anmut und
Liebreiz, Hermes Dreiftigfeit und bethörende Schall:
heit; darum, weil alle Götter fie begabt hatten,
erhielt fie den Namen Bandora. Darauf führte
fie Hermes dem Epimethens zu, der ſich, troß der
Warnung feines Bruders Br., bethören lieh und
fie annahm. Nun Hat das jelige Leben der
Menſchen ein Ende; Pandora hob von dem Faſſe
| der Übel den großen Dedel, und heraus flogen
' alle Übel und verbreiteten fi unter den Menichen,
nur die trügerifche Hoffnung blieb in dem Faſſe
urüd, als ——— den Deckel ſchnell wieder ſchloß.
* dieſem heſiodeiſchen Mythos iſt Pr. der Re—
präſentant des denlenden Menſchengeiſtes; dieſer
bringt mit dem Gebrauche des Feuers die Kultur
und alle Leiden eines von dem unſchuldigen und
friedlichen Naturzuſtande entfernten Lebens; durch
das Weib kam das größte Unglück in die Welt,
der Tod, denn durch die Fortpflanzung des Ge—
ſchlechts wird das unſterbliche Leben des einzelnen
unmöglich gemacht. Pr., der, die Schraufen der
Prometheus.
- | Menschlichkeit vergejjend, mit den Göttern wetteifern
und anmaßend ihnen die gebührende Ehre ent:
ziehen wollte, mußte, von Zeus gefefjelt, leiden
und dulden, bis Serafles, der Menſch, welder
durch Kampf und geduldige Unterwerfung unter
den Willen des höchiten Gottes ſich die Unfterb:
‚ lichkeit errang, den zerfleiichenden Adler tötete und
ihn von feinen Leiden erlöfte. Aifchylos hat in 3
aufeinander folgenden Tragödien, dem fenerbringen:
63*
996 Promunturium
den, dem gefeflelten und dem befreiten Prometheus,
von denen fich der gefejjelte Pr. erhalten hat, die
Sage von Pr. behandelt und die Ideen, die fich
bei Hefiod in dunfelen und verworrenen Zügen
vorfinden, in großartigen Umriſſen weiter aus-
gebildet. Als Zeus nad dem Siege über die
Titanen, bei welhem Pr. auf Nat feiner Mutter
Themis auf feiner Seite geftanden hatte, eine
neue Ordnung einführen und auch das bisherige
Menſchengeſchlecht, weil e8 roh und tieriich jet,
ausrotten wollte, um ein beffere zu Schaffen,
widerjegte fich ihm Pr., der freund der Menichen ;
er bradıte * das dem Hephaiſtos entwendete
Feuer und führte ſie durch mancherlei Künſte, die
er fie lehrte ale Sternfunde, Schrift, Zah:
len, Schiffahrt, Weisjagung, Heiltunde u. ſ. w.),
zu höherer Bildung. Zeus läßt das Menſchen—
A t beftehen, den Pr. aber beftraft er für
eine
iderſetzlichleit dadurch, daß er ihn durch
Hephaiftos und jeine Diener Kratos und Bia
(Stärfe und Gewalt) an einen Felfen im milden
Skythenland anjchmieden läßt. Hier offenbart Pr.
dem Dfeanos und den Dfeaniden, die heranfom-
men und ihm die Unterwerfung unter die Obmacht
des Zeus anraten, daß er allein durch Mitteilung
eines Geheimniſſes einjt den Deut bon einer Ge:
fahr, die jeiner Herrichaft drohe, retten fünne; er
wußte nämlich, daß Zeus in einer Verbindung
mit einer gewiffen Göttin (Thetis) einen Sohn
zeugen werde, der ihn vom Throne ftoße. lm
dies Geheimnis zu erfahren, jchidt Zeus den Her:
mes an Pr. ab; da diejer es aber nicht offenbaren
will, bis Zeus ihn von feinen Feſſeln gelöft und
ihm für die angethane Schmach Genugthuung ge:
geben habe, jo wird er, von dem Blitz des Zeus
etroffen, mit dem Felſen in den Abgrund ge:
ürzt. Hiermit endet die Tragödie. Der Inhalt
des — Stückes, des befreiten Prometheus,
war: Nach langer Zeit kommt Pr. an dem Felſen
wieder ans Tageslicht und wird täglich von dem
— Propertius.
‚der er in mehrfache Verbindung gebracht wird,
| und Hephaiftos verehrt; er hatte dort in der Mfa:
demie ein Heiligtum, wo ihm ein Feſt, die Pro-
metheen, r« TIgounjdeı«, mit Fackellauf gefeiert
wurde.
Promunturium ſ. unter den einzelnen Artikeln
des Beiſatzes.
Promulsis j. Mahlzeiten, 8.
Prömus (von promere, hervorlangen), ber
Ausgeber, raulag, der die Vorratskammer, cella
penaria, öffnete und daraus die Vorräte ausgab,
ſowie condus (von condere, verwahren), der fie
wieder in die Kammer legte; meiſt bejorgte der:
jelbe Save, procurator peni, beide Geichäfte.
IIgoveia \. Pallas Athene, 4.
ITgöoveog j. Templum, 5.
Pronoi oder Pronnoi j. Kephallenia.
IIgövor« |. Pallas Athene, 4.
Pronüba, Eheftifterin, Beiname der Juno Ju-
' galis, Hen Tlaunkıog. Verg. A. 4, 166. Or. her.
6,43. — Pronubae hießen bei den Römern die
' Hochzeitbejorgerinnen der Braut, unbeicholtene, in
erfter Ehe lebende Frauen. Catull. 61, 186.
' Propertins, Sertus, wurde in Umbrien
(1, 22, 9ff. 5, 1, 64) und zwar wahrjcheinlich in
22
ſiſium, dem heut. Aſſiſi, geboren (5, 1, 2 Das
| Geburtsjahr ijt unbelannt und nur durch Schlüffe
zu ermitteln; jedesfalld war Pr. jünger als Tibull
und älter ald Ovid, muß aljo zwiichen 54 und
43 v. C. geboren jein. Or. trist. 4, 10, 53f.
2, 465 ff. Anderſeits führt Feine Beitanjpielung
über 16 v. E. hinaus. Er ftanımte aus unbekann—
ter Familie (3, 24, 37), verlor den Bater in früher
Jugend (5, 1, 127), büßte bei der im J. 41 durch
Oectavian beranftalteten Verteilung von Ländereien
an die Veteranen fein väterliched Erbe ein (5, 1,
127 ff.) und begab ſich frühzeitig nach Rom. Hier
wurde er im J. 28 (5, 1,3. 3, 31), nach faum zurüd:
gelegtem achtzehnten Lebensjahre, von Liebe zu der
hönen und geiftreichen Hoftia ergriffen (3, 15),
Adler zerfleifcht, bi8 der Kentaur Cheiron, der welche ihn zur Poeſie begeifterte und unter dem,
durch einen giftigen Pfeil des Herafles an einer | nach der Sitte der Zeit erdichteten, Namen Cynthia
unheilbaren Wunde leidet, freiwillig feiner Un! von ihm gefeiert wurde. Er wohnte auf dem
fterblichkeit entjagt und für ihn in den Tod geht. Eſquilin (3, 23, 24), in der Nähe des Mäcenas,
Nun en Heraffes mit dem Willen des Yeus | den er, wie die übrigen Dichter feiner Zeit, als
den Adler und Iöft den Pr., der vor feiner Ent: | jeinen Gönner en (4, 9). Sonſt ſcheint er,
— ———— Geheimnis offenbart. Dem höchſten, der Liebe und der Poeſie ergeben, übrigens kränk—
weijen Weltregierer nd fteht hier Br. als troßiger | lich, im Kreiſe vertrauter Freunde jehr zurüdge-
Beihüger der Menſchen mit weltlicher Klugheit | jogen gelebt zu haben; eine Reije nach Griechen:
gegemüber; jeine Gaben, die er den Menjchen bietet, | land wird 4, 21 erwähnt. — Wir befigen von
und bie er für die höchſten hält, find nur irbifche —* 5 (nah Lachmann), nach der älteren irrigen
Güter, die auf irdiiches Wohlfein abzweden; die | Abteilung 4 Bücher Elegien. Der Inhalt derjelben
höchſten, jittlichen Güter der Menjchheit, deren | ift zum größten Teile feinem Zuſammenleben mit
ort Zeus jelbft ift, fennt er nicht und vermag | Cynthia entnommen und jchildert die mannigfal-
ie nicht zu geben. Er will fich, im Vertrauen auf | tigen Wechjelfälle dieſes Verhältnifjes, welches nach
die gewöhnliche Klugheit und Kraft des Menjchen: | einjähriger Trennung (4, 16, 9) 5 Jahre hindurch
geiftes, dem höheren, göttlihen Willen des Zeus | dauerte (4, 25, 3). Pr. zeigt dabei eine feurige
|
nicht unterordnen und muß daher leiden, bis er
von jeinem Trotze abläßt. — Br. joll aud die
Menjchen gefhaffen haben aus Erde oder aus
Waller und Erde, entweder uranfänglich (Or. met.
1, 82), oder in Gemeinschaft mit Athene nach der
deufalioniichen Flut. Seinem Sohne Deutalion,
den er mit Hefione oder Mriothea oder Pandora
oder Klymene zeugte (dt. 4, 45 nennt Aſia jeine
Frau), ſoll er vor der Flut den Nat gegeben
haben, zu feiner Rettung ſich eim Schiff zu er:
bauen. Zu Mthen wurde Br. neben Athene, mit
ı Natur, welche Freude und Schmerz mit der größten
Leidenjchaft auffaßt, aber auch ein tiefes Gemüt
und einen edlen Charakter. Die Zuneigung zu
| jeiner Geliebten gründet fich nicht allein auf ihre
‚ förperliche Schönheit, bon der er (2, 2) ein glän-
— Bild entwirft, ſondern auch auf die geiſtige
Anziehungskraft der mit allen Künſten der dama—
ligen Bildung reich ausgeſtatteten Römerin (3, 13, 9).
Obgleich ſie den Dichter durch Laune und Treu—
loſigkeit oft verlegte und zuweilen einem reicheren
Bewerber den Borzug gab, blieb er ihr dennoch
997
treu ergeben, und auch, nachdem er jich mit zer: | welcher als Statthalter in eine prätoriihe Pro—
riffenem Herzen von ihr losgeſagt hatte (4, 25), | vinz (j. Provincia) ging. Amt und Rechte der
bewahrte er ihr bis über das Grab hinaus (5, 7, 1ff.) Proprätoren waren bis auf die äußeren Ehren
jeine Auhänglichleit. Dieje innige Liebe, von der | denen der Prokonſuln gleich, alſo beſaßen fie voll-
jein ganzes Wejen durchdrungen ift, bezeichnet er | fländige Yurisdiftion und Verwaltung, im Not:
ſelbſt wiederholt (am ausführlichiten 2, 1) als die | falle auch militärische Gewalt, doch hatten fie mur
unerichöpfliche Quelle jeiner Boefie; und feiner 6 Liftoren, die Hälfte der den Prokonſuln zuge:
unter den römijchen Dichtern hat bie Shut der ftandenen, und eine kleinere Kohorte; vgl. Cohors
Leidenschaft mit jolcher Wahrheit gejchildert, wie praetoria. In der Kaiſerzeit heißen jämtliche
Prop. Dadurch erhalten jeine Gedichte eine große | Statthalter der kaiſerlichen Srovinzen (mit Aus⸗
Lebendigkeit, welche freilich der Darftellung eine nahme von Agypten, das bejondere Stellung als
Kürze gibt, die oft hart und abgerifjen erjcheint kaiſerliches Hausgut hatte, Tac. ann. 2, 59, und
und die Auffafjung des Gedankenzufammenhangs | von römijchen Rittern verwaltet wurde, vrocura-
erichwert. Trotzdem weiß er jeine Empfindungen tores, Tac. ann. 12, 60. hist. 1, 11) im Gegenjaß
mit überlegener Kraft zu en on und in wohl: zu den proconsules, Statthaltern der jenatorischen
durchdachten, bis in die feinften Züge ausgemalten rovinzen, propraetores. Jaec. ann. 2, 66. 12,31.
Schilderungen ——— Damit verbindet er Der vollftändige Titel war legatus Caesaris pro
einen ausgedehnten Ge ag} entlegener Dnthen, | praetore consulari potestate.
welche er bald in flüchtigen Andeutungen, bald in; Propugnacülum j. Belagerung, 9.
weiterer Ausführung in jeine Darftellung verwebt,| Propylaia j. Attika, 9. und Baukünst-
überall aber mit poetijchem Geifte Durchdringt. Er ler, 4.
folgte darin dem Borgange der alerandriniichen Ele: Proquaestor (au pro quaestore) zur Beit
giter, Kallimachos und Philetas, denen er, angezogen | der Republik Bezeichnung eines außerordentlichen
durch ihre Formenbeherrichung, vorzugsweije nach: Quäſtors, der einen durch Tod oder jonft abge-
eiferte (4, 1), und durfte bei jeinen Zeitgenoſſen gangenen Quäſtor erjeßt (Cie. Verr. 1, 4. 15, 36),
ein allgemeines Berftändnis dieſes Schmudes, der | oder deſſen Quäſtur verlängert wurde (prorogare).
Propoetides — Iloogxvveiv.
ihm fpäter den Vorwurf überladener Gelehrjam- |
feit und Dunkelheit zuzog, vorausjegen. Die
Sprade ift nach griechiſchem Gejchmade jorgfältig
— der Versbau kräftig und ſchwungvoll. —
ie Gedichte des fünften Buches, welche teilweiſe der
letzten Lebenszeit des Dichters angehören und viel—
leicht aus dem Nachlaſſe desſelben von Freunden
herausgegeben worden ſind, unterſcheiden ſich we—
ſentlich von den früheren; ſie behandeln meiſt Stoffe
aus der römiſchen Sage und Geſchichte und ver—
raten eine edle —— — Begeiſterung. Das letzte
Gedicht, deſſen Zeit nachzuweiſen iſt (5, 6), fällt
in das J. 16 dv. C. — Ausgg. von Muret (1558),
J. Scaliger (1582 ff.), Pafleratius (1608), Brouf:
—* (1727), Vulpi (1755), Barth (1777), p.
urman und Santen (1780), Kuinöl (1803),
Lachmann (1816), Herkberg (1843—45, Haupt:
ausgabe), Bährens (1880); Tertausgaben von Bal-
damus (1827), Jacob (1827), Lachmann (1829),
9. Keil (1850. 1857), Haupt (mit Catulf und Tibull,
5. Aufl. 1885) und Luc. Müller(1870); Überjegungen
von Hertzberg (1838) und F. Jacob (1860 ff.).
Propoetides, Jungfrauen in Amathüs, welche
zur Strafe, daß fie die Gottheit der Venus ge: |
leugnet hatten, in Steine verwandelt wurden.
met. 10, 221 ff. |
Propontis, n IIoomovris (dad Vormeer, j.
Marmarameer), das Eleine Meer, welches durch
den Hellespont im W. und den thrafijchen Bospo— |
ros im D. den Pontos Eugeinos mit dem Aigai—
iichen Meer verbindet. Herodot (4, 85) gibt ziem: |
lid) — die Länge auf 1400 Stadien, Be reite |
auf 500 Stadien an. An der Südküſte liegen der
Kianiſche (j. Imdichir-liman) und der Olbia: |
nijche oder Aſtake uk Meerbujen (j. Meerb. |
von Iſmid). Bedeutende Pilanzjtädte, 3. B. de |
rafleia, Berinthos, zen Kies, lagen an
ber Küfte; die Inſeln Ophiufa, Elaphonejos, Pro—
konneſos, Bejbilos u. j. w. vor berjelben. Strab. |
2, 124. 12, 541. 574.
Propraetor (aud) pro praetore) hieß gegen
das Ende der Republif der geweſene Prätor,
I
Cie. ad fam. 5, 6.
Pröra j. Schiffahrt, 5.
Prorogatio, die ag, er, eines Amts:
jahrs (magistratus), eines Oberbefehl$ (imperii),
einer Provinzverwaltung (provincine).
Prorsa j. Evander.
Proschion, IIgöoyıov, Stadt Witoliens, am
jübwetlihen Abhange des Berges Arakynthos,
nad Strabon (10, 451) ziemlih an der Stelle
des homerischen Pylene Hom. Il. 2, 639). Thue.
3, 102. 106,
Proseriptio, die Achtserflärung vieler ange:
fehenen und reihen Männer, zu durch Sulla
eingeführt (40 Senatoren, 1000 Ritter), der ihr die
Geſtalt eines Nechtsinftituts mit dauernden recht:
lihen Folgen gab (novi generis edietum, For.
3, 21); hernad dur die Triumdirn, Antonius,
Dctavian und Lepidus, wiederholt (130—150 Se:
natoren). Die Namen der Projfribierten wurden,
auf Tafeln gejchrieben, öffentlich ausgeftellt, und
war der aljo Geächtete vogelfrei, und jeine Kinder
‚und Nachkommen aller Ehrenftellen und alles Ver—
mögens verluftig; die Güter murden für den
Staat (d. h. für die Gewalthaber und ihre Sol:
. daten) eingezogen (bona publicare), Die Söhne
der durch Sulla geächteten Senatoren mußten,
troßdem ihnen Vermögen und Ehrenftellen ge:
nommen waren, dennod die Laften ihres Standes
— (Vell. Pat. 2, 28); Cãſar reſtituierte fie.
Vell. Pat. 2, 43.
IIgosti.nvor |. Arkadia.
Proserpina j. Persephone.
Ilgooxnvıor j. Theatron, 8.
ITgosxepalhetor |. Mahlzeiten, 3.
IIgöszinoıg |. Prozefs, 37.
IIgosxvveiv (von xureiv, füflen, nicht von
xvor), zunächſt und eigentlich die perjiiche Ber:
ehrung gegen ihre Könige und andere Große, indem
man 4 vor Hvcn niederwarf und mit dem Wir:
gejicht die Erde berührte; bei den Griechen als
entichiedenjtes Zeugnis der äußerſten Servilität
angejehen und daher von Konon zurädgewiejen
998 Prosodion — Provineia.
und von Kallifthenes (j. d.) dem Mlerander ver: | König in Phylake in Thefjalien, warb unter allen
weigert. — Bei den Griechen war die moogxurnoıg | Kriegern vor Troja zuerjt getötet, und zwar von
vielmehr cine Verehrung der Götter durd Kuß— | Heftor (Ov. met. 12, 67), während er, der erfte
hände, die jchon frühzeitig vorlommt. Die Römer | von allen, aus dem Schiff ans Land jprang. Hom.
gaben das Wort durch adorare, venerari, weniger | IT. 2, 695 ff. Seine Scharen wurden darauf von
adulari, wieder, j. Adoratio.
Prosodion ſ. Lyrische Pcüsie, 4,
ITgösodo: j. Staatshaushalt, I. |
Prosopitis, /Teoswzirıs, Inſel in Agypten,
die einen eigenen Nomos bildete, im W. von dem
fanobijchen, im O. von dem jebennptiichen Niların,
im N. von einem Kanal umfjchloffen, mit den
Städten Projopis und Atarbechis(oder Aphro—
ditopolis). Hdt 2, 41. 165. Thue. 1, 109. Strab.
17, 802.
IIgooratung |. Zivos, 1.
Hgöstaßıs |. Arıuda.
IIgöooroa |. Haus, 2.
Protagöras, /Iporayöges, einer der berühm-
teften griech. Sophiften, war in Abdera geboren.
Sein Leben fällt in die Zeit von 480-410 vd. C.,
demnach war cr etwas älter als Gorgiad und
Prodifos. Uber jeine Ausbildung und jeine Lehrer
find nur wenige Nachrichten vorhanden. ine
Erzählung, die ihm Demofritos zum Lehrer gibt,
icheint eine Erdidhtung oder Namensverwechfelung |
zu jein, denn Protagoras war 20 Jahre älter als
Demofritos. Nur jo viel —53— feſtſtehen, daß
Pr. die älteren ioniſchen Philoſophen, den Hera—
kleitos und die Elcaten genau gekannt und ftudiert
hat. Ehe er der Philojophie ſich ausichliehlich
zumwendete, waren Grammatif und Rhetorik jeine
Studien (detoimeıe, Plat. Phaedr. 267 C); fpäter
umfahte er alle Gebiete des menschlichen Willens
und wurde jo einer der gelehrteften Sophiften.
Er jelbft nannte fich zuerſt einen Sophiften und
nahm für einen Lehrlurſus 100 Minen. In
hohem Anjehen ftand er bei Perikles, durch deflen
Vermittlung er im $. 443 mit andern athenifchen
Koloniften nach Thurioi gefandt wurde, um bie
Geſetze diefer Stadt zu repidieren und den Zeit:
verhältniffen anzupafien. Bon feinen Lehren find
durch Platon und andere uns mehrere Säße er:
halten und befannt geworden. So Ichrte er, daß
alles jei, was nnd wie es einem jeden Menjchen
erfcheine; er verſprach and) zu Ichren, eine ſchwächere
und jchlechtere Sache zur ftärferen und befferen zu
machen (röv Frrw Aöyor norirrw oreiv). Hieher
—— auch die von ihm aufgebrachten Aoyor |
erorıxol nach jeinem Saß dvo Aoyovg eivaı epl
jeinem Bruder Podarkes geführt. Berühmt ift
jeine und jeiner Gattin (Raodameia, der Tochter
des Afaftos, oder Bolydora, Tochter des Melea—
‚gros) gegenjeitige Liebe. Catull. 68, 81 ff. Als
Laodameia den Tod ihres Gemahls erfuhr, ge—
‚ währten ihr die Götter die Bitte, daß Protefilaos
auf 8 Stunden in die Oberwelt zurüdfehre, und
als num Pr. zum zweitenmal ftarb, ftarb fie mit
'ihm. Hygin. fab. 103. Propert. 1, 19,7. Or. met.
12, 67. her. 13. Luc. dial. mort. 23, 1. Sein
Grab war zu Eleus auf dem thrafiichen Cherſo—
‚nes, wo er auch einen reichen Tempel hatte. Hdt.
7, 33. 9, 116. 120. Plin. 16, 99. Auch zu Phylake
hatte er ein Heiligtum und geichenfpieie.
Proteus, /Igorevs, cin weisjagender, dem Po—
jeidon untergebener Meergreis, der die Robben
der Amphitrite weidete und fich auf der Aniel
Pharos bei Agypten aufhielt. Da er des Mittags
gewöhnlich feine Herde ans Ufer trieb und mit
ihr im Schatten der Felſen ruhte, überfiel ihn
einft Menelaos, ald er auf feiner Heimfahrt von
Troja längere Zeit durch widrige Winde auf der
Inſel zurüdgehalten wurde, auf Rat der Eido—
thea, der Tochter des Proteus, im Schlummer
und nötigte ihn, obgleih er durch verjchiedene
Berwandlungen fich hatte befreien wollen, ihm zu
weisjagen, wie er nach Haufe ehren könne. Ho.
Od. 4, 351 ff. Durch fpätere mythologiiche Deute:
leien ward Pr. ein ägyptiſcher König auf Pharos,
der bei den Agyptern Keten (Kerner) geheihen habe
Diod. Sie. 1, 62), Sohn des Bojeidon, Gemahl der
famathe (pchuetos, Sand), bei Euripides Bater
des Theoflyinenos und der Theonoe. Nach Euri—
Helena zu Pr., während dem Paris ein Schatten-
bild der Helena folgte; jpäter erhielt Menelaos
nach der Rückkehr von Troja die Gattin zurüd.
Hadt. 2, 112-118. Pr. joll von Agypten ſich nach
Thrafien gewendet und dort die Torone geheiratet
haben; weil fi) aber feine Söhne Tmolos und
Telegonos gemwaltthätig gegen Fremde benahmen
(fie wurden von Serafles getötet), habe er fich
durch Poſeidon wieder nad) Agypten verjegen laſſen.
IIgo®eorg vexgoö |. Bestattung, 1.
IIgo&eouie |. Prozefs, 6.
— — — — — — — — —
ravrög modyuarog kvrinsıufvoug aAlrjkorg, feine | Prötis, ITgörıs, aus Phokaia, Stammvater
regen totoriudu und die Beozıs. In feiner Schrift | des Geſchlechts der Protiaden in Maffilia, welches
ro Dev behauptete er, nicht zu wiffen, ob es er nach Juſtin (43, 3) um 600 v. E. gründete,
Götter gebe oder nicht, und wie fie feien. Er nachdem er ſich mit Gyptis, der Tochter des der:
galt daher in Athen als Atheift und wurde aus tigen Königs Nanus, vermählt hatte. Bgl. Put.
der Stadt verbannt und feine Schriften öffentlich
verbrannt. Er flüchtete auf einem Heinen Fahr—
zeuge, um nach Sicilien zu gehen, foll aber unter:
wegs in den Wellen jeinen Tod gefunden haben.
Über jeine loci communes vgl. Cie. Brut. 12, 45;
über jeine Lehrſätze beſonders Platons Protagoras,
außerdem Flat. Theaet. p. 156. 152. 160. Cie,
acad. 2, 46, 142. n. d. 1,2,12.29. Abhandlungen
von Geift (1827), Vitringa (1852) u. a.
Pröte, /Iesrn, Inſel nördlich unweit Pylos
an der Weftfüfte Meffeniens. 7ruc. 4, 13.
Protesiläos, IIgwreollung, ©. des Iphiklos
und der Aftyoche, Enkel des Aioliden Phylakos,
| Sol. 2.
Protogönes j. Maler, 7.
Protomächos, IIgwröuezos, 1) athenijcher
Feldherr, der in der Schlacht bei den Arginufiichen
Inſeln fiegreich den rechten Flügel führte. Dem
darauf folgenden Prozeife gegen die Anführer in
dieſer Schlaht entzog er ſich durch freimillige
| Verbannung. Xen. Hell. 1, 5, 16. 6, 30, 33. 7, 1.
— 2) Meiteranführer Alexanders des Großen.
Arr. 2, 9, 2.
Provincia heißt 1) im allgemeinen ein Ge—
ichäftsfreis, Auftrag, 3. B. prov. urbana,
prov, maritima, Anführung der Flotte. — 2) eine
pides brachte Hermes die von Paris entführte -
—
2*
-.
Provincia. 999
Provinz, d. h. jedes unterworfene Land aufer: | betrachteten und wünſchten. Daher war die Lage
halb Ftaliens, das von Rom aus durd) Statthalter | der Provinzen eine jehr drüdende, und namentlich
verwaltet wurde. Die von dem fiegreichen Feld- äußerte fich jolche Laft in den verjchiedenen Ge—
herrn zunächſt vorläufig getroffenen Regierungs- | treidelieferungen (frumentatio, frumentum, ſ. d.).
anorbnungen wurden herfömmlich durc; den Senat | Außerdem waren die freiwilligen Gejchenfe, die
beftätigt und ihm darauf 10 Legaten (Senatoren) bei: | jedoch meiftens erzionngen waren, eine reiche Ein:
geordnet, unter deren Mitwirkung die vollftändige | nahme für die Statthalter, dazu fam Beſtechlich—
Einrichtung zur Provinz (in formam provinciae | feit beim Nechtfprechen u. |. w. Den PBrovinzialen
redigere) geichah; dabei wurden ftreng alle Eigen: | ftand dagegen zu Rom bie — repetundarum,
tümlichfeiten und die bisherige Berfafjung des | wegen Erprefjungen, offen, und wenngleich viel:
Landes beibehalten, injoweit fte nicht dem römi- fach ſolche mit Erfolg angeftellt wurde, war es
ichen Weſen und der allmählichen Einführung des: doch in den meiſten fällen aus vielen, zum Teil
jelben geradezu hinderlid; waren (lex provinciae). | in der Zufammenjegung des Gerichtshofes, zum
Die alljährlihe Ernennung des Statthalterd Tag | Teil in der Entfernung der Provinzen liegenden,
in den Händen des Senats, bisweilen wurde Ber ' Gründen nicht möglich Durchzudringen. Daher fam
wohl aus ftrategiihen Rückſichten dem früheren |e3, dat allmählich die Provinzen verarmten. —
jein Imperium, auf Antrag des Senats durch ein | Überſicht der römijchen Provinzen bis zum :
plebiseitum (Liv. 32, 28) oder durch den Senat %. 117 n. C., nad) der Zeit ihrer Einrichtung.
allein (daf. 10, 22) prorogiert. Diele Statthalter | A. Zur Zeit der Republik: Sicilien 241 v. C.,
befamen außer der Anführung des Heeres die Ge: | Sardinien und Corfica 238, Gallia cisalpina 222,
richtöbarfeit und die Verwaltung der Provinz, doch Hiipania Tarraconenfis und H. Baetica 205, Illy—
fonnten fie nicht über die vectigalia verfügen, | ricum (Dalmatien) 167, Makedonien 146, Afrika
da diefe von den Cenjoren zu Rom an die Bubli: | 146, Achaja etwas jpäter, Afien 129, Gallia Nar-
cani (j. d.) verpachtet wurden. Außerdem waren | bonenfis 120, Bithynien 74, Kyrene 74, Kreta 67,
fie durch die für jede Provinz bejonders aus: | Pontus 65, Kilifien 64, Syrien 64. B. In der
geftellte lex provinciae gebunden. Jedem Statt: Kaiſerzeit: Agypten 30 v. E., Aquitanien, Gallia
halter wurde ein Quäftor beigegeben, der Zahl: | Lugdunenfis, Lufitanien, Belgica (unterworfen jeit
meifter, welcher von Rom aus die für die Pro- | 50, eingerichtet 27), Germania superior und in-
vinz nötigen Gelder erhielt, aber auch alle Ab: | ferior 27, Kypros 27, Galatien 25, Pamphylien
gaben in der Provinz (mit Ausnahme der vecti- |25 (43 n. E. durch Lykien vergrößert), Rätien 15,
galia) einzutreiben hatte. Er jollte nach urfprüng: | Noricum 15, Alpes maritimae 14, Pannonien
lich römiſcher Anſchauung zu feinem Vorgeſetzten 9 n. E., Möfien ebenfalls 9 (nad Mommſen jchon
in dem Pietätsverhältnife eines Sohnes zu feinem | 11 dv. E.), Kappadofien 17, Numidien 39, Mau:
Bater ftehen und durfte deshalb auch niemals vor | retanien (Tingitana und Cäjarienfis) 42, Britan-
Gericht gegen feinen Vorgeſetzten zeugen, konnte | nien 43, Thrafien 46, Pontus Polemoniacus 63,
auch bei jchlechtem Betragen von dem Statthalter | Kommagene 73 (war von 17 bis 38 n. E. jchon
entlaffen werden. Außerdem begleitete diejen die Broving) Arabien, 105, Dacien 107 (uach Momm—
fogenannte Cohors praetoria (j. d.). Alljährlich |jens Berechnung), Armenien und Mejopotamien
hatte er jeine Provinz zu durchreiſen, was wegen | nebjt Afiyrien 115. — Als Auguftus anerkannter :
der Kriegführung während des Sommers meiftens | Fürft des römifchen Volt war, teilte er im J.
im Winter geichah, zur Abhaltung der Gerichts: | 27 v. E. die damals vorhandenen Provinzen mit
tage (vgl. Conventus). Wohin er nicht felber | dem Senate. Er übernahm die in irgend einer
fommen fonnte, dorthin jchidte er jeine Legaten, | Weife jchwierigen, ſei es, daß die Einwohner noch
doc war eine Berufung an ihn zuläſſig. Bei fei- nicht beruhigt waren, oder daß friegeriiche Nach—
nen Enticheidungen mußte es verbleiben, es jei | barn mit Einfällen drohten; die übrigen fried:
denn, daß in Kriminalfällen jemand fich ausdrücd- | lichen überließ er dem Senate. Scheinbar geftand
lih auf fein römifches Bürgerrecht berief vers dem Senate die bejten, einträglichften zu, er
3. B. der Apoftel Baulus), in welchem Falle ber: | jelber übernahm nur Sorge und Gefahr, in Wahr-
jelbe verhaftet und nad) Rom gejandt wurde. Da | heit aber machte er den Senat waffenlos und be:
aber dem Statthalter gar fein Gegengewicht, mie | hielt für fich allein das Heer; nur eine einzige
zu Rom dur die Anterceifion, gegenüberjtand, | jenatorijche Provinz (Afrila) mußte ein Heer von
jo waren die Provinzialen ganz dem guten oder 1 Legion erhalten, das auf wenige Jahre, 20 bis
ichlechten Willen desjelben anheimgegeben. Dazu Anfang 24 n. E. (Tac. ann. 3,9. 4, 23), auf
fam, daß derjelbe jich manche anderweitige Be: 2 Legionen erhöht werden mußte. Die Teilung
drüdungen gegen jeine Untergebenen erlaubte. ergab für den Senat (Dio Cass. 53, 12): 1) Afrifa
Freilich waren die Leiftungen der Provinzialen | mit Numidien, 2) Aſien, 3) Hellas mit Epirus
jeftgejet durch die lex Julia de provinciis, 59 (Achaja, Dio Cass. 55, 26), 4) Dalmatien, 5) Ma:
v. E., und jollten, da den GStatthaltern alles | fedonien, 6) Sicilien, 7) Kreta mit Kyrene, 8) Bi:
Übrige von Rom aus gegeben twurde, nur in der thynien mit Bontus, 9) Sardinien und Corfica,
Lieferung von Fourage für das Zugvieh und 10) das bätijche Hifpanien. Anguftus nahm für
jonftigen Erforderniffen auf den Reiſen derjelben | ſich 1) das übrige Hiſpanien (Tarraconenfis),
durch die Provinz, als in Quartier, Dot. Bug: | 2) Gallien (mit Einjchluß von Germania superior
vieh u. ſ. w., beftehen; aber es fehlte bei der, umd inferior), 3) Syrien mit Phoinifien, 4) Kili—
teilweife großen Entfernung von Rom an jeder | fien, 5) Kypros. Schon nach 5 Jahren, 22 n. €.
Kontrolle, und es herrichte unter den römiichen | (Dio Cass. 53, 12. 54, 4. Suet. Oct. 47), tauſchte
Nobiles in diefer Beziehung auch die größte Nach: Auguftus Dalmatien für Kypros und das narbo—
fit, da fie alle eine Statthalterichaft als voll— | nenfiihe Gallien ein, jo daß Strabon (17, 840)
gültige Gelegenheit ihrer eigenen Bereicherung | mit diejer Abweichung diejelben Senatsprodinzen
1000
aufzählen konnte, wie fie Dio Caſſius angegeben.
Bei diejer Anderung war übrigens Jllyricum (die
frühere Provinz Cäjars, der ſchmale Landſtrich am
Adriatiichen Meere), von Dalmatien abgenommen,
dem Senate verblieben und mit Epirus (das jept
von Achaja abgezweigt wurde) verbunden. Soldye
Vertauſchungen ee übrigens jpäter mehrmals
ftatt, wie überhaupt Auguftus und nachfolgende
Kaifer ſich nicht der fpeziellen Sorge für die
Senatsprovinzen überhoben hielten und öfter jelb-
ftändia in die Ordnung und Verwaltung derjelben
; eingriffen. Eine Provinz, Agypten, war nicht in
die Teilung einbegriffen; fie war gewiffermaßen
Hausgut des Fürften; aus politiichen Gründen
hatte Auguftus diejelbe fich perjönlich vorbehalten.
Agypten war nämlich die Kornlammer Roms, wer
fie beherrichte, war Herr von Rom. Taec. ann.
2,59. hist. 1, 11. ar hatte Auguſtus auch
das —*9 gegeben, daß kein Senator oder er—
lauchter Ritter ohne Erlaubnis des Fürſten dieſes
Land betreten durfte. Tac. ann. 2, 59. Dort
blieben unter Auguftus die jchon von Cäſar da-
felbft ftationierten 3 3 Legionen Huet. Caes.76. Strab.
17, 797: reda rdyuare), während Tacitus (ann.
4,5) im J. 23 n. E. und fpäter nur 2 Legionen
als Beſatzung angibt. Wahrjcheinlich hatte Ger:
manicus im J. 19 n. C. die leg. XII von dort
nach Syrien verlegt, wojelbit von da an 4 Le—
gionen ftanden, Fi die urjprüngliche Bejagung
nur 3 Legionen betrug. Die Verwaltung Äghptens
war ebenfalls von der aller übrigen Provinzen
verjchieden. Nur geringere und, weil weniger ehr—
geizig, deshalb zuverläffigere Männer, d. i. aus
dem Ritterftande, wurden dajelbft zu Statthaltern
eingejegt. Tuc. ann. 12, 60. hist. 1, 11. Dio Cass.
51, 17. — Die Statthalter der ſenatoriſchen Pro-
vinzen zerfielen in 2 Kategorien. Afrika und Aſien
erhielten nach Entjcheidung des Senats geweſene
Konfuln zur Verwaltung, und zivar für gewöhn—
lich alljährlich die beiden älteften Konſularen,
e3 jei denn, daß namentlich Afrika ausnahms:
weife wegen räuberiicher Angriffe der Nachbar:
völter jpezielle Sorge und ausgezeichnetes Kriegs:
talent verlangte. Tac. ann. 3, 35, Die übrigen
Senatsprovinzen wurden prätorijchen Männern
übergeben, doch ebenfalls mit dem Titel pro-
consules (und den nfignien derjelben). Dio
proconsulibus sortito permisit) bezieht. Da-
gegen hießen die Statthalter der kaiferlichen Pro:
pinzen, mochten fie immerhin auch ſchon Konjuln
Son fein, propraetores, zur Bezeichnung,
aß fie Heere befchligten (praeire).
prätoren (legati Caesaris pro praetore consulari
Dieje Pro: |
1
I
Provocatio.
2 Jahre dieje Erleichterung erhalten (Dio Cass.
54, 30), ähnlich Sardinien 6 n. E. (Die Cass.
55, 28). Die proconsules hatten 12 lietores
(Öwdsnameltxeig), die propraetores 6 (dfumeid-
xtis); jene begannen ihr Amt und nahmen infolge:
deſſen die Inſignien desjelben ſogleich an, nach:
dem fie Rom verlafjen hatten, und beendeten cs
bei ihrer Nüdfchr erjt vor Rom, dieje mußten
fih aller Amtshandlungen und Zeichen bis zur
Ankunft in der Provinz enthalten; jene erhoben
den Tribut von ihren Unterthanen, weshalb ihnen
ein quaestor beigeordnet und untergeben war,
diefe bedurften desjelben nicht, denn der Kaijer
jandte noch bejondere procuratores in die laiſer—
lihen Provinzen. Aber auch in den ſenatoriſchen
Provinzen gab es Faijerlicdyes Gut, zu deſſen Ber:
waltung und Berechnung neben dem proconsul
‚und quaestor des Senats unabhängig ein faijer:
lier procurator (j. d.) geichidt wurde, deſſen
Macht für a. ſich allerdings nur über
servitia et pecunias familiares (Tae. ann. 4, 15)
erftredte, der jedoch unter bejonderen Umftänden
auch wohl das ius praetoris, d. h. eigene Ge—
richtsbarfeit und Verfügung über etwa vorhandene
Militärmadht, erhielt und auch wohl praetor hieß
und als joldher einen bejonderen quaestor unter
ſich hatte (Tac. ann. 1, 74: praetorem Bithyniae,
quaestor ipsius). Aber es gab auch kaiſerliche
Provinzen mit dem ius praetoris (Tuc. ann. 2, 56),
das find folche, die weder jo bedeutend waren, daß
fie von bejonderen propraetores verwaltet werden
mußten, noch jo geringfügig, daß zu ihrer Ver:
waltung ein bloßer procurator (wie 3. B. Judäa
unter Pontius Pilatus) genügte, z. B. ein prac-
tor Hispaniae citerioris wird ausdrüdlih Tae.
ann. 4, 45 erwähnt; auch Kommagene empfing im
%. 18 n. E. den Quintus Serväus als praetor
(Tac. ann. 2, 56). Namentlich gab es unter Nero
mehrere ſolcher Provinzen unter praetores in
Kleinafien (Tac. ann. 15, 25). Außerdem daß die
Kaijer, bejonders Tibertus, mehr auf die Verwal:
tung der Provinzen achteten und durch Einrich:
tung eines Gehalts für die Statthalter ihnen
manche Zweige der Bereicherung und Bedrüdung
entnahmen, und überhaupt in den Prozeſſen wegen
Erprejjungen jehr ftrenge Strafen verhängt wur:
‚den, verbejlerte jich die Lage der Provinzialen
Cass. 53, 13, worauf ſich Suet. Oct. 47 (ceteras
namentlich durch die Verlängerung der Statthal:
terichaft auf mehrere Jahre, % daß aljo die Inter:
thanen, wie Tiberius fagte, wohl gejchoren, aber
nicht gerupft werden follten. Im übrigen blieb
die innere Verwaltung der Provinzen diejelbe, wie
Feen und gab der Kaiſer den Statthaltern eine
Inftruftion mit. Allmählich verjchwand auch der
potestate) verwalteten abweichend von den re- | Unterjchied der jenatorifhen und faiferlichen Pro:
publitanijchen Einrichtungen und auch im Unter:
ichied von den fenatorischen Profonjuln in der
Regel und im Prinzip länger als ein Jahr (jelten
über 5 Nahre) ihr Amt, wodurd den Provinzialen
eine große Erleichterung erwuchs, jo daß in Zeiten
großer Gelderihöpfung auch wohl eine jenatorische
Provinz vorübergehend vom Kaijer übernommen
wurde, damit ſich dieje Provinz durch die dar—
gebotene —— an Abgaben und Zahlungen |
erholen konnte, 3. Achaja (Taec. ann. 1, 76.
Dio Cass. 58, 25), 44 n. €. von Claudius dem
Senate zurüdgegeben (Suet. Claud. 25. Dio Cass.
60, 24); —* hatte ſchon 12 v. C. Aſien auf
vinzen, und der Kaiſer regierte dem Weſen nach
in allen. ©. Marquardt, römiſche Staatsberwal—
tung, Band 1.
Provocatio, 1) bei den Griechen, j. Pro-
zels, 8. — 2) Bei den Römern War prov. in
der Königs: und der republifanijchen Zeit die
legte Zuflucht zum Bolfe mit dem Antrage, ein
vom Könige oder dem Magiftratus gefälltes ri:
minalftraferfenntnis aufzuheben; dies betraf unter
den Königen (Cie. r. p. 2, 31) bis Servius Tullius
die Euriat:, von da an die Eenturiatverjamm-
lungen. Nachdem die Patricier nach Vertreibung
ber Könige den Stand der Plebejer als wirkliches
Iloogevi«a — Prozefs.
Glied des populus anerkannt hatten, war das
ejamte Bolt jouverän. Noch bejonders ausge:
prochen wurde dies durch die lex Valeria 509
v. C.: ne quis magistratus civem Romanum
adversus provocationem necaret neve verbera-
ret (Liv. 2, 8.30. Val. Mar. 4, 1,1), erneuert
449 vd. E. durch die lex Valeria Horatia: ne quis
ullum magistratum sine provocatione crearet,
qui creasset, eum ius fasque esset occidi neve
en caedes capitalis noxae haberetur (Liv. 3, 55),
mit geringer Erweiterung in demjelben Jahre von
Duilius wiederholt: qui plebem sine tribunis |
reliquisset quique magistratus sine provoca-
lione creasset, tergo ac capite puniretur, Beide
legteren PBlebifeite waren durch die gemwaltthätigen
Handlungen der Decemvirn hervorgerufen, die ur:
—** allerdings mit der Beſtimmung einge—
ſetzt waren, daß weder Tribunen gewählt werden,
noch provocatio verſtattet ſein jollte (j. Decem-
Auch in dem Begriffe der Diktatur lag
vırı)
es, daß von den Anordnungen und Enticheidungen
des Diktators feine provocatio ad populum ftatt-
haben konnte (Ziv. 2, 18, ſ. Dietator), obwohl
thatſächlich ſpäter Ausnahmen vorlamen. Durch
die leges Porciae wurde, etwa 195 v. E., die
Brovofationsbefugnis über die Bannmeile hinaus
erweitert. Nachdem jeit der Mitte des 2. Jahrh.
v. C. allmählid die quaestiones perpetuae (j. d.)
an die Stelle der Bollsgerichtsbarfeit getreten
waren, lag gerade in diejer Stellvertretung des
Bolfes die Aufhebung der provocatio an das
Voll, und weder Sulla noch Cäſar hatten nötig,
wie behauptet worden (Göttling, römiſche Staats:
verfafjung, S. 464 ff.), die prov. aufzuheben. Fak—
tiſch bejtanden ſowohl die betreffend
provocatione ad populum, als auch in einzelnen
Fällen die provocatio jelber noch fort, aber die
leges Juliane des Cäſar (46 dv. E.) fahten das
Berbrechen des Magiftratus, die provocatio nicht
u achten, unter den Begriff der vis publica und
I ten als Strafe die aquae et ignis interdictio
Ich — liber den Unterjchied der provocatio von
der appellatio, dem Zuhülferufen eines Magie:
ftratus, damit diejer durch jein Veto einjchreite,
j. Appellatio. — Unter den Kaifern, die fortan
die Majeſtät des Volkes in ihrer Perjon vertraten,
hörte natürlich die provocatio ad populum auf,
nur der Kaijer konnte vor und nach ber Em
jentenz Schuß und Gnade verleihen, daher waren
nunmehr aud beide Ausdrüde provocatio und
appellatio gleichbedeutend. Selbft in den Pro:
vinzen fonnte ein römischer Bürger fich dem
Statthalter gegenüber. auf den Kater berufen,
in weldem Falle die perjönliche Überführung nad)
Nom geichehen mußte. Bier entſchied der Kaiſer
jelber mit jeinem Konftftorium, oder er übertrug
die Sache dem praefectus praetorio, bezw. urbı,
* dem Senate, ſowohl in Kriminal- als Cibil—
ällen.
Ilgosevia und IIgoßevos j. Zivos, 2.
Proxenos, IIgö&svos, 1) 6 Boihrios, Schüler
des Gorgias und Freund des Zenophon, mit dem
er an dem Zuge der Zehntaujend teilnahm. Auf
dem Rückzuge wurde er von Tiffaphernes ver:
haftet, zu Artaxerxes geichleppt ımd hingerichtet.
Xen. An. 1,1,11. 2,6, 16 (wo aud) jein Cha:
rafter geichildert ift). 3, 1,4.5,3,5. — 2) aus
Tegea, ſtand mit Kallibios an der Spibe der
en Gejege de
1001
Gegner Spartas; er war cin bejonderer Förderer
des Baues von Megalopolis, den er freilich nicht
jelbft erlebte, da er in einem Kampfe der Bar:
teien in feiner Baterftadt fiel. Xen. Hell. 6, 5, 6f.
Paus. 8, 27,2. — 3) ein Athener aus Aphidna,
Feldherr in den legten Jahren des heiligen Krieges
(347 v. E.). Aeschin. fals. leg. 37. — 4) Anführer
der thebanifchen Hülfstruppen der Amphiffaier gegen
Philipp, 339 v. C. ließ fih von dem atheniſchen
Feldherr Chares überliften. Polyaen. strat. 4, 2,8.
Prozefs, A) attiſcher (vgl. Meier und Schb—
mann, ber attiiche Prozeß, 1824. 2., von H. Lip:
ſius bearb. Aufl. 1882-87. E. Platner, Beiträge
= Kenntnis des attiichen Rechts, 1820, und:
er Prozeß und die Klagen bei den Attikern,
1824 f., ſowie die Lehrbb. der griechiichen Alter:
tümer von 8. F. Hermann, Schömann und Thal:
heim [griech. Rechtsaltertümer, 1884]). Die ein:
zelnen Formen, Arten und Objekte der Klagen,
die Borftände der Gerichte, die Gerichtshöfe jind
in bejonderen Artifeln behandelt worden (vgl. ix n,
Teapn, Elsayyskla, Anayoyı, Jıraotai,
"Hıkıala). Hier find die Einbringung der Klage,
die Einleitung des Prozefjes, das Verfahren vor
dem Richter, die Rechtsmittel, kurz das ganze
Prozehverfahren darzuftellen. — Es fragt ſich zu:
nächſt, in wie mweit das Recht des Klagens bei
allen oder gewiſſen Arten der Klagen durch gewiſſe
natürliche und juriftiiche Eigenjchaften bedingt und
beichränft war. Bei jeder Art der Klage ift not:
wendig, dab der Kläger volljährig, männlichen
Geſchlechts, jeiner Vernunft mächtig, dab er ferner
frei und, wenn er Bürger ift, im Beſitze jeiner
Rechte (Ereireuog) jei. Für Unmündige und Weiber
hat in jolchen Fällen deren natürlicher Vertreter,
xvgrog, aljo Bormund oder Ehegatte, einzutreten,
für SHaven der Herr. Ausgenommen find hier:
von nur ſolche Sklaven aus einem fremden Staate,
die in Athen als Fremde ein jelbftändiges Ge—
ichäft betrieben, und die als freie Schußgenofien
behandelt wurden; dieje hatten auch das Hecht der
Klage. Ob auch die Staatsjtlaven dasjelbe Recht
bejaßen, ift ungewiß. Fremde hatten das Recht,
Privatflagen anzuftellen, unbeſchränkt, öffentliche
Klagen, jo weit fie jelbjt verlegt waren; ihr Bei:
ftand war ihr Gaftfreund oder mooderog. Die
Schupgenofjen bedurften zum Anbringen der Klage
wahrjcheinlich des wgoorarns, wenn fie auch als:
dann ihren Prozeß jelbftändig weiter führten. Die
Iſotelen (dooreksis) hatten vollitändige Rechts:
fähigfeit, alſo auch das Recht, Klagen anzuftellen
(vgl. Zevog). — Dieje abjolut oder bejchränft
rechtöfähigen Perjonen fonnten nun, unter den
angegebenen Beichräntungen, in allen Fällen, wo
der Staat unmittelbar, oder wo durch ein, einem
Einzelnen zugefügtes, Verbrechen die allgemeine
Sicherheit gefährdet und aljo der Staat mittelbar
verlegt war, eine Klage (yeayrj) anftellen (klagen
fonnte 6 Boviöpevog, ois Feorıv), während in
rein privaten Streitigkeiten, dx, nur der Ber:
legte Magen konnte (vgl. Deapn und Alan).
Ein vollftändiger Verluſt des Klagerechtes trat
durch die Eruuie tod ouuarog und roö omuarog
nal tor yonudror, ein teilweifer durch die drunda
xarc moograkes ein (dgl. Arında). — Daß mo:
ralifche Berjonen, wie die Demen, Phratrien, die
Egavoı (j. d.), Klagerecht hatten, ift gewiß. Für
den Staat ſelbſt fonnte jeder (6 Povioneros) et:
*
=
1002
Prozels.
treten, oder es fonnte für gewiffe Fälle das Recht fonnten in der Perſönlichkeit des Klägers liegen,
zu Magen gewiſſen Beamten, auch zuweilen dem | wenn derſelbe nach feinen bürgerlichen oder na—
Arcopag, oder bejonderen Unterfuhungsbeamten | türlihen Eigenfchaften überhaupt nicht zur Ein-
(nenrai) aufgetragen werden, denen dann Etaatd: | ig 13
anwälte (surjyogor und xurmyogoı) zur Bertre: |
tung dor Gericht beigeorbnet wurden.
Nechtshandel begann mit der medgxinsıs (sAijaıg), |
d. h. derjenige, welcher einen andern verklagen
wollte, forderte denjelben aufjerhalb feines Hauſes
(denn für jeden war feine Wohnung unverleglicher |
Bufluchtsort) in Gegenwart einiger Zeugen (wAnti)- |
ges, nArjroges, Berbum: »Anreveıw und dunin-
rede) auf (mgogzaleisheı, nahsisheı), an einem
beftimmten Tage vor der Behörde zu erjcheinen,
die in dem vorliegenden Falle die Hegemonie des
Gerichtes hatte. r man nur perjönlid) verlept,
jo verjuchte man vorher noch eine gütliche Bei:
legung dadurch, daß man den Gegner unter Zu:
zichung von Zeugen aufforderte (Lynaksiv), Die
vorliegende Beſchwerde abzuitellen.
diefer Verſuch einer gütlidhen Ausgleichung er: E
jolglos blieb, betrat man nach der angegebenen Verhältnis wohl weiter),
Weiſe den Nechtsweg. Ohne »Anrjees konnte,
wenn der Borgeladene nicht erichien, gar nicht gegen
ihn verfahren, aljo auch nidyt in contumaciam
gegen ihn erfannt werden,
— Der | »Anrjees Gejagte);
ng der Klage befähigt war; oder in mangeln:
orladung des Bellagten vgl. das über Die
oder in mangelhafter Form
der Klage, oder unrichtig gewählter Art derjelben ;
‚oder darin, da in der Zeit der Anbringung über
den vorliegenden Fall gar nicht entichteden werden
fonnte (vgl. 3. B. "Euroeog); oder darin, daß
die Behörde FR für nicht fompetent in der Sache
hielt. Natürlidy hatte die Behörde für die Nicht:
annahme die Verantwortlichteit und Fonnte durch
eine reoßoirj oder nad) Ablauf des Jahres in
ben sbdoraı zur Nechenichaft gezogen werden.
— Sodann wurden in WPrivatjahen, die über
100 Drachmen gejhäßt wurden, mit Ausnahme
der öiun alnlag, von beiden Parteien Gerichts:
gelder (rovraveia, daher movrarsia Heiraı, ver-
der
Erft wenn | Hagen) niedergelegt (von 100—1000 Drachmen
r., von 1000—10 000 Dr. 30 Dr. und in dem
die nach der Entichei-
dung des Prozefies jedoch der Unterliegende dem
fiegenden Gegner zu erjegen hatte. In öffent-
lihen Sachen wurden, wenige Fälle ausgenommen,
da das Hinzuziehen in denen der Anfläger neben dem Intereſſe des
der Rletoren eben den Zweck hatte, die Vorladung | Staats zugleich aud für fid einen Vorteil ver:
zu konftatieren. Gegen den, der fälſchlich behaup-
folgte, feine Gerichtögelder erlegt, dagegen in
tete, als Kletor Hinzugezogen zu jein, konnte eine | manchen Fällen die jogenannte nagdorasıs, wahr:
yoapi Wwerdorknreias angeftellt werden. Ange-
bracht werden konnte die Klage in den meiften |
Fällen an allen Tagen, mit Ausnahme der fué—
oxı dropgddess und der Feittage. Einzelne Kla—
gen mußten an gewiſſen Monatstagen, einige,
3. B. die dan dumoginei ({."Eumogog), in ge:
—— ————— angebracht werden. — Die
Vorladung erfolgte wahrjcheinlich in der Regel
auf den fünften Een. Gegen Fremde entiprac die
gögninsıg der römijchen in ius vocatio, d. h.
der Borgeladene konnte gleich mit Güte oder Ge:
walt veranlaft werden, vor dem Magiftrat zu er:
ſcheinen. Bürger konuten weder verhaftet noch zur
Bürgichaft gendtigt werden, außer in den Fällen
der anaywyı), Epniyroıs, Zvörıkıs, eisayyella ({.d.),
in denen der Vorgeladene ſich nur durch Bürg—
ſchaftsſtellung augenblicklicher Haft entziehen konnte.
(Über die Andıg bei der dundınacl® roü Aroov
vgl. Erbrecht, 4.)
icheinlich eine Drachme, vom Kläger, gleichſam als
Symbol und Unterpfand der Anklage. Bon diejen
Serichtögeldern verjchieden ift die magazaraßerr
(bezeichnet zunächſt die Handlung des Niederlegens,
jodann das niedergelegte Geld felbft), ein Sue:
cumbenzgeld, welches vom Kläger, gewiſſermaßen
als Kaution, daß er die Klage nicht Teichtfinnig
angeftellt habe, niedergelegt wurde, und welches
für den Fall, dafs der Kläger verlor, der Staats:
fafje oder dem Gegner anheimfiel, dem obfiegen-
den Kläger dagegen zurüderftattet wurde. 2 Fälle
find befannt, in denen fie niedergelegt wurde:
1) wenn man gegen den Staat wegen fonfifzierter
Güter Magte, 2) wenn man auf eine einem andern
‚ bereit$ gerichtlich zugeiprochene Erbichaft Anſprüche
'erhob. Im erften Falle betrug fie den fünften,
im zweiten den zehnten Teil des ſtreitigen Gegen:
ſtandes. Bei Appellationen peotis) wurde ein
Nach der Yadung wurde der
Rechtshandel durch eine ſchriftlich abgefaßte Klage |
(kikıs, Eyaimae, dafür werden aber bei öffent:
lichen Sadıen faft immer die beftimmten Ausdrüde
yeaprj, pda, elgayyehle, Evörıkıs, arayayı)
gebraucht) ‚eröffnet (dıiddvaı, hayydrsır moög &g-
yorr& rıwi rırog). Bei Privatflagen wird allge:
mein An&ıs, bei perfönlichen Klagen auch Fyrinum
gebraucht.
handels, d. h. eines Verfahrens, durch das zwiſchen
Kläger und Gegner Recht geſprochen werde. Alſo
heißt Anjgım zig dlang morsiohe: oder dlanv Auzeiv
eine Handlung anftellen, durch welche dieje Rechts:
entjcheidung bemirft werde, das ift aber einen
Frozeh anhängig machen. Der Behörde ftand es
nun zu, die Klage anzunehmen und das weitere |
Verfahren einzuleiten, oder fie erforderlichen Falles,
|
' Zeitangabe den Namen des Archon, den
ragdßorov (megaßökıor) niedergelegt. — Darauf
wurde die Klage, enthaltend im Eingange als
onat
und 209, den Namen des Klägers und Beflagten,
jodann den Gegenftand der Klage, die Schätzung
und die Namen der “Anrijess, Öffentlich auf einer
Tafel (saevis, Asbrwue) in der Nähe des Yolals
| der betreffenden Behörde ausgeftellt, und es begann
Der Ausdrud Andıs heißt eigentlich |
Erlangung, bejonders durchs Yos; Andıs rs dlans |
ift aljo eigentlich die Erlangung eines Nechts:
die eigentliche Inſtruktion (dvampıoız, caussae
cognitio, &ranpiveır roig drridlros rw Ölane,
dwargiveıw todg Arriöikong; von den Parteien
cranpiveotar [Med.] tijj ddune; von der Pro:
zehlache araneıdijver). Blieb bei derielben nad
erfolgter Vorladung (waleir rıra eig dvrdagıcır)
der Kläger aus, jo erledigte ſich die Klage damit
von jelbit, und der Kläger verfiel bei einer öffent:
lichen Klage außerdem noch in eine Geldbuße
von 1000 Drachmen und eine rtuig nar& wods-
radır, wonach er für die Zukunft das Recht verlor,
wenn der Prozeh nicht eiseyhyınos war, ohne | Klagen diejer Art wieder “anzuftellen; der auäblei-
weiteres abzumeijen.
Gründe der Nichtannahme | bende Angeklagte wurde dagegen in contumaciam
Prozels.
verurteilt, vorausgejeßt, daß fein gültiges Frift:
gejuch eingelegt war, worüber weiter unten das
Nähere. Wollte der Kläger die Sache nicht erft
von Piaiteten, jondern gleich von einem heliaftis
ichen Gerichtshofe enticheiden laſſen, jo mußte zu:
nächft der Kläger jeine Anklage, der Beflagte feine
Einrede (drriypupr;; der Ausdrud wird zumeilen
von Klage und Einrede gebraucht) beichwören
(divuocie, drrouocle, erfterer Ausdrud eigent-
lich beide Eide umfaflend, oft für einen derjelben
gebraucht, letzterer auch vom Eide des Klägers;
bei den Grammatitern fommen auch die Ausdrüde
&upıiogria und kupwuosie« vor). Stellte der An—
geflagte einfach die Behauptung des Klägers in
brede, jo hieß der Prozeß, der dann jeinen re:
gelmäfigen Verlauf hatte, eine eurdvdında (dom
Angeklagten erdvwdında eigıevau, oder erw ebdeier
eisıeven). Der Angeflagte konnte aber auch aus
verjchiedenen Gründen die Zuläffigfeit der Klage
beftreiten (rev d. wi sisaeyayınor elvaı), ent:
weder, weil der Stläger zu irgend einer oder zu
diefer Klage insbejondere nicht die Fähigkeit be-
fige, oder weil gar fein Geſetz beftehe, nach dem |
!
|
der Kläger hätte Magen können, oder weil durch |
vorhergegangenen Bergleich der Kläger fein Klage:
recht aufgegeben habe (kpsivaı zul drulldkaı),
oder weil die Sache bereits durch einen Richter:
jpruch entichieden, oder weil fie durch Verjährung
erloſchen ſei (bei Vormundſchafts- und Schuld:
Magen 3. B. beftand eine fünfjährige Friſt, meo-
Peoula, nad) deren Ablauf das Klagrecht erlofch);
oder weil die Art der Klage unſtatthaft, oder die
Behörde, bei der die Sache anhängig gemacht,
infompetent wäre. — Zur Behauptung der Un—
zuläffigkeit der lage gab es 2 Rechtsmittel: 1) die
diauagrvgia. Kläger und Angeflagter konnten
nämlich durch Aufftelung von Zeugen (dieuup-
rigeoden — Örauegrvpeiv, eigentlich vom Zeugen,
doch auch von dem gebraucht, der den Zeugen
aufftellt; die Auläffigfeit oder Unzuläſſigkeit
Klage erhärten, der Angellagte nur dann, wenn
der Kläger auf dies Recht verzichtete. Gegen die
Beugen fonnte dann ein Prozeß wegen faljchen
Zeugniffes angeftellt werden, während deſſen der
Hauptprozeß natürlich ausgejeßt wurde, und defjen
Berluft für den Kläger das Aufgeben des Haupt:
prozeſſes zur Folge hatte, während, wenn die
Zeugen des Angeflagten unterlagen oder die des
Klägers obfiegten, der Prozeh einfach jeinen Fort:
gang hatte. 2) die mapaypapı), die ſich von der
dtauagrvple dadurch unterjchied, daß der Beklagte
jeine Behauptung von der Unzuläſſigkeit der Klage
nicht durch Zeugen erhärtet, jondern ſelbſt verficht.
(Bei Erbſchaftsprozeſſen findet auch in diefem Falle
die diauegrvpla ftatt, die fich alsdann von der
rapayeayn nur dadurch unterjcheidet, daß gegen
den Ercipienten perdou«grvgıöv gellagt werden
fonnte.) Beruhigte ſich der Kläger nicht bei der
Einrede des Angeflagten, jo wurde richterlich darüber
entichieden, und der linterliegende, wenn er nicht
wenigftens den fünften Teil der Stimmen hatte,
mußte an den Gegner die Epobelie, d. h. den
jechiten Zeil der Schätzung des Hauptprozefles,
zahlen, und wenn der Unterliegende der läger
des Hauptprozefied war, jo mußte diefer aufge:
geben werden. Ein anderes Mittel, dem Angriffe
des Gegners zu begegnen, war die drrıypapn)
im engeren Sinne, Gegenklage (oben haben wir !
1003
gefehen, daß der Ausdrud ganz allgemein von
jeder Einrede des Bellagten gebraudt wurde),
two jemand ben age wegen derjelben Sadıc,
wegen welcher diejer klagbar geworden twar, ober
wegen einer mit dieler zufammenhängenden Sache
belangt (krrinpogxaleiohar, kvrilaeyydveır). Der
Verluſt diejes zweiten Prozeſſes zog in Privat:
jachen für den Unterliegenden ftets die Zahlung
der Epobelie nach ſich. Beifpiele davon Dem. udr.
Euerg. p. 1160, 3 ff.; adv. Boeot.; adv. Spud. —
Sodann wurde in der drdzgucıg zur Aufnahme
der Beweismittel gejchritten. Es find Dies Geſetze,
Dokumente, Zeugenausjagen, Ausfagen von Skla—
ven, Eide (vouoı, ucervges, avpdijnu, Pdoevor,
dexo:, Arist. rhet. 1,44). Bon den Geſetzen mußten
natürlich diejenigen, auf die man am @erichtätage
fich berufen wollte, zu den Alten gebracht werden.
Ebenjo ift es mit den Dokumenten, von denen in
der angeführten Stelle eine Art, Verträge und
Kontralte, genannt wird. Es gehören dahın aber
auch noch Schuldverichreibungen (nuyygapal), Tefta:
mente, Rechnungsbücher von Trapeziten u. a. m.
Befanden ſich dergleihen Dolnmente im Beſitz
eines dritten, jo wurde der Depofitor durch eine
Provofation (meorincıs) veranlaßt, fie zur Ab:
ichriftönahme vorzulegen. Die Verweigerung be:
gründete eine dan xls dupavav nardorasır.
Aud von dem Gegner konnte man auf diefe Art
Dokumente zur Abjchriftsnahme fordern, ein Ber:
langen, das diejer zwar nicht zu erfüllen brauchte,
defien Ablehnung aber dazu benutzt wurde, jeine
Sache von vornherein im eim fchlechtes Licht zu
ftellen; weshalb diefe Provokation auch in Gegen:
wart von Zeugen geihah, um vor Gericht ihrer
Erwähnung thun zu können. — Bon bejonderer
Wichtigkeit waren die Beugenausjagen, weshalb
man auch bei der Ausübung einer or Pi ‚ die
einen Prozeß herbeiführen Konnte (3. B. der Zuße-
revang und Lfayoyıj, d. h. der Befikergreifung
oder der Behauptung einer unbeweglichen Sache),
eugen herzuzuziehen, oder auch, wie bei einer
eleidigung, herbeizurufen pflegte (diruaervgr-
oBeı, Fmiuuoprvgeoder). Dieje übernahmen, wenn
fie der Aufforderung folgten, die Berpflichtung,
vor Gericht Zeugnis abzulegen, und fonnten,
wenn fie ſich dieſer Verpflichtung entzogen, durd)
eine xAnrevoıs (eine feierliche Aufforderung, die
für den, der ihr nicht Folge leiftete, eine Buße
von 1000 Drachmen nach ſich zog) oder durch eine
dien keınouagrvglov oder BAaßns belangt werden.
Zeuge konnte jeder volljährige, freie Mann, auch
ein fremder fein (ein Bürger mußte natürlich ein
exitiuog fein, um ein Zeugnis ablegen zu können),
der, ohne jelbft beteiligt zu fein, durch eigene
Gegenwart von der Sache Kunde hatte (das Zeug-
nis durch Hörenjagen, non» uegrugeiv, war nur
ftattHaft, wenn die Verjonen, von Denen man
etwas gehört haben wollte, verftorben waren).
Bar der Zeuge durch Abweſenheit oder Krankheit
an dem perjönlichen Erjcheinen gehindert, jo hatte
jemand in Gegenwart zuverläffiger Perſonen jein
Zeugnis (dxuuervgia, Eruagrvpeiv) ſchriftlich auf:
zunehmen (dxuaprvgiev morioheı, oder dxueo-
rvgeiohe: xoog rıra), und die bei der Aufnahme
ihre hatten jodann das Zeugnis vor
Gericht a onftatieren (uegrvgeiv re Ennaorv-
ola»). ie Berantivortlichfeit hatte der Frmeg-
voor oder, wenn er das Zeugnis ableugnete
9
10
11
1004
(und nicht vom Gegenteil überführt werden Tonnte), |
die dxuagrveponueron. Gegen beide Teile konnte
aljo unter Umftänden eine dan Yerdouxprvgınr
angejtellt werben. Jeder, der, zu einem Zeugnis
aufgefordert, dasjelbe nicht ablegen wollte, hatte,
bei Gefahr einer din BAdßns von jeiten des Pro—
vocierenden (auf Schadeneriaß), dennocd vor Ge:
richt zu erjcheinen und durch eine ZEwuooi« zu
beichwören, daß er von der Sache nichts wife.
Die Zeugniffe wurden jchriftlich abgelegt, in der
Regel beſchworen (bei der drdxgıoıg, aber auch
wohl zuweilen bei der Gerichtsverhandlung, bei |
der die Zeugen bei Borlefung ihrer Zeugniſſe
zugegen jein mußten) und für den Gerichtätag
zu ben Ukten gelegt. — Sklaven konnten fein |
Zeugnis ablegen, doch galten ihre durch die ol: |
terung — Ausſagen meiſt für ein |
ftärferes Beweismittel, als die oft wenig glaub:
würdigen Zeugnifle der Freien (das Nähere hierüber
j. unter Basavıarns). — Genügten die andern
Beweismittel nicht, jo fonnte man den Eid an:
bieten oder dem Gegner zujchieben (ögxor doü-
ver; der Ausdrud bezeichnete auch: den, der fich
zum Eide entbietet, jchwören laſſen; den zuge:
ichobenen Eid annehmen: Soro» dekaodaı). Ein
jolher Eid, feierlider als ein Zeugeneid, konnte
vom Gegner nicht, wie eine Zeugenausjage, durd)
eine d. Yevdoueprvgıör angefochten werden. Ein
jolcher zugeichobener Eid mußte angenommen oder
zurüdgejchoben werden; jonft galt jeine Ableh—
nung als Eingeftändnis. Auch Weiber fonnten
zu dieſem Eide zugelafien werden. Alle die an:
geführten Beweismittel wurden nun in der drd-
rgıcıs geſammelt, durch einen Öffentlichen Diener
(Eummaeng) in eine Kapſel (Fyivog) gethan, ver:
fiegelt und bis auf den Gerichtätag von der Be:
hörde in Verwahrung genommen. Damit war
die Inſtruktion des Prozefjes beendigt, und die
Behörde hatte den Prozeß dem Gerichte zur Ent:
ſcheidung zu übergeben (elsaysır eig rrv NAunder).
Diejer Tag, 7 xvgie, war gewöhnlich der dreißigite
nad) demjenigen, an mweldem die Klage einge:
bracht war, ein Termin, der, von ganz unerwar—
teten Hindernifjen abgejehen, bei den dixı Eu-
anvor (vgl. Euunroı Öixaı) eingehalten wer:
den mußte. Friſtgeſuche wurden gewöhnlich am
Tage des Gerichts jelbjt von der nicht erjcheinen-
den Partei durch einen Bevollmächtigten ange: |
bradht. Der Grund des Nichterjcheinens (4. B.
Krankheit, notwendige Abwejenheit außer Landes)
mußte durch einen Eid (dnwuoci«) erhärtet wer:
den, dem der Gegner eine Ardvunwuoci« ent:
gegenjegen konnte, daß jene Entichuldigung un: |
gegründet fei. Fanden die Richter die durch die
ardurouooi« bekräftigte Behauptung begründet, |
jo wurde in contumaciam verfahren, 5 daß,
wenn der Beklagte ausgeblieben war, derſelbe ver—
urteilt, wenn der Kläger, der Beklagte freige:
iprochen wurde. Wurde der ae durch eine
daher die Ausdrüde Zv zo Zus üdarı,
Prozefs.
oder, vor der Aufnahme aller Beweismittel, daß
man die Enticheidung von einem gewifien Be—
weismittel abhängig machte. Natürlich wurden
in dieſen Fällen die Succumbenzgelder zurüdge-
ahlt. Im öffentlichen Prozeſſen war dagegen das
Henlafjen der Klage bei einer Geldbupe von
1000 Drachmen und einer arında xarc mpögrabır,
Klagen derjelben Art nämlich nicht wieder an-
ftellen zu dürfen, unterjagt; ein Geſetz, welches
indefjen in jpäterer Zeit nicht immer jtreng gehand-
habt worden zu fein jcheint. — Nachdem nun, wwenu
ein Bergleich nicht ftattgefunden hatte, am beftimmten
Gerichtstage die Heliaften (j. 'Hiıala), die aus
den 6000 für den Prozeß erloft waren, im Ge—
richtslofal jich verjammelt hatten, und die Parteien
vorgeladen waren, wurde zuerſt Klage: und Gegen:
ichrift vom Schreiber verlefen. Kläger und Be:
Hagter jahen jeder auf einer bejondern Bühne,
von Beijtänden und Freunden umgeben. Sodann
jprachen der Kläger und nad ihm der Bellagte,
von ihren Sigen aufftchend, nicht jelten von
andern ausgearbeitete Reden. Obgleih nad) dem
Geſetze jeder jeine Sache jelbft führen jollte, jo
bat man doch oft am Schluß der Rede die Kid):
ter, noch von einem ovrrjyopog oder aurdınaogs
einen Bortrag (surnyogde) halten laſſen zu dürfen,
was denn auch gejtattet wurde und oft dahin aus:
artete, daß der aurrjyogog (der übrigens bei Straic
nicht für Geld gedungen jein durfte) jtatt eines
bloßen Zriloyog die Hauptrede hielt. Auch kam
es vor, da mehrere ovrnyogoı jpradhen (devre-
eoloyia, reıroloyda). In manchen Fällen, bejon:
ders in PBrivatjachen, fam es vor, dab nad) dem
Bellagten der Kläger noch einmal ſprach (Aayoı
zoörEp0L und Vorspoı), worauf dann der Beflagte
natürlich wieder antworten durfte. — In vielen
Prozeſſen war die Zeit zum Reben nach der Wafler:
uhr (nAepido«) zugemeflen (da eos DöwE im
Gegenjag zu den dinaı ürev oder zweis üderos;
ai rtov
Zuod Üdarog). In verichiedenen Prozeſſen war
das Maß verichieden, z. B. in der yeapr) upu-
recoßelag 11 Amphoren, in Erbichaftsitreitigfeiten
1 Amphoreus und für die zweite Rede die Hälfte
für jede Partei. (Die durdy einen Amphoreus be:
ftimmte Zeitdauer ift nicht befannt.) Traten meb:
rere Redner für diefelbe Sache — alſo als An:
kläger oder Verteidiger — auf, jo hatten fie ſich
in das für Anklage oder Verteidigung beftimmte
Maß zu teilen (magadıdoraı ro töwp roig Alloız
xarnyogporg, d. h. den andern Auklägern das Wort
überlajjen). Wollte der Redner während der Rede
Beugniffe oder andere Beweisjtüde (vgl. das über
die Beweisftüde bei Behandlung der arangısıs
[oben, 8.] Gejagte) vorlegen und durch den Schrei:
ber vorleien laflen, ſo Eur er zu dem Ilnter:
beamten, der damit beauftragt war (6 2’ üHdwe,
durchs Los gewählt): Zmilaße ro vöwe, halte das
Wafler an. — Unterbrechung des Redners von
Hypomoſie aufgehoben, jo war es Sache des Klä- jeiten des Gegners war nicht erlaubt, der Gegner
gerd, auf einen neuen Termin anzutragen. — | aber verpflichtet, auf die von jenem an ihn ge:
Noch am Tage des Gericht? vor den Richtern, | richteten Fragen zu antworten. Die Richter durf:
wie auch jchon vor oder während der Inftruftion,
fonnte in Privatprozeilen ein Vergleich ftattfinden,
ewöhnlich in der Art, daß man durch einen |
ompromiß (Fmirgomrj) die Sache jelbftgewählten
Schiedsrichtern überließ, von denen dann feine
Appellation ftattfand (vgl. Jıaırneis, g. E.),
ten dagegen den Redner bei Ungehörigfeiten unter:
breden, ebenjo wenn ſie Auskunft über etwas
verlangten oder etwas nicht verjtanden hatten, eine
Gewalt, die jie zuweilen zum Nachteil des einen
der Redner, troß des Richtereides, beiden Parteien
gleiches Gehör zu jchenten, mißbraudten. Außer
—
2
—
14
Prozefs.
dent ftreng zum Gegenftande Gehörigen enthielten
die Neben oft manches von demijelben Ablentende,
auf Gefühl und Leidenschaft der Richter Berechnete
(daher Fo rod modyuarog Afysır, was nur don
dem Areopag nicht geduldet wurde), 3. B. Schmä«-
hungen des Gegners, bejonders aber, namentlid)
am Scluffe der Rede, flehende Bitten, die oft
noch durch Weiber, Kinder, Verwandte und Freunde
unterftügt wurden. Die jetzt folgende Abftimmung
war heimlich (neißön» unpifeodu). Jeder Ric):
ter erhielt 2 Steinchen (wijpo), einen weißen,
losiprechenden, und einen jchwarzen, verurteilen:
den; auch voller (mArjons) und durchlöcherter (rerov-
znucen) Steine, Mujcheln, Bohnen, metallener
Kügelhen (omövövlo:), voll oder durchlöchert, be:
diente man fich zu dem Zwecke, die dem Richter
zur Vermeidung jedes Betruges offen übergeben
wurden. Bon Me Steindhen warf er das eine
in die metallene Urne, welche die urteilabgeben-
ben vjpo: aufnahm (nadloroz vUgıog), das andere
in eine hölzerne Urne (x. &uvgos), jo daß nicht
gejehen werden konnte, welchen Stein er in jede
der beiden warf. Die wijpo: in dem . »Upuos
wurden dann gezählt, und nad einfacher Stim:
menmehrheit wurde dann das Urteil geiprocgen.
Bei Stimmengleihheit war der Angeklagte frei:
geiprocdhen. Eine andere Art der Abſtimmung
war, daß nur Eine Urne aufgeftellt war, jeber
Richter aljo einen Stein zurüdbehielt. — Wo es
fi bei einer Sache um mehrere Parteien han-
deite (z. B. wenn 3 Berfonen denjelben Beſitz,
etwa eine Erbichaft, beanjpruchten), ftand für jede
Partei ein xadiloxog da, in den die für fie ſtim—
menden Richter die weißen Yipoı warfen. —
War der Prozeh ein dyav ruunrös (j. d.), jo trat
jegt die zweite Abſtimmung über die Schäßung
ein, der wieder nad) der xArpödo« abgemeilene
Verhandlungen vorhergingen. Eine in einzelnen
Fällen ftatthafte Zuſatzſtrafe der Wichter heißt
roosrlunue,. — Mit dem Ausſprechen des Urteils
der Nichter durch den vorfigenden Magiftrat war
der eigentliche Prozeß beendigt, und das Urteil
fonnte vollftredt werden, wenn nicht die unter:
liegende Partei fich in der Lage befand, die Rechts:
fräftigfeit des Urteild durch Einlegung weiterer
Rechtsmittel anzugreifen. war galt in Athen
das Urteil eines Heliajtengerichtes im allgemeinen
für unumftößlich; der durch ein jolches Urteil
entſchiedene Prozeß war für immer beendigt (dan
abroreAns), und eine erite, weitere Appellation
(Fpesısi zulaflende, Inſtanz bildeten nur die Diai-
teten, die aber jeder Kläger durch jofortige Anz
bringung feiner Sache vor den ordentlichen Ge:
ſchworenen umgehen konnte. Stand dies nun aud)
als Rechtögrundfag feſt, jo fonnte doch der Fall
eintreten, daß ein Urteil geiprochen wurde, ohne |
daß die zum Fällen eines jolchen notwendigen ge:
jeglichen Borausjehungen dazu vorhanden waren.
Gegen ein joldhes Verfahren war dem Verurteil—
ten das Nechtämittel der Nichtigfeits: oder Reſti—
tutionsflage gegeben. Ein durch Appellation von
den Diaiteten oder durch Anwendung der ange:
denteten Nechtömittel von neuem zur Aburteilung |
gebrachter Prozeh heißt eine Eradında (aud) walır-
dınde, dies Rechtsmittel ergreifen: evadınadeodaı,
makıwörneiv). Angewendet werden konnte dies
Nechtämittel zunächſt, wenn der Beklagte erhärtete,
daß widerrechtlih gegen ihn in contumaciam
1005
verfahren, d. 5. daß ein von ihm geſetzmäßig
\ eingelegtes Friftgefuh (Hmouocie, |. oben, 10.)
nicht berüdjichtigt, oder vielleicht auch ohne jeine
Schuld nicht vorgelegt, oder daß er von jeinem
Gegner gar nicht durch die meögxinsıs vorgeladen
ſei. Dies Rechtömittel anwenden heißt: 7» fon-
uor (scil. Ödanv) kvrilageiv, oder auch tiju di-
an» Gvrilayeiv, dem he un odoa» drrilageiv
von Diaiteten entiprechend (j. Jıaienrrjs). Auch
bon dem Kläger fonnte es, wenn wegen jeines
Ausbleibens der Beklagte freigejprochen war, an:
ewenbet werden. Das Berfahren war jet offen:
ar dasjelbe, wie bei der während des Prozefles
angebrachten dmrwuocle, da ja der Gegner eine
rdunouooie entgegenjegen konnte. Das Urteil
blieb während diejes Berfahrens ſuſpendiert. Wurde
die drwuoode für richtig befunden, jo blieb es
natürlich aufrecht erhalten; im entgegengejegten
Falle mußte eine neue gerichtliche Berhandlung
über den Hauptprozeh ftattfinden (eben die din
arddınog). Ob jept ein Vergleich zwiſchen ben
Parteien ftattfinden durfte, läßt fich nicht ent:
jcheiden. Ein anderer Grund zu einer Wichtig:
feitöffage war die auf dem Dege einer ddan
Yevdouagrug.av zu erweilende Behauptung, daß
der Gegner den Bropef durch Stellung faljcher
Zeugen gewonnen babe, in weldem ‘alle der
Gegner zugleich auch durch eine ddan zaxorsyvıör
verfolgt werden konnte, wahrjcheinlih ohne daß
legtere notwendig eine Aufhebung des Urteils in
ſich ſchloß. Bon diejer Art der dvadında wiſſen
wir, daß fie ftattfinden konnte in der d. Eswias,
Yevdou«grougıör, aArjgwr. — Eine Berufung an
die Richter, die mit Niederlegung eines Succum-
benzgeldes verbunden war, fand ftatt von dem
Husipruche des Diaiteten (j. d. und "Egpesıg),
ferner bei der Zmıßorr) (f. ’Erıßoin), ferner von
den Demoten bei der diaurjpusg (j. Jjwoı) und
endlich in den dam krd avußolov (j. "Erxin-
rog rölıs). — Die Vollziehung des Urteils lag
in allen öffentlichen Prozefien der Behörde ob.
Das NWuferlegte war entweder ein Leiden oder
Bahlen (madeiv 7 kroricaı, allgemeiner Ausdrud
für die Buße: r& Zmırdum), oder beides zugleich.
Die Strafen waren Tod, Gefängnis, Sflaverei,
Verbannung, Atimie, Güterfonfiifation, Gelditra-
fen; aud konnte auf verjchiedene Strafen zugleich
erfannt werden. Für die Vollftredung der Todes:
—* (durch Schierling, xnrsıov, oder durch Er—
droſſelung, orgoyyvin, oder durch Hinabſtürzen
in einen Abgrund, Baea«dgor, oder auch durch
Prügel, drorvuranriker, Iys. 13, 56 u. f. mw.)
und der Gefängnisftrafen hatten die Eilfmänner
(Erösr«, |. d.) zu jorgen, denen daher der Ber:
urteilte übergeben wurde (nagadodnvar, von den
Eilfmännern magalapßeiv). — Der Verlauf in die
Sklaverei (jeit Solon nur gegen fremde angewandte
‚ Strafe) geſchah durch die Poleten (nwinrad). Die
Strafe der Verbannung (keıpvyie), bie mit Ber:
luft des Vermögens verbunden war, wurde dem
Berurteilten einfach angezeigt. Verließ derjelbe
das Land nicht oder kehrte er ohne Erlaubnis zurüd,
jo verfiel er der Todesftrafe. Auch bei der Atimie
bedurfte e8 nur der Bekanntmachung. (Über die
Folgen, die es für den &rımog hatte, wenn er fich der
Anmaßung bürgerlicher Rechte jchuldig machte, ſ.
Arınos und "Erdsikıs.) — Zur Vollziehung
der Süterfonfiftation wurde, gewöhnlich vom De:
17
1006
marchen, ein Verzeichnis der Güter des Verur—
teilten angefertigt und den Poleten übergeben,
die alödann den Verlauf bejorgten, nachdem vor:
her durch Borlejung des Verzeichniffes in der
eriten ordentlichen Bollsverjammlung einem jeden,
der Anſprüche auf eines der in dem Berzeichniffe
angeführten Güter zu haben glaubte, Gelegenheit
gegeben war, dieje Anjprüche geltend zu machen.
6 — Geldftrafen, die dem Staate verfielen, hatten
die modnroges, joldhe, die den heiligen Kaſſen der
Götter oder Stammheroen verfielen, die rauiaı
derjelben einzutreiben. Bis zur Bezahlung war
der Staatsſchuldner &rıuog, eine Mtimie, die auch
auf die Nachkommen übergehen konnte. Wurde
ber Termin nicht eingehalten, jo wurde die Strafe
verdoppelt, half auch dies nichts, jo wurde zur
Bermögenstonfiifation gejchritten, aus der jedoch
ber Überjchuß dem Berurteilten zurüdgegeben wurde.
Für das etwa Fehlende blieb er aber Staats:
ſchuldner. — In Privatprozeffen, die Fälle aus:
genommen, in denen der Richter wie in der d.
“Long außer dem Schadenerſatz noch auf eine
Strafe erfennen fonnte, oder in denen Ddiejelbe
Buhe, die dem Gegner zufiel, aud) an den Staat
gezahlt werden mußte, oder in denen der Staat
wegen bejonderer Beichaffenheit des Falles dem
Sieger zu Hülfe fam (in den d. Zumogıxai, |.
"Eurogos), hatte zunächſt allein der fiegreiche
Kläger für die Bollftredung des Urteils zu jorgen.
Dem Berurteilten wurde ein Termin (moodeoud«)
qejebt, bis zu dem er zu bezahlen hatte. Der
Termin fonnte auch durd; eine vor Zeugen vor:
genommene bindende Berabredung zwijchen den
Parteien weiter hinausgejchoben werden. Wurde
der Berurteilte örsprjusgos, d. h. befriedigte er
deu Kläger nicht an dem beſtimmten Termine, jo
war das in der Regel zuerft angewendete Zwangs⸗
mittel die Pfändung (dveyvoasia, |. d.).. Wurde
man an der Pfändung gehindert, jo jchritt man
zur Ödan lfoving, deren man fich auch mit Um:
gehung der Pfändung bedienen fonnte. Handelte
es fi um eine große Summe, die dur das
bewegliche Eigentum des Bellagten nicht gededt
wurde, jo konnte man fich durch die Zußerei« in
den Beſitz der Immobilien desſelben zu jeßen
juchen und im alle der Hinderung die d. ZEoving
anwenden. War dem Kläger ein Grundftüd zu:
geiprochen, jo konnte, ftatt der Zveyvpaai« und
/ußereia, auc die dan xagmoo oder Lvorxiov
angewendet werden (j. unter Sian). — B) Römi:
iher Prozeß (vgl. W. Rein, das Privatredht
und der Givilprozeß der Römer. 2. Aufl. 1868.
von Keller, der römische Eivilprozeh. 6. Aufl. 1883.
Zumpt, das Kriminalrecht der römiſchen Republif.
1865 — 1869. Der Kriminalprozeh der römijchen
Nepubfif. 1871). 1) Judicium domesticum,
das Haus: und Familiengericht, welches der Haus:
vater aus Verwandten und freunden berief, wenn
er ſchwere VBergehungen feiner Söhne und Töchter
beitrafen wollte, wozu ihn nicht das Gejeh, ſon—
dern die Sitte aufforderte. So erzählt Valerius
Marimus (5, 8, 2) von der Tötung des Sp. Caſſius
Bijcellinus durch jeinen Water: adhibito propin-
quorum et amicorum eonsilio. Liv. 2, 41. Bei
der eg der Gattin aber mußte der Mann
gejeglich das Berwandtengericht zuziehen, und er
fonnte feine Frau nicht verurteilen, wenn die Fa—
Prozels.
Cie. r.p. 4, 6. Dieſes priscum institutum (Tac.
ann. 13, 32. Dion. Hal. 2, 25. Gell. 10, 23.
Liv. 39, 18) bejtätigte Tiberius ausdrüdlich. Suet.
7Tib. 35. Zötete der Batte feine Frau, ohne diejes
Gericht befragt zu haben, jo wurde er ald Mörder
beftraft. Plin. 14, 18, Ob die frau in manu
mariti war oder nicht, hatte auf das Richteramt
des Gatten feinen Einfluß. — ID Judieium
populi. In den römiſchen Volksgerichten find
3 Berioden zu unterfcheiden: A Beriode: Ge-
richte der Euriatcomitien, von Romulus bis auf
Servius Tullius, bejchränft auf Provokationsfälle
der Patricier (als damals alleiniger Bürger) an
den populus. Daß aud gegen die Enticheidung
bes Königs provociert werden konnte, jagt aus:
drüdlich Cicero (r. p. 2, 31. vgl. Liv. 1, 26). Die
zweite Periode umfaht den Zeitraum, als die
Gerichte der Eenturiatcomitien ald einziger Na—
tionalverjanmlung in Gebraud waren. Servius
Zullius verlieh dieſen Comitien die bisher den
Eurien zuftehende höchſte Entſcheidung in Brovo:
fationsfällen, jowie aud) die Gerichtäbarteit über
alle Kapitalverbrechen, namentlich über perduellio.
Cie. Sest. 30. Sp wurde Sp. Cajjius von den
Genturien (nicht von den Eurien) verurteilt (Zir.
2, 41). Dieje Periode jchlo mit dem J. 494 v. C.
ab, als die beiden Bolfstribunen L. Junius Brutus
und Sp. Jeilius das Geſetz gaben, daß die Ber:
leger der Volkstribunen von den Tributcomitien
zu jeder Strafe, jogar zur Todesjtrafe, verurteilt
werden durften. Dadurth war der Grund gelegt
zu immer weiter fi) ausdehnenden Befugniſſen
der Tribusgerichte, neben denen zur Zeit mod
immer die Genturiatgerichtsbarfeit beſtand, doch
wegen ihrer größeren Unbequemlichleit immer mehr
gegen Die bequemeren Tributcomitien zurüctrat
(j. Comitia). Die Zeit des allmählichen Über:
wiegend der Zribusgerichte umfaßt die dritte
Periode, von 493 v. E. bis zum Ende der Re
publit. Es gab allmählich außer der Befugnis,
in ZTributcomitien gegen die Verleger der Tri:
bunen zu verfahren, Tribusgerichte mit Kapital:
ftrafe gegen Abmwejende, 3. B. über En. Marcius
Goriolanus, weiter außerordentliche Kapitalgerichte
im Wuftrage des Senats, z. B. über Manlius
Eapitolinus, endlich jehr zahlreiche Tribusprozefie
über allerlei Verbrechen, welche mit Geldftrafe be:
legt wurden, 3. B. Perduellionsjachen, welche aber
nicht als eigentliche perduellio bezeichnet und an:
gellagt wurden (Zav. 2, 52. 54. 61. 3, 31. 4, 40f.
u. j. w.), Bernadhläffigung der sacra, Saubere,
Inceſt, Wucher, Peculat, Repetunden (Liv. 29, 16 ff.
43, 7f.) u. a. — Durch diejes Umſichgreifen der
Tribus wurden die Centuriatcomitien auf die rei-
nen Rapitalfälle beichränft (Liv. 26, 3.43, 16. Cie.
Rabır.) und famen endlich ganz ab. Weil die
Vollsgerichte zu umftändlich und Tpwerfällig, auch
nicht immer unparteiijch waren, wurden ftatt des
Volkes nicht jelten jpezielle Kommifjäre mit dem
Nichteramt beauftragt, bis biejes zur Bildung
ftehender Kommijfionen führte, j. unten EV und
Quaestio perpetua. — Das Berfahren in
den Volksgerichten. Der Ankläger, welcher
allemal ein Magiſtratus ſein mußte, nämlich Kon—
ſuln und Prätoren bei den Genturiatcomitien,
Tribunen, Adilen und Duäftoren bei den Tribut
comitien, begann mit der diei dietio, db. h.
milie die Schuld derjelben nicht anerkannt hatte. ı mit der Erflärung, an einem gewiffen Tage eine
18
9
20
Prozels. 1007
der beiden Akte und das Inſtitut der iudicis
Härung, zu welcher auch die anquisitio gehörte, | datio hieß ordo iudieiorum privatorum, welches
d. h. derjenige Teil der Anklage, in welchem die ſich bis ins 3. Jahrh. n. E. erhielt, wo das Ver:
beantragte Strafe genau bezeidynet wurde, mußte | fahren extra ordinem auffam, nad) weldem
mehrmals während bejtimmter Friſten wiederholt | der Magiftratus die Sadje bis zu Ende behandelte
werden, worüber noch manches unbeftimmt ift (Cie. | und das Urteil jelbjt ſprach. Die Urteilsfällung
de dom. 17); der Angeflagte aber konnte bei diejer | erfolgte bis dahin von dem beftellten Einzelrichter
Selegenheit um das Wort bitten und verjuchen, |(iudex) oder von den Arbitri und Becupera-
fi vorläufig zu verteidigen oder den Anfläger | tores. Die Parteien, der Kläger (actor, petitor)
beftimmte Perſon anflagen zu wollen. Dieje Er:
um Burüdnahme jeiner Anklage zu bitten. Bis
zum eigentlichen Gerichtstag mußte der Angellagte Prozeß jelbft,
auf Verlangen des Anklägers Bürgen ftellen (j.
Praedium) oder unter Umftänden dh jogar Ber:
haftung gefallen laſſen (ſ, Carcer), Wenn der
Prozeß nicht unterbrodyen oder ganz aufgehoben
wurde (durch Entfernung des Angellagten, ſ. Ex-
silium, durch Interceſſion eines Bolfstribung,
durch Rüdtritt des Anklägers, j. Tergiver-
satıo), legte der Angeklagte mit jeinen Angehö—
rigen Trauerfleider an (j. Luctus) und ftellte
ji au dem beftimmten Termine. War er vorher
—— jo wurde ohne weiteres aquae et ignis
interdietio über ihn ausgejprocdhen; wurde jeine
Abweſenheit gehörig entichuldigt, jo jegte man
einen jpäteren Termin an. Liv. 38, 62, An dem
Termine, zu welchem das Boll ordnnungsmäßig
berufen worden war, begann der Magijtratus mit
der Anflagebill, rogatio, worauf der Angeflagte
fich jelbft verteidigte oder durch patroni verteidigen
ließ. Nun erjt erfolgte das zen wo⸗
bei die Zeugen und vorzulegende Urkunden eine
Hauptrolle Feistten (über die Folter j. Tor-
menta, 1.), und nad) Bollendbung der Reden und
Beweiſe wurde die Abftimmung des Volles in
der gewohnten Weile vorgenommen, urjprünglic
mündlich, ſpäter jchriftlih (j. Leges tabella-
riae unter Lex). Das Rejultat wurde jogleich
befanut gemacht, und bei erfolgter Verurteilung
wurde das Urteil zur beftimmten Zeit vollitredt,
j. Poena. ber die vom Wolfe jpäter etwa
ausgeſprochene Aurüduahme der Strafe j. Re—
stitutio, — Es fonnte auch ein Prozeh ver:
tagt werden wegen Kranfheit, fehlender Zeugen,
mangelnder Beweiſe 2c., je nach dem Butbefinden
des Richters; dies hieß im weiteſten Sinne di-
latio, deren bejondere Arten die ampliatio (j. d.)
und comperendinatio (f. d.) waren. — III. Ju-
dieium privatum. ®Die Civilrechtöpflege ge:
hörte zu dem imperium der höchſten Magiftrate,
urjprünglich aljo des Königs, dann, der Konjuln
und vorzüglich der Prätoren. Die Adilen hatten
nur in Bolizeifachen AJurisdiltion. In den itali-
ſchen Städten hielten die Duumviri, Quatuor-
viri u. ſ. w. @erichte (j. Magistratus muni-
cipales), in den Provinzen die Statthalter. In
der Kaiſerzeit wurde der Kaiſer der höchſte Richter,
welcher die Konjuln und PBrätoren mit jehr be:
Ichränfter Wirffamfeit (j. Praetor) zwar fort:
beftehen ließ, dagegen die praefecti praetorio
und urbi zur legten Inſtanz machte, für die
mittlere Suflanz der Statthalter bildeten die ſtädti—
ſchen Richter die legte Iuſtanz. Nach alter Ein:
richtung behandelte der Magiftratus die Prozejie
nicht von Anfang bis zu Ende, fondern leitete
den Prozeh bloß ein (das j. g. Berfahren in
iure), die Unterfuchung und Enticheidung jtand
dem von dem Magiftratus beftellten iudex zu
(das Berfahren in indicio). Dieje Trennung
und der Bellagte (reus), führten vor alters den
is die Stellvertretung durch cogni-
tores (j. d.) und procuratores eingeführt wurde.
Oratores unb patroni waren jpeziell diejenigen,
welche die Parteien unterftügten, jowie auch die
advocati (j. d.). Das Verfahren ift nach den
Zeiten jehr verjchieden, und man muß unterjchei:
den 1) die A Beriode oder den Legisaltionen-
prozeß (j. Legis actio) mit ftrengen formen,
welche ängftlih gewahrt wurden; 2) die zweite
Periode oder den Formularprozeß, j. g. von
der formula oder Inſtruktion, vwele der Magi:
itratus dem Richter erteilte (j. Formula); 3) die
dritte Periode oder die des außerordentlichen
Berfahrens, j. o. — Ort und Zeit.
Ort, wo der Prätor Gericht hielt, hieß ius, es
mochte nun pro tribunali, auf dem Gomitium,
oder de plano (auf ebener Erde) und in transitu
geichehen. Stet3 war das Verfahren öffentlich uud
mündlich. Eigentliche Gerichtstage waren die dies
\fasti (j. d. unter Dies); an den Tagen der Co:
mitien, der Spiele und der feriae waren Ge:
rihtsverhandlungen unftatthaft. In den Provinzen
waren die Gerichtätage (conventus, ſ. d.) ge:
wöhnlid im Winter oder wenn jonft die Waffen
ruhten. Die Gerichtsfigungen begannen frühmor-
gens und konnten bis zum Sonnenuntergang fort:
gelegt werden. — Die einzelnen Alte des
alten Legisaftionenprozejjes. Der Kläger
mußte jeinen Bellagten vor Gericht bringen, was
er vermittelft der perjönlichen in ius vocatio be:
wirkte. Weigerte ſich diejer, jo rief der Kläger
Zeugen auf (antestari, j. Antestatio) und
führte den Bellagten gewaltiam vor den Prätor,
wie die XII Tafeln beitimmten. Porph. zu Hor.
sat. 1, 9, 76. Plaut. Pers. 4, 9, J er Be:
| Hagte brauchte aber nicht zu folgen, wenn er ſich
jogleich mit dem Kläger abland oder einen vindex
welcher jtatt jeiner mit zu dem Prätor ging
| index). Wenn beide Parteien vor dem
Prätor erjchienen waren, jo begann das Verfahren
‚in iure (zum Unterjchiede von dem iudicium) mit
‚der Vollziehung der legis actio, d. h. die Bar:
teien und der Prätor jpraden jolenne Worte
‚aus, welche mit jymboliichen Handlungen ver:
knüpft waren. Am gewöhnlichiten war die legis
'actio sacramento, |. Legis actio. Darauf
entichied der Magijtratus vor alters jelbjt, oder
‚er gab einen Richter, was am gewöhnlichiten ward.
Die Formalitäten der dinglichen Klage j. bei Vin-
dieatio, Am Ende des Verfahrens in iure ftand
die litis contestatio (j. d.). An dem teftgeießten
Tage folgten die Verhandlungen in iudicio vor
dem index, indem eine kurze Auseinanderjeßung
der Sache vorausging (caussae coniectio oder
eolleetio), an welche jid) die Hauptvorträge der
Parteien fnüpften (continua oratio, peroratio).
Mit diejen war das Vorbringen der Beweismittel,
‚als Zeugen, Urkunden (instrumenta, tabulae) u. a.
| jtellte,
(di. V
Der 22
So
—8
1008
argumenta, verbunden. Zuletzt erfolgte das richter- Ein außerordentliches Mittel war die in integrum
liche Urteil, ſ. Sententia. Das Schlußverfahren | restitutio (ſ. d.). In der Kaiſerzeit jedoch bildete
fonnte man vertagen (diffindere, vgl. oben 20.), | fih ein ordentlicher Anftanzenzug (j. o. 21.). —
ſowohl in Krankheitsfällen, ald auch wenn eine| IV. Judicium publicum ieh
der Parteien einen Termin mit einem ®Beregrin | fanifchen Zeit ein von den Bertretern des Volkes
zu halten hatte (Gell. 20, 1), ampliatio, ehaltenes Striminalgeriht (qnaestio perpetua).
Die einzelnen Alte des Formularpro- In der Kaiferzeit hieß iud. publ. allmählich jedes
zeifes. Die Privatladung dur in ius vocatio | friminalgericht, im Gegenſatz zu den Eivilgerich:
dauerte zwar fort, empfing aber mehrere Milde: |ten. Erſte Periode der römijchen Kriminal-
rungen, und obrigfeitliche Ladungen entjtanben | gericht3barfeit: von Romulus bis zur Errichtung
daneben (prensio und vocatio). Auch wurde diefer | der quaestiones perpetuae, 149 v. C. Bis auf
Aft oft durch ein vadimonium erfeßt, d. h. durch | Servius Tullins richteten die Könige, aber ein-
Prozefs.
in der republi= :
eine Stipulation, fih an dem beftimmten Tage
in iure ftellen zu wollen (j. Vadimonium). Bor
dem Prätor wurde zuerft von dem Kläger bie
Klage angegeben (edere actionem) und die For:
mel erbeten (postulare). Darauf erflärte fich der
Beklagte und brachte Erceptionen vor (ſ. d.), welche
der Prätor der formel einverleibte, nachdem auch
die andere Partei gehört worden war und etwaige
Anträge gejtellt hatte. Zuletzt fahte der Prätor
die Formel (dat actionem und inudieium), be—
ftellte den Richter (index, recuperatores, arbitri)
und nahm die litis contestatio (f. d.) vor. Doc)
wurde dieje zuweilen durch Geftändnis des Be-
Magten u. j. w erſetzt, jo daß es zu feinem iu- |
dietum fam. Das ındicium jelbft wurde damit
eröffnet, da die Barteien dem Richter die Formel
vorlegten, im welcher die beftimmte Anftruftion
enthalten war, wie er unterfuchen und das Urteil
fällen jollte; denn es hieß allemal: si paret, d. h.
wenn es Mar ift, absolve, oder: si non paret,
condemna. Nun folgten die Reden der Parteien
und die Beweisführung (ſ. o.), bei welcher auch
das Beichwören der Richtigfeit der Beweiſe vor:
fam (j. Kid, II). Nac einer Refapitulation (al-
tercatio) wurde der Urteiläjpruch gefällt, welcher |
allemal auf eine beftinmte Geldſumme lautete (ſ.
Litis aestimatio), dieſe aber erlitt zumeilen
eine Minderung * compensatio (f. d.). Bor
dem Urteil konnte Bertagung eintreten, ſ. Di-
latio. Über das Verfahren, wenn eine Partei
ausblieb, j. Contumacia. Pas Urteil, senten-
tin, war unabänderlih als res iudicata, und
wenn die verurteilte Bartei dasjelbe nicht erfüllte,
verhängte der Magiftratus, welcher das Gericht
beftellt hatte, obrigfeitlihe Grefution, welche |
das Vermögen (ſ, Bonorum emtio) ober die
Perſon des Berurteilten betraf, j. Manus in-
jectio. — Die einzelnen Alte nah Ab:
ihaffung des ordo iudie. priv. In der
Kaiferzeit, ald die meiften Prozeffe extra ordi-
nem, d. h. von dem Magiftratus, entichieden wur:
den, famen auch andere Beränderungen auf. Der
Prozeß wurde meift eingeleitet mit der denun- |
tiatıo (f. d.), worauf der Bellagte von dem Ge:
richt ſchriftlich vorgeladen wurde. Diejer mußte |
iudicum
geſchränkt durch die Provofation an die Euriat-
comitien; daneben noch die duumviri perduel-
lionis (f. Perduellio) und quaestores parrieidii
(j. Quaestor, 1. und Parricidium). Dann
richteten die Konſuln (aber nicht fapital) und vor:
züglich die Comitien (j. oben 18f.), der Senat
nur in Zeiten der Gefahr, außer wenn die Ber:
brechen außerhalb Roms verübt worden waren,
j. Senatus. — Bmeite Periode: die quae- :
stiones perpetuae, Gtatt der Volksgerichte
famen nad und mad) ftehende Gerichtähöfe auf,
welche nunmehr das regelmäßige Kriminalverfahren
(ordo iudieciorum publicorum) bildeten, das Bolt
richtete nur noch de perduellione, wo e3 fih um
Leben und Tod handelte. Die erfte quaestio perp.
wurde 149 dv. E. durch die lex Calpurnia re-
petundarum eingeführt, welcher mehrere andere
nachfolgten. Sulla vermehrte die Zahl derjelben
noch, und zu Ciceros Zeit gab es 8 quaest. perp.
für Nepetunden, Majeftätöverbredhen, Peculatus,
Ambitus (f. d.), Mord und Giftmijcherei (ſ. Si-
earius und Veneficium), vis und falsum
(j. d.). Jeder Gerichtähof hatte feinen Präfidenten,
welcher entweder ein Prätor oder ein index quae-
stionis war (f. o.), außerbem eine gewifle Anzahl
von Richtern, deren Zahl in der fonftituierenden
lex angegeben war, und welche aus dem album
i enommen wurden (ſ. Judex), z. B.
nach der lex Servilia für die quaestio repet.
‚450 Richter. Auch die Zahl der bei jedem einzel-
nen Prozeß thätigen Richter hing von der lex ab;
fo waren in dem Prozeh gegen Piſo 75, gegen
Scaurus und Gabinins 70 Richter u. ſ. w.
Die einzelnen Alte des Duäftionenpro-
geiles. uerft fam die postulatio, d. h. die
itte des Anklägers an den Präfidenten des Ge—
richt3hofes, eine gewifle Berjon anflagen zu dürfen.
Benn mehrere anflagen wollten, jo wurde eine
divinatio angeftellt (j. d.). Dann fam es zur
nominis delatio, d. h. zur eigentlichen An—
age, welche aber mit der postulatio allmählich
zufammenjchmolz. Mit der nom. delatio war die
interrogatio verbunden, d. h. Frageftellung
des Anklägers an den Angeflagten, worauf die
inseriptio und subseriptio folgte, d. h.
eantio indicio sistı ftellen oder fi) in Gewahriam | Protofollierung der mündlid angebrachten Anklage
halten laſſen. Darauf folgten die gerichtlichen Ber: | und Unterzeichnen des Anklägers, dem fich mehrere
andlungen, cognitiones genannt, durch welche der | anjchließen konnten (j. Subsceriptio, 3.), zuleßt
Rrosch 9 in die Länge gezogen werden fonnte, |die nominis receptio von ſeiten des Prätors,
bis die sententia erteilt wurde. — Rechtsmittel. indem er den Namen de3 reus in die Lifte der
In der republifanischen Zeit gab es feine Unter: | rei eintragen ließ und zugleich den Termin (am
ordnungen der Inftanzen, und Revifion des Ur: zehnten, dreißigften, auch hundertiten Tage) be:
teild war daher unmöglihd. Die einzige Hülfe mmte, wann das eigentliche indieium gehalten
gegen Mißbrauch der richterlichen Gewalt beftand | werden follte. Diejed (cognitio genannt) wurde
in der Anrufung der Magiftrate (appellatio, | mit dem Aufrufen der Parteien durch den Prätor
j. d.), welche durch ihr Beto intercedieren follten. | eröffnet (eitatio), worauf die Richter gewählt (in-
rs
28
Prudentius — Psamathe.
dieium constitutum durch sortitio oder editio,
J. Judex), aufgejchrieben (libelli nominum, ta-
bulae) und vereidet wurden. Die Anklage trug
ber Ankläger in zufammenhängender Rede vor
(oratio perpetua), ebenfo auch Die subscriptores
(f. Subseriptio, 3.), worauf der reus oder feine
patroni antworteten. Die urfprünglich unbejchränfte
Zeit der Reben wurde wegen des mit biejer Frei:
heit getriebenen Mißbrauchs (diem eximere di-
cendo) zuerft durch Bompejus bejchränft, und ein
tempus legitimum oder iustum et debitum be:
ftimmt. Nach Beendigung der beiderjeitigen Neden
rief der praeco: dixerunt, und nun For te die
altercatio, indem die Parteien in furzen fragen
und Antworten einzelne Punkte näher beleuchteten.
Dann erft fam das Bemweisverfahren (probatio),
wo die Zeugenausſagen, Urkunden und Indicien
wichtig waren. Endlidy folgte das Urteil (sen-
tentia) nad) der Majorität der Richter. Oft wurde
vorher eine zweite Actio angeſetzt, ſ. Compe-
rendinatio und Dilatio. Das gefällte Urteil
ftand feft, und Provofation dagegen war nicht
uläjfig. Die Strafe (Eril oder Geldftrafe) wurde
Fogtei vollzogen, und nur das Bolf konnte re-
stitutio ausfprehen. — Neben den Quäftionen
ftanden noch die Gerichte des Senats und die
untergeordneten der Tresviri capitales (f. d.). In
den italifchen Städten richteten die oberften Magi:
ftrate und die Decurionen, in den Provinzen die
Xofalmagiftrate und die Statthalter. — Dritte
Periode: die Zeit der cognitio extra-
ordinaria. In der Raiferzeit wurden bie quuest.
perp. durch die faiferliche Obergericht3barteit und
durch die dem Senat und dem Praefectus urbi
eingeräumte Jurisdiltion immer mehr beſchränkt
und endlich ganz verdrängt, was vermutlich fchon
im 2. Jahrh. n. E. geihah. Der frühere Unter:
ichied zwijchen dem Prätor und den Richter fiel
nun weg, und der den Prozeß nftruierende war
ugleich auch Richter, was man noch immer das
erfahren extra ordinem nannte, obwohl es jetzt
das regelmäßige geworden war. Die einzelnen
Alte des Vorverfahrens wurden abgefürzt und zus
jammengebrängt, die alte postulatio verſchwand
und nominis delutio bildete den Anfang, an
welche fich unmittelbar inscriptio und subseriptio
nebft der nominis receptio reihte. Bis zum Haupt:
verfahren wurde ber Angeflagte in Haft gehalten,
oder er gab durd; vadimonium Sicherheit. Im
Hauptverfahren folgten nach der eitatio die Reden
und das emeitderlahten. Nach dem Urteil konnte
in vielen Fällen Berufung eingelegt werden, und
zwar an den Kaifer oder an die von ihm delegier:
ten Richter. Begnadigung (indulgentia) und Re-
ftitution konnte jegt nur vom Kaiſer erteilt werden.
— In der Kaijerzeit entwidelte ſich auch neben
dem bisher herrichenden Anklageprozeß das In—
quifitiondverfahren, indem die höheren Magiftrate
und Statthalter gegen gewifle Verbrechen ex offi-
cio einjchreiten durften, ohne eine Anklage ab:
—— z. B. gegen Diebſtahl, Raub, sacri-
egium u. ſ. w. — Y) Judicium de moribus
entichied darüber, ob eine Ehefcheidung durch Ber:
ſchulden des Mannes oder der Frau herbeigeführt
jet, und wie es demzufolge mit der dos gehalten
werden müfle (j. d.). Benn Scheidung wegen
Ehebruchs der rau erfolgte, jo jcheint der Gatte
die ganze dos behalten zu haben, bis die lex
Neallerifon des Mlafj. Aitertums. 7. Aufl.
1009
Papia Poppaea einige Milderung ſchuf. Über
die andern Fälle ſ. Dos.
Prudentius, Aurelius Prud. Elemens,
einer der bedeutendften chriftlichen Dichter, geboren
348 in Hifpanien, widmete ſich anfangs der Juris:
prudenz und verwaltete Staatsämter, zog fich aber
ipäter zu ajfetifchen Übungen zurüd und ftarb
gegen 410. Seine Gedichte find dreierlei Art:
1) lyriſche: liber cathemerinön (12 Gebetähymmen
für die einzelnen Tagesftunden) und wegl are-
yavov (14 Hymnen auf chriftlihe Märtyrer);
2) didaltiſch⸗polemiſche: Apotheosis Christi, Ha-
martigenia (Rechtfertigung der biblijchen Erzäh:
lung vom Sündenfall) und contra Symmachum
(gegen die Wieberherftellung des Seidentums )
lib. II; 3) allegorijhe: Psychomachia (Kampf
der Tugenden und Laſter im Menichen) u. a.
Kühner Schwung und feurige Begeifterung zeich:
nen ihn ebenjojehr aus wie fließende Sprache und
trefflicher Beröbau. — Wusgaben von Gellarius
(1708), Arevalus (1788), Obbarius (1845), Drefjel
(1860). Monogr. von El. Brodhaus (1872) und
G. Sirt.
Prusa, /Igoöc«, Stadt im weſtlichen Bithy:
nien, von Prufias II. auf Hannibal® Nat in
pradhtvoller Yage am Nordabhange des myſiſchen
Dlympos erbaut; j. Bruffa. Strab. 12, 564.
PrusTas, IIgovoieg, 1) Pruſias I., König
von Bithynien, folgte um 236 v. E. noch jung
feinem Vater. Große Bebrängniffe erſchwerten die
erften Zeiten feiner haft, fiegreich überwand
er fie und befreite fi von feinen Hauptfeinden,
ben Galatern, jeit 213 durch glüdliche Kämpfe.
Ein thätiger und fräftiger Fürſt, verichaffte er
feinem Heinen Reiche bald Anjehen (Pol. 4, 50.
5, 90. 111. 8, 17), erweiterte dasjelbe und unter:
warf fi die Stadt Herafleia und deren Gebiet
und andere Städte im Bunde mit Philipp V.
von Makedonien. Beim Beginn des Krieges der
Römer mit Antiochos von Syrien ſchlug er ſich
notgedrungen auf Roms Seite (190), ohne von
diejem Schritte Gewinn zu haben (Zar. 37, 26.
Pol. 21, 9. 22, 27), und nahm aus Race den
flüchtigen Hannibal bei fih auf. Er ftarb um
186. ‚Just. 32, 4. Nep. Hann. 10. — Ihm folgte
2) fein Sohn, Pruſias II., ein fraftlojer Fürſt,
welcher infolge römijcher Drohungen den Hannibal
preisgab, in völliger Abhängigkeit von Rom re:
gierte und jeine Königswürde durch feige Nach—
giebigfeit entehrte. Liv. 37, 25. Pol, 24, 1. 3.
29, 3. 30, 16. 32,35. Im J. 149 v. C. ließ ihn
jein Sohn Nikomedes ermorden. Pol. 37, 2. Just.
32, 4. 34, 4. 39, 46. 51. 45, 44.
IIevraveia |. Bovin, 4.
IIgvraveia |. Prozels, 5.
IIgvrareiov |. Attika, 13. und BovAnj, 4.
Iınaorıjgıor ?v novravslo |. Epfiraı.
HNgvravıg bezeichnet ganz allgemein den Bor:
fteher, namentlich den Borfteher eines Kollegiums;
in manden Staaten Name der oberften Regie:
rungsgewalt, nad) Abjchaffung des Königtums,
den athenijchen Archonten (bie dor Solon wahr:
ſcheinlich auch movraneıs hießen) vergleichbar. Über
die Protanen des athenifchen Rates j. Bovin.
ber die movrdrsg av vavnpdgwv |. Nav-
noagle.
Psamäthe, Paudn, 1) Tochter des Nereus
und der Doris, von Aiakos Mutter des Phofos.
64
1010
Hesiod.theog.260. 1004. Ov. met. 11, 381.398. —
2) Tochter des Krotopos, Königs in Argos, von
Apollon Mutter des Linos (ſ. d.) — 3). Protens.
Psanmmäthüs, Peuuatoös, Stadt und Hafen
Laloniens, nahe bei Tainaron, j. Porto Duaglio.
Strab. 8, 363.
Psammenitos, Vauurvırog, Sohn des Amafis,
legter König von Agypten, der nach jechsmonat: |
licher Regierung (525 v. E.) ſich dem Kambyſes,
nach tapferem Widerftande an der Dftgrenze des
Neiches, jamt feiner Hauptftadt Memphis ergeben
mußte. Nachdem der Eroberer des Pſammenitos
Sohn hatte hinrichten lafjen, wollte er den Vater
zum Statthalter Ägyptens machen; doch als nad)
einiger Zeit, wie es jcheint auf Bi.$’ Betrieb, ein
Aufitand ausbrady, mußte er ſich in Stierblut den
Tod trinten. Hdt. 3, 10 ff.
Psammetichos, Fauurnrıyos, ägypt. Piamtif,
Name mehrerer Könige von Agypten: 1) Bi. 1.
(655 — 610), Gründer der jechsundzwanzigften Dy:
naftie, unter welcher das alte Agypten noch einmal |
eine freilich künstliche Blüte erlebte. 672 war der
legte der 3 aithiopiichen Könige, welche jeit 728
errichten (j. Sabakon), von dem Aſſyrerkönig
jarhaddon vertrieben, und das Land an 20 ein:
heimische Vafallenfürften übergeben worden (dies
ift der Hiftorische Kern von Herodots Dodelardie).
Der mächtigſte derjelben war Necho, Statthalter
von Memphis und Sais, wohl ein Nachkomme
der vierundzwanzigften Dynaftie. Ihm folgte 66%
jein Sohn Pjammetichos, der aber um 655 mit
Hülfe der ihm durch Gyges von Lydien gejandten
ionijchen und farijchen Söldner der Fremdherr—
Psammathus
ſchaft ein Ende machte und zugleich das ganze
Yand unter jeinem Scepter vereinigte. eine
Negierung trägt das Gepräge der Heftauration
des altmationalen Wejens, kann aber doch in
allerlei Neuerungen ihren Urjprung nicht verleugs
nen. Pi. behielt Sais als Hauptitadt bei, öffnete
Agypten dem Handel der Griechen und ſtützte ſich
hauptjächlich auf jene Soldtruppen, welde an der
am meijten gefährdeten Dftgrenze, zwiſchen Pe—
lufion und Bubaftis, in ftehende Lager gelegt
wurden; erbittert darüber jollen 240 000 Mann
der einheimifchen Kriegerkaſte nach Aithiopien aus:
gewandert jein. Bj. fjuchte in rag Erobe⸗
rungen zu machen, mußte aber Asdod angeblich
29 Jahre lang belagern, fonnte jedoch den Ein:
fall der Stythen durch Geſchente und Bitten glüd:
li abwenden. Hdt. 1, 106. 2, 30. 147 ff. 157.
Diod. Sie. 1,66 ff. Strab, 17, 786.801. — 2) Bi. IL.,
bei Herodot (2, 161) Pauuıs, Sohn Nechos, regierte
nur kurz (595—589) und zog gegen Aithiopien zu |
i Etrab. 13, 688. 17, 838), berühmt als Schlangen:
Felde. — 3) PM. II.,j. Psammenitos. — 4) Neffe
und Nachfolger des Periander (j. d.) in der Herrichaft
von Korinth, 585/6 dv. E., wurde nad) nur dreijährt-
ger Regierung von einigen Korinthern ermordet.
Ingpiseoyar bezeichnet, im Gegenjage gegen |
die Abſtimmung durch Aufheben der Hände, zeı-
oororeiv (j. Xeıgororia und Exxinole, 5.),
die Abftimmung durch Steinen (yipo«), die in
die Stimmurne (bded«) geworfen wurden.
werben bei Gelegenheit der Abftimmung über die
Feldherren nach der Schlacht bei den Arginuſen
2 Stimmurnen erwähnt, eine für die losiprechen:
den, die andere für die verurteilenden Stimmen.
Aud) |
Xen. Hell. 1, 7,9. Dies kann aber im der Regel
nicht der Fall geweſen fein, da die Abſtimmung
— IIrapuos.
nicht heimlich war. Die Abjtimmung durch Yyrpoı
wurde bejonders da angewendet, wo man bie Frei—
heit derjelben durch Heimlichkeit ſichern mollte,
und wo es auf genaue Zählung der Stimmen an
fam, wie bei Privilegien, 3. B. Erteilung des
Bürgerrecht, Antrag für einen arımos, mit dem
Volke zu verhandeln u. j. w. Denn zur Gültig:
feit eines ſolchen Gejegantrags bedurfte e3 wenig:
ftens einer Zahl von 6000 Stimmen. Sonft wurde
meift die bequemere und raſchere Art der Ab:
jftimmung durch Handaufheben angewendet, 3. B.
bei der Wahl der Obrigfeiten, die nicht durchs
Los beitimmt wurden. Übrigens find die Alten
im Gebrauche der beiden Ausdrüde nicht genau;
häufig wird unpiseodter in der Bedeutung von
zeıporoveiv gebraucht, ganz allgemein jede Art
der Abftimmung bezeichnend. Mit einem Accuſativ
deſſen, was man bejchließt, wird nur unpifechus
verbunden, 3. B. Bortsar. — Bon gerichtlichen
Abjtimmungen nur pyrpifesdar, von Wahlen nur
eıgoToVeiv.
Yıpıouea \. Erninole, 5. 6.
Myos |. Zypouyis.
Yevdouaprvgio» dien j.Prozels, 9.10,
Yıkoi |. Exercitus, 2.
Psöphis, Pogis, 1) Stadt im NW. Arkadiens,
angeblich gegründet von einem gleichnamigen Enkel
ober einer Enfelin des Erymanthos (Paus.8,24, 1),
im oberen Thale des Erymanthos in feſter Lage,
daher im aitolisch-adhaiiichen Kriege wichtiger Stütz—
punkt der Nitoler, der aber jpäter (219 v. E.) von
den Maledoniern erobert wurde, wichtig aud als
Kuotenpunkt mehrerer großen Verlehrsitraßen. In
Bi., von dejien Mauern ſich bedeutende Trümmer
erhalten haben, befand ſich ein Seiligtum der
Aphrodite Eryfine und das Grabmal des All⸗
maion. Pol. 4, 70 ff. — 2) Tochter des Ernr auf
Sicilien, von Heralles geliebt und Mutter des
Edjephron und Promachos. Paus. 8, 24, 1.
Yoyaywyos, Wvxorzounög j. Hermes, 3.
Psyche, #vyr, (j. Eros), in der bildenden
Kunft dargejtellt als zartefte Jungfrau mit Schmet:
terlingsflügeln oder als Schmetterling.
Yovyonavrsiop oder Wugonomaeior, ein
Traum= oder Totenorafel (j. Divinatio, 6.),
auch ein Ort, wo man durch den Yuyouarrıg bie
Geiſter der Verftorbenen heraujbeihwor, um jie
zu befragen; häufig in Griechenland, in Italien
um den Averner:See in Campanien.
Psylli, Pollor, Bolf im Innern von Kyre—
naife, welches nach Herodot (4, 173) völlig vom
Sande der Wüjte begraben wurde, von andern
Schriftitellen aber jpäter noch erwähnt wird
beſchwörer.
Psyra, z& Poga, j. Pſara oder Ipſara, Inſel
50 Stadien nordweſtlich von Chios, mit einer
Stadt gl. N. und einem berühmten Bakchostempel.
Strab. 14, 645.
Psyttaleia j. Attika, 19.
IIta«guo;, sternutatio oder sternutamentum,
das Niejen, zu den omina bei den Alten gerechnet
({. Divinatio, 11. 20.), vielleicht weil es einen
ihädlichen Stoff aus dem Körper zu entfernen
ichien; frühzeitig jchon rief man den Niejenden
zu: Zeo owcor. Früh morgens und jehr laut
galt es für unglüdlich; mittags für glüdlih. Links
gehört, war es ein widerratendes, rechts ein er-
Pteleon
mutigendes Zeichen. Selbft bei den Göttern galt | Hinjcheiben jprach der fräftige, 3
es als Zeichen der Zuftimmung.
— Ptolemaios.
1011
um Herrſcher ge:
borene Feldherr anfangs gegen Aleranders Kinder
Ptel&on, IIrsisov (Hom. Il. 2, 697), Hafen- | von perfiichen Frauen, gab jedoch nach und jehte
ftabt in der theflalifchen Landſchaft Phthiotis, am
ſüdweſtlichen Ende des Meerbujend von Pagajai,
die Mutterftadt von Pteleon in Triphylien ( Hom.
21. 2, 594); 171 v. E. von den Römern zerftört |
(Liv. 42, 67); j. Ftelio. Auch auf dem thrafifchen
Eherjones lag eine Stadt d. N. (Dem. Halonn. 39).
Welche Städte d. N. bei Thukydides (5, 18) im
Lafonien (?) und (8, 24. 31) bei Erythrai in Jo:
nien (7) gemeint find, ift nicht ficher.
Ptereläos j. Amphitryon.
Pteria, IIreoia, feſte Stadt im nördlichen
Kappadokien (Hdt. ı, 76), jpäter zum öftlichen
Galatien gerechnet; j. Boghazlöi mit intereffanten
Selfenrelief3 in eigentümlichem Stil.
IItwgxos |. Mendicus.
Ptolemaios, IIrolsuaiog, Ptolemaeus, Ptolo-
maeus, d. h. Strieger, ein bei Mafedoniern und
Griechen, namentlich der jpäteren Beit, oft vor:
fommender Name. A) Hiftorifch bebeutiam find
I)inMafedonien: 1) Pt. Alorites, Schwieger:
john des Amyntas III. (ſ. d., 1.), Königs von Ma-
fedonien, geriet nach deffen Tode in Thronftreit
mit Wlegander II. (j. d. II, 6.) Die ebaner
unter Belopidas jchlichteten zwar den Streit, doc
368 v. C. bahnte fich Pt. durch Ermordung Ale:
randers den Weg zum Throne, den er bis zum
J. 365 behauptete, in dem er ſelbſt von Perdiklas I11.
(j. d.) ermordet wurde. Plut. Pel. 26. Diod. Sic.
15, 71 ff. Just. 7, 4f. — 2) Sohn des Philipp,
fämpfte in der Schlacht am Granikos und unter:
warf nachher Karien. — 3) Sohn des Seleufos,
fiel in der Schlacht bei Iſſos. — 4) Neffe des
Antigonos, unterjtügte defien Pläne in Afien und
Griechenland mit Erfolg, knüpfte ſpäter jeboch
treulojerweife Verbindungen, mit KRaflander und
dann mit Ptolemaios von Agypten an, der ihn
vergiftete, 309 dv. C. — 5) empörte ſich gegen
dafür die Verteilung der Provinzen durch, von
welchen ihm das reiche, mwohlgelegene Agypten zu
teil wurde, deſſen Bewohner er in kurzem durch
MHuge Behandlung glüdlihh gewann und wohin er
zahlreiche griechijche Einwanderer zog. Durch Er:
oberung Kyrenes 18* er ſeine Macht, knüpfte
Verbindungen mit Antipater an, bemächtigte ſich
der Leiche Alexanders, welche auf dem Wege
nad) Makedonien war, brachte fie nach Alexan—
dreia, um durch ihren Beſitz den Glauben an ſeine
Macht zu ſtärken, und wehrte 321 v. C. den An—
griff des Perdikkas mutig und entichloffen ab.
Zugleich acdjtete er die Gewohnheiten, Denkmäler
und religiöfen Einrichtungen der Ägypter und trug
dadurch nicht wenig zur Befeftigung feiner Herr:
Ichaft bei. Die Teilung zu Triparadeijos beftätigte
ihn im Befige feiner Provinz. Darauf richtete er
jein Augenmerk auf das benachbarte Syrien, be:
jegte das Land und z0g zahlreiche Anſiedler, be-
jonders Juden, nad) Agypten. Darnach unterjtüßte
er jeinen Schwager Kaſſander mit einer Flotte und
ichloß fi dem Bunde des Antigonos, Seleufos
und anderer gegen Eumenes an, der nad mehr:
jährigem Kampfe im J. 316 den Tod fand. Dem
Kampfe gegen Eumenes folgte (315) ein Krieg
mit dem übermächtigen Antigonos, in welchem
Pt. zwar Kypros gewann, aber Syrien und Phoi:
nifien einbüßte. Mehrere Aufftände unterbrüdte
er (313), gewann 312 einen großen Sieg bei
Gaza über Demetrios, Sohn des Antigonos, unter:
warf Phoinifien, mußte fich aber vor dem an:
dringenden Antigonos nad) Agypten zurüdziehen.
Bald hernach wurde zwiſchen den Feldherren ein
Friede geichlofjen, der indes nur kurze Zeit dauerte,
jo daß es 309 abermals zum Kriege fam. Wenn:
gleich Demetrios die Agypter in VBorderafien jchlug,
jo machte Pt. doch bald auf den griechiichen Inſeln
Philipp V., um den Aratos zu ftürzen, verlor | große Fortichritte und unterwarf die Küftenländer
aber nad dem Mißlingen des Planes da3 Leben. | in Aſien. Aber bei Kypros geichlagen, mußte er
— 1) in Thrafien: Sohn des Lyſimachos, ſich nad Ügypten zurüdziehen (306). Als Anti:
kämpfte um die Herrſchaft über Thrafien und Ma: | gonos nad) diejem Siege den Königstitel annahm,
fedonien mit Ptolemaios Keraunos. Just. 24, 2. folgten Pt. und die übrigen Feldherren jeinem
— I) in Epeiros: Sohn des Pyrrhos, ver-
waltete während des Zuges jeined Vaters nad
Stalien das Reich, gewann einen glänzenden See:
fieg bei Kerkyra und infolgedejlen dieſe Inſel,
Beripiele. Den Angriff des Antigonos auf Agyp—
ten ſchlug Pt. kühn und glüdlidy ab (305), worauf
‚er die don Demetriod hart bedrängten Rhodier
274 dv. E., befiegte dann das Heer des Antigonos |
Sonatas und fand auf des Vaters Zuge nach dem
Peloponnes jeinen Tod, im J. 272. Ju
25, 3f. Plut. Pyrrh. 28. — IV) in Agypten:
1) Pt. I., Soter, Sohn des Lagos, aus niederem
Stande, einer der berühmteften und glücklichſten
Heerführer Aleranderd des Gr. Nachdem er als
Anhänger des jungen Alerander por König Phi:
lipp hatte flüchten müffen, nahm ihn nad Phi:
lipps Tode der junge König unter die Leibwächter
auf. Seit der Schlacht bei Iſſos, an der er teil:
nahm, wurde jein Name jtet3 mit Auszeichnung
genannt. Er bezwang den Bejjos, unterwarf das
Sebirgsland Sogdiana, kämpfte rühmlich in In—
dien gegen Poros und ſpäter gegen die Koffaier
und wurde vom Könige, der dem ftaatöflugen,
wegen jeiner Gewandtheit und Milde allgemein
beliebten Feldherrn großes Vertrauen ſchenkte,
mit Ehren überhäuft. Nach Nleranders frühem
Just. 18, 1.
befreite und daher den Ehrennamen Soter empfing.
Demetrios und Antigonos wendeten jich nun gegen
Kafjander von Makedonien, um ihre ehrgeizigen
Pläne zur Erneuerung eines makedoniſchen Welt:
reiches hier durchzujegen, riefen indes eine aber:
malige Verbindung des Bt., Seleulos und Kafjander
ind Heben, worauf Antigonos bei Ipſos in Phry:
gien 301 geichlagen wurde und fiel. Neue Ber:
indungen ergaben fich aus dieſem Ereigniffe. An:
fangs wurden Pt. und Seleufos, der der mächtigite
an Land war, einander entfremdet, verjöhnten fich
jedoch wieder, und jelbjt Demetrios, dem Pt. eine
jeiner Töchter verlobte, ſchloß fich ihnen an. Doc)
von ehrgeizigen Plänen getrieben, geriet Deme:
trios mit jeinem künftigen Schwiegervater in Streit,
und bald waren ®Bt., Seleufos und Yyfimachos
gegen ihn vereinigt. Demetrios unterlag und wurde
ein Gefangener des Seleukos (286). Groß, wie
im Kriege, war Pt. auch im Frieden und in
weiſer Verwaltung jeines Reichs. Eine mächtige
64 *
1012
Flotte und ein ftarfes und tüchtiges Sölbnerheer
ftügten jeine Herrichaft, deren gewöhnlicher Sig
die Schöpfung Alexanders, Alerandreia, war. Dieje
Stadt blühte durch ausgezeichneten Seehandel und
wurde von Pt. durch prachtvolle Bauten geſchmückt.
Mit großer Klugheit verband Pt. das griechifche
Weſen und jeine Elafticität mit dem ernten Cha:
rafter der Eingeborenen, juchte übrigens griechiiche
Spradye und Bildung durch Herbeiziehung zahl-
reicher Koloniften und dur Gründung griechiicher
Städte allgemein zu verbreiten, jo daß, wenn aud)
die Mehrzahl der Bevöllerung ägyptiſchen Ur:
jprungs war, das ganze Reich äußerlich in Litte—
ratur und Bildung ein griechiſches Gepräge trug.
t. ging mit jeinem Betjpiele voran, da er jelbit
——— war. So ſchrieb er, bereits König,
ein
ausführlich und im ganzen glaubwürdig geweſen
ſein muß, und welches Arrian mit Vorliebe be—
nutzt hat. (Die Fragmente hat Hullemann [1844]
herausgegeben.) Das berühmte alerandrinijche
oo. und die dortige große Bibliothek ver-
banken der legten F ſeiner Regierung ihre
Gründung. Die Überjegung der Septuaginta fällt
wohl in biejelbe Zeit. Die erften Dichter und
Gelehrten jeiner Zeit lebten zu Alerandreia, 3. B.
Philetad von Kos, Zenodotos, Helataios, Eu:
Heides. Wie die Gelehrjamfeit, jo acdhtete und
förderte der weile König auch die jchönen Künfte
mit Erfolg und lieh jich zum Danf dafür von
ihnen feiern. ®Bt. ftarb im J. 283, 84 3*8 alt,
gefeiert von feinen Zeitgenoſſen und gepriefen von
der Nachwelt. Ihm folgte jein Lieblingsjohn von
der Berenife, jeiner vierten Gemahlin, 2) Pt. II,
Bhiladelphos. Geboren 309 v. E. auf der Inſel
Kos während eines Kriegszuges ſeines Waters,
unterrichtet von Straton, Zenodot und Philetas,
von jeinem Fugen Bater ın die Staatsgeſchäfte
eingeführt, war er ein vieljeitig gebildeter Fürſt,
deſſen Regierungsantritt jeine Unterthanen mit
Vertrauen begrüßten, jedoch nicht frei von ben
Laftern der Sinnlichteit und Ausſchweifung, welche
in feinen Nachkommen bis zur Entartung fort:
wucherten. Den Günftling feines Waters, den
Demetrios Phalereus, behandelte er mit unebler
Härte. Dann vermählte er ſich, wahrjcheinfich auf
ein altperfiiches Königsprivilegium gejtügt (Hat.
3, 31. Just. 28, 1), mit jeiner leiblichen —
Arfinoe, nach Verſtoßung ſeiner Gemahlin Arfinos,
einer Tochter des Lyſimachos von Thrakien, wäh—
rend er, trotz ſeines Beinamens Philadelphos,
ſeine Brüder nichts weniger als brüderlich be—
handelte. Mit einem derſelben, Magas von Ky—
rene, fam ed zum Kriege (um 270), der unent—
ſchieden blieb, jo da5 Magas Kyrene behielt. Dann
griff er Syrien an, um fi im Bejig von Phoi:
nifien, Koileigrien und Paläftina zu behaupten.
Ein zweiter Krieg von 258—248 führte zur Er:
oberung der afiatiichen Geftadeländer durch bie
ägyptijche Flotte, wo er zahlreiche Stäbte ——
ie in Vorderaſien, ſuchte er auch in Griechen—
land und Makedonien ſeinen Einfluß geltend zu
machen, wobei er die Kykladiſchen Inſeln in ſei—
elanntes Werk über Alexanders Thaten, das
- Ptolemaios.
men jo verberblich werben jollten. Wie nad Sy-
rien, Griechenland, Ftalien und bejonders nad)
Syrafus, richtete er jeine Blide auch nad Aithio—
pien und ermunterte jeine Unterthanen zum Handel
nad biejen reichen Gegenden. Theoer. 15.
jelbft unternahm einen Zug dahin, jandte ferner
Erpeditionen nach Indien und beförderte aus
Neigung zur Naturgejchichte Handels: und wiſſen—
| Ichaftliche Unternehmungen nad) ben entfernten
Rändern im Süden. Diod. Sie. 1, 37. 3, 38. 42.
Plin. 6, 17. 29. Er beförderte Künfte und Wiflen:
ichaften, bejonders Dichtkunft und Gejchichte, welche
oftmals jein zum Trübſinn geneigtes Gemüt auf:
heiterten, belohnte die größeren Dichter, den Kalli—
machos, Philetas u. a., unterjtügte das Mujeum,
vergrößerte die prachtvolle Bibltothef, an deren
Spige nacheinander Zenodotos, Kallimachos, Era:
tojthenes, Apollonios, Wriftophanes von Byzanz
und Ariftarchos ſtanden, durch zahlreiche Ankäufe
und Abjchriften guter Handichriften, ſchmückte Ale:
gandreia durd glänzende Paläfte, Tempel und
Denkmäler und erweiterte die Handelsbezichungen
ſeines Landes bedeutend. Seine legten Jahre ver:
fümmerte der Tod jeiner Gemahlin Arfinoe, feiner
Lieblingstochter Berenike, die er dem zweiten An:
tiochos von Syrien zu — Unglücke vermählte,
und körperliche Leiden aller Art, die er ſich durch
Ausſchweifungen zugezogen hatte. Er ſtarb im
J. 247,46. — Ihm folgte 3) Pt. IUl., Ener:
etes. Er begann ſeine Regierung mit einem
1* gegen Syrien, in welchem er mit Glück
und Energie Vorderaſien und die Euphratländer
eroberte, bis zum Indos vordrang und aus welchem
er mit großer Beute beladen heimkehrte, 243 v. C.
Divd. Sie. 1,46. 55. Just. 27,1. Aus Dank—
barkeit für die Jurüdführung der einjt von den
Perſern geraubten Götterbilder gaben die Agypter
ihm den Namen Euergetes (Wohlthäter). Zahl:
reihe Denkmäler erinnerten noch lange an jeinen
Siegeszug. Ein Aufftand in Agypten unterbrach
denjelben, wurde jedoch unterbrüdt. Der im J. 239
zuftande gefommene Friede gab dem Könige Teile
von Syrien und die Hleinafiatijhen und thrakiſch—
malkedoniſchen Küftenftrihe. Schon um 243 war
Euergetes auf Aratos’ Betrieb von den Achaiern
‚zum Oberfeldherrn beftellt worden; daher ent:
—— Kämpfe mit Makedonien und Antigonos
Doſon, der die ägyptiſchen Städte in Karien weg:
nahm. Als aber Aratos um feinen Einfluß fan,
‚und Kleomenes von Sparta gegen Mafedonien in
‚die Schranten trat, unterjtüßte Euergetes ihn an:
fangs, Tief ihn aber bald in Stich, um fich mit
Antigonos Dojon auszuföhnen, 221. Den flüd-
tigen Kleomenes ver er in Mlerandreia freund:
we auf und wurde jo jehr von ihm eingenommen,
dab er beichloß, denjelben Hätig zu unterftügen
und ihn mit einem Deere nad Europa zurüdzu:
ichiden, wurde jedoch durch den Tod daran ge:
hindert. In Mithiopien gründete Energetes zahl:
‚reiche Kolonien zur Erweiterung des Handels und
Verlehrs Dadurch namentlich ſteigerte er die Ein—
fünfte Agyptens bedeutend, wobei freilich nicht
| jelten Mafregeln der Härte und Strenge getroffen
nen Beſitz brachte, jedod vom mafedonifchen Könige wurden. So war es ihm möglich, nicht nur eine
Antigonos bei Kos in einer Seeſchlacht geichlagen starke Flotte und ein großes Heer zu erhalten,
wurde, 266. Im ganzen gelangen feine Pläne in jondern aud Künfte und Wifjenichaften gleich fei:
Bezug auf Griechenland micht. Dafür nüpfte er nen Vorgängern und namentlic) geographiiche und
Verbindungen mit Nom an, die feinen Nachtom: | naturwifjenfchaftliche Unternehmungen zu beför:
Ptolemaios.
dern.
Hiftorifer und andere Dichter und Gelehrte er-
freuten fich feiner Huld. Für die große Biblio:
thet ließ er wertvolle Anläufe machen. Much die
religiöfe Anjchauung der Agypter — und ſchonte
er. Die Juden begünſtigte er ſehr und erteilte
ihnen das helleniſche Bürgerrecht, einem Juden
1013
Eratoſthenes, Apollonios, Phylarchos der | 181 ſtarb. — Ihm folgte ſein Sohn, 6) Pt. VI.,
Bhilometor, beim Tode des Baters etwa 6 Jahre
alt, unter Vormundſchaft der Mutter. Koilejyrien,
Phoinifien und Judaia gingen wieder an Syrien
verloren, Eunuchen rifjen nad der Mutter Tode
die Gewalt an jich und wollten die verloren ge:
angenen Länder wiedererobern. Da drang der
Joſephos verpachtete er zum großen Vorteil des | ſyriſche König Antiochos IV. in Agppten ein,
Schaßes, aber zum Kummer feiner gedrüdten Unter:
thanen jogar die Öffentlichen Gefälle. Euergetes
ftarb im %. 221. Mit ihm fchließt die Reihe der
bejieren PBtolemaier. — 4) Sein Sohn, Pt. IV.,
Bhilopator oder Tryphon (der Uppige), be:
feitigte gleich anfangs nahe Angehörige und gab
ſich ungejcheut jeinen Lüften hin. Den Kleomenes
von Sparta ließ er auf eine Denunciation bin
verhaften; zwar entkam dieſer, wurde aber bei
dem Aufſtande, den er nun erregte, von den
Ügyptern nicht unterftügt und tötete ſich ſelbſt
(220). Nicht ungebildet, dichtete der König jelbit
eine Tragödie Adonis, ehrte den Homer und er:
baute Tempel, aber jeine geiftige Trägheit führte
ihn zum Trunfe und zu Ausjchweifungen anderer
Urt, während er die Regierung jchlechten Rat:
gebern überließ, beſonders dem Agathokles und
Sofibios. Seine Thatenlofigkeit benugte Antiochos
von Syrien zu einem, obwohl vergeblichen, An:
griff auf Koilefgrien, den er im %. 219 mit glüd:
lihem Erfolge wiederholte, und nur mit Hülfe
griechischer und anderer Söldner gelang es dem
Pt. 217, über die Syrer den großen Sieg bei
Raphia in PBaläftina zu gewinnen. Ein Waffen:
jtillftand ficherte dem ägyptiſchen ag den Beſitz
des angrenzenden Teiles von Syrien. Dafür mußte
aber em Aufſtand der jchwer gedrüdten Agypter
mit Strenge gedämpft werden. Dazu fam eine
graufame Unduldſamkeit gegen die von feinen Bor:
gängern jo begünftigten Juden, jo daß Antiochos
Judaia den Agyptern entreißen konnte, 208. Mit
Rom beftand ein freundichaftliches Verhältnis, doch
juchte man durch Verbindung mit Makedonien der
Vergrößerung Roms entgegenzumwirten. Er ftarb
204. — 5) Sein Nachfolger, Bt. V., Epiphanes
(der Erlauchte), war erſt 4 Jahre alt und dem
Schuß der Römer anempfohlen. Nah dem vom
Volke längſt gewünichten Sturze des Minifters
Sofibios brachte ein rajcher Wechſel der Minifter
und Bormünder die Gewalt in die Hände des
Ariftomenes aus Alarnanien, welcher milde regierte
und von dem jungen König anfangs innig geliebt,
indes ſpäter auf deſſen Befehl vergiftet wurde.
Ihm folgte als Minifter Bolyfrates, welcher in
Verbindung mit dem tichtigen Ariſtonikos den
ſchwachen, willenlojen König lenkte. Agypten verlor
Phoinifien an Syrien, 199 v. E,, und Epiphanes
hätte noch größere Verlufte erlitten, wenn nicht
die Mömer ſich jeiner angenommen hätten. Ein
Ihon lange dauernder Aufſtand der Eingeborenen
wurde 196 unterbrüdt. Der junge König wurde
mit Antiochos ded Gr. Tochter, Kleopatra, ver:
wurde aber, ala er fich jelbft die Krone aufs
ar jegen wollte, von den Agyptern aus dem
ande getrieben, 171—170 v. E., und der jüngere
Bruder des PBhilometor, P. Energetes II. Phy—
iton, - Mitregenten angenommen. Ein neuer
Einfall des Antiochos brachte Agypten in große
ei und nur das fräftige Einfchreiten des
römischen Gejandten Popillius Länas rettete das
Land, 168. Liv. 45, 10 ff. Dagegen zerrütteten
Streitigkeiten zwiichen den königlichen Brüdern,
von denen der ältere zwar ſchwelgeriſch, aber auch
milde und feft, der jüngere dagegen graujam war,
Agypten immer mehr. Philometor mußte vor dem
Bruder nah Rom flüchten, wurde indes vom
Senate wieder eingejeßt. Er verzieh dem Bruder
und herrichte (von 164 an) wieder allein über
Agypten. Die Römer indes nährten, um Aghpten
zu jhwächen, den Bruderzwift, in welchem Phi:
lometor Taft und Feitigfeit bewies und jelbft den
Römern gegenüber die Würde jeiner Herrichaft
wahrte. In einem Kriege mit Syrien fand er 146
jeinen Tod in einer Schlacht unmeit Antiocheia.
Unter den Gelehrten, die damals in Wlerandreia
blühten, find zu nennen der Dichter Moschos und
der Grammatifer Ariftarchos. — Som folgte fein
Bruber, 7) Bt. VII., Euergetes II., Phyſton
(Schmerbaud), der jeined Bruders Sohn töten und
unter den von ihm gehaften Alerandrinern ein
ichredliches Blutbad anrichten ließ. Bor der Wut
der durd) feine Lüfte und Grauſamkeit erbitterten
NAlerandriner mußte Phyſton nad Kypros fliehen,
fam aber zurüd und züdhtigte jeine Gegner. Er
beichäftigte fi) im übrigen gern mit gelehrten
Studien, bejonderd mit Verbeſſerung des Homer
und mit Abfaffung von Denktwürdigfeiten zur
Länder: und Völkerkunde, und ftarb 117 v. C. —
Ihm folgte nad) jeiner Verfügung jeine Gemahlin
Kleopatra, die noch zu Lebzeiten des Baters den
älteren Sohn, 8) Bt. VIII, Soter Il., Zathuros
nach Kypros hatte entfernen laſſen und jofort den
jüngeren Sohn, 9) Bt. IX., Mlerander J., zum
Mitregenten annahm, indes auf Verlangen des
Bolfes den Soter zurüdrufen mußte und 10 Jahre
lang mit ihm einträchtig herrichte. In neuem
Zwift mit ihm zwang jie ihn dann zur Flucht
nad Kypros, worauf fie ihren Lieblingsjohn Ale:
gander zum Mitregenten berief. Auch aus Kypros
berbrängt, ſuchte Ich Soter zunäcft ohne Erfolg
in den iyrifch-paläftinenfiichen Wirren (108 v. C.) die
Rücklehr nach Agypten zu erfämpfen. Er wurbe
zurüdgerufen, als Wlerander, mit der herrſchſüch—
tigen und unverträglichen Mutter zerfallen, der:
mählt, die äguptiichen Briefter durch Gejchenfe und | jelben den Untergang bereitete und vor dem öffent:
Erlaß von Abgaben gewonnen, Verbindungen mit | lichen Haſſe fliehen mußte (89). Zwar empörte
den Nömern gegen die Mitolier und Antiochos, | fih Theben gegen Soter, doch gang es ihm,
deiien Tochter Kleopatra treu zu ihrem neuen den Wufftand zu bewältigen. Das Verlangen der
Baterlande Agupten hielt, eingegangen, mehrere | Römer, ihnen die ägyptiſche Flotte zum Kriege
Empörungen graujam geftraft, und em Krieg gegen | gegen Mithridates zu ftellen, lehnte er ab, 85.
Syrien vorbereitet, jomwie ein Bund mit dem & ftarb im J. 81. — Ihm folgte jeine Tochter
Achaiern angeftrebt (Pol. 25, 7,, als Epiphanes | Berenite, auf Sullas Betrieb mit 10) Pt. X.,
-D, ‘),
1014 Ptolemaios.
Alerander II., ihrem GStiefjohne, vermählt, der | hiftorijch bebeutfam find: 1) Pt. I., Soter,
auf der Inſel Kos herangewachſen und erzogen | ſ. oben A) IV, ı 9. € — 2) Pt. IV., Philo:
war. Ihren Tod führte Mlerander nach kurzer pator, ſ. oben A) IV, 4. — 3) Sohn des Age:
Ehe mit ihr herbei, worauf er ſelbſt gleich nad): | ſarchos, aus Megalopolis, vermutlich Zeitgenofie
her ein Opfer der Vollswut in Alerandreia wurde. | des Pt. Philopator, defjen Geſchichte er in Drei
— Nun folgten einige unebenbürtige Sprößlinge | Büchern ſchrieb. Fragmente bei Müller, fragm.
des mit Alerander ausgeftorbenen echten Ptole- hist. Graec. III p. 66 ff. — 4) Pt. VII, Euer:
maierftammes, zunädft 11) Pt. XI., Nothos,|getes II, j. oben A) IV, 7. — 5) aus Mendes
Bater der berühmten Sleopatra, befannt unter | im Nildelta, Briefter und Verfaſſer einer ägypti—
dem Beinamen Auletes, wegen feiner Liebe zum ſchen Gejchichte unter dem Titel XKoovo«, von chrift:
Flötenjpiel. Ein Gegenftand des Hafjes für feine | lichen Schriftftellern mehrfach citiert. — 6) mit
Unterthanen, war er ein Spielball römifcher Po: | dem Beinamen Xerrog, aus NAlerandreia, ein
Litit, welche jhon damals Agypten ausfog, während | Grammatifer in der Zeit von Nero bis Nerva,
Auletes e3 nicht beffer machte. Mehrere Empd: | jchrieb unter andern Werfen auch weel rs Eis
rungen wurden mit Mühe unterdrücdt, die Römer | moAvuadlar “arg laropiag in 7 BB., woraus
traten immer unverhohlener mit ihrer Nbficht, Photios Ercerpte erhalten hat, eine Sammlung
Agnpten an fich zu bringen, hervor. Ein Bruder | von allerlei teild mythiſchen teils hiftorischen
des Auletes wurde von ihnen (58 v. E.) der Inſel Sagen. — 7) mit dem Beinamen Marathon, ein
Kupros beraubt und gab ſich jelbft den Tod, um | Sophift des 2. Nahrh. n. E. und Verfaſſer von
jeine Demütigung nicht zu überleben. Das dar: | Deklamationen, in denen mit Vorliebe der Kämpfer
über gegen Rom erbitterte äguptiiche Volt empörte | von Marathon gedacht wurde, und mit denen er
fih. Der feige Auletes, der fidy weigerte, an die | von Stadt zu Stadt umberzog. Er ftarb hoch⸗
Spitze des Aufſtandes zu treten, ergriff die Flucht, bejahrt. — 8) mit dem Beinamen FEridterne.
und das Bolt rief feine Tochter Berenike zur | Grammatiker aus Ariſtarchs Schule; jchrieb weei
Königin aus. Nah 3 Jahren wurde Auletes | zur map’ Ourjew wAnyar und einen Kommentar
indes durch den römijchen Profonjul Gabinius | zur Odyſſee. — 9) mit dem Beinamen Pindarion,
wiedereingejegt, und der graujame Fürft ließ feine | Sohn des Oroandros, gleichfalls Grammatiter aus
eigene Tochter umbringen, im J. 55. Auletes | Ariftarchs Schule, verfahte Oungına vmodsiyuare.
ftarb 4 Jahre jpäter. Ihm folgte feine jüngere | — 10) Grammatifer aus der alerandrinifchen
Tochter, die berühmte Kleopatra (j. d., 7.), und | Schule, bald Vater, bald Sohn des Ariftonilos
jeine Söhne 12) Pt. XII. und 13) Pt. XIII. Strab. | genannt, lehrte in Rom und wird als Berfafler
17, 795 ff. — 14) Pt. Keraunos, ältefter Sohn | von folgenden Schriften angeführt: r@ öwodos
des Ptol. I. von der verftoßenen Gemahlin des: | elonuere rois rgayınois; 50 Bücher über Homer;
jelben, der Eurydike, flüchtete, mit dem Bater|r& meel Movoar xal Nnonldwr u. a. Sämt—
entzweit, nach Thrakien zu Lyſimachos. Hier er: liche Schriften find verloren. — 11) Klaudios
mordete er im %. 280 v. E. den auf einem Zuge | Pt., TIrolsuniog 6 Kiavdıog, ein bedeutender
nah Makedonien begriffenen Geleutos, der ihm | Geograph, Mathematiter und Aftronom, wahr:
zur Wiedererlangung Agyptens nad) des Vaters | icheinlich aus Ptolemais Hermeiu in Oberägnpten,
Tode hatte behülflich fein wollen, gewann das | Beitgenofje des Antoninus Pius. Nm Serapeion
Heer des Ermordeten durch fein rajches Handeln zu NAlerandreia hielt er fich bleibend auf, jtellte
(daher fein Beiname) und bahnte fi den Weg | dort feine aftronomifchen Beobachtungen an und
zur Gewinnung Makedoniens, welches er nad) | jchrieb feine zahlreichen Werke, daher er bei Sui-
glüdlichem Kampfe mit feinem Gegner behauptete. | das ein Alerandriner heißt. Seine mathematijchen
Indes nad einer Regierung von nicht einem vollen | Kenntniſſe unterftüßten ihn weſentlich bei feinen
Jahre fand er im Kriege mit den in Makedonien | aftronomijchen und geographiichen Studien, jo daß
einfallenden Galliern den Tod. Just. 17,2.24, Iff. | er als ein Reformator diejer beiden Wiſſenſchaften
— 15) Bt. Bhiladelphos, ein Sohn der Keo- | gelten darf (. Geographia, 7. und Mathe-
patra und des Antonius, erhielt vom Vater Syrien | matische Geographie). Geine nod erhalte:
und Vorderafien zum Gejchent und erlangte nad | nen Werke find folgende: a) Tewypayınn) vpi-
defien Sturze von Octavian Berzeihung. — V. Noch | ynoıs, 8 Bücher, von den Arabern in ihre Sprache
andere Ptolemaier von hiſtoriſcher Bedeutung | überjegt (neuere Ausgg. von Wilberg und Gras:
find: 1) Pt. Mennaios, ein Syrer, führte mit off, 1838 ff., unvollenbet, Nobbe, 1843 ff., und
dem König der Nabatäer (im D. Arabiens), Are: | E. Müller [begonnen 1888]; Überf. von 2. Georgii,
tas, Krieg und erhielt von Pompejus gegen eine | 1839 ff.). Der Hauptinhalt ijt mathematijche Geo—
Summe Geldes Berzeihung für feine Räubereien. gapbir; fie bildet die vornehmſte Quelle zur
- 2) König von Mauritanien, Sohn Jubas II. | Kenntnis der alten Geographie; geometriiche Be:
und der Kleopatra, einer Tochter der ägyptiſchen gründung ift vorherrichend, und die Aufzählung
Kleopatra und des M. Antonius, wurde, als feine von Namen und Zahlen überwiegend. b) Meyalı
Unterthanen fih am Aufſtande de3 Numidiers obvrafıs rg Gdorporoulag, 13 BB., des Ber:
Tacfarinas (j. d.) wider die Römer beteiligten, von | fafiers aftronomisches Hauptwerk, die Lehren von
diefen gezwungen, den Aufitand in Verbindung | der Bewegung der Geftirne und der ganzen Him:
mit den Römern zu dämpfen. Als er von diejen melskugel enthaltend. Sein Syſtem, nad welchem
dafür große Ehrenbezeugungen empfing und, von | die Erde der Mittelpunkt des Univerfums ift, ge:
Caligula eingeladen, nah Rom kam, aber die | wann dauernden Beifall und wurde von Bappos
Aufmerkjamfeit des Volkes und dadurd das Miß- | und Theon in noch vorhandenen Kommentaren
trauen des Kaiſers erregte, ließ dieſer ihn töten. | erläutert. Das Werk jelbft ift durch eine arabiſche
Tac. ann. 4, 23. 26. Suet. Cal. 26. 35. Dio Cass. | Überjeßung (befannt unter dem Namen Almageſt
53, 26. 59, 25. Plut. Ant. 87. — B) Litterars | zuerft bekannt geworden (Ausgg. Bajel, 1538, und
Ptolemais — Publieola
bon Halma, 1813). ec) Tergdßıßlos ourrafıs
1015
(21, 63) galt für Senatoren jedes auf Gewinn ge:
ucdnuerxn, Quadripartitam, ajtrofogiichen An: | richtete Geſchäft für nicht anftändig, und jo waren
halt3 (Ausgg. von Camerarius, 1535, und von
Melandthon, 1553); d) Kapmös, Refultate aus
jeinen Werfen, 100 aftrologijche Sätze, deswegen
and) Centiloqguium genannt; e) Podosıg dmia-
vor doriowv xal ovrayaoyı) Erionuacıdr, ein
Verzeichnis der Auf: und Niedergänge der Gejtirne
mit Witterungsbeobadhtungen (vielleicht unecht) ;
fi 'Tmodeorg xal miarautvor doyal; g) Tlegi
eveinuueros, über die Sonnenuhren; h) Ariwaıg
Iriparveslag opaipas, Planisphaerium, nur latei-
nisch nach einer arabischen Überjegung vorhanden;
i) Aguorınd in 3 BB., ein wertvolles Werk über
Muſik (hHeransg. von Wallis, 1862); k) meoi »oı-
rrieiov al nyeuovınod, de iudicandi facultate
et de animi principatu (herausg. von Hanow,
1871); 1) moöyeıpoı xarövss, aftronomische Hand:
tafeln; darumter bejonderd wichtig der zarwr Pa-
oılzov oder Basar, ein Verzeichnis der Könige
von Babplonien, Perfien, Agypten und der römi:
ſchen Kaiſer, je mit Angabe der Regierungsjahre,
von Nabonaflar (747 v. E.) bis Diocletian. Weil
dieje Lifte aſtronomiſch fontrolliert ift, fo bildet
jie „eines der allerwichtigften chronologiſchen Denk—
mäler des Altertums“ (Ausg. von Halma 1819).
Ptolemais, IIroksueig. Unter den zahlreichen
Städten d. N., befonders in Ägypten — Anlagen
ber Btolemaier — find hier zu nennen: 1) Stadt
Phoinifiens, früher Ale, 30 Millien ſüdlich von
Tyros am Meere, jeit Claudius römijche Kolonie,
wichtig durch Lage und Handel, befonders in den
Kreuzzügen; j. Alla oder St. Jean d’Ucre. Atrab.
16, 758. — 2) Stadt Aguptens in Thebais am
linfen Nikufer, mit dem Beinamen Germeiu, wahr:
icheinlich" Vaterſtadt des berühmten Geographen
Klaudios Ptolemaios; j. Ruinen bei Menichije. —
3) Stadt an der Oſtküſte Aithiopiens niit dem
, Beinamen ®nonn, j. Ras:ed:Debir. — Siche auch
Dein, 8.
Ptöon, Ilröor, Gebirge Boivtiens mit drei
Sipfeln, welches vom jüdöftlichen Ufer des Kopais—
jees jüdlich nad der Küfte Hinzieht und dem
Apollon geweiht war; j. Sfroponeri. Hdt. 8, 135.
Strab. 9, 413.
PtychYa, IIrvyie, Heine Inſel zwiſchen dem
epeirotiichen Feſtlande und Kerfyra, im Altertum,
befeftigt und den nördlichen der 3 Häfen der Stadt
Kerkyra ſchützend; j. Vido. Thuc. 4, 46.
Pubertas, die Miündigteit, Gegenſatz impu-
bertas, früher von dem Eintritt der Geſchlechts—
reife an gerechnet, von den Juriſten der Mailer:
zeit verſchieden beftimmt, indem die Proculianer
das vierzehnte LXebensjahr als Übergang annahmen,
die Sabinianer dagegen die alte Beſtimmung auf:
recht erhielten. Ber den Mädchen galt immer das
dreizehnte Lebensjahr als Anfang der Mündigkeit.
Publicäni, in Athen reröraı, die Pächter der
öffentlichen Einnahmen, waren ihres Geichäftes
wegen, das nur auf Gewinn und Gelderwerb hin:
ausging, jehr drüdend und verhaßt, in Athen
jogar mißachtet und verhöhnt, doc in Rom eine
ehr einflußreihe Klafie, da wegen der großen
Barauslagen nur die Reichen ſich der Pachtung
der Staatseinnahmen : unterziehen fonnten Se
nachdem fie Aderländereien oder Zehnten oder |
Staatötriften in Pacht nahmen, hießen fie arato-
res oder decumani oder pecuarli.
Nach Livius
die publicani nur Ritter, welche die indirekten
Steuern der Provinzen öffentlich von den Cenſo—
ren pachteten. Weil das Vermögen der Einzelnen
zu ſo großen Pachtungen nicht ausreichte, ſo tra—
‚ten fie in societates zuſammen und bildeten eine
mächtige Geldariftofratie, befonders jeitdem C.
Gracchus die Gerichte in die Hand der Ritter legte.
Dadurch war der Statthalter in der Provinz,
wenn er Erprefiung halber zu Rom angeflagt
wurde, ihrer Enticheidung größtenteil3 mit an:
| heimgegeben. Anderſeits war der Statthalter die
einzige Hülfe der Provinzialen gegen die viel:
fachen Scherereien und Bedrüdungen der publi-
can, und nicht jelten juchten fich dieſe ihrerjeits
'an ftrengen Beamten durch Beranftaltung von
‚ Anklagen zu rächen. Bei habfüchtigen Statthal:
tern Fam es öfter vor, daf fie und die publicani
‚ beide in llbereinftimmung die Provinzen aus:
fogen, um dadurch fich gegenfeitig vor Anflagen
zu jchügen. Auch in Stalien übernahmen fie von
den Cenſoren die Ausführung Öffentlicher Anlagen,
Bauten u. j. w. Der Teilnehmer diefer Genoſſen—
ſchaften, der die Pachtung beforgte, und an deſſen
Bürgſchaft ſich der Staat in nötigen Fällen hielt,
hieß manceps oder anctor, der Vorfteher magister;
außerdem gab es eine Menge Untergebener und
‚ Kommifjäre, deren jeder noch überdies auf Koften
der Provinzialen für fich verdienen wollte. Über—
‚haupt waren wegen aller diejer Berhältnifie die
publicani in den Provinzen ungemein verhaft;
| jo durfte Livius (45, 17) * Übertreibung jagen:
ubi publicantus esset, ibi aut ius publicum
vanum aut libertateın sociis nullam. Unter der
Kaiſerherrſchaft gab es zwar mehr Schuß für die
| Brovinzialen, aber die publicani erfanden immer
neue Arten von Ehicanen (Tac. Agr. 19).
Publieatio, Einziehung des Bermögens für
‚die Staatskaſſe, ſpäter confiscatio genannt, die
allmählich als jelbjtverftändliche Folge aller Kapi—
talſtrafen eintrat. Als eigene Strafe war fie an—
gedroht für falſche Ankläger, für Freigelaſſene, die
jih höheren Rang anmaßten (Suet. Claud. 25),
und für die wegen Anceft und Stuprum Berur:
teilten.
Publiefi, ein latinijches, nach Rom übergeſie—
deltes Gejchlecht, zu dem gehörten: 1) 2 Brüder,
2. und M. uhr. Malleolns, belegten als
' Adilen, um den Florafultus zu fördern, die Vieh:
züchter ınit einer Geldſtrafe. Op. fast. 5, 287 ff.
Tue. ann. 2, 49, — 2) E. Bubl. Bibulus,
Boltötribun im J. 209 v. C, Gegner der Batricier.
Liv. 27, gi — 3) Publ. Malleolus, ermor:
dete jeine Mutter und war der erſte, an welchem
die Strafe der Verwandtenmörder Einſäcken und
Erjänfen, j. Parrieidium) vollsogen wurde,
101 v. C. Oros. 5, 16. — 4) €. (Bubl.) Mal:
leolus, erwarb ſich 80 v. E. als Quäftor in Ki—
fifien ein großes Vermögen, wenngleich auf die
unrehtmäßtigfte Weile. Er ftarb daſelbſt eines
plöglichen Todes. Cie. Verr. 1, 15.36. — 5) Publ.
Gertus, ehemaliger Prätor, war dem Domitian
behülflich bei dem an Helvidius Prijceus verübten
Morde und ftarb nad) des Kaiſers Tode (96 n. E.)
nach einer vom jüngeren Plinius gegen ihn er:
hobenen Anklage. Plin. ep. 9, 13.
Publicöla ji. Valeriı, 1. 5. 9, 10,
1016
Publilii, plebejiiches und patricifches Geſchlecht:
1) Bolero PBubl., verweigerte im 3. 473 v. €.
den Kriegsdienft als gemeiner Soldat, weshalb er
Streit mit den Konſuln befam, und bracdte 472
als Bollstribun ein Gejeh ein, ut plebeii magi-
stratus tributis comitiis fierent, weldyes 471
durchging. Doch brachte nicht er, jondern fein
Kollege Vatorius das Geſetz durch. Liv. 2, 55 f. |
— 2) D. Publil. Philo, befiegte 339 v. €. als |
Konful die Latiner, wurde in demjelben Jahre
Diktator und 337 der erjte plebejifche Prätor.
327 und 326 belagerte er das von Samnitern
unterftüßte Palaiopolis, deifen Einwohner zuleßt
mit ihm Verbindungen anknüpften, um ſich von
jenen zu befreien, worauf ſich die Stadt unter:
warf. Liv. 8, 12. 15. 22 ff. Im J. 320 joll er
ruhmvoll in Samnium und Apulien gelämpft
haben. 314 war er einer Anklage ausgejegt, wurde
aber freigejprochen. Liv. 9, 13 ff. 26. — 3) Bubli- |
lia, die zweite Gemahlin Ciceros, welche viel
jünger war, lebte nicht glüdlich mit ihm, jo daß
eine Scheidung ftattfand, 45 v. C. Put. Cie. 41.
Dio Cass. 46, 18. — 4) Ihr Bruder, Bublilius,
leitete mit Atticus, Ciceros Freunde, die darauf
bezüglihen Berhandlungen. Cic. ad Att. 13, 34.
16, 2. — 5) Bubl. Porfirius Optatianus,
um 330 n. E., ein hriftliher Dichter, überjandte
Eonftantin dem Großen feine Gedichte, die von
„aberwißiger Künftlichkeit“ find (fo daß z. B. je
20 bis 40 aufeinander folgende Hexameter gleich
viel Buchſtaben zählen), und erhielt dafür von
ihm die Erlaubnis, aus der Verbannung zurüd:
zulehren.
Publilfus (nicht Publius) Syrus, ein gebore:
ner Syrer, vielleicht aus Antiocheia, Sklave, dar:
nad Frreigelaffener, zugleich Schaufpieler und Im—
probifator, verfaßte Mimen und brachte fie in
Rom zur Aufführung, weshalb ihn Cäſar ſehr hoch
ihäßte. Cie. ad fam. 12, 18. Sen. ep 94. Auch
nad) Cäſars Tode behauptete er fih auf der Bühne;
jein Todesjahr ift unbefannt. Aus feinen jen
— Stücken beſitzen wir eine im 1. Jahrh.
n. &., wahrjcheinlich für —— angefertigte,
vielleicht von Seneca, der den Syrus mit Vorliebe
citiert, oder aus ſeinem Kreiſe herrührende, im
Mittelalter aber mit Sentenzen aus andern Quel—
len verjegte Sammlung von etwa 700 Sprüchen,
zu denen man in neuerer Zeit noch manche biäher
unbelannte entbedt * Der Titel der urſprüng—
lihen jcheint: Publilit Syri mimi sententine ge: |
weſen zu fein. Musgg. von Ribbeck in j. Scaen.
Kom. poes. fragm., ®b. II p. 307 ff, Wölfflin
(1869), U. Spengel (1874), W. Meyer (1880) und
Friedrich (1880). Mbhandlung von W. Meyer
(1877; darin 16 neugefundene Berfe). |
Pudieitia, römijche Berjonififation der Scham: |
haftigfeit, wurde von den patriciichen Frauen im |
einem bejonderen Heiligtum auf dem Rindermarkt
als P. Patricia verehrt. Als aber 297 v. E. die
Patricierin Virginia durch die patricifchen Frauen
von dem Dienfte ausgejchloffen ward, weil fie
einen Plebejer geheiratet hatte, errichtete fie der
P. Plebeia ein bejonderes Heiligtum für die ple-
—— Matronen. Liv. 10,23. In ſpäterer, ver:
borbener Zeit verlor der Kult der P. feine KT Pi
und Heiligkeit. — Ihr entipricht die griechiiche
Alöbs, die zu Athen einen Altar hatte.
Publili — Pupii.
welcher mit ben Fäuſten (pugnus, u£) fämpft.
Die Kunft des Fauftlampfes (pugilatio, wuyurj)
ift ſehr alt; Griechen und Etrujfer übten fie früh,
und bei ben Römern ftand fie fowohl in den
Beiten der Republif als des Kaiſerreichs in hohem
Anſehen. Liv. 1,35. Cie. tusc. 2,17. Suet. Oct. 45.
Um dem Stoße oder Schlage mehr Wucht zu geben,
hatten die Fauſtkämpfer den unteren Teil des
Armes und die Fauſt mit einem Lederriemen um:
wunden (fudvres, Apoll. Rhod, 2, 51 ff.), an wel:
chem in jpäterer Zeit Blei oder Eijen befeitigt
war; neıkigar find die weicheren Riemen älterer
Form, Paus. 8, 40, 3 (f. Caestus). Bgl. aud)
Gymnasium.
Pugilläres (libri, tabulae), Heine (fauftgroße,
von pugillus) Schreibtäfelchen, die man als Tajchen=
buch bei ſich trug, und die aus mehreren mit Wachs
überzogenen Blättchen beftanden. Sie wurden aud)
zu Liebesbotjchaften gebraucht, wie ein Gemälde
a Bompeji es zeigt, wo Cupido einen jolchen
iebesbrief von PBolyphemos der Galateia über:
bringt. Dazu gehörte der stylus, graphium (yew-
peior, yAvpeior), an einem Ende jpig zum Ein:
ichreiben (exarare literas), an dem andern breit
zur neuen Glättung (litura) des Wachies.
Pugio (von pungere), furze Stichwaffe, Dolch
(Suet. Caes. 82. Val. Max. 3, 5, 3); bei den Kai-
jern ein kurzer Degen, den fie al$ Zeichen ihrer
Gewalt über Leben und Tod trugen; jpäter auch
militärijches Ehrenzeichen, namentlich für den prae-
fectus praetorio.
Pugna navälis j. Seekrieg.
Pulio, Titus, diente im Heere Cäſars in
Gallien als Centurio, ging aber jpäter zu den
Pompejanern über, nahdem er das Heer des Le—
gaten Cäſars, Antonius, verraten hatte. Caes. b. g.
5, 44. b. c. 8, 67.
Pullus, &. Junius, Konſul 249 v. E., An:
führer im erften punifchen Kriege, entzog fich, nad _
dem Schiffbruche der Flotte bei Camarina und
andern unglüdlihen Ereigniſſen angeflagt, die
Aufpicien verachtet d haben, dem Urteil durd
freiwilligen Tod. Vorher hatte er durch Verrat
die Bergfefte Eryr eingenommen, fie aber bald
wieder an die Punier verloren. Cie. n.d. 2, 3.
Pol. 1, 53 ff.
Pulpitum j. Theatron, 15.
Puls ſ. Mahlzeiten, 7.
Pulvinar, eigentlich ®ötterpolfter (j. Leeti-
sternium), wurde dann auch auf Menjchen über:
tragen, wie Romulus (Ov. met. 14, 827), Julius
Eäjar (Cie. Phil. 2, 43), auf die Lageritätte der
Raijerinnen (Ov. ex Pont. 2, 2, 71. Juv. 6, 31),
— den kaiſerlichen Sitz im Circus (spectabat ex
pulvinari, Suet. Oct. 45) u. a. Bisweilen ſteht
das Wort auch für den Ort, wo die Götterpoliter
fih befanden, wie in der Wendung: supplicatio
ad omnia pulvinaria (Cic. Cat. 3, 10, 23. Teac.
ann. 14, 12).
Punische Kriege j. Karthago,
Pupiönus ſ. Maximus, II, 1.
Pupfi, ein plebejiiches Geichleht. Zu nennen
find: 1) Urheber der nad ihm benannten lex
Pupia (f. d.). — 2) &. Pup., 185 v. C. HDil,
Brätor im J. 183, verwaltete Apulien. Liv. 34, 45.
— 3) ein römijcher Tragifer, deſſen Tragödien
Horaz tadelt, wenn er (ep. 1, 1, 67) fie lacrımosa
Pugil, »uxrns, der Yauftlämpfer, d. 5. einer, |poömata nennt.
Pupillus — Pydna.
Pupillus ſ. Orbilius.
Pura, J/Ioög«, allgemeiner indijcher Name für
Stadt; die jpeziell jo genannte Hanptftadt der per:
ſiſchen Provinz Gedrofien Heißt noch jeßt Pura.
Arr. 6, 24,1.
Purpüra. Die Kunſt, Gemwänder zu färben,
muß jehr alt jein, denn ſchon in dem homeriſchen
Sedichten werden wogpuga oder polvık als Färbe—
itoffe, leßteres für Elfenbein, genannt. Der natür-
liche Burpur wurde gewonnen aus der Trompeter:
ichnede (xrjov&, murex, buccinum) und der Pur:
purjchnede (rogptge, purpura, pelagia) in eigenen
Dffizinen der Burpurfärber. Der Saft der echten
Burpurjchnede hatte 4 Farben: jchwarz, blau:
ihwarz, violett, rot. Bald bereitete man aber
außerdem mehrere fünftliche Burpurfarben, zu denen
befonders der tyriiche doppelt gefärbte und der
lafonifche Burpur gehörte. Hor. epod. 12. 21.
Unter den Stoffen, die gefärbt wurden, blieb Wolle
der vorzüglichite, obwohl in jpäterer Zeit aud)
Seide und Leinwand vorkommen; die Färbun
aeihah aber fhon in dem rohen Stoff, und ertt
nachher wurde derfelbe gejponnen und gewebt
(Hom. Od. 6, 306: Nldxare orpwpüe ulımöp-
pvga). Dbgleich die Phoinifer die Färberei am
beften verftanden, wie ihnen denn auch die Erfin:
dung zugefchrieben wird, jo finden wir ſie Doch,
wie die Purpurfchnede, faft an allen Küjten des
Mittelmeered. Die bedeutenditen Färbereien lagen
am Meere, & B. in Tyros, Kos, Salona, Liſſa,
Tarentum, Ancona, Ariminum, Syrafus u. j. w.
Die römiihen Kaifer juchten bald den Purpur
für fich allein zu behaupten, ald Zeichen der kaiſer⸗
lihen Würde, wodurch dem gemwinnreichen Handel
mit Burpur großer Abbruch geſchah. Purpurne
Gewänder waren jchon früh die Abzeichen der
Herricher, 3. B. der griehiihen Tyrannen (pur-
purei tyranni, Hor. od. 1, 35, 12). Auch die
attiichen Archonten trugen in ihrem Amte Burpur-
mäntel; die weiteſte Verbreitung fand der Purpur
an dem latus und angustus celavus der römischen
tunica und der toga praetexta; die triumphie:
renden Feldherren trugen eine toga picta pur-
purea; zu Catos Zeiten bedienten fich auch jchon
die Matronen des Purpurs. Die Kaijer hatten
gewöhnlich Burpurmäntel, außerdem reich gejtidte,
aus Purpurftoff gearbeitete Togen, weshalb pur-
puram sumere jo viel hieß al® Imperium sumere,
— Naſidienus bei Horaz (sat. 2, 8, 11) lann
jeinen Reichtum nicht befier zeigen, als daß er den
Tiſch mit Purpurlappen abwiſchen läßt. Vgl. über
die Burpurfärberei A. Schmidt, Griechiſche Papy—
rusurfunden ©. 96 ff. Blümner, Technologie und
Terminologie 1 ©. 224 ff.
Purpurariae insülae j. Fortunatae in-
sulae.
Puteal j. Jupiter unter Zeus, 9.
Puteolänum j. Puteoli.
Puteöli, TIovr£oioı, Tovriolot, eine durch die
Kymaier 521 v. E. auf einer Landſpitze am Bu:
teolaniſchen Meerbufen unter dem Namen Jı-
nueoria gegründete Seeſtadt Eampaniens (j.
Neapolis), die ihren jpäteren Namen nad) der
rn durch die Römer im zweiten punijchen
Kriege (Liv. 24, 7. 13) erhielt, entweder u
ihrer vielen Brunnen, oder ug wegen Des
üblen Geruch der benachbarten Mineralquellen.
Ihr ichöner Hafeniwar noch durch einen aus
1017
Pozzuolanerbe gebauten (zum Teil mod) jebt er-
haltenen; Damm gefichert; in demjelben lonzen—
trierte fich fajt der gejamte alerandriniihe und
hiipaniihe Handel mit Italien. Die 194 v. E.
geihehene Kolonijation ward jpäter mehrmals
wiederholt, z. B. unter Auguſtus und unter Nero,
von dem fie den amtlichen Namen Colonia Cluu-
dıa Neronensis Puteolana erhielt (Tac. «ann.
14, 27), und fpäter. Durch Alarich (410), Geiſerich
(455), Totilas (545) ward P. zerjtört, aber bald
wieder nah are Eicero bejaß in der Nähe ein
Yandgut, Puteolanum, wo er die Quaestiones
academicae ſchrieb (ad Att 14, 7), und der Kaiſer
Hadrian begraben wurde (Spart, Hadr, 25); Lu—
cullus Hatte dort gleichfalls eine prächtige Billa;
Caligula ließ P. und Bajä durch eine Schifibrüde
verbinden, und Nero hatte bejondere Vorliebe für
ben Drt. Das heutige Pozzuoli bietet noch viele
Altertümer, namentlih Trümmer eines Serapis:
tempels, in dem noch jet eine Heilquelle jprudelt,
und eines großartigen, 25 000 Sippläße bietenden
Amphitheaters. Strab. 5, 245.
Pyanepsia, r& Ilvavspıe, ein am fiebenten
Pyanepſion (gegen Ende Dftobers) in joloniicher
Zeit dem Apollon und der Athene Stiras zu Athen
gefeiertes Feſt; leßtere galt als Geberin der nun—
mehr beginnenden Oliwenernte, Apollon nahm mit
dem Herbſte Abſchied. Seit Kimons Zeit erhielt
das Feſt durch Bezug auf die Theiensjage, unter
Dinzuziehung des Baldhos, jeine weitere Ausbil:
dung. Der Charakter der Feier ift ein gemilchter:
Siegesjubel und Klage um die Toten der Vorzeit
und ber Gegenwart wechieln. Das Sommerleben
endet, Apollon zieht anderdwohin, man bringt
ihm Eirefionen zum Abſchied; die Natur ift nicht
mehr jo fröhlich, und der Menſch, wie jehr ihn
aud; die Gaben des Herbſtes erfreuen, > ſich
auch den Empfindungen entgegengeſetzter Art hin.
Das Kochen des Bohnen: oder Hüljenfrüchtegerichtes
(Eunos or Öoxplior oder nuaror) jollte er:
innern an das Kochen der Reſte der Schiffsloſt bei
der Nüdfehr des Thejeus von Kreta. Die. zige-
ohrn, ein mit Wolle (£euov) ummundener Olzweig
oder Kranz von Olzweigen (jonft auch ein Kenn:
zeichen für Herolde und Schutzflehende), wurde
mit allerlei Erzeugniffen des Herbſtes behangen,
unter Begleitung vollsmähiger Lieder von Knaben
umbergetragen und jowohl vor dem Tempel bes
Feſtgottes (Apollon) als vor den eigenen Häuſern
aufgehängt. Auch das dabei abgejungene Lied
hieß zlgesıorn, und da es von ſolchen gejungen
wurde, die Damit um mildthätige Gaben anſprachen,
jo erhielt es die Bedeutung eines Bettlerliedes.
Eine ſolche, dem Homer zugejchriebene, Eirefione
ift noch vorhanden. Plut. Thes. 22. Bgl Noyo-
pögıa und Mommſen, Heortologie ©. 56. 270f.
Ilvavswıar ſ. Jahr, 1,
Pydna, /Iööve, eine in der maledoniſchen Yand:
ſchaft Pieria zwijchen Methone und Dion gele:
gene, von Griechen gegründete Stadt am Fuße
des Berges Dlofros, nicht fern vom Thermaiſchen
Meerbujen. Sie war jchon früh den Maledoniern
‚unterworfen (Thuc. 1, 61. 137); Philipp von
Maledonien vergrößerte und verjchönerte fie und
‚ machte fie zu einer ftarfen Feſtung. Bejonders
' berühmt ift P. geworden durch den Sieg bes X.
Amilius Paulus über Perſeus im J. 168 dv. E,,
dem die Unterwerfung Maledoniens folgte. Liv.
— — — — — — — — — — — — — —— — — — — — —
1018
45, 42. Plut. Acmil. Paul. 16. Nach Strabon
(7, 330) änderte die allmählidy gejunfene Stadt |
ihren Namen in der Folge in KArrgor, Citrum.
Nah Stephanos von Byzanz und Mela hieß fie
anch früher Avdva. Jet find feine Spuren mehr
von ihr vorhanden.
Pygela, IToysla« oder Doyeka, Heiner Küſten—
ort jüdweftlih von Ephejos, der Sage nad) von
Agamemnon angelegt, mit einem Tempel der Ar:
temis Munichia. Xen. Hell. 1,2,2. Strab. 14,639.
Pygmaei, Ilvyuaioı, Fauſtlinge (wie der deut⸗
ſche Däumling), eine uyaj (Längenmaß vom
Ellenbogen bis zur Fauſt) lang, ein fabelhaftes
Zwergvolk an den Ufern des jüblichen Dfeanos,
gegen welches im Herbft die nach Süden ziehen:
den Kraniche zum Kriege ausrüden. Hom. Il. 3, 3ff.
Später verfegte man jie an die Quellen des Nil,
woraus man geichloffen hat, es folle ſymboliſch
das Steigen und Fallen des Nils durch jenen
Kampf angedeutet werden. Arist. hist. an. 8, 12.
Plin. 6, 36. 7, 2. Hefataios nannte fie ein Acker—
bau treibendes Volt, welches die Kraniche von
jeinen Saaten zu verjcheuchen juchte; Kteſias ver:
jegte fie in das allgemeine Wunderland Indien,
andere nach Norden in die Gegend von Thule
(Plin. 4, 18. Juv. 13, 167), noch andere nach Ka—
rien (Plin, 5, 29); Apollodoros leugnete ihre Eri-
ftenz; ganz. Die Kunft bradjte die Pygmäen gern
in komiſchen Gegenja zu Serafles; andere be-
ziehen die Sage auf den Kampf der Kraniche mit
den Fröſchen. Bol. Ov. fast. 6, 176. met. 6, 90.
Neuere Reifende, wie Schweinfurth u. a., glauben
die P. in dem Heingewachienen Volle der Alfa
auf dem afrifan. Hochlande in der Nähe des Aqua:
tors wiebderentdedt zu haben.
Pygmalion, Ilvyualklor, 1) ſ. Dido.
2) König von Kypros, Vater der Metharme, ver:
liebte fi in ein von ihm jelbft gefertigtes elfen-
beinernes Bild einer Jungfrau (der Aphrodite),
bat Aphrodite, es zu befeben, und vermählte ſich
mit der belebten. Er zeugte mit ihr den Paphos.
Or. met. 10, 243 ff.
Ioyan, rvyadyoı, avS, aUxtae |. Gy-
mnasıum.
Pylädes j. Orestes.
Ilvlayöogar j. Amphiktyonen.
Pylai j. Thermopylai wm unter den hin:
zugefügten Eigennamen.
Pylaimenes, IIvlauerns, nah Homer (Il.
2, 851. 5, 576; vgl. Ziv. 1,1) Führer der Raphla-
gonen, ein Eneter, Bundesgenofie des Priamos,
wurde von Menelaos getötet. Da Il. 13, 643—
Pygela — Pyramides.
7,4, 16. 26. Strab. 8, 339, 2) II. 0 Topr-
kıanös, Asmgearınös, in Triphylien am Mamaos:
fluß im der Gegend des jeßigen Pisfini, ſchon
früh von den Lepreaten zerftört, die die Bewohner
zur Überfiedlung nad) Zepreon nötigten, und jeit-
dem verödet. Strab. 8, 337. 344 n. d. — 9) Stadt
im füdmweftlichen Meffenien auf dem Borgebirge
Korpphafion, beherrichte einen der ſchönſten Häfen,
der durch die vorlie-
gende Inſel Spha:
| fteria gededt iſt; j.
Paläa Navarino.
Nachdem ſich Die
Athener unter De—
moſthenes 425 v. C.
des wichtigen, aber
längſt verödeten
Platzes bemächtigt
hatten, behaupteten
fie ihn 15 Jahre,
ungeachtet die Ans- |
lieferung in dem
Frieden 422 ausbe—
dungen war (Thuc.
4, 3ff. 5, 35); wichtig
blieb P. auch noch
ipäter. Liv. 27, 830.
In der am nmörd- |
lichen Abhange des
Burgberges befinde
fihen Zropfftein:
öhle (vom Volle j.
oidolilia genannt)
hat man die Grotte
wieder erfannt, in
der nah der alten
pyliſchen Sage Her:
mes die dem Apollon geraubten Rinder verftedt
und 2 derjelben gejchlachtet hatte. Hom. huymm.
in Mercur. 108 ff. 399 ff. — Unter den genann-
ten Städten ift mit größter Wahricheinlichkeit
(nach Pherekydes, Hellanifos, Pauſanias, Man-
nert, Eidler, Nitzſch, Forbiger, Viſcher, Burfian
das meſſeniſche die Stadt des Neſtor Hom.
Il.2, 77. 9, 158); Strabon (8, 336. 339. 350 ff.)
| und nad ihm Otfr. Müller halten die triphyliſche
' Stadt dafür.
Pyrakmon ſ. Kyklopen.
Pyramides, /Tvgauides (von dem ägypt. Pi:
Rama, d. h. der Berg), die befannten ägyptiſchen
| Bauten, deren Grundfläche auadratijch ıft, deren
Seiten, genan nach dem Himmelsgegenden orien—
— 3) SKollopiice
— 5) Hermes: Grotte
1) Aropolis;
Mauerreite:
— A) Tumulns; — 5) Lager dei
athenifchen Kaſtells im peloponnefi
ſchen Kriege.
658 P. als Begleiter der Leiche feines von Me: | tiert, fid) mehr oder weniger fteil nach oben zu:
riones getöteten Sohnes Harpalion ericheint, wäh: | jpigen. Doc fommen auch Stufen- oder Terrafien:
rend er doch (nach 5, 576) ſchon ſelbſt gefallen | pyramiden mit verjchiedenen Unregelmäßigfeiten
ift, haben neuere Kritiker hierin einen Grund vor. Mehr als 80 P. find uns ganz oder in
für die Zufammenjegung der Jliade aus mehreren | Trümmern erhalten. Die bedeutenditen davon er:
Stüden zu entnehmen gejucht; andere nehmen aber | heben ſich am Rande des libyſchen Wüſtenplateaus
2 Bol. an.
IIvidgrns |. Hades.
Pylöne ſ. Proschion.
‚ weftlich von Memphis, als deſſen Totenftadt, auf
‚einer GStrede von 5 Meilen, und zerfallen von N.
nad) ©. in die 6 Gruppen von Abu:Roafch, Gizeh,
Pylos, Hödos, Name dreier Städte im Pelo: | Zaviet-el:Arian, Abufir, Saflara und Dahfchur.
ponnes: 1) II. 6 ’Hisıiaxog, im nördlichen Elis Die ältefte ift die fogen. Knidpyramide von Dab:
am BPeneios, auf dem Wege von Olympia nad) ſchur, merkwitrdig durch ihre gebrochene Seiten:
Eis, nie bedeutend, doch ftrategifch wichtig, weil fläche, erbaut von Enofru, dem erften König der
es die durch das Thal des Ladon, der bei Pyl. | vierten Diynaftie (um 3070 v. E.), dem Water
in den ®eneios mündete, führende Hauptſtraße des Cheops, zugleich das ältefte Denfmal eines
aus Elis nad Arkadien beherrihte. Xen. Hell. Königs überhaupt. Am befaunteften find die P.
Pyramos —-
bes Cheops, Ehephren und Mykerinos (ſ. dieje
Artt., um 3050— 2950 v. E.) zu Gizeh; die beiden
erften find die größten untes allen vorhandenen.
Die jpäteren find Heiner und aus Ziegeln, ftatt
aus Stein, errichtet. Die legten ftammen von
Königen aus der zwölften Dynaftie (um 2300—
2100). — Belleidet waren die P. mit geichliffenen,
horizontal gelegten Sandfteinguadern, teilweiſe auch
mit Granit. Der wohlverjchloffene Eingang befand
fih auf der Nordfeite und führte durch niedere | eine
1019
S. Palais) unweit des Cantabrifchen Meeres, die
noch jet gangbare Straße über die Bidaſſoa bei
Fuenterabia; eine mittlere von Cäfaraugufta nad
Beneharnum (j. Orthez en Bearn); die ſüdlichſte,
in alter und neuer Zeit am häufigften benußte,
nahe der Küfte des Meittelmeeres bei Yuncaria (ij.
Junquera).
Pyrgos, Tooyos oder , 1) die ſüdlichſte Stadt
Triphyliens (Elis) nahe der meſſeniſchen Grenze,
olonie der Minyer. Hdt. 4, 148. Pol. 4, 77.
Pyrrhon.
und enge Gänge 'auf- und abwärts zu der Grab: | Strab. 8, 348. Liv. 27, 32. — 2) Pyrgi, Hafen:
fammer mit dem Sarkophag in der Mitte der P.
Die ganze Anlage, die ſchlichte Größe bei impo-
nierenden Mafverhältnifjen, der fichere Ausdrud | jegt S. Severa.
|
ftadt von Cäre in Etrurien, ein jehr reicher Ort,
den Dionyfios von Syrafus 384 dv. E. plünberte;
Von den kyklopiſchen Mauern,
jolidefter Treftigkeit, Die genaue Berechnung der | dem Tempel der Eileithyia u. j. w. finden ſich
Proportionen, iſt ebenjo bewunderungswürdig, wie noch bedeutende Nefte. Strab. 5, 225. Cic. de or.
die Ausführung im einzelnen, 3. B. die Zuſam—
menfügung der Steine auf der Fußenfeite und in
den Innenräumen. Die Anfiht von Lepfius, daß
jede ®. urjprünglich Hein angefangen und dann
von ihrem Erbauer im Verlauf jeiner Regierung
durch weiter umgelegte Steinmäntel vergrößert
worden jei, wird neuerdings beftritten. Uber die
ee 3 der ®., in denen man früher alles
mögliche, Tempel oder GSternwarten (Platon),
Leuchttürme oder Kornfpeicher, ertennen wollte,
fann kein Bweifel mehr beftehen: es jind bie
Srabdentmäler der Könige des alten Reiches. Hat.
2,124 ff. 134. Diod. Sic. 1,63. Strab. 17, 808.
Taec. ann. 2, 61. Bgl. PBerrot und Chipiez, Geſch.
der Kunft im Altert. I. Über. von Pietichmann
(1884). Maspero, ägypt. Kunſtgeſchichte, über).
von Steindorff (1889). — Die Pyramiden in Aithio—
pien, bei Begeranie (Meroe) und Meraui (Napata),
noch mehr die in Griechenland, bei Kenchreai
zwilchen Argos und Tegea (vgl. Roß, Reifen im
Beloponnes ©. 142 ff.), oder in Rom (j.o. ©. 258)
find nur ſchwache Nachbildungen.
Pyrämos, IIvgauog, 1) j. Thisbe, 2. — 2) be:
deutenber Fluß Kilikiens, j. Dichihan, der, in der
fappabofiichen Landſchaft Rataonia entipringend,
den Tauros in enger Schlucht durchdringt und bei
Mallos die See erreiht. Er war durchſchnittlich
ein Stadion breit. Xen. An. 1,4, 1. Strab. 12, 536.
Arr. 2, 5, 8.
Pyräsos, TIvg«oog, eine zu Strabons (9, 435)
Zeit jchon zeritörte Stadt der theflaliichen Land:
jchaft Phthiotis, mit einem Heiligtum der De:
meter. Hom. 11.2, 695. Ihren Namen follte fie
der weizenreichen lImgegend verbanteıt.
Pyreikos, richtiger Peiraeikos, |. Maler, 8.
Pyrenaei montes j. Pyrene.,
Pyrenaei portus, oder Veneris p., am Bor:
gebirge Pyrene oder Veneris, der ſüdöſtlichen
Spitze der —— (j. Cabo Creus), gelegner
Hafen im Gebiete der Indigetes im tarraconen—
ſiſchen Hijpanien; j. Bort de Bendre. Liv. 34, 8,
Pyröne, IIverjvn, das hohe Grenzgebirge
zwiſchen Silpanien und Gallien, von dem jchon
2, 71. Liv. 36, 3. Nuet. Ner. 5.
Pyrgoteles j. Gemma.
Pyriphlegöthon j. Unterwelt, 2.
Ilvgouavrrela j. Divinatio, 12.
Pyrrha, Tlögo«, 1){. Deukalion. — 2) Stadt
im weftlichen Teile von Leibos, im Innern des
nad) ihr genannten pyrrhaiſchen Euripos; j. Ruinen
Bira. Thue. 3, 18. 25. 35. 8, 28. Strab. 13, 617.
Pyrrhi castra, IIöooov zde«k, fefter Ort im
nördlichen Epeiros (Molottis), wo einft Pyrrhos
fein Lager aufgejchlagen hatte. Pol. 5, 19. Liv.
35, 27.
IIvgeign sc. Öeynoıs, ein zur Flöte aufge:
führter Waffentanz, als deſſen ältefte Form der
Kuretentanz gelten darf, wie auch die Hureten die
Erfinder desjelben genannt werden. Andere führen
jeinen Urſprung auf Kaftor oder die Dioskuren,
noch andere auf Dionyſos oder Athene zurüd.
Aus den mythiichen Nadrichten über die Erfinder
ergibt ſich jo viel ziemlich beftimmt, daß berjelbe
Kreta und Sparta hauptjächlich angehörte. Platon
(leyg. 7, p. 815 A) bejchreibt ihn als ein mimiſch—
friegerifches Rampfipiel, wobei man durch körper:
liche Bewegungen die Art und Weije ausdrüdte,
wie man im Kampfe den feindlichen Angriffen
auswich oder den Angriff gegen den Feind nach:
ahmte. Athenaios (14, 631 a) nennt die Pyrrhiche
ber Spartaner ein mooyVurasux rod molfuon
(vgl. 629 0. 630 d. e). Abbildungen des Tanzes
zeigen 2 Reihen bewafineter Männer mit ae:
nen Schritten und rhythmiſchen Berwequngen gegen:
einander anrüdend, bald vordringend, bald zurück—
weichend. Die wvop/yn war ein hauptfächlicher
Beitanbteil der Feier der Gymnopaidien in Sparta,
ebenjo wurde fie in Athen von den Epheben an
den großen und Meinen Panathenaien aufgeführt,
ihre Einübung und Wusftattung gehörte zu den
Leiftungen der Choregie. Zenophon (An. 5, 9,5 ff.)
beichreibt Waffentänge verfchiedener Völler und er:
wähnt zugleih auch eine Tänzerin, welche die
Porrhiche aufführt. Diejer Waffentanz war auch
in Aſien heimijch, und felbft in Nom wurde er
von Knaben unter Ealigula, Nero und in der
Herodot dunkle Kunde hat, indem er eine keltiiche | jpäteren Kaiferzeit dargeftellt und ging ſogar auf
Stadt Pyrene nennt, bei der der Iſtros entipringe | ritterliche
Übungen über. Suet. Caes. 39. Ner. 12.
(2, 33). Auf der galliſchen Seite ift es fteil, auf | In Hellas wurde er fpäter mehr theatralifch als
der hiſpaniſchen janft abgedacht, dicht bewaldet friegeriihmimifch und ftellte die Thaten und
und von herrlichen Thälern durchichnitten. Die | Schidjale des Dionyfos dar.
weſtliche ir Hifpanien hieß Saltus
. 1
Vasconum,
Pyrrhon, IItegwrv, 1) aus Elis, Sohn des
ndius. Der Metallreichtum | Bleiftarchos, Stifter der ſteptiſchen Schule, Zeit:
galt als jehr groß. Die Römer faunten 3 über genoſſe des Wriftoteles, fol anfangs Maler ge:
die Pyrenäen führende Straßen: bei Caraja (j. weſen jein, hörte aber dann die Vorträge meh:
1020
rerer bedeutender Philojophen und bejuchte auch
die Gymnojophiften Indiens und die Magier.
Nachher nahm er in Elis jeinen bleibenden Wohnſitz
und erreichte, hochgeehrt von jeinen Mitbürgern,
ein Alter von beinahe 90 Jahren. B. hinterlief
nichts Schriftliches, jondern übertrug die Mufzeich-
nung feiner Schriften jeinen Scülern Timon,
Nınefidemos, Numenios, —— und an—
dern, doch wird ein an Alexander den Gr. ge—
richtetes und von ihm reich belohntes Gedicht
erwähnt. Das Syſtem ſeiner Philoſophie läßt ſich
zu ihm ——
e
nur aus Andeutungen entnehmen. Daraus erſieht
man, daß ihm die Tugend als Hauptzweck und
alleiniges Ziel des menfchlichen Strebens galt;
dagegen verwarf er die Möglichkeit einer Erkennt:
nis der Dinge nad, ihrem wirklichen Sein und |
jomit die Wahrheit jelbft, welche uns weder die
Sinne noch unjere Meinungen verichaffen können.
Zwar geraten auf ſolchem Wege auch die jittlichen
Begriffe ins Schwanten, doch war der allgemeine
Zweifel an der Wahrheit mehr gegen wiflenichaft:
liche Forichungen gerichtet. Die Anhänger feiner
Lehre werben Ilvggwveıoı, Erropnrıxod, oxemtıxoi,
Enenrixol genannt, im Gegenjaß zu ben doyue-
rınoi. — 2) ein Pythagoreer aus Metapont.
Pyrrhos, IIveeos, 1) Sohn des Adhilleus, ſ.
Neoptolemos. — 2) König von Epeiros, führte
jeinen Stammbaum auf Aiakos und Achillens
zurüd, indem er fein Gejchlecht von des letzteren
Sohne Neoptolemos ableitete. Seine Eltern waren
Aiakides und Phthia. Nach der Vertreibung jeines
Vaters wurde der zweijährige Knabe mit Mühe
durch treue Diener gerettet, worauf Glaufias, der
Fürſt der (illyriihen) Taulantier, ſich mit liebe:
voller Treue jeiner annahm. Nach jeines Waters
Tode (818 v. E.) fiel Epeiros in andere Hände;
erft im J. 307 gelang es Glaufias, dem heran:
wachienden P. jein Batererbe zu fichern. Just.
17, 3, Dod wurde B. 5 Jahre jpäter po hen
eines Beſuches bei Glaukias durch einen Aufruhr
der Molofjer vertrieben und begab ſich zu De:
metrios Poliorketes, focht tapfer in der Schlacht
bei Ipſos (301, Plut. Pyrrh. 4), ging nach der—
jelben nach Griechenland und von hier nach le:
randreia, wo er eine Stieftochter Ptolemaios' 1.
heiratete und Geld und Truppen von dieſem be-
fam. Nach Epeiros zurüdgefehrt, erhielt er vom |
Thronräuber Neoptolemos einen Teil desjelben
zurüd und wurde nach deſſen gemwaltfamen Ende
wieder Herr des ganzen Landes (295; nad) anderer
Annahme bereit3? 297 oder 298). Darauf juchte
er mit Erfolg jeine Herrichaft über die Nachbar:
länder auszudehnen, geriet in Krieg mit Demetrios,
welcher König von Makledonien geworden mar,
ſchlug nach wechſelndem Glüde einen der Feld—
dh desielben (Plut. Pyrrh. 7) und erhielt von
einen Landsleuten den Ehrennamen derdg, Adler,
während jein Mut, jein Feuereifer, jein ritterliches
Weien, ja feine ganze Erſcheinung die Mafedonier
lebhaft an Alerander den Gr, erinnerten. J’lut. |
Pyrrh. 8. 10, Demeir. 41. Darauf eroberte P.
das verlorene Kerfyra wieder und drang in Mafe-
donien ein, wurde aber geichlagen. Ein Friede
zwiichen ihm und Demetrios war von kurzer Dauer,
und aus Furcht vor dem unrubigen, jtets mit
neuen Plänen umgebenden Geifte desjelben luden
Ptolemaios, Seleufos und Lyſimachos den P. zum
Bündnis gegen jenen ein, worauf B. in MWafedo: |
Pyrrhos.
nien einfiel, e8 bejepte und des Demetriod Heer
Anftatt des durch eigene Thor-
heit geftürzten Demetrios trugen ihm die Male:
bonier Die Krone an, 287. Plut. Pyrrh. 11. Just.
16,2. Aber er verlor fie bald wieder an Lyſi—
machos, gegen den er jogar Epeiros mit Mühe
verteidigte. Doc jagte das thatenloje Leben eines
Königs von Epeiros ihm nicht zu, und bereitwillig
leiftete er im J. 281 einer Aufforderung der Ta:
rentiner Folge, ihnen gegen die Römer zu Hülfe
zu fommen. An Italien hoffte ser Erjag für das
verlorene Makedonien zu finden und das ausführen
zu können, was früher fein Verwandter Alerander
(j. Alexander I, 3.) vergebens verjucht hatte,
wie er auch wohl als Nachkomme bes Achilleus
und der Aialiden fich zum Kriege gegen die Nach:
fommen der Trojaner berufen gefühlt haben mag.
Plut. Pyrrh. 135. Just. 18, 1. Paus. 1, 12, 1.
Unterjtüßt von den um Makedoniens Beji ringen:
den Prätendenten Btolemaios Keraunos und An:
tigonos Gonatas, jowie Antiochos, dem Sohne des
Seleutos (Plut. Pyrrh. 15), ‚enfite er im Frühjahr
280 mit mehr ald 25000 M. und 20 Elefanten
nach Italien und landete nach Uberitehung eines
heitigen Sturmes in Tarent, wohin ihm fein
Mintfter Kineas mit 3000 Epeiroten unter Milon
ſchon vorausgegangen war. Gegen die verweich—
lichten Tarentiner, welche wohl für ſich jtreiten
lafien, aber nicht jelbft mitftreiten wollten, trat
er allmählih mit größerer Strenge auf, zwang
ihre waffenfähige Jugend zum Sriegsdienfte und
rüdte nach vergeblichen Verhandlungen mit Rom
ins Feld. Plut. Pyrrh. 16. Zonar. 8,2. Er ſchlug
die Römer darauf in der Schlacht bei Herafleia
am Siris (280, wohl im September), bejonders
durch feine Elefanten, erlitt aber jelbjt bedeutende
Berlufte und befam von der Tapferkeit und Kriegs:
zucht der Römer bald andere Begriffe, als er mit:
gebracht hatte; ja er bewunderte an ihren Toten
die ehrenvollen Wunden am Körper, lich fie mit
Achtung beftatten und wurde von großem Erftaunen
ergriffen, als die Gefangenen den Eintritt im fein
Heer verweigerten. Plut. Pyrrh. 16 fj. Dion. Hal.
18, 1ff. Flor. 1, 18. Pol. 18, 11. Nach dem
Siege ftrömten Scharen von Samnitern und Xu:
canern unter feine Fahnen, die griechiſchen Städte
in Unteritalien jchloffen ſich ihm au; er rüdte
dann in Gampanien ein und auf Nom los, zog
fih aber bei der feindlichen Haltung der latini:
jchen Städte und den gewaltigen Rüftungen Roms
wieder zurüd und ſandte gleichzeitig den berebten
Kineas nach Rom zum Unterhandeln. So zeigte
ſich P. troß jeiner glänzenden Feldherrneigenichai:
ten jeiner Aufgabe, den gewonnenen Sieg durch
raſche Schläge zu bemugen, nicht gewachſen; ihm
fehlten die ſtaatsmänniſchen Eigenichaften und das
Organijationstalent Aleranderd des Gr., dem er
in Gründung eines griechiich-italifchen Reiches jo
ern nachgeftrebt hätte. Darum blieb er bei halben
aßregeln ftehen und juchte durch beredte Worte
jeiner Gejandten zu erlangen, was er durch Siege
auf dem Schlachtfelde nicht zu gewinnen vermochte.
Bald zeigte fich die Erfolslofgfeit der Sendung
des Kineas: deflen Borjchläge wurden im römi:
ſchen Senate, diejer VBerfammlung von „Königen‘,
zurüdgewiejen, der Verſuch, den Römer Fabricius
u gewinnen, jchlug gleichfalls fehl, Der Römer
—8 ſeitdem entſcheidend gewordenes Wort:
Pythagoras.
„Rom unterhandle nicht, jolange feindliche Trup:
pen auf italijhem Boden ſtänden“, überließ die
Entiheidung den Waffen. Bei Aufjculum in
Apulien jiegte P. abermals (279, nach anderer An—
nahme 278), gelangte aber nad) dem Berlufte feiner
tapferften Krieger zu der Einficht, daß feine Mittel
und Gtreitfräfte gegen Rom nicht ausreichten:
er jehnte fich nad) einem andern Schauplape feiner
Thaten. Als nun die Römer durch ein mit ar: |
thago gefchlofienes Bündnis die Ausficht auf Hülfe |
durch eine Flotte erlangten und P. richtig er: |
fannte, daß beide Staaten es befonders darauf |
abgejehen hatten, jeine Pläne auf Sicilien zu ver: |
eiteln, da ging er, troß der Bitten ber Staler, |
indem er die Tarentiner fich jelbft überließ, nad) |
Sicilien hinüber, wo die Syrakuſier von den
Karthagern bedrängt wurden (Plut. Pyrrh. 22. Pol.
3, 25), und ließ mur in Tarent und einigen andern
Städten Beſatzungen zurüd, im Sommer 278.
Plut. Pyrrh. 22. Just. 18,2. So hatte der unftete
Beift.des B. Italien vorläufig aufgegeben ; er, der
Anverwandte des Agathoflfes, wollte jeine hoch—
jtrebenden Pläne in Sicilien verwirflichen. Im |
Katana und andern Städten wurde er mit Jubel
empfangen, nötigte die Karthager zur Aufhebung |
der Be ar von Syrakus und beichränfte fie
auf den eng von Lilybaion auf der Weſtſpitze
der Inſel. Plut. Pyurrh. 22f. Dion. Hal, 19, 6.
Sein Heer verftärfte er von allen Seiten. Als nun
' Teil des Landes in feine Gewalt zu bringen (
1021
Elefanten zu jchreden) — von ihm beſiegt
und entfam nur mit Mühe, von einer geringen
Bahl Reiter begleitet, dem Blutbade. Bergeblich
wendete er jich nach Aſien und Mafedonien um
Unterftügung; erbittert darüber und entmutigt,
ſammelte er, alö er alle jeine Anftrengungen ver:
eitelt jah, die Nefte feines Heeres und kehrte
(Plut. Pyrrh. 26. Just. 25, 3) im Anfange 274
nad) Epeiros zurüd; den Tarentinern lieh er nur
— Beſatzung unter Milon, welche erſt im J. 272
ie Burg räumte. — Statt nun in Frieden ſein
Königreich zu beherrſchen, wurde P. von ſeinem
unruhigen Geiſte raſtlos zu neuen Kriegen ge—
trieben, und immer abenteuerlicher wurde feine
Laufbahn. Zunächſt z0g er gegen Antigonos von
Makedonien, und es gelang ihm, einen großen
ut.
Pyrrh. 26. Just. 25, 3); aber ftatt fich damit zu
begnügen und fich das Errungene zu fichern, zog
er zur Eroberung des Peloponnes aus, 272. Der
' Spartaner Kleonymos rief ihn gegen feine Vater:
ftabt Sparta herbei (Plut. h.27. Paus. 1,13);
ftatt aber jofort die überrafchte Stadt anzugreifen,
zögerte er, jo daß die Einwohner Anftalten zur
Gegenwehr treffen fonnten und ihn durch hefden-
mütige Verteidigung zum Abzuge nötigten. Auf
bem Rückzuge traf P. den Antigonos Gonatas
in der Ebene von Argos. B. verjuchte Argos
zu bejegen; da drangen die Mafedonier und die
die Karthager unter der Bedingung, daß ihnen | ur Hülfe heranrüdenden Spartaner gleichfalls in
Lilybaion verbliebe, fich zum Frieden bereit er: | die Stadt ein, es entjtand ein heftiger Kampf in
Märten, da wurde von ihnen auch die Räumung | den Straßen; P. jelbft, von einem Argiver ver:
diejes wichtigen Platzes gefordert. Darauf wollten | wundet, wollte diefen gerade niederſtoßen, als des
fie indes nicht eingehen, weil Lilybaion ihnen | Bedrohten Mutter auf den König einen Dachziegel
ftets der Stützpunkt fein mußte, um unter günftis | herabichleuberte, jo daß er niederftürzte. Bon einem
geren Umftänden weiter fejten Fuß auf der Inſel
zu faſſen. P. rüſtete daher eine Flotte, um die
ſtarke Feſtung zur See und zu Lande einzuſchließen.
Ein Sturm wurde Re ring die Karthager |
verteidigten jich tapfer, und auf die wantelmütigen |
Sitelioten machte das Scheitern des Unternehmens |
einen ſolchen Eindrud, daß fie fich den fonft fo |
gehaßten Puniern wieder zuneigten. Plut. Pyrrh. |
23. Dion. Hal. 19, 7f. Als 8 daher Karthago |
durch eine Landung in Afrika zum Nachgeben zu
nötigen wünfchte, zugleich auch durch manche harte |
Maßregeln die Gemüter der Sicilier fich entfrembet |
atte, erhob ſich ein Aufftand gegen ihn; viele
Städte vereinigten ficy mit den Harthagern. Zwar
fiegte P. in einer Schlacht, aber er jah ein, auf
wie jchwachen Füßen feine Herrichaft ruhte. Dies
beftinnmte jeinen Entſchluß. Keine jener eifernen
Naturen, welche energiſche Mittel Tieben, verlieh
er Sicilten, als die Tarentiner ihm einen glüd:
lihen Ausweg aus der jchwierigen Lage boten,
in ber er jich befand. Bon neuem von den Nö:
mern bedrängt, baten jie ihn dringend um Hülfe,
und er fam nad dem Scheitern feiner ehrgeizigen
Pläne auf Sicilien gern, um noch einmal jein
Heil in Unteritalien zu verjuchen und jeine Ruhm—
ſucht zu befriedigen, 276. Plut. Pyrrh. 23. Just.
23, 3. Nachdem feine Flotte * einen Angriff
der karthagiſchen bedeutend gelitten hatte, landete
er bei Xocri, zog nach Tarent, verftärkte jein Heer
dajelbft und rüdte danı dem Konſul M'. Eurius
Dentatus, der ſich bei Beneventum gelagert
hatte, entgegen, wurde aber (275) in einer blu:
tigen Schlacht (die Römer hatten es gelernt, die
der Leute des Antigonos wurde er dann vollends
etötet, 272. Plut. Pyrrh. 31. Paus. 1, 13, 7f.
hrſcheinlicher freilich ift die Nachricht (Just.
25, 5), daß ®. beim Sturme auf die Mauern fein
Ende gefunden hat. Des Gefallenen Leiche lieh
Antigonos ehrenvoll beftatten. Erwähnt wird noch,
daß B. mehrere ſehr geichägte Schriften über
Kriegskunſt verfaßt habe. Plut. Pyrrh. 8. Liv.
35, 14. Cie. ad fam. 9, 25. Bol. Kißling, König
P. in feiner Stellung zu Rom und Karthago
(1884 f.).
Pythagöras, IIvdayopas, 1) der berühmte
Philofoph, mit deffen Geſchichte fich freilich jehr
früh die Sage verbunden hat, in einer Weile, die
es ſchwer macht, beides ficher zu ſcheiden. P.
ftammte ſehr wahricheinlich aus Samos, wo er
etwa zwilchen 580 und 568 v. E. geboren jein foll.
Seine Lehrer jollen Thales, Bias, Anarimander
gewejen jein, ebenſo Pherefydes; dann werden jeine
Reifen und bejonders eine nach Ägypten erwähnt
(Hdt. 2, 81. 123); die Neuplatoniter laſſen ihn
ſeine Weisheit aus den Kulten und Geheimlehren
des Orients entnehmen. In feinem vierzigften
Jahre foll er fi) nad) ei agree und be:
jonder8 nach Kroton begeben und dort gelebt
haben. Mit vielem Wiffen, befonderd auch in
' Mathematik und Muſik, ausgeftattet, ftiftete er dort
eine Geſellſchaft, die fich noch bei jeinen Lebzeiten
über die bedeutendften der großgriechiichen Städte
verbreitete. Spätere (neuplatoniſche) Berichte ver:
binden hiermit Wunderbares aus jeinem früheren
Leben, feine Abkunft, Verkehr mit Göttern, Er-
innerung an die frühere eigene Präcriftenz. Nach
1022
diejen Berichten war die Gejellichaft der Puthago: '
reer feftgegliedert nad) der Art einesgeheimen Ordens,
mit vielen Weihen und Gebräuchen. Nach ftrenger
zwei: bis fünfjähriger Prüfung im Schweigen
wurden die Mitglieder aufgenommen und zerfielen
in Eroterifer oder Alujmatifer und Eſoteriker
oder Mathematiker, Sebajtifer. Die eigentlichen |
Pythagoreer lebten in Gütergemeinichaft, hatten
ſtrenge Lebensregeln, enthielten fi 3. B. des
Tleifchgenufjes und der Bohnen, ließen ſich nicht
in wollenen Kleidern begraben u. ſ. w. Soviel
ſcheint feitzuftehen, daß dieſe Geſellſchaft eine fitt:
lid):religiöje Reform des griechiichen Lebens be-
zwedte und durch eine der doriichen Ariſtokratie
zugeneigte Bolitit fi Einfluß zu verichaffen wußte.
Über das Ende des P. wird verjchieden berichtet:
nach einigen joll er bei einem Aufruhr der demo-
fratifchen Partei zu Kroton mit 300 jeiner An:
hänger umgelommen jein; nad) andern nadı Meta=
pont geflohen und dort achtzig: oder neunzigjährig
geftorben jein. — Die Lehre und der Einfluß bes
P. machten fih in den großgriedhiichen Städten
noch lange geltend, zulegt unter Archytas zu
Tarent. Was Spätere über des P. frau und
Schülerin Theano, jeine Tochter Damo und jeinen
Sohn Telauges erzählen, verdient feinen Glauben.
Bedeutend unter den Bythagoreern jind Empe-
dofles und Philolaos, jowie Kleinias, Eu:
rytos und Archytas, Platons Zeitgenofle. Die
einzig zuverläjjigen Reſte pythagoreiicher Schriften
find die Fragmente des Philolaos; der legög Aöyog,
die yovoa Frn, 71 Hegameter, „trodne Verje, die
fi ohne Zujammenhang und Vorzüge der Form
mechanifch aneinander reihen‘ (aufgenommen in
Brunds, Orellis u. a. Sammlungen) u. a., jind
entichieden unecht. Es ift ſchwer, bei dem Schleier,
weldyen die Sage um den Meijter gelegt bat, zu
entjcheiden, weldye Anfichten der jpäteren Anhänger
ihm jelbjt angehören; doch iſt es unzweifelhaft,
daß nicht er bereits die fojmifchen Lehren aus:
gelproden hat, welche Philolaos veröffentlichte.
ie Rugelgeftalt der Erde hat er nicht gelehrt,
vielmehr dürfen wir annehmen, dab er die Erbe
noch in UÜbereinftimmung mit den ionijchen Phy—
jifern als Scheibe in der Mitte des fugelförmigen
Weltalls ruhen ließ. Das Weltivftem des P. iſt
geocentrijch, die Erde tönt in der berühmten Sphä-
renharmonie nicht mit, jondern ruht unbewegt in
der Mitte der fie umtreijenden 7 PBlanetenjphären.
Die früher nicht jelten wiederholte Behauptung,
P. habe die Bewegung der Erde um die Sonne
gelehrt, aljo ein heliocentriiches Syſtem aufgeitellt,
ift demnach unrichtig, und die copernicanifche Welt:
lehre war durchaus feine „falsa doctrina Pytha-
gorica“, wie das päpftliche Verbot fie am 5. März
1616 bezeichnete. Die Hauptquelle für die Kennt:
uis der pythagoreiihen Philojophie find die Frag—
mente und die Schriften des Wriftoteles. Der
Hauptſatz dieſes Philojophen lautete: Alles ift
Zahl, d. h. die Dinge find nicht bloß nach Zahlen
geordnet, jondern bejtehen aud) aus Zahlen ihrem
jubjtantiellen Wejen nad. Als Beltandteile der
Bahl werden nachgewieſen das Gerade und das
Ungerade, das Unbegrenzte (kmsıgov) und Be:
grenzte (r@ megaivorre, ro epag). Hiedurch
nahmen jie einen durch alles fich Hinziehenden
Dualismus an, im Verfolg aber knüpfte man ihre
Gedanken an ein feſtes Schema und die heilige
‚eine Berfnüpfun
Baht und Maß. Für die weitere Anwendung ihrer
a
Pytlıeas.
Zehnzahl an, indem jenen beiden Begrifidpaaren
noch 8 weitere (Einheit — Wielheit, Rechts —
Links, Männlich — Weiblih, Ruhend — Bewegt,
Gerade — Krumm, Licht — Finfternis, Gut —
Böje, Duadrat — Oblongum) beigefügt wurden.
Die Zahl ift Harmonie als Einheit Entgegengeſetz—
ter, daher es auch heißt: alles ift eine Harmonie,
von Entgegengejegtem durch
hientheorie wandten ſich die Pythagoreer der
Konftruftion des Weltgebäudes zu, indem fie Zahl
und Abftände der Himmelslörper nach dem defa-
diſchen Syftem bejtimmten. In der Mitte des
fugelförmigen Weltgebäudes nahmen fie das Gen=
tralfeuer an, den Hauptfig der das Ganze durch—
ftrömenden göttlichen Yebensfraft. Um das irdijche
Leben befümmerten ſich die Pythagoreer weniger.
Mittelft der 5 regelmäßigen Körper (Byramiden,
Dftaöder, Jlojaöder, Würfel, Dodefadder) juchten
fie die Elemente (Feuer, Wafler, Yuft, Erde, Ather)
u bejtimmen. Auch für die Seele und dig ver-
—J Stufen des Erdenlebens wußten ſie
mathematiſche Ausdrücke zu finden. Die Seelen,
himmliſchen Urſprungs, waren in den Körper, als
einen Strafort, heruntergeſunken, die Seelenwan:
derung war Läuterung für heilbare, die Beitrafung
im Tartaros für unheilbare Sünder. Die göttliche
Gerechtigkeit verlangt für jede Verſchuldung an—
gemefjene Strafe; daran knüpft fih der Dämonen:
glaube und ihre Ethik. In der Anwendung auf
Einzelnes in dieſer Hinficht find die uns erhalte:
nen Lehren jehr aphoriftiih. — Nachdem 2—300
Jahre das pythagoreiiche Syftem verſchwunden
ichien, tauchte es im 1. Jahrhundert v. E. wieder
auf. Die befaunteften der Neopythagoreer find:
Apollonios von Tyäna in Kappadolien, Modera—
tus aus Gades, Nikomachos aus Gerafa in Arabien
u. j. w. — 2) B. von Zalynthos, ein Mufifer, der
das pythagoreiiche wörög Eye zuerft ſprichwörtlich
angewendet haben joll. Cie. n. d. 1, 5. Quint.
11, 1, 27. — 3) ein lakedaimoniſcher Frlottenbefehls-
haber. Xen. An. 1, 4, 2. — 4) Befehlshaber zu
Miletos. Hat. 5, 126. — 5) berühmter Bildhauer,
ſ. Bildhauer, 4.
Pythöas, /Ivdfag, 1) ein Redner und Volls—
führer in Athen zur Zeit Philipps von Maledo:
nien, Gegner des Demofthenes. Im dritten Briefe
des Demofthenes wird er als ein fremder geichil:
dert, der jich nicht gerade durch die beften Mittel
zu Reichtum und Anſehn emporgebradt und das
Bürgerredht in then erlangt hatte. Er redete
ungebildet, wuhte aber das Volt durch natürlichen
Witz zu feileln. Im lamifchen Kriege wurde er
geftürzt und floh zu Antipater. Plut. Phoc. 21.
Demosth. 8. 20. 27. Gegen ihn hatte der Redner
Deinarchos 2 Reden gerichtet. — 2) aus Majjilia,
Beitgenofje des Wriftoteles, ein Fühner Seefahrer
und Geograph. Er umfuhr die Küften des meit-
lichen und nördlichen Europa von Gades an bis
Thule (i. d.) und machte die Refultate diefer Fahrt
in einer oder mehreren Schriften (r« weel uxsaren,
yiis neglodog, wepimlovg) befannt. Seine Berichte
fanden bei den Alten zum Zeil Glauben, zum
Teil aber auch ftarfen Widerſpruch. Da uns die
Fragmente (gefammelt von Arwedſon, 1824, und
Schmedel, 1848) nur bei jeinen Gegnern erhalten
find, ift ein ficheres Urteil über feine Zuverläffig:
feit faum möglid. In dem erften der genannten
Pythia — Quadruplator.
1023
Werte (vgl. Beflel, über Pytheas von Maſſ., 1858, ! die zugleich die delphiſchen Monatsnamen völlig
©. 25) hat er auch Fragen der ajtronomijchen
Geographie vielfach angeregt und Beobachtungen
mitgeteilt, deren namentlidy Hipparchos mit Aner⸗
fennung gedenkt. Pytheas ftellte zuerjt die Lage
des Weltpoles zu den benachbarten Sternen ge:
nauer fejt und ıft der erjte Grieche, welcher eine
Meſſung der Sonnenhöhe ausgeführt hat, indem
er das erhättnis des Gnomons zu jeiner Schatten
länge zur Zeit der Sommerjonnenwende in jeiner
Baterjtadbt beobachtete. Daß B. die Erdgeftalt
richtig erkannte, ijt anzunehmen: daß er den Erd—
umfang jchon bejtimmte, iſt nicht mit Sicherheit
a ihließen. Bgl. Ziegler, die Reife des P. nach
hule (1861),
Pythia, 1) r«& Jude, nad den Dlympien das
größte Nationalfeft der Hellenen, wurden zu Ehren
des pythiſchen Apollon in und bei Delphoi am
jüdweftlichen Fuße des Barnaf in der Gegend des
zeritörten Kriſſa gefeiert. Apollon hatte, jo be—
richtet die Sage, nad) der Erlegung des (Drachen)
Python das Gen mit den Spielen eingerichtet
(Op. met. 1, 445 ff.), Das anfangs jedes neunte
Jahr gefeiert wurde. Urſprünglich war der Agon
ein mujifaliicher, dem Charakter des Apollon Mu—
jagetes, Kitharödos gemäß; ein Hymnos auf den
jiegenden Gott (der pythiiche Nomos) wurde von
den Wettfämpfern gejungen. Die gejchichtliche Zeit
beginnt mit 586 v. E., wo die Amphiktyonen nad)
Beendigung des kriſſaiiſchen Krieges fid der Spiele
annahmen; hier begann die erſte Pythiade. Der
muſiſche Agon, in dem Theater zu Delphoi unfern
des Upollontempels abgehalten, umfahte nun Kämpfe
der Stitharöden, Aulöden und Auleten; dazu traten,
nach dem Mufter der olympilchen Spiele, die
fejtgejtellt werden. Demnad wurden die Bythien
in der Regel in der erjten Hälfte des attijchen
Metageitnion (entjprechend dem delphiſchen Bu—
fatios), aljo etwa Mitte Auguſt, gefeiert. Kampf—
richter waren früher die Bewohner von Delphoi
ge, jeit 586 waren e3 die Amphiktyonen.
ie Zahl der Zuſchauer war ſtets jehr groß —
das Feſt galt ja dem pythiichen Bott. Eingejftellt
wirden die Pythien wahrjcheinlih um dieſelbe
Beit wie die Olympien, etwa 394 n. C. — Außer
diejen großen Pythien feierten jährlich die Del:
pbier jowie viele andere Städte Heinere Pythien.
Aus Jnſchriften namentlich fennen wir 24 Städte,
die dies thaten, meift in Ajien gelegen. — 2) 7
IIv&ia, j. Delphisches Orakel.
Pythios, Tödios, Sohn des Atys von Se:
lainai, ein Lyder, der reichjte Mann jeiner Zeit,
joll jeine Schäge durch harte Arbeit feiner Unter:
—— aus Bergwerken gewonnen haben. Er
ewirtete das Heer des Terxes und bot dieſem
jeine Schäge au. Terxes lieh aber, als er einen
jeiner 5 Söhne vom Kriegsdienfte losbat, diejen
in Stüde hauen. Hdt.7, 21.38. Sen, de ir. 3, 17.
Pytho j. Delphoi unter Phokis.
Pythodöros, IIusodwgog, 1) des Iſolochos
Sohn, ein athenijcher Heerführer im peloponnes
fiihen Kriege, bewies als Nachfolger des Laches
auf Sicilien (425 v. E.) große Ungeſchicklichkeit.
Thue. 8, 116. 4,2. Als durch die Bereinigung
der jtreitenden Parteien auf Sicilien die Athener
zum Abzug gezwungen wurden, ward P. des Lan—
des verwiejen. Thuc. 4, 65. Im J. 414 erjcheint
wieder ein P. ald Anführer des Heeres an ber
latonischen Küfte. Thuc. 6, 105. — 2) ®. oder
en (im Stadion, nordweitlic von Delphoi | Bythi os, berühmter Architelt zur Zeit Aleganders
u
am Fuße der Phaidriaden) und die ritterlichen
‚des Großen, erbaute den Tempel der Athene zu
Kämpfe (im Hippodromos auf dem jüdlichen Teil | Briene und jchrieb nicht nur über denjelben, ſon—
der kriſſaiiſchen Ebene nicht weit von der Mün-⸗ | dern au über das Maujoleion zu Halilarnaß.
dung des Pleiftos, Paus. 10, 37, 4), und ftatt des! Vgl. über ihn Brunn, Geich. der griech. Künftler IL
Wertpreiſes (kywr zenuarieng) wurde Pyth. 2. S. 376 ff. — 3) 2 Bildhauer, die im 1. Jahrh.
ein Lorbeerkranz (&. orepaviıng) eingeführt. Wie|n. E. den faijerlichen Palajt auf dem Palatin mit
in den Olympien wurde die Zahl der Kämpfe all:
mählich maunigfaltiger. Die Pythien fielen ſeit
586 jedesmal in das dritte Jahr der Olympiaden
— aljo waren fie pentadteriih. Die Unficherheit | tion hingerichtet.
der Jahreszeit der Feſtfeier ift durch kürzlich zu
Delphoi gejammelte Juſchriften gehoben, durch
Bildwerlen zierten,
Pythökles, IIv&oxins, Sohn des Pythodoros,
ein Athener, maledoniic) —— wurde mit Pho⸗
Plut. Moc. 35.
Python, 1) j. Apollon, 2. — 2) j. Pithon.
Pyxüs j. Buxentum.
Q.
Quadi, Kovadoı, ein ſueviſcher Volksſtamm,
dejien Wohnfige im jüdöjtlichen Deutſchland, im
Norden der Donau, in einem Teile des heutigen
Böhmens und Mährens, lagen, und der gewöhnlich
in Verbindung mit den Markomannen genannt
wird. Ein Teil von ihnen jchloß ſich dem aus
jeinem Lande verjagten Marbod an (Tac. ann.
2, 63), empfing von den Römern einen eigenen
König, den Quaden Bannius, und ftand mit Rom
in freundjchaftlihem Verkehr. Als aber unter
Marc Aurel im J. 167 n. E. der große, bis zu
deſſen Tode dauernde, Krieg mit den Markoman—
nen ausbrad, ichlofjen fie jich diejen wieder an
und fügten den Römern großen Nachteil zu.
Doch ſchloß der Kaijer jpäter mit ihnen Frieden,
vermochte aber ihren Freiheitsſinn nicht durch
Feſtungen zu bändigen. Dio Cass. 71,8. 11.13.20,
Nod unter den jpäteren Kaifern beunruhigten
fie Roms Grengprovinzen. Eutr. 10, 9. Vopise.
Aurel. 18. Amm. Marc. 17, 12. 29, 6. Zur Seit
des Theodojius verjchwindet ihr Name gänzlich.
Sie jcheinen ein tüchtiges Reitervolk, vielleicht
jarmatiicher Abkunft, gewejen zu jein.
uadrans j. Münzen, II,
undrigae j. Wagen.
uadrigarius j. Claudii, 31.
uadringenti j. Vierhundert.
Quadruplätor, cin öffentlicher Ankläger, dem
*
1024
ſchon zur Zeit der Republik der vierte Teil des
eingezogenen Vermögens nach den Geſetzen —
diete Belohnung wurde durch die lex Julia de
maiestate auch unter den Kaiſern beibehalten, ob-
ihon der davon hergenommene Name gegen ac-
eusator und delator zurüdtrat. Tac. ann. 4, 20.
uaesitor j. Proze[s, 26—28.
unestiönes perpetüne ſ. Prozels, 26—28.
naestor, unjtreitig aà quaerendo genannt,
alfo — quaesitor, war urfprünglich nichts anderes
als Kriminalrichter, unter den Königen für das
parrieidium, Durch die lex Valeria, welche den
Genturiatcömitien die Kriminalgerichtsbarfeit über:
trug, verloren die Quäſtoren indes ihre eigentliche
Bedeutung und wurden nun Finanzbeamte; doc
auch als Ankläger traten fie wohl noch auf, qnae-
stores parrieidii. — An den Zeiten der Republik
unterjchted man quaestores aerarii oder urbani
von den militärifchen oder Provinzialquäftoren.
Schon unter Romulns und Numa gab es 2 Quä—
ftoren, und Tacitus (ann. 11, 22) jagt, daß bie
Quäftoren aus dem Königtum in die Republif
hinübergenommen wurden; 421 vd. E. kamen, zu
den 2 Quäftoren noch 2, fo daß num 2 das Ara—
rium bejorgten, quaestores urbani, 2 zur Be:
gleitung der Konfuln in den Krieg gingen, ad
ministeria belli (Liv. 4, 483. Taec. ann. 11, 22);
267 v. E. ftieg die Zahl auf 8, Sulla vermehrte
die Zahl auf 20, Cäſar machte (44 dv. €.) ſogar
40 Quäftoren, fpäter war die Zahl willtürlich —
Sogleich nad) dem Amtsantritte (an den Nonen
des Dezember) wurden die provinciae quaestorine
verloft; 2 Duäftoren blieben als urbani in Rom,
die andern bejorgten Tinanzgeichäfte in und
außer Italien nach dem Loſe. In Italien richtete
Auguftus mehrere Quäfturen ein (Dio Cass. 55, 4),
doc) find uns nur 3 befannt. Die eine, zu Dftia,
hatte ſchon ne Beftand (Cie. Mur. 8: nego-
tiosa et molesta), höchft wichtig wegen der Ge:
treidezufuhr und bes übrigen Geehandels; eine
zweite wird namentlich genannt Suet. Claud. 24
im eisalpiniſchen Gallien, eine dritte erwähnt Ta-
citus (ann. 4, 27): quaestor, cui provincia vetere
ex more calles evenerant, d. ı. ein Berechner
und Verwalter der Wälder und Gebirgstriften in
Apulien und Uucanien (Suet. Caes. 19: silvae
eallesque). Eine etwaige Duäftur zu Cales,
einer Binnenftadt in Campanien, die vielfach an
genommen wird, verdanft — Urſprung einer
Vermutung des Lipſius zu Zac. a. a. D., der die
handichriftliche Lesart calles in Cales änderte.
©. darüber die Erflärer. Eine vierte Quäftur in
alien ift vielleiht Plin. pan. 70 bezeichnet.
Claudius hob diefe Quäfturen in Stalien auf.
Dio Cass. 60, 24. Suet. Claud, 24. Über die Ber:
teilung der Quäſturen enthielt die nur bei Cicero
‘Mur. 8) erwähnte lex Titia nähere Beftimmungen.
Die quaestores urbani oder aerarii ftanden dem
mit dem Tempel des Saturn verbundenen Ararium
vor und hatten die geiamte Einnahme und Aus:
gabe unter fih. Sie forgten für die richtige Ein: |
lteferung aller ins Arar zu zahlenden Gelder (Tri |
butum, Stipendium der Unterthanen, Ertrag der
verfauften Acker), andererfeits hatten fie auf An—
weifung des Senats die nötigen Zahlungen zu
leiften. Sie bejorgten die Verdingung der Arbeiten
bei Errichtung Öffentlicher Denfmäler, die Ber:
pflegung der Gejandten, worüber fie natürlich |
Quaesitor — Quaestor.
Rechnung ablegen mußten; auch die im Ärar be-
findlichen militärischen Feldzeichen hatten fie in
Gemwahrjam. — Die quaestores provinciales be:
gleiteten nach dem Loſe die Konjuln u. ſ. w. ir
die Provinzen; jeder Statthalter hatte 1 Onäfter,
nur auf Sicilien waren 2, in Lilybaion und Syra=
fus. Cie. Verr. 2, 4. Ihre Thätigleit war beſon—
ders finanzieller Art, fie beforgten die öffentliche
Kaffe (pecuniam pnblicam tractare), und zahlten
die für Heer, Statthalter und Gefolge nötigen
Gelder aus derjelben. Die Duäft. mußten natür-
li genaue Rechnung führen und ablegen (ratio-
nem referre) in ihrem und des Statthalterd Ra:
men; der Überjhuß wurde nach Rom abgeliefert.
Zwiſchen Quäſtor und Statthalter beſtand ein noch
über die Dauer des Amtsjahres hinausgehendes
Pietätsverhältnis (Cie. div. in Caee. 14. 18ff. Verr.
1,4). Übrigens wurden dem Quäft. von dem Statt:
halter oft auch andere wichtige Geſchäfte anver—
traut, 3. B. das Amt eines Legionslegaten. —
Seit 421 v. C. hatten auch Plebejer Anrecht an
die Quäſtur, melde fie indes erft 12 Jahre jpäter
wirflich erhielten. Liv. 4,48. 54. Das geiegmäßige
Alter war da ſiebenundzwanzigſte Jahr (fo Rein),
nach Beder das dreißigfte. Die Onäftoren wurden
wahrfcheinlich jeit 447 v. C. in den Tributcomitien
gewählt (Orc. ad fam. 7, 30. Tac. ann. 11, 22 ift
der Ausdrud populus wohl ungenau). Mit Ab:
lauf des Jahres legten fie ihr nt nieder. Die
Infignien der höheren Magiftrate hatten fie nicht,
doc; nennt Tacitus (ann. 11, 38. 16, 33) insignia
quaestoria. Während ihres Amtsjahres hatten
fie Autritt in den Senat, und die — pfleg⸗
ten bei der lectio die geweſenen Quäſtoren in
den Senat aufzunehmen. Liv. 33, 23. — Auch
unter den Kaifern dauerte die Quäſtur fort, als
unterfte Magiftratur (Tac. ann. 13, 29), aber die
Dberaufficht des Ärars ging an ben praefectus
aerarii über; die Duäftoren hatten die Senats:
beihlüffe zu bewahren und die Aufficht über den
Straßenbau. Auch wurde ihnen aufgetragen, ber:
vorragenden Männern das Tobdesurteil zu ver-
fündigen. Tac. ann. 16, 34. Dio Cass. 58, 4. Die
Provinzialguäftoren blieben in dem früheren Ber:
Itniffe zu ihren Prokonſuln als Finanzbeamte
eftehen. Die Verwalter der kaiferlihen Provinzen
hatten procuratores als Berechner der kaiſerlichen
Güter unter fih (ſ. Procurator). Kleinere Pro:
vinzen des Kaiſers wurden jogar von einem bloßen
procurator verwaltet, und jelbft in dem Falle, daß
derjelbe den höheren Titel praetor (j. Provin-
cia) führte, mußte er jelber das Finanzweſen be:
jorgen, *. B. in Hispania citerior (Tac. ann.
4 45). Wenn aber in den Senatsprovinzen die
Amtserhöhung des procurator (f. d. und Pro-
vinecia, 8.) zu einem praetor notwendig wurde,
3.8. in —*— (Tae. ann. 1, 74), jo ſcheint
es, daß demſelben nicht ein procurator (der er
jelber an fidy war, nur mit höherem Titel und
ausgedehnterer Machtbefugnis), jondern ein quar-
stor untergeordnet wurde. — Zugleich aber ent:
ftand eine neue Art von Quäftoren, die quaestores:
Caesaris, principis (Tae. ann. 16, 27), vom Saijer
gewählt, gewiſſermaßen mit Ausſicht auf höhere
Würden, eg auc der Name candidati prin-
cipis deutet. Sie hatten die Verordnungen bes
Kaifers im Senat vorzulefen. Swet. Oct.65. Tib. 6.
Ner. 15. Tac. ann. 16, 27. Aus ihnen ging unter
—
—
1025
Eonftantin der quaestor sacri Palatii hervor, der | fällen u. j. w. außer ben verordneten supplicatio-
Reichslanzler, durch deifen Hände die ganze Ge: | nes dem Jupiter Spiele zu geloben. Beranlaßt zu
jeßgebung und alle Geſuche gingen. — Quaestor joldem Gelöbnis wurden die betreffenden Magi—
parricidii hieß in der Königszeit der über par- | ftrate (Diktator, Konful, Prätor) durd den Senat
ricidium, fowie über jeden andern Mord ent: | (Liv. 5,19). Gewöhnlich nennt Living ludi magni,
Quaestorium — Quinquennales.
icheidende Richter, aljo der ältefte Blutrichter, ſo—
lange das Bolt noch nicht richtete. In den Beiten
der Republik, wo das Bolf richtete, waren fie be-
jonders Ankläger ftatt Richter. Später entjtanden
Daraus die quaestores urbani oder aerarli.
uaestorlum j. Castra, 3.
uasillarfa, von quasillum, Deminutivum
von qualus (Wolltörbchen), die Spinnerin, der die
tägliche Arbeit, die fie ald Sklavin zu verrichten
hatte (pensum), von der Spinn-Aufſeherin (lani-
pendia) bei dem geringften Anlaffe jchwerer und
größer gemacht ward. Cic. Phil. 3, 4, 10. Tibull:
4, 10, 3. Prop. 4, 7, 37.
Quatuorviri, 1) neben den duumviri die höch—
ften Magiftrate in den Municipien und Kolonien.
— 2) eine aus 4 Männern ernannte Wege-Kom—
mijjion (viarum curandarum) in Nom.
Queröla inofficiosi testamenti war üblich,
wenn ein Teſtament, in welchem. der Xeftator
nicht alle diejenigen, die ihm jehr nahe ftanden,
mit einer Erbichaft bedacht hatte, von den ausge:
ichloffenen nächften Angehörigen angegriffen wurde,
indem fie den Einwand erhoben, der Teftator habe
leidenſchaftlich — lin. pan. 43. Gewöhn—
lich hatte das Centumviralgericht die Sache zu
prüfen, und die Klage mußte in beſtimmter Friſt,
ſpäter in 5 Jahren, vorgebracht werden. Plin. ep.
5,1. Allmählich bildete fich das Recht dahin aus,
daß die vom ZTeftamente Ausgeichloffenen einen
Pflichtteil (quarta) fordern durften.
Quies, römijche Berjonififation der Ruhe,
welche an der Lavicaniſchen Strafe vor Rom ein
Heiligtum hatte. Liv. 4, 41.
uinctii ſ. Quintii.
uinetiliänus ſ. Quintilianus.
uinetilis j. Jahr, II
uincunx, rerr@yxıov, bezeichnet urſprünglich
ein Maß von 5 cyathi und eine Münze von
5 unciae, °/,, Pfund (Hor. a. p. 327 ff.), mes:
halb jie auf der einen Seite, neben den Diosku—
ren zu Pferde, mit 5 Punkten in folgender Ge:
ftalt '-. bezeichnet war. Dieje Figur und der Name |
wurde auf Baumpflanzungen (Cie. Cat. m. 17, 59)
und auf die Aufitellung der römifchen Schlacht:
ordnung (j. Acies, 5 ff.) übertragen.
Quindeeimviri, 1) sacrorum oder sacris
faciundis, f. Divinatio, 15.; — 2) agris
dividundis oder dandis, Kommifjäre, melde
mit Berteilung der Ländereien infolge eines agra— |
riihen Geſetzes oder bei Abführung einer Kolonie
nad; einem beftimmten Orte beauftragt wurden.
uinquätrus, (-ia) j. Minerva unter Pallas
Athene, 6
Quinquennäles, 1) in den Municipien (Spart. |
Hadr. 19) die Genforen, wie fie auch in einigen |
Städten genannt wurden (Plin. ep. 10, 88. 113), | dreizehnjährige Tiberius den Vorſih
die außer Abhaltung des Cenſus auch noch die
Auffiht über die Öffentlichen Gebäude führten
und ihren Namen von der alle 5 Jahre wieder:
ie Wahl hatten. — 2) ludi quinquennales
nevraernoldeg), Schon früh war es bei den
' Liv. 1, 36.
Römern religiöfe Sitte, bei bevorftehenden ſchwie—
rigen Staatsunternehmungen, bei großen Unglüds:
Reallexikon des Mafj. Aitertums. 7. Aufl.
die jedoch nicht ge verwechieln find mit den feft-
ftehenden ludi Magni, ſ. d. unter Spiele, vgl.
Der Pontifer Marimus ſprach die
Formel, wie fie Liv. 36, 2 verzeichnet ift, dem
Magiftratus vor, Su ngefügt war jedesmal die
Bedingung, dab 5 Jahre hindurch der Staat feine
Einbube erleide (Liv. 30, 2. 27). Solche quin-
quennalia vota wurden erft im fünften Jahre
nad) dem Gelöbnis auf Staatsfoften ausgeführt,
denn auf eine etwaige Hinweiſung auf die im be-
vorstehenden Kriege zu erhoffende Beute lieh der
Bontif. Mar. fi) ald auf ein unficheres Kapital
nicht ein (Liv. 31, 9). Gelobten Feldherren im
Felde für fich ſolche Spiele, jo wurden auch dieſe
vom Staate übernommen (Liv. 31,49), doch unter
Umftänden auch die Staatsgelder verweigert (Liv.
36, 36). Alle jolhe ludi magni waren nur für
einmal auf das fünfte Jahr gelobt, doch unter
befonders freubigen Verhältniffen verordnete der
Borfigende die Wiederho ung derjelben nad aber:
mals einem Luſtrum, ja jelbft noch zum dritten:
mal (Liv. 27, 33). Dieſe ludi quinquennales
waren eine rein römifhe Einrichtung, begründet
in der ganzen religiöjen Richtung des Rolls:
charakters und in der Fün = enjenigen Spielen
nachgebildet, welche die Genjoren nach jedem Lu:
ftrum abzuhalten pflegten, und bie irrtümlich von
den Erflärern oftmald mit den bezeichneten ludi
quinquennales verwechjelt —— Nachdem
man aber mit dem griechiſchen Leben näher be—
kannt geworden, wurden auch die griechiſchen Spiele
(ebenfalls quinquennalia certamina) mit ihren
abwechſelnden Wettkämpfen (musicum, gymnicum,
equestre) von den Römern gern geſchaut (Tac.
ann. 14, 21) und in modifizierter Weiſe jchon von
Mummius nah Rom übertragen. Auch Julius
Cäjar erhielt für feine Verdienfte um den Staat,
gleihjam ein Heros, bejondere quinquennalia
(Dio Cass. 44, 6). Auguſtus gründete zur Feier
des Sieges bei Actium in der neuerbauten Stadt
Nitopolis, in Anfnüpfung an die alten dem
Apollo gefeierten Spiele, quinquennales ludi
(Suet. Oct. 18. Tac. ann. 15, 23). Zu Ehren des
Auguftus richteten viele Städte in den Provinzen
quinquennalia certamina ein (Swet. Oct. 59), vor
allen Neapolis (Suet. Oct. 98. Claud. 11. Vell.
Pat. 2, 123. Dio Cass. 56, 29), auch der jübifche
König Herodes in Jernfalem (Joseph. ant. Jud.
15, 8, 1) und zu Cäjarea (Joseph. 16, 5, 1). Im
%. 30 v. E. beichloß der Senat jogar actiſche
Spiele in Rom, ebenfalld quinquennales (Dio
Cass. 51, 19), die dann 28 v. E. zum erftenmal
gefeiert wurden (Dio Cass. 53, 1); dabei traten
auch Athleten auf. In diefer Spielen führte neben
Agrippa ftatt des erkrankten Auguſtus auch der
82 7Tib. 6).
Nach einer Verordnung des Auguſtus (Suet. Oet.414)
wurden die Frauen von dem Anſchauen der Ath—
letenlämpfe ferngehalten. Doch ſcheinen die mehr
oder weniger griechiich gefärbten Spiele der römi—
ihen Weiſe nicht recht entiprochen zu
waren nicht von langem Bejtande,
aben, fie
ihre vierte
Feier, 16 v. C., wird noch erwähnt (Dio Cass.
65
1026
54, 19). Caligula hob die actiſchen Spiele im Er erhielt den Befehl gegen Philipp von Male:
ganzen Reiche auf (Suet. Cal. 23), doch wurde ein- donien, welchen er im 3. 197 im der Schladht bei
malig nah ihrem Mufter von Nero bei einem | Kynostephalai (j. Philippos, 4.) bejiegte (Zir.
glüdlichen Tyamilienereignifje ein certamen (ad 33, 7 ff.), überwinterte in Athen und erhielt dann
Quinquertium — Quintilianus.
exempla Actiacae religionis) 63 n. E. beſchloſſen
(Tac. ann. 16, 23).
uinquertium, zivr«ö%4or, j. Gymnasium.
———— mit einer ſpezielleren Bezeich⸗
nung, 3. B. agris dandis, muris —
reficiendis, eine a beftimmten Zweden ernannte
außerordentliche Magiftratur von 5 Männern. |
uintäna j. Castra, 4.
uintil (Quinetüi), ein patricijches Geſchlecht,
welches in mehrere Zweige zerfiel: A) Capito-
lini: T. Quint. Cap. Febr war jechs- |
mal Konjul und befiegte im erften Konſulate 471 |
v. E. die Äquer, im zweiten 468 Aquer und Boliter,
im vierten 446 die benachbarten Gebirgsbemwohner.
Liv. 2, 56 ff. 60. 64f. 3, 2.66 ff. Sein Auftreten
gegen feinen Kollegen im erften Konſulate zeigt |
ihn aß Mann von billiger Dentungsart. —
B) Cincinnati (die gekräuſelten) und Crispini
(die fraujen): 1) X. int. Eine, Konſul 460
v. E., PDiltator 458. Die an ihn abgejchidten
Gejandten, welche ihm die leßtere Wahl anzeigen
jollten, trafen ihn bei der Bearbeitung feines Flei-
nen Aders. Liv. 3, 19 f. 26. Cie. Cat. m. 16, 56.
Flor. 1, 11. Er übernahm das ihm bejtimmte
Amt, jchlug die Feinde und legte dann die Dil:
tatur nieder. Liv! 3, 27 ff. Wegen der mäliichen
Unruhen (j. Maelii, 1.) wurde er im J. 439
als Greis abermals zum Diktator gewählt und
trat nad) kräftiger Unterdrüdung der Unruhen von
jeinem Amte jofort zurüd. Liv. 4, 13. Er ge:
I zu den Hauptvertretern altrömijcher Einfach:
eit und Gittenftrenge. — 2) Sein Sohn, Käjo
Duint., ein Yüngling von jelbftbewuhtem und
trogigem Wefen, durch welches er fih Hab beim
Volle und eine Anklage ded Tribunen Verginius
zuzog (461 dv. CE.) Mit Mühe der Unterjuchungs:
haft entgangen, begab er ſich nad Etrurien im
die Verbannung; jein Vater aber mußte die dem
Sohne auferlegte Strafjumme bezahlen. Liv.3, 11 fi.
Dion. Hal, 10, 1ff. — 3) T. Quint. Cine.,
aud mit dem Beinamen Bennus, Konful im
J. 431 v. E., zum zweitenmal 428. Liv. 4, 20.
26, 31. — 4) T. Quint. Einc. Eapitolinus,
Ktriegstribun 388 und 384 dv. E., erhielt im J. 380
die Diktatur, befiegte die Präneftiner und eroberte
ihre Stadt, worauf er jein Amt bald niederlegte.
Lic. 6,4. 18. 285. — 5) 7. Quint. Pennus
Gapitol. Erijpinus, fämpfte im 3. 361 v. C.
als Diktator gegen die Gallier. Liv. 7, 9. Eutr.
2,2. — 6) T. Duint. (Benn. Cap.) Erijpi:
uns, diente im J. 214 dv. E. unter Marcellus
auf Sicilien, dann mit Auszeichnung 212 vor
Capua, wo er im J. 209 Prätor wurde. Wis‘
Konjul des 9. 208 wurde er von Hannibal in,
einen Hinterhalt gelodt und jtarb nicht Tange
nadıher an den empfangenen Wunden. Liv. 24,39.
25, 18. 27, 22. 27. 33. Pol. 10, 32. — 7).
Duint. Erijpinus, erhielt im 3. 184 v. E.|
wegen feiner in Hiſpanien erfochtenen Siege die |
Ehre des Triumphes. Liv. 39, 305.42. — C) Fla-
minini: 1) 7. Ouint. $lam., that jeine erſten
Kriegsdienfte unter Marcellus 208 v. C. befehligte
dann in Tarent und gelangte, noch nicht 30 Jahre
alt, zum Wonfulat, 198. Plut. Flam. 2. Tiv. 32,7. |
nen
den Auftrag, die griechiichen Angelegenheiten zu
ordnen. Dazu war er um fo geeigneter, als er,
fern von der altväterijchen Weiſe, früh mit griedi:
icher Bildung fich vertraut gemacht hatte umd bie
riechen liebte. Zugleich war er nicht nur ein ge:
ichidter General, jondern auch ein ausgezeichneter
Staatsmann. So benahm er fich mit großer Um:
ſicht, erflärte (196) bei den iſthmiſchen Epieien die
Griechen unter lautem Boltsjubel für frei (Zar.
33, 32. Plut. Flam. 10) und wand fich geichidt
zwiſchen den Parteien hindurh. Mit Berlänge:
rung feines Oberbefehls erhielt er den Auftrag,
den Tyrannen Nabis von Sparta zu demütigen,
und kehrte nad) Beruhigung Griechenlands im
J. 194 nah Rom zurüd, wo ein gläuzender
Triumph jeiner harrte. Liv. 34, 22 ff. 48. 52. Plut.
Flam. 13f. Aber jhon 2 Jahre jpäter ging er
wieder nach Griechenland als Gejandter, um die
noch jchwebenden Verhandlungen mit Philipp unt
den riechen zu leiten. Liv. 35,23. liberall zeigte
er fi als Freund der Griechen, juchte fie von
einer Berbindung mit Antiocho8 von Syrien fern
u halten (Plut. Flam. 15 ff.) und fehrte erft im
J. 190 nad) Rom zurüd, worauf er im nächſten
Jahre die Genfur verwaltete. Plut. Flam. 18. Lir.
37,58. Im J. 183 ſandte ihn der Senat an
König Prufias von Bithynien, um Hannibals Aus:
lieferung zu fordern. Liv. 39,51. Seine fjpäteren
Jahre verlebte er in ſtiller Zurüdgezogenheit. Ab:
ae von Gerlach (1871). — 2) Sein Bruder,
!. Quint. Flam., Prätor 199 v. E., folgte ſei—
nem Bruder im folgenden Jahre ald Legat nad)
Griechenland (Liv. 33, 17) und bejehligte die Flotte.
Für die Verdienfte, die er fich dort erworben, be:
fam er 192 (Liv. 35, 10) das Konfulat und hierauf
Gallien ald Provinz. Im J. 184 ftieh ihm ber
Eenjor Cato wegen eines dort begangenen Ber:
brechens aus dem Senat, doch begnadigte ihn das
Boll. Liv. 39, 425. Plut. Flam.18f. Cie. Cat. m.
12, 42. — D) Dazu kommen noch folgende Duin:
tier, deren Familienzweige plebejiich waren: 1) P.
Duimt., von Cicero im J. 81 v. E. im einer
causa privata verteidigt. Cie. Quint. 31. — 2) X.
Duint., Vollstribun 74 v. E. und Gegner bes
Lucullus in deſſen Konjulate. Cic. Brut. 62. Plut.
Luc. 5. Gegen GEicero trat er in dem Prozeſſe
des Eluentius auf, da er den Dppianicus ver:
teidigte. Cie. Cluent. 27, 74. — 3) T. Duint.
Scapula, erregte in Hijpanien den Krieg gegen
Cäſar. Cie. ad fam. 9, 13. — 4) Duint. Hir—
pinus, ein Freund des Horaz, an den der Dichter
eine Ode (2, 11) richtete. — 5) Duint. Atticus,
befleidete unter Bitellius (69 n. E.) das Konſulat
und trat jpäter auf die Seite des Beipafian. Tac.
hist. 3, 73. 75. — 6) X. Quint. Ntta j. Atta.
————— M. Fabius Quint. ſdem jo
wird der Name richtiger geſchrieben, als in der
mehr —— und durchaus nicht genũgend
beglaubigten andern Form Quinetilianus), ein
Schriftſteller aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrh.
u. C., über deſſen Lebensverhältniſſe uns mur
wenige Zeugniffe erhalten find. Daß Calagurrıs
in ——— und nicht Rom ſein Geburtsort geweſen,
iſt wohl nicht zu bezweifeln; weniger ſicher iſt die
Qnintilianus,
Angabe jeines Geburtsjahres. Früher hat man
das Jahr 42 angenommen, es ift indeilen beſon—
ders aus seinen eigenen Erwähnungen des im
J. 59 verftorbenen Domitius Afer waährſcheinlich,
daß diefe Zeit um einige Jahre zu ſpät ıft, und
daß das Jahr 35 als das wahrjcheinliche Geburts:
jahr gelten fan. Seines Vaters gedentt er (9, 3, 73),
woraus hervorgeht, daß derjelbe ein Rhetor ge:
wejen ift. Wenn er auch bisweilen jeinen Jugend:
unterricht erwähnt (1, 2, 23. 2, 4, 26), jo macht
er doch feine Lehrer nirgend namhaft; nur die
ausgezeichneten Redner nennt er, die zu hören
er Gelegenheit gehabt hat, wie Julius Africanus
(10,1,118.12,11,3), Servilius Novianus/10, 1,102),
Galerius Trachalus, Vibius Erifpus, Julius Se:
cundus (12, 9, 11). Nachdem er um das %. 59
nad) Hiſpanien zurüdgefehrt war, hielt er ſich
dajelbit bis zum J. 68 auf, in welchem ihn Galba
twieder nach Rom mit jich zurüdnahm. Seit diejer
Beit begann er in Rom teils ald Sachwalter auf:
zutreten, teils rhetoriichen Unterricht zu erteilen.
Daß er auf dem Forum in Prozeßſachen geredet,
fagt er 4, 2, 86, und an einer andern Gtelle
(7, 2, 24) beflagt er fi über Nachläffigteit der
Stenographen, welche feine Reden in ganz ver:
fälichter Form unter das Bublifum gebradt hatten.
Bon ihm jelbft war nur eine Mede in causa
Naevii Arpiojani veröffentlicht, wa3 er ductus
iuvenili cupiditate gloriae gethan hatte. Anderer
Prozeßreden, wie pro regina Berenice (4, 1, 19)
und einer Erbichaftöflage (9, 2, 78), gedenkt er
beiläufig. Als Lehrer der Beredſamkeit dagegen
gelangte er zu hohem Anfehen (Mart. 2,90, 1 ff.),
jo daß fein Name ſprichwörtlich gebraucht wurde. |
Jwv. 6, 75. 280. 7, 186. 189. Und als Beipafian |
Gehalte für die Lehrer aus dem Fiſtus anwies
(Suet. Vesp. 18), neben welchen natürlich das Ho—
norar der Schüler beftehen blieb, hat Duintilian
einen joldhen zuerft empfangen (Hieron.: primus |
Romae publicam scholam aperuit et —
e fisco accepit et claruit). Unter feinen Schülern
find die berühmteften der jüngere Plinius (ep.
2, 14, 10. 6, 6, 3) und die Enkel der Schweiter
Domitiansd, Domitilla, welche mit Clemens ver:
heiratet war (4, prooem. 3), vielleicht auch Tacitus.
Aus diefem Unterrichte find die libri duo artis
rhetoricae (prooem. 1, 7), vielleicht auch die wider
jeinen Willen befannt gemachten Sermones (3,6, 68)
hervorgegangen; eine Frucht jeiner Studien war |
auch die Schrift de caussis corruptae eloquen-
tiae (6, prooem. 3, 2, 4, 42. 10, 3. 5, 12, 23.
8, 6, 76), welche man irrigerweije in dem Dialoge
des Tacitus de oratoribus wieder zu erfennen
vermeint hat. Nach zwanzigjährigem öffentlichem
Lehramte trat er von demſelben zurüd (prooem.
1, 1), etwa um 91, und erhielt bald darauf durch
Domitian consularia ornamenta, In diejer Zeit
begann er, von vielen Seiten aufgefordert, die
Abfaſſung des umfaffenden Werkes de institutione
oratoria, das innerhalb zweier Jahre vollendet,
dann aber einer wiederholten Teile und Durch—
ficht unterworfen wurde. Jedesfalls ift es vor
dem Tode Domitians, der 96 erfolgte, vollendet,
denn nur jo laffen fich die auffallenden Schmei-
cheleien gegen diejen Kaiſer (4, 1, 2. 10, 1, 91)
und das bereitwillige Eingehen an die Verdäch—
tigung der Philoſophie, welche gerade unter diejer
Regierung den heftigften Berfolgungen ausgejet
1027
war, erflären, wenn auch nicht entjchulbigen. Dem
Werke geht eine kurze Zujchrift an den berühmten
und — Schriftſteller befreundeten Buchhänd—
ler Trypho voraus, auf welche die Dedilation an
den Rhetor Marcellus Bictorius folgt, dejien Sohn
Duintilian unterrichtet hatte (1, prooem. 6. 4,
prooem. 1). Bon feiner Gattin, die ihm im noch
nicht vollendeten neungzehnten Lebensjahre durd)
ben Tod entrifjen wurde, hatte er 2 Söhne, von
denen der eine im fünften, der andere im zehnten
Lebensjahre ftarb, worüber er feinen tiefen Schmerz
im prooemium im fechften Buche ausipricht. Sein
eigenes Todesjahr läßt fich nicht nachweiſen; 118
n. C. erſcheint als viel zu jpät. — Den Inhalt der
12 Bücher de institutione oratoria gibt Quin—
tilian (1, prooem. 21) aljo an: liber primus ea
quae sunt ante oflicium rhetoris continebit.
Secundo prima apud rhetorem elementa et
quae de ipsa rhetorices substantia quaeruntur
tractabimus, Quinque deinceps inventioni, nam
huie et dispositio subiungitur, quattuor elo-
cutioni, in cuius partem memoria ac pronun-
tiatio veniunt, dabuntur. Unus accedet, in quo
nobis orator ipse informandus est, ut, qui
mores eius, quae in suscipiendis,' discendis,
agendis caussis ratio, quod eloquentiae genus,
quis agendi debeat esse finis, quae post finem
studia, quantum nostra valebit infirmitas, dis-
seramus. Alſo ein vollftändiges Lehrbuch der
Rhetorif, das von dem erjten Jugendunterrichte an
bis au dem Auftreten des ausgebildeten Redners
encytklopädiſch alles umfaflen jollte, was auch in
einer der Öffentlichen Beredſamkeit nicht jehr ge-
neigten Zeit erforberlih war. Iſt ihm die de
veblamteit auch im weiteften Sinne die scientin
bene dicendi, jo ftellt er doc; auch an den Redner,
den vir bonus dicendi peritus, höhere fittliche
Anſprüche und baut auf jittliche Grundjäge fein
Syitem des gejamten rhetorischen Wiſſens. Er hat
weniger die zahlreichen Werte griechiicher Autoren
benußt, als vielmehr fich feinem großen Meifter
und Borbilde Cicero angeſchloſſen (dissentire vix
audeo a Cicerone, 7, 3, 8). Daher find die Be-
iehungen auf griechiiche Duellen (Dionyfios don
— und Cäcilius) im ganzen ſelten, und
ſelbſt da iſt nicht immer ſicher, ob er auch wirk—
lich aus den Originalen geſchöpft hat; wenigſtens
laſſen ſich ſo die Ungenauigkeiten erflären. Dagegen
ſind überall zahlreiche Belege für ein eindringen—
des Studium eiceronianiſcher Schriften vorhanden,
das auch auf die Meinheit und Sauberleit der
Darftellung den beiten Erfolg geübt hat. So ift
es nicht zu verwundern, daß Dies reichhaltige Lehr:
buch zu allen Zeiten großes Anjehen genoffen hat
und ſelbſt im Mittelalter vielfach benußt worden
ift. Seitdem Poggi zu den Zeiten bes Conftanzer
Eonciliums in St. Gallen eine vollftändige Hand-
ichrift aufgefunden hatte, ift das Werk häufig ge—
drudt, jedoch erſt im neueſter Zeit mit fchärferer
Abwägung des Wertes handichriftlicher Hülfsmittel,
unter denen zunächſt ein Ambrosianus aus dem
11. Jahrhundert, jodann ein Turicensis, Floren-
tinus, Bernensis und Bambergensis die beiten
find, fritiich behandelt worden. Ausgg. von P.
Burman (1720), Gesner (1738), Spalding (1798 —
1816; dazu 5. Bd. von Zumpt, 1829, 6. Bb.,
lexicon Quintilianeum, von Bonnell, 1834; Haupt:
ausgabe), Wolff (1816 —20), Gernhard (1830),
65*
1028
Zumpt (1831), 9. Meyer (Bd. 1. 1831, unvoll:
endet), Bonnell (1854), C. Halm (1868 f., frit.
Hauptansgabe), F. Meifter (2 Bbd. 1886). Dem
zehnten Buche hat man wegen der Beurteilung
der dem Rebner empfohlenen Schriftiteller größere
Sorgfalt in der Erflärung gewidmet als den übrigen
(Ausgg. von Frotſcher, 1826, Herzog, 1833, Bon:
nel, 5. Aufl. 1882, Krüger, 3. Aufl. 1888, und
Halm, 1869). — Unter Quintilians Namen befigen
wir 2 Sammlungen von Deflamationen, von denen
die eine, mit 19 längeren Proben diejer Schul:
übungen, fi) mit erdichteten, auf ganz andere
Beiten und Berhältniffe paffenden Aufgaben be:
ichäftigt, die andere, 145 enthaltend, nur Exrcerpte
einer größeren Sammlung darbietet. Bei feiner
von beiden läßt fi Quintilians Autorſchaft ficher
nachweiſen; die größere haben einige Gelehrte einem
andern Duintiltan, einem Oheim oder gar dem
Vater, beigelegt. Bgl. die nenefte Unterfuchung von
Eonft. Ritter (die quintilian. Deflamationen, 1881),
nad) welchem die 145 Heineren Deflamationen von
Quint. herrühren, d. h. nach feinen Vorträgen von
Schülern nachgejchrieben und vermutlich vor dem
Erjcheinen der institutio orat. veröffentlicht wor:
den find. Ausg. der declamationes von Ritter
(1884). Yedesfall3 haben beide Sammlungen feinen
andern Wert, ald uns über die abgejchmadte
Praris der Rhetorenſchulen zu unterrichten, deren
Verfahren unjer Duintilian (2, 10, 6) entichieden
mißbilligt.
Quintilii (Quinet.), ein altes patricisches Ge—
ichlecht, welches mit den Fabiern jchon zur Zeit
der Gründung Roms den Dienft bei den Luper—
calien geübt haben joll. Dahin gehören: 1) P.
Duint. Varus, fämpfte 203 v. C. als Prätor
fiegreich gegen den Bruder Hannibald, Mago, im
Lande der Anjubrer. Liv. 30, 1. 18. — ?2)
Duimt., römijcher Jurift nad) Cic. Quint. 17, 54.
— 3) Sertus Duint. Barus, kämpfte mit
Domitius Ahenobarbus gegen Cäjar, der ihn, als
er bei Corfinium in Gefangenjchaft geraten mar,
frei ließ. Cues. b. c. 1, 23. Nach der Schlacht bei
Philippi gab er fich jelbft den Tod. Well. Pat.
2, 71. — 4) Sein Sohn, P. Duint. Varus,
Konjul 13 v. E,, war dann (wohl vom I. 7 v. €.
an) Statthalter in Syrien, wo er fi durch Hab-
jucht und Erprefjungen verhaßt machte, und ging
(daburch empfohlen, daß er durch feine Gemahlin
Claudia Buldyra, eine Nichte des Auguftus, mit
der faiferlichen Familie verwandt war) um 6 n. €.
als Statthalter nad) Germanien. Aber einem der:
artigen Amte war der weichliche und jelbft körper:
lih unbeholfene Mann nicht gewachien. Seine
NRüdfichtslofigteit bei Einführung römischer Sitte
und Sprache, ſowie jeine Habſucht, die er auch in
dem armen Germanien befriedigen wollte, veran-
laßte den Aufitand der germanifchen Stämme unter
Arminius (ſ. d.), welcher in der blutigen Schlacht
im Teutoburger Walde das römiſche Heer ver:
nichtete. Varus ſtürzte fi aus Verzweiflung in
jein eigenes Schwert (September oder Dftober
9m. ©). Tae. hist. 5, 9. Vell. Pat. 2, 117 ff.
R. | hist. 4, 58. — Auch)
Quintilii — Qnuirites.
Flor. 4, 12. Dio Cass. 56, 18 ff. — 5) Onint.
(Barus), Freund des Bergil und Horaz (od. 1,18.
a. p. 438), ftarb im J. 23 v. E. — 6) Sert.
Duint. Condianus und 7) Sertus Quint.
Marimus, 2 durd Eintracht ausgezeichnete Brü=
der, Konjuln zufammen 151 n. C., verwalteten
| gemeinjchaftlih unter Marc Aurel um 173 Grie:
henland und fämpften 178 zufammen gegen bie
Germanen. Unter Commodus fanden beibe ihren
Tod. Dio Cass. 72, 5f.
Quintus Smyrnaens ſ. Epos, 6.
Quirinalfa j. Quirinus.
Quirinälis, 1) j. Flamen. — 2) j. Roma, 2.
Quirinus, Adjektivum, gewöhnlich abgeleitet
von dem jabinifchen Worte curis, —* quiris,
die Lanze, oder von der Sabinerftadt Cures, ein
jabiniicher Beiname des Mars als lanzenſchwingen—
den (Lyyionaiog) Kriegdgotted. Der Name hat
ſich aber früh verjelbftändigt, und zwar, ehe er
bon den Sabinern nad Rom gebradjt wurde, wo
Quirinus als eigene Perjon dem Mars an die Seite
trat. Den Sabinern galt Duirinus als Vater ihres
Ahnherrn Modins Fabidius (Medius fidius), des
Gründers von Eures; die Römer hielten den Gott für
ihren vergötterten Ahnherrn Romulus, den Sohn des
Wars. Dion. Hal. 2,48. Verg. A. 1,292. Or. fast.
2, 475 ff. 4, 56.808. Er hatte zu Rom einen eigenen
Flamen Quirinalis (Zir. 1, 20. Ov. fast. 4, 910)
und feine Opferftätten auf dem mons Quirinalis
oder an der porta Collina (jpäter Quirinalis).
Dem Duirinus wurde zu Rom am 17. Februar
das Feſt der Quirinalia (Or. fast. 2, 475 ff.)
gefeiert, an weldem ihm von feinem Flamen
eopfert und feine Waffen gejalbt wurden. Numa
Pollte das Feſt eingejegt haben. Tac- ann. 4, 38.
nus (Suet. Oct. 22) und
Auguftus (Verg. @. 3, 27) hatten den Beinamen
Quirinus.
—— (vgl. Quirinus), urſprünglich Be:
zeichnung der Sabiner; jpäter, nach der Bereini-
gung berjelben mit den Römern, bezeichnete es
diejelben zwar als Krieger, fofern fie nad alter
Volksſitte ſtets Waffen trugen, zugleich aber auch
als ſolche Bürger, welche dieje Waffen jelbft unter
den Arbeiten des Friedens trugen, daher die Rö—
mer bejonders im Gegenjag zum Soldaten Qui-
rites genannt wurden. In diplomatifcher Form
erhielt fich die Spur der Vereinigung in der Ber
gelhmung populus Romanus Quirıtium, oder
isweilen aud) populus Romanus Quirites. Lir.
1, 32. 8, 6, 22, 10. 26, 2; vgl. 5, 41. Medner
und Geichichtichreiber gebrauchen den Ausdruck
ern und häufig in erhabener Weije als Anrede.
n der Verbindung obiger Formel liegt daher
nicht nur die Bedentung der römischen Bürger in
\ihren inneren politiihen Beziehungen, während
ı Romani fie im Berhältnis zum Anslande bezeich-
net, jondern auch die Bezeichnung des ——
und des friedlichen Bürgers, wie denn auch dem
Worte Quirites oft milites geradezu entgegenge:
jeßt wird. Suwet. Caes. 70. Tac. ann. 1, 42.
Rabirii — Ramses.
1029
R.
Rabirfi, 1) C. Rab., ein wegen ee pi
Gewaltthaten unter den apuliichen Grumdbejigern
verrufener röm. Senator, wurde im J. 63 v. E.
als Greis von Cicero und Hortenſius gegen die
vom ZTribunen Labienus auf Cäſars Beranlaffung
wider ihn erhobene Anflage (perduellionis’, Staats-
elder unterjchlagen, heilige Orte entweiht, an der
Ermordung des Zribunen Satuminus teilgenom=
men und andere Schandthaten verübt zu haben
(Cie. Rab. 2f. Aur. Viet. vir. ill. 73), verteidigt.
Ihn rettete zugleich die Nobilität unter Führung
des Metellus Seler, und die jpätere Wiederauf:
nahme der Anklage unterblieb. — 2) €. Rab.
Poſtumus, des vorigen Adoptivjohn, eigentlich
Sohn des E. Eurtius (Cie. Rab. Post. 17), wurde
bei dem Prozeſſe des Gabinius 54 v. E. wegen
Erpreffungen gleichfall® angellagt und von Cicero, |
für deſſen Zurüdberufung aus ber Berbanuung |
er thätig gewejen war, verteidigt. Rab. hatte als
Gehülfe des Gabinius (55 v. C.) in — den
König Ptolemaios Auletes und das Volk durch
Erpreſſungen und Wucher ſo ausgeſogen, daß er
vor der Wut der Alexandriner flüchten mußte.
Cie. Rab. Post. 14. Er ſollte daher den Schaden,
den er angerichtet, zum Zeil mit erjeßen. Die
Verteidigung Eiceros hatte feinen Erfolg, wie es
icheint. Rab. ging in die Verbannung, kehrte unter
Cäſars Diktatur zurüd (Suet. Caes. 12) und diente
46 vd. E. unter ihm. Caes. b. Afr.8. — 3) €.
Rab., ein epiicher Dichter, den die Alten jehr
hoch jtellten. Well. Pat. 2,36. Ov. ex Pont. 4, 16,5.
Quint. 10, 1,9%. Ein in Herculaneum aufgefun:
denes Bruchftüd eines Gedichts über den actijchen
Krieg und den Tod der Kleopatra (67 zum Zeil
jehr verftümmelte Herameter) wird ihm nicht ohne
— ——— beigelegt (neueſte Ausgg. in
Rieſes Anthologia lat. p. 3ff. und Bährens'
poet. Lat. min. Bd. I p. 212 ff.). „Der Stil ift,
jomweit man ihn beurteilen fann, Har, aber glanz—
los, ohne erheblichen Aufwand von Rhetorik“
Ribbech).
Rabonlus, vom Prätor Verres 74 v. C. arg
gequälter Vormund des P. Junius. Cic. Verr.
1, 50.
Rabulöius, 1) Gaius, befleidete 486 v. E.
das Bolkstribunat und —— ſich dem vom
Konſul Spurius Caſſius (ſ. Cassii, 1.) vorge:
ſchlagenen Geſetze über die Verteilung des Ge—
meindelandes. Dion. Hal. 8, 75. — 2) Marcus,
aus Brundifium, Decemvir 451 vd. E. Liv. 3, 36.
Racilius, Lucius, 57 v. E. Bollstribun, ver:
teidigte den Cicero gegen Elodius (Cie. ad Qu.
fr. 2, 1, 2f. ad fam. 1, 7, 2); vielleicht derjelbe
2. Racilius, der im J. 48 im Hiſpanien jeinen
Tod fand. (aes. b. Alex. 52 ff.
Raecius, Marcus, erhielt 208 v. E. den
Auftrag, in Maſſilia über den Zug des punijchen
Feldherrn Hafdrubal genaue Kunde einzuziehen.
Liv. 27, 36. j
Raetia (befier ald Rhaetia), 'Paıria, das weft:
lichfte der Süddonauländer, grenzte im N. an
Bindelicien (melcdyes jeit dem Ende des 1. Jahr:
hunderts n. C. mit R. vereinigt war), im W. an
das Land der Helvetier, im ©. an die Alpen (vom
nn nn — — — — —
M. Adula — St. Gotthard — bis zum M. Ocra
— Terglou) und dadurch an das cisalpiniſche
Gallien, im O. an das Gebiet ber Veneter und
Noricum — alſo das heutige Graubünden, Tirol
und ein Teil der Lombardei. Das Land wurde
von einem Zweige der Alpen, den Rätiſchen, durch—
zogen. Unter den Flüſſen find zu nennen: Licus
(Reh), Jſara (Kar), Anus (mm), der öftliche
Grenzfluß, Athe ſis (Etich) und die von den Alpen
herablommenden Zuflüfle des Padus: Ticinus,
Addua, Sarius, Dllius, Mincius u. j. w.
Das Land war mehr zu Viehzucht ala zum Ader:
bau geeignet, gab aber auch trefflichen Wein. —
Die —— Raeti, FPcitot, d. h. wohl Ge—
birgsbewohner (von dem keltiſchen rait?), ſcheinen
urſprünglich Stammesgenoſſen der wahrſcheinlich
von hier nach Italien gewanderten Raſener oder
Etruſter geweſen zu jein (Ziv. 5, 33. Plin. 3, 133.
Just. 20, 5, 9); in ber Zeit, wo wir biejelben
fennen lernen, waren indes teilweiſe feltifche
Stämme in Befig des Landes gelommen. Im J.
15 v. E. wurden fie zugleich mit den Bindeliciern
von Auguſts Stiefiöhnen Ziberius und Drujus
in hartnädigen Kämpfen unterworfen. Vell. Pat.
2,95. Strab. 4, 206. Hor. od. 4, 4, 18. 14,7 ff.
Unter den einzelnen Bölferichaften find zu merken:
die keltiſchen Lepontii, am füdlichen Abhange
des St. Gotthard, die Mefiates, Bennönes, Sarı:
netes, Brirentes, Gerauni, Tridentini (bei Trient
an der Etich) und die alträtiichen Euganei (zwi:
ſchen Patavium und Verona), die Camunni (Bal
Gamonica) und Trumplini (Val Trompia). Städte
gab es wenige; die bedeutendfte war Tridentum
(j. Trient); andere waren Curia (Ehur), Elavenma
(Ehiavenna), Bauzanum (Bogen) u. a. m. Strab.
4, 206. Ptol. 2, 12. Bgl. Planta, das alte Rätien
(1872).
RammYus, Lucius, aus Brundifiunm, ein vor:
nehmer Mann, der fremde Gejandte und römische
Heerführer gaftlich bewirtete. Perſeus juchte ihn
zur ordung römischer VBornehmen zu benugen
und fandte ihm deshalb Gift; A. zeigte dies aber
den Römern an, 172 v. &. Liv. 42, 17.
Ramnes j. Tribus, 1.
Ramphias, "Peugplag, unterhandelte mit Athen
als einer der ſpartaniſchen Gejandten vor dem
Beginn des peloponneſiſchen Krieges und befeh—
ligte 422 v. E. ein Heer im trachiniſchen Herakleia
und in Theflalien. Z’hue. 1, 139. 5, 12f.
Rampsinitos j. Rhampsinitor.
Ramses, der Ör., König von Agypten. Unter
den Königen ber achtzehnten und neungehnten Dy—
naftie (um 1600—1800 v. C.), welche Agupten auf
den Gipfel der Macht und des Ganzes hoben,
wird einer befonders hervorgehoben, den die Alten
Zioworgis oder LZsadwcıg, aber auch richtiger
Ramses (Tuc. ann. 2, 60) oder 'Paufseng nennen.
Es ift dies Ramſes oder Rameffu II., der in jechs:
undiechzigiähriger Regierung (etwa 14001354)
allerdings Bedeutendes Leiftete. Ihm werben, über:
dies mit ftarfen Übertreibungen, die Thaten diejer
ganzen Periode zugeichrieben: Die Eroberungen
in Aſien und Afrika, die großen Bauten in Mem—
phis und Theben, die Dämme und Kanäle, eine
1030
Befeftigungsmaner von Pelufion bis Seliopolis.
Hdt. 2, 102 ff. Diod. Sie. 1, 53 ff. Strab. 15, 686.
16, 769. 17, 804.
Raphia, 'Pepsıe oder -ia, Stadt an der Küſte
Paläftinas, jübweftlih von Gaza, mit wenig be:
juchtem Hafen, noch j. Repha. Hier wurde An:
tiochos der Gr. 217 v. E. von Ptolemaios IV. (f. d.)
befiegt. Pol. 5, 80. Strab. 16, 759. Liv. 35, 18.
Rapina, Raub, uriprünglich als Diebftahl (fur-
tum) beftraft, erhielt durd; den Prätor M. Lu:
cullus zur Zeit der Bürgerfriege eine eigene An:
fage wegen der vielfachen unrechtmäßigen Ans
eignung fremder Güter und konnte unter erſchwe—
renden Umftänden als crimen publicum beftraft
werben.
Rat |. Bovinj, T'egovo/« und Senatus,
Rationarium imperli hieß das Verzeichnis,
in welchem bie Berechnung der Einnahmen und
Ausgaben der Staatskaſſe, zur Zeit des römischen
Kaijerreichs, enthalten war.
Ratomägus, "Paröuayog, oder Rotomagus,
Hauptftadt der galliichen Völkerſchaft der Bello:
cafjes an der Sequana; j. Rouen.
Raudii campi ſ. Campi Raudii.
Raurfei, 'Pavgıxod, nicht Rauräci, Bolt im
teltiichen Gallien, nördlich von den Selvetiern,
zwifchen biefen, den Sequanern, Triboccern und
dem Nhenus — von der Marmündung bis nad)
Bajel, jpäter bis nach Breiſach. 23000 Mann
derjelben zogen mit den Helvetiern aus. Caes. b.
9. 1, 5. 29. 7, 75. Unter ihren Städten war
Augufta Rauricorum, j. Augft öftlih von
Baiel, bedeutend.
Ravenna, ‘Paoderva oder “Paßevve, uralte
Stadt im cispadaniihen Gallien, am Flüßchen
Bedefis, eine Meile vom Adriatiſchen Meere ent-
fernt, feft durch ihre „age zwiichen Sümpfen und
Moräften. Griechiiche Koloniften aus Theflalien
follen fie gegründet haben (Strab. 5, 213); fie blieb
bis Yagufs ziemlich unbedeutend. Diejer wählte
fie zum Aufenthalte eine Teiles der römischen
Flotte, weshalb er an der benachbarten Küfte einen
roßen Hafen anlegen Tief. So gelangte die
Stadt in furzem zu großer Blüte (Suet. Oct. 49.
Tac. ann. 4, 5) und nahm bedeutend an Umfang
zu. Natur und Kunft machten fie zu einer ftarfen,
faft uneinnehmbaren Feftung, und fie galt für die
Vormauer Italiens. Bon Kanälen durdichnitten,
fann fie das Venedig der römijchen Kaijerzeit ge:
nannt werden. Hier befand ſich eine berühmte
Fechterſchule. Der deutiche Held Armin wurde
bier erzogen, die römischen Kaiſer von Honorius
an wählten fie zu ihrem Sitze, und Theodorich ber
Gr. madte fie nach dem Sturze Odoakers
Hauptftadt feines neuen Reichs. Seit 539 war fie
die Hauptſtadt des griechiichen Exarchats.
Rea Silvia (Rea, die Angeklagte, beffere Schreib:
art als Rhea), auch Ilia genannt, die Mutter des
Romulus und Remus. Liv. 1, 3f. Plut. Romul, 3,
Just. 43,2. Nad denen, welde die Gründung
Roms kurze Zeit nad) Aineias anſetzten, war jie
die Tochter des Mineias, body nur unter dem
Namen Ilia, und Romulus alfo ein Enfel des
Aineias; nach der gewöhnlichen, jpäter gangbaren
Sage iſt fie die Tochter des von Aineias ftam:
menden Albanerfönigs Numitor, der von feinem
Bruder Amulius vom Throne geftoßen ward. Um
defien Tochter der Hoffnung auf Nachkommenſchaft
Raphia —
zur
Recuperatio.
zu berauben, machte fie Amulius zur Bejtalin;
aber die Beftalin gebar von Mars die Zwillinge
Romulus und Remus und wurde infolgedeflen
von Amulius ins Gefängnis geworfen und getötet,
oder nach deſſen Sturz wieder befreit. Ber Dich—
tern findet fich die Sage, fie fei in den Tiber
eworfen worden oder habe fich jelbft hineingeftürzt,
I aber von dem Flußgotte gerettet und zu feiner
Gattin gemacht worden. Hor. od. 1, 2, 17 ff. Or.
fast. 2, 598. 3, 1 ff.
Reäte, "Pfarog, "Pearior, j. Rieti, uralte Stadt
der Aboriginer oder Belaiger, jpäter von den Sa—
binern erobert, in Mittelitalien an dem Belinus-
jee und der Salarijhen Strafe, Hauptverjamnt=
fungsort der Sabiner, dann römiiche Bräfeltur
und endlih Municipium, Baterftadt des großen
Gelehrten M. Terentius Barro. Cic. Cat. 3, 2. 5.
div. 2,2. Suet. Vesp. 1. Die Gegend war herr:
lich, mit einem Tempel (Cie. ad Att. 4, 15) und
einem prächtigen, durch einen Bergdurchſtich des
M'. Eurius Dentatus entjtandenen Wafleriall. Bal.
noch Liv. 25, 7.26, 11.23.28, 45. Tac. ann. 1,79.
Reecitatiönes, Vorleſungen von schriftlichen
Werfen vor der Herausgabe. Dieje Sitte fam
namentlich im Anfange der Kaiferzeit auf (Gell.
13, 2) und wurde durd Auguſtus jehr gefördert
(Suet. Oct. 89. Sere. zu Verg. A. 6, 86), anfangs
wohl nur in kleinerem Kreiſe, bald jedoch vor großen
Berjammlungen im Theater, auf dem Forum, im
Tempeln, Gärten und Bädern. Zuerſt beabfichtigte
man wohl, Nußen aus der Kritif der Zuhörer
für die nachfolgende Herausgabe zu ziehen (Plin.
ep. 5, 3. 7, 17), bald jedoch geſchah es aus Eitel-
feit und Ehrgeiz. Allmählich konnte fich Fein
Schriftfteller diejer Sitte oder Unſitte entziehen,
obichon die Beranftaltung der Borlefung dem Autor
vielfache Koſten (Mietung und Einrichtung des
Lokals) verurjachte. Die Einladung dazu gejchah
durch eigene Schriften oder durch öffentliche An-
ichläge und Zeitungdannoncen. Bgl. Herwig, de
recitatione poetarum apud Romanos (1864).
Friedländer, Sittengejhichte Roms III ©. 316 ff.
Recuperatio (vielleicht richtiger nach beiten
Handfchriften reciperatio zu jchreiben), ein in
Necdhtsiachen über das Bermögen oder die Er:
ftattung desjelben zwijchen Beregrinen und Römern
enticheidendes Gericht, defien Richter recuperato-
res hießen und wahrſcheinlich aus beiden Völkern
gewählt wurden; allmählich aber änderte fich dies
dahin, daß man fich dort die Richter gefallen lieh,
wo ber Kauf oder Kontrakt geichlofien war und
die Klage bei Nichtinnehaltung der eingegangenen
Verpflichtung vorgebradht wurde. Namentlich wur:
den die Klagen der Brovinzialen, wegen Erprefiung
der Statthalter, in Rom Recuperatoren überwiejen,
verft 173 dv. C. (Liv. 43, 2), was noch unter den
aifern vorfam ( Tac. ann. 1, 74), objchon inzwischen
auch für diefe Klage ein eigener Gerichtshof (j. Pro-
zels, 6.) eingejegt war. Der . des Recu:
peratorengerichtö war rajch: innerhalb 10 Tagen
mußte die Entjcheidung erfolgen; daher trachteten
auch die Römer, jelbjt wenn fie untereinander
ftritten, nach ſolchem Gerichte, und wurden die
elben jeit 77 v. E. oftmals auf rein römiſche
erhältnifje angewandt und erhielten unter ben
Kaiſern immer weitere Ausdehnung (Suet. Ner. 17.
| Vesp. 3. Domit. 8), bis fie fpäter, als alle Pro:
'vinzialen römijche Bürger wurden, von jelber
Redemptor
aufhörten. Da der Name dieſer Nichter nicht in
der einfachen Zahl vorlommt, müſſen fie follegia-
liich verfahren fein, ihre Zahl war 3 oder 5, und
fie wurden von dem Prätor ohne Rüchſicht auf
den Stand ernannt. Bol. Sell, die Recuperatio
der Römer (1837).
Redemptor hieß 1) derjenige, welcher die Aus:
führung beftimmter Arbeiten für eine beftimmte
Summe bei öÖfjentliher Berdingung übernahm
(Cie, Phil. 9, 7); — 2) derjenige, welcher öffent:
1031
in Latium, öftlih von Nom, zwiſchen Gabii und
Labicum; doch weiß man ihn jeßt nicht genau zu
| beftimmen. Einige finden ihn in dem Yago della
Cava am Algidus, andere im Lago della Doga:
nella; am richtigften hält man ihn wohl für das
jetzt troden liegende Thal von Iſidoro. Seine
Berühmtheit hat er erlangt durd die dort geſchla—
| gene Schlacht mit den Latinern, 496 v. €. Liv.
— Religion.
Regina, 1) ſ. Juno unterHera. — 2) j. Rex
liche Gefälle für eine gewiſſe Steuerſumme pachtete, | sacrificulus.
j. Manceps. Regium Lepidi oder Lepidum, "Prjiyıov AE-
Redieülus (Deus et) Tutänus, d. i. der mıdov, Drt der Bojer zwiſchen Mutina und Ta:
durch Rückkehr jchügende Gott, der einen Tempel | netum im cispadaniichen Gallien, ſpäter wahr:
vor dem Gapenijchen Thore hatte und feinen Na: jcheinlicy durch den Konjul M. Amilius Lepidus
men daher befommen haben jollte, daß er den | zur Kolonie erhoben; j. Reggio d'Emilia. Cie. ad
Hannibal durch Gefichte vor diefem Thore zur
Nüdfehr bewogen habe. Fest. p. 138. Plin.
10, 43, 60.
Redner j. Rhetores.
Redönes, "Pridoves, bedeutendes Volk im weit:
lichen Gallien, zu Aremorica gehörig, mit der
Hauptjtadt Condate id. h. Zufammenfluß), j. Renz |
nes, Caes. b. g. 2, 34.
Regaliänus, ein Dacier, wurde von Valerian
ausgezeichnet und unter Gallienus von den Sol:
daten in Möfien zum Kaiſer ausgerufen, kämpfte
fiegreich gegen die Sarmaten, wurde aber um 263
n. C. aus Furcht vor Gallienus’ Race auf Un:
ftiften der Roxolanen und unter Zuftimmung der
Provinzialen und Soldaten umgebradt. Treb.
Poll, trig. tyr. 10. Gall. 8f. Aur. Viet. Caes. 32.
ep. 32,
Regina hieß zunächit der Königsfig des Numa
am Forum und der Sacra via neben dem Beta:
tempel und dem Fornix Fabianus. Plut. Kom. 18.
Num. 14. Cie. Mil. 14. In dieſem alten Mittel: |
punlt des römischen Kultus wurden die heiligen |
Lanzen des Mars aufbewahrt; ob auch die Anz
cilia, ift unfiher. Hier wurden mande Opfer
dargebradjt, 3.8. die des Bontifer Marimus, der
hier jeine Amtswohnung hatte; hier wurden auch die
arvaliihen Brüder gewählt und inauguriert. —
Außerdem gab es noch mehrere Regiae, z. B. die
des Tullus Hoftilius, Aneus Martius, Tarquinius.
Liv. 1, 41.
Regifugium, eine alte, aus der Königszeit
ftammende Geremonie zu Rom am 24. Tyebruar,
bei welcher der Rex sucrifieulus auf dem Comi:
tium opferte, nah dem Opfer aber eilig floh.
Man hat darin ein Andenken an die Flucht des
Tarquinius Superbus, die am 24. Februar 509
v. E. jtattgefunden haben joll, finden wollen. Ov.
fast. 2, 685 ff. Was die eigentliche Bedeutung der
Geremonie war, willen wir jo wenig wie die ſpä—
teren Römer. Wahrſcheinlich war es ein Sühn-
opfer. Schon zur Zeit des Auguſtus verwechſelte
man biejen Ritus mit einem andern am 24. März
und 24. Mai, bei weldiem der Rex sacrificnlus
aud auf dem Comitium opferte und dann eiligft
nah Hauſe ging, weil, jolange er auf dem Co—
mitium verweilte, feine politiichen und rechtlichen
Verhandlungen auf demjelben a: Aare werden
durften. eide Tage waren dies intercisi (j.
Dies, 3.), in den Kalendarien bezeichnet mit Q.
a F.,d. h. quando rex comitiuvit, fas. Varro
L% 31;
Begillus lacus, 7) 'PnydAn Aurn, Heiner See
fam. 11, 9. 12, 5. Tac. hist. 2, 50.
Regülus j. Atilii, 2—6.
Relegatio. Nach römiſcher Sitte hatte der
| Familienvater das Recht, jeine Kinder und Sta:
ven auf das Land zu verbannen, woſelbſt ihrer.
härtere Arbeit und Behandlung wartete. Liv. 7,4.
Suet. Oct. 65. — Als Staatsftrafe fommt die
‚ Nelegation während der Republik nicht vor, doch
ftand es dem Senat und den höheren Magijtraten
frei, durch ein Edift die Entfernung ftaatsgefähr:
liher Individuen aus der Stadt zu verfügen.
Liv. 2, 2. 40, 41. Cie. Sest. 12f. ad fam. 11, 16.
12, 29. Auguftus wandte fie zuerft al3 eine mil:
dere Form der Verbannung (aquae et ignis in-
terdictio, deportatio) an (3. B. gegen den Dichter
Ovidius), die nicht infamierend war und das Ver—
| mögen des Berurteilten für gewöhnlich nicht an:
griff, auch feine Givität ihm nicht ſchmälerte. Die
nachfolgenden Kaiſer verhängten oftmals die Strafe
namentlich wegen adulterium, stuprum, calum-
nia, repetundarum u. f. w. Verſchieden war
davon die interdietio certorum locorum, nach
der einzelne Orte oder Provinzen dem Berurteil:
ten verboten waren. Tac. ann. 2, 50. 6,49. 12, 8.
14, 28 u. ö.
Religion. I. Die Religion der Griechen war
in ältejter Zeit, im j. g. pelaigiichen Zeitalter,
eine Naturreligion; nicht aber wurden die Gegen:
ftände .dver Natur felbft, wie fie in die Sinne
fallen, als göttliche Wejen betrachtet und verehrt,
jondern die in denjelben lebendig wirkenden Kräfte
traten den Menichen ala etwas Göttliches entgegen,
wurden als geiftige Mächte gedacht und zu per:
jönlichen Wejen erhoben. Der Menſch ſchuf fich
jeine Götter nad) feinem eigenen Bilde, und indem
er fie nach menjchlicher Weiſe denken und handeln
lief, faßte er mit feiner lebhaften Phantafie, die
in den erjten Stadien der Entwidelung bei ein:
zelnen Menjchen und bei Völkern vorzugsweije
thätig ift, alle Verhältniſſe und Ereigniſſe in
der ihn umgebenden ®elt ald Handlungen feiner
Götter auf. So entjtanden die zahlreichen reli-
gidjen Mythen der Griechen. Dieje, die Natur:
mächte repräjentierenden, Götter löften ſich all:
mählich, ſowie das Wolf ſich zu einem höheren,
geiltigeren Leben erhob, immer mehr von der
Natur los und wurden Repräjentanten fittlicher
Mächte, geiftig freie, fittliche Wejen, die nicht bloß
Ordnung und Gejeb in der Natur jchaffen und
erhalten, jondern auch im Menfchenleben ordnend
walten. So wurde 3. B. Demeter, die Mutter
Erde, welche den Gewächſeſegen hervorruft und
2,19. 3, 20. 6,2. Cie, div. 2,2. Dion. Hal. 6,3.
-_
ts
1032
den Menichen das Getreide jchafft, allmählich ala
Erfinderin und Schüßerin des Aderbaues eine
Begründerin fefter Wohnfige, der Ehe, des Staats
und der Gefittung. Dieje allmähliche Umbildung
der religiöjen Borftellungen, die gewiß Jahrhun:
derte ausfüllt, fällt zufammen mit der Zeit, wo
durch das Erwachen eines friegeriichen Helden:
geiftes infolge von Wanderungen und Kämpfen
aus den patriarchaliichen gg des pelaigi-
ichen oder altgriedhiichen Lebens das echtgriechiſche,
helleniſche Leben ſich entwidelte. Zur Beit der
doriſchen Wanderung ift dieje Umwandlung durd): |
gerührt, und man kann jie im der griechiichen
Neligionsgejhichte ald die Grenze zwiichen dem
pelaſgiſchen und hellenifchen Beitalter anjehen. Bei
Homer, der, im Anfang des helleniichen Zeitalters
itehend, ohne Bmweifel mehr er als alle jeine
Vorgänger in der Poeſie bildend und jchaffend
Einfluß auf die religidien Borftellungen geübt hat,
treten uns die Gottheiten als Hare, vollkommen
ausgebildete Berjönlichkeiten, als fittlich freie Wejen
entgegen; nur bier und da finden wir bei einzel:
nen Gottheiten noch Anklänge an die alte Natur:
iymbolif. *— iſt wie in manchen andern Be—
ziehungen, ſo auch beſonders in religiöſer Hinſicht
die Grundlage der helleniſchen Bildung; ſeine
religiöſe Auffaſſung iſt im allgemeinen und weſent—
lichen während der folgenden echtgriechiſchen Zeit
geblieben, wenn auch hier und da ſich der Cha—
rakter eines Gottes in etwas geändert hat, oder
ältere Vorſtellungen lokaler Kulte ſich erhalten
haben. Durch Homer und die von ihm abhängigen
ſpäteren Dichter, unter denen Heſiod namentlich
hervorzuheben ift, hat fich in einem gewifjen Gegen:
jap gegen die Eigentümlichfeiten örtlicher Kulte
eine einheitliche, nationale Religion und Mytho—
logie ausgebildet. Denn wenn auch die Grundlage
für die griechiiche Religion im allgemeinen diefelbe
war, jo war doch auf diefem allgemeinen Boden
je nad) den Eigentümlichkeiten ber Stämme und
der verichiedenen Beichaffenheit der Landichaften
urjprünglic) eine große Mannigfaltigfeit vonein:
ander getrennter Sötterfulte erwachſen, jo daß an
dem einem Orte dieſe, an dem andern jene als
Hauptgottheiten verehrt wurden und eine aus-
gleihende, einheitlihe Verbindung nicht vorhan-
den war. Cine irrige Borftellung aber iſt es
jedesfalls, anzunehmen, daß urjprünglich in den
verjchiedenen Landichaften je nur Ein Gott ver:
ehrt worden, und daß erft jpäter durch allmäh-
lihe Bereinigung der Lokalkulte ein Polytheis—
mus entftanden Fe. Der Bolytheismus liegt in
der Natur der heidnijchen Religionen begründet,
welche ihre Wurzel im Kultus der Natur haben.
Die Anficht, daß die Griechen ihre Götter und ihr
ganzes Religionsweien von außen, von aſiatiſchen
Völkern oder den Agyptern erhalten hätten, ift
von der Hand zu hu. tag wiewohl eine Berbin-
dung der Griechen in alter Zeit mit ihren öftlichen
Nachbarn nicht geleugnet werden darf, und manche
religiöfe Borftellung als mit diejen Bölfern ges
meinſam anzujehen ıft. Einzelne Gottheiten, z. B.
Aphrodite, find auch wirklich in alter Zeit von
Alien zu den Griechen gelommen, aber der grie:
chriche Geift hat das Fremde national umzubil-
den vermodht, jo daß dieje Gottheiten doch als
griechifche Nationalgötter — ſind.
der ſinlenden Zeit des griechiſchen Altertums aller:
Sn}
ſentiert eine Haupteigenſchaft
Religion.
dings fanden jolche Umbildungen bei den aus der
Fremde eindringenden Göttern nicht mehr ftatt.
— Die Griechen haben den Gegenjag zwiſchen den
älteren Naturgottheiten und ben Göttern der helle:
nischen Zeit mythiſch dargeftellt in dem Titanen—
fampf; jie glaubten, daß vor den von ihnen ver:
ehrten Göttern andere geherrſcht haben, Kronos
und die wilden Titanen, die Bertreter der rohen,
orbnungslojen Naturgewalten, daß dieje aber den
Dlympiern, Zeus und ben Seinen, den Göttern
der Ordnung, bes Rechts und Geſetzes, im Kampf
um die Herrichaft erlegen jeien. Nach dem Siege
teilte Zeus mit feinen beiden Brüdern, Poſeidon
und Hades, die Herrichaft der Welt, die Titanen
aber wurden zum Teil gefeffelt in den Tartaros
geworfen, zum Teil fügten fie jih dem Zeus und
dienten von nun an der neuen Ordnung der Dinge.
In diefem neuen Götterftaate bleiben die Natur:
ottheiten, die an phyſiſche Eriftenzen gebunden
And und ihren Charakter nicht ändern können
(Fuß: und Meergötter u. j. w.), in ihrer ur:
iprünglichen Beziehung zu der Natur, doc find
jie unter eine höhere Ordnung geftellt, unter das
Gejep des Zeus. Bei Homer ift dieſer olympijche
Götterftaat ganz nad) dem Mufter des damaligen
irdiſchen Staates eingerichtet und gegliedert, ſo
daß an der Spite als König der Wötter Zeus,
ihm zur Seite aber eine Bovin aus den übrigen
höchſten Göttern fteht, deren Rechte von dem Herr:
iher anerfannt und berüdfichtigt werden; dieſe
find außer dem im Meere mwohnenden Bofeidon
die eigentlichen, im Olymp bei Zeus wohnenden,
olympiichen Götter: Apollon, Ares, Hephaiſtos,
Hermes, Hera, Athene, Artemis, Aphrodite. Bis:
weilen beruft aud Zeus eine Agora (Hom. I.
20, 4 ff.), zu der alle Götter bis zu den Fluß:
— und Nymphen herab geladen werben. —
ie Bmwölfzahl der olympijchen Götter, wie fie
Ennius mit lateiniſchen Namen angibt (Juno,
Vesta, Ceres, Diana, Minerva, Venus, Mars,
Mercurius, Jovi’, Neptunus, Vulcanus, Apollo),
ift ziemlich jpät ujammengefeßt. Die beiden Brü:
der des Zeus, Pofeidon und Hades, find im ihren
Reichen, dem Meer und ber linterwelt, die Ab-
bilder des Zeus: fie find dort die Herricher, wie
Zeus im Olympos, dod) jo, daf fie des mächtigeren
und (bei Homer) älteren Bruders Obmacht aner:
fennen. Nach der Dreiteilung der Welt unter die
3 Brüder fann man die ganze Götterwelt in
3 Klaſſen teilen: 1) Götter des Olympos (Reich
des Zeus), 2) Götter der Gewäſſer (Reich des
Pofeidon), 3) Götter der Unterwelt (Reich des
Hades). Zu diejer legten Klaſſe, den chthoniſchen
Göttern, rechnen wir aud diejenigen, welche zu
dem Erdboden und ber Vegetation in Beziehung
ftehen, da jie mit der linterwelt zufammenhängen.
Zu den olympiichen Göttern ftehen die chthoniſchen
in jchroffem Gegenjaß; jene find dem Licht und
Leben, dieje dem Dunkel und dem Tode und der
Erde ald dem Sitze des Dunkels zugefehrt, und
diejer aigegengejehte Charakter zeigt ſich auch in
ihrem Kulte. ie erwähnten 3 Hauptklaſſen von
Göttern kann man wieder teilen in Hauptgötter
und ſolche von niederem Wang. Die legteren
repräjentieren größtenteils einzelne Seiten der
auptgötter, wie 3. B. Moira, Tyche, Dife, Horen
Seiten des Zeus, Nike der e Au Hebe reprä-
ämtlicher Götter.
=
2
t
jez}
Religion.
Zum Teil find dieſe untergeordneten Gottheiten
wirklich individualifierte, in fich beruhende Weſen,
die gleich den Hauptgöttern von alterö her einen
Kult Hatten (Horen, Chariten), zum Teil bloße
Perjonififationen ohne Kult. In fpäterer *
jedoch wurde auch dieſen Perſonifikationen hier
und da ein Kult zu teil, doch nie in dem Maße,
wie bei den Römern. Die Götter bes Homer
waren die in Griechenland allgemein anerfannten
und verehrten; doch hatten die einzelnen größere
oder geringere Verbreitung ihres Kultes, je nach:
dem ein Gott von alter her hier oder da bei
dieſen oder jenen Stämmen verehrt worden tar.
Gewöhnlich hatte ein Ort einen Hauptfult, der
vor den übrigen eine bejondere Pflege genoß (zu
Athen Athene, zu Delphoi Apollon, zu Argos
Hera u. f. f.). — Im Fortichritt der Zeit famen
die Mängel in den Borftellungen der Gottheiten
der griechiichen Volksreligion allmählich zu Tage;
fie waren zu jehr vermenjchlicht und in die Außer—
lichkeit getreten, jo daß fie einesteild dem prüfen:
den Beritande, andernteild den Bedürfniffen eines
tieferen religiöjen Gefühls nicht genügten. Nament»
lich wurde die beftehende Religion von der Phi:
loſophie angegriffen, welche jeit ungefähr 600 v.E.
in den Kolonien erwachte. An dem Mutterlande
jedoch und überhaupt bei der Mehrzahl des Volta
wurde die Religion durch die Philojophie jo bafd
noch nicht gefährdet; man verehrte noch während
der Berjerfriege und der darauf folgenden glor:
reichen Zeit mit unerjchüttertem Ölauben die
Götter, welche durch die Rettung des Baterlandes
von der Gefahr fremder Knechtſchaft ihre Macht
jo wunderbar bethätigt hatten. Seit dem pelo—
ponnefiichen Kriege aber, der auch den Grund
zum politifchen Ruin Griechenlands gelegt bat,
trat ein allgemeiner Verfall der Religion und der
Sitten ein. Die Zweifel der Philojophie gingen
in das Volk über und erzeugten Unglauben und
Jrreligiofität; neben dem Unglauben aber ging
jein fteter Sefährte, der Aberglaube, her, der be:
ſonders genährt wurde durch die moftijche Sekte
der Orphiler und die Myſterien (ſ, Mysteria).
Bal. ferner Mythologie. — IM) Die Religion
der Römer ftand in urjprünglicher Verwandt:
ichaft mit der griechifchen, wweahaib auch in jpäterer
Zeit die Verjchmelzung beider Religionen jo leicht
von ftatten ging. Die älteften Bewohner Roms,
Latiner und Sabiner, waren wie die Griechen
pelaigiihen Uriprungs. Bon ihnen jtammen die
meiften römiſchen Sottheiten; die Etrujfer dagegen
icheinen vorzüglich einen äußerlichen Einfluß auf
die römische Neligion geübt zu haben durch Aus:
bildung des religiöjen Ceremoniendienfted. Die
italifchen, mit den Griechen verwandten Bölter:
ichaften haben auf dem italifchen Boden ihre Ne:
ligion auf eigentümliche, felbftändige Weije aus:
gebildet, namentlich haben fie und bejonders auch
die Römer wegen Mangels an jchöpferifcher Phan—
tafie nicht den Reichtum von Mythen, den die
Griechen von ihren Göttern beſaßen, geichaffen,
aber deswegen auch nicht ihre Götter jo in die
Beichränttheit und Schwächen des menjchlichen
Dajeins ——— Ihr mehr auf das Prak—
tifche und Außere gerichteter Sinn hat vorzugs:
weile die praftiiche Seite der Religion fultiviert;
die ehrwürdigen, ernften Götter wurden mit der
größten Gewiffenhaftigfeit und Genauigkeit, bie
1033
in Wort und That aud das Geringfte nicht ver:
fah, verehrt. — Die Bewohner Latiums, aus denen
die römiiche Bevölkerung erwuchs, waren Hirten
und Landbauer von einfachem patriarchaliſchem
Sinn; ihre Religion trug daher aud den Cha:
rafter der Ländlichleit und Häuslichleit an ſich,
fie verehrten vorzüglich Götter der Natur, des
Treldes und des Waldes, die den Herden und
Früchten Gedeihen jchaffen (wie Faunus, Ber:
tumnus, Satumus, Ops), und Gottheiten des
Haufes und der Familie Laren, Penaten).
Kulte diejer Götter wurden von Anfang an nach
Rom verpflanzt und erhielten fich bei dem Sinn
der Römer für Haus und Familie und für das
Landleben während der ganzen römiichen Zeit
in manchen ländlichen und häuslichen Feſten mit
altertümlichen Gebräuchen, wie den Saturnalien,
upercalien u. j. m. Neben den Gottheiten des
Feldbaues, der ur und des Hauſes wurden
von Anfang an in Rom auch Schußgottheiten bes
Staates verehrt, und diefe traten mit der Zeit in
den Vordergrund. Jupiter, der Gründer und Er:
halter des römischen Staats, fteht an der Spiße
der Göttermwelt, ihm zur Seite als höchfte Staats:
ichirmer Mars, der Vater des Nomulus und des
römischen Volkes, und Quirinus, der vergötterte
Nomulus. Einen zweiten ftaatsichirmenden Drei:
verein bildete Jupiter mit feiner Gemahlin Juno
und feiner Tochter Minerva. Daneben wurde *
verehrt Veſta, die Göttin des häuslichen Herdes,
der Grundlage des Staates. Der Kultus der bis-
her erwähnten Gottheiten, namentlich der Schuß:
gottheiten des Staates, bildete den Hauptteil der
römischen Staatsreligion, als deren Begründer und
Ordner der König Numa angejehen wurde. In
eringerem Maße hing mit dem öffentlichen Weſen
ie Verehrung abffratter, bejonders fittlicher Be—
griffe als göttlicher Wejen (Virtus, Fides, Pietas)
zufammen; fie entjprang mehr aus dem Ermeflen
und Gutdünfen einzelner, und man ging in Ber:
götterung folcher Abftraftionen jo weit, daß man
allen möglichen Eigenjchaften, den gewöhnlichften
Dingen und Thätigfeiten und zufälligen Berhält-
niffen eine göttliche Wefenheit unterlegte und reli-
giöfe Verehrung zollte (Orbona, Abwehr der Ber:
mwaifung und Troft in derjelben, Fessonia, Schuß
egen die Ermüdung, Quies [f. d.], Febris u. a.). —
ie erwähnten 3 Elemente, das natürliche, ftaat: ,
liche und fittliche, waren die Hauptbeftandteile der
römischen Religion und bildeten während der Blüte:
eit ein feites, von dem Staate vor fremden Ein:
Hüften geihügtes Ganze. Seit aber die Römer
bei Ausbreitung ihrer Herrichaft in Unteritalien
mit den Griehen und deren Religion befannt
wurden, führten fie auch griechiiche Kulte bei fich
ein. So erfannten fie jchon früh den Orakelgott
Apollon in Delphoi an und bauten ihm in Rom
ala einem Belt abwehrenden Gotte Tempel (den
erften 432 v. E.); den Dioskuren wurde 304 v. C.
ein Tempel erbaut; den Aiculapius holte man von
Epidauros 291 v. C. Dieje fremden Kulte, vom
Staate eingeführt und anerkannt, blieben, folange
die Bildung der Römer eine nationale war, von
der altrömiſchen Staatsreligion abgeſchieden, jo
daß fie alio feinen zerftörenden za zerjependen
Einfluß auf diejelbe ausüben konnten. Seit dem
zweiten punifchen Kriege aber, der einen Wende:
punkt in der römischen Bildungs: und Sitten:
Die 7
1034 Religiosi dies — Res.
geſchichte macht, infofern von da an in außer: (j. Ehalons jur Marne) die bedeutenditen. Strab
ordentlich Furzer Zeit die griechifche Bildung und |4, 194.
Sitte in das römiſche Volk eindrang, fanden die) Remus j. Romulus.
religiöjen Borftellungen der Griechen in Rom vollen | Renuntiatio, 1) Nuflündigung irgend eines
Eingang. Zwar blieben größtenteils die römischen | eingegangenen Berhältnifies, namentlidy der Ehe,
Namen der Gottheiten und die Gebräuche des | mit der Formel: tuas res tibi habeto. Vergl.
Kultus; allein den römischen Namen und Geremo: | Kepudium. — 2) die Belanntmadhung der zu
nien jchoben ſich griechiſche Vorſtellungen unter; einem Amte gewählten Kandidaten, ohne welche
namentlich erhielt auch die Litteratur in Bezug niemand eine Magiftratur rechtmäßig antreten
auf Religion und Mythos griechiſches Gepräge. | konnte. Der deu Gomitien vorjigende Magiftra-
Ein Unglüd für Rom war es, daß es griechifche | tus verweigerte bisweilen die Annahme ihm nicht
Sitte und Religion zu einer Zeit in fi aufnahm, |
wo Griechenland jchon dem jittlihen und reli-
giöjen Berfall anheimgegeben war. Dadurch über:
fam es den Unglauben und die Frivolität der
damaligen Griechen und die fremdländiichen, jchon
angenehmer Bewerber (Liv. 8, 15. 9, 46), auch
im voraus die renuntiatio des etwa gewählten
(Vell. Pat. 2, 92. Val. Ma. 3, 8, 3), nicht immer
ohne Erfolg. .
Repetundärnm (-c. pecuniarum) crimen,
von den Griechen, angenommenen, miyfteriöjen } eigentlich) das Verbrechen des Beamten, der gegen
Kulte Aſiens und Agyptens mit ihren abergläus römiſche Unterthanen und Socii ſich Gelderprej:
biſchen und zum Zeil ſittenloſen Gebräuchen, welche jungen erlaubt, deren Rückforderung zu erwarten
der Staat, der wenigftens äußerlich die alte Re: ſtand (res repetere); in der Kaijerzeit hieß jo das
ligion der Bäter halten wollte, vergebens zu ver: | Verbrechen jchlechter Amtsverwaltung überhaupt.
bannen jtrebte. Auguftus juchte die jinfende Ne: | Tac. ann. 6, 29. Troß ber lex Porcıa (etwa 195
ligion zu jtügen durch Wiederherftellung mancher | v. E.), welche die Leijtungen an die Statthalter
alter Gebräuche und Feſte, durch Erbauung neuer | beftimmte, famen doc häufige Beichwerbden wegen
prächtiger Tempel und Entfernung fremder Kulte: | Übergriffen vor, die dann dem Senat vorgetragen
aber Keligion und Sittlichkeit fehrten weder durch wurden, der entweder jelbft die Unterfuchung führte,
fein noch durch mancher jpäteren Kaiſer Beitreben
in das zerfallende Nom zurüd.
Religiösi dies, bedenkliche Tage, an denen
weder privatim noch Öffentlich etwas von Wid):
tigkeit vorgenommen wurde, quibus nisi quod
necesse est nefas habetur facere (Fest. s. v.);
religiosi dies dieuntur tristi omine infames
impeditique (Cie. ad Att. 9, 5). Dahin gehören
1) folgende Trauerfefte: die 3 Tage, wo nad)
dem Glauben der Römer der Mundus, die Unter:
welt, offenftcht, und die Toten auf die Oberwelt
fommen, d. i. 24. Auguft (Tag nach den Vol:
canalien), 4. (5.7) Oftober und 8. (11.) November;
ferner 9., 11. und 13. Mai, an welchen die Spuk—
geifter, Lemures, umberjchweifen, dann die 2 Tage
nach den feriae latinae (Cie. ad Qu. fr. 2, 4)
und die Larentalien, 23. Dezember; außerdem die
Tage, wo die Salier durch die Stadt zogen, und
die Veſtalien. — 2) die Tage unglüdlidyer Schladh:
ten und Unternehmungen, wie die Tage der Schlacht
an der Allia und Eremera und, weil dieje au und,
unmittelbar nad) den Idus vorfielen, jeder Tag
nad den dus, ferner auch die Tage unmittelbar
nad) den Kalenden und Nonen. Diele Tage heißen
postriduani und wegen des Unglüds atri (albi
jind ®lüdstage, Hor. sat. 2, 3, 246), Die re-
ligiosi dies gehören zu den nefasti, |. Dies, 3.
Remaneipatio. Die durch coömptio (ſ. Ehe, 8.)
geichlofiene Ehe fonnte zwar durch einjeitige Auf:
fündigung (Cie. ad fam. 8, 7) getrennt werden, |
aber zur Aufhebung der in der Ehe ftattgefunde:
nen manus war nod) ein bejonderer Alt nötig,
d. i. remancipatio,
Remi, "Piuor, eine der mächtigsten belgischen
Bölkerichaften, an der Matrona; an ihrer Nord:
gr jloß die Arona (j. Aisne). Caes. b.g. 2,3.5.
ie waren Nachbarn der Nervier, Veromanduer,
Sueſſiones und Bellovacer (b. g. 7,90) und Klien—
ten der Carnutes (daj. 6, 40); wegen ihrer jchmellen
Unterwerfung wurden fie von Cäſar begünitigt.
Unter den Städten waren Durocortorum (ij.
Rheims mit virlen Ruinen) und Durocatalauni
| oder durch eine Kommiſſion führen ließ, bis eine
eigene quaestio perpetua dafür eingejeßt wurde
durch die lex Calpurnia des 2. Calpurnius Bijo
Frugi, 149 v. €. Cie. off. 2, 21. Cluent. 53. In
ihr waren die verbotenen Handlungen, die pro-
zeffualiichen Bejtimmungen und die Strafbeftim:
m. enthalten, wahrjcheinlich ergänzt durch Die
lex Junia bald nad) dem dritten puniichen Kriege.
Anderweitige Beſtimmungen gaben die lex Acilia
|aoı v. E.) und lex Servilia (100 v. C.). Nach
ı dem Bundesgenofienfriege ward die Yage der Pro:
|vinzen immer übler, darum gab 81 dv. E. der
Diktator Sulla die jchärfende lex Cornelia. Die
Verderbtheit der Zeit und der Statthalter machte
ein Gejeg nötig, welches alle Bedrüdungen jpeziell
aufzählte und mit Strafe bedrohte; ein Polches war
die lex Julia, 59 v. E. (acerrima, Cic. Vat. 12;
optima, Sest. 64; iustissima, Pis. 16, 37), an
welche fich alle jpäteren kaiſerlichen Verordnungen
anichlofien. Gewöhnlich wurde vierfaher Erjag
des Geraubten beftimmt, zugleich traf den Ber-
urteilten ein gewiſſer Grad der infamia, 3. B.
durfte er nicht zeugen, wurde aus dem Senat
geſtoßen, ja ſelbſt verbannt.
| Repndiom, die einſeitige —— der
Ehe (im Gegenſatz von divortium von beiden
Seiten). Uriprünglich konnte nur der Mann die
Ehe einfeitig löſen, jpäter aud die Frau. Selbit
die Auflöjung der Verlobung hieß repudium.
Res bezeichnet in der römiſchen Rechtsſprache
allgemein jedes Nechtsobjelt, dem gegenüber der
Menſch als Rechtsſubjekt tritt; im engeren Sinne
aber verjteht man darunter die äußerlich ficht-
baren, körperlichen Nechtsobjefte, alfo feine Rechte,
Handlungen u. ſ. w. Die Einteilung der res ilt
‚eine verjchiedene, entweder res divini juris und
| res humani iuris (die leßteren wieder publicae
oder privatae nad) Gaius); oder res privatae
'(quae in nostro patrimonio sunt) und res quae
' extra patrimonium sunt (nad Juftinian), Teßtere
‚wieder res divini juris und res communes om-
| nium (3. B. Luft, Waffer u. j. w.), res publicae
Rescriptum — Rex. 1035
(Sachen eines Staats, 5. B. ager publicus), res | in einem Kriminalfall gegen jemand erhoben war,
universitatis (Sachen einer Korporation). Die | legte diejer, wie jeine Freunde und Klienten,
Saden find corporales und incorporales, d. h. Trauerfleider (vestis sordida) an (Liv. 2, 61.
res, quae sunt und quae intelliguntur, zu wel: | 3, 58 u. ö. Cie. Verr. 1, 58 u. ſ. tw.), aud) noch in
chen Tegteren alle Rechte, Servituten u. ſ. w. ge: | der Kaijerzeit. Tac. ann. 2, 29. Nicht verflagbar
hören; eine andere Einteilung zerlegt fie in mobi- | waren: 1) die höheren Magiftrate während ihrer
les und immobiles. Amtszeit; 2) Diejenigen, qui rei publicae causa
Rescriptum, ein faiferliches Antwortichreiben | absunt (andere Abwejende durften angeflagt wer-
auf gejchehene Anfragen von Privaten, Beamten | den, wenn eine Citation voraufgegangen war);
(vgl. den Briefwechjel zwiſchen Plinius und Tra- | 3) Geftorbene; nur bei dem crimen muiestatıs
jan, Plin. ep. I. 10) und ganzen Magiftraten über und repetundarum hatte bei Lebzeiten anhängig
jtreitige Nechtsfälle. Waren diejelben weiter auss
geführt, jo hiefen ſie epistulae, die an ganze
Rollegien gerichteten hießen pragmaticae sanc-
tiones. Später fertigte der quaestor sacri pala-
tii fie aus, und der Kaijer unterjchrieb mit Pur:
purtinte.
Rescriptus codex j. Palimpsestos,
Residüne, sc. pecuniae, waren die zurück—
behaltnen Gelder, welche nicht abgeliefert worden
waren. Wenn daher ein Beamter aus einer öffent: |
lihen Kafle Geld für ſich behielt oder verwendete,
jo wurde eine Klage gegen ihn erhoben, crimen
de residuis. Die lex Julia de peculatu jeßte
Strafen dafür feit, welche nicht nur in Erjeßung
des Zurüdbehaltenen beftanden, jondern auch in
Erlegung einer Geldbuße, die dem dritten Zeil
der unterjchlagenen Geldſumme gleidy fam.
Restitutlo (in integrum rest.), die Wieder:
einjeßung in den vorigen Stand, fand durd den
Prätor jtatt, wenn Billigkeitsgründe vorlagen, um
gewiſſe Nachteile zu bejeitigen, welche das Geſetz
über jemand verhängte. Daher konnte durd; die
Neftitutio ein richterlicher Ausſpruch aufgehoben
werden. In der älteſten Zeit ging fie in krimi—
nalrechtlicher Beziehung vom Bolle aus, wenn
einem, dem Wafler und Feuer verjagt war, feine
früheren Rechte wiedergegeben werden jollten,
3. B. dem Camillus (Liv. 5, 46). In den bürger:
lichen Unruhen maßten ſich die jedesmaligen Macht:
haber in diejer Beziehung die Rechte des Volkes
an (jo Eäjar, Caes. b. c. 3, 1. Cic. ad Att. 10, 4.
14, 13); und bejonders die aus dem Eril Zurüd:
berufenen erhielten alle früher verlornen Rechte
vollftändig wieder. Unter der Monarchie ging das
Necht der Rejtitutio auf die Kaijer über und wurde
leihbedeutend mit Begnadigung, die jedoch oft
in beichränkterem Umfange ohne Zurückgabe aller
Rechte, namentlich des früheren Vermögens, erteilt
wurde. Tac. hist. 1, 90. — Gründe für eine Re—
ftitutio waren unverjchuldete Abwejenheit, Minder:
jährigfeit, Zwang und Furdt und andere befon«
dere Gründe.
Retiarius j. Gladiatores, 7.
Reticülum, ein Ne, welches von den Frauen
auf dem Kopfe getragen wurde, jo dab es Die
Haare bededte.
Reudigni, Bolt im nördlichen Germanien,
nördlich von den Langobarden, am rechten Ufer
des Albis, Ihr Name Hängt nach einigen mit
Ried, Sumpfgras, zulammen; andere erklären ihn
aus dem gotijchen riuds, gariuds (veuvög), aljo
die Ehrwürdigen. Ihre Wohnfige verlegt man in
die jüdlichen Zeile Holfteins und Medlenburgs
bis zur Havel. Tac. Germ. 40. .
Rens heißt der eined Verbrechens Angeklagte,
im Givilprozeh hießen in der älteren Zeit beide
Teile rei. Cie. de or. 2, 29. Sobald die Anklage
‚gemachte Klage Fortgang. Tac. ann. 2, 31. Bei
Sklaven fonnte natürlich nicht auf Geld: und Frei:
heitsjtrafen erfannt werden, für jie warb auf eine
außerordentliche Strafe erfannt. ber die Perſon
‚des Anklägers jei bemerkt, daß Frauen, Unmün—
‚ dige, Sklaven, Ehrloje (infames) und folde, die
in einem Pietätsverhältniſſe ftanden, nicht Hagen
fonnten, aljo 3. B. nicht Eltern gegen Kinder,
Patrone gegen Klienten und umgefehrt.
Rex. I) Die Bedeutung des griechiſchen
Königtums erhellt aus den Worten Homers:
eig nolgavog Forw, eig Bacıkeig, worin im Gegen:
jap zur Vielherrihaft das monarchiſche Prinzip
Har ausgejprodyen iſt (Hom. Il. 2, 204), Damit
hängt der göttliche Urjprung der Töniglichen Ge—
walt (und die Abftammung der Slönige von den
‚ Göttern jelbft) zuſammen (Mom. Il. 9, 38), welche
vom Bater auf den Sohn oder nächſten Anver:
wandten überging (Hom. Il. 20, 178 ff. Od. 1,386),
nach dem echte der Erftgeburt; waren feine Söhne
‚oder männliche Anverwandten vorhanden, jo ging
| die Herrſchaft auch wohl auf die weibliche Linie
über (Paus. 2, 18, 6). Dagegen war Berteilung
' des väterlichen Erbes unter die Söhne jelten. Die
Könige führten als Zeichen ihrer Würde das
Scepter (swjmrgorv, Hom. Il. 1, 101 ff.), übten
eine durch bie öffentliche Meinung und das Her:
fommen bejchränfte Macht und zeichneten fich nicht
ſowohl durch äußere Ehren und Würden, als durch
förperliche und geiftige Vorzüge vor ihren Unter—
thanen aus (Paus. 7, 2, 1), melde — die
Mittel zum anſtändigen Auftreten und Leben reich—
lich gewährten, teils eine Einnahme aus liegen—
den Gründen, téusros (Od. 6, 293), teils außer:
ordentliche Gaben, Ehrengeichente, düg« (Hom. Il.
‚8, 162. 12, 311. Od. 4, 66). Der König war zu:
leich Oberpriefter, Richter und Feldherr. Ange:
Fach Männer jeines Volkes ftanden ihm mit
ihrem Rate zur Seite. Hom. Il. 3, 149. Od. 2, 14.
Der König und feine Edlen (auch oft Baouleg,
yeoovreg genannt) bildeten den Hauptbeftandteil
des Staates, während dem eigentlichen Bolfe oft
nur geringe Rechte zuftanden, j.Staatsformen, 3.
— 1) In Rom wurden die in der erjten Periode
der Stadt herrichenden Könige gewählt, urjprüng-
lich aus den Stämmen der Tities und Ramues,
‚zu denen jpäter noch die Luceres famen. Bon
dem Tode des vorhergehenden Königs bis zur
Neuwahl regierten interreges (ſ. d.) welche aus
den Senatoren genommen wurden. Der vom Senat
Erforene mußte in den Guriatcomitien beftätigt
werden. Cie. r.p. 2, 12,17. Dion. Hal. 2, 58.
Der Augur mußte dann unter Beobachtung der
Wahrzeichen (Liv. 1, 18. Plut. Num. 7) den Neu:
erwählten die Weihe geben (ihn inaugurieren),
jo daß er dadurch auch als ein von dem Göttern
Anerfannter erichien. Darnach wurde ihm in neuen
1036
Euriatcomitien das imperium verliehen. Der König |
ichlug die Gefege vor und war Vollzieher der im
Senat und in den Comitien befchlofjenen Geſetze,
führte im Senat, jowie auch in den Bollsverfamm:
lungen den Borfiß, hatte die Anführung im Kriege
und jchloß in Verbindung mit dem Senate Frieden.
Auch richtete er in geringfügigen Sachen, ohne,
das Voll zu fragen, und führte im allgemeinen |
im Gerichte den Vorſitz. Beachtenswert ift neben
manchen andern Ähnlichkeiten der Königsgemwalt
bei Griechen und Römern die Übereinftimmung
hinsichtlich der ihr zufommenden oberprieiterlichen
Gewalt, welche aud in Rom die Könige mit den
Söttern und dem ganzen Kultus in Berührung
brachte. Liv. 1, 20. 2, 2. Dem Könige gingen
12 Liftoren mit den Faſees voran als Zeichen
föniglicher Würde (Cie. r. p. 2, 17); dazu famen
die sella curulis und die toga praetexta, wäh—
rend Krone und Scepter anfänglich nicht dazu ge:
hörten. Die Einkünfte der Könige wurden aus
beftimmten Staatsländereien gewonnen; daneben
befaßen fie te Liv. 2, 5.
Rex convivii
Rex convivii j. Convivium.
Rex nemorensis j. Artemis,
Rex sacrillcülus, saeriffeus oder ruhe
rum, eine Priefterrürde, die bei den Römern
fogleih nach Vertreibung der Könige eingeſetzt
wurde zur Bejorgung derjenigen sacra, welche
früher dem Könige obgelegen hatten. Liv. 2, 2.
3,39. Auf ähnliche Weife behielten hier und da
die Griechen nach Abſchaffung der Königswürde
den Titel eines Baoıkevg für einen —* n ber:
tretenden Priefter bei. Die Gattin des Rex sacr., |
welche auch priefterliche Funktionen hatte, hieß
Regina sacrorum. Die Wahl deö Rex sacr,
wurde von dem Pontifex maximus unter Bei:
ftand des ganzen SKollegiums und der Mugures |
vorgenommen, und zwar bloß aus dem Stande |
der Batricier. Er hatte fein Amt lebenslänglich |
und war äußerlich von jehr hohem Rang; er
ftand in diefer Beziehung jogar über dem Pon- |
tifex max., war diefem jedoch in Bezug auf feine
Amtsthätigfeit untergeben. Er fonnte neben feiner
Würde fein weltliches Amt befleiden. Liv. 40, 42.
Diefes Amt beftand fort bis in die fpäte Kaiſerzeit.
Rha, 'P&, Strom im afiatiihen Sarmatien,
ber im Lande der Hyperboreer aus 2 Quellen ent:
ipringt und nad; Vereinigung beider Arme (jept
Wolga und Kama), die Richtung feines Laufes
mehrmal3 wechſelnd, in das Kaſpiſche Meer min:
det; j. Wolga.
Rhadamanthys, 'Padduardvs, Sohn des Zeus
und der Europa, Bruder des Minos (Hom. Il.
14, 322), floh vor diefem aus Kreta nad Okalea
in Boiotien und vermählte fich dort mit Altmene.
Nach Homer (Od. 4, 564) wohnt er, ald bevor:
ugter Sohn des Zeus, nad) dem irdifchen Leben
im elvfifchen ®efilde, wohin Zeus einige vorzüg—
lic) — Heroen feiner Verwandtſchaft leben:
digen Leibes gelangen ließ. Später galt er wegen
ſeiner Gerechtigkeit für einen Richter auf den In—
ſeln der Seligen (Pind. ol. 2, 75) oder im Hades.
Ihm wird das ältefte Geſetz der Blutrache zuge:
ichrieben. — Od. 7, 323 berührt Homer eine Sage
von Rhadamanthys, von der wir nichts Näheres
wiſſen.
haetYa ſ. Raetia.
Rhagai, 'Paya, 'Payaı, perſiſch Ragha, j. Rai,
war ein Werk des Ngorafritos, na
— Rhamses.
die ältefte Hauptftadt von Medien, in fruchtbarer
Gegend am Südfuß des Elburs etwas weftlich von
Arjafia (f. d.) oder Europos. Arr. 3, 20, 2. Strab.
11, 514. 524 f.
Rhakios ſ. Divinatio, 7.
Rhakötis, 'Paxörıg ober -ns, Stabt in Unter:
ägypten, an der Stelle von Alerandreia (f. d., 10.),
dann der weftliche Teil von diefem. Tac. hist. 4, 84.
Strab. 17, 792,
Rhambakia, ‘Paußaxia, Ortichaft der Driten
an der Küfte von Gedroſien, wo Wlerander eine
Kolonie anlegte. Arr. 6, 21, 5.
Rhamnüs, ‘Pauvoös, Demos in Attika am
Euripos, 60 Stadien von Marathon, mit einem
Kaftell ſowie mit einem berühmten, wahrſcheinlich
von den Perjern zerjtörten Themistempel, in deſſen
‚ Nähe jpäter ein Tempel der Nemefis (daher "Pa-
uvovole, 1) &v'Peuwoövrı Pecd, Rhamnusia virgo)
gebaut wurde, doch unvollendet blieb. Das in
ihm stehende koloſſale Kultbild, in der Rechten eine
Schale, in der Linken einen Apfelzweig haltend,
Fi andern des
Pheidias. Bon beiden Tempeln haben ſich anſehn—
lie Trümmer erhalten. Paus. 1, 33, 2 ff. Strab.
9, 396. 399. Plut. Phoc. 25. Demetr. 33. Or.
trist. 5, 8, 9. met. 3, 406.
Rhamnusia j. Nemesis und Rhamnus.
Rhampsinitos, ‘Pawwpdvırog, ein reicher my—
thiijcher König von Agypten, Sohn des Protens,
von deſſen Schaphaus Herodot (2, 121) eine ähn—
liche Geſchichte erzählt, wie die von dem Schatz—
diebftahl des Trophonios und Agamedes ſ. Aga-
medes), ein Märchen, das aus der Erinnerung
an den Reichtum Ramſes' III. (um 1260 v. E.),
des bedeutendften Königs der zwanzigften Dynaftie,
eutftanden fein * Ferner erzählt Herodot (2, 122),
Rhampfinit fei lebendig in die Unterwelt gejtiegen
und habe mit Demeter gewürfelt, bald verloren,
bald gewonnen, und jei zuleßt, von der Göttin
mit einem goldenen Handtuch beichenft, auf die
Oberwelt zurüdgetehrt. Davon leiteten die Agyp—
ter folgendes Feſt her: die Priefter webten an
‚einem Zage ein Gewand und führten mit biejem
Gewande, einen aus ihrer Mitte mit verbundenen
Augen auf den Weg zum Heiligtum der Demeter,
in welches er von 2 Wölfen hinein und heraus
| gefüprt wurde. Urjprünglich Tiegen diejem Mythos
| Vorftellungen, die fih auf den Ackerban beziehen,
‚zu Grunde. Das Würfeln mit Demeter bezieht
I auf den Wechiel der Gunſt oder Ungunft der
Saatgöttin, das goldene Tuch erinnert an die bild:
liche VBorftellung, wonach die Beitellung der Saat
durch den furchenziehenden Pflug ein Weben heift.
Die Vorftellungen von dem Steigen in die Unter:
welt und der Nüdtehr aus berjelben, von dem
Wechſel der Saat, erweiterten ſich in die Vorſtel—
\ ungen von dem Wechjel des Lichts und der Finfter:
nis, de3 Sommers und Winters; deshalb galt
| nach Herodot Nhampfinit auch für dem Gtifter
zweier Kolofje am Phthas- (Hephaiftos-)Tempel,
| don denen der eine, nad Süden jhauend, Sommer
genannt und als wohlthätiges Wejen verehrt ward,
| der andere Winter hieß und für unfreundlich ge:
| halten wurde. Hieran knüpften fich dann weiter
dem Ägypter die Feen von dem Wechſel des
Todes und des Lebens jowie von der Wanderung
‚der Seelen.
| Rhamses j.. Ramses.
Rhapsoden —
Rhapsöden, daymdor, Sänger, welche epiiche
Stoffe, gleichviel ob eigene oder fremde, auf epiſch
recitierende ife vortrugen. Der Namte ift wahr:
fcheinlich abzuleiten von ganzer dowsnv, von
dem Zufammenfügen epijcher Gefänge, und bezieht
fi bloß auf die befondere Art des epifchen Bor:
trags; derjelbe war gejfangartig, aber ohne muſi—
faliiche Begleitung, und konnte angewendet werden
auf jedes Gedicht im epiſchem Tome, aud auf
folche, die nicht im heroifchen Herameter abgefaht
waren, wenn fih nur im Gegenſatz zur Iyrijchen
Poeſie nach Art des Herameters in demielben ein
und derjelbe Bers gleichmäßig wiederholte. So
wurden die Jamben des Archilochos und Simo-
nides rhapfodiert. Die älteren Rhapjoden haben
fi vorzugsweile um die Verbreitung der home:
riihen Gefänge unter den Griechen verdient ge:
macht, j. Homeros, 5. Sie bildeten eine zahl:
reiche und geachtete Zunft, die aber mit der Zeit
im Anſehen ſank. Plat. Ion 530C. u. d. Xen.
mem. 4,2, 10. sympos. 6,6. Cie hatten eine feier:
liche Kleidung, in jpäterer Zeit bei Necitation der
Jlias einen roten, bei der der Odyſſee einen meer:
farbigen (oder violetten) Mantel, und hielten wäh:
rend des Vortrags einen Stab in den Händen,
weshalb man ihren Namen fäljchlich von Gdßdos,
Stab (aljo Stabfänger), ableiten wollte. In ſpä—
terer Zeit emtwidelte ſich aus der lebhaften De:
flamation ein geregeltes dramatiſches Gebärdenſpiel,
jo daß die Rhapſodik zu einem Zeil der Hroxgı-
rınn ausgebildet ward.
“Pagıov xedior hieß der weſtliche Teil der
eleufinifchen Ebene in Attila, während der öftliche
Opıisıor medilor hieß; auf jenem ward nad) Aus:
fage der Eleufinier von Demeter (daher 7) "Pagıdg
genannt) jelbit das erſte Getreide gebaut. Der
gegen Megaris belegene Teil durfte als Heiligtum
der Göttin gar nicht benußt werden und hieß
daher yi) leo« oder öpyds. Paus. 1, 38, 6.
Rhea, Kyböle, ‘Pia, 'Peiu, Kußein, Cybele,
Rhea, die Tochter des Uranos und der Gaia,
Schwefter des Dfeanos, Koios, Kreios, Hyperion,
Japetos, Kronos, der Theia, Themis und Mne—
mofyne, Gemahlin des Kronos, war die große
Göttermutter (Mrirne, Meydin Ded, Magna ma-
ter), die Mutter der olympifchen Götterfamilie,
des Zeus, Hades, Pojeidon, der Heftia, Demeter,
Hera, und bloß in diejer Beziehung wird fie bei
Homer (Tl. 14, 203. 15, 187) und Heſiod (theog.
4537.) erwähnt. Auch fand fie in Griechenland
nur untergeordnete Verehrung, ſtets in Verbin—
dung mit ihren Kindern. In Kreta joll fie den
Zeus auf dem Berge Dilte oder auf dem ba,
oder (nad) Hefiod) in Lyktos geboren und vor den
Nachftellungen des Kronos verborgen haben (ſ.
Zeus, 5.), und hier in Kreta hatte die griechiſche
Rhea wohl eine Er älteften Kultusftätten. Da
fid) aber auf diejer Inſel jehr früh aftatiicher
Kult mit griechiichem vermijchte, jo floß hier die
griechijche vielzeugende Göttermutter mit der afia=
tiichen Kybele oder Kybebe, Kvßnjßn, der großen
Mutter Ma oder Ammas, die an vielen Stellen
Kleinafiens auf orgiaftiiche Weije verehrt ward,
zufammen, jo daß fie in diefer Vorftellung ganz
aufging und eine myſtiſche allerzeugende Erdgott:
heit, eine große, lebenverbreitende Göttin der Natur |
ward, deren Rult nun in Griechenland an allen
Orten mehr oder minder afiatiiche Färbung erhielt.
1037
Allmählih ward fie aud mit andern Göttinnen
ähnlicher Art vermifcht, mit Sata Demeter (Eur.
Hel. 1301 ff.), mit der thrafifchen Kotys oder
Bendis, jogar mit der äpptüfigen is. — Haupt:
orte ihrer Verehrung. Die afiatiiche Kybele hatte
in Kleinafien beiondere anne in Galatien,
namentlich in der Stadt Peſſinus, wo fich ein
uraltes Heiligtum derjelben befand und ein vom
Himmel gefallener Stein aufbewahrt wurde. Sie
hatte hier den Namen Agdiftis oder Angdiftis
(Ayydıorız). Diefer wurde in den Sagen ein
riejiges, —— 1 Wejen Mgdiftes oder Ang—
biftes entgegengeftellt, das ihr den Beſitz des ge-
liebten Atys (Attis, Attin, Attes) ftreitig machte.
Diefer Atys, von Nana, einer Tochter des Fluß:
gotted Sangarios geboren, war ein ſchöner Jüng—
ling und Geliebter und Priefter der Kybele. Er
fam auf eine graufame Weile um (vgl. Uv. fast.
4, 221 ff), und fein Tod wurde in wildem Schmerz
betrauert. Man feierte ihm und der Kybele im
srühlingsanfang ein mehrtägiges Feſt, wobei man
jih unter rauſchender Mufif rajendem Schmerze
und maßlojer Freude ergab und ſich blutig ver:
ftümmelte. An andern ten vertrat die Stelle
des Atys der mit Dionyjos identifizierte Saba -
3108. Die entmannten ®Briefter hießen Galli
und übten eine gewiſſe Herrſchaft über das Land.
Über dem Tempel außerhalb der Stadt erhob ſich
der Berg Dindymos, wovon die peffinuntiiche
Söttin den Namen Dindymene trug. In Phry—
gen war die mit raufchender Feftlichkeit verehrte
Öttin von den Korybanten umgeben, melde,
glei ihren Prieftern,. die ebenfalls Korybanten
hießen, mit orgiaftiichen Tänzen unter wildem
Geſchrei und lärmender Mufif von Bauten, Eym:
bein, Hörnern und Pfeifen die Göttin durch Wald
und Gebirge begleiten jollten. In Troas, wo fie
als idaiische Mutter am Berge Ida verehrt wurde,
| waren ihre Begleiter die idaitihen Daktylen (j. d.).
Hauptorte ihrer Verehrung waren in Kleinafien
noch Kyzikos, der Berg Sipylos, Sardes (Hat.
5, 102), Komana in Pontos und in der fappa-
| dofiichen Landichaft Kataonien, wo fie ald ’Ervo
auftritt. In Griechenland war Kreta ein Hauptſitz
des Rheakultus. Ihr Gefolge waren dort die
Kureten, die jpäter mit den afiatifchen Kory—
banten vermengt worden find; Rhea joll ihnen
ihr Kind Zeus zur Bewahung und Ernährung
übergeben haben. Damit Kronos das Gejchrei
‚des ın der idaiiſchen Grotte verborgenen Knaben
nicht vernehme, machten fie ein Waffengetöfe,
indem fie mit den Speeren auf die Schilde ſchlu—
Igen. Die Priefter der Rhea und des idatifchen
eus Miepen ebenfall® Kureten und führten zu
hren der Göttin und ihres Sohnes den lärmen-
den Waffentanz oulıs, wvgolın auf. Bon den
Orten Griechenlands, in welchen Rhea Kybele ver:
ehrt ward, führen wir noch auf: Theben, wo Pindar
ihr ein Heiligtum errichtete, Athen, Arkadien,
Elis (Olympia), Sparta. — Bei den Thrafern
hatte der Rheakult früh Eingang gefunden; durch
ihre Einwirkung fam ein dionyſiſches Element in
den Dienft der afiatiichen Göttin. — Nah Rom
gelangte der Kultus der Kybele zur Zeit des Han-
nibal, im J. 204 v. E.; damals holte man das
Bild der Göttin, einen rohen Stein, aus Peſſinns
und baute ihr einen Tempel auf dem palatinijchen
Berge. Liv. 29, 11.14. Op. fast. 4, 246. Ihr
Rhea, Kybele.
1038 Rhea Silvia — Rhetores.
Feſt, Megalesia (von weydin wrjene), wurde | oder von regium „die königliche“ ab; wahrjcein:
im Monat April einige Tage vor den Gerealien | li ift der Name einheimifchen Urjprungs und
auf ähnliche Weije wie dieje gefeiert, und zwar | nicht verjchieden vom galliihen Regium (j. Re-
von den patrieischen Frauen, während die Cerealien gium Lepidi). Strab. 6, 257 ff. Abhandlung
den plebejiichen Frauen angehörten. Der orgia= | von Urt (1887).
ftiiche afiatische Dienft blieb aber in Rom immer| ‘Peiror, 'Perroi |. Attika, 4.
ein ausländijcher, zu dem man phrugiiche Galli Rheneia j. Delos.
als Priefter nahm. Die Galli zogen mit raufchen: | Rhönus, "Pijvos, j. Rhein, der Grenzfluß zii:
der phrugiicher Muſik jingend durch die Straßen | jhen Gallien und Germanien, hatte nad Cäjar
Noms und bettelten für ihre Göttin. Die Tauro- G. g. 4, 10) jeine Quelle auf den Lepontijchen
bolia (Stieropfer), mit Widder: und Ziegenopfern | Alpen, nach Tacitus (Germ. 1) auf den Rätiſchen,
der Kybele und dem Atys dargebracht, wobei der | genauer auf dem Berge Adula. Nachdem er gegen
Priefter fein Gewand mit dem Blute des geopfer- iR. den Lacus Benetus oder Brigantinus (j. Boden:
ten Stieres tränfte, entjtanden in Rom etwa zur | fee) durchftrömt, wendete er ſich gegen Norden
Beit der Antonine. Die Weihen diejed Kultus | (Tae. a. a. ©.) und nahm eine Menge von Neben:
durch das Blut des Opfertiered waren der Taufe | flüffen auf, unter welchen lint® Mojella und
nachgebildet und hatten die Bedeutung einer Wieder: | Moja, rechts Nicer, Mönus und Luppia Die
geburt. Auch in Griechenland fanden die orgias | bedeutendften waren. Die an jeinen Ufern woh-
ftiichen Ausartungen des Kybeledienſtes mit feinen | nenden Völkerſchaften in Gallien nenut Cäſar (b.g.
verichiedenartigiten Gaufeleien, die von den Bettel- | 4, 10); im Dften waren es die Räti, Vindelici,
prieftern der Göttin, den unrgaydora, geübt | Mattiaci, Sugambri, Tencteri, Ufipetes, Bructeri,
wurden, ihren Kreis mur unter den unterjten | Frifi. Vor dem Anfange des bataviichen Gebiets
Klaffen der Bevölkerung. — Rhea Kybele hatte | trennte der Rhein fi in 2 Hauptarme (Verg. A.
eine Menge von Beinamen, bejonderd nad den 8, 724: Khenus bicornis, bei der ſ. g. Schenten-
Orten ihrer Verehrung. Ju Kreta hie fie /Tev- | jchanz), von denen der weitlide Bacalus, Vaha—
dchoc, ferner hieß ſie Dovyia Bed, Phrygia |lis (j. Waal) ji) mit der Maas vereinigte (bei
mater (Verg. A. 7, 139), de 'Iöade, alma pa- | Worfum) und die Bataverinjel bildete. Die Angabe
rens Idaea deim (Verg. A. 10, 252), mater Cäſars (b. g. 4, 10): multis capitibus in Ocea-
Idaea (Liv. 29, 10), Berecynthia (Verg. A.6,784. | num intluit, wurde jchon im Altertum als falſch
v, 82), Kuuale, Ilesowovreie, Zinvinen u. j. w. bezeichnet (Strab, 4, 193). Der öftliche Arm be:
— Heilig war der Göttin der Löwe (Löwen ziehen | hielt den Namen Ahenus. Nachdem Drujus in
den Wagen der durch die Gebirge fahrenden Götter: | den 9. 10 und 9 v. E. Kanäle hatte graben lafien,
mutter, oder fie reitet auf einem Löwen), die |um die durch Seen und Sümpfe erjchwerte Ein-
Eiche, die Pinie. — Dargeftellt wurde fie gewöhn- | fahrt in Die See zu erleihtern (Tac. ann. 1, 60.
lich thronend als Matrone und Herrſcherin, eine | 63. 70. 2,6. 13, 54. Germ. 34), ift von 3 Min:
Mauerkrone auf dem Haupte (turrigera, Ov. fast.| dungen die Rede, jpäter wieder nur von 2. —
4, 224; turrita, Verg. A. 6, 785), unter welcher Cäjar war der erfte Römer, der den Rhein mit
ein Schleier hervorwallt, in der Hand ein Tympa= | einem Heere überſchritt, wahricheinlich zwiichen
non, Löwen zu beiden Seiten ihres Thrones. | Neuwied und Coblenz; nah v. Göler das erite
Pheidias hatte das deal der Rhea aufgeftellt | Mal bei Urmiß, in der Nähe von Engers (b. q.
(Paus. 1, 3, 4). 4, 17 ff.), das zweite Mal näher bei Coblenz, bei
Rhea Silvia j. Rea Silvia, der Injel Niederwerth (db. g. 6, Aff). Doch find
Rhegium, Pijyror, j. Neggio, bedeutende Stadt | die Anfichten hierüber verjchieden.
an der Küfte von Bruttii und an der Siciliſchen Rhesos, "Pijoog, 1) Flußgott in Bithynien,
Meerenge (Hat. 1, 176), gegründet etwa 725 v. E.| Sohn des Dfeanod und der Tethys. Hesiod.
von Ehalfidiern aus Euboia und Mefjeniern el a 340. Hom. Il. 12, 20. — 2) Sohn des
dem Peloponnes unter Anführung des Antimneftos | Eionens (oder des Flußgottes Strymon und ber
aus Zankle. Die mefjenijche Bevölkerung hatte | Muje Euterpe oder Nalliope), König von Thrafe,
lange Zeit die Übermacht, ein Oberhaupt aus ihrer | fam ald Bundesgenofje der Troer, mit jchnellen,
Mitte ftand an der Spitze, bis 461 v. E. die | blendend weißen Rofjen, von denen das Schidjal
Söhne des lebten Herrſchers Anaxilas vertrieben | Trojad abhing. Wenn ſie nämlich trojaniiches
wurden. Diod. Sie. 11, 76. Durch Handel und | Futter genofjen oder aus dem Zanthos vor Troja
Lage wurde die Stadt bald jehr bedeutend, wes- tranken, jo war die Stadt nicht zu nehmen. Des:
halb Dionyſios 1. ſie 387 dv. E. angriff und nad) | halb wurde Rhejos gleich in der erften Nacht, die er
elfmonatliher Belagerung nahm (Pol. 1, 6), jeit |vor Troja zubrachte, von Diomedes und Odyſſeus
welcher Zeit jie ihre alte Blüte nicht wieder er: | überfallen; während Diomedes den Rheſos mit
langte. Im 3. 279 ſetzten Gampaner, die ald 12 andern Thrafern ermordete, trieb Odyſſeus die
römische Bejagung da lagen, jich in Befig der | Roffe fort. Hom. Il. 10, 434ff. (Eur.) Mhesus.
Stadt unter Raub, Mord und Plünderung der Be- | Verg. A. 1, 469 fi.
wohner, bis die Römer die Meuterer blutig be-| Bhetöres, orjroges, wurden bei den Griechen
jtraften. Pol. 1, 65. 3, 26, 6. Erdbeben und der | jowohl die eigentlichen Redner als auch die Lehrer
römische Bürgerkrieg hatten die Zahl der Be: der Beredjamfeit, bei den Römern dagegen nur
wohner jo geihwächt, daß Auguft fie durch aus letztere, wicht die praktijchen Redner (oratores),
erlejene Seejoldaten ergänzte. Bon Rhegion oder | genannt. Ausnahmen von diefem Sprachgebrauche
eigentlich der etwas nördlicher gelegenen "Pryyivo» | fommen in Rom erft in der Kaijerzeit vor, wo die
ornkig überichiffte man die Meerenge von Mefjana. | Redetunft und Beredjamteit meift nur Sache der
Den Namen leitete man entweder von drjyrumı | Schulen, nicht mehr der Offentlichfeit war. Daher
(wegen des hier erfolgten Durchbruchs des Meeres), | fam es, daß der Redner eben aud Rhetor zu:
“Pijtoaa — Rhion.
gleich war, und das Wort, wie bei den Griechen,
beides in fich vereinigte, den Lehrer der Rede:
hunft und den Redner. Indeſſen geſchah es, daß
in den jpäteren Zeiten auch die Lehrer der Be—
redjamfeit oratores, und die Gerichtsanmwälte in
den griechiſch abgefahten Konftitutionen drjroges
genannt werden, was in fpäteren Zeiten gleich:
bedeutend mit oopısral war. — Die Redekunſt
wurde bei den Griechen vorzüglich in Athen
gepflegt und ausgebildet. Die Sophijten ſchufen
dafür eine vollftändige Theorie. Alle diejenigen,
welche zu politiichem Anjehn, Einfluß und Ehre
zu gelangen wünſchten, beichäftigten ſich mit Rhe—
torif. Neben Attifa waren einige Städte in Afien
und einige Inſeln, bejonders Rhodos, durch Rhe—
torenjchulen befannt. Die Prunkreden diejer hießen
dmiöeikeıg oder Zmideriarıxol Aoyor: jie waren
nicht für eine wirkliche Staatd: oder Rechtsſache
bejtimmt, jondern follten die Gewandtheit und
Begabung der Nedenden nad) Stil und Bortrag zum
Gegenjtande der Bewunderung machen. Außerdem
fommt freilich der Ausdrud Zmideıtig auch von
dem Bortrage oder der Recitation, Borlejung,
drdyvacız, vor, wie fie bei den Feſten und Zu:
jammentünften der Griechen von Geſchichtſchrei—
bern, Dichtern ꝛc. gehalten zu werden pilegten,
um dadurch ihre Werfe rafcher befannt zu machen.
Später belam von den 3 Gattungen ıyden) ber
Beredjamfeit neben dem ovußovisvrınöv, deli-
berativum, und dem dıxarınör, iudiciale, bie
dritte hiervon den Namen Zmiöcıxrınöv, demon-
strativum, für melde Gattung Cicero (or. 11.
13, 61) den iofrates und Theopompos als Mufter
bezeichnet. — Nah Rom kam die Nedefunft erjt
nad) 155 v. €. durch die befannte atheniiche Ge—
ſandtſchaft, beftehend aus dem Beripatetifer Sri:
tolaos, dem Stoiker Diogenes und dem Yfade-
mifer Karneades. ic. de or. 2, 37, 165. tuse.
4,8,5. Anfangs galten die griechiichen Redner
für gefährlihe Leute, die man aus der Stadt
verbannte. Doch die eimmal befannt gewordene
Kunft lieh fich nicht mehr ganz verbannen und
fern halten, denn vornehme Römer gingen bald
nad Athen, Afien und Rhodos, um die Kunſt
methodiich zu erlernen. Der erfte, welcher feine
Reden kunſtgemäß anlegte, war Serv. Sulpicius
Galba (Konjul 144 v. E.), und jchon den jüngeren
Grachus machte die Verbindung von Begabun
und Kunft zu einem bedeutenden Redner. Au
übte man de in Rom fleißig unter Anleitung
eigener Lehrer (declamatores) im alten von
Vorträgen (declamare); dieſe Schülerübungen, wie
die vom lehrer gegebenen Mufterftüde, hießen
declamationes, wie wir deren noch unter dem
Namen des Quintilian und vom Rhetor Seneca
haben. Die Themata waren meijt caussae fictae
aus der Staats: und Rechtswiflenichaft (vgl. Quint.
2, 10, 12. 4, 2, 29). Die vorzüglichiten rhetori:
ichen Schriften bei den Griechen haben verfaßt
Ariftoteles, Dionyfios von Halilarnafjos, Aphtho—
nios, Hermogenes, Sopater, Demetrios, Arifteides
u. a.; bei den Römern nehmen Ciceros Schriften
de inventione, de oratore, Brutus und orator
den erjten ar ein. — Sammlung der rhetores
Graeci von Walz (1832—36, 9 Bdd.) und von
Spengel (1853—56, 3 Bbb.); der rhetores Latini
minores von Halm (1863). Bgl. R. Vollmann, die
Nihetorif der Griechen und Römer (2. Aufl. 1885).
nn. — — — —
1039
"Pirgeı hießen die Grundgeſetze des Lykurgos
in Sparta als unmittelbare Ausflüſſe des Orakels
in Delphoi. Ihre Zahl war jehr gering. Bon
dreien jpricht Plutarch wiederholt, dazu fam noch
eine vierte, das eigentliche Berfafjungsgejeg. Plut.
Iye. 6. 13. Ages. 26. Daß Lykurgos dieſe Geſetze
und Sprüde in Proja aus Delphoi erhalten, jagt
ebenfalls Plutarch ausdrücklich. Eine metrijche
Faſſung dieſer Rhetren als die urſprüngliche an—
zunehmen iſt daher ſehr unwahrjcheinlich und
zweifelhaft.
Rhiänos, "Pıavög, aus Bene auf fereta, Freund
und Studiengenofje des Eratoſthenes, epiſcher
Dichter und Grammatiker, um 276—195 v. C. in
jüngeren Jahren Sklave und Wächter einer Ring:
ihule. Bon jeinen Epen werden erwähnt eine
"Hodxksın, "Ayaind, Osooalınd, 'Hiıaxd und vor
allen Mesonrıiaxd in 6 BB., die namentlich die
Geichichte des zweiten meſſeniſchen Krieges (f. d.)
behandelten, und aus denen bejonders Baujanias,
der uns eine Hauptquelle für die Geſchichte diejes
Krieges ift, ſchöpfte. Wir haben noch ein größeres
Brucftüd von ihm (Stob. floril. 4, 34) und 11
Epigramme in der griechiſchen Anthologie (herausg.
von Saal, 1831). Er dichtete in alerandriniicher
Manier. Als Grammatifer lieferte er eine Rezen—
fion der homerifchen Gedichte (Abhandlung von
Mayhoff, 1870). Hauptichrift über ihn: Meineke,
analecta Alexandrina (1843), ©. 171 ff.
Rhinokolüra, r& 'Pıvoxölovga, 7) "Pivono-
eovo«, Stadt an der Küfte ded Mittelmeeres, bald
zu Agypten, bald zu Syrien gerechnet, der wich:
tigfte Ort an der ſandigen Küfte, weil Stapelplaß
für den arabijchen Handel ; j. el-⸗Ariſch. Liv. 45, 11.
Strab. 16, 741. 759. :
Rhinthon, 'Pivdor, der Erfinder der j. g. Hi-
larotragoedia, wird von einigen ein Syrafufier,
von andern ein Tarentiner genannt. Bon jeinen
Llebensumftänden ift nur befannt, daß er der Sohn
eines Töpferd war und der Zeit des erjten Pto—
lemaios angehört (320—805 v. E.). r jchrieb
38 tragiſch-komiſche Dramen, deren Stoffe er aus
den attiſchen Zragifern nahm; doch die Art der
Behandlung und den Ton fennen wir nicht. Es
läßt fi) nur vermuten, daß er die Geichichten und
die form der parodierten Tragödie zum Rahmen,
die Scenen aber und die Dialoge aus dem ge:
wöhnlichen Leben zu nehmen und auf bieje Art
ein buntes, aus lächerlichen und ernjten Beſtand—
teilen gemijchtes Spiel der Phantaſie zu jchaffen
pflegte. Witz und gute Laune lafjen die wenigen
uns erhaltenen Fragmente noch erfennen. "Augı-
zoVo» war, wie man glaubt, Vorbild für das
gleichnamige Stüd des Plautus. Bon jeinen
Stüden find nur 8 mythologiſche Titel (4. B.
"Howxkijs, Ogeorng, ’Ipıyeveıe, Trjkepog) und we:
nige Verje übrig. Der regelmäßige Berd war der
iambiſche Trimeter.
Rhion, 'Piov oder "Piov ro "Axainov, Vor:
gebirge Achaias, dad mit dem an der gegenüber:
liegenden lofrijchen Küſte befindlichen "Piov ro
MoAvagınov oder Avrigpiov den Eingang zum
Korinthiihen Meerbujen bildete. Die Entfernung
betrug 7 Stadien, nah Plinius 1 römische Meile
(genau 2 km); j. die Heinen Dardanellen. Bal.
über die ganze, durch die Seeſchlacht 429 v. C.
berühmt gewordene, Lokalität Zhuc. 2, 84 ff.
5, 52. Auf beiden Vorgebirgen befanden ſich ‘Po:
—
1040
ſeidontempel. Thuc. 2, 84. Strab. 8, 386. Paus.
7, 22, 10.
Rhipaei montes, ra "Pırai« öen, "Pina,
Gebirge im Norden der Erde, von welchem bie
Vorftellungen bei den Alten jehr verfchieden find ;
der Name weniger wahricheinlid; von dem Wehen
(Öirreıv) des Norbwindes, ald vom tatarijchen
rifaet (hoch). Aiſchylos jucht dort bie Quellen
des Iſtros, jeht es aljo in den NW., die meiften
jegen es in den hohen Norden. Soph. O. C. 1248.
Verg. G. 1, 240. Einige identifizieren es jogar
mit den Alpen. Unter den Rhipäen der jpäteren
Seographen hat man ſich wohl die weftlichen Aus—
läufer des Ural zu denfen. Strab. 7, 295. 299.
Rhizon, 'Pifov, feite Stadt Dalmatiens im
Innern eines nach ihr genannten Meerbufens (des
j. Golfs von Cattaro), j. Riſano. Liv. 45, 28.
Pol. 2,11. Strab. 7, 316.
Rhoda, 'Pödn, griechiicher Hafenplag im Lande
der Indigetes im tarraconenfiichen Hiſpanien, j.
Roſas. Liv. 34, 8,
Rhodänus, ö 'Podavös, j. Nobden oder Nhöne,
Hauptftrom Galliend, entipringt auf den Benni:
niſchen Alpen, durchſtrömt im weſtlichen Laufe
den Lacus Lemanus, fließt dann im jüdlichen
Laufe (von Lugdunum, j. Lyon, ab), verjtärft
links namentlich durch ‚die Iſara (ji. Jiere) und
Druentia (j. Durance), rechts durdy den Arar
(j. Saone), ind Tyrrhen. oder Sardiniſche Meer.
Liv. 21, 26. Die Alten fennen 1, 2, 3, ja 7
Miündungen, Abweichungen, welche darin ihren
Grund haben, daß fich der Yauf durch den Unge—
ftüm des Fluſſes oft verändert hat. An der dft:
lihen Mündung erwähnen die Alten nocd die
Fossae Marianae (Magıaral pöccaı), von Ma:
rius während des cimbrijchen Krieges angelegt.
Plut. Mar. 15. Strab. 4, 183. Der Rhodanus,
weit hinauf jchiffbar, bildete zugleich die Grenze
zwiichen Gallia Provincia und den Selvetiern.
Strab. 4, 188, 189. 204.
Rhodios, "Pödıog, Fluß in der myſiſchen Land:
ihaft Troas, entipringt auf dem Jda und mündet
zwiichen Abydos und Dardanos in den Hellespont;
der heutige Kodichastichai. Hom. 11.12, 20. Hesiod.
theog. 311. Strab. 13, 595. 603.
Rhodöpe, 1)‘ Podörn, j. Deipoto Blanina, 2300 m
hohes Gebirge Thrafiens, das im weftlichen Teile
des Landes (öftlich vom Fluſſe Neftos) ſich von
Norden nah Süden erftredte, nad) dem Haimos
zu den bedeutenditen Gebirgen des Landes gehörte
und von Bakchantinnen durdichwärmt wurde. Hdt.
6,49. Thuc. 2, 96. Strab. 7, 319. Hor. od.
3, 25, 12.
Rhodos, 'Pödos, auch Ophiüfa, Stadia, Aſteria,
Trinafria, Korgmbia u. a. genannt, j. Rhodos,
eine 26 (Meilen große Inſel an der Küfte von
Rhipaei montes — Rhodos.
außerdem war allgemein ber Kultus des Zeus
Atabyrios, jowie der Heroen Herafles und Tiepo-
femod. Im Mythos werden als die älteften Be-
wohner die Telchinen genannt, db. h. die Phoiniker,
die um 1200 v. E. die ganze Inſel befonders Ja-
lyſos und Kameiros, bejegten und ihre Induſtrie
und Götterfulte einführten. Um 850 wurde die
Inſel von den Doriern eingenommen, welche unter
Althaimened aus Argos nad Kreta wanderten.
Die * aber ſtellte an die Spitze der Nieder:
lafjung den Herafliden Tlepolemos und jehte die
Gründung der 3 Städte Lindos, Jalyjos, Ka—
— * vor den trojaniſchen Krieg. Hom.
11. 2, 663. — Die meiften der übrigen doriſchen
Städte auf den naheliegenden Infeln und der Küfte
bes Feſtlandes jcheinen Töchterftädte von Rhodos
eweien zu jein; fie bildeten mit Rhodos einen
nd von 6 Städten (bie doriſche Herapolis), für
welche der Tempel des triopiichen Apollon einen
Mittelpunkt bildete (Hat. 1, 144). Durch Handel,
Schiffahrt und Metallinduftrie blühte Rh. auf;
von feinen Kolonien war Gela, 690 v. E. von
Antiphemos gegründet, die wichtigfte. Hdt. 7, 158.
Im Innern war die Familie der Eratiden mächtig,
der Diagoras angehörte. In den Perjerfriegen
ſchloß fich Rhodos der —— Partei an umd
gehörte ſpäter zur atheniſchen Symmachie. 411 v. C.
erhoben ſich die Ariſtolraten und riefen die pelo—
ponnefiiche Flotte herbei; der edle Doriens, Sohn
des Diagoras, den die Athener vertrieben, wurde
zurüdberufen und bradıte 408 die Vereinigung der
3 Gtädte in die Eine Stadt Rhodos zuftande,
die am Nordoftende der Inſel an einem guten
Hafen amphitheatralifdy erbaut wurde. Kämpfe
zwifchen der Ariftofratie und dem Demos brachen
bald wieder aus. Xen. Hell. 4, 8, 20ff. Später
aber verjchafite die Demokratie durch Mäßigung
dem Staate Achtung. Rhodos fehrte zum Bunde
mit Athen zurüd; als aber nachher wieder Athen
die bedungenen Schranken überjchritt, erfolgte im
Bundesgenoffenfriege der entichiedene Abfall von
demijelben, 358—356. Mit Hülfe der fariichen
Deipoten herrichte jegt eine übermächtige Oligarchie
(Demosth. de lib. Rhod.), und balb fam die Inſel
in Abhängigkeit von Fdrieus, Herricher von Hali—
farnaf. Yu Mleranders Zeit erhielt fie eine male
doniſche Beſatzung, gewann aber nad) jeinem Tode
die Freiheit wieder, und jetzt erft gelangte die
Inſel zu ihrer höchiten Blüte. Glücklich verteidig:
ten die Rhodier ihre Stadt gegen Demetrios Po—
liortetes, 304 v. E., erwarben fich Befigungen an
der farijchen Küſte, unterftügten die Heinafiatiichen
Städte in der Erhaltung ihrer freiheit, behaup:
teten aber von nun an die Neutralität zwiſchen
den ftreitenden Großmächten und begründeten zuerft
ein allgemein gültiges Handels: und Seerecht.
KRarien, durch eine 2", Meilen breite Meerenge | Eine Anerkennung ber Wichtigfeit ihrer Stadt er-
vom Feitlande getrennt; ein Gebirge durchzieht fie, | hielten fie in den großartigen Geſchenken, welche
auf weldhem der Atabyrios (j. Atairo) hervor: | die verjchiedenen Fürften zur Wiederherftellung
trat. Die Küfte hatte mehrere günftige Häfen; &e: | derjelben darbrachten nach dem Erdbeben im J.
jundheit des Klimas und ein freundlicher Himmel | 223, welches auch die folofjale Bildjäule des
zeichneten fie aus; fein Tag verging, am welchem | Sonnengottes (j. Bildhauer, 12.) umgeworfen
die Sonne nicht die Inſel beftrahtte (Plin. 2, 87. | hatte. it den Römern im Bunde kämpften die
Suet. Tib. 11). Sie war reih an Produften: | Rhodier gegen Antiochos und Prufias und erbiel:
Marmor, einer Art feiner Kreide, Schiffbauholz, ten vom ihmen die Herrſchaft über Karien und
Bein, ſchwarzen Feigen und feinfchmedenden Fiſchen Eyfien; als fie aber 168, troßig im Glauben, die
(hop). Die ganze Inſel war dem Helios heilig, | Enticheidung ftehe bei ihnen, einen hochfahrenden
der mit feiner Tochter Eleftryone verehrt wurde, | Boten nach Rom jchidten, büßten fie die Anmaßung
tö
Rhoikos — Robur.
mit dem Verluſt der Beligungen auf dem Feſt—
lande und bedeutender Bejchränfung der bisher
enoflenen Handelsvorrechte. Ziv. 44, 14. Gegen
ithridates behaupteten fie fi), die Bürgerfriege
nad Cäſars Tode vernichteten ihre Blüte. Doc
behielten jie noch einen Schein ber Freiheit, die,
nachdem fie mehrmals genommen und wieder ge-
geben war, Beipafian * gänzlich entzog. Suet.
Vesp. 8. Ner. 7. Tae. ann. 12, 58. Dio Cass.
60, 24. Die territoriale Einteilung de3 Landes
bildeten dnuoı, innerhalb deren Gemeinſchaften
fafraler und gentilicijcher Natur, xroivaı genannt,
beftanden (dem attiſchen Phratrien entiprechend),
deren Unterabteilungen argaı hießen und den
attifchen yern entipradhen (f. Dvin, 2.). — Rho:
dos war eine Pflegeftätte der Wiſſenſchaften und
Künfte. Aiſchines, aus Athen verbannt, gründete
dafelbft eine eigene Rednerſchule, die noch lange
nad) dem politijchen Verfall blühte (Cie. Brut. 13);
die rhodiiche Beredſamkeit war prunfvoll, der afia:
tiichen verwandt. Bebeutende Bertreter derjelben
waren der Dichter Apollonios Rhodios und Apol:
lonios Molon (f. Apollonios,1. und 5.). Ebenjo
gab es eine rhodiſche Kunftichule, die von Sikyon
ausging. Als ihr Gründer gilt Chares von Lin:
dos, und ihr gehören u. a. Agejandros, Polydoros
und Wthenodoros, die Verfertiger der Laokoon—
gruppe, ſowie Apollonios und Tauriſkos von Tralles,
die Urheber des j. g. farnefiichen Stieres, an, |.
Bildhauer, 12. 13. Strab. 14, 652. al.
Schneiderwirth, eich. der Inſel Rhodos (1868).
Abhandlung von Schumacher (1886).
Khoikos, 'Poixos, 1) Sentaur, der mit dem
Kentauren Hylaios in Arkadien der Atalante nad):
ftellte, aber von deren Geſchoß erlegt wurde.
Apollod. 8, 9, 2. — 2) ſ. Bildhauer, 3.
Rhoiteion, rö 'Pofrsiov äxgov, ro ‘Poirior,
Rhoeteum, felfiger Kiüftenpunft mit mehreren
Spigen am jüdlichen Eingang des Hellesponts, in
der Nähe von Mianteion. Ein Ort gl. R. lag auf
einem Hügel. Es ift das j. Kap In-Tepe. Hat,
7,43. Strab. 13, 6595. Thuc. 4, 52. 8, 101
Rhoitos, Poctos, 1) bei lateinischen Dichtern
ein Kentaur, der vielleicht dem bei griechiichen
Dichtern vorlommenden Rhoikos (ſ. d.) entiprad.
Auf der Hochzeit des Peirithoos wurde er don
Dryas verwundet und floh. Op. met. 12, 300.
Verg. @. 2, 456. — 2) Gigant, von Balchos ge:
tötet (Hor. od. 2, 19, 23), jonft Eurytos genannt.
Apollod. 1, 6, 2. — 3) Genoſſe des Phineus, von
Berjeus getötet. Op. met. 5, 38. — 4) König der
Marrubier in Stalien; jein Sohn Anchemolus floh
vor ihm zu Daunus, dem Vater des Turnus, weil
er fich gegen jeine Stiefmutter Eafperia vergangen
hatte. Yerg. A. 10, 388 und dazu Serv.
Rhus, Poös, Stadt in Megaris unmittelbar
nördlich von Megara, vielleicht benannt von dem
Baume Hods, Sumach, mit mehreren Tempeln und
Heroengräbern. Plut. Thes. 27. Paus. 1, 41, 2.
Rlyudäkos, 'Purdanos umd "Puwdands, Fluß
Kleinafiens, entipringt auf dem Olympos in Bhry:
ien und mündet, durch den See von Apollonia
Hiehend, in die Propontis; er bildete die Grenze
zwiichen Myfien und Bithynien. Strab. 12, 576.
Jetzt heißt er Adirnas und, nachdem er den Mafe-
ftos (j. Sufjurlu) aufgenommen, Muhalitih. An
jeinem Ufer bejiegte Yucullus im J. 73 v. E. eine
Heeredabteilung des Mithridates. Plut. Luc. 11.
Reallexiton des Hafj. Altertums. 7. Aufl.
1041
Rhyparogräphie j. Maler, 8.
Rhypes, 'Pöres, alte achaiiſche Bundesftadt
zwiſchen Wigion und Patrai (Hdt. 1, 145); in
ihrem Gebiete lagen Erineos (Thuc. 7, 34) und
Leuftron. Rh., ſchon früh infolge teils verheeren:
der Naturereigniffe teils feiner ungünftigen Lage
in Berfall geraten, wurde durch Auguſtus zerjtört,
feine Bewohner nad Patrai verpflanzt. Strab.
8, 887. Paus. 7, 18,7.
Rhytion, ‘Pörov, Stadt im füdl. ireta (Hom.
TI. 2, 648), von den Gortyniern ihrem Gebiete
einverleibt. Strab. 10, 479.
Richter j. 'Hiıada und Prozefs.
Richtersold j. Jıraorınö».
Rigodülum, Ort im belgijchen Gallien im Ge:
biete der Trevirer, j. Reol an der Mojel, nördlich
von Trier. Tae. hist. 4, 71.
Rigomägus, Stadt der UÜbier in Untergerma-
nien, j. Remagen. Amm. Marc. 16, 2.
Ringe j. Zpowyds.
Ritus, mos comprobatus in administrandis
sacrificiis, aber auch überhaupt mos institutus
religiosis ceremoniis consecratus, isque vel pri-
vatus vel publicus (vgl. Fest. ». v. mos), alſo
alle Gebräuche, die der Nömer nicht bloß im re:
ligiöjen Kultus, namentlich bei den Opfern, jon-
dern auch im politiichen und jogar im häuslichen
Leben einzuhalten hatte, injofern fie eine religidje
Beziehung und Weihe hatten. Die Borfchriften
über diefe Gebräuche und die Beftinnmungen, welche
Gottheiten bei beitimmten ®elegenheiten el ja
jeien, waren enthalten in den libri rıtuales der
Salier, Beitalinnen, Flamines, Bontifices, Mugurn
u j. w. und waren außerordentlich zahlreich; denn
der Römer hatte in religiöjen Dingen eine aud) aufs
Kleinfte ahtende Angftlichkeit und Gewiſſenhaftigkeit.
Robigus, Brandgott, der das Getreide vor dem
Brande (robigo ; robus — rufus) jchüßte. Zugleich
mit der Göttin Robigo wurde ihm am 25. April
das von Numa eingelegte Feit der Robigalia
gefeiert. Ov. fast. 4, 905 ff. Plin. 18,29. Man zog
in weihen Kleidern nadı dem Haine der beiden
Götter auf dem Collis hortulorum am Wege nadı
Nomentum, wo ihnen der Flamen Quirinalis ein
Opfer von Weihrauch, Wein, jäugenden roten
Hunden, einem Milchlalbe oder auh Schaf und
Widder darbradhte. Bisweilen wurden aud) 3 rote
Mutterjchweine geopfert. Das Feit ftand mit dem
Nufgang des Sirius in Berbindung.
Kobur, Der j. g. Carcer Mamertinus, das
nach umverbürgter Angabe jchon unter den mitt:
a eur ee
feren Königen erbaute Staatsgefängnis zu Rom
am Abhang des capitolinijchen Felſens, zerfiel ın
. 66
1
1042
Rogatio — Roma,
mehrere Abteilungen. Das unterirdiihe Tullia: | gutal und dem von allen 6 eingeichlofjenen Thale
num (tullius joviel als Quelle oder Bad), in
welchem die Catilinarier hingerichtet wurden (be:
ichrieben Sall, Cat. 55), wird als bejonders jchred:
lich gejchildert; dort war urſprünglich ein Brunnen
haus, über welchem alsbald das unterirdijche Ber:
ließ hergeftellt wurde (neuere Nachgrabungen haben | 7 montes durch
dies beftätigt). Das höher gelegene Robur hatte
jeinen Namen von den Eichenplanfen, mit denen
es gefichert war.
Rogatio, der Gejeßesvorjchlag, der erjt durch
Billigung des Volles zur lex erhoben wurde,
bisweilen auch mißbräuchli von dem wirklichen
Geſetze gebraucht. Cie. Sest. 10, 29. ad Att. 3,20.
Unter den Kaijern, welche vermöge —— tribu-
nicia potestas das Recht hatten, im Senate Anu—
träge (rogationes) zu machen, geichah dies jchrift:
lih, und wurden fie von einem der Quäftoren
vorgelejen. Suet. Oct. 65. Tac. ann. 16, 27.
Kogätor, 1) der, welcher einen Gejeßesvorjchlag
machte und zur Abftimmung brachte; — 2) der,
welcher bei der Abſtimmung über Geſetzesvorſchläge
oder bei Wahlen die Stimmen und Namen ver:
—— oder bei ſchriftlicher Abſtimmung die
timmen in einem Käſtchen einſammelte. Bei den
Wahlen machte der Rogator auf ſeiner tabula bei
den Namen der einzelnen Kandidaten Punkte.
Cie. Plane. 22. n.d. 2,4. Pis. 15.
Rögus j. Bestattung, II. und Sepulerum.
Roma. 'Poun, j. Roma, Rom, die Hauptitabt
des römischen Reiches zu beiden Seiten (befonders
an der linten) des Tiberis in Latium, 16 Mill.
vom Meere. Die Gegend, in welcher Rom ent:
ftand und liegt, jüdfich von der Mündung des
Anio in den Hauptftrom, ijt hügelig; urſprünglich
jumpfig und wohl auch nicht ganz gejund, wurde
fie durch Anbau und ein er Drainage:
ſyſtem frühzeitig troden gelegt; Überjhwernmungen
des Fluſſes fehlten aber aud) dann nicht (Liv. 35, 9.
Tac. ann. 1, 76. Hor. od. 1,2, 13). Die Lage
war vortrefflid gewählt, indem jie den Verkehr
des Binnenlandes mit dem Meere vermittelte, „ber
Tiber wurde zum Ausgangspunkt von Roms Macht.“
Liv. 5, 54. Cie. r.p. 2.3. — Eine Topographie
Roms ift notwendig eine Geſchichte der Stadt,
wobei ſich am beften 3 Perioden unterjcheiden
lafjen: Rom unter den Königen, Rom zur Zeit der
Republik, Rom unter den Raijern. — 1. Das
königliche Rom. Die ältefte Beit ift ganz in
das Dunkel der Sage gehüllt, das Gemeinwejen
entftand angeblich aus der Bereinigung einer ſabi—
nijchen Niederlaffung mit der dvesRomulus. 3 Grün:
dungsphafen laſſen fich unterjcheiden: Die erfte
dem Romulus zugejchriebene Niederlafjung auf
dem mons Palatinus, oder dem Palatium, die
Roma quadrata, das ältefte Pomerium, deſſen
Grenzen bis auf die jpätefte Zeit beftimmbar waren
(Tac. ann. 12, 24). Die Weftjeite des Palatiums,
wo die Zwillinge der Sage nach angetrieben und
von der Wölfin im Qupercal (mit einer dem
Ban heiligen Grotte und dem heiligen Feigenbaum)
der Subura. Die Zufammenfafjung diejer 7 Lolale
(montes) ift ald der zweite Aft der Stabtent:
widelung anzufehen, als die Borftufe der Bier:
regionenjtadt der legten Königszeit- und der Re—
publit. Dieje Bierregionenftadt entjtand aus den
Hinzuziehung des Caelius, der
mit der Subura die erfte Region bildete, und durch
Dinzufügung einer vierten, des angeblich ſabiniſchen
Quirinalis und Viminalis. Die Erweiterung
des Pomeriums und Befeftigung diejes Stadtlom-
plexes weift die Tradition dem König Servius
Zullius (Ziv. 1, 44), den inneren Yusbau den
einzelnen Königen nah NRomulus zu. Zunächſt
warb öjtlih vom Capitolinus das Comitium
angelegt, jowie die vom Capitol jüdöftlich führende
Sacra via. Numa galt als Gründer der Regia,
des Beftatempels und des Janustempels
an der tiefften Stelle der Strafe Argiletum
(j. oben), nörblidy vom Forum. Unter Tullus Ho-
jtilius fam auf dem GComitium die Curia Ho-
stilia (Liv. 1, 30) hinzu. Auch die Velia wurde
bald mit Gebäuden bejegt, dort lag das Haus des
Balerius (Liv. 2, 7). Früh wurde auch der
Eälius, ſüdöſtlich vom Palatinus, von albanijchen
Gejchlechtern eingenommen (Liv. 1, 33). Unter
Ancus Martius Fllen Bewohner unterworfener
latinifcher Städte den jüdtweftlih vom Palatin und
Eälius gelegenen mons Aventinus, nebjt der
Vallis Murcia zwiſchen Aventin und Balatin
in Befit genommen haben (womit freilid) in Wider:
ſpruch fteht, daß der Aventin erſt jpät bewohnt
ewejen ift); dieſer König überbrüdte auch den
iber (pons sublieius), befeftigte das Jani-
culum jemjeit des Fluffes und legte Oftia an der
Flußmündung an (Liv. 1, 83). — Die bedeutend-
jten Fortichritte im Ausbau und der Vereinigung
bis dahin getrennter Teile a unter Tarqui⸗
nius Priſeus und Servius Tullius (Liv. 1, 35.
86. 38. 42. 44). Erfterer legte die jumpfigen Teile
wiſchen Eapitolinus, Balatinus und Tiber (forum
manum, Boarium, Velabrum) durd) einen groß:
artigen Kloafenbau troden und übergab fie dem
Anbau. Die nady ihm vollendete, noch heute erhal:
tene Cloaca Maxima, in der Neuzeit wiederum
praftiich verwertet, machte die Gegend gejünder.
Auf der jüdweftlihen Höhe des capitolin. Hügels
begann er den Bau des Capitolium, d. b.
des Tempels des Jupiter O. M., der Juno und
Minerva; in der vallis Murcia (j. o. 2) erric:
tete er den Circus Maximus und fing den
Bau einer Stadtmauer an. In den Bereich der
erweiterten Stadt wurden nun von Servius Tul:
lius Capitolinus und Aventinus mit hineingezogen
und mit einer für ihre Zeit großartigen Mauer
umgeben, indem der von Tarquinius begonnene
Bau vollendet und dur einen Wall auf der Dft-
jeite verftärkt wurde; von dieſer Befejtigung haben
ſich noch heute Reſte erhalten, unmeit des Bahn:
hofes und am Aventin. Der lebte König konnte
nur manches Angefangene, bejonders den capitolin.
gejäugt waren, hieß Cermälus, die nad Norden | Tempelbau, vollenden. — Vom Forum der Königs:
vorgelagerte Anichwellung, heute vom Titusbogen
gefrönt, die Velia. In unbeftimmbarer Zeit, aber
jedesfalls nach der älteften Gründung, jchließen
die 3 montes Palatini enge Gemeinjchaft mit den
Nachbarhügeln des Esquilinus, Oppius und
Cispius, mit der beide trennenden Thalmulde Fa-
zeit wiflen wir wenig, Comitium, Regia und
Beftatempel ftanden, Ancus Martius joll am Nord-
oftabhange des Eapitols den Carcer, das Staats-
efängnis, errichtet haben. Zu beiden Seiten bes
Forums lagen Beufladen, angeblich von Tarqui-
nius Prifeus (Liv. 1, 35) errichtet. Dieje Tabernen
sw
4
or
‚beim heutigen Kirchlein S. Teo-
Roma.
hießen ſpäter auf der Südſeite sub veteribus
(sc. tabernis), auf der Norbjeite, wo fie 210 v. C.
abgebrannt neu gebaut waren, sub novis. Die
Servianifhe Mauer umfahte nun zwar die ganze
Siebenhügelftadt (Roma Septicollis), indes das
Bomerium, der geweihte Stadtbezirk, beichränfte
fi auf die 5 Hügel Palatinus, Esquilinus, Cälius,
Biminali und Uuirinalis. Diejer Bezirk zerfiel
in die $ 2 —— 4 Regionen und blieb ſo
bis zum Ende Republik. Dieſelben heißen
kegio Suburana, 2)R. Palatina, 3) R.
Esquilina, 4 R. Collina. Der capitoliniſche
Berg als gemeinſames Heiligtum und der Aventin
lagen extra pomerium, das Janiculum auch außer:
halb der Mauer. Die Stadt des Romulus hatte
3 Thore: porta Mugionis oder Mugonia, von
der Velia her, p. Roma-
nula von der nova via (etwa
doro) und einen Stufenmweg
von der Sübdfeite (vielleicht die
Scalae Caci). Die Thore der Rrgionce Urkenar | a \W —A —
Serviauiſcheũ Mauer find man: | dm | S Neertes u),
chem Zweifel unterworfen, fiher | \ "&, zn 5 \= Mlortonuu er F Cellina
ſop: ie porta Carmenta- | \umpu AD EEE PT
is, ſüdlich beim Capitol, p. Väticanu u A ae
Trigeminaan ber Nerdivelt- N * —E
ecle des Aventin (zwiſchen beiden
der pons sublicius); zwiſchen
Aventin und Cälius war das
Hauptthor, die p. Capena,
welches auf die —* und
Latiniſche Straße führte. An
der öſtlichen, am meiſten zu—
änglichen Seite wurde die
tadt durch den agger Ser-
vii Tullii, einen on defen
Wallbau, geſchützt, an deſſen
ſüdlichem Endpunkte die p. Es-
quilina (an der Kreuzung
der via Tiburtina und Labi-
cana, noch heute durch den
Gallienusbogen bezeichnet),
während am nördlichen (nach
via Nomentana) die p. Col-
lina lag; zwijchen beiden be—
—* ſich * Viminalis. Die
ogen. p. Triumphalis war
feın Stadtthor, ſondern ein
zwiſchen Circus Flaminius
und dem Marsfelde ſtehen—
der Bogen, bei dem der Triumphzug begann,
nachdem er ſich zuvor auf dem Marsjelde ge:
ordnet hatte. nter den Straßen bes könig—
lihen Rom merfe man außer der Sacra via Die
nova via (fo genannt, weil die ältefte nach der
sacra) auf der Weft: und Nordjeite des Palatin;
den clivus Capitolinus vom Forum nad dem
Capitol, den vicus Tuscus von jenem nad) dem
Tiber (heute via S. Teodoro), den v. Jugarius
von porta Carmentalis nad; dem Forum. Auch
das Argiletum norböftlicd vom Forum gehörte
u den älteften Straßen. Servius Zullius joll
iv. 1, 48) auf dem summus Cuprius vicus
(der v. Cuprius des faiferlihen Rom führte von
der Sacra via zwijchen dem Hadrianijchen Doppel:
+ 6. Germalum.
—
tempel und dem Colofjeum nad) der Subura) er: | alten Bomerium vornahm (Geil. 13,14). In
ROM zur Zeit der REPUBLIK.
. TM. Tempi, Matr. Magn.
1
2
3, FB. Forum Bosrium.
4. FO. Forum Olitorium,
1043
oder Urbius (nicht Virbius) nad) rechts abbog;
des Königs Tochter foll hier über des Vaters Seid)
nam — ſein, ſeit dieſer Zeit ſei der v. Cu—
rius auch v. sceleratus genannt worden. —
l. Das republifanifjhe Rom. Nad dem 6
galliichen Brande joll die Stadt zwar etwas beſſer,
aber noch immer jehr unregelmäßig wiederherge:
ftellt worden fein. Die Mauer umgab einen Raum,
der anfangs nur ſchwach bevölfert war, während
außerhalb jener jhon frühzeitig eine dichte Vor—
————— ſich ausbreitete. Als nun ſeit
em zweiten puniſchen Kriege die Bevölkerung
unaufhaltfam wuchs, und mit der Beendigung der
matedonifchen Kriege viel Geld in die Stadt flofi,
ejellte jich zu ausgedehnterer Bauthätigkeit ein
Priicherer Zug in der ftädtiichen Verwaltung (Liv.
5. A. T. Acsculapii.
6, M. Porticus Metelli.
7. Ph. Portieus Philippi
8. HC. T. Herculis Custodis.
10. IR. T. Junomis Regina,.
11, L. T. Libertatis.
40, 51.41, 27. F O. Richter, „Rom“ in Baumeiſters
Denkmälern, Bd. Ill ©. 1449), endlich ſeit der de
ftörung Korinths auch eine gejhmadvollere Bau—
weiſe nach griehiichen Muftern. Die Anfiedelungen
außerhalb der Mauer wurden zu neuen Stadt:
teilen, die allmählich die Altftadt verdunfelten und
die Servianiſchen Mauern um ihre Bedeutung
brachten, jo „daß zur Zeit Sullas der Umfreis der:
jelben völlig bebaut war. Seit jener Zeit jtrebt
die Stadt nach allen Seiten über die Mauer hin-
aus, und dieſe jelbft beginnt allmählich in den
an fie ſich anlehnenden Häufern zu verſchwinden;
gr Beit des Horaz (Sat. 1, 8, 15) war der agger
errıi Tullii am Esquilin —— geworden.“
Sulla war der erſte, der eine rg
ieſer
mordet worden fein, wo der clivus Orbius! Zeit wetteiferten Ädilen und Cenſoren in gemein:
66*
-1
1044 Roma. ,
nützigen Bauten, 3. B. M. Porcius Cato, und die Urſprünglich Verkaufsmarkt, diente es bald nur für
öffentliche Baukunſt jchlug überhaupt jene groß: Staatszwecke und öffentliches Leben bis auf bie
artige Richtung ein, weldhe in Strabons Augen | erwähnten Kaufhallen sub veteribus und sub novis.
Rom vor allen griechiſchen Städten auszeichnete. | An der Nordweitede, dem Capitol zu, lag das Co—
Zu den Gegenden, die ſich eines bejonderen Auf: mitium, im engeren Sinne der Ort für Volks—
ſchwunges erfreuten, gehörten die verfehrsreichen | verfjammlungen, daneben auf der Grenze zwiſchen
Tiberufer, wo im Jahre 199 v. E. von den Ädilen | Contitium und Forum die uriprüngliche Redner:
M. Ämilius Lepidus und L. Amilius Paulus das | bühne, Rostra vetera, ein gemauerter Aufbau
Emporium (bie heutige Marmorata) angelegt mit doppelter Front, die im Jahre 338 dv. €.
und eine Porticus von porta Trigemina bis an, EC. Mänius, der Befieger der Antiaten, mit den
diejelbe geführt ward, die porticus Aemilia; das | Schnäbeln eroberter antiatiiher Schiffe ſchmücken
Marsfeld und die Vorftadt vor porta Carmen- ließ, woher der Name. Hier befanden ſich auch
talis, wo im Jahre 221 E. Flaminius den Circus |dieColumna rostrata, die mit Schtffsichnäbeln
Flaminius baute. ®or porta Capena gründete gezierte Ehrenſäule des C. Duilius, ſowie Statuen be:
Marcellus die Tempel des Honos und der | rühmter Männer, 3. B. des Camillus. Der Stadt:
Virtus, welde die Kunftihäge des von ihm teil nordweſtlich (um die Ede) vom Forum hieß
bezwungenen Syrafus bargen. Auf dem Janiculum | in alten Zeiten in lautumiis, hier baute Cato
war ein fort angelegt, außerdem ward bei der der Altere 185 dv. E. die BasilicaPorcia, Daun
Unzulänglichkeit des hölzernen pons sublieius der folgten im Jahre 180 Fulvius Nobilior mit ber
Tiberftrom durch den Kae pons Aemilius, | Basilica Fulvia etAemilia hinter den novae
neben pons sublicius, überjpannt (heute Ponte | tabernae, deren Lage unter modernen Häuſern heute
rotto). Auch die Holzbrüden, welche die Tiber: | ganz ſicher bejtimmt ift, endlich 170 Sempronius
infel mit beiden Ufern verbanden (mit dem linken Gracchus auf der Südſeite mit der B. Sempronia.,
ſchon jeit 292 v. E.), wurden jpäter durch fteinerne | In der Mitte des eigentlichen Forums lag das
erjeßt; 62 v. C. die linke (p. Fabricius), | Puteal, ber lacus Curtius, nach der bekann—
etwas fpäter die rechte (p. Cestius). — Bon ten Sage; in der Nähe ftand der heilige Feigen:
Wohnftätten befannter Größen merke man die des |; baum (nach Jordan I, 2 ©. 263 vor der Enrie,
Ennius auf dem Aventin, des Pompejus und D. | meben der Statue ded Augur Attus Navius), ein
Cicero auf dem Efquilin, des M. Tullius Cicero, | Olbaum und ein Weinftodt — Wahrzeichen für
des Craſſus, Hortenfius, Catilina und Clodius | die Aderbauer. Das Tribunal des praetor
auf dem Palatin. — Dies raſche Emporblühen der | urbanus befand fi urjpränglih auf dem Co:
Stadt, welches in der reihen Bauthätigteit Cäjars | mitium, im 2. Jahrh. v. C. ift es aber in die
die größte Steigerung erfuhr, vermochten weder | Nähe des Puteal Libonis beim Beftatempel
die wiederholten Uberſchwemmungen, noch die häu- | auf die Oſtſeite verlegt worden; an derjelben Stelle
figen Brände (Jordan, Topographie Roms |, 1) befand ſich auch die Bildfäule des Marjyas, das
©. 482 zählt 7 große Brände vor Auguftus) zu | Sinnbild der ftädtiichen Freiheit. Die nördliche
hemmen, jelbjt die Bürgerfriege veranlaßten feine | Seite des Forum war durch die Sacra via be:
dauernde Störung, wohl aber haben die Feuers- grenzt, hier lagen in größeren Zwifchenräumen
brünfte und Berftörungen der Kaijerzeit die meiften | Thorbogen, die Jani des Forums; etwa dem
Dentmäler aus der Heit der Republif hinwegge- Vicus Tuscus gegenüber der Janus medins, der
räumt. Wichtig für diefe Zeit ift befonders eine | nicht bloß zur Pafjage diente, fondern als Mittel-
genauere Betrachtung des forums und des Capi- punft des Geldwechjelverfehrs die Börſe Roms
toliumd. — Das Forum, der Mittelpunkt des | repräjentierte (Hor. ep. 1, 1, 54. Sat. 2, 3, 18.
ſtädtiſchen und politifhen Verkehrs, Tag zwiichen | vgl. Richter ©. 1469. Jordan I, 2 ©. 216 — 218).
Gapitol und PBalatin, oder genauer der Belia, von | An der Sacra via fagen öffentliche Gebäude, am 8
der die Sacra via nad) dem Capitol führte. Jetzt Weftende auf dem Comitium dieCuria (Hostilia),
ift das Forum ein öder Pla mit Trümmern; die | das berühmte Sitzungshaus des Genates, zu ber
hohe, mit dichter Begetation bededte Schuttdede, | vom Comitium eine ziemlich hohe Treppe hinauf:
die fi über dieſe Trümmer Jahrhunderte lang | führte (Liv. 5,7). Unmittelbar über dem Comitium
breitete, war zum Campo vaccino (Kuhplatz, weil | befand ſich die Graecostasis, eine offene Halle
die Bauern dort ihr Vich raften liefen) getvorden. * die griechiſchen, überhaupt die fremden Ge—
Über denſelben lief ſpäter eine ſchnurgerade Ulmen- | jandten, in der fie ihre Einführung in den Senat
alfee, diejelbe fiel, al mit dem Jahre 1870 Rom | erwarteten. Der höher wie Comitium und Forum
in eine neue Entwidelungsphafe trat; feit diefer | gelegene Siüdoftabhang des Capitol hieß area Vol-
Sr werben auch die in der erften Hälfte des | canı oder Volcanal (von einem sacellum Volcani),
Jahrhunderts begonnenen Musgrabungen (Basilica | hier lag noch in hiftoriicher Zeit dad Senacu-
Julia 1835— 1848) unter Zeitung von Pietro Rofa |lum, ein übrigens wenig befannter Sammelplak
ſyſtematiſch weiterbetrieben und haben den urfprüng: | des Senates. Camillus foll hier den Tempel der
lichen, 9 m tiefer Tiegenden Boden bloßgelegt. | Concordia gegründet haben, C. Opi mius baute
Außerordentlich wichtig für die Topographie des | denjelben 121 dv. E. bedeutender wieder auf und
Forums find die im Jahre 1872 (in der Nähe | errichtete daneben eine Baſilica, die R. — —
der Phokasſäule) gefundenen Marmorſchranlen, Auf der Südoſtecke des Forums lag die Regia,
fie zeigen auf ihren Außenjeiten das Forum zur | die Amtswohnung des pontifex naximus. Danchen
Beit Trajans, doch find die meiften Gebäude darauf | der Tempel der Beta, in deſſen mittlerer runder
ihon aus republifan. Zeit. — Das Forum mar | Kapelle fi) der Altar mit ber ewigen Flamme
ein längliches Viered, 630° lang, unter dem Ca: | befand, und das in den legten Jahren bloßgelegte
pitol 190°, am entgegengejegten Ende nur 110° /atrium Vestae, das Wohnhaus der Beftalinnen
breit in der Richtung von WNW. nad) OſO. (ſ. Jordan, der Tempel der Veſta und das Haus
|
I, Porta Capena |
Caelimontium |
Isis et Serapis | |
Templum Pacis |
Esquiline
Vi. Alta Semila |
ars — Vu. Vialata |
, VIEL Forom Romamım
| X, Cirens Flamintus
| X. Palatiam
XI, Circus Maximus
XN. Piscina Pablica
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mit Genchmigungggkne,,
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—
Roma.
der Bejtalinnen, 1886). In der Nähe lag (bei
S. Maria Liberatrice) der Jacns Juturnae, in
dem die Diosfuren nach der Siegesbotichaft vom
Regillus ihre eg getränft haben follen. Bor
een ftand zum Andenken an denjelben Sieg ge:
baut der Kaftortempel, in dem auch oft Senats:
figungen abgehalten wurden. Bor diejen Gebäuden
lagen die alten Kaufhallen. Bei der immer zu:
nehmenden Ausdehnung des Öffentlichen Lebens
war die Beengung des Forums allerdings jehr |
fühlbar. Da die religidje Scheu der Römer, einmal |
geweihte Räume zu vergrößern, eine Erweiterung |
des Forums hinderte, jo half man ſich durd die
fogen. Bafilifen, offene Säulenhallen, anfangs be=
jonders für den Handelsverlehr, dann, als andere
Verfaufspläße bei der Erweiterung der Stadt ent:
ftanden, hauptiählich für Gerichtsfigungen. Der
Lage der älteften Bafıliten, der Poreia, Fulvia
et Aemilia, Sempronia, Opimia ift bereits ge-
dacht worden, nur möge nod erwähnt werben,
daf die alte Fulvia et Aemilia im Jahre 54 v. C.
durh 2. Amilius Paulus umgebaut wurde, ſeit
diejer Zeit hieß fie Aemilia. Neben dem Comi—
tium an der. alten Straße Argiletum ($ 5) ftand
der alte Janustempel, hinter demjelben und der
B. Porein lag der Fiichmarft (Forum Pisca-
torium). — Das Capitolium der Nepubflif.
Der länglich gefrümmte capitolinifche Berg (durch
eine Einjenkung in der Mitte in 2 von einander
— Spitzen geteilt) trug auf ſeiner nörd—
ichen Spitze einen Tempel der Concordia
und den der Juno Moneta {der Schubgöttin
des Geldes); die ganze Höhe hieh die Burg (Arx),
dort befand fich das Auguracnlum (der heilige
Stein, von dem der Mugur den Vogelflug beobach—
tete). Auf der Arx fteht —— die Kirche
S. Maria in Nra Eeli. ie jüdliche Höhe
des Berges, etwas nad) SW. gewendet, trug das
Gapitolium, an der Stätte des 1578 erbauten
Palazzo Caffarelli, der heutigen deutschen Botichaft.
Als Zarquinius (Liv. 1, 55) beim Bau des Tem:
pels die Gottheiten der dort jchon befindlichen
Heiligtümer zum Verlaſſen derjelben zu bewegen
juchte, gaben alle nad, nur nicht der Grenzgott
Terminus, er behielt feine Stätte. Der alte,
von tuffiichen Meiftern erbaute Tempel ruhte auf
einem Unterbau, er halte vorn 3 Reihen von je
6 Säulen doriiher Ordnung. Im Innern war
er durch parallele Wände in 3 Cellen geteilt, die
mittlere gehörte dem Jupiter, die zur Rechten der
Minerva, zur Linken der Juno; Jupiter war fißend
abgebildet, jein Bild eine etruriiche Töpferarbeit.
Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Weihge:
ichenfe hier aufgeftellt, darunter die goldene Vicko—
rin des Hiero und eine Statue des Jupiter Im:
perator, Auf dem einen Giebel ftand ein thönernes
Viergejpann, auf dem andern ein ehernes mit der
Geftalt des Jupiter. 179 v. E. war der Tempel
renoviert worden, verharrte aber in der alten Form
bis 83 v. C. In diefem Jahre brannte er ganz
ab, Sulla begann den ——— ſtarb aber
darüber, ſo daß der Tempel erſt im Jahre 69
durch DO. Lutatius Catulus dediciert werden fonnte;
er unterfchied ji) vom abgebrannten nur durch
die Pracht der Nusführung, die Säulen waren
wiederum doriich. An Stelle des thönernen Jupiter
trat eine chryjelephantine Arbeit. Diejer Tempel,
durch Auguftus renoviert, ging im Jahre 69 n. €.
1045
beim Sturme der Bitellianer wiederum in Flam—
men auf, ward von Veipafian und Titus in forin-
ri Ordnung neu aufgebaut, brannte aber 80
n. &. zum drittenmal ab, bi dann Domitiarı
jenen fojtbaren Bau in forinthiicher Ordnung aus
penteliihem Marmor vollendete, der das Altertum
überdauert hat. — Die Lage der andern auf dem
Capitol befindlichen Heiligtümer, der Tempel des
Jupiter Tonans (Suet. Oct. 29), der Fides,
der Venus und der Dps, läßt ſich micht mehr
bejtimmen. Hier lag aud die Curia calahra,
von der an den Kalenden jedes Monats der Ein—
tritt der Nonen verfündigt wurde. Ihr Vorplatz
vor dem Tempel, die aren Capitolina, wurde
umeilen zu -Bolfsverjammlungen gebraudt. Die
Pdöftliche (nicht jüdweftliche!) fteile Felswand
führte den Namen Saxnm Tarpeinm, Rupes
Tarpeia. — In der Einfattelung zwiichen Arx
und Gapitolium lag das templum Veiovis
mit der Freiſtätte (Asylum) zwifchen 2 Hainen,
Bor demjelben, mit der Front nad) dem Forum,
ftand das Tabularium (Staatsardhiv) des D.
Yutatius Catulus (errichtet zwifchen 78 und 60
v. E.), auf defjen Erdgeſchoß ſich —* der Sena⸗
torenpalaſt erhebt. Rechts von demſelben (die Area
Voleani jüdlich abfchliegend) ftand der ) Satur—
nustempel (die Ruinen einer ziemlich jpäten
Reftauration angehörig); angebaut an den clivus
Capitolinus die modern wieder aufgeridhtete *por-
ticus Deorum consentium (fäljchlich Schola
Xantha genannt) aus jehr fpäter Kaiferzeit. (Con:
cordiatempel in area Volcani $ 8.) Dem mei
Forum SHinabfteigenden links Tagen die Scalae
Gemoniae, Stufen, auf denen die getöteten
Verbrecher hinabgeichleift wurden, und der Carcer
Tullianus, das Kriminalgefängnis (ſ, Robur).
— Bon der Saera via links zog fih am Fuße
de3 Eapitolinus der einzige Fahrweg auf denjelben
hinauf, der clivus Capitolinus; ein anderer Fuß:
weg eig Ne Berg waren die centum gradus vom
forum Boarinm her. — Bu Cäjard Zeit erlitt
bejonders das Forum große Veränderungen. Im
Jahre 52 v. E. braumte bei der Leichenfeier des
Clodius die von Sulla erweiterte Hoftiliiche Curie
nieder, Cäjar lich an ihrer Stelle erft einen Tem-
pel der Felicitas bauen, begann aber auf dem
alten Flede kurz vor feinem Tode den von Auguftus
vollendeten Neubau der Eurie. Diejelbe h die
heutige Kirche S. Adriano an der Nordweitede
des Forums; fie fteht etwas jüdlicher als die ab»
ebrannte. Hiermit geht die Verlegung der Redner:
ühne Hand in Hand, fie fam auf die Weft:
feite des Forums vor den Concordiatempel, dort
haben fich auch Überrefte der *neuen rostra ge:
funden. Auf der Dftfeite des Forums endlich
erbaute Auguftus zu Ehren Cäſars die *Aedes
Divi Juli, dor der die rostra Julia lagen.
An Stelle der alten Basilica Sempronia und der
Tabernen an der Südſeite baute Cäſar die von
August verichönerte und erweiterte *B. Julia,
die bis an den vicus Tuscus reichte. — III. Rom
unter den Kaiſern. Eine neue Ara a die
Verſchönerung der Stadt fing mit der Kaiferherr:
ſchaft an, und ſchon Auguft erwarb fich in dieſer
Hinficht die größten Berdienfte. Er teilte fie zu
...*) Die mit * bezeichneten Gebäude find gegenwärtig in
Überreften noch vorhanden.
1046
befferer Handhabung des Polizeidienftes in 14 Ne:
gionen (auf welche 7 cohortes vigilum famen);
er durfte fic) jagen: marmoream se relinquere,
quam latericiam accepisset (Suet. Oct. 28).
Bruchftücde einer aus dem Anfange des 3. Jahr:
hunderts n. E. ftammenden Marmorkopie des ur:
———— offiziellen Planes der Regionen im
aßſtabe von 1:800 find noch heute im capito—
liniſchen Muſeum erhalten (erfte Ausgabe von |
Bellori oral, neuefte und befte von Jordan
[Forma Urbis, 1874]). Unter den folgenden Raifern
Roma.
Die folgende Überficht der Gebäude läht ſich am
beften nach der Einteilung in 14 Regionen geben:
I. Porta Capena (val. $ 5) im ©. zu beiden
Seiten der Apptichen und Ratinifchen Straße. Unweit
p. Appia(vor p.S.Sebastiano) lag der*Triumpb:
bogen des Drufus, in derjelben Region ein
arcus Traiani ($ 13) und a. Veri. Auf beiden
Seiten der Straße erhoben ſich zahlreiche antike
Grabdentmäler, Cicero (tuse. 1, 7, 13) nennt die
| Grüfte des Calatinus, der Seipionen, Servilier und
Meteller. Heute noch zeigt man die*Grabmäler
trugen bejonders Nero (nad) dem großen Brande | der Scipionen, weiterhin in der Campagna an der
im Jahre 64 n. C., in dem nur 4 Regionen ganz
unverjehrt geblieben, 3 aber ganz abgebrannt jein
folfen. Tac. ann. 15, 38—40), die Flavier, Nerva,
Trajan, Hadrian, Septimius Severus, Caracalla,
Dioeletian, Aurelian, Conftantin zur Verſchönerung
bei. Aurelianus umſchloß (271) die ganzen 14 Re:
gionen mit einer Mauer, deren Umfang (Bopijcus
gibt 50 Millien an) nad Jordans Rechnung etwa
12 Millien betrug. Bollendet ward diejelbe unter
Probus. Die Mauer begriff im Weften das Ja:
niculum, den Campus Martius, im Norden den
Collis Hortorum oder Pincius, nördlidy vom
Duirinalis. Nur der auch ſchon bebaute Vati-
canus nordweftlich vom Janiculum jenjeits des
Tiber blieb ausgejchloffen und wurde erjt durch
Papſt Leo IV. ın den Bereich der Mauer mit
hineingezogen (daher civitas Leonina). Beide
Tiberufer waren in der Richtung von ©. nad N.
durch folgende Brüden miteinander verbunden (ab:
gefehen vom hölzernen pons sublicius): p. Probi,
p. Aemilius (p. rotto, neuerdings abgebrochen),
*n. Cestius, *p. Fabrieius (p. S. Burtolomeo,
dei quattro capi), *p. Aurelius (p. Sisto), p.
Neronianus oder Vaticanus, *p, Aelius. Es hat
aber auch einen pons Agrippae gegeben, 160m
nördlich von p. Aurelius, Spuren davon hat man
1887 gefunden. Außerhalb der Mauer, nördlich von
der Stadt, lag der * pons Mulvius oder Milvius (p.
Molle). Die Tiberinfel, welche im Mittelalter aus
unbefannten Gründen den Namen insula Lyca-
onia führte und jetzt nach der auf ihr ftehenden
Kirche den Namen Isola di San Bartolomeo führt,
verdanft der Sage nad) ihre Entftehung dem Um—
ftande, daß nach der Vertreibung der Tarquinier das
diejen gehörige, von dem Volle in den Fluß gewor:
fene Getreide fich dort feftießte (Liv. 2,5). Auf der
Stelle der jegigen Kirche ftand ein Äſculaptempel,
291 v. E. infolge einer Seuche errichtet. Schon in
alter Zeit (vielleicht zum Andenken an die Legende
von der Fahrt nad) Epidaurus, Or. met. 15, 622 ff.
Liv. ep. 11) erhielt die Inſel Schiffsgeftalt, an
der Sübdjeite —* man noch den Schlangenſtab und
das Reliefbild des Gottes, nebſt einem Stierkopf
aus Travertin. Außerdem ſtanden auf der Inſel noch
ein Tempel des Jupiter (vollendet 194 v. E.) und
des Taunus (195 v. E.). Die Thore der Aure—
lianijchen Mauer waren: * Porta Flaminia (heute
del popolo), p. Pinciana (gejchloffen), * porta Sa-
laria, p. Nomentana (dafür jeit 1564 p. Pia
durch Pius IV.), *p. Tiburtina (S. Lorenzo), *p.
Praenestina (p. Maggiore), *p. Asinaria (ge-
ichloffen, dafür jet p. S. Giovanni), p. Metrovia,
p. Latina, *p. Appia(p.S. Sebastiano),*p. Ostien-
sis, (p. 8. Paolo), p. Portuensis, *p. Aurelia
(S. Pancrazio), p.Septimiana. Die jegigen Mauern
entiprechen faft gänzlich diefen Aurelianiſchen. —
linten Seite der Straße das *Grabmalder Cäci—
lia Metella. Außerhalb der Mauer Aurelians be-
fand fih dastemplum Martis, innerhalb derjel-
ben ein Tempel der Minerva und der tempesta-
tes; ferner das Heiligtum der@amenen, dicht
dabei das Thal der Egeriaz; nördlich Davon bei der
alten p.Capena erhob fich der von Marcellus gebaute,
nach dem neronifchen Brande von Beipajian wieder:
hergejtellte Tempel des Hon os und der Birtus
(8 6). Die v. Appia war die lebhaftejte Heer-
ftraße Roms, daher gab es in biefem Stadtteile
eine Area carruces ald Standort für die Reife:
wagen. — II. R. Caelimontium, norböftlich
von der vorigen, den M. Caelius und feine öjt:
lichften Abhänge begreifend. Hauptaufgang zu
diefem Berge war der clivus Scauri (von der
heutigen via 8. Gregorio zwijchen Balatin und
Cälius), eine andere Hauptftraße dieſer Region
ieß caput Africae (nah der gleichnamigen
tziehungsanftalt für Faijerliche Pagen). Auf der
Höhe lagen die castra peregrina (Kajerne für
fremde Hülfstruppen), darinnen ein Tempel des
Jupiter Redux. Mehr nad) Norden zu war
dad templum Divi Claudii errichtet (von
Nero weggeriffen beim Bau feiner Wafferleitung),
nicht weit davon der ludus magnus für ln.
diatorenfämpfe. In diefer — 5* lag auch die
große Speiſemarkthalle, Macellum magnum,
weiter öftlih der Campus Martialis, wo bie
Equiria (Spiele zu Rob) gehalten wurden, wenn
der Campus Martius überjhwemmt war (Rich:
ter ©. 1526). In der Kaijerzeit war der Cälius
bei der Nähe des PBalatium ein belichter Wohnort
der Vornehmen: berühmt waren das üppige Haus
des Mamurra, die Domus Vectiliana und
die *domus Lateranorum (im äußerften
Dften), urfprünglih Eigentum der Plautii Late-
rani, durch Conftantin den Gr. in eine Kirche
(S. Giovanni in Laterano) umgewandelt. Dicht
Daneben (iuxta aedes Laterani) ward M. Aure—
lius geboren, daher ward feine Reiterftatne vor
dem Lateran errichtet und ftand dort, bis fie 1538
durch Michel Angelo auf den Capitolplag verjeßt
ward. — Dicht beim Lateran hat man in neuefter
Beit die Kaſerne der equites singulares der
fatferlihen Leibwache) wieder aufgefunden.
III. R. Isis et Serapis, nördl. und nordweftl.
von der vorigen, die ſüdöſtliche Fortſetzung der
Velia (Sacra via) und der öftliche Teil des Süd—
abhanges des Esquilin, Carinae genannt (die
Umgebung von S. Pietro in Vincoli). Der Tem:
pel der Aha und des Serapis, der dem Biertel
den Namen gegeben, ift heute nicht mehr aufzu—
finden, die fatferlihe Münze, Moneta, hat (Rid:
ter ©. 1534) bei der Kirhe S. Elemente geftan:
ben. In dieſer Region baute Nero nad dem
12
—
..
5
14
Roma.
Brande die domus aurea, don der Wir nur
wiffen, daß im Beftibulum der Colossus Ne-
ronis, des Kaiſers Koloſſalbildſäule, ftand; auf
ben Fundamenten diejes Palaftes errichtete ——
das *Amphitheatrum Flavium (il Colosseo,
ſ. Theatron, 18.) — bis zum 6. Jahrh. fanden
bier Tiergefechte ftatt. Dahinter, weiter norböftlich
lagen die ungeheuren — des Titus
(in deren Bereich die Laofoongruppe ſtand und
efunden wurde), daneben die Thermen des
Era jan. Südlich neben dem Coloſſeum fieht
man eine Badfteinrnine, Überbleibfel eines großen
Springbrunnens, der *meta sudans (amtlid)
zur folgenden Region gehörig); einige Schritte
davon, am Eingange der heutigen viaS. Gregorio,
der wohlerhaltene *Eonftantinbogen, geſchmückt
mit den Reliefs des alten Trajansbogens (vgl. $ 12).
— IV, R, templum Paeis (nad dem gleich:
namigen Tempel Beipafians, früher Sacra via
genannt). Die Wefthälfte der Carinen enthielt die
Wohnungen der Reihen, während die durdy den
viens Cuprius davon getrennte Subura eine eigent-
liche Gewerlögegend war. Südweſtlich reichte dieje
Region bis por need deſſen nördliche (n.=d.) Seite
der Tempel des *Untoninus und der Fau—
ftina (heute ift die Kirche S. Lorenzo in Miranda
bineingebaut) und die beim Forum (8$ 7. 8.) ge:
nannten Gebäude einnahmen. Das templum Paeis
gründete Beipafian nad; dem Siege über die Juden
und vollendete e3 im Jahre 75 (hier befand fich
die jüdijche Beute). Am J. 191 brannte es ab,
nad dem Neubau hieß der Pla forum Vespa-
siani. Außerdem lagen in bicler Region der
*Bogen des Titus an der öſtlichen Fortſetzung
der Sacra via, in summa Velia (j. Arcus), der
herrliche Doppeltempel 83* der *Ve—
nus und Roma (heute bei S. Francesca Romana
noch die beiden Apſiden erhalten), die riefige
*Basilica Maxentii(von Eonftantin dediciert),
der Tempel der Tellus, des Jupiter Stator
($ 19) und an der Süboftede des Friedenstempels
dad templum sacrae urbis (heute S. S. Co-
sına e Damiano; an der Norbwand dieje® Tem:
pels war der capitolinijche Stadtplan [$ 11] an-
gebracht) mit dem *Rundtempel bes Romulus
(eined Sohnes des Kaiſers Marentius). — lm
nun den lebhaften Berkehr zwijchen Forum Ro:
manum und den Saijerforis ($ 16) bequemer zu
geftalten (die Strafe Wrgiletum war beim Bau
der leßteren gefallen), baute Domitian ein forum
transitorium, welches Nerva vollendete; diejes f.
Nervae ähnelte den großartigen Pafjagen mo:
derner Weltftädte und ward nah N. abgeichloffen
durch den Tempel der Minerva; davor erhob
fi ein Janus quadrifrons; die Seitenwände
der Paſſage waren reich dekoriert mit forinthijchen
Säulen. Tempel und Forum haben ſich das ganze
Mittelalter hindurch erhalten, 1615 lieh es Paul V.
demolieren und die Steine zur Fafjade der Aqua
Paola auf dem Janiculum verwenden. — V, R.
Esquilina, nordöftl. von IV., nördl. von III.
Sie war * groß, umfaßte faſt ganz den Eſqui—
linus und Viminalis. In neueſter Zeit ſind hier
wichtige Gräberfunde gemacht worden, denn das
Gelände jenſeit des alten Serviuswalles war in
früher Zeit von Grabſtätten bedeckt. Noch aus
republitkaniſcher Zeit ftammt das *®rabmal des
Bäders Euryjaces vor p. Praenestina. Dieſe
1047
| groben Begräbnispläße verwendete man in der
aiferzeit zu Gartenanlagen, hier befanden ſich die
Gärten des Mäcenas, des Lamia, des Pal:
las (eines Freigelaſſenen des Elaudius). In diefer
Negion lag auf der Grenze der vorigen (auf der
Höhe des Eifpius) der Tempel der Juno Lucina,
der lacus Orphei auf ber Höhe der Subura
er mit einer Orpheusftatue geſchmückter Wafler:
ehälter), dad macellum Liviae, der von Auguft
errichtete große Markthallenbau. Die Stelle der
p. Esquilina der Gerbiusmauer bezeichnete der
*Gallienusbogen, dabei die Ruine der*Trofei
di Mario (in Niſchen derjelben ftanden die ſog.
Trophäen des Marius, die feit 1585 die Brüftung
bes Eapitolplages ſchmücken). Im ſogen. Tempel
ber *Minerva medica hat man wahrjcheinlic
das *Nymphaeum Alexandri Severi zu
fuchen, während die jebt diefen Namen führende
Ruine öftlich von via Merulana, nad) den dajelbft
efundenen Weihgeichenten (Menichenglieder aus
erracotta), ald t. Minervae in Wahrheit zu be:
trachten ift. In der jüdöftlichften Ede der Region
lag ein —— das *A. castrense; die
ſchönſte Straße derſelben war der vicus Patri-
eius (von der Subura nach p. Viminalis), —
VI. R. Alta Semita, nordweftl. von V., genannt
nach der gleichnamigen Straße, die über den Rüden
des Quirinal lief (etwa die heutige via del Qui-
rinale). Dort befand fid) die aus den Mauern
eraustretende, in der Kaiferzeit oft genannte
aferne der Prätorianer, die *castra praeto-
ria (heute Campo Militare di Maccao). Die
wichtigften Anlagen diejer Region waren die riefigen
Thermen *des Diocletian und des Conftan-
tin auf dem Quirinal und Viminal. Die erfteren
liegen ganz in der Nähe des heutigen Bahnhufes,
bei ihrem Bau jollen Maffen von Chriſtenſtlaven
thätig gewejen jein (bedeutende Refte find noch
davon vorhanden, den herrlichften Raum verwan—
delte Michel Angelo in die Kirche S. Maria degli
Angeli). Bor den Eonftantinthermen (deren Reſte
famen beim Bau der via Nazionale zum Bor:
ſchein, um für immer zu verjchwinden) ftanden die
beiden jetzt auf dem Quirinalplatz befindlichen
Roffebändiger. Bon Tempeln diejer Negion merke
man den des jabiniihen Semo Sancus (Dius
Fidius), der Flora, des Duirinus (293 v. €.
von 2. Papirius Eurfor errichtet), der Salus
(den der Ahnherr des Annaliften DO. Fabius Pietor
304 v. E. mit Gemälden jchmüdte), endlich das
fog. Capitolium vetus. Das Thal zwiſchen
Quirimal und collis hortorum (Pincius) füllten
die riefigen, teilweife zur nächſten Region ge:
örigen Gärten des Salluft (darin das von
omitian erbaute Denfmalder Flavier). Nörd—
li, in der Ede der alten Serviusmauer, lag der
campus sceleratus, wo die Reftalinnen,
welche das Gelübde der Keujchheit verlegt hatten,
lebendig begraben wurden. — VII. R.ViaLata,
weſtlich von Vl. bis zur Via Flaminia (ber
heutigen via del Corso) reichend, die, in ihrem
unteren, bebauten Teile via lata genannt, dem
Viertel den Namen gab. Hier lag der campus
Agrippae, ein von Gäulenhallen umgebener
freier Pla mit den porticus Gypsiani und
Constantini. Auf oder an demjelben errichtete
YAurelian feinen berühmten Sonnentempel, der
bis zum 6. Jahrh. ftand (ob derjelbe am Abhange
16
1048
des Duirinal gelegen, ift ungewiß). In früherer
Zeit befand fi hier dad forum Suarıum
(Schweinemarft) in dem Teile zwiſchen Quirinal
und Bincius. Auf legterem, dem Liebligsaufent:
halte reicher Leute mit gejunder Yuft und herrlicher
Lage, zogen ſich prächtige Gartenanlagen bin,
als die erjten diejer Art, die des Lucullus, dann
die des Pompejus. Über der via lata waren
4 Bogen errichtet: 1) ganz am Eingang beim alten
jervianijchen Stadtthor (p. Ratumenn?) ein Bogen
des Domitian; 2) der arcus novus des Dio—
cletian bei S. Maria in via lata, 1485 durch Inno—
cenz VIII. zerjtört; 3) der Bogen des M. Aure:
lius an der Mündung der via delle vite, von
Ulerander VII. 1662 abgebrochen, „damit er den
Perderennen nicht hinderlich ſei!“ (Reliefs im
Eonjervatorenpalaft); 4) der arcus Claudii (bei
Piazza Sciarra). Im ©. ftieh diefe Region an
Vi. R. Forum Romanum, den wichtigiten
Stadtteil, den Capitolinus und das Thal bis zum
Balatinus umfafjend. Die meiften Gebäude auf
dem %. find jchon erwähnt. Neben dem Goncor:
diatempel erhob fid) der Tempel des *Veſpa—
jianus und Titus, bier ftand das Millia-
rium aureum des Auguft, ein mächtig großer
Meilenftein mit vergoldeten Bronzeplatten, von
dem alle Reichsftraßen ausgingen und die Ent-
fernungen im römijchen Neiche gemefjen wurden.
Seitenftüd * war der in den Fundamenten er—
haltene, von Conſtantin errichtete * Umbilicu-
urbis Romae an der Nordecke der rostra. Bor
der Front der Rednerbühne erhob ſich jeit 608
n. E. einem oftrömijchen Kaiſer Phokas zu Ehren
die *»Phokasſäule. Bogen fanden 3_auf dem
Forum: 1) am Dftende der yabierbogen, 2) au
der Nordwejtede vor dem Goncordiatempel der
wohlerhaltene * Severusbogen, 3) als Seiten:
ftüd der Tiberiusbogen vor dem Saturnus:
tempel. — Die Haijerfora: Wie oben gezeigt,
fuchte man bei der Enge des Forums die Erledi—
gung der dort vorzunchmenden Staats: und Rechts:
geihäfte durch den Bau von Bajiliten zu fördern,
für die Weltjtadt erwiejen fich bald auch dieje zu
Hein; das bejtimmte die erften Kaifer zum Bau
eigener, neuer Fora in der bewährten Geſchäfts—
lage des alten Marktes. Natürlih konnte nur
deſſen Nordſeite in Betracht kommen, hier wohnte
auf engen Strafen eine dichte EL der
öffentlichen Anlagen waren nur wenige, das forum
—— das atrium libertatis(?), die basi-
ica argentaria; durchzogen wurde das Biertel
vom Argiletum, nach der Eapitoljeite bildete die
Grenze der elivus argentarius, der Stieg
vom Forum nach dem Marsfelde (via di Mar-
forio). Diejes ganze Terrain ward zu enormen
Preiſen aufgelfauft und durch den Bau der Kaiſer—
fora gänzlich umgeftaltet; den frönenden Abſchluß
dieſer Bauten bildete der Durchbruch nach dem
Maröfelde durch das forum Traiani. 1) forum
Julium ward von Cäſar 54 begonnen, 46 dedi-
ciert, don Auguſtus ausgebaut. Der Kaufpreis
für den Grund und Boden betrug 100 Mill. Sejter:
zien; um mehr Raum zu gewinnen, ward die
Curie weiter nad Süden gerüdt ($ 10 a.€.). Die
Mitte des rechtedigen Platzes nahm der von Cäſar
in der Schlacht bei Pharjalos gelobte Tempel
der Venus Genetrix ein, !
nordöſtlich vom vorigen, aber genau wie diejes
Roma,
orientiert, hauptſächlich für Gerichtsfißungen. Der
Tempel, zu deſſen Seiten es ſich halbfreisförmig
ertveiterte, war der des * Mars Ultor, von Auguft
in der Schlacht bei Philippi geweiht, aber erft
2 v. E. vollendet. Derjelbe muß nad) der herr:
lien Arbeit der fümmerlichen Refte zu den jchön:
ten Roms gehört haben. Yu beiden Seiten des:
jelben ließ Tiberius 2 Triumphbogen des
Drujus und Germanicus erridten (Tae. ann.
2,64). — An Diejes F. ſtieß ſüdöſtlich 3) das f.
transitorium Nervae ($ 18), 4) f. Verpa-
siani ($ 13). Den großartigen Abſchluß nach
MW. bildete (in gleicher Orientierung mit allen
vorigen) 5) f, Traiani. Die Anlage desjelben
bezwedte zugleich den Durchbruch nach dem Mars:
felde, deshalb ließ der Kaiſer den nordweſtlich vom
Cäſar⸗ und Auguftusf. zum Gapitol jich erftreden:
den Ausläufer des Quirinal abtragen. Der Er:
bauer des Forum war Apollodorus von Damaskus.
Das Ganze umfahte 5 Teile: a) Atrium fori
cum area (das F. im engeren Sinne), auf beiden
Seiten mit halblreisförmigen Aubauten umgeben,
mit einem Triumphbogen vom Auguftusforum her
als Eingang und der Kaijerftatue Trajans in der
Mitte. Darauf trat man b) in die fünfichiffige
*Basilica Ulpia; aus diefer fam man e) auf
einen freien Raum, in welchem die 117 Fuß hobe,
mit Meliefs aus den daciſchen Kriegen gezierte
* Trajansjänle ftand, obenauf befand 4 die
Bildfäule des Kaiſers, ſeit Sirtus V. die des
Apoftels Petrus. Daneben lag d) die Biblio-
theca Ulpia, zerfallend in eine b. Graeca und
b. Latina. Endlich betrat man e) die fünfte
Abteilung mit dem templum Traiani, geweiht
von Hadrian. — Die Veränderungen auf dem Ga:
pitol $ 9. — IX. R. Cireus Flaminius, die
größte von allen, umfaßte den campus Martius
und einen Teil des Pincius, nordiweftlich von VIL.,
wejtlih neben VII, genannt nad) dem Circus
Flaminius ($ 6), in dem die ludi plebei gefeiert,
aber auch vielfach Volksverſammlungen abgehalten
wurden; vor demjelben lagen die Tempel der
Bellona und des Hercules Custos. Nördlich
vom Circus erfiredte jich bis zum Tiber das Mars:
jeld, Jahrhunderte lang Ort für Volksverſamm—
lungen (comitia centuriata) und Leibesübungen.
Hier lag dicht an der Nordjeite des Circus die
Villa publica, der Aufenthaltsort für die Be:
amten während des Cenjus, bei Berjammlungen
und Truppenaushebungen, bier —— ſich die
balneae Pallacinae, in deren Nähe S. Roſcius
aus Ameria (j. Roscii, 1.) ermordet murde (Cie.
Rosc. Am. 7, 18). Aın wejtlichen Fuße des Capitol
erbaute Auguftus feinem geliebten, früh verftorbe:
nen Schwiegerjohn zum Andenten das *theatrum
Marcelli (20500 Zuſchauer fafjend), das nur
für dramatische Aufführungen beftimmt war. Nörd—
lic) davon lag der 431 d. E. geweihte Tempel
des Apollo (der einzige diejes Gottes in Kom
bis auf den palatinijchen Tempelbau des Auguftus);
daneben die Porticus des Metellus, jpäter von
Auguft umgebaut und jeiner Schweiter zu Ehren
*Porticus Octaviae genannt. Unmittelbar
hinter dieſer erhob fih die porticus Philippi
(früher Aedes Herculis Musarum genannt) und
das theatrum Balbi mit der Crypta Balbi;
2) f. Augusti, es branute unter Titus ab bei dem Brande, der
dieje Gegenden bejonders verheerte. Das erjte
—
18
19
Roma.
1049
fteinerne Theater für dramatiihe Zwecke war | jchilfbedachte casa Romuli au der Südſeite des
das 55 v. E. errichtete theatrum Pompei
(40 000 Zufchauer tafiend), verbunden war mit dieſem
Theater die porticus Pompei; in einer Eredra
derjelben ftand die Bildſäule des Pompejus, dies
ift Die curiaPompei, wo Gäjar ermordet wurde.
zu dieſen Bauten gehörte auch ein Tempel der
'enus Vietrix, — Um für die Vollsverſamm—
lungen ein würdiges Yolal zu jchaffen, ließ Cäſar
an der Südweſtſeite der via lata die großen
Saepta Julia bauen, wo die Tributcomitien
abgehalten wurden; die urjprünglich hölzernen
Schranlen (saepta) begann er durch fteinerne zu
erjepen; wejtlid) daneben das Diribitorium,
ein ungeheurer, bededter Saal, defien Bedachung
der großen Spannung wegen allgemein bewundert
ward. Urjprünglich hielten ſich hier die diribi-
tores (j. d.) auf, jpäter wurde cd zu andern
Zweden gebraucht, bis es unter Titus abbrannte.
Weiter weftlich, nördl. vom Pompejustheater, lagen
die Thermen des Agrippa mit dem noch jeßt
als Kirche benußten, von ihm zu Ehren des Ju—
liſchen Gejchlehts erbauten * Pantheon, einem
großartigen Rundbau mit vorgebauter dreireihiger
forinthiicher Säulenhalle; daneben ftand ein Iſis—
und Serapistempel, die Porticus der Europa, die
*Basilica Neptuni des Agrippa (nörblid von
den saepta, an der heutigen piazza Pietra, Die
11 Kolojjaljäulen unter Junocenz XIl. 1695 in
die Front des modernen Gebäudes gemauert), re:
ftauriert von Hadrian; endlich neben dem Pantheon
ein Minervatempel (vielleiht Domitians Tem:
pel der Minerva Ehalcidica), auf deſſen Stätte
ſich heute S. Maria sopra Minerva erhebt. Weſt—
lidy neben dem Pantheon lagen die auch zu Leibes—
übungen benugten * Thermen des Nero, von
Alerander Severus umgebaut und daher th. Ale-
xandrinae genannt. Das * Werk Domi—
tians in dieſer Region war die Anlage des Sta—
diums mit Odeum. Seine Stätte iſt die heutige
piazza Navona, welche noch jetzt die Form eines
antifen Stadiums zeigt. Wo das Amphitheater
des Statilius Taurus geftanden, iſt unbekannt.
Am Tiberfluffe befanden fich die Werfte, navalia,
weiter nördlich (an der heutigen Nipetta) das
*Maujoleum des Augujtus und jeiner Familie
mit einem Hain und 2 Obelisten (jet vor dem
Quirinal und hinter S. Maria Maggiore), deſſen
fümmerliche Reſte heute dur ein eingebautes
modernes Theater völlig unfenntlich geworden find.
An der Via lata (deren Bogen $ 15) lagen bie
Bauten der. Antonine; auf der heutigen pinzza
Colonna ftand inmitten eines von Portiken um:
gebenen Hofes der Tempel Marc Aurels, im
Hintergrunde die * Säule desjelben, feit Sirtus V.
trägt je die Statue des Apofteld Paulus. Auf
via lata hatte Auguftus einen Obelisken als
Sonnenzeiger * (solari um) errichten laſſen; heute
fteht derjelbe vor monte Citorio — N. R, Pala-
tina, jüdöftlich von der vorigen, durch VIII. davon
getrennt, umfaßte den mons Palatinus (die Bau:
lichkeiten in der Nordoftede bei der Kapelle der
Zaren: Conjtantinbogen, meta sudans, Koloß des
Nero j. $ 15. Ebendaſelbſt nach dem Cälius zu
lagen die curiae veteres). Auf diefem Berge
atten die älteften Heiligtümer der Stadt ihren
laß: da$ Lupercal ($ 2) am Südweſthange
Germalus ($ 2) nach dem Eircusthale zu bei den
scalae Caci ($ 5). Nicht nachweisbar ijt die
Lage der euria Saliorum, Unter den Tempeln
des Palatin gehören in die ältefte Zeit der Tem:
pel der Victoria idefien Lage nicht ſicher ift)
und der Tempel des Jupiter Stator, in dem
Cicero die erfte Nede gegen Catilina hielt. Ihn
juchte man bisher füdlich von porta Mugionis
auf der Höhe des Berges, am Hauptaufgang rechter
Hand, Richter jedoch verlegt ihn neben den Titus:
bogen an den Abhang des Palatin, an die Süd—
grenze der IV, Region, die entlang der nova via
gelaufen jei, weshalb ihn die Negionsbeichreibung
auch in diefer Negion mit aufführe ($ 13). An
demjelben Abhang des Berges ſucht Richter auch
den Tempelder magna mater, Auf der Süd:
weitjeite lag der * Tempel des Jupiter Vic-
tor, 295 v. E. von Fabius Marimus in der
Schlacht bei Sentinuum geweiht. Der von Tiberius
erbaute Tempel des Auguftus befand fich mög:
liherweife am Wefthange dem Capitol gegenüber.
— Sn republilan. Zeit war der Berg ein belichter
Wohnort begüterter Leute (8 6), noch ift aus dem
Ausgang derjelben ein vollitändig ausgegrabenes
Privathaus erhalten (das einzige in Rom), man
nennt es gewöhnlih *Haus des Vaters des
Tiberius, oder Haus der Livia (in der Gegend
der heutigen Farneſiſchen Gärten). Unter den Rai:
jern ward der ganze Berg faijerliches Befigtum,
ihn bededten die Prachtbauten der Cäſaren. Den
Anfang machte Auguftus mit feinem Palafte, der
domus Augustana (wohl auf der Südhälfte
des Berges) und dem berühmten Apollotempel
mit reichen Kunftwerfen und 2 Bibliothelen (Trüm:
mer unter Billa Mills); ihm folgte Tiberius
mit jeinem Palajte (auf der Weftjeite bei den ar:
neſiſchen Gärten). Während nun Ealigulas Bauten
wohl nur Subjtruftionszweden dienten, Nero mehr
den Ejquilin und die Belia bevorzugte, haben
die Flavier jene koloſſalen Balaftbauten gegründet,
deren Refte als *Ruinen des Balatiums nod)
heute Bewunderung erregen. Wllen voran an
Prachtentfaltung ging Domitian, der auch das
*palatinijche ee anlegte. Bon deu
ipäteren Kaifern verjchönerte bejonders Septimius
Severus das Palatium, jeine Bauten lagen au
der Südoftjeite. An der Ede ſchloß diefelben der
Prachtbau des Septizoniums ab, eines mächtigen
dreiftödigen Hallenbaues, der mit der Front nad)
der via Appia gerichtet war, nach dem Willen des
aus Afrika ftammenden Herrſchers: „ut ex Africa
venientibus suum opus oceurreret“ (die Reſte
der großartigen Ruine lieh Sixtus V. abbrechen).
— XI, R. Circus maximus, jüdlid von X.,
begriff das Circusthal und das Velabrum dem
Fluſſe zu. Den Namen gab der Circus in der
vallis Murcia ($ 2) dem Thal, das die Natur
felbft zur Rennbahn beftimmt hatte. Koftbare
Bauten wurden hier erjt ſeit Auguſtus errichtet.
Er wurde mit Schranfen, den jog. carceres, ver:
ichen, die zugleich an der einen Seite den Anfang
der Yaufbahn bezeichneten, wie calx oder creta,
eine weiße Linie oder mit Kalf gefüllte Furche
das Ende derjelben. Am Palatin baute der Kaiſer
das *Pulvinar ad Circum maximum und
ließ auf der Spina des Circus einen *ägypti—
an der nova via, die bis zu Conſtantins Zeit ſchen Obelisken errichten (jegt auf piazza del
20
21
1050
popolo). Die folgenden Kaiſer trugen zur Ber:
Ichönerung des Baues und zur Vermehrung der
Sitpläße wefentlich bei, jo daß der Circus 485 000(?)
Zuſchauer gefaßt haben joll. Eonftantin ließ noch
einen *zweiten Obelisken auf der Spina er-
richten, der jebt vor dem Lateran fteht. An der
Südſeite des Circus lag die ara Consi, über
demjelben am Apentinhange der Tempel des
Mercur. — Außer dem Circus gehörten zu diejer
Region noch die 3 Marktplätze ın der Nähe des
Tiberufers: Velabrum, forum boarium, f.
holitorium. Auf der Grenze zwijchen ben beiden
erfteren lag ein *Bogen des Sceptimius Se—
verus, den die argentarii und negotiantes des
f, boarium dem Kaifer gejept hatten, dicht daneben
fteht heute noch wohlerhalten der*Janusquadri-
frons Eonftantind. Das Belabrum diente den
mannigfachiten Zweigen des Kleinhandels, ebenſo
der nördlich davor gelegene Vicus Tuscus (hier
die Buchhandlung der Sosii, Hor. ep. 1, 20, 2).
Das f. boarium hatte als Wahrzeichen den 'chernen
Stier, der gegen Ende des 3. Jahrh. v. E. von
Aigina nah Rom gebracht worden war, an feiner
Cüdoftede ftand beim Eingang in den Circus die
ara maxima des Hercules, unmittelbar daneben
die Tempel des Hercules Victor, der Ceres,
des Liber und der Libera. An der Norbjeite
bes Forums lagen nahe am Flußufer die noch heute
erhaltenen Tempel der * Fortuna, der *mater
Matuta (gewöhnlich Beftatempel genannt), ſowie
des Portunus; auf dem f. holitorium endlich,
dem Gemüfjemarft (heute piazza Montanara), die
3 Tempel der Spes, der Pietas und der Juno
Sospita, an ihrer Stelle jebt die Kirche 8.
Nicola inCarcere. — XII. R. Piscina publica,
füdlich von der vorigen, gmüicen C. maximus und
p. Ostiensis, einer der kleinſten, aber volkreichſten
Diſtrikte, da ſich hier nur — öffentliche Gebäude
befanden. Die piscina publica, nach der die
Region genannt ift, war ein Teih zum Wajchen
und andern Berrichtungen; auf dieſer Stelle er-
hoben fich jpäter die ioloffalen Anlagen der von
Caracalla erbauten * Thermae Antonianae,
deren Reſte zu den gewaltigften Ruinen Roms
ehören (Fundftätten des Farneſ. Herkules und des
—— Stieres). Zu dieſer Region gehörte auch
der öſtliche Teil des Aventin (bis zum clivus
Delphini), auf welchem der Tempel der Bona
Dea Subsaxana (frevel des Elodius) Tag. —
XII. R. Aventina, nordweftlid von der vorigen,
umſchloß die weſtliche, größere Hälfte des Aventin.
An der Grenze der vorigen Region, hart au p.
Östiensis, lag, von der Mauer umicloffen, das
*Sepulerum oder die Pyramide des Ce—
ftins (. d.) heute daneben der protejtant. ? —
Die Höhe des Berges, über den der clivus
blieius als Hauptitraße führte, war eingenommen
von mehreren Tempeln: zunächft der Diana (etwa
auf der Stätte von 8. Prisca), den nach der Sage
Servius Tullins als Bundesheiligtum des Latini-
ſchen Städtebundes erbaute, ferner der Juno Re-
gina,der Minerva,de3 JupiterLiberator,
des Jup. Dolichenus (Doliche in Syrien) und
der Libertas. Hier lag das Geburtshaus Tra-
jans und feines Freundes Licinius Sura, des
Gründers der balneae Surae, neben denen
fi} die thermae Decianae befanden. An der
Nordweftjeite, am Flußufer waren die Abladeftellen
Roma.
für die zu Schiffe anlangenden Waren; von den
Niederlagen der Holzhändler umgeben lag dort
die porticus Aemilia und unweit Davon dad
*Emporium, auf dem ſich große Padhöfe und
Speicher, die horreaAniciana und Galbiana
befanden (8 6. In der — Stadt gab es über—
haupt 17 — = xiv R. trans Tiberim
(Trastevere): die einzige Region auf dem rechten
Flußufer. Dafelbft befanden fich die Gärten des
Eäjar, die er dem Volle teftamentarifch hinterlich;
Au uftus baute darin die Naumachia {f. d.), ein
Barfın für Schiffäfampfipiele. Im übrigen wurde
diejer Stadtteil von Handwerkern (namentlich
Töpfern, wie noch heute) bewohnt.
felde gegenüber, doch nicht von den Mauern um:
ichloffen und zu Feiner Region gehörig, lag der
campus Vaticanus ($ 11). Hier befanden
fih im 1. Jahrh. n. E. am Platze der jeßigen
Beteräfirche die Gärten der — EN ee welche
Nero erbte, famt dem Circus des Nero (deflen
Spina derjelbe Obelisk zierte, der heute auf dem
Petersplaße fteht), wo er feine Triumphe feierte,
aber auch die Graufamleiten gegen die Chriften
ftattfanden, die der Brandftiftung bejchuldigt waren.
Am pons Aelius lag die moles oder das *Mau-
soleum Hadriani (die jeßige Engelsburg).
Zwiſchen diefem Maufoleum und dem Circus Ner.
ziehen fich jeht die mächtigen päpftlichen Gebäude
hin, weldye ſich an den Ralaft des Batifan und
die Peterslirche anfchließen. — Die Straßen Roms
waren entweder Viae, d. h. große und breite
Hauptftraßen, 5. B. V. sacra (IV. Region), V.
nova (X.), V. lata (VII), Alta Semita (VI.),
oder Clivi, db. h. gepflafterte, an den Hügeln
hinaufführende d Hauptitraßen, % B. cl. Capitoli-
nus (VIII), Publieius (XIII.), Scauri (II.), Urbius
(IV.), oder Vici, fleinere Berbindungsftraken, 3-2.
v. iugarius (VILL.), Tuscus (VIII), Cuprius und
sceleratus (IV.), patricius (V.), oder Angipor-
tus, Heine Sadgafjen. Die Kreuzungen der Straßen
gichen Compita. — Bu bemerfen find noch die
afferleitungen, Aquaeductus (f.d.). — Littera-
tur: Platner, Bunfen, Gerhard, Röftell und Urlichs,
Beſchreibung der Stadt Rom (1830-1845). Aus:
zug von Platner und Urlich® (1845). W. U. Beders
Handb. der röm. Altertümer, Bd. 1 (1843). Reber,
die Ruinen Roms (2. Aufl. 1878). Bender, Rom
und römijches Leben (1880) S. 30-92. Nic:
ter, Artifel „Nom“ in Baumeifters Dentmälern
des klaſſ. Altert. Bd. III ©. 1486-1534, und
Topographie von Rom in Iw. Müllers Handbud)
der klaſſ. Altertumswiffenichaft III S. 723 ff. Nor:
dan, Topographie der Stadt Rom im Altertum
(1871— 85). Ziegler, das alte Rom (Schulausgabe
1882), ee Geſchichte Roms im Mittel:
alter Bd. 1. PVisconti-Lanciani, Guida del Pa-
latino. Lanciani, Ancient Rome in the light
of recent discoveries (1888). — Als Berfonifi:
fation der weltbeherrſchenden Stadt erhielt Roma
zuerft bei den Griechen und befonders in Klein—
afien ihre Verehrung und Tempel. Smyrna rühmte
fi, 195 v. C. der Roma den erjten Tempel ge:
baut zu haben. Tac. ann. 4, 56, vgl. Liv. 43, 6.
Seit Gem Kriege gegen PBerjens wurbe die Vver
Ötterung Roms in Wfien immer gewöhnlicher;
fit Auguftus erhielt die Göttin Roma zufammen
mit dem Divus Julius oder mit Muguftus in den
hellenifchen Städten Tempel und Bilder, Spiele
Dem Mars: :
ts
Romanus
und Feſte. Das Bild der Roma, wie es ſich auf
den afiatijhen Münzen zeigt, hatte die Geſtalt
einer perjonifizierten Tyche von Rom, trug eine
Mauerkrone, ein Füllhorn und andere Attribute
des Segens und Heils, eine . u. ſ. w. In
Rom ſelbſt, namentlich auf den Münzen, erſcheint
Roma immer als eine kriegeriſche Heroine, bald
mehr der Minerva, bald einer Amazone ähnlich,
ſtehend auf einen Schild geſtützt, auf Waffen ſitzend,
die Siegesgöttin auf ihrer Rechten, auf ihrer Schul:
ter. n. ſ. w. Einen prächtigen Tempel erhielt fie
zu Rom unter Hadrian zufammen mit Venus.
Romänns, Beiname mehrerer Männer aus
niedrigem Stande: 1) ServiusRom., ein Sflave,
der zum Lohn für den Verrat der Burg Artena
an die Römer (404 v. E.) die Freiheit und feinen
Namen erhielt. Liv. 4, 61. — 2) Hiſpo Rom,
ein Angeber unter Ziberius, fuchte jpäter Seneca
bejonders durch Angeberei zu jchaden. Tac. ann.
1, 74. 14, 65. Nach dem Rhetor Seneca (controv.
17. 26) fcheint er auch Rhetor gewefen zu fein. —
3) unter Jovian und dem erjten Valentinian Statt»
halter von Afrika, wo er fich durch Erpreflungen
verhaßt machte und den Abfall der Provinz ver:
anlaßte. Amm. Marc. 28, 6; vgl. 27,9.
Romilii, 1) T. Rom. Rocus Baticanus,
Konjul 455 v. E., bejiegte die Aquer, wurde nad)
jeiner Rüdtehr jamt jeinem Kollegen wegen Ber:
faufs der Beute, und weil jie den Siccius Denta—
tus und jein Heer in Gefahr gebracht hatten, an:
geflagt und mit einer Geldftrafe belegt. Liv. 3, 31.
Dion. Hal. 10, 43 ff. Durch jeinen Eifer für Ab—
fafiung neuer Geſetze erwarb er ſich die Vollsgunſt
und wurde 451 in das Kollegium der Decemvirn
gewählt. Dion. Hal. 10,50. Jiv. 3, 33. — 2) Rom.
Marcellus, röm. Eenturio, wurde 69 n. C. wegen
jeiner Anhänglichleit an Galba getötet. Tac. hist.
1, 56. 59.
Romüla oder Romulea, alte Bergftadt ber
Hirpiner in Samnium, zwifchen Aclanum und
Bons Aufidi, an der von Beneventum nach Tarent
führenden Straße; von den Römern im dritten
Samniterkriege geplündert und zerftört; j. Bifaccia.
Liv. 10, 47.
Romülus, ‘'Pouvkog, 1) Gründer Roms und
erjter römijcher König 753—716 v. E., Sohn der
Rea Eilvia (j. d.) und Enkel des Numitor. Nach
ber Sage befahl König Amulius, die von Jlia,
der Todter des früheren Königs Numitor, aus der
Umarmung des Gottes Mars geborenen Zwillinge
in den Tiber zu werfen. Die Diener trugen die
Kinder von Alba bis an den Tiber, fanden aber
den Fluß ausgetreten. Daher jchoben fie die Wanne
mit den Kindern in das flache Uferwafler. Das
Waſſer trat bald zurüd, die Wanne ftieh gegen
einen Stein, fiel um, und die Kinder lagen im
Schlamme. Zu den jchreienden Kindern fam eine
Wölfin, reichte ihnen die Ziten und leckte fie mit
der Zunge rein. Auch ein Specht hütete die
Kinder und trug ihnen Speife zu. Das fah einer
der löniglichen Hirten, der feine Genoffen herbei:
rief. Sie bradjten die Knaben dem oberften der
Schweinehirten des Königs, dem Fauftulus, und
deflen Frau Acca Larentia nährte die Zwillinge,
die Romulus und Nemus genannt wurden. Die
Knaben wuchſen unter den Hirten zu rüftigen
Jünglingen auf. Als fie einft mit Numitors Hirten
in Streit geraten waren, brachten diefe den Remus
— Rosa. 1051
efangen vor ihren Serrn, der, als auf feinen
efehl auch Fauftulus mit Romulus vor ihm er:
ſchienen war, aus den Erzählungen der Hirten und
den Gefichtszügen der Jünglinge in ihnen feine
Entel erfannte. Bald darauf erjchlugen fie den
Amulius und jeßten den Großvater wieder auf
den Thron, worauf derjelbe ihnen geftattete, an
der Stelle, wo ihre Ausjehung ftattgefunden hatte,
eine Stadt zu gründen. Beide Brüder hatten
ihren Anhang, die Genoffen des Romulus hieken
Uuninctilier, die des Nemus Fabier. Der ftärtere
Anhang jenes verichaffte ihm die Ehre der Grün:
dung. Als Remus über die eilig aufgeführten
niedrigen Mauern fpottete, ward er von feinem
Bruder erjchlagen, die That aber in dem Feſte
der Lemurien gejühnt. Romulus eröffnete eine
Freiftatt, aber die Nachbarvölfer wollten das ius
eonubii nicht gewähren; das verjagte verichafite
er fih an dem Neptunäfefte der Consualia mit
Gewalt (Raub der Sabinerinnen). Der König
Heron von Cänina (f. d.), der diefen Frevel rächen
wollte, ward befiegt und feine Rüſtung (spolia
opima) im Tempel bes Jupiter Feretrius auf:
gehängt. Ebenjo ging es mit Antemnä (f. d.) und
ruftumerium (j. d.). Nur der König von Eures,
Titus Tatius (ſ. d.), war glüdlich, und die Nömer
mußten fliehen, die Burg des Mons Capitolinus,
auf welchem die Sabiner ſich fpäter niederliehen,
fiel durd; Verrat (Tarpeja) in die Hände bes
Feindes, aber die geranbten Frauen vermittelten
den Frieden, und beide Könige vereinigten fich zu
reg Ye Herrihaft. Nach dem Tode des
Titus Tatins führte Romulus diejelbe allein fort,
befriegte glüdlih die Fidenaten und Bejenter,
ward aber bei einer auf dem Marsfelde gehalte:
nen Mufterung und einer während derjelben ein:
getretenen GSonnenfinfternis plößli der Erbe
entrüdt und follte mun nad der Erflärung des
Senators Julius Proculus als Gott Quirinus
verehrt werben. (Die Erzählung von dem Kriege
mit Fidenä kehrt faft ebenjo im J. 424 wieder,
und der Kampf mit Beji ift durch die von No:
mulus erlegten 8000 Etrujfer etwas wunderbar.)
2) der letzte römijche Kaifer (475-—476 n. E.),
nach feiner Thronentjegung auch Auguſtulus
zubenannt, ein Sohn des Pannonierd Dreftes,
welcher in Attilas Dienften ftand, von diefem ala
Sejandter nad) Eonftantinopel geihidt worden war
und fpäter den mweftrömifchen KRaifern diente. Er
wurde römiſcher Patricius und Befehlshaber in
Gallien, 475, und rüdte von da aus nad) Stalien,
wo er feinen faum fechzehnjährigen Sohn Ro:
mulus auf den Thron erhob, jedoch für ihn als
Patricius die Negierung führte. Aber fchon im
nächſten Jahre ftürzte der Rugier Odoaker das
ſchwache Römerreih, um an deſſen Stelle ein Kö:
nigreich Jtalien zu errichten, ſchenkte jedoch dem
jungen Fürſten das Leben und verlieh ihm ein
Jahrgeld, das er in Campanien verzehren follte.
Procop. b. g. 1, 1. Jord. r. Get. 45.
Rorarii j. Acies.
Rösa, griechiſch Södor, die Roſe, ſchon bei den
Alten jehr beliebte Blume, bejonders zum Schmude
der Gaftmähler, ald Kranz auf dem Haupte der
Trinfenden (daher potare oder iacere in rosa, redi-
mitus rosa u. dgl. m.), aber auch zum Zeichen ber
Liebe und Erinnerung auf den Gräbern, Münzen ꝛc.
Hor. od. 1, 36, 15. 2, 11,14 u.ö. Prop. 1,17, 22.
1052
Boscli, 1) Sert. Nojc., ein wohlhabender und
augejchener Bürger aus dem Municipium Ameria
in Umbrien, wurde zu Nom bei den Rallacinischen
Bädern (j. d.) einige Monate nach den jullani:
ichen Brojfriptionen ermordet. Cie. Rose. Am. 7, 18.
— 2) Sert. Nojc., der Sohn desjelben. Als fein
Vater ermordet und dejjen Güter eingezogen waren,
faufte leßtere um einen Spottpreis der Freige—
lajjene und Günftling Sullas Chryſogonus und
teilte die Beute mit 2 Nojciern, T. Roſe. Capito
und T. Roſe. Magnus, den mutmaßlichen Urhebern
der Mordthat. Cie. Rose. Am. 30, 83 ff. 35. 98 ff.
Bon Haus und Hof vertrieben, wurde Nofc. der
Sohn hierauf dur E. Erucius jelbjt des Vater:
mordes angeflagt, aber von Cicero mit großem
Talente und Erfolge — 80 v. C. Plut.
Cie. 8. Cic. off. 2, 14, 51. Gell. 15, 28. — 3) einer
der berühmtejten und gefeiertſten Schauſpieler in
Rom, ein geborner Sklave, ſtammte aus dem
Dörfhen Selonium bei Lanuvium, erkaufte ſich
aber ſpäter die Freiheit und führte den Namen
D. Roſcius Gallus. Bon Natur mit einem
wohlgebauten, biegjamen Körper ausgejtattet, wußte
er durch jorgfältiges Studium der Mimil, bejon-
ders dadurch, daß er den Äußeren Vortrag der be:
deutendften Nedner auf dem Forum beobachtete,
diejer Naturgabe eine jolche Zierlichkeit und Armut
u verleihen, daß jeine venustas allgemein aner:
annt und gerühmt wurde. Als Schaufpieler jegte
er dieje Studien unabläffig fort, jo daß von ihm
berichtet wird, er habe ar der Bühne feinen ein:
zigen Geſtus gemacht, den er nicht vorher zu Haufe
berdacht uud einftudiert habe. Cie. de or. 1, 59.
Arch. 8. Auch theoretiich bejchäftigte er ich mit
jeiner Kunft und jchrieb eine Vergleichung zwijchen
der Rede: und Schauſpielkunſt, daher von Hora
(ep. 2, 1, 82) doctus Roscius genannt (vgl. au
Aesopus). Er war ber gefeiertjte Liebling des
römiſchen Publikums, und die größten Staats:
männer, wie Sulla und Cicero, waren ihm be:
freundet, zumal da er auch als Menich hoch und
groß daſtand. Er hatte auch eine Thenterjchule,
die für jeden jungen Schauipieler, der ſich darin
gebildet Hatte, eine große Empfehlung war. Cie.
Kose. Com. 105. NR. trat, wie es fchon fein Bei:
name Comoedus bejagt, meift in Komödien und
zwar gegen die Sitte der damaligen Schaufpieler
meift ohne Maste auf und war ausgezeichnet in
der Darjtellung der Leidenschaften und ſolcher
Rollen, die ein lebendiges Gebärdenſpiel verlang:
ten. Cie. de or. 2, 57. 3,26. Für feine Leiftungen
empfing er ein jehr bedeutendes Honorar. Plin.
7, 40. Erſt kurz dor jeinem Tode jcheint er die
Bühne verlafjen zu haben. Er ftarb etwa 62 v. E.
Cicero verteidigte ihn (76, nach Drumann erft 72)
gegen cine Anklage des C. Fannius Chärea wegen
eines ihm übergebenen Sflaven (Banurgus), den
er in der Schaufpielfunft unter der Bedingung
unterrichten fjollte, daß Herz und Lehrer ſich in
den Gewinn teilen follten, den einft die Kunſt des
Sflaven eintrüge. Inzwiſchen war der Sflave
von einem gewiſſen Flavius ermordet worden. In
dem Prozefie handelte es fih um die Teilung des
Erjages, den Flavius zuerjt dem Roſeius, dann
dem Fannius geleiftet hatte. — A). NR oje. (Otho),
Voltstribun 67 ». E., gab ein Geſetz über die
Schanfpiele. Jur. 3, 153. — 5) 2. Roſe. Faba:
tus, ein Anhänger Cäſars, fiel wahriheinlid in
2a.
|
Roscii — Rubellii.
der Schladht bei Mutina, 43 dv. E. Cie. ad fam.
10, 33,
Rostra, 1) ZußoA«, 2 ftarfe hervorragende, mit
eijernen Spigen verjehene Balken, am Vorderteile
der Kriegsichiffe dicht unter dem Waflerjpiegel be—
feftigt und Schnäbel genannt. Mit denjelben
juchte man die feindlichen Schiffe von der Seite
u faflen und in den Grund zu bohren. Bgl.See-
rieg, 4. Die den Antiaten 338 v. E. abge:
uommenen Roftra wurden als Siegestrophäen auf
dem Forum zu Kom aufgehangen, und jeitdem
bezeichneten rostra 2) die Hednerbühne und den ſie
umgebenden Raum des Forum (j. Roma, 15.).
Rotomägus j. Ratomagus.
Roxäne, 'Po&dvn, Tochter des Oxyartes, eines
baftrifchen Fürften, wurde nad) der Einnahme der
feften Felſenburg, im der ihr Vater jich verteidigte,
von Alerander dem Gr. gefangen genommen und
ihrer ausgezeichneten Schönheit wegen zu feiner
Gemahlin erhoben, 327 v. E. Curt. 8,4. Nach
jeinem Tode ließ R. aus Eiferfucht die Stateira,
der fich der König in Suſa vermählt hatte, im
Einverftändnis mit Perdiffas töten und gebar einen
Knaben, den König Wlerander IV., 323. Plut.
Alex. 70. 77. Bgl. die Gejchlechtstafel unter Phi-
lippos, 1. Mutter und ind wurden nach ber
Teilung von Triparadeiſos (321) von Antipater
mit nad) Mafedonien genommen (Diod. Sic. 18,39.
Strab. 17, 794) und nad) des leßteren Tode (319)
von Polyſperchon, ſowie von Olmmpias begünftigt
und bejchüßt. Plut. Fum. 13. Als dieje jich vor
Kaffanders Rache nad) Pydna flüchtete, hatte fie
Rorane und Alerander bei ſich Diod. Sie. 19,35,
Just. 14, 6); aud) fie gerieten bei Einnahme der
Stadt in Kaffanderd Gewalt, der fie in Haft be=
hielt und heimlich töten Tieß, 8311. Diod. Sie.
19, 105. Just. 15, 2.
Roxoläni, 'Po&olavoi, ein mächtiges ſarmati—
iches Volt an dem Maiotisfee, zwiichen dem Bo:
rhithenes und Tanais. Sie waren jo mächtig, daß
ein Heer derjelben von 50 000 M. gegen Mithri:
dates Eupator fämpfte. Nachmals wurden fie den
römischen Donauprovinzen jo gefährlich, daß Ha—
drian ihnen einen jährlichen Tribut zahlte; noch
fpäter dagegen erjcheinen fie als römiſche Hülfs—
truppen. Ihre Stürfe beftand in ihrer Reıiterei.
Tac. hist. 1, 79. Strab. 7, 306. 312.
Rubellii. 1) (E.) Rub., Blandus, trug 20
n. E. darauf an, daß der Ämilia Lepida, welche
die Wahrjager über die Yamilje Cäjars befragt
—— ſollte, Waſſer und Feuer unterſagt würde.
ac. ann. 3, 23. 51. Er ſtand bei Tiberius jo
hoch angejchrieben, daß ihm derjelbe mit feiner
Enfelin Julia, der Witwe des Nero, vermählte.
Tac. ann. 6,27. S. die Stammtafel unter Juliı, 8.
— 2) Rub. Plautus, des vorigen Eohn, den
Agrippina zum Herrſcher an ihres Sohnes Nero
Stelle und zum eigenen Gatten auserjchen haben
jollte. Tac. ann. 13, 19. Diejfer Umftand und
andere Zeichen, welche Nero auf ihn deutete, zogen
ihm die Verweifung nach Afien zu (Tae. ann.
14, 22), wo er, ald Neros Miftrauen durch ee
linus’ Aufreizungen gefteigert war, auf des Th—
rannen Befehl umgebracht ward (62 n. E.). Tac.
14, 57 ff. Rub. war Anhänger der ftoiichen Phi:
5 und ein Mann von ſtrengem Weſen. —
3) deflen Sohn, Nub. Blandus, wird von Ju:
Rubi — Rugü.
1053
venal (8, 397f.) als eitler und auf jein vorncehmes ten (rude donati) Rudiarii, über die zu ver:
Geſchlecht pochender Mann geichildert.
Rubi, Heine Stadt der Peucetier in Apulien,
|
gleichen Gladiatores, 2.
Rufinus, 1) ein Gallier von großem Talent,
nad einigen 23, nad andern 30 röm. Millien | trat unter Theodofius dem Gr. in römische Dienfte,
| wurde Befehlshaber der Leibwache und erhielt die
Rubico, ö "Povßixov, Grenzflüßchen zwifchen | Verwaltung des Oftens, 394 n. E., während des
von Canufium; j. Ruvo. Hor. sat. 1, 5, 94.
bem eigentlichen Italien (Umbrien) und dem cis: | Kampfes des Theodofius gegen Eugenius.
Nach
alpiniſchen Gallien, mündet ins Adriatiſche Meer, Theobofius’ Tode (395) führte er die Regierung
j. Bijatello, n. a. Rugone. Merfwürdig ift er in als Minifter des unmilndigen Arcadius, herrichtr
Cäſars Geſchichte durch deffen Übergang. Cie. Phil. | aber mit ſolcher Härte und Graufamfeit, überließ
6, 3. Suet. Caes. 31.
Rubra Saxa, Felſen in Etrurien beim Flüß-
chen Eremera an der Flaminiſchen Strafe. Cic.
Phil. 2,31. Liv. 2,49. Tae. hist. 3, 79. Dort | lung gebahnt
befiegte 312 n. E. Eonftantin d. Gr. den Marentius. | ratung feiner
|
fi) jo jehr jeinem Geize und feiner Habjucht, daß
er ſich den öffentlichen Haß zuzog. Wie er fid)
durch Intriguen den Weg zu feiner hohen Stel:
* ſuchte er num durch Verhei—
ochter an den willenloſen Kaiſer
Rubricätus, ‘Povßgixaros, 1) Fluß im nord: dieſelbe zu befeſtigen; indes eine Reiſe nad) dem
öftlichen Teile des tarraconenfishen Hifpaniens, | Orient wurde von Eutropius benußt, die Heirat
mündet unterhalb Barcino; j. Llobregat. Mela
2,6,5.— 2) Fluß in Numidien, entipringt auf dem
. Thambes und mündet bei Hippo Regius;
auch Ubus genannt; j. Wed Sebus.
Kubrii, 1) Bolfötribun mit C. Gracchus, ber:
anlaßte ein nach ihm benanntes Geſetz zur An—
legung einer Kolonie auf der Stätte des zerftörten
Karthago, im %. 122 vu. €. Plut. ©. Gracch. 10.
— 2) Helfershelfer und Genofle des berüchtigten
Verres. Cic. Verr. 1, 25. — 3) D. Rubr,, ein
braver Mann, welchen Verres bejchenfte. Cie. Verr.
3,80. — 4) 2. Rubr., römischer Senator und An:
hänger des Bompejus, wurde von Eäjar in Eorfi-
nium gefangen genommen und in Freiheit gejeßt,
49 v. C. Caes.b. c. 1,23. — 5) M. Rubr., ge:
nannt als Stellvertreter des jüngeren Cato zu Utica,
46 dv. E. Plut. Cat. min. 62. — 6) wurde wegen
Entmweihung des Namens des Auguftus angeflagt
(15 n. E.), bon Tiberius aber unbeftraft gelaffen.
Tae. ann. 1, 73. — 7) Rubr. Fabatus, ent-
ging 32 n. E. ald Anhänger Sejans der Beſtra—
fing wegen Teilnahme an einer Verſchwörung
gegen Tiberius. Tac. ann. 6, 14. — 8) Rubr.
Gallus, römifcher Feldherr unter Nero, ging
jpäter zu Otho über und arbeitete auf Antrieb des
Sabinns gegen Bitellius zu Gunſten des Veſpaſian.
Unter legterem fämpfte er mit Auszeichnung gegen
die Sarmaten. Er Tebte noch unter Domitian.
Dio Cass. 63, 27. Taec. hist. 2, 51. 99. Joseph. b.
J.7,4,3. — 9) Rubr. Gallus, vielleicht des
vorigen Sohn, veranlaßte einen Senatsbeihluf,
weldyer den Freigelaſſenen auch gegen den Willen
der Erben des Teftators die Freiheit jicherte.
Rubrum mare |. Erythraeum mare.
Rudiae, "Povöi«, j. Nugge, Stadt in Apulien
per: Venufia nnd Brunduſium, Baterftadt des
ichterd Ennius. Diefer Teil des Landes, das
Gebiet der Peucetier, wurde jpäter zu Calabrien
geredjnet, woher es kommt, daß Ennius ein Ca—
labrier genannt wird (Calabrae Pierides, Hor.
od. 4, 8, 20). Magnus Auruncae alumnus nennt
ihn Juvenal (1, 20).
Rudis, eine Art Rappier, mit dem die zu den
Fechterfpielen einzuübenden Tirones zunächft gegen
einen fingierten Feind (einen Pfahl), dann paar:
weile fämpften. Namentlich bezeichnete es aber
einen Stab, durch defien Verleihung die Gladia—
toren ihre Befreiung erlangten. Er wurde ihnen
oft auf Verlangen des Volles für bewiejene Tapfer-
feit von dem lanista oder dem Beranftalter des
Spieles verliehen, und hießen die Damit Beſchenk—
zu hintertreiben. Rufinns knüpfte nun Verbin:
dungen mit den Hunnen an und ließ auch die
Provinzen don gotischen Söldnern ausplündernt.
Als aber Stilicho (j. d.), welcher zum Vormund
der beiden Söhne des Theodofius ernannt zu fein
behauptete, mit den Truppen, die Theodojius gegen
Eugenius verwendet hatte, ſowie mit denen des
feßteren, welche fi dem Theodoſius ergeben hatten,
heranrüdte, und Arcadius die Truppen des Dftens
— gehorchte Stilicho, gab aber dem Goten
Yainas, unter deſſen Befehl die Truppen geſtellt wur:
den, den Auftrag, Rufinus zu ermorden. Diejer Auf:
trag wurde vor den Augen des Arcadius vollzogen,
Ende 395. Zos. 4, 51 ff. 5, 1ff. — 2) Gramma:
tifer aus Antiocheia, Verfaſſer eines commentarius
in metra Terentiana und einer Abhandlung über
die Metra der Redner, herausgegeben von Keil,
gramm. Lat. VI p. 547 ff.
Rufius j. Avienus.
Rufrium, Stadt der Hirpiner in Samnium,
ij. Ruvo (Liv. 8, 25), nicht zu vermwechieln mit
Rufrae, Stadt in Campanien, j. ©. Felice a
Ruvo. Verg. A. 7, 739.
Rufus, 1) ein Arzt aus Ephejos im 1. bis 2.
Jahrh. n. E., hat uns außer mehreren anderen
für die Geichichte der Medizin im Altertum wid):
tigen Schriften ein Werf anatomiſchen Inhalts
hinterlafien. — 2) ein Echriftiteller, an den Pli—
nius mehrere Briefe richtete (vgl. Plin. ep. 5, 21.
9, 389). — 3) Sert. Rufus (richtiger Rufus
Feftns), zur Beit des Kaiſers Balens, um 369
n. E., verfaßte einen Abrif der römischen Geſchichte
(breriarium rerum gestarum populi Romani
genannt, vielleicht zum Schulbuch bejtimmt), wel—
her weder nach feinem Inhalte, noch nach feiner
Sprache bedeutend ijt. Seine Hauptanellen waren
für die ältere Din eine Epitome des Livius umd
Eutropius; für jeine Zeit benußte er vermutlich offi-
ielle Nachrichten, Zeitungen und Kriegsberichte.
usgg. von Verheyk (1762), Tzichude (1793), Wend.
Förfter (1874) und Wagener (1886). Abhandlung
von Jacobi (1874). — Außerdem ijt Rufus häu—
figed cognomen, namentlich in den familien der
Eäeilii, Mirmeit und Pompeji (j. ®.).
Rugfi, bedeutende Völkerſchaft an ber Küſte
des nördlichen Germaniens, zwiſchen Viadrus und
Viftula, wo fie fi noch in ben Namen Rügen,
Rügenwalde, Rega erhalten hat, jowie in Regen:
walde, ‘Posyıor, der Stadt des Wolfes. Tue.
Germ. 43. Nad) längerem Verſchwinden ericheinen
die Rugier aud im Zuge des Attila.
1054 Rumina — Sabaei.
Rumina (Rumia), römiſche Göttin der jäugen-
den — die auch den Kindern die Nahrung | T
der Mutterbruft verihafft (an dem ficus Kumi-
nalis wurden Romulus und Remus von der Wölfin
gejäugt). Als Hirtengottheit erhielt fie im Lupercal
Opfer von Mil; ihre Kapelle ftand neben dem
Ficus Ruminalis am Qupercal. Nicht weit davon,
auf dem Velabrum am Forum boarium, war aud)
eine Kapelle der Laren und das Grab der Acca
Larentia, die in jpäterer Zeit mit Rumina iden—
tifiziert wurde. — Ruminus war ein Beiname
des Jupiter.
Rupilii, 1) P. Rup., urjprünglid) gewöhn
licher Arbeiter, brachte es, mit Hülfe des ihm
befreundeten fängeren Scipio, 132 v. E. bis zum
Konjulate. Cie 1. 20, 73. Gegen die Anhänger
des älteren Gracchus verfuhr er mit großer Strenge.
Hierauf ging er in feine Provinz Sicilien und
brachte hier ben —— des Eunus (j. d.)
u einem glüdlichen Ende m Giciliend innere
erhältnifte und Verwaltung erwarb er ſich große
Berdienfte (ſ. Leges Rupiliae). . Max. | ®egner des Saturninus, "ging mit dem Bontifer
2, 7,3. Oros. 5, 9. — 2) Sein Bruder, g, Rup., ., | Scävola im J. 100 oder 99 nad Ajien, verwaltete
Rutöni, ‘Povrnvod, galliiche Bölferihaft, zum
bewarb fich, obgleich ale. von Scipio unter: | daran ie Provinz, wie es jcheint, ——
eil in Aquitanien (Arverner), zum Teil in der
Provincia. Ihre Hauptſtadt war Segodunum (ji.
Rhodez) am Veronius (Aveyron). Caes. b. g. 1, 46.
7, 7. 75. Strab. 4, 191.
Rutilii, ein aus einem patriciichen und einem
plebejiihen Zweige —— Geſchlecht: 1) P.
Rut. Volkstribun und Gegner der Cenſoren €.
Claudius und Ti. Grachus 169 dv. E., welch letz⸗
terer ihm unter die Ararier verjepte. Liv. 43, 18.
44, 16. — 2) P. Rut. Rufus, ein Zögling des
_ | Banaitios, von welchem er in ben Lehren der
Stoa — wurde, jowie Freund des Lälins
und Scipio (Cie. off. 8, 2, 10. Lael. 27, 101),
diente im Kriege gegen Numantia als Tribun,
unter Metellus als Legat gegen Jugurtha, im J.
109 v. C. (Sall. Jug. 50), unterlag 108 bei jeiner
Bewerbung um das Konjulat, wurde aber auf das
J. 105 gewählt und gende fih durh Hand:
habung zweckmäßiger trenge gegen die Soldaten
aus, Front. strat. 4, 1,12. 2, 2. Er war ein
fügt, erfolglos ums Konfulat. Cie. Lael. 20, 73. |und that fi) auch hier durch * gerechte um
tusc. 4, 17. — 3) P. Rup. Rer, aus Bränefte, ftrenge Verwaltung hervor, welde die Zollpächter
flüchtete, bon Octavian 43 v. E. — zu Bru⸗ veranlaßte, ihn anzuklagen. Er wurde verurteilt
tus und verfeindete ſich in deſſen Lager mit Horaz, (92) und verlebte den Reſt ſeines Lebens unter
wiſſ enſchaftlichen Beſchäftigungen zu Myutilene,
ſpäter zu Smyrna. Cic. Brut. 22, 85. Rab. Post.
10, 27. fin. 1,3, 7. Ausgezeichnet war er als
Nedner, und er erregte noch in jpäterer Zeit durch
feine Reden Bewunderung. Suet. Oct. 89. In
Smyrna jcheint er eine Schrift über die Ereignifie
jeines Lebens (de vita sun) abgejaßt zu haben
(Tae. Agr. 1); in griechiſcher Sprache ſchrieb er
eine römiſche Geſchichte; auch juriftiiche Schriften
werden ihm beigelegt. Bol. Peter, hist. Rom.
rel. I p. 187 ff. — 3) ®. Rut. Yupus, verlor
als Konjul des 3. 90 v. C. Schlaht und Leben
gegen die —— en unter Vettius Cato
App. b. c. 1, 40 ff. — 4) P. Rut. Lupus, Bolts-
tribun 56 v. C., — des Pompeius, floh
vor Cãſar aus Stalien und verivaltete 48 im Auf:
trage des Pompejus die Provinz Achaja. Caes.
b.c. 3,55. Cic. ad Att. 9, 1,2. ad fam. 1,2, 2.
Rusticus, ein römijcher Beiname, der fi) bald | — 5) P Rut. Lupus, ein "römischer Rhetor, j.
bei Fabiern, bald und vorzüglid bei Juniern | Lupus. — 6) Claudius Nut. Namatianus,
findet. Der bedeutendfte ift 1) der Stoilfer Ju- ſ. Namatianus.
nius Nufticus, der Führer und freund des; Rutüli, ‘Povroväos, italiſche Bölferjchaft im
Marc Murel, von dem er mehrere Male zum Kon: | nachherigen Latium, mit der Hauptjtadt Ardea,
julate defigniert wurde. Auch das Amt des Stadt: | von den Römern unterworfen; feitdem verjchtwindet
präfeften befleidete Ruſtieus. — 2) f. Junii, II, ihr Name aus der gg Liv. 1,57. Verg. 4.
c, 7. — 3) f. Fabii, 27, 17, 409. 791. 10, 108 u. 6. Strab. 5, 228 f. 231.
der fich dafür . eine luftige Satire (1, 7) ge-
rächt haben joll.
Ruscino, ö ‘Povoxivor, Fluß im narbonen-
fiihen Gallien, entjpringt auf den Pyrenäen und
fließt öftlich in den Galliihen Buſen. Er hieß
auch Telis, daher der j. Name Tet. Eine Stadt
Ruſcino lag an demjelben, j. Eaftel Rouffillon.
Liv. 21, 24. Strab. 4, 182,
Rusellae, “Povsiklaı, früher nicht unbedeu-
tende Stadt Etruriens, eine der 12 Bundesjtädte,
auf einer Höhe an der Aureliſchen Straße öſtlich
von Lacus Prelius gelegen, wurde von den Rö—
mern erobert und — ohne doch bedeutend
zu werden. Liv. 10, 4. 37. 28, 45. Noch jept find
die folofjalen, aus unregelmäßigen Duadern be:
—— Mauern beim Dorfe Moſeone in der
tähe von Rojelle, im Umfange von 10 000 Fuß,
jaft ganz erhalten.
S.
Saba, Ziße, Zißer, Hauptjtadt der Sabäer| Sabaei, Zapaioı, ein bedeutendes Volt im CR.
im glüdlihen Arabien, auf einem waldigen Berge; | des glüdlihen Arabiens, im Heut. Jemen, nörb:
jpäter Mariaba, j. Marib gen. Bis hieher drang | lid) von den jpäter mehr genannten Homertai.
lius Gallus bei feiner Unternehmung (24 v. E.)| Ihr Land ift an der Küfte glühend heiß und öde,
vor, konnte aber gegen die mächtigen Mauern mit | war aber im Innern gut bewäfjert und reich an
jeinem jehr geichwächten Heere nichts ausrichten | Edelfteinen, Zimt, Myrrhe, Baljam und bejonders
und mußte den Rüdzug antreten. Diod. Sie. 3,47.|an Weihraud. Mit yelen Produkten trieben ſie
Strab. 16, 778, 780 ff. lebhaften Handel nach Agypten, Syrien und Meſo—
—
Sabakon — Sabini.
potamien, wie nach Dftafrifa und Indien, und
galten für das üppigfte Bolt der Erde. Wenn
auch die Schilderungen der Alten (Diod. Sie. 3, 46 f.)
übertrieben fein mögen, fo geben doch die erheb—
lihen Refte von Mauern und Türmen, Tempeln
und Wafjerbauten nocd heute redendes Zeugnis
von der einftigen Pracht. Strab. 16, 768, 778, 780.
Hor. od. 1, 29, 3.
Sabäkon, Sabäkos, Zaßaxor, -wg, ift bei
Herodot (2, 137 ff. 152) und Diodor (1, 65) der
Nepräfentant der 3 Könige des aithiopiichen Reiches
von Napata, welche 723—672 v. E. auch Agypten
beherrijhten und dadurch mit der bordringenden
Macht der Afiyrer in Berührung famen. Bon
andern Schriftftellern werden bdiejelben richtiger
jo unterfhieden: 1) Sabakos (Sabala) 728—
716, der 720 bei Raphia von Sargon geichlagen
wurde; 2) Sebichos (Sabatafa, der So oder rich—
tiger Seve des A. T.) 716—704, der 711 bei
demjelben um Frieden nachſuchte; 3) Tarakos
(Zaharfa, im U. T. Tirhafa) 704—672, der 701
bei Altafu gegen Sanherib kämpfte und jo zu
deſſen Rückzug beitrug (vgl. Hdt. 2, 141), aber
672 vor Niarhaddon das Land räumen und fich
nad Withiopien zurüdziehen mußte.
Sabatini, campanijche VBölterjchaft an dem Fluß
Sabatus, j. Sabbato, einem Nebenfluffe des in den
Volturnus fallenden Calor. Liv. 26, 33. 34.
Sabatinus lacus, feiner See in Etrurien nahe
ber Straße von Coſa nad) Rom; j. Lago di Brac:
ciano. Strab. 5, 226. Colum. 8, 16. Frontin,
aquaed. 71.
h — ſ. Dionysos, 5. und Rhea Ky-
ele.
Sabbäta, Zußßera, oder Savo, Stadt an der
liguriſchen Küfte, weitlih von Genua, galt als
Grenze der Meeralpen und des Apennin; j. Sa:
vona. Strab, 4, 201. Liv. 28, 46. Eine geogra:
phiiche Meile füdwejtlich davon lag der Hafenort
Vada Sabbatia, noch jeßt Porto di Bado. Strab.
4, 202, Cicero (ad Brut. 2, 10) hat nur Vada.
. Sabelli j. Sabini.
Sabi, Zaußov Baoıleda, ein Meines, nad) ſei—
nem SHerricher benanntes Reich auf dem Wejtufer
de3 unteren Jndos. Curt. 9, 8, 13. 17. Die Haupt:
ftadt hieß nad) Arr. 6, 16, 4 Sindimana.
Sabina, 1) Gemahlin des Kaiſers Hadrian, ſ.
Hadrianus. — 2) j. Poppaei, 3. 4.
Sabini, Zaßivor, gehörten zur Urbevölferung
Mittelitaliens und bildeten einen Zweig bes ita=
liihen Stammes der Jndogermanen, zu welchem
einerjeits die Latiner, andererjeit3 die Umbrer
und die Samniter mit verwandten Völlern ge:
hörten. ihre ältefte befannte Heimat lag in den
Hocthälern der höchſten Apenninen, am Aternus
bei Amiternum, von wo aus jie nach Picenum,
Reate u. ſ. w. wanderten, über das Belinusthal
bis zum Tiber und Anio, gegen Südoften (zwijchen
die Latiner, quer, Boljfer ſich eindrängend) bis
um Liris, wo der Stamm der Herniler von
ihnen abgeleitet wird. Zu dem Stamme der Sa:
biner gehörten die Heinen Bölferfchaften der Marier,
Marruciner, Päligner, Beftiner, die unter dem
Namen der Sabelli begriffen werden. Die eigent-
lihen Sabiner verbreiteten fich jeit 450 v. E.
unter dem Namen der Samniter (Lavvira —
Sabinitae, auf ojfijhen Münzen Safıineis —Sabini)
erobernd über das ojfiihe Süditalien, mo fie die
1055
oſtiſche Sprache annahmen und fich mit den Be-
wohnern verbanden. ag ſüdlichen Pflanzvölfer
gaben ſich fjpäter auch den Namen Gabelli,
welcher Name daher von den Neueren zwedmäßig
auf den ganzen Stamm ausgedehnt wird, für
welchen der hiftorifch enger begrenzte Name der
Sabiner weniger paßt. Troß der mannigfachen
Wanderungen haben ſich doch gewiffe allgemeine
Grundzüge des Bollscharafters erhalten. Die ©.
waren ein kräftiges, mit vielem Fleiße Aderbau
treibendes Volk, das ſich durch die mühevolle An—
ftrengung des Feldbaues aud) zum Kriege abhärtete,
jo daß Cicero (Lig. 11, 32) ſie fortissimos viros,
florem Italiae ac robur reipublicae nennt; vgl.
Hor. od. 3, 6, 38. Damit hing zufammen Ein-
fachheit der Lebensweije, verbunden mit religiöjem
Sinne (Hor. od. 3, 6, 73. ep. 2, 1, 25); befannt
waren die jabelliihen Wahrjagerinnen (Sabella
anus, Hor. sat. 1, 9, 29. epod. 17, 28). — Mit
ber Wanderung des Bolles hing die Sitte des
ver sacrum d.) zufammen. Nur im Felde
lee das freiheitliebende Vol einen allgemeinen
Führer (Embratur). Der daraus entipringende
Mangel an ftaatliher Einheit madhte den Römern
den Kampf gegen diefen Stamm weit leichter, als
es fonft bei der Tüchtigfeit des Volkes der Fall
eiwejen fein würde. Nachdem jchon zu Romulus'
dei (Raub der Sabinerinnen) Teile des Volkes
ih mit den Römern verbunden hatten (Liv. 1, 9),
wurden die übrigen Sabiner, minder kriegeriſch
al die Sabeller und Samniten, nad einigen
Kämpfen ſchon 448 v. E. für lange Zeit (158 Jahre)
befiegt und dann 290 v. E. von M'. Eurius Den:
tatus unterworfen (Liv. 1, 30. 2, 16. 31. 53.3, 26,
epit. 11) und erhielten im J. 268 das volle Bür—
errecht. Auch die andern jabelliihen Stämme
chloſſen bald Bündnifje mit Rom, dem fie erft im
Bundesgenoffenkriege (91—88 v. EC.) wieder un:
etreu wurden, ber mit Unterwerfung der jabelli:
chen Stämme und Erteilung des Bürgerrechts
endete. Nur die Samniten hatten den Krieg faft
ununterbrochen fortgejegt (Liv. im 7. 8. 9. Buch),
bis —— nach 24 Triumphen Sulla 82 v. C.
vor den Mauern Roms durch Beſiegung des Pon—
tius Teleſinus ihre Freiheit für immer vernichtete;
die verödeten Ortſchaften wurden mit römiſchen
Freigelaſſenen bevöllert. Zu Strabons Zeiten war
der Fame der Sabiner und Samniten jchon faſt
gänzlich) verſchollen. Strab. 5, 249. — Das von
ihnen bewohnte Land führte eigentlich nie einen
gemeinjamen Namen, denn Samnium (Liv.
7, 32. 34), Samnis (Liv. 24, 20; Zavvirıg, Pol.
3, 90) bezeichnete eigentlich doch nur einzelne
Diftrifte, befonders den ſüdweſtlichen Teil vom
Sagrus und Liris abwärts; Sabina (1 Zupivn)
ben Teil im NW. zwijchen Latium und Umbrien bis
zur Örenze der Beftiner. Das Land war rauh und
ebirgig durch den Apenninus und wurde Durch:
trömt von den bei Jtalien (j. d.) genannten Flüſſen.
Das Ih bevölterte Land hatte nur wenige Städte,
meift offene Flecken. In dem eigentlichen Sabiner:
lande lagen die Städte Amiternum, Baterjtadt
des Salluft, Reate, Heimat des Varro, Nurfia,
Eutiliä, Eures, Eretum, Nomentum, a:
lacrina, leteres Baterftadt des Beipafianus. In
Samnium wohnten im N. die Saricini ober
Garaceni mit den Städten Bovianum vetus G.
Bietrabbondante, der Mittelpunkt des ganzen Stam:
154
1056
Sabini — Sacra.
me3), Aufidena und Aquilonia; die Pentri mit 3) Mafurius Sab., aus Verona, Schüler des
fernia, Venafrum, Bovianum Undecimanorum | Eapito (j. Ateii, 2. und Juris consulti), lebte
(j. Bojano), Tifernum; die Caudini mit Cau- | unter Tiberius und Nero, verfaßte zahlreiche juri:
dium, Allifä, Telefia, Maleventum (Beneventum);
die Hirpini mit Equus Tuticus, Mclanum, Aqui-
lonia, Compſa. ©. d. einz. Art.
Sabini wird ald Landgut des Horaz nur Hor.
od.2, 18, 14. 3, 4, 21 mit Namen genannt, und
zwar in der Pluralform (vgl. Tuscı, das Land—
gut des jüngern Plinius, Pin. ep. 7, 6), wogegen
die herkömmliche Form Sabinum feine Belegftelle
aufzuweifen hat. Das horazifche Sabini war ein
Geſchenk des Mäcenas, es lag im Sabinerlande
nördlih von Tibur. Horaz bejchreibt e8 ep. 1,
16, 1—14; er 2 dajelbft einen Verwalter nebft
8 Sklaven zur Hgg des Aders, sat. 2, 7,218.
Außerdem gehörten zu dem Gute noch 5 Bauern:
höfe (coloni, ep. 1, 14, clientes, od. 2, 18, 24).
Sie wohnten in einem Dorfe (pagus, od. 3, 18,9),
das am Abhange des Digentiathaled lag und den
Namen Ustica hatte (od. 1, 17, 9). Ein Wald
(Haedilia, od. 1, 17, 9) gehörte zu dem Landgute
(od. 1, 22, 9). In der Nähe der Rilke (sat. 2, 6,2)
entiprang ein Marer, kühler Quell (ep. 1, 16, 12)
(jet fonte bello), der mit andern Meineren ben
Bad, Digentia (j. Licenza) bildete (ep. 1, 18, 104),
an beffen Ufern bei feinem Austritt aus dem
Thale das Meine Dorf Mandela (jet Bandela
oder Bardela) lag (ep. 1, 18, 105). Dieſer Quell
joll nach dem Scholiaften des Eruquius der Ge—
genftand ber lieblichen Ode 3, 18 (fons Bandu-
sine) jein; weil jedoch aus einer Urkunde des
Jahres 1103 erhellt, daß eine fo benannte Quelle
in der Nähe des Geburtsortes des Dichters Ve—
nufia entiprang, jo haben neuere Erklärer ge:
mutmaßt, Horaz habe den Namen auf jeine
Duelle übertragen. Die nahen Berge, namentlich
Lucretilis, machten Sabini zu einem erfrifchenden
Sommteraufenthalt (ep. 1, 10, 15. 16, 8. od. 1,17).
Sabiniäni j. Sabinus, 3.
Sabinus, der Name mehrerer römischer Schrift:
fteller, unter denen 1) Sab. als Zeitgenoffe des
Dichters Ovidius uns aus 2 Stellen desjelben be-
fannt ift. Aus am. 2, 18, 27 erhellt, daß fich
Sabinus, durch das Beifpiel feines Freundes an-
geregt, mit der Abfafiung von Antworten auf bie
von jenem gedichteten Heroiden beichäftigt und
folche geliefert hat, daher man ihn fonjt wohl für
den Verfaffer der legten 6 ovidischen Briefe ge:
halten hat. Nach Ovid (er Pont. 4, 16, 13 ff.) bat
man ihm auch ein Gedicht Troezen (Heimat des
Thejens und des Hippolyt) und ein opus dierum,
etwa wie die "Epya des Hefiod oder die Georgica
des Vergil, zugeichrieben. Erjteres ift freilich un-
jiher, da Troezena a. a. D. nur eine Konjektur
von Heinfins für das handſchriftliche — ne
it; bei dem zweiten ift vielmehr an eine Fort: | und der Se
Bilde und antiquarifhe Schriften und gab der
echtsfchule der Sabinianer den Namen, von
Plinius unter den Quellen des fünfzehnten Buches
der nat, hist. und von Gellius an unzähligen
Stellen der noctes Atticae erwähnt. — Außerdem
ift zu nennen 4) Julius Sabinus, ſ. Julii, 18,
— 5) Nymphi ius Sabinus, |. d.
Sabis, Zcßıs, j. Sambre, linker Nebenfluß der
Mofa (j. Maas) im Gebiete der Ambiani in Gal:
lien. Caes. b. g. 2, 16. 18.
Sabräta, Zaßgare, Gründung der Phoinifer
in der Regio Syrtica, 49 römiſche Meilen weft:
lich von Da (dem heutigen Tripoli), bildete mit
Da und Leptis Magna die Negio Tripolitana; j.
Zoara, italienisch Tripoli Vecchia. Suet. Vesp. 3.
Sabrina, Fluß an der Weſtküſte Britanniens,
ij. Severn. Tac. ann. 12, 31.
Saccus heißt im allgemeinen ein Sad von
Leinewand zur Aufnahme von Getreide oder Mehl,
auch ein großer Geldjad, durch weldyen Ausdruch
dann ungeheurer Reichtum angedeutet wird (Hor.
sat. 2, 3, 149. 1, 1, 70), während sacculus dann
ben Begriff des geringen Vermögens in fich ſchließt
(Catull. 13, 7. Juv. 14, 138). Saccus vinarius
war ein Worb, Sieb oder Durdichlag von Binjen
oder Ruten in Form eines umgefehrten Kegels,
zum Filtrieren des Weins; dazu diente auch das
colum (ſ. d.). Saccus nivarius war ein Stüd
grobes Zeug, das von den Ärmeren anftatt des
colum nivariam gebraucht wurde; man legte das
Beug mit einem Schneeflumpen über das Gefäß
und goß dann den Wein auf den Schnee, der jo
durch das Zeug in das Gefäß filtriert wurde.
Mart. 14, 104.
Sacellum, ein Heiner eingeichloffener, aber un-
bededter, einer Gottheit geweihter und mit einem
Altar verjehener Ort
Sacerdos f. Licinii, G.
Sacerdötes ſ. Priester.
Sacer mons, einzeln ftehender Hügel am rech—
ten Ufer des Anio vor feiner ———— mit
dem Tiberis, 3 Mill. von Ron an der Nomenta—
niichen Straße, berühmt durch die Seceijionen der
römischen Plebs, 494 und 449 v. C. (. Secessio).
Liv. 2, 32. 3, 52, Dion. Hal, 6, 45, App. b. ce.
1, 1. Jetzt führt der Berg feinen Namen, doc)
BR auf feiner Spite der Torre di Specchio; er
ft nad) dem Fluffe zu ſteil.
Sacra, gottesdienftlihe Handlungen, Ceremo:
nien, befonders Opfer (sacrificia), an bejtimmten
Seiten und bei bejtimmten Heiligtümern. Die Auf:
fiht über diefelben, über ihren Fortbeſtand, ihre
und Abftellung, hatten die Pontifices
nat. Sie zerfielen in sacra publica
ſetzung der ovidiſchen Fasti zu denfen, die aber /und s. privata. Die s. publica waren folce,
nicht zur Vollendung gediehen ift. Geftorben i
er in noch Fräftigem Alter, nach dem J. 11 v. E.
Während man ihm früher 3 noch vorhandene
Briefe in elegiſchem Versmaße zugejchrieben hat,
die in der ed. prince. des Ovid zuerſt erfchienen
|
welche für das ganze römische Wolf von den
Priejtern, Magiftraten, Senat und ®olf, oder
wenigſtens einem Zeile des Volles begangen und
unmittelbar von den Bontificed geleitet wurden,
und deren Aufwand der Staat beitritt. Zu diejen
find, ift jeßt fein Zweifel mehr, daß diejelben von | gehörten die sacra der Enrien, und zwar die in
Angelus Quirinus Sabinus, einem Gelehrten in | den Eurien und durch die Eurionen gefeierten,
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, um 1467, die Fornacalia, Ouirinalia, Argeen, ferner die der
verfaßt find. — 2) Julius Sab., Rhetor und | Tribns, nämlich die Compitalia und PBaganalia
Zeitgenoſſe des älteren Seneca (contror. 4, 27). —
-
und das Feſt Septimontium. Diejenigen sacra
Sacra via — Sagittarii.
publica, welche durch das ganze Volt, nicht bloß
von einem Zeile desjelben für das Volk begangen
wurden, hießen sacra popularia. — Die sacra
rivata, bejonderen Brivatgenofjenichaften eigene
—* und Heiligtümer, wurden nicht aus öffent:
lichen Kaſſen beftritten, und ihre ÖOpferftätten
waren vix sneri (sacer, unter Öffentlicher Aufto:
rität den Göttern geweiht), aber vor den Ponti-
fices gelobt und von ihnen anerfannt. Yu ihnen
gehörten: 1) bie sacra gentilieia, ſolche, die
von einer ganzen gens beftritten und gefeiert
wurden. Die Bontifices hatten dafür zu jorgen,
daß fie nicht vernachläffigt wurden oder ganz ein:
ingen, weshalb, wenn eine gens ausftarb, eine
rrogation vor den Eurien unter Buziehung der
Pontifices oder eine Adoption vor dem Prätor
ftattfand, wodurch der Adoptierte mit dem Gentils
namen zugleih die sacra gentilicia annahm.
Diefe von den Gentilen ſelbſt bejorgten saera be:
jtanden in jährlich an bejtimmten Tagen und an
beftimmten Orten zu feiernden Opfern und Feſten,
an denen alle Gentilen teilzunehmen verpflichtet
waren. Die Beiträge zu folchen sacra und zur
Erhaltung der heiligen Gebäude konnten die gen:
tiliciſchen sacra foftjpielig machen, weshalb man
ſich ihrer in jpäterer, irreligiöfer Zeit auf ver:
ichiedene Weije zu entledigen fuchte, 5. B. durch
Manumiffion und Adoption von Sklaven, durch
Coemptio, Scheinverfauf und Erbſchaft an Greije,
beionderd aber durch die detestatio sacrorum,
indem Einer durch Wrrogatio aus jeiner bishe:
rigen gens ausſchied und damit von deren sacra
entbundeft wurde. Die s. gentil, wurden zum
Teil auch s. gentil. publica, wenn der Staat
1057
| überhaupt, namentlich —* des Kaiſers,
Störung des Kultus u. ſ. w. In der älteſten Zeit
wurde saerilegium von dem Parricidialgericht ab⸗
geurteilt. Cic. legg. 2,9. Die lex Julia de pe-
culatu bedrohte das sacrilegium wie Peculat mit
aquae et ignis interdictio, welche bald in depor-
tatio überging. Unter den Kaiſern wurden man:
gi Ion andere Strafen verhängt.
portus, Ort in Latium in unbeftimmter
Sage, wo der jüngere Marius eine Niederlage
erlitt. Vell. Pat. 2,26. Flor.3, 21. App. b. e.1,87.
Saerovir, Yulius, ein gallifcher Häuptling,
j. Julii, 16.
Saerum Promunturium, ro ice» dxpworij-
e:0v, Name mehrerer TE 1) die Sübmweft:
ipige von Hiſpanien, &t. Bineent. Strab.
8,148. — 2) Südoftfpipe von Hibernia, j. Garn:
iore. — 3) Nordoſtſpitze von Eorfica, j. x Eorio.
— 4) Weitipite des Stragos in Lylien, zwiichen
Zantho8 und Telmifjos, j. 8. Iria oder Jedi
Burun. — 5) Borgebirge an ber Süboftipige von
—— den Chelidoniſchen y. gegenüber (Sie:
ron oder Chelibonion) j. Khelidoni. ab
14, 666. — 6) Borgeb. in Pontos zwiſchen Sera:
ins und Hermonafja, j. 8. Yoros.
Sadökos, Zadoxog, Sohn des thraliichen Königs
Sitalfes, wurde mit dem athenij Bürgerredhte
beichentt, weil er ein Bünbnis Athens mit jeinem
Bater vermittelte, 431 v. C. Als im folgenden
Jahre die Korinther den Verſuch machten, diejes
Bündnis aufzulöjen, überlieferte er die Gejandten
ben Athenern. Thuc. 2, 29. 67.
Sadyattes, Zaövareng, Sohn des Ardys, König
bon Lydien, nach Herodot 629—617, wahrjcheinlic)
die sacra einer gens jelbft übernahm, ihr aber jedoch 615—610 v. E., hatte. mit den Kimmeriern
das Priejteramt derjelben überließ. Ein foldes zu lämpfen und verfuchte Milet zu unterwerfen,
Prieftertum war alfo ein erbliches sacerdotium | hinterließ aber feinem Sohne Alyattes beide Auf:
publicum; jo hatte die gens Aurelia das öffent:
liche Briejtertum des Sol, die Nautier das ber
Minerva, die Yulier das des Apollo. — 2) sacra
familiarum, beftehend in dem Dienfte der Yaren,
Benaten, Manen, Senien, oder durch Gelübde ent:
ftanden, bie gm Wohl der Familie gethan waren.
Die nächte Aufficht darüber hatte der Familien:
vater. — 3) sacra singulorum hominum,
die ſich auf beſondere Ereignifje Einzelner oder der
Familie bezogen, wie Geburtstage, VBermählung, |
Begräbnis, die Tage der Saat und der Ernte
u. dgl. Nach der Zeit ihrer Abhaltung waren bie:
sacra entweder annua oder menstrua, stativa,
non stata oder indictiva (conceptiva, impera-
tiva), repentina u. j. w.
Sacra via j. Roma, 2.
Sacramentum, 1) der Soldateneid, j. Dilec-|
tus militum, 9. — 2) die von den Barteien
bei der legis actio sacramenti vorweg nicderzu:
fegende Geldjumme, welche dem Gemwinnenden zu: |
rüdgegeben wurde; die urjprü
Zweden beftimmte Summe des
ipäter dem Ararium überwiejen.
Sacrarium, dic Kapelle, Hausfapelle (aud) la-
rium genannt) ‚und im weiteren Sinne das Heilig:
tum überhaupt.
Sacrificia |. Opfer.
Sacrifleülus ij. Rex sacrificulus,
Saerilegium (von sacra und lezere, d. i. fu-
rari), eigentl. Tempeltanb; aber in ber Raijerzeit |
belanı das Wort eine weitere Bedeutung alt Frevel
Realleriton des Haff. Altertums. 7. Aufl.
gi zu religiöien
erlierenden wurde
gaben noch ungelöft. Hat. 1, 16 ff.
Saeculäres Indi j. Spiele, 5.
Saepinum, Zalzıvov, ober Sepinum, Stadt
‚in Samnium, nörblih von Beneventum, noch j.
| Sepino, nahe dem Fluß Tamaro. Liv. 10, 44.
| Snetäbis, Zuraßis, 1) Fluß im tarraconen:
—* Hiſpanien, weſtlich vom Sucro, wahrſchein⸗
lich der jetzige Alcoy, nach a. Mijares oder Cenia.
— 2) Stadt der Eonteftaner im tarraconenfichen
Hijpanien, jüblih vom Sucro, römiſches Muni-
cipium und durch Flachsbau und Webereien be:
fannt; j. Jativa. Catull. 12, 14. 20, 44. Strab.
3, 160.
Sugalassos, Zuyalaooog, bedeutende Stadt
Pifidiend, eine Tagereiſe jüdlih von Apameia,
deren Einwohner als die tapferften bes Landes
befannt waren. Ruinen am Abhange eines Berges
eg ev bei Agblafun. Liv. 38, 15. Strab.
12,
— perſiſch Aſagartija, wildes No:
madenvoll iraniſcher Abkunft in dem waſſerarmen,
ſteinichten Gebirgsland ſüdlich von Parthyaia, doch
von Herodot auch als ein Stamm in Perſis ge—
nannt. Hadt. 1, 126. 8, 98. 7, 85.
Sagitta, ötarog, 1) i. Waffen, 11.
Sternbilder, 5.
Sagittarii, roßsree, 1) eine Abteilung von
Leichtbewaffneien, welche Bogen und Pfeile führ:
ten. Sie finden fi ſowohl bei den afiatijchen
Völkern, al® bei den Griechen und Römern; vgl.
| Waffen, 11. — 2) j. Sternbilder, 8.
67
— 9) f.
1058
Sagmina j. Verbena.
Sagra, Zdyeas (j. Mlaro ?), Küftenfluß in Bruttii,
|
Sagmina — Salapia.
volk im öftlichen Skythien, in der Steppe und ben
Gebirgen am oberen Jarartes, jüdöftlich von dem
der zwijchen Lofroi und Raulon ins Jonische Meer ; Mafjageten, wahricheinlich von iranijcher Abkunft;
fällt, berühmt durch das Treffen, in dem 120 000
Krotoniaten von 10000 Lokrern geichlagen wur:
den. Daher entjtand ein Spridywort, deſſen Cicero
(n. d. 8, 5) gedentt. Vgl. daſ. 2, 2. Just. 20, 3.
Strab. 6, 261.
Sagrus, Zdyoos, Fluß in Mittelitalien, der
das Gebiet der Trentaner und Päligner trennte,
j. Sangro. Strab. 5, 242.
Sagum, der lange, wollene Soldatenmantel,
welcher den Gegenjag zu der friedlichen Toga
bildete (daher sagati und togati). gl. Klei-
dung, 10,
Saguntia, Zayovrzi«, auch Segontia, 1) Stabt
im wejtlichen Zeile von Hijpania Bätica, füdlich
vom Bätis, j. Zigonza. Lav. 84, 19. — 2) Stadt
der Arevaci im tarraeonenfischen Hiſpanien, fd:
öftlih von Clunia am Mons Solarius; j. Si—
guenza am Henaresfluß. App. b. c. 1, 110.
Saguntum, Zdyovvrov, oder “DS, Stabt ber
Sebetaner im tarraconenfischen Hifpanien, am Fluß
Ballantias (j. Palancia), nördlih von Balencia,
nicht fern (7 Stadien) von der Oftküfte, durch ihren
Land: und Seehandel, wie durd die fruchtbare
Umgegend wichtig und bedeutend, galt als eine
Gründung der Griechen von Zalynthos, zu denen
ſich ſpäter Rutuler aus Ardea ** hätten. Strab.
3,159. Die in dem römischefarthagiichen Friedens:
ichlufie von Rom beihüßte Stadt (Pol. 3, 30)
wurde, nachdem fie ſchon jeit Herbſt 219 von den
Turdetanern befriegt worden mar, von Hannibal
angegriffen und nad heldenmüti iger Berteidigung
(wahrjcheinlich im Sant 218 v. E.) erobert (Pol.
3, 295. Zar. 21, 6—15) und meiſt zerftört. Dies
gab den Grumd zum zweiten punijchen Sriege.
wurde bald den Karthagern von den Nömern
wieder entrifjen und glänzend wiederhergeſtellt,
jowie zur Kolonie erhoben. Liv. 24, 42. 28, 39,
Belannt waren die dafelbft verfertigten zierlichen
Becher und die Feigen der Umgegend. Ruinen
finden fich. bei dem heutigen Murviedro (offiziell
Sagunto).
Sals, Zdig, bedeutende Stadt in Unterägypten
am rechten Ufer des bolbitiichen Nilarmes, nord:
öftlich von. Nanfratis; j. Sa el:Hager. Said war
mehrmals die Hauptitadt des ganzen Landes, na:
mentli unter der ſechsundzwanzigſten Dynaftie
(Plammetichos, Neo, Amaſis), welche ſich —
ihre Burg und ihre Gräber errichtete und
Tempel der Neith, der Lolalgöttin von ©., durch
Prachtbauten. har ee Auch das Grab des
Oſiris wurde in ©. gezeigt. Ferner war die Stabt
eine von den Griechen, wie Solon und Herodot,
vielbejuchte Stätte der Pricfterweisheit. Bon S.
läßt die Sage den Kekrops, ben Gründer von
Athen, ausgehen. Hdt.2, 59. 62.169 f. 175. 3, 16.
Strab. 17, 802.
Sakädas, Zaxddas, aus Argos, berühmter
Muſiker in der erften Hälfte des 6. vorchriftlichen
Jahrhunderts (f. Musica, 4.), fiegte dreimal in
den Pothien und .. elegiſche Poeſien ſowie
wein, darunter den berühmten auletiſche
Ilvdındg, der den Kampf des Apollon mit dem
Drachen Python —— Von ſeinen Dichtungen
en
hat ſich nichts erhalten.
Sakal, Zchace, mächtiges, aber rohes Nomaden:
m wönog |
zu demjelben gehörten auch die Stoloten, welche
um 620 v. C. Borderafien überjchwenmten (Hde.
1,103 ff. 4, 1). Die Berjer bezeichneten übrigens
mit „Saka“, wie die Griechen mit „Stothen“, alle
Wanderjtämme des Nordens, auch die Völler nörb-
lih vom Bontos. Die Salen hatten eigene Könige,
ftanden aber unter perfiicher Oberhoheit, waren
gut bewaffnet und bejonders ausgezeichnete Reiter
und Bogenjhügen. Um 165 v. C. eroberten jie
Baltrien; um 130 * ten ſie Drangiane, das
von da an Sakaſtane (j. Sedſchiſtan) hieß; dan
drangen fie auch an ben Indos vor und gründeten
dort 78 n. E. ein Reich, das bis ind 3. Jahrh.
beftand. Hadt. 3, 93. 7, 64. 9, 71. Arr. 3, 8,3.
11, 4. Strab. 11, 511 ff.
Sala, Zdias, 1) Fluß Germaniens, bie jegige
ſächſiſche Saale, welche der Elbe —— zwi⸗
ſchen ihr und dem us fand Druſus ſeinen
Tod. Strab. 7, 291. Dio Cass. 55, 1. — 2) Bei
Tacitus (ann. 18, 57) ift der nicht genannte Fluß
flumen gignendo sali fecundum, der die Grenze
wilchen Hermunduren und Chatten bildete, bie
Pantiice Saale. — 3) —— Flüfie in
Mauritania Tingitana an der Weftküfte, die in
den Atlantiichen Ocean fallen, der eine diesſeits
des Atlas mündend, j. Wed Bu Regreg, der andere
jenjeits, j. Beni Tamer. Nahe der Mündung des
erjteren Iag eine Stadt gl. N., in der Nähe bes
j. Sella, die ſüdlichſte Grenzftabt der Römer. —
4) Fluß in Hiſpania * zwiſchen dem Bar:
beſula und dem Fluß bei Malaca. — 5) Stadt
—— pe n Seria und Nertobriga, j.
Setida. — Außerdem lagen nod Städte d. N. in
Bannonien und Bhrugien
Salacia, römijche Göttin ber Salzflut,
ohen Meeres (von salum — As), von rn
tter des Triton. Andererjeit3 gilt dieſer Name
für einen Beinamen der Benus, als der aus dem
Meeresihaum entftandenen.
Salämis, — 1) nfel bei Attifa { d., 19.).
— 2) die wichti größte und feftefte Stadt auf
Kypros, in ber Ah ber Dftküfte am Flug Be
diaios, angeblich) gegründet von Teukros, Tela—
mond Sohn, u und nad der heimijchen Juſei und
Stadt genannt (Hor.od. 1,7,29. Tac. ann. 3, 62),
befannt durch den Sieg der Flotte des Kimon über
die Perjer, 449 v. E. Die durch ein Erdbeben
unter Eonjtantin dem Gr. größtenteild vermichtete
Stadt wurde wieder von diejem Herricher aufge:
baut und unter dem Namen Conjtantia Haupt:
ſtadt der Inſel. ng geräumiger Hafen fahte eine
ganze Flotte. Strab. 14, 682. Thuc. 1,112. Died.
dic. * 4 Bgl. Tesnoia Salaminia (2. Aufl.
1884
Salapfa, Zxlawie, jehr alte Stadt der ap:
liſchen Landichaft Daunia, nördlih von Gannä,
nad einer Sage von Diomedes, nach einer andern
vom Rhodier Elpias gegründet, übergab fich und
—— puniſche — im zweiten puniſchen Kriege
den Römern. Liv. 24, 20. Nachdem fie im Bundes:
—— niedergebrannt war (App. b. c.1, 52),
lieb fie unbedeutend, wozu nicht wenig ihre un:
gejunde Lage in fumpfiger Gegend beitrug, welche
die Bewohner jogar bewog, ihre Stadt zeitweilig
zu verlaflen (Cie. leg. agr. 2, 27). Ruinen beim
Salarium — Salinae.
j. Dorfe Salpi. — In ihrer Nähe lag ein bebeu:
tender See, palus Salapina, den M. Hoftilius
dur einen Durchſtich mit dem Adriatiſchen Meere
in Berbindung jegen und ſo zum Hafen der Stadt
machen ließ; 1. Lago di Salpi. Strab. 6, 284.
Salarium, eigentl. das Salzdeputat der Sol:
daten und Beamten, urjprünglic in Natur, dar:
auf in Geld gegeben, im weiteren Sinne jo viel
als stipendium und Bejoldung (Salair) der Statt:
halter und Arzte u. j. w.
Salassi, Zalacooi, ein keftiichsliguriicher Stamm
an der Duria im transpadaniſchen Gallien, der
jeine gebizgige Heimat jo hartnädig verteidigte,
daß endlich Auguftus ihn gang vermicdhtete, indem
er die Einzelnen entweder ald Sklaven verlaufte
(angeblid) 36 000, darunter 8000 ftreitbare Märmer)
oder in andere Gegenden verjeßte. Das Gebiet
enthielt ergiebige Goldgruben. Liv. 21, 28. epit.53.
Strab. 4, 203 ff. 208.
Saldae, Zdiödeı, bedeutende Küftenftadt in Mans
ritania, einst öftliche Grenzftabt des Reiches des
Bochus und Juba, jpäter die weftlichite Grenz—
ftadt der Provinz Sitifenfis, von Anguftus zur
Kolonie erhoben, das heutige Bougie am K. Gar:
bon. Strab. 17, 831.
Sale, Zain, thrafiihe Stadt an der Küfte in
ber Nähe von Doriflos. Hat. 7, 59.
Salentini (ober Sall.), Zulsrrivor, Völlerſchaft
auf der Südipige Calabriens, um das Borgebirge
Japygium her, welches auch 7 Zulsrrivov änpe
hieß. Cic. Rose. Am. 46. Mit der Bezwingung
der ©. (266 v. E.) war die Unterwerfung von
ganz Italien dur) die Römer vollendet. Dtrab.
6, 277. 381.
Salernum, Zdisovor, Stadt im jüdlichen Teile
Campaniens, am Päſtaniſchen Bufen; auf der Höhe,
an deren Fuß fie gebaut mar, lag ein Kaftell,
eastrum Salerni. Liv. 82, 29. Im 5. 194 v. €.
wurde ©. römijche Kolonie (Liv. 34, 45), verfiel
aber bann, bis es im Mittelalter (jeit dem 8. Jahr.)
zu hoher Blüte ftieg; noch jetzt Salerno. (Cor-
nifie.) ad Herenn. 4, 51. Hor.ep.1, 15,1. Strab.
5, 251.
Salgäneus, Zalyavevg, ober Salgända, be:
feitigter Flecken in Boiotien, jüddftlih von An—
thebon, auf einer Anhöhe am nördlichen Abhange
des Mefjapios und hart an der Küfte. Liv. 85, 37.
51. Strab. 9, 400.403. Die Stätte heit j. Soros.
Salli, 1) Tänzer, römijches Prieſterkollegium
bes Mars Grabivus, zerfielen in 2 Kollegien von
je 12 Berjonen. Die älteren, die von Numa ein:
geſetzt jein jollten N} Ancile; vgl. Or. fast.
latinus, die jüngeren, von Tullus Hoftilius ge:
1059
unter Geſang und Tanz das aneile in der Linfen
ichlugen. Liv. 1, 20. Diefe Umzüge mit den An—
cilien, zu Ehren des jtadtichirmenden kriegeriſchen
Gottes (j. Ares), wurden im Monat an ge:
halten. Am 1. März opferte der Pontifex Maxi-
mus dem Mars in der Regia, wo die heiligen
Langen und Ancilien fich befanden, und an den
—— Tagen ging der Zug über das Forum,
omitium und andere Öffentliche Plätze zum Ca—
pitol; alle Altäre und Tempel wurden umwan—
delt, und bie ftabtichirmenden Götter an ihren
Plätzen angerufen und durch Opfer geehrt. Jeder
Tag wurde Durch ein reiches Mahl (Saliares —
Hor.od. 1,a7, ↄff.) geiehtofien. Am 14. oder 15. März
waren die I. g. amuralien zu Ehren des
Mamurins, der die Ancilien gefertigt haben follte.
Sein Name ift verwandt mit Mar, Marmar,
Mamertiner. Sein Bildnis wurde an diefem Tage
‚der Prozeſſion vorgetragen und mit langen Stäben
eichlagen, er aber zuglei in Liedern gepriejen.
Hm 19. März, den feriae fortis Deae (Minerva
ober Neriene), wurde ber erg ber Göttin mit
Mars auf dem Eomitium mit Gefang und Waffen:
tanz gefeiert. In den Liedern, welche bei den
Prozeſſionen gejungen wurden (axamenta), ward
befonderd Mars angerufen und — aber auch
Janus, Jupiter Lucetius, Apollo, Juno, Minerva,
ercules, Mania u. a. Sie waren im ſaturniſchen
ersmaße abgefaßt und wurden von den älteren
Saliern gefungen, während die jüngeren den Tanz
anfführten. Verg. A.8, 285ff. Sie waren ihrer
Altertümlichleit wegen ſchon der eiceroniſchen Zeit
unverftändlid; und wurden ba fommentiert,
B. von Mius Stilo (Varr. 1.1.7, 2). Neuefte
usgabe der Überrefte von Zander (1888). —
Die j. g. virgines Saline bildeten fein eigenes
Kollegium; fie waren conductitiae und wurden
zu manchen religiöjen Berrichtungen der Salier
angegogen. — 2) ein Zweig der germanischen Völ—
erichaft der Franken, den wir zuerft auf der Ba—
taverinjel bei der Stadt Torandria finden, wo fie
Julian fchlug; ſpäter erjcheinen fie an der Maas,
bei den Chamaven.
Salinae. 1) Die Alten gewannen ihr Kochſalz
entweder aus Salzgruben, Salzbergwerfen (sali-
nae sc. fodinae, auch salifodinae), oder aus jal-
iger Flüffigfeit, aus dem Meere, Salzjeen und
—9* Quellen. Aus Flüſſigkeiten wurde das
Salz entweder durch Verbunftung, namentlich durch
die Sonnenhitze (“lomrjyıor, &lg mwenrrög), oder
and durch Abkochung gewonnen. Plin. 31, 7, 39.
' Die Gallier, Germanen und Hijpanier pflegten das
3, 259 ff.), hießen Palatini, weil fie auf dem Pa⸗
Waſſer der Salzaquellen über brennende Holzhaufen
zu gießen und berbampfen zu laflen, wodurch das
ftifteten, Agonales oder Collini, weil fie bei der | gewormene Salz freilich ſchwarz wurde. Tac. ann.
porta Collina auf dem Quirinalis ihre Opfer: | 18, 57. Vearr. r.r. 1,6. Plin.a.a. D. Die Athe-
jtätte hatten. Liv. 1, 20. 27. Un der Spitze des | ner hatten, obgleich —* ihre Seeherrſchaft Ge⸗
Kollegiums ſtand ein magister, dem der praesul
(Bortänzer) und vates oder praecentor an Würde
zunäcft ftanden. Die Salier wurden bloß aus nahe am M
den Batrieiern gewählt und hatten ein hohes An:
jehen. Sie trugen ein halb priefterliches halb
kriegeriſches Koftüm, eine geftidte Tunica und
darüber einen nen Bruftharniich, die toga
praetexta gabiniſch gejchürgt (j. Gabinus cinc-
tus), auf dem Haupte den apex (f. d.), ein Schwert,
legenheit gab, das Salz leicht einzuführen, eigene
Salzquellen und Salzwerfe jenjeits bes Ktephijos,
eereöufer. Bei den Römern Tegte
Ancus Martius das erfte Salzwerk in der Gegend
von Dftia anf den Salzwiejen neben dem Tiber
an. Lie. 1, 38. Plin, 81,7. Der Verkauf wurde
verpachtet, dadurch ging der Preis dieſes notwen:
digen Lebensbedürfniffes zu ſehr im die Höhe.
Deshalb konnte der Senat nach Abzug des Por—
einen Spieß, in der Rechten ein ehernes Stäbchen, | jenna von Rom das Volt dadurd für ſich gewin—
mit dem fie bei ihren Umzügen durch die Stadt nen, daß der Verkauf des Salzes zu billigen Preije
67*
1060
vom Staate übernommen (Zar. 2, 9) wurde. Im
I. 206 v. E. wurde eine Salzſteuer —
von der jedoch Rom frei blieb. Liv. 29, 37. Die
Salzwerfe in ben — * ven —
erpachtung utende
tum und gaben durch
Einnahmen. Wenn einzelnen der Betrieb der auf
ihrem. Grund und Boden liegenden Salzwerke
gegen eine Abgabe (wahricheinlich den Zehnten des
Ertrages) bewilligt wurde, jo durften fie doch nicht
durch niedrigeren Preis das Intereſſe der Staats- |
pächter beeinträchtigen. — 2) Snlinae (Zaliva)
findet ſich auch als Eigenname mehrerer Städte,
in deren Nähe fich Salzquellen befanden: a) Stadt
füdlich auf der Dftfüfte des römischen Britanniens ;
b) Stadt der Suetrii auf den Seealpen in Gallia
Narbonenfis; c) Ort an der Küfte von Apulien
zwiichen Sipuntum und Yufidena in der Nähe
der Salapina Palus (j. Salapia), j. Torra della
Salina; d) in Picenum am Fluß Saunus (gewiß
richtiger Salinus, j. Salino); e) in Dacien, das
heutige Torde; f) Salinae Herculeae, bei Hereu—
laneum in Campanien. Colum. 10, 135.
Salinätor j. Livii, 6. 7,
Salinum, das Salzfäßchen, concha salis bei
Horaz (od. 2, 16, 14).
Sallustii (nicht Salustii), ein plebejiiches Ge-
ichlecht, wozu gehören: 1) C. all. Erijpus,
der berühmte Hiftoriler (reram Romannrum flo-
rentissimus auctor, Tac. ann. 3, 30), aus Amis
ternum im Sabinerlande, geb. den 1. Oft. 86 v. C.
verlebte jeine Jugend in jorglojen Lüſten und gab
fich großer Verjchwendung und jogar groben Aus:
ſchweifungen hin. Gell. 17, 18. Im J. 52 wurde
er Bolfstribun und griff im diejer Stellung ben
Milo, weldher wegen verübter Gewalt angeflagt
war, und deſſen Verteidiger Cicero offen an.
Genjor Appius Claudius Pulcher ſtieß ihn aus
dem Senat, im J. 50, angeblich wegen Sitten:
lofigfeit, in Wahrheit wohl aus politiichen Grün-
den (Dio Cass. 40, 63), weil ©. es mit Cäſar hielt,
welcher ihn im 3. 49 zum Duäftor machte und
ihm jeine fenatorijche Würde zurüdgab. Dio Cass.
42, 52, Auch vertraute er ihm nad der Schlacht
bei Pharjalos ein Kommando in Illyricum an,
wo er indes eine Niederlage erlitt (Oros. 6, 15);
ipäter (47) war er als Proprätor in Afrifa glüd-
licher -und wurde von Cäſar zum Prolonſul ge:
Salinator — Sallustii,
erſte und ältefte ift fein Catilina oder de bello
Catilinse (weniger richtig de coniuratione Cati-
linae), nad Cäſars Tode befannt gemadht, im
weichem er, wohl gang bejonders neben Benußung
von verjchiedenen Werfen, das mitteilt, was er
als Beitgenofie erlebt hat, obwohl die Schrift micht
alle nötigen Mitteilungen enthält und die Abjicht,
Eäjar von dem Berdachte der Teilnahme an ber
Verſchwörung zu reinigen, deutlich hervortritt. Die
Sprache ift voll ferniger Gedanken, aber oft uneben
und nicht frei bon Berftößen gegen bie logijche
oder jprachliche Korrektheit. Mehr Rundung und
Vollendung, fowie größere Anziehungsfraft in
Form und Darftellung bietet des ©. zweites Wert,
jein Jugurtha oder bellum Jugurthinum, in wel:
chem er nicht nur die Ereigniffe des Jugurthini-
ſchen Krieges teild aus eigener Kunde, teils mit
jorgfältiger Benußung- älterer Quellen (4. B. der
Memoiren des Sulla, Scaurus und Rutilius
ſchildert, jondern uns auch einen tiefen Blick in
dad Leben der römiichen Welt und ber hervor:
ragenden Führer mit jcharfer, aber nicht unge:
rechter, oft meifterhafter Zeichnung eröffnet. Daran
ichließt jich jein drittes, reifites Werft, Historiae
in 5 Büchern, von Sullas Tode 78 v. E. bis
wahrſcheinlich zum Jahre 67 fort eführt, zugleich
eine Fortiegung von Sijennas Geſchichte Roms.
Außer mehreren bedeutenden Reden und Briefen
befigen wir von dieſem Werle leider nur nod
zahlreiche Bruchftüde. Abhandlung von Schnorr
v. Carolsfeld (1888). — Andere dem ©. beigelegte
Schriften find umecht, beſonders duae orationes
ad Caesarem de republica ordinanda, ohue Zwei:
fel Übungsftüde eines Rhetors, doch jpäteftens
aus dem 2. Jahrhundert, „beide unpraktiſch und
die Redeweiſe Sallufts nahahmend, zudem in
übertreibend arcjaiftiicher Orthographie”; ebenjo
die declamatio in Ciceronem, furz und rob, von
Duintilian gelannt und für echt gehalten, mebi
Ciceros angeblicher, ebenjo wenig echter Antwort.
— An ©. ift im ganzen die Treue und Wahr:
beitöfiebe zu rühmen, mit der er fich jeiner Auf⸗
gabe unterzogen Kant was er jelbjt denkt, wie er
gefinnt ift, das jpricht er mehr in Neben aus,
welche, ge dem Charakter der Redenben,
von ihm Darftellung eingewebt find. Mehr
bezwedt ©. damit aber aud nicht, er beabfichtigt
macht mit der Provinz Numidien (Oaes. b. Afr. | nicht, fie für wirklich von den Redenden geſprochen
8. 34. 97), wo ©. freilich arge Erprefiungen ver:
übte, um jeine Bermögensverhältnifje zu verbeflern,
jo daß er einer Anklage darüber nur durch Cäſars 10, 1, 101, Vell.
‚auszugeben. Bisweilen häuft er fie zu jehr. Muſter
in ber re ihm Thulydides (Quint.
t. 2,86), welchen er micht obne
Hülfe entging. Dio Cass. 43, 9; vgl. 48,21. Bon | Glüd, jelbft im —55* Ausdrucke, nachgeahmt
dem gewonnenen Ertrage legte er auf dem Quirinal
die horti Sallustiani an und faufte Cäjard Landhaus
bei Tibur. Nach —* Tode gab ſich S. ganz litte—
rariſchen Studien hin, in völliger Zurüdgezugen:
heit von Staatsgejhäften lebend, und jtarb am
13. Mai 35 (nad) einer andern Angabe 34) v. E.
— Die Alten werfen ihm vor, daß jein Leben
nicht mit den in feinen Schriften ausgeiprochenen
Geſinnungen im Einflange ftehe, und urteilen jehr
hart über ihn. Nach dem, wie er ſich in feinen
Schriften gibt, jheint jein Lebenswandel in jpäterer
Beit ein befjerer geweſen zu jein, und jo erflärt
fich jein Eifer gegen die Schlechtigfeit der Großen
(namentlich des Bommpeins) und eine gemwifle Nei-
gung, alles im ſchlimmſten Lichte zu betrachten.
— Wir befigen von ihm mehrere Schriften. Die
‚ einen altertämli
‚ Ausdrüden und men, der namentlih an Gate
hat. Seine Sprache iſt fräftig und hat nicht jelten
n Anſtrich (Sen. ep. 1, 114) in
erinnert und ber Darftellung eine gewifje Freier:
‚lichkeit verleihen joll; er ift oft büfter und jchwer,
'entiprechend den von ihm gejchilderten Ereigmifien
der ihrem Untergange ſich nähernden Republil,
wie auch dem jeiner eigenen Anfchaunng. Cie
fand deshalb, jowie ur = mancher Neuerungen,
ihon bei den Alten ( u bei Suet. Oct. 8.
gramm. 10) mannigjachen Tadel; doch ift ihm auch
von Alten wie Neuen hohe Anerkennung geworden,
und ſ. Schriften, namentlich die Historiae, wurden
‚von Livius, Valerius Maximus, Plutarch und
Caſſius Dio fleißig benutzt. ©. auch Exuperan-
tius. — Ausgg. von Kortte (17243 Abdrud
—
1061
1825 ff.), Havercanıp (1742; Abdruck 1828 f.), Ger: | machte wiederholte Feldzüge nad Syrien, nahm
lady (1823-—-1841, 3 Bdd., und mehrere Feinere | den König Hojea von Iſrael gefangen und begann
Husoe.) Kritz (1828, 1834, 1856, 3 Bdod. mit | die Belagerung von Tyros und von Samaria,
treffl. Kommentar; kleinere Ausg. 1856), Dietich | erlebte aber bei feiner von beiden mehr das Ende.
(1843, 1846; frit. Ausgabe 1859), Fabri (2. Aufl. | Samaria wurde genommen und das Reich Iſrael
1846); Schulandgg. von Jacobs (9. Aufl., von H. aufgelöft, auch Tyros unterworfen von Sargon
Wirz, 1886), Hinzpeter (1867), Kappes (1885) u. a. ; (Sarukin, im: Ptol. Kanon Agncavos, dgl. Jesuja
Zertandgg. von Bojejen (2. Aufl. 1862), Linker | 20, 1; 722—705), der aus einer Geitenlinie des
(2. Aufl. 1888), Gerlach (1856), Dietich (4. Anfl. | alten Königsgeichlechtes ſtammte und Aſſyrien auf
1882), Jordan (3. Aufl. 1887, der beite Text), | den Gipfel Ei Macht erhob. Er ſtieß zum erften:
Scheindler (1883), Prammer (1886), Eußner (1887), | mal mit Ägypten, mit den Königen Sabaton (}. d.)
Kappes (1887) u. a. Ausgg. des Catilina von und Sebichos zujammen, führte ebenjo glückliche
Herzog (1828), Dietich (1864), Schmalz (3. Aufl. | Kriege mit Armenien und Medien (Deioles, unter:
1889); des Jugurtha von Herzog (1840), Schmalz warf 710 Babylonien, das ſeit 721 wieder unab«
(2. Aufl. 1836). Gute deutjche Überjegung von hängig gewejen war, und empfing 709 die Hul-
Eleh (1866 ff. — 2) En. Sall., ein Freund digung der Könige von Kypros. Gleich tüdhtig
Eicerod, mit dem er in die Verbannung ging | war er ald Staatsmann und juchte das Reich durch
(Cie. ad fam. 14, 4, 6), war auch jpäter wicht | Einverleibung der eroberten Länder und Berpflan:
Salmakis — Salmydessös.
ohne Einfluß anf ihn (Cie. ad Qu. fr. 3, 4, 2f. ad
Att. 1, 11. 11, 11. 17. die. 1, 28, 59) und Sana |
ihn, die Bücher de re publica zu jchreiben ei
ad Qu. fr. ö, 1). — 3) Sall. Erijpus, Entel
einer Schwefter des Geſchichtſchreibers und von |
ihm adoptiert, aus dem Ritterſtande, in jeiner
Jugend durch Verſchwendung und Umgang mit
Libertinen berüchtigt. Hor. od. 2, 2. sat. 1, 2,48.
Reich durch die Erträgnifie aus Bergwerken und
herrlichen Gütern, zeichnete er fich jpäter aus durch
Geſchäftstüchtigkeit, Fyreigebigfeit und Prachtliebe;
jowohl bei Auguftus ald Ziberius ftand er in
enfehen, Er ftarb 20 n.E. Tac. ann. 1, 6. 2, 40.
3, 30. — 4) Erzieher des Kaijerd Julian, wurde
361 n. C. Befehlshaber der Leibwache und 363
Konful. Amm. Marc. 21, 8. 23, 1. — 5) Satur:
ninus Sall. Secundus, begleitete den Kaiſer
Julian auf jeinem perfiihen Feldzuge als prae-
fectus praet. orientis und jchlug nad) deſſen Tode
für fi, jowie nah Jovians Tode für fich und
jeinen Sohn den Kaijerthron aus. Obgleich er jelbft
nicht zum Ghriftentum übertrat, joll er doch dem
Julian die Verfolgung der Ehriften widerraten
haben. Später war er eine Hauptſtütze Balenti-
nians. — 6) ein Philofoph um die Mitte des
4. Jahrh. n. E,, lebte in Athen und Alerandreia
und verfaßte eine uns erhaltene Schrift meel Hear
rel adauov in 21 Kapiteln, worin er die Un:
fterblichteit der Seele und die Ewigkeit der Welt
gegen die Epikureer zu beweiſen jucht (herausg.
von Drelli, 1821).
Salmäkis, Zeiuenig, 1) j. Halikarnassos.
— 2) ſ. Hermaphroditos.
Salmanassar, Zeluaveodons, König von Ally:
rien. Das afiyriiche Reich, das jeit 1500 v. €,
neben und oft auch gegen Babylonien fich empor:
gearbeitet hatte, unter Salmanaflar J. (um 1330)
und Tiglath Bilefar I. (um 1120) eroßernd auf:
getreten und unter Miurnafirpal (884—-860), Sal⸗
manafjar II. (86024) und Rammanesnirari 111.
(811-—783) jchon zu bedeutender Macht gelangt
war, nahm unter Tiglath Pileſar III. (jeither
irrtümlich Il. gen.) oder Phul (745—727) einen
noch größeren Aufihwung. Er eroberte Syrien,
unterwarf Babylonien — vollſtändig und hinter⸗
ließ ein Reich, „das alle ſemitiſchen Kulturländer
und dazu die Ränder des lleinaſiatiſch-armeniſchen
amd des mebiichen Hochlandes umfaßte“. Sal:
manajjar IV. (727— 722), im Btolemaiiichen
Kanon (j. Ptolemaios, B, 11.) Ylulaios gen.,
jung widerjpenftiger Völker feiter zu organifieren.
it der Gründer der Norditadt von Ninive,
Dur:Sarufin (j.Ninos, IL). Schon unter San:
herib —— 705—681) ann wieder
das Sinken der Macht: er erbaute in Ninive 2
große Baläfte und umgab bie Stadt mit gewal:
tigen Mauern, hatte aber mit Babylonien und
Elymais viel zu, fämpfen, konnte 701 auf einem
Feldzug gegen Äghpten nichts ausrichten (j. Sa-
bakon) und wurde zuleßt von einem oder ziveien
jeiner Söhne ermordet. Eim anderer von ihnen,
Wiarhaddon (Acagddıwog im Ptol. Kanon, 680
—668), folgte; er bante das von jeinem Bater
, Drei Babylon wieder auf und eroberte 671
gupten. Unter Yiurbanipal (Eepdaraneilos
(i d.], 668 626), einem prachtliebenden Deipoten,
och auch eifrigen Sammler der Literatur, er:
jchütterte ein von Babylon ausgehender Aufjtand
ſeines Bruders Samas-ſumukin (Zuosdovzıvog im
Btol. Kanon) das Reich in feinen Grundfeſten, das
dann durch den Skytheneinfall (um 620) vollends
aus den Fugen ging und dem legten Stoß, dem
vereinigten Angriff des Kyaxares von Mebien
und des Nabopolafiar von Babylonien, 606 erlag.
Salmantiea, Stadt der VBettones in Lufitanien;
j. Salamanca mit zahlreichen Reſten des Altertums.
Salmöne, Zeiubvn, alte Stadt der pelopon—
nefiihen Landſchaft Piſatis an der Duelle des
Fluſſes Enipeus unweit Herafleia. Strab. 8,356.
Salmöneus, Zulumwveig, Sohn des Wiolos
(j. d.), Gemahl der Altidife, dann der Sidero, aus
erfter Ehe Vater der Toro (Hom. Od. 11, 235),
wanderte von Thejlalien nach Elis und baute dort
Salmone. Da er jich dem Zeus gleich zu ftelfen
wagte und deflen Donner mit Fellen und Keſſeln
ober mit jeinem Wagen, und den Blitz durch Fackeln
nachzuahmen juchte, wurde er von Zeus mit dem
Blitz erichlagen und in der. Unterwelt beſtraft,
feine Stadt aber. zeritört. Verg. A. 6, 585 ff.
Apollod. 1, 9, 7.8. Diod. Sie. 4, 68.
Salmonion (oder Samonlon), Zuklubrıor, das
öſtlichſte Vorgebirge Kretas, j. K. Siberos. Strab,
2, 106. 10,472. AT4f.
Salmydessos, Zaluvdnosös (auch Aluvd. mit
der Ableitung von &ig), hieß eigentlich. der ganze
Küftenftrih Thraliens am Pontos Euyeinos von
der Landipige Thynias bis zum thrakiſchen Bos—
poros, wo die räubertichen Thrafer das Strand:
recht übten, begünftigt durch Sandbänfe und Un:
1062 Salonai — Samarobriva.
tiefen (Xen. An. 7, 5,8. 12. Hdt. 4, 93. Strab.
7, 319); jpäter wird hier eine Stadt ©. erwähnt,
die man für das heutige Midia hält. Schon Aiſchy—
los (Prom. 725) nennt es (freilich fäljchlich beim
Thermodon am Pontos) Frdedserog varrwıoı;
vgl. aud) Soph. Ant. 969.
Salönai oder -na, Zelavaı, Zdiov, Haupt:
ſtadt Dalmatiens, an dem noch jetzt jo genannten
Meerbujen von Salona, ein wegen jeiner ftrate:
iihen Lage und megen feines Hafens für die
Römer ungemein wichtiger Punkt, reichte mit
feinen Vorftädten bis zum Bergpaß Klijfura,
durch den von der Landjeite ber einzige Zugang
führte. Die Stadt ift der Geburtsort des Kaiſers
Diocletian; 3 Millien ſüdlich Tag deſſen prachtvolle
Billa, von der noch bebentende Refte vorhanden
find. Nachdem die Goten ©. zerftört hatten, fiedel:
ten fich die Bewohner zu Spalatum an. Caes.b.e.
3, 8. 9. Strab. 7, 315. Kutr. 9, 27, 16.
Salonii, 1) P. Salonius, nahm 342 v. E.
als Kriegdtribun an dem Aufftande des vor Capıta
lagernden Heeres teil. Liv. 7,41. — 2) Salo—
nta, Tochter eines Schreiberd, war die zweite
Gemahlin des älteren Cato und Mutter des Cato
Salonianns. Plut. Cat. mai. 24. Plin. 7, 12, 14.
Saltatio ſ. Ogrynorıxn.
Salus, —56 Perſonifilation der Geſundheit
und der Wohlfahrt, entſprechend der griechiſchen
Hygieia. Sie bezeichnete entweder die Geſundheit,
namentlich die Gejundheit des römischen Volkes,
als welcher man ihr 180 v. E., als eine Seuche
die Stabt Heimfuchte, nebft dem Apollon und dem
Aſeulapius Geſchenke und goldene Statuen ge:
lobte (Liv. 40, 37), oder die Öffentliche Wohlfahrt
bes Staates. Dieſe Salus publica erhielt 302 v. E.
einen Tempel auf dem Uuirinalis. Liv. 9, 43.
10, 1. In älterer Zeit wurde ihr rg | unge:
fähr um die Zeit des Amtsantritts der Konſuln
augurium salutis veranftaltet, worin bie
Götter befragt wurden, ob man das Heil des
Staates von ihnen erflehen dürfe. Dasſelbe wurde
von Auguſtus erneuert und erhielt fich ſeitdem
noch Jahrhunderte. — Salus wurde dargejtellt wie
Fortuna mit dem Steuerruder, eine Kugel zu
ihren Füßen, mit einer Opferſchale in der Rechten,
die Libation auf einen Altar gießend, an dem fich
eine Schlange hinaufwindet.
Salutatio, die regelmäßige Morgenbegrüßung
oder Aufwartung, welche die Klienten in dem zwei
erften Frühftunden ihrem Patrone zu machen pfleg:
ten, worauf fie ihn beim Ausgehen begleiteten.
Überhaupt empfingen angefehene Männer jeden
Morgen zahlreiche Beſuche von ihren Freunden
und Berehrern, welche ihre Hochachtung bezeugen
wollten. Sie verfammelten fi im vestibulum,
wann es noch dunkel war, und nachdem fie dem
Patron im atrium ihren Morgengruß ave gebracht,
ward ihnen eine Erfriihung in Körbchen (spor-
tulae, j. d.) gereicht, die allmählich zu warmen
Gerichten und endlich zu einer Geldansteilung ftieg.
ber den Biurgenencpiang der Kaiſer vgl. Fried:
länder, —— Rome I ©. 120ff. Beder: |
Göll, Gallus 1 ©. 194 ff.
Salvidiöni, 1) O. Salvid. Rufus, aus nie:
berem Stande, begleitete als inniger Freund des
Dctavian denjelben in feiner Jugend nach Apol:
lonia, verjagte im Bürgerfriege als Legat ben
jüngeren Pompejus von der Küſte Jtaliens, focht |
41 v. €. gegen ebendenjelben in Hiſpanien und
nahm rühmlichen Anteil an dem Kampfe um Be:
rufia. App. b. c. 4, 85. 5, 31ff. Vell. Pat. 2, 76.
Dctavian defignierte > darauf zum Konſul (Suet.
Oct. 66), hieß ihn aber nachmals, weil er von
Gallien aus, wo er ein Heer befehligte, geheime
Berbindungen mit Antonius angefnüpft hatte, vor
das Gericht des Senats ftellen und hinrichten
(Dio Cass. 48, 33). Nach anderer Nachricht (Lir.
ep. 127) gab er jich jelbft den Tod. — 2) Sal:
vid. Orfitus, hatte das Konſulat bekleidet und
wurde auf Domitians Befehl hingerichtet. Set.
Dom. 10.
Salvii. Zu nennen find: 1) legte 43 v. €.
als Bolkstribun jein Veto ein gegen die Achtung
des Antonius durch den Senat und fand jpäter
bei den Brojfriptionen jeinen Tod. App. b. c.
83, 50 ff. 4, 17. — 2) Borlefer und Bibliothekar
des Attieus. Cic. ad Att. 13, 44. 16, 2. — 3) M.
Salv. DOtho, Großvater des Kaijerd Otho, aus
einer vornehmen Familie zu Ferentinum in Etru:
rien, gelangte durch den Einfluß der Livia in den
Senat. Suet. Oth. 1. — 4) Sein Sohn, 2. Salt.
Dtho, Günftling des Tiberins, ein Mann von
großer —— beſonders gegen die Soldaten,
war 33 n. C. Konful, nachher Statthalter in Afrika
und entdedte eine gegen das Leben des Kaiſers
Elaudins gerichtete Berkömwörung. Suet. Galb. 6.
Oth. 1. 5) Defjen älterer Sohn, 2. Salv. Otho
Titianus, war zweimal Konjul (52 und 69 n. €.),
erlitt im Kampfe gegen Bitellins im Jahre 69
die Niederlage bei Bedriacum (f. d.), nach welcher
er vom Feinde gefangen genommen, aber verjchont
wurde. Suet. Oth. 1. Plut. Oth. 13. Tae. hist.
1, 75. 77. 90. 2, 23, 33. 39. 60. — 6) M. Salp.
Dtho, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 28. April
32 n. E., teilte die Lüfte des Nero, mit welchem
er in feiner Jugend oft zuſammen war (Tae. ann.
13, 12), wurde von ihm als Statthalter nach Lu:
fitanien gejchict, das er 10 Jahre lang gut und
pflichtmäßig verwaltete, trat bei Galbas Erhebung
anfangs auf deſſen Seite, veranlaßte deſſen Er:
mordung (15. Januar 69) und beftieg für eine
kurze —* den Kaiſerthron, den er nach der Nieder:
lage einer Truppen bei Bedriacum bereitwillig
opferte, indem er fich mit Schigfeit den Tod gab,
15. April 69. Suet. Otho. . Otho. Tac. hist.
1.1 und 2. Juv.2,99ff. Dio Cass. 64, Tff. —
7) €. Salv. Liberalis, ein von Plinius (ep.
2, 11. 3, 9) jehr gefeierter Redner.
Salyes, Zalves, ober Salyi und Salluvii,
hieß der mächtigfte der ligurijchen Stämme; er
war mit feltiichen Elementen vermischt und wohnte
in dem ganzen Landſtriche zwilchen Rhodanus
und Meeralpen, jo daß Maifilia, Arelate und
andere bebeutende Städte in ihrem Gebiete lagen.
Nach einem langen und blutigen Kriege wurde
das im verjchiedene u (4.8. Commoni,
Avatici, Deſuviates, Albienſes u. f. m.) fich tei-
lende Bolt 123 v. E. durch E. Sertins beſiegt
und den Römern unterworfen, die nun Aquä
Sertiä dort gründeten. Bgl. Zir. 31, 10. Strab.
4, 178. 1805.
Samareia j. Palaestina.
Samarobriva, Zauagoßplove, d. i. Samara:
brüde, ipäter Ambiani, die Hauptſtadt der Am:
biani in Gallia Belgica an der Samara (j. Somme),
das heutige Amiens, von andern weniger richtig
Sambuca —
für ©t. Quentin oder St. Bray jur Somme-ge-
halten. Caes. b. 9. 5, 24. 46. 53. (ic. ad fam.
7. 11.38, 38,
Sambüca, 1) j. Belagerung, 14.
Musica, 9.
Same j. Kephallenia.
Sammoniens j. Serenus, 1.
Samnfum |. Sabini.
Samos, Zduog, 1) j. Samos, Infel an der
Küfte von Lydien, durch eine 7 Stadien breite
Meerenge von dem Borgebirge Miyfale getrennt,
bon dem eine Fortſetzung unter dem Namen
Aumerog bie Inſel durchzieht. Samos hat 600
Stadien im Umfang;
furchtbare Ktlippen geſchützt, einen natürlichen Hafen
hat es im NW., eine Reede im SW., die einft
durch einen Steindamm gejhügt war. Die Inſel
hatte im Altertume leinen guten Wein, wie man
nach dem Namen des Gebirges erwarten ſollte,
war aber fonft reich au Produlten; beſonders be—
rühmt waren ihre ZTöpferarbeiten und die j. g.
jamijchen Steine, die zum Polieren dienten.
Hauptgöttin war Gera, welcher die "Howıx gefeiert
wurden, und beren Tempel noch zur Römerzeit
—* eilig eig wurde. Cic. Verr. 2, 1. 19.
tabt Samos war ber eingige e Ort von Be-
—— Sie lag an der Südo füfte, war durch
— 2) 5.
Feftungswerfe und die Burg Aſtypalaia geichügt
und ausgezeichnet durch großartige Hafenbauten,
— herrliche Tempel (darunter das von
oifos erbaute prächtige Heraion) und eine von
—*8* (3, 60) als ein Wunderwerk beſchriebene
Waſſerleitung von Eupalinos, die in neueſter Zeit
vollſtändig aufgedeckt worden iſt. — Zuerſt wohn⸗
ten hier —* er unter den Nachkommen des An—
faios, dann beſetzten die Jonier unter dem Epi—
daurier Brofles die Inſel, welche frühzeitig umter
den ioniichen Städten durd Seefahrt, Handel und
Gewerbe [x bebentenber Blüte gelangte. Hat.
4, 152. e Samier fliehen fih um 704 v. €.
zuerſt Trieren bauen und erfanden eine neue
Art von Kauffahrern. Thuc. 1, 18. Nach des
Alleinherrſchers Demoteles Ermordung herrichten
die Geomoren, doch in Zwietracht mit dem De—
mos, bis Polyfrates ich zum Tyrannen machte,
um 537 v. E., und jeine Herrſchaft auch über die
Kylladen ausdehnte. Eine Zeit lang nad) feinem
Tode wurde die Injel nad graufamer Verwüſtung
feinem Bruber Sylofon von Dareios Hyſtaſpis,
unter perfijcher Hoheit, übergeben. Hdt. 3, 139 ff.
Am ioniſchen Aufftande nahmen die Samier teil,
aber in der Schlacht bei der Inſel Lade (Milet
gegenüber) gingen fie zu den Feinden über, be⸗
ftimmt dazu von Aiales, Sohn des Sylofon; viele
aber verließen die Inſel. Hat. 6, 8ff. 479 v. E.
beriefen Samier die griechiiche Flotte ur Belän-
pfung ber Perſer an bie tleinafiatiichen Küften.
Hdt. 9, 90. As Bundesgenofjen der Athener be—
haupteten die Samier ihre Selbftändigfeit, bis fie
440 v. C., als bei einem Streite mit Milet über
die Stadt” Priene Athen gebietend dazwiſchen ge=
treten war, die Fahne der Freiheit erhoben; unter
des Philojophen Melijjos Anführung tämpften jie
up gewannen auch einen Seefieg; doch unter:
ee Bang | 439 die Stabt der überlegenen Macht
bes Berifles Feldherrnlunſt nach neunmonat⸗
ficher Amen und ihre Ketten wurden feiter | pel
geichmiebet, bejonders durch Kleruchien. Tihue.
an der Weftjeite ijt es durch
1063
1, 115. Plut. Per. 26. Doc) blieben die &eomoren
noch immer mächtig, bis ein Verſuch derſelben,
die Dligardhie einzuführen, 411 v. C. zu gänglicher
Ausichliefung von aller Teilnahme am Staate
und zur völligen ſchaft de3 Demos führte.
Thuc. 8, 63. 73. — Athens Eroberung
bezwang Lyſander auch Samos (Xen. Hell. 2, 8, 6),
vertrieb die (athenifchen) Einwohner und bildete
eine neue Bür aperihaft aus oligardhiichen Flücht⸗
lingen. Plut. Lys. 14. Später, 365 v. E., wurde
die Inſel durch Zimotheos gezwungen fich wieder
dem atheniichen Seebunde anzuichließen; Athen
überjchritt jedoch bald die Schranken, die Kleruchen
fehrten zurüd, mußten aber nach dem lamijchen
Kriege die Inſel verlaffen, welche den Joniern
—— von Polyſperchon jedoch wieder den
thenern —— wurde. Durch den mithri⸗
datifchen und Seeräuberkrieg fam die Inſel jehr
herunter, die Hauptftabt war nur ein unbedeuten:
des Städtchen, hatte indes noch lange dem Namen
nach die Freiheit. — Für die Entwidlung helle:
niſcher Kunſt und Wifjenichaft war Samos von
nicht geringer Bedeutung: Rhoilos und Theodoros,
auch ald Baumeifter bedeutend, gründeten hier eine
Schule für Erzgieherei und Thonbildnerei (j. Bild-
hauer, 3.); der kykliſche Dichter Kreophylos, der
Bhilojoph Pythagoras, der Epifer Choirilos find
dajelbft geboren, Anakreon lebte am Hofe des Po—
Iyfrates. Strab. 14, 637 5. gl. die en
von PBanofla, res Samiorum (1822) rtius
Urkunden zur Geſchichte von Samos (1873). Aut
ſchriften dem). — 2) Stadt in Friphplien, ſ.
Makistos.
Samosäta, r& Zauöcere, feſte Hauptſtadt der
—3— en Provinz Kommagene, am weltlichen Ufer
uphrat, mit Eitadelle. Früher war fie Nefi-
denz der Stönige des Landes, dann Standquartier
einer römischen Legion. Hier war Lukianos ge:
boren. Unbebeutende Refte finden fich bei dem h.
Trleden Samfat. Strab. 14, 664. 16, 749.
Samothräke, Zupodgcen, Zeiuog ‚Benixin,
i. Samathrafi, türkiſch Semendref, Inſel im Aigai—
iſchen Meere, 5'/, Meilen von der thrakiſchen Küſte,
der Mündung des Hebros gegenüber. Ein 1600 m
hoher Berg hieß Zamen. Die Bewohner galten
bei — für Autochthonen, nach Herodot (2,51)
waren ſie Pelaiger, nad) anderer Sage Dardaner
und Arlabier oder Troer. Der Name wird jehr
verichieden abgeleitet, entweder weil Samier und
Thrafer fich dort niedergelaffen, oder weil bie
Amazonenkönigin Myrine auf ihrem Zuge dorthin
Samothrake,
gefommen und die Inſel feierlich) der Göttermutter
ht worden jei (aljo — fsen vnaog). Be:
— Berühmtheit erlangte S. durch den Ge—
eimdienſt der chthoniſchen Götter, der ſ. g. Ka—
eiren; die Myſterien wurden den elen inifchen
gi geachtet, jelbjt Philipp von Makedonien und
Iymptas, jowie einige Ptolemaier ‚ließen fich ein:
weihen. Plut. Alex. 2. Curt. 8, 1, 26. In politis
ſcher Beziehung war die öbe und” hafenloſe —
nicht hervortretend. Bei Salamis ſtanden die
Samothrakier auf perſiſcher Seite (Hat. 8, 90);
damals gehörten ihmen auf dem Feſtlande Sale,
Bercheion, Mejambria (Hat. 7, 59. 108) und
Tempyra. Zu Sullas Zeiten plünderten Piraten
die Inſel und den an Weihgeichenfen reichen Tem-
. Plut. Marc. 30. Pomp. 24. Über bie vor:
handenen Refte des Altertums, namentlich das |. g.
1064
Arfinoeion, einen von Arfinoe, T. Ptolemaios’ 1. !
und Gemahlin Btolemaios’ 11., im. Unfange des |
3. Jahrhunderts v. E. geftifteten zierlichen Rund:
bau aus weißem Marmor, und den dorijchen Mar:
mortempel der jamothrafiichen Gottheiten vgl. das
Prachtwerk: Eonze, Haufer und Niemann, ardhäo: ,
logiſche Unterjuchungen auf Samothrate. Mit 72
Taff. (1875). Neue archäol. Unterfuchungen. Mit |
76 Taff. (1880). Bgl. and Löher, griech. Küften:
fahrten (1876), ©. 115 ff.
Zapgogag und Korrxaries. zwei jehr ge | H
ſchätzte Pferderafien, die ihren Namen von dem
am Sinterichenfel aufgebrannten Zeichen des San
und Koppa hatten. Arist. nub. 23. 122. Much noch
andere derartige Raflezeihen (zeedyuare, xav-
srrigie) gab es; jo joll aud) der Name Bufephalos
von einem ſolchen Zeichen herrühren. — Bejon:
ders unter den jüngeren reichen Männern in
Griechenland wurde die Pferdezucht mit großer |
Vorliebe betrieben, und die Liebhaberei der Hippo: |
trophen für jchöne Pferde artete oft in die =
finnigfte Verſchwendung (uavızal Inmaremı) aus.
Die Preiſe waren —* — Auch auf die Hunde
erſtreckte ji die Tierliebhaberei, und Jagdlieb⸗
haber hielten jehr auf Erhaltung guter Raſſen.
Am berühmteften waren die lafonijchen, moloſſiſchen,
thrafifchen. Die Melıraia nuridıa (von der Inſel
Melite an der illyrijchen Küfte) waren Schoßhünd—
chen, die man zum Bergnügen hielt.
Sanchuniäthon, Zayzoıwmıdador, Zayywrıd-
dor, d. h. Saftun (ein Gott) hat gegeben, angeb-
lid ein Phoinifer aus Berytos (oder Tyros oder
Sidon) vor der Zeit des trojanischen Krieges, joll
eine „phoiniliſche Geſchichte“ verfaßt haben, welche
der Grammatifer Philon (j. d. 9.) von Byblos
um 80 n. C. wieder ans Licht gezogen und im
das Griechiſche überjeht haben will, Auszüge und
Bruchſtücke aus defien Werk, das in 8 oder 9 Bücher
zerfiel, find und namentlich bei Eujebios (praep.
ev. 1,9. 4, 16) erhalten und von Müller, fragın. |
hist. Graec III p. 560 f., gefammelt. Wenn in-
defien ſchon die Perjönlichfeit ded Sand), noch
mehr die Eriftenz feiner Schrift zweifelhaft ift,
jo weijen auch in den Philoniſchen Fragmenten jelbft
der platte Euhemerismus und verworrene Synkre⸗
tismus auf jpäteren Urjprung, ebenjo die Wider: |
iprüche in der Darftellung auf eine Mehrheit von
Quellen unverfennbar hin. Mögen auch phoiniz |
fiiche Originalwerke bei der Kompilation verwertet |
fein, jo if doc jedesfalls die alte religiöje Anz
ihanung mit ägyptiſchen und griechiichen, vielleicht
auch ijraelitifchen Elementen willkürlich durchſetzt.
Die vollftändige Sand.:Uusgabe von Fr. Wagen: |
feld (1837), melde auf einem Fund in einem
portugiefiihen Klofter beruhen ſollte, hat jich als
ein grober Betrug herausgeitellt. Sp: bie Monogr.
von Matter (1848), Ewald (1851) und Renan (1858). |
Sancus, Semo Sancus (von saneire), ein nad)
Rom gewanderter jabinijcher Gott oder Halbgott,
der urſprünglich den Himmel bezeichnen jollte, mit
Dius Fidius (Zeug mioreog) identifiziert, als Gott
der Bündniffe und der Ehe. Später ward er mit
Hercules verglichen und vereinigt. Als Sancus,
Sanchus, Sangus, Sanctus wurde er auf der,
Tiberinjel verehrt und hatte auch auf dem Duiris |
nalig ein von Titus Tatius geftiftetes Heiligtum.
Die Nonen de3 Junius waren ihm heilig. Or.
fast. 6, 218, Liv. 8, 20. 32, 1. Prop. 4, 9, 71.
Zaupögas uud Konrariag — Sappho.
Sandalion f. Kleidung, 6.
Sandon j. Herakles, 17.
Sane, Zavn, 1) Stadt an der MWejtfüfte ber
mafedoniichen Halbinjel Ballene, jüdlih von Poti-
daia, eine Kolonie der Andrier. Hdt.7, 123. Thue.
4, 109. 5, 118. — 2) Stadt der mafedon. Halb-
injel Alte, an der jchmalften Stelle, wo Xerres
diejelbe durchftechen und für die Flotte einen Kanal
heritellen ließ. Hdt. 7, 22.
Sangarios, Zayyeerog, j. Salarja, nächſt dem
alys der bedeutendite Fluß Rleinafiens, entjpringt
in Phrygien, Durchfließt in jehr gewundenem Laufe
Galatien und Bithynien und mündet zwiſchen
Herafleia und Kalpe in den Pontos Eureinos; er
war jehr filchreih. Ein linfer Nebenfluß war der
Tymbros, j. Burjat. Hom. Il. 3, 187. 16, 719.
Strab. 12, 543.
Sanhörib j. Salmanassar.
Sanquindi, 1) Sanqu. Marimus, erlangte
das Konjulat 39 n. C., wurde jpäter Statthalter
im unteren Germanien und ftarb im J. 47. Tiae.
ann. 6, 4. 11, 18. Dio Cass. 59, 13. — 2) einer
der Aufläger des Arruntius, weshalb er nach dem
Sturze des Sejan zur Nechenichaft gezogen wurde.
Tac. ann, 6, 7.
Santönes, · ni, Zdrroveg, -wreg, -roı, mäch—
tiges und zahlreiches Volk im aquitaniichen Gallien,
bis zu der Mündung der Garumma und zum At-
lantiſchen Dcean, nördlid) diejes Fluſſes zwiſchen
den Pictones und Bituriges Viviſei, mit der
Hauptjtadt Mediolanum; j. Sainted. Caes. b. q.
1,10. 8,11. 7, 75.
Santra, ein alter oft genannter römijcher Gram:
matifer, verfaßte mehrere Schriften, namentlich
eine de verborum antiquitate, andere biftoriichen
und antiquariichen Inhalts, und erflärte ältere
römische Dichter. Quint. 12, 10, 16. Geil. 7, 15.
Suet. gramm. 14. Er ſcheint ein Beitgenofje des
Varro und Cornelius Nepos geweſen zu fein.
Sapael, Zareioı, thratiihes Volt am Gebirge
Bangaios, zwiſchen dem See Biftonis und der
Küfte, bei den Sapaiiſchen Päſſen über das Gebirge.
Hdt. 7, 110. Strab. 10, 457. 12, 549,
Sapientes septem j. Sieben Weisen.
Sappho, Zarpa, mundartlich Pirpo und
VPearpe, die größte Dichterin der Griechen,
eb.
1% Motilene auf Leſbos oder in der kleinen Ib
chen Stadt Erefios, lebte zwiſchen 628 und 568
v. E. Bon ihren XLebensverhältnifien ift wenig
befannt. Unficher ift die Annahme, dab fie mit
einem reichen Manne aus Andros verheiratet ge:
wejen und ihm eine Tochter, Namens Kleis, geboren
habe. Eine Zeit fang lebte fie, von Lejbos flüchtig
(etwa 592), in Sicilien; in ihren jpäteren Jahren
in Mptilene, umgeben von einem Sreife junger
befreundeter Mädchen, die fie in Muſik und Poeſie
unterwied. Nach den Grundjägen, bie jie in ihren
Gedichten ausgejprochen, jowie nach den glaub:
würdigſten — des Altertums war ſie eine
ehrwürdige Frau von reinem und ſtrengem Lebens:
wandel; erit die jpätere Zeit hat es micht umter:
lafien, ihren Ruf herabzuziehen und namentlich
‚ihr Verhältnis zu jüngeren Freundinnen zu mih-
deuten. Auch dichtete man ihr an, fie habe einen
Jüngling, Namens Phaon, unzüchtig geliebt und,
da jie von bemielben verichmäht und verlaflen
worden, fih and Verzweiflung vom Leuladiſchen
Feljen ins Meer geftürzt. Sole Berleumdungen
Saraceni — Sardinia.
1065
find zum großen Teil vom den attischen Komifern | mifchen Reiche große Verbreitung. Plut, Is. 27 ff.
ausgegangen und hatten ihren Grund im ihren| Tac. hist. 4, 81 jf. Diod. Sic. 1, 25.
Gedichten, die fich vorzugsweile um die Liebe
Sardanapäl, Zegdardnaklog, auch Kovosxoy-
drehten; fie find jiegreich widerlegt von Welder, | xsAogos genannt, nach Kteſias der letzte aſſyriſche
Sappho, von einem herrſchenden Vorurteile befreit | König, der dreigigfte jeit Ninos, der ein weibiſches
(RL. Schriften II ©. 80ff.). — Unter ihren ero—
tilchen Gedichten waren bejonders die Epithalamien
ausgezeichnet; auch dichtete jie Hymmen auf die
Götter und, wenn man der Angabe des Suidas
tranen darf, Epigramme, Elegien, Monodien und
Samben. Die Echtheit der 3, unter ihrem Namen
erhaltenen, Epigramme wird bezweifelt. Bon ihren
lyriſchen Gedichten, die in aiolifchem Dialekt und
zum großen Zeile in dem nach ihr benannten,
wiewohl nicht von ihr erfundenen, ſapphiſchen
Bersmahe verfaßt waren, find außer einer Anzahl
fleinerer Bruchftüde leider nur noch 2 vollftändige
Oden erhalten. In diejen geringen Überreften
erfennen wir noch heute die an ihr gerühmten
Borzüge, Tiefe und Innigkeit des Gefühle, Zart-
heit und Grazie, mit der fie bei größter Offen:
heit und Naivetät die glühenden Empfindungen
ihred Herzens anspricht, eine blühende, wohllau-
tende Sprache und gejällige Weichheit der Rhyth—
men. Unter den Römern hat fie Catull mit Glüd
nachgeahmt. — Fragmente gejammelt von Volger
(1810) und Neue (1827), am beiten von Bergf,
poet, Iyr. Graec. Ill p. 82 ff. der 4. Aufl. — Bgl.
Th. Kod, Altäos und Sappho (1862). U. Schöne,
Unterjuchungen über das Leben der Sappho, Sym-
bola philol. Bonn. 2 p. 731 ff.
Saracöni, Zagaxnvol, ein von Ptolemaios,
Ammian u. a. erwähntes Volt im N. des glüd:
lichen Mrabiens. Der Name, urſprünglich ein herum:
ziehendes Räuber: und Nomadenvolt bezeichnend,
wurde dann auch in weiterem Sinne gebrauch.
Sarangae, Zugdyyaı, die Bewohner der Land:
ſchaft Drangiana (f. d.\. Hat. 3, 98. 117. 7, 67.
Sarapeion, Zugdrxeıor, Zagazeior, Serapeum,
Tempel des Sarapis (j. d.), wie es deren viele
gab. Der berühmtefte war der zu Aleranbreia,
im Stadtteil Rhakotis auf einem Hügel gelegen:
ein Prachtbau mit vielen Säulenhallen, Brunnen,
unterirdiichen Räumen, Zellen für Büßer u. j. w.;
auc mit veridiedenen Nebengebäuben, z. B. einer
Bibliothef von angeblich 300 000 Schriftrollen, die
der Sammelplag der Gelehrten war. 1851 ff. ijt
das Sarapeion don Memphis mit den Apisgrüften
bei dem heutigen Salfara aufgededt worden. Auch
in Athen, Korinth, Rom und vielen andern Orten
gab es jolche Sarapistempel. Strab. 17, 795. 801,
807. Paus. 1, 18,4. 3, 4,6 u. ö.
Saräpis, Zdganıs, Seräpis, d. h. Ofiris : Apis
(ägypt. Djar-Hapi), aljo der wiederauflebende Apis,
ein Äguptijcher Gott, der in der alten Zeit wenig
—— wurde, aber, ſeitdem Ptolemaios I. zur
Berſchmelzung des ägyptiſchen und griechiſ
Kultus ſein Bild von Sinope hatte holen laſſen,
allmählich ganz an die Stelle des Dfiris, ja an
die Spitze des Bantheons trat. Zunächſt der Gott
der Unterwelt, wurde er auch als der Alles regie-
rende Sonnengott angerufen; weil die Kranken
ern in feinen Xempeln jchliefen, um in gottge-
hin erjtreden und in
——— Traume das Heilmittel zu er fo |
ibentifigierten ihm die Griechen oft mit Ajftepios,
Sein Dienft ging mit dem der Iſis auch nad
Griechenland und Rom über und gewann im rd:
I
|
Leben voll Üppigfeit und Wolluft führte, aber dann
doch dem Angriff des Arbafes von Medien und
des Beleſys von Babylonien tapfer jtandhielt und
endlich nach zweijähriger Belagerung Ninives ſich
jelbft verbrannte (883 v. E.) — aljo ein männ:
liches Gegenftüd von Semiramis (j. d.), welche die
aſſyriſche cherreihe eröffnet und gleichfalls männ-
lichen Mut und ausſchweifende Liebesluft in ſich ver:
einigt. Wie Semiramis in diefem Doppelweien die
Büge der Göttin Jftar oder Derfeto an fich trägt,
jo Cart. die des Gottes Baal:Mellart. Doc; liegen
der jagenhaft ausgejhmücdten Erzählung and ge:
ſchichtliche Elemente zu Grunde: einerſeits das
üppige SHofleben Ajurbanipals, des letzten bedeu—
tenden Königs von Aſſyrien, deſſen Name wegen
jeiner Berünmtheit gewählt wurde; andererjeits
der tragiiche —— ſeines zweiten oder dritten
Nachfolgers Sarakos (Aſuritililiani) bei dem jähen
Sturz des Reiches. Hiod. Sie. 2, 23 ff. Strab.
14, 671$. Arr. 2,5,2 ff. Cie. tuse. 5, 36. fin. 2, 32.
Lacian, dial. mort. 2. Or. Ib. 312.
Sardes, «li Zdodeıs (Edopdusg, Zdodıg), in alter
Beit angeblih "Tdn genannt (Hom. Il. 20, 385),
die alte reiche Hauptitabt Lydiens (zjuerft erwähnt
Aesch. Pers. 46. Hdt. 1, 84) und Reſidenz ber
Könige, wie jpäter der perfiichen und jelenfidiichen
Satrapen, am nördlichen Abhange des Tmolos
und an den Ufern des Paktolos. Die leichte Bauart
und die Strohbedachung jegten die Stadt mehr:
mal3 bedeutenden Feuersbrünſten aus, jo im ion.
Aufftand (Hdt. 5, 101) und durch Antiochos den
Gr. (Pol. 7, 15 ff.), bis endblih im J. 1402 Ta-
merlan fie gänzlich zerjtörte. Zur Zeit des Tiberius
verlor die von den Römern bevorzugte Stadt, der
Sig eines großen, ganz Lydien umfaflenden Ge:
richtöfprengels, durch ein Erdbeben ihre meijten
Häufer. Tac. ann. 2, 47. Sehr feft war die Burg,
welche auch die Schaplammer enthielt; jonftige
Merkwürdigkeiten waren das Grabmal des Alyattes
(Hdt. 1, 93) und ein alter Tempel der Sybele.
dt. 5,102, Strab. 1, 61. 13, 625 ff. Bol. E. Eur:
tius, Beiträge zur Geichichte und Topographie
Kleinaſiens (1872), ©. 84 ff.
Sardinia, Zapdo oder Zagdar, nächſt Sicilien
die größte, 484 [Meilen Flächeninhalt zählende,
Injel des Mittelländiichen Meeres (bei einigen
Alten galt fie jogar für größer, Hdt. 5, 106), ob:
glei die Angaben über ihre Größe (nad) Strab.
5, 223 Hatte fie 4000 Stadien im Umfange, nach
Plin. 3, 7, 13 etwa 565 Millien) jehr verichieden
waren, wurde bon Norden nad Süden von den
montes insani (Liv. 30, 39), r& uawöuere öon
(j. ohne allgemeinen Namen, doch wurde mejent-
lich der nordweſtlichſte Teil, jebt Monte janto und
Monleone, darunter verftanden), durchzogen, von
weldyen aus mehrere Zweige ji nad der Küſte
orgebirge endigen, 3. B.
Promunt. Urſi (j. Eapo del Orſo), im NO.
an dem fFretum rdpgos, fosen, auch fretum Gal-
licum (Plin. 3, 88), der Sardinien von Corſica
' trennenden Meerenge, mwejtlich daneben Erreban:
tium (j. Punta ©. Neparata), Gorditanum (j.
K. Falcone), die NW.-Spibe; die Südſpitze hieß
1066
Cherſoneſus (j. 8. Teulada). Die mwichtigften,
freilih nur Heinen Flüffe waren der Temus (ij.
Temo), der Säprus (j. Flumendoſa) und der
Tyrjus (ij. Tirjo). — Das Land war ungejund,
aber fruchtbar (Mela 2, 123) und rei an Ge-
treide, beſonders Weizen, Südfrüchten (Cie. de imp.
Pomp. 12), einer Art Schafen, die den Ziegen in
mancher Hinficht gli, an Salz, Schwefel, Silber,
Sardoum mare — Sarmatia.
jeltener aus Bajalt oder Marmor bejtehend, ge-
wöhnlich mit Hieroglyphen und religiöjen Dar:
jtellungen in bemaltem Flachrelief verziert. Die
größten und jchönften beftehen aus rotem oder
Ihwärzlihem Granit, worin Könige, Priefter und
hohe Beamte beigejeßt waren. In Attila hat man
häufig in Felſen gehanene Särge mit einem Stein:
bedel gefunden, auch irdene Biegelfärge, in Etru:
Eijen und Mineralquellen; das Meer bot unter |
den Fiichen befonders Thunfifche, deren Fang noch
heutzutage an den Küften betrieben wird. Der |
ſardiniſche Honig Hatte einen bitteren Beigeichmad,
daher amarıor melle Sardo (Hor.a.p. 376). Ein
dort wachſendes Kraut, eine Eppichart, follte die
Eigenjhaft haben, den Mund beim Lachen zur
Verzerrung zu bringen (Verg. E. 7,41), daher
vielleicht das jarbonische Lachen (risus Sardonicus,
Cie. ad fam. 7,25). — Die Einwohner, Sardi,
Zapdörıoı, Earpdnor, ägyptiſch Schardana, waren
nach einigen aus Afrika eingewandert, nah an:
dern ein Gemiih von Tyrrhenern, Phoinikern,
Iberiern, Puniern und Griechen, zu denen nad)
den punijchen Kriegen noch römiſche Koloniften
famen. Vgl. Just. 18, 7. Hdt. 1, 170. Gie zer:
fielen noch in jpäterer Zeit in verichiedene Stämme
und galten für treulos, boshaft und träge, jo daß
fie jelbft als Sklaven bei den Römern in jchled):
tem Rufe ftanden, daher Sardi venales alius alio
nequior (Liv. 41, 28. vgl. Hor. sat. 1, 3, 3), für
die man nicht viel bieten wollte. Sie lebten in
großer Roheit, kleideten fich in Felle, beichäftig:
ten fich mehr mit Viehzucht als mit Aderbau, ver-
teidigten aber ihre Unabhängigkeit gegen die Kar:
thager, unter deren Herrichaft fe bis um 239 v. €.
jtanden, jowie gegen die römiſche Übermacht mit
großer Tapferkeit und Ausdauer (Liv. 23, 40. 41, 21.
Tac. ann. 2, 85), und nur über die Küftengegenden
waren die Römer volllommen die Herren. Gar:
dinien bildete mit Eorfica eine Provinz, deren Ber:
waltung zur Kaiferzeit wiederholt zwiichen dem
Kaijer und dem Senat wechjelte; jeit Diocletian
gehörte e3 gleich Sicilien und Corjica zu dem er:
weiterten Stalien. Um 450 n. C. wurde die Inſel
den Bandalen überlaffen. — Die wichtigften Städte,
welche freilich nie zu bedeutender Blüte gelangten,
waren im Süden Carälis, j. Ca
namigen Meerbujen, Sulci, au
weiten vorliegenden Meinen Inſel, jowie Turris
Libijonis, 1. Borto Torres; im Norden Olbia,
im Innern Forum Trajani, Cornus, Othoca
u. Tharros. Strab. 5, 224. Mela 2,7, 19.
Sardöum, Sardonicum mare, Zagdsor,
Zupdörıov relayos, hieß das die Inſel Sarbi-
nien umgebende Meer, das für den tiefften Teil
des Mittelmeers galt. Hat. 1, 166. Strab. 2, 166.
Sarepta, Zcpanre, Stadt Phoinitiens, be:
rühmt durch ihren Wein, zwiſchen Sidon und
Tyros, jetzt Sarafend. Plin. 5, 19, 17.
Sargon ij. Salmanassar.
Sarkophägos, oapxopdyog, 1) ein Stein,
Alaunſchiefer, welcher bei Afjos in Myſien ge:
graben oder gebrochen wurde und die Eigenichaft
haben follte, Die Verweſung zu bejchleunigen, daher
man mit ihm die Särge anslegte. Plin. 2, 98.
1}
liari, am gleich: |
" einer im Süd⸗
rien aber bejonderd lange Särge von gebrannter
Erde mit der ganzen auf dem Dedel ausgejtredten
Figur des Begrabenen. Oft find Urnen dabei. —
Die römischen Sartophage waren vieredige Kiften
mit Relief? und ftanden auf den Gräbern. Die
Kunft Hat dieſe Steinjärge zu ben verſchieden
artigften Darftellungen aus der Religion, Mytho—
logie und Heroenſage benußt, bejonders häufig
find Darftellungen aus den Mythenkreiſen des Dio:
nyſos und Prometheus; Jagden, Kämpfe, Schladh-
ten, Triumphzüge und andere Scenen find gleich
falls häufig. — Die ägyptiſche Mumie jedoch
ruhte nicht unmittelbar im Sarkophage, jondern
war in eine Kifte von Sylomoren: (Maulbeerfeigen-
olz oder in eine Urt Futteral aus geleimter
Leinewand gelegt. Diefe Behälter waren dem
Körper genau angepaßt; das auf dem Dedel ans:
geichnigte Geficht des Toten war oft mit Grün,
der das Leben bedeutenden Farbe des Dfiris, be:
malt. Auch wurden dieje Kiften mit Gips über:
zogen und innen und außen mit Farben übermalt
und mit Hieroglyphen oder hieratijcher Schrift be-
bedt. Die Malereien bezogen fich gewöhnlich auf
den Totendienft und die großen Götter der Unter:
welt; bejonders prächtig war der Hals: und Bruft-
ihmud in verichiedenen Farben; unter demjelben
bis an die Füße, welche mit bunten Binden und
Sandalen verjehen jind, befinden fid Figuren und
Hieroglyphen. Oft ift eine ſolche Totenkifte in
eine zweite und dritte eingeichloffen, alle aber find
innen und außen mit —* ligen Figuren, Ju:
jchriften, Blumen und andern, in den reichiten
Farben ausgeführten, Verzierungen überbedt.
Sarmatla, Zaopnerie, hieß jeit Mela (3,0
das Land von der Weichjel und der Dftice im
Weften bis zum Tanais, Tängs des Iſter; bei
Ptolemaios das Land von der Weichjel bis zur
Wolga, welches durch den Tanais getrennt war in:
1) Sarmatia Europaea (N &r Ebearn Zupuarie)
begrenzt im W. von der Biftula Weichſel), im €
durch das Geb. Karpates, den Fl. Tyras (Drieftr)
und den Maiotifchen See, im N. durch den Ocean
’
und das unbefannte Land. Gebirge dieſes Land:
ftriche8 waren der Berg Beute, das Geh. Ama:
dofa (Hügelfette von Charkow und Kiew), Alan:
non oder Wlanon, ro Bodırör Ögos (Walkai),
die Benedici und Rhipät Montes. Nach der
Meinung der älteften Griechen machten leßtere die
Nordgrenze der befammten Erbe, wurden daher
immer weiter nach N. gerüdt, je mehr fich die
geographiichen Kenntniſſe erweiterten; bei Ptole—
maios find fie ſüdlich und weftlich vom heuti
Moskau zu juchen. Bon den zahlreichen Hat.
4, 47. 82) Flüffen fallen in den Bontos Eureinos:
ber Boryſthenes (Dniepr) mit dem Hypanis
(Bug) und der Tyras (Dnieftr); in die Palus
Maiotis: der Tanais (Don) mit jeinen Meben:
36, 17. Dergleichen Särge finden ſich noch viele
bei Aſſos. — 2) in übertragener Bedeutung jeder
andere Steinjarg. Die älteiten Steinfärge oder
Sarktophage find die ägyptiſchen, aus Kaltitein,
flüſſen: Hyrgis und Gerrhus, Lykus (Berda) u. j.w.;
in den Sarmatifchen Ocean: Biftnla, Gattalns
! (Bregel?), Chronus (Niemen), Rhubon (Düna).
Sarmaticae Portae — Sassaniden.
— Die Bewohner (Scevooucirei, Zvpudrar, jpäter
Zexpudra:, Sarmatae), die nad) Herodot (4, 21)
am Unterlaufe des Tanais und Rha wohnten, —*
fielen nach Ptolemaios in die Venedai (am Ve—
ned. Buſen, von der Weichſel bis zur Memel),
Beucini, Baftarnae, Jazyges, Rorolani
(an der Nordjeite der Maiotis), Alaumi oder
Alani (bi zum Kaufajos). Zwiſchen diejen gro—
hen Böltern lebten mehrere Heinere, 3. B. die
Gothones, Finni, Burgundiones u. ſ. w. Mit
Ausnahme der füdlichen Strihe war das Yand
rauh und winterlich, von der Natur wenig zum
Aderbau, zur Viehzucht jedoch jehr gut geeignet.
— 2) Sarmatia Asiatica (N &r Acie Z&.), reichte
vom Tanais bis zur Mündung des Rhaflufjes
(Wolga), vom Kaufafos bis in die nördlichen un:
befannten Gegenden. Süböftlich vom Tanais mün—
beten der Marabios, Theophanios, Attilites und
Hypanis (j. Kuban); der Aha fällt ins Kaſpiſche
Meer. Die Hauptgebirge waren die Hippici und
Kerauni Montes, die Korariichen und Heniochiichen
Berge. Am Uriprung ber Wolga wohnten die
Bacıkıoraioı; Modalen, Hippophagen; Ba:
katen, Suardenen am weſtlichen Ufer ber
Wolga. Strab. 7, 302. 305 f. 311f.
Sarmatlicae Portae, «li Zapuarınat mükeı,
Paß im mittleren Kaufafos, ber einzige Zugang
von Sarmatien nach Iberien, auch Portae Cau-
casiae genannt (Plin. 6, 12. 13), doch nicht mit
den albanischen oder kaſpiſchen Pforten zu ver:
wechjeln (j. Pforten von Derbent). Suwet. Ner. 19.
Tae. hist. 1, 6.
Sarmaticum mare, Zupuarınög wnzurdg,
Meer im Norden Europas, die heutige Ditjee.
Tac. Germ. 45. Dichter, 3. B. Ovid (ex Pont.
4, 11, 38), bezeichnen auch das Schwarze Meer
mit diefem Namen.
Sarmizegethüsa, bedeutende Stadt und Refi-
benz der Könige Dakiens, jpäter römijche Kolonie
unter dem Namen Col. Ulpia Traiana Augusta
und Hauptftabt der Provinz, jowie Quartier der
13. Legion. ——— Ruinen finden ſich beim
heutigen Varhelhy. Abhandlung von Zink (1880).
Sarnus, Zdevos, Fluß in Campanien, mündete
bei Bompeji in den Eumanischen Meerb. (Golf von
Neapel). Der heutige Sarno hat durch den Bejup:
ausbruch 79 n. C. einen andern Lauf befonmen.
An ihm wohnten die Sarrastes, Verg. A. 7, 738,
Strab. 5, 247.
Saronieus sinus, Zugwrırög »ölmog, j. Golf
von Agina, der zwiſchen den Küften von Attifa,
Megarıs, Korinthia, Epidauria, Troizenia lie
gende Teil des Migaiiichen Meeres, umſchließt
außer Heineren Inſeln bei. Salamis und Yigina.
Der Name wird abgeleitet entweder von einem
auf der Hirſchjagd ertrunfenen König Saron
(Paus. 2, 30, 7), oder von dem troizeniichen Bad)
Saron, oder von aagwwig = Eiche. Aesch. Agam.
291. Strab. 8, 835. 369.
Saros, ö Zdoos, Fluß in Kappadokien und
Kilikien, j. im Oberlauf Saris-ſu, im Unterlauf
Sihan, entipringt auf dem Antitauros, fließt an
Komana vorbei, durchbricht den Tauros und mün—
bet unterhalb von Adana und durch das AArjtor
zeölor, jüdlih von Tarſos. Xen. An. 1,4,1
(hier Pdpog genannt). Liv. 33, 41. Strab. 12, 535.
Sarpödon, Zxorndar, 1) Sohn des Jens und
der Europa, Bruder des Minos und Rhadamanz
1067
thys. Mit Minos geriet er in Streit (f. Miletos)
und entwich zu Kilir, dem er gegen die Lykier
beiftand; infolge davon ward er König der Ipfier.
Zeus gewährte ihm die Gnade, drei Menjchen-
alter zu leben. Apollod. 8, 1,2. Hdt. 1, 173. —
En des Zeus und der Laodameia, Enfel des
ellerophon, Better des Glaufos, Fürft der Lykier,
tapferer Bundesgenofje der Troer (Hom. Il. 2, 876.
5, 479 ff. 6,199. 12, 292 ff.), wurde von Batroflos
erlegt. Hom. Il. 16, 480 ff. Zeus ließ den Leid)-
nam jeine® Sohnes dur den Schlaf und den
Tod zu ehrenvoller erg nach Lykien bringen.
— 3) Sohn des Pojeidon, Bruder des Boltys in
Thrafien, von Heralles getötet. Apollod. 2, 5, 9.
— 4) Borgebirge in Kilifien, ſüdweſtl. der Mün—
bung des Kalylabnos; j. Liſan-el-Kahbe. Strab.
14, 670. Liv. 38, 38.
Zagrndovin &xoa, thratiiches Borgebirge
wilden den Mündungen der Flüffe Melas und
ginos, ber Inſel Imbros gegenüber, jegt Gre—
mia. Hat. 7, 58.
Sarrastes j. Sarnus.
Sarsina oder Sassina, 7 Zdpowe. alte Stadt
Umbriens am Sapisfluß, Geburtsort des Komödien:
dichter Plautus; noch j. gl. N. Strab. 5, 227.
Sarte, Zdorn, Stadt Mafedoniens an der Süd:
ipige der Halbinjel Sithonia, jetzt Sylia. Hadt.
7, 121.
Saso, Zuoo, Zdoov, Heine felfige Inſel, dem
Alrokerauniſchen Borgebirge gegenüber und viel:
feicht einft mit ihm zufammenhängend, Landungs:
plag für Seeräuber; j. Sajeno. Pol. 5, 110.
Zdonsıges, Zineıges, Boll im nördlichen
Urmenien am Alampfisflu (ji. Dicherofh), zur
achtzehnten perjiihen Satrapie gehörig, nad He—
rodot im Befi des ganzen Landes zwiſchen Kol:
his und Medien. Hat. 1, 104. 3, 94. 4,40. 7,79.
Strab. 11, 529.
Sassaniden, Könige der Neuperjer. Nachdem
in ben langen —— gegen die Römer die
Kräfte des Parthervolkes erſchöpft waren, erhob
ſich im eigentlichen Perſien, wo ſich wegen der
alten Erinnerungen die nationalen Gefühle am
tärfften ausipradyen, eine Revolution. Ardaſchir
abefan (Artaxerxes) aus der fürftlichen Familie
Safjan, welche ſich von den alten Herrichern Ber:
fiens ableitete, bemädhtigte ji) 212 — 224 der
rrihaft über Perfis und beganı dann den
damp & en den König Artabanus I11.; in ber
dritten Schlacht (28. April 227) wurde der letzte
Partherkönig gefangen genommen und getötet und
das Reich der Barther vernichter; nur in Armenien
und Baktrien beftanden Nebenlinien der Arſakiden
fort; doch wurden auch die übrigen Teile des
Reiches erjt nach langen Kämpfen bezwungen. Dit
der —— der Herrſchaft der Saſſaniden trat
zugleich eine Realtion gegen alles Ausländiſche ein
und eine möglichſt vollſtändige Wiederherſtellung
des alt-perſiſchen Weſens; beſonders wurde bie
Religion des Zoroaſter neu belebt: in einer großen
Berjammlung der Magier, die im neuperſiſchen
Reiche einen mächtigen Stand bildeten, wurde die
Lehre feitgeitellt. Den Römern wurden die Safja-
niden bald ebenjo gefährliche Nachbarn, als bie
Arjakiden gewejen. Schon Alerander Severus
hatte mit ihnen zu kämpfen, dann Balerian um
260 gegen Sapores J., Galerins 297 gegen Naries,
Eonftantins und Julian 837 — 363 gegen Sa:
1068
pores Il. Im Jahre 651 fand die Herrichait
Saflaniden mit dem —— des — — **
ihr Ende durch die Ara
Agath. 2, 26 #. Amm. Marc. 23, 6. Bgl. —
ichte (1887 , ©. 86 fi. Zufti,
Sassüla, Stadt in Latium im Gebiet von Ti-
bur, zu der wahricheinlid bie Reſte kyllopiſcher
re am Flufſe Arci bei Siciglano gehören.
ie. 7, 19.
Satieüla, Zarınöia, Stadt auf einem Berge.
in gr an ber campanifcen Grenze, ſeit
313 v. E. römiſche Kolonie; j. S. Agate.
. 9, 21. 23, 14. 27, 10. Verg. A.T, 729.
"Satira, altertümlich satura, . lanx, bezeid;-
net eigentlich eine Sch üfiel, welche referta va- und
riis multisque primitiis sacris Cereris infereba-
tur (Diomedes),
die aus verichiedenen Ingredienzien nud Beitand-
teilen zufammengejegt find, jo u. Lieder man: ,
nigfaltigen, ungeordneten Inhalts. Der Name ift
daher eigentlich nur der älteren Gejtalt und Be: ,
ſchaffenheit der Satire angemefien. Die ältejte ie
ich beftand aus Iuftigen Aufführungen
der latiniichen Jugend, fomijchen Erzählungen und |
Liedern, die zur Flöte und unter ee Bu:
Tanze vorgetragen wurden; jo bildete fie,
dramatijh, zunächit die Übergangsform von en
alten feicennimiichen Voſſen (carmına Fescennina, |
von dem jüb-etrujfijchen Ort Fejcennium nad Rom |
verpflanzt, und be: |
ftehend, weiche die römische Jugend, von Luft und
Bein beraufcht, in elverien gegeneinander
ausitieh, zwar rhythmiich, aber en beftimmtes
Metrum, ſ. Hor. ep. 2,1, 145 ff. und dazu die
Ausleger) zu den regelmäfjigen Dramen, wie
Livius Andronitos fie ſchuf und einführte: dieſe
dramatiſchen Satiren waren Improviſationen ohne
Einheit des Juhalts, Planes und Geda
menhanges. Als ſich nun das Drama immer jelb-
—— und kunſtmäßiger entwickelte, ging die
Vollsdramatik teil in die Atellanen über, teils
beitanden die alten Boltspofien (saturae) noch fort
und mögen mit der Zeit gleichfalls eine jchrift-
liche Aufzeichnung und eine gewifle Ausbildung
erhalten haben. Daher werden der Atellanendichter
Bomponius und die Dramatifer Nävius und Pa—
cuvius als Berfafler von saturae genannt. Nach
und nad) jedoch geftaltete fi) das urjprüngliche
Weſen der satura bedeutend um. Eunius nahm
uerft ihre weitere lmgeftaltung in die Hand;
Feine undramatijchen, für Lejer berechneten Satiren
hatten mit den alten saturae nur die Mannig: |
=
faltigfeit des Inhalts, der Form und des Metrums | des
emein, unterjchieden fich aber durch größeren Ernft.
o bezeichnet ihn Horaz mit Recht als inventor
ber Satire (sat. 1, 10,48), als Graecis intacti
carminis auctor (def. 66). Den Übergang aber
von ber alten satura zur neuen bidaltiichen satira
bildeten die Dichtungen des Lucilius, melde
zwar noch immer ein Allerlei in Form und Stoff,
doch ſchon kritifierende Darftellungen aus dem
Leben der Gegenwart gaben und jo eine Richtung
einjchlugen, welche den gewordenen Zeitverhält-
niffen vollfommen entiprad), auch von andern,
z. B. P. Barro Atacinus, verfolgt (Hor. sat.
1, 10,47) und von Hor az E einer 1 25
erhoben wurde. Seinem Borgange folgten danı |
Lie. des Emmi
dann aber auch andere Dinge, Sati
Sassula — Zäroar.
nannt,
vereinzelt; die Satire blieb der von Lucilins be-
— und von Horaz vollendeten Bahn getreu.
e Hauptichriftfteller diejer neueren Richtung
neben Horaz vielleiht Julius Florus, —
ſchen Perſius und Juvenal fiehen der Zeit nad)
in der Mitte Turnus und Sulpicia, gleich—
zeitig mit Juvenal lebte Julius Rufus.
werden noch genannt Rabirius, Silius, Ga:
bins Baſſus, Manilins Bopiiens, Decins
Albinus, Rufticus Helpidius, Euderia.
Hieher gehören in gewifiem Sinne aud die Me-
tamorphojen des 2. ——— Tertullians
Schrift de pallio, Werk des Marcianus
Capella, Claudians Gedi in Eutropium und
in Rufinum. Mit Recht jagt Quintilian (10, 1, 93)
von der Satire: satira quidem tota nostra est.
Denn die ganze Dichtun ift den en fremd
und ein *. römiſches Erzeugnis I. Frigiche,
db. Sermonen —— S. J
a Sehr alt war der
—— in verſchiedenen Pro 5* *
tionen gegeneinander zu ſtellen. Na—
mentlich dann war eine ſolche Sicherheit not⸗
wendig, wenn ſich eine von beiden ne dur
einen andern vertreten ließ und nun
geleiftet werden mußte, entiveder ratam rem ee.
minum habiturum oder iudicatum solvi. Auch
bei perfönlichen Klagen wurde zuweilen satisdatio
iudicatum solvi gejtellt, z. B. wenn die Perſon
BVerflagten eines bevoritehenden Konkuries
verdächtig war. Cie. Quint. 8, 13f. Bei ding-
lihen Klagen machte ſich satisdatio von jeiten des
gten notwendig, damit ber a Garantie
befam für die nach Beendigung des Prozeſſes zu
bewirfende Herausgabe ber Sage (lis) und der
—— — Nutzungen (vindiciae). Cie.
Verr.1,
Satnidels, Zerriösıg, - am Ada in Troas
entfpringendes {ylühchen, das, weftlich ftrömend,
ſchen Hamarito® und Lariſſa mündet; jeßt
Fergae, ihratiie Bälericeft —
Zadroae, thr
und Strymon auf dem Gebirge Pangaios, tapfer
und freiheitsliebend. In — Gebiete " pefand
BigR:
hin
Satrapa — Satyrdrama.
1069
ſich ein Oralel des Dionyjos, deſſen Vorfteher die | Pat. 2, 12. — 2) 2.App. Sat., befehligte vom
Beſſoi waren. Hat. 7, 1107.
Saträpa, oarpdangs, altperſiſch Khſchathrapavan
d. h. Landbeherrſcher, perfiiche Benenmung für die
nn as ggg welche die römischen Schrift-
fteller durch praetor (Cie. fin. 5, 30) oder prae-
fectus (Nep. Dat. 2. Just. 5, 1) überjegen. Den
Satrapen lag die Fürforge für die Mechtspflege,
die Verwaltung der Steuern, Straßen u. a. und
das Kriegsweſen im ihrer Provinz ob. Xen. Cyr.
8, 6,1. 9. Hdt. 3, 89 ff. 128.
Satrieum, latinijche Stadt bei Antium. Beim
heutigen Eonca finden fich noch Refte alter Mauern.
Liv. 2, 39. 6, 8. 38. 7,27 u. d. Cie. ad Qu. fr.
3,1.
Satrii, 1) Satr. Secundus, verriet ben
Sejan, bei welchem er in großer Gunft ftand.
Tae. ann. 6, 47. — 2) Satr. Rufus, ein Red—
ner zur Beil des arg on Blinins, lebte noch unter
der Negierung des Nerva. Plin. ep. 1,5. 9, 13.
Satüra j. Satira.
Satürae palus, Sumpffee in Latium, ſüdlich
neben den Pomptiniſchen Sümpfen, j. Lago bi
Paola. Verg. A. 7, 801.
Saturöium ſ. Saturum.
Saturfus, Bublius, Patron des 2. Fannius
Chãrea gegen Roſeius Comödus. Cie. Rose, com.
1, 4. 6, 18. 8, 22.
Saturnalia j. Kronos.
Saturnia, 1) Name Italiens bei Dichtern (3. B.
Verg. @.2,173. A. 1,569. 8, 329. Ov. fast. 1, 238).
— 2) alte, früher Aurinia genannte Stadt Etru—
riens, an der Straße nad) Eofa, 185 v. E. römijche
Kolonie; bedeutende Ruinen finden fich beim Dorfe
Eapallio in der Maremma di Sovana. Liv. 28, 45,
— 3) Beiname der Juno ald einer Tochter des
Saturnus (Verg. A. 1,23) und der Befta (Or. fast.
"Satarninus, ein römifches Eognomen: 1) 2.
Appuleius Sat., juchte ald BVolkstribun (das |!
erite Mal 108 v. E.) durch jeine lex agraria den
marianischen Soldaten Ländereien in Gallien zu
verihaffen. Das vorgejchlagene Geſetz jollte in
5 Tagen vom Senat beftätigt werben, was von
nun an Regel wurde. Dadurch wurde das An-
jehen des Senats in den Tributeomitien gebrochen;
daher wurde ©. nad Ablauf feines Tribunats
vom Cenſor Metellus Numidicus aus dem Se:
nate geftoßen, weshalb er, zum zweitenmal
um ZTribunen gewählt, 100 v. E. den Metellus
in die Verbannung zu gehen nötigte. Nun er:
neuerte er bie Gejeße ber
an welchen er jich eng anichloß (Cie. Rab. 7, 20.
de or. 2, 49, 201), wie von jeinem Kollegen E.
Gracchus (Cie. Sest. 47, 101), ber ſich für einen
Sohn bes Ti. Gracchus ansgab, unterftügt. Flor.
3,16. Ihn joll eine frühere von der Nobilität
erlittene Beleidigung (er verlor durch einen Se—
natsbejchluß die Getreideverwaltung) auf die Seite
des Volles getrieben Haben. ic. Sest. 17, 89.
45, 96. Aber die von ihm umb jeinen Genoflen
verübte Ermordung des Memmius, welcher ſich
um das Konjulat bewarb, erbitterte jogar das
Boll; vom Senat zum Tode verurteilt, von Ma-
rius en: mußten fie fich auf dem Capitol,
wohin fie fich geflüchtet hatten, ergeben und wur⸗
den vom erbitterten Volle ermordet. App. b. ce.
1, 325. Cie. Brut. 62, 224, Cat. 1,2,4. Vell.
rachhen, von Marius,
ſich von
J. 69 v. C. an unter Metellus auf Kreta und ver:
waltete 58 Makedonien. Cie. Plane. 11, 27 ff. —
8) Sein Sohn, En. Sat., ein Anhäuger des An—
tonius, wurde wohl deshalb 50 v. C. angellagt.
Cie, ad fam. 8, 14. — 4) Hlius Sat., wurde,
weil er Spottgedichte auf den Kaiſer Tiberius ge:
macht, vom Gapitol herabgeftürzt. Dio Cass. 57, 22.
— 5) Aponius Sat., befiegte unter Dtho die
Norolanen an der Maiotid, diente dann unter
Beipafian und entging jpäter dem Tode durd) die
empörten Soldaten nur mit in Tae. hist. 1,79.
8, 11. 5, 26. — 6) Amilins (Avulnius) Sat.,
ein Feldherr des Valerian, jpäter des Gallienus,
nahm von den empörten Soldaten die Herrſchaft
an, wurde aber nicht lange darnach (um 260 n. E.)
von ihnen umgebradit. — 7) aus Gallien, zeich
nete ſich unter Aurelian als ra rad aus und
wurde von Probus jehr geehrt. egen jeinen
Willen wurde er vom Pöbel in Alerandreia zum
Kaiſer erhoben, doch nach kurzer Herrichaft von
Probus’ Truppen befiegt und getötet. Vopise.
Sat. 7. ©. auch Sentii, 2—b.
Saturnius, d. h. Sohn des Saturnus, Bei:
name 1) des Juppiter (3. B. Verg. A. 4, 371);
2) des Neptunus (daj. 5, 799).
Saturnus j. Kronos,
Satürum (Servo. zu Verg. @. 2,197 und 4, 335),
Zarögıov (Steph. Byz.), Zarögeor (Strab. 6, 279),
Stadt und Gegend ın der Nähe Tarents mit vor:
züglicher Pferdezucht ; daher Satureianus caballus
(Hor. sat. 1, 6, 59, wonach der Name auch Satu-
reium lauten würde); j. Torre di Saturo.
Satyrdrama, do@ux sarugıxöv, odrugo:, fa-
bula satyrica. Die Satyrdramen oder Satyr—
ipiele find die dritte Gattung des attischen Dramas,
welche neben der Tragödie und Komödie beſtanden
umd jeit Wijchylos’ Zeit in Verbindung mit drei
Tragödien, gleichjam als deren Nachipiel, vor:
ommen, aber wohl zu unterſcheiden find von
jenen Satyripielen oder Satyrdithyramben, welche
durch Arion eine gerifie Form und Geftaltung
erhielten und als die Uranfänge der dramatijchen
eg überhaupt zu betrachten find (j. Tragoe-
ia). Die Erfindung und erjte Ausbildung der
Satyrdramen ift an den Namen Pratinas ge
fnüpft. Diejer wird mit Beftimmtheit den tra:
giſchen Dichtern beigezählt und ift mit Aiſchylos
und Choirilos um DI. 70 in einem tragiichen
Wettlampfe aufgetreten. Das Satyrdrama jcheint
entftanden, nachdem die Tragödie, worauf e3 eine
beftimmte Beziehung hat, in Athen ihren eigen:
tümlichen Charakter bereit? angenommen hatte,
und der Angabe, daß Pratinas zuerft Satyrn ge
jchrieben, d. h. gedichtet habe, fteht eigentlich nichts
entgegen. In Phlins nämlich, woher Pratinas
ftammte, waren noch die Satyrdithyramben, wie
fie zuerjt Arion geichaffen hatte, dithyrambiſche
Chöre, denen Satyrn beigegeben waren, ohne
wejentliche Veränderung geblieben, während jie
in Athen ‚bereits eine dramatijche Form erhalten
und fich der nachmaligen Tragödie jchon mehr
oder weniger genähert hatten. Pratinas begab
hlins nach Athen und lernte hier die
aus den Dithyramben hervorgegangene junge Tra=
gödie kennen, die eben in ihrer bramatiichen Ans:
bildung begriffen war. Der glüdliche Erfolg diejer
Umbildung wedte in ihm den Gedanken, mit den
1070
in Attila vielleicht ganz unbelannten oder durch
die neue Tragödie mehr und mehr verdrängten
Satyripielen jeiner Heimat eine gleiche Umgeſtal—
tung und dramatifche Fortbildung, wie fie Theipis
mit den Dithyramben vorgenommen hatte, zu ber:
fuchen. Möglich, daß ihn eine gewiffe Unzufrie:
denheit des Bolfes mit dem ernithaften Charakter
der neuen Tragödie, wie fie das befannte Spridy:
wort obötr mpög tor Jıuovvoov anzudeuten jcheint,
in feinem Vorſatze und Verſuche beftärkte. So
nahmen aljo unter PBratinas die phliafiichen Sa—
tyrchöre die formelle Ausbildung der dithyrambiſchen
Ehöre an, ohne darum ihre Luftigfeit, ihr eigent-
liches Wejen und ihren bejonderen Charalter auf:
zugeben. Bratinas’ Erfindung jcheint in Athen
bald Beifall gefunden zu haben, jedesfalls hatte
er an Ehoirilos und Aiſchylos 2 eifrige Mitar:
beiter auf dieſem neuen Gebiete der Dichtung;
man gejellte dad muntere Spiel ber ernfteren
Tragödie in berjelben Mbficht hinzu, in welcher
früher Arion die Satyrn mit dem dithyrambijchen
Chore vereinigt hatte, um der zur Tragödie er-
hobenen Dichtung etwas von der alten Yuftigkeit
der Dionyjosfeier zu erhalten oder wiederzugeben.
Als Dichter des Satyrdramas find außer Bratinas
etwa noch folgende zu nennen: Phrynichos,
Ariftias, Ehoirilos, Aiſchylos, Sophofles,
Euripides, Jophon, Achaios aus Eretria,
Jon aus Chios, Xenotles, Aſtydamas d. j.,
Chairemon, Timeſitheos. Bon den Satyr—
dramen aller dieſer Dichter iſt und nur 1 voll-
ftändiges Stüd übrig, der inflops des Euripides;
außer diefem nur Titel und unbebentende Bruch:
ftüde. Eine Charafteriftif diejes Spiel fann
daher nur jehr unbejtimmt, dürftig und einfeitig
ausfallen. Im allgemeinen hatte die Handlung
die Farbe der Tragödie, aber die Perjonen er:
jchienen in die Einfamfeit waldiger Landichaft
verjeßt, umgeben von ae den beftändigen
Begleitern des Dionyjos. 8 Wohlgefallen an
diejem ftchenden Satyrnchore beruhte hauptſächlich
auf der Art, wie dieſe Satyrn ſich bei oder zu
der beſonderen Handlung ſtellten, wie das dämo—
niſche Gefolge des Gottes unter den Perſonen in
der Mitte der Begebenheiten ſich ausnahm. Die
Perſonen der Sage, die Heroen, welche die Thaten
ausübten oder zwiſchen Göttern und Unholden ſich
bewegten, blieben dieſelben im Satyrſpiel, welche
ſie im Epos oder in der Tragödie waren, nur
wurde der Anſtrich von Würde und Feierlichkeit
mehr oder weniger gemildert; die Heroen ſtimm—
ten ſich gleichſam zu dem Silen und den Satyrn
herab, deren närriſche Äußerungen auch ihnen
manches Wort abnötigten, das nur aus dieſem
Verhältniſſe, nicht aus ihrem eigenen Charakter
entiprang. Das Epos wurde jo mit Scherzen
durchflochten, welche vom Chore ausgingen; bie
Herven jelbft aber in Spafmacher und Iuftige Ber:
fonen zu verwandeln, war keineswegs Zweck diejes
Spiels. Ein guter Teil der Gejchichten, welche
fir diejed Drama benußt wurden, war an ſich
heiterer Natur, wie die Mythen des Dionyjos und
die Liebesabenteuer der Götter und Heroen: auch
Märchen und märchenhafte Vollsſagen, einheimische
und ausländiiche, waren der Anhalt vieler Satyr-
dramen. Bon der Komödie unterfcheidet ſich das
Satyripiel dadurch, daß e3 durchgängig naiv ift.
Die Satyrn wiffen von nichts anderem als was
Satyri — Satyrn.
fie ausſprechen; wie fie urteilen, fo find fie jelbit;
fie machen nicht Scherz über die Perſonen, jondern
wie fie die Dinge ihrer Natur gemäß anjehen und
empfinden, jo jprechen fie ji) aus. Die Komödie
geht immer von einer Auftigfeit und einem Scherze
aus, der mit arglojem Bewußtjein alles ins Lau—
nige und Drollige ummwandelt und verkehrt, und
zwar um zu befjern oder zu belehren, während
dem Satyripiel ein jolcher Aid ganz fern Tiegt.
Bergl. Hor. a. p. 220ff. Dem Ehore des Sa:
tyrjpiels fehlt alles Pathetiſche und alle Teilnahme,
weil davon in den Sathrn felbft feine Spur vor:
handen ift. Nicht die Handlung wirkt durch den
Chor auf den AZufchauer, fondern der Zuſchauer
fieht nur bie Wirkung derjelben auf den Sinn und
Buftand der Satyrn. Mit dem Ehore der Tragödie
jtimmen wir im ganzen überein, mit den Satyru
dagegen fann und joll eine ſolche Sympathie nicht
ftattfinden. Über die äußere Eriheinung des
Satyrchores ift und nur wenig überliefert; jelbit
über die Berjonenzahl fehlt ein beſtimmtes Zeug:
nis, es ift aber wahrjcheinlich, daß gleichviel Ber:
ſonen wie in der Tragödie den Chor gebildet
haben, aljo früher 12, jpäter 15. Das Koftüm
der Satyrn und des Gilen behielt alle äußeren
Abzeichen ihrer Natur bei. Die Satyrn ericheinen
bi8 auf ein umgeworfenes Bodsfell nadt; auch
eine Rehhaut oder ein Pantherfell diente ihmen
ald Belleidung. Ferner hatten die Choreuten,
um den Böden ähnlicher zu jein, emporftehendes
Haupthaar (Hor. a. p. 220), fie waren haßlich,
der Trunkenheit ergeben, üppig und lafciv, ſtets
Hüpfer und Springer, übermütig und frech, eben
jo feige wie die Heroen tapfer waren, unzuver⸗
läjftg, ohne Grundſätze und Sittlichkeit, ja geradezu
niederträchtig. Bgl. Eur. Cyel. 268. 271. Der
Tanz des Satyrdramas heißt Silinnis, arxırrız,
darnach die Satyrn aud Sikinniften (omırrıorei)
heißen. Er war jehr rajch, tummleriich, ſcherzhaft,
üppig und ohne Pathos. Bgl. noch Tetralogia,
über die Scene Theatron. In der metrijchen
Behandlung der Verſe des Satyrdramas haben ſich
die Dichter größere Freiheit ald in der Tragödie
gejtattet, jedoch, jcheint es, nur in den Teilen, die
den Satyrn oder dem Gilen gehörten. Samm:
lung der Brucdhftüde der Satyr en (mit Aus
ſchluß des Niichylos, Sophofles und Euripides
bon Friebel (1837). Bgl. Welder, über das Satyr⸗
jpiel (in ſ. Nachtrag zur äſchyl. Tragödie, 1826).
F. Wiejeler, das Satyripiel (1847). Fritzſche, de
scriptoribus satyricis (5 Abhandlungen, 1863 ff.).
— Die Römer haben in ihrer dramatijchen Litte—
ratur ein Satyripiel nicht gehabt, obſchon dies
mehrfach behauptet worden iſt. Die dafür aufge:
ftellten Gründe verſchwinden bei näherer Prüfung.
Satyri, ein fabelhaftes Volk im Innern Afrikas,
das außer dem Geficht nichts Menjchliches hatte,
alfo wahricheinlich eine Affenart. Mela 1, 4, 4.
Plin. 5, 8, 30.
Satyrn, Zervpo:, Begleiter des Dionyjos, Re:
präfentanten des Ippigen und ausgelafjenen Natur:
lebens im balchiſchen Kreije; in niederer, reinfinn:
licher Geſtalt ftellen fie basjelbe dar, was wir in
edler, geiftig verflärter Form in Dionyjos ſelbſt
erfennen. —* Geſtalt iſt die zur menſchlichen
erhobene Bodögeftalt; fie haben ſtruppiges Haar
(in der jpäteren Kunſt auch Hörner), ftumpfe, auf:
geworfene Najen, zugeipigte, ziegenartige Ohren,
Satyros — Saxones. 1071
mitunter auch Knollen (prjge«) am Halfe und ein | Geftalten, die eine anmutige Bildung und liebens—
Ziegenſchwänzchen oder einen Pferdeſchweif; ihre | würdige Schalkheit zeigen, bejonders in der neueren
üge tragen den Charakter mutwilliger Robeit. | attifchen Schule. — Abbildung: ausruhender Satyr,
Homer erwähnt die Satyen nicht; Hefiod (fragm. 13. | Statue des Capitols, wahrſcheinlich eine Nach—
bei Strab. 10, 471) bezeichnet fie ala ein yerog | bildung des berühmten Satyrs des Pragiteles,
obrıdarar Zarigor nal dungavoseyar, als nicht: | der, Schön und jung, mit der Flöte in der Hand
würdige, leichtfertige Geſellen. Träge und * und ſchallhaft ſinnend vor ſich hinblickend, an einen
Luſt und Anſtelligkeit zur Arbeit, ergetzen ſie ſich Baumſtamm lehnte.
an Tanz und Spiel; Hut, Liebe und Wein find | Satfros, Zcrvgog, 1) aus dem attiſchen Demos
ihre freude. Sie lieben die Gejellichaft der Nym: | Kephifia, ein oligarchiich gefinntes Ratsmitglied
phen, mit denen fie in den Wäldern umberjchweis | zur Zeit der Schlacht bei Aigos Potamoi. Einfluß:
fen und Inftige Reigen aufführen, die fie aber auch | reich, frech und unverjchämt, gehörte er unter den
mit ihrer zudringlichen Liebe verfolgen. Wie jonft | Dreifig zu den Elfmännern. Nach der Hinrich:
die Götter der geheimnisvollen Natur, deren Nähe | tung des Theramenes jcheint er felbft unter die
man in der Waldeinfamfeit plößlich mit Grauen | Dreifig aufgenommen worden zu jein. Xen. Hell.
2, 8, 64 ff. — 2) Sat. 1, König des bospora-
ER niſchen Reiches, von 407—398 dv. E., ftand mit
h y den Athenern in enger freundichaftlicher Verbin:
dung und fand bei der Belagerung von Theodofia
jeinen Tod. Diod. Sie. 14, 93. Demosth. Lept.
5,33. — 3) Satyros II, fiel nad furzer Res
ierung um 810 v. €. im Kriege gegen jeinen
Bruder, Diod. Sie. 20, 22 ff. — 4) ein griechiicher
Dichter, der als Berfafler mehrerer Epigramme in
der griech. Anthologie gilt. Vieleicht gehören auch
die dem Einen Dichter beigelegten Epigramme zwei
verichiedenen Berfafjern an. — 5)ein Schaujpieler,
Belannter des Demojthenes. Plut. Demosth.7. —
6) ein gelehrter Arzt, Lehrer des Galenos und
Berfafjer von Kommentarien zu den Schriften des
—— — ) Pexipatetiler im 2. Jahrh. v. C.
erfaſſer mehrerer Schriften, namentlich eines
größeren Wertes, Bor, d. h. Lebensbeſchreibungen
politiſch und wiſſenſchaftlich bedeutender Männer,
.B. des Pythagoras, Sophokles, Allibiades,
ßhp II. von ledonien u.a. Vgl. Müller,
fragm. hist. Graec. IIl p. 159 ff.
Saucöna j. Arar.
Saufsii, 1) C. Sanf., verwaltete 100 v. C.
bie Duäftur und fand mit Saturninus, deſſen
Pläne er unterftügte, jeinen Tod. Cie. Rab. perd. 7.
App. b. c. 1,32. — 2) 2. Gauf., Freund des
gelehrten Atticus, durch deſſen Fürfprache er feine
bon ben XTriumvirn verfauften Güter zurüd er:
hielt. Nep. Att. 12. Cie. ad Att. 7, 1. 15, 4.
Sauromätae j..Sarmatia,
Savo, ein träge fließender Flug Campaniens,
der 7 Mill. jüdlih von Sinueſſa zwiſchen dem
Volturmus und Liris mündere; j. Savone. Plin.
8, 5,9.
Savıs, Zdos, Zcdovog, 1) rechter Nebenfluß des
: Danuvius, der auf den Carniſchen Alpen entipringt
empfand, waren auch die Satyrn Schreden und und parallel mit dem Dravus ftrömt. Er bildete‘
Grauen erregend für den Menjchen. Ihre Attribute | im oberen Laufe die Grenze zwiſchen Noricum und
find der Thyrſosſtab, Flöten, Syringen und jon: | Italien, dann zwijchen Jllyrien und Pannonien;
ige mufitaliiche Inftrumente, Beinthläudhe und j. Save oder Sau. Strab. 4, 207. 7, 314. Plin.
rintgefähe. In Uungen kommen jie |3, 18,22. — 2) Fluß gl. N., flieht an der Hüfte
oft vor ala Gefährten des Dionyſos in bakchiſchem von Mauritania Cäſarienſis; j. Wed: Arajdı.
Taumel, als Kelterer, —— mit Nymphen Saxa j. Decidii.
tanzend, unter Anführung ihres Gottes mit den Saxa rubra j. Rübra saxa.
feindlichen Torrhenern fämpfend u. j. iv. Jüngere | Saxönes, Zdfoveg, ein am Ende bes 3. nach—
Satyrn heißen Zarvoloxoı. In ipäterer Zeit, | chriftlichen Kahrhunderts zuerft in der Geſchichte
bejonbers auch bei den römiſchen Dichtern, werden | hervortretender Vollsſtamm, den Tacitus wohl
die Unterjchiede zwischen Satyen, Banen und Faunen | unter den Cimbri ag benannt vielleicht
verwiſcht. Die Schredgeftalten und Karikaturen |von einer Waffe (Sax, Schlachtmefjer), oder von
des bärtigen Dionyjos werben von der vollende: | Seax (Sit, Erde), aljo die Anſäſſigen, im Gegen-
teren Kunſt noch eine Zeit lang im veredelter Weije | jate der Franken (Freien). Später bildeten fie
beibehalten; dann folgen die zarteren, jugendlichen | einen Bund, der mehrere Völlerſchaften umfaßte.
1072
Scabellum und Scamnım — Schauspiele.
Scabellum und Scamnum, jenes die Heinere, ' Brofonjul Eicero in einem Handel, den Brutus
biejes die größere Banf, Am öffentlichen Leben
(vor Gericht, in den großen Bädern) brauchte man
die scamna vielfah, im häuslichen Leben dagegen
die Fußbänkchen, deren Form und Stoff jehr ver:
Ichieden waren.
Seaena |. Theatron,
Sceaeva, 1) ein römiſcher Eenturio, welcher im
Bürgerkriege bei Dyrrhadyium mit großer Tapfer:
feit ein Kartell verteidigte, nachdem er schon früher
unter Eäjar in Britannien mit Auszeichnung ge:
fümpft hatte. Caes. b. c. 3, 53, Lacan. 6, 140 ff.
Plut. Caes. 16. — ein Verſchwender, welcher
jeine alte Mutter vergiftete. Hor. sat. 2, 1, 53 ff.
Senevöla ſ. Mucil, 3—8. 10.
Scalae. Die Treppen in den römijchen Häu—
fern waren unanjehnli und jpielten überhaupt
eine Nebenrolle, da man meift bloß das untere
Stockwerk bewohnte. Die oberen Räume dienten
zu Borratd: und zu Sclaffammern. So wenig:
jtens bei den Bornehmen und Weichen, die mit
ihrer Familie ein ganzes Haus bewohnten. Der
weniger Bemittelte mietete fich eine Abteilung in
einer größeren insula (j. d.), der ärmere ein —
er
o
2)
coenaculum in einem oberen Stodwerte.
Dichter Martialis wohnte 3 Treppen hoch (Mart.|i. d
1,118, 7; vgl. 7, 20, 20). Dft gingen die Treppen
zu den einzelnen Abteilungen eines Hauſes von ber
Straße hinauf. Liv. 39, 14.
Scaldis, j. Schelde, franz. Ejcaut, der bedeutenbjte
Fluß des belgischen Gallien, den Cäſar (b. g. 6, 38)
irrtümlich auf der Arduenna silva entipringen und
in die Moja fallen läßt. Ptolemaios nennt den
Fluß Taßovilag; noch im Mittelalter hieß er Tabul.
Scamunm j. Scabellum.
Scandia, Scandinavia, Skatinavla, Zxar-
Öle, hieß bei den Alten die Skandinaviſche Halb:
injel, von der fie jedoch nur unvolllommene Kunde
hatten; fie glaubten, es jeten mehrere große, zu
Germanien gehörige Anjeln dort im nördlichen
Dcean. PBtolemaios fennt 4 Zuardiaı vijao:, drei
fleinere und eine größere, die befonders dieſen
Namen führte; die andern waren Nerigos (Nor:
wegen ?), Bergi (Bergen in Norwegen?) und Dumna
(Injel Dunnden?). Auf der größeren Inſel lag
das Gebirge Sevo (d. h. das Grenzgebirge zwiichen
Schweden und Norwegen, ber Kiölen, deſſen ſüdl.
Zweig noch jetzt Seve-Ryggen heift). Völlkerſchaf—
ten waren die Kuudervol im W., Toüraı (derem
Name im h. Gothland fortlebt) und Savndoreg
im ©., Davoraı und PDipaico: im D. umd bie
Asvoroı im Junern. Indes nennen jpätere Schrift:
fteller ganz andere Völkerſchaften; Plinins z. B.
die Hilleviones, d. h. Fellenbewohner, von
Hella, Feld. Unter ber Inſel ift ohne Zweifel
Schweden zu verſtehen, deſſen füdlicher injelartiger
Teil noch jetzt Scania, Stone (Schonen) heißt.
Plin. 4, 96. 104. Mela 3, 31, 54.
Scantia silva, Wald in. Gampanien, wo fic)
die aquae Scantinae befanden, neben welchen
Flammen aus der Erde emporjchlugen. Cie. de leg.
agr.1,1. 8,4. Plin. 2, 107. 111.
Seaptiüi, 1) P. Scapt., verleitete 446 v. €.
die Römer, einen jtreitigen Landſtrich, über wel-
chen das römiſche Volk zwijchen Ardea und Aricia
entſcheiden jollte, ſelbſt in Beſitz zu nehmen, weil |
die Römer ihm jchon früher erobert hätten. Liv.
3, 71f. — 2) M. Scapt, beredete 50 v. E. den
16,1.
mit den Einwohnern von Salamis auf Aupros
— die Sache aufzuſchieben, ſo daß ſie deſſen
achfolger eutſcheiden ſollte. Cicero hatte gegen
Brutus entſcheiden wollen. (ie. ad Att. 5, 21.
Eine von ihm gewünſchte Präfektur ver-
weigerte Cicero.
Scapülae, 1)B. Quinctius Scap, Gläubiger
des E. Duinctins. Cie. Quint. 4, 17. — 2) T.
Quinetius Scap,, erregte den Krieg gegen Cä—
ſar in Hiſpanien. Cie. ad fam. 9, 13.
Schlacht bei Munda lieh er ſich —* Corduba von
Nach der
einem Sklaven töten. Üaes. b. Hisp. 33. Cie. ad
Att. 12, 38, 4. 40, 4. — 3) j. Ostorii, 1 und 2.
Scardöna, Zudedor, die Hauptitabt Liburniens
in Illyrien am rechten Ufer des Titius, durch einen
See mit dem Meere in Verbindung; noch j. Scar:
dona. Auch eine Inſel vor der liburniſchen Küfte
hieß jo; j. Arbe. Plin. 8, 21; 25. Strab. 7, 315.
Scarus, oxdgos, ein teurer, uns micht genau
befannter Fiſch, vielleicht Lippfiih oder Meer-
brafien (Hor. sat. 2, 2, 22. epod. 2, 50), jedesfalls
eine der größten Ledereien bei den Römern.
Scauri, Beiname mehrerer römiſchen srentes,
1) N (j. d. 11.); — 2) der Aemilii,
Scena j. Theatron.
Schatz und Schatzmeister, Schatzung, |.
Staatshaushalt, I.
Schauspiele, Schauspieler, Schanspiel- ı
wesen, Die Aufführung bon Schaufpielen war
im Altertum, in Athen wie in Rom, nicht eine
Privatjache, jondern eine Sache des Staats, wenn
auch die Ausführung des Einzelnen Privatperfonen
überlaffen wurde. In Athen bildeten die Auf:
führungen von Tragddien und Komödien einen
Hauptteil der religiöjen Feier, womit man die
Feſte des Dionyjos beging. Die Tragödie, das
Satyripiel und die Komödie waren aus der Feier
der Dionyjosfefte hervorgegangen (ſ. Tragoedia,
Komoedia, Satyrdrama', und ihre Auffüb-
rung blieb daher für alle Zeiten ein Beftandteil
biejer Feier. Die Theatertage waren daher in
Athen nur die im Jahre vorlommenden Piony-
fosfefte, nämlich die ländlichen oder Heinen Dio—
nyſien, die Lenaien, die WUnthefterien und die
großen oder, ſtädtiſchen Dionyſien. Die letzteren
waren auch für die dramatifchen Aufführungen
das Hauptfeft (j. Dionysos, 8.). Die Behörde,
welche die Aufführung der Schaufpiele zu leiten
und zu beauffichtigen hatte, war der Archon Ba:
fileus für die Lenaien, der erjte Arhon (Eponymos)
für die großen Dionyſien. An dieſen hatte jich ein
Dichter, welcher jeine Dichtung zur Aufführung
bringen wollte, zu wenden und um einen Chor
nachzufuchen (Joobu «lreiv). Der Archon unter:
warf die Stüde, die vermutlich im Manuftript
eingereicht twurben, einer Prüfung und bewilligte
den Dichtern, deren Stüde gefielen, einen Chor
(zogöv dıdövar); die Ausrüftung des Chors über:
nahm aber derjenige, welchem die Choregie ob-
lag. Über dieſe öffentliche Leiftung ſ. Leitur-
gina. — Der gange theatraliiche Apparat, melden 2
ber Ehoreg dem Chore zu geben hatte, hieß zoerj-
yıor. Ferner erhielten die Dichter, wenn ihre
Stüde angenommen wurden, aus der Staatslaſſe
ein Honorar; doch mußten fie es fich auch gefallen
fafien, daß ihre Stüde ohne weiteres zurüäd:
*
Schauspiele.
gewiejen wurden. Die Zulafjung der Komödien
zur Aufführung war noch überdies an ein geſetz—
lich bejtimmtes Alter ihrer Berfajjer geknüpft;
man nimmt gewöhnlich ein Alter von 30 Jahren
an. Auch jorgte der Staat für die Aufrechterhal-
tung der Ruhe und Ordnung während der Spiele
und für eine gerechte Verteilung der Kampf:
preije, indem er Polizeibeamte und Kampfrichter
ernannte, Nampfrichter waren die Ngonotheten,
unter ihnen jtanden die Majftigophoren, eine
Art Liktoren, welche die Ruheftörer zurechtwieien
und auch wohl entfernten. Die Kampfrichter, die
erit am Ende der Aufführung aus den auf der
Bühne aufgeftellten verjiegelten Urnen, in welchen
die Namen der vom Nate der 500 Vorgewählten
lagen, vom Archon förmlich ausgelojt und ver-
eidet wurden, hatten am Schlujje der Darftellungen
über die Leiftungen der Choregen, des Dichters
und der Schaufpieler zu urteilen. Ihre Zahl
jteht nicht ganz feitz man nimmt für die Tragödie
wie für die Komödie gewöhnlich fünf an. Fiel
der Nichterjpruch für den Dichter günftig aus, jo
erhielt er auf der Bühne vor dem ganzen Pu—
blifum einen Kranz. Dies war die höchſte Ehre,
welche einem Dramatiker in Athen zu teil werden
fonnte. Der Choreg wurde gleichfalls mit einem
Kranze belohnt, auch wurde ihm gejtattet, dem
Dionyjos in Bezug auf jeinen —* ein Weih—
geihent machen zu dürfen. Die Choregen der
tragijchen Chöre pflegten einen Dreifuß zu mweihen,
der dann im Theater, oder im Tempel des Dio-
nyſos, oder auch in der Straße der Dreifühe
öffentlich aufgeftellt wurde ſ. Lysikrates). Pie
Choregen der fomijchen Chöre weihten Tänien,
Thyriosftäbe u. dgl. Gemeinjame Denkmäler aber
für beide Leitungen jcheinen die Inſchriften ge:
wejen zu fein, auf denen der Name des Archon,
des Choregen und des Pichterd verzeichnet war.
Das ältejte Dokument diejer Art f. Plut. Them. 5;
vgl. Plut. Arist. 1. Aus diejen Verzeichnifjen find
die jpäteren Didaffaliichen Werke hervorgegangen,
j. Jıöaozadla. Für die Schaujpieler endlich
waren außer dem bedungenen Honorar auch yon
Geldpreiſe ausgeſetzt, diejelben erhielten aber au
für jchlechtes Spiel Geihelhiebe im Angefichte des
gejamten Bublifums, Welchen Wert man übrigens
auf einen Sieg an den dionyfiichen Feſten nicht
allein von feiten des Dichters, jondern auch des
Ehoregen und der Enke, die er vertrat, zu legen
pflegte, zeigt nicht bloß der ungemeine Aufwand,
womit fich die Chorausitatter gegenjeitig zu über:
bieten juchten, jondern auch der Umitand, daß
man zur Beſtechung des Archon und der Kampf:
richter zuweilen feine Zuflucht nahm, wie das Bei-
jpiel des Meidias zeigt. Demosth. Mid. 516. 519.
520. — Auch bei den Römern war die Bejor-
gung der Theaterjpiele nicht Privatjache, jondern
injofern Angelegenheit des Staats, als von dem—
—— eine Behörde dazu angehalten war. In
ieſer Beziehung gebrauchen griechiſche Schrift—
ſteller von dieſem Amte auch die Ausdrücke zoen-
yia oder zgoonyeisdar: freilich war es der Sache
nah don der griechiichen Choregie gänzlich ver:
ſchieden. In Rom hatte der Beamte, welcher als
dator muneris oder ludi auftrat, für alles zu
Jorgen, was zu dem apparatus scaenicus gehörte,
. b. für die Ausihmüdung der Bühne, für das
Gerät und die Majchinen, die zur Aufführung ge
Meallegiton des tlaſſ. Aitertums. 7. Aufl.
1073
braucht wurden, und für das Koſtüm der Schau—
ipieler. Die meifte Berüdjichtigung wurde gewöhn-
lich der Bühne zu teil. Bgl. Theatron. Auch
bezahlte der römische Beamte den Dichtern das
Honorar für ihre neuen Stüde, bejoldete die Schau-
ipieler, die noch bejondere Preiſe und Gejchenfe
erhielten, und hatte alle zur Aufführung der Stüde
rg Vorbereitungen, die Probevorjtellungen,
die Ankündigungen der Spiele, zu beauffichtigen
und zu bejorgen. Während der Aufführung war
feine Aufmerkſamkeit auf die Zuichauer und Schaus
ipieler gerichtet. Unterſtützt wurde er hierbei durch
Unterbeamte. Erſtens durch die desi gnatores,
welche, durch die verjchiedenen Abteilungen der
Sitzplätze zerſtreut, darauf jahen, daß jeder Zu—
ſchauer in der für ihn beſtimmten Abteilung Platz
nahm und befam: fie
nungen unter den Zuichauern zu verhüten und
bedienten sich dabei wohl aud der Hülfe der
Liktoren. Sodann durd die conquisitores,
welche Parteiungen unter dem Publikum zu ver:
hindern und diejenigen aufzufinden juchten, welche
zum Beifallflatichen bejtellt waren. Wuch war noch
ein praeco da, welcher Stille und Aufmerkſamleit
ebot. Unter den Kaiſern wurde die Zahl der
heaterbeamten noch vermehrt. Die Verpflichtung,
fcenische Spiele zu geben, lag den curulichen
Adilen und dem praetor urbanus ob, die in der
—— der Koſten vom Staate nicht unterſtützt
wurden. Der Prätor fonnte ſich auch mit feinem
Amtsgenojjen in die Geichäfte und Auslagen
teilen, die beiden Adilen dagegen bejorgten die
Spiele bald gemeinjchaftlich), bald auch jeder für
fih. — Bei der Aufführung der Schaujpiele
kommen zumächit zwei Dinge in Betracht, der Ort
und das aufführende PBerjonal. Über den
Ort der Aufführung, die Bühne und deren Be—
ichaffenheit j. Theatron. Das aufführende
und darjtellende Berjonal ift in den griechischen
Tragddien und Komödien in den Chor und in
die Schauspieler (drongırai) geteilt. Über den
Chor und feine Verfajjung j. Choros. Es bleiben
daher hier mur die Schaufpieler näher zu be=
trachten übrig. Die ſeeniſche Daritellung der
Tragödien und Komödien durch die Schaujpieler
unterjcheidet ich von der heutigen Weiſe zumächit
hauptjächlid dadurch, daß alle Nollen, auch die
weiblichen, von Männern und zwar nur von drei
Schaufpielern gegeben wurden. Die Beichränfung
der Schaufpieler auf das männliche Geichledht
hatte ihren Grund darin, daß bei den dionyſiſchen
Feſtchören (Dithyramben), aus denen das ganze
Schaufpielwejen — — war, die Frauen
nie eine Rolle geſpielt hatten. So war von ſelbſt
die Schauſpiellunſt in die Hände der Männer ge—
fommen. Die Beichräufung der Schauipieler auf
eine beſtimmte Zahl wurde aber durch den Um—
ftand geboten, daß die Dramen im einem Wett—
fampf aufgeführt wurden. Dieje Einrichtung machte
die möglichite Gleichheit der Mittel notwendig.
Der Staat mufte, um gerecht zu jein und nicht
einen der Dichter vor dem andern durch reichlichere
Austattung zu bevorzugen, und um den Preis-
richtern eine beſtimmte Enticheidung zu gejtatten,
leihmäßige Mittel verwilligen und eine be
—— Schauſpielerzahl fejtiegen. Aiſchylos und
ſeine Zeitgenoſſen hatten anfangs nur zwei Schau—
ipieler, den dritten, deſſen ſich dann auch Aiſchylos
68
or
atten überhaupt Unord⸗
©
-!
oo
1074
bediente, führte Sophofles ein, eine weitere Ber: |
mehrung der Schaufpielerzahl finden wir aber
nirgends erwähnt. Dieje drei Schauspieler, welche
die jämtlichen Rollen eines Stüds zu übernehmen
und durchzuführen hatten, hießen teils in Be:
iehung auf den Wettlampf, der auch zwiſchen
ihnen ftattfand, teil® nach der poetischen Bedeut-
jamfeit und dem Umfange der übernommenen
Nollen: rewraywrıorı;, actor primarum par-
tium, devregaywrıorıis, actor secundarum par-
tium, und roıreywrıorıig, actor tertiarum par-
tium. Die Hauptrolfe gehörte dem Protagoniften;
er ftellte die Handlungen und Gejchide der Haupt-
perjon dar, in welder der Grundgedanfe des
— Dramas am beſtimmteſten hervortrat. Ihm
zunächſt entwickelte der Deuteragonift diejenigen
Gegenjäge, welche den Charakter der Hauptfigur
bedingten oder en er übernahm die Rollen
weiten Ranges und diente in vielen Fällen dem
rotagoniften als Folie, 3. B. Jimene der Anti-
gone, Chryſothemis der Elektra. Die poetiiche Be-
deutung jeiner Rollen und feine mimijche Ge—
wandtheit mochten vielfach gegen den Protagonijten
nicht eben jehr zurüdtehen; doch war ihm ein ge:
ringerer Schwung der Darftellung geboten, jo daf
die Kraft feiner Stimme und feine höheren Gaben
a Bunften der Hauptperjon etwas zurüdtraten.
em Tritagoniften jcheinen wejentlic die Rollen
zugefallen zu jein, durch welche der Kampf des
Brotagoniften, jein mdhog, veranlaft wurde.
Welches Prinzip übrigens und welche Gejege die
Dichter bei der Nollenverteilung durchaus be:
folgten, läßt ſich nicht mit Sicherheit angeben.
So viel dürfte aber feftftehen, daß die Dichter
möglichjt darauf jahen, daß der Schaujpieler einer
bedeutenden Rolle nicht durch Übernahme Heinerer
Bwilchenrollen entfremdet, und diejelbe Rolle von
demjelben Darfteller geiprochen wurde; daß ferner
die verjchiedenen Rollen eines Schaufpielers in
einer gewifjen gegenjeitigen Beziehung, ihrem In—
halte und ihrer Tendenz nad, miteinander ent-
weder im Einffange o auch im Gegenjape
ftanden. Die Nachricht des Pollux, daß der Prota:
gonift aus der mittleren Thür der Scenenwand,
der Deuteragonift aus der rechten, und aus der
linfen der Tritagonift auf die Bühne getreten jei,
befagt nicht, daß diejes Auftreten feſtes Geſetz und
ftehende Regel gewejen jei; es lonnte natürlich
nur da gejchehen, wo der Anhalt des Stüds und
die Rolle des Schaufpielerd es geftattete. Bis:
weilen fam es aber doch vor, daß man nicht mit
drei Schaujpielern ausreichte, um ein Stüd voll:
ändig in Scene zu feßen. Die Ofonomie des—
Iben verlangte hier und da noch eine befondere
Anshülfe. In jolchen Fällen war der Ehoraus:
ftatter gehalten, einen vierten, bezw. fünften zu
ftellen, der dann eintrat und eine Nebenrolle
übernahm, two die vom Staate verwilligte Drei-
zahl nicht genügte 6 B. in Sophofles’ Didipus
in Kolonos). Dieje Aushülfe hieß magegopiynur,
weil der Choreg auch diefe Perjon zu jtellen und
mit der nötigen Garderobe zu verjehen hatte. Bon
der Anwendung diejer vierten Perſon find mur
wenige Beiſpiele vorhanden, ein Beweis, daß fie
nur jelten vorgelommen fein mag. Neben den
eigentlichen Schaufpielern des Stüds erjchien auf
der Bühne noch eine Anzahl ftummer Berjonen,
“uop& nobguna, nerü moögome. Könige und Hel—
Schauspiele.
den traten immer von mehreren Dienern begleitet
auf, weibliche Perſonen mit weiblichem Gefolge.
Diejes Gefolge hieß Hegdzorres oder Pegdrauırai,
und injofern es aus Trabanten und bewaffneten
Leuten beitand, dogupogo: vder doprpogrum.
Diejes Gefolge hatte der Choreg gleichfalls zu
ftellen, und es mag zuweilen jehr zahlreich und
prächtig ausgeftattet gewejen jein. — Weſentlich
umgejtaltet wurde das Schaufpielweien im der
päteren Beit, als teils ne Aufhörens de
Chores die Aufführung von Dramen erleichtert,
teils aud an andern Feſten als denen des Die
nyjo® Dramen aufgeführt wurden. Es bildeten
fi nämlich Vereine von Schaufpielern, Dramen:
dichtern, Mufifern u. j. w., die fih dionyſiſche
Künftler, Juowvowxoi reyriraı, nannten, in
größeren Städten ihren Sit hatten und, im flei-
nere Abteilungen geteilt, in den Heineren Städten
und in den Provinzen an den Feiten Dramen
aufführten (vgl. Lüders, die dionyſiſchen Künſtler,
1873). — Das in der That merkwürdige umd
fremdartige Koftüm der griech. Tragödie und Ko
mödie fteht in engem Zujammenhange mit dem
Urjprunge und dem Zwecke des gejamten Schau:
jpielwejens in Athen. Der eigentümliche Zujchnitt
und das muntere Kolorit machten die :
garderobe mehr zu dionyſiſchen Feſtkleidern als zu
Theatergewändern. Um nun von der Belleidung
der tragiichen Schauſpieler zunächſt zu reden, je
bejtand dieje für Männer von höherem Range aus
einem bunten, gewirkten Leibrode mit Armeln,
bei älteren Perjonen wahrjcheinlich bis auf die
Füße (zeewr rodnens), bei jüngeren bis an bie
Kniee reichend. Ein grünfarbiger Talar oder ein
langer, bis auf die Füße herabgehender Füriten:
mantel, foftbar durch Purpur und einen gold
eftidten Saum, diente als Überwurf. Andere
erjonen, die nicht gerade Könige waren, trugen
einen kürzeren roten, goldgeftidten Mantel umd
als teilweife Bedeckung desjelben einen reichgeitid-
ten, hochfigenden Gurt (uaoyalıorrje). Wahrjager
—— über dem Leibrocke ein wollenes netzattiges
ewand. ber den Leibrock wurde noch eint
Bruſtbedeckung, eine Art Wams (nslrwue), ge5%
gen. Sp erſchienen Könige, wie Atreus, Aga—
memnon und andere. Dionyſos trug einen pur:
purnen Leibrod, der nadjläffig an einem bumten
Achſelbande Hing, darüber war ein dünnes, jafran-
farbiges Florkleid gezogen; in der Hand trug er
einen Thyrſosſtab. Die Kleidung einer Königin
war ein purpurnes Schleppfleid (deu) umd ein
weißes Armtuch, in der Trauer aber ein ſchwatzes
Schleppkleid und ein blauer oder dunfelgelber Um:
wurf. Unglüdlicye, bejonders Flüchtlinge, waren
mit ſchmutzigweißen, dunfelgrauen, ſchwarzen Klei⸗
dern angethan. Dazu kamen noch Schwerter,
Scepter, Lanzen, Bogen, Köcher, SHeroldsitäße,
Keulen, Doldye, deren Spike in den Griff zurüd:
ging, und andere der Ausftattung tragijcher Helden
und Perſonen notwendige oder angemefjene Ge
—— Allerlei Felle von Hirſchen, Ziegen
öden, ng = und farbige Unterkleider werden als
Tracht der Satyrn und Silene angeführt. And u
wurde die Geftalt der tragijchen Schaufpieler durch
den Kothurn (f. Kösogrog) und durch eimen
Haaraufſatz oder Toupet (öyrog), nach Alter und
Rollen verjchieden und bejonders abgeſtuft, bedeu-
tend erhöht und durch Wattieren und Auspolftern
——
-.
1
—
tv
Schauspiele.
ſowie durch eine Art Handſchuhe (zeioldeg) an Bruft
und Gliedern verftärft und verlängert. — In der
älteren Komödie war das Koftüm jo viel ald mög:
lich dem wirflihen Leben nachgebildet, in der
neueren dagegen gab es gleichfalls beftimmte und
jeftjtehende Kleidung. Männer trugen einen weißen
Leibrod, Jünglinge einen purpurnen, Sflaven
einen bunten und darüber einen gleichfarbigen
Mantel, die Köche einen ungewalkten Doppelmantel,
die Bauern einen Pelz oder pie Rock nebft
einem Ranzen, Rod und Knittel, die Kuppler einen
gefärbten Leibrod nebjt buntem Mantel. Die
alten Frauen trugen ein himmelblaues oder dun—
felgelbes Kleid, Priefterinnen und Jungfrauen ein
weißes Gewand; die Mütter der Hetairen und
die Kupplerinnen trugen eine Purpurbinde um
den Kopf u. j. wm. — Bu es tragischen und
fomijchen Koftüm gehörte noch die Maske, meös-
orov, persona (jpäter zum Ausdrude der darin
dargeftellten Eharakterrolle geworden). Ihr Sinn
und Urjprung geht ebenfall3 auf die dionyſiſchen
Feſte zurüd. An diefen Feſten hatte man zuerft
als eine Art Vermummung das Gejicht mit Bein-
ns jpäter etwas tunfigerechter mit Mennig
gefärbt oder aud mit Blättern und Masken von
Baumrinde bededt; nad und mach führte das
Bedürfnis und die fortichreitende Kunft zur Er:
findung und charafteriftiichen Bemalung leinener
Masten. Freilich entbehrte die griechiiche Schau—
ipielfunft durch ihren Gebrauch den feinen Aus-
drud des Gefühle und das lebendige, beredte
Mienenpiel; allein wenn man den großen Raum
der griechiichen Theater berüdfichtigt, welcher wohl
ein vernehmliches Hören, gewiß aber fein deut-
liches Schauen geftattete, jo überzeugt man fich,
daß die Masfe der mimiichen Kunft und ihrer
Ausbildung eben feinen großen Schaden bringen
fonnte. Ob die Masken, wie die Alten angeben,
die Stimme der Schaujpieler zu verftärfen ge-
eignet waren, mag bier umbeſprochen bleiben.
Bon der griechiichen Bühne ging die Maske auch
auf die römijche über. Die kunftvollere Theater:
masfe hatte Aiſchylos feinen Schaujpielern ge—
geben. Sie bededte nicht nur das Antlig, jondern
den ganzen Kopf. — Auch die Farbe des Haupt:
haars hatte ihre feftftehenden Unterſchiede. Junge
Perſonen und Göttinnen hatten blondes Haar und
blaue Augen; das reifere Alter und Götter ſchwarz—
braunes Haar, das Greijenalter bleiches, die Götter
ber Unterwelt jchwarzes Haar. Auf der Stirn der
Perſonen, welche mit Würde angethan erjcheinen
follten, erhob ſich das Haar und fiel dann zu
beiden Seiten in Loden über den Naden herab.
Der Bart war dicht und breit geformt. Die Bil-
dung der Masten und des Haars für die Choreu-
ten war der gewöhnlichen Natur und Sitte nad
ebildet; im Satyripiele trug der Chor Satyr- und
ilenmasfen. Die Masten der älteren Komödie
ftellten die PBerfonen nach dem wirklichen Leben
dar, nur waren diejelben, ſowie das ganze Koftüm,
ins Lächerliche gezogen. Wenn der Chor eine
Schar von Männern oder rauen vorftellte, jo
trug er natürlich Masten von menfjchlicher Ge:
fihtsbildung, wenn auch mit komiſcher Übertrei—
bung und Überladung. Aber auch da, wo bie
Komödie einen Ehor von Tieren vorführte, mußte
ſie an ihm die menjchliche Geftalt beibehalten; die
Koftiimierung konnte fich meift nur auf die Maske
1075
erftreden. So hatte der Chor der Fröſche bei
Ariftophanes enge frojchfarbige Kleider, weiche die
menschliche Geftalt gar nicht verbargen, und nur
eine Masfe mit einem weit aufgeiperrten Maule.
n den Bögeln waren die Masten mit großen-
I
Schnäbeln, mit Federbüjchen, Kämmen und Kinn—
lappen, eine jede nach des Vogels Art, verjehen.
Die neuere Komödie dagegen, welche das Privat:
leben parodierte, hatte eine ganze Reihe von Cha-
raftermasten. Die Masten waren, wie bereits er-
wähnt worben iſt, von der griechiichen Bühne auf
die römifche übergegangen. Bei Plautus finden
fih noch feine Masten erwähnt, erjt bei Terenz
fommen fie vor als eine Nachahmung der griechi-
ſchen Sitte, und fie erhielten fih auf der römijchen
Bühne bis in die jpäteften Zeiten. Den Nachteil,
welchen die Maste der Mimif brachte, jcheinen
die Römer wohl erfannt zu haben, daher fie ihre
Schauſpieler zuweilen nötigten, um das Mienen-
ipiel bejjer beobachten zu fönnen, die Masken ab-
zulegen. — Der griechiiche Schaufpieler mußte in
Geſang und richtiger Deflamation eine gute Bor:
bildung haben, ehe er daran denfen durfte, mit
—* die Bühne zu betreten. Auf Deutlichkeit
und Richtigkeit des ganzen Vortrags, beſonders
der Deklamation, wurde ſehr geſehen, hierauf ver—
wendete er denn auch vieles Studium. Dies ergibt
ſich aus allen Nachrichten und Andeutungen über
künſtleriſche Diſeiplin und Schulzeit der Schauſpieler
und aus der Thatſache, daß Redner, wie Demoſthe—
nes, bei Schauſpielern in die Schule gingen. Auch
bedurften dieſe eine nicht gewöhnliche Kraft und
Treue des Gedächtniſſes, welches ſie in einen voll—
fommenen Beſitz der tragiſchen Litteratur ſetzte.
In der früheren Zeit traten die Dichter ſelbſt als
Schauſpieler in ihren Stücken auf. Mit Sophokles
aber, der noch einige Male in ſeinen Stücken ge—
ſpielt haben ſoll, hörte dieſe Sitte auf, und die
Dichter erhielten nun 3 Schauſpieler, die durch
das Los gewählt und geprüft wurden, ob ſie
die erforderlichen Talente, namentlich die nötige
Stärke der Stimme, beſäßen. Ein Schauſpieler,
welcher gefallen hatte, wurde keiner zweiten Prü—
fung unterworfen, ſondern fonnte ohne weiteres
von den Dichtern zur Aufführung ihrer Stüde
en werden. Daher fam es, daß die meiften
ichter ihre beftimmten Hauptichaufpieler —
denen ſie die erſten und vorzüglichſten Rollen in
ihren Stücken zuteilten und auf deren Talente ſie
wohl auch ſchon bei Ausarbeitung der Stücke Rück—
ſicht nahmen. Der Stand der Schauſpieler war in
Athen und Griechenland geachtet; nicht ſelten ehrte
man ihre Leiſtungen durch Denkmäler und In—
ſchriften und gebrauchte ſie ſelbſt zu nicht unwich—
tigen Staatsgeſchäften. — Bei den Römern waren
die Schaufpieler (histriones, auch tragoedi und
comoerli, actores, artifices und mit einem weniger
ehrenvollen Namen ludii und ludiones genannt)
gewöhnlich in eine Truppe (grex, caterva) ver:
einigt, welche der actor primaram partium, der
Hauptichaufpieler, ald dominus gregis leitete.
Die untergeordneten Schaufpieler hießen gregales,
auch wurden fie nad ihrem Direktor benamıt,
3. B. grex Roscianus. Mit dem Direktor ſchloß
der curator ludorum einen Vertrag, welcher die
Zeit und das Honorar des Spiels beſtimmte.
Waren die Schaufpieler Sklaven, jo erhielt ihr
Herr das Geld; waren es freie Leute, jo befamen
68*
—
—
3
4
1076
fie e8. Zu dem beftimmten Honorar famen noch
außerordentliche Geſchenke (corollaria, donationes).
Die —— der Rollen beſorgte entweder der
Dichter oder der Direktor nach den Fähigkeiten
eines jeden einzelnen. Weibliche Rollen wurden
auf dem römiſchen Theater gleichfalls von Män—
nern gejpielt, erſt unter den Kaijern traten Frauen
auf; die Zahl der auftretenden Schauſpieler richtete
fih nad dem Inhalte des Stüds. Ihr Koftüm
war, je nachdem der Stoff ein römijcher oder ein
griechiicher war, entweder der römijchen oder der
griechiichen Sitte nachgebildet. Um die Ausbildung
der Schaufpielfunft zu fördern, hielten Meifter der
Kunft, die in Eiceros Zeit ihre höchſte Blüte ge-
abt zu haben jcheint, befondere Schulen. Die
Schaulpieler waren meiſt Sklaven oder Frei—
gelaſſene. Ihr Stand war eben nicht geachtet,
und ihre Sitten werden gewöhnlich als locker und
feichtfertig geichildert. Über die Schaufpieler der
Utellanen j. Atellanae fabulae. Über das
Theaterpublilum in Athen und Rom j. Thea-
tron am Schluſſe, über das griechische Theaterweſen
im allgemeinen vgl. Bernhardy, Grundriß der griech.
Zitteratur 11,2 ©. 81 ff. und Alb. Müller, Lehrbuch
der griech. Bühnenaltertümer (1886); über das röm.
Friedländer in Marquardt u. Mommijen, Handbuch
der röm. Altertümer. Bd. VII. Opis, Schaufpiel
und Theaterwejen der Griedyen und Römer (1889).
Schedios. Ziyediog, . Sohn des Jphitos aus
Panopeus, König und Anführer der Pholier vor
Troja (Hom, 11,2, 517), von Hektor erlegt (daſ.
17, 306 ff). Seine Gebeine wurden nad Antikyra
in Phofis gebracht. Paus. 10, 36, 10. — 2) Sohn
des Perime
Il. 15, 515.
Scheidung j. Arom£ursıv u. Divortium.
Scherfa, Zxso/«, das Land der Phaiaken,
nördlich von Ithaka, in der Nähe ter Theiproten
gelegen, wird von den Alten übereinftimmend für
terfyra gehalten. T’huc. 1, 25. 8, 70. Bei dem
Verſuche, die homerischen Angaben von der Inſel
mit der ipäteren Geographie in Übereinftimmung
au bringen, ſtößt man auf unlösbare Schwierig-
eiten. Die Inſel hatte nach Homer nur Eine
Stadt und 2 gute Häfen; auch war fie fruchtbar,
namentlidy hatte der Garten des Königs Alkinoos
die jchönften und edeljten Fruchtbäume aufzu:
weijen. Zu diefer Inſel und ihren Bewohnern,
den Phaiakes, gelangte Odyſſeus auf feinen Irr—
fahrten. Die Phaiafen waren don den Göttern
geliebt und mit allen Gütern des Lebens gejegnet,
wie ihre Fahrzeuge gelent, behend und gewandt,
geübt in den Künjten der Orcheftif und Gymmaftif.
Früher hatten fie der Dichtung nach ihre Sibe
in Hypereia, in der Nähe der Kyflopen; da jie
aber von diejen gewaltthätigen Nachbarn beein-
trächtigt wurden, führte fie der göttergleiche Nau—
jithoos, ein Spröfling Pofeidons, nad der Inſel
Scheria, wo er eine Stadt gründete, den Göttern
Tempel erbaute und das Land unter jeine Leute
verteilte. Nach N.s Tode herrichte jein Sohn, der
weije Alkinoos, als Odyſſeus nach langer Irrfahrt
als nackter Schiffbrüchiger von den Wogen an
dieſe Inſel geworfen wurde. Der Herrſcher der
Inſel, heißt es, wohnt in einem prächtigen Hauſe,
in welchem ſich die Vornehmſten der Phaiaken
zum gaſtlichen Mahle zu verſammeln pflegen. Sein
Hof iſt mit einem Luxus ausgeſtattet, deſſen Be—
„Phokier, von Heltor erlegt. Hom. frü
Schedios — Schiffahrt.
ſchreibung zeigt, daß der Dichter ein durch Handel
und Schiffahrt reich gervordenes Völlchen vor Augen
hatte. Die Beichäftigung der Ph. beſteht aus:
ſchließlich in der Schiffahrt; fie find Die ſchnellſten
Segler, denn ihnen vor allen ijt Poſeidon hol.
Die Berfaffung des Heinen ifolierten Staates bat
ein ariftofratiiches Gepräge. Alkinoos tritt als
König (Bafileus) auf, um den die VBornehmiten
einen Rat bilden, doch jo, daß fie als Freunde
des Königs ericheinen, jeinen Wünſchen willig bei-
ftimmen und fröhlich ſchmauſend und trinkend gem
bei ihm verweilen. Odyſſeus erfährt dieje Gait-
lichkeit im vollften Mafe. Nachdem er der lieb
reichiten, vorjorglichiten Behandlung gewürdigt
worden, wird er zuletzt auf einem phaiakiſchen
Schiffe glüdlich nach feiner Heimat gebracht. Der
Kult der Ph. jcheint dem der Hellenen ganz ähm:
lih: Zeus, Poſeidon, Athene, Hermes jind ihnen
hochverehrte Gottheiten, und die hellenischen Mythen
find auch bei ihnen einheimiih. Meben ihrer
Schiffahrt zeichnen fie ſich durch eine vielfache in-
dujtrielle Thätigkeit aus; namentlich verfertigen ſie
alle zur Schiffahrt gehörigen Gegenstände ſelbſt;
ihre Frauen zeichnen fich in weiblichen Arbeiten
aus, im Spinnen und Weben, und bereiten föt-
lihe Gemwänder. Dies find die Hauptzüge der
dichterischen Darftellung, wonach man jich die
Phaiafen als ein heiteres, gemußliebendes, aber
doch im Genuffe maßhaltendes, für alles Schöne
und Angenehme empfängliches Böltchen zu deuten
hat. gl. Hom. Od. 6.7.8. „Beranlafjung zur
Lofalifierung dieſes Utopiens auf Kerkyra gab
wohl teils die Fruchtbarkeit des Landes, teils der
ühe Ruhm feiner Bewohner als trefflicher Ser
fahrer” (Burfian).
Schiedsrichter j. Jıırnrıjs.
Schiffahrt ,„ navigatio, vavrıkda, Sie er |
icheint bei den Griechen, die von der Natur auf
das Element des Meeres angewieſen waren, jchon
frühzeitig in einer gewifien Volllommenheit. Das
homeriſche Schiff (vgl. Autenrieth, homer. Bör:
terbuch, und Friedreich, hom. Nealien, S. 325 fi.)
war nach Rumpf und WUuftalelung etwa jo be
ihaffen. Der ganzen Schiffslänge nach Liegt unten
zuerſt der Stiel oder Schiffsboden, redmıs, carına,
und über demjelben ein zweiter Ballen, der ſich
vorn auffriimmt, der Kielbalten, ersien. uf
find die Rippen (devoyo«) errichtet, welche, nad
der Rundung des Schiffs gefrümmt, bis zum
oberen Rande gehen und am Border- und Hinter:
teil länger, in der Mitte kürzer 2. Quer über
diejelben laufen die Bordbalten, Zummyaerides; der
Bord des Schiffes wird durch ein Weidengeflect
gebildet. Die gejamte Bekleidung, Sa
heit roiyos; auf den gleich ſtarken Ban der beiden
Seiten wurde bejonders gejehen, und dies daher
auch (dupıslısca) ald lobendes Prädifat oft ber
vorgehoben. Die Spannung der Rippen wird
durch Balten bewirkt. Quer über dem Kielballen
faq da, wo der Maftbaum ftand, ein Maftichub
(Köſcher“), aesodun, in welchen jener mit jenem
unteren Ende eingelafien wird; höher himauf ein
mehr breiter Balten, iororddn, durch weichen der
Maftbaum hindurchgeht, und über diefem zwiſchen
jeder Schiffsrippe ein Querballen, Seyor, mobut
in dem mittleren, weniger hohen, Teile zugleih
die Nuderbänfe gebildet werden. Im Border ?
und Hinterteile liegen auch die Seitenballen, ziem⸗
=
Schiffahrt.
1077
lich gegen das Ende der Nippen, die nach oben und durch welches das Segel an der Nahe gedreht
getrümmten Balken, die die Bretter (vanddeg) des
Berdeds (ga) tragen. Der innere Schiffsraum
heißt arrlog, das BVorderteil woher, jpik zu—
laufend, damit das
Schiff die Wellen
defto leichter durch—
ſchneiden fan, meiſt
rot angeſtrichen (das
her uArordenos, rot:
wangig, vom Schiffe).
Das Hinterteil, mev-
urn, war runder und
2 als das Border:
teil, mit gefrümmter,
meiſt verzierter Spitze,
der Platz des Steuer:
ruders und feines Len⸗
fers; das ganze Schiff
glid) jo dem Monde
im legten Viertel, da—
ber die Beimörter „ge:
krümmt“ und „Hoch:
geſchnäbelt“ (xogw-
vis). Die Mitte des
Schiffes mußte ohne
Verded fein, für die
Borderteil
(geipa) des Schiffes.
——— und Ru⸗
derer. Der unterſte
Hinterteil Schiffsraum wurde
* de € i . : 5 i
laoouun) des Schiffes mit Ballaft, vn, meift
Steinen oder Holz, ausgefüllt. Vielleicht war das
ganze Schiff mit Pech angeftrichen, und daher das
Beiwort „ichwarz” (nvarorpmpog, uelaıre). —
Zur Auftatelung gehörte folgendes: der Maſt—
baum, iorös, malus, als groß und gewaltig be:
zeichnet, Rent mit dem Balfen, worin das unterfte
Ende desjelben befeitigt ift, loromeön, in einer
Höhlung zwiſchen unten im Schiffe befindlichen
Querbalken, uscodun, und erhebt jich am Ende
des Vorderdecks über das Schiff hinaus. Beim
Yanden wurde der Maftbaum herabgelafjen und
auf die Majtgabel (forodonn) am Hinterdeck ge:
legt, bei der Abfahrt wieder aufgezogen. Oben
am Maftbaum war quer die Nahe, Segelftange,
mengerolit.
six waren die Ankerjeile, mit welchen das Schiff
hinten befeftigt nnd an der Küfte angebunden
wurde, und die bei der Abfahrt wieder
wurden; zoorovoı hießen die beiden großen
weldye von der Spite des Maſtes nach beiden
Seiten gingen, um den Maftbaum zu halten und
ihn auf und nieder zu laflen, Zmirovog das Rahe—
jeil, womit die Segelftange an den Majtbaum be:
Ruder mwaren einer Wurfichaufel ähnlich, aus
Erlagıor, wmittelft eines Taues aus Stierhant oder | Tannenftämmen verfertigt und mit Niemen an
Byblos befeftigt, woran das Segeltuch, lerdor, | einen Pflock feftgebunden, oder ein ringförmiger
auch oreigor, von „weiß ichimmernder” Lein- Niemen (resmog), der um das Ruder lag, war
wand jich befand. Das Schiff hatte offenbar nur | über den Pflod (vAnis, orakuds) gehängt. Ein-
Ein Segel, diejes wurde bei günftigem Winde | mal bei Homer (Od. 9, 322) kommt ein zwanzig:
aufgezogen und bei ungünftigem twieder zujam: | rudriges Schiff vor. Der Schiffsjtafen, womit die
Taue halten das Schiff, den Maft: | Schiffe vom Ufer abgeſtoßen werden, hieß xovros;
baum und das Segel; allgemein heißen fie Öle, Anker gab es noch nicht, wohl aber ehvei, Steine,
zum Fejthalten des Schiffes weisuara; wgvurj- | die man vom mit Tanen in die Tiefe hinablie.
Das Material des Schiffes beftand meift aus
Fichten, feltener Pappeln oder Erlen; als Wert-
elöft | zeuge bei der Bearbeitung dienten die Art, me-
Pe Lenvs, das Handbeil, onemeoror, der Bohrer,
regergor, zum BZulammenfügen der Balfen die
Schnur, or@dun, zur Befeftigung die Holznägel,
yöugpoı (Hom. Od. 5, 234 ff.). — Wir gehen zur 5
— — — — — —— — — — nn nn nn — — —
feſtigt wird; außerdem zur Befeſtigung und Leis |
tung des Segels »dios oder Bosvs, am Ende der
Nahe befeftigt und von da durch eine am Maſt—
baum befindliche Rolle nach dem Berded hinunter:
gehend, Ördorn das Rahetau, welches von den Enden
der Rahe unmittelbar nach dem Schiffsborde geht,
werden kann, mödeg die Taue an den unteren
Enden des Segel, am Borde des Schiffes be:
feftigt, durch welche das Segel jo gedreht werden
fann, daß es ſich mehr dem Winde darbietet.
Das Steuerruder hieß wnddlıor oder oljior, 4
auch oia& (vielleicht das ältere Wort), jeltener
!pöixcıov, lat. gubernaculum. Es befand ſich
an dem Hinterteile (puppis, zevurn), jpäter an der
jet üblichen Stelle,
früher jedoch zur Seite
des Hinterteils, und
war bei größeren
Schiffen zu beiden
Seiten je eins, mes:
halb auch gewöhnlich
gubernacula in der
Mehrzahl gebraucht
wird. Der obere Teil,
die Handhabe (ansa,
olaE), ragte über den
Bord(re@pns,margo)
ein wenig empor, der
untere, breite Teil (pinnae, raggol) durchſchnitt
das Waſſer. Vitr. 10,8. Der Standpunkt des
Steuermanns (xußegrrjeng, gubernator) auf dem
Hinterteil war mit einem bretternen Boden über:
dacht. Er Hatte bisweilen noch einen Gehülfen
auf dem Borderteile des Schiffes, der von der
Bezeichnung desjelben (prora) mgwedrng, proreta
hieß. Or. met, 3, 617. Plaut. Rud. 4, 3, 75. Der
Steuermann bejorgte überhaupt die Leitung des
Schiffes, durch Ruder und Segel (incumbere re-
mis, inbibere remos), daher mußte er die Hüften,
Meere, Sterne, Winde u. ſ. w. kennen. Unter
jeinem Befehle ftand ein »elsvorns, hortator oder
pausarius, der entweder mit der Stimme den
Gleichſchlag der Ruderer befehligte oder durch einen
Hammer ıportisculus), woher er jelber auch por-
tiscalus hieß. Bisweilen wurde auch nach der
Flöte gerudert, auch wohl nach dem Gejange der
Ruderer jelber (cantus nantieus). — Das Ruder,
diefer „Flügel des Schiffes“, hieß Zosrusg (oder
-6r), der Griff daran zndor oder mnödg. Die
Beichreibung eines vollftändigen Kriegsſchif—
fes über; dasjelbe beftand aus einem order:
(meng«, prora) und einem Hinterteil (reburn,
puppis); auf leßterem, das fich zu einer mit
Schnitzwerk verzierten, bald in die Form einer ein—
fachen Volute, bald in ein Blatt: oder Federorna—
ment auslaufenden Spite (dplaoror, aplustre)
=
1078
erhob, waren als Verzierungen Götter: und Herven:
bilder angebracht, die dem Schiffe den Namen
gaben und zugleich eine Bezeichnung der Heimat
enthielten, während das in Doll eichnigte Sinn-
bild, mapdenuor, in der Rege 4 am Border:
teil befand. Der mit Bildwerken verzierte maſſive
Knauf des Vorderteils hieß dngosroiıe, aud)
xnviorog, weil er nicht jelten die Form eines
Gänſehalſes hatte, was auch öfter beim Hinter:
teile vorfam. Uber Vorder: und SHinterteil und
den Bauch (»Urog, testado) des Schiffes hin ging
das Verded, zardorgwue, tabulatum. Das Schiff
hatte aufer dem Rumpfe einen metallenen Schna:
bei, Fußoios, rostrum, darüber den hölzernen
Teil, moosußolıor, die Augen, Löcher an beiden
Seiten des Vorderteils, öptaiuol (wie aud) bis:
weilen die Nuderlöcher, rerjuare, rovrmiuare,
hießen), den Bord oder die oberſte Einfaſſung,
re@gpnt, die Ruderbänke, Edo« zurör, den Kuhn
boden des Verdecks, ixoıa; an feiten Geräten,
oreun Eulıra Lvrei), das ganze Ruderwerf, rao-
oög oder ragpaög, 2 Steuerruder, amnddkın, 2 Lei:
tern, »Auanldeg, kroßddow, mehrere Stafen
zum Fortſtoßen oder Abſchieben des Schiffes und
um Prüfen der Tiefe, »owrod, Stüßen zur Be:
tigung des Maſtes, rageordreı, den Mait,
forog, nebſt der Spike, xugzrisıor (Top), und
die Segelftangen, »egaieı, antennae; zum hän—
genden Geräte die auswendig vom Vorderteil bis
zum Sinterteil herumlanfenden Taue, brofouare,
tormenta, die Segel, lorie, die Heineren und
größeren Taue der Takelage, romsi« oder syoıria,
die an ber —— xsgodyor, Seitenüberzüge
des Verdecks zum Schutze gegen Geſchoſſe oder
Wellen, ragagerucre, endlich den Anker, ynvoα,
ancora. Die Kriegsſchiffe hatten bald 10, bald
15 Ruderer auf jeder Seite; die gewöhnlichſten
waren in früherer Zeit die werrnxorrogoı, jpäter
die reujetis, triremes (Fig. 1-8); jchon vor der
Schiffahrt.
Salaminifchen Seeichlacht fing man an, mehrere
Reihen von Ruderbänten,, Edwlır, fori transtra,
2,3, 4 und 5, zu bauen, wobei dann die höberen
Neihen längere und jchwerere Ruder gehabt haben
müſſen. Die gewöhnlichften blieben jedoch die Drei:
ruderer, roeıjgeıg, triremes (dad untenftebende
Bild ift die einfache — einer biremis
die größeren mit 4 und 5 Reihen bauten die Kar—
thager, die ſiciliſchen Tyrannen und die Römer.
Nach Polybios hatten die Penteren derjelben im
‚ erften punifchen Kriege 300 Ruderer und 120 See—
ſoldaten, unter Caligula finden wir 400 Ruderer
darauf, ja der König Lufimachos hatte eine Oftere
mit 1600, Nlerander der Gr. zwölfruderige, Te:
metrios Poliorketes funfzehnruderige, Ptolemaios
Philadelphos dreifigruderige, Ptolemaios Phile
pator jogar eine Tefjarafontere mit 4000 Nude:
rern, wenn anders eine joldhe Erhöhung der Ruder:
bänke glaublich ift, ein Prachtſchiff, das für den
Krieg nicht wohl zu brauchen war. — Die
mannung der Kriegsichiffe beitand aus Matrojen
(vradraı, vmengeraı) und Seejoldaten (Lmußaru,
classiarii, socii navales, f. d.); an der pipe
jeder Nuderreihe ftand ein werrnxörr@pyos, der
Takt (»Elevoue) für den Ruderichlag wurde vom
»elevorig, pausarius, hortator, mit der Stimme,
vom reıngading mit der Flöte angegeben. Tie
niedrigfte Reihe der Ruderer hieß Baiauos, dahet
der Name Salauiraı oder Halduıor, die mittlere
fvyd, daher £uyıor oder fuyiraı, die oberjte Hec-
vos, daher Heariraı. Am Hinterteile des Schiffes
erhob ſich der Sig des Steuermanns (xvßeorn-
zn), der mit 2 großen Schaufelrudern den Lau
des Ganzen lenkte, während jein nächiter Unter:
.
— —
Naris Mremis.
— —
A. Ilgeioe, prora. K. "Iorös, malus.
B. Op9aluöz. oculus. L. 'Iorior, velum.
©. "Eußoioz, rostrum. m. Keveia, antenna
D. Xriaxoz. N. "Argorigeaı, cormua
E. Hoöun, puppis. 0. Kıpoüyon.
F. "Apiaotor, aplustre. P. Kapyıaor.
g. Towpng 0. Külot, zalmdıe.
H. Köraı, remi. R Nosroros.
L IIndultor, gubernacu- S. HWödes, pedes.
lum. T."Yrregaı, opifera.
gebener (mewgevs) vom Vorderteile aus Himmel
und Wellen beobachtete, und unter diejem wieder
andere die Thätigkeit der Mannjchaften überwad-
ten und durch Signale leiteten. Der Befchlähaber,
oft auc Admiral, hie ravapyog oder arölagzos:
=
Zuorm Ödog —
mitunter auch orgarnyog, bei den Röntern ma-
gister navis oder trierarchus. — Die Kriegs—
ichiffe der Römer, die erjt während des zweiten
ſamnitiſchen Krieges die Wichtigkeit derjelben er:
fannten, 311 v. C., als jie ſich veranlaft jahen,
duumviri navales zu ernennen, waren im weſent—
lichen ebenjo eingerichtet; naves longae, jeltener
militares, mloi« ue@ngd, waren lang und zugeipitt
ein Dreiruderer 3. B. 46,76m fang und 4,59 m
reit, ein Fünfruderer 52,72 m [ang und 5,65m
breit), um deſto leichter jegeln zu können; fie
wurden hauptiächlich von Nudern getrieben, doc
bediente man fich auch der Segel. Die naves
actuariae waren leichtere Schiffe zu rajchen
Unternehmungen, Refognojeierungen und dergl.,
auch wurden Soldaten auf ihnen (srewrıhrıdeg,
örkreyoyol) oder Bierde (inmemyol, innayoyol)
befördert. Dazu gehörten — die ſchnellen
Liburner Jachten, naves Liburnicae (ſ. Li-
burnae). Ob damit im allgemeinen die naves
rostratae identiich find, muß wohl dahingejtellt
bleiben. Naves praetoriae hießen die Admi—
ralichiffe, die gewöhnlich als Abzeichen (insigne)
eine purpurrote Flagge (vexillum purpureum),
nachts auch 3 Laternen (Liv. 29, 26. 37, 29. Tac.
hist. 5, 22) hatten. N. speculatoriae, loi«
»urcorore, 5. Wacht: und Spionierſchiffe, um
die Bewegungen
BT des Feindes oder
AS die Küften des
2 J /) (> Landes zu beob-
—— 9 —2 achten. Fracht⸗,
— $ Kauffahrtei⸗ und
AST ug Getreideihiffe hie:
Benn.onerariap
(Fogrınd, Yogrn-
yo/), mercato-
rise (öAnddes),
fajt rund, mit wei:
tem, geräumigem Bauche (orgoyyiluı, Aoia
sreoyyvla), und frumentariae. N. orariae
(Plin. ep. 10, 26) waren die Küftenichiffe, mit
denen man nicht auf die hohe See fuhr; n. ta-
bellariae, mit feinem Segel oben am Maſt,
Paket: und Poftihiife zur Beförderung von Nadı-
richten (j. Postwesen). Die leichteren Vergnü⸗
gungsfahrzeuge waren neinres, Exdrıe, ondpn,
celoces (celer), lembi, phaseli (j. Phaselis),
Mit Verdeck verjehene Schiffe hießen zardpgenror,
constratae , ohne ein ſolches Äpganroı, apertae.
— Die Fahrzeuge in der Kindheit ihres Baues
werden mit naves sutiles, mioi« gunrd, be:
zeichnet; fie waren aus Flechtwerk von ſchlanken
Stäben zujammengejeßt und mit Häuten über:
zogen; jo bei den Britanniern (Plin. 24, 9, 40;
vgl. Verg. A. 6, 414 vom Kahn des Charon).
— Die Schiffswerften hießen reogıe, navalia
castra); fie zerfielen wieder im die eigentliche
auftätte, vauaıjyıor, und die Schiifsdods, vev-
sraduoı oder vencomo. In Rom waren 2,
vetera und nova, beide jchon frühzeitig für den
Schiffsbau angelegt. — Vgl. Grajer, de veterum
re navali (1864), und Unterfuchungen über das
Seewejen des Altertums Nase gg 3. Supple:
mentband. 2. Heft. 1865), jowie A. Breufing, die
Nautikf der Alten (1886, Hauptwerk). Lübed, das
Seewejen der Griechen und Römer (1890).
Zxıorn odos, die von Delphoi über den Ab:
\altrereg
u
Navis oneraria, tiolor,
Schreibmaterial. 1079
\ hang des Parnaſſos nach Daulis und weiter nörd—
lich führende Straße, jo genannt, weil fie mit
einer fich trennenden Bergichlucht anfing und dann
2 M. öſtlich von Delphoi in 2 Arme fich teilte
(daher resig xdlevdor, j. r@ Zrevn), deren einer
nach Dauli$, der andere über Ambryfios nad)
Lebadeia und Stiris in Boiotien führte. Auf
legterem Wege jendeten die Athener ihre jähr:
lihen Gejchenfe zum delphiſchen Orakel. Das
Grabmal des dort von Didipus ermordeten Laios
befand fich im Centrum der 3 Wege. Der Kreuz:
weg jelbit heißt jet rö oravgodgou: rg Mrag-
ödvag oder rod Meya (nadı dem tapferen, im
Kampfe mit Räubern 1856 hier gefallenen Joannes
Megas). Soph. O. T. 738. 1411. Eur. Phoen. 38.
Paus. 10,5,3. ®gl. Phokis.
Schoineus j. Atalanta.
Schoinüs, Zyorroög, 1) Hafen der Korinthier
am engften Teile des Iſthmos, nördlich von Ken:
chreai, j. Hafen von Kalamali. Strab. 8, 369. 380.
— 2) Ort im mittleren Arfadien bei Methydrion,
Paus. 8, 35, 10. — 3) Stadt Boiotiens an einem
Fluſſe gl. N. (welcher wahrjcheinlich der heutige
Kanavari ift), auch Zyoivog, an der Ditjeite des
Sees Hylike. Hom. Il. 2, 497. Strab. 9, 408.
Schola j. Schulwesen.
Scholfon, oyölıor, scholium, heißt eine Fri:
tiiche oder erflärende Raudbemerkung in griechi-
ſchen und lateinischen Handjchriften, welche aus
größeren Werfen entnommen und aus dem jedes:
maligen Bedürfnis des Schreibenden hervorge:
gangen war und deshalb aud von andern Be:
jigern der Handichriften vermehrt und verändert
werden fonnte. Zuerſt wird das Wort erwähnt
bei Cicero (ad Att. 16. 7); die Sache jelbit kam
im Beitalter des Auguftus zunächſt mit Didymos
auf und nahm in den folgenden Jahrhunderten
immer mehr zu, je mehr man die größeren friti-
ichen und eregetiichen Werke der alexandriniichen
Gelehrten zu —— unterließ und ſich nur an
die daraus entlehnten Scholien hielt. Die Ab—
—5 von Scholien geht bis ins 15. Jahrh.
Die Berfafler der noch vorhandenen Scholien,
namentlich der griechiichen, find jo gut wie uns
befannt, und ihre Abfaſſung gehört den jpäteren
chriftlichen Jahrhunderten und der byzantinischen
Beit an. Am wichtigften und bedeutendften find
die Scholien zu Homer, Heſiod, Pindar, Sopho-
fles, Ariſtophanes, Apollonios von Rhodos, Ara-
tos, Nifandros und Theokrit; unter den römischen
Schriftjtellern zu Plautus, Terenz, Horaz, Perfius,
uvenal, Die wichtigiten lateiniichen Scholiaften
ind Donatus (Terenz), Porphyrio (Horaz),
robus und Servius (Bergil), Minder be:
deutend find die Scholien zu Aiſchylos, Euripides,
zur griechiichen Anthologie, zu Kallimachos, Bla:
ton, Thufydides, Demofthenes und Aiſchines. Es
ift eine wichtige Aufgabe der Kritik, die Beftandteile
der Scholien nad) ihrem Alter und Wert zu jondern.
Schreibmaterial. Das Bapier oder der Stoff,
auf dem man jchrieb, iſt in der Regel der feine
Baſt (liber; die einzelnen Lagen heißen philyrae,
‚vgl. Hor. od. 1, 38, 2) des ägyptiſchen Papyrus,
der durch ablutio, d. h. Zurichtung und Bleiche,
in der Zeit des Kaiſers Auguſtus jo vervoll:
fommmet twurbe, daß der vorzüglichite der früheren
Zeit (hieratica) nur den dritten Rang noch ein-
nahm. Die jhmalen Streifen diejes Papiers, die
157
1080 Schule —
an den hereulanenſiſchen Rollen fich etwa in der
Breite von 6 Fingern befinden, wurden zuſam—
mengeleimt (paginae, schedae). Die Breite und
Yänge der Rollen war verichieden. Außerdem
war das üblichjte Material das Pergament, mem-
brana (Pergamena), jeit der Erfindung des Eu:
menes von Pergamos (j. Bücherwesen, 1.);
gewiß aber war die Benutzung desjelben viel koſt—
barer. Die Blätter waren meiſt jo groß, daß
die Schrift bequem in Kolumnen zerlegt werden
fonnte; zwiſchen denjelben waren in der Regel
wohl Linien mit roter Farbe (minium) gezogen.
Meiſtenteils wurde aber nur eine Seite der charta
oder membrana bejchrieben. Man jchrieb darauf
mit dem Nohr, calamus, zdAauos, Öuref, ayoi-
vog, auch arundo und canna genannt, das am
beiten aus Agupten, Knidos und vom Anaitiichen
See geliefert wurde, und das den Alten ganz wie
uns die Feder diente. Plin. 16, 36, 64. Nament:
lich bediente man jich desjelben, weun der Griffel
zu Scharf oder jchneidend war, der auf der cigent:
lihen Tafel von Wachs ꝛc. gebraucht wurde, alio
namentlich auf dem ägyptischen Papiere, Perga:
ment :c., daher calamus scriptorius; war es nen
geichärft und gejpist, hieß c3 c. temperatus. Cie.
ad (u. fr. 2, 15. 6, 1. Zugeſchnitten wurde es
mit dem zakauoyirpog, senlprum librarium,. —
Die Tinte, mit der man jchrieb, war eine Art
Tuiche, die aus Ruf und Gummi bereitet wurde,
uehar yoagpıxor, atramentum librarium, al.
über Fabrikation des Papiers und Schreibmate:
rials Blümner, Technologie und Terminologie der
Gewerbe und Künfte bei Griechen und Römern
Br. 1 ©. 308 ff.
Schuhe j. Kleidung, 6. 10.
Schulwesen, A. bei den Griechen. Hierüber
Genaueres mitzuteilen, iſt allerdings jchwierig,
weil es einmal, dem öffentlichen Yeben fich meiftens
entzichend, dem Haufe und der Familie angehörte,
fürs andere, weil es bei diefem Wolfe der Frei—
heit und Humanität mit der Erziehung (j. d.) auf
das engite verbunden war. Indeſſen scheint, je
weiter wir zurüdgehen, deſto mehr auch der Unter:
richt, wie das ganze Leben, öffentlich geweſen zu
fein. Ein Unterſchied fand in Griechenland aud)
ftatt zwiſchen den doriſchen und ioniſchen Staaten,
zwiichen der Periode vor und nach Sofrated. Die
Heiftesbildung der Spartaner 3. B. war auf Mufik
im engeren Sinne und auf Schärfung des Ver:
ftandes und Urteils beichränft; nur wenige fonn-
ten leſen und jchreiben. Zu Athen dagegen bezog
Schulwesen.
überwiegend bildende Kraft der Poeſie auch in
den Grundſätzen der Bhilojophie richtig in Anſchlag
gebracht. Außerdem jcheinen für das reifere Kna—
benalter die Fabeln des Aifop, befonders aber für
den mit friegeriihem Mut und Sinn zu erfüllen:
den Yüngling der Dichter Simonides benugt worden
au fein. In der großen Wendezeit des helleniichen
Lebens, die mit dem peloponneſiſchen Kriege zu—
jammenhängt, wurde der etwas jententidöje und
liberaliftiiche Enripides der allgemeine Liebling.
Von dem Schreiben, das zu den Elementen oder
yoduuere gehörte, war die Graphik oder Zeichen
funft wohl zu untericheiden, die erit zur Zeit des
Nriftoteles ein Zweig des Nugendunterrichts wurde.
Auf die Muſik im weiteren Sinne ſ. Musica)
folgte im Jugendunterrichte die Gymmaftik (j. d.).
Für den Unterricht in beiden wurde ein Schul= :
geld bezahlt, entweder von dem ganzen Stamme,
deſſen Jugend gemeiniam unterwiejen wurde, oder
von den einzelnen, die am zweiten Tage der An—
thefterien, im Monate Antbefterion, in welchem
die meiften Feſte und alſo auch die meiften Ferien
waren, zu zahlen pflegten. Grit ipäter erhielten
die Lehrer der Weisheit und Beredſamkeit vom
Staate Gehalt; bis dahin wurde der Unterricht
bei ihnen daher ziemlich teuer bezahlt. Während
des peloponmefischen Krieges wurden die Schulen
der Sophiften und Nhetoren eröffnet, die auf den
Gang der hellenifchen Bildung, ja jelbjt auf die
Entwidelung des jittlichen Lebens einen jo ent:
jcheidenden Einfluß übten. Die ganze ‚Bildung
nahm eine fait ausſchließlich formale Richtung;
das Streben diente zugleich der Gewinnjucht, indem
die Lehrer, nachdem zuerſt Protagoras Geld ge:
nommen hatte, fich gewöhnli ein jehr großes
Honorar zahlen ließen, Protagoras 3. B. für die
volltonmene Ausbildung 100 Minen (8000 Marf).
Dod machten einzelne, wie Jjofrates (10 Minen —
800 Marl), in dieien Bezichungen eine rühmliche
Ausnahme. — B. Bei den Römern. Mehr iſt
allerdings hier von dem eigentlichen Unterrichts-
twejen zu jagen, beſonders weil es fich hier, nadı
dem auf Nüßlichleit und Zweckmäßigkeit gerichte:
ten Wejen der römischen Bildung, von der Er:
ziehung ftärfer trennte. Schon früh gab es Schulen,
und cher als in Rom werden fie in Tuſeulum,
Gabii und andern Tatinifchen Städten erwähnt;
man nannte fie scholae, oyol«d, gewiflermaßen
Erholungen von dem anftrengenden öffentlichen
Leben, oder ludi, Spiele, nämlich des Geiftes,
injfofern alle Thätigfeiten desjelben zumächit ihren
fid) der Unterricht auf eine Mannigfaltigkeit von | Endzwed in fich jelber tragen; die Lehrer hießen
Hegenjtänden und verlangte meiftens eine größere
Zahl von Lehrern, deren jeder in feinem Face
unterrichtete. Die Kinder lernten, nach dem Be:
richte des Dionys don Halikarnaß, durch die
Spllabier:Methode (avAAapßrseır) zugleich leſen und
ichreiben. Beim Leſen wurde die Hebung und
Sentung der Silben durch den bald mehr, bald
weniger gehobenen Ton bemerflidh gemacht. Dies
geihah ohne Zweifel von mehreren zugleich und
war gewiß eine qute mufifalifche Borübung. Großer
Wert wurde alsdann auf das Auswendiglernen.
gelegt; hierbei ftanden, aud) bei den Spartanern,
die Gedichte des Homer obenan. Er galt als
Mufter der Weisheit in ganz Griechenland, jo daß
die Vertrautheit mit ihm höher geachtet ward als
die genaue Hunde der Geſetze. Dabei wurde die
ludi magistri. Das erjte Beifpiel einer öffent
lichen Schule finden wir 449 v. E. in der Gejchichte
der vom Pecemvir Appius Claudius verfolgten
Virginia, die alfo als erwachſenes Mädchen diejelbe
bejuchte. Dieje Schulen wurden auf dem Markte
in Buden gehalten; die Kinder wurden aber auch
auf offener Strafe, in triviis, unterrichtet, woher
die gewöhnliche Schulfenntnis jchon bei Quinti—
lian trivialis (das überhaupt in dem Sinne „ge:
wöhnlich“ vorfommt, 3.B. Quint. 1,4, 27) scientia
heißt. Wahrjcheinlich gehörten aucd damals ſchon
Grammatik, Dialettif und Rhetorik zum trivium,
wie jpäter im Mittelalter, wo Writhmetif, Geo-
metrie, Aftronomie und Mufif das quadrivium
bildeten. Wergütet wurde der Unterricht durch
freiwillige Gejchenfe, erft um die Zeit des zweiten
Schutzverwandte — Seribae.
punischen Krieges durch Geld; erjt viel Später wurde
von Staats wegen ein Gehalt ausgeſetzt. Als Ge:
genftände des Unterrichts traten, ganz verichieden
von den riechen, gerade die praftifchen Richtungen
ein, jo daß jelbft in der Mathematik die Arith:
metif vor der Geometrie den Vorzug hatte. Cie.
tusc. 1,2. Hor. sat. 1, 6, 75. a. p. 325. Die
Kinder wurden frühzeitig und gleich, während fie
lejen und fchreiben lernten, im Rechnen unter:
richtet; die übliche Rechnungsweiſe dabei war mit
den Fingern, wie bei den Griechen. Die Yeibes:
übungen aber beitanden bloß in einer Vorübung
zum Kriege; die heiteren Spiele wichen hier dem
ernfteren Leben. Tanzen und Singen wurden
frühzeitig geübt, auferden auch das Schwimmen
mit Vorliebe betrieben. Was die übrigen Unter:
richtögegenftände betrifft, jo fehlte eine Einführung
in die Geſchichte der Vorzeit und in das Verſtänd—
nis der Mythen wohl nicht; die geographiichen
Kenntniffe dagegen wurden wohl weniger als bei
den Griechen gepflegt. Biel Eifer aber ward auf
die Leſung und das Studium der Pichter ver:
wandt. as Merfwürdigite jedoch iſt, daß die
Römer das erſte Volt find, von dem fremde Sprachen
als ein eigentümlicher Bildungszweig getrieben
wurden. Das Griechiiche war neben dem Latei—
nischen ein Hauptbildungsmittel der jpäteren Zeiten.
Die Dichter Livius Andronikos und Ennius er:
Härten auch griechiiche Schriftiteller, da die römische
Litteratur ja noch jo wenig eigene Erzeugniffe
darbot. rates von Mallos in Kilifien aber (i.
Grammatiker, 2.) führte zuerft 165 v. E. das
grammatische Studium in Rom ein, alfo in einem
Zeitalter, in dem die Litteratur im ihrer erjten
Entwidelung ftand, während die Grammatif bei
den Griechen erft Eingang fand, als das wahre
Leben im Kunſt und Wiffenichaft ſchon unterge:
> gangen war (j. Erziehung, 20.) — Die lite-
ratores nun waren die Grammatifer, welche im
Leſen und Schreiben unterrichteten; die literati
dagegen die höhere Klaſſe derjelben, welche in der
Auslegung der Dichter übten und dabei praktische
Übungen in schriftlicher Darftellung und in Schär:
fung der Urteilsfraft anftellten. In dem vor dem
fiebenten Lebensjahre angefangenen, zweimal täg:
lich — Unterrichte im Leſen war auch bei
den Römern die Syllabiermethode üblich; auf eine
klare, deutliche und richtige Ausſprache wurde be—
ſonderes Gewicht gelegt. Von Wörtern ging man
zu Sätzen und Verſen über: die Erwachſenen ſag—
ten vor, die Jüngeren ſprachen nach. Auswendig
gelernt wurde viel, wozu auch ſchon der Mangel
an Exemplaren nötigte; die längeren Stücke wur—
den zu dem Ende diktiert, wozu man den Stoff
aus der älteren römiſchen Litteratur nahm. So
wählte ihn Orbilius aus den Dramen des Livius,
andere aus Ennius; feiner aber wurde jo fleißig
benußt (was das ganze Mittelalter hindurch dauerte)
als Bergil, Mit dem Leſen wurde die Einübung
der grammatiichen Formen und das Schreiben
verbunden, wobei mehr auf Richtigkeit und auf
Schönheit, als auf Schnelligkeit geſehen wurde.
Man jchrieb mit dem stilus (ſ. d.) oder graphium,
graphiolum, Griffel, auf Wachstafeln, tabulae
ceratae (vgl. Pugillares), und übertrug dann,
was bleiben jollte, auf eine charta (Papier) oder
membrana (Pergament, nur inmwendig bejchrieben,
7 j.Schreibmaterial). Die Schüler wurden nad) |
Tr — — — ne
1081
ihren Leiſtungen geordnet, und die Grammatiker
hatten noch außerdem Unterlehrer, hypodidascali,
subdoctores, proscholi. Die Zucht war jehr Itreng;
bei Vergehungen wurden die Kinder mit der ferula
auf die Hände geichlagen (Hagellum für ftärfere
Vergehen und meiſt nur bei Sklaven). Einige, wie
Orbilius (i. d.), waren als befonders jchlagfertig
(plagosi) berühmt. Für mande war das Schule:
halten ſehr einträglih; dem L. Appuleius joll cs
jährlich 400 000 Sejtertien (über 60000 Marf)
eingebracht haben. Ferien waren an den Satur:
nalten (erſt 1, ſpäter 4 und jogar 7 Tage), an
den Quinguatrien und in der Obft- und Weinernte.
Auf der höheren Unterrichtsſtufe der literati wur:
den die Dichter (zuerft Homer und Bergil) erflärt
und die AZuftände der Vorzeit vorgeführt. Auf
den Unterricht im Griechiichen wurde hier bejon:
ders mit großem Nachdruck gedrungen. Die rheto-
rischen Übungen waren zwiefach, für die Jüngeren
(pueri) und bie Älteren (adulescentuli), für jene
beratende, suasoriae, für dieſe Streitreden, con-
troversiae. In der Raijerzeit nahmen dieje über:
hand und bewirkten jogar einen jehr nachteiligen
Einfluß auf die Entwidelung faft der ganzen Bil-
dung, nur micht auf die der Nechtögelehrten, deren
Blüte vielmehr in dieje Zeit zu jegen ift (ſ. Ju-
risconsulti).
Schutzrerwandte j. Zirog.
Seipiönes ſ. Cornelii, 5—17.
Seissor hieß der bei Tafel trgndyierende Shave,
wie carptor und diribitor. Petron. sat. 36.
Scobis, Sägeipäne, zum Kehren der Zimmer
angewendet. Zu diejem Zwede hatte man jogar
bunte und wohlriechende. Hor. sat. 2, 4, 81.
Scodra, Fxödee, -«ı, j. Schkodra, ital. Scu:
tari, ſlaviſch Sfadar, eine der bedeutenderen Städte
des römischen Jllyriens, vorher Hauptitadt des
Gentins, am linten Ufer der Barbäna (j. Bojana),
an der Südoftipige des Yacus Labeatis. ©. war
ſehr feft und hatte viele römische Bewohner. Liv.
43, 20. 44, 31. 32,
Scöpae, Bejen aus Reiſern der Tamarijfe oder
wilden Myrte, jeltener aus Palmzmeigen, zum
Kehren der Zimmer und Häujer. Hor. sat. 2,4, 83.
Scordisei, Fxrogdlcro:, Volt in Oberpanno:
nien, feltiicher Abitammung, an der Mur und
Drau, von den Römern befämpft und von T.
Didius (j. Didii, 1.) bejiegt. Strab. 7, 293, 318.
Scoti, werden erft bei jpäteren Schriftitellern
neben den Picti als Hauptitamm der Caledonier
im jüdlichen Teile von Schottland und Irland ge:
nanıt. Amm. Marc. 27, 8. 26, 4.
Seribae, 1) Privatichreiber, teild Lohn
jchreiber, welche jedem Dienfte thaten, der fie be:
zahlte, teils Sklaven und FFreigelaffene, die nur
für ihre Herren fchrieben. Sie biegen ab epistu-
is, wenn fie die Korreſpondenz des Herrn be:
jorgten, a studiis, wenn fie bei dem Studieren
halfen, a bibliotheca und notarii (f. d.),
wenn fie Stenographie übten. — 2) Staats:
Ichreiber, dienten den Magiftraten, und zwar
in doppelter Art. Entweder wurden fie von dem
Staate den Magiftraten beigegeben, als scribae
quaestorii, aedilieii und tribunieii, und zerfielen
in mehrere deeuriae (in die fie id beim Beginn
ihrer Laufbahn einkaufen mußten), oder es waren
Schreiber, welche die Magiftrate nad) Belieben
anftellten. Diejes thaten die Konſuln, Prätoren,
1082
Genjoren und Diltatoren, welche, wenn fie Schrei-
ber brauchten, jolche aus ihrem eigenen Haushalt
wählten oder servi publici und Lohnſchreiber an:
nahmen. Die öffentlichen Schreiber waren Bürger,
die fi gewiffermaßen zu dem Stande der Nitter
rechneten, wenn auch einzelne Freigelaſſene ſich
unter ihnen fanden; daher ordo honestus. Nament-
lih waren jie durch ihre vieljährige Geſchäfts—
fenntnis den Magiftraten jehr nüglich, befleideten
auch wohl nad) Shen ihres Screiberamtes
(tabulam ponere) höhere Staatsämter (Flavius
aedilis eurulis, Liv. 9, 46). Im übrigen ver:
blieben jie eg in ihrer Beichäftigung, und
es zog die direfte —— (in älterer Zeit ſtets
merces genannt, unter den Kaiſern salarium), die
fie für ihre Dienfte empfingen, eine jcharfe Grenz:
linie zwiſchen ihnen und denjenigen Beamten, die
höchſtens Diäten und Ghratififationen — *——
(Suet. Vesp. 3. Nep. Eumen. 1). Aber fie ſtanden
ſich gut, namentlich auch in den Provinzen (Cie.
Verr. 3, 78 f). Die Schreiber des Staatsichages
(quaestorii) waren die angejehenften, und ihre
Wirkſamkeit die bedeutendite. Suet. vit. Hor. Sie
machten die Rechnungen und beiorgten das Staats:
ardiv. Die Schreiber der höheren Magiftrate
führten im Senat die Protokolle, laſen vor Gericht
die Zeugniffe und jonftigen Dokumente vor u. j. w.
Seribonii, ein biebejifches Geſchlecht: 1) 8.
Scrib. Libo, Volkstribun 216 und Prätor 204
v. C. Live. 23, 21, 29, 11. 13. Hor. sat. 2, 6, 35.
— HE. Scrib. Turio, Äüdil 196 v. E., erbaute
als jolcher einen Tempel des Kaunus. Liv. 33, 42.
3) 2. Scrib. Libo, 149 v. E. Bolfstribun,
drang, von Cato unterftüßt, auf Beltrafung des
Sulpicius Galba, der den Yufitaniern jein Wort
— hatte. Cie. Brut. 23,89. — C. Scrib.
urio, einer der bedeutenditen Redner feiner Zeit.
Cie. de or. 2, 23, 98. — 5) Sein Sohn, E. Scrib.
Eurio, war 90 v. E. Boltstribun, that Kriegs—
dienfte im Deere des Sulla gegen den Mithrida-
tes, 84, belleidete im 9. 76 das Konjulat und
gewann als Profonjul von Matedonien (7T5— 73)
einen Triumph über die Thrafer und Dardaner.
Flor. 3, 4. Eutr. 6, 2. gl. Cie. Brut. 60, 2177.
Er war Förderer der maniliihen Bill. Cie. de
imp. Un. Pomp. 23, 68. Während der catilina=
riichen Verſchwörung war er als Anhänger der
Optimaten auf Ciceros Seite, für den er aud
ipäter im J. 58 gegen Elodius bei der dem Cicero
drohenden Verbannung ſprach. Cie. ad Att. 1, 16.
Dio Cass. 38, 16. Später trat er gegen Cäjar
als entichiedener Gegner auf (Cie. Brut. a. a. O.
Suet. Caes. 49), farb aber jhon im J. 53. Cie.
ad jam, 2,2. Er war cin Freund altehriwürdiger
Nömerfitte und wirkte auch als Redner, ohne fich indes
über die Mittelmäßigfeit zu erheben. (ic. Brut.
59, 213. or. 37, 129. — 6) Sein Sohn, E. Scrib.
Eurio, anfangs Republifaner, jeit feinem Tri:
bunate 50 v. C. Anhänger Cäſars, nad einigen
von letzterem durch Beitehung gewonnen (Plut.
Caes. 29. Suet. Caes. 29. App. b. c. 2, 26), trug
durch jeine heftigen Anftachelungen wejentlich zum
Ausbruche des Bürgerkriegs zwiichen Cäſar und
Pompejus bei. Er diente dem Cäſar in Afrika,
wo er durd; Juba von Numidien feinen Tod fand.
Seine Beredjamteit war jehr bedeutend (Cie. Brut.
81, 280), nicht geringer aber auch jeine Verjchwen:
dung und Schwelgerei. Plin. 36, 16. Er liebte
Seribonii — Seriptores bistoriae Augustae.
es, den vornehmen und genialen Mann zu jpielen.
— TIL. Scrib. Libo, ein Freund des Pompe—
jus, deſſen Sohne Sertus er jeine Tochter als
Gattin gegeben hatte (Cie. ad fam.1,1,3. ad Att.
16, 4), kämpfte 49 v. E. gegen Cäſars Feldherrn
Dolabella in Dalmatien als Befehlshaber der Flotte
und vermittelte die Ausjöhnung des Sert. Pom—
pejus mit den Triumvirn, 39 v. C. App. b. c.
5,52. Im %. 34 war er Konſul. Er war ein
in den Wifjenichaften wohl bewanderter Mann
und mit Cicero befreundet. Cic. acad. 1, 1,3. —
8) Seine Schweiter, Scribonia, zweite Gemahlin
des Dctavian, Mutter der Julia (ſ. die Stamm—
tafel unter Julii, 8.), nach deren Geburt fie den
Scheidebrief erhielt; in zweiter Ehe vermählt mit
P. Cornelius Scipio Nafıca und von diefem Mutter
der mit 2, Lepidus, dem Bruder des Triumpirn,
vermählten Cornelia, auf deren frühen Tod fich
Propert. 5, 11 („die Königin der Elegien“ bezicht.
— MAL Scrib. Libo Drujus, wurde von
Tiberius, welcher in ihm einen Nebenbuhler arg:
wöhnte, vor das Senatsgericht gezogen, unter dem
Vorwande, daß er mit Wahrjagern und Zeichen:
deutern in Verbindung — worauf Scrib.
fich ſelbſt entleibte, 13. September 16 n. E. Tae.
ann. 2, 27. Suet. Tib. 25. Dio Cass. 57, 15. —
10) Scribonia, Gemahlin des M. (Licinius)
Craſſus und Mutter eines En. Bompejus ſ. Pom-
peii, 16.), fand mit diejem durch Kaijer Claudius
ihren Tod, 47 n. C. — 11) Scrib. Proculus,
römischer Senator, wurde unter Caligula im Se:
nate getötet. Suet. Cal. 28, — 12) Zwei Brüder,
Scrib. Proculus und Rufus, Statthalter von
Germanien, wurden duch Nero 67 n. E. zum
Selbftmord gezwungen. Tae. ann. 13, 49. hist.
4, 41. Dio Cass. 63, 17. — 13) Scrib. Yargus
(Defignatianus), Verfaſſer einer nicht unver:
ftändigen und leidlich ftilifierten Schrift de com-
positione medicamentorum (herausg. von Helm:
reich, 1887), begleitete 43 n. E. den Claudius als
Arzt auf einem Zuge nach Britannien.
Serinfum, 1) ein zur Bewahrung von Büchern
und Rollen dienender rundgeformter Kajten, den
man auch auf Reifen mitnehmen konnte. Min.
16, 43. Val. Max. 6, 5, 6. — ?) In der Kaiſer—
zeit hieß scrinium faiferlihe Kanzlei oder Burcau,
deren es 4 gab, scrinium memoriae, epistula-
rum, libellorum und dispositionis. Scrinia-
rius hieß jeit diejer Zeit ein Rechnungsbeamter,
während diejes Wort früher den scrini custos,
d. h. den Sflaven bezeichnet hatte, welcher die
serinia jeines Herrn bejorgte.
Seriptöres historfae Augusiae heißen die
Verfaffer einer Anzahl von Lebensbejchreibungen
der röm. Kaifer von Hadrian an bis Numerianus,
aljo von 117 bis 283 n. E.; nur die der Jahre 244
— 253 find nicht in eigener Bearbeitung auf uns
gefommen. Es werden 6 — Alius Spar—
tianus, Vulcatius Gallicanus und Tre:
bellius Pollio unter Piocletian, Flavius
Bopijcus, der bejte von allen, Alius Lam:
pridius und Aulius Gapitolinus uuter
Eonftantin; obwohl manche die von Bulcatius Gal-
licanus und Capitolinus verfaßten Biographien
dem Spartianus — Sie ſind, wenngleich
wegen ihrer unklafjiichen Sprade von geringem
Werte, troß ihrer Geiftesarmut und Unfähigkeit
dod) wegen ihrer Nachrichten ſehr ſchätzbar. Die
Scriptura — Secundus.
Sammlung ift in der Geftalt, wie fie uns vor:
liegt, wahrſcheinlich erft in fpäterer Zeit zuſam-⸗
1083
Sebasteia, Zeßaorsıa, Stadt in Pontos un:
weit der Halysquellen. Bon Pompejus war ein
mengejegt worden, um die zahlreichen Kaiſerbio- ſchon vorhandener Ort unter dem Namen Megalo:
graphien in eine mehr überfichtliche Darjtellung | polis zur Stadt erhoben worden. Strab. 12, 560.
zu bringen. — Ausgg. von Gajaubonus (1603
und 1620), Jordan und Eyſſenhardt (1864), H.
Peter (2. Aufl. 1884. 2 Bdd.). Bol. H. Peter,
historia critica scriptorum historiae Augustae
(1860),
Seriptüra, die Hut: und Triftabgabe, j. Pa-
scua.
Sculptüra (Bildhauer- und Bildjchneide:
tunſt) ſ. Bildhauer.
des Padus, der auf dem Apennin entſpringt, bei
Mutina vorüberfließt und öſtlich von Sernium
Panaro. Liv. 41, 12. 18. Strab. 6, 218,
Scurra (derisor), der Luſtigmacher oder Poſſen—
reißer, wozu ſich gewöhnlich die Parafiten hergaben.
In den Zeiten der eingeriffenen Sittenverderbnis
hatte man bei Tiſche bejondere scurrae, ebenſo
wie Seiltänzer und Jongleurs.
Seutum j. Waffen.
Seylacfum, Zuvidxıor, Stadt an der Oſtküſte
von Bruttii auf 2 Hügeln, 1 St. von der See
und vom Borgebirge Styllaion, der Sage nad)
von den Athenern gegründet, j. Squillace.
fangs gehörte fie zu Kroton, wurde dann von
dem älteren Diomyfios den Lokrern gejchenkt und
endlih von den Römern in Beſitz genommen.
Von ihr hatte der sinus Scylacius (Lxvilnrınög
xoArog) jeinen Namen, der mit dem an der Weit:
jeite liegenden Hipponiatiihen Meerbujen die
ſchmalſte Stelle des Yandes einſchloß. Strab. 6, 261.
Verg. A. 3, 558.
Seylla oder Seyllacum Promunturium,
Zrvilaıor Ärgor, ein hoher, fteiler, ins Meer
hinausragender Felſen an der bruttichen Küſte
bei der Stadt Scyllaeum (Styllaion), an welchen
man den homerijhen Mythos des den Sciffen
Berderben drohenden Seeungeheuers Skylla fnüpfte.
Hom. Od. 12, 73 ff. 223 ni Or. met. 13, 730.
"erg. A. 8, 424. Die Gefahr malte ich die Phan—
tajie des Dichters bei der mangelhaften Schiffahrts-
funde jener Zeit aus, jegt kann von derjelben
nicht die Rede jein, jo wenig als man jegt von
der nad) Homer (Od. 12, 101) nur einen Pfeil:
ſchuß entfernten Charybdis etwas zu jagen weiß.
Das Vorgebirge heißt jegt Sciglio. Strab. 6, 256.
Seyllaeum, Zxviicıor, 1)j.Scylla.— 2)Stadt
an dem PVorgebirge gl. N. in Bruttii, zwiſchen
Medama und Rhegion, wo Anarilad von Rhegion
einen befejtigten Hafen gegen Seeräuber anlegte;
Ruinen einer Burg finden jich bei dem heutigen
Sciglio. Strab. 6, 257. — 3) öſtliches Vorgebirge
des Peloponnes an der troizenischen Küfte, j. Styli,
das mit Sunion die beiden Endpunfte des Ein:
gangs des Saroniſchen Meerbuſens bezeichnet.
Thue. 5, 53. Strab. 8, 368. 373.
Seyphus, oxögpos, j. Trinkgeschirre.
Sebaste, Zeßaorj, Stadt auf einer der Küſte
Kilifiens ganz nahen Inſel, Elenſa, von dem
Könige Archelaos von Kappadolien, dem die Römer
die Herrihaft über das rauhe Kilitien gegeben
hatten, zu Ehren des Muguftus angelegt und ges
nannt. Strab, 14, 671. — Andere Städte —8
Namens lagen in Phrygien und Samaria.
Anz | 3
Später wuchs ihre Größe und ihr Anſehen, jo daß
fie unter dem Namen Sebafteia Hauptitadt von
Armenia prima wurde. Ruinen bei Sivas. —
Fe Zeßaorörodıg hießen mande Städte jpäterer
eit.
Sebennytos, Zsßerruros, Ägyptische Nomos—
hauptftadt im mittleren Delta, an dem nad) ihr
benannten Nilarm, früher nicht unbedeutend, dann
, ' gejunfen; j. Semmenud. Hdt.2, 166. Strab. 17,802.
Sceultenna, Zxovirdvras, jüdlicher Nebenfluß | P
lin. 5, 9, 11.
Seböthus, fleiner Fluß Campaniens, der ober:
halb Nola und Abella entiprang und, um den
mündet; j. im Oberlauf Scoltenna, im Unterlauf | H Iprang
Veſuvius herumfliehend, öftlih von Neapolis in
den Puteolaniſchen Meerbujen mündete; j. Fiume
della Maddalena. Verg. A. 7, 734.
Sebinus lacus, See im cisalpin. Gallien, zwi:
ichen den Seen Larius (2. di Como) und Bena-
cus (2. di Garda), gebildet vom Olliusfluß, jetzt
Lago d’Ijeo. Plin. 3, 19, 23.
Secessio, Trennung der aufftändiichen Plebs
von der Stadt. Die erfte secessio, genannt in
montem sacrum, fand 494 v. E. ftatt und gab
zur Errichtung des Bolfstribunats Veranlaſſung,
indem die Plebejer nur unter diejer. Bedingung
nad Rom zurüdtehren wollten. Liv. 2, 3277.
Einflußreich war aud die zweite secessio, 449
v. E., durch welche die Decemviri ihr Amt ver:
loren. Liv. 3, 50 ff.
Seetätor. So bezeichnete man die Klienten,
welche den Patron bei deſſen Ausgängen, nament:
lidy wenn derjelbe als Kandidat auftrat, begleiteten.
Die lex Fabia (j. d. und Ambitus) beichränfte
die Zahl ſolcher Begleiter.
Sectio (von secare), die Zerftüdelung der auf
Staatsauftionen als Ganzes (universitas bono-
rum) erjtandenen Güter durch den Käufer (sector).
Der Ausdrud wurde jodann auf den Verkaufsakt
übertragen, ja jelbft auf die Berfaufsgegenftände
(Caes. b.g.2, 33: sectionem universam vendere).
Die durch Beute, Projfriptionen oder Konfifkatio:
nen für den Staat erworbenen Güter, jpäter auch
die dem fiscus zugefallenen Erbſchaften, wurden
dem Duäjtor übergeben, der jie ald Ganzes an
einen oder mehrere gemeinjchaftlihe Käufer in
einer öffentlich angeftellten Auktion (und zwar
sub hasta) verfaufte. Der sector trat ganz an
die Stelle des früheren Herrn, indem er mit dem
erftandenen Vermögen auch die darauf haftenden
Schulden übernahm und darnach allerdings fein
Gebot bemaß. Darauf ftellte er eine Privatauktion
an, in der er jedes einzelne oder Teile des Ganzen
auf den Bot bradte. Bei Privatfonfurs trat
Privatverfteigerung ein (ſ. Bonorum emtio und
Auctio), wo das Verfahren ein ähnliches war
(aber nicht sub hasta).
Seeundus, ein oft vorfommender römijcher
Beiname. Zu nennen ift: 1) Julius Gec., von
Duintilian als ausgezeichneter Redner gerühmt.
Er ftarb jehr jung in Rom 88 n. C. In dem
taciteiichen Dialog über die Redner ift er eine
der jprechenden Perjonen. Quint. 10, 1, 120. —
2) Sec. Carrinas, ein Ahetor, den Caligula
aus Rom verbannte, worauf er zu Athen freiwillig
—
2 wie bei Artemiſion und Salamis.
1084
aus Not an Bift geitorben zu jein jcheint. Jur.
7, 204 ff. Dio Cass. 59, 0.
Seeüris. Das aus den fasces (j. d.) hervor:
ragende Yiltorenbeil diente vor alters zur Ent:
hauptung verurteilter Bürger. Später trat das
Schwert, gladius (f. d.), dafür ein.
Securitas, römische Perfonififation der Eicher:
heit de3 Einzelnen jowohl wie de3 Staats; daher
die Beinamen publica, reipublicae, orbis et
populi R., perpetua, esgmationie. hr Name
ericheint oft auf Grabdenfmälern und Münzen.
Seit Auguſtus kommt ſie häufig vor mit Bezug
auf die von diefem geichaffene Ruhe und Sicher:
heit. Dargeftellt ward jie als Matrone, figend
mit übereinander geichlagenen Beinen oder an eine
Säule gelehnt, die rechte Hand über den Kopf ge:
legt, ruhig vor ſich hinblidend. Attribute: Scepter,
Lorbeer, Füllhorn, Olzweig.
Seeütor j. Gladiatores, 7.
Sedigitus j. Volcatii, 2
Seditio, Spaltun iR Groegung von Bolfsauf:
ftand, wurde als perduellio, ipäter als maiestas
und vis (j. d.) beitraft.
Sedulius, Cälius, riftlicher lateinischer Dich:
ter um 430, ſonſt nicht weiter bekannt, verfaßte
ein Carmen paschale s. de Christi miraculis
in 5 Büchern Hexameter (Ausgg. von Cellarius
U Arevalo [1794] u. a.), eine Elegia mit
arallelen zwiichen dem A. und N. Teft. und ein
Keihnachtslied (Gymnus auf Ehriftum) in iambi—
ichen Dimetern, teilweiſe gereimt. Seine Sprache
iſt lebendig und anmutig, der Versbau im ganzen
forrelt. Vgl. die Monogr. von Hümer (1878) und
Leimbach (1879).
Sedüni, Bölferihaft am oberen Rhodanus,
öftlich von den Verägri, im j. Wallis und der
Gegend von Sion oder Sitten. Caes b. g. 3,1.
Sedusji, germauiſche Völkerſchaft, die im Heere
des Arioviſt focht und weiter nicht vorkommt;
ihre * laſſen ſich daher nicht beſtimmen. Caes.
b. « 31. 37. 51.
eekrieg. Vor Beginn der Seeſchlacht war
e3 zunächit nötig, daß der Anführer der Flotte
die Beichaffenheit des Meeres in allen Beziehungen
jo genau wie möglich kannte; zugleich mußte er
aus den natürlichen Anzeichen den richtigen Schluß
auf das bevorjtehende Wetter zu em wiſſen.
Windſtille war vor allem erwünſcht, denn Segel
galten in der Schlacht nichts, die Kunſt der Ru—
derer und die Tapferkeit der Soldaten alles, und
wogendes Meer hinderte die unbedingte Gewalt
über das Schiff. Aber da ſelten volle Windſtille
eintrat, ſo war es doch geboten, dem Feinde den
Wind abzugewinnen. Liv. 25, 27. Das hohe
Meer war der günſtigſte Boden für die Seeſchlacht,
daher war es befonderes Streben, den Feind ans
Ufer zu drängen. Wer mit den Wogen vom hohen
Meere aus den Feind angriff, verftärkte den Stoß
des rostrum (j. d.), dagegen die Nähe des Ufers
henmte die volle und freie Bewegung der Schiffe.
Überdies iſt die Tapferkeit der Soldaten auch eine
geringere, wenn fie das vaterländijche Ufer hinter
jih haben und leicht von den Schiffen ſich auf
dasjelbe zurüczichen fünnen. Unter Umſtänden
jedoch, namentlich wenn Umzingelung durch eine
überlegene Anzahl der feindlichen flotte unver:
meidlich jchten, wurden gerade Die Engen geſucht,
Securis — Seekrieg.
Schlacht bevor, jo wurden die Schiffe durch Ent:
fernung alles deijen, was die Yaft vergrößerte und
doch nicht unmittelbar zum Kampfe diente, 3. B.
des Getreides, erleichtert. Die Segel wurden ein:
gezogen, denn bloßes Rudern gab die fidherjten
und genaueiten Wendungen, der Maft wurde nieder:
gelegt. Das jchien dem Feinde den unzweifel:
haften Entichluß des Gegners zur Schlacht zu be:
funden, wurde jedoch aud wohl als Mittel zu
täuschen benußt, um, während der Feind diejelben
Vorbereitungen machte, durch plögliche Wiederauf-
richtung des Maftes und Aufziehung der Segel
unverfolgt zu entfliehen. Inzwiſchen wurden die
Reihen (ordines) der Schiffe geordnet. Die Römer
übertrugen zuerit die Aufftellung ihrer Landheere
auf die Seeſchlacht und nannten auch hier die
legte Reihe der Schiffe triarii. Gewöhnlich ftanden
die beiten Ecyiffe in der eriten Neihe. Doc ichidte
Timotheos gegen die Lafedaimonier die jchwächeren
zuerſt ins Treffen, um die Gegner zu ermüden,
bis er dann mit dem Kerne jeiner Seemacht den
Sieg errang. Wenn die Anzahl der Schiffe zur
Aufftellung von nur Einer Reihe zwang, oder man
den Gegner überflügeln wollte, jo waren auf den
beiden Flügeln Rn ſtärkſten und beften aufgeftellt,
in der Mitte die ——— Bei Salamis ſtan—
den auf dem linken Flügel die Athener den Schif—
fen der tapfern Phoiniker gegenüber), auf dem
rechten Flügel kämpfte die Hauptmacht des pelo-
ponneſiſchen Bundes (Xafedaimonier, Nigineten,
Korinther und Megareer, die, wie Diodor er:
zählt, nad den Athenern am meijten auf den
Seefrieg geübt waren), in der Mitte die übrigen
Griechen. — Die Schladytlinie (acies) hatte je :
nad ihrer Geftalt verſchiedene Namen. Bildete
das Bordertreffen eine gerade Linie (aequali,
aequa fronte, öpdlors reynası), jo tonnte es
eine acies simplex, duplex, triplex fein, doc
beziehen dieie Ausdrüde ſich nicht auf die ordines.
Die acies simplex fonnte immerhin mehrere
Reihen von Schiffen hintereinander haben, handelte
aber in der Schlacht als Ein Ganzes, 3. B. jegelte
Phormion dem Feinde, der 50 Schiffe hatte,
mit 30 Schiffen entgegen und ftellte fih aequa
fronte dergeftalt auf, dab je 6 Schiffe in der
Länge 5 Neihen hintereinander ftanden. „Dagegen
teilte Polnrenidas ‘Lie. 36, 44) jeine Flotte in
2 Flügel, jeden unter bejonderem Kommando und
mit verjchiedener Beftimmung, obſchon fie aequa
— angriffen. Ebenſo befehligte Hannibal (Liv.
23) den linken, Apollonios den rechten Flü—
— es waren beidemal 2 abgejonderte Flotten—
abteilungen, deren Altion zwar ineinander griff,
aber doc) auch bejondere Ziele verfolgte. E3 waren
acies duplices. Dabei konnte es auch wohl ge:
jchehen, daß beide Abteilungen auseinander famen
und an verjchiedenen Orten 2 verjchiedene See:
ſchlachten kämpften. Bei der triplex acies fommt
zu den beiden Flügelabteilungen noch als dritte
die der Mitte hinzu, ebenfalls unter bejonderem
Anführer; in diefem Falle wird auch der Aus:
drud phalanx von der ganzen Schladtlinie ge:
braucht, fie war pe ae die gewöhnlichere An—
ordnung. Die acies lunata, halbfreisförmig —,
erleichterte die Umgehung des Feindes und ver:
hinderte durch die beiden hervorragenden Flügel
den Verſuch der Feinde, die Mitte zu durchbrechen.
— Stand die | Seltener ift die Aufftellung der Schiffe in der
—
Seokrieg.
1085
Geſtalt eines Wau, V, forceps, oder eines Tri: | mit ſolcher Gewalt aufeinander, daß das ſchwächere
angels, A, cuneus, deſſen Bafis die triaris |zerbarjt oder beide in allen ihren Zeilen erzitter:
bildeten; leßterer bedienten fich die Konjuln Negu- | ten und manche Soldaten, die an der Brüftung
lus und Manlius bei Elnomos, an der Spike
ftanden die beiden Admiralſchiffe (naves praeto-
riae). Die acies ovalis O war anwendbar,
wenn eine Flotte von überlegenem Feinde auf
offener See umzingelt wurde; die Laſtſchiffe wurden
alsdann in die Mitte genommen und die Kriege:
ſchiffe ftellten fich, mit dem Vorderteil dem Feinde
zugewandt, im Kreiſe herum auf. Doch war dieje
Aufſtellung nur bei ruhiger See von Erfolg, wo—
gendes Meer und Sturm bradjten die Schiffe bald
auseinander, verftatteten dem Feinde das Ein-
dringen im den Kreis und gaben die ganze Flotte
in die Gewalt desjelben. Eine jelten angewandte
Schlachtordnung war die acies incurva O(um—
gefehrt von der lunata); fie diente namentlich zu
geordnetem NRüdzuge. — Während fich die Flotte
zur Schlacht ordnete, jtellte der Feldherr die Opfer
an. Waren diejelben günftig, jo wurde auf dem
Admiralichiife (navis praetoria) dur das Auf:
ziehen einer purpurroten Fahne das Zeichen zur
Schlacht gegeben; diejelbe blieb während des ganzen
Kampfes und diente durch verichiedene Stellungen
(bald höher, bald niedriger, bald zur rechten, bald
zur linfen Seite geneigt 2c.) zur Erteilung von
Befehlen für die ganze Flotte. Mit dem Aufziehen
der Fahne erhob jich der clamor militum und
concentus tubarum,. Nun galt es zumächit die
Geſchicklichkeit der Ruderer zu entfalten. Man
juchte die Seite des gegenüberftchenden Schiffes
zu gewinnen, indem man es umfreijte; Huber:
kunſt zu zeigen und den Feind zu verwirren war
doppeltes Ziel; wie der Reiter das Pferd in voller
Gewalt hat und Ein Wille Pferd und Weiter zu
beherrichen jcheint, jo ſtand, jo bewegte fich das
Schiff bald in langjamerem, bald in rajcherem
Tempo, immer den Gegner bedrohend und ihn
zu den entiprechenden Wendungen zwingend und
ihu dadurch ermüdend, noch ehe der eigentliche
Angriff erfolgte. Nach ſolchen Vorſpielen jtrebte
der Feldherr die feindlihe Schlachtordnung ent:
weder zu überjlügeln oder zu durchbrechen (megi-
mhovg, dıuiunrkong, |. Acies). Dabei juchte man
das feindlihde Schiff auf der Geite zu ftreifen
und dejien Ruder abzubrechen, wodurd) dasjelbe
fampfunfähig wurde (dranxonrer wurag, dvd-
zkovg moreiv). Liv. 36, 44. 37, 24. Der cigent:
liche Angriff konnte vorn (in proram), hinten
(in puppim) oder an den Seiten (in latera) er:
folgen. Diejer leptere war, wenn er gelang, der
verderblichjte, denn oftmals löſte Ein jolcher
Anprall die ſämtlichen Fugen des getroffenen
Schiffes; auch fonnte hier das rostrum am meijten
und beiten wirfen. Darum ftrebte das angegriffene
Schiff auch ſtets mit dem Vorderteile den Gegner
zu empfangen. Bei größerer eg we der
Schiffe waren die Seiten denn aud zur Borjorge
mit Eijen beichlagen, auch wohl durch doppelte
Planken gejichert, jo daß nach Durdhbohrung der
äußeren Holzlage durch das rostrum die hinteren
Bretter doch das Eindringen des Wajjers verhin—
berten. Dies war bei den Schiffen des Antonius
in der Schladht bei Actium der Fall. Der Angriff
auf das Borderteil war im ganzen nicht geiucht,
aber bei gleiher Runft und llbung des Gegners
nicht zu umgehen. Da rannten denn die Schiffe
entlang aufgejtellt waren, ins Meer hinabgejtürzt
wurden. Die Narthager vermieden im Kampfe
mit den Römern überdies diejen Angriff, weil die
römischen Schiffe auf dem Borderteile ihre corvi
(j. u.) hatten und in dieſem Falle leichter entern
founten. Sicherer war der Angriff auf das Hinter:
teil, der namentlich dem Steuerruder galt, deſſen
Taue überdies auch erfahrene und mutige Sol-
daten oder Schiffer mitten in dem Tumult von
fleineren Kähnen aus durch die zweiichneidige Art
(bipennis) zu durchhauen fuchten. Fiel Das Steuer:
ruder, jo war das Schiff natürlich wehrlos und
jofortige Beute des Gegners. — Aber aud) der
Kampf der Soldaten war längjt aus der Ferne
entbrannt. Schleuderer und Bogenjchügen hatten
gegenfeitige Verwüſtung unter der feindlichen Be-
jagung begonnen, und die ſchweren Geſchütze (tor-
menta) entjandten ihre gewaltigen Geſchoſſe, Pfeile,
Balken und Steine, gegen Schiff und Mannſchaft.
Bei genügender Nähe wurde im Vorbeifahren der
asser (j. d.) in Bewegung geießt und fuhr, wie
der aries gegen die Mauer, jo gegen die erkrachen—
den Seiten des feindlichen Schiffes oder durd die
Neihen der Soldaten und Ruderer bindurd, in
allen Fällen verderbenbringend. YZugleich wurden
von den Türmen (j. Turris) herab mit gewal:
tiger Wucht Yanzen und Steine auf die Feinde
verheerend geworfen. Aber am jchredlichiten wütete
der Nahlampf, Mann gegen Mann. Diejen ber:
beizuführen und zu ermöglichen, dienten die corvi
(»ogansg), eine Erfindung des Duilius, auch) manus
ferreae, zeiges uöngei, genannt. Front 2,3, 24.
Flor. 2, 2. VBerjchieden von dieſen waren die
harpagones, Feuerhaken ähnlich, jchon früher
bei den Griechen zu gleichem Zwecke in Gebraud,
bei jpäteren Autoren bisweilen mit den manus
ferrene in gleicher Bedeutung. Curt. 4,2. War
das Schiff geentert, jo wurden bereitgehalteue
Brüden hinübergelegt. Nun ruhte die Kunſt der
Ruderer, das Schwert der Soldaten brachte Die
Enticheidung und das Schidjal des Schiffes, wie
den Ausfall der Schlacht. Hier war der Römer
Sieger, während die farthagiichen Schiffe durch
überlegene Übung und Geichidlichkeit der Bewe—
gungen vorher des Mutes und der Tapjerfeit
geipottet hatten. Flor. 2, 2. In der Schlacht
bei Actium wollte Octavian der auf den feind—
lihen Schiffen zu erhoffenden Beute jchonen, aber
da er ihnen nichts anhaben fonnte, befahl er fie
in Brand zu ſchießen, und die Balliften entjandten
ihre feueriprühenden Bieile und mit Pech und
Kohlen gefüllten Gefäße (ollulae); brennende Fadeln
wurden mit der Hand geworfen. Der Brand wütete
um jo zerjtörender, als die Soldaten des Anto—
nius nach Erſchöpfung des etwa nod) vorhandenen
Trinfwajiers das ‚Feuer mit Meerwaſſer zu dämpfen
juchten, das mehr zur Nahrung desjelben als zur
Löſchung diente. Dio Cass. 50, 35. Die Füllung
jolcher Töpfe mit lebenden Schlangen, durch die
Hannibal die Schiffe des Eumenes zum Rüdzug
zwang (Nep. Hann. 11), ijt eine einzelnftehende
Kriegstiit. Überhaupt geboten neue Berhältnijie
und ungewohnte Umftände die Anwendung bejon:
derer Mittel; jo errang Cäjar gegen die ungemein
hohen Schiffe der Veneter den Sieg nur durch
or
—
2*
>
1086
Anwendung der falces praeacutae, die, an langen
Stangen befeftigt, die Stride der Segel durch:
ichnitten und bei eingetretener Windftille die ganze
feindliche Flotte in die Hände der Römer gaben.
Caes. b. g. 3, 14. 15. Weder rostrum nod) die
errichteten turres hatten den Sieg über die Schiffe
ber Barbaren erzwingen fönnen.
Seezins (roxnog vravrınögı |. "Eumogos.
Segesta oder Egesta, Zeyeor«, "Ey. oder
Alysore, Stadt nicht fern von der Norbfüfte Si—
ciliens zwiſchen Panormos und Drepanon, nad
gewöhnlicher Sage von Troern gegründet, wes—
halb 2 nahe Flüfle auch den Namen Simoeis und
Stamandros erhielten; die Nömer machten fie zu
einer Anlage des Mineias (Verg. A. 5, 718. 705 #
Acesta. Cie. Verr. 4, 33). Nur Strabon läßt fie
von riechen, Gefährten des Philoktetes, gegrün:
det werden. Das nichtgriechiiche ©. (Thuc. 7,57)
war in ftetem Kampf mit den griechiichen Nach:
barftädten, bejonders Selinns, und gab dadurch
Beranlafjung zu der unglüdlichen Unternehmung
der Athener. Thuc. 6,6. Kurze Beit hieß Die
Stadt Dilaiopolis, nachdem Agathofles fie er:
obert hatte (306). Die Römer betradhten S. als
ftammverwandt. Durch feinen 2 Meilen entfern:
ten Safenplaß (j. Eaftellamare) unterhielt e8 einen
lebhaften Handel; auch Mineralquellen (aquae | 7
Segestanae) fanden fi in der Nähe. Trümmer,
namentlich eines Tempels und eines Theaters (j.
Theatron, 8.), liegen jet bei Ealatafimi 2 Meilen
wejtlich von Alcamo,. — Zwei Städte d. N. lagen
noch, die eine in Ligurien zwischen Yuna und Por—
tus Veneris, j. Seftri Yevante, die andere in Carnia.
Segestes, ein vornehmer Cheruifer, Vater der
Thufnelda, die ihm Arminius entführt hatte, trat
aus Rache gegen denjelben auf die Seite der
Römer und verriet ihnen die Pläne jeines Schwie—
gerjohnes, beteiligte fi aber nachher am Kampfe
gegen Rom und behielt eine Neihe von Jahren
die röm. Gefangenen und Feldzeichen. Als er fich
im Rampfe gegen feine Landsleute (15 n. E.) auf
fremde Hülfe angewieſen jah, mendete er fih an
Sermanicus, der ihn befreite und ihm einen Wohn:
fit auf dem linken Rheinufer anwies. Taec. ann.
1,55 ff. Vell. Pat. 2, 118. Flor. 4, 12.
Segestos = Akestes, w. ſ.
Segetia j. Seia.
Segimerus, Inydungos und Zeylungos, 1) Vater
des Arminius, war mit dieſem Leiter der Ber:
ihmwörung gegen Varus. Vell. Pat. 2, 118. Dio
Cass. 56, 19. — 2) Bruder des Segeſtes, unter-
warf ſich 15 n. E. den Römern unter Germanicus,
Tac. ann. 1, 71.
Segimundus, Zeyıuoörrog, ©. des Segeſtes,
Bruder der Thujnelda, war von den Römern zum
Priefter an dem Heiligtum (wahrjcheinlich des
Auguftus) bei der ara Übiorum (j. Köln) ernannt
worden, entfloh jedoch mit Aufgabe jeines römischen
Dienites zu feinen Landslenten. Im J. 151. C. aber
lieh er fich von jeinem, dem Arminius zürnenden,
Vater als Gejandten an Germanicus abjenden,
deſſen Verzeihung er erbat und erhielt. Taec. ann.
1,57. Im J. 17 ſchmückte er den Triumphzug
des Germanicus. Strab. 7, 291.
Segni, germanijche Völterfchaft im belgiſchen
Gallien beim j. Eigney, zwiſchen ben Trevirern,
mit denen fie in einem nahen Berhältniffe ftanden,
und den Eburonen. Caes. b. g. 6, 32.
Seezins — Seiani.
Segobriga, Znyößeıya, 1) Hauptſtadt der
Geltiberer in Hiſpanien, ſüdweſtlich von Cäſar—
augufta; in der Gegend von Pennaescoite find
noch bedeutende Ruinen. Es fand ſich dort treff=
lies Marienglas. Strab. 3, 162. Plin. 3, 3, 4.
36, 22, 45. — 2) Stadt der Edetaner an der Dit:
tüfte Hifpaniens, j. Segorbe.
Segodünum, Zeyöodovror, 1) Kauptitadt der
Ruteni in Mquitania, j. Rodez. — 2) Stadt im
füdlichen Germanien bei den Hermunduren.
Segontiäci, nad Cäſar (b. g. 5, 21) Bolf im
füdlichiten Teile Britanniens, deren Hauptſtadt
wohl Segontium war. Ruinen bei Caernarvon
am Fluſſe Segont.
Segovia, Zeyovßiae, Stadt der Arevafer im
tarraconenſiſchen Hiſpanien, zwiichen Emerita und
Eäjaraugufta; führt noch j. denjelben Namen. —
Auch ein Ort in Bätica am flumen Silicense hieß
fo. Caes. b. Alex. 57.
Segusiävi (weniger richtig Segusiani), Zeyov-
cıavod, bedeutende Völkerſchaft im lugdunenſiſchen
Gallien, von den Allobrogern durdy den Rhoda—
nus getrennt, zwiichen den Sequanern, Aduern
und Arvernern, im heutigen Lyonnais und Forez.
Zu Cäſars Zeiten waren fie von den Aduern
720, jpäter jelbjtändig. Caes. b. g. 1, 10.
64
"Sein, 1) altrömiſche Saatgöttin, wie aud Se-
gesta, Segetia und Semonia, deren Namen nicht
unter dem Dache genannt werden durften. Seia
(oder Semonia) jollte das Getreide in ihrer Obhut
haben, jolange es unter der Erde war, Segetia
(oder Segesta), wenn es herborgeijproßt war. —
2) Beiname der Fortuna, deren Tempel, jhon von
Servius Tullins gemeiht, Nero mit jeinem gol:
denen Hauſe umſchloß.
Seiäni, 1) 2. Alius Sej., Sohn des Sejus
Strabo, wurde durch Adoption in die gens Aelia
aufgenommen. Schon als Nüngling ftand er im
Rufe großer Unfittlichleit. Zac. ann. 4, 1. Unter
Tiberius gewann Sej. bald das unbegrenzte Ver—
trauen desielben. Mit Drufus, dem Sohne des
Tiberius, wurde er nad Bannonien zur Unter:
drüdung eines Aufſtandes der dort ftehenden Le—
gionen geſchickt. Tac. ann. 1, 6ff. Darauf wurde
er praefectus praetorio und vereinigte als ſolcher
um das %. 18 n. E. die bis dahin zerjtreuten Co—
horten der eg AM in einem feiten Lager vor
dem Biminalijchen Tac. ann. 4,2. Dio
Cass. 59, 19, 5f. Aber * dieſer Mach nicht
zufrieden, trachtete er nach Höherem und ſuchte
durch Gewaltthaten und Liſt ſeine Pläne durchzu—
führen. Nachdem er des Druſus Gemahlin Livia
durch Verführungskünſte für ſich gewonnen, ließ er
in Verbindung mit ihr jenem Gift reichen, 23 n. C.
(j. Drusi,4.). Nunmehr jtrebte er nad) der Heirat
mit Livia, doch wurde ein dahingehendes Gejuc
vom Kaiſer abgeichlagen. Dafür bot fid dem Sei.
injofern erwünjchte Ausſicht auf ein Gelingen
jeiner hochjliegenden Pläne, als Tiberius den Ge—
danken hegte, Rom zu verlaffen und in der reizen-
den Gegend der Inſel Capreä fortan zu leben. Des
Kaijers Gedanke wurde durch Sej. zum feiten Ent-
ichluffe (Taec. ann. 4, 39 ff.): Tiberius verlieh Rom
(26) und ift nie wieder in die Stadt zurüdgelehrt.
Dai. 4, 57. 67. Als des Kaiſers Stellvertreter,
durch deſſen Hände der jchriftliche Berfehr ging,
und ohne deſſen Bermittelung perjönlicher Bertehr
Seii — Seirenes,
unmöglich war, jchaltete nun
Belieben: Agrippina (j. d. 1.) und ihre ©
Druſus (ſ,. Drusi, 5.) und Nero (ſ. d. 1.) wurden
Opfer feiner Ränte. Als er ſich aber gar durch eine
Verſchwörung gegen Tiberius die Krone verichaffen
wollte, und Tiberius dies erfuhr, beſchloß letzterer,
gegen ihn, wenn auch anfangs mit Vorſicht und
ft, vorzugehen. Es gelang, ihn im Senate durch
den Präfeften der cohortes urbanae, Nävius Ser:
torius Macro, verhaften und dann hinrichten zu
lafjen (18. Oftober 31); gleiches Schidjal hatten
des Ermordeten Kinder, Verwandte und viele An:
hänger, im Jahre 31. Ein Charafteriftif von ihm
gibt Tacitus (ann. 4, 1). Monographie von Jülg
(1882). — 2) L. Sej., vielleicht ein Freigelaſſener
des vorigen, verjpottete einft an einem Feſte den
Tiberius, wurde aber nad dem Sturze Sejand
doch nicht von ihm beftraft. Dio Cass. 58, 19.
Sell. Dazu gehören: 1) M. Sej., Hdil 74
v. E., als welcher er bei einer Teurung dem Volke
wohlfeiles Getreide lieferte (Cie. off. 2, 17. Plane.
5, 12), mit Eicero und Atticus befreundet. — 2) M.
Sei., trat 52 v. E. gegen Saufejus, den Genofjen
des Milo, ald Ankläger auf und war mit D. Bru—
tus befreundet. Cic. ad fam. I1, 17. 3) O.
Sej. Poſtumus, wurde von Clodius vergiftet,
weil er ihm ſein Haus abzutreten ſich weigerte.
Cie. de dom. 44. — 4) En. Sej., auf Befehl des
M. Antonius (44 dv. E.) getötet, bejah ein Pferd,
das von den Pferden des Diomedes abjtammen
follte. Da alle die, welche nah ihm Herren des
Pferdes wurden, ebenfalls einen elenden Tod fan-
den, jo entitand das Sprichwort (de hominibus
calamitosis): ille homo habet equum Seianum,
Gell.3, 9. — 5) Sej. Tubero, diente unter
—— als Legat, wurde 24 n. E. wegen
egung von Unruhen angeklagt, aber freige—
—* en. Tac. ann. 4, 29.
Seilönos, Zsilnvög, Zılnvös, Silenus, 1) Sohn
des Hermes und einer Nymphe, oder des Ban,
ein fteter Begleiter, Lehrer und Erzieher des
Bakchos. Er tft die beiondere Geftalt eines älte:
ren Satyrs, ein ſtets trunfener, heiterer und ges
mütlicher Alter mit einer Glaße und jtumpfer
Naie, fett und rund wie ein Weinichlaudh. Vom
Weinſchlauch ift er ungertrennlih. Die eigenen
Füße vermögen ihn jelten zu tragen, er reitet ge:
mwöhnlich auf einem Ejel (Or. fast. 1, 399. 3, 749)
oder wird von Satyrn geführt und gejtügt. Außer
dem Wein ift Mufif und Gefang feine Freude.
Am Gegenfaß zu feiner äußeren Geftalt erjcheint
er oft als ein das gewöhnliche Treiben der Welt
und die Güter des irdiichen Lebens verachtender
Weijer, in welcher Beziehung Sofrates ihm ver:
glihen wird (Xen. symp. 5, 7. Plat. symp. 32),
und als ein begeifterter Scher. Man band ihn
wohl, wenn man ihn irgendwo in trunfenem
Schlafe fand, mit Blumentetten und zwang ihn
zu weisjagen und zu er Verg. E. 6, 19 ff.
Op. met. 11, 91 (j. Midas). Geine Attribute
waren außer dem Weinfchlauch der Ejel, der Thor:
ſos, der Kantharos (Becher), ein Epheufranz, aud)
zuweilen ein Panther. Einen Tempel hatte Silen
nur zu Elis; Methe (die Trunfenheit) reichte ihm
den Becher dar (Paus. 6, 24, 6). Wie man Pane
und Faunen in der Mehrzahl hatte, jo nahm man | Götterwejen
jpäter auch mehrere Silene an. Als Vater der |
Silene galt nun ein alter Silen, Namens Pappo—
Sej. nach freiem |
öhne |
1087
ſilenos, der noch tieriicher als der gewöhn nliche
Silen und oft ganz behaart dargejtellt wurde
Abbildung: Seilenos, das ihm eben zur Pilege
übergebene Batdostind im Arme haltend und ben
zukünftigen Begründer eines höheren Kulturzu—
ſtandes, an welchem auch er nach einem Leben
gewöhnlichen Sinnengenuffes ſich beteiligen wird,
mit freudigem Ahnen betrachtend ; Marmorgruppe
aus Billa Borgheje im Loupre. — 2) ©. aus
Kalakte, Begleiter Hannibals, verfaßte in griech.
Sprade eine von 2. Cälius Antipater viel benußte
Geſchichte des zweiten punischen Krieges (Nep.
Hann. 13. Cie. div. 1, 24. Jav. 26, 49) und
Zınslind.
Seirönes, Zsıpijwsg, Sirenes, Jungfrauen auf
einer Inſel im weſtlichen Meere, zwiichen der
Kirfeinjel und der Skylla, welche durch ihren
lieblichen Gejang die VBorüberfahrenden herbeiloden
und ins Berderben ziehen. Sie fiben auf blumiger
Wieje, und um fie herum liegt ein Haufen bis
auf die Knochen verwejender Männer, deren Haut
ringsum eingejhrumpft. Die Todesgejahr liegt
nur mittelbar in ihrem Gejange, indem diejer die
Schiffer and verderbenbringende Ufer zieht. Hom.
Od. 12,39. Man erblidte in ihnen bald ver-
lodende Mujen der See, bald durd; magiſche Kraft
des Gejanges wirkende Bauberinnen, oder aud)
ein einfaches Schiffermärchen, oder einen ethiichen
Begriff (Welder, griech. Götterl. IIT S. 164), feſſelnde
— endlich Dämonen der Verwejung.
Der Name Hingt an Zeigrog, den Bringer der
Hitze, an, beide führen auf Einen Begriff, den des
1088
Leuchtens jowie des Brennens; fie find die Bren—
nenden, die Ausdörrrenden. Aber nicht die all:
jährlich wiederkehrende Schwüle, wie fie Sirius
bedeutet, jondern die erjchlaffende, alles friſche
Leben tötende, als Ausgeburt der Erde gefafte
Schwüle (Scirocco). Die Wirkung derjelben iſt
das Verſtummen des Windes, Die modernden
Häute. Kultus derjelben war in der Nähe von
Surrentum, in Nitolien (mo Acheloos ihr Vater
genannt wird); jie begleiten Berjephone vor ihrem
Raube in Sicilien, Ihre ältefte Geſtalt iſt Die
eines großen jchwerfälligen Vogels mit weiblichen
Haupte — daher der Gejang und das Wijien.
Als fingende Weſen ichon bei Allman, dann der
Hagende Charakter ihres Gejanges und deshalb
als Totenklage (P#enrog) auf den Gräbern. Pla—
ton jeßt fie in Verbindung mit der Harmonie der
Sphären. Seit den Alegandrinern erfcheint Ache—
1008 regelmäßig als ihr Vater, bei den älteren
Dichtern Phortos. Bei Homer find ihrer zwei,
jpätere nennen gewöhnlich drei; ihre Namen find
Barthenope, Leukoſia und Ligen, auch wohl Thelxi—
epeia, Molpe, Aglaopheme. Zuletzt kommt der
Begriff der Verlockung und Verführung bei den
Nömern (improba Sıren desidia, Hor. sat. 2,
3, 14). Als Odyſſeus an ihnen vorüberfuhr, ver:
flebte er feinen ren die Ohren mit Wachs,
er jelbjt aber lief fi mit offenen Ohren an den
Maftbaum fejtbinden. Hom. Od. 12, 158 ff. Als
die Argonauten vorbeifamen, fang Orpheus einen
Gegengejang. Da fie, einer Weisjagung zufolge,
nur *jo un leben jollten, bis einer underlodt
von ihrem Gejange vorübergeichifft jei, jo ftürzten
fie fi wegen des Orpheus oder wegen des Odyſ—
ſeus ind Meer und murden zu Klippen. Die
jpätere Sage dachte fie oberhalb als Jungfrauen,
unten als Bögel. Bogelgeitalt erhielten fie, um
Perjephone zu juchen. Op. met. 5, 552. Man
verjegte fie ipäter ans Vorgebirge Peloron oder
auf die j. g. Seirenufjen am Bujen von Poſeido—
nia oder nach Capreä. Tempel der Seirenen bei
Surrent, Grabmal der S. Parthenope bei Nea—
polis, bei welchem jährlich ein Fackellauf verau-
ftaltet wurde. — In der Kunst find fie erjt Vögel
mit weiblichem Haupte, dann weibliche Geftalten
mit den Beinen eines Vogels, weibliche Geſtalten
in langen Gewändern. Biele ſtatuariſche und
een enge finden ſich auf Gräbern, nicht
bloß als #eijvog repräjentierend, jondern auch,
wie auf den Gräbern des Sophofles und Iſokrates,
als Symbole des Zaubers der Poeſie und der
Wohlredenheit. Als begeifternde Wejen werden
fie mit Lyra und Flöte dargeftellt. Vgl. Schrader,
die Sirenen nach ihrer Bedeutung und künſtleriſchen
Darftellung (1868). .
Zeienvyoübceı, Sirenum scopuli, petrae, 3
Heine, unbewohnte Injeln am Borgebirge Miſenum
vor der Küſte Campaniens, der Sage nad) einjt
Siß der Seirenen (j. d.); j. Licofa, ©. Pietro, la
Galetta. Verg. A. d, 864.
Zeigrosg, Sirius, j. Sternbilder, 5.
Zeioayheıa |. Bol, d.
Selöne, Zeirjvn, Mijvn, Luna, die Mond—
göttin, Tochter des Shperion und der Theia
(Hesiod. theog. 371), Schweiter des Helios und
der Eos, ein Titanentind (Tirmwis, Titania),
auch als Schweſter des Sonnengottet Phoibos
Phoibe genannt (Ferg. A. 10, 216). Bei Homer
Zeipmvodcer — Seleukeia.
fommt fie nicht als Göttin vor; ein homerijcher
Hymnos (3. in Merc. 99) nennt fie Tochter des
Pallas, und der homerische Hymnos auf Selene
ichildert fie als eine ſchöne weiharmige Göttin
mit langen Flügeln und goldenem Diadem. Sie
fährt auf einem Wagen am Himmel bin, um den
Menſchen ihr freundliches Licht zu bringen. Im
Gegenjaß zu ihrem Bruder Helios, der in jtolzem
Slanze mit jeinem Biergeipann dahinftürmt, iſt
fie eine milde, bejcheidene Erjheinung; ihr Wagen
it mit weißen Roſſen, oder mit Maultieren, oder
mit Kühen, die duch ihre Hörner Symbol des
Halbmondes find, beipannt. In Elis hatte fie
ein Standbild mit Hörnern. Später wurde jie
mit Artemis Hekate und Perjephone) vermengt;
von Artemis ift jie in ihren Kunſtbildungen nur
durch ein volleres Geficht, durch vollftändigere
Kleidung und ein bogenförmiges Scleiergewand
über dem Haupte unterjchieden. Ob jie ald Mond-
göttin in Griechenland einen Kultus gehabt, iſt
ungewiß; in Rom hatte Luna Tempel auf dem
Aventinus (Liv. 40, 2. Or. fast. 3, 884), auf dem
Capitol und als Noctiluca auf dem Palatium.
Nach attiiher Sage gebar Selene dem Zeus die
Pandeia (Hom. hymn. 32), d. h. nach einer be
ftimmten Zahl von Monaten kehrte das atheniiche
Beusfeit Bandia wieder; nad) derjelben —
gebar ſie die 50 Töchter des Endymion (j.
dem Zeus die Nemen.
Seleukeia, Zeisvxeie, Seleucia, Name meh—
rerer, meijt von Seleufos I. gegründeter Städte:
1) S. am Tigris, an der Einmündung des Naar
malcha (j. d.), der einen Teil des Euphrat im den
Tigris ableitete. Dieje Lage brachte ©. mit den
wichtigften Handelsſtraßen in Verbindung, wo—
durch die Blüte der Stadt hervorgerufen wurde.
©. war mit Mauern verjehen, in Form eines die
Flügel ausbreitenden Adlers gebaut und jo jeit,
dab es ben Parthern 7 Jahre lang Widerjtand
leiften fonnte. Die Bevöllerung, gemiicht dus
Babyloniern, Juden, Griechen und Mafedoniern,
zählte in Titus’ Tagen 600 000 Köpfe. Wie der
Handel, ift auch Kunft und Wiſſenſchaft in ©. jebr
epflegt worden. 164 n. E. wurde die Stadt von
idius —— Feldherrn des L. Verus, nieder:
gebrannt. Doch erhob ſie ſich wieder zu einer ge
wiſſen Blüte, ift dann aber gänzlich gejunten.
Strab. 16, 7385. Abhandlungen von Fabian, de
Selencia Babylonia (1869), und Schneiderwirth
(1879). — 2) ©. Pieria oder am Meere, in
Syrien, eine Meile nördlid von der Mündung
des Drontes, war duch ihre Lage, auf dem jüd-
lichen Ausläufer des Bieriosberges, eine für Waffen:
ewalt uneinnehmbare Feſte; ihr Hafen war jehr
icher und geräumig, ihre Lage für den Handel
ungemein günftig. Bei Kabufi finden fich noch
jeßt gewaltige Ruinen, bejonders von den Hafen:
molen, und eine in den Felſen gehauene Nefro:
pole. Strab. 16, 749 ff. — 3) ©. meüg Bijim,
am Fluſſe Belos, wejtlich von Apameia in Syrien,
vielleicht bei dem Schlofje Sehjun. — 4) ©. öft:
lid) von dem nordpaläftiniihen See Samachonitis
— 5) ©. an der Nordgrenze Pifidiens (N udnes,
„die eiferne“), vermutlich in der Nähe von Eijen-
bergwerfen. — 6) ©. in Pamphylien zwiſchen
Side und der Mündung des Eurymedon. — 7) ©.
am Kalykadnos, oder ©. Tradeia im rauhen
Kilitien, jegt Selefke, ziemlich bedeutend, Geburts:
.) umd
Seleukis — Seleukos.
ort des Grammatikers Athenaios und des Per |
patetikers Xenardhos (ſ. d., 3.). Hier fand Kaiſer
Friedrich Barbarofia im J. 1190 in den Fluten
des Seleph jeinen Tod. Strab. 14, 670. — 8) be-
deutende Stadt in der perfiichen Provinz Margiana.
Bon Alerander dem Gr. wegen der anımutigen
Gegend unter dem Namen Alerandreia erbaut,
wurde fie von den Barbaren zerftört, jpäter aber
unter dem Namen Antiocheia Margiane von An—
tiocho8 1. wiederhergeftellt. Hier wurden die bei
ber Niederlage des Craſſus gefangenen Römer feit:
gehalten. Strab. 11, 516.
Seleukis, Zelevais, fruchtbare und reiche Land-
Ihaft Syriens, mit den 4 Städten Antiocheia,
Seleufeia, Laodifein und Apameia, daher, auch
Tetrapolis genannt. Strab. 16, 749.
Seleukos, Zilsvuxog, 1) Set. I. Nikator (der
Sieger), Sohn des Antiochos und der Laodike,
geb. 367 oder 356 (Just. 17, 1,10) oder 358 v. C.
(App. Syr. 63), einer der Feldherrn Alexanders
des Gr., zeichnete fih, faum 30 Jahre alt, in
Indien aus, trat aber bejonders nach dem. Tode
des großen Königs mehr und mehr in den Vorder:
grund. Perdikkas übertrug ihm die Hipparchie der
Eraigoı, Diod. Sie. 18, 3. Erft bei der zweiten
Teilung der Provinzen zu Triparadeijos (321) er:
hielt er die Statthalteridhaft von Babylon. Diod.
Die. 18,89. Damit beginnt die Zeit jeines Ruhmes.
Während Eumenes für das königliche Haus ftritt,
befeftigte Sel. (8318) feine Herrihaft und erhielt
im I. 317 von Antigonos Sufiana, verlor es aber
wieder nach Eumenes’ Befiegung durch Antigonos,
316. Diod. Sie. 19, 12. Ws Antigonos auf
jeinem Rüdmarjche nad) Babylon kam, empfing
in Sel. zwar in feiner Hauptftadt und bemirtete
ihm königlich, weigerte ſich aber, Rechenſchaft von
feinen Einkünften abzulegen, und entfloh, darüber
mit jenem entzweit, vor der Übermacht nach Agyp⸗
ten zu Ptolemaios, mit dem er Freundſchaft und
Bündnis ſchloß (Diod. Sie. 19, 55f.). Nah dem
Siege bei Gaza, 312, wagte er ed, mit geringer
Mannichaft zurüdzufehren, nahm Babylon wieder
ein, bejiegte den mit Antigonos verbündeten Sa:
trapen Nilanor von Medien, unterwarf deſſen
Land und Sufiana und gewann die Einwohner
durch jein Teutjeliges Weſen. Diod. Sie. 19, 80 ff.
90ff. Plut. Demetr.5f. Die Kämpfe der nächften
Beit, in der er fich glüdlich gegen Antigonos be:
hauptete und in 5 Fahren bas ganze obere Afien
unterwarf, jowie im Kampfe gegen den mächtigen
indijchen König Sandrafottos, der die griechijchen
Kolonien am Indos erobert hatte, weiter als
jelbft Alexander (bi8 an den Ganges) vordrang,
Ichmüdten ihn mit neuem -Ruhme und erwarben
ihm den Beinamen Nixdrog. . Syr. 55.
Schon vorher von den Barbaren König genannt
und als ſolcher —— trug er ſeit 306 auch bei
Griechen oder Makedoniern erteilten Audienzen
das Diadem (Plut. Demetr. 18), die Jahre feiner
Herrichaft aber datierte er von der Zeit an, wo
er Babylon wiedergewonnen hatte (1. Oftober 312).
Er hatte erreicht, was einft die Chaldäer gemweis- |
jagt, eine glänzende Königskrone und ein mädh:
tiges Reich (Died. Sie. 19, 55); er zeigte fich aber
auch des Errungenen würdig. Im Bunde mit
Ptolemaios und Lyſimachos gegen den herrſch—
füchtigen Antigonos gab Sel. in der Schlacht bei
Ipſos (301) in Phrygien durch die Zahl feiner |
Nealleriton des Naſſ. Altertums, 7. Aufl,
1089
Elefanten den Nusichlag und fügte Syrien, Me:
fopotamien, Armenien und das jübliche Klein—
afien feinem Reiche Hinzu. Just. 15, 4. Plut.
Demetr. 28f. Später jchloß er dur feine Ber-
mählung mit Stratonife eine Berbindung mit
Demetrios Poliorketes; dieſer gefährdete jedoch
durch ehrgeizige Pläne des Sel. Beſitzungen und
nötigte dieſen dadurch, ihn bis zu ſeinem Tode
gefangen zu halten. Endlich führte noch Zwie—
tracht im Hauſe des Lyſimachos zum Kriege mit
demſelben, und durch des Sel. Sieg bei Korupedion,
281, kam zu dem ſyriſchen Reiche noch Vorder—
aſien. So regierte Sel. vom Indos bis zum
Mittelmeer und gebot über den größten Teil der
Eroberungen Alexanders; dies weite Reich teilte
er in 72 Satrapien, gr um größten Teil
durch griechiiche Namen he enifiert wurden; aber
fein von allen feinen Nachfolgern befolgtes Re-
gen Sinftem legte jchon den Grund zum baldigen
erfalle des Reiches. Er wollte feine Verjchmel-
zung mit den DOrientalen, wie Alexander, jondern
eine Beherrijchung der Barbaren durch Mafedonier
und Griechen. App. Syr.57f. Dieje wurden *
reich nach Aſien verpflanzt und hatten ihren Bohn b
bejonders in den vielen, ‚bis in den entlegenften
Dften neubegründeten Städten; am Hofe herrichte
ausſchließlich griechtiche Sprache und a > &o
ſtützte ſich aud das Herrichergeichlecht der Seleu-
fiden von feinem Gründer an auf ein griechiiches
Heer und hielt damit, ftatt ihnen gleiche Berech—
tigung mit den Giegern zu gewähren, die zum
Teil Fräftigeren und zu Aufftänden — unter⸗
worfenen Völler in Gehorſam. Doch verbreitete
trotzdem die herrſchende Kaſte griechiſche Kultur
bis an die fernen Ufer des Indos, welche ſich
auch unter ungünſtigen Verhältniſſen bis in die
Zeit der Kalifen erhielt. Amm. Marc. 14,8. Das
Verdienſt davon gebührt dem Sel., der den Grund
dazu legte, wenngleich nicht alle Teile des Meiches
gleich tief davon durchdrungen wurden. Gel. ver-
legte den Mittelpunkt des Neiches von Seleukeia
am Tigris nad) Antiocheia am Orontes, wodurch
die öſtlichen Provinzen dem jeßt fyrifchen Reiche
allmählid; entfremdet wurden. 73 oder 77 Jahre
alt, übergab er jeinem Sohne Antiochos, dem er
ihon früher die Länder des Dftens und jeine
jugendliche Gemahlin Stratonite überlaffen hatte,
im J. 281 die Herrichaft von ganz Aſien, um
auch das ſeit jeiner Jugend von ihm nicht wieder:
gejehene Heimatland Maledonien in jeine Gewalt
u bringen. Er wurde aber fait an der Schwelle
r Heimat von jeinem Schüßling Ptolemaios
Keraunos (281) ermordet. Just. 17, 1. Die Alten
preifen den Sel. als den Föniglichften unter Ale—
randers Feldherrn. Er war ein ebenjo ausgezeich:
neter Staatömann, als großer und bejonnener
Heerführer. Aber aud den Künften und Wiſſen—
Ichaften war er nicht abhold, und Heſiodos' Ge—
dichte waren feine fteten Begleiter. Das von ihm und
Alexander zuerft wieder betretene Wunderland In—
dien erichloß er den Griechen und lieh die Ganges:
länder im Intereſſe des Handels, der Erdkunde
und der Naturwifjenichaften von jeinem Vertrauten
Megafthenes und dem Admiral Patrokles durch:
wandern und erforihen. — 2) Set. II. Kalli-
nifos, 246226 v. C., hatte fortwährende Kriege
zur Verteidigung des ſchon geichwächten Reiches zu
führen, Pol. 2, 71. Ptolemaios Euergetes drang,
69
1090
um jeine Schweiter Berenife (j. Antiochos II.)
zu rächen, erobernd bis nad Suja vor und be-
hielt im Frieden, 239, Bhoinitien, Baläftina,
Koilefyrien; des Sel. jüngerer Bruder, Antiochos
Hierag, welcher ſich in Kleinaſien zum König hatte
ausrufen laffen, wurde erſt nad mehrjährigem
Kampfe bezwungen; die Oftprovinzen gingen ganz
verloren, indem in Baltrien der Statthalter Theo-
dotos jid) frei machte, Arſales aber während des
a. mit Agypten ein eigenes parthiiches Reid)
gründete, welches von dem Siege über Sel., 238,
jeine eigentlihe Entjtehung datierte. Dieje Wir-
ren benubte Attalos, um in Kleinafien das per:
amenijche Reich zu befeftigen und zu erweitern.
Sel. jtarb auf der Flucht nach einer durch Attalos
erlittenen Niederlage im Jahre 226 infolge eines
Sturzes mit dem Pferde. Just. 27, 3. — 3) Sel. Ill.
Keraunos, 226— 222 v. C., wurde auf einem
Zuge gegen den König Attalos meuchleriſch ge—
tötet. — 4) Sel. IV, Bhilopator, 187— 176
v. C., führte aus Schwäche eine friedliche Regie:
rung, in Abhängigkeit von den Römern, welchen
er den jeinem Vater auferlegten Fribut entrichten
mußte. Liv. 42,6. — 5) Sel. V., Sohn des
Demetrios Nikator, wurde von feiner eigenen
Mutter Kleopatra ermordet, 123. Liv. ep. 60.
Just. 89, 1. — 6) ©el. VI. Epiphanes, Sohn
Antiochos des VIII. (95—98 v. C.), lämpfte mit
feinem Vatersbruder, dem er jeinen Anteil am
Reiche entriß, und mit jeinen Brüdern um die
Herrihaft und ftarb nach einer Niederlage in
Mopjueitia in Kilifien. App. Syr. 69. Seine Brü-
der und Bettern jegten den Streit fort, bis die
Syrer, der Thronftreitigfeiten müde, den Tigranes
zur Herrichaft über die Reſte des Neiches der Se-
leufiden beriefen (83). — 7) alerandriniicher Gram⸗
matifer, um 100 v. C., nad andern Beitgenoffe
bes Tiberius, erflärte außer dem Hefiodos, Ariſto—
phanes und den —— ganz beſonders den
Homer in —— chriften und mit der
beſten Handſchriften und erwarb ſich dadurch den
Beinamen 6 Ounoixòs. Auch Pdoı werden ihm
beigelegt.
Selge, Zeiyn, bedeutende Stadt in Pifidien,
in der Verglandichaft am jüdlichen Abhang bes
Tauros, weftlih vom Eurymedon, der hier zum
Pamphyliſchen Meere durchbricht. Auf der Akro—
polis Kejbedion befand ſich ein Tempel der Hera.
Die friegeriichen Bewohner, Zeiysis, zur Beit der
höchſten Blüte 20000 an der Zahl, galten für
Nachkommen der Lafedaimonier und wußten jich
ſtets unabhängig zu erhalten. Prachtvolle Ruinen,
j. Sirg genannt. Strab. 12, 570 f. Arr. 1, 28, 1.
Pol. 5, 76, 2.
Zelıvor (Eppidh) j. Bestattung, I. und
Isthmia.
Selinüs, Zelıroüs, Name mehrerer Flüſſe und
Städte, wörtlich „Eppichfluß, Eppichſtadt“: 1) Fluß
in Zriphylien bei Skillus, mündete weſtlich von
Olympia in den Alpheios; j. Fluß von Keſtrena.
Xen. An. 5,3, 8. — 2) Fluß in Achaia, j. Fluß
von Boftizza, entipringt auf dem Erymanthos und
mündet zwijchen Migion und Helife, Strab, 8, 387.
— 3) Nebenfluß des Kaikos in Myſien, mündet
bei der Stabt Pergamon; j. Boklukdie. — 4) be
deutende Pflanzftadt der Dorer aus Megara, um
628 v. C. auf einem zwiſchen 2 eindringenden
Meerbnjen weit vorgejchobenen Felſen, an der
Selge —
Sellasia.
hafenreichften Stelle der unwirtlichen Südfüfte ©i-
ciliens, gebaut. Die 4 Häfen erleichterten einen
ausgebreiteten Handelsverfehr, bejonderd mit Klar
thago. So entitand neben der Akropolis eine
zweite Stadt, 2 Vorftädte und eine Neapolis. Die
bald zu hoher Blüte gelangte Stadt wurde 409
v, E. von den Karthagern erobert, geplündert und
größtenteils zerjtört (Diod. Sic. 13, 56), jedoch ned
in demjelben Jahre fait gänzlich wiederhergeftellt,
jo daß fie ald mäßige Stadt nody 160 Jahre unter
tarthagijcher Herrichaft fortbeftand, bis jie 249 v. €.
vollends vernichtet und die Bewohner nadı Lily
baion verpflanzt wurden, Cine dritte Zerjtörung
durch die Saracenen, 827 n. E., weijt auf eme
abermalige Wiederherftellung hin. Die Umgegend
lieferte trefflichen Weizen, eine als Arzneimittel
— Erdart und gute Kreide. In der Nähe
efanden fich auch jalzige Mineralquellen, r« Zr
kvovdrrie böara, jpäter Aquae Labodae, Labodes
gen., j. Duelle von Sciacca. Bon der Stadt ſelbſt
(über deren erfte Zeiten j. Hdt. 5,46. Tue. 6, 6.
7,57. 8, 26) finden fich großartige Refte bei Caſtel
vetrano, zu den bedeutenditen bes Witertums ge
hörend. Bejonders find die Reſte von 6 mäch
tigen Tempeln altdoriicher Bauart (darunter ein
bei der Zerftörung der Stadt noch umdollendeter
Apollotempel von 113’, m Länge und 53", "
Breite), namentlich Metopen mit eigentümlichen
Reliefs (um 600 v. E. gearbeitet) bemerkenswert.
Hauptwerk: Benndorf, die Metopen von Sel. Wi
Unterfucdungen über die Geſchichte, die Topogra—
phie und die Tempel von Sel. (1873). Abhand-
lung von Scubring (1865). — 5) Seeſtadt im
weitlichen Kilikien auf fteilem Fels, auch Traja-
nopolis genannt, weil bier 117 n. C. der failer
Trajanus eines plöglichen Todes farb. Jetzt Se—
lindi. Strab. 14, 669.
Sella, die allgemeine Bezeichnung für alle Gat-
tungen der Stühle, deren Verjchiedenheit in Stoff
und Form bis ins Un:
endliche ging, wie bie
antiten Wandgemälde
eigen; oft waren fie
der fojtbar, wie bie
thronartigen solia (f. d.)
und die bequemen ca-
th&drae ; Sefjel für zwei
Berjonen, bisellium, oft
als öffentliche Auszeich-
nung und Ehrenjejjel, während der niedrige di-
pgos jägebodartig geitellte (zum Zujammentiappen,
Fig. a—c) oder jenkrechte (Fig. d) Beine hatte.
Sella eurälis, ein Inſigne der curuliichen
— war der Form nad) ganz einfach, denn
fie hatte feine Lehne, jondern nur 4 gekrümmte,
tre iſe gejtellte Füße, beftand aber uripräng:
lic aus Elfenbein, jpäter aus Marmor und Metall
und hatte oft kunſtreiche Zieraten. Die curuli-
ſchen Magiftrate jahen bei allen ‚öffentlichen Hand
lungen auf diejer sella und nahmen fie auch in
den Krieg mit. Cäjar erhielt vom Senate einen
—— Stuhl. Suet. Caes. 70. Dio Cass. 44, 6.
ie sella imperatoria der Kaiſer war die alte
eurulis, obgleich die Form nicht mehr an ben
alten Typus gebunden tar.
Sellasia, Zellascia, Zelte, jtark befeitigie
Stabt nördlich von Lakedaimon, am Dinhs, eimem
linten Nebenfluß des Eurotas, da, wo die Straßen
Seleeis —
bon Tegea und von Argos ſich vereinigten. Durch
die Schlacht, welche Kleomenes II. von Sparta
gegen —— Doſon verlor (221 v. C.), worauf
Untigonos die Stadt zerjtörte, wurde das Schidjal
Spartas entidhieden. Pol. 2, 65. Plut. Oleom. 27.
Philop. 6.
Sellöeis, Zeilmeıs, 1) linker Nebenjluß des
Peneios in Elis, auch Ladon genannt, entiprang
auf dem Gebirge PBholoe; an ihm lag das ho-
merijche —* (Il. 2, 659). Strab. 8, 339, —
2) Fluß in Siktyonia. — 3) Fluß in Troas, bei
Ariſbe. Hom. Il. 2, 839. 12, 97. Strab. 18, 590,
Sellisternium j. Lectisternium.,
Selloi, Zeiloi, j. Zeus, 4.
Selymbria oder Selybria, ZnAvußola, In-
Außoie, bedeutende Stadt Thrafiend an der Pro-
1091
Flotte des Antonius, wurde 34 dv. E. Konſul, ver-
lie jedoch die Partei des Antonius und tötete,
hochbejahrt, ſich jelbit aus Lebensüberdruß. Dio
Cass. 49,39. — B) Sophi: 4) P. Sempr. Soph,,
fämpfte als Konſul 304 v. E. glüdlich gegen Sam:
niter und ÄAquer (Liv. 9, 45) und veranlaßte auch
andere Völker zum Frieden. Als Cenſor (299)
ründete er 2 neue Tribus. — 5) P. Sempr.
Soph,, befiegte 268 v. E. als Konſul die Picenter
und zeigte ſich 252 als Cenſor jehr jtreng gegen
15 Senatoren. Flor.1,19. Liv. ep. 18. — C) Tu-
ditani: 6) B. Sempr. Tubd., entlam als Kriegs:
tribun mit einer Schar Römer unter tapferem
Kampfe glücklich aus der Schladyt bei Cannä nad
Ganufium (Liv. 22, 50), befehligte 213 v. C. als
Prätor zu Ariminum, ernannte ald Cenſor 209
Sempronii.
pontis, öjtlih von Herafleia Perinthos, 42 Mill. | den Fabius Eunctator zum princeps senatus, gin
weitlich von Byzantion, Kolonie der Megarer. Sie | als Prokonſul (205) nad Griechenland und hlop
hatte ihren Namen wohl von ihrem Stifter Selys | Frieden mit Philipp von Makedonien. Liv. 29, 12.
und dem thrafiichen Worte Bria — Stadt. Strab. | Jm J. 204 wurde er Konjul und fämpfte fieg:
7, 301. Nachdem fie mit den umwohnenden Thra= | reich gegen Hannibal bei Kroton in Unteritalien.
fern und den Mafedoniern viele Kämpfe beftanden | Liv. 29, 11. 13, 36. — 7) €. Sempr. Tud.,
hatte, fiel fie König Philipp in die Hände und | ging 197 v. C. als Prätor nad Hilpanien, wo
blieb nun unbedeutend; j. Silivri. Xen. An.7,2,15.|er eine Niederlage erlitt (Ziv. 33, 25) und furz
28. 5, 17. Hell. ı, 1, 21. Hat. 6, 33. darauf an den in der Schlacht empfangenen Wun—
Semöle j. Dionysos, 2. ınd Kadmos, 2. den ftarb. — 8) M. Sempr. Tud., Konful 185
Sementinae, Sementivae, römiſches Saatfeit, | v. E., fiegte über die Ligurer und ftarb 174. Liv.
nad) vollendeter Saat der Ceres und Tellus, oder | 39, 32. 41, 21. Als Vollstribun gab er 193 ein
am eriten Tage der Ceres als Tellus und 7 Tage | Gejeh gegen den Wucher. Liv. 35,7. — 9) €.
jpäter der Projerpina gefeiert. Die Göttirinen wur: | Sempr. ud. diente unter Mummius 146 v. E.
den um Gedeihen der Saat angerufen; die Pflug: | in Griechenland (Cie. ad Att. 18, 33), jollte als
ftiere wurden befränzt, der Pflug zur Ruhe auf: | Konful (129) in den GStreitigfeiten um des Ti.
* t, und Geſinde und Haustiere reichlich
g heil. Das Felt gehörte zu den feriae con-
ceptivae. Or. fast. 1, 657fj. ©. Gaia.
Semirämis j. Ninos, 1.
Semis j. Münzen,
Semnönes, Ziuvorsg, Zfuvovsg, oder Sen-
nönes (Vell. Pat. 2, 106), das mächtigfte germa-
nische Volk ſueviſchen Stammes, öſtlich neben den
Eheruflern zwiichen Oder und Elbe, vom Rieſen—
gebirge bis in die Gegend von Frankfurt a. d. O.
und Potsdam ſeßhaft. In einem heiligen Haine
ihres Gebietes fanden feierliche Zuſammenkünfte
der Abgeordneten jämtliher Suevenftämme ftatt.
Tac. Germ. 39, ann. 2, 45. Strab. 7, 200.
Semönes, d. h. semihomones == s. homines,
d. i. Halbgötter. Semones dii fuerunt dieti,
quos nec coelo adscribebant ob meriti panper-
tatem, sieut sunt Priapus, Hippona, Vertum-
nus; nec terrenos eos deputare volebant pro
gratiae veneratione. So erflärt Fulgentius (ew-
pos. serm. p. 561) fälihlih. Der Name Semo
hängt vielmehr wahrjcheinlich mit serere, semen
zujammen und ift basjelbe mit genius, welches
von genere = gignere ftammt.
Sempronfi, ein erjt patricijches, ſpäter plebe-
jiſches Geſchlecht: A) Atratini: 1) WU. Sempr.
Atr., befleibete mehrere Male das Konfulat und
übte jeinen vermittelnden Einfluß zur Beit des
eaſſiſchen Adergejepes mit Erfolg aus. Liv. 2,21. 34.
Dion. Hal. 8, 74
. — 2) E. Sempr. tr,
führte gegen bie
v. E., wurde beshalb im nächften Jahre von einem
Bollstribunen angeflagt, aber freigejprochen, jedoch
ipäter abermals angeflagt und verurteilt, Liv.
4, 377. 44. — 3) &. Sempr. Atr., Gegner des
Eölins (Cie, Coel, 1, 2), jpäter Befehlshaber der
olſter unglüdlich Krieg, 423 |
Gracchus Adergejeh Schiedsrichter jein, wußte fich
indes dem Auftrage zu entziehen und ging in
demjelben Jahre nah Yllyrien, wo er anfangs
unglüdlich focht, jpäter aber einen Sieg errang.
App.b.e.1,19. Liv. ep. 59. Er war ausgezeichnet
durch Beredſamleit (Cie. Brut. 25, 95) und verfaßte
wicht nur ein hiftoriiches Werk, jondern aud) libri
magistratuum (mindejtens 3 Bücher). Dion. Hal.
1,11 rechnet ihn unter die Aoyınrazoı rar "Pouei-
xov ovyygapior. Die wenigen Überrefte ſ. bei
Beter, hist. Kom. reliqu. Ip. 142 ff. fragm. p. 89 ff.
— D) Blaesi: 10) C. Sempr. Bläſus, Konſul
253 v. E., griff mit einer Flotte das Gebiet Kar:
thagos au und verheerte die Küftengegenden, vers
for aber auf der Rüdfahrt durch Sturm einen großen
Teil feiner Schiffe. Pol. 1, 89. — E) Gracchi:
11) Ti. Sempr. Grachus, fämpfte 238 v. C.
in Ligurien als Konſul und bejegte Sardinien.
Pol. 1,88. — 12) Ti. Sempr. Gracd., des
vorigen Sohn, Konjul 215 v. E. (Liv. 28, 24),
ichlug die Campaner, kämpfte ald Brofonjul 214
egen Hannibal und gewann mit jeinem Sklaven:
* dem im Falle des Sieges die Freiheit ver—
ſprochen war, über deſſen Feldherrn Hanno einen
Sieg bei Beneventum. Liv. 24, 14 ff. Im J. 212
‚fand er in einem von Mago gelegten Hinterhalte
jeinen Tod. Liv. 25, 15 ff. — 13) Ti. Sempr.
Gracch., Augur 204 v. C. (admodum adulescens,
Liv. 29, 38), Bollstribun 187, verteidigte den P.
und 2. Scipio, welche nad) dem ſyriſchen Striege an—
gellagt waren (Oic. prov, cons. 8), erhielt des
älteren P. Scipio Africanus Tochter zur Gemahlin,
ging 185 als Sejandter nad; Makedonien und ver:
waltete von 180178 das diesjeitige Hiſpanien,
wo er die Eeltiberer mit Glück befämpfte, zahl:
reiche Städte eroberte und die Ruhe ficherte. Zav
c9*
1092
40, 47 ff. Nach feiner Nüdfehr feierte er einen
glänzenden Triumph. Liv. 41, 7. Ebenſo fieg:
reich fämpfte er als Konjul 177 gegen die Sarden
(Liv. 41, 8 ff.) und brachte jo zahlreiche Gefangene
zum Berfaufe, daß daher der jprichwörtliche Aus-
druck Sardi venales entftanden fein ſoll. Aur.
Viet. vir. ill. 57. Darauf wurde er Cenſor, 169,
und gewann in diefem Amte allgemeine Achtung.
Im & 165 (und zum zweitenmal 161) ging er
als Gejandter * Aſien und beſuchte die ver—
ſchiedenen dortigen Fürſten und Rhodos. Pol.
31, 5ff. 23. 32, 3f. Zum zweitenmal Konſul war
er 163 (Cie. n. d. 2, 4); wann er geſtorben, ift
nicht befannt. Seine Gemahlin Cornelia, die
Tochter Sceipios, liebte und ehrte er jehr. Bon
den 12 Kindern, die fie ihm gebar, verlor fie 9
und erzog die übrigen in einer ausgezeichneten
Weile (Cie. Brut. 27, 104.
der Name der Mutter ber
Adhtung in Rom genannt wurbe, wozu ihre ca
römische Denkweije und ihr männlicher Sinn nicht
wenig beitrugen. Auch das Schidjal ihrer beiden
Söhne ertrug fie in ihrer Aurüdgezogenheit mit
ftandhaftem Sinne. An dem Tode ihres Schwieger-
johnes, des jüngeren Scipio, der auf der Geite
der Optimaten ftand, joll fie nicht unbeteiligt ge-
weſen jein. Ihr Gemahl Graechus war übrigens
ein ſehr gebildeter Mann und der griechiſchen
Sprache, in welcher er zu Rhodos ſogar eine Rede
hielt, mächtig. — Von Cornelia haben ſich in den
Handſchriften des Cornelius Nepos 2 größere
Bruchſtücke eines Briefes an ihren Sohn Gaius
erhalten, deren Echtheit mit Unrecht beſtritten
worden iſt. Vgl. über ſie die Abhandlungen von
Mercklin (1845) und Sörgel (1869). — 14) Des
vorigen Sohn, Ti. Sempr. Gracch., welcher
durch feine Mutter eine vortreffliche Erziehung er-
halten hatte, diente im %. 146 v. E. unter feinem
Schwager Scipio in Afrika und ſchloß 137 als
Duäftor jenen fchimpflidhen Vertrag im Namen
bes Konſuls Mancinus, welchen der Senat ver-
warf. Plut. Tib. Gracch. 5. Der feingebildete
Jüngling mit jeinem ruhigen Charakter und ſanf—
ten Bi e trat im J. 133, zum Bollstribunen
gewählt, als Reformator für die verarmten unteren
Klaſſen in die Schranken. Zu diefem kühnen
Schritte trieb ihn nicht nur das Bewußtſein, unter
verwandten und gleichgefinnten Adelsgejchlechtern
(den Scipionen, Glaudiern, Metellern) auf Zu:
ftimmung rechnen zu können, jondern auch ein
bittere Gefühl gegen den Senat, dieje Verkörpe—
rung der damaligen Ariftofratie, welcher ihn durch
Aufhebung des numantinifchen Vertrages tief ver:
legt hatte. Mit dem 10. Dezember 134 begann
feine Wirfjamfeit. Er hatte bei feinem Zuge nad)
Numantia große Streden des einft jo blühenden
Etruriend unangebaut und auf den bebauten Fremde
und Barbaren gejehen (Plut. Tib. Graech. 8). Hier:
dur) war er zuerft auf den jet von ihm ver:
wirflichten Gedanten gekommen, ein Gejeß über
eine neue Wderverteilung zu beantragen, nad
welchem niemand mehr als 500 Morgen vom
Staatslande behalten jollte; hatte jemand mehr
in Befi genommen, jo jollte e8 zurüdgegeben und
in Loſen (von 30 Morgen) an Bürger und ital.
Bundesgenofjen als unveräuferliche Erbpacht ver:
teilt werden. Dagegen erhob fich fein Kollege
Octavius (j. Octavii, 4.) Nach vergeblichen
int. 1,1, 6), jo daß |
racchen mit größter
Sempronii.
Berhandfungen mit dem Senat bewirkte Gracchus
die Abſetzung des Octavius, wobei er freilich eimen
Grundpfeiler römijcher Staatdeinrichtung, die Un-
abjegbarfeit der Tribunen, verlegte. Nun jebte
er fein Gejeg durch. Um fich gegen die Wut der
Nriftofraten zu jchügen, jchmeichelte er dem Bolfe,
schlug vor, die vom König Attalos ererbten Schätze
zur Einrichtung von Aderwirtichaften auf den an-
zuweiſenden Staatsländereien unter das Bolf zu
verteilen, und juchte die Macht des Senates zu
brechen. Bei Ablauf jeines Tribunats bewarb ſich
Grachus gegen die Sitte von neuem. Am Tage
ber Wahl famen indes nur wenige aus dem Bolte,
und durch den Einfluß der Gegenpartei wurde
die Entjheidung auf den folgenden Tag verlegt,
welcher auch nur wenig günftigen Erfolg verſprach
Grachus erichien mit jeinen Anhängern, während
fi der Senat im Tempel der Fides nahe beim
Jupitertempel verjammelte. Als Grachus die Hand
nad) der Stirn bewegte, zum Beichen für das Boll,
fein Kopf jei in Gefahr, meldete man dem Senate,
Grachus trachte nach der Königäfrone. Unter
Führung des Bontifer Scipio Nafica, eines leiden-
ſchaftlichen Mannes, drangen die mit Stuhlbeinen
und Knitteln bewaffneten Senatoren, vom Bolte
ehrfurchtsvoll angeftaunt und durchgelaffen, auf
das Capitol, wo des Gracchus Anhänger verjam:
melt waren; viele der Iehteren flohen, gegen 300
wurden mit zerbrochenen Bänken und Knitteln er:
lagen, Gracchus jelbft fiel am Abhange des
itol® vor den Thüren des Tempels. Sn der
—— Nacht warf man ſeine Leiche in den
Tiber. Plut. Tib. Graech. 1ff. App. b. e. 1,9.
Liv. ep. 58. Vell. Pat. 2, 2f. Flor. 3, 14. Wis
Redner rühmt ihn Eicero (Brut. 27, 103). — 15) €.
Sempr. Gracd., des vorigen Bruber, geb. 153
v. C. war 9 Fahre jünger. Er übertraf jeinen Bruder
an Geift und Beredjamkeit und imponierte durd
die Gewalt und Kraft feiner Rebe. Mit jeimem
Schwager Scipio, unter welchem er vor Nunmantia
gedient hatte, lebte er in Feindſchaft. Wie in
guten Eigenjchaften, übertraf er den der auch
an Leidenichaft. Aber er bezwang zunächſt mod
fein infolge der Ermordung des geliebten Bruders
von Erbitterung gegen die Nriftofraten erfülltes
Gemüt und ftählte fo jeine eigene Kraft zum bevor:
ftehenden Kampfe, jo daß er jpäter mit der Sicher:
heit und Feftigfeit eines echten Staatämannes
auftrat. Noch ehr jung trat er im J. 133 als
Triumvir in die Kommiffion zur Verteilung der
Ländereien und blieb aud in den nächſten Jahren
Mitglied elben. Später (von 126 an) war er
DOnäftor in Sardinien und fehrte von ba, wo er
fi) große Achtung erworben hatte, 124 nach Rom
urüd, jo gern ihn auch der Senat noch länger
u gehalten hätte, Plut. ©, Gracch. 1f. Im
J. 123 wurde er Bollstribun, troß des Wider-
ftandes ber enpartei, nahm de3 Bruders Pläne
wieder auf und trat num mit manchen Borjchlägen
hervor. Das Bauweſen, bie Getreideverteilung und
anderes reformierte er, was jonft zum Teil Sache
de3 Senates gewejen war. Dadurd gewann er
noch größeren Anhang. Dann dachte er daran,
die Ariftofratie zu ftürzen, bes Senates Macht zu
brechen, ihm die Gerichtäbarkeit zu nehmen, ihn
aber auch durch 300 neue Mitglieder zu veritär-
fen und dieje durch die Comitien aus den Nittern
wählen zu lafjen. Die Zahl feiner Feinde wurde
Sena — Senatus. 1093
x ; . €, de, als er die Schuldner gegen
-_ nr —— F Bürger: | de Gläubiger chüpte, von ben (teren geiiet,
ap gewaltſam - * — H) Rufi: 28) C. Sempr.
vecht, ben * pn — — a — J. 51 v. C. angeklagt und zog
u geben vorſchlug (122 in Zeil Ä * durch, dafs er den Prozeh zu hintertreiben
bunate), a Te Be En I Po en ne * i uszuichieben fuchte, Spott und Schande
des Bolfes entgegen. Alles diefes jchadete dem | oder a. 8 “ eg rn
Abjichten des Grachus, der nun bei ber en zu. —— 34) Sempr. Deufus, fand bei ber
Bewerbung wicht wieder zum Tribunen gewählt | tik zu n Verteidigung des Kaiſers Galba oder des
wurde, nachdem der Senat zur Berhinderung der | mutigen gung Tac. hist. 1,48) feinen Tod.
' : i 5 trieb | Piſo (Plut. Galb. 26. Tac. hist. 1, Bee
Baht ben Stalitere. dur bie auf Genaitbe Sö 1) Zen, Zijve, bei jpäteren Schrift:
vom XTribunen Livius Druſus gemachten Vor: öna, en, Zijv FERN gg en.
i ellern auch mit dem Beiſatz Ica, gallıa,
ſchläge andere Vorteile geboten Hatte. Ja, man | ft 5 Sinigaglia, eine von den gallifchen
q : : bunen be: | daher jet Sinigaglia, h }
ging noch weiter. Einer der neuen Tri Senones an ver Mündung des Gena {us Mbria-
Sing Ahern dere am ver re tüüche M egründete Stadt Umbriens; jeit 283
Die Abftimmung follte auf dem Capitol ſtatt- tiſche Meer geg je; berühmt dur) den Sieg
i ächſten v. C. römiſche Kolonie; be id dei
finden, doc fam es nicht dazu. Als am näd der Römer über Hafbrubel, richtiger Gieg am
Morgen der Konful Opimins Senat und Ritter | der a t. 207 u. @, Strab. 8.237.
Grachus | Metaurus (j. d.) genannt, C. .*
gu ben Waffen gerufen hatte, begab fid —2)6 ia, Zaire, jpätere römiſche Ko—
ei ger hr ri green — ——— 38* und Cluſium
rt, nad) vergebli - . ia Senicensis, Tac. hist. 4, 45), j. Siena.
Ibit ein Ende | (colonia Senicensis, ‚
nn iner | — 3) Inſel des Utlantiihen Dceans, vor der
zu machen, nad dem Hain der Furina in einer Küfte der Ofismii in der Rorbweitipige Galliens,
Vorſtadt am rechten Tiberufer. Hier fand man |2 er ;üfte der Bretagne. Dem dortigen
jeine und feines Sklaven Leiche; *8 — — > —— * die für Baude:
paibe Der Fenitse CR Teimen .. rn i in B rinnen galten. Mela 3, 6, 3.
I ee er Mint oh 328 eg Besnchlum, 1) Plag am Comitium neben =
bie Gegner ihre _. _61. Vell. Pat. | &rä wo die Senatoren in der älteften
Eee Wo ie Bewccn Wok dei gewshi verweilen, ipfin Degliiete sn.
2,6. . 5, 12, her : : lungsjaal des Senats, deren
der Beredjamfeit, deren zündende Energie uns in | den Verſamm — Huler a ee han
* wenige gen k — —— —— ent pre ad Portam ——
rut, 33, . . IreW. 10, OU. 0. * — 2) Senaculum
. ; h Tempel der Bellona. )
die Graechen und ihre nächſten Vorgänger (1847) un ‚am Wactenualuabert tar Hanse anf bein
eg er gr Per Jersräeer) Berge et Deliogabal; die rauen
— ——— Died en dot ——— Gehe ah —— hinſichtlich
(1818). — 16 ——E — dnungen u. ſ. w.
Fr TR TA
mahls, ung 7 Tr: dinderrepublifanijchen Zeit.
10. 47) 8. Cauitius, aus Peenum, gab | us Km Stamme der Rarınes wählte Romafıs
Fa Ynfifien —— "Saturninus | 100 Familienhäupter in den Senat, erg in 10
h : i waren.
MR 101 | Decurien von je 10 Senatoren eingeteilt ware
ME einen Bob bei eg ———— Aus jeder Decurie wurde dann wieder ein Se—
v. E.), wurde aber, weil Sempronia ihn ver: | Aus jeder imi), welche ihre Stimme
; i tor gewählt (decem primi), yo
leugnete, eingelerfert, jedoch) vom Bolfe befreit | na Goaten. Tas Gabiner tee
und zum Tribunen gewählt, aber an dem Tage zuerſt abgaben. eig rule a u con
; ; 327. Aur.|ten 100 andere aus dem Stam
jeines Antritted umgebracht. App. b. c. 1, 32f. Dazu famen noch 100 Luceres, wahr:
Viet. vir. ill. 73. — 18) Ti. Sempr. Gracd., | hinzu. Dazu 208 —— —
pr N ; lich durch Tarquinius Prifeus, un
wahriepeiutäch berieibe, Den Duib (ex Font. 4, 16,31) | er 300 blieb für lange Zeit die normale.
ald Teagiler erwähnt, wurbe von Angufind wegen | Dahl von ie nach dem dom legten Könige
——— auf Befegi ven ———— | Herböigeführten Berfalle bes Senats von a
ann age eidg ; iv. 2,1. er
: 19) Ti. In wiederhergeftellt. Liv. 2,
y14n.6. Zas,amn 1,58. — P) Longi: 19) &1 Tune G us vermehrte den Senat durch eine
Sempr. Long., Konſul im J. 218 v. C., er⸗ jüngere Gracch ——
oberte von Sicilien aus Melita (j. Malta) und lex Sempronia vo 00 t). Auch
—— mania u 00a bs fair Zi On ai Ta m. DS
Niederlage der Nömer a 83 — i d zu
die Zahl von 600 hinaus, und 3
wurde. Liv. 21, 6. 51. In Oberitalien erlitt er | nicht über — 500 Sena-
—* — t waren es ſchwerlich über ena
die Niederlage an der Trebia. Liv. 21, 53 ff. Im —— auf 900 und
* ⸗ Cäãſar aber brachte dieſe Zahl auf
Verlaufe des Krieges ſchlug er (215) den Kar: | toren. (he Auguftus auf
: i i Liv. | Antonius jogar auf 1000, welde Aug
thager Hanno bei Örumentum in Lucanien. beichränfte. —— Die Mahl (ectio senatus)
23, 37. Ex ftarb 210. — 20) Ti. Sempr. Long., | 600 bejdhräntte. emeinfame Thätigfeit der
2.0.0 Man Kay Fe 1 aha ee
um . 6., ‚ h Dei iciniae Sestiae) wähl-
; kom Bas of : S bald nach den leges Liciniae )
bie Bojer in einer bintigen Schlacht (Iso. 34,4671.), | Beit ( Magiftrate nad) eignem Ermefjen, nämlich)
diente als Legat im ſyriſchen Kriege (Liv. 36, 22) | ten die Magiftrate nad nd darauf
i f uln, dann die Konfulartribunen un
und ftarb an der Peit im J 174. Liv. 41, 21. | die Konſuln, dann dis 2 Ovbain Tekmente. —
ee I A —— * ee ben *
Asellio, — 22) A. Sempr. Aſ., Prätor im | Aufnahme i
-_
ts
1094
4 Königen patricifche Geburt, aber Servius Tul-
lius und die erften Konfuln nahmen auch tüchtige
Plebejer, namentlich Ritter, auf, welche couscripti
und adlecti hießen, die Gejamtheit aber patres
(et) conscripti. Ein anderer Genjus, als der der
Nitter, war zur Aufnahme nicht nötig, und bei
denen, welche infolge der von * bekleideten
mter in den Senat kamen, war Cenſus ganz
unweſentlich. Erſt Auguſtus beſtimmte einen be—
ſonderen ſenatoriſchen Cenſus, nämlich 800 000 Se—
ſterzien und ſpäter eine Million (nad) Suet. Oct. 41
noch höher). Ein beſtimmtes Alter forderte wohl
die lex Villia annalis (80 v. E.), nämlich die
aetas quaestoria oder das fiebenundzwanzigite
Jahr. Feigheit, infamia u. ſ. w. jchloffen von der
Berechtigung zum Senate aus. — Bon den eigent:
fihen Senatoren find die zu unterfcheiden, quibus
in senatu sententiam dicere licet, d. h. die
Magiftrate des laufenden Jahres und die curu=
liſchen Ermagiftrate, welche bis zur nächiten leetio
senatus im Senate bleiben durften, während die
nichteuruliichen nach Vollendung ihres Amtsjahres
jogleih die Teilnahme an den Senatsfigungen
verloren. Erſt Sulla geftattete auch den legteren
Zutritt bis zum nächſten Luftrum. Die Ritter,
welche, ohne ein Amt geführt zu haben, in ben
Senat gewählt worden waren, hießen pedarii
und ftanden den andern nach. Der erite im Senate,
unter den Königen der erfte ber decem primi oder
deni principes, der princeps senatus, wurde jpäter
bon dem Cenſor bezeichnet (ſ, Princeps). —
Die Zuſammenberufung (vocare, convocare,
cogere) ftand den Königen, dann den Konjuln
oder Konjulartribunen und in deren Abweienheit
von Rom den Prätoren, fpäter auch den Volks:
tribunen und natürlich den anferordentlichen Ma—
giftraten zu, wie dem Diktator, dem magister
equitum, den nterregen, dem praefectus urbi
und den decemviri. Die Ladung erfolgte durch
den praeco oder durch öffentlichen Anſchlag (edic-
tum). Eigentlich mußte jeder fich einfinden, aber
man er es nicht immer genau. Zur Zeit wich:
tiger Gejchäfte durfte fein Senator aus Rom gehen,
und um Italien verlaffen zu dürfen, war Urlaub
notwendig. Der Berjammlungsort war ein tem-
plum, d. h. ein von den Augurn geweihter Platz,
in der älteften Zeit gewöhnlich die curia Hostilia,
ipäter die curia Julia umd viele Tempel, wie der
der Concordia, des Caſtor, des Jupiter (db. h. die
Säulenhalle des Pronaos) u. a. Lagen Gründe
vor, den Senat ‚außerhalb de Pomerium zu
halten, 3. B. wenn fremde Gejandte zu hören
waren, denen man den Eintritt in die Stadt nicht
eftatten wollte, oder bei Verhandlungen mit einem
Feibheren, der noch das imperium hatte, jo ver—
jammelte man ſich in dem Tempel des Apollo
oder der Bellona auf dem Campus Martius. Zu
Sitzungstagen nahm man am Liebften die Kalender,
Nonen, Idus und Feittage; Opfer und Auſpieien
gingen voraus. Weder vor Sonnenaufgang noch
nach Sonnenuntergang konnte ein gültiger Beſchluß
gefaßt werden; jedoch fommen Sitzungen bis in
ie Nacht hinein vor (Cic. ad fam. 1, 2, 7: usque
ad noctem). Die Sitzungen waren nur injofern
öffentlich, als fie bei offenen Thüren ftattfanden,
jo daß die Verhandlungen dem vor der Curie ver:
jammelten Bolfe bekaunt wurden. Die über 12
Jahr alten Söhne der Senatoren wurden in älterer
Senatus.
Seit (vor dem zweiten punifchen Kriege) mit in
den Senat genommen; durch Auguftus wurde dieie
Sitte ipäter wieder erneuert. Natürlich waren
die nötigen Diener zugegen, wie scribae, lietores
und viatores. — Die
der vorfigende Magiftrat (Konful, Prätor, Tribun
mit einem Bortrage über die Veranlaffung der
heutigen Situng (referre ad senatum), indem er
entweder bloß objektiv die Sache berichtete oder
auch jeine eigene Anficht äußerte. Nach der relatio
folgte die rogatio (sententiam rogare, senatum
consulere), und die Stimmberechtigten wurden in
ftrenger Reihenfolge aufgerufen (quid censes?).
Der —— ſtand auf und ſprach ſich ans (sen-
tentiam dicere), wobei derſelbe nach Belieben
von dem vorliegenden Gegenftande abſchweifen
und andere Sachen vorbringen durfte (egredi re-
lationem, Tae. ann. 2, 38. 18, 49); zumeile
diente dieje Freiheit nur dazu, einen Beſchluß auf:
zufchieben (dieendo diem eximere oder consu-
mere). Auch konnte der Gefragte kurz erklären,
da er fein bejonderes Botum gebe, jondern daß
er fich einem andern anſchließe. Im bejonder:
wichtigen Fällen mußten die Senatoren über den
vorliegenden Fall ihre Anfichten iurati abgeben,
um jede Parteilichfeit zu vermeiden (Liv. 30, 40.
Dieje Sitte dauerte noch unter der Kaiſerherrſchaft
fort (Tac. ann. 4, 21. 1, 74; vgl. Plin. ep. 5, 14).
Nach der rogatio ftellte der Vorfißende die ein:
Inen vota zufammen und brachte fie einzeln zur
bitimmung (discessionem facere), worauf die
Senatoren aufftanden und fich auf die Seite deſſen
jtellten, welchem fie beiftimmten (pedibus in sen-
tentiam ire). In der Raiferzeit jcheint auch Ab
ftimmung duch Handaufheben ftattgefunden zu
* Tac. hist. 4, 4. Sen. ep. 8, 6). In zweiſel
ften Fällen wurde eine numeratio vorgenom—
men. Nach gefaßtem Beſchluß entließ der vor
figende Magiftratus den Senat mit den Worten:
nihil vos moramur, patres conscripti. — Die !
Macht des Senat? war unter den Königen be
ſchränkt. Nach eingetretenem Tode des Könige
übernahmen die je decem primi der Decurien als
interreges abwechjelnd die Leitung der Geſchäfte
bis zur Ernennung des Nachfolgers, die fie mit
dem Senate ins Werk zu ſetzen hatten. Nach dem
Aufhören der Königsherricaft war der Senat die
Seele und der Mittelpunft des ganzen Staatei
(princeps salutis mentisque publieae, Cie. har.
resp. 27; vgl. Sest. 65. Mil. 33), doch die maie-
stas war bei dem Volle. Gegen das Ende dieſet
Zeit ſank das Anjehen des Senats ſowohl dur
die Angriffe der Gracchen und anderer Vollstti—
bunen, als durch die . Schuld der Senatoren,
von denen ein großer Teil der zunehmenden al:
gemeinen Entfjittlichung nicht fern blieb. — I) Unter
den Verwaltungsgegenftänden im weiteren
Simme hatte der Senat die Aufficht: 1) über das
ganze Religionswejen (Erhaltung des römiſchen
Kultus, Anordnung von Spielen, , dies re-
ligiosi u. j. w. Weihe neuer Tempel und Altär);
2) über die gejamten Finanzen. Die Verwendung
der Staatseinfünfte hing ganz von dem Semate
ab, 3. B. die Berwilligungen für die vom den
Genjoren zu bejorgenden Banten, für das Krieg*
wejen, für die Spiele u. j. w.; 3) die Ordnung
und Leitung der Probinzialverhältnifie, z.B. Aut
rüftung der Statthalter (ornare provinciam),
erhandlungen eröffnete 3
or
=
Senatus consultum.
Unterfuchung der Provinzialbeichwerben :c., ftand |
dem Senat ebenjo zu als 4) die Aufficht über alle
Magiftrate, welche dem Senat zu gehorchen und
die von demjelben gefaßten Beichtüfe auszuführen |
hatten. Dazu kam 1) die Leitung der aus—
wärtigen Berhältnifje: 1) in Nüdficht auf
die Führung der Kriege (wichtiger Einfluß des
Senats bei Kriegserflärung und Ernennung der
Feldherren, Verlängerung des imperium, Beſtim—
mung der Truppenaushebung und der Striegsitener, |
Belohnung des Feldherrn, Friedensſchlußz 2) in
Rückſicht auf die Beziehungen zu andern Böltern.
Das ganze Gejandtichaftsweien gehörte dem Se:
nate an, desgleichen die Verleihung von Auszeich-
nungen (wie der Titel ald amici und socii) an
fremde Könige u. ſ. w, Ill) Die friminal:
richterlihe Befugnis des Senats erftredte |
fih auf die Beftrafung der Magiftrate, der socii
und Fremden, ſowie römischen Bürger, aber
nur in dem alle, wenn Verſchwörungen und Gift:
mord vorlagen. Hier ift auch in Anſchlag zu
bringen, daß alle iudices überhaupt bis zur lex
Sempronia (j. Judex 2.) dem Senatorenftande
angehörten. IV) Legislation ftand dem Senate
zwar nicht zu, aber er * einen bedeutenden
Einfluß auf dieſelbe. Nichts konnte den Comitien
vorgelegt werben ohne des Senats auctoritas,
und ebenjo war eine Beftätigung des in den Co:
mitien gefaßten Beichluffes zu deſſen Gültigfeit
notwendig (vgl. Comitia). Bollziehende Gewalt
fam dem Senate nicht zu, nur in hoher Gefahr
durfte er den Konjuln unumichräntte Gewalt ver:
leihen, mit der formel: videant consules, ne
quid res publica detrimenti capiat (f.Consul, 1.).
— Groß war das Anſehen des Senats, ſowie der
einzelnen Senatoren in und außer Italien. Als
Anfignien hatten fie vor alters den goldenen Ring
(1. Annulus), den latus clavus an der Tunica
(). Clavus), eigentümfliche Schuhe mit der lunula
(j. Kleidung, 10.) und im Theater einen Ehren:
plag (senatoria subsellia), Vgl. Hofmann, der
röm. Senat zur Zeit der Republik (1847). Lange,
röm. Wltertümer II, 6. Abjchnitt. Willems, le
senat de la republique romaine (1883 — 85,
3 Bdd., 1. Bd. in 2. Auflage). — B) In der
Kaijerzeit blieb die Zahl von 600 Senatoren
ftehend; die Wahl derfelben hing lediglich von den
Kaiſern ab, welche das Geichäft bald mit größe:
rer, bald mit minderer Gewiſſenhaftigkeit beſorg—
ten. Princeps senatus war regelmäßig der Kaiſer.
Diejer bejtimmte die Sitzungen, welche teils regel: |
1095
und deſſen Vorſchläge berüdfichtigen wollte. Unter
den guten Kaifern beftand die Selbftändigteit des
Senats, wenn auch nur zum Schein, fort, unter
deſpotiſchen Negenten war der Senat ein ſtlaviſches
zeug der Tyrannei. Die Einführung des
faiferlichen Konfiftoriums und der serinia (f.Seri-
nium, 2.) fonnte nur nachteilig wirten, am
alfernachteiligften aber die von Diocletian und
Eonftantin organifierte Bureaufratie. Die Aufjicht
über das Religionsweien blieb dem Senat, die
Leitung der Finanzen aber erftredte ſich nur auf
das Ararium und hörte ganz auf, als das Ararium
mit dem Fiſeus zuſammenſchmolz. In Rüdficht
auf Provinzialverwaltung hatte der Senat jeine
Provinzen frei zu vergeben (j. Provincia, 7.);
auf die auswärtigen Berhältniffe hatte er feinen
Einfluß an den Kaijer abtreten müſſen. Die Kri—
minaljurisdiftion über alle Majeftätsverbrechen
und Repetunden wurde dem Senate zugewieien,
ging aber allmählich auf den praefectus urbi und
an die faiferlichen Gerichte über. Wichtiger war
die Kompetenz des Senats in der Gejebgebung,
weiche von den Comitien allmählich auf den Senat
überging, indem bderjelbe die in der faiferlichen
oratıo gemachten Vorſchläge zu Geſetzen erhob;
auch die Wahl der höheren Magiftrate lag jeit
Tiberius in der Hand des Senates, mit größerer
oder geringerer Abhängigkeit von den Kaiſern.
Endlich durfte der Senat, wenn ber Kaifer ohne
Beftellung eines Nachfolgers geftorben war, diejen
wählen, worauf jedoch das Heer bedeutenden Ein—
fInß hatte; der neue Kaiſer empfing feit Veſpaſian
regelmäßig von dem Senat feine Beſtätigung (j.
Lex regia). Das Recht, Ehren und Inſignien
zu verleihen, 3. B. die Upotheoje, Statuen, Triums
phalinfignien u. ſ. w., verblieb dem Senate. —
Eonftantin errichtete einen zweiten Senat in Con:
ftantinopel, welcher ig wie der römiiche
politiiche Macht Hatte. Die Wirkjamteit wurde
immer geringer, und zulegt blieb den Senatoren
nur noch die pruntvolle Tracht als einziger Erfah
der ehemaligen Hoheit.
Senätus consultum ift ein vollgültiger Se-
natsbeihluß; auctoritas senatus iſt ebenfalls
ein Senatsbeichluß, aber nicht vollgültig. So z. B.
wird eine auctoritas abgefaßt, wenn ein senatus
cons, durch Interceffion unmöglich geworden war,
oder wenn micht die erforderliche Anzahl von
Senatoren zugegen war (infrequentia senatus),
Dieje erforderliche Anzahl betrug nriprünglich
100, dann 150, endlich 200. Liv. 39, 8. 42, 28.
mäßige (senatus legitimus), teild außerordentliche | Deeretum senatus ift ein allgemeiner Name,
(sen, indietus) waren, und ftrafte die Säumigen. |den Beichluß als folchen bezeichnend. Die Se:
Den Borjig in den regelmäßigen Situngen führte | natsconjulte faßte der Präjes, mit Hülfe einiger
der Konful, in den anferordentlichen der Magi: | Senatoren (auctoritates, (ic. ad fam. 8, 8, 12),
ftratus, welcher die Verſammlung berufen hatte. | nach geichloffener Situng ab, indem er das Pro-
Der Borfigende hielt den Vortrag (relatio), doch | tofofl zu Grunde legte. Der Tag war darin ans
fonnte auch der Kaijer in jeder Sigung eine (Dio | gegeben, gewöhnlich auch der Ort der Zufammen:
Cass. 53, 32) und jpäter mehrere relationes machen. | funft, und der Beichluß hatte die Formel: senatui
Der Kaijer referierte mündlich oder Tieß feinen | placere oder videri, senatam velle, existimare,
Bortrag durch den Quäſtor vorlefen (oratio, epi- |arbitrari und dergl. Das auf Stein oder Erz
stula prineipis). An die relatio ſchloß fich die | eingegrabene SCons. wurde in dem Staatsarchiv
rogatio, wie früher, und zulegt die discessio,
Die Macht des Senats erlitt durch die Umtwand-
lung des Staats in eine Monarchie einen gewal—
tigen Stoß. Der Kaiſer bildete den Mittelpunkt
(im Saturnustempel am Capitolin. Berge) auf-
bewahrt. Manche haben fich erhalten, 3. B. das
berühmte SCons. de Bacanalibus, 186 v. €. (ſ.
Dionysos, 10.), SCons. de Asclepiade Clazo-
des Ganzen, und von feiner Perjönlichfeit hing | menio, 78 v. E., welches den Griechen volle Im—
e3 ab, inwieweit er den Senat zu Mate ziehen |
munität und den Titel amici pop. Rom. verlieh,
-1
1096
u.a. Die Municipaljenatsdefrete, welche auf unjere |
Zeiten gekommen find, enthalten meijtens Ehren—
bezeugungen für verdiente Männer. Andere legis:
fative SCons. werden in deu Rechtsquellen erwähnt |
und rühren aus den erjten beiden Jahrhunderten
der Kaijerzeit her. Sie find teils friminalrecht:
lihen Inhalts und geben Ergänzungen zu bis:
herigen Strafgeiegen, wie zu den leges Corneliae
und Juliae, teils find fie privatrechtlich, 3 B.
über das Erbrecht, über Freilaſſung der Sklaven
u. ſ. w. Die Namen der berühmteſten ſind: SCons.
Acilianum (über Baupolizei), Libanianum (über
die Zegate), Neronianum (deögleichen), Plancia-
num (über die Fideilommiſſe), Turpilianum (gegen
calumnia) und viele andere. In weiterem Sinne
ſcheint auctoritas senatus jede Willensäußerung
des Senats (aljo auch die Senatsconjulte) bezeich-
net zu haben. Eicero (legg. 4, 15) nennt ben Be:
ſchluß über die Bacchanalien auctoritas de Bac-
chanalibus, während Livius wiederholt (39, 14 ff.)
ihn als senatus consultum bezeichnet.
Senätus municipälis., In den meiften itali-
ichen Städten waren jeit alter ir Senate, welche
den heimijchen Diktatoren oder Prätoren zur Seite
ftanden, ganz wie in Rom. Dieje Einrichtung
dauerte auch unter der römiſchen Herrſchaft fort
und begegnet uns jowohl in den Municipien, Ro:
lonien und Präfefturen, al® in den Provinzial:
ftädten des Orients und Decidents, Der gewöhn—
lie Name. war ordo decurionum (häufiger als
senatus), ordo und zuleßt curia, die Einzelnen
hießen decuriones, jpäter euriales. Ihre Zahl
war verjchieden, und die Erforderniffe zur Wahl
waren denen in Nom ziemlich ähnlich, ebenjo wie
das Außere der Verhandlungen. Die Kompetenz
hing urjprünglid) von der Stellung der Stadt zu
Rom ab und wurde - in der Kaiſerzeit immer
gleihmäßiger. So 3. B. erhielten alle die Wahl
der Magiftrate und Briefter und die ganze ng
Adminikration, immer jedoch unter Aufjicht der
römijchen Statthalter und der Kaijer jelbit. Die
Deeurionen unterlagen aber perjönlich jo harten
Laften, daß die Würde jchon unter den mittleren
Kaijern mehr für eine Bürde als für eine Ehre
galt. Bol. Marquardt, röm. Staatverwaltung I
©. 501 ff.
Seneca, 1) Annäus Seneca (Vorname ift
nicht befannt), der Rhetor, aus Corduba in Spa-
nien (etwa von 54 dv. E. bis 39 n. E.), hörte mit
jeinem Freunde Porcius LYatro in Rom, wo er
fich zweimal längere Zeit aufhielt, die berühmteften
Redner und lebte noch unter Tiberius in Spanien, |
wo er auch jein Leben beſchloß. Ein Mann von
altrömischer Strenge und Derbheit, vereinigte er
mit der Bewunderung Ciceros Nüchternheit des
Urteils, die gi vor den Übertreibungen der Rhe—
toren feiner Zeit bewahrte. Außer einem (verlore-
nen) Geſchichtswerke verfaßte er in jeinen jpäteren
Jahren: oratoram et rhetorum sententiae, divi-
siones, colores, d. h. 10 Bücher controversiae
und suasoriae, eine Überſicht der damals üblichen
Schulthemen, die, leider nur lüdenhaft erhalten,
für die Gejchichte der röm. Rhetorit von hohem
Werte find. Ausgg. von Burfian (1857), Kießling
(1872) und 9. ki Müller (1887, beite Nusg.).
Sander, der Sprachgebrauch des Rhetors Annäus
Seneca (1877. 1880), — 2) Sein Sohn, L. An:
näus Seneca, der Philoſoph, um 4 v. E. zu
Senatus munieipalis — Seneca.
Eorduba in Spanien geboren, fam früßgeitig von
dort nach Rom und entging nur mit Mübe dem
Tode, den Galigula ihm jchon zugedacht Hatte.
Nachdem er bejonders philofophiiche und rheto—
riiche Studien gemacht hatte, trat er in den Senat
ein, wurde aber im eriten Jahre der Regierung
des K. Claudius durch deffen berüchtigte Gemahlin
Meflalina in einen Prozeß verwidelt und mußte
infolge besjelben in die Verbannung nah Eorfica
ehen (Die Cass. 60, 8), von wo er erſt 8 Jahre
jpäter zurüdgerufen wurbe. Tac. ann. 12, 8. Jetzt
vertraute ihm Agrippina die Erziehung ihres
Sohnes Nero an, woburd er aucd in äußerlichen
Ehren ftieg, jo daß er Prätor wurde und im J.
57 das Konjulat befleidete. Indes war er troß
jeiner Feftigfeit und ſonſtigen ausgezeichneten Bor:
züge nicht glüdlich im feiner Aufgabe, und das
anfängliche Vertrauen des Fürften verwandelte ſich
almägtich in Abneigung und Haß. Eitelleit und
Ruhmſucht find ihm ohne Grund vorgeworfen
worden; weniger ift er vielleicht von dem Stre—
ben nad Reichtümern freizufprehen. Er wurde
der Teilnahme an der Verſchwörung des Piſo be-
ichuldigt und zum Tode verurteilt; da ihm die
Todesart freigelaffen ward, ftarb er durch Öffnung
der Adern und Berblutilng (im 9. 65). Tac. ann.
15, 60ff. Seine zweite Gattin, Bompeja Paullina,
die mit ihm zu Herben wünjchte und jich gleich:
falls die Adern öffnen ließ, ftarb wenige Jahre
ipäter. Tac. ann. 15,64. Obgleich er ein männ:
licher, fejter Charakter war, entging er doch einer
vielfachen Berleumdung nicht, und es muß daher
bei jeiner Beurteilung die äußerfte Vorficht ange:
wendet werden. In feiner philojophiichen Auf:
faffung folgte S. meiftens der ftoijchen- Lehre, mit
der er bisweilen jedoch epifureiiche Anfichten ver:
binden zu wollen jcheint; bewahrte aber die Eelb-
ftändigfeit jeines Urteild durch viele ebenſo tief
geichöpfte, ald Har und jcharf ausgeprägte Ge:
danten und Sätze. In dieſen ift beſonders ber
fittlihe Emft und die entjagungsvolle Strenge
unverfennbar, mit welcher er die Verpflichtungen
des Menſchen auffaht. Dies hat offenbar zu der
vielfachen Vergleihung mit dem Ehriftentume (aud
in neuefter Zeit find mehrere Beiträge zu jeiner
Charakteriftit geliefert worden) und zu der angeb:
lihen Korreipondenz mit dem Apoſtel Paulns
Veranlaſſung gegeben, obwohl in allem Wejent:
lichen mehr Gegenjag als Verwandtichaft da ift.
Sen. jehrieb (von vielem Untergejchobenen abge-
jehen) 3 Bücher de ira, 3 verjchiedene Troftichreiben
(de consolatione) an feine Mutter Helvia, an den
Bolybius und an Marcia, —5—* de providentia,
de animi tranquillitate, de constantia sapien-
tis, de clementia ad Neronem Caesarem libri,
de brevitate vitae ad Paulinum, de vita beata
ad Gallionem, de otio aut secessu sapientis,
7 Bücher de beneficiis, 124 epistulae ad Luci-
lium, freie Mitteilungen über philojopbiiche Ge:
enftände verichiedener Art enthaltend, in denen
eine Eigentümlichkeit am beften hervortritt, aufer:
dem eine bittere Satire auf den Kaijer Elaudins
in Form einer parodierten Apotheoſe (Apocolo-
cyntosis s. ludus de morte Caesarıs ; Bergötte:
rung durch ein Pilzgericht, weil EI. durch den
Genuß vergifteter Pilze ftarb), die aber jehr Lüden-
haft überliefert ift und ihm vielfach (jedoch mit
Unrecht) abgejprochen wird (am beſten heransg,
Senecio — Septa,
1097
bon Bücheler, symbola philol. Bonnens. p. 31 und das Urteil war res iudieata, d. h. eine
und in |. Ausg. des Petronius,
1871); endlich | abgeurteilte, umabänderliche, über die fein neuer
7 Bücher quaestionum naturalium an den jüngeren | Prozeß entjtehen Tonnte, bis in der Kaiferzeit
Lucilius, das einzige von der Phyſik der Römer | Appellation an eine höhere Inftanz eingeführt
ung übrig gebliebene Wert, ohne Zweifel das
erfte in der römijchen Literatur, wenigjtens von
jolhem Umfange, worin der Verfaſſer entjchieden
mehr Sachkenntnis und Urteil verrät, als ipäter
der ältere Plinius, — Ausgg. von % F. Gronov
(1672), Kustopi run su, —8 —
Hauptausg.), Haaſe (1852 f). Neue Aus —
Dialoge (philoſ. Schriften) 8 Koch und ahfen
(1879), von Gerk (1886, befter Text). De bene-
ficiis und de clementia von Gerk (1877). —
In gebundener Form haben wir von Seneca teils
Epigramme (9, von denen indes nur Pr. 1, 2
und 7 echt zu ſein jcheinen), die ſich auf jeine
Berbannung beziehen, teild 8 Tragödien: Hercules
furens, Thyestes, Phaedra, Oedipus, Troades
wurde. — b) Im Kriminalprozeß. Bei den Volls⸗
erichten wurde die sententia nach erfolgter Ab-
immung von dem borfigenden a —— be:
fannt gemacht, renuntiatio (j. Prozels, 27.). In
den quaestiones perpetuae ftimmten bie Higher
ſchon frühzeitig Kahriftfi mit Wacstäfelhen, auf
denen fie A. (d. 5. absolvo), C. (condemno) oder
N. L. (non liquet, die Sadıe ift noch nicht Far)
bemerften. Bei Stimmengleichheit wurde freiges
iprochen, —* entſchied die Majorität, und wenn
die meiften N. L. geſtimmt hatten, jo trat am-
pliatio ein. Die —— des Urteils (meiſt
mit der Formel fecisse videtur oder non fecisse
videtur, Cie. Verr. 2, 38. 41) erfolgte durd den
enden Prätor oder iudex quaestionis. Gegen
vorji
(oder Hecuba), Medea, Agamemno, Hereules | das —* war Appellation unmöglich, doch in
Oetaeus, ſowie 2 Scenen bon einer Thebais, diejintegrum restitutio (f. d.) möglich; erft in der
ſich verteilen auf einen Odipus auf Kolonos und
Phöniſſen. Während ein neuntes Stüd, die fab.
praetexta Octavia, entſchieden einer ipäteren Beit
|
Kaiſerzeit geftattete der neue Inſtanzenzug eine
' Abänderung des Urteils
Sentil. Zu nennen find: 1) E. Sent., Prätor
angehört, ift an der Echtheit der 8 andern Tra⸗ 89 v. C., führte in feiner Provinz Makedonien
gödien wicht F weifeln. Sie ſind Nachahmunge
riechiſcher F und beweiſen ar grobe
n | einen unglüdlichen Krieg
es | fiegte fie aber jpäter. Cie.
Formtalent, Fruchtbarkeit und Lebhaftigtent der | Liv. ep. 70.
egen die Thrafer, be:
34,84. Oros. 5, 18.
2) Sent. ee ein
Rhantafic, jowie Schärfe der piychologiichen Bes | Freund des Sertus Pompejus, blieb auch noch
obachtung, aber gu leid; wuchert die rhetorifche | nach 39 v. E., als er ſchon nach Jtalien fommen
Phraſe in oft widerliher Weile, und zur Charal-
terzeichnung fommt es troß aller Weitjchweifigkeit
nicht. Der Versbau ift ſtreug regelmäßig und
jorgiam, ermüdet aber durch Eintönigfeit. Ausgg.
der Tragödien von J. F. Gronov (1661. 1681),
Schröder (1728), Bothe (1819 und 1822), Peiper
und Richter (1867) und Leo (2 Bdd. 1878 [.).
Senecio j. Herennii, 15.
Senectus, römijche Berjonififation bes Greiſen⸗
alters, als Tochter der Nacht und des Erebos
(Cie. n. d. 3, 17) zu den Höllengeiftern gezählt.
Bei Vergil (A. 6, 275) fommt fie mit andern ver:
wandten Wejen, die dem Tode nahe ftehen oder
ihn herbeiführen, im Borhofe der Unterwelt vor.
Senönes, Zrvores und Zivoves, mächtiges
Volk im —— Gallien, zwiſchen den
Pariſii im 9. 6, 3), den, Carnutes
im W. (Caes. b. g. 5, 54. 6, 2), den Üduern im
©. und * —*8— und Mandubii im O. (Caes,
b. g. 7, 68), aljo in Isle de France und Cham:
pagne. Ihre Hauptftadt war Agedincum oder
Civitas Senonum (j. Send); andere Orte waren:
Condate (j. Montereau jur Yonne), Bellauno:
dunum (j. Beaune), Melodunum (j. Melun), Ariaca
(j. Arcis jur Aube), Eorabilium (j. Corbeil), Au⸗
tiſſiodorum (j. Auxerre), Aquä Segefte (j. Fon—
tainebleau). Aus dieſen Sitzen zog um 400 v. E.
ein Teil des Volkes nad; Oberitalien (Liv. 5, 36),
wo fie fich zwilchen Ravenna und Ancona nieder:
liefen und Sena gründeten. Nachdem fie dann
feit 390 v. E. lange mit den Römern heftig ge:
fämpft hatten, wurden fie 283 vom Konſul Hola.
_ völlig geichlagen und faſt ganz vernichtet.
ol. 2, 20
Sententia, das richterliche Urteil, a) im Civil:
prozeß. Stets wurde die sententia mündlich aus:
geiprochen gr obwohl fie vorher jchrift:
lich abgefaht war. Die Sache war nun zu Ende,
durfte, wie es jcheint, bei ihm und ſchloß ſich erft
im I. 35 dem Antonius an. App. b. c. 5, 139.
— 3) €. Sent. Saturninus, 19 v. C. Konful,
zeigte, als Auguftus im Morgenlande war, eine
au en. Strenge gegen unwürdige Bewer:
ber um ein Amt, gegen Betrug und Erprefjungen
und erhielt um 10 v. C. Syrien zur Provinz,
welches er längere Zeit verwaltete. In I. 4 und
5 n. E. nahm er an den Feldzügen unter Tibe-
rius in Deutjchland teil. Vell. Pat. 2, 92. 105 ff.
Dio Cass. 54, 10. 55, 28. — 4) En. Sent. Sa:
turninus, Legat in Syrien geaen Piſo nach dem
Tode des Germanicus, 19 n. E. Tae. ann. 2, 74 ff.
— 5) En. Gent. Saturninus, empfahl nad)
Ealigulas Tode die Wiedergerftellung der Republif.
Joseph. ant. Jud. 19, Dio Cass. 60, 1.
6) Sent. Augurinus, ein Freund des jüngeren
linius, der von jeinen Gedichten ein Bruchjtüd
aufbewahrt hat (ep. 4, 27).
Sentinum, Zevsivor, fefte Stadt Umbriens,
unweit des Flujſes Aſis, befannt durch die große
Niederlage der Samniter und die Todesweihe des
jüngeren P. Decius Mus, 295 v. C. im Bürger:
kriege durch Octavianus belagert; j. Sentino. Pol.
2,19, Liv. 10, 27. 30, Strab. 5, 227.
Seplas, Enaudg, Vorgebirge in der theſſa—
liihen Landichaft Magnefia, der Inſel Stiathos
gegenüber, berühmt durch die Vernichtung der
perjiichen Flotte im J. 480 v. E.; j. Kavo Ha:
io8 Dimitrios. Hdt. 7, 183. 188. Strab. 9, 443.
ieje Küftenjtrede war der Thetis und den Ne:
reiden geweiht und jcheint nad) den hier jehr
häufig vorfommenden Zintenfiihen (armımı) be:
nannt zu fein.
Septa (vor alters hieß das für Die
Eomitien urfprünglic aus Brettern errichtete Ge-
hege, welches nad) der Berfammlung immer wieder
abgebrochen wurde. Cäſar baute auf dem cam-
1098
pus Martius großartige septa marmorea für die
Genturiat: und Tribut-Comitien und daneben das
diribitorium (f. Diribitor),
Septem Aquae, ‘Err& Üdare, Ort im Lande
der Sabiner, in der Nähe von Reate und den Roſea
Rura. Die,.7 Wafler waren jchon in frühefter
eit eine Naturmerfwirdigfeit. Cic. ad Att. 4, 15.
ion. Ilal. 1, 14.
Septem marla, Kark weldyn, hießen die an
der Mündung des Padus durch Austreten und
Uberſchwemmungen gebildeten Seen und Lagen.
In ihnen entftand jpäter, nach Zerſtörung von
Altinum durch die Summen, das heutige Venedig.
Plin. 3, 16, 20. Tae. hist. 3, 9. Herod. 8, 7.
Septemviri epulönes, Priefter — anfangs 3,
dann 7 —, hatten ſeit 198 v. E. die Sorge für
die heiligen Göttermahle, welche bei verichiedenen
Gelegenheiten den 3 capitolinischen Gottheiten ge=
feiert wurden. Sie gehörten zu den vornehmften
Priefterfollegien und trugen die toga praetexta.
Vgl. Epulae umd Priester, 5,
SeptimYi, 1) ®. Sept. Scävola, römiſcher
Senator, wurde wegen Erpreffungen verurteilt,
710. C. Cie. Verr. 1, 13. — 2) C. Sept., ver:
waltete 57 v. E. die Prätur und beförderte die
Zurüdbernfung Eiceros aus der Verbannung. Cie.
post red. in sen. 9. — 3) 2. Sept., diente unter
Pompejus im Kriege gegen die Seeräuber, fam
mit Gabinius nad) Ägypten und blieb dajelbft, um
den wiedereingejegten König Ptolemaios Auletes
zu beichügen. Er war Mörder des Pompejus.
Caes.b.e.3,103f. Plut. Pomp. 78. Dio Cuss. 42,3.
— 4) f. Severi, 3. — 5) ein freund des Horaz
(ep. 1, 9. od. 2, 6), oft fäljchlich mit dem Titius
verwechjelt. — 6) U. Sept. Serenus, aus dem
5. Jahrh. n. E., jchrieb ein ländliches Gedicht
(Opuscula ruralia), von welchem ein Fragment
vorhanden ift (ſ. 2, Müllers Ausg. des Rutilius
Namatianus, ©. 44 ff). Er bildete in geichidter
und aumutiger Weije viele Metra der Griechen nad.
Septimuleins, Lucius, ein Freund des €.
Gracchus, Tief fich beiwegen, der Leiche des Gracchus
—
den Kopf abzuſchlagen und dafür eine Geldſumme
in Empfang zu nehmen. Der Prätor Mucius Scä-
vola jchlug ihm ſpäter feine Bitte ab, ihn mit fich
nach Aſien zu nehmen, als jener dadurch der ihn
drüdenden Schmad) zu entgehen hoffte. Plin. 33,3.
Cie. de or. 2, 67. Plut. ©. Graceh. 17.
Septitii, 1) DO. Sept., ein Gutsbeſitzer auf
Sicilien, widerjeßte ſich den ungerechten Anjprüchen
des Zollpächters Apronius, weshalb Verres dieſem
Beiſtand leiſtete. Cie. Verr. 3, 14. — 2) Sept.
Glarus, dem jüngeren Plinius befreundet, unter
Hadrian Befehlshaber der Leibwache, bald darauf
aber entjegt, 121 m. C. Plin. ep. 7, 28. Spart.
Hadr. 11.
Septizonium ſ. Roma, 19.
Sepulerum, Sepultüra. Geliebten Angehö—
rigen nad ihrem Hinjcheiden ein wilrdiges, 1
volles Begräbnis zu gewähren und die Grabjtätte
jelbft fort und fort in Ehren zu halten, war auch
bei den Griechen und Römern eine heilige, uner—
u Pietätspflicht. Wer diefe Pflicht vernach—
läffigte, zog fid) den Zorn der Götter zu (FHom.
Od. 11, 72. Hor. od. 1, 28, 30), der Gedanke an
die Erfüllung dieſer Pflicht verfühte dem Sterben:
den den Tod. — An der heroijchen Zeit der
ſchluß der Leichenfeier machte ein Mahl.
Septem Aquae — Sepulcrum, Sepultura.
ehre etwa in folgender Weije vorgenommen und ge
handhabt. Dem Geftorbenen drüdten die nächften
Berwandten und Freunde die Augen und den
Mund zu, der Körper wurde gewaihen, geialbt,
in Linnen und in einen Teppich gehüllt, und die
Totenklage erhoben, wobei fi der Schmerz oft
in der heftigften Weije zu erfennen gab. Mehrere
Tage blieb der Leichnam ausgeftellt, mit den Füßen
J der Thür gekehrt; dann wurde er von rem:
den auf den Scheiterhaufen getragen und zugleich
mit allem, was dem Toten im Leben lieb und
wert geweien, Waffen, Kleidern, Tieren, verbrannt.
Nachdem der Scheiterhaufen mit Wein beiprengt
worden war, ſammelte man die Gebeine im eine
Urne oder Kifte, überjchüttete diefe mit Erde und
errichtete einen Grabhügel. Heltors Wichentifte
wurde in ein Grab gejenkt, mit dichtgeichlofienen
Steinen überdedt, und darüber der hochragende
Srabhügel aufgehäuft. Auf dem Grabhügel wurde
oft noch eine Säule (orjin) errichtet. Den er
1
Königen und Fürſten wurden noch Leichenſpiele
hinzugefügt. — Es herrſchte bei den Griechen der?
allgemeine Glaube, daß die Seele eines unbe—
ftatteten Toten an den Ufern der Styr umher—
irren müſſe und nicht in die Gefilde Elyſions
elangen fünne. Man hielt es daher für heilige
flicht, die Beftattung jedem Toten zu gewähren,
die man im Notfalle auch als vollzogen eradhtete,
wenn man mur etwas Erde oder Sand auf dei
Leichnam ftrente, Nur arge Verbrecher, Verräter
und Treinde des Baterlandes wurden unbeftattet
elafien, den wilden Tieren und Bögeln zum
Frabe. In Athen wurden in der älteren Zeit die
Toten begraben und das Grab mit Getreide bejäet.
Cie. legg. 2,25, 63. Darauf hielt man ein Toten:
mahl und unterhielt fich über die Tugenden des
Verftorbenen. Später wurde das Begräbnis prunt:
voller und Foftipieliger. Die dabei ftattfindenden
Gebräuche find unter Bestattung, J. zujam:
mengeftellt. Für die Gräber find einfache Erdanf-
ihüttungen und Hügel die uriprünglichite form.
Sp wurden die bei Marathon Gefallenen beigeieht.
Zu unterirdiichen Felfengräbern gaben nicht bloh
natürliche Grotten, jondern auch fünftliche Stein:
brüche die Veranlaffung. (Berühmt find die Ka:
tafomben von Syrakus.) Einzelne Felfengräber,
uweilen mit fumftreich verzierten hölzernen oder
einernen Façaden, finden fich namentlich auf den
griechiichen Inſeln und in Lykien. Ber Kyrene
waren die Felienfammern auf dem geebneten Pla
teau durchtweg mit Säulenvorhallen verjehen. In
ſolchen Feljengräbern finden ſich öfter Altäre, in
einfacher runder Form, oder mit Neliefdarftellungen
verjehen, um den Toten daranf zu opfern; aud
Stelen, flache und jchmale Steinpfatten in auf
rechter Form mit dem Namen des Berftorbenet,
oder fapellenartig, mit den Abbildungen der Ge
ftorbenen in erhabener Arbeit; endlich auch frei
aus Stein gearbeitete Särge und Sarfophagt.
Bon freiftehenden Grabdentmälern find, abgeſehen
von den bloßen Stelen oder Steinmonumenten,
die einfachften die Steinbauten, vieredig oder rumd,
weiche eine Grabkammer einjchließen. Es wurden
aber auch Heroa von jehr foftbarer und prächtiger
Form erbaut, auf einem Unterbau eines Peri ,
im Fries und Giebel mit Reliefs verziert. Da?
zı
Griechen wurde das Begräbnis und die Toten: ı bewundernswürdigſte diejer Art war wohl das
Sepulerum, Sepultura. 1099
Mauſoleum in Halitarnaffos (f. d.), an dem nament:
4 lich auch Stopas gearbeitet hatte. Die Grabftätten,
weldye entweder Särge (bei den Armeren) oder in
irdenen oder ehernen Urnen die verbrannten Ge:
beine (bei Reicheren) enthielten, waren in Athen
außerhalb der Stadt, an den Strafen — die an:
ihrem Namen. Lautes Wehllagen fand nicht ftatt.
Die Trauer währte nur 11 age: — Über die
Begräbnisfeierlichkeiten bei den Römern ſ. Be-
stattung, II. und Luctus, fowie Marquardt,
Privatleben der Römer I ©. 330 ff. und Becker-Göll,
Gallus 111 S. 481 ff. Die Vegräbnisftätten galten
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geſeheneren am Kerameikos oder bei der Alademie bei ihnen für heilig und unverletzlich. Urſprüng—
(j. Attika, 14.) — oder auf den Feldern und in
Gärten. Sie wurden ſorgſam gepflegt und erhal:
ten. — Gewöhnlich ftand an den Grabmonumenten
der Name des BVerftorbenen, zuweilen auch die
wichtigjten Ereignifje aus feinem Leben, ein Nach—
ruf, eine Mahnun an die
interbliebenen, meiſt in poe:
tiicher Form. Mitgegeben in
das Grab wurde eine Lampe,
ein Spiegel, Schmudjacden,
Salbeng he und —
mit Eßwaren. Nach der Be—
ſtattung ge das Leichen:
mahl, die Lei tragenden nah:
men jet wieder Speije zu
fih. Am dritten Tage nad)
der Beltattung brachte man
die re (reir«), denen
nah 6 Tagen das Haupt:
opfermaßl folgte (Frara). Mit
dem dreißigiten Tage war in
Athen die Trauer beendigt. Die
Trauerfleider waren ſchwarz;
Frauen jchoren ſich auch das
Haupthaar. Den im Kriege
gefallenen Bürgern wurde eur
feierliche Beſtattung zu teil.
Nach Veendigung derſelben
wurde eine Leichenrede (Aöyos
exitcipios) gehalten. Ruhten
ihre oder anderer berühmter und verdienter Män-
ner Gebeine im Auslande, jo wurden jie dennoch
als — — betrachtet. und öffentlich beflagt.
In Sparta wurden die Toten innerhalb des Wohn:
ortes prunflos begraben. Nur die im Kampfe fürs
Baterland Gefallenen erhielten einen Denkftein mit
lih fand die Beerdigung, ſpäter erft die Ver:
brennung ftatt. Die Srabftätten waren entweder
eigentliche Gräber oder Grabdenkmäler. Lebtere
waren nicht jelten anfehnliche, in die Augen
fallende Denkmäler, tegelförmig oder turmähnlich,
mit Infchriften und Skulpturarbeit verjehen; oft
waren es Ehrengrabmäler ohne Leichnam, »ero-
rdpıe, xerijgie, cenotaphia, wenn man die
Gebeine des Verftorbenen nicht hatte erlangen
fönnen, oder wenn die Vaterftadt einen berühmten,
in der Fremde geftorbenen Toten ehren wollte
je)
1100
(ebenfo die Griechen).
denfmäler waren Pfeiler oder Säulen (cippi, co-
lumellae). Die Juſchriften gaben den Rang, den
Stand, das Geſchlecht, auch Darftellungen aus dem
er und Wirken des Berftorbenen (j. Abb, a
| — 2) ftoiicher Philojoph aus Hierapolis. Sen. ep.
©. 1099); auch ganze Scenen, Jagden, Kämpfe,
Aufzüge waren zu Geben.
denfmäler waren natürlich die Maufoleen; 3. B.
das des Auguſtus auf dem Marsfelde, das des
Hadrianus ri Roma, 22.) u. a. Größere Grab-
gemölbe ir Aufn nahme ganzer Familien waren
mit Relief3 und Malereien verziert. Ganze K Kor: |?
porationen und mehrere familien, z. B. die Sci-
pionen, ließen ſich gemeinfchafttiche Begräbnids
jtätten (communia sepulera) erbauen. Ju den
ältejten Zeiten Roms wurden die Leichen inner:
halb der Stadt begraben, doch erfolgte bald ein
geiegliches Verbot. Cie. legg. 2, 23, 58. Gewöhn—
lich befanden ſich die Gräber an den Landitraßen,
bejonders an der via Appia (j. Abb. der Gräber:
ftraße in Pompeji S. 967); aber aud auf den
Landgütern oder an einem bejonders dazu ein-
gerichteten Platz. Allgemeine —— gab
es eigentlich nur für Arme. Die Gräber waren
oft mit Bildſäulen, Altären, Gartenanlagen, ſtei—
nernen Sitzen verſehen; auch Wohnungen waren
daran angebaut für Sklaven und Freigelaſſene,
welche die Gräber zu bewachen, reinlich zu er:
halten oder die Lampen in den Grabgemölben
anzuzünden hatten. Die sepulera, oder vielmehr
der innere Raum derjelben, heißen auch ossuaria,
eineraria und columbaria, legtere jo genanut von
ben Heinen, den Neftern eines ae gie ähn⸗
lichen Niſchen für die Urnen (ſ. U
Sequäna, Zinxodvas, Enxovanos, ein nach ben
Anfichten der Alten auf den Alpen, in der That
aber auf dem Plateau von Langres entſpringen⸗
der Fluß Galliens, der dasſelbe in nordweſtlicher
Richtung durchflieht, rechts die Matrona (j. Marne)
und ara oder Efia (j. Dije) mit der Axona (j.
Aisne), links den Jcannus (j. Yonne) aufnimmt,
bei Kutetia vorüberftrömt und nicht weit von
Eaftra Eonftantia, Britannien gegenüber, in den
Atlantiſchen Deean fällt; j. Seine. Caes. b. g. 1,1.
Strab. 4, 192 ff.
Sequäni, Enrovarod, mächtiges keltiſches Volt
im belgijchen Gallien, durd den Jura von den
Helvetiern, durch den Ararfluf von den Äbuern,
durch den Rhodanus vom narbonenſiſchen Gallien
geidieden, im N. an die Lingones grenzend (ſüdl.
aß, Franche Comte, Bourgogne). Der Arar
(j. Saone) und Dubis (ij. Doubs) durchitrömten
das Gebiet, die Sequana entiprang nur an der
Nordweitgrenge (Ches. b. g. 1, 31) desfelben. Die
Hauptjtadt war Veſontio (j. Bejangon), außer:
dem Epamantodurum (j. Mandeure), Admageto:
briga u.a. Als Todfeinde der Aduer unter eigenen
Königen jchloffen fie fih an die Germanen an.
Caes. b 3. 31. Strab. 4, 192.
Sequester, 1) unterjchieden von divisor und
interpres, die Mittelöperjon bei Beftechungen des
Volkes oder der Richter. Bei demjelben wurde
das verjprochene Geld deponiert, und jo diente ber
sequester beiden Parteien zur größeren Sicher:
heit. Sequester hieß auch der von den Parteien
erwählte Schiedsrichter (arbiter), bei dem die
ſtreitige Sache deponiert wurde, um fie nad) aus ſich
Die Heinfte Art der Grab: |
Die großartigften Grab: |
empirischen Schule in der Medizin. — 4) rg
Sequana — Sergii,
Wahrſcheinlich ftammt sequester von secus, nicht
von sequi. — 2) f. Vibii, 13,
Serapeion |. Sarapeion.
Serapion, Zeorrior, 1) ein griedhiicher Tragi:
fer, von dem Stobaios einige Verje erhalten hat.
40, 2. — 3) Arzt. aus Alerandreia, Gründer der
aus Antiocheia, wahrjcheinlich aus ‚ber Beit bes
Eratofthenes (ſ. Cie. ad Att. 6, 1. 2, 4, 1), von
Plinius benußt. — 5) ——— Nhelor im
Jahrh. n. C., von dem Suidas einige rhete:
rifche Schriften aufzählt.
Seräpis j. Sarapis.
Serdiea oder Sardieca, Zeodınj, Zaxodıri),
Name einer früher zu Thrafien, Pi bem 3. Jahrh.
n. C. zu Dacia inferior gerechneten Stadt, der
— Hauptſtadt Obermöſiens in fruchtbarer
Gegend, an den Quellen des Dfcus (j. Islker,
an der Heeritrafe von Naijus nad) Philippopolis,
benannt nad) der thrafifchen Völterichaft der Ser:
der. Später führte fie den Beinamen Ulpia; in
der Nähe war der Kaifer Mariminianus geboren.
Von Attila zerftört, wurde S. unter dem Namen
Triaditza turederhergeftellt: j. Ruinen bei Sofia
(bulgariſch Srebep).
Serönus, 1) j. Septimii, 6.— 2) Annäus
Serenus, praefectus vigilum unter Kaijer Nero,
Freund des Philojophen Seneca, der die Schriften
de tranquillitate animi und nec iniuriam nec
contumeliam accipere sapientem an ihn ge
richtet Hat. Tac. ann. 13, 13. Sen. ep. 63, 12.
Plin. 22, 23, 96. — 3) DO. Serenus Sammo:
nicus, berühmter Arzt zur Zeit des Caracalla
und auf deſſen Befehl getötet, 212 n. E. Spart.
Carac. 4. Er ober fein gleihnamiger Sohn ift
Verfaſſer eines Lehrgedichtes de medicina prae-
cepta in 1115 Serametern, welches im Mittel:
alter Häufig gelejen und kommentiert wurde und
zwar ngen poetiichen Wert hat, aber in der
metrif orm korrekt iſt. Ausgg. von Keuchen
(1706), Adermann (1786) und Bährens, poet.
Lat. min. II p. 103. — 4) Mathematiter aus
Antiffa (vermutlich im 1. Jahrhundert n. E.), von
welhem 2 Bücher von den Eylinder: und Kegel:
Ichnitten auf uns gefommen find.
Seres j. Serien.
Sergestor j. Aineias,
Sergii, ein patricijches Gejchlecht: 1) 2. Serg.
Fidenas, Konjul 437 v. E., befiegte Die Side:
naten und Bejenter. Liv. 4, 17 f. — 2) M. Serg.
Fidenas, verlor 402 v. 6. ala Kriegätribun das
römijche Lager vor Beji an Etruſter und wurde
deshalb mit jeinem Kollegen zu_einer Geldftrafe
verurteilt. Liv 5, 8ff. — 3) M. Sergius, wurde
205 dv. E. von Pleminius zu Rhegion wegen einer
Umiftigteit zu Tode gequält. Div. 29, 6fi
M. Serg. Silus (d. h. Stülpnafe), *
des Catilina, zeichnete ſich im zweiten pun.
Kriege durch verwegene Thaten aus. Für die
verlorene rechte Hand ließ er fich eine eiſerne
machen. Plin. 7, 29. 197 wurde er Prätor. Liv.
32, 27. — 5) Sein Sohn, M. Serg. Eilus,
diente als Legat unter 2. AÄmilins Paullus gegen
Perjeus. Liv. 44, 40. — 6) C. Serg. Drata,
ein Lebemann, der im Schlemmen und Feinschmeden
hervorthat. Plin. 9, 79. Cie. fin. 2, 22, 70.
gemachter Sache dem fiegenden Teil zu übergeben. | — 7) Bruder des Catilina, fand durch die Hand
' Sergüi. | 1101
desjelben feinen Tod. Plut. Sull. 32. — 8) 2. | feine ehrgeigigen Pläne und eine neue Bewerbung
Serg. Eatilina, geb. um 108 v. E., gab fich jchon | um das Konjulat nötigenfalls auf dem Wege der
in früher Jugend allen möglichen Baftern und | Revolution durchzufegen. Wenn je, jo boten damals
Ausichweifungen hin, welche zwar nicht feinen fern= | die Berhältwiffe des Staat? Ausfiht auf einen
gejunden Körper ſchwächten, aber jein fittliches | ihm günftigen Erfolg: Pompejus war im DOften
Gefühl völlig abftumpften und ihn bei feiner An- | bejchäftigt, fein Heer jtand auf italiichem Boden,
lage zur Herrichfucht mehr und mehr auf die Bahn | der Senat krankte an Ohnmacht und Energielofig-
des Verbrechens führten. Sall. Cat. 15. Cie. Cat.| keit, alle Klafjen der Gejellihaft an Genußſucht
1, 6. Wozu er fähig war, bewies er zur Peit der | und fittlicher erworfenheit, der fich ne. in Rom
ſullaniſchen Brofkriptionen, in der er jeinen Bruder | mehrende Pöbel an Arbeitsſcheu und Frechheit.
ermorbete und aus Furcht vor gerichtlicher Strafe | Unter ſolchen Umftänden ftand ©. bald an der
es bewirkte, daß der Name des Gentordeten noch | Spibe einer Verſchwörung, die jich jchnell bis in
nachträglich auf die Lifte der Geächteten gejegt | die entferntejten Teile Italiens verzweigte. Cie.
wurde. Plut. Cie, 10. An der Spipe galliicher | Cat. 2, 45. Ihren engeren Kreis bildete eine Schar
Krieger erichlug er eine Menge römiſcher Ritter | völlig heruntergefommener römijcher Ariftofraten
und marterte den M. Marius Gratidianus grau: | (Sall. Cat. 17. Flor. 2, 12), die bei einem Umfturz
ſam zu Tode. @. Cie. pet. cons. 2f. Nachdem er | der bejtehenden Berhältnifje nicht? zu verlieren
Duäftor gewejen, wurde er Legat. Im Jahre 73 | hatten, aber viel gewinnen fonnten, der weitere
machte er jic der Unzucht mit einer Veſtalin jchul: is beitand aus Genußſüchtigen, Armen, Ber:
dig, wurde aber, bejonders auf die Verwendung | brechern, aus den Veteranen Sullas, die ihre
des Lutatius Catulus, freigeiprochen. Oros. 6, 3. | jchnell erworbenen Reichtümer aufgebraucht hatten
Prätor war er im J. 68 und verwaltete 67—66 | und nun nad) neuer Beute lüftern waren, nament-
die Provinz Afrifa, wo er fich die jhändlichiten | lich aber aus dem ranb- und morbdluftigen Pöbel
Erpreffungen erlaubte. Als er daher (66) nach | der Hauptftabt. Die Mitglieder der Verſchwörung
Rom zurüdkehrte, um als Kandidat Konjulats | wurden zunächſt beordert, mit allen Sräften auf
(für 65) aufzutreten, drohte ihm eine Anklage | E.3 Wahl zum Konſul für das J. 62 hinzuwirlen.
wegen —— was ihn veranlaßte, von War dieſe erreicht, ſo hoffte C. leicht den einen,
feiner Bewerbung zurückzutreten. Ascon. ad or. ebenfalls verſchuldeten, Konſul, Antonius, am
in tog. cand. p. 79 ed. Kiessl. et Schöll. Um | Gängelbande führen, den andern, Cicero, aus dem
jo geneigter war er zur Teilnahme an einem An: | Wege räumen zu können. Letzterer verftand es
ichlage, der in der Regel als erjte catifinarifche | jedoch, durch Umficht und Wachſamkeit feinen Plä-
Berihwörung bezeichnet wird. Zu Genofien * nen entgegenzuarbeiten. Sall. Cat. 26. Er hatte
er die für 65 gewählten, aber wegen Erfaufung | nicht nur durch Abtretung der reichen Provinz
der Wahlftimmen noch vor ihrem Amtsantritte | Makedonien Antonius von der Berbindung mit
abgejegten Konjuln P. Autronius Pätus und BP. | E. abgezogen, jondern er erfuhr auch durch Fulvia,
Eornelius Sulla, jowie den jungen patriciichen | die Geliebte des D. Eurius, den ganzen Ber-
Wüftling En. Calpurnius Pilo. Sall. Cat. 18. | jchwörungsplan und dedte im Senate das ſchänd—
Ase. a. a. O. 82. Cie. Cat. 1, 6. Dio Cass. 36, 27. | liche Vorhaben auf. Cic. Mur. 25. Um Tage der
Ihr ruchlofer Plan war, am 1. Jan. 65 die nen: | fonjulariichen Comitien, auf welche C. jeine ganze
— Konſuln L. Aurelius Cotta und L. | Hoffnung geſetzt hatte, erſchien Cicero den bewaff—
anlius Torquatus zu töten, die konſulariſche Ge-⸗ neten V —— egenüber ſelbſt bewaffnet
walt den abgeſetzten Konſuln zu übertragen und | mit einer Schar entſchloſſener Männer (Cie. Cat.
Piſo mit Heeresmacht nad Spanien zu entjenden,| 1,5. Mur. 26), €. fiel abermals bei der Wahl
um dieſe Provinz in der Gemalt zu haben. Der durch, feine Anhänger wagten feinen Angriff.
Mordanichlag mißlang, ebenjo ein zweiter (am | Jet bereitete C. offene Revolution vor: er ver:
5. Febr.), weil €. zu früh das Zeichen gab. Asc.a. a. | mehrte die Zahl feiner Genoſſen in und außer:
O. 82 f. Nach Suetonius (Caes. 8) freilich waren die er der Stadt, häufte an verjchiedenen Orten
eigentlichen Anftifter und Leiter der Verſchwörung ffenvorräte auf und ließ geborgte Gelder nad)
Craſſus und Cäſar? Läßt fich hierüber auch nicht | Fäjulä in Etrurien zu E. Manlius bringen, dem
Klarheit erlangen, jo fteht doch feit, daß niemand | er die militärifche Zeitung der Revolution über:
die Verbrecher vor Gericht zu ziehen wagte, und | tragen hatte. ieſer jollte amı 27. DOftober in
dab E. noch in demjelben 3. 65 eine Anflage des | Etrurien zu den Waffen greifen, einen Tag ſpäter
Elodins wegen feiner in Afrifa verübten Erpreſ- jollten in Rom Cicero und die bedeutenditen Op:
fingen durch Beftechung feiner Gegner zu befeis | timaten bejeitigt werden. Cic. Cat. 1,3. SJebt
tigen wußte. Asc. a. a. D. 78. 80. Im %. 64 | endlich fahte der (am 21. Oktober) von Cicero be:
ftellte er fich wieder ald Bewerber um das Konjulat | rufene Senat einen mannhaften Entſchluß und er:
(Cie. ad Att. 1, 2), wozu ihn außer jeinem Ehrgeiz | teilte den Konjuln unbeichränfte Vollmacht. Sall.
feine vielen Schulden trieben. —* hoffte er, | Cat. 29. Dio Cass. 87, 21. Da €. fich durch Ei-
im Beſitze der höchſten Gewalt, durd Akte der cero in der Stabt überall beobachtet jah, beichlof
Willfür mindern oder ganz tilgen, vor allem aber | er jelbjt die Führung des Heeres in Etrurien zu
für das folgende Jahr eine fette Provinz erlangen | übernehmen und ehebaldigft einen enticheidenden
u können, die ihm Gelegenheit zur Berg Kampf zu wagen, doch wollte er noch vor feiner
Feiner ſchrankenloſen Habjucht bieten konnte. Cäfar | Abreije Eicero aus dem Wege räumen. Deshalb
und Erafjus begünftigten jeine und des Antonius | verjammelte ex in der Nacht vom 6—7. November
Bewerbung, doch wurden der Teßtere und Eicero | jeine Genofjen bei Porcius Läca und verteilte die
gewählt. Asc. a. a. D. 84. Wiederum in feiner | Rollen. Der Ritter Cornelius und der Senator
Hoffnung getäufcht und gedrüdt durch die Laſt Varguntejus erboten fi), bei Tagesanbrud den
jeiner Schulden, faßte E. nunmehr den Entfchluß, | Komful in jeinem Hauſe zu töten, aber Cicero
1102
wurde gewarnt, lie die Mörder abweijen, ver-
ftärkte die Wachen der Stadt und verjammelte am
8. November den Senat im Tempel des Jupiter
Stator, wo er jeine erſte catil. Rebe hielt.
war jo dreift, in dieſer Verſammlung zu ericheinen,
und wollte jchmähend auf die von Cicero gemach—
ten Enthüllungen antworten, aber von der Wucht
der gegen ihn vorgebradhten Beweiſe niederge:
donnert, mußte er den Senat und Rom verlafien
und reifte noch in derjelben Nacht ins Lager des
Manlius ab. Sall. Cat. 32. m feiner zweiten,
am 9. November gehaltenen Rede klärte Cicero
das Volt über die ganze Sadjlage auf. Als wenige
Tage jpäter in Nom befannt wurde, da E. mit
den Fasced und andern Abzeichen de Imperium
fi) nad) dem Lager des Manlius begeben habe,
wurben er und Manlins geächtet (Dio Cuss. 37, 32.
Cie. Cat. 2, 6. Sall. Cat. 36), die Konſuln beauf-
tragt, jchleunigft Truppen auszuheben, Cicero mit
der Sorge für die Sicherheit der Stadt betraut.
Inzwiſchen mehrten fi) im Lager des E. die
Scharen durch Zuzug aus allen Gegenden, und
aud die in Rom verbliebenen Leiter der Ber:
ſchwörung, der Prätor Lentulus und der Senator
Gethegu3, ſetzten ihre Umtriebe und Rüſtungen
ungeſcheut fort. Sall. Cat. 39. Sobald €. mit
feinen Truppen in das Gebiet von Fäſulä gekom⸗
men wäre, beabſichtigte man durch einen Tribunen
in der Volksverſammlung die Verantwortung für
den drohenden Krieg Cicero zuzuſchieben. In der
folgenden Nacht ſollten dann Statilius und Gabi—
mins mit ihren Banden die Stabt gleichzeitig an
12 Punkten anzünden, Cethegus den Cicero und
andere Vornehme töten, und die Verſchworenen
jollten hierauf bei der allgemeinen Verwirrung einen
Durchbruch zu E. veriuchen. Sall. Cat. 43. Plut.
Cie. 18. Da aber Cethegus zur Eile drängte,
beſchloß man am Feſte der Saturnalien (19. De:
zember) loszujchlagen. Cic. Cat. 8, 4. Wieder er:
hielt Cicero von dem ruchloſen Plane rechtzeitig
Kunde, doch er er nicht eher einzufchreiten, als | S
bis er untrüglice Beweiſe der Schuld hatte. Cie.
Cat. 3,2. Ein glüdliher Zufall jpielte ihm dieje
in die Hände. Lentulus hatte in Rom anweſende
Gejandte der Allobroger ind Geheimnis gezogen,
das teilten diejelben ihrem Patron DO. Fabius
Sanga mit, leßterer entdedte e3 dem Cicero. Als
die Gejandten in der Nacht vom 2. zum 3. De:
zember mit Briefen von den Häuptern der Ber:
Ihwörung und mit einem Verſchworenen, Boltur:
cius, abreiften, wurden fie bei der Mulviichen
Brüde feitgehalten und zurüdgeführt. Sall. Cat. 44.
Cie, Cat. 3, 2. Noch während der Nacht ließ
Cicero den Lentulus, Cethegus, Statilius und Ga:
binius fejtnehmen (Sall. Cat. 46) und berief hierauf
(3. Dezember) den Senat in den Tempel der Eon:
cordia, wo die Feftgenommenen verhört und über:
führt wurden. Salt. Cat. 47. Cie. Cat. 3, 3f. Der
Senat beſchloß, daß die Hochverräter Senatoren
zur Bewachung übergeben würben. rt feiner
dritten catil. Rede gab Cicero noch am Wbend
des 3. Dezember dem Bolfe iiber die Borgänge
Auskunft. Plut. Cie. 19. Da man aber gewalt-
jamen Ausbruch der Gefangenen fürchtete (Sall.
Cat. 50. Cie. Cat. 4, 8. Dio Cass. 37, 85), berief
er am 5. Dezember wieder den Senat in den
Tempel der Concordia. Silanus ftimmte für die
äußerſte Strafe, Cäſar dagegen bezeichnete die
Serica und Sinae,
Mahregel der Hinrichtung als eine ungejeßliche
und ftimmte für lebenslängliches Gefängnis nebſt
Gütereinziehung (Sall. Cat. 51), Cicero aber (in
E. | jeiner vierten catil. Rede) und Cato (Sall. Cat.
52.) drangen mit der Tobdesftrafe durch. Die
Verſchworenen (außerdem noch Geparius) wurden
noch vor Einbruch der Naht durch Henfershand
im Tullianum erdroffelt. Sall. Cat. 55. Das Bolf
begrüßte jubelnd Cicero als den Netter der Stabt
und begleitete ihn im Triumphzuge durch bie
Stadt. Plut. Cie, 22. Vell. Pat. 2, 35. Die an
verichiedenen Bunkten Jtaliens ausgebrochenen Auf:
ftände wurden leicht unterbrüdt, viele jeiner An-
hänger fielen von €. ab, mit dem zum Teil aus
entlaufenen Sklaven bejtehenden Hefte judhte er
nach Gallien zu entfommen, fand aber die Apen—
ninenpäfle durch Metellus Celer verlegt; bei Bijto-
ria ftieß er auf den Legaten des Konfjuls Antonius,
ben tapfern Petrejus (Anfang 62). Man focht
mit äußerfter Erbitterung; als aber C. alles ver:
loren job, ftürzte er fich mitten unter die Feinde
und fand feinen Tod. Sall. Cat. 67 ff. Flor.
2, 12. Bgl. Hagen, Catilina (1854). John, die
—— chichte der catilin. Verſchwörung
(1876).
Serica, Zingıxr, und Sinae, Zivaı. Die Nach—
richten von dem uralten Volt der Sinejen (be
nannt nah ber mächtigen Dynaftie Zfin, jeit
etwa 250 dv. E.) oder Ehinejen beruhten bei den
Alten auf den Angaben der SHandelsvölfer von
Inneraſien und waren daher jehr mangelhaft. Das
Land Serifa, das man zuerft an den Grenzen des
baktrijchen Reiches juchte, dann aber immer weiter
nad) Oſten verlegte, grenzte in diejem jpäteren
Sinn im N. an unbelanntes Land, im W. an
Seythia extra Imaum, im ©. au Indien und
das Land der Sinä, umfaßte aljo das mittlere
China. Gebirge: im N. die Aſmiräiſchen (j. Ja:
blonoigebirge?), Annibifchen (j. Sajanijches Ge-
birge?) und Anzariihen (j. Altai?) Berge; im
>. ber Emödus Sericus (j. Bajan-fara).
Flüſſe: Kottiaris (Jangtiefiang?), Bautijos
(Hoangho?) und Dihardes (Selenga?). Das
Hauptprobuft des Landes war die Seide, angıxor,
sericum, ein einheimijches Wort, aus dem man
erft den Namen des Landes (Eingexj) und Volles
(Ziness), jowie der Hauptjtadt Moc (wohl Singan,
n. a. Peking) abftrahierte. Die Seres werben
als ein janftes, gutmütiges Volk geſchildert, das
Ruhe und Gemächlichkeit Tiebe, große und reiche
Städte bejite, aber fich völlig iſoliere. Die Chine—
ſiſche Mauer erwähnt Ammian (23, 6). — Das
Land der Sinä (Zivar), das feinen bejonderen
Namen führt, grenzt im NR. an Serika, im O. an
den Öftlihen Ocean, im ©. an den »olmog ueyas
(fübchinefiiches Meer), im SW. an India trans
Gangem; ijt aljo das jüdliche China. Ptolemaios
nennt ben Zirar noimog (j. Golf von Kanton
oder Mafao) und den Oneuwöns x. (j. Strafe
von Fukian). Flüſſe: Aspithras (ji. Songta)
und Ambaftus (j. Sitiang). Die Hafenjtadt Kat:
tigara ijt wohl das h. Hangtſcheu, die Haupt:
ſtadt Thinä Khaifung. An der Küfte nennen die
Alten Aithiopen; es waren dies die dunkelfarbigen
Ureinwohner. Die Sinä wie die Seres zerfielen
in viele, von Ptolemaios aufgeführte Völler—
ſchaften. Chinefiiche Berichte erzählen von xö-
miſchen Gejandtichaften im 2. und 3. Jahrhun:
Seriphos — Sertorius.
dert n. C. 3. B. 166 unter M. Aurelius Antoni-
nus (Antun).
Seriphos, Zigıpos, j. Serphos oder Serphanto,
Kyfladeninjel zwiichen Kythnos und Siphnos, etwa
3 Stunden lang und ebenjo breit, mit Stadt und
Hafen, arın an Getreide, aber reidy an Eijen und
Magnet. Dort ließ die Sage die Danad und
den Perjeus, welche Akrijios verftoßen hatte, in
einem Kaften landen; Berjeus verwandelte dann
mitteld des Gorgonenhauptes die Bewohner in
Stein. Pind. pyth. 10, 46 ff. Apollod. 2, 4, 1 ff.
Strab, 10, 487. Die ältejten Einwohner waren
wohl theſſaliſche Miolier; jpäter lamen ioniſche Ko—
loniſten von Athen aus. Hdt. 8, 48. Im Perſer—
friege verweigerten die Seriphier, nebjt den Siph—
niern und Meliern, den Tribut. Hdt. 8,46. Am
allgemeinen waren fie wegen ihrer Bedeutungs—
fofigfeit und Armut ſtets Zielſcheibe des Spottes.
Plut. Them. 18. Cie. Cat. m. 3. n.d. 1, 81. Spü-
ter diente die AInjel den Römern zum Verban—
nungsort. Tac. ann. 2, 85. 4, 21 (saxum Seriphos).
As Naturmerkwürdigkeit werden von Nriftoteles
fiumme Fröjche erwähnt,
Sermyle, Zspouöiln, Stadt an dem Halje der
challidiſchen Landſpitze Sithonia; j. Ormylia. Hadt.
7,122. Thue. 1, 65, 5, 18.
Serränus, 1) j. Atilii, 7—9.; — 2) ein armer
epijcher Dichter bei Juvenal (7, 80).
Serrheion, Ziopsıor, thrafiiches Vorgebirge
und Kaftell, der Injel Samothrafe gegenüber, wahr:
icheinlich j. Mafrya. Hdt. 7, 59. Iav. 31, 16.
Sertorius, Quintus, aus Nurfia im Sa:
binerlande, anfangs Rechtsgelehrter und Redner
(Plut. Sert. 2), widmete ſich jpäter dem Kriegs:
dienjte und begründete in den Kämpfen unter Cäpio
und Marius gegen die Cimbern und Teutonen
(105 und 102 dv. E.) und in Hiſpanien (97) als
Kriegätribun (Plut. Sert, 3) feinen kriegeriſchen
Ruhm. Darauf wurde er Duäftor (91) im cis-
alpinijchen Ballien und nahm am Bundesgenofen-
friege rühmlichen Anteil. Nicht glüdlich in jeiner
Bewerbung ums Tribunat, fam er in ein jeind-
liches Verhältnis zur Partei Sullas, jo daf er ſich
mit Marius und &inna verband, = des eriteren
rachſüchtige Mafregeln gut zu heißen. Als nad
dent Tode beider des Sert. Ratjchläge bei den
übrigen Marianern unbeachtet blieben, begab
er ſich 32 im die ihm beftimmte Provinz Hijpa-
nien, wohin ihm zahlreiche Anhänger folgten, ge
wann hier in jeltenem Grabe durch freundliche
und gerechte Behandlung die Gemüter der Ein-
geborenen, welche ihn den neuen Hannibal nanı-
ten, jammelte ein Heer und eine Flotte und begann
einen Krieg, der durch jeine Bejonnenheit, Tapfer:
feit und Gejchwindigfeit für Rom jehr verderblich
wurde. Plut. Sert. Aff. Flor. 3, 21. Vell. Pat.
2,26. App. b. c. 1, 6öff. 86f. Anfangs mußte
er nach der Niederlage eines ſeiner Unterbefehls—
haber vor Sullas Scharen, welche über die Pyrenäen
hereinbrachen,, nad Afrika entweichen (81) und
befagerte und eroberte hier Tingis, nachdem er,
durch manche Mifgeichide veranlaft, bereits den
Plan gefaßt hatte, die an Afrifas Weftlüfte gele-
genen Inſeln der Seligen zu bejegen und dorthin
römiſche Freiheit zu verpflanzen. Doc lehrte er,
von jeinen Anhängern getrieben und gerufen von
den kühnen und friegeriihen Lufitaniern, nach
Spanien zurüd und jammelte in kurzem aus den
1103
ihm zahlreich zuftwömenden Eingeborenen ein Heer,
welches er nad römiicher Weiſe bewaffnen und
üben lieh (80). Plut. Sert. 10 ff. Aber nicht bloß
durch kriegeriſche Mittel wollte er fiegen; auch
durch Schlauheit und Benutzung des Aberglanbens
(eine zahme Hindin begleitete ihn und joll ihm
nach der jtaunenden Erzählung ber Eingeborenen
Dffenbarungen gebradht haben) wußte er jeine
Macht zu erweitern, nahm, urjpränglich mit ge:
ringer Schar gegen einen übermächtigen Feind
kämpfend, den größten Teil der Halbinjel ein und
ichlug zahlreihe römiſche Heere und Feldherren,
80—77. Plut. Sert. 12ff. Pomp. 17. Dio Cass.
36, 8. 10. App. b. e. 1, 97. 107 ff. Um die Gunft
der Einwohner zu gewinnen und Geijeln für ihre
Treue zu haben, gründete er zur Erlernung der
fateinifhen und griechiihen Sprache eine jtarf
beiuchte Anftalt zu Oſca (j. Huesca); außerdem
umgab er fich mit einer jpaniichen Leibwache und
einem Senat von 300 Männern, wie er denn überall
römiiche Einrichtungen nachzuahmen und: jo ein
Gegengewicht gegen die Sullaner zu bilden ſuchte.
Cie. Brut. 48. Gell. 15, 22, So erſchien er den
Spaniern zugleic als Statthalter Roms, nur mit
dem Unterjchiede, daß er es verftand, durch Liebe
die nn für fih und für Rom zu ge
winnen. Schon war zu befürdten, daß ©. gegen
Dtalien ziehen würde, als der Senat (77) beſchloß,
den jungen Pompejus ald Prokonſul mit einem
Heere von 30 000 Mann zu Fuß und 1000 Reitern
gegen ihn zu jenden. Nunmehr wurde der Kampf
—— als zuvor; dem kühnen, gewandten
5. ſtand außer dem jugendlichen Pompejus noch
der tapfere, aber bejahrte Metellus gegenüber.
Plut. Sert. 16 ff. Pomp. 19. Nach Niederlagen
erhob ſich ©. immer mächtiger und gefürdhteter.
Als jeine Unterfeldherren Berperna (j. Perper-
nae, 4.) und Herennius von Pompejus geichlagen
worden waren (Sall. hist. 2, 96, 6. 2, 1,8D, Plut.
Pomp. 18), brachte er leßterem jelbjt bei Lauron
bebentende Berlufte bei (App. b. c. 1, 109. Plut.
Sert. 18. Pomp. 18); bafür ſiegte Metellus über
des ©. Quäſtor Hirtulejus bei Jtalica, 76. Liv.
ep. 91, Sall. 2,17 D. Im folgenden Jahre wurde
—2— in dem Kampfe bei Sucro von neuem
von ©. geichlagen (Plut. Sert.19. Pomp. 19. App.
b.e. 1, 110), und obwohl darauf Pompejus und
Metellus vereinigt dem ©. bei Sagunt eine Nieder:
lage beigebracht hatten (App. a. a. ©. Plut.
Sert. 21), war doc) ©. im ganzen im Vorteile,
und Pompejus jah jich genötigt, vom Senate die
Mittel zu kräftiger Fortführung des Krieges zu
fordern und ſogar zu drohen den Krieg nach Italien
u ziehen, wenn man ihm nicht Geld und Ber:
— ung ſchicke. Sall. hist. 2, 96, 10D. Pilut.
Sert. 21. Pomp. 20. Da man in Rom die Lait
diejes furdhtbaren Krieges jehr drüdend empfand
und wohl wußte, dab König Mithridates von
Pontos mit S. ein Bündnis zu gegenfeitiger
Unterftügung geichlofien hatte (Plut. Sert. 23 j.
Lac. 8. 12, App. Mithr. 68. 112), jo jchidte man
dem Pompejus die verlangte Verſtärkung. Diejer
war nunmehr (74 und 73) dem S. gegenüber im
ganzen glüdlich (Liv. ep. 94. App. b. e. 1, 112),
und auch Metellus machte troß feiner Neigung
zur Ruhe und Schwelgerei Fortſchritte. Immer—
bin aber wäre vorausjichtlich der Krieg noch lange
nicht beendet worden, wenn micht im eigenen
1104
Heere de3 S. Unzufriedenheit mit ihm entftanden
wäre. Geitdem Bompejus einen Preis auf ſeinen
Kopf geiet hatte, war S. mißtrauiich und grau:
ſam geworden (Liv. ep. 92%. App. b. c. 1, 112f.
Plut. Sert. 22. 25) und hatte die Sympathien
mancher jeiner Anhänger verloren. Hierzu fam,
daß die römischen Flüchtlinge in feinem Heere fich
ihm nur mwiderwillig unterordneten und Komplotte
gegen ihn zu jchmieden begannen. Die Unzufrie-
denheit wuchs, als feine Unternehmungen manchmal
mißlangen, und infolge deſſen ein günftiger Aus:
gang des ganzen Krieges in unabjehbare ferne
gerüdt jchien. So fam es, daß ©., deſſen ſpaniſche
Truppen ebenfalld immer unzuverläffiger wurden,
endlich der Verräterei erlag (72), indem er von
Verſchworenen, deren Haupt der ehrgeizige Berperna
war, zu Oſca bei einem Feſtmahle durch Meuchel:
mord getötet wurde. App. b.c. 1, 113. Hisp. 101.
Plut. Sert. 26. Pomp. 20. In ihm ftarb einer
der ebelften unb größten Männer, die Rom je
hervorgebracht hat. Perperna hatte nach 5.8’ Tode
ſich nur mit Mühe den Oberbefehl über dad meu—
teriiche Heer verſchaffen können; beim erften Zu—
janmenftoße mit Bompejus murbe er geichlagen,
gefangen genommen und getötet, Spanien mußte
jih den Römern unterwerfen.
Servi, der allgemeine Name der römijchen
SHaven; ald Diener hießen fie famuli (daher
bildeten die zu Einem Haufe gehörenden eine
familia), im häuslichen Leben pueri, als jachliches
Eigentum mancipium. Die Sflaverei entftand
1) durd; Geburt von einer SHavin, 2) durch Ber:
luft der früheren freiheit, a) durch Kriegsgefangen:
ichaft, denn die Gefangenen wurden von Staats
wegen sub hasta oder sub corona (mit einem
Kranz auf dem Kopfe) verfauft, b) durd Verkauf
beflen, der fich dem Cenſus (incensus, ſ. d.) oder
dem Kriegsdienſt entzog, c) durch Berfauf bes
addietus von jeiten des Gläubigers (j. Manus
iniectio), d) durch Berurteilung zum Xobe,
denn vor der Hinrichtung wurde jeder Freie Sklave.
Die SHaverei hörte auf durch mannmissio (f. d.)
und durd; die Staatsbehörden, z. B. zur Beloh:
nung für die Anzeige eines Verbrechens u. ſ. w.
— der Herr, welchem der SHave durch die Geburt
angehörte, oder welcher dbenjelben durch Kauf er-
worben hatte (von Sllavenhändlern, mangones),
hatte über ihn Eigentumsrecht, wie über eine
Sache (daher mancipium), und fonnte den Sklaven
willtürlich verfaufen, martern, töten, bis die lex
Petronia, 61 n. C. (f. d.) und mehrere Gefe
des Antoninus Pius ſowie einige SConss. die
Willkür des Herrn beichräntten, jo daß er wegen
Tötung des Sklaven zur Strafe gezogen wurde.
Was der Sklave erwarb, gehörte feinem Herrn,
mit Ausnahme bes peculium (f. d.), feine Ber:
gehungen richtete urfprüngfich der Herr (die Strafen
waren Verweifung auf das Land in das ergastu-
lum, Arbeit in dem pistrinum, Schläge mit Ruten
oder Riemen, — — Kreuzigung und
grauſame Mißhandlungen), die größeren ſpäter
die Obrigkeit ausſchließlich. Die Lage des Sklaven
war ſonach jehr nr doch wurde fie in der älteren
Beit durch die Sitte gemildert, und der Cenjor
beftrafte jchlechte Behandlung der Sklaven. —
3 Der Name der servi war oft ihrer Heimat ent—
lehnt, 3. B. Phryx, Cappadox, Syrus, oder von
alten Helden, Achilles, Priamus, PBollur u. dgl.,
Semi.
von Pflanzen und Steinen, wie Amiantus, Sar—
donyr genommen. Bor alters nannte man mandhe
nach dem Seren, 3. B. Gaipor, d. h. Gai puer,
Lueipor n. ſ. w. Die meiften ftammten aus Gal:
lien, Hiipanien, Griechenland, Afien; die Aethio-
pes waren jehr begehrt. — Bor alters aßen fie
mit dem Herrn gemeinschaftlich, ſpäter befamen
fie monatli oder täglih ein gewiſſes Deputat
an Getreide, Feigen, Dliven, Wein und Eſſig
(demensum). Die Kleidung war von ber ber
armen Bürger nicht verjchieden und beftand in einer
groben, dunfelfarbigen Tunica. Die alte Anhäng-
lichfeit und Treue, welche die Sklaven in den
meiften Familien mit dem Herrn verbunden hatte,
wurde in ben Zeiten des wachſenden Sittenver-
derbnifjes immer jeltener, die Sflaven waren gegen
die Herren erbittert und erregten daher mehrmals
Aufftände und Empdrungen. War der Herr von
einem Sflaven ermordet worden, jo wurden nad)
alter Sitte (oder Senatsconfult) ſämtliche SHaven,
die zur Zeit der That unter demjelben Dache ge:
wejen, mit dem Tode beftraft (Teac. ann. 13, 32.
14, 42f., vgl. Cie. ad fam. 4, 12). — Die ver:
ihiedenen Klaſſen der Sklaven. Während
in ber alten Zeit die Sklavenfamilie Fein geweſen
war, hatte man jpäter in den vornehmen Häuſern
ganze Scharen, greges ancillarum, legiones man.
cipiorum, jo daß fie in decuriae eingeteilt wur:
ben und nomenclatores nicht entbehrt werden
fonnten. In Rüdficht auf den Aufenthalt in der
Stadt ober auf den Villen und Latifundien zerfiel
die Sflavenfamilie in eine urbana und rustica,
nach Rang und Beichäftigung aber gab es 3 Klaſſen:
1) Ordinarii, die honestiores, mit dem er:
trauen bed Herrn beehrt und mit der Aufficht
über das Hausweien, Kaffe u. j. w. beauftragt.
Diefe hielten ſich auch vicarii, d. h. eigene Sfla-
ven zu ihrer Unterftüßung. Unter den Ordinarien
fteht oben an der procurator (Berwalter des
Vermögens, der Güter), dann der actor (j.v. a.
villicus, Aufjeher und Verwalter der Billa), dis-
pensator (Kaffeführer, ſ. Dispensator), atri-
ensis, welcher vor alter3 mit dem procurator unb
dispensator identijch war, ſ. Atriensis. Hieher
gehören auch ber cellarius oder Propiantmeifter,
die negotiatores, welche fiir den Herrn Geſchäfte
in der Provinz machten, die insularii, welche den
Mietzins in den großen Mietshäufern (j. Insula)
einnahmen, endlich die wiſſenſchaftlich oder künſt—
lerijch gebildeten SHaven, nämlich die für Ban
und Schmud des Haufes jorgten (fabri, tectoren,
pietores, caelatores, statuarii, pavimentarii,
topiarii, viridarii, aquarii, sculptores u. a.),
die über die Bibliothek und die Kunftjachen geſetzt
waren und die Korrefpondenz des Herrn bejorg-
ten (a bibliotheca, a statuis, literati, anagno-
stae, amanuenses, notarii, librarii, ab epistulis),
die Erzieher und Begleiter der Kinder (paeda-
gogi) und die Hausärzte (medici). Tiefer ftanden
jedesfalls die nur zur Beluftigung dienenden SHa-
ven, wie die symphoniaci, die Gladiatoren, Mimen,
Schaufpieler, Seiltänzer (petauristae, funambuli,
schoenobatae) und die mißgeftalteten moriones
(j. d.) und nani (f. d). — 2) Die Vulgares
verrichteten gemeine Dienfte in und außer dem
Haufe, wie der ianitor oder ostiarius (f. Haus, 7.),
die cubicularii (welche die Gäfte anmeldeten), die
zahlreihen SHaven, welche dem Herrn bei dem
[4]
Servi publiei — Servii.
Ausgehen folgten (pedisequi), 5. B. anteambu-
lones, lecticarii oder Sänftenträger, cursores
(Zäufer), Vorreiter auf Reifen. Im Hauje malte:
ten die für den Tiſch jorgenden pistores, coqui,
fartores, opsonatores, structores, scissores, po-
eillatores und die, denen die Garderobe, Schmud
und Pflege des Herrn überhaupt oblag, wie tex-
tores, vestiarii, vestifici, lanificae, a veste, cu-
stodes auri, ornatrices, tonsores, ciniflones oder
einerarii, unctores, unguentarii, balneatores. —
3) Mediastini jcheinen die niedrigften vulgares
gewejen zu fein, welche kehrten, jcheuerten u. dgl.
Auch die pollinctores (ſ. d.) der libitinarii und
die balneatores in den Öffentlichen Bädern mögen
in dieſelbe Kategorie fallen. Vgl. Becker-Göͤll,
Gallus II S. 115 ff.
Servi publiei jind die dem römischen Staate
oder einer Gemeinde (Kolonie, Municipium) ge:
hörigen Sklaven, welde die Kommune gefauft
hatte. Auch wurden die Kriegägefangenen, welche
der Staat nicht verlaufte, jondern für öffentliche
Dienfte behielt, servi publici. Im Verhältnis
zu den Privatſtlaven war die Lage der öffent:
lichen viel günftiger, da jie fich ———
peculium erwerben durften. Nahrung und Woh—
nung erhielten ſie natürlich von der Kommune.
Ihre Dienſte waren ſehr verſchieden: a) manche
halfen den accensi und apparitores der höheren
Magiſtrate oder füllten deren Stelle ſelbſt aus;
b) viele waren Tempeldiener und ſtanden den
Opferern bei (Liv. 9, 29); c) manche beſorgten
für den Staat allerlei Geſchäfte, wie bei der Kaſſe
(servus aerarius) oder bei den Bauten u. a. Ans
lagen, 3. ®. als aquarii, j. Aquac ductus.
Die bei Bergwerfen, Steinbrühen u. dgl. Ange:
ftellten befanden fidy am ſchlechteſten. Daß servi
publici die Freiheit zur Belohnung erhielten, kam
öfter8 vor.
“ Servii, 1) Serv. Tullius, jechiter römifcher
König von 578—534 dv. C. der Sage nad) Sohn
einer Stlavin, auf den der König Tarquinius
Prifeus und feine Gemahlin Tanagquil, als einft
ein Glorienjchein des fchlafenden Knaben Stirn
umflofjen, aufmerkſam wurden; fie nahmen. jich
feiner an und entichloffen fih, aus dem Sohne
der Dienenden einen ve zu machen; daher
auch wohl der Name Servius. Später findet ſich
eine andere Spur von jeiner Herkunft in einer
Nede des Kaiſers Claudius, daß unter Tarquinius
Priſcus, vielleicht Durch deſſen etrujfiiche Gemahlin
Tanaquil veranlaft, ein Etrufler Maftarna (d.h.
wohl Marcus Tarena [Targuinius]) mit einer
Schar jeiner Landsleute nah Rom gekommen und
auf dem Eöliichen Berge fich niedergelafien habe.
Darnad) jei er König von Rom geworden. Bol.
über diefe durch Anichriften und Bilder, die in
dem Familiengrabe der Tarquinier zu Tarquinii
aufgefunden worden find, betätigte Erzählung die
Schrift von Gardthaufen: Maſtarna oder Servius
Zullins (1882), Serv. Tullins bewog die lati:
nijchen Edlen, an deren Spitze jeit der Zerftörung
von Alba Longa Rom ftand, einen Bundestempel
der Diana auf dem Aventinus anzulegen, erweiterte
die Stadt durch Hinzuziehung des
Ejquilinus und umso
Ringmauer nebft Wal und Graben.
erjcheint er als der eigentliche Urheber der, Jahr«
hunderte überdauernden, Steuerverfafjung, der Een:
Neallegifon des Nail. Altertums. 7. Aufl.
1105
turien und der Tribus, woran ſich zugleich auch
die Militäreinrichtung in Geftalt einer allgemeinen
Voltsbewaffnung je nad der Höhe der Steuer-
anſätze in den verjchiedenen Klaſſen, fnüpfte. Die
Hauptjtellen über dieſe jervianiihe Staats-
verfaffung find Ziv. 1, 42—44. Dion. Hal.
4, 13—26. Cie. r.p. 2, 22. Sie weichen in mans
cher Beziehung voneinander ab, das, was ſich für
die Schule feſtgeſetzt hat, ift folgendes: Bis zu
Serd. Tull. bildeten die PBatricier allein den po-
pulus, die daneben in Rom anſäſſigen Blebejer
hatten zwar Landbeſitz und waren zum Kriegsdienfte
verpflichtet, doch nicht in den Legionen; außerdem
entbehrten fie jegliches Anteil3 an der Regierung.
Um revolutionären Beſtrebungen diejer zahlreichen
und kräftigen plebs vorzubeugen, ordnete Servius
eine neue Einteilung aller vorhandenen Staats-
ne en an auf dem Grund ihres Vermögens
und ın Bezug auf ihre Verpflichtung zum Kriegs—
dienfte, nach dem —— die durch Kriegs—
dienſt und Steuern am meiſten Belaſteten ſollten
auch durch ihre suffragia in der Verſammlung ber
Bürger den meiften Einfluß auf den Staat aus:
üben in Hinficht auf Wahlen und Gejeggebung.
Sp wurden denn zunächſt die Plebejer zu emer
vollgültigen Gemeinde erhoben und fortan in ben
Begriff de3 populus Romanus mit eingejchlofjen.
Wie die Patricier in 30 Eurien zerfielen, jo
wurden die Plebejer in 30 tribus nah ihren
Wohnfigen geteilt, 4 urbanae und 26 rusticae.
Jede tribus hatte ihre bejonderen Vorſteher und
sacra, ebenjo wie die Eurien der Batricier. Der
nunmehr gejamte populus zerfiel nad) dem Ber:
mögen eines jeden (census) in 5 Klaſſen, beren
erite 100 000 asses, d. zweite 75 000, d, dritte
50 000, d. vierte 25 000, d. fünfte 12500 (nach
andern Angaben 11000) al3 Minimum des Ber-
mögens bejaß. Wer dieje legte Summe nicht er:
reichte, gehörte nicht mehr zu den classes, jondern
fie bildeten alle zujammen nur 1 Genturie, doch
wieder mit Unterjchied. Diejenigen, welche noch
über 1500 (bi 11000) asses bejaßen, wurden
noch zu den Begüterten (locupletes, assidui) ge:
rechnet und hießen accensi (j. d.); die, welche über
375 asses hatten, hießen proletarii, die, welche
noch weniger bejaßen, waren capite censi ober
aerarji db). Die Mitglieder diejer 3 Abteilungen
der nicht in die 5 classes eingeichägten Bürger
wurden nicht zu dem eigentlichen Kriegsdienſte her:
angezogen, fonnten jedocd ihr Bürgerrecht in der
Bollsverfammlung als 1 Centurie mit 1 suflra-
gium ausüben, indefien da es nad Livius faft
niemals zur Abgabe ihrer Stimme gelommen ift,
jo jagte man auch wohl, fie Hätten gar fein Stimm:
recht beſeſſen. — Alle Bürger, welche in die 6
classes eingejchägt waren, bildeten die Vollsver—
fammlung (comitia centuriata) mit dem Rechte
der Wahl, der Gejehgebung uud des Gerichtes
über Staatsverbrechen, auch der Enticheidung über
Krieg und Frieden. Die Abftimmung geſchah nad)
Genturien, deren ed im ganzen 193 gab (nad)
Cicero 195, nach Livius 194). Bon diejen fielen
80 centuriae auf die erjte Klaſſe, 20 nebit 2 cen-
iminali8 und |turiae fabrum auf die zweite, ebenfalls 20 auf
alle 7 Hügel mit einer | die dritte und wiederum 20 mit je einer centuria
Außerdem | cornicinum und liticinum auf die vierte, und 30
auf die fünfte. Die erfte Klaffe hatte ſchon die
Majorität bei Einftimmigfeit,‘ weil zu ihren 80
70
1106
centuriae noch 18 centuriae equitum (6 frühere
der Patricier und 12 neue der Plebejer) hinzu:
famen, aljo 98 centuriae, während alle übrigen
Klaffen zufammen nur 94 centuriae aufwieſen,
wozu als jünfundneunzigite die Eine centuria der
gar nicht eingejchägten Bürger fam, die mißbräuch—
lih von einigen als eine ſechſte Klaſſe angegeben
wird. Dieje neue Verfaflung war demnach ebenjo
wie die jolonijche eine timofratifche, in der die
Ariftofratie der Begütertſten die Entſcheidung in
ihren Händen hatte (98 gegen 95 suffragia), darum
jagt Cicero: Servius Tullius curavit, quod sem-
per in ‘republica tenendum est, ne plurimwi
valeant plurimum. — Dieſe Einteilung bildete
zugleich auch die Seeresverfaflung, weshalb das
in den comitiis centuriatis verjammelte Bolt auch
exercitue hieß und durch Aufftelung eines roten
vexillum und durd; Hörner auf den campus Mar-
tius zufammengerufen war. Außer den 4 Hand:
werfercenturien waren die übrigen in die cen-
turiae iuniorum (17—45 Jahren) und seniorum
(46—60 Jahren) geteilt; die erjteren zogen ins
Feld, die legteren bewachten die Stadt. Die 4
eriten Klaſſen dienten mit verjchiedener Bewaff—
nung in der Legio, die fünfte Klaſſe als Leicht:
bewaffnete, die accensi wurden nur zum Erjaße
der Gefallenen und Berwundeten in dringenden
Fällen, im übrigen nur mit der Schleuder bewaff:
net ins Feld geführt, bis im zweiten punifchen
Kriege die velites (ſ. Legio) an ihre Stelle traten.
— Alle 5 Jahre geichah eine neue Schäbung des
Vermögens (census), mit der ein feierliches Rei—
nigungsopfer verbunden war, lustrum (j. d.). All—
maͤhlich ſchrieb man dem Servius Tullius alle
ipäter weiter ausgebildeten Grundlagen der römi—
ſchen Stantöverfaffung zu. Nacd einer langen,
gefegneten Regierung wurde er von jeinem Schwies
geriohn 2. Tarquinius Superbus ermordet. Liv.
1,39ff. Dion. Hal. 4, 1ff. — 2) Serv. Clo—
dius, ein römifcher Ritter, war ein jehr gelehrter
Mann, weldyer eine bedeutende Bibliothek hinter:
ließ, die fein Verwandter Pätus dem Kicero
ichenfte. Cie. ad Att. 1, 20, 7. Suet. gramm. 2. —
3) Serv. Claudius (Elodius) (vielleicht mit 2)
identisch), Schwiegerjohn des Alius Stilo, begrün:
dete mit demjelben gemeinjchaftlich das Studium
der Grammatif in Rom und bejchäftigte fich mit
den römischen Dichtern, bejonders mit Plautus.
Gell. 3,3,1. Cie. ad fam.9, 16. Suet. gramm. 27.
— 4) Serv. Maurus Honoratus, um 390
n. C., 2chrer der Grammatif und Rhetorik zu
Rom, iſt Verfafler eines durch feine Fülle gejchicht:
licher, mythologiſcher und antiquariicher Notizen
ausgezeichneten Kommentars zu Bergil, in welchem
zugleich zahlreiche Bruchjtüde verloren gegangener
Schriftiteller der früheren Zeit enthalten find, und
welcher im Mittelalter viel benupt wurde. Daß
der Kommentar nicht im feiner urjprünglichen
Gejtalt überliefert ift, zeigen deutlich Stellen, wo
Servius jelber citiert wird. Ausgg. von P. Da:
niel (1600), P. Burman (1746), Lion (1826);
neuefte und bejte Ausgabe von Thilo und Hagen
(3 Bdd. 1878 ff.).
Servilfi, ein altes albanijches Adelsgejchlecht
(vgl. Liv. 1, 30. Plin. 34, 13, 58), defien jüngere
Zweige (die Eafcä, Rulli u. a.) teilweiſe pleberiich
find. Dazu gehören: 1) P. Serpil. Priſeus
Structus, 4% v. E. Konſul, bewog durch Auf:
Servilii.
ihub der Schuldenzahlung das Volt, fih zum
Kriegsdienfte zu ftellen, vermochte aber nicht zwi—
ichen den römijchen Parteien fich geltend zu machen.
Liv.2,21.27:— 2) D. Serv. Priſc. Structus,
befiegte als Diktator 435 dv. E die Etrujfer, er:
oberte Fidenä (woher der Beiname Fidenas ihm
zu teil wurde) und jchlug, abermals Diktator, 418
die Mauer gänzlih. Zav. 4, 21. 46f. — 3) ©.
Serv. (Struct.) Arilla, war mehrere Male (419,
418 und 417 v. E.) Kriegstribun mit konſulari—
icher Gewalt. Liv. 4, 45. 47. — 4) C. Serv.
Struct. Ahala, war ebenfalls mehrmals Kriegs:
tribun mit fonfulariicher Gewalt und ein Ber:
teidiger der Mechte des Senats und des Adels
den Bolfstribunen gegenüber. Liv. 4, 56 f. 5, 51.
— 5) D. Serv. Ahala, Diktator 360 v. E.,
bejiegte die bis vor Rom gedrungenen Gallier.
Liv. 7, 11. — 6) P. Serv. Geminus, kämpfte
252 und 248 v. E. als Konſul glüdlih gegen dic
Karthager auf Sicilien. Zonar. 8, 14.16. — T) E.
Serv., geriet 219 v. E. bei Gründung einer
Kolonie in Oberitalien in die Gefangenſchaft der
Bojer, in der er 15 Nahre blieb. Ziv.21,25.30, 19.
— 8) En. Serv. Geminus, 217 v. E. Konjul,
jandte jeinem Kollegen Ylaminius fur; vor der
trafimenischen Schlaht Hülfe. Fabius übertrug
ihm die Bewachung der Meerestüften, worauf er
mit feiner Flotte glüdliche Streifzüge unternahm.
Er fiel 216 in der Schlacht bei Cannä. Pol. 3, 75.
106. 114, 116. Lir. 21, 15. 57. 22, 31. 49. —
9 C. Serv. Geminus, war Konjul 203 v. E.
und befreite jeinen Vater (7.) aus jeiner langjäb-
rigen Gefangenschaft unter den Bojern in Gallien.
Liv. 30, 1. 19. — 10) M. Serv. Puler Gemi-
nus, befchligte 202 — 201 dv. C. in Etrurien,
fämpfte 181 gegen die Ligurier und zeigte jich
im Gefecht wie in der Rede als ichlagfertig und
voll Geiltesgegenwart. Zir. 30, 26. 41. 40, 27.
45, 36. 39. — 11) D. Serv. Cäpio, Konſul mit
E. Lälius Sapiens 140 v. C., brady das Bündnis
mit den Lufitaniern und lich den tapferen Biria-
thus meuchelmörberijch töten. Val. Mar. 9, 6, 4.
App. Iber. 6, 70ff. — 12) En. Serv. Cäpio,
Konjul 141 und Genjor 125 v. C. — 13) Q.
Serv. Eäpio, beraubte als Statthalter Spaniens
den Tempel zu Toloja (Just. 32, 3. Cie. n. d. 3, 30)
und gab als Konſul, 106 dv. E., die lex iudiciaria
(Cie. inv. 1,49, 92), nach der die Richter zu gleichen
Zeilen aus dem Senat und dem Xitterjtande ge:
wählt werden follten (eine andere Auffaflung ſ.
Judex, 2.) Im %. 105 in Gallien von den
Eimbern an der Rhone geichlagen (Sall. Jug. 114.
Plut. Luc. 27. Vell. Pat. 2, 12), wurde er jeines
Imperiums für verluftig erflärt (Lir. ep. 67) und
noch 10 Nahre jpäter (95) wegen der Blünderung
bes Tempelichages zu Toloſa verurteilt. Er ging
in bie Verbannung nad Smyrna. Cie. tusc.5,5, 14.
Balb. 11. Val. Max. 4,7,3. — 14) DO. Serv.
Eäpio, Gegner des Saturninus, erwehrte fich
einer deshalb gegen ihn erhobenen Anklage alüd:
lid). Cie. Brut. 46, 169. Als Verteidiger der Rechte
des Nitterftandes geriet er 91 v. C. mit dem Volks—
tribunen Livius, jeinem Schwager, nachher mit dem
Amilius Scaurus in bittere Yeindichaft, jo daß
er jogar des Mordes an Livius bezichtigt wurde.
Cie. de dom. 46. Scaur. 1 ff. Im Bundesgenofjen:
friege fand er um das %. 90 in einem ihm bon
Pompädius gelegten Hinterhalte jeinen Tod. App.
Servitus poenae — Sestii.
b.e. 1,40. 44f.
2. 2. 8). — 15) DO. Serv. Cäpio, des vorigen
Sohn, diente gegen Spartacus (72 v. E.) und
ftarb auf einer Reife nach Aſien. Plut. Cat. min.
8.11. — 16) P. Serv. Batia, Gegner des Tri—
bunen Saturninus, kämpfte 78—76 dv. E. gegen
die Seeräuber, insbejondere gegen die Saurier
in Vorderaſien, eroberte viele Städte, unterwarf
Iſaurien und erhielt wegen feiner Fräftigen und
nlüdlichen Sriegführung den Beinamen Iſau—
ricus. Darnad) finden wir ihn als Förderer der
maniliihen Bill; er ftimmte für Ciceros Rückkehr
aus dem Eril und war aud dem Cäſar (im J. 54)
wohlgeneigt. Er jtarb im %. 44 in hohem Ylter.
Cie. Verr. 1, 21. 5, 26. de imp. Un. Pomp. 23, 68.
Phil. 2, 5. Sest. 62. — 17) ®. Serv. PBatia
Jlauricus, des vorigen Sohn, bildete jich nad)
dem Mufter des jüngeren Cato (Cic. ad Att.2,1,10),
war 54 v. C. Brätor, 48 Kollege Cäjars im Kon:
julate, war aucd mit diefem eng verbunden und
ſchloß ſich 43 dem Cicero gegen Antonius an,
obgleih Servilius jenem zu milde war. ber
auch ſonſt berrichte zwifchen ihm und Cicero nicht
jelten verichiedene Anjicht, namentlih im J. 43,
als er gegen den Frieden mit Antonius drach. to
wo Cicero ihm nicht beiftimmte. Caes. b. c. 3, 1.
Vell. Pat. 2, 53. Cie. Phil. 18, 21. — 18)
Serv. Eajcat Voltstribun 43 v. E., beteiligte
jih an der Veiſchworung gegen Cäſar, "führte den
erften Stoß und wurde von Cäſar dafür mit einem
Griffel verlegt, worauf er entfloh. Bei Philippi
ftimmte er im Sriegsrate dafür, daß die Ge:
fangenen als Opfer für Caſſius getötet würden;
er jcheint nicht viel jpäter gefallen zu jein. Ag
Caes. 66. Brut. 45. Suet. Caes. 82. — 19) €
Serv. Eajca, Bruder des vorigen, einer der
Mitverſchworenen gegen Cäſar und römiſcher Se:
nator, nahm an dem Morde jelbit weniger teil.
Plut. Caes. 66. — 20) &. Serv. Glaucia, Brä-
tor 100 v. E., vorher wahricheinlich Bolkstribun,
ein verjchlagener, jchlechter Menjch, beförberte mit
Saturninus die Pläne des Marius, welcher jpäter,
als er jie gebraudt hatte, fie fallen lieh. Er
wurde mit Saturninus getötet. Cic. de or. 2, 61.
3,41. App. b.c.1,32f. Vell. Pat. 2, 12. Cie.
Brut. 62. — 21) P. Serv. Rullus, Vollstribun
63 dv. E., beantragte ein Ackergeſetz, gegen welches
Gicero in 3 Reden ſprach. App. b. e. 5, 58. Dio
Cass. 48, 28. — 22) E. Serv., gehörte mit zu
der Gejandtihaft, welche 195 v. C. in Karthago
den Stur 2 Dannibals bewirlen jollte. Liv. 33, 47.
— 23) Serv., belleidete 3 n. E. das Kon—
julat und befam von Tiberius im J. 17 eine
große Erbſchaft zugewieſen. Tac. ann. 2,48. —
24) M. Serv. Nonianus, Konful 35 n. 6,,
gejtorben 59, jchrieb eine Beichichte der eriten
römischen Kaiſer, vielleicht bis zum Tode des
Claudius. Tac. ann. 6, 31. 14, 19, Plin.ep. 1,13.
Suet. Tib. 61.
Servitus poenae iſt eine in der Kaiſerzeit für
ersonae humiles aufgefommene Strafe, welche
ihren Namen von der damit verbundenen maxima
capitis deminutio erhalten hat, aber eigentlich
in der Verurteilung zu öffentlicher Arbeit (opus
publieum) bejtand, nämlich 1) condemnatio ad
metalla, d. h. Bergwerte, Steinbrüce, Schweiel:
gruben; 2) Berurteilung zu öffentlichen Spielen,
entweder zu dem Gladiatorenjpiel oder ad bestias,
Cicero ſchätzte ihm jehr (fin. | d. h. zu Tierfänpfen.
1107
3) Am mildeften war cond.
ad opus publicum im e. ©., Hülfearbeit bei Berg:
werfen und Bauten.
Servitütes. Servitus hieß eine Beſchränkung
in der freien Benutzung des Eigentums, inſofern
ein anderer das Recht hatte, Einfprüche zu er:
heben oder Leitungen zu verlangen. Der Eigen:
tümer hatte alio nicht ausichließliche Verfügung
über die Sache, jondern er war durch einen andern
in der Benugung derjelben bejchräntt. Die Sache
hieß serviens, während jie, wenn fie von jeder
Belaftung frei war, res optima oder optimo iure
hieß. Auch das Einmiihungsrecht des andern
wurde mit servitus bezeichnet. I. Servitutes
praediorum, dingliche oder Prädialjervituten,
welche mit einem Grundftüd eng zufammenhingen,
deſſen Beſitzer Rechte gegen ein anderes Grundſtück
— a)serv. praediorum urbanorum (vom
usgrundftüden), 3 B. ius tigni immittendi
has echt, Ballen in die nachbarliche Wand ein:
zulegen), proiciendi (in den Luftraum des Nach:
bars hinüber; ubanen), s. stillieidii und flu-
minis.(das Recht, die Dachtraufe oder Rinne auf
des Nachbars Grundftüd laufen zu laflen, Cie.
.4), s». luminum und ne luminibus ofti-
ciatur (daß Licht und Ausſicht vom Nachbar
B. | nicht beichränft werden durfte, Cic. de or. 1, 39); —
b) serv. praediorum rusticorum, für die
Feldgrundjtüde jehr wichtig, vorzüglich s. viae,
actus, itineris, oder Fahrwegsgerechti feit
(via), das Recht über des Nahbars Yand Vieh
zu treiben und durchzufahren (actus) oder darüber
zu gehen (iter). Bei via war ein bejonderer Weg
notwendig, bei actus und iter nicht. Cie. Caec. 26,
Jus aquaeductus war die Waflerleitungsge:
rechtigfeit u. a. — II) Serv. personarum,
ftehen nur einer bejtinnmten Berjon zu: usus
fructus (j. d.), usus (j, d.), habitatio, das
Wohnungsrecht in einem fremden Haufe, operae
servi oder animalis, die Befugnis, die Dienfte
eines fremden Stlaven oder Tieres zu benußen.
Sesämos j. Amastris.
Sesostris j. Aigyptos und Ramses.
Sestertius j. Münzen, II.
Sestii, 1) P. Seit. Kapitolinus Batica-
nus, Kollege des Menenius Agrippa im Konſu—
late, 452 0.6. Liv. 3,32. — 2) P. Seft., Quäftor
63 v. E., befreite Campanien von den "Senoffen
Eatilinas, drängte den Antonins zur Schlacht gegen
Gatilina (Cie. Sest. 4, 9. 5, 12), bemühte ſich um
Cãſars Einſchreiten in dem Kampfe zwiſchen Cicero
und Clodius (Cie. Sest. 33, 71) und ſchloß ſich als
Bolkstribun ganz an Cicero an, befriedigte den
leßteren indes nicht durch den Wortlaut jeines,
die BZurüdberufung Ciceros aus dem Exil be:
treffenden, Antrages. Cie. ad Att. 3, 20. 23. Wis
fi) Elodius um die Ädilität (für das 3. 56) be:
warb, trat er ihm entichieden entgegen und wurde
dafür von defien Anhängern arg gemißhandelt.
Cie. Sest. 39, 85; vgl. 58, 124. Gegen eine bald
darauf durch. Glodius veranlafte Anklage wegen
Amtserſchleichung und Gewalt verteidigten ihn
Cicero und andere mit Erfolg, und Sejtius wurde
freigejprochen, 56. Cic. ad Qu. fr. 2, 3,5.4,1. In
jpäterer Zeit wird er, namentlih in Beziehung
zu Gäjar, öfter genannt (Cie. ad Att. 11, 7,1
13, 2,2. 14, 1,2. ad /am. 13, 8, 1), bis zum 3.
44 hin. Als Urheber ſchlechter und froftiger Witze
70*
1108
(daher ſprichwörtlich dieta Sestiana) wird er öfter
genannt, 3. B. Cie. ad fam. 7, 32, 1. ad Att.
7, 17,2. — 3) Sein Sohn, 2. Seft. (Cie. ad fam.
13, 8, 1), jchlug ſich 44 v. E. auf die Seite der
Mörder Cäſars, diente unter Brutus in Mafedo:
nien, wurde defjen ungeachtet aber von Auguftus
mit bem Konjulate im 9. 23 beehrt. * Cass.
53, 30. 32,
Sestos, Lnorös, Stadt in Thratien an der
engſten Stelle des Hellespont, der Stadt Abydos
in Myſien gegenüber, nach gewöhnlicher Angabe
7 Stadien von ihr entfernt (Adt. 7, 34); der ge:
wöhnliche Überfahrtsort über die Meerenge. In
der Nähe ſchlug TZerxes ſeine Schiffbrücke. Hier
war auch der — — der von den Dichtern
(Muſaios; Op. her. 18. 19) verherrlichten Liebe des
Leander und der Hero. Die Athener koloniſierten
die Stadt, über welche vgl. Hdt. 4, 142. 9, 133.
Thue. 1, 89. 8, 62. Xen. Hell. 1, 1, 7. Strab.
13, 581. 584. Seht nimmt das Dorf Boghaly
ihre Stelle ein.
Setia, Znria, Erjrov. Außer Städten d. N.
im tarraconenfiihen und bätiſchen Hiſpanien ift
zu nennen eine Stadt in Latium, füdöftlich von
Sueſſa Pometia, —— dieſer Stadt und Pri—
vernum. Dem Volſeiſchen Bunde entriſſen ſie die
Römer und benutzten fie ſpäter zum Aufbewah—
rungsort für die rn Gefangenen. Be:
deutend war ihr Weinhandel. Jebt Sesze oder Seſſe
mit Neften quadrat. Mauern. Liv. 6, 30. 7, 42.
26, 8. 27, 9. 32, 26.
Setius mons, ro Zrrior Ögog, die heutige
Landipige von Cette, an der Südküſte des nar:
bonenſiſchen Galliens in der Nähe der Inſel Bla:
feon, j. Brescon. Strab. 4, 181.
Seuthes, Zeudns, Name zweier Könige der
Odryſen in Thrafien. Der ältere folgte jeinem
Oheim Sitalfes 424 v. E. (Thuc. 4, 101); ein
jüngerer unterhandelte mit Xenophon bei deſſen
NRüdfehr mit den Behntaufend. Xen. An. 7, 1,5.
Severl, 1) Cornelius Gev., Freund des
Dvid, der an ihn mehrere feiner Briefe aus dem
Bontus gerichtet Hat, und epifcher Dichter, nad
uintilian (10, 1, 89) versificator quam poöta
melior, dichtete ein bellum Siculum (Krieg gegen
©. Bompejus, 38 ff. v. E.). Wir befiben daraus
ein Fragment, das den Tod Eiceros erzählt (Sen.
suas. 7); eine ihm beigelegte Schilderung eines
Ausbruchs des Veſuvius (Sen. ep. 79) jcheint eine
Epijode desjelben Gedichtes gebildet zu haben. —
2) Julius Sev., war unter Hadrian Befehls:
haber gegen die aufrührerifchen Juden, beendete
(134 n. €.) den Krieg ziemlich jchnell und wurde
dann zum Statthalter von Syrien ernannt.
3) £. Septimius Gev,, Rail von 193—211
n. E., aus einer in Afrika (Groß: Leptis) anjäjligen,
tomanifierten Familie, deren Glieder zum eil
Senatoren und Konjuln gewejen waren, geboren
11. April 146 zu Leptis, begab ſich nad) Rom,
um dajelbft feine Studien zu maden, und kam
durch Marc Aurel in den Senat, verwaltete dann
nacdjeinander Gallien, Bannonien und Sicilien und
erhielt von Commodus den Oberbefehl in Ger:
manien an der Donau. Dio Cass. 73, 14. Da
wurde er zu Carnuntum in Oberpannonien als
Rächer des ermordeten PBertinar von den Soldaten
zum Kaifer ausgerufen, vom Senate anerkannt,
befiegte jeinen Nebenbuhler, den Peſcennius Niger,
Sestos — Sereri.
im Morgenlande, eroberte Byzanz nach hartnädiger
Gegenwehr, jchlug danı den zweiten Rivalen Clo—
dius Albinus (197) in der großen Ebene nördlich
don Lyon, jäuberte nach feiner Rüdtehr den Senat,
errichtete eine neue Leibwache und gründete eine
wahre Militärherricait. — Sev.5. Herod.3,1ff.
Dio Cass. 74, 6 ff. 75, Darauf jchlug er die
Barther und eroberte "bie Hauptitadt Ktefiphon
(Ende 197 oder Anfang 198). Nach feiner Rüd:
fehr verweilte er längere Beit in Rom und be-
ftrafte hier im 9. 205 feinen bisherigen Günftling
PBlautianus, deſſen Greuelthaten und Schamlofig:
feiten alles Maß überftiegen hatten, mit dem Tode.
Wiſſenſchaftlich gebildet, jchmüdte er Rom durch
prachtvolle Gebäude und gab vortreffliche Geſetze,
namentlich zu Gunſten der Sflaven, wodurch er
jein früheres hartes Auftreten zum Zeil wieder
gut machte und die Abneigung gegen ſich zu ver:
wiichen ſuchte. Im 9. 208 zog er mit jeinen
Söhnen M. Aurelius Antoninus (Caracalla) und
Geta nach Britannien, konnte zwar im Guerilla:
frieg mit den Galeboniern feine großen Erfolge
—— ſtellte aber den Hadrianswall von Tunno:
celum bis Segedunum wieder her und ſtarb, ſchon
lange Zeit von ——* heimgeſucht, 211 zu Ebu—⸗
zacum (Vorf). Spart. Sev. 18f. Dio Cass. 76, 15.
Zonar. 12, 10. Herod. 8, 15. Er gab durch die
Aufnahme "zahlreicher Barbaren in feine neue Leib:
wache den nächſten Anlaß zum Sinken römiſcher
Kriegszucht. Vgl. Höfner, Unterſuchungen zur Ge—
ſchichte des Kaiſers X. Septimius Severus (1872 ff.),
die Monogr. von Duruy (1878) und Fuchs (1884)
und das Hauptwerf: de Geuleneer, essaı sur la
vie et le rögne de Septime Severe (1880). —
4) Alerander Gep., mit vollem Namen M.
Aurelius Severus Nlerander, aus Phoinikien,
Sohn der Julia Mamäa, Neffe des Septimius
Severus, geboren 208 n. G., wurde von jeinem
Better Heliogabal zum Gäjar ernannt, zog ſich
indes bald des Tyrannen Haß und Miftrauen
a weil er von ben Soldaten geliebt wurde.
ehrere Verſuche des wahnfinnigen Seliogabal,
Alegander zu ermorden, jcheiterten und endigten
Dr mit jeinem gewaltiamen Tode, 222, worauf
lerander vom Senat, Volk und Heer mit großem
Jubel zum Kaiſer ausgerufen wurde. Lampr. Al.
Sev. 1. Dio Cass. 78, 30. Sorgfältig unterrichtet
und verftändig, überließ er fich bei jeiner Jugend
der Leitung feiner Mugen Mutter, jowie der er:
fahrenften Männer, unter welchen der berühmte
Juriſt Ulpian fi befand, der zugleich das Amt
eines Gardepräfelten bekleidete. Während Ale:
rander den größten Teil des Tages Staatdange:
Fe widmete, las er in Mußeftunden die
Schriften der Philojophen und Dichter, bejonders
des Cicero und Horaz; außerdem unterbrüdte er
den ausjchweifenden ſyriſchen Gottesdienit, den jein
Vorgänger eingeführt hatte, verehrte aber neben
jeinen väterlihen Göttern aud Abraham umd
Ehriftus als Heroen, übte ftrenge Gerechtigkeit und
Ordnung und juchte eine jchärfere Mannszucht
u handhaben, worüber erbittert die Prätorianer
—9 iniſter Ulpian vor ſeinen Augen um—
brachten (228). Lampr. Al. Sev. 29. Herod. 6, 1.
Bon 232— 234 führte er einen Krieg gegen die
Neuperjer; darnad) z0g er nad Germanien, um
die Grenzen zu fichern, wurde aber hier mit feiner
Mutter von den mit feiner ftrengen Kriegszucht un:
Severus mons — Sibylla.
zufriedenen Soldaten ermordet, März 234. Herod.
6,8. Eutr. 8, 23. Oros. 7, 18. Zonar. 12, 15.
Aur. Viet. Caes. 24. ep. 24. — 5) Flavius Va—
lerius Sev., ein Jllyrier, von Galerius 305 n. €.
zum Cäſar ernannt, 309 306 gegen Marentius ins
Feld, wurde von jeinen Soldaten verlafien’ und
zu Ravenna 307 ermordet. — 6) Sulpicius
Sev., um 400 n. E,, ein chriftlicher Nechtägelehr:
ter, Verfaſſer einer historia sacra (Chronicorum
libri duo) von ru ber Welt bis zu feiner
Zeit, die gejchichtlichen Sinn beweift und in einem
gebildeten, den beften Muftern nachitrebenden Stile
geichrieben ift. Ausgabe von Halm (1866). Bgl.
Bernays, über die Chronif des Sulp. Severus
(1861).
Sevörus mons, ein von Bergil (A. 7, 713)
genannter Felſen im Sabinerlande an der Grenze
von Picenum, wohl zu dem Mons Fiscellus (j.
Gran Saſſo?) gehörig.
Servo mons j. Scandia.,
Sexagenarlus. Bon dem jechzigften Lebens:
jahre an rechneten die Römer der früheren Zeit den
Beginn des Greifenalterd, und nad einer alten
Sage wären die sexagenarii von dem pons sub-
lieius in den Tiber geworfen worden (davon
depontani genannt). Später deuteten manche
dieje Notiz dahin, daß die sexagenarii von den
Stimmbrüden der Comitien hinabgeftoßen worden
jeien und an den Volfsverfammlungen feinen An:
teil hätten nehmen dürfen. Cie. Rosc. Am. 35.
Sex suffragia, entweder die 6 patriciichen
älteren Nittercenturien im Gegenſatz zu den 12
von Gervius Tullius hinzugefügten plebejijchen
Nittercenturien (ſ, Equites), oder Titularritter,
welche den ritterlichen Cenſus hatten, aber nod)
nicht in die Reihen der wirklichen equites equo
publico aufgenommen worden waren. Eine Ent:
ſcheidung über dieje Streitfrage ift höchſt ſchwierig.
Cie. r. p. 2, 22. 4, 2. Liv. 43, 16,
Sextans j. Münzen, II.
Sextli. Zu biejem plebejiichen Geichlechte ge:
hören: 1) 2. Sert. Lateranns, Vollstribun mit
E. Licinius Stolo von 376—367 v. E., eroberte
durch jeine Vorſchläge, welche als leges Liciniae
Sextiae befannt find, den Plebejern die Bahn
zum Konſulate und wurde jelbft erjter plebejiicher
Konſul, 366. Liv. 6, 345. 7,1. — 2) P. Sert.
Baculus, Primipilaris Cäjard im ——
Kriege, ein ſehr tapferer Mann, der in der Ner—
vierſchlacht ſchwer verwundet wurde. Caes. b. q.
2,25. Mit dem Legaten Servius Galba in
Octodurus (im heutigen Walliſer Lande) von den
Galliern eingefchloffen, gab er den Nat, einen
Ausfall zu machen, und führte dadurch die Rettung
der Römer und Niederlage der Feinde herbei, 57
v. C. Daſ. 3, 5f. Während des Krieges gegen
die Eburonen im J. 53 krank im Lager des D.
Cicero zurüdgeblieben, fuchte er die anjtürmenden
Sugambern fernzuhalten, trug dabei aber wieder
ichwere Wunden davon. Daſ. 6, 38. — 3) T
Sert., diente unter Cäjar in Gallien als Legat,
jpäter unter dem Triumvirat, nad deſſen ib.
ſchluß er als Statthalter von Afrika im Namen
Octavians von Cornificius die Abtretung von Alt:
afrifa verlangte, in die Provinz einfiel und den
Eornificius befiegte. Nad der Schlacht bei’ Bhi-
lippi mußte er bei einer Teilung der Provinzen
Numidien dem Octavian übergeben, eroberte es
1109
aber nach dem perufinischen Kriege wieder. Später
überließ er die Provinz und die dort fichenden
Truppen dem Lepidus. App. b. c. 3, 85.4, 54ff. —
4) D. Sert., aus angejehenem Stande, gründete
im Anfange der Kaiferzeit eine ſtoiſche Schule zu
Rom, bie ein Sohn fortpflanzte. Quint.10,1,124.
Sextilii, 1) Bublius Sert, wies als Pro:
prätor den in Afrifa gelandeten flüchtigen Marius
aus feiner Provinz, 88 v. E. Plut. Mar. 40. —
2) wurde auf einer amtlichen Reife von See:
räubern gefangen genommen und verjpottet. Plut.
Pomp. 24. — 3) C. Sert. Rufus, befehligte im
Bürgerfriege (43 v. E.) die Flotte des Caſſius.
Cie, ad fam. 12, 13, 4. — 4) Gertilia, die
Mutter des Kaifers Vitellius, war eine Frau von
altrömiſcher Sittenftrenge, wenig erfreut über ihres
Sohnes Thronbefteigung. Tac. hist. 2, 64.89. Sie
ftarb 69 n. E. Tac. hust. 3, 67.
Sextilis j. Jahr, II.
Sextus, 1) ein Neffe Plutarchs, Lehrer des
Kaiferd Antoninus Pius, verfaßte philoſophiſche
Schriften. — 2) f. Skeptiker.
ibuzätes, Bolt in Aquitanien, an den Pure:
nden, deſſen Name im j. Sobuffe oder Saubufie
bei zu: ſich erhalten hat. Caes. b. g. 3, 27.
Sibylla, Zißviie. Diejen Namen trugen weis:
jagende, gottbegeifterte rauen, welche verjchie:
denen Zeiten und Völkern zugeteilt wurden. Über
ihre Zahl, ihren Namen, ihr Vaterland herricht
in den alten Zeugniffen weder Sicherheit noch
Übereinftimmung. Platon kennt nur Eine Sibylla,
Ariftoteles, Ariſtophanes wiſſen von mehreren;
u Barros Zeit unterjchied man deren 10. Nach
Euftathios ſoll die erſte Sibylla, von welcher die
übrigen den Namen erhalten, eine Tochter des
Dardanos und der > emwejen jein. Nach Plus
tar) (Pyth. or. 9) un gaufanias (10, 12,1) war
die erjte Sibylla eine Tochter des Zeus und ber
Lamia, einer Tochter des Rofeidon, die auf einem
Feljen bei Delphoi weisjagte; die zweite und vor:
nehmfte war die erythraiiſche, Herophile, als deren
Geburtsort verjchiedene Städte angegeben werden;
fie jelbft nannte ſich Herophile und Artemis, eine
Schweiter und Tochter oder Gattin Apollons, und
ſoll vor dem trojanischen Kriege gelebt haben.
Paus. 10, 12,2. Sie ift identiih mit der far:
dianischen, troischen, der ſamiſchen, deiphiichen und
fomaiiichen Sibylla und wird aud Demo, Dei:
phobe, Demophile, Amaltheia genannt. Bon Troas
aus ſoll fie, unftät wie alle Sibyllen, nach Klaros
bei Kolophon, dann nad Samos, Delos, Delphoi
— und ſpäter wieder in den Hain des
pollon Smintheus in Troas zurüdgefehrt fein.
Paus. 10, 12,5. Bon Kyme oder Erythrai aus
ſoll fie nah Cumä in Italien gewandert fein,
wo jie dem Aineias meisjagte, bevor er in die
Unterwelt ging (Verg. A.6, 10 ff. Ov. met. 14,104 ff.).
Sie ftand im Rufe großer Bejahrtheit (Op. met.
14, 130 ff. fast. 4, 875), weshalb man fich in Rom
.|am Feſte der Anna Perenna gegenjeitig die Jahre
der Sibylla wünjchte (Op. fast. 3, 534). Bon ihr
jollte eine Sammlung von Weisfagungen in grie-
chiſchen Verſen herrühren, die einft Tarquinius
Superbus von einer unbefannten Alten um un:
geheuren Preis anfaufte. Die griechifchen
Sibyllen ftehen in enger Berbindung mit dem
Weisjagegott Apollon und jollen bejonders an
ſolchen Orten ſich aufgehalten haben, wo ſich Orafel
1110
diejes Gottes befanden; jobald aber die Dralel:
ftätten fich ausbildeten, verichwanden die Sibyllen.
Sie mweisjagten entweder ohne äußere Erregung, |
nur von dem Geifte des Gottes getrieben, oder
durch das Trinken von Quellwaſſer in Efftaje ver: |
jet. Römiſche Sibyllen waren, neben der cumäi-
ſchen, die Garmentis (j. Evander), die Quer-
quetulanae virae (virgines) und bie Mefitis, |
ferner Albunen (Hor, od. 1, 7, 12) im tiburtini:
ſchen Haine (die tiburtinifche Sibylla). Die Alten
iprechen auch von einer hebräiſchen vorchriftlichen
Sibylla Namens Sabba oder Sambethe, melde
mit einer babylonischen (chaldäiichen), auch ägypti—
ichen, identifiziert ward. — Die jeßt noch vor:
handenen 12 Bücher fibylfiniiher Orakel in
griechifcher Spradye (zensuol LZıßvikıenor), von
jehr verjchiedenartigem Anhalt, ftammen aus ver:
ichiedenen Zeiten und enthalten eine Mifchung
chriftlicher, jüdischer und heidniſcher Anfchanungen ;
|
jie beftehen größtenteild aus einer ind Gewand |
der Prophetie gehüllten Erzählung hiſtoriſcher
Dinge, Weisfagungen über Tempel, Städte, Böl-
fer und Reiche, abwechſelnd mit Sittenjprüchen
und Borichriften und poetiichen Schilderungen.
Der Sammler, defjen Name unbekannt ift, lebte
jedesfalls nach Yactantius, vielleicht unter Juftinian.
Ausgg. von Friedlieb (1852) und Alerandre (2. Aufl.
1869). Vgl. Ewald, —* der ſibyllin. Bücher
(1858). Badt, de orac. Sibyllinis I. (1869).
Sibyllinische Bücher j. Divinatio, 15.
Sibyrtios, Zıßvgreog, bewahrte ſich nach Ale:
randers des Gr. Tode die ihm von diejem übertrage:
nen Provinzen Arachofien und Gedrofien, ſchloß jich
jpäter dem Eumenes an, mußte ſich aber, weil er
gegen denjelben intrigierte, flüchten und erhielt
dafür nad) defien Tode von Antigonos nicht nur
jeine Statthalterichaft wieder, jondern wurde aud)
von ihm großen Vertrauens gewürdigt. Died. Sie.
18, 3. 19, 14. 23, 68. Arr. 5, 6. 6, 27.
Sicarius (von sica, frummer Dolch), der
Meuchelmörder oder Bandit, in der Kaiſerzeit
Mörder überhaupt. Quint. 10, 1, 12. In der
älteften Zeit wurde jeder abfichtliche Mord vor
den quaestores parricidii abgeurteilt, jeit den
XIL Tafeln oder ſchon vorher richtete das Boll,
wenn es nicht Kommiljare ernannte. Erſt Sulla
errichtete eine quaestio perpetua inter sicarios,
aljo einen ftehenden Kriminalgerichtshof über Mord,
durch die lex Cornelia de sicariis. Als Strafe
wurde für Freie aquae et ignis interdictio bes
ftimmt; SHaven und Beregrinen wurden hinge—
richtet. Cie. Cluent. 53$. 71. Cäſar fügte noch
die Strafe der Konfiſlation des (halben) Vermögens
hinzu (Suet. Caes. 42. Cie. Caee.); in der Kater:
zeit erhielt die lex Cornelia eine Menge von
Nachträgen und Erweiterungen. So jollte Strafen:
raub in diejelbe Kategorie fallen, die Strafe wurde
nun Deportation; geringere Perſonen erlitten die
Todesitrafe. — Ganz zufälliger Morb war jtets
ftraflos und wurde in alter Zeit durch Opfer ge:
jühnt, doch war eine Eivilflage auf Schadenerjat
nach der lex Aquilia (j. Damnum) zuläflig;
culpojer Mord (d. h. im Affelt, wenn auch un:
abjichtlich verübt) zog erſt in der Kaiſerzeit Strafe
nach jich.
Sicea oder Niea, ein Freund Ciceros, bot
demjelben bei jeiner Flucht vor Clodius gaftliche
Sibyllinische Bücher — Sieilia.
Aufnahme (Cie. ad Att. 3, 2), 58 v. C. Auch
jpäter bewies er fich dem großen Redner als
Freund (ad Att. 16, 6, 1). Aus Plutarchs An:
gabe (Cie. 32), daß ein Sicilier Bibius den Cicero
aufgenommen habe, wollen mande ſchließen, daß
Vibins der eigentliche Name geweien und aus
Sicca mißverftändlih ein Sicilier von Plutarch
gemacht ei.
Sicea VenerYa, Zi»x«, jept wahricheinlich Kef,
bedeutende Stadt Numidiens, öftlih von dem
Muthul, j. Wed Mella, einem Nebenfluß des Ba-
aradas auf einemHügel; römische Kolonie, uriprüng:
lid aber phoinifiiche Anlage mit dem Kult der
Aftarte. Sall. Jug. 56. Pol. 1, 66. 67.
Sichaeus j. Dido.
Sicilia, 7 Zıxeile, auch Sicania, Eımarie,
wegen der 3 Vorgebirge, welche eine Dreiecksgeſtalt
bilden, Teıvaxgle (= dem homerischen Pgıraxin ?)
und bei römijchen Dichtern (Hor. sat. 2, 6, 55)
Triquetra genannt, die größte und bedeutendite
Anfel des Mittelmeeres (532 7) M. groß), weitlich
von Unteritalien, von welchem fie durch eine an -
der ſchmalſten Stelle nur 12 Stadien breite Meer:
enge, Fretum Sieulum (Fr. Siciliense, Cie. n. d.
3, 10, 24), Einelınög Tlopduög (j. Faro di Mei:
fina), getrennt ift, jei es, daf die Trennung durch
ein Erdbeben entitanden, oder das Yand durch
vulkaniſche Ihätigfeit aus dem Meere gehoben
worden tft. Bei einer Länge von 4 geographi-
ſchen Meilen erweitert, jich die Breite der Meer:
enge zu 2 Meilen. Über die Größe der Inſel
waren die Meinungen jehr geteilt. Nach Epho:
ros gebraucht man zur Umjchiffung 5 Tage und
5 Nächte, nach Thufydides (6, 1) 8 Tage; Poſei—
donios bei Strabon (6, 266) gibt den Umfang
auf 4400 Stadien (= 550 Mill.), Plinius (3, 8, 14)
auf 618 Millien an. Das die Inſel umgebende Meer
hieß, wenigitens im Norden und Dften der Aniel,
Mare Siculum, rö Zinelınö» meiayog, db Kinelınös
zörrog, in alerandriniicher Zeit auch ro Abaavıor
relcyog, mare Ausonium benannt, welches im wei:
teren Sinne big Kreta reichte, nach Plinius aber mur
ein Zeil des Konifchen Meeres war. Das Haupt:
gebirge der durchaus gebirgigen Inſel jind die
tebrodijhen Berge (Nevgmön Öen, j. ohne
Gelamtnamen), im ihrem höchiten Gipfel 1975"
hoch, in —— und ſüdlicher Richtung den
Apennin fortſetzend. Nahe dem Oſtrande der Inſel
liegt der 3310 m Hohe Vulkan Atna (Arten, j.
Ana oder Monte Gibello), im äuferften Weiten
der Eryr ("Eev£, jetzt S. Giuliano), im Süden
die Heräifchen Berge (r« "Howie den, j. Monti
Sort). Andere Namen find Neptunius bei Wei:
jene, Maro, Kratas, Gemelli Eolles weiter der
Mitte zu. Vorgebirge an der Dftküfte: die flache
Nordoft:Spike Belsror oder Peloris (j. Capo
di Faro), Drepanon (wohl Kapo di ©. Aleffto),
Argennon (j. Taormina oder St. Angelo), Plem—
myrion, jüdlich neben Syrafus (j. Punta di Gi—
anta), die Südoſtſpitze Pachynon (j. Capo
Baflaroı; dann an der Sübdmweitieite: Odyſſeion
(Bunta di Eircia), Bufra (j. Butera), Lilybaion,
das weftliche Vorgebirge (j. E. Boeo oder di Mar:
jala); an der Nordküſte: Aigithallon (Capo ©.
Teodoro), Phalafrion (E. Rafoculmo). — Die
Flüſſe find nicht jehr groß, aber im Frühling oft
jehr angejchwollen und reigend. An der Dftküfte:
Alejines oder Ajines (j. Finme di Alcantara),
Sieinii.
miündete zwilchen Tauromenion und Naxos, Sy:
maithos (j. Simeto oder Giaretta), der größte
Fluß der Inſel, mündete etwas nordöftlich von
Leontinoi, Mylas j. Marcellino oder S. Ginliano),
in den Golf von Megara mündend; Anapos (j.
Anapo) bei Syrakufat, Heloros (j. Tellaro) bei
der Stadt gl. N, Aſſinaros (ij. Fiume Falconara
oder Fiume di Nolo), an dem ſich Nikias mit dem
Reſte des atheniichen Heeres den verfolgenden Sy:
rafufiern ergeben u (Thue. 7, 85). Un der
Südweftlüfte: Gela (ij. Fiume Dliva), Himera
(ji. Fiume Saljo), zwiichen Gela und Akragas,
Halykos (j. Platani) bei Herafleia Minoa, Hypſas
(1. Belice) bei Selinus. An der Nordlüſte floß
ein zweiter Himera (j. S. Lionardo oder Fiume
Grande) und der Krimijjos (ij. d.). Bon Seen
enthielt S. den vom Anaposjluß gebildeten Ly—
jimeleia (j. Bantanella) bei Syrakufai, Syrato,
ebendajelbit, die Kanapivn Adurn bei der Stadt
d. N. (noch jegt Camarina), den Yacus Bergos
(j. Berguja oder Yarghitello) jüdwejtlich von Enna,
den Lacus Palicörum, n rör Ilalınar Aurn
(1. Paliei), einen vulfanijchen See bei der Stadt
Menä. Bon Quellen jind die Arethuja zu Sy:
rafus und Kyana ji. Eiana, oder Pisma) ganz
in der Nähe zu merfen. — liber die ungemeine
Fruchtbarkeit der Inſel ift nur Eine Stimme: fie
galt für die Kornlammer Staliens, cella penaria
rei publicae, nutrix plebis Romanae (Üic. Verr.
2,2. de imp. Cn. Pomp. 12. Liv. 26, 40. Strab.
6, 273); deshalb war fie der Ceres heilig und
galt für ihren Lieblingsaufenthalt; der jebige Zu:
jtand der Inſel ift teilweije infolge der Schlaffheit
und Trägheit der Bewohner ein ganz anderer.
Während in den jüdlichen Teilen ſich bei den
Broduften ſchon eine Verwandtichait mit Afrika
zeigt, herricht in den übrigen die mit Jtalien vor.
Weizen, Südfrüchte, Wein, Balmen, treffliche Roſſe
u. j. w. werden genannt. — Weil man die Ky—
flopen und Laiftrygonen des Homer nicht
anders unterzubringen wußte, verſetzte man jie nad)
S.; die Gejchichte fennt aber als die älteften Be:
wohner die aus Italien eingewanderten Sicani
(Zinavol, Thuec. 6, 2) oder Sicüli (Cie. Verr.
2,2. Zinelod, Thuc. 6, 1), denn beide Namen jind
identijch, wenn man aucd eine doppelte Einmwan:
derung annehmen zu müſſen jcheint. Lixeliwrau
Dagegen hießen die auf S. wohnenden Griechen.
Zu den Sicanern und Siculern famen dann auf
der Weftjeite der Sage nad) Kreter und Elymer,
ein Haufe flüchtiger Troer, in Wahrheit wohl
Ligurier, Die aber mit ihmen verichmolzen zu
jein jcheinen. Des Handels wegen jiedelten fich,
namentlich in den nördlichen und nordweitlichen
Strichen, Phoiniker an, welche aber durd die
jeit 736 v. E. zu Naxos zuerft angefiedelten Hel—
lenen jehr beichränft wurden. Bol. Thuc. 6, 3.
Die Hellenen gründeten eine Menge blühender
Kolonien, von denen jhon früh Unter-Kolonien
ausgejandt wurden. Syralus gründete Alrai und
folonijierte Enna, dann Kaſmenai und Kamarina.
Bon Gela ging 581 dv. C. Alragas aus, welches
ipäter Syralus an Macht und Reichtum den Rang
ftreitig machen jollte; die Bewohner von Megara
men Selinis. Auch die haltidifchen Städte
eteiligten ji) an der weiteren Koloniſation, denn
von Zankle ging Himera aus. Die Parteifämpfe
am Ende des 6. und Anfang des 5. Jahrhunderts
1111
v. E. führten zur Tyrannis, durch welche beſon—
ders Alragas und Gela große politiihe Macht
gewannen. Gelon erkannte, daß Syrakus die
Hauptftadt eines geeinigten Siciliens fein müſſe,
und dieje Hegemonie wurde durch den glüdlichen
Kampf gegen die Karthager um 480 v. E. völlig
entichieden. Sein Nachfolger Hieron (478-466)
ließ in diefem Streben nicht nad. Die Vertreis
bung der Tyrannen führte zur Demokratie und
zu inneren Parteilämpfen, welche die Macht der
einzelnen Städte jchwächten, in denen bald Oli—
garchen herrichten, bald die Ochlofratie die Ober:
hand befam. Deshalb hatten auc die Kriege
mit den Karthagern am Ende des 5. Jahrhunderts
einen unglüdlichen Ausgang. Der Krieg wurde
397 v. E. erneuert und jicherte wieder auf einige
Beit den SHellenen das Übergewicht, indem 392
die Karthager auf ihr altes Gebiet im Nordweiten
beichränft wurden und Dionyſios die Herrichait
von Syrakus ficherte. Auch Timoleons und Aga—
thofles’ fiegreiche Feldzüge hemmten Die Fort—
jchritte der Karthager, bis endlich durch den eriten
puniſchen Krieg die Römer ſich in den Bejig der
Inſel jeßten und aus ihr die erfte provincia
machten: jo famen nocd die Römer zu den ſieu—
liichen und helleniichen Bewohnern hinzu. Val.
das Hauptwerf: Holm, Gejdhichte Siciliens ım
Altertum (2 Bob. 1870 und 1873). — An der
Pilege der Künfte und Wiffenichaften haben die
fieiliichen Griechen lebhaften Anteil genommen.
Fi ihnen gehören die Dichter Steſichoros, Epi—
arınos, Theofritos, Moschos u. a., die Hiftoriker
Philiftos, Timaios, Diodoros, die Philojophen
Empedofles und Dikaiarchos, der Redner Gorgias,
der Mathematiler Archimedes u. j. w. — Die
bedeutenditen, jchon zu Strabons Zeit teilweije
verihmwundenen oder herabgelommtenen, Städte (das
Genauere j. bei den einz. Art.) waren an der
Dftküfte: Zankle, jpäter Meſſana (j. Meifina),
Naros, in deiien Nähe ſpäter Tauromenion
(j. Taormina), Katana (j. Catania), Leontinoi
(1. Lentini), Megara mit dem Beinamen Hybläa
(verichwunden), Syrafufat (j. Siragoja). An der
Südweſtküſte Kamarina (Ruinen bei Torre di
Bamarana), Gela (in Trümmern), Phintias (j.
Licata), Akragas, röm. Agrigentum (j. Girgentt),
Herafleia Minoa (Trümmer bei Torre di Capo
Bianco), Selinüs (Tr. bei Laftelvetrano); an
der Weftküfte: Lilybaion (j. Marjala), Eryrx
und Drepaunon (j. Trapani). An der Nordküjte:
Segefta, Banormos (j. Balermo), Himera,
ipäter Thermai (j. Termini), Mylai (ij. Wilazzo),
Agathyrna. Im Innern: Kenturipai (j. Gen:
torbi), Hybla Major (j. Baterno), Enna (j. Caftro
Giovanni), Agyrion (j. Argiro), Adranon (ji.
Aderno), Aſſoros (j. Ajaro) u. a. Strab. 6, 266 ff.
Mela 2, 7, 14 ff. Plin. 3, 86 ff.
Sieinli, 1) T. Sic. Sabinus, Konjul 487
v. &., befiegte die Boliter. Liv. 2, 40. Dion. Hal,
8, 67. — 2) C. Sic. Bellutus, führte die Plebs
auf den heiligen Berg und war 493 v. C. einer
der erjten Volkstribunen. Ziv. 2, 32. Dion. Hal,
6,89. Er Hagte den Eoriolan an. Plut. Cor. 18.
— 3) €, &ic, trat 470 v. E. als Rollstribun
mit einer Anklage gegen den Appius Claudius
wegen Unruheftiftung auf. Liv. 2,58. 61. — HL.
Sie. Dentatus, cin durch kühne Thaten aus:
gezeichneter Nömer, den jeine Landsleute mit Achill
1112
verglichen, foll (455 v. €.) gegen die Aquer ge:
tämpft haben und, von den Decemvirn angefeindet,
in einem, ihm von dieſen gelegten, Sinterhalte
gefallen jein. Plin. 7, 27. Dion. Hal. 10, 36 f.
43 ff. 49. 11, 25 ff. — 5) En. Sic, Prätor 183
v. E., wurde 172 beim Ausbruche des Krieges
gegen Perſeus mit Flotte und Heer nah Male:
donien gejandt. Liv. 39, 45. 42, 9f. 22. 27. —
6) E. Sic., wird von Cicero (Brut. 76, 263) als
tüchtiger Redner gerühmt. — 7) En. Sic., Volks—
tribun 76 v. E., fand, als er nad Sullas Tobe
auf die Erneuerung der Rechte des Tribunats
drang, durch die rachjüchtige Verfolgung jeiner
Gegner den Tod. Cic. Brut. 60. Sall. hist. 3, 22.
Sicöris, Zixogıs, j. Segre, linfer Nebenfluß des
Iberus (Ebro) im tarraconenfischen Hifpanien, der
bei Ilerda vorüberftrömte und oberhalb DOctogeja
mündete. Caes. b. c. 1, 49. 61. Dio Cass. 41, 20,
Sieäli j. Sicilia.
Siecülum fretum j. Sicilia.
Side, Ziön, 1) früh verfallener Hafenort an
der öſtlichen Landſpitze Laloniens, jüdlih von
Epidauros Limera. Paus. 3, 22, 11. — 2) Küjten:
ftadt im mittleren Pamphylien, aioliſche Kolonie
von Kyme und Hauptfig des Athenekults. Auinen
bei Esti Adalia. Liv. 35, 13. 37, 23. Strab.
14, 664. 667.
Zıdsövar |. Erziehung, 14.
Sidieini, aufoniiche Völkerſchaft im nördlichen
Campanien, am Berg Majficus und an der Grenze
von Sammium, mit der Hauptftabt Teanım (1.
Teano). Cie. Phil. 2, 41. Liv. 7, 29. 8, 2. 15.
Verg. A. 7, 727.
Sidon, Zıöar, alte Stadt Phoinifiens in einer
faum meilenbreiten Küftenebene, 5 M. nördlich
von Tyros und ebenjoviel jüdlih von Berytos
gelegen; mit doppeltem Hafen und ftarf befeftigt,
aber jeit der Zerjtörung durch Artaxerxes III. (um
350 v. €.) für jeden Feind leicht zu nehmen. Arr.
2, 15, 6. Sidon war jchon zu Homers Beiten (Il.
6, 290. 23, 743. Od. 15, 115. 425) durch feinen
Handel und Kunftfleiß berühmt, ftand um 1600—
1100 an der Spige der phoinifischen Städte, grün-
dete verichiedene Kolonien, wurde aber dann von
Tyros überflügelt. Seine Schiffe waren die beften
Segler. Hat. 7, 99. 128. ©. hatte, wie alle phoi:
nikiſchen Hauptftädte, erbliche —— die freilich
jeit dem 8. et immer unter fremder Oberhoheit
ftanden. Das h. Saida iſt Meiner als die alte
Stadt. Strab. 16, 756 ff.
SidonYus, &. Sollius Apollinaris Mode:
ftus Sid, um 428 n. C. zu Lugdunum geboren,
Biſchof von Clermont in Gallien, geitorben um
488, Verfaſſer dreier Xobgedichte und ziweier Epi:
thalamien, außerdem mehrerer Heinerer Gedichte
und einer Brieffammlung in 9 Büchern, in einem
ſchwülſtigen und oft ſchwer verjtändlichen Stil.
Wichtig Mind jeine Werfe als Beitrag zu der Ge:
ihichte und dem Leben jeiner Zeit.
Yuetjohann (1887).
(1864).
Sidüs, Zidoös, feiter Plab in Megaris, nahe
der Grenze don Korinthia, an der Bucht von
Kenchreai, zwiichen dem Iſthmos und Krommpon,
berühmt durch jeine Apfel. Xen. Hell. 4, 4, 13.
5, 19.
Sidüssa, Zidovose, Ort in Lydien, gehörte
zum Gebiet von Erythrai in Jonien. Thuc. 8, 24. |
Ausg. von
Abhandlung von Kaufmann
Siecoris — Sigeum Promunturium,
Sieben gegen Theben ſ. Adrastos.
Sieben Weisen, Sapientes septem, ol fnr«
copoi, Männer, welche nicht bloß durch hervor:
ragende rg Kraft und tiefe Lebenserfahrung,
jondern auch durch Schärfe des Geiftes und Klar:
heit der Einficht die beionderen Wohlthäter ihrer
rg mwurben. Cie. de or. 3, 34. So fommt
es, daß bald ihre politifche, bald ihre dichteriiche
Thätigfeit vorzüglich hervorgehoben wird. Pitta—
fos von Moütilene auf Leſbos, Solon, Kleo:
bulos von Lindos auf Rhodos und Beriandros
von Korinth waren entweder Gejeggeber und
Heerführer oder Vorfteher und Beherricher ihrer
Baterftädte; Cheilon, ebenjo jehr wegen jeiner
politischen Schergabe als wegen der nach ihm
benannten Ausdrudsweife bewundert, wird als
Ephoros zu Sparta genannt; Thales von Milet
und Bias von Priene in Karien erjcheinen als
Ratgeber von Königen und Bölfern. rfterer
veranlaßte die Jonier zur Stiftung ihres großen
Bundes mit dem Mittelpunfte des gemeinjamen
Rates in Teos; auch begleitete er den Kroijos
auf dem Zuge wider die Perjer und führte fein
Heer troden durch den von ihm abgeleiteten Halys;
Bias aber hielt denjelben König von einem Sce:
friege wider die griechiſchen Inſeln zurüd und
riet den Joniern bei den Einfällen der Perſer,
ihre Städte in Aſien zu verlaffen und nad Sar:
dinien zu ziehen. Hdt. 1, 27. 170. — Einige
ftreihen Periandros (j. d.) und nennen dafür ent:
weder einen andern Gleichnamiger oder den My:
jon. — Umverfennbar hängt das Weſen diejer
Männer, die einem und demfelben Zeitalter an:
gehören, mit dem Charakter des doriſchen Stam—
mes zufammen, und Platon nennt fie daher wohl
mit Recht Nacheiferer, Liebhaber und Schüler der
lafedaimonischen Difeiplin und findet UÜberein:
ftimmung zwiichen ihrer gnomijchen und der lato:
niſchen Redeweiſe; 4 von ihnen waren aud do:
riihen Stammes, der fünfte ein Spartiate. Nicht
immer werden denſelben diejelben Sprüche zuge:
ichrieben: Pittakos xuıpor yrohı, wohl erwäge
die Zeit; Solon undtr äyar, Kleobulos uergov
&oıorov, Periander uelden zo wär, jegliches vor:
bedadıt; Eheilon yradı oeavror (auch dem Solon
zugeichrieben, wofür dann rflog ögür uuxgoo
Blov); Thales Eyyda, aidga 5° Ärn, Bürgichaft
bringet dir Leid; Bias oi wielovg xanoi, mehrere
machen es jchlimm. Ihre kurzen Sprüche tragen
nicht ſowohl das Gepräge tiefer Gedanfen und
einer das gewöhnliche Ma überragenden Weis:
heit, als vielmehr einer wie mit Blitzeskraft ein:
leuchtenden und jchlagenden Wahrheit und einer
tüchtigen, der eigenen Grundjäße bewußten Ge—
finnung (vgl. Gnomische Poäsie). Daher
ftanden fie auch unter bejonderem Schutze des
pythiſchen Apollon, deſſen ſententiöſe Orafeliprüche
mit ihrer apophthegmatiſchen Weisheit eine ge—
wiſſe innere Verwandtſchaft hatten.
Sigambri j. Sygambri.
Sigeum Promunturium, ro Ziysıov, Borge-
birge in Troas, die Nordiveit: Spige von ganz
Alien am Eingange des Hellespontos, der Stadt
Elainſa an der Südſpitze des thrafiichen Cherſones
gegenüber; j. Jeniſcheher. An dem Borgebirge lag
die gleichnamige Stadt mit einem Hafen, der
ipäter zu Nen:Jlion gehörte. Sie gab Beran-
laffung zu einem Kriege zwiichen Mytilene und
*
Sigilla — Sikyonia,
Athen und war dann Aufenthaltsort der aus Athen
vertriebenen Beififtratiden. dt. 5, 65. 94. Strab.
13, 595 ff. Berühmt ift nody die ſigeiſche In—
ſchrift an einer hermenartigen Säule ohne Kopf,
die von Sherard dor der Kirche eines Dorfes ent:
dedt und durch Lord Elgin kopiert und jelbft nad
England gebracht wurde. Sie ift Boverpopndor
geichrieben und wurde ald Schugmittel gegen meh:
rere Krankheiten angeſehen, weshalb ſich viele
Kranke darauf jepten und legten.
Sigilla, Heine Bildiäulen und Bilder, nament:
lich Reliefplatten (j. v. a. emblemata, j. d.) oder
die geichnittenen Steine des Siegelringes u. dergl.
SigillarYa, ein römijches Bilder: oder Buppen=
feit, Fortiegung und Schluß der Saturnalien und
gefeiert am 21. und 22. Dezember. Es war be:
nannt nach den Heinen thönernen Menfchenfiguren,
welhe Numa als Symbol von Menichenopfern
ftatt lebender Kinder dem Saturnus dargebradht
haben jol. Später wurden Heine Götterbilder
aus Terracotta, Erz, ja nody jpäter aus Silber
und Gold geichentt, bejonders Kindern. Auch
wurden bunt bemalte Wacdslichter, Badwerk aus
Weizenmehl, Anis und Donig, verichiedenartig ge:
formt, als Gejchente verteilt. Suet. Claud.5. Man
faufte dieſe Sigilla, neben welchen auch die ver:
ichiedenartigiten Kunft: und Yuruswaren verſchenkt
wurden, teils in der Sigillarftrahe (Suet. Ner. 28),
teils auf den Sigillarienmärften des Campus Mar-
tius und Mons Esquilinus, wo fie in Buben
aufgeftellt und feilgeboten wurden. Damit beichent:
ten Eltern ihre Kınder und befreundete Familien
ſich gegenjeitig. Martial. 7. 14.
Signa, 1) die Signale, d. h. militärifche Be:
fehle, jowohl auf dem Mariche, ald aud in der
Schlacht und im Lager gegeben, zerfielen in signa
vocalia, semivocalıa und muta, die beiden eriten
dem Ohre, die legten nur dem Auge mwahrnehm:
bar. Zu den signa vocalia gehörte die Zojung
. (signum), die in der Schlacht den Tribunen münd:
lih von dem Feldherrn gegeben und von diejen
weiter von Mund zu Mund getragen murbe.
Dagegen wurde die Bat (tessera) im Lager,
von den Tribunen auf einem Täßfelchen geichrie:
ben, auf die unter Disciplina militaris, 8.
angegebene Weije befannt gemadt. Die signa
semivocalia wurden durch die militärischen Blas—
inftrumente gegeben (tuba, cornu, bucina). Zu
den signa muta gehörte das auf dem Feldherrn—
zelte zur Andeutung des Beginnend der Schlacht
—— vexillum, ſowie auch alle vorherigen
Verabredungen während der Schlacht, z. B. eine
Handbewegung, Abnahme der Kopfbedeckung u. ſ. w.;
endlich auch eine Art telegraphiſcher Signale na—
mentlich bei Nacht durch Feuer. Bei Tage wurden
Signale an entfernte Heeresabteilungen durch Bal—
ken gegeben, die an hohen Türmen befeſtigt waren
und die man je nach der Verabredung hob oder
ſenkte. — Endlich gehören zu den signa muta
noch 2) die Feldzeihen, Adler und Fahnen.
Uber die erfteren vgl. Aquila. In den früheren
Beiten (die Manipelaufftellung j. unter Acies)
war das Teldzeichen der Manipeln das Bild eines
Tieres, namentlich eines Adlers, Ebers, Roſſes
u. ſ. mw. Seit Marius wurde aber der Adler aus-
ichließliches signum der Legion; doc hatten noch
in den fpäteften Kaiferzeiten einzelne Legionen
ganz beftimmte eigentümliche Tierbilder, z. B. die
1113
leg. XX. Valeria Vietrix (jeit Claudius in Bri—
tannien, vorher in Bannonien und Germanien)
den Eber. Daneben behielten die Manipeln ihre
bejonderen signa, die nunmehr aber gewöhnlich
aus einer Hand beftanden, oder aus einem Kranze,
unter denjelben die Bilder von Göttern, ſpäter
aud; der Sailer, ja unter Ziberius jelbit des
Günftlings Sejanus. Suet. Tib. 48. Tac. ann.
4, 2. Seit vom hörten die Manipeln ganz
auf, dafür befamen die Cohorten bejondere signa,
die gewöhnlich aus einem Drachen bejtanden, wes—
Ib die Fahnenträger auch draconarii hießen.
m Lager wurden bie signa mit dem Adler neben
dem Prätorium aufgejtellt, die für die fleineren
Abteilungen blieben bei den einzelnen Manipeln.
Bol. Domaszewsti, die Fahnen im röm. Heere
(1885).
Signia, 7 Eiyria, 1) Stadt in Latium an der
Dftjeite des gi von Tarquinius Su:
perbus gegründet und befannt durch einen Tempel
des Jupiter Urios, ihren herben als Arznei ge:
brauchten Wein, ihre Birnen und durd das Opus
Signinum, eine Art Kitt oder Mörtel, der als
Eitrih zu Pavimenten gebraudyt wurde. In dem
jeßigen Segni ift der alte Jupitertempel als Kirche
erhalten. Liv. 1, 56. 2, 21. 8,3. Strab. 5, 287,
— 2) Berg in Großphrogien, an deſſen Fuß
Apamein Kıbotos lag. Plin. 5, 29, 29.
Signifer, der —— trug das signum
in der rechten Hand, in der linken den Speer.
Der Träger des Adlers hieß gewöhnlicher aqui-
lifer, der Träger der jpätern Cohortenfahne, eines
Drachen, draconarius (vgl. Signa). Der ag rin
träger war verpflichtet, für die Soldaten jeiner
Fahne die Hälfte des donativum, jowie auch an:
derer Einnahmen, z. B. wenn fie überflüffige
Lebensmittel an die Marletender verkauften, ın
Empfang zu negmen, darüber Rechnung zu führen
und es ihnen bei ihrer Entlaflung wieder aus:
zuzahlen.
igynnal, Ziybovar, oder Siginni, Ziyırvor,
ein Volt, deſſen Wohnfige bald am Kaſpiſchen
Meere, bald am Iſtros gejucht werden. Wie He—
rodot (5, 9) berichtet, jtammten fie ihrer Angabe
nad aus Medien und hatten mediiche Sitten. Sie
hatten Feine, zottige, nur zum Fahren tüchtige
Pferde; die befte Wagenlenterin konnte ſich ihren
Mann wählen. Man glaubt in ihnen die älteften
Spuren der Zigeuner zu finden. Strab. 11, 520.
Sikänos, Zixavös, 1) Sohn des Exekeſtos,
Strateg zu Syrakus zur Zeit der atheniichen Er:
pebition, befehligte einen Flügel der Flotte. Alra-
gas juchte er vergeblich zu gewinnen. Thuc. 6, 73.
7, 46. 50. 70. — 2) Fluß in Iberien, das Thu—
fybides (6, 2) bis an den Rhodanos reichen läht;
aljo wahricheinli die Sequana, j. Seine (nad)
Grotefend und Forbiger).
Sikinnis ſ. Satyrdrama,g. €.
Sikinos, Zixıvros, j. Silinos, Kyfladeniniel
zwiichen Pholegandros und os, darauf eine
Stadt gl. N., mit bebeutendem Weinbau, daher
früher Dinoe. Nachdem Sit. in den Perſerkriegen
ji dem Zerxes angejchloflen hatte, trat es jpäter
in die Reihe der tributpflichtigen Bundesgenofien
der Athener. Unter den Baureften zeichnet fich
ein Tempel des pythiſchen Apollon aus, der in
eine chriftliche Kirche verwandelt ift. Strab. 10, 484.
Sikyonla, Zırvovi« (d. h. Gurlenland, wegen
1114
Sila — Silü.
des Gemüjebaues), in mythiſcher Zeit auch Mn- | demofratijche Negierung eingeführt hatte, unter-
orn (Mohiuftadt), Alyıdlcıe und Teiyırda ge:
nannt, Yandichaft im nördlichen Belopouncs, grenzte
nördlich an den Korinthijchen Meerbuien, ım W.
an Achaia und Arkadien, im ©. an Kleonai und
Phliaſia, im DO. an Korinthia und war etwa
5 IM. groß. Der Boden ift jehr gebirgig, im
Südwejten erhebt fich Hufeijenförmig 2400 m das
Gebirge Kyllene (j. Zyria), meift mit Schnee be:
dedt und durch Erdbeben in wunderbare Formen
geriffen, weiter öftlih Apeauros (Gavrias Oros)
oder Apelauros 1400 m,
Gebirge reichen bis in die Nähe des Meeres, nur
durch eine fruchtbare Ebene davon geichieden (j.
Ebene von Vokha). Unter den Gewäſſern bildete
der Sys oder Sythas (ji. Fluß von Xylofaftro)
die Grenze gegen Adaia, der Nemea (Fluß von
Kutzomali) gegen Korinthia; zwiſchen beiden fließen
der Ajopos (Fluß von Hagios Georgios) und
Heliſſon. Durch dieje Bergſtröme wird von den
Gebirgen noch mehr Fruchtland herabgeführt und
die Fruchtbarkeit der Ebene erhöht. Das Klima
ift reiner und gejünder als_in dem benachbarten
Korinth; an Getreide und DL war die Ebene un:
erichöpflich, die Berge reich an Holz; daher ziem-
lich dichte Bevölterung (etwa 40—50 000 Seelen).
Die Hauptitadt Sifyon (Linear, auf Münzen
auch Fexvor), früher Wigialeia, beim j. Vaſilika,
Geburtsort des berühmten Bildhauers Lyſippos,
zwiſchen Aſopos und Seliffon, bildete in jeder Be—
ziehung das Centrum des Landes und hatte 20—
25000 Einwohner. Die alte Stadt lag teils in
der Ebene, 12 Stadien vom Meere, teild auf einer
breiten, terrajienförmigen Hochfläche oberhalb der:
jelben; Demetrios Boltorfetes aber (nach dem die
Stadt eine Zeit lang Demetrias hieß) zwang
die Bewohner der Unterftadt, diejelbe zu räumen
und jich ebenfalls auf der Hochfläche anzufiedeln,
und von dieſer neuangelegten, regelmäßig gebauten
Stadt haben ſich anjehnliche Ruinen (des Theaters,
Stadions, einer Wafjerleitung u. ſ. w.) erhalten.
Strab. 8, 382. Paus. 2, 7 ff. Sif. war der frühejte
Sitz der Malerei, jowie die Mutterjtadt aller Me—
tallfabrifen (Kupfergruben im Wjoposthale), und
verdiente daher bei ihrer außerdem fejten, ge—
funden und malerischen Lage mit Hecht das Lob
der Alten, fie jei eine Luft im Frieden und ein
Schuß im Kriege. Südlich lag Titane, mit einem
Ajklepiostempel; Gonuſſa öftlih. Derai, Epieikia
und Thyamia waren Naftelle, deren Lage nicht
jiher nachzuweiſen ift. — Als ältefte Bewohner
werden die Konier genannt, danı die Ychaier,
endlich die Dorer, deren Fürſt Phalkes fich durch
nächtlichen Überfall Sikyons bemächtigte. Eine
hervorragende Rolle hat Sif. in der Gejchichte nie
geipielt; es Ichnte fich jtets an Argos oder Sparta
an. So jtand es im erften meſſen. Kriege mit
Argos auf jeiten der Mefjenier. Zur Zeit des
zweiten mefjen. Krieges erfolgte die milde Tyran—
nis der Drthagoriden (Hdt. 6, 126), unter denen
ſich der legte, Kleifthenes, Schwiegervater des
Atheners Megakles, auszeichnete (Hdt.6,126—131),
596— 565 v. E. In den Perierkriegen ftellten die
Sikyonier 12 und 15 Schiffe (Hat. 8,1. 43), im
peloponnefiihen Kriege ftanden fie auf jeiten der
Spartaner und ftellten Schiffe (Thue. 2,9. 80.83),
waren auch ſonſt thätig. Thuc. 4, 70. 101. 5, 52,
Als aber Sit. fih von Sparta abgewandt und
Die Ausläufer Diejer |
warfen die Spartaner es aufs neue (Thuc. 5, 82)
und zwangen es zur Teilnahme an der ficiliichen
Erpedition (daj. 7, 58). Später finden wir meh:
rere Tyrannen in Sit. An dem lamijchen Kriege
323 v. C. ſchloſſen ſich die Sikyonier dem allge:
meinen Aufſtande gegen die Makedonier an. Nach—
dem daun Ptolemaios und nad ihm Demetrios
Poliorketes (308) Sik. beſetzt hatten, folgte wieder
eine Reihe von Tyrannen, von deren Joche Sit.
endlich 251 durch Aratod befreit wurde, der die
Verhältniffe ordnete. Der Anſchluß an den Achaii—
ichen Bund führte aber mancherlei Drangjale her—
bei, die auch in den makedoniſch-römiſchen Zeiten
fortdauerten. Nach der Zerftörung Korinths janf
auch Sif. und wird jelten mehr erwähnt. Bal.
die Monographien von Gompf (1832) und Bobrif
(1839), jowie Burfian, Geogr. von Griechenland II
S. 23 ff. Curtius, Peloponnejos II S. 482 ff.
Sila, Zire, 1) Waldgebirge in Bruttii, noch
jest Sila oder Aipromonte, das ſich von Eonientia
(j. Eoienza) bis zur Siciliſchen Meerenge hinzog
und vorzüglich durch das Bauholz und das Pech
berühmt war, welches es lieferte. Cie. Brut.
22, 85. Strab. 6, 261. Dion. Hal. 20, 15. —
2) Stadt Italiend am Ndriatiichen Meere. Pol.
34, 11.
Siläni, 1) j. Junii, II, b. — 2) T. Turpi:
lius Sit, ſ. Turpilii, 2.
Silanion ſ. Bildhauer, 8.
Silärus, EiRagos, Eiiegıs, 1) Ort und Fluß
im cispadanischen Gallien, weitlihd von Forum
Eornelii; der Fluß nod jet Sillaro, der Ort
Eaftel ©. Pietro. — 2) Grenzfluß zwiichen Yuca:
nien und Campanien, noch j. Silaro oder Sele,
entjpringt auf dem Apenmin, nimmt von links den
Tanager (j. Negro) und Calor ıj. Calore) auf und
mündet dann beim Berge Alburnus, nördlich von
Päſtum, in den Päftanifchen Bujen. Sein Wafier
joll die Kraft gehabt haben und noch jetzt befiken,
Pflanzen zu verfteinern (infruftieren). Am ©. be:
fiegte Tı v. E. der Prätor Craſſus den Sparta—
cus. Verg. G. 3,146. Strab. 5, 251. App. b. ce.
1, 118 ff.
Silönos ſ. Seilenos.
Silicense Flumen, Fluß in Hiſpania Bätica,
in der Nähe von Corduba, wahrjcheinlich der Kenil
oder ein Nebenfluß desjelben. Caes. b. Hisp. 57.
Siliclus, P. Sil. Coronas, römijcher Se-
nator und Mitglied des Gerichts, welches im J.
43 dv. E. von Dctavian niedergejegt wurde, um
die Mörder Cäjars zu richten, war der einzige,
welcher öffentlich für die Freiſprechung Des M.
Brutus ſprach, wofür ihn Dctavian nicht lange
darnach auf die Projfriptionslifte brachte. Plut.
Brut. 27. App. b. c. 4, 27.
Silil, ein plebejiiches Geſchlecht. Nennenswert
find: 1) T. Sil, diente unter Cäſar in Gallien
und wurde bier auf einer Sendung zu den Be-
netern 56 v. E. gefangen genommen. Caes. b. q.
3,7. — 2) P. Sil. Nerva, war 51 v. E. Pro:
prätor in Bithynien und dem Cicero wohl be:
fannt. Cie. ad fam. 13, 47. 61—65. Im J. 44
machte er eine große Erbidhaft (dai. 7, 21). —
3) U. Sil,, dem Cicero und Wtticus befreundet.
Cie. ad Att. 12, 22.29.31. — 4 P. Sil. Nerva,
Konſul 20 v. E., befiegte im 3. 16 die Alpenvölter:
Sılıs — Simmias.
ichaften der Cammunier und Benier ſowie die lange ihre Unabhängigfeit.
1115
Tac. ann. 12, 2. 31.
Noriter und PBannonier und war dann Statthalter | Agr. 17.
von Hiſpanien. Vell. Pat.2,90. Dio Cass.54, 7.20.
Silränus, latiniicher Gott, jeinem Namen nad)
— 5) Sein Sohn, A. Licinius Nerva Si: | Waldgott, zugleid) aber auch Gott des Feldes und
lianus, von Licinius Nerva adoptiert, war 7 des Anbanes und, da die Herden bejonders in
n. C. Konſul. Vell. Pat. 2, 116. Dio Cass. 55, 30.| den Wäldern weiden, auch Gott der Herden. Die
— 6) €. Sil., Konſul 13 n. C. befehligte bis 20 | Bäume des Waldes und des Feldes, alles Wachs:
in Germanien, wo er einen Aufftand in feinem | tum in Flur und Gärten ift feiner Obhut anver:
Heere unterdrüdte, an den Zügen des Germanicus | traut.
teilnahm und mit den Chatten wiederholte Kämpfe |
beitand. Tuc. ann. 1, 31. 2, 6f. 25. 4, 18. Im
%. 21 dämpfte er den Aufftand der Gallier und
Belgier unter Sacrovir und Florus (Tae. ann.
3,42f. 45 f. 4, 18). Doc rettete ihn dies nicht
vor dem Verdachte des Tiberius, deſſen Argwohn
er auch durch feine Verbindungen mit Germanicus
erregt hatte; er wurde der Erprefjung beichuldigt
und tötete fich jelbft vor der Verurteilung im J.
24. Taec. ann. 4, 18 ff. — 7) E. Sil., des vorigen
Sohn, murde von dem Kaiſer Claudius wegen
eines Berhältniffes mit der Kaiſerin Meflalına
zum Tode verurteilt und hingerichtet, 48 n. €.
Suet. Claud. 26.29. Tae. ann. 11, 12.26 ff. 13, 19.
Dio Cass. 60, 31. — 8) (Titus Catius) Silius
Italicus, aus angejehenem Geſchlechte (von 25
— 101 n. ©.), vielleicht zu Italica in Hijpania
Bätica geboren, verwaltete im J. 68 das Konſulat
und darauf die Provinz Ajien, Freund des Bitel:
lius (Tac. hist. 3, 65), lebte ſpäter den willen:
ichaftlihen Studien bis an feinen freiwilligen Tod,
im %. 101, auf feinen Yandgütern. Plin. ep. 8,7.
Sorgfältig gebildet, ahmte er den Bergil, freilich
vedantiich, nach und widmete jeine Muße der Ab:
faffung von Gedichten, von welchen jein Epos
Punica, in 17 Büchern, von feinen Zeitgenoffen
eifrig gelejen wurde, jpäter aber um jo geringere
Beachtung fand, jo daß erit im J. 1415 zu St.
Gallen die erſte Handichrift desjelben aufgefunden
wurde. Das Gedicht jchildert, bejonders nad) Livius,
den zweiten puniichen Krieg und hat bei allem
Fleiße mehr hiftorischen als dichteriichen Wert. —
Ausgg. von D. Heinfins (1600), Dratenbord (1717),
J. C. Th. Ernefti (1797), Ruperti (1795— 98) und
Bauer (1. Bd. 1890). — Eine Jugendarbeit des
Dichters ift nach Büchelers ſcharfſinnig begründeter
Anficht der j. q. Pindarus Thebanus, ſ. d.
Silis, Zidıg, der bedeutendite Fluß in Venetia,
fiel bei Altinum ind Adriatiihe Meer; j. Sil.
Plin. 3, 8, 22.
Zillor, ein eigener Zweig der griechiichen
Poeſie, Spottgedichte, welche mit der tambijchen
Poeſie des Archilochos und anderer zwar eine ge:
wife innere Bermandtichaft, aber feinen _geichidht:
lihen Zuſammenhang haben. Bon den Sillen des
Timon von Phlins um 280 v. E. (3 Bücher)
find noch wenige Fragmente übrig, die jcharfen
Verftand und Beobadhtungsgabe verraten, aber in
ihrem Tone jchroff, bitter und ungemütlich find.
Bergl. die Hauptichrift von E. Wachsmuth, de
Timone Phliasio ceterisque sillographis Graeeis
(1859). Sammlung der Fragmente der Sillogra-
phen von demielben (1885).
Silüres, Zilvoss, mädtige und ftreitbare Völ—
ferichaft im Südweſten Britanniens, der die be:
deutenden Städte Jjca (j. Caer-Leon) und Benta
(i. Caer⸗Gwent) gehörten. Obwohl von den Römern
unterworfen, blieben fie doch immter furchtbar, und
auch den Sachſen gegenüber behaupteten fie jpäter
Darum betradytete ihn der Yandmann als
feinen bejonderen Beichüger, und zwar für fein
Haus ſowohl wie für feine Felder. Der Gott
hatte 3 Standbilder, eins an dem Hauſe, ein
zweites mitten in der Flur und das dritte an ber
Grenze der Beſitzung. Somit galt er auch als
Grenzgott. Hor. epod. 2, 22. Man feierte ihm
im Herbfte ein Erntefeft und opferte ihm die Erſt—
linge der Baumfrüchte, Trauben und Ahren, auch
Mil. Tibull, 1, 5, 27. Hor. ep. 2, 1, 143. Wis
Herdengott wehrt er den Wolf ab und gibt den
Rindern Gedeihen. Wie andere Wald: und Her:
dengötter ift er mufifaliich, und die Syrinx ift
ihm geweiht (Tibull. 2, 5, 3), aber er erregt aud)
gleich Ban in der Einjamfeit des Waldes Schreden
und Grauen. Im geheimnisvollen Didicht haus
jend, läßt er bisweilen des Nachts feine furdht:
bare Stimme ertönen. Später wurde er mit Pan,
Faunus, Inuuns, Agipan identifiziert, und man
nahm Silvani in der Mehrheit an. Die Pichter
ftellen den Silvanıs dar als heiteren reis, in
Bomona verliebt. Very. @. 2, 494. Hor. epod,
2,21. Or. met. 14, 639. — Gilvanıs war aud)
ein Beiname des Mars, und es iſt wahrjcheinlich,
daß der Gott nur eine Verjelbitändigung einer
Eigenichaft des Mars ift, der ja aud im alter
Zeit ein Schüger der Pflanzenwelt und der Her:
den war.
Silvius, Ziloveog, nad) Dionyſios von Hali:
farnaf (1, 70) Sohn des Aineias und der Lavinia,
Stiefbruder des Aicanins (Sohnes der Kreuſa),
nach deflen Tode er die Herrihaft von Alba er:
hielt (während Julus, dem Sohn des Wicanius,
die höchſte Gewalt in geiftlihen Dingen über:
tragen ward), und Stammwater des albanijchen
Königsgeichlechtes, der Silvier, wurde. Nach Li—
vius (1, 3) iſt Silvius ein Sohn des Aſcanius.
Simbruini colles, benannt nad der Stadt
Simbruvium, Hügel in Latium zwiichen Subla:
queum (ji. Subiaco) und Treba (j. Trevi); an
ihnen lagen die Simbruina stagna, eine Ver:
einigung mehrerer Quellen in einige Bajlins, die
von Kater Claudius als Wajlerleitungen zur Ber:
ftärfung der Aqua Marcia und von Nero zur
Bewäfjerung und Verſchönerung jeiner Villa Sub-
laquensis verwendet wurden. Tac. ann. 11, 13.
14, 22, Plin. 3, 12, 109.
Simmias, Zıundas, oder Simias, Files, 1) aus
Theben, Freund und Zuhörer des Sokrates, von
Platon mehrmals erwähnt, hielt fich einige Zeit
in Agypten auf und verfaßte 23 moraliiche Dia:
loge. Diog. Laert. 2,124. — 2) aus Spyrafus,
Anhänger der megariichen Schule. Diog. Laert.
2,113. — 3) Vater des Polyiperdhon (ſ. d.) —
4) Sohn des Andromenes, Anführer der Phalanr
unter Alerander dem Gr., war mit feinen Brüdern
in den Brozeh des Bhilotas verwidelt. Arr.3,11,9.
14, 4. — 5) aus Rhodos, Örammatifer in Ale:
randreia um 300 v. E., dichtete außer einem Epos
Anölkor 4 Bücher "Egwroraryrıe, erotiiche Elegien
1116
heiteren Charakters. Erhalten haben ſich einige
——— in der griechiſchen Anthologie.
Simdeis, Auötis, Simöis, Flüßchen in der
Ebene von Troja, entſprang am Ida (TI. 12, 22)
und vereinigte ſich unterhalb Jlion mit dem Ska—
mandros (Il. 5, 774); j. Dümbrek-ſu, während
- andere den Dümbrek-ſu für den Stamander, den
in ihn mündenden Erenkjoibach für den Simoeis
halten, und wieder andere den Simoeis in dem
Bah von Bunarbaſchi erkennen. Strab. 13, 595.
597 ff. IL. 12, 18 ff. jcheint der Simoeis als Fluß
mit jelbftändiger Mündung gedadht. — Nach Strabon
(13, 608) hieß ein Fluß bei Segefta auf Sicilien
und nach Bergil (A. 3, 303) einer in Epeiros jo.
Der troiſche Simoeid hat Flares Wafler. Bal.
Skamandros,
Simon, Ziuo», der Sokratiker, ſ. Platon, 1€.
Simonides, Zuorlöng, 1) von Keos, oͤ Keiog,
einer der größten griechiichen Lyriker, geb. 556 v. C.
in Aulis auf Keos, geitorben im neunundachtzigften
Lebensjahre, 468, zu Syrakus oder Afragas. Bon
jeinen LXebensverhältnifjen wiflen wir wenig. Er
verlieh früh feine Heimat und lebte an verſchiede—
nen Orten Griechenlands. Von Hippardhos, dem
Sohn des Peififtratos, wurde er nach Athen ges
zogen, wo er die Dichter Anafreon und Laſos
fennen lernte, Nach den Tode des Hipparch begab
er ji nach Theffalien an den Hof der Aleuaden
und Sfopaden. Cic. de or. 2,86. Plat. Protag.
p. 339 B. Nach der Schladht bei Marathon war
er wieder in Athen; dort trug er mit einer Elegie
auf die bei Marathon Gefallenen in einem Wett:
fampfe der berühmtesten Dichter, unter denen auch
Aiſchylos, den Preis davon. Die legten 10 Jahre
feines Lebens verweilte er, zugleich mit manden
andern ausgezeichneten Dichtern, in Syrafus am
Hofe des Hieron und zum Teil vielleicht auch in
Akragas an dem Hofe des Theron. — Sim. fällt
in die Blütezeit des griechiichen Lebens; zur Zeit
der Perjerfriege ftand er auf dem Gipfel feines
Ruhmes. Die größten Männer dieſer Periode,
wie z. B. Themiftofles und Pauſanias, waren
jeine Freunde. Man macht es ihm zum Bor:
wurfe, daß er jich zu ſehr um die Gunſt der
Reichen und Mächtigen bemüht und aus Streben
nad irdiſchem Beſitze jeine Muje oft ohne Rück—
ficht auf Berdienft für Geld verlichen habe. —
Sim. war einer der vieljeitigjten Lyriker und über:
haupt der fruchtbarfte griehiihe Dichter. Als
Epigrammendichter hat er das Höchite erreicht; er
ift der eigentliche Begründer und zugleich auch der
Vollender diejer Dichtungsgattung. Seine Epi:
gramme, deren wir noch eine bedeutende Anzahl
befigen, find umübertrefflich in ihrer Schärfe des
Gedankens und großartigen Einfachheit. Nament:
lich hat er in denjelben die tapferen Kämpfer der
PBerjerfriege verherrlicht. Auch in der Elegie war
er ausgezeichnet, man rühmte in diejer Gattung
jeine Weichheit und Zartheit. Wir haben von
jeinen Elegien, ſowie auch von feinen choriichen
Poejien (Epinitien, Hymnen, Dithyramben, Par:
thenien, Hyporchemen und bejonders Threnen) nur
Bruchftüde. In der Chorpoejie ging ihm zwar
die Gedankentiefe und der hohe Flug des Pindar
ab, dagegen war er ausgezeichnet durch die Sorg:
falt und Bierlichleit in Ausbildung der Gedanken
ſowie durch große Gemwandtheit und Bieljeitigkeit.
Er gilt aud) für den Erfinder der Mnemonit (Cie.
Simoeis — Sintica.
de or. 2, 74. 86. Quint. 11, 2, 11); wie er jelbjt
in einem Epigramme jagt, hatte er noch im achtzig—
ſten Jahre ein ungeichwächtes Gedächtnis. Samm—
lung der Bruchftüde von Schneidewin (1835) und
Bergf, poet. Iyr. Graec. III p. 382 ff. der 4. Aufl.
— 2) von Amorgos, j. Jlambographen.
Sinae j. Serica.
Sinda, Zivda. Außer einer Stadt diejes N.
im afiatiihen Sarmatien und einer andern in
Indien wird von Livius (35, 13. 38, 15) eine joldhe
erwähnt in Kabalia, öſtlich von Kibyra, in der Nähe
des Fluſſes Kaularis. Strab. 13, 630.
Sindi, Zirdol, Zivdor, 1) Volk im afiatischen
Sarmatien, an der Dftküfte des Pontos Eureinos
und am Fuße des Kaufajos (Hat. 4, 28), ſüdlich
vom Hypanis (j. Kuban), mit der Stadt Sinda.
Strab. 11,495. — 2) Volk an der Oſtküſte im
India extra Gangem mit einer Stadt Sinda.
Sindos, Zivdos, Stadt der makedoniſchen Land:
ſchaft Mygdonia am Thermaiſchen Meerbujen und
der Mündung bes Echedoros. Hat. 7, 123.
Singära, r« Ziyyapa, Stadt im nordöftlichen
Mejopotamien in einer fruchtbaren Dafe am Süd:
fuß des Singarasgebirges gelegen; in der Kaijer:
zeit ftarfe Grenzfeftung der Römer, doc 348 und
360 von Sapores II. erobert, 363 von Jovian
abgetreten; j. Sindichar. Dio Cass. 68, 22. Eutr.
10, 10. Set. Ruf. 27.
Singos, Ziyyos, Stadt an ber Dftküfte der
challidiſchen Halbinjel Sithonia, am heutigen Kap
Sykia. Hdt. 7, 122. Nad ihr hatte der zwiſchen
den Halbinjeln Sithonia und Alte liegende Meer:
bujen den Namen des Singitiichen.
Sinis j. Theseus.
SinnTus Capito, ein gelehrter römijcher ram:
matifer zur Zeit des Barro (vir doctissimus, Gell,
5, 21, 9), ftellte ſcharfſinnige Unterfuchungen über
Grammatif an, woran fich Forichungen antiquari:
ſchen Inhaltes ſchloſſen. Unter mehreren Werten
desjelben werben hauptjächlic Briefe, in welchen
er die Ergebnifje jeiner Studien ntederlegte, ge:
nannt. ZTrefflihe Monographie von Herb (1845).
Sinon ſ. Trojanischer Krieg, 8.
Sinöpe, Zıworn, j. Sinöb, die bedeutendite
Küftenftadt Paphlagoniens, 80 Stadien öftlich von
dem Vorgebirge Lepte, auf dem Hals einer Halb:
injel gelegen, deshalb mit 2 Häfen ;ichon um 7800. €.
Traktorei der Milefier, dann, nach der Zerftörung
durch die Kimmerier, 630 eigentliche Kolonie. Hdt.
4, 12. Durd die günftige Yage erwuchs S. bald
zu einer blühenden Handelsſtadt, die ihr Gebiet
bis zum Halys ausdehnte und jelbft wieder Kolo—
nien gründete. Seit 183 v. E. war es die Reſidenz
der Könige von Bontos, wurde von Mithridates VI.
als fein Geburtsort vergrößert, von Lucullus 70
v. E. nad langer Belagerung erobert und ge:
plündert, doch audy wieder begünftigt und für eıne
Freiſtadt erflärt, und war noch zu Strabons
Beit bedeutend. S. war die Heimat des ſeynikers
Diogenes und des Komilers Diphilos. Strab.
12, 545. Monogr. von Sengebuich (1846) und
Streuber (1855).
Sintica, 7 Zwrirn, ein von den thrakiſchen
Sintoi bewohnter Gau Makedoniens, öftli von
Kreftonia und nördlih von Bijaltia bis zu dem
Strymon und dem See Praſias, mit der Stadt
Heraffeia Sintife. Liv. 42, 51.456,29. T’huc. 2, 98.
Strabon (7, 331) bringt diefe Lirrod mit den
Sinuessa — Sisyphos,
Zivries bei Homer (ZI. 1, 594) auf Samothrafe
und Leibos in Verbindung.
Sinnessa, Zivoveooe, jüdlichite Stadt Latiums
in Latium adjectum, an der Appiichen Straße in
frucdhtbarer, weinreicher Gegend (Hor. ep. 1, 5, 5),
am Berge Mafficus, wurde zugleich mit Minturnä
von den Römern kolonifiert, 295 vd. C. Ziv. 10,21.
In der Nähe befanden fi die Aquae Sinuessa-
nae, berühmte Heilquellen. Tac. hist. 1, 72. ann.
12, 66. edeutend war ihr Handel, bejonders
mit den Weinen der Umgegend, dem Maifiter und
Falerner. Ruinen weftlid von Caftel Rocca bi
Mondragone. Bol. Strab. 5, 219. 231. 233. Liv.
8, 11. 36, 3.
Siphai, Zipaı oder Ti/pa, Flecken an der füd-
lichen Küfte Boiotiens in der Nähe von Kreufis,
der Hafenftabt von Thejpiai, wo bei einem Sera:
Hestempel jährliche Spiele gefeiert wurden. Hier
jollte Tiphys, der Steuermann der Argo, geboren
und die Argo nad der Rüdfehr von Kolchis ge:
landet fein. Thuc. 4, 76. Paus. 9, 32, 3.
Siphnos, Zipvog, j. Siphenos, italieniſch Si—
fanto, Kykladeninſel, jüddftlich von Seriphos, etwa
1Y, Meilen groß, reih an edlen Metallen, deren
Gewinnung die Bewohner einen bedeutenden Wohl:
ftand verdantten. Bon dem Behnten der jährlichen
Ausbeute errichteten fie zu Delphoi ein Schatzhaus
(Hdt. 3, 57); und jelbft als (wegen unterlafjener
Sendungen an den pythiſchen Gott) durch eine
Überjhwemmung die am Meere gelegenen Gruben
meift verborben waren, erhielt fich der Wohlftand
der Bewohner, welche als athenijche Bundesgenofien
3600 Drachmen jährlich zahlten. Auch durch Töpfer:
arbeit zeichneten fie fih, wie noch jetzt die Ein:
wohner, aus, Mit Seriphos und Melos verivei-
gerten fie aud) dem Zerres den Tribut. Hdt.
8,46.48. Die mit ftattlichen Gebäuden geſchmückte
Stadt Siphnos lag auf einem fteilen Borfprung
der Dftfüfte; andere Ortichaften waren Minoa
und Apollonia.
Sipontum oder Sipuntum, Ziroös, Stadt in
Apulien (Daunien), am Fuße des Garganus, jpäter
von den Römern folonifiert (Liv. 34, 45. 39, 28)
und wichtig als Hafen: und Handelsplatz. Jetzt
unbedeutende Ruinen beim Dorfe S. Waria di
Siponto füdlid von Manfredonia. Strab. 6, 284.
Sipylos, Zirvios, j. Maniſa⸗Dagh, Zweig des
Tmolosgebirges in Lydien, der ſich längs des Her:
mosflufjes nach Magnefia hinzieht, bis zu 2000m
erhebt und mehrfach ohne alle Borberge faſt 850m
zum Hermos abftürzt. Die Zerflüftungen deuten
auf vulfaniiche Thätigkeit hin, wie denn auch an
dem Fluſſe die alte Hauptftadt von Maionia, Tan-
talis, durd ein Erdbeben vernichtet, und an ihre
Stelle der See Ala getreten fein joll. Hom. 11.
24, 615. Strab. 12, 579. gl. auch Niobe.
Zießwrig oder Zepßwrig (N Aluvn), auch
Zioßwr, See in Unterägypten, der öftlih von
Gerrha bis gegen Rhinofolura Hin, 400 Stadien
weit, längs des Mittelmeerd fich erſtreckte und durch
einen Ausfluß (Fxonyua) mit diefem in Berbin-
dung ftand. Er enthielt gefährliche Tiefen. Auf
der Yandenge, über melde die Hauptitraße von
Afien her führte, lag der Berg Kafion mit einem
berühmten Zeustempel. Heutzutage ift der See faft
ganz verjandet und heißt Schehat-Barbuil. Hat.
2, 6.3, 5. Diod. Sic. 1, 30, Strab. 1, 50. 16, 760.
Sirönes |. Seirenes,
1117
Siris, Zigis, Fluß in Qucanien, an defjen
Mündung in den Tarentinischen Meerbujen etwa
jeit 700 v. E. eine griechiiche Stadt gl. N. lag
(j. an der Stelle Torre di Senna), die zwiſchen
540 und 510 dv. C. von den verbündeten achaii-
ſchen Städten zerftört und nach der Gründung
des nahen Herafleia (j, Herakleia, 9.) zwar
wiederaufgebaut wurde, aber nur Hafenſtadt blieb.
Am Siris (j. Sinno) erfocht Pyrrhos (j. d., 2.) jei:
nen erften Sieg über die Römer. Strab. 6, 264.
Plut. Pyrrh. 16. — Eine gleichnamige Stadt
Baioniend erwähnt Herodot (8, 115), die Ein:
wohner EZipomelorveg (5, 15).
Sirius f. Sternbilder, 5.
Sirmium, Zigu:ov, alte, von ben Taurijfern
am Savus gegründete, Stadt in Unterpannonien,
in den Daferfriegen Hauptfriegsdepot der Römer
und Dadurch jehr wichtig. Auch enthielt fie be:
beutende Waffenfabrifen und war das Hauptquar-
tier des Admirals der erften flavifchen Donau:
flotte; Kaifer Probus war hier geboren. et
weitlänfige Ruinen bei Mitroviga. Herod. 7, 2.
Vopise. Prob. 3.
isäpon, Zioaror, wichtige Stadt in Hilpania
Bätica, nördlich von Corduba, berühmt durch ihre
Silberbergwerte und Binnobergruben; j. Almaden
in der Sierra Morena. Cie. Phil. 2, 19. Strab.
3, 149,
Siscia, Zioxi«, oder Segesta, Segestica, Stadt
im füdöftlichen Teile von Oberpannonien auf einer
von den Flüſſen Savus, Kolapis und Odra ge:
bildeten Inſei zwiſchen Amona und Sirmium,
ſehr feft, bedeutende Handelsſtadt und der Mittel:
punkt aller Unternehmungen des Auguftus und
Tiberius gegen Bannonien und Jllyrien. Sie war
zugleih Münzftätte und Gtationsort der Flotte
9— dem Savus. In dem j. Siſſek finden ſich
noch manche Altertümer. Dio Cass. 49, 37. Strab.
7, 314.
Sisenna, 2. Cornelius, geboren um 119 v. C.,
78 Prätor, 70 einer von Verres' Verteidigern, ge:
ftorben 67 auf Kreta als Legat des Bompejus im
Seeräuberfriege, erwarb fich einen Namen als Hifto-
rifer durch feine Historiae (wenigſtens 12 BB.),
die namentlich die Zeit Sullas behandelt zu haben
jheinen. Außerdem überjegte er die mileſiſchen
Geſchichten des Arifteides (Or. trist. 2,443). Mit
Anerfennung gedenft feiner Cicero mehrfach (Brut.
64, 228. legg. 1, 2, 7); anders Salluft (Jug. 95).
Die Fragmente (gefammelt von Peter, hist. Rom.
rel. 1 p. 277 ff., fragm. p. 175 ff.) verraten einen
geichraubt archaifierenden Stil. Monographie von
Roth (1834).
Sistrum, oeiorgov, eine Klapper, welche beim
Iſisdienſt gebraudht wurde: mehrere Metallftäbchen,
mit beiden Enden in einem dünnen ovalen Metalls
rahmen ftedend, der unten mit einem Griff ver:
fehen war. Plut. Is. et Or. 68. Ov. met. 9, 693.
778. Mart. 14, 54. Juv. 13, 98.
Sisygambis, Ziovyanpßıs, Mutter des Dareios
Kodomannos, wurde in der Schlacht bei Iſſos von
Alerander gefangen genommen, aber jehr rid:
fihtsvoll behandelt. Auf die Nachricht von Ale—
rander8 Tod ftarb fie einen freiwilligen Hunger:
tod. Curt. 3, 12. 10, 5. Diod. Sie. 17, 67. 118.
Just. 13, 1.
Sisyphos, Z/ovpog (von copös, der Schlau-
topf), Sohn des Wiolos (j. d.) und der Enarete,
1118 Ziovge — Zxarrn, Öin.
Gemahl der Pleiade Merope, Bater des Glaukos,
Großvater des Bellerophontes, Erbauer und König
von Ephyra (Korinth). Korinth war ſchon in
ältefter Zeit eine Schiffahrt und Handel treibende
Stadt ; halb heißt Siiyphos bei Homer der
gewinnjüchtigfte der Menſchen und gilt überhaupt
als —— und ſchlecht. Hom. 11.6, 153. Theogn.
702ff. Or. her. 12,204. Hor.sat.2,3,21. Wegen
feiner Schlechtigleit wurde er in der Unterwelt
bejtraft, indem er ewig einen Felsblod einen hohen
Berg hinaufwälzen mußte, der ftets, jobald er ihn
auf die Höhe gebracht, wieder hinabrolite. Hom.
Od. ı1, 593. Verg. @. 3, 39. Ov. met. 4, 460.
Cie, tuse. 1,5. Die Urſache diejer Strafe, welche
Homer nicht nennt, wird von Späteren verſchieden
angegeben. Er joll die Pläne der Götter ver:
raten, Reiſende räuberijch überfallen, den Zeus
an Aſopos verraten haben, als derjelbe des Aſopos
Tochter, Nigina, entführt hatte u. j. w. Als ihn
5, um ihm zu bejtrafen, durch den Tod in den
ades wollte holen laſſen, feſſelte Sif. den Tod
auf Liftige Weile, jo daß nun niemand mehr ftarb,
bis Ares den Tod löſte. Auch wird erzählt, Sij.
habe vor jeinem Tode jeinem Weibe befohlen, ihn
nicht zu beftatten, und darauf den Hades gebeten,
ihn nur für kurze Zeit zur Oberwelt zu entlafien,
damit er jein Weib bejtrafen fönne; auf der Ober:
welt angelangt, wollte er nicht wieder jeinem Ber:
iprechen gemäß in die Unterwelt zurüd und mußte
von Hermes hinabgeholt werden. Auch dies wird
als Grund feiner Beitrafung angegeben. Das Grab
des Siſ. war auf dem ah mos (Paus. 2, 2, 2),
wo er dem Melifertes (j. Athamas a. E.), deſſen
Leichnam er am Meeresufer gefunden hatte, die
iſthmiſchen Spiele geſtiftet haben ſoll.
Zıovee |. Kleidung, 5.
Sitäke, Zirdan, Zirraun, bevölferte, aber
wenig genannte Stadt im nördlichen Babylonien,
rechts vom Tigris, etwas unterhalb der Mündung
des Phyſtos, Hauptitadt der Landſchaft Sitafene,
in der Nähe des h. Baghdad. Xen. An. 2, 4, 13.
Strab. 16, 744.
Sitella, ein vajenartiges Gefäß, welches bei
Abftimmungen der Comitien die Stimmtäfelchen
aufnahm.
Zırng£cıor, das Verpflegungsgeld der athe:
niſchen Krieger, das jie aufer dem Solde von zwei
und mehr Obolen täglid) erhielten, betrug für den
gemeinen Fußfoldaten ebenjoviel, für den Locha-
908 wahrjcheinlich das Doppelte, für den Stra:
tegen das Vierfache.
Zirnoıs, Belöftigung auf Staatsfoften, wurde
vielen, wenn nicht allen fungierenden Beamten
und den ihnen zugeordneten Gehülfen (ſj. Bowin, 4.
und Aelsıro.) in ihren Amtslofalen zu teil.
Im Protaneion ſpeiſten aucd fremde Gejandte,
erolde und athenische Bürger, denen man ihrer
dienfte wegen eine Ehre erweijen wollte. Aus
demjelben Grunde wurde auch Staatsmännern und
ſonſt ausgezeichneten Berjonen eine lebenslängliche
Speifung — die — ſelbſt noch auf
deren Nacdylommen forterbte. Dieſe Speiſung im
Prytaneion (sfrmaıs 2v Ilpvraveio) galt in der
Blütezeit des atheniichen Staates als eine große
Ehre; nad) dem peloponneſiſchen Kriege, als dieje
Ehre aud minder Würdigen zu teil geworben
war, hatte fie jehr an Wert verloren. Außer dem
Protaneion wurden aud in dem Geouodeisıor
und in der O6Log Männer wegen ihrer Stellung
oder perjönlichen Berdienjte öffentlich beföftigt.
Sithonla, Zıdord«, die mittlere Landzunge
der chalkidiſchen Halbinjel Mafedoniens, mit wenig
hohen Bergen, aber trefflichen Häfen. Sie lag
zwijchen dem Toronaiihen und dem Zingitiichen
Meerbujen und enthielt die Städte Sermyle, T o-
rone, Galepjos und Singo®. Hat. 7, 123.
Sitones heift bei Tacitus (Germ. 15) eine zum
ſueviſchen Stamme der Germanen gehörige Bölfer-
ſchaft Skandinaviens, die unter Weiberherrichaft
ftand. Sie wohnten neben den Suionen, vielleicht
an der Südjeite des Mälariees, in der Gegeno
ber im J. 1008 zerftörten Stadt Situnga.
Zıropüsiaxes, wahricheinlih 15 jährlich ge:
wählte Beamte zu Athen, 10 für die Stadt, 5 für
den Peiraieus, hatten die bejonders gegen die Ge—
treidewucherer — Aufſicht über Handel
mit Getreide, Mehl und Brot.
Sittius, Publius, aus Nuceria, Freund des
P. Sulla, begab jich vor dem Ausbruch der cati-
linarijhen Verſchwörung (Cic. Sull. 20, 56) nad
Hiſpanien und wurde nad) jeiner Rücklehr nad
Rom, richeinlich wegen Teilnahme an den lm:
trieben Gatilinad, angellagt, entjloh aber nad
Afrika und diente ald Söldnerführer dem dortigen
Fürſten in ihren Kriegen untereinander mit q
Auszeichnung. Sall. Cat. 21. App.b. e.4,45. Im
3.46 v. €. —* er ſich auf Cäjars Seite, wendete
jich mit Bocchus gegen Juba, ſchlug deſſen Heer
und bejiegte die Reſte der nad) der Sliever lage bei
Thapjus flüchtigen Bompejaner gänzlich (Caes. b.
Afr. 25. 36. 48. 93 ff. Dio Cass. 43, 3 jj.). GCäjar
übergab ihm die Verwaltung über den größten
Zeil Numidiens, wo er nach dejien Tode ermordet
wurde. App. b. c. 4, 54.
Skamandrios j. Hektor.
Skamandros, Zuduerögos, 1) Fluß im der
troijchen Ebene, der wegen der gelben Farbe
feines Waſſers au den Namen Zartog führte
(I. 6, 4. 20, 74. 21, 8); jelbft die Wolle der dar:
aus trinfenden Schafe wurde gefärbt (Arist. hist.
an. 3, 12). Nach Homer hatte er 2 Quellen, eine
falte und eine warme (Il. 22, 147), am Fuße bes
Ida. Nach Strabon (13, 602) war leßtere ver-
fiegt, und die wirkliche Duelle lag auf den Höhen
des da, auf dem e Kotylos. In ihn Hof
nördlich) von Ilion der Simoeis, und beide mün—
beten dann zuſammen zwijchen den Vorgebirgen
RhHoiteion und Sigeion. Strab. 13, 595. Ey bat
jich durch die Ablagerungen beider Flüſſe die Küſte
jeitvem bei dem h. Kum-ſtale ins Meer vorge-
ichoben, jo daß der Simoveis für fih mündet. Die
Alten machen richtig den St. zum Hauptjluß: es
ift der h. Menderes:Su, der weſtliche Fluß; der
Simoeis ber öftlihe, j. Dümbrei:Su (j. jedoch
Simoeis) Der Sf. umflieft an 3 Seiten ben
Pergamosfeljen und bietet jo ein paflendes ter-
tium comparationis für Aſtyanax, den Sohn des
Hektor, „Stamandrios‘ (Il. 6, 402); Heltor und
der Strom ſchützen die Stadt. Vgl. Hat. 5, 65.
— 2) Fluß auf Sieilien, der fich bei Segeita ins
Meer ergof. Diod. Sie. 20, 71. Strab. 13, 608.
Zxanın van (Scaptensüla, Luer. 6. 810),
Stadt in dem öftlihen Makedonien zwiichen Stru—
mon und Neftos am PBangaiosgebirge, wo die Be-
wohner der nahen Inſel Thajos ihre, 80 Talente
jährlichen Ertrages liefernden, Goldminen hatten
Exdodov doog — Skiathos.
(Hdt. 6, 46), welche jpäter die Athener bejebten.
Hier joll der Geichichtichreiber Thukydides fich ver:
heiratet und feine Geichichte gejchrieben haben, hier
ſoll er audy ermordet worden jein. Plut. Cim. 4.
Exdgdor 0005, Gebirge an der Grenze von
Möfien und Makedonien in Illyrien, Öftliche Fort:
jeßung der Bebiichen Berge; j. Schar-Dagh. Pol.
28, 8,
Skarpheia, Zsdegysıe, im Schiffskatalog (Il.
2,532) Sudoypn, Stadt der epiknemidiſchen Lokrer,
10 Stadien von der Hüfte, mit einem Hafen an
ber Mündung des Boagrios, 427 v. E. durch ein
Erdbeben zeritört, doch bald wieder aufgebaut.
Bei S. vereinigten fich die nach den Thermopylen
führenden Wege. Nur wenige Refte finden ich
von der durch UÜberſchwemmung zerjtörten Stadt.
Strab. 9, 426. Paus. 7, 15, 3. Liv. 33, 3.
Zxnvn \. Theatron, 8,
Zxnviraı, Scenitae, hießen allgemein bie
|
1119
to8, Sertus und Saturnius. Gertus ift
unter ihnen der wichtigite. Er war Arzt, führte
nach jeiner Barteiftellung den Beinamen "Eumer-
erxög und lebte 200-250 n. C. Unter jeinen
Schriften jind die Bücher adrersus Mathematicos
(gegen die Dogmatifer) am bedentenditer. Much
dieje jüngeren Steptifer behaupteten die Unmög—
lichteit einer objektiven Erkenntnis und gaben in
theoretiichen Fragen ein bejtimmtes Urteil nicht
ab, gingen aber in der Belämpfung älterer und
neuerer Philoſophenſchulen, namentlich der Stoiter,
noch weiter und juchten = Gründe gegen die
Möglichkeit eines ficheren Wiſſens auf beitimmte
Bemweisformen (reöroı) zurüdzuführen.
ZxıRTEoP, sceptrum (von outer, fügen,
verwandt mit dem entjprechenden lateinischen Worte
scipio), ein lanzenartiger Stab (daher dogv), jedoch
ohne Metallipige (hasta pura, j. Hasta), mit gol-
denen Stiften verziert, daher gevcsıor, Abzeichen
nomadiſchen, unter Zelten lebenden Stämme der | der Herricher: und Treldherenmacht, jelbjt über-
Wüſte, befonders in Arabien; oft genannt bei | tragen auf Zeus; doch treten bei Homer, wahr-
Strabon.
Skeptiker, oxerrıxo/, sceptici, heißen im
allgemeinen diejenigen Philojophen, welche nicht |
beſtimmte und fefte Behauptungen, jondern mur
mit einem gewiſſen Bedenken und Zweifel ihre
Anfichten äußerten, im engeren Sinne aber die
Philojophen der alerandrinischen Periode, melde
Anhänger des Pyrrhon aus Elis waren und
nur jubjeftive Überzeugungen, aber feine allgemein
gültigen Wahrheiten anerfannten. Zwar haben
dieje jpäteren Skeptiker nicht unterlaflen, die
Zweifel des Parmenides und Zenon, des Sera:
Heitos, Demofritos, Empebofles, Anaragoras an
der Wahrheit der Sinnenerkenntnis als Vorgänge
und Anfänge in der Slepſis für fich anzuführen,
aber weder diefe noch auc die Sophiften können
mit Recht Steptifer genannt werden, da fie zwar
bie jinnlichen Wahrnehmungen für trügeriich er:
Härten, aber der Vernunftertenntnis volle Wahr:
heit zujprachen. Auf Pyrrhons, des erften Stepti:
ters, Anſichten jollen die Lehren des’ Demofritos
und des Anararchos großen Einfluß gehabt haben.
Er jelbit hat jeine Lehren nicht in Schriften Hinter:
laſſen, jie find nur durch feine Schüler fortgepflanzt
worden, unter benen Timon aus Phlius der be—
fanntejte ift. Diejer war zugleich ein frucdhtbarer
Dichter, dem 60 Tragödien und 30 Komödien zu:
geichrieben werden, außer diefen auch 3 Bücher
Sillen (j. ZilRoı), worin er alle Bhilojophen
mit Ausnahme feines Lehrers mit beigendem
Spott verfolgte. Seine und jeines Lehrers Phi:
lojophie, der er fih ganz anſchloß, beruhte auf
2 Sätzen: 1) daf fein objektives Wiffen möglich
jei, und daß eben deshalb 2) die wahre Weisheit
nur in einem beftimmten praftiichen erhalten,
einer Gleichgültigfeit gegen alles Außere, bejtehen
fünne. Aus diejer Anficht (dem nil admirari des
Horaz, ep. 1, 6) jollte als Gewinn fürs Leben
die unerjchütterliche Gemütsruhe hervorgehen, in
welcher die Glückſeligkeit beftehe. An die Stelle
icheinlich als Beauftragte einer höheren Macht,
auch jelbft Briefter, Herolde und Redner, nachmals
auch die Gyummafiarhen und Kampfrichter damit
auf. — Zu den Römern fam das Scepter vielleicht
zunächſt von den Etrujfern und war ein Abzeichen
der Könige, das von da auf die Konſuln überging,
die wenigftens in dem ältejten Zeiten einen ähn-
lihen Stab (scipio eburneus) trugen, wenn fie
in die Eurie gingen, der jpäter mit einem scep-
trum als Amtszeihen vertauſcht wurde. Auch ar
auswärtige verbündete Könige wurde ein jolcher
Stab ald Ehrenzeichen verliehen.
EZxrevodnen iſt ein Zeughaus, welches zur
Aufbewahrung des Schiffsgerätes der außer Dienft
geftellten und eben deshalb abgetafelten Fahrzeuge
dient. Im Hafen von Athen wurde jpeziell das
ängende Gerät, xgeuaor« oxern, in der St. auf:
wahrt, während Ruder, Mafte, Rahen zc., die
oxsun Evlıve, in den Schiffshäufern (vewcoıno«)
bei den Schiffen jelbit lagen. Unter axeun xee-
ueord begreifen die Urkunden des attijchen See—
wejens die vrofopeare, ſtarle Taue, welche in
ungefähr wagerechter Richtung rund um den Rumpf
bes Schiffes gelegt wurden, die loria, Segel, von
denen fpeziell das große Segel des Hauptmafter
zu dem vom Staate gelieferten und deshalb in
der Sf. aufzubewahrenden Gerät einer Triere. ger
hörte, die apappvuere, härene (reizıva) und
leinene (Asvxd) Zenge, die ald Schußwehr an den
Seiten des Verdecks angebradht wurden, ſowie
ichlieglih das ganze Takelwerf. Bal. Fabricius,
die St. des Philon (Hermes Bd. 17 ©. 561).
Exrıadeıor, Sonnenihirm, welchen den atti-
ihen Frauen beim Wusgehen Sklavinnen, bei
feftlihen Aufzügen die Töchter der Metoilen nad):
trugen, in der Urt, wie unjere Schirme, mit be:
weglichen Stäben zum Auf: und Zuflappen; von
Männern nur ausnahmsweiſe aus Berweichlichung
etragen. Später trugen die Frauen ftatt des
onnenſchirms auch ein mit unjeren Strohhüten
der eigentlichen Pyrrhoneer jcheint in Eiceros Zeit | vergleihbares Gefleht (Bola) auf dem Kopfe.
die neuere Afademie getreten, dagegen im
fange der chriftlichen Zeitrechnung wieder die ältere
An: | Theocr. 15, 39.
Skiäthos, Zxiados, noch j. Sktiathos, Inſel
Stepfis hervorgetreten zu fein. Einer der erften | des Aigaitfchen Meeres, nördlich von Euboia und
und befanntejten war Ainejidemos (j. d.); etwas öſtlich unweit der magnejischen Hüfte Theflaliens
jpätere Steptifer find: Zenurippos, Zeuris, |(Hat. 7, 179. 183), mit einer Stadt gl. N., joll
Antiohos, Menodotos, Theodas, Herodo: ihre Bevöllerung aus Thratien durch Pelasger,
1120
fpäter aus Chalkidile erhalten haben. In den
Berjerfriegen war die Gegend von ©. der Schau:
plaß mehrerer Seegefechte. Hdt.7,179.8,7. Dar:
auf ſchloß fich die Injel an die Athener an, ward
mit 200 Drachmen jährlich befteuert und blieb in
dieſem Zuftande, bis Athen die Hegemonie verlor.
Im J. 200 dv. E. wurde die Stadt von den Ma:
fedoniern ört (Liv. 31, 28. 45); in den mithri-
datijchen Kriegen war die Inſel Schlupfwintel für
GSeeräuber. Antonius jchenfte fie den Athenern, in
deren Beſitz fie noch unter Kaiſer Hadrian war;
jpäter, zur Zeit des Septimins Severus, muß fie
aber wieder jelbjtändig geweſen jein. Geſchätzt
war der Wein der Inſel und ein dort gefundener
Fiſch (neorgevg). Athen. 1, 4 c. 305.
Skillüs, Zxulloös, Stadt in der eliichen Land⸗
ſchaft Triphylia, an dem dem Alpheios zufließen-
den Bache Selinüd. In dem Kriege der Piſaten
unter Pyrrhos gegen die Eleier ftanden die Be:
wohner von ©. auf ſeiten der erfteren, wurden
aber bejiegt. Später riffen die Laledaimonier ©.
von Elis los und jchenkten ein Landgut in dem
Gebiete der Stadt dem aus jeinem Baterlande
verbannten Kenophon, welcher hier die legten Jahre
feines Lebens zubrachte und ein Heiligtum der
Artemis, eine Nachbildung des ephejiichen Tempels
im Kleinen, errichtete. Vgl. die anmutige Schil-
derung Zenophons (An. 5,3, 7ff. Hell. 6, 5, 2).
Zxiaxovg ober dondvens, aud) “gdPßerog,
eine ärmliche Art der «Alen (wie das Bett bei
gerk obwohl noch beſſer ald die yausven,
. Bett, 1.
Skiöne, Zxıarn, die bebeutendite Stadt ber
makedoniſchen Halbinjel Pallene an der Wefttüfte,
öftlich vom Vorgebirge Bofidion. Die Stadt leitete
ihren Urſprung von Bellene in Achaia her und
jollte von einigen aus Troja zurüdfehrenden Grie-
chen gegründet jein. Bedeutend war ihr Handel.
Thuc, 4, 120. 133. 5, 32, Hdt. 7, 123. 8, 128.
Strab. 7, 330.
Skiritis, Zxıpirıs, rauhes und fahles Hochland
im nordweſtlichen Lakonien, an die arkadiſchen
Landichaften Mainalia und Parrhafia grenzend.
Die friegeriichen Bewohner, Stiritai (Lxıpirau),
bildeten eine eigene, leichtbewaffnete Wbteilung
bes jpartanischen Heeres, welche in der Schlacht
ſtets auf dem linfen Flügel ftand, auf dem Marſche
voranzog und im Lager auf dem äußerjten Ende
lag, überhaupt aber gewöhnlich auf die gefähr:
lichſten Punkte geftellt und zum eriten Angriff ver:
wendet wurde. Die einzige uns dem Namen nad)
befannte Ortichaft der Skiritis war das, wahr:
ſcheinlich 5— von den Spartanern angelegte, Kaſtell
Dion, 2 Stunden nördlich von Sellaſia. Bgl.
Thuc. 5, 33. 67. 68, Xen. Hell. 5, 2, 24. 6, 5, 24.
7,4, 21. Diod. Sie. 15, 32.
Skiron, Zul/eor, Zxsigwv, 1) j. Theseus.
— 2) Sohn des Pylas, Urenkel des Leler, Gemahl
einer Tochter des Bandion, weshalb er dem Sohne
des Bandion, Nijos, die Herrichaft von Megara
reitig machte. Aiakos, ald Schiedsrichter, erfannte
em Niſos die Negierung, dem Skiron die An:
führung im Kriege zu. Nach andern ift er Ge-
mahl der Chariflo, der Tochter des Kychreus,
Bater der Endeis, ber Gemahlin des Aiakos.
Paus. 1, 39, 5. Plut. Thes. 10. — 8) Zxifoor, ſ.
Exıgopögpıu.
Skironides, 1) Zxıgwrläns, atheniicher Feld:
Skillus — Skolion.
herr im peloponnefifchen Kriege, kämpfte 412 v. €.
im Bunde mit den Argivern bei Milet gegen die
Beloponnefier und Milefier. Als die Athener fieg-
reich bis unter die Mauern Milets gerüdt, bie
Argiver aber geichlagen worden waren, warb er
von Peilandros angeflagt und feines Oberbefehls
entjeßt. Thuc. 8, 25.54. — 2) Zxipwridss, Exıpa-
Ösg rerpaı, Scironia Saxa, der ſchroffe, nad
Süden abjallende öftliche Teil des den Iſthmos
von Korinthos durchziehenden Geraneiagebirges.
Dort befindet fich die jchon im Altertum berüd-
tigte Stironiſche Straße (N Zxıgoris), noch jetzt
Kaliſtala, „der jchlimme Paß“, genannt. Skiron
foll ihn erft für Fußgänger gebahnt, Hadrian aber
für 2 Wagen erweitert haben. Nach der Sage
waren die Felſen aus den Knochen des von The:
ſeus erlegten Räubers Skiron entitanden (Ov. met.
2, 145 ff.), woher fie auch Zvaysis, berwünichte,
waren. Bon einem derjelben, der jteil überhängen-
den Mokoveig nerex, joll fih Ino mit ihrem
Sohne Melitertes, verfolgt von ihrem Gemahl,
dem thebaniſchen König Athamas, ind Meer ge
ftürzt haben. Hdt. 8, 71. Strab. 9, 391. 393.
Zxıgopögıe (veridieden von Zxion, einem
Alte des Theimophorienfeftes), ein Feſt der Athene
Zxıpds, der Schüßerin der Oliven, zu Athen am
12. des nach dem Feſte benannten Monats S firo-
phorion (Jumi—Juli) gefeiert. Das Feſt hatte
feinen Namen von dem Brauche, daf; bei einer Pro-
aeikon von der Burg nach dem, angeblich nach einem
eher Stiros aus Dodona benammten, Orte
Stiron bei Athen an der Strafe nach Eleufis,
die Briefterin der Athene und die Prieſter des
Poſeidon⸗Erechtheus und des Helios mit der ganzen
Familie der Eteobutaden, alle unter großen weißen
Schirmen, dahinzogen. Der Schirm (sxigor) war
das Symbol des Schu gegen die nahe bevor:
ftehende große Sonnenhige, welchen man für den
Olbaum und die Saatfelder erflehte. Auch trug
man babei zur Abwehr des Götterzornes, der durch
die Glut der Sonne die Felder verderben Tann,
das Diosfodion, das Fell eines dem Zeus Mei:
lichios geopferten Sühnwidbders.
Skirtonion, Zixierarior, Stadt im jüblichen
Arkadien, eine von den Städten, welche bei der
Gründung von Megalopolis von ihren Bewohnern
verlafien wurden. Paus. 8, 27, 4.
Skirtos, Zxlorog, öſtlicher Nebenfluß des Be
lihas (j. Belit) in Mejopotamien, der bei Edeſſa
und Karrhä vorbeiflog und mit jenem das Land
bewäflerte. Der jeßige Name Daijan ift, gleich
bedeutend mit dem alten, von dem hüpfenden Laufe
hergenommen.
Sklaven j. Joölog und Servi.
Sklavenkrieg j. Spartacus.
Skolion, oxölıor, orolıa nein, auch wagor-
vır, eine bejondere Klaſſe von Tiſchliedern bei
den Griehen. Der Name fommt von dem Ad—
jettivum oxoAcög, krumm, verdreht, verbogen.
Einige erklären ihn von der Art und Weije, wie
jolhe Lieder bei Gaftmählern gejungen wurden.
Nachdem nämlich die gewöhnlichen Gejänge ge:
meinjchaftlich und in der Reihe herum abgejungen
waren, wurden einzelne in der Gejellichaft auf:
eforbert, ein Feines Lied aus dem Stegreif zu
ingen; dieje reichten alddann die Lyra oder einen
Morten: oder Lorbeerzweig, den man während
des Gejanges in der Hand hielt, einander über
Skollis — Skylax.
den Tifch hin zu, jo daf der Zweig oder die Lyra
unregelmäßige Sprünge um die Tafel machte.
Wahrjcheinlich aber kommt der Name frummes,
ebogenes Lied von den Freiheiten, die man
He bei ſolchen ertemporierten Gedichten in der
Melodie erlaubte, ober von dem verichlungenen
Gange des Rhythmus diejer Lieder. Der Inhalt
des Stoliond war meiftens eine einfache Lehre
des praltiſchen Lebens, teils erniter, teils heiterer
Art, finnreiche, wigige Sprüche, Anrufungen von
Göttern u. dgl. Seine künftleriihe Ausbildung
erhielt das Skolion zuerft du
Sänger, deren Poeſie e3 nahe fteht. Als Meiſter
des Skolions werden genannt Alfaios, Sappho,
Anakreon, BPrarila. Die Skolien des Pindar
waren in funftreicher, chorijcher Form gedichtet.
Bon den meilten der uns erhaltenen Skolien
fannte das jpätere Altertum die Berfafjer nicht;
der Nugenblid hatte fie in heiterer Gejellichaft
geboren. Namentlic) war das geiftreiche, gejellige
Athen eine fruchtbare Stätte für die Stolienpoefie.
Berühmt ift das Sfolion des Atheners Kalliftra:
die aioliſchen
to8 auf Harmodios und Wriftogeiton, von den
Alten Aguodiov welog genannt, bei Athen.
15, 695 A, — Ausgaben der Skolien von lgen
(1798), in Schneidewins Delectus und bei Bergf,
poet. Iyr. Graee. III p. 643 ff. der 4. Aufl. Ab: | I
handlung von Engelbredht (1882).
Skollis, Zxöllıs, zb Zndllıor, Gebirgszug
bes nördlichen Elis, der die Grenze gegen Achaia
bildete, weitliche Fortſetzung des Erymanthos, j.
Mavri und Santameri genannt. Strab. 8, 341. 387.
Skölos, Zxölos, 1) alter Flecken Boiotiens
auf dem rechten Ufer des Ajopos und am Ab—
hange bes Kithairon, auf rauher Höhe gelegen,
woher das Sprichwort: eis Zxilov une’ abrög
iusv, ut &llo Erneoder. Dort hatten der Sage
nad) die Mainaden den Pentheus zerrifien. ‚Hom.
Il. 2, 47. 496. Strab. 9, 408 f. — 2) Fleden Ma-
fedoniens in der Nähe von Olynthos. Thuc. 5, 18.
Strab. 9, 408.
Zxönıov 6008, Gebirge Makedoniens, das
von Süden nad) Norden zum Haimos ſich hin-
zieht, öftlih vom Skardon; j. Kurbetska-Planina.
Thuc. 2, 96.
Skopaden, Zxorad«ı, ein theſſaliſches Dynaſten⸗
geichleht in Krannon. Schon ums J. 600 v. E.
wird ein Sfopade Diaktorides unter den Freiern
der Agarifte, der Tochter des Kleiſthenes von
Sikyon, genannt (Hat. 6, 127); ein Stopas, bald
nad; 500 v. E., ift berühmt durd; jeinen Reich—
tum und dur Aufnahme des Simonides, ber
auf ihn ein Gedicht machte und beim Einfturz der
Zimmerdecke während eines Gaftmahls auf wunder:
bare Weije gerettet wurde. Quint. 11, 2, 11. —
Ein jüngerer Skopas lebte zur Zeit des velo-
—— Krieges, war mit dem jüngeren Kyros
befreundet und bot dem Sokrates eine Zufluchts—
ftätte an. Um diefe Zeit wurden die inneren
Berhältniffe des Landes umgeftaltet durch den Sieg
des Lykophron von Pherai, 405 v. E., der Demos
wurde widerjeglich, und die Macht der Dynaften
gebrochen. Plut. Cim. 10. Cie. de or. 2, 86. Xen.
Hell. 6, 1, 19.
Skopas, Zuoras, aus Paros, berühmter Bild:
bauer und Architelt, war bei dem Bau des präd-
tigen marmornen Tempels der Athene Alea in
Tegea (defien Überrefte 1879 ausgegraben worden
Reallexiton bes klaſſ. Altertums, 7. Aufl.
1121
find) und in höherem Aiter bei dem des Mauſo—
leion (j. Halikarnassos) beichäftigt, blühte alfo
in der erften Hälfte des 4. Jahrhunderts v. C. Zu
feinen berühmteften Werfen gehörten ein Apollon
Kitharödos, eine rajende Bachantin, eine, wahr:
icheinlich für einen Tempel Bojeidons in Bithynien
beftimmte, Statuengruppe, die die —
der von Hephaiſtos geſchmiedeten Waffen an Achi
darſtellte, u. a.; ob die Niobegruppe ihm oder
Prariteles beizulegen fei, fonnte ſchon das Alter:
tum nicht enticheiden (Plin. 36, 28). gl. Ur:
lichs, Stopas’ Leben und Werke (1863), und Bild-
hauer, 8.
Skopölos, Zxörelos, Name mehrerer Heiner
Felsinſeln, 3. B. unweit der theſſaliſchen Küfte bei
Stiathos, in der Propontis, an der ionischen Küfte,
im Joniſchen Meere zwiichen SKephallenia und
Balynthos.
Skordiskos, Zxogdionog, auch Zrvdiong und
Zuodlong genannt, Gebirge im kappadokiſchen
Bontos, ſüdweſtlicher Zweig des Paryabres, der
füdlich mit dem Antitauros zufammenhängt. Strab.
11, 497. 12, 548.
Skorpios ſ. Sternbilder, 8.
Skotitas, Zxoriras, Waldbezirf Lakoniens an
der tegeatiichsthyrentifchen Grenze mit einem Hei—
igtum des Zeus Skotitas. Paus. 3, 10, 6. Pol.
16, 37.
Skotussa, Zxoroösce, 1) bedeutende Stadt der
theflaliichen Landſchaft Belaigiotis, an den Quellen
bes Dncheftos und den norbweitlichen Abhängen
bes Heinen Chalkedonios und nicht weit ſüdlich
bon den Hügeln Kynoskephalai gelegen. Hier fiegte
364 v. C. Belopidas über Wlerander von Pherai,
der mehrere Jahre darauf die Stadt während des
Baffenftillftandes überfiel, die Männer niederhauen
und Frauen und Kinder in die Sflaverei verkaufen
ließ (Paus. 6, 5, 2. .Diod. Sie. 15, 75), und erfocht
Ylamininus 197 v. E. einen großen Gieg über
Philipp V. von Makedonien. Pol. 18,3 ff. Plut.
am.”7. Liv. 36, 4. — 2) Stadt in der male:
donijchen Landichaft Sintife am Strymon.
Skylax, Zsöla&, aus Karyanda in Karien,
einer der Seefahrer, welche Dareios Hyitafpis
(621—485 dv. €.) ausichidte, die Küften Aſiens
bon der Mündung des Indos bis ind Innere des
Arabiichen Meerbujens zu unterfuchen. Adt. 4, 44.
— Guidas erwähnt einen Mathematiker und Mu—
ſiker dieſes Namens, gleichfalld aus Karyanda, und
gibt ihm folgende Schriften: wegimioug rar Evrög
tor 'Hoanklovg ornlöv, r& war& row "Hoankel-
önv tor Movlaocchrv BaoılEa, yiig mweplodog, dv-
tıygagpn meög ev ITloAußiov —— Suidas
hat hier verſchiedene Perſonen miteinander ver—
wechſelt und zu Einer verſchmolzen, denn die
zweite und vierte der genannten Schriften gehören
einem ſpäteren Skylar an, wahrſcheinlich dem Aſtro—
nomen aus Halikarnaſſos, dem Zeitgenoſſen des
Panaitios (Orc. div. 2, 42), die andern aber einem
—— Man möchte daher noch einen dritten
Stylax annehmen, der, gleichfalls aus Karyanda
ftammend, in unbefannter Zeit, aber vor Ariſto—
teles, einen Periplus des inneren und äußeren
Meeres jchrieb. Noch verwidelter wird die frage
durch das unter dem Namen des Skylar aus Ka—
ryanda erhaltene Werk meptwloug rjs Beakdoans
zig olwovusrng Ebehnng nal ’Aclag nal Außöns,
Beichreibung einer Fahrt, welche, bei ber nörd—
71
1122
lichen Säule des Herafles beginnend, zuerft die Verfaſſer einer wegıjynoıs, welche nach den 3 Erd⸗
europäiichen Hüften des Mittelmeeres entlang, durdy teilen vermutlich in 3 SHauptabichnitte, Ereumr,
den Hellespont und Bosporos, hierauf rings um | Hole und Außen, und wieder in Bücher eingeteilt
Skylla — Zurvbaı.
den Bontos Eureinos und denjelben Weg zurüd
an der afiatiichen Küfte hinab, dann an der afri-
fantfchen hin bis zur füdlichen Säule des Herafles
und über dieje hinaus bis nad) Kerne geht, woran
fih noch einige Angaben über die Größe und,
Entfernung der wichtigſten Inſeln ſchließen. Sehr
verſchieden find die Anfichten über die Entftehung |
diejer Schrift. Nicht unmwahrjcheinlich ift es, dab
das Ganze in feiner jegigen Geftalt ein in der
byzantiniichen Zeit fompilierter und zum Schul:
gebrauch gemachter geographifcher Abriß der das
Mittelmeer umgebenden Küftenländer ift, während |
andere (3. B. Burfian und A. Schäfer) die Schrift
für das Originalwerk eines Praktikers aus der
Mitte des 4. Jahrh. v. E. (nach Unger 356, nad
Kiepert zwijchen 400 und 360) halten, das freilich
von fpäteren Abjchreibern vielfach verkürzt und ſonſt
verberbt worden jei. — Ausgg. von Klauſen (mit
den Fragmenten des Sefataios, 1831) und B.
Fabricius (2. Aufl. 1878), jowie von E. Müller
war. Ganz ohne Grund wurde demielben aud
eine nach dem Borgange des Atheners Apollodoros
in iambijchen Trimetern geichriebene Periegeſe bei:
gelegt, eine Beichreibung der Küften Europas von
den Säulen des Herafles bis zum pontiichen Apol:
fonia, die auf uns gefommen ift, gewidmet dem
König Nitomedes von Bithynien (ob Nilomedes 11.
Epiphanes (f. d.), oder Nifom. 111. Philopator (j. d.),
ift zweifelhaft), ftiliftiich ohne Wert, dem Inhalte
nicht unwichtig, vermutlich ein Auszug aus
den geographiichen Abjchnitten der "Torogiaı des
Ephoros (j.d.). Audgg. von B. Fabricius (1848),
Meinete (mit Dionyſios, 1846) und E. Müller,
geogr. Graec. min. | p. 196 ff. — 2) Toreut umd
Erzgieher, Schüler des Kritias, um 430 v. €.
Skyros, Zxöoos, noch j. Styros, Bajaltiniel
im Thrafifchen Meere (einem Teile des Aigaiiſchen
nordöftlih von Euboia, etwa 3 Quadratmeilen
groß, felfig, reich an ggiegen und buntem Marmor,
mit einer Stadt gl. N. und einem Flufie Kephiſos
in defien geogr. Graec. min. I p. 15 ff.
Skylla, Zuölla, 1) Tochter der Kratais oder
Kratatis, ein fürdhterliches bellendes Ungeheuer
mit 12 Füßen und 6 langen Hälfen und Rachen,
jeder mit 3 Reihen furdtbarer Zähne. Sie lag
in einer dunfeln Höhle, die fi in ber Mitte
eines am Meere gelegenen, glatten, unerfteigbaren,
mit jeiner bunfelummölften Spike gen Simmel
ragenden Felſen befand. Gegenüber, einen Bogen:
ſchuß meit, lag ein niedrigerer Feld mit einem
mächtigen Feigenbaume, unter dem die Charyb-
dis drohte, die in furdhtbarem Schlunde dreimal
täglich die Gewäfler hervoriprudelte, dreimal hin-
abſchlang. Als das Schiff des Odyſſeus zwiſchen
beiden Uintenskätenmm, und deſſen Gefährten
voll Angft nach der tobenden Charybdis blidten,
raubte von der andern Seite Skhlla, der fie ſich
allzujehr genähert, 6 Gefährten und verichlang fie.
Hom. Od. 12, 73 ff. 235 ff. — In fpäterer Zeit
verlegte man Stylla und Charybdis, deren Lage
Homer ganz unbeftimmt läßt, in die fichlif
Meerenge, und zwar die Skylla auf bie italische
Seite, und machte die Sfylla zu einer Tochter des
Phorkys oder Phorbas und der Hekate Srataiis
(Hom. Od. 12, 125 ift jpäteres Einjchiebfel), oder
der Yamia, des Triton, des Pofeidon u. ſ. w.
Man gab ihr 3 oder 6 Köpfe von verjchiedenen
Tieren. Sie war früher eine jhöne Meernymphe,
wurde aber von Kirke oder Amphitrite aus Eifer:
fucht verwandelt, jo daf fie oben Jungfrau blieb,
nad) unten aber in einen mit fcheußlichen Hunden
umgürteten Fiſchſchweif auslief. Verg. A. 3, 426.
Ov. met. 18, 732 ff. 900 f 14, 40 f vg
(Verg.) Ciris 56 ff. b die Eharybdis von
Homer wie die Stylla als leibhaftiges Schenjal
gedacht jei, war dem Alten nicht Mar. Später er:
Härte man fie für die Tochter des Pofeidon und
der Erbe, für ein gefräßiges Weib, das dem He—
rafles Rinder raubte und deshalb von dem Bli
des Zeus ind Meer geichleudert warb. — 2) H
Skyllaion j. Scyllaeum, 8.
Skyllis j. Bildhauer, 3.
Skymnos, Zxöuvog, 1) aus Chios, ein Geo—
Nisos.
graph aus unbelannter Zeit (viell. 2. Jahrh. v. E.),
yg. fab. 199. | der Feldh
Ihre älteften Bewohner heißen die Pelasger, Ka:
rer, Doloper. Thuc. 1, 98. Auf Styros joll nad
jpäterer Sage Achilleus durch jeine tter Thetis
die ihn dem vor Troja jeiner harrenden Geichid
entziehen wollte, in Frauenfleidern verborgen wor:
‚den fein. Dort erzeugte er auch mit Deibameia,
‚der Tochter feines mütterlichen Oheims Lykomedes
—* Pyrrhos oder Neoptolemos. Hom. Tl. 19, 326.
Od. 11, 508. Einer anderen Überlieferung gehört
die Eroberung von ©. durch Adilleus an (Hom.
11. 9, 688), welche die attiiche Sage wieder mit
Thejeus in Verbindung bringt. Als nämlich The
jeus, aus Athen vertrieben, nach S. getommen
und dort meuchleriih von Lykomedes ermordet
worden war (Plut. Thes. 35), ſchickte Pelens den
Achilleus zur Rache hin, der dann, nach erfolgter
Nechtfertigung, die Deidameia heiratete. Erſt
468 dv. &. wurden infolge eines Drateliprucds
die Gebeine des Thejeus durch Kimon nach Er-
oberung der Inſel nach Athen gebradt und im
Thefeion beigejegt. Plut. .36. Cim.8. Thue.
1, 98. Seitdem galt ©. nebſt Jmbros und Lemnos
als athenijche figung, welche ihnen auch im
antaltidiichen Frieden gefichert blieb (Xen. Hell.
4, 8, 15. 5, 1, 31); erft in der makedoniſchen Beit
(342) ging die Injel den Athenern verloren (Strab.
9, 437), die fie jedoch 196 dv. E. durch die Römer
wieder erhielten. Liv. 38, 30.
Zxvrdin, ein Briefftab, defien man fich vor:
nehmlih in Sparta zu geheimen auswärtigen
Sendungen bediente; dann auch die Botjchaft umd
der Brief jelbft. Jeder Staatsbeamte, bejonders
err, wenn er im öffentlichen Dienfte
auswärt® ging, nahın einen joldhen Stab mit fich,
während die Ephoren in der Stadt einen zweiten
ganz gleichen hatten. Eine Botichaft an den aus
wärtigen Beamten wurde mun jo erlaflen, dab
man um diejen Stab einen jchmalen weißen Rie
men, eng und genau jchließend, wand, diejen Rie—
men in der Quere beichrieb und dann, vom Stabe
wieder losgelöft, fortichidte. Der, welcher dieſen
Riemen erhielt, wand ihn in — Weiſe um
feinen Stab und konnte jo die Schrift leſen. Mit
‚Ages. 10. 15. Nep. J’aus, 3.
Zxudaı |. Joülog, 6.
Skytbia — Smerdis.
Skythia, Iruhie.
des und jeiner Bewohner war vor Herodot jehr
lüdenhaft; von letzterem aber erhalten wir im
vierten Buche eine anjchauliche Schilderung, von
der wir viele Züge in der Geographie des ruſſi—
ſchen Reichs wiederfinden. Nach Herodot find die
Grengen: im ©. ber untere Lauf des Iſtros und
das Land der Agathyrſen (Siebenbit aa) in N.
das Land der Neuren, Androphagen, Melanchlänen
und die unbefannte Wiüfte (etwa die Gonverne-
ments Mohilew, Tſchernigow, Orel, Kursf), im ©.
der Tanais und die Maiotis, im ©. der Pontos
Eureinos, alſo das ganze jüdliche Rußland (bis
Bolhynien und PBodolien, bis Rumänien, bis zur
Krim und zum Don). Die fpäteren Schriftfteller
beichränten den Namen ©. nicht mehr auf jo be-
jftimmte Grenzen, jondern lajjen die Skythen noch
viel weiter gegen N. und D., über das ——
tige Turkeſtan und Sibirien hin, wohnen. ela
nennt einen Zeil des alten S. Sarmatia, und Pto-
femaios fennt nur ein afiatifsches S. — Topogra-
age nach Herodot: Das tauriſche Gebirge lag
im ©.; ein anderes ungenanntes weiſt durch feinen
Metallreichtum auf den Ural hin. Flüſſe: der
Iſtros mit den Nebenflüffen Tiarantos (ij. Aluta),
Ordeſſos (j. Arbichiich), Naparis (j. Jalowika),
Araros - Jeraſos (j. Sereth), m.
(j. Pruth), Tyras (fpäter Danaftros, j. Dnieftr),
Hypanis (j. Bug), Boryſthenes ((päter Dana:
pris, j. Duiepr) mit dem Pantikapes, Hypatyris;
der Grenzfluß war der Tanais (j. Don) mit dem
Hyrgis (j. Donez). Außerdem gedenkt Herobot
mehrerer Landſeen. Unweit der Hüfte des Bontos
erwähnt er eine große Waldgegend (Hylaia), durch
weiche der Bantifapes in den Boryſthenes flieft.
Das Land hatte ein kaltes Klima und lange Winter.
Hußer dem Getreide, das an den Mündungen ber
Flüſſe gebaut wurde, wuchs treffliches, doch etwas
bitteres Gras; das Tierreich brachte ſchuelle, aber
ng Pferde ſowie Rinder ohne Hörner.
e Bewohner, nach einigen turaniſchen, nach
— ariſchen Urſprungs, hießen früher Lodoroi,
und erſt die Griechen nannten ſie Zxodeı, wäh—
rend ſie bei den Perſern Saker hießen. Sie zer—
fielen (Hat. 4, 17 ff.) in fo ende Stänmme: 1) Kai-
Aımildeı, nördlich von Olbia und der Mündung
des Hypanis; 2) Alukörsg, nördlich von Kalli—
pidai; 3) x. deornezrs, aderbautreibende St. am
mittleren Hypanis und Tyras; 4) Ir. yenepyol
oder Bopvodsverre: am unteren Borpfthenes; 5) Zx.
Buoıknjtor, der zahlreichite, tapferite, vornehmfte
Stamm der Skythen, welder die übrigen wie feine | na
Knechte auſah, an der Küſte zwiſchen Boryſthenes
und Tanais; 6) Zu. Nouddss, in dem Binnen—
land Wwiſchen beiden Flüſſen. — Die Sitten und
Bildung laſſen E als tapfer und kriegeriſch, aber
and; als roh erjcheinen: der weile Anacharfis und
der König Skfyles muhten ihren Verſuch, helle
niihe Sitte einzuführen, mit dem Leben bien.
Haät. 4, 76 ff. Städte und Feſtungen hatten die
Skythen nicht (Hdt. 4, 46), ihre wandernden Woh-
nungen waren ihre Wagen (auräößıoı) — ganz
nach Weiſe der Steppenvölfer. — ſämi
Stythen herrſchte Ein König (Hat. 1, 108.4, 68. 71),
deu ein zahlreicher Hofitaat umgab: Das Land
zerfiel in Gaue, jeder mit einem Beratungsplag
und einem Heiligtume des Kriegsgottes; ihre Re:
ligion war ein grober Bolytheismus. Die Skythen
Die Kenntnis diefes Lanz '
1123
verbreiteten fich im 8. Jahrhundert v. E. über den
ı Nordoften Europas, wo fie die am Pontos wohne:
Less
den Kimmerier untertwarfen oder verjagten; jpäter,
um 624, fielen fie in Medien ein und durchzogen
einen großen Teil von Borberafien. Nach 28 Jah:
ren wurden fie wieder von Kyarares verdrängt.
513 unternahm Dareios einen Zug gegen diejelben,
auf welchem er zwar tief in das Land eindrang,
aber die flüchtigen SE. nicht zur Schlacht bringen
fonnte, jo daß er ſich zur Rückkehr gezwungen jah.
Bon da an erfährt man von ihmen ey Jahr⸗
hunderte faſt gar nichts weiter, ſo daß ſich auch
die Belanntichaft der Griechen und Römer nicht
eben erweitern fonnte. Erſt Mithridates den Gr.
finden wir im Kampfe mit den Skythen, die er
aus der Tauriſchen Halbinjel verdrängte. Später
wurden, bejonders jeitdem Trajan Dacien unter:
worfen hatte, aud) die Römer mit a befannt.
Nun aber iſt plößlih der Name der Sf. ver:
ſchwunden und hat dem der Sarmaten (j. Sar-
matia) Platz gemacht, deren Land Btolemaios
enau bejchreibt, und die als ein den Gkythen
mmberwanbtes, öftlih von ihnen mwohnendes
Bolt anzujehen find, das bald nach Aleranders
Zeit das Reich der Stythen ſtürzte und fi in
deren Gebiet anfiedelte. Seitdem heißt das ganze
ebene Ofjt-Europa Sarmatia; der Name Skythia
aber ift nach Aſien himübergewandert und umfaßt
den Landftrich zwijchen dem aſiatiſchen Sarmatien
im W. (Maiotis und Rha), dem unbelannten Lande
im N., Serica im D. und Indien im ©. (der
Fluß Oxos, die Gebirge Imaos und Emtodos).
Das ganze Land jheidet Ptolemaios in 2 Zeile:
Seythia intra und extra Imaum (2x. 1 drrög
xcel 7) Zurög "Iudor), d. h. Skythia weiktich und
öftlich von bien Gebirge, dem die Alten eine
jehr große Ausdehnung nad N. geben. Als Ge:
birge nennt er im Nordweiten die Rhymmijchen,
Alaniſchen, Tapuriichen Berge, Teile des Ural, im
D. die Annibiſchen (j. Sajaniſches Geb.) und Aura:
fiichen Berge (j. Altai), im S. die Orijchen und
Sogbijchen Berge (j. Al: und Kara-Dagh). Bon
den Flüffen fielen nach feiner Angabe ins. nörd—
lihe Meer der Baropamijos (mahrjcheinlich der
heutige Obi), Rhymnos (j. Uzen), Daix (j. Jait
oder Ural); Jarartes (j. Sir Darja oder Sihon)
und Oros (j. Amu Darja oder Gihon) mündeten
ins Kaſpiſche (?) Meer. Als Völferjchaften nennt er
in Seythia intra Imaum: Rhymmioi, Aorjoi,
Ariakai, Majjagetai, Satai, Argippaioi,
an! agstai; in af er extra Imaum von N.
S.: Arim „Aupakitai, Iſſedones,
Namen, „die bei gi völligen Abweichung der
chineſiſchen Nomenklatur in diefen Gegenden kei:
nerlei Identifilation erlanben’” (Kiepert). Strab.
7, 300 ff. 11, 507. 5105. Vgl. Neumann, bie Hel:
lenen im Skythenlande (1855).
Skythinei, Sxvöurod, Völterjchaft an der nord:
weftlichen Grenze Armeniens, zwiſchen dem Fluß
Harpajos (Akampſis) und dem Gebirge Baryadres,
in deren Gebiet die Zehntauſend unter Kenophon
ge: Tage he aufhielten. Xen. An. 4, 7, 18. Diod.
Smerdis, Zutoöis, in den Inſchriften Bar—
bija, bei Ktefins ag rarfes (wohl ein Beiname),
der jüngere Bruder Kambyjes. Sein Bater
Kyros hatte ihm die oberen Provinzen, d. 5.
Baktrien, Chorasmien, Parthien und Rarmanien,
71°
1124
zur Verwaltung übergeben. Kambyſes aber lieh
ihn vor jeinem Bug gegen Agypten (nad dem
authentijchen Bericht der Behiftaninjchrift, gegen
Hdt. 3, 30) aus Argwohn oder Eiferfucht um—
bringen. Ein medijher Magier Gaumata (bei
Juftin 1, 9 richtig Gometes) benügte die Geheim-
haltung des Todes und jeine Ahnlichkeit mit dem
Ermordeten, um fich für denjelben auszugeben und
gegen Kambyjes aufzulehnen (Sommer 522). „Das
ganze Neich wurde aufrührerijch; es trat zu jenem
über, jowohl Berfien ald Medien und die übrigen
Provinzen‘ (Behiftaninjchrift), bis er durch bie
fühne That des Dareios in einer medijchen Burg
jamt jeinen Anhängern niedergemadt wurbe. Hat.
3, 617.
Smilis j. Bildhauer, 1.
‚dung, leicht und niedrig, we
Smilis — Soeii navales.
Soceus, urjprünglich eine griechiſche Fußbeflei-
Ihe auch jpäter von
den Römern angenommen ward, aber für weich—
lih galt. Später aber wurde viel Luxus, durch
Bejegen mit Edelfteinen, damit getrieben. Auch
war der Soceus eine charakterijtiihe Fußtracht
der Komödie, wie der Kothurn der Tragödie.
Hor. ep. 2, 1, 174. a. p. 80. 90.
Soeiäle bellum j. ———— bellum.
Socti, Bundesgenofjen, 1) ſtaatsrechtlich. Rom
a: a) Socii aequo foedere (j. Foedus);
) Socii non aequo foedere, Pie fremden
Könige ftrebten eifrig nadı dem Titel eines socius
et amicus populi Komani und braten
roße Opfer. Staatsrechtlich waren dieje Könige
Frei, aber nur jcheinbar, denn in Wahrheit kann
Smintheus, Zurdevg, Beiname des Apollon | man fie als Vajallen und Unterthanen bezeichnen,
(Hom. Il. 1, 39), unter dem er in Chryje (wo im | welche den römiichen Befehlen pünktlich gehorchen
jeinem Tempel jein Standbild war mit einer | mußten. Cie. Deiot.5. Auch lagen auf ihnen große
Maus unter dem Fuße, ein Wert des Stopas) | Laften, wie Tributzahlung, Stellung von Hülfs-
und andern Städten und Inſeln Kleinafiens (Te—
nebos, Lindos auf Rhodos, Hamaritos in Wiolis,
Kreta) verehrt ward. Man leitete den Namen ab
von der Stadt Sminthe in Troad oder von oudv-
»os, Maus, welche ald Symbol der Weisjagung
galt. Als Mäufetöter bezeichnet ihn die Sage,
wonach er einft die von Mäufen geplagte Land—
ichaft Troas oder einen feiner Priejter von dieſen
befreite; nad) einer andern Sage erhielt er von
den aus Kreta unter Stamandros ausgewanderten
Tenfrern den Namen, als dieje bei ihrer Landung
in Troas des Morgens ihre Schilde "und Bogen—
jehnen von Mäuſen benagt fanden und nun ben
Sinn des Drafeld des Gottes erfannten, daß fie
da ſich niederlaſſen jollten, wo Erdgeborene fie be—
läftigen würden. Strab. 13, 604. 605. 613.
Sınyrna, Zuvgvre, 1) eine der berühmteften
und blühenbften Städte Kleinafiens, in jehr früher
Beit, angeblih von Niolern aus Kyme, in dem
norböftlichen Winkel des jpäter nach ihr benannten
Smyrnaiiihen Meerbujens am Fuße des Sipylos
in Lydien gegründet. Nachdem fie von Anfang
an zum Aioliſchen Bund gehört hatte, wurde fie
um 700 dv. C. von Joniern aus Kolophon bejeßt.
Hdt. 1, 149, Nach ihrer Zerftörung durch ben
Iydiihen König Alyattes um 600 (Hdt. 1, 16)
lag fie faft wütte da, bis fie nad; Aleranders Tode
von Antigonos 20 Stadien weiter füdlich, an dem
Berge Pagos und dem Flüßchen Dieles, neu auf:
gebaut wurde. Bon Lyſimachos noch weiter ge-
hoben, wurde fie durch ihre günftige Lage der
erfte Handelsplatz Sleinafiens und blieb auch in
römijcher Zeit, wo fie Sig eines conventus iuri-
dieus war, eine der —* und bedeutendſten
Städte. 178 n. E. wurde ſie durch ein furchtbares
Erdbeben hart mitgenommen, doch von M. Aure—
lius Antoninus wiederhergeſtellt. S. rühmte ſich,
die Geburtsſtadt des Homeros zu ſein, deſſen
Bildſäule in einem herrlichen Gebäude (Homereion)
aufgeſtellt war. Außerdem wird ein Tempel der
Kybele bejonders gerühmt. Das h. Smyrna oder
Iſmir ift noch eine der wichtigften Handelsſtädte
des Orients, Strab. 14, 633. 646. gl. Lane,
Sımyrnaeorum res gestae et antiquitates (1851);
Mylonas, de Smyrnaeorum rebus gestis (1866);
€. Eurtius, Beitr. zur Geſchichte und Topographie
Kleinafiens (Abhandl. der Berl. Alad. 1872). —
2) j. Kinyras,
truppen u. ſ. w. c) Socii Latini (j. Latium,
6 f.), waren eine privilegierte Klafje von Berbün-
deten. d) Dediticii ri b.), jind nicht eigentlich
socii zu nennen, da fie ganz abhängig find. —
2) Militäriich gab es socii nur jo lange, als bie
italiihen Bölferjchaften noch nicht das römische
Bürgerrecht erhalten hatten, und traten von ba
an die auxilia an ihre Stelle. Wenn jpäter noch
von socii die Rebe ift (Tac. ann. 4, 78. hist. 5, 1),
jo konnte dies nur der uneigentliche Ausbrud für
die auxilia, Hülfstruppen, jein. Das bundesge-
nöffische Heer war der römijchen Legion in ber
Bewaffnung gleich, an Zahl aber größer, nament⸗
li war die Reiterei gewöhnlich zweimal jo ftarf
als die römische. Das Fußvolk zerfiel ebenfalls
in 10 Eohorten (alariae genannt zum Unterjchiede
bon den cohortes legionariae), die Neiterei in
10 turmae, jede zu 40 Mann. Die Aushebung
geide) auf Gebot deö römischen Senats von jedem
unbesftaate jelber, und mußte jeder berjelben
für Sold und Kleidung jorgen; dagegen übernahm
Rom die Verpflegung, jobald die Truppen an dem
bezeichneten Orte angelommen waren. Die 12 prae-
fecti sociorum (mit den 12 Tribunen ber beiden
konſulariſchen Zegionen gleichitehend), für gemöhn-
lich Römer, wählte der Konjul. Dieje jonderten
von jämtlichen gegenwärtigen Bundesgenofjen den
ı fünften Teil des Fußvolls und den dritten Zeil
der Neiterei aus, die j. g. extraordinarii (j. Le-
giound Castra,5.). Aus dieſen wurde wiederum
die unmittelbare Leibwache des Konſuls (evocati
und ablecti, j. d. und Dilectus militum, 4.)
auserwählt. Das übrige Bundesgenofjenheer wurde
den Legionen in 2 Flügeln (alae) zugeteilt, deren
einer dextra, ber andere sinistra war. Ebenſo
waren im Lager ihre Zelte audy getrennt (j. Ca-
stra), lediglih aus dem Grunde, damit fie ſich
nicht in ihrer abhängigen und gebrüdten Stellung
empören jollten.
Socii naväles, Die Bemannung der römijchen
Flotten wurde aus den ärmſten Bürgern und ben
| an genommen, Später fiel die Stellung
der Ruderer und Matrofen, jowie die ganze Aus-
‚rüftung (armamenta) und Berprobiantierung (fru-
mentum) der flotten den Bundeögenofien zur
Zaft, und da biejelben ihre Freigelaſſenen (socii
navales libertini, Ziv. 36, 2. 40,18) dazu ftellten,
ſo ftand die Bemannung der Kriegsichiffe im jehr
*
Socius —
ſchlechtem Anjehen und Rufe. Hor. sat. 1, 5, 4.
Daher war ftets ihr Wunſch, zu dem viel höher
ftehenden Landbienfte überzugehen, wo ihnen nach
bewiejener Tapferkeit auch Feb das römiſche Bür-
gerrecht — werben konnte. Tac. hist. 1, 6.
31. 87. Dio Cass. 64, 3.
Soe Jus in privatrechtlicher Beziehung. Der Ge-
jellichaftävertrag oder societas verband mehrere
Perſonen (socii) zur Erreichung gemeinjamer Zwede
und verpflichtete diejelben zu gewiſſen Leiftungen.
Die socii hatten zu ihrem Schutze gegeneinander
die actio pro socio. Cie. Rose. com. 12. 17.
Neben den zahliojen Privatjocietäten (3. B. Kom:
pagnien im Handel) ſtanden die ald Korporationen
vom Staate anerkaunten Pachtgeſellſchaften der
publicani (j. d.).
Sodalitas j. v. a. collegium, j. d.
Sodalitium (sodalic.), eigentlich jo viel als
sodalitas, bezeichnet jpäter faft nur verbotene
Gejellichaften, vorzüglich eine Art des ambitus,
wenn fich mehrere sodales vereinigten, gewiſſe
Wahlen durchzufepen, au welchem Zwede jie die
Tribus unter jich verteilten, dergejtalt, daß jeder
sodalis für Eine Tribus haften mußte, weldhe er
zu gewinnen verſprach. Gegen dieje Beitechungs-
affociationen erihien 55 v. E. die lex Licina,
welche die sodales mit aquae et ignis interdictio
bedrohte. — Der Staat genehmigte die ald uns
ſchädlich oder als nüglich erkannten Gejellichaften
ſtillſchweigend oder gejeglich, die gefährlichen da—
egen verbot er und löfte fie auf, 3. B. politische
— und demagogiſche Klubs. Cie. Phil. 1,9.
Mehrere ſolcher Klubs wurden durch ein SCons,
68 v. €. aufge oben, 10 Jahre darauf aber von
Elodius wie —28 und noch ea Cie.
Sest. 25. Eine lex Julia beftimmte, daß für jedes
Kollegium die jpezielle Sanktion durch ein SCons,
nötig jei.
Sogdiäna, Zoydıavr), Zovydıarıj, altperfiich
Sughuda, Sughda, Landichaft im äußerſten Nord:
often des Perſerreichs zwijchen den Flüſſen Oros
und Jaxartes, das heutige Bolhara, noch im
Mittelalter Soghd, d. i. das reine, genannt. Ge—
birge: die Oxiſchen Berge im N., die montes
Comedarum (j. Alai-Dagh) im D., die Sog:
diſchen Berge (j. Karastau) in der Mitte. Bon
Flüffen find außer Oros und Jarartes der Demos
oder Dymos (j. Marghilan) und der Steppenfluß
Bolytimitos (j. Seraf:Schan) zu nennen. —
Die Sogdii oder Sogdiani, Zoydor, Zoydıavol,
ein teilweile etwas ** doch iraniſches und in
feinen Sitten von den Baltriern wenig verſchie—
denes Volk, zerfielen in mehrere Stämme: Paſtai,
Drybaktai, Orydranlai, Jatioi, Tahöroi, Drei:
anoi u. a, Unter den Städten find bemerfens-
wert: die alte Hauptitadt Maralanda (j. Sa:
martand) in dem fruchtbaren Thal des Polytimetos,
Die Grenzfeftungen Kyreschata (f. d.) und Aleran-
dreia eschata (j. Alexandreia, 8.), Trybaftra,
Nautala (j. Karfchi), nicht weit davon die Stadt
der Brandiden (rd rou Boayzıdar &orv), Mar-
ginia. Strab.11,517f. Arr. 3, 28, 9. 30, 6.4, 16,3.
18, 4. Plin. 6, 16, 18,
Sokrätes, Zwxgdrns, 1) aus then. Über
das äußere Leben diejer für die griechifche Kultur:
und Sittengeſchichte jo Prag jönlichkeit find
und nur wenige und zum Zeil jehr zweifelhafte
Nachrichten erhalten.
|
|
|
— ————
Als ſeine Eltern werden
Sokrates. 1125
der Bildhauer Sophroniſtos und Phainarete ge-
nannt; er war geboren 469 v. C. Anfangs joll er
feines Vaters Kunſt getrieben und die befleideten
Ehariten auf der Atropolis gearbeitet Haben, von
denen ſich Bruchftüce erhalten haben. Paus. 1,22, 8.
9, 35, 2. Daß er Sklavendienſte oder unedles
Handwerk verrichtet, ift gewiß Verleumdung. Bon
feinen Lehrern wird allerlei berichtet, woraus jich
über feine Bildungsgeichichte nur joviel etwa mit
Beitimmtheit —— läßt, daß er die Hülfs—
mittel ſeiner Vaterſtadt eifrig benutzte, daß er von
den Gebildeten und Einſichtsvollen durch perſön—
lichen Verlehr zu lernen ſuchte, daß er die Schrif—
ten der Philoſophen und Dichter für dieſen Zweck
nicht verihmähte und in der Geometrie nicht ge:
ar Kenntniffe beſaß. In jeinen jpäteren
Jahren erſcheint ©. als ein Mufter von Frömmig—
feit, Selbftbeherrichung, —— Freundes· und
Überzeugungstreue, Vaterlandsliebe und Charakter:
feftigfeit, und dieſer innere Gehalt lieh jeine *
genoſſen ſein unſchönes, ja ſogar häßliches Auhere,
das er mit vielem ——————— ſchildert, ganz
gewiß überſehen. Er lebte arm, aber bedürfnislos;
die Heftigfeit jeiner Frau Kanthippe (derem Bant:
jucht fprichwörtlich geworden ijt) wußte er mit
dem größten Gleichmute zu ertragen, wenn er auch
jelbft nicht immer ein zärtlicher Ehemann gewejen
jein fol. Zu politifcher Thätigkeit hat ©. feinen
Beruf gefühlt, doch mahnt er andere, ſich dei
Staatögejchäften zu widmen, und befämpft ihren
jelbftfüchtigen Kojmopolitismus, und als Bürger
feiner Vaterſtadt erfüllte er jeine Pflicht im Kriege
wie im Frieden. Er fümpfte z. B. bei Botidaia,
Delion und Amphipolis, widerjtand allein dem
Unredt bei dem Arginufenprogeß, ebenjo den
Dreißig. Aber als ſeine eigentliche Aufgabe be:
trachtete er die Menichenbildung, die fittliche und
wiſſenſchaftliche Einwirkung auf andere. Dabei
war er im höchjten Grade uneigennüßig, er lieh
jeden ohne Bezahlung zu feinem Unterrichte zu.
Sein ganzes Wejen trägt überhaupt den echt grie:
chiſchen Typus an ſich. Er war mäßig, ohne ajfe-
tijch zu fein, fein Umgang mit Jünglingen — in
fittlicher Beziehung nur durch jpätere Verleumdung
a. — hat die griechiſche Form der Knaben:
liebe an fich, und fein Urteil über einen freieren
Verlehr der Geſchlechter ift der hellenifchen Dentart
gemäß; ferner fennt er feine höhere Sittlichkeit,
als den Gehorſam gegen die Staatägejege, und
dabei verehrt er die Bollsgötter. Eigentümlic war
fein Glaube an ein Daimonion, ein inneres Orakel,
welches ihn vom Unrecht abmahnte und zum
Guten hintrieb. Seine Lehren und Meinungen
hat S. ſelbſt micht aufgezeichnet, wir kennen fie
nur durch Platon, Zenophon und zum Teil durch
Ariftoteles; am —— mag ihn Xenophon ge:
ichildert haben. Das Prinzip der jofratifchen Phi:
lojophie ift das Streben nad dem begrifflichen
Bien oder der Grundſatz, dab alles Urteilen und
— von dem richtig erkannten Begriffe der
che ausgehen müſſe. Den Inhalt ſeiner Philo—
ſophie beſchränkt er auf die Ethik und befaßt ſich
‚nur inſofern mit naturphiloſophiſchen und theo—
logiſchen Unterſuchungen, als ſie mit dieſer in
Verbindung ſtehen. Auch in der Ethik ſind es
nur wenige Grundbeſtimmungen, welche er philo—
ſophiſch feſtſtellt: ſein allgemeinſter Grundſatz iſt
der, daß alle Tugend im Wiſſen beſtehe, und die
1126 Sol —
ſittliche Unwiſſenheit der größte Fehler fei. Es
liegt am Tage, daß ©. nicht nur durch die Ne:
fultate, fondern mehr noch durch die Art feines
en erens, durch den Eifer, mit welchem er
id) der Menjcenprüfung widmete und die Falſch—
heit des vermeintlichen Wiſſens aufdedte, vielfachen
Anftoß erregen mußte. Wie bald er ſchon das
Mißtrauen einer nicht unbedentenden Gegenpartei
auf fich zog, zeigen die Wollen des Nriftophanes,
welche 424 dv. E. zum erftenmal aufg wurden.
24 Jahre jpäter unterlag er dem Haß jeiner
Gegner. Bon dem Dichter Melötos, als Haupt:
fläger, dem Staatdmanne Anytos und dem Rhetor
Lykon des Abfalld von der Öffentlichen Religion
und der Einführung neuer Götter, jowie der Ver:
führung der Jugend zum Ungehorfam gegen Eltern
und Staatögejehe angeflagt, wurde er zum Tode
verurteilt (399) und tranf, da er die Gelegenheit
zur Flucht zurüdtwies, den Giftbecher mit beiſpiel—
lofer Ruhe und Heiterkeit, welche Platon und Xe=
nophon ergreifend ſchön dargeftellt haben. Der
Grund feiner Verurteilung ift in dem Haſſe und
der Verfolgung der Sophilten wie der Demokraten
zu juchen, die in ihm den gefährlichften Gegner
ihrer zum Teil unvernünftigen Beftrebungen fürd-
ten mußten, obgleich fie ihre Hauptanflage gegen
—* als einen Jugendlehrer richteten, welcher die
Religion und Sittlichkeit gefährde. Das Maß
ſeiner Verſchuldung iſt vor einigen Jahrzehnten
Gegenſtand einer polemiſchen Erörterung (zwiſchen
Forchhammer und Bendixen, 1887—39) geworden,
ohne daß ein unbeſtrittenes Ergebnis daraus her—
vorgegangen iſt. So viel bleibt gewiß, daß ©.,
einem inneren Berufe folgend, über feine Zeit hin:
ausgegangen war und ihre Schranfen durchbrochen
—— Der Adel ſeiner Seele und die Reinheit
eines Strebens bleiben unantaftbar, und die lei—
tenden Grundgedanken haben ihre Wahrheit and
fpäter noch in veränderter Form bewährt. —
2) Soft. oder Sofilrates aus Argos, Schrift: |
fteller aus unbekannter Beit und Berfaffer einer |
regynoıg Aoyors und einer Schrift, welche my:
thiiche Gegenftände behandelte, woos Klöster. |
— 3) aus Kos, Verfafler einer Schrift Zmunij- |
os Deov in mindeitens 12 BB. — 4) aus Rho—
dos, jchrieb eine Gefchichte der römtichen Bür—
gerfriege. Bol. Müller, fragm, bist. Graee, IV!
p: 496 ff. |
Sol j. Helios. |
Solarium, 1) Sonnenuhr, Horologium. Der
Gebrauch derjelben in Griechenland läßt fich anf
Anarimander oder Anarimenes, 500 dv. E., zurüd: |
führen, nad Rom aber fam diejer Zeitmeſſer erft
200 Jahre fpäter. Der (inomon oder Zeiger
ftand fenfrecht auf einer ebenen oder
halbfugelförmigen Fläche von Marmor
oder und zeigte durch feinen
Schatten die Stimden an, welche in’
der Fläche eingehauen waren. nz |
fünglih maß man mit diefem (yao-
uov, Nkorgomıor, Mad) nur
die verjchiedene Länge des Mittags: |
Ichattens oder beftimmte die Zeit der Sonnenmwen-
den und Taggleichen, nachher aber fuchte man auch
durch Hülfe gewifler Stifte und des Chattens, |
den fie von Fi warfen, die Tage im gleiche Teile |
abzuteilen. Übrigens wurde der Ausdruck auch |
allgemein gebraudyt für Zeitmeſſer, wie Cicero
Soloi.
(n. d. 2, 34) thut, indem er solarium descriptum
für Sonnenuhr, solarium ex aqua für Waflernhr
ebraucht. Eine ſolche errichtete 149 v. E. Scipio
afica zu Rom auf dem Forum, deren Etandort
(ad solarium) ein Sammelplag für die feine Welt
wurde. Cie. Quint. 59. — 2) der Söller, Terrafie
auf dem flachen Dach, mit Sträuchern und Blumen
geihmüdt. Um die Sommenftrahlen abzuhalten,
wurde oben anch wohl ein dh angebracht, io
daß die friiche Luft nur zur Seite durchſtri
„ Grundfteuer, welche von dem auf öffentlichem
oden (solum) errichteten Hauſe gegeben wurde
Soldurfi (wohl ein keltiſches Wort) neunt
Eäfar (b. g. 3, 22) eine auserwählte Schar von
600 M., welche fid den aqnitanischen Fürften zu
Treue auf Leben und Tod verpflichtet hatte (de-
voti). ähnliche Sitte bei den Germanen
vgl. Tac. Germ. 14, bei den Eeltiberern Val. Mar
2, 6, 11.
Solöae j. Kleidung, 10.
Solinus, €. Julius, im 3. Jahrhundert n. C.
verfahte in geichmadlojer Darftelung einen Ans
ug aus einer nach des Plinius natur. hist. um
ela gemachten Bearbeitung der Geographie, Cal-
lectanea rerum memorabilium, in einer jpäter
veranftalteten Bearbeitung Polyhistor betitelt, ge:
widmet dem DOclatinius Mdventus, Konful 218 u. C.
(nady Ufener). — Ausg. von Salmafins, ermeuert
von Götz (1777); neuefte treffliche Bearbeitung von
Theod. Mommſen (1864).
Solis fons, 'Hilov xerjvn, Quelle in der Daie
Ammonium (j. d.) in der Libyjchen Wüfte, deren
Wafler am Mittag am Fältefien, um Mitternadt
fiedend heiß war. gl. Aesch. Prom. 808 und
bejonders Hat. 4, 181. Diod. Sic. 17, 50. Ourt.
4, 7, 22.
Solis Jacus, Alurn Héldioto, heißt bei Homer
pen 3, 1) der Teich, aus welchem jich an jedem
orgen die Sonne erhebt, um ihren Lauf am
Hummel zu beginnen.
Solitaurilia (Suovei.) j. Opfer, 4.
Sollum, ein Thron, vgl. Sella. Iu der Kaiſer
jeit bezeichnete das Wort auch den Sarg (arca,
oeulus, capulus).
Solöeis, Zoldsıs, weit hervortretendes bemal:
detes Vorgebirge an der Weſtküſte Mauritanien
mit einem Altar des Pofeidon, wahricheinlic i
Kap Eantin, arabiich Ras el-Hudil. Hat. 2, 32
4, 48.
Soloi, ZöAoı, Soli, 1) bedeutende Stadt Mil:
fiens, zwiichen den Flüffen Lamos und Kydno—
Kolonie der Phoinifer und dann der Lindier am
Rhodos, ſehr reich und blühend. Tigranes zerftöne
©. und ——— die Bewohner nach Tigrano
terta, um 80 v. E., d ompejus ftellte es wieder
her und bevölferte es mit den Reſten der Ser.
räuber, jeit welcher Zeit der Name [louxntovzs-
Us auflam. Bon diefer neuen Stadt finden fid
bedeutende Ruinen bei Mejetlü. ©. war die Water
ftabt des Stoikers Chryfippos, des Komikers Phi-
lemon und des Mathematiterd und Aſtronomen
ser — u a im a ver mit den
ngeborenen ſich einen jchlechten Dialekt ange
mwöhnt hätten, hieh es, jei von ihnen der Ansdrud
voLomıouös, Solöeismus, hergeleitet. Strab. 14,
669. 671. Plut. Pomp. 28. — Andere beziehen
ihn auf 2) Hafenſtadt am weſtlichen Xeile der
m
w
Solon.
Nordküſte der Inſel Kypros. Nach Plutard) (Sol. 26)
war fie von einem einheimijchen Fürften auf den
Rat Solons gebaut (vgl. Hat. 5, 113), nad) andern
eine Kolonie der Athener. J. Ruinen Paläochora
bei Levla.
Solon, Zölwor, der Gejeßgeber der Athener,
Sohn des Erefeftides, aus dem vornehmen Ge:
ichlechte der Kodriden, geboren nicht lange nad)
640 v. E., begründete (um 600) jeinen Ruhm durch
die politiſche Rolle, die er bei der Eroberung von
Salamis übernahm. Dieje für den attijchen See—
verfehr jo wichtige Inſel hatten Die Athener in
einem Kriege mit Megara, der die Folge der
Unterdrüdung des kyloniſchen Aufftandes war, ver:
foren, und nach vergeblichen Verſuchen, Salamis
wiederzugewinnen, hatten die Leiter der athenijchen
Politik bei Todesitrafe verboten, daß jemand den
Vorſchlag made, die Inſel wieder zu erobern.
Aber S., der den Verluſt von Salamis nicht ver:
ichmerzen fonnte, erjchien eines Tages in der Vollks—
verjammlung, das Haupt mit dem Hute bedeckt,
als kehre er eben von einer Reiſe zurüd, und trug
eine Elegie Salamis (ſ. u. 6) vor, in welcher er
die Athener ald Herold von Salamis zu jchleuniger
Eroberung der Inſel antrieb. Es hi, er habe
fih, um nicht die feſtgeſetzte Strafe leiden zu
müjjen, wahnfinnig gejtellt. Jedesfalls erreichte
er jeinen Zwed: Salamis wurde von den Athenern |
wiedergewonnen. Nah Wilamowitz-Möllendorff
freilich hat ©. weder Salamis erobert noch deſſen
feften Befig erlebt.) Hierauf bewog ©., da die
durch die Ermordung der Kyloneier (j. Kylon)
zn. eführte Blutſchuld auf der Stadt laſtete,
en
ji) anzuerfennen. Nun traf die am Frevel Betei:
ligten, bejonders die Altmaioniden, die Strafe
der Verbannung, und es wurde die Befledung der
Heiligtümer und des ganzen Landes, wie es heißt,
durch den aus Kreta herbeigerufenen Epimenides
(j. d.) gefühnt. Einen größeren und dauerhafteren
Ruhm aber erwarb ſich ©. durch das unfterbliche
Werk feiner Gejehgebung. Große und berechtigte
Unzufriedenheit hatte fic der niederen Stände be-
mächtigt, denn fie waren mehr und mehr verarmt |
und durch die Reichen und Vornehmen, welche
das harte Schuldrecht erbarmungslos handhabten,
in die mißlichiten Berhältniffe gebracht worden.
Machten fie notgedrungen Anleihen, jo fiel e8|j
ihnen jchwer das Kapital zurüdzuzahlen, ja aud)
nur die Zinjen (die mindeftens 10 Prozent bes
trugen) aufzubringen. So kam es leicht zu Ber:
pfändung und Berluft der Güter, ja jogar der
perjönlichen Freiheit, denn die nicht zahlungsfähigen
Schuldner konnten von den Gläubigern zu Skla—
venarbeit benußt oder ind Ausland verfauft wer-
den. Solchen Zuftänden ein Ende zu machen, war
2 S.s ernftliher Wunſch. Hochangeſehen durch jeine
Abſtammung und doch nicht allzureich, durch Han—
delsreiſen gebildet, durchaus über den Parteien
ſtehend und durch Billigkeit und Mäßigleit ein
Manu des allgemeinften Vertrauens, wurde er
mehrfady und auch von dem delphiſchen Drafel
aufgefordert, fich der Herrichaft des Staates zu
bemädhtigen, er zog es aber vor, als erfter Archon
für das J. 594/3 die Rolle des Gefehgebers und
Vermittler zu übernehmen. — Das Werft der
ftaatlihen Umgeftaltung begann er zunächſt mit
der Hebung augenblidlicher Übelſtände, bejonders
egafles, 300 Vornehme ald Richter über
1127
| der Berjchulbung der Armen und der Folgen davon.
| Dazu diente die auusdyheie (f. Dvin, 5.); außer:
| dem ward eine Amneftie für die durch das Schuld:
recht in Atimie verfallenen Bürger erlafien und
das Pjändungsrecht eingejchräuft; es durfte fortan
nicht mehr auf die Perſon des Schuldners und
feine Familie ausgedehnt werden. Nach diejen
zum Zeil vorübergehenden Beftimmungen ichritt
er dann zur Feſtſtellung der Rechte und Pflichten
der Bürger nad dem Einfommen aus dem Lande,
jo daß der Grundbefiß die Bedingung des poli-
tiichen Einfluffes war, nad) dem Grundjag: „für
volle Leiftung volles Recht“. So brady er die
geſetzlichen Schranfen der alten Wriftofratie, indem
\er den Maßſtab der Geburt durch den der Begü—
terung erjegte. Er teilte nämlich die gejamte
ı Bürgerjchaft in 4 Schätzun stlaſſen (ſ. Bvin, 6.);
darnach wurde auch die Kriegspflichtigkeit und
Waffengattung beſtimmt, ſowie ihr Beitrag zu
öffentlichen Zaften (vgl. Staatshaushalt, l, 11.),
jo jedoch, daß nad) Böckhs höchſt wahricheinlicher
Vermutung in den unteren Klaſſen nicht das ganze
Vermögen beſteuert, ſondern nur eine Quote als
Steuerkapital (riunge) angenommen wurde. Wäh—
rend aljo die erite Klafje von dem Ganzen fteuerte
(1 Talent), fteuerte die zweite von °/, (3000 Drad):
men), die dritte von °,, (1000 Dr.), die vierte
war jteuerfrei. Dadurch war aber auch die poli-
tiſche —— bedingt, inſofern die unterſte
Klaſſe von allen Amtern ausgeſchloſſen war, die
erfte im ausjchließlichen —* des Archontats
(j.d.) und des Rats auf dem Areopag (j. d.) blieb.
Durch dieſe Beſtimmungen blieben die bisherigen
Inhaber, als zugleich auch die reichiten, für dem
Augenblid im Bejige der Gewalt, doch wurden
die Schranfen niebergerifjen, und auch den niederen
Ständen der Zugang zu den meiften Würden er:
möglicht. Dann wurden die Athener zu freien
Eigentümern ihres Landes und Vermögens ge:
macht, ohne durch Familienrechte gebunden zu jein,
die Hausmacht des Vaters beicräntt: ebenfalls
wurden bie Rechte und Bflichten der Metoifen
feftgeftellt, und jelbjt die Sflaven blieben gejeglichen
Schutzes nicht unteilhaftig. — Der dritte Teil der
Gejeßgebung war dann die Feſtſtellung der ein:
elnen Staatsgewalten. Der richterlihen Willfür
r einzelnen Beamten wurde Maß und Ziel ge:
etzt durdy eine Neihe Geſetze, die fih auf alle
Verhältniſſe des öffentlichen und Brivatlebens er:
jtredten (&&oves, j. d.); es wurde Beſchwerde und
Berufung an die alle Bürger umfafjende Volks:
verjammlung geftattet, welche durch einen Aus—
ihuß von 4000(?), nike, die Gerichtsbarkeit in
höchjter Inſtanz ausübte, ſowie die oberfte Kon:
trolfe über die Beamten. Die höchſte verwaltende
Behörde war ein Nat (Bovin, j. d.), von Solon
auf 400 Mitglieder erhöht, 100 aus jeder der
4 ioniſchen Phylen. Diejer wurde jährlich neu
erwählt und bildete in jeinen Abteilungen (Pry—
tanien) eine ftändige Behörde. — Dieje Gejep-
ebung trug den Keim fernerer Entwidelung in
ſich und lieh der Zukunft einen freien, doch ge—
jeglichen Spielraum; ob ©. indes zum — der
Reviſion ſchon das Inſtitut der Nomotheten (}. d.)
eingeführt hat, iſt zweifelhaft. Er begnügte ſich
aber nicht mit der Feſtſtellung bloß rechtlicher Ord—
nungen; er ſtrebte auch darnach, eine lebendige,
beftändige Teilnahme am öffentlichen Leben her:
Ds
4
a
—
1128
beizuführen, mit dem Geſetzlichen bewußte Sittlich—
keit und allgemeine Humanität zu vereinigen, ſowie
die geiſtige Bildung zu fördern. Hierfür zeugen
das Verbot, bei inneren Streitigkeiten neutral zu
bleiben, die Beſtimmungen über den Unterricht,
der den Anſpruch auf Pietät begründen ſollte, die
Sorge für den reinen und unverfälſchten Vortrag
der homerijchen Gedichte, während dagegen die
Darftellung von Theſpis' Tragddien verboten fein
follte u. a. dgl. — Indeſſen hatten Solons Ein—
richtungen, zum Teil gerade ihrer Mäßigung wegen,
für den Augenblid nicht den Erfolg, Ruhe und
Eintracht herbeizuführen und zu erhalten; wohl
um dem Gärungsftoffe Zeit zu laſſen, fich zu jegen,
begab er fi) auf längere Reifen in die Ferne,
nachdem noch vorher (um 591) auf jeinen Antrag
von den Amphilktyonen der Krieg gegen die Kriffaier
beichloffen worden war, die lange Zeit Ungebühr
gegen das delphiſche Drafel verübt hatten. In
feiner Abmwejenheit entbrannten von neuem Die
Barteifämpfe; — rt fand er den Peiſiſtra—
tos auf dem Wege zur Tyrannis; vergebens trat
er demjelben mutig, Fine hohen Alter vertrauend,
entgegen; doch blieben jeine Gejeke größtenteils
in Kraft. Er ftarb 559 oder ſchon 561 in Athen
oder nach andern auf Kypros, wo er auf den
König Philofypros ehrenvollen Einfluß übte; feine
legten Lebensereignifie find indes ungewiß und
durch Erzählungen ausgeihmüdt, worunter auch
jein Beſuch beim König Kroifos gehört, der ſchon
durch chronologiiche Schwierigkeiten unwahrſchein—
lich wird. — Solon war nit nur Staatsmann,
fondern ftand Hoch in allgemeiner geiftiger Bil:
dung, gi an ihm bejonderd der Name des
Weiſen baftete; die finnvollen Anekdoten über
einen anmutigen Berfehr mit den übrigen ſ. g.
Weiſen find freilich ohne Hiftorifche Gewähr. Der
Sprud) undtv üyar war der Ausdruck feiner
Lebensweisheit (der ihm auch beigelegte yradı
seruröv wird von andern dem Eheilon zugejchrie:
ben). — Endlid nahm er auch als Dichter eine
bedeutende Stellung ein. Er dichtete Elegien (an—
geblich 5000 Berje), die, wenngleich aus verein:
zelten Stüden zufammengejegt, eine fortlaufende
Sammlung —— haben, deren Beſtandteile
durch anerkannte Titel unterſchieden wurden. Am
häufigſten genannt wird die patriotiſche Elegie
Salamis; erhalten ſind ziemlich viele Fragmente,
teils in elegiſcher Form, teils in fließenden trochäi—
ſchen Tetrametern und Jamben abgefaft, größten:
teil3 indes nur in Fürzeren Gnomen beftehend,
teils politischen, teils betrachtenden, philofophifchen
Inhalts. ie bewähren den geläuterten Sinn
der Humanität, das feine ſittliche Maß und die
Fülle der Erfahrung, wie es ſich in ſeinem ganzen |
Weſen zeigt. Ausgg. der Bruchftiide von Bad
(1825) und Bergf, poet. lyr. Graec. II p. 34 ff.
und 520f. der 4. Aufl.
Solstitium, gewöhnlich das Sommerfolftitium,
der längfte Tag, nach dem 21. — (nad Plin.
18, 58 der 24. Juni), im Gegenjat zum Winter:
folftitium oder dem fürzeften Tage (bruma),
23. Dezember (nad Barro quod sol eo die
sistere videbatur). Die Sonne erreicht bei ihrer
nördlichen Abweichung vom Aquator einen Punkt,
wo fie am entfernteften von legterem abfteht und
gleichjam ftill zu ftehen ſcheint und dann wieder
zurücklehrt, um zum Winterjolftitium zu gelangen.
Solstitium — Zogısoral.
Und diefen Punkt des jcheinbaren Stillftandes be-
zeichnet das Wort.
Solüs, Zoloös, Soluntum, fefte Stadt an ber
Nordküſte Siciliens, in der Mitte zwiſchen Panor:
mos und Thermai, mit gutem Hafen, eine Meile
öftlich von der Mündung des Eleutheros; j. Rui—
nen Solanto. Thue. 6, 2. Cie. Verr. 3, 48.
Solygeia, Zolöysıe, Drt auf dem Hügel So:
lygeios im Gebiete von Korinth, jüblih von Ken—
chreai, 60 Stadien von Korinth, beim heutigen
Galataki. Thue. 4, 42 f.
Solymoi j. Lykia.
Somnfum j. Oneiros.
Somnus f. Hypnos.
Sonnenschirm ſ. Zxrıadeıor.
Sonnenuhr j. Solarium, 1.
Sontius, j. Iſonzo, Fluß in Venetia, entiprang
auf den Carniſchen Alpen und mündete öftlich von
Nquileja in den Tergeftiniichen Meerbujen.
Sopätros, Zorergos, Sopater, 1) ein itali-
icher Phlyatograph, d. h. Verfaſſer dramatijcher
Poſſen, lebte unter Alerander dem Gr. und Ptole—
maios Philadelphos. Bon feinen Dramen haben
fich noch einige Titel und fein ftilifierte Fragmente
erhalten, aus denen fi aber bei der jonftigen
Unbelanntichaft mit der ganzen Gattung nichts er-
jehen läßt, als daß der iambijche Trimeter darin
borherrjchend war. Vgl. Sommerbrodt, de phlya-
cographia Graecorum (1875). — 2) aus Wpas-
meia in Syrien, ein Philojoph im 4. Jahrh. n. E.,
Schüler des Jamblihos, auf Eonftantins Befehl
als Anhänger des Heidentums hingerichtet. —
3) ein Rhetor aus Apameia oder Alerandreia im
6. Jahrh. n. E., welcher in Athen lehrte. Bon
feinen Schriften haben fih Scholien zu den ord-
ses des Hermogened erhalten. — 4) ebenfalls
aus Apameia, Ahetor im 6. Jahrh. n. C., von
dem fich einige Schriften erhalten haben (abage-
druct bei Walz, Rhet. Graee., Bd. 4, 5 und 8).
Sophainötos, Zogpaiverog, Verfaffer einer
Kboov draßeoıg, vielleicht identiich mit S. and
Stymphalos, welcher dem jüngeren Kyros 1000
Schwerbewafinete zuführte und den von Zenophon
beichriebenen Zug nad Afien mitmadte; oft von
Xenophon erwähnt (An.1,1,11.2,33.2,5,37 u. Ö.).
Sophöne, Zopnrr, Landichaft im ſüdweſtlichen
Srofarmenien, durch den Euphrat von Melitene
eichieden, mit den Städten Amida (j. Diarbetr),
Feſtung am Tigris, und Arſamoſata, an dem
‚ über den Tauros führenden Paß. Strab. 11, 521 f.
|527f. 12, 585. Plut. Lueull. 24.
Sophilos, Zagılos, 1) aus Sikyon oder The:
ben, Dichter der neueren attiſchen Komödie, um
340 dv. C. Einige feiner Stüde nennen Suidas
und Athenaios. Bruchftüde bei Meinefe, fragm.
com, Graee. III p. 581 ff. (II p. 794 ff. der lei:
nen Ausgabe), und Kod, com. Att. fragm. III
p. 444 ff. — 2) Bater des Rhetord Antiphon.
Zopıoreai, Sophiften, zunächſt gleichbedeutend
mit copol, bezeidynete jeit der Zeit des Sokrates
ausſchließlich jene Klaſſe von Philojophen, welche
ben Unterricht in der Philoſophie nicht als Lieb:
haberei und Sache der freien Mitteilung behan-
beiten, fjondern, von Ort zu Ort umberziehend,
für Geld und Bezahlung erteilten. Der gemein:
jame Charakter der Sophiften, welchen die Alten
mit einer gewiffen Einjeitigfeit meift in eime
Scheinweisheit oder in den Gelderwerb durch
ee
Sophokles.
Sceinweisheit 8 ſetzen pflegen, beſtand darin,
daß ſie die philoſophiſche Forſchung, vorher auf
Forſchung der Wahrheit als ſolche gerichtet, in
den Dienſt des praktiſchen Lebens, der allgemei—
nen —— und Aufklärung zogen. Sie wollten
Lehrer der Tugend, vor allen Dingen der politi—
ſchen Tüchtigkeit und Redekunſt ſein. So durch—
zogen ſie die griechiſchen Städte, deren Jugend
Ka) um fie —— und deren vorzüglichere Gei—
ſter (3. B. Perikles, Sokrates, Euripides) ihren
Umgang nicht verſchmähten. Sie fanden aber bei
den Freunden und Vertretern der älteren Sitte
und Bildungsart (Ariſtophanes) vielfachen Wider:
ſpruch, noch mehr aber Wibderftand durch Sokra—
tes und jeine Schule. Ihr Auftreten fällt in die
periffeifche Zeit, in jene Zeit des geiftigen und
politifhen Umſchwungs, durch welchen Athen von
der ftrengeren alten Sitte und Denkungsart zu
jener Freiheit und Leichtfertigfeit überging, welche
die Jahre des peloponnefiichen Krieges ——
ſieren. erſte Sophiſt wird Protagoras
von Abdera genannt; neben ihm iſt der bedeu—
tendſte der Leontiner Gorgias. Zeitgenoſſen
dieſer beiden ſind Hippias aus Elis und Pro—
dikos aus Keos. Einer zweiten Generation ges
hören an: Euthydemos, Divnyjodoros (von
Platon als jeurrile Mlopffechter aufgeführt), 3.
los, der Schüler des Gorgias, —— os
und einige andere. — Die Sophiſten beſchäftig—
ten ſich nicht mit theoretiſchen Wiſſenſchaften als
ſolchen, ſondern benutzten ihre Kenntnis nur als
Stoff zu Schaureden und als allgemeines Bil—
dungsmittel und ſtützten ſich dabei auf eine ſtep—
tiſche Anſicht vom Wiſſen überhaupt. Mit der
Beſeitigung einer objektiven Wahrheit war auch
eine Geringſchätzung der ſittlichen Geſetze und des
Götterglaubens verbunden, und es handelte ſich bei
ihnen nicht ſowohl um Denk- als um Redeübung.
So wurden die Sophiſten von ſelbſt Lehrer der
Rhetorik, und viele von ihnen widmeten ſich auch
ausſchließlich dieſem Berufe, wobei ſie ihr Ziel
durch Mitteilung rhetoriſcher Kunſtgriffe zu er—
reichen ſuchten und gewöhnlich ihren höchſten
Triumph darin fanden, für und wider jeden be—
liebigen Gegenſtand ſprechen zu können. Je mehr
aber die Sophiſtit dieſe Richtung verfolgte, um
fo mehr wurde ihr Weſen gehaltlos, eitel und ge—
winnjüchtig; und während.die Sophiften der erften
Generation, —— Gorgias u. a., bei aller
Einſeitigkeit und dem Gefährlichen —— Grund⸗
ſätze, doch um die Bildung und Sprache des
griechiſchen Volkes ſich unleugbare Verdienſte er—
worben und weithin anregend gewirkt hatten, bie:
ten fchon ihre nächiten Nachfolger das Bild eines
tiefen mwifjenfchaftlichen und moralijchen Verfalles |
dar. Die erhaltenen Deflamationen und Frag: |
mente der Sophiften find abgedrudt in den Sammı: |
{ungen der attiichen Medner, die philofophifden |
Fragmente bei Mullach, fragm. philos. Graee. Il |
p. 180 ff. |
Sophökles, Zopoxing, 1) der Tragifer, ein
Athener, geboren in dem Gau Kolonos bei Athen,
wahrſcheinlich 497 (nicht erft 495) v. C. Sein
Bater hieß ag = br oder richtiger Sophillos, war |
Befiger einer Waffenfabrif, die er durch Sklaven |
1129
‚ war darin fein Lehrer — und in den
ymnaſtiſchen Künften. In jenem fiebzehnten Jahre
oll ©. unter den athenischen Jünglingen geweſen
fein, welche den Siegesreigen und den Seftgefang
nach der geivonnenen Seeichlaht auf der Inſel
Salamis aufführten (während Aiſchylos unter den
kämpfenden Männern fich befand und Euripides
am Tage der Schladht geboren wurde; in Wahr:
heit freilich jcheint Euripides jchon 485 geboren
u fein). Bon S.s Lebensumftänden und von
En weiteren —— iſt uns von jetzt an
bis zu ſeinem Auftreten als Tragifer nichts über—
liefert. Die kurze Notiz eines ſpäteren Lebens—
beſchreibers, welche ſagt, er habe von Aiſchylos
die Tragödie gelernt, hat wohl keinen andern
Sinn, als daß S. zu ſeinem Vorgänger im Ver—
hältniſſe eines Schülers geſtanden, da jener ihm
ohne Zweifel die Wege gebahnt und die Kunſt—
mittel zu einem vollkommenen Drama überliefert
hatte. Gegen diejen jeinen Vorgänger joll ©. im
engen oe Jahre mit feiner erften Auf:
führung oder Didaffalia in die Schranfen getreten
jein und unter denkwürdigen Umftänden feinen
erften Sieg davon getragen haben; Aifchylos aber
joll, re über feine Niederlage und Zurück⸗
jegung, ih icilien gegangen fein (Plut. Cim. 8).
Zu dieſer Didajfalia joll Triptolemos, eine
verlorene Tragödie, gehört haben. Allein die ganze
Erzählung leidet an derartigen chronologiſchen
Berftößen und foldher inneren Unwahricheinlichkeit,
daß ihr wahrjcheinlich fein hiſtoriſcher Wert bei:
umeflen if. ©. ftand ohne Zweifel bei jeinen
itbürgern in großem Anſehen und hoher Gunft;
feine Poeſie galt ficher als der reinfte und lauterjte
Ausdrud der attiichen Bildung. Dafür jpricht aud)
der Umftand, daß er in feinem vierundfünfzigften
Lebensjahre (DI. 84, 3), angeblich nad früh.
rung feiner Antigone, zugleich mit Berifles als
Strateg für das nächſte Jahr gegen die Samier
gewählt wurde und einige Jahre jpäter das Amt
eines Borfigenden der "Ellnvoraulaı, d. h. der Ver:
walter des Bundesſchatzes, befleidete (nad) andern
bereit vor der ſamiſchen Strategie), Auch über
die jpäteren Lebensjahre fehlt e8 und an Nach—
richten; nur ein Zug aus jeinem häuslichen Leben
ift überliefert. Den Tebensfuftigen S. habe bie
Liebe zur Hetaire Theoris gefellelt. Ihr Sohn
Arifton war der Vater eines jüngeren Sophofles,
der jich mit jeinen eigenen und jpäter durch Auf:
führung der Dramen unjeres Sophofles Ruhm
erwarb. Unſer Dichter fol diefem größere Gunft
als jeinem rechtmäßigen Sohne, dem weniger ge:
ſchätzten Dichter Jophon, zugewendet haben und
darım mit Jophon in einen Prozeß geraten fein,
den dieſer wegen privatrechtlicher Anſprüche vor
die Phratoren brachte. Die Anklage lautete auf
Geiſtesſchwäche auf Unfähigkeit zu eigener Ber:
waltung des Hauswejens und auf Heransgabe des
Bermögend. S. habe aber den Nichtern feinen
Didipus auf Kolonos oder das auf Athen bezüg-
liche Ehorlied daraus vorgelefen und dadurd nicht
bloß feine vollftändige Freiiprechung von der Ans
klage, jondern obendrein noch eine Ehrenbezeugung
von jeiten der Richter erlangt. Obmohl mehrere
Schriftſteller, darunter auch ——— (Cat. maı. 7),
betreiben Tieß, und dabei mwohlhabend und be- | die Sache erzählen, jo ift doch an der Wahrheit
gütert. Dem Sohne gab er eine forgfältige Er- derjelben zu zweifeln und das Ganze vielmehr als
ztehung in der Muſik — Lampros, ein berühmter der Iuftige Einfall eines Komiters zu betrachten,
1130
der in diefem auf die Bühne gebradhten Prozefie
den falten und langweiligen Jophon foppen wollte.
Überdies ift infchriftlich bezeugt, daß der jüngere
Sophofles ein Sohn des Jophon war. ©. ftarb
furz vor dem Ende des peloponnefiichen Krieges
DI. 93, 3. im Jahre 406 oder Anfang 405 v. C.,
bald nad) dem Tode des Euripides, über 90 Jahre
N
MR — —
u 5 Ay ar
| I UA /
NIT | (ln! ii) Mi. Ä
Afıı del.se.
alt. Über jeine Todesart gibt es verſchiedene An:
gaben. Er joll nad der einen vor Freude über
einen tragischen Sieg (jehr unmwahricheinlich), nach
einer an beim Vorleſen der Antigone, en
lich auc an einer. Weinbeere gejtorben fein. Die
Athener widmeten dem Tragifer nad) jeinem Tode
einen heroischen Kultus. Sie errichteten ihm als
Heros unter dem Namen Derion, weil er den
| dafür fpricht auch die
d» | der durch den Gegen
Beine des ur n Gegenſa
Sophokles.
Bott Aiklepios zu fich in fein Haus aufgenommen
hatte, ein Heiligtum und beichloffen, ihm ein
jährliches Opfer darzubringen. Eine jhöne Mythe,
welche freilich gegen die Zeitrechnung veritößt, hat
ſich ipäter über jeine Beltattung verbreitet. Auf
jeinem Grabe ſtand cine Sirene oder eine Schwalbe,
Sinnbilder des Zaubers der Poeſie; und jein Sohn
Jophon joll ihm eine Statue ri: haben. Später
bewirkte der Redner Lykurgos, daß die Bi
3 Tragifer, des Aiſchylos, S. und Euripides, auf
Staatskoften im Theater zu Athen aufgeitellt, und
von ihren hinterlafjenen Tragödien jorgfältige Ab—
ichriften öffentlich aufbewahrt wurden. Noch find
2 Büften von ©., jowie eine vortrefflide Mar:
morftatue (vielleicht eine Kopie jener im Theater zu
Athen aufgeftellten [j. die Abbildung) vorhanden;
Sinngedichte auf ihn ftehen in der Anthologie. —
©. gilt allgemein, ſowohl im Altertum als aud
in der neueren Zeit, als Vollender der attischen
Tragödie. Die Urteile der Alten über ihn drüden
die größte Bewunderung und Berehrung aus;
rfach überlieferte Nach:
richt, daß er mit jeinen Tragödien oft (zwanzig:
mal, nad) andern vierundzwanzigmal) den erjten
Preis davongetragen, oft auch den zweiten, nie—
mals aber den dritten erhalten habe. Der Did:
ter fteht im jeinen Dichtungen gauz auf dem
plaftiichen Standpuntte feiner —— welche
ſowohl in bildneriſcher als in ſtaatsmäuniſcher
Kunſt von der ſchroffen, aber durch Altertümlich
feit geheiligten Symmetrie und maſſenhaften Breite
zur abgerundeten Eleganz, zur jchönen Gruppie-
rung und gefälligen Würde übergingen. Die Kunft
und der TFortichritt des ©. beiteht im leid;
mit Aiſchylos tjächlich in einer organiſchen
Entfaltung der dramatiſchen Handlung, und zwar
dergeftalt, da dabei die inneren Motive der han:
deinden Berjonen deutlih und bejtimmt hervor:
treten. Dadurch ift ihm die Charakteriftif von
Individuen gelungen. Statt der epiihen Anlage
des Aiſchylos trat bei ihm ein ftrenger dramatı:
icher Plan ein; die Thatkräfte und geiltigen Trieb:
federn greifen mehr ineinander, die handelnden
Berjonen jpielen rajcher zujammen und bewegen
fih nad; einem bejtimmten Ziele hin, während
Aiſchylos von der epifchen ie und von ber
altertümlichen Charakteriftif nicht — — und das
Innere der geiſtigen Welt in ihren Willenskräften,
Widerſprüchen und in den Reibungen der Cha—
raftere hervorzulehren ihm nicht Bedürfnis war.
Diejem neuen, mehr dramatijchen Prinzip des ©.
fam natürlich die Einführung eines dritten Schau:
jpielerd, welche von ihm ausgegangen war, jehr
zu jtatten, ja fie war vielleicht aus der Wahrneh-
mung und Erkenntnis der neuen, vor ihm um:
betretenen Bahn hervorgegangen, |. Tragoedia.
Durdy Aumwendung diejes dritten Schaufpielers ift
©. in der Charafterzeichnung viel reicher und dar:
ftellender geworden, als Aiſchyſos es war. Wir
finden bei ihm jcharf ausgeprägte Judividualitäten,
die er durch wohlberechnete Gegenjäge noch zu
ben weiß. Perſonen, wie Chryſothemis neben
lettra, Jimene neben Antigone, welche die Stärfe
—— janften
eben, fonnten in der That erjt nad)
Einführung eines Tritagoniften hervortreten. ©.#
Charaktere jtimmen im allgemeinen mit den aildın-
leiichen in dem gemeinjamen Begriffe der Jdealität
Sophonibe
überein, während Euripides befanntlich darin von
ihnen abweicht; allein feine Charaktere haben noch
einen individuellen, aus vieljeitiger Erfahrung ge:
Ihöpften Gehalt, und wenn fie auch bei ihm noch
immer Symbole von Tugendbegriffen, ohne ſub—
jettive Bertiefung, bleiben, jo beleben fie doc
mannigjaltige, ins Feine gemalte Züge, und die
Geg e, welche fie aus erzeugen und gegen:
einander fehren, erfüllen jie mit Blut und aller
Schärfe der Perſönlichkeit. Auch die Handlung
in jeinen Tragödien it nicht nur überhaupt künft-
lerijcher ausgejponunen und die SKataftrophe f
—— vorbereitet als in irgend einer Tragödie
des Aiſchylos; er weiß auch den ſchrecklichen Aus—
gang durch eine längere Vorbereitung und mans
nigfaltige Beripetien erträglicher zu machen. Den
Ehor hat ©. von der dramatiſchen Maſſe völlig
ausgejchieden und ihn, von ben Gegenjägen der
Handlung unberührt, in eine möglichſt unparteiiſche
Mitte geitellt, jo daß er als ein abjtraftes Bild
der Gemeinde und de3 im Volle vorhandenen ſitt—
lichen Bewußtſeins dafteht, welches mitten durch
alle Widerjprüche hindurch jein Gleichgewicht er:
hält. Seiner Sprache und Rede gab S. Aumut
und Feinheit, indem er vor allen Dingen die
Schwere und die damit verbundene Duntelheit der
aiſchyleiſchen Redeweiſe vermied und die innere
Beziehung der Gedanken zu einander, ihre Ab:
hängigfeitöverhältnifje jchärfer auffaßte und durch
die Äyntaktiichen Verbindungen bezeichnete. Über
eine Neuerung und Abänderung der bisherigen
Aufführungsweije, welche ihm Suidas beilegt, und
wornach er einführte dezue mgös dpäuu dyani-
keotar, dAic u) rergaloyler, ſ. Tetralogia.
— &. war einer der fruchtbarften Tragiker. Nach
glaubhaften Berichten hatte er 123 oder gar
130 Stüde hinterlaſſen; jicher bekannt nad) ihren
Titeln find uns mindeftens 70-72 Tragddien
und daneben etwa 18 Satyripiele. Außer diejen
Dramen werden noch einige kleinere Gedichte,
Paiane (von dem Paian auf Aiflepios ijt neuer:
dings ein Bruchjtüd auf einer Inſchrift zu Athen
aufgefunden worden) und eine Schrift ın Proja
über den Chor, gegen Theſpis und Choirilos ge:
richtet, angeführt. Es find uns aber im ganzen
nur 7 vollſtändige Tragödien (Avrıyorn, Olöi-
zovg rögarvog, Hifarge, Toaylvuı, Alag, Bı-
Aonenens und Olöinovg dl Kolworo) und von
den übrigen eine ziemliche Anzahl Fragmente (am
beiten bei Naud, trag. Graev. fragm.) erhalten.
Die Stoffe zu feinen Tragödien nahm er meift |
aus dem epithen Kyflos, den argivijchen Mythen,
der Heroenjage, insbejondere der Argonautenfabel, |
bisweilen hat er auch aus patriotiicher Neigung |
ben attijchen Sagenfreis benutzt. — Die ältefte |
der erhaltenen Tragödien jcheint der Aias zu jein;
ſicher befannt ift uns die Aufführungszeit nur von
2 Stüden: Antigone, DI. 84, 3. oder 442 v. C.
und Philoltetes, DI. 92, 3. oder 409 v. C. auf |
die Bühne gebracht. Die befte, wenn auch viel:
fach verderbte, Handſchrift des Dichters ift eine
Florentiner, Laurentianus A, aus dem 10. oder
11. Jahrhundert. — Ausgg.: Ed. prince, 1502; von
Brund (1786; 1786-89), Erfurdt (vollendet von
Heller und Döbderlein, 7 Bdd. —— Bothe
(1806), Erfurdt und G. Hermann (7 . zuerft
1807 ff., teifweife 3. Aufl.), Elmsley (1826; Leip: |
ziger Abdruck 1827), Wunder (zuerft 1831 ff.,;
1131
7 Bdch, teilweije 5. Aufl.), Neue (1831), Schneide:
win 1849 ff.; nen bearbeitet von Naud,
7 Bdch. teilweife 9. Aufl), U. Witzſchel (1847 ff.),
W. Dindorf (3. Aufl. 1860), &. Wolff (zuerjt
1858 ff., neu bearbeitet und fortgefeßt von X.
Bellermann, bis jept 5 Stüde, teilweije 4. Aufl.),
Bedlein (1874 ff., 7 Bdch., 2. Aufl. begonnen
1885. 1. Boch. 3. Aufl. 1890), E. Schmelzer (1885
—1888, 7 Bdch.), Blaydes (2 Bd. 1885). Text:
ausge. von Matthiä (1825), Wunder (1825), W.
Dindorf (6. Aufl. 1885, bearbeitet von S. Mel:
ler), Bergt (1858), Naud (1867), Schubert (1883
— 1886). Ausgg. der Antigone von Wer (1829 ff.),
Böckh (1843; neue verm. Ausg. 1884), A. Jacob
(1849), Meinefe (1861), M. Senffert (1865), Mor,
Schmidt (1880), G. Kern (2. Aufl. 1889), Rappold
(1890); des Didipus Tyrannos von Fr. Bellermann
(1857), van SDerwerden (1867), Ritter (1870),
Mor. Schmidt (1871), Brandicheid (1882), ©.
Kern (1884), Holub (1887); der Elektra von D.
Jahn (3. Aufl. 1882, von A. Michaelis), Blaydes
(1873), ©. 9. Müller (1885); des Aias von
Lobeck (3. Aufl. 1866, berühmte Ausgabe), M.
Seyffert (1866), Blaydes (1875), Pähler (1889); des
Didipus in Kolonos von Reifig (1820), Meinete
(1868), Sartorius (1888), Holub (1888); des Phi:
loftetes von Buttmann (1822), M. Seyffert (1867),
Blaydes (1872), Cavallin (1875), ©. H. Müller
a): der Tradinierinnen von Apik (1833),
laydes (1872), Subkoff (1879). Deutiche Über:
jegungen von Solger (3. Aufl. 1837), Thudichum
(8. Aufl. 1875), Donner (11. Aufl. 1889), Jordan
(1862), Bruch (1879), Wendt (1884), Türkheim
(1887), Stäger, Hartung, Bichoff, Mindwig,
Schöll u. a. Treffliches lexicon Sophocleum von
Ellendt (2. Aufl., vom Genthe, 1872); außerdem
W. Dindorf, lexieon Sophocleum (1870) und
Ebeling, griechiſch-deutſches Wörterbuch zu ©.
(1869). Ausgg. der Scholien von Dindorf (1825
— 1852) und pageorgios (1888). — 2) der
jüngere ©., Entel von 1), joll jeit dem Jahre
395 v. E. 10 Tetralogien zur Aufführung ge:
bracht und fiebenmal gefiegt haben, auch als
Elegiendichter — ſein. — 3) atheniſcher
Feldherr, 425 v. &. mit Eurymedon Anführer der
athenifchen Flotte, half in Korkyra den Sieg der
demofratiihen Bartei vollenden (Zhue. 4, 3. 46),
jpäter des Landes verwiejen (daj. 4, 65). Diod.
Sie. 12, ö4.
Sophonibe j. Musinissa und Syphax.
Sophron, Zugpgwor, ein Mimograph aus Sy-
rafus, Sohn des Ugatholles und ein Yeitgenofje
des Euripides. Uber feine Mimen j. Mimos,
Zogpgeorıorei, Aufieher der Jünglinge in den
Gymnafien zu Athen, 10 der Zahl nad, welde
jährlich durch CHeirotonie gewählt und mit einer
Drachme täglich bejoldet wurden; oder Leute, die
zur Handhabung der Polizei bei Feſtverſammlun—
gen der Demoten ernannt warden. Böckh, Corp.
Inser. In. 214.
Sopor, der perjonifizierte Schlummer (vgl, IH y-
pnos), Bruder des Todes (consanguineus Leti,
Verg. A. 6, 278), führt bei Statius (Theb. 2, 59)
die Roſſe der Nacht.
Söra, 7) Zöga, Stadt der Volffer in Latium
am Liris, nördlich von Arpinum, mit jeher feiter
Eitadefle. Bei dem iehigen Sora finden ſich noch
Refte ſtarker Mauern. Da fie fi mit den Sam-
— Sora.
1132
nitern verband, wurde fie von den Römern *
Soraete —
obert und koloniſiert. Als dann die Bewohner
die römischen Koloniften getötet hatten (Liv. 7, 28.
9, 23. 10, 1), wurden neue hingeſchickt. Strab.
5, 238.
Soraete, j. Monte di St. Orefte, ein 681m
hoher vereinzelter Bergrüden in Etrurien, öftlich
in der Nähe des Tiberis und 5 Mill. nördlich
von Rom. Auf feiner oft mit Schnee bededten
Spite (Hor. od. 1, 9, 1.) ftand ein berühmter
Tempel des Apollon, dem der ganze Berg ge
heiligt war, und dem daſelbſt Feſte ſeltſamer Art
gefeiert wurden. Verg. A. 11, 785.
Soränus, 1) ein auf dem Berge Soracte ver:
ehrter altitaliicher Gott, gewöhnlich mit Apollon
identifiziert. Verg. A. 11,785 und daf. Serv. Seine |
Priefter, Hirpi (jabinijch = lupi) Sorani genannt,
gingen, die Opfereingeweide in den Händen, im
Bertrauen auf des Gottes Schuß mit bloßen Füßen
über glühende Kohlen. Urjprünglid war dieſer
Gott der Unterweltsgott Dis; er wurde aber mit
Apollon identifiziert, weil beide Gottheiten Seuchen
ſchicken und abwenden. — 2 Barea Soranus.
Sordiece, ein durch den Fluß Sordus gebildeter
See im narbonenfiihen Gallien, am Fube der
Pyrenäen, wahrjcheinlich der auch von Strabon
(5, 182) angedeutete See in der Nähe des Fluſſes
Ruſeino, der mit einer 2—5 Fuß diden Schlamm:
und Erdfrufte bededt war, jo daß man Fiſche aus
ihm herausgraben konnte. Liv. 42,2. Der heutige
Etang de Leucate joll diefelbe Erjcheinung zeigen.
Sordidäti, die mit einem Trauergewand Be:
Heideten, ſowohl bei Privattrauer, als bei öffent:
lichen Anklagen, wo der Angeflagte in Begleitung
feiner Angehörigen sordida veste erſchien, um das
Mitleid der Richter zu erregen, ſ. Keus.
Soron, Zögor, ein im nördlichen Arkadien in
der Nähe von Kleitor gelegener, an Schweinen,
Bären und Schildkröten reicher Wald. Paus.8, 23,8.
Sortes j. Divinatio, 14.
Soslas. Zwolas, aus Syrakus, Anführer gries
chiſcher Mietötruppen, melde mit Kyros dem
jüngeren nad) Junerafien zogen. Xen. An. 1.2, 9.
Sosibios, Zweißrog, 1) aus Lakedaimon, Hifto-
rifer und Chronograph zur Zeit des Ptolemaios
Philadelphos, Verfaſſer einer zeovo» dvaygapı)
und einer Schrift weol rör dr Aunsdaluorı Bv-
sv, die für Pauſanias im dritten Buche Haupt:
quelle gewejen fein mag. Er ſetzte Trojas Ber:
ftörung in das Jahr 1171 v. E. Bol. Müller,
fragm. hist. Graee. II p. 625. — 2) Lehrer des
Britannicus, des Sohnes des Claudius, wurde
(47 n. E.) von Mefjalina zu einer Aufhegung des
Claudius gegen einen angejehenen Römer benugt,
bald aber (50) auf Betrieb der Agrippina getötet.
Tac. ann. 11, 1. Dio Cass. 60, 32.
Sosirönes, Zworyerns, aus Agypten, Erflärer
von Mriftoteles’ Schrift über den Himmel, von
Sositheos.
41. 50, 14. 51, 2. Plut. Anton. 34. 36. 55. 65.
Vell. Pat. 2, 85. — 2) Sojia Galla, Freundin
ber Wgrippina, wurde nach dem Tode bed C.
Silius, ihres Gemahls, an defien Erprefiungen fie
Anteil genommen, in die Verbannung geichidt.
Tac. ann. 4, 19f. — 3) €. Soſ. Senecio, vier
mal Konful unter Trajan, war dem jüngeren
Plinius befreundet und begünftigte den Plutardh,
welcher ihm mehrere feiner en widmete.
Plin. ep. 1, 13. 4,4. — 4) D. Soſ. Falco,
trachtete nach dem Tode des Commodus (192 n. €.)
und der Erhebung des Bertinar jelbjt nach der
Krone, oder war von ben Prätorianern zum
Nachfolger des Pertinag erforen; er hätte fterben
müſſen, wenn der leßtere ihm nicht das eben
gerettet hätte. Capit. Pert. 10. Dio Cass. 73, 8.
— 5) Außerdem werben Hor. ep. 1, 20, 2 und
a. p. 345 Sosii als Buchhändler erwähnt; vgl
Bücherwesen, 5.
Sosikrätes, Zooımgpdrns, 1) ein Dichter der
neueren attifchen Komödie, von dem 2 Titel be:
fannt find. — 2) aus Rhodos, etwa im 1. Yahrh.
n. C., ſchrieb dıadoral der Philojophenichulen,
vielfach von Diogenes aus Laörte benutzt; ferner
eine Gejchichte der römischen Bürgerfriege. — 3) ein
Redner aus unbelannter Zeit, von weichem nod
einige Fragmente erhalten find. — 4) ſ. Sokra-
tes, 2.
SosTlos, Zooılos, aus Lafedaimon, Lehrer,
Begleiter und Gejchichtichreiber des Hannibal, deſſen
Thaten er in 7 Büchern, aber, wie Bolybios meint,
weder unparteiiich noch würdig beichrieb. Nep.
Hann. 13. Pol. 3, 20.
Sasipätros, Zwoixargos, Sosipater, ein Did:
ter der neueren attijchen Komödie. Ein großes
Fragment feiner Komödie Karaypevööusros bat
Athenaios (9, 377.) erhalten (abgedrudt bei
Meinele, com. Graec. fragm. IV p. 482 ff.; II
p. 1126 ff. der Heinen Ausg., und Kod, com. Att.
f . I p. 314 ff.).
Sosiphänes, Zocıparns, aus Syrakus, Tre:
gifer, der alerandrinijichen Pleias angehörig, lebte
nah Suidas unter Philipp oder Alexander von
Makedonien. Er foll 73 Stüde aufgeführt und
7 Siege gewonnen haben. Fragmente jind noch er:
halten (gefammelt von Naud, trag. Graec. fragm.).
Sosisträtos, Zoolorearog, 1) aus Euboia, An:
hänger des Königs Philipp von Makedonien. De-
mosth. de cor. p. 324. — 2) aus Syrafus, Haupt
der Dligarhen nad dem Tode des Timoleon,
lebte jeit feiner Verbannung in Wgrigent umd
wurde vom Spartaner Afrotatos getötet. Diod.
Sie. 19, 3.71. — 3) Tyranı von Agrigent, ber,
ald er auch ben Thoinon (vgl. Hiketas) aus
Syrafus verdrängen wollte, die Einmiſchung der
Ktarthager veranlafte. Gegen diefe wurde Por:
rhos zu Hülfe 78* der den ar als Ber:
räter hinrichten ließ, während Sof. fich durd; die
Julius Cäjar bei der Berbefferung des Kalenders | Flucht rettete. Plut. Pyrrh. 23.
zugezogen, jchrieb reol öyewng und weol rar dve-
kırrovsav. Dio Cass. 43, 26,
Sosii, 1) €. Soſ., 49 v. E. Prätor, kämpfte
38—37 in Syrien und Kilikien, eroberte Jerujalem
und ließ den Antigonos hinrichten. Konjul im
%. 32, ging er zu Antonius über, verlor (31) ein
Seetreffen, rettete fih ans der Niederlage bei
Actium und erhielt darnach von Dctavian Ber:
zeihung. Cie. ad Att. 8, 6, 1. Dio Cass. 49, 22.
Sosith&os. Zwol®eog, Tragifer, zur alegandri-
nischen Pleias gehörig, ftammte aus Aleyandreia
in Troas, fam nach Athen und auch nad; Aleran-
dreia in Ägypten, wo er als —— des Tra⸗
giklers Homeros auftrat. Seine Blüte fällt um
280 v. E. "Seine Grabſchrift von Dioſtorides fteht
in der Anthologie, wo er ald Wiederherfteller des
Satyripield gepriefen wird. Aus einem Satur-
ipiel Japrıg 7 Avrıegang ift ein längeres Frag:
Sosos — Sparta.
ment erhalten (abgedrudt bei Naud, trag, Graec.
fragm.).
Sosos j. Maler, 9.
Sospita j. Soter.
Sosthönes, Zwodsrns, ein bornehmer Male
bonier, zwang 280 v. C. den jchwachen König
Antipater abzudanfen, vertrieb die räuberijchen
Gallier aus dem Lande, wies den Königstitel
zurüd, blieb aber als Feldherr an der Spitze ber
Maledonier. Im J. 279 fiel er bei einem aber-
maligen Einfalle der Gallier unter Brennus. Just,
Zo6rga = Mijvvroau, |. d
Sosträtos, Zioorgarog, 1) ein Seeräuber, wel-
cher fich der den Athenern gehörigen Injel Halo-
neſos bemäcdhtigte, aber von Philipp = afe-
donien wieder vertrieben wurde. — 2) Sohn des
Amyntas von Tymphaia, mit Hermolaos gegen
Ulerander ben Gr. verſchworen. — 8) Ferner fom=
men unter diejem Namen eine Anzahl Schriften | 2
vor, ohne daß man über die Perjönlichfeit ihrer
Berfafler im Haren ift. Die bebeutenbiten diejer
Schriften find: meel Saw ober megl pücsms
fowr, negl Äpxrov, zepl Pimav N sansrr,
avd une lstogiag svrayayı), »vrnyseind, Togen-
vırd, megl moranar, Opaxınd.
Sotädes, Zordöng, Ay aus Athen, Dichter der
neueren Komödie. Bekannt find von ihm nod)
die Titel von 2 Stüden, jowie ein längeres Bruch—
ftüd bei Athen. 7, 293 a (abgedrudt bei Meinele,
com. Graec, fragm. I p. 426, und Rod, com.
Att. fragm. Il p. 447f.). — 2) aus Maroneia
in Thrafien, der erjte und hauptſächlichſte Dichter,
welcher objcöne Gegenftände behandelte. Dieje
Gattung von Gedichten (Aöyog wıvaudolöyos oder
—— hieß nach ihm die ſotadiſche. Der
Stoff war meiſt mythologiſch, die Behandlung
ſinnlich derb, auf mündlichen Vortrag berechnet,
der Rhythmus — bejonderd lonici a minore —
abfichtlich lahm und ohne Würde. Er lebte unter
Ptolemaios Philadelphos und foll von dieſem
wegen des Spottes auf deſſen Ehe
Schweſter Arſinoẽ zur
Kiſte ind Meer verjentt worden ſein.
14, 620 f.
G. "Hermann, Elem. doetr. metr. p. 445
Suter, Zurrje, Zawrns, der Erretter, Be hüßer,
Servator, Beiname aller Land und Stadt ſchützen—
den, ſowie das Leben und die Geſundheit der Ein-
zelnen erhaltenden und fürbernden Götter, wie des
Zeus, dem als joldhem nad) dem Mahle ber erite
Becher geweiht war, des Poſeidon, ald Netter in
Sturmesnot, ebenjo der Diosfuren, des Dionyſos
als —— des Aſklepios, des Herakles, des
Apollon u. a. — LAbretoc, Bospita, war ebenſo
Beiname me Göttinnen, wie der Artemis
(j. d.), Sera (j. d.), Perſephone, —* Athene.
Zorngıa hießen die dem Zeus LTorijo dar⸗
gebrachten Opfer, dann die Dankopfer überhaupt,
tpeiche für die Errettung eines Feldherrn und
jeines Heeres, für Errettung eines Vaters oder
mit feiner | unter den doriſchen Staaten hervor.
trafe in za bleiernen | 1a es im Kampfe mit ben benachbarten argivis
Athen. | ſchen und arfadiichen Städten, und im Innern
Die Fragmente find gejammelt vom | entbrannte immer von neuem der Hader der dori-
|
eines andern Familiengliedes aus Krankheit darz
gebracht wurden.
Sotiätes (nicht Sontintes), Zorıdraı, Völler⸗
Ichaft im aquitanischen Gallien, in der Nähe der
Bocated und Taruſates, an der Grenze von ©.
Narbonenfis, treffliche Reiter und Bergleute. Caes.
b. 9. 3, 20f.
1133
Sotion, Zwrior, 1) peripatetiicher Philojoph
im 1. Jahrh. n. E., aus WUlerandreia, Lehrer des
| Seneca und Berfafler eines Sammelwerles (Low
Aucittelog), worin wahrſcheinlich fabelhafte Nach:
richten über Indien ſtanden. — 2) ein anderer
Er aus Alerandreia, im 2. Jahrh. n. C.,
Verfaſſer einer viel gebrauchten und im einen
Auszug gebraten Schrift dıedozui (raw Yılo-
sopwr). Noch wird von ihm erwähnt eine zweite
Schrift — — und eine fdritte xcol
röv Tiumvog olll
Spalätum, Feden in Dalmatien auf einer
| Landzunge, in der Nähe von Salona; j. Spalatro.
Nicht weit davon befand fi) eine prächtige Villa
des Diocletian, in der diefer Kaijer als Privat:
manı den Reft feiner Tage verlebte, von der ſich
bedeutende Überrefte erhalten haben. Eutr. 9,27, 6.
Abhandlung von Hauſer (1885).
Ne arta, 1) Topographie, j. Lakonika. —
eichichte. In der Landichaft Lakonien wohn:
tem urjprünglich Leleger, dann famen Achaier aus
einem den Perſeiden verwandten Serricherhauie,
an deſſen Stelle jpäter die Pelopiden traten. Bei
ber —— des Peloponnes durch die Dorier
fiel Lakonien, die unfruchtbarſte und unbedeutendſte
Landſchaft, durch Betrug beim Loſen den un—
mündigen Söhnen des Ariſtodemos, Euryſthenes
und Prokles, zu, deren Nachlommen die neben—
einander regierenden Königsfamilien der Agiaden
— Agis, dem Sohne des Euryſthenes) und
urypontiden (nach Eurypon, dem Enfel des Pro—
les) genannt wurden. Hauptſtadt wurde bald
Sparta, in der Nähe des alten Amyklai, welches,
wie die übrigen Achaierſtädte, jeine politiichen
Rechte verlor. Neben den herrichenden Dorern oder
Spartiaten beitand die Bevölkerung des Landes
aus den im Bejiß perjönlicher Freiheit und Grund»
eigentums, aber ohne politiiche Rechte verbliebenen
Achaiern, egloıxoı, und den mit Berluft ihrer
Feldmark beftraften und zu Leibeigenen gemachten
Heloten. Lange Zeit ragte Sparta keineswegs
! Nach außen
ſchen Ariſtokratie mit dem Königtum. Erſt mit
und nach Lykurgos trat ein Aufſchwung ein. Wie
feine Seſebe auf den natürlichen Vorausſetzu ngen
de3 Stammcharafterd beruhten, jo warb Sparta
von nun an die hauptjäcdlichite Vertreterin des
Doriſmus, als deſſen beſſere Grundzüge bejonders
De ee die innere Tiefe, aus der die Fräftige
at hervorbricht, das ruhige Beharren bei fejten
—— der Sinn für überlieferte Zucht und
itte, Der neuerwachte Geift äußerte ſich zumächit
in gänglicher Beamwingung aller Refte achaiiſcher
Einwohner durch die Könige Charilaos, Teleflos,
Allamenes, dann im Kampfe gegen das Bruder:
land Meffenien, welcher, wie es ſcheint, urjprüng-
lich hervorging aus einem Streit um das Grenz:
land. Nach 2 Kriegen (angeblih 743—723 und
685—668 v. E.) gelang die gänzliche Unterwerfung
des Landes, worauf die alten Bewohner ihres
Grundbefites beraubt und in den Selotenitand
verjegt wurden. Daß aud im Innern während
biejer Zeit feine Ruhe herrichte, zeigt der gewalt:
jame Zod des Königs Polydoros, die Ausbildung
des Ephorats als Schranke der föniglihen Macht
—
157
z.
—
1134
und die Auswanderung der Parthenier, welche
unter Phalanthos (ſ. d.) Tarent 705/4 gründeten.
Als aber Sparta nad jchweren Kämpfen die Ar:
fadier befiegt und namentlich Tegen bald nach 660
zur Anerfennung der Priorität und durch einen
Bertrag, der auf einer am Alpheios aufgeftellten
Säule aufbewahrt war, zum ehrenvollen Waffen:
bunde genötigt hatte, da galt es aud) in den Augen
auswärtiger Bölfer für den erften Staat Griechen:
lands, "Ellddog meoordrng (Hat. 1, 66. 69).
Diejes Übergewicht bewährten die Spartaner be-
fonders bei ihren Bemühungen zum Sturze der
Zyrannen, welche fich jeit dem 7. Jahrh. v. C.
faft in allen griechiichen Staaten erhoben. Hat.
5, 92. Thuc. 1, 18. Sie halfen die Kypſeliden in
Korinth und die Peififtratiden in Athen vertrei-
ben, befreiten Sikyon, Phokis und mehrere Inſeln
des Nigaiifhen Meeres von ihren
und traten dem mächtigen Polykrates von Samos
entgegen; in den einzelnen Staaten erwarben fie
ſich dadurch eine Bartei danfbarer und angejehener
Anhänger. Am längften wetteiferte Argos um den
Vorrang mit Sparta. Als aber die Spartaner
um 550 die Lange beftrittene Grenzlandichaft Ky—
nuria mit der Stadt Thyrea erobert, und König
Kleomenes (um 520) den Argivern eime ſchwere
Niederlage bei Tiryns beigebradht hatte, da hielt
fi) Argos von allen Unternehmungen fern, bei
denen Sparta die Leitung hatte. Zuerſt jcheinen
die Spartaner mit Elis und dann mit Tegea eine
Symmachie geichlofien zu haben, und nad und
nach haben jie auch die übrigen peloponnefischen
Staaten durch Verträge an ſich gefellelt. Dieje
suuuayle aber beftand darin, daß Sparta den
Oberbefehl im Kriege führte und der Mittelpunkt
für Zuſammenkünfte und Beratungen war, ohne
dadurd; der Unabhängigkeit der einzelnen Staaten
Eintrag zu thum. Denn ausdrüdlich wird die
Autonomie der verbündeten Staaten ng weni
(Thue. 5, 74); auch entrichteten diefelben feinen
pögog an Sparta, hatten feinen ftändigen Bundes:
rat, jondern wurden nad) Bedürfnig nad) Sparta
berufen (magaxeleiv). Diefe Macht über den Pelo—
ponnes hinaus auszudehnen, lag nicht in Spartas
Abficht (Hat. 6, 108), die gemeinjame Gefahr in!
den Perſerkriegen aber brachte jämtliche Staaten
außer Argos unter Spartas Führung. Nach Ab:
wendung der nächjten Gefahr erfannten die Spar-
taner, wie wenig fie der Aufgabe, den Krieg
gegen die PBerjer in der Fremde fortzujeßen, ges
wachjen wären, und nachdem Pauſanias und Leo—
tychides dem jpartanischen Namen Schande gemacht
hatten, liegen fie e8 zu, daß Nthen die weitere
Leitung des Krieges übernahm, indem fie fich auf
den Peloponnes beichränften. Doc fonnte e8 an
Eiferjucht und Reibungen zwijchen Sparta und
Athen von nun am micht fehlen. Nach innerem
Unglüd durch Erdbeben und Aufftand der Heloten
und Meflenier (464) fam es zum Bruche, und 457
erichien ein fpartaniiches Heer in Hellas, dem
Vorgeben nah, um Doris gegen die Phokier zu
ſchüßzen, im Grunde aber, um das Vorſchreiten
der Athener zu hindern. Durch die Waffenftill-
ftände von 451 und 445 wurde zwar ber Streit
vorläufig beigelegt; da aber Athen jeine Arme
immer weiter ausjtredte, jo war der letzte Waffen:
——— nur halb verſtrichen, als im peloponne:
schen Krieg der Entſcheidungskampf ausbrach,
——— |
Sparta,
431, welder Athens Macht gänzlich brach und
‚die Hegemonie wieder an Sparta bradite. Bier
‚aber waren um dieje Zeit die feiten formen der
lykurgiſchen Berfaffung bejonders durh Lyſander
und Epitadeus (j. d.) gebrochen; aus der Unzu-
friedenheit der Ärmeren mit ihrer Lage ging der
ei des Kinadon hervor, 397, der freilich
mißlang. Ageſilaos ſuchte die in Griechenland
befejtigte Macht auch über Kleinafien auszubehnen
und fämpfte mit Glüd gegen die Perjer, bis
perſiſches Geld den Fforinthiichen Krieg erregte,
395. Nach mehreren Unglüdsfällen, bejonders der
Niederlage zur See bei Knidos (394), überlieh
Sparta, um feinen Gegnern die Früchte bes
| gampieh zu entreißen, im Frieden des Antalfidas
(j. d.) 387 dem Groffönige Kleinafien (nebjt y-
pros), verlangte dagegen, daß die griechiichen
| Staaten des europäiſchen Feitlandes und der In—
jeln (biß auf Lemnos, Jmbros und Skyros, welche
den Athenern verblieben) unabhängig jein jollten.
Nur Theben fügte fich nicht den Bedingungen und
entriß Sparta die Vorteile des jchimpflichen Frie-
dens; Athen fammelte fjeit dem Siege bei Naros
(376) eine neue Bundesgenoffenichaft, und Sparta
trat 372 die Hegemonie förmlich ab. Noch größeres
Unglüd erfuhr es im fortwährenden Kriege mit
Theben. Die Spartaner jahen die Feinde vor
der Stadt, ja jogar auf ber Agora, und wenn
diefelben auch bald wieder abziehen mußten, io
verjeßte doch Epameinondas der Stadt einen blei—
benden Stoß dur die Wiederheritellung von
Mefjenien (369) und die Gründung von Megalo—
polis, und 365 mußten fie ihren Berbündeten
den Abſchluß eines Separatfriedens mit Theben
geftatten. Bon nun an nahm der Verfall im
— und Außern raſch zu, die Verarmung und
berihuldung der Bürger machte die Gejege zu
leeren Formen. Das Bündnis mit den Phofiern,
denen die Spartaner Hülfe jandten, ohme fie ent-
ichieden zu unterftügen, machte Philipp von Ma:
fedonien zu ihrem Feinde, welcher 344 im Pe
loponnes erſchien und die Unabhängigkeit von
Mefienien, Argos und Arkadien feititellte, dagegen
das Nichtbeichiden der Verſammlung in Korinth
randerd juchte König Agis II., von Dareios mit
Geld unterftüßf, Makedonien zu ftürzen und Grie:
‚ chenland frei zu machen, wurde aber bei Megalo-
polis von Antipater geichlagen und getötet, 330.
Daß nad) und nach auch der Friegeriiche Geift
ewichen jein muß, zeigt die Befeftigung der Stadt
i den Angriffen des Demetrios (296) nnd Por:
rho8 (272). Agis II. Verſuch (242), nach Ber:
nichtung der Schuldbüicher das Grundeigentum aufs
neue zu verteilen und die Zahl der Bürger, die
auf 700 —— zu vermehren, ſcheiterte
am Eigennuß der Reichen, und Sleomenes Ill.
gelang ſolches 226 mur nad gewaltiamer Ber:
nichtung des Ephorats. Eine neue Blütezeit Spar:
tas jchien zu beginnen, Kleomenes war nahe daran,
die Herrichaft über den Peloponnes zu erringen,
als ein Bündnis der Achaier mit Makedonien den
Antigonos Dofon nad) dem Peloponnes führte, und
die Niederlage bei Sellafia, 221, und bald darauf
der Tod des Slleomenes in Agupten dem Reiche
der Herafliden ein Ende machte. Antigonos lieh
zwar edelmütig den Spartanern die Unabhängig:
| feitz nach unbedentenden Herrſchern erhoben ſich
[+7
unbeachtet ließ. Während der Abwejenheit Ale: 6
1135
die berüchtigten Tyrannen Machanidas, 211 —206, | Metoifen vgl. Helotes; über die Stammes: und
und Nabis, 206—192. Beide unterlagen dem Landeseinteilung j. Bvirj, 9.; über die Kriegs—
Bhilopoimen, welcher 192 Sparta für den Achaii- einrichtungen ſ. Exercitus, 1—3. Im allgemei-
ihen Bund gewann, es aber 188 mach einer | nen vergl. Manfo, Sparta (1800 ff.). K. F. Her:
Empörung ftrenge ehe und die Infurgiichen | mann, antiquitatum Laconicarum libelli IV
Einrichtungen durch achatiiche erjeßte. Die Unter: | (1841). O. Müller, die Dorier (2. Aufl. 1844).
drüdten fanden Gehör für ihre Beſchwerden bei | Gilbert, Handbuch der griech. Staatsaltertümer,
den Römern, welche lange Zeit die gegenjeitigen | Bd. I ©. 3—97.
Reibungen begünftigten, bis fie Griechenland reif | Spartäcus, Zrdgraxog, ein Thraker, war erjt
zur Unterwerfung fanden, 146 dv. C. Die Spar: | Goldat, dann Räuber und wurde, als er dabei
taner behielten indes foviel Freiheit, ald ein grie- |in Gefangenjchaft geriet, zum Gladiator be:
hiicher Staat unter Noms DOberhoheit genießen ftimmt. Bon Capua entfloh er aus einer Fechter:
fonnte (j. EAevsegoldawrv eg); Iykurgiiche Ein= | jchule mit etwa 70 Genofjen 73 v. C. nach dem
richtungen erhielten fich jogar bis ins 5. San. Veſuv, wo er zahlreiche Scharen von entlaufenen
n. C. — 3) Verfaſſung. Die vielfache Über: | Gladiatoren und SHaven jammelte, unter Beiftand
einjtimmung der jpartanifchen Verfaſſung mit der | von 2 andern früheren Sklaven, den Kelten Erirus
tretiichen wird durch den beiden Staaten gemein: und Onomaus. Die zur Unterbrüdung des Auf-
ichaftlichen doriichen Uriprung und Charakter und | ftandes gejandten Truppen der Prätoren Claudius
aus dem Umjtande erklärt, daß die wichtigjten | und Barinius jchlug er, brachte bald größere Ord—
Spartacus — Specularia.
Städte Kretas Kolonien Spartad® waren, jo daß
es nicht jehr wejentlich ift, zu unterjuchen, wie
viel Wahricheinlichkeit die Sage hat, daß Lykurgos
einen Teil jeiner Geſetze (djrgmı) aus Kreta ge:
holt habe. Neuerdings hat man jogar für manche
Einrichtungen phoinififhen Urſprung vermutet.
Die Bevölkerung zerfiel in 3 Klaſſen: 1) die fieg-
reihen Spartiaten, die eigentlichen Bollbürger;
2) die perjönlich freien Perioiken; 3) die gefned):
teten Heloten (das Nähere |. unter ’Erxinole,
Helotes, Ouoıo.). Wie unter den Spartiaten
allmählich der Unterjchied "Ouorı und "Trouslo-
veg entftand, darüber vol. Ouoıoı. — Das Biel
der Iyfurgiichen Verfaſſung war nun, die Bürger
unbedingt an die Gejamtheit zu jelein, fie vor⸗
zugsweije zu friegeriicher Tüchtigfeit zu erziehen
und jede Veränderung der alten Einrichtungen zu
erſchweren. Daher die Teilung des Landes in
unteilbare und unveräußerliche Loſe, 9000 für die
Spartiaten, 30 000 kleinere für die Perioifen, da—
her die Einrichtung der gemeinjamen Erziehung
(j. d.), die Syſſitien (f. d.), das Neifeverbot, die
Zenelafie, die Beichränfung der individuellen Frei—
heit und Thätigfeit (Gewerbe und Handel konn—
ten nur bon Perioiken betrieben werden; eble
Metalle als Taujchmittel waren verboten), Unter:
ordnung der Bürger, unter die Obrigleit, ber
Jüngeren unter die Älteren, erleichtert durch die
Ausjicht, durch unbedingtes Gehorchen fich einft
das Hecht des Gebietens zu erwerben; allgemeine
Verachtung der Feigheit, wie auch der Ehelofig-
feit (denn der Staat hatte das Recht, von jedem
die Fortpflanzung des Gejchlechtes zu fordern).
Die Verfaſſung war aus monardjiichen, arifto-
fratijchen und demofratijchen Formen gemijcht.
Das monarchiſche Prinzip vertraten die beiden
Könige, deren Ehren, die dem heroijchen König:
tum entiprachen, größer waren als ihre Macht;
ihr Hauptrecht war der Oberbefehl im Sriege,
jpäter bejchränft durch die von den Ephoren ge:
ftellten Beigeordneten (j. "Epogoı). Das arijto:
fratijche Element ift in der Gerujia (j. d.) ver-
treten, lange Zeit hindurch der mächtigſten Behörde
Spartad. Die Demokratie hatte ihren Sig in
der Zuninsle (j. d.), ihre Hauptvertretung in den
Ephoren, deren wachjende Macht auf die Könige
und die ariftofratijche Gerufia drüdte und das
Bunehmen und Wachſen des demofratifchen Ele:
mentes bezeichnet (vgl. "Epogas). — liber die
nung in feine Scharen und verjtärfte fie bis auf
70 000 Mann. Durch die Niederlage, weldye der
Duäftor C. Thoranius jpäter erlitt, fam fajt das
anze jübliche Italien in die Hände der befreiten
Stlaven, die jelbft Nola und Nuceria in Cam:
panien, Metapontum und Thurii in Lucanien er-
oberten und plünderten. Wegen ber Größe ber
Gefahr wurden die beiden Konjuln d. J. 72, 2.
Gellius Poplicola und En. Cornelius Lentulus
Elodianus, ins Feld gejendet. Sp. hatte die Ab-
ficht, mit den Seinen nach dem Norden zu ziehen;
aber Erirus (Önomaus war früher gefallen) trennte
fih von ihm und wurde am Berge Garganus von
dem Prätor Q. Arrius gefchlagen. Dafür bejiegte
Sp. jelbft die beiden konſulariſchen Heere, 308
nad Oberitalien, —— die Schlacht bei Mutina
und zog nun, freilich eigentlich gegen ſeinen Willen,
durch die Seinen bewogen, unter ſtetem Zulaufe
mit 120 000 Mann zurück gegen Rom, ohne es
jedoch gg Feen Erafius aber, welcher ben
Oberbefehl übernommen hatte, nötigte ihn, fich
nach Bruttii zurüdzuziehen; ein Verſuch des Sp.,
nad Sicilien hinüberzugehen, wurde vereitelt, fein
Heer zum Zeil vernichtet, 71 v. C. Noch einmal
jiegte Sp. über die römifche gg bei Petelia,
aber jeine Scharen zwangen ihn, fie nach Apulien
zu führen. Nach rühmlıchem Kampfe fiel er mit
den beften jeiner Genojjen. Einen Haufen unter
einem gewiflen Bublipor rieb Bompeius, der gerade
aus Spanien zurüdtehrte, am Fuße der Alpen
auf und maßte jich dafür den Ruhm an, den Krieg
beendigt zu haben: durch jeine Intrigen brachte
er es dahin, daß ihm der Triumph, dem Erafjus
nur eine Ovatio zuerfannt wurbe. Plut. Orass. 8 ff.
App. b.e.1,116ff. Cie. de imp. Un. Pomp. 11.
Flor. 3, 20. Oros. 5, 24.
Spartöcus, Zrderoxog, nicht Spartacus, Name
mehrerer bosporanifcher Könige. Der erfte, Stifter
der zweiten Herricherfamilie, regierte von 438 bis
431 v. C. Er, wie jeine Nachfolger ftanden in
freundichaftlihem Verkehr mit Athen, bejonders
der vierte und vorlegte diejes Namens (304284
v. €.). Diod. Sie. 12, 31. 20, 100.
| 8partoi j. Kadmos.
Spartölos, Zrdorwlos, Stadt auf der male:
doniſchen Halbinfel Chalkidike, nördlich von Olyn-
tho8. Thuc. 2, 79. Xen. Hell. 6, 8, 6.
Spauta j. Media und Matiana.
Speeularia, enfterjcheiben aus Marienglas
1136
(lapis specularis) und aus gewöhnlichem Glaſe,
dergleichen es jchon unter dem erften röm. Kaifern
gab. Der Glajer und Spiegelmacher hieß specu-
larius (fiehe auch Vitrum). Auch zur Bedeckung
der Miftbeete dienten die Glasſcheiben jchon.
Speculätor, 1) der Spion im Kriege (Liv.
30, 29. Caes. b. g. 2, 11), verjchieden von den ex-
ploratores, die in größerer Zahl auf Recognofcie-
rung ausgefandt wurden (Ziv. 21, 26). Bei Ent:
dedung büßten die Spione mit fofortigem Tode
(Caes. b. Hisp. 18) oder mit Berftümmelung (Zar.
22, 33). Über naves speculatoriae ſ. Schif-
fahrt, 8. — 2) Unter der Kaiferherrichaft waren
epeculatores eine Clitetruppe der Prätprianer
(Tae. hist. 2, 11: lecta corpora specul.), beftimmt
zum Dienfte um die Berjon des Kaiſers (Suet.
Claud. 85. Galb. 18). Ihre Bewaffnung war die
lancea, daher die griech. Schriftfteller ſie Aoyzgo-
pöpoı, dogvpögpo: (Joseph. b. Jud. 3, 6) nennen.
Dieje Einrichtung ſcheint Schon von Auguftus ge
macht zu jein (duet. Oct. 74. Tac. ann. 4, 41).
Im Felde dienten fie ald Orbonnanzjoldaten und
Treldjäger (Suet. Cal. 44. Tac. hist. 2, 73). Man
hat fie früher für Reiter gehalten, doch (wenn
auch nicht Tae. hist. 2, 33, wie Lange behauptet)
widerjpricht Suet. Cal. 44, auch Galb. 18. Nach
Sen. de ir. 1, 16, 15 wurden fie auch zur Boll:
ftredung von Hinrichtungen verwandt.
Specülum, Spiegel, jowohl Heine Handipiegel
(für die Damentoilette, meift oval und rund) als
auch große Wand: und Standipiegel, welche man
hin= und herjhob. Der Stoff war ftet3 Metall,
eine Miſchung von Kupfer und Zinn.
Speluncae hießen große Felshöhlen in Latium
nordweitlic; von Cajeta und öftlih vom Fundanis
ihen See in der Nähe von Formiä. Mehrere
derjelben waren zu Sommerwohnungen eingerich-
tet; in einer berjelben fam Tiberius durd Eins
fturz des Eingangs in Lebensgefahr. Tac. ann.
4, 59. Suet. Tıb. 39. Ein Dorf in der Nähe heißt
noc) jeßt Sperlunga. Strab. 5, 233.
Spercheios, Zirsozsıös, j. Hellada und Ala—
mana, nächjt dem Peneios der bebentendite Fluß
Thefjaliens, entipringt auf dem Tymphreſtos und
erreicht in öftlichem Laufe den Maliſchen Meer:
bujen. Die Nebenflüfle Inachos (j. Viſtritza),
Dyras (j. Gurgo), Melas (j. Mavroneria), Aſo—
po3 (j. Karbunaria) find unbedeutend. Durd die
miteinander fämpfenden Strömungen des Bujens
und des Fluſſes Hat ſich das Terrain jetzt jehr
verändert (j. Thermopylai). Hom. Il. 16, 174.
Hdt. 7, 198. 228. Liv. 36, 14. 37, 4. Die Stadt
Sperdiä bei Livius (32, 13) lag vielleicht an den
Quellen des Flufies.
Spes, ’Eixis, Berjonifilation der Hoffnung, bei
den Römern bejonderd mit Bezug auf die Hoff:
nung des Jahres und in der Katjerzeit mit Bezug
auf den gehofften Ehejegen. Sie hatte in Rom
mehrere Tempel. Liv. 2, 51. 21, 62. 24, 47. 25,7.
40,51. Tac. ann.2,49. Der Tag ihres Opfers (am
Forum olitoriam) war der 1. Anguft. Bei ben
Griechen kommt fie bloß als dichterijche Figur vor
(f. Prometheus), Soph.O.T.158. T'heoer. 4,42.
Dargeitellt wurde fie als jugendliche, ſchlanke, leicht
fchreitende Geftalt mit langem Gemwande, in ber
Nechten eine fich eben erjchließende Blume ober
eine Kornähre, Mohntöpfe oder eine Schale,: mit
Speculator — Sphinx.
‚ der Linken das Gewand etwas lüpfend. Der Anter
ift ein modernes Attribut der Hoffnung.
ZErevoirior j. Joülos, 6.
Speusippos, Zrsucırmos, der Sohn des Eurt-
medon in Athen und der Potone, einer Schweiter
bes Platon, geb. um 395 v. C. Für jeine &-
ziehung jorgte Platon, fein Obeim; er fcheint die
Schule des Iſokrates bejucht zu haben. Biel und
gern beichäftigte er fich mit der Schule der Pr-
thagoreer, deren nähere Belanntichaft er nament-
lid ald Teilnehmer an Platons dritter Reife nad
Ein Brief:
wechjel mit Dionyjio® von Syrafus und Philipp
Nah Platon!
Tode, dem er ſchon in feinem Alter eine Stüe
gemwejen jein mag, wurde er deſſen Nachfolger in
der Alademie, konnte aber nur kurze Zeit wegen
' Körperjchwäche ald Lehrer wirken und überlieh dem
KZenofrates jeinen gr 339. Aus Leben:
einem Leben jelbft ein
Ende. Diogenes von Laerte jhildert den Charakter
bes Sp. als leidenichaftlih und jähzornig. Seine
zahlreichen Schriften, welche Ariftotele®s um 3 Za-
lente kaufte, werben als drourniuar« und Dialoge
bezeichnet, 3. B. über den Reichtum, über die Luft,
über Gerechtigkeit, über die Geele, über die Freund
ihaft n.j.w. Ferner Dıldoopog, Kepalos, Kieı-
Sicilien gemadt zu haben ſcheint.
bon Makedonien wird erwähnt.
überdruß machte er 334
vöuegog 7) Avolag, TIollens, Madnuerıxög u. j. m.
Ein Diftihon des Sp. auf Platon
griechiichen Anthologie. Abhandlung von FFilcher
(1845).
ZpaıpıorniptLov, spaıpiorex, sphaeristerium,
das Ballhaus oder der Balljaal, ein Raum oder
Bimmer zum Ballipielen oder zu anderen gym—
naftiichen Spielen, zunähft in den Gymnagſien,
namentlich der jpäteren Beit, j. Gymnasium.
Solche Lokale durften aber auch in den Öffentlichen
Bädern ebenjowenig fehlen wie in den Häuſern
und Billen der Reichen.
Zpaıgpıorıxa |. Spiele, 9.
Sphakteria, Zpaxrned« oder Epayia,i. Sfagia,
eine jchmale, 15 Stadien lange waldige Inſel vor
der Rhede von Pylos, von N. nad ©. ſich er:
ftredend, berühmt durdy die Belagerung der 420
Spartiaten im J. 425 v. E. (Thuc. 4, 8ff.). Val
Messenia und Pylos.
Sphendäle, Zypevödin, attiihe Grenzitadt
gegen Boiotien zwijchen Defeleia und ZTanagra,
am Norbabhange des Barnes. Hat.9, 15. Lycurg.
Leoer. 24.
ZEpyevdorn |. Eppuyis.
EZysvdorntaı j.Funditoresm. Waffen, 5.
Sphettos, Zipnrrög, alter, etwas landeinmwärts
gelegener Ort im Süden Attikas, durch welchen
die Sphettiihe Straße von Athen nach Sumion
führte, mit einem Tempel des Aſtlepios, etwa
an der Stelle des jeßigen Keratia. Paus. 2, 30,9.
Sphinx, Zypiy&, ©, d. h. die Würgerm, ein
Ungehener, beftehend aus einem geflügelten Löwen:
rumpf mit Kopf und Bruft einer Sungfrau (Schweif
einer Schlange, Hundeleib u. dgl.), das auf einem
Feljen bei Theben en und ir Leid über
die Stadt brachte. Sie gab ein Rätjel auf: „mas
hat eine Stimme, ift am Morgen vierfüßig, am
Mittag zweifüßig, am Abend ger Menich)
und tötete jeden, ber es wicht löfte. Die Thebaner
jeßten ald Preis der Löſung bie Herri über
die Stadt und die Hand der verwitweten Königin
fteht im ber
— —— — — —
—
157
Sphodrias
Sofafte aus. Didipus erriet das Rätjel und zwang
dadurch die Sphinx, fi durch den Sturz von
dem Felſen den Tod zu geben, j. Oidipus (Bild:
werfe zeigen auch den Did., wie er die Sphinx
mit dem Schwerte tötet). Sie ftammte von ber
Ehimaira und dem Orthros (Hesiod. theug. 326),
oder von Typhon und Echidna, und jollte aus
Withiopien gelommen fein; fie war gejandt von
der dem Laios zürmenden Sera oder bon res
wegen der Ermordung des Aresdrachen durch Kad—
mos. Uriprünglich jcheint fie die würgende Peſt,
weiche das Thebanerland jo häufig heimfuchte, be:
zeichnet zu haben oder allgemeiner „ein Bild des
graujamen Gejchides zu jein, welches das Leben
in feiner jchönften Blüte zerftört”. — Die ägyp:
tiſche Sphinzgeftalt, das Mufter für die griechiiche,
zeigt einen liegenden Löwenrumpf mit dem Kopf
eine® Mannes, der die Königsbinde trägt, oder
mit dem eines Widder, meift 1,25—3,60 m fang.
Erft in Syrien, Kleinaſien und Affyrien erhält die
Figur einen weiblichen Kopf und Flügel. Die
Sphinre, das Symbol des Gottes Horos (Kar:
machis) in jeinem Sieg über den Typhon, waren
häufig in langen Neiben zu beiden Seiten der
Tempelſtraßen als „Wächter“, wie fie die Agypter
nannten, aufgejtellt. Der mächtige, aus dem Felſen
gehauene Sphing von Gizeh, in jechsunddreißig-
facher Lebensgröfe, ftammt wohl aus derjelben
Beit wie die 3 großen Pyramiden. Hdt. 2, 175.
Strab. 17, 805. Plut. Is.9. Bgl. Jeep, die gried).
Sphing (1854).
Sphodrias, Zpodgdag, 1) Feldherr der Spar:
taner, der 378 v. C. Theipiai beſetzt hielt und
von da aus, wiewohl vergeblich, den Beiraiens
zu überrumpeln fuchte. Deshalb in Sparta ange:
Hagt, wurde er freigeiprochen; er fiel bei Leuftra,
371. Xen. Hell. 5, 4, 15. 20. 24. 33 f. 63. 6, 4, 14.
ri) fynischer Philofoph, der eine regen dowrını)
eb.
Zpeayis, der Siegelring, in Athen von allen
Freien, die nicht zur ärmften Klaſſe gehörten, ala
Betichaft getragen, zum Zwecke des Siegelnsd. Um
Fälſchungen in Dokumenten u. ſ. w. zu verhüten,
da das Siegel zur ge der Handichrift
diente, hatte jchon Solon ein Geje gegeben, daß
es dem Steinjchneider nicht erlaubt fein jollte, von
den erfauften Ringe einen Abdrud zurüdzube-
halten. Gewöhnlich trug man den Ring am
vierten Finger, mepduesos. Später wurden die
Ringe, majfiv oder hohl (xsvod), auch zum Schmude
getragen, und manche beiuben die Singer förmlich
mit Ringen, ein Tadel, der auch den Demofthenes
und den Wriftoteles trifft. Der hohe Wert der
Ringe, bejonders in jpäteren Zeiten, lag bejonders
in der kunſtvollen Arbeit des Steinfchneiders, auch
in der künſtlichen Wrbeit des goldenen Reifen,
sperdörn. Einfache goldene Ringe ohne Stein
(opgayis, Yiipos) hiehen &ympoı. ©.
Man trug auch
Gefahr. B
Spiele, 1. Offentliche. A) Bei den Grie—
hen (kyüvss), ſ. Olympia, Pythia, Nemen,
Isthmıa. — B) Bei ben Römern (ludi). Die
öffentlichen Schau: und Feftipiele, ihrem oberften
Zwede nach Dankfefte, zur Ehre einzelner Götter
aufgeführt, ftanden mit der Religion und Götter:
verehrung auch bei den Römern in enger Be
ziehung und Verbindung. Und wenn auch jpäter:
Realleriton des Hafl. Altertums. 7. Aufl.
nnulus,
Bauberringe zur Abwehr jeder
1137
hin, jchon mit dem Ende der Republit, die Reli:
ion mehr und mehr in Verfall geriet, fo erhielten
— doch dieſe Spiele, wie überhaupt die äußere
Seite und Form der Religion ſtehen blieb, nicht
nur fort und fort bis in die ſpäteſte Kaiſerzeit,
ſondern ſie wurden auch mit immer ſteigender
Pracht und Herrlichkeit gefeiert. Dieſe ladi publiei
waren entweder ludi stati, fejtitehende und feit
beftimmte, oder ludi votivi, bei bejonderen Ber:
anlafjungen bejonders gelobte, oder ludi extra-
ordinariı, außerordentliche Spiele. Rad ihrem
Inhalte und dem Orte der Aufführung waren fie
in circenses, gladiatorii und scaenici eingeteilt.
Die erfteren, von dem Circas, ihrem Aufführungs-
orte, jo benannt, leitete man ſchon von Romulus
ber, welcher dem Neptun zu Ehren die consualia
dort veranftaltet hatte. Jav. 1, 9. Sie wurden
von den Ädilen mit immer größerer Pracht bejorgt,
am glänzendften waren fie unter den Kaiſern. Sie
wurden mit einer feierlichen Pompa eröffnet, wobei
die Götterftatuen vorausgetragen wurden, dann
—— die Magiſtrate, Senatoren, Ritter, Prieſter⸗
tollegien u. ſ. w. Im Cireus ſelbſt ging der Zug
um die Spina herum, und Opfer wurden darge—
bracht. Alsdann begab man ſich auf die Zuſchauer—
plãtze, und die Spiele begannen: cursus, certamen
gymnicum, ludus Troiae, venatio, pugna pede-
stris und equestris, naumachia, Die gladiatorii
wurden im Amphitheater gehalten, die ludi scae-
niei im Theater (vgl. über dieje Einteilung der
Spiele Cie. legg. 2,15). Die —— der römi⸗
ſchen ludi —— 1)L. Apollinares, im:
weiten punifchen Kriege (212 v. €.) zu —— des
Apollo entftanden, damit er weiteres Ungliüd vom
Staate fernhalte (Liv. 25, 12. 26, 23. Macrob.
Sat. 1, 17); fie dauerten bis in die Kaijerzeit. Es
fanden dabei auch ludi seaenici ftatt, die Zeit
der feier war der 5. Juli, der Ort der Circus
maximus. Liv. 27, 11. 30, 38. Cie. Brut. 20. ad
Att. 2, 19. — 2) L. Capitolini, nad ®er-
treibung der Gallier zu Ehren des Jupiter ans
eftellt. Liv. 5, 50. Es famen dabei gymniſch—
cenijche und mufifaliiche Spiele vor. Herod.1,9,2.
Später wirb noch ein agon Capitolinus, certamen
Capitolmum erwähnt. Swet. Dom. 18. — 3) L.
Florales, auch Floralia, ein Frühlingsfeft, an
den legten Tagen des April oder den erften des
Mai zu Ehren der Flora veranftaltet, zuerft 238
v. €. gefeiert. Ov. fast. 5, 185. Plin. 18, 29, 69.
In jpäterer Zeit fam viel Ausgelafjenheit dabei
vor. — 4) L. Magni oder Maximi, von Living
(2, 36) zuerft 491 v. C. erwähnt und zwar ex in-
stauratione,’ weil bei einer bereit3 begangenen
Feier eine ——n ftattgehabt hatte. Diejer
Umjtand fam bei den römiſchen Spielen öfter vor,
daher auch jolche wiedererneuerte Spiele ludi in-
staurativi hiepen. Cie. div. 1, 26, 55. Dbichon
Livius der ludi magni öfter gedenft, jo gibt er
doc feine nähere Bejchreibung davon, Dionyjios
von Halikarnaſſos dagegen (1, 66) einen ziemlich
ausführlichen Bericht, bei dem er darauf ausgeht,
in dieſen Spielen überall griechiſche Einrichtung
nachzumweijen. Nach jeinem Berichte wurden, we—
nigftens bis zum Beginn der punifchen Striege,
jährlid 500 Weinen Silber verwendet. Sie gingen
im Circus Marimus vor fi) und beftanden ur—
fprünglich nur in Wagenrennen, wozu dann jpäter
athletiiche Wettlämpfe und Ziergefechte famen. —
72
— Spiele.
1138
4 5) L. Megalenses, aud Megalesia, Megnlen-
aia genannt, wurden zu Ehren der magna mater,
usydın Deög, begangen, deren Symbol als ein
vom Himmel gefallener Stein nad) Rom gebracht
worden war, 204 v. C. Es wurde ihr ein Tempel
errichtet, und bald darauf auch Spiele eingejegt.
Tv. 29, 14. Anfangs waren fie circenses; als
ladi scaeniei haben jie zuerſt Die curuliſchen
Adilen U. Atilius Serranıd und 2. Seribomius
Libo aufgeführt. Liv. 34, 54. Eine den Charak—
ter und Seit diejer Spiele bezeichnende Stelle ift
bei Cicero (harusp. resp. 12).
als der Iſisdienſt allgemein verbreitet war, jcheinen
miöjfteriöje Geremonien bei diefen Spielen Eingang
gefunden zu haben. — 6) L. Plebeii, entweder
nad) Vertreibung der Könige oder nad) Heritellung |
der Eintracht zwiſchen den Patriciern und den
Blebejern — t, wurden im Cireus Flaminius
im Anfange des November und öfters ex instau-
ratione begangen und mochten ihrem Hauptbeſtand⸗
teile nach gleichfalld eircenses jein; ein epulum |
icheint häufig damit verbunden geweſen zu fein.
Sie waren ludi stati. Liv. 23, 10. 27, 21. 31, 4.
— 7) L Romani, bei Livius gewöhnlich neben
den ludi plebeiı genannt, waren gleichjam bie
patrieiſche Feier, während jene den Plebejern ge:
hörten. Ludi scaeniei waren hinzugetreten, und
jpäter jcheinen fie hauptſächlich in theatraliichen
Spielen beftanden zu haben. Nach Eicero (Verr.
1, 10, 31) dauerten fie 15 Tage und waren dem
Jupiter, der Juno und Minerva heilig. Mit dem
Feſte war ein epulum Jovis verbunden. — 8) L.
Saeculares, wurden vom Konjul 2. Balerius
Boplicola eingejeßt, waren aber urſprünglich von
den fibyllinischen Büchern anbefohlen worden. Man
meinte, durch ihre Feier der beftändigen Herrichaft
über Italien und der damit verbundenen Vorteile
teilhaftig zu werden. Über das Jahr ihrer erften
Feier waren ſchon die Alten nicht einig; die jedes—
malige ftattgehabte feier wurde in die Commen:
tarit der ſibylliniſchen Ouindeeimpirn eingetragen,
zu deren Funktion, wenigftens in der Kaiferzeit,
auch die Bejorgung diejer Spiele gehörte; früher
mochte ihre Anordnung den Decempirn gehört
haben. Sie wurden regelmäßig nad) 100 Jahren
gefeiert, und wenn ein Zwiſchenraum von 110 Jah:
ren eintrat, jo mochte dies in befonderen Zeitum-
ftänden feinen Grund haben. Die Feier dauerte
3 Tage und 3 Nächte; Die nächtlichen Feſtlichleiten
waren oft mit unfittlihem Treiben verbunden,
daher Auguftus, unter dem fie 17 v. C. gefeiert
wurden, den Jünglingen und Jungfrauen die Teil:
nahme an denjelben nur unter der Obhut älterer
Verwandten gejtattete. Bor dem Beginn der Feier
wurden lustralia verteilt, Fadeln, Schwefel und
Erdpech, auch Weizen, Gerjte und Bohnen. Dann
forderte ein Herold das Bolt auf, ſich zu den
Spielen einzufinden, quos nunquam quisquam
speetasset nec spectaturus esset; dann wurden
große Opferichmäufe, leetisternia, mit feierlichen
Hebeten an Juno gehalten. Die Treitlichkeiten
begannen mit einer Pompa, hierauf folgten die
Spiele im Circus, der Hauptteil der Spiele, zu
diefen trat auch das ludierum Troiae (Tac. ann.
11, 11); auch ludi gladiatorii waren damit ver:
bunden, denen die Kaiſer noch Foftjpielige Tier:
gefechte (venationes) hinzufügten. Ihre Feier war
in der Kaiſerzeit nicht immer ganz regelmäßig.
o
=
In der Saiferzeit,
‚ein lectisternium bereitet.
‚ Amitern. fteht neben 5.
Spiele.
Anfangs wurden fie dem Pluto und der Brojerpina
zu Ehren gefeiert, jpäter mehreren Gottheiten,
bejonders aber (jeit Anguftus) dem Apollo und der
Diana. Zur Zeit ihrer feier befahlen die Kon:
juln, nachher die Kaijer den Decemvirn ober
DOuindecimpirn, die fibyllinifchen Bücher zu be:
fragen, dann wurden Ausrufer durch ganz Italien
geſchickt, das große Feſt zu verlündigen. Dark
Gebete, Opfer, Belränzen der Wltäre bereitete
man ſich mehrere Tage zum Feſte vor; zuerit
opferte man bei Nacht den unterirdijchen Göttern,
den Bargen, ben geburtöhelfenden Göttinnen, der
Zellus, dann auf dem Gapitolium dem Jupiter,
Apollo und der Diana, und andern Göttern wurde
Die Nächte brachte
man mit Tanz und Abſingen Iuftiger Lieder zu;
ulegt wurde im Tempel des Apollo auf dem
Bafatinifgpen Berge der große Feitgejang (carmen
saeculare) von 27 Knaben und ebenjo vielen
Mädchen abgejungen. Damit hatten die eigent-
lihen Feierlichkeiten ihr Ende, doch dauerten Die
Ergeplichleiten noch fort. Die spectacula noe-
turoa, von Sueton (Oel. 31) erwähnt, jcheimen
in theatraliichen Borftellungen beftanden zu haben.
— 9) L. Augustales. Drei fefte, zu Ehren
des Auguſtus eingerichtet, müſſen unterjchieden
werden. a) Die Feier ſeines Geburtstags
(23. September) geſchah während jeiner Regierung,
wenn auch nicht gejeßlich, doch herfümmlich (Do
Cass. 54, 26. 34. 55, 6. Suet. Oct. 57). In den
alten Kalendarien jteht neben dieſem Datum:
Augusti natalis. Ludı Circenses. b) Nach jeiner
glüdlichen Rücklehr aus dem Drient, 18 v. €,
wurde der Tag jeines Einzugs in Rom (12. Dt
tober) für einen reg; wiederfehrenden Feſttag
erllärt und Augustalia genannt (Dio Cass.
54, 10). Erſt 8 Jahre jpäter, 10 v. C., jcheint
der Senat fefte Beftimmungen über die Art und
Weiſe der Feier getroffen zu haben (röre mewror
du Ööyuerog, Dio Cass. 54,34). Ju dem Calend.
Maff. jteht neben 12. Oftober Augustalia. c) Die
wirflihen ludi Augustales wurden nad dem
Tode des Auguftus zu Ehren bes dirus Augustus
von Tiberius geftiftet (Tac. ann. 1, 15), 14 n. €,
und zum erjtenmal in demſelben Jahre (Tae.
ann. 1, 54) vom 5—11. Oltober gefeiert unter
Borfih der Zribunen. Dann erjt wurden dieſe
ludi Augustales für ein jährlich wiederfehrendes
Feſt erflärt, und die Abhaltung der Spiele dem
Prätor peregrinus übertragen (Tac. 1, 15). Im
dem nad dem Tode des Auguftus verfaßten Calend.
ftober Ludi divo Au-
gusto et fort. reduci commit., neben 6—11. Dt:
tober Ludi; außerdem blieb die feier der Augru-
stalia weiter von Beitand am 12. Oktober, neben
weldyem angegeben wird: Ludi in eirc. fer. ex
8. C.Q. E. D. imp. Caes. Aug. ex transmarinis
provine. urbem intravit araq. fort. reduci con-
stit. Caſſius Dio (56, 46. 47) kennt die von
Tacitus erwähnte Senatsfigung, in der über die
l. Augustales gejprodhen und vorläufiger Beſchluß
gefaßt wurde, doch ift er offenbar (er nennt bie
1. Augustales ſtets Augustalia) in dem Irrtume
befangen, daß jener Beſchluß die weitere Fortdauer
der Augustalia (Rüdtehröfeft) auch nach dem
Tode des Auguſtus betraf, weshalb denn auch
wohl jeine Notiz (ö4, 34: & xul vi» äyerar) ſich
auf die ludi Augustales bezieht, die dann bis in
-1
*
Spina. 1139
bie ſpäte Kaiſerzeit gefeiert wurden. — 10) Ludi Ballſpiel, opaıpıorınn, jo alt wie die ho—
Tarentini |. Tarentini ludi. — 11) Ludi meriſche Schilderung der Nanjifaa. Es wurde vou
Taurii.f. Taurii ludi. — 12) L. Seaeniei den griechijchen Arzten jehr empfohlen und von
j.Schauspiele. gl. Friedländer in Marquardt | Jung und Mlt mit großer Vorliebe geübt. In
und Mommifen, Handbuch der röm. Wltertümer, den Gymnaſien war ein —— Bimmer dafür
VI. 8b. — II. Gejellige Spiele bei Griechen | hergerichtet, in welchem ein er, Gpaıpıorındg,
und Römern. Zur ————— werden bei den | Unterricht darin erteilte. Der Ball (opaig«, apai-
Griechen jehr viele und mannigfaltige erwähnt, | gxov) war von Leder, mit leichtem Stoff gefüllt.
bejonders bei Gaftmählern (j. Mahlzeiten, 6.). | Die «mröpgadıg wurde von zweien mit einem Heinen
Bollur (9, 7) zählt wohl ein halbes Hundert (meift | Ball geipielt. Man jchleuberte dieſen in jchräger
Kinderipiele) auf, unter denen zum Zeil die mod) | Richtung gegen den Boden, dag er mehrere
rn ganz gewöhnlichen zu finden find, wie die | Sprünge machte, je mehr, defto befjer, und der
uppen aus Thon geformt und bemalt (xögee, | Mitipieler mußte ihn dann an jeinem Platze mit
von den xoponidto: der xogorlderaı auf dem | der flachen Hand auffangen und auf dieje Weile
Markte verkauft, auch vougpeı, Figuren aller Art, | zurüdwerfen. — Bei der odgan.« jchleuderte man
auch mythologiſche), der Reifen (reoyös), der Kreifel | den Ball jo weit wie möglid in die Höhe, und
(söußos, argoßılog), die Blindefuh (zaAxi) mwi«), | der Mitjpieler mußte ihn fangen. — Bei ber
das Stedenpferd (Plut. Ages. 25) u. a. — Die ge: | Zmisuvpog oder Zpnßınrj, deren eigentliche Heimat
wöhnlichiten Spiele der Erwachienen find: 1) das | Sparta war, teilte jich die Gejellichaft in 2 gleiche
Würfeljpiel, alea, mit Knöcheln oder Steinchen, | Bartien, durch einen Strich, onügor, getrennt.
tali, &orgayaloı, korgayakıonög, oder tesserne, — jeder Reihe der Mitſpielenden deutete ein
»bßor, geſpielt. Die talı hatten 4 ebene Flächen, Strich die Grenze an, bis zu welcher ſie beim
welche mit Punkten oder Stridyen die Zahlen 1 | Auffangen des Balls zurücdweichen durften. Der
und 6, 3 und 4 zeigten, 2 und 5 fehlten gänzlich. | Ball wurde num auf das onögo» gelegt, von einem
Man nahm 4 ſolche Würfel, jchüttelte fie in einem | der Spielendben ergriffen und der Gegenpartei zu:
Becher (pyrgus, turricula, phimus, fritillus) und | geworfen, welche denjelben innerhalb der vorge:
warf fie dann anf eine Tafel (alveus, alveolus, | jchriebenen Grenzen aufzufangen und zurüdzu-
abaecus), Der befte Wurf hieß Venus, wenn näm- | jchlendern hatte. Das iel endete, jobald die
lich alle 4 Würfel verjchiedene Zahlen zeigten | eine Partei hinter die Grenzlinie zurüdgetrieben
(Hor. od. 2, 7, 25); der jchlechtefte Hieh canis, | war. — Die pawlvda wurde, wie es jdheint,
wenn alle Würfel ı hatten. Bei einem biejer | mit hohlen Bällen geipielt, und zwar jo, daß ber
Spiele fam es darauf an, 5 Nftragalen, die man | Werfende den Ball einem Spielgenofjen jcheinbar
in die innere Fläche der Hand legte, in die Höhe | zuichleuberte, in Wirflichfeit aber ihm eine andere
zu werfen und mit der äußeren Fläche wieder Richtung - — Endlich bei der er
aufzufangen. — Die te:serae hatten wie unſere Ks von Dede des Zimmers, bis zur Bauch—
Würfel 6 Seiten, mit 1-6 bezeichnet. Mit beiden | höhe der Spielenden, ein mit leichten Stoffen ge:
Arten von Würfeln jpielte man Sazardipiele, | füllter Ballon herab. Die Aufgabe war, diejen
welche ftreng verboten waren (vetita legibus alea, | mit der Bruft oder den Händen in immer jchnellere
Hor. od. 3, 24, 58), ober brauchte fie zu Wahlen | Bewegung zu jegen. — Die Römer unterichieden
n. ſ. mw. Das eigentliche Würfelſpiel, —* wurde | von der pila den follis, einen großen mit Luft
meift um Geld geipielt; man verjammelte fich dazu | gefüllten Ballon, und die paganica, die mit Federn
an Orten, die »vßei« oder oxıpapei« genannt gefüllt war. Geipielt wurde entweder datatim,
wurden. — 2) Zu den Spielen, die Aufmerkfam: | indem der Ball mit den Händen aufgefangen und
feit und Berftand erforderten, gehörte das Brett= | zurüdgeworfen wurbe, oder expulsim, indem man
jpiel (werreiae oder nsooele), das mit Steinchen - aus der Höhe fallenden Ball einem andern
(rsrrol, weocol) geipielt wurde. Die eine Art des | mit dem Unterarm wieder zujchleuderte; zu dem
Spiels, mölız genannt, jcheint mit unferm Schach: | Zwecke war der Unterarm mit einem Holzring be-
und Dantenfpiel einige Ähnfichkeit —— zu haben. | wehrt. Bei dem trigon (Hor. sat. 1, 6, 126) waren
Die einzelnen Felder (zögaı) der Spieltafel hießen 3 Teilnehmer, welche die Bälle mit der linfen
dabei wölcız, das Ziehen der Steine Hide rijv | Hand warfen und aufzufangen hatten. Bei dem
YHpor, dad Burüdnehmen eines Zuges drask- |harpastum (nad) Athenaios früher paırivda ge:
oder. Es fam dabei darauf an, die Steine des | naunt) wurden ein oder mehrere Bälle ziemlich
Gegners fejtzufegen oder abzufperren. Der Stein, | gerade in die Höhe geworfen, und eine Reihe von
der zwijchen 2 Kinblichen zu ftehen fam, wurde | Mitjpielern juchte ihn zu fangen. (Nad) Guhl und
geichlagen. Als Erfinder der mscco/ wird Pala- Koner.) — 5) Ob der zorraßog (j. Mahlzei-
medes genannt. Brettipiele waren in Nom 2,|ten, 6.) bei den Römern Eingang fand, ift un—
ludi latrunculorum und duodecim scrip- | gewiß. — Über die gefelligen Spiele bei den Grie:
torum. Das erfte war unjerm Schach ähnlich | hen und Römern vgl. befonders Beder:Söll, Cha:
oder eine Art Belagerungsipiel, in welchem man | rifies I ©. 38ff. 362. Gallus II ©. 79Ff.
die Steine des Gegners ſchlagen oder feftjegen | III ©. 454 ff. Grasberger, Erziehung und Unter:
(ligare, alligare) mußte. Das zweite (Cie. de or. | richt im klaſſ. Altertum. 1. Teil (1864). Ohlert,
1, 50, 217), unjerem Buff ähnlich, war mehr ein Rätſel und Gejellichaftsjpiele der alten Griechen
Glücksſpiel, und das Borrüden der Steine auf den | (1886). W. Nichter, die Spiele der Griechen und
12 Linien der Tafel hing von den Wiürfeln ab. | Römer (1887).
— 3) Ludere par impar, &erıd£eıw, var ein Spina, eine Mauer, welche mitten burd) das
Hazardipiel, wo man den Gegner raten fie, ob | Stadium im Circus erbaut war, mit Meinen Al—
man eine gerade oder ungerade Zahl Geldſtücke | tären, Statuen und Türmchen verziert, um deren
9 oder andere Dinge in der Hand halte. — 4) Das | beide, mit 7 Delphinen und 7 Kugeln (ova) ver
72°
—
0
1140
jehene, Enden die Wettfahrten herumgingen. Nach , Brivatrecht begegnet uns die Sponfionsform_bei
jedem Nennen wurde ein Delphin auf die von | Berlobungen, Bürgichaften (j.Intercessio), Sti:
der Säule getragene Kugel geftellt, jo daß man | pulationen (j. d.) und als vorzüglich wichtig im
daran die Zahl der Nennen jehen konnte. Prozeß. Hier war »ponsio ſ. dv. a. Wette, melde
Spino, feines Flüßchen bei Nom, das nebit —— beiden Parteien dahin abgeſchloſſen wurde,
dem Alıno, Tiberinus, Nodinus in dem uralten | daß der linterliegende eine gewiſſe Summe be-
Gebete der Augurn (Cie. n. d. 3, 20, 52) ange: | zahlen jolle, und dieſe Wette diente als Einleitung
rufen wurde, weil man bei feierlicher Handlung | des Prozefjes, welcher über die Wahrheit der von
feinen Fluß, da jeder einer Gottheit geweiht war | den Parteien aufgeftellten Behauptungen geführt
(Tae. ann. 1, 79), überjchreiten durfte, ohne dafür | wurde. Es gab eine sponsio praeiudicialis,
ein Auſpieium angeftellt zu haben. two der ganze Prozeh don ber Enticheidung über
Spino — Staatsformen.
Spinther j. Lentuli, 7.
Spithridätes, Zmidowödrng, auch Spithrada-
tes, perſiſcher Satrap über Jonien und Lydien,
als Alerander den Perjerzug begann, wurde in
der Schlaht am Granikos bei einem perjönlichen
Eindringen auf den König, dem er von hinten
den Kopf jpalten wollte, von Kleitos getötet. Plut.
Alex. 16. Arr. 1, 15. Diod. Sie. 17, 19 f.
Spoletium, Zrolrjrıor, bedeutende Stadt Um—
briens, 242 v. E. ald römische Kolonie gegründet
und mit den Rechten eines nieipiums beichentt,
an der Flaminiichen Straße, nördlich von Inter:
amna. In den jullanifchen Bürgerkriegen, jowie
jpäter durch die Goten litt fie, hat ſich aber bis
jet unter dem Namen Spoleto erhalten. Strab.
6, 227. Vell. Pat. 1, 14.
Spolia, die Beute, welche der römische Krieger
dem Feinde in der Schlacht entrif, namentlich die
Waffen. — Die von dem Feldherrn dem feindlichen
—— im Zweikampf — Beuteſtücke
hießen spolia opima. Liv. 1,10.4,20. Propert.
5, 10. Der Feldherr Jing fie in den Tempeln
oder an jeinem eigenen Beftibulum auf (Liv. 1, 10.
10, 7. 46. 22, 23), wo biejelben verblieben, auch
wenn das Haus —— wurde.
Sponda, die Totenbahre, wie feretrum und
sandapila.
Zxovdai, 1) Verträge, 3. B. Waffenftillftand
zwischen friegführenden Staaten; j. auch ’Exe-
zeıola und Tspounvia. — 2% Trankopfer, j.
Mahlzeiten und Opfer.
Sponsalia, das Eheverlöbnis, welches von der
dabei üblichen Stipulationsform: spondesne?
(Frage des Bräutigams), spondeo (Antwort des
Baters) jeinen Namen erhielt. Die Braut befam
gewöhnlich vom Bräutigam einen Ring und gab
jenem ein anderes Geſchenk. Ein Bruch der Ber:
lobung war nicht Magbar, jondern der Rücktritt
ftand jedem frei (repudium renuntiare oder re-
mittere). Die dabei gebräuchlichen Worte waren:
condicione tua non utar. Die Berlobte hieß
sponsa, pacta, sperata, destinata; der Verlobte
sponsus. — Sponsalia hieß auch das Verlobungs:
mahl. Cie. ad Qu. fr. 2, 6.
Sponsio, ein feierliches Verjprechen, jo genannt
von der dabei üblichen Frage und Antwort (j.
Sponsalia). 1) Staatsredtlid ift sponsio
nicht ein unter öffentlicher Auktorität (foedus),
jondern nur von einem Magijtratus jelbjtändig
abgeichlofjener Staatövertrag (Lav. 9, 5), vgl. Foe-
dus. Senat und Volk waren durch denjelben
nicht verpflichtet, jondern fonnten ihre Zuftimmung
ebenjo gut geben als verweigern, 3. B. bei der
sponsio Caudina. In lehterem alle wurde ber
betreffende Magiftratus dem fremden Staate aus:
geliefert (deditio\, damit dieſer mit demjelben nach
Belieben verfahre. Vell. Pat. 2, 1. —
2) Im ı Willtür folgen, jondern fie ift an
die sponsio abhing. Wer die sponsio verlor,
bezahlte die Heine Sponfionsjumme nicht, jondern
verlor den ganzen Prozeh. Cie. Quint. 8. 27.
Caec. 8. Die sponsio poenalis bezweckte die
Bezahlung der Prozeßwette ald Strafe Unter:
liegenden und war bei dem Interdiktenverfahren
jehr gewöhnlich. Cie. Caee. 8. Tull.$ 53.
Sporädes, Zropddss, hießen im Gegenjaß zu
ben in einem Sreife um Delos herumliegenden
Kunlddeg die im Aigaiiſchen, Kretiichen, Karpa—
thiichen Meere zerftreut liegenden Inſeln, haupt⸗
ſächlich die an der afiatiichen Küfte, j. Kyklades.
Sportüla, eigentlich ein Körbchen mit Speiſen,
dann ein Geldgeichen!, endlich eine Geldabgabe
überhaupt, j.Salutatio. In jpäterer Zeit hießen
alle Austeilungen überhaupt sportulae, und weiter:
hin gab man den Eintrittögeldern der Decurionen
(in den Municipaljenaten) und den Gerichtäge:
bühren denjelben Namen.
Zxovddpxat, srovdapzıörreg, Loyargssıd-
Sovreg, in then die Bewerber um ein Staats:
antt, wie in Nom die candidati, gewöhnlich mit
dem Nebenbegriffe eifrigen Zudrängens.
Spurina (Spurinna), eine etrujfijche Familie:
1) ein Sarufper, weisjagte dem Cäſar bei einem
Opfer aus dem Fehlen des Herzens ein Unglück
(Cie, div. 1, 52, 119); nach andern joll er Eäjar
vor den ben des März —— haben. Mut.
Caes. 63. Suet. (aes. 81. Dio Cass. 44, 18. Vell.
Pat. 2, 57. — 2) Beftricins Spur. |. Vestri-
cıu8,
Staatsformen. Ariſtoteles (bejonders pol. 3,5, 1
1—4), der große griechiiche Staatslehrer, der am
Harften das Weſen des griechijchen Staats, wie
es durch Jahrhunderte beitanden, aufgefait und
am jchärfften und beftimmteften dasjelbe dargelegt
hat, geht bei der Definition des Staats davon
aus, daß derjelbe jeinem Weſen nad vor:
—— ſei als die Familie und der Einzelne.
aber kann der Einzelne feinen Zwed erjt inner:
halb des Staats erreichen. Der Staat ift die Ge—
meinjchaft der freien (xoıwaria rür dlevdigwr);
er allein ift fich jelbft zuge Kg und bietet
feinen Teilnehmern die Mittel zu einem jelbit-
genügjamen Leben. Wie aber dem Staate der Ein:
zelne feine ganze rechtliche und bürgerliche Eriftenz
verdankt, jo ift er auch dem Staate zu jeglichen
Opfer verpflichtet, das dieſer auferlegt. hört
= fich jelbft Zweck zu fein, geht in dem Staat
auf, der jomit die ganze Thätigfeit des ihm an-
gehörenden Individuums für jeine eigenen Zwede
in ho nimmt. Die Strenge diejes ftaat-
lichen Abjolutismus wird indejlen zuerſt dadurch
bei den Griechen gemildert, daß die Einzelnen, aus
denen der Staat befteht, als thätige Glieder au
der Ausübung ihrer —— nicht ihrer
eftimmungen
m. rn?
[33
=
Staatsformen.
1141
gebunden, die von ihrem Willen nicht abhängig, | mit dem höchiten Gotte wohnt ihnen die Kenntnis
jondern vielmehr für fie eine Schrante find. Dies | des Rechtes bei. Diefe kypamra ndopali; Ysor
ift das Geſetz (vonos, vgl. Aygaupoı vounı und
Nowo#erng). Iſt nun aud in den verjchiedenen
Staaten die Feitigfeit und Unveränderlichkeit des
Geſetzes verichieden, jo fteht doch jo viel feft, daß
der bloße Wille der Herrichergewalt, mag dieje in
den Händen eines Einzigen, Weniger oder des
ganzen Volkes u. nicht berechtigt ift, das Geſetz
zu verändern. o die SHerrichergewalt fich dies
Recht aumaßt, Hört nad) den Begriffen der Griechen
der wahre Staat auf, und ein ſolcher Zuſtand
wird, ohne Rückſicht auf den Si der Herricher:
gewalt, ald Entartung einer an ſich gejeglichen
Staatsform angejehen. — Die SHerrihergewalt
(Souveränetät) geht in verichiedene Zweige der
Thätigfeit auseinander, deren Sit und Abgrenzung
gegeneinander die bedeutendften Unterjchiede im
Weſen des Staats hervorbringt. Es ift dies bie
beratende, die verwaltende oder regierende und
die richterliche Thätigkeit. Diejenige Staatsform
nun, in der die ſouveräne Gewalt, wenn auch be—
ſchränkt durch eine beratichlagende Körperichaft,
jih in den Händen Eines Archon befindet, ijt die
Monarhie (Pasıkeie), Die Unterdrüdung des
Königtums (wir können die Begriffsbeftimmung
an den hiftoriihen Gang der Berfafjungsentwide-
lung in den meiften griechiichen Staaten anſchließen)
durch die der beratenden ana angehörigen
Geichlechter bringt die Ariſtokratie (dgroroxgari«)
hervor, aus der dann durch Unterdrüdung des
arijtofratijhen Nated und Verlegung der Souve-
ränetät in die gejamte Bolfögemeinde die Demo:
fratie (nuoxocerice) fich entwidelt hat. In welches
Berhältnis in diefen 3 Staatsformen die verichie-
denen Seiten der Sonveränetät getreten find, und
welche Entartungen aus diejen 3 Grundformen
des Staats (die rugarvig ans der uovapyia, die
ölıyapyla aus der deısrongari« und die örko-
»oarie aus der Önuorgaria«) hervorgegangen find,
wird fich bei der Betrachtung der einzelnen Staats:
formen ergeben. Hierbei ijt nicht aus den Augen
& jegen, daß in der Wirflichfeit die einzelnen
Formen nicht immer volllommen rein und unge:
mijcht beftanden haben, jondern daß nicht jelten
Übergänge der einen Form zur andern fich finden,
|
|
was um jo leichter eintreten konnte, da eine ab: |
ſolute Staatsform, in der die herrichende Staats: |
— feine Schranke neben ſich hatte, bei den
Iten fat durchgehend für fehlerhaft und für die
Entartung einer an jich berechtigten Staatsform
galt. — In dem Gange der neihichttichen Ent:
widelung nimmt nun bei den Griechen das König:
tum, Basıkeia, die erfte Stelle ein, während bie
Eutartung desjelben, die Tyrannis, einer ſpäteren
Entwidelungsperiode angehört und nicht den Über:
gang von der Monarchie zur Ariftofratie, ſondern
in allgemeinen den von der Ariftofratie zur De:
motratie bezeichnet. — Das althellenifche heroijche
Königtum, die margınai Bacıkeiaı (auf den noch
früheren Zuftand einer wahrſcheinlich faftenartigen
Drganijation des Bolfed können wir feine NRüd-
ficht nehmen), wie es in den homerischen Gejängen
cheint, vereinigt in ſich die Hauptbefugnifie der
Staatsgewalt, wie fie für die damaligen einfachen
Berhältnifie notwendig waren. Die Könige find
göttlichen Gejchlechts (£u Yıös, dioyerkıg, dıo-
reepirg, dio). Vermöge diejer Verwandtſchaft
vom (Soph. Ant. 464) find die Schraufen ihrer
Madıt, die daher von orientaliihem Dejpotismus
in jener Zeit jchon fern ift, wenn auch an eine
ſcharf präcifierte Beſchränkung der königlichen Ge:
walt durch nebenftehende Gewalten noch nicht zu
denen ift. Der König ift Nichter (das Symbol
ber Richtergewalt, dad onjmrgor, ift von Zeus
auf ihn vererbt), Heerführer und Oberpriefter, d. h.
der Bertreter des Volles bei der Gottheit. Lei—
ftungen des Volfes find vertragsmäßig, onr« yEo«
(Thuc. 1, 18), oder freiwillige Gaben (dwriveı,
dapa); dazu fommen noch die föniglichen Lände—
reien (reuern). Umgeben ift er von Picnern
(#egdzovreg), deren vornehmſte die xnjeunes find
(f. Kreovb). Die Berjammlungen des Volks
(eyogal') haben feine beftimmten Befugniffe, hören
mehr, als daß jie beichliegen. Doch war es nicht
ohne Beijpiel, daß in Fällen der Härte und Un—
gerechtigkeit gewaltfame Ausbrüche des Volksun—
willens vorfamen (vgl. Hom. Od. 16, 424). Nur
die Edlen, die Ayıjroges nö: uedorreg, die yigor-
reg, hatten das Necht, dem Könige zu raten. —
In die Hände der Edlen geht dann zunächit, nach
dem Berfalle oder dem Wusfterben der Königs:
Ken: die Herrichaft ganz natürlich über.
ie Königsgewalt wird beſchränkt, geteilt, e3 wird
von der regelmäßigen Erbfolge abgewichen, der
Name Paoıleos abgeihafft (dafür &eyor oder
zoUrenrıg), bis mit Einführung der Berantwort:
lichkeit die Wriftofratie vollendet ift, indem die
Gorovrss Beamte der herrichenden Gefchlechter
werden. Ein bezeichnendes Beiſpiel diejes Über:
ganges bildet die Abichaffung des Königtums und
die Einführung und allmähliche —— des
Archontats in Athen (j. 40 xij, 3). Da die Edlen
aber zugleich die Begüterten und Kriegsgeübten,
namentlich im Reiterdienſt, waren, ſo —* wir
auch hier die Elemente der Ariſtokratie, die der—
jelben zu allen Zeiten die größte Geſchloſſenheit
und Dauer gegeben haben, die Begüterung und
die mit dem Sriegsdienft verbundene Vorjtellung
der perjönlichen Tüchtigkeit, der desrj. Sie find
die &gıoroı, zugleich die sbysveig (1) yap ehyersıd
orıv koyalog mAodrog nal dgerj, Arist. pol.
4, 6, 5), die xalol nüyadol, die yrogınor 1. |. w.,
Tugend und Bildung (maıdele) werden, wie äußere
Eigenichaften, im Geſchlechte fortgeerbt. So ſtan—
den fie, unter fich einig {demm die Einigfeit war
die Bedingung ihres Beitehens, da Gefahr von
unten, wie auch bon einzelnen Serborragenden
drohte), unter fich gleichberechtigt und im fich ab:
eichlofien, der Maſſe des Volkes gegenüber, als
erren des gejamten Staatsorganidınus, mochten
fie num als in fich gegliederte Maſſe gegen Maſſe
jtehen, mochten fie, wie dies für Athen wahrjchein-
li ift (vgl. Drakonische Verfassung und
Navxoapie), als bag or und jomit Beherricher
der alten gejchlechtlichen Bollsorganifation daftehen.
Im Iegteren Falle bezeichnet die Zerrüttung der
alten Organijation und die Bildung eines Önuog
als jelbftändiger Bollsmafje den Anfang des Ge:
enjages und der inneren Auflöfung. Die Arifto:
ratie wird zur Gewaltherrichaft, zur Dligarchie,
der Kampf mit der Demokratie beginnt, und nicht
jelten führt der Ehrzeiz Einzelner aus der Ariſto—
fratie den Sieg des huos herbei. Bon vorn:
—
5
=
-]
1142
- Staatsformen.
herein bedenflich war das Berhältnis, wenn bie | jeßten jo auf gewaltjame Weife der Zerrüttung
Ariftofratie nicht aus dem alten Königtum, fon:
dern durch Einwanderung und Unterjochung ent:
ftanden war, in weldhem Falle von Anfang an
die Mafle auf die Maſſe drüdte. Die Sieger
bilden, wie in Sparta, den eigentlichen Staat, die
Befiegten (megloıxoı) werden tributär und von
der Teilnahme am Staate ausgeſchloſſen, ja fie |
werben zum Teil Leibeigene, wie die Heloten in
Sparta, die Klaroten oder Aphamioten in Kreta
w. f. w. (ſ. Helotes). Und der Drud wurde
um jo mehr empfunden, weil ihm in den Augen
der Unterworfenen die Weihe altherfömmlicher Be:
rechtigung fehlte. Gefährlich wurde der Gegen:
drud bejonders, two der Boden für Mderbau und |
Pferdezudt ungünftig war, und wo die Notwen—
digkeit des Seehanbels einen ouvoıxıouög in einer
größeren, bejonders für den Handel günftig ge:
legenen Stadt bewirkte, wo die Einzelnen nicht
an der Scholle (xar« anuag, xoundor) gehalten
werben konnten. Schon Ariftoteles fpricht es aus,
wie ein für Aderbau geeignetes Land, das Rei:
terei und Schwerbewaffnete ftellen könne, für die
Oligarchie günftig jei, während leichtes Fuhvolt
und Scemacht einen demokratiſchen Charakter habe.
— u dem jegt eintretenden Kampfe zwijchen
Dligarchie und Demokratie bildete nun die Tyran—
nis in ihrer älteren Erjcheinung (die fpätere j. g.
Tyrannis, die aus dem fittlichen und politischen
Berjall aller Verhältniſſe hier und dort auftauchte,
gehört nicht hieher) ein wichtiges Meittelglied.
Gleichviel, welches die nächte Beranlafjung zum
Ausbruch des Kampfes war, — ſei e3 Uneinigkeit
unter den Bornehmen jelbft, jo daß einzelne den
Önuog ald Waffe gegen ihre Standesgenofien ge:
brauchen wollten, jet e3, daß die Unerträglichkeit
des Drudes raſch einen gemwaltjamen Ausbruch
ber Bollswut herbeiführte —, fajt überall finden
wir einen Edlen an der Spite des Volles als
Barteiführer. Der Sieg des Demos wird dann
zunächſt durch materielle Berbeflerungen feines
Zuftandes, Aderverteilung und Schuldenerlaß (yis
eradroudg, zoo» droxonn), bezeichnet, wie ja
and) in Athen Solons erfte vorbereitende Mafregel
zur Einführung feiner Berfaffung die Seijachthie
war (j. Dvin, 5.) Dazu pflegt dann noch Epi-
gamie und Rechtsgleichheit (j. unten, 9.) zu fom:
men. Die eigentlich politiichen Rechte find dem
Demos, bejonders in Aderbau treibenden Gegenden,
noch Nebenjache, und nicht jelten wird erſt jpäter
in dem Volke durch Demagogen das Berlangen
nach politischer Herrichaft erwedt. Für den Augen:
blid bleibt die Herrichaft nach Gewährung der
oben erwähnten Rechte entweder in den Händen
der Dligarchie, oder es gelingt dem Führer des
Demos oder einem andern chrgeizigen Adligen,
fich des Demos zur Erlangung der Tyrannis zu
bedienen. — So
7. und 6. Jahrh. v. C. eine ganze Kette von
Tyrannenherrichaften, vielfach untereinander ver:
ſchwägert und verfippt, über einen großen Teil von
Griechenland verbreitet. Ju Samos herrichte Po—
Iyfrates, in Sikyon die Orthagoriden, in Korinth
die Kypſeliden, in Athen die Peififtratiden u. ſ. w.
Umgeben von Leibwachen (ſ, Jogvp6oo:), die
fie aus dem Schaße bejoldeten, beherrichten fie den
finden wir um die Zeit des
des Staats durch Parteifämpfe ein Ziel. Nicht
in Abrede fann geftellt werden, da viele Tyrannen
auf edle Weiſe ihre Serrihaft zum Wohle des
Staat3 benugten. Die Wiſſenſchaften wurden ge:
pflegt (man denke an Beififtratos), große Bauwerke
entftanden (deren Errichtung ebenjo der Maſſe
Beichäftigung gewährte, wie fie die Reichen durch
schwere Steuerlaft drüdte),, Der wüſte und ver:
wilderte Buftand, der dem beroiihen Zeitalter
gefoigt war, klärte fich ab, und eine neue geiftige
Itur nahm unter der Ruhe ihrer Herrichaft den
Anfang. Selten war die Entwidelung eine fried-
liche, in der Art, daß man freiwillig einem Aijym:
neten auf gewilje Zeit die höchſte Gewalt zur
—— geordneter Zuſtände anvertraute (vgl.
isymnetes). — Ein Bild der Entwickelungs
gibt die athenifche Geſchichte. Der innere Berfal
des Staatdorganismus führt zu dem Werjuche,
durch äußerſte Strenge die alten Bande zu erhal:
ten (dratoniiche Berfafjung). Schon erwachjen auf
dem geloderten Boden des geichlechtlichen Staats:
verbandes Einrichtungen, die, ihrem Weſen nad
mit diejem in Widerjpruch ftehend, notwendig find,
um den Verfall aufzuhalten (Raufrarien, ſ. d.\
Die Mafjen konzentrieren und regen ſich, Kulon
jucht fie zur Erreichung ehrgeiziger Zwede zu be—
nutzen, —8* aber an dem Widerſtande der
Altmaioniden, die Damals als Vertreter der ftrengen
Ariftofratie erfchienen. Die Fortdauer der lim:
ruhen nötigt die Ariftofratie, ſich dem Wunſche
bes Bolles zu fügen und einem beim Bolte be:
liebten Mann aus ihrer Mitte den Auftrag zu
eben, durch neue Einrichtungen und Gejege den
Frieden im Gtaate wieberherzuftellen. Solon,
defjen Stellung viel Ahnliches mit der Aifymnetie
hat, eröffnet jeine Wermittlerrolle mit der vorbe—
reitenden Mafregel der Seiſachthie. Durch Ein-
führung der Vermögensklaſſen (rıurjuere) unter:
gräbt er das geichlechtliche Prinzip und bahnt
Damit die reine Demokratie an. Dem Beififtratos
gelingt es, nad) einer Reihe von Kämpfen am der
pitze der Volkspartei die entgegenftehenden Bar-
teien zu unterdrüden, aber nur, um fih an bie
Spitze des Staats zu ftellen. Seine und jeiner
Söhne im ganzen milde und gemäßigte Tyrannis
leijtet durch Unterdrückung der oligarchiichen Bar:
teien dem Auftommen der Demokratie den größten
Vorſchub und wird zugleid; durch Beförderung
geiftiger Kultur eine Lehrerin und Erzieherin des
Volles. So wächſt unter der Hand der demokra—
tiiche Geift. Die mächtigen Altmaioniden, Klei-
jthenes® an der Spitze, die dem Weififtratos als
Führer der Mittelpartei gegenübergeftanden hatten,
benngen den Augenblick: Kleiſthenes kehrt mit
Hülfe Spartas aus der Berbannung zurüd, ftürzt
al® Führer der demofratiichen Partei den Hip
pias und weiß fich gegen feine, jet von Spartas
mächtigem Einfluffe unterftügten, Gegner zu be:
haupten. Die alten Phylen (ſ. Pvirj, 7.) werden
aufgelöft, 10 neue örtlich getrennte Phylen ein:
geführt und damit der Triumph der Demokratie
begründet. — Aber auch dieſe Entwidelungsitufe 9
at verichiebene Phaſen zu durchlaufen. Die gleiche
erechtigung aller zur Teilnahme an der Staats:
gewalt (loomolırsla, Loryogl« und doovoni«,
Staat nad) eigner Willfür, ohne Verantwortlich: | gleichbedeutend mit Önuoxgarie) war das unter:
feit, bebrüdten oder vertrieben die Neichen und | Icheidende Merkmal der Demokratie.
Die Gleich:
—
1
S
Staatshaushalt.
1143
heit kann aber entweder zur der fein, d. h. in erträgliche Drud zur Reaktion führte. Die Reichen
der Berhältnismäßigfeit der Rechte und Leiftungen
beftehen, jo daß 3.
welches größere Bllichten auferlegt, und von dem
der Staat größere Leiftungen fordert, auch größere
Rechte gibt, ald ein gen Beſitz. Dieje
durch das oligarchiiche oder, wenn der Unterſchied
der Berechtigung bejonders in Bermögensunter:
ſchieden Liegt, durch das timokratiiche Prinzip ge: |
mäßigte Demokratie wird wolırei« genannt, jo
daß die Begriffe der Politie und Timofratie nahe
verwandt find. Eine derartige Timokratie hatte
Solon dur ES rıunjuere einge:
richtet (ſ. Dvinj, 6.). ift aber nicht zu ver:
fennen, daß von diejer günftigen Verfaſſungsform
der Übergang zur ungemijchten Demokratie, in
der das deıdus isor herrichte, d. h. in der alle,
ohne Berüdjichtigung der Geburt oder des Beſitzes
oder perjönlicher Vorzüge, volllommen gleich bes
rechtigt find, jehr leicht ift. Denn der Unterſchied
zwiſchen der Timokratie und Demokratie ift im
Grunde nur ein quantitativer, während zwiichen
Ariftolratie und jeder andern Verfaſſungsform ein
meer Unterjchied bejteht, daher auch ber
bergang von der ftrengen Wriftofratie zur Ti—
mofratie jtet3 gewaltjam ift und die Berftörung |
einer ftaatlihen Organijation erfordert. — Bes
trachten wir nun die reine Demokratie, wie jie
in Athen von SKleifthenes begründet, durch Ari—
fteides weiter entwidelt, durch Perifles’ Maß—
regeln, bejonders die Schwächung des Wreopags,
von jeder Schranfe befreit war, J läßt ſich nicht
verfennen, daß fie den Staat zu einer außer:
ordentlichen Kraftentwidelun
aber en der Schranfenlojigkeit der von dem
ganzen
einem rajchen und unaufhaltiamen Verderben ent-
er Im ar ber ſchrankenloſen
ewalt vergab das Bolf, daß in der Demokratie
ihrer Idee nad) das Geſetz der Herrſcher jein follte.
Es ſetzte fich durch Piephiimen bald über die Ge-
jeße hinweg. Es benugte feine Gewalt zur Unter:
drüdung der Reichen oder irgendwie Herborragen:
den (Oſtraliſmos; über die Bedrüdung der Reichen
befähigte, zugleich |
olfe ausgeübten jouveränen Staatsgemwalt
B. ein größeres Vermögen, |
'edaı), die nur auf die Gelegenheit warteten, um,
' Teil die Beute
t
ı Mittel gewonnen.
vereinigten ji in Geheimbünden oder Coterien,
Synomofien oder SHetairien genannt (j. "Eraı-
bejonderd in Hoffnung auf jpartanijche Unter:
ftügung, graufame Race zu üben. Auch ſie fielen
infolge des durch die ruchloje Leidenjchaftlichkeit
ihrer Herrjchaft gegen fie erregten Hafles, wie die
Dreißig in Athen. Die innere Verderbnis brach
aber nad) ihrefl Falle bald von neuem wieder
ein; und jelbjt der Einfluß des gewaltigen De-
mojthenes war nicht nachhaltig genug, um das
Volk auf die Dauer aus der Schwäche und Ber:
worfenheit zu fräftigem und patriotiihem Han:
deln aufzurütteln. So wurden die Staaten zum
raujamer Tyrannen, zum Teil
dauerte die franfende Freiheit fort, bis fie alle
ber Serrichaft des maledoniſchen Eroberers ver:
fielen.
Staatshaushalt, |) der RE l. Böchh,
Staatshaushaltung der Athener. 3. Aufl. 1886).
Die Aufſtellung eines regelmäßigen Finanzetats,
wie in den neueren Staaten, mit Borheranjchlagung
der Ausgaben und der Einkünfte, welche die Aus:
aben zu deden haben, hat mwahrjcheinlich weder
in Athen noch in irgend einem andern griechiichen
Staate jemals jtattgefunden. Doc wurde durch
Bergleihung der Rechnungen, die regelmäßig uud
jorgfältig geführt wurden, ein genauer Einblid in
die Bedürfniffe des Staates und in die Zuläng-
lichfeit der zur Dedung derjelben vorhandenen
Ergab ſich ein Mißverhältnis
zwiichen Ausgaben und Einnahmen, jo mußten
entweder die erfteren vermindert, oder die legteren in
Zukunft durch Eröffnung neuer Quellen vermehrt
werden. Bur —— augenblidlicher Bedürfniſſe
wurden auch die Mittel des Staatsſchatzes zu
Hülfe genommen, nach deſſen Erſchöpfung, bei dem
Mangel eines regelmäßigen Etats, oft Verlegen—
heiten der ernſteſten Art eintraten, die den Staat
erade in entſcheidenden Zeitpunkten an freier
ewegung und raſcher Entwickelung ausreichender
Kräfte hinderten und ſo das meiſte zu dem Ver—
durch Staatslaſten ſ. Leiturgia); die Demo: |
fratie wurde zur Odjlofratie,
Armen über die Reihen. Die Macht der Magis:
ftrate wurde bejchränft, weil das Volk in feinen
Berjammlungen (j. ’Errxinst«) möglichit viel
jelbjt regieren wollte; ftatt der Wahl trat das
demofratijche Los ein, die Zahl der Magiftrate '
wurde vermehrt, um möglichit viele daran teils
nehmen zu lajjen; der Rat wurde zu einem Aus:
ſchuß der Vollsgemeinde herabgedrüdt, die Leitung
des Volkes ging von den
Reduer über, die das Volk für ji zu gewinnen
ur Herrſchaft der '
Dieſer Boten war jehr bedeutend, da es nicht
2 auf bie‘
wuhten, und ein gewandter Demagoge wie Kleon,
ber den Vollsleidenſchaften zu jchmeicheln verftand,
falle des — Staates nach innen und außen
beitrugen. — Ausgaben: A) Ordentliche: 1) Her:
jtellung und Erhaltung der Öffentlichen Bauwerke.
allein auf die Befriedigung der Öffentlichen Be:
dürfniſſe des Staates im großartigiten Maßſtabe
abgejehen war, jondern da auc die Madıt und
der Glanz des Staates in der Herſtellung der
herrlichſten Werke aus allen Zweigen der bildenden
Kunft einen ihrer würdigen Ausdrud finden jollten.
Zu den Bauwerken der erjten Art gehören die
Dafenanlagen, dad Seezeughaus (sxevodrjan), die
gewaltigen Befeftigungswerle; zu denen der zwei:
ten Art die zahlreichen Tempel und andere Bracht:
bauten, die der Verherrlichung des Kultus dienten,
übte eine ebenjo jchrantenloje Herrichaft aus, als | die Bildjäulen, die Hallen, vor allen die Bauten
wenige Jahre vor ihm der große Perifles, in dem auf der Burg.
(Die Propylaien hatten allein
alles Herrliche im Volksgeiſte ſich — hatte. ' einen Aufwand von 2012 Talenten, mehr als
Da aber die Unterdrückung der
eihen Durch 9 Millionen Mark, in Anfpruc genommen.) Für
Vollsbeſchlüſſe noch nicht genügte, jo fanden fich die öffentlichen Werke gab es eigene zahlreiche
in den Gerichten, die nichts anders waren als
Behörden, imiordraı rar Inuociov Feywor (j. d.).
Ausſchüſſe — —— die Sykophanten ein, Die Behörden übergaben den Neubau ſowohl wie
e
denen durch die Beſtechlichkeit und
der Richter ein leichtes Spiel gegeben war (vgl.
en Parteigeift | die Ausbefferung meiſt Unternehmern (doyokaßor,
oyavar, wodwrei) zur Ausführung. Die Ober:
11 Zuxogpdvrreng). — Natürlich war, daß der un: .aufficht führten durch Cheirotonie erwählte, ben
—
[54
=
—
1144
Epiftaten beigegebene Staatsarchitelten.
dingung geſchah durch die Poleten. Bisweilen lie—
Die Ver⸗ —
|
Staatshaushalt.
7) der regelmäßige Aufwand für Heer umb >
Flotte. Dahin gehört zunädft die Anjchaffung
ferte der Staat einen Teil des Materiald. Die | von Rüftungen für die Armeren und Sklaven,
Ausgaben für diefen Poften waren natürlich nach | (die Wohlhabenden bewaffneten fich felbit), die Be-
den Bebürfniffen und den vorhandenen Mitteln
verijchieden; wo die Einkünfte nicht ausreichten,
nahm man aud die großen Mittel des Schaßes
in Anspruch. — 2) die Boligei (über Straßen und
Marktpolizei vgl. Ayogarsuoı und Aorvrvo-
aoe), die fich namentlich auch auf die Beauffich-
tigung der Fremden erftredte. Zur Handhabung
der Öffentlichen Sicherheit diente die jpäter 1200
Mann ftarke, aus Öffentlichen SHaven (Önusero:)
beftehende Schar der roforaı (au Skythen ge
nannt), unter Anführung von Torarchen (rö&aeyoı).
Der Aufwand für diefe belief fich auf jährlich un-
gefähr 36 Talente. — 3) die freier der Feſte, die
aunäch der Berherrlichung des Kultus, ſpäter der
Scyauluft des Volfes diente und ungeheure Sum—
men verſchlang. Zur Beftreitung des Aufwandes
diente zunächſt das Theorifon (dewgınor), gebildet
aus den früher für die Kriegslaſſen beftimmten
Überjhüffen der Verwaltung und dazu beftimmt,
dem Volle das Eintrittsgeld zum Theater und
zu den Spielen zu erftatten, Speifungen zu ver:
anftalten u. dgl., eine perifleische Einrichtung, die
mehr als alles Andere zum Verfall des Staates
beigetragen hat. Die Verwaltung des Theorifons
hatten eigene Beamten (iegorregs tür Hewgınar,
auch unter andern Namen vorlommend). Der
deshalb gefeierte Demagog Eubulos jehte jogar
einen, Boltsbeihluß durch, nach dem der Antrag,
die Überſchüſſe der Verwaltung wieder für die
Kriegskaſſe zu verwenden, mit dem Tode beftraft
werden jollte, aufgehoben im %. 339 v. E. auf
Demofthenes’ Antrieb. Ferner dienten zur Dedung
des Aufwandes verjchiedene Leiturgien, wie die
Gymnaſiarchie, die Choregie u. a. (vgl. Leitur-
gia) Die Verwaltung hatten unter fich ver:
ſchie dene Zmıueintai, legonooi, Bonraı u. a. Be:
hörden. — 4) Spenden an das Voll (diavouei,
diaddceıg), z. B. Kleruchie (vgl. Kingovyia),
Getreibeverteilungen und vor allem die jchon
erwähnten berüchtigten, von Perikles eingeführten
Theorifengelder. — 5) der Gold für die Buleuten
(etwa 25 Talente), Richter (vielleicht 100 Talente
und mehr) und die Volfsverjammlung (etwa 30 bis
35 Talente jährlih; |. auch Bovin, Jınaarı-
0» und ’Exrxinsıaorınor), ferner für die
bejoldeten Behörden (öffentlihe Sachwalter und
Neduer, jedesmal wenn fie für den Staat ſprachen,
eine Dradyme), Gefandten, die ein Reiſegeld em-
pfingen (Zpödıor, mogeiov), zu Ariftophanes’ Zeit
2 oder 3 Drachmen täglih. Am Orte ihrer Be:
ftimmung lebten fie als Gaftfreunde auf Koften des
Staates oder Königs, an den fie gefandt waren;
ferner für die 10 Sophroniften und die dmiono-
or, auch wohl die Nomotheten; ferner für alle
Diener der Behörden; dazu fommt noch der Sold
für die @dvreror (f. d., etwa 5—10 Talente). —
6) Öffentliche Belohnungen und Ehrenbezeugungen,
3. B. arrmoıg Ev novraveio, Erteilung des golde-
nen Kranzes an den Nat, an fremde Staaten, an
Privatperjonen, Errichtung von ehernen Bildfäulen
(Auszeichnungen, die erft fpäter häufiger vorkom—
men; Demetrios, der Phalereer, erhielt in Einem
Sahre 360 Bildjäulen), zuweilen Geldbelohnungen,
Ihaffung der zahlreichen Bedürfnifie für die Flotte.
Unter andern follten nach einem Gejeße bes The:
miftofles jährlich 20 neue Trieren gebaut werden
(über die Ausrüftung derjelben vgl. Leiturgiaı
Ferner ift zu nennen der Sold, der im Frieden
an einige 100 Matrojen, die Bemannung der Pa:
ralos und der jalaminifchen Triere, fowie an die
Neiterei, wenigftens gewiß an einen Teil derjelben,
zur Verpflegung (siros Frmiog) gegeben wurde,
wozu im Kriege noch der eigentlihe Sold kam
Das Berpflegungsgeld betrug für den Weiter im
Kriege wie im Frieden täglich wahricheinlich eine
Drachme, im ganzen jährlih an 40 Talente; dazu
fam noch die narderasıs, ein Zuſchuß zur Aus:
rüftung der Reiterei. Die Unterhaltung der Bogen
ichüßen zu Fuß und zu Pferde mag auch etiva
15 Talente getoftet haben. — Nach der geringiten
Schäßung muß man die Geſamtſumme der ordent
lihen Ausgaben auf 400 Talente annehmen (an
1 800 000 Marf, und bei dem höheren Silberwert
wenigftens dreimal joviel wert, als eine gleiche
Summe bei uns); diefelbe mochte aber gewiß oft
bis auf 1000 Talente (etwa 4500 000 Marfı
fteigen, eine für eine Bevölferung von 500 000
Seelen jehr bedeutende Summe, deren Aufbringung
notwendig zur Bedrückung der Reichen führen und
bie Kräfte des Volles ausjaugen mußte. Bgl
Böckh, Staatsh. 1 S. 280—355. — B) Außer: i
ordentliche Ausgaben in Kriegszeiten. Dieje be:
ftanden in den Koften für die Ausrüftung der
ärmeren Bürger, für die Ausftattung der Flotte
und für Bejoldung und Verpflegung der Truppen.
Sie fielen, objhon man feine ftehenden Heere
hatte, ſchwer ins Gewicht und wurden zu einer
faft beftändigen Laft, da die Kriege beinahe immer
—— Auch war die Zahl der Truppen im
erhältnis zu der der Bürger ungeheuer. Die
Macht der Athener muß fi, die Seemacht, in der
fi) viele Metoiten und Sflaven befanden, ein:
gerechnet, manchmal auf 90000 Mann belaufen
haben (vgl. über die Art der Bewaffnung Exer-
citus). Bei der Höhe des Soldes (vgl. Sti-
pendium) waren die Koften außerordentlich. So
laſſen jich 3. B. die Koften für die Beſoldung der
90 000 Mann, die Athen im ficilifchen Kriege auf:
jtellte, auf 3600 Talente (an 16 200 000 Mart,
nach unjerem Geldwerte wenigftens 48 Millionen
Mark) anichlagen. Was die Ausrüftung der Flotte
betrifft, jo wurde zwar, wie wir oben ſahen, auch
in Friedenszeiten der Bau von Schiffen nicht ver:
nachläſſigt; natürlid; aber mußte, wenn ein Krieg
u befürchten war, die Anzahl vermehrt werden,
—* auch an der Ausrüftung noch immer manches
zu vervollftändigen blieb. Zum größten Teile
wurden die Koften der Ausrüftung durch die Trier:
archie gededt (j. Leiturgia). — Zu allem dem
famen nun noch die koſtſpieligen Feſtungs⸗ und
Belagerungsarbeiten und Majchinen. Die zwei:
jährige Belagerung von Botidaia foftete allein
2000, nad einer andern Angabe 2400 Talente.
Bol. Bodh, Staatsh. 1 ©. 355-406. — Ein: 7
fünfte: Sie betrugen im J. 422 dv. E. im ganzen
2000 Talente (etiwa 9 000 000 Marl). Zu Anfang
wie die arjvurgw« für Entdedung von Verbrechen. des peloponnejiichen Krieges waren 6000 Talente,
je
Staatshaushalt.
nad) dem Frieden des Nifiad 7000 im Schafe |
angejammelt, unter Lykurg betrugen die jährlichen
Einkünfte wieder 1200 Talente. A) Ordentliche.
Eine Berjonenfteuer widerjprad den atheniſchen
Grundjägen; auch die Vermögensfteuer kommt Zwecke gemeinjamer
felten vor und gehört unter die außerordentlichen
Einkünfte. Die ordentlichen Einkünfte laſſen ſich
auf 4 Hauptklaſſen zurüdführen: 1) Gefälle (zEin);
— 2) Strafgelder (ruurjuere) und konfiizierte Gü-
ter (Önwörgara), j. Prozels, 15.; — 8) Tri-
bute (pögor) und 4) die ordentlichen Leiftungen
(Asırovgylar Lyabakıoı). 1) Zu den Gefällen ge:
hören de Einkünfte aus den Staatögütern, den
Böllen, der Perjonen- und Gewerbeſteuer (jo weit
fie vorfommt). Die Domänen (audy die Gemein:
den und Tempel hatten Grundbeſitz) beftanden in
Triften, Forften (HAogod, Forftaufieher), Adern,
Hänfern, Salzwerten, Bergwerten u. j. w. Die
Häuſer wurden an Unternehmer (vadxingor) ver:
pachtet, die fie dann im einzelnen wieder ver:
mieteten. Die Pacht zahlten fie prytanienweiſe.
Ähnlich bei andern Grundftüden; auch Theater
waren verpacdhtet. — Die einheimijchen Bergwerke
(ufral)a) waren die Silbergruben von Laurion.
Dieſe waren fämtlih an Brivatperjonen in Erb:
pacht gegeben worden und founten durch Erbichaft,
Berfauf u. j. w. in andere Hände übergehen. Die
Verwaltung aller öffentlihen Pachtungen aber
hatten die Poleten unter Anfficht des Rats. Für
das Recht zu bauen wurbe ein Kaufpreis und
jährlich der vierundzwanzigfte Teil des Ertrages
als Abgabe gezahlt. Zur Erbpadht waren nur
Bürger und Jfotelen berechtigt. Außerdem hatten
die Athener (durch Kimon, 463 v. E.) in Thrakien
Bergwerfe erworben, darımter die reichen Gold:
bergwerte in Skapte Hyle, die wahrſcheinlich in
derjelben Art verwertet wurden wie die einhei-
mijchen. — ber die Zölle ſ. Ayood und Ayo-
oar6uoı, Senden, Elxoorn, ’Ellıulvıo».
Bon den Gewerbeſteuern find mir micht weiter
unterrichtet. — Über das Schußgeld der anfäfligen
Fremden (uerodxıor) |. Ferog. — Noch wird eine
Sflavenftener erwähnt, 3 Obolen auf den Kopf.
Diejes reımßolor mußte auch der Freigelaſſene
noch außer dem Schußgelde entrichten. Die Päch—
ter aller diejer Einkünfte hießen reAaru. Gie
hatten bei der Pacht Bürgen (Zyyvor, Zyyunzad)
zu ftellen und hielten ſich, wenn fie micht ſelbſt
die Einnahme beforgten, Einnehmer (dukoyeis,
hıuevisrai, deraernköyor u. |. w.). Übernahmen
Sejellichaften eine Pachtung, jo ftand an ihrer
Spiße ein deghrns oder reAwrdoyns. Die Bat:
zahlung (naraßoir relovug, naraßdlisır, nurı-
Peivaı, dıahöcaı, krodoivar, xaraßallsr rüg
naraßoids) geichah auf dem Rathauſe (zum Teil
wohl jehon beim Antritt der Pachtung, meoxere-
— Ging die Pacht nicht zur rechten Zeit ein,
o wurde Friſt gegeben bis zur neunten Prytanie;
nach Ablauf dieſes Termins verdoppelte ſich die
Schuld; trat jetzt nicht ſofortige Bezahlung ein,
ſo verfiel das Vermögen des Schuldners dem
Staate. Auch konnte der ſäumige Pächter ohne
weiteres Rechtsverfahren jofort gebunden und ins
Gefängnis geworfen werden. — 2) Bon ben Ge—
richtögeldern gehören Be: die Paraftafis, die
Protanien, die Strafgelder, die mitunter recht be-
deutend waren, und in gewiſſen Fällen die Pa—
9 rafatabole (j. Prozels, 5.). — 3) Die Tribute
1145
(pögoı) der Bundesgenofien, eingeführt im Be-
trage von 460 Talenten (durch Arifteides um 476
v. E.), zumächft unter gemeinjamer, von Athen
durch Hellenotamien geleiteter Verwaltung, zum
erteidigung. Um 460 v. €.
von Delos nad Athen verlegt (das Nähere j. unter
Zvuuazxle), ging der Schatz ganz in die Hände
der Athener über und wurde von ihnen, bejonders
durch Perikles, zu ihren eigenen Zweden, nament-
fich zur Berfchönerung der Stadt, angewendet. Die
Summe der Tribute belief fich zu —— des
peloponneſiſchen Kriegs auf 600 Talente. Durch
Hinzukommen neuer und größere Belaſtung der
alten Bundesgenoſſen wurde der Tribut nach und
nach bis auf 1300 Talente erhöht. Denn die Zah—
lungen wurden gewöhnlich alle 5 Jahre neu ge-
ordnet. Bei der neuen Gründung der Symmachie
nach der Anarchie (377 v. €.) erhielten die Bei:
träge, um das verhaßte Wort Pogos zu vermeiden,
den Namen ovrrdisıs (vgl. Zvunaygla). Ein
rang der Tribute floh als draeyij in den
ag der Athene. Die Einzahlung derjelben ge:
ſchah regelmäßig im Frühling zur Seit der große
Dionyfien. — 4) Leiturgien j. d. — Über deu Ge—
winn des Staates aus den Kleruchien ſ. Aln-
govzia. — Der Schaß, der aus den Überjchüfen
gebildet und der Göttin geweiht war, wurde im
ömıoHödouog ihres Tempels, des Parthenon auf
der Burg, niedergelegt. (Auch andere Götter hatten
einen Schaß, der von 10 aus den Bentafofiome-
dimmen erlojten rawlaı verwaltet wurde.) Bgl.
Böckh, Staatsh. I S. 407—596. — B) Außer:
ordentliche Einfünfte. Dieje beftanden in der außer:
ordentlichen Bermögensftener (eispoed) und ber
außerordentlichen Leiturgie, der Trierarchie (i.
Leiturgia). Was die Vermögensfteuer betrifft,
fo wurde diejelbe in auferordentlichen Fällen zur
Deckung der Kriegsbedürfnifie erhoben. Sie galt
nicht als Perſonenſteuer, jondern wurde recht eigent:
lich als eine Beiftener vom Vermögen angejehen,
fo daf auch den, der fie jchuldig blieb, wohl Güter:
konfiſtation, nicht aber die bei andern Gtants-
ſchulden gejeßliche Atimie traf. Das erfte Bei-
jpiel einer s/spogd, im Betrage von 200 Talenten,
findet fih 428 v. C., wo die Belagerung von
Mytilene die Kräfte des Staates —* angegriffen
hatte TT’hue. 3, 19). Doch war ſchon die ſolo—
nische Klafjeneinteilung auf die Ermöglichung dieſer
Steuer berechnet. Nach 428 v. E. wiederholte fich
diefe Steuer öfters. Befreiungen einzelner Bürger
von diejer Steuer waren nicht ftatthaft; jelbit von
dem Bermögen der Waiſen, die von den Leitur:
gien befreit waren, war jie zu zahlen. — Die
Grundlage für die Erhebung derjelben bildeten die
ſoloniſchen Vermögensklaſſen (ruurjuar«) der Ben:
tafofiomebimnen, Hippeis, Zeugiten, Theten, die
legteren fteuerfrei (j. DBuvinj, 6.) Das Einfom:
men der erften Klaſſe (wenigſtens 500 Medimnen,
in Geldwert = 500 Prachmen) vertrat ein Kapital
bon 6000 Dracdhmen, das der Ritter (300 Dr.)
von 3600 Drachmen, das der Zeugiten (150 Dr.)
von 1800 Dradmen. Bon diefen Vermögens:
anjchlägen find nun die Schägungsanfchläge oder
Stenerfapitale (auch rıurjuere) verſchieden. Solon
beabfidjtigte nämlich eine progreifive Steuer, zu
der das größere Vermögen verhältnismäßig ftärter
als das geringere, deſſen Ertrag nad Behreitung
der notiwendigen Lebensbedürfniſſe einen geringeren
—
—
0
1
[57
2*
Cheirotonie erwählte gg war der öffentlichen | zu
mueÄneng Tg xorwijg | vermehrter Streitkräfte eine enorme
1146
Uberſchuß gewährte, herangezogen wurde. Das
Mittel, das er zur Erreichung dieſes Zwedes an:
wendete, war nicht, da er von den Gejamt:
fapitalien in den verichiedenen Klaſſen verjchiedene
Prozentanjäge für die Steuern beftinmte, jondern
daß er im dem unteren Klafjen nur von einem
Teile des Kapitales, dem Steuerfapitale (riunue,
zu rejp. 6000, 3000 und 1000 Drachmen), von
allen Steuerfapitalien aber nad) gleichem Prozent:
anfage die Abgaben erhob. — Zu ſchätzen hatte
jeder fich ſelbſt, obgleich aud eine Nahihägung |
(dmoriungıg) eintreten konnte. Zur Erleichterung
der Erhebung wurde ein Grundfatafter, d. h. ein
Verzeichnis der liegenden Gründe, angelegt, der
jpäter in einen Bermögenstatafter verwandelt wurde. '
— Eine Veränderung der folonischen Einrichtung
trat bei der Schägung unter dem Archon Naufi-
nifos (377 v. €.) ein. Bei diejer galt in der
höchſten Steuerflaffe der fünfte Teil des Ber:
mögens (obsie) als Steuerkapital (rlunue), in den
audern Klaſſen geringere Quoten des Gejamtver-
mögens, aljo wurde doch das jolonifche Prinzip
beibehalten. Die Summe von 5750 Talenten, die
als Schätzung des Naufinitos angegeben wird, ift
nicht das Gejamtvermögen (obei«), ebenjowenig
die Gejamtjumme der elispop«, ſondern das ri-
unue (jo daß alio das Geſamtvermögen des Lan-
des auf mehr als 30 000 Talente geſchätzt werden
muß). — Behufs diefer Beftenerung wurden nun,
ähnlich wie es jpäter bei der Trierarchie geichah
(j. Leiturgia), Symmorien eingerichtet, d. h.
Abteilungen von ungleich Begüterten, die gleiche
Steuern aufzubringen hatten, im ganzen 20, in-
dem je 120 der Neichiten in einer Phyle 2 Sym-
morien bildeten. In jeder Symmorie waren wieder
15 der Reichften zu dem Steuervorihuß (meosıs-
Pog«) verpflichtet. Auch alle übrigen nicht ſteuer⸗
freien Bürger wurden irgend einer Symmorie
beigegeben, und den eigentlihen Symmoriten
fam es zu, jeden nach jeinem Vermögen heran:
äuziehen. Jede Symmorie hatte ihre Borfteher
(nyeusveg), Kuratoren (meinte) und Reparti:
toren (dieygapeis oder dmıypapeis). Obrigkeit:
liche Behörde waren die Strategen. Der Antra
auf Vermögensumtauſch war geftattet. Vgl. Bödh
©. 618— 693. — Finanzverwaltung. Die
Oberaufſicht über die gejamte Finanzverwältung
hatte der Rat (j. Bovirj), natürlich unter Ver:
antwortlichkeit. Namentlich ſtand ihm die Ber:
pachtung der jämtlichen ordentlichen Einkünfte (j.
oben 7 ff.) zu. Unter dem Rate ftanden die gm
Boleten (zwinrai'), welche Berpacdhtungen und Ber:
fäufe infolge von Konfiftationen zu bejorgen hatten.
Strafgelder wurden von den Braftoren (modxro-
oss) eingetrieben. Zuweilen wurden zu dieſem
Zwecke auferordentlihe Kommiſſarien (imented,
svAkoysig) ernannt. Der Schaf der Athene, ſowie
der der andern Götter, wurde jeder von 10 durchs
Los ans den Höchftbeitenerten gewählten Schap:
meistern (rapie) verwaltet; DI. v4, 2 bis DI. 98, 4
jedoch war die Verwaltung beider Schäße dem:
jelben Kollegium von 10 Männern übertragen. —
Die wichtigſte Finanzbehörde war (wenigftens jeit |
der Mitte des 4. Yahrh.) der auf 4 Jahre durch
Einkünfte (ranlag oder
moos6dov oder 6 dni rg dorxnioeoug), eine Art
Finanzminifter, der die ganze Verwendung der
Staatshaushalt.
Einkünfte zu leiten hatte. Zur Beihaffung außer:
ordentlicher Geldmittel dienten die Poriften (me-
esta). — Mit der Berwaltung der Gerichts:
gelber, namentlich für die Speifung im Prytaneion
und die Zahlung des Nichterjoldes, waren jeit
Kleiſthenes die Kolakreten (xwiarpiraı, eine jehr
alte Behörde, urjprünglich xolaygeraı, Sammler
von Opferftüden) beauftragt. — Alle andern Ein:
nahmen gingen den Apodelten (dmodexrar) zu,
von denen fie dann den Verwaltern (rauiaı) Der
einzelnen Kaflen zugeteilt wurden. Dazu kommen
endlich noch die ſchon erwähnten verihiedenen Epi-
ftaten, Epimeleten, Ergolaben u. j. w., jowie Die
Beanıten des Theorifon. Bol. Bödh
— 251. — II) der Römer.
äußerſte zerrüttet und erichöpft waren.
ten in Anſpruch
pita, wodurch außerordentliche Ausgaben
die indes, nach den Bebürfniffen der Staatsver-
hältniffe öfter wiederlehrend und dadurd an ſich
ſchon drüdend, in Zeiten der Not noch durch ein
tributum temerarium (Cie. off. 2, 21) ver:
mehrt wurde. Vebtered wurde auch jpäter mod
nach Umftänden erhoben, doch verjtand ſich' der
Staat zur Zurüdzahlung desjelben, im Falle die
etwa gewonnene Beute es ermöglichte (Liv. 39,7.
Dion. Hal. 5, 47). #eitweilig wurde von Zar:
quinius Superbus mit Umgehung der jervianijchen
Berfafjung das tributum in capita wieder cin:
geführt (Dion. Hal. 4,43). Als indirekte Steuern
(vectigalia) ftammten ſchon aus der früheren Kö—
nigszeit die Hafenzölle (portoria), nachdem
Ancus Martins die Hafenjtadt Dftia angelegt, jo:
wie die Salzfteuer, welde an Privatleute ver:
pachtet wurde. Mit Beginn der Republif über:
nahm der Staat den Salzverfauf, mwodurd ſich
denn der Preis billiger ftellte und namentlich die
Armeren eine Erleichterung befamen. Außerdem
wurde die Plebs noch weiter durch die pi un
von den Safenzöllen, jowie von dem tributum
den Batriciern günftig geitimmt (Liv. 2, 2). —
In den erften Jahrhunderten der Republit mehr:
ten fi) die Staatsausgaben mit der räumlichen
Ausdehnung des Staates über Jtalien, dazu kam
die — des Soldes (j. Stipendium), der
Zeiten durch die Aufftellung und Poren
a
erreichte. Dem gegenüber ftanden eigentlich nur
zufällige Einnahmen, wenn nicht etwa, wie
1 ©. 207
Bon den Anfängen
eines geordneten Staatöhaushaltes kann erft im
der letzten Zeit des römijchen Freiſtaats (durch
Eäfar) die Rede fein, nachdem die Finanzen Roms
durch die unaufhörlichen VBürgerfriege auf das
Mit Be:
ginn der Monarchie trat jedoch durch Auguſtus
eine vollftändige Etatsaufnahme ein, wie er fie
jelber in dem verloren gegangenen Breviarium
imperii (Tae. ann. 1, 11. Suet. Oct. 28.101) auf-
gezeichnet hatte. — Unter den Königen bis Ser-
vius Tullius waren die Staatsausgaben großen-
teils durch das Königsgut gededt, zumal periönliche
Dienfte und Hülfe der Bürger bei öffentlihen Bau-
genommen und geleiftet wurde.
Außerdem zahlte jeder Familienvater eine Kopf—
fteuer (viritim, Ziv. 1, 42), tributum in ca-
gedeckt
wurden. Dieje Kopfſteuer (über die vielfache Klagen
laut geworden waren, Dion. Hal. 4, 43) hörte mit
dem Genjus des Servius Tullius auf, und e8 wurde
dafür eine mehr gleichmäßig verteilte Steuer nad
dem Vermögen (tributum ex censu) erhoben,
—
—32
16
1
1
Staatshaushalt.
Liv. 2, 9 angibt, der Baterlandsfinn der Batricier |
den Ausfall der portoria und tributa durch Opfer:
willigfeit dedte (ut divites conferrent, qui oneri
ferendo essent). Bald aber eröffnete der bereits
erworbene ager publicus eine reiche Duelle des
Staatseinfommend (j. Ager publicus), und
weiter mußte jedes neu unterworfene Volk die
Koften der Unterwerfung zahlen; und was aufer-
dem an Kriegsbeute, wozu auch die Menjchen
- (ald Sklaven verkauft) gerechnet wurden, in reich:
lichen Mafe in die Staatslafje flog, reichte zur
vorläufigen Koftendedung weiterer Unternehmungen
aus. Schon damald muß der ager publicus jo
viel eingebracht haben, daß man zur Dedung des
Soldes auf diejen fructus —* lonnte (Liv.
4, 36. 69. Außerdem mußte allmählich ganz Ita—
tien für Roms Erhaltung jorgen. Wille Unter:
worfenen wurden tributpflichtig, "und die ihnen
abgenommenen Acker, jowie die ausgedehnteften
Weiden (pascus, saltus, silvae) lieferten den
Zehnten (decuma) und das Weidegeld (scrip-
tura), beide an publicani verpachtet. Dieje letztere
Marge muß jchon in älterer Zeit nach Min.
18, 3 jehr bedeutend gewejen jein (quia din hoe
solum vectigal fuerat). — Als Roms Befig über
Italien hinausging, mehrten ſich die Ausgaben
dem entiprechend: e3 mußten militärische Verbin—
dungsitraßen in entfernte Gegenden angelegt wer-
den, Roms äußerer Glanz mußte dargeftellt, der
Dank gegen die Glücksgötter dur) Tempel und
öffentliche foftbare Spiele bethätigt, auch die aus:
— Führer und Soldaten belohnt, und
endlich noch der Hunger der zu unglaublicher Höhe
herangewachjenen armen Bürgerbevölferung durch
unentgeltliche oder billige Getreideverteilung ges
ftilt werben. Die Getreidemittel konnte Stalten
nicht mehr leisten, aber Sicilien und Afrifa mußten
ausheljen, wie überhaupt nunmehr die Provinzen
an die Stelle der früheren italiichen socii traten,
namentlich jeitdem diejen Teßteren das römische
Bürgerrecht erteilt werden mußte. Doc war,
was den Provinzialen an direkten und indirekten
Steuern auferlegt wurde, meiftens weniger, als
was jie früher ihren Königen hatten zahlen müflen,
darnach keineswegs an ji drüdend; nur durch
die Sitte der Verpachtung diefer Abgaben an die
publicani und durch deren nie ganz zu hinter:
treibende Ausjaugung, ſowie durch die auf Geld-
erwerb hinauslanfenden Chifanen der Statthalter
und des gejamten Unterperjonals gingen die Pro-
vinzen allmählich vollftändigem Ruin entgegen.
Auch die Bergwerfe (metalla), joweit fie früher
den Königen gehört hatten, wurden eine reichliche
Einnahmequelle des römiichen Staates. — Dod)
famen bei all diefem Überfluß dennoch Zeiten der
Finanznot, wenn, wie im zweiten puniſchen Kriege
durd Hannibal, die räumlichen Grenzen des rö-
miſchen Gebietes beſchränkt und damit auch die
Einnahmen gemindert wurden. Und dod mußten
21 Legionen im Felde erhalten werden.
wurde nad) der Schlacht bei Cannä ein doppel—
tes tributum ausgejchrieben (Liv. 23, 31),
außerdem noch außerordentliche Steuern für
bie Flotte erhoben (Liv. 24, 11); ja ſelbſt Staats:
anleihen mußten gemacht werden, als fich zu
leicher Zeit in Philipp von Matedonien ein neuer
‚Feind erhob (Liv. 31,13). Als Pfand der Staats:
gläubiger wurde ein Teil der Staatsländereien
ai
1147
verwandt. ber der glüdlihe Ausgang diejer
Kriege brachte eine jolche unendliche Beute in die
Staatsfafje, daß nicht bloß die Staatsichuld und
jämtliche Kriegsfoften gededt wurden, jondern nad)
der Befiegung des Berjeus (168 v. E.) das tri-
butum, die Grumdftener, der römischen Bürger
ganz aufgehoben werden fonnte (Cie. off. 2, 22.
Av. 45, 39. 40. Plut. Aem. Paul. 38), und dieje
Stenerfreiheit hat bis zum J. 293 n. E. gedauert.
Durch die lex Thoria (ſ. Ager publicus, 4.)
wurde 107 dv. E. der Zehnte des ager publicus
abgeichafit (Cie. Brut. 36), zwar nicht aus pefu-
niärem Überfluß, jondern in patriciſchem Jutereſſe;
61 v. E. fonnten für Italien durch Metellus die
portoria aufhören (Cie. ad Att. 2,16. Dio Cass.
37, 51), während fie für die Provinzen von Be-
ſtand blieben (Liv. 40, 51). Eine indisefte Ab-
gabe, die vicesima manumissionum (über
deren Urſprung j. Liv. 7, 16), deren Ertrag in
ein bejondere3 aerarium sanctius zu bejonderen
Bebürfnifien in Zeiten der Not floß und, weil
jpäter in Gold bezahlt, aud) aurum vicesimarium
hieß (Liv. 27, 10), blieb für immer. — In ben
Zeiten der Republif lag die Finanzgemwalt in
den Händen des Senats, welder die gejamten
Staatseinnahmen verwaltete; die Cenſoren ent-
warfen nur das Budget, und die Quäſtoren führ:
ten die Kaſſe, beide aber hingen vom Senate ab.
— Erjt unter der Kailerherrichaft gab es eine
enaue Berechnung der Einnahmen und Ausgaben,
owie eine richtige Ausgleihung derjelben. Die
Brovinzialabgaben waren allmählich jchon in der
lehten Zeit der Republik dur Eäjar geregelt und
gegen die hergebrachten Betrügereien der Statt:
halter und publicani möglichft ficher geitellt.
Augustus ſchuf vollftändige Ordnung. Es wurden
von den Brovinzialen in der Regel 2 direkte
Abgaben erhoben, eine Kopfjteuer "und eine
Grundſteuer. Die erjtere beruhte auf einer all-
gemeinen Volkszählung und einem bejtimmt durch—
geführten Ceuſus, der leßteren lag eine Kataftrie-
rung aller Grundftüde (kultivierte) zu Grunde;
diejelbe wurde ſelbſt dann erhoben, wenn der
Beſitz in die Hände eines römischen Bürgers über:
ging. Die Art der Erhebung war in den ver:
ſchiedenen Brovinzen verichieden; entweder lieferten
jie den Zehnten vom Getreide und ein Fünf:
teil von andern Früchten, deren Eintreibung die
publicani bejorgten, nachdem fie in Rom auf ein
Luftrum eine beftimmte Summe an den Staat
bezahlt hatten, oder die Gemeinden verjtanden ſich
zu Ddirefter Geldzahlung au römijche Quäftoren,
die auch zugleich die Kopfftener, tributum in
capita, erhoben. Die Naturallieferung hieß vecti-
gal incertum, da fie ji mad der jedesmaligen
‚Ernte bemaß, die Geldabgabe vectigal certum,
auch stipendiarium. Allmählich ging aud) die
Naturallieferung in Geld über, nur Afrika und
Agypten mußten Getreide liefern, doch von da an
nach einem bejtimmten unveränderlichen Kanon.
Das Simplum der Grundſteuer mag nach Niebuhr
und Savigny 1 pro Mille des Kapitalwertes einer
Steuerhufe (caput, iugum) oder 2 Prozent des
Ertrages a 5 Prozent betragen haben; Bejpafian
erhöhte e3, in einigen Provinzen jogar um das
Doppelte (Swet. Vesp. 16. Dio Cass. 66, 8). Im
übrigen unterfagte Auguſtus jede ungerechtfertigte
Bedrüdung der Provinzen und führte deshalb die
|
—
8
19
20
1148 Staalshaushalt.
Zahlung eines beftimmten Gehaltes an die, Nerva änderte an diejer vices. hered. zu Gunften
Statthalter und fonftigen Unterprovinzialbeamten | der Töchter und Mütter (Plin. pan. 37. 38),
ein, allerdings, aber auch nur in etwas, eine Er: | Trajan erweiterte dieje Bergünftigung noch mehr.
feichterung der Provinzen. — Eine weitere Ein: | Die Einziehung diejer Erbichaftsitener war, viel:
nahme floß aus den Provinzen durd die Berg: | leicht in jedem einzelnen Falle, ebenfalls an pu-
werte (metalla, aufer Metallen auch Marmor, | blicani verpachtet, die ſich dann mit dem Erben
Kreide, Salpeter, Schwefel, Steinfalz u. |. w. ums | auseinanderjegten. Die aus diefem Modus nicht
fafjend), die zunächſt freilich zum Teil auch noch | zu hintertreibenden Unzuträglidjleiten (Dio Cass.
jept im Privatbefig ihrer bisherigen Herren blie: ‚69, 8. Spart. Hadr. 7) führten hernach (jeit Trajan
ben, jedoch immer Sn in den Bereich des Staats: oder Hadrian) zu unmittelbarer Empfangnahme
gutes gezogen wurden (Suet. Tib. 49. Tac. ann. durch faiferliche Beamte, stationes XX heredi-
6, 19. Strab. 3, 148. 4, 208). Dieje öffentlichen tatum, welchen procuratores vorftanden. Ferner
Bergiwerte wurden für’ eine bejtimmte Summe verordnete Auguftus die centesima rerum
verpachtet (Plin. 83, 7); beifpielshalber brachten venalium (Tae. ann. 1, 78), eine Abgabe von
die Silbergruben von Neufarthago nad) Poly: | allen in Rom und Stalien zu Berfauf geftellter
bios (Strab. 3, 148) täglid 25 000 Dradymen — | Gegenftänden; Tiberius jeßte fie, als fich bie
16 500 Mart ein, die afturifchen , galiziichen und | Staatseinnahmen durch die neue Provinz; Kappa—
Infitanifchen Wäfchereien und Grube en gewährten | dofien mehrten, auf ', Prozent herab (Tae. ann.
jährlich zwifchen 15 bis 18 Millionen Markt | 2, 42), erhöhte fie jedoch jpäter wieder (Die Cass
Bruttoertrag an Gold (Plin. 33, 4, 78). Der 58, 16); dieſe, jowie Die vorige vices. h red.
Berjuch, Soldaten zum Bergbau zu benugen (Tae. | et legat., dienten zur Dedung der Militärktoften
ann. 11, 30), fteht nur einzeln da, mißriet auch | (aerarium militare), Swet. Oet. 49: vectigalia
vollftändi Vergl. Binder, die Vergwerke im rö- | nova. Bei Verkauf von Sklaven wurden jedes
mischen Ernte haushalt (1880 und 1888). — | don Auguftus 2 Prozent von dem Werte derſelben,
Unter den nblreklen Staatdeinnahmen (vec- | ja jpäter jogar 4 Prozent, vectigal quintae
tıgalia) Tieferten die Zölle (allgemein portoria | et vicesimae venalium maneipiorum,
enannt, nicht bloß Eingangszölle in die Häfen, | erhoben, vom Käufer zu erlegen (Dio Cass. 55,31),
bo ndern auch im Innern des Landes an den | nach Neros Beitimmung vom Berfäufer ( "Tae.
Thoren der Städte erhoben, Wege: und Brüden: | ann. 13, 31). — Bon aufßerordentlichen Ein:
gelder) eine bedeutende Summe. Zu Grunde ge: | nahmen, vorübergehende abgerechnet, waren bi:
legt war ein Eingangszoll von 2", Prozent, die | wichtigften erftens die dem Kaiſer durch Teftamente
Luxuswaren Indiens zahlten 25 Prozent. In den | ausgejepten Erbſchaften und Legate (vgl. oben;,
Provinzen waren dieje Zölle wiederum an "publi- | _ eine Ehre, hernach eine Forderung der Kaiſer,
eani verpachtet, deren unverjchämtes Ausjauges | und zweitens die Strafgelder und Güterkon—
inftem (immodestia) zur Zeit Neros jo ſchwere fijfatiomen, bejonders infolge der Majeftätsver-
Klagen laut werben ließ, daß bderielbe ernftlich | brechen ; tyranniſche Kaijer fteigerten diefe außer
damit umging, jämtliche Zölle im ganzen Reiche | ordentlichen Einnahmen durch den gröblichiten
aufzuheben, und nur durch die ernfteiten Bor: | Mißbrauch, wie Caligula. Außer den nach der
ftellungen des Senates davon zurüdgehalten werden lex Papia Poppaea wegen Kinderlofigteit an den
fonnte; doch die ärgſten Übervorteilungen (quadra- | Staat fallenden Erbihaften (Tac. ann. 3, 28)
gesima quinquagesimaque, 2", und 2 Brozent, | wären noch zu erwähnen das bei Triumphen der
vielleicht die Cie. Verr. 3, 78, 181 aufgeführten | Kaifer gewöhnliche Ehrengejhent zur Anfer:
Sporteln der publicani) fielen fortan (Tae. ann. | tigung goldener Kronen und die Neujahrsge
13, 50. 51). Die portoria waren auch für me. für den Sailer (Suet. Oct. 57. Tib. 34.
Stalien wieder durch Cäſar eingeführt (Suet. | Calig. 42. Dio Cass. 54, 35. 57, 9. 60, 6). — Die *
Caes. 43), und die Monardie, welche überhaupt —244 Staatsausgaben in ihren verſchiede
feinen Unterſchied zwiſchen Italikern und Pro: nen Branchen find wir nicht imſtande auch mur
vinzialen anerfannte, behielt diejelben bei, fügte | annäherungsweije zu beftimmen. u. ift vom
jogar noch weitere Abgaben, die namentlich Rom Verſchiedenen nad zum Teil vagen Angaben der
und Italien trafen, hinzu (Ddio Cass. 47,16. 48,34. | Quellen verfucht worden. Den Militäretat unter
App. b. e. 4, 5. 5, 67), nachdem jelbft das tri- | Auguftus berechnet Hocd (röm. Geſch. 1, 2 ©. 296)
butum ex censu jeit 43 v. C. wieder in Ita— 7 etwas über 31 Millionen Mart jährlich, und
lien erhoben wurde. Mit Beibehaltung der vi- | die Getreideſpenden etwa regelmähig 6 Millio-
cesima manumissionum, Die jeßt weniger nen Mark (wahricheinlich viel höher. Was aber
einbrachte, als jonft, weil die Freilaffungen jeltener | weiter insbejondere die Gchalte für die ——
wurden, führte Auguſtus 6 n. C. die vicesima | Beamten und die Provinzialbehörden koſteten,
hereditatum et legatorum ein, eine Erb- | nicht zu berechnen, ebenfowenig die Ausgaben *
ſchaftsſteuer, die von allen Hinterlaſſenſchaften, | die Marine, die ftäbtiiche Polizei und perſönliche
namentlich von folchen, welche nicht an Bluts: | Sicherheit des Kailers, die Summen für die Be-
verwandte fielen, zu entrichten war (Dio Cass. Tuftigungen des Bolfes, für die großartigen Bauten
55,25. Suet. Oct. 49). Bei der allgemeinen römi- | der Hauptftadt, für die Heeritraßen und das ganze
ichen Sitte der Reichen, ihre Freunde durch Legate | Poftwejen. .r famen noch die vielen, oftmals
zu bedenfen, war diefe Steuer von hohem Ertrage, | wiederholt verliehenen Unterftügungen vornehmer
wie 3. B. ſolche von den 225 Millionen Mark | verarmter Familien zur Yu tung ihres
Legaten, die en laut jeines Teftamentes | Standes, jowie die Vorſchüſſe bei allgemeinen
während feiner Regierung empfangen zu haben | Geldfrifen, wie fie namentlich Tiberius wieder:
verficherte, allein zwifchen 11 und 12 Millionen | holt aus dem von ihm erjparten Staatsjchag von
Mark betragen haben würde (Suet. Vet. 101). | 375 Millionen Mark (Suet. Calig. 37. Dio Cass.
Staatspächter — Statii.
59, 2, leßterer etwas abweichend) zinjenlos vor—
ftredte.
famtjumme der notwendigen Staatsausgaben
hat uns Sueton (Vesp. 16) von Veſpaſian über:
liefert: quadringenties milies (40 000 Millionen |
Sefterzen = 6600 Millionen Marf) opus esse,
ut respublica stare posset; indes dieſe Summe
wird wohl mit Recht als eine unerſchwingliche an-
gezweifelt, aber doch ift die Mutmaßung: qua-
dragies milies (660 Millionen Mark) zu unficher,
als daß darauf hin überzeugende Berechnungen
angeftellt werden dürften. — Über die verjchiebenen |
Finanzlaffen j. Aerarium. Eine Zuſammen—
jtellung ſämtlicher indirefter Steuern ſ. Vecti-
galia, der direften j. Tributum,
außer Hoed noch Huſchle, Cenſus der Steuer-Berf.
der fr. römijchen Kaiſerzeit; v. Savigny, römische
Steuerverfafjung, Verm. Schriften I ©. 67—215;
vor allen Marquardt, römijche Staatöverwaltung,
Bo. li. Seances et travaux de l’Acad&mie des
seiences morales et politiques, T. XXII p. 779
und XXIII p. 465 ff. (1885).
Staatspächter |. Staatshaushalt |, 8,
II, 15. 16.
R Staatsschreiber j. T’gauuersvg und Scri-
ae, 2.
Staatsschuldner j. Arıuda.
Staberii. ®enannt werben nur: 1) 2. Stab,,
Anhänger bed Pompejus und Befehlähaber des—
jelben zu Apollonia, welches er bei Cäſars An—
näherung 48 vd. C. verließ. Caes. b. e. 3, 12.
2) ein reiher Mann bei Horaz (sat. 2, 3, 84).
Stabiae, Stadt Campaniens, en Bom-
peji und Currentum, am Mons Lactarius nahe
der Küfte (j. Neapolis). Nachdem fie jchon von
Sulla im Bundesgenofjenfriege fait gang zeritört
war, wurde fie 79 u. C. durch den Ausbruch
des Veſuvius verjchüttet. Or. met. 15, 711. Plin,
31,2, 5. 32, 2, 8. Plin. ep. 6, 16, 12. Jetzt liegt
dort die Feſtung Eajtellamare.
Stadium j. Gymnasium und Malse,
Stageiros, Zrdyeıpos oder 7; .- LIrdysıpa,
Stadt der mafedonijchen Halbinfel € altidike, zwi:
ſchen dem See Bolbe und dem Steymonijchen
Bujen, nad) Thufydides (4, 88) eine Kolonie der
Andrier; berühmt bejonders als Geburtsort des
Philojophen Ariftoteles (6 Zraeysıgdrns), durch den
die Wiederherjtellung der von Philipp zerftörten
Stadt veranlaßt wurde (Plut. Alex. 7); j. Ruinen
bei Nizvoro.
Staiönus, jabellijcher — hatte ſich wills
fürlih den Namen C. Alius Pätus u
aljo in die gens Aelia eingedrängt, in die er
nur durch Adoption hätte kommen können. In
Rom befleidete er (wohl im 3. 77 v. E.) Die
Onäftur, in welcher er einen Aufftand unter dem
Heere anftiftete. Im J. 76 vertrat er die Sache
in betrefi der Güter ſeines Mündels, wobei er
eine bedeutende Summe unterichlug, und 74 lieh
der bei jeiner Verſchwendung ſtets in Not befind-
liche Stajenus (j. Statii, 1.) fich in einem Pro:
zejle als Richter von Oppianicus beftechen, eigent-
Nur Eine direlte Angabe über die Ge—
|
|
1149
Argonaut, von Chryſothemis Vater der Rhoio,
Molpadia und Varthenos. Uber Rhoio j. Anios.
Ihre Schweftern jollten den Wein ihres Baters
bewachen, jchliefen aber dabei ein. Inzwiſchen
famen Schweine und verjchütteten und verdarben
ben Wein. Deshalb flohen fie und ftürzten fich
von einem Felſen hinab; aber Apollon rettete fie
und verjebte die Parthenos nad) Bubaftos im
Cherſones, wo fie ein Heiligtum erhielt. Molpadia
wurde unter dem Namen Hemithen nach Kaſtabos
im Cherjones gebracht, wo man jie als Heilgöttin
verehrte und ihr ftatt mit Wein mit Honigwafler
| fibierte, Diod. Sie. 5, 62.
Stasänor, Zensdvog, ein Kyprier aus Soloi,
— Bol. | erhielt, von Alexander dem Gr. in die Schar der
Edelfnaben aufgenommen, die Statthalterjchaft von
Ariana und Drangiana und bei der Teilung von
Triparadeijos dafür Baltrien und Sogdiana, wo
er ſich auch nadı Eumenes’ Tode, auf deſſen Seite er
geftanden, gegen Antigonos ————— Arr. 3,29.
4, 18.6,27.29. Diod. Sie. 17, 81. 18,3. 39.19, 48.
Stasdas, Zraofas, aus Neapel, ein Peripate—
tifer, der längere Zeit in Rom verweilte und mit
M. Piſo und Eicero befreundet war. Cie. de or. »
1, 22, 104. fin. 5, 3, 25, 75.
Stasinos j. Epos, 4.
Stataria (comoedia). Nad der größeren oder
eringeren Zeibenjchaftlichkeit der auftretenden Ber
—— haben Donatus und Calpurnius die römi—
ſchen Komödien in motoriae, statariae und mixtae
eingeteilt. Die Stüde des Plautus find darnach
meift motoriae (Captivi und Trinummus stata-
riae), die des Terenz mixtae; der Phormio jedoch
eine motoria, der Heautontimorumenos eine sta-
taria, Darnad) wurden auc die Schaufpieler und
ipäter die Redner in statarii und motorii eins
geteilt. Quint. 11, 3, 178, Cie. Brut. 116, 239.
Stateira, Zrdirsıgn, 1) Gemahlin Artagerres’ II.
Mnemon, erregte den Haß und die Eiferſucht ſeiner
herrſchſüchtigen Mutter Paryſatis und wurde von
derjelben vergiftet. Plut. Art. 5. 18. — 2) Ge:
mahlin des Dareiod Kodomannos, wurbe in der
Schlacht bei Iſſos gefangen und ftarb bald nach—
er. Plut. Alex. 30, — 3) Tochter des Dareios
Lodomannos, wurde von Alexander bei der großen
Hochzeitäfeier zu Suſa (324) zu feiner Gemahlin
erhoben, aber nach jeinem Tode von der Norane
im Einverftändnis mit Perdiklas aus dem Wege
geräumt. Just. 12, 10. Plut. Alex. 70. 77. Died.
Sie. 17, 107. Curt. 4, 5.
Statör j. Münzen.
Statielli, -ellätes, -ellenses, Heine liguriſche
Bölferidhaft, füdlich vom Padus, in der Gegend
des h. Polenza und des Badeortes Acqui um
Bormio, den man ſchon im Altertum als Aquae
Statiellae fannte. Liv. 42,8. Cie. ad fam. 11, 11,
Plin. 3, 5, 7. Strab. 5, 217.
Statii, ein jabelliiches Geſchlecht. Dazu ge
hören: 1) Stat. Albius Oppianicus, römis
jcher Ritter, ermordete jeinen Schwager Aurius in
jeiner ra Larinum, kehrte nach dem Siege
Sullas, in defien Lager er fich geflüchtet, zurüd
lih um andern Richtern davon abzugeben, behielt | und zwang, nachdem er 2 jeiner eigenen Söhne
aber die ganze Summe für fich, die er fpäter, | umgebracht, feine Schwägerin Saffia, ihn zu ehe:
jelbft angeklagt, zurüdgeben mußte.
25, 68. 28, 78. 36, 99. Verr. 2, 32, 78.
Staphylos, Zrdgväog (Traubenmann), Sohn
des Dionyjos (oder Thejeus) und der Wriadne, |
Cie. Ciuent. | lichen. Auf ihren Sohn A. Eluentius machte er
einen Mordverjuch, um defjen Vermögen in jeine
Hände zu bringen, worauf Cluentius den Stief—
vater 74 v. E. anflagte, welcher, nachdem er ver:
1150
Statilii — Statua.
geblich verjucht Hatte, durch Beſtechung der Richter Müller (1. Bd. 1870) umd Kohlmann (1879 — 84);
({. Staienus) ſich zu retten, der Strafe ber Ber: | der Silvae von Marfland (1727; nener Abbrud
bannung anheimfiel und im Erile (72) ftarb. Cie.
Cluent. 9. 16. 28. 62. — 2) Sein Sohn, (Stat.
Alb.) Oppian., Hagte, von jeiner
beredet,
und Bergiftung des Stiefvaterd an. Cic. Cluent.
4.30.60. — 3) ein Sflave des D. Cicero, des
jüngeren Bruders des Redners, wurde 59 v. E.
Stiefmutter
66 dv. E. den Eluentius der Beftechung |
freigelaffen und erwarb fich großen Einfluß auf
jeinen Patron, zum Ürger des Marcus Cicero.
Er jcheint an der Trübung des Berhältnifies des
Quintus zu feiner Gattin Bomponia, der Schtweiter |
des Attieus, die mit Trenmung endete, nicht wenig |
jchuld gewejen zu fein. Cie. ad Qu. fr. 1,1,1.
2,2,3. ad Att.6,1,3. 15,16A,. — 4) Stat.
Nachbar Eiceros auf dem Formianum. Cie. ad
Att. 2, 14,2. 15,3. — 5) 2. Stat. Murcus,
diente 48 v. E. unter Eäjar in Dricum, dann (46)
in Afrifa (Cie. ad Att. 12, 2, 1), hierauf im J.
44 in Syrien gegen Cäcilius Re bon welchem
er geichlagen wurde. App. b. e. 3, 77.4, 58. Als
aber der Prokonſul Caſſius — unterwarfen ſich
ihm beide, 43. Cie. Phil. 11, 12, 30. Murcus,
der fi den Mördern Cäjars angeichloffen, erhielt
den Oberbefehl über die Flotte, jchlug die des
Dolabella und die der Rhodier nacdeinander,
wendete ſich gegen Brundifium, erjchwerte den
nad) Makedonien hinübergegangenen Triumvirn
Octavian und Antonius die Yufuhr, befiegte den
Domitins Calvinus am Tage der erften Schlacht
bei Philippi, 42, umd flüchtete nach der Nieder:
lage ber Republifaner mit jeiner Flotte zum
jüngeren Bompejus nad Sicilien, auf deſſen An:
ftiften er micht lange nachher umgebracht wurde.
Vell. Pat.2, 70.77. Dio Cass. 47,28. 30.33. 36, 47.
48,19. App.b.c.4,82. 86. 100. 108. 115f. 5,2.70.
— 6) M. Stat. Prijcus, ein Feldherr des 8.
Verne, führte 159 n. E. den Krieg gegen Arme:
nien und eroberte Artarata. — 7) P. Bapinius
Stat., Sohn des gleichnamigen Lehrers des Do-
mitian, geboren zu Neapel um 45 n. E., fam,
nachdem er in Rom unterrichtet worden, frühzeitig
bei Domitian in Gunft, wofür er in jeinen Ge—
zn. durch Lobpreifungen ſich dankbar erweilt.
Von Rom, wo er in mehreren Wettlämpfen den
Sieg gevanın, begab er ſich nach Neapel zurücd
und ftarb daſelbſt um das J. 96. Geime noch
vorhandenen Gedichte find: 1) Thebais, an ber
er 12 Jahre arbeitete (12, 811), ein epifches Ge:
dicht in 12 Gejängen, worin er den Kampf der
Söhne des Didipus vor Theben jchildert , ftofflich
vielleicht eine Nachahmung der Thebais des Anti—
machos (j. d.). 2) Achilleis, in 2 Büchern, aber un:
vollendet und nicht einmal das zweite Buch be—
endigt, Geichichte des Achilles. 3) Silvae, im
5 Büchern, 32 Gedichte, das Beſte feiner Poefie,
Ergüſſe augenbliclicher Eingebungen, meift in
Diftihen. Seine Gedichte find freilich mach dem
Charakter jeiner Zeit oft jchmwülftig und etwas
getünftelt, auch im rhetoriihen Zone abgefaht
und bisweilen ſchwer verftändlich, jedod wicht |
ohne lebhafte und anziehende Schilderungen, in |
denen des Dichters Gewandtheit und Bhantafie
rühmlich hervortritt. — Ausgg. vom Lindenbrog |
(1600), 3. Gronov (1653), Dübmer (1885) und | erfteren.
Qued (1864); der Thebais und Adilleis von O.
bals Seite traten. Plut. Fab
1827), Sand (1817, unvollendet) und Bährens
(1876). — 8) Statius Eäcilius, ſ. Caeei-
lii, 24.
Statilfi, 1) ein tapferer Marjer, wurbe bon
Fabius Marimus hoch geehrt und blieb den Rö-
mern treu, während jeine Landsleute auf Hanmi—
.20. — 2)2. Stat.,
ein Genofje des Eatilina, weldhem die Aufgabe zu
teil geworden, Rom in Brand zu ſtecken. Sail.
Cat. 43. 55. — 3) ein Begleiter des Eato von
Utica, dem er in den Tod gefolgt wäre, went
nicht jeine Freunde es verhindert hätten, .
darauf unter Brutus bei Philippi und fiel nad
‚der Schlacht in die Hände der Feinde, Die ihn
Seboſus, ein Freund des Catulus und läftiger
|
töteten. Plut. Cat. min. 65f. 73. Brut. 51. —
4) T. Stat. Taurus, Unterbejehlshaber Orte:
vians im Kriege gegen S. Pompejus 36 v. €.
(App. b. e.5, 97 ff), nahm nach 2epidus’ Ab-
jegung Sicilien und Afrifa in Beſitz, erhielt dann
von Octavian 34 den Dberbefehl gegen die Dal-
matier, two er fich jo anszeichnete, da er 31 das
Landheer gegen Antonius befehligte, den er in
einem MWeitertreffen befiegte. Dio. Cass. 50, 13.
Vell. Pat. 2, 85. Nach der actiſchen Schlacht er:
baute er in Rom auf Wunſch des Auguftus ein
großes Amphitheater. Tac. ann. 3,72. Im J. 29
gi er nach Hifpanien, bejiegte die friegeriichen
ntabrer und andere Zölfer und wurde im S-
26 Konjul mit Auguftus. Er genoß des Kaiſers
ganzes Vertrauen. Dio Cass. 51, 20. 53, 28. 54, 19.
— 5) T. Stat. Taurus Corvinus, ein reicher
Mann, durch feine Mutter ein Anverwandter des
Meſſala Corvinus, Konful 44 n. E., dann Statt:
halter von Afrifa, wurde wegen jeiner Güter
unter dem Borwande des Hochverrats und der Zau-
berei auf Anlaß der jüngeren Agrippina vor Gericht
gefordert, entzog fich aber dem Urteile durch Seibit-
entleibung, 53 n. &. Tac. ann. 12, 59. 14, 46.
Suet. Olaud. 13. — 6) Seine Tochter, Statilia
Mejjalina, wurde nad Ermordung ihres Gatten
Veſtinus Atticns die Gemahlin Neros und verfobte
fi) nachmals dem Otho, nach defien Tode fie ihr
Leben in einjamer Stille Fr ui haben ſoll
Tac. ann! 15, 68. Suet. Ot
Statio, 1) —— * —— — 2) mili:
täriſcher Wachtplag und Poſten (in statione esse,
stationem habere), ſ. Disciplina militaris, 7.
— 3) Anhaltepunft der römtjchen Stantspoften, i.
Mansio und Postwesen. — 4) ©iß einer
Fiſtalbehörde, um die Einnahmen für den faiier:
lichen Fiſtus zu bejorgen.
Stationarins (miles). Erft in ber mittleren
Kaijerzeit hatte man Polizeifoldaten, welche auf
den Straßen Aufficht führten, Verbrechen nach—
jpürten u. ſ. w., stationarii und curiosi genannt.
Stator j. ro unter Zeus, 10.
Statorli, 1) Q. Stat., diente unter den Sci:
| pionen 213 v. E. in Spanien als Centurio und
| übernahm eine Sendung an dem numidiſchen König
Syphar zur Einübung feines Heeres. Liv. 24, 48.
— 2). Stat., begleitete 203 dv. €. den Lälins
zu Syphar, wobei er, um von leßterem wicht er-
fannt zu werden, von Lälius ald SHave behan—
belt wurde. Wahrideinfich war er ein Sohn bei
Frontin. strateg. 1, 1, 8.
Statüa, griechiich äyaaue, dvögıig, heißt ein
Statuaria — Stereulius.
jedes Standbild, mag es einen Gott oder Heros
oder Menjchen darftellen, und mag es aus Metall,
Stein, Elfenbein oder Holz gefertigt fein. Dieſe
Statuen waren in Griechenland, Kleinafien und
Italien jehr zahlreich: öffentliche Pläge, Straßen
und Banwerfe waren vielfah mit benjelben ge—
ziert. Die Figuren waren gewöhnlich nadt dar:
eftellt, doch gab es auch befleidete, bejonders in
Rom. Ihrer Größe nad; waren st. colosseae,
in übermenfchlicher Größe, oder st. iconiene, in
gewöhnlicher Größe, oder signa, fleine Stand:
bilder unter der gewöhnlichen Größe.
Statnaria, sc. ars, heißt vorzugsweiſe die
Kunſt des Metallgufjes, welche bejonders in peter |
chenland zu einer hohen Vollendung gelangte.
Das Material dafür war meiſtens Erz, welches |
man bejonders in Delos, Nigina und Korinthut |
für diefen Zweck zu mijchen verftand. Eine diefer
3 Miſchungen wurde gewöhnlich in den beiten |
Beiten der Kunft zu Gußarbeiten verwendet. Doc |
dieje Kunſt der Mifchung ging verloren, und man
wußte fie jpäterhin nach Alerander dem Gr. nicht
mehr nachzumachen. Auch Eijen, ſowie edle Die: |
talle, Gold und Silber, wurden zu Bildiverfen
verwendet, doc jagten Gußarbeiten von edlem
Metalle mehr dem aftatischen als dem griechiichen
Geſchmacke zu. Eiferne Bildfänlen goß jchon Theo:
doros von Samos. Für die edleren Metalle war
das Treiben mit dem Hammer die bei weiten ge—
wöhnlichere Behandlung. Die Erfindung des Me-
tallgufies wird dem Rhoikos und Theodoros aus
Samos, um DI. 35 (f. Bildhauer 3.), beigelegt.
Bei der Anfertigung des Kolofjes von Rhodos
machte man zuerft ein thönernes Modell von ber
Statue, zerlegte dieſes Thongebilde in mehrere
Teile und go dieje einzeln. Für die Mugen der
Statuen wurden immer Offnungen — in
welche daun Augen ans anderem Metall a
wurden. Außerdem war e3 gewöhnlich, die Attri:
bute aus edleren Metallen anzujegen. So hat die
Nite von Brejcia eine Kopfbinde von Silber.
Status j. Capitis deminutio.
Steiria j. Attika, 18.
Steiris, Zreigis, Stadt in Phofis jüböftl. von
Ambryjos, mit einem Tempel des Aſklepios, im
zweiten phofifchen Kriege zerftört, dody wieder auf-
gebaut. Paus. 10, 35, 9,
Ernie, in Athen von Staats wegen errichtete
Säulen, auf welche Gejege, Verordnungen, Rats:
und Vollsbeſchlüſſe geichrieben waren, bejonders
Schandjäulen, auf denen Strafurteile gegen Ab—
wejende verzeichnet und Öffentlich ausgejtellt wur:
den. Dies hie ornlırsvsche. Über den Ge:
braud) der Stelen auf Gräbern j. Bestattung,
Sepulerum und Columna.
Stemmäta hießen bei den Römern die langen,
mit Guirlanden verzierten PBergamentrollen, wor:
auf im großen Zügen der Stammbaum der Fa—
milie jtand, und die man an den Büften der Ahnen
aufzuhängen pflegte, welche rings um das Atrium
in ihren Nifchen (wediculae) ftanden. Plin. 35, 2.
Übertragen hieß aucd der Stammbaum jelbit jo
(Sen. ep. 44. Juv. 8, 1. Suet. Ner. 37. Galb. 2).
Stentor, Zrerrwp, ein Grieche vor Troja von
jo gewaltiger Stimme, daß jein Ruf lant tönte,
wie der von 50 andern Männern. Hom. Il.5, 785,
Er joll ein Thrafer oder Arkadier gewejen fein,
1151
der, mit Hermes in lautem Rufen wetteifernd,
feinen Tod gefunden habe.
Erevrogig Alzvn, ein durch den Fluß Hebros
ebildeter See in der Nähe der thrafiihen Stadt
inos, der mit dem Meere in Verbindung ftand.
Hdt. 7, 58.
Stenykläros j. Messenia.
Stephänos, Zripavos, 1) Sohn des Thuky—
bides aus Athen. — 2) Sohn des Menelles, aus
dem attiſchen Demos Adarnai, gegen den Demo:
fthenes jeine fünfundvierzigfte und jechsundvier-
zigfte Rede hielt. — 3) Sohn des Antiphanes,
ein Dichter der neueren Komödie, welcher in jeinem
Drama Diloldaor die Sucdt der Athener, die
partaner in ihren Äußerlichkeiten nachzuahmen,
veripottete. Athen. 11, 469a. — 4) Rhetor und
Verfaſſer eines Kommentars zu Wriftoteles’ Rhe—
torif und Ethil, gehört ins Zeitalter der Byzan—
tiner. — 5) Nechtsgelehrter, welcher dem Tribo—
nianns bei Bearbeitung der Bandekten zur Seite
ftand und eine griechiiche Paraphraje dazu lieferte.
6) aus Byzantion, der legte Vertreter der
aleranbriniichen Mathematik und Ajtronomie, lehrte
unter 8. Heraklius (jeit 610 n. E.) in Byzanz. Er
verfaßte außer einem, noch nicht ‚herausgegebenen,
Handbuche der Aſtronomie vielleicht ein geogra-
phiſches Werk in lerilaliicher Form, ’Edrind be-
titelt. Das aus 60 Büchern beftehende Werk, von
dem mur die Artikel Avun bis Aarıov in der voll:
ftändigen Fafjung erhalten jind, war eine Kompi—
lation ans vielen Werfen; einen furzen, dürftigen
Auszug aus demielben, der noch vorhanden iſt,
fertigte um das Jahr 700 der Grammatifer Her:
molaos. Ausgg. von W. Dindorf (1825), Weiter:
mann (1839) und Meinele (1. Bb. 1849). Ab—
handlungen von Nieje (1873) und Uſener (1880).
Zripevos, corona, ein Kranz, inde von
natürlichen oder künſtlichen Blumen, die man als
Scmud, in der Regel auf dem Kopfe, trug. Man
hatte jehr verſchiedene Kränze, die ſich nach Stoff
und Form unterjchieden; am beliebteften waren
bei den Griechen die Myrtenkränze, in die man
häufig Roſen, Beilhen, Oyakinthos u. a. Blumen
einwand. Deshalb hie in Athen der Teil des
Marktes, wo Kränze verkauft wurden, jchlechthin
al wöggiwar. Ihr Verbraud war bei den Grie-
chen jehr groß; fie fehlten bei feinem wichtigen
Familienereignis, bei der Geburt der Kinder (war
ein Knabe geboren, jo hängte man in Athen Oliven:
fränze an die Thürpfoiten), bei Hochzeiten; dem
Toten jeßte man einen ar. auf; man trug
Kränze während der Feite und beim Opfer; bei
Trinfgelagen hatte man wohl and) ar und
Blumengewinde um Hals und Bruſt. Ahnliche
Sitten waren bei den Römern. — In Athen war
ferner der Kranz Zeichen der öffentlichen Thätig-
feit und der Unverleplichkeit; Myrtenfränze trugen
im Amte die Archonten, Ratsherren, die Redner
in der Volktsverjammlung. Goldene Kränze wur:
den vom Staate als Auszeichnung gegeben für
bejondere Verdienſte an einzelne Bürger jowie an
fremde Staaten. In Athen erhielt einen ſolchen
der Rat nad) befriedigender Amtsführung. ©.
BoviAnj,2.und Demosthenes. Über Ehrenfränze
und Ehrenfronen zu Rom j. Dona militaria, 4.
Stereulius, auch Sterculus, Sterculinius,
Stercutius u. j. mw. genannt, der Düngergott der
Nömer. Urfjprünglich war es ein Beiname bes
—
12
1152
Saturnus, aber er galt aud) als bejonderer Gott, |
Sohn des Faunus, ald Picummus (ſ. Pilumnus), |
Sohn des Picus. Das Dingen der Felder hatte
ihn Herakles gelehrt, der e8 von Augeias gelernt |
haben jollte.
Sternbilder, signa, sidera, &orga, fodır,
orjucre. Die Alten haben den Firfternhimmel
nach Bildern eingeteilt, indem fie einzelne Grup-
pen von Sternen mit Menfchen: und Tiergeftal-
ten, zum Zeil auch mit Figuren von Werkzeugen
und Gerätichaften umſchrieben. Dieje Methode
der Einteilung des Himmels ift uralt und ftammt
fiherlich aus dem Orient. Schon bei Homer fin:
den wir die Namen einiger Sternbilder: die Plei-
aden, Hyaden, ben Jäger Orion mit jeinem Hunde
Seirios, Arktos, die Bärin, und Bootes oder
Arktophylar. Bon einzelnen Sternen nennt er
noch den Heiperos, ſ. Phosphoros. An jpäterer
Beit zählte man gewöhnlich 48 Sternbilder, und
zwar 12 im Xierfreis, 21 am nörblihen und 15
am ſüdlichen Himmel. Die Sternbilder des Tier:
freijes find: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe,
Jungfrau, Wage, Skorpion, Schüße, Steinbod,
BWaflermann, Fiſche. Die nördlichen: der große
und der Heine Bär, Drade, Kepheus, Kafjiopeia,
Andromeda, Perjeus, Pegajos, das Heine Pferd,
Triangel, Fuhrmann, Bootes, die nördliche Krone,
Scylangenträger, Schlange, Hercules, Adler, Pfeil,
Lyra, Schwan, Delphin. Die füdlichen: Orion,
Walfiſch, Eridanos, Haje, der Heine und der grobe
Hund, Hydra, Becher, Rabe, Sentaur, Wolf,
Altar, der jüdlihe Fiſch, Urgo, die füdliche Krone.
Über den Urjprung der Sternbilder befigen wir
wenige Nachrichten; verjchiedene, namentlich der
Tierfreis, ftammen wohl von den Babyloniern,
In betreff ihrer Zahl, Namen und Geftalt finden
ſich manche Schwankungen. Die Dichter haben
ihre Namen und Entftehung mythiſch zu erklären
geſucht; wir laffen die bedeutendften mit Rückſicht
auf die Mythologie in alphabetifcher Ordnung nad)
den deutihen Namen folgen. Adler, Aquila,
Aerög, ein fliegender Adler, an der öftlichen Grenze
der Milchſtraße, nad) DOften fliegend, mit einem
Pfeile abgebildet (Cie. Arat. 372. Plin. 18, 27),
entweder der Adler des Zeus (Ov. fast. 6, 196)
oder der Adler, in den Hera den Merops, König
von Kos, verwandelte. — Andromeda, eine
liegende Jungfrau mit ausgebreiteten Armen, jüd:
lid) unter der Kaſſiopeia, ſ. Andromeda. —
Bär, a) der große, Ursa, Arctus maior, Yoxrog
peydin, plaustrum, currus maior, Septentrio
maior, äuade, auch Helike; die verwandelte Kal:
lifto (j. d.), oder Megifto, oder Themifto, Tochter
des Keteus, oder Helike, die Tochter des Lykaon
oder des Dienos; jchon dem Homer befannt (II.
18, 487. Od. 5, 273). Die Beinamen Parrbasis,
Maenalia, Erymanthis (Or. trist. 1, 11,15. 8,11, 8.
fast. 2, 192) find von den Bergen und .—
Arladiens, der Heimat der Kallifto, entlehnt. b) der
fleine Bär, Ursa, Arctus minor, Aonrog uıxgd,
in der Nähe des großen, wie diefer aus 7 Sternen
bejtehend, von denen der äußerjte im Schwanze,
ber Bolarftern, Kynosura heißt. Kynosura h.
eine idatische Nymphe und Amme des Zeus, von
diejem als Bärin unter die Sterne verjeßt, oder
eine Nymphe Phoinike, Geliebte des Zeus, von
Artemis in eine Bärin verwandelt und von Zeus
an den Simmel verjeßt. Die Namen Wagen und
Sternbilder.
Septentriones find von dem großen auf den klei—
nen Bären übertragen. Beide zujammen heißen
&uefeı, currus, plaustra, Septentriones, ursae,
ferae. Sie waren für die Schiffahrt von der
größten Wichtigfeit, weil fie nie untergehen. —
Berenite, Haar der ®B., Coma, crinis, crines
Berenices, IIAöxauoı Begeriung Ebepy£rıöog,
in der Nähe des Löwen, zu Ehren der Schweiter
und Gemahlin des Btolemaios Energetes von dem
Mathematiter Konon jo genannt (Catull. 66, 1 ff.),
von andern auch Haar der Ariadne. — Boötes,
Boweng, der Dchjentreiber, der Führer des Wa—
ens (Hom. Od. 5, 272. Ov. fast. 3, 405), auch
Aextoügog, Arcturus, Agxropvilaf, Arcto-
phylax, d. i. Hüter des großen Bären, genannt
(Hesiod. opp. et d. 566. Or. fast. 2, 153; jpäter
unterihied man Arcturus und Arctophylax jo,
daß biejer das ganze Sternbild, jener den gr
Stern Ddesielben bezeichnete), in der Nähe des
roßen Bären, ein Mann, an der einen Sand
Sagd unde (Ajterion und Chara), in der andern
eine Keule haltend. Es ift ber verwandelte Arkas
(Sohn der Kallifto), oder Lykaon, oder Jlarios,
det Bater der Erigone. Or. fast. 6, 235. — Del:
phin, JSeilpis, in der Nähe der Milchſtraße, der
Delphin des Poſeidon, der die Amphitrite fand
(. Amphitrite), oder einer der von Pionyjos
(j. d.) verwandelten Tyrrhener, oder der Delphin
des Arion. Ov. fast. 2, 113 ff. — Drade, JSec-
»ov, Draco, auch anguis, serpens gemannt.
Verg. @. 1, 244. Ov. met. 2, 138. 173. Der Kopf
bes Drachen ift unter den Füßen des Serafles;
e3 ift der Drache, der die Hejperidenäpfel bemwadhte,
von Herakles erjchlagen und von Hera verftirmt
wurde, oder der von Kadmos erlegte, oder Python.
— Fiſche, gemiai pisces, ’/ydves, Sternbild des
Zierfreijes, 2 durch ein Band vereinigte Fiſche
— und Eros ſprangen einſt, von Typhou
verfolgt, in den Euphrat und verwandelten ſich in
Fiſche; zum Gedächtnis dieſer Begebenheit ent:
ſtand ein Sternbild. Der ſüdliche Fiſch, piscis
notius, austrinus, australis, unter dem Waſſer⸗
mann und Steinbod, joll die ins Meer gefallene
Iſis oder Derketo gerettet haben und deshalb ver:
ftirnt worden fein. — Fuhrmann, Auriga, auri-
gator, "Hvloyog, ein fnieender Mann; in der einen
Hand Steigbügel und Zaum, auf der linken Schul
ter eine alte, an der linfen Hand 2 junge Biegen
(haedi, Zgıpoı), zum Teil in der Milchſtraße
wijchen Pleiaden und dem großen Bär. Es iſt
Frichthonios (f. Erechtheus), oder Drfilochos,
oder Myrtilos, oder Bellerophontes, oder Trochi—
los, oder Hellas, der Wagenlenter des Belops.
Die alte Biege, Capella, capra, Al, ift die
Ziege der Nymphe Amaltheia, die auch jelbk
Amaltheia heißt (j. Amalthea); fie heißt Olenia
nach ihrem Vater Dlenos, oder nad) ihrer Heimat.
dem achaiiſchen Dlenos, oder weil fie dwi rüs
hltvns getragen wird. Sie ift ein sidus pluviale
(Ov. met. 3, 594. fast. 5, 113), weil ihr Untergang
in der Morgendämmerung für Griechen und Römer
in einer ſtürmiſchen Jahreszeit erfolgte. — Her: 3
cules, ein Inieender Mann (daher Er yörasır,
Nixus, Nisus, Geniculatus, Ingenienlatus ge:
nannt), mit ausgeftredten Armen, in der einen
Hand eine Keule, in der andern eine Löwenhaut
haltend, zwijchen Krone, Schlange, Ophiuchos,
Leier, Drachen. Nach andern iſt es Keteus, Sohn
&s
2*
Sternbilder.
des Lykaon, oder Thejeus, oder Thamyris, Dr-
pheus, Ixion, Bromethens. — Der Pfeil, sagitta,
entweder der Pfeil, mit dem Serafles den Adler
erlegte, der die Leber des Prometheus fraß, oder
der Pfeil, mit dem Apollon die Kyflopen erſchoß.
— Hund, Hundsftern, Sirius, a) der große H.,
Canıs, Canicula maior, Zeigiog, “dor, dereo-
«bov (Hom. Il. 22, 29), ein fitrender Hund, öftlich
unter Drion. Es ift der Wächter der Europa,
von Minos oder Artemis der Profris, von dieſer
dem Kephalos
eſchenlt, von Zeus verftirnt, oder
der Hund des
tion, oder der des Ikarios, Maira
(canıs Icarius, Ov. fast. 4, 939). Der Hundsjtern |
Sirius, der hellſte Firftern am Himmel, bringt
mit jeinem Frühanfgange die heißefte Jahreszeit,
die Hundstage, mit fih. Um die verberblichen
Wirkungen der Gluthige des Sirius abzuwenden,
Berjengung des Landes, Krankheit und Tod von
Menſchen und Vieh, ftiftete man an verfchiedenen
Orten Griechenlands religiöfe Sühngebräude (i.
Linos und Aktaion). — b) der Heine Hund,
Canis minor, antecanis, /Igoxdor, ein ——
Hund, ſüdlich unter den Zwillingen; bie Sagen
vom großen Hund find auf ihn übertragen. —
Date, Anguis, Serpens aquaticus, eine große
lange, deren Kopf öftlich beim Heinen Hund
über dem Aquator fteht. Sie wurde zugleich mit
dem Raben (Corvus) und dem Becher (Crater)
verftirnt; ſ. die Geſchichte Ov. fast. 2, 243 ff. —
Jungfrau, Virgo, Ileg®irog, im Tierkreis,
geflügelte Jungfrau. Sie ift Dile oder Aſtraia
(j. Dike), oder Demeter mit der Ahre, Iſis, Tyche
u. ſ. w. — Kajjiopeia, Kassıdzsız, Cassiopea,
eine figende Frau in ber Milchſtraße zwijchen
Kepheus und Andromeda. — Krebs, Cancer,
Kuaenivog, Sternbild im Tierfreis, der Krebs,
welcher den Herakles, als er die lernaiiſche Schlange
befämpfte, angriff und beshalb von Hera unter
die Sterne * ward. In ſein Sternbild ſind
auch die Eſel und die Krippe (Aselli et: prae-
sepe, Ovoı x«l Pdern) aufgenommen. — Krone,
Corona, Zripavog, a) nördl. Kr., or. Pöpsıog,
eine Krone mit Edelfteinen (Gemma), öftlich von
Booted, Krone der Ariadne (Gnossis, Gmossia,
Verg. @. 1, 222. Ov. fast. 3, 459), von Dionyſos
bei jeiner Bermählung mit Ariadne verjtirnt;
b) jüdlihestr., or. vorıog, am Beine des Schügen,
die Krone des Schüßen, oder das Rad des Arion.
— Löwe, Leo, Aw», im Tierfreis, der nemeifche
Löwe, von Zeus verftirnt. — Orion, ein gemal-
tiger Mann mit Gürtel, Schwert, Keule und Löwen:
haut, zwijchen den Zwillingen und Eridanos, j.
Orion. — Begajos, Equus, "Immog, nördlid)
vom Wafjermann und von den Filchen, der Border:
teil eines Pferdes. Es gilt auch für Melanippe,
die Tochter des Eheiron. — Das Feine Pferd,
Equuleus, yllaros genannt, ein Bferdelopf (Frmov
ooroun), zwiichen Delphin und Begajod. —
Berjeus, das Haupt der Medufa im der einen
und die Sichel (falx, gen) in der andern Hand
haltend, in der Milchſtraße, zwiſchen Andromeda
und dem Fuhrmann. — Schlangenträger, Ogı-
oöyog, Serpentarius, Anguifer, uitenens, ein
aufrecht ftehender Mann, mit dem einen Fuße au
dem Storpton, mit dem andern zwijchen Skorpion
m Xierfreis, der vordere Teil ein Steinbod, der
1153
ı der Wage, weftlich vom Adler, nörblich vom Skor—
| pion. wird gedeutet als Aſtlepios, der, von
' Zeus mit dem Blig getötet, unter die Sterne ver:
ſetzt ward, oder als Karnabon, König der Geten,
‚der von Demeter geftraft ward, weil er den Tripto-
lemos, der auf einem von Schlangen gezogenen
Wagen zu ihm kam, feindjelig behandelt hatte,
oder als Herafles, der am bithyniſchen Fluſſe
Sangarios eine gefährliche Schlange tötete, oder
als Triopas, König der Theffaler, der einen Tempel
ber Demeter zerftörte, oder ald Phorbas, der Rho—
dos von einer Schlange befreite u. j. w. Daher
hieß Ophiuchos auch Ajklepios, Karnabon,
Herakles, Triopas, Phorbas, Kadmos,
Jaſon, Laokoon u. ſ. w. — Schütze, Sagit-
tarius, Areitonens, To&örns, Sternbild im Tier:
frei, ein Kentaur (Cheiron, Krotos), der den
Bogen fpannt. Der Kentaur, ein ſüdliches Stern-
bild, gilt auch für Cheiron oder für Pholos. —
Schwan, Cygnus, Olor, Ales, Volueris, Ogviz,
Köxvos, ein fliegender Schwan in der Milchftraße,
der verwandelte Zeus, welcher die Nemeſis oder
die Leda berüdte, oder der nach feinem Tode in
einen Schwan verwandelte Orpheus. — Skor—
pion, Scorpios, Zxopxiog, Nepa, im Xierfreis,
der Skorpion, der ben Orion J Chios tötete. —
Steinbod, Capricornus, caper, Alyönegws, IIdv,
—— ein Fiſchſchwanz; er ſoll von Aigipan
ammen, der mit Zeus am Ida erzogen ward
und für ihn gegen die Titanen ſtritt. — Stier,
Taurus, T«ögos, im Tierkreis, der vordere Teil
eines Stier, der Stier der Europa (daher Age-
Or.
fast. 4, 717 ff.), oder ber Stier, den Poſeidon =
Minos jchentte. An jeinem Rüden‘ ftehen die
Pleiaden, am Kopfe die Hyaden. — Wage, Libra,
Chelae, Jugum, Zouyös, Xnlaf, im Tierfreis, die
Wage des Mochos, der Wage und Gewicht erfun:
ben, oder der Dike. — Walfijch, Anros, Cetus,
füdlih unter dem Widder, Egg born
mit Füßen, hinten Fiſch, geiendet, um Andromeda
zu verichlingen. — ajjermann, Aquarius,
Tögoxoog, im Tierfreife, zwijchen dem Steinbod
und den Fiſchen, ein knieender Mann, der einen
Waſſerkrug ausgießt, mythologiſch vielfach auf
Ganymedes oder Deukalion, der zur Zeit der
| großen Waflerflut lebte, oder Kelrops, zu beifen
Zeit man noch nicht Wein, jondern bloß Wajler
bei den Opfern gebrauchte, zurückgeführt, wahr:
ſcheinlich aus einfacher Bezeichnung des Regen:
monats entftanden. Arat. phaen. 282 ff. Cie. n. d.
12,44, 112. Hor. sat. 1, 1, 36. Ov. fast. 1, 652.
2, 457. — Widder, Aries, Corniger, Laniger,
Koıös, im Tierkreis, der Widder des Phrixos
(Phrixea ovis, Ov. fast. 3, 852, pecus Athaman-
tidos Helles, Or. fast”4, 903). — Zwillinge,
Gemini, Ilövnoı, im Tierfreis, 2 ſich umfafjende
Jünglinge, die Diosfuren, oder Herakles und
—* on, oder Triptolemos und Jaſion. — Die
ilchſtraße, Circulus lacteus, zbnLog yalaklaz
(dia, molı6v ydıa), der weißliche breite Streifen,
der ſich um die Himmelskugel zieht, den Äquator
noreus, Tyrius, Ov. fast. 6, 712), oder Io
fund die Effiptit durchichneidet und durch viele
| Sternbilder geht, foll emtitanden jein durch die
und Schügen ftehend und eine Schlange, die | ausftrömende Milch der Hera, als fie einft den
ihm zwiſchen den Beinen liegt, in ben Händen | jungen Herafles, den Hermes ihr an die Bruft
haltend, jüdlih unter dem Hercules, öſtlich von | gelegt, vom fich ftieß. Theophraft hielt fie für eine
Realleriton des tlaſſ. Altertums. 7. Aufl. 73
2
1154
Fuge, wo 2 Teile der Himmelskugel aneinander (daranf beruht das jchöne Drama bed Euripides,
jtiegen, Pojeibonios für einen Erguß himmlijcher | Helena), und jo erhielt er jein Augenlicht wieder.
Wärme, Demokrit ganz richtig für eine Aufhäufung | Nah Suidas erichlug ihn ein Räuber Hifanor;
unzähliger, jehr nahe ftehender Sterne; Diobor | ein Grabmal hatte er vor dem ſteſichoriſchen Thore
Sterope — Sthennis.
lagt, daß e3 Feuer von feiter und Dichter Beſchaf—
fenheit jei. |
Steröpe, Zrspörn (Blitz, Glanz), 1) j. Plei-
ades. — 2) Tochter des Afaftos. Apollod.3, 13, 3. |
— 3) Tochter des Kepheus, Königs in Tegea.
Als Kepheus fi) weigerte, mit Herafles gegen
Lafedaimon zu ziehen, weil er einen Angriff ber
Argiver auf Tegen befürchtete, gab Herafles der
Sterope eine er ar die er von Athene
in einer Urne erhalten hatte, mit der Beſtimmung,
wenn die Argiver heranrüdten, die Lode dreimal
über die Mauer in die Höhe zu halten. Dadurch
ward Kepheus bewogen mitzuziehen und fand den
Tod. Apollod. 2, 7, 8. — 4) Tochter des Pleuron.
Apollod. 1, 7, 7. — 5) Tochter des Porthaon,
von Acheloos Mutter der Seirenen. Apollod.
1, 7, 10,
Steröpes j. Kyklopen.
Stertinii, 1) 2. Stert., verwaltete 199— 196
v. €. das jenfeitige zes und ging dann als
Gejandter nad) Makedonien, um den Frieden mit
dem König Philipp abzujchließen. Ziv. 31, 50.
33, 27 ff. — 2) Stoifer, befehrte den Damafippus
und wird von Horaz (sat. 2, 3, 296) jcherzhaft der
achte Weile (sapientum oetavus) genannt. —
3) D. Stert., einer der bebeutendften Ärzte und
Zeibarzt mehrerer Raijer. Plin. 29,1. — 4) Gaius
St., Kein ruder, Arzt des Kaiſers Claudius,
hinterließ ein großes Vermögen, ſ. Xenophon, 3.
— 5) 2. Stert., ſchlug 15 n. €. die Bructerer,
im 9. 16 die Angrivarier und nahm teil an ber
Schlacht bei Idiſiaviſo. Tac. ann. 1, 60. 71. 2, 8.
17.22. — 6) 2. Stert. Apitus, Konjul 92 n. C.
römiſcher Dichter der Kaiferzeit und Freund des
Martial (Mart. 9, 1, 1: sublimi pecetore vates).
Stesagdras, Anoceyooces, Verwandter des äls
teren Miltiades, beherrichte nad) defien Tode den
Eherjones und wurde um 520 v. C. von einem
Lampſakener ermordet. Hdt. 6, 38.
Stesichöros, Zirneiyogos, aus Himera in Gi:
eifien, berühmter griechiſcher Lyriker, zwiichen
650— 550 v. E., jüngerer Zeitgenofje des Allman.
Seine Familie ftammte aus der lokriſchen Kolonie
Matauros in Unteritalien und leitete fi von
Heſiod ab. Er joll urfprünglich Teiſias geheißen
haben und erhielt den Namen Stefihoros, Chor:
auffteller, von jeinem Gejchäfte, Chöre anzuordnen |
und einzuüben, ein Amt, das jeinen Nachtommen |
in Himera verblieben zu fein jcheint; denn ri
werden noch 2 jüngere Dichter gleiches Namens
au Katana, nach andern auch zu Himera. — Die
horpoefie des Stefihoros ſchloß ſich noch eng an
das Epos an; „ed war die epiſche Lyrik, alſo
— das griechiſche Surrogat der germaniſchen
allade“ (Sittl). Er wählte faſt durchgängig my:
thifche und epiiche Stoffe (AP Zr Tlelle, 'INdov
neooıs, Ogkorsın, Zxvlke, "Egipiie u. ſ. w.), an
denen er fich jedoch nach jeinen Igriichen Zwecken
manche Anderung erlaubte. Auch jeine Versmaße
ftehen dem epiſchen Herameter nahe; ebenjo ift im
jeiner Sprache der epische Dialekt nur mit wenigen
Doriſmen untermiſcht. Stefichoros machte in der
funftmäßigen Ausbildung der Chöre dadurch Epoche,
daß er der Strophe und Antiftrophe die Epode
zufügte. Bon den Gedichten dieſes größten Dich-
ters Siciliens, der in ganz Griechenland, nament-
lich aud in Athen, viel gelejen und bewundert
wurde und den Ruf eines meliichen Homer er-
langte, haben wir leider nur Bruchftüde (gefam-
melt von Kleine, 1828, und Bergk, poet. Iyr.
Graec. III p. 205 ff. der 4. Auft.).
Stesimbrötos, Zrnolußgoros, aus Thaſos,
Sophift in Athen zur Zeit des Kimon und Pe
rifles, bejchäftigte Fin vorzüglich mit der Erflä-
rung der homeriſchen Gedichte. Er jchrieb auch
eine Schrift über das Privatleben des Themiftotles,
Thufydides und Perikles, die, obwohl angelegt,
weniger das Berbienft diefer Männer zu würdigen
als allerlei Klatjchereien über biefelben zu ver:
breiten, doch von Späteren (namentlih Plutardh),
ja jelbft von Thufydides, benutzt worden zu fein
icheint. Plut. .2. 24. Cim. 4.14.16. Periel.
8. 10. 13. 26. 86. Die wenigen erhaltenen Brud-
ftüde find gejammelt von Müller, fragm. hist.
Graec. II p. 52ff. Bol. Mb. Schmidt, Perikles
und fein Zeitalter, Bb. 1 ©. 183 ff. Bd. 2 ©. ıff.
v. Te im Hermes, Bd. Xil
361 ff.
©.
Stheino oder Stheno j. Gorgo.
Stheneboia, Zdsveßora, Tochter des Jobates,
in der Sage von Bellerophontes (f. d.) von den
Tragifern an die Stelle der Anteia ‚gie Aus
Liebe zu Bellerophontes gab fie fich jelbft den Tod.
Sthenelos, Z9&vslos, 1) ſ. Perseus und
Herakles, 2. — 2) j. Adrastos und Dio-
medes. — 3) Sohn des Andbrogeos, Entel des
Minos, Bruder des Alfaiod, den SHerafles auf
feinem Auge gegen die Amazonen von Baros
mitnahm und nebſt jeinem Bruder zum SHerricher
von Thaſos machte. Apollod. 2, 5, 9. — 4) Sohn
aus Himera erwähnt, der eine um 485 v. C., der | des Altor, Begleiter des Herafles gegen die Ama—
andere 370 v. C. Die Nachrichten über das Leben | zonen, in Baphlagonien begraben, wo er den Xr-
des älteren Stefichoros gen zum Xeil einen | gonanten erjchien. Apoll. . 2, 911. — 5) Vater
fabelhaften Charakter. Seine Mitbürger joll er |des Kyfnos, der in einen Schwan verwandelt
durch Erzählen einer Fabel vom Pferd und Hirfch | wurde. Or. met. 2, 367. — 6) Sohn des Melas,
vor den ehrgeizigen Plänen des Tyrannen Phala- des Bruders des Dineus, von Tybens erjchlagen,
ris gewarnt haben (Arist. rhet. 2,20). Die Helena | weil er mit feinen Brüdern fih gegen Oineus
hatte er in einem jeiner Gedichte ala Urheberin | empört hatte. — 7) Tragifer in Athen, von Ari:
ber Leiden des trojanijchen Krieges geläftert und ftophanes (Vesp. 1813) und andern Komilern
wurde deswegen bon derjelben des Geſichts beraubt; ; öfters veripottet. Ariftoteles (poet. 22) nennt feine
durch eine Traumerjcheinung der Heroine auf’jeine Dichtung ramsır). Db er noch anderes als Tragd-
Läfterung aufmerkſam gemacht, jang er darauf | dien gedichtet, ift ungewiß. Athen. 9, 367 b.
eine Balinodie, worin er erflärte, ein bloßes Trug: | Sthennis, Zddvrıs, ein Erzgieher aus Oln⸗
bild der Helena jei nah Troja entführt worden thos, Zeitgenoſſe des Lyſippos und Leochares.
1155
Plin. 34, 8,19. Paus. 6, 16,7. 17,3. Eines feiner : feiner Zeit waren ihm befreundet, und der Dich
vortrefflihiten Werte war die wahrſcheinlich in ter Lucilius widmete ihm ein Buch jeiner Satiren
Gemeinjchaft mit Leochares gearbeitete Statue des (Cornif. ad Her. 4, 12); andere, wie Barro und
Autolylos, welche Lucullus von Sinope nad) Rom Cicero, vechnete er zu jeinen Schülern. Das Stu:
Stichus — Stipendium.
brachte. Plut. Luc. 23. Strab. 12, 546.
Stichus, Sflavenname, nad) welchem ein Luft:
jpiel des Plautus benannt ift.
Stigma, das Brandmarkungszeihen auf der
Stirne. Man brauchte die Brandmarkung fowohl
zur Strafe (für calumniatores nad) der lex Rem-
mia, ſ. Calumnia) als zur warnenden Der |
mung, P B. F Sklaven, vorzüglich für die fugı-
tivi (F), und für die ad metalla Berurteilten.
Auch dieje legteren wurden im Geficht gezeichnet,
erft jpät an den Händen und Ohren, Nach Bes
getius (1, 8.2, 5) wurden in jpäterer Zeit auch
die Refruten mit Punkten in der Haut bezeichnet,
bevor fie den Militäreid ablegten. |
Stiliche (Stilico), ftammte ohne — von
einem der ſchon unter Conſtantin dem Gr. ins Reich
aufgenommenen Vandalen und wurde wahrſchein—
lih 35% n. €. geboren, vgl. Oros. 7, 38. Seiner
Bildung nad ganz und gar Römer, trat er früh
in Kriegsdienſte und gelangte unter Theodofius
dem Gr. zu hohen Würden und großem Anſehen,
jo daß er mit des Kaiſers Nichte Serena vermählt
wurde (388), während der jpätere Kaiſer Honorius
des Stiliho älteſte Tochter Maria und nad) deren
Tode die jüngjte —— Außerdem hatte Theo⸗
doſius die Gemahlin Stilichos adoptiert. Bei
ſeinem Tode, 395, übertrug ihm der Kaiſer bie
Bormundichaft über den unerfahrenen Honorius,
worauf Stilicho zunähft die Grenze gegen die
Germanen ficherte, dann nach Dften 08 und ben
Bormund des Arcadius, des älteren Bruders des
Honorius, den elenden, jedoch verjchlagenen Rufi—
nus, durch den Goten Gainad aus dem
räumte, hierauf mit dem Weſtgotenkönig Alarich,
welcher Griechenland mit jeinen Scharen über:
ſchwemmt hatte, nad) jeiner Landung in Epeiros
los, kämpfte (infol
mijchen Minifters
gejandten
Gebirgen
e
J welcher die von ihm
lfstruppen zurückrief) und den in den
Weg | von Botidaia befam jeder Hoplit tägli
am Pindos umd im Peloponnes, wenn auch erfolg: | fojtete.
dium der Grammatik in Rom verdankt ihm, dem
erjten römischen Vhilologen, jeine Blüte, wie er
ſelbſt in den Wifjegichaften feines eigenen Volls
wie der Hellenen wohl bewandert war. Cic. Brut.
56, 205. Suet. gramm. 2. Die von ihm verfaß:
ten Neben waren meift für hochitehende Trreunde
beſtimmt; jeine jonftige jchriftjtelleriiche Thätigfeit
erjtredte fi auf die Älteften Denkmäler römijcher
Sprade, die Zwölftafelgejege und die Lieder der
Salier, zu welchen er Kommentare verfaßte, ſowie
auf die omdbien des Plautus. Monographie von
van Heufde (1839). Mommfen, röm. Geſchichte II
©. 425. 456 der 6. Aufl.
Stilpon, Zrörov, aus Megara, Schüler des
Euffeides, einer ber berühmteften Megarifer, Ber:
fafier von 9 oder gar 20 Dialogen.’ Diog. Laert.
2, 120.
Stilus j. Pugillares.
Stimüla, Name der Semele nach römijcher Aus:
iprache (Simila vielleicht bei Ziv. 39, 12). Unter
ihrem Einfluß wurden die dem befreienden Liber
eweihten Bacchanalien kl denn Semele—
one entfejjelt die weibliche Leidenſchaft. Einen
Hain Hatte fie außerhalb der Stadt am Tiber.
Or. fast. 6, 503 ff.
Stipendium, von stips (Geldmünze) und pen-
dere, hieß: 1) der militäriiche Sold (nıads).
Die Athener bejoldeten ihre Heere jeit ber Beit
des Perifles, und zwar mit 4 Obolen bis zu 2
Drachmen (Reiter) für den Mann täglih. Der
monatliche Sold für 1 Triere belief Ra auf 4000
Drachmen bis 1 Talent. Bei der Belagerung
1 Drachme
für fi und 1 für feinen Diener, jo da allein der
Sold während diejer Belagerung den Athenern
für 6000 Manı und 27 Monate 810 Talente
Nach dem peloponnefiichen Kriege bildes
der Treuloſigleit des oftrö- | tem fich bei der großen Zahl von heimatlojen Ver-
ü
— eingeſchloſſenen Alarich ent: tus, 6ff. —
bannten ſehr leicht größere Söldnerſcharen, die
lediglich um Geld dienten, ſ. darüber Exerei-
In Rom gab den Gold in der
fommen lafjien mußte (Claudian. bell. Get. 517 ff. | älteften Zeit die Tribus, da dieje ihr Kontingent
de IV. consul. Honor. 478 ff... 398 dämpfte er
den Aufftand der Mauren unter Gilde. Um 400
wurden jeine Zalente auf die höchſte Probe ge—
ftellt, als Alarich und fait ee das Bar:
barenheer unter Rhadagais in Italien einfielen.
Unter heftigen Kämpfen juchte Alarich nah) Rom
vorzudringen, wurde aber wiederholt, zulegt in
der enticheidenden Schlacht bei Bollentia und Verona,
geichlagen (402), während Nhadagais, ins Arno—
thal gelodt, umzingelt und (405) mit einem großen
Haufen Barbaren getötet wurde. Hatte auch Sti-
licho jich den Dank des Kaiſers verdient, jo erlag
er, gleich groß als Staatsmann wie als Feldherr
und eine der legten Stüben des zertrümmerten
Nömerreiches, doch den Intrigen jeiner Feinde
am Hofe. Er wurde am 23. Auguſt 408 im Balafte
feines Schwiegerjohnes zu Ravenna auf deſſen
Befehl ermordet.
Stilo, 2. Alius Bräconinus St, aus La-
nuvium, geboren um 154 v. E., erlebte noch das
Auftreten Eiceros. Mit Metellus Numidieus ging
er 100 v. C. ins Exil. Die gelehrteften Männer
unterhalten mußte. Ein Berge Sold (de pu-
blico) wurde erjt jeit 406 v. C. in dem Kriege
gegen Veji durch Senatsbeſchluß eingeführt, zus
nächſt nicht auf den Tag oder monatlich, jondern
| für den ganzen Feldzug, weshalb stipendia aud)
| die einzelnen Feldzüge bedeutet (Tac. ann.1,17.35).
Später berechnete man den Sold nach Tagen, auf
'den Mann täglich 5 leichte Aſſes (Pol. 6, 39).
Cäſar führte das Doppelte ein, 10 Afjes für den
Legionar (Suet. Caes, 36; der Denarius hatte
damals 16 Aſſes). So blieb es für die Folgezeit,
nur für die Prätorianer beftimmte Augu wei
Denare täglich (Tac. ann. 1, 17), nach Dio Cass.
53, 11 urjprünglich nur 20 Afjes. Erſt Domitian
erhöhte wieder den Sold der Legionare (Suet.
Domit. 7), wahrjcheinfich auf 12 Afjes. — 2) Ber:
mögensjteuer, und zwar zuerjt nur Kriegskontri—
bution der bejiegten Völler, welche die Kriegs—
foften, namentlich den Sold, erjegen mußten, wovon
die Abgabe ihren Namen empfing. Liv. 2,18 u. ,
Dann nannte man auch die den Provinzen. auf:
‚ erlegten. regelmäßigen Steuern stipendium (Cie,
73*
1156
Verr. 3, 6), und die Zahlungspflichtigen hießen
stipendiarii.
Stipulatio, etymologiſch ein über Geld ge-
ichloffener Vertrag, juriftiich ein durch Frage und,
Antwort in Sponjtonsform (d. h. uriprün lic,
denn fpäter waren bie Formen freier) geihlo ener |
Vertrag. Der Fragende hieß stipulator, ber,
Antwortende promissor, jener ftipulierte ſich
etwas, diefer verſprach etwas. Derjenige, welcher
einen ſolchen zwiſchen 2 Perſonen geichlofienen
Vertrag auf ſich übertragen und ſich dasjelbe Ver:
iprechen geben ließ, um im Notfall des Beteilig:
ten Rechte wahrzunehmen, hieß astipulator.
Häufig folgte nad der stipulatio eine restipula-
tio, im welcher beide die Rollen wechſelten, und
nun war es ber frühere stipulator, welcher etwas |
verjprechen mußte. Cie. Rose. com. 13. Die auf
Anordnung der Magiftrate oder Richter geichloj-
jenen stip. Kan praetoriae, iudicjales, oft aud |
eantiones (j. d.); die freiwillig eingegangenen
nannte man conventionales, Der Urjprung der
stip. ift wie der des nexum in der älteften Zeit |
Roms zu ſuchen.
Zrieyyig, strigilis, das Schabeifen, womit
nach dem Ringkampf die Glieder von DI und
Staub, nad jedem Bade von Schmuß gereinigt
wurden. Es war ein löffelartig ausgehöhltes In—
firument, aus Metall, Knochen oder Rohr, mit
einem Griff verjehen.
Stoa, orod, 1) die Säulenhalle.
ed im Innern und Außern der Tempel; ebenjo
umſchloſſen fie die Anlage des Wohnhaujes, das
zen des Gymnaſiums, der Marftpläße der
täbte.
indem das Dad) von einer Wand auf der einen,
von einer Säulenreihe auf der andern Seite ge
tragen wurde. Die Hinterwand folder Säulen:
gänge bot für bilbliche Verzierungen und Male:
reien den paflendften Naum, 3. B. Darftellungen
Deren gab|
Sie wurden aber auch für fich gebaut, | (
aus der Geſchichte des Thejeus, des trojanischen
Krieges, der
Die orod heißt dımln, wenn auf beiden Seiten
der Mauer eine Säulenreihe ftand; im Peiraiens |
war eine oro& uexgd mit 5 Sänlengängen. Die
oroc Baaileıog am Markt zu Athen war wahr:
ſcheinlich durch 2 Säulenreihen in 3 Schiffe ge-
teilt, von denen das mittlere einen halbfreis:
fürmigen Abſchluß (dıypis, apsis) erhielt. Denn
hiervon werden die Baſiliken der Römer abge:
leitet, bei denen dergleichen Gebäude mit dem
Forum unzertrennlich verbunden waren. Die erfte
Bafilifa erbaute der Cenſor M. Borcius Cato
184 dv. C. in Rom. Diefe Gebäude waren über:
lacht von Marathon von Bolygnot. | 5 Juſeln vor der Süd
dedt und meift nur nad) ber Seite des Marktes
zum Teil offen. Sie dienten jowohl für den
Berfehr der Bürger und Kaufleute in ungünftiger
a als auch für Gerichtsverhandlungen.
Für ribunal verlangt Vitruv die Form eines
Segments.
er zu '/, bis '/, der Länge. Die beiden Seiten:
ichiffe werden als porticus bezeichnet und jollen
'/, der Breite des Mittelichiffs haben. Dieſer
Breite gleich joll die Höhe der Säulen fein. Über
der unteren Borticus befindet ER eine zweite, deren
Säulen um ’/, niedriger jein jollen. Den ſchmalen
Seiten der Bafiliten wurden häufig noch Säle
(Ehaltidifa) Hinzugefügt. Alle Räume waren mit
Baltenlage oder Tonnengewölbe überdedt. Es
Stipulatio — Stoiker.
finden fi aber auch einichiffige und fünfichiffige
Bafilifen mit anderer Konftruftion. Es haben fich
aus diejen Gebäuden feit dem 4. Jahrhundert die
riftlichen Kirchen entwidelt. Vgl. Basilika. —
2) |. Stoiker.
Stobaios, ’Judvrns Zroßaios, aus Stoboi in
Makedonien, lebte wahrſcheinlich zwiſchen 450—
500 n. E. Die Früchte jeiner umfangreichen Let:
türe find in einer Ercerpten-Sammlung, Antho-
logia, enthalten, welche er für jeinen Sohn Sep:
timius beftimmt hatte. Das erfte Buch enthielt
in 50 Wbjchnitten Auszüge phufiihen Inhalts;
das zweite in 46 Abjchnitten zuerft Logiſches, dann
Eihilches, ebenjo das dritte (42 Abichnitte) umd
vierte (58 Abſchnitte). Uns fehlt der Anfang, und
vom zweiten Buche find nur die erften 9 Abjchnitte
erhalten. In den Handſchriften ift das Ganze in
2 befondere Werte eingeteilt, von denen das eine
in 2 Büchern „phyſiſche, dialektifche und ethiſche
Eflogen“, das andere „Sermonen“ genannt ift.
Jeder Abſchnitt führt eine bejondere Aufichrift,
3. B. megl dgerüg, mepl naxlag u. ſ. w. Die Aus:
—* find aus mehr als 500 grieifen Schrift:
ellern entnommen, und ber diefer Samm:-
lung befteht hauptjächlich in den zum Zeil jonft
nicht mehr Itenen Bruchftüden, befonders von
dramatiſchen Dichtern. Die Sermonen find eine
Spruchſammlun
daher vorzugsweiſe Anthologie
(Artolöyıor) oder Florilegium betitelt. Ausgg.
des Floril. von Schow(1791), Th. Gaisford (18247 ),
U. Meinete (1855 ff.), der Eclogae von n
(1792 ff.) und A. Meineke (1860 ff.) Treffliche
Geſamtausgabe von C. Wachsmuth und O. Henſe
1. und 2. Band, bearb. von Wachsmuth, 1884).
Stoboi, Zrößor, die bedeutendfte Stadt der
maledoniſchen Landichaft Paionia, am Erigon, zer:
ftört im 4. Jahrh. n. E. von den Goten.
Ruinen bei Gradsko. Liv. 33, 19. 39, 59. 40, 21,
Strab. 8, 389.
Stoechädes insülae, Zrorydöss vijooı, hiehen
füfte Galliens, öftlich von
Maffilia, deffen Bewohner fie bejegt hielten; es
find die jegigen Hyeriſchen Infeln. Strab. 4, 184.
Mela 2, 7, 20. Tac. hist. 3, 43.
Stoiker, Zrwixoi, auch ol dx rg oroä&g Yuls-
copo: genannt, hießen die Anhänger der Philo-
ſophenſchule, welde Zenon von Kittion um 300
v. C. in einer Säulenhalle (mon orod) zu
Athen gegründet hatte. Die Tendenz ihrer Phi:
lojophie war praftiih. Zwar haben die jpäteren
Stoiler mandes Neue in die —— des
Zenon aufgenommen, jedoch die Grundzüge und
das Wejentliche des ganzen Syſtems ſtammt von
ihrem Gründer. Am meiften hat zur Fortbildung
und Bervollftändigung der ſtoiſchen Philoſophie
Chryſippos aus Soloi in Kilifien beigetragen.
‚Die Vruchftüde der ftoifhen Philojophie, welche
‚fi bejonders bei Sertus Empiricus, Stobaios
Die Breite des Gebäudes beftimmt | Plutardh, Cicero, Seneca vorfinden, find meift aus
Chryſippos' Schriften genommen. Die Stoiler
‚gaben in ihren Lehren und Borichriften micht jo:
wohl Neues, jondern waren mehr darauf bedacht,
das bereits in früheren Lehren und Syftemen Bor:
handene für die Praxis nubbar zu machen. Na—
mentlich benußten fie für diejen Zweck die jofra-
tiiche Ethil. Sittlicher Heroismus, der vielfach im
Rigorismus überging, ift der hervorftechende Cha:
'rafter ihrer Philojophie. Sie teilten diejelbe nad
Stola — Strabon. 1157
dem Vorgange des Kenofrates ein: 1) in Dialektik Studium nur aus Liebhaberei und fuchten für Die
(Rogif und Rhetorik); 2) in Phyſik (Biychologie römijche Rechtsfenntnis Gewinn daraus zu ziehen.
und Theologie); 3) in Ethik (Moral und Politik). Auch bejchäftigten fie fich neben der ftoijchen Phi:
Zur Dialektit gehörte bei ihnen auch Poetik und loſophie noch mit dem Studium anderer philo—
Mufit; die Logik war eine unentbehrlihe Wiſſen- | jophiicher Syfteme, z. B. Eicero. Namhafte Stoifer
ichaft, da von ihr richtiges Denken und gutes | unter den Römern waren in jpäterer Zeit Seneca,
Reden mejentlih abhing. Sie ging von einer ı Lucanus, Cornutus, Perſius, Thrajea Pätus,
Theorie der Vorjtellungen aus, welcher Chryjippos | Marcus Aurelius Antoninus. Unter den ſpäteren
eine Zehre von der Bezeichnung der Vorftellungen Griechen find zu nennen Epiltetos, Arrianos und
vorausgeſchidt zu haben jcheint. Ju der Phyſik Sertus aus —
und Phyſiologie lehrten fie, daß alles dasjenige Stola |. Kleidung, 11.
ein Körper ſei, was wirklich ift, wirkt oder leidet. Stelo j. Lieinii, 4. 5.
Die Körper find dichte und undichte. Borfteluung, | Sträben, 1) Zredßor, bedeutender geogra=
Raum und Zeit find unkörperliche Dinge. phiſcher Schriftiteller, ftammte aus eier mohl:
gibt von allen Dingen 2 Prinzipe (egal): 1) ein | habenden griechiſchen Familie, die in Pontos ans
leidendes, die beftimmungslofe Materie (dAn), 2) ein | gefiedelt und mütterlicherſeits mit den pontifchen
thätiges, Gott, von weldhem alle Thätigfeit, Form | Königen verwandt war. Er war geboren um 65
und Zwedmäßigkeit in der Welt ausgeht. Gott | v. E. zu Amajeia in Pontos und jtarb 24 n. E.
ſelbſt ift ein lebendiges, nicht gemöhnliches Feuer, | Nachdem er durch den Grammatiker Tyrannion
auch Ather genannt, welches nach Vernunftgejegen | von Amifos, durch Wriftodemos von Nyja und
alles erzeugt, bildet und durchdringt, die allge: | Xenarchos von Seleufeia in der ariftoteliichen und
meine a welche in der Natur wirkt, das | dann in ftoiicher Philofophie gebildet war, wid:
Gejeh der ganzen Natur. Er ift daher in, nicht | mete er fich gefchichtlichen Studien, namentlich aber
außer der Welt. Wie aber die Welt durch Feuer | der Erdkunde. Zu diefem Zweck unternahm er be:
entftanden ift, jo wird fie auch wieder durch Feuer | deutende Reifen, welche fich wejtlich bis nach Sar:
untergehen. Einige Stoifer aber vermarfen die | dinien, ſüdlich bis an bie —— Aithiopiens
Anſicht von der Weltverbrennung. Nach der Piy: erſtreckten; Kleinaſien und einen Teil von Hellas
chologie der Stoifer ift die Seele oder Lebens: | durchreifte er in verjchiedenen Richtungen, kam
fraft der Menichen eine fenrige Luft und ein|29 v. E. nach Italien und hielt fich befonders zu
Teilhen der Gottheit, aber vergänglid. Sie be: | Rom auf; 24 finden wir ihn in Hgypten, das er
fteht aus 8 Kräften. Die oberfte und beherrichende | mit Älius Gallus bis in feinen jüdlichen Grenz—
ift der Verftand; von ihm gehen die übrigen aus, | punkten durchzog. — Mit Strabond Werft über
die 5 Sinne, das Sprechvermögen und die Zen: | die alte Erdkunde, Tewygapınd in 17 Büchern,
gungsfraft. Ans der Denkkraft entjpringen auch deſſen Abfafjung in die Zeit der Regierung des
die ütsbewegungen oder Affelte (m«dn): Furcht, | Tiberiuns fällt, beginnt eine ganz neue Ara für
Begierde, finnliches Begehren, Traurigkeit, rende. | die alte Geographie. Da er alle jeine Vorgänger,
Die Ethik der Stoiter juchte die Eigentümlich- | namentlich den Eratofthenes, mit Kritil benußte,
feiten der menjchlichen Natur, Vernunft und Frei: | jo läßt ſich aus demſelben der Zuſtand der geo:
heit, jchärfer als bisher zu entwideln und mit der graphiichen Kenntniffe am beften beurteilen; neben
Natur zu verbinden. Gott war ihnen die höchite | dem Werk des Ptolemaios ift Strabons Werk die
gejetgebende Vernunft, und das Naturgejeg das | Hauptquelle der alten Geographie. Das Kleine
Geſetz Gottes. Als oberfter Grundſatz für ihr | und Unbedeutende übergeht Str. abjichtlih, um
fittliches Handeln galt ihnene der Natur gemäß | für das Große und Wichtige Raum zu gewinnen,
zu leben. Dies war der höchſte Zweck, welchen | namentlich auch für Darftellung von Sitten und
der Menſch im Leben zu verfolgen hatte. So viele | Gebräuchen, der Geſchichte, Verfaſſung u. ſ. w.
Mängel auch die ftoiiche Ethik gehabt hat, jo ent: | Große, bisweilen abergläubiihe Berüdfichtigung
hielt fie dod) aud) große Vorzüge, edle Keime von !| findet befonders Homer. „Str. hat übrigens das
trefflihen Lehren und Grundſätzen. Die Stoifer | Werk vielleicht nicht jelbit herausgegeben, und der
bewährten einen unbefiegbaren Mut in den jchwie: | Mann, der fi) nad) jeinem Hingange die Aufgabe
rigften Lagen und Berhältniffen des Lebens, na: | geftellt hat, dasjelbe fertig zu ftellen und zu ver:
mentlich gegen den Deipotismus. Darum fand | öffentlichen, hat auf weitere Umarbeitung verzichtet
diefe Philoſophie aucd unter den Römern gegen und ſich damit begnügt, die Randnoten nad) eigenen:
das Ende der römijchen Republit und in der | Gutdünken in den Tert aufzunehmen”; daher Irr—
Kaiferzeit jo viel Freunde und Anhänger, wie Cato | tümer und Widerfprüche. — Bon den 17 Büchern,
von Utica, Eicero, Seneca u. a. Der edelfte und |die nicht ohne Lücken auf uns —— ſind,
treueſte Freund dieſer Philoſophie war der Kaiſer geben die beiden erſten eine Art Einleitung über
Marcus Aurelius Antoninus, mit dem Beinamen Begriff der Erdkunde, die Fehler des Eratojthenes
Philosophus. Zuerſt wurden die Römer mit ihr | und mathematijche Geographie, 3—10. behandeln
befaunt 155 v. E. dur den Stoiler Diogenes | Europa (Iberia 3., Gallia 4., Italia 5. 6., Nor:
von Babylon, Schüler des Ehryfippos, der in der | den und Often 7., Hellas 8. 9. 10.), 11—16. Aſien,
berühmten athenijchen Gejandtichaft mit dem Peri- | 17. endlich Afrifa. — Der Himmel eh ſich nach
patetiter Kritolaos und dem Akademiker Karneades | Strabon von Oſten nad) Weiten um die ftillftehende
nach Rom fam. Etwas jpäter fam Panaitios, Erde, wodurch auf letzterer gewiſſe Kreife bejchrie-
der Freund des jüngeren Scipio Africanus und | ben werden, Yquator, die beiden Wendekreiſe und
des Lälius; ihm folgten Pojeidonios, Athenodoros, | die 2 Polarkreiſe, nad) welchen die Erde in 5
Antipater von Tyros. Die Römer, welche fich | Zonen zerfällt: der Aquator teilt die heiße Zone
mit ſtoiſcher Philojophie beichäftigten, waren nicht | wie die ganze Erde in 2 gleiche Hälften. Die
eigentlihe Philoſophen, ſondern betrieben diejes Länge der bewohnten Erdinjel (70 000 Stadien)
1158 Stragula — Strenae,
beträgt mehr als das Doppelte der Breite (29 300 | fang feines Wiſſens, jowie durch Selbftändigfeit
Stad.). Die Kenntnis des W. und N. von Europa | und Schärfe des Geiftes. Seine zahlreichen Schrif:
wurde durch Str. jehr erweitert. Die Topographie | ten erſtreckten fih auf alle Teile der Philojopbie,
ift, da er nur das Wichtigere und Intereſſantere befonders auf die Naturwiflenichaften, weshalb er
ausmwählt, nicht jo vollftändig wie bei Ptolemaios. | auch der Phyfiter genannt wurde. Diog. Laert.
Der große, die Erdinjel umgebende, Dcean bildet | 5, 58f. Cie. acad. 1,9, 34. 2,38, 121. fin.d, 5, 13.
nach ihm 4 große Bufen, das Mittelländifche Meer, |». d. 1, 13, 36.
den eg ka und Berfiichen Meerbujen und das) Stratonike j. Seleukos, 1.
Kaſpiſche Meer, das er noch mit dem nördlichen! Stratonikela, Ergaroviasıe, Stratonicka, St.
Dcean in Verbindung ſetzt. — Die bedeutendften | in Karien nicht fern vom Marſyasfluß, öftlich von
Ausgaben find die von Siebenkees und Tzſchucke Mylafa, urſprünglich Idrias genannt, von Antio-
(1796— 1818), &. Kramer (1844 ff., Heinere Aus: chos Soter zu Ehren feiner Gemahlin neu ange
abe 1852), Meinefe (1851 f.). Überjegungen von | legt und benannt. Bei derjelben befand ſich der
ärcher, Groskurd, Forbiger. — Außerdem ver: | Zeustempel, bei dem bie Karier ihre Bunbesver:
faßte Strabon ein, von Joſephos und Plutarch jammlungen hielten. Ruinen bei dem heutigen
mehrfach benußtes, Hiftorisches Werf, "Trourrj- | Esti-Hiffar. Ziv. 33, 18. Strab. 14, 660.
ver« lorogıx« in mindeftens 6 Büchern, eine) Stratonikos, Zrgarövınog, 1) aus Athen, oft
Fortſetzung des Polybios, von dem nur wenige |von Athenaios genannt, ein Kitharoide und Did;
Bruchftüde erhalten find (gefammelt von Müller, | ter, berühmt durch jeine muſikaliſchen Leiftungen
fragm. histor. Graec. Ill p. 490 ff.). Monogr. und durch die Zahl feiner Schüler, ſowie durd
von P. Meyer (1879 und 1890). — 2) j. Pom- | jeine wigigen Einfälle, wegen deren er beim kupri—
peii, 10, ‘ ichen König Nikofles in Ungnade fiel und getötet
Stragüla (von sterno), das Darübergebreitete, | wurde. — 2) aus Kyzikos, Erzgießer und Forent
allgemeiner Ausdrud für alles, was als Dede aus: | um 270 v. E., gehörte zu den Künftlern, bie bie
gebreitet wird, um fich darauf zu legen, nament: | Schlachten des Attalos und Eumenes gan bie
lih von den Lafen gebraudıt, welche über die | Gallier darftellten. Plin. 34, 9,19. ©. Bild-
Matrape ins Bett gelegt werden (Cie. tusc. 5,21), |hauer, 14.
ober aber eine Totenbahre (Petr. 78,1); dann | Stratos, Zredrog, 1) die feftefte und größte
auch die Neitdede, beftehend meift aus der Haut | Stadt der Afarnanen (Xen. Hell. 4, 6, 4. Thue.
eines wilden Tieres (Verg. A. 8, 558). Man | 2, 80) im Innern, 10 Stadien vom rechten Ufer
brauchte ſolche Deden ferner bei den Sofas, | des Acheloos, in der afarnanijchen Ebene. Dort
auch um die Wände der Säle und Zimmer zu | wurden gewöhnlich die Voltsverjammlungen bes
ichmiüden. Die reichen Römer hatten purpurfar: | Bundes der alarnaniſchen Städte, das ſ. g. zoırör
bige, goldgefticte oder jonft jchön gewebte stragulae. | rar Arapvavor, gehalten. Als eine jehr wichtige
Strafsen j. Via. Pofition wurde ©. früh von den Witoliern er-
Zrgarnyög |. Exercitus, 4. 6. obert, weshalb Livius es auch für die feftefte Stadt
Stratökles, Zroaroxiijs, 1) aus Amphipolis | der Aitolier erflärt (43, 21). Anjehnliche Ruinen,
ebürtig, forderte die Athener auf, feine vom König | namentlicdy von Mauern und Türmen, bei dem Dorie
hilipp bedrohte Baterftadt zu bejegen, ohne jedod) | Suromwigli. — 2) Stadt im weſtlichen Artadien
Gehör zu finden. Philipp verbannte ihn nach Er: |im Gebiet von Thelpuia, dad mit Elis darüber
oberung der Stadt. Demosth. Ol. 1 p. 11. — im Streit war; angeblich Homers (/T. 2, 606)
2) ein athenifcher Feldherr, der gegen die Male: | Exrgpierin. Pol. 4, 73. — 8) Stadt in Adhaia, jpäter
donier ins Feld z0g. Aeschin. Ctes. 44. — 3) ein | mit 5 andern Städten in dem neu gegründeten
griechiicher Rhetor und Gefchichtjchreiber, dem Red: | Dyme aufgegangen. Strab. 8, 387.
ner Lykurgos ergeben, dagegen dem Demofthenes | Strattis, Zrodrris, 1) Tyrann von Chios zur
feindlich gefinnt. — 4) Anführer der kretiſchen Zeit des Dareios und Xerges. Hdt. 4, 138. 8, 132.
Schleuderer unter den Mietötruppen des jüngeren | — 2) Dichter der älteren attifchen Komödie, deſſen
Kyros. Xen. An. 4, 2, 29. Blütezeit etwa zwiichen Df. 92—99 fällt, Ber:
Straton, Zrgaro», Öfterd vortommender Name | fafler von 16 Komödien; von 15 führt Suidas
phoinikiſcher Fürften, vielleicht eine Gräcifierung | die Titel an. Sammlung der Fragmente bei
des phoinikiichen Namens Aſtartos: 1) ein Tyrier, | Meinefe, fragm. com. Graec. I p. 221 ff., und
wurde bei einem Aufftande der Sfaven in Tyros | Kod, com. Att. fragm. I p. Ti11ff. — 3) aus
von einem treuen Sflaven gerettet und nachher | Olynthos, Gejchichtichreiber, jchrieb 5 Bücher meel
zum König erhoben. Sein Gefchlecht beftand bis | rar ’AlsEdvögov Zpnusgi/dor und Schriften über
u Aleranders Zeit, wurde bei der Eroberung ver: | Flüſſe, Quellen, Seen, jowie über Aleranders Tod.
ont und erhielt wieder die Königswürde. Just. | Vgl. Müller, fragm. script. Alex. M. p. 111 fi
18, 3. — 2) Sohn des Geroftratos, Fürften von | Strenae, Geſchenke, womit man fi im Rom
Arados, übergab Alerander dem Gr. das Gebiet | zum neuen Jahr boni ominis caussa gegenjeitig
feines Vaters, zu dem auch Marathos und andere deichentte, benannt nach einer jabiniichen Segens:
Städte gehörten. Arr. 2,13. Curt. 4, 1. — 3)Röni göttin Strenia. Die ältefte Erwähnung diejer Sitte
von Sidon, befannt wegen feiner Weichlichkeit ua findet fi bei Plautus (Stich. 3, 2, 6. 5, 2, 24).
Schmwelgerei, fand jeinen Tod durd; die Hand feiner | Den Zweck dieſer ar ar » nfe erflärt aud
Gattin. Aelian. v. h. 7,2. — 4) aus Lampſakos, Ovid (fast. 1, 187). Die Geichente jelbft waren
Schüler Theophrafts, folgte diefem in der Leitung | anfangs einfah: Backwerk und Früchte (Ovid.
der peripatetijhen Schule und nahm dieje Stel: | a. a. 8 Mart. 8, 33. 13, 37. Sen. ep. 87); bie
lung 18 Jahre bis zu feinem Tode ein. Er foll | feßteren wurden, wie bei und, mit Goldſchaum
auch der Lehrer des Ptolemaios Philadelphos ge: | überzogen. Doc; blieb es bei dieſer Einfachheit
J
weſen ſein. Ausgezeichnet war er durch den Um- nicht. Geld trat an die Stelle der Früchte, und
Strepsiades — Subseriptio.
Auguſtus jelbft empfing vom römischen Volle oder
Senate derartige Geldgeſchenle zum neuen Jahre.
Dies jcheint jeitdem Sitte gewejen zu jein, eine
Sitte, die noch zur Zeit des Arcadius und Hono—
rius beftand, wenn fie auch zuweilen durch ben
einen oder andern a aufgehoben worden war.
Daneben beftanden dieje Gejchente unter Freunden
und Bekannten gleichfalls fort, jo daß ſich jetzt
noch Spuren und Überrefte diejer Sitte in Jtalien
erhalten haben. Bgl. Suet. Oct. 57. Tib. 34.
Cal. 42,
Strepsiädes, Zrgewidöns, Sieger in ben
iftpmifchen Spielen, von Bindar im fiebenten
iſthmiſchen Siegesliede beiungen.
Zrewuarodesuog, jpäter auch orgouerevs,
der Behälter für dad Gepäd, namentlich für die
Deden zum Lager (sreauere), die auf Heilen die
Sklaven den Herren nadtrugen. — Lrenueare
oder orgmueareis ift auch Name einer berühmten
Schrift des Clemens von Wleranbreia, j. Cle-
mens, 2.
Strongfle, Zrgoyyvin, 1) ſ. Aiolia. — 2)alter
Name von Naros. Diod. Sic, 5, 50.
Strongylion, Zreoyyvilor, Bildhauer und
Erzgießer, ohne Zweifel aus Athen, Berfertiger
des dovpıog Irmog, eined das trojaniiche Pferd
darftellenden, um 415 am Eingang der Afropolis
aufgeftellten Bronzedentmals, wovon Paus.1,32,10
fpricht, und deſſen Baſis mit Infchrift (j. Corp.
inser. Att. I 406) im Jahre 1840 aufgefunden
worden ift, jowie zweier Artemisftatuen. Paus.
1, 40, 2.3.44, 4. Seine Blütezeit war wohl um
Dt. 91. Bon einer Mufengruppe auf dem Helikon,
wovon DOlympiojthenes und Kephijodotos je 3 ge-
macht hatten, hatte Str. die 3 übrigen gefertigt.
Paus. 9, 30,1. gl. daf. 1, 40, 2, wo ihm eine be:
fondere Gejchidlichkeit in der Bildung von Pferden
und Stieren zuerlannt wird. Er gehörte aljo zu
den —— des Myron, ſ. Bildhauer, 4.
Strophädes,
Lroopdöss, auch IMwral ge: | alles außer dem
1159
vater oder, wenn die Ädilen eine Anklage erhoben
hatten, das Volt. Die lex Julia de adulterıis be:
ftrafte Stuprum mit Konfiffation des halben Ber:
mögens; für geringe Berjonen trat körperliche
Züchtigung und Exil ein.
Stura, 2 Nebenflüfle des Badus, der eine links,
der andere rechts, beide noch j. Stura. Der letztere
ällt zufammen mit dem Tanarus in den Haupt-
om. Plin. 3, 16, 20.
Stymphalides j. Herakles, 7. und Argo-
nauten.
Stymphälos, Zröuparos, Zröupnkos, Stadt
und Landſchaft im Nordoften Arkadiens an einem
leichnamigen See (j. See von Barala) und Berge.
n dem See finden ſich noch Spuren eines Dam:
mes, der die von Hadrian nad) Korinthos geführte
Waflerleitung trug. Bon den Gewäflern des durch
Katabothra abfließenden, im Altertum weit Hei:
neren Sees meinte man, fie fämen jenjeit des
Urtemifionberges bei Dinod in Argos als Fluß
Erafinos wieder zum Vorſchein. Hdt. 6, 76. Hier
ſoll Herafles die Aumphaliicien Bögel erlegt haben.
Bedeutende Ruinen der Stadt Stymphalos finden
fih bei Kionia.
Styra, r& Zrvew, j. Dorf Stura, Stadt auf
Euboia an der Südweſtſeite unfern Karyftos, von
Dryopern beivohnt. Hat. 8,46. Die Bewohner
nahmen Anteil an den Kämpfen von Salamis,
Artemifion, Plataiai (Hdt. 8, 1. 46. 9, 28); jpäter
mußten fie als atheniihe Bundesgenofien 1200
Drachmen zahlen. Thuc. 7, 57. Im lamiſchen
Kriege wurde Styra zerftört, dann wieder auf:
gebaut und dem Gebiet von Eretria einverleibt.
Strab. 10, 446. Paus. 4, 34, 11.
Styx, Zeig, 1) ſ. Unterwelt. — 2) jept
Mavronero, Gewäfler im nördlichen Arkadien, das
in einjamer Wildnis hoch von einer jenfrechten
Bergwand in ein tiefes Felſenbaſſin herabftürzt
und durch jeine (wie die Alten berichten) giftige,
Hufe des Pferdes zerfrefjende,
nannt (weil fie bereits im tieferen Meere liegen), | Beichaffenheit Beranlaffung zu dem gleichnamigen
j. Strivali, 2 Inſeln, Hein aber weinreich, im
Fluſſe der Unterwelt wurde. Bei Nonakris fiel
Joniſchen Meere, 6 M. ſüdlich von Zakynthos, die Styr in den achaiiſchen Fluß Krathis (j.
den Kypariſſiern in Meflenien gehörig. Ihren
Namen erhielten fie, weil Kalais und Deich, die
Söhne des Boreas, dort von der Verfolgung der
Harpyien umfehrten (ore&po). Very. A. 3,210 ff.
Strab. 8, 359. Apollod. 1, 9, 21.
Strophion, ®iürtel, j. Kleidung, 2.
Strophios, Zreöpıos, 1) Vater des Staman-
drios. Hom. Il. 5, 49. — 2) und 3) j. Orestes,
Structor, 1) der Baumeijter, auch der Maurer
und Dachdeder; — 2) der Sklave, der die Speijen
und Schüſſeln auf der Tafel ordnete; zumeilen
aud zugleich Vorjchneider, seissor.
Strymou, Zrovumv, j. Struma, türkiſch Ka—
rafu, bis zu Philipps Zeit der Grenzfluß Mate:
doniens im D., entipringt auf dem Stombros bei
Bantalia (Thuc. 2, 96), durchfließt den See ——
ſias oder Kerkinitis und mündet ſüdlich von Am—
phipolis in den nach ihm genannten Strymoni—
ſchen Buſen (j. B. von Rendina). Wegen der
Lage von Amphipolis wird er von den Alten oft
genannt.
Stuprum. Unſittlichlkeit überhaupt, im e. ©.
unſittliches Handeln gegen anftändige Mädchen
und frauen, das ftreng verpönt war. Vorzüglich
richtete vor alters über jolches Vergehen der Haus:
Akrata). Hdt. 6, 74. Die Styr der Unterwelt
wurde bald gedacht als ein bie ganze Unterwelt
Aatheaber Bier bald als ein ftehender Sumpf.
Die Götter jchwören bei der Styr den unverbrüch:
lichſten Schwur. Hom. Od. 5, 185 f.
Suada j. Peitho. J
Sublaynöum, Stadt der Aquer am Anio, j.
Subiaco, wo fi die pradhtvolle Villa des Elau-
dius und des Nero befand. Tac. ann. 14, 22.
Subrii. Dahin gehören: 1) Subr. Flavius,
Tribun im der faijerlichen Leibwache, war einer
der Teilnehmer an der Verſchwörung des Piſo
gegen Nero und zeichnete fi vor Gericht durch
jeinen Freimut aus, 65 n. C. Tac. ann. 15, 49.
58. 65. 67. Dio Cass. 62, 24. — 2) Subr. Der:
ter, gleichfall3 Tribun in der Leibwache, bemühte
fich J olg die Soldaten im Gehorſam gegen
Galba zu erhalten, 69 n. C. Tac. hist. 1, 31.
Subseriptio, 1) j. d. a. nota censoria. —
2) die Unterjchrift unter der Anklage und Die
jhriftliche Anklage jelbft. — 3) Im e. ©. nennt
man subscriptio die Unterjchrift des Mitanklägers
(subseriptor), der ſich dem eigentlichen Ankläger
anjchließt. Cie. Cluent. 47. div. in Caec. 15 ff.
Tac. ann. 1, 74. Ein jolcher trat auf, wenn der
1160
Hauptanfläger jeine Rede gejchlofien_ hatte, und |
pflegte dad von demjelben etwa lbergangene
nachzutragen u. j. w.
Subsellfum, die geradfüßige Banf, vorzüglich
die im Öffentlichen Leben gebräuchliche, während
die Bank im Haufe scamnom hieß. Die niederen
Magiftrate, wie VBoltstribunen, Quäſtoren, Üdilen, |
auch die Richter und Senatoren, ſaßen öffentlich
auf Subjellien, die letzteren auf fangen Bänten
(daher das Witzwort des Pompejus: iudicatio
longi subsellii, Cie. ad fam. 3, 9); die höheren
Magiftrate atten die sella curulis.
Substitutio herädis ſ. Testamentum.
Subucäla, die untere Tunifa der rauen, tu-
nica interior, f. Kleidung, 8
Subüra, eine in Rom zwijchen den 6 montes
(j. Roma, 2.; vgl. aud) 14.) befindliche Niede—
rung, durch die eine lebhafte mit vielen Tabernen
bejegte Straße führte.
Suceinetus |. Kleidung, 11.
Suceinum ( Bernftein) |. Elektron.
Suero, oov, Fluß im tarraconenfiichen
Hilpanien, der im Lande ber Eeltiberer auf den
Borbergen des Idubeda entjprang und ſich im
öftlichen Laufe jüdlich von Valentia in den Sinus
Sucronenfis ergoß; j. Jucar. An ihm Tag im
Gebiete der Edetaner eine gleichnamige Stadt,
vielfeicht das heutige Eullera. Strab. 3, 158. Plut.
Sert. 19. Pomp. 19. Liv. 28, 24.
er das heifefte Badezimmer oder Schwitz⸗
bad
Sudes, Piähle, zur Befeftigung ber Wälle an:
ae Auch brauchte man fie als grobe Wurf:
e
e — Sudeti montes, r« Zovönr« den,
Germaniens, entweder das heutige Erz-
irge und Zaufiger Gebirge oder der Thüringer
Kan j. Germanin.
Sübrang ı. Lustratio.
Suessa, 1) S. Aurunca, j. Seffa, Stadt La:
tiums zwifchen Minturnä u. Teanum in dem
fieblihen Vescinus ager, am Weftabhange des
Maſſicus, Geburtsort des Dichters Lucilius, rö—
miſche Kolonie und ſpäter Municipium. Cie. Phil.
13, 8. Liv. 8, 15. 9, 28. Vell. Pat. 1,14. — 2) 8.
Pömötia (Zoveoo« Ilouerior, TTouerriarn] ),
Voljkerftadt in Latium, wurde jchon unter Tar:
quinius Superbus von den Römern erobert und
jpäter noch einmal vom Konful Servilius erobert
und verheert. Zav. 1,41. 53. 2, 25. Tae. hist.
3, 72. Strab. 6, 231. Nach ihr follten die Pom—
ptinifchen Sümpfe benannt fein.
Snessetäni werden von Livins (25, 34. 28, 24.
34, 20. 39, 42) in Verbindung mit den Sedeta-
nern als Völterichaft im tarraconenfilhen Hiſpa—
nien genannt. Sie wohnten wohl nicht weit von
der Oſtküſte.
Suessiönes oder Suessönes, Zovsocionsg,
mächtige Bölferjchaft im belgiſchen Gallien zwi:
De atrona und Iſara, die über 50 000 Krieger
tellen konnte und nächſt den Bellovafern als die
tapferfte in Belgieum galt. Ihr König Divitiacus
beherrſchte nicht nur einen großen Teil Galliens,
jondern auch Teile Britanniens. Ihre Hanptftadt
war Noviodunum an der Axona (Misne), jpäter
Augusta Sue-sonum, j. Soiſſons. Caes. b. 9.
2,3. 13. 8,6. Strab. 4, 195.
Suessüla, Stadt in Samnium, am Abhange
von Bremi (1800. 1820); Ausgabe der
Subsellium — Suervi.
bes Berges Tifata, befannt durch die Schlacht im
erften Sammniterfriege, 342 dv. C. Neue Ausgra-
bungen beim j. Cancello haben zahlreiche Gräber
ans Licht gebracht. Liv. 8, 14.23, 14. Strab. 5, 249.
Suetonii, 1) €. Suet. Baullinus, einer ber
berühmteften Feldherren der römischen Kaiferzeit,
fämpfte in Mauritanien und drang 42 n. E. bis
in das Innere Afrifas vor. Dio Cass. 60, 8. Plin.
5,1. Im J. 59 erhielt er Britannien als Pro-
binz und erwarb ſich durch feine Verwaltung und
Kriegführung großen Ruhm. Er eroberte die Inſel
Mona, j. Anglejen (Taac. ann. 14, 30), wo er den
Druidenfultus vernichtete, und übertwand im 3. 61
die empörten Britten, die unter Anführung “ihrer
friegerifchen Königin” Boudicca (ſ. d.) mutigen
Widerftand leifteten (Tuc. ann. 14, 31 ff. Agr. 1ar),
‚wurde aber bald darauf bei Nero verleumdet und
abberufen. Nach Neros Tode kämpfte er für Otho,
hatte jeboc die frühere Friſche infolge des zu:
nehmenden Alters verloren (Plut. Oth. 7F.) und
unterwarf ſich nad) defien Tode dem fiegreichen
Bitellius in wenig ehrenvoller Weile. Tac. hist.
2, 31 ff. 60. — 2) E. Suet. Tranguillus, zur
Reit bed Domitian, Trajan und Hadrian (etwa
bon 75-—160 n. E.), ftand mit dem jüngeren Pli⸗
nins, der ihm durch jein Anjehen bei Zrajan
mehrere \ Ämter verjchafite, in vielfacher Berbin-
dung. Bei Hadrian, defien Geheimfelretär, epi-
stularum magister, er eine Zeit lang war, fiel
er in Ungnabde. Plin. ep. 3, 8. 10, 9%. Spart.
Hadr. 11. Seine Zurückgez ogenheit benußte er
zur Abfafjung mehrerer = Boran fichen
12 Biographien Kl vitae imperatorum ober
de vita — römiſcher Kaiſer, die in ein—
facher, klarer Sprache uns über den Zeitraum
von Cäſar bis zum Tode Domitians reiche und
treue Mitteilungen, ſelbſt aus dem Privatleben
der Kaijer, geben und in fpäterer Zeit noch viel
Kunde im Mittelalter oft nacdhgeahmt wurden.
feiner Schriften find ein Wert de illu-
bus grammatieis, urſprünglich unfangreicher,
* es auf uns gekommen (es ſoll noch im
15. Jahrhundert vorhanden geweſen fein), ferner
de claris rhetoribus, dazu nod eine vita Te-
rentii, vita Horatii, Persii, Lucani, Juvenalis,
Plinii; mehrere andere ( „(prata, de regibus n. a.)
find verloren. — Die Ed. pr. erſchien zu Rom,
1470, eine andere zu Venedig, 1471. Ausgg. von
Gafaubonus (1596 und 1610, wiederholt von F
A. Wolf, 1802), Gräpius (1672 ff.), Oudendorp
(1751), Ernefti (1748 ff.) Baumgarten = Erufins
(1816; Heine Ausg. 1820), Haſe (1828), 8. £.
Noth (1858). Schulausg. der gg rasen
eineren
‚ Schriften von Reiffericheid (1860).
Suöri, Zovijßor, Zonßor, hieß eine Maſſe ger:
manifcher Bölferjchaften von unjteter Lebensweiſe
und häufigem Wechſel des Befiges; fie mögen zum
Teil mit fremden Elementen vermilct g en ſein
Den Römern ſchon früh (123 v. belannt,
alten fie für den mächtigſten und Se
tamm ber Germanen. Caes. b. g. 1, 7.4, 1.
Nach Tacitus (Germ. 2. 45) bewohnten fie das
nze öftliche Germanien von der Donau bis zur
Dfitee, Eäjar (b. g. 6, 10) ſcheint fie am Rhein
zu fuchen. Sie wohnten nach ihm (b. g. 4, 3. 19)
öftlih don den Sugambrern und Ubiern, durd
den Bergwald Bacenis von den öſtlicher wohnen:
Suevicum mare — Sullae.
den Cheruſtern getrennt (b. 9. 6, 10). Ahr Land
ige in 100 Gaue und enthielt mehrere Städte.
ie einzelnen Völferjchaften |. Germania. Über
ihre eigentümlichen Sitten vgl. Caes. b. q. 4, 1-3.
Tac. Germ. 38, 41. 48. 45. Die den Maroboduns
und bald hernad den Catualda bei ihrem Über:
tritt auf römiſches Gebiet begleitenden Barbaren
(Sueven) 19 n. E. (Tuc. ann. 2, 63. 12, 29) wur:
den jenjeit der Donan zwiſchen den Flüffen March
und Eujus angefiedelt, und find fpäter die Kriege
gegen die Sueven (Germanien) und die gegen bie
Sarmaten und Sueven (Nachbarn von Bannonien)
wohl auseinanderzuhalten, in Bezug auf jene
bellum Suevicum, auf dieſe Sarmaticum et
Suericum bellum,
Suevicum mare heift bei Tacitus (Germ. 45)
die fonft Sarmaticum mare genannte Dftjee.
Suffeetus hie die nachgewählte Magiftrats:
perjon, wenn ein Amt vor Ablauf des Jahres
zur Erledigung gelommen war, j. Consul, 2.
Suffeten ſ. Karthago.
Suffragätor hieß ſowohl ſchlechtweg der Ab:
ftimmende, als derjenige, der für einen Kandidaten
auftritt und demfelben Stimmen zu gewinnen
fucht. Daher ift suffragatio ſ. v. a. Empfehlung.
Liv. 7, 22. 8, 15 u. ð.
SuffragYum, die Stimme und das Stimmrecht.
Über die Abftimmung in den römiſchen Comitien
f. Comitia, Septa.
Sugambri j. Sygambri.
Suggestus, jede Erhöhung, namentlich aber die
erhöhte kg bare auf der die Redner ftanden,
um zu der Menge zu jprechen (Cie. tuse. 5, 20),
oder die Beamten ſaßen, um fich NRechtsfälle vor:
tragen zu laſſen (Liv. 31, 29). Im Lager be-
zeichnete sugg. das tribunal (j. Castra, g. €.),
von wo die Feldherren (pro suggestu, Caes. b. g.
6, 3) zu den Soldaten ſprachen. i
Suggrunda, ein überhängendes Wetterbach, wie
protectum, proiectum. Ein ſolches Dach um:
rn die Eavädien (j. Haus, 5.), und an dieſer
telle pflegte man die Kinder zu begraben, dic
vor dem Bahnen ftarben, da es nicht Sitte var,
Leichen von jo zartem Alter zu verbrennen. Plin.
7, 15. Juv. 15, 139.
Suidas, Zovidag, 1) ein Geichichtichreiber, älter
als Strabon, Verfaſſer von thefjaliichen Gejchichten,
einem Werte, das wenigftens aus 2 Büchern be-
ftand, und von yerealoylaı; ferner mit Ariſto—
teles einer der megi Eößolag nerpayuersvuevor.
Wenige Fragmente j. bei Müller, fragm. hist.
Graec. Il p. 464. — 2) ein Lerilograph, deſſen
Perſon und Zeit umbefannt find, der aber wenig-
ftens vor Euftathios, um 960 n. E., gelebt haben
muß. Das erhaltene Leriton des Suidas iſt aus
älteren Wörterbüchern, Scholien und grammatischen
Schriften zufammengetragen und gibt neben Wort:
erflärungen auch ſachliche, bejonders biographifche
Notizen über die alten Schriftfteller. Freilich ver:
mißt man Sorgfalt und Kritik, da Verſchieden—
artiges vermengt, durcheinander geworfen und an
faljcher Stelle eingejchaltet ift; für uns aber ift das
Werk dennod; eine wahre Fundgrube und ein großer
Schaf. Ausgaben von Küfter (1705),
(1834) und
Tertausgabe von Befter (1854).
|
1161
wegen Beitechung verbannt (Tac. ann. 4, 31) und
fehrte unter Claudius nach Rom zurüd, wo er
einflußreich, aber ebenfo beſtechlich war und des
Kaifers Gunft nie zum Guten benußte. Namentlich
bereitete er als grauſamer Anfläger angejehenen
Römern Berberben. Nero indes ftellte ihn, be:
jonders auf Senecas Betreiben, unter Auflage,
uerft, weil er bei einer früheren Berwaltung
fiens ſich Plünderung und Unterſchlagung hätte
zu jchulden kommen laffen, dann wegen der vielen
von ihm in Rom begangenen Verbrechen (Tue.
ann. 13, 425.), zog einen Zeil jeines Vermögens
ein und ſchickte ihn in die —— nach den
Baleariſchen Inſeln, 58. — 2) Sein Sohn, M.
Suill. Rerulinus, beffeidete 50 n. E. das Kon—
julat und wurde (58) nach der Verbannung des
Baterd, teild aus Haß gegen biejen, teils weil
auch er von Erprefiungen jich nicht freigehalten,
angeklagt; Nero jelbjt jedoch befreite ihn von
weiterer Verfolgung. Tuc. ann. 12, 25. 18, 48.
Suiönes, die älteften Bewohner Skandinaviens
(Schwedens), die ſchon zu Tacitus’ (Germ. 44)
Beit fid in der Schiffahrtsfunde auszeichneten.
Ihr Name ift wohl mit dem der Sueven verwandt.
Sullae, Zweig der Cornelia gens (j. d.), aus
dem hervorzuheben find: 1) 8. Eorn. Sulla,
auf fein eigenes Verlangen nadı der Beliegung
des Marius Felix (der Glüdliche) zubenannt,
wurde geboren 138 dv. C. Er ftammte aus einer
armen Familie (Plut. Sull. 1) und widmete fich
in feiner Jugend den Wiffenichaften, die er auch
noch im fpäten Alter lieb behielt, mit großem
Eifer, bejonders der griechiſchen Sprache und Litte-
ratur. Später erlangte er einiges Vermögen durch
Erbichaft und gab fi nun ganz dem Genuſſe
finnfiher Bergnügungen Hin. Bügellos in Be:
gierden und Leidenfchaften, war er nie fröhlicher
als beim Becher und unter gleichgefinnten Ge:
noflen, ſei es im Lagerzelte oder bei ftädtiichen
Gelagen; wie jene ihn wegen jeiner Geſelligkeit
liebten, jo ftand von feiner Seite ihnen dafür
jein Bentel ftet3 offen, und fie fanden- die bereit«
willigite Unterftügung bei ihm in jeglicher Not.
Aber jo jehr ihn auch Gelage und Lebensgenüfie
feflelten, jo eritarben doch würdigere Neigungen
nicht in ihm; er beichäftigte fich nicht nur fort:
während mit wiflenfchaftlichen Studien, jondern
trug auch Sorge für feinen Körper, den er durch
Jagd und Filchfang, wie im fpäteren Alter durch
Betreibung der Landwirtichaft auf feinem Gute,
zu kräftigen juchte. Seine feine Bildung, durch
den Umgang mit Roms ariftofratiichen Familien
gehoben, jchien ihn für das Striegsleben wenig
geeignet zu machen, und es war nicht zu ver—
wundern, da ihn Marius, als er im %. 107 ale
erwählter Quäſtor nad Afrika fam, nicht zum
beiten aufnahm und den ftädtifchen Stußer wegen
feines bisherigen weichlidhen Lebens mit ungün—
ftigen Augen anſah. Bald aber erzwang er ſich
des Marius Achtung durch fein tüchtiges Streben,
durch jeine Brauchbarkeit und durch die Anftellig-
feit, womit er fich das Waffenhandwerf zu eigen
machte, und gewann zugleich die Liebe und Ach—
Gaisford | tung der Soldaten durch feine Freundlichkeit und
onderd &. Bernhardy (1834—53); Kameradichaftlichkeit. Sall. Jug. 96. Die durd) feine
Schlauheit und KWedheit glücklich zuftande gebrach—
Suillfi, 1) ®. Suill., diente in Deutjchland ten Verhandlungen mit König Bochus von Mau-
als Quäftor unter Germanicns, wurde 24 n. C. | ritanien und Jugurthas Auslieferung an Gulla
1162
erwarben diefem Ruhm und Anjehen (Plut. Sull. 3. |
Sall. Jug. 102 ff.), legten aber audy den Grund |
zu dem Mißverhältnifie, das fortan zwifchen ihm |
und Marius obmwaltete und zuletzt den Staat in
feinen Grundfeften erjchütterte. Bald nach feiner
Rückkehr aus Afrifa diente S. unter Marius als
Legat und Tribun im Kriege gegen die Teutonen,
machte einen glüdlichen Feldzug gegen die Tekto—
jagen, zeichnete fich dann unter Catulus in Ober:
italien gegen die Cimbern aus und orbnete mit
rofem Talente das Verpflegungsweſen. Darauf
nden wir ihn nach einer langen Zeit der Ruhe,
ı dann (88) nach Stalien, nachdem er an den Senat
in der er fich den Bergnügungen Roms hingab,
erft im Jahre 98 als Prätor wieder, worauf er
(92) ald Proprätor Kilitien verwaltete, von wo er
91 nad Rom zurüdtehrte. Der unmittelbar darauf
ansbrechende italifche Bundesgenoffenkfrieg, an dem
auch Marius teilnahm, erwarb dem ©. größeren
Ruhm als jenem und brachte daher die Feind—
ichaft zwijchen beiden zu immer offenerem Aus—
bruche. In einer Schlacht gegen die Marier (in
der Nähe des Fucinerſees) erntete S. großen Ruhm,
eroberte Pompeji nach Befiegung der anrüdenden
Samniter und zeigte überall den tapferen Solda-
ten und gewandten genialen Feldherrn. Zum Lohn
erhielt er im X. 88 das Konjulat und als Provinz
Afien nebft der Führung im Kriege gegen Mithri-
dates. App. b. c. 1, 55. Vell. Pat. 2, 17 ff. Dies
veranlaßte den ehrgeizigen Marius im Bunde
mit dem Tribunen Sulpieius und den durch Ber:
iprechungen gewonnenen neuen italiihen Bürgern
zu Gejeßvorichlägen, denen die Konfuln S. und
Bompejus ein uflitium entgegenjegten; aber
Gewaltthätigkeiten des Marius und GSulpicius
zwangen den Pompejus zur Flucht, den ©. zur
Aufhebung des Juftitium. App. b. c. 1, 56, Plut.
Sull. 8. — begab ſich zu ſeinem Heere nach
Campanien. Auf Sulpicius' Vorſchlag wurde nun:
mehr Marius zum Oberbefehlshaber gegen Mithri—
dates ernannt und verſuchte das bei Nola ſtehende
Heer S.s zu gewinnen; der Verſuch ſcheiterte aber.
&. war keineswegs geneigt, durch freiwillige Nie:
berlegung des Befehls die Ausficht auf eine glän-
zende Zukunft aufzuopfern; er rüdte daher, nad:
dem er jeinen Soldaten die Sache auseinandergeſetzt
hatte, mit feinem Heere gegen Rom, zog in Die
Stadt ein und drohte mit Brandftiftung, wenn
irgend eine feindjelige Handlung von jeiten der
Bürger geihähe. Marius und Sulpicius entran:
nen eiligft, als fie jahen, dab jeder Widerſtand
nußlos jei; erjterer entfloh nach Afrika, legterer
wurde bei Zaurentum gefangen und getötet. App.
b. e. 1, 57ff. Plut. Sull.9f. Mar. 35. ©. er:
Härte nunmehr die julpiciichen Geſetze für ungültig,
beftimmte, daß dem Bolfe nur jolche Vorlagen ge-
macht werden jollten, die der Senat vorher beraten
hätte, und begab fich nach der Wahl der Konjuln,
unter denen fich auch Einna, ein Mann der Bolfs-
partei, befand, nad Capua, führte von da jein
Heer nad Brundiſium und ſetzte nach Griechen: |
land über. Nach heitigem Widerftande eroberte
er Athen und den Peiraieus, die Archelaos, der
Feldherr des Mithridates, mit Bejonnenheit und
Mut verteidigte (86), jchlug bald darauf den pon—
tiſchen Feldherrn bei Chatroneia, im folgenden
Jahre bei Orchomenos (in lehterer Schlacht ſtürzte
ji) S. perſönlich auf die feindlichen Reihen, um
jeine Soldaten zu ermutigen) und überwinterte in
Sullae.
Theflalien. Im 3. 84 ſchloß S. mit Archelaos,
den Mithridates bevollmächtigt hatte, einen Waffen:
ftillftand. Als aber Fimbria (f. d.) fi darein
mijchte, und Mithridates, der inzwiſchen ganz
Vorderafien erobert hatte, Schtwierigleiten bereitete,
rüftete ſich S. zum Übergange nach Aſien. Doch
gab Mithridates nah und jchloß mündlich beim
perjönlichen Zufammentreffen mit ©. zu Dardanos
an der afiatiichen Küfte den Frieden, der, —*
für den König kränkend zu ſein, doch auch
Würde des römiſchen Volkes nichts vergab. Darauf
unterdrüdte S. den Aufitand Fimbrias und jegelte
einen Bericht über feine Feldzüge in Ajien und
Griechenland vorausgeichidt hatte. Inzwiſchen hatte
Einna jofort nad & Abgange von Rom im J.
87 mehrere diejem feindliche Maßregeln beantragt;
darüber fam e3 zu Gewaltthätigteiten, und Einna
mußte die Flucht ergreifen. Aber von den Bundes:
genofjen und durch römische Soldaten und Flüdht:
linge unterftügt, rüdte er in Verbindung mit dem
nad Italien zurüdgefehrten Marius gegen Rom
und nötigte die Stadt durch Belagerung zur Über:
abe. Eine wahre Schredensherrihaft begann;
nad) Rache dürftende Marius vergoi Ströme
bon Blut und ließ, um fi ihrer Güter ungehindert
bemächtigen zu fönnen, durch jeine wilden Scharen
die hervorragendften Männer der ariſtokratiſchen
Partei und zahlreiche Ritter und Bürger eriwür:
gen; endlich jchritten jedoch Cinna und Sertorius
energiich gegen die von jenem losgelafienen Skla—
ven ein. Lav. ep. 79f. Vell. Pat. 2,20ff. App.
b.e.1,64f. Plut. Mar. 41ff. ©., dejien Familie
flüchten mußte, wurde in die Acht erflärt, jeine
Güter eingezogen. Aber nad) Marius’ plöglichem
Tode und nach der Beliegung des Mithridates
beichleunigte S. feine Rüdtehr nach Jtalien. So—
gleich wurden Maßregeln gegen ihn ergriffen, doch
fehlte es jeit Marius’ Tode an einem kräftigen
Haupte, denn Einna war der Führung einer Bartei
feineswegs gewadien. ©. eridien im Frühjahr 83.
Nach vergeblichen Berjuchen zur Vereinigung der
Parteien und nad Cinnas Ermordung durch jeine
eigenen Soldaten zu Ancona, jowie nach Gewin—
nung der Stalifer durch Güte und Freundlichkeit
ihlug er den Konſul Norbanus am Berge Tifnta
bei Capua, beivog Scipios Heer zum Übertritte.
befiegte 82 den jüngeren Marius bei Sacriportus
zwiichen Signia und Pränefte und ließ Pränejte,
wohin ji Marius geflüchtet hatte, eimjchließen.
Darauf jchlug er den Carbo in Etrurien, endlich
die Samniter vor Rom am Golliniihen Thore
(1. Novbr. 82) in hartnädiger Schlacht und war
damit Herr von Rom, wo er vor den Augen bes
zitternden Senates nahe beim Tempel der Bellona,
während einer von ihm gehaltenen Rede, feine in
der Schlacht gefangenen Gegner niedermegeln lieh.
Plut. Sull. 27 ff. Endlich ergab fi auch Pränefie,
nachdem fih Marius hatte töten laſſen. Plut.
Mar. 32. So hatte ©. erreicht, wonad er ge
trachtet, er war Herr Noms, wenngleich einzelne
Städte in Italien längere Zeit Widerftand leifteten
und Volaterrä in Etrurien ſich bis zum J. 79 mit
Erfolg verteidigte. Auch einige Provinzen wider:
jegten fi dem neuen Madıthaber, am längjten
Spanien unter Sertorius (j. d.). ©. jelbit zog
erjt im November 82 in Rom ein, und es began-
nen nun jene entjeglichen Proffriptionen, durch
Sulmo — Sulpieii,
die die marianifche Partei vernichtet wurde und |
Taufende feiner Rache und der Raubjucht feiner
entzügelten Soldatejfa zum Opfer fielen. Selbit
des Marius Grab wurde geöffnet, feine Gebeine
in den Anio geworfen; die Häupter der getöteten
Senatoren 'wurben zum Schreden aller öffentlich
ausgeftellt. In ganz Italien bemächtigten fich
&.8 Soldaten ber Güter der Geächteten und tra=
ten in ihre Rechte als Bürger ein; einzelne er-
warben fic ein fürftliches Vermögen. Doch wurden
die während der marianijchen Unruhen neuerworbe⸗
nen Bürgerrechte der Italiker geachtet und nur
einzelne marianiſch gefinnte Gemeinden bejtraft.
ahlreihe Militäranfiedelungen auf der ganzen
Halbinſel befejtigten die neue Ordnung der Dinge.
©. ſelbſt ließ fich zum Diktator ernennen, umgab
ſich mit einer aus freigelaffenen Sklaven (den jo:
genannten Eorneliern) beftehenden Leibwache und
ftellte N Feier feiner Siege große Feftlichkeiten
an. achdem er fich jo befeftigt hatte, gab er
zahlreiche Geſetze (leges Corneliae, |. ©. 688),
die unter Bejeitigung der grackhiichen Einrich—
tungen die Rechte des Volkes volllommen ver-
nichten und dauernde ariftofratiche Einrichtungen
fihern ſollten. So übertrug er die Gerichte von
den Rittern wieder auf den Senat und nahm
jenen bei den Spielen den eingeräumten Ehren:
plaß, reinigte und ergänzte den Senat und machte
ihn zum höchften und rn Staatslörper,
beichränfte die Rechte des Vollstribunats und der
Eenfur und verfügte eine beſſere Einrichtung des
Gerichtsweſens, wodurch er ji ein wahres Ver—
dieuſt erwarb. Nachdem er jo das Gemeindeweien
neu georbnet und dem erichütterten Staate Ruhe
und Orbnung wiedergegeben hatte, beſchloß er,
feine Diktatur niederzulegen, um fich für den Reſt
jeines Lebens aller Sorgen —— zu können;
er that es in voller Bürgerverſammlung (Anf. 79),
ohne daf irgend einer feiner Aufforderung gemäß
ihn wegen feiner Handlungen zur Nechentchaft zu
ziehen gewagt hätte. Er lebte fortan in der Nähe
von Puteoli, wo er feine Denkwürdigfeiten (dmro-
urijuere, rerum gestarum libri) in griechiicher
Sprache jchrieb, ohne fie jedoch volfenden zu kön—
nen; fein Freigelaſſener Cornelius Epicadus re
fie zu Ende. Plutarch hat fie bei mehreren Bio-
graphien mit Fleiß benutzt. Sein wifjenichaft-
liches Intereſſe bethätigte er auch, indem er die
Schriften des Ariftoteles nach Rom brachte. Seine
übrige Zeit füllte er aus mit Jagd, Fiſchfang und
Ergeplichkeiten. Er ftarb im J. 78, wie e8 jcheint,
am Blutfturze. Plut. Sull.36f. Val. Max. 9,3,8.
Seine Leiche wurde nach Rom gebracht und jei:
nem Wunjche entiprechend auf dem Marsfelde
verbrannt, damit nicht mit feinem Körper gethan |
werden könne, was er früher mit dem des arins |
hatte thun Taffen. Much wurde ihm ein Denkmal |
auf dem Marsfelde errichtet, deſſen Inſchrift er
jelbft verfaßt Haben ſoll. Plut. Sul. 38. Wie viele |
—— gethan, ſah auch er, der Liebling
des Glückes, ſich als ein Werkzeug in der Hand
der Götter an, die, wie er ſich rühmte, in Träu—
men und Anzeichen mit ihm Berfehr unterhielten; |
daher glaubte er ftets in folcher Eigenjchaft zu
handeln und ihres bejonderen Beiftandes gewiß
fein zu können. Plut. Sull. 27. 34. — Vgl. die‘
Monogr. von Bachariä (1834) und Lau (1855),
jowie Gerlach, hiſtoriſche Studien III ©. 477 ff.
1163
und Fritzſche, die ſullan. Gejehgebung (1882). —
2) Fauſtus Corn. Sulla, Sohn des vorigen,
focht unter Pompejus (63 dv. E.) vor Jeruſalem,
defien Tempelmauern er zuerft erjtieg (Joseph. ant.
14, 44. b. iud. 1, 7,4. 6), war 54 Onäftor (Dio
Cass. 39, 17), fämpfte unter Bompejus im Bürger:
friege gegen Cäſar bei Pharjalos, nad) des Pom—
pejus Tode bei Thapjus in Afrifa (daj. 42, 13),
two er gefangen genommen und bald nachher von
Cãſars Soldaten getötet wurde. Er war in jeiner
Jugend oft in Gefahr, die von jeinem Vater zu:
jammengebracdhten Schäge wieder herausgeben zu
müfjen; doc ſchützte ihn nicht nur Cicero, jondern
auch der Senat und jeine Verwandtſchaft mit Pom—
pejus Magnus, defien Schwiegerjohn er war. —
Seine Zwillingsichweiter Fauſta war nad Löſung
ihrer erften Ehe zum zweitenmal mit T. Annius
Milo verheiratet. — 3) 5 Corn. Sulla, Bruders:
ſohn des Diktators, defignierter Konſul 66 v. C.,
wurde wegen Amtserjchleichung angeflagt und der
Teilnahme an der catilinarijchen Verſchwörung be:
ſchuldigt, wogegen Eicero ihn mit Erfolg (62 v. C)
verteidigte. Er war ein Anhänger Cäjars und
focht unter ihm bei Pharjalos. ftarb 45, zu
großer freude der Römer, bei denen er jich durch
Güterkäufe während der jullaniichen Broffriptionen
und nach Beendigung des Bürgerfrieges zwiichen
Eäfar und Bompejus verhaft gemacht hatte, wahr:
ſcheinlich von Räubern auf einer Reiſe ermordet.
Cic. Sull. 4. 24. ad fam. 15, 17. 19.
Sulmo, Zovluov, 1) Stadt der Bäligner im
Sabinerland, an einigen falten Gebirgsbächen (Or.
fast. 4, 81: gelidus S.; trist. 4, 10, 3: gelidis
uberrimus undis; ‘am. 8, 15, 11: aquosus); j.
Sulmona. Nachdem Sulla die Stadt zerftört Hatte,
wurde fie ala Kolonie wiederhergeftellt. Hier war
der Dichter Dvidius geboren (Ov. trist. 4, 10, 3f.
am. 8, 15, 11; vgl. Caes. b. c. 1, 18. Liv. 26, 11).
— 2) Stadt im Boljterland am Ufens in Latium,
zu Blinins’ Zeit (3,5, 9) ſchon verjchwunden. Verg.
A. 10, 516.
Sulpieli, patricijches Geſchlecht: 1) Ser. Sulp.
Ehmerinns Cornutus, Konjul 500 dv. E., ver:
eitelte die Verſchwörung der unteren Stände zu
Gunsten der Tarquinier und veranlaßte 496 nad)
Befiegung der Latiner am See Regillus die Er-
—— des Friedens mit Latium. Liv. 2, 19.
Dion. Hal. 6, 54 ff. 6, 20. — 2) Ser. Sulp.
Camer. Eorn., Konſul 461 v. E., widerjegte ſich
der terentiliichen Bill, deren Erneuerung die Tri-
bunen beantragten, mit Erfolg und war 454 einer
der Gejandten, die Geſetze ans Griechenland holen
follten. Noch im hohen Alter fämpfte er (446)
gegen Volſter und Üquer. Liv. 3, 10 ff. 31. 70.
Dion. Hal. 10, 52. 54. — 3) Ser. Sulp. Ca—
merinus, widerjeßte ſich 398 v. E. als Konjul
der Auswanderung nach Veji, wofür er die Ber:
teilung von vejentifchen Ländereien an die Ple—
bejer durchſetzte. Ziv. 5,295. — 4) D. Sulp.
Longus, Konfulartribun im 9. 390 v. C., be—
fehligte an der Allia, jowie auf dem Capitol und
ließ die Wache, die das Emporjteigen der Gallier
auf das Capitol nicht verhindert hatte, vom Felſen
hinabftürzen. Er leitete auch die Verhandlungen
mit den Galliern. Plut. Camill. 28. Liv. 5, 36.
475. 6,1. — 5) Ser. Sulp. Rufus, entſetzte
als konſulariſcher Tribun 377 v. €. die von den
Latinern belagerte Burg von Tuſeulum. Liv. 6, 827.
1164
— 6) C. Sulp. Beticns, befleidete fünfmal das
Konfjulat, fämpfte 361 v. E. gegen die Hernifer,
bie er befiegte (Liv. 7, 9), jchlug als Diktator 358
die bojiichen Gallier (Liv. 7, 12 ff.) und 351 die
Tarquiniemfer, die er zu längerem Frieden nötigte.
Liv. 7, 22. — 7) C. Sulp. Zongus, führte 323
v. E. als Konful Krieg gegen die Samniter, aber:
Sulpicii,
gegen die verjchuldeten Senatoren und damit gegen
die Ariftofratie jelbft gerichtet waren (Plust. Sull. 8),
erbitterten den Senat aufs höchſte und ftießen auf
entichiedenen Widerftand. Sulpicius, der jich mit
3000 gebungenen LZeuten umgab, bedrohte jogar
das Leben der Konfjuln, und die Gejeße gi
ingen
mit Zwang durdh. Er lieh dann dem rıus
mals 314 und befiegte fie in Campanien. Liv.
8,37.9,24ff. — 8) E. Sulp. Paterculus,
258 v. E. Konjul, kämpfte nad) Polybios (1, 24)
egen die Karthager auf Sicilien, nad andern
* er ihren Feldherrn Hannibal an der Küſte
Sardiniens. — 9) P. Sulp. Galba Maximus,
beſchützte 211 v. C. Rom vor einem Angriffe Han—
nibals (Zav. 26, 9 ff.) und führte in dem nächſten
Jahren den Befehl in Griechenland von Sikyon
aus gegen Philipp von Makedonien; thätiger und
nicht ohne Ruhm führte er dasjelbe Kommando
200 und in den folgenden Jahren. Liv. 26, 28.
27, 30. 31, 14. 27. 33 ff. 32, 1. — 10) €. Sulp.
Galus, diente ald Kriegstribun im Kriege gegen
Berjeus, wo er vor der Schlacht bei Pydna eine
Mondfinfternis vorberfagte. Liv. 44, 37. Nach
feiner Nüdtehr aus Makedonien wurde er 166 v. C.
Konſul und befiegte in demjelben Jahre die Ligu—
rier. 164 unterfuchte er ald römischer Abgejandter
bie gegen Eumenes von Pergamos vorgebradhten
Klagen. Pol.31,9f. Er war ein jehr tugendhafter,
gebildeter und beredbter Mann, in den Schriften
der Griechen wohlbewandert und beichäftigte ſich
auch im jpäteren Leben gern mit Afironomie. Cie.
Brut. 20, 78. Cat. m. 14, 49. ad fam. 4, 6,1.
Plin. 2, 19, 21. — 11) Ger. Sulp. ®alba,
juchte, aber ohne Erfolg, den von ihm gehaßten
L. Amilius Paulus um feinen Triumph über
Perſeus zu bringen (Zav. 45, 35 ff.), kämpfte 151
v. C. in Lufitanien, war jedoch unglüdlih und
verübte gegen eine feindliche Schar, die ſich ihm
vom Bolfe an Sullas Stelle den Oberbefehl gegen
Mithridates übertragen. Der erbitterte Sulla rüdıe
nun gegen Rom und eroberte die Stadt troß bes
Widerftandes des Marius und Sulpicius. eide
entflohen und wurden geächtet, Sulpieius, von
einem Sklaven verraten, bei Laurentum ergriffen
und getötet (Oic. de or. 3,3, 11. Cat. 3, 10, 24.
Phil. 8, 2,7), fein Haupt auf der Rednerbũhne,
wo er jo oft geglängt hatte (Cie. Brut. 49, 183.
de or. 3, 8, 31), ausgeftellt. App. b. c. 1, 55 ff.
Vell. Pat. 2, 19. — 15) Ser. Sulp. Galba,
diente im marfischen Kriege, ſchlug 90 v. E. als
Legat die Päligner, entjegte den von den Feinden
eingeichloffenen En. Bompejus Strabo, befiegte 88
die Marruciner und gewann nod einen blutigen
Sieg über die feindlihen Heerführer. — 16) #.
Sulp. Galba, Adil mit Cicero, fiel, als er ſich
mit diefem um das Konfulat bewarb, durch. Cie.
ad Att. 1,1,1. — 17) Ser. Sulp. Xemonia
Rufus, ein Freund Ciceros, übte mit ihm bei
Molon auf Rhodos die Redekunſt und widmete
fich jpäter der Jurisprudenz. Cic. Brut. 41, 151.
42, 154. Nach Belleidung der Prätur (65) fiel
er bei der erften Bewerbung um das Konſulat
durch, erhielt aber das Amt {ir das J. 51 v. E.
Cie. ad fam. 8,8,5. Im J. 49 ging er, als
Eäfar gegen Rom zog, nach Campanien und Fonnte
zu feinem feften Entichluffe gelangen, welche Partei
er ergreifen jollte, weshalb Cicero, der ebenjo un:
Schfiifig war, ihn tabelte (ad Att.8, 1,1. 9, 19,2.
10, 18, 2). Endlich entichied er ſich für Cäſar,
vertrauensvoll ergeben hatte, ſolche Grauſamkeit, wurde 46 Statthalter in Adaja (Cie. ad fam.
daf er in Nom 149 angellagt wurde und nur, wie es | 6, 6, 10. 13,17 ff.), verfiel nach Cäſars Tode
ſcheint, durch Beftechung und Hägliches Bitten das | wieder in feine alte Unjchlüffigfeit und ſtarb als
Bol zum Mitleid bewog und Freiſprechung erlangte. | Sejandter des Senats an den Antonius auf der
Cie. Brut. 23, 90. de or. 1, 53, 227. Quint. 2,1558. | Reife nad) Mutina, 43. Cie. Phil. 9, 7, 15 ff. ad
Er war der erjte Redner jeiner Zeit. Cic. Brut. | fam. 12, 5, 3. Wusgezeichneter noch denn als
86, 295. 97, 338. — 12) Ger. Sulp. alba, | Redner war er als Rechtögelehrter, da er der erſte
des vorigen Sohn, Gegner des Demagogen Satur: | war, der das Recht Funftreich behandelte. Er
ninus, war Konſul 108 v. C. Cic. Kab, perd. 7. hinterließ viele Schüler und zahlreiche Schriften.
— 13) €. Sulp. Galba, Schwager des E.| Cic. Brut. 41, 151. Quint. 10, 1, 116. 12, 10, 11.
Grachus, ein tüchtiger Redner, wurde 110 v. E. | — 18) Ser. Sulp. Galba, diente unter Cäjar
öffentlich verurteilt, weil er fih von Jugurtha in Gallien ald Legat, war 54 v. E. Prätor und
hatte bejtechen lafjen. Cie. Brut. 34, 128. — 14) P. | fiel 49 troß Cäſars Empfehlung bei der Bewer:
Sulp. Rufus, geboren wahricheinlih 124 v. &., | bung ums Konſulat durch. Cues. b. g. 3, 1. 8, So.
trat zuerjt für die Optimaten im J. 94 mit einer | Dio Cass. 39, 65. Später ſchloß er fi den gegen
Anklage gegen Norbanus auf, war im marjischen | Cäſar Verjchworenen an (Suet. Galb.3. Cie. Phil.
Kriege Legat (Cie. Brut. 89, 304) und wirkte jpäter | 13, 16, 33), weshalb er 43, nachdem er noch unter
als Bollstribun (88) ganz im Geifte der DOptis | Hirtius gegen Antonins gefochten hatte, als Mör:
matenpartei für die Aufrechthaltung der Berfafjung | der verurteilt wurde. — 19) P. Sulp. Rufus,
mit einem ungemeinen, alles überwältigenden | fämpfte unter Cäjar in Gallien, war 48 v. €.
Rebnertalente. Sein Auftreten gegen C. Cäſar, Befehlshaber der Flotte Cäſars, erhielt dann 47
der ſich mit Uberjpringung der Prätur ums Kon: | Jlyrien als Provinz und blieb dajelbft bis zum
julat bewarb, entzweite ihn mit deſſen Familie J. 45. Caes. b.g.4,22. b.c.3,101. b. Alex. 44 ff.
und drängte ihn, der durch Marius zur Unter: | — 20) Sulpicia, von dem Dichter Tibullus in
ftügung feiner ehrgeizigen Pläne umgeftimmt war, | mehreren Elegien (4, 2—7. 11) wegen ihrer Liebe
zu weiter gehenden Schritten, ohne daß er die Ber: | zu dem Freigelafjenen Cerinthus befungen. Einigen
faffung umftürzen wollte. Seine Gejehvorichläge, | gilt fie jogar als Verfaſſerin mehrerer Elegien des
die bejonders die Gleichftellung der Neubürger mit | vierten Buches des Tibull. — 21) C. Sulp.
den Altbürgern bezwedten und die Keime erneuter | alba, tötete fich jelbit, nachdem er jein Ber:
Zwietracht befeitigen jollten, außerdem aber auch mögen durchgebracht hatte, 36 n. C. Teac. ann.
Summanus — Superstitio. 1165
6,40. — 22) Sulp. Aſper, diente ald Haupt:
mann in der faiferlichen Leibwadhe, war Zeil |
nehmer der piſoniſchen Verjhwörung gegen Nero
und erlitt mit Mut den Tod. Tae. ann. 15, 497f.
Suet. Ner.36. — 23) Ser. Sulpicius Galba,
der Kaifer, ſ. Galba. — 24) P. Sulp. Qui—
rinus, gehörte nicht zu der alten patricijchen
Familie der Sulpicier (Tac. ann. 3,48), war aber
durch feine Gemahlin Lepida verwandt mit den
Libonen (Tuc. ann. 2, 30). In dem Munieipium
Lanuvium geboren, empfahl er fich dem Auguſtus
als waderer Kriegsmann und durch eifrige Dienft-
feiftungen, jo daß er für das J. 12 v. E. zum
Konjul ernannt wurde. Dio Cass. 54, 28. Nad)
einer, freilich angefochtenen, Angabe des Florus
(2, 31) verwaltete er die Provinz Afrika (früheftens
7 vd. €) und unterwarf die Marmariden und
Garamanten. Darauf bejiegte er ald Statthalter
(iyeuor) von Syrien die Homonadenfer in Kili—
fien (etwa 5 v. C. Tac. ann. 3, 48. Strab. 12, 569),
erhielt dafür die triumphaliſchen ag sr und
wurde 1 v. C. dem €. Eäjar (vor Lollius) als
eomes et rector iuvenis beigegeben, als derjelbe,
zum Statthalter von Armenien ernannt, die Ber:
ven des Orients ordnen jollte (Tac. ann. 2,4.
ell, Pat. 2, 101. Swet. Tib. 12). Als foldyer |
erwied er dem Tiberius in Rhobos feine Hoc
achtung (Tac. ann. 3, 48). 6 n. €. mwurbe ihm
zum \zweitenmal die Provinz Syrien übergeben
(»Jos. ant. 17,18, 5. 18,1, 1. Din. Cıss, 60, 27)
mit dem fpeziellen Anftrage, Judäa als Provinz
einzurichten. Bon feiner Gattin Lepida trennte er
ſich bald und machte ihr noch nad) fait 20 Fahren
(Suet. Tib. 49. Tac. ann. 3, 22) den Prozeß. Da:
durch bei den altadeligen Familien verhaßt (ob-
jchon Lepida für jchuldig befunden ward), durfte
er fi doch bis zu feinem Tode 21 n. C. der
Freundſchaft des Tiberius erfreuen, jo daß jeine
Leiche von Staats wegen bejtattet wurde. Tuc. ann.
3,48. Seine zweimalige Berwaltung Syriens fteht
nad) neueren Unterjuchungen feft, wenngleich eine
dafür angezogene Inſchrift nach Zumpts eindring=
lichen Unterfuchungen nicht auf ihn zu beziehen
ift. Die nähere Beftinmung feines erjten Ber-
waltungsjahres ift noch d' erwarten, j. Pfißner,
das Geburtsjahr Chriſti ©. 9—14. — 25) Sulp.
Apollinaris, unter den Antoninen geboren zu
Karthago, Lehrer des jpäteren Kaiſers Pertinax,
fowie des A. Gellius, bejchäftigte fich mit gelehr:
ten grammatiichen Studien, namentlich über Ber:
gilius. Erhalten haben fi) von ihm metrijche
Inhaltsangaben zu den 12 Büchern der Nneide,
jowie zu den Stüden des Plautus. — 26) Sul:
picia, Berfafjerin erotiſcher Gedichte, lebte unter
Domitian. Martial. 10, 35. 38. Erhalten hat fich
außer einigen Heinen Bruchjtüden unter ihrem
Namen eine satira, ein Heines Gedicht in 70 Hera=-
metern, in dem die Zeitverhältniffe und die jchlinme
Lage der Dichter beiprochen werden (herausgegeben
von Schwarz und Gurlitt, 1819, Schläger, 1846,
Bährens, 1873, und öfter® mit den römischen
Satirifern). Das Gedicht ift, mo nicht, wie der
Holländer Boot (1868) nachzumeijen verjucht hat
und auch Bücheler annimmt, eine moderne Fäl—
ihung, jo doch jedesfalls aus jpäterer Reit, viel-
leicht aus dem Anfange des 5. Jahrh. n. €.
Summänus, römifjche Gottheit, jabinijchen oder
latinifchen Uriprungs, deren Wejen den Römern
ſelbſt rätjelhaft war. Er wurde gewöhnlich als
der Gott der nächtlichen und Erd-Blitze angejehen
und für Pluto gehalten. Wahrjcheinlih war es
urjprünglich eine Eigenſchaft des Jupiter, die fich
u einer bejonderen Perſon verjelbftändigt hatte.
tr hatte einen Tempel am Circus maximus, ber
in der Beit des Pyrrhos reftauriert ward. Or.
fast. 6, 731. Liv. 32, 29.
Sumptus und leges sumpiuariae. Während
in dem alten Rom die einfachite Genügjamteit
waltete, herrichte jpäter unfinnige Verſchwendung
und der ausgefuchtefte Luxus. Eine Reihe vor
Geſetzen, leges sumptuariae, vermochte nicht dem
Übel zu fteuern, ebenfowenig die Strenge der Gen:
joren oder Adilen. Am älteften find die Geſetze,
die den Aufwand bei Leichenbegängnifien verboten,
wie die lex Numae und eine Reihe von Berord-
mungen in den XI Tafeln. Cie. legg. 2, 23 ff.
Die erfte eigentliche leX sumptuaria war die lex
Oppia, 215 vd. C. gegen den Luxus der Frauen
gerichtet. Ziv. 34, 1. Tac. ann. 8, 33 f. Die
andern beſchränkten faſt ausſchließlich den Tafel:
furus, wie die lex Örchia, etwa 183 v. C.
(über die Zahl der Säfte), lex Fannia, 1610. C.
(ernenerte die lex Orchia, verbot gewiſſe Speifen
und beftimmte eine Norm für den an Fefttagen
zu machenden Tafelaufwand). Die lex Didıan,
143 v. C., dehnte das vorige Gejeh auf alle in
Italien wohnenden römijchen Bürger aus, und
die lex Lieinia, etwa 100 v. C., war im
wejentlichen eine Wiederholung der lex Funnia
und beftimmte die Ausgaben ut yet
u. ſ. w. Die lex Cornelia Sullas, 81 v. E,,
ichärfte dasjelbe wieder ein und gab zugleich eine
jehr billige Tare der gewöhnlichen Lebensmittel
und feineren Speifen. Nach einigen Jahren fam
die lex Aemilia; am umfaflendften war bie
lex Julia, von Cäſar gegeben, welche nicht bloß
den Tafellugus, fondern auch die Kleiderpracht und
den Gebrauch unnüßer Luxusartikel beſchränkte.
Es folgte eine zweite lex Julia von Auguftus,
der überhaupt die alte Einfachheit zurüdzuführen
ftrebte, aber natürlich ohne olg. Unter den
ſpäteren Raifern nahm mit dem Sittenverderben
auch der Lurus reifend zu, und troß mancher
faiferliher Berordnungen (Tae. ann. 3, 52 ff.)
errjchte das Unmejen fort. Bgl. Tac. ann. 3, 55.
ber den Tafellurus vgl. Buschmann, Bilder aus
dem alten Rom, ©. 26 f.
Sunion j. Attika, 18.
Suoretaurilia (Solit.) j. Opfer, 4.
Superi (dii), die höheren Götter, auch mit Ein—
ſchluß der unterirbijhen (Zacan. 6, 748), dann
die Götter der Oberwelt im Gegenſatz zu den ter-
restres und inferi. Ov. met. 14, 729. trist.4, 4, 19.
Verg. A. 7, 312.
Superstitio hieß das Abweichen von dem vater:
ländiichen Gottesdienfte zu fremden, vom Staate
nicht anerfannten Göttern. Diejes Hinwenden zum
Ausländifchen hatte feinen Grund einesteils im
allzugroßer Furcht vor dem Unſichtbaren, andern-
teild im Mißtrauen gegen die Macht der heimi-
ſchen Götter. Einzelne Erjcheinungen des Aber:
glaubens nach unjerem Sinne j. unter Divinatio
und Zauberei; über das Berhalten des Staates
gegen die ausländijchen Kulte j. Zauberei (gegen
de) und gegen die Bacchanalien unter Diony-
sos, 10.
1166
Superum mare j. Adria.
Suppärus hieß die obere (exterior) Tunifa im
Gegenſatz zu der unteren, subncula.
Supplieatio, öffentliche Demütigung vor den
Göttern bei glüdlichen oder unglüdlichen Staats-
ereigniffen, ein Buß-, Bet: und Dankfeſt (obse-
eratio, gratulatio, vgl. Cie. ad fam. 11, 18, 3),
entweder bei drohendem Unglüd zur Abwehr oder
nach glüdlichen Ereigniffen zum Dante. Bejonders
bezeichnet dad Wort die vom Senate ausgehende |
Zuerfennung eines öffentlichen Dankfeſtes für die
von einem Feldherrn und dem Heere den Senate
eleifteten Dienste, namentlich für einen errungenen
ieg, wobei der Senat im Namen des Jmperators
die Kempel zu öffnen und den Göttern Dankopfer
zu bringen befahl. Der Triumph folgte nicht mot:
wendig nad; da dies aber oft geſchah, jo hieß
die Supplicatio praerogativa triumpbi. Dieje
Eupplicatio dauerte anfangs einen Tag, danı 2,
3, 4, 5, 10, 15, 20, jogar 40 und 50 Tage. Liv.
27,51. 10,23. 5, 23. 30, 21. Cie. prov. cons. 10.11.
Phil. 14, 11. 14. Caes. b. g. 2, 35. 4, 38. Suet.
Caes, 24. Sie wurde angeſagt entweder für ein-
zelne beftimmte Götter oder für alle, welche pul-
vinaria hatten; und an ſolchem dies pandicu-
laris (Fest. p. 220) verteilte ſich das Volk in die
verichiedenen Tempel und Kapellen, Bei bejonders
roßen Gefahren waren damit noch Umzüge der
—— durch die Stadt verbunden. Liv. 25, 12.
27,37. 31, 12. Zur Prozeſſion erſchienen gewöhn—
lih alle Stände, auch oft die Landleute und be-
nachbarte Stämme. Die Teilnehmer der Prozeffion,
ewöhnlich befränzt, zogen, Lieder auf die Götter
—— durch die Stadt zu den Tempeln, um die
Gnade der Götter durch Gebet und Opfer zu
erflehen; oft veranſtaltete dabei der Senat ein
öffentliches Mahl.
Supplicium hieß eigentlich Sühnopfer, dann
das mit der sacratio capitis verbundene Sühn-
opfer, zulegt Hinrichtung, da dieje an die Stelle
ber sacratio capitis getreten war. Wenn das
Gericht die Todesitrafe ausgeſprochen hatte, jo
wurde diejelbe bald vollzogen, auch noch unter
Tiberius (Teac. ann. 3, 51). Doc infolge eines
übereilten Senatsbeichluffes wurde auf Antrag des:
jelben ein Senatslonjult gegeben, daß die Hin-
richtung des Berurteilten nicht vor dem zehnten
Tage Pattinden jolle (Suwet. Tib. 75. Dio Cass.
67, 20. 58, 27). Später wurde dieje Friſt bis auf
30 Tage ausgedehnt (Quint. decl. 313. Calp. Flav.
decl. 25). € Carnifex, Lietor, Specula-
tor und Triumviri capitales. Die Exeku—
tion wurde mit Ausnahme der im carcer zu
vollziehenden Erdroffelung vor den Thoren (ge:
wöhnlich auf dem campus Esquilinus) vorgenom:
men, unter Zuziehung eines praeco, der das
Verbrechen öffentlich ausrief und dem Liltor oder
Henfer das enticheidende Zeichen gab. Berhüllten
Hauptes wurde der Delinquent gegeißelt und jo:
dann mit Beil oder Schwert hingerichtet oder
gefreuzigt. Wenn der Leichnam den Angehörigen
nicht auf bejondere Erlaubnis zurüdgegeben wurde,
blieb er unbeerdigt liegen oder wurde in den
Tiber geworfen.
militaris, 10.).
Surena, Zoverjvag, hieß bei den Parthern der
höchſte Würdenträger nad) dem Könige, der dem
Im Felde erfolgte die Hinrich
tung vor der porta decumana (). Discıplina
Superum mare — Susiana.
den Thron Befteigenden die Tiara auffeßte. Tue.
ann, 6, 42. Strab. 16, 747. Der Name entjpricht
etwa dem türfifchen Großvezier.
Surrentum, Zvggevror, alte Stadt Campa-
niens auf der vorſpringenden Landipige des Pro-
munturium Minervae, das den Eumantichen Meer-
bujen von dem Päſtaniſchen trennt, an erfterem;
j. Sorrento. Die Hügel der Umgegend, Surren-
| tini Colles, lieferten einen trefflihen Wein. Lir.
22, 61. Plin. 3, 5, 9. 14, 6, 8. Ov. met. 15, 710,
ı Hor. ep. 1,17, 52. sat. 2,4,55. Strab. 5, 243. 247.
Susa, r« Zoöce, in der Landesſprache Sufun,
'j. Ruinen Sus, die alte Hauptftadt von Sujiana,
in der Landichaft Kiffia zwiſchen den Flüſſen
Choaſpes im W. und Eulaios im D. an dem Ko:
pratas gelegen, jeit Dareios J. die gewöhnliche
‚ Refidenz der a Sie war rechtwinklig
angelegt, maß 120-200 Stadien im Umfang,
hatte wie Babylon nur Häujer aus Badjteinen
\und feine Stadtmauern, aber eine ftarfbefeftigte
| Burg, welde den Balajt und eine Hauptichag-
fammer der Könige enthielt. In Sufa feierten
324 Wlerander und feine Feldherren ihre große
Hochzeit mit Perjerinnen. Seit 1849 haben Nach:
grabungen interejlante Überrefte zu Tage gefördert.
Aesch. Pers. 3f. 16. Hdt. 5, 49. 52. Arr. 3, 16, 6.
7,4, 4. Diod. Sie. 17, 6öf. Strab. 15, 727 ff.
Susarion, Zovoagiwor, Sohn des Philinos aus
dem Flecken Tripodiflos in Megara, fam nad
Jlaria in Attika und trat hier zuerft zwiſchen
581 und 562 dv. E. mit Komödien auf, indem er
wahrjcheinlic die in Megara bei der Weinleje
üblichen Stegreificherze (adroogsdıdsuare) in ein
Metrum brachte. Der Dionyjoskult in Attila bot
dafür eine Grundlage,
Susceptor hieß der Provinzialiteuer-Einnehmer
in ber Raijerzeit, anfangs von den ftädtijchen
Senaten (Eurien), jpäter von ben faijerlichen Be:
amten ernannt.
Susiäna, 7) Zovourrj, Zovaig, Zovsıdg, Land:
ichaft in Aſien, früher Kiffia (f. d.), fonft auch Ein:
mais (j. d.) genannt, j. Chuſiſtan; bis ins 7. Jahrh.
v. C. jelbftändig und oft mit Babylonien und
Aſſyrien im Srieg, feit dem 6. Jahrh. perfiiche
Pens: Sie grenzte im D. an Perſis, im N.
an Medien, im W. an Babylonien, im S. an die
innerfte Spige des Perfiihen Meerbujfens. Den
ſüdlichen und mittleren Teil bildete eine mit Ba—
bylonien zujammenhängende, ungewöhnlich heiße
Ebene, bewohnt von friedlichen J— der
N. und D. war ein kühles, auf den höchſten Ter—
rafjen rauhes Gebirgsland, in dem wilde Hirten:
und Räuberftämme hauften, die jelbft von den
Perjerfönigen für den Durchzug dur die zulaı
oder ergmı LZovoides (j. Paß Kelah-i-Sefid)
zwiſchen Suſa und Perjepolis ein Löſegeld ver:
langten. Abgeſehen von der jumpfigen Küfte und
den lahlen Höhen war das Land fruchtbar, reich
an Getreide und Wein; auch fanden ſich viele
Naphthaquellen. Die Flüffe münden jämtlich in
den Perſiſchen Meerbufen: der Oroatis (j. Zore)
für ji, der Choaſpes (j. Kerfha) und der Eu:
laios oder Bajitigris (j. Karun) mit dem Ko:
pratas (j. Disful) ald Nebenflüffe des Tigris.
— Die Bewohner, Zovaarol, Zovsoı, bejtanden,
wie in Babylonien, aus einer Urbevölferung von
unbefanntem (turaniichem?) Stamm uud aus ein:
gewanderten Semiten. Jene behauptete ſich wohl
Suspensura — Sygambri.
hauptjächlich in den Gebirgen; ihre eigentümliche |
Keilichrift und Sprache zeigt ſich auf den in Su:
fiana gefundenen Inſchriften, ebenjo auf den meiften
Inichriften der Adhaimeniden, hier zwiſchen dem
perfiichen und dem babyloniichen Terte. Bon Völ-⸗
ferichaften werden genannt: die Urier in Uriana
auf den öftlichen Gebirgen, die Mejjabaten nörb: |,
lich in Meffabatene, die Kojjaier nordweitlich in
Kofjaia, die Kiſſier um Suſa, die Elymaier
im S. An der Tigrismündung lag die Yandichaft
Charakene oder Mejene. Städte: Suja (i. d.),
Seleufeia, Azara, Aginis, Babafe. Strab. 15, 727 ff.
Suspensüra, ber behufs ber Heizung hohl:
gelegte Fußboden, j. Haus, 11.
Suthul, Kaftell Numidiens, wo Jugurtha jeine
Schatzlammer hatte, nach einigen das fpätere Ca:
lama, zwiſchen Hippo Regius und Cirta, nad
andern öÖftlich davon. Sall. Jug. 37.
Sutor, griechiſch oxvroröuog, allgemein der
Xederarbeiter, jpeziell der Schufter; sutor cerdo
oder s. veteramentarius der Schuhflider. Die
Schuhmacher arbeiteten, wie bei uns, fißend und
bedienten fich zum Schneiden des Leber in Strei:
fen mehrerer Arten von Mefjern, und zwar bed
geradfchneidigen, scalprum, oufln, ouıllor, und
des rundjchneidigen, culter erepidarius, rouevg,
regrrousdg, zum Bufammennähen, nachdem durch
bie Ahle, subula, fistula sutoria, ömnrıov, Ömevg,
xerrneijgior, Löcher gebohrt worben, der Tier:
jehnen; die Schuhe felbit wurden über dem Leiften,
forma calcei, waldmovg, nalörovg, nalonödıor,
gearbeitet, geglättet und mit dem Scufterichtwarz
gefärbt. Vgl. das Nähere bei Blümmer, Techno:
logie und Terminologie l ©. 268 ff.
Sutrium, Zovrgiov, Stadt Etruriend an ber
Ditfeite des Ciminiſchen Bergmwaldes, jeit 383 v. €.
römijche Kolonie, j. Sutri mit Reften alter Mauern.
Liv. 6, 3. 9, 32. 35. 10, 14. 27, 9. Plut. Cam. 35.
Strab. 5, 226.
Svardönes, ſueviſches Volk im nördlichen Ger:
manien, recht3 vom Albisfluß, zwijchen den Saro:
ne3 und Langobarden, vielleicht an dem Flüßchen
Schwartau, oberhalb der Mündung der Trave.
Tac. Germ. 40. R
Syagrius, Sohn des Agidius, ſchützte nad)
deſſen Tode (484 n. E.) als Statthalter mit Hülfe
des Frankenkönigs Ehilberich die römischen Land:
ſchaften in Gallien gegen die übrigen andringen:
den Franfen, deren König Ehlobwig in Verbin: |
dung mit Ragnadhar, dem Könige eines andern |
Teils ber ſaliſchen Franken, ihm angriff und in
der Schlacht bei Soiffons 486 bergeftalt jchlug, |
daß er zu dem Könige der Weftgoten Alarich II. |
floh; von dieſem an Chlodwig ausgeliefert, erlitt
er den Tod. Mit feinem Sturze war der weft: ı
römischen Herrichaft in Gallien ein Ende gemadıt.
Sybäris, Zößagıs, berühmte, von Achaiern
und Troizeniern um 720 v. C. —— und
nach der gleichnamigen Quelle bei Bura in Achaia
(Strab. 8, 386) genannte, griechiſche Kolonie an
der Küfte Lucaniens, unweit der Grenze von
Bruttii, am Fluſſe Krathis Kurz vor jeiner Ver—
einigung mit dem Nebenflüßchen Sybaris(j. Eojcile).
Durch ihren blühenden Handel, bejonderd nad)
Kleinafien, fam fie zu bedeutender Macht und
Größe (Hdt. 6, 21), jo daf in der Zeit der hödhften
Blüte 25 Städte ihr gehordhten, und jie 300 000
Mann gegen Kroton ins Feld ftellen fonnte. Die
1167
Bahl der Bewohner betrug wohl 100 000, Allein
der hohe Wohlftand lieh die Sybariten in ein
ſprichwörtlich gewordenes weichliches Leben ver:
fallen. In einem Kampfe mit Kroton, 610 v. C.,
wurde ©. völlig zerftört. Diod. Sie. 12,9. 443 v. C.
legten die Nachkommen der flüchtig gewordenen
Sybariten im Verein mit einer athentichen Kolonie,
bei der auch der Geichichtichreiber Herodot war,
in der Nähe der alten Stadt die nad) der Quelle
Thuria benannte Stabt Thurivi (Qovgio, Hov-
eia, Govgıor) an, die unter der demokratiichen
Gejepgebung des Eharondas bald zu großer Blüte
—— Thue. 7, 33. Im zweiten puniſchen
iege, 204 v. C. ließ Hannibal die Stadt plün—
dern und einen Zeil der Bewohner nadı Kroton
bringen, worauf die Römer 194 v. E. eine Kolonie
dorthin führten, unter dem (bald in Vergeſſenheit
geratenen) Namen Copise. Die Stadt war feft
und hielt eine ser eg, er PBompejus aus;
jpäter war fie römijhes Municipium. Wie fie
untergegangen, weiß man nicht; ebenjomwenig fteht
die Ortslage feit. Strab. 6, 263. Abhandl. von
Schiller (1838) und Th. Müller (1838).
Syböta, r@ Zußore, Name eines Heinen Küftens
ortes in Epeiros, jüdlih der Mündung des Thya—
mis, und mehrerer Heiner Injeln, dem Vorgebirge
Leukimne auf Kerkyra gegenüber; j. Syvota. Dort
fiel 433 (nicht 432) dv. C. die Seejchlacht zwifchen
den Kerkyraiern und Korinthern vor, die das Vor:
fpiel zum peloponnefiichen Kriege war. Thuc. 1,47.
650. 52. 54. 8, 76. Strab. 7, 324.
Syöne, Zvrvn, äguptiih Sun, jübliche Grenz:
ftadt Ägyptens gegen Aithiopien (Hdt. 2, 28), bei
den Heinen Ratarakten des Nil, am rechten Fluß—
ufer etwas jüdlich von dem h. Aſſuan, der Inſel
Elephantine gegenüber, in der Kaijerzeit Stand-
quartier für 3 Eohorten. Da ©. wenig nörblich
von dem Wendefreis des Krebſes lag, und bie
Schiefe der Efliptif in der Zeit v. E. größer war
als jept, jo warf die Sonne bei dem Sommer:
jolftitium daſelbſt feinen Schatten und beleuchtete
einen tiefen Brunnen bis auf den Grund. Dieje
den Alten auffällige Thatiache führte den Erato-
fthenes darauf, aus der Größe des gleichzeitigen
Scyattens in Alerandreia einerjeit® und aus der
Entfernung zwiſchen beiden Städten andererjeits
die Länge eines Meridiand zu berechnen. Nach
©. nannte man den in der Nähe gebrochenen treff:
fihen Granit Syenites lapis (der übrigens von
unjerem „Syenit“ verjchieden ift). Plin. 5, 9, 10.
36, 8, 13. Strab. 17, 786 f. 817.
Syennösis, Zvevvecıs (d. h. edler Fürft), Titel
(nicht Name) der erblichen Fürſten von Kilikien,
noch unter perſiſcher Oberhoheit. Aesch. Pers. 326.
Hat. 1, 74. 5, 118. 7, 98. Xen. An. 1, 2, 12u. ö,
Sygambri oder Sugambri, Z(o)uyaußgo: (d.h.
bie in Wort und That jchnellen, von gambar,
strenuus), ein mächtiger germanijcher Volksſtamm,
der urjprünglich an der Sieg (Siga) gewohnt zu
haben jcheint. Nach Cäſar (b. g. 4, 16. 6, 35)
wohnten fie proximi Rheno, und zwar nördlich
von den UÜbiern. Sie werden von Horaz als wild
und friegerijch (od. 4, 2, 36: feroces) und mord-
Iuftig (daf. 4, 14, 51: caede gaudentes) gejchildert.
Im J. 16 v. E. hatten fie dem römischen Feldherrn
Lollius eine Niederlage beigebradht, und als diejer
mit neugerüftetem Heere, unter dem Oberbefehle
des Auguftus jelbit, anrüdte, zogen fie ſich in das
1168 Zvxopavens
Innere ihres wälderreichen Landes zurüd, jchidten |
Seifeln und jchloffen Frieden. Später wurden fie
auf das linke Rheinufer verjeßt. Suet. Oct. 21. In
der Folge bildeten fie dann einen Sauptbeftand:
teil des Franfenbundes. Nach Cäſar (b. 4. 4, 19)
hatten fie feine Städte, fondern wohnten nur in
einzelnen Gehöften und Flecken. F
Zvxopareng bezeichnet nach der gewöhnlichen
Ableitung urjprünglich den, der jemanden wegen |
verbotener Ausfuhr von Feigen aus Attila an-
zeigte. Plut. Sol. 24 (doch |. Bödh, Staatshausp.
I ©. sıf[.). Später, bei der, wachjenden Prozeß—
fucht der Athener und dem Überhanduehmen der
ihamlojeften, daraus hervorgehenden Chicanen,
wird mit dem Ausdrud ganz allgemein jeder be:
zeichnet, der einen andern, um Geld zu erpreflen
oder jonjt etwas von ihm zu erlangen, mit einer
falichen Anklage bedrohte, oder dieſelbe wirklich
anftellte. Dies Mittel, einem andern zu jchaden,
galt für jo gefährlich, da die ftrengiten Strafen
(der Prog war ſchätzbar, und es fonnte jelbft
auf den Tod erlannt werden) auf die Ausübung
desjelben gejegt wurden. Trotzdem griff es aber
unter der fortichreitenden Zerſetzung und Auf:
löjung der atheniichen Demokratie jo furchtbar und
für alle öffentlichen und privaten Berhältnifje ge:
jährlich um ſich, daß bei der wachjenden Berderb-
nis des Nicdhterftandes die ftrengiten Geſetze zur
Unterdrüdung besjelben erfolglos blieben. Berfolgt
werden fonnte das — der Sylophantie
durch Graphe, Endeiris, Apagoge, Phafis, Eis:
angelia, Probole.. Das Forum dafür bildeten die
Thejmotheten. Eine lebendige Schilderung des
Sylophanten findet ſich u. a. bei Demofthenes
(Aristog. p. 786).
Zulloyeig |. Staatshaushalt, I, 13,
Sylöson, Zvloca», jüngerer Bruder des Ty—
rannen Polykrates, teilte anfangs mit diejem bie
Herrichaft über Samos, ging dann, von feinem
Bruder vertrieben, nach Agypten, erhielt aber nach
befien Tode durch Dareios die Herrichaft wieder
(um 516 v. E.), die er jehr graufam geführt haben
joll. Hdt. 3, 139 ff. Strab. 14, 638,
Symaithos, Zvuaudog, j. Giaretta oder Si—
meto, Fluß, am Fuße des Ätna entjpringend, bil:
dete in feinem öftlichen Kaufe im allgemeinen die
Grenze des Gebiet3 von Katana und Leontinoi.
An demfelben lag die Stadt Kentoripai. Tihue.
6, 56. Strab. 6, 272. Verg. A.9, 684. Op. met.
13, 730. fast. 4, 472.
Zuußole, 1) dlxaı dab ovußöior, |. "Exr-
“Anrog vökıs. — 2) eine Art von Legitima-
tions: und Beglaubigungszeichen, z. B. der Ab—
drud eines Giegelrings, Marten (tesserae) für die
atheniſchen Richter, für die Bejucher der Bolts:
verjammlung, Zeichen der Gaftfreundichaft (tes-
sera hospitalis); auch im öffentlichen Verkehr, als
Beglaubigungen von Gejandten.
Zvußolai und deixvor aro ovußolor
j. Mahlzeiten, 2.
Zvußovso:ı. außerordentliche Beamtein Sparta,
die von den Ephoren den Königen oder Feld—
herren zur Überwachung oder als Ratgeber beige:
geben wurden. Thuc. 2, 85. 3, 69. 5, 63. Died.
Sic. 12, 78.
Syme, Zuun, j. Symi, Inſel an der Südküſte
Kariens, dem Borgebirge Kynosſema gegemüber,
zwiichen Knidos und Rhodos, mit 8 Häfen und
— Zuuuazle.
einer Stadt gl. NR. Früher hieß fie Metapontis
und Aigle und erhielt den Namen ©. von einer
Tochter des Jalyſos. Der König der Inſel, Ni—
reus, jandte im trojanijchen Kriege dem Agamemnon
3 Schiffe zu Hülfe. Mom. Il. 2, 671. Nachdem
dann die Karier die Inſel beſetzt, wegen eintreten-
‚der Dürre aber wieder verlaffen. hatten, nahmen
die Dorier fie dauernd in Beſitz. Hat. ı, 174.
Strab. 14,656. Diod. Sie. 5, 54. Plin.5, 31, 133.
Zvapagie. Über den Charakter der griech:
ihen Symmadjie im allgemeinen |. 'Hysuoria.
Die älteſte Symmachie war die peloponneftsche, an
deren Spitze Argos ftand. Hat. 1, 1. Bald aber
trat Sparta als mäcdhtigerer Nebenbuhler auf und
ficherte fein Übergewicht über Argos durch den
Sieg bei Tiryns (etwa 524 v. €.) auf immer, j.
|Kleomenes, 1. und Argos, 4. Die Span
nung zwijchen beiden Staaten dauerte fort. Die
| Staaten, welche das jpartanijche Bündnis bilde-
ten, waren: Korinth, bejonders im Rate bedeutend,
Sifyon, Aigina, Megara, Epidaurod, Arkadien
(Tegea nahm in der Schlacht den Ehrenplap auf
dem äußerften Iinten Flügel ein), Phlins, Troizen,
Hermione, Elis. Die Perjerfriege führten durch
die freiwillige Unterordnung Athens aud das
übrige Hellas unter ihre Hegemonie. Der Thaten:
lanz der Athener und die Klugheit des Themi-
tofles, Arifteides und Kimon bewirkten aber, daß
Athen bald zur See durch Verbindungen mit den
Inſeln, und Heinafiatiihen Städten ein entſchie—
denes Übergewicht erhielt. Die Verſuche der Spar:
laner, audy zur See die Hegemonie zu erlangen,
icheiterten ; durch die Beichimpfung der ihnen gegen
Ithome zu Hülfe fommenden athenifchen Truppen
famı e3 zum förmlichen Bruch, Infolge befien Athen,
durch Verbindung mit Argos, auch zu Lande eine
Macht erlangte, die Sparta faft gewachjen war.
Theben hatte indeflen den Prinzipat, den es über
Boiotien behauptete, in den Werjerfriegen burd
feinen Verrat verloren. In dem Frieden 445 v. C.
erfannten Athen und Sparta gegenjeitig förmlich
ihre Hegemonie an. Das Bertrauen, in dem
Arifteides bei den Bundesgenofjen ſtand, hatte
bewirkt, daß dieje, meift Injel- und Küftenbewoh-
ner, den Wthenern die Verwaltung des Staats:
ſchatzes, der erſt in Delos, feit 454 v. E. in Athen
‚niedergelegt war, überließen. Diefer Schaf war
| vorzugsweije daher entjtanden, dat die Athener
den Bundesgenofjen geitatteten, ftatt der Kontin—
gente an Schiffen und Mannichaften Geldbeiträge
zu zahlen, wofür then die Verteidigung des
Bundes übernahm, während die Bundesgenofien
zwar von SKriegslaften frei, aber durch Gelbit:
'entwaffnung jeder politiichen Selbftändigfeit dem
' Bundeshaupte gegenüber beraubt waren. Die Ber:
‚ walter desjelben, die Hellenotamien, waren athe:
nische Beamte. Der peloponnefische Krieg, der bei
der Eiferjucdht der beiden Hauptſtaaten ganz Grie:
henland in jeinen Strudel —— machte der
atheniſchen Hegemonie ein Ende. parta ward
die herrſchende Macht, während Theben über die
boiotiſchen Städte die Hegemonie ausübte. Durch
die Vertreibung der Dreißig wurde Athen vom
unmittelbaren Drucke der Spartaner befreit; durch
den Sieg bei Knidos ftellte Konon das Übergewicht
der Athener zur See wieder her: die Vorteile des
forinthijchen Krieges ernteten aber, durch den an:
taltidijchen Frieden, Berfien und Sparta. Spartas
Symmachus
Übermut, der fich befonders in der Beſetzung
Thebens ausſprach, bewirkte endlich den Sturz
jeiner Herrihaft. Athen bildete ſich um 377 v. E.
eine neue Bundesgenofjenichaft, und Sparta er:
fannte endlich die Hegemonie der Athener zur
See förmlih an. Die Schladhten bei Leuftra und
Mantineia und die SHerftellung Mefleniend ver:
nichteten die Hegemonie Spartas gänzlich, während
der Fall des Epameinondas bei Mantineia (362
v. E.) auch Theben einen Teil feiner Vorteile ent:
riß und feine Hegemonie auf Boiotien bejchränfte
(über die Form des Boiotiſchen Bundes ſ. Boıw-
repyaı und Boiotia). Nod einmal erhob fich
Athen zum mächtigjten Staate Griechenlands, bis
endlih durch die Schlacht bei Chaironeia (338)
Griechenlands Freiheit vernidytet wurde und die
Hegemonie und Herrichaft auf Mafedonien überging.
Symmächus, DO. Aurelius, ein jelbjt von |
chriſtlichen Gegnern troß feiner Anhänglichkeit an
das Heidentum geacdhteter Redner der jpäteren
Kaiferzeit, verwaltete unter Theodofius dem Gr. im
%. 384 die ſtädtiſche Präfeltur und 391 das Kon—
julat und übertraf an Anjehen jeinen gleichnami:
gen Vater wie feinen Sohn. Für die Herftellung
der alten Götter ſprach er mit großem ‚Eifer, wes—
er ee der Biſchof Ambrofius entgegentrat.
ir bejigen von ihm 10 Bücher Briefe, das zehnte
eine Korreſpondenz mit den Kaiſern, in denen er,
wie in Sprache und Form, den Plinius nachahmt.
Maerob. sat. 5, 1. Sie geben nicht unwichtige
Beiträge zur Gejchichte feiner Zeit. Proben feiner
jugendlichen Beredjamfeit befißen wir in 3 zum
größeren Teile erhaltenen Lobreden auf Valen—
tinian 1. und deflen Sohn, den jungen Mitkaifer
Gratianus; fie teilen die Manier der übrigen
Banegyrifer, ftehen aber den befjeren derjelben an
Gehalt entichieden nad). Aus jeinen reiferen Jah:
ren haben wir größere Stüde aus 6 Senatsreden.
Ausgg. von Lectius (1587 ff.), Scioppius (1608),
Pareus (1617) u. Seed (1883). Wusg. der rela-
tiones des Vaters von Meyer (1872).
Zvumogiaı |. Leiturgia, 4. und Staats-
haushalt, I, 12.
Symphoniäci, die mufilalifchen Sklaven, die
in dem Haushalt eines reichen Römers nicht fehlen
durften, Hausfapelle. Cie. Mil. 9. Die Unterhal:
tung, die fie gewährten, hieß acroama. Suet. Oct.
74. Plin. ep. 6, 31.
Symplegädes, Zvurinyadss, 1) j. Argonau-
ten. — 2) ſ. Kvdvesaı vjooı.
Symposion j. Mahlzeiten.
Zurdıxor, 1) j.Prozels, 11.— 2) in Athen
eine nach der Bertreibung der Dreißig vorüber:
ehend eingeführte Behörde, Staatsfiſtale oder
— — die die Intereſſen des Fiſkus
zu wahren hatten, wenn ein Privatmann das Ganze
oder einen Teil des zu konfijcierenden Gutes, oder
wenn ber Staat das Bermögen eines Privatnanns
anz oder teilweife beanſpruchte. In fiſtaliſchen
Bro eſſen, die daraus hervorgingen, hatten fie die
Sortandichaft. Wahrjcheinlich wurden fie durchs
Los gewählt.
Zurn und Svrnyogia |. Prozels, 11.
Syngräpha, eine Sculdverjchreibung, wie
chirographum (ſ. d.).
Synnäda, r« Zurvade, Stadt in Phrygia
Paroreios, an einem Gebirge, das die berühmten
ſynnadiſchen Marmorbrüche enthielt, die nach dem
Realleriton des Mafj. Altertums. 7. Aufl.
— Syphax. 1169
Flecken Dofimeion aud die dofimitijchen genannt
wurden: weißer Marmor mit roten Flecken und
Adern. Ruinen bei Tiehifut:Raflaba. Cie. ad fam.
15, 4. Liv. 45, 34. Strab. 12, 577.
Zvvorxlaı ſ. Haus, 4.
Zurouooia |. v. a. rapie, ſ. d.
Zurdnzov nagaßaceng dien |. Ilun.
Synthösis, ein bequemer, eleganter häuslicher
Überwurf, den man ftatt der Toga trug und vor:
züglich bei Tiſch anlegte, j. Kleidung, 10. Das
Nähere ift uns unbefannt. Auch nannte man syn-
thesis die ganze Garderobe und überhaupt die
Garnitur von allerlei Sachen.
Syphax, Zugpa£, König der Mafläiylier (Weit:
numidier), wird zuerft genannt um 213 v. E., als
er plöglich gegen die Karthager feindlich auftrat.
Auf die Nachricht davon jchidten die römischen
Teldherren in Spanien, die beiden Scipionen,
3 Hauptleute ab, den König zur Bundesgenofjen-
ſchaft mit Rom einzuladen; einen derjelben, Sta:
torius, behielt ©. bei fi, um durch ihn feine
Fußtruppen organifieren zu laſſen; mit den beiden
andern jchicdte er Gejandte nad) Spanien zum Ab:
ihluß des Vertrages, denen es gelang, viele Nu—
midier aus dem farthagischen Heere zu fich herüber-
zuloden. Aber auch die Karthager hatten in Gala,
dem Könige der Mafiylier, und feinem tapfern
Sohne Maſiniſſa (j. d.) neue Bundesgenofien
— und letzterer ſchlug den ©. in einer
lacht aufs Haupt, jo daß er ſich genötigt ſah,
zu den Maurufiern zu fliehen. Liv. 24, 485.
Hiedurch, wie durch die bald darauf erfolgte Nie-
derlage und den Tod der Ecipionen, ward jenes
Bündnis wieder abgebrochen, bis der junge Scipio
207, nachdem er die Karthager Haſdrubal, Giſgos
Sohn, und Mago bei Bäcula aufs Haupt gejchla:
gen hatte, es erneuerte. Der mächtige S. wollte
aber nur mit dem Oberfeldherrn perjönlich unter:
en jo wagte ed Scipio nad) vorläufigen
erhandlungen, mit Lälius auf 2 Fünfruderern
nad Afrika überzujeßen, wobei er nur durch einen
glüdlihen Zufall der Gefangennahme dur die
Karthager entging. Seipios männlich fräftige und
zugleich im hohen Grade liebenswürdige Perſön—
| Tichleit gewann den ©. ganz für das Bündnis
| (Liv. 28, 17. 18); der farthagiiche Feldherr Haſdru—
bal dagegen, Scipios vor furzem gejchlagener
Gegner, der zugleich Gaft des ©. war, jchied, wegen
des weiteren Verlaufs des Krieges mit den größten
Beſorgniſſen erfüllt. Als aber unterdeilen die Rö—
mer mächtige Anftalten trafen, eine Landung in
Afrika jelbft zu machen, gelang e8 den Bemühungen
des Hajdrubal, den S. von den Römern ab: und
zu den Karthagern himüberzuziehen. Der Preis
dieſer Verbindung war Hajdrubals jchöne Tochter
Sophonibe (Sophonis, nicht Sophonifbe), die
eigentlich dem Mafinifja verlobt gemwejen war. Liv.
29, 23. Hajdrubal gab fie dem Tüfternen König
zur Gattin und brachte ihn leicht dahin, den Bund
mit Karthago zu beichwören und an Scipio Ab:
geſandte zu (diden: er möge die ihm gegebene
Zuſage nicht mehr als fortbejtehend anjehen, nad):
dem er (Syphax) Bundesgenofje der Karthager
geworden jei; ein Angriff der Römer auf Kar»
thago, drohte er, würde ihn nötigen, jogar feind-
lich gegen fie aufzutreten. Zugleich wurde Ma:
finiffa, der, durch den Wortbruch des Hajdrubal
aufs äußerfte verlekt, nah Hijpanien gegangen
74
1170
war und fi) dem Scipio genähert hatte, nad)
jeiner Rüdfehr von dort von ©. und den Kar:
thagern befriegt und geichlagen, jo daß er als
Flüchtling mit wenigen Neitern zu den Römern
fam, ſobald diejelben, 204, in Afrika gelandet
waren. Lv. 29, 295. Dem. ftanden die Streit:
fräfte von ganz Numidien zu Gebote, 50 000 Mann
u Fuß und 10000 Reiter, zu denen noch 30 000
ann zu Fuß und 3000 Neiter unter Anführung
des Hafdrubal ftießen. Pol. 14, 1, 14. Mit diejer
Übermacht zwangen fie den Seipio, die Belagerung
Uticas aufzugeben, und jchlofjen ihn auf einer
nahen Landjpige während des ganzen Winters
forgfältig ein, jo daß fie der ver Fr Hoffnung
waren, mit Hülfe der Flotte das
vernichten. Allein in eifriger Thätigfeit rüftete
Scipio, mit Zufuhr aus den römijchen Provinzen
Meer maen id
nA
|
|
reichlich are alles für den fommenden Feldzug.
Die en lungen, die er in dieſer Zeit mit
©. anfıüpfte, hatten zwar nicht den gewünjchten
Erfolg, gaben ihm aber Gelegenheit, Die Lage und
ar Bi a der feindlichen Yager vollftändig aus:
zufundichaften, und nach Kündigung des Waffen:
ftillftandes überfiel Scipio 203 in der Nacht die
Feinde, zündete die Lager an und brachte den
Heeren eine fat vernichtende Niederlage bei. Zav.
30, 37. Zwar jammelte ©. bald nachher noch:
mals ein Heer, allein auch diejes wurde geichlagen,
und Karthago dadurd faft mwehrlos — die
Städte des Landes ergaben ſich den Römern eine
nach der andern. Zugleich verfolgten Maſiniſſa
und Lälius den ©., um ihm Numidien zu ent:
reißen; dies gelang vollftändig. Denn als S. mit
einem eilig zufammengerafften Heere jenen beiden
ömerheer zu
er
—
7
* a Ri —
— *
J —*
Syracusae.
entgegenzog, wurde er in der Nähe von Cirta
geichlagen und jelbft gefangen genommen. Später
ward er in dem Triumph des Scipio mit auf:
geführt und lebte dann noch eine Zeit lang als
efangener zu Alba oder Tibur, wo er jtarb. Lir.
30, 11ff.45. Pol. 14,6, 10. Die Sophonibe glaubte
Mafiniffa dadurch am beften der Gewalt der Rö-
mer zu entziehen, daß er jie zur Gemahlin nahm.
Als aber Scipio, den Einfluß der glühenden Rö—
merfeindin fürchtend, fie als römijche Gefangene
in Anſpruch nahm, tranf fie heldenmütig den Gift:
becyer, um nicht in die Gewalt der Feinde zu
fallen. Liv. 30, 15.
Syracüsae, Zvgdxovsa:, doriſch Zvpixoseı,
die größte und reichite Stadt Siciliens, dem räum—
lihen Umfange nad) die größte Stadt des geſam—
ten klaſſiſchen Altertums, denn fie bededte einen
Bengerüng, daran ir Älkner Im
|
un. Umfang x. Zeit d. pelop. Krieges. '
Sn Devweilung der ———
SYRAKUSAI
mit Angabe der Hanpkguneie der
jonysl
e) das
Amphi
Theater, 1
n theater aus riın. Zeit,
£) Latomien oder Steinbrüche |
&
Flächenraum von etwa 18 Diknı, das eine Auge
der Inſel genannt (Alragas das andere), an der
Oftküfte, nördlich vom Anaposfluß, neben dem
Sumpfjee Syrako, von Doriern aus Korinth im
%. 735 dv. €. unter Anführung des Archias ge:
gründet. Anfangs begriff die Anlage bloß die hart
an der Küfte gelegene a Ortygia, die bis dahin
eine phoinitifche Niederlafjung geweſen zu jein
jcheint; bald aber erweiterte ji die Stadt und
umfaßte jeit dem 4. Jahrhundert 4 oder mit Epi—
polai 5 Stadtteile, die mit bejonderen Mauern
umgeben waren. Es waren: 1) die Inſel Orty—
gia, oft auch bloß Näoog genannt (Thuc. 6, 3),
der ältefte Teil, mit der Duelle Arethuja (j. d.),
den Tempeln der Artemis und des Apollon (legterer
erhalten, in die Kathedrale umgebaut) und der
Athene, dem fpäter von den Prätoren bewohnten
Syria.
Palaft des Hieron und der jtarfbefeitigten Afro-
polis, die Timoleon jchleifen ließ. Ein jchmaler
Kanal trennte fie vom Feſtlande, mit dem fie
anfangs durch einen Damm, dann durch eine
Brüde (Cie. Verr. 4, 53) verbunden war. 2) Achra—
dina, Ayeadır), nördlich vom vorigen, die fteile
Höhe der Dftjeite einnehmend, bis in die Nähe
des Hafens Trogilos (Golfo dei Manghili), durch
eine von Süden nad) Norden laufende breite Haupt-
ftraße im eine öſtliche und eine weftliche Hälfte
zerteilt, viermal jo groß als Najos und ſtark be:
teftigt (Liv. 24, 21. 25, 24. 33), mit Forum,
Protaneion, Eurie u. j. w., dem Tempel des olym=
piihen Zeus, dem Theater, den großen Kata—
fomben. 3) Tyche, 7öxn, öſtlich an den nörd-
lihen Teil von Achradina ftoßend, genannt nad)
einem Tempel der Tyche, der volfreichite Teil der
Stadt mit dem Gymnafium. Cie. Verr. 4, 119.
Diod. Sie. 11, 68. 4) Neapolis, Nea mölıs,
früher Temenites (Zhue. 6, 75. 100), jüdlich von
Tyche, weftlih von Achradina, mit dem größten
Theater auf ganz Sicilien (Cie. Verr. 4, 53), dem |
Amphitheater und mehreren Tempeln, bejonders
dem des Apollon Temenites und dem Doppelhei:
ligtum der Demeter und Kore. Die Mauer gegen
den fünften Stadtteil Epipolai, «ai ’Enımolai,
hatte wahrſcheinlich Dionyjios der ältere nieder:
reißen lajlen. Epipolai begriff die bedeutende Hoch:
ebene weftlid) von Neapolis und Tyche und be-
herrichte die andern Teile. Durch die von Dio—
nylios angelegten Befeftigungen wurde ©. eine
der ſtärkſten Feſtungen. a pipolai lag der be-
feftigte Hügel Euryalos, weftlih, außerhalb der
Mauern, das Kaftell Labdalon. Thuc. 6, 96.
7,3. ©. hatte jo einen eg von 180 Stabien
(4'/, geogr. Meilen), der jelbft den von Rom nod)
übertraf. Weftlih von Ortygia lag der große
Hafen (no jeßt Porto maggiore), etwa 70
Stadien im Umfange und mit Ketten zu jperren
(Thue. 7, 4. 23); der kleinere Hafen, im Nord:
often von Ortygia, in Älterer Zeit nur von erfterem
aus zugänglich, hieß Acdnxıog (Bedenhafen) oder
Portus marmorens, war von den Werften und
Urjenalen umgeben und fonnte ganze Flotten faſſen.
Im Weiten der Stadt befand ſich die große, von
den Athenern abgejchnittene Waflerleitung. Thuc.
6, 100. Südlich von ©. in der Nähe der Duelle
Kyane lag eine Borftadt mit dem Olympieion,
einem großen Tempel des Zeus, und der Hafenort
Daſton. Bol. Göller, de situ et origine Syra-
cusarum (1818). Serradifalco, Antichitä di Si-
eilia (1832—42), Bd. IV. F. ©. Eavallari, N.
. und C. Cavallari, Topografia archeologica
i Siracusa (1883, Hauptwerk). Deutſch bearb.
von Lupus, die Stadt Syrakus im Altertum (1887).
— Die Gejchichte der Stadt ift beinahe eine Ge—
Ichichte der Inſel. Deshalb Fönnen hier nur wenige
Andeutungen gegeben werden. Die anfangs ari-
ftofratifche Herrichaft ging bald in die Hände von
Tyrannen über, wie Gelon und Hieron (j. d.).
Dann folgte Demofratie, unter der die Stadt
ihon zu Tinten anfing und im peloponnefiichen
Kriege den Angriff der Athener auszuhalten hatte.
Der Tyrannis der beiden Dionyje wurde 343 v. C.
von Timoleon ein Ende gemadt, doch bald fiel
die Stadt wieder in die Hände des Wgathofles
(317), Hiletad und Hieron Il., bis endlich 212
v. C., nach zweijähriger, durch die Majchinen des
1171
Archimedes erjchwerter, Belagerung, Marcellus fie
nahm, ſeit weldyer Zeit ©. ſank, obgleich Auguftus
es durch eine Kolonie zu heben ſuchte. Das heut.
Siracuſa nimmt nur die Inſel Ortygia und den
ſüdlichen Teil von Achradina ein. Eine Bejchrei:
bung von ©. gibt Cicero (Verr. 4, 53 ff.). Bal.
auch Strab. 6, 269 f.
Syria, 7) Zveia (abgekürzt aus "Aoovgla, zu
deſſen a Syrien gehörte; vgl. Arr. 2,5, 1.
6, 1. 3), im U. T. Aram, umfaßte im weiteren
Sinn auch Paläftina, Phoinifien und das nördliche
Mejopotamien; im engeren Sinn (feit der Ein:
verleibung in das römiſche Reich, 63 v. E.) grenzte
es im ©. an Baläftina, im W. an Phoinifien,
das Mittelmeer und Kiliktien, im N. an Kappa:
dofien, im D. an Meiopotamien (den Euphrat)
und Arabien. Heutzutage heißt es im Vollsmund
eih-Scham, in der gelehrten Sprache Suriſtan.
Weil die Gebirge von N. nad) ©. ziehen, jo war
der weſtliche Teil regenreicher und fruchtbarer, als
der öftliche, der meilt in die Steppe übergeht und
dort nur einzelne Dajen aufweilt. Die wichtigiten
Erzeugnifje waren: Pferde, Ejel, Kamele, Schafe;
Getreide, Wein, Feigen, Datteln, Obft, Cypreſſen,
Zedern, Bäume mit wohlriehenden Harzen, Myro:
balanos und andere Nardenpflanzen, woraus Dle
und Salben bereitet wurden. — Gebirge: im ©.
der Libanos (j. Dichebel Libnan, bis zu 3063 m
hoch), die Grenze gegen Phoinifien, und der Anz
tilibanos mit dem Hermon (j. Dichebel eich:
Scefh, 2653 m); in der Mitte der Bargylos
und der Kaſios (j. Dichebel Ara); weiter nad)
N. das Geb. Pieria (j. Dſchebel Mufa) und der
Amanos, diejer die Grenze gegen Kilikien. Bor:
gebirge: 7) Asvan due bei Laodileia und ö "Po-
vırnög onorelog (j. Nas:el Khanzir). Der Haupt-
fluß war der Orontes (j. Nahr el-Aſi) mit dem
Mariyas; ferner im ©., zwiſchen Libanos und
Antilibanos, der Lita (j. Litani); weiter Die
Steppenflüffe Chalos (j. Kuef) bei Ehalybon und
Chryjorrhoas oder Bardines (j. Barada) bei
Damasfos; endlich die Nebenflüjie des Euphrat:
Singes, Marjyas, Kappador, Dardes. — Die Ein:
wohner, ZAöotot, Zveor, auch zum Unterfchied von
den weißen Syrern in Kappadolien FE. uelares
genannt, bei Strabon u. a. Agaueioı, bildeten
unter den Nordjemiten einen eigenen Stamm, den
aramaiischen. Nachdem Syrien in den älteften
Beiten aus verjchiedenen, oft verbündeten Staaten
bejtanden hatte, gehörte es jeit 732 v. E. zum
afigriichen, jeit 605 zum babyloniichen, jeit 538
zum perfijchen, jeit 332 zum mafedonifchen Reiche.
ac deſſen Berfall kam es zuerft an Untigonos,
dann, 301 v. E., an Seleufos Nifator, unter wel-
chem es durch den Einfluß griechiſch-⸗makedoniſcher
Bildung jeine höchſte Blüte erreichte (j. Seleu-
kos, 1.), während der füdlichere Teil, Koileſyrien,
öfterd auch unter ägyptiſcher Herrichaft ſtand und
(beſonders wegen ber für den Sciffsbau unent—
behrlihen Wälder des Libanos) der ftete Zank—
apfel zwiichen Seleutiden und Lagiden war. Nach
der Verkleinerung des großen Seleufidenreiches
dur) die Römer, 189 v. E., blieb Syrien jelbit
noch im Befige der Seleufiden, bis es Tigranes II.
von Armenien 83— 700.6. bejebte, und wurde dann,
jedoch mit Ausnahme von Kommagene, nach Befie-
gung des Mithridates und Tigranes durch Bompejus
dem römijchen Reiche einverleibt, jo dab es im
74*
©
*
*
1172
F 63 v. E. feine Provinzialverfaſſung er:
hielt, worauf es fi unter Auguſtus wieder zu
heben begann, aber, jchon früher durd häufige
Einfälle der Barther hart mitgenommen, unter der
Herrſchaft der oftrömijchen Kaiſer immer tiefer ſank
und endlich eine Beute der Saracenen wurde. —
Das ganze Land zerfiel in 2 Hauptteile, das obere
Syrien, 5 vo Zvoia, db. h. die nördlichen
Strihe bis zum Libanos, und das untere Sy:
rien, N xdro Zugia, oder hohle Syrien, N
»oAn Lvole, die jüdlicheren Striche zwiſchen Li:
banos und Antilibanos und öftlich davon. — Das |
obere Syrien enthielt folgende 10 Gaue: 1)R om:
magene (Kouuaynen) im N, zwiſchen dem Ama:
nosgebirge, den Flüffen Euphrates und Mariyas,
mit den Städten Samojäta, Geburtäort des
Lufianos, Perre, Germanifeia, Antiocheia am Tau-
ros. — 2) Kyrrheſtike (Kvoenorinn), ſũdlich
davon bis zum Euphrat, mit Jeugma, Hiera—
polis und yrrhos. — 3) Pieria (Ilıepl«), weit:
lid) vom vorigen, mit Mlerandreia am Meer:
buſen von Iſſos (j. Alerandrette, türf. Iſlanderun),
Myriandos, Rhoſſos, Seleufeia, Pieria,
Haupthafen des Landes. — 4) Seleukis, füb-
lid) vom 3), längs der Küfte, eigentlich ein Teil
von Pieria, die Umgegend der Stadt ©. —
5) Chalkidike (Xadnıdınn), ſüdöſtlich vom vo—
rigen, mit Chalfis. — 6) Chalybonitis (Xaiv-
Boririg), Öftlih bis zum Euphrat, mit Chaly—
bon (j. Saleb oder ital. Aleppo), Sura, Tha:
pjafos. — 7) Balmyrene (Ilaluvenen), füdlich
bis zur Wüfte, mit Balmyra. — 8) Laodi—
kene (Awodınnen), wejtlid von P. mit Laodi—
feia am Libanos. — 9) Apamine (Araunen),
nördlich von legterem, mit Apameia, Epipha-
neia, Emeija. — 10) Kaſſiotis (Kusswärıg),
Syria dea — Syrtis maior und minor.
| andere, oben in gerader, unten in jchräger Linie
‚aneinander gereiht. Sie wird jchon von Homer
(11. 10, 13) und Sefiod (scut. Herc. 278) erwähnt,
empfing durch die Kunft eine erhöhte Anzahl von
Pfeifen und ward noch in jpäter Zeit bei Griechen
und Römern von ben Hirten gebraucht. Bon an»
dern wird die einröhrige Flöte dem Hermes, die
vielröhrige dem Geilenos, die wachsgefügte dem
Marſyas zugejchrieben. Eine jiebenröhrige Syrinzr
gehörte jchon zu den künſtlicheren; eine neunröh—
tige fommt T’heoer. id. 8, 18 vor; ebendajelbit
(1, 29) hat Daphnis eine mit Wachs gefügte, um
die Lippe gebogene, an die Lippen jich anjchließende ;
bei Ovid (met. 13,784) hat Bolyphem eine hundert⸗
röhrige. Die Hirten verfertigten fich das Inſtru—
ment meiftens jelbft, und es gehörte eine große
Seichidlichleit dazu, e8 angenehm und wohlflingend
zu blafen.
Syros, Zveos, j. Syra, Kylladeninjel zwiſchen
Rheneia und Kythnos gelegen, bei Homer (Od.
15, 403 ff.) Zen, etwa 1", Quadratmeilen groß,
mit 2 Städten an der Dit: und Weftjeite und
einer Berfafjung nad attiſchem Mufter, Mitglied
des älteren attiſchen Seebundes und Heimat des
Philoſophen Pherefydes. Homer jchildert fie als
reich an Herden und fruchtbar an Korn und Wein;
befannt war auch das ſyriſche Berggelb oder Eil.
Plin. 38, 12, 158, Strab. 10, 487. Die Inſel ift
neuerdings aufgeblüht, der Hafen von Hermupolis
ſehr belebt.
Syrtiea regio, 7) Zvorixn, das Küftenland
des re Afrifa zwiſchen den beiden Syrien,
etwa 130 Meilen lang, jeit dem 3. gg Sr n. C.
auch Tripolitana genannt; j. Tripoli. Das Yand
gehörte anfangs den Kyrenaiern, warb ihnen aber
Ihäter von den Karthagern entriffen (ſ. Arae Phi-
|
nordweſtlich von W., mit Antioheia Epidaph: laenorum); unter der römischen Herrichaft machte
nes oder am Drontes, Laodikeia am Meere, es einen Teil der Provinz Africa aus. Es war
Gabala. — Koileſyria enthielt die Städte: He- meift jandig und nur wenig angebaut; doc fand
liopoli® ("Hliovrolıs), j. Baalbef (Stadt des | fih um den Fluß Kinyps und die Stadt Leptis
Baal), Ehalfis, Abila und Damaffos. Strab. | her ein jehr ergiebiger Boden (Hat. 4, 198), wie
16, 749 ff. Mela 1, 11. denn auch weiter weftlich, bei Dia und Sabratha,
Syria dea, 7 Zuge Beög, die Göttin der | die Gegend fornreih war. Der weſtliche Grenz:
üppigen ?fruchtbarleit, welche Atargatis oder Der: fluß war der Triton, welcher den Libyſchen
fetis (ſ. d.), auch Aſtarte und Baaltis hieß und | Sumpfiee und die Seen Pallas und Tritoni:
bejonders zu Hierapolis (Bambyfe) in einem fehr |tis bildete. Won Gebirgen werden genannt rö
reihen Tempel mit glänzenden Feſten unter wilden | Tiyıov Öpog und rö Artıßı öpog. Libyſche Völker:
Ausichweifungen verehrt wurde. Ihre fanatischen | Ihaften (von D. nah W.): Die Najamones, Piyl—
Bettelprieiter durchzogen Aſien, Griechenland und | loi, Mafai, Gindanes, Lotophagoi. Städte an der
Italien. Lucian. de dea Syr. Strab. 16, 748. 785. großen Syrte: Leptis (maior), Dia und Sa:
Syriae portae, «l Zigim mulaı, ein Paß bratha, unter dem Namen Tripoli$ zujammen:
jüdöftlih von Myriandos, der durch den jüdlichen
Zeil des ne von dem Meerbufen von
Iſſos nach dem Thal des Orontes führte. fters
werden jo aber aud) die 3 Stadien langen Strand:
päffe nördlich von Myriandos genannt, die genauer
aulaı Kılınlag nal Zuglag heißen. Strab.14, 670.
Xen. An. 1,4, 4. Arr. 2, 6,2. 8,1.
Syrinx, Zvery&, 1) arfadifche Najade, Tochter
des Fluſſes Ladon, von ihren Schweftern in Schilf-
rohr verwandelt, als fie vor dem aus Liebe fie
heftig verfolgenden Ban Ko aus dem vom Winde
bewegten Rohre drangen
Ban fertigte ſich aus demjelben die erfte Syrinr.
Op. met. 1, 691 ff. — 2) die aus mehreren mit
Wachs aneinander gefügten Röhren beftehende
Pfeife, fistula, die von dem ya Ban er:
funden fein fol, eine Röhre immer feiner als die
ühfagende Töne, und |
gefaßt; an der fleinen Syrte: Meninr, auf ber
Fer Mening oder Girba, und Takape — lauter
Hät. 4, 172 ff. Strab.
phoinitifche Kolonien.
17, 834 ff.
Syrtis maior und minor, Zooris usyalı
und mexgd, 2 große, tief einjchmeidende Buſen
des Libyichen Meeres an der Nordküſte Afrikas,
durch Untiefen und Brandung für die Schiffahrt
jehr gefährlid, auch am Strande von räubertichen
Volkern bewohnt. Die große tg Syrte, aud
PBinlliiher Bufen, j. Golf von Sidra, erjtredte
jih vom Vorgebirge Boreion (öftlich) bis zum
Borgebirge 5* im ®W.; die Heine Syrte,
auch Kerkinitiſcher Buſen, j. Goli von Gabes,
wurde im W. durch das Borgebirge Brachodes
ig Die Ufer waren ſandig und unwirtlich,
und Menſchen und Schiffe wurden nicht jelten
Syrus —
durch den Wind mit ungeheuren Sandmaſſen über:
ichüttet. Sall. Jug. 78. 79. Hdt. 2, 32. 150, Strab.
17, 834 ff. Neuere Reifende beftätigen dieje Schil-
derungen.
Syrus j. Publilius Syrus.
Zioxnvor |. EZvooitie.
Zuocitia, die gemeinjchaftlihen Mahlzeiten
bei den Doriern, bei den Spartanern geıdirie
genannt, wohl von der bei denjelben herrichenden
Einfachheit und Mäßigfeit, oder nach anderer Er:
Härung — Fıöira, Sigungen (von Fo). Die
Sitte des Zuſammenſpeiſens ift, wenn auch in der
jpäteren Zeit vorzugsweiſe Staaten des doriichen
Stammes eigen, doch urjprünglic; überhaupt im
helleniihen Xeben begründet, wie ja bei Homer
ihon die Anakten zufammenjpeijen. Bei den Do:
riern aber, bejonders in Kreta und Sparta, nah:
men die Syſſitien den Charakter eines politischen
und fozialen nftitutes an. In Kreta wurden die
Koſten derjelben größtenteils vom Staate jelbft
aufgebradt. In Sparta gab jeder Teilnehmer
feine Beiträge, monatlich anderthalb Medimnen
Gerftengraupen, 11—12 (nad) andern nicht ganz
jo viel) Choen Wein, 5 Minen Käfe, ferner Feigen,
Datteln und 10 aiginetiihe Obolen für, Fleiſch—
gerichte. Dazu famen bisweilen nod die draixke,
Zugaben zum eigentlihen Mahle (aixkov), die aber
nicht für Geld erlauft jein durften, beftehend in
einem Teil der Jagbbeute, in Weizenbrot, Geflügel
u. dgl. In Kreta Dagegen, wo das Prinzip der
Gütergemeinſchaft herrichte, wurde die Einnahme
vom Gemeindelande und den Tributen der Bes
rioifen in 2 Zeile geteilt, deren einer für den
Gottesdienit und die Staatsverwaltung, der andere
Tabernae.
1173
für die Speifungen beftimmt war. Die für die
Speijung beftimmte Summe wurde unter die ein:
elnen Keule verteilt, und jeder einzelne gab
—— eitrag ſodann an ſeine Speiſegeſellſchaft
(Eraıpla) ab. Der Zweck des Zuſammenſpeiſens
war wohl bejonders, die ftaatliche Gemeinſchaft
auch in das tägliche Leben zu verpflanzen und auch
die heitere, freie, gejellige Bewegung, freilich) auf
Koften des Familienleben, in das GStaatsleben
hineinzuziehen. So herrſchte bei diefen drögei«,
wie fie urfprünglich hießen (die Jünglinge jpeiften
in den Agelen zufammen), ein freier, heiterer Ton,
und auch die Mufik fehlte nicht. Ermöglicht wurde
ein freundfchaftlicher Verkehr dadurch, daß zur
Aufnahme in eine etwa aus ungefähr 15 Berjonen
beftehende Tijchgejellichaft (die einzelnen Tiſchge—
jellichaften waren Abteilungen der Syſſitien als
militärifch-ftaatlicher Teile des Volkes und hießen
daher auch Zelte) Einftimmigkeit der Mitglieder
(suo#nvo:) gehörte. Die Speifen waren einfach,
aber Fräftig, beſonders das Hauptgericht, die ſo—
enannte Schwarze Suppe (alueria, uelug fopög).
annigfaltigfeit und Abwechſelung wurden durch
die Zrain.e hervorgebracht. — Man af in Kreta
nach alter Sitte fißend, auch urfprünglich in Sparta;
doch lag man hier jchon zu Allmans Zeit auf ein:
fahen hölzernen Bänfen. Hier hatte jeder feinen
Becher vor ſich, während in Kreta alle aus einen:
rg großen Krater ihre Becher füllten.
i8 zur Trunfenheit zu trinfen war verboten. —
Verſchieden von den Syſſitien ift die nomis, ein
Opfermahl, das bei bejonderen Gelegenheiten ein
einzelner gab, und zu dem er einlud, bejonders
die Könige.
ji
Tabai, Teßaı, 1) Ort im Innern Siciliens,
jegt Tavı. — 2) in Karien, auf dem phrygiichen
Grenzgebirge, j. Davas. Liv. 28, 13. Strab. 12,570.
— 3) Ort ın Kilifien. — 4) Ort in Paraitafene
an der Straße von Elbatana nad) Berjepolis. Curt.
5, 13. — 5) Stadt im füdlichen Parthien oder in
Sagartien, j. Tabbas.
Tabella, 1) ein Täfelchen, namentlich die Wachs—
tafel zum Schreiben, als Notizbüclein (Quint.
10, 3), Briefe (j. Epistula), Schuldſcheine, Tefta-
ment, Protofoll. — 2) die Stimmtafel (j. Leges
tabellariae). — 3) das Spielbrett, wie wir
jegt noch zum Schad:, Damen: und Mühlipiel
gebrauchen (j. Spiele, 8.\, bei den Alten jelbit
zum Würfeljpiel.
TabellarYus, der Briefbote, dem. Stlavenftand
angehörend, weldyer jeines Herrn Briefe bejorgte.
Cie. Phil. 2, 31. In der KRaijerzeit gab es viele
tabellarii publici, Kuriere, meiftens &ttaven, ein:
zelne, 3. B. die tab. cnstrenses, ſowie die optio-
nes und praepositi, Freigelaſſene oder ingenui.
Tabellio, ein auf dem Markte figender Schrei:
ber, welcher für jedermann Notariatögejchäfte be-
forgte, d. h. Urkunden aufjeßte.
Taberna, eigentlich eine aus Brettern (talulae)
gebaute Hütte, die ältefte Bauart bei den Römern
(Hor. od, 1, 4, 13). Seitdem die urjprünglich höl:
zernen Baulichleiten auch aus Stein aufgeführt
wurden, hießen die Erdgejchoffe der Häuſer eben-
falls tabernae. Die Argentarii hatten in Rom
auf dem Forum bejondere Tabernen. Die andern
Kaufleute und Handwerker verfauften in Läden
oder Gemwölben, welche gewöhnlich zum Areal des
Haufe gehörten, aber troßdem taberna hieken.
Auch Buchhändler (Hor. sat. 1, 4, 71), Sklaven⸗
händler, Barbiere, Caupones (j. Caupona) hatten
ihre Tabernen. Der Inhaber eines jolhen Raumes
2. tabernarius, jo viel ald negotiator. Dieje
abernen, vielfach an die Käufer angebaut, be:
engten die Straße, weshalb Domitian den Ab:
bruch derjelben verfügte. Mart. 7, 60.
Tabernacülum, 1) j. Castra, 6. — 2) Bis:
weilen bezeichnet das Wort neben templum den
Beobahhtungsfreis der Augurn, den Sitz derjelben.
Tabernae, Name verjdiedener Stattonsorte an
römischen Heerftraßen, z. B. in Gallien zwiſchen
Argentoratum (Straßburg) und Eolonia Agrippina,
j. —— oder Elſäſſ.-Zabern; zwiſchen Argento—
ratum und Moguntiacum (Mainz), j. Rheinzabern;
im Gebiete der Trevirer an der Moſella. Tres
Tabernae hieß ein Ort in Latium an ber Appis
1174
ſchen Straße, zwilchen Aricia und Forum Appii
(Cie. ad Att. 2, 12); ein anderer in Umbrien und
im cisalpinifchen Gallien zwijchen PBlacentia und
Mediolanium.
Tabernarfa fabula, eine Unterart derjenigen
römifhen Komödien, weldhe fabulae togatae
hießen. Sie ftellte das römische Bolfsleben, wie es
in den Tabernen erjchien, dar und hatte daher
einen derben Ton, aber auch mehr Friſche und
wahres Leben. Der Name jelbft jcheint von den
Srammatifern zu ftammen.
Tablinum j. Haus, 5.
Tabüla, eine Holztafel, welche, mit Wachs oder
Gips überzogen, zum Schreiben benußt wurde, |
im weiteren Sinne aud eine Stein: und Metall:
tafel, fogar Papier. Alle öffentlichen Urkunden
hießen deshalb tabulae publicae, die Kaufbelannt:
machungen hießen tab., jo viel als libellus oder
titulus; befannt find die tabulae proscriptionum
und die Tafeln der Schulfnaben bei Horaz (sat.
1, 6, 72). — Ganz allgemein werden alle Pprift:
lien Beweismittel vor Gericht tab. genannt, wie
ichriftliche testimonia, alle Urkunden (Kautions:,
Hauptbücher, Briefe u. j. w.). Sie waren im Civil-
prozeh ebenio wichtig ald im Kriminalprozeh und
fommen in Cicero Neden oft vor, namentlich in
Verr., Rosc. com. 2ff., Cluent. u. |. w.
Tabüla alimentaria hieß die Urkunde (album),
in welcher die zu einem Erbzins verpflichteten
Grundftüde, deren Tare, das darauf laftende Ka—
pital und der jchuldige Erbzins behufs der Unter:
ſtützung armer Kinder (j. Alimentarii) genau
verzeichnet war. Solche Einrichtungen finden ſich
bejonders in der Kaiſerzeit, und auch hier wieder
vorzugsweije in den Landftädten, da man in Rom
die betreffenden Kinder unter die regelmäßigen
Getreideempfänger aufnehmen fonnte. Zwei un:
eheure Erztafeln jolches Inhalts haben fich er:
Bellen Die eine, bei dem alten Veleja (im Gebiet
von Placentia) im J. 1747 gefunden, hat zur
Überſchrift: obligatio praediorum HS deciens
— ut ex indulgentia optimi maximique prin-
eipis Imp. Caes. Nervae Traiani — pueri puel-
laeque alimenta accipiant. Eine andere Erztafel
ift 1832 bei Benevent gefunden worden. Siehe
Alimentarii. Beide abgedrudt bei Wilmanns,
exempla inscriptionum Latinarum (1873), No.
2844 und 2845. Bejondere Beamten führten die
Aufficht über dieje großartigen Inſtitute, prae-
fecti, procuratores und quaestores, denen Diener
zur Seite ftanden.
Tabüla Peutingeriäna j. Itineraria.
Tabülae, 1) accepti et expensi, foptel
als codex oder Hauptbuch, in welchem alle Boften
(nomina) der Einnahme und Ausgabe gewiflenhaft
— wurden, ſ. Litterarum obligatio.
2) T. Caeritum, ſ. Caerites. — 3) T.
Ceratae, ſ. Schulwesen. — 4) T. Censo-
rum, ſ. Censor. — 5) T. Duodecim. Die
XII Tafeln, von den Decemvirn 451 und 450 v. C.
gegeben (ſ, Decemviri), umfaßten das ius publi-
cum, privatum und sacrum und blieben rüd:
fichtlich des Privatrehts bis in die ſpäteſte Zeit
die Grundlage der römischen Gejeggebung, indem
fi) das prätoriiche Edikt und die juriftiiche Er:
Härung an die XII Tafeln anſchloß. Nur durd)
die, Kommentare der Juriften und andere zahlreiche
Tabernaria — Tacfarinas.
' Erwähnungen * Fragmente auf uns gekommen
. Gesetzgebung, II), denn von den ehernen
‚ Driginaltafeln, die bis in das 3. Jahrh. n. €.
‚auf dem Forum ftanden, hat fich nichts erhalten.
Mit hohem Lobe jpricht Cicero von den XII Tafeln
(de or. 1, 43. 44), Livius (3, 34) nennt fie fons
omnis publiei privatique iuris, Tacitus (ann.
3, 27) finis aequı juris. Ausgaben der Bruchjtüde
von R. Schöll: Legis duodecim tabb. reliquiae
(1866) und M. Boigt (1888). Gelehrte Behand:
lung von Dirkſen (1824) und Bruns, fontes juris
Romani antiqui (5. Aufl. 1886). — 6) T. ho-
nestae missionis, kaiſerliche Diplome oder
Defrete, durch die Beteranen ehrenvoll entlaſſen
oder mit Privilegien (civitas, conubium) bejchentt
wurden, j. Missio. Es haben fi an 500 ber:
gleichen Urkunden erhalten (d. h. nicht im Original,
ſondern in einer für die Beteiligten gemachten
Kopie), welche meiftens aus 2 Kupferplättchen be-
ftehen, die von innen und außen beichrieben waren
und bequem zujammengeichlagen werden konnten
(tabulae duplices, ſ. Diploma).
Tabularium, das Archiv. Urjprünglich ftellte
man in Rom die Geſetze, SConsuita und foedera
auf dem Forum oder auf dem Gapitolium auf,
und Archive machten fich erft dann nötig, als die
öffentlichen Urfunden an Zahl ſchon zunahmen.
Für die foedera legte man daher auf dem Capitol
ein bejonderes tabularium an, darauf ein zweites
im Tempel des Saturn am clivus Capitolinus,
wo das Ararium war, und wo man deshalb alle
auf das Finanzweſen bezüglichen Urkunden, Rech—
nungen u. ſ. w. aufbewahrte.e Im Tempel der
Ceres hob man im plebejiſchen Intereſſe die SCons.
und Plebiſcite auf, andere erhielten noch immer
einen Öffentlichen Plag. Erſt nah dem Brande
des Capitols, 83 v. E., wurde ein allgemeines
Reichsarchiv hinter dem Tempel de3 Saturn von
D. Lutatius Catulus (f. Lutatii, 5.) aufgebaut,
enannt aerarium Saturni, das, nach dem zweiten
Brand des Capitol (69 n. E.) von Veſpaſian
nach Möglichkeit wiederhergeftellt (Suet. Vesp. 8),
ſich bis in die jpäteften —— erhielt. Doch hatten
die Kaiſer auch ein beſonderes tabularium Cae—
saris. — Außer dem Staatsarchive gab es Archive
‚in den einzelnen Städten und für die einzelnen
geiſtlichen und weltlichen Sorporationen, mie
iefter, Augurn u. ſ. w.
Tabnlarius hieß in der Kaiſerzeit der Archivar
und Rechnungsführer in den Municipien und in
den Provinzen, ſpäter auch kaiſerliche Rechnungs—
beamte in Rom und Italien.
Taburnus, rö Taßveror ögog, Bergrücken auf
der Grenze Samniums und Gampaniend, nörd—
lih von Nola, auf der Norbdjeite wild und rauh,
an den ſüdlichen Abhängen aber alle Südfrüchte,
jelbft Oliven tragend. Der T. (j. Monte Bergine,
aber aud noch Monte Taburno) bildete die Süd-
begrenzung der Eaudinijchen Päfle. Pol. 3, 100.
Verg. @. 2, 33.
Tacfarinas, ein Numidier, diente erft im römi:
jchen Heere, bdejertierte dann und unternahm mit
‚einem Saufen Leute, die er militäriich eimübte,
‚einen Aufftand, 17 n. C. (Taec. ann. 2, 52). Er
wurde von den Römern geichlagen, 19 n. C., er:
neuerte aber jchon im nächjten Jahre wieder den
Kampf, den er mit großem Geſchick in der Art
| der heutigen Kabylen führte, indem er den Feind
!
**
Tachompso — Taeitus.
fortwährend nedte und bei einem ernftlichen Anz ı Brätur.
griff immer wieder in die Wüfte zurüdfloh daſ.
3,20f.). Er gewann über eine römijche Abtei:
lung durch deren Feigheit
36, 15), wurde aber vor Thala gejchlagen. Im
J. 22 fandte Tiberius den Junius Bläſus nad
Afrifa, der viele Anhänger des Tacfarinas ge:
wann, indem er ihnen Wohnfige zwiichen Thevejte
und Sufes anwies, ihn jelbft jedoch nicht bezwingen
konnte, bis ®. Dolabella ihn 24 n. E. bei Auzia
(j. Aumale) entjcheidend jchlug. Tacfarinas fand
im Kampfe nad) tapferer Gegenwehr den Tod, „ein
afritaniicher Arminius“ (Teac. ann. 3, 32. 35. 73.
4,23 ff.) Aur. Viet. Caes. 2.
Tachompso, Tazouypo, Stadt auf einer Inſel
des Nils in dem füdlichen Teile der Dodekaſchoinos
(j. Aigyptos) gelegen, früher bedeutend, dann
aber geiunfen, als die gegenüberliegende Stadt
Pielfis fih hob. Hdt. 2, 29. Mela 1,9, 2.
Tacltus, 1) Cornelius, der ausgezeichnetite
unter den Gejchichtichreibern der römischen Kaijer-
zeit, wird nad der Sitte feines Zeitalters mit
diejen 2 Namen genannt; der Borname ift ftreitig. |
Gaius nennt ihn vielleicht Sidonius Apollinaris
(ep. 4, 14 un
PBublins die befte Handichrift an 4 verjchiedenen
Stellen, weshalb in neuefter Zeit diefem Zeugnifie
der Borzug gegeben ift. Dat Interamna (Temmi)
ſeüne Baterftadt gewejen, läßt fi) daraus, daß
der Kaifer Tacitus aus jener umbrijchen Stadt
ftammte und den Hiftorifer jeinen Verwandten
nannte (Vopise. Tac. 10), ebenjowenig erweilen
als aus dem Dentmale, das ihm 1514 dort er:
richtet und 1884 erneuert worden ift. Über jeine
Eltern und jeine Geburtszeit wiſſen wir nichts
Sicheres, doch läßt jich die legtere annähernd aus
einigen Außerungen in feinen Schriften beſ. hist. |
1,1. Agr. 7. dial. 1) und den Beziehungen zu
dem jüngeren Blinius in die fünfziger Jahre (zwi:
ihen 54 und 56 n. €.) jeßen. Ei Bildung
juchte er in dem Umgange mit den ausgezeichnetjten
Nednern, einem M. Uper und Julius Secundus,
denen er fi mit großem Eifer hingab (dial. 1),
und in dein Studium des Rechts. Plin. ep. 7, 20.
Im %. 77 verlobte Julius Agricola (j. d.), damals
consul suffectus, jeine treffliche Tochter mit ihm;
die Heirat wurde bald darauf —— (Agr. 9).
Daß diefe Ehe Finderlos blieb, wird daraus wahr:
ſcheinlich, daß bei dem Tode des Schwiegervaters
im 9%. 93 keiner Enkel gedaht wird. Bon den
Staatsämtern, die er befleidete, berichtet er jelbjt
hist. 1, 1: Mibi Galba, Otho, Vitellius nec
Dignitatem no-
beneficio nec iniuria cogniti.
stram a Vespasiano incohatam, a Tito auctam,
a Domitiano longius proveetam non abnuerim.
Damit find nad) der — Anſicht Quãſtur
als primus honoris gradus, Tribunat oder Adi:
lität und Prätur gemeint, und die erjte muß nach
der Sitte jener Zeit in das Jahr 78 oder 79
fallen, die Verwaltung des zweiten Amtes 2 Jahre
darauf gefolgt jein. 2. Urlichd dagegen verfteht
unter der dignitas incohata die Erteilung des
latus clavus und Aufnahme in den Senat, woran
fit der vom Senat verliehene Bigintivirat und
der Dienft in einer Legion als tribunus laticla-
vius angeichlofien habe, unter der dign. aucta
die Onäftu „endlich unter der dien. longius pro-
vecta die Ädilität (oder den Tribunat) und die
den Sieg (Plin.
22) und mehrere Handichriften, |
1175
Seit 78 war feinem Schwiegervater die
Verwaltung Britanniens übertragen, von wo ihn
erſt Domitian (85) zurüdrief. Ob auch Tacitus
(etwa als Quäſtor) in jenem Lande geweſen jei, ift
nicht zu erweijen. Als er im J. 88 zur Prätur
gelangte, war er bereits Mitglied des angejehenen
Priefterfollegiums der Quindecimviri und deshalb
bei den Säfularjpielen beteiligt, die Domitian in
diefem Jahre veranftaltete (ann. 11, 11). Im J.
89 oder 90 verlieh er mit feiner Gattin Rom
und war noch nicht zurüdgefehrt, als 93 jein
Schwiegervater ftarb. Dies veranlaßte etwa im
Frühjahr 94) feine Rüdkehr nad) der Hauptjtadt,
wo er ald Senator unter der Tyrannei der legten
Negierungsjahre Domitians Zurüdhaltung und
Mäßigung beobachten mußte. Mit der Regierung
Nervas begann auch für ihn eine glüdlichere Zeit;
98 wurde er Consal suffeetus an ber Stelle des
T. Berginius Rufus, dem er die Leichenrede hielt.
Plin. ep. 2,1. Mit Plinius war er auch in dem
Repetundenprogejie des Marius Prijeus thätig.
ber jeine legten, der jchriftftelleriichen Thätigkeit
gewidmeten, Lebensjahre willen wir nichts; daß
er den Regierungsantritt Hadrians 117 erlebt hat,
ift wahrſcheinlich. Vgl. Urlichs, de vita et ho-
noribus Taeiti (1879). — In feiner Jugend hat
fih Tacitus (Plin. ep. 7, 20) durch redneriiche
Thätigfeit Anſehen erworben und gewiß auch
manche Reden veröffentlicht. Damit fteht auch in
Verbindung feine erfte Schrift, der dialogus de
oratoribus, die uns den nad) ciceronianischer Dar:
ftellungsweije ringenden gewandten Stiliften zeigt.
Überall fieht man die Spuren eines jorgfältigen
Studiums von Ciceros ſachverwandten Schriften,
namentlich von den Büchern de oratore, cicero:
nianiſche Perioden, körnige Gedanken, glänzende
Sentenzen, aber auch eine gewiſſe Kumulation im
Ausdruck, namentlich eine auffallende Häufung
von Synonymen, ſo daß man die Abſichtlichkeit
vorausſetzen muß. Deshalb hauptſächlich hat man
(jo jüngft noch Andrejen) ihm die Schrift ab:
iprechen zu müfjen geglaubt und bald an Plinius,
bald an Uuintilian oder an Sueton oder gar an
noch weniger mögliche Berfafler gedacht. ber
das ift ein mißlicher Beweis, da nad) den Jahren,
nach den Zebensumftänden, nach den Gegenftänden
die Sprache verjchieden ſich gejtaltet und gejtalten
muß. Das bejtimmte Zeugnis des Plinius, der
in einem Briefe an Tacitus (ep. 9, 10) eine Stelle
aus dem Dialogus (9. 12) anführt, die Überliefe—
rung der beiten Handſchriften, die libereinftim-
mung der Zeit werden durch jenes Bedenken nicht
erichüttert; cher, wenn es wahr wäre, daß die
fitterarijche Gefinnung, die in dem Schriftchen
ausgeprägt ift, und der perjönlidhe Charakter des
Verfafferd dem Tacitus geradezu entgegen wären.
Die Schrift mag in den Anfang der ad)tziger
Jahre unter die Regierung des Titus oder die
erften Jahre Domitians fallen, aljo eine Jugend—
arbeit aus der Zeit fein, in der ihm fein Beruf
zur Gejchichtichreibung noch nicht Far tar.
Die ältefte hiſtoriſche Shrift bes Tac. ift de vita
et moribus Cn, Julii Agricolae liber, die außer
dem prooemium und dem epilogus das Leben
des Agricola in 3 Teilen erzählt. Der erjte geht
bis zu der Expedition nach Britannien, der zweite
erzätit nach einer Bejchreibung diejes Yandes und
nad) einer Angabe über die von Cäſar, Claudius
1176
und Beipafian früher unternommenen Erpeditio: | die Schrift war.
Tacitus.
Wenn Hieronymus (in Zachar.
nen die Thaten Agricolas, der dritte endlich fein 3, 14) jagt: Cornelius quoque Tacitus qui post
Leben nach der Ruͤckkehr. Die Schrift ift, wie er | Augustum usque ad mortem Domitiani vitas
jelbft andeutet, die Worläuferin feiner größeren | Caesarum triginta voluminibus exaravit, Die
geichichtlichen Werke und gegen Ende des J. 97
oder Anfang 98 herausgegeben.
Ehrendenfmal der Bietät gegen jeinen Schwieger:
Dies herrliche
vater zeigt uns den Schriftiteller bereits jelbftändig, ı
aber noch im Kampfe mit dem neu
Ideale hiftorifchen Stils. Die periodijche, der Er:
zählung ganz angemefjene Schreibart herrſcht vor
und wird jelten von furzen Sätzen unterbrochen;
wo dies geichieht, ift der beiondere Nachdrud nicht
zu verfennen. Sein Geftändnis, daß er rudi et
incondita voce jchreibe, erklärt die vielen Schwie—
rigfeiten und Dunfelheiten, die auf kritiichem Wege
nicht zu heben find. Daß man auch dieſe Schrift
dem Tacitus abzujprechen gewagt hat, kann mur
als ein müßiger Einfall betrachtet werden. —
Sehr bald nah dem Agricola ift die Germania
(de origine, situ, moribus ac populis Germa-
ejchaffenen |
niae liber, urjprünglich wohl de situ Germaniae
betitelt) abgefaßt, eine jo teilnahmsbolle Schilde:
rung der germanijchen Urzeit, daß wir nicht dank—
bar genug für die Erhaltung derielben jein kön:
nen. Die funftreiche Anordnung (Bolt, öffentliches,
Privat: und Familienleben bis c. 27, ſodann die
Beichreibung der einzelnen Stämme), die treue und
vollftändige Schilderung, deren Glaubwürdigkeit
die neueren Forſchungen in immer helleres Licht
ftellen, der ſittliche Ernft, der fich in reichen Sen:
tenzen zeigt, machen die Schrift zu einem echt
hiſtoriſch-kritiſchen Werte.
damit den Trajan von einem Zuge gegen bie
Deutichen habe abmahnen wollen, erniedrigt das
Werk zu einer Tendenzichrift; daß es eine bloße
Notizenfammlung jei, dem wibderftreitet die Rom:
pofitton. Vielmehr verdient die Auffafjung Billi-
gung, daß Tacitus, mit der Betradhtung der Ge:
Der Gedanke, daß er.
ihide des Römervolkes bejchäftigt, in dem eben
in die Gejchichte eintretenden Germanenvolte die
jpätere Bedeutung geahnt habe und demgemäß
fich ſelbſt über dasjelbe eine feite Auffaffung habe
aneignen wollen. Sehr wahrjcheinlich ift übrigens
die, noch in neuefter Zeit von Mommſen vertretene,
Vermutung, daß die Germania beftimmt war,
einen Erfurs der Historiae zur bilden, aber wegen
des zu reichen Stoffes jelbjtändig bearbeitet und
herausgegeben wurde. — Den Plan feiner ferneren |
Sejchichtichreibung hatte Tac. Agr. 3 angedeutet:
non tamen pigebit memoriam prioris servitutis
ac testimonium praesentium bonorum compo-
suisse, wo bie erſten Worte offenbar auf die Re:
gierungszeit Domitians, die folgenden auf Nerva
und Trajan fich beziehen, wie er noch hast. 1,1
andeutet: quodsi vita suppedit+t, principatum
divi Nervae et imperium Traiani, uberiorem
securioremque materiam, senectuti seposui, In—
defien ift er nie zur Ausführung diejes Werles
gekommen, defien er in den Annalen nicht mehr
gedenkt, vielmehr (ann. 3, 24) eine Gejchichte der |
Zeit des Auguftus in Musficht ftellt. — Buerft |
nad) der Germania jchrieb er die Historiae in
14 Büchern, die von alba bis zum Tode Do:
mitians (69—96) gingen. Wir bejigen davon nur
die 4 erften Bücher und den Anfang des fünften
Buches, die noch feine 2 Jahre (69 und 70) um:
fafjen. Man jieht daraus ſchon, wie umfangreich
Annalen aber wenigitens 16 (wahricheinlih 18)
Bücher zählten, jo bleiben für die Hiftorien 14
(bezw. 12) Bücher, von denen 9 (bezw. 7) die Ge—
ſchichte von 25 Jahren enthalten haben. Da Ddie-
jelbe Zählung fich in mehreren Handichriften findet,
jo liegt fein Grund vor, das bejtimmte Zeugnis
des Hieronymus zu veriwerfen. Den Namen Hi-
storiae wählte Tac. für die Gejchichte jeiner eigenen
Zeit nad) dem Borgange älterer Hiftorifer, wie
Sijenna, Salluft u. a., ohne damit einen inneren
Unterjchied von den Annales andeuten zu wollen,
da er überall die Ereigniffe nach den Jahren ab-
teilt. Die Form ift hier vollendet: Präzifion und
Kürze, die jein Wejen bejonders charakterifiert, iſt
in jedem Gabe erkennbar, doch unbeichadet der
Klarheit und Lebendigkeit und ohne auffallende
Abweichung von dem Spradhgebrauche der übrigen
Sthriftjteller. Deshalb bietet das Werk auch weniger
Scywierigfeiten, zumal der Tert in ungewöhnlicher
Reinheit uns überliefert ift. — Nach Vollendung
der Hiftorien ging Tac. daran, die Geſchichte Roms
unter Ziberius, Caligula, Claudius und Nero
(14—68) zu jchreiben. Inde consilium mihi pauca
de Augusto et extrema tradere, mox Tiberii
principatum et cetera, sine ira et studio, quo-
rum causas procul habeo. Wir beſitzen davon
die eriten 6 Bücher mit einer großen Lücke in
einer einzigen, aber vortrefflichen Handichrift, einen
Teil des elften, das zwölfte bis fünfzehnte ganz
und das jechzehnte verftümmelt, jo daß uns bie
Zeit des Raligula, der Anfang des Claudius und
von Nero 2 Jahre fehlen. Der Titel Annales
ift willfürlic” gewählt; erft in neuerer Zeit bat
man aus der Mediceer Handichrift den wahren
Titel ab excessu divi Augusti in jein Recht
eingejegt. Daß fie jpäter als die Hiftorien ab-
gefaßt find, ergibt fich aus der Beziehung, 11, 11;
Genaueres läßt fi aus 2, 61 dahin ermitteln,
da die Bücher 116 oder im Anfange des Jahres
117 herausgegeben find. Die Zeit des Augujtus,
die Hegierungen Nervas und Trajans zu behan-
dein, hat ihn mwahrjcheinlich der Tod verhindert.
Als hiſtoriſches Kunftwerk ftehen die Bücher ab
excessu divi Augusti da, jie berdienen den erften
Nang unter den Schriften des Tacitus, aber die
Schreibart ift zu abjichtlich großartig, um dabei
noch ebenjo einfah und Mar bleiben zu können,
und die Latinität zu fühn und eigentümlich, um
nicht hie und da von der Klaſſicität ſich zu ent-
fernen. Daher der häufige Anflang an bie poe:
tiiche Sprache der augufteiichen Dichter, nament:
lich des Vergil und Horaz. Seine vielbejprocdenc
Kürze ift nur die präzifefte, ſchärfſte Darftellung
des Gedachten, deſſen Kern niederzuichreiben ihm
genügt; die Kürze bedingt Schnelligkeit, die aber
immer dem Ernſt und der Würde untergeordnet
ist. Wenn 08 ihm vor allem auf die reine Wahr:
heit ankam, jo hat er durch gründliche Quellen:
ftudium und forgfältige Prüfung und Abwägung
des Überlieferten diejer erften Pflicht des Hiſto—
riferd genügt. Die rein objektive Haltung, bei
der Gemüt und Denkungsart ni ge hervortritt,
liegt ihm fern, überall treten bald philoſophiſche
‚ Gedanken, bald Staatömarimen, bald feine pſycho—
Tadii —
logiiche Bemerkungen hervor, der echte Römer weift |
überall bald mit tiefem Ernfte und ftrafendem
Unwillen, bald in rein menjchlicher Teilnahme
auf die Hauptpartien der Begebenheiten hin. Un:
billig ift der in den legten Jahren (befonders von
Stahr, Freytag, Em. Hoffmann u. a.) gegen Tac.
erhobene Vorwurf der Barteilichfeit und Ungerech⸗
tigfeit, namentlicy gegen Tiberius und das ganze
Gejchleht der Claudier. Wahrheit der Empfins
dung, Ziefe des Gemüts ſpricht aus der Erzäh: |
lung des Mannes, der das Lafter durch Schmad) |
bei der Nachwelt zu jchreden für einen Teil jeines
Berufs erflärt. Selbjtändigfeit und Freiheit, ge:
are auf moralijche Tüchtigleit, finden überall
nerfennung, Schmeichelei und ſtlaviſche Geſinnung
ftraft er mit Verachtung; nicht die Geſetze, ſondern
der gute Geift der Bürger bedingt das Staats: |
wohl. An jeinen philojophifchen Anfichten hat
man ihn bald zum Stoifer gemacht, bald Atheis—
mus gemittert, bald Spuren chriſtlichen Sinnes
efunden. Dem Fatum hat er fich nicht entzieben
Önnen, wohl aber vetwirft er die Aitrologie, und
den Glauben an PBrodigien überläßt er dem Pöbel.
Die Thätigfeit der Götter in irdiſchen Dingen
wird wiederholt erwähnt, aber nicht durch Schuld
und Berdienft lafjen ſie fich leiten, jondern voll:
ziehen die unabänderliche Weltordnung mit Gleich:
mut gegen gute und böje Handlungen. — Diejer |
Hiftorifer, geihmüdter als Cäſar und doc ebenjo
lihtvoll, einfacher als Livius und ebenjo edel,
bietet auch der Jugend einen eigentümlichen Reiz.
— Die vornehmiten Handichriften (vgl. die Schrift
von Tagmann, 1847) find der Mediceus |, die
einzige Quelle für die erite Hälfte der Annalen,
und der Mediceus Il in Florenz, Quelle für die
zweite Hälfte derjelben und für die Hiſtorien,
beide aus dem 11. Jahrhundert; dann kommen die
florentinijchen und die vaticanijchen, aber wie alle
andern mannigfach verderbt. — Die ed. pr. er:
ſchien 1469 oder 1470 (ohne Annal. I—VI und
Agricola); bie erſte vollftändige von Beroaldus
(1515 u. ö.), die erfte fritijche Ausg. von 3. Lipfins
(1574 u. d.); jpätere Ausgg. von 3. %. Gronov
(1672f.), I. U. Ermefti (1752 ff., wiederholt 1801),
Belter (1831), Walther (1831 ff.), Nuperti (1832 ff.),
Bad) (1834 f.), Ritter (1834 ff. 1848. 1864), Döder-
fein (1841 ff.), Orelli (1846; 1. Bd. 2. Aufl. 1859,
2. Bd. 2. Aufl. [von Andreſen, Meier und |
Schweizer:Sidler] 1876 ff.). Tertausgg. von Bel: |
ter (1825), Oreli (1846 f.), Haafe (1855), Halm |
(4. Aufl. 1883), Nipperdey (1871— 1876), Joh. |
Müller (2 Bdd. 1884— 1887). — Ausgg. des Dia- |
logus von Dronfe (1828), DOrelli (1846), Troß
1177
Baumſtark (1876), Tüding (7. Aufl. 1889), Gans
trelle (1877), PBrammer (2. Aufl. 1889), Holder
(1878), Müllenhoff (1883), Egelhaaf (1885), Ber:
nial (1890) u. a.; der Historiae von Kiehling
(1840), Heräus (2 Bdd. 3. Aufl. 1877 ff., 1. Bd.
4. Aufl. 1885), Gantrelle (1879), Brammer (1882
— 1885) und E. Wolff (2 Bdd. 1886—1888); ber
libri ab excessu divi Augusti bon Kießling
(1829), Nipperdey (1. Bd. 8. Aufl. 1884. 2. Bd.
4. Aufl. 1880), Dräger (1. Bd. 5. Aufl. 1887.
2. Bd. 3. Aufl. 1882), Pfihzner (1883 ff.), Gitl:
bauer (1. Bd. 1887), Prammer (1888). Bal.
Bötticher, lexicon Taciteum (1830), ®erber und
Greef, lexicon Taciteum (1877 ff., noch nicht
vollendet). Dräger, über Syntar und Stil des
Tac. (3. Aufl. 1882). Hoffmeifter, die Weltan:
ihauung des Zac. (1831). — 2) M. Claudius
Tacitus, wurde 275 n. E. vom Genate zum
römischen Kaiſer erwählt, ald er bereit3 75 Jahre
alt war, ein Mann von ernftem Charakter und
gelehrter Bildung, aber für den Thron, den er
nur ungern einnahm, wenig geeignet. Als Alanen
und Goten in Kleinafien eingefallen waren, zog
er perjönlich gegen fie aus und beftimmte fie teils
durch Geld zum Abzuge, teild vernichtete er fie
im Kampfe. Nach nur mehrmonatlicher Herrichaft
wurde er von den Soldaten zu Tyana erichlagen.
Vopisc. Tac. 1ff. Aur. Viet. Caes. 36. ep. 36.
Eutr.9, 16. Oros. 7,24. Zos. 1,63. Zonar. 12, 28.
Tadii. Dahin gehören: 1) ©. Tad., der Ta:
milie des Berres befreundet, unterftügte denjelben
durch Belohnung mehrerer feiner Genofjen und
ewann ihn jpäter durch Beftechung bei gewiſſen
auten, 74 v. E. Cie. Verr. 1,49. 4,13. — 2) 8.
Tad., nahm das von Berres in Kilikien erprefte
Geld in Berwahrung und war darnach bei ihm
Legat auf Sicilien. Cie. Verr. 1, 39. 2, 20. 5, 25.
ages, ber Lehrer der etrujliichen Divination,
Sohn eines Genius Jovialis, Enkel des Jupiter,
der einjt, als in dem Gebiete von Tarquinii ein
Pilüger eine tiefe Furche zog, aus der Erde her:
vorftieg, ein Knabe von Ausjehen, aber ein Greis
an Weisheit. Als auf den Schrei bes Pflügers
alle Etrujfer herbeigeeilt waren, unterrichtete fie
Tages in der Harujpicin und ftarb dann ſogleich.
Seine Worte wurden niedergejchrieben und in den
Divinationsbüchern der Etruffer aufbewahrt. Cic.
div. 2, 23. Or. met. 15, 553 ff.
Tayos, theflaliihe Benennung des oberjten
Kriegsanführers (Xen. Hell. 6, 1, 8), ſowie aud)
der Beamten einzelner Städte, jpäter aud des
oberften Beamten überhaupt.
Tagus, T'&yos, j. Tejo, Tajo, bedeutender Strom
Tainaron.
(1541), Michaelis (frit. Hauptausg., 1868), Anz | Hilpaniens, deſſen Quellen im Lande der Kelti:
drejen (2. Aufl. 1879; frit. Ausg. 1877), E. Peter berer zwiichen den Gebirgen Oroſpeda und Idu—
(1877), ‚Bährens (1881), E. Wolff (1890) u. a.; beda lagen, jtrömt in ziemlich geradem Laufe
ded Agricola von Hofman-Peerllamp (2. Aufl. | gegen W. und führte nach den Berichten der Alten
1864), Wald) (1828), Roth (1833), Ritter (3. Aufl. | viel Goldjand mit fi), wovon ſich jetzt nur ge:
1852), ®er (1852, Hauptausgabe ; daneben eine | ringe Spuren zeigen. Ov. met.2,251. am.1,15,34.
Schulausg. 1852), Kritz (3. Aufl. 1874), Hen- Juv. 3, 55. 14, 291. Bei feiner Mündung ijt er
richjen (1871), Dräger (4. Aufl. 1884), Urlichs | wohl 20 Stadien breit und fähig, die größten
(1875), Peter (1876), Gantrelle (2. Aufl.), Tüding Seeſchiffe zu tragen. Bon jeinen Nebenflüfen wird
(2. Aufl. 1878), PBrammer (1880), Gorneliffen | nur der K agon!os (Plut. Sert. 17) genannt, j.
(1881), Schöne (1889), Knaut (1890) u. a.; der | Tajuna öÖftlid von Madrid. Strab. 3, 151.
Germania von Günther (1826), as (1832), Tainäron, Taivapor, i K. Matapan, Bor:
3. Grimm (1833), Gerlad (1835 ff), M. Haupt | gebirge des Peloponnes in Lalonien, auf dem ſich
(1855; neue Aufl. von Müllenhoff, 1873), Krig ein mit Aſylrecht verichenes Heiligtum des Po—
(4. Aufl. 1878), Schweizer:Sidler (5. Aufl. 1889), , jeidon Ajphaleios und ein offener Ort, wahrſchein—
1178
lich ebenfalls Tainaron genannt, befand. Tihuc.
1, 128. 133. Nep. Paus. 4. Zu beiden Geiten
lagen die Häfen Adilfeios und Pſamathos. Die
Sage lieh Herafles aus einer dort befindlichen
Höhle den Kerberos hervorholen; ferner joll
Arion auf feinem Delphin dort gelandet fein.
Hdt. 1, 23. 25. Sehr geichäßt war der hier ge:
brochene jchwarze Marmor. Strab. 8, 367. Prop.
4,2, 9. Tibull. 3, 3, 14.
Taläos, Taiaos, Sohn des Bias und der Pero,
der Tochter des Neleus, aus Argos, Bruder des |
Areios, Gemahl der Lyſimache, Bater des Adraftos,
Parthenopaios, Pronax, Metiftens, Ariftomachos |
und der Eriphyle; Argonaut. Sein Grabmal ward
zu Argos gezeigt. Paus. 2, 6, 6. 21, 2.
Taläris oder Talarins Indus, cine Gattung
dramatischer Poeſie in Rom, die ans Gejang und
Tanz beftand und unter Begleitung mufifalifcher
Inftrumente vorgetragen wurde, benannt nach dem
fangen, bis auf die tali herabreichenden Ehiton
der in ihr auftretenden Schaujpieler und wahr:
jcheinlich ausgelaffenen Charakters. ic. ad Att.
1, 16, 3. off. 1,42, 150. Quint. 11, 3, 58. Ab—
handlung von M. Herb (1873).
Talassio, TalassTus, der römische Hochzeits:
gott, dem griechijchen Hymenaios entiprechend,
angerufen beim Eintritt des Zuges in das Haus
des Gemahls (j. Nuptiae, 5.). Eine Legende
bei Livius (1, 9) joll die Entftehung diejes Anz:
rufes erflären.
Talentum, rdlarror, 1) eigentlich die Wage
‘Hom. II. 8, 69), dann auch das Gewogene. Als
Gewicht betrug es bei den Griechen 26,20 Kilo:
gramm. — 2) eine beftimmte, diefem Gewichte
urjprünglich entiprechende Geldfumme, deren Wert
in den verichiedenen Staaten verjchieden war. Das
attiſche Talent, nad dem in Korinth, Tarent,
Sicilien, Theffalien, Makedonien jeit Alerander
dem Gr. gemünzt wurde, betrug 60 Minen oder
4715 Marf.
(100 Minen, alſo 5:3). Gleichen Wert hatte das
Talent von Aigina. Weit verbreitet war auch das
euboiiſche Talent, das fi) zum vorigen wie 5:6
verhielt. Später gab es auch Kupfertalente.
Talöton ſ. Lakonika, 2.
Talio, Privatrache oder Selbftvergeltung, in
der Urzeit geftattet. Nur bei iniuria erhielt jie
ſich, ſ. Iniuria.
Talos, Talws, 1) j. Daidalos. — 2) ein
Riefe aus Erz mit einer einzigen Ader, die vom
Kopfe bis zur Ferſe ging, two fie mit einem Nagel
geichloflen war. Er war von Zeus oder Hephaiftos |
dem Minos (oder der Europa) gejchenft worden
und bewachte Kreta, indem er täglidy dreimal um
die Inſel lief; jah er Fremde nahen, jo machte
er ſich en und tötete fie in feiner Umarmung.
Als die Argonauten nach Kreta famen, machte
ihn Medeia wahnfinnig oder tötete ihn durch Ser:
ausziehen jeines Nagels; oder Poias tötete ihn
durch einen Pfeilichuß in die Ferſe. Apollod.1,9,26.
Talus, der vierjeitige Würfel, j. Spiele, 7.
Talthybios, Taitußıos, Herold des Aga—
memnon, hatte zu Sparta und zu Migion im
Achaia ein Grabmal, wo ihm Totenopfer gebracht
wurden. Hom. Il.ı, 320. Hdt.7, 134. Jaus.
3,19, 7. 7,24, 1
Tamassos, Tauaooog, Stadt in der Mitte der
Schon frühzeitig gab es in Phoi: |
nifien ein Talent von 10 000 attiichen Drachmen
Talaos — Tanaquil.
| guet Kypros, nordweftlich vom Olympos, in der
ı Nähe großer Kupfergruben, phoinikiiche Kolonie.
‘ Das homeriiche Teufen (Od. 1, 184) ift wohl hier:
| mit identifch, weniger wahricheinlih mit Temeſa
in Bruttii. Strab. 6,255. 14, 684. Or. met. 10, 644.
| Tamösa, Taufo«, oder Tamesix. j. Themie,
engliih Thames, Fuß an ber Oftfüfte Britan:
| niend; an demjelben lag Londinium. Caes. b. 4.
5, 11. 18. Tac. ann. 14, 32.
Tauiaı, Schagmeifter, j. Staatshaushalt,
], 13. .
Tamos, Tauos, aus Ägypten, Unterftatthalter
von Konien unter dem Satrapen Tiffaphernes,
befehligte die Flotte des jüngeren Kyros 401 v. E.
und fand nach deiien Befiegung in Agypten feinen
Tod. Thuc. 8, 31. 87. Xen. An. 1,4, 2. Diod.
Sie. 14, 19. 35.
Tamjnai, Taudvaı, Tauvraı, j. wahrſcheinlich
Aliweri, Stadt auf Euboia im Gebiete von Ere:
tria, in deren Nähe der Athener Phofion den
Kallias von Eretria ſchlug, 350 v. E. Plut. Phoc. 12.
Aeschin. de f. leg. 169. Die Stadt bejah ein Hei:
ligtum des Zeus Tampnaios, jowie einen Tempel
des Mpollon, dem zu Ehren Feftipiele, Teuvrace,
gefeiert wurden. Hdt. 6, 101.
Tauäger, Fluß in Yucanien, der fich unter
der Erde verliert, dann einige Meilen nördlich
(beim heut. Pertoja) wieder zum Vorſchein fommt
und der Stadt Forum Popilii gegenüber in den
Silarus fällt; j. Tanagro. Verg. @. 3, 131.
Tanägra, Terayon, j. Gremada, bedeutenbite
Stadt des öſtlichen Boiotiend am Tinten Ufer des
Aſopos in der Nähe des in denjelben einmünden-
den Baches Thermodon (j. Yaris) auf fteiler Höhe,
oft in die Kriege zwiichen ve und Theben ver:
widelt. Hier gedieh der beite Wein Boiotiens.
Die Bewohner zeichneten ſich durch ihre Handels:
thätigfeit und VBetriebjamfeit aus. Thue. 1, 108.
hr Gebiet umfahte in jpäterer Zeit die gelamte
Dftfüfte von der attifchen Grenze bis zum Euri—
pos. Bedeutende Überreite von —— Türmen,
Thoren und einem Theater haben ſich erhalten,
ebenſo Tauſende von Gräbern mit zahlreichen,
fünftleriich wertvollen Terrafotten. Vgl. Kekule,
| griechiiche Thonfiguren aus Tanagra (1878). Strab.
9,403 ff. 4095. Paus. 9, 22, 1 ia
Tanais, Teavais, 1) j. Don, Fluß im NO. der
Erde, galt ſeit Eratofthenes als Grenze zwijchen
Europa und Aſien. Über jeinen Urfprung waren
die Meinungen geteilt: nach Herodot (4, 57) ent-
iprang er aus einem großen See, nach Späteren
auf dem Kaufafos; er nahm den Hyrgis oder
Syrais auf (Hdt. 4, 123) und ergoß ſich dann an
der Spite der Maiotis in mehreren Mündungen;
an der jüdlichen lag die Stadt Tanais, eine
durch Handel blühende Kolonie der Bosporaner.
Strab. 11, 492f. Um den Tanais herum wohnten
die Skythen, daher bei Horaz (od. 4, 15, 24) mit
Tanain prope flumen orti bezeichnet (vgl. od.
3, 4, 36). — 2) j. laxartes.
Tanägqnil, Tavaxvikls, Gemahlin des Tarani:
nius Prijeus, aus —— etruffiichem Ge—
ſchlechte, verlündete ihrem Gemahl die Erlangung
der Herrſchaft über Rom und gewann durch ihr
Huges Benehmen nad der Ermordung desjelben
ihrem Schwiegerjohn Servind den Thron. Lie.
'1,34. 41. Sie foll in Rom den Namen Gaia
' Caecilia geführt haben nnd jcheint mit einer
Tanetum — Taprobane.
römischen Göttin des Spinnens verjchmolzen und
göttlich verehrt worden zu fein. Plin. 7, 48.
Tanstum, Tärnror, Ort der Bojer zwiſchen
Mutina und Parma im cispadanijchen lien;
jebt Taneto. Lir. 21, 25. 30, 19. Pol. 3, 40.
Tanfäna, ein heiliger Hain mit Tempel oder
(wahrjcheinlicher) Name einer Göttin. Germani—
cus zerftörte den im Gebiete der Marjer gelegenen
Tempel 14 n. C. Tae. ann. 1,51. Die Ablei—
des Namens ift unficher.
tun
nie; Tarıs, ägupt. Tan, im A. T. Zoan, |
j. San, bedeutende Stadt Unterägnptens, an dem
nad ihr benannten Nilarm und See (j. Menzale)
in jehr fruchtbarer — gelegen, Reſidenz unter
den Hylſoskönigen, Ramſes Il. und der einund—
zwanzigjten Dynaftie, auch durch ihren Handel
wichtig. dt. 2, 166. Strab. 17, 801f.
Tanos, Tavos oder Tävaos, Fluß in der pelo-
ponnefifchen Sandichaft Thyreatis oder Kynuria,
mündete, vom Parnon herabfommend, in den
Thyreatiſchen Buſen und bildete zwiſchen Argolis
und Kynuria die Grenze; j. vielleicht Bach von
Luku. Paus. 12, 38, 7.
Tantälos, Tarralog, 1) reiher König am
Eipylos in Phrugien (auch König von Lydien,
von Baphlagonien, Argos, Korinth genannt), Sohn
des Zeus (oder des Tmolos) und der Pluto (des
Reichtums), von Euryanaſſa oder der Pleiade
Tangete oder der Hyade Dione Vater des Pelops,
Brotens und der Niobe. Er war ein Liebling
des Zeus und der Götter und wurde oft von
ihnen zum Mahle zugezogen; allein der Sterb-
fihe fonnte jein Glück nicht ertragen; er frevelte
gegen die Götter und ward deswegen hart ge:
ftraft. Seine Schuld wird verjchieden angegeben.
Er entwendbete an den Mahlen der Götter Neltar
und Ambrofia und brachte jie den Menſchen, oder
er berriet die ihm anvertrauten ®eheimniffe des
Zeus, jegte feinen Sohn Pelops zerftüdelt den
öttern zum Mahle vor (j. Pelops); oder er
gab dem Bandareos (j. d) den ihm von dem:
felben anvertrauten goldenen Hund nicht zurüd,
ichwörend, er habe ihn nicht erhalten. Seine Strafe
in der Unterwelt war nach Homer (Od. 11, 582 ff.),
daf er, von Hunger und Durft gequält, bis ans
Kinn in einem See ftand, während die herrlichiten
Früchte über ihm hingen; büdte er fich, um zu
trinten, jo ſenkte fid das Wafler, griff er nad
den Früchten, jo wichen diefe in die Lüfte zurüd.
Statt der Strafe des qualvollen Darbens mitten
im lÜberfluß nehmen andere die Qual ewiger
Angſt an, indem fie einen Felsblock, der ftets den
Sturz droht, über feinem Haupt jchtweben und ihn
jelbft in ber Luft hangen laffen. Pind. ol. 1, Mff.
Nach manchen Sagen ift zu vermuten, daß ur:
fprünglich die Strafe des Tantalos in der Ober:
welt jtattfand. In dem Geichlechte des Tantalos
(Belopiden) herrichen die wilden Leidenschaften und
Frevel des Ahnherrn fort. — Der Sage vom
Untergange des Tantalosreiches liegen neben ur:
alten hiftoriichen Erinnerungen verichiedene große
Naturereigniffe, namentlich vulfaniiche Kataftro-
phen, zu Grunde. — Spridwörtliche Redensarten
find: Tavra@lov ralarıa, yonuare, mloörog, Tar-
rcilou Ölva, Tavrdksıaı Ölaaı. — 2) Sohn des
Thyeftes, von Atreus geichladhtet (j. Atreus);
oder Sohn des Broteas, früher ald Agamemnon
mit Klytaimneftra vermählt, von Agamemnon ge:
1179
tötet, zu Argos begraben. — 3) Sohn bes Am:
phion und der Niobe. Ov. met. 6, 240.
Tanusfi, ein wenig befanntes Geſchlecht: 1) X.
Tanujius, von Eatilina zur Zeit des Sulla um:
gebracht. @. Cie. pet. cons. 2, 9. — 2) Tanu—
Pius Geminus, aus der Pogegend, verfahte in
jungen Jahren nad) dem Vorgange des Ennius
' poetifhe annales, von jeinem Landsmann Catull
berhöhnt als pleni ruris et inficetiarum und
‚ cacata charta genannt. Catull. 36, 1. 20. 95, 7.
Sen. ep. 93, 11. Später wandte er ſich der Ge:
fchichtichreibung zu und gab nad Cäſars Tod ein
geichichtliches Werk über die Verſchwörung des
Eatilina heraus, in welchem auch von Cäſar als
Genoſſen der erften Verihwörung die Rede war
(Suet. Caes. 9. Plut. Cues. 22), und Das von
Strabon, Plutarch u. a. viefach benutzt worden ift.
Taphiassos, Tagıusoög, Gebirge in Lokris
und Witolien, eine Fortſetzung des Dite und Ko—
‚rar, das fich mit einem hohen Berge an der Küſte
zwischen Kalydon und Makynia endet; j. Klofoba.
Noch jebt dort befindliche heiße Schwefelquellen
von widrigem Geruch gaben im Altertum zu der
Sage Veranlaſſung, daß hier Neſſos und die übrigen
Kentauren begraben jeien. Strab. 9, 427. 10, 451.
460. Plin. 4, 3, 2.
Tagyos |. Bestattnng.
Taphos, T&gos, j. Meganifi, die größte Anjel
einer Gruppe, von Leufas nur durch einen etwa
Y, Stunde breiten Kanal getrennt, dem Pelo—
ponnes zu, das Reich des homeriichen Mentes
(Hom. Od. 1, 417). Die Gruppe hieß außer «ai
rov Tapiov voor auch TinAeßoldeg voor und
hatte dieſe Namen von dem alten, in Alarnanien
feßhaften, wohl barbarijchen (illgriichen) Stamme
der Tnießoaı oder Tagyıoı. Strab. 10, 459.
Taphros, Täpoos, 1) auh Tagyenı, die
ichmale, durch Graben und Wall befeftigte Stelle
der taurifchen Eherjones (Krim). Hdt. 4, 3.
2) die Meerenge zwiſchen Sardinien und Eorlica,
jegt Straße von St. Bonifacio.
Taprobäne, Targoßarn, ſpäter aud Zahn
(fanffr. Sinhala) oder FZrelsoiße (Sinhala:Dvipa,
d. i. Yöweninjel) genannt, j. Ceylon, die große,
von den Alten in ihrer Ausdehnung noch be:
deutend überichägte Inſel an der Südfpige Border:
‚Indiens. Gebirge: im N. die Taiıpa ven, im S.
die Malda öen (j. Adamspif). Borgebirge: Bo:
reion und Retaion. Flüſſe: Phafıs, Ganges
(j. Mahaville-Ganga, im D.), Baräfes u. |. w.
Städte: Anurogrammon (Anuradhapura , j.
mächtige Ruinen) und Maagrammon (j. Ma:
gama). Die Inſel war und ift jehr reih an
Metallen, Edelfteinen, Berlen, Zuder, Reis, Baum:
wolle u. a. Produkten (der Zimmet wird auf:
fallenderweife von den Alten nicht erwähnt) und
war deshalb der Mittelpunkt des indilchen Welt:
handels. Die Bevölkerung beftand aus den zurüd:
gedrängten jchwarzen Ureinwohnern, deren Hefte
noch jebt in rohem Zuſtand in den Waldgebirgen
leben, und aus den um 500 v. E. eingewanderten
Ariern, die auf einer hohen Stufe der Kultur
ftanden. Die Alten lernten die Inſel zuerft durch
Onefifritos, den Steuermann Aeranders, und
Megafthenes, den Gejandten Seleutos’ I. am Hof
von Balibothra, kennen; unter Kaiſer Claudius
fam eine Gefandtichaft von T. nach Nom, und
feitdem bejuchten die römiſchen Kaufleute die Inſel
1180
öfters. Strab. 2, 72. 130. 15, 690 f.
Maper, über die Inſel T. (1831).
Tapüroi, Teärxovgo:, wildes Bergvolf im öft-
lihen Hyrkanien, an der Grenze von Medien, im
heutigen Taberiftan. Arr. 3, 8,4. 23, 1. Strab.
11, 514 f. 520.
Taras j. Tarentum.
Bol. ©.
Tegagıaaos, Pferdeſcheucher, hieh ein runder
Altar in der Rennbahn zu Olympia an einer
Stelle, wo die Pferde leicht jcheu wurden. Die
Berjon Tararippos, defien Geift die Pferde an
der bezeichneten Stelle jcheuchte, jollte Myrtilos
fein, oder Dinomaos, oder Dlenios u. .a., die dort
begraben lagen. Baujanias hält Taragippos für
einen Beinamen des Poſeidon Hippios. Auf dem
Iſthmos galt Glaukos (j. d.), des Siſyphos Sohn,
als Tararippos. Paus. 6, 20, 15; vgl. 10, 37, 4.
Tarbelli, Taeßeiloı, Volk in Aquitanien,
zwischen dem Adour und den Pyrenäen; ihr Ge—
biet enthielt Gold und Mineralquellen. Ihre
Stadt war Aquä Tarbellicä, j. Dar am Wdour. |
Caes. b. q. 3, 27. Tibull. 1, 8, 9. Strab. 4, 190.
Tarchon (Tarco), ein etrujtiicher Heros, der |
außer Tarchonion, d. i. Tarquinii, das von ihm
den Namen erhalten, die 11 übrigen etruſtiſchen
Städte gegründet haben ſoll, Sohn oder Bruder
des Tyrrhenos, oder Sohn des Telephos. Dem
Aineias bringt er Hülfe gegen Turnus. Verg. A.
8, 603. 11, 727 ff.
Tarentini (Terentini) ludi, auf dem Taren-
tum, Terentum, einem vulkaniſchen Plage auf
dem Campus Martius zu Rom, dem Dis und
der Brojerpina gefeierte Spiele. Ein Sabiner,
Namens Manius Balefius Tarentinus, joll wäh:
rend einer Seuche an der bezeichneten Stelle
20 Fuß unter der Erde einen Altar der beiden
genannten Götter entdedt, einen ſchwarzen Stier
geihlachtet und dem Dis und der Projerpina
3 Nächte hindurch die erften tarentinifchen Spiele
durch Wettrennen und Lectifternien gefeiert haben.
Nach anderer Sage hatte der erfte Konſul Vale:
rius Poplicola die Spiele während einer ui
eingeführt, und jeitdem follen jie bis auf Auguſt
noch dreimal wiederholt worden jein, jo daß fie
fih ungefähr alle 100 Jahre wiederholt hätten.
Deshalb hießen fie Säkularſpiele. Auguftus er:
nenerte fie 17 dv. E. und weihte jie vorzugsmweije
dem Apollon und der Diana. ©. Spiele, 5.
Tarentinischer Krieg j. Pyrrhos, 2.
Tarentinus Sinus, Tagevrivog nölmos, großer
Meerbufen Staliens zwiſchen Bruttii, Lucanien
und Calabrien, nad) der Stadt Tarentum benannt,
zwilchen den Vorgebirgen Japygium im DO. und
Lacinium im W., die 700 Stadien voneinander
entfernt waren; noch jet Golfo di Taranto.
Tarentum, 6 Tagas, Stadt Unteritaliens an
dem nach ihr genannten Meerbujen, in höchit lieb:
licher und fruchtbarer Gegend (Hor. sat. 1, 6, 100.
ep. 1, 16, 11), jüdlich vom Berge Aulon und weit:
Nach einer |
lih von der Mündung des Galejus.
Sage war Taras, ein Sohn Poſeidons, der Grün:
der der Stadt, und Rojeidon wurde ald Schuß:
Tapuroi — Tarquinii.
Roms Oberherrſchaft lange anfgelehnt und ge-
‚ wehrt, eriog aber doch 272 v. E., nachdem Phr-
rhos nad) Griechenland zurüdgegangen war. Im
zweiten punijchen Kriege 212 v. &. nahm Sans
nibal T., die Burg blieb aber in der Gewalt der
ı Römer. Liv. 25, 8ff. Bei der Wiedereroberung
(209) verfauften die Römer 30 000 Menjchen als
Sklaven. Liv. 27, 15f. Nachden 123 eine römiſche
Kolonie (colonia Neptunia) u geführt war,
die in der folge wiederholt verjtärkt ward, hob
ſich T. bald wieder, und da Handel und Schiff:
fahrt ihm ſtets, wie früher, Reichtümer zuführten,
jo überließ es ſich den weichlichſten, durch grie:
chiſche Bildung verfeinerten Genüffen (molle T.,
Hor. sat. 2, 4, 34), jo da es für die römiichen
Schlemmer ein Vorbild war und nie friegerijch
wurde. Hor. ep. 1, 7, 45. Später ging die Stadt
mehr und mehr zurüd. An der nordweftlichen
Spige der auf einer Landzunge erbauten Stadt,
art an der Einfahrt des Hafens, lag auf einem
Felſen die durh Mauern und Gräben von der
übrigen Stadt getrennte Afropolis (Liv. 25, 11);
die Yandzunge bit war dur eine Brüde mit
dem wejtlichen Lande verbunden. Der Hauptteil
der Stadt befand fi) auf der Südweſtſeite des
Iſthmos; dort lagen das Forum, Theater, Mu:
jeton, eine die ganze Landzunge durdichneidende
breite Straße. Liv. 25, 11. Eine andere Haupt:
ftraße war die tiefe, von der breiten Strafe
graen D. auslaufend. Liv. 27, 15. Strab. 6, 277 ft.
er jegige Name tjt Taranto. Bergl. 5 Mono:
graphien von R. Lorenk (1827 — 1841). Döhle,
Geſch. Tarents bis auf jeine Unterwerfung unter
Rom (1877).
Tarichöa, -eae, Tapıyaiaı, Tagıyea, Stadt
in Baläftina, am nordweitlichen Ufer des Tiberias:
jees, auf einer Höhe gelegen und gut befeitigt.
Der Name der Stadt fam von den trefflichen,
dort befindlichen Anftalten zum Salzen der See:
fiſche. Suet. Tit.4. Strab. 16,764. 3. Khan: Minie.
Tarpeii. Dazu gehören: 1) Sp. Tarp., wurde
im Kriege mit den Sabinern, denen er das von
ihm befehligte Capitol angeblich überlieferu wollte,
nad einigen don Romulus zugleich mit feiner
Tochter (j. Nr. 2) zum Tode verurteilt und vom
Felſen des Gapitols heruntergeftürzt (daher Tar-
peium saxum). Der Dichter Propertius (4, 4, 93)
ipridht ihn jedoh von dieſem Berrate frei. —
2) Seine Tochter, Tarpeja, verriet nach der
gewöhnlichen Sage (Liv. 1, 11. Plut. Rom. 17 }.)
um Gold, nach Propertius (4, 4) aus Licbe den
Sabinern den Weg zum Capitol, erhielt aber den
erwarteten Lohn nicht, jondern wurde durd die
‚auf fie geworfenen Schilde von den fiegreichen
ı Feinden erftidt. — 3) Sp. Tarp. Montanus
|epitolinns, Konful 454 v. E., Urheber eines
|
Geſetzes über das Maf der Strafgelder. Liv. 3, 31.
| Cie.r.p. 2, 36.
, Tarpeium saxum ſ. Tarpeii, 1.1. Koma,9.
Tarphe, Taäepn, Stadt der Yolrer am Knemis
in waldiger Gegend (Hom. Il. 2, 533), von Stra:
bon (9, 425) wohl mit Unrecht mit dem jpäteren
gott (modıoüyog) angejehen (Hor. od. 1, 28, 29); | Dagvyaı identifiziert, das vielmehr mit Napvun,
nach der gewöhnlichen Annahme dagegen wurde | der Baterftabt des Heinen Aias, identiich zu jein
Zarent von lakoniſchen Jünglingen unter Phaz ſcheint. Died. Sic. 14, 82. .16, 38.
lanthos 705/4 v. C. (nach Dunder 708) gegründet. TarquinYi, 1) 2. Tarau. Prijcus, der fünfte
Bei dem Reichtum feines Handels und jeiner Ge: | römische König, der Sage nad) Eohn eines grie:
werbe hatte T. in früheren Zeiten ſich zwar gegen chiſchen Flüchtlings, Demaratos von Korinth, der
Tarquitii — Tartessos.
nad; Tarquinii in Etrurien fam, dort fidy ver:
heiratete und Water zweier Söhne wurde, von |
welchen der ältere, YUucumo, der Gemahl der Ta:
naquil (j. d.), auf Antrieb feiner Gattin nach Rom
wanderte, dort jeinen jpäteren Namen annahm
(Priſeus wurde er wohl erft jpäter genannt) und
des Ancus Martins Vertrauen in folchem Grabe
gewann, daß derjelbe ihn zum Wormunde feiner
Kinder ernannte. Nach des Ancus Tode ſchwang
er ſich, nachdem er Boll und Senat auf feine
Seite — auf den Thron, verſchönerte Rom,
richtete die ladi magni ein, führte einen glück—
lihen Krieg mit ben Sabinern und unterwarf
Latium. Er ftarb 578 v. E. nach achtunddreißig—
jähriger Regierung, indem er auf Anlaß der von
ihm des Reiches beraubten Söhne des Ancus er—
mordet wurde. Wie Wunderzeichen ihn jchon bei
jeinem Einzuge in Rom begleitet hatten, jo waren
es auch Wunder, die ihn bewogen, des Knaben
Servius Tullius fi) anzunehmen und ihm die
Nachfolge zu fichern. Liv. 1,34. 46. Nach
Dionys von Halifarnaf (3, 46 ff.) führte er auch
mit den Etruffern Krieg, wie Dionys ihn über:
zn faft nur dem Kriege ergeben jein und von
Servius in jeinen Kämpfen begleitet werben läßt.
— 2)R. Tarqu. Superbus, der Nachfolger des
Servius Tullins, feines Schwiegervaters, 534 v. E.,
deſſen Tod er mit Hülfe feines ehrgeizigen Weibes,
der Tullia, veranlaßt hatte, zeigte ſich nad) Antritt
jeiner Regierung ftreng (daher Superbus) gegen
das Boll, bejonders aber gegen die Patricier,
deren Macht und Übermut er demütigte, ſowie
gegen den Senat, den er dur Stolz und Härte
tief verlegte; jeßte den von feinem Water ange:
fangenen Bau des capitolinifhen Tempels fort
und bejeitigte durch Gewaltthaten und ungerechte
Todesurteile feine Gegner, bis des Volkes Un:
wilfe wach wurde, und Brutus, des Königs Ber:
wandter, nach der Entehrung der Lucretia ben
Tarquinius vertrieb (510 v. E.) und in der Schlacht
am See Regillus (496) deffen mit Hülfe Latiums
gegen Rom fämpfendes Geſchlecht bejiegte. Tar—
quinius ftarb einige Jahre darnach. Zip. 2, 1 ff. —
HL. Tarqu. Eollatinus, Berwanbter des vorher:
gehenden und Gemahl der Yucretia (j.Lucretii, 2.),
wirkte mit zur ®ertreibung desjelben und war
Mitkonſul des Brutus, mußte jedoch feine Würde
niederlegen und begab ſich nad) Lavinium, wo er
als Privatmann lebte und ein hohes Alter er:
reichte. Liv. 1,57ff. 2,2. — 4) 8. Tarquinius,
Genoſſe des Eatilina, verriet die Mitverſchworenen.
Sall. Cat. 48. — 5) Tarquinii, berühmte Stadt
Etruriens und wahrjcheinlich Mutterftadt der zwölf
Bundesftädte, auf einer Höhe am MRartafiuh an
der von Coſa nad) Rom führenden Strafe. Durd
die Kriege der Etruffer mit Rom ſank T.s Macht
jehr (Läv. 2, 6. 7. 5,16. 7, 15. 19), und auch eine
römische Kolonie vermochte diejelbe nicht wieder |
zu heben. In T. wurden viele Bafen verfertigt.
Liv. 28, 45. Wenige Mauerreite finden fich auf
dem Hügel Tarchino; jehr viel Merkwürdiges liefert
dagegen die dazu gehörige Nefropolis auf einem
nahen Hügel beim h. Corneto. Bgl. Cie. tuse.
6, 37. Liv. 1, 34. 87.
Tarquitii, ein römiſches Gejchlecht, defien Name
für gleihbedentend galt mit dem verhaßten Namen
Tarquinius und an deflen Stelle getreten war:
1) B. und M. Tarauitii, entdedten dem Konſul
1181
Sulpicius eine Verſchwörung, die die Tarquinier
zurüdzuführen zum Ywede hatte (500 v. E.). Dion.
Hal, 5, 54. — 2) 2 Targu. Flaccus, ein
Batricier, mußte, da er zu arm war, zu Fuß
dienen, zeichnete fich aber durch friegerifchen Mut
ganz befonders aus. Zav. 3,27. — 3) DO. Tarqu.,
fämpfte 81 v. E. ald Duäftor in Spanien, wo er
zu Gertorius übertrat, deſſen Reiterei er 76 be:
tehligte. Später aber beteiligte er ſich auch an
der Ermordung des Sertorius. Frontin. strat.
2,5,31. — 4) 8. Tarqu. Priſcus, trat 53 n. €.
mit einer Anklage gegen den Statilius Taurus
(f. Statilii, 5.) auf, wurde aus dem Genate
geſtoßen, doch jpäter rehabilitiert und im J. 61
wegen Erpreffungen von den Einwohnern der Pro:
vinz Bithynien verklagt und in Rom verurteilt.
Taec. ann. 12, 59. 14, 46.
Tarraeina j. Anxur,
Tarräco, Tagpansr, alte iberiiche Gründung
an der Djtfüfte Hilpaniens, zwiſchen den Pure:
näen und dem Iberus, mit einem alten Kaftell.
Der Hafen war nicht brauchbar, objchon die Römer
dort öfter ihre Truppen gelandet haben. Die
Scipionen bejonders haben die Stadt befeftigt und
fie zu einem wichtigen Waffenplage gemadt. Als
Kolonie führte fie jeit Cäfar den Namen colonia
Julia vietrix Tarraconensis und gab der Pro:
vinz den Namen, deren Hauptjtadt fie unter
Auguftus wurde. Diejer jchmüdte die Stadt mit
vielen Prachtbauten und hielt fi) während einer
Krankheit längere Zeit dort auf; daher wurde ihm
bei feinem Leben ein Altar, nach jeinem Tode ein
Tempel erbaut. Zac. ann. 1, 78. Das heutige
Tarragona zeigt noch eine alte Wafjerleitung,
ſowie Nefte eines Amphitheaters, Eircus u. j. w.
Bergl. Liv. 21, 61. Strab. 3, 159. Hübner im
Hermes, Band I ©. 77 ff.
Tarsos, Tagsog und -or, alte und bedeutende
Handelsftadt in Kilikia Pedias, von dem Kydnos
durchfloffen, um 700 v. €. dur Sanherib von
Aſſyrien erobert und mit der Hafenſtadt Anchiale -
nen aufgebaut, in der Berierzeit die bevölferte
Nefidenz der unter dem Titel Syennefis regieren:
den Nandesfürften (Xen. An. 1, 2, 23), ebenjo
unter den Geleufiden und noc unter römijcher
Herrichaft blühend. Sie zeigte eine große An—
hänglichkeit an Julius Cäjar, wurde deshalb von
Caſſius ausgeplündert, aber von Auguſtus jehr
begünftigt. Später hatte fie von Einfällen der
Saurier zu leiden, hob fich aber immer wieder.
Sie bejaß berühmte Schulen, die bejonders in
der eriten Kaiſerzeit viel bejucht wurden. T. (ij.
Terjus) war der Geburtsort des Apoftels Pau—
lus und der beiden Stoifer Athenodoros. Strab.
14, 673 f.
Tartäros ſ. Unterwelt.
Tartärus, j. Tartaro, Fluß im transpadanis
ichen Gallien, der jüdöftlih vom Benacusjee (ji.
"2. di Garda) entiprang, im der Nähe von Hofti-
lia große Sümpfe bildete (Tue. hist. 3, 9) und
‚dann in die zur VBerbindung des Padus und
Atheſis angelegten Kanäle (Fossae Philistinae)
ſich ergoß; er konnte aljo ebenjo gut für einen
Nebenfluß des Athejis wie des Padus gelten. Plin.
3, 16, 20.
Tartessos, Taernscos, ſemitiſch Tharſchiſch,
erſcheint im A. T. als ein: fern im W. liegender
bedeutender Handelsplatz, wohin die Phoinifer
1182 Tarusates —
auf großen Schiffen fuhren.
deutung jehr ungewiß ift) der Fluß Bätis in
Hiſpanien und die zwijchen den beiden Mündungen
desjelben injelartig gelegene Stadt genannt; ihr
Gebiet hieß Tartejjis. T. war eine alte phoi—
nifiihe Kolonie, von wo die reichen Güter des
Landes und des Afrika dem Oſten zugeführt
wurden. Um die Mitte des 7. Jahrh. v. E. wur:
den Samier dorthin verichlagen und fehrten mit
reihem Gewinn nad Haufe zurüd (Hat. 4, 152);
100 Jahre jpäter herrichte dort der im Altertum
durch jein langes Leben berühmte König Argan-
thonios (j. d.), der mit den dorthin gefommenen
Griechen von Pholaia in freundfchaftliche Verbindung
trat. Wann der Untergang bdiejer reihen Stadt
erfolgt ift und wie, ift unbefaunt; Strabon
(3, 148. 151) fand fie ſchon nicht mehr.
'Tarusätes, Völlerſchaft in Aquitanien, neben
den Sontiaten, Elujaten und Bocaten; bei dem
j. Teurſan im Depart. des Landes. Caes. b. g.
3, 23, 27.
Tarutius, 1) 2. Tar. Firmanus, ein in
philofophiichen und mathematifchen Studien jehr
wohl bewanderter Mann, der zugleich mit Aſtro—
ie jich bejchäftigte und mit Eicero und Varro
befreundet war. Cic. div. 2, 47,98. Plut. Dom. 12.
— 2) j. Acca Larentia.
Tatiänos, Tarıevög, ein in der römischen
Kaiferzeit, bejonders im Orient, oft vorfommender
Name. Die meifte Bedeutung hat Tatianos mit
dem Beinamen LZvgog, ein chriftlicher Apologet
und Gnoftifer um die Mitte des 2. Jahrhunderts.
Geboren in Afiyrien, wurde er ein wandernder
Rhetor, trat aber um 150, unbefriedigt von der
griehiichen Philojophie und abgejtoßen durch die
Unfittlichfeit des Heidentums, zum Chriftentum
über und war ein Schüler des Juſtinus Martyr.
Nach deſſen Tode ging er wieder in den Orient
nad Mejopotamien (Edefja?), ericheint zuletzt als
. das Haupt einer gnoftiich=ajtetiichen &ette, der
Tarıavoi, welde fid) der Ehe und des Genufies
von Fleiih und Wein enthielten, und ftarb um
oder nad) 170. Bon feinen Schriften ift die wich—
tigjte 6 moög "Eilnvag Aoyog (Ausgg. von Dtto
[1851] und Schwarg [1888]), mehr polemiſch als
apologetiihh und mit — Leidenſchaftlichleit
abgefaßt; ferner merkwürdig eine Harmonie aus
unjeren 4 Evangelien, ro dic reoodgw» (1881
von Bahn aus einem fie behandelnden Kommentar
ziemlich vollftändig zuſammengeſtellt). Verſchie—
den davon find die im Mittelalter aufgefundenen
2 Evangelienharmonien, melde gewöhnlich dem
Zatianos zugejchrieben werden. Monogr. von Da:
niel (1837) und Dembowsti (1879).
Tatius, Titus, König der Sabiner, befriegte
wegen des Raubes der jabinischen Jungfrauen
Rom und nahm das Capitol durch den Verrat
der Tarpeja ein, verftand fi) aber auf die Bitte
der rauen zum Frieden, zog mit jeinem Bolfe
von Eures nah Rom auf den mons Capitolinus
und regierte mit Romulus fortan gemeinjchaftlich.
Er fand bei einem Opfer zu Lavinium feinen Tod,
indem er von den Laurentinern wegen verweiger—
ter Sühne erjchlagen ward. Liv. 1, 10ff. Plut.
Kom. 17 ff. Cie. r.p. 2, 7,13. 8, 14.
Taucheira, Tavzsıpa, Stadt an der Küſte von
Styrenaife, wejtlicd von PBtolemais, jpäter auch Ar:
Bon den griechiichen
Schriftftellern wird mit diefem Namen (defien Be: |
Tauromenion.
finoe genannt, befannt durch den Kultus der Ky—
bele; j. Ruinen Tofra. Hdt. 4, 171. Strab. 17, 836.
Taulantii, Tavilarrıo, illyrijche, einft ſehr
mächtige Völferjhaft in der Gegeud von Epida—
mnos, jpäter jehr gejunfen. Thuc. 1, 24. Arr.
1, 5, 1ff. Lie. 45, 26.
Taunus mons, Gebirge Germaniens in dem
dur Rhenus und Mönus gebildeten Wintel,
führt noch jept jeinen Namen, der wohl urjprüng-:
lid) „Höhe“ bedeutet (felt. daun). Dort findet
man zahlreiche lateiniſche Inſchriften. Tac. ann.
1, 56. 12, 28,
Tauri, Teögoı, Bewohner der taurijchen Eher:
jones (der j. Krim), ein rohes, von Raub auch
Seeraub) und Krieg lebendes Volk unter Einem
Könige. Hdt. 4, 99. 102. Tac. ann. 12, 17. Die
Zaurier, die von den Skythen durchaus verſchie⸗
den und wohl als ein ſitzengebliebener Reſt der
vorhiſtoriſchen Kimmerier anzuſehen ſind, zerfielen
in die nördlicheren Nomaden und die jüdlicheren,
etwas mehr Bildung zeigenden Aderbauer. Einer
jungfräulichen Göttin Orfiloche, welche die Grie-
chen ihrer Artemis gleich hielten und Tauropolos
nannten, brachten jie Menjchenopfer dar: Schiff:
brüchige und überhaupt alle Griechen, die in ihre
Hände fielen. Auch die Kriegsgefangenen töteten
fie. Hdt. 4, 1038. Oo. ex Pont. 3, 2, 45. trist.
4, 4, 63. Starb der König, jo begruben fie mit
ihm alle, die u. am liebjten waren. Strab. 7, 308 ff.
Taurica dea j. Artemis,
Taurfi ludi, tauriihe Spiele, in Rom von
Tarquinius Superbus aus Anlaf einer Seuche
den unterirdijchen Göttern eingelegt und bisweilen
wiederholt. Sie waren ein Sühnfeit zur Be:
Ihwichtigung des Zornes der Unterirdijchen, ähn:
lih den tarentinijchen oder terentiniichen Spielen.
Angerufen wurden bejonders Dis und Projerpina,
auch Juno und Jupiter, jpäter auch der Seuchen:
abwender Apollo nebit Diana Lucina. Das Opfer
wurde bei Nacht auf ten Flaminiſchen Wiejen vor
dem Garmentalijchen Thore gefeiert.
Taurini, Taveıvod, Taveivor, liguriiche Bölter:
ſchaft am oberen Laufe des Padus mit der Haupt:
ftadt AUuguſta Taurinorum (j. Turin). In
ihrem Gebiete lagen die Taurini Saltus, über die
der Zug der Gallier und jpäter des ——
—* Italien ging. Liv. 21, 38. Pol. 3, 6. Strab.
‚204. 209. hist. 2, 66.
"Ta avgıosvn. Tavow, Tavgorölog, Beinamen
der taurifchen Artemis, j. Artemis,
Tavgiozoı, d. h. Bergbewohner, Bolf in No:
ricum bis Bannonien hin. Strab. 4, 206 ff. 7, 296.
Tauriskos, Tavgionog, aus Tralles in ftarien,
verfertigte mit feinem Bruder Wpollonios als
Bildhauer die Gruppe des farneſiſchen Stiers (j.
Amphion) und zeichnete fich auch jonft im feiner
Kunft aus. Plin. 36, 5 3. A.
Taurobolia j. Rhea.
Tauromenion, n avgousrıor, bei den Römern
Taurominium, Taormina, eine bedeutende
Stadt an ber frfüfte Siciliens. Anfangs 396
v. E. von Situlern angelegt am Berge Tauros
(daher der Name), wuchs jie durd) Aufnahme der
aus ihrer am Fuße des Berges gelegenen Stadt
vertriebenen Narier, die Andromachos, der Bater
des Geſchichtſchreibers Timaios, 358 dorthin führte.
Durch den Sflavenfrieg und den octavianijchen
Krieg gegen ©. Bompejus litt Tauromenion, das
Tauros —
zu Ciceros Zeiten eine civitas foederata war
(Cie. Verr. 5, 22), und ſank zu einer Mittelftadt
herab. Merfwürdig ift das heut. Taormina durd)
das großartige, jaft noch ganz erhaltene, zum Teil
in Felſen gehauene Theater, das 30—40 000 Men:
ſchen faſſen konnte.
‚Tauros, ö Teögos, 1) ſemitiſch Tür (d. h. Ge:
birge), im allgemeinen das Gebirge der kleinaſia—
tiſchen Halbinjel, das beim heiligen Borgebirge
oder Ehelidonion (j. Ehelidonia) in Lyfien be:
gann und, anfangs ungeteilt, nördlich zwiſchen
Lyfien und Bamphylien, dann öftlicher durch Piſi—
dien und Iſaurien bis zur Grenze Lylkaoniens
und Kilikiens hinlief, wo es ſich in 2 Teile ſpal—
tete, a) den nördlichen Antitauros, der durd
Kappadokien öftlicdh von dem Argaios, dann durch
Armenien als Kapotes hinftreicht zum Kaulaſos,
mit dem er durch die Moschiſchen Berge in
Verbindung ftand; b) den ſüdlichen Teil. Diejer,
noch Tauros genannt, bildet in Kilikien die Kili-
kiſchen Pforten und jendet den Amanos als
ſüdlichen Zweig aus, zieht durch Melitene und,
vom Euphrat durchſchnitten, nad Armenien, wo
wieder der Maſios ein jüdlicher Zweig ift. Bei
dem See Arjeja (j. Wanſee) hört der Name T.
auf. Der bis auf feine Gipfel bewaldete Tauros
heißt heute, neben bem alten Namen, noch Kurun
oder Ala Dagh. Strab. 11, 520 ff. — 2)j.Stern-
bilder, 8.
Taxila, Tadıea, indisch Takichafila, die bedeu- |
tende Hauptſtadt des Fürften Te&äng, in der Mitte |
zwiichen Indos und Hydaſpes gelegen; Ruinen
bei dem h. Schahdheri. Arr. 5, 3, 6. 7,2, 2.
Taygete j. Pleiaden.
Taygöton, -08, Taöyerov, Gebirge Lakoniens,
j. Lakonika, 2.
Teänum Apülum, Tiavov, Stadt der Yand-
ſchaft Daunia in Apulien am Frento; j. Ruinen
Eivita di Ehiruti. Cie. Cluent. 9. Strab. 6, 286.
Teänum Sidieinum, Tfavov Zidinnwor oder
Zuödınivor, bedeutende Stadt Gampaniens und
Hauptjtadt der Sidiciner, am nördlichen Abhange
des Maſſicus, 30 Millien von Bajä; j. Teano.
Pol. 3, 91. Strab. 5, 237. 248. Liv. 22, 37. Tac.
ann. 3, 17.
Teäte ſ. Marrueini.
Teetum. Die römifchen Dächer waren teils
flach (mit feftem Paviment, wo Solarien angelegt
wurden), teils abjchüjlig, wie bei und. Man dedte
fie mit Schiefer, Ziegeln (tegula, Blattziegel,
imbrex, Hohlziegel) und Metallplatten; die Ar-
men brauchten Schindeln.
Tegöa, Teyea, 1) j. Tegeatis. — 2) Stadt
in der Provinz Africa. Cnes. b. Afr. 78.
Tegeätis, Seysarıg, die jüdöftliche Landichaft
Arkadiens, die heutige Hochebene von ZTripolika
und das diejelbe im S. begrenzende Bergland,
das Duellgebiet des Alpheios; auferdem iſt der
Fluß Gareates zu merfen. Nach Argos führte |
der Trochospaß über das Gebirge. Diejes Gebiet
entbehrte in ältefter Zeit eines ftädtiichen Mittel:
punftes und zerfiel in 9 Gaue (Gareatai, Phyla—
feis u. a), die nur durch den Kult der Athene
Alea in einem gemeinfamen Heiligtum zujammen
gehalten wurden. Erſt die hartnädigen Kämpfe
gegen die Spartaner, denen um 600 dv. C. ver
jüdlichfte Teil des Gebietes abgetreten werden
mußte, gaben Beranlafjung zur Gründung einer
‚die Augen iprengte.
1183
gemeinjamen Stadt, Teyda (die jchügende) ge:
nannt. Dieje (geringe R. bei den Dörfern Ibra—
him Effendi, Achuria und Biali) war fejt und hatte
eine Alropolis; berühmt war bejonders der um
390 dv. E. durch Stopas von Paros neu erbaute
Tempel der Athene Alea mit der bei Plataiai
erbeuteten Krippe des Mardonios, der größte und
ihönfte im ganzen Peloponnes; außerdem die
Tempel der Athene PBoliad und der Aphrodite.
Auf dem Wege nach Argos lag ein Heiligtum des
Pan, da wo dem athenijchen Herold Pheidippides
(1. d.), als er die Nachricht von der Landung der
Berjer bei Marathon nad) Sparta überbradjte, der
Gott erjchienen war. Hat. 6, 105. — Die Tegeaten,
Erfinder der Kunft, eijerne Waffen zu jchmieden,
waren jehr mannhaft und infolge deſſen mit den
Spartanern oft in Streit, Bei Thermopplai foch—
ten ihrer 500 (Hdt. 7, 202), bei Plataiai 3000,
darunter 1500 Hopliten (Hdt. 9, 26. 28. 61. Plut.
Arist. 12. 19), von denen nur 16 übrig blieben,
Sie erbeuteten das Zelt des Mardonios, . Hit.
9, 70. Später unterlagen fie den Spartanern
Teiresias,
ı mehrmals, doch blieb der Tempel der Athene Alena
ein Zufluchtsort für flüchtige Spartaner. Hdt.6, 72.
9, 37. Xen. Hell. 3, ö, 25. m peloponnefiichen
Kriege hielten fie dagegen aus Haß gegen Man-
tineia (Z’huc. 4, 184) fejt an den Spartanern und
nahmen an dem Auge gegen Argos teil. Thuc.
5, 57. Auch im korinthiichen Kriege (394) blieben
jie auf jpartanifcher Seite (Xen. Hell. 4, 2, 13);
nach der leuktriſchen Schlacht aber brachen Spal—
tungen aus, infolge deren nad manchen Kämpfen
‚die Tegeaten ſich den Thebanern anſchloſſen, mit
denen jie bei Mantineia 362 lämpften. Später
ift T. nicht mehr von der früheren Bedeutung,
doc blieb es ein wichtiger Waffenplak und Bunft
des Durchzugs. Bol. Curtius, Peloponnejos I
©. 250 fi.
Tegüla j. Tectum.
Tegyra, Teyvoa, Teyöoca, Heine Stadt in
Boiotien, nörblih vom SKopaisjee und in der
Nähe von Wipledon, mit einem Wpollontempel
und Drafel. Hier erfocht 375 v. E. Pelopidas
mit dem fegög Aoyog der 300 einen erfolgreichen
Sieg über die an Macht überlegenen Spartaner.
Plut. Vel. 10f.
Teichion, Tei/gıor, Stadt Aitoliens im Thale
des Hylaithosfl., vielleicht die Ruinen von Lyko—
fhori. Thuc. 3, 96.
Teichiüs j. Thermopylai.
Teıgoroıös, Name eines Beamten in Athen,
der für Erhaltung und Ausbejlerung der Stadt:
mauern zu jorgen hatte. Demosth. 18, 55.
Teiresias, Teıpsciag (reigee, Himmelszeichen),
der der Didipusfage angehörige berühmte Seher
in Theben, Sohn des Eueres und der Ghariflo,
aus dem Beichlechte des Sparten lldaios. Hom.
Od. 10, 492 ff. Er war blind jeit jeinem jiebenten
Jahr, weil er den Menjchen den Willen der Götter
geoffenbart habe; oder Athene blendete ihn, weil
er jie im Bade gejehen, indem jie ihm Wafler in
Chariflo bat die Göttin,
ihm das Geſicht wiederzugeben; da fie dies aber
nicht vermochte, verlieh jie ihm die Gabe, die
Stimmen der Vögel zu verjtehen, und gab ihm
einen Stab, der ihn ficher führte. Oder Hera
blendete ihn, und Zeus gab ihm die Weisjagung
und ein Leben von 7 oder 9 Menjchenaltern (Op.
1184
met. 3, 320 ff.), jo daß er von den Zeiten des
Kadmos, des Gründers von Theben, bis zur Ber:
jtörung der Stadt durch die Epigonen lebte, Er
weisjagte bejonders zur Zeit des Didipus und
der beiden thebanischen Kriege. Bon den fieg:
reichen Epigonen wurden er und feine Tochter,
Manto (oder Daphne) nebjt andern Gefangenen
dem delphiſchen Apollon geweiht; Teirefias aber
ftarb unterwegs an der Duelle Tilphofia im Ge:
biet von Haliartos, wo man noch zu Pauſanias'
Beit jein Grab zeigte, während er in Theben ein
Kenotaphion hatte. Paus. 9, 18, 4. 33, 1. Manto
wurde auf Geheiß des Apollon nach Kolophon in
Kleinafien geführt, wo fie das Drafel des klariſchen
Apollon gründete und ſich mit dem Kreter Rhakios
vermählte, dem fie den Sohn Mopſos gebar. Tei:
refiad trägt in der Unterwelt noch den goldenen
Stab und hat allein von allen Schatten mod ını= |
geſchwächte Belinnung und Berftand. Zu ihm
jendet Kirle den Odyſſeus, daß er ihn über die
Heimfehr befrage. Hom. Od. 10, 492. 11, 90 ff.
Der Grund diejer Muszeichnung vor allen Toten
lag wohl in dem Umſtand, daß Teirefiad Drafel-
ftätten hatte, wo er auch im Tode noch den Men
chen mweisjagte. In Boiotien (wahrſcheinlich an
der Duelle Tilphoffa) hatte er ein Drafel, das |
nad) einer Peſt in Orchomenos verftummt fein joll. |
Die Thebaner zeigten noch jpät den Ort (olwrooxo-
zıov), an dem er die Vögel beobachtet habe (‚Soph.
Ant. 999), und - einen Stein, Mavroös dipeos,
auf dem Manto weisjagend gejeflen haben jollte.
Teisias ſ. Tisias,
Tekmessa ſ. Aias, 2.
Tektämos, T'exzanos, auch Tfxrapos, Sohn
des Doros, Enkel des Hellen, folonifierte von Thej-
jalien aus mit Dorern, Miolern und Belafgern
Kreta und wurde dafelbft König. Mit der Tochter
des Kretheus (Kre3?) zeugte er den Aſterios oder
Afterion, der die Europa (f. d.) heiratete. Diejer
uralte Dorierzug aus Thefjalien nad Kreta ver:
ſtößt gegen alle hiſtoriſche Wahrjcheinlichfeit umd
ift eine Erfindung jpäterer Mythographen. Diod.
Sie, 4, 60.
Tektosäges j. Volcae,
Tela, 1) ſoros, der Webftuhl und der Aufzug;
textum und textile (Upaou«) heift dag Gewebe,
textrina (lor&rv, iorovoysior) die Weberftube, wo
die textores und textrices (bpdvraı und dpdr-
tere) das Schiffchen (radius, »zoxis) hin und
her werfen. Die antifen Stühle find den unjern
jehr ähnlih, und stamen (orrjuw»), subtemen
(xg0x%7j), pecten, arundo, trama, licia (wirog)
u. ſ. w. find ganz analog; jedoch waren die älte—
ften und bei den Römern gemwöhnlichften Web:
ftühle aufrechtftehende (lorol öp®to:, telae pendu-
lae, stantes), wie fie noch jegt in der Manufaktur
der Gobelins und in Indien zum Teppichweben
gebraucht werden. Der Weber arbeitete aljo nicht
im Sigen, jondern im Stehen. Man webte aus
Wolle, Seide (f. Bombyx), Baumwolle (ſ. Bys-
s08) und Flachs, ſowohl einfarbig als buntfarbig. |
Auch Goldwirkerei fommt vor; ebenjo drudte man
die Stoffe oder ftidte kunftvoll hinein. Vgl. Blüm-
ner, Technologie und Terminologie I ©. 120 ff. —
2) j. Waffen, 10.
Telämon, Trelausr, 1) j. Aiakos. — 2) wid):
tiger Hafen Etrurtens, der Sage nach von den
Nrgonauten gegründet; jegt Talamone. Pol. 2, 27.
Teisıas —
Lulien gebradht haben.
Telephos.
Telchines, Teigives, ein muthijches, hierati-
ſches Urgeichleht auf Rhodos (Teizıris), wo fie
den Dienft des Apollon Teix/vıos und der Hera
Telgıvia gründeten. Bon FHobos aus jollen fie
den Dienft der Athene T’elzırda nadı Teumefjos
in Boiotien und den des Infiichen Apollon nad
Sie galten als die erften
Metallarbeiter, weshalb fie mit den Kyklopen und
idaiiichen Daltylen zujammengeftellt und verwech—
jelt worden find. Außerdem jollen fie noch andere
fünfte und heilſame Einrichtungen erfunden haben,
wurden aber auch zugleich ald Zauberer angejehen
(Schmelzer, TeAyives, Zauberer, Oelyives), bie
ihre magiſchen Künfte jowohl zum Nuten ald zum
Schaden der Menichen und der Götter gebrauch:
ten. Als den Göttern feindlich gefinnte Weien
wurden fie von Apollon getötet, oder Zeus ver:
tilgte fie durch eine Waflerflut. Diod. Sic. 5, 55 f.
Ov. met. 7, 365. In Silyon erjcheinen Telchinen
als Priefter, die das grauenvolle Opfer des (Apis-)
ee des vierten Dionyjos, vollziehen; außer:
dem jollen Teldinen in Kreta und Kypros ge:
weſen jein.
Teiln, Tıuriuare, j. doin, 6.
Teleböae j. Taphos,
Tn)zyovia, Name eines Gedichtes des kykli—
ſchen Dichters Engammon, ſ. Epos, 4.
Telegönos, 1) ſ. Odysseus. — 2) f. Pro-
teus,
Telekleides, Tnisnleiöns, ein Dichter der
alten attiichen Komödie, Gegner des Perikles,
dagegen Freund des Nikias. Er joll nur 6 Stüde
geichrieben haben; von 5 jind wenige Bruchftüde
erhalten (gejammelt von Meinele, com. Graec.
fragm. Il p. 86ff. Kod, com. Att. fragm. I
p. 209 ff.).
Telemächos j. Odysseus.
Telömos, Tyjlsuos, 1) Sohn des Eurymos,
Wahrjager bei den Syflopen. Hom. Od. 9, 509.
Theoer. 6, 23. Or. met. 13, 770 ff. — 2) Sohn des
Proteus, Weisjager, neben dem vorigen genannt.
Hygin. fab. 128.
Teleontes ſ. Bvinj, 2.
Telephänes, T’nlszpdvngs, 1) aus Sifyon, einer
der älteften Meifter in der Yinearzeichnung {Plin.
135, 3, 5), {. Maler, 1. — 2) Erzgießer aus ®hotis
oder Pholaia, nach Plinius (34, 63) würdig den
erften Meiftern an die Seite gejeßt zu werben,
aber, weil er in Theflalien wohnte oder weil er
fi dazu bergab, für die Perjertönige Kerres und
Dareios zu arbeiten, faft ganz unbefannt geblie:
ben. Körperliche Vollendung und Naturwahrbeit
ſcheinen jein Hauptverbienft gemwejen zu jein. —
3) Flötenbläjer aus Samos zur Zeit der Königin
Kleopatra von ÄAgypten. Paus. 1, 44, 9.
Telephassa j. Kadmos.
Tel&phos, Trjlspos, ein Arfadier, Sohn des
Herafles und der Auge, der Tochter des Königs
Aleos von Tegen, die das Sind auf dem
Gebirge Parthenion ausjeßte und nach Myſien
zum König Teuthras floh. Telephos wurde von
einer Hindin genährt und jo von Hirten des
Königs Korythos gefunden, der ihn erzog. Er:
wachſen fragte er zu Delphoi nad feiner Mutter
und erhielt die Weifung, zu Teuthras zu gehen.
Dort fand er die Mutter, ward gaftlich auf:
genommen, heiratete des Teuthras Tochter Argiope
und warb deſſen Nachfolger in der Serricait.
Telesina — Tempe.
Als die Griechen auf ihrem Auge nach Troja in
Myſien einfielen, wurden fie von Telephos zurüd-
geichlagen; Dionyjos aber lich ihn über eine Wein:
ranfe fallen (Aıovvoog Epairig), und er ward
von dem Speer des Achilleus verwundet. Die
Griechen erfahren nun jeine Stammpverwandtichaft
und fordern ihm auf, mit gegen Troja zu ziehen,
was er beriveigert, da er eine Tochter des Priamos,
Aftioche, zur Gemahlin habe. Als die Griechen ſich
wieder einichiffen, werden fie durch einen Sturm
zerftreut und in die Heimat zurüdverichlagen. Da
die Wunde des Telephos nıcht heilen will, und
das Orakel erklärt, nur wer die Wunde geichlagen,
fünne fie heilen, jo geht er in Bettlergejtalt zu
Agamemnon nah Wylenai, raubt den Drejtes auf
Klytaimneſtras Nat aus der Wiege und zwingt
durch die Drohung, das Kind zu töten, den Aga—
memnon zum Berfprechen, ihm zu helfen, Die
Griechen hatten den Spruch erhalten, nur unter
Zelephos’ Führung würden fie nach Ilion gelan-
gen; deswegen heilt Achilleus die Wunde mit dem |
Roſt oder den Spänen des Speeres, mit dem er,
den T. verwundet, und dieſer gibt ihnen nun
feinen Rat über den Weg. Hyg.rab.101. Euri:
pides dichtete einen Telephos. In Pergamon, deſſen
Könige ihn als ihren Ahnherrn betrachteten, und
auf dem Barthenion in Arkadien ward Telephos
als Heros verehrt. Paus. 5, 18, 3. 8, 54, 6.
Telesia, Teisoi«, Stadt in Samnium zwi:
ichen Beneventum und Allifä, im zweiten puntichen
Kriege von den Römern erobert (Liv. 22, 18),
jpäter römische Kolonie; j. Teleſe. Sie war bie
Baterjtadt des Sammitenführers Bontius im Bun—
desgenoſſenkriege.
elesilla, Teizadda, lyriſche Dichterin aus
Argos, um 510 v. E., joll an der Spihe der ar:
giviichen Frauen den Einfall des lakedaimoniſchen
Königs Kleomenes abgewehrt haben, wofür fie mit
einem Standbilde geehrt wurde. Man erzählte,
fie habe gleich Tyrtaios die Argiver durch ihre
Ntriegslieder zur Tapferkeit entflammt. Bon ihren
Gedichten (Hymnen) ift faft nichts erhalten. Vgl.
die Abhandlung von Neue (1843) und Bergt,
poet. Iyr. Graee. Ill p. 380 f. ber 4. Aufl.
Telesphöros j. Asklepios.
Telestes, Treiforns, 1) ein Kreter, Vater der
Janthe. Op. met. 9, 717. — 2) der lebte König |
von Korinth, der fünfte nach Balchis, Sohn des |
Nriftodemos (Nriftomedes, Diod. Sie. 7, 7), regierte
12 Jahre, ungefähr 758 — 747 v. E., und ftarb
eines gewaltfamen Todes. Paus.2,4,4. — 3) be: |
rühmter Dithyrambendichter aus Selinüs, |. Di- |
thyrambos. — 4) ein Zänger, welder in des
Aiſchylos Sieben gegen u in den fommati-
ichen Liedern durch mimilchen Tanz die geichil:
derten Kriegsjcenen darftellte. Athen. 1, 24 A.
Teierai j. Lustratio und Mysteria.
Teleutas, Telsvrag, Phryger, bei Sophofles |
(Ai. 210) Bater der Tefmefla (j. Aias), der bei |
andern Zeuthras heißt. |
Teleutias, Teirvriaes, Bruder des Spartaner:
königs Ageſilaos und tüchtiger Feldherr, befehligte
392—90 v. C. die jpartaniichen Schiffe im Korin:
thiſchen Meerbujen und unterftüßte die Unterneh:
mungen bes Agejilaos. Xen. Hell.4,4,19.8,11.23ff.
Plut. Ages.21. Später war er ald Nauarch thätig
auf Rhodos und Nigina, two er, nachdem Gorgopas
von Chabrias getötet war, wieder den Oberbefehl
Realleziton des Mafi. Altertums. 7. Aufl.
1185
übernahm und den Athenern durch einen fühnen,
wenn auch erfolglojen Angriff auf den Peirnieus .
bedeutenden Schaden zufügte. Xen. Hell. 5, 1, 2ff.
13.19. Im 3. 382 erhielt er den Oberbefehl
egen Dlynthos, errang aud einen glänzenden
Steg, wurde aber im folgenden Jahre, als er ſich
unbejonnen in eine Schlacht einlieh, getötet, fein
Heer faft gänzlich vernichtet. Xen. Hell. 5, 2,37 ff.
Died. Sie. 15, 21.
Tellos, TriAog, der befaunte Athener, ben
Pa glücklich pries. Fldt. 1, 30.
ellämo .
Tellus | \. Gaia,
Telmessos oder Telmissos, Telunoaög, T'rl-
wocög, 4) blühende Stadt im nordweftlichen Ly—
fien am Vorgebirge Telmijfis und an einem nad)
ihr benannten Meerbujen, berühmt durd ihre Weis
jager; j. Mafri. Juv. 37, 16. 56. Strab. 14, 665.
dt. 1,84. Arr. 1,25, 8. Cie. dir. 1,41. —
2) Stadt in Karien, unweit von Halikarnaſſos.
— 3) — Tegunooög (j. d.).
Teiorveı, ſ. Staatshaushalt, I, 7 und 8.
Telos, TijAog, j. Tilos oder Epijfopi, feine
Sporadeninjel im Sarpathiichen Meere, Knidos
gegenüber, berühmt durd) ihre Salben. dt. 7, 1563.
Strab. 10, 488.
Temenitis, Teusririg, Thor von Syrafus im
©. der Stabt, genannt von einem Hain in der
Nähe. Liv. 25, 9.
emönos, Tnusros, ältefter Sohn des Ariſto—
machos, Herallide, Vater des Keiſos, Phalies,
Agraios und der Hyrnetho. Bei dem Einfall der
Dorier in den Peloponnes ward ihm Argos zu
teil, wo jeine Nachfommen, die Temeniden, die
Herrichaft behielten; diejelben galten auch für die
mythiſchen Gründer des maledoniſchen Reiches.
Hadt. 8, 1375. Thuec. 2, 99. Das Grabmal des
Temenos war zu Temenion unweit Yerna. Bal.
Herakles, 16.
Temösa, Teudon, Teurse, oder Tempsa,
Treue, Stadt im Lande der Bruttier, am Sinus
Terinaeus gelegen, eine der älteften auſoniſchen
Städte im fjüdlihen Stalien, von den Römern
tolonifiert. Liv. 34, 45. Die Umgegend lieferte
quten Wein. Ruinen bei Torre di Lupo. Strab,
6, 251. 255 |. Cie. Verr. 5, 16. Bgl. auch Ta-
masos wegen Hom. Od. 1, 184.
Tiuvov 6005. Gebirge Myſiens nad) Lydien
zu, enthielt die Onellen des Mafeftos, Myſios,
Kailos und Hyllos; j. Demirdſchi-Dagh. Strab,
13, 616,
Temnos, Tijuros, Stadt auf der aiolijchen
Küſte Kleinaſiens am öftlidhen Ufer des Hermos
(unweit der Mündung), beimgefucht durch Erd—
beben unter Tiberins. Tac. ann. 2, 47. Bgl.
Hadt. 1, 149. Xen. Hell. 4, 8,5. Strab. 13, 621
Zu Blinius’ Zeit war fie fchon verjchwunden.
Tempanius, Sertus, wendete 423 v. C. in
einer Schlacht mit den Boljfern als Reiterhaupt-
mann das Kriegsglück zu Gunften der Römer und
verteidigte ald Volkstribun (422) den gemejenen
Konjul Sempronius wegen feiner Anführung in
der Schlacht gegen die Anklage eined Tribunen
mit großem Edelmute. Ziv. 4, 38 fi.
Tempe, r« Tiurn, eine 1'/, Stunden lange,
gegen NO, ſich ziehende tiefe, enge Schlucht, die,
durch die hohen, fteil anfteigenden, vor: und aus
rüdipringenden Felſen des Olhmpos und Oſſa in
75
1186
Thefjalien gebildet, mit Ausnahme eines jchmalen
Saumes zur Seite in ganzer Breite vom Beneios
eingenommen wird und nur an den beiden Enden
in die etwas erweiterte Form eines Thales über:
geht. In jeltener Weije vereinigt dieſe Schlucht
den Charakter der Anmut und Lieblichkeit eines
Flußthales mit dem der Wildheit und Grofartig-
feit einer tiefen und engen Schlucht. Die rötliche
Farbe der fat ſenkrecht auffteigenden, mannigfach
zerflüfteten Felſen bildet mit dem Grün der ver: | j
ichiedenartigen Kräuter, Gefträuche und Bäume,
die fie bededen, den jchönften Gegenſatz. Während
die Abhänge des Olympos faft durchgehends jchroff
gegen den Fluß abfallen, zieht jih am rechten
Ufer meift ein ſchmaler Strich fruchtbaren Landes
zwiichen dem Fluß und den Abhängen des Oſſa
hin, an einigen Stellen erweitert zu Heinen Ebenen
voll üppigen Grüns und bejchattet von Platanen,
Tempestas — Templum.
das theflafiiche Tempe (1835). — Auch andere
großartig reizende Thäler nannte man Tempe,
3 B. Heloria Tempe (Oo. fast. 4, 487) am Se:
oros auf Sicilien, und das vom Belimus durch—
flofjene Thal bei Reate im Sabinerlande. Cie. ad
Att. 4, 15.
Tempestas j. Winde.
Templum (verwandt mit rfunsır, reuerog)
heißt jeder abgejchnittene, abgegrenzte Raum, be:
onders A) der von dem Augur mit dem lituns
am Himmel und auf der Erde abgegrenzte Raum
für die Beobachtung des Bogelfluges, ſowie auch
der engere gemweihte Raum, in dem er bei An:
ftellung der Aufpicien jaß. Hierbei blidte er ent:
weder nad Süden, jo daß er den Südoften zur
Linken, den Südweſten zur Rechten hatte, oder
nah Dften, jo daß zu Finer Zinfen der Nord:
often, zur Rechten der Sübdoften lag. Zeichen von
Eichen und Lorbeerbäumen. Der Fluß fließt in! der linken Seite her galten als glüdliche, die von
ruhigem Laufe, bald breiter, bald durd; den Felſen | rechts her als unglüdliche. l.
au 1m
— F Stadien
Bat von Tempe.
eingeengt, dahin, an den engiten Stellen des
rechten Ufers zeigen fich noch die gehauenen Ge:
leije der Fahrſtraße. Dort findet ſich in der Fels—
wand des Dffa ein enger Spalt, der einen, frei:
lich äußerſt jchtwierigen Geitenzugang ins Thal
gewährt und durch ein Saftell verteidigt wurde
(vgl. Liv. 44, 6). Eine Bierteljtunde weiter öftlich
ift an der geglätteten Feldwand über der Strafe
die Inſchrift eingehauen: L. Cassius Longinus
Procos. Tempe muniuit (vgl. Caes. b. c. 3, 34).
An einer der breiteren Stellen ftand im Altertum
ein hochheiliger Altar des Apollon. Das Thal
joll erſt durch eine Erderichütterung entſtanden
fein, während vordem der ganze Bergleſſel Theſſa—
liens mit Waſſer bededt geweſen. Strab. 9, 430.
Daher meinte auch Xerxes, die Thefjalier hätten
jehr wohl daran gethan, ſich gleich zu unterwerfen,
denn er brauche ja nur den Peneios zu verdäm—
men, jo jeien fie verloren. Hdt. 7, 129. Der
jepige Name ift Paß von Lyfoftomo. Vgl. Kriegt,
Nifien, das
Templum (1869). — B) heißt jo jeder einem
Gott geweihte, von dem übrigen profanen
Raume abgegrenzte Bezirf, ein Tempel-
bezirt, und dann der Tempel, das
Gotteshaus jelbit, vaös, aedes. Der
Zweck und Urfprung des Tempeld war,
einem Kultusbild jchügendes Obdah zu
geben. Man kann als Regel annehmen,
daß es nicht leicht ein Kultusbild ohne
Tempel oder jonftiges Obdach, wie anderer:
jeit nicht leicht eimen Tempel ohne Bild
gab. Wie übrigens das Bild keineswegs
als leibhaftig gegenmwärtiger Gott galt,
fo wurde auch der Tempel nicht als blei-
bender Aufenthalt und Wohnung des
Gottes angejehen, obgleich der Gott den
Ort, wo ihm Verehrung und Opfer zu
teil wurden, liebte und gern bejuchte.
Bei Homer wird nur ein einziges Götter:
bild ausdrüdlich erwähnt (A. 6, 92. 303);
Tempel dagegen werden mehrfach von
ihm namhaft gemacht (21. 2, 549. 6, 88.
9, 406. 5, 446. 1, 39. 8, 203. Od. 8, 80),
und aus Od. 6, 10 kann man jchliehen,
daß in jeder Stabt ein oder mehrere
Tempel fich befanden. Die Tempel diejer
alten Zeit waren gewiß noch jehr einfach
und ohne e dehnung; als aber
in der Folge die Architektur, zu einer freien Kunſt
erwachſen, fich bejonders dem Bau der Tempel,
als öffentlicher Gebäude, zumandte, wie die Plaftit
den Götterbildungen, da wurden die Tempel, zu:
mal da Religion und Kultus allmählidy zu größerer
Berfinnlihung fortichritten, nicht nur erweitert,
verichönert und ausgeihmüdt, jondern auch be:
deutend vermehrt. — Der Ort, wo ein Tempel
erbaut wurde, ward durch feierliche Wahl und
Gründung (Movois, inauguratio, dedicatio, con-
secratio) geheiligt und dem Gotte zu eigen ge—
macht, der dem Gotte geweihte Bau aber war
nicht nur der Ortlichfeit nach entweder ganz von
dem Kreis bes Alltagslebens abgejondert in irgend
einem heiligen Bezirf oder wenigſtens burch eine
Umfaffungsmauer, Fgxos, wegißolos, die nur Einen
Eingang hatte, von Privathäuſern getrennt, jon-
bern auch im feiner ganzen Anlage von jedem
profanen Baumwerfe, namentlich von dem Privat:
hauſe mit jeinem einfachen flachen Dache unter:
—
rw
Templum.
ſchieden. Seine Wurzel aber ift das Herrenhaus
der Vorzeit, aus Borhalle und Saal beftehend,
mit Säulen gejhmüdt, die fi an der Vorderjeite
der Borhalle zwijchen den voripringenden Seiten-
mauern erheben. Als ausichliegliches Haus des
Gottes befteht er zunächſt nur aus der Gella
(durchgehend von vierediger Grundform), in der
das Bötterbild aufgerichtet
ift. Die einfachfte Form des
Tempels bieten der Tempel
auf dem Berge Ocha im
jüdlichen Euboia (j. Ocha)
und 3 ähnliche bei Styra
gefundene Bauwerke. Der
erfte Fortſchritt nun zu
einer funftreicheren Form
beitand in der vom Herren:
haus der Vorzeit entlehn:
ten Hinzufügung einer Bor:
halle. Da diejelbe geöffnet
war, weil fie das Volk ge:
wifjermaßen zum Gintritt
in das Heiligtum des In—
nern einladen jollte, jo
mußte fih an ihr auch eine
aus freien gejonderten Tei—
len bejtehende Architeltur
und ein in die Augen
fallender, bedeutungsreidher
Schmud entfalten. Man
gab daher ihrer Schaujeite
eine freie Säulenſtellung
und verband damit mannig—
fache bildnerische Zierden.
Dann führte man bei allen
größeren Tempelanlagen,
um die tote Wand zu be-
leben, dieje Säulenftellung
und den mit ihr in Ber:
bindung ftehenden bildne:
riſchen Schmud rings um
dad Tempelhaus rum,
So geftaltete N das Aufere des griechiichen
Tempels. Bei der Anordnung diejer Säulen-
hallen ward ebenſo ſchlicht als naturgemäß ver:
fahren, wie das Verhältnis zwiſchen den architef:
tonischen und bildneriichen Teilen Har erwogen
war. Beide Teile ergänzen fich gegenjeitig. Die
Architeftur erjcheint als das Gerüft für das Bild»
werl, und dieſes als die Blüte, die aus ber
Architektur hervorgegangen ift. Das architeltoniiche
die über einem gemeinjamen, aus mehreren Stufen
beitehenden Unterbau aufgerichtet find, und aus
dem Balfen des Arditravs, der über ihnen ruht
und durch jeine Form die flache Vededung der
Halle und ihre Verbindung mit dem eigentlichen
Tempelhauje andentet. Über dem Architrav er:
hebt ſich aber nicht unmittelbar das frönende Ge:
jims, jondern hier ift zunächft ein Raum für den
bildneriihen Schmud angeordnet. Dies ift der
Fries, der zur bejtimmten Bezeichnung feiner Be-
deutung Zwpögos, Bilderträger, beißt. ber
dem Bildwerfe des Frieſes ruht dann das Kranz.
geſims, deſſen ———— eine ſtarke vortretende
Platte, einen feſten Abſchluß bildet. An der Schau—⸗
Gerüſt beſteht zunächſt aus der Reihe der Säulen, Tempel, deſſen Vorhalle in ihrer ganzen Breite
ſeite des Tempels aber und der ihr entſprechenden wird, an dem ſomit die
1187
Fi empor, deſſen ®eftalt ein fladyes Dreied
iſt.
In ſeiner Fläche iſt das bedeutſamſte Bild«
werk —— das in dem kräftig vortretenden
Giebelgeſims feinen Abſchluß findet. — Je nad 3
der reicheren oder einfacheren Anwendung dieſer
architektoniſchen Formen werben verſchiedene Bat:
tungen von Tempeln unterſchieden: 1) der Tempel
Antentempel.
in antis, jo genannt, wenn die Anten (mage-
orcdsg), d. h. die Stirnfeiten der Mauern (hier
die Seitenmauern der Vorhalle), bis unter den
Giebel vortreten und gewöhnlich Säulen zwijchen
ihnen ftehen. Daher der gewöhnliche Ausdrud,
wie 3. B.: ein Tempel, mit 2 Säulen in antis
(ſ. die Abbildung). Zeigt der Tempel diejelbe
Anordnung auch an der Hinterfronte, jo ift es
ein Doppelantentempel. 2) Prostylos, ein
Ampbiproitulos.
durch eine ——— (ein Proſtyl) gebildet
djäulen vor jenen Anten
Rüdjeite fteigt über dem SKranzgefims nod) der |ftehen. 3) Amphiprostylos, ein Tempel, der
75*
1188
wie an der Vorderjeite jo auch an der Nüdjeite
ein ſolches Proftyl hat (j. die Abb. ©. 1187).
4) Peripteros, ein Tempel, der von allen Sei-
ten don einer Säulenftellung umgeben ift (vgl.
unten den Grundriß und die Giebeljeite des The:
jeustempels, jowie die Abbildung des Parthenon,
Baukunst, ©. 192). Dabei ijt zugleich zu be:
merten, dab das Tempelhaus, das von jener
Säulenftellung umgeben wird, gewöhnlich jchon
an fich in der Weije einer der 3 vorhergenannten
Gattungen angelegt ift, daß ſonach die Border:
und Hinterjeite des Peripteros nicht jelten eine
doppelte Säulenftellung haben. 5) Pseudope-
ripteros (faljdher Peripteros), eine jeltene Ab:
art, wonach das Tempelhaus mit Halbjäulen um:
geben ericheint, z. B. der Beustempel zu Afragas.
6) Dipteros, ein Tempel, der mit einer zwei—
fahen Säulenftellung umgeben ift. 7) Pseudo-
dipteros, eine gleichfalls jeltene Abart. Der
Tempel ift zwar nur mit Einer Säulenftellung
umgeben, aber von demjenigen Abſtande der
Templum.
ange umgeben war (jo 3. B. das Bhilippeion in
Din ia, ‚ Olympia, 2.). — Un größeren Tem:
peln jind folgende Teile zu unterſcheiden: 1) der
Grundbau mit den Stufen, suggestus, zonzis,
xonrldoue, der nicht bloß den Zwed hatte, dem
Tempel einen feiten Grund zu geben, jondern
auch ihn zu erhöhen und vor andern Gebäuden aus-
zuzeichnen. Die Stufen gingen entweder ringsum,
oder waren nur an der vorderen Seite und immer
in ungerader Zahl vorhanden, damit der Be:
ſuchende ſowohl die unterfte als die oberjte mit
dem rechten Fuße betreten konnte. 2) Die Cella,
das eigentlihe Tempelhaus, vaog, anxös, Öo-
uog, cella, bitweilen in demjelben Gebäude mehrere
nebeneinander, wie bei denen tojcaniichen Stiles,
oder, wie bei griecdhiichen Tempeln, 2 binterein:
ander (vadg dimkoüg), gewöhnlich mit entgegen:
gelesten Eingängen von Hinten und von vorn.
ie Cella war oben flad mit Holz bededt. Bei
dem Hypaithrostempel (ſj. "Traıd$#gos) dagegen
war fie oben zum Teil offen; um aber einen Zeil
der Cella zu bededen, lief innerhalb derjelben
ringsum eine Säulenhalle, aus 2 übereinander
geitellten Säufenreihen bejtehend, jo dab mod)
90 engl. Fuun.
nuch Stwart. Beripteros
Tempel des Theſeus zu Athen. Giebelſeite und Grundriß
Säulen von dem Tempelhauſe, der dem Abſtande
der äußeren Säulenjtellung des Pipteros ent:
ſpricht. — Auch pflegt man die Tempel nad) der
Zahl der Säulen an der Vorderfeite, deren Zahl,
weil ber Eingang in der Mitte liegt, eine gerade
fein muß, zu bezeichnen, und zwar als tetrastylos,
vierfäulig; hexastylos, ſechsſäulig; octastylos,
achtſäulig; dekastylos, zehnſäulig; dodekastylos,
ri SE Die Zahl der Säulen an der Lang:
eite der Peripteraltempel ift unbeftimmt. Häufig,
bei feineswegs als Regel, findet es fi), daß
dieje Zahl eins mehr als das Doppelte der Zahl
der Säulen an der Vorderſeite beträgt; im ganzen
jedoch kann man nur jagen, daß ein ngti
Verhältnis und eine ungerade Säulenzahl an
Yangjeite borgezogen wurde. — Neben den Tem:
peln von länglich vierediger Form gab es auch
Rundtempel, die
nopteros, ohne Eella, aus einer einfachen, in
die Runde geftellten Säulenreihe beftehend, 2) Pe-
ripteros, mit einer Gella, die mit einem Säulen:
es parrıvoı).
er meiſt aus Marmor, rund, vieredig, auch dreiedig,
eine höhere Galerie entftand. Im Innern der
Cella war das Hauptjächlichfte die Statue des
Gottes. Sie ftand auf einem Piedeſtal (Bideor)
der nach außen ſich Öffnenden Doppelthür gegen:
über an der hinteren Wand (rd Fdos) in einer
Niſche (vefonos) und war oft mit einer Bruft:
wehr oder einem Gitter eingefaßt; auch jchüßte
man fie wohl durch einen Borhang. Die Statuen
waren in ältefter Zeit aus Thon und gewöhnlich
mit roter Farbe angeftrichen, twie der Jupiter im
capitolinifchen Tempel zu Nom, oder aus Holz,
ipäter aus Eifen und Erz, die meilten aber aus
Marmor, auch aus Gold und Elfenbein (zevssis-
Vor dem Götterbild ftand der Altar,
iert. Oft ftanden mehrere Altäre,
mannigfach v
ildſäulen in Einer Cella; dieſe
wie mehrere
in 2 Hauptarten zerfielen: 1) Mo- | waren aber nur für unbfutige Opfer beftimmt (f.
unter Ara). m’ manchen Tempeln war außer
der Eella noch ein Advror da, auch ufyaoor
genannt, das mur von Prieftern zu gewiſſen ei:
—
5
Temj
»lum. 1189
' gelegt zu werden, namentlich da, wo größere Feſt—
lichteiten allgemeinere Berjammlungen herbeiführ:
ten und daher ber Landeshandel ſich fonzentrierte.
Die Spartaner hatten vor Lyjander ihr Gold
und Silber entweder in arfadiichen Tempeln oder
meiftens in Delphoi. Große Koftbarfeiten (vgl.
Weihgeschenke) waren in manchen Tempeln
in der Cella, dem Pofticum und den Hallen, ja
jelbft im Peribolos aufgehäuft (vgl. Phokis, 2.).
— An den etrujtiihen Tempeln hatte fich ein
eigentümlicher Säulenbau entwidelt. Es find feine
Überrefte von ſolchen Werten auf unjere Zeit ge:
fommen; wir fennen ihre Anlage und architek—
tonische Ausbildung nur aus Vitruv (4, 7). Der
Grundplan eines joldhen Tempels näherte ſich einem
Duadrat. Er wurde in 2 Hälften geteilt, von
denen die vordere die frei vortretende Säulen:
halle, die hintere das eigentliche Heiligtum ent:
hielt. Das letztere beftand in der Regel aus drei
Gellen, einer breiteren in der Mitte, 2 fchmäleren
an den Seiten, oder e3 waren ftatt dieſer ſchmalen
Seitencellen auch hier Säulenhallen angeordnet.
Die Säulen ftanden in weiten Entfernungen von:
einander, dabei hatten fie ein ziemlich ſchlankes
Verhältnis. Das Gebält war aus Holz gebildet
und hatte feinen eigentlichen Fries. Statt deſſen
traten über dem Arditrav die Köpfe der Quer:
balfen vor und trugen einen weit vorjpringenden
Sims. Die Giebel hatten eine bedeutende Höhe.
Einer der wichtigften Tempel diejer Urt war der
der capitolinischen Gottheiten zu Nom, deffen Bau
um 600 begonnen, aber erft 509 v. E. vollendet
wurde. — Bei dem römijchen Tempelbau der
jpäteren Zeit ward insgemein die Anlage des
griedhiichen Tempels mit einigen Mobdifilationen
wiederholt. Einige der erhaltenen Tempel haben
eine runde Form und find äußerlich mit einem
dieje Form wiederholenden Beriftyl umgeben (3. B.
der Tempel der Veſta zu Tivoli). Einige Tempel
aben durch die Anwendung des Gemwölbes für die
berdedung des Innern ein eigentümliches Ge—
präge gewonnen. Hier erjcheint teils das Ktuppel:;,
teils das Tonnengewölbe. Die wicdhtigften An:
lagen der Art find das Pantheon in Rom (if.
Roma, 18.) und der Tempel der Venus und
Roma in Rom. Nod; andere formen gemwölbter
Tempel erjcheinen in den legten Zeiten der römi—
ichen Baufunft. — Über die einzelnen Teile
der Tempel ift noch folgendes zu bemerfen. Die
Außenſeiten der Cella waren ganz einfad und
hatten wenig Verzierungen. Die Mauer blieb
glatt, nur unten erhielt fie ein Fußgeſims, oben
aber wurde fie mit einem &ebälfe verjehen. Einige
Tempel (3. B. der Parthenon) hatten noch eine
bejondere Zierde durch erhabene Bildhauerarbeit,
die an einem herumlaufenden Frieſe angebracht
war. Die Mauern innerhalb der Eella wurden
mit Gemälden gejchmücdt, die auf die Thaten der
Götter und Heroen, denen der Tempel gehörte,
Bezug hatten. Nicht leicht blieb ein großer und
berühmter Tempel ohne jolde Wandgemälde. Die
Deden der Tempel waren meift gerade und aus
| Holz; Cedernholz wurde wegen jeiner Danerhaftig:
feit bejonders gern dazu genommen. Der Fuß
ten betreten werden durfte, öfters auch unter:
eine Duelle oder ein Behältnis für das vom Dad)
ablaufende Wafler. 3) Das Vorhaus, Bor:
vor der Cella angelegte Halle. Frons galt indes
hauptſächlich von der vorderen Anficht, weoraog
önıohödouog, posticum, der hintere Teil des
Tempel?, wenn dort ebenjo wie vorn ein Ein:
reihen Tempeln N der eigentlichen Eella vr]
ein bejonderes Behältnis für die Tempelichäpe
Lage am hinteren -Teile des Tempels auch den
Namen ömisdödonog. 5) Der Säulenumgang,
inbegreifend. Der Schmud der PBorticus beftand |
bejonders in erhabener Bildhanerarbeit an den
bau und Säulenumgang, war durch ein auf höl—
zernem Dachftuhl ruhendes Ziegeldah (ögopog)
dem Gebälke der Säulen 6) der Giebel, derög, |
cirone, fastigium, wegen jeiner dreiedigen Form
mit einem Adler mit ausgebreiteten Flügeln ver:
glihen. Die innere Giebelflähe hieß rvuraror.
Statuen, Bajen und Bieraten von Blättern ge:
jegt (drewrrjgre). Das Giebelfeld war in älterer
turen geſchmückt, die entweder auf den Gott jelbft
oder auf die Nation oder die Stadt Bezug hatten.
topen u. j. w. j. Columna. 7) Angebaute
Säulenhallen, mooordssıs, nur in bejonderen
zu Athen (ſ. Erechtheion). — Auf eine eigen:
tümliche Weiſe geftaltet fich das Innere des grie-
tempeln (Ü. "Traı$oos). Hier wird die Cella
zu einem unbededten Raume, der wieder in der
Säulenreihen vor den Wänden, oft mit zweien |
übereinander, von denen die obere, gewöhnlich
oder mit vorjpringenden Wandpfeilern, von denen
mehr oder weniger tiefe Niſchen eingeſchloſſen
an jolchen Tempeln, bei denen es auf Pracht und
Yurus abgejehen war. Und auf dieſe mit einem
Vitruv die Bedeutung des Wortes aedes hypae- |
thros ein. Allein es ift mehr als wahricheinlich,
gewiffermaßen Sppäthraltempel waren, da eine
größere oder Meinere Offnung (Opaion) im Dache
Öffnung aller Bforten ganz dunfel geblieben wären.
Zur Regenzeit ſcheint dieſe Offnung mit einem
blech teilmeife oder völlig verdeckt geweſen zu fein.
Für den Regen ber übrigen Jahreszeiten war wohl
lauf des Wafjers gejorgt. Über das Niylrecht der
Tempel ſ. unter Asylum. Wegen ihrer Unver—
irdiſch war; und in dieſem befand fich dann wohl
cella, mooraog, reodouog, frons, anticum, die
von der Halle ſelbſt. 4 Die Hintercella,
gang und Säulen angebradit waren. Da bei
angebracht war, fo erhielt diejer Ort wegen jeiner
rripwun, zrepörv, alae, porticus, die prostyla
Frieſen des Säulengebälfes. Das Ganze, Cella—
überdedt. An beiden Fronten erhob jid über
trichorium genannt und wegen jeiner Gejtalt
Auf den Kranz des Giebels wurden bisweilen
Beit Teer und ohne Berzierung, jpäter mit Skulp—
Das Nähere über Säulen, Säulenordnung, Me:
Fällen, wie an dem Tempel der Athene Polias
chiſchen Tempels bei den jogenannten Hypäthral:
Weile der äußeren Architeftur behandelt ift: mit
von einer andern Ordnung, eine Galerie bildete;
waren. Dieje Anordnung findet ſich gewöhnlich |
inneren Säulenjuftem verjehenen Gebäude jchränkt
daß auch die meisten übrigen griechiichen Tempel
ihnen dasjenige Yicht gab, ohne welches fie troß
Schutzdach von Teppichen, Brettern oder Metall:
durch eine Neigung der Bodenfläche für den Ab—
leglichfeit pflegten auch Gelder in ihnen nieder:
boden beftand, wenigjtens in der Blütezeit ber
Kunft, entweder aus Marmorplatten oder aus
Moſaik. Der Schmud der Borticus bejtand haupt:
jächlich in erhabener Bildhauerarbeit an den Frieſen
1190
Tempsa — Terentii.
des Säulengebälfes und in den Siebelfeldern. Viele | der Hauptftadt gl. N. (Ruinen bei Hagios Nilo—
Tempel waren mit einem Peribolos, einem weit: | laos), dem Geburtsort der Dichterin Erinna, und
läufigen Plabe oder Borhofe, umgeben, den eine mit einem berühmten Pojeidontempel, weil der
Mauer einfaßte, um ihm als einen geheiligten Gott die chemals von Schlangen heimgejudhte und
Plag von den profanen Umgebungen abzujondern. | deshalb auch Ophiuſſa genannte Inſel von diejer
Diefer Plaß war oft mit Statuen, Monumenten,
Altären verjehen. Die Form der Thür war ein
längliches Biered, und die Höhe der Thüröffnung
betrug etwa 2 ihrer Breiten.
Tempsa j. Temesa.
Tempfra, Tiurvor, Ort in Thrafien mit
einem verrufenen Paß zwiichen Trajanopolis uud
Marimianopolis, wahricheinlic die Aogr.wor arerd
(App. b. e. 4, 87), durch die Brutus und Caſ—
fins nach Philippi zogen. Liv. 38, 41. Op. trist.
1, 10, 22.
Tenchteri oder Teneteri, Tiyxrsonı, Tiy-
xengor, eine meift mit den Ufipetern zuſammen
enannte germanifche Bölferjchaft, die, von den
Sueven verdrängt, in Gallien einfiel, aber von
Cäſar zurüdgeworfen wurde und nun, von den
Sugambrern aufgenommen, am Rhein z3wiſchen
Nuhr und Sieg) Eike angewiefen erhielt. Sie
zeichneten ficy durch ihre Reiterei aus. Caes. b. q.
4, 1,4. 12. 16. Tae. ann. 13, 56. hist. 4, 21. 77,
Tenda, Teria, Stadt 60 Stadien ſüdlich von
Korinth auf dem Wege nad) Myfenai, mit einem
Heiligtum des Apollon. Hier joll Polybos den
Didipus erzogen haben (dody vgl. Cic. ad Att.
6,2,3). Es lag vermutlich beim h. Chiliomodi.
Strab. 8, 380.
Tenödos, Tersdos, noch j. Tenedos, früher
eblich Leulophrys geheißen (f. Tenes), Inſel
eile von dem Feftiaude Kleinaſiens vor der
Küfte von Troas, mit einer Stadt gl. N. (Hat.
1, 151) und 2 Häfen, deren einer Bogsıor hieß.
Die Inſel jcheint früh zu einer ‚gewiflen Bedeu:
tung gelangt zu fein. Strab. 13, 604. Im ioni—
ihen Aufftande wurde fie von den Perſern beſetzt
(Hadt. 6, 31), im peloponneſiſchen Kriege hielt fie
zu Athen (Thuc. 3, 2), dem fie auch in den fol-
enden Kämpfen treu blieb, bis der antallidiſche
Friede fie wieder unter perfiiche Oberhoheit brachte,
an
—1
der fie ſich in der makledoniſchen Zeit abermals zu
entziehen ſuchte. Die Lage machte Tenedos zu
einer wichtigen Flottenftation. Pol. 16, 34. 27, 6.
Liv. 31, 16. 44, 28. Im Kriege gegen Mithri:
dates, 73 v. E., lieferte Lucullus hier eine See:
ſchlacht. Cie. Arch. 9, 21. Mur. 15, 33. Plut.
Luce. 3.
Tnvegıxov aediov, Ebene Boiotiens zwiſchen
Theben und dem Gebirge Phikion, benannt nad
Teneros, ©. des Apollon und der Quellnymphe
Melia. Paus. 9, 26, 1. Strab. 9, 413.
Tenes, Tennes, Tevns, Tevrns, Sohn des
Kyknos, Königs von Kolonai in Troas, oder des
Apollon, Bruder der Hemithea. Bon jeiner Stief-
mutter verleumbdet, wird er mit feiner Schwejter
vom Bater in einer Kifte ind Meer geworfen und
fommt nad) der Jnjel Leukophrys, die er Tenedos
nennt und als König beherricht. Kyknos (j. d.)
erfennt jpäter Die Untehufd feines Sohnes, fommt
nach Tenedos und wird da mit Tenes von Achilleus
erichlagen. Tenes hatte auf Tenedos Heroendienft.
Paus. 10, 14, 2f. Diod. Sic. 5, 83.
Tenos, Tijvos, j. Tinos, Kyfladeninjel zwiichen | vorjichtigfeit von Hannibal bei Cannä
Andros und Mylonos gelegen, 4 IM. groß, mit wurde, Pol. 3, 107 ff. Liv. 22, 43 ff.
Plage befreit hatte. Andere Städte waren Eri—
fton und Banormos. Im zweiten Perſerkriege
lämpften die Tenier mit bei Blataiai, waren jpäter
den Athenern tributpflichtig (Z’huc. 7, 57) und
' zahlten jährlich 3600 Drachmen, was auf Wohl:
ſtand der Bewohner jchließen läßt. Strab. 10, 487.
Tensa (thensa), der mit Gold und Elfenbein
verzierte Götterwagen, auf dem die Götterbildnifie
in einem Kaſten (arca) oder Tragbett (ferculum)
auf einem Poljter unter einem Baldachin (tento-
rium, umbraculum) lagen und bei den ludi cir-
censes durch mehrere Straßen und über das
Forum gefahren wurden. An dem erften Teile
des Feſtzuges kamen die 3 capitoliniichen Gott:
heiten auf abgejonderten Wagen, geführt von der
Fortuna alata; dann der Feſtzug der Gtaats-
beamten und Ritter; endlid in dritter Reihe die
feierlidy getragenen übrigen Götter: (nachmals auch
Kaiſer-) bilder — alle zuleßt auf der spina des
In dem h.
Circus aufgeftellt.
Tentorium j. Tabernaculum,
Tentyra, Terrvgx und -ı5, Hauptſtadt des
ſechſten dr rg Nomos, linls vom Wil.
endera erheben ji noch herrliche
Reſte des berühmten, uralten, im 1. Jahrh. n. C.
zum zweitenmal wiederhergeftellten Tempels der
Hathor (Aphrodite), in dem au einer Dede der
intereflante, j. in Paris befindliche Tierkreis (die
griechiſchen Zodiafalzeichen mitten unter den äghp—
tifchen Stermbildern) entdedt wurde. Daneben
ſtanden FMeinere Tempel der Iſis und des Horos
(nicht des Tuphon). Die Bewohner von T. waren
geübte Krofodiljäger. Strab. 17, 814 f. Jur. 15, 35.
Teos, 7 Teog, ioniſche Stadt der Iudiichen
Küſte an der Südjeite der vom Gebirge Mimas
gebildeten Halbinjel. Als den Bewohnern das
perſiſche Joch zu drüdend wurde, verließen fie um
545 v. ©. ihre blühende Stadt und manderten
rößtenteils nad Abdera (Hdt. 1, 168); doch blieb
. eine mäßig bedeutende Stadt. In der Nähe
fiegte die römiſch-rhodiſche Flotte 190 v. E. über
Antiochos. Liv. 37, 27. In Teos war der in:
riter Anafreon geboren. Ruinen bei Sighadidif.
Strab. 14, 643. Abhandlung von Scheffler (1882).
Tepidarium ſ. Balneum.
Terentla j. Terentii, 11.
Terentiänus Maurus, aus Wfrifa, lebte wahr:
ſcheinlich am Ende des 3. Jahrh. n. E. und ift
Berfaffer eines Gedichtes von 3 Büchern, in dem
er über Verskunſt jchreibt: de litteris, syllabis,
metris. Wenn audy materiell ohne Selbftändig:
feit, zeugt e8 von großer Gewandtheit des Ber:
fafjers in der Nachbildung verichiedener Metra.
Ausgg. von D. J. van Lennep (1825, mit aus:
führl. Kommentar von Santen), E. Lachmann
(1835) und Keil, gramm. Lat. VI p. 315 ff.
Terentii, wahrjcheinlih ein jabiniiches Ge:
ichleht, wozu gehören: 1) C. Ter. Barro, ar:
beitete anfänglich in der Fleiſcherbude jeines Ba:
ters, gelangte aber nachmals zur Prätur und zum
Koninlat, in dem er (216 v. E.) durch jeine Un:
eichlagen
leichwohl
Terentii,
dankte dem Zurüdfehrenden der Senat (Liv. 22,61) |
und übertrug ihm 215 bis 213 den Befehl in
Picenum. Liv. 23, 32. 25,6. Im J. 200 ging
er als Gejandter nah Afrika. Liv. 31, 11. —
2). Ter. Barro, kämpfte 184—182 v. C. ſieg⸗
reich gegen die Suefjetaner und Celtiberer in Hi—
jpanien. Liv. 39, 32 ff. 40, 2. — 3) Ter. Barro,
Berwandter des Redners Hortenfius, wurde durch
diefen und durch Beitehung der Richter von einer
gegen ihn als Statthalter von Aſien erhobenen
Anklage befreit, 75 v. C. — 4) M. Ter. Varro, |
Noms größter Polyhiftor, geboren zu Reate im
Sabinerlande, 116 v. C. aus einem ritterlichen
Geſchlechte, wandte ſich ſchon früh den gelehrten
Studien zu, wofür der Unterricht des AÄlius Stilo
(Cie. Brut. 56, 205) nicht ohne Einfluß blieb, zog
ſich jedoch darum von dem öffentlichen Leben feines: |
wegs zurüd. Seines Vollkstribunats gedenft er
felbft bei Gell. 13, 12. Im J. 67 diente er unter
Bompejus im Piratenfriege ald Anführer einer
Flottenabteilung (App. Mıthr. 95), wobei er ſich
die Auszeichnung einer corona navalis erwarb
(Plin. 7, 30, 51). Wahrjcheinlich jebte er jeine
Dienfte auch noch in dem gleich darauf folgenden
mithridatiichen Kriege fort. Varr. r. r. 3, 17.
Überall benußte er die Gelegenheit auf jeinen
Stationen, um wiſſenſchaftliche Beobachtungen über
die Länder und Völker anzuftellen. Mit Pom—
pejus war er auf diefen Zügen eng befreundet
geworden. Ihm jchloß er jih daher auch ſpäter
in dem Kampf gegen Cäſar an und verteidigte
jeine Sache mit großem Eifer. Nachdem er im
%. 49 als Legat des Pompejus das jenfeitige
Spanien vergebens gegen Cäſar zu behaupten ver-
jucht hatte (Caes. b. c. 2, 17 ff.), folgte er jenem
nach Griechenland; zur Zeit der Schlacht bei Phar:
ſalos verweilte er zujammen mit dem ihm eng
befreundeten Cicero in Dyrrhachium (Cie. div.
1, 32). Doch jöhnte jih Cäſar bald nad dem
Siege mit ihm aus und — ihm die Ein—
richtung einer Öffentlichen Bibliothek (Suet. Caes. 44).
Nah Cäſars Ermordung wurde er dur Anto—
nius auf die Liſte der Broffribierten gelegt, ent:
ging jedoch durch die Unterftügung jeiner ——
dem Tode (App. b. c. 4, 47) und lebte von dieſer
ge an ruhig feinen wifjenjchaftlichen Arbeiten.
Er ftarb in hohem Alter 28 v. C. — Durch die
bewunderungswürdige Gelehriamfeit, mit welcher
V. alle Gebiete des Wiſſens umfahte, und die
außerordentlich große Menge von Schriften der
1191
ten römijchen Lebens von den älteften Zeiten an,
der politifchen wie der religiöjfen Zuſtände, ent:
hielten und bis in die jpäteren Zeiten des Alter:
tums hinein eine unerjchöpfliche Fundgrube aller
hiſtoriſchen Gelehrſamkeit über römische Altertüimer
bildeten. Ergänzend trat diefem Hauptwerke eine
Anzahl geichichtlicher Werke von geringerem Um—
fange an die Seite, wie die Bücher de vita po-
Fe Romani, de gente populi Romani, anna-
es, aetia, d. h. eine hiftorifche Erflärung gewifier
Gebräuche und Einrichtungen, u. a. In feinen
litterarbiftoriichen Forichungen wandte er ji mit
Vorliebe der dramatiichen Poejie, namentlich der
plautinifchen Komödie zu, über die er zuerft gründ:
lihe Unterſuchungen anftellte. Daraus gingen die
Bücher de originibus scaenicis, de actionibus
scaenicis, quaestiones Plautinae u. a. hervor.
Allgemeinerer Art waren die Bücher de poümatis,
in denen er von den verichiedenen Gattungen der
Poeſie handelte, und de poötis, die Lebensbejchrei:
bungen lateinifcher Dichter enthielten. In den
imagines oder hebdomades (jo genannt von der
Siebenzahl, die der Einteilung zu Grunde lag)
hatte er 700 Bildniffe von griechiſchen und rö—
miſchen Schriftftellern, Feldherren und Staats:
männern, jedes mit einem Epigramme als Unter:
fchrift und einem erläuternden populären Text
verjehen, vereinigt (Plin. 35, 2, 11. Gell. 3, 10).
Unter den grammatiſchen Werfen war das bebeu-
tendfte de lingua latina in wahrſcheinlich 25
Büchern, ein planmäßig angelegtes Syftem der
Grammatik im weiteften Umfang, bas in einzelnen
Teilen durch andere Werfe, wie de sermone la-
tino, de similitudine verborum, de utilitate
sermonis, ergänzt wurde. Bon den Büchern de
lingua latina haben fih Buch 5—10 erhalten,
auch dieje zwar teilweije verftümmelt und vielfach
verderbt, doch durch ihre antiquariichen und litte-
rarhiftoriihen Angaben von hohem Werte. Eine
encyklopädiiche Darftellung der Wiſſenſchaften gab
er in den 9 BB. disciplinarum, die die Grund:
lage für die jpäteren Bearbeitungen der j.g. artes
liberales geworden find. Eine mehr praftijche
als rein wiffenichaftliche Tendenz verfolgte er in
den erhaltenen 3 BB. rerum rusticarum, einer
vollftändigen Darftellung der römiſchen Landwirt:
ichaft (AUderbau, Viehzucht, Geflügelzucht und Fiſch—
zucht) in dialogiicher Form, teil$ nad) älteren
Duellen, teild nad) eigener Erfahrung, die er im
achtzigjten Lebensjahre jchrieb. Wie aber 3. bei
verjchiedenften Art hat er fich den wohlverdienten | feinen gelehrten Studien überhaupt die praftiichen
Ruf des gelehrteften aller Römer und eines der | Ziwede nie aus den Augen verlor, jo fjuchte er
fruchtbarſten Schriftjteller des gejamten Altertums | auch in bejonderen Schriften die NRejultate feiner
erworben. Die Gejamtzahl jener Schriften, wie Forſchungen allgemeiner zugänglich zu machen.
fie durch ein wohl auf ihn jelbft zurüdzuführendes | Diejem Zwecke dienten namentlich die logistorici,
Verzeihnis uns befannt ift, belief fich auf unge: | eine Menge kurzer populärer Abhandlungen, jo:
fähr 620 Bücher, welche 74 verſchiedenen Werfen wohl hiftoriihen als philojophiihen Inhalts, die
angehörten. Unter diejen hatten gebundene Form er an einzelne Zeitgenofjen richtete, und die sa-
6 Bücher pseudotragoediarum, 16 poömatorum |turae Menippeae, jo genannt nad) dem Kyniker
in lyriſchem und elegiihem Maß, 150 Bücher sa- | Menippos, deſſen Schriften er ich dabei zum Bor:
turae Menippeae, eine Miſchung von Proja und | bilde nahm. Die Ichteren behandelten in einer
Poetiſchem, doch mit Übergewicht des letzteren, | Teichten, zwiichen Vers und Proja zwanglos wech:
endlid 4 Bücher saturarum und vielleicht ein | jelnden, —* einen höchſt mannigfaltigen Stoff,
Lehrgedicht naturphilojophiihen Inhalts. Sein | den B. aus jeinen Studien über griechiiche Philo-
größtes und berühmteftes Wert waren die anti- | jophie und römiſche Geſchichte und Litteratur zog
quitates rerum humanarum et divinarum in und mit Schilderungen der Gegenwart zu ber:
41 Büchern, die eine auf den gründlichiten Studien | einigen wußte. Dazu kam noch eine nicht geringe
beruhende Schilderung und Geſchichte des geſam- Anzahl von ae, u und poetifchen Schriften,
1192 Terentii.
die größtenteil® nur dem Titel nach befannt find. | Dichter, und damit war fein Ruhm gegrün
In Übereinftimmung mit der vorzugsweife der Durch jeine feine Bildung und ſeinen liebes
älteren Zeit zugewandten Richtung der gelehrten | würdigen Charakter erwarb er fich die Gumft da
Thätigkeit V.s hat auch jein Stil, der noch nicht | edelften Männer des Staats; mamentlih ehr
von dem rhetoriichen Gepräge, das die lateinische | ihn der jüngere Scipio Wfricanus und beic
Proja durch Eiceros Einfluß erhielt, berührt ift, | Freund Lälins durch einen vertrauten lmger:
etwas Altertümliches und körnig Frijches, „ift aber | ein Verhältnis, das minder glückliche Nebenbut‘-
fnapp, oft jpringend, abgeriffen und bemüht fich | durch hämiſche Vorwürfe zu verbächtigen judı-
nicht um Ebenmäßigfeit und Rundung“. In der | Selbft bei feinen Komödien, behauptete man,
augufteiichen Periode, in die er als ein einfamer | nuge er die Hülfe feiner vornehmen Freunde :(':
Reit aus der alten Zeit hinüberragt, war er daher ad Att. 7, 3, 10. Quint. 10,1, 99), was er jel“
ein eifriger Verehrer der altrömiſchen Partei in | (Adelph. prol. 15) nit entichieden zurüdwer
der Litteratur. Uber jein Leben vgl. die Mono: jondern fich vielmehr jelbit zur Ehre amreder
raphien von Roth (1857) und Boiſſier (1861). — | Nachdem er 6 Stüde zur Aufführung gebrai
usgg. der Bücher de Lingua Latina von Spengel hatte, unternahm er Studien halber eine Re
(1826 und nochmals 1885), O. Müller (1833) und , nad) Griechenland; auf der Rückreiſe von der
Egger (1837); der Bücher res rusticae in den ftarb er zu Stumphalos im %. 159, erit 26 Jahn
Sammlungen der scriptores rei rusticae von | alt, mit Hinterlaffung einer Tochter. Dieje Na
Gesner und Schneider, mit Catos liber de agri | richten verdanken wir einer furzen vita des Dit
eultura von H. Keil (1. Bd. 1882— 84; Tertausg. | terd von Sueton (herausg. von Ritſchl in Reife
von demjelben, 1889); der Fragmente der saturae | jcheids Smetonausgabe, wiederholt Opuse. lil n
von Dehler (1844) und Riefe (1865). — 5) Te: | 204 ff.). — Wir befißen von Terentius 6 Komi
rentia, Gemahlin des Mäcenas, lebte einige | dien: Andria, Eunuchus, Heautontimorumen«
Beit — von ihm, kehrte aber wieder zu ihm Adelphoe, Hecura, Phormio, die einzigen, dx
zurüd. Sen. ep. 114. — 6) ®. Ter. Barro Ata= | er geichrieben hat, alle nad) Originalen der meueren
cinus (vom Fluß Atar im narbonenftichen Gallien), | attijchen Komödie, und zwar Phormio und Hecm
„der erſte röm. Dichter, deffen Wiege jenfeits des | nach Apollodor, die übrigen nach Menander or
Po und der Alpen geftanden hat“ (D. Ribbed), | dichte. Bon feinem Vorgänger Plautus unter
lebte etwa von 82 bis 37 v. C. — Gorgfältiger | jcheidet fi) T. befonders durch größere Kunit un
Kenner griechiicher Schriften, verfaßte er Gedichte, | Feinheit in der Anlage der Stücke (vgl. Hor. vn
von denen eins de bello Sequanico, ſowie ein | 2, 1, 50), wodurch freilich manches von der natir
aftronomifches über Himmel und Erde (Choro- | lichen Friſche und dem draftiichen Wie der ält-
graphia) und eine Ephemeris (Witterungstunde) | ren Komödie verlorem gegangen ift. Seine Stärk
nad) Arat genannt werden. Bejonderen Ruf aber | liegt in der feinen Chara ichnung und it
genoß fein Epos Argonautae oder Argonautica, | planmäßigen Entwidelung der Handlung. Tr
eine freie Bearbeitung des gleichnamigen Gedichts | gemäß iſt auch Sprache und Daritellung mit große
von Apollonios Rhodios. Quint. 10, 1, 87. Or. | Sorgfalt gebildet; es ift die leichte, elegante Um
am. 1, 15, 21 u. d. Als Gatirendichter nennt | gangsiprache der höheren Gejellichaft, im der Me
ihn Horaz (sat. 1, 10, 46), als Elegiker Properz | der Dichter bewegte, ganz entiprechend der Schl
(3, 34, 85) und Ovid (trist. 2, 439). Sammlung | derung, die Cicero (Brut. 21 ff.) von den Rede
der Fragmente von Wüllner (1829) und Bährens, | des Scipio und Lälius gibt. In allem zeigt Mt
fragm. poet, Rom, p. 332ff. — 7) D. Ter. | deutlich der Fortſchritt der immer win *
Eulleo, geriet im zweiten puniſchen Kriege in breitenden griechiſchen Bildung. T. iſt Urbilde
farthagiiche Sefangenthaft, aus der er erft 201 | der neuen attijchen Komödie jo nahe gefommen,
v. C. zurückkam. Im %. 189 wurde er Volks- als es den Römern irgend möglich war, umd
tribun, 187 Prätor und führte in diejer Eigen: | uns daher das tremejte Bild derjelben; .
ichaft die — gegen L. Seipio mit großer | bezeichnete ihn Cäſar (Suet. vit. Ter.) als dım-
Härte und Feindfeligfeit. Liv. 38, 55 ff. — 8) €. diatus Menander. Daf er trogdem fein blohe
Ter. Lucanus, gab beim Leichenbegängnifie | Überjeger des Menander war, jondern jelbitändt
jeines Großvaters prächtige Gladiatorenfpiele; dieje | bei der Bearbeitung der griechiſchen Driginalt
ließ er, zum erftenmal ın Rom, malen und das | verfuhr, zeigen die Nachrichten, die er ſelbſt übe
Gemälde im Hain der Diana aufftellen. Plin.| fein Verfahren in den Prologen gibt, hinlänglit
35, 7, 35, — 9) P. Ter. Wfer, 185 v. E. im) Bei dem meiften Stüden nämlich benußte er nad
Karthago geboren (daher Afer), kam ſchon in früher | dem Vorgange der älteren Dichter mehr als Ei
Jugend als Sklave nad) Rom zu dem Senator | Borlage, indem er einzelne Scenen und
Terentins Lucanus, der * wegen feiner vortreff: | aus andern Komödien herübernahm (contamı
lichen Anlagen und wegen jeiner Förperlihen Schön | nare; Andr. prol. 9 ff. Adelph. prol. 6. Bw
heit liebgewann, ihm gut erziehen ließ und ihm | prol. 30 ff.). Der Beifall, den er, eher
bald die Freiheit ſchenkte. Erft jet erhielt er von | das Talent des ausgezeichneten Schau ey
jeinem Herrn den römiſchen Namen Terentius. | Ambivius Turpio (j. Ambivius, 1.), mit I
Darauf trat er als komiſcher Dichter auf, in der: | Komödien fand, erregte den Neid gleichzeitiger
jelben Gattung (fabula palliata), die vor ihm | ter und z0g ihm mancherlei Anfechtungen zu, 9097
Plautus, zu feiner Beit jelbft Cäcilius Statins | die er fich, namentlich gegen die Vorwürfe des Jon
mit glüdlichem Erfolg ausgebildet hatte. Dem nicht' bekannten älteren Dichters Lufeind Lanurinu⸗
leßteren mußte er ſein erftes Stück auf Verlangen | (malevolus vetus poöta, Andr. prol. 6. Phorm
der Adilen, denen er dasjelbe zur Aufführung an: | prol. 1) in den Prologen verteidigt. — Ein ur
getragen hatte, vorlejen; er fand eine Höchft ehren | mittel für die Erflärung bes Dichters bildet
volle Anerkennung bei dem allgemein verehrten ' (zum Heautontimorümenos leider fehlend) with
Terentilius — Terminus.
tige alte Kommentar des Alius Donatus; geringen
rt dagegen hat ein aus dem Mittelalter jtam:
mender Kommentar eines gewiflen Eugraphius.
Außerdem find uns zu allen Stüden die alten
Didajfalien, d. h. die offiziellen Angaben über die
Aufführung derjelben, erhalten, ſowie metriſche
Inhaltsangaben (in je 12 Senaren) von E. Sul:
picius Apollinaris. — Bortrefflie Handichrift:
eodex Bembinus (aus dem 4. oder 5. Yahrh.). —
Ausag. von Lindenbrog (1602. 1623), Bentley
(1726, nen herausg. von Bollbehr, 1846), Weiter:
hov (1726; neue Ausg. von Stallbaum, 1830),
Schmieder (2. Aufl. 1819), Kloß (1838 f.), Umpfen:
bach (1870); Tertaudgg. von Weinhardt (1827),
Trledeifen (1857) und Dziatzko (1884). Ausgg. der
Andria von Ülberling (1854), Klotz (1865), W.
Spengel (2. Aufl. 1887), Meißner (1876); des
Heautontimorumenos von Wagner (1872); des
Phormio von Elberling (1861) und Dziatzko (2. Aufl.
1885), der Adelphoe von A. Spengel (1879) und
Dziatzko (1881). — Ruhnken, dietata ad Teren-
tinm, heransg. von Schopen (1825). — 10) X.
Ter. Majjiliota, Gefandter bei Antiochos 196
v. C. verwaltete 187 Gicilien als Prätor und
diente jpäter in Sifpanien. Liv. 33, 35. 38, 42.
Bgl. 40, 35. — 11) Terentia, Gemahlin Eiceros
jeit 77 v. C. beitärkte ihren Gemahl in feiner
Strenge gegen die®enofien Eatilinas. Beim Streite
Ciceros mit Elodius und nach jeiner Abreife ins
Eril litt auch fie durch des Tribunen Feindicdaft.
Nach feiner Rückkehr aus Kilifien veranlafte der
Stand der häuslichen Finanzen ein Mifverhältnis
zwiichen beiden Gatten, das immer jchlimmer
wurde und im J. 46 zur Scheidung führte. Cie.
ad fam. 4, 14. ad Att. 11, 16. 24. Plut. Cie. 41.
Sie foll ein Alter von 103 Jahren erreicht haben.
Plin. 7,49. — 12) M. Ter., aus ritterlichem
Geſchlechte, nannte fich fühn den Freund des ge:
ftürzten Sejan und veranlaßte, daß jeine Anfläger
verurteilt wurben, 32 n. C. Tac. ann. 6, 8f. —
13) DO. Ter. Scaurns, der berühmtejte Gram—
matifer zur Zeit Hadrians, verfaßte eine Gram—
matif, eine Poetif und Kommentare zu Plautus,
Bergilius und Horatius. Erhalten ift eine Meine
Schrift de orthographia (zulegt herausgegeben
in Keils gramm. Lat. Bd. VID), die nicht ohne
Bert ift.
Terentilius (nicht Terentillus), C. Ter. Arja,
Volkstribun 462 v. E., beantragte ein Geſetz, das
die Macht der Konſuln und des Senats beichrän-
ten und die Abfafjung eines Geſetzbuches veran—
lafien jollte. Dem —— entſprechend wurden nach
langem Streite für das J. 461 Decemvirn gewählt.
Liv. 3, 9. Dion. Hal. 10, 1.
Terentini ludi j. Tarentini ludi.
Tereus j. Philomele.
Tergeste, T'soy£orn, j. Trieit, Flecken, jpäter:
hin Stadt in Sftrien, an dem nordöſtlichen Buſen
des Adriatiihen Meeres, dem Tergestinus sinus.
Nachdem die Römer in den Kriegen gegen die
Japoden die günftige Lage kennen gelernt hatten,
vergrößerten fe die Stadt, die bald eine wichtige
Handelsftadt wurde. Strab. 5, 215. 7, 314. Mela
2,4, 8.
Tergiversatio (tergum vertere), das Bergehen
des Anklägers, der eine Anklage aus Furcht vor
Galumnienitrafe oder * von Beſtechlichteit
fallen ließ. Das SCons. Turpillianum unter Nero
1193
bedrohte ſolche gewifienloje Ankläger mit Geld:
itrafe und infamia.
Terfas, Tnol«s, Fluß an der Dftküfte Sici:
liens, jüdlidy vom Symaithos, ftrömte bei Leon:
tinoi vorüber, wahrjcheinlich der heut. Fiume di
S. Lionardo. Thuc. 6, 50. 94. Died. Sic. 14, 14.
Terillos j. Himera.
Terina, n Teeiva, Kolonie von Kroton an der
Weſtküſte von Bruttii, an dem nach ihr genannt:
ten Meerbujen T'egıvaöog nolmog (Thuc. 6, 104),
auch Bujen von Hippo oder Vibo genannt, j. Golf
von St. Eufemia. Die Ruinen der jchon von
Hannibal zerftörten und nicht wiederhergeftellten
Stadt liegen jüdlich von St. Eufemia. Liv. 8, 24.
Strab. 6, 256.
Termera, z« Tfouse«, doriiche Stadt am fa:
rischen Vorgebirge Termerion, am Eirigang in den
Keramiichen Meerbufen, unter den Römern eine
freie Stadt. Hat. 5, 37. Strab. 14, 667.
Termes, Tiguss (au) Termösus, Treunaog,
und Termantia), Stadt der Arevafer im tarraco:
nenfiihen Hilpanien, auf fteiler Höhe weſtlich von
Numantia gelegen, von den Römern mehrmals
ei belagert; jet Ermita de nueftra Señora
de Termes. Wegen ihrer feindfeligen Gefinnung
gegen die Römer mußten fich die Bewohner 98
v. E. in der Ebene ohne Mauern anbauen. App.
Iber. 76. 99.
Termessos, Tsounssög und Teluisoog, 1) eine
durch Kunft und Natur jehr feite Stadt Pifidiens
auf der Höhe des Tauros an einem Paſſe nad)
Bamphylien und Lykien. Wegen ihrer Feſtigkeit
ließ Alerander fie ohne Angriff zur Seite liegen.
Impojante Ruinen haben ſich erhalten. Strab.
13, 630 f. Arr. 1, 27,5. 28,1. ®8gl. Lex An-
tonia CorneliaFundania. — 2) Klein Ter:
mejjos, T. uınpd, auch Kretopolis, norböftlic)
vom erjteren, an der Straße nach Kremma gelegen.
— 3) j. Permessos.
Terminus, der römijche Gott der Grenze, des
Grenziteins. Die Grenze war heilig und ftand unter
jeinem beionderen Schuße. Die Grenziteine (termen,
terıninus) wurden unter religiöjen Geremonien ge:
jeßt. In einer Grube wurde Feuer angezündet,
darüber ein Opfertier geichlachtet, daß das Blut in
die Grube floß, dann Weihrauch und Früchte daraufge-
worfen, Honig und Wein hineingegoflen, und zuleßt,
wenn das Tier in der Grube ganz verbrannt war,
der Stein befränzt und gejalbt hineingejept. Numa
ſoll die Umgrenzung eingejeßt, die Grenzfteine
dem Jupiter (J. terminalis) geweiht, dem Ter-
minus einen Tempel gebaut und das Feſt der
Terminalien (23. Februar) eingejeßt haben. An
diejem Tage famen die Beſitzer der aneinander
ftoßenden Ader mit ihren Hausgenofjien an dem
gemeinschaftlichen Grenzfteine zujammen, jeder be:
fränzte auf jeiner Seite den Stein und opferte
einen laden. Man errichtete einen Altar, brachte
unblutige Opfer, Kom, Honig, Wein (ipäter wohl
auch ein Yamm, Hor. epod. 2, 59), und jchmanfte
zuieht in Heiterkeit zufammen. Ov. fast. 2, 639 ff.
uch auf der alten Grenze Roms wurden jolche
Terminalien gefeiert, an der Straße nach Yauren-
tum zu, zwifchen dem fünften und jechiten Meilen:
fteine. Or. fast. 2, 679. Auf dem Capitol hatte
der Örenzgott einen heiligen Stein in dem Tem:
pel des Jupiter. Als Tarquinius Superbus biejen
Tempel gründen wollte, und mehrere Heiligtümer
1194
Terminus motus
an dem erwählten Plage eranguriert werden muß: |
ten, verboten die Bogelzeichen, den Stein des Ter: |
minus zu verrüden. Er wurde daher in dem
Tempel des Jupiter eingeichlofien und ftand jo
unter dem Schug des höchſten Gottes jelbit.
Terminns motus, VBerrüdung oder Fälſchung
der Grenze, war jchon von Numa Pompilius mit
sacratio capitis eh: An der republitaniichen
Zeit wurde dafür Gelditrafe eingeführt, und durch
Hadrian Relegation mit teilweiſer Konfiſtation des
Vermögens; geringere Leute erlitten condemnatio
ud opus publicum.
Terpandros, Tior«rdoog, Muſiler und Dichter
aus Antifa auf Leſbos; doc; war der Hauptort
jeiner Thätigfeit Sparta, wohin er auf Befehl
des delphiichen Orakels, angeblich zur Schlidhtung
innerer Stteitigleiten, berufen wurde, und imo
er 676 (oder 646) v. C. in dem erften muſiſchen
Wettlampf am Feſte des Apollon Narneios den |
Sieg davon trug. Auch hat er viermal hinter:
einander in den muſiſchen Agonen zu Delphoi
zwiichen DI. 27—33 gejiegt. T. war der eigent:
lihe Schöpfer der griechiichen Mufil, indem er die
bisher im Volke üblichen Sangesweijen nad) Kunſt—
regeln ordnete und ein zufammenbängendes Syitem
ausbildete, an dem die griechiihe Mufit bei all
ihrer Erweiterung ſtets feitgehalten hat. Bon
großer Wichtigkeit für die Ausbildung der Muſik
war die Einführung der jiebenfaitigen Kithara,
die die Kleinafiaten, bejonders die Under, veriven:
deten, ftatt der bisherigen vierjaitigen. Bon jeinen
Liedern haben fi nur 2 Verſe erhalten, deren
Echtheit übrigens ſchon im Altertume beanftandet |
ward. Abhandlung von DO. Löwe (1869), |
Terpsichöre ij. Musae.
Terraeina j. Tarracina.
Tertulliänus, 1) ein römijcher Jurift zur Zeit
Papinians, Berfafjer mehrerer juriftiiher Schrif:
ten, von denen Bruchſtücke in den Pandekten ſich
finden. — 2) DO. Septimius Florens Tert.,|
geb. um 150 n. C. zu Karthago, gefeierter Rhetor |
zu Nom, nad) 190 zum Chriftentum übergetreten,
Bresbyter in feiner Baterftadt, ſpäter an die
ihwärmeriich:ajtetiiche Sekte der Montaniften an:
geichloffen, geftorben um 230; ein düſterer, ftür:
mijcher, oft erzentrijcher Geift voll Phantaſie und
Sartasmus, der Begründer einer chriftlichen Lit:
teratur in lateinijcher, freilich afrikaniſch gefärbter
Spradie. Seine zahlreichen, teilweiie auch in an:
tiquariicher Beziehung, wichtigen Schriften find
apologetiichen (apologeticum, ad nationes, de
testimonio animae naturaliter christianae u. a.),
polemijchen (de praescriptione haereticorum, ad-
versus Marcionem, adv. Hermogenem, de re-
surrectione u. j. w.), ajtetiihen (de speetaculis,
de cultu feminarum; ad martyres) und praftijd)-
firhlichen (de baptismo, de poenitentia, de mo-
nogamia) Juhaltes. „Ton und Charakter ift überall
der gleiche: gedankenreich und formlos, leiden:
ſchaftlich und jpigfindig; die Sprache beredt und
markig, gedrängt und emergijch bis zur Dunkel—
heit“ (Teufel). — Ausgg. von Nigaltius (1634),
Semler (1770 ff.), Oehler (1851 ff.), Handausgg.
von Leopold (1839 ff.) und Se (1854); Monogr.
von Neander (2. X. 1849), Heflelberg (1848), Haud
(1877) und Bonwetich (1878).
Tertulli, Cornutus Tert., Freund und
Kollege des jüngeren Plinius, mit dem er in
— Testamentum.
Briefwechſel ſtand, in der praelectura aerarii und
im Konjulate. Plin. ep. 2, 11. 5, 15. 7,21.31. —
2) Scapula Tert, Beamter jchon unter Marc
Aurel und Commodus und Konjul 1956 n. €.
unter Alerander Severus. — 3) röm. Präßfekt,
350 u. E., bot jeine Kinder zum Opfer an, als
eine Hungersnot das Volk zum Aufftande trieb.
Amm. Marc. 19, 10.
Tessera, 1) hospitalis, j. Hospitium. —
2) zum Spielen, j. Spiele, 7. — 3) die Parole
der Soldaten, j. Disciplina militaris, 8. —
4) frumentaria oder numaria, j. Largitio. —
5) theatralis, Eintrittämarfe. — 6) gladiatoria,
nicht Eintrittömarfe, jondern wahriheinlich ein
Zeugnis des fiegreichen Gladiators,
Testamentum, die feierliche legtwillige Er:
Härung. Eine ſolche fonnte nur derjenige abgeben,
ber commercium und Demzufolge testamenti factio
hatte; aljo fonnten Hausjöhne, Sflaven, Bere:
grinen und Unmündige fein gültiges Teſtament
aufiegen. Unfähig Zeftamentserben zu merden
waren die Peregrinen und rauen, jeit der lex
Julia et Papia Poppaea aud die Ehe- und
Kinderlofen (wenigjtens teilweije); Sklaven aber
durften ald Erben eingejeßt werden, wenn zugleich
im Teftamente ihre Freilajjung ausgeiprocden war.
Die älteſte Teftamentsform war das calatum
oder calatis comitiis factum, das die Bairicier
in den Euriatcomitien machten. Etwas neuer,
obwohl auch uralt, war das testam. in procinctu,
das nur die Soldaten, und ziwar mündlich machen
fonnten, nämlicy in procinctu, d. h. vor dem ge:
rüfteten Heer nad) den Auſpicien des Feldherrn
(Cie, n. d. 2, 3). Dieje beiden Formen verdrängte
das test, per nes et libram, das urjprünglich
in einer vermitteljt der Mancipation (j. Manci-
atio) vollzogenen Bermögensübertragung des
—* an den familiae emptor bejtand, der
die jchriftlich oder mündlich gemachten Bedingungen
des Teftators nach deſſen Tode zu bejorgen hatte.
Allmählich wurde daraus eine wahre Erbeinjeßung,
indem der familiae emptor, jowie die andern
Berjonen nur als Zeugen mitwirkten, und die Er:
füllung der legtwilligen Beftimmungen ging jogleich
auf den wirflihen Erben über. Die Ertlärung
des Willens hieß heredis nuncupatio, die,
wenn fie jchriftlidy übergeben wurde, was jpäter
regelmäßig geſchah, von den Zeugen verjiegelt zu
werden pflegte (obsignatio). Die Tafeln waren
von Holz, wie die gewöhnlichen Schreibtafeln, die
zufammengeflappt und verjiegelt wurden. Man
deponierte dieje Urkunde bei einem freunde oder
‚einem Tempel, namentlich bei den Bejtalinnen,
ſpäter aud) in dem ftädtiichen Archiv. Ohne alle
Formalitäten abgefaßt, aber jchriftlih und von
7 Zeugen verfiegelt war das j. g. prätoriſche
Teſtament, das durch das prätorijche Edift über
die bonorum possessio secundum tabulas (ij.
Bonorum possessio, b.) veranlaft worden
war. Diejes wurde dem alten civilrechtlichen Tefta-
mente gleichgejegt, und nachdem beide Arten lange
nebeneinander bejtanden hatten, verjchmolzen jie
zulegt. Die neuefte Form der Tejtamente war,
dag man feinen Willen gerichtlih zu Brototoll
gab. — Der Hauptinhalt des Teftaments war die
Erbeinjegung, institutio heredis, und daneben
die substitutio (nämlich die eventuelle Einjegung
eines’ heres secundus, tertius u. j. j.). Uber die
Testimonium — Tetralogia.
Enterbung, exheredatio, j. Erbrecht, Il, 6.
Zu dem unmejentlihen Inhalte des Teftamentum
ehörten Adoption, Legate, Fideikommiſſe (j. d.),
Freilaſſung von Sklaven, Beitimmungen über das
Begräbnis, Monumente u. dgl. Bgl. Erbrecht, 11.
TestimonTum, das Zeugnis, das auch bei den
Römern zu den gemwichtigiten prozefiualiichen Be:
weismitteln gehörte, mündlich oder jchriftlih. Das
erjtere mußte vor dem Gerichte perjönlich abgelegt |
und mit Eidſchwur befräftigt werden. Das zweite |
(testim. per tabellas datum), das jenem an Ge:
wicht nachſtand, wurde durch 7 Zeugen (eine Zahl,
die ſchon früh wegen der 7 bei der Mancipation
notwendigen Perjonen auflam) von aufen ver:
fiegelt (obsignare), nachdem die Tafeln zuſammen—
geflappt worden waren. Ohne dieje Formalität
ermangelte das Zeugnis der beweijenden Kraft.
Die Zeugen dienten auch dazu, mn die Richtigkeit
der Kopie einer Urkunde gu beglaubigen (4. B. bei
den noch vorhandenen tabulue honestae missio-
nis), oder jie bezeugten, daß jemand in ihrem
Beijein eine gewiffe Ausjage gemacht habe, und
dgl. Zu Diejen beiden Arten der testim. fommen
noch testimonia publica, Zeugniffe, von
Kurporationen und Kommunen für oder gegen
jemand abgelegt. Die erfteren hießen lauda-
tiones (vgl. d.). — Testimonium falsum
j. Falsum.
Testis. Als Zeugen waren unzuläffig: Un:
mündige, Wahnfinnige, die Frauen (in der älteren
Zeit), die intestabiles (j. d.), Kinder gegen ihre
Eltern und umgelehrt, endlich jedermann in feiner
eigenen Sache. Über das Zeugnis der Stlaven
ſ. Servi, 3. und Tormenta, 1. Die HZeugen
waren freiwillig (voluntarii) oder gezivungen, der
Zwang beftand in der testimoniı denuntiatio,
wenigitens im Kriminalprozeß. Cie. Flace. 6.8.37,
Die Zahl der Zeugen in Kriminalprozefien war
jehr groß, in Eivilprozefien reichten wenige aus,
2 war die geringjte Bad. Die Zeugen wurden
einzeln vom Präco eingeladen (citare) und mußten
ſich nach abgelegter und beſchworener Ausjage von
den Rednern beider Barteien befragen lafjen (inter-
rogatio testium). Cic. Verr. oftmals. Inwieweit
die Richter den Zeugen Glauben beizumeſſen
hatten, fam auf die bejonderen Berhältniffe und
Umftände an.
Testüdo, 1) ſ. Belagerung, 11f. — 2) j.
Musica, 8.
Tethys, Tndus, Tochter des Uranos und der
Ge, eine Titanin, Gemahlin des Dfeanos, mit
dem fie die Dfeaniden und die Stromgötter er:
zeugt (daher wolurexvog, Aesch. Prom. 137). Hes.
theog. 136. 337. Bei Homer, der erzählt, daß
Hera beim Kampfe des Zeus gegen Kronos von
ihrer Mutter in das Haus des Dfeanos und der
Tethys geflüchtet worden ſei, iſt fie die Allmutter
(unjenge), wie Dfeanos der Wllvater der Götter.
Hom. Il. 14, 200 ff.
Tetralogia, rergaloyie.
Bei den tragischen
1195
ift uns aus feiner Zeit der attifchen Tragödie er:
halten. Nur von der Oreftein des Aijchylos find
die 3 Tragddien: Agamemnon, Choöphoren, Eu:
ı meniden noch vorhanden; das dazu gehörige Sa:
tyrdrama war der Proteus. Aus gelegentlichen
Notizen kennen wir die Titel von folgenden Te-
tralogien: von Aiſchylos: 1) die Perfertetralogie
N: ma Berjer, Glaukos und Prometheus); 2) die
Lykurgeia (Edoner, Baflariden, Jünglinge und
Lykurgos); 3) die Didipodeia, die aus dem Yaios,
Didipus, den Sieben gegen Theben und dem Sa:
tyrſpiele Sphinx beitand. Zugleich mit dieſer
wurde eine Tetralogie des Ariſtias aufgeführt,
wovon nur 3 Stücke bekaunt ſind: Perſeus, Tan—
talos und die Ringer. Das letzte war ein Satyr:
ipiel des Pratinas, das jein Sohn Ariftias auf
die Bühne brachte. Ferner eine Tetralogie bes
Polyphradmon, Lykurgeia, deren einzelne Dramen
nicht genannt find. Bon den jophofleijchen Di:
daſtalien oder Aufführungen gibt es feine derar—
tigen Überlieferungen. Bon euripideifchen Tetra:
fogien find uns den Titeln nach befaunt: 1) die
Alkeftistetralogie, aus den Kreterinnen, dem All—
maion in Pſophis, dem Telephos und der Alleſtis
beftehend; 2) die Medeintetralogie (Medeia, Phi:
‚loftetes, Diltys, Schnitter); 3) die Troadendidas
ifalie (Mlerandros, PBalamedes, Troerinnen und
Sifyphos). Bei deren Aufführung trat gegen Eu:
ripides als Mitbewerber um den tragiihen Preis
Zenofles mit einer Tetralogie: Didipus, Lylaon,
Bakchen und Athamas auf. Noch wird eine Pan:
dionis des Philofles erwähnt, die wahrjcheinlich
eine Tetralogie in der Weile des Aifchylos war,
obichon ihre einzelnen Stüde nicht namentlich au:
gegeben find. Sicher gehört aud eine Dichtung
des Tragiferds Meletos, die unter dem Namen
Didipodeia angeführt wird, ein Titel, der gleich:
falls einer Tetralogie angehört zu haben jcheint.
Endlich iſt aus einem Argument zu den Phoiniſſen
des Euripides noch nemerdings befannt geworden,
daß diejes Stüd mit dem Dinomaos und Chr:
fippos zufammen aufgeführt worden ift. Der Titel
des dazu gehörigen vierten Stüdes iſt nicht er:
halten. Ebenjo And von der nad) dem Tode des
Euripides aufgeführten Didaſtalie nur die Titel
der 3 Tragödien erhalten, nämlich Iphigeneia in
Aulis, Allmaion in Korinth und Balchen. — Aus
diejen tetralogiichen Aufführungen aus der ganzen
Blütezeit der attifchen Tragödie ergibt ſich mit
iemlicher Beftimmtheit, daf alle tragiichen Dida—
— von Aiſchylos bis zu Euripides herab, die
tetralogiſche Form gehabt haben, was auch aus
andern Umſtänden nachgewieſen werden kann. Man
hat auch an dem Fortbeſtehen dieſer Form nicht
gezweifelt, wohl aber durch Suidas' Notiz über
Sopholles: joſs rod dpcu« moög dpäne dymri-
teotaı, alla ui) rerpakoyier nod) die Aufführung
von einer oder nur einigen Tragödien ange:
nommen. Mllein der Wert der ganzen Notiz ift
ein jehr problematijcher, da die Lesart reroalo-
Wettlämpfen an den Dionyſosfeſten war es jeit | ydar nur auf Vermutung beruht (die codd.: are«-
Aiſchylos in Athen eine fefftebende Regel, daß
jeder der fih um den Preis bewerbenden Dichter
mit 4 Dramen in die Schranfen trat. Zur Zeit |
bes Wijchylos beftanden dieje 4 gleichzeitig aufge: |
führten Stüde aus 3 Tragödien und 1 Gatyr: |
ipiele. Man nannte fie zuſammen eine Tetra:
logie, rergaioyia. Eine volljtändige Tetralogie |
roloyiaw oder argaroloysicde:), und die Worte
vielleiht nur durch ein Mißverſtändnis auf So-
pholles übertragen worden find. Bielleicht (denn
die ganze Frage wird wohl immer ein ungelöftes
Problem bleiben) verhielt fih die Sache jo, daß
wir in der Gefchichte der Tragödie von Aiſchylos,
der in früheren Jahren auch einzelne Dramen zur
1196
»
Aufführung bradte, bis Sophokles 3 ſucceſſive
Abändernngen der tragiihen Didaſtkalien anzu:
nehmen haben: 1) Erweiterung einer Tragödie zu
3 größeren, untereinander durch den Mythus zu:
lammenhängenden Gliedern mit Hinzunahme eines
Satyrſpiels, die aiſchyleiſche Trilogie und Tetra:
logie; 2) Auflöjung des inneren mythiſchen Zu:
jammenhanges und Trennung des fortlaufenden
Stoffes in 3 voneinander unabhängige Tragödien,
denen gleichfalls ein Satyrſpiel oder ein anderes,
denjelben Zweck erfüllendes Nachipiel (wie 3. B.
des Euripides Alkeſtis) beigegeben war. Die Auf:
führungsweije war für beide formen dieſelbe; die
zufammengehörigen Dramen wurden in ununter—
brochener Trolge aufgeführt. 3) Wuflöfung und
Unterbrechung der ſceniſchen Aufeinanderfolge bei |
der Aufführung der Didajkalien, indem infolge Er:
ihöpfung der tetralogiichen Stoffe je einem Drama
des einen Dichters die andern mitfämpfenden Dich:
ter jeder je eines entgegenjebten (die Neuerung
des Sophofles). Der Gebraud, 3 Tragödien zu:
jammen aufzuführen, hat wahrjcheinlich jeinen erjten
Grund und Uriprung in der Erweiterung der Einen
Tragödie zu einer Erilosie, d. h. zu 3 inner:
lih zujammenhängenden Zragödien. Eine folche |
war z. B. die Dreftein des Wifchylos, den Aga—
memnon, die Chocphoren und Eumeniden ums |
fafjend. Der innere ftoffliche Zuſammenhang icheint
das weſentliche Merlmal der Trilogie gewejen zu
jein. Mit diejer wurde dann, wie jchon früher
mit der einen Tragödie, ein Satyrſpiel verbun:
den, um ber ernten tragiichen Interhaltung
zur Abſpannung und zu einem heiteren Ende zu
dienen und den Frohſinn der Dionyfien durch den
Ernſt der Tragödie nicht gang zu verjcheuchen.
Daraus erflärt fich auch, wie ripides auf den
Gedanken fommen konnte, an die Stelle des eigent-
lihen Satyripiels ein Drama mit einem heiteren,
luſtigen Ausgange zu jegen, die Alfeftis. Es ift
jehr mwahrjhheinlih, daß dies nicht das einzige
Beilpiel einer ſolchen Tetralogie geweſen ift.
Tetrapölis, Teredmokıs, hießen mehrere Städte:
bünde nach der Zahl der Glieder: 1) in Attila
(Dinoe, Probalinthos, Tritorgthos, Marathon);
2) in Doris (Erineos, Pindos, Boion, Kytinion);
3) in Kabalien (Kibyra, Dinvanda, Bubon, Bal-:
bura); 4) in Syrien (Antiocheia, Apameia, Lao:
dikeia, Seleufeia).
Tetriea rupes, cin zum Mons Fiscellus ge: |
höriger Berg im Sabinerlande, fteil und ſchauer—
lich, reich an wilden Biegen; j. Monte della ©i-
billa. Verg. A. 7, 718.
Tetrieus, C. Ejuvius, einer der fogenannten
dreißig Tyrannen (j. Dreifsig Männer, 11.),
den Murelianus bei Chalons jur Marne in Gallien
befiegte und gefangen nahm (274 n. E.), wodurch
die Neichseinheit wiederhergeftellt wurde. Tetr.
wurde von Aurelian im Triumphe aufgeführt, im |
übrigen aber rüdfichtsvoll behandelt. Kutr. 9, 13.
Trebell. Poll. XXX tyr. 23 ff.
Tettii, 1) P. Tettius, 79 v. E. Statthalter
in Wien und accensus (j. d.) des Claudius Nero.
Cie. Verr. 1, 28. — 2) Tett. Damio, nahm
57 v. C. den Cicero, als derjelbe vor Clodius
— mußte, in ſeine Wohnung auf. Cie. ad
#.4,3,3.
Teukros, Teöxeog, Teucer, 1) Sohn des Fluß—
gottes Stamandros und der Nymphe Idaia, eriter
Tetrapolis — TevrAovooe.
König von Troas, nad dem das Rolf Teutrer
genannt ward. Er nahm den Dardanos aus Sa:
mothrafe auf und gab ihm feine Tochter Bateia
oder Arijbe zum Weibe; oder PDardanos nahm
als Einheimifcher den Teufros und Stamandros,
die aus Kreta famen und den Dienſt des Apollon
Smintheus mitbradhten, in Troas auf. Apollod.
3, 12, 1. Diod. Sie. 4, 75. — 2) Sohn des Tela-
mon und ber Hefione, der Tochter des Laomedon,
Halbbruder des großen Aias, aus Salamis, der beite
Bogenjchüge der Hellenen vor Troja. Hom. Il,
8, 281 ff. Bon Troja nach Salamis zurüdgefehrt,
ward er von Telamon des Landes verwieſen, weil
er den Tod feines Bruders Aias nicht gerächt,
ober defien Gebeine, oder deſſen Gattin Tekmeſſa
und den Sohn Euryjales nicht mitgebracht habe.
Er fam nad) Kypros, das ihm Belos, der König
von Eidon, überlieh, vermählte ſich mit Eune,
der Tochter des Kypros, und zeugte die Aiteria.
Er baute hier die Stadt Salamis. Strab. 14, 682.
Paus. 1, 28, 11. 2,29, 4. Verg. A. 1, 619. Hor.
od. 1,7, 21 ff. Nach dem Tode des Telamon joll
er nach Salamis zurüdgefehrt, aber von Euryiales
fortgewiejen worden jein, weshalb er nach Galläcien
in Hilpanien 309.
Teumessos, Tevunosos, Berg und Stadt in
Boiotien, öftlich von Theben. Hier jollte die T'ev-
unool« dhomne, ein wunderbarer, von Bakchos
zum Verderben der Thebaner gejandter Fuchs,
gehauft haben. Hymn. in Apoll. Pyth. 46. Paus.
9, 19, 1.
Teuta, Tevra, Gemahlin des Königs Agron
von Illyrien und nad) deffen Tode Herricherin für
—* unmündigen Sohn Pinnes. Agron und ſein
orgänger vereinigten die Illyrier um Skodra zu
großen Piratenzügen und wurden mit ihren Zwei—
dedern (Liburnae) beſonders den griechiſchen An-
fiedelungen läftig. Der römijche Staat, um Hülfe
angegangen, jchidte den E. und 2. Coruncanius
an Teuta und begann, als Teuta einen der Ge:
jandten wegen feiner freimütigen Sprache hatte
ermorden und römiſche Schiffe plündern Tafien,
den illyriichen Krieg, 230 bis 228 v. C. Teuta
mußte den größten Teil des eroberten Gebiets ab-
treten, der an Demetrios überlafjen wurde, Tribut
bezahlen und verjprechen, feine bewaffneten Schiffe
mehr auszufenden. Pol. 2, 4 ff. Flor.2,5. Epäter
legte fie die —— nieder.
Teutätes (Theutates), ein Gott der alten Gal—
lier und Germanen, dem Mercur ähnlich (Cars.
b. q. 6, 17), dem man biutige Opfer, jogar Men:
ichen, darbrachte. Tac. (ferm. 9.
Teuthis, Teödıs, Tevdis, eine bis zur Grün:
dung von Megalopolis bedeutende, dann aber ge:
junlene Stadt Mittelarfadiens, im Gebiete von
Orchomenos, vielleicht an der Stelle des j. Di—
mitana. Paus. 8, 27, 4. 28,2 ff.
Teuthrania j. Mysia.
Teuthras, Tevdgas, 1) Sohn des PBandion,
Bater des Theipios, König in Myſien (Teuthra:
nia), j. Telephos. — 2) Grieche vor Troja, von
Hektor erlegt. Hom. Il. 5, 705. — 3) Athener,
mopthijcher Gründer von ZTeuthrone in Lafonien.
Paus. 3, 25, 4: — 4) Bater des Arylos, aus Arijbe.
Hom. Il. 6, 13. — 5) Genoſſe des Aineias. Verg.
A. 10, 402. — 6) f. Teleutas.
Tevriovooe, Inſel an der kariſchen Küfte
zwiſchen Syme und Halikarnaſſos. Thuec. 8, 42.
Teutoburgiensis Saltus — Thargelia.
Teutoburgiensis Saltus, Waldgebirge Ger:
maniens, two Arminius 9 n. C. den Varus ſchlug,
nach der bisherigen Anficht entweder das zwiſchen
Paderborn und Osnabrüd gelegene und das Fluß—
gebiet der Lippe und Ems von dem der Wejer
trennende Osninggeb., oder die Dügelgegend um
Bedum im Norden der Lippe; nah Mommien,
dem Asbach, Dunder, Schiller, Zangemeifter u. a.
beiftimmen, vielmehr das heutige Wiehengebirge,
d. h. die nördlich des Osning und ihm parallel
von Minden nad) Dsnabrüd ziehende Bergtette,
wo bei dem Gute Barmau zwiſchen Benne und
Engter durch Berge und Moore ein förmlicher
Engpaf eutfteht, wohl der Schauplag der Schluß:
fataftrophe der Barusichladht. Vgl. Mommien, die
Ortlichfeit der Varusichladht (1885). Tuc. ann.
1, 60,
Teutönes, -ni, Tevroveg, Name eines einzelnen
deutſchen Vollsſtammes, nicht des ganzen Volles,
der wohl zwiichen Elbe und Oder an der Küſte
der Offer wohnte und jeine Berühmtheit befonders
durd) die Teilnahme am Zuge der Eimbern erlangt
hat; j. Cimbri,
Thais ſ. Hetairen.
Thala, Odıa, große Stadt Numidiens, wohl
nicht verfchieden von Telepte, der jüdmeitlichite
Punkt des Landes an der Wüſte. Sall. Jug. 75.
77. 80. Tac. ann. 3, 21. Strab. 17, 831.
Thalämai, Oalaucı, Name dreier Orte im
Beloponnes, im weftlichen Lakonien, zwijchen Dity:
los und Pephnos, mit einem Heiligtum der Ino
und Traumorafel (Strab. 8, 360); in Mefjenien
bei Pherai, wo der vertriebene Tyndareos lebte;
im nördlichen Elis. Xen. Hell. 7, 4, 26.
Thaleia j. Musae, 1. 3. und Palici.
Thales, Garne, 1) einer der 7 Weijen (j. d.)
Griechenlands, ftammte aus Miletos und war der
Sohn des Eramyas und der Kleobuline ; jein Leben
fällt zwijchen 639—546 v. E., es jind aber nur
jehr unfichere und verjchiedenartige Nachrichten
über ihn erhalten. Daß er an den öffentlichen
Angelegenheiten feiner Baterftadt thätigen Anteil
nahm, zeigt die Nachricht bei Herodot (1, 57), daß
unter jeiner Leitung der Fluß Halys abgedämmt
und auf feinen Vorſchlag ein ioniiher Bundesrat
errichtet wurde. Er wird bald als Gründer der
Geometrie und Aftronomie bei den Griechen, bald
als Urheber der Philojophie bezeichnet. Auch wurde
fein Name ſprichwörtlich für einen Weijen über:
haupt gebraudt. In feiner Naturphilojophie nahm
er das Wafler ald den Urgrund aller fichtbaren |
Dinge an; die Erdicheibe jhwimmt auf dem Ur:
waſſer, das die Hälfte der Himmelsfugel erfüllt
wie das Ei die Schale, während die andere Him—
melshalbkugel ſich über die Erdfläche wölbt. Da
er die Drehung der Himmelsfugel um die geneigte
Weltachfe noch nicht kannte, ift die Behauptung,
daß er den Eintritt einer Sonnenfinfternis berech⸗
net habe, nicht haltbar. Schriftliches hat er nicht
hinterlafien. Bgl. H. W. Schäfer, aftron. Geogra—
phie der Griechen (1873). Deder, de Tbalete
ilesio (1865). — 2) Außer diejem Thales werden
nod andere Männer desjelben Namens genannt; jo
ein Rhetor aus Sicilien, ein Maler aus Sikyon
und ein alter Dichter, Zeitgenoffe des Hejiodos.
Thalötas, Oalrras, griehiicher Sänger und
Mufifer aus Kreta Gortyn, Elyros), angeblicher
Erfinder der fretiichen Rhythmen, der Baiane und
1197
Hyporcheme. Er warb auf Geheiß des deiphiichen
Orakels nad) Sparta geholt, wo er durch Muſik
Unruhen gejtillt und den Lykurg in feinem Werk
unterjtüßt haben joll. Das leßtere ift ein Ana—
chronismus, da Thaletas viel jpäter als Lykurg ge:
lebt hat, nämlich um 620 v. E. Er gehörte zu den
Mufikern, die die von Terpander eingerichtete Mu:
filordnung zu Sparta vervolllommneten und eine
neue, feſte Geſtalt derjelben ang ner Seine
Mufit und Poeſie hing mit dem Apollonfult zu:
— und hatte einen auf Sittlichkeit und ge—
etzliches Leben gerichteten Inhalt. Plut. mus. 9. 42.
Thalia j. Charites.
Thallo j. Horae.
Thallos, O«ilög oder Odilog, 1) ein Hiftorifer
aus dem 1. Jahrh. n. E., Verfafler einer ſyriſchen
Geſchichte von Trojas Untergange bis zu DI. 167
in mindeftens 3 Büchern. Fragmente bei Müller,
fragm. hist. Graee. Ill p. 517 ff. — 2) griechi—
ſcher Epigrammendichter aus der Zeit der erjten
römischen Kaiſer.
©as.30p0go: j. Panathenaia,
Thamyris j. Musae, 2. und Epos.
Thanätos, Odvarog, Mors, PBerjonifitation des
Todes. Bei Homer hat der Todesgott noch feine
bejtimmte Geftalt. Die allgemeinfte Bezeichnung
des Todes ift Savarog, wozu dann noch nähere
Beitimmungen hinzutreten; jo für den Tod als
allgemeines Naturgejeß uögos, moiga«, möruog.
Hom. Il. 2, 369. 3, 101. Der grauje Akt des
Sterbend wird bezeichnet mit Beiwörtern, wie
tarnkeyris, Övonkeyis, Puuogaiotrig, TogpVUgeog,
dvonxijs. Die Veranlafjung des Todes und die
bejonderen ZTodesarten find “je und xijers. Als
Buftand des Totjeind wird der Tod freundlicher
aufgefaßt und bei Homer perjonifiziert als Zwil—
lingsbruder des Schlafes. Hom. Il. 16, 672.14,231.
Ber Hefiod erzeugt die Nacht aus ſich jelbit die
Ker, den Tod, den Schlaf und die Träume;
Schlaf und Tod wohnen in der Unterwelt (theog.
211. 758; vgl. Verg. A. 6, 277). Während der
Schlaf ruhig und den Menjchen freundlich einher:
wandelt, ftarret dem Tod mitleidslos das Herz
in der Bruft. Euripides läßt in der Alkeſtis den
Thanatos als finfteren Opferpriefter der Unterwelt
auftreten, in jchwarzem Gewande, mit dem Opfer:
ſchwerte, mıt dem er den Sterbenden eine Locke ab:
jchneidet. Über die Kunftdarftellungen des Tha—
natos j. Hypnos.
Thapsäkos, Oduyexog, im A. T. Thiphſach, d. i.
Furt, bedeutende SHandelsftadt in Syrien am
Euphrat, Übergangspunft für die nach Babylon
und in das hohe Afien Reijenden, j. Ruinen von
el:Hammant. Xen. An. 1, 4, 11. Strab. 2, 77 fi.
Thapsos, Odyog, 1) eine von megariichen Do-
riern gegründete, jpäter wieder verlaffene Stadt
an der Dftküfte Siciliens, auf einer Halbinſel
gi. N.; i. Iſola wa Magnifi. Zhuc. 6, 97. Verg.
4.3, 698, — 2) Küjtenftadt der afrifanifchen Pro:
vinz Byzacium, j. Dimas mit Ruinen, berühmt
durch den Sieg Cäſars 6. April 46 v. C. Caes.
‚b. Afr. 28. 79 ff. Strab. 17, 831. 834.
Thargelia, @aoyrjkıa, Feſt des Apollon zu
‚Athen im Monat Thargelion (Mai— Juni), der
von demjelben den Namen erhielt, die Hauptfeier
des apollinischen Kultus Athens. Dem Namen
nach bezog es ſich uriprünglid auf die Zeitigung
der Feldfrüchte (Bepyrjlıc ulcı advreg oil dad
1198
yiis ago‘), für welche gleichzeitig am 6. Thar:
gelion der Demeter Chlod ein Schaf geopfert |
wurde. Wie aber bei Apollon die Borftellung
eined Sonnengottes zurüdtrat, und er vorzugs—
weile für einen Gott der Reinheit in der fittlichen
Welt galt, jo nahm diejed Feſt den vorherrichen:
den Charakter eines Neinigungs: und Sühnfeftes
für die ganze Stadt und ihre Bewohner an.
Reinigungen wurden vorgenommen am 6. Thar:
gelion, dem Geburtstage der Artemis, und am 7.,
dem des Apollon. Als Sühnmittel famen bei dieſem
Feſte (am 6. Thargelion) noch Menfchenopfer vor; |
2 des Todes ohnehin ſchon jchuldige Verbrecher
(pagpuaxol) wurden, mit Feigenſchnüren behangen,
unter Flötenmuſik binausgeführt und (durch den
Sturz vom Felſen oder durch Gteinigung) ge:
tötet. Vielleicht fand auch eine wirfliche Tötung
gar nicht ftatt (ſ. Mommſen, Heortologie, S. 414 ff.).
Im übrigen jcheint, dem Charafter des apolli-
nischen Kultus gemäß, die Feſtfreude überwogen
zu haben. Der ganze Kultus wurde in mpthilhe
Besiehung gebracht zu dem Tribut der Athener
an Minos und dem Mettungszuge des Thejeus.
Das Schiff, auf dem Thejeus nach Kreta gefahren
war, führte nod) ns. wahrjcheinlich zu
gleicher Zeit mit den Thargelien, die heilige Ge:
jandtichaft der Athener nach Delos, um am Feſte
der Delien dem Gotte an feiner Geburtsftätte die
ſchuldigen Opfer darzubringen. Thargelien mwur:
den auch gefeiert in den von Athen ausgegangenen
ionijchen Kolonien und in dem von Joniern ge:
gründeten Mafjalia.
Thasos, «sog, j. Tafo, eine nur 2 M. von
der thrakiſchen Küſte la: etwa 6 D Meilen
große Inſel des Migaiischen Meeres, der Mün—
dung des Neftos gegenüber, war im Nltertume
höchit fruchtbar an Getreide und Wein, befonders
aber bedeutend durch die von den Phoinikern ent:
dedten Goldbergwerfe, die die — des Staats
bis auf 300 Talente brachten. Hat. 6, 46. Jetzt
findet fich von denjelben feine Spur mehr. Die
meiften Berge beftehen aus weißem Marmor und
find mit Waldungen bededt, die jebt, wie im
Altertume, treffliches Schiffsbauholz Tiefern. Die
Snfel wurde nah 700 v. E. von den Bariern
folonifiert. Die Thafier hatten auch an der thrafi:
jchen Küfte zahlreihe Niederlaffungen (Hat. 7, 118.
Thuc. 1, 100), Galepjos, Diiyme (Thuc. 4, 107),
Stapte Hyle, Apollonia, Daton, Stryme und Kre:
nides. Den Perſern wagten fie jedoch nicht zu
widerftehen, jondern riffen, 492 v. C. auf Befehl
des Mardonios ihre Mauern nieder und lieferten
ihre Schiffe aus. Hat. 6, 46f. Später traten fie
zu dem Seebunde der Athener, fielen in der Folge
im J. 465 freilich ab, mußten ſich aber, von Kimon
befiegt, unterwerfen, 463 oder 462. Zhuc. 1, 100,
Am Ende des peloponnefiichen Krieges wurden die
Spartaner Herren der Inſel, jpäter geboten dort
die Mafedonier, bis die Römer nach dem Siege
von Kynoskephalai die Inſel für frei erflärten.
Liv. 38, 30. 35. Mus Thafos ftammten der Maler
Polygnot und der Geichichtichreiber Stefimbrotos.
Neuere Ausgrabungen haben die Trümmer eines
römijchen Triumphbogens, eines Theaters und
eines Apollontempels zu Tage gebracht. Abhand:
lung von Haſſelbach (1838). |
Thaumas, Oavues (der Wunderbare), 1) Sohn |
des Bontos und der Ge, erzeugte mit der Ofeanide
Thasos — Theano,
| Elektra (der glänzenden Meereswoge) die Harpyien
und die Jris, die deshalb Oavuavrıds und Pav-
uavrig heißt. Hesiod. theog. 237.265 ff. Verg. A.
9, 5. Or. met. 4, 480. — 2) Kentaur. Or. met.
12, 303.
Theagönes, @sayirns, 1) Sohn des Timo
fthenes, eines Heraffespriefters auf der Inſel Tha-
ſos. Da er ſich jchon frühzeitig durch Körperftärfe
bervorthat, wird auch Herafles als jein Vater ge-
nannt. Als Athlet erwarb er fich jpäter großen
Ruhm und foll nad) Plutarch 1200, nad) Banfanias
gar 1400 Siegeskränze gewonnen haben. Einer
jeiner Feinde ging nad) dem Tode des Theagenes
in jeder Nacht zu feiner ehernen Bildjäule und
eißelte ſie; da joll fie herabgefallen fein und den
kann erjchlagen haben. Die Angehörigen des
Erichlagenen erhoben Klage, und die Statue wurde
ins Meer geftürzt. Es entftand Mißwachs, der
fortdauerte, bi8 das wieder von Fiſchern aufge:
fundene Standbild an feinen alten Platz gebracht
worden war. — 2) aus Nifaia (Hafen von Me:
gara), gelangte um 625 v. ©. zur Tyrannis von
Megara. Er jchüßte die ärmeren Bürger gegen bie
Adeligen und Reichen und erhielt zu jeinem Schuge
eine Leibwache. Aristot. pol. 5,4, 5. Dem Athener
Kylon (j. d.) gab er feine Tochter zur Gattin und
ſchickte ihm Truppen, als jener fich zum Herrn Athens
u machen verfuchte; jpäter wurde Theag. von den
egarern vertrieben. Um jeine Baterjtadt machte
er fich durch Anlegung einer Wafjerleitung jehr ver:
dient. Thuc. 1, 126. Paus. 1, 28. 40f. — 3) Un:
führer der Thebaner und Boioter in der Schlacht
bei Chaironeia, 338 v. C. Plut. Aler. 12. —
4) aus Rhegion, Schriftiteller aus dem 6. Jahrh.
v. C. erflärte die homeriſchen Geſänge, namentlich
die Sagen de3 Dichters in allegoriiher Weile. —
5) Sophift aus Knidos, Lehrer des Herodes.
Theäges, ®edyns, 1) ein Pothagoreer, nad)
Stobaios Berfafler einer Schrift eel derrär.
— 2) Schüler des Sokrates, nad) dem einer der
angeblichen platoniſchen Dialoge benannt iſt.
Schwächlicher Gejundheit wegen konnte er jid
nicht mit Staatögefchäften befaflen, daher er ſich
der Philojophie widmete. Plat. apol. 34.
Theaitetos, Osalrnros, 1) Sohn des Euphro:
nios, aus Sunion, ein Sofratifer und befanmnt
durdy den nach ihm benannten Dialog des Platon
und den Sophiftes, war vorher Schüler des Theo-
doros in Kyrene gewejen. Er war freigebig, ob—
wohl er durch Unredlichleit feiner VBormünder große
Verlufte an jeinem Vermögen erlitten hatte, und
auch tüchtig im Kriege. — 2) Puthagoreer, Ge:
jeßgeber der Rheginer. — 3) Verfafler von 5 Epi:
grammen in der griechiichen Anthologie.
Theäno, Os«avo, 1) Tochter des Danaos, Ber:
lobte des Phantes. — 2) j. Kisseus. — 3) Tod)
ter des Pothonar und Gattin des Puthagoras;
nad andern eine Tochter des Brontinos aus Kro—
ton. Sie joll einiges geichrieben haben, was aber
ſicher einer ſpäteren Zeit angehört, 3.B. Acol eder-
Belag, 7 Briefe über Kindererziehung und das
Hausmwejen, und anderes. — 4) eine jüngere Py—
thagoreerin aus Thurioi oder Metapontum, joll
eine Tochter des Pythagoras geweien fein und
einige Schriften über Pythagoras verfaßt haben.
— 5) Tochter des Menon, die als Priefterin den
Fluch über Altibiades auszujprechen ſich ftandhaft
weigerte. Plut. Alcib. 22.
1
15
=
Theatron.
Theätron, P:aroor, theatrum.
ſches Theater.
jondern e3 war urjprünglihd ein Scauplap für
alle zum Kultus des Dionyjos en Feierlich- ſchmales Segment vom Kreiſe abjchnitt.
feiten, namentlich für die Aufführung der diony:
fiihen Chöre (Dithyramben). Da fich aber aus
diefen Chören die Tragödie und Komödie nad
und nach heransgebildet hatten, jo wurde beim
Bau des großen fteinernen Theaters in Athen
auc darauf Rüdficht genommen, dag Schaufpiele
in demfelben auf eine dem damaligen Standpunfte
der Scaufpielfunft angemeffene Weile gegeben
werden konnten. Dieje Umftände gaben ihm na-
türlich eine Geftalt und Einrichtung, die von der
Beichaffenheit unſerer Schanfpielhäufer vielfach
verichieden ift. Auch erflärt ſich eben aus dieſer
Beſtimmung der große Theaterreichtum fowohl in
Griechenland jelbit als in den
griechiichen Kolonien. Denn es
gab in vielen Städten große und
prächtige Theater, wo von Schau:
ipielen nicht die geringfte Spur
fi) vorfindet. In dem eigent:
lichen Griechenland nun ift Athen
ohne Zweifel die erfte Stadt ge:
wejen, die ein fteinernes Thea-
ter hatte, nad) dem auch die
Negeln zur Erbauung eines
Theaterd und die Anlage der
einzelnen Zeile feit beitimmt
worden find. Es lag in Athen
am jüdöftlihen Abhange der
Akropolis im Bezirke des Le—
nation, wo auch der Tempel des
Dionyjos ftand. Der Bau be:
gann DI: 70, nachdem die höl-
nen Siße und Gerüfte, auf
nen man bisher den Spielen
zugejehen hatte, zuſammenge—
broden waren; vollitändig aus:
— und ausgeſchmückt aber
oll es erſt gegen Ol. 110 ge—
weſen ſein, unter der Finanz—
verwaltung des Lykurgos. Wer
den Plan dazu entworfen und
es gebaut hat, ift nicht befannt;
die Überrefte desjelben find feit
1862 durch Nachgrabungen blofgelegt worden. —
Nach feiner architeltoniſcher Beſchaffenheit beftand
das griechiſche Theater aus 3 Hauptteilen: 1) aus
dem Zuſchauerplatze, dem eigentlichen Theatron;
2) aus dem Bühnengebäude, der Stene, und 3) aus
dem zwijchen jenen beiden Teilen befindlichen Raume,
ber Koniſtra oder Orcheftra (j. unten 6) im wei:
teren Sinne. Nach Vitruv wurde die Anlage dazu
jo gemadt. Man bejchrieb auf dem Plate, wo
ed gebaut werden jollte, einen Kreis von ber
Größe, den unten der Umfang des Theatron oder
der Raum für die unterften Sitzſtufen einnehmen
jollte. In diefen Kreis wurde ein Viereck jo ge-
zeichnet, daß alle Eden desjelben die Kreislinie
berührten. Diejenige Seite des Viereds, die dem
Orte, wo die Bühne ftehen jollte, am nächiten
lag, bezeichnete da, two fie den Kreis durchichnitt,
das Ende oder, von den Plätzen der Zuſchauer
aus bejtimmmt, den Anfang der Bühne. Parallel
1199
1) $riedhi=| mit diefer Linie wurde an der Peripherie des
Das altgriechiiche Theater war |
nicht allein für die Aufführung von Schauſpielen,
Tragödien, Satyripielen und Komödien, beftimmt,
Kreifes eine andere Linie gezogen, auf der die
hintere Bühnenwand oder die front der Scene
errichtet wurde und zu ftehen fam. So erhielt
die Bühne eine geringe Tiefe, da fie nur F
er
übrige Raum des Kreifes gab die Orcheftra; um
dieje herum Ing das Theatron im engeren Sinne,
die Schaufige, die aus fonzentrifchen, übereinander
um die Orceftra laufenden Sitzſtufen beftanden.
Man findet bei den noch vorhandenen Theater:
überreiten für die Anlage des Baues gewöhnlich
eine ſolche Ortlichfeit gewählt, die die Einrichtung
der Zujchauerpläße begünftigte. Sie find gewöhn-
lih an den Abhang eines Hügels angebaut, jo
dag die Sitreihen zum großen Teil aus dem
natürlichen Boden heransgearbeitet waren. Die
Größe und Ausdehnung des Aufchauerraumes war
nach Bedürfnis des Ortes und feiner Bevölferung
A. Hargor. B. voziarge. C. axyn). d. duefuare, praecinetiones. e. zegxide;,
ennel, f. Purdin. ) Ü
g. mgooxjror. h, megiarro. i. nugaoxınıa. k. axeün.
1. tugodor.
Grundriß eines griehifchen Theaters.
natürlich verjchieden. Das Theater in Athen fahte
gegen 30000 Menihen; das zu Megalopolis
dagegen hatte für 40000 und das zu Ephejos
jogar für über 56 000 ®erjonen Pla. — Die
einzelnen Teile: a) die Zuſchauerſitze
(#Earpov, xoi)or, cavea). Xhre terraffenförmige
Anlage, mwonad fie in immer weiter jchweifen:
den Halbkreifen hintereinander aufftiegen, machte
es möglich, daß die AZufchauer alles gut ſehen
und hören fonnten. In Heinen Theatern bilde:
ten dieſe Sitzſtufen nur ein einziges Stodwerf;
in größeren waren fie durch einen oder auch
2 weite Gänge, Umgürtungen (dıefouare, prac-
einetiones, iter praecinctionis), welche mit den
Sitreihen parallel von dem einen Ende des Halb-
freife3 bis zum andern liefen, in 2 oder 3 Ab—
teilungen oder Stockwerke (£üvaı) geteilt. Ein
jedes Stodiwerf wurde durch mehrere Treppen, die
von der unterften bis zur oberften Sitzreihe ſtrah—
—
5 zu Epidauros im unteren
—
-
if. — 1)
1200
Theatron.
fenförmig aufftiegen und die Halbfreije wie Radien Boden diejes Raumes war ungedielt und für ge:
teilten, in mehrere feilförmige Abjchnitte (xeg- wöhnlich, wenigftens in der früheren Zeit, nur
“iösg, cunei) zerjchnitten.
Treppen war natürlich nach der Größe der Thea:
ter verjchieden (im Theater zu Athen 14, in dem
eile [bis zum erjten
Diazoma] 13, im oberen Teile 23). Bon den
Sisitufen diente die vordere Hälfte zum Sitzen,
die hintere war etwas vertieft und für die Füße
der höher Sitzenden bejtimmt. Die äußeriten Ed:
pläße an beiden Enden des Theatron, den jo-
genannten Hörnern (x!para), waren durd eine
Brüftungsmauer begrenzt, die in jchräger Linie
oder in denſelben Abjägen, wie die Sipftufen, fich
herabzog und nur wenig über diejelben empor:
tagte, um als Geländer zu dienen. Die Form
der Sitzſtuſen war meift einfach, fie bildeten einen
rechten Winkel. Doc machte man die Stufen auch
ierlicher, böhlte z. B. die Sitzfläche leicht aus.
—— betrug ziemlich das doppelte Maß
ihrer Höhe. So beträgt im atheniſchen Theater
die Höhe einer jeden Sitzſtufe 0,345 m, ihre Breite
(Tiefe) 0,782 m, aljo mehr als das Doppelte der
Höhe. Auf die fteinerne Sitzfläche legte man noch
Kiſſen und Bolfter. Der Umgang durd die Sitz—
reihen ift von verjchiedener Breite, z. B. im Thea:
ter zu Epidauros 4m breit, und entweder einfach
oder doppelt. Im Iegteren alle liegt der eine
Weg oder Gang höher als der andere. Die erfte
Sipreihe unter dem Gange hatte zumeilen eine
fteinerne, künſtleriſch geſchmückte Rücklehne. An
der Mauer des Ganges, die ſich ungefähr in
Manneshöhe ſenkrecht erhebt, ſtanden wohl auch
die Namen der einzelnen keilförmigen Abteilungen,
wie dies an einigen Überreſten noch wahrzuneh:
men ift. Die oc Sitzreihe umſchloß gewöhnlich
eine, nicht immer mit den Sitzreihen konzentriſch
laufende, Mauer; Säulenhallen finden fich an den
Ruinen der Theater zu Tyndaris auf GSicilien
und zu Aſpendos. Die Einteilung des Theatron
für die verjchiedenen Klaſſen der Zuſchauer läßt
fi nicht mehr ausfindig maden. Es ift wahr:
iheinlih, daß jede Klaſſe ihre beftimmte Region,
unmöglid) aber, daß jeder einzelne jeinen beftimm:
ten Plaß Hatte. Die vorderften Reihen der Pläße
waren für die Nichter, obrigfeitlichen Perſonen,
Feldherren und Prieſter beftimmt, die, wie wir
dies von Athen und Epidauros beftimmt wiſſen,
von andern Theatern wenigjtens vermuten können,
nicht auf Sikftufen, jondern auf marmornen Sefjeln
jaßen, deren im Theater zu Athen 67 aufgefunden
worden find, teils für 1, teils für 2, teils Pr
3 Berjonen beftimmt, darunter hervorragend der
des Priefters des Dionyjos Eleuthereus, die Mitte
einnehmend und mit Reliefs reich verziert. Dann
folgten die Bürger, ob nad) VBermögensflaffen ge
ordnet, ijt nicht befannt; ihnen zunächſt it
icheinlich die Frauen, dann die Metoilen und ganz
oben Sklaven und Hetairen.
den unter den Bürgern ihre Pläße, vielleicht auch
bejtimmte Ehrenfiße gehabt haben. Ein bejonderer
Teil des Theatron war das Zpnpındov, der Platz
für die Epheben, defjen Lage nicht näher befannt
er zwijhen den Zuſchauerſitzen
und der Bühne gelegene Naum wurde,
wenn Schaujpiele gegeben werden jollten, zu einem
Standorte und Tanzplah für den Chor der Tra:
gödie und Komödie bejonders hergerichtet. Der
Die Fremden wer:
Die Anzahl diejer | mit Sand beftreut, wenn er aud) jpäter mit Stein—
platten belegt worden ift. Er hieß daher xori-
oro«, Sandplag, arena. Weil aber bier die
dithyrambiichen Chöre ihre ei und Reigen
aufführten, jo hatte man in der Mitte einen Altar
des Dionyſos (Hvuein genannt, j. Thymele)
errichtet und den Platz jelbft auch oeyrjore«, Tanz:
plaß, genannt. Wahrſcheinlich wurde der Plab
um den Altar zum Behuf der Chortänge mit einem
Bretterboden belegt, weshalb man wohl auc der
anzen Konijtra den Namen Orcheſtra (im weiteren
Sinne) gab. Ob der Opferaltar oder die Thy:
mele, vermutlich von einigem Umfange und mit
Stufen umgeben , bejtändig in der Koniftra ſtand
oder nur für die dionyjiichen Feſte errichtet wurde,
läßt ſich nicht beftimmt angeben. Doch dieje etwa
10 bis 12 Fuß tiefer als die Bühne gelegene
Orcheſtra darf nicht mit dem Standorte des tragi:
ichen oder fomijchen Chores während der theatra-
liichen Aufführungen verwecjelt werden. Wenn
nämlich Schaufpiele gegeben werden jollten, ſo
wurde dafür ein bejonderer Bretterboden vor der
Bühne, ein Podium, nur wenig tiefer als dieje,
auf einem Gebälf aufgerichtet. Diejer Boden nahm
etwa die Hälfte der ganzen Koniftra ein, erjtredte
fih von der Bühne bis zur Thymele und hieß
in engerer Bedeutung gleichfalls Orcheſtra. Zu
diejer jcenifchen Orcheftra gelangte der Chor durd
diejelben 2 Haupteingänge (rdgodoı), die, an der
rechten und linken Seite zwiſchen dem Theatron
und der Bühne gelegen, auch von den Zujchanern
benugt wurden, um von der Koniftra aus zu den
Schauſitzen zu gelangen. Auf Stufen jchreitet dann
der Chor auf jeinen erhöhten Standort. Mit der
Bühne war die Orceftra gleihjalls durch einige
Stufen verbunden, damit der Chor die Bühne und
von dieſer twieder zurüd die Orcheſtra betreten
fonnte. Die Orcheſtra ijt im ſeeniſcher Hinſicht
als eine unmittelbare yortjegung des Raumes zu
betrachten, den das Projcenium oder die Bühne
darzuftellen hatte, und gehörte zu diefer in jeder
Beziehung. Sie konnte demnach nicht wie im
römischen Theater durch einen Vorhang von ber:
jelben getrennt jein, und in der That findet fich
von einem Theatervorhange auf der attifchen Bühne
nirgends eine ſichere Nachricht. Theatraliiche Bor:
richtungen oder Maſchinen, die der Orcheſtra
ei hätten, werden mit Ausnahme einer
Berjenfung (dvamissur) und gewifler für die
Stellungen und Touren des Chores vorgezeichneter
Linien nicht erwähnt. Die fogenannte charo—
niſche Stiege (zapmreıoı xAluenes) war wohl
von diejer Verjenfung der Sache nady nicht ver:
ichieden, jondern nur ein anderer Name für die:
'jelbe Sache. — ce) Die Scene, une, zu einem
bejonderen Zeile des Theaters erjt in jpäterer
geit ausgebildet,. während anfangs mit dem Chor
auch der Schaufpieler jeinen Platz in der kreis—
runden Orceftra hatte. Mit diejem Worte ber
zeichnete man bisweilen im weiteren Zinne das
ganze Bühnengebäude, in engerer Bedeutung aber
die den Hintergrund begrenzende Bühnenwand
mit ihren Deforationen; zumeilen auch den vor
der Scenenwanb gelegenen Raum, auf welchem
die Schaufpieler jtanden und agierten. Gewöhn—
lid heißt aber diejer Pla gosxrjvıor, auch
Theatron.
koyeiov, Sprechplatz. Das Profcenium wurde an
der rechten und Tinten Geite durch 2 Geiten-
gebände begrenzt, die als Flügel von der Bühnen:
wand aus mach den beiden Hörnern des Theatror
vortraten. Sie hießen rupuoxNvıa. ze dieſe
als auch die hinter der Bühnenwand gelegenen
Räume, das postscenium, dienten den Schaufpie-
lern und dem Chore zum Aufenthaltsorte, zu An—
fleidezimmern, zur Aufbewahrung der Koftüme,
der Maſchinen, kurz des ganzem nn
Apparats. Der gedielte Boden diejes Proſceniums
ruhte auf einer Mauer, deren Front dem Zu—
Ichauerraume zugefehrt und ganz fidhtbar war,
wenn bor elben nicht die ie Orcheſtra
and. Sie war mit Säulen und Statuen ge—
chmückt, zu Epidauros z. B. mit 14 ioniſchen
Halbſäulen, zwiſchen denen vermutlich Statuen
—— und hieß, wie der unter der Bühne be—
udliche hohle Raum, imooxrjvıov. Die Bühne
war, wie ſchon bemerkt worden ift, von großer
Breite, dagegen von geringer Tiefe, fie bildete
ein langgezogenes Rechter. D6 fie für gewöhnlich
1201
gemächern, Gaftwohnungen und andern Neben:
gebäuben. Nicht jelten war auch die damit ver:
wandte Dekoration eines Tempel3 mit andern
Anlagen und Nebengebäuden zu fehen. Natürlich
ſah man immer die front, nicht das Innere.
Die eben genannten und gewifjermaßen jtehenden
Delorationen ag in vielen Fällen der Inhalt
und Verlauf der Handlung jelbft mit fi, daher
auch die alten Grammatifer und Lerifographen
von ihnen ſprechen, als wenn fie die allein den
gewejen wären. In vielen Tragödien, Komödien
und Satyrdramen aber mußte die Scenenwand
natürlich anders deforiert jein (vgl. erde
PBromethens, Sopholles’ Philoftetes und Wins
Euripides’ Helabe, Troades u. ſ. w.), und gewiß
nur auf jehr wenige Stüde war anwendbar, was
eine — — — daß die mittelſte
Thür der Aufenthalt des Protagoniften, die rechte
bes Denteragoniften, die linfe des Tritagoniften
gewejen fei. Dieje Angabe ftimmt mit den Rollen
in ben meijten der erhaltenen Tragödien nicht
überein; es find ohne Zweifel Einzelheiten zu
2444 “4, ee
— —
fi
Theater von Segefta.
mit ber Orcheftra durch eine Treppe verbunden
war oder eine jolhe nur in Stüden, in denen
der Chor die Bühne betritt (3. B. Aiſchylos' Aga:
memnon), — wurde, iſt nicht ſicher zu
entſcheiden. (S. die Abbildung.) — Was Sce:
nerie, Dekoration und Maſchinerie betrifft,
jo fteht im allgemeinen feft, daß die gefamten
Vorrichtungen ganz einfache und jehr wenige waren,
wenigftens im Vergleich zu den heutigen Theater-
apparaten. Scenenmalerei, oxnvoygap/a, lam
ſchon frühzeitig in Anwendung. Nach Bitruv
1 praef.) malte Agatharchos zur Zeit des Aiſchy—
08 die Scene und bejorgte deren Berzierung,
wie fie den Stüden des Dichters zu ———
ſchien. Die Scenenwand, deren ungefähre Höhe
nicht angegeben werden kann, hatte 3 Ausgänge
oder Thüren auf das Profcenium, durch melde
die Schanfpieler hervor: und wieder zurüdtraten.
Die Malerei und Dekoration diefer Wand ftellte
in der Tragödie oftmals einen Palaft dar. Aus
der mittleren Thür, der jogenannten königlichen
kai trat der König und Herrſcher; die beiden
itenthitren bezeichneten einen Eingang zu frauen:
Reallegiton des HMafl. Altertums. 7. Aufl.
maßgebenden Bejtimmungen gemacht worden. —
Neben diefen 3 Thüren find als jceniiche Bor: 10
richtungen noch die Beriaften (meolaxroı) zu
— mit denen zum Teil wenigſtens die auf
ber Bühne nötigen Verwandlungen des Orts be—
wirft wurden, und zwar in der Weife, da die
Drum einer Berialte eine Ortöveränderung
innerhalb der gleichen Gegend (aljo 3. B. in
Sophofles’ Wind), die Drehung beider Periakten
hingegen die Veränderung der Gegend jelbft be-
eichnete (3. B. in den Eumeniden des Nifchylos).
ie beitanden aus 3 in einem gleichjeitigen Dreied
aufgerichteten Wänden, welche um einen im Mittels
punkte des Dreiedd befindlichen und im Boden
eingelaffenen Zapfen herumgebreht wurden, und
vertraten die Stelle der modernen Couliſſen. Zwi—
ichen diejen Periaften und der Scenenwand waren
auf beiden Seiten offene Räume, die den Schau:
ipielern als Ein: und Ausgänge dienten. In dem
Theater zu Athen, das an die Südjeite der Akro—
polis angebaut war, bezeichnete der — oder
Auftritt von der rechten Seite eine Ankunft über
Land oder aus der fremde, der von der linken
76
1
—
1202
Seite eine Ankunft aus der Stadt (xechts und
lint3 von der Bühne aus bezeichnet; umgekehrt
vom Zuſchauerraum aus). Die Scenenwand mit
den dahinter gelegenen Räumen und Zimmern
war bebedt, der übrige Teil der Bühne und des
Theaterd aber unbededt. Trat während einer
theatraliichen Borftellung Regen und naſſe Witte:
rung ein, jo flüdhteten die Zuſchauer entweder in
eine hinter dem Theater gelegene Säulenhalle oder
in die Hallen der benachbarten Tempel oder aud)
in andere in der Nähe gelegene Gebäude (3. B.
zu Athen in den Ajflepiostempel und die Eume:
nifche Stoa, j. Attika, 12.). — Von den verjchies
denen Theatermajdhinen fennen wir fajt mur
die Namen. Die Notizen des Pollur (4, 127—132)
find jehr furz und unbeutlih. Inter ihnen wird
Öfters genannt da3 Zunuxinue und die ZEo-
sroa. Jenes war eine Majchine, die auf Rädern
ruhte und gerollt werden fonnte; dieſe eine Art
Balkon, der in einem oberen Stodwerfe ange:
bracht und hervorgerollt wurde. Beide dienten
dazu, den Zuſchauern Dinge und Scenen zu zeigen,
die im Innern des Hauſes oder Palaftes vor:
gingen (j. diefe Art.). Ferner wird eine ungern
genannt. Unter diefer allgemeinen Bezeichnung
wurde vorzugsweiſe jene Maſchine verftanden, auf
der Götter in der Höhe erjchienen. Der befannte
und jprihwörtlicd; gewordene deus ex machina,
Deög El ungeris, den Euripides in feinen Dra-
men öfters gebraucht hat, erhielt daher jeine Ent-
ftehung. Das Heokloyzior (die Götterbühne)
war gleichfalls eine Vorrichtung, die Götter in
oberen Regionen befindlich zeigte; es ſcheint oben
an der Scenenwanb feine Stelle gehabt zu haben.
Flug: und Schwebemajchinen find unter fsonu«
und yegavog zu verftehen. Auch ein Bligturm
en) und eine Donnerma:
hine (Beorrsior) waren vorhanden. Zu dem
Maſchinenweſen gehörte auch die dıoreyia, ver:
mutlich ein Gebäude mit 2 Stodwerten, aus defjen
oberem Geihoß man ig um zu bemerken,
was unten vorging; ferner dad povxragıor,
eine Art Signalwarte, das in der erften Scene
des Agamemnon von Aiſchylos angewendet wurde.
„Das gejamte Maſchinenweſen war der Natur des
älteren Dramas gemäß nur in mäßiger Anwen:
dung vorhanden und gehörte mehr dem Zeitraume
des Aiſchylos jowie der alten Komödie an, denen
als gemeinjamer Grundzug ein phantaftiicher Cha—
rafter beigelegt werden darf. Die Nachfolger be:
durften, je mehr fie jih auf die Kreiſe menjchlicher
Erfahrungen beichränften, feltener jo außerordent:
lidjer Mittel für finnliche Wirkungen. Nur die
alten Komiter mußten im Geifte ihrer phantafie-
reihen Gattung ſolche Kunftmittel gebrauchen und
durch neue Zuſätze noch beträchtlich erweitern.“ |
Endlich werden Ayei« erwähnt, angeblid Schall:
efähe, die es ermöglichten, daß die Stimme der
haufjpieler in jo großen Räumen vernommen
wurde. Der gewöhnlichen — nach waren
es Schalllinſen, die in Te eile die Ton:
wellen in einem Bunkt auffingen, wie das Brenn—
glas die Lichtwellen; aber mwahrjcheinlich find fie
„eine Erfindung
ihm ſelbſt ift niemals der Auftrag geworden, fie
irgendwo auszuführen”. — Wenn das Theater in
Athen gefüllt war, jo mochte leicht ein Publikum
von 20 — 30 000 Berjonen in demſelben verjam:
Vitruvs, nichtd weiter — und
Theatron.
melt fein, die höchſt wahrjcheinlich nach den Phy—
fen geordnet jaßen. Wer waren aber die Zu:
ichauer im atheniſchen Theater? Hier handelt es
fih namentlih um die Brage, ob frauen den
Theaterſpielen zugejchaut haben oder nicht. Man
hat jich nemerdings dahin ausgejprocden, daß die
Frauen vom Beſuche des Theaters nicht ganz aus:
eſchloſſen geweſen, ihre Anweſenheit aber, in
herer Zeit wenigſtens, auf die Tragödie zu
beſchränken ſei; bei der Komödie ſeien ſie nicht
zugegen geweſen. Daß ſie getrennt von den Män—
nern ſaßen, iſt nicht nachweisbar. Auch Knaben
wurden ohne Bedenken in das Theater gelafien;
ob aber Sklaven den Borftellungen beimohnen
durften, ift zweifelhaft. Der Eintritt war nicht
unentgeltlich, doc; Perikles verjchaffte den weniger
bemittelten Bürgern freien Eintritt (j. Ozweı-
x v). Da die Vorftellungen jchon früh ihren An-
fang nahmen, jo ab und trant das Publikum
im Theater; andere Zujchauer famen auch jpäter,
andere gingen früher wieder weg. Während des
Spieles herrjchte nicht immer Ruhe; Beifall und
Miffallen legte man laut an den Tag. Auch
gegen einzelne mihliebige Perſonen unter den Zu:
ſchauern gab fich zuweilen der Unwille des Publi-
kums laut zu erfennen. Beim Bortrage ber
Schaufpieler wurde großer Wert auf eine rich:
tige und deutliche Ausiprache gelegt, und jeder
Berftoß dagegen gerügt. Zeichen des Miffallens
waren Pfeifen und Pochen, des Beifalld Hände:
Hatichen und lauter Zuruf. Stellen, die bejonders
gefielen, wurden auf den Ruf «udıs (da capo)
wiederholt. Im ganzen aber mochte die Auffüh-
rung der Tragödien mit mehr Ruhe, Ernft und
| Anftand abgewartet werden, als die der Komödien,
bei denen lautes Gelädyter und jeglicher Mutwille
ganz gewöhnlich waren. Unbequem für die Zu-
ſchauer war natürlich der Umftand, daß die Theater
unbededt waren. Gegen die Sonnenftrahlen juchte
| man fi) daher durd; Hüte mit breitem Rande
‚ (reresog) und gegen den Regen durch Mäntel zu
ſchützen. Vgl. Strad, das altgriechiiche Theater:
| gebäude (1843). Schönborn, die Stene der Helle-
ı nen (1858), Sommerbrodt, das altgriechiiche Thea:
ter (1865). Scaenica (1876). Flach, das griechiſche
Theater (1878). Alb. Müller, Lehrbuch der griechi-
ſchen Bühnenaltertiimer (1886). Opitz, Schaufpiel
und Theaterwejen der Griechen und Römer (1889).
Ohmichen, das Bühnenwejen der Griechen und
Römer (Iw. Müllers Handb. der klaſſ. Altertums—
wiſſenſchaft, V, 3 ©. 181 ff. 1890). Schreiber,
fulturhiftor. Atlas des Altertums (1885), Tafel
1—6. — 2) Das römijhe Theater war im
ganzen und allgemeinen nad dem Mufter des
griechiichen eingerichtet, wenn auch die Erbauung
eigentliher Theater erjt dem Ende der Republif
und der Kaiſerzeit angehört. Im Anjange bejtand
die Scene in einem einfachen Gerüfte, um das fich
bas Bolf herumdrängte und ftehend zuſchaute. Die
Cenſoren Balerius Mefjala und Caſſius Longinus
liefen um 154 v. E. zuerft ein Theater mit feſten
Sigplägen errichten; allein biejer begonnene Bau
wurde auf Antrag des P. Cornelius Scipio Nafica
wieder jene, The Nach Karthagos Zerftörung,
als L. Mummius griechiſche Dramen durch grie—
chiſche Schauſpieler aufführen ließ (145 v. G.),
wurden griechiiche ng ige nachgeahmt
"und den Zuſchauern fefte Sige gegeben. Das Ganze
’
13
Theatron. 1203
aber war eilfertig erbaut und wurde nad) der Auf: | Dach der Höhe der Scene gleich fam. ber dem
führung wieder niedergeriffen. Erſt En. Bompejus | Dache diefes Säulenganges wurden Seile befeftigt,
errichtete 55 v. E. ein ftehendes Theater mit an: | vermitteljt deren zum Schuß der Zuſchauer gegen
geblich 40 000 Sipplägen, und von da an blieb | die Sonnenftrahlen Teppiche über die ganze Cavea
die Einrichtung beftehen. Bon diejer Zeit an geſpannt werden fonnten. Die a Bor:
bis herab zur Zeit bes Auguſtus gewinnt das | richtungen find in dem größeren Theater zu Pont:
Theater immer größere Ausdehnung und die Bühne | peji deutlich erfennbar. — Den Zuſchauern war 15
eine reichlichere Ausihmüdung. Die Eenforen und auch der andere Zeil des Theaters, b) die Or—
noch öfter die Adilen pflegten die Theater zu er: | deftra, eingeräumt. Denn da der Ghor der
bauen. So errichtete der Adil Ämilius Scaurus römiſchen Tragödie jeinen Pla auf der —
52 dv. C. ein Theater, das 80 000 Menſchen faßte auf dem breiter angelegten Vorderraume (pulpi-
und mit mehr als 3000 Statuen geſchmückt ge: |tum), nahm, jo bedurfte man auch feiner Orcheitra
wejen jein joll. Curio foll bei dem Leichenbegäng: | im Sinne und nad Beſtimmung der Griechen. Die
uifje jeines Vaters 2 Theater erbaut haben, die | Senatoren hatten hier ihre Sie. Durch die lex
herumgedreht werden fonnten und dann ein Amphi- Roscia theatralis erhielten 67 v. C. aud die
theater bildeten. Plin. 36, 15, 24. Beſonders ge: | Ritter einen Ehrenplag, und jpäter wurde auch
rühmt werden die Theater des Marcellus, Pont: der Play von den unterften Sigreihen um die
pejus und Cornelius Balbus. — Die Anlage eines ER herum als ein ausgezeichneter angejehen.
römischen Theaters war von der des griechischen | Diejer Pla hieß podium und war jo breit, daß
etwas verichieden. Man zeichnete in den Kreis ein | einige Reihen Serfel darauf ftehen fonnten, Um
gleichjeitiges Dreied, Ei Eden die Peripherie | die heiße Luft abzukühlen, wurde Wafler und
des Kreiſes berührten. Die Linie des Dreieds, | Wein, mit wohlriechendem Erocus vermiſcht, ver:
die dem Orte, wo die Scene errichtet werden | mitteljt eines Druckwerles als feiner Regen über
ai
. * — ——
— neh
a sk u; +, * —35
...mm
IIITTER
Theater zu Mipendoß.
follte, am nächften war, bejtimmte die Front oder |die Cavea verbreitet. Auch beftreute man, um
— Wand der Scene. Parallel mit dieſer widrigen Geruch zu vermeiden, verſchiedene Plätze
!inie wurde durch den Mittelpunkt des Kreiſes mit nen, bejonders mit dem jcharfriechenden
eine andere gezogen, die das vordere Ende des | Erocus. — c) die Bühne (scaena). Ihre Yänge
Proſceniums und den Anfang der Orcheſtra be: | betrug 2 Durchmefler der Orcheftra, ihre Höhe
ftimmte, natürlich von der Scenenwand aus be= | durfte aber nur 5 Fuß betragen, damit die in der
trachtet. Der übrige Halbfreis machte die Orcheftra | Orcheftra Sigenden alles bequem jehen konnten.
aus, die im römiſchen Theater viel Heiner war | In der Bühnenwand befanden ſich ebenfalls drei
als im — während bie Bühne eine Thüren, von denen die beiden Seitenthüren Frem—
geöbere iefe hatte. Es beſtaud das römijche | denwohnungen, hospitalia, vorftellten. Die Sce:
heater wie das griechiſche aus 3 Teilen: a) aus | nenmwand erhielt gewöhnlich eine Verzierung durch
dem Zuſchauerraume (cavea), der bald Ein |eine oder mehrere Säulenjtellungen; auch wurden
Stodwert, bald mehrere enthielt. Vom griech: | die Wände der Scene durch Gemälde und andere
fchen SEargo» unterjchied fi die römische cavea | Gegenftände des Luxus verziert, z. B. durch Mar:
Dadurch, daß fie nur um die Hälfte des zu mor und marmorne Säulen. Im übrigen war
Grunde liegenden Kreijes herumlief, während jenes | die Einrichtung der Bühne wohl der ——“
über den Halbkreis noch hinaus ging. Die Sig: gleich, wie auch die Dekoration und Maſchinerie,
ftufen waren ebenfalls durch die auffteigenden Trep: | worüber wir feine bejonderen Nachrichten haben,
pen, beren Zahl immer eine ungleiche war, in|in den Hauptjachen den griechiichen gleich gewejen
keilförmige Abjchnitte (cunei) geteilt. Die mittelfte | jein mögen. Eine Maſchine, das pegma, wird
Treppe war immer nach dem Mittelpunfte des | bejonders erwähnt. Doch jcheint dieſe weniger für
Kreiſes gerichtet. Hinter und über der legten Sit: | dramatische Darftellungen als für andere Kunſt—
reihe befand ſich ein bededter Säulengang, defjen !ftüde benugt worden zu jein. Der Sprecdplag,
76*
Tr»,
1204
Theatron.
wo die agierenden Schanfpieler ftanden, Aoyeiov,| dere, exsibilare dagegen hieß ein Stück aus:
hieß auch oft pulpitum. — Eigentümlich war der
römischen Bühne ſeit 133 v. E. ein Borhang
(aulaeum), womit fie vor dem Beginn der Dar-
jtellung bededt war. Diejer Vorhang wurde, wenn
die Darftellung beginnen jollte, nicht wie bei uns
heraufgezogen,, fondern herabgelafien; am Ende
derielben erhob er fich dann wieder. Hinter der
Ecene war gleihfjall eine Säulenhalle erbaut,
um den Auichauern bei übler Witterung eine Yu:
flucht zu eröffnen. Dieje Halle nahm am Theater
des Pompejus einen anjehnlichen Raum ein und
umſchloß einen mit Bäumen umpflanzten, mit
einem Waſſerbaſſin verjehenen und mit Statuen
verzierten Platz. Autritt zu dem Theater hatten
in Rom alle Bürger, jelbit frauen und Kinder
fonnten Anteil nehmen, nur Sklaven waren aus:
geichlofien. Eintrittsgeld wurde nicht erlegt, da
die Spiele ein Geſchenk (munus) an das Rolf
waren, doch mußte beim Eintritte eine Marke
(tessera) abgegeben oder vorgezeigt werden, worauf
— —
ziſchen oder auspfeifen. Die beſterhaltenen römi—
ſchen Theater ſind das kleine von Tuſculum, das
von Orange (Arauſio) in Südfrankreich, an dem
das Bühnengebäude faſt vollſtändig erhalten iſt,
und das zu Aſpendos in Kleinaſien (j. die Abb.
S. 1203). Vgl. Arnold, das altrömifche Theater:
gebäude (1873) und Marquardt, römiſche Staats:
verwaltung, Bd. III (2. Aufl. 1885). — Zum
Schluß no einige Worte über die den Römern
eigentümlichen Amphitheater. Das Amphi-
theatrum mar ein ovalrundes Gebäude, in dem
sechteripiele und Tierfämpfe gegeben wurden. In
der Mitte befand fich ein ebenfall® ovaler freier
Plat für die Kämpfe und Spiele, der rings herum
von den AZufchanerfigen umgeben war, die fich
twie im Theater ftufenmeije übereinander erhoben.
Die Anfenjeite des Amphitheaters hat ftets einige
Reihen von Arkaden fibereinander, deren Pfeiler
bald mit Wandfäulen, bald mit Pilaftern geziert
find. Die Arkaden in dem unteren Stodwerfe
Amphitheater des Flavius (Coliseo).
der Sitz nach dem gradus und cuneus bezeichnet
war. Eine Rangordnung der Pläße 2 in
früheren gr nicht ftattgefunden. Erſt jpäter
erhielten die Senatoren die Orcheftra und die
Ritter die nächftfolgenden 14 erften Reihen. Daher
die Redensart in quatuordecim sedere foviel
bedeutet, als zum Mitterftande gehören. Das
römijche Publifum zeigte im ganzen große Bor:
liebe für die Theatervorftellungen, daher der Be:
fuch immer zahlreih war. Gegen beliebte und
gegen unbeliebte Zufchauer gab das Publikum
durch Beifallklatſchen oder durch Pfeifen und
Pochen bei ihrem Eintritte ſeine Zufriedenheit
und Ergebenheit (z. B. gegen Mäcenas, Hor. od,
1, 20, 3ff) oder — Unwillen und Haß laut
u erkennen. Ebenſo erfuhren auch die Schau—
—* die Gunſt oder Ungunſt der Zuſchauer.
Mißfiel ein Stück, ſo wurde das Spiel durch
Lärmen und Toben unterbrochen. Verlangte das
Publikum das Abtreten eines Schauſpielers, ſo
hieß dies eicere; die Wiederholung einer Stelle
verlangen bezeichnet das Wort revocare; explo-
waren Bugänge in das Innere desjelben und
führten in einen das ganze Gebäude umgebenden
Gang, aus dem man auf die Treppen zu dem ver—
ichiedenen Reihen der Sige gelangte. Der mittiere
freie Platz, worauf die Spiele und Kämpfe ge-
ne wurden, war feftgeftampft und mit Sand
eftreut, daher area oder arena genannt. Auf
dieſen Plap führten von außen einige Zugänge,
durch die die Gladiatoren eintraten und die zum
Kampfe beftimmten Tiere eingeführt wurden. Rings
um dieſen Plaß lief eine majjive Mauer mit Ge-
wölben (caveae), teils zur Aufbewahrung der
Tiere, teild zu andern VBeftimmungen; oben auf
der Mauer ein mit Säulen verzierte® Geländer,
um die Zufchauer vor den Tieren zu fihern. Der
Plaß hinter diefem Geländer hieß podium. Hier
hatte der, welcher die Spiele gab, jpäter der Kaiſer
mit feiner vornehmen Umgebung, einen etwas er:
öhten Sig. Über dem Bodium erhoben ſich in
onzentrifchen, ftufenweije auffteigenden Kreijen um
den ganzen Raum die Sie der Zuſchauer in
3 bis 4 Stockwerken, und gan; oben war eine
18
Thebai,
offene Galeric. Das ganze offene Gebäude wurde
‚worden. Hdt. 8, 134.
1205
Vom höchſten Ruhm war
zum Schuße gear: die Sonne oder den Regen | Dirfe, bald Bad), bald Quclle genannt, berühmt
mit einem großen QTuche (velum, velarium) über:
ſpannt. Das erſte Amphitheater legte in Rom
E. Scribonius Eurio an (j. oben 13). Diejes be:
wegliche Theater joll Beranlafjung zur Erbauung
eines eigentlichen Amphitheaters gegeben haben,
das Julius Cäſar 46 v. E. errichten lieh. Es
war aber von Holz und wurbe nach Beendigung
der Epiele wieder —— Richtiger wird
wohl die Entſtehung der Amphitheater aus den
ceirci hergeleitet (j. Niſſen, pompejan. Studien,
Kap. 4). Statilius Taurus erbaute auf den Nat
des Auguftus das erjte aus Stein auf dem Cam:
pus Martius. Das vom Kaiſer Nero errichtete
war wieder von Holz. Alle Amphitheater aber
jowohl in der Hauptſtadt als auch in den Pro—
vinzialftädten — denn auch in dieſen gab es ſolche
Gebäude — murden weit übertroffen von dem
Ampbitheatrum Flavium, Veſpaſian begann den
Bau bdesielben nah Beendigung des jüdijchen
Krieges, Titus vollendete ihn und weihte es 80
n. C. ein. Es fahte auf feinen Sitzen 87 000 Zu:
ichauer und noch außerdem 20 000 auf der offenen
Galerie. Die Ruinen dieſes Gebäudes (j. die Abb.
S. 1204), das noch heute il Coliseo genannt wird
und 154 Barijer Fuß hoch ift, find jet vor wei—
terem Zuſammenbrechen geihüßt. Von den Amphi—
theatern außer Rom find am beiten erhalten die
zu Verona, Capua und bejonders zu Nismes (Ne-
mausus) in Frankreich. Ein Verzeichnis der vor:
handenen Amphitheater gibt Friedländer, Dar:
jtellungen aus der Sittengeſchichte Roms II, Ab—
ichnitt II, 3. Unhang.
Thebai, @nßeı, 1) in ältefter Zeit @rjßn (Hom.
Od, 9, 264. 274), boiotiih Psißaı, Hauptitadt
Boiotiens, mitten in einer hügeligen, wohlbewäller:
ten, jehr fruchtbaren Ebene, die jich bejonders für
Pferdezucht eignete. Der Sage nad) war fie unter
dem Namen Kadusi« von Kadmos gegründet, auf
einer ziemlich bedeutenden Unhöhe, dann von
Amphion mit jehr hohen und feſten Mauern
umgeben. Die Mauern hatten 7 Thore (Aesch.
Sept.380. Eur. Phoen. 1111): Nyoyızı wular, "Hle-
»rocı nad) Plataiai Hinführend, IIgorwidrs nad
Tanagra und Ehallis, Nrjira, Konvaiaı (Bög-
esıeı), Typıoraı, Ouololöeg, deren Lage fich nicht
mehr jicher bejtimmen läßt. Daher Orßaı Errd-
zvloe. Der Umfang der Stadt betrug 43 Stadien,
mit Einrechnung der mit zahlreichen Gärten ge:
ihmüdten Borftädte, xüuaı (4. B. Kynoskephalai
und Potniai), aber 70 Stadien. Unficher ift auch
die Lage der Akropolis, die von Ulrichs auf den
füdmweltlichjten, von andern (3. B. Leake, Kiepert,
Burfian) richtiger auf den nordweftlichiten Hügel
gejept wird. Auf diejem Hügel der Afropolis liegt
jest die Stadt Thiva, ım Volksmunde auh 7
wegen ihres Haren Qucllwaflers, das bei bafchi:
ſchen Weihen gebraucht wurde, aber aud) in dem
Rufe ftand, die Weiber, die es gebrauchten, und
die damit genehten Gewänder ſchön zu machen.
— Theben ift nur zweimal völlig eingenommen
ı worden, von den Epigonen in mythiſcher Zeit, und
‚von Alerauder dem
‚die Heiligtümer und Pindars Wohnung gänzlic)
r. 335 v. C. der es bis auf
Thebai.
138.5 Stadien.
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gehörte: ed zählte damals 40 000 Einwohner.
it Kaflanders Hülfe wieder aufgebaut, blieb es
fortan unbedeutend und war fpäter nur ein Dorf.
Vgl. Unger, paradoxa Thebana (1839 f.). Ford):
hammer, topographia Thebarum heptapylarum
(1854). Fabricius, Theben (1890). — 2) Stadt
der thejlaliichen Landichaft Phthiotis (Liv. 32, 33),
daher Hißaı Bhrwrideg, unfern vom Bagajaiischen
Meerbujen, mit einem Hafen, wichtiger Handels:
plaß, jpäter durch Konkurrenz von Demetrias be:
einträcdhtigt. 217 v. E. eroberte Philipp V. von Ma:
fedonien die Stadt, verfaufte die Einwohner als
Sklaven, jegte Mafedonier hinein und nannte die
Stadt Bılianov mölıs. Ruinen beim h. Dorfe
Aftitihe. Pol. 5,99. 18,2. Liv. 39, 25. — 3) die
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Hauptſtadt von Oberägypten, das deshalb auch
Thebais hieß; oft auch von ganz AÄgypten, nament:
lich in den glänzenden Tagen der zwölften, acht:
zehnten und neunzehnten Dynaftie. Bei den Agyp-
Prßa genannt. Der Jimenos und die Ducle | tern hieß fie Nu: Amon (d. i. Stadt des Amon,
Dirke, an den Borbergen des Kithairon ent: | darnah im A. T. No:Amon) oder Tape, bei den
ſprungen, durchflofien die Stadt, die außerdem | Griechen jpäter Diospolis (magna). Schon Homer
reih an Ouellen war: daher die Umgegend jo rühmt „die Hunderithorige Thebai“ (Il. 9, 381 ff.),
reih an Gärten. Vor dem elektriichen Thore lag | und Diodor (1, 50) nennt fie die älteite Stadt.
der hochheilige Tempel des iſmeniſchen Apol: | Noch in römiſcher Zeit, wo ihre Kunftinduftrie
Ion, etwas weiter das Heiligtum des Amphiaraos,
in dem indes fein Thebaner um Weisjagung jchla:
jen durfte, denn der Heros hatte gefragt, ob
Theben ihm zum Wahrjager oder zum Kampf:
genofien haben wolle, und leßteres war vorgezogen
blühte, erftredte fie ſich 80 Stadien weit auf beiden
Flußufern, und jo find denn auch von ihr die
großartigften Rejte des ganzen Altertums auf uns
gelommen. Rechts vom Nil, bei dem h. Karnak,
erheben fi) die mächtigen Trümmer des Ammon—
1206
tempels, nad) ©. durch eine Sphinrallee mit den! Themiskjra, @euioxvox, waſſer- und gras:
Ruinen des Tempels von Lukſor verbunden. Links, reiche Ebene in Bontos, zwiſchen den Flüſſen Iris
bei den h. Dörfern Medinet:Habu und Kurna, | und Thermödon, Heimat der Amazonen, mit einer
lag die Stadt der Toten: Tempel zum Toten: | Stadt gi. N. unweit der Mündung des Ther-
fultus (Mennu, deshalb Meurorsı« gen.), dar: | mödon, die aber zur Zeit des Auguſtus wohl jchon
unter der von Diodor (1,47 ff.) Oovuarövsior | nicht mehr vorhanden war; j. Terme. Aesch.
Thebanischer Krieg — Themistokles,
genannte Votivtempel Ramſes' II. daneben Schu:
len und Bibliothefen, auch die berühmte Mem:
nonsfäule (f. Memnon, 1.); weiter im W., In
einem Querthal des libyſchen Gebirges, die Felſen—
gräber der Könige. Hdt. 1, 182. 2, 42. Strab.
17, 815. Tac. ann. 2, 607. |
Thebanischer Krieg j. Adrastos. |
Thebe, ®rjßn, 1) ſ. Thebai, 1. — 2) Stadt |
in Myfien, 50 Stadien Iandeinwärts in waldiger |
Gegend am Berge Plakos, Geburtsort der Chryjeis |
und der Andromache, von Achilleus zerftört (om.
11.2, 691. 1, 366. 6, 397), fpäter verjchtwunden. |
Xenophon (An. 7, 8, 4) juchte fie zwifchen Antan—
dros und Adrampttion; richtiger zwiſchen Adra—
mpttion und Karina. Nach ihr hieß die geiegnete
Prom. 722, Hdt. 4, 86. Strab. 12, 5147.
Themistios, @sulorıog, Sohn des Philoſophen
Eugenios aus MBaphlagonien, war Rhetor und
Philoſoph. Seine Blütezeit fällt in die zweite
Hälfte des 4. Jahrhunderts n. E., in die Negie:
rungszeit der Kaiſer Eonftantius, Julianus und der
nächitfolgenden, die ihn alle wegen jeiner Bereb-
jamfeit hoc) ehrten. Diefelbe verichaffte ihm auch
den Beinamen Etpeadris; ja jein Zeitgenoſſe
Sregorios nannte ihn Pacılevg Aöyar. Seine
Thätigfeit als Lehrer und Schriftjteller war der
Berediamkeit und Philofophie gewidmet. Won den
36 Reden, die Photios kannte, befiten wir noch
34, eine davon nur in lateinischer Überſetzung.
Sie find meiſt panegyriſchen Inhalts, Dank: und
Gegend um die Spitze des Adramytt. Bujens bis | Gedächtnisreden auf verichiedene Kailer, handeln
Koryphas und Heralleia ro Onßns wedlor, The- auch über Freundſchaft, Aderbau und dergleichen.
banus campus. Hdt. 7, 42. Xen. Hell. 4, 1, 41. Ausg. von ®. Dindorf (1832). Bon feinen philo-
Strab. 13, 584 f. 611 ff. Liv. 37, 19. ſophiſchen Schriften befigen wir noch 4 Kommen—
Theches, ®ryns, hohe Bergipige des Parka: | tare zu Ariftoteles in Fotm von Baraphrajen (her:
dres in Pontos, an der Grenze der Mafronen, | ausgegeben von Spengel, 1866.
jfüblih von Trapezus; j. Teich. Bon dort aus
erblidte Xenophon mit den zurüdfehrenden Grie—
Themisto, @suoro, 1) Nereide. Hesiod. theog.
261. — 2) Tochter des Hypſeus, nach Ino Ge—
mahlin des Athamas, Mutter des Orchomenos,
chen zuerjt wieder das Meer. Xen. An. 4, 7, 21.|
Theia, side, 1) Tochter des Uranos und der Ge, | Sphingios, Leufon, Ertthrios, Schoinens und
Titanide, von ihrem Bruder Hyperion Mutter des | Ptoos. Athamas hatte ſich mit ihr vermäblt, weil
Helios, der&os und Selene. Hesiod.theog.135.371.|er no für tot hielt; als er jedoch erfuhr, daß
— 2) Tochter des Okeanos, Mutter der Kerfopen. | dieje als Balchantin in den Schluchten des Parnaß
Theisöa, @sıooa, Name zweier Städte Arka—
diens, deren eine im Südweſten in der Landichaft
PBarrhafia am Nordabhange des Lyfaiongebirges,
die andere in der Mitte im Gebiet von Orchome
nos am Gortynios, einem nördl. Nebenflufie des
Alpheios, lag. Paus. 8, 38, 3. 27,4.
Theiüs, @soög, Nebenfluß des Alpheios im
nördlichen Yafonien, j. Kutufarina. Paus. 8, 35, 3.
Thelpüsa, O:inovsa oder Milpovsa, Stadt im
nördf. Arfadien am Ladonfluß mit einem Aifle: |
piostempel, jpäter verödet. Paus. 8, 25, 2.
Themis, Oeuis, 1) Tochter des Uranos und
der Ge, Gemahlin des Zeus, dem fie die Horen
und die Moiren gebiert (Hesiod. theog. 135. 901);
die Perjonififation der gejeglichen Ordnung. Bei
Homer ift ihr Weſen noch unentwicdelt, doch er:
jcheint fie auch hier jchon als eine Göttin, die
neben Zend das Recht ſchützt und die Verſamm—
lung der Männer beruft und auflöft. Hom Od.
2,68. Muh im Olympos ericheint fie als eine
Göttin des Rechts und der Sitte, fie weiß nichts |
von Murren gegen Zeus. Cie ift eine wohl |
ratende Helferin (etßoviog, omreıpa), wie Dike
ſich verirrt habe, lieh er fie heimlich wieder ins
Haus holen. Themiſto, die Dies Sg will die
Kinder der Ino töten und gibt der no, die jie
nicht fennt und für eine SHavin hält, den Befehl,
ihre Kinder in weiße, die der Ino in ſchwarze
Gewänder zu Heiden; Ino verwechſelt dies, und
fo tötet Themifto in der Nacht ihre eigenen Kin—
der und darauf, als fie das entdedt, ſich felbit.
Hyg. fab. 1.4. — 3) ſ. Sternbilder.
hemistogönes, Peworoyerns, aus Syrakus,
wird ald Berfaffer einer Bejchreibung des Feld—
zuges des jüngeren Kyros nach Oberafien genannt.
Xen. Hell. 3, 1,2. Plut. de glor. Ath. 345 c.
zetz. Chil. 7, 937. Manche glauben, daß Xeno—
phon hinter diefem Namen verftedt fei; andere
dagegen, da Th. einen Anteil an der Abfaſſung
der Anabafis des Kenophon gehabt habe.
Themistökles, @euioroxins, aus dem attijchen
Demos Phrearrhoi, war der Sohn des Neofles.
Von väterlicher Seite gehörte er zu dem altade-
ligen Gefchlechte der Linfomiden, feine Mutter jedoch
war feine Athenerin, jondern ftammte wahrichein-
lid aus Alarnanien. Nep. Them. 1. Die über
eine Beifigerin des Zeus. Mit ihm jchafft fie, die | feine Jugend und feinen Eharafter auf uns gefom-
Mutter der Horen und der Moiren, die Ordnung | menen Nachrichten (Plut. Them. 25. 5. Arist. 2 f.)
in der Natur und im Menjchenleben. Sie ift auch verdienen im ganzen wenig Glauben. edesfalls
eine Drafelgöttin, die die Satzungen des Zeus trat er frühzeitig durch feine reihen Anlagen her:
(Beworeg Atos) den Menjchen verkündet; vor
Apollon war fie Inhaberin des delphiichen Orakels.
Aesch. Eum. 2. Eur. Iph. T. 1181 ff. Sie wurde
an verichiedenen Orten Griechenlands verehrt. Dar:
geitellt ift fie nach dem Ideale der Athene, mit
Füllhorn und Wage. — 2) Tochter des los, von
Kapys Mutter des Anchiies.
lage habe.
vor, doch verichafften erſt die Perſerkriege jeinem
‚ Ehrgeize volle Befriedigung. Deutlicher als irgend
ein anderer Athener erfannte er nach der Schladht
bei Marathon, daß dieje nur der Anfang eines
längeren Kampfes mit den Berjern jei, daß aber
Athens Macht im Meere feine natürliche Grund:
Im Gegenjage aljo zu dem konſer—
Themistokles.
bativen Arifteideg, nach welchem das Schwergewicht
bes attiichen Staates wie bisher auf dem Grund:
befiße und dem Hoplitenheere ruhen follte, ftrebte
er darnach, dieſes Schwergewicht auf die Flotte
zu übertragen (Plut. Them. 4), der Handel und
Gewerbe treibenden Maſſe der Theten Bedeutung
zu verichaffen und damit eine Umgeftaltung der
Berfafjung in demofratiihem Sinne anzubahnen.
Der heftige Barteilampf, der infolge befjen zwiſchen
Th. und Arifteides entbrannte, endete damit, daß
legterer (483) durch den Dftrafiimos aus Athen |
entfernt wurde. Nunmehr trug Th. darauf an,
daß der Ertrag der Bergwerfe von Yaureion zum
Bau von Schihen verwendet würbe, indem er Die
1207
richt von der durch Th.s' Lift (Sikinnos) herbeige-
führten Umzingelung gebracht hätte. Plut. Arist. 8.
Them. 11. Vom Hafen PBhaleron aus griffen
die Berjer mit der wenigftens doppelten Zahl von
Schiffen die in der Enge zwiſchen Salamis und
‚dem Feſtlande ftationierte, 378 Trieren und 7
Bentefonteren ftarfe hellenifche Flotte an, wurden
aber mit ungehenrem Berlufte zurüdgejchlagen, den
27. oder 28. September 480. Hat. 8, 83 ff. Aeschyl.
Pers. 376 ff. Diod. Sie. 11,17 ff. Der von Th.
emachte Borichlag, durch Zerftörung der von
erres über den Hellespont geichlagenen Brüden
ben Berjern den Rüdzu abzutchneiden, wurde ver:
worfen; wenn nad Verwerfung besjelben TH.
Notwendigkeit betonte, den nach der Schlacht bei Zerxes die Botſchaft jandte, daß ber Perſerkönig
Marathon wieder ausgebrochenen Krieg mit Nigina
zu beenden (Hdt. 7, 144), dabei aber mehr bie
erfolgreiche Abwehr des drohenden perjiichen An:
griffs im Auge hatte. Sein Antrag ging durch,
und 481 waren jchon 100 Trieren fertig geitellt,
zu denen bis zu den Kämpfen bei Artemifion noch
eine beträchtliche Anzahl hinzufam. Plut. Them. 4.
Nep. Them. 2. Polyaen. Strat. 1, 30,6. Dancben
begann Th. als Archon (wahrſcheinlich 482/1) die
Befeftigung des Beiraieus, in welchem er mit dem
ihm angeborenen Scharfblide den künftigen Haupt—
hafen Athens und den Stüßpunft der neuen Flotte
erfannt hatte. Thuc. 1, 93. Als fih im Herbſte
481 Abgeordnete der „gutgefinnten” Staaten Gries:
chenlands auf dem Jithmos zu einer „Eidgenofjen-
ichaft gegen die Berjer unter Spartas Oberleitung
verbanden (Hat. 7, 145. 148) und vor allem die
einheimifchen Fehden beizulegen bejchlofien, in die
einige Eidgenofjen (bei. Athener und he ie
verwidelt waren, joll Th. diejen heilſamen Beſchluß
veranlaft haben. Plut. Them. 6. Während ſich
nun Xerres zum Übergange nad) Europa anjchidte,
wurde Th. als Strateg an die Spitze der atheni-
ichen Streitkräfte geftellt und mit dem Spartaner
Euainetos nad) Thejlalien abgejandt, um den Eng: |
paß Tempe zu beiegen (Hat. 7, 173. Diod. Sie.
11, 2); ala aber die Eidgenofien, gewarnt von
Alerander von Makedonien und aus Furcht, um:
gangen zu werden, die Truppen von hier zurück—
ogen, jchloß er fich, an der Spitze der atheniſchen
rieren, der flotte unter dem Spartaner Eur:
biades bei Artemifion an. Hdt. 7,140ff. Wieder:
holte Seetämpfe mit den Perſern bei diefem Vor:
gebirge hatten feine Entjcheidung herbeigeführt,
als fi die Griehen auf die Nachricht von der
Bernichtung der Streitkräfte in den Thermopylen
durh den Euripos nad) Salamis zurüdzogen.
Durch eine Lift juchte Th. auf dem Hüczuge die
Jonier im Heere des Perjerfönigs unſchädlich zu
machen. Er landete in PBhaleron und veranlafte
den Beſchluß der Athener, die Stadt zu räumen.
Hdt. 8, 40 ff. Als dies geichehen, und Athen im
die Hände der Perſer gefallen war, wollten die
übrigen Flottenführer die Seejtation bei Salamis
aufgeben und nad dem Peloponnes zurüdgehen.
Th. aber, überzeugt, daß hier oder nirgends ein
Sieg errungen werden fünnte, wandte alles Mög:
lihe an, um fie zurüdzuhalten; Eurybiabes wurde
gewonnen, der Korinthier Mdeimantos aber drang
energijh auf das weitere Zurückgehen, und ohne
| im die Rettung verdanke (Hdt. 8, 109), jo juchte
'er fih damit ohne Zweifel für die Zufunft die
Gunst des Feindes zu fihern. Nachdem die Eid:
genoſſen hierauf noch Andros, welches fich den
Berjern angeichlofien und aud Schiffe geftellt Hatte,
' vergebens belagert (daſ. 8, 111 ff.) und das Gebiet
der Karyſtier, die es ebenfalld mit dem Könige
' gehalten, verwüſtet hatten (baj. 8, 66. 121), fuhren
‚die Führer mit der Flotte zur Verteilung der
Kriegsbeute nach Salamis und wendeten fi) von
hier nad) dem Iſthmos, um über die Verteilung
ber Ehrenpreije jchlüjfig zu werden. Bei der Ab—
ftimmung über den erften Preis ergab ſich Stimmen:
zeriplitterung, den zweiten Preis erkannten die
meijten dem Th. zu. Daj. 8, 123. Man jah daher
bon einer Preisverteilung ab, aber allgemein wurde
Th. als Mügfter unter den SHellenen gepriefen.
Daj. 8, 124. Auch in Sparta, wohin & bald
darauf ging, wurde er auögezeichnet wie feiner
vor ihm. & empfing einen Dlivenfranz und den
ihönften Wagen, den es in Sparta gab, auch ge:
leiteten ihm bei feiner Abreife 300 berittene Bürger
bi8 an die Grenze. Daj. 8, 124. Thuc. 1,74. Als
Feldherr indes nahm er an den folgenden Kämpfen
gegen die Perier nicht teil, jondern an jeiner
Stelle wurden jeine alten Gegner Arifteides (für
das Heer) und Kanthippos (für die Flotte) gewählt.
Haät. 9, 28. 8, 131. Er beſchäftigte fi) deshalb
von jegt ar mehr mit den inneren Angelegenheiten
Athens, traf die zum Wiederaufbau der Stadt
—* Maßregeln, ging, als die Spartaner ſich
der Befeſtigung der Stadt widerſetzten, ſelbſt als
Geſandter nach Sparta und wußte die Unterhand—
lungen in die Länge zu ziehen, bis das Werk fajt
vollendet war. Thuc. 1, 89. Nunmehr (478/7)
beftimmte er die Bürgerjchaft, auch den Beiraieus
völlig auszubauen und zu befeftigen. Daſ. 1, 93.
Doch hat er das Ende diejer Befejtigungsarbeiten
in Athen nicht erlebt. Zwar wurden durch die
Aufführung der „Phönizierinnen‘ des Phrynichos
(476) jeine Thaten gefeiert (Plut. Them. 5), aud)
joll er bei dem Beſuche der olympifchen Spiele
diejes Jahres in ungewöhnlicher Weife ausgezeich-
net worden fein (Plut. Them. 17. Paus. 8, 50, 3),
‚aber in den nächften Jahren begann fein Einfluß
zu ſinken. Ihm arbeiteten vor allem nad) Kräf—
ten die Lakedaimonier entgegen, die einflußreiche
| Verbindungen im attijchen Adel hatten. Seitdem
ihr Antrag, die Mitglieder der delphiſchen Am—
| phiktyonie, welche ſich nicht der Eidgenofjenjchaft
Zweifel hätte er den Ausichlag gegeben, wenn nicht | gegen die Perjer angejchlofjen hätten, auszuftoßen,
in der entjheidenden Stunde der vor furzem aus | auf Veranlaffung des Th. (476) verworfen worden
der Verbannung zurüdgerufene Arifteides die Nach: | war, waren fie gegen diefen im höchſten Maße
1208
erbittert. Plut. Them. 20. Hierzu kam, daß ſich
der attiſche Adel durch entichieden demofratijche
Neformen, die Th. vorfchlug (Plut. Cim. 10), ernft: |
lid bedroht jah; unter a des Ariſteides
vereinigte er fi zum Sturze des Th.: dieſer wurde
(im Frühjahr 471) durch Dftrafiimos verbannt
und begab ſich zunächft nach Argos. Während er
bier weilte, beichuldigten ihn nah Paufanias’ |
Tode die Laledaimonier des geheimen Einverftänd:
niffes mit jenem und forderten die Mthener zu
jeiner Beftrafung auf. Die athenische Vollsver—
ſammlung beichloß die Ergreifung des Angeklag—
ten, da diejer aber floh, jo wurde er abweſend
zum Tode verurteilt, jein Vermögen eingezogen.
Ihue. 1, 135. Der Flüchtling hatte ſich von.
Argos nach Korkyra gewendet, von da fam er zu
Admetos, König der Moloffer, und über Pydna
und Naros (wohl 467) nad) en Im Sommer
465 reifte er tveiter nach Suja, wo furz vorher
Artaxerxes 1. König geworden war. Diejem gegen:
über berief er fich auf feine VBerdienfte um bie
Perſer, deutete an, daß er dem Könige wichtige
Dienfte zu leiften vermöge und wurde mit Gnaden—
beweiſen überjchütteg. Er wählte die Stadt Mag:
nefia (j. d. 3.) zum Wohnfig, für deren Gedeihen
er jehr gejorgt zu haben jcheint. Plut. Them. 31.
Thuc. 1, 138. Geftorben ift er um 458, ob frei-
willig oder an einer Krankheit, muß unentichieden
bleiben. Seine Gebeine jollen feinem Wunjche ent:
jprechend insgeheim nad Attifa gebracht und beim
Vorgebirge Altimos beigeſetzt worden jein. Bol.
die Abhandlungen von Nieberding (1864), Wolff
(1871) und Bauer (1881).
Theodektes, @soöfxıns, 1) aus Phajelis in
Lpkien, Schüler des Iſokrates, Platon und Ari:
ftoteles, gehört dem Anfange des 4. Jahrhunderts
v. E. au. Zuerſt widmete er fich der Redefuuft,
dann der tragiichen Poefie und erhielt den Preis
in einen Wettfampfe, den Artemifia zu Ehren des
Maufollos veranftaltet hatte. Er ftarb in Athen
und erhielt auf dem Markte jeiner Baterjtadt ein
Standbild. Als Schriften von ihm werden er:
wähnt: Zoxgdrovg &roloyia, vöuog, eine Nheto:
rit und 50 Tragödien, von denen nur Titel und
wenige Fragmente erhalten find. Abhandlung von
Märker (1835); Sammlung der poet. Fragmente
bei Naud, trag. Graec. fragm. p. 801 ff. der 2.
Aufl. — 2) Sohn desjelben, gleichfalls Rhetor.
Theodöra j. Justinianus.
Theodöros, @södwgos, 1) j. Bildhauer, 3,
- 2) TH. der jüngere, aus Samos, joll den Ring
des Polykrates und einen Krater gefertigt haben,
den Kroiſos als ein Weihgejchent nah Delphoi
ichidte. Hat. 3, 41. 1, 51. — 3) aus Gadara in
Paläftina, ein Rhetor, Lehrer des Tiberius mwäh- |
rend jeines Erild in Rhodos. Euidas nennt einige |
Schriften von ihm, allein mehr wirkte er als Lehrer
und gründete eine eigene Schule, @sodmgeıoı.
Quint. 2, 11,2. 3, 1,18. Sen. contr. 2, 9. Mono:
graphie von Piberit (1842).
Theodosla, ®csodooie, blühende milefische, im
6. Jahrh. v. E. gegründete Kolonie im europäiichen
Sarmatien an der jüböftlichen Küfte des taurifchen
Cherjones (Krim), mit gutem Hafen und Korn:
handel; fie lag in der Nähe des heutigen Kaffa
oder Yeodofia. Strab. 7, 309 ff.
Theodosins, 1) Flavius, aus Spanien, ein
ausgezeichneter Feldherr, wurde 368 n. E. von
Theodektes — Theodosius.
Balentinian I. nach Britannien geichidt, wo Pikten,
Skoten u. a. eingefallen waren. Ihn begleitete
fein Sohn, der jpätere Kaiſer Theodofius. Gleich
nad) jeiner Landung bejegte er Londinium, jchlug
die Barbaren in mehreren Heinen Gefechten, be:
fämpfte den Ujurpationsverjudh des Pannoniers
Balentinian, beftimmte die Fahnenflüchtigen durch
Erlaß einer Ammeftie zur Rüdtehr, gewann ver:
lorengegangene Gebiete wieder und fehrte, begleitet
von Segenswünjchen der Provinzialen, nad Rom
zurüd. Im 3. 370 befiegte er eine Schar la:
mannen und ging 372 nad Wfrifa, wo die Härte
des Statthalterd Romanus die Mauren zum Auf:
ftande gebracht hatte, trieb nach harten Kämpfen
den Anführer derjelben, Firmus, jo ind Gedränge,
daß derjelbe fich jelbft tötete, und brachte hierauf
das Land zur Ruhe. Amm. Marc. 27, 8. 28, 6.
29, 5. 30, V. Zos. 4, 16. Nach dem Tode Balen:
tinians ließ Gratian den Th, der bei ihm des
Strebens nad) eigner Herrſchaft in Afrika verdäch—
tigt worden war, hinrichten, 376. — 2) Sein Sohn,
Theobojius 1. der Große, römiſcher Kaijer
von 379— 395 n. E., geb. 346 zu Cauca in der
ſpaniſchen Provinz Galläcia, begleitete frühzeitig
jeinen Vater auf defien Feldzügen und lernte unter
ihm die Kriegsfunft. Nach des Vaters Tode lebte
er einige Zeit in der Verbannung, bis er, von
Gratian zurüdgerufen, glüdlich gegen die Sar:
maten kämpfte und am 19. Januar 379 die Herr:
ichaft über den Oſten erhielt. Nun jchlug er die
Goten und ftellte die Ruhe her, gab zahlreiche
Geſetze und erkrankte infolge der Strapazen, die
‚er auf jeinen Zügen zu überftehen gehabt hatte.
Während feiner Krankheit (380) empfing er auch
die Taufe und erließ ein jcharfes Edikt gegen die
Arianer. Bald mußte er die unruhigen Goten
von neuen züchtigen und begab fich hierauf nach
Eonitantinopel. Dann jchlug er einen Schwarm
barbariicher Horden an der Be und wies den
Goten Wohnjige in Thrakien und Makedonien an.
383 wurde jein ältefter jechsjähriger Sohn Arca—
dius zum Auguftus ernannt. en Sturz des
Gratian durch Marimus (383) konnte er wegen
religiöjer Zwiftigfeiten im Junern nicht rächen
und war nur imftande, durch Unterhandlungen
deſſen nachgelaffenem Sohne, Balentinian II., Sta:
lien und einige andere Provinzen zu erhalten.
Inzwiſchen beichränfte er das Heidentum immer
zu 384 wurde ihm jein zweiter Sohn Hono:
rius geboren. Bald nachher (385) verlor er jeine
Tochter Rulderia und jeine Gattin Flaccilla, eine
Fuge Frau, die großen Einfluß auf den von Jäh—
zorn nicht freien Gemahl übte und, eine Mutter
der Armen, allgemeine Liebe genoß. In denfelben
Fahre gewann der Kaijer einen entjicheidenden Sieg
über die Goten an der Donau und nötigte einen
Teil der Beſiegten zu fefter Anfiedelung. Ein
Aufftand der Städte Alerandreia und Antiocheia
im J. 387 wurde unterdrüdt und von dem er:
zürnten Th. anfangs hart, dann milder geahndet.
' Darauf brach der Kampf mit Marimus aus, der
über die Alpen ging und Jtalien unterwarf, jedoch
von dem heranrüdenden Th. mehrmals befiegt, in
Aquileja gefangen genommen und getötet wurde,
28. Juli 388. TH. frönte feinen Sieg durch Er-
laß einer allgemeinen Amneſtie und edle Behand:
lung der Angehörigen des Befiegten. Das Weit:
reich gab er dem jungen Balentinian zurüd, obwohl
Theodotos — Theokritos.
er bei der Unmündigkeit feines Schüßlings eigent: |
licher Regent desjelben war. 389 ging Th. nad
Rom, wo er das Heidentum, troß der Verwendung
tes Symmachos, gänzlich unterdrüdte. Hier em:
pfing er auch eine perfiiche Gefandtichaft. Den
Winter brachte er in Mailand zu und gab im %.
390 den Befehl zur blutigen Beftrafung der Thej:
falonicenjer wegen Ermordung des dortigen Be:
fehlshabers, eine That, die er durch Kirchenftrafen
büßte und leider zu jpät wiberrief. Nach Con:
ftantinopel zurüdgefehrt (391), begann er jeine
Kämpfe mit den Arianern und Heiden von neuem.
Inzwiſchen wurde Balentinian am 15. Mai 302 |
durch den Franken Arbogaft ermordet, der den
früheren Rhetor Eugenius auf den Thron jeßte.
394 zog Th., mit ihm feine größten Feldherren,
Gainas, Stiliho u. a., gegen beide und jchlug fie
unweit Mquileja. Eugenius warb gefangen und
— Arbogaſt nahm ſich jelbft das Leben. Seinen
ieg benußte TH. zur völligen Ausrottung des
wiederaufgelebten Gößendienftes, übertrug jeinem
Sohne Honorius die Herrichaft des Weſtreiches
unter Leitung des Stiliho und ſtarb bald nach—
her, am 17. Januar 395. Schon Th.s’ Äußeres ver:
riet den Herricher, dazu famen gewinnende Ma-
nieren, nicht geringe Kenntniffe und große Feld:
herrngaben. Seinen Zorn juchte er immer mehr
zu beberrichen. Nicht gering ift auch jein Ver:
dienst als Gejehgeber um ein ganz bermwildertes
Reich. Vgl. Güldenpenning und Ffland, der Kaifer
Theodofjius der Gr. (1878). — 3) Sein Entel, der
Sohn des Arcadius, Theodoſius II, geb. 401,
gelangte ſchon 408 nach dem Tode jeines Vaters
zur Negierung über den Dften unter Vormund—
ichaft des Anthemius, der die Einfälle der Hunnen
zurüdtwies, mit Berfien in friedlichen Verkehr trat,
dem bedrängten Honorius Hilfe jandte und dem
berühmten Biſchof Synefius Einfluß geftattete.
Später Hulcheria.
ewann des Kaiſers Schweiter
eine eiftreiche, fromme und gelchrte Frau, als
Augufta großes Anjehen (414). Sie übernahm
ganz des Bruders Erziehung, ohne dem zur ftrengen
Frömmigkeit, zum Lernen und zum äußeren Anz
ftande angehaltenen Knaben Geift und Leben ein:
flößen oder ihn mit Herrichergaben ausrüften zu
fönnen. Der legte Reſt des Heidentums wurde
unter ihm unterdrüdt. 421 vermählte er fich mit
Athenais, einer Tochter des Philofophen Leontiog,
die nad) ihrer Taufe Alia Eudoria genannt wurde,
In demjelben Jahre befiegte Th. die Perjer und
ichloß 422 mit ihnen Frieden. Seit 430 ftörten
tirchliche Streitigkeiten den inneren Frieden, wozu
noch unglüdliche Kämpfe gegen die Bandalen in
Afrika, Fenersbrünfte in Conftantinopel (433),
jowie mehrere Heiden: und Judenaufftände in Pa-
läftina und Syrien famen. 437 wurde Eudoxia,
des Kaiferd Tochter, mit Balentinian III, dem
Sohne des Conſtantius und der Placidia, einer
Schwejter des Honorius, vermählt, und 438 fand
unter großen Feierlichkeiten die Belanntmachung
der im Codex Theodosianus enthaltenen Geſetz—
jammlung ftatt. Kirchliche Streitigkeiten, Land—
plagen und Einfälle jeiner Nachbarn, bejonders
der Hunnen, verbitterten jeine legten Lebensjahre.
Er jtarb 450. — Aufrichtig Fromm, aber ohne
durddringenden Berftand und Energie „blieb er
jein ganzes Leben hindurch ein Spielball der Nei-
gungen und Wiünjche feiner Umgebung”. Bergl. |
— — — — — — — — — — — — — — — — — — —— — — —
1209
Güldenpenning, Geſch. des oſtröm. Reiches unter
den Kaiſern Arcadius und Theodoſius II. (1885). —
4) Griechiſcher Grammatiker, ſ. Grammatiker.
Theodötos, @södoros, 1) Schüler des Sokra—
tes. — 2) Befehlshaber des Königs Lyſimachos,
der die Stadt Sardes dem Könige Seleutos über:
ab. — 3) Befehlshaber einer Flotte des Königs
ntigonos, der gegen Polykleitos, den Flotten—
führer des Ptolemaios, eine Seeſchlacht verlor,
315 vd. C. — 4) aus Witolien, Feldherr unter Pto—
lemaios IIT. gegen Antiochos III. — 5) pe
Rhetor und Lehrer des Ptolemaios XII. gab ben
Rat, den flüchtigen Pompejus zu morden, und
brachte dem Cäſar deſſen Haupt. Er mußte vor
dem erzürnten Cäſar fliehen und geriet zulegt in
die Hände des Brutus, der ihn binrichten lich,
42 v. C. Plut. Pomp. 77. 80. Brut. 33. Caes. 48.
Theognis, Geoyris, elegijcher Dichter ans dem
nifaitfchen Megara, um 540—500 v. E., gehörte
zu dem reichen dorischen Adel diejer Stadt, der
durch eine demofratijhe Ummälzung um die ge:
nannte Zeit feinen politifhen Einfluß und fein
Bermögen verlor. Auch Theognis, ein jchroffer
Ariftofrat, erlitt große Verluſte durch dieſe Re—
volution; daher jeine bitteren Klagen über die .
Schlechtigkeit und Ungerechtigfeit feiner Gegner.
Wir befigen unter feinem Namen eine Sammlung
von Diftichen, die im ganzen aus 1380 Berjen
befteht. Doch finden ſich darunter auch Verje von
Solon, Tyrtaios, Mimnermos u. a., auch ſcheinen
die Verſe von 1231 an, erotijchen Inhalts und
ohne Wert, aus jpäterer Zeit zu ftammen., Das
Ganze aber ift eine Sammlung von Bruchjtüden
ohne inneren Zuſammenhang, aus der fich hier
und da kleinere, vollftändige Elegien ausſcheiden
lafjen. Theognis hatte wie die übrigen Elegifer
vor ihm einzelne Elegien mit mannigfachen Be:
ziehungen zu dem individuellen Leben jeiner Zeit
gedichtet; aus dieſen wurden aber ſchon früh die
allgemeinen Sentenzen, deren fie viele enthielten,
ercerpiert und zum Gebrauch in den Schulen zu:
jammengeftellt. Die jegige Sammlung ift aljo
ein Broduft der Schule und hat ähnliche Schidjale
gehabt wie 3. B. Hefiods Werke und Tage und
der ſ. g. Publilius Syrus; anders als durd) Schul:
gebraud, läßt fie ſich nicht erflären (vgl. die Pro—
legomena von Sitzler). Die meiften Gedichte des
Theognis find paränetijche Elegien an einen adligen
megarifchen Jüngling, namens Kyrnos, Sohn des
Bolypais; außerdem finden fi in unjerer Samm:
lung noch Bruchjtüde aus Elegien anderer Urt,
bejonders jympotifchen. — Ausgg. von Camera:
rius (1551), Sylburg (1591 u. Ö.), Bekker (1815
und nochmals 1827), Welder (1826, Hauptausg.),
Orelli (1840), Bergt (in j. poet. Iyr. Graec. Il p.
117 ff. der 4. Aufl.,, Ziegler (2. Aufl. 1880), Sitzler
(1880). Nießiche, zur Seichichte der Theogn. Spruch—
jammlung, Rheinifches Mujeum Bd. 22, ©. 161 ff.
Theoklymönos, @soxitusvog, 1) Sohn des
Polypheides, ein Scher aus Hypereſia in Argos,
der, wegen Mordes flüchtig, zu Telemadyos in
Polos fam und von diejem mit nach Jthafa ge:
nommen wurde. Der Penelope verfündete er die
Anmwejenheit des Odyſſeus auf Jthafa, den Freiern
den Untergang. Hom. Od. 15,256 ff. 508 ff.17, 151 ff.
20, 350 ff. — 2) ſ. Proteus,
Theokritos, ®eöxgırog, bukoliſcher Dichter,
wahrjcheinlich aus Syrakus, um 272 v. C. blühend.
1210
Bon jeinen Lebensverhältnifien ift wenig befaunt;
er lebte teild zu Mlerandreia, von Ptolemaios
Bhiladelphos wegen feiner gelehrten und feinen
Bildung begünftigt, teils zu_Syrafus unter der
Regierung son II. Er ift der Begründer der
bukoliſchen Dichtungsart, injofern er fe zu einer
eigenen Kunftform, die auf eine bejondere Stel:
lung in der Litteratur Anſpruch macht, erhoben
hat. Bon alter Zeit her hatten die ficilifchen
Hirten in Wechſel- und Wettgejängen auf kunſt—
loje Weije die bufolifche Dichtung geübt; Daphnis,
das deal der Hirten, jeine Liebe und fein Tod waren
der Hauptinhalt ihrer Lieder, weshalb auch diejer
Hirtenheros jelbft für den Erfinder der bufolifchen
Poeſie ausgegeben wurde. Indem nun Theofrit
manche Eigentümlichleiten des funftlojen Hirten—
liedes, wie die Form des ſymmetriſchen Wett:
gejanges und die ntercalarverje, beibehielt, ſchil—
derte er das einfache Leben der Hirten feiner
Heimat in Gedichten, die Eldvllıe (Bildchen) ge:
nannt wurden, weil fie uns einzelne Scenen aus
der Hirtenwelt wie Fleine Bilder vor Augen füh—
ren. Doc bejchränkte er fich nicht auf das Hir—
tenleben, jondern er wählte jeine Scenen und
Charaktere überhaupt aus dem Leben der niede:
ren Stände, der Hirten, Fiſcher, Landleute, ge:
meinen Stäbdter.
beichränktem Felde haben einen dramatiichen Cha—
rafter und jind voll bewegten Lebens; die Ber:
jonen find naturgetren, jcharf und beftimmt hin—
geftellt, find wirkliche Menſchen von Fleiſch und
Blut, die fühlen, reden und handeln, wie e3 der
Stan® ihrer Bildung und die Sitten ihrer Zeiten
mit fich bringen. Die Bilder find nach dem wirf:
lihen Leben gezeichnet, einfach und natürlich, nur
etwas über dasjelbe durch poetiihe Auffaffung
und Darftellung erhoben. So find dieje Idyllen
des Theofrit weit verjchieden von den neueren |
eined Geßner, in denen uns eine jentimentale,
leidenjchaftsloje Kinderwelt vorgeführt wird ohne
Wirflichleit und Leben. Bei Th. ift alles anſchau—
lih und in lebhaften Farben, naturgetren, mit
heiterer Laune und oft in derben Zügen darge:
ftellt, ohme jedoch ins Rohe und Gemeine zu ver:
fallen. Der Dichter bekundet überall die den
Griechen Siciliens eigene Gabe jcharffinniger Beob-
achtung und lebendiger Nachahmung, einen feinen
poetiichen Sinn und warmes Gefühl für die Schön:
heiten der Natur. Seine Sprade ift kräftig, ein-
fah und Mar und trifft überall den rechten Volks:
ton. Der Dialekt ift gemifcht: als Grundlage iſt
die Sprache feiner Heimat, der doriſche Dialekt
in Sicilien, anzujchen, doc) hat er ihn durch Auf:
nahme von Formen anderer Dialekte veredelt; das
in neuerer Zeit aufgefundene Schlußgedicht in
33 Verſen ift im aioliſchen Dialekte verfaßt. —
Wir haben von Th. noch außer 22 Epigrammen
und dem Bruchftüde eines Gedichtes Begerian
30 Stüde, die, in ihrem Charakter jehr verichieden,
jämtlid den Namen Idylle tragen, deren Echtheit
jedoch zum Teil bezweifelt wird. Th. hat in der
butoliichen Poeſie, dem Idyll, das Höchſte geichaffen ;
er it, wie der Begründer, jo aud) fajt der einzige |
Nepräjentant der bufoliichen Dichtungsart bei den
Griechen. Als Borläufer von ihm wird Steji:
choros betrachtet, der wEAn Bovxolınd, in denen
Daphnis und jeine Leiden bejungen wurden, ge:
dichtet haben joll; doch war jeine Parftellung
Diefe Heinen Lebensbilder auf
@zokoysiov — Theophanes.
jedenfalls mehr epifch-Iygriiher Natur. Ein Schüler
und Nachahmer des Theofrit war fein Zeitgenofle
Bion aus Smyrna, der jeine fpäteren Jahre in
Syrakus zubradhte. Wir befiten von ihm ein
größeres Gedicht, "Emirdapiog Adarıdos, und
‚eine Anzahl Heinerer, zum Teil fragmentarijcher
Stüde. Als defien Schüler gilt Moſchos aus
Syrafus, ein jüngerer Zeitgenofie des Bion und
Theofrit, von dem wir noch aufer einigen kleineren
Dichtungen einen ’Emirdgpıog Biwrog und zwei
größere Jdyllen epiichen Inhalts und Charalters
ben. Beide find keine Bukolifer im Sinne des
heofrit. Ihre Gedichte, nur im Außeren der
Darftellung ſchwache Nahahmungen des Meifters,
find ohne dramatiiches Leben, ohne Einfachheit
und Natürlichkeit; fie find weich, jentimental, ele—
Er bis zum Gezierten. Am bejten gelingen ihnen
eine erotiihe ZTändeleien. — Ausgg. von Keiste
(1765 f.), Baldenaer (mit Bion und Moſchos 1799
und 1810), Heindorf (mit Bion und Moichos,
1810), Kießling (1819), Wüftemann (1830), 3. U.
Jacobs (1824), Meinele (mit Bion und Moſchos,
3. Aufl. 1856), Ziegler (3. Aufl. 1879), Ahrens
(mit Bion und Mo chos, 1855—59, frit. Haupt⸗
ausgabe; Tertausgabe 2. Aufl. 1856), Fritzſche
(3. Aufl., bei. von Hiller, 1881; Erit. Ausg. 1870),
Wordsworth (2. Aufl. 1877). Lexicon Theocriteum
von Rumpel (1879). — Bion und Mojchos her:
ausg. von &. Hermann (1849) und Ziegler (1868).
G£oJ.oyeio» |. Theatron, 11.
Theomnestos, Gtournotos, 1) ein Afademiler,
defjen Unterricht M. Brutus 43 v. €. zu Athen
enof. Plut. Brut. 24. — 2) ein Erugieher aus
Sardes, der eine Statue des Ringers Ageles ver:
fertigte und überhaupt Athleten u. ſ. w. dargeftellt
zu haben jcheint. Paus. 6, 15, 2. Plin. 34, 8, 19.
— 3) ein Maler, den Plinius (35, 10, 36) nennt,
Zeitgenoſſe des Apelles.
Theon, ®:or, Name von etwa 14 Sophiſten,
Rhetoren, Mathematifern u. a. Die bedeutenditen
Männer diejes Namens find: 1) Ailios Theon,
Platoniter aus Alerandreia, jchrieb Kommentare
zu Zenophon, Sokrates und Demofthenes. Nicht
ganz vollftändig erhalten ift jeine regen sei
rpoyvurasudrov (heraudg. in den Rhet. Graec.
von Walz und von Spengel, bei. von Yindh,
1834). [. ®ieje, de Theone grammatico
eiusque reliquiis (1867). — Ferner neben eini:
gen andern Grammatikern und 3 Stoilern 2) cin
Mathematiter aus Smyrna, in der Mitte des
2. Jahrh. n. E., der meel rar xark uafnuerı-
av yonolum® eig rıje toü Illarovog ardyvasır
ichrieb (herausg. von Hiller, 1878). — 3) ein
Mathematiter und Aftronom, um 365 ı. C., Mit:
glied des alerandriniichen Muſeums, Water ber
Hypatia (j. d.), Verfafler mehrerer mathematijcher
Schriften und einiger Gedichte in der griechijchen
Anthologie. — 4) ein wegen jeiner Bitterkeit jprich-
wörtlid) gewordener Mann, deſſen Horaz (ep.
1, 18, 82) gedenft. — 5) j. Maler, 8.
| Ger Oxnua, Gebirge in Afrika, ſ. d.
|
Theonö& |. Proteus und Thestor.
Theophänes, ®sopavns, aus Mytilene, Be:
gleiter des Pompejus auf jeinen Kriegszügen, von
diefem mit dem Bürgerrecht und von feiner Vater:
jtabt mit den höchſten Ehren bejchentt, weil er
ihr wieder zur Freiheit verholfen hatte, beichrieb
| bie Geichichte des mithridatiichen Krieges, ein Wert,
Theophilos — Oswgıröv, Bewoıxd.
das für Strabon bei der Schilderung des öftlichen
Kleinafiens eine Hanptquelle gewejen zu fein jcheint.
Strab. 11, 508. 13, 617, Caes. b. c. 3, 18. Cie.
Arch. 10,24. Tac. ann. 6, 18. Plut. Pomp. 37. 42,
Bon ihm find erhalten 6 Berje aus einer Tra:
gödie Mjdeice und 2 Epigramme. Abhandlung
von W. Fabricins (1888).
TheophYlos, ®eögılos, 1) ein Dichter der
neueren attijchen Komödie, von deſſen 8 Stüden
einige Fragmente übrig find, geſ. von Meinele,
fragm. com, Graec. Ill p. 326 ff. (p. 816 ff. der
Heinen Ausg.), und od, com. Att, fragm. li
p. 473 ff. — 2) ein Schriftjteller über Landwirt:
ſchaft. Varr. r r. 1, 1,9. — 3) ein gelehrter
Juriſt, thätig bei der Abfaffung der Inftitutionen.
Seinen Borlefungen nachgeichrieben ift die noch
erhaltene griechijche Paraphraje der Inſtitutionen.
— 4) ein Arzt, Zeitgenofje des Galenos.
Theophrastos, Osöpewsros, angeblich eigent:
lih Tortämos, Tigranog, geheißen, ein Beri:
patetifer aus Erejos auf Leſbos, geboren 372 v. C.,
war zuerjt Schüler des Platon, dann Schüler und
Freund des Mriftoteles, der ihn zum Vormund
feines Sohnes und Erben jeiner Bibliothet er:
nannte. Im J. 306 mußte er Athen verlajien,
fehrte aber im nächſten Jahre zurüd und lehrte,
fih ganz an feinen Lehrer anichließend, ariftote-
liſche Bhilofophie, bis er, geliebt von allen, die
ihm näher ftanden, im fünfundachtzigften Lebens:
jahre 287 ftarb. Bon feinen zahlreichen Schriften
find noch übrig: 1) Ndızal zagaxrjges, Charalter:
ichilderungen in 30 Abichnitten, die mit Unrecht
als eine Uberarbeitung des urjprünglichen Werkes
angejehen worden find (Musgg. don Schneider,
1799, Aſt, 1816, Dübner, neue Ausg. 1866, Fo,
1858, €. Beterjen, 1859); 2) weoel prrör foro-
eier, eine Bflanzengeichichte in 10 Büchern (Ausg.
von Schneider, 1819); 3) megl prrar alrlaı, von
den Urſachen der Pflanzen, in 8 Büchern, wovon
noch die 6 eriten erhalten find; 4) mepi Aldor,
Bruchitüd eines größeren Werfes über Minera:
logie; 5) megi alodnoewv nal alsdnrar, Brud-
ftüd aus der Gejchichte der Phyfil; 6) uerapvoıng,
Brucftüd einer Metaphyfit. Bon den übrigen
—— Schriften fennen wir nur die Titel und
berichriften. Gejamtausgg. von J. ©. Schneider
(1818 ff.) und F. Wimmer (1854 ff. und in ber
Didotihen Sammlung, 1866). — Wie Nriftoteles
der Gründer der Zoologie, jo war Theophraftos
der Vater und Begründer der Pflanzenfunde. Vgl.
Ufener, analecta Theophrastea (4858).
Theopompos, Qzörourog, 1) König von Sparta,
unter deſſen Regierung der erfte meſſeniſche Krieg
(743724 v. E.) begann und auch zu Ende ge:
führt wurde. Paus. 3, 3, 2. 4, 6,4. Ihm wird
die Einjeßung der Ephoren zugejchrieben (Arist.
pol. 5, 9, 1). 2) der Hiftorifer, Sohn des Da:
majiftratos aus Chios, geboren um 380 v. E,,
fam als Knabe nad Ephejos und dann nach Athen,
wo er fich unter Sokrates zum Redner ausbildete.
In mehreren Städten trat er mit Beifall al3 Sad):
walter vor Gericht auf, bejonders aber zeichnete
er fi in dem rednerifchen Wettjtreite aus, den
die Königin Artemifia von Karien zu Ehren ihres
Gemahls Maufollos veranftaltete, bei dem er über
Theodeftes von Phajelis u. a. den Sieg davons
trug. Gell. 10, 18, 6. Nachher widmete er fich der
Hiftoriographie und verwendete auf jeine hiftori-
1211
ſchen Forſchungen einen großen Teil jeines Ber:
mögens. Er lebte alsdann wieder einige Zeit in
Chios, allein ſeine ariftofratiiche Gefinnung und
die Bitterkeit gegen jeine Gegner waren Urjache,
daß er wieder auswandern mußte. Er foll ſich
zu Ptolemaios nad) Agypten begeben haben, der
ıhn aber nicht ſehr freundlich aufnahm. Über
jeine jpäteren Lebensſchickſale ift nichts Genaueres
befannt. — Der Geihichtsichreibung Theopomps
wird die Sucht zu tadeln, die ihn oft gegen die
Wahrheit verblendete, zum Hauprfächlichten Bor:
wurf gemacht (Nep. Alcib. 11. Plut. Las. 30),
jowie die Neigung, Trabelhaftes in den Bereich der
Geichichte hineinzuzichen, und die in Digreffionen
abichweifende Art der Darftellung. Seinen Stil
bezeichnen einige Kritiler des Altertums als matt
und der Größe des Segenftandes nicht entiprechend,
andere dagegen als far, fräftig und erhaben.
Bon jeinen gejchichtlichen Werken (12, BB. "Eiln-
vıral ioroglaı oder 'Eiinvind, 58 BB. Bulır-
zınd, die aber nicht blo die Geſchichte Philipps,
jondern die ganze griechiiche Geſchichte im Zeit:
alter Philipps behandelten), ſowie von jeinen
hireihen Reden find nur Fragmente erhalten.
iodoro® von Gicilien, Plutarch und Trogus
Bompejus (der fein eigenes Werk historiae Phi-
lippicae benannte) haben ihn vielfach bemußt.
Monographie von Pflugk (1827); Sammlung der
Fragmente von Wichers (1829) und Müller, fragm.
hist. Graec. 1 pJ 278 ff. Büchner, Theopompea
(1874). — 3) Dichter der attiichen Komödie,
jüngerer Zeitgenofje des Ariftophanes, von deſſen
24 (oder 17) Dramen fi) noch 20 Titel und eine
Anzahl Fragmente erhalten haben (bei Mejnele,
com, Graec. Ib 2 p. 792 ff., und tod, conı, Att.
fragm. I p. 733 fj.).
Bewgiaı, Feſtgeſandtſchaften, urjprünglich Dazu
beftimmt, zwiichen geichlechtsverwandten Orten das
| Andenken gemeinjchaftlichen Urjprungs durch Teil:
nahme an den Stammfeſten lebendig zu erhalten.
Die Gefandtichaft hatte das Amt, im Namen des
Staates dem Gotte zu opfern, aud das Gejchäft
der Drafelbefragung. Gewöhnlich ſchloß fih an
eine Theorie eine Menge anderer Perſonen, ſämt—
lih #ewgol genannt, die ebenfalls an dem Feſte
ſich beteiligen wollten oder auch politiiche und
faufmänniiche Zwecke verfolgten und unter einer
gewifien Aufficht des Hauptes der Gejandtichaft,
des derıdiwpos, ftanden, der für ein würdiges
Auftreten bei dem Feſte zu jorgen hatte. Am be:
| rühmteften ift die attiiche en nach Delos. Die
Bejorgung der Theorien, bejonders der nad) Delos,
gehörte in Athen zu den regelmäßigen (LyruaAıoı)
| Xeiturgien, |. Leiturgia, 1.
Gewpıxor, Yrwgıxd, heihen die Schaufpiel-
'gelder, die im Athen jeit Perifles’ Zeit den
ärmeren Vollsklaſſen aus der Staatskaſſe bezahlt
wurden, um ihnen den Zutritt zum Theater zu
verichaffen. Die Inftandhaltung des Theaters war
nämlich an einen Pächter (Hearemrns oder &eyı-
terror) derpachtet, der dafür ein Eintrittsgeld,
gewöhnlich 2 Obolen für den Platz, erhob. Diejes
Geld ward den Armen von Staats wegen vergütet,
jpäter verihmähten aber aud die Keichen dieſe
Spende nicht, die zunächſt nur an den PDionyjien,
dann aber auch an andern FFeiten gezahlt wurde,
wo c3 etwas zu fchauen und zu ſchmauſen gab.
E3 betrug waßriheintich 2 DObolen, wurde aber
1212 Ocoflvia — Tberas.
zuweilen bei mehrtägigen Feiten auch erhöht, 5. B. |! war er leicht bereit, aus jelbftjüchtigen Gründen die
bei den Pionyfien auf 1 Drachme. Böckh be- | Senofjen preiszugeben und ſich der Gegenpartei
rechnet die Summe auf jährlich) gegen 25 —30 Ta: anzuſchließen, jo daß ihn jchon feine Zeitgenofjen
lente. Gegen das Ende des peloponnefischen Kriegs | mit dem Spottnamen Aödogros belegten. Xen.
hörten diefe Spenden auf, aber fie wurden nach | Hell. 2, 3, 31. Arist. Ran. 534 fi. Huerft griff
Wicderherftellung der Demofratie bald wieder ein: | er thätig in die öffentlichen Angelegenheiten ein
geführt und eigene Schagmeifter dafür angeftellt, , 411 v. E., um die Demokratie zu ftürzen (ſ. Vier-
die eine Zeit lang jogar die oberften Finanzbeam: | hundert); doc entzweite er fich bald mit den
ten Athens waren (vgl. Staatshaushalt |, 3.). | übrigen Häuptern der neuerwählten Dligardhie,
Die Verteilung des Theorikon erfolgte vermutlich | wandte fich wieder der Volkspartei zu und trat
in Geftalt von Marken, die an der Theaterfafle | jogar als Kläger gegen die Dligarchen auf. Thuc.
abgegeben und jpäter vom ige gegen | 8, 89 ff. Indem er jich jeßt der gemäßigten Volls—
bar bei der Behörde eingetaujcht wurden (jolche | partei zuneigte, war er eine Zeit lang der eins
Marken aus Blei oder Knochen oder Elfenbein | flufreichite Mann im Staate und befleidete hohe
haben ſich erhalten). Demofthenes und andere | Ämter, war unter den Strategen in der Schlacht
Patrioten eiferten gegen Diele Verichwendung | bei den Arginufen (406), erhob, als jich die Vollks—
der öffentlichen Gelder, zumal da die athenijchen ftimmung gegen die Sieger wandte, die Anklage
Bürger mehr und mehr die Luft verloren, fich | gegen jeine Mitfeldherren, die in der Schlacht
perjönlich dem Kriegsdienſte zu unterziehen und | Berunglüdten vernadhläifigt zu haben, mas wohl
lieber Söldnern dies überließen und zu Haufe | ein Aft der Notwehr war, und führte die Ver:
miüßig der Ruhe und dem Vergnügen nachhingen. | urteilung und Hinrichtung derjelben herbei. Xen.
Erft jpät, kurz vor der Schladt von Chaironeia, | Hell. 1, 6.7. Als nach ber Schlacht bei Aigos—
gelang es dem Demofthenes, die Ktriegstaffe, wor: | potamos Lyſander gegen Athen zog, wurde er,
aus dieje Gelder genommen wurden, von diejer | da er günftige Bedingungen zu erwirfen verjpradh,
drüdenden Laſt zu befreien.
Gsosfrıa, cin Feſt, an dem der gefeierte Gott,
wie man glaubte, die übrigen Götter bewirtete,
nicht aber ein Feſt fremder, eingedrungener Götter.
als Bevollmächtigter an Lyſander abgeihidt, um
über den Frieden zu unterhandeln; durch abficht:
| ögern fteigerte er aber im
| liches verräterijches |
Bunde mit Kritias ſo jehr die Schrednifje der
Sole Feſte gab es zu Pellene in Achaia, zu | Belagerung, daß die Athener fih in alle Be
Paros, Agrigent, Delphoi. Sie waren vorzugs—
weile apollintich; die zu Paros und Agrigent gal—
ten den Dioskuren, den Beſchützern der Gaft:
freumdichaft (pilogsdrors). Zu den Opfermahlgeiten
wurden aud ausgezeichnete Männer von auswärts
eingeladen, wie namentlich Pindar und jeine Nach—
fommen nad Delphoi. Abh. von Deneken (1881).
Thera, ®rjo«, j. ital. Santorini, ehemals Kaö-
‚Korn (j. Theras), die füdlichfte Kykladeninſel,
jüdlich von Jos, 1", IM. groß, eigentlich nichts
weiter als der aus jchtwarzen, trodenen Lavafelſen
bejtehende Dftrand eines Kraters; das Meer ift
bis zu 390m tief, 8—1200 Fuß hohe Felſen fallen
iäh in dasjelbe hinab. Nach den Aiten ftieg die
Inſel aus dem Meere hervor; 237 v. E. ward
fie zum Teil wieder vom Meere verichlungen, und
die Heine Infel Therafia (j. gl. WR.) trennte fich
bon ihr; 199 erhob fich eine neue Inſel Hiera
(i. Palaio-Kaimeni). Zwei andere Injeln, Mitra-
Kaimeni und Neo:K., entitanden 1573 und 1707.
Noch in meuefter Zeit, von 1866—1871, iſt Die
Inſel von Erdbeben heimgefucht worden. — Die
Hauptortſchaften der Anjel waren Thera (j. Phira)
und Dia, das Hauptproduft trefflicher Wein. Die
Inſel wurde zuerft von den Phoinifern, ſpäter
von den Lafedaimoniern bejegt. Von Thera aus
wurde Kyrene in Libyen gegründet. Mdt. 4, 147.
153. Strab. 10, 484. Wbhandlungen von os:
winfel (1856) und Manert (1874).
Theramönes, Onoauerns, Adoptivfohn des
dingungen fügen mußten, 404. Zys. 12, 68 fi.
13, 5ff. Xen. Hell.2,2. In lbereinftimmung
mit Lyſander ordnete er dann die inneren Ber:
ältnifje Athens, wurde aber ald Mitglied der
reißig bald von den entichiedeneren, beionders
Kritias, überflügelt. Xen. Hell. 2, 2.3. Bon
Natur nicht graufam, mißbilligte er bald laut
und ftandhaft die Gemwaltthätigfeiten und Hinrich:
tungen; allein jeine mildere Anftcht unterlag dem
ftarfen Willen und der fonjequenten Kraft des
Kritiad, der ihn vergebens auf jeine Seite zu
ziehen juchte. Derjelbe bezeichnete ihn in der Rats—
verjammlung als einen gefahrbringenden Feind
der bejtehenden Berfaffung und beantragte jeine
Hinrichtung. Ther. verteidigte ſich mit fühner Be—
redjamfeit, der durch Androhung von Gewalt ein:
geichüchterte Rat gab ihn aber auf, und Kritias
ließ ihn von dem Altar in der Bule, auf dem
er fich geflüchtet, in das Gefängnis ſchleppen und
hinrichten. Die Heiterleit und die Seelenrube,
mit der er den Schierlingäbedher trant, fann mit
feinem Leben nicht ausjöhnen, beſtach jedoch die
Nachwelt, jo daf er oft im Widerſpruch mit dem
Urteil der Zeitgenofien ald guter Bürger und
| wahrer Weijer gepriejen wurde. Vgl. Xen. Hell.
2,3, 11 ff. Cie. tusc. 1,40. 42. Abhandlungen von
Hinrichs (1820), Schneither (1821), Pöhlig (1877)
‚und Stavenifje de Braum (1886).
| Therapnai, @eodxraı, 1) Stadt in Boiotien
| elle Theben und dem Aſopos. Eur. Bacch.
Hagnon aus Steiria, Schüler des Sofrates und | 1029. Strab. 9, 409. — 2) Ort jüdöftlich unmeit
Prodilos, war ein Mann von reicher Begabung | Sparta am linken Eurotasufer, wo Menelaos und
und hoher, beionders redneriicher Bildung (Thuc. | Helena beftattet lagen, und fih das Heiligtum
8,68. Cie. de or. 2,22. Brut. 7) und zeichnete | der Diosfuren befand. Hat. 6, 61. Pol. 5, 18 ff.
fi) aus durch politische Einficht; aber beim Mangel | Paus. 3, 14, 9. 19, 4.
an Entichiedenheit des Charakters und fittlihem | ®rgaxovreg ſ. Staatsformen, 3.
Halt ftüßte er ih in feinem Streben nah Macht Theras, Areas, Sohn des Autefion, Enkel des
und Einfluß auf die Parteien, ohne fich einer | Tifamenos, Urentel des Therjandros, aus dem
ganz hinzugeben; unzuverläjlig und zweidentig, Gejchlechte des Didipus. Sein Bater war aus
Therasia —
Theben auf Befehl des Orakels zu den Doriern
1213
Thermopylai, OrouorvA«ı, der berühmte, durch
Thermopylai.
in Laledaimon gezogen; er jelbit ging mit Yale: | das SHerantreten des Dite an das Meer gebildete
daimoniern und
inyern (aus Lemnos) nach der | enge Paß, der den einzigen Zugang von Thefja-
Inſel Thera, die früher Kallifte hieß. Adt.4, 147. | lien nach Lokris bildete. Der den Paß (der feinen
Paus. 8, 1,7. 15, 6.
Therasia ſ. Thera.
®noes |. Kentauren.
Thermai , @fguaı, hieken manche durch heiße
Quellen berühmte Orte: 1) ſ. Himera. —
Namen von heifen, dem Herakles heiligen, Schwe—
felquellen erhalten hatte, Hdt. 7, 176) ſüdlich be:
ee Berg hieß Hallidromos. Mehrere
Flüſſe (der Spercheios, Melad, Dyras, Niopos)
2) |. durchſchneiden den Paß, der im Durchichnitt jechzig
Selinus. — 3) Thermae hießen namentlidy die ! Schritte breit (Ziv. 36, 16) war, an 2 Stellen
großen, den griechiichen Gym—
nafien ähnlichen und ans den:
jelben hervorgegangenen öffent-
lihen Badeanſtalten, die in der
römijchen Kaiſerzeit mit ver—
ſchwenderiſcher Pracht ausgeſtattet
waren. In Rom waren am be—
kannteſten die Bäder des Pom—
peius(j. die Abb.), des Agrippa,
die th. Neronianae, th. Titi,
die von Caracalla angelegten th.
Antoninianae, Diocletiani u. a.,
bon denen allen ſich großartige
Ruinen erhalten haben. Hier
vereinigte fich alles, was zur Er:
heiterung des Lebens gehört, wie
porticus, exedrae (j. d.), pla-
tanones (Schattengänge), sphae-
risteria u. j. w. Außer den Leis
besübungen gab es auch geiftigen
Genuß, wie Vorlefungen u. dgl.
Vergl. Becker-Göll, Gallus 1
S. 104 fi.
fiehe
Thermaicus
Therme.
Therme, ®oun, Stadt in
Makedonien an der Nordipige
des nach ihr benannten Meer:
bujend, Oepuniog xölmog (j.
Golf von Saloniti). Kafjander
vergrößerte und verjchönerte die
zur Hauptſtadt erhobene Stadt
und nannte fie nach jeiner Ge:
mahlin, 8. Philipps Tochter,
Theſſalonike (j. d.); j. Saloniti.
Hdt. 7, 123. 127. Tae. ann. 5, 10.
Thermödon, Osoundor, 1) Fluß in Pontos
im Gefilde Themiſtyra, j. Terme, berühmt durch
die Amazonenjage. Troß eines kurzen Laufes war
er doch 3 Plethra breit; er mündete bei der Stadt
Themijfyra. Xen. An. 5, 6,9. 6,2, 1. Hdt.9, 27.
Verg. A. 11, 659. — 2) Bad) Boiotiens, der auf
dem Hypatos (j. Siamata) entiprang und bei
Tanagra in den Aſopos mündete. Hdt. 9, 43.
Paus. 9, 19, 3.
Thermon, P&£euor, aud ö Ofouos, die auf
einem fteilen Borjprunge des Panaitolion ſchwer
zugänglich gelegene, deshalb offene Hauptitadt
Aitoliens, gerade über der Dftjeite des Sees Tri:
honis. Dort wurden die Bundesverjammlungen
der Yitolier gehalten. Die UÜberrejte der zur Zeit
ihrer Zerftörung durch Philipp V. (218 v. €.)
ſehr reihen und jchönen Stadt, die aber nicht
wieder hergeftellt zu fein jcheint, finden ſich beim
Dorfe Wlocha. Pol. 5, 6 ff. Strab. 10, 463.
Thermopolium (#eouorwlıor), wie popina
eine Garküche für die Armeren. Plaut. Trin. 3,4, 6.
KRud. 2, 6, 4b u. Ö.
sinus
in
sammlungsplatz.
rium,
behälter.
Eingang zum Männerbade, 2.
5. Vestibulum. 4 Topida-
rium, 5. Apodytorium, 6. Frigidarium. 7. Su-
datorium, Laconicum
10. Hypocaustuın,
süden. 4
RN
Ver- 1b. Eingang zum Frauen-
bade, A. Tepidarium, B. UCnl-
darium. C. Heifses Bad.
D. Labrum. E. Apodyterium.
F. Vestibulum,
9 Oalda-
12. Wasser-
8. Labrum.
11,
Hauptteil der Thermae Pompeianae.
viel jchmaler, indem nad) Herodot (7, 200) an der
engjten Stelle nur für Einen Wagen Raum war
(auafırög 6dög). Wo ſich das Thal bei der Stadt
Anthele erweiterte, ftanden die Tempel des Am:
phiftyon und der amphiktyonischen Demeter, jowie
die Gebäude der Amphiktyonen, wo fie ſowohl
Frühlings: als Herbitverjammlungen hielten. Zur
Befeitigung des Paſſes Hatten die Thefialer bei
den heißen Quellen eine Mauer gezogen (Hdt.
7,176. 225), und in einiger Entfernung (40 Stab.)
die Spartaner die Feite Trachis erbaut (Thuec.
3, 92); eine andere Feſte war nad) Strabon T'sı-
xioõc (vgl. Liv. 36, 16); auch die Schlüpfrigfeit
des Quellbodens erleichterte die Verteidigung. Jetzt
hat das Terrain durch Alluvion und den ver:
änderten Lauf des Spercheios eine ganz andere
Seftalt befommen. Der nur 5 Minuten von ben
heißen Quellen entfernte Hügel, auf dent jetzt das
Zollhaus fteht, ift wohl der ſpäter mit einem
marmornen Löwen gegierte Hügel (Hat. 7, 226),
auf welchem die Heldenichar des Leonidas fiel
(Auguſt 480). Von den 5 errichteten Grabjäulen
und der berühmten Inſchrift (Hat. 7, 228) findet
1214
fich feine Spur mehr. Strab. 9, 428 f.
Theron — Theseus.
Dal. den |
und Boden fand, trat Teilung ein. Einige Kai:
Plan und Viſcher, Erinnerungen und Eindrüde ,jer machten aber für den Fiſtus Anſpruch auf
aus Griechenland, ©. 637 ff.
den Fund, wenigftens auf einen Teil besjelben.
Theron, Orowr, Sohn des Aineſidemos, Ty: | Abgejehen von den Schaßgräbereien des Nero
rann von Agrigent von 488 bis 472 v. E., aus
dem Geſchlechte der Emmeniden, das fich von Ther—
jandros, dem Sohne des Polyneikes, herleitete,
ihlug 450 in Verbindung mit dem Tyrannen von
Syrakus, Gelon, die von Hamilfar geführten Kar:
thager bei Himera. Hat. 7, 165 ff. Seine Tyrannis
wird als mild und gejegnet gepriejen; Pindar
(ol. 23) verherrlicht ihn wegen eines im J. 476
gewonnenen olympijchen Sieges. Diod. Sie. 13, 86.
Thersandros, O:gsavögos, 1) Sohn des Po:
Iyneifes und der Argeia, Gemahl der Demonaſſa,
Bater des Tijamenos, einer der Epigonen, |.
Adrastos. Er zog mit gegen Troja und fiel
auf dem Wege dahin in Myſien von der Hand
des Telephos. Zu Elaia in Myfien hatte er ein
Dentmal und Herovenopfer. Bei Bergil (A. 2, 261)
ift er mit in dem hölzernen Pferde. Homer er:
wähnt ihn nicht. Das Gejchlecht der Emmeniden in
Akragas, zu dem der Tyrann Theron (ſ. 0.) gehörte, | von jeiner Mutter zu dem
(Tae. ann. 16, 1 ff. Suet. Ner. 31) beftätigte Ha—
drian das alte Herfommen, dab der auf eigenem
Boden gefundene Schag nicht ftreitig gemacht
werden könne; wenn er aber auf eines andern
Boden gefunden worben wäre, hätten Bejiger und
Finder zu teilen (Spart. Hadr. 18). So blieb es
im wejentlichen auch ipäter.
Theseus, Onsevs, Sohn des atheniſchen Königs
Nigeus (oder des Pofeidon) und der Withra,
des Pelopiden Pittheus, des weijen Königs in
Troizen. Der Plag, wo er geboren ward, zwiſchen
Troizen und Hermione, hieß Genethlion (Paus.
2, 32,9). Bittheus erzog ihn, Eheiron Ichrte ihn
die Jagd, Konnidas war jein Führer, weshalb
legterem die Athener am Tage vor dem Thejeusjefte
einen Widder opferten. Plut. Thes. 4. Als Jüng:
ling ging er nach Delphoi und weihte dem Apollon
fein Haupthaar. Bon da zurüdgelehrt, wurde er
— geführt, unter
leitete ſich von Therſandros ab. — 2) Sohn des
Siſyphos, Vater des Haliartos und Koronos. Paus.
9,34, 7. — 3) Sohn des Agamedidas, ein Spar:
taner. Paus. 3, 16, 6.
Thersites, Osootrns (der freche, von DEgaog,
aiolifch = #«e0os), der häflidhite Mann vor Ilion
und ein frecher, bösartiger Schreier, ein Mann
aus dem Volke, von Odyſſeus zum Ergeken bes
Volks mit Schlägen gezüchtigt, ala er den Aga—
memnon läfterte. Hom. Il. 2, 212ff. Nach jpäterer
Sage tötete ihn Achilleus (Fydıorog Ayılmi, Hom.
Tl. 2, 220), weil er die von Achilleus erlegte
Amazonenktönigin PBenthefileia mit dem Speer ins
Auge ftieh und den Achill verleumdete. Ob diejer
Therfites derjelbe mit dem Sohne des Agrios,
des Bruders des Dinens, in Mitolien ei, fteht zu
bezweifeln.
Thervingi, Hauptitamm der Weftgoten in Das
cien. Eutr. 8, 2. Amm. Mare. 31, 3.
Thesaurus. Über die alten Insavgo/ in My:
fenai und Orchomenos ſ. Baukunst, 1. — Der
Finder eines in der Erde vergrabenen Schaßes
auf eigenem Grund und Boden wurde aud) defjen
Eigentümer; wenn er ihn auf fremdem Grund
den einft Migeus, als er von Troizen nach Athen
zurüdfehren wollte, Schwert und Schuhe gelegt
hatte, mit dem Auftrag, wenn Th. jo alt jet, da
er den Felsblock aufheben und Schwert und Schuhe
hervornehmen könne, ihn nad Athen zu jchiden.
Th. nahm Schuhe und Schwert und machte jich
mit denjelben als Erfennungszeichen für feinen
Bater auf den Weg nad) Athen. Unterwegs hatte
er allerlei Abenteuer zu beftehen. Bei Epidauros
erihlug er den Beriphetes, ©. des Hephaiftos,
Korynetes (Keulenträger) genannt, weil er mit
einer Keule die Reijenden tötete, und führte dann
jeine Keule. Auf dem Iſthmos überwältigte er
den Räuber Einis (Sinnis), Sohn des Poly:
pemon oder des Pofeidon, der Pityolamptes
(Fichtenbeuger) hieß, weil er die Reijenden durch
herabgebogene und in die Höhe fchnellende Bäume
erriß. Th. tötete ihn auf diejelbe Weile; mit
—— Tochter Perigune zeugte er den Melanippos
(ſ. d.). Ferner erlegte er die krommyoniſche Sau,
Phaia (die graue), und an der Grenze von Me—
garis und Attifa, anf dem Skironiſchen Felien,
den Sfiron, der die Vorübergehenden beraubte
und zwang, ihm die Füße zu wachen, worauf er
—
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v»sopup ojow —
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912.005 x 9) YA ZOTT ) "uopadoursoy] 10p Saey
2 fröte fraß die
ss
Theseus.
fie mit den Füßen ind Meer ſtieß; eine Schild-
leihen. In Eleufis überwand er
den arfadijchen Ringer Kerkyon, Sohn des Po:
jeidon, Halbbruder des Triptolemos, am Kephijos
den Damaftes ‚oder Polypemon, Profruftes
(Ausreder) genannt, weil er die Fremden in jeiner
Bettitelle jo lange ausredte, bis jie ftarben. Am
Kephiſos ließ er fich durch die Phytaliden (ſ. Phy-
talos) von dem vergoffenen Blute reinigen und
begab ſich dann zu jeinem Vater, bei dem fich
gerade die von Korinth — Medeia befand
(j. Argonauten, 6.). Dieſe, den Th. erkennend,
überredete den Wigeus, ihn bei dent Mahle durch
einen Giftbecher zu töten; als aber Th. das Schwert,
das Kennzeichen jeiner Abkunft, zog, um das
Fleiſch zu zerlegen, erfannte ihn der Vater, und
Medeia entflob mit ihrem und des Aigeus Sohne
Medos nad) Koldis, wo fie ihren vom Thron ge:
ftürzten Bater wieder in die Herrichaft einſetzte.
Darauf jtellte Aigeus feinen Sohn dem Bolfe vor.
Die Söhne des Pallad aber, des Bruders von
Aigeus, die nach des letzteren Tode die Herricaft
zu erben gehofft hatten,
empörten jich, wurden je-
doc von Th. durch ben
Berrat des Heroldes Leos
bejiegt und erjchlagen. Dar:
auf fing Th. den maratho:
niſchen Stier lebendig und
opferte ihn dem Apollon
Delphinios. Plut. Thes.8 ff.
Als um dieje Zeit der wegen
der Ermordung des Andro:
geos (j. d.) den Athenern
von Minos auferlegte Tri:
but von 7 Fünglingen und
7 Jungfrauen, der alle neun
Jahre zum Fraße für den
Minotaurod geliefert wer—
den mußte, zum dritten:
mal eingefordert wurde,
erbot ſich Th. freiwillig, mit
nad) Streta zu gehen, und
verſprach jeinem Bater, den
Minotauros zu töten. Er
bejiegte den Minotauros im Labyrinthe und rettete
ſich aus den Jrrgängen desjelben durch einen Faden,
den ihm Ariadne (= Agıcyrn, von ayrög), bie
Tochter des Minos und der Pafiphas, gegeben. Da:
durch hatte er einer Verabredung mit Minos zufolge
Athen von dem Tribute befreit. Er floh darauf mit
Ariadne gen Athen; u aros (Dia) aber blieb jie
zurüd, indem entweder Dionyjos fie ihm mit Gewalt
abnahm und zu jeiner Gemahlin machte, oder Th.
fie treulos, während fie jchlummerte, verlieh, wor:
auf fie dann, von Dionyſos aufgefunden, deſſen
unfterblihe Gemahlin ward. Oder fie gab ſich
auf Naxos jelbft den Tod. Plut. Thes. 17 ff. In
der verberbten Stelle des Homer (Od. 11, 321 ff.)
find zwei Tegtesrecenjionen zuſammengeſchmolzen;
nad) der einen wird Ariadne durch Artemis auf
Naros getötet, nach der andern dajelbft durch Ar:
temis mit Hülfe des Dionyſos zurüdgehalten, damit
fie defien Gemahlin werde. Bei der Rückkehr des
Th. nad) Athen gibt ſich Aigeus durch ein Ber:
jehen desjelben den Tod (j. Aigeus). Darauf
wird Th. König von Attika, als der er die ein:
zelnen Gemeinden des Yandes überredet, Athen
121
als Hauptftadt und Mittelpunkt eines gemeinjamen
attifchen Staats anzuerfennen. Zum Gedächtnis
diejer Vereinigung des ganzen attijchen Landes
ftiftete er das Feſt der Panathenaien und das der
Syuoifia, von Plutarch Metoikia genannt. Thuc,
2, 15. Auch ftiftete er die iſthmiſchen Spiele und
vereinigte Megaris mit Attifa. Mit Herafles zog
TH. gegen die Amazonen und erhielt ald Siegespreis
oder entführte mit Lift die Amazonentönigin Anz
tiope oder Hippolpyte. Deshalb unternahmen die
Amazonen einen Rachezug gegen Athen, aber An-
tiope vermittelte einen Frieden, oder fie ward an
der Seite des leidenjchaftlih von ihr geliebten
Th. getötet. Mit Antiope oder Hippolyte zeugte
er den Sippolytos (j. d.)., Nach ihrem Tode hei-
ratete er Phaidra, die Schweiter der Ariadne,
und zeugte mit ihr den Mamas und Demophon.
TH. nahm auch teil an der Argonautenfahrt und
der falydoniichen Jagd. Berühmt war jeine freund:
ſchaft mit Beirithoos, dem Lapithenfürften, der
ıhm die Helena rauben half (Yapithen hatten ſich
in der Gegend von Marathon niedergelaffen, wo
1)
Thejeus bejonders — ward; daher die Verbin—
bung beider Helden). Die Dioskuren aber erober:
ten in Abmwejenheit des Th. Aphidna, wo Helena
in Gewahrjam gehalten wurde, befreiten ihre
Schweſter und nahmen Withra, des Th. Mutter,
gefangen (j. Aithra).
Seiritoos bei zur Bertreibung der Kentauren (j.
eirithoos) und ging mit ihm im die Unter:
welt, um für ihn die Gemahlin des Hades zu
entführen; aber Hades lieh beide für ihre Kühn—
heit von den Erinyen ftrafen und an dem Felſen,
auf den jie fih in der Unterwelt geſetzt, feſt—
wachſen. Herakles befreite jpäter beide wieder,
oder bloß den Thejeus. Verg. A. 6, 393. 617.
(Hom. Od. 11, 631 ift ein ſpäter eingejchobener
Vers.) Nacd feiner Rückkunft aus dem Hades
fand TH. jeinen Thron von Meneftheus, dem
Sohne des Peteos, bejeßt und die Herzen des
Volkes von ſich abgewendet; deshalb ſchickte er
jeine Söhne nad Euboia zu Elephenor, dem
Sohne des Chalkodon, jprady zu Gargettos den
Fluch über die Athener aus und ging nad) Skyros,
wo ihm der König Lykomedes von einem Felſen
Th. dagegen jtand dem !
-
1216
ind Meer ſtürzte; oder er fiel durch einen Fehl—
tritt in die Tiefe. Sein Sohn Demophon erhält
die athenifche Herrichaft wieder. Später bekam
Th. in Athen Hervendienft; feine Gebeine wurden
auf Befehl des delphiichen Orakel durh Kimon
(468 dv. €.) ton Skyros nad Athen gebradıt, und
über feinem Grabe ein pracdhtvoller Tempel, das
Thefeion, erbaut. Plut. Thes. 35f. Gein Felt,
Onseıe, fiel auf den 8. Pyanepfion, wie über:
haupt der achte Tag jedes Monats dem Thejeus
wie dem Bojeidon geweiht war. S. Mommien,
Heortologie ©. 269 ff. — Th. war ein Heros des
pofeidonischen Kreiſes; Poſeidon jelbft hieß fein
Vater, und Aigeus war uriprünglich nur Beiname
diejes Gottes. Wie Pojeidon der Nationalgott
des ioniſchen Stammes war, fo war Th. der
ionische Hauptheros, den die Xonier, namentlich
die Athener, zu gleichem Glanze mit dem dori—
chen Herafles zu erheben bemüht waren; deshalb
find manche jeiner Abenteuer den herakleiſchen
nachgebildet, und, wie es bei ſolchen Nachbildungen
zu geichehen pflegt, man ſuchte das Original noch
zu überbieten. Ubrigens erlangte der ioniſche
Heros nie die allgemeine Anertennung wie Hera—
fes. Den Athenern galt Th. als Begründer und
Ordner ihres Staates, wa3 auch in dem Namen
Thejeus (von ridnue) liegt. Auch in der Kunſt
ift TH. teilweije dem Herafles nachgebildet. Ge—
wöhnlich erjcheint er als unbärtiger Jüngling mit
fräftigem, herakleiſchem Körperbau; doch ift fein
Körper weniger gedrungen und deutet mehr auf
Gewandtheit im Ringen hin; denn er galt als
Erfinder der Ringkunſt. Sein Haar ift nicht jo
fraus, wie das des Herakles. Auf den älteren
Kunftwerten führt er das Schwert, auf fpäteren
die Keule und die Löwenhaut.
ftellt die eine, Relief in der Billa Albani zu Rom,
den jungen Thejeus dar, wie er Schwert und:
Schuhe jeines Vaters unter dem Felſen hervor: |
holt, die andere, Statue in der vaticanischen Stas |
tuenjfammlung, die jchlafende, von Thejeus ver: |
lafjene Ariadne, der bald der Bräutigam Dionyjos
nahen wird.
Ozouia, FEouogyögog |. Demeter, 3.
@£z0uol |. Drakon.
ThesmophorYa, Ozosuopöo:«, Feſt der Demeter
Vgl. die Biogras |
phie bei Plutarch. — Bon den beiden Abbildungen |
Ozoule, Beouopögog — Thespis.
Tag hie LErrvie, von den bei dem Demeterfult
| gewöhnlichen Nedereien; am zweiten Tage wurden
‚die @rouopögıa zu Halimüs am Borgebirge Ko:
lias gefeiert. Die 3 folgenden Tage bildeten das
| Hauptfeft in Athen jelbft, und zwar hieß der erfte
wegen der Rückkehr von Halimüs Arodos, der
ziveite, ftrengem Faften gewibmete Nneorei«, ber
dritte Kallıyeveie, an dem Demeter ald Kallı-
yersıc (Mutter des ſchönen Kindes) mit Opfern
und Tänzen N wurde. Die Gegenwart von
Männern bei diejem Feite war durch ftrenge Strafe
verboten. Bgl. Mommſen, Heortologie ©. 291.
Gz0uoHErar |. Aopyur.
Thespia, »ai (@&orsız, Hom. Il. 2, 478 und
Hdt. 8, 50, @komı« Paus. 9, 26, 6, jpäter jtets
Beozie)ıei), jehr alte und bedeutende Stadt Boio—
tiens, weftlich von Theben am ſüdlichen Fuße des
Heliton, berühmt durch ihren Tempel des Eros
mit einer Bildjäule des Gottes von Wrariteles.
Strab. 9, 410. Cie. Verr. 4, 2,4. 60, 135. Th.
wird als Sit des Amphion und Zethos genannt.
Nachdem XZerres die Stadt wegen Teilnahme der
Theipier an der Thermopylenichlacht —— hatte,
wurde fie wieder hergeſtellt; auch bei Plataiai hatten
die Theipier gelämpft. Hat. 7, 202. 226. 8, 75.
9,30. Während des peloponnefischen Krieges findet
ſich eine einflußreiche atheniiche Partei unter den
Bürgern, deren Übergewicht die Thebaner 423 v. €.
veranlaßte, die Ringmauern der Stadt niederzu—
reißen (Thuc. 4, 133); nachdem diefelbe 378 durch
—— wieder hergeſtellt worden war (Xen.
Hell. 5, 4, 4), wurde fie wahrſcheinlich unmittelbar
nad) der Schlacht bei Leuftra von den Thebanern
wieder zerftört und die Bewohner genötigt, fich in
die Bergfefte Kereſſos zu flüchten, als auch dieſe
von den Thebanern erobert worden war, wurde
ihr Gebiet von diejen in Befiß genommen. Xen.
Hell. 6,3, 1. Diod. Sic. 15, 46. Paus. 9, 13, 8.
14,2. Wiederhergeftellt wurde die Stadt wahr-
ſcheinlich durch Philippos II. bald nach der Schlacht
bei Chaironeia und erhielt fich auch in römtjcher
Zeit in einer gewijjen Blüte. Strab. 9, 410. Noch
zur Zeit des Paujanias (9, 26, 6) fand fich dort
ein Theater, eine jehenswerte Agora und manche
Heiligtümer mit Statuen von bedeutendem Kunft-
| werte: das Original des Eros von Prariteles war
\ freilich jchon von Ealigula und zum zweitenmal von
Deouopögos, als der Begründerin des Aderbaues, | Nero nah Rom entführt und durch eine Kopie
der Ehe und der darauf beruhenden bürgerlichen | von der Hand des Atheners Menodoros erjegt
Ordnung, an vielen Orten Griechenlands gefeiert. | worden. Neben Eros genofjen in Thejpiai bes
Uralt war es in dem Peloponnes, wohin es von ſonders die Muſen Verehrung; wie bem Eros
den Töchtern des Danaos aus Agypten gebracht
fein follte. Hdt. 2, 171. Dieje Annahme tjt übri—
gens falſch. Der Demeterfult war einheimijch bei
den alten Pelaſgern und blühte im Beloponnes
bis zur Einwanderung der Dorier, durch die er
in den von ihnen beiegten Landichaften zurüd-
gedrängt ward. Doc) erhielt er ſich zugleich mit
dem Feſte der Thejmophorien in Arkadien; aud)
in Troizen, in Bellene und auf dem Lande bei
Argos wurden Theimophorien gefeiert. Wir finden
das Feſt ferner in Nigina, Eretria, Delos und in
den Kolonien Kleinajiens, wohin e3 von Athen
aus fam. Sehr verbreitet war der Kult der De:
meter Thefmophoros auch in Sicilien. Es tar
— ein Feſt der verheirateten Frauen.
In Athen dauerte es vom 9. bis 13. oder 10. bis
14. Byanepfion (Ofktober— November). Der erfte
’Eewridsıe, jo wurden leßteren Movosi«, Feſte
mit muſiſchen Agonen, — — Bedeutende
Reſte bei Erimokaſtro. Abhandlung von Schill—
bach (1856).
Thespiädes ſ. Musae.
Thespis, @fonıs, aus dem attijhen Demos
Ikaria, ein jüngerer Zeitgenofje des Solon, um
530 v. E., gilt als Erfinder und Begründer ber
Tragödie, indem er an dem dionyſiſchen Feſten
den dithyrambiſchen Ehorgejängen eine Erzählung
und mimiſch⸗orcheſtiſche Darftellung der dionyſiſchen
Mythen hinzufügte. Diefen Schaujpieler neben dem
Chore machte Th. wohl jelbft und vereinigte in
ſich die Thätigkeit des Dichters, Tonſetzers und
Schauſpielers. Suidas berichtet, daß Th. zuerft
ſich gejhminft und dann Masken von Leinwand
eingeführt habe. Schriftliches hat er nicht hinter:
”
ww
Pindos. Als halbe Barbaren lebten ſie meift in
1217
laffen. Plut. Sol.29. Diog. Laert. 3,56. Athen. 1 | Karatichair), ein jetzt ausgetrodneter Sumpfiee,
p. 22. Bgl. Tragoedia. rechts vom Peneios. — Thelfaliens Boden gehört,
Thespröti, @sorgorol, einer der 4 Haupt: | bejonders in jeinen ebneren Teilen, zu den Frucht:
ſtämme in Epeirod, bei Homer noch das einzige | barjten Gegenden Griechenlands. don Homer
—— dieſer Gegend; fie wohnten längs der läßt den Achilleus und den Patroklos 2v Zgußo-
üfte von der Kerlyraiiſchen Meerenge bis zum | Aanı Ban en ber große Wafjerreihtum
Ambrakiſchen Meerbujen und landeinwärts bis zum | erhöht dieje Fruchtbarkeit, das Spercheiosthal ift
ein wahres Treibhaus. Die theffaliichen Roſſe
Dörfern und Fleden; in ihrem Gebiete lag Do: | übertrafen jchon in dem zu Aphetai von Xerres
dona. Später verbrängten die Molofjer fie aus dem | angeftellten Pferderennen alle übrigen helleniſchen
inneren Lande, und ıhmen blieb mur der hierauf | Noffe. Hat.7,196. — Als die älteften Bewohner
nach ihnen Qsongwris oder Peorpori« benannte | erjcheinen in der hiftoriichen Zeit die Pelaſger
Küftenftrih. Die Theſproter zerfielen gleich den | (daher "Agyog ITsAasyındv); erft die Einwanderung
Thesproti — Thessalia.
übrigen epeirotiihen Bölferjchaften in viele ein: |
zelne Stämme mit bejonderen Namen, unter denen
der der Kaſſopaier der bedeutendfte war. Val.
Hom. Od. 5, 115. Hdt. 8, 47. Thhuc. 1, 46. 4, 35.
6, 22.
Thessalla, @soo«lle, Qsrraile, ehedem auch
Hellas, Aiolis, Haimonia, Pelajgia, Pyrrhaia ge:
heißen nad) einzelnen Gegenden, das öſtliche Stüd
Nordgriechenlands, grenzte im NR. an Makedonien,
im ®. an Epeiros, ım ©. an Nitolien, Doris und
das Land der epifnemibiichen Lofrer, im D. an
das Wigaiiihe Meer. Das ganze Land befteht
aus 2 fejielartigen, an Einem Punkte durchbroche-
nen Beden, einem jchmalen Küftenftrich und einem
regelmäßig gebildeten Flußthale. Den Rand des
größeren Keſſels bildet im Weften der Pindos
und Lakmon nebſt Typhreftos; der Pheka—
paß (j. Pak von Dugliana) führt nach Epeiros;
die Nordgrenze bilden einzelne, eines gemeinjamen
Namens entbehrende Gebirgsglieder, am höchſten
der DIympo3, von dem ans Oſſa und Pelion
nad Süden ziehen und den Dftrand bilden. Bon
den jüdlichen Teilen des Pindos ftreichen die
Phthiotiſchen Berge und der Othrys bis an
das Meer im O. Der Heinere Kefjel ift von den
Ausläufern des Othrys und Pelion, ſowie von
unbedeutenderen Höhen ber Gebirge Athamas
und tr ee umjchlofjen. Während das
größere Bafjin ehemals ein See geweſen jein mag,
defien Waſſermaſſe fich zwiſchen Oſſa und Olymp
burh dad Tempethal (j. d.) einen Ausweg
bildete, jcheint der Rand des Heineren Keſſels um:
gekehrt einen Durchbruch von außen erlitten zu
haben, infolge defien jeine größere Hälfte vom
Bafler des Pagaſaiiſchen Meerbujens bededt
wurde. Nah dem Maliſchen Golf hin ftreicht
endlich nod) das Ditegebirge, an deſſen Nordrand
der Sperceios hinftrömt. Nahe and Meer tre-
tend, bildete das Gebirge hier im Altertum den
Paß der Thermopylen (f. d.). Außer dem weit:
lihen Phekapaß und dem jüblihen Thermo:
pylenpaß führen von N. nur 2 Bälle in das
Land, der eine an der Kiüfte und dann durch
das Tempethal, der andere über die olympischen
Höhen; beide vereinigen ſich bei Gonnoi; Theſſa—
lien ift jo das verfleinerte Bild von Siebenbürgen.
— Unter den Flüffen find zu nennen der Be:
neios (j. d.) mit feinen Nebenflüffen, auf dem
Lakmon entipringend und durch das Tempethal
in den Thermaiſchen Meerbujen mündend; nächft:
dem der Sperdeios (f. d.,, vom Typhreſtos
herab dem Maliſchen Meerbufen zuftrömend. Unter
den Seen i
lasjee, im
der größte Boßnig Alurn, j. Kar: |
D. die Surıag Auvn, j. Nezero, am |
ellenijcher Stämme machte ihrer Herrichaft ein
be, worauf fie meift nad Aſien gingen. Jldt.
1, 56. Ungeblih 60 Jahre nach dem troiichen
Kriege (1124 v. E., in Wahrheit bedeutend jpäter)
wanderten die helleniichen (nicht, wie Kiepert meint,
illyriſchen) Theſſaloi (thefprotiihen Stammes,
Qeooulol = Aspsulor) ein (Hdt.7, 176), die die
vorgefundenen Aioler unterjochten und nach Unter:
een der Magneten, Berrhaiber, Bhthioten
(Thue. 2, 101. 4, 78. 8, 3) einen großen Bölfer:
verein bildeten; die Reſte der früheren Bewohner
traten als Peneftai (d. h. wohl: Sklaven, vom
albanefischen Stamme „peng“, binden, feffeln) in
ein Verhältnis der Hörigfeit. Die einzelnen Stadt:
gemeinden hatten eine ftreng ariftofratiiche Ber:
faffung und waren voneinander völlig unabhängig,
bis Philipp Il. von Makedonien 344 v. E. das Yand
zur makedoniſchen Provinz machte. 197 nad) der
Schlacht von Kynosfephalat von den Römern für
frei erflärt umd zu einem Gemeinweſen (xoıwor)
mit einem Gtrategen an der Spitze vereinigt,
bildete das Land jeit 146 einen Teil der Provinz
Macedonia, ſeit Alerander Severus eine eigene
Provinz. — Theflalien zerfiel in 5 (6) Landichaf: :
ten: 1) Bdıörıs mit den Diftriften Dolopia,
Ditaia, Malis, zwifchen dem Malischen und Paga—
ſaiiſchen Meerbuſen, bewohnt von den LZapithen,
Kentauren (die Sagengeichichte), Dolopern, Be:
lajgern, Myrmidonen (den Unterthanen Adills),
Ainianen und Maliern; darin: Halos und Jton
mit einem Athenetempel in der Fruchtebene Kro:
fion, Thebai Phthiotides, eine bedeutende
Stadt, in deren Nähe wohl Adilleus’ Vaterſtadt
Phthia lag, Pyraſos, die „Weizenftadt‘, und
Bteleai, Yarijja mit dem Beinamen 7 Kor-
ueoen, „die ſchwebende“, auf cinem Berge, im
Gegenjag zu 2. in Pelaigiotis, das im Flachlande
lag; Echinos, Yamia, befannt durch den lami:
ſchen eg | (ſ. d.), 323—321 v. E., Nartha—
tion am Südabhange des Othrys nordöftlid von
Lamia, Antifyra, Herakleia, früher Tradis, int
Gebiet der Malier; Hypata, die Hauptitadt der
Ninianen, Sammelplak der Zauberinnen, Thau:
mafoi (j. Domofo) am Nordabhang des Othrys,
deren Name von dem überrafchenden Eindrude
herrührte (Hadue), den die plöblich vor den Augen
ausgebreitete Ebene auf den Neijenden madıte. —
2) Heooakıörıg, nordweſtlich von der vorigen
Landſchaft; darin: Bharjalos, j. Pherjala, be:
fannt durch den Sieg Cäſars (9, Auguft 48 v. E.)
über Pompejus; Kierion oder Pierion, ehemals
Arne, Metropolis, bedeutende Stadt, weftlich
von der vorigen; andere Orte waren unbedeutend.
— 83) ITelasyıarıs, das Beden des Boibeis:
Nordrande der Phthiotiichen Berge; Nesowvis (j. | jees, nordweſtlich etwas über den Peneios hinaus,
Neallegiton des Haff. Altertums. 7. Aufl.
77
1218 Thessalonike — Thibron.
jüdöftlih bis zum Pagaſaiiſchen Meerbujen, mit | methodischen Schule. — 9) tragiicher Schaujpieler,
den Städten: Yarija oder Yarijja, der größten | der bei der VBermählungsfeier Aleranders des Gr.
Stadt des Landes, Sit der Aleuaden, Atrar (j. |auftrat. Plut. Alex. 10. 29. Just. 12, 13. 14.
Paläofaftro von Alifaka), Gyrtöne, Krannon,| Thestios, Gdorıos, Sohn des Ares und der
merfwürdig durch Antipaters Sieg, 322 v. C., Demonife, oder des Agenor, Enkel des Pleuron,
Pherai, um 370 v. E. Sit des Tyrannen Jajon, | aitolifcher König, Vater bed Iphiklos, Euippos,
mit dem Hafen Pagaſai; Stotuffa, in der Nähe Plerippos, Eurypylos, der Leda, Althaia, Hy:
die Hügel Avvög xepaial, befannt durdy ben
Sieg des Pelopidas über Jafon, 365 v. E., und
des Flamininus über Philipp V., 197. — 4) Ma-
yrnole, norböftlid von P., der Küftenftrich vom
Tempe abwärts: Meliboia, in der Nähe die Klippen
Irvoi, an denen viele Perjerichiffe zerichellten (Hat.
7, 188), weiter an der Küfte Kafthanaia und die
gefährlihe Enmuüg dur), Demetrias (j. d.), eine
der Hauptfeftungen Griechenlands am Pagaſaiiſchen
Meerbujen, Jolkos und Aphetai. — 5) 'Esrı-
aıörıg oder Toricdris, der weftliche Teil Norb:
theifaliens mit dem öftlich davon —— Gebiet
der Perrhaiboi: Gomphoi, von (
Trikka, j. Triffala, nordöftlich von da, Niginion,
Ithome (j. Fanari), von ihrer fteilen Lage die
„jellige‘, »Aouendeson, genannt, Pelinnaion ;
Gonnoi, Dloofion. Im NR. die aus Azoros, Do:
lihe und Pythion beftehende Tripolis. Strab.
9,429 ff. Plin. 4,7, 14. Bol. Burfian, Geogr.
von Griechenland I ©. 40 ff.
Thessalonike, @soo«lorian, 1) Tochter der
Bheraierin Nikefipolis und Philipp Il. von Ma:
fedonien (Athen. 13, 5 p. 557; vgl. die Stamm-
tafel unter Philippos, 1.), Liebling und Schüg:
ling der Olympias, blieb auch deren Leibens-
gefährtin, als Kaflander 317 v. E, Mleranders
des Gr. Mutter in Pydna einſchloß und zur Über:
gabe zwang. Diod. Sie. 9, 35. Just. 14,6. Nach
der Ermordung der Olympias (316) machte fie
Kaflander zu jeiner Gemahlin. Diod. Sic.19, 52.61.
Dieſer ftarb 297. Etwa 2 Jahre jpäter wurde
Th. von ihrem Sohne Antipater, der der Mei—
nung war, daß jein jüngerer Bruder Nlerander
von der Mutter bevorzugt würde, als die lebte
aus dem Gefchledhte Philipp Il. ermordet. Paus.
9, 7,3. Just. 16, 1. — 2) jehr bedeutende mafe-
doniſche Stadt der Landichaft Mygdonia, von
Kaſſander an der Stelle der Stadt Therme (Hdt.
s, 123) an dem Thermaiſchen Meerbujen gegründet
und zu Ehren jeiner Gemahlin genannt. Sie war
ſtark befeftigt. Liv. 44, 10. Ihre Bedeutung ftieg
in der römiſchen Zeit, wo fie (an der via Egna-
tin gelegen) die Hauptſtadt eines der 4 Bezirke
und Sit des Prätors wurde. Im Befig eines
trefflihen Hafens wurde jie bald eine jehr bedeu—
tende Handelsſtadt, auch Sig einer vom Apoſtel
Paulus geftifteten Ehriftengemeinde; j. Saloniti,
türkiſch Selanif.
Thessälos, Oeso«lds, 1) Sohn des Haimon |
oder 2) Sohn des Jaſon oder 3) des Herakles
(j. Eurypylos, 2.), nad denen Thefjalien be:
nannt wurde. Strab, 9, 443. Diod. Sie. 4, 54 f.
— 4) ein Heraflide, der mit Doriens auswanderte
und in Sicilien jein Leben verlor. Hdt. b, 46. —
5) Sohn des Peiſiſtratos. Thuc. 1,20. — 6) Sohn
des Kimon und Ankläger des Alkibiades wegen
Entweihung der Myfterien. Plut. Alcıb. 19. 22,
- 7) Sohn des Arztes Hippofrates von Kos,
jar zeritört, |
| permneftra. Seine Gemahlin heißt Yeufippe, Lao—
phonte, Deidameia, j. Meleagros.
Thestor, ®&orwog, 1) Sohn des Idmon und
‚der Laothod, Vater des Kaldhas (Hom. Il. 1, 69),
| der Zeufippe und Theonoe. Dieje, von Seeräubern
geraubt, wird an Jlaros, König von Karien, ver:
fauft, deſſen Liebe fie gewinnt. Auch ihr Bater,
der, fie aufjuchend, Sciffbruch gelitten, wird an
Ilaros verfauft. Zeufippe fommt indejlen in Jüng:
lingstradht nach Karien, und da fie der Theonoe
Liebe verſchmäht, erhält Theftor von diejer den
Auftrag, fie zu töten. Die Verwandten erfennen
jih und werden von Ilkaros mit Gejchenten ent:
laſſen. Hygin. fab. 190. — 2) Sohn des Enops,
Troer, von Batroffos erichlagen. Hom. Il. 16,401 ff.
Gures j. Doin, 6.
' Thetis, @rrıs, Tochter des Nereus und der
| Doris, Gemahlin des Peleus, Mutter des Achil—
leus. Hom. II. 1, 348ff. 538. 18, 35. Mit ihren
' Schweitern, den Nereiden, wohnt fie in den Tiefen
‚des Meeres bei dem greifen Bater, eine wohl:
wollende, hülfreiche Göttin. Sie nahm den vor
Lykurgos flüchtenden Dionyjos und den von Zeus
aus dem Himmel geworfenen Hephaiſtos auf.
Hom. ll. 6, 135. Od. 24, 76. Als Zeus von
Hera, Athene und Poſeidon bedroht wurde, rief
fie den Migaion zu Hülfe Hom.Il.1,396 ff. Sie
war von Hera auferzogen und wider ihren Willen
von Zeus und Hera mit Peleus, einem jterblichen
Manne, vermählt worden. Hom. 11.24, 60. 18,432,
| Bu ihrer Hochzeit famen alle Götter. Nach jpäte-
ren Sagen warben Zeus und PRojeidon um ihre
2** da aber Themis weisſagte, daß ſie einen
Sohn gebären werde, der größer werde, als ſein
Vater (ſ. Prometheus), jo ſtanden fie von ihrer
Werbung ab, und Zeus verband fie einem Sterb-
lihen. Durch dieje Verbindung wird die Göttin
in alle Leiden des menjchlihen Lebens hinein—
gezogen; das Gejchid ihres zärtlich geliebten Sohnes
bereitet ihr tiefen Kummer, fie weiß, daß er in
der Jugendblüte fterben muß, fie hört jeine Klagen
und trauert mit ihm, fie beweint jeinen früben
Tod. Hom. Il. 1, 414ff. 18, 429 ff. 24, 1045. ©.
Achilleus. Verehrt ward Thetis in Pharjalos,
in Sparta und Meflenien. — Spätere Dichter
‚nehmen Thetis geradezu für das Meer.
Theudoria, Stadt in der epeirotiihen Pro:
vinz Athamania; j. Thodoriana. Liv. 38, 1.
' GEo0 Rxoöswror, fteil ind Meer abfallende
| Feljenipige des nördlichen Libanon, j. Ras Schal:
tah. Pol. 5, 68. Strab. 16, 754.
Thiäsos, Si«oos, eigentl. Balchoszug, j. Dio-
nysos, 9. m allgemeinen hießen jo alle Ber:
‚eine, die einen gemeinichaftlichen Kult hatten, jei
\es, dah eben dies ihr Endzwed war, jei es, daß
fie zu gegenjeitiger Unterſtützung, zu gemeinjchajt:
lihem Vergnügen oder Geichäft gegründet waren.
Thibron, @ßgor, oder Thimbron, Oiußeor,
erflärte die Schriften feines Vaters und jchrieb | 1) ein Spartauer, wurde beim Ausbruch der Feind—
3 Bücher lareımor. — 8) Arzt aus Tralles im |jchaft mit den Berjern den Heinafiatifchen Griechen
Karien unter Nero und Mitbegründer der ſ. g. mit einem Heere zu Hülfe geichidt, im Anfang
Thisbe — Thrakia. 1219
399 v. C. Xen. Hell. 3, 1, 4ff. Nachdem er die | meiftend noch ungebrudt find, hat er ein lerifa-
noch übrigen (etwa 6000) Soldaten des Kenophon, | liiches Wert verfaht, övoudrwr Fuloyal, eine
die jogenannten Kyreier, in feine Dienfte gezogen | Nuswahl attiicher Wörter aus den Werken des
hatte, machte er einige Kortichritte gegen Tiſſa- Phrynichos, Ammonios, Herodian und Möris in
phernes, doch war er ohne bedeutendes Feldherrn- | alphabetiiher Ordnung, herausg. von Fr. Ritſchl
talent und fonnte die Mannszucht nicht aufrecht | (1832) und Bed (1836). Ferner bejigen wir von chim
erhalten. Daher wurde er im Herbſte desjelben | ein Leben des Euripides, wie er denn auch Scholien
Jahres durch Derkyllidas erjegt umd nach der zu Pindaros und Ariftophanes verfaßt haben joll.
Heimfehr verbannt. Daj. 3, 1,8. Doc hatte er| Thoon, Bor, 1) Gigant, von den Moiren
jpäter (392) wieder ein Kommando in Ajien und | getötet. Apollod. 1,6,2. — 2) Troer, von Odyſſeus
machte Züge gegen dem perfiichen Befehlshaber in | getötet. Hom. II. 11, 422. — 3) Sohn des Phai-
Borderajien, Struthas, wurde aber von biejem | nops, mit jeinem Bruder Zanthos von Diomedes
überfallen und niedergemadht. Xen. Hell.4,8,17ff.| erlegt. Hom. II. 5, 162. — 4) Phaiafe. Hom.
Diod. Sie. 14, 99. — 2) ein Spartaner, ermorbete | Od. 8, 113,
324 v. E. den Harpalos (j. d. 1.), Schagmeifter| Thoösa j. Odysseus.
Aleranders des Gr., auf deſſen Flucht, bemächtigte Thoranius, Legat des Metellus in Spanien,
ſich jeines Geldes und unternahm einen Zug gegen | unterlag im Kampfe gegen Sertorius und fand
Kyrene. Nachdem er mit wechjelndem Erfolge ge: | jeinen Tod in der Schlacht, 79 v. C. Plut. Sert. 12.
fämpft hatte, fiegte er in einer Schlacht und zwang | Thorax, Bruftharniich, j. Waffen, 2.
die Stadt fich zu ergeben. Später von Ophellas Thorli. Dazu gehören: 1) Sp. Thor., Ur-
geichlagen und gefangen, erlitt er in Apollonia | heber des nad) ihm benannten agrarijchen Geſetzes,
den Kreuzestod, 322 dv. E. Diod. Sie. 18, 9 ff. war wahrſcheinlich 111 v. C. Volkstribun. Cie.
Thisbe, ®ioßn, 1) Stadt des ſüdweſtlichen Brut. 36, 136. — 2) 2. Thor. Balbus, An:
Boiotieng, auch Mopßaı, auf einem jüdlichen Bor: | hänger der epifureiichen Philofophie, ftammte aus
berge des Helifon, unfern der Küfte, an deren | Lanuvium und wird von Cicero erwähnt (fin.
Felſen viele wilde Tauben niften, daher jchon bei | 2, 20, 63 ff.) — 3) M. Thor., befehligte 47 v. E.
Homer (11.2, 502) rolurgjowor ®doßn. Strab. | Truppen in Spanien, die ſich gegen Caſſius empör:
9,411. Ruinen von Mauern und Türmen bei Dom: | ten. Caes. b. Aler. 57.
brena und Kakoſi. — 2) eine boiotiſche Nymphe, Thorikos j. Attika, 18.
nad der die gleichnamige Stadt benaunt war. —| Thornax, Ooopvaf, 1) Berg in Argolis im
3) ein jchönes Mädchen in Babylon, Geliebte des | Gebiet von Hermione, ſpäter Koxxöyıog, meil
Pyramos. Da die Eltern die Verbindung der | Zeus dort in einen Kudud verwandelt jein jollte.
Liebenden nicht zulafien wollten, beiprachen fie fich | #aus. 2, 36, 1. — 2) Berg in Lakonien zwiſchen
oft heimlich dur eine Spalte in der Wand ber | Sparta und Gellafia, mit einem Heiligtum des
beiden aneinander ftoßenden Häuſer und verab: | Apollon. Hat. 1, 69. Pol. 2, 66. Paus. 3, 10, 8.
rebeten einjt, am Grabe bes Ninos unter einem | Thrakia, n Bpnixin, Ogaun, Thracia, bezeid):
Maulbeerbaum zufammenzufommen. Thiſbe fand | nete in den älteften Zeiten den ganzen Norden
fid) zuerft ein, floh aber, als fie einen Löwen ſah, Europas oberhalb Griechenlands, vom Bontos weit:
der in der Nähe ein Rind verzehrt hatte, umd lich bis zum Strymon, ja jelbft Makedonia, und
verlor auf der Flucht das Gewand, das der Löwe | nördlich bis zum Savusfluß; fpäter bis zur rö-
zerriß und mit Blut bejudelte. Pyramos kam miſchen Herrichaft mwenigftens das Land bis zum
jpäter herbei, glaubte, Thijbe jei erwürgt, und er: | Jiter oder Danuvius; im römischer Zeit endlich
ftach fich unter dem Dtaulbeerbaum, dejien Früchte | nur das Land bis zum Daimosgebirge, wogegen
von da an rot find. Thijbe fand den Leichnam | der nördliche Teil bis zum Danuvius Möfia hieß.
und tötete jich gleichfalls. Ov. met. 4, 56 ff. Das Land galt als kalt, rauh, unfrucdhtbar (Xen.
Thoas, ®öas, 1) j. Orestes. — 2) König An. 7, 4, 3), war aber im ©., wo es durch das
von Lemnos (Hom. Il. 14, 230), Bater der Hyp⸗ Gebirge gegen den Nordwind geſchützt war, mild
fipyle und des Sikinos. Als die Lemmierinnen | und fruchtbar. Die Thrafer (Opünxes), ein Haupt:
alle Männer der Inſel töteten, wurde er von jpeig der inbo:enropäiichen Völlerfamilie und jeit
jeiner Tochter verborgen und gerettet, aber jpäter | den älteften Zeiten in ihren Sigen, ftanden (mie
von den andern frauen entdedt und getötet; oder ſich aus ihren religidjen Kulten und den Sagen
er entlam nad) Tauris oder nach der Inſel Dinoe | von Orphens ſchließen läßt) auf einer ziemlich
bei Euboia, die dann Sifinos hieß. Hygin. fab. 15. hohen Kulturftufe; fie waren jehr friegerijch, darum
Apollod. 1,9, 17. 3, 6, 4. — 3) Sohn des Jaſon nennt Bergil (A. 3, 13) das Land terra Mavortiu,
und der Hypſipyle (j. d.), Bruder des Euneos. — | dagegen Feinde des NAderbaus und eines jeßhaf:
4) Sohn des Dionyjos und der Ariadne. — 5) Sohn | ten Lebens und unfähig zur ——— geordneter
des Ilarios und der Periboia, Bruder der Pene- Staaten. Verrufen waren fie wegen übermäßigen
lope. Apollod. 3, 10, 6. — 6) Sohn des Andrai: | Weingenufles. Hor. od. 1, 27, 1f. Die Schidjale
mon und der Sorge, König und Anführer der des Landes find im ganzen wenig befannt. Ale—
Yitolier vor Troja. Hom. 11.2, 638.4, 529.18, 216. |xander führte Krieg mit thrafiihen Bölfern, im
15, 281. — 7) Sohn des Ornytion oder Ornytos. — war das Reich der Odryſen (j. d.), vor⸗
Paus. 2, 4, 3. — 8) Troer, von Menelaos erlegt. übergehen waren im 3. Jahrh. eingedrungene
Hom. Il. 16, 311, Gallier mächtig. Craſſus unterwarf dann ben
$oioz (zevraveior) j. Bovin. ‚nördlichen Teil von der Donau bis zum Haimos,
Thomas, Oouzs, mit dem Beinamen Magister, ‚der von nun an Möoſia hie und im J. 11 v. E.
Mayıorgog, nahm als Mönd den Namen Theo: | Provinz wurde; der jüdliche, Thrafien im engeren
dulos an und lebte zu Anfang des 14. Jahrh. | Sinne, wurde 80 v. €. zuerft fiegreidh von den
Außer einer beträchtlihen Unzahl Reden, die | Römern befriegt, 46 n. E. als Provinz Thracia
77*
1220 Thrases Paetus — Thrasybulos.
organifiert, vollftändig erjt 62 n. E. unterworfen. des Dichter Perjius und Mitglied des römiſchen
— 1) In diefem engeren Thrafien waren bie | Senats unter Nero, der ihn perjönlich ehrte und
Hauptgebirge Haimos, dann im Südweſten Sko— ſchätzte. Tac. ann. 15, 20f. 16, 22. 34. Plin. ep.
mios, nach Makedonien zu Orbelos, dem Aigaii- 3, 16. ber der in altrömijcher Strenge aufge:
ihen Meere zu Rhodöpe Die bedeutenditen | wachiene Mann ertrug die Graufamfeiten des
Flitfie waren der weitliche Grenzfluß gegen Mate: | Herrichers, deſſen Tyrannei immer unerträglicher
donien Neftos, Hebros mit mehreren Neben: | wurde, mit innerem Unmute, enthielt jih, um
flüffen, bei. Ergines (j. Ergene), der Melas, | jeine Gejinnung zu befunden, der Teilnahme an
an dem gleichnamigen, die Nordmeitjeite des thra: | den Senatsfigungen (Tac. ann. 16, 28; vgl. 14, 12.
fiichen Eherjones bildenden, Bujen; auf dem Eher: | 16, 21) und mied alle zu Ehren des Kaijers be:
jones das in den Hellespont fallende Ziegenflüßchen, | gangenen FFejtlichkeiten, ja jelbjt das Theater, um
Nigospotamoi, befannt durd die Stat 405 | nicht Noms Herricher auf öffentliher Schanbühne
v. C. Bu den Seen gehörte der See Biftönis, | jehen zu müſſen. Dio Cass. 61, 20. 62, 26. Sein
j. Buru⸗göl, öftlich von Abdera, und der Lagunen: | ganzes Wejen verriet Mißmut über den Lauf der
jee Stentöris, von einem Arm des Hebros ge: | Öffentlichen Angelegenheiten (Suet. Ner. 37), wes-
bildet, nahe am Meere bei Ainos. Unter den | halb perjönliche Feinde ſich des Kaiſers Unwillen
vielen, untereinander zwieträchtigen Völkerſchaften über Thraſea zu nutze machten, ihn anklagten und
jind zu merfen: die Kikdnes am Hebros längs ſeine Verurteilung im Senate bewirften. Man
der Küfte, die Odryſai, auch in der Ebene des |lich ihm die Wahl der Todesart; mit heiterer
Hebros, die Bejjoi, am Haimos, die Biftd- | Miene ließ er fich die Adern öffnen und farb mit
nes, am See gi. R. und am Aigaiiſchen Meer. — | ftoiichem Mute, 66 n. C. Tac. ann. 16, 33. 35.
Die widhtigeren Städte (ſ. d. Art.) waren, zwiichen | hist. 2, 91. Sein Tod erregte — mermärg Be
Neftos und Hebros an der Küfte: Abdera (Ge: | veranlafte Lobſchriften, 5. B. von Arulenus Rufti-
burtsort Demokrits), Dikaia, Maroneia, Me: cus. Tac. ann. 11,26. Agr. 2. Er jelbft hatte eine
jambria, weiter öſtlich Ainos; auf dem thrafiichen | jolhe auf den jüngeren Cato verfaßt. Plut. Cat.
Cherſones: Kardia, Elains, Kallipolis, | min. 37. Thr. ift eine der edelften Ericheinungen
Seftos, Lyſimacheia; an der Bropontis: Ganos, | in den düfteren Zeiten der römischen Katjer, wenn
Bijanthe, Perinthos, Selybria (j. Silivri); | auch eine gewiſſe Starrheit ihm nicht abgeſprochen
Byzantion am thrafiichen Bosporos; am Bon: | werden kann.
tos: Salmydeſſos, Apollonia, Anchialos, Thrason, Op«sor, 1) aus Attila, jtand den
Mejambria; im Innern: Philippopolis, Ha— —— Flüchtlingen bei der Befreiung ihrer
drianopolis, Trajanopolis u.a. — 2) Möſia | Baterjtabt bei und machte ſich dadurch bei den The:
(Mvsia n &v Erhgemrn), zwiſchen Haimos und | banern jehr beliebt. Dem. de cor. p. 237. — 2) Erz:
ter, zerfiel jeit Beipafian in die beiden Provinzen | gießer um 320 v. E., der nach Plinius (34, 8, 19)
Moesia superior (weftlih) und M. inferior öſtlich), Sthleten, Bewaffnete, Jäger, Opfernde bildete
geichieden durch den Fluß Kibros (j. Tzibritza) Weihgeſchenle im Tempel der Artemis zu Ephejos,
bis zu jeiner Mündung in den Sfter; jeıt Dio: | von ıhm gearbeitet, erwähnt Strabon (14, 641).
cletian in 5 Teile: Moesia prima (weftlich) mit | — 3) Freund des Herrichers Hieronymos von Su:
der Hauptſtadt Wiminacium, Dardania, der|rafus. Zav. 24, 5. — 4) eine ftehende Perſon in
jüdlihe Teil des weitlihen Landes am Stardos, | der neueren Komödie, die den Prabler (miles glo-
mit Scupi (j. wahrjceinlich Leskovatz), Dacia | riosus) darftellte.
Ripensis, das nördliche Mittelland, mit Ratiaria,| Thrasybülos, @paovßoviog, 1) Protane, dann
j. Artſcher, Dacia interior, das füdlihe Mittel: | Tyrann von Milet, Zeitgenofje und Freund des
land, mit Sardica, Praevalitana mit der Haupt: | Beriander von Korinth (Hdt. 5, 92), Gegner dei
ftabt Scodra. Moesia secunda dagegen, der | Alyattes von Lydien und jeiner Vorgänger Ardus
öftliche Teil zwiichen Haimos und Danuvius, mit | und Sadyattes, gegen die er durch Lift die Un:
der Hauptitadt Marcianopolis, und Scythia (minor), abhängigfeit der Stadt behauptete. Hat. ı, 20f.
der norböftlihe Stridd am Pontos, mit Tomi, | — 2) Tyrann von Syrafus, als Nachfolger feines
waren zu Thrakien geichlagen worden. — Die | Bruders Hieron, 466 dv. E., wurde jchon im elften
lüffe des Landes waren: Drinus, Margus, | Monate jeiner Herrichaft wegen jeiner Gewaltthätig
Kiabros (Kibros) u. a. Die Eimmwohner (Moesi, | feiten, bei denen er jich auf fremde Mietätruppen
Mvsoo() zerfielen in mehrere Bölferjchaften, unter | ftüßte, von den empörten Syrafufiern mit Hülfe
denen die bedeutenditen die Zriballoi im W., ihrer Verbündeten vertrieben und lebte fernerhin
die Beufinoi an den Donaumündungen, im ©. | als Privatmann bei den Lokrern. Arist. pol. 5, 9,23.
die Krobyzoi. — Außer dem jchon genannten | Diod. Sie. 11, 67. — 3) Sohn des Lylos aus
Hauptftädten jind zu merken: Singtdunum, | dem Demos Steiria (6 Lreigıevg), ein Mann von
Feſtung an der Mündung des Savus in den Da: | Kraft und Unternehmungsgeijt und ganz der Sache
nuvius (j. Semlin oder Belgrad?) Naijjus (j. der Demokraten ergeben, war (411 v. E.) unter
Niffa), Dejeus (j. Oreszomig), Duroftörum (j. | den Führern der (Flotte bei Samos mit Thraſyllos
bulgarisch Dofter, türkiſch Siliftria), Roviodu- | bejonders thätig, die 400 zu ftürzen und die De
num (j. Diakticha), Tomis (Tomoi, Tomi, j. mokratie wiederherzuftellen. Thuc. 8, 73. 75. Im
Tomisvar oder Jegni Pangola), Odeſſos (j. Kampfe gegen die Peloponnejier zeichnete er ſich
Barna) u. a. Strab. 7, 295. 318ff. 331. Plin. während der folgenden Jahre öfters aus, bejonders
4,11. Mela 2, 2. im Hellespont; an der Schlacht bei den Arginuſen
Thrasda Paetus, mit vollem Namen B. Elo: nahm er als Trierarch teil, war mit Theramenes
dius Thrajea Pätus, Gemahl der jüngeren beordert, die Sciffbrüdhigen aufzunchmen und
Yrria (j. Arrii, 7.), Schwiegervater des Helbi- wurde durd den Sturm daran gehindert. Xen.
dins Priſeus, war ein Freund und Verwandter Hell. 1, 6. 7. Nach der Einjehung der Dreißig
Thrasyllos — Thukydides.
wurde er verbannt, ging nach Iheben und vollen:
dete von da aus mit Mut und Klugheit die Be:
freiung jeiner Baterftadt (j. Dreilsig Männer).
Nahdem er mit den Seinigen in Athen eingezo:
gen, ermahnte er in der Bollsverfammlung zur
Biederherftellung der alten Verfaſſung und ftrengen
Befolgung der beichwornen Amneftie. Xen. Hell.
2,4. Plut. Lys. 21. Nep. Thras. 2. Just, 5,9.
Wie groß aud die Dankbarkeit des Volkes gegen
den Befreier und Wiederherjteller des Staates war,
jo wurde er doch, bejonders weil er feine Ber:
dienfte zu oft und zu laut geltend machte, von
andern Vollsführern ın den Hintergrund gedrängt. |
Aeschin. Ütes, 195. Er bemühte ſich dagegen, eine ,
Verbindung zwijchen Athen und Theben herbei: |
zuführen (Xen. Hell. 3, 5, 16. Plut. Lys. 29)
und befehligte 394 im forinthijchen Kriege. Zys.
16, 15. Als er 390 mit einer Flotte nach dem
Hellespont gejchidt wurde, ftellte er zwar die De:
mofratie und den athenifchen Einfluß in Byzanz,
Thaſos u. a. Orten wieder her (Dem. .
p. 475. Eubul. p. 1310), doch erhoben fich gegen
ihn Unflagen auf Veruntreuung des Stantseigen-
tums und WPlünderung der Bundesſtädte. Er
wurde bei Nacht durch die Einwohner von Aipens |
dos in Bamphylien, wo jeine Soldaten Gewalt:
thätigfeiten verübt hatten, in jeinem Zelte getötet,
389. Xen. Hell. 4, 8, 25 ff. Diod. Sic. 14, 94 ff.
Nep. Thras. 4. Dur den Tod entging er ber
gerichtlichen Berfolgung. — 4) aus Kollytos (6
Kolkvrıevg), ein Zeitgenofie des vorigen und Teil
nehmer an ber Befreiung Athens, ftand in großem
Anjehen bei den Thebanern, hatte viele peinliche
Prozeſſe zu beftehen (Dem. Tim. p. 742), wurde
mit 8 Schiffen nad Kleinaſien gejandt, verlor dieje
aber — an Antallidas, 387 v. C. Xen. Hell.
5, 1, 26f.
Thrasyllos, ®gdovilos, 1) athenijcher Feld—
herr am Ende des peloponnefiichen Krieges, trat
zuerſt bedeutend hervor als Vertreter der Demo-
fratie neben Thrafybulos, 411 dv. C. Nachdem er
in demjelben Jahre mit Thraiybulos die pelopon-
neſiſche Flotte als Strateg bei Kynoſſema bejiegt
und auch in der nächiten Zeit fich mehrmals rühm:
li hervorgethan hatte, fam er nach der Nieder:
lage des Antiochos bei Ephejos mit 9 andern an
die Spige der Flotte, befehligte (406) in ber
Schlacht bei den Arginujen 15 Schiffe und wurde |
nach der Schladht nebit 6 jeiner (demofratijchen)
Mitfeldherren abgejeßt und hingerichtet, weil fie
bei einem Sturme die Schiffbrüdigen nicht ge:
rettet und die Leichen nicht gejammelt hatten.
Thuc. 8, 73ff. 100 ff. Xen. Hell. ı, 2. 4. 5. 6,
Diod. Sie. 13, 39. 97 f. 101f. — 2) ein in Rom |
lebender griechiicher Aftrolog aus Rhodos, der den |
Tiberius in die Geheimmifje feiner Kunft ein:
weihete, jpäter aber jo jehr in Ungnade fiel, daß
er faum dem Tode entging. Mutmaßlich ift es
derjelbe, der fid) mit der Philofophie Platons be-
ichäftigte und feine Schriften nach Tetralogien
ordnete. Tac. ann. 6, 20 ff. Suet. Tib. 14. 62.
Thrasymächos, Opaovueyos, 1) aus Chalte-
don, geitgenofie des Lyſias, fam 430 v. E. nad)
Athen und beichäftigte ſich zunächſt mit Philojo:
phie, dann mit Rhetorif und dem Unterricht im
derjelben. Cicero rühmt jeine Darftellung und den
guten Rhythmus feiner Berioden (or. 12,39. 13,41); i
Platon zählt ihn zu den Sophiften und tadelt die
1221
allzugroße Kedheit und Schroffheit, womit er die
unfittliche ſophiſtiſche Anſchauungsweiſe verteidigte.
Bon jeinen Schriften, ſämtlich rhetorischen In—
halts, find nur einige Fragmente erhalten. Aus
Lebensüberdruß joll er ſich erhängt haben. Athen.
10 p. 454. ic. de or. 3, 32. Quant. 3,1,10. Mb:
ge von 8. F. Hermann (1848). — 2) Philo:
oph aus Korinth, Lehrer des Megarikers Stilpon.
Diog. Laert. 2, 113.
Thrasymödes, ®gpaovunöns, der tapfere Sohn
des Neftor und ber Anaribia, der mit jeinem
Bater nach Troja z0g und glücklich wieder heim:
fehrte (Hom. Il. 9, 81. 14, 10. 16, 321. Od.
3, 39. 414), Bater des Sillos, im mefjenifchen
Pylos begraben. Paus. 2, 18, 8. 4, 36, 2.
Oonvwdol |. Bestattung, 3.
Threnos f. Lyrische Poesie, 5.
Thria, Gocc, Heiner attijcher Demos, öftlich
von Eleufis, nad) dem das weite, für den Getreide—
bau bejonder3 geeignete Ogıdorov medion (Hat.
8, 65. 9, 7. Thuc. 1,114. Strab. 9, 392. 395) und
‚ein atheniiches Thor, al Ppıdowmı mikeı, genannt
waren.
Thriai j. Hermes, 1.
Thrinakia j. Helios und Odysseus.
Thronion, ®görsor, feite Hauptftadt der epi—
Ingmidiichen Lolrer am Fluß Boagrios. Im J.
429 v. E. eroberte fie der Athener Kleopompos,
im heiligen Kriege plünderten fie die Phofier,
worauf jie jedoch wiederhergeitellt wurde. Jetzt
Ruinen Palävlaftro von Bilrafi. Hom. Il.2, 533.
Thuc. 2, 26. Liv. 32, 35. 33, 3.
Thukydides, Oovavdiöns, 1) Sohn des Mele:
fias, aus dem Demos Alopefe, ein edler Dann
aus gutem Haufe, war Staatsmann und Redner
und übernahm nad dem Tode Ktimons, mit dem
er verwandt war, die Leitung der ariftofratiichen
Intereſſen. Er organifierte eine feſtgeſchloſſene
oligarchiſche Partei und brachte als führer der
Oppofition den Berifles oft in Schwierige Yage (Put.
Pericl. 8), doc unterlag er leßterem, indem er
(wohl 445 v. E.) mitteljt Oftrafiimos auf 10 Jahre
aus a entfernt wurde. Der von Thufybides
(1, 117) im jamijchen Kriege erwähnte Strateg
war biejer Th. nicht. Abhandlung von Hoffmanı
(1867). — 2) der Gejchichtichreiber, aus dem Demos
Halimüs, Sohn eines in Athen eingebürgerten
Ihrafers Dloros (Thuc. 4, 104) und durch diejen,
ſchwerlich auch durch jeine Mutter (Hegefipyle?),
mit dem Hauſe des Miltiades verwandt, war um
460 dv. E. (nad) der Angabe der Pamphila 471)
geboren. Durch jeine Abftammung fowie, nad)
einer indes nicht jehr zuverläjfigen Nachricht, durch
jeine Heirat ftand er in Verbindung mit Thrakien,
wo er bedeutende Goldbergwerke bei Stapte Hyle
hatte. Auf diefen Gütern und in Athen wird er
die erjten 40 Jahre feines Lebens verbradht haben,
die Staatöverwaltung des Perifles mit feiner leb:
haften Teilnahme begleitend; doch wifjen wir nichts
von der Belleidung von Staatsämtern, bis wir
‚ihn im achten Jahre des peloponnefischen Krieges,
als Brafidas in Thrafien eindrang, ala Strateg
an der Spitze einer athenijchen Flotte bei Thajos
finden. WUngeblih nun, weil er Eion behauptete,
dagegen zu jpät Fam, um Amphipolis zu beihügen,
in Wahrdeit wohl aus einem andern, uns unbe:
fannten Grunde, wurde er der mgodoci« angellagt
1222
und zum Tode verurteilt, entzog jich jedoch der
Strafe, indem er in die Verbannung (nad Italien,
Sicilien und Makedonien) ging (5, 26). 20 Jahre
verlebte er num fern von Athen, teild auf Reifen
Kunde einziehend über den Krieg, teils in Skapte
Hyle; erſt 404 fehrte er nach Athen zurüd, angeb:
li) (Paus. 1,23,9. Plin. 7,111) zurüdberufen durch
ein eigenes Pfephiima des Dinobios, ftarb aber
einige Jahre jpäter (als äußerſte Grenze ift 396
anzunehmen) entweder in Athen oder in Thrakien
eines gewaltjamen Todes und wurde in den fimo:
nilchen Gräbern beftattet. — Thufydides’ Bildung
wurzelte in den philofophiichen Anfichten und der
rhetoriſchen Technik, die damals in Athen Eingang
fanden. Die Angaben, dab er den Unterricht des
Antiphon oder Gorgias genofjen und den Anaxa—
goras gehört habe, laſſen fich nicht beweiien. Die
rzählung, daß er im feiner Jugend zu Olympia
den Herodot feine Geichichte vorlejen gehört und,
aus Bewunderung Thränen vergoffen habe und
‚wurde jogar &dzog geicholten. Das hauptjächlichite
‚Gewicht legt er auf politiiche Macht, beionders
dadurch für jein jpäteres Werk begeiftert worden
jei, enthält in der überlieferten Weife einen Ana:
hronismus und ift wahricheinlich ganz erfunden;
doc) fann die Vorleſung eines Abjchnittes in Athen
den angegebenen Einfluß auf den Jüngling ge:
habt haben. TH. erfaunte gleich beim Anfange
des Kampfes zwijchen den Athenern und Spar:
tanern, dab der Krieg ein bedeutender werben
würde (1, 1) und begann daher jofort jein Wert
swyyoapN egl tod moltuov rar Ilslonorrnolor
xcel Adnvalor. Das Beginnen bezieht fich indes
nur auf die Aufzeichnung des Einzelnen, nicht auf
die Kompofition. Sein gt
gewährte ihm Muße und Gelegenheit, von ben
ftreitenden Parteien den Stoff zu jammeln; bie
Ausarbeitung gejchah aber (nach Krüger und Elaj-
jen) erft, als er nach Athen zurüdgelehrt war, wie,
mehrere Beziehungen auf das Ende des Krieges
beweiſen (1, 93. 97. 2, 65. 100 u. a.), wenn dieje
nicht etwa, wie Ullrich in feinen „Beiträgen zur
Erflärung des Th.“ (1846) annimmt und mit
länzendem Scharffinn zu beweifen verjucht, in der
hon während der Berbannung vollendeten Ge: |
‚ Unter dem Namen des Marfellinos (ungewiß ob
ichichte des erften Abſchnitts des Krieges (des ſ. g.
archidamijchen Krieges) jpäter von ihm hinzuge—
fügt find. Das Werk wurde durch den Tod ab:
—— und geht nur bis zum Herbſte des 3.411,
owie aud) das letzte Buch nicht mit derjelben Sorg⸗
falt ausgearbeitet zu fein jcheint, wie die früheren
Teile. Nach einer Angabe joll erft Xenophon das
hinterlaffene Wert herausgegeben haben; dieſer
jowohl, wie Theopompos und Sratippos, fingen
ihre Darftellung da an, wo jTh. aufhörte.
ufenthalt in Stapte Hyle
Die
ung jegt vorliegende Einteilung in Bücher rührt
J. Bekler (1821), Haade (1820; Hl. Ausg. 1831),
nicht von Th. ſelbſt her, fondern vielleicht von
den alerandrinifchen Grammatitern. — Mit der
Geſchichte des peloponnefischen Krieges wollte Th.
ein rue 25 dei liefern zur Belehrung für Staats: |
männer in ähnlichen Berhältniffen. Dazu befähigte
ihn die Objektivität, die jeine eigene Perſon und
4. Aufl.), van Herwerden (1877 ff.) u. a.; Tert:
ausgg. von Seebode, Belter, Stahl, Böhme u. a.
Anficht ganz zurüdtreten läßt, die Wahrheitäliebe
und Unparteilichfeit, die ihn, obgleich er von An—
fang an fein Freund der damaligen Demokratie
war, auch nach der Verbannung nicht ungerecht
gegen jein Vaterland werden läßt, und der hifto-
riihe Scharfblid, mit dem er den Zuſammenhang
und die Gründe der Ereigniffe durchichaut. Dieje
legt er indes nicht in Reflertonen nieder, jondern
Thukydides.
läßt fie in der präciien Darftellung der Begeben:
heiten erfennen. Nur bei den tichtigften Be:
gebenheiten gibt er die Motivierung in den Reden
der beteiligten Perjonen, indem er ohne Zweifel
die wirflich gehaltenen Reden — treu über:
lieferte (1, 22); wenn einige Reden jo von ihm
nachgebildet wurden, wie fie gehalten fein fonn:
ten, jo find es jedesfalls politische Anfichten von
Individuen über beftimmt vorliegende Verhältniſſe.
— Ganz abweichend von Herobot ftellt er die Er-
eigniffe nicht nach romoı oder zoöroı dar, jondern
gruppiert fie nad den Jahreszeiten Sommer umd
Winter (5, 26), was mit der Art der Kriegführung
am bejten zu vereinigen war. Gottesfurcht er:
wähnt er bei Nifias u. a. als einen Charakterzug,
nicht als etwas Notwendiges, er zeigt den natür—
lihen Zuſammenhang der Vorzeichen ı7, 50), glaubt,
daß die Drafel der Wirklichkeit angepaßt find
(2, 54. 5, 103); gegen das Mythiſche hatte er eine
entichiedene Abneigung und großes Miftrauen; er
auf ihre Hauptftügen zernuer« und vavrınaor. —
Th. verband die gedanfenichtwere Beredſamkeit des
Beriffes mit dem altertümlich ftrengen Kunſtſtile
des Antiphon, die Schwierige Sprache ift der un-
mittelbare Ausdrud der Gedanken, treffend und
gedrängt (tb zdyog rg onuaclas, Dionys), ein-
fach und ungelünftelt, poetiich gehoben nur unter
dem Eindrud gewaltiger Ereigniffe; der Perioden:
bau ift jchlicht und bündig, einfach die Gedanken
aneinander reihend, feine ganze Ausdrucksweiſe
(im Dialekte des älteren Atticismns) hat etwas
Urkräftiges und Rauhbrüchiges (praefractum, Cie.
or. 39 f., to rgayb rüg konordeg bei Dionyfios),
wodurd er eben jeine große Meifterichaft beur:
funbete, die jchon von den Alten anerkannt ward
(Cie. de or. 2, 13: Thucydides omnes dicendi
artificio facile vieit); Dionys von Halikarnaß
bezeichnete ihn als den Gipfel der kunſtreichen
Darftellungsweife, und in der That erfcheint jein
Werk auch nach der Seite der Form als ein Pro:
dukt der höchften Fünftleriichen Vollendung. —
der römische Hiftorifer Ammianus Marc.) haben
wir eine Biographie des Th., die indes aus min:
deftens 3 verichiedenen Aufjägen zuſammengeſetzt
ift und viele Irrtümer und Verwechſelungen ent:
ält, von Dionyjios von Halifarnaf, der auf dem
Standpunkte eines jpäteren KRunftrichters fteht, eine
vielfach tadelnde Beurteilung feiner Darjtellung
und Eigentümlichkeiten. — Musgg.: Ed. prine.
1502; von H. Stephanus (mit der lat. Überſetzung
des 2. Balla, 1564 u. d.), Waffe und Duker (1731),
Söller (2. Aufl. 1836), Boppo (Hauptausgabe,
1821 ff.; Meinere Ausg. 2. Aufl. 1866 ff.; 3. Aufl.
begonnen 1886), Morftadt (1832 ff.), Krüger (3. Aufl.
begonnen 1860), Böhme (5. Aufl., bef. von Wib-
mann, 1882 ff.), Elafien (1862 ff., zum Teil in
Rofcher, Leben, Werk und Zeitalter des Thukydides
(1842). Krüger, Unterfuchungen über das Leben
‚des Thuf. (1832; Nachtr. 1839). Müller-Strübing,
thufybdideifche Forjchungen (1881). Betant, lexicon
hucydideum (1843 ff.). d. Efjen, index Thucy-
| dideus (1887).
Thule —
Tbyreatis. 1223
Thule, ®ov}.n, eine durch Pytheas von Maffalia | den Sehigefängen ſcherzhafte Neden und Gejänge
um 330 v. E. entdedte Inſel im nördlichen Ocean,
angeblih jchon unter dem Polarkreis gelegen,
6 Zagefahrten von den Orkaden entfernt und
40 000 Stadien im Umfang. Sie galt für den
nördlichſten Punkt der belannten Erde. Strab.1,63.
2,114. 4,201. Tac. Agr. 10. Verg.G.1,30. Ohne |
Zweifel ift darunter weder Island noch eine Ort:
lichkeit in Stanbinavien, jondern (auch nach Ans
deutungen bei Ptolemaios) die Gruppe der Shet—
landinfeln oder jpeziell die größte derjelben, Main:
land, zu verftehen. Bgl. die Monogr. von Redslob
(1855) u. Müllenhoff, deutjche Altertumst. 1. (1870).
Thumelienus j. Arminius, a. €,
Thüren j. Haus, 3. 5f.
Thurioi ſ. Sybaris.
BovVgtov 0905, Berg Boiotiens, deſſen Gipfel
Ogpboreyog hieß, jüdlich von Ehaironeia, auf dem
rechten Ufer des Kephifos, mit den Duellen des
Morios. Paus. 9, 41, 3. Plut. Sull, 17.
Thusnelda j. Arminius und, Segestes.
Thyädes (Thyiädes) j. Dionysos u. Thyia.
Thyämis, Ovauıs, Fluß in Epeiros, mündete
Kerkyra gegenüber an dem gleichnamigen Borges |
birge, j. Ralamäs. Thuc. 1, 46. Strab. 7, 324.
Cic. ad Att. 2,7.
Thyämos, ®v«uog, jüdlic vom amphilochiichen |
Argos gelegener Berg Alarnaniens, j. Pietala:
vuni. Thuc. 3, 106.
Thyateira, ®vdrsiıge, bedeutende Stadt im
Innern des nörbliden Lydiens am Fluß Ankos,
durch ihre Purpurwebereien und feinen Sitten
befannt. Hier bildete fidy eine der erften chriſt—
lihen ®emeinden. Jet Alhifiar. Strab. 18, 625.
Liv. 37, 87.
Thyella j. Harpyien.
Thyestes ſ. Atreus und Agamemnon.
Thyia, ®via, 1) Tochter des Kaftalios (oder
des Kephiſos, Hat. 7, 178), von Apollon Mutter
des Delphos (Paus. 10, 6, 4), joll zuerjt dem Dio-
nyjos geopfert und ihm Orgien gefeiert haben.
Deshalb hießen die attijchen Grauen, die jährlich
auf dem Barnak mit den delphifchen Thyiaden,
einem den mmthiichen Balchen nachgebildeten Kol:
legium priefterlicher rauen, die dionyſiſchen Or:
gien feierten (Paus. 10, 4, 2), nad) ihr Thyiaben.
Sie weift alſo auf eine Verbindung des Apollon:
und Dionyſoskultus zu Delphoi hin. Ihr Name
bedeutet die ftürmende, deshalb opferten in —*
heiligen Bezirk die Delphier den Winden beim
Heranrücken des Xerxes. Hdt. 7, 178. Aus dem—
jelben Grunde wurde fie mit Bofeidon in Verbin:
dung gebradht. — 2) Tochter des Deufalion, von
Zeus tter des Mafedon. |
Thymbra, ®vuußo«, @uußen, alte,. früh ver:
ihwundene Stadt am Fluß Thymbrios, nördlich
von Ilion. In der Nähe befand fid der Hügel
Kalkınolorn. Apollon hatte in Thymbra einen
Tempel. Hom. Il. 10, 430. 20,53. Strab. 13,598.
Thymbrära, Puußoxoe«, Ort Lydiens am Pa:
ttolos, wo ſich die den Perſern unterworfenen
Bölfer Kleinafiens zu fammeln pflegten. Xen. Cyr.
6,2, 11. 7,1, 46,
Thymöle, Svusin, bedeutet zunächſt einen
Opferaltar und in der älteften Geichichte bes atti= |
ſchen Theaters den Altar, um welchen die dithy—
rambijchen Ehöre an den Dionyjosfeften ihre Ge:
ſänge und Reigen aufführten. Nachher, als zu
ſich gejellten, betrat der Erzähler, einer aus dem
Ehore, den Tiſch, der neben dem DOpferaltar zum
Schlachten und Berteilen der DOpfertiere beftimmt
war. Dieſer Tiſch ift micht a verwechjeln mit
jenem DOpferaltare, Hvueln. Als nun im ge
das fteinerne Theater erbaut wurde, das nicht bloß
für dramatiiche Aufführungen, jondern überhaupt
für dionyſiſche Feſtlichleiten beftimmt war, erhielt
auch die Thymele in dem den Ehören angehörigen
Teile, der Orcheſtra, ihren Pla, und die tykliſchen
Chöre führten um diejelbe ihre Reigen und Ge—
jänge auf. Für die dDramatiichen Chöre aber wurde
vor dieſer Thymele, die in der Mitte der Koniftra
ftand, bis zur Bühne ein hölzernes Gerüfte, zu
dem Gtufen hinaufführten, aufgejchlagen, der
Standort und Tanzplat für den Chor der Tra:
‚gödie und Komödie. Nac Beendigung der Spiele
wurde diejes Gerüfte wieder abgebrochen (j. Thea-
'tron, 6.).
‚ Thymele in feiner Beziehung.
‚trat Die eigentliche und urjprüngliche Bedentung
‚der Thymele zurüd, und das Wort wurde fpäter
Demnach ftanden dieſe Chöre zur
Nah und nad
für die Orcheſtra jelbft gebraucht, jo daf man die
Ehoriften, Flötenjpieler und wer ſonſt noch auf
der Orcheftra fich befand, im Gegenfage zu den
Scaufpielern und Biühnenperjonen Thymeliker
(thymelici) nannte. — Im römijchen Theater
atte die Thymele als Wltar feine Stelle. Die
ömer kannten und brauchten nur den Namen,
womit fie den Zeil der Scene bezeichneten, wo
die Flötenſpieler und alle Mufifer jtanden, die
bei den Griechen die Orcheftra oder Koniftra inne
ehabt hatten. Später hieß jogar die Bühne jelbit
hymele, und alle Bühnenfünjtler ohne Unterſchied
Thymelifer. J
Thymoites, Guuoitys, 1) einer der Alteſten
Troja (Hom. Il. 3, 146), von Kylla Vater des
Munippos, der, mit Paris an Einem Tage ge:
boren, von Priamos jamt jeiner Mutter getötet
wurde, weil geweisjagt worden war, daß an diejem
Tage ein Knabe geboren würde, der die Berftö:
rung Trojas herbeiführen werde. Mus Rache
riet Thymoites zuerft, dad hölzerne Pferd im die
Mauern Trojas zu führen. Verg. A. 2, 32 und
Serv. — 2) Sohn des Oxynthas, ee König in
Athen aus dem Geſchlechte des Thejeus (j. Me-
lanthos), nach dem ein attifcher Demos benannt
war. — 3) ein Troer, Begleiter des Mineias, von
Turnus getötet. Verg. A. 12, 364.
Thyni, @vroi, friegeriihes Bolt Thrakiens,
von dem fpäter ein Teil mit den verwandten Bi:
thyniern nach Kleinafien (Bithynien) zog und fich
am GSangariosfluß niederließ. Xen. An. 7, 2, 22.
Strab. 12, 541.
Thynias, @®vridg, 1) Vorgebirge und Stadt
in Thrafien am PBontos Euxeinos, nordweſtlich
von Salmydefjos; jetzt Iniada. — 2) Inſel nahe
der bithyniſchen Küſte am Pontos, früher von
einem ApollontempelApollonia genannt, j. Kefken.
Thyöne j. Dionysos, 4.
Thyöneus, @vwvevs, Beiname des Dionyjog,
Ki
®v00xöot |. Priester, 1.
BOvga Broweög u. ſ. w. j. Haus, 3.
Thyreätis, @vgsürıs oder Kuvovgia, Kynu-
ria, hieß der an Lafonien grenzende Teil von
Argos (Thuc. 2, 27. 4, 56) mit der Hauptjtadt
1224 Tbyrion — Tiberius.
@vgealı) (Hat. 1,82) an dem gleichnamigen Meer: einen ernften Greis im bläulichen Gewande mit
bujen (j. Bai von Aftro). In den häufigen Kriegen | einem Schilfkranze. Sein jchönftes Bild ift der
der Argiver und Laledaimonier behielten 550 v. €. | Koloß im Museo Pio Clem. 1, 39, als der Sieg:
die legteren die Oberhand, und Kleomenes ficherte | reihe mit Lorbeer befrängt, in der einen Hand
durch den Sieg bei Tiryns 524 dieſen Beſitz. ein Ruder, in der andern eın Füllhorn, neben ihm
Hdt. 1, 82. 6, 76. Nachdem die Laledaimonier die Wölfin mit Romulus und Remus, deren
431 das Land den von dem Athenern vertriebenen ; Mutter unter dem Namen Jlia als jeine Gemahlin
Aigineten übergeben hatten, bemächtigten jih 7 Jahre | galt. Hor. od. 1, 2, 17.
darauf die Athener der Stadt, brannten fie nieder | Tiberis, ö Tißegis, d. h. Bergſtrom, der Haupt:
und führten die Bewohner fort. Thuc, 2, 27.4, 57, | ftrom Latiums (der Sage nad) von dem albanijchen
Ju der Folge ermeuerten die Argiver ihre Anz | Könige Tiberinus genannt, früher Aibula. Verg.
ſprüche und jeßten dieſelben durch Unterftügung | A. 8,332. @.4,369. Liv. 1,3. Oo. fast. 2, 3897. ),
Philipps von Makedonien auch durch. True. 5, 41. | entipringt auf dem Apenninus bei Tifernum im
Paus. 2, 20, 1. 7, 11,2. — Die Kynurier waren | Nordoften Etruriens, bildete im jüdlichen Lauf die
ein arladijch:pelaigiiches Volt und erft von den | Grenze Etruriend gegen Umbrien, das Sabiner:
Argivern dorifiert. Hat. 8, 73. land und Latium und durchfloß darauf im füd-
hyrion, ®veror, @ovgıov, Thyreum oder | weftlihen Laufe Latium. Er nahm eine Menge
Thyrium, Stadt in Alarnanien, jüdöftlich von | von Nebenflüffen auf: den Elanis rechts, Links:
Anaktorion, etwa 1 Stunde von der Küfte des | Tinia und Clitumnus, Nar mit dem Belimus
Ambrakliſchen Meerbujens, mit einer Eitadelle. Hier | und Himella, Anio, die feinem reizenden Lauf
wurden die Bundesverfammlungen der Alarnanen | vom Herbſt bis Frühling reichlich trübes Wafler
gehalten. Cie. ad fam. 16, 5. Tav. 36, 11. 38, 19. | zuführten (daher bei Dichtern flavus. Verg. A.
®veideg j. Lakonika, 3. ‚7, 31. Hor. od. 1,2, 13. 2, 3, 8. sat. 23,1, 8).
Thysdros, @vodoos, feite Stadt in der Land: | Bon Rom bis zu jeiner Mündung hatte er meijt
ihaft Byzacium (Provinz Afrika), ſüdweſtlich von 400 Fuß Breite und bedeutende Ziefe. Kurz vor
Thapjus. Dort wurde Gordianus 238 n. E. zum
Kaifer ausgerufen. Jetzt el: Dihemm mit großen
prächtigen Ruinen. Herod, 7, 6.
Bvooaysraı, Thyssagätae, ein von der Jagd
lebendes ſtythiſches Volk, nördlich von Sarmatia.
Die Flüſſe Lykos, Daros, Tanais durchſtrömten
ihr Gebiet. Adt. 4, 22. 123.
Thyssos, Guooos, Stadt auf der Alte der Halb:
infel Ehalfidife, unweit des Athos. Hat. 7, 22.
Thuc. 4, 109, 5, 35. j
Tiära, rıcga, ſchmiegſame Kopfbedeckung der
Meder und Berjer aus Filz oder Zeug; bei Fürften
und Prieftern fteif und aufrecht jtehend (recta).
Tibaröni, Tıßeenvod, Bolk in Pontos, zwiſchen
den Moiynoifern im D. und den Chalybern im
W., am Fluß Melanthios; im U. Teit. Tubal, in
den aſſyriſchen Inſchriften Tabal gen.; nach diejen
im 9. Jahrh. dv. E. noch bis an den Tauros ausge:
dehnt, jpäter gegen die Hüfte nad) Norden gedrängt. |
Hat. 3,94. 7,78. Xen. An. 5, 5,2. Strab. 12, 548.
Tiberias, Tıßegrag, bedeutende Stadt in Ga—
Iiläa am weftlichen Ufer des Sees Genezareth
oder Tibertas, erbaut von Herodes Antipas zu
Ehren des Kaiſers Tiberius. Sie ergab fih an
Reipafian und war dann mehrere Jahrhunderte
lang der Sitz einer gefeierten jüdijchen Alademie;
in der Nähe befanden ſich berühmte warme Bäder.
Die anjehnlichen Ruinen der alten Stadt liegen
jüdlih von der heutigen, die am 1. Januar 1837
teilweije durch ein Erdbeben zerftört wurde.
Tiberinus, der Gott des Tiberflufjes. Er joll
ein König von Alba geweſen fein, Sohn des Ca:
petus, der in dem Fluß Albula ertranf und ihm
dadurd den Namen Ziberis gab. Er wurde als
Indiges und Genius unter die Ortögötter verjegt
(Ov. met. 14, 614 ff. Liv. 1,3. Ov. fast. 2, 389.
4, 47) und als divus oder sanctus Pater ange:
rufen. Verg. @. 4, 369. A. 8, 31. 33 und Serv.
Liv. 2, 10. Sein Heiligtum war auf der Tiber—
injel, wo ihm am 8. Dezember geopfert wurde.
Spiele, die auch piscatorii hießen, wurden ihm
am 7. Juni jenjeits des Tiber gefeiert. Or. fast.
6, 237 ff. Vergil (A. 8, 31) jchildert den Gott als
feiner Mündung teilte er fih in 2 Mrme und
bildete an der Küfte eine der Venus geheiligte
Inſel, Insula sacra (noch jet Iſola jagra),
deren fabelhafte Entjtehung ſ. Lev. 2,5. Der jegige
Name ift Tevere, Tibro; der Heinere rechte Arm
heißt Fiumieino.
Tiberius, 1) Zi. Claudius Nero (j. die
Stammtafel unter Julii, 8.), römijcher Kaiſer von
14—37 n. C. war am 17. November 42 v. C.
dem Ti. Claudius Nero von der Livia Drujilla
geboren, die jpäter den Dctavian heiratete. Er
befleidete nacheinander die wichtigften Amter und
befämpfte 15 vd. E. mit jeinem Bruder Drufus
die Völfer der Alpen, nad deren Bejiegung er
(13) Konjul wurde. Well. Pat. 2, 39. Dio (ass.
64, 22. 25. Hor. od. 4, 14. Im Jahre 11. €.
mußte er ich, ganz gegen jeinen Willen, von
feiner Gemahlin Vipſania Agrippina, die ihm den
Drujus geboren hatte, jcheiden und Auguftus’
Tochter Julia, die Witwe des Agrippa, heiraten,
mit der er eine unglüdliche Ehe führte. Vell. Pat.
2,96. Suet. Tib.7. Im J. 12 war er bereits
gegen die empörten Pannonier gefandt worden,
die er auch in den folgenden Jahren befämpfte,
bis fie im 3. 9 einigermaßen zur Ruhe gebradt
wurden. Dio Cass. 54, 31 ff. 55, 2. In demjelben
Jahre eilte er nach Deutichland zu jeinem Bruder
Drufus, der bei einem Sturze mit dem Pferde
ſchwer verlegt worden war und nad 30 Tagen
ftarb; er fonnte dem jungen Helden noch die Augen
udrüden. Dio Cass. 55, 1f. Val. Max. 5, 5, 3.
I den Jahren S—7 führte er dann den Ober:
befehl in Germanien, ohne daß er große Thaten
dajelbjt ausführte. Hierauf finden wir den Tib.
(6 v. E.) in der Verbannung in Rhodos; Anlaß
zu diefem Entichluffe war das unerquidliche Ber:
hältnis zu jeiner Gattin und zu feinen Stiefjöhnen
E. und 2. Cäſar, die Auguftus als fünftige Thron:
folger dem Stiefjohn Tib. vorzog. Fell. Pat. 2, 99.
Suet. Tib. 10f. Tac. ann. 1, 53. Dio Cass. 55,9.
Erft ? u. C. fehrte Tib, zurüd und lebte als Pri—
vatmann, bi$ nad) dem Tode der nädjten männ—
lihen Sproſſen des Kaiſerhauſes Auguſtus den
Tiberius. 1225
Tiberius aboptierte (4 n. E.), wogegen diefer feinen ! zu machen, dem Kaiſer verraten, er jelbjt getötet,
Neffen Germanicus an Kindesſtatt annehmen mußte. | Macro an feiner Stelle an die Spitze der Garden
Suet. Oct. 65. Vell. Pat. 2, 103. Gleich darauf | geftellt. Damit hatte die Berbitterung des Kaijers,
begab er ſich nach Germanien, drang über die | von der er jchon immer erfüllt gewejen war, ihren
Weſer vor, gewann im folgenden Jahre die Elbe, | Höhepunkt erreicht: fie ward zum ärgjten Menjchen:
unterwarf durch einen Angriff zu Yande und vom | hafje und äußerte ſich im jchredlicher, Schauder
Meere aus die Nordjeefüften und zog (noch im | erregender Weile. Der Name des Sejan wurde
I. 5) gegen den Markomannenkönig Marbod (Tae, | von den Dentmälern getilgt (Tac. ann. 6, 2), feine
ann. 2, 26. 46), wurde aber aus feinen Unter- Familie völlig befeitigt, alle, die zu ihm in näherer
nehmungen im 3. 7 durch einen Aufftand in Ban: | Beziehung geftanden hatten, ohne weiteres als
nonien und Dalmatien (Dio Cass. 55, 29 f.) ab: | Teilnehmer an jeinem Verbrechen angellagt und
gruen, nach defjen Beendigung er, um die durch verurteilt. Anzeige folgte auf Anzeige, der Senat
arus' Niederlage gefährdete römiiche Waffenehre | war mit —— überhäuft. Kuet. Tib. 61.
wiederherzuſtellen, im J. 10 an den Rhein ziehen | Tac. ann. 5, 1.6. Dio Cass. 58, 14ff. Auch
mußte. rüdte (11) in Deutjchland wieder vor | Mgrippina (j. d. 1.) und ihre Sohn Druſus (j.
und lagerte mitten im Lande bis zum Herbſte. Drusi, 5.) mußten (33) fterben. Zwar führte der
Dio Cass. 56, 23 ff. Suet. Tib. 18. Vell. Pat 2,120, | greife Kaiſer auch nad) Sejans Sturz die Regie:
Anguftus belohnte ihn nach jeiner Nüdtehr für | rungsgeichäfte wie früher, aber jelbft feinen Freun—
jeine Berdienfte um das Reid) freigebig und über: | den gegenüber äußerte ji das unbändige Miß—
ließ ihm bei feinem Tode 14 n. E. das Weich, | trauen, das fich jeiner bemächtigt hatte, und durch
obwohl er ihn wenig liebte. Tib. trat. zunächſt die wachjende Unnahbarkeit des Herrichers wurde
in des Auguftus Fußſtapfen, defien Einrichtungen | eine Stodung im Gange der Geſchäfte hervorge:
ihm im ganzen als unantaftbar galten. Tac. ann, | rufen, zumal der Senat, nur noch des kaiſerlichen
4, 37. Daher hielt er, wenigftens in der erften | Winfs gewärtig, alle Selbftändigfeit verloren hatte.
Beit feiner Herrihaft, an dem Grundpfeiler der | Die dumpfe Verzweiflung, die die Gemüter in
augufteiichen Berfafjung, der Teilung der Gewalt Nom beherrichte, erreichte erſt ihr Ende, als Tib.
zwifchen Kaiſer und Senat, feit. Daj. 4, 6. Auch | am 16. März 37 ftarb, Die Überlieferung meldet,
blieb er dem Grundjage feines Vorgängers getreu, | er jei auf Geheiß Macros oder des Gaius Cäſar
das römische Reich nicht dur neue Eroberungen | (Ealigula) beim Erwachen aus einer Ohnmacht er:
zu vergrößern. Daſ. 6, 32. 1, 11. Deshalb haben | ftidt worden. Tac. ann. 6, 50. Dio Cuss. 58, 28.
unter ihm, abgejehen von den Kriegen gegen Deutich: | Zonar. 11, 2. Suet. Tib. 73. — Tib. war ein
laud unter Germanicus (j. d.), nur Örtliche Ruhe: | Mann von ftattlichem Außeren und bejaß große,
ftörungen ftattgefunden. Er gewann die Soldaten, | glänzende Uugen. Suet. Tib. 68. Die hervorftechen:
die in manchen Provinzen Dienftablürzungen und | den Züge feines Eharalters waren Berjchlofienheit
Zulage verlangten und Mentereien begannen; er | und Stolz, Kälte und Selbſtbewußtſein. Gunft
widmete der Nechtäpflege jeine Fürjorge und er: | der Mafje hat er mie erjtrebt und nie gewonnen.
ichien_felbft oft bei den Gerichtäfigungen; er trat | Die Menjchenverachhtung, die ſich zulegt bei ihm
dem Übermute der Schaufpieler und dem Unfuge | in jo fchredlicher Weife äußert, verjteht man, wenn
entgegen, der bei ihren Vorftellungen vorzulonmen | man fich die widerwärtigen Schidjale jeines Lebens
pflegte; er gr“ Erbichaften ab, die ihm zum | vergegenmwärtigt und vor allem bedenkt, daß der
Schaden der Hinterlaffenen des Erblaffers zuge: | einzige Mann, der fein ganzes Bertrauen gewonz
wendet werden jollten; er bedachte ohne ihre Schuld | nen hatte, ihn jchändlich verraten hat. Als Feld—
verarmte Senatoren mit reihen Schentungen; er | herr hat jih Tib. in jeinen jungen Jahren oft
baute Tempel und Heiligtümer und ließ verfallene | ausgezeichnet und niemals ift er bejiegt worden.
wiederheritellen; er forgte für den blühenden Zus: | Die Finanzen waren unter feiner Herrichaft wohl:
ftand der Provinzen. Doc als nad) dem Tode | geordnet, die Rechtspflege fiher und unparteitich,
des Germanicus der Garbepräfelt Sejanus (j. d.)| auch wurde von ihm, namentlich in Spielen und
des ſonſt jo zurüdhaltenden und argwöhniſchen Bauten, Sparjamfeit geübt. Frühzeitig gut unter:
Kaiſers unbegrenztes Vertrauen gewonnen hatte, | richtet, hatte er ſich beſonders zum Nedner ausge:
traten die undermeidlichen Nachteile der Militär: | bildet und war als jolcher praktiſch vielfach thätig,
monarchie in den Anfängen des Prätorianertums | doch war jeine Rede nicht frei von Affeltation
hervor. Sejan, der die Prätorianer in einem fejten | und Schwerfälligfeit. Suet. Aug. 86. Tib. 70f. Tae.
Lager vor dem Viminaliſchen Thore vereinigte | ann. 4,31. Auch gejchichtliche Arbeiten und dichte:
und hierdurch zuerft mit dem Bewußtſein ihrer riſche Berjuche werden von ihm erwähnt. Suet. Tib.
Macht erfüllte, ward vom Kaifer bald offiziell als | 61.70. „Die Kaijergejchichte kennt wenige in glei:
Mitarbeiter bezeichnet und benutzte jeinen Einfluß | chem Maße bedeutende und intereflante Gejtalten
in ausgedehntem Maße bei Beießung der Alter | wie die des Tiberius.” (Schiller). „Wie man aud)
und Offizierjtellen. Dio Cass. 57, 19. 21. 58, 2. 5. | über Kaiſer Tiberius urteilen möge — er 9 eine
Tac. ann. 4, 1f. Hiermit aber nicht zufrieden, | große welthiſtoriſche Miſſion erfüllt. Die vollſtändige
trachtete er jelbit nach der Kaiſerlrone. Zunächſt Eröffnung der Alpen, die Überwältigung Panno—
wurde auf jeine (und der Livilla) Veranlaffung | niens, aljo die Verbindung der Balfanländer mit
Drufus, des Kaijers leiblicher Sohn und erflärter | dem römischen Reiche, einige Erfolge in Germa:
Nachfolger, durdy Gift bejeitigt (23). Sodann | nien, dann die Beendigung der germanischen Kriege,
wußte er den Kaijer zu dem Entichluffe zu bes | worauf die Entwidelung von Deutjchland beruht,
wegen, Rom (26) auf immer zu verlafjen und nad | jind jein Werl. In dem römijchen Reich hat er
der Inſel Capreä überzufiedeln, während er jelbft | den Übergang der den Bürgerfriegen entiprungenen
in Rom die Regierung in den Händen hatte. Macht in eine haltbare Autorität, durch welche
(Endlich ward (31) fein Plan, ſich zum Herricher | die allgemeine Ordnung behauptet wurde, voll:
1226 Tibia —
zogen. Ein großer Mann war er nicht, aber ein |
geborener Herſcher.“ (Ranke). Monogr. von Wie: |
gand, Sievers, Paſch, Freytag, Stahr (Tiberius,
2. Aufl. 1873). Vgl. auch Schiller, Geichichte der
röm. Raiferzeit I, 1 ©. 248 ff. — 2) Tib. Julius
Alerander, aus einem jüdijchen, in Agypten
anſäſſigen Gejchlechte, Sohn des Alerander Lyſi—
machos, gab den Glauben feiner Väter auf, ges
langte durch feinen dem Katjer Claudius befreun:
deten Bater in Rom zu großem Anjehen, wurde
römischer Ritter und fam um 46 n. E. ala Pro:
furator nad Judäa. Später diente er in Afien
unter Eorbulo, 63. Tae. ann. 15, 28. Mero er:
nannte ihn zum Statthalter von Ägupten, wo er
einen Aufftand in Alerandreia blutig unterdrüdte,
etwa 66. Im J. 69 wirkte er eifrig zur Erhe:
bung Beipafians mit und erhielt in dem von Titus
geführten jüdiichen Kriege (70) den O:berbefehl in
Judäa. Tac. ann. 15, 28. hist. 1, 11.29, 2, 74. 79,
Suet. Vesp. 6.
Tibia, «ebAög, die Pfeife, Flöte, das gewöhn—
lichfte mufifaliiche Inſtrument bei den Griechen
und Römern, urjprünglich einfady und nur mit
Einem Loche verjehen, aus Schilfrohr, uöravkos,
»ehdurog, jpäter aus verjchiedenen Holzarten,
aus Buchsbaum bei den Phrugiern, aus Lotos bei
den Libyern und Phoinikiern, aus Epheu bei den
Agyptern; erft die Tyrrhener machten fie aus Metall.
Auch gab es Flöten aus Knochen und Elfenbein.
Unter den verichiedenen Arten der einfachen rag:
ten die Sadpfeife, deren Spieler dexaving ober
utricularius hieß, und die unferm Fagott ähnliche
Pfeife, ablög miAdyıos oder mAaylankos, hervor.
Sie hatte ein an der Seite der Nöhre liegendes
Mundftüd, man hielt fie jchräg, jo daß das obere
Ende faft das rechte Ohr berührte (Apul. met. 11
p. 245). Als ihr nder galt Midas (Plin. 7,57);
fie war ein Attribut der Satyın und der Beglei:
ter des Balchos (Serv. ad Verg. A. 11,737). Dem
Ban wurde auch die Erfindung der jiebenröhrigen
Dirtenpfeife, angıy&, fistula, zugejchrieben, an der
der Phrygier Mariyas, oder Hyagnis, oder Olym: |
pos die 7 Töne auf 2 vereinigte Greifen übertrug,
die auf Einem Mundftüde geblafen wurden, dem
durch die an der Seite angebrachten Löcher eben |
jo viele Töne entiprahen. Wie jchon Herobot
bei der Indiichen FFlöte eine männliche und weib:
liche unterfchied, jo hieß die tibia bei den Römern
dextra oder sinistra, je nachdem fie mit der
rechten oder linfen Hand geipielt, auf der rechten |
oder linken Seite des Mundes geblajen wurde,
womit aber bejonders eine Verſchiedenheit in der
Höhe und Tiefe des Tones bezeichnet wird. Die,
dextra tibia (der Baß) hatte 3 ober mehrere |
Löcher, die sinistra (Disfant) wenigftens 4, daher
pares und impares unterfchieden wurden, jo daß
paribus tibiis canere bedeutete: mit 2 rechten
oder 2 linken, imparibus, mit einer rechten und
einer linken blajen. Die tibia wurde beim Götter:
fultus (sacrificae), vornehmlich dem der Kybele,
für deren geräufchvollen Dienft die Doppelpfeife
gehörte, bei Hochzeiten, Leihenbegängnifien, Gaſt-
mäblern (ludierae), Bühnenftüden, Jahresfeſten
u. dgl. m. viel gebraucht. Sie begleitete oft den
Bejang und die Lyra. Auch zum Tonangeben
diente fie, 3. B. für den Taft des Ruderns auf
der ?lotte, für das Signal zum Angriff, für die
rechte Modulation der Stimme beim Reden oder
{
Tibullus,
Borlefen u. 5. f. Die Dichter ſprechen vorzugs
weife von der Indiichen, phrygiſchen und berefun
thifchen Flöte. Übrigens wurde fie micht bloß von
Männern geipielt; wuinreidesg werben bei ben
Alten oft genug erwähnt. ©. Musica.
Tibicen. Die Flötenbläſer waren in Rom jeit
der älteften Zeit und bildeten ein Kollegium.
Mehrere waren dem Staatödienft verpflichtet z. B.
bei Opfern, Liv. 9, 30), andere ftanden jedem zu
Gebote.
Tißıors, nach Hat. 4, 49 ein auf dem Haimos
entipringender bedeutender Nebenfluß des Iſter ın
Thrafien. Es ift vielleiht eine Verwechſelung mit
dem Tißıoxog (j. Temes) auf der linken Seite.
Tibullus, Albin, römiſcher Elegiter, ftammte
aus einer achtbaren Ritterfamilie, die wahricein:
lich infolge der bürgerlichen Unruhen und Kriegs:
verhäftnife einen großen Zeil ihres Bermögens
und Grundbefiges eingebüßt hatte. Seine Geburt
fällt um 54 v. E. Um das Jahr 32 kam er in
die Freundichaft des M. Valerius Mefiala Eor:
vinus (j. Valerii, 33.), der ihn im folgenden
Jahre in den Krieg wider Antonius mit fich zu
nehmen wünſchte; da ihn aber gleichzeitig die
Liebe zu der unter dem Namen Selia von ihm
gefeierten Plania feljelte, und der Reiz des Land:
lebens, das er auf dem ihm noch gebliebenen,
wenn auch vielleicht bei Gelegenheit der Aderver:
teilung N Landgute bei Pebum (in
regione Pedana, Hor. ep. 1, 4, 2) zwiſchen Tibur
und PBränefte zu genießen gedadhte, nach der Hei:
mat 309, jo lehnte er die Einladung feines ein:
flußreichen Gönners (1, 1) ab, entichloß fich aber
dennoc gegen den Ausgang bdesjelben Jahres, ihn
nah Wquitanien zu begleiten (1, 7, 9. 10). Im
Jahre 30 folgte er ihm auf feinem Zuge in den
Orient, wurde jedoch unterwegs durch eine ihm
zuſtoßende Krankheit genötigt, in Korkyra zu blei—
ben (1,3). Als er, davon genejen, nach Rom
zurüdtehrte, fand er jeine Geliebte frank (1, 5);
aber nad ihrer Wiedergenejung zeigte fich ihre
Untreue, die durch ihre baldige Berheiratung mit
| einem reicheren Bewerber beftätigt murde. Als
jein Gönner, aus dem Driente zurüdgelehrt, jeinen
Triumph über die Aquitanier hält (27 v. E.),
feiert er das Geburtsfeſt desjelben im danfbaren
Liede (1, 7). Wielleicht im Jahre darauf, 26, iſt
das erjte Buch der Elegien erjchienen, das ein:
ige, das dem Dichter jelbit herauszugeben ver:
Önnt war. Das zweite Buch behandelt insbe:
ondere die Liebe des Dichters zu der in mehreren
Elegien desjelben von ihm gefeierten Nemeſis (viel:
leicht ibentijch mit der Hor. od. 1, 33, 2 vorlom:
menden Glycera), in deren Liebe er noch ftand,
als im Jahre 19 oder 18, bald nad Bergil, ein
frühzeitiger Tod ihm ereilte. Das unter feinem
Namen gehende dritte Buch der Elegien, das,
von dem Geifte und Charakter der erſten beiden
abweichend, die objektive Darftellung des Liches:
verhältnifjes zwijchen einem Lygdamus und einer
Neära enthält, ift jchon 1786 von I. 9. Voß dem
Dichter abgeiprochen und neuerdings von Gruppe
dem Ovid vindiciert worden. Nicht bloß der In—
halt und Geift diejer Dichtung überhaupt, jondern
auch bejonders die Übereinftimmung ganser Berie,
die Ühnlichteit gewiſſer fpntaktiiher Eigentümlich:
feiten und endlich der Umftand, daß mach einer
Angabe in diefem dritten Buche (5, 17) der Did:
x
Tibur — Tigranes.
ter desjelben in dem Jahre 43 dv. E. (dem aner: |
fannten Geburtsjahre Dvids) geboren ift — was
ſich mit den Bebensverhäftniffen Tibulls laum
reimen läßt — ſcheinen ihm für die Autorichaft
Dvids zu fprehen. W. Zeuffel, Studien 465 ff.
der 2. Aufl, erflärt ſich jedoch mit Recht gegen
Dpid. Der, ziemlich mäßig begabte, Verfaſſer der
6 Elegien diejes Buchs gehörte jedesfalls dem
Kreife des Mefjala an, und das ift der Grund
gewefen, warum jeine Gedichte der Sammlung der
tibullifchen eimverleibt worden jind. — Bon den
Gedichten des viertem Buches jcheinen 2—7 und
13 und 14 von Tibull herzurühren; nicht von ihm
dagegen 8—12, die einer Dicdhterin namens Sul:
picia, einem römiſchen Mädchen, angehören, und
1, der jogenannte Panegyricus in Messalam in |
Hexametern, wahricheinlich eine Schulübung aus
ipäter Zeit, „das Werk eines Hungrigen Braten:
jängers, der vermutlich noch auf der Schulbank
ſaß“ (D. Nibbed). — Aus den Gedichten Tibulls
tritt uns ein liebenswürbiges Dichtergemüt ent:
gegen, das, von den Intereſſen der Zeit und Um—
gebung nicht befriedigt, in der Stille des Land—
lebens und dem Genuſſe einer reinen, fittlichen
Liebe jein Glüd jucht und daher in das Lob des
Yandlebens mit jeinen Beichäftigungen, feinen ge:
jelligen und religiöjen Feſten fich ergießt. Es iſt
etwas Elegiiches, aber nichts Satiriſches oder Iro—
nisches in jeinem Wejen; dabei hat er eine wahr:
haft reihe innere Ausbildung und eine Meifter:
ſchaft in der —— der Geſetze künſtleriſcher
Kompoſition, um deren Nachweiſung ſich beſonders
2. Diſſen Verdienſte erworben hat. — Ausgg.
(häufig mit Catull und Properz zuſammen) von
Broukhuſius (1708), Bulpi (1738 ff.) Heyne (4. Aufl.
1817), Voß (1811), Bach (1819), Huſchke (1819),
Lachmann (1829), Difien (1835, Hauptausgabe),
Haupt (mit Catull und Properz, 5. Aufl. 1885),
Roßbach (2. Aufl. 1866), Luc. Müller (2. Aufl.
u Bährens (1878), Hiller (1883, der beite
Tert).
Tibur, jegt Tivoli mit vielen Ruinen, uralte
Stadt in Latium, angeblich jchon vor Trojas ger
ftörung von den Enteln des Amphiaraos, Tibur:
tus, Koras, Catillus, erbaut. erg. A. 7, 670.
Hor. od. 1, 18, 2. 2, 6, 5. Gie lag auf beiden
Ufern des Anio, größtenteils aber auf dem linken,
an dem Abhange eines Hügel (daher supinum,
Hor. od. 3, 4, 23). Mitten in der Stadt bildete
der Anio einen raufchenden Waflerfall (praeceps
Anio, Hor. od. 1,7, 13). In der jchönen, frucht:
baren Umgegend hatten die Römer viele Land—
häujer mit reichen Obftgärten, von Bächen bewäflert
(Hor. od. 1, 7, 21. 3, 29, 6. 4, 2, 31. 3, 10); die
präctigfte Billa war die Hadrians. Tibur war |
ein Lieblingsaufenthalt des Horaz (ep. 1, 8, 12).
gl. Liv. 7, 11.18. 8,12. Tac. ann. 14,12. Verg.
A. 11, 757. Strab. 5, 238.
Tiburtius, Lucius, Gäjarianer, wurde 48
p. E. bei den erften Kämpfen mit den Rompejanern
verwundet. Caes. b. c. 3, 19,
TieYdas, Zeitgenofje des Eatull, Verfaſſer ero:
tiicher Gedichte, in denen er eine Metella unter
dem Namen Perilla bejang. Or. trist. 2, 433 f. |
Suet. gramm, 4. 11. Apul. apol. 10.
Tieinfus, P. Tie. Mena, joll 300 v. €. die
erften tonsores aus GSicilien nah Rom gebradit |
haben. Varr. r.r. 2, 11.
1227
Tieinum, Tixivov, Tixwor, j. Pavia, alte
Stadt im cisalpinischen Gallien, am linken Ufer
des Tieinus, unmweit feiner Mündung in den Ba:
dus, an der von Rom nad Gallien führenden
Hauptſtraße. Die Blüte der jpäter zum römischen
Municipium erhobenen, danı von den Hunnen
—— Stadt beginnt erſt mit der Herrſchaft
r Ditgoten. Strab. 5, 217. Liv. 21, 45. Taec.
ann. 3, 5. hist. 2, 17. 27. 68. 88,
Tieinus, Tıxivog, Tiatros, j. Ticino, Teſſin,
bedeutender linker Nebenfluß des Padus, der, vom
Mons Adula (St. Gotthard) herablommend, den
Lacus Berbanus (Lago Maggiore) durchfloß und
bei Ticinum in den Hauptſtrom mündete. An
feinen Ufern befiegte Hannibal den P. Cornelius
Scipio, 218 v. C. Liv. 5, 34. 21,39. 45.47. Strab.
5, 209. 217.
Tifäta, r& Tiyarıva öen, ein öftlich von
Capua gelegener Berg Gampaniens mit einem
Dianentempel, dem Sulla den ganzen Bezirk um
den Berg ſchenkte. Auch in den Samniterfriegen
wird T. genannt. Liv. 7, 29, 23, 36. 26, 5. Fell.
| Pat. 2, 25. Dio Cass. 42, 25.
2
Tifernum, Tipseror, hießen 2 Städte Um:
briens, deren eine von ihrer Lage am Fluß Me:
taurus den Beinamen Metaurense hatte (Lir.
9, 44. 10, 14), j. St. Angelo in Bado; die andere,
unfern der Ziberquelle, führte den Beinamen Ti-
berinum; j. Eitta di Caſtello.
Tigellinus, Sofonius, aus Agrigent, wurde
von Caligula 39 nm. E. wegen unerlaubten lm:
gangs mit jeinen Schweitern Agrippina und Julia
verbannt, von Claudius aber zurüdgerufen. Später
erwarb er jid durch die Zucht von Pferden für
Wettlämpfe das Wohlwollen Neros, wurde von
ihm mit Ehren überhäuft, wurde Präfekt der Prä—
torianer (Tac. ann. 14, 51) und nahm an allen
Ausichweifungen und Laſtern desjelben Anteil.
Taec. hist. 1, 72. Durch jeine Ränke fielen die
ebelften Männer, darunter Faijerlihe Verwandte,
jelbft Neros Gemahlin wurde auf jeinen Antrieb
verftoßen (Tac. ann. 14, 60). Auch aus Anlaf des
:/ Brandes von Rom wurde jein Name genannt
(daf. 15, 40), und zahlreiche Hinrichtungen trafen
infolge jeiner Hab: und Rachſucht die Teilnehmer
an der pijonijchen Verſchwörung (daj. 61). Als
Neros Sturz herannahte, verriet er ihn und trat
u alba über, mußte aber fein Leben vor der
ut des erbitterten Bolfes von Vinius durch un:
geheure Summen erfaufen. Nach Galbas Sturz
gab er, vom Bolfe wiederum zum Opfer gefor:
dert, fich jelbft den Tod. Tac. hist. 1, 72. Plut.
Oth. 2.
Tigellfius ſ. Hermogenes, 2.
Tigränes, Tıygarns, König don Armenien.
Diejes ar für einen Teil der großen orienta=
liichen Reiche, bis nach der Befiegung Antiochos’
d. Gr. durch die Römer fich die Statthalter Arta-
rias und Zariadris losrifjen. In Großarmenien
hielten fich die Nachfolger des erfteren bis 5 v. E.
Der bedeutendte war Tigranes II., 94—56 v. E.,
der ganz Armenien vereinigte, Die Parther be:
friegte, den Uberreft des ſyriſchen Reiches an ſich
brachte und durch Anfiedelung von Griechen aus
12 verödeten Städten Tigranoferta (j. d.) grün:
dete. Jedoch die Rerwandtichaft mit Mithridates
({. Mithridates, 2.) verwidelte ihn in Krieg
mit den Römern; von Pompejus befiegt, mußte
1228 Tigranokerta — Timaios.
er im Jahre 66 alle Eroberungen außer Arme: | Phil. 2, 11, 27. ad am. 12, 13. Sen. de ira 3, 30.
nien abtreten und fam in Abhängigkeit von den Suet. Caes. 82. App. b. ec. 2, 117. 4, 102. —
Römern. Just. 38, 3. 40, 1f. Plut. Lucull. 19 ff. | 37 Tribun und Senator, vielleicht, wie der vor-
Vell. Pat. 2, 33. Dio Cass. 36, 48 ff. hergehende, cimbrifcher Abftammung, da ihn Horaz
Tigranokerta, r& Tiyparöxsgr« oder 7, Tı- | (sat. 1, 6, 107 ff.) wegen jeines Mangels an Ans
yoaroxiora, d. i. Stadt des Tigranes, die von | ftand tadelt.
Tigranes (j. d.) um 80 v. E. auf einer Anhöhe | TreApwacıor oder Tılpovcıor, eine im Ge:
am Fluffe Nitephorios angelegte und ſtark be: | biet von Koroneia an der Südſeite des Kopais—
feftigte Haupt: und Nefidenzitadbt Armeniens. Nach | jees fteil auffteigende Felswand, ein Vorberg des
dem bor ihren Mauern erfochtenen Siege über | Heliton, j. Betra. Am Fuße des Berges befand
Tigranes (Herbſt 69 dv. €.) zerftörte Lucullus | jich eine Quelle, Tilphüja, und ein Grabmal des
einen Teil der noch nicht vollendeten Stadt, die | Zeirefias, der hier geftorben fein follte, auf dem
aber noch fortbeitand. Jetzt ift jie verjchwunden, | Berge ein Kaftell, ro TiApwsaio» genannt. Strab.
ihre Lage wahrjcheinlich weftlich oder norbweitlich | 9, 411. Paus. 9, 33, 1.
von Nifibis, am jüdlichen Fuße des Maſius (wicht | Timagönes, Tiuayerns, ein Alerandriner,
weit von Tel Ermen). Strab. 11, 522. 532. 539. | wurde Sklave des Fauftus Sulla, trat fpäter in
Tae. ann. 12, 50. 14, 24. 15, 4. Nom als Lehrer auf und verfahte zahlreiche Schrif:
Tigris, 6 Tiyens oder Tiyeıs, d. h. der —*5 ten, meiſt hiſtoriſchen Inhalts. Quint. 10, 1, 75.
im 4. T. Hiddelel, aſſyriſch Idiklat, j. Didichleh | Auguftus, den er durch freche Reden verlegt hatte,
oder Schatt, der befannte, in reißendem Laufe | verbot ihm jein Haus, weshalb Timagened aus
daherftrömende Fluß Afiens, entipringt aus meh: Rache jeine Gejchichte der Regierung desjelben den
reren Quellen in Armenien, einer weftlichen in | Flammen übergab. Hor.ep.1,19,1ö. Sen.ep. 91.
Sophene und einer Öftlichen im furdifchen Gebirge | de ira 3, 23. Curtius, Plutarh, Strabon und
(Gordaei montes) und tritt, nachdem er das Ge: Joſephos haben ihn benußt.
birge durchbrochen hat, in die Ebene ein. Dann! Timagöras, Tıuayöpas, 1) aus Kypros, Vater
nähert er ſich, nachdem er als linte Nebenflüffe | des Timonar, perjiihen Flottenführers gegen die
den großen und Heinen Zabatos (j. Zab), den | Griechen. Hdt. 7, 97f. — 2) Sohn des Athena-
Phyſtos und Dialas aufgenommen hat, als Grenz- | goras, Zeitgenofje des Pharnabazos. Thuc. 8, 6.39.
fluß zwiſchen Mefopotamien und Afiyrien in der | — 3) aus Tan, latedaimonischer Gejandter an
Gegend von Seleukeia dem Euphrat, mit dem | den perfiichen Hof, 430 v. E. Thuc. 2, 67. —
er durch viele Kanäle zufammenhängt, bis auf 4) aus Athen, Gejandter au den Perjerfönig Ar-
150 Stadien; nachdem er fich dann wieder von | tarerres, bei dem er mit Pelopidas zufammentraf
demjelben entfernt bat, ftrömt er in einem ſüd- und dieſen unterftügte, dafür nachher in Athen
lichen Bogen heran und vereinigt fich mit ihm bei | angeflagt und zum Tode verurteilt. Z’lut. Artax. 22.
der Stadt Ampe, worauf der vereinigte Strom (j. | Xen. Hell. 7,1. — 5) Philojoph aus Gela. —
Schatt el:Arab) unterhalb Charar Spajinu fich in | 6) epitureiicher Philojoph. Cie. acad. 2, 25, 80.
2 Armen in den Berfiihen Meerbufen ergießt. | — 7) Maler aus Challis, joll den Panainos in
Urjprünglich jedoch erftredte fich das Meer weiter | einem künftlerifchen Wettftreite bei den pythiſchen
nach Norden, und beide Ströme miündeten ge: | Spielen befiegt haben. Pin. 35, 58.
trennt. Welcher von beiden der Hauptftrom ſei, Timaios, Tiuckos, 1) ein Puthagoreer aus
darüber find die Meinungen ber Alten geteilt: | Lofri, den Platon aufjudjte, um von ıhm in den
die meiften nennen den Fluß auch noch nach fei: | Lehren des Pythagoras unterrichtet zu werden.
ner Bereinigung Tigris, vom heutigen Bajra an | Cie. fin. 5, 29. r. p. 1, 10. Suidas legt ihm ver:
Pajitigris, während andere unter diejem let: | jchiedene Schriften bei: urfnuarıxd, wrgl pv-
teren Namen den Eulaios (j. Karun oder Kuren) | eng, eine Schrift über Pythagoras; allein die
mit dem Kopratas (j. Disful:rud) verftehen, die | jchriftftellerifche Thätigkeit des T. ift jehr zweifel:
etwas öftlih von dem Hauptſtrom, doc durch | haft, und weit wahrjcheinlicher gehören dieje Schrif:
Kanäle verbunden, in den Berfiichen Meerbufen |ten einem jpäteren Pythagoreer an. Dies gilt
münden. Paſitigris (vom perfiichen pas, Fein) Jauch von der unter feinem Namen auf uns ge:
heißt dann der Meine Tigris, noch jetzt Didichleh: | kommenen Schrift megl Yuzäg “öonov xai pr-
Kudak. Strab. 11, 529. 15, 728. 16, 746, cıog (herausg. von de Gelder, 1836), vielleicht von
Tigurinus pagus j. Helvetii. demjelben Timaios verfaßt, den Plinius (16,22, 24.
Tilaventns, ein von den Carniſchen Alpen her: |2, 8, 6. 5, 9, 10) als Mathematiker bezeichnet. —
ablommender, Benetia durchtrömender Fluß Ober: | 2) ein Blatonifer, wahricheinlich aus dem 3. Jahrh.
italiens, der fid) ins Adriatiſche Meer ergieht; j. n. E., Berfaffer eines platoniichen Wörterbuches,
Tagliamento. von dem noch ein Teil erhalten ift (herausg. von
Tilii, 1) ©. Till, wurde 48 v. E. von Ruhnken, 1754 und 1789, wiederholt von Rod,
Cäjar nach Epeiros entjendet, um für Zufuhr zu | 1828 und 1833, ſowie in der Zürcher Ausgabe
jorgen. Caes. b. c. 3, 42. — 2) X. Till. Cimber, | des Platon). — 3) der Hiftorifer, aus Taurome:
vielleicht cimbrijcher Herkunft, wurde aus dem |nion in Sicilien, Sohn des Andromahos, um
eifrigjten Anhänger Cäſars fein erbittertfter Feind, | 352 v. E. geboren und von Philiſtos aus Miletos
I an der Verjchwörung gegen ihn teil und | unterrichtet. Bon Agathokles aus Sicilien ver:
gab das Zeichen zur Ermordung, indem er ihm, | trieben (um 317), lebte er 50 Jahre zurüdgezogen
als er die Zurücdberufung feines Bruders aus der | in Athen und verfaßte jein Geſchichtswerk, kehrte
Verbannung verweigerte, die Toga herunterrif. | dann im hohen Alter nach Sicilien zurüd und
Später verwaltete er Bithynien als Provinz, unter: | ftarb, 96 Jahre alt, 256 dv. C. Sein Hauptwert,
ftügte den Caſſius und fämpfte für ihn und Brutus | eine Geſchichte Siciliens von der älteften Zeit bis
mit großem Eifer als Flottenbefehlshaber. Cie. | Olympiade 128, umfahte etwa 40 Bücher. In
Timanthes — Timoleon. 1229
einem bejonderen Werke behandelte er die Kriegs- er diejen in zügellofen Schmähgedichten an. Auch
züge des Pyrrhos und jchrieb noch OAvumiorinaı, | mit Simonides von Keos, einem Freunde des The:
wahrjcheinlich chronologiiche Forichungen. Timaios | miftofles und jeinem dichteriihen Nebenbuhler,
hat von den Alten, insbejondere von Polybios, | geriet er in heftige Feindichaft, Die beide in beißen—
eine ſcharfe Kritik und harte Beurteilung erfahren, | den Satiren ausiprachen. Zuletzt ſoll er fich zum
wonach ihm alle und jede Befähigung zur Ges Perſerkönige begeben und dejien Gaftfreundichaft
ihichtichreibung fehlte. Pol. 12, 3—15. 23—28. genofjen haben. Die wenigen ung erhaltenen frag:
Und wenn aud Cicero (de or. 2, 14, 58) von mente (bei Bergk, poet. Iyr. Graec. III p. 536 ff.
diefem Urteile abweicht, jo darf es doch ala aus: | der 4. Aufl.) zeigen eine ftürmifch erregte Stim—
gemacht gelten, daß Timaios mehr Beruf zum | mung und eine unjchöne Heftigfeit. Abhandlung
gelehrten Sammler als zum Gejchichtsforjcher ges von Boedh (Opusc. IV p. 375 ff.).
habt und unter dem griechischen Hijtoritern feinen Timoläos, Tıuölcos, ſtand 395 v. E. an ber
der eriten Pläge eingenommen hat. Seine Werke Spitze der demofratiichen Partei in Korinth und
find untergegangen,, nur Fragmente find erhalten Tief; ſich durch perfiiches Geld beftimmen, die grie:
(geiammelt von Göller, de situ et orig. Syrae. chiſchen Staaten zum Kampfe gegen Sparta auf:
p. 209 ff., und Müller, fragm. hist. (iraee, || zubeßen. Xen. Hell. 3, 5, 1.4, 2, 11.
p. 103 ff). Bgl. Ereuzer, hiftorifche Kunft der) Timolöon, Tıuolswv, ein Korinther aus edlen
Griechen, ©. 311 ff., jowie die Abhandlungen von Geſchlechte, geboren um 411 v. E., reich gejchmüdt
Arnoldt (1841), Belod (1881) und Chr. Elajen | mit Tugenden, von janfter Gemütsart, aber voll
(1883). unverjöhnlichen Haſſes gegen die Tyrannei, willigte
Timanthes j. Maler, 4. ‚in die Ermordung jeines eigenen Bruders Timo:
Timasion, Tıuaclov, fämpfte unter dem jün: |; phanes ein, der jich zum Tyrannen von Korinth
geren Kyros und wurde bei dem Nüdzuge der | aufgeworfen hatte (Plut. Tim. 4. Nep. Tim. 1) und
10 000 zu einem der Anführer nad Klearchos' | lebte darauf gegen 20 Jahre zurüdgezogen von den
Ermordung erwählt. Xen. An. 3, 1,47. 5,6, 19ff. | Amtsgejchäften (Plut. Tim. 5 ff.), bis die Korinther,
6, 3, 14. 7, 3, 18, von der Tochterjtadt Syrafus bei der gänzlichen
Timävus, Tiuavog, ein aus 7 Quellen und | Zerrüttung ihrer inneren Berhältniffe um Hülfe
einem See entipringender, nur 2000 Schritt langer, angerufen, ihn mit einem Heinen Heer geworbener
aber waflerreicher Fluß Iſtriens, der die Grenze | Krieger nad) Sicilien jchidten, 344. Plut. Tim.
zwiichen Benetia und Iſtria bildete und in reißen: |3. 7 ff. Nep. Tim. 2. Er landete bei Taurome:
dem Lauf zwijchen Tergefte und Aquileja in den |nion, überwand viele Schwierigkeiten, jchlug den
Tergeſtiniſchen Meerbujen fällt; j. TZimavo. Strab. | Hiketas von Leontinoi, den die Syrakufier früher
5, 214. Liv. 41, 1.2. Verg. A. 1, 244. E. 8, 6. |gegen Dionyfios herbeigerufen, bei Adranon und
Tianua |. Dvln, 6., Staatshaushalt, Defebte einen Teil von Syrakus, während Hifetas
17. 11., Prozefs, 15. und Staatsformen, 8. noch den Stadtteil Achradina, Dionyſios Ortygia
Timökles, Tınuoxins, ein talentvolfer Dichter | mit der Burg, und die Karthager den Hafen inne
der neueren attifchen Komödie aus Athen, u. hatten. Diod. Sie. 14, 37. Plut. Tim. 11f. Doch
genoſſe des Demojthenes, den er neben andern | bald verließen fie diejen, und nachdem Dionyſios
Männern jedes Nanges angriff. Er war durch die Burg an Timoleon übergeben hatte, 343,
Bortrefflichteit des Stils und durch vielfeitige Be: | wurde auch Hiletas gezwungen, die Stadt zu
herrichung verichiedener Stoffe gleich ausgezeichnet. | räumen. Timoleon ließ die Burg, das Bollwerk
Seine Darftellung hatte Schwung, und jeine Cha- und Symbol der Tyrannei, niederreißen und machte
rafterzeichnung war fein. Vorzüglich gelang ihm |den Platz zur Malftätte der Volksgerichte; nad)
das Traveftieren tragiicher Stoffe. Bon 27 Dra= | einem Aufruf der Korinther zur Niederlaffung in
men find die Titel und Fragmente — ge: dem verödeten Syrakus ſollen 60 000 neue An—
ſammelt von Meineke, com. Graec. Ill p. 590 ff. | fiedfer hinzugelommen fein, an die Timoleon Land
(II p. 798 ff. der Heinen Ausg.), und Rod, com. | verteilte und Häufer verfaufte. Plut. Tim. 16 jf.
Att. fragm. II p. 451 ff. | Nep. Tim. 2f. Die freiheit begründete er von
Timokrätie |. Staatsformen, 9. neuem, indem er durch Kephalos und Dionyſios
Timokrätes, Tıuoxgarng, 1) aus Athen, Zeit: | die demokratischen Geſetze des Diofles revidieren
genoſſe des Demofthenes, von dem er heftig an: und wiederherftellen ließ; der Amphipolos des
gegriffen wurde. — 2) ein anderer Athener, der olympiſchen Zeus befam ald Eponymos den Vor:
ebenjo von Deinarchos behandelt ward. — 3) lafe: | rang unter allen Magiftraten, Timoleon aber
daimoniſcher Feldherr. Thuc. 2, 85. 92. — 4) ein | leitete mit der größten Lauterkeit der Gefinnung
Rhodier, Vermittler des 52 Satrapen Ti: die öffentlichen Angelegenheiten. Plut. Tim. 22 ff.
thrauftes, um die demofratiichen Führer in den Die Freiheit befiegelte er durch feinen Sieg über
Hauptſtaaten Griechenlands mit Geld gegen Sparta | die Karthager, die mit 80000 Manı landeten,
aufzumwiegeln. Xen. Hell. 3, 5, 1. — 5) epifurei- | aber am Krimiſſos in der Nähe von Egefta eine
ſcher Philojoph, Bruder des Metrodoros, aber in | volljtändige Niederlage erlitten, 342; im Frieden
manchen Anfichten von ihm verjchieden. Cie. n. d. | wurde der Fluß Halüfos als Grenze ihres Ge:
1, 33, 40. bietes beftimmt. Much aus den übrigen Städten
Timokr&on, Tiuoxgewov, aus Jalyſos auf | wurden die Tyrannen vertrieben oder getötet, jo
Rhodos, Igrifcher Dichter und Athlet, Beitgenofje | Hiketas von Leontinoi, Mamerlos von Katana,
des Themiftofles, deſſen Gaftfreund er eine Zeit | Hippon von Meffana u. a., und die befreiten
lang war. Als er aber wegen Berdacdhtes, den | Städte in ein Bündnis mit Syrakus aufgenom:
Berjern geneigt zu fein, aus Jalyſos verbannt | men (339). Gela und Agrigentum wurden aus
ward und durch Themiftofles auch mit Geld: | den Trümmern wieder aufgerichtet, Agyrion und
geihenten die Rückkehr nicht erlangen fonnte, griff | Namarina nen bevöltert; Reichtum und Wohlitand,
J
*
1230
Frieden und Ruhe erblühte durch ihn wieder in
Syrafus und auf ganz Sieilien. Plut. Tim. 30ff.
Als Wohlthäter und Befreier allgemein geadjtet
und verehrt und auch in der letzten Zeit, als er
gänzlich erblindet war, von vorwiegendem Ein:
fluß, ftarb er 337. Durch eine jährliche Toten
feier und das Grabmal Timoleonteum wurde
jein Andenken bewahrt, aber die Herrlichkeit des
Landes verſchwand bald nach jeinem Tode. Plut.
Tim. 35 ff. Nep. Tim. 3ff. Monographie von
Arnoldt (1850),
Timomächos, Tıuöuaxos, 1) atheniſcher gen
herr, der 367 v. E. dem Epameinondas den Über:
gang über das Gebirge Dneia am Iſthmos wehren |
jollte, es aber unterließ; defienungeachtet 361 zum
Befehlshaber der Flotte ernannt, die die atheni:
ſchen Handelspläge an der thrafifchen Küfte ſchützen
jollte, wurde er, als er auch diefen Auftrag jchlecht
vollführte, zum Tode verurteilt. Xen. Hell.7,1,41.
Dem. Polyel. p. 211. Phorm. p. 961. — 2) |.
Maler, 9.
Timon, T/uor, 1) aus Athen, 6 wiodvdow-
og, wie es jcheint ein mwohlhabender, freigebiger
und philojophiich gebildeter Mann zur Zeit des
peloponnejiihen Krieges, den die Berftimmung |
über die Verderbtheit der Zeit zum Haſſe gegen
das ganze Menfchengejchlecht führte. Durch eine
Menge von Anekdoten über ihn, ſowie durch häufige
Erwähnung der Komifer (Arist. Lys. 808. 812.
Av. 1549), wurde er für die alte und neue Zeit
zum allgemeinen Typus eines finfteren Menjchen-
hafjes erhoben. Dem Altibiades zeigte er eine ge:
wiſſe Zuneigung. Lukian (j. d.) zeichnet ihn in einer
bejonderen Schrift. Plut. Aleib. 16. — 2) aus
Phlius, ſteptiſcher Bhilojoph, daneben Rhetor und
Arzt um 280 v. E., ftarb, 90 Jahre alt, in Athen,
nachdem er an verichiedenen Orten gelebt und
gelehrt hatte. Inter mehreren Erzeugnifien jeiner
ichriftftelleriichen Thätigfeit waren am berühmte:
ften die 3 Bücher der Ziäloı (f. d.), parodierende
Hexameter, in denen bejonders der Dogmatiſmus
der philofophiichen Schulen befämpft wurde.
Timophänes, Tiuopdrns, Bruder des Timo:
leon (1, d.).
Timor, erjcheint neben Metus und Terror (über
Pavor und Pallor ſ. Ares) als Perſonifikation
im römischen Kultus mit befonderem Tempel; alle
dieje Wejen galten dem religiödjen Bemwußtiein für
feindielige, unterirdiic) wirkende Mächte. Bol.
Ov. met. 12, 60.
Timoth&os, Tıuößeos, 1) von Milet, Dithy-
rambendichter, j. Dithyrambos. — 2) Bild»
hauer um 350 v. E,, arbeitete mit Stopas, Leocha—
res u. a. an der Ausſchmückung des Maufoleions.
Plin. 36, 5, 4. — 3) Sohn des Konon, mit dem
er 393 dv. C. nad) Athen zurüdtehrte, und jo jchon
empfohlen durch den Namen jeines Baterd und
ererbten Reichtum, erwarb jich geiftige Bildung
und Beredjamkeit im Verkehr mit Iſokrates und
Blaton, bewährte ſich als Feldherr durch Tapfer-
feit und Umficht, ald Diplomat durch große Thä—
tigfeit und Gemwanbtheit, war aber auch den Ge—
brechen jeiner Zeit, namentlih der Schwelgerei
und Verſchwendung, ergeben. Im J. 378 war er
mit Chabrias und Kallıftratos ——— der gegen
Sparta ausgerüſteten Flotte. Indes war damals
das Anſehen des Chabrias noch vorwiegend; da—
*
Timomachos — Tingis.
gegen eroberte er 375 mit einer Flotte von
60 Schiffen, nachdem er die lakoniſche Hüfte ver:
heert hatte, Kerfyra, wobei ihn die Mäßigung und
Milde gegen die bejiegte Partei rühmlich aus-
eichnete (Xen. Hell. 5,4, 62), befiegte darauf den
partaner Nikolochos bei Leufas oder Alyzia (in
Alarnanien), 27. Juni 375, und veranlafte, ob:
gleih er aus Mangel an Geld den Sieg nicht
weiter verfolgen fonnte, zum Teil durch feine Siege
den Abſchluß eines Friedens, 374, der indes nicht
ganz zur Ausführung kam (daj. 6,2,1f.). Nachdem
er dann in Thrafien neue Erwerbungen gemacht,
jollte er wieder nach Kerlyra abgehen, das von
Mnafippos bedrängt wurde, verfäumte aber aus
Mangel an Hülfsmitteln die pafjende Zeit und
verlor den Oberbefehl (daj. 6, 2, 13. Dem. Tim.
p. 1186 ff.); es wurde jogar auf die Anflage der
Häupter der demofratijchen Partei, Jphikrates und
Kalliftratos, eine gerichtliche Unterjuhung über
ihn verhängt; durch Vermittelung jeiner Freunde
Jajon von Pherai und Alketas von Epeiros ent-
ging er jedoch der Berurteilung (Nep. Tim. 4),
begab fich aber auf einige Zeit nad Perfien, um
an der Wiedereroberung Ägyptens teilzunehmen.
Nach jeiner Rüdfehr veriöhnte er ſich mit Iphi—
krates, indem er deſſen Sohne Meneftheus jeine
Tochter zur Gattin gab, und war wiederum thätig,
die Seeherrichaft Athens zu befeftigen und der
thebaniſchen Macht Schranfen zu jeßen. 366 wurde
er mit einer Flotte abgejandt, um den perfiichen
Satrapen Ariobarzanes zu unterftügen; als es ſich
aber ergab, daß diefer jchon vom Perferfönig ab—
gefallen war, wandte er fich gegen Samos, das
in die Gewalt der Berjer gefommen war, und be-
freite e8. In den folgenden Jahren war er am
Hellespont thätig. Won Nriobarzanes, den Die
Athener und Spartaner unterftügten, jeitdem die
Thebaner mit dem Berjerlönig in Verbindung ge:
treten, gewann er Seftos und Krithote, eroberte
364 Torone, Methone, Pydna und Potidaia, be:
zwang die Chalkidier, machte aber vergebliche An:
griffe auf Amphipolis und Olynthos. Diod. Sie.
15, 81. Dem. Olynth. 1, 6. 10, Im Bundes-
genoffenfriege wurde er, nachdem Chabrias um-
elommen, mit Sphifrates an die Spike einer
* geſtellt, die gemeinſchaftlich mit Chares die
Bundesgenoſſen bekämpfen ſollte; als ſie jedoch
gegen den Willen des letzteren einer Schlacht
wegen eines heftigen Sturmes auswichen, wurden
ſie in Athen von demſelben der Verräterei an
geflagt. Diod. Sie. 16, 7.21. Dinarch. in Dem. 14.
in Philoel. 17. Iphikrates entzog fich der Ber:
urteilung, Timotheos wurde um 100 Talente be:
raft und begab fih in die Verbannung nad)
haltis, wo er ftarb. Nep. Tim. 3. Bald dar—
auf wurde feinem Sohne Konon die Strafe bis
auf 10 Talente erlafien, die er zur Ausbeſſe
rung der Mauern verwenden durfte. Bgl. Reh:
dank, vitae Iphicratis, Chabriae, Timothéi
(1845).
Tıuoöogor, der Rat in Maſſalia, der aus
600 Mitgliedern beftand, darunter 16 meosorürss
(Caes. b. c. 1, 35); in ihn ward feiner aufgenom-
men, ber nicht 3 Generationen hindurch bürger:
licher Abfunft war und Kinder hatte. Strab.4, 179.
Tingis, Tiyyıs, an der Nordfüfte Maurita-
niens, von den römischen Kaiſern (Muguftus, Claus
dius) jehr gehoben, phoinikijche Kolonie, Haupt-
A Turm mit 2 Simmern.
B Überwölbte Stammern.
© Galerie.
D Korridor mit Treppe.
E Eäulenhalle.
F Großer Vorhof.
G SW.-Ede des Balafies.
H Großes Fropylaion.
I Eäulenhalle.
K Slleined Propylaion.
L Großer Hof.
M Menaron der Männer.
M'Borjaal des Megarons ber
Männer.
Ae Vothalle des Megarons der
Männer,
AM Herd.
N Sleinere Höfe.
O Megaron dee Frauen,
P Überwölbte Kammern.
Q Eifterne.
R ®alerie der Oftmauer.
8 Schachte, 1876 gegraben.
T Nebenaufgang.
U Stellerräume.
V Ciſterne.
W Zurm im NW.
Die Oberburg von Tiryns (aufgen. von Dörpfeld).
X Sileine Treppe.
Y Eingang zur Mittelburg.
2 Mittelhof od. Hinterhof.
F Zurm im NO.
A Rampe des Hauptaufganges.
E Hauptthor.
© Thor der Oberburg.
A Altar im Hofe.
Z Funpdftelle d. Terracotten.
Z Thür zur Galerie R.
&® Mauer auf dem runden
Vorbau.
X Bad.
Y Treppe.
Tintinnabulum — Tisias.
jtadt der Provinz Tingitana jeit 42 n. C., wichtiger
Handelsplatz; j. Tanger. Mela 1,5,2. Plut. Sert. 9.
Tintinnabülum, Schelle oder Glödchen von
Metall. Man brauchte jie, um die SHaven früh
zu weden, und im öffentlichen Xeben, um Signale
zu geben. Auch das Bieh auf der Weide trug
tintinnabula,
Tiphys ſ. Argonauten.
Tiribäzos, Tigißafos oder T’ineißafog, ein
Berjer, früher org in Armenien und Rat:
geber de3 Königs Mrtarerres im Kriege gegen
Kyros (Xen. An. 4, 4, 4), wurde jpäter ——
Statthalter in Jonien (Xen. Hell. 4, 8, 12), und
wie er von Anfang an eine perjönliche Neigun
für die Spartaner hatte, jo fam bejonders —
ſeine Vermittelung der Friede des Antalkidas zu—
ſtande (daſ. 4, 8, 14ff. 5, 1, 30). Nach as
Abſchluß führte er eine perfiiche Flotte gegen
Euagoras von Kypros, wurde aber, als er jchon
mit diefem unterhandelte, von feinem Mitfeldherrn
Orontes verdächtigt und gefänglich eingezogen; er
vechtfertigte ſich jedoch — länzende Weiſe, 385.
Died. Sie. 15, 2.4. 8ff. Snäter diente er noch
dem Perſerkönig in einem Kriege gegen die Ka—
dufier am Kaſpiſchen Meer; als ihm derjelbe aber
nicht, wie er verſprochen, feine Tochter zur Ge:
mahlin gab, ftiftete er mit Dareios, dem älteften
Sohne des Königs, eine Verſchwörung an, welche
entdedt wurde und ihm das Leben koftete. Plut.
Art. 5. 24.
Tiridätes, Tietocirns, 1) ein Parther, der ſich
gegen Phraates IV., der die übrigen Mitglieder
der Arjafidenfamilie aus dem Wege geräumt hatte,
erhob, 30 dv. C. bejiegt und vertrieben zu Octavian
floh und von diejem geſchützt wurde, während jein
Gegner Hülfe bei den Skythen fand, 26. Hor. od.
1,26, 5. 3,8, 19f. — 2) Name mehrerer arme:
niicher Könige, jo eines Bruders des Barther-
fönigs Bolagajes I. (um 6 n. €). Tac. ann.
12, 50. Ziridates III., der Große, kämpfte mit
Süd gegen die Safjaniden und führte jeit 302
das Görhentum bei jeinem Bolte ein.
Tiro j. Tullii, 12.
Tirocinium fori war jpeziell die praftijche
Vorbereitung des jungen Römers zu den öffent:
lihen Staatsämtern und der Beredjamfeit. Andere
begannen ihr tirocinium in der militärischen
Laufbahn ald Mitglieder der cohors eines Statt: |
Zu dem Behufe des |
tiroein. forı wurde der junge Mann einem be-
rühmten und erfahrenen Staats: und Gejchäfts: |
manne übergeben, nad) deſſen Mufter und Beiipiel |
halters (vergl. Cohors),
er ji praftiich bildete, indem er ihn auf das
Forum und zu gerichtlihen Berhandlungen be-
gleitete und im deſſen jteter Umgebung an allen
wiſſenſchaftlichen Unterhaltungen (huius omnibus
dietionibus interesse) und Beiprechungen praf:
tiicher Fragen (altercationes et iurgia) hörend
und Icrnend teilnahm (pugnare in proelio dis-
cere). Tac. dial. 34. Cicero (Lael. 1) lernte bei
dem Augur D. Mucius Scävola und nad deſſen
Tode bei dem Pontifer Scävola (ut a senis la-
tere numquam discederem. Multa ab eo pru-
denter disputata — memorise mandabam, fieri-
que studebam eius prudentia doctior) und war
wieder Lehrer des Cälius (Cie. Cael. 4. Quint.
12, 11, 6). Das tirocinium fing früher mit dem
1231
jechzehnten Lebensjahres an (Suet. Oct. 8), doch
unter vorliegenden Berhältniffen mit Berichiebung
des Termind noch jpäter (Suet. Cal. 10) ober
noch früher (Tac. ann. 3, 29. 12, 41. Buet.
Claud.43). Über die äußeren Feierlichkeiten ſolcher
ftaatlihen Mündigfeitserflärung fiehe das Nähere
Erziehung, 17. j
Tiryns, T/ovrg, uralte Stadt in Argolis, jüd-
Öftlich unmeit Argos, der Sitz des Proitos und
Perſeus, ausgezeichnet durch ihre aus gewaltigen,
2 bis 3m fangen, 1 bis 1',, um hohen, Blöden er:
bauten bis zu 20m hohen Mauern (Kunlorsın
obgdrız reiyn, Eur. El. 1167), daher bei Homer
(Il. 2, 569) reıyıoesou. Apollod. 2, 2,1. Strab.
8, 372. Paus. 2, 16, 5. Zur Schlacht von Pla—
taiai ftellten die Tirgnthier mit den Mykenaiern
400 Hopliten. Hat. 9, 28. Als aber bald darauf
aus Argos vertriebene Sklaven, die Gymnejier,
fih der Stadt bemäcdtigt hatten, befiegten die
Argeier dieje und zerftörten die Stadt, deren Be:
mwohner teild nad) Argos, teild nach Epidauros
ingen, 465 v. C. Hat. 6, 83. Noch jegt finden
N von der Burg bedeutende Refte der Mauern
und im füdöftlichen Teile derjelben 2 mannshohe,
2m breite, lange, bededte Gänge (Galerien) von
unbefannter ———— ohne dei das ältejte
Baudertmal Griechenlands. — Die Burg lag jeit
ihrer Zerftörung wüft; aber am Fuße derjelben
entjtand eine neue gleichnamige Stadt, die in der
Ben nach dem peloponneſiſchen Striege blühte, zu
aujanias’ Zeit jedoch wieder verſchwunden war.
Ausgrabungen, die H. Schliemann im J. 1884
bier veranftaltet hat, haben höchſt überrajchende
Ergebnifje geliefert, mämlich die Überreſte eines
Königspalajtes der heroifchen Zeit mit dem ue-
yaoov ber Männer, das in jeiner vorn offenen
Borhalle und dem von Säulen getragenen Haupt:
faale das Vorbild des jpäteren helleniichen Tem:
pels erfennen läßt, und dem abgejonderten der
Frauen, einer «bl mit dem Altar des Yeus
Eonsiog und Spuren einer Säulenporticus, mit
Hallen, Höfen, Badezimmer, Thejauros (Vorrat:
fammer)u.j.w. Bgl. Schliemann, Tiryns. Mit Bor:
rede von F. Adler und Beiträgen von W. Dörpfeld
(1886). Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen
(1890), ©. 113 ff. Paus. 8, 33. gl. die Beilage.
Tisaion, rö Tioctor boog, hody in das Meer
auslaufendes Vorgebirge Thefjaliens in der Land—
ichaft Magnefia, mit einem Artemistempel; j. Kap
Bardzogia. Pol. 10,42. App. Mithr. 35. Liv. 28,5.
Tisamönos, Teıoauevdg, Tıoauerös, 1) Sohn
des Drefted und der Hermione, Bater des Ko—
metes, König der Achaier zur Zeit des Einfalls
der Herafliden in den Peloponnes, gegen die er
fiel. Apollod. 2, 8,3. Nach anderm Berichte führte
er, bon den Doriern befiegt, a. Achaier nad
Yigialeia, wo er in einem Kampfe gegen die
Jonier fiel. Paus. 7,1, 7f. Seine Gebeine wur:
den infolge eines Oralels von Helife nad) Sparta
gebracht. — 2) j. Theras. — 3) ein Athener,
beantragte 403 v. E. die Prüfung aller beftehenden
Geſetze, von denen jih mande nicht mit der
Amneftie vereinigen ließen, durdy einen aus dem
Senat und den Nomotheten gebildeten Ausſchuß
und die Nufzeichnung der geprüften ſowie Auf:
bewahrung in der königlichen Stoa. Andoe.
myst. 82 *
Beginn des fiebzehnten (ZAv. 22, 57), jpäter des, Tisias, Tioiag, richtiger Teisias, Toius,
1232
1) j. Stesichoros. — 2) aus Sicilien, einer der
älteften Lehrer der Nhetorit und Berfafler eines
Lehrbuches darüber, lebte im 5. Jahrh. v. C. in
Syrafus, Thurioi und Athen. Lyſias, Gorgias
und Sokrates follen feine Schüler gewejen jein.
Tisicnus Gallus, diente unter 2. Antonius
im perufiniichen Kriege als Legat, ſpäter unter
Sertus Bompejus, 36 v. E., und unterwarf fich
nad) deſſen Befiegung bei Naulochos dem Octavian.
Dio Cass. 48, 13. 49, 8. 10.
Tisikrätes, Tioıxgdrns, aus Sikyon, Erzgießer
und Schüler des Lyſippos. Plin. 34, 8, 19,
Tisiphöne j. Erinyes.
Tissa, T/oo«, Stadt im Innern des nördlichen
Siciliens, wahrſcheinlich nördlicd vom Atna bei dem
j. Randazzo. Cic. Verr. 3, 28. Sil. Ital. 14, 268.
Tissaphernes, Tıooaprgrng, ein Perjer, wurde
gegen den abgefallenen Satrapen in Sarbes,
Biffuthnes, gejandt, hierauf Statthalter der Küften:
länder Kleinafiend. Seit 413 lieh er ſich in Ber:
handlungen mit den Spartanern ein, um für die
ihnen gewährte Unterjtügung alles Land wieder
zu befommen, das früher dem Könige gehört hatte.
Thue. 8, 5. 18. 837. 58. Es wurde mit denjelben |
ein Bündnis geichlofien, doch ohne daß eine offene
und entjchiedene Unterftügung davon die Folge
war; um 411 wurden bon ihm jogar durch Alti-
biades Verhandlungen mit Athen angelmüpft, die
indes ohne Erfolg blieben. T’huc. 8, 45 f. 56 ff.
Als Kyros zum Oberfeldherrn in Kleinafien er:
nannt war, trat er mehr zurüd, begleitete ihn auf
feiner Reiſe nah Suſa (Xen. An. 1, 1, 2), wurde
ihm bald verfeindet und verflagte unaufhörlich den
Kyros am perfiihen Hofe, ohne den jchlaffen Ar-
tarerres aufrütteln zu fönnen. Xen. An. 1,1,3.
Hell. 3, 1,3. Im Kriege war er einer der vier
föniglichen Feldherren, lockte nady der Schlacht bei
Nunara die griechifchen Führer auf hinterliftige
Weiſe zu einer Unterredung und ließ fie gefangen
nehmen, worauf fie ermordet wurden. Xen. An.
2,5. Er fehrte dann zurüd als Satrap über ein
vergrößertes Gebiet; als er aber auch die ioniſchen
Städte unterwerfen wollte (400), wandten ſich dieje |
an Sparta, das den Thibron und Derkyllidas nadı |
Er führte den Krieg mehr durd) |
Alien ſchickte.
liftige Unterhandlungen und Sonderverträge als
mit den Waffen. Als ihn Agefilaos am Paktolos
in Lydien bejiegt hatte (395), wurde er abgejeßt;
jein Nachfolger Tithrauftes ließ ihn auf Betrieb
der Baryjatis gefangen nehmen und hinrichten. Xen.
Hell. 3, 1, 3ff. Diod. Sie. 14, 23. 26f, Plut.
Ages. 19 f. Art. 28.
Titan j. Helios,
Tisienus Gallus — Titianus.
"aller Götter (Hom. Il, 14, 201. 246 ff). Unter
| Uranionen find bei ihm nicht die Titanen, ſon—
dern die Olympier als Himmelsbewohner zu ver-
ftehen. — Als Uranos (Sohn der Gain, Hesiod.
theog. 126), der erſte Beherricher der Welt, jeine
Kinder, die Helatoncdheiren und die Kyflopen, ans
Haß in den Tartaro8 warf, beredete Gaia, dar:
| über erzürnt, die Titanen, den Bater vom Throne
zu ftürzen. Kronos ſchnitt dem Uranos mit einer
Hippe die Scham ab und warf jie ind Meer,
worauf Aphrodite aus dem Meere ftieg (aus den
' Blutötropfen, die auf die Erbe fielen, entitanden
die Erinyen, Giganten und meliihen Nymphen);
die Titanen aber befreiten die Hefatoncheiren und
Kyflopen und ſetzten den Kronos als Herrſcher ein.
Hesiod. theog. 153 — 210 (j. Kronos). Kronos
und die Titanen wurden wieder von Zeus und
feinen Geichwiftern, den olympiichen Göttern, ge:
ftürzt. Lange währte der Kampf zwilchen den
' Zitanen und Olympiern (Titanomadie), indem
jene vom Berge Othrys, dieje vom Dlympos aus
ftritten, bis Zeus die Helatondheiren und Kyflo:
pen, die Kronos wieder in den Tartaros verftoßen
hatte, für jih auf den Kampfpla rief und, von
jeinen Gejchwiftern unterftügt, mit dem Blig, den
ihm die Kyflopen gaben, die Titanen nieder:
ichmetterte. Sie wurden in den Tartaros ein-
geferfert und von den, Hefatoncheiren bewacht.
Hesiod. theog. 617 ff. Über die Bedeutung der
Titanen und der Titanomadjie j. Religion der
Griechen, 3. Mande von den Titanen, wie
Dfeanos, beteiligten fih nidt an dem Kampfe
gegen Zeus und wurden in der nen gegründeten
eltordnung in ihren Ehren gelafien oder mit
neuen Ehren betraut. Auch die in den Tartaros
—— Titanen wurden ſpäter, nachdem die
rdnung des Zeus jo feſt gegründet war, daß ſie
von ihnen nicht mehr gefährdet werden tonnte,
bon Zeus wieder gelöft und jöhnten ſich mit ihm
‚aus, Mit diejer VBerjöhnung des Zeus und der
Titanen ſchloß die Promethie des Aiſchylos. —
Nach jpäterer, pragmatifierender Mythenanſchauung
waren die Titanen ein wilder, übermütiger, dem
Zeus feindjeliger Menſchenſtamm auf Kreta.
Titaresios, Terxoprjsıos, linter Nebenflus des
Peneios in Thefialien, auch Europos genannt,
der die Landichaft Perrhaibia durchfloß und jüd-
öftlih von Phalanna in den Beneios mündete (j.
' Keragis), entitanden aus der Vereinigung zweier
Arme, eines größeren weftlichen, j. Burgaris, und
eines Feineren öftlichen, j. Elafjonitifos. Hom. Il.
2, 751. Strab. 7, 329. 9, 441.
Tithönos j. Eos.
Titänen, Tirares, die Söhne und Töchter des | Tı$ogta |. Parnassos.
Uranos und der Gaia: DOfeanos, Koios ıvon | Tithraustes, Tidoavorng, der Nachfolger des
Phoibe Bater der Leto und Afteria, Hesiod. theog. | Tiffaphernes (395 v. E.) als Satrap in Klein—
404 ff.), Krios (von Eurybia Vater des Aſtraios, | ajien, bewog den Ugefilaos, mit ihm einen Waffen:
Pallas und Perſes, daj. 375), Hyperion (vom | ftillftand einzugehen und fich gegen Bharnabazos
Theia Vater des Helios, der Selene und Eos, zu wenden; den Ahodier Timofrates aber jandte
daj. 371 ff), Japetos (Bater des Prometheus, , er mit 50 Talenten nad Europa, um durch einen
Epimetheus, Atlas, Menoitios, daf. 507 ff.), Kro= in Griechenland gegen Sparta erregten Krieg die
n08, Theia, Rheia, Themis, Mnemoſyne, | Zurüdberufung des Agefilaos zu erzwingen. Xen.
PBhoibe, Tethys. Jlesiod. theog. 133 ff. Auch | Hell. 3, 4, 25 ff.
die Nachkommen derjelben, wie die oben genann- | Tithronion, Tıöe@rıor, Stadt im nördlichen
ten, und wieder deren Kinder, wie Hekate, Tochter | Pholis am linken Ufer des Kephiſos; beim heut.
des Perſes, heißen Titanen. Bei Homer find die Multi. Hat. 8, 33. Paus. 10, 3, 2.33, 12.
Titanen nicht Rinder des Uranos und der Gaia, Titiänus, eigentlich zur titiichen Gens gehörig,
jondern Okeanos und Tethys find der Urjprung dann römijcher Beiname: 1) Cornelius Tit.,
Tities — Tityos.
aus Plinius’ Briefen als Freund besielben be:
fannt. Plin. ep. 1, 17. 9, 32. — 2) Flavia Ti:
tiana, Gemahlin des Kaiſers PBertinar, war eine
Frau von unfittlichem Lebenswandel. Sie meldete
ihrem Gatten das Andringen der meuterifchen Prä—
torianer, 198 n. E. Dio Cass. 73, 7.9. — 3) Ti.
Flavius Tit., ge 339 und 340 n. E,,
ipäter praef. praet. Galliarum, unterwarf fich
im $. 350 dem Magnentiug, der ihn wieder zum
Stadtpräfeften machte und ihn als Gefandten an
Eonftantius jchidte. Nah Magnentius’ Sturze
ergab er fi dem Gonftantius, der ihn zu neuen
Ehren erhoben Er haben jcheint.
Tities oder Titienses ift der Name der zweiten
römiſchen Urtribus, melde aus Sabinern beftand
und vom König Titus Tatius den Namen erhielt.
Bgl. Ramnes und Luceres.
Titii. Dahin gehören: 1) Ser. Tit., 9 v. €.
Voltstribun (sedıtiosus eivis et turbulentus),
ſchlug, obwohl ohne Erfolg, ein Adergejep vor.
Jul. Obs. 45. Seine Gegner waren feine eigenen |
Kollegen im Tribunate und der Konjul Antonius.
Später zog man ihn vor Gericht und verurteilte
ihn. Cie. de or. 2, 11 und 66. Val. Max. 8,1.
damn. 3. Cicero (Brut. 62, 225) nennt ihn als
Nedner, jedoch nicht ohne Tadel, indem er ihm
eine weichliche Geftifulation vorwirft, die nad ihm
den Namen erhielt. — 2) €. Tit., verfaßte Tra-
gödien, war aber ein beflerer Redner. Cic. Brut.
45, 167. — 3) C. Tit., erregte 89 v. E. im Heer
des 2. Porcius Cato einen Aufftand, wurde aber
dafür nicht beftraft. — 4) DO. Tit., verkündete
dem Sulla 86 dv. E. nad) der Schlacht bei Chai—
roneia einen neuen Sieg. Plut. Sull. 17. — 5).
Tit., diente in einer fpanifchen Legion als Kriegs:
tribun, 47 v. E., und wurde von Cäſar zum
Senator ernannt. Caes. b. Alex. 57. Afr. 28. — |
6) P. Tit., Volkstribun 43 v. E., trat dem Cicero,
der dem Munatius Plancus Auszeichnungen ver:
ichaffen wollte, entgegen (Cie. ad fam. 10, 12)
und wirkte für die Beftätigung der Gewalt der
Triumvirn. Er ftarb nicht lange nachher. App.
b.c.4,7. Dio (ass. 46,49. — 7) M. Tit., Neffe |
des Munatius Planeus, geriet (40 v. E.) in die
Gefangenichaft des jüngeren Pompejus, wurde
aber von ihm freigelaffen. Nachher (36) folgte er
dem M. Antonius auf deſſen parthijchem Feldzuge
und erhielt im folgenden Jahre den Befehl gegen
Ser. Pompejus, der nad Aſien geflüchtet war,
ließ ihn gefangen nehmen und hinrichten. App.
b.c.5, 134 ff. Dieje Undankbarkeit gegen einen
Mann, dem er fein Leben verdanfte, zog ihm
allgemeinen Haß zu. Vell. Pat. 2, 79.
J. 32 jchloß er fi) dem Dctavian an, erhielt von
ihm 31 das Konſulat, kämpfte unter ihm in dem
Kriege gegen Antonius und jchlug diefen noch vor
dem Kampfe bei Actium in einem Neitergefechte.
Dio Cass. 50, 13. — 8) begleitete 20 v. ©. den
Tiberius nah Nfien und wird von ern (ep.
1,3, 9ff.), der in ihm einen fünftigen Dichter ge:
ahnt zu haben jcheint, — des Auguſtus
Thaten zu beſingen. — 9) Tit. Sabinus, ein
Freund des Germanieus, wurde (24 n. E.) von
Sejan angegriffen (Taec. ann. 4, 18) jpäter auf
Betrieb eines tremlojen Freundes angeflagt und
im J. 28 bingerichtet. Tac. ann. 4, 68 ff.
10) Tit. Broculus, erlitt mit feinem Freunde
E. Silins gleichzeitig den Tod, 48 nu. E. Tae.
Reallegiton des Haff. Altertumsd. 7. Aufl.
Um das
1233
ann. 11,35. — 11) Tit. Yulianus, zeichnete
fi als Legat der fiebenten Legion in Töten und
im * gegen die Roxolanen in Sarmatien aus,
69 n. C. Tae. hist. 1, 79.
Titinii, 1) 2. Tit. Panſa Saccus, war 400
und 396 v. E. Fonjularifcher Kriegstribun. Ziv.
6,12. 18. — 2) M. und E. Tit., waren 193 v. €.
Vollstribunen, der erjtere wahrjcheinlich im J. 178
Prätor und Statthalter im diesjeitigen Spanien
(Liv. 41, 26), der andere ſtädtiſcher Prätor. Liv,
41, 5f. Der ſpaniſche Statthalter blieb auch noch
in den folgenden Jahren in jeiner Provinz und
wurde jpäter (171) in Rom von den Spaniern
wegen Bedrüdung verflagt, aber freigejprochen.
Liv. 43, 2. — 3) um 170 v. C, berühmter Ber-
fafjer von Togatendramen, worin er dem Terenz
in betreff der Eharakterzeichnungen an die Seite
eftellt wurde. Seine Fragmente (gefammelt von
Neukirch, fab. tog. p. 97ff., und Ribbeck, scaen.
Rom. poes. fragm. Il p. 133 ff.) erinnern in ihrem
derben, voltstümlichen Tone und in ihrer Xebendig:
feit und Friihe an Plautus. — 4) En. Tit.,
—— der lex iudiciaria des Tribunen Druſus,
wobei er ſich des NRitterftandes eifrig annahm,
9 v. E. Cie. Cluent. 56, 153. — 5) D. Tit.,
ein reicher, dem Cicero befreundeter Mann. Ge.
ad Att. 7, 18. 5, 21. — 6) Vontius Titinia-
nus, des vorigen Sohn, von einem Bontius
aboptiert, trat im J. 49 v. E. auf Cäſars Geite.
Cie. ad Att. 9, 6.18. — 7) wurde von Eaffins,
unter dem er als Genturio diente, während der
Schlacht bei Philippi in das Lager des Brutus
auf Kundichaft geichidt. Da er lange ausblieb,
tötete fih Caſſius aus Furcht vor ungünftigen
Nachrichten, worauf der zurüdgelehrte Tit. ſich
felbft den Tod gab, 42 v. €. Plut. Brut.43. Val.
Max. 9, 9,2. App. b. c. 4, 113.
‚ Titülus 4 jede kleinere Inſchrift auf jedem
beliebigen Material, —— zu vorübergehenden
Zwecken, z. B. titulus amphorae an einem Wein—
— (unſere Etiletts), öffentlicher Anſchlag über
vertäufliche (3. B. Sklaven, ſ. Mango), gefun—
bene, verlorene Dinge u. ſ. w., als auch dauernd,
4. B. titulus (oder index) librorum (f. Bücher-
wesen, 6.), he an Statuen, Tempeln,
Altären, Öffentlichen Bauten u. ſ. w. Bon vor:
güglicher Wichtigkeit find die tituli sepulcrales,
ie in allen römijchen Ländern gefunden werben.
Diefe Grabinjchriften beginnen zen mit
D. M., d. h. Diis Manibus (f. Manes); dann
folgt der Name des Berftorbenen im Genitiv oder
' Dativ (gewöhnlich mit allen Namen und Amtern,
Angabe des Baterd und der Tribus); oder es
‚hieß: N. N. hie situs est (sepultus est, re-
'quieseit, iacet). Der Dentmaljegende ift zulept
angegeben, gewöhnlich der Gatte, Bruder, Eon,
Bater, Patron, Erbe u. j. w.
Titurli, 1) 8. Tit. Sabinus, diente unter
Cäſar als Legat in Gallien (Cues. b. g.2,5. 3,17
u. d.), wo er (54 v. ei durch Ambiorir fein Ende
fand. Vgl. Aurunculeius. — 2) M. Tit. (nad)
| andern Titurnius) Rufus, aus einer dem Cicero
befannten Yamilie, wurde von ihm dem Statt:
halter Siciliens empfohlen. Cic. ad fam. 18, 39.
Titarnfus ſ. Titurii, 2.
Titus ſ. Vespasiani.
Tityos, Tırvos, Sohn der Gaia, oder des Zeus
und der Clara, der Tochter des Orchomenos, ein
78
1234
Niefe auf Euboia, Vater der Europa. Hom. Od.
7, 324.
Tlepolemos
er don Artemis oder von Apollon und Artemis
mit Pjeilen, oder von Zeus mit dem Blitz getötet |
und in der Unterwelt beftraft. Dort lag er auf
dem Boden ausgejtredt, und 2 Geier fragen an
jeiner Leber, dem Sih der Begierde. Hom. Od.
11, 576. Sein ungeheures Grab war bei Pano—
peus. Paus. 6, 6,4. gl. Verg. A. 6, 595. Or.
met. 4, 457. Tibull. 1, 3, 75.
Tlepol&mos, TAnmmökzuog, 1) Sohn des Hera—
les und der Aityoche, Bruder des Telephos, floh,
nachdem er jeinen Oheim Lilymnios in Argos er-
ſchlagen, nad) Rhodos, wo er Lindos, Jalyſos
und Nameiros gründete. Bon da z0g er mit gen
Troja und ward von Sarpedon getötet. Hom. Il.
2,658 ff. 5, 628 ff. — 2) ein Troer, Sohn des
Damajtor, von Batroflos erlegt. Hom. Il. 16, 416.
— 3) ein Mafedonier, ‚diente in der Edelichar
Aleranders des Gr., wurde 325 v. E. zum Statt⸗
halter von Karamanien ernannt und behielt feine
Provinz ſowohl bei der Teilung im J. 323 als |
auch bei der von Triparadeifos im 3. 321. Auch | Turnus
Antigonos wagte nicht, nady dem Untergange des |er die
Eumenes deſſen Verbündeten Tlepolemos abzu—
ſetzen, da er bei den Bewohnern ſeiner Provinz
in großem Anſehen ftand.. Arr. 6, 27. Diod. Sie.
18, 3. 39, 19, 68.
Tmolos, Tu@los, 1) Gott des Iydiichen Berges
Weil er jih an Leto, als fie durd Pa: |
nopeus nach Pytho ging, vergriffen hatte, wurde |
— Toralia.
mit der Flotte einen Zug um den Peloponnes,
zerftörte die Sciffswerfte in Gytheion, beiiegte
die Silyonier und verjegte die vertriebenen Meſſe—
nier nach Naupaltos. Als Boiotien dur die
Mitglieder der vertriebenen Geſchlechter beunruhigt
wurde, machte Tolmidas mit 1000 Hopliten,
größtenteils jungen Freiwilligen, einen Zug dahin,
um den Einflug der Athener wiederherzuftellen,
eroberte Chaironeia, wurde aber auf dem Marſche
nach Haliartos von den vertriebenen Ariftofraten
und ihren PBarteigängern bei Koroneia überrum:
pelt, geichlagen und jelbft mit einer großen Zahl
der Eeinigen getötet (446). T’hue. 1, 108, 113.
Plut. Per. 18. Diod. Sie. 11, 84. 12, 6. Bal.
Nöth, de Myronide et Tolmida (1841).
Tolösa, Tolös(o)«, Hauptitadt der Bolcä Teeto—
jages im narbonenfiihen Gallien an der Garıumna,
jehr reich (aurum Tolosanum jprichwörtlich), ipäter
römijche Kolonie und dann eine Zeit lang Reſidenz
der weſtgotiſchen Könige; j. Toulouſe. Die Be-
wohner biegen Tolosätes. Caes. b. g. 3, 20. 1, 10.
7, 7. Strab. 4, 188,
Tolumnius, 1) ein Augur, der auf jeiten des
gegen Aineias kämpfte und umlam, als
ffenruhe durch neuen Angriff ftörte.
Verg. A. 11, 429. 12, 208 ff. 460. — 2) Tot.
Zar, König der Bejenter, ließ 4 römiſche Ge—
jandte, Tullius Eluilius, L. Roſeius, Sp. Antius
und E. Fulcinius, deren Bildijäulen noch zu Gi:
ceros Zeit auf dem Forum ftanden, töten. Cie. Phil.
Tmolos, Gemahl der Pluto (oder der Omphale), 9, 2, 4f. A. Cornelius Coſſus (als Konſul 428
Bater des Tantalos, Schiedsrichter bei einem muſi- v. C. oder als Magister equitum 426 v. €. Lir.
faliihen Wettftreit zwijchen Apollon und Ban. 4, 31) erlegte ihn mit eigener Hand und trug die
Or. met. 11, 156 ff. — 2) f. Proteus. — 3) mit | spulia opıma davon. Liv.4,19. Propert.5,10,23 ff.
älterer Form Timolus (Ov. met. 6, 15. Plin.| Tomäros, Touagos, oder Tinaros, Tiuüeos,
5, 29, 110), auf Münzen Toumiog, ein durch Berg in Epeiros in der Landſchaft Moloffis, zii:
das Innere Lydiens ftreichender Gebirgäzug, etwa | ſchen dem Rambotisjee und dem Fluffe Arachthos,
20007 hoch und öftlid vom Mefjogis. Er ent: | bei Dodona; j. Tomaro oder Olytzilta. Verg. E.
hielt die Quellen des Kayftros, Koganos und | 8, 44, Strab. 7, 327. 9, 434.
Paltolos und war reich an Wein, früher au an| Tomentum hieß das Material zum Füllen der
Hold. Bon einer marmornen Warte auf feiner | Kiffen, Matragen u. ſ. w., aljo Wolle, Federn,
Höhe fonnten die Perjer die Gegend weithin über: | Stroh und dergl., j. Bett, II.
jehen. Dort jollte Zeug Heriog geboren fein. Hom. Tomis, Töpıs, oder Tomi, Téuot, Stadt am
II. 20,386. Verg. @.2, 98. Op. met. 2,217. Aesch.| Bontos Eureinos in IUntermöfien, jpäter Con:
Pers. 49. Strab. 13, 625 ff. Seht Bos-dagh. — | ftantiana, j. Anadol:föi bei Koftanza, türkiſch
Nach Tacitus (ann. 2, 47) und Plinius (5, 29, 30) | Köftendiche. Hieher wurde im 3.9 u. €. der
lag auf dem T. eine gleichnamige Stadt, die durch | Dichter Ovidius von Auguſtus in die Verbannung
das Erdbeben im $. 19 n. €. zerftört wurde. geſchickt (relegiert). Strab. 7,318f. Op. trist. 3,9, 33.
Toga j. Kleidung, 9. ‚ec Pont. 4, 14, 59.
Togäta j. Fabula und Komoedia. ‘ Tomyris, Touvgıg, die Mafjagetenfönigin, von
Toxos j. Zinsen. der nach Herodots (1, 205 ff.) Erzählung der ältere
Tolbiäcum, Stadt der bier, in finibus Agrip- Kyros überwunden und getötet wurde zur Mache
pinensium (Tae. hist. 4, 79), in Gallia Belgica; | für die Kriegslift, wodurd er eine große Menge
nad) einigen das heutige Zülpich. ‚ihres Volks getötet und bejonders ihren Sohn ge:
Toletum, ToAnzor, feite Stadt der Carpetaner | fangen genommen hatte.
im tarraconenfiichen Hijpanien am Tagus, berühmt | Tomans, Beiwort des Jupiter Capitolinus.
durd) ihre Waffen: und Stahlarbeiten. Das jegige | Ov. fast. 2, 69,
Toledo zeigt noch viele Altertümer. Liv. 35, 2 Tonsor. Es gab öffentliche Tonfteinen (taber-
22. 39, 30, nae tonstrinae), in denen das Haar geichnitten,
Tolistobogii, Toktsroßeryror, feltiicher Stamm, der Bart rafiert und die Nägel gepugt wurden.
der nad) Stleinafien ausgewandert war und dort Auch dienten dieje Tabernen als Sammelplag für
in Salatien (Hauptjtadt Peſſinus) wohnte. Strab. | mühige Leute, die Unterhaltung juchten. — Die
12, 547. 567. Liv. 38, 15. Reichen hatten unter ihren Sklaven eigene ton-
Tolleno j. Belagerung, 16. sores, — Seit Hadrianus famen die Bärte wie
Tolmidas, Tolwöns, ein atheniicher Feldherr |in älterer Zeit (Zar. 5, 4) wieber jchr im die
von mehr Kühnheit als Bejonnenheit, gehörte der Mode, Vgl. Barba.
politiichen Mittelpartei an, die Athen zur Land: | Topiarius, der Ktunftgärtuer, j. Garten.
macht zu erheben wünſchte. 456 v. E. machte er | Toralia, VBettbehänge, ſ. Bett, II.
1
*
Torani —
Toranii, 1) €. Tor., im Kampfe gegen Spar: |
tacus Quäfter, 71 v. C., Üdil mit E. Detavius,
für defien Sohn Octavian er (58) Bormund wurde,
trat jpäter auf Bompejus’ Seite, nad) defjen Sturze
er fid) auf Korkyra aufhielt, und fiel 43 als em
Opfer der Brojfriptionen. Swet. Oct. 27. App. b.c.
4, 12, 18. 95. — 25 Sein Sohn, C. Tor., Günſt⸗
ling des Antonius, veranlaßte den Tod des Baters |
uud wurde jpäter, ald er nad Bergeudung feines
Vermögens eines Diebftahls überführt worden war,
verbannt. App. b.c.4, 18. Val. Max. 9, 11, 5.
— 3) Tor. Flaceus, ein Skavenhändler zur
Zeit des Auguftus. Swet. Oct. 69.
Tormenta (von torquere), 1 die Folter; näm:
li eculeus (j. d.), fidiculae, Folterftride,
und laminae, glühende Bleche zum Brennen,
Ju der republifantichen Zeit wurden nur Sklaven |
und zwar als Zeugen gefoltert, denn es galt der
Srundjag, daß deren Ausſage nur unter dieſer
Bedingung Beweiskraft hätte, gegen ihre Herren
fonnten jie überhaupt nicht zeugen (ſ. Servi, 3.).
freie waren der Folter entzogen, bis man in der
Kaijerzeit anfing, jowohl Zeugen zu foltern, wenn
jie personae vıles waren, als auch Angeflagte,
wenn fie wegen Hochverrat, Giftmifcherei, Zauberei |
u. j. mw. beichuldigt waren. Ein von dem Nichter |
Beauftragter, quaesitor genannt, leitete die duch |
den carnifex oder tortor ausgeführte Folterung, |
die quaestio per tormenta hieß; die über die |
Ausjagen gemachten Protofolle nannte man ta- |
bellae, commentarii quaestionis, Plin.7,56. Über
die Folterung bei den Griechen j. Basavıorıjs.
— 2) der allgemeine Name für die ſchweren Ge—
ihüße, weil diejelben durch gewundene Seile |
(torquere) ihre Kraft äußerten. Die Römer er:
hielten die Kenntnis derjelben von den Griechen; |
die Katapulte follen von den Sprern erfunden
worden jein. Dionyfios von Syrakus ließ 400
v. 6. in einem Kriege gegen die Karthager alle
irgend namhaften Techniker zu fi kommen, um
diejelben zu immer nenen derartigen Erfindungen
zu veranlafjen. Man bediente fich der Tormenta
zunächſt nur im der Freldichlacht, doch famen fie
aud) bald bei Belagerungen in Anwendung. Den
bedeutendften Aufihwung aber nahm die Anwen—
dung derjelben, als auf den Zügen Aleranders des
Gr. die Kenutniſſe in der Mechanik fich durch die
Befanntichaft mit den afiatifchen Völkern bedeu:
tend erweiterten, und das rege wiſſenſchaftliche
Leben, namentlidy unter den Btolemaiern in Agyp—
ten, aud die Gejhügmacherkunft zu einer wiſſen—
jchaftlihen Behandlung führte. Unſere jicheren
Kenntniſſe von den jchweren Geſchützen beziehen
ſich auch nur auf die jpätere griechiiche Zeit, wo die
neueren Erfindungen und Bervolllommmungen der
Geſchütze, namentlicdy in Bezug auf den Feſtungs—
frieg, bedeutende Veränderungen hervorgerufen
hatten. Bgl. Belagerung, 7. In der römi-
ichen Zeit dienten die Katapulte zur Berftörung
des die Mauern umlrängenden Flechtwerks und
um die dahinter ſich jchügenden Verteidiger fampfes:
unfähig zu machen Kaiſer Napoleon III, hat
Modelle von den Geſchoſſen anfertigen laffen, Die
in Photographien zu haben find, und neuerdings
find in Heidelberg Verjuche mit beiden Normal-
gejchügen des Altertums angejtellt und vor ber
‚und diejelben nacheinander abichoß.
Philologen-Verſammlung 1865 gezeigt worden. —
Das ſchwere Geſchütz der Griechen (im allgemeinen
1235
sarareiraı genannt) zerfiel nach den Geſchoſſen,
die jie ausſchließlich oder vorzugsweiſe jchleuderten,
in Pfeilgeſchütz (öfvßelsis, scil. nararelraı,
catapultae) und Steinmwerfer (Aı$oßoloı, mergo-
PöAor, vgl. das deutſche Böller, ballistae), jene
in gerader Richtung, dieje in Bogen fchiehend,
darnad) auch eidirova und maklrrora genannt.
Im allgemeinen waren dieje Geſchütze Armbrüfte
in großem Mafjftabe, die durch eigentümliche
Vorrichtungen geipannt wurden (die Spannleiter
ivrörıov); die Euthytonen jchoffen mit einer
nur geringen Elevation, die Balintonen in einem
Bogen von 45°. Die erfteren jchleuderten nur
Pfeile, die leßteren vorzugsweiſe nur Steine,
doch auch Pfeile von bedeutendem Mafe. Zum
Tornıenta.
Zwecke des richtigen Treffens mit der Euthytone
mußte gezielt werden, wozu ein eigener Nicht:
apparat gehörte. Sie wurden, wie unjere heutigen
Kanonen nad dem Kugelgewicht, jo nad) der Yänge
des geichleuderten Pfeils unterjchieden und jchoffen
Pfeile von etwa 27, 36, 45, 54 rheinländischen
Bollen in der Länge und ®%,, 1, 1'/,, 1", rhein:
ländifchen Zollen im Durchmefjer, deren ganzes
Gewicht etwa "/,, 1Y,, 2", oder 4 Pfund war.
An Bedienungsmannjichaft waren für die Mleinjte
Euthytone wenigſtens 2 Mann zum Spannen
nötig, die größeren wurden durch Maſchinenkraft
geipannt, weshalb deren Bedienung nicht viel über
3—5 Mann vermehrt worden ift. Die Schußweite
der Euthytonen war etwa gegen 1200 Fuß, und
würde ein Pfeil von 36 rheinländiichen Zollen
bei einer Entfernung von 1000 Fuß 37,2 Zoll
in eine Holzwand eindringen. — Bei den Balin-
tonen, die im Bogen warfen, war nur Ein Treff:
punkt möglich, auf den das Geſchoß wirken konnte,
wogegen die Euthytonen durch den horizontalen
Schuß möglicherweije eine größere Anzahl von
Zielen hatten. Jenen Mangel der Balintonen
juchten die Alten durch die größere Mafle des
Geſchoſſes zu erießen; deshalb jchleuderten fie mit
denjelben nicht bloß ungeheure Felsſteine meiften:
teild von runder Geftalt, jondern auch balfenähn:
liche Pfeile. Das Gewicht des Steines konnte
bis zu 162 Pfund betragen. Die ganze Bedienung
der Balintonen betrug mindeftens 6 Mann. Ihre
höchſte Wurfweite ift ungefähr 1000 Schritt, doch
die gewöhnlichen reichten nicht viel über 1100
rheinländiiche Fuß, und es mochte bei diejer Ent:
fernung eine Kugel von 27 Pfund noch eine Holz:
dede von 5 Zoll, die etwa 12 Fuß frei lag, durch:
ihlagen. — Die Zuſammenſtellung der Geſchütze
erforderte, jelbit in dem Falle, daß man alles
Material vorbereitet mit fi führte, mehrere
Stunden, und da außerdem der Transport des
Metallwerks und all des übrigen Materials jehr
beſchwerlich war, jo ift e8 leicht zu erklären, warım
—
dieſe Geſchütze der Griechen faſt nur bei Belage-
rungen, höchſt jelten in der Feldſchlacht, angewandt
wurden. — Auch manche Spielereien und Kün—
fteleien erfand die jpätere Zeit, jo 5. B. das
Schnellgeſchütz des Dionyfios von Alerandreia,
das mit mehreren Pfeilen zugleich — **
— Die ſ. g.
Bauchſpanner (yasrgapfıng) ſtanden in der
Mitte zwifchen dent groben Geichüge und den
Bogen. Sie waren ebenfalld eine Art großer
Armbrüfte, doch aud wieder mit Unterſchieden
unter fih. S. Rüſtow und Köchly, Geichichte des
78*
1236 Torone — Tragoedia.
griech. Kriegsweſens ©. 378 ff. — Bei den Römern Toeynuare, Naihwert, j. Jovlos, 9
famen jpäter außer catapultae und balistae (aud | Tragia, Toayla, Toaylaı, Toayalcı, Inſel
ballistae gejchrieben, von Pella) noch onagri | jüdlid) von Samos, wo 440 v. C. Perikles bie
und scorpiones vor, deren Namen zum Teil auch Samier in einer Seeſchlacht befiegte. Thue. 1, 116.
wieder verichwanden oder vertauscht oder verwech: | Plut. Per. 25. Strab. 14, 635.
jelt zu fein fcheinen. Dieje jchweren Gejchüge | Tragoedia, reayadi«. IT) Die griechiſche
wurden namentlich in der jpäteren Kaijerzeit auch | Tragödie ift ans der lyriſchen Poeſie, dem Dithy—
in Feldſchlachten angewendet und durch leichte | rambos, hervorgegangen. Der Dithyrambos war
Truppen gededt. Jede Legion hatte 55 carro- | ein Lied auf Dionyſos, das an den seiten dieſes
balistae (leichte Baliften) mit je 11 Mann Bedie: | Gottes von Iuftig verfleideten Genoſſen ohne eine
nung und 10 onagri bei fi; die erfteren wurden | firenge Ordnung und bejtimmte Weije gefungen,
von Maulejeln auf Rädern, die legteren von je | nachher aber, wahricheinlich durch Mrion (DI. 40),
2 Ochſen auf Wagen fortgeihafft. Die carroba- | zu einer funftmäßigen Dichtung ausgebildet, von
listae warfen in horizontaler Linie, die onagri | geordneten Chören mit mimtjchen Geften und
in Bogen. Die Bedienungsmannſchaft hieß bali- | Ausdrud begleitet und vorgetragen wurde. Die
starii, libratores, auch tragularii. Bgl. Scham: | Ertreme menjchliher Stimmung, jauchzende Luft
bach, Gejchüßverwendung bei den Römern, bei. zur | und tiefe Trauer, fanden in dieſen Dithyramben
Beit Cäſars (1883). ihren Ausdrud, daher ihr Inhalt luſtig und fröhs
Toröne, Tog@rn, eine von den Gricchen ge: | lich, aber auch ernjt und traurig war, wie es eben
gründete bedeutende Stadt Matedoniens an der! den Frühlings: oder den Winterdiongfien ent:
Weſtſeite der Halbinjel Sithonia, an dem nad) ihr | ſprach. Aus den Winterdithyramben nun, deren
genannten Togwvainög, Togwrwiog #ölmos, To- | Inhalt die Leiden des Dionyſos betraf und be-
ronaeus Sinus, ber zwiichen den Worgebirgen | Magte, ift die ernſte, pathetiiche Tragödie hervor-
Derrhis und Kanaftraion die Halbinjeln Sithonia gegangen. Bei Euidas heit Arion eugerjs row-
und Ballene fchied, der jeßige Golf von Kaffandra. | yızod reözov, womit vielleicht jener ernite Charaf-
Durch Ben peloponnefischen Krieg, ſowie durch die |ter bezeichnet wird, den Arion den Chorliedern
Einnahme Philipps litt fie ſehr; jet Ruinen. | gab, die ſich auf die Gefahren und Leiden des
Hat. 7, 22. 122. Thuc. 4,110. 5,2. Strab.7,330.| ®ottes bezogen und fich dadurch von den Früh:
Tac. ann. 5, 10. lingsdithyramben unterjchieden. Ferner habe Arion
Torquäti j. Manlii. ' Satyen Hinzugefügt, wahrjcheinlih um dem ver:
Torques, goldene Halstetten (der Männer), | edelten, in den Kreis der Kunſt hineingezogenen,
wurden wie armillae (j. d.) und phalerae (j. d.) | Chorgejange an den Dionyjosfeiten etwas von der
oft zur Belohnung an tapfere Krieger gegeben. | alten ländlichen Luftbarfeit zu erhalten, ſowie
Vgl. Dona militaria, 5. ipäter das Satyrdrama in Athen der Tragödie
Tortur ſ. Besavıorns und Tormenta, 1.) beigejellt wurde. In welchem Berhältnifje aber
Torus, Polſter oder Matrage, j. Bett, II. dieſe Satyrn zu dem dithyrambiichen Chot und
Togvvn, (d. h. Rührtelle), Landzunge in der jeinen Geſängen ftanden, dies ift bei dem Mangel
epeirotiichen Landſchaft Thefprotia. Plut. Ant. 62. | an genauen Nachrichten unflar und dunfel. Das
Totenmahle, Totenopfer j. Bestattung. | Wort rgayadi« ift von dem Feſtopfer herzuleiten,
ToSagyoı, Anführer der atheniichen Polizei: | einem Bode, dem Verwüſter des Weinftods, das
joldaten, j. Staatshaushalt, 1, 3, auf dem Mltare brannte, während der Chor um
Toxäris, Tögagıs, ein gebildeter Stythe, der | denjelben herum feine Lieder fang, und bedeutet
mit Anacharſis (j. d.) zur Zeit Solons nach Athen | eigentlich Bodsopfergefang. Ob die Tragödie des
fam und dort in allgemeinfter Achtung lebte und | Arion — wenn wir jeinen Ehorgejängen dieien
ftarb, auch als Heilfundiger verehrt. Yulian wid: | Namen geben bürfen — jchon ein epilches oder
mete ihm eine on Schrift. dramatifches Element, d. h. Erzählung oder Unter:
Tosöoraı |. Exercitus, 6. und Staats- redung, gehabt habe, läßt fich gleichfalls nicht be-
haushalt, 1, 3. ſtimmt jagen. Nach einigen Andeutungen bei
Traböa, ein ge Umwurf, den Athen. 14 p. 6300. Diog. Laört. 3, 56 und
die römischen Könige, die Ritter bei Feitlichleiten | Aristot. poet. 4, 15 möchte man fih die Sadıe
und die Augurn zu tragen pflegten; unter den etwa jo vorftellen, daß den von Arion geregelten
Kaijern die Burpurtoga. dithyrambijchen Chören Satyrn mit metriichen
Trachälus j. Galerius, 1. Neden als ein heiteres Beiwerf beigegeben waren,
Trachis, Toayis, Toayiv, alte, angeblich von | der Dithyrambos jelbjt aber und jein Anhalt durch
Herafles gegründete, Stadt Theſſaliens im Ges | eingeftreute Erzählungen, vom Vorſänger oder
biete der Malier, auf einem Abhange des Dite, | Chorführer aus dem Stegreife vorgetragen, eine
weitlih vom Fluſſe Aſopos, wurde allgemeiner | gewifje Erläuterung und Vervollftändigung erhielt.
befannt, als die Spartaner im jechiten Jahr des Diele er lungen haben die Grundlage der Tra—
peloponnefijchen Krieges (426 v. E.) 6 Stadien | gödie gebildet. Ihre weitere dramatiiche Ausbil:
öſtlich von der alten Stadt eine neue gründeten dung erhielten diefe Anfänge in Athen, wo gleich:
ä
il
—
14
unter dem Namen "Hodxksıc N) dr Toayivı (j. falls Dithyramben aufgeführt wurden. Theipis >
Herakleia, 6.). ®gl. Hdt. 7, 198. 199. 201. |(f. d.) wird hier einftimmig als Erfinder der Tra-
Thuc. 3, 92. 5, 51. Strab. 9, 423. ödie bezeichnet, weil er durch Einführung eines
Trachonitis, To«yorirız (von reayar = rauhe | Schauspielers den erften Schritt gethan hat. den
Gebirgsgegend), einer der 6 Diftrikte des Oftjor: | Dithyrambos zum Drama auszubilden. Diejer
danlandes, nördlich von Batanaia und Ituraia; | Schaufpieler war aber nicht bloß ein Erzähler der
ein Lavaplateau mit jchroffen Schluchten, aber aud) | Mythen, der diejelben mit mimiſchem Ausdrudck
fruchtbaren Bertiefungen; j. Xedicha. Strab. 16, 755f. und lebendigen Gebärdenipiel nach Weife der
Tragoedia.
Dellamatoren vortrug, jondern er unterredete fich
mit dem Ghore.
Tragödien etwa dieſe gewejen fein. Es jprad)
zunächit der Schaufpieler im Prolog (Erzählung),
dann folgte ein Chorgejang, hierauf Unterredung
zwiſchen dem Schaufpieler und dem Chore. Bedenkt
man noch, daß diejer Eine Schauipieler in ver:
ichiedenen Rollen nacheinander auftreten fonnte,
wozu die Masten, die Theipis gleichfalls erfunden
und verbolllommmet haben joll, von wejentlichem
Nupen waren, jo fonnte eine Handlung, bei der
verichiedene Perſonen beteiligt waren, teil3 durch
Erzählung, teils durch Unterredung eingeleitet,
dargeftellt und bis zu einem gewiſſen Abjchlufie
gebracht werden. Boten und Herolde werden na=
türlih Hauptrollen, auch der Chor einen wejent-
lihen Anteil an der ganzen Handlung gehabt
haben. Theipis’ Erfindung und een Kerne; bes
Dithyrambos hatte jih in Athen bejonders der
Gunſt des Peiſiſtratos zu erfreuen, und e3 ericheint
die neue Tragödie jeitdem als ein hauptjächlicher
Beitandteil der attiichen Dionyſosfeier. Theipis’
Nachfolger waren Bhrynichos, Choirilos, Bra:
tinas und defien Sohn Ariftias, Beitgenofien, |
die teils miteinander, teils mit Aifchylos, der eine
oder andere vielleicht auch mit Sophofles noch,
aufgetreten find und cben dadurch die jpäter feit-
ftehende Sitte ins Leben gerufen haben, die Tra—
gödien agoniftiih, d. H. in einem Wettſtreite,
aufzuführen. Phrynichos’ (j. d.) Hauptverdienſt
beftand in der iyriſchen und orceftiichen Bervoll«
fommmung des Chors, in der dramatifchen Aus—
bildung der Handlung, die durch ihm mehr Umfang,
Ernſt und Würde erhielt. Pratinas (j. d.) wird
allgemein als Erfinder des Satyripiels bezeichnet,
und von jeinem Sohne Ariſtias wird erzählt, daß
er gleichfalls im Satyripiele ausgezeichnet gewejen
jei. — Ihre Vollendung erhielt die Tragödie
dur Aifchylos, Sophofles und Euripides
(ſ. d.). Die Neuerungen und Berbejjerungen der
Dichter in diefer Periode beftanden, um es kurz
zufammenzufaflen, in der en 0 zweiten |
i
und dritten Schaufpielers, in der Einſchränkung
der Chorgejänge, in der Bervolllommmung der
Orcheſtik, in der Ausbildung der trilogijchen und
tetralogijchen Aufführungsmweiie und endlich in der
Ausftattung der Bühne, des Chors und der Schau:
jpieler; vgl. au Tetralogia. Die Stoffe für
ihre Tragödien nahmen dieje und alle andern |
gleichzeitigen und jpäteren Tragiker fait ſtets (j.
ı Schluß machen fromme Kompilationen der heiligen
Geſchichte. — Die Okonomie der griehiichen
Agathon) aus den alten Mythen und Sagen—
freijen. Dies waren die nie verfiegenden Quellen,
aus denen jeder Dichter jchöpfte. Bol. hierüber:
Welder, die griech. Tragddien mit Rüdficht auf
den epiichen Cyelus geordnet (1839 ff.). Aiſchylos
jagte ſelbſt, daß feine Werte Broden jeien von
der wohlbejegten Tafel Homers. Bier tritt nun
allerdings die Frage an ung heran: welchen Anteil
an der Ausbildung und Vollendung der griechi-
ſchen Tragödie haben die andern Tragifer gehabt?
Allein nicht bloß die Beſchränktheit und Unſicher—
heit der Nachrichten, jondern aud) der Umstand,
daß mir von ihnen feine Werfe übrig haben
(Sammlung ihrer Fragmente von Naud, tragico-
rum Graecorum fragmenta, 2. Aufl. 1889), machen
jede eingehende Antwort auf dieje Frage unmög—
lih. Nur Weniges und ganz Wllgemeines läßt
5 fi hier jagen.
Souady könnte die Form feiner |
Seitdem nämlid die Tragödie
1237
durch die 3 auerkannten Meifter volljtändig ent-
widelt worden war, haben ſich in Athen die Be-
arbeiter derjelben und mit ihnen aud die Arten
der Gattung bedeutend gemehrt. Die Zahl jchreib:
Iuftiger Männer ftieg mit jedem Jahrzehnte, na—
mentlich als die Sophiften einen Kreis jugendlicher
und empfänglicher Geifter um fich verfammelt und
ihm ftiliftiiche Mittel an die Hand gegeben hatten.
So geſchah es, daß die Menge der wetteifernden
Dichter bald die gangbaren Mythen erjchöpfte,
dann aber auch die Tradition dir Sagen verän—
derte und Abweichungen ſich geftattete. Allein
diefe Tragifer jcheinen jich weder auf den Bühnen
des Altertums, noch in der Leſung des größeren
Publikums behauptet, noch einen bedeutenden Ein-
fluß auf den inneren Gang der Tragödie gewon—
nen zu haben, wie jehr fie auch den Vorrat der
— Litteratur mehrten. Sie ſelbſt zerfallen,
chronologiſch geordnet, in 3 Gruppen: ältere oder
nahe Zeitgenofjen des Sophofles, Euphorion,
Bhilofles, Jophon, Ariftard, Jon, Achaios,
Neophron u.a., Tragifer der Ochlofratie, Kar:
finos, Agathon, Kritias u. a, Dichter vom
Schluß des peloponnefiichen Krieges bis zur Zeit
Aleranders, wie die beiden Aftydbamas, Kar:
finos d. J. Theodeltes und Chairemon.
Mit dem Aufhören der eigentlichen antiten Zeit
hatte die Tragödie zwar ihr Äußeres Ziel erreicht;
allein e3 lag in der Natur derjelben, daß man
fie auch unter den gänzlich umgewandelten Ber:
hältniffen nicht ganz miflen kounte. Alexander
und ſeine Nachfolger ließen viele Theater, beſon—
ders in Aſien, erbauen, in denen die alten Tra—
— mit Glanz und Prunk aufgeführt wurden.
ies gab Veranlaſſung zur Ausbildung guter
Schauſpieler. Tragiſche Dichter kamen während
dieſer Zeit faſt nur in Alexandreia zum Vorſchein,
die hier poetiſche Wettkämpfe anſtellten. Sieben
derſelben, die j. g. tragiſche Pleias (j. d.), zeich—
neten jich unter ihnen aus. Abgejehen von diejen
Erzeugnifjen der alegandriniichen Tragödie wurden
die gültigen Bühnenftüde jener Zeit fortwährend
aus Euripides’, weniger aus Sophofles’ Nachlaſſe
entnommen. Als aber der Pantomimus überwog,
auch der Verfall der Sitten, bejonders aber die
chrijtlichen Berhältniffe den byzantinischen Hof jeit
dem 4. Jahrh. n. E. ergriffen — ſo verlor
ſich dieſer ernſtere Gejchmad. an überließ die
alten Tragiker dem gelehrten Studium und der
Leltüre. Dichter fommen nicht mehr vor. Den
Tragödie läßt fich meift nur aus den hinter:
‚ lafjenen Werfen des Aiſchylos, Sophofles und
Euripides entnehmen. Um die Beichaffenheit der
alten Tragödie und die Eigentümlichkeit ihrer
Aufführung zu verftehen, muß man vor allen
Dingen fejthalten, daß das Schaujpiel in Athen
‚nicht ein Privatunternehmen, für die Unterhaltung
des Publikums beftimmt, jondern ein allgemeines
Vollsfeſt, ein Wettfampf der edelften Talente zur
Berherrlihung der Dionyſosfeſte war. Gedanke
und Ausführung waren demjelben Geijte ent:
jprungen, und Aiſchylos, von der Würde diejer
religidjen Feſtfeier ergriffen, wurde der Geſetzgeber
der tragiihen Dichtung und ihrer Ausftattung
durch Koſtüm und Malerei. Dieje religiöje Grund:
lage und feſtliche Bedeutung ift für ihre nähere
-1
1238
Beurteilung der einzig richtige Standpunkt. Das |
Werk des Dichters und die Darftellung des Schau:
jpielers tragen beide ein wunderbar ideales Ge:
präge an 44 Ferner zeigt ſich in der ganzen
Bildungsgeſchichte der Tragödie bei allem Streben
nach weiterer Ausbildung und Bervolltommmung
ein gewiſſes Beharren bei den einmal überlieferten
Formen, das unjerem, an die vielfache Bildfamteit
und innere Schöpfungsfraft des modernen Dramas
gewöhnten, Gefühle oftmals ftarr und eigenfinnig
erjcheint. Allein die Formen, die in der Poefie
und Blaftif, den Dienerinnen der Religion, einmal
geichaffen und feitgeftellt waren, durften zwar nach
ihrer inneren Anlage weiter ausgebildet, aber nicht
weggeworfen werden. Und jo hat auch die Tra-
gödie mit Komjequenz den Typus, dem ihr bei
ihrem Entjtehen und Emporblühen die Natur der |
Dionyjosfefte gegeben hatte, auch bei ihrer weiteren |
Entfaltung beibehalten. Nach Ariftoteles (poet. 6) |
ift die Tragödie Nachahmung einer ernften, voll:
ftändigen Handlung von einem gewifjen Umfange,
die in verichönerter Sprache von Handelnden, nicht
durch Erzählung, geſchieht und durch Mitleid und
Furcht die Reinigung (xddagaıs) derartiger Leiden:
ſchaften vollbringt. Derjelbe ftellt an die Charak:
teriftif die Forderung, daß fie edel, angemeifen,
gleichartig und fonfequent jei. Ferner wird von
der Okonomie der Tragödie Bollftändigfeit und
Einheit der Handlung gefordert; auch die Einheit
der Zeit und des Orts ift in den allermeiiten
der erhaltenen Dramen beobachtet. Der Plan der
tragischen Handlung befteht vom Anfang bis zum
Ende in einer Verfettung und Berichlingung der
einzelnen Thatjachen und Begebenheiten; ihr Gang
bewegt ſich nach den Gejeben der Notwendigkeit
und Wahricheinlichkeit durch Widerftand und Ver:
widelung hindurch nach einem bejtimmten Ziele
und Abſchluß. Das fteigende Pathos duldet fein
ruhiges, gemütliches Verweilen auf einzelnen Ge:
bieten, ſondern jchreitet in einem mehr und mehr
fi verengenden Kreiſe einer Wendung zu, die,
einen Ubergang vom Glüd zum Unglüd oder um:
gelehrt herbeiführt. Diejer Wendepunft ift die
Rataftrophe. Um dieje bewegt ſich in 2 Hälften
als Anfang und Ende oder Knüpfung und Löfung
( edis, Avaıs) die ganze Handlung. Arist. poet. 18. |
Je nachdem aber die Kataftrophe aus vermwidelten
Handlungen oder einfachen Grundlagen hervor:
geht, Fönnen die Tragddien entweder verflochtene
(renleyusvar) ober einfache (driai) fein. Bemerkt
jei noch, dab die griechiiche Tragödie diejenigen
Handlungen, bei denen es nicht auf Gedanken—
entwidelung, jondern auf das äußere Thun an-
fommt, Zweikämpfe, Schlachten, Ermordungen,
Beftattungen und dergl., nicht auf der Bühne
—— läßt, ſondern, als außerhalb derſelben
geſchehen, nur erzählt. Daher die ſtehende Rolle
der Boten und Herolde und ihre oft ſchmuckreichen
Berichte (örjasıs kyyelınar), die faſt jedes Stüd
enthält. Die Form, deren ſich die Tragödie be-
dient, um „Nachahmung einer Handlung durch
Handelnde zu fein“, ift die dramatijche oder der
Dialog. Wie Aiſchylos diefe Form geichaffen
und begründer, Sophofles fie weiter ausgebildet
und vervollfommnet hat, j. Aischylos und So-
phokles. Es ftellt aber der griechiiche Tragifer
die Handlungen in einer doppelten Richtung dar,
einmal, indem er fie und ihre Entftehung aus dem
ı halten werden.
Tragoedia.
Aunern der menſchlichen Seele bis zu ihrer Aus:
führung in naturgemäßer Folge jo anfchaulich uns
darlegt, daß fie aus unferer eigenen Scele hervor:
—55 — ſcheinen, dann aber zeigt er auch ihre
irlungen auf das teilnehmende Gemüt inner:
halb des Dramas. Das Mittel dieſer Vergegen—
wärtigung ward der Chor, obſchon in dieſer An—
wendung und Benutzung keineswegs der eigentliche
Grund ſeines Daſeins zu ſuchen iſt. Dieſer lag
vielmehr in dem Umſtande, daß die Tragödie, aus
dem Dionyſoskultus hervorgegangen, ſtets einem
religiöſen Zwed, wenigſtens in ihrer Entſtehungs—
und Blütezeit, dienen ſollte. Ein Blick auf ihre
Bildungsgeichichte zeigt dies Mar und deutlich.
Se mehr fih nämlich die Tragödie zum Drama
— deſto mehr Einſchränkung erfuhr aller—
ings der Chor. Der Mythos, anfangs nur ein
rein zufälliger Anbau des Dithyrambos, gewinnt
einen immer breiteren Raum, verichafft jich eigene
Geltung und Selbftändigfeit und nötigt den Chor,
ſich in den Dienft eines fremden Ideenkreiſes zu
‚begeben und mit dem 5** als ein organiſches
Glied desſelben zu verwachſen. Seine urſprüng—
liche Bedeutſamkeit tritt nach und nach zurück, bis
‚er zuletzt die Handlung nur als Zuſchauer ans
der Ferne begrüßt und mit ſeiner Teilnahme be—
gleitet. Bei Aiſchylos und Euripides finden wir
im Gebrauche des Chors die größte Verſchieden—
heit und die äußerten Gegeniäge. Wie jehr fich
aber auch das dramatiiche Prinzip geltend macht,
ganz vermag es den Chor nicht zu verdrängen,
und jelbft Euripides behält ihn bei, obſchon in
deſſen Beit derjelbe gewiſſermaßen verbraucht und
durch die innere Vollendung der Dramaturgie
entbehrlich geworden war. Denn ſolange die Auf:
‚führung der Tragödie eine Berherrlichung der
Dionyſien fein jollte, mußten die Chöre beibe:
Über die Anwendung des Chors
bei den einzelnen Dichtern und über die verichie:
denen Chorgelänge in der Tragödie ſ. Aischy-
los, Sophokles, Euripides und Choros.
Die Abjchnitte des dramatiichen Tertes, die fich
mit den Alten des modernen Dramas vergleichen
laſſen, find nach Arijtoteled moodoyos, der Teil
bes Stüds, der vor der Parodos, dem erjten Chor:
liede, liegt ; &msıcodıor, der ganze Teil, der zwiichen
‚2 vollftändigen Chorliedern rn ift, jo daß
dieje Benennung hinweiſt auf die urjprüngliche
Bedeutjamkeit und das Borwiegen des Chores;
rcoeodos, der erſte Chorgejang, mit dem der Chor
die Orcheftra betrat, or«@oıuor (eigentlich das
Stehenbleiben), jeder darauf folgende Chorgeiang,
endlich F£odog, der Teil, hinter dem ein Chor:
gelang nicht mehr folgt. Das gewöhnliche Me—
trum für die dramatiſche Handlung ift der iambiſche
Trimeter; der trochäiſche Tetrameter findet jich ın
den nod erhaltenen Tragddien nur da, wo ent:
‚weder ein größerer Affeft herricht oder ein Über—
gang zu oder von den ——— durch das
Metrum vermittelt werden ſoll. Die Chorlieder
ſind in verſchiedenen, der Situation angemeſſenen
Rhythmen gedichtet und zwar ſtrophiſch, ſo daß
der oreogpr) in genaueſter Weiſe die drriergogn
entipricht, an die fich Häufig noch ein Zmwäos
anschließt. In Strophen find aber auch die joge:
nannten »ouwol gedichtet, Worte hoher Leiden:
ichaften oder tiefen Schmerzes, von den handelnden
Berjonen geiprochen (gefungen) unter Entgegnung
— —
10
Tragurium — Tralles.
fünnen dienen die
und 1261 ff.
des Chords. Als Beiipiele
Kommoi in der Antigone B. 805 ff.
Als Ausnahme von der Regel ift es zu betrachten, |
wenn ein Kommos die Stelle der mdpodog oder
eines ordoıuo» vertritt. Vgl. 5. B. Aesch. Prom.
Euripides ſ. die einzelnen Artikel. Der
1239
Gattung, wie Menander und andere fie geftaltet
hatten; in Tarent war der Sig der Hilarotragödie
Schon hieraus it ein Zuſammen—
des Rhinthon.
des römijchen Theaterd mit. dem griechiichen
— Ein Uberblid über die Tragödientitel
128 ff. Soph. El. 181 ff. Eur. Iph. Taur. 637 ff. | * römiſchen Tragiker von Livius an bis in die
Med. 96 fi. 1081 ff. Hec. 100 ff. Über die Sprache | Periode vor Auguſtus und über ihre Fragmente
in den Tragödien des Aiſchylos, Sophofles und zeigt ferner, daß die römische Tragödie im ganzen
twaltige | und großen in diejer ganzen Zeit eine überjeßte
e
Aufſchwung der Zeit, in der Aiſchylos und Sopho: | war, daß die einzelnen Stüde auf griechiſche Ori-
Mes lebten, gab aud der Tragödie eine höhere
Weihe und Bedeutjamfeit und weckte bejonders
während und nach den PVerferfriegen das Bewuft: |
fein helleniicher Nationalität.
und bedeutende Staatsmänner traten auf und be—
gründeten eine großartige Politik. Und Dielen
Aufſchwung unterjtügte ihrerjeits auch die Tragödie.
Es darf als ein beionderes Verdienft der Tragifer
bezeichnet werden, daß fie durch ihr Dichtertalent
die religidfen, jittlihen und politiichen Ideen ihrer
Zeit beftimmter hervorhoben und ihren Zeitge—
noflen zum Bewußtjein zu bringen fuchten. Und
jo widmete die Tragödie, die unter dem Schuhe
des Staats gleihjam geboren und gefördert worden
war, dieſem auch wieder ihre beiten Kräfte und
ihr inneres, geiftiges Leben. Die Tragifer zogen
daher nicht bloß eine Anzahl attiicher Mythen
und einheimischer Sagen aus ihrer bisherigen Ber:
borgenheit und gaben ihnen eine Beziehung zur
Gegenwart, jondern die Wahl der Stüde und des
Mythos war nicht jelten geradezu durch politiiche
Tendenzen bedingt. &
Teilnahme an den Zuftänden und JIntereſſen des
Staats und an jeinen vorzüglichiten Lentern und
Wortführern in beionderen Anipielungen durch
Wort und Charakterichilderungen ans. Dies gilt
bejonders von Guripidls’ Tragödien. Über die
fcenifche Ausstattung und Darftellung j. Choros,
Schauspieler und Theatron. Bl. v. Wila:
mowig-Möllendorff, Einleitung in die attijche Tra-
gödie (Ausg. von Euripides’ Herafles, Bd. 1. 1889).
— II) Unjere Kenntnis der römischen Tragö—
die ift ın der That änferft — und gering.
Denn don allen ihren Erzeugniflen ift uns fein
einziges Bühnenftüd erhalten, nur einzelne Frag:
mente (am beften gejanımelt von D. Ribbed, scae-
nieae Rom, poesıs fragm. Bd. 1. 2. Aufl. 1871)
find übrig, die uns eine Hare Einſich in ihre
Natur und ihren Charakter nicht geſtatten. Senecas
Tragödien können, wo es ſich um eigentliche
Bühnenftüde handelt, nicht g zählt werden. ferner
betreffen die einzelnen darüber erhaltenen Nach—
richten in den Schriften der Alten weniger die
Entſtehungsgeſchichte und Ofonomie der römijchen
Tragödie, als ihre Aufführungszeit und Daritel:
fungsweile. Die römiſche Tragödie jcheint un—
mittelbar durch Nachahmung und Nachbildung der
griechifchen ins Leben gerufen worden zu fein,
| ‚girl durchgängig
Tichtige Charaktere | war,
egründet, ihr Anhalt, mit
usnahme weniger äterten (j. d.), nicht national,
jondern aus griechiichen Dramen ganz entlehnt
Livius Andronilos, En. Nävius,D.
Ennius, M. Pacuvius, €. Hecins find die
Dichter, die in diefer und der folgenden Zeit den
Hauptteil des tragischen Schaufpiels bei den Rö—
mern geliefert haben. Andere Tragödiendichter
diejer Beride waren E. Titius, E. Aulius
Eäfar Strabo und M. Atilius, weniger be:
' deutend der Schnellichreiber DO. Tullius Cicero,
C. Julius Eäjar (der Diktator), Santra, X.
‚Eornelius Balbus und Eaffius Barmen:
öfter ſprach fich ihre |
nachdem der Sinn dafür durd andere dramatische
Anfänge erwedt und erftarkt war. Ihr Anfang
fnüpft fih an den Namen des Livius Andro:
nifos (j. d.). Mehr als 150 Jahre nach dem
Andeutungen über prunfhafte
ſis; fpäter 2. Barius und Ovidius. Im allge:
meinen ift diefe überfegte römiſche * Tragödie von
Euripides andgegangen und zu Sophofles und
Aiſchylos vorgeſchritten. Auch erhellt, daß in
Bezug auf den gewählten Stoff nicht viel weniger
als die Hälfte der noch vorfommenden Tragddien
bem troiichen Kriege nnd den Schidialen feiner
Helden, mit Musichluß der Odyſſee, ‚angehört.
Neben diefen Nachbildungen der griechiichen Tra—
gödie, die feit dem puniichen Kriegen in Rom er:
jcheinen, ſah man auch zuweilen griechiſche Schau:
ipieler, die Nationaldramen aufführten. Dies ge:
ſchah auch noch in der Kaiſerzeit. Tac. ann.14, 21.
Suet. Caes. 39. Oct. 43. Calig. 33. Cie. ad fum,
7, 1. Nero übernahm ſelbſt tragiiche Rollen auf
dem Theater. Suet. Ner.21. Einige Römer jchrieben
jogar griechifche Tragddien, z. B. Titus, Bonpejus
| Macer, Plinius d. j. Suet. Tit. 3. Calig. 3. Plin.
ep. 5, 3. 7,4. über die Einrichtung ber tragiſchen
Bühne in Rom willen wir nichts Genaueres; eine
Orcheftra im römischen Theater läft fich ebenio:
wenig als ein Chor in der Tragödie nachweiien.
—— uffüh:
rungen geben Cie. ad fam. 7,1. Plin. ep. 7, 48.
8, 7. Plut. Pomp. 40. 52. Gell. 10, 1. gl. das
Hauptwert: D. Nibbed, die röm. Tragödie im
Beitalter der Republit (1875).
Tragurinm, Teoaylo)deror, bedeutende Stadt
Dalmatien auf einer mit dem FFeitlande durch
einen Damm verbundenen Inſel, berühmt durch
den Marmor der Umgegend; j. eier, Troghir,
ital. Trau. Plin. 3, 22, 26. Pol. 32, 18.
Traianopölis, bedeutende, dom Raifer Trajan
gegründete Stadt im Innern Thrafiens am’ rechten
Ufer des Hebros.
Traiänus j. Ulpii.
Tralles, Todiisıs, Todiiıs, 1) blühende Han:
delsſtadt Kariens, am Abhange des Meflogisge:
Tode des Sophofles und Euripides begann, wie
Gellius (17, 21) Sagt, in Nom die attische Tragd-
die einen neuen Kreislauf. Die Gründer der rö:
birges, an einem Nebenflufie des Maiandros, dem
Eudon. Sie lag in höchſt fruchtbater Gegend,
daher ihr früherer Name Ardere; ſpäter Mitt ſie
durd) Erdbeben. J. Aidin-Güjelhiffer. Das Then:
miſchen Tragödie, Living, Ennius, Nävius, famen | ter der Stadt ift im neueſter Beit ausgegraben
aus Tarent und Campanien.
Tarent feierte feine | worden.
Xen. An. 1, 4,8. Strab. 14, 648.
Dionyjien mit Tragddien und Komödien der neuen Liv. 87, 45. Caes. b. c. 3, 105. — 2) Tralles,
1240
-li, Bölferjhaft Illyriens.
37, 39f.
Tranquillitas, Talıjvn, Berjonifilation der
Ruhe und Stille, einerjeits der Meeresitille, daher
mit Pofeidon abgebildet, andererjeitd der Stille
und Ruhe des Gemüts, dargeftellt ähnlich der
Securitas, nur noch milder, einen Lorbeerfrang auf
dem Haupt, Ruder und Kornähren in den Händen.
Transfäga f. Perduellio
Transitio nad plebem, der Übergang eines
Patriciers zu den Plebejern (durch Adoption), der
ermöhnlich dann erfolgte, wenn ein Batricier die
Bahlfähigkeit zum Rolfstribunat erlangen wollte,
Transvectio equitum ſ. Equites, 4.
Toanxegieng |. Wechsler.
Trapezüs, Toanefoös, 1) Stadt des jüdlichen
Arkadiens, am Alpheios, in der Landichaft Par:
rhafia, deren Bewohner fi) der Gründung von
Megalopolis widerjegten, dann aber, nachdem ein
Teil von ihnen getötet worden war, nach dem pon—
tiichen Trapezus auswanderten. Hdt. 6,127. Paus.
8, 27, 4.5. 29, 1. — 2) Kolonie von Sinope, im
öftlichen Teil von Pontos an ber Küfte, weſtlich
vom Fluſſe Hyſſos. Recht bedeutend wurde fie
unter den Römern, beſonders auch durch den
Handel, noch mehr zur Zeit der — j.
Trebizonda, türk. Trabuzun. Xen. An. 4, 8, 22.
5, 5, 10. Strab. 12, 548.
Trasimönnus ( Trasumennus, Tarsumennus) |
lacus, n Toaoıuern (Toaoovuerve) Aurn, ein!
im öſtl. Etrurien zwiſchen den Städten Cortona, |
Peruſia und Elufium gelegener, nicht unbedeuten-
der See, j. Lago di Perugia. Hier ſchlug Hanni:
bal 217 v. E. den Konful Flaminius. Pol. 3, 82.
84. 108, Strab. 5, 226. Liv. 22, 4. 7.8. Nep.
Hann. 4. (ic. Rose. Am, 32,
Tgaüog, nadı Hat. 7,109 Fluß an der S
füfte Thrakiens.
Trausi, Tecöcot, Bolt in Thrakien, im öſt—
lichen Teile des Ahodopegebirges. Hdt. 5, 4. Liv.
38, 41.
Trebatins, €. Treb. Tefta, aus Belia in
Lucanien, fam frühzeitig nach Rom, wo er Eiceros
Schuß genoß und von ihm an Cäſar in Gallien
empfohlen wurde, 54 v. E. Cie. ad fam. 7,5. 20.
Eine Stelle im Heere lehnte er aus Abneigun
gegen den Kriegsdienft ab, erwarb fich aber dur
jeine juriſtiſchen Kenntniffe Eäjars Gunft. Cie. ad
fam. 7, 8, 1. Suet. Caes. 78. Später gewann er
Horazens Freundſchaft (sat. 2, 1). Auch Auguftus
ſchätzte ihn als Rechtsgelehrten. Nach Eiceros
Briefen an ihn (vgl. z. B. ad fam. 7, 22) war
er zwar ein berweichlichter Lebemann, aber auch
vr und wißig. Er jchrieb viele juriftijche
derfe
Trebelliönus Rufus, wurde 19 n. E. Bor-
mund für die Kinder des Königs Kotys von Thra-
fien und tötete fi eigenhändig (35). Zac. ann. |
2,67. 6, 39,
Trebellfi, 1) Q. Treb., zeichnete ſich 210
v. C. bei der Einnahme von Weufarthago aus.
Liv. 26, 48. 2) &. Treb., 67 v. E. Vollstri⸗
bun, widerfeßte ſich lange, aber, erfolglos, dem
Vorſchlage des Gabinius wegen Übertragung der
Gewalt an Pompejus. Dio (ass. 36, 7. 13. —
3) Treb. Ealca, gab fi, um die Güter des
P. Clodius zu erhalten, für denfelben aus, er:
reichte jedoch * Abſicht nicht. Val. Max. 9,15,5.|
Liv. 31, 35. 33, 4.
üb:
ten,
| Strab. 5, 228.
| ad fam. 11, 27. Liv.
Tranquillitas — Tremellii.
— 4) £. Treb,, 47 v. E. Boltstribun, Gegner
der Anträge des Dolabella (f. Cornelii, 26.),
den er, weil derjelbe nah dem Bollstribunate
ftrebte, troß der Gegenwirfung des Senats fort=
während angriff, bis Cäſar aus Mfien nach Rom
fam. Darauf wurde er von den Wriftofraten, bie
Cäjar, der den Dolabella begünftigte, ärgern woll-
zum Adil erwählt. Im J. 44 trat er zu
Antonius über und verfiel dadurch) dem Spotte
Eiceros (Phil. 12, 8, 20. 13, 2, 2). Dio Cass.
42, 29 ff. — 5) M. Treb., fämpfte 36 n. €. glüd-
lih in Aſien. Tac. ann. 6, 41. — 6) Treb.
Marimus, Konful unter Nero, hielt 61 n. E.
den Genjus in Gallien ab, befam dann die Statt:
halterſchaft von Britannien, machte ſich aber durd)
Geiz beim dortigen Heere jo verhaßt, daß er vor
der Wut desjelben floh und nur aus Gnade von
ihm wieder aufgenommen wurde. Tac. ann. 14,46.
hist. 1, 60. Agr. 16. — 7) Treb. Bollio, Hijto-
riter, j. Scriptores historiae Augustae.
Trebia, Tosßias, rechter Nebenfluß des Padus,
mündete nidyt weit von Placentia; j. Trebbia.
Dort fiegte Hannibal 218 v. E. über die Nömer.
Pol. 3, 68. Liv. 21, 48. 51. 54. 56. Nep. Hann.4.
Trebiänus, freund Eiceros und Anhänger des
Pompejus, erhielt 45 v. E. von Cäſar Berzeihung.
| Cie. ad fam. 6, 10, 11.
Trebii, 1) Statius Treb., aus Compſa in
Samnium, überlieferte dem Hannibal nach deſſen
Siege bei Cannä feinen Geburtsort. Liv. 33, 1.
— 2) Treb. Niger, diente 150 v. €. in Hiſpanien
und jchrieb ein Werk über Naturgeichichte. Pin.
9,25. 10, 18,
Trebonli, 1) ®. Treb., wurde von Marius,
als er den Luſius ermordet hatte, belohnt, 104
v. C. Plut. Mar. 14. — 2) C. Treb., befleidete das
Volfstribunat im 5. 55, Bine Stellung, in welcher
er, von Cäſars Anhängern bejtochen, ein Geſetz
(richtiger 2 Geſetze) in betreff der Verteilung der
Provinzen an Bompejus und Erafjus, ſowie der
Verlängerung des dem Cäſar erteilten Befehls in
Gallien einbradhte (Dio Cass. 39, 33. Plut. Cat.
min. 43), war Cäſars Legat in Gallien von 54
an (Caes. b. g. 5, 17. 24 u. d.), fämpfte im 3. 49
in Hilpanien gegen Afranius (Cie. ad Att. 8, 3)
und war thätig bei der Belagerung Maſſilias.
Caes. b. c. 1, 36. Im J. 47 ging er abermals
nad) Hifpanien als Nachfolger des D. Caſſius Lon:
ginus, wurde aber von den Pompejanern vertrie:
ben. Dio Cass. 48, 29. Im 5%. 44 nahm er an
der Verſchwörung gegen Cäſar, wenugleich nicht
thätigen, Anteil ( Plut. Caes. 17. Cie. Phel.2, 14,34),
unterftügte ald Statthalter Aſiens (44) Brutus
und Caſſius mit Geld (Dio Cass. 47, 21. 26) und
fand 43 durch Dolabella feinen Tod. App. b. ce.
3, 26. Mit Eicero war er jehr befreundet (ad
fam. 15, 21. 10, 28).
— Tenßovi«, hießen 3 ſabiniſche Städte,
J wiſchen Sueſſula und Caudium in Campanien,
reglia. Liv. 23, 39. — 2) Tr. Mutueſca,
2 der Nähe von Reate, j. Monteleone. — 3) Tr.
Suffena, im Eabinerlande, von ungewiſſer Lage.
Varr.r.r. 2,4, 1. In manden
Stellen, wo Trebula ohne Beinamen erwähnt wird,
läßt fich ſchwer enticheiden, welche Stadt gemeint
ift, z. B. Cie. ad Att. 5, 2. 3.4. de leg. agr. 2,25.
28, 14.
Tremellii, 1) En. Trem. Flaceus, ging
Tremilen — Tribunal
204 dv. C. nach Aſien, um das Bild der Götter:
' Tresviri
1241
sacris conquirendis donisque
mutter nad) Rom zu holen. Liv. 29, 11. 202 war | persignandis wurden ernannt, um die bei irgend
er Prätor auf Sicilien. Liv. 30, 27. — 2) 8.
Trem. Scrofa, befiegte ald Quäſtor 142 v. C.
den Pieudophilipp in Maledonien und erhielt jpäter
die Prätur. Liv. ep. 53. 3) Eu. Trem.
Scrofa, freund des Cicero und Atticus, befannt
mit M. Terentius Barro, jchrieb über Yandwirt-
ichaft. Bal. Cie. ad Att. 5, 4. 6,1.7,1. Varr.
r. r. I, 2, 10. Wahrſcheinlich war er einer der
Richter im Prozeſſe gegen Berres (im I. 70 v. E.).
Üic. Verr. act. 1, 10, 30.
Tremilen j. Lykia.
Tröres, Tonoes, Bolt in Thrafien, am nörd—
lihen Abhang des Stomiosgebirges (j. Vitoſch),
öftlich vom Fluſſe Oiſkos (j. Isker), den Triballern
und ZTilataiern benachbart; um 700 v. E. mit den
Kimmeriern in Kleinafien eingebrochen. Thuc. 2, 96.
Strab. 1, 61. 14, 647. .
Tresviri oder triumviri agris dandis und
coloniae deducendae, Kommijfion zur Bertei-
[ung des ager publicus u. ſ. w.; j. Colonia, II,
und Ager publicus.
Tresviri oder triumviri eapitäles, die durd)
' zubringen und den Göttern zurüdzugeben.
einer Beranlaffung, 3. B. durd; Ausbruch eines
Brandes, abhanden gelommenen res sacrae nor
iv.
25, 7. Tac. Agr. 6.
Trötos, Toneös, Tonrov, Bergzug jüdl. von
Nemea und Kleonai, „der durchlöcherte” genannt
von den vielen Höhlen, in deren einer der neme-
iſche Löwe fich aufgehalten haben ſoll. Paus.2, 15, 4.
Hesiod. theog. 331. Diod. Sie. 4, 11.
| Treviri, Treveri, Tonovigos, tapferes Volk in
Gallia Belgica, bejonders ausgezeichnet durch feine
‚treffliche Reiterei, die für die tapferjte und befte
in ganz Gallien galt. Sie wohnten zwijchen den
ı Mediomatrifern, den Remern und dem Rhenus.
Mit. den Germanen lebten fie im teten Kampfe.
' Caes. b. g. 1, 37. 2, 24. 8, 11. 8, 25 u.d. Tac.
hist. 4, 37. Nach Tacitus (hist. 5, 19) ftanden fie
unter einem Senat von 113 Mitgliedern und waren
mit den Römern verbündet. Taec.ann. 1, 68. Die
umwohnenden Segni, Gondrufi und Eburones
waren ihre Schußverwandten. Caes. b. q. 6, 32.
'4, 6. — Ihre Hauptjtadt war Auguſta Trevi:
eine lex Papiria 289 v. E. errichtete niedere Ma: | rorum, jpäter eine befeftigte römiſche Kolonie
giftratur, die in den Tributcomitien gewählt wurde. | und reiche Handelsjtadt, im 3. und 4. Jahrh. viel:
Sie bejorgten die im Kerker (j. Carnifex) vor: | fach Reſidenz der Kaifer, an der Mojella (Tae.
zunehmenden Sinrichtungen (laqueo) und beauf- hist. 4, 62. 72); j. Trier mit vielen Dentmälern
jichtigten die Gefängniffe, fie fpürten begangenen | und Altertümern, bej. der berühmten Porta Nigra,
Verbrechen nach und verhafteten die Verdächtigen ; | einem Amphitheater, Bädern und ciner Bafilifa.
in der Saijerzeit verbrannten fie die verpönten
Bücher. Tac. Agr. 2. Über Sklaven und Bere:
grinen, deren That vorlag, konnten fie jogar jelbit
richten und fie körperlich züchtigen, über Bürger
aber hatten fie feine Jurisdiktion, außer daß jie
bei etwaigen Berhaftungen eine Borunterjuchung
anftellen mußten. Auch hatten fie die polizeiliche
Aufficht für die Sicherheit Noms, namentlich rüd:
fichtlic der Freuersgefahr, und traten ganz in die
Funktionen der alten triumviri nocturni ein, die
nah Einführung der triumviri capitales abge:
ichafft wurden. Deshalb wurden die tr. capitales
zuweilen auch wohl tr. nocturni genannt.
Tresviri epulönes j. Epulae.
Tresviri locöram publicöorum persequen-
dörum, eine Kommiſſion, um zu unterjuchen, |
welche Stüde des ager publicus dem Staate oder
ber Kommune entrifjen worden feien.
Tresviri mensarii j. Mensarius,
Tresviri monetäles aeri
Nlando feriundo, die Münzmeiſter des Staats,
die jowohl dad Prägen der Münzen bejorgten,
als auch die Münzen überhaupt probierten, wahr:
icheinlich nur dann gewählt, wenn neue Münzen
geihlagen wurden. Unter Augujtus verjchwindet
dieje Magiftratur; ganz ſpät hatte man procura-
tores oder praepositi monetae.
Tresviri noctarni, die Aufieher der ſtädti—
ſchen Nachtwachen und der Feuerpolizei. Liv. 9, 46.
Ihr Amt ging in das der Illviri capitales (ſ. d.) über.
Tresviri (triamviri) reipublicae eonsti-
tnendae nannten fih die 3 zur Herrichaft ver:
bundenen Männer Antonius, Octabianus und
Lepidus, nachdem fie ſich durch diejen vom Staat
autorifierten Namen den Schein der Legalität bei:
gelegt hatten. — Der Bund des Cäſar, Bompejus
und Craſſus war bloß eine Privatverbindung und
wurde nur uneigentlich triumviratas genannt.
argento auro
Triakaden j. ’Erouorie.
Triarii j. Acies und Legio.
Triarfus, Gaius Balerius, war unter Lucull
im mithribatiichen Kriege Legat, eroberte 73 v. C.
Apameia in Bithynien, jchlug 68 den pontijchen
König bei Komana in Pontos, wurde aber im
J. 67 bei Bela von demjelben befiegt. Caes. b.
Aler. 172. Dio Cass. 35, 10. 12.
Triballi, Toıßaikot, mächtiges thrafiiches Volt
in Untermöfien (dem heutigen Serbien und einem
Teile Bulgarien), von dem öſtlich wohnenden
Treres durch den Dijkos (j. Iſter) geichieden. Tue.
2, 96. Sie widerjtanben mit Erfolg den Odryſen,
ja auf einem Streifzuge drangen fe bis an die
Küfte por und vermwijteten Abbern, 376 v. €.
Alexander von Makedonien unternahm einen Zug
geasn fie, da jie fich zu empören im Begriff waren,
päter waren fie unbedeutend und unmächtig.
Strab. 5, 301. 805. 317 f.
Tribofe)ei, »ces, Toißorxo:, germaniiche Böl:
ferichaft auf dem linfen Rheinufer, in der Gegend
des heutigen Straßburg, nahmen an dem Zuge
des Arioviſt teil. Caes. b. g. 1, 54. 4, 10. Strab.
4, 193 f.
Teißor ſ. Kleidung, 1.
Triboniänus, geboren in der pamphuliichen
Stadt Side, war dem Auftinian bei der Samms
fung der Geſetze behülflih und ſelbſt Berfafler
ahlreiher Schriften in verjchiedenen Zweigen der
!itteratur. Er fand im Rufe eines gemeinen
Schmeichlerd® und eines habſüchtigen Menfchen.
‚Sein Tod fällt ind Jahr 546 n. €.
Tribünal, die vieredige Erhöhung von Stein,
Erde oder Holz (Suggeftus), auf der der richtende
Magiftratus jeinen Minh hatte. Neben ber sella
eurulis desjelben ftanden die subsellia der Aſſeſſo—
ren, vielleicht ebendort die der Richter; doch kön—
‚nen fie auch zur ebenen Erbe in der Nähe ber
—
1242
Plätze der Parteien geweien fein. In Rom ivar
urſprünglich nur Ein Tribunal, auf dem Comi—
tinm, eine Zahl, die vermehrt wurde, als mehrere
Prätoren gleichzeitig Gericht hielten. Alle aber
ftanden auf dem Forum und unter freiem Himmel,
bis man die Sißungen bei ungünftigem Wetter
in die Bafilifen und Gerichtsfäle verlegte. — Eiche
auch Castra, 3,
Tribüni, eigentlich Tribusvorfteher, wofür man
jpäter curator tribus jagte. Der Name tribunus |
aber wurde auf andere Beamte übertragen (j.
Tribunus celerum, militum, Trıbuni
plebis) und in der Kaiferzeit auf jehr verichie-
denartige Beamte, 3. B. bei Kollegien, tr. fabri-
carum, Wufjeher der kaiſerlichen Waffenfabrifen,
tr. fori suarii, notariorum, stabuli (Oberftall-
meifter) u. j. m. — Die eigentlihen Tribusvor:
jteher halfen bei dem Eenjus, bei Aushebung zum
Kriegsdienft, bei Steuerverteilung und andern
abminiftrativen Angelegenheiten.
Tribüni aerarii (Sing. trib. aerarius) hießen
vor alters diejenigen der eben genannten Tribus:
vorjteher, die das Tributum zu erheben hatten,
aus dem fie darauf den Soldaten das stipendium
auszahlten. Es mochten regelmäßig die wohl:
habenditen unter ihren Kollegen fein. Als die
civile Soldanszahlung durch die militärifche, von
den Quäſtoren zu bewirtende verdrängt worden
war, dauerten die trib, aerarii zwar fort, aber
in einem uns dunkeln Berhältnis. Vielleicht waren
fie den Quäſtoren als Intendanten beigegeben und
folgten dem Heere. Bon der lex Aurelıa, 70». C.,
bis zu der lex Julia, 46 v. E., bildeten die Arar—
tribunen eine dritte Nichterdecurie, indem fie die
Plebejer vertraten (j. Judex). Nach Julins Eäjar
hörten fie auf, da ſowohl ihre militärtiche als ihre
richterliche Verwendung nicht mehr ftattfand.
Tribünus celörum j. Celeres.
Tribünns militam j. Dux, 2.
Tribüni militum consuläri potestäte. Drei
Militärtribunen mit Konſulargewalt (abgeiehen von
der Cenſur, die davon getrennt wurde, |. Censoor)
wurden auf das Drängen ber Blebs nad) Teil:
nahme am Koninlat 444 v. E. ftatt der Konſuln
zugeftanden, zu welchen Amte auch Plebejer wähl— |
bar jein jollten; doc für die folgenden Jahre
einigten fich erft Volt und Senat, ob Konſuln
oder Tribunen gewählt werden follten. Seitdem
wurden bis auf die leges Liciniae Sestine öfter
Tribuni — Tribuni plebis.
| wohl die Befugniſſe der Bolkstribunen anfangs
nur gering waren, gelang es ihmen doc, bald,
diejelben zu ftärfen und zu vermehren, ein Stre:
ben, bei dem ſie durd die ihnen verlichene
Unverleßlichkeit (j. Leges sacratae und Lex
leilia. Liv. 2,33. 3,55. 4,3) nicht wenig unter:
ftügt wurden. 1) Das ältefte und urſprünglich
einzige Recht, das fie bejahen, war das auxi-
lium, das Schugrecht über ihre Staudesgenofien
($päter auch über die Patricier), und beichräntte
ſich anfangs auf das Recht, Mafregeln der Ma:
giftrate oder des Senats gegen einzelne zu ver:
‚ bieten (veto, intercedo, prohibeo). Dieſe Hülfe
zeigte fich vorzügficd a) bei dem dilectus (Lie.
3, 11. 4, 53); b) bei dem Ausjchreiben des tri-
butum (Liv. 4, 60. 6, 12); c) vor Gericht, wo die
Tribunen, ſowohl im Civil: ald im Kriminal—
prozeß, jowohl vor als mach gefällter sententia,
eingreifen konnten, 3. B. um Ungerechtigkeiten zu
verhindern oder um die aequitas gegen den ftarren
Buchftaben des Rechts in Schuß zu nehmen. Doc
famen auch genug ungerechte Interceſſionen vor.
| Übrigens half das Veto, durch weiches das gericht:
‚liche Verfahren aufgelöjt wurde, nur ſolange das
Amtsjahr des intercedierenden Tribunen dauerte,
und wenn nicht einer der Nachfolger ebenfalls in-
tercedierte, jo fonnte das Verfahren wieder fort:
gejegt werden. Wer eine jolhe Hülfe juchte, mußte
die Tribunen anrufen (appellare, Liv. und Cie.
oftmals), worauf diejelben fich veriammelten, den
Fall unterjuchten und einen Beichluß fahten (ıde-
cretum), in dem fie das auxilium zuſagten oder
verweigerteit. Liv. 3, 13. 4, 53. 38, 52. 60, Cie.
Quint. 5,20. 7,29. 2) Aus diefem Hülferecht ent:
widelte jich bald ein allgemeines Interceſſions—
recht gegen alle Verwaltungsmaßregeln und Hand-
lungen der Magiftrate (ſowohl gegen die Konfuln,
Eenjoren u. j. w., als gegen ihre eigenen Kollegen,
Cie. legg. 3, 4), gegen die SConss. und gegen alle
Vorſchläge, die an die Comitien gebracht werden
follten. Bei allen Arten von Comitien konnten
die Tribunen intercedere, impedire, moram
tacere, jo daß ſogar die Wahlen anfgeichoben
werden mußten. Lav. 6, 35. 7, 21. 27, 6. 32,7.
24,5 u. ſ. w. 3) Im Verhältnis zu dem Eenate
gr die Tribunen anfangs gar fein Recht, aber
ie erhielten die Teilnahme an den Sitzungen Des:
jelben nebſt der Interceſſion. Zuerſt jahen ſie an
den Thüren der Curie, und von hier aus drobten
“
Tribunen gewählt, und zwar 8, 4, 6, ja jogar 8,
eine Verichtedenheit der Zahl, die fich teils dadurch
erflärt, daß bei 8 die beiden Genjoren mit in:
begriffen waren, teils dadurch, daß man in Rück—
ſicht auf die Zeitverhältniffe die Zahl einige Male
vermehrte. Zir. 4, 6. 5, 1. Die Gewalt derjelben,
ihre Wahl, Amtsantritt und Nieberlegung war
ganz dem Konfulat tonform; doch konnten fie wicht
trinmpbhieren.
Tribüni plebis. Zum Schuße der Wlebejer
gegen die Bedrüdungen der Patrieier und der
Konjuln wurde diejes Amt 494 v. E. den Plebe—
jern von den Patriciern nad der erften Secejfion
zugeitanden (val. Leges sacratae). Aufangs
waren 2 oder 5 Rolfätribunen (Liv. 2, 33. 58,
Cie. r.p. 2, 34), deren Zahl 457 v. E. auf 10
erhöht wurde (Lir. 3, 30); doch machten die Pa—
tricier bei ihrer Zuſtimmung die Bedingung, daß
nicht diefelben wieder gewählt werden jollten. Ob:
fie mit dem auxilium gegen die Musführung des
SCons. (namentlich betreffs des dilectus und des
tributum). Nach und nady erhielten fie ein all-
gemeines Intercejjionsreht (Liv. 4, 6. 36. 43. 50.
67.9, 8 ff. u. j. w.) und bald einen regelmähjigen
Sit nebit der Befugnis, den Scnat jogar zu ver:
jammeln und an denjelben zu referieren, wahr:
icheinlich bald nach der lex Valeria Horatia, 449
v. C., die den Tributbeſchlüſſen allgemeine Gel—
tung einräumte. Infolgedeſſen wurden auch Die
Ertribunen von den Genjoren bei der nächiten
lectio ald Senatoren aufgenommen. 4) Das Necht,
Gontionen zu berufen und in denſelben zu prä—
fidieren (j. Contio), müflen die Tribunen ſchon
uriprünglich gehabt haben, aber viel wichtiger war
die Berufung und das Präjidinm der Tribut:
comitien, namentlich jeit der lex Valeria, Pobh-
lia und Hortensin. Hier wurden nicht bloß die
Wahlen mehrerer Magiftrate vorgenommen und
Tribus.
Gericht gehalten, jondern über die wichtigften Mn:
gelegenheiten beraten und über die einflußreichiten |
Geſetze abgeftimmt (z. B. über die leges agrarine,
über die Verteilung der Provinzen und des Ober:
befehls u. ſ. w., ſ. Comitin) 5) Das Red,
über Ungehoriame Multen zu verhängen und pre-
hensio zu verfügen (d. h. Bürger und Magiftrate
gefangen nehmen zu laffen), haben die Tribunen
bald erlangt und im einer ungebührlichen, oft
tyranniſchen Weile ausgebeutet, jo dab fie ſogar
Konſulnu in das Gefängnis warfen oder durch an—
gedrohtes Gefängnis zur Nachgiebigfeit zwangen.
Lir. 4, 26. 5, 9. 29, 20 u.d. 6) Much die Tri:
bunen erliegen jährlich Editte, worin fie wahr:
icheinlich angaben, wann fie ihr auxilium eintreten
laſſen wollten, und dergleichen. Anipicien durf:
ten fie anfangs gar nicht anftellen, fpäter belamen
jie die Erlaubnis, aber nur zu minder feierlichen |
Aufpieien. Uber die ihnen zuftehende speetio de
coelo und obnuntiatio ſ. Divinatio, 21., Ob-
nuntiatio und Lex Aelia. — Die tribuni-
eiſche Macht war uriprünglich nur heilfam ; durch
das Gegengewicht der Tribunen wurde die Ge:
mwalt der Konfuln, des Senats und der Batricier
in Schranfen gehalten und eine volle Entwidelung
des römischen Staatsweſens ermöglicht, jolange
die Tribunen jelber auf geſetzlichem Boden blieben.
Als jie aber die Bahn der Mäßigung verliehen
und fich in der jpäteren Zeit oft als wütende
Demagogen zeigten, kam der Staat durd fie in
die größte Gefahr (Ute. legg. 3, 8ff. pestifern
potestas trib.). Die allgemeine geſetzliche Be—
ſchränkung auch des Tribunats, nach der jedweder
Magiftratus durch die Interceſſion des oder eines |
Kollegen gebumben war, wodurch der Senat die
Möglichkeit hatte, etwa durch Beftechung oder Über—
redung einen einzelnen Tribumen für fich zu ge
winnen und einen Einipruch der Tribunen gegen
jeine Abjichten zu hintertreiben, oder unwirlſam
zu machen (Liv. 2,43. 44: unum adversus omnes
satis esse. 56. 3,59. 4, 58F.), reichte oftmals nicht
aus; auch die Wahl eines Diltators half nicht
mehr, jeitdem gegen diefen Magiftratus die Pro-
vofation zugelaffen war. Plut. Cam. 42. Darum
reformierte Sulla das ZTribunat im Sinne der
Optimaten, ba er in bemjelben die gefährlichite
Waffe der tyranniſchen und ochlofratijchen Be:
ftrebungen erfannte. Die von ihm als Diktator
80 v. E. gegebene lex Cornelia de tribunicia
potestate vernichtete das Tribunat faft ganz (ed
wurde imago sine re, Vell. Pat. 2, 30), indem
fie das ius cum plebe agendi bergeftalt bes
Ichränkte, daß das Necht Geſetzesvorſchläge bei den
Tribnteomitien zu machen und das Necht zu Anz
Hagen an die Muctoritad des Senats gebunden
war, ferner das Interceſſionsrecht, die eigentliche
Stüße aller andern Befugniffe der tribunieia po-
testas, auf das urjprünglihe Maß der eo
latio adversus imperium reduciert wurde (Cie.
legg. 3,9), und endlid der Reiz, den das Tri: |
bunat bisher für die chrgeizigen Pläne der Dema: |
gogen gehabt hatte, durch das Verbot beieitigt
wurde, nah dem Tribunat irgend cin eurnliſches
Amt zu befleiven. — Gleih nad Eullas Tode
begannen aber die Berfuche, das Tribunat wieder:
herzuftellen. Nach einigen mißglückten Verſuchen
gab die lex Aurelia (des Konſuls Murelius Cotta) !
75 v. E. den Tribunen das Recht der Wählbar:
loren.
noch, aber verdunkelt durch die kaiſerliche Inſtanz.
1243
feit zu curuliſchen Amtern zurück, und 5 Jahre
jpäter, im J. 70, ftellten Bompejus und Erafius,
die des Tribunats für ihre Pläne bedurften, die
vollftändige Macht desjelben wieder her. Vell. Pat.
2, 30. Sall. Cat. 38. Dio Cass. 38, 30, Bon nun
an ging das Tribunat rüdjichtsfos weiter. Dean
braudyt nur den Namen des ®. Elodins zu nen:
nen, um an die entieplichen Greuel und Wirren
zu erinnern, denen der Staat durch die tribunicische
Demagogie jener Zeit ausgejegt war. -— In der
‚ Kaiferzeit bildete die tribuniciiche Macht den Mit-
telpunft der fatierlichen Boteftas (j. Princeps),
die allerdings noch befonders fortbeftehenden Bolts:
tribunen hatten die frühere Bedeutung ganz ver—
Das prozefinaliiche Hülferccht beſaßen jie
Der Sitz im Senat und die Intercejjion ſtand
ihnen noch zu, aber die Befugnis, Multen auf:
zulegen, war jehr gemindert. Zac. am. 13, 28,
Dagegen erhielten fie vorübergehend die Bejorgung
der Auguftalien (ſ, Spiele, 9). — Erforder:
niſſe zum Tribunat und Wahl. Diejes Amt
ftand nur Plebejern ofien, auch war freic Geburt
notwendig, was in der Kaiſerzeit micht mehr jo
ftreng genommen wurde. Ein beftimmtes Alter
war nicht feſtgeſetzt, doc ging, ſeitdem durch Die
lex Atinia die Tribumen in den Senat aufgenom:
men wurden, bie Verwaltung der Quäſtur und der
plebejiichen Adilität gewöhnlich voraus. App. b.e.
1,100. Suet. Oct. 10. 40. Die Wahl der ceriten
Tribunen war auf dem Heiligen Berge vollzogen
worden, feit der lex Publilia, 471 v. E., fand die
Wahl in den Tributcomitien ftatt; über die furze
wijchenzeit ift etwas Beftimmtes nicht ausgemacht.
er Antrittstag war der 10. Dezember. Bejondere
Infignien hatten die Tribunen nicht, ihre Diener
waren viatores, scribae und praecones, Die auch
in der Kaiſerzeit beibehalten wurden.
Tribus, ein Staatsteil, gegenüber dem Ganzen.
Auerft gab es in Rom 3 patriciihe Urtribus,
Kamnes, Tities, Luceres (f. d.) Wichtiger waren
die von Servius Tullius eingeführten örtlichen
Tribus, teils ftädtiiche, urbanae, teils ländliche,
rusticae. Die 4 ſtädtiſchen hießen: Saburana
oder Sucusana, Esquilina, Collina und Palatina.
Das Landgebiet zerfiel in 26 tribus rusticae ober
regiones. Durd die 507 v. E. an Borjena er:
folgte Gebietsabtretung wurden die 30 Tribus auf
20 vermindert, bald aber wuchs die Zahl wieder:
504 v. E. wurde aus dem mit Appius Claudius
nah Rom gefommenen jabinifchen Bolte die ein:
undzwanzigite Tribus geichaffen (Liv. 2, 21), zu
dieſen 21 famen 387 v. C. 4 neue, 386 2, 332 8,
318 2, 299 2, endlich 241 wieder 2, zujammen
alſo 35 Tribus, eine Zahl, die fortan geblieben
ift. Die Namen der 21 alten Tribus lauten: Tr.
urbanae: Suburana, Esquilina, Collina, Pala-
tina, dazu die rusticae: Aemilia, Camilia, Clau-
dia, Cornelia, Crustumina, Fabia, (uleria,
Horatia, Lemonia, Menenia, Papiria, Pollia,
Papinia, Romilia, Sergia, Veturia, Voltinia.
Zu biejen 21 alten Tribus traten dann, wie oben
erwähnt ift, 14 neue: Stellatina, Tromentina,
Sabatina, Arniensis, Pomptinia, Poblilia oder
Publilia, Maeeia, Scaptia, Onfentina, Falerina,
or
—
Aniensis, Terentina, vVelina und Quirina. —“
’ ’
Die tribus urbanae und rusticae flanden ein:
ander uriprünglicd; an Nang gleich, allein da die
“
*
1244
Tributum
legteren aus Orundeigentümern, die erfteren vor: |
zugsweife aus Kaufleuten, Handiverfern und Tage:
löhnern bejtanden, jo erhielten die rusticae jehr
bald einen bleibenden Vorrang, namentlich jeitdem
die Frreigelaffenen nur in die urbanae eingejchrie-
ben werden durften (j. Libertinus). Jede Tribus
hatte wieder als Unterabteilungen Decurien, aud)
zerfielen die urbanne in viei und compita, die
rusticae in pagi. Nach der Reform der Centu—
riatcomitien, wo Klafjen und Tribus verjchmolzen
wurden, hatte jede Tribus 5 Genturien seniorum
und 5 Genturien iuniorum. Wer Bürger war,
Batricier wie Plebejer, mußte in die Tribus ein
geichrieben jein, denn jonft fonnte er auch feiner
Genturie angehören.
nicht injfribiert, jondern ftanden in den tabulae
Caeritum, ſ. Aerarii und Caerites.
Tribus, jpäter behielt man feine alte Tribus, auch
wenn man örtlich in eine andere überjiedelte.
Groß war vor alters die Bedeutung der Tribus
in adminiftrativer, politifcher und fommunaler Bes
ziehung. Sie bildeten die Grundlage des Cenſus,
der Kriegsſteuer (tributum) und der Nushebung
(dileetus), und in ihrer Gejamtheit repräjentier:
ten fie eine allmächtige Nationalverſammlung, I.
3 Comitia tributa. — Eine ſakrale Bedeutung
hatten die Tribus nicht, wohl aber eine fommunale.
Alle Mitglieder einer Tribus (tribules) waren eng
unter fich verbunden und betrachteten jich gegen:
jeitig als Genofjen, wie amici, vicini u. f. w.
Diejes Band wurde dadurch erhalten, daß die Tri-
bulen zuiammen ihre Borfteher wählten, zuſam—
men den Sold für die Krieger aus ihrer Mitte
aufbrachten und vieles andere gemeinjchaftlich be:
jorgten, 3. B. Feſtlichkeiten. Darum wandten die
Kandidaten bei ihren Bewerbungen ſich Ten an
In der |
die ganze Tribus, vgl. Sodalıcium.
Kaiſerzeit erlojch die politiiche Bedeutung der Tri:
bus, indem die Wahlcomitien von Tibertus in den
Senat verlegt wurden (Tae. ann. 1, 15). Die
Einteilung ſämtlicher römiſchen Bürger in Tris
bus hörte auf, und es wurden die 35 tribus auf
die Bewohner der Stadt Rom allein übertragen,
zum Zweck des dilectus, namentlich für die ftäbti-
Ichen Kohorten (Tac. ann. 13, 27: cohortes etiam
in urbe conscriptas, d. h. 3 coh. urbanae und |
7 coh. vigilum) und der faijerlichen Spenden,
wovon öfter in dem michriften (plebs urbana
XXXV trib.) die Rede ift, und worauf fich auch
unter andern Tae. ann. 3, 4: populus per tribus
bezicht. Außerdem aber bildeten wieder die ärmften
Bürger, ſoweit fie umſonſt Getreide empfingen, in
jeder Tribus eine geichloffene anzahl, deren Mit:
glieder eine tessera erhielten (j.
jih als eine bejondere Korporation (tribus) in
jeder Tribus betrachteten.
die römischen Tribus (1844).
Tribütum ift eine Abgabe des Bürgers an ben
Staat. Urjprünglich wurde das tributum viri-
tim gezahlt, d. h. nach den Köpfen, nicht mach
dem Bermögen, bis Servius Tullius das tribu-
tum ex censu einführte. Dieje nad dem Ber:
mögen zu entrichtende Steuer (gewöhnlich 1 pro
mille, doch auch 2, jogar 3 pro mille) wurde
" ftet3 nad) dem Bedürfnis ausgejchrieben (indicere,
imperare) und diente nur Kriegszwecken, nament:
lid zur Zahlung des Soldes. Nach glücklich be-
Der Ort |
des Grundbeſitzes und Wohnfiges bejtimmte die |
‚argitio) und,
Die Aerarii waren aber
Bol. Th. Mommien, |
Cavari und Vocontii mwohnende Bölferjchaft im
lich wechſelte.
— Toiıywris Aluvn.
endigtem Kriege mußte der Feind die Kriegsfojten
erftatten, von welchem Gelde die Bürger ıhr tri-
butum zurüderhielten, jo daß das trıbutum ge:
wijlermaßen eine Zwangsanleihe genannt werden
ann. Wenn das ürarium jelbft genug mit Gelde
verjehen war, jo wurde fein tributum ausgeſchrie—
ben, daher unterblieb es gänzlich jeit der großen
mafedonifchen Beute, 168 v. E. Unter den Kaiſern
mußte Italien Naturallieferungen für Hof und
Heer leiften, von denen nur Rom und die nächſte
Umgebung frei war. Daher jchreibt ſich der ..
ja von Italia annonaria und urbicaria. 5)
nur einmal (Fest. s. v. tributum) genannte tri-
butum in capita wird die Abgabe der aerarii
gewejen jein, welche aber nicht wiedererftattet
wurde. — Gegen das Ende der Republif erhielt
die Abgabe der Provinzialbewohner, melde eigent:
lid stipendium hieß, den Namen tributum,
als das alte eigentliche tributam der Bürger ab:
geihafit war. Diefe Abgabe, welche von deu ein:
heimijchen Behörden erhoben wurde, im Gegenſatz
u den an die publicani verpachteten vectigalia,
eftand entweder in einer bejtimmten, von der
Provinz alljährlich zu zahlenden Summe (wie in
Gallien, Britannien und andern Provinzen) oder
in einer Abgabe nad) dem Cenſus, welche natür:
Unter den Kailern wurde die von
Auguftus begonnene Trennung des tributum ic
Grund: und Kopfſteuer vollftändig durchgeführt.
a) Trib. soli oder agri, jpäter auch capitatio
oder iugatio genannt (von iugum oder caput,
d. h. Aderabteilung, auf welche die Steuer um:
gelegt wurde, wahricheinlich 1 pro Cent), beruhte
auf dem von Auguftus eingeführten allgemeinen
Reichscenſus und floh aus den Bolksprovinzen in
dad aerarium populi Romani, aus den faifer-
lichen Provinzen in das aerarium militare, Die
Ausjchreibung hie indictio; die Unterbeamten
der Statthalter, numerarii, tabularii, chartu-
larii, bejorgten das Weitere, und die Erhebung
geihah durch die ſtädtiſchen susceptores und
exactores. Übrigens wurden die Provinzen nicht
gleihmäßig behandelt, denn manche mußten außer
Kopf: und Grundjtener noch bejondere vectigalia
entrichten, Getreide liefern nu. j. w. b) Trib. ca-
pitis, die Kopfſteuer, ug auch ipäter capitatio
genannt, war teils eine Vermögensſteuer, welche
nach und nach den Charakter einer Gewerbeſteuer
erhielt, teils ein von dem Genjus gan; unab-
hängiges Kopfgeld, welches namentlich die Armen
zu zahlen hatten; denn die, welche tributum soli
entrichteten, waren von dem Kopfgeld ganz frei.
Trieasii, Toındaroı, oder Triensses, gallijche
Bölferichaft an der oberen Seauana mit der
Hauptftadt Augnftobona (jet Tropes). Plin.
4, 18, 32.
Tricastini, Tomaorırol, eine zwiſchen den
narbonenfiichen Gallien, zwiichen den heutigen
Flüſſen Dröme und Here. Ihre Hauptftadt war
Auguſta Tricaftinorum, j. Moufte an der
Dröme mit Wltertümern. Liv. 5, 34. 21, 31.
Terxwrig Alan, jebt See von Wrafhori,
bedeutender See Nitoliens, nördlich vom Gebirge
Arakynthos. Der weſtlich von ihm gelegene Heinere
See, früher Hyria (Hyries lacus, Or. met. 7,372),
hieß jpäter nach der an feinem jüdlichen Ufer ge:
legenen Stadt Lyſimacheia. Pol.5,7, 11,4.
Trieipitinus
Dftlich von Lyſimacheia und ſüdlich vom Trichonis:
jee lag die Stadt Trihonion. Strab. 10, 450.
Trieipitinus j. Lucretii, 1. 3. 4. 5.
Tricliniarcha ift der über das trielinium Auf:
jiht führende Sflave. Deſſen Gehülfen h. trieli-
niures oder tricliniarii.
Trielinium, 1) die Zuſammenſetzung von drei
leeti um einen Speijetijch, oder ein für 3 Perjo-
nen eingerichtete Speijelager, indem man nur in
der ältejten Zeit bei Tiſche ſaß, ipäter aber renel:
mäßig lag. Die vierte Seite des Tijches blieb
ftets ohne Speifefofa, indem von hier jerbiert
wurde. Es gab auch fteinerne trielinia im Freien,
mit einem jteinernen Tiſch, nämlich bei Tempeln,
Brunnen und Gräbern. — 2) das Zimmer mit
dem trielinium, aljo das Speijezimmer. Die vor:
nehmen Römer der jpäteren Zeit hatten für ihre
üppigen Mahle nad) den Jahreszeiten verſchiedene
trichnia, während man vor alters ganz einfach
im Atrium geſpeiſt hatte.
Tricorii, Teixocotoi, Bölferichaft im narbonen:
fiihen Gallien, öftlih von den Vocontii bis zu
den Alpen (am heut. Drac). Liv. 21, 81. Strab.
4, 185. 208,
Tridentum, j. Trient, Hauptftadt der Triden—
tini in Nätien, an der Strafe von Berona nad
Beldidena. Sie jollte ihren Namen von dem Drei:
zad des Neptun haben, den man noch jeßt auf
einem in der St. Vigilskirche eingemauerten Stein
fieht. Plin. 3, 19, 23.
Triens, a) als Gewicht und als Erzmünze
4 Unzen oder ', Ws; b) als Maß für flüſſige
Dinge 4 cyathi oder ", sextarius, ebenjo ein
Becher von diejer Größe; c) im allgemeinen ",, |
3. B. heres ex triente,
Teıngapzie f. Leiturgia.
Tererneis ſ. Ennaöteris,
Trifänum, nur Liv. 8, 11 erwähnt, Ort in
Campanien (Latium adjectum) zwifchen Minturnä
und Sinuefja.
Triginta tyranni j. Dreifsig Männer, II.
Teıxdgavor, ein im öſtlichen Teile von
Phliaſia belegener Bergrüden mit 3 ftumpfen
Spigen, darauf ein Kajtell, um das Argos und
Phlinus ftritten. Xen. Hell. 7, 2, 1ff. 5, 11, 13.
Trikka, Todaxn, -va, norböftlicd; von Som:
phoi gelegene feite Stadt Theſſaliens am Lethaios: |
fluß, Grenzfefte gegen Illyrien; noch j. Triffala.
In ihrer Nähe am Fuße des Pindos lag der
ältefte und berühmtefte Aiflepiostempel. Hom. Il.
2, 236. Liv. 32, 13. 36, 13.
Toıx63wror, Stadt im füdlichen Arladien in
der Landſchaft Eutrefia, etwas nördlich von Me:
galopolis, wohin die Bewohner bei Gründung
diejer Stadt zogen. Paus. 8, 3,4. 27,3. 35,5.
Trikorfthos j. Attika, 17.
Trilogia j. Tetralogia.
Trinakria j. Sicilia.
Trinkgefäfse, pocula, waren bei den älteften
Römern von Holz und Thon (lignea und fictilia),
in den Zeiten des fteigenden Yurus von edlem
Metall, Glas und Edelfteinen, oder wenigſtens mit
Edelfteinen bejeßt (pocula amethystina, vergl.
Vasa und Gemma), die teild aus Griechenland,
Aſien und Afrifa eingeführt, teil in Italien ver:
fertigt wurden. — Nach den Formen laſſen fich
untericheiden: eyathus, xvadog, das gewöhn:
liche Trinfglas, defien man ſich auc zum Miſchen
— Tripolis. 1245
bes Weines mit Waller bediente, paterae und
phialae, flahe Schalen, den Opferichalen ähn—
lid; calix, calices (xuA«E), Becher in Kelch—
form, mit niederem Fuß und gewöhnlich ohne
Hentel. Weit größer war die Bahl der Sentel-
becher, nämlich cantharus (xdvdegog), concha,
mufjchelförmig, eulullus, urſprünglich Opferichale
(Hor.od.1,31,11), scyphus, cadus, die Heine
trulla, die altertümlidhe obba, hörnerartige (xE-
ara). Dazu fommen die phantaftiichen Beiher
in Form von Kähnen (eymbium, Verg. A. 5, 267),
Tierktöpfen, Hörnern u. ſ. w. Biele Becherformen
famen erjt aus Griechenland und behielten in ta:
lien den heimatlihen Namen, wie carchesium
(xagyrjoıor), Thericleum, rhytium. Zu den Trint:
geihirren gehören auch die Bowlen und Miſch—
' gefähe (mistarium). Hoch und becherfürmig war
der crater, mit 2 Henkeln verjehen, dagegen bauchig,
| wie unjere Terrinen, sinus, lepesta, galeola, —
Nicht felten verzierte man die Becher mit Heinen
Sinnfprücden, 3. B. vale, vivas, bibe, Inde, «da
bibere, feltener mit dem Namen des Herrn, jehr
jelten mit ganzen Berjen. Solche Gefäße nannte
man literata, worijgı« yonuuarınd. Vgl. Beder-
Söll, Gallus III ©. 387 ff.
Trinobantes, Towößavrss, Hauptvolf an der
Oſtküſte des römischen Britanniensd nördlich don
der Themjemündung (im heutigen Efier und Suf:
folf) mit der Hauptſtadt Camalodunum, jebt
Colcheſter mit vielen Witertümern. Caes. b. g.
5, 20. 21. Tac. ann. 14, 31. Agr. 14. 16.
Trinundinaum, die Zeit zwifchen 3 Nundinä,
die für die Comitien von Bedeutung war; ſ. Lex
und Nundinae.
' Trio f. Fuleinii, 2.
' TetwßoAor, atheniicherRichterfold, j.'Hiıa la.
| Triocäla, Teiöxale, feſte Stadt auf einer Höhe
im weftlichen Teile Siciliens unweit des Krimiflos,
ı hatte ihren Namen (nad Diod. Sie. 36, 1) von
'3 Borzügen: ſchönem Wafler, Neichtum an Wein
und DI und der feiten Lage. Hier hatten die auf:
rüuhreriſchen Sfaven unter ihrem Führer Tryphon
‚einen Stützpunkt. Cie. Verr. ö, 4.
Triöpas, Teiöras, auch Teioy, 1) Sohn des
Pojeidon und der Kanake, einer Tochter des Aio—
los (Apollod. 1, 7, 4), Bater der Iphimedeia (f.
Aloaden), des Erhfichthon (ſ. d.), des Pelaigos.
Er vertrieb die Pelaſger von der Dotiichen Ebene
in Theflalien. Won da oder (ald Sohn des Helios
und der Rhodos, Diod. Sie. 5, 56. gi! aus Rhodos
wanderte er (bei der theſſaliſchen Stadt Dotion)
ipäter nach Karien aus und gründete Knidos bei
dem Triopijchen VBorgebirge. — 2) Sohn des Phor-
bas, Bater des Jaſos und Agenor und der Meflene,
aus Argos. Paus. 2, 16,1. 4, 1,1.
Trioplum Promunturium, Tiorsmıov &rpor,
Vorgebirge in Karien bei Knidos, wo dem trio—
piichen Apollon Feftipiele gefeiert wurden. Thuc.
8, 35. 60. Jetzt Kap Sirio.
Triphiodöros j. Epos, 6.
Triphylia j. Elis, 5.
Teırodioxog oder Toimodeg, Fleden nord:
wejtlich von Megara, Heimat des Sujarion, dei
Begründers der megarijch :attiichen Komödie; j.
| Ruinen bei Dervi. Tihuc. 4, 70. Paus. 1, 43, 7.
' Tripölis, Toecxolis. Bon den Städten d. N.
ift außer einer in Phrygien am Maiandros ge
legenen und einem Kaftell in Pontos au einem
|
1246
gleichnamigen Fluß bejonders zu merken Die bez |
dentende Seejtadt Phoinifiens, j. Tarabolus. Sie,
beitand aus 3 Teilen, deren jeder ein Stadion
von dem andern entfernt war und jeine eigene
Mauer hatte. Arr. 2, 13,2. Strab. 16, 754.
Livius (42, 53) nennt einen Diftrift Tripolis in
Theflalien, ber die 3 Städte Azoros, Pythion,
Doliche umfaßte, auch Teumolirig Tlehayoria ge:
nannt. Strab. 7, 326 f.
Triptolömos j. Demeter, 3.
Triptjcha, ein aus 3 Täfelchen beftehendes
Notizbudy ſ. Diptycha und Pugillares.
Tripudium ſ. Divinatio, 19.
Trirömis j. Schiffahrt, 6.
Tritaia, Tora, Terrain, 1) achaiiſche Bun:
desitadt am Berge Stollis, in der römischen Zeit
zu Batrai geichlagen; j. Ruinen Kaftriga. Hat.
1, 145. Pol. 2,41. 4, 59. — 2) Stadt ber ozo⸗
liichen Lofrer nahe der Grenze von Phofis, wo |
treffliche ‚Hunde gezüchtet wurden. Thue. 3, 101.
Teıreaı, Stadt in Bholis am linken Ufer des
Kephiſos, von Terxes zerjtört. Zldt. 8, 33, Plin.
4,3,4.
Trito, Tritogeneia j. Pallas Atbene, 3.
Triton, Te’ror (der Rauſcher und Braufer),
ein Meergott, Sohn des Pofeidon und der Amphi—
trite, der mit Vater und Mutter in der Tiefe
des Meeres in goldenen Palajte wohnt. Mesiod.
theog. 930 ff. In der Argonautenjage ericheint
er als der Gott des Tritoniichen Sees in Libyen.
HHdt. 4, 179. Apoll. Rhod. 4, 1652. Ferner gilt.
er für einen Dämon bes Mittelmeeres. Huch dachte
man die Tritonen in der Mehrzahl als dienende
Wejen der andern Seegottheiten beim Reiten und
Fahren. Sie werden bejchrieben als Doppelge:
ftalten ans Menſch und Fiſch. Sie führten eine
ichnedtenförmige Mujcheltrompete, mit der fie auf
Geheiß des Rojeidon die Wellen des Meeres be:
jänftigten. Ov. met. 1,333. Wenn zu dem menfch-
lichen Oberlörper und dem Fiſchſchweife noch zwei
Vorderfüße eines Pferdes hinzukommen, jo heißen
fie Kentaurotritonen oder Ichthyokentauren.
Toırordroges, Vorpäter, alte ſchützende Dä—
monen (Anakes, Cie.n.d. 3,21) zu Athen, Söhne
des Zeus und der Berjephone, deren Namen jehr
verſchieden angegeben werden. Auch wurde ihnen
eine jehr verichiedene Bedeutung untergelegt: fie
galten als Dämonen des bejeelenden Windes, als
Ehe: und Geburtsgottheiten, als eritgejchaffene
Weſen der Schöpfung. Suid. s. v. Vgl. Lobed,
Aglaophamus S. 753 ff.
Torrrvg, suovetaurilia, j. Opfer,
Terrrüg ſ. Navxoaola.
Triumphbogen j. Arcus,
Triumphus ſ. Dona militaria, 1—4,
Triumviri j. Tresviri.
Trivia j. Hekate.
Trivieum, ein Städtchen der Hirpiner an der
Appiichen Straße, noch j. Trevieo. In einem
Wirtshaufe in der Nähe —— Dora auf
jeiner Reife nad) Brundufium (sat. 1 79).
Troas, Touds, Touds,, Teoi« (öirab. 18 590
u. Ö.), aud) ’/Aıag yi) oder 'IAıdg (Hdt.5,12 5, die,
guiichen der PBropontis und dem Adranmttiichen
eerbuſen vorſpringende nordweitliche Halbinjel
Kleinaſiens, etwa bis Parion im NO. und An—
tandros im SD.; das Gebiet der alten Stadt
Troja, das feit der Diadochenzeit einen Teil von
>
Überreſte einer mehrere Meter ftar
Triptolemos — Troas.
Myſien bildete, jedoch jeinen Namen behielt. Homer
gibt die Grenzen nirgends genau an. Es war eine
von den Ausläufern des da durchzogene, wellen-
formige Ebene, welche die Flüſſe Satniveis,
Skamandros (mit Thymbrios und Simveis),
Rhodios, Scelleeis und Praftios durchſtröm—
ten. Die vorhiſtoriſchen Bewohuer waren die
Teöss (Hom. Il. ı, 408 u. ö.), Troes, von den
römiſchen Projaifern meift Troiani genannt (Liv.
'1,1. Öie. div. 2, 39), wohl phrygiichen Stammes
und nahe verwandt mit den Dardanern und
‚ Zeufrern, von demen fich Reſte am Hellespontos
und im Binnenlande erhalten haben (Hdt.5, 122.
| Verg. A. 1,
248. Diod. Sie. 4, 75). Von den
Städten (j. Mysia; vgl. Hom. Il. 9, 328) war
in ältefter Zeit alleın bedeutend die Hauptftadt
Slion oder Troja {n "Auog, ro "Ilıor, Tooin),
80 Stadien von der Küſte des Hellespontos in der
Ebene am Abhang des Ida (Il. 20, 216 ff.), zwi:
ſchen den Flüſſen Stamandros und Simoeis ge:
legen. Eine im SD. der Stadt ſich erhebende
‚Anhöhe trug die Burg Pergamon oder Pergama
‚(zö Ileeyauov, e& Ilfoyaue, aud) 7 Ilzeyauos),
wo fi der Tempel der Pallas Athene nebſt
den andern Heiligtümern, fowie die Paläſte des
Priamos, Heltor und Baris befanden (Il. 6, 88.
317. 512. 5, 447). Dies ift nach der Meinung
bedeutender Gelehrten, wie Welder, Gel, Leale,
Fellows, E. Eurtius, Conze u. a., die Höhe des
Bali:dagh bei dem j. Dorfe Bunarbaſchi. Bon
den Thoren wird nur das Skaiiſche (mulaı
Zxare), das links in die Ebene hinausführte,
namentlich genaunt. Die mit Türmen verjehenen
Mauern Hatten Pojeidon und Apollon jelbft ge-
baut. Ilion wurde nad der allgemeinen An-
nahme 1184 dv. E. von den Griechen zerftört. Ein
ipäteres Jlion, Neu:Jlion, wurde von ben
Aioliern erbaut, von Alerander, Lyſimachos und
Julius Cäjar erweitert und verjchönert; ja leßterer
joll, wie jpäter wirflih Conftantin der Gr., die
Abſicht gehabt haben, jeine Reſidenz dahin zu ver:
legen. Udt. 2, 10. 7,43. Strab. 18, 593 ff. 601 f.
Suet. Caes. 79. Hor. od. 3, 3, 37 (mit deu Er-
Härern). Dieje jüngere Stadt lag zweifellos zwölf
Stadien vom Hellespont in dem von den jeßigen
Dörfern Kumkoi, Kalifatli und Tſchiblak einge:
ichlofjenen Dreied, an der Stelle des h. Hiffarlit.
Hier hat 9. Schliemann 1871—73, 18785— 79 und
1882 jeine Ausgrabungen angejtellt (vgl. deſſen
Werke Jlios, 1581, Troja, 1884) und iſt zu der
Anficht gelommen, daß hier, nicht auf der Höhe
des Bali-dagh, das homeriſche Ilios F juchen ſei.
Seine Meinung bat ſich den Beifall von vielen
ı Fachgelehrten, 3. B. Büchner, Grote, Dunder, O.
Keller, Riedher, Gladjtone, erworben und ſcheint
die Oberhand gewinnen zu wollen, beionders jeit:
dem durch Schliemanns lehte ge en die
en, mit dor:
jpringenden Türmen und Thoren verjehenen Burg:
mauer und mehrerer großer Gebäude, die man
wohl als die Königsburg von Troja anzujchen
hat, an das Tageslicht gefommen find. Doch macht
derer (über die homeriſche Ebene von Troja,
1876, wieder abgedrudt in deſſen homeriſchen Auf—
ſätzen, 1881) mit Recht darauf aufmerkſam, daß
wir durchaus feine Berechtigung haben, auf Grund
der frei jchaltenden Schilderung des Dichters topo—
graphiiche Fragen zu entiheiden. Offenbar hat
. in Möjien.
—
to
Trochos — Trojanischer Krieg.
der Berfafler der Ilias die trojaniiche Ebene jo
wenig geichen, wie der der Odyſſee die Juſel
Sthafa (j. d.), und lolale Einzelheiten erfunden.
Bol. Stark, nad) dem griechischen Orient (1874),
S. 1385. Schuchhardt, Schliemanns Ausgra—
bungen (1890), ©. 24 ff.
Trochos j. Spiele, 7.
Trocmi, Teooxuo:, ein Teltiicher Volksſtamm,
der mit den Teftojagen und Toliſtebojern zugleich
in Aſien einwanderte und in Galatien am Halys
feine Siße hatte. Liv. 38, 16. Pol. 31, 13. Strab.
4, 187. 12, 561. 566 f.
Troglodjtae, Towykodvraı, d. i. Höhlenbewoh⸗
ner, wurden mehrere im Ruf niedriger Bilbung
ftehende Bölferjchaften in verjchiedenen Gegenden
genannt, 3. B. im inneren Libyen, am Kaulaſos,
VBorzugsweije blieb dieſe Benennung
aber den Bewohnern der, Küfte des Arabiſchen
Meerbujens im füdlichen Ägypien und in Aithio—
pien, deren Land Tpwykodvrıxr) hieß, und die auch
Ichthyophagen genannt wurden. Strab. 16, 776ff.
Trogus j. Pompeii, 20. und Justinus.
Troia |. Troas.
Trojanischer Krieg. Die Sagen von dem
trojanijchen Kriege wurden bei der durch die do-
riſche Wanderung veranlaften Überfiedelung ver-
ichiedener grieshifiher Stämme an die kleinaſiatiſche
Küſte aus dem Mutterlande nad Kleinaſien hin—
übergetragen. Bei jenen Auswanderern befanden
fi) viele, deren Vorfahren einft den Zug gegen
Troja mitgemacht hatten, Achaier unter Herrichern
aus dem Haufe der PVelopiden, Fonier unter Kö—
nigen aus dem Gefchlechte des Neftor, Scharen
aus Thefjalien, Boiotien, Euboia, Lokris u. ſ. w.
In der neuen Heimat nun, die zugleich der Schau:
plat des Ruhms ihrer Väter gewejen, mwurben
die von ihnen mitgebradhten Sagen mit ermeuer:
tem Intereſſe weitergejponnen. (Manche nehmen
an, daß die langwierigen Eroberungsfämpfe der
eben genannten Scharen auf afiatiihem Boden
die Veraulaſſung zu der Sage von bem ae) ⸗
jährigen trojaniſchen Kriege gegeben haben, der
dann in die Zeit vor der doriihen Wanderung
zurüdgeichoben worden jei.)
die Dichter an der Weiterbildung und Verknüpfung
der Sagen diejes Kreiſes großen Anteil; fie be:
jangen einzelne Ereignifie und Abenteuer des tro: |
jauiſchen —— bis endlich Homer auftrat und
in Ilias und Odyſſee, wiewohl in beiden Gedichten
in dem engen Rahmen von wenigen Tagen zu—
ſammengefaßt, die Maſſe des trojaniſchen Sagen:
ſtoffes jo behandelte, daß wir durch ihn eine Über—
fiht des ganzen Sagenfreifes haben, obwohl er
nicht alle über Troja vorhandenen Sagen verar:
beitet haben fann. Soldhe Bartien, die Homer
entweder gauz beifeite gelaflen oder nur leiſe
berührt hat, haben fpäter die Kylliker (j. d.) auf:
gegriffen und beſungen; auch ging gewiß noch
die geichäftige Vollsſage jelbitändig neben der
Poeſie her und dichtete weiter. Dem Homer aber
verdanken die troijchen Helden vor allen ihren
Ruhm und ihren Glanz. Als Beranlafiung fir
den trojaniichen Krieg gibt die Sage den Raub
der Helena durch Paris an (j. Paris). Dabei
aber beruhigt ſich die Sage noch nicht, fie greift
noch weiter zurüd und läßt den eriten Grund für
den Krieg legen auf der Hochzeit der Thetis und
bes Peleus, der Eltern des Mdillens, aljo des:
Namentlich hatten
1247
jenigen Helden, der vor allen andern vor Troja
ſich auszeichnete. Eris, die Göttin der Zwietracht,
' allein nicht zu der Hochzeit geladen, warf einen
goldenen Apfel in die Verſammlung mit der Ju:
| ichrift: der Schönften. Den darüber entftandenen
Streit der Göttinnen entichied Paris (j. Paris).
Homer erwähnt die Geicdhichte von dem Apfel ber
Eris nicht, doch findet jid) (/1. 24, 25 ff.) eine An—
| deutung von dem Gerichte de3 Paris. Menclaos,
der Gemahl der geraubten Helena, unternimmt
' einen Rachezug gegen Troja, nachdem er mit ſei—
nem Bruder Agamemnon umbergereift ift und bie
griechiichen Fürjten zur Teilnahme gewonnen hat.
Od. 24, 115, Nach jpäterer Sage waren die Fürjten
dur einen dem Tyndareos geleijteten Eid zu
dem Zuge verpflichtet (j. Tyndareos). ga:
memnon wird im Tempel der argiviichen Hera
bon den verjammelten Helden zum Oberfeldherrn
erwählt, oder jein Übergewicht ftellt ihn an die
Spike. Thuc. 1,9 Das Heer kommt im Hafen
| bon Aulis zujammen. Hom. Il. 2, 303. Es be-
| trägt 100 000 Mann in 1186 Schiffen. I1.2,494 ff.
vgl. Thue. 1, 10. — Die vornehmften Helden find:
gamemnon, Menelaos, Achilleus nebit Patroklos,
Aias der Salaminier und Aias der Lokrer, Teu—
kros, Neftor und jein Sohn Antilochos, Diomedes,
Odyſſeus, Jdomenens (fiehe über diejelben die
‚einzelnen Artt.). Vor der Abfahrt Hatte Aga—
menmon zu Delphoi das Drafel erhalten, Troja
werde fallen, wenn die angejeheniten der Achaier
fih entzweiten (Hom. Od. 8, 77), in Aulis aber
weisjagte der Seher Kalchas aus einem Beichen,
dad Zeus in einer Schlange geichidt hatte, daß
fie erjt im zehnten Jahre des Krieges die Stadt
nehmen würden. /1. 2, 300 ff. Die Opferung der
Iphigeneia in Aulis, die Homer nicht erwähnt,
j.Iphigeneia. Unterwegs wird Philoftetes (j. d.)
zurüdgelafien. Proteſilaos (j. d.) wird zuerft von
allen bei der Landung an der troiſchen Küfte ge:
tötet. (Nadı den Kyklikern landeten die Achaier
| zuerft in Teuthrania, das fie für Troas hielten,
‚und kämpften mit Telephos; dann wurden jie durch
einen Sturm wieder in die Heimat zerjtreut und
zogen zum zmweitenmal unter bes Telephos Füh—
rung nah Troja, j. Telephos.) Die Adyaier
ſchlugen ein Lager vor Troja auf, und Menelaos
ging mit Odyfjeus in die Stadt, um Helena zurüd-
aufordern, allein vergebens. 11. 3, 205. 11, 139 ff.
Man mußte ſich zu längerer Belagerung ent:
ichliefen. Da aber die Adjaier aus Mangel an
Lebensmitteln im einzelnen Abteilungen Plünde—
rungszüge in die Umgegend machen mußten (auc
auf dem gegenüberliegenden Cherjones, um jich
u erhalten, Aderbau treiben mußten, Muc. 1, 11),
5 fonnten jie ihre Macht zur Bekämpfung der
jehr feften Stadt nicht zufammenhalten und waren
genötigt, 9 Jahre lang vor derjelben zu liegen.
Auch jind auf jeiten der Troer tapfere Kämpfer,
‚vor allen Heltor, der Anführer des ganzen Heeres,
und unter den Bundesgenofien Aineias, Sarpedon,
| Glaufos u.a. Agamenmon jieht (Hom. Il. 2, 1197f.)
den Grund, warum fie jo lange vergebens vor
| Troja liegen müjjen, weniger in der Zahl der
Troer, denn die machen nicht einmal den zehnten
| Zeil des grischiichen Heeres aus, ala in der Maſſe
‚der Bundesgenofjen. Erjt im zehnten Jahre ger
lingt die Eroberung. — Einen Teil der Begeben:
| heiten diejes Jahres enthält die Jlias. Chryſes,
3
—
1248 Trojanischer Krieg.
ber Priefter des Apollon in Chryſe (S. ded Arbys, | bis zum Tode Hektors (Ende der Alias) ſ. unter
Bruder des Brifes), fam in das griechiiche Lager | Achilleus. Bald nad) Hektor jällt auch Adhil:
und forderte jeine gefangene Tochter Chryſeis | leus (j. d.) und noch mandyer andere Held. Aias
(Aftynome), die Agamemnon als SHavin beſaß, der Salaminier gibt fich infolge des Streited um
gegen reiches Löjegeld zurüd; dieſer aber mies | die Waffen des Achilleus jelbjt den Tod, j. Aias, 2.
ihn, ohne Rückſicht auf den Gott Apollon, in deflen | Der Kyflifer Arktinos läßt unmittelbar nach dem
Prieſterſchmucke Chryſes kam, zurüd. Als darauf | Tode des Heltor die Amazonen als Bundesge:
Apollon eine Peſt ins Lager jendet, beruft Achilleus ne ber Troer erjcheinen, deren Königin Pen—
eine Bollsverfammlung, in der Kalchas die Ur: | thejileia von Achilleus erlegt wird; dann kommt
jache des Unglüds angibt und erflärt, daß Chryjeis | Memnon mit den Nithiopen, erichlägt den Anti-
ohne Löſegeld zurücdgegeben werden müfle. Aga- lochos und wird von Mchilleus getötet; dieſer aber
memnon, der die Chryjeis ungern verliert und | jällt jelbft durd) die Hand des Paris. Die Kykliker
Achilleus für dem Anftifter der ganzen Sache hält, | erzählen ferner die Ereignifje nach dem Tode des
gerät nun in heftigen Streit mit Adyilleus und Achilleus, die den Fall Trojas herbeiführen. Troja
erklärt, er werde zwar die Chryſeis zurüdienden fann nicht erobert werden, folange das Palla—
(was auch gejchieht, 77. 1,308 ff.), aber fich dadurch | dion in jeinen Mauern ift; daher rauben es
entjchädigen, daf er dem Achilleus jeine Lieblings: Diomedes und Odyſſeus (j. Palladion). Auch
ſtlavin Brifeis (f. Achilleus) mwegnehme. Als war zur Eroberung Trojad die Gegenwart bes
er dieje Drohung ausführt, zieht ſich Adhilleus | Philoftetes mit jeinen herafleiichen Pfeilen und
grollend vom Kampfe zurüd, und Zeus gibt der | des Neoptolemos, des Sohnes von Achilleus, nötig;
Thetis das Verjprechen, den Achaiern jo lange | beide werden herbeigeholt (j. Neoptolemos und
Unglüd zu jenden, bis Adilleus von Agamemnon | Philoktetes), und Neoptolemos ſetzt die Helden:
volle Genugthuung erhalten habe. 11. 1. — Bon rolle jeines Vaters fort (feine vorzüglichfte Helden-
der Zeit an wagen ſich die Troer, die fich während | that ift die Erlegung des SHerafliden Eurypylos,
Achills Teilnahme am Kriege hinter den Mauern ſ. d.); Philoftetes erlegt mit einem Pfeile den
gehalten haben, wieder ins offene Feld. Durch Paris. Doc die Mauern Trojas konnten mit
einen jiegverheißenden Traum wird Agamemnon "Gewalt nicht genommen werden, man mußte zur
von Zeus veranlaft, für den folgenden Tag eine | Lift greifen. Epeios erbaute auf Rat der Athene
Schlacht feftzufegen. 11.2. Statt einer Schladht ein großes hölzernes Pferd (hölzerne Roſſe des
fommt e3 zu einem Bertrage, nach dem Troer Meeres, d. h. Schiffe, haben Troja erobert, woraus
und Achaier Frieden fchließen, und Menelaos und die Sage Ein Fa Pferd machte), in deſſen
Paris um Selena und die geraubten Schäbe Bauche 6 mit Odyſſeus die tapferſten der Griechen
fämpfen follen. Paris erliegt im Zweikampf, | verbargen. Diejes Pferd liehen die Griechen im
wird aber von Aphrodite der Tobesgefahr ent: | Lager zurüd und fuhren zum Schein ab. Obgleich
riffen. 11.3. Während Agamemnon die Erfüllung | mande Troer das Rob zu zertrümmern rieten,
des Vertrages fordert, erregt Pandaros treubrüchig | fo wurde es dod in die Stadt gezogen, um den
durch einen Pfeilichuß auf Menelaos neuen Kampf, | Göttern geweiht zu werden. In der Nacht ver-
in dem Diomedes ſich vor allen hervorthut; der | ließen die Helden ihr Berfted, das übrige Heer,
Tag endigt mit einem Zweilampf des Aias und | das Hinter Tenedos verborgen gelegen hatte, kehrte
Heltor. Am folgenden Tage Waffenftillftand und | zurüd, und nun war Troja verloren. Die Stadt
Zotenbeftattung; am zweiten umgeben die Achaier | wurde zerftört, der größte Teil der Einwohner
ihr Lager mit Mauer und Graben. 11.3—7 (gegen | niedergemacht, die übrigen als Stlaven mit fort:
alle hiſtoriſche rare erjt im zehnten | geführt. Od. 8,492 ff. 11, 506ff. — Bergil (A. 2) *
Jahre, Thuc. 1, 11). Hierauf neuer Kampf, für | hat nach den Kyklikern die Eroberung der Stadt
die Griechen unglüdlih (IT. 8), und Agamemnon | weitläufig beſchrieben. In dieſen Darftellungen
rät zur Heimkehr, Neftor aber zur Verjöhnung | der nachhomeriſchen Sage jpielt Sinon, der Sohn
mit Achilleus; allein die an ihn geſchickte Geſandt— des Aiſimos (oder des Siſyphos), ein Verwandter
ſchaft richtet nichts aus. 77.9. Nächtliche Kund- des Odyſſeus, eine Hauptrolle. Er läßt ſich, als
ſchaft des Odyſſeus und Diomedes (Doloneia, ſ. | die Griechen abgefahren ſind, freiwillig von den
Diomedes, 2.). ZI. 10. Am folgenden Tage Troern fangen und täufcht fie durch die erdichtete
werden die erften Helden der Griechen (game: Erzählung, daß er vor den Berfolgungen des
mnon, Odyſſeus, Diomebes) im Kampfe verwun: Odyſſeus, der ihn zum Opfertode beftimmt habe,
det, und die Griechen von Hektor bis in ihre Ver: geflohen jei. Als ihn die Troer nah der Be—
Ichanzung zurüdgetrieben. Das Thor wird von — des een Pferdes fragen, gibt er
Heltor mit einem gewaltigen Feldftein eingewworfen, an, das Pferd jei zur Eühne für den Raub des
und den Troern ein Weg zu den Schiffen ge: Palladions —— und werde den Troern,
bahnt. ZI. 11. 12. — Nach kurzer Wendung des wenn ſie es ver etzen, Unheil — brächten ſie
Kriegsglücks durch Poſeidon treibt Hektor die es dagegen in bie Stadt, jo würde Aſien über
Griechen wieder zurüd und ift jchon im Begriff, Europa jiegen. Deswegen ziehen die Troer das
die Schiffe anzuziinden, da ftürmt Patroflos in | Pferd in die Stadt. Sinon aber öffnet im der
der höchiten —* mit Erlaubnis des Achilleus Nacht die Thür desſelben und gibt dem griechiſchen
in deſſen Waffen in den Kampf, wirft die Troer Heere ein Feuerzeichen zur Nüdtehr (ſ. auch Lao-
zurüd, erichlägt den Sarpedon und nocd viele koon). Über das Schickſal der trojaniichen Kö—
andere und wird enblich von Hektor erlegt. II. nigsfamilie ſ. Priamos; über die Nefte des
13—16. Auffallend ift, daß im dieſen für die |troiichen Volkes ſ. Aineias. Nach der Eroberung
Griechen unglüdlicdhen Kämpfen doch mehr Troer |der Stadt beriefen die Atriden noch am Abende
als Griechen fallen, was aus einem patriotiichen | gegen allen Brauch eine Volfsverjammlung. Die
Gefühl des Dichters zu erflären ift. Das Weitere Adyaier kamen weinberaujcht, die beiden Atriden
Troilos — Tucca.
aber entzmweiten jich, indem Menelaos jogleich fort:
— wollte, Agamemnon aber die Völler auf:
orderte, noch zu bleiben, bis fie den Zorn der
Athene, die bei der Eroberung der Stadt beleidigt
worden war (j. Aias, 1.), durch Opfer verjöhnt
hätten. Dadurch teilte ſich das Heer; ein Teil
blieb mit Agamemnon zurüd, der andere mit
Menelaos, Odyſſeus, Neftor u. a. zog am folgen:
den Morgen ab. Neftor fam glüdlid nad) Hauſe,
ebenſo Diomedes, Neoptolemos, —— Ido⸗
meneus. Hom. Od. 3, 130 ff. Aias der Lokrer
j. d.) fand den Untergang auf dem Heimmege,
Agamemnon (j. d.) bald nach der Rückkehr in die
Heimat; Menelaos und Odyſſeus famen erft nad)
langjährigen Irrfahrten nach Hauje.
Troilos ſ. Priamos a. €. |
Troizen j. Argos. |
Tropaeum, reöraıov, nach griechiſcher Sitte |
ein Denkmal der Flucht des Gegners und des |
eigenen Sieges, auf dem Schlachtfelde errichtet.
Es beitand aus der Aufhäufung der erbeuteten
Waffen, oder aus einem mit denjelben (bei See—
fiegen mit den Schiffsichnäbeln) gezierten Dents
mal, wozu man bisweilen Baumftämme benußte,
denen man durch Berzierungen menjchliche Geftalt
zu geben verſuchte (Verg. A. 11, 5, aud) jpäter
von Galigula, Suet. Cal. 45, und vielfad auf
Münzen — Baumftämme mit Querbalten — dar:
gejtellt); vgl. auch die antefixa ora truncis arbo-
rum bei den Germanen, Tac. ann. 1, 61, Ruhm:
reiche Feldherren bezeichneten mit turmhohen Tro—
päen die Örenze ihrer Eroberungen, z. B. Alerander
in Indien, Drujus und jpäter jein Sohn Germa=
nicus in Germanien an der Elbe (Dio Cass. 55, 1.
Tue. ann. 2, 18. 22 mit der ftolzen Inſchrift).
Namentlicd aber wurden zu Rom, gewöhnlid, auf
dem Eapitolium, zu Ehren ſiegreicher Feldherren
ſolche Siegesdenfmäler (in verjchiedenen Formen:
columna, arcus, tribunal) errichtet (Tac. ann.
15, 18), zugleich auch in den Provinzen auf dem
Schaupläßen der Grofithaten verftorbener Feld:
*— u ewigem Andenken (Tac. ann. 2, 83).
ndere —— — für ihre Verherrlichung durch
Tropäen, z. B. Pompejus in Hiſpanien auf den
Pyrenäen (Dio Cuss. 41, 24), Cäſar in Aſien Dio
Cass. 42, 48). |
Trophonios, Tgopavıos, 1) Beiname des Zeus |
(j. d. 6.). — 2) Bruder des Agamedes, j. d.
Tros, Teas, 1) Sohn des Erichthonios und
der Aftyoche, Entel des Dardanos, Bater bes
los, Aflaratos und Ganymedes, nad) dem die
Troer benannt waren. Hom. I1.20,230. — 2) Sohn
des Alaſtor, Troer, von Achilleus getötet. Hom.
11. 20, 463.
Trossüll wurden nach Plin. 33, 2, 9 die im
aktiven Dienfte ftehenden römischen Ritter in jchein:
bar ehrenrühriger Weile genannt (ftatt celeres
und flexumines oder flexunter). Die Bedeutung
des Namens war jchon im Altertum ſehr unficher
und ift heute noch nicht feitgeftellt. Später be:
zeichnete man mit dem Worte feine, ftußerhafte
Herrchen (vgl. petit-maitre).
Trua und Trulla, Löffel oder Schöpftelle, auch |
Trinfgeihirr; f. Trinkgefüfse und Vasa. |
Truceulensis Portus hieß der Hafen Britanz
niens, von wo aus Agricolas Flotte die Umſchif—
fung der Inſel unternahm. Zac. Agr. 38. Da er!
Reallegiton des klaſſ. Altertums. 7. Aufl.
1249
jonft nicht genannt wird, ift die Lage nicht zu
beftimmen.
Truentum, Stadt in Picenum am Fluß Treuen:
tus (j. Tronto), zu der das Hafentaftell Castrum
Truentinum (Cic. ad Att. 8, 12) gehörte; j. Porto
di Ascoli.
Trulleum, ®ajchbeden, Heiner als pelvis.
Tryphiodöros j. Epos, 6.
Tryphon, Teipor, 1) eigentlih Diodotos,
ſyriſcher Feldherr und Kronprätendent, der bei
ichwelgerijchem Leben (daher wohl der Name) den
Titel eines Mutofrator annahm, bald aber nad)
Ermordung des von ihm auf den Thron erhobes
nen Antiochos ſelbſt den Thron beftieg, was die
Römer anfangs, durch jeine glänzenden Gejchente
beitochen, geichehen ließen, 137 v. C. Als aber ein
Begenkönig, Antiochos Sibetes, von den Römern
begünftigt ward, wurde er nad) 3 Jahren ge:
ichlagen und mußte nach Armenien fliehen, wo er
bald (134) den Tod fand. App. Syr. 68.
2) gründlicher griechiſcher Grammatifer zur Zeit
de3 Muguftus und Tiberius, Sohn des Ammonios,
aus Alerandreia, Berfaffer zahlreicher Schriften,
von denen ſich 2 Meine erhalten haben: dtn
)EEeog und xcol roönwr (vielleicht unecht). Samm:
lung der Fragmente von v. Beljen (1853). Mo:
nographien von Schmidt (1851) und Gräfenhan
(1852).
Tuba, ein tieftönendes metallenes WB lasinften:
ment von gerader Form (Or. met. 1,98), während
der helltönende lituus gebogen war. Am häufigften
war die Anwendung der tuba im Heere, und zwar
für das Fußvolk (wie der lituus für die Reiterei‘,
bei Opfern, bei feftlihen Spielen und Leichen:
begängniffen. Die tubicines und cornicines
bildeten in der ſervianiſchen Berfaffung 2 bejon-
dere Genturien, j. Centuria und Servii.
Tubantes, Tovßarroı, Tubantii, germanijche,
mit den Cherujfern verbündete Völlerſchaft, die
Aut Zeit des Germanicus am jüdlichen Ufer der
!ippe wohnte, jpäter aber weiter ſüdöſtlich ge—
drängt worden zu fein jcheint. In ihrem Gebiete
fag vielleicht das Kaftell Alifo. Tac. ann. 1, 51.
13, 55. .
Tubero, DO. Alius, Se Redner und Hifto-
rifer, Zeitgenoffe des Cicero, ſchrieb eine Geſchichte
Roms, die von den älteften Zeiten wahrjcheinlic
bis zum Ausbruche des zweiten Bür erfrieges
reichte und mindeftens 14 Bücher male ie (ie,
Ligar. 4, 10. Dion. Hal. 1, 80. Liv. 4, 23. Die
Bruchtüde fiche bei Peter, hist. Rom. rel. I p.
311 ff. fragm. p. 199 ff.
Tubilustrium, Trompetenweihe, j.
Athene, 6.
Tubus, Röhre von Metall oder Thon, a) zur
Zuftheizung, j. Haus, Il. und Suspensura;
b) bei WBarferfeitungen, j. Aquae ductus,
Tueca, Tovrx«e, a) mehrmals vorfommender
Städtename in Afrifa, 1) in Mauritania Cäſa—
rienfi8 an der Mündung des big 2) in
Numidien; 3) in Byzacium (Provinz Mfrifa), j.
Ruinen Dugga. — b) römisches Kognomen, |. Plo-
tii, 4.
Pallas
79
1250 Tuccius — Tullii.
Tucelus, Marcus, Üdil 192 v. E,, brachte | Studium des Rechts im Umgang mit den großen
von dem den Wucherern abgenommenen Strafgelde NRechtögelehrten, den beiden Scävola (Augur und
dem Jupiter ein Weihgejchent dar. 2 Jahre jpäter | Bontifer, Cie. Brut. 89,j. Mucii, 7. und 8.), ſowie
verwaltete er als Prätor die Landſchaft Bruttii, der Philojophie. Ju diefer wurde er zuerjt unter-
ein Amt, das er auch für die beiden nächſten Jahre | richtet von dem Epifurcer Phädrus, von dem'er
behielt. Liv. 35, 41. 37, 2. 43, 36. ſich indes bald zurüdzog, um fich dem 88 nad)
Tuder, zö Toödeg, alte Stadt in Umbrien Rom geflüchteten Vorjtand der Alademie, Philon
auf einem Hügel an der Straße zwiichen Meva- von Larija, jowie dem Stoifer Diodotos zuzu—
nia und Rom. Bei dem jeßigen —* finden ſich wenden, der ihn namentlich in die Künfte der
noch Altertümer und folofjale Mauerrefte. Plin. , Dialektik einweihte. Nur kurze Zeit unterbrach der
3, 14, 19. Strab. 5, 227. | Kriegsdienft unter Pompejus Strabo im marjijchen
Tuditänus j. Sempronii, C. | Kriege (89) jeine raftlojen Studien (Phil. 12, 11).
Tulingi, Völkerſchaft Galliens zwijchen den , Geiftig reich ausgeftattet, in den Küunften der
Naurifern und Helvetiern am NRhenus. Caes. b. Rhetorif gebildet, wandte er jih nun im Mannes—
g9.1,5. alter unter Sullas Diktatur dem öffentlihen Leben
Tulliänum ſ. Robur und Roma, 10. zu (ad caussas et privatas et publicas adire
Tullii, 1) M. Tull., wurde auf Befehl des | coepimus, Brut. 90). Die Idee des Rechts und
Tarquinius Superbus, weil er Geheimnifje ver: | der gejeglihen Ordnung war jein Leitftern. Wie
raten ‚hatte, erjäuft. Val. Max. 1, 1, 13. Dion. | tief er von diefer dee durchdrungen war, zeigte
Hal. 4, 62. — 2) M'. Tull. Longus, 500 v. E. er, nachdem er jeine Befähigung Nr öffentlichen
Konful, führte gegen Fidenä Krieg. Er beteiligte Sprechen jchon durch mehrere Reden bethätigt,
fi an der Beftrafung derer, die fich zu Gunften | von denen die im J. 81 für den Onintius ge:
der vertriebenen Tarquinier bverjchworen hatten, haltene als die erfte in die von ihm veranftaltete
und ftarb (noch im 9. 500) durch einen Sturz, Sammlung von Reden aufgenommen wurde, durch
vom Wagen bei der Rückkehr von den wegen Er: | jeine erfte caussa publica im 5. 80, die nicht ge—
rettung des Staats veranftalteten Spielen. Dion. fahrloje Verteidigung des S. Rojcius aus Ameria
Hal. 5, 52. 56. — 3) M. Tull. Cicero (von , gegen Chryſogonos, einen FFreigelaffenen und Günſt—
eicer, wegen Anbaues der Klichererbje), Großvater | me des Sulla. Sorge für feine geſchwächte Ge:
des Nebners, jcheint ein Mann von alter Sitten: ſundheit, nicht Furcht vor Sulla, veranlafte ihn
ftrenge gewejen zu jein (Cie. de or. 2, 66, 265); | bald darauf, eine Zeit lang jeine Thätigfeit auf:
lebte noch zur Zeit der Geburt feines berühmten , zugeben und Rom zu verlafien. Während einer
Enkels, 106 v. C. Cie. legg. 2, 1, 3. — 4) M. | zweijährigen Abwejenheit (79 — 77) ſchloß er in
Tull. Cicero, Vater des Nedners, bald zu Rom, | Athen den für das Leben mährenden Freund—
bald zu Arpinum (Cic. legg. 2,1, 3. ad Qu. fr. ſchaftsbund mit T. Pomponius Atticus und hörte
2,3, 7) lebend, beichäftigte ſich mit den Wifjen- | dajelbjt den Afademiker Antiohos von Aſtalon,
ichaften und der Erziehung feiner Söhne. Cie. de | den Epikureer Zenon und den Rhetor Demetrios,
or. 2,1, 1. off. 3, 19, 77. — 5) Sein Bruder, 2. durcdhreifte dann Aſien und hielt fi bejonders
Tull. Eicero, ging mit dem Redner Antonius auf Rhodos auf, wo er mit dem Stoifer Poſei—
nad) Afien, wie er in Rom und Rhodos (103 v.E.) donios verkehrte und dor allen den Unterricht
mit ihm den Vorträgen der dortigen berühmten des ihm ſchon von Rom her befannten Redners
Lehrer beimohnte. — 6) 2. Tull. Cicero, des NApollonios Molon genof. An Körper geftärft und
vorigen Sohn, dem Redner eng befreundet (frater an Geift gereift, Tchrte er nah Rom zurüd, be-
noster cognatione patruelis, amore germanus, | gründete von neuem und feiter feine Meifterichaft
Cie. fin. 5, 1) mit dem er zufammen im %. 79, und gelangte im %. 76 durch einjtimmige Wahl
in Athen ftudierte, und den er mwahrjcheinlich al3 zur Quäſtur für das %. 75. Er verwaltete diejelbe
subscriptor im Prozeß gegen Verres unterftügte | mufterhaft in Lilybäum, erwarb fih Verdienſte
(Cie. Verr. 4, 145); er jtarb bereit3 im %. 68. durch Getreidejendungen zur Zeit der Teuerung
Cie. Verr. 4, 64ff. ad Att. 1, 5, 1. — 7) M. in Rom, mußte aber ichon auf der Rückkehr er:
Tull. Eicero, der Redner, wurde geboren den fahren, daß, um nach Verdienſt gewürdigt zu
3. Januar 106 dv. E., auf einem Gute bei Arpinum. werden, man ſich nicht zu weit aus den Augen des
Seine Familie gehörte dem Nitterftande an; es Bolles entfernen dürfe (Plane. 26f.). Er trat num
hatte aber bisher aus derjelben niemand eine in den Senat, widmete ſich ganz der jenatoriichen
eurulifche Würde erlangt. Der Bater z0g bald Partei und wurde durch ungebrochene Willens:
mit ihm und dem jüngeren Bruder Duintus nad) traft, Nechtsgefühl und Beredſamkeit die Haupt:
Rom, wo fie unter der Aufficht des Redners L. ftüße und das Organ derjelben. Die Gunft des
Erafjus von griechiichen Lehrern unterrichtet wir: | Bolfes juchte er nicht durch gemeine Buhlerei,
den. Orc. de or. 2, 1. Unter denen, die bejonders jondern durch uneigennügige Wusübung ſeines
Einfluß auf ihn Hatten, wird der Dichter Archias Talents; durch fortwährende Thätigfeit auf dem
(j.d. 3.), genannt, der jeine erften Dichteriichen Ber: Forum wußte er die Aufmerfjamkeit desjelben rege
ſuche jomie den Gang jeiner Studien überhaupt zu halten, jo daß es ihn fürs 3. 69 vor allen Mit—
leitete. Früh entwidelte fich fein reicher Geift; die bewerbern zum Aedilis curulis wählte (off.2, 17).
Anlage und Neigung für die Beredjamkeit wurde Im J. 70 übertrugen ihm die Sicilier, eingedent
gewedt und genährt durdy Anhören der bedeu: jeiner milden Duäftur und des beim Abſchied
tendften Redner der Zeit, Erafjus, Antonius, Sul: ‚ihnen gegebenen Verjprechens, die Anklage gegen
picius, Cotta u. a. Sobald er die toga virilis den berüchtigten Verres. Trotz aller Schwierig:
erhalten (90), widmete er ſich neben rhetorischen feiten und Scilanen brachte es Cicero durch rait-
bungen zur gründlichen Vorbereitung auf die loſe Thätigfeit in der Sammlung der Beweiie
rednerische Yaufbahn mit dem größten Eifer dem und Zeuguiffe, durch Gewandtpeit und Energie in
Tullii.
1251
der Ausführung der lage dahin, daß Verres jchon | Romanum indemnatum interemisset, ei aqua et
im Anfange des Prozeſſes feine Sache verloren
gab und die Stadt verließ. Das reiche Material
verarbeitete Cicero fpäter zu den 5 Büchern ber
Actio II. in Verrem. Während jeiner Abilität,
in der er nur mäßigen Aufwand machte, vertei:
digte er den Fontejus (j. d., 4.) und wahrſchein—
lid den Cäcina (j. d., 1). Als Prätor im J. 66
übernahm er die quaestio repetundarum und
verurteilte den Licinius Macer. An demielben
Sahre gab er fich, ohne Zweifel in Hoffnun
Unterftübung bei der Bewerbung ums Zontulat,
zum Sadwalter des Pompejus her in der Em:
pfehlung der lex Manilia durd feine Rede de
imperio Cn. Pompei, jeine erfte Staatsrede, und
eigte mehr advolatoriſche Gewandtheit ald Wahr:
Veitötiehe in der Berteidigung des Cluentius (f.
Cluentius, 2.) Endlich gelang es ihm, troß
der ſchamloſen Beftechungen feiner Mitbeiverber,
wenn aud durch große Anftrengungen
rare molestia, Mur. 22), zum ons:
ul für das %. 63 gewählt zu werden,
wie jedesmal bei ben vorhergehenden
Amtern, suo anno. Angefichts der
durd) die revolutionären Pläne der Ca:
tilinarier drohenden Gefahr jcharte fich
die Nobilitas, ihren Standeshochmut
vergefjend, um den homo novus. Nach—
dem er jeinen —*— Mitkonſul
C. Antonius durch Abtretung der ihm
zugefallenen Provinz Makedonien ge:
wonnen, durch fräftiges Auftreten gegen
die neuen agrarischen Vorſchläge des
Servilius Rullus und durch Vertei—
digung des greifen Nabirius jeinen
feften Willen und feine fonjervative Ge:
ſinnung dargethan, bewährte er jeine
Kingheit und Wachſamkeit in der Auf:
dedung aller Fäden der catilinarijchen
Verſchwörung (j. Sergii, 8.), jeinen
Mut und feine Baterlandsliebe in ber
Belämpfung und Unterdrüdung derſel—
ben. Es war der Glanzpunkt feines
Lebens: jein engel fand volle Befrie:
digung in dem Dankfeft, das ihm zu:
erkannt wurde, wegen Erhaltung bes
Reichs wurde er als pater patriae von
den Befleren begrüßt (vgl. das ſchöne
Wort Juvenald: Roma patrem patriae Cice-
ronem libera dixit). Doch zeigten ſich aud)
ihon Spuren des drohenden Sturmes, inbem
am legten Tage jeines Konſulats der Tribun D.
Metellus den Ausbruch feiner triumphierenden Be:
rebjamfeit verhinderte und ihm nur den gewöhn—
lichen Eid der abtretenden Konfuln geftattete. In
der folgenden Zeit, wo er den P. Sulla und den
Dichter Archias verteidigte, dauerten die Anfein—
dungen der freunde Catilinas fort. Einen neuen,
bittern Feind fand er in dem Clodius; größer
wurde die Gefahr, als ſich Bompejus von der
jenatorijch:ariftofratiihen Partei losjagte und ſich
mit Craſſus und Cäſar vereinigte. Ciceros Be:
mühungen, im Bertrauen auf feinen Einfluß bei
Pompeſjus die Intereſſen zu vermitteln, waren
ebenfo erfolglos, als die der Triumbirn, dem ein—
flußreichen Redner auf ihre Seite zu ziehen. Cie.
ad Att. 2, 1.18f. So gaben ihn die Machthaber
dem Glodius preis, deſſen Sejeß: si quis civem
auf |
igmi interdiceretur, mit rüdwirlender Kraft auf
Eicero wegen Hinrichtung der Mitverjchworenen
des Catilina angewandt wurde. ‚Er entzog ſich
ber Auflage, indem er in ein freimilliges Eril
ing, April 58; bei En. Plancius in Mafedonien
en er Aufnahme und vermweilte dann, auf bal:
dige Zurüdberufung hoffend, in Dyrrhachium.
Über den Abweſenden wurde die Strafe der Ber:
bannung ausgejprochen, jeine Güter preisgegeben
und zum Zeil zerftört. Nicht immer ertrug er
mit voller Würde und Männlichkeit fein Unglüd,
in den Briefen an jeine freunde erging er ſich
in Klagen und Jammer. Am 4. Muguft des fol:
enden Jahres wurde er, nachdem 2 jchon im
nfange des Jahres geftellte Anträge vereitelt
worden waren, mit Unterftüßung der meiften
Volfstribunen und unter Mitwirkung des Pom—
pejus zurüdgerufen, und mit Jubel empfing ihn
bei jeinem Einzug das Volt (Sept. 57).
Dod)
icheint von hier an feine Kraft gebrochen zu jein;
unjchlüffig und ſchwankend zwiichen den Parteien,
griff er in die Staatsangelegenheiten wenig mehr
ein, Angſt vor Clodius und die Einjicht in die
Ohnmacht des Senats trieb ihn unter den Schuß
der Triumbirn; dem Bompejus verichaffte er aus
Dantbarkeit die praefectura annonae auf 5 Jahre,
doch audh um Cäſars Gunft bewarb er jich bei
mehreren Gelegenheiten. Cie. ad Att. 4, 5. Um
jo thätiger war er in den nächſten Jahren als
Redner (pro Sestio, in Vatinium, pro Coelio,
de provinciis consularibus, pro Balbo, in Piso-
nem, pro Plancio, pro Rabirio Posthumo, pro
Milone) und mandte fich jet auch Titterarijcher
Thätigfeit zu, ja er errang jogar Kriegsruhm, da
er als Statthalter in Kilitien (Juli 51 — Juli 50)
einen Zug gegen die räuberiichen Stämme des
Amanos machte und von feinem Heere zum Im—
perator ausgerufen wurde. Bei feiner Rückehr
79*
1252
erfannte er, daß die Freiheit verloren jei, der
Kampf der Barteien aber nur noch mit dem Schwerte
entjchieden werden fünnte. Nach längerem Schwan: |
fen ſchloß er fih dem Pompejus an, folgte dem |
Heere nad Griechenland, nahm wegen Krankheit
an der Schladht bei Pharjalos nicht teil, lehnte
den Antrag ab, an die Spitze des Heeres zu treten,
und fehrte nady Italien zurüd, wo er von dem
zurüdgelchrten Cäjar begnadigt und mit Freund—
ichaft und Muszeichnung aufgenommen wurde,
Septbr. 47. Plut. Cie. 39. Dio Cas:. 46, 12. 22.
Doc entzog er fich von der Zeit an den öffent:
lichen Geſchäften und lebte meift fern von Rom
auf jeinen Gütern; durd den Anblid der immer
zunehmenden Willkür, jowie durch bäusliches Un:
glüd und Selbftvorwürfe war jeine Stimmung
ſehr getrübt. Um jo eifriger beſchäftigte er ſich
mit der Philoſophie; nur redneriiche Pflicht und
das Bemühen, früheren Barteigenofjen Gnade zu
erwirten, riefen ihn mitunter * aus der Ruhe
ſeiner Studien (Reden pro Marcello, pro Ligario,
pro Deiotaro), Naddem aber (15. März 44)
Cäſar unter den Dolchen der Verſchworenen ge:
fallen war, um deren Geheimnis er nicht wußte,
da glaubte er an die Wiederkehr einer befieren
Beit, und jeine VBaterlandsliebe trieb ihn zu thä-
tigem Eingreifen. Als auf Antonius’ Antrag Cä:
jars Verfügungen beftätigt und die „Befreier‘ be: |
gnadigt wurden, jprach er für diejen Antrag und |
bejonders die Ammeftie; indes die Stellung, die
Antonius bald einnahm, und die Drohungen der
Gäjarianer trieben ihn aus Rom; unfchlünfig ſich
hin und her wendend, 4* er nach 5 Monaten
(31. Auguft) zurüd und fpannte nun noch in den |
von September 44 bis April 43 gegen Antonius |
gehaltenen philippiichen Reden alle Kräfte jeiner |
Beredſamkeit an. Gegen denjelben wurde endlich
der Krieg beichloffen, aber Eiceros Blick jcheint
umbüftert zu jein, wenn er beim Anjchluffe an den |
Octavianus in dieſem wirklich eine Stüße ber,
Freiheit zu finden hoffte; nur zu bald enthüllte ,
diejer jeine wahren Mbjichten, ald er nad) der
Schlacht bei Mutina für fi) das Konſulat erzwang
und dann mit Antonius und Lepidus fich zum
zweiten Triumvirate verband, Oktober 43. Seht
mußte das Haupt der Gegenpartei fallen, und es
ift nicht wahricheinlich, dat DOctavianus fich ernft-
lich * Cicero verwandt * Er wurde bei Ab—
ſchluß der Verbindung ſofort mit 16 andern ber
angejcehenften Republikaner geächtet und entwid)
auf die Nachricht, dag Hinrichtungen ftattfinden
würden, anf feine Billa bei Tufeulum. Unſchlüſſig,
was er thun und wohin er jich wenden jollte, halb
wider Willen von jeinen Getreuen entführt, ward
er bei Gajeta von dem Kriegstribunen Bopilius
Yänas erreicht und, als er ſich aus der Sänfte
herausbog, von dem Genturio Herennius getötet, |
7. Dezember 43. Kopf und rechte Hand wurden
feinem Todfeinde Antonius überbraht und auf
der Nednerbühne aufgeitellt. — Cicero war von |
Haus aus ohne bedeutendes Vermögen, erwarb fich
aber während feines öffentlichen Lebens, doc ohne
geſetzwidrige Mittel, große Neichtümer; aber bei
jeiner Bauluft befand er jich oft in Geldverlegen-
heit. Außer einem von Erafjus gekauften bedeu-
tenden Der in Rom bejaß er Zandgüter (Tu-
sculanum, Formianum u. a.) und fleinere Be-
figungen im mehreren Teilen Italiens. — Er
Tullü.
vermählte fidy im %. 77 mit ber Terentia (.
Terentii, 11.), die ihm 2 Kinder gebar, aber
noch im 3. 46 eine Trennung veranlaßte; doc
auch eine neue Berbindung mit der jungen Bublilia
(j. Publilii, 3.) brachte ihm feinen häuslichen
Frieden und wurde aufgelöft. Sein Sohn Marcus,
eb. 65, betrübte ihn ungeachtet einer jorgfältigen
ziehung durch rohe Ausichweifungen, doch erhielt
er ipäter durch Octavianus, in feine bürgerliche
Stellung wieder eingelegt, hohe Staatsämter |j.
Tullii, 9). Mit großer Liebe hing Cicero an
jeiner Tochter Tullia, geb. 76, die erft mit €.
Galpurnius Piſo, jpäter mit Dolabella vermählt
war, und deren Tod (45) ihn tief betrübte. —
Hauptquelle über Leben und Berhältnifie: Flut.
Öie. und Oic. Brut., für das ſpätere Leben die
Briefe, bejonderd ad Atticum. — Cicero bejaf
alle Tugenden des Brivatmannes feinen Freunden
egemüber, Sittenreinheit, geiftige Regjamkeit und
Sinn für das Hohe und Edle, eifernen Fleiß und
uneigennüßige Dienftbefliffenheit ; Eitelfeit dagegen
und Ruhmredigfeit räumt er öfter jelbft von sich
ein. Sein Öffentlicher Charakter ijt in den Wechieln
jeines Lebens abgejpiegelt. Seine große Bater:
landsliebe, die Begeifterung für Recht und Frei—
heit verlieh ihm den augenblidlihen Mut, die
dem Staate drohenden Gefahren und Beriönlich-
feiten mit aller Energie zu befämpfen. Es fehlte
ihm aber der politifche Scharfblid, jowie das kon—
jequente Beharren bei dem einmal für richtig ge:
haltenen Prinzip, die auch in den ‚anhaltend
ſchwierigen Berhältniffen ausdauernde Entichiedeu-
heit und Feſtigkeit (gravitas), und dieſe Mängel
verftridten ihn in Mißgriffe und Widerjprüche.
Als Demofrat begann er Peine Laufbahn, war dann
der Borlämpfer der fonjervativen Senatspartei,
ichloß fich an Pompejus an und diente dem Cäſar.
Doc zeigt fih in der Schwäche auch beionders
die Gutmütigfeit, die ftets bereit ift, das Beſte
zu hoffen, und nie den Glauben an Zreue und
Nedlichkeit verliert. Selbft fein ftarrer Barteimann,
hielt er die Berjöhnung und WUusgleihung der
Barteiwirren für das allein Erreichbare und rich
tete darauf jein Streben. Wenn er auch nicht
immer ben damaligen, alles zerwühlenden Kämpfen
gewachſen mar, und daher Schwächen an ihm
deutlich hervortreten, jo find doch die Urteile, die
der übertriebenen Bewunderung früherer Zeiten
egenüber Drumann, Mommijen und in neue
er Zeit Karl Neumann über ihn gefällt haben,
hart und ungereht. Man darf auf feinen Fall
die Gebrechen jener Zeit und die fehler der Rede:
funft ihm als rein perjönlihe Mängel anrechnen;
er hat in einer ftarfen Dulderjeele eine unerjchüt-
terliche Liebe zum Vaterlande getragen; jein Glaube
und Bertrauen auf eine glüdliche politiiche Ge—
ftaltung besjelben war viel mächtiger als jeine
Einficht in die Möglichkeit und fein Bermögen,
jelbft dazu, wie er es jo gern wollte, immer und
überall beizutragen. - Für ihn zeugte ſchon das
Altertum jelber; insbejondere gehört hierher jene
ſchone Erzählung am Ende der plutarchiſchen Bio:
graphie: lange nach feinem Tode tritt Auguft ins
Zimmer zu einem der Enkel, der eine Schrift
Ciceros in Händen hat und erichroden in jeinen
Mantel birgt; ald Auguſt dies fieht, nimmt er
das Buch, lieſt lange darin und gibt es dann mit
den Worten zurüd: Aöyıog arhe, & mai, Aöyıos
Tullii.
zei pilörergis. So hat in neueſter Zeit auch
Nante (Weltgejchichte, 2. Teil, 1882) geurteilt,
der es Cicero hoch anrechnet, daß er zwiichen den
fämpfenden ®ewalten einen Mittelweg fand, auf
bem er fich behaupten und die Idee des Rechten
und Guten verteidigen fonnte. — ne über jein
Leben Drumann, Gejchichte Roms ©. 216 ff.
Vl S. ıf. Brüdner, Leben des Cicero (unvol:
lendet, Bd. 1. 1852). Curingar, M. Tullüi Ci-
ceronis comment. rerum suarum (1854). Boij:
fier, Cieeron et ses amis (deutſch von Döhler,
1869; 7. Aufl. des Originals 1884), Teuffel, Studien
und Eharatteriftifen (2. Aufl. 1889), ©. 362 ff. —
Eicero war jeit jeinem jechzehnten Jahre in un:
unterbrochener geiftiger Thätigfeit, von jeinem
eng 2 ae an unter dem Andrang des
öffentlichen Lebens mit rhetorifchen und philoſo—
phiichen Studien, und in hohem Alter mit einem
beifpiellojen Fleiße mit Bearbeitung der geſam—
melten Schäße beichäftigt. Unter feinen Schriften
find zu nennen: A) Reden, nämlich 56, wenig:
ftens größtenteils erhaltene (zum Zeil oben ge
nannt), von denen die orationes IV post reditum
vielleiht umecht find, einige andere aber (pro
Murcello, einige der Reden in Catilinam) ohne
1253
len (4 Bbb. 187784). — B) Nicht geringe Ber:
dienfte erwarb ſich Cicero um die Theorie der
Beredjamkeit, indem er die Lehren der griechi—
ſchen Technik mit freiem, jelbftändigem Geiſt in
ein römijches Gewand Fleidete und die Rhetorik
als Wiſſenſchaft auf römiſchem Boden heimiſch
| machte. Es jcheinen ſämtliche Schriften erhalten:
1) Rhetorica, eine Jugendarbeit, begonnen etwa
83 dv. E., von der nur 2 BB. über den redne:
riſchen Stoff, de inventione, ausgearbeitet find.
Sie ftimmen vielfad überein mit den Rhetorica
ad Herennium in 4 BB., einem Wert, das ihm
jegt allgemein abgejprocdhen wird. Der Berfafier
ift indes ebenjo unbefannt (DO. Cornificius?)
wie das Verhältnis beider Schriften zu einander;
Eicero jcheint eher den letzteren Kar zu haben,
als umgefehrt. 2) de oratore, 3 BB., aus dem
%. 55, in Form eines Geſprächs, wodurch die
Behandlung an Leichtigkeit und Lebendigkeit ge:
wonnen hat; Doc geht das Geſpräch oft in den
trodenen Lehrton über. Das Werk ift eine reiche
Fundgrube lehrreiher Erfahrungen, jowie ein
Mufter ftiliftiicher Darftellung. as erite Bud
erörtert die Bildung zum Redner, das zweite die
Behandlung des Stoffes, das dritte die Form und
genügende Gründe, nad einem zu idealen Mafftab | den Bortrag der Rede. 3) Brutus s. de claris
der ciceronischen Beredſamkeit, verdächtigt find; | oratoribus liber (aus dem Anfang des J. 46),
dazu Fragmente von 18—20 verlorenen, jowie die Geichichte der römischen Redner, Ei ein leben:
Titel von noch 35 Neben. Einige find, nachdem | diges Bild von dem Streben der Römer nad) red:
fie gehalten, niedergeichrieben (in Catil. 1.), andere | nerischem Ruhm und manche Aufichlüffe über den
jpäter umgearbeitet (pro Milone), andere endlich | eignen Bildungsgang des Redners. 4) Orator,
gar nicht gehalten, jondern ur nach den vorlie= | verfaßt ebenfalls im J. 46, ein Schilderung des
enden Berhältnifien umgearbeitet (in Verr, act. | Ideals eines Redners, durch jchöne Form, Ba
[.. Phil. II). Die Reden find teils politifche, | die darin niedergelegte Idee die gediegenfte der
teils gerichtliche, von diejen die meiften Berteidi: | rhetorifchen Schriften. .5) Partitiones oratoriae,
gungsreden; nur jelten und faft widerftrebend trat | 46 oder 45 verfaßt, eine Art Katechismus in Frage
Eicero als Ankläger auf. Als Redner vermittelte | und Antwort über die Hauptpunfte der Rhetorik.
er die Ertreme des Archaifmus und der Neuerung; | 6) Topica ad Trebatium (vom %. 44), Erläute:
es mißfiel ihm der damals herrſchende aſiatiſche rungen der ariftotelifchen Topik eine kurze Formen:
Stil, und bei jonftiger Neigung zum rhetorijchen lehre der Dialektik, durch ns aus ber ge:
Pathos und zur Wortfülle ſchwebie ihm doc; das | richtfichen Praris erläutert. 7) de optimo genere
gute Maß der attiichen Redner vor Augen. Wozu | oratorum, wohl aud, vom %. 44, ein Vorwort zu
Erafius und Antonius den Grund gelegt, das bil: | einer (verloren gegangenen) Überjegung der Reden
dete er im Wetteifer mit Cotta und Hortenſius | des Aijchines und Demofthenes gegen und für den
weiter. Glückliche natürliche Anlage, Studium der | Ktefiphon. Wusgg. der rhetor. Schriften: de in-
griechiſchen Redner und Techniker, jowie ein um: | ventione von Lindemann (1828 und 1829) und
faffendes Wifjen wirkten zuſammen mit der fteten
Berüdfihtigung der römiſchen Nationalität und
der redneriichen Bebürfnifie der Zuhörer. So er:
reichte er zwar nicht den fittlichen Ernft und die |
erſchütternde Kraft des Demofthenes; ald Haupt:
vorzüge aber dürfen wir hervorheben den Scharf:
finn, mit dem er von vornherein den Geſichts
punkt fejtitellt, die Klarheit und Durchſichtigkeit,
womit er das Dunfele zu veranjchaulichen, die Ge:
wandtheit, mit der er jelbjt trodene Gegenftände
intereflant zu machen verfteht, dazu fräftige Sen:
tenzen, jchlagenden Wit, bejonders aber den Glanz
und die Mannigfaltigkeit (ubertas), die auf einer
reichen Erudition beruhen; das Sprachliche aber ift |
der Glanzpunft jeiner Rede (vgl. unten). Ausgg.
Weidner (1878); de oratore von Henrichjen (1830),
ſtuniß (1837), Ellendt (1840), Bake (1863), Pide—
rit (6. Aufl. 1886 ff.), Sorof (2. Aufl. 1882 fj.);
1. Buch von Stölzle (1887); Brutus von Meyer
(1838), Kuniß (1888), Peter (1839), Ellendt
(2. Aufl. 1844), D. Jahn (4. Aufl. 1877), Piderit
(2. Aufl. 1875); orator von Meyer (1827), Orelli
(1830), Göller (1838), Beter und Weller (1838),
'D. Jahn (3. Aufl. 1869), Piderit (2. Aufl. 1876),
Heerdegen (1884), Stangl (1885); partit, orat.
von Piberit (1867); de opt. gen. orat. von D.
Jahn (zugleich mit orator). — C) Mit der Phi:
(ojophie beichäftigte fich Cicero urjprünglich nur,
um für jeine redneriſche und ſtaatsmänniſche Lauf:
bahır eine tiefere Bildung zu gewinnen; jpäter
jämtlicher Reden von Klo (1835 f}.), von Baiter | betrachtete er fie ald eine Zuflucht in der Unruhe
und Halm im 2. Bande der 2. Aufl. von Orellis des Lebens, als eine Erholung in den Zeiten der
Ausg. (1854-56). Ausgg. ausgewählter Reden | politiihen Zurückgezogenheit, ald einen ZTroft im
von Matthiä, Madvig, Orelli, Halm (7 Bändchen, | Unglüd. Doch geiteht er jelbft ein, daß der phi-
zum Teil in 12. Aufl), Koch, Richter, Hachtmann | lofophifche Troft zu nichts helfe, daß er nur von
u. a. Wichtiges Hülfsmittel: Merguet, Lexikon den Ereigniffen Perf Beruhigung zu erwarten
zu den Reden des Cicero mit Angabe ſämtl. Stel: habe. Es erfüllte die Philoſophie micht jein ganzes
1254
Tullii.
Weſen, wir vermiffen cbenfowohl das gründliche | Peripatetifer dargethan. 4) Academica, zuerft
Durhdringen eines Syftems, wie den großartigen im J. 45 in 2 Büchern, Gatulus und Yucullus,
Überbfid. Er ergab ſich, wie faſt alle Rönter, die | abgefaßt, dann weiter in 4 Bücher umgearbeitet
ſich mit Philofophie bejchäftigten, einem Ellekti—
cismus, der die Philojophie nur als eine Samm—
lung von Unterfuchungen über einzelne Tragen
anfah; daneben jchöpfte er meiftens nicht aus den
urjprünglichen Quellen (Platon und Wriftoteles), |
jondern mit Vorliebe wandte er fich der jpäteren
Akademie zu (Philon von Larija, Antiochos von |
Aitalon u. a.). Die Wahricheinlichkeitsiehre der:
jelben und ihre zweifelnde Dialektik entiprach be:
fonders feinem Sinne, außerdem empfahlen fie ſich
ihm durch Streben nad beredtem Bortrag. Bei
der Nidhtung aufs Praltiſche verband er damit in
der Ethik den ſtoiſchen Idealismus, der indes
auch in der Auffaflung der Neneren (PBanaitios
und Bojeidonios) die ftarre Konjequenz der alten
Stoa aufgegeben.
widmete ſich Cicero zu der Zeit, ald der Staat
durd) das j. g. erſte Triumvirat in die fieberhafte
Bewegung fam, und dann wieder, als jich unter
Cäſar die Monarchie vorbereitete. Ohne Selb:
ftändigfeit und Eigentümlichleit wollte er hier nur
die griechiiche Philojophie auf römiihem Boden
einheimiſch madhen. Daß dabei jein Zweck war,
die Römer für Philoſophie zu interejlieren, fie
dadurch zu bilden und namentlich auf Jünglinge,
die er in dem gärenden Unweſen der Bolitif und
in der anwachſenden Verſchlechterung der‘ Mora:
lität verloren jah, anregend und erziehend einzu:
wirfen, fpricht er oft aus (die. 1, 3. tuse. 1,3.
2,3 u. d.). Eine lautere Quelle der griechiichen
Philoſophie find feine Schriften nicht, manche Irr—
tümer lommen vor, die Anfichten der Schulen
werden nicht genau unterjchieden oder bisweilen
entftellt; erheblich ift dagegen der formelle Nutzen,
indem er auerjt hilofophitthe Gegenftände in la:
teiniſcher Sprache fahlih und geihmadvoll dar:
ftellte und dadurd einen philoſophiſchen Sprady:
gebraud) bildete. Vgl. Kühner, Ciceronis in philo-
sophiam merita (1825). R. Hirzel, Unterfuchungen
zu Ciceros philofophiichen Schriften (3 Bod. 1877
— 88). — Bon den philojophiichen Schriften find
erhalten: 1) de republica, 54 ff. verfaßt, urjprüng:
lih 6 Bücher, wovon früher nur ein Zeil des
jechften, Somnium Secipionis, befannt war, bis
Angelo Mai 1822 in einem vaticanischen Palim—
pjejt etwa den vierten Teil des Ganzen auffand
und jpäter herausgab. Der vollfommene Staat
wird dariu dargeftellt mit bejonderer Beziehung
auf Rom zur Blütezeit feiner Madıt. 2) de legi-
bus (v. %.51), von Cicero unvollendet hinterlafien.
Das erſte Buch gibt eine Art Naturrecht, das zweite |
handelt vom Entwerfen der Geſetze und von dem
ius sacrum, das dritte über die Magiftrate mit
beitändiger Berüdfichtigung der fonfreten römijchen
Verhältniſſe. Drei weitere Bücher, in denen das
Werk jeinen Abſchluß erhalten jollte, find ohne
Zweifel nicht ausgearbeitet worden. — Die fol:
genden Schriften jind in rajcher Aufeinanderfolge
vom J. 46 an verfaßt: 3) de finibus bonorum
et malorum, 5 BB., das jcharffinnigfte und durch
methodiſche Darftellung vorzüglichite Werk, ftellt
die Lehren von dem höchſten Gut und von den
Zweden der Menjchen dar, und, nachdem die Anz
jicht der Epifureer widerlegt, wird im allgemeinen
die Übereinſtimmung der Stoifer, Afademifer und
Philoſophiſcher Schriftftellerei
und dem M. Terentius Barro gewidmet. Bon der
erften Bearbeitung ift das zweite Buch Lucullus
erhalten, das die Erfenntnisiehre des Antiochos
und Philon behandelt, von der zweiten, Acade-
mica posteriora, ber erjte Teil des erften Buchs
und einige Bruchftüde. Das Erhaltene gibt nad
allgemeinen Erörterungen die Geſchichte der Phi—
lojophie von Sokrates bis Arfefilaos. 5) Tuscu-
lanae disputationes, 5 BB., benannt nach Eice-
108 Landgut bei Tuſculum, weil die dort gejchrie-
benen Geſpräche auch al3 dort gehalten dargeftellt
werden, Erörterungen über einzelne Fragen der
praftijchen Philojophie, zum Zeil eine populäre
und paränctiiche Anwendung der Nejultate von
de finibus auf das fittlihe Xeben. 6) de natura
deorum, 3 BB., von denen das erfte die Anfich:
‚ten der Epikureer größtenteils nad) Phaidros’ Buch
nel Dem gibt, das zweite die der Stoiler nad
Kleanthes und Ehryfippos, das dritte Die Beur—
teilung und die Anfichten der Alademiker enthält;
auch hier lagen meift abgeleitete Quellen zu Grunde
(Bojeidonios, Karneades, Kleitomachos u. a.). 7) de
divinatione, 2 BB., eine Bervollftändigung der
vorigen Schrift in ähnlicher Weije mit Benußung
von Chryſippos megi zenounr, Pojeidonios rei
narrınns, für das erfte Buch; das ziveite gibt die
Anfichten der Akademiker nach Karneades. Da—
neben finden aber auch die Volfsvorftellungen und
die politiſchen Inftitute, die zur Divination ge-
hören, ihre Berüdfichtigung, und zwar jo, daß bei
möglichjter Schonung doc die Stepfis des Ver-
fafierd erfannt wird. 8) de fato, der Schlufftein
der religionsphilojophiihen Abhandlungen; nur
ein Fragment ift erhalten. — 9) Paradoxa, eine
rhetoriſch⸗philoſophiſche Behandlung von 6 ſtoiſchen
Sägen. 10) Cato maior oder de senectute, an
Atticus gerichtet, in der Charafteriftif des Cato
eine Apologie des Alterd. 11) Laelius oder de
amicitia, ebenfalls dem Atticus zugeciguet, an:
fnüpfend au das Verhältnis zwiichen Scipio und
Lälius, beruht bejonderd® auf der Schrift des
Theophraft über dieſen Gegenjtand. 12) de ofüi-
eis, 3 BB, erft nah Cäſars Tode verfaßt und
an jeinen Sohn gerichtet. Zu Grunde liegt die
Lehre der Stoiker, in den 2 erjten BB. bejonders
Banaitios, im dritten Pofeidonios u. a. Cicero
wollte eine Eittenlehre des arg erg en Lebens
geben (communia officia), wobei die Betrachtung
des GSittlihen, des Nützlichen und der Widerftreit
wijchen beiden vorlag. Während mande Stellen
I wörtlich überjeßt icheinen, findet doch vielfache
Berüdfihtigung des Nationalen ftatt, und belebt
wird die Darftellung durch zahlreiche Beijpiele aus
der römischen Gejchichte. u find die Schrif-
ten Consolatio, Hortensius, Timaeus (teilweife),
de gloria, de virtutibus, de auguris u. a.
Ausgg. der philof. Schriften: de republica von
U. Mai (1822, ed. princ., und öfter), Steinader
(1823), Heinrich (größ. Ausg. 1828), Ofanıı (1847)
u. a.; Somnium Seipionis bon Meihner (3. Aufl.
1886), Anz (1890); de legibus von Mojer und
Creuzer (1824), Bale (1842), Feldhügel (1852),
Bahlen (2. Aufl. 1883), du Mesnil (1879); de
finibus von Drelli (1827), Dtto (1831), Madvig
(8. Aufl. 1876, berühmte Ausgabe), Bödel (1. Bd.
Tullii. 1255
1872), SHofftein (1873); Tusculanae disput. von | 1884. 2. Bd. von Andrefen, 2. Aufl. 1885), Frey
F. A. Wolf (3. Aufl. 1825), Kühner (5. Aufl. 1874, | (4. Aufl. 1888) u. a. Berühmte Überſetzung von
treffl. Kommentar), Klotz (1835, mit Nachtr. 1843), | Wieland (1808 ff.). — Das Erhaltene ift nur ein
Tiſcher (8. Aufl. 1884 ff.), Koch (1854 ff.), ©. Heine | Teil der jchriftftelleriihen Produktion Ciceros,
(3. Aufl. 1881), Meißner (1873), Cavallin (1870), Bruchſtücke gibt es noch von mehreren Schriften:
Hasper (1883—85) u. a.; de natura deorum von | de iure civıli, de auguriis, Timaeus, de gloria,
Heindorf (1815), Mofer und Ereuzer (1818), Aft die noch Petrarca kannte, fowie von einigen Über:
(1829), Schömann (4. Aufl. 1876) und Goethe | jegungen aus dem Griechiſchen (von andern werden
(1887); de divinatione von Mofer (1828), Gieſe | ung die Titel genannt), auch ſolche, die ins Hifto-
(1829); de fato von Bremi (1795); Paradoxa von | rijche Gebiet übergehen. — Auch mit der Dicht:
Bernhard (1819, mit de off.), Orelli (1819, mit | funft beichäftigte Ir Cicero, anfangs als Schul:
Tuscul.), Mojer (1846), Anz (1890); Cato maior von | übung, fpäter trieb die Eitelfeit auch zu Produk—
Otto (1830), lot (1831), Madvig (1835), Tifcher | tionen auf diefem Gebiet (de suo consulatu,
(1847), Sommerbrodt (11. Aufl. 1889), Naud | Marius u. a.), wiewohl er es nur zu einer leichten
(1854), Lahmeyer (4. Aufl. 1877), Meißner (3. Aufl. | Verfifilation brachte. Quint. 2, 1,24. Namhafte
1888), Tüding (1878), Anz (1889) u. a.; Laelius | Stüde von Übertragungen aus Aratos’ Werfen
von Gernhard (1825), Beier (1828), Klotz (1833), | find erhalten, zulegt Herausgegeben von Bährens
Seyffert (2. Aufl. 1876, wichtiger Kommentar), im erften Bande der poet. Lat. min. (1879),
Naud (9. Aufl. 1884), Lahmeyer (4. Aufl. 1881), | p.1ff. Sammlung der übrigen dichterifchen Bruch:
Strelig (1884), Meißner (1887); de officiis von | ftüde von demjelben, fragm. poet. Kom. p. 298 ff.
Heufinger (1783; neue Bearb. von Zumpt 1838), '— Cicero heift Meifter und Bilder des latei—
Gernhard (1811), Beier (1820), Stürenburg (1843), |nifchen Stils. Dies bezieht ſich bejonders auf
Bumpt (2. Aufl. 1849), Unger (1852), v. Gruber | feine rednerifhen Schriften, für die der römijche
(3. Aufl. 1874), Heine (6. Aufl. 1885), Tüding | Sprachgebraud ſchon das Material darbot, wäh:
(1879), €. 9. W. Müller (1882) u. a. Merguet, | rend der familiäre Ton der Briefe allerlei Will:
Lexikon zu den philofophiichen Schriften Eiceros | fürlichleiten geftattete, für die philofophijche Ter-
(begonnen 1887). — Endlid haben wir aus dem | minologie erjt neue Bahnen gebroden werben
fortwährenden Verkehr Eiceros mit feinen abe: | mußten. In den Reden dagegen brachte er die
fenden Freunden als letzte Gattung feiner jchrift: | gefamte Fülle der Spradye in Anwendung, juchte
ftelleriichen Thätigfeit D) Briefe, mit Einfchluß | die Reinheit gegen die überhandnehmende Ver:
von 90 an Cicero gerichteten im ganzen 864 in —— der Neueren zu ſichern und ſtrebte, eine
4 Sammlungen: 1) ad familiares (unlateiniſch ſtrenge Sejegmäßigfeit in grammatiſcher und ſtili—
ad diversos genannt) vom J. 63 an, in 16 BB, | ftiicher Hinficht einzuführen. Neben der Klarheit
wovon das achte Briefe von Cälius an Cicero und Beltimmtheit des Ausdruds war jein Streben
enthält; 2) ad Atticum, 16 BB., vom J. 67 an |und Studium gerichtet auf die Fünftlerijche Be:
bis wenige Monate vor Ciceros Tode; 3) ad | gründung des Numerus, wie derjelbe beruht auf
Quintum fratrem, 3 BB., vom .60—54; 4) Brief: dem Wohllaut und der eg des Perioden:
wechſel zwiichen Eicero und Brutus, früher für baus. Wenn er hiedurch das ; beiticht, jo
unecht erffärt, von K. %. Hermann und €. Ruete | gewinnt er das Gemüt und den Berjtand durch die
(Abh. 1883) verteidigt, in neuefter Zeit wiederum * des angemeſſenen Ausdrucks für jeden Ge—
als unecht verworfen von F. Becher und beſonders danken, der paſſenden Farbe für jedes Gefühl,
von Paul Meyer (Abhandlung, 1881). Doc) ſcheint jene Übereinftimmung in Weſen und Form, das
die Echtheit (außer von 16 und 17) feftzuftehen. | mgeror in Wort und Gedanken. Er juchte aber
Schon im 3. 44 hatte Tiro (ſ. Tullii, 12.) eine | auch den Reichtum der Sprache zu vermehren,
Sammlung von 70 Briefen des Cicero zufammen= | teild durch bejonnene Benußung des ſchon bei
gebracht; die jegige Sammlung ift aber erft nad) | Dichtern und Alteren Borhandenen, teil® durd)
Kiceros Tode gemacht, wahrjcheinlich von Atticus, | neue Erfindungen nad griechiichen Analogien, und
bon dem jelbft fein Brief erhalten; die Anord: | machte die römische Sprache geeignet für willen:
nung ift ganz mechaniih. Die Briefe behandeln | jchaftliche Darftellung und Erörterungen, indem
Öffentliche und perjönliche Verhältniſſe, find eine er diejelbe durch neue Bezeichnungen dem abftraf:
unerſchöpfliche Quelle für die Beitgeichichte und | ten Denken anpafte. Immer aber bleibt er durd)
geben ein treues Gemälde der Zeit, jomwie ein | die castitas und urbanitas jeiner Sprache der
vollftändiges Bild von Ciceros Charakter, Leben | einzige Römer, der al3 allgemein gültiges Borbild
und Wirken und zwar fo, daß manche Briefe, unter | des Stils gelten fan. — Erjte Gejamtausg. Mai:
dem Eindrud momentaner Empfindungen gejchrie: land 1498; jpätere Ausgg. von Bictorius (1534
ben, nicht in feinem Intereſſe veröffentlicht jind | —37), mit J. Camerarii annotationes (1540), D.
und den Stoff zu mancher Anklage gegen ihn ge: Lambin (1565 f.), P. Manutius (1540 ff.) Grä—
boten haben. Namentlich die Briefe an Atticus | vins (1684 ff., nicht vollftändig), J. A. Ernefti
bifden faft ein fortlaufendes Tagebuch, wobei vieles | (1774— 77 u. d.), Schüß (1814 ff.), Orelli (1826 ff.;
indes durch bloße Andeutungen und ie 12. Aufl. 1845 ff., vollendet von Baiter und Halm,
Dunfelheit für uns unverftändlich bleibt; die Briefe trit. Hauptausgabe), Nobbe (1828, 2. Aufl. 1849),
an Quintus ſind mehr didaktiſchen Charakters, er— Klotz (1850 ff; 2. Aufl. 1863 ff.) Baiter nnd Kayſer
gehen ſich über das Geſchäfts- und Privatleben; | (1361 Ff.). Anfang einer neuen Ausg. von C. F. W.
der erfte Brief beſonders kann als eine Abhand- | Müller (1878 ff.). — 8) Tullia, die Lieblings:
lung gelten. Ausgg. der jämtlichen Briefe von | tochter des großen Redners (f. o. ©. 1252), Gemahlin
Billerbed (1836) und Wejenberg (1872 f.); Ans: des E. Calpurnius Piſo (f. Calpurnii, 11.),
wahl von Matthiä (4. Aufl. 1849), Süpfle (8. Aufl. | ſpäter des Dolabella (f. Cornelii, 25.). — MM.
1880), Dietich (1854), Hofmann (1. Bd. 5. Aufl. Zur. Eicero, des Redners Sohn, geb. 65 v. G.,
1256
folgte dem Bater in Begleitung feines Lehrers) der Abfafjung von Tragödien beſchäftigt. Wir
Dionyfios nach Kilitien. Cie. ad Att. 5, 9,3. Die | befigen von ihm 4 Briefe (Cie. ad am. 16, 8. 16.
Rückkehr wurde über Rhodos, Ephejos und Athen | 26. 27) und eine Heine Schrift de petitione con-
gemacht im J. 50. Nach Erlangung der männ:| sulatus, in der er über die Mittel zur Erlaugung
lichen Toga im %. 49 begab fih Marcus ins des Konfulats, ſowie über den Bewerber Ko
Lager des Pompejus und fämpfte hier als Neiter: | ſpricht. Beſte Ausgg. von Bücheler (1869) und
anführer mit Auszeichnung. Cie. off. 2,13, 45. Im Eußner (1872). — 11) Sein Eohn, D. Tull.
3. 47 war er beim Bater in Brundufium, ſodann Cicero, 66 dv. E. geboren, wuchs zum Teil auf
begab er fich nad Athen, wo er die berühmteften ; unter Aufficht feines Oheims und verriet ſchon als
Nedner und Philojophen hörte, jedoch fein untade: Knabe große Anlagen. Aber jeine lebhafte Natur
liges Leben führte. Darauf diente er unter Brutus, | und fein jchwer zu Ienfender Charakter fanden
befehligte in der Reiterei, zwang eine feindliche | bei den häuslichen Verhältniffen feiner Eltern nicht
Legion zur Ergebung, ſchlug den E. Antonius bei die rechte Leitung. Den Oheim begleitete er nach
Byllis, wurde dafür von den — — geächtet und | Kililien. Im Bürgerkriege neigte er ſich zu Cäſar
begab ſich nach der Niederlage bei Philippi zum hin und ſuchte ſpäter den letzteren für ſeinen
jüngeren Pompejus (42). Cic. Phil. 10, 6, 13. Vater auf Koſten des Oheims zu gewinnen, folgte
Plut. Brut. 26. Später ſchloß er fi dem Octa- dem Cäſar im J. 45 nad) — zeigte ſich
vian an, wurde im J. 30 Konſul und beförderte ſehr unartig gegen den Vater ſowie gegen den
als joldher mehrere Mafregeln gegen M. Antonius, Oheim, ſöhnte ſich jedoch jpäter mit beiden aus.
den Feind jeines Vaters. Später jcheint er fich | Als der Vater jih von Pomponia trennte, trat er
dem Trunfe ergeben zu haben, durch den er ſich auf die Seite der Mutter. Darauf ſchloß er fich
einen frühzeigen Tod zugezogen haben mag. Plin. | dent Antonius an, den er jedoch wegen getäuſch—
14, 22. — 10) DO. Tull. Eicero, des Redners | ter Yolfnung wieder verließ und bald mit bitterer
jüngerer Bruder, 102 v. E. geboren, wurde mit Feindſchaft verfolgte. Während der Proffriptionen
Marcus zufammen erzogen und unterrichtet, ver: | des J. 43 fand der wantelmütige Jüngling zu:
mählte ſich mit der Schweiter des Atticus, Bont- | gleich mit dem Vater den Tod. Cie. ad Qu. fr.
ponia, don der er fid vor dem Mai des %. 44 3,1, 8. ad Att. 6, 7,1. 11,10, 1. 12,7, 1 u. Ö.
wieder trennte, wurde im J. 65 Adi, unterftügte | — 12) M. Tull. Tiro, Freigelaffener und Freund
Tullus.
den Bruder in der Zeit der catilinariichen Ber:
ihwörung, obwohl er gegen die Todesstrafe jtimmte,
war 62 Prätor und verwaltete vom X. 61 an Aſien,
um das er ſich durch Abgabenerleichterung große |
Berdienfte erwarb, wiewohl ihn jein Bruder wegen
feines Jähzorns oft tadeln mußte. Cic. ad Qu. |
fr. 1,1,8 Im J. 58 fehrte er nach Rom zu:
rüd, wo er ber Partei des Clodius entgegen:
wirkte und perjönlich von diefem manche Unbill
erfuhr. Nachdem er (57—56) als Legat des Rom:
pejus in Sardinien gewejen war, verbrachte er
die nächte Zeit teils zu Nom, teils auf dem Lande
und bethätigte jein Antereffe an dem Bau des
Tempels der Tellus. Im J. 54 begab fi) Quin—
tus zu Cäjar, dem er nad Britannien folgte; er
fämpfte in Gallien mit großer Auszeichnung gegen
Ambiorig, erlitt durch die Sigambrer 53 einen
nicht unbedeutenden Berluft, nahm dann au der
Belagerung von Aleſia teil und folgte 51 feinem
Bruder nach Kilikien, wo er neue Lorbeern erntete.
Caes. b. g. 5, 38 ff. 6, 32 ff. Plut. Caes. 24. Cie.
ad fam. 15,4, 8. Beide kehrten gemeinschaftlich
nach Rom zurüd. Beim Asbrud des Bürger:
frieges ſchloß ſich Quintus gleich feinem Bruder |
an Pompejus an, nad beffen Beſiegung Cäſar
indes feinen alten Legaten zu Gnaden annahm.
Cie, ad Att. 11, 20, 1. Auch eine Verftimmung
zwiichen den Brüdern aus Anlaß diejer Kämpfe
wurde nach und nach ausgeglichen. Deſto größer
war der häusliche Kummer de3 Quintus, wozu
nad; Cäſars Tode noch die politifchen, ſehr un:
günftigen Zuftände famen. Im %. 43 wurde er,
ebenſo wie Marcus, geächtet, verbarg ji, da die
Flucht nach Makedonien unmöglich war, eine Zeit
lang in Rom, wurde aber vou jeinen Dienern
verraten und mit feinem Sohne ermordet. Plut. |
Cie. 47. Zonar. 10, 17. Dio Cass. 47, 10. App.
b. ec. 4, 19f. Duintus war ein Manı von großen
Gaben, ein Freund hiftorischer Studien (er Nhrieh
annales) und der Poeſie; bejonders hat er ſich mit
des Redners, überlebte denjelben lange Zeit, be:
jchrieb jein Leben und gab jeine Reden und Briefe,
jowie eine Sammlung ioci Ciceronis heraus. Be:
jonders befannt ift er als Erfinder der j. g. notae
Tironianae, ftenographijcher Zeichen zum jchnellen
Niederichreiben des Geſprochenen. Bgl. beſonders
Schmitz, Beiträge zur lateinischen Soradı: und
Litteraturfunde (1877), ©. 179 ff. — 13) M. Tufll.
Decula, befleidete das Schattenfonfulat 81 v. €.
neben En. Dolabella, während Sulla als Diktator
im Befig der —— Macht war. App. b. c.
1, 100. — 14) M. Tull., wurde von dem Redner
Eicero in einer Rede verteidigt. — 15) M. Tull.
Albinovanus, war Anfläger des P. Seſtius
56 dv. E. auf Anftiften des Clodius. Cie. Vatin.
1,3. — 16) 8, Tull., ein Freund des Atticus,
Legat Eiceros in Kilifien, nahm teil an den dor:
tigen Kämpfen. Cic. ad fam. 15, 4, 9. — 17) Tull.
Balentinus, Anführer der Trevirer, beste jeine
Landsleute zum Kampfe gegen Rom auf, geriet
in römiſche Gefangenjchaft und wurde auf Befehl
des Domitian hingerichtet, 70 n. E. Tac. hist.
4,68 ff. — 18) Servius Tullius, ſechſter ro:
mijcher König, ſ. Servii, 1.
Tullus, ein römiſcher Beiname: 1) Tull.
Hoſtilius, der dritte eg en König, angeblich
672—640 dv. E. Er folgte dem Numa und war
ein kriegeriſcher Fürft, der zuerft Alba Yonga be
fämpfte, als friedliche Verhandlungen durch feine
gift — waren. Nach des albaniſchen Königs
Cluilius Tode veranlaßte der Sage nach deſſen
Nachfolger Mettus Fuffetius den belannten Zwei—
kampf zwiſchen den Horatiern und Curiatiern.
Nach der dadurch gebrachten Entſcheidung kam es
vg Kampf zwiichen Rom und Fidenä, in dem
ie kurt mil Albaner auf ihres Auführers
Betrieb treulojen Verrat übten, den Tullus nad
der Schladht durch den Tod des Mettus Fuffe
tius jühnte. Darauf verpflanzte er die Albaner
nach Rom auf den mons Caelius und zeritörte
ne 2
Tumultus — Turris.
Alba. Dem albanijchen Kriege folgte ein Kampf |
mit den Sabinern, die gleichfalls geichlagen wur: |
den. Geringere Sorgfalt wandte der ftreitiujtige |
König auf die religidjen Zuftände. Liv. 1, 221.
Daher ftarb er nach der Sage dur einen Bliß-
ftrahl Jupiters. Cie. r. p. 2, 17. Dion. Hal, 3, 36.
Abhandlung von Schömann (1847). — 2) Wttius
Tull., ein Häuptling der Boljfer, nahm den |
flüchtigen Cortolan gajtlidy auf, wurde aber als:
bald jein Gegner und nach einigen der Urheber
jeines Todes. Ziv. 2, 40. Plut. Coriol. 22. 39. —
3) Tullus, Freund des Dichters Propertius, der
ihm mehrere Elegien gewidmet hat, Neffe des X.
Bolcatius Tullus, Konfuls im J. 33 v. €.
Tumultus (von tumeo), der Volksaufſtand, wie
seditio; urſprünglich die plögliche Kriegsgefahr
oder der nicht angekündigte Krieg (durjeuarog mo-
ktwos), im Gegenjag zu bellum. Die bei einem |
folchen Kriege geworbenen Soldaten hiehen mi-
lites tumultuarii; zu ihm mußte ſich die gejamte |
wafjenfähige Mannichaft auf das gegebene Zeichen |
(auf dem Capitol aufgeftedte Fahnen) ftellen.
Tunes, Tunis, Törns, Törıs, feſte Stadt
Afrilas, 10 Millien ſüdweſtlich von Karthago, nahe
der Mündung des Fluſſes Katada (j. Miliana).
Durch vorgelagerte Dünen ift der Hafen des j.
Tunis faft zum völligen Yandjee geworden. Strab.
17, 834. Liv. 30, 9. 16. 36.
Tungri, Toöyyeoı, eine aus Germanien nad)
Gallien eingewanderte Bölferjchaft, in dem früher
bon den Eburonen bewohnten Striche zwiichen
Schelde und Maas, aljo Nachbarn der Ubier und
Nervier. Ahnen gehörte die Stadt Adunca oder |
Mouatuca, j. Tongern mit vielen Altertümern.
Tac. Germ. 2. hist. 4, 55. 79.
Tanleca j. Kleidung, 8.
Turba, 1) Stadt der Edetaner im tarraconenz
fiihen Hiſpanien. Lie. 33, 44, — 2) Stadt der
Tarbeller in Mauitania, auch Caſtra Bigorra ge:
nannt; j. Tarbes.
Turdetäni, Tovgöntavod, Tvgdıraror, Haupt:
völlerichaft in Hiſpania Bätica, weſtlich vom Fluſſe
Singulis (j. Xenil), an beiden Ufern des Bätis
und weſtlich bis in das füdliche Lufitanien hinein.
Da fie jehr gebildet waren, Wiſſenſchaften trieben,
Geſchichtsbücher, Volkslieder, in metriſcher Form
abgefahte Geſetzbücher hatten (nach Strabon), jo
wurden fie leicht romanifiert. Sie galten übrigens
für unfriegerijch. Strab.3,164. Liv.21,6.34,17.42. |
Turdüli, Tovedovio:, mit den Turdetanern
nahe verwandtes Bolf Hifpaniens, bewohnten die
Spitze der pyrenäiſchen Halbinjel bis zur Meer:
enge hinab; fie verſchmolzen nach Strabon dann
ganz mit den Qurdetanern. Pol. 34, 9. Strab,
3, 139. 148. 151 u. ö. Plin. 3, 1,3.
„Turii, 1) &. Zur, wurde von Cato dem
Alteren in einem Prozeſſe verteidigt. Gell. 14, 2.
- 2)L. Tur., ein wenig begabter, aber fleifiger
Redner, um 60 v. E. Cie. Brut. 67, 237. 90, 311.
— 3) wird von Horaz (sat. 2, 1, 49) als beftedh:
liher Richter angeführt.
Turis, Küftenfluß im Gebiete der Edetaner
im tarraconenfiichen Hiſpanien, berühmt durch das
proelium Turiense zwijchen Bompejus und Ser:
torius (Cie. Balb. 2. Plut. Pomp. 18. Sert. 19);
j. Zuria oder Guadalaviar. Vgl. Tutia.
Turma j. Ala.
I
1257
Turnus, 1) Tverog, Sohn des Daunns und
der Venilia, durch Dange Ablömmling des Akri—
fios und Inachos, Bruder der Juturna, Schwefter:
john der Amata, der Gemahlin des Latinus ( Very.
A. 7, 371. 10, 76. 615. 12, 138), Rutulerfönig zu
Ardea, Hauptgegner des Aineias in Latium (ji.
Aineias), von diejem erlegt. Verg. A. 12, 926 ff.
Ov. met. 15, 773. Liv. 1, 2; j. Perseus und
Mezentius. — 2) ein römijcher Satirifer in
‚der Zeit des Nero und feiner Nachfolger (Mart.
7, 97, 7. 11, 10), den Namatianus (itin. 1, 603)
und Lydus (1, c. 41) neben Juvenal ftellen, und
auch Sidonius Apollinaris (9, 266) rühmend er:
wähnt; Bruder des Tragilers Scävus oder Scä:
vius Memor.
Turönes oder «ni, galliihes Bolt an der Loire
(in der heutigen Touraine) zwiichen den Pictones
und Carnuti, mit der Hauptſtadt Cäjarodunum
(j. Zours). Caes. b. g. 2, 35. 7, 4. 75. 8, 46. Tac.
ann. 3, 41. .
Turpilii, 1) S. Turp., jüngerer Zeitgenofje
des Terenz, verfahte Komödien, in denen er grie—
chiſchen Muſtern, bejonderd dem Menander, nad):
ahmte, und ftarb um 103 v. E. zu Sinuefla.
Die Überreite (gefammelt von Grautoff, 1853, und
Nibbed, scaen. Rom, poes. II p. 85 ff.) zeigen
einen frijhen Ton, eine an voltstümlidyen Aus—
drüden reiche Sprade und einen feinen VBersbau.
— 2)T. Turp. Silanus, diente unter Metellus
Numidicus in Numidien, wurde bei dem der römi—
ichen Bejagung in Bacca bereiteten Untergang allein
von den Feinden verjchont, deshalb jpäter als
Berräter unter Anklage geftellt und zum Tode
verurteilt, hauptjächlich auf Betreiben des Marius,
Sall. Jug. 66f. 69. Plut. Mar. 8.
Turpio j. Ambivius.
Turranii, 1) Turr. Niger, dem jein freund
Barro das zweite Buch jeines Werkes über die
Landwirtichaft gewidmet hat. Varr.r.r.2. praef.6.
— 2) M. (oder €.) Turr., 44 v. E. Prätor,
weigerte ji von Antonius eine Provinz anzu—
nehmen, was zu jeinem rechtichaffenen Charakter
ſtimmte. Cie. Phil. 3, 10, 25. — 3) €. Turr.,
war mit der Herbeiſchaffung von Lebensmitteln
unter der Regierung des Tiberins (und wohl aud
noch des Claudius) beauftragt. Teac. ann. 1,7.
11,31. — 4) Turr. Gracilis, aus Spanien,
ichrieb verichiedene Werke über Naturgejchichte,
Geographie und Landwirtichaft und wird mehr:
fach von dem älteren Plinius (z. B. 9, 6) u.a. er:
wähnt und bemußt.
Turrigöra, Turrita j. Khea.
Turris. 1) Die Beichreibung der Türme bei
Belagerung einer Stadt j. Belagerung. Turm:
ichiffe (naves turritae) waren jchon früh im Ge:
brauche ſchon Kyros beſaß ſolche nach Herodot)
und erhielten namentlich durch Demetrios Polior⸗
letes in der Diadochenzeit ihre größte Ausdehnung,
jo daß 2 verbundene Schiffe die Unterlage jein
musten; auch Marcellus hatte vor Syrafus jolche.
Liv. 24, 34. Ebenſo erwähnt Cäjar (b. c. 3, 40)
eines Qurmichiffes, jowie (b. g. 3, 14) einer ganzen
Flotte mit Türmen gegen die noch höheren Schiffe
der Beneter. Die von Servius zu Bergil (A. 8, 693)
aufgeftellte Behauptung, da Agrippa zuerſt dieje
Art Türme (hoc genus turrium) in Anwendung
ebracht habe, findet darin Berechtigung, daß jene
üheren Türme jogleich beim Bau der Schiffe
1258
hergeftellt wurden, Agrippa aber erft furz vor der
Schlacht die bereit gehaltenen Balten zu Türmen
aufbauen ließ, wodurd der Feind in Verwirrung
geriet. Bon der Höhe der Türme herab wurde
die Wirkung der Gejchoffe und ſchwerer Maſſen
vermehrt. Tuc. ann. 15, 9. Dort ftanden auch
die sagittarii. Die Türme jcheinen nah Appian
mit gleicher Farbe angeftrichen geweſen zu jein,
wodurd; die Erkennung der befreundeten Schiffe |
erleichtert wurde. — 2) ad Turres ift eine auf
den Itinerarien in vielen Gegenden vorfommende |
Ortsbezeihnung von Kaftellen; oft wird noch ein
Beiſatz hinzugefügt, z. B. Turres Albi in Lufis
tanien, T. Aurelianae, Julianae in Hilpanien.
Turullfus, Bublius, nahm an der Ermor:
dung Cäſars (im %. 44) teil und war in dem—
jelben Jahre Quäftor in Bithynien. Im J. 43
befehligte er eine Flotte und fammelte nad) der
Schlacht bei Philippi (42) die Seemacht der „Be:
freier” im Oſten.“ Später jchloß er fich dem |
Antonius an. Diejer lieferte ihn nachmals an
Octavian aus, der ihn hinrichten lieh. Cie. ad,
fam. 12, 13, 3. Dio Cass. 51, 8. App. b. c. 5,2.
Tusei j. Etruria.
Tuscülum, Tovox(ov)Aov, feſte Stadt Latiums,
auf einem hohen Bergrüden des Albanergebirges
(Liv. 3, 7. Hor. epod. 1, 29), der Sage nach von
Telegonos, dem Sohn des Ddyfjens und der Hirte,
erbaut (Telegoni iuga parrieidae, Hor.od.3,29,8.
Ov. fast.3, 91. Prop.2, 32,3). Nad) der Schlacht
am See Negillus ſchloß fie fi den Römern an |
und wurde Municipium. Liv. 6,26. Cie. Plane. 8. |
In der Nähe Hatten die reichen Nömer, 3. B.
Cicero (ad Att.4, 2, 5), prächtige Landhäujer. Das
heutige, nad) der Zerftörung der Stadt im}. 1191 er:
baute, Frafcati zeigt in jeiner Nähe zahlreiche Refte
von Mauern, Thoren, Theatern und Feliengräbern.
Tuseum mare j. Tyrrhenum mare, |
Tuseus vieus j. Roma, 22. und Vertum- |
nus,.a. €. |
Turullius
Tutela. Die römifche Vormundichaft war ent: |d. h. XXV annis, j. lex Plaetoria.
weder tutela oder cura. 1) Die tutela, das |
Schirmrecht über Perſonen, die fih nicht ſelbſt be:
raten fönnen, umfaßte Unmündige und frauen.
A) Tutela pupillaris oder impuberum,
entjtand a) testamento patris, wie auch die XII
Tafeln beitimmten; b) lege (die ſ. g. legitima
tutela). Der Unmündige erhielt nämlich, wenn |
der Bater ohne Beftimmung eines Vormundes ge:
ftorben war, den nächiten Agnaten ald Tutor oder
in deſſen Ermangelung einen Gentilen. c) Durd)
obrigfeitliche Verfügung des Prätors und der Volks:
tribunen (dativa tutela), wenn fein teftamentari:
icher und fein agnatijcher Bormund da war. Ein
jolcher Bormund hieß Atilianus, weil die lex
Atilia 188 v. C. dieſe Art der VBormünder ein:
geführt Hatte. An der Kaiſerzeit beftellten die
Konſuln, jpäter ein bejonderer Prätor die Bor:
münder. Perſönliche Rechte hatte der VBormund |
nicht (demm die Erziehung des Mündels ftand der
Mutter oder den Verwandten zu), jondern feine
Befugnifje erjtredten fich bloß auf das Vermögen. |
In diejer Rüdjicht hatte er teild gestio, d. h.
volle Vermögensverwaltung, wenn der Mündel
noch nicht 7 Jahre alt war, teild auctoritas,
d. h. Beltätigung der von dem Mündel gemachten
Willenserflärung, 3. B. bei Teftamentsabfaflung,
Schließung einer Obligation, Beräuferungen und
— Tiyba.
dergleichen. Wegen der oft vortommenden Unred—
lichkeiten der Tutoren waren mehrere Rechtsmittel
eingeführt, jchon in den XII Tafeln die alte ac-
easatio suspecti (auf Abſetzung des jchledhten Bor:
munbes gerichtet), nach der Rechenſchaftsablegung
des Tutors die actio tutelae, welche zu Heraus:
gabe und Erſatz führte u. j. w. Den jchuldigen
Bormund traf ſtets infamia. B) Tutela mu-
liebris (Liv. 34, 2. Cie. Mur. 12). Die unver:
heirateten und verwitweten Frauensperſonen (mit
Ausnahme der Veftalinnen) erhielten ihren nächiten
Agnaten ald Bormund, wenn fie nicht durch Teſta—
ment des Vaters oder des Gatten einen Vormund
‚oder das Recht, fich jelbft einen zu wählen, em-
‚pfangen hatten. Ziv. 39, 19. Ju Ermangelung
eines Agnaten trat auch hier ein obrigfeitlicher
Tutor ein. Das ganze Inftitut war zu Gunften
der Ugnaten al3 der nächſten Inteftaterben ein
geführt, weil dieien an der Erhaltung des Fami—
lienvermögens am meiften liegen mußte. Darum
hörte mit dem Erlöjchen der agnatiichen Vorrechte
die tutela mul. allmählid) auf und beftand im
4. Jahrh. n. E. nicht mehr. Die VBermögensver:
waltung hatte aber nicht der Vormund, jondern
die Frau; doch war dieje in manchen Fällen au
die auctoritas tutoris gebunden, jo daß fie 3. B.
ohne des Vormundes Billigung fein gültiges Teſta—
ment machen, feine res mäneipi veräußern und
weder eine Manumiifio oder in iure cessio noch
eine coömtio oder obligatio eingehen fonnte u. j.w.
Cie. Flacc. 34 f. top. 11. Das Recht, eine Bor:
mundichaft abzulehnen (excusatio), gewährten
hohes Alter, das ius trium liberorum und Sena—
torenmwürde. — 2) Cura oder curatio ift der
Tutel jehr ähnlich, nur daß die auctoritas hier
nicht vorkommen fonnte, da die cura nur bei
ge win ae und bei Verſchwendern (j. Furor),
two der Kurator vollftändige Vermögensverwaltung
hatte, angewandt wurde. Wichtig war auch die
jeit ber lex Plaetoria beftehende cura minorum
Tiejelbe
bezwedte Schuß der minores, indem dieſe nur
unter Beirat eines vom Prätor erbetenen Kurators
gültige Verträge abſchließen konnten.
Tutelina (Tutilina), römiſche Schußgottbeit,
befonders Beſchützerin und Erhalterin der einge-
ernteten Früchte, allgemeine Schuggöttin der Stadt
Rom. August. c. d. 4, 8. Macr. sat. 1, 16. Plin.
18, 2. Varr. 1.7.5, 34. Gie hatte auf tem Aven:
tinus einen Altar, keinen Tempel, da fie nur im
Freien angerufen wurde.
Tutia, Tovrrie, Ort im Gebiet der Edetaner
im tarraconenfiichen Hiſpanien, unmeit Sucro, wo
ein Treffen zwiſchen Rompejus und Sertorius ge—
liefert wurde. Plut. Sert. 19. F’lor. 3, 22. Doc
ſcheint richtiger Turis (Küftenfluß cbendort) ge:
lejen zu werden, j. Turis.
Tutor j. Tutela.
Tutülus, cin bogenförmiges Saartoupet Der
römischen älteren Damen (Varr. 1.1.7, 44), eine
Friſur, die uns mehrmals auf Statuen begegnet.
Tyäna, r« Tvare, alte Stadt im ſüdweſtlichen
Kappadokien am Fuß des Tauros, in der Näbe
der kilikiſchen Päſſe, Geburtsort des Thaumaturgen
Apollonios (j. Apollonios, 3.), dur Natur
‚und Kunſt jehr feſt; j. Kis oder Kiliffe Hiſſar.
Strab. 12, 537. Plin. 6, 3, 3.
Tyba, Ort in Mfien, diesjeits des Euphrat,
Tyche — Typaion. 1259
öftlih von Palmyra, jebt Taibe. Cie. ad fam. zur Gattin gab. Er zeugte mit diefer den Dio—
15, 1. medes. Mit Mdraftos und Polyneiles z0g er gegen
Tyche, Töxn, 1) die Göttin des Zufalls und | Theben und zeichnete ſich hier vor allen durd)
des Glüds, bei Heſiod (theog. 360) unter den | Tapferkeit, aber auch durch Roheit aus. Er er:
Töchtern des Dfeanos und der Tethys aufgezählt, | jchlug allein 50 Thebaner, die ihm einen Hinter:
bei Bindar eine der Moiren. Sie wird mit ver: | halt gelegt hatten, mit Ausnahme ihres Anfüh—
ichiedenen Attributen dargeftellt; als waltendes |rerd Maion (Sohn des Haimon), den er entlieh.
Geſchick hält fie das Ruder des Lebens in den Hom.Il.4, 370 ff. Als Tydeus tödlich verwundet
Händen, die Kugel, um die Veränderlichleit des dalag, erichien Athene, um ihn unfterblid zu
Zufalls zu bezeichnen, als Geberin des Glücks machen; Amphiaraos aber, der ihn haßte, hieb
und Segens trägt fie das Horn der Amaltheia dem Thebaner Melanippos, der den Tydeus er:
oder den Plutos (Reichtum) im Arme und heißt legt hatte, den Kopf ab und brachte ihn dem
Teyn &yadıj (bona Fortuna). In fjpäterer Zeit Tydeus, der den Kopf jpaltete und das Gehirn
wurde fie an verjchiedenen Orten verehrt, bejon: | verzehrte. Hiedurch verhinderte Amphiaraos Die
ders als Retterin und Erhalterin der Staaten | Bergötterung feines Feindes, denn Athene jchau:
(Larsıga, maig Zuvög ’Elevdeplov | Pind. ol. derte vor der Hoheit des Tydeus zurüd. Maion
12, 1], peofnolıs, &xpela, Burggöttin, zu Si: | beftattete ihn. Apollod. 1, 8,5. 3,6,6ff. Paus.
yon). — Die römtihe Fors Fortuna entipricht 9, 18, 2. Bal. Adrastos.
der griechiichen Tyche; fie ift ebenfalls eine Göttin | Tylus, Thlos, perlenreiche Inſel des Perſiſchen
des Yufalls, aber bejonders des Glüds und Segens. | Meerbufens an der arabiſchen Küfte; j. Samat,
Ahr Dienft wurde zurüdgeführt auf Ancus Mar: | eine der Bahreininjeln. Plin. 6, 28. 32. Arr.
tius oder auf Servius Tullius, der ihr, weil er 7 20, 6,
als Sohn einer Sklavin dur ihre Gunft auf den) Tougyn, j. Zagori, ein mit dem Lalmon zu:
Königsthron gelommen war, unter andern als der | jammenhängender Ausläufer der ferauniichen Ge:
Fort. Primigenia einen Tempel auf dem Capitol , birgsfette füblich vom Fluſſe Aoos, wohlbewaldet
und einen zweiten als der Fors Fortuna, dem und quellenreich, nach dem die umliegende theipro:
Zufall, an dem Tiber unterhalb der Stadt ge: | tiiche Yandichaft, der nordöftliche Winkel von Epei—
weiht haben joll. — Die Fort. Primigenia, wahr: ros, Tymphaia genannt wurde. Arr.1,7. Strab.
icheinlich jo genannt, weil fie allen beim erjten | 7, 325.
Entftehen ihr Geſchick zuteilt, hatte auch einen) Tyndardos, Toröciotoe, Sohn des Perieres
Tempel auf dem Quirinalis, in dem fie zugleich | und der Gorgophone, Bruder des Aphareus, Yen:
als Fort. Publica verehrt ward, als eine Fort. | fippos und Alarios und der Arene (Apollod.
des ganzen römijchen Volles. Diefer ftand ent: |1, 9, 5), oder Sohn des Dibalos und der Bateia,
gegen die Fort. Privata. llberhaupt hatte der Bruder des Hippofoon und Alarion (Apollod.
Dienft der Fortuna bei den Römern eine große 3. 10, 4), floh, von Hippofoon aus Sparta ver:
Ausdehnung; fie hatte eine Menge von Heilig: | trieben, mit Ikarion oder Ikarios zu Theftios
tümern, an denen jie unter den verſchiedenſten in Mitolien, mit deffen Tochter Leda er ſich ver:
Namen verehrt ward. Man hatte eine F. Ple- | mählte. Später ſetzte ihn Herafles wieder in die
beia und eine F. Patricia, eine F. Equestris, Herrihaft von Sparta ein. Mit Leda zeugte er
Libera (der freien), F. liberum (der Kinder), Fimandra, Klytaimneſtra (Gemahlin des Aga—
Virginalis, Muliebris, Barbata (die den Knaben | memnon), Philonoe und Kaftor. Helena gilt als
zum Süngling heranmwachien läßt), Virilis, die eine Tochter des Zeus und der Leda, ebenjo von
Glucksgöttin der Männer; doch änderte fich die Be: den Piosfuren (Tyndaridae) Polydeukes. Als
deutung dieſes Namens jo, daf fie für eine Göttin | Helena von Freiern umlagert war, lieh T. auf
des Glüdes der Frauen bei den Männern galt. Rat des Odyſſeus die Freier jchwören, daß fie
Or. fast. 4, 145. Andere Beinamen hatte jie von den, welchen Helena erwählen werde, micht ver-
den ihr eigentümlichen Eigenichaften und Thätig: folgen, jondern gegen jede Unbill ſchützen wollten.
feiten, wie Respiciens (die Rüdjidyt Nehmende), So waren die freier jpäter verbunden, nad) dem
Blanda (die Holde), Dubia, Brevis, Stata (vom Raub ber Helena den Zug gegen Troja mitzu:
zweifelhaften, kurzen, ftandhaften Slüd), Bona, | machen. Zum Lohn für den guten Nat warb T.
Mala, Averrunca (die Unheil Abwehrende), Comes für Odyſſeus bei Jkarios um Penelope. Apollod.
(die Geleiterin auf Reifen), Redux u. ſ. w. Die 3, 10,9. Als die Diosfuren unter die Götter
Fors Fortuna hatte ein Feſt am 24. Juni bei aufgenommen tworden waren, übergab er die Herr:
dem oben erwähnten Tempel des Servius, zu dem jchaft von Sparta feinem Eidam Menelaos. Sein
man auf befränzten Kähnen fuhr. Or. fast. 6,773 ff. Grabmal wurde zu Sparta gezeigt. Paus. 3, 17,4.
Das Feſt wurde vorzugsweiie von den Plebejern Tyndarldae j. Tyndareos.
gefeiert. Außer in Rom hatte Fortuna aud in) Tyndäris, Tuvdagis, oder Tyndarium, Stadt
andern Städten Yatiums, wie zu Antium (vgl. an der Nordküfte Siciliens mit gutem Hafen und
Hor. od. 1, 35) und Pränefte, wo fie auch Weis- einem Borgebirge gl. N., von mefleniichen und
jagegöttin war, einen alten Kult. — 2) Stadtteil | italiich = lofrifchen Griechen zur Zeit Dionyſios'
von Syrakus, ſ. Syracusae, des Alteren gegründet. Später verſchlang das
Tydeus, Tvders, Sohn des Dineus und der Meer einen Teil der Stadt, woburd ihr Wohl:
Beriboia (Gorge, Althaia). Aus Kalydon flüchtig, | ftand jant; j. Fleden St. Maria di Tindaro. Pol.
weil er einen Bruder jeines Vaters (Melas, Ly- | 1, 25. Liv. 36, 2. Cie. Verr. 5, 47.
fopeus, Alfathaos) oder die Söhne des Melas, | Typaion, Toxaıor, hie ein Berg der eliichen
die fich gegen Dineus empört hatten, oder feinen | Landichaft Triphylia am linken Ufer Bes Alpheios,
Bruder Dlenias erichlagen hatte, fam er nah Dlympia gegenüber, von dem die rauen herab:
Argos zu Adraftos, der ihm feine Tochter Deipyle | geftürzt werden follten, die gegen das Gebot ſich
1260
bei den olympijchen Spielen eingedrängt hatten.
Paus. 5, 6, 7.
Typhöeus, Typhon, Tvpwevs, Tupas, Tv-
pcor, Tvpor, ein gewaltiges Ungeheuer der
Urzeit, als verderbliher Sturm: und Glutwind
erflärt, oder als der tobende Dampf, der mit zer:
ftörender Gewalt aus der Erde, aus den Vul—
fanen hervorbricht. Nach Homer (11.2, 781) liegt
er im Arimerlande in der Erde, von den Bligen
des Zeus gepeitiht. Nach Hefiod (theog. 306 ff.
20 ff.) war er der jüngfte Sohn der Gaia und
des Tartaros, ein Ungeheuer mit 100 Drachen-
häuptern, mit bligenden Augen und furdhtbarer
Stimme; er war der Water der verbderblichen
Winde und hatte mit Echidna, der Schlangenjung:
frau im Mrimerlande, den Hund Orthros, den
Kerberos und die lernaiiſche Schlange erzeugt. Er
ftritt mit Zeus um die Herrichaft der Welt und
wurde nad) hartem Kampfe mit dem Bligitrahl
gebändigt und in den Tartaros geworfen. Nach
Bindar (pyth. 1, 15 ff. ol. 4, 5f.) liegt er gebän-
digt unter dem Atna und jendet tobend er:
jtröme herauf. Aesch. Prom. 351 ff. Or. fast.4, 491.
Auc verlegte man ihn in andere vultaniiche Län—
Sage hielten die Götter jeinen Angriff nicht ans,
jondern flohen nach Agypten, wo jie jich teils ver:
bargen, teils in Tiergeftalten verwandelten. Nur
Zeus wagte den Kampf mit ihm, wurde aber be—
jiegt und, der Sehnen an Händen und Füßen
beraubt, in der forykiichen Höhle in Kilitien nieder:
gelegt; Hermes und Aigipan aber ftahlen die Sch:
nen und jeßten fie dem Zeus wieder ein, der nun
den Kampf ernenerte und den Gegner endlich be:
fiegte. Or. met. 5, 321ff. Ant. Lib. 28. Die
Griechen identifizierten in jpäterer Zeit ihren Ty—
phon mit dem böjen Geift im ägyptiſchen Dfiris:
mpthos, j. Osiris.
Typhrestos, Tupenorös (minder richtig Tvugp.),
Berbindungstette zwijchen dem Ditegebirge und dem
Pindos in Theffalien mit den Spercheiosquellen;
jet Weluchi. Es ift ein gewaltiger, etwa 2310"
hoher Berg, der in 2 Abſätzen pyramidenförmig
aufiteigt. Strab. 9, 433.
Tyrannion, Tvgavrior, 1) griehiicher Grant:
matifer aus Amijos, fam, im mithridatifchen Kriege
von Yucull gefangen genommen, nad) Rom, mo
er Reichtum erwarb und hochbejahrt jtarb. Plut.
Lae. 19. Sull.26. — 2) ein Phoiniker, des vorigen,
Schüler, wurde Stlave der Gemahlin bes Kicero,
Terentia, erhielt dann die Freiheit und ftand mit |
Eicero in Verbindung, dem er jeine Bücher orbnete.
(ic. ad Qu. fr. 3, 4, 5. ad Att.4, 4.8. Er war
ein jehr jleißiger Schriftfteller und madhte fich bes
jonders um die Schriften des Ariftoteles verdient
und dadurch befannt.
Tyrannis, Tyrannos j.Staatsformen, 2.6f.
Tyras |. Danaster.
Tvgıeior, Stadt Lykaoniens, nach Zenophon
(An. 1, 2,24) 20 Parajangen (== 15 geogr. M.)
nordweſtlich von Fkonion, wo Kyros eine große
Heerſchau hielt; j. Slgün. Strab. 14, 668.
Tyro j. Enipeus, Aiolos, 1. und Neleus,
Tyros, Tveog, im U. T.
‚die Weftküfte Italiens be
Handelsplatz am Mittelmeer. Die
or (d. h. Fels), j.
Sur, die berühmtefte Stadt Phoinikiens, füdlich
von Sidon gelegen, angeblich 2750 v. E. gegründet
(Hdt. 2, 44), ſeit etwa 1100 v. E. an der Stelle
Typhoeus, Typhon — Tyrtaios.
bundes und der Ausgangspunkt der Kolonien in
Sicilien, Afrifa und Spanien, ug © Zeit der erfte
(kitadt, Balai:
tyro3, lag an der Küfte. Die wichtigere Neuftadt
erhebt ji gegenüber auf 2, von König Hiram |.
(um 950 v. &) verbundenen Felſeninſeln, die zu:
fammen 22 Stadien im Umfang maßen und zwei
Häfen hatten, und fonnte durch ihre natürliche
und künftliche Feſtigkeit manchem Feinde trogen;
jo 724— 720 den Afiyrerfönigen Salmanaflar IV.
und Sargon, 585—573 dem Nebukadnezar. Auch
Alerander erftürmte fie erft nah 7 Monaten,
Auguft 332 v. E. Arr. 2,16ff. Curt. 4,2 ff. Plut.
Alex. 24f. Durdy diefe und jpätere Belagerungen
(3. B. von Antigonos, 315) verlor zwar Tyros
ſehr viel, blieb aber doc auch unter ſyriſcher und
römischer Herrichaft bedeutend durch jeinen Handel,
jeine Feinweberei, Purpurfärbereien und Metallin:
duftrie. Altberühmt war der Tempel des Sonnen:
ottes Mellart (Herakles), des Schirmherr der
Schiffahrt und der Kolonien. Strab. 16, 756 ff.
Tyrrhöni j. Etruria.
Tyrrhönos, Tvoenvös, Tvgonvog, Sohn des
Indischen Königs Atys, Bruder des Lydos, führte
der, nad Phrugien, Lydien u. j. w. Nach jpäterer
eine pelafgiiche Kolonie aus Lydien nach Italien
und gab dem Lande Tyrrhenien den Namen (Hat.
1, 94); oder Sohn des Herafles und der Omphale
(Dion. Hal. 1, 28), oder Sohn des myſiſchen He:
rafliden Telephos und der Amazone Hiera, Bruder
des Tarchon. Tietz. ad Lycophr. Cas. 1249.
Tyrrhenum mare, mare Tuscum, T'vgenri-
xov melayog, Togenrixn Hilaose, Tegenrinös
»ölmog, hieß das von Ligurien bis Sicilien hinab
hüfende Meer; es führte
auch im Gegenjaß zu dem Mare superum (Adria:
tijchen Meere) den Namen Mare inferum, Tue.
4, 24. Liv. 5, 33. 26, 29.
Tyrrheus, aud Tyrrhus, Hirt des Königs
Satinus. Aicanius, Sohn des Aineias, tötete bald
nad) der Landung in Latium auf der Jagd einen
zahmen Hirſch desjelben, was die erſte Beran:
lafjung zu dem Sriege der Troer mit ben Ein:
wohnern Latiums gab. Verg. A. 7,483 ff. In
der Hütte des Tyrrheus gebar Lavinia den Silvins.
Tyrtaios, Tyeracog oder T'veraios, Sohn des
Echembrotos, elegiiher Dichter zu Sparta, zur
Zeit des zweiten mefjenischen Krieges, 685-668
v. E., blühend. Er wird bezeichnet als Spartaner
oder ald Milefier oder als Athener. Die gemöhn:
liche Sage ift: Als die Spartaner von den Meile:
niern bedrängt wurden, habe das delphiſche Dratel
ihnen geraten, ſich einen Führer von dem Athenern
zu erbitten, und dieje hätten ihmen den Tyrtaios,
einen lahmen (wahrjcheinlih von dem ungleichen
Versmaß des Herameterd und Bentameters) yo«n-
udro» dıddorakog (oft jehr falih durch Schul:
meifter überjegt) geſchick. Tyrtaios habe durd
jeine Lieder den Mut der Spartaner aufs neue
entflammt und jo den Staat gerettet. Wahrjchein:
lich ift vielmehr, daß Tyrtaios ein Lakonier (aus
Aphidna) war. Sein Einfluß auf die Sitten der
Spartaner war bedeutend; man hielt jeine ®e
dichte lange Zeit in Ehren und gebrandhte fie als
Bildungsmittel der Jugend. Auf Feldzügen wur—
den feine Elegien des Abends nad dem Mahle
vorgetragen. — Wir haben von ihm außer Feine:
ren Bruchftüden noch 3 vollftändige Kricgselegten,
von Sidon der Vorort des phoinifiichen Städte: jpäter "Trotijxa: (Ermahnungen, Ermunterungen)
Tyrtamos
genannt, kräftige, lebensfriſche Lieder, durch die
er die Spartaner zum mutigen Kampfe gegen die
Mefienier antrieb, und ein Meines Marichlied,
"Eußarrjgior.
1261
richteter gelehrter Mann. Unter jeinen Gedichten
(vgl. Epos, 6.) find zu nennen: ’Aıaud, ein
Epo3 in 1676 Verſen in 3 Abteilungen: r& oo
— Ulpü.
Berühmt war jeine Elegie Eivo- |'Ouneov, r& "Oungov, r« us®’ "Ouneor (herausg.
wie oder TTolırsi« (qute Berfafjung), durch die | von Tychſen, 1770, Fr. Jacobs, 1795, 3. Bekler,
er Streitigfeiten der Spartaner wegen einer von | 1815, Lehre, 1840), und Bißlog lorogınn, aus
vielen verlangten neuen Aderverteilung beichwich- | 12661 politischen Berjen bejtehend, abgeteilt in
tigte. Arist. pol. 5, 6, 2. Paus. 4, 18, 1. — Wus: | 13
zilades, wornad ihm gewöhnlich der Titel
gaben von Klotz (1767) und N. Bad} (1831), außer: | Chiliades gegeben wird (herausg. von Gerbelius,
dem in den Sammlungen von Gaisford, Brund, | 1546, von Kießling, 1826).
Dies Buch hat Wert
Schneidewin und Bergf (lyr. Graec. II p. $jf. | durch jeinen reichen Hiftorischen und antiquarijchen
der 4. Aufl.).
Tyrtämos j. Theophrastos.
Tzetzes, TXerins, mit dem Vornamen No:
hannes, Dichter und Grammatifer aus dem
12. Jahrh. n. E., ein für feine Zeit wohlunter:
Stoff. Ferner Hat er fi für uns müßlich ge—
macht durch feine kompilatoriichen Kommentare zu
Homer, Hefiod, Ariftophanes, Lykophron, Nikander,
Appian. — Sein Bruder Iſaak fchrieb mit ihm
den Stommentar zu Lylophron.
U.
Ubi, Oößıor, eine dem Cäſar befreundete,
darum aber den übrigen Germanen verhafte ner:
maniſche Bölterichaft (Öaes.b. g. 1, 54.4,3. 16.7, 18)
am rechten Rheinufer von der Lahn bis unter:
halb Köln. Unter Auguftus wurden jie auf das
linfe Rheinufer verjegt; ihre Hauptſtadt, oppidum
UÜbiorum, civitas UÜbiorum (nad) einem, wahr:
ſcheinlich ſchon vor der Teutoburger Schlacht da= |
felbft errichteten, Altar des Auguſtus auch ara
UÜbiorum genannt) wurde dann, 50 n. E., zur
Eolonia Agrippinenjis, j. Köln. Tae. ann.
1,35. Germ. 28. hist. 4, 28. 65. Außerdem ge:
hörten ihnen die Städte Bonna (j. Bonn), An:
tunnacum (j. Andernach), Rigomagus (j. Re:
magen), Juliacum (j. Jülich), Noväſium (j.
Neuß) u. a.
Udaios j. Kadmos.
Ufens, Fluß in Latium, der mit andern Flüſſen
die Bomptiniihen Sümpfe bildet und, nachdem er
ben Amafenus aufgenommen, zwijchen Tarracina
und Eirceji ins Tyrrheniſche Meer fällt; j. Ufente.
Verg. A. T, 802,
Ukalögon, Obxallyav (jorgenlos), troijcher
Boltsältefter. Hom. Il. 3, 148. Verg. A. 2, 311.
Ulia, Oökde, römiſches Municipium in Hijpa-
nia Bätica, zum Gerichtäbezirt von Corduba ge:
bhörig; j. Montemayor mit Ruinen. Caes.b. Aler.61.
b. Hisp. 3. 4. Strab. 3, 141. Dio Cass. 48, 31.
Ulixes j. Odysseus,
Ulpiäni, 1) Domitius Ulp., aus Tyros, be—
gann jeine Laufbahn unter Septimius Severus
in Rom und bejchäftigte ſich unter Caracalla und
feinem Nachfolger mit wiffenjchaftlichen Arbeiten,
deren bedeutendfte um dieje Zeit entjtanden. Als
Alexander Severus, defjen Vormund er war, zur
Regierung fam, gelangte Ulp. zu hohem Einfluß
und erfreute ji der ganzen Gunſt des Kaiſers,
der ihm fajt ausſchließliches Vertrauen erwies.
Des Kaijerd Mutter, die ihm anfangs nicht ges
wogen war, beichügte ihn jpäter aufs wärmite,
als fie jeinen Wert erfannt hatte, Severus jelbft
überhäufte ihn mit Amtern und ernannte ihn zu—
legt zum Befehlshaber der Prätorianer, die er zu
ftrenger Zucht anbielt, weshalb er von den er: |
bitterten Soldaten ermordet wurde, 228 n. €,
nachdem mehrere Berjuche geicheitert waren. Be:
rühmt geworben ift Up. als Juriſt und fteht als
folder dem PBapinian würdig zur Seite. Er ver:
ftand es, das ganze Recht nicht nur zu überjchauen,
jondern auch darzuitellen. Seine Werke waren
bireich, darunter die bedeutenditen: ad edietum
in 83 Büchern und ad Sabinum in 51 Büchern,
in denen er jelbftändig in jenem das prätorifche,
in dieſem das Givilrecht behandelte. Die ihm
folgenden Juriſten ftellten ihn bald jehr hoch, und
in den PBandelten, in denen feine Schriften die
Grundlage bilden, finden ſich zahlreiche Ercerpte
aus ihnen. Von jeinen Schriften jelbft bejigen
wir jedoch nur geringe Fragmente (abgedrudt in
Huſchkes Jurisprud. anteiust. u. Ö.). — 2) aus
Emeja in Syrien, unter Conjtantin dem Gr., iſt
Berfafler vieler rhetoriiher Schriften, darunter
auch Scolien zu Demofthenes, die indes wohl
nicht in ihrer urjprünglichen Geftalt auf uns ges
fommen find und aus zahlreidhen Bemerkungen
älterer Erflärer Anführungen 2*5* Die Haupt:
jache find ihm übrigens rhetoriiche Bemerkungen,
' während die Grammatik jowie die Geſchichte wenig
Berüdfihtigung finden; daher ift ihr Wert ein
geringer.
Ulpii, ein altes Gejchleht aus Italica in
Hilpania Bätica, das erft in der römischen Kaiſer—
zeit hervortritt. Dazu gehören: 1) M. Ulp. Tra—
‚janus, Bater des gleichnamigen Kaiſers, durd)
Adoption in die ulpiiche Gens hineingelommen,
zeichnete fih unter Beipafian im Kriege gegen die
Juden aus, fämpfte 76 n. E. als Statthalter von
Syrien mit den Parthern und war 79,80 Pro—
fonjul in Ajien. Jos. b. Jud. 3, 7, 31. 9, 8. 10, 3.
Plin. paneg. 14. Aur. Vict. Caes. 9. ep. 9. —
2) M. Ulp. Trajanus, am 18. Sept. 53 n. C.
u Stalica geboren, diente als Yüngling unter
Ein Bater im parthiichen Kriege (Plin. pan. 14),
erhielt im %. 91 von Domitian das Konfulat und
bald hernady den Befehl am Rhein gegen die Ger-
manen. Hier verichafften ihm jeine jtrenge Kriegs—
zucht und feine Umficht jolchen Ruf, daß Nerva
auf ihn jeine Augen richtete, ihn im Herbſte des
Jahres 97 aboptierte und zum Mitregenten er:
nannte. Plin. pan. 9, 2. Aur. Viet. ep. 12. Nach
Nervas baldigem Tode, Anfang 98, folgte Trajan,
der die Nachricht vom Hinſcheiden jeines Adoptiv:
1262
vaters zu Köln erhielt, ihm im der Herrſchaft. In Ant.12. — 6) Ulp. Julianus, lebte unter Cara:
Rom wurde er mit großen Ehren empfangen (Plain. | calla und war unter Macrinus (217 n. E.) Be:
pan. 20) und z0g im J. 101 gegen die Daker | fehlshaber der Garden. Als Macrinus ihn nad
ins feld, die er Üüberwand und deren König Dece: | Emeia jandte, empörten fich die Soldaten und er:
bafus er zum Frieden nötigte; er wurde indes jchon | jchlugen ihn. Dio Cass. 78, 15. Capit. Maer. 10. —
im J. 105 gezwungen, den Fugen und thatkräf: | 7) Ulp. Erinitus, Schwiegervater des Aureliarı.
tigen Fürften abermals anzugreifen. Decebalus| Ultor, 1) Beiname des Mars, dem DOctavian
wurde befiegt und gab fich jelbit den Tod, 107. | bei Philippi für die Rache an Cäſars Mördern
Plin. ep. 8, 4. Dio (ass. 68, 6 ff. Zonar. 11, 21. | einen Tempel gelobte, der am 12. Mai 2 v. E.
Eutr. 8,2. Das Andenken an diefen glüdlichen | eingeweiht wurde, und von dem fi in Rom drei
Krieg hat die noch jetzt vorhandene Säule des | herrliche Forinthiiche Säulen mit Gebälf erhalten
Trajan mit ihren Skulpturen und ihrer Inſchrift haben. An diejem Tage wurden dem Gotte auch
verewigt (j. Roma, 15.) Im %. 114 begann | Spiele im Cirkus, bisweilen auf dem Forum
Trajan einen Krieg mit den PBarthern; er machte | Augufti, wo der Tempel des Mars Ultor ftand,
Armenien (Dio Cass. 68, 18) und im nächſten gehalten. Suet. Oct. 29. Or. fast. 5, 550. —
Ultor — Umbria.
Jahre Mejopotamien, 116 Aſſyrien zu römiſchen
Provinzen und drang fiegreich bis zur Tigris—
mündung vor (daf. 68, 26. 28), jah ſich aber durch
überall ausbrechende Aufitände zu
nötigt. Er erfranfte und jtar
11, 22. Oros. 7,12. Trajan ift einer der aus:
gezeichnetften römischen Kaifer, gleich hervorragend
im Kriege wie im Frieden, tapfer, ftreng gegen
ſich wie gegen die Soldaten, ein gejchidter Führer,
gerecht und freundlich gegen die Unterthanen, aber |
nicht ohne einen bedeutenden Grad von Eitelkeit,
bejonders in Bezug auf Verbreitung jeined Namens
durch Gebäude, Städte, Münzen. heim Volke war
er jehr beliebt, weil er demjelben Brot und Spiele
(panem et Circenses) gab. Ihre Zufriedenheit
mit feiner Regierung ſprachen die Römer unter
andern in dem ihm beigelegten Beinamen Optimus
and. Für die Vergrößerung des Reiches jorgte
er durch die Unterwerfung Dakiens, eines Teiles
von Arabien (106) und der parthiichen Beſitzungen
am Euphrat, Eroberungen, die freilid) dem ohne:
hin Schon jo ausgedehnten Reiche feinen bleibenden
Nutzen bradten und zum Teil darum jchon von
jeinen nächften Nachfolgern wieder aufgegeben wur:
den. Empörungen der Juden wurden unterbüdt.
Zahlreiche Geſeße bemweijen die Thätigfeit feiner
Verwaltung im Innern; auch hob er die Hochver—
ratöprozefje auf. Mit großer Sorgfalt nahm er
fi) der Erziehung armer Knaben an umb errichtete
zu diefem Zwecke in Rom eine großartige Anftalt,
auch die Schulen der Rhetoren förderte er. Straßen |
wurden unter ihm durch das ganze Reich angelegt,
ebenjo Häfen, Bäder und Wafferleitungen. Den
Senat ehrte er und lieh ihm ziemlich bedeutende |
Macht. Gelehrte und Künftler erfreuten fich feiner
Unterftüßung, und er jelbft verfaßte eine Gejchichte
feines Krieges mit Decebalus. Daher ift jein Zeit:
alter rei) an Schriftitellern, zu denen namentlich
Duintilian, Silius Stalicus, Juvenal, Martial,
Sueton, Tacitus, Dio Chryfoftomos, Plutarch,
Arrian und des Kaiſers Freund, der jüngere Pli: |
nius, gehören. Bgl. Francke, zur Geſch. Trajans
(1837). Dierauer, Beitr. zu einer frit. Gejchichte
r Rückkehr ges |
3 unerwartet zu | foren an den
Selinns in Kilikien, 117. Dio Cass. 68, 33. Zonar. |
2) Beiname bes Jupiter.
Ultrotribütum nennt man das aus der Staats:
fafje für die Ausführung Öffentlicher Bauten u. j. mw.
an die mancipes oder conductores von den Ten:
indejtfordernden audzuzahlende Geld
(Liv. 39, 44); j. Locatio conductio.
Ulübrae, unbedeutender Ort in Latium, in der
Nähe der Bomptinijchen Sümpfe, deſſen zahlloie
Fröſche Cicero jcherzend erwähnt (ad fam. 7, 18;
vgl. Hor. ep. 1, 11, 30); vielleicht j. Sermoneta.
Umbella, der Sonnenſchirm der römijchen
rauen, nach ganz fpäter Sitte den jungen Mäd—
hen von Eunuchen nadıgetragen.
Umbilieus ſ. Bücherwesen, 6.
Umbonfus Silio, unter Claudius Statthalter
in Spanien, wurde, angejchwärzt von einigen Pri—
datfeinden, 44 n. E. von dem Kaiſer zurüdberufen
und jeiner Senatorenwürde beraubt. Dio Cass.
60, 8f. 24.
Umbra, icherzhafte Benennung eines zu einem
Gaſtmahl nicht eingeladenen, fondern von einem
andern mitgebracdhten Gaftes, der für gewöhnlich,
gleih den Barafiten, den unterften Platz befam.
Hor. sat. 2, 8, 22. ep. 1, 5, 28. Mart. 14, 217.
Umbrönus, Publius, ein freigelafiener, er-
hielt von dem Catilinarier Lentulus den Auftrag,
mit den Gejandten der Mllobroger zu unterhandeln
und fie für die Verſchworenen zu gewinnen. Sall.
Cat. 40. Cie. Cat. 3, 6, 14.
Umbria, 7) Oußeıxrj, italiiche Landichaft, wurde
im N. durdy den Fluß Rubico vom cispadaniichen
Gallien, im W. durch den Tiberis von Etrurien,
im S. und D. vom Gabinerlande durd) den War,
von Picenum durch den Afis getrennt; die Nord—
oftjeite bejpülte das Adriatifche Meer. Durch den
von N. nad) ©. fich hinziehenden Apenninns jchied
ji) Umbria in Eis» und Trandapennina; ber
Kiüftenftrih am Mdriatiichen Meere hieß auch ager
Gallieus. Cie. Brut. 14. Sest. 4. Liv. 39,44. Das
im W. gebirgige und etwas rauhe, übrigens ebene
und fruchtbare Land war reich an ftarfen Rindern
und an Obſt. — Bon den teilmeije jchiffbaren
Nebenflüfien des Tiberis gehören hieher: Tinea
(j. Topino) mit Clajius (j. Ehiafcio) und Eli=
Trajans (1868). de la Berge, Essai sur le regne tumnus (j. Elitunno), und Nar (j. Nera); ins
de Trajan (1877). — 3) Seine Schwefter, Ulpia | Adriatiiche Meer mündeten zwiihen Rubico (ij.
Marciana, rühmt Plinius (pan. 84). — 4) Ihre | wohl Fiumicino) und Ajis (j. Eino): Ariminus
Tochter, Matidia, Mutter der Gemahlin Ha- (j. Marecchia), Aprufa (ji. Aufa), Bijaurus (ij.
drians, der Sabina, darum von Hadrian hoch ge: | Foglia), Metaurus (j. Metauro), Sena (j. Mija).
ehrt. Spart. Hadr. 9. — 5) &. Ulp. Marcel: | — Die Einwohner, Umbri, Oußgıxod (Hit. 1,94.
lus, deſſen Rat die beiden Antonine oft bemußten, | 4, 49), gehörten zu der älteften, mit den Griechen
war ein tüchtiger Jurift. In den Bandelten finden | ftammverwandten, Bevöfkerung Italiens; jie waren
fich viele Ercerpte aus feinen Schriften. Capit. | lange Zeit herrichend und mächtig in Italien, bie
—
Umbricius — Unterwelt.
fie den Tyrrhenern die Herrſchaft abtreten mußten.
Über ihre Sprache ſ. Italia, 11. Die in ihrer
Sprache verfaßten erhaltenen Inſchriften, darunter
beſonders die eugubiniſchen Tafeln (ſ. Iguvium),
ſind geſammelt von Aufrecht und Kirchhoff (1849
— 51), Huſchke (1859), Breal (1875) und Vücheler |
(Umbrica, 1883). — Unter den zahlreichen Städten |
jind zu. nennen: Ariminum (j. Rimini) Fanum
Fortunä an der Mündung des Metaurus (ij.
Fano), Sena Gallica (j. Sinigaglia), Piſau—
rum (j. Bejaro), Sarjina (j. gl. W.), Geburtsort
des Plautus, Urbinum Hortenje (j. Urbino)
auf jteilem Felſen zwiichen dem Piſaurus und
Metaurus, Urbinum Metaurenje (j. Urbania),
etwas füdweftficher am Metaurus, Tifernum,
Iguvium (umbriſch tota Jicbing, ji. Gubbio),
Camerinum, früher Camers (j. Camerino), Wit: |
ſium (j. Aifif), Mevania (j. Bevagna), Spole-⸗
tium (j. Spoleto), Tuder ıj. Zodi), Ameria (j.,
Amelia), Narnia (j. Narni), Dcriculum (j. Otri⸗
coli) u. j. w. Strab. 5, 217 ff. 227 ff.
Umbrieius, ein etrufficher Haruſpex, verlün⸗
digte dem Kaiſer Galba ſeinen nahen Tod. Tae.
hist. 1, 27. Plut. Galb, 24. — Ein anderer Umbr.
ichildert bei Juvenal (3, 2, 1 ff.) die verdorbene
Stadt.
Umpbro, ein vom Apenninus herab ins Tyrrhe—
niſche Meer ftrömender Fluß Etruriens, mündete
füdlich vom Yacus Prelius; j. Ombrone..
Ummidiüs j. Numidius.
Uncia, 1) '/, As als Kupfermünge; — 2) über:
haupt ’/,, eines Ganzen, 3. B. heres ı ex uncia,
j. Erbrecht, 5.
Unetor, ein Sflave, der den Herrn ſalbte. In
den Bädern, Gymnafien und bei den Gladiatoren
gab es auch bejondere unctores,
Unetorium j. Bad, 1.
Unelli, richtiger Venelli, galliſches Volk in |
Armorica (j. Normandie), am Kanal. Caes. b. 9.
2, 34. 3, 17. 7, 75.
Unguentum, Salbe oder Baljam, aus DI und |
wohlriechenden Subjtanzen bereitet. Der Gebraud)
und die Verfertigung der Salben fam aus dem
Morgenlande nach Griechenland und von da nad) |
Italien, wo man fich dor dem Mahle und nad)
dem Bade jalbte. Manche jalbten jogar die Kleider,
und der Gebraud) der ung. bei Leichenbegängniſſen
war Kr allgemein (j. Bestattung, 7.) Am
foftbariten war das Nardenöl (j. Nardum), ge:
wöhnlicher da8® Myrrhinum (j. Myrrha). Die
vasa unguentaria waren alabastri, ampullae, |
gutti u. j. w. Bejondere Salbentäftchen hiehen
narthecia (j. Ndedn&). Große Parfümerie
händler (unguentarii und unguentariae) gab e#
in Agypten, Griechenland, Stalien u. ſ. w. in großer
Menge.
Unterwelt. Bei Homer ift die Vorjtellung der
Unterwelt, des Totenreiches, der Behauſung des
Alöns, Atdwveog, "Aig, die in nachhomerijcher Zeit,
wie der Gott ſelbſt, Auöng genannt wurde, noch
unbeftimmt und einfach. ie iſt ein finfterer |
Raum im Innern der Erbe (Il. 20, 61), der im
äußerten Weften jenjeits des Oleanos, wohin die
Strahlen der Sonne nicht mehr dringen, einen
Eingang und Borhof hat. In diejen Vorhof der
Unterwelt fam Odyſſeus (Od. 10, 508 ff. 11), um
Teirefiad und andere Tote aus dem Dunkel der
Unterwelt heraufzubeichwören. Er landete am weit-
1263
lihen Rande des Dfeanos, im Lande der in Nebel
und Wolfen gehüllten Kimmerier, der Männer
des Dunfels, wo ein rauhes Ufer ift, und bie
Haine der Berfephone aus unfruchtbaren PBappeln
‚und Weiden beftehen. Od. 10, 508. 11,14. Die
Aiphodeloswieje beginnt im diefem Vorhofe
der Unterwelt, zieht ſich aber unter die Erde hin
durch das ganze Gebiet des Hades. Od. 11, 539.
573, 24, 13. In das Ercbos, das tiefere Dunel
und den eigentlihen Sit des Hades, fam Odyſſeus
nidht. Od. 11, 564; vgl. 627 ff. In den jpäteren
Jahrhunderten wurden die Räume des Hades genauer
bejtimmt und mit verichiedenartigen Weſen ange:
fült. In den unterirdiichen Raum führten von
der Obermwelt furdhtbare Erdſchlünde hinab, wie
die Höhle bei Tainaron, zu Hermione, auf dem
Kolonos bei Athen, bei Cumä in Italien. Der
Hades jelbft war von großen, jchredlichen Strömen
umflofjen. Bei Homer finden ſich nod) feine um:
ſchließenden Ströme. Er erwähnt an mehreren
Stellen der Styr als Fluſſes der Unterwelt (Il.
8, 369. Od. 5, 185); jie ift ihm Repräjentant der
Unterwelt, weshalb die Götter bei ihr ——
um anzuzeigen, daß ſie, falls ſie falſch ſchwören,
dem Tode und der Vernichtung anheimfallen wollen.
In ähnlicher Weife erjcheint Styr bei Hefiod; ala
Perſon ift fie die ausge —— Tochter des
Oleanos und der Tethys, Mutter von Zijkog, Niun,
| Kodos und Bin, von Zeus hochgeehrt; er macht
‚fie zum großen Schwure der Götter. Sie wohnt
am Eingange des Hades in hoher Felſenhalle, die
‚ von filbernen Säulen getragen wird; ihr Fluß ift
ein Arm des Dfeanos und fließt aus der zehnten
Quelle desjelben (theog. 361. 383 ff. 775 ff). Wir
finden bier jo wenig wie bei Homer eine Umſtrö—
ı mung des Hades. Andere Ströme der Unterwelt
fommen_ bei Hejiod nicht vor, und auch bei Homer
Iceint Styg urfprünglich der einzige unterirdijche
Fiuß geweſen zu ſein. Nur Od. 10, 513 wird
Acheron erwähnt, in den fich im weftfichen Bor:
| ofe der Unterwelt Byriphlegethon ftürzt, und
ofytos, der ein Ausflug (drogem&) der Styr
iſt. Dieje Stelle aber ift wahricheinlich jpäteres
Einſchiebſel. Nach ſpäteren Vorſtellungen fließen
dieſe Flüſſe um den Hades und ſchließen ihn ein.
Über Ächeron ſ. d. Bei Vergil (A. 6, 296) flieht
er in den Kofytos, einen langjam fließenden, jumpfi-
en Strom, und bildet mit ihm den Stygiichen
‚See (6, 323). Nachdem nun einmal die Unter:
welt mit Strömen umſchloſſen war, jo war ein
Fährmann nötig, der die Toten über die Ströme,
‚über den Stygiichen oder Acherufiichen See, fuhr.
Das ift der nachhomeriiche Charon (Xdgav von
zeiow, der Mann der Freude, euphemiftiich für
Dann der Trauer), j.d. Der Pyriphlegethon
oder Perf der jonft aud) mit den übrigen
Flüſſen verbunden wird, ein gewaltiger Feuerſtrom,
umfließt bei Bergil (A. 6, 548 ff.), wegen jeiner
entgegengejegten Natur getrennt von ben übrigen,
den Tartaros, den Ort der Dual, der bei Vergil
‚ein Zeil der Unterwelt ift. Zu der Zahl der Flüſſe
fam im nachhomerischer Zeit noch Hinzu Lethe,
‚der Fluß der Vergefienheit, aus dem die Seelen
Vergeflenheit des irdiſchen Daſeins trinfen
An dem Thore der Unterwelt hält Kerberos :
Wacht, ein viellöpfiger Hund, gezeugt von Ty—
‚phaon und Edidna (Hesiod. theog. 311), erzſtim⸗
mig, furchtbar wild, — ſpäterer Vorſtellung mit
|
—
1264
3 Köpfen, Schlangenſchweif und Schlangenmähnen.
Verg. A. 6, 417. Or. met. 4, 450. Die Kommen:
den ließ er ruhig eingehen, aber wiemanden lieh
er zurüd. Homer erwähnt „den Hund des Hades“,
den Herakles heraufholte, an 2 Stellen (1.8, 367.
Od. 11, 623), ohne jedoch jeinen Namen zu nennen
oder ihn als Thürhiter des Hades zu bezeichnen,
was auch bei Heſiod nicht geichieht. — Bei Homer |
(Od. 11, 568) wird Minos neben dem jagenden
Drion (572) und dem mit dem Bogen drohenden
Herafles (601) in der Art erwähnt, daß fie ihre auf
der Obermwelt geübten Beichäftigungen als Schatten
fortjegen, Minos als richtender König. Übrigens
iſt diefe ganze Stelle der Odyſſee (11, 565—627)
ein jpäteres Einjchiebiel. Die Idee, daß das Leben
in der Unterwelt ein Abbild und eine weſenloſe
Fortſetzung des irdiichen Lebens jei, ift dem Homer
noch fremd. Noch jpäter aber wurde Minos zum
Richter der Toten in der Unterwelt gemacht und
außer ihm Rhadamanthys und Aiakos, aud
Triptolemos. Nach Platon (Gorg. p. 524 A)
richtet Rhadamanthys die Afiaten, Aiakos die
Europäer, dem Minos aber übertrug Zeus die
Enticheidung in zweifelhaften Fällen. Aiakos gilt
jonft auch als Schlüfjelhalter des Habes und wird
mit Schlüffel und Scepter abgebildet. Dieje Bor:
ftellung von Richtern in der Unterwelt fonnte erft
entjtehen, feit der Glaube an Lohn und Strafe
in dem jenjeitigen Zeben für Thaten auf der Ober-
welt vorhanden war. In der homeriichen Zeit
befteht diejer Glaube noch nicht, und die Stellen
über die Strafen des Tityos, Tantalos und
Siiyphos (Od. 11, 576. 582. 593) find nachho—
meriſch. Auch find diefe Strafen nicht die Folge
eines in der Unterwelt über fie — Gerichts,
ſondern es ſind gewiſſermaßen Nachwirkungen einer
ſchon in der Oberwelt über ſie von den Göttern
verhängten Verdammung. In jpäterer Beit fügte |
man zu dieſen Repräjentanten der nach dem Tode |
von den Göttern geftraften Sünder noch den $rion
und die Danaiden, den Salmonens, Peiri—
thoo8, Phlegyas u. a. Nachdem einmal eine
Scheidung der Toten zu Lohn oder Strafe an:
genommen war, beftimmte man auch in der Unter:
welt die Orte für beide Klaſſen und verlegte in
diejelbe den Tartaros als Drt der quälenden
Strafe (Plat. r. p. 10 p.616A. Verg. A.6, 543 ff.)
und das Elyſion als den Ort der Glüdjeligfeit
(Verg. A. 6, 637 ff.), und außerdem glaubte man
von denen, die ein mittleres Leben zwiſchen dem
guten und böjen geführt hatten, dad fie auf der
Aiphodeloswieje als körperloſe Schatten umher:
irrten. — Der Tartaros (als Perſon Sohn des
Äthers und der Erde, von der Erde Vater ber
Giganten und des Typhoeus, Hesiod. theog. 821)
ift bei Homer der Kerker der Titanen und von
Hades ganz verichieden. Während der Hades in
der Erde liegt, befindet fich der Tartaros an den
unterjten Enden der Erde und des Meeres, jo tief
unter der Erdoberfläche, wie der Himmel über der:
jelben. Hom. Il. 8, 13 ff. vgl. Hesiod. theog. 720 ff.
Dagegen Hesiod. scut. 255 findet fih ſchon Tar:
taros mit Hades zufammengeftellt. In jpäterer
Zeit wird aud) das Wort Tartaros für die Unter:
welt überhaupt gebraudt. Über Elyſion j. d.
Die Borftellungen von dem Zuftande nach dem
Tode find in dem homerifchen &edichten je nad)
der Entjtehungszeit der einzelnen Teile verichieden. |
Urania — Urbs.
Nah den älteften, dem Homer eigentümlichen,
Borftellungen find die Toten Schattenbilder mit
den törperlichen Umrifjen des irdiichen Lebens ohne
Konfiftenz, ohne Kraft, ohne Fleiich und Bein und
Stimme und ohne Bewußtſein, das erft durch
Bluttrinfen, durh Aufnahme einer körperlichen
Eriftenz, für kurze Zeit wiedergewonnen werden
fann; denn für die Eriftenz der Perſon ift der
Körper die Hauptjache; die wuyrj, die den Körper
belebt, wird zwar firiert und vor gängzlicher Ber-
nichtung bewahrt, verliert aber mit dem Tode ihr
eigentliches Sein ; das geiftige Weſen im Menfchen,
die poeveg, geht zu Grunde. Ein weiterer fort:
ichritt, wie er fich 3. B. in der homeriſchen Stelle
von Minos findet, ift der, daß bei einzelnen In—
dividuen eine charakteriftiiche Form, oder die im
Leben liebgewonnene Beſchäftigung, auch nach dem
Tode feftgehalten wird. Eine dritte Stufe ift die
in Hom. Od. 24, wonach die Toten, ohne Blut
zu trinfen, im Befige det Bewußtſeins und der
Sprache find, aljo ihre Berjönlichkeit behalten.
Hierauf beruht dann auch weiter der Glaube, daß
die Toten noch auf mannigfache Weile auf das
irdijche Leben einwirken können. Bei allen diejen,
auch im Bolfe wurzelnden Auffaſſungen bleibt,
auch nachdem die myſtiſchen Geheimlehren (j. Eleu-
sinia) und die Philojophie frendigere Hoffnungen
über das Leben nach den Tode verbreitet hatten,
immer das dem Hellenen eigene Gefühl beitehen,
daß das Leben im Lichte das allein Wünjchens:
werte fei, daß die freude diesjeits des Grabes
wohne. „Ein Tagelöhner auf Erden zu jein, ift
befjer, als über alle Schatten zu herrichen,” jagt
Achilleus in der Unterwelt (Hom. Od. 11, 489).
Der Menſch Mammert ſich ans irdiiche Leben, und
auch nach dem Tode will er auf Erden noch we:
nigſtens ideell, in der Erinnerung der Menichen,
fortleben, er will beweint, begraben jein und im
Gedächtnis bleiben (Od. 11, 71 ff.). — Die Römer
haben über die Unterwelt die griechiichen Vor—
ftellungen angenommen, doch wurden die natio:
nalen Anſchauungen nicht ganz zurüdgedrängt.
Die Unterwelt (inferi) und zugleich der Gott der:
jelben bie Orcus, auch mundus, bejonders in dem
Ausdruck mundus patet, j. Religiosi dies;
ferner Manes, Lares, Larvae.
Urania, Oögavia, 1) 5. Aphrodite. — 2) 5.
Musae, — 3) Obparie, eine Art des Ballipiels.
Uränos f. Titanen.
Ovgpavioreg |. Titanen.
Urbinfi, 1) Urb. Banopion, mwurde, als er
43 v. E. geächtet war, durch die Treue jeines
SHaven, der fich für ihn opferte, gerettet. Val.
Max. 6, 8, 6; vgl. Sen. benef. 3, 25. — 2) Ur:
binia. Ihr Nachlaß wurde Gegenftand eines
Prozeſſes, in dem bejonders Aſinius Pollio als
Sachwalter wirkte. Tac. dial. 38. Quint. 7, 2.
Urbinum j. Umbria.
Urbs. Die Gebräuche bei der Städtegründung
atten die Römer von ben Etruffern entlehnt.
er Gründer der Stadt, Gabino einctu (f. d.)
angethan, umfurchte die fünftige Stadtmauer
(aratri eirceumductio), indem er die Erde nach
innen warf und an den Thoren den Pflug über
den fünftigen Thorplat hinweghob. Die beichloj-
jene Zerftörung einer Stadt wurde ebenfalld durch
Anwendung des Pfluges bezeichnet. Aldor. od.
1, 16, 20.
Urceus — Usucapio oder usus,.
Ure&us j. Vasa.
Uria, Oögie, 1) = Toin (Hdt. 7, 170), alte
Hauptftadt Japygiens in Unteritalien, Dria. —
2) See Nitoliens zwijchen dem See "hun und
dem Guenosfluß; j. See von Miffolunghi,
andern Xero Limni.
Griechenland 1 ©. 128.
Urinätor, Taucher. Es gab in Rom ein Kol:
legium der Taucher, welche die in das Wafler ge: |
fallenen Dinge für Lohn retteten.
Urium, Oögıor, 1) Küſtenſtadt der apulijchen |
Landichaft Daunia mit dem Hafen Urias Sinus,
nördlich vom Garganusgebirge; j. Rodi. Mela‘
2,4,7. Strab. 6, 284. — ?2) Fluß in Hiſpania
Bätica, j. Tinto, münbete in ber Nähe der Stadt
Urium, j. Torre del Oro. Plin. 8, 1,3.
Urkunden, Hieher gehören bejonders die zahl: |
reich aus dem Altertum und überfommenen In—
jhriften, Inscriptiones, Tituli, im w. ©. Be:
zeichnung aller In: und Auffchriften, die ſich auf |
Dentmälern de3 Aitertums von Stein, Metall,
Holz u. a. (mit Ausſchluß der Münzen) erhalten
haben, und deren Echtheit ein Gegenftand bejon:
derer Prüfung in der Inſchriftenkunde oder Epi:
graphik geworden tft.
ten,
mehr ald 60000 in Proja und Verſen; u
haben zu der Dichtungsart des Epigramms (j. d.)
geführt. — Die griechiſchen Inſchriften behan:
dein meift Gegenjtände des bürgerlichen und täg—
lihen Lebens, oder es waren Berzeichniffe der
olympijchen Sieger, der Priefterinnen zu Argos,
die ſich nicht erhalten ag: u. ſ. w. Für ihre
Aufftellung wurde von der Obrigkeit geiorgt, be:
jonders auf öÖffentlihen Plätzen (Afropolis zu
Athen) oder an eigens dazu errichteten Mauern.
Für den Rat mußte der yoauuaredg rs Bovins,
für den Demos der Demarch jorgen. Man unter:
ſcheidet inseriptiones sacrae und profanae, publi-
ene und privatae. Die griechiſchen find in ber
Kapital: und Uncialjchrift, die römischen in der
Ktapital- oder Quadratſchrift (literae quadratae
oder lapidariae), uno; aber auch mur jelten, in
der Kurſivſchrift abgefaßt. Die älteften gehen nicht
über die fünfzigfte Olympiade hinaus. Bündigkeit,
Einfachheit und Wahl des Ausdruds zeichnen alle
Inſchriften bis zu der Zeit der Antonine hinunter
aus. Schon die Alten jammelten fie; dennoch find |
viele aus Mutwillen oder Rachſucht vernichtet
worden. In neuerer Zeit hat man fleifige Samm:
lungen begonnen; bejondere — haben ſich
um die griechifchen Böckh, J. Franz, E. Eur:
tius, U. Kirchhoff, Dittenberger u. a., um
Die römischen Drelli, Th. Mommijen, Henzen,
Hübner, Zangemeifter u. a. erworben. — Im
e. S. verftehen die Römer unter inscriptiones
Gejege, Staatsurkunden, faiferliche Dekrete, Staats:
verträge, Bündniffe, meift im Ürar des Jupiter
Capitolinus aufgeftellt. Much inser. publicae
militares gab es, Siegestrophäen, Jnichriften auf
Schilden, auf Waffen, auf Kriegsichiffen u. |. w.,
auch die militäriichen tesserae mit der Parole
oder einer Ordre, die tabulae honestae missionis
(ehrenvoller Abſchied), Verzeichniſſe der ganzen
Legionen oder einzelner Soldaten u. ſ. w Bu
den Privatinichriften gehören beſonders "sh Aıf-
jchriften an Gebäuden, auf Kunftierfen, die Ahnen:
bilder, die Amulette (geichnittene Steine mit Auf:
Reallexikon des Hafi. Aitertums, 7. Aufl.
nad) |
Bal. Burfian, Geogr. von
Sie waren teils Aufichrifz
teil® Urkunden, und man zählt am echten |
1265
ı Tchriften) und vor allen die zahlreichen Grabichrif-
ten. — Deutſche Gelehrte haben 3 großartige
' Sammlungen der erhaltenen griechiſchen und latei—
nifchen J —— geliefert, nämlich 1) das Corpus
inscriptionum Graecarum (1825—1877, 4 Bbb,,
bearb. von Bödh, Franz, E. Eurtius u. Kirchhoff),
2) das Corpus inscriptionum Latinarum (jeit 1862,
noch nicht vollendet, bis 1888 14 Bdd., dazu Suppfe:
mente: ephemeris epigraphica, bis 1888 7 Bbo.,
bearb. von Mommien, Henzen, de Roſſi u. a.),
3) das Corp. inser. Atticaram (jeit 1873, auf
‚4 Bände berechnet, bearb. von U. Kirchhoff, U.
‚ Köhler und W. Dittenberger). Auswahl griechticher
Injchriften von H. Droyfen (1878), Dittenberger
(1883) u. a., römifcher von ©. Wilmanns (1873),
| Drelli (1828 ff.) u. a.
Urna, a) Waſſergefäß, ſ. Vasa, — b) Auch ber
— ossaria
Aſchenkrug oder. die ichentifte
oder cineraria) wurde oft jo genannt, Die
aus Thon, Glas, Stein oder Metall verfertigt war.
— c) eine Irma (sitella) zur Aufnahme der Stim:
‚men ober Loſe. Verg. A. 6, 22. — d) Als Maß
enthielt die Uma '/, WUmphora oder 4 congii.
Ovoias dien |. Slam.
Usipötes, Usipi, Oboıneraı, Obormor, ein meift
mit den Tencterern genanntes german. Volk im
weftlichen Germanien, hatten früher andere Wohnfige
gehabt (am Fluß Uſe in der Wetterau?), wurden
aber mit den Tencterern (an Lippe und Ruhr) und
Ubiern von den Sueven vertrieben und liefen ſich,
nad) dem durch Cäſar vereitelten Einfall von den
Sugambrern aufgenommen, am nörblichen Ufer der
Luppia (Lippe), weiterhin jüdlich bis zum Main
nieder. Caes. b. g. 4,1. 4. 16. Tac. ann. 1, 51.
hist. 4, 87. Germ. 32.
Ustiea, Ovor/a«, 1) Injel an der Nordweit:
füfte Siciliens, noch jeßt jo genannt. — 2) Dorf
am Abhange des Digentiathales, von 5 Kolonen
bewohnt, Zubehör der Sabinervilla des Horatius.
©. Sabini,
Ustrina, Pla d. crematio, j. Bestattung, 7.
Usucaplo oder usus, die Eigentumserwerbung
durch verjährten ng > Schon die XII Tafeln
beftimmten, daß Zeit Recht erzeuge, d. h. wer ein
Grundftüd 2 Jahre, andere Dinge aber nur 1 Jahr
beiige, joll voller Eigentümer werden, voransgejeßt,
daß während ber Zeit fein Einſpruch erhoben war,
und daß die Sache nicht geftohlen jei (ij. Lex
‚Atinia) und überhaupt Uſucapio zulaſſe (4. ©.
‚die Grenzraine waren davon ausgeſchloſſen, ebenjo
alle res sacrae, wie der Vorhof eines Grabmals,
das Staatseigentum u. ſ. w.). Ein peregrinus
fonnte indes nie don einem römijchen Bürger
Eigentum durch Ujucapio erwerben (Cie. off. 1,12).
Im Verlauf der Zeit wurden als Uſucapions—
erfordernifje bona fides und iustus titulus (ein
gültiger Erwerbsgrund) eingeführt. Borzüglic)
diente die Ufucapio, um das Eigentum in bonis
‚zum quiritariihen Eigentum zu machen, und um
dem bonae fidei possessor Eigentumsrecht zu
verleihen. Im der Kaiferzeit bildete ſich neben der
Ufucapio die longi temporis praescriptio ober
‚ possessio, die weniger Erfordernis hatte, aber
dafür aud einen zehnjährigen Uſucapionstermin
einführte. — Usucapio pro herede. Damit
der Erbe gezwungen fei, die an ihm gefallene
Erbſchaft bald anzutreten, geftattete man jeden,
ie zu einer Erbichaft gehörigen Sachen wegzu—
80
1266
nehmen und zu ufucapieren. Deshalb griffen die |
wirflichen Erben jofort zu, um ſich die Erbichaft
nicht entziehen zu laffen. Unter den Kaijern wurde
dieſes Inſtitut, das Hadrian jchon bejchränft hatte,
ganz aufgehoben.
Usüra, gewöhnlicher noch im Plur. j. Fenus.
Usus, a) usus (et) auctoritas, der ältefte Aus-
drud für Ufucapio; b) Ujucapio der manus ({.
Manus); c) Ujus als Berjonalfervitut, enthielt
das Recht, eine Sache als possessor zu gebrau=
chen, 3. B. ein Haus zu bewohnen, aber nicht zu
vermieten u. j. w.
Usus fruetus, eine Berjonaljerbitut mit dem
Recht, eine Sahe zu gebrauhen und die Früchte
zu genießen. Am gemöhnlichiten wurde der Uſus—
fructus durch Teftament beftellt, indem der über:
lebende Gatte, Bruder u. |. w. das Recht erhielt,
ein Haus, Uder oder auch Sklaven volljtändig zu |
benußen, doc ohne den Gegenftand zu verderben.
Utens, Fluß im cisalpiniſchen Gallien, die |
Nordgrenze der Senones; j. wahrjcheinfich der
nördlich von Ravenna ind Ndriatiiche Meer mün—
dende Montone. Liv. 5, 35. |
Uter, ein lederner Schlauch. Die Alten be-
wahrten darin Wein und DI auf und benußten |
die Schläuche auch zu weiteren Transporten der
Flü ſigkeiten.
tica, "Iran ober Obriun, ſehr alte tyriſche
Kolonie ın Nordafrika, angeblich 287 %. vor Kar: |
thago, alfo um 1100 v. E,, unmeit des Vorgebir—
ges des Apollon und des weſtlichen res des |
= adasfluffes gegründet, von SKarthago 4 bis
eifen entfernt. Sie ftieg frühzeitig durch be: |
—— Handelsverkehr, den gute Häfen beförder—
ten, zu großer Blüte empor. Die durch Natur
und Kunft wohlbefeftigte Stadt lag in einer höchſt
reichen, fruchtbaren Ebene, die fih an erreiche
Gebirge anſchloß. Korn aller Art und Salz wur: |f
den in großer lag nach Stalien ausgeführt.
Caes. b. c. 2,37. Pol. 1, 75. 86. 12,3.
17, 832, bei. Liv. 25, 31.
Größe und Pracht zeu en noch heutigen Tages
(Ruinen im Dorfe Bi Schatir) zum. Teil gut er:
haltene Waflerleitungen von großartiger Arbeit,
Ruinen von Tempeln und Schlöſſern, die Refte
eines Theaters und Amphitheaters, welches letztere
gegen 20000 Menſchen fahte, ſowie die Trümmer
anderer Denkmäler, von denen die alten Schrift: |
fteller viel Rühmens machen. Nächſt Karthago
Usurr —
Bon ihrer einftigen |
Tich auf dem Buy d’Yffolı.
. 43
Strab. | 40
Vacuna.
war Utica die bedeutendfte phoinikiſche Pflauzſtadt
und ftanb zu jener dem Namen nad eber im
Verhältnis einer gleichberechtigten als einer unter:
thänigen Stadt, obgleidy es oftmals doch die Ab-
' hängigfeit von Karthago im allgemeinen jchwer
zu fühlen hatte. Daraus erflärt es fich auch, wenn
es zu verjchiedenen Malen fich auflehnte, wie (240
v. E.) im Sölbnerfriege, oder an deflen Feinde,
wie an Agathokles, ſich anſchloß (310 v. E.), wäh:
rend es in den beiden erften puniichen Kriegen
treu zu Karthago hielt. Pol. 1, 82. 88. 14,2. Lir.
29, 35. Im letzten Berzweiflungslampfe der Star:
thager, 149 ff. v. E,, unterwarf es fi Ron und
murde daher nad Karthagos Untergang Hauptort
im nördlichen Afrita und für Roms Verbindungen
mit dem Innern, ſowie für den Handel ein jehr
| wichtiger Platz. Sall. Jug. 25. 63. Cie. Phal. 3, 10.
Pol. 36, 1. Zum Lohn für feinen Abfall erbielt
es einen bedeutenden Landſtrich. Ju den fpäteren
bürgerlichen Unruhen jpielte Utica eine bedeutende
Rolle. Dem Läjar treu ergeben, wurde es von
dem jüngeren Cato in Re genommen und be:
rühmt durch deſſen Zod in jeinen Mauern. Caes.
b. Afr. 56 ff. Auguftus begünftigte die Stadt
außerordentlich. Auch unter den jpäteren Kaijern
‚ bLühte fie und erfreute jih der mwohlwollenden
Fürſorge des in Afrika geborenen Septimius Se-
verus. Die jpäteren Kämpfe der Bandalen und
Araber trugen zur Verwüſtung der Stadt mwejent-
lich bei, bis fie im 7. Jahrhundert durch die
Araber zerftört wurde.
Utricularfus, a) Dudeljadpfeifer, b) Fährleute.
welche die Bafjagiere mit Hülfe lederner Schläuche
über die Flüfle fegten. In mehreren Provinzen
gab es collegia utriculariorum.
Uxellodünun , fejter Platz der Cadurci im
an Gallien, auf einem einzelnen, fteilen
Feljen an einem Fluſſe (Dltis, j. Lot), ——
Caes. b. 9.
Uxii, Oö&eor, räuberiiche Böllerjchaft an der
Grenze von Sufiana gegen Perſis, Nachbarn der
Koffaier (Arr. 7, 15, 1). Sie dienten im Seere
des Dareios (Arr. 3, 8, 5. 11, 5), wurden aber
von Alexander unterjodt. Arr. 3, 17,1. Strab.
15, 728 f. 732.
Uxor war ber allgemeine Name für Gattin,
jpeziell für die Frau ohne manus, im Gegeniag
zur materfamilias, j. Ehe, II.
V.
Vacatio j. Beneficiarius.
Vacea oder Vaga. Oddya, bedeutende Stadt
Numidiens, 1 Tagereije ſüdweſtlich landeinwärts
von Utica, wurde im jugurthinifchen Kriege von
Metellus zerftört, aber jpäter mwiederhergeitellt ;
jept Bedſcha in Tunis an der Grenze von Alge—
rien. Strab. 17, 831. Sall. Jug. 29. 47. 68.
Vaccaei, Odaxneior, eine mächtige hiſpaniſche
Bölterichaft. im Norbweiten der SHalbinjel, am
Duero, mit der Hauptſtadt Palantia, j. j. Balencia.
Ihren Boden bauten fie — — und ber:
teilten gleichmäßig den Ertrag. Sie waren ſehr
kriegeriſch und machten ſchon den Buniern viel zu
ſchaffen. Pol. 3, 14. Lir. 30, 7. Strab. 3, 152 fi.
Vacuna, eine Gottheit, welche die Sabiner nach
der Ernte, bejonders zu Reate und Tibur, ver-
ehrten. Or. fast. 6, 307. Sie galt jpäter als eine
Öttin der Ruhe von Geichäften und der Muße
(litare Vacunae für vacuum esse) und wurde
identifiziert mit Ceres, Benus, Diana, Minerva,
Bellona und Bictoria, muß aljo neben dem fried-
lien Charakter einer Flurgöttin auch die Beden:
tung einer Kriegs: und Giegesgöttin gehabt haben.
Ob fie auch zu Rom verehrt wurde, iſt ungewiß
Vada — Valentinianus,
l. Hor. ep. 1, 10, 49: fanum patre Vacunae
(nicht weit von dem jabin. Landgute des Horaz).
Vada, Kaftell der Bataver in Gallia Belgica,
öftlih vom j. Grinnes. Tac. hist. 5, 20. 21.
Vadimönis Lacus, 7 Odduwov Alurn, Heiner
runder heiliger See Etruriend, im Gebiet von |
Ameria, diente den Etrujfern zum Berjammlungs-
punft; j. Laghetto di Baflano. Pol. 2,20, 2. Liv.
9, 39,
Vadimonlum, ein unter Stellung von Bürgen
(vades) (jpäter auch ohne Bürgen) gegebenes Ber:
iprechen, fich an einem beftimmten Tage vor Ge:
richt einzufinden. Gewöhnlich forderte der Kläger
den Beflagten dazu auf (vadari), und diefer mußte
vadimonium promittere, dare, facere u. ſ. w.;
das Halten des Verjprechens hieß vad. obire,
sistere u. f. w., das Wusbleiben aber vad. dese-
rere, Cie. Quint. 8. 165 ff. 23f. Mit dem vad,
war das Berfprechen einer Geldjumme verbunden,
deren Höhe von dem Gegenftande des Prozeſſes
abhing, aber 100 000 Se
brochen wurde. Im Formularprozeß wurde das
vad. angewendet, wenn ber Bellagte der in ius
vocatio nicht fogleich Folge leiften fonnte. Auch
wurde ein vad, bejtellt, ohne daß in ius vocatio
vorgenommen wurde. Wenn nun beide Parteien
erjchienen waren, und ein zweiter Termin ſich
nötig machte, jo ficherte man fich durch ein ges
richtliched vadimonium, In der jpäteren Kaijer:
zeit wurde das vadimonium durch die litis de-
nuntiatio fat verdrängt, es beftand noch unter
dem Namen cautio in iudicio sistendi, j. Pro-
zels, 23.
Vahälis j. Rhenus.
Yalens, 1) Bruder Balentinians J., in Panno—
nien um 328 n. C. geboren, diente zuerjt in der
Garde Julians, widerftand aber der Forderung
desjelben, dem Ehriftentum zu entiagen. Im J.
364 übertrug ihm fein Bruder, indem er ihn zum
Mitherricher machte, die Regierung über den Oſten
und ftellte ihm tüchtige Männer zur Seite. Aber
Krieg und Nufftände jtörten die Ruhe jeiner Re—
gierung vielfah. Zunächſt wendete er jich (3665)
gegen die Perjer, die mit einem Einfall drohten.
Gleichzeitig wurde jein Reich durch ein furchtbares
Erdbeben verwüſtet, und die Goten fielen in Thra-
fien ein. Der Aufſtand des Profopios wurde,
nachdem derjelbe einen Teil Vorderaſiens erobert
hatte, 366 mit großer Mühe unterdbrüdt, trogdent
aber verminderte der milde Valens die Abgaben.
Da die Goten den Prokopios unterftügt hatten,
jo ging Valens 367 über die Donau, nachdem er
fi) vorher hatte taufen laffen, konnte aber dem
durd; Wälder und Sümpfe gebedten Feinde nicht
beifommen und mußte fich zurüdziehen. Erft 369
erlitten die Goten eine Niederlage und jchloffen
Frieden. Auf einer Reife durch Ajien verlor er
jeinen einzigen Sohn Balentinian (372) und blieb
in Syrien (während des Winters gewöhnlich in
Antiocheia) bis 378. Grenzftreitigfeiten mit Ber:
fien, Kämpfe mit den Iſauriern, Verſchwörungen
gegen das Leben des Kaiſers, Unzufriedenheit mit
der Berwaltung des durch feine Habjucht verhaßten
Betronius, Schwiegervaters des Kaiſers, fallen in
dieje Zeit. Nicht weniger als die ununterbrochenen
Kriege und Unfälle trugen kirchliche Streitigkeiten,
durch des Kaiſers Hinneigung zum Arianismus
terzen nicht überfteigen
durfte. Dieje Summe verfiel, wenn das vad. ge:
1267
veranlaßt, und jtrenge Geſetze gegen Andersden—
lende zu inneren Unruhen bei. Im %. 378 rief
ihn ein Einbruch der Goten nah Konftantinopel
zurüd. Die andringenden Hunnen hatten das
Gotenreich zertrümmert, und 200 000 ftreitbare
Männer mit ihren Familien baten um Aufnahme
in Möjien und Thrafien. Die Habjucht und Treu:
lofigfeit der römischen Beamten trieb die Goten
zur Verzweiflung (377), ein römijches Heer wurde
von ihnen gejchlagen, Thrafien verwüjtet, und der
nad) Europa gelommene Valens am 9. Aug. 378
zur Schladht bei Adrianopel genötigt. Er wurde
gänzlich geichlagen und fand nad der Schlacht in
einer Bauernhütte, in der er, töblich verwundet,
Zuflucht gejucht hatte, und die von den herum:
ſchwärmenden Goten angezündet wurde, in den
Flammen feinen Tod. Amm. Marc. 26,4 ff. Zos.
4,1.4.10f. 13. Zonar. 18, 10f. — 2). Fabii, 28.
Valentia, Obalsvria, 1) Name des jüdlichen
Teils von Britannia Barbara, nördlich vom Piften-
walle, der von Theodofius zur Provinz gemacht
wurde, aber nur kurze Zeit im Beſitz der Römer
blieb. Amm. Marc. 28, 3. — 2) große Stadt der
Edetaner im tarraconenfijchen Hilpanien, am Fluß
Zuria, von D. Brutus nach Befiegung der Luſi—
tanier 130 v. E. angelegt, wurde von Pompejus
zerſtört, doch fpäter wieder bedeutend. Sie führt
noc den alten Namen. Liv. ep. 55. — 3) Stabt
der Cavares im narbonenfiihen Gallien an der
Straße von Tieinum nah Vienna, j. Balence,
römische Kolonie, deren Einwohner in Rom Ehren:
jtellen befleiden konnten. Tac. ann. 2, 23. hist.
1,66. — 4) Drt in Galabrien (auch Balentium)
zwiſchen Brunduſium und Elupeä. — 5) j. Vibo.
Valentiniäuns, 1) Bal. 1, Flavius, geboren
in Pannonien 321 n. E., ein Mann von aus:
te Körperkraft und majeftätiicher Würde,
atte jich in den Kriegen Roms hervorgethan, war
efehlshaber in Afrika und Britannien geweſen
und ftand bei ben —— in hohem Anſehen.
Er hatte ein edles Außere, war ſtreng bis zur
Grauſamleit, beſonders bei Ungehorſam, von großer
Sittenreinheit, ein Freund der Wiſſenſchaften, wenn:
gleich ſelbſt ohne eigentliche wiſſenſchaftliche Bil—
dung, ein tüchtiger Soldat, in der Kriegsbaukunſt
und in der Mechanik (er beichäftigte I auch mit
der Bildung von Thon: und Wachsfiguren) jehr
erfahren, zugleich duldjam in der Religion. Den
| Heiden verichaffte er gleich bei feiner Thron:
befteigung (364) einige Erleichterungen, dabei war
er aber entichiedener ra Zos. 4,3. Er nahm
jeinen Bruder Balens (ſ. d., 1.) zum Mitregenten
‚an und wohnte zu Mediolanium, traf Anftalten
zur erg der Grenzen, bejonders Nirikas,
egen die Mauren und des Rheins gegen Die
Deutichen, ging 365 nah Gallien, befriegte bie
mächtigen Alamannen und bejiegte jie 366. Amm.
| Mare. 26, 6ff. Zugleich machte er ſich durch zahl:
‚reiche Geſetze um Gallien und das Reid; verdient
und nahm 367 feinen achtjährigen Sohn Gratian
zum Mitregenten an. Amm. Marc. 27,6. Zos.
4,12. Im J. 368 z0g er abermals gegen die in
Gallien eingefallenen Alamannen und jchlug jie
mehrere Male. Amm. Marc. 27, 10. 30, 7. In
neuen Kämpfen mit denjelben zeichnete ſich der
Bater des jpäteren Kaiſers Theodojius befonders
aus, 370. Auch mit den Sachſen hatte er (370)
\einen Kampf zu beftehen, Daj. 28, 5. Im J. 374
80*
1268 Valeria — Valerii.
rüftete er ſich, nachdem endlich mit den Alaman- dalen wurde Friede geichloflen. Ein jpäterer Streit
nen ein Friede zuftande gelommen war, zum berjelben mit den Goten veranlaßte eine Berbin-
Kampfe gegen die Quaden, die in römijches Ge— | dung des Bandalenlönigs Geiſerich mit Attila und
biet eingefallen waren; er griff fie 375 an und den Einfall des leßteren ins weſtrömiſche Reich,
fügte ihnen durch Verheerung ihres Landes großen ; das von den Bandalen von der Serfeite her arg
Schaden zu. Ihre Gefandtichaft nahm er höchſt | vermüftet wurde, bejonders die Inſel Sicifien, 439
ungnädig auf und ereiferte fich dabei fo jehr, da und 440. Der ſchwache Kaiſer kümmerte fich wenig
er, bon einem Blutfturz getroffen, am 17. Nov. | darum, ob ein Stüd nad dem andern vom Reiche
375 ftarb. Zos. 4, 17. Amm. Marc. 30, 6. — losgerifjen wurde. Nach dem Tode jeiner Mutter
Valentinians ältefter Sohn, Gratianus, geboren | (450) geriet jeine Herrichaft durch Attilas Zug
359 n. E. zu Sirmium, bereits jeit 367 Mit: nad Gallien in große Gefahr. Aëtius jchlug indes
regent, folgte feinem Water 375, ein an Leib | mit Hülfe bes weftgotiichen Königs Theodorid)
und Seele vortrefflich gebildeter Fürft, deffen ge: | die Hunnen auf den Catalauniſchen Feldern, 451,
mwinnendes Außere ſowie reimes Gemüt ihm, erregte aber nun das Mißtrauen des Balentinian,
allgemeine Liebe erwedte. In allen förperlichen | der ihn 454 ermorden ließ, aber jchon im nächiten
Übungen ausgezeichnet, von dem fenntnisreichen Jahre dasjelbe Schidjal hatte, 455. i
Dichter Auſonius ſorgſam unterrichtet, war er) Valerfa, 1) ſ. Valerii, 37. — 2) Bal,,
fromm, milde, wohlthätig, zärtlich gegen feine Obeizpie, Stadt ber Keltiberer in Hijpanien, am
Angehörigen, jedoch ber Lug leidenschaftlich er: | Sucro; j. Balera la vieja. Plin. 3, 3,4. — 3) Stadt
geben und vom feiner (meift ausländischen) Um: |in Latium an der Balerifhen Straße, zwiſchen
gebung zu ſehr abhängig. Gewöhnlich hielt er
ſich in Trier auf, von wo er viele Geſetze erlieh.
Während eine Hungersnot in Stalien ausbrach,
rüftete fich Gr. 377 gegen die Alamannen, die er
im Jahre darauf mit Kraft angriff, bei Argen—
taria befiegte und zum Frieden zwang. Hierauf
og er gegen die Sarmaten an der Donau und
ug fie; dann aber befam er die Nachricht vom
Tode des Valens, machte Theodofins zum Herr:
ſcher des Oſtreichs und ging nah Mediolaniunt,
wo er mit dem Bilchof Ambrofius viel und innig
— Dem Theodoſius ſandte er Hülfe gegen
die Goten und verblieb die nächſten Jahre ab—
wechſelnd in Gallien und Italien. Im J. 383 brach
der Aufſtand des Maximus aus, der dem jugend—
lichen, ſo viel verſprechenden Kaiſer Krone und
Leben koſtete. Vgl. Richter, das weſtröm. Reich,
beſ. unter den Kaiſern Gratian, Valentinian II.
und Maximus (1866), und Gumpoltsberger, Kaiſer
Gratian (1879). — 2) Ihm folgte ſein Halbbruder,
Valentinianus Il., geboren 371 n. E., für den
defien Mutter Juftina die —— führte, wie:
wohl Theodofius mit feinem Rate fi am meiften
geltend machte. Viele Geſetze wurden unter ihm
erlaſſen. Gegen Maximus ſchützte ihn Theodofius
388. Balentınian ftarb bei Vienna im narbonen:
ſiſchen Gallien eines gemaltfamen Todes durd die
Hand des herrſchſüchtigen Franfen Arbogaftes nad) |
einer thatenlojen Regierung am 15. Mai 392. —
3) Flavius Placıdus Balentinianus III,
Sohn des dritten Eonjtantius und der Salla Pla:
eidbia, geboren 419 n. E., wurde von Honorius
zu jeinem Nachfolger ernannt und fam 425 nad
dem Sturze des Johannes auf den Thron. Die
Regierung führte für ihn feine Mutter Placidia,
ohne jedoch auf den Sohn einen guten Einfluß
zu üben. Ihre und ihres Sohnes Stützen waren
die trefflichen Feldherren Bonifacius und Aëtius.
Der lehtere verteidigte das wankende Reich gegen
aufrührerifche Soldaten, gegen ®eftgoten und Ban:
dalen, geriet aber jchon 427 mit Bonifacius in
Swift, der von dem Hofe genährt wurde, um
in Bonifacins ein Gegengewicht gegen Aëtius zu
age aber mit des Bonifacius Untergange endigte.
arauf kämpfte Aëtius, der nun allgewaltiger
Minifter und Feldherr war, fiegreich mit den wil:
den germaniichen Bölfern, befonders Franken und
Goten. Mit den nach Afrika übergefiedelten Ban: |
ı Ausföhnung
Tibur und Earfeoli, wohl das horaziihe Baria
(ſ. d.); j. Bico Varo. — 4) unter Galerius Bro:
vinz Niederpannoniens (ſ, Pannonia) zwiſchen
Raab, Donau und Drau, nad) des Kaiſers Gemah—
lin benannt.
Valeriänus j. Valerii, 42—43,
Valerii, ein patricijches, aus Sabinum ſtam—
mendes Gefchlecht, deſſen Ahnherr Voleſus Bale-
rius mit Tatius nach Rom kam und zwiſchen
dieſem und Romulus Frieden ſtiftete. Dion. Hal.
2,46. Plut. Popl.1. 1) P. Bal. Poplicola,
half mit Brutus, Sp. Lucretius u. a. das Ge:
jchleht der Tarquinier vertreiben. Zum Konſul
gewählt (509), verteilte er mit Brutus die Güter
der Zarquinier und befiegte die Bundesgenofien
derjelben. Liv. 2, 5ff. Den Beinamen Boplicola
erhielt er, weil er die Vollsfreiheit durch Geſetze
zu befeftigen fuchte. Ziv. 2,8. Plut. Popl. 10 ff.
Auch in den Jahren 508 und 507 war er Komiul
und fämpfte gegen den Roms junge Freiheit be—
drohenden Poriena, König von Elufium. Lir. 2,8.
11. 15. Letzterer machte Frieden, deſſen Abſchluß
Val. eifrig betrieb. Plut. Popl. 18f. Darauf ımter:
nahm er in jeinem vierten KRonjulate (504) einen
Feldzug gegen die Sabiner und Bejenter und
arb 503. Liv. 2, 16. Das römijche Volt ehrte
ihn durch ein feierliches Leichenbegängnis. Plut.
Popl. 23. -— 2) Sein Bruder, M. Bal. ———
kämpfte zuerſt in einer Schlacht gegen Porſena,
darauf 505 v. C. mit Ruhm als Konful gegen
die Sabiner und fpäter (496) gegen die Yatiner
in der blutigen Schlacht am See Regillus, in der
er wahrjcheinlich verwundet wurde. Lir.2,16.20.
Später (494), als innere Zwiftigfeiten ausbrachen,
wählte man ihn zum Diktator, worauf er die
Sabiner jchlug. Als die Auswanderung der Plebs
auf den heiligen Berg ftattgefunden, war er für
rielben mit den Patriciern und für
Erfüllung ihrer Forderungen thätig. Cie. Brut. 14.
Liv. 2, 30f. — 3) P. Val, Sohn des unter 1)
enannten, der mit jeinem Bruder Marcus in der
Schlacht am Regillus den Oheim Marcus ver:
teidigte und fpäter in derjelben fiel. Dion. Hal.
6, 12. — 4) 8. Bal. Botitus, Gegner des Sp.
Eajfins, weshalb ihm das Bolt ungünftig geftimmt
war, als er für das %. 483 v. E. zum Konſul
erwählt wurde. Zap. 2, 41f. Wiederum Konjul
(470), verwendete er fi, da ihm das Wolf noch
Valerii. 1269
immer grollte, für die von diefem begehrte Ver: | indes fpäter eine Niederlage bei. Zonar, 8, 18.
teilung von Ländereien. Daj. 2,61. — 5) X. Bal. | Oros. 4, 12. — 17) ®. Val. Flaceus, wurde
Boplicola Botitus, Sohn des unter 3 ge: ı 219 dv. E. nah Sagunt zu Hannibal geichidt und
nannten, jchlichtete 449 v. E. durch die leges | befehligte im zweiten punifchen Kriege (215) eine
Horatiae Valeriae mit jeinem Amtsgenofjen Ho: Flotte. Liv. 21, 6, 23, 34.38. — 18) M. Bal.
ratius die zwijchen Voll und Patriciern obwalten: Läviuus, erhielt als Prätor (215) die Provinz
den Streitigfeiten, befämpfte als Konſul des Jahres | Apulien und eroberte 3 Städte der Hirpiner (Zur.
die Aquer und Volſter (Liv. 3, 55 ff.) und über: | 23, 24. 32. 37), lämpfte 214 gegen Philipp von
nahm 445 wiederum das Bermittleramt zwiichen |
Bolt und Senat. Dion. Hal. 11,59. — 6) E.
Bal. Potit. Voluſus, focht 410 v. E. ald Konſul
fiegreich gegen die Aquer, denen er eine von ihnen
eingenommene Feftung wieder abnahm. Liv. 4, 53.
- FL. Val. Botitus, jchlug als konjularijcher
Kriegstribun 406 dv. E. die Zoljler (Liv. 4, 68f.)
befletdete in den folgenden Jahren dasjelbe Amt
wiederholt und beitand fiegreiche Kämpfe seo |
1f. —
Veji, die Volſter und Faliſter. Liv. 5,
8 L. Val. Potitus, gelangte 392 v. GE. noch
jehr jung zum Konjulat und jchlug die Hauer am
Wlgidus. Liv. 5,31. — 9)
Popl., fämpfte mit Camillus
Etrurien 386 dv. E. (Liv. 6, 6f}.) und ſchlug 377
die Antiaten und Latiner bei Satricum. Lie. |
6, 32. — 10) M. Val. BPoplicola, befannt durch
die Feldzüge, die er 355 und 353 v. C. gegen
Tibur und die Volifer unternahm Liv. 7,17 ff. —
11) M. Val. Corpus, that jeine erften Kriegs:
dienfte unter Camillus 349 v. E. gegen die Gallier
und erwarb fich jeinen Beinamen im Zweilampfe
mit einem riefigen Gallier, den er mit Hülfe eines ) für ihn den Eid
Raben befiegte. Liv. 7,25. ‚Schon in feinem
vierundzwanzigſten Lebensjahre befleidete er (348)
das Konſulat, bejiegte 346 die Voljler (Liv. 7, 27),
ihlug 343 beim Beginn der Samniterfriege die
Samniter am Berge Saurus in Gampanien (Liv.
7, 32.) und abermals bei Suefjula. Lie. 7, 34 ff.
Makedonien, dem er mehrere Städte abnahm, und
behielt auch für die nächiten Jahre den Oberbefehl
(Liv. 24, 40. 44.25, 3.26, 1). Für 210 zum Konſul
ernannt, erhielt er Sicilien zur Provinz, blieb
dajelbjt mehrere Jahre und machte gegen die Kar:
thager, denen er unter anderm Agrigent wegnahm,
glüdliche Fortjchritte. Liv. 26, 40. 208 verheerte
er mit einer Flotte die Hüften Afrifas und wieder:
holte auch im folgenden Jahre den Zug. Liv.
27, 9.28, 4. Er jtarb 200, nachdem er noch ein
P. Val. Potitus
egen Antium und |
2. 22), die Inſubrer bei Mediolanium (Liv.
|
Jahr vorher als Proprätor nad) Makedonien ge:
ichidt worden war. Liv. 31, 3. 50. — 19) 2. Bal.
Flaccus, Kollege des älteren Cato im Konjulate
195 v. E., befiegte die bojiihen Gallier (Liv.
34, 46) und fämpfte 191 unter Slabrio in der
Schlacht bei den Thermopylen gegen den ſyriſchen
König Autiochos. Liv. 36, 17. 19. Er jtarb 180.
Liv. 40, 42. — 20) Sein Bruder, €. Val. Flac—
cus, erzivang fich, wider feine Neigung zum Fla—
men Dialid gemacht, einen Sig im Senate und
wurde 199 curulijcher Adil, nachdem jein Bruder
eleiftet, da ein Flamen nicht
ihwören durfte. Liv. 27,8. 31,50. — 21) €.
Bal. Lävinus, verhalf den Aitoliern zu einem
günftigen Frieden mit Rom 189 v. E. (Zav. 38, 9),
ämpfte 176 als Konjul gegen die Ligurier, war
174 Führer einer Gefandtihaft nad Aitolien und
172 einer folhen nad Mafedonien und Agypten.
Einen Aufftand der in Capua zurüdgelafjenen Bes | Liv. 41, 17f. 25. 42,6. — 22) DO. Bal. Soranus,
fagung und der mit ihr verbundenen Feldjflaven
dämpfte der zum Diktator ernannte Val. durch
milde und verjöhnlide Mafregeln, 342. Liv.
7,38. Das Konjulat und die Diktatur erlangte
er noch zu wiederholten Malen. Aulekt im 3.
290 tontu, z0g er gegen die Etrujfer, die aus
Furcht vor feinem Namen fi auf feinen Kampf
einließen. Zar. 11, 11. Seine legten Jahre ver:
brachte er auf dem Lande und jtarb geachtet und
neliebt in einem Alter von 100 Jahren. Cie.
Cat. m. 17,60. Plin. 7, 48. — 12) M. Bal.
Marimus, Konjul des Jahres 312 v. E, in
dem er mit den Samnitern und Marrucinern | —
26) 2. Val. Flaceus, Kollege des Konſuls Cinna
fämpfte. Liv. 9, 28. Großen Ruhm erwarb er
fih 309 als Legat im Kampfe gegen die Sams |
niter. Liv. 9, 405. — 13) 2. Bal., wurde 282
v. C. als Gejandter nach Tarent geichidt, von den
Einwohnern aber feindlich behandelt und Pen |
$. Val.
Lävinus, erlitt durch Pyrrhos von Epeiros eine
Dio Cass. fr. 39, 4. Liv. ep. 12. — 14)
Niederlage bei Heralleia am Siris, 280 v. C. —
15) M, (M'.) Bal. Marimus Mejjala, 263
v. E. Konſul, bejiegte Hieron und die Ktarthager
auf Sicilien. Pol. 1,16. Zonar. 8,9. Er joll
die erite Sonnenuhr aus Catana auf Sicilien nad)
Rom gebracht haben. Plin. 7, 60. — 16) P. Bal.
Falto, zeichnete jich ganz bejonders aus im der
Seeſchlacht bei den Ägatiſchen Inſeln (241 v. E.).
Val. Max. 2, 8,2. Gegen die Gallier fämpfte er
als Konſul 238 anfangs unglüdlic, brachte ihnen
aus Sora ın Latium, Redner und Dichter (Cic..
de or. 3, 11, 43), ohne, wie es jcheint, ein be:
deutendes Anjehen errungen zu haben. Cicero
tadelt jeine lateinifche Ausipradye. — 23) L. Val.
Flaccus, Konjul 100 v. C. mit Marius, der
des Val. Wahl durchgejegt hatte, um an ihm
einen Genofjen feiner Abjichten zu haben; Bal.
ließ fih aber von Marius nicht als willenlojes
Werkzeug gebrauchen und widerjegte ſich jpäter
auch dem Cinna. Well. Pat. 1, 15. Plut. Mar.
28. 30, Cic. ad Att.8, 3,6. — 2%) C. Bat.
Flaccus, Konſul 93 v. E., ſchlug die Keltiberer
in einer großen Sclaht. App. Hisp. 100. —
86 v. E., fand im Kriege gegen Mithridates durch
den Legaten Yyimbria (j. Flavii, 8.) den Tod, —
26) Val. Antias, Zeitgenofie des Sulla, Ber-
fajier eines bald Historiae bald Annales genann:
ten Werles in wenigjtens 75 Büchern, das von
der Urzeit bis auf jeine Tage herabreidhte und
namentlich Livius in den erjten Deladen, jowie auch
Dionys von Halikarnaß und Plutarch als Duelle
gedient hat, berüchtigt durch jeine ungeheuerlichen
| en und abentenerlihen Musmalungen.
bhandlung von Liebaldt (1844), Sammlung der
Fragmente bei Beter, hist. Kom, reliqu. I p. 287 ff,
fragm. p. 151 ff. — 27) Val. Cato, aus Gallien,
"unterrichtete in Rom, nachdem er unter Sulla
| durch Berluft feines Vermögens in Armut geraten
war, die Söhne vornehmer Römer in der Sram:
1270 Valerii.
matit und Dichtfunft und ſchrieb Gedichte eroti- tigte. Er fchrieb zum Teil in griechiicher Sprache,
chen und mythologiſchen Inhalts. Die auf uns | jo über die Bürgerfriege (von Plutarch bemugt'),
gekommenen, feit 3. Scaliger ihm —— bu= | zum Teil verfaßte er Reden in lateiniſcher Sprache,
folijch-erotijchen Gedichte Dirae und Lydıa (Her: | von denen noch einzelne Bruchſtücke vorhanden find.
ausgegeben mit Näfes Anmerkungen von Echopen, = feine übrigen Schriften, darunter ein Wert
1847, von Ribbed 1867, fowie in deffen Appendix | de familiis, find verloren gegangen; die ihm bei:
Vergiliana, von M. Haupt in feiner Ausg. des | gelegte Schrift de progenie Augusti Caesaris
Bergil und von Bährens, poet. Lat. min. IIp. 72 ff.) | tft unecht und ein Produkt des 15. Jahrh. Auch
find nicht von ihm, jondern ſtammen aus jpäterer Dichter jcheint er geweien zu fein (Or. ec Pont.
Beit; ebenjowenig find fie Werfe des Bergil. — | 1, 7, 27), jowie er auch ein Gönmer ber Dichter,
28) 8. Val. Flaccus, begleitete feinen Vater | namentlich des Tibull, war. Monographien von
(25) auf dem Feldzuge gegen Mithridates, als er van Hall (1820), Wiefe (1829), Baleton (1874)
noch jehr jung war, 86 v. C. (Cie. Flace. 2, 5), | und Schulz (1886). — 34) M. Bal. Mejjala
diente jpäter in Kilikien und unter Metellus auf | oder Meilalinus, des vorigen Sohn, Konſul
Kreta, wo er fich auszeichnete (dai. 3, 6). Als die 3 v. C. (Suet. Galb. 4), wurde 6 n. C. als Pro:
catilinarifche Verſchwörung Rom bedrohte, war er | fonjul von Dalmatien und Pannonien durch Tibe-
jehr thätig, um ihre Fäden zu entdeden. Sall. | rius aus Anlaß bes —— gegen Marbod nach
Cat. 45f. Wegen der von ihm im J. 62 in Aſien Germanien berufen, nach Ausbruch des dalmatiſch—
verübten Erprefjungen wurde er nady feiner Rüd: | pannoniſchen Aufftandes aber zurüdgeichidt. An—
fchr angeflagt, aber durch Hortenfius’ und Eiceros | fänglic trug der Dalmatier Bato einen Sieg über
Verfeidigung gerettet, 59. Cie. ad Att. 2, 25. | Meſſ. davon, wurde aber von diejem bald darauf
Macrob. sat. ?, 1. — 29) M. Bal. ee — Dio Cass. 55, 29. Vell. Pat. 2, 112.
Niger, erwarb ſich Ruhm durch feine Beredjam: | Un ihn hat Ovid aus feiner Verbannung mehrere
feit, die jelbft Eicero (Brut. 70, 246) anerlannte, | Gedichte gerichtet (er Pont. 1,7. 2,2 und trist.
und zeichnete fich beſonders durch die Verteidigung | 4, 4). Meſſ. war ein Freund des edlen Germa-
des Scaurus (54 dv. E.) aus. 61 war er Konful. | nicnus. Tac. ann. 3, 18. — 35) Sein Bruder, M.
Cie. ad Att. 1, 12. — 30) M. Bal. Meffala, Aurelius Eotta Meſſalinus, bei Ovid Cotta
ift wohl identiſch mit dem Bal., der nur durch Marimus, von einem Oheim, Murelins Cotta,
feine Jugend abgehalten wurde, den Sert. Rojeins |an Kindesftatt angenommen, lebte in Rom als
aus Ameria (80 v. E.) zu verteidigen. Cie. Rose. | Schwelger und zeichnete fich unter Tiberius als
Am. 51, 149. Im J. 53 gelangte er zum Kon: Schmeichler aus, der auch durch Angeberei fich
julate (Dio Cass. 40, 17. 45), wurde 51 auf Rom: | verhaßt machte. Zac. ann. 2, 32 u.d. Auch an
pejus’ Betrieb wegen Amtserjchleichung angeflagt, | ihn richtete Ovid mehrere Gedichte (ex Pont. 2, 8.
jedoch von dem Redner Hortenfius, feinem Oheim, 3, 2. 5). — 36) Bal. Marimus (einen Bor:
mit Erfolg verteidigt. Val. Max. 5, 9, 2. Da die | namen fennen wir bei ihm ebenfowenig als bei
Freiiprechung des offenbar jchuldigen Val. Ent: | manchen andern in der römischen Litteraturgefchichte
rüftung hervorrief, wurde er von neuem angeffagt | erwähnten Baleriern), gehört nicht zu der berühm:
und verurteilt. Cie. ad /am. 8, 2,1. 4,1. Im | ten patrieifchen familie der Balerier. Aus mäßigen
Bürgerfriege hielt er es mit Cäſar, diente als | Berhältnifien gelangte er durch feinen Gönner und
defien Legat im afrifanischen Kriege (CGaes. b. Afr. | Freund Sert. Bompejus (Konful 14 n. E.) in eine
28. 86) und beteiligte fich wohl auch am Sriege | beflere Lage, nachdem er denjelben auf jeinem
in Spanien. Cic. ad fam. 6, 18,2. — 31) Feldzuge nach Aſien begleitet hatte (2, 6.8.4, 7,2).
Bal. Orca, war 57 v. E. Prätor und verwaltete Nach feiner Rückkehr jchrieb er in Rom zwiſchen
dann Afrifa, Cie. p. red. in sen. V. ad fam. 13, 6a.| 28 und 32 fein einziges Werf factorum et dieto-
Unter Cäſar diente er (49) als Legat und wurde rum memorabilium bri novem, in dem er es
nach Sardinien gejchidt. Caes. b. c. 1,30. — 32) €. | fih vorgenommen hatte, merkwürdige Thaten und
(Bal.) Triarius, befehligte im Kampfe des Bom: | Reden, zunächſt zur Berherrlichung römijcher Fami—
pejus mit Cäſar die afiatiihen Schiffe des erjteren | lien und für rhetorische Zwede, zufammenzuftellen.
und fämpfte 48 v. C. unter ihm bei Pharjalos. | Nach moraliſchen Sägen hat er dieſen Stoff ge:
Cues.b.c.3,5. 92. Von Cicero wird er gerüühmt; | ordnet und wiederum in jedem einzelnen Kapitel
er nimmt am Geipräh in beffen Büchern de | Nationales und Fremdes gejchieden. In der Samm:
finibus teil. Cie. fin. 1, 5, 14. 7, 25. — 38) M. lung diejer Anekdoten hat er es fich ziemlich Leicht
Bal. Meſſala Eorvinus, geb. wahrjcheinlich | gemacht, denn außer Cicero und Livins find es
64 dv. E., geft. um 8 n. E., ein ausgezeichneter Döchften noch einige Siftorifer, wie Salluftius
Redner und in griechijcher und Tateinifcher Wiffen: | und Trogus PBompejus, deren Benutzung man
ichaft jehr bewanderter Mann, an dem befonders | nachweijen kann. Ohne Urteil und auch ohne Ge—
die Eleganz der Rede gerühmt wird, fämpfte unter | finnung (denn man begegnet nicht jelten der nie—
Brutus und Eaffius bei Philippi. Mut. Brut. 40ff. | drigften Schmeichelei gegen Tiberius) hat er in
Nach diefer Schlacht hielt er es anfangs mit Anz | einer ſchwülſtigen, geſchmackloſen, ja jelbft inforref-
tonius, trat aber im Unmut über deffen Verhältnis |ten Sprache gefchrieben, die dem Charakter feiner
zu Kleopatra 38 v. E. auf Octavians Seite. Er | Beit gar nicht entfpricht. Ein jogenanntes zchntes
bezwang 34 die Salaffer, ein Alpenvolf, erhielt | Bud; de praenominibus gehört weder zu Ddiejer
31 das Konfulat, befiegte, wie es fcheint 28, die | Sammlung noch rührt es von dieſem Berfajier
Aquitanier und Fehrte dann nach Rom zurüd, um |her. Jenes Werf aber ift zu allen Zeiten viel
durch Bauten, Anlegung von Landftragen und als | gelejen und benugt worden. Das ergeben die An-
ftädtifcher Präfekt thätig zu jein. Dio Cass. 53, 22. | führungen bei Plinius, Gellius (12, 7), Frontinus
Suet. Oct. 30. Dies war auch wohl die Zeit, in u. a., noch mehr die Auszüge eines Julius Paris
der er ſich mit wifjenjchaftlihen Arbeiten beichäf: | (um 500 n. E.) und Januarius Nepotianus (6. oder
Valgii — Vandali.
7. Jahrhundert), die unabhängig voneinander epi:
tomiert haben, und die Nahahmungen im Mittel:
alter. Der Tert ift auch frühzeitig
in neuere Sprachen übertragen. — Ausg
edrucdt und‘
. bon:
A. Manutius (1534), Pighius und J. Lipfius
(1585 u. d.), Rapp (1782), Safe (1823) und be:
jonderd Kempf (1854; ZTertausgabe 1888) und
Halm (1865). — 37) Baleria Mefjalina, dritte
Semahlin des Kaifers Claudius, eine der berüd:
tigtiten rauen der römischen Kaiſerzeit, trieb die
Schamlofigteit auf das äußerſte und wollte Roms
edelfte und bornehmfte Frauen auch dazu zwingen. |
rauſamkeit,
Dadurch und durch ihre Habgier und
die nicht einmal ihre nächſten Verwandten ver:
ſchonte, machte fie ſich allgemein verhaßt, bis ihr
Verhältnis zu €. Silius (f. Silii, 7.), der fich
Hoffnung auf den Thron machte, ihren Untergan
herbeiführte, 48 n. &. Tae. ann. 11, 2. 12. 26 ff.
Dio Cass. 60, 8. 12. 14 ff. 22. 27 ff. Aur. Viet.
Caes. 4. ep. 4. Plin. 10, 63. Juv. 6, 116 f. Sie
gebar dem Claudius die Octavia und den Bri—
tannicus. ©. die Stammtafel unter Julii, 8.
— 38) Bal. Niiaticus, aus Gallien, Daupt:
anftifter der Ermordung des Ealigula, feines Freun—
des, von dem er beleidigt worden war. Unter
Claudius lebte der reiche und angejehene Bal. un:
angefochten, bis die Habjucht der Meflalina, die
nad jeinen Gütern lüftern war, ihn beim Kaiſer
verleumdete, worauf er jich die Adern öffnete, 47
n. €. Tac. ann. 11,1ff — 39) Bal. Aſiaticus,
vielleicht des vorigen Sohn, unterftühte gegen das
Ende der Regierung Neros den Aufitand des Julius
Binder in Gallien (68 n. E.), jchloß fich dann bem
Bitellins an, der ihn mit jeiner Tochter vermählte
und zum Konſul befignierte, wurde aber, wahr:
icheinlicy noch vor Autritt des Konſulats, ein Opfer |
der Anarchie jener Tage, 69. Teac. hist. 1, 59.
2,94. 4,4. — 40) €. Bal. Flaccus, römischer
Epiter, j. Flaccus, 2. — 41) E. Bal. Meija:
finus, jcheint identiih mit Catullus Meſſa—
linus zu fein, jenem berüchtigten und allgemein
verabjchenten Delator zur Zeit des Domitian, den
nicht einmal die Blindheit, die ihn in feinen legten
ſtücke erhalten find (gefammelt von
Jahren traf, von jeinem abjcheulichen Geſchäfte
| Rom. p. 342 ff.). Inzwijchen zählt ihn Quintilian
abhielt. Juv. 4, 115. Plin. ep. 4,22. Tac. Agr. 46.
42) P. Nurelius Licinins Bal. Vale—
rianus, feiftete unter Wlerander Severns und
den folgenden Kaijern Sriegsdienfte, zeichnete ſich
ans und wurde von den Soldaten, ald er Statt:
halter von Nätien war, zum Kaiſer ausgerufen,
255 on. CE Er war Feind und Verfolger der
Ehriften. Im übrigen ließ er ſich die Wohlfahrt
feines Reiches ernftlich angelegen fein, freilich ohne
bei jeinem Hohen Alter in dem zerrütteten Reiche |
die Ordnung wieberherftellen zu fönnen. In einem |
Kampfe gegen die Neuperjer geriet er durch Treu:
lofigfeit in ihre Gefangenſchaft, 259, in der er‘
ftarb, da jein Sohn Gallienus, dem er die Herr: |
ſchaft über den Weiten überlaffen Hatte, ſich gar
nicht um jeine Auslöfung kümmerte.
1,14.28ff. Kutr. 9, 7. Oros. 7,22. Zonar. 12, 22f.
— 43) ®. Cornelius Licinius Valerianus,
älterer Sohn des Gallienus, war mit dem Statt:
halter Salliens, Boftumus, in Streit geraten. Dieſer
eroberte Köln, wo Bal. fich aufhielt, und tötete
feßteren, um 258 n. E. Zonar. 12,24. Zos. 1,38.
Treb. Poll.
Valer. 1ff. Aur. Vict. Caes. 32. ep. 32. Zos.
1271
Licinius Saloninus (Balerianus), der
jüngere Sohn des Gallienus, fand zugleich mit
dem Bater den Tod, 268 n.E. Treb. Poll. Valer.8.
Gall. 14. — Bgl. auch Catullus und Probus, 1.
ValgTi. Die bedeutenditen Männer aus dieſer
Familie find: 1) M. Balg., fämpfte unter Cäſar
in Hiſpanien gegen bie —— ging aber
nachmals zu dieſen über. Caes. b. Hisp. 13. —
2)E. Balg. Rufus, wird von Horaz (sat. 1, 10,82)
unter jeinen vertrauteften Freunden genannt und
(od. 2, 9) wegen des Berluftes jeines Lieblings
Myſtes getröftet. Er ift derielbe, der im Jahre
12 v. C., als der Konſul M. Balerius Mefjala
geſtorben war, als consul suffectus zu der fon:
ſulariſchen Würde gelangte. Seine vieljeitige Bil:
dung ergibt fi aus der Mannigfaltigkeit feiner
Schriften, die rhetorifchen und grammatifchen In—
ie waren, und aus den wenigen Bruchitüden
einer Gedichte, die auf eine genaue Belanntichaft
mit der griechijchen Litteratur ſchließen lafjen. Die
Rhetorik (rEgrn) des Apollodoros von Pergamon
hat er lateinijch bearbeitet (Quint. 3, 1, 18. 5, 17.
5, 10, 4); dazu gehört, was Diomedes (1 p. 382)
aus Valgius de tralatione anführt. Die Ergeb:
nifje feiner grammatifhen Studien und gelehrten
Erörterungen mit feinen Freunden hat er in den
Büchern de rebus per epistulam quaesitis nieder:
gelegt, deren fleißige Benutzung ſich bei Plinius,
ellius (12, 3) und den Grammatitern nachweiſen
läßt. Ob es mehr als 2 Bücher gemwejen, bleibt
dunfel. Ein didaktiſches Gediht de herbarum
viribus, nad) dem Borgange Nilanders gearbeitet,
aber nicht vollendet, erwähnt rühmlichft Plinius
25, 1, 2) und vielleicht „Ouintilian (10, 1, 56,
wenn für Vergilius gejchrieben wird Valgius);
jener hat es gewiß vielfach benutzt. Epigramme
fennen wir nad) einem einzigen Zengnifle (Charis.
1 p. 85). Am befanntejten aber ift er durch jeine
elegijchen Gedichte geworden, die flebiles modi
und molles querelae, von denen ihn fein Freund
Horaz abbringen will, und von denen uns einige
an Horaz und Meflala gerichtete größere Bruch:
eichert, poet.
lat, vit. p. 209 ff., und Bährens, fragm, poet,
nicht unter den Meiftern dieſer Gattung auf, ives-
halb das Lob in dem pjeubotibulliichen Panegy-
ricaus ad Messalam (Tib. 4, 1, 180: aeterno
propior non alter Homero) als leere Übertreibung
zu betrachten ift. Daß er ſich and in dem bufo-
lifchen Gedichte verfucht hat, ift nicht unmahrfcheins
fih. Monographie von R. Unger (1848).
Vallum j. Agger.
Valva, eine Klappthüre,
Haus, 6,
Vandäli, Oöcdrdakoı, auch Vandili, Bavdrpoı,
germanisches Bolt, wohnten vielleicht anfänglich in
der Begend der Maiotis, von wo fie jpäter weiter
nordweſtwärts an die Hüften der Oſtſee wander:
ten. Darauf verlegten fie ihre Wohnfige in bie
Srenzgebirge zwiſchen Schlefien und Böhmen, wo
fie jih an die Marlomannen und Quaden an-
ichloffen. Darnach zogen fie nach Dacien und von
hier in den ftürmiichen Beiten der Völlerwande—
rung nah Hifpanien, um 410 n. E., in deſſen
jüdlihem Teile fie eine eigene Herrſchaft (j. An:
dalufien) gründeten. Bom römijchen Statthalter
fiehe Fores und
kutr. 9, 9. Oros. 7, 22. — 44) ®. Cornelius | Bonifacius zu Hülfe gerufen, entriſſen fie unter
1272 Vangiones
Geijerih den Römern Afrila, 429, eroberten im |
Jahre 439 Karthago, das fie zur Hauptſtadt ihres |
Reiches machten, und wurden ein Schreden der
Römer. Geiſerich machte feine wilden Vandalen
u einem tüchtigen Seevolfe, griff mit jeiner Flotte
Italien an und unterwarf ſich jogar die Inſeln
im Mittelmeere. Nach jeinem Tode, 477, ver:
weichlichten die Vandalen bald, und AYuftinian
unterwarf den legten Vandalenkönig, Gelimer, 534.
Das Bolt wurde zum Teil nad Aſien verpflanzt.
Die ftreitbaren Männer fielen meift im Kampfe
gegen die Perjer am Euphrat. In ben jeßigen |
Kabylen mit ihrer helleren Gefichtsfarbe und ihrem
blonden Haar will man Nachkommen der Ban:
dalen erkennen, während %. v. Löher die alten
Einwohner der Canariſchen Injeln für Ablömm-
linge der Bandalen hält.
Vangiönes, Odayyloves, germaniiches Volt in
Gallia Belgica am Rhein, mit der Stadt Bor: |
betomagus, jet Worms. Tac. Germ. 28. hist.
4, 70. ann. 12, 27.
Varöni, 1) 2. Bar., wurde von Cicero angeb: |
lich gegen eine Anklage auf Mord verteidigt, wahr:
jcheinlich bald nach den Achtungen unter Sulla.
Quint. 4, 1, 74.9, 2, 56. Plin. ep. 1, 20. —
2) Bar. Rufus, wurde wegen jeiner Verwaltung
Bithyniens unter Anklage geftellt. Plin. ep. 5, 20.
6, 5. 13. 7, 6. 10,
Vargunteii, 1) L. Barg., römijcher Senator
und Genoffe des Gatilina, nahm es mit bem
Nitter E. Cornelius auf fich, den Konſul Gicero
zu ermorden. Nach Bereitelung dieſes Anjchlags
und völliger Unterdrüdung der Verſchwörung zur
Nechenichaft gezogen, wurde er, wie es fcheint, |
Anfang 62 v. €. verurteilt. Sall. Cat. 17. 28. 47.
— 2) fiel ald Legat des Eraffus im Kampfe gegen |
die Parther. Plut. Crass. 28.
Varia, Fleden im Sabinerlande, am rechten |
Ufer des Anio, 8 Millien von Tibur auf einem
Hügel, der das Geitenthal des Baches Digentia
an der Öffnung desjelben beherricht; j. Vicovaro.
Zu der Gemarkung diejes Fleckens gehörte das
Landgut bes Horaz, worauf 5 zur Gemeinde Baria
gehörige Familien wohnten. Hor. ep. 1, 14, 3.
Yarii, 1) DO. Bar. Sucronenfis, 91 v. C.
Volkstribun, jeßte als ſolcher ein Majeftätsgeich
gegen die durch, welche die Erhebung der italijchen
Bundesgenofjen gefördert hatten. Später auf Grund
des eigenen Geſetzes verurteilt, ging er in die
Berbannung, in der er ermordet wurde. Cic. Brut.
89, 305. Val. Max. 8, 6, 4. Cie. n. d. 3, 38, 81. |
— 2) Bar. Eotyla (db. h. Weinfah, Cie. Phil.
13, 12, 26), ein Genofie des M. Antonins bei
feinen Gelagen, wurde einft von Sklaven .bei einem
Mahle auf Antonius’ Geheiß gepeiticht. Gleichwohl
wurde er im mutinenfiichen Kriege ald Gejandter
an den Senat verwendet und erhielt dann den
Befehl über eine Truppenabteilung in Gallien.
Orc. Phil. 8, 8, 24. Plut. Ant. 18. — 3) L. Bar.
Rufus, ein römiſcher Dichter in der leßten Zeit
der Republik, der an dem Mujenhofe des Princeps
Auguftus und ganz bejonders in dem um Mäcenas
ſich jammelnden Dichterfreije eine vorzügliche Stelle
einnahm. Wir jehen ihn innigft befreundet mit |
dem etwas jüngeren Bergil (Hor. sat. 1,5, 40. 98. |
Verg. E. 9), die Einführung des Horaz bei Mä- |
cenas vermittelnd (Hor. sat. 1, 6,55) und aud |
dem Auguſtus jelbjt jehr nahe ftehend (‚Hor. ep. |
— Vasa.
2,1, 247) Ihm und dem Plotius Tucca (Hor.
sat. 1, 10, 81) hatte Bergil beim Serannahen des
Todes feine Hneide übergeben, um frei damit zu
ichalten nad) eigenem Ermefjen, und nicht ohne
Beziehung auf dieſes Vermächtnis des Herzens:
freundes mögen die Andeutungen fein, die auf
feine Auktorität hin über die Produktivität des
Epilers fich finden. Quint.10,3,8. Gell.17, 10,2.
Als Epifer galt auch Barius in der neuen Dich:
terichule: forte epos acer, ut nemo, Varius dueit,
fagt Horaz (sat. 1, 10, 43), und ald Maeonii carmi-
nis ales ag ihn derjelbe in einer Ode (1, 6,2),
in der er die Berherrlichung der Kriegsthaten des
M. Bipfanius Agrippa ihm zuweiſt. Der epiſchen
Gattung gehörte auch fein erfted Wert de morte
zum Andenken des Julius Cäſar an, aus dem
Bergil in der neunten Efloge an Bollio, Cäſars
getreuen Anhänger, Berje eingeflochten hat; der:
jelben der Panegyricus Augusti, aus dem Horaz
(ep. 1, 16, 25) 2 Berje uns erhalten hat. Einen
rößeren Ruhm aber erlangte er als tragiicher
ichter; fein Thyeſtes (Thuesta) wird neben der
Meden des Ovid ald das vorzüglichfte Werk der
römilchen Tragödie allgemein geprieien. Quint.
10, 1, 98. 3,8. Tae. dıal. 12. Das Stüd ward
im %. 29 v. €. bei den zu Ehren des Auguftus
nach der Seeichladjt von Actium vom 6. bis 8. Ser:
tilis veranftalteten FFeftipielen auf die Bühne ge:
bracht und von Auguſtus mit einem Honorar von
einer Million Sefterzen belohnt. Ob der Thyeites
noch im 8. Jahrh. n. E. vorhanden war, läßt fich
nicht erweifen; daß er erft jpät verloren gegangen,
ſcheint unzweifelhaft. Die ihm zugeichriebene Tra-
göbie Terens ift ein Machwerf des 16. Jahr.
Sammlung der wenigen Bruchftüde bei Bährens,
fragm. poet. Rom. p. 337f. Monographie von
Weichert (1836).
Varini, ſueviſcher (Tac. Germ. 40) oder van—
dalijcher (Plin. 4, 14, 28) Volksſtamm Germaniens
an der Dftiee, wohl an dem heutigen Warnowfluß
in Medlenburg.
Varinius, 4 Bar. Glaber, wurde als Prätor
73 v. E., von Epartacus geſchlagen (App. b. ce.
1, 116) und verwaltete im %. 68 Aſien als Pro:
prätor. Cie. Flacc. 19, 45.
Varisti ſ. Naristi.
Varro j. Terentii, 1—6,
Varus, Odapos, Obaoog, 1) Grenzfluß zwi:
ichen Italien und Gallien, fam von den Alpen
und mündete zwiſchen Antipolis (j. Antibes) nnd
Nicäa (j. Nizza) ind Ligur. Meer; noch jeht Bar.
— 2) römijches Eognomen, |. Alfenus, Atiı, 3.
und Quintilii.
Vas, der Bürge, jotwohl im Kriminalprozeß
(indem der Angellagte Bürgichaft ftellte, vor Ge—
richt zu erjcheinen, und dadurch der Unterfuchungs-
‚haft entging, Ziv. 3, 13. 25, 4), als im Eivil-
prozeh, wo die vades fih auch verbürgten, daß
der Bellagte am beftimmten Tage nicht ausbleiben
werde. Die praedes dagegen verbürgten fich nicht
für das Ericheinen des Bellagten, ſondern fie
leifteten in Obligationsverhältniffen durch ihren
Grundbefig (j. Praedium) Bürgichaft.
Yasa, die Gefäße, vorzüglich die für die Flüſſig—
feiten beftimmten. Ihre Mannigfaltigfeit war um-
endlich groß, nad Stoff, Form, Größe u. j. w.
Nach Stoff und Arbeit gab es 1) vasa fictilia
oder terrena aus gebranntem. Thon, welche man
—
Vasarıam — Vatiniü.
in Griechenland, bei. in Athen, jowie in Italien, |
namentlih in Etrurien und Unteritalien, ſchon
frühzeitig verfertigte. Much bemalte man dieſe
Gefäße, nämlich mit roten Figuren anf ſchwarzem
Grunde oder um—
gelehrt, von denen
man in Griechen:
land, Stalien, Si—
cilien ganze Maſſen
gefunden hat, bie
einen jehr wichti-
gen Teil der heu—
tigen Archäologie
ausmaden. — ?2)
Vasa von edlem
und uneblem Me-
tall, etweder pura,
* d.
caelata, d. h. cifeliert. Biele filberne und bronzene
Gefäße der alten vascularii haben ſich erhalten,
h. glatt, oder |
|
deren ſchöne Formen und Funftreiche Eifelur unfere
Bewunderung erregen. — 3) Vasa murrina, |.
Murrina. — 4) Glasvajen, |. Vitrum, — |
2 5) Gemmengefähe 6 Gemma), natürlidy nur |
fein, namentlich Becher,
Ol: und Salbengläjer, ſ.
Onyx. Cie. Verr. 4, 27.
Häufiger waren die mit
Gemmen bejegten (di-
stincta) oder aus Cameen
zuſammengeſetzten Gefäße.
— 6) Vasa von Bernftein
und Elfenbein waren eben:
falls jehr Hein, aber man
verzierte größere Metall:
vajen mit Elfenbein. —
Rüdfichtlih der Beſtimmung find zu unterjchei:
den 1) vasa zur Aufbewahrung und zum Trans:
port der Flüffigleiten, a) größere dolia (j. d.),
1273
seriae, cupae, culparia, orcae, ſämtlich bauchig
oder fürbisähnlich, dagegen die amphorae (j. d.)
wie die Iagenae und cadı von langer ſchmaler
Form, mit engem Hals, unten gewöhnlich ſpitzig;
b) fleinere, wie ampulla, von furzer, ge:
drungener Geftalt mit engem Hals, alabasfrum,
chlinderförmig, ohne Henkel und nur für Öle und
Baljaın beftimmt, ferner die Fläſchchen mit Wohl-
gerüchen in den Gräbern (früher fälſchlich Lacri—
matorien genannt). — 2) Vasa zum Schöpfen, :
Ausgießen und Austeilen: a) Waflergefähe waren
'urna (hydria), analog unferm Eimer zum Schöpfen
und zum Wufbewahren des Waſſers gebraucht,
meiftens mit Henfeln verjehen, ebenfo nan us und
situlus, urceus der Krug (fleiner als urna,
auch zur Miſchung der Getränfe dienend). Kleinere
Waflerichöpfer waren matella und matellio, ſowie
die löffelähnliche trua und trulla. b) Weingefähe,
'simpulum oder cyathus, Weinſchöpfer von be:
jtimmtem Maß, indem der sextarius 12 cyathi,
der triens aber 4 cyathi enthielt, guttus oder
epichysis, feine Kanne mit engerem Halſe,
desgleichen gutturnium, — 3) Kochgeichirre, vasa
coquinaria: a) Keſſel, ahenum und lebes, beide
weit und bauchig, legterer aber mehr flach; b) Pfan-
nen, sartago, patina; c) Kochtöpfe, cacabus,
olla, cucuma, lasanum. Authepsa mar eine grie-
chiſche Kochmajchine und miliarium ein hoher,
läulenförmiger Kocher. — 4) Tafelgefähe, nämlich
Schüſſeln, patinae und lances, erjtere tief, Ichtere
flach, mazonoma groß, boletaria flein, paropsi-
des vieredig u. a. m. — 5) Waſchgefäße, teils
große Wannen und Kannen (labrum, nassiterna),
‚teild Wajchbeden (pollubrum, trulleum); große
Spülfumpen waren pelvis und aquiminarium.,
— 6) Trintgefäße, j. d. — 7) für trodene Gegen:
fände zum Wufbewahren, cumära für Getreide.
Vasarfum, die für die Statthalter zur Aus:
rüftung u. j. w. vom Staate bewilligte Geldjunme.
Vascönes, Oddoxoves, Obderwvsg, Bölter:
ſchaft im Nordoften des tarraconenfishen Hiſpa—
niens, zwilchen dem Iberus und den Pyrenäen (im
igen Navarra und Guipuzcoa), die heutigen
aſten; mit der Hauptftabt Bompaelo (j. Pam—
pelona). Sie zogen ohne Kopfbededung in den
Kampf. Nach ihnen hie der weſtlichſte Ausläufer
der Pyrenäen Vasconum saltus. Plin. 3,3,4.
4, 20, 34. Strab. 3, 156. 161.
Vaticänus j. Roma, 22.
Vatinfi, 1) ®. Batinius, aus Reate, wollte
durch die Diosturen von der Gefangennahme des
Königs Perjeus benachrichtigt worden fein. Vom
römiſchen Senate wurde er zuerft (quasi temere
de re publica locutus) ins Gefängnis geworfen,
nad Beſtätigung feiner Meldung aber reich be-
lohnt. Cie. n.d. 2, 2, 6. — 2) Sein Entel, P.
Bat., erhielt 63 v. E. die Quäftur, in der er fich
mancherlei Gewaltthaten zu jchulden fommen lieh.
Als Legat des Profonjulds C. Eosconius machte
er es in Spanien nicht befier. Cie. Vat. 5, 12 f.
Im 3. 59 erlangte er das Tribunat und zeigte
ih während desjelben, namentlich durch mehrere
Gejegesvorichläge, als eifriger Förderer der Pläne
Cäjars, mit dem er durch jeine Frau verwandt
war. Darauf ging er (58) mit Cäjar nad) Gallien
— b. 9. 8, 46. Cic. ad Att. 2, 7) lehrte, jeiner
rüheren Übergriffe wegen belangt, nah Rom
zurüd, trieb aber mit Hülfe des berüchtigten Clo—
=
—
1274
dius das Gericht in gewaltthätiger Weife aus: |
einander. Cie. Vat.14. Im Prozeß des B. Sejtius
(56) trat er gegen dieſen und jeinen Verteidiger
Cicero auf, wofür ihn legterer gleich darnach in
einer Rede angrifi, infolge deren Batinins tief
gedemütigt wurde. Cie. ad Qu. fr. 2,4,1. Mit
Hülfe des Konſuls Bompejus. erhielt er 55 durch
Beitechung die Prätur. Plut. Cat. min. 42. t
im folgenden Jahre erfolgte eine Anklage gegen
Bat., gegen die ihn nun Cicero, der fid) mit ihm
ausgejöhnt hatte, verteidigte. Im Bürgerfriege
fümpfte er als Legat Cäſars (Üaes. b. c. 3, 19)
nicht ohne Ruhm (daf. 3, 100. b. Alex. 44 ff.) 48
und 47, ging 45 als Brofonjul nach Illyrien (App.
ZU. 15) und übergab nad) Cäjars Tode die Pros
vinz dem Brutus. Vell. Pat. 2, 69. App. b. c.
4, 75. Cie. Phil. 10, 5, 11.
Veetigalia, in w. ©. jede Einnahme, ſowohl
des Staates ald auch der Privatleute, in e.
die indireften Steuern, alio alle Steuern mit
Ausnahme der Kopf: und Grundſteuer; doch, weil |
vectigal jowohl in pafjiver als auch aktiver Be:
ziehung, einmal die Einnahme, andererjeit3 Die
Abgabe bezeichnet, jo wird auch noch die Grund: |
fteuer, obihon an fich eine direfte Steuer, jowohl
in Naturallieferung als auch in der Geldablöjung |
noch mit vectigal (incertum und certum) be:
nannt. Darnach jind vectigalia: I) Einkünfte von
dem liegenden Staatseigentum, 1) von dem
ager publicus jowohl die Pachtgelder als aud |
das Solarium (j. Solarium, 3.) Dazu ge:
hören aud die Zehnten (decumae) der eroberten |
Länder, die im Beſitz der alten Eigentümer ge:
blieben waren. Die Zehntpflichtigen hießen ara- |
tores (die Bebauer), die Abgabe frumentum de-
cumanum, die Staaten civitates decumanae, die
Publicani, die dieje Abgabe pachteten, decumani
(Cie. Verr. 3). 2) der Weidezind (scriptura)
von den Staatsweiden (pascua); 3) der Zins für |
die Pechhütten (veet. picariarum) in den Staats:
wäldern; 4) der Zins für die Staatsfijhereien;
5) Pachtzins für die Staatsbergwerfe und
6) für die Staatsialinen, beide an Publicani
verpachtet. Die Brivatbergiwerfe und die Privat:
falinen gaben an den Staat einen Kanon, legtere
mußten außerdem denjelben Salzpreis halten wie
die Salinenpächter. Schwierig jind die Haupt:
jtellen bei Livius (2, 9. 29, 37). — ID) Schwan:
fende Einnahmen (indirekte Steuern): 1) Hafen:
und Yandzölle, Brüden:und Wegegeld (por-
toria). Vectigal formae oder ex aquaeductibus |
war die Abgabe für das mit obrigfeitlicher Er:
laubnis von den öffentlichen Röhren nach Privat:
grundftücden abgeleitete Wafjer, womit man Hans, |
Garten und Bad verjah. Cloacarium hieß die
Abgabe der Privaten, die aus ihren Häufern Eloaten |
nad) den öffentlichen leiteten. 2) die vicesima
manumissionum, auch aurum vicesimarium,
die durch die lex Manlia 357 v. E. (5 Proc. des
Wertes) eingeführte Abgabe von freizulafjenden
Sklaven; 3) die Erbſchaftſteuer, vicesima here-
ditatum et legatorum, von Augujtus eingeführt;
4) die Berfaufsfteuer, centesima rerum veng-
lium, ebenfalls jeit Auguftus; 5) die fpäter eins
geführte Gewerbefteuer, von Künften und Hand—
werten erhoben, die einen immer weiteren Umfang |
gewannen. Dazu gehören vectigal foricarum
urinao; die Öffentlichen latrinae wurden nämlid) |
‚auch noch jpäter.
Veetigalia — Veiovis.
an geringe Leute verpadhtet, die von den einzelnen
Benutzenden eine Heine Abgabe erhoben. — Näheres
j. Staatshaushalt, Il.
Vedli, 1) Bed. Pollio, römijcher Ritter, ein
raufamer Menjch, der feine Muränen mit dem
Fleiſch der Sklaven, die ihm des Todes würdig
erichienen, fütterte und einft bei einem Mahle, das
er dem mit ihm befreundeten Kaiſer Auguftus gab,
faum durch deſſen Fürſprache bewogen werden
fonnte, einem Diener für ein geringes Vergehen
jene Strafe zu erlaflen. Dio Cass. 54, 23. Sen.
clem. 1, 18. Dem Auguſtus vermadhte er einen
beträchtlichen Teil feiner Neichtümer. — 2) Bed.
Aquila, Legat des Otho, verlor 69 n. €. die
Schlacht bei Bebriacum und ſchlug fich jpäter auf
a er Seite. Taec. hist. 3, 7.
egetius, 1) Flavius Beg. Renatus, einer
der wenigen erhaltenen lateiniſchen Kriegsichrift:
jteller, jchrieb zwiichen 384 und 395 n. E. eine
epitome rei militaris in 4 Büchern, die dem
Kaijer Theodofius dem Gr. (oder VBalentinian 111.)
gewidmet if. Buch 1 handelt von der Auswahl
und Einübung der jungen Mannjcaften, Buch 2
von der militär. Einrichtung und Difeiplin, Buch 3
vom Krieg und von den Strategemen, Bud 4
von der Belagerungskunſt. Er bezeichnet jelbit
das Werk (1, 8) als einen Auszug aus dem Cato
Genjorius de disciplina militarı, Cornelins Celſus,
Frontinus, Paternus u. a. Der Wert des Buches
liegt darin, daf wir in ihm nad dem Verluſte
jo vieler andern Friegsgejchichtlichen Werle eine
Hauptquelle zur Kenntnis des römijchen Kriegs—
weſens haben, wenn auch der Verfaſſer als ein
unverftändiger Kompilator, ohne die Zeiten zu
jondern, ein aller Kritik ermangelndes Gemiſch
' heterogener Beftandteile zufammengejegt hat. Auch
auf ftiliftiichen Wert macht das Werk feinen An:
ſpruch. Musgg. von Modius, Stewech, Scriver
(zufammen gedrudt 1806) und Lang (2. Aufl. 1885).
— 2) Unter dem Namen eines P. Vegetius,
der mit jenem wahrjcheinlich identiſch ift, befigen
wir die einzige lateinische Schrift über die Vete—
rinärheiltunde, digestorum artis mulomedicinae
II. IV, von den Krankheiten der Rinder und Pferde
(in den Sammlungen der Scriptt. r. r. von Gesner
und Schneider). Das Bud) ift aus denjelben grie:
chiſchen Quellen gefloffen, aus welchen die Hippia—
trifa geihöpft find. Bei dem Mangel an tier:
ärztlichen Schriften bietet es immerhin Intereſſe;
der Stil ift roh und ungebildet.
Vehieüla j. Wagen.
Veil, Oömıor, alte bedeutende Stadt Etruriens
an dem Heinen Fluß Eremera auf fteilem Felien,
12 Millien nördlid) von Rom. Sie ftand eine
Zeit lang unter eigenen Königen (Liv. 5, 1.4, 1)
und Ieiftete den Römern nad) manchen Kriegen
in zehnjähriger Belagerung Widerftand, bis ſie
396 dv. E. von Camillus erobert und geplündert
wurde. Die Einwohner (Veientes) wurden als
SHaven verfauft, ihr Gebiet (ager Veiens) wurde
römifches Staatseigentum. Liv. 5, 21 ff. Cie. Rose.
Am. 16. In geringer Bedeutung hielt ſich Beit
Verühmt war ein Junotempel
der Stadt. Liv. 5, 22. Bon ihren follopiichen
Mauern finden ſich auf dem fteilen Berge beim
Dorfe Iſola Farneſe noch Spuren.
Veiöris, Vediovis, Vedius, ein römijcher Gott,
ber zwijchen der Burg und dem Capitol an dem
Velabrum
Blake, der inter duos lucos hieß, ein Heiligtum
mit einem Stanbbilde hatte. Der Gott war jugend:
lich gebildet, ohne Bart, und trug Pfeile in der
Hand; neben ſich hatte er eine Ziege, die ihn er:
ärmſten Leuten ansgehobene und als Plänkler
nährt haben jollte.
Seine eigentliche Bedentung
war den Römern felbit entſchwunden.
Dvid (fast.
3, 429 ff.) jagt, Romulus habe den Ort mit einer
Mauer ._ und ihn zu einem Ajyl gemacht,
der Bott aber jei der innge Jupiter, wie die
Ziege und der Name bezeugten, denn die Borfilbe
ve bezeichne Flein. Bejovis wäre aljo ein jugend:
licher Jupiter als Aſylgott, was jeine Pfeile an:
deuteten. Andere erflärten ihn wegen der Pfeile
für einen Apollo oder wegen der Borfilbe ve für
einen verderblihen Jupiter. An den Nonen des
März wurde io eine Ziege geopfert.
Veläbrum ſ. Roma, 20.
Veleda, eine deutjche Jungfrau aus dem Bolfe
der Bructerer, die von ihren Landsleuten als
Weisiagerin body verehrt wurde, au dem Kriege
unter Julius Eivilis gegen Rom (69 und 70 n. &.)
fid) beteiligte und jpäter einen neuen Aufjtand
der Deutichen veranlaßte, in dem fie von ben
Römern gefangen genommen und nad) Rom ge:
bracht wurde. Zac. hist. 4, 61. 65. 5, 22.24. Stat.
silv. 1, 4, 90. Tac. Germ. 8. Unter den zahl:
reichen Deutungen des Namens iſt am wahrſchein—
lichjten die Ableitung von viljan; es ift ein chren:
der Beiname, der Wohlwollen, Güte bedeutet.
Diejenigen, die die vorletzte Silbe lang nehmen,
erfennen ein Kompofitum wie Valaheid, oder
Velheid, aljo eine Prophetin.
Velia, Ovslie, Odelıw, Außer einer unbe:
dentenden Stadt des N. im tarraconenfiichen Hi:
ſpanien ift zu merken die Stabt d. N. in Yucanien,
Kolonie der Phokaier, um 553 v. E. gegründet,
zuerjt unter dem Namen "Tein (Hdt. 1, 167),
jpäter attifiert ’EAda. Belia lag 3 Millien öſtlich
von dem Fluß Hales (Cic. ad fam. 7, 19. ad Att.
16, 6), 200 Stadien jüdlih von Päſtum und hatte
einen Hafen (portus Velini, Verg. A. 6, 366).
In V. waren die Philoſophen Parmenides und
Zenon geboren, hier war der Sitz der eleatischen
Schule, zu deren älteren Mitgliedern außer Barm.
und Zenon noch Xenophanes und Meliſſos gehö:
ren, während die jüngere Schule durdy Zeufippos
und Demofritos vertreten wird. Cie. n. d. 3, 38,
tuse, 2, 22. Die Bewohner heißen bald Eleates,
bald Belienjes. Ruinen finden fich bei Eaftell’
a Mare della Bruca. — Velia hie aud) eine dem
Balatinus nahe Gegend in Rom, j. Koma, 2.
Velil. Zu nennen find: 1) Bel. Cerealis,
Freund des jüngeren Plinius und des Helvidius
Prifeus. Plin. ep. 2, 19. 4, 21. — 2) Bel. Cor:
nificins Gordianus, 275 un. E. Konſul, ver:
anlafte die Wahl des Kaiſers Tacitus. Vopise.
Tac. 3. — 3) Belins Longus, gelehrter Gram:
matifer zur Zeit Hadrians. Erhalten ift von ihm
eine Heine Schrift de orthographia, herausg. von
Keil, gramm. Lat. Bd. VII.
Velinus, 1) ein vom Apennin herablommenber
Fluß im Sabinerlande, der in den Nar fiel, noch
j. Belino. Cie. ad Att. 4, 15. Er bildete 2) den
See Belinus in der Nähe von Renate, den Reſt
der jumpfartigen Überſchwemmungen, die der Kon—
ſul M'. Curius Dentatus durch einen Bergdurch:
ftid (durch den noch jebt der jchöne Waflerfall
1 M. öftlid von Terni gebildet wird) größtenteils
1275
abgeleitet hatte; j. Lago di Pie di Lugo. Cic. ad
Att. 4, 15. Verg. A. 7, 517. Tac. ann. 1, 79.
Velites, Leichtbewaffnete ſeit der Zeit des zwei:
ten punischen Krieges, eine felbjtändige aus ben
— Velleii.
dienende Waffengattung (milites velites oder ve-
litantes); im Xager fampierten fie an der ganzen
Länge des Walles, zu den nächtlichen Thorwaden
hatten fie je 10 Mann zu ftellen. Ihre Bewaff—
nung j. Waffen, 11.
Velitrae, Oörflırgaı, Obsiirguı, Stadt Der
Volſter in Latium, feit der Eroberung durch die
Römer unbedeutend; j. Velletri. Bon hier ſtammte
die Familie der Octavier. Liv. 2, 30. 3, 6. 6, 36.
Suet. Oct. 94.
Vellaunodünum, Stabt der Senönes im Iugdu-
nenſiſchen Gallien, zwifchen Agedincum (j. Sens)
und Cenabum (j. Orleans); j. vielleicht Chateau
Zandon. Caes. b. q. 7, 11.
Vellävi, teltijches Volt in Gallien, von den
Arvernern abhängig, ſpäter wieder jelbjtändig,
beim heutigen Belay in den Eevennen. Caes. b.
. 7, 75.
Vellöda, j. Veleda.
Yellöii, 1) ©. ®ell., römijcher Senator, in
Eiceros Schrift vom Weſen der Götter (erftes Buch)
Bertreter der epifureiichen Philoſophie. Uic. n. d.
1, 6, 15. — 2) E. Bell, Großvater des Geſchicht⸗
ichreibers, mit Bompejus und andern angejehenen
Nömern befreundet, gab fich 41 v. E. jelbit den
Tod, als Octavian gegen Neapel heranrüdte. Vell.
Pat. 2, 76. — 3) Bell.) Capito, römijdher Se:
nator, Hagte 43 dv. E. den Caſſius wegen Cäſars
Ermordung an. Vell. Pat. 2, 69. — 4) M. (rid):
tiger Gaius) Bell. Baterculus, ein römiſcher
Geichichtichreiber aus der erſten Kaijerzeit, wahr:
Iheinfih aus Capua ftammend, gehörte einem an:
ejehenen Geichlechte an, deſſen er jelbjt nicht
Feiken gedacht hat (des Waters 2, 104, des Groß—
vaterd 2, 76, jeiner Vorfahren von mütterlicher
Seite 2, 16). Geboren um 19 v. E., trat er in
Kriegsdienfte und durchzog als Tribun mit Augu—
ftus’ Enfel Gaius Cäſar den Orient, mit Tiberius
als praefectus equitum und Legat Germanien,
Bannonien und Dalmatien. Im J. 6 n. E. kam
‚er nach Rom zurüd, um fi) um die Ouäftur zu
bewerben, und gelangte auch noch im %. 15 zur
Prätur (2, 124), über die er nicht hinauskam.
‚Wie er fich ftet3 der entichiedenen Gunſt des Tibe-
rius zu erfreuen gehabt hatte (2, 113. 114), jo
blieb er auch, nachdem er ſich von dem öffentlichen
Leben zurüdgezogen BEN in der Nähe bes kaiſer—
lien Hofes, verwendete aber die ihm gewordene
ı Muße auf wiljenichaftlihe Studien und Arbeiten.
Als Marcus Binicius für das J. 30 zum Konjul
beftimmt war, beeilte er fich, das noch vorhandene
Werf historiae Romanae ad M. Vinicium con-
sulem libri duo zuſammenzuſtellen und fich dem Kon:
jul durd) die Widmung desjelben dankbar zu beweijen.
Weitere Lebensnachrichten fehlen; die Annahme,
‚daß er in den Sturz des Sejanus (j. Seiani, 1.)
verwidelt gewejen jei, läßt jich nicht begründen.
— Benn Bell. damit umging, in einem größeren
Werte (iustum opus, iusta volumina) die Zeiten
von der Auflöjung der Republik durch die Bürger:
kriege hindurch bis zu der Herrichaft des Tiberius
zu bejdyreiben (2, 48. 96. 09. 103. 104, 119), und
wirklic zur Ausführung desjelben gelangt wäre, jo
1276
würden wir cher über jeinen Beruf zum Hiftorifer
urteilen fönnen, ald nad der uns erhaltenen
Schrift, in der er fich oft und rührend wegen
jeiner jchülerhaften Flüchtigleit entſchuldigt (2, +1.
55. 86. 91. 124) und ſich ſogar in feiner kopf—
überftürzenden Eile mit einem Rade unb einem
jähen Wafjerfalle vergleicht (1, 16). Dazu fommt,
daß der Text auf der Grundlage einer einzigen
und vielfach verjtümmelten Handichrift, von B.
Rhenanus im J.
nach dem Erſcheinen der eriten Ausgabe, 1520,
wieder verſchwunden ift. Nur eine Abichrift ders
jelben, gefertigt von Bonif. Amerbah in Bajel,
wurde in neuerer Zeit wieder aufgefunden, bie aber
der ed. pr. an Treue nicht gleihtommt. — Bell.
will einen raſchen Überblick über die geſamte rö-
miſche Geichichte geben und dabei auch der litterar:
geichichtlichen Womente nicht vergefjen. Das erfte
Bud) ift nur unvollftändig erhalten, das zweite |
umfaßt die legten anderthalb Jahrhundert. Dabei
gibt er aber nicht eine Geſchichte des Staats, ſon—
dern in chronologiicher, bisweilen geftörter Folge
die merfwirdigften Thaten und Schidjale der großen
Männer Roms; ja -jelbft die Thaten treten in den
Hintergrund, um Sitten, Geift und Charakter der
einzelnen Perjonen zu bezeichnen. In einer Beit,
in der die Leitung des Ganzen in der Hand eines
Einzigen lag, mußte die Gejchichtichreibung all:
mählid von der Staatshiftorie in die Biographie
übergehen. Daß dabei Tiberius, deffen Gunft Bell.
genojjen, und dem er frühzeitig nahe getreten war,
bejonders hervorgehoben wird, daß alles, was er
gethan, in das günftigfte Licht geitellt wird, das
darf man nicht, wie gewöhnlich geichehen, als
niedrige Schmeichelei gegen den Kaijer und feine
Kreaturen auslegen, jondern muß es aus der gan:
zen Richtung der Zeit, wie fie nicht bloß in der
Stimmung der großen Menge hervortrat, erflären
und zugleich bedenken, daß er dem Tiberius in
deſſen beiten Jahren nahe geitanden und vor deſſen
ihlimmfter Periode geichrieben hat. Wbfichtliche
Berdunfelung der Wahrheit fann man dem Bell.
jchwerlich vorwerfen; mur darf man nicht bei dem
geiftreihen Weltmann die offene Freimütigfeit,
den ernften Charakter der alten Republitaner juchen
wollen; jah er doch in der Geſchichte weiter nichts
als den beftändigen Wechiel von Blüte und Ber:
fall, von Leben und Tod (2,11). für den inneren
Zuſammenhang der Dinge hat er fein Verſtändnis,
jein Intereſſe gilt den Perſonen.
lie Studien (nachweisbar ift nur die Benutzung
Gatos, vielleicht des Hortenfius, 2, 16, wahrichein:
lid) die des Atticns und Cornelius Nepos) haftet
er an der Oberfläche und läht fich daher zahlreiche
hiſtoriſche Verſtöße zu jchulden fommen. Wenn
er jid) auch in feiner Darftellung gern mit alter:
tümlichen Straftausdrüden jchmüdt und fein großes
Gewicht auf zierlichen Periodenbau Tegt, jo läßt
ſich doch nicht vertennen, daß bei der Eile die
rechte Feile gefehlt hat, und daß durch das geift:
reihe Spiel mit Antitheien, das Behagen an
pointierten Reflerionen, die noch dazu in ſenten—
tiöjer Manier fich wiederholen, die Yiebhaberei für
hyperboliſche Redensarten der Rede ein dichteriicher
Anftrid gegeben wird, der oft jeltfam mit dem
ſonſt herrſchenden sermo familiaris fontraftiert.
Im Altertume wird er wenig erwähnt; einen Nach:
1515 in der alten Abtei Mur: |
bach im Elja gefunden, beruht, die obendrein bald |
Ohne gründe |
Velocasses oder Vellioeasses — Venditio,
ahmer hat er höchftens in Sulpicius Eeverus ge
'funden. — Ausgg. von Ruhnken (1779, wiederh.
von fFroticher, 1830 ff.), Jani und Krauſe (1800),
Orelli (1835), Ktreyſſig (1836), Bothe (1837), Kritz
(1840, Hauptausgabe; Tertausgabe 1847), Haaſe
(2. Aufl. 1863) and Halm (1876, der befte Zertı.
Veloensses oder Velliocasses, galliiches Bolt
am redjten Ufer der Seine bis zur Mündung, mit
der Hauptſtadt Rotomagus oder Katumagus (ij.
Rouen). Caes. b. q. 2, 4. 7, 75. 8, 7.
Velum, 1) Vorhang oder Teppich. Solche wur:
den im römijchen Haufe zum Behängen der Thür:
Öffnungen gebraucht (ftatt der Thürflügel); im
fatferlihen Haufe waren bejondere velarıi, welche
die Vorhänge öffneten oder zuichoben. Ferner
dienten vela in Säulenhallen zum Schuße vor den
Sonnenftrahlen; man überjpannte auch die Hypä—
thral: oder Ampluvialöffnungen mit Teppichen, als
Mittel gegen Sonne, Regen oder Wind, jowie
man es im Theater that. Ein befonderer Schmud
der Wände waren jchöndrapierte vela. — 2) Segel,
j. Schiffahrt, 5.
Venäfrum, Obetrapgor, j. Benafro, Stadt im
weſtlichen Samnium (nad Plinius zu Campanien
gehörig), auf einer Höhe am Fluſſe Bolturnus,
bon reichen Dlivenwäldern umgeben, aus deren
Dliven treffliches DI gewonnen wurde, Hor. od.
2,6,16. sat. 2,4, 69. 8,45. Gic. ad Att.7, 13.
ad Qu. fr. 3, 1. Strab. 5, 238. 242. 260. Plin.
15, 8.
Venantius, Honorius Elementianus Kor:
tunatus, im Beneterlande bei Treviſo geboren,
lag ben Studien in Ravenna ob, reifte um 565
durch; Germanien nad Gallien, lebte eine lange
Reihe von Jahren in Poitierd, wurde um 505
Biſchof im diejer Stadt und ftarb um 606. Er iſt
Verfafier zahlreicher chriftlicher Gedichte, in denen
ältere Dichter in Form und Spradhe nicht ohne
Süd nachgeahmt find. Das Gedicht de itinere
suo, das beite von allen, jchildert uns eine Fahrt
längs der Mojel. Seine proſaiſchen Schriften (be:
fonders Biographien der Heiligen) find in einem
ihwülftigen und geichraubten Stile verfaht, aber
für die Zeitgeſchichte Iehrreih. Ausgabe der Ge—
dichte von F. Leo (1881), der proſaiſchen Schriften
von Kruſch (1885) (beide zu den Monumenta Ger-
maniae gehörig).
Venatio, Die Jagd war eine beliebte Beichäj:
tigung der alten Bölfer; auch die Römer betrieben
biejelbe, doch mehr als kriegeriſche Borübung, nicht
bloß zum Vergnügen. Hor. ep. 1, 18, 48 ff. Plin.
\pan. 81. Salluſt (Cat. 4) rechnet die Jagd zu
den servilia officia. Beliebter wurde die Tierhetze
im römiſchen Circus und im Amphitheater. Man
ließ jogar jeltene wilde Tiere aus Aſien und Afrika
fommen, die untereinander kämpften, z. B. Ele
fanten, Rhinoceros, Löwen, doch auch Bären, Eber,
Stiere u. a. Auch Menſchen kämpften gegen bie:
jelben in der Arena. Die Fechter (bestiarii) er:
hielten Lohn (auctoramentum), wenn fie nicht ad
bestias verurteilt waren. Cie. off. 2, 16. ad fam.
7,1. — Rompejus hielt die großartigjten vena-
tiones (500 Löwen u. ſ. mw.), ſodann Cäſar, jpäter
Ealigula, Gorbian III und Probus. Mehrere
Kaifer verboten dieſe Beluftigung, aber ohne Er:
folg. Bgl. Friedländer, Sittengejchichte Roms, II
2. Abſchnitt 2, b.
Venditio j. Emtio,
Venedae — Venusia.
Ven&dae, -di, Ovevidaı, bedeutendes Bolt
im europäifchen Sarmatien am Abhange der nad)
demjelben genannten Obsvedına öen (die Hügel:
fetten an der mittleren Weichjel) und am Obers-
dınög adAmog (j. Rigaer Meerbujen); jpäter Wenden
genaunt. Tae. Germ. 46. Ptol. 3, 5, 19.
Venefleium. Wenn Giftmord in Rom vorfam,
(zum erftenmal 332 v. E., Liv. 8, 18. 39, 41.
40, 43 5.), jo wurde gewöhnlich eine außerordent:
liche quaestio angeftellt, bi8 Sulla durch die lex
Cornelia de sicariis eime ftehende quaestio de
veneficjis einführte. In der Kaiſerzeit wurde der
—X des Gifts und der für das Leben und
die Geſundheit gefährlichen Heilmittel, ebenſo wie
deren Anwendung, mit der Strafe ber sicarii be:
droht (Deportation, Hinrichtung).
Venelli j. Unelli.
Venönum. Die Alten bereiteten vielfach ſowohl
ichleichende als jchnellwirtende Gifte, vorzüglich
aus aconitum, cicuta, salamandra, lupus ma-
rinus (der giftige Meerhaſe). In Rom erreichte
die Kunft der Giftmijcherei ihre Höchite Ausdeh—
nung in den erften Jahrhunderten n. C. (befannt
ift Loeuſta, die Giftmischerin Neros). Im weiteren
Sinne hieß venenum Meditament überhaupt.
Venöti, Odfvero, 1) galliiches Volk der weft:
lichen Halbinjel (der heut. Bretagne, wo ſich ihr
Name in Vannes, Hauptitadt ded Departements
Morbihan, erhalten hat), mächtig durd Schiffahrt
und Geehandel, bejonderd nad Britannien. Ihre
Städte waren Dariorigum oder Venetä (j. Vannes,
bei den Eingeborenen Guenet) und Selim (j. Joſſe—
lin). Cnes. b. g. 2, 34.3, 7 ff. 4, 21. 7, 75. Strab.
4, 194f. — 2) j. Venetia.
Venetla, Odsveria«, das öſtliche Nachbarland
des cisalpinischen Galliens, von dem es durch den
Ateſis gejchieden wurde; im N. lagen die Carni—
ihen Alpen, im O. der Timavus gegen Iſtrien,
im S. das Adriatiſche Meer. Außer den genanns
ten Flüffen find zu merken; Medoacus major
und minor (Brenta mit Backhiglione), Blavis
(Biave), Liquentia (Livenza), Tiliaventus
(Tagliamento). Die Bewohner, Beneti, ’Ererof,
"Evsro/, Obtveror, Bereroi, deren Abſtammung
den Alten unbefannt mar (weshalb fie bald für
paphlagoniiche Heneter, bald für feltiiche Veneter
gehalten wurden), gehörten wohl zum illgriichen
Volksſtamm (jo jchon Hat. 1, 196) und hatten viel
Eigentümliches. Sie beihäftigten ſich mit Pferde:
zucht (Strab. 5, 212. 215. Eur. Hippol. 231),
trieben eifrig Handel, beſonders mit Bernitein,
der von den Küſten der Dftjee zu Lande zu ihnen
ebracht wurde, und hatten eine nicht unbedeutende
Indie (bei. Wollen: und Teppichiabrifation).
ie bedeutenderen Städte des feit 183 v. E. von
den Römern in Befiß genommenen Landes waren
von Südweſten nach Rordoften: Adria (noch j.
Adria), Ateſte (j. Ejte), Patavium (j. Padova,
Badua), Bicetia (j. Vicenza), DOpitergium (j.
Dterzo), Tarvijium (j. Trevifo), Altınum (j.
Dorf Altino), Aquileja (j. gl. R.), Feltria (1.
Feltre). Strab. 5, 212. 12, 548.
Venilfa, eine altitalifche Göttin des Meeres,
der Flüſſe und Quellen, Verleiherin günftiger Fahrt
und Ankunft zur See, für eine Gemahlin des
Neptunus (auch des Janus, der ein Gott des Kom:
mens und Gehens) erflärt, Mutter des Pilumnus.
Bei Bergil wird fie Mutter des Rutulerfürſten
1277
Turnus, Schweiter der Amata, Gemahlin des
Faunus, genannt. Verg. A. 10, 76.
Vennönes, Obfvvoves, Obivvoreg, der wil:
defte Stamm der Nätier, an den Quellen der Etſch
im heutigen Vintſchgau. Strab. 4, 204. 206.
Vennonfi, ein wenig befanntes römiſches Ge—
ſchlecht: 1) Gejchichtichreiber zur Zeit der Gracchen.
Cie. legg. 1,2, 6. ad Att. 12,3. Dion. Hal.4, 15.
— 2) E. Benn., ein Freund Ciceros, der in Ajien
Großhandel trieb und von Cicero, während der:
jelbe Kilifien verwaltete, eine Anftelung wünschte,
aber nicht erhielt. Cie. ad Att. 6,3, 5.
Venta, Odsvr«, hiefen mehrere Städte Britan:
niens, 1) Stadt der Belger im Südweſten des
Landes, j. Winchefter mit Ruinen. — 2) Stadt
der Gilures an der Weftlüfte, j. Eäer-ment. —
3) Stadt der Jceni an der Dftküfte, j. Eniftor bei
Norwich. Auch bei diefen beiden Städten finden
ſich Reſte.
Ventidil. Zu nennen find: 1) P.Vent. Baſſus,
ein Picenter, jchmüdte 89 v. E. den Triumph des
Bompejus Strabo über die picentischen Miculaner,
wobei jeine Mutter den unmündigen Knaben auf
dem Arme tragen mußte, während jein Vater ®.
Vent. mit den übrigen Befehlähabern nad) der
Einnahme von Aſeulum hingerichtet worden zu
fein jcheint. Val. Max. 6,9, 9. Oros. 5,18. Durd)
Cäſars Gunft und FFreundichaft gelangte er aus
niederer Stellung zur Genatorenwürde und zu
andern Andzeichnungen. Gell. 15, 4. Dio (ass.
143, 51. Nach feines Gönners Tode fchlug er fich
auf Antonius’ Seite, zwang Eicero zur Flucht
aus Rom, verjtärkte fich im picentiichen Gebiete
(App. b.e. 3, 66. Cic. Phil. 12, 9, 23) und wurde
vom Senat in die Acht erflärt. Bent. führte dar:
auf fein Heer, während Octavian zur Ausſöhnung
mit Antonius bereit war, dem leßteren zu. App.
b. c. 3,80. Als die beiden Triumvirn jich aus:
geiöhnt hatten, erhielt er das Konjulat für das J. 43.
App.b.c.4, 2. Dio Cass. 47, 15. Vell. Pat. 2, 65.
Im folgenden Jahre befehligte er, von Antonins
dahin gejandt, im jenjeitigen Gallien, das er bei
Ausbruch des perufinischen Krieges (41) verlieh,
ohne dem X. Antonius ernftlich Hülfe zu bringen.
Dio Cass. 48, 10. App. b. e. 5, 31. 35. 50. Als
der Triumbir Antonius darauf nach Herftellung
bes Friedens mit Octavian einen Feldzug gegen
Zabienus und die Parther beabjichtigte, wurde
Bent. voraufgeſchickt (40), befiegte beide und be:
freite Kilifien und Syrien (39). Darauf jchlug er
den parthijchen Oberfeldherrn Pacorus enticheidend
(38) in Syrien. Gell. 15, 4. Dio Cass. 48, 39 ff.
49, 19 ff. Vell. Pat. 2, 78. Der mißgünſtige An
tonius enthob ihn nach feiner Ankunft in Syrien
bes Oberbefehls, bewilligte ihm aber den Triumph.
Dio Cass. 49, 21. — 2) Bent. Cumanus, ver:
waltete vor Felix Judäa als Profurator. Zac,
ann. 12, 54. Jos, ant. 20, 5,2 5.6, 1ff.
Venuleii, 1) fiel als Opfer der ſullaniſchen Pro:
ffriptionen. Flor. 3, 21. Oros. 5, 21. — 2) Ben.
Saturninus, ein angejehener römischer Juriſt
unter Garacalla und Verfaffer zahlreicher, fait ganz
verloren gegangener Werke. Lampr. Alex. Sev. 68.
Venus j. Aphrodite.
Venusia, Oovevovsi«, Stadt am Aufidus und
dem 1328 m hohen Berge Bultur, einem er-
lofhenen Bultane, der die Grenze Apuliens gegen
Lucanien bildete (Hor. od.3,4,9. sat, 2,1, 34f.),
1278
Veragri — Vergilii oder Virgilii,
in herrlicher Gegend, Geburtsort des Horaz; j. | gella oder virgae benugen. In den Schulen waren
Benoja.
wurde aber 292 v. E. von den Römern kolonifiert
und zu Apulia (Daunia) geſchlagen. Vell. Pat.
1, 14, Strab. 6, 282.
Verägri, richtiger Varagri, Obagayopoı, felti:
ſches Bolt auf den Penninifchen Alpen am Bu:
|
Urjprünglich gehörte B. zu Sammium, | ferulae üblich.
Verbigönus pagus j. Helvetii.
Vercellae, Odsgneilaı, Obegxrilo:, Haupt:
ftabt der Libici im transpadanijchen Gallien, jpäter
befeftigtes und bedeutendes römiſches Municipium,
befannt durch die Cimbernſchlacht, 101 v. C. Sie
jammenfluß der Dranſe und der Rhone. Ihre bildete den Vereinigungspunft einer von Medio—
Stadt war Detodurus, j. Martina im Kanton | lanium fommenden Straße mit der von Tieinum
Wallis. Caes. b. g. 3, 1. Liv. 21, 38. Strab. | (j. Bavia) nad Augufta Prätoria (j. Aoſta) füh—
4, 204, renden. Noch j. Bercelli. Cie. ad fam. 11, 19.
Veranii (Verannii), 1) ein freund des Dich: | Tac. hist. 1, 70. Strab. 5, 218. Plut. Mar. 25.
ters Catull, verjuchte ſein Süd in Hiſpanien, WVereingetörix, ein angejehener Gallier aus
fam aber ohne Gewinn nach Rom zurüd. Catull.| dem Volle der Arverner, führte im J. 52 v. C.
9.28. — 2) D. Ver, Legat unter Germanicus, | von den Galliern zum Fürjten erwählt, den Krieg
verfolgte nad) defjen Tode den Gegner desjelben, | gegen Cäjar, dem er mutigen und ehrenvollen
Piſo, und erlangte defien Beitrafung, 20 n. E. | Widerftand Teijtete; aber endlich unterlag er in
Tac. ann. 2, 56. 3, 10.19. — 3) D. ®Ber., 49 | Ulefia der römijchen Kriegsfunft und dem Glüde
n. &. Konful, befehligte unter der Regierung | Cäjars, der ihn jpäter im Triumphe aufführte
Neros (um 58 n. E.) in Britannien, wo er ftarb.
Tac. ann. 12, 5. 14, 29,
Verbänus lacus, Odegpßavög Aurn, See im
transpadaniichen Gallien, vom Tieinus durchfloffen,
7 Meilen lang (nad Strabon übertrieben 10 M.);
j. Yago Maggiore. Strab. 4, 209. Pol. 34, 10.
Verhöna (jtatt herbena), heiliges traut, das
auf Autorifation des höchſten Magiftrats von den
Fetialen auf dem Capitol (der Arx) mit der Erbe,
in der es gewachjen, genommen und dem Sprecher
der TFetialen, wenn er ging, von einem fremden
Bolfe Genugthuung zu fordern, von einem aus
dem Stollegium, dem verbenarius, borgetragen
wurde, Es hieß auch sagmen (sacer, das hei:
ligende). Liv. 1, 24. Auch ein jeder Zweig von
heiligen Bäumen, der zu heiligem Gebraudye
diente, von der Myrte, Dlive, dem Lorbeer, Ros—
marin, hieß verbena; er wurde getragen von
Geſandten, Schußflehenden, zu Opfern verwandt,
zur Bekränzung von Altären, Opfertieren, Götter:
bildern bei Lectifternien u. |. w. Wenn ein Tier
jo verwendete Kräuter fraß, mußte es zur Sühne
geopfert werden.
Verböra. Die fürperlihe Büchtigung wurde
vollftredt mit dem Stock, fustis (davon fusti-
gatio), mit Ruten, virgae, die mur die Liltoren
handhabten, mit der Geißel oder Knute, fHagellum,
lora, auch habenue, eigentlich Zügelriemen. Die
Berführer veftaliicher Jungfrauen wurden more
maiorum bis zu Tode gegeifelt, auch die Sol—
daten wegen mancher ee (dies hieß fustu-
arium), j. Disciplina militaris, 10, ferner
wurden alle Verurteilten vor der Hinrichtung ges
geißelt; auch bei der Tortur fehlten verbera nicht.
Als eigentliche körperliche Züchtigung, fustium
eastigatio oder admcnitio, coörcitio corporis,
fam die Prügelitrafe unter den Königen und dem
Konjuln vor, bis die lex Porcia und die lex
Sempronia dieje Strafe von den Bürgern ganz
entfernte. Sklaven, Peregrinen und personae
humiles durften aber nod in der alten Weiſe
gezüchtigt werden, die Freien fustibus, die Skla—
ven flagellis, und zwar wegen grober Jnjurien,
Brandftiftung, Diebftahls, Frechheit gegen Die
Magiftrate u. j. w. Bei den Ehriftenverfolgungen
wurden die plumbatae (Keulen mit Bleitugeln)
gebraucht. — Die häusliche Züchtigung der Kinder
und Sklaven hing natürlich ganz von dem pater
familias ab, und er fonnte ohne Unterjchied fa—
und dann hinrichten ließ. ©. Julii, 8. Strab.
4, 191. Dio Cass. 40, 33f. 43, 19. Cues. b. g.
7,4. 89.
Vergiliae oder Virgiliae j. Pleiades.
Vergilii oder Virgilii, 1) M. Berg., 87 v. €.
Bolkstribun, verflagte den Cornelius Sulla. Cie.
Brut. 48, 179. — 2) €. Verg., war Prätor 62
v. E. (Cie. Planc. 40, 95) und verwaltete Sicilien
als Propätor 61—58. Daj. 40, 96. Mit großem
Mute verteidigte er (47) Thapfus gegen Cäſar.
Caes. b. Afr. 28. 79. 86. 93. — 3) ®. Berg.
Maro, der berühmte Dichter, wurde den 15. Oftbr.
70 v. €. in Andes, einem Dorfe in der Nähe von
Mantua, wo jein Vater ein Heines Landgut be:
jaß, geboren und erhielt jeine erfte Bildung im
dem benachbarten Eremona. Nachdem er im jedh:
zehnten Xebensjahre nach römijcher Sitte die männ:
lie Toga angelegt hatte, bejuchte er die Schulen
in Mediolanium; darauf ging er nach Neapolis,
wo er den Unterricht des griechifchen Dichters und
Grammatikers Parthenios genof, und nad Rom,
wo er den epifureiichen Philoſophen Siron hörte.
Bon da fehrte er in jeine Heimat zurüd und er:
gab ſich in Ländlicher Abgeichiedenheit dem Stu:
dium der griechijchen Dichter. Hier wurde er mit
Aiinius Pollio, der damald ald Legat des An:
tonius das transpadanijche Gallien verwaltete und,
jelbft al3 Redner, Gejchichtichreiber und Dichter
ausgezeichnet, ein lebendiges Intereſſe für die
Litteratur hatte, belannt und befreundet. Bald
jedoch ftörten die Siriegsereigniffe ihn in jeiner
behagliden Ruhe. Octavian hatte es übernom:
men, die Veteranen nach der Schlacht bei Philippi
durch Auweiſung von Ländereien in Stalien zu
belohnen. Unter den Städten, deren Gebiet für
diejen Zweck beftimmt wurde, war auch Eremona,
und da die Soldaten ſich häufig willfürliche Über:
griffe in die angrenzenden Marlen erlaubten, wurde
aud die Heimat 63 ernſtlich bedroht (Kel. 9),
zumal als ſein Beſchützer Aſinius Pollio anfangs
durch den peruſiniſchen Krieg, dann durch weitere
Kriegszüge in Illyrien aus der Provinz abberufen
wurde, und Alfenus Varus an ſeine Stelle trat.
Zweimal begab ſich V. nach Rom, und mit Mühe
erlangte er auf Mäcenas’ Empfehlung durch Octa:
vianus’ Zuſage (Keil. 1, 42) dem jtcheren Beſitz
jeines Landgutes, oder wohl vielmehr Entichä:
digung, etwa dur ein Landgut in Gampanien
(Gell. 6, 20, 1). Inzwiſchen hatten dieje Verhält⸗
Vergilii oder Virgilii.
niffe die Aufmerkſamkeit der einflufreichiten Män—
ner de3 Staats auf den jungen Dichter gelenkt
und ihn in mannigfade Berührung mit denjelben
gebracht. In dieje Zeit, 41-39, fällt außer den
erſten poetiichen Verſuchen, die uns nicht mehr
erhalten find, die Abfaflung der 10 Eflogen oder
Bulolifa. Nach dem Mufter der Idyllen Theo:
frits (Eel. 6, 1) jchildert ®. darin das Leben der
ſiciliſchen und italiichen Hirten; einen eigentümlichen
Meiz aber hat er diejen erdichteten Schilderungen,
die freilich auf die Treue und Natürlichkeit feines
—— Vorgängers feinen Anſpruch machen
önnen, dadurch verliehen, daß er unter der Hülle
des Hirtenlebens Perſonen und Begebenheiten ſeiner
eigenen Zeit darſtellt und mancherlei Anſpielungen
auf gegenwärtige Zuſtände in ſeine idylliſchen Be—
ſchreibungen geſchickt verwebt. Am wertvollſten
ſind das vierte, ſechſte und zehnte Gedicht, die zu—
gleich als die zulegt gedichteten anzujehen find.
Nachdem er durch dieje Gedichte jeinen erften Ruf
begründet hatte, lebte er abwechjelnd in Rom und
Neapel. Den Aufenthalt in Neapel joll er um
des milden Klimas willen wegen jeiner Kränflich:
feit bejonders gejucht haben. Dort vollendete er
jein zweites und vollendetftes Werl, die Georgila,
ein Lehrgedicht das nach den Hauptteilen ber ita-
liſchen Landwirtſchaft, Ackerbau, Baum:, Vieh—
und Bienenzucht, in 4 BB. geteilt, Vorſchriften
über den Landbau gibt. Der an jich jehr trodene
Stoff, der aber im Wltertume öfter poetijch be—
handelt wurde (8. jelbft bezeichnet als jeinen Vor:
gänger Heſiod, G. 2, 176, ohne ihm jedoch im
einzelnen nachgeahmt zu haben), ift darin mit
** Kunſt bearbeitet, indem der Dichter mit
ſeiner feinen, durch griechiſche Philoſophie gebilde—
ten Naturanſchauung und einer friſchen Begeiſte—
für den Gegenſtand die einzelnen Regeln zu
rum
anfhaufichen Bildern zu verbinden und durch glüd-
lich eingelegte Epijoden zu beleben weiß. Außer
feiner eigenen Vorliebe für das Landleben wurde
B. bei der Wahl diejes Gegenftandes, den er unter
ben Römern zuerft in einem Gedicht behandelte
(@. 3, 10), auch durd) den patriotiihen Zweck be:
ftimmt, den durch die langen Kriege zerrütteten
Landbau, in dem er eine fräftige Stütze altrömi:
jchen Lebens erlannte (G. 2, 173), wieder zu Ehren
u bringen. Die Ausarbeitung diejes
eint in die Jahre 31—29 zu fallen.
Anficht E. Schapers, daf beide Werke, Bucolica
und (seorgica, nicht in der urjprünglichen Form,
jondern in einer von dem Dichter jelbft bejorgten
Neubearbeitung vorliegen, richtig ift, bleibt dahin-
geftellt.— Nach der Herausgabe der Georgika machte
fih V. an die Ausführung jeiner letzten und größten,
ſchon längft mit Liebe von ihm verfolgten (@.3, 46)
Aufgabe, der Aneis. Nach einer Arbeit von zehn
Jahren führte er das Gedicht zwar äußerlich zu
Ende, aber die letzte Hand daran zu legen, wurde
er durch den Tod verhindert Im J. 19 v. E.
unternahm.er eine, wahrſcheinlich jchon in früheren |
Jahren beabfichtigte, jedoch nicht zur Ausführung
gelommene (vgl. Hor. od.-ı, 3), Reife nad) Grie—
chenland, aber jchon in demfelben Jahre kehrte er
wegen anhaltender Kränklichkeit auf Beranlafjung
und in Begleitung des Auguſtus, mit dem er in
Athen zufammengetroffen war, nad; Italien zurüd
und ftarb bald nad) jeiner Ankunft in Brundu—
ſium am 22. September; er wurde in ber Nähe
edichtes |
Db die
1279
von Neapolis beftattet. Das dom ihm unvollendet
| hinterlaffene Gedicht wurde nad) jeinem Tode von
feinen Freunden, den Dichtern Barius und Tucca,
‚die fich jedoch feine eigenen Zuſätze und Ande:
‚zungen erlaubten (daher eine Anzahl von Halb:
‚ verjen, die der Dichter bei der legten Feile wahr-
icheinlich zu bejeitigen dachte), herausgegeben, und
' zwar jpäteftens, mie e3 jcheint, im J. 17.
Durch jeine hohen poetijchen Leiftungen und durch
| jeine edfe, reine Gefinnung hatte B. ſich all:
gemeine Liebe und Verehrung erworben. Er war
den meiften ber gleichzeitigen Dichter, welche fich
die Ausbildung der römiſchen Poeſie nad ben
Regeln griechiicher Kunſt zum Ziel geſetzt hatten,
‚nahe befreundet und galt in dem Sreije fein ge:
bildeter Männer, ber fi) um Mäcenas, den frei:
gebigen Bejchüger dieſer Richtung, gejanımelt hatte,
al3 einer der hervorragendften Vertreter des neuen
Geihmads. Die Angriffe der Anhänger der alter:
tümlichen Partei, unter denen er jelbft Bavius,
Mävius und Anjer nennt (E. 3, 90. 9, 36), konn
ten den Glanz jeines Namens nicht verdunfeln.
Der Dichterruhm 8.3 beruhte vorzugsweiſe auf
der Üneis, obgleich diefe an fünftlerischer Voll:
endung den Georgifa nachſteht. Den außerordent-
lihen Beifall, den das mit unerhörter Sehnfucht
erwartete Werf bei den Beitgenofjen fand, ver:
dankt e3 zum großen Teil der glüdlihen Wahl
bes Stoffes. & den Scidjalen des Aineias
ichildert B. nicht allein die Anfänge des römischen
Bolfes, jondern auch den Urjprung des julischen
Geſchlechts, als deſſen Ahnherr Aineias' Sohn,
Aſcanius oder Julus, galt, und das eben in der
Perſon des Auguſtus zu den höchſten Ehren ge—
langt war. Zugleich ſtellt er in ſeinem Helden
das Ideal echten Römerſinnes, treue Verehrung
der Götter und mannhafte Tapferkeit, auf. Die
Nachahmung Homers iſt abgeſehen von zahlloſen
Einzelheiten auch in der Anlage des ganzen Werkes
unverkenubar. Indem der Dichter in den erſten
6 BB. die Irrfahrten des Aineias, in den übrigen
die Kämpfe um die verheigene Königsherrichaft in
Latium jchildert, jucht er die Vorzüge der Alias
und Odyſſee in Einem Gedichte zu vereinigen.
Während er in den erften 6 BB. jeinen Stoff
— aus den griechiſchen Epikern, die die
age vom trojaniichen Kriege mit großer Aus-
führlichleit bearbeitet hatten (Homer, Arktinos,
Lesches u. a.), jchöpfte, war in ber letzten Hälfte
die einheimijche Sagenfaſſung römischer Gelehrten,
wie fie namentlich von Cato und Varro angeftellt
worden war, jeine Hauptquelle, und die Gelehr-
jamfeit, mit ‚der er aus der Mafje der italijchen
Sage das für jeinen Zwed Pafjende auszumählen
wein, verdient auch neben feiner poetiichen Fertig—
feit volle Bewunderung. Der weſentliche Borzug
des Gedichtes aber liegt in der funftreichen Ver—
einigung eines national-römiſchen Inhalts, bei
‚dem 8. jelbjt Anflänge an ältere Dichter, nament—
lich Ennius, nicht verichmähte, mit einer durch
grieaifehe Kunft geregelten Form der Darftellung.
i den Römern vertrat das Gedicht fortan die
‚ Stelle eines Nationalepos, wurde, wie die home
riichen Gedichte bei den Griechen, in allen Schulen
gelejen und diente, mie dieje, ald Grundlage für
die gelehrten grammatifchen und antiqwariichen
Studien; ja jelbjt bis in das jpäte Mittelalter
hinein erftredte fich die Verehrung des gefeierten
1280
Dichters, der nicht bloß fortwährend eifrig gelefen
wurde, jondern auch eine abergläubiiche Verehrung
genoß, indem man wunderbare Sagen an jeine
Perſon fmüpfte. — Bei dem eifrigen Stubium,
das fich ſchon im Altertum dem 3. zumanbte,
wurden die Gedichte jehr früh von gelehrten Gram:
matifern erflärt und mit reichen grammatiichen
und hiftoriichen Kommentaren ausgeitattet (j. Rib-
bed3 Proleg. erit. p. 114 ff). Aus diejen ift der
inhaltreiche Kommentar, der uns unter dem Namen
des Servius (f. Servii, 4.) erhalten ift, ber:
vorgegangen. Außerdem haben wir zu den Buko—
lifa und Georgifa einen Kommentar unter dem
Nanıen des Balerius Probus, eines gelehrten
Grammatiferd des 1. Jahrh. n. E., der eine kri—
tiſche Ausgabe der Gedichte V.s bejorgt hatte.
Bon weit geringerer Bedeutung ift der rhetorifche
Kommentar des Donatus zu der Aneis. — Die
fleinen Gedichte, Culex, Ciris, Copa, Moretum,
und die jogenannten catalecta (richtig vielmehr
xarc Aeneov, d. h. Kleinigkeiten, woraus durch
Mifverftändnis catalepta und endlich gar cata-
lecta wurde) Vergilii, 14 Gedichte mannigfaltigen
Inhalts in elegiichem oder iambifchem Versmaß,
gehören nicht dem Dichter, mit deſſen Werfen fie
gewöhnlich vereinigt find, an, obwohl fie alle un-
gefähr aus der Zeit Bergild oder wenig jpäter
zu ftammen jcheinen. — Ausgaben von —
(1746), Henne (zuerſt 1767 ff., 4. Aufl. von Wag-
ner, 1830ff. Schulausg. 1779 u. ö.), Forbiger
(4. Aufl. 1872 ff.), Wagner (3. Aufl. 1861; deutſch
bearbeitet von Koch, 1849), Ladewig (3 Bdd., zu-
erft 1850; neu bearbeitet von Schaper, zum Teil
10. Aufl.), Kappes (1873 ff. 4. Aufl. 1887 ff.),
Ribbeck (1859 ff., frit. Hauptausgabe). Tertans-
gaben von Jahn (4. Aufl. 1850), Süpfle (1847),
Haupt (2. Aufl. 1873), Paldamus (1854), Ladewig
(2. Aufl. 1880), Ribbeck (1867), Klouöek (1886 f.),
D. Güthling (1886), Thilo (1886) u. a. Ausgg.
der Eflogen von Glaſer (1876) und Hermes (1890);
der Georgifa von Glaſer (1872); der Aneis von
Thiel (1834 ff.) Hofman:Beerlfamp (1843), Goßrau
(2. Aufl. 1875), Gebhardt (1880 ff. 1. Bd. 2. Aufl.
1888; Tertausgabe 1887), Ladewig (2. Aufl. von
Deutide, 1889), Brofin (1883 ff. 2. Aufl. 1886 ff.)
Berühmte Überfegung der Eflogen und Georgita
von Voß (1797 ff. 2. Aufl. 1800-1830). — 4) An
einen Berg. oder Virg. hat Horaz eine Ode (4, 12)
gerichtet, der nad) den Scholien ein Salbenhänbdler,
nach andern ein Arzt (eibarzt des Tiberius und
Druſus) war. Vielleicht iedon ift die Ode (ebenſo
wie 1, 3) ebenfalls an den Dichter Vergil gerichtet,
und ®. 16 und 17 nicht buchjtäblich zu verftehen, |
fondern humoriftiich gejagt.
Verginii j. Virginiı.
Veritas, Alnjdsıe, Verjonififation der Wahr:
heit, mythologiſch als Tochter des Zeus (Pind. ol.
11, 4) oder des Saturnus, ald Mutter der Tugend,
Amme des Apollon bezeichnet, dargeftellt in weißem
Gewande. Dem Anaragoras wurde ein Altar mit
der Aufichrift 77 Alndela errichtet.
Verna oder Vernacülus, der Sklave, der ſei—
nem Herrn durch die Geburt angehörte und bes-
wegen ihm näher ftand, als der gefaufte. Darum
war er nicht jelten procax (Hor. sat. 2, 6, 66).
Verolamium, Hauptſtadt der Eattavellauni in
Britannien, norbweftlich von Londinium, jpäter be-
beutendes römiſches Mumnicipium, bei der Empö: |
Vergini —
Vertumnus,
rung der Britannier zerftört. Tac. ann. 14, 33.
J. Old Berulam bei S. Albans in der Grafichaft
Hertford.
Veromandüi, Obsgoudvöves, richtiger Viro-
mandui, belgiſche Völlkerſchaft öftlih von den
Atrebaten, jüdlich von den Nerviern, im heutigen
Bermandois, mit der Hauptftadt Auguſta Vero—
manduorum, j. St. Quentin. Caes.b.g.2,4. 16.
Veröna, Obrjewvae, Briewr, noch j. Verona,
Stadt der Euganeer im transpadaniichen Gallien
am Atejis, ſpäter im Bejig der Cenomani (Lir.
5, 35), in ber Folge römiiche Kolonie (Tae. hist.
3, 8) und jehr blühend. Hier waren Eatullus und
Vitruvius geboren. Ziemlich vollftändig hat jich,
außer andern Aitertümern, erhalten das zu Dio:
cletians Zeiten ganz aus weißem Marmor erbaute
Amphitheater, 464 Kup lang, 367 Fuß breit, bas
auf 48 Gitreihen für 22 000 Menſchen Platz bot.
Verres j. Tullii, 3.
Verrius, Flaccus, Grammatifer und Lehrer
bei den Enteln des Auguftus, gejtorben unter Ti:
berius, fchrieb: rerum memoria dignaram libri
und de verborum significatu. ©. Festus.
Ver sacrum, bei den Römern und Italikern
die bei großer Gefahr dem Qupiter gelobte Opfe:
rung alles Zebendigen, das im nächiten Frühjahr
eboren werden würde, namentlich der Biegen,
weine, Schafe, Rinder. Liv. 22,10. In älterer
eit wurden auch bisweilen jämtlihe in einem
Frühling geborene Kinder gelobt, die aber nicht
geopfert, jondern, wenn fie herangewacdjen waren,
über die Grenze geihicdt wurden, um fich irgendiwo
niederzulajien. Danke leiteten den Uriprung Roms
bon einem ver sacrum ab.
Verticordia, Wenderin der Herzen, Beiname
der Venus; fie hatte einen Tempel an der Sala:
rijchen Straße (j. Viae) und ein Feſt am 1. April.
Nach Ovid (fast. 4, 157 ff.) wurde ihr diefer Tempel
(um 114 v. €.) errichtet, damit fie die verdorbenen
Gemüter der Frauen zum Befleren wende. Im
bemjelben Sinne heißt jie auch ‘Aroorpopie. AU:
gemeiner ward fie als cine in magischen Künſten,
beſonders in Einwirkung auf das menſchliſche Herz,
erfahrene Venus gefaßt.
Vertumnus, Vortumnus (von verto), der Gott
ber Wandelung. Beſonders bezieht ſich dieje auf
die Veränderungen, denen die Früchte bis zur
Reife untertvorfen find. Vertumnus gab den blü-
eo Segen des Frühlings und die Ernten des
ommerd und Herbites; vorwiegend aber wurde
bie Borftellung eines Gottes des reifenden Herbites,
und man feierte ihm daher im Dftober die Ber-
tumnalien. Seine Gemahlin war Pomona, die
er durch mancherlei Berwandlungen endlich gewann
(Ov. met. 14, 623 ff.). Übrigens wurde feine Vor-
Pr erweitert und jein Wejen auf alle Er-
cheinungen gedeutet, in denen der Begriff von
vertere gefunden werden fann, auf den Wechſel
der Yahreszeiten, den Umtanjh der Waren, die
Wandelbarkeit des menichlichen Sinnes u. j. mw.
Man ftellte ihn dar ald einen jchönen Jüngling,
oder als mwohlgebildeten, rüftigen Mann, bärtig,
mit milden Zügen, mit einem Kranze von Ähren
oder grünem Yaube um das Haupt, das mit Früch—⸗
ten gefüllte Füllhorn im Arme, dem griechiichen
Dionyſos ähnlich. Am Bicus Tufceus ftand ein
Bild des Gottes, den die alte voljinische Nieder:
laſſung in Rom als Hauptgott ehrte. Daher wurde
Verulae —
er für einen uriprünglich tufeiichen Gott gehalten.
Bahricheinlich aber iR er ein ſabiniſcher Gott; der
König Tatius joll ihn nach Rom gebracht haben.
Am Aventinus hatte er eine Kapelle, wo ihm am
13. Yuguft, wohl zur Begrüßung der Opbftzeit,
ein Opfer gebracht wurde.
Verülae, Stadt der Hernifer in Latium, j.
Veroli, jpäter römische Kolonie. Liv. 9, 42. 43.
Flor. 1, 11.
Verus, 1) 2. Eejonius Commodus Berus,
wurde von Kaiſer Habdrian (f. d.) als 2. Alius
Eäjar adoptiert, ſtarb aber noch vor jeinem Adop-
tivvater. — 2) Sein Sohn, 2. (Ulius Aurelius)
Verus, Aboptivjohn des Antoninus Pius, ent—
ſprach den Hoffnungen, die man auf ihn jeßte,
nicht ganz, indem er fi) einem mehr weichlichen
und üppigen Zeben ergab und als Feldherr, be:
fonders im armenijch » parthiichen Kriege, wenig
Energie an den Tag legte, vielmehr ſeinen tüch:
Ir Generalen, namentlidy dem Avidius Caſſius,
alles überließ. Er regierte gemeinfam mit Marcus
Aurelius von 161—169 n. E., in weldhem Jahre
er ftarb. Capit. Ver.
Verwünschung j. Gebet.
Vescia, Stadt der Aufoner (Aurunker) in Las
tium, zu deren Gebiet der weftliche Abhang bes
Mafficus bis zum Liris hin (Vescinus ager) ge=
hörte; jpäter ganz verſchwunden. Liv. 8, 11.9, 25.
10, 21. 31,
Vesöris, entweder ein Flecken oder ein Feiner
Fluß (Sarnus, oder ein Nebenfluß desjelben) in
Gampanien am Bejud. Qua via ad Veserim
ferebat, fiel eine Schladht zwiichen den Römern
und XYatinern vor. Liv. 8, 8. 10, 28.
Vesontio, Beoorriov, Obswoörrıov, Hauptitadt
ber Sequaner in Gallien am Dubis (j. Doubs),
von dem fie faft ganz umflofjen wurde; an ber
offenen Seite lag ein Berg, der die Burg =.
Bon. dort ausrüdend, jchlug Cäſar im J. 58 v. €.
den Wrioviftus. Caes. b. g. 1, 39. Das heutige
Beſangon zeigt noch viele Altertümer.
Vespasiäni. Aus dem in Reate im Sabiner:
lande heimifchen Haufe der Flavier“) ift uns als
ältejter VBorfahr Veſpaſians dem Namen nad be:
fannt: 1) T. Flavius Petro. Er nahm als
Anhänger des Bompejus an der Schladht bei Phar⸗ Dai
jalos teil und lebte darnach ala coactor eines
argentarius, war aljo ber erfte, der bie biejer
Familie eigentümlichen —— Anlagen zeigte.
Suet. Vesp. 1. — 2) Deſſen Sohn, Fla vius Sa—
binus, der Zollpächter in Ajien war und darauf
Geldgeichäfte in Helvetien betrieb, jowie jeine Ge:
mahlin, Beipajia Bolla, welche einer vornehme:
ren umbriichen Familie entftammte (daj. 1. 5.),
find die Eltern des Flavius Sabinus (3) und des
Veipafianus (6). — 3) Flav. Sabinus, ein an:
*, T. Flavius Betro.
Flavius Sabinus.
Gem, Veſpaſia Rolla.
I
ee — — — — — — — — — — — — ————
u
1281
gejehener und reicher Maun, vor Beipafians Thron-
erhebung Haupt und Stolz der familie, verwaltete
7 Jahre lang die Statthalterjchaft von Möfien und
12 Jahre (jeit 61 n. E.) das Amt eines Stabt-
präfekten, das er noch unter Bitellius inne hatte.
Tac. hist. 3, 6% f. 75. Seines Bruders Erhebung
beförderte er dadurd, daß er in Rom für deſſen
Intereffe thätig war und ihm Geld lieh. Daſ. 2,99.
3, 65. Bitellius’ Sache war jchon fajt verloren,
ald Sab. aufgefordert wurde, an der Spike der
Flavianer offen jenes Sturz herbeizuführen; aber
jein milder, dem Blutvergiepen abholder Charakter
beitimmte ihn, mit Bitellius zu unterhandeln, und
diejer ſchloß einen Vertrag, nad) dem er die Herr:
ichaft freiwillig an Veſpaſian abtrat. Daj. 3, 64f.
Doch die Ausführung dieies Vertrags wurde durd)
die 3 in Rom gebliebenen Eohorten vereitelt. Dieje
zwangen den Bitellius von dem Bertrage zurüd:
utreten, überwältigten und töteten ben Stadtpräs
ften, der ſich auf das Capitol geflüchtet hatte,
und verbrannten bei dem Sturme auf ihn und
jeine Anhänger das Gapitol, 69 n. E. Daſ. 3, 66 ff.
Jos. b. Jud. 4, 11, 4. Aur. Vict. COaes. 8. —
4) Sein Sohn, Flav. Sabinus, Gemahl von
Kaifer Titus’ Tochter Julia, entrann bei der Er-
oberung bes Gapitol3 (Dio Cass. 65, 17) jamt
Domitian, wurde aber durch diejen, 96, ermordet.
Suet. Dom. 10. — 5) Deffen Bruder, Flav. Ele:
mens, Gemahl der Domitilla, der Schweiter des
Kaiſers Domitian, erhielt von jeinem Schwager 95
dad Konjulat, wurde aber nachmals auf feinen
Befehl getötet. Des Flav. Clemens Söhne, Beipa-
jian und Domitian, deren Lehrer Duintilian
war, hatte Domitian zu jeinen Nachfolgern beftimmt.
Suet. Dom. 15. Dio Cass. 67, 14. — 6) T. Flav.
Beipafianus (Beip. nad jeiner Mutter zube:
nannt), Bruder von Nr. 3, geboren am 17. No:
vember 9 n. E. bei Reate, betrat, von jeiner ehr:
geizigen Mutter dazu getrieben, die öffentliche
Laufbahn, that jeine erften Kriegsdienfte in Thrakien,
verwaltete ald Duäftor Kreta und Kyrene und
jtieg zu immer höheren Ehren empor. Suet. Vesp.2.
Nachdem er unter Claudius in Germanien gedient
und, im %. 43 nach Britannien verjegt, hier ſich
ausgezeichnet hatte, befleidete er 51 das Konjulat.
Vespasiani.
aj. 4. Tue. hist. 2, 78. 3, 44. Hierauf lebte er
aus Furcht vor Agrippina längere Zeit zurüdge:
ogen, und erſt nach deren Tod (59) finden wir
ıhn als Statthalter in Afrila. Suet. Vesp. A.
65 zog er fich, weil er bei den fcenischen Auffüh—
rungen Neros einjchlief, deſſen Ungnade zu und
mußte den Hof meiden. Tac. ann. 16, 5. Suet.
Vesp. 4. Trotzdem wählte ihn der Kaiſer im fol-
genden Jahre zum Begleiter auf jeiner Kunſtreiſe
nach Griechenland, und hier wurden ihm (Winter
66/67) die Provinz Judda und die Führung des
—i 0 nn — —
Flavius Sabinus
——
Flavius Sabinus
Gem. Julia.
Flavins Clemens.
Gem. Domitilla.
—— — —
Beipafianus. Domitianus
Reallexikon des klaſſ. Altertums 7. Aufl.
—
Titus Rlav. Veſp.
Julia.
Titus Flavius Beipafianus.
Gem. Flavia Domitilla,
|
Titus Alav. Domitianue.
Gem. Domitia,
Domitilla
Domitilla.
81
1282
Krieges gegen bie aufftändifchen Juden übertragen.
Jos. b. Jud. 3, 1,3. Suet. Vesp. 5. Mit einem
roßen Heere sing er dahin ab. Im Berlaufe des
F 67 eroberte er Galiläa zurück, nahm im Anfang
des nächiten Jahres die Tyeindjeligfeiten wieder
auf, unterwarf Ende Mai Jericho und konnte nun
zur Einjchließung Jeruſalems jchreiten (Jos. b.
Jud. 4, 6—8), da braden die Thronfämpfe in
Gallien, Spanien und Italien aus, die das Ende
des juliichen Hanfes herbeiführten. Weil V. nad
Neros Tode vorläufig ohne Mandat war, zog er,
zugleich entichlofien, ch nicht in die Thronftreitig-
feiten zu milchen, jeine Truppen zurüd und 2.
—— nur die wichtigſten Punlte beſetzt.
al.
im Weften gefiegt hatte, und Nachrichten über die
Unfähigkeit und Mißwirtſchaft diejes Kaiſers zu
den Truppen im Orient gelangten, riefen leßtere
in ihrem Unmute ben V. zum Kaijer aus, Juli 69.
Tac. hist. 2, 79. 81. Jos. b. Jud. 4, 10, 4. Ihnen
ſchloſſen fich auch die Legionen in Bannonien und
dfien an, zogen nach Italien, und nach dem
Siege bei Eremona (Dio Cass. 65, 11ff. Tac. hist.
3, 15ff. Jos. b. Jud. 4, 11, 3) und nad Bitellius’
Ermordung, Dezember 69 (Dio Cass. 65, 20f. Tae.
hist. 3, 84 ff.), war V. Herr des römischen Reichs.
Seine Feldherren hatten die Sache ausgefochten,
er jelbft hatte fih am Bürgerfriege nicht beteiligt.
Erft nad) dem Siege trat er feine Reife nad) Rom
an und wurde auf berjelben mit Freuden begrüßt,
in Rom mit Jubel empfangen, Sommer 70. Jos,
b. Jud. 7,2.4. Seine Regierung dauerte 9 Jahre.
Abgejehen von dem Aufftande der Bataver unter
Eivilis (f. d.), der noch vor V.s Ankunft in Rom
beendet wurde, find 2 während feiner Regierungs-
zeit geführte Kriege erwähnenswert: der jüdiſche
Krieg und der Krieg in Britannien. Erſteren be—
endete im Auftrage des Vaters V.s Sohn Titus
(f. 7.) mit der Zerftörung Jeruſalems (Sept. 70),
legteren führten feit dem J. 71 die Statthalter
Betillius Gerialis und Julius Frontinus nicht ohne
Erfolge. Bedeutendere Eroberungen aber wurden
erft durch Agricola (j. d.) gemadt. 8. jelbft ftellte
vor allem die militärifche Difeiplin wieder her
(Suet. Vesp. 8), reinigte den Senat von unwür—
digen Mitgliedern und erweiterte den Wirkungs—
freis desſelben (daj. 9. Dio Cass. 66, 10), gab
weife und gerechte Geſetze (Aur. Vict. Caes. 9)
und veranlaßte mancherlei heilſame polizeiliche
Mahnahmen. Dio Cuss. 66, 9. 13. Tae. hist. 4,62,
Ferner war er beftrebt, die durch die tolle Ber:
ſchwendung feiner Borgänger und durch den Bürger:
frieg arg zerrütteten Finanzen des Staates wieder
in Ordnung zu bringen. Um diejes zu ermög:
lichen, befleißigte er ſich vor allem möglichiter
Sparjamteit, 3. B. beim Deere. Suet. Vesp. 8. Da
er durch dieje allein aber den Staatsichag nicht
wieder füllen fonnte, war er gezwungen, erlaffene
oder vergeſſene Steuern wieder einzufordern und
neue einzuführen. Suet. Vesp.16. Dio Cass. 66, 8.
4, 9, 2. Tac. hist. 5, 10. Als aber Bitellius |
Vespasiani.
!nicht frei geweien. Suet. Vesp. 23. Zon. 11, 17.
u feiner Entichuldigung dient, daß, follte der
taat völlig aus jeiner Yinanznot befreit werben,
wirfli die größte Sparjamfeit notwendig mar,
und daß er, durchaus anſpruchslos und einfach in
feinem Privatleben (antiquo cultu vietuque, Tac.
ann. 3, 55), alle aufgebrachten Gelder nur im In—
tereffe des Staates verwendete, deijen Anjehen und
Kraft wiederherzuftellen jeine eifrigjte Sorge war.
Dio Cass. 66, 10. Troß aller Sparjamfeit bewies
er daher freigebigfeit bei pn ger (Suet.
Vesp. 17), unterftüßte Kunſt und Wifjenichaft und
deren Bertreter (daſ. 18 f.), legte Städte und Tem-
pel an, baute Wafjerleitungen und Strafen (Aur.
Viet. Caes. 9) und verjchönerte vor allem Rom.
‚Hier unternahm er außer andern Bauten den
ı Wiederaufbau des Capitols (Suet. Vesp. 8. Tac.
hist. 4, 9. 53), den Bau des Friedenstempels auf
‚dem Forum (Jos. b. Jud. 7, 5, 7. Suet. Vesp. 9.
ı Dio Cass. 66, 15) und namentlid) des Amphi-
theatrum Flavium, des jpäteren Kolofleums, j.
Eolijeo (Suet. Vesp. 9. Aur. Viet. Caes. 9), in
welchem mehr als 87000 Menſchen als Zuſchauer
der Tierkämpfe Platz fanden, und welches noch
heute, obwohl nur trümmerhaft erhalten (ſ. Thea—
tron, 17. 18 und die Abb. ©. 1204) einen Haupt:
anziehungspunft für die Befucher der ewigen Stadt
bildet. abei war ®., den geichäftämänniiche
Nüchternheit und ein gejundes, treffendes Urteil
haralterijieren, im ganzen ein jehr milder Herricher,
zeigte fich unempfindlich bei Verletzungen der kaiſer—
lihen Würde (Suet. Vesp. 13. Dio Cass. 66, 11)
und nachſichtig gegen Verſchwörer (Suet. Vesp. 25.
Aur. Vict. Caes. 9), liebte den Freimut und trug
Beleidigungen nicht nad. Suet. Vesp. 14. Für
jedermann zugänglich, ließ er fich ſogar auf offener
Straße anreden und lebte gern im Seite jeiner
Freunde, die er durch witzige Einfälle zu unter:
Iten wußte. Plin. 33, 12. Suet. Vesp. 19. 227.
ftarb am 23. Juni des J. 79, im fiebzigften
Lebensjahre, und hinterließ außer einer Tochter,
Domitilla, 2 Söhne, Titus und Domitianus, die
de nacheinander in der Herrichaft gefolgt jind. —
3 Dentwürdigteiten, bejonders über den jüdijchen
Krieg, find von dem Geichichtichreiber Joſephos
benugt worden. — 7) Titus Flav. Bejp., des
vorigen ältefter Sohn, geb. am 30. Dezember 41
(wohl nidyt jchon 39), wurde mit Britannicus am
ı Hofe des Claudius und Nero erzogen. Suet. Tit.1j.
Ausgezeichnet durd; reiche Anlagen des Körpers
und des Geiftes, ſowie durch einnehmendes Weien,
machte er fich bald bemerflih. Daj. 3. Er diente
zuerft in Germanien (Tac. hist. 2, 77), tämpfte
dann unter jeinem Bater in Britannien (Dio (ass.
60, 30) und folgte ihm jpäter nadı Judäa, wo er
ſich großen Ruhm erwarb (Suet. Tit. 4) und nad
| jeines Vaters Thronbefteigung dene Krieg durch
Eroberung Jeruſalems, September 70, zu Ende
| führte. Tac. hist. 2,4. 5,1. 8ff. Dio Cass. 66, 4ff.
Suet. Tit. 5. Jos. b. Jud. Nachdem T. mit jeinem
Es wird erzählt, er habe mit Amtern und Würden Bater in Rom einen glänzenden Triumph gefeiert
einen förmlichen Handel getrieben und die Begna: hatte (Zon. 11, 17. Suet. Tit. 5. 8. Jos. b. Jud.
digung verfauft (Dio (ass. 66, 14), er habe, 7,5, 3ff.), deſſen Andenken durch den noch vor:
was faum glaublicy flingt, die Verwaltung der , handenen Titusbogen (j. Roma, 13. und die Abb.
reichjten Provinzen abfichtlih den habjüchtigften | unter Arcus, 2.) verherrlicht wird, machte ihn
Menjchen übertragen, um dieje dann wie vollge: | Veipafian zum Mitregenten, ernannte ihn zum
jogene Schwämme ausdrüden zu können (Suet. | Gardepräfelten und führte mit ihm die Eenjur.
Vesp. 16), er jei überhaupt von jchmußigem Geize | Suet. Tit.5f. Jedoch zog fih T. in diejer Zeit
Vespillones —
durch Härte und Willfürlichkeit, ſchwelgeriſches und
leichtſinniges Leben Hab zu, und man fürdhtete
in ihm einen zweiten Nero zu befommen, als er
am 23. Juni 79 feine Regierung antrat. Suet.
Tit. 1. 6f. Dio Cass. 66, 15 ff. Aber er zerjtreute
die von den Römern gehegten Bejorgniffe und
lieferte durch die Trennung von der jüdi chen Brin:
zeſſin Berenife (j. d. 3), deren Verbindung mit
ihm das römische Volk nicht wünschte, jofort den
weis, dab er perjönliche Neigungen den Staats
interefjen unterzuorbnien wußte. Suet. Tit.7. Noch
mehr gewann er das Volk, ald er die biäherigen
Genoſſen feiner Lüfte vom Hofe verwies und die
trefflichiten Männer zu feinen Freunden erfor, und
es zeigte jich bald, daß ber Matın, deſſen Regi—
mente man mit Bangen entgegengejehen hatte,
der freigebigfte, mildefte, menjchenfreundlichfte und
eh ia. Herrſcher war. Suet. Tit.7.9f. Dio
Cuss. 66, 26. So wurde fein Todesurteil unter
ihm gefällt, die Majeftätsverbrecher wurden be:
guadigt, die Delatoren aus Rom und Italien
verbannt, und mit Großmut die behandelt, welche
an Verichmörungen gegen ihn teilgenommen. Dio
Cass. 66, 185. Eutr. 7, 21. Buet. Tit. 8. Das
ganze römische Volt ———— er ji) dadurch
zu Dank, da er neue, jeinen Namen führende
und mit allen Bequemlichkeiten ausgeftattete Ther:
men (j. Thermai, 3. und Roma, 13.) baute.
Dio Cass. 66, 25. Wuch vollendete er das von
feinem Bater begonnene Amphitheater und veran—
ftaltete bei der Einweihung desjelben glänzende
und zahlreiche Spiele. Suet. Tit. 7. Sein Grund-
jag war, feinen Bittſteller unbefriedigt von ſich
zu laffen, und als er einft an einem Tage nie=
mandem etwas Gutes hatte erzeigen können, ſprach
er am Wbend Fi jeinen Freunden die befannten
Worte: amiei,
nannten ihn die danfbaren Römer amor ne de-
liciae generis humani. Suet. Tit. 1. Am glän-
zendften zeigte fich jeine freigebige Fürſorge nad
den durch das Erdbeben des %. 79 angerichteten
Berwüftungen Unteritaliens, wo er überall helfend
und tröftend auftrat, bei einer Belt, die ſchon
unter Beipafian wütete, und bei einem großen
Brande, von dem Rom im J. 80 heimgefucht wurde.
Tae. hist. 1, 2. Suet. Tit. 8. Vesp. 8. Dio Cass.
66, 21 ff. Plin. ep. 6, 16.20. T., der ſchon bei
feiner Tpronbefteigung ſchwer frant war, ftarb
nad) nur zweijähriger Regierung, 13. Sept. 81,
von den Römern tief betrauert. Dio Cass. 66, 26.
Suet. Tit. 9 ff. Eutr,. 7, 22. Bon friegerifchen Er:
eigniſſen fällt in feine Regierungszeit der erfolg:
reiche Kampf des Agricola (f. d.) in Britannien.
Bal. Beuld, Titus und feine Dynaftie (deutich von
Döhler, 1875). — 8) Titus Flav. Domitianus,
j. Domitianus.
Vespillönes, die im Dienft der libitinarii (f. d.)
ai zer Leichenträger.
esta j. Hestia,
Vestäles und Vestalia j. Hestia.
Vestiarfus, 1) Garderobenaufieher, nämlich
ein SHave; — 2) ein Kleiderhändler. Solche gab
es En Rom eine Menge.
estibülum j. Haus, 5,
Vestilfus, Sertus, gemwejener PBrätor, von
Tiberius ausgezeichnet, zog ſich nachmals den Un—
willen des mißtrauijchen Kaijers zu und gab fi
jelbjt den Tod. Suet. Tb. 46, Calig.19. Tac,ann. 6,9.
Vetera oder Velera Castra.
iem perdidi! Suet. Tit.8. Daher
1283
Vestini, I) Berjonenname: 1) 2. Bejt., aus
Vienna in Gallien, ein freund des Kaijers Clau—
bius, aus ritterlichem Geſchlechte. — 2) M. Belt.
Atticus, Sohn des vorigen, 65 n. C. Konjul,
anfangs Freund, fpäter Gegner Neros, den er
durch Spott und Hohn reizte. Daher geriet er
in Verdacht bei ihm, an der Verſchwörung bes
Piſo fich beteiligt zu haben; jedoch konnte ihm
feine Mitjchuld nachgewiejen werden. Erzürnt über
Veftinus’ Vermählung mit Statilia Mefjalina, lieh
Nero denjelben in jeiner Wohnung überfallen und
umbringen, um jelbft Meflalina -zu heiraten. Zac.
ann. 15, 48. 52. 68. — Ein anderer Sohn von
Nr. 1) war höchſt wahricheinlich 3) 2. Beftinus,
dem Beipafian den Wiederaufbau des abgebrannten
Eapitols übertrug. Tac. hist. 4, 58. — Il) Bolfs-
name: jabellifche Börterichaft” im öftlichen Teile
| Mittelitaliend, zwiſchen Picenum, den Sabinern,
' Bälignern und Mearrucinern, im Dften an das
Adriatifche Meer grenzend. Sie werden ftets in
‚Verbindung mit den Marjern, Marrueinern, Pä—
lignern genannt, mit denen fie eine Berbindimg und
ı mit ben beiden legtern in Aternum einen gemein-
famen Hafen hatten; ‚jpäter aber machten fie mit
den Samnitern gemeinfame Sache gegen Rom
'(Lav, 8, 29), wurden jedoch 323 dv. E. befiegt und
blieben, jeit 301 Berbündete der Römer, ihnen
treu bis zum Bundesgenofjenkriege, durch den jie
für immer von den Römern unterworfen wurden.
Ihr Hauptort war Pinna (j. Cita di Penne).
Strab. 5, 219. 228. 241. Liv. 8, 29. 10, 3,
Vestis j. Kleidung.
Vestorius, Gaius, ein Wechsler zu Puteoli,
aber zugleich ein gebildeter Mann, mit dem ſowohl
Atticus als auch Eicero in frenndichaftlichen Ber:
hältnifien ftanden, wie aus vielen Briefen Eiceros
(ad Att. 14, 17,1. 6, 2, 3. 10, 5,2. ad fam. 6, 11)
erhellt.
estricius Spurinna, ein als Staatsmann
und nod; mehr als Dichter ausgezeichneter Mann
der erften römijchen Kaiferzeit, uns befonders aus
einem Briefe des jüngeren Blinius (3, 1) befannt,
‘der jeine ftreng geordnete Thätigfeit rühmt, diente
unter Otho vielleicht als Feldherr (Tac. hist 2, 11)
in Oberitalien, befehligte in Placentia (daj. 2, 18,
vgl. 23) und zog jpäter (daſ. 2, 36) mit einem Heere
zur Rettung des Macer herbei. Mehrmals beflei-
dete er das Konjulat. Unter Trajan diente er in
Germanien, wo er den Bructerern einen- König
* Plin, ep. 2, 7. Er ſtarb in ſehr hohem Alter.
on jeinen Gedichten hat ſich nichts erhalten.
Yestrius, Publius, römijcher Ritter, lämpfte
in Afrifa auf der Seite der Pompejaner, wurde
von Cäſar gefangen genommen, aber begnadigt.
Caes. b. Afr. 64.
Vesülus mons, hohe Alpenſpitze, an welcher
der Padus entiprang, nach Vergil (A. 10, 708)
reich an Fichten; j. Sronte Viſo.
Vesurius oder Vesövus, Vesvius, Obssoovısg,
B£oßrog, vullaniſcher Berg Eampaniens, nahe der
Küfte fjüdöftlich von Neapolid. Erſt durch den
' furchtbaren Ausbrud im %. 79 n. E., durch den
Bompeji, Herculaneum und andere Städte ver:
ſchüttet wurben, lernte man den Veſuv als wirf:
lihen Bulfan fennen. Seitdem haben —
| Ausbrüche ftattgefunden. Strab. 5, 247. Verg. (i
2, 224. Liv. 8, 8, Suet. Tit. 8.
Vetöra oder Vetera Castra, verſchanztes Yager
sı*
1284 Veterani — Via, Viae.
im belgiichen Gallien am Rhein, in einer flachen, | Gebrauch der Zuba entnommen haben. Später
den Überſchwemmungen des Fiuſſes ausgeſeßten verſchwindet V. aus der Gejchichte. Ruinen bei
Gegend, im 3. 70 n. E. von den empörten Ger: |j. Magliano. In der Nähe waren heife Quellen,
manen verbrannt. Tac. hist. 4, 60. Es jcheint zu | die aquae Vetuloniae.
fuchen zu fein bei: Birten in der Nähe der Stadt | VeturYi, 1) B. Bet. Geminus Eicurinus,
Xanten, wo man auch Spuren der von Germani: | einer ber erften römischen Quäftoren 509 v. E.,
eus bei Betera geichlagenen Rheinbrüde gefunden | wurde 499 Konjul und bejiegte Fidenä. Dion.
zu haben glaubt. Tac. ann. 1, 45. 50. 58. 4, 22. Hal. 5, 58. Liv. 2, 19. — 2) Sein Bruber, 7.
hist. 4, 18. 21. 69. 5, 14. 19 u. 8. ‚Bet. Gem. Eicur., befiegte 494 v. €. die Aauer.
Veteräni j. Dilectus militum, 5. Liv. 2, 28 ff. — 3) T. Vet. Gem. Eic., jchlug
Vetilfus, Gaius, befehligte 149 v. E. ein 462 v. E. als Konful die Äquer. Liv. 3,85.
römijches Heer in Aufitanien gegen Biriathus, — 4 E. Bet. Cicur., kämpfte gleichfalls als
wurde von demjelben bejiegt und von einem Sol: | Konjul mit den Aquern 455 v. E. und erlangte
daten, ber ihn gefangen nahm, getötet. Ziv. ep. 52. 458 das Augurgt, obwohl er im vorhergehenden
App. Hisp. 61 ff. Jahre wegen Zurüdhaltung der dem Feinde ab-
Veto ſ. Intercessio und Tribuni plebis. | genommenen Beute mit einer Geldſtrafe belegt
Vettli oder Veetii, 1) T. Bett, römifcher | worden war. Ziv. 3, 31 f. — 5) Beturia, Mutter
Ritter, veranlaßte 104 dv. E. in Campanien einen |de3 Corolianus, j. Mareii, 4. — 6) j. Cal-
Sflavenaufftand. Died. Sie. 36, 2.— 2) P. Bett. |vini, 1. — 7) 2. Vet. Bhilo, Legat 207 0. €,
Scato (oder Cato), Feldherr der Marjer im Bundes- zeichnete fi in der Schlaht am Metaurus aus,
genoffenkriege, eroberte die ſamnitiſche Stadt Üfer: | befehligte als Konjul des J. 206 gegen Han:
ia, ſchlug ein römijches Heer, erlitt jedoch durch nibal, unterwarf Lucanien und diente unter Scipio
Marius ſchon am nächſten Tage eine Niederlage | in der Schlacht bei Zama, von der er bie Sieges-
(90 v. C.). Als jpäter die Bundesgenoſſen fich | botichaft nach Rom brachte. Liv. 28, 9 ff. 30, 38 ff.
nad und nach unterwarfen, fträubte fich Vettius,
twie es fcheint, dagegen und entging ber Auslie:
ferung an die Römer durch jeine Soldaten nur
dadurch, daß er fich von einem Diener töten ließ.
den. de ben. 3, 23. — 3) 2. Bett, Mitverjchwo-
rener Gatilinas, verriet jpäter die Verſchworenen
und ihre Pläne. Dio Cass. 37, 41. Bei der De:
nunziation Cäſars erregte er den Unwillen ‘des
Volles und wurde ins Gefängnis geworfen (62).
Cäjar gebrauchte den Vettius jpäter, um Pompe—
jus und die Wriftofraten miteinander zu berun-
einigen, indem er ihn zu der erbichteten Anzeige
beſtimmte, daß der ältere Eurio, deſſen Sohn und
andere gegen des Pompejus Leben ſich verichworen
hätten. Orc. ad Att.2, 24. Sest. 68,13%. Vat. 105.
Diod, Sic. 38, 9. App. b. ce. 2, 12. Mut. Luc. 42.
Aber die Art und Weile, wie Vettius die ganze
Angabe machte, erregte den Verdacht der Ummahr:
heit, und als wenige Tage ſpäter die Leiche des
Bett. aus dem Gefängnis geworfen wurde, glaubte
man allgemein, daß der angebliche Selbſtmörder
dur Batinius auf Cäſars VBeranlaffung aus dem
Wege geräumt worden ſei, der von Bett. für den
Angeber der ganzen Lüge ausgegeben zu werden
fürchten mußte. — 4) Bett. Balens, berühmter
Arzt unter Claudius, ftarb eines gewaltfamen Todes.
Taec. ann. 11, 31. 35. — 5) Bett. Bolanu$,
ein —— Mann unter Nero, leiſtete unter
Domitins Eorbulo Kriegsdienfte in Armenien, er:
hielt von Vitellius die Statthalterichaft von Bri—
tannien und verwaltete Afien unter Veſpaſian.
Tae. ann. 15, 3. hist. 2, 65. Agr. 8. Stat. silv.
5,67. _
Vettones, Obfrrwveg und Obtrroveg, bedeuten:
des Volk Lufitaniend zwiſchen Tagus und Durius,
mit den Städten Salmantica (j. Salamanca),
Gapera (j. Caparra), Caura oder Caurium (j. Coria)
Ir Caes.b.c.1, 38. Strab. 3,139. App. Iber.
139 ff.
Vetulonia, -jum, Odsrovidvıor, eine der 12
etruffifchen Bundesftädte, ſüdlich von Volaterrä,
zwifchen Sena und Populonia. Bon dort follen
die Römer die Infigirien der Magiftrate: fasces,
sella eurulis, toga praetexta, lictores, ſowie den
Vexillarii und Vexillum j. Dilectus mi-
litum, 5.
Via, Vise, ödo“ Der griechiſche Straßen:
| bau, über den nur wenig Sicheres befannt ift, hat
ſich an die Beſchickung der Nationalfefte, die zu:
| gleich Hauptmeflen waren, angelnüpft. Es wur:
‚den Baprgeleile für die Wagenräder überall mit
derjelben Spurbreite von 5 Fuß 4 Zoll in Felſen
ausgehöhlt. Die einzelnen Staaten mußten na-
‚türlih, jeder in jeinem Gebiet, die Wege und
Brüden in ordentlihem Stande erhalten; und die
Heiligkeit des Tempels ging auf die Wege über.
I. €. Eurtins, zur Geichichte des Wegebaues
bei den Griechen (1855). — Die eigentlihen Kunit:
fraben, zugleich viae militares, wurden von beu
Ömern vorzugsweiſe gebaut. Die erfte, via
Appia, von Rom nad Gapua, von dem Cenjor
Appius Claudius Cäcus 312 v. E. erbaut und
jpäter bis Brundufium verlängert, war die regina
viarum (Stat. silv. 2, 12), bis in die Zeiten Juſti—
nians volllommen erhalten; fie war aus vier:
edigen Duaderfteinen ohne alle Lüden zuſammen—
gefügt, auch jo breit, daß 2 Lajtwagen einander
equem ausweichen konnten. — In Berbindung
mit derjelben ftand die vom Kaijer Domitian an-
gelegte via Domitiana, von Sinnefja bis nad
Buteoli. — Via Flaminia, eine der älteften,
‚220 v. E. vom Genjor C. Flaminius angelegt,
von Rom durch Etrurien nah Ariminum, wo 2
Fortſetzungen fi an fie reiheten, die via Aemi-
‚lıa, vom Konful M. Amilius Lepidus 187 v. E.
angelegt, von Ariminum nach Aauileja führend,
und eine gleichnamige, die über Pilä und Yuna
nach Ligurien führte und von M. Amilius Scaurus
109 dv. E. angelegt war. — Eine Seitenjtraße der
via Appia war die via Campana bon der porta
Caelimontana nad; Cantpanien, mit der via Al-
bana und Tusculana m Berbindung jtehend.
Zwiſchen der via Flaminia und der via Aure-
lia, vom Genjor 2. Nurelin® Cotta 341 v. E.
angelegt, führte die via Cassia nad dem mitt:
leren Etrurien. — Eine der jhönften und längſten
war die vin Valeria, die von Rom durch das
Gebiet der Sabiner, Aquer und Marjer bis an
Viadus — Vibii. 1285
das Gebiet der Päligner fich erftredte, Fortſetzung jeinem perjönlichen Gönner, an, wurde Senator
der via Tiburtina, die in jüdöftlicher Richtung | 59 v. E., diente unter Cäfar, ohne etwas zu leiften
nad Tibur führte. Die via Latina führte vom | (Cie. ad fam. 16, 27, 1), in Gallien, war 51 Bolls-
Capeniſchen Thore durch dasLiris: Thal bis Teanum | tribun (Cic, ad fam. 8, 8, 6 ff.) und verwaltete
und mündete zulegt in bie via Appia. Die via 47 — 46 Bithynien, nachdem er, wie es jcheint,
Ostiensis ging auf der Weftjeite des Tiber bis | an dem Kampfe gegen Bharnafes, teilgenommen
zur Mündung desjelben unterhalb Dftia. Die via | hatte. Ende des J. 46 befand er fich wieder in
ostumia führte von Eremona nad) Mantua; | Rom (Cie. Lig. 1, 1), wo er fich für mehrere
auf der via Salaria nad Neate führten die Sa- | Männer, die des Pompejus Bartei genommen
biner ihr Salz aus Rom von der porta Collina | hatten, bei Cäſar nicht ohne Erfolg verwendete.
aus; über die via Egnatia j. Egnatia. — | Cie. ad fam. 15, 17, 3. Im %. 45 jandte ihn
Über die Strafen Roms, welche die Eenforen Cäſar als Statthalter in das cisalpiniiche Gallien,
Albius und Flaccus (174 v. €.) zuerft pflaftern | in dem er fich viel Liebe erwarb. Die Ermordung
ließen, und namentlich über die sacra via j. Cäſars, der ihn für das J. 43 mit Hirtius zum
Roma, 22. — So waren zu Cäjars Zeit Italiens Konjulate beftimmt hatte (Cie. ad Att. 14, 6, 2),
Hauptftädte durch Kunftftraßen verbunden; die | veranlaßte 44 jeine beichleunigte Rückkehr nach
Kaifer dehnten dieſelben befonders auf die Pro: Rom. Im Bunde mit Cicero, der indes nicht frei
binzen aus, was fich jelbit auf die größeren Anfeln | von Mißtrauen war (baj. 14, 12, 2), traten Panſa
erftredte, wo dadurch eine Berbindung mit den | und Hirtius gegen Antonius auf, und Panſa geriet
Hafenplägen erzielt ward. Alle zeichneten fich Durch | in der Nähe von Bononia mit Antonius in einen
geſchickte Anlage, Dauerhaftigkeit und Zwedmähig: | Rampf, aus dem er bejtegt und jchwer verwundet
feit aus; e8 haben fidh von vielen jehr bedeu- nad Bononia gebracht wurde. Er erlag jeinen
tende liberrefte qut erhalten. Die an ihnen er: | Wunden nach der Schlacht bei Mutina (gejchlagen
richteten Meilenzeiger (milliaria) ſtammten zuerft | zwijchen 25. und 27. April 43), in der Hirtius
von C. Graechus her. Neben den Strafen wurden | zwar über Antonius fiegte, aber fiel. Cic. ad.fam.
auch Grabmale angelegt (ſ, Sepulerum). 11, 13. Vell. Pat. 2, 61. Dio Cass. 46, 89. App.
Viadus (Viadrus), Oöd«dog, ein weſtlich von b. c. 3, 69. 71. Tbf. — 4) Bib Gallus, rd;
der Viftula in das Germaniiche Meer fich er: | mijcher Rhetor zur Zeit des Auguftus, ahmte wahn—
niehender Fluß Germaniens, jebesfalls die heutige | finnige Menjchen jo treffend nad), daß ver darüber
Dder. ſelbſt den Berftand verlor. Sem/ controw. 9. —
Viatiecum, Zehrgeld, NReifevorrat, 1) abreijen: | 5) Bib. Boftumus, zeichnete ſich in Dalmatien
ben Freunden mit auf den Weg gegeben, bejon: | gegen bie dortigen, Empörer. aus und trug zur
ders an Lebensmitteln. Cic. Cat. m. 18, 66. Lir. | Unterwerfung berjelben (9m. €.) bei. Vell. Pat.
44, 22. — 2) die den Statthaltern bei ihrer Ab: | 2, 116. — 6) E. Bib. Marius, Legat des Ger:
reije in die Provinz gezahlten Diäten und Fuhr- manicus im Orient, 18 n. C., von wo er die Agrip—
gelder. — 3) ber Verdienſt und die Erjparnifie | pina nad) Jtalien geleitete. Zac. ann.2, 79. Später
der Soldaten. Suet. Caes. 68: verwaltete er Afrila. Vor des Tiberins Tode ge:
Viätor, ber Staatöbote, der Öffentliche Bots | riet er durch eine gegen ihn erhobene Anklage in
ichaften und Ladungen der auf ihren Villen ver: | Gefahr (daj. 6, 475.)5 unter Elaubius war er‘
weilenden Senatoren (Cic. Cat. m. 16) in der | Statihalter in Syrien: — 7) Bib, Serenus,
Nähe Roms beforgte. Auch betwirkten die Biatoren | wurde von feinem Sohne des Hocverrats gegen
Borladungen und nahmen Verhaftungen vor. Die | Tiberius befchuldigt, vom Kaijer indes begnabdigt.
Konfuln und Prätoren hatten ein aus 3 Decurien | Tac. ann. 4, 30. — 8) D. Bib. Erijpus aus
beftehendes Viatorentolleginm zu ihrer Verfügung; | Vercelli, ein reicher und hervorragender Mann,
auch die Volkstribunen, plebejiichen Ädilen und | zeichnete fich als Redner und Angeber aus, wurde
quaestores urbani hatten dieje Diener. Die Via: | 80 Yahre alt (Sur. 4, 92) und jcheint unter Do:
toren der Ulviri capitales und IVviri viarum | mitian um 90 n. €. geftorben zu fein. Tac. hist.
curandarum waren die tiedrigften. Im ganzen | 2, 10. Quint. 10, 1, 119.— 9) Bib. Secundug,
ftanden die Viatoren etwas höher als die co: | Bruder des Bat wurde auf deilen Fürſprache,
nes, waren aber ebenfalls meiftens FFreigelafiene | ald er von den Mauritaniern wegen Erprejfungen
oder geringe Bürger. angeflagt war, nur mit Verbannung beftraft. Zac.
Viblönus, Gaius, fand, als Eicero den Ge: | ann. 14, 28. hist. 2, 10. — 10). Bib. Trebo:
waltthätigleiten des Clodius ansgejegt war, durh \nianus Gallus und 11) jein Sohn, E: Vib.
denjelben Tribimen feinen Tod. Cie. Mil. 14,37. | Afinins Gallus Veldumnianus VBolujia:
Vibii, ein altes jabelliiches Geſchlecht. Dahin nus, der erfte gewöhnlich Gallus, der letzte Bo:
gehören: 1) Vib. VBirrius, ein Campaner, be: | Iufianus genannt, regierten als Raifer von 251 —
redete jeine Zandsleute, auf Hannibals Seite zu | 253 n. ® und ftammten aus Peruſia. Gallus
treten, und vergiftete fich jelbft, als Capua ſich | befehligte im Gotenkriege unter Decius die Donau:
den Römern ergeben mußte. Jav. 23, 6. 26, 13. |armee als Statthalter von Möſien und jcheint
— 2) Vib. Accaus, Befehlshaber einer Abtei: | dur Verrat den Tod dieſes Kaiſers veranlaft zu
lung Päligner, mit der er zuerft das kartha- haben. ©. Deecii, 6. Nachdem er vom Heere
giſche Lager bei Benevent e te, 212 dv. E. | zum Nachfolger des Decius gewählt worden war,
Liv. 25, 14. — 3) €. Bib. Banja, Sohn eines "lo er einen jchimpflichen Frieden mit den Goten
— Marianers (Dio Cass. 45, 17), ſcheint ab und bewilligte ihnen ſogar wieder Jahrgelder.
Inhänger des Lepidus geweſen und nach Erlaß Zonar. 12, 21. Zos. 1, 24. Seine Regierung, an
der lex Plautia (f. d.) aus der Verbannung nad) | der (jeit Ende des J. 251) fein Sohn als Auguſtus
Rom zurüdgefehrt zu fein. Er jchloß fich Eäfar, | teilnahm (Zos. 1, 24. Aur. Viet. ep. 30) war eine
dem eigentlichen Urheber der genannten lex und | unglüdliche, da Peſt, Hungersnot und Krieg die
— — — — — — ————— ——— — —
1286
Provinzen heimjuchten. Hierzu fam, daß Amilia-
nus, der Statthalter von Möfien, der die Goten
befiegt hatte, im Dften fich erhob und anerkannt
wurde. Im Kampfe gegen biejen fanden beide
Kaijer ihren Tod, Ende 263. Zonar. 12, 21. Zos.
1,28. Aur. Vict. Caes. 31. ep. 31. Eutr. 9,5. —
12) Bib. Sequefter, im 4. oder 5. Jahrh. ıı. E.,
Verfaſſer einer Schrift de fluminibus, fontibus,
lacubos, nemoribus, paludibus, montibus, gen-
tibus per litteras, welche indes jehr inhaltsarm
und dürr ift, viele Fehler enthält und einen rohen
Stil verrät. Ausgg. von Heflel (1711), Oberlin
(1778), Burfian (1867) und Rieſe, Geogr. Lat.
min. p. 145 ff.
Yibo, Odıßor, gräcifiert Inmmvıov, bedeutende
Hafenftabt an der Weftküfte von Bruttii, an ber
Sübjeite des nad ihr auch Sinus Hipponiates
oder Viboniensis benannten Terinätichen Meerb.
(i. Golf von ©. Eufemia). Die Stadt, urſprüng—
lih eine Kolonie der epizephyriichen Lokrer, wurde
vom älteren Dionyfios zerftört, 379 v. E., von den
Karthagern aber wicderhergeiteilt. Später geriet
fie in die. Gewalt der Bruttier, dann in die Hände
der Römer, die 192 v. C. eine Kolonie anlegten
und diejer den Beinamen Balentia (Obeierrie)
gaben. Unter Auguft befanden fich dort bedeutende
Werfte für die Flotte. Jetzt Bivona. Oues. b. c.
3, 101. Cie. ad Ait. 3, 3. 16, 6, Planc. 40. Verr.
5, 16. Strab. 6, 256.
Vibulöuus Agrippa, wurde 36 n. G. unter
Tiberius angeflagt, nahm Gift in der Curie, wurde
aber noch lebend ‚ins Gefängnis geichleppt und
dort erwürgt. Tue. ann. 6, 40.
Vibullius, L. Bib. Rufus, von Bompejus zu
Verhandlungen mit Eäfar, wie es jcheint, 54 v. £.
benußt (Cic. ad Qu. fr. 3, 1, 5. 18), jammelte im
%. 49 Truppen für feinen Freund Bompejus in
Mittelitalien, og mil ihnen nad). Eorfinium und
"wurde hier von Cäjar gefangen genommen, jedoch
in Freiheit gejeßt. Caes. b. e. 1, 15. 23. Üic. ad
Att. 8. 11A. In Spanien wurde er abermals
gefangen genommen und von Cäſar mit Aufträgen
zu Bompejus gejandt. Caes. b. c. 1,34. 38. 8, 10f,
Viea Pota j. Vietoria unter Nike.
Viearius hieß der Sflave eines höher u
den Sklaven. Hor. und Cic. mehrmals. — Geit
Eonftantin war vicarius ber Titel eines Didcejan:
ftatthalterd mit der Rangklaſſe der spectabiles,
Das Reich zerfiel nämlich in 4 Präfekturen, jede
Präfektur in Didcejen, jede Diöcefe in Provinzen,
deren Statthalter rectores genannt und zu den
clarissimi gerechnet twurden.
Vicentia, Odınerria, richtiger Vicetia, Stadt
der Landichaft Venetia zwiſchen Verona und Pas
tavium; j. Bicenza. Cic. ad fam. 11,19. Tac hist.
3, 8. Strab. 5, 214.
Vieesima manumissiönum und hereditätum
j. Staatshaushalt, II. und Vectigalia.
Vietimarius, Victumarius, Vietimator, (ego-
vönog, 1) der Priefter, wenn er das Opfertier
(victima) jchlachtet; — 2) gewöhnlich der Opfer:
diener. Sie bildeten ein Kollegium. — 3) Victi-
marius negotiator h. der Händler, der die zum
Opferdienfte nötigen Tiere lieferte. Plin. 7, 12, 10,
Vietor, I) Beiname 1) des Jupiter. Liv.
10, 29. Ov. fast. 4, 621. — 2) des Hercules, der
als jolher 2 Tempel zu Rom hatte, einen älteren
auf dem forum boarium und einen jpäteren an
Vibo — Victor.
der porta trigemina. Verg. A. 8, 203. 363. —
3) des Mars. Er hatte einen Tempel auf dem
Eapitol und einen andern auf dem Forum des
Auguftus. — Vietrix ift Beiname 1) der Venus,
der Pompejus 55 dv. E. auf den oberften Stufen
feines fteinernen Theaterd einen Tempel baute.
Einen andern Tempel weihte ihr Julius Cäſar,
der ihr Bild als Siegelring trug; auch feierte er
ihr 46 v. €. die vor der Schlacht bei Pharjalos
' gelobten Spiele, die im J. 44 von Dctavian wie—
derholt wurden; — 2) der Minerva; — 3) einiger
Städte und Legionen, 3- B. der jechften, vierzehn:
ten und zwanzigſten Legion. — Il) Berjonen:
name: 1) €. — „Rhetor im 4. Jahrh.
n. C., von dem in neuerer Zeit durch A. Mai
ein Heines Werl, ars rhetorica Hermagorae,
Cieeronis etc. betitelt, entdeckt worden ift, zuleht
berausg. von Halm, Khet. lat. min. p. 371 fi.
Die Schrift folgt dem Duintilian jo oft und jo
wörtlich, daß fie für die Kritik des letzteren wichtig
it. — 2) ©. Aurelius Bictor, ein römiſchet
Hiftorifer, lebte unter den Kaijern Eonftantius und
Julian, alſo in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh.
n. C. Uber jeine Heimat wiflen wir nichts; wahr:
ſcheinlich ſtammte er aus Afrika. Das einzige
Beugnis (Caes. 20) gibt nur an, daß er auf dem
Lande von einem unbemittelten und ungebildeten
Bater geboren jei. Zu Ehren gelangte er durd
Julian, der ihn zum Statthalter von PBannonien
‚ernannte und durch eine cherne Statue chrte, und
‚durch Theobofins, der ihn zum Stadtpräfelten und
| iudex sacrarum cognitionum machte ( Amm. Mare.
21,10, 6 und dazu Lindenbrog). Derjelbe Schrift:
ſteller nennt ihn virum sobrietatis gratia aemu-
andum, — Die 4 unter feinem Ramen vorhandenen
Schriften lönnen wegen der großen Berichieden:
heit der Behandlung und PDarftellung unmöglich
von Einem Rerfafler herrühren. Das Wertchen
de origine gentis Romanae (nenefte Ausg. von
Sepp, 2. Aufl. 1885) zunächit, dad eine Menge
Erdichtungen von alten Schriften und Eitaten ent:
hält, ift von Niebuhr, Orelli, W. U. Beder ı. a.
dem 15. Jahrh. zugewiejen worden; boch veran-
laffen innere Gründe und die Thatiache, daß es
ältere Handichriften gibt, 3. Mähly, H. Jordan,
W. ©. Teuffel und Arn. Schäfer, es dem 5. bie
6. Jahrh., aljo der Zeit des Fulgentius, zuzuicrei:
ben. Wenigitens dem Altertume augehörig ift die
Schrift de vita et moribus imperatorum Roma-
norum excerpta ex libris 8. Aurelii Vietoris
(auch Vietorini; a Caesare Augusto usque ad
Theodosium imperatorem, die jchom durch den
Titel fih als einen Auszug zu erkennen gibt,
befien Berfafjer aber ganz ohne Urteil den wahren
Bictor, wenn anders an dieſen zu denten ift, ver
ftümmelt hat. So bleiben denn die, aus guten
Duellen geichöpfte, Sammlung de Caesaribus, ge:
jchrieben im J. 360, aber nur im Auszuge er:
halten, welche jonft wegen der Sprache und wegen
des eu zu den viel gelejenen Schulbücern
gehört hat, eine verftändige Auswahl der Kaiier:
eſchichte in einfachen, gedrängtem Stil, und das
Buch de viris illustribus urbis Romae, das man,
durch den Titel verführt, bald dem Cornelius
Nepos, bald dem Suetonius, bald dem Plinius
(jo wenigftens Handichriften), bald dem Hyginus
| zugeichrieben hat, und welches wertvolle Angaben
enthält, ſowie durch nappe Darftellung ſich empfiehlt.
Victoria —
Benupt jcheinen bejonders Nepos und Hyginus. |
— Ausgg. der 4 Schriften von Schott (1579),
Pitifcus (1696), Arntzen (1733), Gruner van
und Schröter (1829 ff.); Ausgg. der vir. ill. von
Keil (2. Aufl. 1872) und Brohm (3. Aufl. 1860),
Vietorfa, 1) f. Nike — 2) f. Victori-
nus, 1.
Vietorlätus j. Münzen ©. 79.
Vietorinus, 1) maßte fih die Herrichaft in
Gallien an und fand auch anderwärts Anerken—
nung, wurde aber jehr bald darauf wegen eines
Verbrechens, das er an der Gattin eines Dffi-
zierd verübte, in Köln getötet, 268 n. C. Treb.
Poll, trig. tyr. 6. Aur. Viet. Caes. 33. Eutr.
9,9, 3. Oros. 7, 22. Sein Sohn fand mit ihm
den Tod. Für PVictorinus hatte deſſen Mutter,
Victoria, geherricht, eine Frau von männlichen
Geiſte und großer Klugheit, die auch beim Heere
bedeutenden Einfluß gehabt zu haben jcheint. Treb.
Poll. trig. tyr. 6. 31. Sie veranlaßte nach dem
Tode ihres Sohnes und Entels die Wahl des
Statthalterd von Aquitanien, Tetricus (j. d.) —
2) €. Marius Bict., ſ. Marii, 11.
Vietorfus, Duintus, römijcher Centurio,
zeichnete fich 194 v. E. im Kriege mit den Bojern
aus, indem er eine Fahne unter die Feinde jchleu:
derte und die Römer dadurch zum Kampfe an:
feuerte. Liv. 34, 46.
Vietrix ſ. Victor, 1.
Vieus, urjprünglid die Unterabteilung einer
ſtädtiſchen Tribus, aljo ein aus einigen Straßen
bejtehendes ſtädtiſches Quartier, deſſen Bewohner
dur das Feſt der Eompitalien und durch ge:
meinfamen Yarendienft verbunden waren. Als
Auguftus die Stadt Rom in 14 Regionen teilte,
wies er jeder Region eine beftimmte Anzahl vici
zu und erneuerte dadurch diejes veraltete Jnftitut.
Zugleich wurden die alten magistri vicorum
wiederhergeftellt, die eine jafrale und abminiftra:
tive Birffanfeit hatten. Sehr oft hieß vıicus
Straße ſchlechtweg, und außerhalb der Stadt ent:
fpricht das Wort unjerem Dorf und Marftfleden.
Die vici hatten eine Art Kommunalverfafjung (mit
Bürgermeiftern, magistri, Zufammentünften der
vicani u. |. w.), gehörten aber in der Hegel zu
einer größeren Gemeinde (aus mehreren vici zu:
jammengejegt) oder zu einem Stadtgebiet. Sehr
viele vici lagen auch in den Provinzen, die zur
—— Bezeichnung einen Namen hinzufgten
. vicus Aquensis (j. Baden-Baden), vicus
ulius im Gebiete der Nemetes (j. Germersheim) |
u.d. a. Die meiften bderjelben fommen nur in
Itinerarien und Juſchriften vor, gewöhnlich mit
einem Beijaß, 5. B. vicus Matrini (j. Bico in
Etrurien).
Vienna, Hauptftadt der Allobroger im nar:
bonenfiichen Gallien, in weinreicher Gegend am
linten Ufer des Rhodanus, jpäter auch römijche
Kolonie und ausgezeichnet durch die Bildung ihrer
Einwohner. J. Vienne mit Altertümern. Caes.
b. 9. 7, 9. 10. Tac. ann. 2, 24. Strab. 4, 185.
Vierhundert, —— Rat in Athen. Viel⸗
leicht ſchon feit der Zeit Kimons begann die Ber: |
einigung von politiih Unzufriedenen in Klubs
(Eramgiaı), um auf die Umgeftaltung der Ber:
fafjung zu wirken. Der Hermofopidenprozeh, jowie
Ariftophanes’ Komödien geben Belege für den Tei-
' gegen biejelben.
der ſiciliſchen Erpedition führte die Not zu einer
darum.
1287
denjchaftlihen Argwohn der herrichenden Partei
ad dem unglüdlichen Ausgang
Vigintiviri.
oligarchiſchen Einrichtung in der Einfeßung der
Probulen (ſ. [Igoßoväoe); damit traten die Be:
mühungen, die Demokratie zu ftürzen, entichiedener
hervor. Wltibiades, aus Sparta zu Tiffapher:
nes entflohen, nüpfte Verbindungen mit der Flotte
bei Samos an und verjpracdh Unterftüßung von
den Berjern, wenn in Athen, wo fein erbittertiter
Feind Androfles an der Spige ftand, eine Dligarchie
eingeführt würde. Dligarhiichen Sinnes waren
unter den Anführern der Flotte Phrynichos und
Beifandros (ſ. d.), beide in mancherlei Hinficht
übel berufen. Jenen beftimmte der Haß gegen
Altibiaded, die Anträge abzulehnen, Beifandros
aber ging, um Borjchläge zu maden, nach Athen.
Er bewirkte die Vereinigung aller Hetairien zu
emeinfamem Wirken und wurde zu Unterhand-
ungen mit Alfibiades und Tiffaphernes bevoll-
mächtig. Dieje blieben zwar ohne Erfolg, da:
gegen Tebte er bei feiner zweiten Reife nach Athen,
um April 411 v. E., nachdem er jchon in mehreren
Injelftaaten die Oligarchie eingeführt, den Volls
beſchluß durch, daß mehrere demokratiſche Inſtitute
aufgehoben (yea«pr) rapavöumr), der Sold ab:
aeihafft, “und ftatt des alten Rats von 500 ein
neuer aus 400 Mitgliedern, die unter der Leitung
von Proödroi fich ſelbſt wählten, eingejeßt wurde,
welcher unbeſchränkte Gewalt üben und die auf
5000 bejchränfte Bolfsverjammlung nur zujam:
menrufen jolkte, wenn es ihm beliebte. Dieje Re:
gierung fing Unterhandlungen mit Sparta an, doc)
die Erwartungen, unter denen das Bolt die Ber:
änderungen fi hatte gefallen lafjen: ein günftiger
Friede oder dark von den Perjern, gingen nicht
in Erfüllung. Bald zerfielen die Oligarchen auch
unter fich; einige der Häupter, Phrynichos, Bei:
jandros, Antiphon, bereiteten offenen Verrat an
Sparta, andere, Theramenes, Ariſtokrates u. a.,
neigten fih zur Ausſöhnung mit dem Bolle.
Euboia fiel ab, die jetzigen Führer der Flotte bei
Samos, Thrajybulos und Thrafyllos bejonders,
erhoben fich für die Demokratie. Altibiades, dem
ed mit der Oligarchie nie Ernft geweien, wurde
berbeigerufen und an die Spiße geftellt. Bei jo
drohenden Verhältniffen wurden die 400 vom
Volke geftürzt, nachdem fie 4 Monate ſich gehal-
ten; Phrynichos wurde ermordet, Antiphon hin:
— andere flohen zu den Spartanern nach
efeleia. Der alte Rat wurde wieder eingelebt;
da aber der Ekkleſiaſtenſold abgeſchafft blieb, jo
hielt ſich noch eine Zeit lang die Vollsverſamm—
lung der 5000, auch noch einige andere der ge:
machten Reformen blieben beftehen, wie lange, tt
ungewih. Z’huc. 8, 67—97.
Vigiliae j. Disciplina militaris, 7.
Vigintiviri hießen jeit Auguftus die in ben
Tributcomitien gewählten 20 niederen Magiftrate,
nämlich IIlviri capitales, IIIviri monetales, Xvirı
stlitibus iudicandis und IVviri viarum curan-
früher hießen fie XXVlviri, ſolange
noch Ilviri viis extra urbem purgandis und bier
praefecti iuri dieundo für Campanien beftanden,
welche 6 Auguftus abjchaffte. Diefen XXviri ent:
' fprachen die VIIIviri der Municipien. — Auch gab
es zuweilen XXviri zur
mo. Ausführung
öffentlicher Aufträge, 3. B.
um Cäjars Adergejege
1288
ins Leben zu führen, um den Provinzialcenjus zu |
halten (unter WMuguftus) u. |. m. |
Villa, Landgut, Landhaus, doc keineswegs mur |
ein Sommerhaus, vielmehr jo eingerichtet, daß es
im Sommer fühl, im Winter warm war. Anfangs
waren dieſe Landhäufer jehr einfach und ſchmuck—
108; jpäter, jeit der Belanntichaft mit orientali:
ſchem Luxus, wurden fie immer pracdhtvoller und
bequemer. Die eigentlihe villa rustica biente
landwirtichaftlichen Zweden: neben dem Eingange
lag die Wohnung des Verwalters (vilicus), im
—— Geſchoſſe wohnte der Rechnungsführer.
ahe beim Verwalter wohnte das Geſinde und
befanden ſich die Geräte für den Ackerbau; die ſehr
geräumige Küche, die zugleich als Aufenthalts:
und Speijezimmer des Gejindes diente, lag dem
Hofe zu. Hühnerſtälle waren neben der Küche,
Taubenjchläge (columbaria) in höheren Stod:
werfen oder Türmen. Der Wirtjchaftshof (villa
fructuaria) war von jämtlichen Gebäuden ein= |
geichloffen; in der Mitte des Hofes war ein Wafler: |
behälter für das Vieh. Räume zum Aufbewahren |
von DI, Wein, Stroh, Heu waren unten, für!
trodene Früchte im oberen Stodwerfe. Weiter
weg lagen fir fich das Backhaus, die Mühle und
die Dreichtenne. — Davon verjchieden waren die
eigentlichen Luſthäuſer, wo neben der nett und
bequem eingerichteten Wohnung Gärten oder Plan:
zungen für Obft, Wein, Dliven, Blumen, Kräu—
ter 2c. fich befanden. Für den Winter und den
Sommer waren bejondere Zimmer darin; zu glei:
chem Zwecke dienten die bededten Gänge (xysti), die
im Sommer Schatten, im Winter Wärme gaben.
Villa —
Vindex.
Liv. 40, 44. (ie. off. 2, 17, 59. Bgl. Magi-
stratus. Später (171) gelangte er zur Prätur.
Liv. 42, 28. 31. — 3) €. Vill., wurde als Teil:
nehmer an den Plänen de3 Ti. Gracchus hinge—
richtet. Plut. Tib. Gracch. 20. — 4) 2. Bill.
Annali3, wurde 43 v. E. von den Triumpirn
proffribiert und vom eigenen Sohne verraten.
5) Diejer, Bill. Annalis, erhielt zwar zum Lohn
für feinen Verrat de3 Vaters Bermögen und die
Quäſtur, erlitt jeboch fpäter durch die Hand der
Soldaten, die feinen Vater ermordet hatten, jelbft
den Tod. Val. Max. 9, 11, 6. App. b. c. 4, 18.
Viminälis j. Roma, 2.
Vinalia, Weinfeft, j. Mezentius.
Vincüla, die Feſſeln, im weiteren Sinne der
Kerker (f. Carcer). Arten der vincula find ca-
tenae, fetten, manicae, Handeiſen, compedes
oder pedicae, Fußeifen, nervi, Bänder um den
Hals oder Fuß.
Vindelifei j. Vindelicia.
Vindelieia. Otıwöeiında, die nordweſtlichſte
der römijchen Donauprovinzen, wegen ihrer Klein-
heit mit Rätia verbunden. Bon Germanien jchied
V. der Danudius im N., gegen W. wohnten die
Helvetier in Gallien, gegen ©. lag Rätien und
Noricum, gegen D. Noricum (der Fluß Anus,
j. Inn); es umfaßte alſo die nordöftliche Schweiz,
Teile von Baden, Württemberg, Bayern und Tirol.
Die Flüffe des fruchtbaren Landes entjprangen
ſämtlich den Alpen und jtrömten der Donau zu:
ilara (j. Aller), Guntia (j. Günz), Lions (ij.
Lech) mit Birdo (j. Wertach), Jjara (j. Niar),
Anus (j. Inn); der Lacus Brigantinus (i.
Fifchteiche und Vogelhäufer durften natürlich nicht | Bodenfee) gehörte meift hieher. — Die Feltijchen
fehlen, ebenjowenig Parkanlagen und Tiergärten | Bindelici, Stammverwandte der Rätier, wurden
zum Behufe der Jagdbeluftigungen und Bienen: | 15 v. E. durch die beiden Etiefjöhne des Auguftus
jtöde (apiaria); fchöne Umgebungen wurden mit |
aller Kunſt bereitet, jomwie im Innern Bäder und
Ballhäuſer (sphaeristeria), großartige Speijefäle, |
Wohnzimmer mit herrlichen Ausfichten, Studier: |
zimmer mit allen möglichen Bequemlichkeiten vor:
handen waren. Zahlreiche Refte von Billen haben
fich erhalten. — Vgl. Beder-Göll, Gallus IIl ©. 46 ff.
Villfeus (vilicus), der Verwalter einer Billa,
Hofmeier, gewöhnlich ein tüchtiger Slave oder |
lıbertus. Oft Hatte er außer den ökonomiſchen
Gefchäften auch die Rechnung zu führen, mas
eigentlich Sache des actor war. m weiteren
Sinne hieß villicns jeder Verwalter, 3. ®. bei
Agnäduften, Steuereinnahmen u. j. m.
Yillfi, plebejiihen Standes: 1) P. Bill. Tap:
pulus, Konful 199 v. E. (Liv. 31, 49), über:
nahm den Krieg gegen Makedonien, in das er
von Epeiro8 aus (198) eindringen wollte; indes
wurde er, nachdem er anfangs einen Sieg im
Aoosthale erfochten hatte, vom Könige Philipp
am weiteren Bordringen gehindert und bald dar:
auf von feinem Nachfolger T. Quinctius Flami—
ninus (Plut. Flam. 3. Liv. 32, 3. 6) im Ober:
befch! abgelöft, war jedoch im folgenden Jahre als
Konfularlegat beim. Heere und jodann einer der
decem legati zum Abſchluß des Friedens. Liv.
32, 28. 33, 24. Im J. 192 ging er als Mitglied
einer Sefandtichaft zu Antiochos von Syrien. Auf
der Meile hatte er zu Epheſos mehrere Inter:
redungen mit Hannibal, der fich daſelbſt aufhielt.
Liv. 35, 15. 19. — 2) 8. Bill. Annalis, Volks—
tribun 180 v. E. und Urheber der lex annalis,
befiegt. Strab. 4, 206. Well. Pat. 2, 95. Hor. od.
4,4, 18, 14,7 ff. Sie zerfielen in — Stämme:
die Brigantii mit der Stadt Brigantium (ij.
Bregenz) im ®., Runicates im N, Leuni, Con:
jnanetä, Breuni am Brenner. Die mwichtigften
Städte waren Mugufta Bindelicorum (j. Augs—
burg), die Hauptſtadt, der eig Stadtrecht ver:
lich, Arbor Felir (j. Arbon), Batava Caſtra
(ij. Pafjan), Regina Eaftra {j. Regensburg),
Sorbiodurum (j. Straubing), Campodunum
(j. Kempten), deſſen Forum 1885 aufgededt worden
ift, Bedaium (j. Ehieming) u. a. Strab. 4, 193.
206. 207 u. Ö.
Yindemia f. Vinum, 3.
Vindex, 1) (qui vim dicit) der Gewalt An-
drohende und dadurch Schütende und Rächende.
Im alten Prozeß war vindex der Vertreter für
den, welcher in ius vociert war, und ebenjo im
Erekutionsverfahren mit manus iniectio derjenige,
welcher durch jein Gutſagen die Haft des Verur—
teilten abmwendete, ſ. Prozefs (röm.), 23. und
Manus iniectio. Aud hieß vindex Stell—
vertreter überhaupt. Cie. top. 2. — 2) Beiname
des Jupiter ald rächenden Gottes. — 3) Perſonen—
name: C. Julius Binder, entftammenb einer
alten, Feltiichen Adelsfamilie (Dio Cass. 63, 22.
Suet. Ner. 40), aber 3 romaniſiert, war unter
Nero Statthalter von Gallia Lugdunenſis und ge—
dachte als ſolcher 68 n. C. Gallien wahrſcheinlich
„eine ſelbſtändige Stellung, vielleicht in Form
eines Klientelſtaates“ zu verſchaffen, deſſen Be—
herrſcher er werden wollte. Tac. hist. 4, 17. Jedes:
Vindicatio — Vinum.
falls ift an dem nationalen Charakter der von |
ihm andgehenden Bewegung nicht zu zweifeln.
Scharen von Galliern ftrömten ihm zu, und jein
Heer beftand ſchließlich aus 100 000 Mann. Da |
e8 aber diejem an guter Bewaffnung und an
Übung fehlte, ſah er ſich auf die Beihülfe benach—
barter Heere angewieſen. Sulpicius Galba, der
Statthalter von Hilpania Tarraconenfis, dem er,
vorichlug, fich zum Kaifer erheben zu laffen (Plut.
Galb. 4f. 22. 29. Dio Cass. 63, 23), nahm, ichon
vorher nad) der Krone .lüftern, an der Erhebung
teil und fünbdigte Nero den Gehorfam auf. Plut.
Galb. 4.9. Dagegen verhielt ſich der Statthalter
bon Obergermanien, %. Berginius Rufus, dem |
die eigenen Truppen die Kaiſerwürde angeboten |
hatten (Plut. Galb. 6), anfangs ſchwankend, zog
aber bald mit einem Deere zur Unterdrückung des
von Binder erregten Aufitandes gegen Vejontio.
Während Binder hier noch einmal den Verginius |
eb auf jeine Seite zu ziehen verfuchte, begann |
diejer mit feinen Truppen den Kampf, in dem
Binder und fein Heer vernichtet wurden. Dio
Cass. 68, 22jf. Zonar. 11, 13. Suet. Ner. 40f.|
Plut. Galb.3ff. Tae. hist. 1, 51. 65. 89. 2, 95.
4, 14. 57. Bol. Schiller, Gejch- der röm. Kaiſer—
zeit 1, 1 ©. 362 ff.
Vindicatio hie im mw. ©. Eigentumsflage,
im e. ©. ber älteften Seit ein bejonderer At der
in rem actio per sacramentum, Vindicatio war
nämlich ein ſymboliſcher Kampf der Parteien,
eigentlich Anfagung von Gewalt, d. h. der Kampf.
Diejer Streit (in Iure manum conserere) wurde
im der alten Zeit in Gegenwart des Prätors auf
dem beftrittenen Grundftüd veranftaltet, jpäter vor
dem Prätor, nachdem die Streitenden eine Scholle
(vindiciae genannt, weil fie vindiciert ward) von
den betreffenden Grundftüd geholt hatten. Der
Kampf beichräntte jich darauf, daß zuerst der eine,
fodann der andere die Sache als die feinige er:
Härte (vindicare und contravindicare), indem
jeder fie mit dem ſymboliſchen Stabe (festuca,
vindicta) berührte. Nachdem darauf Das sacra-
mentum abgeichloffen war, orbnete der Prätor |
den Befiß der Sache während des Prozeſſes; ge:
wöhnlich aber lieh er den Beſitz dem bisherigen |
Inhaber, der dem Kläger für Herausgabe der
Sache und der Früchte Bürgichaft leiften mußte
(pro praede litis, d. h. der Sadıe, et vindicia-
rum, d. h. der aus der vindicierten Sache ent:
iprungenen Vorteile). Endlich fam es zum iudi-
cium, wo entichieden wurde, welche Kartei das
sacramentum mit Recht geleiftet hätte, und welche
demnach das Eigentum der beftrittenen Sache er:
halten müßte. Diejes Bindifationsverfahren fand
auch bei Erbichaftsitreitigfeiten und Freiheitspro—
gelien (eausae liberales) jtatt. Der assertor li-
‚ertatis vindicierte den Menſchen in libertatem,
der assertor servitutis aber in servitutem, j.
Assertor,. Dann folgte die endgültige Entjchei:
dung über den Bejig. Mit dem Formularprozeß
traten neue Formen an die Stelle der alten Vin—
difation, nämlich die Sponfionen und die einfache
Klage mit der formula petitoria. Der alte Name
aber blieb für jede Eigentumsflage beftehen.
Vindieta ſ. Manumissio, |
Vindius, Obivdto» Öoog, oder Vinnius, ber‘
weſtliche Teil des antabrifchen Gebirges in Hi:
jpanien, mit den Quellen des Ebro und Sil;
manien kämpfte.
1289
jest Sierra Eovadongo und Bennablanca. For.
4, 12.
Vindoböna (b. h. Weißenfeld), Stadt Ober:
pannoniens und Municipium, am Danupius und
M. Eetius (j. Kahlenberg mit Wienerwald), wo
jih ein Stationdort der Donauflotille und das
Hauptquartier einer Legion befand. Port jtarb
Kaiſer M. Aurelius Antoninus. J. Wien.
Yindonissa, Stadt der Helvetier in Gallia
Belgica, an der Mare; j. Windiich mit Altertümern,
bejonders einer noch erhaltenen Waflerleitung und
den Ruinen eines Amphitheaterd. Teac. hist. 4, 60.
Vinöa j. Belagerung, 10,
Vinieti (Vinueli), 1) P. Bin, ein mittel:
mäßiger Redner unter der Regierung des Auguſtus.
— 2) 2. Bin, bes vorhergehenden Bruber, Bolfs:
tribun 51 dv. C., wahricheinlich Anhänger Cäſars,
wurde 33 Konſul. war ein tlüchtiger Redner,
der jelbit aus dem Stegreif gut zu reden verftand.
Cie. ad fam. 8, 8,6. Sen. controv. 13. — 3) M.
Bin, zeichnete fih 25 dv. E. in Germanien aus,
war Konful im %. 19 und diente 13 in Panno—
nien unter Wgrippa, worauf er In. C. wiederum
mit Auszeihnung und glüdlihem Erfolge in Ger:
Dio (ass. 53, 26. Vell. Pat.
2, 9%. 104, — HM Bin, 30 n. E. Konful,
‚jeit 33 Gemahl der Julia Livilla, Tochter des
Germanicus, und daher Schwager des Kaijers
Ealigula. ©. die Geſchlechtstafel unter Julii, 8.
Nach deflen Tode richtete er feine Gedanken jogar
ni den Thron, gab jedod nah Claudius' Er—
hebung jeinen ehrgeizigen Plan auf. Im J, 45
war er zum zmweitenmal Konful. Sein Ende fand
er durch Gift, das ihm Meffalina, deren Neigung
er nicht ermwiderte, reichen ließ. Belleius widmete
ihm fein Geſchichtswerk. Vell. Pat. 2, 101. 103.
Taec. ann. 6, 15. 45. Joseph. ant. 19, 4,3. Dio
Cass. 60, 25. 27.
Yinii. Dahin gehören: 1) T. Vin., wurde
durch jeine Semahlin und einen Freigelaſſenen zur
geit der er der Triumvirn (43 v. €.) vom
ode gerettet. Dio Cass. 67, 7. App. b. ce. 4, 44.
— 2) €. Bin Fronto Ajella, ift der von
Horaz (ep. 1, 18) genannte Nachbar, durch den er
einige Gedichte an Auguſtus beforgen lieh. —
3) T. Bin. Rufinus, Legat und Günftling des
Galba, maßte fi) nach deſſen Erhebung | den
Thron unbejchränfte Gewalt an, machte fich aber,
wie er jchon früher gemeine Berbrechen rag
hatte, durch Ubermut und Geiz (Suet. Galb. 14:
eupiditatis immensae) äußerſt verhaßt und trug
wicht wenig dazu bei, daß Galba vom Volte in
gleicher Weije gehaßt wurde. Tac. hist. 1, 6. 12.
37. 42. 72. Plut. Galb. 14. Er fand gleichzeitig
mit Galba den Tod, obgleich es ſchien, als habe
er Anteil an dem Aufftande des Otho (15. Jan. 69).
Tac. hist. 1, 27. 42. Plut. Galb. 27. — 4) Seine
Tochter, (Binia) Erifpina, verlobt mit Otho, dem
nachmaligen Kaifer, lieh, als ihr Bater ermorbet
war, von deſſen Mördern jeinen Kopf mit Geld
losfaufen. Tac. hist. 1, 47.
Vinum, olvog. Der Wein war in Griehen:
land jeit dem älteften Zeiten das gewöhnliche täg:
lihe Getränk, freilich nie unvermiſcht, meiftens
mehr Wafler als Wein; iſt unter oövog der un:
ze: Wein verjtanden, jo fteht ängaros dabei.
tan tranf ihn warm oder falt, im Sommer gern
recht fühl, wie man denn dafür auch ſchon Eis:
—
tz
=
1290 Vipsanii — Virginii.
oder Schneefeller zu benutzen wußte. Die Be: | behälter lagen, jämtlich wohlverforft, verpicht und
handlungs⸗ und Aufbewahrungsart war ziemlich | mit Etifetten (tessera, nota) verjehen, auf demen
ebenjo wie bei den Römern. Denn diefe haben | der Name des Weines und des Konjuls ftand
den Weinbau teild mit den Griechen gemeinjchaft- | (zur Bezeichnung des Jahres), Auch jchrieb man
lich, teils wieder von ihnen gelernt. Man wählte | dieje Noten auf die Amphora ſelbſt. — In der
in Griechenland den Wein mehr nach dem Ge: | apotheca befanden fi rl die aus den größeren Ge:
ihmad als nad) der Gegend, wo er gewachien | fähen umgefüllten (diffundere) Weine, am liebften
war. Doch waren namentlid) die Inſelweine be- Über dem Bade, damit der Rauch hineingeleiter
liebt (Chios, Leſbos, Lemnos, Thaſos und Kypros). | werden konnte, ber den Wein alt und mild machte;
Der inländifche Wein toftete in Attifa zu Demo: | daher vina fumea genannt, Wegen ber Seife,
jthenes’ Zeit etwa 4 Drachmen der Metretes (uns | welche die Weine bei diejer Behandlung behielten,
gefähr 40 Liter). — In Unteritalien war von | wurden jie vor dem Gebrauche gellärt (defaecare,
jeher blühender Weinbau, in Latium war er uns | liquare, colare), mit einem Ei ( or.sat.2,4,45 fi.)
bedeutend. Zwar hatten die alten Römer Wein: | oder vermitteljt des Seihens, indem ein saccus
gärten (vineae, in den XII Tafeln erwähnt), aber | vinarius im colum hing (j. Colum), Um ven
fie waren jparjam im dem Gebrauche des Weins | Wein zu erfrifchen, jchüttelte man ihn auch über
und jchlofien die Frauen von deſſen Genuß ganz | einem mit Schnee gefüllten saccus, davon niva-
aus. Erſt als fie den unteritalifhen und griedhi- | rius genannt. Auch die Römer tranfen ihn mic:
ſchen Wein fennen gelernt hatten, vervolllommnete mals unvermifcht, jondern mit Waller verbünnt
man die Weinfultur ſowohl durch fremde Reben | (dilutum), denn es galt für Unmäßigfeit, unver:
als durch befiere Behandlung. — Man hatte eine | mifchten (merum) zu genießen. Im Krater wurde
Mafje von Traubenarten (am bejten die Aminea, | zwar für alle gemiſcht, aber die Gälte temperier-
Nomentana, Allobrogica, Apiana), aus denen | ten ein 7 2. Gutdünfen. Vgl. Beder :@öl,
viele Reinjorten gewonnen wurden. Die edeljten , Gallus . 412
waren Caecubum, Setinum, Falernum, Massi- | —e .) Bipf., älterer Bruder des
cum, Surrentinum, Albanum, Calenum, Funda- | berühmten M. Vipjanius Ygrippa, wurde von
num u. a. Sewöhnliche e Weine waren Trifolinum, | Cäjar, gegen den er mit dem jüngeren Eato ge:
Signinum, Sabinum, Nomentanum, gang geringe | | fochten hatte, gefangen genommen, aber auf Ber:
Vaticanum, Veientanum, Paelignum, Caereta- | wendung des Setavian begnadigt. — 2) M. Bipi.
num, Sp oletinum. — Sehr beliebt waren die | Ugrippa, j. Agrippa. — 3) Polla Bipja-
rieiichen vorzüglich hier, Leſbier, Kypri: | nia, der beiden vorigen Schweiter, legte den Gruud
cher. Nach den Farben unterjchied man weißen | zu der berühmten Halle in der neunten Region, im
(album), gelben (falvum), rötlichen (sanguineum) | der ihr Bruder orbem terrarum urbi spectan-
und dunfelroten (nigrum, —— Wein, und nach dum proposuerat (Plin. 3, 2). Dio Cass. 55, 8
dem Alter vetus oder novum und recens. Jenen | — 4) Vipſania Agrippina, Todter des be
og man vor und ſuchte denſelben nachzuahmen, rühmten Agrippa aus deſſen erſter Ehe, Gemahlin
(oe man überhaupt den Wein oft fäljchte oder | des Tiberius und Mutter des Druſus ſ. die
durch —— von edlen Sorten und guter | ' Stammtafel unter Julii, 8.), wurde auf Befehl
Hefe verbefjerte. Auch machte man den Wein mit des Auguftus von Tiberius (gegen defien Willen,
aromatijchen und bitteren Ingredienzen ein (vina da er de liebte) —— welcher dafür ihre
fietitia), wie mit Aloe, Safran, Kalmus, vorzüg: | | Stiefmutter, Augujtus’ Tochter Julia, heiraten
fih mit Myrehenharz, murrina oder murrata | mußte. Ihre Mutter, Pomponia, war die Tochter
potio. Künftlih war aud mulsum (ſ. d.) und | des Atticus. Vipſanig Agrippina ftarb 20 n. €,
der Glühwein (calda, ſ. d.). Wein, aus eingekoch: | nachdem fie fich mit Afinius Gallus, dem Sonne
des berühmten Aſinius Pollio, wieder verheiratet
hatte. Suet. Tib. 7. Dio Cass. 54, 31. 68, 3. Tae.
tem Moſt bereitet, hieß sapa, defrutum und ca-
roenum, aus welten Trauben vinum passum und
diachytum. Nur arme Leute und SHaven tran: | ann. 1, 12. 3, 19.
fen lora, den durch abermaliges Keltern gewonne⸗ Vipstäni, 1), C. Bipft. Apronianus, Komiul
nen Nachwein. — Nach der Weinleje (vindemia) | 59 n. C., verwaltete Afrila als Statthalter zehn
wurden die Trauben mit den Füßen ausgetreten | Jahre päter. Tac. ann. 14, 1. hist. 1, 76.
(calcare, davon hie der herablaufende Moft mu- 12) Vipft, Meijalla, diente im Kamıpfe des
stum caleatum), und die Treſſern (scopi und Veſpaſian mit Bitellius (69 n. €.) als Kriegs:
folliculi, Stiele und Hilfen) ſodann unter die tribun und zeichnete jich wie im Kriege durd
Preſſe (toreular, torculum) gebradht. Der Moft | Tapferkeit, jo im Frieden durch Beredſamleit (daher
(mustum) lief in den Jacus torcularius und aus er in Tacitus’ dialogus de oratoribus auftritt
diefem in dolia, um auszugären (fervere), bis | aus. Auch beſchrieb er die von ihm erlebten ug
man den jungen Wein ficher ven konnte. Bu | ereigniffe in einem eigenen Werte. Tac.hist.3,9.2
diejem Behufe dienten die vorher ausgepichten | dial. 14. 23 ff.
Dolium und] Virbius j. Diana unter Artemis, a. €.
Vasa), jowie die langen amphorae, lagenae, Virgilüi j. Vergilii.
orcae und cadi (j. Amphora), nur mit dem | Virginälis, Virginiensis, Virgo, Beiname
Unterjchiede, daß die feineren Sorten in die Am: |1) der Juno; — 2) der Fortuna; — 3) ber
phoren famen, während die gewöhnlicheren erſt | Diana; — 4) der Minerva; — 5) der Victoria;
dann aus den diden (die in die Erde eingelaffen | — 6) der Er
waren, dolia demersa) in die langen Gefäße ge- Virginia j. Virginii, 8.
füllt wurden, wenn fie gebraucht werben follten.| Virginfi (Verginii). Dahin gehören: 1) Opi-
Die cella vinaria war ein Fühler, nad Norden | ter Virg. Tricoftus, 502 v. E. Konjul mit
gelegener Raum, in welchem die genannten Wein: | Sp. Caſſius Bifcellinus, fiel im Kampfe mit den
dolia, seriae, cupae, calparia (
DZ
Virgo
Boljlern, 487. Liv. 2,17. Dion. Hal.5,49. Zonar.
7,13, — 2) T. Birg. Tric. Cäliomontanus,
focht in der Schlacht am Sce Regillus gegen bie
Zatiner ald Konjul, 496 v. C. Liv. 2, 21. Dion. |
Hal. 6, 2. — 3) A. Birg. Trie. Cäliom., führte
einen glüdlichen Krieg mit den Boljfern im J. 494
v. E., in dem er Kouful war, und war jpäter einer
der Gejandten, die der Senat an das Volk nad) dem
Heiligen Berge abichidte. Liv. 2, 28. 30. Dion.
Hal. 6, 34. 42. 69. — 4) Broculus Birg. Tric.
Rutilus, ariepnete jih 486 v. E. als Konſul
gegen die Aquer aus und war ein Gegner bes
agrariichen Geſetzes, das jein Kollege Sp. Caſſius
einbrachte. Ziv. 2, 41. Diod, Sie. 11, 1. Dion.
Hal. 8, 68 ff. — 5) W. Virg. Trie. Rutilus,
brachte feinem Kollegen im Konjulate Sp. Ser:
vilins rechtzeitige Hülfe im Kampfe gegen die
Bejenter, 476 dv. E. Jav.2,51. Dion. Hal. 9, 25F.
— 6) U. Birg. Tric. Cäliom., zeichnete fich
wiederholt aus im Kriege mit den Aquern. Liv.
2, 63. Diem. Hal. 9, 56. 10,49. — 7) 4. Birg.,
Bolfstribun und Verteidiger des terentilifchen Ge:
jeßvorichlags 461 dv. E., wurde für die nächſten
4 Jahre ſtets wieder gewählt, bis 467 der Plebs
die Wahl von 10 Tribunen bewilligt wurde. Liv.
3, 11 ff. 19. 215. 245. 29. — 8). Birg., tötete
jeine Tochter Virginia, deren Keujchheit vom
Decempir Appius Claudius bedroht war, und ward
449 v. C. zum Bollstribunen erwählt. Ziv. 3,44.
47. 64 ff. Cie. fin. 2, 20. 5, 22. — 9) 8. Birg.
Trie. Esquilinus, mwurbe 401 v. C., weil er
im Kriege gegen Beji feinem Kollegen im fonfu:
lariſchen Tribunat Hülfe zu bringen verſäumt hatte,
angellagt und vom Gerichte verurteilt. Zav. 5, 8ff.
— 10) A. Virg, römiicher Nechtögelehrter, Freund
des Rutilius Rufus. Cie. Lael. 27, 101. — 11) 8.
Birg. Rufus, aus dem cisalpinischen Gallien
gebürtig, verwaltete unter Nero, 63 n. E., das
Konjulat (Tac. ann. 15, 23) und war 68 Statt:
halter des oberen Germaniens, von wo er mit
einen Deere zur Unterdbrüdung des von Binder
(1. d.) erregten Aufftandes zog. Nad) Binder’ Tode
wiederholt von feinen Truppen zur Annahme der
Herrſchaft gedrängt (Dio Cass. 63, 25. Plut. Galb.
6. 10, Tac. hist. 1, 8), wies er fie zurüd (Plin.,
ep. 2,1. 9, 19) und ließ feine Krieger, als alba
vom Senate ernannt war, auf dejien Namen ſchwö—
ren. Xroßdem rief ihn der mißtrauiſche Galba
nah Rom zurüd. Zac. hist. 1, 8. Dio Cass. 64, 4.
Plut. Galb. 10. Unter Otho, der ihn (69) zum
zweitenmal zum Konſul ernannte (Tac. hist. 1, 77.
Plut. Oth. 1), beteiligte er ji) am Kampfe gegen
Bitellins. Als Otho ſich den Tod gegeben, ver:
juchten ihn die Truppen wiederum zum Kaiſer zu
erheben, er lehnte aber auch jet ab. Tac hist.
2,49.51. Gefeiert und bewundert, befleidete Birg.
noch im J. 97 mit Kaiſer Nerva das Konſulat,
ftarb aber während desjelben. Plin. ep. 2, 1. Dio
Cass. 68, 2. Tacitus hielt ihm die Leichenrede.
Er war auch Dichter. Plin. ep. 5,3. Sein Pflege:
john, der jüngere Plinius, hat uns die von ihm
jelbjt gefertigte Grabſchrift aufbewahrt. Daj. 6, 10,
9,19.
Virgo ſ. Sternbilder, 5.
Virläthns, Odsgpiardog, ein Luſitanier, an:
fänglih Hirte, jammelte jpäter eine Schar von
Räubern um fi, an deren Spitze er durch förper:
lihe Kraft und Klugheit ſich jo hervorthat, daß
— Vis, 1291
er fich zum Feldherrn feiner Landsleute empor:
ſchwang, die er faft 10 Jahre lang, 149-140
v. E., zum Kampfe gegen Rom führte. Er be:
fiegte mehrere römijdhe Feldherren, bis Fabius
Marimus Amilianus den Oberbefehl übernahm
und ihn jchlug. Nach langem Kampfe und wech—
ſelndem Glüde fam es im Ri 141 zu einem Frie—
‚den mit Rom, der jedoch nicht lange dauerte und
vielmehr zu einer Zwietracht unter den Lufitaniern
Anlaf gab, indem die Römer von Bir. die Aus:
lieferung der von ihnen abgefallenen Iufitaniichen
ı Häuptlinge verlangten; Bir. überlieferte hierauf
eine Menge derjelben, nachdem er einige, darunter
ſeinen eigenen Schwiegervater, hatte töten lafjen,
den Römern. Im %. 140 brach der Krieg aber:
‚ mals aus, und Bir. wurde geichlagen. Nicht lange
nachher wurde er unter Mitwifjen der Römer von
verräteriichen Landsleuten in feinem Zelte ermordet.
Nah jeinem Tode war die Macht der Aufitanier
gebrochen, und fie mußten fich den Römern unter:
werfen. App. Hisp. 60 ff. Diod. Sie. fr. 33. Liv.
ep. 52ff. Eutr. 4, 16. Flor. 2, 17. Val. Mar.
6,4,2.9,6,4. Just. 44, 2. Cie. off. 2, 11. Ab—
handlungen von U. Beder (1826) und Hoffmann
(1866).
Viridarinm, ein grüner Platz, dann überhaupt
ein Heiner Garten, namentlich in dem Cavädium
und in dem Beriftylium der größeren Häuſer, wo
oft jehr nette Anlagen mit Blumen n. dgl. waren.
Der dafür jorgende Sklave hieß viridarıus. Bal.
Haus, II, 8.
Virilis j. Fortuna und Tyche.
Viripläca j. Venus unter Aphrodite.
Yiromandüi ſ. Veromandui.
Yirtus j. Honor.
Viränum, Oiioovror, 1) Stadt der Sidini in
Germanien. — 2) bedeutende Stadt in Noricum,
jüdlih von Noreja. Plin. 3, 24, 27. Reſte bei
den Dorfe Maria:Saal nördlich von Klagenfurt.
Monographie von Pichler (1888).
Vis, im mw. ©. jede gegen den Willen eines
andern unternommene Handlung, im e. ©. das
Verbrechen der Gewaltthätigleit. Jene Bedeutung
findet im Privatrecht, biete im Strafrecht ftatt.
Was das Privatrecht anbetrifft, jo geftattete diejes
ı nicht, unrechtmäßigen Zwang anzuwenden, um den
freien Willen eines andern zu hemmen, und fam
ſowohl durch Reftitution als durch eine Klage zu
Hülfe, genannt actio quod vi metusve causa,
‚Bei vis atrox, d. h. wenn durch perjönliche Ge:
walt der Beſitz einer Sadje verloren war, war
das interdietum de vi (ein interd, recuperandae
possessionis, f. Interdietum) anzuwenden. Ur:
Npränglich waren es 2 derartige Interdikte de vi
und de vi armata (Cie. Caec, 8, 14 ff. 19. 21 ff.
30 ff. Tull. 44 ff.), die wahrfcheinlich zufammen:
Ihmolzen. Endlid wurde in den Bürgerfriegen
eine actio bonorum vi raptorum eingeführt. —
Im Kriminalrecht wurde ein eigentliche8 crimen
de vi erjt gegen Ende der Republik gebildet,
als Gewaltthat und Selbfthülfe eingerifien waren.
Diejes geichah durch die lex Plautia oder Plo-
tia, 89 dv. C., zu der die lex Lutatia, 78 v. C.,
als prozeſſualiſcher Nachtrag erichien. Als ftrafs
bare und mit aquae et ıgnis interdietio be:
drohte vis waren mehrere Handlungen bezeichnet,
nämlid; Erregung einer seditio, Gewalt gegen
die Magiftrate und gegen den Senat, das Belegen
1292
von Pläßen und Waffentragen, das Niederreißen
von Häujern u. ſ. w. Unter den prozefiualiichen
Härten diejer Geſetze befanden fich ungünftige, uns
ſehr unflare Bejtimmungen über die Wahl und
Berwerfung der Richter. Cie. Hull. 33. Won der
durch dieje Gejebe begründeten quaestio perpetua
de vi wurden mehrere Eatilinarier fondemniert;
vgl. Cie. Cael. Die lex Pompeia de vi, 52
v. C., führte ein abgekürztes prozefjualisches Ber:
fahren ein, das bei den Anflagen des Milo, lo:
dius u. a. angewendet wurde. Cäſar gab eine
lex Julia de vi publica, vielleiht auch de
vi privata, obmohl leßtere auch von Auguſtus
herrühren fann. Der Unterjchied zwijchen vis publ.
und priv. ift jehr beftritten, um jo mehr, als die
Römer im Verlauf der Zeit die vis armata und
alle jchweren Arten der vis, die zur vis privata
gehört hatten, zur vis publica zogen. Die Strafe
war aquae et ignis interdictio für vis publica,
Konfiifation des dritten Teils des Vermögens und
Unfähigkeit zu öffentlichen Ehrenämtern für die
vis privata. In der Kaiſerzeit famen mehrere
Geſetze und SConss. hinzu, auch modifizierte die
juriftifche Interpretation vieles. Die Strafen wur:
den bis zur Hinrichtung und Deportation gefeigent,
aud) fam condemnatio ad metalla und Relega:
tion vor (legtere nur für honesti).
Viscellinus j. Cassii, 1.
Visceratio hieh die bei den Yeichenbegängnifjen
vornehmer Römer vorgenommene Fleiichausteilung.
Liv. 8, 22.39, 46. Mit den großen Leichenmahlen,
zu denen fogar das ganze Volf eingeladen wurde,
verband man oft Gladiatorenipiele. Lir. 41, 28,
Hor. sat. 2, 3, 85f. Später nannte man aud
Geldausteilungen, die an die Stelle des Fleiſches
traten, viscerationes.
Visellfi, 1) €. Vif. Barro, Konjul 12 n. C.
21 Legat in Germanien, beanipruchte die Füh—
rung im Kriege gegen Sacrovir, trat dann aber
zurüd. Tac. ann. 3,43. — 2) 2. Viſ. Varro,
Sohn des genannten, 24 n. C. Konful. Tac. ann,
4, 17. — 3) ein Rhetor, von Duintilian (9, 3, 89)
als nicht unbedeutend angeführt. ©. auch Furii,
16—17.
Yistüla, Oösorodlas, Grenzfluß zwiſchen Ger:
manien und Sarmatien, bie j. Weichſel, entiprang
nad) Ptolemaios auf dem Herkyniſchen Walde und
mündete in ben Sarmatifchen Ocean. Mela 3, 4.
Visurgis, Bicovoyis, j. Weſer, einer der Haupt:
ftröme Germaniens, defjen Quellen Ptolemaios auf
dem Melibocus (Harz) jucht, münbete in das Ger:
maniſche Meer, im Gebiet der Ehauci.
Viscellinus
Vitellii. Die bedeutendften find: 1) P. Pit., |
diente unter Germanicus in Germanien als Legat
(Tac. ann. 1, 70. 2, 6) und gin
(19 n. €.) nach dem Drient Nach Germanicus’
Tode trat er ald Ankläger des Piſo auf. Daj. 3, 10.
Suet. Vit. 2. Als Sejan, jein Gönner, geftürzt
war, wurde er gleichfalls angefla
ih, da fein Prozeß ſich in die Lä
Adern, Tief ſich aber auf Bitten der Seinen ver:
binden und ftarb in der Haft an einer Krankheit.
Tac. ann. 5,8. Suet. Vit.2. — 2) &. Bit., zeid):
nete ſich unter Tiberins als Statthalter in Syrien
aus (Tac. ann. 6, 32. 41) und züchtigte die Bar:
ther, denen er einen andern König gab. Daſ. 6,36.
Wegen feiner Tüchtigkeit und Ergebenheit wurde
er von Tiberius auf feinem Statthalterpoften bes |
mit demielben |
gt (31), öffnete |
nge 309, bie,
— Vitellii.
laſſen, und erjt Ealigufa rief ihn nach Rom zu-
rüd. Suet. Vit.2. Schon 34 n. E. hatte er das
Konfulat befleidet (Tac. ann. 6, 28), mit Kaiſer
Claudius, bei dem er fih durch unmännliche
Kriecherei einzufchmeicheln wußte, verwaltete es
zum zweiten: und brittenmal (Dio Cass. 60, 17.
21. 29. Suet. Vit. 2), war mit demielben Cenſor
(Tae. ann. 12, 4) und wurde jogar vom Staiier,
‘als derjelbe nad Britannien zog, zum Stellver:
treter ernannt. Wie fih Pit. der Mefjalina, die
ihn zu ihren Sweden gebrauchte, jehr willfährig
| zeigte, jo bewies er nach deren Sturze der Agrip—
pina die gleiche Ergebenheit. Suet. Vit. 2. Tac.
ann. 11,2f. 12,4. Zum Dante dafür rettete
ihn leßtere, als er des Hochverrats und Etrebens
nach der Herrichaft beichuldigt wurde, 51. Dai.
12, 42. Bon jeiner Gattin Gertilia (ſ. Sex-
tilii, 4.) hatte er 2 Söhne (Nr. 3 und 4). Sue.
Vit.3. — 3) Aulus Bit, des vorigen Sohn,
eboren 15 n. E. (Suet. Vit. 3), verbrachte jeine
Jugend am Hofe des Tiberius in Lüften und Aus-
ichweifungen (Dio Cass. 64, 4), wußte fih auch
bei den folgenden Kaiſern in Gunſt zu jegen und
ichmeichelte jpäter dem Nero, unter dem er im
J. 58 Konſul war, dann Afrifa verwaltete. Suet.
Vit. 3ff. Tac. ann. 11, 23. hist. 1,70.2,97. Als
Galba (Auni 68) Kaiſer geworden war, jchidte er
den Bit., den er als einen nur auf das Efien
bedachten Menjchen für völlig ungefährlich hielt
(Suet. Vit. 7), als Statthalter nach Niedergerma-
nien. Die Soldaten nahmen ihn (Ende 68) freund:
lih auf (Tac. hist. 1, 52) und riefen ihn (Jan. 69)
zum Sailer gegen Galba aus. Daſ. 1, 56 f. Suet.
Pit. 8. Plut. Galb. 22. Bon den nördlihen Pro:
vinzen bes Reichs fofort anerkannt ( Taac.hist.1,59%.),
ſandte er 2 Heere unter Cäcina und Balens nad
Italien voraus, während er jelbit noch, im uns
wiürdigfter Weije jchwelgend, in Germanien ver:
blieb. Daſ. 1, 61f. Inzwiſchen war (15. an.)
Salba ermordet und, bevor man noch in Rom
Kunde von PBit.s’ Erhebung erhalten hatte, bier
Dtho als Kaiſer anerfannt worden, der den Dften
und Süden des Reichs für fich gewann. Daf. 1, 76f.
Auch im Kriege war Dtho —— im Vorteil:
ein Zug zur See nach Gallien war erfolgreich
(daſ. 1, 87. 2, 12 ff.), und Cäcina konnte Placentia
nicht erobern, mußte fich vielmehr nach Eremona
urüdziehen und erlitt bei diejer Stadt eine Nieder:
Ihe. Dai. 2, 17— 26. Mllein nach ihrer Ber:
einigung fiegten Cäcina und Balens über die Otho—
'nianer bei Bedriacum (daſ. 2, 27. 30. 41-45),
und nach Othos freimwilligem Tode (15. April)
war Bit. Herr des Reichs. Mitte Juli fam er
nach Rom (daf. 2, 89. Swet. Vit. 11), wo er mit
Gelagen und Schwelgereien die Zeit verbrachte
und in kurzem ungeheure Summen verpraßite (Tue.
hist. 2, 9 Dio Cass. 66, 3. Suet. Vit. 18), io
daß die Soldaten, deren Lohn ausblieb, unwillig
wurden, und bie Zucht ſich Ioderte. Tac. hist.
2, 93f. So lagen die Verhältniffe, als die Legio—
nen im DOften den Beipafian zum Kaiſer ausriefen.
Jetzt ſannen Vit.s' befte Feldherren auf Perrat,
die Soldaten wurden abtrünnig; er verlor an die
Heere von Pannonien und Möſien die Schlacht
bei Cremona und that doch, während die Sieger
darauf raſch gegen Rom vorrückten, ſo, als wenn
gar feine Gefahr drohte. Doſ. 2, 96ff. 3, 12 ff. Sf.
Dio Cass. 65, 10. 12ff. Schon waren die pan:
Vitis —
noniſchen Legionen, geführt von Antonius Primus,
bis in die Nähe Roms gefommen, als jih Bit.
bereit erflärte, gegen gewiſſe Zugeſtändniſſe auf
die Herrichaft zu verzichten. Hierüber wurde zwi:
ſchen ihm und dem in Rom anwejenden Bruder
Beipafians, Flavius Sabinus (j.Vespasiani, 3),
ein Vertrag abgeſchloſſen. Tuc. hist.3,64f. Doc
die in Rom gebliebenen germaniſchen Cohorten
zwangen den Bit., von diejem Bertrage zurüd-
zutreten, nötigten den Sabinus und feinen An—
hang zur Flucht auf das Capitol, ftürmten dieies
und töteten den Sabinus mit einem großen Teile
jeiner Begleiter, wobei der Tempel des capitolini:
ichen Jupiter in Flammen au ging. Da. 3, 66 ff.
Nun drang Antonius in die Stadt ein, trieb die
Vitellianer Schritt für Schritt zurüd und eroberte
ſchließlich auch das befeftigte Lager der Präto—
rianer, in das dieſe fich zurüdgezogen hatten.
Daj. 3, 81 ff. Während diejes Kampfes hatte fich
Bit. im Palatium verftedt, wurde aber hervor:
gezogen und, nachdem er unter Schimpf und Hohn
gemoniichen Stufen graujam umgebracht, zwiſchen
18.— 23. Dezember 69. Suet. Vit. 16f. Tae. hist. | fangs auch aus Ügypten
3,84 ff. Dio Cass. 65,205. Zonar. 11,16. — 4) 8.
Lit, Bruder des Kaifers, gleich diejem ein üppiger
Schwelger, aber flüger, wenn auch noch jchlechter
von Charafter. Suet. Vit. 13. Tae. hist. 2, 68.
Nach der Schlacht bei Eremona erhielt er von jeiz
nem Bruder Auftrag, Rom zu ſchützen (daſ. 55),
dann mußte er einen Wufftand in Campanien
unterdrüden. Daj. 58. 76f. Suet. Vit. 15. Dio
Cass. 65, 16. Als er nad Roms Einnahme durch
die Anhänger Vejpafians von Tarracina her an-
rüdte, geriet er jamt feinen Truppen in Ge—
fangenjchaft und wurde auf Befehl des Antonius
Primus umgebradit. Tac. hist. 4, 2. Dio Cass.
65, 22.
Vitis, eigentlich ein Weinftod, dann eine Wein-
rebe, d. h. der Stod, den die römischen Genturio:
nen als Abzeichen Dio Cass, 55, 24) führten,
und mit dem fie die Soldaten ftraften, die ihre
Pflichten nicht gehörig erfüllten. Tac. ann. 1, 23.
Yitium. Wenn gegen die Vorjchriften des Auſpi⸗
calwejens (ſ. Divinatio, 18 ff.) abjichtlid oder
unabfichtlich gefehlt, ober eine Wahl unter Ber:
nachläſſigung der einzuholenden oder mit Beijeite-
jebung der eingeholten Auſpicien vorgenommen
war, ſelbſt aud dann, wenn inzwijchen noch ein
Einſpruch der Götter erfolgte, und die
—
trotzdem vollzogen wurde, ſo lag ein „Fehler“
1293
ein (j. Interrex) (Liv. 4, 7. 5, 17); der Ab»
tretende war nach Herfommen für diesmal auch
nicht wieder wählbar (Dio Cass. 54, 24), Nur
bei den Tribunen war die Ernennung eines In—
terrer unmöglich, auch waren bei dem Tribunate
die Intereſſen der Batricier nicht jo direkt betei-
ligt, als bei den übrigen höheren Amtern, daher
wohl die Erjcheinung zu erflären, dab uns nur
ein einziges Beijpiel (Liv. 10, 47) von vitio creati
tribuni, die ihr Amt niederle ten, überliefert ift.
War bei einem Boltsbeihfug ein vitium feſt⸗
geſtellt, ſo hatten allerdings auch nur die Comi—
tien das Recht, denſelben wieder aufzuheben; dod)
ift das ſpäter auch durch bloßen Senatsbeichluß
geichehen.
Vitrum , darog oder Aldog, las, war bis zu
den Zeiten des peloponneſiſchen Krieges ein äußerft
tojtbarer Artikel; nah und nad wurde der Ge—
brauc; allgemeiner, bejonders als in Alerandreia
Vitruvii.
‚die Fabrifation fich hob, und die Kunft des Glas:
ſchleifens daſelbſt eine bewunderungswürdige Höhe
durch die Stadt gejchleppt worben war, bei den
(ritium) vor. Die Entjcheidung darüber hatte das
Kollegium der Augurn, ſowohl aus eigener Macht:
volltommenheit, als auch auf Erfordern des Senats
ober des einzelnen Magiftratus (Liv. 23, 31.45, 12.
Cie. n.d. 2, 4. ad fam. 10, 12).
jefigeftelit, io hatte erſtlich die vollendete Wahl
ennoc Gültigkeit (Varr. 1.2. 6, 30: magistratus
vitio creatus nihilo secius magistratus), und
wurde ber gewählte ‚Ragiftratus in den Faſten
aufgeführt (Liv. 27, 22 nach Konjektur); aber den—
noch fügten ſich die Betreffenden dem Willen der
Götter und abdicierten (vitio facti abdicarunt),
gezwungen fonnten fie freilich nicht werden, wie
denn €. Flaminius 223 v. E. troß des Defretes
der Augurn und des Senatsbejchluffes jein Amt
behielt (Zav. 21, 63). Zur Erjapwahl für den
Abdicierenden trat regelmäßig das nterregnum
War ein vitium |
erreichte. Aber eine viel ausgedehntere Anwen—
dung jaud das Glas in alien, wohin es an:
ebradht worden war.
‚Man nahm das Glas zu Fenſterſcheiben, Later:
nengläjern und zu Verzierungen der Wände (wie
Ausgrabungen in Pompeji und Ficulnea zeigen)
und bereitete aus diejem Stoffe viele vasa vi-
trea (escaria, potoria), namentlich Becher, Scha:
len, Fläjchchen von allen Formen (ampullae, ala-
bastra) und größere Bajen (urnae), die aud als
Achentrüge in den Gräbern gebraucht wurden.
Die Glasgefähe waren bunt oder einfarbig, auch
aus mehreren übereinandergelegten Lagen zujam-
mengejegt, welche dann wie Stein gejchnitten und
geratifien wurden (toreumata vitri). ®Die alte
nft ift hierin der neueren noch mweit voraus.
Die j. g. Portlandvaje im Britiſchen Mufeum,
ganz von Glas, ift ein unvergleichliches Beiipiel
dieſes Zweiges der alten Kunft. Auch feine Edel:
teine wurden in Glas jehr geichidt nachgeahmt.
gl. über die Fabrikation des Glajes Marquardt,
Privatleben der Römer (2. Aufl.) S. 744 ff. Blüm—
ner, Technologie und Terminologie IV ©. 379 ff.
Yitruvli, 1) Bitr. Baccus, ein Fundaner,
reiste die Privernaten und Fundaner 330 v. C.
Kriege gegen Rom, wofür er im nächſten
Fahre den Tod erlitt. Das Haus, das er auf
dem Balatinus beſeſſen hatte, ward geichleift, die
Stätte blieb unbebaut und hie jeitbem Vacci
prata. Liv. 8, 19f. Cic. de dom. 38. — 2) Bitr.
Pollio, der einzige römijche Schriftjteller über
die Baufunft, defien Werk auf uns gelommen ift,
fällt in Die Zeit des Julius Cäjar und des Augu—
tus. Seine Heimat (Verona wird genannt), feinen
Bornamen und jeine Eltern kennen wir nicht, doch
rühmt er (praef. 1, 6) die gute Erziehu ng, welche
er in jeiner Jugend erhalten habe. Schon Cäſar
verwendete ihn ın jeinen Dienften, und Auguſtus
brauchte ihn nicht bloß ald Ingenieur zur Ber:
fertigung don Kriegsmaſchinen, Tabs übertrug
ihm auch. die Leitung des Bauweſens. Seine
Gönnerin, Auguftus’ Schweiter Octavia, vermittelte
ihm eine anjehnliche Penſion, in deren Genuſſe
er jein Alter in Gemächlichkeit verleben und jeine
Muße auf die Abfajjung des großen Werts ver-
wenden konnte. Aus Dankbarkeit widmete er die
10 Bücher de architectura dem Brinceps. Gr
1294 Vitta —
behandelt in dem erften Buche die Grundlagen
der Baufunft, jpricht in den zweiten von den
Baumaterialien, in dem dritten von Tempeln, in
dem vierten von Säulenordnungen, im fünften
von Öffentlichen Gebänden, im ſechſten von der
Stadt: und Landbaukunſt, im fiebenten von dem
Schmude ber Häuſer. Das achte handelt vom
Waſſer und von Waflerleitungen, das neunte von der
Gnomonil, das zehnte von der Mechanik. Offenbar
ein umfafjender Plan, zumal er fich die Mufgabe
ftellte, alles Erforberlicdye aus griechiichen Quellen
zu ſammeln, durch feine Erfahrungen zu bereichern
und durch die ung leider verloren geaangenen Riſſe
(schemata) zu erläutern, Die Zeit der Abfaſſung
wird in der Negel um 16—13 dv. C. gejeßt; Lachs
mann geht bis zu der Zeit, wo Barro geftorben
ift, zurüd. In der Darftellun
geübt; überall ſieht man den blohen Techniker, der
mit dem Ausdrucke nicht fertig zu werben weiß,
und der nicht bloß troden und dunkel (das Tiehe
ſich allenfalls durch den Gegenftand entjchuldigen),
jondern jchwerfällig umd ohne Ordnung, abftopend
und wunderlich jchreibt. — Außer dem Werte jelbft
befigen wir aud einen Auszug daraus von
Cetius Faventinus. — Ausgg. von Rode (1800),
3. G. Scmeider (1807 f.), A. Marini (1836), 8.
Lorengen (1856, unvollendet), Roje und Müller:
Strübing (1867). _ Guter Inder von H. Nohl
(1876). Dentiche Überſſ. von Rode (1796 ff.) und
Reber (1864 f.).
Vitta, das Kopfband, welches dad Haar ber
freigeborenen Römerinnen jchmüdte und in ein:
facher Weiſe zujammenhielt. Bon diefem war die
vitta der Veftalinnen und der Priefter verichieden,
indem fie aus einem langen Bande beitand, das
die die infula bildenden Wollfloden zuſammenhielt,
und deſſen beide Enden, mit Franzen (taeniae)
verjehen, hinten im Naden herabhingen. Auch
wurden alle Gegenftände mit vittis ummwunden,
denen man irgend eine religiöje Bedeutung beilegte,
3. B. die Hochzeitsfadeln, die geheiligten Bäume,
die Götterbilder, Kampfpreiſe, die Altäre, Tempel
und Häufer.
Vitüla, Victula, Vitellia, von vitulor abge:
leitet, römische Berjonififation der muntern Le—
bendigfeit, aljo der Freude und des Jubels, auch
mit Vietoria in Zuſammenhang gebradjt und als
Siegesjubel erflärt. Nac andern ift fie die Göt- |
tin, die dem Menſchen das Leben friftet, wesha
ihr Früchte als das
wurden. Verg. E. 3, 77.
Vivarium, ein Behälter für lebende Tiere,
1) viv. avium ober aviarium, das Gehege zur
Bucht und Mäftung ſowohl der gewöhnlichen zum
Haushalt gehörenden Vögel ald der Luxusvögel,
wie Pfauen, Faſanen, Krammetsvögel. — 2) Vir.
ferarum bestiarum, Tiergarten zur Jagd und
zum Vergnügen, beſtimmt für Eber, Hiriche, Rebe,
Hafen (leporarium). Auch gab es bejondere An-
ftalten für Hafelmäufe (gliraria), Schneden (coch-
learia) und Auftern (viv. ostrearum). — 3) Viv,
piscium ober piscina, Fiichbehälter mit ſüßem
oder mit Meerwafler, welche die Reichen mit einem
großartigen Luxus anlegten. Die meiſten Viva:
rien befanden fo auf den Billen der VBornehmen.
— In Rom gab e8 einen Tiergarten in der fünften
regio, in dem bie wilden Tiere für die vena-
tiones erhalten wurden; und außerdem mehrere
Ib
ift Vitr. wenig |
M. | rechten Ufer des —
in
Hauptnahrungsmittel geopfert
7
Voleacii.
Menagerien an Vergnügen des Beſitzers, aber
auch zum Han
Vivisei j. Bituriges.
Voeätes, Bolt in Aquitania, wahricheinlic
oberhalb Burdigala (Bordeaur), neben den Tanı:
fates. Caes. b. g. 3, 23. 27.
VocatIo in ius ſ. Prozefs, 22.
Voeetius Mous, waldiges Gebirge in Gallio
Belgica, öftlicher Zweig des Jura, j. Bözbern im
Wargau. Tac. hist. 1, 68.
Voconli. Dahin gehören: 1) DO. Boconint
Sara, Bolfstribun 169 v. E., Urheber der ler
Voconia (j. d.). — 2) diente im mithridatiichen
Kriege als Legat unter Lucullus. Plut. Tue. 18
— 3) D. Boc. Nafo, von Cicero (Oluent. 53i.
als Richter im Prozefie des Eluentius genannt.
Vocontii, mächtiges Boll im narbonenfiihen
| Gallien, war den Römern bloß verbündet und lebte
nach eigenen Gejegen, in der jüblichen Daupbin
| und Provence. Caes. b. g. 1,10. Liv. 21,31. Tar.
hist. 1, 66. Strab. 4, 179. 185. 187.
Vogösus mons j. Vosegus mons.
Voläna, Ort in Samnium (j. Ballana), am
Lir. 10, 40.
Volandum, Safte Kleinarmenien, weitlid
von Wrtarata. Tuc. ann. 13, 39.
Volaterrae, Oöolardgguı, etruffijch Belathn.
eine der höchſt gelegenen Städte Jtaliens, in Ettu
rien, einige Meilen von der Küſte; zu ihr führt
nur ein einziger fteiler und bejchiwerlicher We
empor. Hiedurch, ſowie durch jehr ftarte (8 r&
miſche %.) und hohe (32 römij .) Mauern, di
meift noch erhalten find, war V. jo feft, daß die
Marianer fih hier 2 Jahre verteidigen fonnten
In der Folge janf die Stadt, zu der ein weile
Gebiet gehörte, bis zu der nach ihr genannten
Küfte Bada VBolaterrana (noch j. Maremm
VBolterrana). V. war bie größte der 12 etruriichen
Bundesftäbte, 2 Stunden im Umfange; das beu
tige Volterra begreift kaum den dritten Teil der
alten Stadt. Strab. 5, 222. Ziv. 10, 12 m.
Volcae, Odöircı, mächtiges leltiſches Bolt im
narbonenfiichen Gallien bis zur Grenze von Yan
tanien und zum Rhodanus, über den es jelbi
früher reichte. Liv. 21, 26. Schon früh unter
nahmen die V. Wanderzüge nach Germanien un
Griechenland. Sie zerfielen in 2 Hauptjbämme:
1) Tectojäges oder Tectojagi, vom Fuße der
Porenden bis oberhalb Narbo, jpäter zum Tail
nad Afien ausgewandert; ihre Hauptſiadt mar
Toloja (j. Touloufje) an der Garumna, jpäte
römische Kolonie; 2) Arecomici, öftlic vom dr
Tectofäges, mit der Hauptftadt Nemanjus (j. Ri*
mes) und der Stadt Narbo. Caes. b. g. 6, *
7, 64. Strab. 4, 186 f. 203. =
Voleacii (Vulcacıi, weniger richtig Voleati
1) Freund des Verres, der die Beſtechichleit dee
ſelben beförderte. Cic.-Verr. 2, 23, 66 ff. — 2) Bolt.
Sedigitus, um 100 v. E., Berfaffer eines poe
tiichen Kanons, in dem die Balliatendichter nad
ihrem Werte in wunderlicher Ordnung aufgepählt
werden Gell. 15, 24. — 3) &. Bolc. Tullns,
Konful 66 dv. E., ſchloß Katilina von der Konin
latsbewerbung aus und verhinderte den Ausbrus
der jogenannten => catilinarifchen Berjhwörung
Cie, Cat. 1,6. Bei Ausbruch des Bürgerfriege
wiſchen Cäjar und Pompejus wünſchte er einer
iedfichen Ausgleich und war dann, wie es jceinl,
Voleanal —
bemüht, als Vermittler zu wirfen. Cic. ad Att.
7,3, 3. 9, 10, 7. 19, 2. — 4) C. Bolc. Tullus,
diente 53 v. E. unter Cäjar in Gallien (b. g. 6, 29) |
und 48 bei Dyrrhadium (b. c. 3, 52).
Voleänal
Volcanalia
Yoleänus
Voleatii j. Volcacii.
Volcentes, Bolf im Innern Yucaniens, mit der
Stadt Odinoı, Vulei, j. Ballo, zwifchen Päſtum
und Policaftro. Lir. 27, 15.
Volei, OböAxoı, nördlich von Tarquinii ge
fegene, früher nicht unbedeutende Stadt Etruriens,
j. Piano de Bulci am Fiorafluß, deſſen alte Ne:
fropole eine wichtige Fundſtätte für Altertümer ift.
Yoleläni, Bölferjchaft im tarraconenfiichen Hi:
ipanien. Ziv. 21, 19. |
Volkslied, Das Boltslied hatte bei den Grie-
chen eine untergeordnete Stellung, da einerfeits |
die Kunftpoefie bei ihnen vollsmäßig war, andrer:
jeits die poetijchen Elemente im Bolfe von dem |
funftformenden Sinne der Griechen leicht in das |
Gebiet der Kunftpoefie hinübergeführt wurden. Aus
uralter Zeit einfachen Landlebens ftammten kurze
Lieder religidjer Art, welche die durch Ericher: |
nungen der Natur herborgerufenen Empfindungen
in jchlichter Weife ausſprachen. Sie hatten meiften:
teils einen traurigen, melancholiichen Charakter.
Hieher gehörte die Linosflage, Olzölıvog (d. i.
Tod des Linos) oder Allıvog (d. i. Ad, Linos!
nad) den Ausrufungen AT Ave am Anfang und
Ende genannt). Bei Homer (TI. 18, 569) wird
der Linosgefang bei der Traubenleje gelungen.
Der Gegenftand des Liedes war der Tod eines
Ichönen Knaben von göttlicher Abftammung, der
in der AJugendblüte von wütenden Hunden zer:
fleifcht worden war. u fpäterer Zeit wurde diejer
Linos zu einem mythiſchen Sänger umgewandelt
(j. Linos). Die Perjon des Linos bezeichnete bie |
Blüte des Jahres, die zur Zeit der größten Hitze,
wo der Hundsftern waltet, vernichtet wird. Ähn—
liche Trauerlieder, die — einen in der Blüte
dahingerafften göttlichen Knaben oder Jüngling
beffagten, gab e3 in Griechenland und bejonders
in Kleinaſien viele, wie den Jalemos, ben
Stephros in Tegea, den Lityerges, der im
Phrugien beim Mähen des Korns A ward,
den Bormos bei den Mariandynern am Schwar-
zen Meere; auch das Adonislied nnd der äghp-
tiihe Maneros gehören hieher. Verwandter Art
find die Totenflagen (#onvor), die über wirt:
liche Perſonen angeftellt wurden. Hom. Il.24, 720, |
Gefänge von ganz anderem Charakter waren die
alten Kultusgejänge, die entweder einfache
Gefühle des Dantes, der Hoffnung und des Ver: |
tranens ausſprachen, wie die dem Apollon geweihten |
Paiane (Hom. Il. 1, 473. 22,391. hymn. in Apoll.
Pyth. 336), oder fich epifch über die Geſchichte und
Wirfjamkeit des Gottes verbreiteten. Hieraus ent:
widelte fi die funftreihe Sumnenpoefie. Bon
Kultusliedern aus jpäterer Zeit find bejonders jolche
auf Dionyfos befannt. Dem Kultusliede verwandt
find die Hymenaien. Hom. Il. 18, 493. Außer—
dem hatten die gejangreichen Griechen von alter
Beit her eine Menge rein weltlicher Xieder, Tanz:
lieder, Kinderlieder, befonders das Schwalbenlied,
Wiegenlieder, Spinnerlieder, Trinklieder. Erwähnt
wird ein Lied, das beim Mahlen des Betreides |
!
ſ. Hephaistos.
1295
gejungen ward, ein Dreichlied, Kelterlied, Ruderlied,
Bettlerlied (j. Eigesıarn unter Pyanepsia).
Eine Sammlung der Reſte ſolcher Volkslieder ſ.
in Schneidewins Delectus poesis gr. eleg. iamb.
melicae II. und in Bergfs poet. lyr. Graee. III
. 654 ff. der 4. Aufl. Auch die Stolien als
rinflieder, jowie der unausgebildete bufolische
Belang (i. Theokritos) gehören hieher. Vgl.
Ritichl, Opuse. I p. 249 ff. Benoiſt, des chants
populaires dans la (Greece antique (1857). —
Wie wenig gefangluftig auch im allgemeinen die
Römer gewejen fein mögen, jo entbehrten jie
doc nicht gänzlich des Vollsliedes, das freilich
zu einer fünftlerijchen Ausbildung nicht gelangte,
weil die Gebildeten ſolche unmittelbare Ergüffe
poetifcher Empfinduligen als roh und dem feinen
Voltureius,
Geſchmack zumider erachteten. Bon den Soldaten,
Bauern:, Matrojen: und Bettlerliedern, welche die
Scriftfteller erwähnen, find uns nur geringe
Spuren erhalten. Die meiften Lieder hatten die
Form eined Wechjelgelanges, jo das Liebeslied
an die ferne Geliebte, das ein betrunfener Schiffer
und ein Ejeltreiber um die Wette jangen (Fler.
sat. 1, 5, 14).
Volsel, Obölonoı, Obokonexo:, Olcoi, alte ita:
liche Völferjchaft zu beiden Seiten des Liris, bis
an die Küſte des Forrhenifchen Meeres, mit der
Hauptftadt Sueſſa Pometia. Nach langen und
erbitterten Kriegen von den Römern befiegt, 338
v. C., verjchwinden fie ſeitdem aus der Seichichte.
Liv. 1,58. 2, 9. 22. 3, 22. 4, 59 u. d. Strab.
5, 228. 231. ©. Latium, 5.
Volseius, M. Volſe. Fictor, trat 461 v. E.
mit einer Ausjage wider den angeflagten Käſo
Duinetius (j. Quintii, B, 2) auf, wofür er jpäter
wegen Verdachts faljches Zeugnis abgelegt zu haben
verurteilt und verbannt wurde. Liv. 3, 24f. 29.
Volsellae, feine Zangen, mit denen ber ton-
sor die im Geficht befindlichen einzelnen Haare
ausraufte (rgegolaßides); ferner ſolche, mit denen
der Zahnarzt arbeitete, oder der Wundarzt die
Ränder der Wunben fahte.
Volsinii (Vulsinii), OboAalrıoı, bedeutende etru-
riiche Bunbesftadt, am füdlichen Ufer des Lacus
Volſinienſis (j. Lago di Boljena, mit 2 Inſelnd.
Nachdem die Römer 3 eingenommen und zerſtört
hatten, gründeten die Bewohner ihre Stadt an
der nordöſtlichen Seite des Sees, an der Stelle
des heutigen Bolſena. Beide Städte erfreuten ſich
eines großen Reichtums. Bgl. Ziv. 10, 87.
Voltacilius, 2%. Volt. Bitholans, ein Frei—
gelafjener und Lehrer des großen Bompejus, Ichrte
jeit 81 v. E. in Nom Xhetorif. Die von ihm
verfaßten Biographien des Pompejus und feines
Vaters find verloren gegangen. Suet. rhet. 3.
Voltumna, etruffijch Felthina, etrujfiiche Göt⸗
tin des Bundestempels der 12 etruſtiſchen Staaten,
bei dem fie zu gemeinjamer Beratung zufammen:
famen. Mit ſolchen Zuſammenkünften waren Opfer
und Spiele, ſowie Jahrmärfte verbunden. Er lag
wahricheinlih am Badimonifchen See, oder am
Tiber, zwiſchen Ameria, Bolfinii und Falerii, oder
auf dem Monte Fiascone am lacus Volsiniensis.
Plin. ep. 8, 20. Liv. 4, 23. 61. 5, 17.
Voltur j. Venusia,
Voltureius, Titus, einer der catilinarijchen
Berichworenen, wurde auf der Reife mit den Ge—
jandten der Allobroger gefangen genommen und
1296
erlangte durch offenes Belenntnis und nach Aus:
händigung des Briefes, den er von Lentulus an
Satilina erhalten hatte, Verzeihung. Sall. Cat. 44 ff.
Cic. Cat. 3,2. 4. 4,3.
Volturnus, der bedeutendfte Fluß Campaniens,
entiprang auf dem Apennin in Samnium, nahm
in vielen Krümmungen ftrömend den Ealor (ij.
Galore) mit Tamarus (j. Tamaro) und Sabatus
(j. Sabato) von der linken Seite auf und mün—
dete dann im wejtlihen Lauf bei Bolturnum
(j. Eaftellamare di Bolturno) in das Tyrrheniſche
Meer; noch jetzt Volturno. Liv. 8, 11. 10, 20.
22, 14. 25, 20. Strab. 5b, 238. 249.
Volumen hieß eine Rolle, die aus einer ge—
wiffen Zahl aneinander geleimter Papprusitreifen
bejtand, die man nach Beendigung der Schrift um
einen Eylinder widelte, jo daß der Leſer fie all:
mählich aufrollte. Daher bedeutet der Ausdrud
evolvere volumen „ein Buch leſen“. Cie. ad Att.
10, 10, gl. Bücherwesen, 6.
Volumnii, ein, wie es jcheint, aus Etrurien
ftammendes Geichleht: 1) Bolummia, die Ge:
mahlin Goriolans (j. Marecii, 4.). — 2) ®. Vol.
Amintinus Gallus, Konſul 461 v. E., zeigte
im nädjten Jahre im Kampfe gegen Herdonius
grobe Entjichlofjenheit. Liv. 3, 10. 18. — 3).
ol Fla mma Violens, jampfte 307 v. €.
gegen die Salentiner, 296 gegen die Samniter,
beide Male als Konful, mit großem Güde. Seinem
Kollegen in beiden Konſulaten, dem ftolzen Appius
Gäcus, der (296) in Etrurien bedrängt wurbe,
brachte er Hülfe, befiegte mit ihm die Feinde und
— ſeine Achtung. Hierauf überfiel er die
amniter, die in Campanien eingefallen waren,
und nahm ihnen die Beute wieder ab. An Rom |
empfing er viele Zeichen der Anerkennung jeiner
Thaten. Liv. 9, 42. 10, 15 ff. — 4 P. Bol. Eu:
trapelus, Anhänger des Triumvirs Antonius, |
welcher, wie er, ein lebensluftiger Mann mar,
wurde 44 v. E. von Cicero, der mit ihm in Brief:
wechſel jtand, gebeten, fich für ihn bei Antonius
zu verwenden. Cie. ad Att.15, 8,1. ad ſam. 7, 32f.
Phil. 13, 2. Auch Atticus ftand in freundicaft:
lihem Berfchre mit ihm. Nep. Att. 9, 4. — 5) P.
Vol., ein inniger Freund des M. Brutus, jein
Begleiter während des Bürgerfrieges, war ihm in
den legten Augenbliden jeines Lebens zur Seite.
Er verfaßte eine Geſchichte der Bürgerfriege. Plut.
Brut. 48. 52.
Yolupia, römijche Berjonififation der Luft und
des Vergnügens, die zu Nom ein Heiligtum hatte,
Priejterausdrud für die ebenfalls perjonifizierte
VBoluptas. Cie. n. d. 2, 23.
Volusenus, C. Vol. Quadratus, diente unter
Cäſar als Kriegstribun in Gallien mit vieler Aus—
zeichnung und jtand ihm auch im WBürgerfriege
zur Seite. Im J. 48 war er Vollstribun und
Anhänger des Antonius. — b. 9. 3, 5 u. ö.
b. c. 3, 60. Cic. Phil. 14,
Volusiänus, C. —236 Rufius, bezwang
311 n. C. als Feldherr des Martentius die von
Alexander in Afrika angefachte Empörung und be—
kleidete in demſelben Jahre und 314 das Konſulat.
Aur. Vict. Caes. 40, 18. Zos. 2, 14, 3.
Yolusii. Die bedentendften Mitglieder diejer
Familie find: 1) DO. Vol., einer der Beamten
Ciceros in Kilifien, von wo ihn jener als Richter,
nad Eypern jchidte. Cie. ad Att. 5, 11,4. 21,6.
‚lebte in der Zeit des
Volturnus — Vopiscus.
Er war ein Mann von großer Zuver u ra --
2) 2. Bol. Saturninus, Konjul suffeetus 12
v. E. für P. Sulpiciug, Protonful von Wfrifa 6
v. E., legatus pro praetore von Syrien 5 n. E.,
ein Mann von großem Anſehen und Reichtum,
ftarb 20. n.E. Tac. ann. 3, 30. — 3) Sein Sohn,
x Bol. Saturninus, Konful suffectus 3 n. E,,
vermehrte ald guter Haushalter das väterliche Ber:
mögen bedeutend und ftarb als Stadtpräfeft, 56
u.6&. Tac. ann. 12, 22. 13, 30. 14, 56. Plin. 7, 12.
— 4) Bol. Proculus, wurde —— auf
der Flotte zu Miſenum zum Lohn für die dem
Nero bei Ermordung ſeiner Mutter geleiſteten
Dienſte. Tac. ann. 15, 51. — 5) 2. Bol. Mäcia—
nus, lebte unter Antoninus Pius, unterrichtete
den Marcus Aurelius im Rechte und wurde vom
Heere 175 n. E. ermordet. Er war ein bedeuten-
der Rechtögelehrter, der in den Pandeften 44mal
angeführt wird. Auch wird ihm eine noch vor:
handene Schrift de asse et eius partibus beige:
legt. Capit. Ant. P.12. Ant. Phil.3. Volc. Gall.
Avid. Cass. 7.
Volüta, Zeil der ionijhen Säule, j. Columna.
Vomitoria hießen in den römiichen Theatern
und AUmphitheatern die Eingänge zu den verded:
ten Gängen, die unmittelbar zu den AZujchauer-
plägen in den verjchiedenen Stodwerfen (prar-
cinctiones) in beftimmter Entfernung voneinan=
der führten. Alle ftießen auf die in der äußeren
Umfafjungsmauer angebrachten Treppen, die nach
außen führten, jo daß das ganze Publikum ſich
auf einmal ohne irgendwelde Störung oder Ber:
wirrung entfernen konnte. Man hat berechnet,
daß das Koloſſeum, das mehr als 80 000 Menjchen
faßte, jo viele Treppen und Thore hatte, daß
dieſe ungeheure Menge in etwa 5 Minuten das
Gebäude verlafien konnte.
Vonönes, Odorarns, 1) V. J., ältejter Sohn
des durch feinen Sieg über Antonius 36 v. E.
befannten Partherfönigs Phraates IV., den diejer
mit andern feiner Söhne und Enkel (10 oder 9
v. €.) dem Wuguftus als Geiſel geſchickt hatte.
Nachdem Phraates durch feinen Sohn Phraates V.
oder Bhraatafes ermordet worden, diejer jelbft und
jein Nachfolger Orodes II. der Erbitterung des
Bolfes erlegen waren, erbat man fid) den Vonones
um 8 n. 6.) von Rom zurüd, der aber wegen
— griechiſch-römiſchen Gewohuheiten auch un—
beliebt war, durch Artabanos Ill. von Atropatene
vertrieben wurde (16 n. C.), kurze Zeit in Arme:
nien König war und dann in Kilikien ums Leben
fam (19 n. E.). Tac. ann. 2, 1 ff. 56. 68. Suet.
Tib. 49. — 2) V. II, zuerjt König von Atropa-
tene, dann von Parthien 51—54 n. E. (von 52
au mit feinem Sohne Bolagajes 1... Tac. ann.
12, 14.
Vopiscus, Flavius Vop. Syracuſius, wie
er nach ſeiner Heimat benannt wird, ftammte aus
‚einer angejehenen Familie.
Sein Großvater war
ein vieljähriger genauer Freund des Piocletian ;
auch jein Vater jcheint fi eines vertrauten Um—
gangs mit diejem —* erfreut zu haben. Er
arimianus in Rom. Der
Stadtpräfeft Junius Tiberianus forderte ihn auf,
das Leben des Kaijers Aurelian zu jchreiben. Bop.
‚ folgte der Aufforderung, und teil® aus eigener
Luft und Wihbegierde, teil auf Zureden jeiner
' Freunde ſetzte er das angefangene Werk bis anf
Vosegus — Waffen.
“
Diocletian und feine Beitgenofien fort. So jchrieb
er hintereinander in rajcher Folge das Leben des
Aurelian, des Tacitus, des Florian, des Probus,
der minuseuli qnattuor tyranni Firmus, Satur:
ninns, Proculus und Bonoſus, endlich des Carus,
des Numerianus und Carinus in 5 Büchern und
widmete fie feinen Freunden (gedrudt in den Ausgg.
der Script. hist. Aug.). Die Zeit der Abfafjung
fällt in den Anfang des 4. Jahrhunderts, aber
erft nad) der Abdankung des Diocletian Wenn
Vop. gleich von Benugung der Quellen fpricht, jo
icheint er doch anf die Sammlung von Materia-
lien fein längeres Studium verwendet zu haben.
Es ift die Arbeit eines Pilettanten, der mit leid:
lihem ‚Urteil und in Tesbarer Darftellung zu:
fammenjchreibt und dabei lange und ungehörige
Digreffionen einflicdyt. — Das Leben des Apollo:
nios don Tyana, unter dejien Verehrer er gehört
(aljo ein Heide), hat er veriprochen, aber nicht ge:
liefert. Abhandlung von Linjenbarth (1876).
Vosegus. Vogasus, nicht Vogesus, die heut.
Vogeſen, Wasgau, franzöfifch noch jeht Vosges,
Gebirge Galliens, im Gebiete der Sequani und
Treviri, die nördliche Fortfekung des Jura. Auf
demjelben entiprang die Moja —28 Caes. b.
g. 4, 10,
Vota, eiyal, Gelübde, Bitten um glüdlichen
Erfolg bei Unternehmungen, mit dem Verſprechen,
der Gottheit nad Erfüllung des Wunjches ein
Opfer oder ein Weihgeſchenk darbringen zu wollen.
Das Gelobte wurde, gewöhnlich mit Abbildungen
(rivensg, tabellae pietae) auf Bapierftreifen oder
auf Wachstafeln geichrieben und verfiegelt, den
Sötterbildern an die Knie geheftet. Der Tempel:
1297
vor. Liv. 31, 9. 36,2. Die gewöhnlichen Gegen:
ftände folder vota publien waren große Opier,
Anteil an der Siegesbeute, Tempel, Spiele u. |. w.
(vgl. Quinquennales). Gegen Ende der Re—
publif erhielten verdiente Männer, deren Wohl
mit dem ded Staat? eng verfnüpft war, votu
publica; fo zuerft Pompejns bei einer ſchweren
Krankheit (Vell. Pat. 2, 48), dann Cäſar, deſſen
Wohl jährlich auf dem Capitol durch Gelübde er:
fleht wurde. Dasjelbe geichah in der Folge für
alle Kaijer, teils jährlih am 83. Januar, teils
alle 5 oder 10 Jahre. Auch die Geſchenke (strenae),
die dem Kaiſer am 3. Januar dargebracht wurden,
und diejer Tag jelbft hiefen vota. Am Jahres:
tage der Thronbefteigung eines Kaiſers, an feinem
Geburtätage, bei bejonderen Unternehmungen des:
jelben, bei Reifen, Feldzügen m. ſ. w., ferner bei
wichtigen Ereigniffen des fatjerlihen Hauſes brach:
ten der Staat und einzelne ebenfalls Gelübde. —
2) Vota privata wurden im ben berjchieden-
artigften Lebensverhältniffen gebracht, der Lucina
für Geburten, der Juno für Kinderjegen, dem
Genius an Geburtstagen, bei Reifen den Lares
viales oder der Fortuna Redux, bei Krankheiten
den Diosfuren, bejonders dem Aſculap. Sehr häufig
waren die tabulae votivae mit Darftellung franter
Glieder, teil zum Zweck, ihre Geneſung zu ‚er:
flehen, teild um für erlangte Gejundheit zu danken.
In der Gefahr des Sturmes brachten die Schiffer
den Meeresgöttern (Diosfuren, Neptun, der Benus
marina) Gelübde, 3. B. Taue, Anker, Steuerruder,
das ganze Schiff; Schiffbrüchige weihten Gemälde
des Schiffbrucdhs in den Tempeln des Neptun und
der Iſis; and hängten fie ihre Kleider in den:
diener nahm fie herab und öffnete fie zu beftimm: | jelben auf.
ter Zeit. Bei augenblidlicher Gefahr (in Schlady: |
ten, im Schiffbruch u. ſ. mw.) genügte das bloße
Verjprehen. War das Gewünſchte geichehen, jo
mußte das Gelübde, wie eine Schuld, mit größter
Gewifienhaftigkeit erfüllt werden; das Gelobte
wurde feierlich durch einen Priefter gemeiht und
der Gottheit ald Eigentum zugejprochen. Darauf
wurde es an den Wänden und Säulen oder am
Tholos (Kuppeldach) des Tempels aufgehängt. Die
vota waren teil® publica, teils privata: 1) vota
publica. Wenn ein höherer Beamter feine Stelle
antrat, der Cenſor das Luſtrum eröffnete, ber
Konjul in die Provinz zog, jo brachten fie a:
für das Wohl des Staats Gelübde auf dem Ca—
pitol. In den Provinzen geichahen ſolche Gelübde
in einem Xempel, im Lager in prineipiis (f.
Castra, 3). Ein Pontifer ſprach die Formel
Votiönus Montänns, bedeutender Redner unter
der Regierung de3 Tiberius, den Tacitus (ann.
4, 42) mit Auszeichnung erwähnt; vgl. Sen. con-
tror. 264. 294. 314. Er war, wie e8 jcheint, aus
Narbo gebürtig, wurde von Tiberins 25 n. C.
wegen Schmähreden ins Eril geſchickt und ſtarb
in demjelben 27 auf den Balearen.
Vuleänal
Yalcanala | j. Hephaistos
Yulcänus
‚ Vuleaeii j. Volcacii,
Vulgäres, niedere Sklaven, j. Servi, €.
YulsinYi j. Volsinii.
Vultur ſ. Venusia.
Vultureins j. Volturcius.
Velturnam |}, Yolturnun
W.
Waffen, I. der Griechen. Die Bewaffnung
der homeriſchen Helden, wie fie in der Ilias vor:
liegt, ift die Grundlage aller Bewaffnung der
jpäteren Bürgerheere (ömliraı). Diele beftanden
aus Schwerbemwaffneten; aber da fie zugleich auch
fchwerfällig in der ganzen Handhabung und Be:
wegung waren, ging nach Vertreibung der Perjer
aus Griechenland die Tendenz auf Erleichterung,
namentlich der Schubwaffen. Dazu half ichon die
größere Gewandtheit in der Bearbeitung der Me:
Reallexikon des klaſſ. Aitertums. 7. Aufl.
talfe, aber e3 wurde aud) anftatt des früheren
Metalls leichtere Material, 5. B. Leder, verwandt.
Dadurch war der Übergang zu der leichteren Be:
waffnung, die fi) an den Namen des Fphifrates
fnüpft (Nep. Iph. 1), gegeben, aber doch beftanden
die Hopliten neben den Beltaften fort und hatten
auch noch jekt den Musichlag des Kampfes zu
eben. Die Peltaften waren allerdings eine leichte
nfanterie, aber fie unterjchieden fich durch den
Gebrauch des Schildes (wEirn) von den leichten
82
nn
=
1298
Truppen, jowie aud; dadurch, daß fie nötigenfalls
auch zum Nahlampf verwandt werben konnten. —
A) Schutzwaffen, (kuvrrigie) örla. Ein ho—
merijcher Held iſt geihügt durch Helm, Panzer,
Beinichienen und Schild. 1) Der Helm, gewöhn-
lid von Metall (nöpvs, wink, + “vr£n,
Il. 5, 845, jpäter von Leder als Pidelhaube ohne
allen Schmud (»urairvg), eine Fellkappe, aurdn
im engeren Sinne, vornehmlich bei nächtlichen
Unternehmungen angewandt zur Vermeidung alles
Glänzenden. Od. 24, 231. Il. 10, 257 (xurdn
ravgein). Beftandteile des Helmes (Fig. 1-5,
bejonders 1) waren: die Haube oder ar (a),
„gavog, Stirn:, pdlog (b), Naden: (d) und
Seitenihirm (c), padluge, Il. 16, 106, mit
rindsledernem Kinnriemen, 11. 3, 371, jowie Bü-
el (e), »vußayog, von hinten nah vorn, und
elmbujc(f), Adpos, gewöhnlich von Roßhaaren;
die Federbüſche (Fig. 4.2) gehören einer jpäteren
Beit an, der Helm des Achılleus hatte einen gol-
denen Buſch, 11. 18, 612, ein Werk des Hephaiitos,
TI. 19, 383. Zur Bermeidung des Drudes war
der ganze Helm mit Zeug oder Leber gefüttert.
Er wog etwa 2 Kilogr. 2) Der erzene Banzer,
Bruftharniich (Fig. 6—8), Soon, 8—9 Kilogr.
ichwer, bejtand aus Bruft- und Rüdenftüd (Panzer:
ſchale, yuala, Il. 5, 99. 15, 530), beide zujammen-
gehalten oberhalb durch die Schulterftüce (b), duor,
welche mitteljt Klammern, Ketten oder Riemen an
Ringen (Fig. 6. c, Fig. 8. d) befeftigt waren, unter-
halb durch einen Gürtel (e), fwoorrie, urn, Il.
5, 539. 615. Unter Panzer ging ein Schurz
oder Wams (f), Söu«, Il. 4, 187, von Leder oder
Er bi8 auf die Mitte der Schenkel hinunter,
in jeinem oberen Teile vom und an den beiden
Seiten noch mit einer Metallbefleidung (g) aus
einzelnen aufeinander geheiteten Platten in Form
von Federn (wripvyeg) beitehend (Fig. 32, Linnen:
panzer mit mrigvuyss). Bisweilen wurde auch noch,
um die Reibung des Panzerd zu vermeiden, eine
mit Wolle oder Filz gefütterte Binde von Blech
(uiron) auf dem bloßen Leibe angelegt, zugleich
um Scuße dienend (Il. 4, 137. 187. 5, 857).
tatt diejes Panzers, der über dem gewöhnlichen
Kleide, zırav, getragen wurde, wird häufig (Azausr
qehroyıravov, Il. 3, 251) ein lederner Koller er-
wähnt 9 11, 100. 21, 31, ebenfalls yırav ge—
nannt, jpäter oroldg, Xen. An. 3, 3,20, 4, 1,18),
mit erzener Bruftplatte, nagdıopuia«d, die oft mit
jehr zierlicher Arbeit gejhmüdt war, biäweilen
aber aud ein leinener Panzer, Auvodngnt, wie
ihn Aias, der Lofrer, trug (Il. 2, 529. 830), ſowie
auch ein Kettenpanzer, «Avoıdwrög, lorica hamata.
3) Die Beinjhienen (Fig, 9—11), vrnwideg,
Platten aus Erz oder Zinn, die den vorderen Teil
der Beine vom Knöchel bis über die Knie hinaus
deckten, mit Hafen oder Schnallen (dmispögıe) zur
— 5 4) Der Schild, gewöhnlich der große
Dvalichild (Fig. 12), donis, bei Homer aud)
scaog (Il. 5, 619) oder Boedn, der rindslederne, |
Waffen.
| — dien, einunlog u 12, 298,
ohne ng, hatte entweder 2 Bügel, Han:
haben, öyave, naroveg, zum Durdhiteden des Linien
Armes (Fig. 14), oder eine, von dem einen Schild
rande bis zum andern reichende breite Querſtange
(sarcr), über der Wölbung des Schildes befeftiat,
unter welcher der Oberarm hindurdhgeftedt wurde;
die d erfaßte eine von dem ringsum mabe
am Rande des Schildes angebrachten Handhaben
(Big: 13), mit denen nötigenfalls g elt werden
onnte. Beide Schilde waren nach außen gemälk
(Fig. 15). Der Meine Amazonenjchild (Fig. 16,
ichnet in Verbindung mit einer Streitagt, wie
ie Xen. An. 4, 4, 16 vorlommt) wurde das Ver
bild der jpäteren =Eirn, des Schildes der Peltaften.
Die jpäteren en am Schilde waren nad
Hadt. 1, 171 eine dung der Karer, die Yale:
daimonier führten ein A, die Sikyonier ein Z,
die Thebaner eine Keule oder Sphing, die Athene
eine Eule. — B) Die Angriffswaffen, pär
der Shwerbewaffneten waren: 1) die Ah
lange Zanze, der Spief (Fig. 17), jpäter dogr,
bei Homer auch Zygos, ygein, Evoror, mit einen
Schafte, arugas, gewöhnlich ans Ejcpenholz (mi
kvov), und einer zweijchneidigen Spike, alzui:
dad untere Ende diejes Spiches (oögiayos, Il
16, 612) war in der ebenfalls mit Etz
fpäter mit Eijen beichlagen (der Lanzenſchuh, ser-
e@rrje, Il. 10, 153), damit er während der Rube
in die Erde geftoßen werden konnte; er durſe
deshalb füglich als zweiipigig (dupiyvor) bezeid
net und, wenn die eigentliche Spige, alyun, im
Kampie abbrach, —— zum i
umgelehrt werden. Er diente nur zum Stoß, kin
—— betrug 2 Kilogr. (vgl. Orkiraı). Die
mafedonijche Lanze, adpgıse«, wird zu 24 Fui
angegeben, wahrjcheinlich aber war fie etwas kürzer.
2) Das Schwert, und zwar der gerade Dega
(Fig. 18 und 19), Eipos, Zyzeigiöior, zweiſchnti
dig (dugpimes), der Griff, oz, Aupıj, ohme Bügel
war oft mit filbernen Nägeln geziert ober mil
Elfenbein ausgelegt (Il. 1, 219). hing in einer
aus Metall oder mit Metall bejchlagenem Yede
beftehenden Scheide (wolsos) an eimer über die
rechte Schulter geworfenen Koppel (reiauwr, 11
7, 304) an ber linfen auch wohl bisweilen an de
rechten) Seite. Das überdies nod am der Scheik
befindliche Mefler (udyaıga, 11. 3, 271 ff.) diente
nicht als Waffe, jondern zu ſpeziellem Schneide
gebraud. Der krumme Degen, Säbel (Fig- 39.
udydıpa, Eufln, &oe, war bejonders bei da
Selckeimanlern
waffneten, nad den Perjerkriegen aufgelomme,
waren jeit dem Zuge der Zehntaufend eim imie-
grierender Beftandteil der griechiichen vilo
yvurijreg, yuavol, weil ohne Schild und je
Schutzwaffe); nur für den Fernkampf be
hatten fie bloß Angriffswaffen. Ihre Ko g
war die Felllappe oder eine Art Hut. Sie zerfielen
je nach den Waffen, die fie führten, in: Speer:
mit den Prädifaten dugyıßporn (Il. 20, 281), ſchützen (dxovrorad), Bogenjhüken (zoföru
roönwerng, der den ganzen Mann vom Mund bis
zu den Knöcheln te, mit einem Riemen zum
Umbängen über den Hals und die linfe Schulter,
Wehrgehänge (relausr, Il. 5, 796), und einer
Handhabe, wögra£, für die linfe Hand verjehen,
im ganzen 14—15 Stilogr. wiegend. Der Heine
runde Schild (fig. 13, 14), auch der argiviiche
und Schleuderer (operdornrar). 1) Die Speer—
ſchützen mit Speeren von iedenem Gewicht
der ſchwere (Fig. 20), äxwr, drörrıor, 5—6 Beier
lang, 1"/, Kilogr. ſchwer, mit ſcharfer Spige (dxt ;
der leichtere (yodspog, verutum,
lang und 1 N
jpigem und dünnem Eijen beſetzt. Speere mittlere
tragula), 4 Fub
inger did, mit jpannlangem, ſeht
een — Die Leihtbe :
62
-1
Waffen. 1299
Größe (3—4 Fuß lang und 1 Zoll ftarf) fonnten | Als Schutzwaffen hatten fie nach Nep. Iph.1 einen
die einzelnen etwa 6 führen. 2) Die Bogen- linnenen Koller. Als Beinſchienen famen die jo-
jhüßen, mit Bogen (röfov, Il. 4, 105 ff.), genannten Iphikratiden auf, ein Mitteldin
1'/, Kilogr. ſchwer, bewaffnet; an demjelben find zu | zwijchen Stiefel und Gamaſche, an denen fi
unterjcheiden (Frig. 22. 23): die Hörner, xLoare, | jogleich die Sohlen befanden, alles von Leder. —
mit einem Metallbeihlag jowohl an den beiden | Il) der Römer. A) Schußwaffen, arma, arna-
Enden, xoo&vn (Il. 4, 111), ald auch in der Mitte | tura. Die Bewaffnung der Römer war durch
des Vogens, dem Auflager, wjyvg (Il. 11, 375) | Servius Tullins nach dem Grundjage geordnet,
für den Bjeil, und die Sehne, vevgrj (Il. 4, 118 ff.). | daß, wer mehr Vermögen bejaß und mehr ver:
Die Pfeile (Fig. 24), 6iorög, poet. lög, waren | lieren konnte, auch zum Dienfte des Baterlandes
bis zu '/, Kilogr. jchwer, fie beftanden aus: dem | mehr verpflichtet war, zugleich aber auch mehr
Rohrichaft, dorak, von 2 Fuß Länge, der metal: Schutzwaffen haben mußte. Daher hatte die erſte
lenen, mit 2 oder mehreren Widerhafen, öyxoı | der zum Kriegsdienfte verpflichteten 5 Klafjen einen
(I. 4, 151. ötero reıylogırı 5, 393), verjehenen | feinen runden Schild (clipeus), Panzer (lorica),
Spitze, der Schnur (vsögor, J7. 4, 151) zur weiteren a (galea, cassis) und Beinichienen (ocrene).
Befeſtigung der in den Schaft eingejegten Spitze, Helm, galea, war von Leder (Wolfshaut)
und der be am —— Ende, yAvpis (Il. verfertigt, zum Unterſchiede von dem metallenen
4, 122), in welche die Sehne beim Anlegen hinein- | Helm, cassis (doch vgl. Cie. Verr. 4, 44. Ov. met.
fahte. Zur Aufbewahrung von 12—20 Pfeilen 8, 24), aber zum Schuße gegen feindliche Hiebe
diente der Köcher (Fig. 25. 26), Pagirpa, von | mit Metall —— vorn hatte er einen Schirm,
Leder oder Flechtwerk, mit einem Deckel, rön« | der am Ende wieder ein wenig aufwärts gebogen
(Il. 4, 116), und Gehänge; jein Gewicht betrug im | war, damit er nicht das Sehen behinderte. Das
ganzen 5-6 Kilogr. Die fretiichen Bogenſchützen übrige Geficht war frei, aber zum Schutze der
waren die berühmteften, aber jie ftanden dennoch | Wangen und zur Befeftigung des Helmes dien—
den perfiichen nad, deren Pfeile beijer fonftruiert tem lederne, ebenfalls mit Metallichuppen beſetzte
waren (Xen. An. 3.8, 7. 15. 4, 2,28). 3) Die Spangen, die unter das Kinn herumgingen, buccu-
Schleuderer mit der Schleuder, opsrösrn |lae. Oben war der Helm mit einem Federbuſche
(deren Beichreibung Liv. 38, 29), zu Homers Zeit | (crista) von 3 ellenlangen, gerade in die Höhe
aus edrehter Wolle (nur IT. 13, 599 erwähnt), | ftehenden roten oder jchwarzen federn (Pol. 6, 23),
und der Schleudertafhe (dıpdige), 10—12 | oder auch mit einem nad hinten herabhängenden
Handfteine oder Bleifugeln enthaltend; von letzte— | Roßichweife (inba, equina erista) zum Schuße
ren find in der marathonijchen Ebene und in Si: | des Nadens geziert. Jede nachfolgende Klafje hatte
cilien eine Anzahl von der Größe eines Hühnereis, | eine Schugtwajfe weniger, was ſich indes durch
mit griechijchen Inſchriftſtempeln verfehen, aufge: | den größeren Umfang des scutum (j. unten) anftatt
funden worden. Namentlich —— ſich in der des elipeus wieder etwas ausglich. Die fünfte
ſpäteren Zeit die Rhodier dur —— und | hatte nur noch das scutum und anſtatt der Lanze
weiten Wurf aus (100 Schritt). — Bei den Waf- und des Schwertes der 4 andern Klaſſen Schleu-
fenübungen 2 es bejonders, auf die leichtefte | dern, weshalb jie auch rorarii hießen. Die Zeit
und einfachfte Art den Spieh zum Marjch aufzu: | der Republik änderte wenig hierin, nur daß ftatt
nehmen, wobei derjelbe auf der rechten Schulter | des elipeus das scutum allgemein wurde. Dies
getragen wurde, denjelben im Kampfe zum Stoß | war ein Schild aus leichtem Holz mit Rindshaut
zu heben (Fig. 27), zum Angriff zu fällen (tig. 28) | überzogen und oben und unten mit Eifen bejchla-
oder beim Haltmachen miederzuftellen, wobei er gen, um bie feindlichen Hiebe aufzufangen; in
neben den rechten Fuß geftellt wurde. Auf ähn- | der Mitte nach außen war eine Wölbung mit einem
liche Weife übten jich auch die Leichtbewaffneten; | eifernen Budel in der Mitte (umbo), damit die
die Bogenjchügen (fig 29) nahmen mitunter einen | Gejchoffe daran abprallten. Seit den Bürgerkrie—
Hahn zur —— während die Schleuderer gen kümmerte man ſich nicht mehr um den Ver—
darnach zu ſtreben hatten, im rechten Augenblick, mögensunterſchied, ſondern ſah nur auf körper—
wenn ſie die Schleuder über den Kopf ſchwangen | liche Tüchtigleit der Soldaten; bald auch wurde
(Fig. 30) und das Ziel gefaßt zu haben meinte, | die Bewaffnung den Soldaten gegen Abzug an
das eine Ende der Schleuder loszulaffen und den | Löhnung geliefert, und fomit trat für das Fuß:
Stein in der ihm durch den Schwung gegebenen | vgff mur der Unterichied zwiſchen ſchwerbewaffne—
Richtung fortzujchleudern (Fig. 31). — Die Bel: | ten und leichten Truppen ein. Die erfteren hatten
tajten (meiraorei, auch a@xorrıorei, Xen. An. zum Scupe: Helm, Banzer oder Bruftharnijch
3, 8, 7, von ihrer Fernwaffe genannt) führten | (lorica, pectorale) aus er und mur über der
einen halbmondförmigen Schild (mElrn), wohl von | Bruft, da der übrige Körper durch den Schild ge:
Holz mit Leder überzogen, nicht über 3 Kilogr. | dedit wurde, und Beinichienen bis zum Knie hin-
ichwer. Als Angriffswaffe hatten jie den Wurf | auf; jpäter nur am rechten Fuße, der beim Kampfe
peer und den langen Degen. Neben dem Wurf: | vorgejegt wurde. Wer viel Vermögen bejaf,
peer führten fie noch einen 12 Fuß langen Spieh | trug einen leichten und bequemen Schuppenpan
n etwaigen Nahangriff. An demjelben befand (squama), der den ganzen Oberkörper beberie.
ich zur get beö Kenophon (Fig. 21) eine lederne | Doc da der Schild ſchon den Unterleib jchüßte,
Schleife (dyadin, amentum, Verg. A. 9, 666) im | ließen die Armeren es mit einem bloßen Bruft:
Schwerpunkte desjelben, durch welche die Beltaften | harniſch bewenden, der aus Erz beitand. Später
beim Beginn des Kampfes die Finger ftedten und | gab es auch Harmiiche aus rohem Leder, durch
jo (diyyavkoueroı) vorrüdten; die nähere Beſtim- Riemen und Schnallen befeftigt. Über die loricae
mung diejer Schleife ift nicht weiter befannt. Or. | bei Belagerungs- und Verteidigungswerten (Bruft:
met. 12, 321. Sil. It. 4, 14 (hasta iuvatur amento), | wehren), wie fie Caes. b. g. 5,40. Tac. ann. 4, 49.
82*
n
zz
1
[27
1300
hist. 4, 87 erwähnt und Veg. 4, 28 bejchrieben |
10 werden, j. Belagerung, 2. * B) Die An—
griffswaffen, tela, waren Schwert und Wurf:
ſpieß. Das Schwert (gladius) hing zur rechten
Seite, damit der id, am linken Arm
und auf der linfen Seite getragen, nicht
hinderlich wäre beim Ziehen desſelben.
Seite. Es wurde, wie jet, an einem
ledernen Bandelier (balteus) über ber
Schulter oder an einem umgeſchnallten
Gürtel (cingalum) getragen. Nach dem
Wurffpiehe, pilum (desös), deſſen
eiferne oben geftählte Spige mit Nägeln
an dem Schaft befeftigt war, waren ur:
ſprünglich die triarii im dritten Gliede
auch pilani benannt. Später änderte ſich
dies dahin, daß die triarii die hasta (der griechi»
hen Stoßlanze [B. 1.) entipredhend), und die beis
en andern Heeresabteilungen das pilum führten.
Dies war ein ziemlich ſchwerer, etwas über 5 Fuß
langer Wurfipieß, deſſen Spike mit Wider:
halten verjehen war, jo daf fie nicht leicht
aus der nde gezogen werden konnte
me pilum ; vgl. Caes. b. g. 1, 25).
ußerdem trug jeder noch einen leichten
bünneren Wurfipieß (verutum). Veg.2,15,.
In der KRaiferzeit famen auch lanceae
auf. — Die Leihtbewaffneten (ve-
lites) führten einen Heinen runden Schild
(parma), ein Schwert (gladius) und
7 Wurfſpieße (iacula, pila, dieſe beſon—
ders für den Beginn des Kampfes der
Fußioldaten, missilia, hastae velitares)
von 4 Fuß Länge und von Daumesdide
mit dünner Spitze, die fich leicht unıbog,
weshalb das Geſchoß nicht wieder von den
Feinden zurüdgejandt werben konnte. Als
Kopfbededung hatten fie leichte Belzmügen.
Anders Bewaffnete waren: funditores,
Schleuderer, die Kiejel (lapides missiles)
oder Bleifugeln, mit einer Spitze verjehen
(glandes, Liv. 38, 215 ſ. mn
warfen; sagittarii mit Bogen und Pfei—
len; iaculatores mit leichten Wurfipießen;
tragularii und balistarii zur Bedienung
der Wurfmaſchinen. Der Pfeil, sagitta,
war leicht, aus Holz oder Rohr verfertigt,
verichieden von dem Wurfpfeil, pilum;
uerft erfunden angeblich von den als
ogenjchügen berühmten Kretern, von Yen
Römern nach dem zweiten puniſchen Kriege
bei den eine ——
namentlich den baleariſchen ge
eingeführt. Die Spitze beitand oft aus
2 oder mehreren Enden, bisweilen mit Widerhafen
verjehen.. Später erwähnt Tacitus noch neben
ben funditores die libritores, die vermitteljt eines
Schwungriemens (libramentum) Sclenderfteine
(librilia) jchleuderten. — Die Neiterei joll zuerſt
gar keine Schutzwaffen gehabt haben, um leichter
aufs Pferd kommen und von demſelben herab—
ipringen zu können. Bald aber gebrauchte fie
Sättel und Steigbügel, nahm Harniſch, Helm und
Beinftiefel an, jo daf fie jich wenig von der Be-
waffnung des jchweren Fußvolles unterſchied. Ihre
Lanze war auf beiden Seiten mit ſpitzem Eiſen
Feldherren und Hauptleute, die keinen
Schild führten, trugen es an der linken
briolett, essö-
Wagen.
verjehen, damit fie auch umgelehrt werden könnte:
ihr Schwert war länger als das des Fußvolle
um vom Pferde herab den Feind treffen zu fin
nen. In der SKaijerzeit gab es auch loricati,
eataphracti, die mit Schuppenpanzern verieben
waren. Auch die de waren an Kopf um
Bruft gepanzert. — Die Hülfsreiterei wurde al!
leichte gebraucht; fie hatte Wurfipiehe, mank
aud Bogen und Pfeil (equites sagittarii). Kl
Lindenſchmit, Tracht und Bewaffnung bes rim
Heeres während der Saiferzeit (1882). — En
arg Hüffsmittel für diefen Gegenftan
bieten H. Reinhards griechijche und römijche Krieg*
altertümer (neue mwohlfeile Ausgabe 1863).
Wagen. Der homerijche Streitwagen (dou«,
mit 2 Pferden beipannt: biga, mit 4 im eim
Neihe nebeneinander: quadriga) erhielt ſich u
feiner altherfömmlichen Form mur im den Agonen,
jowohl in Griechenland, als auch in Rom in
den Iudi Circenses, bei Triumphen und feitlice:
Aufzügen). Der Wagen:
faften (ödpeog) ruhte
auf 2 Heinen Rädern, F
damit er auch bei jchar: °
fen Wendungen nicht jo
leicht umjchlüge. Er war
vorn mit einer Brüftun
und einem feſt darauf:
liegenden Holm (&vev£),
an dem die Leinpferde
(serpaio im Gegenſatz (a
gegen die 2 £oyıoı, die unter dem Joche gingen
angefträngt waren, geichlofien , hinten dageger
offen, damit der mapaßarng, welcher außer dem
Twloyos auf dem Wagen ftand, bequem aud iı
der fahrt herab: und auffpringen könnte. — Ba
den Kabrioletts des gewöhnlichen Lebens war ir
zweifigige ddpgos gewöhnlich nach vorne offen. Ti
irerjen oder uckee (fo heißt z. B. der Hoczatt
wagen) jcheint
auf 4 Rädern
geruht zu ha⸗
en. Im all:
gemeinen galt
ohne bejonde-
ren Grund zu
fahren bei den
Griechen für
weichlich und
hochmütig:
man zog es
vor, zu Fuß
u wandern ober zu bon ver
——— Arten Fuhrwerk (Cedyosg oder örmme
faum die Rede: — Unter den zahlreichen bei der
Nömern vorfommenden Fuhrwerlen find die Dfe:
nomie- und Frachtwagen (plaustra) von den Reiſe
und Luxuswa⸗ =
gen zu trennen.
weirädrig
find: cisium,
ein leichtes, un⸗
bebedtes Ka⸗
dum, eigent-
lich ein keltiſcher
Streitwagen,
in Rom als
Wechsler — Wiegen.
1301
Wagen.
1300
Wechsler — Wiegen. 1301
We — — — ——— — ———, ————
10
1!
1300
pe N SF ee u
Ninitizei vv C- ä
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Wechsler
Reifewagen gebraucht, carpentum, ein bededter
Staatd- und Reifewagen, covinusa, ein feltijcher
Sichelwagen, von den Römern auf Reifen ans
ewendet und auf 3 Seiten verjchlojjen. 4 Mäder
—— pilentum, von Frauen benutzt, reda
oder rheda, die eigentliche Reiſekutſche, carruca,
eine bequeme Staatsfaroffe, petorritum, kelti—
ſchen Urjprungs, arc&ra, verw. mit arca, ein
auf allen Seiten wohlverjchlofiener Dedelmagen,
namentlich zur Beförderung der Kranken. Die
basterna wurde als Sänfte von 2 Maultieren
getragen. Der allgemeine Ausdrud ift currus,
doch wird derjelbe auch jpeziell jehr oft ſowohl
für den Streitiwagen als für den Triumphmwagen
gebraudt. — Die A waren nicht an Stränge
geipannt, jondern jie zogen vermitteljt des Joches.
Kur wenn mehrere (3 oder 4) angejpannt waren,
zogen die äußeren an Gtriden, daher funales
genannt. \
namentlich der Kutjchlaften (capsus, ploxemum),
an welchem jchöne Metallplatten glänzten. — Bol.
Friedländer, Darftellungen aus der Sittengejchichte
Noms 1, 1. Abichnitt, Anhang 2.
Wechsler, roa«re£irng, der Bankier, der Geld-
eichäfte im großen betrieb, jo genannt von den
Fichen in einer Halle am Markt zu Athen, wo
er feinen Stand hatte; von dem Wägen ber Geld:
ftüde wurden die Wechäler auch verächtlich ößolo-
. ordrae genannt. Diejenigen, welche im fleineren
das Gejchäft des Geldwechielns gegen Aufgeld be:
—— 5 Goyvoauoßol oder xoAkvßıoral.
Der griechiſche Privatmann, der jich übrigens ein
Hausbudh über Einnahme und Ausgabe hielt,
pflegte wenig Geld im eigenen Hauje zu haben,
es wurde als Depofitum oder gegen mäßigen Zins
als Kapital einem Bankier anvertraut, der es
andern mit Vorteil zu verleihen pflegte. Zah—
lungen lie man in dem Buch desjelben von dem
eigenen Guthaben abjchreiben und demjenigen,
dem man zu zahlen hatte, zujchreiben. Gejchäfte
wurden mit ihnen gewöhnlich ohne Zeugen ab:
emacht. Kredit war ja die Grundlage ihres Ge—
häfts. Sie liehen gegen einfadhe Schuldverfchrei-
bungen aus, aber die Schuldgejege waren ftreng.
Viele genofien jolches Anjehen, daß man Schuld:
briefe bei ihnen niederlegte und Verträge vor
ihnen abſchloß und aufhob. Sie jcheinen meift
etoifen gewejen zu fein; einige erwarben jid)
durch anerlfennenswerte Gejchäftsführung das Bür-
gerrecht. — Bei den Römern hie der Geldwechs—
ler oder Bantier argentarius, Es gab 1) öffent-
liche Banfierd, die unter Auftorität des Staates
ihr Geichäft bejorgten und teild mensarii teils
nummularii hießen. Jene hatten die Münzen
zu prüfen und für Unterbringung der Staatögelde:
zu jorgen, daneben hatten fie diejelben Privat-
geichäfte und Kommiffionen, wie die argentarii.
Niedriger ftanden die nummularii, die nur
Geld wechſelten und ausliehen, auch weniger Bri-
vatgeſchäfte bejorgen durften. — 2) Argentarii
waren im engeren Sinne die eigentlichen Privat-
wechsler, die alle ihnen aufgetragenen Handels—
und Geldgejchäfte übernahmen, unjeren Geſchäfts—
agenten analog. Deshalb war ihr Geſchäftskreis
jehr mannigfah: a) permutatio, d. h. Um—
taujchung fremder Müngzjorten gegen einheimijche
und umgefehrt. Auch wurde permut. der Name
für Zahlung nad) auswärtigen Plägen durch An—
Kunftreih waren die Wagen verziert,
1301
| weifung auf dortige Wechsler, was bei Cicero
‚ mehrfach vorkommt. — b) Dadurch erhoben fie
ſich allmählich zu einer Art von Bankier und
‚empfingen Geld von andern Perjonen, teils als
| depositum, teil® als creditum; ja von manchen
Perjonen erhielten jie deren ganzes Vermögen
zur Verwaltung und führten Rechnung darüber
(rationes), indem fie im deren Namen nad ge:
ichehenem Auftrag oder Anweifung (perscriptio)
Bahlungen bewirkten (per mensam solvere oder
per mensae scripturam, im Gegenſatz zu der
bon dem Herrn ex arca geleijteten Zahlung) oder
einkaſſierten. Oft machten fie die Zahlung durd)
Umfchreiben, d. h. fie jchrieben das Geld der einen
Perjon im Buche ab, der andern aber zu, wie es
in heutigen Banken geichieht. Über dieje Geſchäfte
führten fie genaue, vor Gericht geltende Bücher,
und zwar fowohl ein Kafjabuch als ein Konto:
forrentbuch, in dem jede Perſon, mit der ſie im
Verkehr jtanden, eine bejondere Pagina hatte, auf
‚deren einer Seite das debet, auf der andern das
| eredit eingezeichnet war, fo daß die Bilanz jeder:
it gezogen werben fonnte. — c) Gie waren
a thätig in Handelsjachen ald Makler (inter-
pretes) und in Auktionen als Protofollführer.
Cic. Caee. 4. 6. — Die Privatbantiers bildeten
wie die öffentlichen eine bejondere geichlofjene Ge:
noſſenſchaft (collegium) und hatten ihre Geichäfte-
bureaus auf dem Forum bei dem Tempel bes
Eajtor unter dem Janus medius in bejonderen
Zabernen, die von den Genjoren angelegt worben
waren. Liv. 9, 40. 26, 11. 27. 40, 51.
Weihgeschenke, d&va®rjuwxr« (über ihren Unter:
ihied von Opfern ſ. Opfer), wurden dargebracht
zum Dank für erlangte Gunft, oder als Bitt-
geihente, oder auch als Strafe, wie 3. B. von
n Archonten zu Athen, die das Geſeß übertras
ten. Hieher gehört die Weihung des Haupthaares,
das Fünglinge und Jungfrauen den die Jugend
Ihüßenden und nährenden Göttern zu Ehren ab:
ichnitten, wie Achilleus dem Spercheios (Ilom. It.
23, 141), Thejeus dem Mpollon (Plut. Thes. 5).
Die Jungfrauen zu Megara weihten vor der Hoch—
it ihr Saar der Yphinod, die zu Delos ber
efaörge. Häufig dienten ald Weihgeichente Drei-
füße, Waffen, Gewebe und Gewänder, ferner Min:
n, Bildchen, Mujcheln und jonjtige Kleinig-
eiten. Mit dergleichen Gegenftänden waren die
Tempel zum Teil mafjenwerje ausgeichmücdt und
wurden jo die älteften Kunſtkammern und bie
früheften Sammlungen von Naturalien und Ku—
riofitäten, die oft, im dieje oder jene mythiſche
Beziehung geießt, als Reliquien betrachtet wur:
den. Bol. Vota.
Weisfagung j. Divinatio,
Wiegen, cunabula (eunae) oxdpaı, ebadvnre
#lırddıe, jcheinen Die Alten in frühefter Zeit nicht
—— zu haben, ſondern die Mütter oder
ärterinnen trugen die Kleinen, um ſie einzu—
ſchläfern, ſchaukelnd auf den Armen umher und
langen dabei Bavnainjuare (j. Erziehung, 4.).
| Doch icheint man ſpäter muldenartige Inſtitute
dieſer Art, die auf beiden Seiten mit Henkeln
zum Einhenten in einen Strid verjehen waren,
\benußt zu haben, wie denn auch bei Theofrit (id.
24, 10) der Schild zu diefem Zweck benußt wird.
Jedesfalld hielt man Bewegen für die Steinen
beim Einfchlafen für gejund. Vet den Römern
— Wiegen.
—
te
DS
1502
werden Wiegen jeit Plautus erwähnt (Plaut.
Amph. 5, 1, 55. Üie. dir. 1, 36). Die Wärterin,
die ein Kind wiegte und pflegte, hieß cunaria.
Winde. 1. In phyſiſcher Beziehung. Die,
Winde, melde in Land- und Seewinde (dmö-
ysıor, apogei, und reor«ioı, altani = ab alto
eingeteilt wurden, find nad ihrer Stärfe ent:
weder gewöhnliche Winde, äveuo:, venti, oder
Stürme, yemöreg, Bella, procellae, und
Drfane. Die legteren treten unter verichiedenen
Namen auf, ald duveplaı, Stürme, die beim Zus
jammenftoßen der Winde aus den Wolfen hervor- |
brechen, »araıyıg, onnmrös, ein plöglich nieder:
fahrender Sturmwind (Soph. Ant. 418); Aailemy
ift der heftige, mit Regen und bidem Gewölk
daherbraujende Stoßwind. Der von der Erde mit
großer Gewalt auffahrende, zerftörende Wirbel-
wind heißt zupav, rupag, oreößıL.og, turbo,
typho, wenornje, der feurige Wirbelwind, turbo
igneus, bezeichnet auch jeden heftigen Sturmwind
(Aristoph. Lys. 974) und die von dem Wirbel:
wind emporgetriebene Waflerhoje, die auch oipor
(Röhre) und ruporv heit, bei den Lateinern co-
lumna, typhon. — Die Winde, die nur zu
bejtimmten Zeiten des —— herrſchen, hießen
irnolaı, Etesiae (von Frog, Hdt 2, 20); neben
diejer allgemeinen Bedeutung bezeichnet das Wort
aber noch ſpeziell die Norboitwinde, die in Grie—
chenland jährlich nach Aufgang des Hundsiterns
mehrere Wochen anhaltend wehen; biejelben Winde,
8 Tage vor Aufgang des Sirius wehend, heißen
prodromi. — Bon den nad den Himmeldgegenden,
aus denen fie wehen, bejtimmten Winden (Haup
ftelle bei Plin. 2, 46 ff.) find zumächit die 4 von
den 4 Sauptweltgegenden berfommenden Haupt:
winde, yerınararor, cardinales, principales, zu
nennen; fie heißen: 1) Notos (Nörog, ber feuchte,
Auster, der Wärme bringende [uro, «bw])., der
Südwind, ftürmiich, den Griechen oft Nebel,
Näſſe, Gewitter und Regen bringend und gewöhn—
lich zu Anfang des Sommers wehend, der Ge-
jundheit nachteilig. Hom. Il. 3,10. Hat. 2, 26.
Soph. Ant. 335 (zeıulgiog). Hor. od. 1, 7, 16
(albus). 1, 3, 14 (rabies Noti). — 2) Boreas
(Bog£ag, Boggäs, der braujende, Arugxriug, der
von Norden, &oxrog, heritürmende, Septemtrio),
der Nordwind, falt, aber heiter und gejund für
Europa und Kleinafien, für Afrifa dagegen Wol-
fen und Regen bringend. Hom. Il.14, 395.23, 692.
Od.5,296. Auf den jpäteren Windroſen bezeichnet
der Boreas nicht mehr den reinen Nord, jondern
—
2
den Nebenwind Nordoſt, ſowie der Eurus den ſt
Südoſt; Dichter indes und ſolche, denen es um
genauere Beſtimmung nicht zu thun war,
ri
das —— feſt. — 3) Zephyros (Zeprv-
oog der dunfele, von £öpog, Favonius), der den
Griechen gewöhnlich Sturm und Negen, den Welt:
ländern aber milde Witterung bringende Weit:
wind, mit dem Frühling beginnend, wann ber
Schiffer fich wieder auf die See wagt, und be:
fonders zur Beit der Sommerjonnenwende 1.
ichend. Hom. Od. 5, 295. 12, 408, 14, 458. Hor.
od. 1,4, 1. — 4) Euros (Eögos, der Morgen:
wind, von Aag, Eos, Vulturnus), urjprünglich
der Dftwind, jpäter genauer der Südoft, und jo
in Evgövorog umgewandelt (Hdt. 4, 99. T, 36),
bejonders zur Zeit des Winterjolftitiums wehend,
gewöhnlich troden, aber auch feucht (Hor. epod.
Winde.
16, 54: aquosus). — Nur dieje 4 Hauptwinde find
dem Homer befannt. Gewöhnlich verbindet er mit:
einander den Boread und den Zephyros, ſowie
ben Noto und Euros (Hom. Il. 2, 145. 9, 5.
23, 195. Od. 5, 295); nur Zephyros und Borens
)' haben gemeinjchaftliche Epitheta, und fein Epi-
theton des Euros oder Notos kommt auch einem
andern Winde zu. Auch Hefiod kennt nur dieſe
4 Hauptwinde; doc; ftatt des Euros nennt er den
‚ Ürgeftes (deyforns), den Maren und hellen, weil
er aus dem hellen Oſten fommt. Hesiod.theog. 3%.
In ſpäterer Zeit erweiterte man dieſe einfadite
Windicheibe, indem man (ion vor Herodots Je
ten) zwifchen den 4 Hauptwinden noch 4 Neben:
winde annahm, dann aber zu 12, ja fogar zu
24 Winden fortichritt. Schon die Einteilung in
12 Winde aber war für das gewöhnliche Lehen
u genau und detailliert, man begnügte fi mt
er Annahme von 8. Bu den oben erwähnten
Hauptwinden traten alfo hinzu: 5) Apeliotes!
(Aremkıarng, von 7Acog, Solanus, Subsolanus), det
als reiner Dftwind galt und alſo den früher ix
allgemeinen als Dftwind —— Euros ou
feiner Stelle verdrängte, jo daß dieſer nun zum
Südoftwind ward. — 6) der Nordoit, Kauias,
Aquilo, ein in Italien und Griechenland ich
häufiger Wind. Der Aquilo galt auch ald Nur
wind. — 7) der Südweſt, Ady, Africus, |. Afrı-
cus. — 8) der fühle und trodene Nordmwei,
Aoyforns (die Bedeutung diejes Namens hat Ih
alſo jeit Hefiod geändert), Corus, Caurus. Very.
@. 3,356. Er heift auch Zxipwv, Okrunia;.
Japyx (Hor. od. 1, 3, 4. 3, 27, 20), weil er vom
Japygiſchen oder Salentinifchen Borgebirge ut
Epeiros hinüberwehte, wie der Oncheſmites von
dorther. — Indem man von den 8 zu 12 Winde
überging, verlegte man zwiſchen bie, ihre Stelt
behauptenden, 4 Kardinalwinde je 2 in bie 4
gleichen Kreisabichnitte des Horizonts, jo daß 9) de
M£ong als NND., zwiichen Boreas und Kaikins,
10) der Boırınlas als SSD. zwiſchen Notes
und Euros, 11) der Opgaoxitag als AN®. zw
jchen Boreas und Argeftet, 12) der Arßogoirii
oder Aıßövoros als SSW. zwiſchen Lips m
Notos fielen. Dadurch wurden, da der gan
orizont in 12 gleiche Teile geteilt ward, Argeier.
Kaikias, Euros und Lips jo verjchoben, daß Kr
| erfte WNW., der zweite OND., der dritte OST.
der vierte WSW. wurde. — Über die Urſache der
Winde finden fich bei den alten Philojophen ver
ſchiedene Anfichten. Man erklärte ſich ihre Ent
ehung durch Einwirfung der Sonne md d*
Mondes auf die Atmojphäre, durch Auflöfum,
durch Verdünnung der Luft, durch entgegengeieh“
Bewegung der erdartigen und feurigen Matenc
durch gegenfeitiges Stoßen und Drängen M
Atome, dur die unanfhörliche Bewegung 15,
Belt u. j. w. — Il) Mythologijd. Tie ‘
waren den Alten göttliche Wejen, doch ſchwaultes
fie, wie manche andere Naturgottheiten, zuwider
dem Naturelement und freier Önlichteit. Be
Homer treten fie ſchon als vollfommene Perſon
lichkeiten auf (7. 23, 194 ff. wo Achilleus zu ihn
betet und ihnen aus goldenem Becher jpendet und
ſchöne Opfer verjpricht; Jris trägt feine Bitten
zu den Winden und findet fie im Thrafien is
dem Haufe des Zephyros beim Gelage). le
|den Winddämon Xiolos |. Aiolos, 2. Rach Heid
Wirtshäuser.
ftammen die wohlthätigen Winde, die obengenann-
ten 4 Hauptwinde, von Aſtraios (dem Sternen-
mann) und Eos, bei deren Aufgang zugleich mit
dem Berjchwinden der Sterne ſich —— der
Windhauch erhebt; die verderblichen Winde da—
gegen ſind Söhne des Typhoeus, der ſelbſt als
tobender Sturmwind gefaßt wird. Hesiod. theog.
307. 378. 869. Die Winde hatten hier und da ın
Griechenland einen Kultus. In der Nähe von
Sityon war ein Altar der Winde, an dem jährlich
einmal ber Priefter bei Nacht opferte. Die Del:
phier opferten den Winden im heiligen Bezirk der
Thyia (der Stürmenden). Hdt. 7, 178. In Athen
ftand ein noch heute (am Südende der heutigen
Wiolosftraße) erhaltener, von dem ſyriſchen Helle: |
1305
Auch Zephyros hatte in Mitika einen Altar am 6
heiligen Wege nah Eleuſis. Da er den Regen
bringt und das Wachstum der Pflanzen fördert,
jo ift ihm Chloris, die Blühende, zur Gemahlin
gegeben worden, die ihm den Kagmos (Frucht)
gebar. Op. fast. 5, 197. Über feine Liebe zu Hya—
finthos j.d. Wegen ihrer Windesichnelle berühmte
Rofie galten als Kinder des Boreas oder des
Bephyros. Hom. Il. 20, 223. 16, 150 ff. Von den
andern Winden finden fich feine beionderen Mythen.
— Auch die Stythen und Perfer verehrten die
Winde (Hdt. 1. 131), bejonders aber die Römer
wegen ihrer Wichtigkeit für den Landbau und die
Schiffahrt. Verg. @. 1, 51. 3, 273. Den Tempe-
states, die vorzugsweiſe gefährliche Stürme des
nenfreunde Andronitos aus Kyrrhos errichteter, | Meeres bezeichneten, opferten die Flottenführer,
achtediger Turm der Winde auf der Agora (j. wenn fie zu Schiffe gingen, ſchwarze Lämmer; 2.
Attika, 13. und die Wbbildung); die 8 wichtig- Cornelius Scipio errichtete ihnen, als er im J. 259
ZN
Eu
E
PS
jten Winde find oben an den Geiten des Gebäudes
in halberhabenen Geftalten abgebildet, während
eine bewegliche Geftalt oben auf der Spitze des
Dachs die Windrichtung anzeigte. Boreas wurde
verehrt zu Megalopolis und hatte jeit der Zeit
des XKerres in Attifa am Jlijos einen Altar. Nach
der Sage hatte er einst die Tochter des Erechtheus,
Dreithyia, geraubt und nad Thrafien entführt,
wo er mit ihr den Betes und Kalais und die
Kleopatra, die Gemahlin de3 Phineus, zeugte.
Ov. met. 6, 683 ff. Soph. Ant. 981 ff. Bet dem
Herannahen des Zerres nun erhielten die Athener
das Drafel, fie follten ihren Schwager anrufen;
fie opferten daher dem Boreas und riefen ihn zu
Hülfe, und als der jtürmende Windgott ihnen
durch Zertrümmerung der barbariichen Schiffe am
Vorgebirge Sepias (in der theſſaliſchen Landichaft
Magnefia) ſich wohlwollend gezeigt hatte, errich—
teten jie ihm den genannten Altar. Hat. 7,189.
Der Turm der Winde in Athen.
v. E. aus einem Sturme bei Corfica ſich mit
Mühe gerettet hatte, ein Heiligtum zu Rom vor
den Capeniſchen Thore. Ov. fast. 6, 1983. — Die
Kunft hat die Winde gewöhnlich mit Flügeln an
Haupt und Schultern dargeftellt, mit offenem
Munde, aufgeblajenen Baden, nad) ihren verjchie:
denen Eigenaften harakterifiert. Als der jchönfte
und freundlichjte wurde Zephyros gebildet.
‘Wirtshäuser, in denen für Geld gaftliche Auf:
nahme erfauft wird, fannte die homerifche Zeit
nod) nicht, weil bei dem verhältnismäßig geringen
Verkehr auch Fremde in Brivathäufern gajtfreie
Bewirtung fanden. Dieje ſchöne Sitte findet fich
auch noch in der hiftoriichen Zeit, vgl. Hdt. 6, 35.
Allein es ift natürlich, daß von der Zeit an, wo
der Berfehr mit dem Inlande und Auslande be—
deutender wurde, wo Städte wie Korinth und
Athen oft überfüllt mit Fremden waren, das Be:
dürfnis öffentlicher Gafthäujer (mavdonsi«, xar-
1304
aybyıc, noradorıs), auch für die beſſeren Stände,
ji) fühlbar machte. An den Orten öffentlicher
Feſte oder in der Nähe berühmter, vielbejuchter
Tempel war für ein Unterfommen der zahlreichen
Fremden jchon auf Staatskoften gejorgt in ounvel
und »arayoyır, jo in Olympia, beim Aphrodite:
tempel zu Knidos und bei dem Heraion zu Pla—
taiat (Thue 3, 68); für Unterhalt mußte der
Fremde wohl jelbft jorgen. Doc, find damit na—
türlich Privatunternehmungen der Art an jenen
Orten nicht ausgeſchloſſen. Daß von joldhen Wirts:
häujern Leute jedes Standes Gebrauch machten,
ift ſchon am fich natürlich, wird aber aud aus:
drücklich bezeugt, indem die Gejandten Athens an
Philipp von Makedonien in jolhen mardoxslog
einfehrten. Aesch. de fals. leg. p. 272. Bgl. Ari-
stoph. Ran. 112. Cie. div. 1, 27. Das Gewerbe
der Gajtwirte war übrigens nach griechiicher An—
fit nicht geachtet. Einer Legitimation bedurften
ie Reifenden wohl nur im Kriegszuftande. Dazu
Xanthippe — Xanthos.
dienten Päſſe (sdyyexpoı oder auyyoapai, audı
wohl ope«yidss, weil mit dem Stantsfiegel ver:
jehen), auch die gewöhnlichen Yyamilienmarken (sön-
ok). Vgl. Beder:Göll, Charikles II ©. 5f. —
uch bei den Römern hatte das hospitium eine
vollgültige Bedeutung; dennoch kommen frühe ſchon
jowohl für die Beherbergung als für die Tage:
bewirtung verjchiedene deversoria, cauponae (}.?.),
popinae (j. d.) u. a. vor. Namentlich die Reiſe,
die Horaz in Begleitung des Mäcenas nad Brun:
dufium machte (sat. 1, 5), liefert Beijpiele folder
Benugung von Wirtöhäufern an der Landſtraße,
jelbft nad) der Bereinigung mit Mäcenas (v. 77)
der freilich meiftens mit jeinem Gefolge von jeiten
des Staats empfangen wurde. Vgl. Caupona,
K. Zell, Ferienſchriften I S. 3—52 (mo nament:
lid von den cauponis und popinis, weniger
von den eigentlichen Wirtähäufern für Reiſende
ST wird), und Becker-Göll, Gallus II
. 2771.
\:
Xanthippe j. Sokrates.
Lafedaimonier, fam als Führer von Söldnern nad
Xanthippos, Zdvöırmog, 1) aus Athen, Bater | Karthago, zeigte, daß die Bedrängnis dur Re
des Perikles, verwandt mit dem Geſchlechte der
Altmaioniden, —— den Kleiſthenes be rer
eides | an die Spite des Heeres berufen, lehrte den Ge
Reformen und übernahm nad) ihm mit Ari
ulus ın der Unfähigkeit der Führer ihren Grund
Dabe, wurde dann durch die Stimmen des Boll
die ung Bor öffentlichen Angelegenheiten. Er brauch der Elefanten und erfüllte das Bolt mit
klagte den
— J6
— id
—
rn
—*
iltiades wegen des Zuges gegen Paros neuem Mute. Er
tus hierauf die Römer völlig in
eg - — 255 hr E. (f. Atilii, *
verließ aber bald nachher Karthago, um
Neide zu entgehen, und ſoll an einigen anf
der Rüdfehr nach Sparta von den Schiffen
auf Anftiften der Karthager umgebracht worder
jein. Pol. 1, 32 ff.
Xanthos, Zardogs (der Blonde), 1. el
logiſch und nem 1) Sohn des Phat:
nops; ein Troer. Hom. Il. 5, 152. — 2) Sohn
des Triopas, König der — in Argos
wanderte nad) Leſbos aus. Diod. Sie. 5, 81. —
3) Sohn des Erymanthos, Bater der Pſophi
Paus. 8, 24, 1. — 4) der legte König in Te
ben, von Melanthos, dem oriden, im Je:
tampf erfchlagen. Strab. 9, 393. Paus. 9,5, 16.
— 5) Name tjabellfarbiger Pferde; 337
eine Pferd des Achilleus Xanthos (Hom. I.
16, 149), jowie ein Roß des Heltor (dai. 8, 1%,
ein unechter Vers). — 6) ein griechiſcher Lyrik
Mi R (ueLomouög), älter ald Stefichoros, der, m!
nn D A . en Dan re
ee En en. ee ee en
- a —— ä — m ., v
an, übernahm nad) Themiftofles den Oberbefehl | jener Luder hat ein jolches Werk geichri
mit Leotychides bei Mykale | welches die Fra
, machte darauf einen Zug nad | tofthenes) und
der Flotte, fiegte
(Auguſt 479 v. €.)
diejer, auch epiiche Stoffe ‚um Zeil dieſelben
meliſch behandelte. — 7) Kanthos, der &
der, ein Logograph, geb. um 500 v. E., jhrid
unter Artarerres 1. (465) ein Werk Audunz
in 4 Büchern, defien Echtheit micht unbezweijel
war. Denn Artemon (Athen. p. 515 dı ja,
daß Dionyfios Stytobradhion diejelben geihre
ben habe im erften Jahrh. v. C. *
ente bei Strabon (aus Cr
henaiod (aus Muajens) zuid
der thrafiihen Halbinjel, kehrte. aber bald zurüd | zuführen find, und das auch Herodot gelannt I.
nad Athen. Hdt. 6, 186. 8, 131. 9, 114. 120. —
2) Sohn des Perifles. Plut. Per. 24. — 3) ein | Fragmente von Müller, fragm
in den Kämpfen der Diadochen in Aſien erprobter | p. 36 ff. IV p. 623. 628. —
elder, kl. . 16. 431—450. Sammlung
*4 . hist. Graec
II. geographild:
Zadgoı —
8) Beiname des Stamandros, j. d. — 9) nad
Vergild Dichtung (A. 3, 350) Heiner Fluß in
Epeiros, auf welchen Helenos den Namen X, über:
trug. — 10) die bedeutendfte Stadt Lyfiens, 60
Stadien von der Mündung des erg:
Fluſſes, zuerjt ört durch Die Berfer Adt.
1, 176), dann durch die Romer unter Brutus
(Plut. Brut. 30), wobei die Bewohner nach helden—
mitiger Verteidigung größtenteils durch ihr eignes
Schwert umkamen. Berühmt war ein Tempel der
Leto, dad Bundesheiligtum der Lyfier. Die merk—
würdigen Reſte der Stadt (erjt ın neuerer Zeit
durch Fellows und Benndorf redyt bekannt ges
worden), darunter namentlich ein zierliches, mit
Statuen reich gejchmüdtes Heroon in ioniſchem
Stile, das j. g. Nereidenmonument, vielleicht das
Grabmal des lykiſchen Königs Perifles, der um
370 v. C. die Stadt Telmeſſos zur Unterwerfung
zwang (j. die Abb. S. 1304), befinden jich beim
heut. Günik. Strab. 14, 666. — 11) Fluß Klein:
afiens, jhon von Homer (Il. 2, 877. 5, 479) er⸗
wähnt, lykiſch Sirbos, entiprang an der Grenze
von Lyfien und Pifidien und durchſtrömte mitten
in Lykien eine große Ebene, rd Zavdıov medior,
wo — um 544 v. C. die Lyfier beſiegte.
Strab. 14, 665. Hor. od. 4, 6, 26.
. Zadoor, unabhängige Völlerſchaft Indiens,
indiſch Kichatriga, am mittleren Indos, weſtlich
vom Hydaſpes. Arr. 6, 15, 1.
Xenagöras, Zevayogas, Verfaſſer eines Ge:
ichichtäwerfes, zo6roı betitelt, und eines Buches
zeol vıjcav, aus dem Plinius und jpätere Gram:
matiter öfters Notizen entlehnt haben. Plin. 5, 31.
Dion. Hal. 1, 72. Sein Beitalter ijt unbefannt.
Die Fragmente find gefammelt von Müller, fragm.
hist. Graec. IV p. 526 ff.
Xenarchos, Zfveeyos, 1) ein Dichter der
neueren attijchen Komödie, Zeitgenoſſe des Demo:
ned. Die erhaltenen Bruchftüde (gefammelt von
einefe, com. Graee. fragm. Ill p. 614ff.;
II p. 811 ff. der Hein. Ausg., und Kod, com. Att.
fragm. Il p. 467 ff.) verraten Eleganz und Ge:
ihmad. — 2) Sohn des Sophron, der, wie fein
Vater, Mimen gejchrieben hat, lebte unter dem
älteren Dionyfios. — 3) Peripatetiker aus Seleufeia
und Lehrer des Geographen Strabon. — 4) Ge—
fandter des Uchaiifchen Bundes an die Römer, eine
Zeit lang auch Strateg der Achaier. Pol. 24, 4, 11.
Liv. 41, 28.
Zevnkaodia |. Zevos, 1.
Zevıa, 1) Geſchenke, die bei den Griechen und
Römern der Wirt feinem Gafte als Zeichen der
Gaftfreundichaft zu jpenden pflegte; meiſtens waren
es ausgejuchte Zederbifien, wie man aus dem drei:
zehnten Buche des Martialis jchliefen lann, das
den Namen Xenia führt, und deſſen einzelne Ge-
dichte faſt alle Lederbifien behandeln. — 2) So
hießen auch fogenannte „Stillfeben’ in der Malerei,
z. B. tote Tiere, Geflügel, Fiſche, Obft, alſo Ge:
genftände, wie fie der Wirt feinen Gäften zum
Gaſtgeſchenk zu jenden pflegte.
Xeniädes, Zerıdöns, 1) ein griech. Philojoph
aus Korinth in der Zeit vor Demokrit, behauptete
die Zrüglichfeit aller jinnlihen Wahrnehmungen
und die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu erfennen.
— 2) ein reicher Korinther, welcher den Diogenes
aus Sinope kaufte und ihm die Erziehung jeiner
1305
| Kinder und die Leitung des Hauswejens übertrug.
Diog. Laert. 6, 30.
evıxa veleiv |. Zivog, 1.
Mevıog j. Zeus, 3.
Xenippa, Ort im Nordmweiten Sogdianas, j.
Uratippa. Curt. 8, 2, 14.
Xenoitas, Zerolzaes, aus Achaia, Feldherr
Antiochos’ des Gr. von Syrien, wurde von dem
rebelliichen Statthalter Mediens, Molon, zu deſſen
Unterwerfung er ausgejandt war, in der Nähe des
Tigris überfallen, wobei der größte Teil jeines
Heeres den Untergang fand (221 v. E.). Pol.
5b, 45
Xenokrates.
Xenökles, Zevoxijjs, 1) Urchiteft aus Lindos,
ı Erbauer der Brüde über den Kephiſos, über welche
die nad Eleufis wallfahrenden Myſten zogen. —-
2) Sohn des Sophofles. Paus. 1,37, 1. — 8) einer
von den Söhnen des Tragifers Karkinos, ald ges
fräßig und als jchlechter Tragifer von den gleich:
zeitigen Komikern verjpottet. Arist. Nub. 1261.
Ran. 86 u. d. Einige nahmen auch 2 Tragifer
dieſes Namens an. — 4) laledaimoniicher Feld»
herr, von — Ageſilaos hoch geſchätzt. Xenm.
Hell. 3, 4, 20. Plut. Ages. 16. — 5) Schatzmeiſter
Uleganders des Gr., durch den Patrofles (j. d.)
die Bejchreibung der von Alexander durchzogenen
Länder erhielt. Strah. 2, 69. — 6) ein angejehener
Rhetor, mit dem Cicero bei feinem Aufenthalte in
Aſien —J v. C) verfehrte. Cie. Brut. 91, 316.
Plut. Cie. 4.
Xenokrätes, Zevoxgdrns, 1) Sohn des Aine—
jibemos, Bruder des Tyrannen Theron aus Afragas,
ter des Thrajybulos und mehrmaliger Sieger
bei öffentlichen Spielen, von jeinem Freunde Pin—
dar in der jechiten pythiichen und zweiten iſthmi—
ſchen Ode == — 2) aus Chalfedon, geb. 396
—
v. C., ein berühmter Philoſoph der alten Alade—
mie, deren Borjteher er 25 Jahre (339— 314) lang
—— ſein ſoll, ein Amt, das er auf den Wunſch
es franfen Speufippos (ſ. d.) übernahm. Er hatte
ih früh an Platon angeſchloſſen und ihn auch
ipäter nach Sicilien begleitet, nach deſſen Tode
aber Athen auf einige Zeit verlajien. Nicht jo
talentvoll als Ariftoteles, juchte er den Mangel
ihneller Auffafjung durch anhaltenden Fleiß zu
erjegen. Seine ftrenge Sittlichfeit, bejonders aber
feine Rechtlichkeit und Unbeſtechlichkeit verichafften
ihm die Achtung aller Athener, obgleih er in
feinem Außeren etwas Mürriſches und Finſteres
hatte, weshalb ihn Platon erinnert haben joll,
er möge nicht vergeflien, den Grazien e opfern:
Dos rag Acgıcıw. Bon jeiner Rechtlichkeit er:
zählen Diog. Laert. 4, 7 ff. Cie. ad Att. 1, 16, 4.
Val. Max. 2, 10, 2. 4, 3. ext. 3. Oic. tusc. 5, 32.
Plut, Alex. 8. Obwohl er fein athenijcher Bürger
war, ging er doch mehrmals in jchwierigen poli-
tiihen Lagen als Gejandter zu Philipp von Ma:
fedonien und zu Antipater im lamilchen Kriege,
und zwar mit gutem Erfolge. Doc wurden ihm
dieje Verdienjte mit Undank gelohnt. Diog. Laert.
4, 14. Plut. Flam. 12. Phoc. 29. Er ftarb 314,
82 Jahre alt. Bon feinen zahlreichen projaiichen
und poetiichen Schriften find nur einzelne Notizen
und unbedeutende Fragmente erhalten. Die Lehre
des X. nennt Cicero wegen ihres jittlichen Cha:
rafters mit Auszeichnung neben der des Platon
und Wriftoteles. Sie jchließt fih im ganzen an
die fpätere Geftalt der platonijhen Bhilojophie
1306
eng an, weicht aber durch Anfnahme freinder Ele: |
mente und durch Bertaufhung der Lehrmethode
von derjelben jo weit ab, daß fie andern als eine
Berderbnis der platonifchen Lehre erichien. Sie
wurde durd ihn in die müftiich-pythagorifierende
Berfnüpfung der Jdeenlehre mit der Mathematik
hineingeführt; die Jdeal- und arithmetiſchen Zahlen
bermengte er und ftellte als Mittelftufe zwiſchen
der reinen Gottheit und dem Menjchen die als
Bahlenbegriffe mit den Jdeen verwebten Dämonen
mit einer gewiſſen jchöpferifchen Thätigfeit hin.
Außerdem 7 er ſchon eine ſtrengere Eintei—
lung der Phi ag in Logif, Fon und Ethik,
und eine ftärfere Scheidung der Sinneswahrneh—
mung, der Meinung und des Dentens durch. —
3) griechijcher Arzt aus dem letzten Jahrh. v. €.
Von jeinen Schriften hat fich noch ein Fragment
zegl rg dd Lriögwv reopijg erhalten.
Xenon, Zivov, 1) thebanticher Heerführer, 413
v. €. als Befehlshaber nad Sicilien geſchickt.
Thue. 7, 19. — 2) Tyrann von Hermione in Ar:
golis, der auf Antrieb des Aratos feine Herrichaft
niederlegte und dem Achaitichen Bunde beitrat.
Pol. 2, 44. 60. Plut. Arat. 34f. — 3) einer- der
vornehmen Achaier, die 167 v. E. als Geifeln
nad Rom geführt wurden. Pol. 28, 6. 32, 7. —
4) ein anderer Achaier, der ſich in Nom für die
Freilaffung diefer Beijeln verwendete. Pol. 38, 1.
— 5) Epifureer aus Athen, von Cicero (ad Att.
5, 10,5. 11,6. 7,1, 1 u. d.) ehrenvoll erwähnt.
Xenophänes, Zevopdrns, 1) aus Kolophon,
Sohn des Derios, defien mehr als VOjährige
Lebensdauer ungefähr —— 580 und 480 v. C.
fällt. Früh aus ſeiner Vaterſtadt vertrieben, führte
er ein Wanderleben in Hellas, Sicilien und be—
ſonders in Unteritalien, wo er an der Gründung
der Kolonie Elea (Belia) ſich beteiligte, in der
er längere Zeit gelebt und gelehrt zu haben fcheint.
Sein langes Leben wendete &. Pauptfächtich an,
um den Bollsglauben zu befämpfen und eine
reinere Erfenntnis zu verbreiten. Er that dies
hauptſächlich in Gedichten, die er mach Art der
Rhapſoden jelbit vortrug, in denen er teils die
auf Homer und Hejiod beruhenden Vorftellungen
zu widerlegen, teils feine eigene Gotteslehre dar:
zulegen juchte. In Ießterer Beziehung ging er
feinen eigenen Weg und war entjcdhiedener Pan:
theift. Dabei hat er nod) etwas von der praftijchen
Richtung der ihm zunächſt vorangegangenen fieben
Weiſen. Dürre Schulweisheit war nicht feine
Sache, dazu war er zu geiftreich, zu vieljeitig 2
bildet und weltmänniſch. Die Überrefte feiner Ge—
dichte find auch in ihrer Form merkwürdig, da
fie bei allem Anſchluß an, die Sprache des Epos
doch in einem fichtlihen Übergang zur Proſa be
griffen find. Der Dialekt ift der abgeichliffene,
mit Doriſmen untermengte ioniſche. war der
Gründer einer eigenen philoſophiſchen Schule, der
eleatijchen. Sein Syftem, hervorgehend aus dem
Bedürfnis, zu den veränderlichen Erjcheinungen
das Bleibende und Beharrliche zu juchen, führte
ihn auf die Unmöglichkeit, das Werden als Merk—
mal des GSeienden zu denken, denn aus michts
werde nichtd. Das unentitandene und unvergäng:
lihe Sein num der Gottheit gleichjegend, legte er
diejer, als dem vollfommenften, fich durchaus glei—
chen und einigen Weſen, Intelligenz und eine alles
überwältigende Thätigteit bei, zugleich von ihm
Xenon —
Xenophon.
ausjchließend die entgegengeiegten Prädifate de
Endlichen und Unendlichen, Beweglichen und Un:
beweglichen. Wie ſich aber die Mannigfaltigfei
der veränderlichen Dinge zu diejer Einheit des
göttlichen Seins verhalte, darüber finden ſich in
den Überbleibjeln jeines Werkes (megi gprscus,
gejammelt von Karften, 1830, und in Mullads
fragm. phil. Graec. Bd. I p. 101 ff.) mehr If:
tiiche Außerungen als beftimmte Entwidelungen.
Auf die Einheit des Göttlichen dringend, jagt er,
was bei dem Menſchen als ein Sehen und cs
Hören und ein Denken getrennt jei, durchdring
jich bei Gott in einer ZTotalität, und ein Gert
walte mühelos über alles. Dieſer jpefulative San
nach einer höchften Einheit macht den X. aber and
zum ausgejprochenen Feinde der homeriichen Pochr
und Mythologie, an der er die Bermenichlicug
des Göttlichen und das vieljeitige, in die ment
lichen Zeidenjchaften gezogene, Handeln derſelben
örmlich hafte. Das Urteil Eiceros (acad. 4, 29,
ß &. ein mittelmäßiger Dichter jei, geht wahr
icheinlicy auf die Epen besjelben. Auf jeine Ele
gien, von denen noch 2 vollftändig erhalten fin
(gedrudt in Schneidewins delectus und Bert
poet. Iyr. Gr. Il p. 110ff. der 4. Aufl.), paht @
nicht; fie können ohme Bedenken neben die de
bejten Elegifer geftellt werden. Abhandlungen vor
Franz Kern (1871 und 1874). — 2) Athene,
Bater des Lamachos. Thuc. 6, 8. — 3) Sohn
des Kleitomachos von Athen, ſchloß als Gejandier
Philipps V. mit Hannibal ein Bündnis. Zar
23, 38. 38,
Xenophantos, Zevöperros, 1) ausgezeichneter
Flötenſpieler, der Alerander dem Gr. durd kin
Spiel jo zu begeiftern verftand, daß er die Kaſſen
ergriff. Plut. Dem. 13. — 2) Erzgießer, Sohn des
Ehares aus Thafos, lebte unter Kaiſer Hadrar,
deſſen Bildſäule er für die Athener fertigte.
Xenophilos, Zerögıkos, 1) Pythagoreer, L
des Arijtorenos. Diog. Laert. 8, 16. — 2)
fehlshaber der Wächter über die Burg Suja un
die dajelbit niedergelegten Schäße, der von Se—
leukos, dem Ctatthalter von Suftana, nad) langt
und tapferer Verteidigung zur Übergabe rn.
wurde und fich ihm anſchloß, 317/316 v. ©. Died
Sie. 19, 17. 48.
Xenöphon, Zsropar, 1) Sohn des Theſales
aus Korinth, ein olympiſcher —— um 4640. €
— 2) der Hiftorifer, Sohn des Gryllos oder Örgles)
aus dem Demos Ercheia in der aigeijchen Fhalt
geboren nad) der gewöhnlichen Angabe etwa
v. C. richtiger aber erft um 434; denn in de
Anabafis rechnet er ſich zu den Jüngeren. Er mt
einer der treueften Schüler und Freunde des Cr
— und Zeiigenoſſe des Platon und Allibiade
urch einen eigenen Zufall wurde er mit Sokrats
befaunt. Diejer begegnete ihm nämlich in et
engen Straße, fperrte ihm den Weg mit vor“
haltenem Stode und fragte ihn, mo bit un
jene Lebensmittel Fäuflich wären. z. im
hierauf Antwort gegeben, fragte jener weiter, we
rechtichaffene Männer gebildet würden. X. must:
— nicht zu antworten; da ſprach Soltae
olge mir und lerne es. Und von diefer Zeit mat
&. des Sofrates treuefter Anhänger und :
Diog. Laert.2,48. Die Teilnahme an der Scladt
beit Delion ift ohne Zweifel jpätere —
ſowie von Kriegsdienſten im peloponneſiſchen che
Xenophon.
nichts überliefert ift. &. jcheint dieſe Zeit feiner
wifjenjchaftlihen Ausbildung gewidmet zu haben.
Auch den Unterricht des Sophiften Prodifos in
der Beredjamfeit benußte er, und von Gofrates
joll er zur Geichichtichreibung ermuntert worden
jein. Durch feinen Freund Prorenos wurde er
nach Beendigung des peloponnefiichen Krieges ein-
eladen nach Sardes zu fommen, um ihn bei dem
jüngeren Kyros einzuführen. Da ihm die Ber:
— in Athen nicht zuſagten, entſchied ſich
ein ritterlicher Sinn ſchnell für den Vorſchlag
(An. 3, 1, 4), und er trat bald in nähere Be—
ziehung Rn Kyros. An dejien Zuge gegen Arta—
xerxes Mnemon nahm er, ohne eine militärijche
Würde zu haben, teil. Nach der Schlacht bei Ku—
nara wurde er mit 4 andern erwählt, um ben
NRüdzug zu leiten, und zeigte hier jo viele Klug:
heit, Tapferfeit und Ausdauer, eine jo weile Nach—
giebigfeit gegen die übrigen Mitfeldherren, eine
jo großmütige Entjagung, als ihm der Oberbefehl
angeboten ward, daß ihm eine ausgezeichnete Stelle
in der Kriegsgejchichte gefichert bleibt, wenn auch
jeine Thätigkeit nicht der Ruhm gewonnener Siege
begleitete. Als das Heer bis Byzanz zurüdgeführt
war, trat &. mit demjelben in die Dienjte des
—— Königs Seuthes, der ſein väterliches
eich wieder erobern wollte. Als auch dieſes ge—
lungen war, luden ihn die Spartaner, deren Fed:
herr Thibron die perfiihen Statthalter Tiffapher:
nes und Pharnabazos befriegen jollte, ein, mit
dem Heere in ihre Dienjte zu treten. &. führte
dasjelbe nad; Bergamos und gab den Oberbeieht
an Thibron ab. Durch jeinen Anjchluß an den
jüngeren Kyros und durch die Übergabe des Heeres
an die Spartaner hatte &. in Athen ſich die Ver:
baunung wegen Sochverrat3 zugezogen. Wahr:
ſcheinlich diente er deshalb in dem Heere, dejien
Oberbefehl der Spartaner Derfyllidas führte, fort.
Später finden wir ihn bei Agefilaos in Aſien, mit
dem er durch längeren Umgang auf das Innigſte
ſich befreundete. Als dieſer zurüdgerufen wurde,
um dem bedrängten Vaterlande Hülfe zu leiften,
ging &. mit ihm und nahm an der Schladht von
Koroneia (394) gegen die — und Athener,
wenn auch nicht als Kämpfender, teil (vielleicht
war dies die Urfache feiner Verbannung). Bon
da begab er fich nach Sparta und erhielt von den
Spartanern ein Landgut bei Stillus in der Nähe
von Olympia auf dem den Eleern entriffenen Ge:
biete. Hier lebte er jeinen Lieblingsneigungen,
dem Landbau, der Jagd und Pferdezucht; hier
entjtanden auch die meijten feiner Schriften. Als
die Athener von dem thebanischen Bündniſſe zu—
rüdtraten und jpäter fi jogar mit Sparta ver-
bündeten, ſchickte &. jeine 2 Söhne, Diodoros und
Gryllos, nad) Athen, um in dem athenischen Hülfs-
heere für die Lafedatmonier zu fämpfen. Diodoros
fam aus dem Feldzuge zurüd, Gryllos fiel aber
in der Schlacht bei Mantineia. Die Todesnach—
richt erhielt der Vater, als er eben im Begriff
war zu opfern. Er nahm den Kranz, den er auf
dem Goupte hatte, ab; als er aber hörte, daß der
Sohn eines ruhmwürdigen Todes gejtorben jei,
jeßte er ihm wieder auf und ſprach die im Alter:
tume gefeierten Worte: „Ich wußte, daß ich einen
Sterblihen gezeugt.” Dieje Annäherung &.3 an
jeine Vaterjtadt jcheint die Zurücknahme feiner
Verbannung auf Betrieb des Eubulos um das J.
}
— —
— — — — — — — — — —— ———— — — — — — — — —
1307
369 bewirkt zu haben. Ob er, nachdem er von
den Eleern in Skillus vertrieben war, wieder auf
einige Zeit nach Athen zurückgekehrt, iſt nicht be—
kannt; wahrjcheinlich ſtarb er in Korinth. 354 oder
353 v. E. (nicht ſchon 360/359). — &. gehört als
Menic nicht gerade zu den herporragenditen und
geiftreichiten, aber jedesfalld zu den biederiten
Charakteren des Altertums, an dem das griechiſche
Ideal menſchlicher Volllommenheit, gleichmäßige
Bildung des Leibes und der Seele, vollſtändig
verwirklicht war. Als Schüler des Sokrates hatte
er ſich des Meiſters Lehren und Handlungsweiſe
ſo ganz zu eigen gemacht, daß er mit Verleug—
nung des eigenen Weſens des Lehrers Worte
wiedergab. Aus dieſer Schule ſtammte die Klug—
eit und der praktiſche Blick in allen Lebensver—
—ãſ— die ſich in allen ſeinen Schriften erken—
nen laſſen; daher auch die Frömmigkeit und die
ſtete Rückſicht auf die Winle der Götter, die er
überall zu erforichen bemüht mar und mit fajt
übertriebener Gewiflenhaftigfeit ehrte. Durch die
entichieden praftijche Haltung unterjcheidet er fid)
weſentlich von der idealen Richtung Platons; daß
aber ein feindjeliges Verhältnis zwifchen ihnen
bejtanden habe, ift eine ſpätere Erdichtung. Bgl.
Ad. Noquette, de Xenophontis vita (1884). —
Schriften: Die Erinnerungen an Sokra—
tes, drouvnuoveduere Zongdrovg, Memorabilia
(Commentarii) Socratis, 4 Bücher, liefern, aus:
gehend von einer Ehrenrettung gegen den Vorwurf
der Götterveradhtung und der Nugendverführung,
von dem Charakter des Sofrates ein treueres
Bild als die Dialoge Platons, der fich über die
einfache Lehre jeines Meifterd in das Reich der
Keen erhebt, während &. auf dem Boden der
Wirklichkeit verbleibt und fich mit Einficht, Kraft
und Redlichkeit bewegt. Bei der eigentümlichen
Nichtung eines jeden tft es natürlich, daß fie ihren
Lehrer verjchieden darjtellten, woraus aber nod)
nicht jene angebliche Feindichaft hervorgeht. Ausgg.
bon Koraid (1825), Herbit (1827), Bornemann
(1829), Sauppe (1834), M. Seyffert (4. Aufl. 1883),
Kühner (1857; fleinere Ausg. 5. Wufl. 1889),
Breitenbach (6. Aufl. 1889), E. Weißenborn (2 Bdd.
1885 ff.), W. Gilbert (1888) u.a. — Die Verteidi—
gung des Sokrates, amoloyla Lwxpdrovg, ift
bon geringerer Bedeutung, wahrſcheinlich auch nicht
echt, Tas dem X. von einem Späteren, vielleicht
jeinem Enkel, untergejchoben; fie entwidelt, warum
Sofrates lieber fterben, als um fein Leben flehen
wollte. Ausg. (mit Sympofion) von Bornemann
(1824). — Das Gaſtmahl, avumöcıor pıloco-
por, läßt den Sokrates an die Vergnügungen des
Angenblids die anziehendften Geſpräche über die
Schönheit und Liebe anknüpfen. Wusgg. (mit
Apologie) von. Bornemann (1824), Lange (2. Aufl.
1825), Herbſt (1830) und Mehler (1850). — Die
Heine, anziehende Schrift über die Haushal-
tungsfunft, olxovonunög Adyog oder mepl vlno-
voulas, eine Ergänzung der Erinnerungen an So:
frates, gibt ein Geſpräch über die Verwaltung des
—— beſonders den Ackerbau, wobei So—
rates gleichfalls die Hauptperſon bildet. Ausgg.
von Herbſt (1840), Breitenbach (1841) und Lincke
(1879). — Auch &.3 politiſcher Charakter war
durch den Umgang mit Sofrates bedingt und ge:
bildet worden. Sokrates war Koſmopolit und konnte
als jolcher mit dem Treiben des atheniichen Voltes
1308
ſich nicht befreunden. Dieſen Widerwillen gegen |
die Bolköherrichaft in Athen Hatte X. von feinem
Lchrer geerbt. Während jeines Aufenthalts in
Njien hatte er an Kyros und Ageſilaos Freunde
gefunden und an beiden erfahren, was Ein Mann,
der das Gute will, mit unumſchränkter Macht zu
leiften vermag. So wurde die Monarchie ſein
Seal, die er aber von der Tyrannei wohl unter:
ſcheidet. In feinem Hieron, Téocu (Ausgg. von
Frotſcher, 1822, und R. Hanow, 1835, mit Sympojf.
und Agefilaos), einem Geſpräche des Simonides
mit Hieron, lejen wir eine Schilderung der Leiden
und Entbehrungen, welche auf der Tyrannei lajten,
und zugleich die Mittel, wie ein Herrſcher das
Süd vieler befördern fan. Die Ausführung der
Mittel aber, wie ein Negent feiner Bejtimmung
entjprechen könne, wie er fich nicht bloß zum Er:
oberer, jondern auc zum Vater der beziwungenen
Völfer bilden könne, gibt der politiiche Tendenz-
roman der Kyropädie, Kvoov maıdel«, Instı-
tutio Cyri, in 8 Büchern. Sie ftellt die Erziehung
und den Charakter eines volltommenen Fürſten
nad) jofratijhen Grundjägen in der zwar auf hiſto—
riicher Grundlage ruhenden, aber idealifierten Ge—
ihichte des älteren Kyros dar, Ausgg. von Lange
(3. Aufl. 1822), Bornemann (1828), Holgmann
(1833), Jacobi (1843), Hertlein (4. Aufl. 1886 ff.),
Breitenbach (4. Aufl. 1890F.), U. Hug (1883). —
Die Gejhichtichreibung des &. ift einfach
annaliftiih und auf das praktiſch Bemerkenswerte
gerichtet, ohne von einer höheren Idee beherricht
zu jeın. Zwar ift ihm der Gedanke an das Walten
der Götter über die menjchlichen Angelegenheiten
nicht fremd, aber er macht ihn nicht zur leiten-
den dee, und wo er ihn geltend macht, wirb er
der Darftellung nicht jelten nachteilig. Die grie—
chiſche Gejhichte, "EAlnvınd, Historia graeca,
deren Anfang fehlt, zerfällt in 2 Teile. Die 2
erften Bücher (genauer B. 1—2, 3, 10) fünnen
ale eine Fortjegung der Gejchichte des Thufydides
bis zum Ende des peloponnejischen Krieges gelten
und jind im trodenem Tone gehalten; die 5 fol-
enden behandeln die Zeit nach dem peloponne-
Fichen Kriege, und zwar 3—5, 3 die Ereignifje
bis zum Frieden des Antalkidas, mit fichtlicher
Parteinahme für Sparta, 5, 4 ff. — Schluß die Zeit
bis zur Schlacht bei Mantineia. Dieje beiden Teile
mit Niebuhr für 2 verichiedene Werle zu Halten,
Icheint fein Grund, wenn fie auch zu verſchiedenen
eiten abgefaßt find. Dieje Gejchichte wird unter
Xenophon.
fi) in der dritten Perſon fpricht, jo ift das Werl
von einigen nach Hell. 3, 1, 2 dem Themiftogenes
—— worden, gewiß mit Unrecht; denn die
—— an ſeiner — laſſen ſich heben. Ausgg
von Lange (4. Aufl. 1822), Jacobs (1825), Boppe
(1827), ger (1826; Schulausg. 7. Aufl. 1888),
K. Matthiä (2. Aufl. 1859), Hertlein (3. Aufl,
1857), Kühner (1852; El. Ausg. o. J.), Rehdanß
(6. Aufl. 1888 ff.), Breitenbad (1865), Bollbredt
(8. Aufl. 1886 ff.), Hanſen (1883 ff.), Matthias
(1884), Bachof (1888 f.); Frit. Ausgg. von 2. Din:
dorf (2. Aufl. 1855), Cobet (1859), Breitenbad
(1867), U. Hug (1878). — Als ein Anhang zur
riech. Geſchichte läßt fich die in eine Charalten-
ik tiefer eingehende, ihrer Echtheit nach ebenfalls
bezweijelte Lobrede auf Agejilaos betradten
erauög. von Heiland, 2. Aufl. 1846, Breum:
ac, 1846, und Güthling, 1888). — Noch jm
vorhanden (aber von —22 Echtheit): zwei
Schriften über die jpartanijche umd athe—
niſche Staatsverfaſſung, Aunedaumeniu
rolırele und Adnveior m. (erſtere herausg. va
Haaje, 1833, mit wichtigem Kommentar; legten.
nad Kirchhoff und L. Lange, die ältefte erhalten
Schrift in attijcher Proja und um 424 v. C. ge
ſchrieben, während Müller-Strübing die Abfafjung*
eit zwijchen 417 und 414 ſetzt und als Berfafer
Br nichos [j. Phrynichos, 4.] anficht, ven
of. 3. Aufl. 1889, M. Schmidt, 1876, und
Miüller-Strübing, 1880), eine Schrift über die
Berbefjerung der Einkünfte (mögoı oder zpl
reooodwr, 356 verfaßt, herausg. von van Deventer,
1851, und Zurborg, 1876), eine Anleitung für
den Anführer der Reiter ei (immagyınd) um
2 Abhandlungen über die Jagd (vurmyerus
und Reitkunft (meel immınns). — Gejamtaus
j. Werfe von H. Stephanus (2. Aufl. 1581),
(1798 ff.), Schneider (1790 ff., zum Teil neu bear
von Bornemann und G. Sauppe); T bes
L. Dindorf, G. Sauppe (1865—67) und
(begonnen 1869). — Sturz, lexicon Xenophor-
teum (1801 ff.); Sauppe, lexilogus Xenophar-
-_ (1869). — A.s Da me * bu Y
Itertume ausgezeichnetes Lob zu teil: er
attijche Biene oder Mufe. Wohlklang der Eat
lichtvolle. Darftellung, liebliche Zartheit und An
mut, eine don allem oratorischen Schmude ens
jernte Einfachheit und Nüchternheit iſt das Geprägt
feiner — Darſtellung, womit freilich eine ge
wifje Magerfeit des Stils, Mangel an Objeftivist
&.3 Hand Geſchichte der Spartaner, er jelbjt ift | und ausgebildeter Kunftform verbunden iſt. Doch
darin Hiſtoriler der Dorier und Herold der Thaten tritt man gern dem Urteil des Quintiliau ba,
des Ageſilaos, jo da don Altibiades, Konon, Tie | welcher (10, 1, 82) jagt: in labris eius sedisst
motheos, Iphikrates, Pelopidas, Epameinondas | quandam persuadendi deam. Am jorgfältighen
entweder gar nicht oder mit Kälte geiprochen wird. | gearbeitet jind die Kyropädie, der Difonomilos m
Ausgg. von Cobet (2. Aufl. 1880), Breitenbach | das Sympofion; die Reinheit der Sprache m
(mit lat. Kommentar, 1853—63, 1. Bd. 2. Aufl. | bisweilen dur Einmiſchung dichteriſcher oder 7"
1880; Schulausg. 1873 ff., 1. Bd. 2. Aufl. 1884), | alteter Ausdrüde und dialeftijher Eigentünit
Bücjenihüg (5. Aufl. 1884 5j.), Kurz (1873 f.), | Teiten getrübt. — 3) aus Kos, mit vollem Name
Zurborg und Groſſer (1882 ff.), D. Keller (1890; |E. Stertinius Xenophon (nad Juſchtiſue
fl. Ausg. 1889). — Die Anabaſis, dvaßasıs | Leibarzt des Kaijerd Claudius, den er auf Ag“
Kögov, 7 Bücher, bildet gewiſſermaßen zwiſchen | nas Gehei vergiftet haben ſoll. Tac.ann. 12,615
den 2 Teilen der Hellenifa das Mittelftüd und | — 4) ein Erotiter aus Ephejos, vielleiht #
beichreibt jenen Rüdzug der 10000 Griechen aus | 5. Jahrh. n. E., jchrieb einen Roman, 2
Oberafien anziehend und mit großer Genauigkeit ’Eysswwnd, rü xard Ardlav mal —
im einzelnen, io daß die 18 bis 20 Jahre ſpäter (herausg. in den Sammlungen der rich. Guol
erfolgte Ausarbeitung wahricheinlich auf unmittels | befonders von Hofman-Peerllamp, 1818). S
baren Aufzeichnungen beruhte. Da X. ftets von | Stil ift einfach und Mar. — 5) Sohn dei
ku
to
#evog — Xuthos.
pides, war 430/429 v. E. einer der atheniſchen Be-
re, denen ſich Potidaia ab, und bie
rauf gegen die Ehalfidier und Boioter zogen.
Thue. 2, 70. 79. — 6) Bildhauer und Erzgieher,
welcher mit Kephijodotos fiir Megalopolis einen
thronenden Zeus, eine Artemis Soteira und ein
ild der Stadtgöttin fertigte. Paus. 8, 30, 5.
Zevos. Das Berhältnis der fremden, d. 5.
der nichtbürgerlichen Freien, war in den verſchie—
denen griechiihen Staaten verjchieden. Während
3. B. in Sparta der dauernde Aufenthalt, oder
wenigftens die Auſäſſigmachung Fremder, nicht
geitattet war (Fevnlacie), bejapen fie anderswo,
3. B. in Athen, beftimmte, z. T. ausgedehnte Rechte
und Freiheiten. Jeder Fremde (Eivog ragent-
Önuog), der ſich eine beftimmte Zeit in Athen auf:
hielt, trat in das Verhältnis der Schugverwandten
(uErorxoı), deren Zuftand in Athen, dem Mittel:
punft hellenifcher Bildung und Gefittung, für fo
wünjchenswert galt, daß die Zahl der Metoifen
309 v. €. ſich auf 10.000 erwachſene Männer be-
lief. VBerpflichtet waren fie, einen Bürger als
Batron (goardeng) zu wählen, der ihr Vertreter
in allen öffentlihen und Privatangelegenheiten,
. B. Brozeflen, war. Die Verabſäumung bdiejer
flicht 309 die yoapr) Krpooraclov nad fih. Für
den Schub, den der Staat ihnen gewährte, zahl:
ten fie durch den Patron ein geringes Schußgeld
erolzıor, Eevına releiv), jährlid 12 Drachmen,
itwen nur 6 Drachmen (usromlov drayoyı)
gegen den, der es nicht bezahlte). — Wer dieſe
Pflicht nicht erfüllte oder fich fonft irgendwie als
wirklicher Bürger gerierte (yoxpr) Eeriag), fonnte
als Sklave auft werden. Bei Öffentlichen Auf:
ügen hatten fie die Dienftpflicht der Hudriaphoria,
aphephoria und Sfiadephoria zu leiften. Zur
Ermwerbung von Grundeigentum waren fie nicht
befugt; zum Sriegsdienft waren fie verpflichtet,
wie auch zu den außerordentlichen —
Leiturgien u. ſ. w. Unbeſchränkt war ihr T
zur Betreibung bürgerlicher Gewerbe, was um jo
natürlicher war, da der Staat dadurd große Ka—
pitalien und Kräfte in feinen Bereich zog. Für
Betreibung ihres Geichäftes bezahlten jie eine
ewerbeftener, wovon der Bürger frei
Bejonders bevorzugt waren die looreAsis, die in
Rüdficht auf Leiftungen den Bürgern ganz gleich)
ftanden, alfo auch fein uerocsıov bezahlten. Das
aktive Bürgerrecht, aljo Teilnahme am Staate, an
Wahlen, Gerichten u. j. w., hatten fie nicht; da—
geaen fonnten fie Grundbefiß erwerben und be—
urften feines Proftates. Etwas ganz anderes iſt
die Iſopolitie, die da ftattfindet, wo ganze Staaten
ch ——— das Bürgerrecht erteilen, ſo daß
er —— des einen Staates zugleich Bürger des
andern Staates iſt. Eine beſondere Stellung nah—
men die moö&evoı ein, die paſſend mit den Kon—
2 der neueren Zeit verglichen werden fönnen.
er Prorenos war eine Art Staatsgaftfreund, der
Bürger eines Staates, den ein andrer Staat zum
Vertreter feiner Interefien in jenem ernannte.
Athen z. B. ernannte einen Bürger von Korint
nu feinem Prorenos in Korinth. Diejer erhielt
für, daß er die Intereſſen atheniicher Bürger in
i
war. —
1309
Grundbefiges in dem Staate, der ihn ernannt
hatte, fowie das Recht, ohne meoordeng mit Rat
und Bolf zu verhandeln (mgösodos meös rıv Bov-
Av nal row Öhjuov), felten und nur ausnahms-
weiſe das wirfliche, vollftändige Bürgerrecht. —
Übrigens war die Heilighaltung des Gaſtrechts
ı Fremden gegenüber tief in der griechiichen Sitte
begründet, jo daß auch der Kriegsgefangene, wenn
er ſich loskaufte, dogukerog ward.
Xerxes, Xerses, Zig&ng, altperſiſch Khajaricha,
1) gg | von Perfien, Sohn des Dareios von der
Atoſſa, Tochter des Kyros, beftieg nach dem Tode
feines Vaters ungehindert den Thron, Anfang 485
v. C. Hdt.7,2f. Nachdem er die abgefallenen
Provinzen, Ägypten und Babylonien, zur Unter:
werfung gebracht, fing er, angetrieben von ſei—
nem Schwager Mardonios, herbeigerufen von ver:
triebenen Tyrammenfamilien, durch Weisfagungen
und Träume gedrängt, ungeachtet der Warnungen
jeines Oheims NArtabanos, die Rüftungen gegen
Griechenland an, die mehrere Jahre währten. Hat.
7, 5ff. Mus allen Teilen des Reiches murben
Truppen aufgeboten. Die Größe des in Mfien
—— ebrachten Landheeres kann man nach
der Angabe des Kteſias zu 800 000 Mann zu
Fuß nebſt 80 000 Reitern annehmen. erodot
aber rechnet, zum Teil durch unrichtige Voraus—
ſetungen, dem A. für Flotte und Landheer 37
3 Millionen Streiter heraus außer dem Troß.
Bon dem Sammelplaß, dem fappabotiichen Kri—
talla, bewegten fich die Mafjen nad) Sardes. Bon
| ier brach im Frühjahr 480 die Landmacht auf
und ging über die vorher gebauten Brüden nad)
Europa. Hat. 7,265. X. begleitete das Heer und
ſchaute von einem auf dem Feſtlande gebauten
Throne der Niederlage bei Salamis zu. Nach
dieſer beichloß er die Heimkehr nach Aſien, Tangte
—* 45 Tagen in Seſtos an und ging von da
nah Sardes. Als mit den Schlachten bei Pla:
‚taiai und Myfale der Gedanfe an die Eroberung
\ Griechenlands gänzlich aufgegeben werden mußte,
begab er ſich nad Suja zurüd. Seitdem beginnt
‚ fichtlich der Verfall des Reiches, wenn aud die
| ftattlichen Bauten zu Perjepolis und der Verfuch,
‚den Seeweg um Afrika zu entdeden (Hat. 4, 43),
‚noch große Gedanken zeigen. Der ſchwache, ſinn—
lihen Ausſchweifungen ergebene König wurde,
‚nachdem er noch (Herbft 467) die furdhtbare Nie:
derlage am Eurymedon erlebt hatte, von dem Hyr—⸗
fanier Artabanos, dem Befehlähaber der Leib:
wache, ermordet (Juli oder Auguſt 465); ebenfo
furz darauf jein ältefter Sohn Dareiod. Der ziveite
Sonn, Artagerges (i.), beftieg den Thron und
tötete nach 7 Monaten den intriganten Artabanos.
Diod. Sie. 11, 69. — 2) Xerxes II., der einzige
ebenbürtige Sohn von Artarerxes 1., folgte feinem
Bater Anfang 424 v. C., wurde aber ho nad)
45 Tagen von feinem Halbbruder Sogdianos er:
mordet, den wieder 7 Monate ipäter Dareios 11.
Nothos bejeitigte. Diod. Sie. 12, 64. 71.
Xuthos, Zoötog, Sohn des Hellen und der
Nymphe DOrjeis, Bruder des Aiolos und Doros.
Aus Theffalien von feinen Brüdern vertrieben,
fam er nad Attika und heiratete die Tochter
Korinth vertrat, auch Vorrechte in Athen, die in- |des Königs Erechtheus, Kreüja, mit der er den
befjen nicht immer bdiejelben waren, fondern in’ Achaios und Jon, die Stammpäter der Achaier
jedem einzelnen Falle durch Volksbeſchluß feitgejegt und Jonier, jeugte. Apollod. 1,7, 3. Darum
wurden. In der Regel befam er das Recht bes | läht ihn aud) die Sage in Nigialos, dem Wohnſitz
1310
der Jonier und jpäter der Achaier, wohnen. Hie—
* ſoll er geflüchtet ſein, als ihn die Söhne des
echtheus verjagten, weil er dem Kekrops den
durch des Erechtheus Tod erledigten Thron von
Athen zuerkannt hatte. Paus. 7, 1,2. Hdt. 7, 94.
Achaios z0g von Aigialos nad Thefjalien zu:
rüd und herrichte dort nadı des Aiolos Tod; ein
Stamm im öftlihen Phthiotis jollte von ihm den
Namen tragen. Die Geſchichte des Jon gab einen
Stoff ab für die Tragödie. Nach der Tragödie
diejes Namens von
des Apollon und der Kreitja, wurde von der Mutter
ausgejegt, von Hermes nach Delphoi gebracht und
dort von der WPriefterin zum TQempeldiener be:
ftimmt. Als er Jüngling geworden, fragen Zuthos
und Kreüja zu Delphoi wegen ihrer Kinderloſig—
feit um Nat, und Xuthos erhält die Weifung, den
als Sohn anzunehmen, der ihm zuerjt beim Aus:
tritt aus dem Tempel begegnen werde. So wird
Jon Adoptivjohn des Kuthos; aber Kreüja will
ihn vergiften. Entdeckt, flieht fie an den Altar
des Gottes, von wo Kon fie entfernen und töten
will. Aber Sreüja erkennt dur das von ber
Priejterin herbeigebracdhte Käftchen, in dem Jon
ausgejegt worden war, den Sohn. Wach einer
andern Sage heiratet Jon Helike, die Tochter
des Königs der Nigialeer, Selinos, und wird nad)
dejien Tode König in Nigialeia, deſſen Einwohner
er nun Joner nennt.
uripide® war Jon Sohn | d
Xyline Come — Zama.
egen die Eleufinier zu Hilfe gerufen und zum
übhrer erwählt, befiegt er den Eumolpos, wird
König von Athen und zeugt Hoples, Geleon, Aigi:
fores, Argades, die Stammheroen der 4 iomijden
Phylen. Er lag im attifchen Demos Potamos
begraben. Hdt. 5, 66. Paus. 1, 31,3.
Xyline Come, fleden in Piſidien zwiſchen
Termifjos und Korbaſa. Liv. 38, 15.
Zulor, lignum, 1) diente bei den Griechen
ur Beftrafung von Sflaven als Zwangswerkzeug,
indem Hals und Füße darin eingeipannt wurden
Arist. Lys. 680. Equ. 367); bisweilen auch, um
ajende dadurch zu bänbdigen (Hat. 6, 75). —
2) Neoror Eulor, in Athen die vorderite Bant
oder Sipreihe im Theater (wo fie uriprünglih
bon Holz war), der Platz für die Protanen und
Obrigfeiten. Arist. Vesp. 90. — 3) Yängenmef
= 3 jxtis.
Xynia, Zvria, Xyniae, Stadt in Thefjalien,
öftlih an dem See Kynias (j. Nezero). Jar.
82, 13. 38, 3. 39, 26. Pol. 9, 3.
Xystos, -on, ävorög, -ör, und Kystus, -um,
bededte Halle in den griechiichen Gymnaſien, ın
der ich, namentlich im Winter, die Athleten (aut
xysticı genannt) übten; bei den Römern ein m
der Halle gelegener, ſchön angelegter Raum zum
Umberwandeln, mit Blumen, Gebüſch n. |. w. (ie
Darauf don den Athenern | acad. 2, 3. Plin. ep. mehrmals.
2.
Zabatos j. Lykos, B, 1.
Zadrakarta, Zadgdxaere, bei Strabon (11,508)
Keora, Hauptjtadt Hyrkaniens, nördlich von dem
| Bafynthier freilih durch die Samier vertrieben
wurden. Hat. 3, 59. i
ı Tolmides zum Anjchlu an Athen genötigt, untı
456 v. E. wurde 3. durd
Hauptpafje über das Gebirge; j. viell. Aitarabad. deſſen (nicht tributpflichtigen) Bundesgenofjen wire
Arr. 3, 23, 6. 25, 1,
Zagreus, Zaygsvs, Beiname des Pluton und
bejonders des Dionyjos (j. d. 5.).
Zagros, Zaygog, noch j. Zagros, ein zwijchen
Medien und Afiyrien, Sufiana und Babylonien
jüdöftlich dahinziehendes Gebirge, mit den Bagri:
ichen oder Mediſchen Päſſen (j. Taki:Girra). Pol.
5, 44. Strab. 11, 522 ff.
Zakynthos, Zaxvrdos, j. Zante, früher "Tern
genannt, Inſel im Joniſchen Meere an der Weit:
füfte des Peloponnes, die jüdlichjte der größeren
wejtgriechiichen Inſeln, weſtlich von dem eleijchen
VBorgebirge EChelonatas, jehr ergiebig und von
den Italienern „die Blüte der Levante‘ genannt,
hat einen Frlächeninhalt von etwa 5'/, TI Meilen.
Homers (Od. 1, 246. 16, 123) Beiwort ülrjeso«
paßt nicht mehr auf die Inſel, wenn es fich nicht
auf die reichlihen Olbaumpflanzungen im Oſten
der Inſel bezieht. Unter den Bergen wird der
"Elarog genannt, vielleicht der heutige Stopos an
der Südoſtküſte; höher (760m) find die Berge im
Norden. Merktwürdig find die jchon im Altertum
benugten Erdpechquellen (bei Kieri). Hdt. 3, 196.
— Die Bewohner von 3. waren peloponnefiiche
Achaier (Thue. 2,99); nad) Homer gehörte die
Injel zum Reiche des Odyſſeus (Il. 2, 634. Od.
1,246. 9, 24. 16,250). Bon der bedeutenden Ent:
widelung des Handels zeugt die Anlage einer Ko:
lonie in Kydonia auf Streta, aus deren Beſitz die
auch während des peloponnefiichen Kri
& finden.
Thuc. 2, 66. 7,57. Diod. Sie. 11, 84. Später lam
die Inſel in die Gewalt Philipps V. von Mate
donien. Im 3. 191 von den Achaiern gefauft,
wurde jie dur T. Duinctius Flamininus den
Römern unterworfen, die ihr indes Autonomie
gewährten. Zur Zeit der Kaifer gelangte jie wieder
u bedeutender Blüte und Wohlftand. — Die Haupt:
Babe, Zakynthos, lag an der Dftlüfte, ein be
deutender Ort mit der jehr feiten Burg Pagis.
Strab. 10, 458.
Zaleukos, Zelevnog, Gejeßgeber im epizephb-
riſchen Lokroi, gepört wahricheinfich in die Mitte
des 7. Jahrh. v. E. Seine Lebensumftände find
ungewiß, öfters wird er mit andern Geleßgebern,
namentlich Charondas, verwechjelt. Er joll zuert
geichriebene Gejepe gegeben haben, es find indes
wenig Angaben darüber erhalten: fie bezogen ſit
auf eittellung fittliher Ordnungen in riet
leben ebenjojehr als auf öffentlihe Verhältnifie.
Er juchte die Erhaltung eines gleichmähigen Be
figes zu fichern, ſetzte an die &hete willfürlicher
Richterjprüche bejtimmte Strafen, regelte den Prı-
vatprozei und richtete Staatsbehörben ein, ohne
indes die Verfaſſung in allen Teilen zu ordnen.
Diod. Sie. 12, 205. Cie. legg. 2, 6. Strab. 6, 2691.
Arist, pol. 2,9, 5. Pol. 12, 16. ®Bgl. Gerladı,
Baleufus, Charondas, Pothagoras (1858).
Zama, Zaue, Name von 2, etwa 6 Meilen von:
—
Zamolxis — Zauberei.
einander entjernten Städten im jüdlichen Zeugi—
tana, norbweitlich von Hadrumetum. Die öftlichere
heißt j. Sidi-Amor. Die wejtlichere, Zama regia,
j. Dihiama, 5 Tagereiien ſüdweſtlich von Kar-
thago, an einem Nebenfluß des Bagradas gelegen,
war nah Mommien der Ort der Entjcheidungs:
ſchlacht zwiichen Scipio und Hannibal (Sommer
202), ſpäter die Rejidenz und Schatzkammer des
Königs Juba I, Pol. 15,5. Liv. 30, 29. Sall.
Jug. 57. Caes. b. Afr. 91.
Zamolxis, Zduoifıg oder Zaiuofıs, ein Gete
Skythe oder Thrafer), fehrte, nachdem er bei
Pothagoras auf Samos Sklave geweien und jpäter
als Freigelaſſener in Hellas ſich Schäße erworben,
nach jeiner Heimat zurüd und fuchte dort feinen
ethijch-religiöjen Lehren, bejonders der Unſterblich—
feitölehre, ſowie jeinen politischen Anfichten Eins
gang zu verichaffen. Nach jeinem Tode wurde er
als Dämon verehrt. Hat. 4, 94. Er hätte alio
um 540 v. E. gelebt, feine Gejchichte aber ift
ſagenhaft. Strab. 7, 297 ff. Diod. Sie. 1, 94. Plat.
Charmid. 9.
Zankle j. Messana,
Zarangae |. Drangiana.
Zages oder Zaons, 1000m hohe Felskette im
öjtlichen Lalonien, nördlid) von Epidauros Limera,
j. Kololero; dort lag aud) eine Stadt des Namens,
j. Porto Hierafa. Paus. 3, 24. Pol. 4, 36.
Zariaspa, Zegıdora, Stadt in Baltriana am
Bariaipas, von Strabon (11, 514. 516) und Bli-
nius (6, 16, 18) mit Mecht für identijch mit Baltra
ehalten, von Arrian (4, 1,5. 7, 1. 16, 6) und
tolemaios fälſchlich unterjchieden. Dort über:
winterte Alerander 328—327 v. E. und lieh den
Mörder des Dareios, Beſſos, beftrafen.
Zarzas, Zidpfag, ein Anführer libyicher Ne:
bellen im Kampfe gegen die von Hamilfar Bar:
fas geführten Starthager, wurde, als er unter:
handeln wollte, von Hamilfar feitgenommen und
gefreuzigt. Pol. 1, 84 ff.
Zauberei, Magie, ars magica. Die Zauberei
hat mit der Religion gleihen Boden; beide be:
ruhen urjprünglich auf der Abhängigkeit, im Die
jih der Menich einer von einer überjinnlichen
Geiſterwelt erfüllten Objektivität gegenüber geſetzt
findet. Wenn der Menich fich ohne Gegenwirkungen
in jeiner Abhängigkeit von den objektiven Mäch—
ten beruhigt, jo jind jeine Erregungen religiöjen
Charakters; durch die Zauberei dagegen jucht das
Ich der auf ihn eindringenden objektiven Mächte
Herr zu werden und ihre Kräfte fih unterthänig
zu machen, und zwar auf übernatürliche Weije,
ohne Rüdjicht auf natürliche Vermittelung. Und
da unterjcheiden wir denn 2 Arten von Magie,
die divinatoriiche und die operative, oder Die
ſchauende und die wirkende, d. h. die Mantik und
die eigentlihe Magie im engeren Sinne. Durd)
die Mantik (j. Divinatio) jucht der Menſch eine
übernatürliche Erkenntnis der Zukunft, des Schick—
jals u. dgl., durch die Magie wirkt er ohne natür:
liche Bermittelung auf die objektive Welt ein, auf
Natur, Menſchen, Götter. Die Magie iſt uralt,
jo alt wie die Religion; wir finden fie wie die
Religion bei allen Völkern verbreitet. In Aſien
galten bejonders die Inder für große Bauberer,
ferner die perſiſchen Magier, die Chaldäer, die
Äghpter; in fpäterer Zeit waren jüdiiche Zauberer
jehr verbreitet. In Kleinafien erjcheinen bejonders
1311
Phrygien, der Sit de3 Kybelekultus, und Kolchis
als Zauberländer. Auch bei den Griechen und
Nömern hatte die Magie ein weites Feld, und
ewiß ift fie hier uriprünglich nicht aus der
Fremde eingeführt worden, jondern ein einheimi:
iches Gewächs. Schon bei Homer find hinläng-
lihe Spuren von Zauberei vorhanden: der Zau—
bertrauf der Helena (Od. 4, 220), die Beiprehung
der Wunde des Odyſſeus durch die Söhne des
Autolyfos (Od. 19, 457), die Verwandlung jeiner
Gefährten und anderer in Schweine, Löwen u. |. w.
durch den Stab und den Tranf der Kirke, ihre
- Entzauberung, der Gegenzauber durch das Kraut
Moly (0d.10, 212. 233. 287 ff.), die Nefyomantie
des Odyſſeus (Od. 10, 503. 11, 1ff.). Auch fin:
den wir in den angeführten Stellen ſchon die
' Bauberjpradje in ihren Hauptformen, die Wörter
Delysır, paguaxor, Inaoıörj. An der jpäteren
Zeit wurde die Magie der Griechen bejonders
durch afiatifche und ägdyptiiche Einflüſſe jehr er:
weitert. Die aſiatiſche Magie fam durch afiatische
Naturfulte nad Griechenland, die hier zum Teil
für ſich fortbeitanden, zum Teil fi mit ſolchen
‚einheimijchen Kulten verbanden, die bisher, un:
berührt von dem Entwidelungsgang der von der
Naturjeite fich ablöjenden olympijchen Götter des
helleniſchen Zeitalterd, mit dem dunfelen Grunde
des Naturlebens in engerer Berbindung geblieben
waren. So wurden denn der Qummelplag der
Zauberei vornehmlich die dionyjiihen Myſterien,
die Kulte der Unterwelt, die phrygiſchen und ägyp-
tiſchen Kulte, in denen ſich die Religion ganz in
zauberijche Sühnen und Luſtralweihen auflöjte. —
Bei einer näheren Beichreibung des Zauberwejens 2
der Alten ift eine Sonderung des früheren und
Späteren, de3 Urjprünglihen und Wbgeleiteten,
der griechiichen und römijchen Magie nicht wohl
möglich. Wir beginnen mit dem magijchen Ber:
jonal, das im göttliche, heroiiche und menjchliche
Bauberindividuen zerfällt. Unter den Göttern er:
ſcheinen jchon bei Homer als zaubermächtige Götter
Aphrodite durch ihren Zaubergürtel und Her:
mes durch das Kraut Moly und den Zauberftab.
Vorzugsweiie aber ijt die Zaubergöttin der Grie-
chen Helate, die Unterirdiiche, Nächtliche, deren
Mofterien mit Donner und Blig und Gejpenfter:
ſpuk aller Art begangen wurden. Sie verlieh dei
ı Baubermitteln Kraft und wurde deshalb bei Berei—
tung derjelben angerufen. T’heoer. 2, 15. Verg. A.
4, 511. An fie ſchließt ji) Artemis ald Mond:
göttin an, oft mit ihr identifiziert; fie lehrt Zau—
berjprüche, wirft —35 — erzeugt Zauberkräuter.
Eine Hauptzaubergottheit war ferner die phry—
giſche Göttermutter, deren Prieſter Zauberei
trieben und Gifte kochten; phrygiſche Aufzüge
heißen yonreiwı xal ueysiaı nal negıögoual nal
ruvuravıouol xal nadaguol. Zu den heroiſchen
Bauberwejen gehörte der Dämon von Temeja
(Strab. 6, 255. Paus. 6, 6, 7), ber lakedaimoniſche
Aftrabafos. Hat. 6, G1ff. 69. Bei Homer erjchei:
nen als ſolche Zauberwejen die Seirenen (Od.
12, 39 ff.), Agamede, die Tochter des Augeias
(Il. 11, 740), Helena und Kirfe, die auch in
jpäterer Zeit noch als Bauberinnen gelten (Hat.
6, 61. Or. met. 14, 346 ff.), neben Medeia, der
Tochter des Zauberers Aietes und der Helate, von
der fie ihre Kunſt lernte. Sie wird in der poe:
tiſchen Sage das Jdeal aller Zauberei: jie regiert
0
us
a
1312
die Wolfen, erjchüttert die Berge und Wälder,
enttwurzelt Bäume, zieht den Mond herab u. dal.
Bon männlichen ta ren gehören 2 Ber:
ſes, Vater der Helate, Mietes, Heralles ber
Daktyl (Ödarvioı ’Idador, Priefter der Kybele), die
italiichen Dämonen Pieus und Faunusz ferner
die Kabeiren, Korybanten, Kureten, Tel-
chinen. Mhnliche dämoniſche Weſen niederer Art
find die Kerfopen, Empuja und die Lamien,
die Selloen (Trila), nad) dem Glauben der
Leſbier früh verftorbene Jungfrauen, die Kinder
Zauberei.
incantationes, preces; Zr«oıdoi, incantatores,
arioli u. ſ. w.); Kir beſonders zauberträftig em
alte, batbarijche Worte, Fluchformeln (dat, dirae,
deprecationes, detestationes, defixiones). Be:
rühmt waren die ephefifchen Buchftaben oder or:
meln (Epetoız yoduuera), die am Fuhgeftell, am
Gürtel und an der Krone der epheſiſchen Artemis
eingegraben waren, und die ſchon Kroiſos auf
dem Scheiterhaufen gebraucht haben joll. Sie
lauteten: &onıor oder Aoxı, xardonıor oder nu-
‚rdonı, Al oder wit, rerpug oder rirgak, daunu-
töten und ihre Leber freien, die Strigen (Stri- | wereig, alsıe und follten bedeuten: Finfternis,
ges, ZrodyE), vogelartige Zanberdämonen (Op, | Licht, Erde, Jahr, Sonne, wahre Stimme. Sie
am. 1, 12, 20. met. 7, 269. Hor.epod. 5, 20), die | wurden ala Amulette getragen. Bei den Römern
ben Kindern Blut und Eingeweide ausfaugen, den |waren berühmt die Sabella carmina, Marsae
Männern die Mannesfraft rauben u. ſ. w. ferner | voces. — Bauberfräuter (pdouaxe, veneficia);
find hieher zu rechnen die ſpulenden Geifter Ver: | dahin gehörten das Polion oder Tripolion, Moly,
ftorbener, Larven genannt, welche die Menfchen Berbena, Scilla, Malve, Aiphodelos u. a. Plin.
quälen. — Unter dem menjchlichen Zauber:
perjonal fteht als mythiſcher Repräfentant ber
Magier Orpheus da; an diejen fchließt ſich Py—
thagoras an, deſſen Perſon vielfach mit Sagen
umhüllt ift, die ihn als einen großen Magus hin-
ftellen. Hieher gehören jeine fabelhaften Reifen,
jein Gang in die Unterwelt, feine Verbindung mit
den Juden, Brahmanen, Ügyptern, Magiern u. j. w.
Eine ähnliche Zauberfigur ift Empedofles, deflen
Schüler in der Magie Gorgias von Leontinoi war,
und bei den jpäteren Griechen der Berjer Oſtha—
nes, defien Schüler Demofrit gewejen jein foll.
Mit Orpheus und Pythagoras werden zuſammen—
gejtellt Melampüs (Hat. 2, 49), Epimenides,
Muſaios (Hdt.7T, 6. Plat. Protag. p. 316), Ba—
fis (Hdt. 8, 96), Abaris (Hdt. 4, 36. Plat.
Charm. p. 158). Bon Familien ähnlichen Charak—
ters find zu nemmen die Jamiden in Olympia,
die Klytiden in Troja. Auch gehören die Si—
byllen bieher. Zu dem gemeinen Zauberpöbel
gehören die Scharen der Orpheoteleften, Agyr—
ten, Menagprten, Metragprten, bie neben
Bettelei allerlei niederes Zauberwerk trieben (pae-
ueroudvreis, laerpoudvreg, krouerrel, nadeg-
tal, Bouolöyor), deren Anhang bejonders alte
zaubertreibende Weiber (Glaufothen, die Mutter |
des Aiſchines) bildeten (Theoer. 2, 92. Ov. am.
1, 8,5. fast. 2, 571. Plat.r. p. 2 p. 364. Dem.
pro cor. p. 814. Martial. 11, 85. Sen. de brev.
vit. 26); ferner die Schwärme bon Zauberern, die
unter dem Namen Magier, Babylonier, Chal—
däer, Mathematiker, Yfispriefter fich über
20, 32. 39. 21,7. 25,4,9. Sie waren ſchwer und
nur mit großer Gefahr auszureißen. Hom. Od.
‚10,305. Plin. 30,2. — Die magischen Steine,
Aerolithe oder aus myftischer Erde gegraben, hatten
eine größere Kraft als die Kräuter und waren nur
heilfam. Ferner gehören hieher die Taliſmane
‚und Amulette (amuleta, rsifouare, wegıdu-
| uere, neolarre), von denen die erjteren mit Cha—
rafteren bejchrieben waren, Ringe (ber Ring des
Gyges, Plat. r. p. 2 p. 359), Baubertnoten
\(neradtosıg, naradscuol, Plat. legg. 11 p. 983.
‚fila magica, Plin. 28, 12), Gürtel, Kränze
‚(Verg. E.7, 27), Muſik, magiſche Bahlen,
‚animalifche Stoffe (von der Hyäne, Fröſchen,
menschliche Gebeine. in. 28, 8. 10, 49. 28, ?).
— Die Wirkungen der Zauberei betreffen eine‘
teils die Natur. Geftirne werden in ihrem Lauf
ehemmt, die Sonne verfinftert, der Mond vom
Simmel herabgezogen, die Erde geipalten, Flüſſe
werden in ihrem Laufe aufgehalten, Wälder um
Berge erſchüttert. Ov. met. 7, 199ff. Verg. A
4,487 ff. Plat. Gorg. p. 513. Hor. epod. 5b, 45
Durch Haubergefänge und allerlei Ceremonien wer
den Wolfen und Stürme bewirkt und vertrieben
| Dürre und Unfruchtbarkeit, Regen, Schnee un
Sonnenschein herbeigeführt, Hagel abgewendet un
dergleichen mehr. Das Getreide konnte vom Feld
des Nachbars auf das eigene durch Anwendun
pontifcher Kräuter, das Drehen der Spindel he
übergezaubert werden, was jchon die XIl Tafel
| erwähnen (excantare, pellicere fruges, Plin. 30,1
'28, 2); Wafjer konnte in Wein verwandelt, Götteı
das ganze römische Reich verbreitete und durch | ftatuen und fonftige feblofe Dinge (der mafleı
ihre Gemeinheit, Laſter und Betrügereien aller Art | holende Beſen, cian. Philops. e. 655) belel
berüchtigt find. Unter den Ländern, die durch | werden. Wilde Tiere wurden gezähmt (Orphen:
rg berühmt waren, war für die mythifche Medeia, Ov. met. 7, 208; als Bezauberer bi
Beit das Hauptland Kolchis, der Sit der Zauber: | Schlangen waren die Marjer berühmt); der Bi
familie des Nietes, ferner Thrakien und fpäter | giftiger Reptilien wurde unfchädlic gemacht dun
bejonders Theffalien (namentlich die Stadt Hy: | Unmendung von Steinen, Amuletten, durch Sprüch
pata). Bei den Römern gelten als Zaubervöffer | ebenfo Biehfranfheiten geheilt u. j. f Die Zaube
die Etrujfer, Sabiner, Marjer (Sabella | wirfungen auf den Menjchen waren auferorben
carmina, Marsa Naenia. Hor.epod. 5, 76.17, 28. | lich manmigfach. Man wurde verzaubert durch de
sat.1, 8,17 fi. Verg. A.7, 758. Or. a. a.2, 10%).
Später führte man alles Zauberiſche auf Ägypten,
Afigrien, Chaldäa, Babylon, Perſien, Syrien zus
rück. — Einzelne Eriheinungen und Ktunſt—
mittel der Magie. Über die Mantik ſ. Divi-
natio und Chaldaei. Die Kunftmittel der
operativen Magie waren: zauberiſche Sprüde
und Formeln (drwd«l, carmina, cantamina,
böjen Blick (faseinatio, Basxalveır, Baoxanla
beſonders von Weibern mit doppelter Bupil!
durch zauberiiche Kraft in Tiere verwandelt, mi
Krankheiten behaftet, getötet (der Morb des En
manicus, Tac. ann. 2, 69). Auf der andern Ceit
wurden auch jolche Schäden durch Zauber gehobe
und überhaupt das Wohljein befördert, Stär
und Unverwunbdbarfeit bewirkt, verjüngt. Pinchiid
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Zea — Zeilas.
Buftände, die durch Magie hervorgerufen wurden,
waren Wahnſinn, Berluft des Gedächtilifjes u. ſ. w.
Gegen Feueräbrunft jchügte man jih durd die
formel Arse verse; griehiiche Sprüche, Zauber:
Zweige von Weihdorn, Lorbeer über den Haus:
thüren wagen heilbringend, Totenköpfe und dergl.
bradte man an Werkftätten gegen Yajcination an.
Thüren wurden von Hauberern geöffnet, Haus—
tenfel gejendet und ausgetrieben. Kinder ſchützte
man gegen Faſeination durch Amulette. Liebes-
zanber ward- geiibt durd Sprüche, Tränfe (pil-
zoa), durch Drehen des Wendehaljes, Jynx (i. d.),
anf einem Rade, Zauberfnoten und mancherlei
andere Dinge. Hauptitellen: Theoer. id. 2. Verg.
E. 8, 64ff. Juv. 6, 609. Hor. sat. 1,8, Lucan.
6, 46. Tibull.1, 2, 8. Ov. her. 6. am. 1,8. Prop.
8,5. TPlin. 20, 5. 22,8. 28, 6. 80, 15. 34, 18.
Bauberer fliegen durch die Luft, wie Abaris auf
einem von Apoflon empfangenen Pfeile oder Spiehe
reitend, ihre Seele verläßt den Körper und geht
anf Reifen, fie ericheinen zugleich an mehreren
Drten (Pythagoras, Apollonios von Tyana). Ganze
Völler wurden durch Beſchwörung und Opfer in
Unterthänigfeit erhalten; durch den ſchwarzen Aſtro⸗
bolos, einen Edelftein, wurden Städte und Flotten
erobeit. Plin. 37, 9. Willgemeine Krankheiten und
Peſt wurden durch Zaubergeſäuge, Mufit und Mei-
nigungen entfernt, jo in Sparta durch den Gor-
tynier Thaletas, in Athen durch Epimenides. —
dem Behufe der Weisjagung citierte man die
oten aus der Unterwelt, Nefromantie (vexvi«,
vervouavreid, Yuyay
älteftes Beiipiel Odyſſeus gibt. Hom, Od. 11,23 ff.
Über die Prozedur bei der Totenbeſchwörung |.
überdies Hor. sat.1,8,24 ff. Tibull. 1,2, 45. Sr
ward geübt von Appius, Ciceros Freund, bon
Batinius, Libo Drujus, Nero, Canidia. Cie. tusc.
1, 16. div. 1, 58. Vat. 6. Tac. ann. 2, 28, Suet.
Ner. 34. Hor. sat. 1, 8. Dieje Beichwörungen
wurden zum Teil an bejtimmten Orten vorgenom-
men, Totenvrafel (vervonuarreior, Yuyoroumeior),
wie am Fluffe Acheron in Theiprotien (Hat. 5,92),
in Phigaleia in Arfadien, am See Avernus in
Unteritalien; außerdem aber traten die Nefroman-
ten und Piohappgen als eine Art freier Bunft
wie andere Zauberer auf. Mit, der Nelromantie
Bängt der Dämonenzauber zujammen. Wenn
ämonen von Menjchen Beſitz genommen haben,
fo werden diefe Beſeſſenen (daumovıköneror, dreg-
yobasvor, Öamoviöinneor) durch epheſiſche For—
meln, Sprüche Salomons, Wurzeln, Ringe, Speichel, |
Nägel, Haare und dergl. von ihren Peinigern be—
freit.. Dämonen werden auch zur Dienftbarkeit ge
zwungen. Diejer Dienft böjer Dämonen heift vor:
ugsweije Godtie (yonrela), im Gegenjab zu
agie, oder auch Goitie und Magie im Gegenjat
zu Peovoyla und reise). Un den Dämonen:
zauber reiht fi die Beſchwörung der Götter
an, die nriprünglich bei Etrujlern und Römern
heimiſch war. Sieber gehört die evocatio ber
fremben Götter bei den Römern, das Herabzau—
bern des Jupiter Elicius durch Numa. Bei bei
Griechen tritt dieje —— Einwirkung auf die
Götter zunächſt in den orphiſchen Weihen (reis-
tal, zadhapnol, natdossıs, Auasız, krorgomiasuol
u. ſ. mw.) auf, die fih an die Namen Orpheus,
Melampüis, Mujaios, Empedofles u. a. anknüpfen
und vorzugsweije die unterirdijchen Götter (Keol
Realleriton des Uaſſ. Aitertumsd. 7. Aufl.
ayeiv, Yuzayoyol), deren
1313
rodmeıoı, Admıoı, wafdooıı, polo, Kyvleaı,
' &rorouzeior) zum Gegenftande haben. Der Be-
ſchwörer juchte jie durch Opfer, Gebete, Formeln,
Aufzüge, Drohungen feinem Willen dienftbar zu
ı ma und wendete Dabei allerlei Zaubergeräte
an, fretiiche Pflanzen, ägyptiice Bögel, iberijche
Kuochen, lemniſche Erde, die Kurbel an magijchen
Fäden, einen goldenen Kreis mit einem Saphir
und dergl. Ihr Zwed war Heilung von Kranf-
heiten, Bewirkung von Übeln für Feinde, Wb-
wehr des Zornes zauberiicher Gottheiten, Sühne
eigener Bergehen und der Sünden Berftorbener,
Sechs Erlangung der Freuden und Güter nad
dem Tode. Die zu Sühnenden mußten fich der
Meertaufe, Faften, tagelangem Siken auf dem
Boden, Liegen auf dem Rüden unterziehen. Aus
| diejen Elementen bildete ji die theurgiſche
‚Magie der Neuplatonifer, die höchite Spike der
ı Magie, vermöge deren fich die Seele, die als ein
| Ausflug des Abjoluten angejehen ward, durch
Anwendung ftrenger Aſteſe und mancherlei Gere:
monien, jowie durch Hülfe von allerlei Zauber—
erät mit den Göttern in myſtiſche Einheit ver-
est und fie fich willkürlich dienſtbar macht. So
wird der Philofoph in der That ſelbſt ein Gott
und vermag bDiejelben Wirkungen hervorzubringen
wie die Götter. Diejes ihr Wirken wollten die
Philoſophen übrigens nicht als einen Zauber be—
trachtet willen. — Bei den Griechen war die
Zauberei als jolhe vom Staate wicht verboten
und verfolgt; im Gegenteil, der Staat machte in
einzelnen len ſogar Gebraud von derjelben.
So dienten 3. B. den Athenern die Sprüche des
Mufaios und Balis als Staatsoratel (Hat. T, 6);
den Epimenides riefen fie herbei zur Entfündigung
der Stadt, Ebenjo wurden thefialiiche Piychagogen
gegen das Geipenft des Pauſanias nad) Sparta
berufen. Wenn Zauberer oder Zauberinnen, wie
Theoris und Ninos, zu Mihen angeklagt und zum
Tode verurteilt wurden, jo war die Hauberei an
und für fih nicht der Grund, jondern eine ver
brecheriiche Anwendung derjelben. — Ju Rom war
die Zauberei niemals gejtattet, aber auch nicht am
fich verboten; der Staat trat gegen Zauberei und
ausländische Wahrjagefunft nur dann auf, wenn
der Staat, die Staatsreligion oder Leib und Ber:
mögen der Bürger durch diejelben gefährdet wur:
den. Als gegen Ende des Freiftants durch Über:
ndnahme fremder Wahrjagefunit die nationale
ivination der Augurn und Haruſpices verbrängt
u werben jchien, wurden Vorkehrungen gegen die
—— Gaukler ergriffen. Auguſtus verbot den
Aſtrologen ihr Gewerbe und verbrannte ihre Bücher,
ſtrenger griff Tiberius durch mit Hinrichtungen,
Exil und Konfiſtation. Tac. ann. 2, 32. Suet. Tib,
36. 68. Die folgenden Kaiſer waren den Chal—
däern bald günjtig, bald feindlich geſinnt. Beipa-
jian, Hadrian, M. Antoninus bemugten ſelbſt die
fremden Wahrjager, Die chriftlichen Kaiſer waren
ichon durch ihre Religion gezwungen, gegen die
heidnijche Zauberei und Wahrjagefunft aufzutreten ;
doch verfuhr Konftantin noch ziemlich —— gegen
ſie, ſeine Nachfolger aber ſuchten durch Todesſtrafen
dem Unweſen ein Ende zu machen. — Über manche
Formen des Aberglaubens ſ. Divinatio; vgl.
auch Superstitio.
\ Zea ſ. Attika, 15.
‚ Zeilas j. Zinelas.
83
=]
R
1314
Zeitrechnung. Die Beftinmung der Zeitrech—
nung ſchließt fich entweder an die Bewegungen ber
Erde und des Mondes, die eine Einteilung im
Ber Monate und u begründen, oder an ge
wife, willkürlich von Geſetzgebern und jonft be-
ſtimmte Anfangspunfte jener natürlichen Zeitteile
an. Man unterjcheidet deshalb die aftronomijche
Chronologie, welche die Dauer der natürlichen
Beitteile — und die hiſtoriſche Chro—
nologie, die ſowohl die künſtlichen oder bürger-
lihen Einteilungen der Zeit (die Jahresformen) bei
den verichiedenen Völlern angibt, ald diejenigen
Zeitrechnung
— Zenobia.
Gregor XIII. den julianischen Kalender im Jahre
1582 durch Auslaffung von 10 Tagen verbefiern.
— Für die Hiftorijche Chronologie der älteren
ig in Beit ift das Datum der Einnahme
rojas (nad) der Berechnung des Eratofthenes und
Apollodoros) 1184 v. E. von bejonderer Wichtig:
feit. Bon dba ab wurde rückwärts und vorwärts
gerechnet bis zum Anfang der Olympiabenred:
nung im J. 776 v. €. (f. Olympias, 2), die
aber erjt im 3. Jahrh. v. E. von den Hiftoritern
(zuerft von Timaios) angewendet wurde, woneben
jedody die Sitte, die Jahre in Athen nad) dem
Begebenheiten, die zu Anfangspuntten der ver- Aoxch dmurvuog, in Sparta nad dem erften
jchiedenen Zeitrechnungen oder Ären gewählt wor: | Ephoren zu bezeichnen, fortbeftand. — Bei den
den jind. — Soweit befannt, haben die Agypter | Römern galt im öffentfichen Leben allein die
zuerit dad Sonnenjahr in Anwendung gebracht, | Konfularära, die jelbft von den Kaijern bis auf
und zwar ein veränderliched Sommenjahr von 12 | Juftinian (541) beibehalten wurde; dazu fam aber
dreißigtägigen Monaten und 5 Pegängäingötagen, jeit Auguftus die Ara ab urbe condita bei ben
defien Anfang wegen Nichteinfchaltung Viertel- | Schriftftellern in allgemeinen Gebrauch; der An:
tages erft im 1461, Jahre wieder auf denſelben fang derjelben war von Barto, dem wir meiftens
Tag des julianiichen Jahres (20. Juli, Frühauf: | folgen, in das Jahr 758, von Cato in das Jahr
ang des Sirius) traf, jo daß 1461 ägyptiſche 751 v. C. gelegt. Die Namen der Komjuln find
Jahre = 1460 julianifchen waren. Ein jolcher | erhalten in den Fasti Capitolini und den F. Con-
eitraum hieß die Hundsfternperiode, weil jener |sulares (j. Fasti). Im 4. Jahrh. n. €. kam
ag der Frühlingsaufgang des Sirius ift. Eine auch der auf die Stenerverfafjung bes römiſchen
leiche Einteilung des Jahres findet fich bei dem | Reiches gegründete Indiktionen-⸗Cyklus in Ge—
Bensssiie. agegen beftand das Jahr der | brauch, der mit dem 1. September 312 beginnt.
Babylonier gewöhnlich aus 12, von Leit zu | Daneben fam bald in Gebrauch und erhielt jih
Beit zur Ausgleichung mit dem Sonnenlauf aus |die Rechnung nah Chriſti Geburt (erfunden
13 Mondmornaten von 29 oder 30 Tagen. — Bei | von dem Abt Divuyfius Eriguus + 556), doch if
den Griechen fennen wir am penaueften die Zeit: | fie um mehrere (45) Jahre zu jpät angejeht.
—— der Athener. Sie teilten ihr Mondjahr Vgl. Zumpt, das Geburtsjahr
n 12
bie in 3 Dekaden zerfielen. Die Musgleichung des | Soltau, römiſche Chronologie (1889). Holzapfel,
Mondjahres mit dem Sonnenjahre erfolgte durch | römiiche Chronologie (1885). Mommijen, die rö
Einſchaltung von 3 Monaten zu 30 Tagen inner: | mifche Chronologie bis auf Cäſar (2. Aufl. 1869.
halb eines Zeitraumes von 8 Jahren (Öktaöteris), | — Im Übrigen ſ. die angehängten Tabellen.
jo nämlich, daß in einer Oftaöteri® 5 Jahre zu] Zela, z« Zul, h Zilk, Kaftell im mern
354 und 3 zu 884 Tagen waren, aljo 2922 Tage von Bontos, füdlich von Amajeia, auf einem Hügel
= 8 iufianiichen Sahren find. Der Tag fing tie | gelegen, von Pompejus zur Stabt erhoben, be
bei alfen nad dem Monde einteilenden Bölfern | fannt durch einen Tempel der Anaitis (j. d.) mi
mit Sonnenuntergang an. ©. Aug. Mommien, | vielen Prieftern und durch den Sieg des Mithr
Ehronologie. Unterfuchungen über das Kalender: | dates über Triarius (67 v. E.), des Cäfar über
weſen der Griechen, infond. der Athener (1883). zn (47 v. E.); jetzt noch eine Feſte Bike
Ad. Schmidt, Handb. der griech. Chronologie | Strab. 12,569f. Plut. Caes.50, Gues. b. Alex. Taf
(1887). — Die Zeitrechnung Nömer befand) Zelas f. Ziaelas.
fih bis zum J. 46 v. E. in einem ſehr ſchwan- Zeleia, Zelsıe, Stabt im el Troad,
fenden Zuftande. Statt des etruffiichen Jahres | nahe ber Mündung des Aifepos; j. Saritöi. Der
des Romulus don 10 Monaten oder 304 Tagen ſanmelte fich 334 v. C. das perſiſche Heer gegen We
führte Numa ein Mondjahr ein von 355 Tagen | rander. Hom.Tl.2,824. Strab. 13,587. Arr.1,12,8.
oder 12 Monaten (4 zu 31, 7 zu 29 und einen) Zeno, ein Sohn bes bofporanijchen König:
zu 28 Tagen). Dieſem Jahre fügten die Decem: | Polemon I. (j. Polemon, 4.), wurde vom Get
birn in jedem zweiten Jahre 22, in jeden vierten | manicns 18 n. E. zum König von Armenien ein
Sahre 23 Tage hinzu, die zwijchen dem 23. und geiett, nannte fih dann Artaxias und regiert
24. Februar eingejchaltet wurben (intercalaris ».| bis 34 n. €. Tac. ann. 2, 56. 6, 31.
mercedonius mensis), Julius Cäſar gab im J. Zenobia, Zrwoßle, 1) Tochter des König
46 durch Einführung des Sonnenjahres mit einem | Mithridates von Armenien, eines Bruders va
alle 4 Jahre wiederkehrenden Schalttage (nad) dem | dem Ibererkönige Pharasmanes, war mit deie
23. Februar) dem Jahre eine fefte Einrichtung. | Sohn Rhabamiftos vermählt. Der letztere ver
Der Kalender war durch die von den Pontifices | drängte und tötete 52 n. E. feinen Oheim Mithr
bisher willkürlich verfügten Einfchaltungen Ir in | dates, mußte aber 54 vor Tiridates, dem Brude
Unordnung gelommen. Die Berichtigung geichah | des Parthertönigs Volagaſes 1., weichen. Ns
in der Art, daß das Jahr 708 u. c. (46 v. E.) | abentenerlicher Flucht geriet Zenobia in die &
(annus confusionis ultimus) auf 445 Tage ver: walt des Tiridates, der fie indes mit Achtung d
längert wurde durch den gewöhnlichen Schaltmonat | handelte. Tac. ann. 12, 44ff. 13,6. — 2) Gemablı
und 2 außerordentliche Schaltmonate von zujams | des Septimios Odainathos (Odenatos), Exarge
men 67 Tagen. ©. Jahr. Da aber jährlich etiwa | der reichen Stadtrepublif Palmyra und ihre
11%, Minuten zu viel eingejchaltet warden, he Bapft | Gebietes. Er war wahrjcheinlih der Sohn de
riftt (1869). |
onate abwechjelnd zu 30 und 29 Tagen, | Matat, römische Chronologie (3 Bod. 1883-89). |
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Zenobios — Zeugma. 1315
Exarchen Hairaned, als kühner Jäger bekannt,
wurde in der großen Verwirrung nach der Ges | (von andern Zenodoros genannt), ſchrieb gleich:
fangennahme des Kaiſers Balerianus, der Zeit der | falls über Homer, darunter wohl ein Werk eol
j. g. 30 Zyrannen, von Gallienus wegen feiner | rjsOungunns avundelas, in 10 Büchern. — 4) aus
Verdienſte in Belämpfung des Perſerkönigs Sa: | Troizen, genannt ald Verfaſſer einer Gejchichte
pöres J. und eines Gegenfaiferd 262 n. E. zum | Umbriens. Plut. Rom. 14.
König von Palmyra und fogar zum Statthalter] Zenon, Zivwv, Name verjchiedener griechijcher
(imperator) für den ganzen Orient ernannt, unter | Philoſophen und Schriftfteller: 1) aus Elea (Cie.
warf als folcher Syrien, Arabien und Armenien, | tuse. 2, 22, 52), blühend um 460 v. E., Schüler
wurde aber 267 zu Emeſa von einem Bruders: | des Parmenides, mit dem er nad) Athen zu So—
john ermordet. Treb. Poll. Gall. 18 ff. Butr.9,10f.| teates reifte. Sein Kampf mit dem Tyrannen
Seine Witwe Zenobia (ſyriſch Bat-Zebinah), eine Nearchos und jein angeblicher Untergang darin
Frau von imponierender Geftalt, männlichem Geift, iſt nicht hiſtoriſch gefichent. Seine Anhänger hießen
Hugem Berjtand und feiner Bildung, die ee Ge: | Elestiei (vgl. Elea); feine Schriften waren im
ſchlecht von der äghptiſchen Kleopatra ableitete, | Proja abgefaßt, haben ſich aber nur in geringen
übernahm im Einverftändnis mit Gallienus bie | Fragmenten erhalten (gejammelt von Mullach,
Regierung für ihren noch im Knabenalter ftehenden | Kleat. pbilos. fragmenta, 1845). — 2) aus Ki—
Sohn Vaballathos oder Athenodoros, ließ durch | tion auf Kypros, Stifter der ſtoiſchen Phllofanbie,
ihre Feldherren Agypten und einen großen Teil von | Stoicus (f. Stoiker), lebte un 300 v. C., gleich:
Kleinafien erobern und nannte jih nun Augufta. | zeitig mit Epikur. Die Handelöreijen feines Vaters
Aurelianus aber brad) bald offen mit ihr, unter: | machten ihn früh mit philojophiichen Schriften bes
nahm 271 einen großen Bug in ben Diten, trug kannt; jo erwachte in ihm die Xiebe zu dieſem
nad) einem Gefecht bei Antiocheia in Syrien einen | Stubium, die durch einen auf einer Reife nach Athen
enticheidenden Sieg bei Emeſa davon, brachte das | erlittenen Schiffbrudy völlig zur Reife fam. Er
ftarf befeftigte Palmyra zur Übergabe und nahm | hörte zuerjt den Kyniker Krates, dann die Megas
noch während der Belagerung die Zenobia bei | riter Stilpon und Diodoros, endlich die Akademiker
einem Fluchtverſuch am Euphrat gefangen (Früh: | Polemon nnd Xenofrates. 20 Jahre ſpäter ftiftete
fing 272). Zos. 1,50ff. Vop. Aurel. 22. Sie er erjt jeine eigene, mit ge Beifall aufgenom—
ſchob die Verantwortung für alles Gejchehene auf | mene Schule. Er ftand zugleich in jehr hoher
ihre Ratgeber, von denen mehrere, darunter der | jittlicher Achtung. Die Athener ſchenkten ihm einen
hiloſoph Longinos, enthauptet wurden, mußte | goldenen Kranz; fie und die Kyprier ſetzten ihm
aber aud) den Triumph des Kaiſers in goldenen | auch eine Ehrenjäule, und als er in hohem Alter
Ketten zieren. Über ihr fpäteres Schidjal gibt es ſtarb, erhielt er im Kerameikos ein Öffentliches Be:
verichiedene Nachrichten; nach einer derjelben hätte | gräbnis. Seine ziemlich zahlreichen Schriften find
fie ein Landgut bei Tibur erhalten und durch eine | verloren gegangen. — 3) aus Tarſos, Schüler
zweite Ehe einem vornehmen Gejchleht den Ur: und Nachrolger des Stoifers Chryſippos; jeine
Iprung gegeben. Zos. 1, 59. Eutr. 9, 13. Treb. | wenigen Schriften find ebenfalls verloren gegangen.
Poli. trig. tyr. 27. 30, Palmyra, das fich gleich | — 4) ein Epikureer, von Cicero und Atticus oft
nach dem Abzug der Römer empört hatte, wurde und gern gehört. Cic. fin. 1, 5, 16. — 5) aus
dafür von Aurelianns zerftört; damit nahm feine | Rhodos, Beitgenoffe des Polybios, jchrieb eine
kurze Blütezeit ein jähes Ende. Vgl. U. v. Sallet, Geſchichte jeiner Vaterſtadt, die nad) Polybios’
die Fürſten von Palmyra (1866). (16, 14) Urteil formell befjer war als dem Inhalte
Zenobios, Zrwößıog, ein griechiicher Sophift, | nach. Fragmente bei Müller, fragm. hist. Graec.
der um 200 n. C. lebte und einen Auszug aus III p. 174 ff.
Sprihwörterfammlungen ſowie eine griechiicheüber- | Zephyrion (-um), Zeprigıor, häufig vorfom:
ſetzung der Geſchichte des Salluftius bejorgte. mender Name für Vorgebirge, unter denen Die
Zenodötos, Znvödoros, 1) aus Ephejos, Schü: | befannteften find: 1) die Südweſtſpitze Italiens
ler des Philetas, Lehrer und Erzieher der Söhne | in Bruttii mit trefflichem Hafen, j. K. Brufjano.
des Ptolemaios Lagi, um DI. 133, wurde von | — 2) in Karien bei Myndos. — 3) auf Kypros
defien Nachfolger Ptolematos Philadelphos zum | bei Paphos, j. K. Pafo. — 4) in Kililien, öftlich
eriten Bibliothefar an der großen alerandrinifchen | von Soli, wahrſcheinlich j. Bafra. — 5) in Paphla—
Bibliothek ernannt und erwarb fi um Homers | gonien, j. Zejra. — 6) im Fibyichen Agypten. —
1... als erjter Fritiicher Bearbeiter und Her: | 7) in Kyrene, j. K. von Derna.
ausgeber derjelben große Verdienſte, wenngleich Zephyros ſ. Winde, 3.
feine Kritik oft allzu kühn und jubjettiv war. Die Zetes, Zireng, Bruder des Kalais, ſ. d.
Scolien zum Homer haben uns eine nicht unbe | Zarmtai j. Prozefs, 2. und Staatshaus-
deutende Anzahl jeiner Lesarten, zum Teil aner: | halt, I, 13,
fannt gute, erhalten. Einen fortlaufenden Kom: | Zethos j. Amphion.
mentar zu Homer hat er nicht verfaßt, wohl aber) Zeugen f. Prozels, 9.
einzelne Schriften (yAöosaı und andere), die ſich Zeugitäna Regio, der nördliche Teil der rö-
auf homeriiche Fragen bezogen. Die in der grie- miſchen Provinz Afrika, durchftrömt vom Fluß
chiichen Anthologie unter dem Namen eines Ze- | Bagradas; der nördliche Teil des j. Tunis.
nodotos ftehenden Epigramme find jchwerlich von| Zeugiten, Zevyiraı, ſ. Buin, 6.
ihm, vielleicht von 3. aus Mallos (j. 3.). Vgl. Zengma, Zeöyue, Stadt in Kyrrheſtike (Syrien),
Dünger, de Zenodoti studiis Homericis (1848).| am rechten Ufer des Euphrat, mit einer Brüde
Römer, über die Homerrezenfion de3 3. (1885). | über den Fluß, gegenüber von Apameia oder
— 2) ein Alerandriner, Berfaffer mehrerer Schrif- Birtha (j. Biredichik), nördlicher als die Übergänge
ten über Homer und Hefiod. — 3) aus Mallos in bei Karkemiſch (ij. Dicherabis) und Thapſakos (j.
83*
Kilikien, ein Anhänger des Grammatikers Krates
— — — — — ——— — — — — — —
—
nm
1316 Zeus.
el:Hammam). Strab. 16, 746 f. 749. Plut. Orass.| Wage. Hom. Il. 8, 69. 22,209. Obgleich er jedoch
19. 27. jo vielfach mit der Schickſalsmacht identiih er:
Zeus, Zeög, Zijv, Jupiter, Sohn des Kronos und | jcheint, tritt ihm doch anderwärts die Moira als
der Rhea (Hesiod. theog. 453), daher Kooviw», | eine jelbftändige Macht entgegen, deren dunfeles
Kooviöns, Saturnius, Bruder des Pojeidon, des | Verhängnis er nicht abwenden famı (j. Moira).
ze der Heftia, Demeter und Hera, Semahl der | — Der Herricher, der über alles waltet, kennt 3
dera, der mächtigfte und höchſte Gott des helle: | das Zukünftige, wie das Gegenmärtige; darum iſt
nifchen Volfes, der gewaltige Herricher der Welt, | er auch der Gott aller Weisjagung, waroupaios
der Vater ber Götter und Menfchen. Als er in|(Hom. Il.8, 250), der Gott aller Stimmen und
Gemeinschaft mit feinen Brüdern die SHerrichaft | Zaute; er verkündet die Geichide und jeinen Willen
des Kronos und der Titanen geftürzt hatte, teilte | durch Beichen von allerlei Art, durch Träume,
er mit ihnen die Welt, jo daß Poſeidon das Meer, | du fi und Donner, duch Bogelflug und
Hades die Unterwelt, Zeus den Himmel erhielt; | Drafel. Apollon ift nur der Mund, durch den jein
die Erde und der Olympos waren gemeinschaft: | Vater jpricht. Aber der allwiffende und allmweiie
liches Gut. Zeus aber als der Ältefte, ftärkfte und | Gott kann doc getäujcht und hintergangen werden,
flügfte (bei Hefiod, der auf das Unvolltommmere | and) er fteht unter der Macht der Ute, der Bethö—
das Vollfommnere folgen läßt, ift er der jüngjte) |rung. Hom. Il, 14, 247 ff. 19, 95 ff. Alle Orb:
hat die Obmacht über die übrigen; er ift der König | mung im Menjchenleben, Gejeg und Recht kommen
der Götter. Hesiod. theog. 881 ff. Hom.Il.15,187 ff. | von Zeus und ftehen unter jeinem Schub. Er,
Seine Macht ift größer, als die aller übrigen | der König der Götter (üvaf, Pasıkeug), it auch
Götter zufammen (Hom. Il. 8, 18 ff.); darum wird | der Stifter des Königtums auf Erden, er waltet
‘er von allen gefürchtet und geehrt. Zwar bleibt | Über Handhabung der Gejege, über Heilighaltumg
jeine Macht nicht | des "Eides (Öomıos), ift Beſchützer der Bolfsver:
unangefochten von | jammlungen und des Rates (yogaiog, Bovlaiog);
andern Göttern, | Themis und Dike und Nemefis find feine Genoſ—
namentlich wider: | finnen. Wie den Staat, jo jchirmt er auch die
jegen fich ihm oft | Familie und das Haus, weshalb er als Egxsuos,
jeine Gemahlin und | &gxeiog einen.Altar in der Mitte des Hofes hatte;
Schwefter Hera,fein | er überwacht die Rechte des Gaftes, des Flücht⸗
Bruder Poſeidon lings und’ Schußflehenden (Efriog, In&sıog), wie
unb jeine geliebte | überhaupt alle. durch Geſetz, Sitte und Religion
Tochter Athene, | geheiligten Inftitutionen. — Wie das Wejen des 4
weil fie gleiche Pens bisher geichildert worden, jo erjcheint ber
Rechte wie er zu | Gott bei Homer und in der Folgezeit; er wurde
haben vermeinen, | von allen Griechen als der höchſte Nationalgott
und juchen durch | anerfannt und verehrt. Sein glänzendſtes 7
Gewalt und Lift | waren die Nationaljpiele zu Olympia (Z. Okvu-
eine Herrichaft über | mıog, &yhrıos), an denen fich die Griechen aller
ihn zu erlangen | Stämme und aller Länder beteiligten. An ein-
(Hom. TI. 1, 399. | zelnen Orten Griechenlands erhielten fich jedoch
14,247 ff. 15,18 ff. | noch VBorftellungen von end aus uralter Zeit,
8, 10ff.); allein ihr | die von dem homerischen, olhmpiſchen Zeus jehr
Trachten ift vers | verjchieden waren. Als Natur: und telgott
ebens, und ſchwere Strafen treffen die Schuldigen. | wurde er von uralter Zeit her in Dodona ver
eus thront auf dem Dlympos, dem jchneebededten | ehrt unter dem Beinamen Juodwvaüog, Ilslasyı-
Berge Thefjaliens, der mit jeinem Gipfel in den |xög (Hom. Il. 16, 283). Er war bier ein befruch⸗
Himmel, in Äther und Wolfen hineinragt. Der |tender, nährender, im Äther waltender Gott, der
Himmel iſt fein eigentlicher Sitz, und alle Erfchei: | im Raufchen der Bäume ſich offenbarte. Die ältefte
nungen desielben gehen von ihm aus. Er jchleudert | Art der Weisjagung geichah nach dem Rauſchen
den Blitz, feine furchtbarite Waffe, und erregt den | der heiligen Eiche (pryös), das die Priefter, Zeikoi
Donner, er jammelt und zerftreut die Wolfen, und | oder 'Eikod, die mit ungewajchenen Füßen gingen
wenn er die ſchreckliche Aigis (j. d.) jchüttelt, jo | und auf bloßer Erde jchliefen (Hom. Il. 16, 2347.),
entjteht Sturm und Wetter (edevor«, dyıßosusrng, | zu deuten hatten. Die andern Arten der Weis
2olydovnog, regninigavvog, Gotegonneig, VEeipe- | Fame, die noch erwähnt werben, aus dem Rau—
Inyeofte, nelawegpiis, alyloyog); andererjeit3 wies | jchen einer am Fuße der Eiche herborjprudelnden
der bejänftigt er die Elemente, gibt den heiteren , Duelle, aus dem Fluge der dem Zeus gemeihten
Tag und günftigen Fahrwind («igıog, oügıog). Tauben, aus dem lange von ehernen, im ber
Die Ordnung der Natur ift fein Werk; der geſetz- Luft jchwebenden Beden, aus Lojen, jcheinen zu
mäßige Wechjel der Jahreszeiten geht von ihm, verjchiedenen Beiten hinzugefommen zu fein. Mi
aus, denn die Horen find jene Dienerinnen und | dem im Ather waltenden Gott trat früh die Göttin
feine und der Themis Kinder. Wie Zeus über | Ge, die von ihm befruchtete, allnährende Erde, in
die Götter herricht und über die Ordnung der Verbindung; die dodonaiiſchen Priefterinnen, IIs-
Natur, fo waltet er auch im Menfchenleben. Alle |Asıddes (die Tauben), fangen das Lied: „Zeus
Geſchicke der Menjchen ruhen in jeiner Hand. In | war, er ift und Zeus wird fein; o größefter
feinem Haufe ftehen 2 Gefäße, das eine mit böjen, Gott Zeus! Früchte jpendet die Ge, drum mennet
das andere mit guten Gaben gefüllt, und er teilt | Mutter die Gaia.” Die Prieſterinnen jollen neben
fie aus nach freier Wahl (IIom. 11. 24, 527); er | den Sellen eingejeßt worden jein, jeit Dione,(j. d.)
wäget die Gejchide der Menjchen auf goldener | dem Zeus als Tempelgenoffin zu Dodona zuge:
oa
Ss
-1
Zeus.
1317
jellt war. Über den Urjprung des Drafels ſ. Sieged. Bon feinen Beinamen erwähnen wir noch:
Epeiros. In pelajgiicher Zeit war es das vor: | diderwp und diırrguog, Rä
die helleniſchen heilabwender, Z2rußtigıog,
nehmfte Drafel; jeit aber durch
Stämme das delphijche Drafel zu bejonderem Anz:
fehen gelangt war, trat das dodonaiiſche zurüd,
doch jo, daß e3 noch immer einen bedeutenden Rang
einnahm und bei wichtigeren Angelegenheiten nicht
leicht unbefragt blieb. Vorzugsweiſe wurde es be+
fragt von den Witolern, Afarnanen, Epeiroten. —
Ein dem dodonaiiſchen ähnlicher Naturgott war
der kretiſche Zeus. Auf Kreta joll Zeus, damit
er nicht von Kronos verichlungen werde, heimlich
geboren und von den Kureten bewacht und erzogen
worden jein (j. Rhea). Die Nymphen Wdrafteia
und Ida, die Töchter des Meliffeus (Honigmanns),
—— das Kind mit der Milch der Ziege Amal—
theia und mit Honig, den bie Bienen aus dem
Gebirge herbeitrugen; und als der Gott zu gewal-
tiger Kraft herangewachſen war, unternahm er
gegen Kronos und die Titanen den Kampf um die
Weltherrichaft. Wie übrigens Zeus auf Kreta ge
boren jein joll, jo zeigte man dort auch jein Grab;
er wurde dort auf orgiaftiiche Weije als ein-Na-
turgott verehrt, der gleich der Natur jelbit auf:
blüht und erftirbt; das Auferſtehungsfeſt der Natur
wurde von den Prieftern des Gottes, den Kureten
(j. Rbea), mit jauchzender Freude unter jchallens
ber Muſik und Waffentanz gefeiert, das Sterbefeit
mit Trauer und Klage. richeinlih Dachte man
fih in alter Zeit den Gott in der Geftalt des
Stiers, ded Symbol der Fruchtbarkeit; in Stier:
geftalt raubte der kretiſche Zeus die Europa. und
zeugte mit ihr Minos, Ahadamanthys und Sar—
pebon. — Der arfadiiche Zeus, Avxaiog, deſſen
Dienft Lyfaon, der Sohn des Pelaſgos, eingeſetzt
ben jollte, und der auf den höchiten Gipfel des
ylaion einen Altar hatte, war eine dem kretiſchen
Zeus verwandte Borftellung. Er joll auch hier
von Nymphen aufgezogen worden jein in einem
Bezirke des Lykaion, der Kreta hieß. Diejem Zeus,
wie dem fretiichen und «dem Zeus Laphyſtios in
Boiotien und Theflalien, fielen in alter Zeit Men:
ichenopfer. Über u | äghptiſchen Zeus Ammon
j. Ammon. ®i —— ſeines Orakels mit
dem des Zeus zu Dodona mag bei der Sucht der
ſpäteren Griechen, ihr Religionsweſen aus Äghpten
herzuleiten, die Hauptveranlaſſung zu der Ver—
ſchmelzung beider Gottheiten geweſen ſein. Als
chthoniſche Gottheit war er Z. Toopmrıog mit
einem Tempel und Drafel bei Lebadeia (j. d.). —
Die Kinder des Zeus und der Hera jind res,
Hephaiftos und Hebe; mit Leto zeugte er Apollon
und Artemis, mit Maia Hermes, mit Demeter
Berjephone, mit Dione Aphrodite, mit Semele den
Dionyjos, mit Themis die Horen und Moiren,
mit Eurynome die Ehariten, mit Mnemoiyne die
Mujen. Die Athene gebar er jelbjt aus jeinem
Haupte, nachdem er die Metis (Klugheit), feine
erſte Gemahlin, verichlungen hatte. Außerdem
ſtammt von ihm mod) eine große Menge von He—
roen; unter diejen find die vorzüglichiten Herakles, | den Blitz des Jupiter durch
der Sohn der Altmene, Perſeus, Sohn der Danaz, |
Kaſtor und Bolydeufes, die Söhne der Leda. —
Heilig war dem Zeus der Adler, die Eiche, die
Bergeshöhen; jeine gewöhnlichen Attribute waren
Adler, Scepter, Donnerkeil, die Schale als Zeichen
, ehsfinanog, Un:
piorıog, der Haus:
chutzgott, yaurjkıos und £uyıog, der Schüßer der
be, yeritkros, Stammberr, "EAkrjriog, IIaveilr-
vıog, Deriog, Negenbringer, Ümerog, üwıorog,
Toctos, xaddgorog, der Reiniger, waraıßdrng,
der im Wetter rn uerhlziog, der Sühn:
zeus, uögıog, Schüßer des Dlbaums, vırnpögog,
margog, podrgros, Schußgott der Phratrien,
pVEros, Schüßer der Flucht, woAreig, Stadtſchir⸗
mer, swrrje, Gahrns, argarıog. — Das vollendetjte
Beusideal jchuf Pheidias in der berühmten Statue
dieſes Gottes in Olympia, wozu die Stelle des
—— (II. 1, 528 ff.) das Vorbild —*— Die zu
runde liegende Vorſtellung war die des allmäch—
tig herrſchenden, überall jiegreichen Gottes in huld⸗
voller Gewährung menschlicher ‚Bitten. Es war
eine figende Figur anf einem mit Gold und Elfen:
bein verzierten Throne, etwa 40 Fuß hoch anf
einer Bajis von 12 Fuß; der Körper beftand aus
Elfenbein, das bis auf die Hüften herabfallende
Gewand aus Gold. Die Grundzüge feines Antlitzes
find aus einigen eliihen Münzen zu erfennen (j.
Bötticher, Olympia ©. 305 Nr. 61—63); in ihm
paart fich Hoheit und Milde, Allmacht und Güte.
Die beigefügte großartige Büſte des Zeus aus
dem Muſeum Pio-Clementino, einer jpäteren oe
entitammend, zeigt eine von dem Zeus des Phei-
dia abweichende Bildung des Kopfes und Antliges:
ein in der Mitte der Stirne fich erhebendes und
auf beiden Seiten in reicher Lockenfülle mähnen:
artig herabfallendes Saar, eine oben flare und
eitere, nach unten jich mächtig vorwölbende Stirn,
ark zurückhiegende, weit geöffnete und gerundete
ugen, feine milde Säge um Lippen und Wangen,
einen ftarfen Bart. Berjchieden davon war eine
andere, mehr jugendliche und milde Darjtellung
mit weniger Bart und weniger Kraft in den Ge:
fichtszügen, ſowie Zeusföpfe mit bewegteren, einen
gelinden Anflug von Zorn und kriegeriſcher Hef:
tigfeit tragenden Zügen, welche den fämpfenden
und ftrafenden Zeus darftellten. — Der ——
Jupiter (Jupiter) ſtimmt ſowohl im Namen (Ju-
piter, Jovis = Zevg, vgl. jugum — fuyör) als
auc im allgemeinen in jeiner Bedeutung mit dem
griechiichen Zeus überein.
vater, der Beherricher des Himmels, von dem alle
Erſcheinungen desjelben ausgehen (Fulminator,
Tonitrualis, Pluvius, Serenator, Lucetius, Dies-
piter). Der Ort, den er mit jeinem Blige traf,
war heilig und wurde durch den Pontifer geweiht.
Diejer las das vom Blitze aufgeworfene Erdreich
auf und vergrub es mit einem Feuerſtein, dem
Symbole des Blitzes, am derjelben Stelle unter
leijem Gebet, weihte I durch das Opfer eines
weijährigen Schafes (bidens, wornad der Ort
idental hieß), errichtete einen Altar und umgab
den Ort mit einer Umzäunung ae puteal),
damit er nicht betreten werden fönne. Man glaubte,
— Ceremonien
vom Himmel herabzaubern zu können, weshalb der
Gott den Beinamen Elieius erhielt. Liv, 1,20. 31.
Der Himmelslönig war der Beherricher und Lenter
der ganzen Welt; von feinem Willen 2 n die
Schidjale der Einzelnen wie ganzer Völler und
des Kultus; die Nile trug er auf der Hand, als | Staaten ab, und jo wurde er denn, ald der Höchſte
ber Bejchüger der Wettfämpfe und Verleiher des | und Beite (Optimus, Maximus), vornehmlich der
8
=
Er ift der Himmels: -
10
1318
Beichüger des römischen Staats, dem er die Herr: | medes’ I. von Bithynien aus dejlen erfter Ehe,
ichaft der Welt beftimmt hatte, der oberfte Gott wurde von feinem durch die ränkevolle Stiefmutter
der römiſchen Staatäreligion. Auf dem Gapito: | beeinfluften Water zu Gunſten feines Halbbruders
lium, dem Mittelpunfte des römischen Staats, | von der Erbfolge ausgeichlofjen. Schon vorber
ftand jein vorzüglichites Heiligtum (Capitolinus); | nach Armenien geflohen, fam er nad) des Vaters
hier opferte ihm der Yüngling, wenn er in den | Tode zurüd und erfämpfte fich nach wechſelbollem
Bürgerftand eintrat, der Konjul, wenn er fein Amt | Streite die Krone. Er fand jpäter bei einem Ge:
übernahm, der Feldherr, wenn er zum Kriege aus: | lage jeinen Tod durch galliiche Häuptlinge, gegen
Zeuxidamos — Zipoites.
zog und wenn er triumphierend zurüdtehrte; die
herrlichite Beute (spolia opima), die einem feind—
lihen SHeerführer abgenommen war, brachte der
Feldherr ihm dar, als dem J. Feretrius. Lie.
1,10. Da er das Heer zum Kampfe nnd zum
Siege führte, hieß er Imperator, Victor, Opitu-
lator, Stator (der Fluchthemmende, Liv, 1, 12).
Diefem höchften Staatögotte wurden die capito:
liniſchen und großen Spiele zu Rom gefeiert, und
auf dem Wlbanerberge als J. Latiaris (oder La-
tialis), dem Beſchüher des Latinerbundes, die
Ferine Latinae. Da die menschlichen Schidiale
unter jeiner Leitung ftanden, jo waren ihm die
wichtigften Abſchnitte des Jahres geheiligt, wie
die Iden jedes Monatd. Man riet feine Hülfe
an bei jedem wichtigen Unternehmen; der Land:
mann feierte ihm ein Feſſbeim Beginne der Saat
wie bei dem der Ernte, die Beinfete wurde Durch
ein allgemeines Feſt des Jupiter in ganz Latium
eröffnet. Alle durch Religion und Sitte geheilig-
ten Verhältniffe und Einrichtungen, wie Die Ehe,
das Gaft: und Völkerrecht, der Eid, ftanden unter
feinem Schuße. Auch war er, wie der griechiiche
Zeus, ein Gott der Weisfagung, der durch Blik
und Donner, durch Träume, durch den Flug, die
Stimmen und das Treffen der Vögel die Zukunft
verkündete. — Als die griechische Mythologie auf
die römische Religion übertragen wurde, erklärte
man Jupiter für den Sohn des Saturnus und
der Ops, die mit Kronos und Rhea identifiziert
worden waren. Aud Juno und Minerva wurden
ihm wahrfcheinlich erft infolge griechiichen Ein:
fluſſes als Gemahlin und Tochter verbunden; denn
der altitaliſche Jupiter ſcheint außer aller Fami—
lienverbindung einſam und erhaben in feiner Herr:
lichteit dagejtanden zu haben.
Zeuxidämos, Zev&idauos, 1) Sohn eines Archis
damos, Enkel des Theopompos (j. d., 1.), dem er
um 720 v. E. als König von Sparta folgte. Paus.
8, 7,6. 4, 15, 3. — 2) Bater des ſpartaniſchen
Königs Arhidamos II. True. 2, 47.
Zeuxippos, 7Zevfımzog, ein Boioter, fämpfte
ald Anhänger Roms gegen Philipp V. von Ma:
fedonten und wurde von feinen Landslenten ver:
bannt. Die Römer verlangten feine Rückberufung,
jahen aber davon ab, da ihnen fonft Krieg drohte.
Pol. 18, 26. 23, 2. 32, 2, Liv. 33, 27f.
‚ beuxis, Zeökıs, 1) kämpfte als Feldherr An:
tiochos’ III. gegen den mediſchen Satrapen Molon,
deſſen Angriff auf Seleufeia er vereitelte, mußte
aber infolge der Niederlage de3 Xenoitas (j. d.)
vor Molon weichen. Epäter fämpfte er abermals
gegen Molon. Nach dem Kriege Syriens mit den
ömern begab er ſich als Gejandter Syriens nad
Rom. Pol.5, 45 ff. 21, 13f. 22, 7. Liv. 87, 4.45.
— 2) berühmter Maler, ſ. Maler, 4.
Ziaelas (nicht Zelas, Zeilas oder Zielas, was
die Handichriften bieten, da BAEITAEQE ZIAHAA
auf einer Münze ericheint ſvgl. Droyſen, Geſch.
des Hellenism. III, 1 312]), ältefter Sohn Niko—
die er Berrat beabfichtigt hatte, um 236 v. €.
Zielas j. Ziaelas.
Zinsen (röxog von rixrw, vgl. Fenus) find
gleichjam die Frucht des ausgeliehenen Kapitals,
die der Schuldner dem Gläubiger zu zahlen hat.
Die Höhe des Zinsfußes in Hellas wird entweder
nach Obolen und Dracdhmen, die monatlich) von
einer Mine fällig werben, oder nach dem Teil ber,
fei es jährlich, fei e8 auf eine andere beitimmte
Beit, ausgelicehenen Summe bezeichnet, 3. B. xl
nevre ÖßoAoig —= Emiörxaror oxoe = 10 pro C.
pr. a. Die Binfen wurden nämlich teil3 monat:
lich, teils jährlid oder, wie bei Bodmereiverträ-
en, nach Kontralt bezahlt. Sie ſchwankten in
then zwifchen 10 und 36 pro C. pr. a. (== !ri
real dgayuais; 33", pr. Ct. pr. a, wäre — fzi-
terror); wie denn auch die Pächter damals mehr
Prozente als bei uns, nämlih 8—12, gewöhnlich
wohl 10 bezahlten. Der Wert deö Geldes war
größer und der Kredit geringer. Bor Solon hatte
der Gläubiger Pfandredht an den Leib des Schuld:
ners; nachher war gegen böswillige Schuldner troß
ftrenger Gejeße nur mangelhafter Schutz. Die
roasetirar (j. d.) in Athen machten fich ein Ge:
ichäft daraus, Geld gegen mäßige Zinſen zu neh:
men und gegen höhere ausjuleihen (daveiken).
Alle bedeutenderen Zahlungen geſchahen im Pri—
vatleben durch ihre Vermittlung, und ihr Kredit
ging durch ganz Hellas. Es gab auch gewiß jchon
Wucher; durch Gejege war derjelbe faum beſchränkt,
aber die roxoyAupoı und Nusgodarsısral waren
verachtet und verhaßt. Sie nahmen wohl täglid
für die Mine einen Obolos, nad) Theophraft (char.6)
ſogar 1"/, DObolen täglich für die Drachme. Aus:
geliehen wurde entweder ohne Handichrift, Pfand
oder Hypothek (dobyygapor, zeıpödoror), oder
auf Handichrift (reieöyeapor, meift aus Papyros),
oder auf Kontrakt (svyyoagprj, in einem Diptychon
von Wachstafeln geichrieben und von Zeugen unter:
zeichnet). Verſchuldete Grundftüde und Häuſer
wurden mit’ Tafeln oder Pfoſten (ögo«) bezeichnet,
auf denen Schuld und Gläubiger vermerkt Handen,
In Bezug auf die Möglichkeit, Hypothek und Ka:
pital zu verlieren, unterjcheidet man die Seezinjen
(tönog vevrındg, Frdocıs) von dem fichern Yand:
zins (Fyyvog oder Eyysıos). Jener war natürlich
nach Verhältnis des Rififos höher, vgl. darüber
"Eurogos. — Über das Verhältnis der Zinſen
bei den Römern f. Fenus.
Zioböris, Steppenfluß im norböftlichen Bar:
thien, der unter der Erde verſchwindet, dann wieder
hervorfommt und fi mit dem. Rhidagnus ver:
einigt; j. Dichiusdicheran. Curt. 6, 4, 4 ff.
ı ‚Zipoites, Ziwoleng (Zeim., Zuß.), 1) ein bithy:
niſcher Fürftenfohn zur Zeit Mleranders des Gr.,
ſuchte die Schwächung der perfiihen Macht zur
Erweiterung jeines Reiches zu benutzen, befehbdete,
wie es jcheint im ganzen glüdlich, mehrere gries
chiſche Kolonien an der Bropontis, behauptete ſich
| gegen Antigonos, Seleutos 1., Lyſimachos und An:
Zodiacus — Zythum.
tiocdhos |. von Syrien und nahm zuleßt jogar den
Königstitel aır. Er regierte 326— 278 v. E. Diod.
Sie, 19, 60. Plut. quaest. gr. 49. — 2) de3 vorigen
jüngerer Sohn, lehnte fich gegen den älteren Bru—
der Nifomedes J. (j. d.) auf, Ei e aufänglich
tüdlih, wurde aber zulegt von demjelben und
ee Berbündeten, den Galliern, befiegt, 277 v. €.
Liv. 38, 16.
Zodideus ſ. Sternbilder, 1. und Mathe-
matische Geographie a. €.
Zölle |. BovAn, 12., Staatshaushalt, I, 7.
und Vectigal.
Zollos, Zoflos, ein griechifcher Rhetor aus
Amphipolis in Makedonien, wahrſcheinlich zur Zeit
des Ptolemaios Philadelphos, 285—247 v. E.
Sein Heinlicher, bisweilen böswilliger Tadel des
Homer erwarb ihm den Namen "Oungoudori,
jeine beifende Sprache überhaupt den des xuwr
onroginös. Bgl. Lehrs, de Aristarchi studiis
Homer. p. 204 ff. der 2. Aufl. Abhandlung von |
Spindler (1888). |
Zona, cingulum, einctus, der Gürtel, ſchloß
die Tunica um den Leib und ziwar weder zu eng
no zu weit. Ungegürtet (discinetus, demissa
tunica) auszugehen war nicht anftändig. Die
Sklaven waren alte cincti. Bei der Toga fand
der Gürtel niemals Anwendung.
Zonäras, Zwvapäs, Yohannes, Tebte im
12. Yahrh. zu Eonftantinopel in hohen Würden,
309 Tich aber um 1120 als Mönd in das Klofter
auf dem Athos zurüd. Er ift der Verfaſſer eines
zoovındv in 18 Büchern von der Erjchaffu
Belt an bis 1118 n. E. Da er für die Kaiſer—
zeit die jegt verlornen Abſchnitte des Eaffius Dio,
auferdem auch vielfach Polybios, Appian und
Plutarch benußt hat, meift unter wörtlicher Anz |
führung feiner Quelle, fo ift er nicht ohne Wert |
für uns. Ausgg. von M. Binder (1841—44) und
2. Dindorf (1868— 75).
Zöne, Zorn, Stadt Thrafiens im Gebiete der
Kifones, an einer gleichnamigen Landipige des
Nigaiifchen Meeres (Hat. 7,39); nad) Mela (2, 2,8
der Ort, wo Orpheus einft Wälder und Flüfje dur
feinen Gejang in a ai jeßte.
!
Zovıov, Gürtel, j. Kleidung, 2.
Zophöros (£opögog — fwopdgog) heißt in der
Baufunft bei den griechifchen Tempeln der Fries,
d. i. der Teil, der den Architrav vom Karnies
trennt. Er bededt äußerlich den Raum, den die
Spannriegel im Gebält des Daches einnehmen,
und zeigt bei der ioniſchen Säulenordnung oft
nur eine ebene Marmorfläche; bei der forinthiichen
dagegen ift er mannigfach geziert, namentlich auch
mit allerlei ZTiergeftalten, woher auch der Name
„Tiere tragend“ ſtammt. S.Columna und Tem-
plum, 2.
Zopyros, Zorveog, 1) ein vorlichmer Perſer,
Sohn des Megabyzos, führte nach dem jagenhaf:
ariſchen Lichtreligion.
ng der U
1319
ten Berichte bei Herodot (3, 153 ff.), als Dareios 1.
das abtrinmige Babylon belagerte, die Übergabe
der Stadt herbei, indem er fich jelbft verftiimmelte
und unter dem Borgeben, von dem Könige es
fam mißhandelt worden zu fein, fi nadı Babylon
begab und il das Vertrauen der Einwohner er:
warb. Außer andern Beihen ber Dankbarkeit
erhielt er die lebenslängliche Statthalterjchaft über
Babylon, wurde aber jpäter von den Babyloniern
bei einer Empörung unter Xerred getötet. —
2) Enfel des vorigen, ftand feinem Vater Mega:
byzos bei deſſen Aufſtand zur Geite, J. nach
Athen und fiel bei einem Angriff auf das kariſche
Kaunos. Hdt. 3, 160. — 3) Phyfiognomiler und
Beitgenofje des Sokrates, über den er ein von
demjelben mit großer Nachſicht aufgenommenes
Urteil fällte. Cie. tusc. 4, 37. 80. fat. 5, 10.
Zoroastres, Zwgodsrens, iraniſch Sig
der angebliche Stifter der Ormugdreligion (j. Or-
muzd) durch Umbildung der alten, gemeinjfam
Seine Zeit und jeine Hei-
mat, ja jelbft feine Gejchichtlichkeit ift gang unge:
wiß. Die unter jeinem Namen in Sruchftü en
auf uns gefommenen heiligen Bücher, das Avefta,
find jedesfalld erjt unter den Saflaniden endgültig
redigiert worden, wahrjcheinlich au zum größern
Zeil damals erft entitanden. Mit mancherlei frem:
den Elementen vermijcht, breitete fich die Religion
feit Alerander dem Gr. weithin im Abendlande
aus. Geitdem galt Zorafter ald der Gründer der
Sternfunde und aller magischen Weisheit, und der
vieler Schriften von dieſer Richtung
wurde auf ihn zurüdgeführt. Hat. 1, 131 ff. Plut.
Is. 46. Plin. 30, 3 ff. Just, 1,1. Bgl. Spiegel,
eranische Altertumskunde II (1873). Windiichmann,
zoroaftriiche Studien (1866).
Zosimos, Z&oıuog, ein Hiftorifer, lebte um die
Mitte des 5. Jahrh. m. E. und jchrieb ein meiſt
erhaltenes Werk in 6 Büchern: lorogia« ve oder
lorogınov veag Zudöcewng, in dem die Kaiſerge—
ihichte von Nuguftus bis gegen das Ende bes
3. Jahrhunderts in Überficht, die Geſchichte von
284—410 in N ig Ausführlichkeit gegeben wird.
ofimos will in feinem Werke die Urjachen des
erfalld des römijchen Reiches nachmweijen, als
deren vorzüglichite er, ein entichiedener Gegner des
Epriftentums, das Berlaffen der heidniichen Reli:
gion — Er benutzt übrigens gute Quellen,
und ſeine Darſtellung gibt Beweiſe einer geſunden
Kritik, ſoweit dies bei ſeiner Grundanſchauung
möglich iſt. Ausgg. von Reitemeier (1784), Bekler
(1837) und Mendelsſohn (1887).
Zoster, Zoorije, Vorgebirge Attikas, ſ. At-
tika, 2. _
Zythum, £ödosg, ein von den Agyptern erfun—
denes, aus Weizen oder Gerjte gebrautes, ſtark
beraujchendes Getränk, verwandt der cerevisia
(1. d.). Hdt.2, 77. Diod. Sic. 1, 34. Plin. 22, 25,82.
152
Enbellen der Maße, Gewichte und Münzen,
| Janrvlog = 19,3 mW,
2 Koröviog = JR,hmm,
wi 2 Iekıorn, Sögor, Joyun od. Senrriodoyu) = 77,1 "m
® 4 2 | Atxcig od. Hurmodıoy = 154,1 mm,
10 | f: 124 | 1} ı Augag = 192,7 mm,
u | 5} l ri | 1%, | Oododango» = 211,0mm,
Erz 6 |3 j 1} 14 1 Zrdaun = 251,2 mm,
168 4 | 2 [18 noie — sos, aw
sl 1a 2} | 14 l17,| 1%! 14 | Moyan = 3a0,gum.
20 | 10 FORTE arrEer 1; | 14 | Ange — aR5,gmm.
alıe!cls 23 [22,1 2 | 14 | 14 14 | NÄXTZ — 462, mm,
72186 | 18 ı 9 Kr 6, I DErIEY 3: 3 Evlor me 1,99%
96 | 48 | 4:12 9 Se s 6164 14414 14 | OPrrIA 1,85", |
I. Kleinere griehifche Lüngenmaße.
Digitus = 18,5".
| UNCIA od. Pollex = 24,6mm,
3 | Palmus — 73,9 mm.
3 | Palmus maior — za1,gem.
4 !ı1 | PES = 295,7 mm.
1
“4
6/15
| Palmipes = 369,7 "m.
er | CUBITUS = 443,600. |
II. Größere rümiſche Längenmaße.
| PES
— —
1, |
== 0,29 Mm.
Cubitus — 0,44”.
14 | Gradus od. Pos Sestertius = 0,74".
10
120
3} | 2 | PASSUS = 1,19".
64 4 2 | Decempeda od. Pertica = 2,96".
so) 48 241 12 | Actus — 35,49).
5000 |
33334] 2000} 1000| 600 | 414 |MILLE PASSUUM = 1478,70m. —0,2Meil.
Tabellen der Mafe, Gewichte und Münzen. 1521
IV. Größere griechiſche Langenmaße,
NOTE = 0,308".
14 | MÄXTE = 0,162".
24 1 13 | Bine = 077m
KEEWEE OPTTIÄ = 1,85%
| 4 3 | —— Arcıva 0d. Atxcirong = 3,08.
60 40 24 10 6 | Auuc = 18,18".
100 | 663 | 40 | 163 | 10 | 1% | Iddgo» = 30,83].
—— Sa! wre RE BE ETÄYION Olvumnuv od. Zradıog = 184,97". —
210 | 100 60 el: 0,025 Meilen.
| | | Alawlog — 369,94”. = 0,050 M.
2 | Inrınöv = 739,87”. = 0,100 M.
600 | 400
1200 | 800 | 480 | 200 | 120 | 20 BEZ
2100 [1000| 960 | 400 | 210 | 40 Ei 4
7200 | 4800 | 2880 | 1200} 720 | 120 [72 I12|6/3 | Jöhgog = 2219,61”. = 0,300 M.
V. Bergleihende Zujammenftellung bes
Jtinerarftadiums, des Barajangen, der
römischen Meile ne geographiſchen
eile.
—— Bei. Kaas ‚Meil. ce. Meit VI. Silometer rebuziert auf
un geographifße und römiſche
ı | 0,033 0,10 0,02 Meilen.
10 0,33 0,2
20 0,67 0,4
30 1 2 0,6
40 _ 0,8
50 1
60 1,2
70 1,4
80 1,6
90 1,8
*
-
037
0,405 2,029
0,54 | 2,705
0,675 3,381
0,81 4,057
0,945 4,734
1,08 5,410
1,215 6,086
1,35 6,762
De A
—
5
6
7
8
2,4
3
3,6
4
4,8
5,4
5
1322 Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen.
vn. Ra Brägenmafe
NOTE = 0,0950 Meter.
* 'ESanodng = 8,420 D"
100 | 23 | Arcıva = 9,504 OD"
8334 Era 81 | Hulexzog = 79,200 Iw.
| 16663 | SEGEN 2 |"Exrog = 158,400 Im.
2500 | 69% | 14] Apovgx = 0,024 Hektaren.
| 10000 | 2773 | 100 | — 6 | 4 | TLAEEPON =0,095 Hekt.
36
95
*&
VIII. En ——
prs ; QUADRAT US = 0,087 O1 Meter.
100 | Seripulum od. Decempeda quadrata = 8,75 Im.
4 | ACTUS SIMPLEX = 41,98 Dj".
Uncia = 209,91 Im.
1} | Clima = 314,86 O-
6 4 | ACT ACTUS QUADRATUS = 1259,14 I".
—
28800 ms | 12 2 | JUGERUM = 318,88 Om.
57600 576 120 24 2 | Heredium = 0,504 Hektaren.
| 5,760,000 | 57,600 12,000) 2400 | 1600| 400 200 100 | Centuria = 50,377 Hekt.
23,040,000 1230, 0,400 4 48 ‚000 | 9600 6400 | 1600 | 800 4100| A | Saltus = 201,500 Hekt.
| CYATHUS = 0,0456 L.
Ta Acetabulum = 0,0684 L.
2 | Quartarius (Biertel vom Sextarius) = 0,137 L.
Hemina od. Cotyla = 0,274 L.
2 | SEXTARIUS (Sedftel vom Congius) —
12 | 6 |! CONGIUS — 3,283 L.
988 12 48 |24 | 4 | Uma = 13,18 L.
676 | 384 | 192 | 96 | 48 2 | AMPHORA QUADRANTAL — 26,26 L.
16080 | ı 11520 [7680 3840 | 1920 | 960 120 | Culeus = 525,27 L.
Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 1323
X. Griehifhe Kubitmaße für flüffige Dinge.
Koylıagıov = 0,0046 Liter.
s| 2 | 2
0|5| 4
Koyın = 0,0228 L. .
2 | KTA90Z = 0,0456 L.
— re | m — — —
30 | 15 | ı | 6 |3 | e | Teraerov = 0,137 L.
KIEELDEIIECHLEEN 2 | Koriin, Teußllov ob. ‘Hulva = 0,974 L. |
"2 | ZEETHE (Sextarius) = 0,547 L. |
SEE walm]e|xois- om. |
8640 | 4320 | 3456 | 1728 | 864 | 576 | 2 | 12 |4M®OPETZ METPHTHZ= 39,30.
120 | 60 a8 | 24 12 s 4
288 144
XI. Griechiſche Maße für trockene Gegenſtände.
Koykıagıov = 0,0046 Liter.
10 | KTM400E = 0,0456 1.
15 = 0,0684 L.
co | 6 | 4 | XOTTAH od. 'Hulva = 0,274 L.
"2 | SESTHE (Sextarius) = 0,547 L.
oo | ısi4 |» |xornız = 1,094 L.
— — — — — — — nt
1920 | 192 i28 32 | 16
11520 | 1152| 768 | 192 | 96
XI. Römiſche Maße für trodene Gegenftände.
Ligula = 0,0114 Liter.
4 |CYATHUS = 0,0456 L.
6 14 | Acetabulum = 0,0684 L.
2 | Quartarius (Viertel vom Sextarius) = 0,197 L.
2 ! Hemina od. Cotyla = 0,274 L.
2 | Sextarius (Sedhftel des Congius) = 0,547 L.
384 | 96 | 64 32 16 8 | Se(mi)modius = 4,377 L.
768 | ı92 | 128 | 64 [32 | 16 | 2 | MODIUS — 8,754 L.
1324 Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen.
XIII. Griechiſche Gewichte.
1) Verhältnis der drei Hauptſyſteme. j
Aiginetiſches: Euboiiſches od. Alt: Attiiches = 6:5.
J Soloniſches od. ſpäteres Attiſches = 5:3.
Euboiiſches: Soloniſches = 1383: 100 od. 100: 72 od. 25:18.
1 aiginet. Talent = 6000 aiginet. Drachmen = 7200 eub. = 10000 ſolon.
1 euboiisches „ = 5000 J = 6000 „ == 83334,
1 jolon. 3600 - = 4520 „ = 6000 „
2) Alginetifde Gewichte, desgleihen eubotifche oder attiſche Yandelsgewidte, endlich auch
atliſche Silbergewidhte,
De
8 | — == 0,728 gr.
48 | 6 | Spayun == 4,866 gr.
|
I
4800 | 600 | 100 Mv& (Mina) = 436,6 gr.
| |
288000 36000 ai 6000 0 | © 60 | Takarrov a = 26196,2 gr. = —— kg-
| dentor.
XKalnoug = 1,67 %.
Ayalnor = 3,3 4.
2 "Hwmoßolıov = 6,7 8.
l
2 | 080468 = ı3 =.
| Jwßolovy = 26 8.
14 — Teioohᷣolo⸗ = 39 4.
14 | Teronßolor = 53 3.
3 = 2 1 | sraxmit - 79 3.
on Ill BE |:
1344 192 le erg = 8144
336 00 4800 1200 400 | so 300 |
3
| 2,016, 000 238000 144000
u
BE
72000: 36000 000 18000}12000 9000 5000;
| TAAANTON =
3000 1500 60 A115 M 25 8.
Tabellen der Maße, Gewichte und Münzen. 1325
XV. Römiſche Gewiqte. N Die Teile des _ As oder der Libra.
| UNCIA —= 27,288 Gramm.
| 14 | Sescuncia od. Sescunx = 40,93 gr.
| EISE Sextans = 54,58 gr.
Ir Quadrans od. Teruncius = 81,86 gr.
1} | Triens = 109,15 gr.
13 |1} | Quincunx — 136,44 gr.
18] Bi 1 | —* od. Semissis — 163,73 gr.
1% J Septunx — 191,02 gr.
Ey H 1} | Bes od. Bessis = 218,30 gr.
23|1| [13 11% | Dodrans = 245,59 gr.
2 a 1371} | E2 1» — = 272,88 gr.
A 12 | ir 14/1 | Deunx — 300,16 gr.
u ,1AS od. Libra = 327,45 gr. —
Ar 2 |ier] & 0,327 kg.
ee),
weis |
ri
Pr urn am |
..
ie
j i
| Siliqua =(, 189 gr.
3 | Obolus = 0,568 gr
6 | 2 | SCRIPULUM = 1,137 gr.
12|4|12 2 | Semisextula = 2,274 gr.
24 |8 | 2 | SEXTULA — 4,548 gr.
Py 3 14] Sieilicus (Sieiliquus) = 6,822 gr.
4,2 13] Duella = 9,096 gr.
S II 2 |14| Semuncia = 13,644 gr.
ac 2] UNCIA = 27,288 gr.
or
else 18/36/2412] AS od. LIBRA — 327,45
XVI. Römiſche Münzen.
a) Der librale Kupferas (bis 268 v. Chr.). b) Der trientafe u.der fertantare
Uneia = 4 &. As.
— 3. a.
2 | Sextula (Sextans) = 8 &. j | unse 15 0,8
3 '1J | Quadrans = 12 &. sextans 3,1 1,6
12 1; Triens = 16 &. quadrans 4,7 2,3
5 | 3/2 2/12] Se Semissis = 23 3. triens *—
i2 6 Iris 2]A8 = 47a. Peg J
24/12/18 |6 |4 | 2 | Dupondius = 98 &. ® ns 37 19
j48/24|16j12| 8 | 4 | 2 | SESTERTIUS = 1.4 878. 408 6. | 37 |
| 100 as = 46 M. 67 4. d) Silbercourant der römiſchen Republik!
1000 as = 466 M. 70%. feit 217.v. Chr.
10000 as — 4666 M 50 &. t Dennde ; a.
100000 as — 46665 1 RER _| Den | —
1 — — 17
2 — 55
ce) Der älteſte Silberdenar bon „}; Kg. r 2. 058
.
Sesterze | Denare | :- 3: 4 1 — 70%
N nn 8 2 1 40
1 — — 20— 12 3 2 10
2 — — 41 20 5 3 51
3 Bee: 100 25 17 54
! Fi 1000 (= 1sestertium) 250 175 4 |
4 1 — 82 10000 J — 1754 10
8 2 1 64 (= decem sestertia);
10 — 2 5 100000 f — 17541 —
100 25 20 47 1000000 — 175410 —
(— decies sestertium)
70 Ni 10000000. (eenties) N! 1751100 -
15]
—
=
—
1000 250
1326
Feſtkalender.
a) Griechiſcher.
I. Helkatombaion (Jul.— Aug.) | vo. Gamelion (Jan, — Febr.).
8. Theſeia. 8.—11. Lenaia.
11.—16. Olympia. 12. Winter: Remea.
12. Sommer: Nemea, 27. Gamtelia.
Kronia. eg —
16. Synoikia. VIII. Antheſterion (Febr.— März).
24.—29. Große Panathenaia. 1. Hydrophoria.
28. 29. Kleine Panathenaia. 11.-13. Antheſteria. (11. Hidoiyic, Faßöſſ⸗
Helatombaia. (7) nung, 12. Xoss, Kannenfeſt, 13.
Sommer : Zithmia. Xvrgor, DOpferfeft v. Früchten.)
Hyakinthia. 19.21. Kleine Eleuſinia (Myſteria).
Gymnopaidia. 23. Diaſia.
| 11. Metageitnion (Aug.— Septbr.). | IX. Efaphebolion (März — Apr.)
7. Karneia. 8. Aſtlepieia.
Metageitnia. 8.—13. Große Dionyjia.
a Ze —
II. Boedromion (Septbr.— Oftbr.). de SER BER
3. Eleutheria. X. Munydion (Apr. — Mai).
6. Marathonia. 6. Delphinia.
eg 16. Munychia u. Siegesfeft der Schlacht |
12. Eharifteria. bei Salamis auf Kypros.
13. Proẽroſia. 19. Diafia oder Olympieia.
16.—25. Große Eleufinia. Adonia (oder erſt im folgenden).
— Kyberneſia (od. 6. Pyan.)
— — — — — ing3-Iftgmia(od. im ſolg. Mon.)
| IV. Pyanepfion (Oftbr.— Novbr.). J
|
5. Genefia. | 1. (7.) Pythia.
|
f
6. Kybernefia. XI. Thargelion (Mai — Jun.).
7. Pyanepfia und Oschophoria. 6.—7. Thargelia ımd Chloeia.
5. 6. 8. Theſeia. T. Daphnephoria.
10.—14. Thejmophoria. 19. Rallynteria.
27.—29. Apaturia. 20. Benbiben.
30. Challeia. 25. Plynteria.
— en eier Kleine Delta.
| V. Maimalterion (Novbr.— Dezbr.). —
20. Maimalteria. XII. Skirophorion (Jun.— Jul.).
| 12, Sfirophoria.
' VI. Poſeideon (Dezbr.— Jan.). 13. Arrhephoria,
(6), Kleine Dionyſia. 14. Buphoria u. Diipolia.
Pojeidonia. 28. Herafleia.
Januarius,
1. Kalendae Januariae,
2. Dies Aegyptiacae,
9. Agonalia,
11. 15. Carmentalia.
22.—24. Ludi Palatini.
| 24. Paganalia.
25. Sementina.
27. Dedicatioaedis Castorum.
Februarius,
— Neptunalia.
13. Faunalia.
13.—21. Dies parentales.
15. Lupercalia.
17. Quirinalia.
21. Feralia.
| 22. Charistia.
23. Terminalia.
24.
27.
(Amburbalia und Ambarvalia
nur in jedem lustrum.)
Martius.
1. Matronalia.
Auszug der Salier.
. Festum Vestae.
. Equiria.
. F. Annas Perennae.
. Mamurnlia.
17. Liberalia,
19.—23. Quinquatrus.
33. Tubilustrium.
22.—27. F. Magnae Matris et
Attidis.
25. Hilaria (cf. 3. Nov.).
Aprilis,
' 4.—10. Megalesia.
' 12.—19. Ludi Cereris (Cere-
alia)-
15. Fordicidia.
' 21. Palilia.
23. Vinalia,
25. Robigalia.
| 28. Apr.—3. Mai. Floralia. |
Feſtkalender.
b) Römiſcher.
Maius,
1. Laralia.
. 11. 13. Lemuria.
. Ludi Martis in Circo.
. Dies Mercurüi et Maiae.
. Agonalia.
. Tubilustrium.
. F. Fortunae publicae.
. Ludi Honoris et Virtutis.
Junius.
1. Dies Junonis Monetae.
Dies Carnae.
Dies Tempestatia.
. Dius Fidius.
. F. Mentis et Intellectus.
. F. Jovis Pistoria.
Vestalia.
. F. Fortunae virilis.
. Matralia.
. F. Jovis invicti.
Quinquatrus minusculae.
. D. Summani.
24. D. Fortis Fortunae.
27. Jovis Statoris.
29. Quirini.
Julius s. Quinctilis.
6. 14.F. Fortunae muliebris.
(5) 6.—13. Ludi Apollinares.
(14.19. Mercatus.)
7. Nonae Caprotinae.
8. F. Vitulae, Victoriae,
15. Ludi Castorum,
20.—30, Ludi Victoriae Cae-
saris.
23. Neptunalia.
25. Furinalia.
Augustus s. Sextilis,
1. F. Spei et Martia.
6. F. Salutis,
13. F. Dianae,
15. F. Astraeae,
21. Consualia.
23. Volcanalia.
25. Opiconsivia.
27. Vortumnalia.
28. F. Victoriae.
30. Mundus patens (ef. 5. Oct.
et 7. Norv.).
1327
Septembris.
1. Natalis Telluris.
4.—19. Ludi Romani (I. R. |
magni),
13. Clavus figendus.
F. Cereris.
20. Natalis Romuli.
23. Natalis Augusti.
| 27. F. Fortunae reducia.
Octobris.
4. Mundus Cereris.
5. Mundus patens.
6. Dies ater, Manibus sacer.
(wegen des Gieged ber
Eimbern 105 über Servilius |
Eäpio).
| %—12. Augustalia.
| 15. Ludi Capitolini.
| 19. Armilustrium.
| 23. F. Liberi patris et Li-
berae.
29. F. Vertumni.
27. Oct.—1. Nov. Ludi Victo-
riae Sullae.
Novembris.
1. (13.) Epulum Jovis.
8. Hilaria.
4.—17. Ludi Plebeii.
| 7. (8) Mundus patens.
19. Lectisternia Cybeles.
22. F. Plutonis et Proserpinae. |
Decembris.
1. F. Fortunae muliebris
(primigeniae).
6. Faunalia.
9. F. Junonis iugalis,
11. Agonalia.
15. Consualia.
17.— 21. Saturnalia et Opalia. |
23. Larentinal.
25. Natalis Solis invieti.
Parallele Zeitrechnungen.
a wo.) v.Ch.
|. — 01. BEE V.0.)x.Ch.
01.
0.1 294 | | 460 120. 1 454 158. N 606
|
| 302
134 ı020| 8
138 , 616
142 , 612
81.
238 456 [| 121. 159, 1 610 | 144
82.
452 | 122. 160. 1| 614 | 140
Be ——
— — — — — — — — — — — — — —— — —— — — — — —— — —
150
182
186
190
194
198
202
206
210
214
218
222
226
230
234
238
212
216
250
254
258
262
266
270
274
278
282
286
290
146 608
604
600
596
592
588
584
580
576
572
83.
84.
85.
86.
87.
88.
89.
9,
91.
92.
93.
94.
9.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
| 306
310
314
318
828
326
330
334
338
342
346
360
354
358
862
366
370
374
378
382
448
444
440
436
432
428
424
420
416
412
408
404
400
396
302
388
384
380
376
372
123.
124.
125.
126.
127.
128.
129.
130.
131.
132.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
139.
140.
141.
142.
103.
104,
105.
386
890
394
143.
144.
145.
106.
107.
108.
109.
110,
111.
112.
113.
114. 1
115. 1
116. 1
117. 1
118. 1
119, 1
.1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
96. 1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
398
402
406
410
414
418
422
426
430
434
438
442
446
450
146.
147.
148. 1 566 | 188
76 ] 189.
161. 1| 618
162. 1. 622
163. 1] 626
164. 1) 630
165. 1| 634
166. 1) 638
167. 1) 642
168. 1| 646
169. 1) 650
170. 1) 654
171. 1 658
172. ı| 662
173. 1) 666
174. 1) 670
175. 1| 674
176. ı| 78
177. 1| 682
178. 1 686
179. il 690
189. 1) 69
181. 1) 698
182, ı| 702
183. 1) 706
184. ı| 710
185. 1! 714
186. 1! 718 |
187. ı| 722
188. ı! 726
1 730
190. 1) 734)
191. me
192. 1 742
193, 1! 746
194. 1) 750
194. 4 753
136
132
128
124
120
116
112
Römiſches Kalendarium.
WB —
März, Mai, Zulius Januar, Auguſt und
Apr. Jun. Aug. Nov.) Febr. Sept. Jan.
Reallerikon des Mar. Altertums
7. Aufl.
April, Junius, Sep:
* und Oktober Dezember tember und November hat 28 u. im Schaltjahr
Monats. Haben 31 Tage. haben 31 Tage, haben 30 Tage. 29 Tage.
1 | Kalendis | Kalendis Kalendis Kalendis
: | bi : | ut (ante) Nonas a (ante) Nonas | (ante) Nonas
TR | tn Koma Pridie Nonas Pridie Nonas
5 | —III Nonis Nonis Nonis
6 | Pridie Nonas vn VIII VIII
7 | Nonis ' vu vu VII
8 VIII VI VI
| vr v (ante) Idus | v (ante) Idus (ante) Idus
10 VI V IV IV
FE DE 3 mac us m Iu II
2 | W Pridie Idus Pridie Idus Pridie Idus
13 ; II ldibus Idibus Idibus
14 | Pridie Idus XIX xvm XVI
15 | Idibus ı XVII XVII | XV
16 | XVII XVII XVI XIV
17 XVI XxVI XV | XII
18 ! XV XV XIV XII
19 | XIV xiv XI | XI
20 | xım xım XI X | (ante)
21 xn Xu XI (ante) IX Kalendas
22 | x x m) |% Kalendas | VII
a3 |x a X —— vn
23 RX IX VIH VI
VI
27 VI VI V III
28 |V v IV Pridie Kalendas
20 | IV IV I Martias
30 IIl II Pridie Kalendas
Pridie Kalendas Pridie Kalendas Mai. Jul. Oct. Dec.
1329
Februar
84
—
10,
11.
12.
13,
14.
15.
18.
18,
19.
20.
21.
28,
29,
30.
Sl.
. Aedituns, ©. 18. Gin vewxdgo; mit einem Beſen von |
. Alexandria, ©. 62, Nah Drovien, Hiſtor. Handatlas
. Amazones,
. Amphlaraos, ©. 76.
9. Ampkion und Zethos, S
;. Arles, ©. 132. Aus Aler. Adams Handbuch der römi-
Verzeichnis der Abbildungen.
Achilleun, S. #&. Statue im Muſeum des Louvre. 32.
| 33.
34.
Yorbeerblättern, nadı einem Basrelief in Dresden,
Mich, illuſter. Wörterb, der Nitert. ©. 12.
. Agrigentum: Akrapıs, ©. 34. Aus H. Hieperts neuem
Atlas von Hellas und den bellenijchen Kolonien (Ber: |
lin 1872), Tafel XL
. Agrippina, ©. 86. Statue ber älteren Agrippina (tim | 35—37. Bankunst, ©. 191.
Gapitol zu Rom).
. Aktaion, ©. 53. Sileine Statue aus Marmor im Bri- |
tiihen Muſeum
18861,
©. 71. Nah Buhl und Soner, Leben der
Griechen und Römer.
Relief von Oropos. 48,
78. Der fogenannte farne:
ſiſche Stier, Koloſſalgruppe in Neapel. . Id
Amphora, ©. 79. Basrelief in Bompeji. Nah Bid, | 45.
©. 28, 46,
Antoninus, S. 101. Reiterftatue bes Marc Aurel auf dem
Eapitoiplag zu Nom, AT.
Aphrodite, &. 104. Büſte, mit jehnfüchtigem Ausdrud, |
im Louvre, aus der Billa Borgheſe. | 48.
— S. 105, Marmoritatue im Muſeum bed Louvre, auf
der Anfel Melos gefunden, | 49.
107. Marmoritatue in ber Mündener | 50.
81.
Apollon, ©.
Ginptothet.
Apollon von Belvedere, S. 108, im Batican.
Apollobüste, ©. 105. Dem Belvedereihen Apollo ent-
irrechend, früher in der Giuftinianihen Sammlung, |
jeßt im Beſitz des Grafen Bourtales-Worgier. )
. Apollon Musagetes, ©. 109. Statue ber Bio-Klemen- | 58.
tiniihen Sammlung.
Apotheose, ©. 111. Sonjefration des Antoninus und
der Fauſtina, Basrelief von der Antoninusfäule, nad | 54.
Gußl und Stoner., |
Aquils, S. 114. Wus Kopp: römiſchen Kriegkaltertür |
mern, ©. 14,
Ara, ©. 115. Altar aus Athen, nah Guhl und Roner.
Aratrum, ©. 117. Drei verichiebene Arten von Pilug- | 56.
iharen, bie eine au J. H. Voß' Ausgabe von Vergils |
Gcorgifa (Titelvignetten.
55.
57,
2, Arcus, ©. 129. Aufriß bed ans penteliihen Marmor
aufgeführten Titusbogens zu Kom, nach Suhl und Koner,
. Ares, ©. 126. Statue ber Billa Lubovifi.
. Argonauten, &.128. Athene unterrichtet bie Argonau⸗ 58,
ten im Schiffbau, Nach einem antilten Basrelief,
5. Argos, ©. 180. Aus Kieperts neuem Atlas von Hellas, | 59.
Zafel VL |
60,
ſchen Mitertümer von J. 28. Meyer (Erlangen 1818). |
Vergl. daf. 2, ©. 135 ff. "6,
. Armilla, ©. 143. Bronzenes Armband, am Arm eines
Gerippes in einem Grabe zu Kipatranfona gefunden.
Ri, ©. 54.
Artemis, ©. 149. Statue von Verſailles, im Loupre.
Asklepios, S. 154. Marmorftatue im Louvre zu Paris,
Attika: Blau von Mtben, zu S. 170 ff,
— Akropolis, ©. 172. Reſtaurierte Anfiht nad Lübke, 68.
Geſchichte der Architeltur. l
62.
58—412. Belagerung:
52. Colus, ©. 276. Spinnerin,
Attika: Eieusis, N ©. 175. Wus Rieyerts Atlot
von Hellas, Taf. XI
— Salamis, S. 176. Aus Abichte Herotot.
Basilika, S. 190. 1) Grundriß der Bafilifa zu Bom-
peii; 2) Längendurdichnirt und Aufrik der alten Baft-
lifa zu Berona, vom nn Arnaldi aus den Über
reſten hergeſtellt. Rich, ©.
—E Mauern, nach Gell,
Probeſtücke von Städtemauern des alten Griechenlands.
— 6. 192. Der Parthenon (reftanriert), nach Buhl wad
Soner. £
Turris, Vinea, Plutews, Testudo, ©.
1985 ff. Aus Adams römiichen Altertümern von Meber
a. a. O. Beckers röm. Altert., 3. Th, 2. Abe, ©. 477
und Subl und Koner,
Beleuchtung, ©. 199. Lampe mit 2 Doditen.
S. 367.
Bellerophontes, &. 200. Rafengemälbe.
Bulla, ©. 227, von einer Terrafottalampe. Nah Ri, 5.8.
Castra: Grundriß eines römiſchen Lagers nebit Beilage,
Kid,
©. 2416 ff.
Cestius, S. 253. Pyramide des Ceſtius, nad @ebi
und Soner.
Chalkis, &. 255. Aus Sieperts Atlas von Hellas,
Zaf. XIV.
Charon, S. 258. Charon und Hermes. Griech. Kaſenbild.
Chimalra, S. 2%. Münze von Korinth.
Columna, ©. 274f, Die vier Säulenordnungen und
die columna caelata, Aut ®. W. Forchhammer, Gut!
und Honer und Seemanns funftbiflor. Bilderbogen.
Vaſenbild, nad Baneite
Bilder antit. Leb. T. 19, 2,
Demeter, S. 3507. Mit der Fadel, um bie fih eine
Inful wendet, in der Rechten, mit einem Arudtlord
in der Linken. Pompejaniſches Wandbgemälbe.
Dionysos, ©. 332. Statue des inbiihen oder bärtigen
Dionyſos, der iogenannte Sardanapatos im Mujeum
bes Batilan.
— Etatue des jugendlichen Dionyſos, S. 338, mit em
Tbnrios in der Rechten. Im Muſeum bes Kouvre.
Divinatlo, S. 311. Ein omiayyroaasmo;, extisper.
Nach einem Baarelief der Billa Borgheſe. Ric, 5. 21.
Dona militaria: Coronae triumpkalis, ocalin, cieion,
muralis, eallaris, nacalis, obsidionalis, ©. 49, Ent
Adams römiihen Aitertümern, Tab. VL, vergl 8,
e. 112 fl.
Erechtheion, &. 404, reflaurierte Aniicht,
Bilder aus dem altgrich. Leben. 2. Aufl.
Erinyen, &. 406. Dreſtes von ben Erinnen verfelat.
Vaſenbild nah Raoul Rodjeite, Mon. in&d. 36.
Eros, S. 407. 1) Statue im Batican, 2) Statue im
Eapitolin. Muſeum zu Rom. j
Fascer, 8.497. Laureati, linfs mit einem in bir Spint
der Ruten geftedten Lorbeerzweig, nah eimem Batı«-
tief, rechts mit einem baran befeftigten Zorbeerlranst.
nach einer Honkulmünge. Daneben ein 2ilter mit den
fascee, nad) einem Relief im Botifan. Rich, ©. 30.
Fullo, ©. 450. 4 Scenen aus der fullonica in, Eom-
peji, nach Blümner, Technologie I ©. 175 ff. .
Funditores, ©. 452. Schleuderblei, nah Bergt, In
ſchriften röm. Schleudergeihofle (1876), T. I, 2.
nad St],
66.
67,
68.
Eu
w
TU,
. Gemma, 5. 467.
a, Hades, S. 495. Statue der Vila Borgbefe zu Rom.
Berzeihnis der Abbildungen.
. Ganymedes, ©. 461, vom Adler bes Beus geraubt, | 100,
Statue des Batilan.
Straufes Pyrgoteles, Taf. L Das
Nähere in dem Artilel. .
Giganten, ©. 477. 1) Zeus als Überwinder ber Gigan-
ten. Gameo in der Sönigl. Sammlung zu Neapel. —
2) Athene im Gigantenfampf, Gruppe aus bem Fries
von Pergamon,
Gymnasinm, ©. 492. Rich, ©. 300. Das Nähere in
bem Artilel.
Haarputz, ©. 494. Haartrachten griechiſcher rauen,
nach Guhl und Hohner.
101,
108,
108.
104,
Halikarnassos, ©. 497. Das Maufoleion, nach Bullans 105.
Entwurf reitaurtert. Nach Guhl und Koner. 106.
71. Harpylen, ©. 503. Weliei des Grabmals zu Aanthos.
72. Haus, Griechiſches, ©. 505. Aus W. A. Beders Gha- | 107,
73.
74.
75.
76.
19.
80,
8.
82,
83.
86.
87.
88.
8.
9.
-
“2
127
98,
94.
95,
. Marathon, 5. 736.
. Mexalopolis, S. 756. Aus Stiepert8 neuem Atlas von
.‚ Megaris, Meyare, ©. 757,
ritles. 1. X. Tat. J. 5.479. Atrium corinthium,
nad einem in Hereulaneum anfgefundenen Haule re-
ftauriert, Rich, S. 62; tuscanicum, das wiederberge: |
ftellte Haus des tragiihen Dichters zu Pompeji, Kid,
©. 61.
— Römiihes, S. 507,
Hekate, ©. 611. Dreigeflaltige Helate, Relief aus Aigina.
108,
109,
110.
Hera, $opf der Hera mit dem Diadem, ©. 518. In
der Billa Ludoviii in Rom, ‚tm.
— &, 519, Statue der Hera Barberini in ber Rotunde | 112.
des Vatikans zu Rom. Aus der Batifan. Sammlung.
. Herakles, ©. 525. Farneſiſche Koloſſalſtatue im Natio- | 119.
nalmuſeum zu Neapel. 114.
Hermes, ©. 628. Marmorſtatue von Bragiteles, 1877
in Olympia gefunden, mit ben Ergänzungen von Schaper. | 115.
— ©. 5399. As Bote und Läufer in Erwartung einch |
Auftrags. Brongeftatue von Herculaneum. , 116.
Hierosolyma, S. 540. Aus Droyiens hiltor. Handatlas,
z. IV. - 117,
Hylas, ©. 559. Herculaniſches Wandgemälbe.
Iphigenela, &. 577. Opfer ber Iphigeneia. Pempe-
janiſches Bandbgemälde. 118,
Jugum, 5.588, Nad einem auf ber Halbinjel Magne-
ſia gefundenen Basreliei. Rich, ©. 332. 119.
Julli, S. 599, Marmorbüfte des Diltators Cäfar im
Koniervatorenpalaft zu Kom.
. Kanephoren, ©. 614. Die Sarpatidenhalle vom Üre- | 120.
chtheion zu Athen: Rah Menge, Einleitung in die an- | 121.
tife unit (1880), T. X, 8.
Karthago, ©. 617. Aus Nicperts Atlas, 122.
Kentauren: Kampf der Stentauren und Lapithen, ©. 624. | 123.
Relief vom Friefe des Tempels des Apollon zu Bafjai
ber Bhigaleia in Arkadien (in London). 124.
Kleidung, 5.630 ff. Größtenteils nach Guhl und Stoner.
Fig. 6 iſt Die Eleftra nach einer Marmorjtatue in Hereu- | 125.
laneum. 126.
Korinthia, Aorinthos, ©. 645. UAus Nieperts neuem |
Atlas von Hellas, Taf. VI. | 187.
Kyros, ©. 656. Grab bes Kiyros. Scemanns funft-
biftor. Bilderbogen, Taf, 39. 128,
Lakonika: Lakedaimon, ©. 662. Aus Kieperts Atlas | 129,
von Hellas, Taf. IX. }
. Laokoon, &. 665. Gruppe des Laoloon, gearbeitet von | 130,
Ugejandros, Polydoros und Athenodoros von Rhodos. |
An der Batifaniiben Sammlung.
Lituus, S. 698, Nach einem beim Reinigen des Fluß—
bettes Des Witham in Lincolnfhire gefundenen Original, | 132.
Kid, ©. 361.
Lysikrates, &. 717. Lyſikratesdenkmal in Athen, nad
Stoll, Bilder a. d. altgriech. Leben, 2. Aufl. |
Mahlzelten, S. 724. 1) Radı einem Baienbilbe, ba- |
neben ein jugendlicher Mundſchent mit 2 yatben. 2) Ein | 134.
befränster Ephebe mit der Dinohue Wein aus dem |
ferater [höpiend; Vaſenbild. Nach Suhl und Soner. | 185.
Nach Fiepert.
131.
133,
Hellas, Taf. VI 136.
Nah Lolling, Mitteil. bes
arhäol, Init. zu Athen V, 1.
. Meleagros, Meleagres' Top, S. 760. Relief der Billa
Albani zu Rom.
1331
Messeonia, Messene, ©. 771, Aus Burfians Geographie
von @riechenland, 2, Tafel IV.
Mola, ©. 786. Eine Mühle mit ihren beiden Steinen
aus einer pompejaniichen Bäderel, Kid, ©. 399.
— S. 787. Mühle mit Eiel. Relief vom Monument
des Eurpiaces in Kom,
Münzen, ©. 798f. Nah Senffert, Lerilon der klaſſ.
Altertumslunde (1882).
Musica, ©. 797. Figur 1 und 3 aus Bollbrecht, Wör⸗
terb. zu Zen. Unab. ©. 32. Fia. 2: Aghrtes wedt mit
argiviicher Kriegsbrommete ben auf Styros in Frauen-
gemändern verborgenen Achilleus Marmorrelich). Nach
Guhl und Koner.
Mykenal, S. 799. Grundriß nach Schliemann.
— 5, 8300, Ubbildung des Lowenthors, nad Stoll, Bil-
der a. d. altgtiech. Leben, 2. Aufl.
Naumschia, &. 810. Gebäude zur Wufführung von
Sergeichten, nad einer Medaille bes 8. Domitian.
Kid, ©. 411.
Neapolis, ©. 813,
Zafel VII
Nike, 6.821. Marmorfiatue von Baionios, in Olympia
gelunden, mit den Ergängungen von Grüttner.
Mus Siepert® Atlas antiquus,
NXlobe, mit ber jüngjten in ihren Schoß
flücdtenden Tochter, S. 825, Figuren
— Zodter der Niobe, ©. 825. aus ber
— Eohn ber Niobe in Inicender Stellung. (Niobegruppe
©. 828. su Florenz.
— Derielbe, ©. 826.
Ocha, S. 837, Uralter Tempel der Sera, nah Guhl
und Sloner.
Octarianus, ©. 841. Marmorjtatue im Batifan, 1863
aufgefunden.
Olympia, S.850f. 1) Blan von Clmpia. — 2) Münze
von Elis mit dem olymptichen Beus.
Opfer, ©. 8657. Reinigungsopfer (suoretaurilis) bon
3 wännliden Xieren, Eber, Hammel, Stier, nad) einem
römischen Basrelief. Rich, ©. 596,
Orchomenos, ©. 862. Mus Stieperts Atlas vom Hellas,
Zafel XII.
Orestes, ©. 869, Iohigeneia in Zaurien, im Begriff
ihren Bruder Oreſtes und Pylabes zu opfern. Relief
ber Billa Albani zu Nom.
Orpheus, ©. 866. Relief der Billa Wibani au Rom.
Pallas Athene, S. 878. Büſte der Athene aus der
Billa Albani.
— 8.878. Statue der Athene von Belletri, im Louvre.
Penthesilels, S. 907. Adıl und Benth., Kelief eines
Sarlophags in Salonichi, in Baris,
Pergamen, €. 909, Die Aönigsburg von Perg, nad)
ber Refonftruftion von Thierſch.
Perikles, &.911. Marmorbüfte im Batilan.
Persens, ©. 917. Die Befreiung der Andromeda durch
Perſeus. Welief des Eapitolin. Wufeums.
Phokis: Deiphoi, ©. 999. Aus ſtieperts Atlas von
Hellas, Taſel XU.
Flataia, S. 950. Aus Abichts Herodot, Br. V.
Piutos, S. 959. Eirene und Plutos, Marmorgruppe
in der Mündener Glyptothek.
Pompeil, &. 936. 1) Blan von Pompeji, nadı Hell
feld. 2) Gräberftraße in Pompeſi, nad) Guhl u. Koner.
Poseldon, S.979}. 1) Statue im Dresdener Mufeum.
3) Büfte in dem Museo Chiaramonti bes Vatikan.
Pylos, Ruinen von Polos, ©. 1018, Aus Kieperts Wt-
lad von Hellas, Taiel IX.
Robur, S. 1041. Durchſchnitt des von Ancus Wartius
und Servius Tullius erbauten, noch jekt in Nom
eriftierendben Staatsgefangniſſes. Kid, S. 581.
Roma: Kom zur Heit der Republif, ©. 1043. Beilage:
Rom zur Zeit ber Kailer.
Satyro, S. 1071. Der ausrubende Satır, wahrſchein
lich eine Nachbildung bed berühmten Satyrs des Fra+
riteles. Statue des Capitole
Schiffahrt, S. 1077 ff. Borberteil iprora) und Hin—
terteil (puppis) des Schiffes, Rich, ©. 498 unb 505.
Gubernator, nad einem in Pozzuoli gefundenen Bas+
relief, Nic, ©. 298. merrızörropag, Gubl und Noner,
S 29, friremis, aus Kheinharb, Tafel XV, Fig. 1-2.
1332
137.
138,
139.
140.
1il.
142.
143,
144,
145,
146.
147,
148,
|
Sellenos: Silen mit dem Balchoſskinde, S. 1097. Mar: |
Sella,
Sopnlerum, Sepnltura:
Solarium, ©. 1126. Gnomon, nah einem Silberbeder
Sophokles, S 1190. Warmoritatne im Lateraniſchen
Syrakusae: Grundriß von Syrakus,
Tempe: Bah von Tempe, S. 1186. Aus Kieperte Atlas
Templum: 1} Aagade bes Tempels ber Themis (Me-
Thermae: Hauptteil ber Thermae Pompelanae, S,1213.
Thermopylai: Beilage zu S. 1213. Aus Abichte Herodot,
Fig. 1. ift das volftändig ausgerüflete Shift: a *
bie Schaufeltuder (mndakıa) am Hinterteil des Schiffs;
b ift ein Turm, bergleichen fich oft auf Kriegsſchiffen
finden, um ben Feind mit Erfolg anzugreifen; f ift
der am Vorderteil angebrahte Schifisihnabel (Fufo-
Ao;). Fig. 2 ift ein Teil der Seitenanfiht ber Triere:
i find die Ruderlocher ironuara), und bie Zahlen 14'
und 3'4° bezeichnen bie im Artikel angegebenen Ent-
fernungen. Fig. 8 ift der Querdurchſchnitt eines Drei-
rubererd. Bei a fahen die Thraniten, bei b bie ZH:
giten, bei ce bie Thalamiten ; d der fiel (rpörtez, orsioe);
e bie Rippen (costae, dodoyor, ronerz); f bie Seiten
wände (latera, roiyor); g der Schifdraum (alveus,
»örog); h die Muberbänfe (transtra, dahkea); 1 bie
Ruberlächer. — biremis. Aus W. Smith, smaller dietio-
nary of gresk and roman antiqgu. London 1853. —
N. oneraria, Schiff eines pompejaniichen Rauffahrers, |
nach einem Grabmal. Rich, ©. 412.
moraruppe aus ber Villa Borgheſe, im Loupre.
8.1090, Vollbrechts Wörterbuch zu Zenophons
Anabafis, ©. 57.
Sepulerum, ©.10%. 1) Sar- |
tophag bes V. Scipio Barbatus,. Aus Seemanns Lunit- |
biftor. Bilderbogen, I. — 2) Nnfiht des Grabes (co-
Jumbarium) ber jreigelafienen bes Auguſtus bei Nom, |
nad Biranefi, antichita di Roma III, 26,
von griechiſcher Urbeit aus dem alten Antium. Nic,
©. 2%,
Muſeum zu Rom, unter Öregor XVI. bei ZTerrarina
gefunden.
&, 1170. Aus
stieperts Atlas von Hellas, Taſel XXIV.
von Hellas, Talel XVI
meiid?) an Rhamnus, ©. 1197. — 9 Grundriß eines,
jest verichmundenen, Zempeld am Iliſos bei Athen,
©. 1187. Nach Stuart. — 8) Tempel bed Theſeus au
Athen, 6.1188, @iebelfeite und Grundriß nah Stuart.
Theatron: 1) Grundriß eines griehiihen Theaters,
6.1199. Bol. I. 9. Strad, das altgriechiiche Theater-
gebäude, Potödam 1843. Fol. — 2) Unficht bes Thea-
terd bon Segefta in Sieilien (reflauriert), S. 1201,
nach Strack. — 8) Innere Anſicht des Theaters aı |
Aſpendos ©. 1803, nad Guhl und Koner. — 4) Äußere
Anſicht des Flaviſchen Amphitheater (Coliseo) in!
feinen gegenwärtigen Trümmern, &. 1204, nah Guhl
und Soner. |
Thebait Grundriß von Theben, ©, 1206. Aus Bur- |
flans Geogt. von Griechenland 1, Tafel IV.
Aus Ropps römiichen Privataltertümern, ©. 586.
Bp. IV. '
149.
150,
151.
12.
153,
154.
155.
159.
160.
' 161.
‚ Wagen, ©. 1300.
Verzeichnis ber Abbildungen.
Theseus, Schwert und Schuhe feines Waters unter dem
Bellen hervorholend, ©. 1214. Welief in Rilla Albani
au Hom.
— Ariadne, 5.1215. Schlafende Atladne in ber Bati.
taniſchen Statuenjanunlung.
Tiryns, Beilage zu 8.1231. Rah Scliemaun, Tirund,
Tuba, ©. 1249, nah Rich, S. 958.
Tullii, S. 1251. Büfte Giceros in Apley Houſe dem
Balafte bes Herzogs von Bellinston in London.
Vasa, ©. 1273. Gupogsö;, VBollbredts Wörterb. ju
Zen, Anab. ©. 13. —* daſ. ©. 140. xigere, dal.
©. 135. doxdz, ba. S . 86. Bergl. Aranied Angeis-
logie.
Waffen: Drei Figurentafeln mit Waffen ıc., u S 19h
Die Abbilbungen Fig. L—26 aus 9. KRöchins Beichichte
des griechiichen Rriegsweſens; Fia.27 aus Dae de Lar-
nes, choix de vases grecos, pl. 1; Fig. # aus Micali
monumenti, Tar. 96, 1; Fig. 29 aus bem Museo
Borbonieo, vol. 7, ten. 4; Fig. 30 fein aferiicher
Schleuberer) ans Layarde Überreften Rimiver; ig 31
aus Mionnet, deser. pl, 57, 8. 6; Fig. 32 ein hapfit
im Linnenpanzer mit Panzerflügeln; Fig. 39 er
frumme Degen; Fig. 34 ein Peltaft in ber von Ihe
brias eingeführten Angriffs weiſe (Fig. 2-4 out
Guhl und Honer, Beben ber Briedhen) ; Fig. 85 Slrieger,
welche Steine aus ber Mauer einer belagerten Stabt
brechen, and Layard; Fig. 36 Marivas an ber Fichte
bangend, Statue der florentiniihen Galerie, ans
Müllers Dentm.; Fig. 37 eine Etriegel zum Mbreiben;
Fig. 38 ein ſich abſchabender Athlet, aus Guhl und
Koner; Fig. 39-41 Sichelmagen umb Zeile desſelben,
aus J. Scefferus, de re vehieulari; Fig. 42 Kopf
bed Dareios Kobomannos mit ber emporftchenden
Tiara, nad) Müllers Dentmälern verkleinert; Fig. 43
Kopf eines affnriichen Hönigs mit berielben Tiara, aus
Layard; Fig. 44 eine Ringergruppe; Fig. 45 Athleten
arme mit einſachem Riemengeflecht; Fig. 46 Atbleten⸗
arme mit dem durch Ringe, Budel ꝛc. verftärften Rie⸗
mengefledht; Fig. 47 Fechterſtatue vet Dresdener Mu:
ſeums; Fig. 48 ein Mädchen, welches rüdmärte und
vorwärts Über die mit den Epigen nad oben in ben
Voden gefteften Schwerter Burzelbäume ichrägt (Fig.
45—48 aus Buhl und foner).
— Beidenung eines Schwertes, ©. 1800, Aus ſtoppe
römiichen Ariegsaltertümern.
.— Beihnung eines Spießes, ©. 1800. Aus Koppt rö-
miſchen Frtegsaltertümern.
1) done, nadı einer in dem alten
Satieola gefundenen Bafe, Rih, ©. 21. D Ärioyes,
Bolbveditt Wörterb. zu Kenophbons Anabaſie 6%
8) auase, dal. ©. 14,
Winde, ©. 1803. Der Turm ber Winde zu Mihen, aut
Stoll, Bilder a. d. altgriech. Leben.
Xanthos, S. 1304. Das Nereibenmonnment vor Kar:
tho8 in Lytien, nad Buhl uud Koner, ©. 114.
Zeun: Büfte des Jeus, ©. 1316. Aufbewabrt im Musto
Pio-Clementino.
Berlag von B. G. Tenbner in Leipzig.
Bender, Ur. Hermann, Rektor des Gymnasiums zu Ulm, Grund-
rifsderrömischenLitteraturgeschichte für Gymnasien. Auch
unter dem Titel: Encyklopädie der klassischen Altertums-
kunde für Gymnasien. Dritter Teil. 2. Aufl. [VIII u. 103 S,
mit 1 Tabelle.] gr. 8. 1889. geh. M 1.—
Bursian, Conrad, Geographie von Griechenland. Zwei Bände,
Mit 15 lithograpbirten Tafeln und einer von H. Lange gezeichneten
Karte von Griechenland. gr. 8. geh. K 18.—
Einzeln:
L. Band. Das nördliche Griechenland. |VIlIu.3548.] Mit7 lich. Tafeln 1862. K46.—
uU — Peloponnesos und Inseln. [IV uw. 6188.j Mit 8 lithogr. Tafeln und 1 von
H. Lange gezeichneten Karte von Griechenland. 1869— 1872, geh K12.—
: Der II. Band auch in 3 Abteilungen:
1. Abt. Argolis, Lakonien, Messonien. Mit 6 lithagr. Tafeln. 1868. A. 3.60.
2. — Arkadien, Elis, Achaja. Mit 3 lithogr. Tafeln» 1871. M 3. —
3. — Die Inseln Mit einer Karte von Griechenland, gezeichnet von
H. Lange. 1872, M 5.60.
Christ, Wilhelm, Metrik der Griechen und Römer. 2. Auf-
lage. [VIll u. 716 8.) gr. 8. 1879. geh. A 11.60.
Encyklopädie der klassischen Altertumskunde für Gymnasien.
I, Teil, siehe: Stoll, Handbuch der Religion und Mythologie der Griechen
. und Kömer für Gymnasien. 6. Auflage,
I, — eiehe: Sitzler, Abrils der griechischen Litteraturgeschichte.
UL — siche: Bender, Grundrifs der rümischen Litteraturgeschichte für
Gymnasien. 2. Aufl, .
Weitere Teile, als Archäologie, alte Geographie u. #. w., erscheinen später.
Hahn, Dr. Hermann, Gymnasiallehrer in Beuthen O.-Schl., Leitfaden
der alten Geographie für Gymnasien und andere höhere Schulen
sowie für den Privatgebrauch. [IV u. 164 8.) gr. 8. 1882. geh. „4 1.60.
Lexikon, ausführliches, der griechischen und römischen
Mythologie. Im Verein mit vielen Gelehrten herausgegeben von
W. H. Roserer. Mit zahlreichen Abbildungen. 1. Band in 2 Abteil.
(A—H.) [VIII S. u. 3144 Sp.] Lex.-8. 1584—1890. geh. M 34.—
B Auch in 17 Lieferungen zu je K 2.—
— ——— — AM. Band. 18. Lieferung. (lache—Indigitamenta.) |
[Sp. 1—160,] Lex.8. 1890. geh. A 2.—
Lübker's, Friedrich, NReallerifon des klaſſiſchen Altertum für
Gymnafien. 7. verbeſſerte Auflage, — — von Prof. Dr. Mar
Erler, Rektor des Gymnafiums zu Zwickau. Dit zahlreichen Abbildungen.
Ler.:8. 1891. geh.
Methner, Dr. I, Grundzüge einer Metrik und Rhythmilk für dem
Schulgebrauch. [28 ©.) gr. 8. 1881. kart. M —.40.
Müller, Lucian, Metrik der Griechen und Römer. Für die ober-
sten Klassen der Gymnasien und angehende Studenten der Philo-
logie bearbeitet. Mit einem Anhang: Entwicklungsgang der antiken
Metrik. Zweite Ausgabe. [XIl u. 86 S.] gr. 8. 1885. geb. «1.50.
— — rei metricae poetarım Latinorum praeter Plautum
et Terentium summarium, In usumsodalium Instituti historici philo-
logici Petropolitani. [IV u. 82 8.) gr. 8. 1878. geh. .M 1.60.
Nealleriton des Haffifchen Altertums, fiehe: Lübker's Neallerifon.
Rofsbach, A., und R. Westphal, Theorie der musischen Künste
der Hellenen. Als dritte Auflage der Rofsbach-Westphalschen
Metrik, 8 Bünde, gr. 8. geh. M 36.—
Einzeln:
L Band. A. u. d. Titel: Griechische Rhythmik von RtevoLr WEHTrHAL,
Prof. a. D. Als 3, Auflage der griech. Rhythmik u. der Fragmente u.
Lehrsätze der griechischen Rbhythmiker. [XL u. 305 8.] 18355. M 7.20.
1. — A. u.d. Titel: Griechische Harmouik und Melopoeie von
RupoLr Westruar, Prof. a. D. 3. gänzlich umgearbeitete Auflage.
[LVI u. 240 8.) 1886. 46.80.
IT. — LAbt. A. u. d. Titel: Allgemeino Theorie der griechischen Motrik
j von Ruporr WestrHuat, Prof, a. D., u Huco Greviırsca, Prof. am
Friedrich-Wilhelmsgymnasiam in Berlin. Nebst einem Nachworte zum
li. Bande. Als 3, Auflage der Rofsbach - Westphalschen allgemeinen
Metrik der Griechen. ([XXXVI u. 365 8] 18897. M A.-
Ur. — IL Abt. A.u.d, Titel: Griechische Metrik mitbesonderer Rücksicht
auf die Strophengattungen und die übrigen melischen
Metra von A. Rossnacu u R. Westruan. 3, Auflage bearbeitet
von A. Rosspacıh. (LAÄXI u 8% 8.] 1859. MA 14. —
Die Metrik von Rofsbach- Westphal (2. Aufl. 2 Bde) erscheint hier in voll-
ständig neuer Bearbeitung, so dhls diese dritte Auflage als ein durchaus neues Werk rn
betrachten ist, Jeder Band ist mit Sondertitel versehen und bildet ein selbständiges Ganzer.
Rofsbach, A., und R. Westphal, Metrik der Griechen im Vereine
mit den übrigen musischen Künsten. 2. Auflage in 2 Bänden.
gr. 8. geh. M 25.—
Einzeln:
I. Band. Griechische Rhythmik und Harmonik nebst der Geschichte der
musischen Disciplinen. Yon R. Westruan. 2. Auflage, nebst
Supplement: Die Fragmente der Rhythmiker und die Musik-Beste
der Griochen. [XXX u. 744 8. Suppl. 65 8.) 1567 Kill.
I. — Griechische Metrik. Neu bearbeitet von B. Westruar. 2. Auflage
[LXIV, 564 5. u. 3 Tabellen.) 1868. A 14.—
Rothmann, J. G., Professor am Gymnasium zu Torgau, Beitrüge zur
Einführung in das Verständniss der griechischen Tra-
gödie, Zwei Vorlesungen. [40 S.] gr. 8. 1863. geh. # —.75.
Schneider, Dr. Max, Gymnasiallehrer in Gotba, Abrifs der grie-
chischen Heldensagen. Ein Hilfsbuch für die unteren Klassen
der Gymnasien. [IV u. 34 8.) gr. 8.- 1889. kart. M — .4b.
Sitzler, Dr. Jacob, Gymnasial-Professor zu Tauberbischofsheim, Abrifls
der griechischen Litteraturgeschichte. 2 Teile, A. u. d. T.:
Eneyklopädie der klassischen Altertumskunde für Gym-
nasien, Zweiter Teil. gr. 8. 1890. geh.
Einzeln:
I. Teil. Die Zeit der nationalen klassischen Litteratur. »
I. — Die alexandrinische und byzantinische Zeit.
[Unter der Presse.] .
Stoll, W. H., Professor am Gymnasium zu Weilburg, Handbuch der .
Religion und Mythologie der Griechen und Römer. Für
Gymnasien bearbeitet. Mit32 Abbildungen (in Holzschnitt). 6. Auflage.
A.u.d.T.: Eneyklopädie der klassischen Alterthumskunde
für Gymnasien, 1. Theil. [X u. 231 S.] 8. 1875. geh. M 2. 26.
— die Götter und Heroen des FHaljiihen Altertumß.
Populäre Mythologie der Griechen und Römer. 7. Aufl. 2 Bände
(in 1 Band gehefte). Mit 42 Abbildungen (in Holzſchnitt). 8. 1885,
KH. 4.50, eleg. geb. 6. —
I. Band: Die Götter. [XII u. 308 S.) Mit 22 Abbildungen.
1. — Die Heron. [IV u 262 8) Mit 20 Abbildimgen.
Einzelne Bände werben nicht abgegeben. j
bie Sagen des Haififchen Altertums. Erzählungen aus der
alten Welt. 5. Auflage. 2 Bände, mit 90 Abbildungen (in Holzichnitt).
8. 1884. geh. .K 7.20, elegant geb. A 9.—
1. Bond. [XVIu. 413 8) Wit 41 Abbilbungen.
U. — [Xilu. 455 ©) Mit 49 Abbildungen.
Einzelne Bände werden nicht abgegeben. _
— — die Meiſter der griehijhen Litteratur. Eine Uberfict
ber Haffifchen Litteratur der Griechen für die reifere Jugend und Freunde
be3 Aitertums. |VIu. 426 ©. mit 1 Stahlftid.] 8. 1878. geh. .M 4.20,
in Leinwand geb. M 5.40. .
die Meifter der römischen Litteratur. Eine UÜberficht der
kiaffiichen Litteratur der Römer für die reifere Jugend und Freunde
de3 Altertums. [IV u. 427 S. mit 1 Stahlftih.] 8. 1881. geh. 4.20,
in Leinwand geb. M 5.40,
Teuffels, W. 8., Geschichte der römischen Literatur. 2 Bände.
5. Autlage, bearbeitet von Luopwıs Scuwaue. gr.8. 1890. geh.
M 14.40.
Einzeln jeder Rand .K 7.20. E
I. Band. [XIV u. 648 $.] — IL Band. [X u. 6988.)
Volkmann, Dr. Richard, Gymnasialdirektor in Jauer, die Rhetorik
der Griechen und Römer in systematischer Uebersicht dar-
gestellt. 2. vielfach vermehrte und verbesserte Auflage. [XVI au.
5956 8.) gr. 8. 1885. geh. A 12.—
Westphal u. Rofsbach, Metrik, siehe: Rofsbach u. Westphal.
Wex, Jos., kgl. bayr. Studienlehrer, die Metra der alten Griechen
und kömer im Umrifs erklärt und übersichtlich dargestellt.
Zweite Bearbeitung. [IV u. 95 8.) gr. 8. 1888. geh. M 1.50.
Wohlrab, Martin, Rektor des Königl. Gymnaſiums zu Dresden :Nenftadt,
die altflafiiihen Realien im Gymmafiım. [X u. 82 ©.] gr. 8.
1889. Ju Leinwand geb. M 1.20.
Zumpt, A. W., der Criminalprocess der Römischen Republik.
Ein Hilfsbuch für die Erklärung der Classiker und Rechtsqneller.
[XV u. 558 S.] gr. 8. 1871. geh. M 8.—
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